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Full text of "Zeitschrift für romanische Philologie"

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ZEITSCHRIFT 


FÜR 


ROÏÏMISCIE  phuolo&ie 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


Dr.  GUSTAT  GRÖBER, 

PROFESSOR   AN   DER   UNIVERSITÄT  STRASSBURG   i.  R. 


1806. 


XX.  BAliD. 


HALLE 

MAX   NIEMEYEK. 
1896. 


í:.}J>H3í 


INHALT. 

Seite 
John  £.  Matzkb,   lieber  die  Aussprache  des  altfranzosischen  ue  von 

lateinischem  5  (29. 4.  95)     . i 

Michele  Scherillo,  II  nome  di  Dante  (16.6.95) iS 

Chkistoff  Gbbhardt,  Zur  subjektlosen  iKLonstruktion  im  Altfranzösischen 

(29.5-9S) 27 

A.  ToBLER,  Vermischte  Beiträge  zur  französischen  Grammatik,  3.  Reihe, 

No.  10—13  (23.  IO.  95) 51 

Carolina  Michaelis  de  Vasconcellos,  Randglossen  zum  altportugie- 
sischen Liederbudi  (22.  2.  95) 145 

Theodor  Kalepky,  Zur  französischen  Syntax  V.  VI.  (10.  7.  95)  .    .    .    277 
Rudolf  Thurneysen  und  G.  Baist,  Zu  Wilhelm  von  Malmesbury  (12. 7. 95)  316 
Fr.  Kluge  und  G.  Raist,    Altfranzös.  dh  (6)  in   altenglischen  und  alt- 
deutschen Lehnworten  (17.8.95) 322 

A.  Horning,  Die  SufHxe  accus,  iccus,  occus,  ucus  {uccus)  im  Roma- 
nischen (9.  i.  96)   •     .     .     •     335 

Th.  Braune,    Neue  Beiträge   zur  Kenntnis  einiger  romanischer  Wörter 

deutscher  Herkunft  (28.  5.  95) 354 

Adolf  Zauner,  Die  Konjugation  im  Béarnischen  (26.  11.  95).     .     .     .    433 
F.  Friedersdorff,    Die    poetischen  Vergleiche    in    Petrarkas    Africa 

(10.  i.  96) 471 

K.  Sachs,  Die  Schreie  der  Verkäufer  (13.  2.  96) 492 

TEXTE. 

Vittorio  Finzi,   Di  un  inedito   poema  sincrono  sull'  assedio  di  Lucca 

dell'  anno  1430  (16.  7.  95) 219 

Vittorio  Finzi,  I  codici  Jacoponici  lucchesi  descritti  ed  illustrati.  Con- 
tributo alla  edizione  critica  (i.  12.  95) 500 

VERMISCHTES. 

I.  Zur  Handschriftenkunde. 

Eduard  Wechssler,  Handschriften  des  Perlesvaus  (15. 7.95)  .    .     .     .      80 

2.  Zur  Exegese. 
Paul  Marcrot,    Additions   à   mon   étude   sur   les   Gloses   de    Cassel 

(6.6.95) 82 

3.    Zur  Dialektkunde. 
Paul  Marchot,  Note  sur  le  dialecte  de  TEulalie  (10.  4.  96)  .     .    .    .     510 

4.    Zur  Lautgeschichte. 

Mackel,  Zur  romanischen  Vokaldehnung  in  betonter  freier  Silbe  (30. 9.  95)     514 
Fr.  Neumann,  Zu  den  vulgärlat.-romanischen  Accentgesetzen  (18.4.96)      519 

5.  Zur  Grammatik. 

Eugen  Herzog,  Die  vorvokalischen  Formen  mon,  ton,  son  beim  Femi- 
ninum (3.  6.  95) 84 

F.  d'Ovidio,  -Di  una  interessante  forma  di  pronome  iu  un  antico  testo 

volgare  (7.  7.  96) 523 

Paul  Marchot,  A.  fr.  qui  =  si  Ton  (io.  4.  96) 525 


IV 

Seite 
6.  Zar  Wortgescliiclite. 

A.  Horning,  Etymologien  (3.  n.»  13. 11.95) ^^ 

Paul  Marchot,  Etymologies  wallonnes  (10. 4.  96) 525 

Charles  Doutrepont,  Etymologies  picardes  (9. 11.  95) 527 

W.  Meter  -  LÜBKB,  Etymologien  (1.6.  96) 529 

H.  SCHUCHARDT,  Etymologien  (28.2.,  1.6.,  24.6.  96) 535 

J.Ulrich,  Etymologien  (4. 4.  96) 537 

BESPRECHUNGEN. 

J.  U.  Jarník,  G.Weigand,  Die  Aromuncn  (6.  4.  95) 88 

—  G.Weigand,  Erster  Jahresbericht  des  Instituts  far  rumänische 

Sprache  zu  Leipzig  (6.4.95) 100 

Bernardo  Acevedo  y  Huelves,  D.  A.  Rato  de  Arguelles,  Voca- 
bulario de  las  palabras  y  frases  bables  que  se  hablaron  anti- 
guamente y  de  las   que  hoy  se  hablan  en  el  Principado  de 

Asturias  (3.  II.  92) 105 

Gustav  Rolin,  J.  D.  Bruner,  The  Phonology  of  the  Pislojese  Dialect 

(30.5-95) no 

J.  StCrzinger,  p.  Marchot,  Les  Gloses  de  Cassel  (6.8.95)  •  •  •  ^^^ 
Ph.  Auo.  Becker,   H.  Schneegans,  Geschichte  der  grotesken  Satire 

(7-9.95) 123 

Rodolfo  Renier,  Angelo  Solerti,  Vita  di  Torquato  Tasso  (26.  8.  95)  373 
C.  Appel,   Vincenzo  Crescini,   Manualetto  Provenzale  per  uso  degli 

alunni  delle  facoltà  di  lettere  (6.  7.  95) 382 

Hermann  Springer,    Georg   Schläger,    Studien   über   das  Tagelied 

(3».  8- 95)      -. 393 

Alfred  Schulze,  E.  Etienne,  Essai  de  grammaire  de  l'ancien  fran- 
çais (7. 9. 95) 397 

H.  Schneegans,  Gennaro  Finamore,  Vocabolario  dell' uso  abruzzese 

(3-10.95) 405 

Adolf  Tobler,  Emile  Picot,  Le  livre  et  mistere  du  glorieux  seigneur 

et  mártir  saint  Adrien  (5.  i.  96) 408 

Carl  Voretzsch,  Léonard  Willems,  Étude  sur  l'Ysengrinus  (4.  i.  96)  413 
Hammerich,    Franz    Ranninger,    Ueber    die    Allitteration    bei    den 

Gallolateinern  (8.  2.  96) 538 

Albert  Stimming,  A.  Jeanroy  et  H.  Teulié,  L'Ascension,  mystère 

provençal  du  XV«  siècle  (25.  2.  96) 545 

Ph.  Aug.  Becker,   Joseph  Texte,   De  Antonio   Saxano  (Antoine  du 

Saix)  (16.  II.  95) 547 

—  Rudolf  Zenker,  Das  Epos  von  Isembard  und  Gormund  ;  Theo- 

dor Flury,  Isembart  et  Gorroont,  Entwicklung  der  Sage  und 
historische  Grundlage  (10.  2.  96) 549 

B.  Wiese,    Giornale    storico    della   Letteratura   Italiana.     Anno  XIII, 
Voi.  XXV  (16.  6.  95).  Voi.  XXVI  (7.  9.  95  ;   8.12.95).    Anno 
XIV,  Voi.  XXVII  (28.2.  96;  2.7.  96) 125.557 

W.  Meyer -LÖBKE,  Archivio  Glottologico  Italiano  XIII,  3  (4.6.95)  .     .     136 

G.  Gröber  und  W.  Meyer-Lübkb,  Romania  T.  XXIV  Nr.  94  (io.  6., 

4.  6.  95);  Nr.  95  (5.  2.  96);  Nr.  96  (2.  7.  96)    .     .     .     139.  425.  554 

Henry  R.  Lang,  Revista  lusitana.    II.  Band  (13. 11.  95) 141 

Berichtigungen  und  Mitteilung 144.  432 

R.  J.  Cuervo,  Brief  an  den  Herausgeber 428 

P.  DE  Mugica,    Antwort  an  den  Herausgeber 43 

Paul  Marchot,  Erklärung  (26.6.  96) 5 

Register 5 


lieber  die  Aussprache  des  altfiranzösischen  ae  von 

lateinischem  6. 

In  Bezug  auf  die  Entwickelung  des  lateinischen  betonten  d  in 
offener  Silbe  ist  wohl  jetzt  die  Theorie  Suchiers,  Z.  f.  R.  Ph.  II 
p.  292,  allgemein  anerkannt,  dafs  nämlich  o  durch  die  verschiedenen 
Stadien  ^g  ">  çg^uo  zu  u€  fortschritt.  Die  Frage ,  die  hier  im 
einzelnen  untersucht  werden  soll,  bezieht  sich  auf  die  Qualität  des  u 
in  diesem  Diphthongen.  Suchier,  1.  c,  spricht  sich  nicht  weiter  darüber 
aus,  aber  schon  zwei  Jahre  früher  (1876)  hatte  Koschwitz  in  seiner 
Ueberlieferung  und  Sprache  der  Chanson  de  Voyage  de  Charle- 
magne p.  29  dieselbe  kurz  zu  beantworten  gesucht  Auf  Grund 
des  Nebeneinanderbestehens  von  u^  und  oe  in  jenem  Texte  kam 
er  zu  dem  Schlufs,  „die  Unterscheidung  zwischen  der  Schreibung 
oe  und  ue  ist  nicht  so  zu  fassen ,  als  sei  es  eine  abgeschwächte 
Form  für  älteres  ue.  Das  Schwanken  zwischen  0  und  u  drückt  viel 
wahrscheinlicher  hier  wie  sonst  nur  aus,  dafs  es  weder  0  noch  üy 
sondern  gleich  (deutschem)  u  gelautet  habe/'  In  demselben  Jahre 
wie  Suchier's  oben  citierter  Artikel  (1878)  erschien  Försters  bekannte 
Arbeit  über  Die  Schicksale  des  lat  ö  im  Französischen,^  Rom. 
Stud.  m.  p.  174 — 193.  Obgleich  Förster  viele  Male  Gelegenheit 
hatte  den  Diphthongen  u€  zu  schreiben,  so  spricht  er  sich  doch 
nie  über  die  Qualität,  die  er  dem  u  zuschreiben  möchte,  aus. 
Da  er  aber  sonst  Böhmer's  Transscriptionssystem  konsequent  durch- 
führt, so  wird  man  wohl  nicht  zu  weit  gehen,  wenn  man  an- 
nimmt, dafs  er  tte  und  nicht  üe  meinte. 

Drei  Jahre  später  (1881)  erschien  die  erste  von  Ascoli*s  Lettere 
glottologiche  in  der  Riv.  di  Fil.  e  Ist.  class.  X,  p.  i — 71  und  auf 
p.  24  ss.  dieses  Artikels  (ich  citiere  die  deutsche  Uebersetzung  von 
Güterbock,  Leipzig,  1887)  wurde  zum  ersten  Male  die  Theorie  auf- 
gestellt, dafs  die  gemeingültige  Aussprache  unseres  Diphthongen 
üe  war,  in  den  Gegenden  in  welchen  lat  ü  zu  ü  wurde.  Ascoli's 
Theorie  basiert  an  erster  Stelle  auf  gewissen  phonetischen  Vorgängen 
in  den  ladinischen  Dialekten.    „Im  Engadin,  wo  das  alte  üe  (aller- 


^  Schon  in  1 875  hatte  V.  Thomson  die  Meinung  ausgesprochen ,  dafs 
altfrz.  ue^szüe  und  uo  in  der  Eul.  =  üö  sei  :  cp.  Rom.  V  (1876),  p.  74,  Anm.  ; 
aber  diese  Stelle  scheint  unbemerkt  und  ohne  Widerspruch  übergangen 
worden  au  sein. 

Zeitschr.  £  rom.  PhU.  XX.  i 


2  JOHN    E,  MATZKE, 

dings  auf  die  Fonnel  or  +  cons,  beschränkt)  noch  nachllingt,  t 
zieht  sich  vor  unseren  Augen  der  Lautübergang  .  . .  (vgl.  eng.  ütr/ 
hortus,  OÍS  osso.  S/  ovum  u.  s.  w,  neben  span,  huerlo,  hueso,  huevo). 
In  Surselva,  d.  h.  in  einem  der  galloromanischen  Gebiete,  uo  das 
aus  «  hervorgegangene  ü  ïn  reines  /  übergebt  [dir  duras  u.  s.  f.), 
mufste  auch  dieser  Diphthong  ûe  zu  ie  werden,  wie  es  in  der  That 
ohne  jede  Einschränkung  der  Fall  ist  (surselv.  ürl  iess  ie/  nüf 
n.  s.  f.),"  Die  Ursache  dieser  Aussprache  üt  liegt  (p.  25}  in  „der 
Thatsache,  dafs  ü  derjenige  keltische  Laut  war,  der  sich  am 
wenigstens  von  dem  reinen  u  der  römischen  Aussprache  entfernte". 
Kaum  war  jene  lettera  erschienen ,  so  nahm  Förster  sogleich  in 
einer  Rezension  derselben  (Zs.  f.  R.  Ph,  V,  p.  590)  diese  Theorie 
an,  und  formuliert  dann  sein  Gesetz  für  die  Diphthongierung  der 
offenen  Vokale  wie  folgt  (p,  5qi):  „die  offenen  betonten  Vokaie 
diphthongieren  steigend,  in  dem  sie  den  um  zwei  Grad  erhöhten 
Vokal  als  Vorschlag  erhalten  :  f^^i  und  p  =  "o".  Hiermit  war 
der  Ascolischen  Theorie  ein  freundlicher  Empfang  zugesichert 

Eine  abweichende  Meinung  wurde  jedoch  von  G.  Paris  aus- 
gesprochen in  einer  Rezension  desselben  Artikels,  in  Rom.  XI,  p.  131, 
und  ihrer  Wichtigkeit  wegen  citiere  ich  die  betreffende  Stelle  ganz. 
„Une  conséquence  que  tire  M.  Ascoli  de  la  prononciation  celtique 
de  l'«  me  parait  tout  à  fait  inacceptable.  L'if  tonique  latin,  dit-il, 
donne  en  roman  úo ,  devenu  uâ  en  italien ,  »/  en  espagnol 
par  l'affaiblissement  de  la  seconde  voyelle  primitivement  dépourvu 
d'accent  (líí).  Comme  il  s'agit  là  d'un  u  propre  (schietto)  et  toni- 
que, 'la  prononciation  galloromane  pleine  et  spécifique  devait  être 
iU:  ainsi  novo  a  donné  primitivement  un  gallique  nüev{o')  nücv,  ... 
et  ['5  qui  sonne  dans  le  nô/  du  français  et  du  lombard  n'est 
qu'une  résultante  postérieure  et  monophtonque  de  cet  ûe  gallo- 
roman'.  Le  seul  u  qui  devienne  u  en  gallo  -  roman  est  Vii  long, 
tonique  ou  atone  ;  Vu  de  uo  né  de  ia  dissimilation  de  dd  en  dû, 
8  dû  être  à  l'origine  fort  voisin  de  l'u  fermé;  il  serait  facile  de 
montrer  si  cela  ne  réclamait  pas  trop  de  place,  que  nous  avons 
encore  (notamment  en  angio  -  normand)  des  formes  oil  se  trouve 
la  réduction  de  öd  k  d.  La  forme  première  du  français  est  uo 
(Rom.  VI],  132),  et  à  plus  forte  raison  en  est-it  ainsi  du  gallo- 
roman  ;  dans  celte  diphthongue  Vu  était  u  (¡S)  et  non  ii  ;  l'e  de 
ue  est  dû,  comme  en  espagnol,  à  la  position  faible  de  l'o,  et 
c'est  cet  e  qui,  en  réagissant  sur  Va  de  la  diphtiiongue ,  l'a  plus 
tard  changé  en  u  (non  pas  partout,  car  à  Marseille  par  exemple 
on  dit  euer  de  cor  et  non  caer).  Le  fr.  lomb.  U  vient-il  de  lii,  u¿, 
ou  de  ue,  u¿,  c'est  ce  qu'il  me  paraît  actuellement  diffìcile  à  dé- 
cider; ce  qu'il  y  a  de  certain,  c'est  qu'en  France  cet  ö  s'est  con- 
fondu avec  S  provenant  de  5,  c'est-à-dJre  de  ou  {cSr-flSr)\  d'où 
il  suit  que  la  collaboration  de  Vii  n'est  pas  nécessaire  potir  que 
le  son  è  se  produise.  Ce  qui  montre  d'ailleurs ,  que  l'anc.  fr.  14e 
n'est  pas  tousjours  ûe,  s'il  l'est  jamais,  c'est  la  concurrence 'de  la 
graphie  ot,   conservée  encore  aujourd'hui  dans  oeil  et  autres  mots. 


ÜBER  DIB  AUSSPRACHE  DES  ALTFRZ.  UE  VON  LATEIN.  Ö.  3 

Donc,  pour  ce  cas  là,  Tinfluence  celtique  peut  être  sans  hésitation 
regetée.  La  phase  üe  de  TËngadine,  à  laquelle  M.  A.  attache  une 
grande  importance,  n'est  qu'un  moment  peu  ancien  dans  la  série  ;  la 
phase  te  en  est  une  continuation  plus  récente.  Le  développement 
roman  de  Vd  tonique  latin  est  varié  et  très  multiple,  dans  le  temps 
et  l'espace,  mais  toutes  ces  ramifications  s'expliquent  par  elles- 
mêmes,  sans  qu'il  soit  hesoin  de  recourir  à  une  influence  étrangère." 
In  einer  im  Jahre  1886  geschriebenen  Anmerkung  zu  der  deutschen 
Uebersetzung  seiner  Briefe  (p.  24)  nimmt  Ascoli  auf  die  eben 
dtierten  Bemerkungen  von  G.  Paris  Bezug  und  verwirft  sie,  indem 
er  sagt  „aber  oe  wird  der  graphische  Ausdruck  für  jene  Verschmel' 
zung  sein,  welche  in  der  Aussprache  ö  ergiebt**,  und  dann  verweist 
er  auf  die  oben  citierte  Rezension  Försters,  Zs.  f.  R.  Ph.  V,  p.  590, 
Anm.  2. 

Die  Theorie  wurde  wieder  angegriffen  von  Oertenblad,  Étude 
sur  le  développement  des  voyelles  labiales  toniques  du  latin  dans 
le  vieux  français  du  XII  siècle,  Upsala,  1885.  Oertenblad  stellt  sich 
auf  die  Seite  von  Suchier,  Koschwitz  und  G.  Paris,  und  kommt 
zu  dem  Schlufs,  dafs  u  in  dem  Diphthongen  ue  den  Klang  ^  dar- 
stellt, ohne  aber,  wie  es  scheint,  die  Haltbarkeit  seiner  Stellung 
bewiesen  zu  haben.  Jedenfalls  hat  seither  die  Diskussion  aufgehört, 
und  die  Ascoli  -  Förstersche  Theorie  ist  in  unsere  Grammatiken 
eingedrungen  und  wird  als  die  angenommene  Meinung  unserer 
Wissenschaft  gelehrt 

So  sagt  Horning  (Bartsch  -  Horning  Chrest.  §  60)  „il  est  pro- 
bable que,  dans  »/,  u  a  pris  à  un  moment  donné,  la  valeur  û^ 
supposition  à  laquelle  le  traitement  d'^  -{-y  en  français  donne  une 
certaine  vraisemblance".  Schwan,  in  der  ersten  Ausgabe  seiner 
Grammatik,  §  287,  gab  als  £ntwickelung  von  0  „1/^,  welches  später 
zu  yqs^  y¿  (geschr.  tu)  umgelautet  ist",  und  das  Datum  dieser  £nt- 
wickelung  setzte  er  zwischen  den  Anfang  des  X.  und  die  Mitte  des 
XI.  Jahrhunderts.  In  der  zweiten  Ausgabe  (§  296)  wird  dieselbe 
Meinung  vertreten,  „nach  Lautubergängen  wie  dem  in  §  259,  3 
erwähnten  (pì  +  cons,  wie  in  ieus  <,y^Is  ■—  tuls  <  oculos)  zu  schlie- 
fsen;  daneben  bestand  dialektisch  die  Aussprache  1//,  op\  wie  die 
Schreibung  oe  beweist".  Meyer-Lübke,  Rom.  Gramm.  I,  §  211  lehrt, 
dafs  ue  aus  den  folgenden  Gründen  wie  üe  ausgesprochen  wurde: 
I.  Altfrz.  ot\  welches  wie  ^/  ausgesprochen  wurde,  wird  nie  zu  oe 
{=  ö) ,  also  mufs  das  ue ,  welches  ce  wird ,  anders  ausgesprochen 
worden  sein,  i.  e.  ¿f/;  2.  j/+  Flexionszeichen  geht  über  ueu  (=  üeti) 
zu  ieuj  und  ebenso  ^  in  locum  > /¿'«i  > //«/  (§196);  3.  Die  Ent- 
wickelung  von  cjC^üt  macht  ein  Mittelstadium  tiei  {üei)  notwendig, 
(§  190).  Da  er  aber  nicht  läugnen  kann,  dafs  im  Norm,  und  Angio- 
norm, ue  und  oe  regellos  wechseln,  und  dafs  Schreibungen  wie 
pouet,  notte f  áodti.  nur  auf  die  Aussprache  ^e  weisen  können,  so 
kommt  er  zu  dem  Schlufs,  dafs  die  Entwickelung  von  ue  zu  üe 
nicht -überall  zu  gleicher  Zeit  stattfand,  sondern  vielmehr  mit  der 
Entwickelung  von  ü  zu  «,  welche  allmählich  vom  Westen  her  ein- 


4  JOHN  E.  MATZKE, 

drang,  Schritt  hielt  (§§211,  und  48.)  Auch  Suchier  Grundrifs  I, 
P-  573  giebt  zu,  dafs  ein  Unterschied  bestand  in  Bezug  auf  die 
Aussprache  seines  (des  ue)  ersten  Bestandteiles,  der  in  einem  Teile 
Nordfrankreichs  mit  0  wechselt  {poe/,  puef,  potest),  also  wie  p  lautet, 
im  Süden  aber,  und  so  auch  im  Lothringischen,  den  Laut  ü  hatte". 
Die  hauptsächlichsten  Einwände,  welche  gegen  die  Ascolische 
Theorie  gemacht  werden  können ,  sind  schon  von  G.  Paris  in  der 
oben  citierten  Rezension  gemacht  worden.  Auf  den  Einwand,  dafs 
nur  ü  zu  ü  werde,  und  dafs  das  u  von  uo  (<^P^)  ganz  anderer 
Natur  sei,  antwortet  Ascoli  in  seiner  dritten  lettera  in  einer  An- 
merkung p.  119.  Er  sagt  dort,  die  lateinischen  Vokale  entwickeln 
sich  nur  hinsichtlich  der  Qualität,  und  duro  und  nuovo  sind  Typen 
derjenigen  Klassen  von  Wörtern,  in  denen  ein  Einwohner  Galliens 
das  romanische  u  nachzuahmen  hatte  („coi  quali  due  esempj  si 
rappresentano  i  soli  due  *  motivi'  di  schietto  e  limpido  u,  che  il 
Romano  offriva  alla  ripercussione  del  Gallo".  Mem.  Caix-Canello, 
p.  445 ,  Anm.).  Beide  «'s  mufsten  also  in  derselben  Weise  be- 
handelt werden.  Wenn  nun  auf  allen  Seiten  zugegeben  wird,  dafs 
der  Diphthong  uo  sich  aus  älterem  çç  entwickelte,  so  scheint  Ascoli 
hier  als  bewiesen  anzusehen,  dafs  die  Diphthongierung  von  ç  so 
früh  zu  Stande  kam,  dafs  das  gallische  Sprachorgan  nur  einen 
fertigen  Diphthongen  uo  nachzuahmen  hatte.  Ich  kenne  keine 
Beweisführung,  nach  welcher  sich  die  Diphthongierung  ç  chrono- 
logisch bestimmen  liefse,  doch  sind  verschiedene  Gründe  vorhanden, 
welche  darauf  hinweisen,  dafs  diese  Diphthongierung  spät  vor  sich 
ging,  oder  doch  sich  über  einen  nicht  geringen  Zeitraum  erstreckte, 
und  obgleich  der  Diphthong  sich  beinahe  im  ganzen  romanischen 
Sprachbezirke  findet,  so  war  er  doch  das  Resultat  phonetischer 
Bedingungen,  die,  wiewohl  in  allen  neolateinischen  Ländern  zu 
Hause,  doch  auch  spezifisch  gallisches  Eigentum  waren.  Der  Grund 
der  Diphthongierung  ist,  wie  bekannt,  die  Verlängerung  der  Vokale 
in  offenen  Silben.  Vom  Vulgärlatein  ererbten  die  romanischen  Länder 
nur  einen  langen  offenen  Vokal  mit  zweigipflichem  Accent,  und 
dieser  Vokal  konnte  nun  in  den  verschiedenen  Ländern  zum  voll- 
ausgeprägten Diphthongen  weiter  schrei  ten.  Wenn  aber  in  irgend 
einer  Sprache,  wie  z.  B.  im  Portugiesischen,  der  Diphthong  unbe- 
liebt sein  sollte,  so  konnte  ça  leicht  wieder  zu  d  werden.  Wo  aber 
die  vulgärlateinischen  Tendenzen  weiter  geführt  wurden,  da  entstand 
der  Diphthong  uo.  Die  folgenden  zwei  Gründe  scheinen  mir  be- 
sonders für  speziell  französische  Diphthongierung  zu  sprechen. 

1.  Germanische  Wörter,  die  ins  Französische  und  Italienische 
gedrungen  sind,  diphthongieren  das  ç  im  Französischen,  aber  nicht 
im  Italienischen.  Cp.  Germ.  urgö/i\  Altfrz.  orgueil^  It  orgoglio^  Span. 
or  güilo  \  G&nai,  faldas  iuol,  hXiïxz.  faldesiuel,  \\^  faldistorio^  Geiui,  fodr^ 
hXiftz.  fuerrCi  It.  fodero,  Sp,  forro.  Nur  das  germanische  h  òsa  scheint 
so  früh  ins  Vulgärlatein  gekommen  zu  sein,  dafs  es  die  Diphthon- 
gierung überall  mit  durchmachte,  cp.  It  uosa,  Span,  huesa. 

2.  In  der  Verbindung  f  +  c/  konnte  ç  nur  dann  zu  uo  werden, 


ÜBER  DIE  AUSSPRACHE  DES  ALTGRZ.  ÜE  VON  LATEIN.  Ö.  5 

nachdem  der  Vokal  frei  geworden  war,  d.  h.  nachdem  ci  zu  /'/ 
geworden  war.  Der  Zeitpunkt  dieser  letzteren  Entwickelung  läfst 
sich  gerade  so  wenig  bestimmen  wie  der  der  Diphthongiening  des  q. 
Meyer-Lûbke,  Grundr.  I,  p.  364,  giebt  zu,  dafs  das  Stadium  jt  zur 
Zeit  der  Eroberung  Rätiens  erreicht  war,  aber,  wie  bekannt,  ist  er 
der  Ansicht,  dafs  die  Spirans  überall  ein  notwendiges  Mittelglied 
in  der  Entwickehmg  von  ci  zu  /*/  war.  Meiner  Ansicht  nach,  läfst 
sich  beweisen,  dafs  die  Aussprache  c\h\ì  mit  explosivem  r,  und  die 
weitere  Entwickelung  zu  ^i^ji^H  mit  Sicherheit  nur  dem  kelti- 
schen Gebiet  zugeschrieben  werden  kann,  vgl.  Mod.  Lang.  Notes, 
VI,  p.  136.  Die  Kelten  kannten  kein  implosives  r,  und  verschoben 
ihr  eigenes  ci  zu  chi ,  vgl.  Thurneisen ,  Keltoromanischcs ,  p.  1 4, 
und  das  Neufranzösische  kennt  auch  kein  implosives  c ,  vgl.  Passy, 
Sons  du  Fransais ,  §114.  Andere  Gegenden  mögen  das  ursprüng- 
liche implosive  c  des  lateinischen  angenommen,  und  dann  durch 
/'  weiter  zu  c  verwandelt  haben.  Welche  von  beiden  Aussprachen 
in  Norditalien  und  Rätien  im  Gebrauch  war,  wird  sich  wohl  schwer 
entscheiden  lassen,  aber  jedenfalls  spricht  das  italienische  //  für  ci 
mit  implosivem  c.  Ob  die  Entwickelung  von  cl  in  der  Lombardei 
und  Rätien  mit  der  Nordfrankreichs  identisch  war,  wie  Meyer- 
Lübke  behauptet,  Ital.  Gramm.  §  221 ,  will  ich  nicht  entscheiden. 
Doch  scheint  mir  lombardisches  iS  und  rätisches  i-^  viel  leichter  mit 
implosivem  ^  vereinbar  als  mit  explosivem  c\h]ì.  Nichts  jedoch 
scheint  mir  die  Thatsachen  umzustofsen,  dafs  die  Diphthongierung 
des  <f  in  Wörtern  wie  nçctem  ein  gallischer  Vorgang  war,  der  nichts 
mit  einem  ähnlichen  Vorgange  in  der  Lombardei  oder  in  Rätien 
zu  thun  hatte.  Das  italienische  noiie  beweist  doch  sicher,  dafs 
das  <f  in  dieser  Klasse  von  Wörtern  noch  nicht  diphthongiert  war, 
als  sie  ihre  Heimat  verliefsen.  Wenn  daher  q  in  Frankreich  überall 
üo  wurde,  so  kann  nur  Försters  ganz  mechanisches  Diphthongie- 
rungsgesetz den  Vorgang  erklären;  wenn  aber  uo  sich  aus  ^q  ent- 
wickelte, so  ist  kein  Grund  zu  ersehen,  warum  der  Diphthong 
hätte  üo  ausgesprochen  werden  sollen.  Nun  ist  es  noch  dazu  eine 
wohlbekannte  Thatsache,  dafs  der  gallische  Widerwille  oder  das 
Unvermögen  ^  oder  (7  auszusprechen,  nur  zeitweilig  dauerte,  denn 
die  Sprache  schuf  sich  bald  ein  neues  u  aus  p,  welches  schon  in 
den  Eiden  sich  findet,  cp.  amur,  reiurnar,  dunai. 

Wenn  nun  altfrz.  uo  sich  spontan  aus  älterem  ^g  entwickelte, 
so  müssen  die  Vertreter  der  Ascolischen  Theorie  den  Grund  an- 
geben, warum  das  u  des  Diphthongen  wie  ä  ausgesprochen  werden 
mnfste.  G.  Paris  giebt  1.  c.  zu,  dafs  palatale  Qualität  des  u  durch 
regressiven  Einflufs  des  e  hätte  hervorgerufen  werden  können,  nach- 
dem uo  IM  u€  geworden  war.  Die  Qualität  dieses  e  war  gleich  f\ 
aber  selbst  wenn  man  die  höchste  .^-Stellung  der  Zunge  mit  der 
straffsten  und  ausgeprägtesten  Lippenarticulation  des  ^  verbindet, 
so  entsteht  doch  kein  u,  sondern  nur  ein  sehr  geschlossenes,  etwas 
¿Í- farbiges  ç.  Ich  bin  mir  bewufst,  dafs  Sievers,  Grundzüge  der 
Phonet^  p.  97  das  deutsche  u  als  ç  •\-  u  mit  sehr  starker  Rundung 


JOHN  E.  UAT7.KV, 


beschreibt,  während  < 
der  Platz  die  RichtigVei 


r  franz.  u  als  u  +  i  anerkennt.  Hier  ist  nicht 
r  Ansicht  zQ  untersuchen,  doch  glaube 
ich,  dafs  beim  franz.  ä  die  Zungeustellung  die  des  f  ist,  während 
die  Uppen  vorgestülpt  und  energisch  gerundet  werden.  Beim 
deutschen  ü  auf  der  andern  Seite  ist  die  Lippenrundung  weniger 
ausgeprägt  und  energisch ,  aber  dieser  Verlust  wird  durch  so- 
genanntes 'inncrlongue-rounding'  ersetzt.  Diese  Compensation  ändert 
die  Zungenstellung,  doch  steht  nach  meiner  Anschauung  die  Zunge 
dabei  immer  noch  in  t-Stellung.  Aehnlich  scheint  auch  Victor, 
Elemente  der  Phonetik,  §56  sich  die  Sache  zu  erklären.  Jedenfalls 
hätte  aber  ein  durch  Verbindung  von  Zun  gen  stell  un  g  für  e  und  Lippen- 
nindung  des  u  hervorgebrachter  Laut  nie  zu  í  werden  können,  wie 
dies  z.  B.  für  locum  >  /üeii  >  ¿üti  angenommen  worden  ist.  Also  weder 
historisch  noch  physiologisch  lassen  sich  sichere  Beweise  fiiir  die 
palatale  Qualität  des  in  Frage  stehenden  u  beibringen ,  und  wenn 
alle  die  verschiedenen  mit  diesen  Diphthongen  zusammenhängenden 
Erscheinungen  genügend  erklärt  werden  können,  indem  von  einem 
Diphthong  ^e  ausgegangen  wird,  so  sollte  diese  Ansicht  den  Vor- 
zug erhalten.  Da  nun  IVleycr-Lübke,  1.  c  §  211  in  so  bequemer 
Weise  drei  Gründe  für  die  Aussprache  fi/  zusammengestellt  bat, 
so  wird  es  am  einfachsten  sein,  jeden  von  den  Fällen  einzeln  zu 
untersuchen. 

i.  Altfrz.  öl  (=!f/)  wird  nie  zu  ö,  also  mufs  das  ue 
welches  KU  S  wird,  anders  ausgesprochen  worden  sein, 
i.  e.  ä/.  Hierauf  läfst  sich  antworten,  dafs  phonetische  Gesetze 
eben  nicht  absolute  physische  Gesetze  sind,  nach  denen  immer 
unter  gleichen  Bedingungen  gleiche  Resultate  folgen  müssen.  In 
einer  Periode  wird  das  lat  c/  zu  /,  später  kann  es  g¿  oder  auch 
ui  werden.  Ein  phonetisches  Gesetz  ist  nur  beschreibend.  Unter 
gewissen  Bedingungen  und  in  einer  gewissen  Periode  läfst  sich 
eine  gewisse  Tendenz  in  der  Sprache  beobachten ,  nach  der  eine 
gewisse  Lautverbindung  in  gewisser  Weise  verändert  wird,  und 
diese  Veränderung  ist  so  weilgreifend  und  regelmäfsig,  dafs  zu 
erwarten  ist,  dafs  alle  gleichen  Verbindungen  sich  in  gleicher  Weise 
entwickeln,  und  dieses  Gesammtresultat  kann  ein  phonetisches  Ge- 
setz genannt  werden.  Aber  die  Möglichkeiten  sprachlicher  Ent- 
wickelung  sind  so  vielseitig,  und  wenn  die  Mode  sich  später  ändern, 
und  eine  andere  Tendenz  das  Uebergewight  erreichen  sollte,  so 
würde  man  eben  für  diese  spätere  Periode  ein  anderes  Gesetz 
formulieren  müssen.  Und  dies  gerade  ist  der  Fall  hier.  Gegen 
Ejide  des  Xlll.  Jahrh.  täfst  sich  im  Französischen  die  Tendenz 
konstatieren ,  im  Diphthongen  yp  den  zweiten  Bestandteil  zu  labi- 
alisierL-n,  u/  wird  u/",  vgl.  Strauch,  Lat.  e  in  der  normannischen 
Mundart,  p.  88.  Gegen  Ende  desselben  Jahrhunderts  entstand  ein 
neuerer  Diphthong  ûf  aus  ei'>BÌ,  aber  hier  zögerte  die  Sprache 
lange  zwischen  steigender  und  fallender  Betonung  (vgl.  Meyer- 
Lübke,  1.  c.  §  72,  Rofsmann,  Französisches  01,  p.  24).  Selbst  noch 
zu  Palsgrave's  Zeit  wat  der  Accent  schwankend,    und  sichere  Be- 


ÜBER  DIE  AUSSPRACHE  DES  ALTFRZ.  UE  VON  LATEIN.  Ö.  7 

weise  für  steigende  Betonung  fangen  erst  mit  Meigret  an.  Dialek- 
tisch finden  sich  Reime  zNvischen  ot  und  f  schon  viel  früher,  und 
Rofsmann,  1.  c  p.  27  führt  sogar  solche  wie  noeve  (nova):  recoeve ^ 
moeve  :  apercoeve  aus  dem  Rom.  d.  1.  Rose  an,  und  wäre  diese  Aus- 
sprache allgemein  geworden,  so  hätten  beide  Diphthonge  {ot<.et 
und  ue<Cö)  dasselbe  Resultat  geben  müssen.  Im  gröfseren  Teil 
der  nordfranzösischen  Dialekte  war  aber  ^/  schon  zu  ö  geworden, 
als  Ol  definitiv  bei  q/  oder  ^/  ankam,  und  jetzt  zog  die  Sprache 
vor  den  zweiten  Bestandteil  des  Diphthongens  zu  öffnen,  ^/ wurde  ¡¿d. 

2.  ()/^+  Flexionszeichen  geht  über  ueu  (=  üeu)  zu  />«, 
und  ebenso  auch  çc  in  \ocum'>  ¡ueu'> ¡teu  über.  Hier  liegt 
m.  E.  das  Hauptargument  für  die  Ascolische  Theorie,  und  wenn  sich 
beweisen  läfst,  dafs  die  Entwickelung  nicht  in  dieser  Richtung  vor 
sich  ging,  und  wenn  die  hierher  gehörenden  Formen  von  u/  aus 
erklärt  werden  können,  so  mufs  die  Theorie  fallen. 

Dafs  der  Diphthong  ue  ein  steigender  war,  und  offenes  p  hatte, 
braucht  nicht  weiter  bewiesen  zu  werden,  cp.  Minerve:  trueve  Rom. 
Troie  26015,  quierent:  moerent  Brut  9746,  Meyer-Lübke  1.  c.  §  211. 
Dieses  fi/  konnte  zu  f  reduziert  werden,  eine  Erscheinung,  welche 
sich    schon    früh    im    Anglonormannischen    vorfindet,    cp.  presme, 

0.  Ps.  II — 2,  neben  pruesme  ebend.  14 — 4.  Diese  reduzierten 
Formen  scheinen  jedoch  auf  gewisse  bestimmte  Wortklassen  be- 
schränkt gewesen  zu  sein,  cp.  Pen,  Veniy  veUnt,  cheverels^  ce^  ice^  ovec^ 
üecquez^  pei,  /erre,  peple,  evre,  treve,  pref  (Strauch,  1.  c.  p.  %'^,  und 
dieselbe  Erscheinung  zeigt  sich  auch  im  Franconormannischen, 
ibid.  p.  76.  In  Adgars  Marienlegenden,  hersg.  von  Neuhaus,  Altfrz. 
Bibl.  IX  finden  sich  seit  (solet)  8  Eg.  34,  t^i  Eg.  38,  tult  26  Eg.  145 
und  Epilog  559.  Die  Anzahl  der  untersuchten  Texte  ist  noch 
gröfser  bei  Oertenblad,  1.  c.  p.  36 ,  und  einige  neue  Beispiele  sind 
da  zu  finden,  aber  die  Anzahl  der  hierhergehörigen  Wörter  bleibt 
gering,  und  es  ist  noch  besonders  dabei  zu  bemerken,  dafs  die 
Majorität  derselben  0  +  /  +  cons,  aufweisen  ;  dels  (Subst  und  Ver- 
bum),  delt^  velz,  veli,  welt,  vet,  vel,  vêlent^  weil. 

Die  endgültige  Erklärung  der  altfrz.  m'eus  (*voles)  diem  (doles) 
tens  (oculos),  um  die  es  sich  hier  besonders  handelt,  kann  nur 
diejenige  sein,  welche  die  historische  Entwickelung  der  Dialekte,  in 
denen  diese  Formen  vorkommen ,   ins  Auge    fafst     Meyer  -  Lûbke, 

1.  c.  §  196  beschreibt  dieselben  mit  dem  allgemeinen  Ausdruck  „im 
Nordfiranzösischen".  Im  grofsen  Ganzen  scheint  angenommen  zu 
werden,  dafs  sie  dem  Pikardischen  angehören.  Eine  nähere  Unter- 
suchung zeigt  aber,  dafs  die  Frage  nicht  auf  einen  Dialekt  be- 
gründet werden  kann.  Im  Gegenteil  haben  wir  es  hier  mit  einer 
Erscheinung  zu  thun,  die  sich  vom  Pikardischen  (vüus,  teus) 
durch  die  Champagne  {maus,  zaus)  bis  ins  südliche  Lorraine  und 
die  Franche  -  Comté  (veaus ,  eaus ,  eaz)  erstrekt.  Diese  eben  ange- 
führten Varianten  gehören  zusammen,  und  müssen  alle  auf  gleiche 
Weise  erklärt  werden.  Wir  nehmen  dieselben  in  der  angegebenen 
Reihenfolge  vor  und  stellen  zuerst  unsere  Beispiele  zusammen. 


8  JOHN  E.  MATZKE, 

¿?/Ì>  /Vi/. 
Ule  et  Galerón  :i  />a:  1699,  (cp.  orgeus',  ^0:4685:86). 
Aliscans:  iex  Bartsch,  Chrest  76 — 27,  Constans,  Chrest  82 — 62. 
Caritè:^  /««  58 — 12,  81 — 11,  220 — 5,  orgweus  z^i — 4. 
Miserere  :2    vieus  40 — 8,    257 — 2,    orguieus  85 — 3    (im  Ganzen 
32  Mal) ,    kieus    (=  colligis  >  f«^/r)    85 — 10 ,    ieus  I02 — 3, 
133 — I  (im  Ganzen  10  Mal). 

Aue.  et  Nie:  vix  i^vieui)  2 — 34,  3 — 11,  (vgl  vex  3 — 7,  ex  i^ 
— 12  im  Ganzen  4  Mal). 

Durmars  li  Galois  :3  iex  (:  müx)  15009,  iez  1931,  ielz  (:  mtex)  1 1522, 
vülz  {:mü/e)  507,  (vgl.  ue/s  108,  iáe/z  11566,  ^/ri^/4435, 
orguelz  2^2,  vuelz  495,  519,  tw^£  845,  vues  15623,  duel{s) 

2152,  3362,  5624)- 
Aniel:  ¿?itf  108  (vgl.  taus  227,  deus  — ■  deui/  124). 
Floris  et  Liriope:*  zeus  1086,  1453,  403,  418,  (vgl.  euz  935,  1462, 

1608,  orguez  286,  1485,  ¿?r¿^«^j  I49ii  ^^^  Q^o»  1125,  1651, 

»^s  1602,  wez  782). 

Diese  Texte  beschreiben  m.  W.  ziemlich  vollständig  die  Ausdeh- 
nung des  Diphthongen  üu.  In  lile  et  Galerón  haben  wir  die 
Sprache  eines  Pikarden  der  Französisch  schreiben  will  (Einl.  p.  XL  VI), 
in  Mis.  und  Car.  den  pikardischen  Dialekt  der  Umgegend  von 
Amiens  (Einl.  p.  CXCV),  in  AucNic.  den  pikardischen  von  Hainaut 
(Ausg.  p.  75),  in  Durmars  einen  Dialekt  der  zugleich  normannische 
und  pikardische  Eigentümlichkeiten  zeigt  (Ausg.  p.  532),  in  Aniel 
die  Sprache  von  Artois  (Einl.  p.  XIX) ,  und  in  Floris  et  Liriope 
eine  in  Lorraine  oder  Franche  -  Comté  verfertigte  Abschrift  eines 
Textes  aus  Blois  oder  vielleicht  noch  nördlicherer  Gegend  (Einl. 
p.  XXVII).  Ein  sehr  wichtiger  Punkt  darf  hier  nicht  übersehen 
werden.  Unser  Diphthong  t'eu  kommt  nemlich  gewöhnlich  von 
(>  +  /+  j,  während  ^  +  /+  /  meistens  eu  giebt.  Man  vergleiche 
die  folgenden  Beispiele. 

nie  et  Galerón  :  requeut  :  velt  118:  119;  deut  :  aqeut  960  :  961,  deut 
:  veut  1 169  :  1 170,  reqeui'.deut  4775  :  4776,  deut  :  seut  5193 
:  5194,  seut  :  veut  ^722  :  5723. 

Aliscans:  velt  (Bartsch,  Chrest.  52 — 83,  Constans,  Chrest.  83 — 85). 
Miserere  :  seut  :  rekeut  :  veut  :  deut  Str.  XLVU,  seut  :  deut  :  meut  :  veut 
:  reskeut  :  rekeut  Str.  CXXXVI. 

Aue.  et  Nie:  veut  ^ — 6,  46 — 10,  {vaut  26 — 12,  38 — 13). 
Durmars:    vue/t  198,    wet  14707,    (jedoch    vgl.  vïut  (*volet):  siut 

(*sequit)  2790). 
Aniel:  veut  206. 
Floris  et  Liriope:  duet  :  suet  379  :  380,  1 105  :  1 106,  welt  83. 


1  Hrsg.  V.  Förster,  Rom.  Bibl.  VIU. 
*  Hrsg.  V.  van  Hamel,  Paris,  1885. 
8  Hrsg.  V.  Stengel,  1873. 
«  Hrsg.  V.  Zingerle,  Altfrz.  Bibl,  XII. 


OBER  DIE  AUSSPRACHE  DES  ALTFRZ.  UE  VON  LATEIN.  Ö.  Q 

Nach  Meyer -Lûbkes  Bemerkungen,  Gramm.  I,  §  196,  und  II, 
p.  228,  zu  urteilen,  sollte  man  annehmen,  dafs  Formen  wie  quieui^ 
sieui,  vüuij  dieut^  mimt  die  gewöhnlichen  altfrz.  Formen  dieser  Verba 
sind  und  so  weit  verbreitet  wie  yeux  und  lieu.  Dafs  der  hier  kon- 
statierte Unterschied  zwischen  der  2.  und  3.  Person  sing,  wirklich 
im  Allgemeinen  durchgeführt  ist,  wurde  für  Mis.  und  Car.  schon 
von  van  Hamel  bemerkt ,  Ausg.  p.  CXXUI.  In  den  von  mir  auf 
diesen  Punkt  hin  durchsuchten  Texten,  kommt  ieu  -f-  /  nur  in  ge- 
ringer Anzahl  vor;  cp.  Richars  li  biaus  aquieui  i  sieui  (^sequit)  617 
:  618,  sieui  (solet)  608,  akieut  :  vieui  ito^  :  1606,  und  selbst  hier 
sind  Formen  mit  eu  (í«// :  «w«// 4133  :  4134)  oder  mit  e  {wet  i 
açuet  ^g  11  14912)  bei  weitem  die  gewöhnlichsten  im  Reim.  In 
Durmars  steht  viut  {<.vieut)  im  Reim  mit  siut  (*sequit)  2790  :  2791. 
Aus  Burguy,  Gramm.  II  p.  85  und  112  ss.  lassen  sich  vielt,  Vers 
sur  la  Mort  hinzufügen,  und  vieut  Rom.  d.  Mahomet,  vieut,  sieut 
Rom.  d.  Cambrai,  und  dieut  einige  Male  aus  Texten  in  Kellers 
Romvart.     Aber  die  Liste  ist  bald  erschöpft 

Wenn  man  nun  die  ältesten  Texte  in  dem  Dialekte,  zu  welchem 
diese  Formen  gehören,  untersucht,  so  zeigt  sich  eine  bestimmte 
Tendenz  reduzierte  Formen  mit  einfachem  ^,  ähnlich  den  oben 
citierten  normannischen,  zu  gebrauchen.  Vgl.  Bible  de  Herman  de 
Valenciennes  (Bartsch  -  Homing  Chrest)  veis  104 — 18,  velt  106 — 21, 
108 — 15,  23,  (ilec  gy — 20);  gewöhnlich  wird  das  ç  in  dieser  kurzen 
Textprobe  durch  ue  wiedergegeben,  estuet  loò — 13,  pues  loj — 14. 
Dasselbe  zeigt  sich  in  Ille  et  Galerón,  velt  i  ig,  536,  680,  5882, 
6318,  6479,  oel  :  orgel  3169  :  3170,  {oel  :  orgel  3087  :  3088),  orgeus 
:  ex  4685  :  4686.  Aliscans  hat  velt  82 — 2^  (Bartsch),  8^ — 85 
(Constans),  aber  ^^/ 75 — 11,  duel  T] — 11;  euer  y t — ^^.  In  den 
Gedichten  des  Cuenes  de  Bethune  (hrsg.  v.  Scheler,  Trouvères  Beiges,  I) 
steht  velt  t — 28,  eus  i — 49,  ex  ^ — 20,  orguex  6 — 9,  orguels  2 — 32; 
in  Durmars  z«;^/ 14707,  velie  y  g  20 ,  vêlent  T  ^18,  und  in  Richars  li 
biaus  weilgT^i  vues  41 14,  weille,  fueille  253  :  254.  Die  notwendige 
Schlufsfolgerung  lafst  sich  schwer  vermeiden.  Gewisse  Wörter 
konnten  den  Diphthongen  leichter  zu  /  reduzieren  wie  andere. 
Wenn  man  diese  Wörter  näher  ansieht,  und  in  erster  Linie  die 
der  normannischen  Texte  von  Strauch,  so  fällt  in  die  Augen,  dafs 
die  gröfste  Anzahl  derselben  einen  labialen  Consonanten  in  un- 
mittelbarer Nähe  des  Diphthongen  haben,  vgl.  avec,  mere  (*moriat) 
«^  (novum) ,  presme  (proximum)  treve,  peple,  pre f  {iptohxxm) ,  ferre 
(fuer re),  pet  (*potet),  r}elent,  velt^  veil,  evre  (opera),  ex  (=oves:  Strauch, 
1.  c.  p.  22).  Der  Grund  der  Reduktion  mufs  also  im  Labial  liegen. 
Dafs  ein  vorausgehendes  v  solchen  Einflufs  ausüben  kann,  ist  schon 
von  anderen  anerkannt  worden,  vgl.  Zingerle,  Floris  et  Liriope, 
Ein!,  p.  XVIU  und  Eggert,  Zs.  f.  R.  Ph.  XUI  p.  368.  >  Da  /  +  cons. 
gleich  lyra,T,    so  konnte   es  ähnlichen  Einflufs  ausüben,    und  dies 


^  Auch  anlautendes  /  muís  ähnliche  Klangfarbe  gehabt  haben,  denn  es 
übt  ähnlichen  Eünflufs  aus;  cp.  ¿*en  (=^  l*uem)  und  ilec,  illecquez. 


IO  JOHN   E,  MATZKE, 

erklärt  Formen  wie  tìs,  dels,  org{u)eh,  sels,  q{iíyh,  sell,  dell,  aç(v)el( 
U.S.W.  Auslautendes  /  hat  jedoch  keine  u- Farbe,  und  deshalb 
findet  keine  Reduktion  statt.  So  entsteht  der  Unterschied  zwischen 
lul  und  eis,  duel  und  dels,  obgleich  dadurch  nicht  die  Möglichkeit 
eines  gelegentlichen  an  a  logisch  en  orgel  und  dergleichen  ausge- 
schlossen isL  Im  Ganzen  aber  verfahren  unsere  Texte  recht  kon- 
sequent, und  während  veleni,  iveille,  velie,  weil  recht  oft  vorkommen, 
so  kann  ich  mich  doch  nicht  erinnern  dehnt,  delle,  dcil  u.  dergl, 
gefunden  zu  haben. 

Wenn  eine  Schreibart  konsequent  unter  den  gleichen  phone- 
tischen Bedingungen  durchgeführt  ist,  so  ¡st  es  methodisch  richtig, 
anxunehnien,  dafs  ein  bestimmter  Klang  dabei  gemeint  Ist.  Mit 
Oertenblad  1.  c.  p.  56  zu  sagen,  dafs  oe,  eil,  e,  (und  alle  die  anderen 
orthographischen  Varianten)  denselben  Laut  bezeichnen,  heifst 
gerade  das  was  zu  beweisen  wäre,  schon  als  bewiesen  annehmen. 
Dies  mag  der  Fall  gewesen  sein  zu  einer  späteren  Zeit,  als  die 
Labialisation  des  zweiten  Bestandteiles  des  Diphthongen  durch- 
geföhrt,  und  ehe  die  herkömmliche  Orthographie  vergessen  war, 
aber  es  kann  unmöglich  die  Verwirrung  in  den  älteren  Texten 
erklären.  Man  findet  eis  (=:  oculos)  sehr  oft,  aber  nie  el ,  immer 
oel  oder  uel.  Wären  beide  Wörter  gleich  ausgesprochen  worden, 
so  wäre  es  doch  wunderbar,  dafs  zwei  so  verschiedene  Schreibarten 
so  konsequent  geschieden  gehalten  worden  wären,  und  das  von 
Schreibern,  die  doch  in  andern  Fällen  nie  zaudern ,  gleichwertige 
Schreibarten  ohne  Regel  ab«'echselnd  zu  gebrauchen. 

Die  Erklärung,  die  ich  begründen  möchte ,  ist  schon  klar  ge- 
worden. Ich  glaube,  dafs  solche  Formen  wie  ¡eut,  vieus  von  den 
älteren  reduzierten  Formen  fis ,  vfls  hergeleitet  werden  müssen.' 
Ob  das  /  vor  oder  nach  der  Diphthongierung  des  f  lv^  u  wurde, 
wird  sich  nicht  mit  Sicherheit  entscheiden  lassen.  Die  Existenz 
von  Formen  wie  iels  und  vieh ,  obgleich  dieselben  selten  sind, 
scheint  für  die  orstere  Auffassung  zu  sprechen,  da  sie  zu  einer 
Zeit  vorkommen  wo  das  /  in  den  meisten  Dialekten  sicher  schon 
XU  u  geworden  war.  Auf  der  anderen  Seite  verlangt  Champagne 
-iaus  die  Reihe  fifls^  fh^  iels'>  ials'>  ¡aus.  Schwan^  §  2g5  setzt 
das  Erscheinen  des  Triphthongen  in  die  Mitte  des  XI.  Jahrhunderts, 
Nach  meinen  Resultaten  ist  dies  wenigstens  ein  Jahrhundert  zu 
früh.  Das  früheste  Beispiel  ¡n  meiner  Sammlung  steht  in  lile  et 
Galerón,  iex  lógg,  und  diesen  Text  setzt  Förster  in  das  Jahr  1167, 
G.  Paris,  Lit  frçse.  p.  247  in  das  Jahr  1157,  Man  wundert  sich, 
an  welche  Texte  der  Mitte  des  XI.  Jahrhunderts,  i.  e.  vor  der 
Chans,  d.  Rol.  Schwan  wohl  gedacht  haben  mag.  Ein  anderes 
schwerwiegendes  Argument  für  die  Richtigkeit  der  hier  vorge- 
schlagenen Erklärung  sehe  ich  in  der  Form  iez  {=  oculos)  Poésies 
Religieuses,  (hrsg.  von  P.  Meyer,  Rev.  d.  Soc.  sav.  série  V  vol.  VI, 


ÜBER  DIE  AUSSPRACHE  DES  ALTFRZ.  UE  VON  LATEIN.  Ö.  II 

p.  241  SS.)  Nr.  Vn — 7;  cp.  orguelh  I — 26,  und  vulh  VIII — 21.  Hier 
hat  man  offenbar  die  Reihe  plz  >  ülz  >  üz  anzusetzen,  wo  /  in  gut 
wallonischer  Weise  gefallen  ist,  und  die  Möglichkeit  einer  Reduk- 
tion von  iUlz  >  iUuz  u.  s.  w.  ausgeschlosssn  ist.^ 

Auf  diese  Weise  können  teus,  vieus  u.  s.  w.  leicht  erklärt  werden, 
aber  der  Unterschied  zwischen  vieus  und  veut  bleibt  noch  immer 
im  Dunkeln.  Dafs  dieser  Unterschied  existierte,  ist  aus  den  oben 
gesammelten  Bespielen  genügend  klar  geworden.  Es  ist  mir  jedoch 
unmöglich  eine  Erklärung  vorzuschlagen,  die  auch  nur  annähernd 
die  Schwierigkeit  zu  lösen  schiene. 

In  der  Chronik  des  Philippe  Monsket  erscheint  ql  -f-  Flexions- 
zeichen als  iou^  und  dieses  erklärt  Meyer-Lübke,  1.  c.  §  196  als  eine 
EntWickelung  von  üeu  über  teu^wu^  da  auch  melius,  wo  der 
Triphthong  ieu  richtig  ist,  als  miouz  erscheint.  Aber  dieser  Text 
gehört  in  die  Zeit,  in  welcher  ou  aus  0  zu  eu  wurde,  während  die 
herkömmliche  Orthographie,  0  und  ou  noch  in  Gebrauch  war,  so 
dafs  alle  drei  Schreibarten  regellos  erscheinen.  Deshalb  findet  man 
eu  in  mìetès  18261,  dteus  28805,  ^^  i^  ^^^^  (oculos)  :  a'ous  (caelum  -f-  s) 
12315,  tous  :  vious  (veclus)  18536,  \  mious  (melino)  22390,  26829, 
dious  (deuil)  :  mious  24865,  und  0  in  vivo  (voles)  :  vious  (veelus) 
9200,  viot  1380,  violt  8104;  vgl.  Link,  Ueber  die  Sprache  der  Chro- 
nique rimée,  p.  1 2  und  1 6.  Burguy,  Gramm.  U,  p.  1 1 2  citiert  noch 
violi^  dioli,  siolt  aus  Part.  d.  Blois. 

¿?/!>  iau. 

Im  Champagne -Dialakt  des  Chrétien  de  Troies  finden  sich 
iauz^  viaut,  diaut,  siaul,  requiaut^  diaus  u.  s.  w.  und  Förster  in  seiner 
Ausgabe,  Cliges,  Einl.  p.  LXIX  erklärt  diese  Formen  als  durch 
Reduktion  von  Hau  (<  üel  cons.)  >  iau  entstanden ,  und  diese  Re- 
duktion sei  notwendig  gewesen,  weil  das  Französische  sonst  keinen 
Triphthongen  üau  besessen  habe.  In  demselben  Text  wird  oel 
konsequent  von  Vtul  geschieden,  und  diese  Erscheinung  wird  als 
„rein  orthographische,  und  durchaus  nicht  lautliche  Eigenheit"  (ibid. 
p.  LXV)  charakterisiert.  Dafs  wird  es  hier  nur  mit  einer  graphi- 
schen Variante  zu  thun  haben,  wird  wohl  Niemand  bestreiten  wollen  ; 
uel  hätte  als  vel  und  iel  als  jel  gelesen  werden  können  ;    aber  dafs 


^  Nachdem  dieser  Artikel  geschrieben  war,  war  es  mir  möglich  Försters 
Ausgabe  des  Chev.  as  deus  espees  einzusehen.  Der  Dichter  selbst  scheint 
aus  der  Nähe  der  Pikardie  zu  stammen,  während  der  Schreiber  ein  gebürtiger 
Pikarde  war.  Lat.  2J  erscheint  als  oe  und  ue\  sogar  nouef  ^\^\  kommt  vor, 
welches  far  die  Aussprache  ^e  spricht  Reduktion  zu  e  ist  p.  XLI  nur  in 
üleques  und  auecques  verzeichnet.  Formen  mit  ie  =^0  sind  häufig ,  doch 
scheint  kein  Unterschied  zwischen  der  2.  und  3.  p.  s.  gemacht  zu  werden. 
Cp.  uùls  6199,  uielt  1672,  sielt  6984,  diets  2031,  6396  (auch  dets  10560,  duel 
3279)  orghiex  4119,  iex  2516,  4 120,  4836,  10640,  sogar  ix  12047  ^^^  o^» 
dielt ^  kielt  u.  s.  w.  Aas  Perciv.  2928  wird  mieut  (molit)  und  aus  Erec  6572 
iaut  mit  der  Variante  ielt  (:=  ölet)  citiert  Förster  schrieb  hier  dieses  1  dem 
Einflufs  des  folgenden  /  zu,  eine  Erklärung  die  er  jetzt  aufgegeben  hat,  aber 
es  ist  interessant  zu  konstatieren,  dafs  er  damals  in  richtiger  Weise  das 
neufrz.  yeux  aas  pik.  iex  herleitete. 


1 2  JOHN  E.  MATZKE, 

oel  der  lateinischen  Etymologie  zu  Liebe  gewählt  wurde,  scheint 
nicht  so  einleuchtend.  Dies  erklärt  nicht  den  Wechsel  zwischen 
boens  und  huens  in  derselben  Hs.  A.,  deren  Schreiber  so  sorgfältig 
zwischen  oel  und  Vuel  unterscheidet.  Meiner  Ansicht  nach  wird 
sich  schwer  etwas  gegen  die  Bemerkung  G.  Paris'  aufbringen  lassen, 
dafs  wo  immer  oe  und  ue  in  der  Schreibung  mit  einander  wechseln, 
die  Aussprache  ue  und  nicht  üe  gewesen  sein  müsse.  Und  wenn 
Försters  Erklärung  von  iau<iuau  die  richtige  wäre,  dann  sollte 
gerade  in  solchen  Texten  oe  nicht  mit  ue  wechseln.  Aber  dies  ist 
nicht  der  Fall  ;  oe  und  ue  sind  gleichbedeutend  in  Texten  wo  ieu 
und  tau  vorkommen,  vgl.  suel  :  doel  1863  :  1864,  voeleui  :  suelent  390 
:  391,  iïloec  \  peruec  3435  :  3436  in  lUe  et  Galerón.  Wenn  also  œ 
und  ue  in  Cliges  wechseln,  weil  beide  denselben  Klang  darstellten, 
so  folgt  das  ue  nicht  wie  «/  ausgesprochen  wurde.  Dann  mufs 
aber  eine  andere  Erklärung  für  tau  gebracht  werden,  und  diese 
liegt,  wie  mir  scheint,  auf  der  Hand  in  der  Entwickelung  von 
caelu  +  s  >  ciels  >  ciáis  !>  ciaus,  Clig.  20 1 2,  melius  !>  mielz  !>  miauz  26, 
mieldre  >  miaudre  332  ,  ïllos  >  els  >  als  >  aus^  vermeilz  >  vermelz  > 
vermauz ,  welche,  wie  bekannt,  schon  von  Ul brich  in  Z.  f.  R.  Ph.  U 
P*  539  vorgeschlagen  wurde.  Von  dieser  Seite  aus  betrachtet, 
kann  jedes  Glied  in  der  Kette  wirklich  belegt  werden,  {uels^  pis 
>  iels  !>  ials  >  iaus)  während  bei  üels  >•  iials  >  üaus  !>  iaus  zwei  sehr 
wichtige  Mittelglieder  konstruiert  werden  müssen,  ein  Verfahren, 
welches  mir  für  diejenigen  Perioden  der  Sprache,  wo  das  Material 
so  reichlich  vorliegt,  immer  sehr  fraglich  scheint.  Wenn  üals  oder 
üaus  sowohl  als  vüeus,  düeul  je  existiert  hätten,  so  würden  dieselben 
sicher  aus    der  Orthographie  irgend  eines  Kopisten  belegt  werden. 

Oertenblad,  1.  c.  p.  50,  schlägt,  während  er  zu  der  Aussprache 
^é  hält,  noch  eine  andere  Erklärung  vor  ;  „w^/-  après  avoir  passé 
par  uial'  et  après  Tassimilation  de  u  et  de  /*  (wie  in  aprisment'^ 
apruisment)  est  devenu  ial.  —  w«".  Gegen  Ul  brich  bringt  er  vor, 
dafs  er  velt  für  vtieil  das  e  „n*a  pas  facilement  representé  un  véri- 
table er**  ohne  zu  merken,  dafs  seine  zwei  Sätze  sich  widersprechen. 
Denn  wenn  uel-  zu  uial-  wurde ,  so  ging  es  doch  über  «/>/-,  und 
dann  mufs  der  zweite  Bestandteil  des  Diphthongen  doch  ein  „véri- 
table ^*  gewesen  sein.  In  diesem  Falle  aber  ist  es  viel  leichter, 
und  ganz  im  Einklang  mit  der  Tradition  unserer  Texte,  gleich  von 
veis  oder  eis  auszugehen.  Die  Erklärung,  welche  er  dann  für  ieu 
vorschlägt  (ibid.  p.  5 1 ,  Anm.  4)  ist  sicher  nicht  die  richtige.  Dieses 
ieu  soll  durch  Mischung  von  eu  zu  iau  entstanden  sein, 

,   ^uel  —  eu  ^    . 
ol  <i  .  j  .     >•  teu, 

•^        tal  —  tau 

Auf  diese  Art  liefse  sich  schliefslich  alles  beweisen. 

çr>  ea{u). 

Ein  starker  Beweis  für  die  Richtigkeit  meiner  Erklärung  lieg^ 
m.  E.  in  den  folgenden  Beispielen. 


ÜBER  DIE  AUSSPRACHE  DES  ALTFRZ.  UE  VON  LATEIN.  5.  I3 

Yzopet:*  eaz  361,  31 15,  3122,  (vgl.  jedoch  uuez  16,  18,  371,  649, 
763,  uuet  21^  u.  s.  w.,  j«^/ 594,  z£;^/35i6). 

Makkabâer:^  eauz  4 — 12,  5 — 30,  6 — 10,  einmal  sogar  auz  XII — 42, 
ueaus  (*voles)  10 — 56,  VII — 2 — 16. 
Diese  EntwickeluDg  scheint  sich  über  den  ganzen  Süden  zu 
erstrecken,  denn  Görlich  bringt  ähnliche  Beispiele  Südwestliche 
Dialekte,  p.  65  ;  cp.  deaus ,  veaut ,  veaus ,  veauge ,  (voleam) ,  veaugenL 
Einige  andere  Texte  die  ich  auf  diesen  Punkt  hin  durchsucht  habe, 
wie  die  Sermons  de  Saint  Bernard  und  Job  zeigen  nur  ue^  aber 
einige  Varianten  in  Floris  et  Liriope  (^¿7«a;  403 ,  ^0^:418,  1453, 
eaz  1608)  weisen  auf  dieselbe  Gegend.  Offenbar  ist  die  Reduktion 
hier  so  früh  eingetreten,  dafs  das  neue  /  +  /  +  cons  mit  ursprünglichem 
^  +  /  +  cons,  gleich  behandelt  wurde  ;  vgl.  Yz.  aigneas  9Ö ,  morseas 
469,  porceas  1276;  Mak.  ceaus  (cáelos)  X — 2^^  veauz  (*veclus)  12 — 23, 
meauz  (mçlîus)  i — 65;  ueisseaus  i — 24,  nouucaus  4 — 49,  chasteaus 
7 — 46.  Im  Yz.  scheint  die  Reduktion  auf  anlautende  Position  be- 
schränkt gewesen  zu  sein.  Görlich,  1.  c.  erklärt  eau  aus  uel^  ueau^ 
wenn  aber  wirklich  ueau  je  existiert  hätte,  so  wäre  es  doch  kaum 
so  spurlos  verschwunden. 

Bisher  habe  ich  lieu,  welches  Meyer -Lübke  auch  als  Reduk- 
tion von  lüeu  erklärt,  bei  Seite  gelassen.  Bis  jetzt  ist  noch  nicht 
bewiesen  worden,  dafs  der  Tonvokal  in  diesem  Worte  sowie  in 
focum,  jocum  überhaupt  diphthongiert  wurde.  In  Mod.  Lang. 
Notes  Vn  p.  65  leitete  ich  leu  auch  von  locum  über  luou  >•  luéu 
her,  aber  ich  bin  jetzt  überzeugt,  dafs  diese  Wörter  wie  paucum 
> peu  erklärt  werden  müssen,  wo  der  Schritt  von  pou^peu  direkt 
ist;  vgl.  Förster,  Z.  f.  R.  Ph.  V,  591.  Jeu  und  peu  sind  dann  regel- 
mäfsig ,  und  das  1  in  Iteu  läfst  sich  leicht  dem  Einflüsse  des  /  in 
mileu  >  mileu  (altfrz.  milliu^  milieu  vgl.  die  neufrz.  Aussprache  milieu 
Lesaint,  Traité  p.  205,  milyoe  y  Passy,  Sons  du  Fransais,  p.  19)  zu- 
schreiben. Ein  leu  klang  eben  wie  Heu  und  konnte  nur  so  ge- 
schrieben werden;  vgl.  Mod.  Lang.  Notes,  ibid.  Ein  wichtiges 
Moment,  welches  in  der  Diskussion  dieser  Frage  übersehen  worden 
ist,  ist,  dafs  Heu  und  lex  (oculos)  gar  nicht  in  denselben  Dialekt 
gehören.  Lieu  kommt  zuerst  in  den  Q.  L.  D.  R.  82 — 8  vor ,  und 
in  diesem  Texte  ist  oculos  =  oilz  10 — 8,  und  *volet  voli^  *voles  vols, 
3.  Die  Entwickelung  von  o¿'>  üi  macht  ein  Mittel- 
stadium uei  (=  üei)  notwendig.  Lat.  ç  +  /'  war  früh  zu  üi 
geworden;  schon  in  der  Voy.  Charl.  670  steht  ui  (hödie)  in  ü' 
Assonanz.  Die  palatale  Qualität  des  Diphthongen  kann  jedoch 
gerade  so  leicht  aus  ^éi  wie  aus  üei  erklärt  werden;  denn  wenn 
uei  durch  regressive  Assimilation  zu  uH  wurde,  so  konnte  dieser 
regressive  und  jetzt  doppelt  starke  Einflufs  sich  doch  ohne  Schwie- 
rigkeit noch  einen  Schritt  weiter  zurückerstrecken,  und  ^  zu  ü 
verwandeln,   so    dafs    wir    also    die    Reihe    ^¿i'> ^ii'> ûii'> üi  zu 


*  Hrsg.  V.  Förster,  Altfrz.  Bibl.  V. 
'  Hrsg.  V.  CrÖrlich,  Rom.  Bilb.  II. 


14  JOHN  E.  MÂTZKE, 

setzen  hätten.  Eine  ähnliche  Entwickelung  h'egt  in  der  gelegent- 
lichen neufrz.  Aussprache  üt  =  out  vor.  Dann  beweist  aber  gerade 
die  Voy.  Charl.  noch  definitiv,  dafs  üi  sich  nicht  von  ûét  her  ent- 
wickelte, denn  oe  und  ue  werden  ohne  Unterschied  gebraucht,  vgl. 
poâii  puet^  Koschwitz,  Ueberl.  und  Sprache,  p.  29.  Wenn  nun  aber 
+  i  in  einem  Texte,  wo  %u  sicher  i^e  war,  zu  üi  werden  kann, 
so  kann  dieselbe  Entwickelung  auch  in  einem  anderen  Texte  vor- 
kommen ,  und  folglich  kann  aus  der  Entwickelung  von  9  +  ^  Vexci 
Argument  für  die  Ansprache  üe  gezogen  werden. 

Mit  diesen  Gründen  soll  nun  nicht  bestritten  werden,  dafs  ue 
nirgends  im  Altfranzösischen  wie  üe  ausgesprochen  wiu'de.  Meine 
Absicht  war  die  Entwickelung  des  altfrz.  ieu  ins  richtige  Licht  zu 
stellen.  Die  Ausbreitung  des  «  <  «  war  ja ,  wie  jetzt  allgemein 
geglaubt  wird,  langsam,  und  da  kann  der  Diphthong  «/  gelegent- 
lich in  derselben  Weise  behandelt  worden  sein.  Für  den  Brandan 
kam  Hammer  (Die  Sprache  der  anglonorm.  Brandanlegende  p.  19)  zu 
dem  Schlufs,  „dafs  dort  der  «-Laut  unbekannt  war."  Eggert  dagegen, 
Z.  f.  R.  Ph.  XllI  p.  365  beweist,  dafs  in  seinen  normannischen 
Texten  ü  zu  ü  geworden  war,  welches  dann  über  üe  zu  üei  ge- 
worden war,  welches  dann  über  üe  zu  ie  reduziert  werden  konnte. 
Dies  aber  hat  nichts  mit  der  Entwickelung  von  ö  +  /  +  cons,  zu 
thun,  und  das  ü  kann  auch  hier  unter  regressivem  Einflüsse  des  i 
entstanden  sein.  Ob  ich  die  ganze  Frage  endgültig  gelöst  habe, 
wage  ich  nicht  zu  entscheiden.  Aber  jedenfalls  scheint  es  mir  sicher, 
bis  bessere  Beweise  für  die  Aussprache  üe  aufgebracht  werden 
können,  bleibt  die  sicherste  Stellung  die,  welche  vor  dem  Erscheinen 
von  Ascoli's  erster  lettera  glottologica  als  die  richtige  galt 

John  E.  Matzke. 


n  nome  di  Dante, 
i. 

Il  Balbo  y  seguendo  i  più  autorevoli  biografi  del  Poeta,  avea 
detto  che  Alighiero  „ebbe  nel  maggio  1265  un  figliuolo,  il  quale, 
battezzato  in  S.  Giovanni,  ebbe  il  nome  di  Durante^  abbreviato 
quindi  in  quello,  sempre  da  lui  e  dagli  altri  usato,  di  Dante^\  Ma 
Emmanuele  Rocco  trovò  da  apporre  anche  a  questo  luogo  una 
delle  sue  ingegnose  e  dotte  note.  „Ci  sarebbe  piaciuto",  egli  scrisse, 
„trovare  una  qualche  testimonianza  del  nome  di  Durante,  del  quale 
non  fa  menzione  il  Boccaccio.  A  me  non  è  venuto  fatto  di  trovarne 
alcuna  ;  per  lo  che  son  venuto  nel  pensiero  che  Dante  fosse  vera- 
mente l'unico  e  primitivo  suo  nome,  e  per  la  testimonianza  del 
Boccaccio  e  del  Manetti,  e  perchè  comune  era  a  que'  tempi  tal  nome 
(Dante  da  Majano),  e  perchè  Dantes  leggesi  nella  sua  condanna, 
nel  suo  epitaffio,  e  in  parecchi  altri  latini  documenti.  Ma  oltre 
all'argomento  etimologico  del  Boccaccio,  altro  ve  n'è  che  c'induce 
a  credere  esser  Dante  il  primitivo  nome.  Difatti,  Francesco  (leggi 
Domenico)  Bandino,  grammatico  aretino,  nel  suo  libro  Fons  mira- 
hilium  universi^  deriva  il  nome  Dante  da  dans  theos  :  or  le  etimologie 
non  si  traggon  certamente  da'  nomi  accorciati,  si  dagl'interi.  Aggiun- 
gi che,  nel   e.  XXX  del  Purg.^   Beatrice  chiama  il  poeta  a  nome, 

dicendogli  : 

Dante,  perchè  Virgilio  se  ne  vada . . . 

ed  il  poeta  si  scusa  dell'essersi  nominato,  ne'  versi  seguenti: 

Quando  mi  volsi  al  suon  del  nome  mio, 
Che  di  necessilà  qui  si  registra.*' 
Vittorio  Imbrìani,  senza  ricordar  qui,  forse  perchè  non  avea  da 
contradirlo,  il  benemerito  filologo  napoletano,  notò  più  tardi  anche 
lui  che  il  nome  Dante  si  trova  „sempre  distinto  da  quello  di  Durante. 
Non  conosco",  egli  continua,  „un  esempio  solo  d'un  Dante,  chia- 
mato anche  Durante,  o  d'un  Durante  chiamato  anche  Dante.  P.  es., 
maestro  Durante  medico  (che  fu  de'  priori  pel  sesto  di  Dante ,  da 
mezz'aprile  a  mezzo  giugno  1295....)  non  è  mai  e  poi  mai  chia- 
mato :  maestro  Dante ....  Il  diminutivo  di  Durante  era  Duraniuzzo, 
In  una  sentenza  dello  imperadore  Arrigo  VII  contro  tutt'i  ribelli  di 
Toscana  (13 13),  troviamo,  tra'  fiorentini  del  sesto  di  Porsampiero: 
Durante  Bonfantini  e  Durantuzzus  vel  Durancozzus  Bonfantint^^^ 

^  Vita   di  Dante    scritta    da    Cesare   Balbo   con    le   annotazioni  di 
•■»maiiuclc  Rocco;  Napoli  1853,  p.  18  e  424.  —  Vittorio  Imbriani, 
mUsehi\  Firenze  1891,  p.  247 — 8  n. 


1 6  MICHELE  SCHERILLO, 

U. 

£ccoci  dunque  di  fronte  a  un  altro  dubbio  della  biografìa 
del  sonuno  poeta:  se  cioè  il  suo  nome  derivi  da  Durante^  o  sìa 
invece  esso  stesso  un  vero  e  proprio  nome. 

Prima  di  tutto,  non  sarebbe  né  assurdo  né  anormale  che  il 
nome  Durante  si  riducesse  in  Firenze  a  Dante  \  giacché  sono  „essen- 
zialmente proprie  al  toscano"^  le  forme  sincopate  quali  Betto  per 
Benedetto,  Benni  Bencivenni,  Buto  Benvenuto,  Bista  Battista,  Dedi 
e  Dede  Diotidiede,  Gianni  Giovanni,  Taldo  Tedaldo,  Bice  Beatrice 
ecc.  Or  codeste  forme,  tra  un  popolo  che  ebbe  sempre  tanta 
coscienza  della  bontà  del  proprio  volgare  e  fu  tanto  vago  dei 
vezzi  di  lingua,  in  un  periodo  di  bonaria  ingenuità  paesana, 
divennero  ben  presto  indipendenti  dalle  originarie:  cosi  che  chi  si 
chiamasse  Betto  o  Dante  poteva  anche  ignorare  d'aver  lo  stesso 
nome  di  chi  si  chiamasse  Benedetto  o  Durante;  e  ad  ogni  modo 
chi  profferiva  quei  nomi  indicava  persone  differenti  quando  adoperava 
il  nome  intero  o  l'accorciato.  Naturalmente  ciò  non  escludeva  che 
in  certi  casi,  in  ispecie  per  ragioni  stilistiche,  si  potesse  sostituire 
Tuna  forma  air  altra;  e  preferir,  per  esempio,  di  chiamar  Beatrice, 
nome  ben  più  soave  e  ricco  di  significati  e  già  illustre  nella  poesia 
provenzale  e  nella  storia  medievale,  una  fanciulla  che  nella  vita 
d'ogni  giorno  fosse  conosciuta  per  Bice.^ 

I  giudici,  i  notai,  i  cronisti,  gli  epigrafisti  accettavan  dall'  uso 
quei  nomi  comunque  alterati,  e  cosi  li  conservavano.  Che  se  poi 
essi  considereranno  più  tardi  quasi  parte  del  loro  dovere  il  rein- 
tegrare ed  uguagliare  i  nomi  propri  che  passassero  sotto  la  loro 
penna,  ciò  non  avverrà  che  col  prevalere  delle  tirannie  laiche  o 
spirituali  sulle  libertà  comunali  e  democratiche.  Dando  un'  occhiata 
alle  cronache  e  agli  altri  documenti  del  tempo  dell'  Alighieri,  ci 
vediamo  sfilar  d'innanzi  i  Geri  Ruggeri,  i  Gaddo  Gherardo  o  Ma- 
galdo, i  Bocca  (onde  Boccàccio)  e  i  Branca  Malabocca  e  Malabranca 
(onde  le  Malebranche),  i  Puccio  Jacopuccio  o  Pandolfuccio,  i  Ghino 
Arrighino  o  Ughino  o  Agostino  o  Ghinualdo,  i  Vanni  e  Gianni  e 
Nino  Giovanni,  e  Nella  Giovannella  o  Leonella,  i  Giotto  Angioletto 
o  Ambrogiotto ,  i  Laño  Catalano  o  Ercolano ,  e  i  Lapi  e  i  Bindi 
Jacopo  e  Aldobrandino,  onde  Fiorenza  era  piena  ed  é  piena  la 
Commedia; 3  o  i  Ciño  e  i  Dino  e  i  Duccio  e  i  Äfeo^  alterazioni  di 
nomi  diversi,  e  i  Cecco  ^  e  i  Baccio  Bartolaccio  o  Bartolomaccio,  e  i 
Lotto   Angelotto,    e  i  Gotto   Arrigotto,    e  i  Feo   Maffeo,   e  i  Fazio 


*  F 1  e  e  h  i  a ,    Di  alcuni  criteri  per  V origina%ione   dei  cognomi  italiani 
(negli  Atti  deW  Accad,  dei  Lincei),    1878;   e  recensione  a  un  libro  del  Fan 
fan!,  nella  Rivista  di  filoL  ed  istruz.  classica,  genn.-febbr.  1879. 

*  Cfr.  Scherillo,   Alcune  fonti  provenzali  della    Vita  Nuova  \  Torin 
1889,  p.  97  ss. 

^  Non  ho  dimenticato  Buoso  o  Bosone\  ma  codesto  nome,  anziché  de 
vare  da  Ambrogio  come  asseriva  il  Fanfani,  riproduce  invece  il  tedesco  B< 
secondo   dimostrò   il   Flechia.   —   Anche    in   Bertrán   de   Born,   „^    'n   I 
(Ed.  Thomas,  p.  116). 


IL  NOME  DI  DANTE.  Ij 

Bonifazio,  e  i  Corso  Buonaccorso,  e  i  Gtano  Giuliano  o  Árnigiano 
ecc.,  e  i  Gardo  Gherardo,  e  i  Vteri  Olivieri,  e  i  Nerz  Raineri,  e  i 
Qfppo  Giacopo,  e  i  Osti  e  i  Nuío  Bencivenisti  e  Benvenuto,  e  i 
lappo  Filippo,  e  la  Tana  Gaetana,  e  la  Tessa  Contessa,  a  la  Vaggia 
Selvaggia,  e  la  Cosa  Nicolosa,  e  i  Talano  Catalano,  e  i  Maso  e  i 
Toso  Tommaso,  e  i  Mtucio  Giacomuccio  ecc.,  i  quali  occorrono 
o  negli  scritti  minori  di  Dante  o  nei  novellieri  ;  o  i  Berto  Alberto 
Omberto  Uberto  ecc.,  i  Fuccio  Pandol f uccio ,  i  Tacco  Talacco,  i 
quali  nella  Commedia  trovan  posto  solo  come  cognomi.  ^ 

Né  quei  prelodati  giudici  e  notai  si  facevano  scrupolo  di 
registrare  tali  e  quali  perfino  i  diminutivi  di  codesti  nomi  accorciati. 
£  ciò  non  solamente  a  Firenze  ;  che  nel  famoso  documento  padovano 
del  1306  si  trova,  p.  es.,  quel  DanHnus  quondam  AIligerù\  ch'era  stato 
addirittura  scambiato  col  poeta.  Nelle  carte  avviene  di  frequente 
d'imbattersi  nei  Benino^  Cantino^  Brandino^  Landino  Orlando,  Corsino, 
Berlino^  Coluccio^  Zam'no,  e  Dandolo  Aldobrando,  e  Màldolo  Romu- 
aldo (onde  Ca^maldoli)  ^  e  nei  Petràccolo^  Giachinotto^  Ciuccio  (Cio- 
nuccio?),  e  Gherardinum^  Gezzolinum^  Guzzarinum,  Simoncinum^  Jo^ 
hamtoiius,  Azzuccius^  Cuccius  (Coluccio?),  ecc.  ecc.' 

Chi  poi  ha  voluto  vedere  un  grave  ostacolo  alla  identificazione 
dei  nomi  Dante  e  Durante  nel  fatto  che,  per  esempio,  nella  lista  dei 
componenti  il  Consiglio  del  Podestà  e  del  Comune  nel  1284,^  essi 
„ci  si  presentano  distintì*S^  non  ha  badato  che  quella  lista  mede- 
sima forniva  le  prove  per  convincersi  che  l'ostacolo  era  del  tutto 
immaginario.  Se  difatto  tra  i  consiglieri  del  1284  si  seguono  a 
poca  distanza  Dante  Bon . . . ,  Dante  Mainerij\  Dante  della  Sannella^ 
Durante  Primer  ani  y  Dante  f.  Lapi  Clerici;  vi  si  confondon  pure, 
con  ingenuità  popolaresca,  Cavalcante  de  Nerlis  e  D.  Cantinus  de 
Acri,  Lapus  D.  Coppi  e  D.  Jacobus  de  Certaldo,  Rigus  Gualterotti 
e  Arrigus  Sassolini,  Ceccus  f.  Abbatis  Mannelli  e  D.  Franciscus  de 
Certaldo  notarius,  Tinus  Tommasini  e  D.  Tinaccius  de  Compiobbio, 
Catelanus  Petri  Benincase  e  Talanus  de  Gherardinis,  D.  Sinebaldus 
de  Pulcis  e  Baldus  Rodulfi,  Vanni  f.  Poncij  e  Joannes  de  Muxi- 
gnano,  Gaitanus  de  Infangatis  e  Tanus  Pantaleonis,  Duccius  Manni 
e  Guiduccius  Simia  de  Cavalcantibus  e  Guido  Manetti,  Nervus  Ardin- 
ghelli  e  Raynerius  D.  Rubei,  Ser  Berlinghieri  Orlandini  e  Gheri  f. 
Bellicari,    Filippus  Diotefeci  e  Lippus  Vanni,    e  tanti   e  tanti  altri. 

Che  cosa  l' Imbriani  si  aspettasse  da  quel  suo  Durantuzzm, 
non  s*  intende  chiaramente.    Già,  Dante  non  sarebbe  un  vero  dimi- 

*  Si  ricordi  anche  il  rimatore  dugentista  Dovu>  (Andreozzo)  Novi.  Cfr. 
Mahn,  in  Herrig'* s  Archiv,  XXXVIII,  p.  8. 

'  Tra  i  parenti  di  Dante  il  Del  Migliore  metteva  anche  un  Caruccius 
Salvi  Alighieri,  che  nel  1295  sedeva  nel  Consiglio  del  Comune.  Cfr.  Frati- 
celli, Vita  di  Dante  f  p.  33.  —  Non  si  dimentichino  intanto  Carlino  dei 
Pazzi,  Inf,  XXXII,  69;  e  il  rimatore  Pucciarello  (Jacopo)  di  Fiorenza. 

B  Cfr.  Delitie  degli  eruditi  toscani,  voi.  X,  pp.  il,  13,  62,  94,  98, 
122,   125. 

*  Vedila  in  Del  Lungo,  Dino^  I,  pt  II,  Docum.  p.  Vili  ss. 

*  Fenaroli,  La  vita  e  i  tempi  di  D,  A,;  Torino  1882,  p.  72. 

Zrituchr.  £•  rom.  PhU.  XX.  2 


1 8  MICHELE  SCHERILLOy 

nutivo  di  Durante,  ben^,  come  diceva  il  Varchi, ^  un  „nome  mozzo*'; 
ma  ammesso  pure  che  fosse,  e  che  perciò?  Forse  che  di  diminu- 
tivi non  ne  esista  che  uno  solo  per  nome?  O  non  è  invece  special- 
mente nell'alterazione  dei  nomi  proprii  che  il  popolo  'libito  fa 
lidto  in  sua  legge'?  il  toscano  soprattutto,  co^  saporitamente 
berteggiato  dal  Bemi,  nella  Catrina  \ 

Io  son  Beco  de  Meo  de  Ton  de  Lapo 

De  Biagoszo  de  Drea  de  quei  dal  Rapo  ? 

Se  lo  sapeva  quel  poveruomo  del  Casa,  che  si  disperava  di  tutti  i 
conderi  che  toccavano  al  suo  brutto  nome: 

CAvine  pur  chi  vuol  lettere  o  metta. 
Che  noi  racconceria  sant*  Agostino  . . . 
Mutalo  e  sminuisci!  se  tu  sai: 

O  Nanni  o  Gianni  o  Giannino  o  Giannozzo, 
Come  più  tu  lo  tocchi,  peggio  fai. 
Che  gli  è  cattivo  intero,  e  peggio  mozzo! 

Ecco  in  documenti  contemporand ,  a  poca  distanza ,  Bindus, 
Bmdaca'uSy  Bindmus^  Aldobrandinus^  Bindus  Aidobrandim^  Aldohrandus\ 
Ber  ha  f  Lamòerfucctus  ;  Baldus^  BimòaJdituis  ;  Cappus  Pandoifini  e 
Doffus\  Oriamducdus  Orlandi,  e  Tinus  Tammûsini,  e  Lafus  làigge^ 
rim\  e  Aibtrtimts  e   UberiinaSy  e  Albrighino,  e  Gerardinus  ecc.  ecc.^ 

Or  tutto  dò,  se  rende  verosimile  e  possibile  che  Dank  sia 
una  forma  derivata  de  Durante,  non  esdude  altred  né  che  possa 
derivare  da  un  nome  diverso,  né  die  possa  essere  qualcosa  che 
stia  per  sé.  Come,  p.  es..  Uno  può  rimontare  tanto  a  Guittondno 
quanto  a  Pacino,  a  Rinucdno  ecc.  ;  e  Gino  a  Giorgino  o  a  Biagino  ; 
e  Dino  a  Bindino  o  Baldino  o  Naldino  o  Gerardino  o  che  so  io  ; 
e  Doffo  a  Landolfo  o  Pandolfo:  cod  Dante  potrebbe  rimontare  e 
a  Durante  e,  mettiamo,  a  un  Floridante  o  M^cadante  o  Arìodante. 
D'altra  parte,  alla  stessa  maniera  die  Durante  non  é  al  postutto 
se  non  il  partidpio  presente  del  verbo  durare.  Dante  potrebb'  esser 
quello  di  dare.  Sennonché,  non  ogni  cosa  ch'é  verosimile  in 
astratto  de\*e  anche  esser  vera  in  concreta  TÂ  fiorentini  che  avessor 
nome  Durante  ne  conosco  parecchi  :  Durante  degli  Abbati,  Durante 
Primerani»  Durante  Bonfantinì,  Durante  Vinattíeri,  Durante  Mezzaia, 
maestro  Durante,  un  Durante  della  famiglia  di  qud  Cbermontesi 
che  a  cagion  sua  »arrossan  per  Io  staio**  (/'«ir.  XVI,  105),  un 
Durante  dì  Giovanni,  matematico  di  professione  e  poeta  a  tempo 
perso«  morto  nel  1365,  e  finalmente  queir  oscuro  Durante  autore 
della  lunga  sene  di  sonetti  che  traducono  in  toscano  buona  parte 
del  /i%^man  dt  ia  nur.  Devo  però  confessare  di  non  essermi  mai 
imbattuto,  scorrendo  novelle,  croiìache  e  carte  fiorentine,  in  im 
qualche  Arìodante  o  Fiondante  o  Mœadante:  quantunque  v*  abbia 

>  £>kiAHti9,\  qucik  IX.  È  però  Boterole  che.  tra  gfi  esempli  che  un  cod 
calalo  ammiratore  dì  Dante  adduce  di  codesti  comi  mcicn.  proprio  quello  di 
IXá&te  ikoa  sia! 

*  la  Del  Luaco,  l>m\  I.  pt.  H»  mi  docuMmti» 


IL  NOMS  DI  DÂNT£.  I9 

pure  iocontrati  gli  Agolanti.^  £,  a  ben  pensarci,  il  participio  di 
durare  può,  adoperato  come  nome,  significare  „perseverante'^  „du- 
raturo", „Costante''  (eh'  è  nome  anch'  esso) ,  e  riscontrarsi  nella 
terminazione  coi  nomi  quali  Clemente  e  simili  ;  ma  il  participio  danie^ 
da  sé  solo,  non  significherebbe  nulla.  Si  comprendono  le  forme 
nominali  Diodato  o  Diedato^  Donato  o  Dato^  Donadío^  Diotidiede  o 
Dede^  come  anche  Benvenuto^  Benedetto  ecc.;  ma  un  Durato  non  si 
riuscirebbe  a  intendere,  per  la  medesima  ragione  che  non  si  com- 
prende un  Dante  dal  verbo  dare, 

ni. 

Tra  i  motivi  addotti  dal  Rocco  per  sospettare  che  Dante 
non  derivasse  da  Durante^  ma  fosse  invece  un  nome  intero,  è, 
come  s'è  visto,  che  da  quel  nome  il  Boccaccio  e  gli  altri  antichi 
han  tratte  etimologie;  e  queste  non  si  traggon  dai  nomi  accorciati. 

Il  Boccaccio  difatto ,  dopo  d' aver  detto  che  Alighiero  e  la 
moglie  „di  comune  consentimento''  chiamaron  Dante  il  loro  figliuo- 
lo, soggiunge:  „e  meritamente,  perciò  che  ottimamente ...  segui 
al  nome  1*  efietto.  Questi  fu  quel  Dante . . .  che  a'  nostri  secoli  fu 
conceduto  di  speziai  grazia  da  Dio  ;  questi  fu  quel  Dante,  il  quale 
primo  doveva  al  ritorno  delle  muse  sbandite  d'Italia  aprir  la  via. 
Per  costui  la  chiarezza  del  fiorentino  idioma  è  dimostrata;  per 
costui  ogni  bellezza  del  volgar  parlare  sotto  debiti  numeri  è  rego- 
lata; per  costui  la  morta  poesi  meritamente  si  può  dire  suscitata: 
le  quali  cose,  debitamente  guardate,  lui  ninno  altro  nome  che 
Dante  poter  degnamente  avere  avuto  dimostreremo". 

£  Pietro,  il  figliuolo  stesso  di  Dante,  scrìveva:  „prout  nomi- 
natus  erat  auctor  Dantes^  ita  dahat^  sive  dedit  se  ad  diversa,  scilicet 
primo  ad  theologiam,  secundo  ad  poetica".' 

£  Francesco  da  Buti,  copiando  quel  che  il  Boccaccio  avea 
ripetuto  nel  Commento  :  „  . . .  elli  fu  nominato  Dante^  cioè  donatore  ; 
lo  quale  nome  degnamente  li  si  conviene,  imperò  che  graziosamente 
fece  dono  a  tutti  questo  suo  tesoro,  nel  quale  si  truova  onesto 
diletto  e  salutevole  utilità  da  chi  lo  vuole  cercare  con  caritevole 
ingegno". 

£  un  oscuro  rimatore  lucchese.  Mucchio,  assegnò  anche  lui 
una  simile  ragione  a  quel  sacro  nome,  in  un  sonetto  nel  quale  si 
raccomanda  al  suo  grande  contemporaneo,  già  morto,  che  preghi 
Dio  per  lui: 


>  Un  Agolante  nella  nov.  XI  del  Decamerone^  e  nella  Cena  II,  nov.  VII 
del  Gr azzini;  e  la  famiglia  Agolanti  in  G.  Villani,  VI,  34. 

'  Dato  può  essere  accorciativo  cosi  di  Diodato  come  di  Donato.  —  Son 
nomignoli  furbeschi  il  Gabbadeo  del  Sacchetti,  nov.  155  ss.,  e  lo  Scannadio 
del  Boccaccio,  g.  IX,  n.  I. 

'  Su  questa  falsa  etimologia  il  Dionisi  fondava  uno  dei  principali  suoi 
argomenti  contro  l'autenticità  del  Commento  di  Pietro!  Cfr.  Rocca  Di  al- 
cuni Commenti  della  D,  C.\  Firenze  1891,  p.  382.  £  cfr.  anche  Scarabelli, 
nella  prefazione  al  Commento  di  J.  della  Lana;  Milano  1865,  p.  XIV. 

a* 


MIGÚELE  SCHERILLO, 

O  spinto  gentile,  o  veto  dante 

A  noi  mortaii  il  frutto  de  la  vita. 

Dando/e  a   te  1'  alla  bontà  inünita 

Come  congruo  e  degno  mediante  . , . , 
£  finalmente  il  Manetti  ripeteva  nel  suo  bel  latino:  „quasi  de 
industria  factum  esset ,  recto  »omine ,    (austisque  ominibus  DiatUm, 
ceu  futura  praesagieutem,  appeliarunt". 

Ora,  codeste  non  son  vere  etimologie,  bensì  rifioriture  retto- 
rìche,  schiribizzi  per  dimostrar  come  „Ì  nomi  seguitino  le  nominate 
cose".  Quei  nostri  buoni  antichi  gareggiavano  di  acume  e  di 
arguzia  ad  almanaccarne;  come,  in  momenti  di  ozio,  faremmo  noi 
a  strologar  sciarade.  „De  nomine",  aveva  insegnalo  Cicerone  {De 
inv.  11,  g),  „nonnunquam  aiiquid  suspicionis  nasdtur".  Dante  stesso 
se  ne  compiaceva;  e  il  Da  Butì  ripeteva  sul  conto  di  lui  quella 
sentenza,  d'ignota  provenienza,'  che  nella  Vila  Nuova  (§  23)  egli 
aveva  scritta  per  conto  di  Amore  ;  „E  per  questo  appare  che  Dante  è 
nome  che  si  conviene  al  nostro  autore  per  le  sue  opere  che  ha 
graziosamente  donaU  a  ciascuno,  significandosi  et  appropriandosi 
questo  medesimo  per  quello  che  si  dice  comunemente  :  Nomina  et 
pronomina  sunt  consequenlia  rerum". 

Ma  quegli  stessi  antichi  non  pretendevano  che  (ossero  etimo- 
logie di  valore  storico.  Fra'  Giovanni  da  Serravalle,  per  es.,  accet- 
tava anche  lui  che  il  nome  del  poeta  suonasse  „quasi  dans  te  ad 
aliqua"  poiché  „iste  auclor  Dantes  dtdit  se  in  juventute  omnibus 
artibus  liberalibus";  ma  con  ciò  naturalmente  non  voleva  dire  che  chi 
gl'impose  quel  nome  già  sapesse  quel  che  avrebbe  fatto  nella 
gioventù.  Confessava  egU  medesimo,  con  onesta  ingenuità,  che 
„licet  Dantes  possit  vanii  modis  interpretari",  cioè  che  se  ne  potes- 
sero derivare  parecchie  sciarade.  E  nò  lui  né  gli  altri  avran  presimto 
d'escludere  che  nel  fatto  poi  Dante  non  (osse  che  un  accorciativo 
dì  Durante.  Lo  dichiara  anzi  esplicitamente  proprio  quel  Bandino 
d'Arezzo,  la  cui  etimologia  diede  da  pensare  ai  Rocco.^  Egli 
mette  prima  molto  bene  in  sodo  che  al  poeta  „in  fonte  sanai 
lavacri  Durante  fuit . . ,  nomen  impositum,  sed  blanditiartim  alludio, 
secundum  florentinum  morem,  sincopalo  nomine,  Dantes  vocatus 
est";  e  poi,  dottamente  strologando,  viene  a  considerare  qualmente 
codesta  forma  accorciata  gli  convenisse  mirabilmente  giacché  Dantes 
sia  quasi  un  dire  dans  Theos,  cioè  notizia  di  Dio  e  d'ogni  altra 
cosa  divina,  che  in  verità  nessuno  meglio  di  lui  seppe  trattare  in 
versi  della  gloria  di  Dio  e  dei  beati.* 

'  Cfr.  D'Ovidio,    Dante  e    la  filosofia    del   linguaggio;    Napoli    189a, 

>  Forse  il  Rocco  dou  conobbe  dìrellameate  ¡1  passo  del  grammatico  are- 
tino, che  non  era  più  inedito  da  quando,  fin  dal  1759,  lo  »vea  pubblicato  il 
Mehus  a  p.  168  della    V'Ha  AmhroHÌ  giniTalis  Camaldultnñvm. 

'  „.  -  k  quod  quidem  merito  ci  competil,  quum  Daniel  per  etbymologìun 
dicatur,  quasi  dans  Theos,  ¡desi  Dei  Bolitia.m,  et  omnium  divinorum,  Nnllus 
enim  poeta  fuit,  qui  Dei,  beatorumqne  gloriam  audciet  suit  ittiogere  versitnu, 
nisi  poeta  ooster,  quod  ipse  ptofiietur  is  secundo  cantu  Paradisi". 


IL  KOMB  DI  DANTE.  2 1 

Eran  bizzarrie  erudite.  Non  si  può,  p.  es.,  supporre  che  san 
Bonaventura  ignorasse  che,  nella  versione  greca  della  Bibbia,  il 
Maligno  fosse  chiamato  Diavolo  per  accennare  alla  sua  qualità  di 
„calunniatore*';  eppure  egli  lo  dice  un  nome  composto  da  dia  e 
holos^  „due  bocconi*',  quasi  perchè  ei  faccia  del  peccatore  due 
bocconi,  anima  e  corpo!  E  il  Petrarca  avrà  ben  conosciuto  quel 
luogo  di  Plinio  (3,  4,  5)  dove,  parlando  d'una  città  dei  Rodi  in 
Provenza,  esce  a  dire:  „unde  dictus  multo  Galliarum  fertilissimus 
Rhodanus  amnis*'  ;  ma  non  per  questo  si  è  creduto  obbligato  a  non 
dare  lui  un'  altra  capricciosa  etimologia  di  quel  nome  : 

Rapido  fiume,  che  d'alpestra  vena, 
Rodendo  intorno,  onde  il  tuo  nome  prendi . . . 

I  commentatori  di  Dante  si  mostran  ghiotti  di  sinatto  genere  di 
scherzi  etimologici.  Pietro  diceva,  o  ripeteva,  che  Mercurius  derivasse 
da  cura  nuraum,  e  che  il  So/â  si  chiamasse  cosi  „quia  so/us*%  e  la 
¿Ama  „quasi  /emiinum  una**.  Il  Da  Buti,  pel  nome  Virgilio  y  non 
contento  del  „virga  laurea'*  di  Donatoe  del  „virgo**  messo  avanti  da 
altri  grammatici  e  accettato  dal  Boccaccio,  suggerisce  un  Virga  lilii^ 
perchè  gli  pare  che  cosi  si  mettan  d' accordo  T  idea  della  verga  e 
della  verginale  innocenza.  E  per  la  famigerata  figliuola  di  Gherardo 
da  Cammino,  asserisce  la  si  chiamasse  Gaia  „per  la  sua  bellessa", 
laddove  in  verità  un  tal  nome  è  la  riduzione  di  Galigaia  („ed  avea 
Caligaio  Dorata  in  casa  sua  già  l'elsa  e  il  pome**  —  Par.  XVI, 
loi — 2),  e  „galigaio**  significa  calzolaio!  L'Anonimo  Fiorentino 
scusa  Dante  dell'  aver  chiamato  Cristo  „sommo  Giove**  poiché 
questo  nome  „tanto  vuole  dire  quanto  Juvans  pater,  padre  che 
giova.**  ^  Benvenuto  trova  molto  conveniente  all'  eretico  Fra' 
Dolcino  questo  suo  nome,  quasi  dulcia  veruna  pròpinans,  E  par  che 
voglia  mettere  perfino  in  bocca  all'  immanissimo  tiranno  della  Marca 
Trivigianà  un  giochetto  di  parole,  quando  gli  fa  dire  a  Sordello 
di  guardarsi  per  1'  avvenire  dall'  „accedere  ad  opus  tam  sordidum 
per  locum  tam  sordidum**.  E  non  voglio  aggiungere  le  bizzarrie 
etimologiche  dei  novellieri,   che   mi   porterebbero   fuor   di   strada.- 

È  naturale  che  fossero  i  poeti,  specialmente  se  imbizziti,  che 
più  ricorressero  a  questa  che  poteva  essere  una  nuova  fonte  di 
vilipendii.  Certo,  per  quanto  derivasse  da  un  Wido  o  Wito  longo- 
bardo ,3  non    poteva    sembrare    una   fortuna  il  chiamarsi  Guidone; 


*  Qui  certo  il  poeta  non  pensava  all'  etimologia  (cfr.  j4en.  1, 380  :  „ab 
Jovc  summo'*);  ben  però,  e  ragionevolmente,  ci  pensò  in  Par.  XVIII,  70, 
quando  chiamò  il  pianeta  Giove:  „giotnal  facella".  —  Cfr.  Tasso,  nella  canz. 
a  Leonora:  „e  nel  suo  caso  reo,  Né  Giove  stesso  a  lei  giovar  poteo**;  e 
Bembo,  son.  a  Dio:  „Signor,  che  per  giovar  sei  Giove  detto.** 

*  Basterà  un  esempio.  Nel  Sacchetti  (nov.  66),  i  manovali  di  Coppo 
di  Borghese  trovan  costui  smanioso,  per  aver  letto  in  Tito  Livio  che  le 
Romane  eran  „corse  al  Campidoglio  per  rivolere  gli  ornamenti**,  e  mormorano  : 
„Che  diavolo  ha  egli  ?  e*  dice  non  so  che  di  romani:  forse  da  stadera  ?  ...  A 
me  pare  che  dica  del  capo  mi  doglio  :  forse  gli  duole  il  capo  ?  . . .  A  me  pare 
che  si  dolga  che  gli  si  sia  versato  un  coppo  d*ogiio"  . . .  ecc. 

»  Cfr.  Bianchi,  in  Archivio  Glottologico,  X,  393. 


22  MICHELS  SCHERILLO, 

onde  Ildebrandino  padovano,  quello  stesso  eh' è  lodato  nella  Vol- 
gare  Eloquenza  (I,  14)»  ne  consolava  il  poeta  d'Arezzo: 

Leal  Ghiittone,  nome  non  verteri, 

De^o  di  laude  se' maggior  che  taccio. 

Era  invece  un  bel  nome  quello  di  Onesto.  £  solo  un  imprudente 
accattabrighe  come  fra  Guittone  potè,  tenzonando  col  poeta  bolo- 
gnese di  quel  nome,  tirar  in  ballo  giusto  i  nomi,  e  dirgli: 

Credo  saprete  ben,  messer  Onesto^ 
Che  proceder  dal  fatto  il  nome  dia; 
E  chi  nome  ha,  prende  rispetto  d'esto 
Che  concordevol  fatto  al  nome  sta. 
Che  '1  rame  se  '1  nomi  auro  io  te  '1  detesto, 
E  l'auro  rame  anco  nel  fatto  stia. 
Ed  è  donqua  cosi,  messer  Onesto^ 
Mutarvi  nome  o  ver  fatto  vorria, 
S\  come  ben  profetar  me  nomando. 
Mercè  mia  tant'  ho  guittoneggiato^ 
Beato  accanto  voi  tanto  restando. 
Vostro  nome,  messere,  è  caro  e  orrato, 
Lo  meo  assai  ontoso  e  vii,  pensando; 
Ma  al  vostro  non  vorrei  aver  cangiato. 

Al  quale,  sor  Onesto  rispose  con  onesta  ironia: 

Spero  trovar  perdón  del  meo  peccato. 

Lo  nome  e  il  fatto  si  ben  accordando 

Ch*  eo  ne  saraggio  ne  lo  fin  laudato. 
Ma  Giudice  Ubertino   fu   meno  cortese,   e   gli   volle  rimbeccare  la 
sementa  ondVgli  avea  incominciato  il  suo  sonetto: 

Se  *1  nome  deve  seguitar  lo  fatto. 
Vera  vita  è  la  tua,  o  fra  Guittone; 

cui  dì  ripicco  T iroso  aretino: 

O  Giudice  Ubertin,  in  catun  fatto 
Ove  pertei^BO  voi  ver  son  gìtOttme. 

Oho  maraviglia  se  gli  ammiratori  di  Dante  cavarono  un  motivo 
iti  kxi^jirk^  (H^rtiuo  dal  nome?  Ma  quelle  etimologie  non  la  preten- 
dono a  scientitìche;^  ami  non  hanno  valore  maggiore  di  qo^la 
che  il  Grasjùni  escx'^itava  (htI  nome  del  Boccaccio: 

^  N^  )Hi^  «rsMff  nre»  sul  serio  quella  proposti  dal  Pott  (in  J^hr^mck 
Jf  J.  At«¿V>«<;Nr^jwwMa^«  1»  p.  1C»$X  che  cwitoode  U  soae  IXixU  con  ZXnt- 
Jifw  t  l\tmjbim<^^  t  crcxle  quegli  dìnàsutìvi  di  «quello!  Il  Fenjirolì  (L  cK  vo- 
WìkV  cvttKHtUf  la  ì(»ie»i  del  IVo»  suppone  che  Ljtmi^  e  L^rnOmf  deirràc 
«U  lut  aùscefiociao  ¿Mittl  Wt  cv>ato  $«0  pot«  si  cre^e  lecita  coscettnrare 
cèie  /\t«Ar  po^SJà  pcovecùte  JU  «a  ¿\jtM^  alla  moàen»  dice  lui.  die  il  OtaCr 
KdCAfto  vV^^ate  Jkt  CUbtteUD  pco^iene  diil  i)««  lombanio  \Cait  iella  Scalai 
$à  iico<^  c^  Owfc^ar  è  IVvccvtaÙTo  di  vVviftbir«»  :  e  càè  i^car.  Mjutàm 
tvv.  e»Bi  soQtt  pK^íi^ífia  «ella  àaù^rtìa  ^oafil^era.  —  Ad  o^  »xio^  ixic^ 
ili  c^te  áoceoiia<  i^Vniav^  X«  «M  e  113;'  ;io«o  5Vv»£iiMtt  e  JMuitfcnu«.  e  adía 
\>»iKgi  vK:¿  YiîJliuu  \VL  ^^   «lA«/  Jk^  Cbevtù    Xd  SiKicà«cti  ^uov.  ¿lol  si 


IL  NOME  DI  DANTE.  23 

Colui  che  regge  il  ciel,  governa  e  muove, 
Cliiamar  con  questo  nome  già  gli  antichi, 
Però  che  gli  è  tutl'  un  Giovanni  e  Giove  ; 

dì  quella  di  un  messer  Biuo  per  Dario: 

in  questo,  spero 
Che  vi  contenterete  d'  esser  Dario, 
Cioè  che  mei  darete; 

di  quella  infine  di  Dante  medesimo  per  la  invidiosa  Sánese  {Purg. 
Xm,  109)  : 

Sàvia  non  fui  awegna  che  Sapia 
Fossi  chiamata.^ 

IV. 

Il  Rocco  asseriva  pure  di  non  aver  trovato,  pel  poeta,  nessun 
documento  che  ci  dia  il  nome  Durante.  Ho  cercato  dimostrare 
come  di  siffatti  documenti  potrebbero  anche  non  essercene,  in  un 
tempo  in  cui  il  nome  mozzo  o  comunque  alterato  vantava  gli 
stessi  diritti  dell'  intero.  Ma,  quasi  a  farlo  apposta,  per  Dante  non 
mancano.  Filippo  Villani,  al  quale  certo  nessuno  vorrà  negare 
autorità  trattandosi  di  usi  fiorentini ,  scrive  :  „Poetae ...  in  fontibus 
sacris  nomen  Durante  fuit,  sed  syncopato  nomine,  pro  diminutivae 
locutionis  more,  appellatus  est  Dante^*,'^  £,  meglio  ancora,  in  un 
atto  della  Signoria  fiorentina  dell' 8  gennaio  1342,  riguardante  la 
reintegrazione  di  Jacopo  Alighieri  in  una  parte  dei  beni  patemi, 
era  ufficialmente  dichiarato  :  „Cum  Durante  olim  vocatus  Dante^ 
quondam  Alagherii  de  Florentia,  fuerit  condemnatus  et  exbannitus 

per    dominum  Cantem   de   Gabriellibus   de   Eugubio Jacobus, 

filius  quondam  Durantts  olim  vocati  Dantis  praedicti,  filius  et  heres 
pro  dimidia  dominae  Gemmae,  olim  eius  matris,  et  uxoris  olim 
praedicti  Durantts  vocati  Dantis . . ."  Documento  codesto  che  par- 
rebbe coniato  espressamente  per  decidere  la  questione  che  ci  occupa, 
e  della  cui  autenticità  quasi  dubiteremmo  se  esso  non  fosse  molto 
più  antico  della  questione  medesima,  additato  prima  dal  Manni, 
trascritto  dalla  Società  Colombaria,  e  ricopiato  di  sulla  pergamena 
originale  dal  buon  Fraticelli.^     £  alle  altre  attestazioni  può  aggiun- 

^  Son  giochetti  di  stile,  anche  nei  quali  gli  scrittori  classici  si  mostran 
maestri  (cfr.  Quintiliano,  V,  io,  31  ;  IX,  3,  69  ecc.).  Si  ricordi  il  profitto  che 
Cicerone  trae  dal  nome  Verre  (circa  il  motto  Quid  judaeo  cum  verre,  v.  Rei- 
nach  in  Revue  des  études  juives,  t.  XXVI,  n.  51,  genn. -marzo  1893  ;  pp.  36  ss.). 
Ovidio,  in  un  epigramma  smarrito:  „Cur  ego  non  dicam.  Furia,  ie  furiami'* 
£  nei  JFasti  (VI,  299)  :  „Stat  vi  terra  sua  ;  rn  stando  Vesta  vocatur  !"  (cfr.  invece 
Ci  e,  Nat,  deor,,  II,  27).  Fa  pensare  all'Ariosto  (XLI,  65):  „£  perchè  dirà 
Carlo  in  latino:  —  Este,  Signori,  qui,  —  quando  (aragli  il  dono,  Nel  secolo 
futur  nominato  Este  Sarà  ü  bel  luogo  con  augurio  buono"! 

*  Strano  che  al  diligente  Rocco,  di  cara  memoria,  questo  passo  sfug- 
gisse. Le  Vitae  di  F.  Villani  furono,  com'  è  noto,  edite  nel  testo  prima  par- 
zialmente dal  Moreni  nel  1826,  e  poi  tutte  dal  Galletti  nel  '47;  e  il  Rocco 
scriveva  le  sue  Annotazioni  nel  '53. 

'  Storia  della  vita  di  D.  A,;  Firenze  1861,  p.  44.  —  Anche  in  una 
carta  del  1322:  „fideiussit  Ormannus  qui  Mànnuccius  vocatur." 


24  MICHELE  SCHERILLOy 

gersi  anche  quella  del  cinquecentista  Raffaello  Volterrano,  il 
quale  diceva  essere  stato  il  poeta  fiorentino  ^yDurantes  ab  initio 
vocatus,  interciso  deinde,  ut  fìt  pueris,  vocabulo*'. 

Un  critico  del  primo  quarto  del  nostro  secolo,  il  Biondi, 
pretese  che  pur  nel  luogo  del  poema,  dove  Dante  registra  il  suo 
nome,  ci  sia  una  prova  che  questo  derivi  da  Durante.  Beatrice, 
col  chiamarlo  a  nome,  avrebbe  reso  più  acuto  l'epigramma  ;  sarebbe 
insonmia  riuscita  a  dire:  sei  proprio  degno  di  portare  il  nome  di 
durante  tu  che,  subito  dopo  la  mia  morte,  mi  hai  tradita!  Ma 
codesta  interpretazione  è  troppo  sottile  per  non  parere  una  sotti- 
gliezza. Perchè,  se  volea  ferirlo  già  col  solo  chiamarlo,  Beatrice  non 
preferì  la  forma  intera  alla  sincopata;  come  appunto  fa  il  suo 
fedele  quando,  per  indicare  la  beatitudine  riposta  nel  nome  di  lei, 
non  la  dice  più  Bicty  ma  Beairiceì  £  ad  ogni  modo  il  poeta,  se 
pure  in  quel  vocativo  vide  appiattato  „il  velen  dell'  argomento", 
perchè  non  lo  indicò  anche  a  noi,  come  quando  ci  addita,  poco 
dopo,  r  epigramma  contenuto  in  quel  dirgli  oZsa  la  barba  pel  sem- 
plice WXÖ?* 

V. 

In  conclusione,  a  me  pare  da  mettere  fra  le  notizie  più  sicure 
della  biografìa  dantesca  questa,  che  il  sacro  nome  del  poeta  sia 
un  accorciativo  di  Durante,  Se  poi  fosse  stata  intenzione  di  monna 
Bella  d' imporglielo  cosi  intero,  pel  desiderio  di  perpetuare  in  lui 
il  nome  del  proprio  padre,  che  il  Passerini  supponeva  poter  essere 
Durante  degli  Abbati ;2  o  se,  come  sembra  più  verosimile,  persino 
neir  antico  battistero  quel  nome  risuonò  la  prima  volta  nella  forma 
accorciata  che  ora  venera  il  mondo  :  è  una  questione  forse  impossi- 
bile a  risolvere,  e  la  cui  soluzione  ad  ogni  modo  ora  non  potrebbe 
riguardarci. 

Sarà  iuvece  opportuno  d' aggiungere  alla  nostra  dimostrazione 
un  corollario,  a  proporito  del  v.  55  del  XXX  Purg^  dove  il 
poeta  si  nomina.  Forse  i  chiosatori  hanno  anche  qui  fatto  troppo 
più  rumore  di  quanto  occorresse.  Che  la  protesta  del  poeta,  di 
registrare  colà  il  suo  nome  dì  necesita  ^  sia  ispirata  a  un  senti- 
mento di  modestia,  mi  par  chiaro;  benché  essa,  come  tutte  le 
proteste  di  quel  genere,  si  risoh*a  in  una  pura  cerimonia.  E  vero 
che,  com'  è  detto  nel  Convìvio  (I,  2),  „non  si  concede  per  li  rettoria 
alcuno  di  sé  medesimo  sanza  neassaria  cagione  parlare^;  ma  è  vero 


'  L.  Biondi,  Ra^namunto  intt^mo  mita  D.  C^  nel  Giornale  Arcadico, 
V.  XXXI,  i8a6.  3».  —  Anche  il  Boccaccio  ed  il  Boti  sospettarono  che, 
in  quel  luogo,  il  poeti  volesse  assepuire  al  suo  nome  una  non  so  quale  ragione 
fatale.  Beatrice,  uel  paradiso  terrestre,  chiosarono,  rappresenta  ^  sacra 
teologia,  dalla  quale  si  dee  credere  ogni  divino  ministerio  essere  inteso  ;  e  questo 
insieme  con  li  altri,  cioè  che  T  autor  nostro  per  divina  disposizione  fosse 
chiamato  Aim/t.  e  però  da  lei  si  fa  chiamare  così**. 

•  nV.  Se  her  il  lo.  La  tmaJre  t  la  matrigna  Ji  D^  nella  Xucva  Anto- 
hgia  del  i«  febhr.  18^. 


IL  NOME  DI  DANTE.  2$ 

altresì  che  il  parlare  di  sé  non  consiste  solo  nel  nominarsi,  e  che 
il  farsi  dire  e  predire  tante  belle  cose  da  Brunetto,  da  Cavalcante, 
da  Buonagiunta,  da  Oderisi,  da  Cacciaguida,  conferiva  molto  meglio 
alla  propria  nominanza.  Anzi,  nelle  parole  medesime  di  Beatrice, 
gli  elogi  alle  sue  buone  attitudini  e  disposizioni  giovanili  eran  certo 
più  atti  a  far  arrossire  un  uomo  pudico  che  non  il  sentir  pronun- 
ziato il  proprio  nome.  D'altra  parte,  li  rettorici  non  potean  pre- 
tendere che  un  poeta  non  si  nominasse,  una  volta  almeno,  nel- 
l'opera sua.  Lo  avean  fatto  Virgilio,  in  fin  delle  Georgiche',  „Ilio 
Vtrgilium   me   tempore...";    e  Ovidio    nell*  Ars  amandi  (II,  744; 

III,  812):  ^^aso  magister  erat",  e  negli  Amori  (Ep.;  I,  11  ;  II,  i,  13), 
nei  Rimedia  (v.  558),   nei   Trisiia  (I,  7;    II,  v.  119;   III,  3,  io,  12; 

IV,  4;  V,  I,  3,  4,  13),  neir  Ibis  (v.  4),  e  in  presso  che  tutte  le  Lettere 

dal  Ponto,   £  lo  avea  fatto,  dei  toscani,^  Brunetto  Latini,  che,  oltre 

lutto  il  resto,  „fii  quelli  che  spuose  la  Retorica  di  Tullio",  e  quindi 

to  schifiltoso  amico  di  Gino  non   avrebbe  potuto    tacciarlo    anche 

ora  di  „plebeo". 

Io  Burnetto  Latino, 

Che  vostro  in  ongne  guisa 

Mi  son  sanza  divisa, 

A  voi  mi  rachomando.' 

La  necessità  addota  dal  poeta,  con  la  scusa  di  chiedere  scusa 
del  mettere  il  proprio  nome  tra  le  altre  note,  non  ha,  a  parer  mio, 
che  una  ragione  puramente  stilistica.  La  sua  arte  cosi  schiva  ed 
austera  {Purg.  XXXUI,  141)  non  gli  consentiva  di  abusare  dello 
stesso  motivo  e  della  stessa  situazione  drammatica.  £  come  egli 
non  proferisce  che  una  volta  sola  innanzi  a  un'  anima ,  a  Forese, 
il  nome  adorato  della  donna  sua;^  come  non  presenta  che  una 
volta  sola  Virgilio  a  tm  amico  fiorentino ,  a  Forese ,  e  un'  altra, 
quasi  costrettovi,  a  un  poeta  pagano,  a  Stazio :4  cosi,  non  si  fa 
chiamare  per  nome   che   soltanto   una  volta.^     Beatrice  stessa  non 


^  Senza  dire  dei  provenzali  e  dei  siculi.  Cfr.  Jacopo  da  Lentino:  "Lo 
vostro  amor  eh'  è  caro  Donatelo  al  Notaro  Ch'  è  nato  da  Lentino"  ecc. 

*  lesoretto,  v.  70SS.  Cfr.  ancora  v.  Il 33:  „fi*  di  Latino",  e  li 83:  „Or 
va  mastro  Brunetto".  —  Cfr.  anche  Barberino,  nel  proemio  del  Reggimento', 
„Io  oe  un  fedel  servo:  Franciesco  ànnome;  nacque  innuna  selva  C'a  nome 
Barberino**,  •—  Pei  cantori  di  piazza,  cfr.  Rajna,  H  servente  se  del  Maestro 
di  tutte  le  arti,  in  Zeitschr,  f,  rom,  Phil,,  V. 

*  Cfr.  D'Ancona,  Beatrice-,  Pisa  1889,  p.  19 — 22. 

*  Cfr.  Scherillo,  Accidia,  invidia  e  superbia  ecc.,  nella  Nuova  Antologia 
del  I®  e  16  nov.  1888;  e  La  madre  e  la  matrigna  di  D„  cit. 

^  Veramente  il  Boccaccio,  il  Buti,  Pietro  di  Dante  e  il  Landino 
vorrebbero  leggere  il  nome  del  poeta  anche  in  quel  luogo  del  Par,  (XXVI, 
IO) ss.)  dove  Adamo  gli  dice: 

Senz'  essermi  profferta, 

Dante,  la  voglia  tua,  discerno  meglio 

Che  tu  qualunque  cosa  t' è  più  certa. 

Ma  il  maggior  numero  dei  codici,  e  le  migliori  stampe,  leggon  molto  meglio  : 

„Senz'essermi  profferta  Da  te  la  voglia  tua".  (Cfr.  E.  Moore,  Contributions 

to  the  textual  criticism  of  the  D,  C;    Cambridge,   1889).     II  Buti,   dietro 


26  laCHBLE  SCHKRILLO,  IL  NOME  DI  DAMTB. 

lo  indica  a  Virgilio  che  come  l' amico  suo,  il  suo  fedele,  quei  die 
r  amò  tanto  ;  e  Virgilio  non  lo  chiama  che  figlinolo,  come  Êi  anche 
Brunetto;  e  Ciacco  e  Cavalcante  e  Casella  e  Forese  o  evitano  di 
nominarlo  o,  come  nel  caso  di  Umberto  Aldobrandesdii  (Ar^. 
XI,  76:  m£  videmi  e  conobbemi  e  chiamava''),  lo  nominano,  ma  il 
poeta  schiva  di  riferirne  esattamente  le  parole.  Più  soave  che 
sulle  bocche  di  tutti  loro,  il  suo  nome  sarebbe  risonato  sulle  labbra 
di  lei,  cresciuta  di  bellezza  e  virtù.  Da  tanti  anni  quella  cara 
voce  non  era  più  pervenuta  al  suo  orecchio  ;  e  la  prima  parola  che 
ora  ne  risente  pronunziare  è  il  nome  suo,  associato  a  quello  di  lei: 

Dante,  perchè  Virgilio  se  ne  vmda. 
Non  pianger  anco .... 

Guardami  ben:  ben  son,  ben  son  Beatrice i 

dolce  sospiro  forse  d' un' intimità  che  in  terra  non  fu  possibile 
mai!  E  non  è  il  significato  del  nome,  il  preteso  sottinteso  epi- 
grammatico, che  commuove  l'estasiato  poeta;  è  bensi  il  suon  del 
nome,  £  appunto  perchè  egli  possa  più  a  lungo  e  con  maggiore 
intensità  gustar  tutto  l' incanto  che  la  divina  voce  gli  schiudeva,  e 
perchè  i  lettori  comprendano  essi  pure  come  l' impressione  pro- 
dotta dal  sentirsi  chiamare  per  nome  da  lei  sia  necessaria  a  bene 
intendere  la  nuova  situazione  drammatica,  il  poeta  s'indugia  in 
queir  inciso,  che  direi  quasi  una  tardiva  reticenza. 


preferiva  quella  lezione  per  cincischiarvi  intomo  on  nuovo  arzigogolo:  '*£t 
appresso  si  fa  nominare  ad  Adam  primo  nostro  padre,  lo  quale  fu  nominatore 
di  tutte  le  cose  secondo  la  loro  proprietade,  datali  da  Dio  la  sapienza  di 
ciò".  Dei  moderni,  il  solo  Witte  conserva  quella  lezione,  perchè  la  meno 
perspicua  ! 

MlCHELB  SCHERILLO. 


Znr  subjektlosen  Konstruktion  im  Alt&anzösischen. 

Für  die  Impersonalia,  für  die  wir  trotz  der  vom  logischen 
Standpmikte  aus  etwa  zu  machenden  Einwendungen  die  Bezeich- 
nung „subjektlose  Verba''  gebrauchen  wollen,  ist  durch  die  von 
hervorragenden  Gelehrten  mehrfach  versuchte  logische  Wertung 
derselben  ein  Interesse  geweckt  worden,  welches  den  Versuch  recht- 
fertigt, das  für  dergleichen  Erörterungen  in  Betracht  kommende 
sprachliche  Material  wenn  auch  nur  in  Hinsicht  auf  einen  be- 
stimmten Teil  eines  beschränkten  Gebietes  grammatisch  vollständiger 
zu  fixieren  als  es  bisher  geschehen  ist  Subjektlose  Konstruktion  im 
Altfranzösischen  ist  kaum  irgendwie  ausführlicher  behandelt  worden. 
Auch  auf  diesen  Blättern  soll  nur  ein  unten  näher  zu  bestimmender 
Abschnitt  aus  diesem  an  Schwierigkeiten  reichen  Kapitel  der  Syntax 
des  Altfranzösischen  gegeben  werden. 

I.  Vorbemerkungen. 

I.  Subjektlose  Verba  nennen  wir  solche,  die  ohne  bestimmtes 
Subjekt  auftreten  und  den  Gedanken  eines  bestimmten  Gegen- 
standes, der  als  Subjekt  des  durch  sie  bezeichneten  Thuns  oder 
Seins  zu  gelten  hätte,  ausschliefsen.  Im  Altfranzösischen  sind  die 
subjektlosen  Verba,  was  ihren  Inhalt  anbetrifift,  zweifacher  Art.  Die 
einen  sind  für  sich  allein  hinreichend ,  einen  Satz  zu  bilden  ;  die 
anderen  erfordern  eine  nähere  Bestimmung,  die  den  Inhalt  der- 
selben zu  einem  Satze  ergänzt.  Zur  ersten  Klasse  gehören  Aus- 
drucke wie  avtsprist^  pluety  überhaupt  die  meteorologische  Vorgänge 
bezeichnenden  Verba.  Die  zweite  Klasse  umfafst  einerseits  transitive 
Ausdrucke  wie  {y)  a  und  fait  (IV,  i) ,  die  als  solche  immer  einen 
Akkusativ  des  Objektes  erfordern,  andrerseits  Intransitiva,  deren 
nähere  Bestimmung  im  Einzelnen  verschieden  tst  Von  letzteren 
verlangen  einige  eine  adverbiale  Bestimmung  wie  z.  B.  convieni  „es 
ergeht",  das  stets  ein  Adverbium  bün^  mal  oder  comment  neben  sich 
hat ,  abgesehen  von  einem  Dativ  der  Person ,  der  es  gut  u.  s.  w. 
„ergeht".  Eine  andere  Gruppe  von  subjektlosen  intransitiven  Verben 
wie  (re)membre,  souvient^  enute^  chaul  verlangen  einen  Dativ  der  Person, 
in  welcher  der  betreffende  psychische  Akt  bezw.  Zustand  stattfindet, 
und  die  Verbindung  der  Präposition  de  mit  dem  Gegenstande,  der 
die  erregende  Ursache  dieses  Aktes  bzw.  Zustandes  bildet.  Noch 
andere  Verba,  wie  convieni  „es  ziemt  sich",  erfordern  einen  Akku- 
sativ des  Gegenstandes,  der  als  Träger  des  durch  sie  aus- 
gedrückten Seins   erscheint     Abgesehen   ist   hier  überall  von  dem 


28  CHR.  6EBHÂRDT, 

Falle,  dafs  ein  durch  die  Konjunktion  qiu  eingeleiteter  Satz  als 
ergänzende  Bestimmung  eines  subjektlosen  Verbums  auftritt  Die 
intransitiven  subjektlosen  Verba  nun,  soweit  sie  mit  dem  soeben 
näher  bestimmten  Akkusativ  verbunden  werden,  sollen  im  Wesent- 
lichen Gegenstand  unserer  Untersuchung  sein. 

2.  Den  genannten  Akkusativ  bei  subjektlosen  Verben  bezeichnet 
man  vielfach  als  „logisches  Subjekt".  Aber  dieser  Ausdruck  ist 
nicht  eindeutig.  Zum  Beispiel  wird  in  dem  Satze  /'/  li  couvieni 
mout  grani  eür  mancher  Grammatiker  das  „logische  Subjekt**  in 
moui  grani  eür  finden,  mancher  Logiker  dagegen  in  einem  aus 
dem  li  zu  entnehmenden  „er**,  sofern  der  Satz  in  logischer  Fassung 
lauten  würde  :  „er  hat  sehr  grofses  Gluck  nötig**.  Wir  lassen  daher 
den  Begriff  „logisches  Subjekt**,  so  bequem  er  sonst  ist,  in  den 
speziellen  Erörterungen  ganz  aus  dem  Spiele.  —  Wenn  nun 
AScheler  in  der  Anmerkung  zu  JCondé  I,  363,  271  behauptet,  dafs 
nach  seinen  Beobachtungen  das  logische  Subjekt  unpersönlicher 
Verba  immer  die  Akkusativform  zeige,  so  trifft  dies  nur  bei  einer 
ganz  bestimmten  Fassung  des  Begriffes  „logisches  Subjekt**  zu 
gegen  welche  aber  gerade  die  Logik  Einspruch  erheben  mûfste 
In  Sätzen  wie  cle  stantie  it  sovient  darf  man  mit  demselben  Rechte 
de  s*amte  für  das  logische  Subjekt  erklären  wie  moui  grani  eür  in 
dem  oben  erwähnten  Satze,  und  doch  hat  bei  dem  „unpersönlichen** 
stnutni  dieses  „logische  Subjekt"  nicht  die  Akkusativform.  Dasselbe 
gilt  von  Sätzen  wie  Or  i  parra  de  la  vostre  jusiice  (Amis  1330)  und 
vielen  anderen.  Richtig  ist  nur  so\nel,  dafs  gewisse  intransitive 
subjektlose  Verba  einen  Akkusativ  bei  sich  haben,  der,  wenn  diese 
Verl>a,  was  bei  den  meisten  von  ihnen  möglich  ist,  in  Beziehung 
auf  ein  Subjekt  gebraucht  werden,  Subjekt  wird  und  dafs  deshalb 
Mundio  \\\\\  als  „logisches  Subjekt'*  bezeichnen.  Auf  keinen  Fall 
darf  man  weiter  als  Regel  aufstellen ,  dafs  „bei  Voranstellung  des 
Ver  bums  mit  ilom  sogenannten  grammatischen  Subjekte  ii  das  nach- 
folgtnxde  logische  Subjekt  in  den  Akkusativ  gesetzt  werde**,  und 
mit  Rivht  hat  sich  ATobler  Jahrbuch  XV,  253  gegen  eine  solche 
Meinung  ausgesprochen.  Auf  dieses  ü  aber  müssen  ¥rir  etwas  näher 
eingehen. 

3u.  Ui\lH\stimmtos  neutrales  //,  fur  welches  in  den  poitevinischen 
IVnligten  gewöhnlich  t»  {cu)  steht,  fehlt  in  den  ältesten  Texten. 
Zuerst  begegnet  es  im  Alexius  und  zwar  an  zwei  Stellen.  Die  erste, 
Str,  IIa.  luutet  nach  Hs.  L:  Q%arîi  li  turt  fasset  ^  il  fui  œndUL 
Wenn  l^  ihU^r  httt:  Quytnt  li  ix*rs  fasse  7  i/  /m  anoitiety  so  bat  hier 
ii»s  noutrule  Turtisip  maskulinische  Flexion  erhalten,  eine  Erschei- 
nung, dìo  unter  IV,  2  In^legt  w^^rvien  wird.  Die  andere  Stelle, 
Str,  UM  c,  h»t  in  L  tilgenden  Wortlaut:  cki  cki  se  doiUt^  a  nostras 
est  il  ^\>w  uuvì  iHiKÌeutet:  „Wer  auch  immer  klagen  möge,  fur  uns 
giebt  t\s  Wu\le  iU  h.  wir  lïiilvn  Aulafs  zur  Freude**.  Das  il  steht 
hiei ,  intv^lgo  vv>n  luvei^ou»  uiuuitteltKir  >\>r  dem  Subjekt  auf  das 
*\s  hinweisen  sv>U  ^s.  uuteu>,  el>enso  wie  in  Ren.  2S2S:  Ja  nest  il 
k^f^  pki  SS..  \\\\\MX<h    ist   lu  a  n^str^^   est  ä  gju  za  vergleichen 


ZOR  SUBJEKTLOSEN  KONSTRUKTION  IM  ALTFRANZÖSISCHEN.        2g 

Ben.  Chr.  10936:  Ce  sei  qú*a  lor  os  nen  (1.  neri)  uni  joL  Verkannt 
ist  der  Sinn  der  beiden  Alexius-Stellen  von  Horning  in  Böhmers 
Rom.  Stud.  IV,  2^^  flf. 

b.  Was  die  Funktion  des  unbestimmten  neutralen  //  betrifil, 
so  verwendet  man  es  einerseits,  um  den  subjektlosen  Verben, 
andrerseits,  um  denjenigen  transitiven  und  intransitiven  Verben, 
die  auf  ein  ihnen  nachfolgendes  Subjekt  bezogen  werden  und  zu- 
nächst ohne  Subjekt  erscheinen,  eine  Art  unbestimmtes  scheinbares 
Subjekt  zu  geben.  Davon,  dafs  //  wirklich  Subjekt  sei,  kann  im 
ersten  Falle  nicht  die  Rede  sein.  Aber  auch  im  zweiten  kann  il 
nicht  etwa  „grammatisches  Subjekt"  sein;  denn  grammatisches  Sub- 
jekt ist  eben  das  dem  Verbum  nachfolgende  im  Nominativ  stehende 
Substantivum.  Das  altfranz.  ;/  ist  in  diesem  Falle  wie  das  deutsche 
„es"  ein  „rednerisches  Vorwort,  berufen,  das  bestimmt  vorzustellende 
Subjekt  vorerst  unbestimmt  zu  bezeichnen"  (Benno  Erdmann,  Logik 
Halle  1892.  S.  237),  wenn  auch  nicht  gerade  zu  dem  Zwecke,  „die 
Erwartung  zu  erregen"  (eb.).  Von  dem  deutschen  „es"  unterscheidet 
sich  altfranz.  il  dadurch,  dafs  dieses  überall,  wo  es  steht,  fehlen 
kann,  jenes  dagegen  der  Regel  nach  nicht.  Den  deutschen  Sätzen  : 
„Es  steht  ein  Baum  im  Odenwald"  (a)  und  „Es  gingen  drei  Jäger 
wohl  auf  die  Birsch"  (ß)  entsprechende  altfranzösische  sind 

a)  Yvain  753:  /'/  n^i  failloit  ne  fers  ne  clos;  Mousk.  5959:  // 
est  uns  Dieux  vrais  et  poisans  ;  Serm.  poit  100:  Quant  0  vendra  li 
sainz  espirites  ;  Dial.  Greg.  215,3:  //  comenzat  es  tre  oïz  li  sons  ahi 
com  d*un€  grande  multitudine  entrant;  Froiss.  Chron.  4,223:  il  y  fu 
mors  ungs  grans  barons  de  Gascoingne;  Watr.  256,  886:  Dame^  pour 
dieUf  qu^il  m'en  soit  dite  Veritez,  Zu  dem  durch  diese  sowie  die 
unter  ß  zu  erwähnenden  Stellen  aus  Gaydon  und  Chev.  II  esp. 
bekundeten  Sprachgebrauch  hinsichtlich  der  Behandlucg  des  Part. 
Prät,  wenn  dasselbe  dem  unbestimmten  //  folgt  und  dem  Subjekte 
vorangeht,  stimmen  vollkommen  Stellen  aus  Commines  wie  //  luy 
fut  f atete  une  entrée ^  in  denen  AStimming  Z.  f.  r.  Ph.  I,  220  die 
Kongruenz  des  Partizips  mit  dem  folgenden  Subjekte  mit  Unrecht 
auffallig  findet  —  Selten  ist  der  Fall,  dafs  unbestimmtes  //  vor 
einem  auf  ein  Subjekt  bezogenen  transitiven  Verbum  steht,  wie 
Mousk.  9970:  Et  li  boins  rois  suï  les  Tur  s  Qí¿il  nés  gar  i  castiaus 
ne  murs;  MBruti775:  //  nel  gari  ses  osbers  blans.  —  Der  ur- 
sprünglichen Bestimmung  des  unbestimmten  /'/  schnurstracks  zuwider 
läuft  die  Verwendung  desselben  hinter  dem  Subjekt  des  Satzes, 
wie  in  Alix.  446,18:  quels  vens  que  il  i  vente;  JCondé  II,  155,  112: 
S*il  eust  vescu  par  mesure^  Diex  eüst  Vame  retenue^  Quel  chose  qiíil 
fust  avenue  Au  cors  ;  Froiss.  Chron.  4 ,  51:  Si  leur  compta  messires 
Loeis  pourquoy  il  estoit  parti  et  quels  confors  il  estoit  creiis  a  la  con^ 
tesse  (vgl.  ib.  4,  52  :  comment  grans  secours  estoit  venus  a  la  contesse). 
In  diesen  Sätzen  ist  il  eigentlich  völlig  sinnlos.  Sie  erklären  sich 
nur  aus  schablonenhafter  Uebertragung  einer  ursprünglich  nur  bei 
Nachstellung  des  Subjektes  möglichen  Konstruktion  auf  Fälle,  wo 
das  gerade  Gegenteil  dieser  Bedingung  vorliegt     Die  Behandlung 


30  CHR.  GEBHARDT, 

(1er  Partizipia  ist  übrigens  dieselbe  wie  in  den  aus  Dial.  Greg,  und 
Watr.  oben  angeführten  Stellen.  Sonst  ist  mir  nur  noch  eine 
Stelle  bekannt,  in  der  //  in  der  erwähnten  Weise  gemifsbraucht 
¡st:  Barb. -Méon  I,  329,  1806:   Croütre  nus  biens  il  tCi  pooiL 

ß)  Cor.  Looïs  631  :  //  t  corurmt  sei  rei  ei  quinze  duc;  Aniel  6: 
Mais  il  soni  aucun  desseû^  Ki  se  cuideni  de  sens  par  foni;  Aue.  6, 26  : 
//  I  voni  cil  viel  presire   ei  cil  viel  clop  ei  cil  manke ;   Gayd.  loido: 
Or  remanra  la  grans  guerre   mortal  Doni  il  sont    mori   ioni   nobile 
vassal;   Ch.  II  esp.  4456  :    Ei  si  soni  il  venu   assis  Ici  maint  preu" 
domme  vaillant,  wo  //  Inversion  erfahren  hat  wie  das  folgende  Sub- 
jekt; Serm.  poit  1 1 4 :  0  sunt  mainies  gern   cui...;  ib.  204:    ou   en 
(sc.  de  cez  esperiz  que  nos    communaument   apelom   angres)    sunt  .IX. 
ordre  on  eel,  —  Wenn    AHaase,    Syutakt    Unters,    zu  Villeh.    und 
Joinv.  S.  81,    in  solchen  Fällen    //   nicht    als    neutrales    Pronomen 
gelten  lassen  will,  sondern  es  als  Plur.  mask,  erklärt,  so  pafst  diese 
Erklärung  nicht  auf  die  Fälle,   wo   das  in  der  Mehrzahl   stehende 
Subjekt  ein  Femininum  ist,   wie  in  SThom  170:  il  sunt  quatre  ma^ 
nieres.     Sie  pafst  auch  nicht  auf  Stellen  wie  Froiss.  Chron.  5,  210: 
Chil  de  Calais  ont  fait  morir  tant  de   mes  hommes  que  il  fault  que 
des  leurs  il  en  soient  mors  aussi.  Wie  soll  hier  das  in  Rede  stehende 
//  l>estìmmtes  Personalpronomen  sein  können,  wo  das  Subjekt,  auf 
das  es  hinweist,    so  wenig   bestimmt    ist?    Vollends   als    unhaltbar 
wird  die  Haasesche  Auffassung  erwiesen  durch  den  Sprachgebrauch 
der  poitevinischon  Predigten;  diese  wurden  in  den  oben  angeführten 
Sììtzeu  das  sonst  übliche  il  nicht   durdi  0  ersetzen,   wenn  jenes  il 
etwas  Atxderes    als    neutrales   Pronomen   wäre.     Freilich    wird    seit 
lier  Zeit,  wo  man  der  Form  il  „sie"  ein  Plural  -  s  anzuhängen  sich 
gi^wi'ihnto,  auch  unser  il  „es"  vor  einem   im  Plural  stehenden  Ver- 
l>um  gxnvohnlich  ils  (ils)  geschrieben ,  wie  z,  R  Commines  4 ,  3  :  lÜr 
/jrAwM/   d/dans    momsagnrur  de  Gmtay  et  plusieurs  autres.    Aber  diese 
*i'hatSiioi)o  Ivwvist  weiter   nichts  als   dafs  das  ii  in  solchen  Sätzen 
mit  tier  Zeit    seine    syntaktische  Durchsichtigkeit   ^.-erlor    und   eine 
gt\>lH^  l^udoutung  erfuhr,  die  dem  allmählichen  Aufgeben  der  Kon- 
ä^tniktiou  wrÄUsging. 

c»  VnU^iilimmio^ü  Ì4  Ina  subjektloser  KonstroktÌGn  wird  uns  in 
AKvììu,  U  UiX^ìì  häutig  begegnen;  es  liegt  auch  vor  in  Sätzen  wie 
Knv  S.  8S,  \\  io:  ,Y«  Si  ì:  ^rs  es/^t.  Hier  kann  û  nicht  hin- 
NxxMseu  Äuf  eiix  di^u  Verbum  nachgestelltes  Subjekt,  da  jort  vor 
\lem  Veibum  steht»  Wait*  vf^s  Subjekt  im  Satxe,  so  wäre  £1  sinn- 
Kv^;  xlU\er  wirvl  nwin  v»*  als  Prädikat  zu  ñissen  babai,  so  dafs  das 
ii  \Iäs  \Ùv  ht  Äus^x^spuv^hene  Subjekt  gewissaennafsen  markiert  Auch 
iu  \lon\  xlvHitSi^hon  ^trc  ^es  ist  Tag~  ¿a  ^Tag*  Prädikat;  daher 
ÍM  \lio  rmsteilwnj:  vÜoä^s  Säitcs  ru  ,rTaí  ist  es*  mogüch,  während 
\loi  .\usxln)ok  ,.es  k^Nnini:  der  Tj^,  mx>  Nadistelhing  des  Sali^ektes 
WMliejit.  eine  ^Viohe  Un^eíhiT;^  mi:  BesbehaîtaT^  des  ,«es"  nicht 
eiiAwbt.  \Vh^  die  V  nx^  -  5^.>e  >à:>d  rû  bearteiiäi  Froiss.  Poes.  II, 
trCs  4i^::  \  %\i;  *^*v  {m*:s  unif.<^  ¿^  iv»»::  iîx  II,  213,  134:  Qmeà 
j^i^^v  ^^n^^»;'  fW,\  iwftÀ'HiÀ;»^  /m  sm¿í$agmí. 


ZDR  SUBJEKTLOSEN  KONSTRUKTION  IM  ALTFRANZÖSISCHEN.        3  1 

d.  Nicht  unbestimml ,  sondern  z  uni  ck  we  ¡send  auf  den  Inhalt 
eines  vorausgehenden  Satzes  und  somit  durch  den  ¿^usammenhang 
bestimmt  ist  das  neutrale  ü  —  vgî,  das  ihm  zuzuordnende  akku- 
sativische U  „es",  das  übrigens  auch  als  unbestimmtes  Pronomen 
vorkommt  —  in  Stellen  wie  Reimpr,  laga;  Or  ¡airai  a  latti,  Nt 
voi!  dire  atmni,  Car  crìtm  quii  enuil ;  Aiol  653:  Encor  sarà  je  him 
id  cvp  ferir  U  plus  grant,  t'il  se  fieui  adevetiir.  Zu  vgl,  im  Neufrz. 
das  parenthetische  ü  est  vrai  und  stmhU~l-il  sowie  das  fragende 
se  pourrait- iL 

e.  Ebenfalls  nicht  das  unbestimmte  H,  sondern  //  „er"  liegt 
vor  in  Salzen  wie  Ren.  Nouv.  6514:  //  t'essauct  b'  s'umelie;  Gayd. 
6092  ;  il  a  assez  et  pesame  ei  dolor  Qui  en  prison  est  la  nuit  et  h 
jor ;  Froiss.  Poés.  Il,  221,  23:  Il  est  fols  qiâ  preste  sans  gage.  Dafs 
man  es  hier  mit  il  „er"  zu  ihun  hat,  zeigt  das  konjunktive  Per- 
sonalpronomen bezw.  das  possessive  Pronomen  in  Meyer  Ree.  241,85: 
Dex!  COM  grani  val  li  couvient  avaler  El  a  grani  moni  il  li  esimi 
monier  Qui  d'auirui    mori    aleni    la   richeif ;    Yvain  2730:  Si  a  teus 

)    qui    larrons    les    claimment  Qui  en    amor  vont  faunoianl  Et  si  n'an 

^  levati  lani  ne  guani;  ib.  1959  :   Cine  (anz    dahez  et  s'ame  Qui  maintte 

I  an  (hanhre  a  bele  dame  Chevalier  . .  - 

"  f.  Was  die  Stellung  des  imbestimmten  (/  in  subjektlosen  Sätzen 

anbelangt,  so  ist  zu  bemerken,  dafs  dieselbe  sich  vollkommen  deckt 
mit  der  des  Subjektes  in  anderen  Sätzen. 

4.  Bevor  wir  zu  den  einzelnen  subjektlosen  Verben  übergehen, 
wollen  wir  noch  eine  Frage  erledigen,  die  alle  in  gleicher  Weise 
betriHt,  die  Frage  nach  dem  Ka^us  des  Relalivums  cue,  wenn  dem- 
selben das  Neutrum  ce  als  lieziehungswort  vorausgeht  und  das 
unbestimmte  il  mit  der  3.  P,  Sg.  eines  intransitiven  Verbums  derart 

Í  folgt,  dafs  als  Traget  des  durch  dieses  Verbum  bezeichneten  um- 
ständlich bedingten  Seins  jenes  ce  hingestellt  werden  soll,  die  Frage 
^so  nach  dem  Kasus  von  que  z.  B.  in  cAdu  qu'il  avien!.  Fassen 
wir  zunächst  den  Sata  gtulle  perdielioa  II  nous  est  avenu  (Ch.  cygne 
26346)  ins  Auge-  In  demselben  ist  quelle  perdiclion  notwendig 
Akkusativ.  Denn  dergleichen  Sätze,  in  denen  die  aus  der  3.  P.  Sg. 
von  esire  und  einem  neutralen  Partizip  zusammengesetzte  Verbal- 
form  einem  nichtneutralen  Nominativ  als  Subjekt,  auf  welches  dieses 
Veibtmi  sich  bezöge ,  folgte ,  kommen  nicht  vor.  Im  Gegenteil  : 
steht  ein  nichtncutrales  Subjekt  voran,  so  wird  selbst  dann,  wenn 
demselben  noch  das  unbesiimmle  /"/  folgt ,  das  Partizipium  der 
Vecbalform  flektiert,  vgl.  JCondé  II ,  155,  114:  Quel  chose  qu'il  fust 
avenue  {a.  oben  3b,  a).  Entsprechend  dem  Satze,  von  dem  wir 
anfingen ,  bt  nun  aufzufassen  tout  ce  qu'il  lui  esloii  avenu  (Disc. 
clergie77);  das  que  ist  Akkusativ,  Zu  dieser  Auffassung  nötigt  uns 
auch  noch  eine  andere  Erwägung.  Abgesehen  nämlich  davon,  dafs 
schon  die  Analogie  der  Fälle,  wo  an  Stelle  von  ee  ein  Maskulinum 
oder  Femininum  steht  und  qttc  Akkusativ  sein  mufs,  die  erwähnte 
Auffassung  fordert,  müfste  man,  wenn  que  Nominativ  wäre,  in  solchen 
Fallen    doch    auch    einmal    statt    gut   die  Form  gui  ñnden ,    zumal 


32  CUR.  GEBHARDT, 

dieses  als  Neutrum  fungierende  relatíve  gui  ziemlich  früh,  jedenfalls 
schon  um  die  Mitte  des  1 2.  Jahrhts.  sich  findet  (vgl.  die  Beispiele 
bei  Karl  Pietsch,  Beiträge  zur  Lehre  vom  altfranzösischen  Relativum. 
Halle  1888.  S.  45)  und  nicht,  wie  AHaase,  Syntakt  Unters,  zu 
Villeh.  u.  Joinv.  S.  47  meint,  erst  bei  Viilehardouin  aufzutreten 
anfängt  Nun  findet  sich  aber  ein  solches  gut  in  Sätzen  wie  dem 
angeführten  niemals.  Nicht  anders  wie  ce  quWl  im  estoit  avenu  ist 
nun  chou  qtiil  avient  zu  beurteilen ,  d.  h.  que  ist  Akkusativ.  Und 
nicht  anders  verhält  sich  die  Sache,  wenn  an  Stelle  von  avieni  die 
3.  P.  Sg.  eines  anderen  intransitiven  Verbums  steht  Erwähnter 
Akkusativ  ist  aus  sonstigen  Gründen  sicher  z.  B.  in  ce  qu'il  me  be- 
songne  und  ce  qu'il  lui  plais  i  (vgl.  II,  5  u.  10).  Kein  einziger  der- 
artiger Fall  jedoch  ist  nachgewiesen,  wo  eine  Notwendigkeit  oder 
auch  nur  Wahrscheinlichkeit  vorläge  für  die  Auffassung  des  que 
als  Nominativ.  Dafs  das  Neu  französische  in  dergleichen  Sätzen  das 
que  nicht  in  qui  verwandelt,  das  doch  sonst  für  den  Nominativ  des 
auf  ce  bezogenen  Relati vs  ausnahmslos  —  das  que  in  ce  que  je  suis 
ist  ebenso  Akkusativ  wie  das  le  in  Je  le  suis  —  eingetreten  ist,  ist 
auch  nicht  ohne  Bedeutung. 

II.  Die  einzelnen  subjektlosen  intransitiven  Verba» 
die  das,  was  Träger  des  durch  sie  ausgedrückten  Seins  ist, 

im  Akkusativ  zu  sich  nehmen. 

I.  Convient. 

Die  Bedeutung  „opus  est",  in  der  uns  das  subjektlose  convieni 
hier  beschäftigen  wird,  ist  nicht  die  einzige,  die  es  hat;  es  kommen 
ihm  noch  zwei  andere  zu,  von  denen  ATobler  Z.  f.  r.  Ph.  II,  143 
und  151  gehandelt  hat  (vgl.  dazu  IV,  3).  Convient  „es  ist  nötig" 
nun  verbindet  sich  mit  dem  Akkusativ  des  Gegenstandes,  der  als 
nötig  bezeichnet  werden  soll.  Dieser  Akkusativ  erhellt  unzweideutig 
aus  der  Form  des  konjunktiven  Personalpronomens  in  folgenden 
Stellen:  Mousk.  449:  Si  /ail  on,  car  il  le  couvient;  Watr.  213,  442: 
Dist\  Ainmis f  lasl  morir  m'en  vois,  Sam  eschaper ^  il  le  couvient; 
ib.  219,  632:  Vous  savez,  et  il  le  couvient ,  Selonc  ce  que  Diex  m'a 
donné  De  puissance  et  habandonné  De  son  pueple  au  monde  a  garder^ 
De  tant  doi  je  miex  esgarder ,  Puis  que  j'en  suis  après  Dieu  garde^ 
Comment  je  sanz  peril  les  garde;  Ren.  IV,  2861  :  Se  pour  teus  que 
vos  iestes  tient  Vos  et  vo  iestre,  il  le  couvient;  BCondé  290,  648:  Or 
dirai,  car  il  le  couvient.  Quels  eis  pensers  est  qui  me  tient;  ebenso 
Froiss.  Poés.  II,  199,  149;  ib.  II,  246,  7  ;  häufig  in  Froiss.  Chron.,  so 
3,  196.  3,  202.  4,  255.  6,  152.  6,  166. 

Im  Reime  steht  der  Akkusativ  Athis  1454:  Or  i  covient  esgart 
moult  grant;  Rich.  4057  :  car  nullui  N'i  couvient  il  en  lieu  de  lui. 

Den  Akkusativ  des  Relativpronomens  neben  convient  zeigen  die 
Stellen  Villeh.  56  :  totes  les  choses  que  il  covient  a  chevaus  et  a  cors 
d'omes;  ib.  134:  toz  les  deliz  que  il  covient  a  cors  d'ome;  Ch.  U  esp. 
3923;  De  boines  meurs  ke  il  convient  A  feme;   BCondé  312,  1266: 


ZUR  SUBJEKTLOSEN  KONSTRUKTION  IM  ALITRANZÖSISCHEN.        33 

Car  u  ü  rCa  pas  la  hautece  U  la  biauté  u  la  rikece  U  la  valour  qu^il 
cauvenroit  Celui  qui  si  haut  avenroii;  Rou  I,  S.  229:  avoii  en  .1. 
cosfre  iouz  les  aiornemenz  qu'il  couvenoit  a  moniage  ;  Disc,  clergie  1 65  : 
moult  de  choses  qu*il  y  convient.  Wie  diese  Beispiele  zeigen ,  steht 
im  subjektlosen  Relativsatze  in  der  Regel  das  unbestimmte  /7; 
selten  fehlt  es  in  solchem  Falle ,  vgl.  Ch.  II  esp.  8943  :  et  la  raine 
ert  apoiie  Iluec^  mout  bien  apareillie  De  reube  c*a  esté  convient. 

Nach  dem  bisher  über  den  Gebrauch  von  convient  Bemerkten 
liegt  kein  Grund  vor ,  den  Akkusativ  batel  zu  ändern  in  Rou  II, 
191 7  :  En  Sume  aveit  une  isle^  kar  Veue  entur  cureit^  Ki  i  voleit  entrer, 
batel  y  cuveneit.  Auch  in  Rol.  192:  il  nus  i  cuvient  guarde  wird 
man  subjektlose  Konstruktion  anzunehmen,  also  in  guarde  einen 
Akkusativ  zu  erkennen  haben  und  nicht,  wie  Horning  Böhmers 
Rom.  Stud.  IV,  239  will,  ein  nachgestelltes  Subjekt. 

Gegenüber  der  eben  aufgezeigten  subjektlosen  Konstruktion 
von  convenir  „geziemend,  nötig  sein**  ist  der  jedenfalls  frühere  und 
ursprüngliche  Gebrauch  der,  dafs  es  auf  ein  Subjekt  bezogen  wird. 
Vgl.  Oxf.  Ps.  64,  i:  Tei  cuvient  cam,  Deus;  Erec3322:  A  vostre 
biauté  covandroit  Gram  enors  et  granz  seignorie  ;  Yvain  1886:  N^est 
riens  qtiele  ne  li  acroie.  Qui  covaingne  a  lui  acesmer;  Rou  III,  7773: 
E  il  out  armes  e  ator  Qui  conveneit  a  tei  seignor;  Ch.  II  esp.  11 59 5  s 
De  dire  ce  ki  li  convint.  Freilich  findet  man  in  den  Stellen  au  : 
Yvain  und  Rou  zu  qui  die  Variante  qu'il,  so  dafs  man  dieses  qui 
als  ein  qu'ill]  erklären  kann,  was  indes  nicht  nötig  ist  Dasselbe 
Nebeneinander  von  qui  und  quii  ist  auch  sonst  anzutrefien,  vgl.  im 
Neufranz,  ce  qui  en  est  und  ce  qu'il  ^fn  est.  Unverkennbar  ist  die 
Beziehung  von  convenir  auf  ein  Relativum  als  Subjekt  in  Ben.  Chron. 
41027:  Les  mors  qui  a  ce  apartienent  E  qui  a  empereriz  covienent 
(vgl.  hiermit  den  subjektlosen  Gebrauch  in  Ch.  II  esp.  3923  :  De 
boines  meurs  ke  il  convient  A  feme)\  ib.  13799:  De  tot  iceo  Vendoc^ 
trinoent  Que  il  saveient  et  quidoent  Qui  unques  plus  li  coveneit ,  wo  ein 
Doppelrelativsatz  vorliegt,  der  nach  den  unter  IV,  4  zu  findenden 
Ausführungen  zu  verstehen  ist. 

Ganz  falsch  ist,  was  das  Verhältnis  der  beiden  Konstruktionen 
von  convenir  zu  einander  betrifft,  die  Ansicht  AHaases,  Syntakt 
Unters.  S.  68,  der  davon  redet,  dafs  convient  bei  Villehardouin  und 
Joinville  „noch'*  nie  persönliche  Konstruktion  aufweise  und  auch 
sonst  die  alte  Sprache  die  Sache,  welche  geziemend  bezw.  nötig 
ist,  niemals  im  Nominativ,  sondern  stets  im  Akkusativ  zeige.  Die 
oben  angezogenen  Stellen  lehren,  dafs  gerade  während  der  Blüte- 
zeit der  altfranz.  Litteratur  die  „persönliche  Konstruktion"  von 
convenir  durchaus  üblich  war.  In  den  späteren  Jahrhunderten  frei- 
lich herrscht  die  subjektlose  Konstruktion  vor;  noch  im  15.  Jahrh. 
findet  man  sie,  so  Prosa-Cligés  299,  30:  il  y  convient  deux  chevaliers 
fermes  et  biens  asseûrés.  Seitdem  verschwindet  convient  in  dieser 
Konstruktion,'  um  il  faut  Platz  zu  machen,  welches  (vgl.  II,  4)  schon 
Sänger  als  ein  Jahrhundert  gleichzeitig  mit  ihm  in  derselben  Kon- 
Itruktion  gebraucht  worden  war.  —  Seine  zusammengesetzten  Zeiten 

Zdtschr.  L  rom.  PhiL  XX.  x 


34  CHR.  GEBHAKDT, 

bildet  convient  mit  dem  Hilfszeitwort  avoir  \  vgl.  Eni.  Og.  4291  ;  Ch. 
cygne  13820;  Froiss.  Poes.  I,  121,  1187. 

2.  Esiuet, 

Estuety  dessen  Etymologie  immer  noch  zweifelhaft  ist,  hat,  wo 
es  vorkommt,  die  Bedeutung  „opus  est*'.  Es  erscheint  immer  in 
der  3.  P.  Sg.  und  bis  auf  einen  besonders  zu  erörternden  Fall 
subjektlos  derart,  dafs  der  Gegenstand,  der  als  nötig  bezeichnet 
werden  soll,  im  Akkusativ  steht. 

Dieser  Akkusativ  ist  sicher  bezeugt  durch  die  Form  des  kon- 
junktiven  Personalpronomens  in  den  Stellen  Cligés  2648:  Alts  il 
dit  que  moût  Pes  tuet  jante  Et  bete  et  sage  et  riche  et  noble  Qui  dame 
iert  de  Costantinoble ;  BCondé  271,  104:  Car  trop  Pestavroit  bien  apris 
Qui  diroit  si  biel  et  si  gent  Qu^il  pleuist  a  toute  la  gent  (dieses  wie  das 
vorangehende  Beispiel  mit  /*  =  illum  bezw.  ülam  als  Beziehungswort 
eines  folgenden  Relativums  hätte  auch  unter  I,  3  e  angeführt  werden 
können);  Ch.  II  esp.  10725:  Or  en  pensés ^  ¡Cil  Vestuet  bien. 

Im  Reime  finden  wir  den  Akkusativ  Eneas  8515:  N*i  estuet  altre 
provement  ;  im  Innern  des  Verses  ib.  8175:  li  en  estuet  deus  en  un  copie. 

Die  einzige  Stelle,  wo  statt  des  Akkusativs  ein  Nominativ  er- 
scheint, ist  Rol.  295:  Si  *n  ai  un  filz,  ja  plus  bels  n*en  estoet.  Es 
scheint  hier  estoet  auf  ein  Subjekt  bezogen  zu  sein.  Doch  hat  man 
es  wohl  mit  einem  Fehler  in  der  Ueberlieferung  zu  thun;  für  das 
s  von  bels  wird  man  den  anglonormannischen  Kopisten  verantwort- 
lich machen  dürfen,  sodafs  man  zur  Streichung  dieses  s  berechtigt 
ist,  welche  schon  in  der  editio  princeps  des  Roland  von  FrMichel 
für  geboten  erachtet  wurde.  Einen  Akkusativ  Pluralis  aber  in  bels 
anzunehmen  läfst  der  Zusammenhang  nicht  zu,  der  derselbe  ist 
wie  Jourd.  Bl.  21:  Un  fil  i  orent,  plus  bel  ne  convint  iestre.  —  Estuet 
kam,  wie  es  scheint,  noch  etwas  früher  aufser  Gebrauch  als  convient 
mit  dem  Akkusativ. 

3.  A/iert, 

Die  Frage,  ob  aferir  ¡n  demselben  Sinne  wie  convenir  und 
estovoir  subjektlos  gebraucht  werde,  ist  zu  bejahen,  wie  ich  glaube. 
Doch  ist  das  Material  zur  Entscheidung  der  Frage  ziemlich  spär- 
lich. Ein  Akkusativ  des  konjunktiven  Pronomens,  der  die  Sache 
über  allen  Zweifel  erheben  würde,  ist  mir  nirgends  begegnet  Nicht 
entscheidend  wegen  der  mehr  oder  weniger  mangelhaften  Sauber- 
keit der  Flexion  der  Texte,  denen  sie  entnommen  sind,  sind  die 
Stellen  JCondé  1,7,  208:  A  tel  dame  afferroit  ann\  .1.  preu  et  vail' 
lant  bacheler  \  Cleom.  8540:  Cleomadés  dist  que  lone  plait  N^afiert pas 
a  cele  requeste\  Ren.  17953:  //  /'  a  fieri  moult  grant  esgart  ;  Barb.- 
Méon  m,  74,  148:  Sire,  ci  rCajiert  plus  lone  conte  \  Blanc.  2496:  Mult 
i  afiert  grant  yretage.  Viles  et  castials  et  cités,  Anders  aber  steht 
es  mit  Stellen ,  in  denen  das  neutrale  Relativum  que  vor  dem  un- 
bestimmten //  mit  folgendem  afiert  steht,  wie  Joinv.  671:  ce  que  il 
af fieri  a  la  crestientei\  Froiss.  Poes.  II,  43,  1444:  De  ce  gii  il  af fieri 


ZUR  SUBJEKTLOSEN  KONSTRUKTION  IM  ALTFRANZÖSISCHEN.       35 

a  cotnitse;  Qeom.  167 12;  Car  de  tout  ce  ert  avisés  Que  ti  estait  afe^ 
rissata.  Hier  ist  nach  dem  unter  I,  4  Bemerkten  akkusativisches 
qtu  anzunehmen,  also  subjektloser  Gebrauch  von  afiert  mit  depa 
Akkusativ  dessen,  was  als  „geziemend"  bezeichnet  werden  soll.  — 
Wenn  AHaase,  Syntakt.  Unters.  S.  70  sagt,  afferir  konmie  bei  Ville- 
hardouin  nur  unpersönlich  vor,  so  ist  dies  eine  Behauptung,  deren 
Richtigkeit  durch  die  zitierten  Stellen  keineswegs  erwiesen  wird.  — 
£rwähnt  sei  hier  noch  Rencl.  Mis.  196,  4:  A  virge  afiert  blanke  florete 
Et  au  mártir  ie  flour  rougete.  Hier  hat  van  Hamel  auf  Grund  der 
Lesart  von  annähernd  30  Handschriften  flour  in  den  kritischen  Text 
gesetzt;  in  der  Anmerkung  dagegen  erklärt  er  flour  für  einen 
Druckfehler  und  flours^  das  in  2  Hss.  steht,  für  das  Richtige.  Allein 
flour  ist  tadellos  und  hat  stehen  zu  bleiben. 

Derselbe  Froissart,  der  afiert  subjektlos  gebraucht  (s.  oben), 
bezieht  dasselbe  auf  ein  Subjekt  in  Poes.  III,  72,  657:  Et  tout  ce 
qui  à  corps  humain  A/fier t  ^  on  la  (1.  Pa)  d*uy  a  demain.  Dieser 
Gebrauch  ist  der  ursprüngliche  und  herrscht  in  der  früheren  Zeit 
durchaus  vor.  £ine  Zeit  lang  sehen  wir  dann  beide  Konstruktionen 
neben  einander  hergehen.  Aufser  Gebrauch  gekommen  ist  zu- 
nächst die  subjektlose  ;  allmählich  aber  hat  man  das  Verbum  aferir 
überhaupt  aufgegeben.  Doch  sagte  man  noch  zu  Nicots  Zeit  cela 
ne  m^  affiert  pas  „das  geht  mich  nichts  an"  (vgl.  Godefroy ,  Diet. 
I,  132),  und  afférent  „zukommend"  ist  bis  heute  dem  Gerichtsstil 
verblieben. 

4.  Faut. 

Bei  faut  hat  sich  subjektloser  Gebrauch  schon  im  Altfranzö- 
sischen eingestellt,  derselbe  ist  nicht  spezifisch  neufranzösisch.  Die 
£ntwickelung  der  Bedeutung  des  \2X.  faller  e  zu  denen  des  altfranz. 
faillir^  „fehlen"  und  „nötig  sein",  hat  ATobler  Beitr.  1,176  dar- 
gelegt. Beide  Bedeutungen,  die  entsprechend  der  £ntwickelung 
der  letzteren  aus  der  ersten  ofl  mit  einander  verbunden  sind,  sind 
sowohl  dem  auf  ein  Subjekt  bezogenen  faillir  als  dem  subjektlosen 
faut  eigen. 

a.  Auf  ein  Subjekt  bezogen  in  der  Bedeutung  „fehlen"  kommt 
faillir  oft  vor  ;  vgl.  das  in  anderem  Zusanmienhange  bereits  erwähnte 
il  Wi  failbit  ne  fers  ne  clos  (Yvain  753).  Dieselbe  Konstruktion 
von  faillir  in  der  Bedeutung  „nötig  sein"  ist  seltener  ;  sie  liegt 
vor  Dial.  fr.  ñ.  A  2  a:  il  y  f aient  des  cheliers  (vgl.  Tobler,  Beitr.  I,  177). 

b.  Bei  subjektloser  Konstruktion  hat  faut  den  Gegenstand, 
der  „fehlt"  (a)  oder  „nötig  ist"  (|5),  im  Akkusativ.  Belege:  a) 
SThom  154,  26  :  Fors  sulement  dis  jurs  en  failli  de  Vanee\  Villeh.  61  : 
El  quant  il  orent  paié^  si  failli  de  la  convenance  trente  quatre  mil 
mars  d* argent \  Mousk.  6438:  En  toutes  regions  par  droit  Se  lois  et 
decrés  il  faloit  O  on  nel  peuïst  determiner  Ne  esclairier  ne  deviner  En 
ces  JIl.  cités  (se.  Rome,  £phese,  Compostiele)  par  devise  En  est  la 
terminance  asise  Par  le  concilie  des  eveskes.  Des  abés  et  des  arcevesques. 
Wer  lois  und  decrés,  statt  als  Akk.  PL,  als  Nom.  Sg.  auffassen  will, 

3* 


36  CHR.  GERHARDT, 

mufs  hier  jene  unnatürliche,  sinnlose  Anwendung  von  il  annehmen, 
von  der  unter  I,  3b  a  die  Rede  war.  —  ß)  Ren.  25718:  Vostre 
peliçon  est  faüliZy  Pieces  i  faut  et  palatriaus.  Wenn  ATobler,  Beitr. 
I,  178  in  der  Stelle  Dial.  fi.  fl.  A  2a:  il  y  faut  goutieres  den  Sin- 
gular des  Verbums  für  nicht  entscheidend  erklärt,  so  scheint  er 
damit  andeuten  zu  wollen,  dafs  goutieres  hier  ebenso  gut  wie  Akku- 
sativ auch  Nominativ  sein  könne;  allein  dafs  einem  Verbum  im 
Singular  ein  Nominativus  Pluralis  als  Subjekt  folgen  könne,  ist  mir 
zweifelhaft;  wenigstens  habe  ich  Belege  dafür  nirgends  gefunden. 
Und  was  die  ebendort  zitierte  Stelle  Rom.  fläm.  Gespr.  73  :  guantes 
aunes  vous  en  faut  Uh?  betrifft,  darf  man  da  die  Worte  guantes 
aunes  wirklich  als  Nominativ  fassen  ?  Thut  man  es ,  so  nimmt  man 
einen  Satzbau  an ,  dessen  Möglichkeit  bis  jetzt  nicht  erwiesen  ist. 
Femer  kommen  Stellen  in  Betracht  wie  Joinv.  410:  il  nCapleja  en 
la  vile  ce  qu*il  me  failli  pour  vestir  ;  Froiss.  Poés.  I,  72,  656:  Ce  guUl 
li  fault  \  ib.  Ili,  49,  1648:  ce  gu' il  te  fault  ;  Froiss.  Chron.  2,  63:  che 
guil  leur  falloit;  ib.  2,194:  tout  ce  gu'il  falloit ;  Bartsch  Chr.^ 
484 ,  33  :  et  adone  auray  appareillé  ce  gi^il  vous  fault.  In  solchen 
Sätzen  ist  nach  dem  unter  I,  4  Bemerkten  gue  als  Akkusativ  zu 
fassen.  Wer  möchte  auch  z.  B.  ce  gu^il  te  fault  anders  erklären  als 
das  doch  mit  ihm  identische  neufranz.  ce  gu*il  te  fautì  Niemand 
wird  meinen,  dafs  das  gue,  das  in  dem  neufranz.  Ausdruck  Akku- 
sativ ist,  in  dem  altfranz.  etwa  Nominativ  sei.  In  Verbindung  mit 
deui  konjunktiven  Pronomen  /r,  dessen  Kasus  keinem  Zweifel  unter- 
liegt, vormag  ich  il  faut  erst  aus  dem  15.  Jahr h.  nachzuweisen.  So 
Host  Uian  Prosa -Cligcs  298,  30:  prest  de  secourir  ses  hommes  s'il  le 
fault  \  ib.  316,  43  :  s'il  le  fault  je  montreray  gue  .... 

lune  oigonarlige,  mir  sonst  nicht  bekannte  Konstruktion  von 
faut  findet  sich  Froiss.  Poés.  I,  299,  2636:  sUl  vous  faut  d*  àîde^  Encor 
aviS  gui  xvus  aide.  Das  de  ist  identisch  mit  dem  de  in  il  s*en  faut 
de  dix  minutes;  es  ist  ein  de  mit  „kausalem  Sinn"  (ATobler,  Beitr. 
I,  u  8)  und  führt  dasjenige  ein,  wodurch  das  Fehlen  gewissermafsen 
xustanile  kommt. 

Auch  dio  Wonclung  jV/i  faut  erscheint  subjektlos  mit  dem 
.\kkusativ  dos  „Fohlendon";  vgl.  Méon  I,  216,  774  (zitiert  von  Tobler, 
Hoilr.  1.  \i()):  ne  l\i  pas  tout  emhracié  (sc  le  chesne),  Ainz  s*en  faut 
emvr  demi  pt¿  Nichts  beweisen  Stellen  wie  Enf.  Og.  3074  :  petit 
s*en  faui\  Piosii-Kroc  254,  42:  pou  s\n  fault.  Denn  petit  und  pou 
könnon  oIhmvso  gut  Akk.  wie  Nom.  sein.  Auch  im  neufranz.  tant 
s\n  faut  schlit\ssl  dio  Stellung  nicht  notwendig  aus,  dafs  tant  Akku- 
si\tik  soi  ;  auch  in  tant  v  a  ist  tant  Akkusativ.  Dafs  aber  in  der 
noufinnx.  Wondung  i*  s\n  faut  pat  dioses  peu  ein  Akkusativ  ¡st, 
sohoint  mir  aus  ilor  StoUung  von  peu  in  il  s^en  est  peu  fallu  her- 
viUÄUgohon:  /VI»  stobt  hior  als  Akkusativ  vor  dem  Partizip  ganz  wie 
siMust  liio  .\kkusiitivo  íckí  und  /ñ«.  Aus  il  ne  s'en  est  pas  beaucoup 
/at* h  uiul  t,'  ne  s' m  est  ^tthe  ÀïîVi»  ist  Ei\isprechendes  zu  folgern 
tur  dìo  Autïas^ung  von  ¿^au^ciêp  und  ^re  in  H  tu  ^en  faut  pas 
Aruiiti»«^  uuvì  í«'  H4  s\n  faui  ^he. 


ZUR  SUBJEKTLOSEN  KONSTRUKTION  IM  ALTFRANZÖSISCHBN.        37 

5.  Besogne, 

Das  in  früherer  Zeit  selten  vorkommende,  erst  später,  besonders 
bei  Froissart,  häufiger  gebrauchte  besogm'er  „not  thun"  wird  teils 
auf  ein  Subjekt  bezogen  (a) ,  teils  subjektlos  angewendet  mit  dem 
Akkusativ  dessen ,  was  „not  thut"  (b).  Belege  :  a)  Froiss.  Chron. 
3,  213:  an  les  envotott  ouitre  sus  les  passages  et  frontières^  la  ou  on 
supposoit  que  il  besongner oient \  ¡b.  6,  98:  tous  hostieus  qui  leur  he- 
songnoient\  Froiss.  Poés.  I,  323:  ce  qui  y  hesongne\  ib.  II,  54,  1832: 
Pour  avoir  ce  qtà  me  hesongne.  —  b)  Froiss.  Chron.  3,  337:  //  le  fai- 
soient  tout  de  grant  voUenté  et  pour  ce  que  il  veoient  si  bien  combattre 
leur  cappittainne  et  ossi  il  le  besongnoit^  car..,;  ib.  3,411:  et  si 
estoient  bien  pourveû  de  toutes  coses  que  il  lor  besongnoit\  Froiss.  Poés. 
I,  158,  2^2y.  Et  puis  ordonnai  ma  besongne  De  tres  tout  ce  qu'il  me 
besongne.  —  Bei  Froissart  gehen  beide  Konstruktionen  neben  ein- 
ander her,  doch  so,  dafs  die  subjektlose  überwiegt. 

6.  Apartient. 

Subjektloses  apartient  y  verbunden  mit  dem  Akkusativ  des  als 
„gehörig,  nötig**  zu  Bezeichnenden,  ist  angewandt  Froiss.  Chron. 
5,  142:  Se  li  baillierent  les  lettres  que  a  lui  apertenoit ;  ib.  2,  231: 
tout  ce  qu^il  en  appertenoit  au  roy ;  ib.  3,  216:  selonch  che  quii  aper- 
tenoit; ib.  4,  163:  es  to  fer  de  ce  quUl  apertenoit. 

7.  Apent. 

Subjektloses  apent  mit  dem  Akkusativ  dessen,  was  „gehört", 
erscheint  Barb.-Meon  I,  160,  46;  savoient  bien  les  aliers  Qu'il  apent 
a  Chevalerie.  Dementsprechend  ist  quanque  als  Akkusativ  zu  fassen 
in  Yvain  5478:  lienors  et  quanquUl  i  apant;  Bast.  1501  :  A  conquis 
Rochebrune  et  quanqu^il  i  apent;  Ch.  cygne  33356:  Arrablois  te  lairay 
et  quanqu*il  ly  (!.>')  apent;  Bast.  3179:  quanc'  ou  monde  il  apent, 

8.  Lois  t. 

Loisir  wird  a)  einerseits  auf  ein  Subjekt  bezogen,  so  Job 
326,  34:  Totes  choses  loisent  a  moi  (=  Omnia  mihi  licent);  Dial. 
Greg.  207,  2 1  :  Quar  par  tant  ke  il  toz  tens  soient  lorn  des  choses  ki 
ne  loisent  mie  (=  ab  illicitis)  ^  a  la  fie  trencent  jus  de  soi  et  celes  ki 
loisent  (licita).  Doch  auch  b)  subjektlos  findet  sich  das  Verbum 
und  zwar  so,  dafs  es  das  „Erlaubte"  im  Akkusativ  zu  sich  nimmt 
Beispiele:  Job  326,  29:  Maintes  foiz  eil  ki  sont  es  posteiz  louer gent 
es  choses  cui  il  ne  loist  mie  (=  ad  illicita  opera),  quand  il  soi  ne 
sevent  retenir  des  choses  cui  bien  loist  (=  a  licitis);  car  cil  solement 
ne  chiet  me  en  ce  ke  ne  loist  (=  in  illicitis),  ki  a  la  foiz  soi  restraint 
voisousement  de  ce  ke  bien  loist  (=  a  licitis);  ib.  354,  41  :  car  en  tant 
com  nos  recivons  les  deleiz,  si  nos  temprons  nos  moins  des  choses  ke  il 
ne  loist  {=  in  tantum  minus  ab  illicitis  temperamus).  Die  Stelle 
Job  326,  29  ist  insofern  besonders  lehrreich,  als  sie  den  Akkusativ 
des  Relativpronomens  neben  dem  subjektlosen  Verbum  in  einer 
ganz    unzweideutigen  Form  {cui)  zeigt.     Sie    lehrt,    dafs    auch    in 


38  CHR.  GEBHARDT, 

Sätzen  wie  des  choses  ke  il  ne  hist  bei  dem  ke  nicht  daran  zu  denken  ist, 
dafs  es  etwa  das  in  einigen  Texten,  wenn  auch  selten,  vorkommende 
als  Nominativ  fungierende  Relativum  ke  {que)  sei. 

In  Glossaren  findet  man  unter  loisir  gewöhnlich  die  Bemerkung, 
es  sei  „unpersönlich",  und  als  Belege  Stellen  angeführt,  die  nichts 
beweisen.  Richtig  ist  nur,  dafs  die  „persönliche"  Konstruktion  in 
erkennbarer  Form  selten  begegnet.  In  den  meisten  Fällen,  wo 
loisi  vorkommt,  ist  nicht  zu  entscheiden,  ob  der  eine  oder  andere 
Gebrauch  vorliegt 

9.  Avient, 

Wenn  avenir  „sich  zutragen**  in  der  Regel  auf  ein  Subjekt 
bezogen  wird,  so  erscheint  doch  gar  nicht  selten  subjektloses  avient 
mit  dem  Akkusativ  dessen,  was  „sich  zuträgt'*.  In  Betracht  kommen 
hier  Stellen  wie  die  folgenden,  fär  welche  das  unter  I,  4  Aus- 
geführte zu  berücksichtigen  ist:  Ch.  cygne  26346:  Ay  my!  disi  ly 
soudans^  quelle  perdiction  II  nous  est  avenu  en  yceste  saison  ;  ib.  28686: 
Aky^  frère  lay  aus!  com  dure  destinée  II  nous  est  avenu  par  oevre  mal 
menee;  Disc  clergie  157:  il  vous  fera  bien  savoir  par  ceulx  quelle 
chose  il  vous  est  avenu  toute  vostre  vie.  Dieselbe  Konstruktion  ohne 
das  unbestimmte  //  liegt  vor  in  Chastoiement  d'un  père  à  son  fìls 
186,  152  :  Suer^  fait  el^  grant  desconvenue  A^os  est  avenu  de  mon  pere: 
Froiss.  Poés.  II,  225, 174:  Quel  chose  vous  est  avenu?  Den  angeführten 
Stellen  entsprechend  kann  man  beurteilen  Froiss.  Chron.  3 ,  67  :  ne 
stìvoit  quel  cose  il  Pen  avenroit  Ebenhierher  möchte  ich  ziehen 
Aiol  1334:  Moût  Pen  est  avenu  hele  aventure;  MFceEliduc  25:  Kar 
des  dames  est  avenu  L'aventure  dunt  li  lais  fu.  Ueber  die  Lesart 
und  eine  von  der  hier  ausgesprochenen  abweichende  Auffassung 
beider  Slellen  ist  zu  vergleichen  ATobler,  Beiu-.  1,  IQ3. 

Der  Akkusativ,  auf  den  es  uns  ankommt,  ist  bezeugt  durch 
die  Form  des  RelatiN-pronomens  in  Z,  f.  r.  Ph.  XI 11,  78,  Str.  20:  Arne 
pti  hd:  Je  tel  hich^n,  S,^uveni  t.^mie  en  crison  A  le  quintaine  de  le 
*tm;  De  destrier  fait  ^ìm/ancn^  Si  le  desf^Joit  (Var.  desplcie)  a  grand 
/-rfffcV*,  Em  SMispìramt  des  grie's  anchis,  Quarint,  quant  scufri  mort  li 
rM  /hesh*ris  li  dims,  li  M»*rAv>:  Mousk.  0154:  In  uuracle  qt^ä  i 
fXri%:\  IxisL  1854:  %ìir  ne  fust  li  mese  hies  quii  aràtt  au  barmage  Par 
le  m.-'t  de  Tangre:  BarK-Mèon  L  15:?,  i  :  Vìsrs  o:r  une  grant  fable 
^V.%  «-r^f/  roh^rùr :  CltN>m.  12425:  \aine  si  gr.2mtf\\e  mot)  De  chose 
^*u  .V  --TvwAfr:  Bart:>ch  Chr.*  475.  3O:  men  parleray  Afeshur ^  pour 
»  i,\*5r  {x:S  JtJtùnne  :  Frv^ìss.  Cbron.  3 .  2C0  :  Or  wus  reccrderoms  de 
tuu  JTtrxSìtre  quii  ¿rètt  as  F^anwtensi  iK  5.  43O:  feur  cese  que  il 
•ï  Ä^-^-j/:  FVvxsa-Manek.  3 1 5  :  fate  naSÙ  aJremtìkre  quzlaJrrmt;  Berte 
I4C\.  io:  L^rs  ,v  ^^^^¡f  Srm^"^^  ^-fc.'  ■r*-*^'  fi  /*a<cì  Je  fct\  Le  meschùf 
e:  •"<rwaiT,  ^  njù  et  le  xr*^.»:  ^W  u  es:  *Kr«»  a  Pepcm  ¿e  b^m  riy; 
Mv^ttsk.  ^^$15:  Or  .t/jr  jrre%:%re  ef:nMgwe  (.Vjtw»:  /»  i%sr  Aùm^^r^i 
Ak>l  7050:  MiS  il  %f  sew%:  mìe  le  ■¡^/•'-"V.'  e^r.^'^vr  ^^'¿*  .W  Joit 
Jsxxi'^  ^:ts  ^-mV  s^c:  iS-y^ii'T^'.  Hierher  gt^Ht  auch  ¿ìe  Sìelle  Ben. 
O'JOCi.  4CI0:    *V/  nv  i^l  .V/jr.  so  auch  die  Var.^  fmss    re:r¿:ft  les 


ZUR  SUBJEKTLOSEN  KONSTRUKTION  IM  ALTERA NZÖSISCHBN.        39 

occises^  Les  meschaaties  ne  Us  prises  Qui  lur  avint  par  piusors  feiz, 
falls,  wie  mir  wahrscheinlich  ist,  statt  Qui  lur  zu  lesen  ist  QuUl  lur. 
Ebenfalls  hierher  gehört  Disc,  clergie  69:  quelle  chose  fut  ce  qtCil 
leur  avint?  Das  que  ist  Akkusativ  des  Relativums  und  bezieht  sich 
auf  quelle  chose.  Man  vergleiche  Alise  6521:  Quel  beste  est  ce  que 
je  voi  la  armée?  Die  Flexion  des  Partizips  zeigt  deutlich,  dafs  sich 
que  nicht  auf  ce  beziehen  kann.  Ebenso  wenig  bezieht  sich  in 
ähnlichen  Gefügen  der  Nominativ  qui  auf  ce\  vgl.  Froiss.  Chron. 
4,  152:  il  quidoient  que  ce  fuissent  les  maisons  de  Vennes  qui  ar  dis  sent. 
Dais  man  es  aber  in  Gefagen  wie  Alise.  6521  wirklich  mit  dem  Rela- 
tivum  und  nicht  mit  der  Konjunktion  que  zu  thun  hat,  zeigt  aufser 
dem  Nominativ  archier  der  Plural  sont  in  Froiss.  Chr.  4,  79  :  ce  sont 
archier  d^Engleterre  que  vous  veés  la.  Dieses  ce  sont  statt  des  logisch 
richtigen  âest  war  nur  möglich  d.  h.  die  Attraktion  konnte  nur 
eintreten,  wenn  archier  als  Prädikat  d.  h.  als  Nominativ,  der  ja  in 
archier  auch  formell  deutlich  ist,  empfunden  wurde.  Wäre  que 
Konjunktion,  so  würde  ein  Akkusativ  archiers  erfordert,  und  statt 
sont  wäre  est  notwendig.  Man  vergleiche  auch  Cligés  6453  :  Queus 
mervoille  est  ce  que  je  voi?^  wo  der  Nominativ  Queus  m,  ein  kon- 
junktionales  que  ausschliefst  Beiläufig  sei  bemerkt,  dafs  analog 
auch  in  den  neufranz.  Wendungen  Qui  est-ce  que  und  Qu^est-ce  que 
das  qtu  als  Relativum,  auf  Qui  bezw.  Que  und  nicht  auf  ce  bezüg- 
lich, zu  fassen  ist. 

Das  neutrale  relative  que  erscheint  als  Akkusativ  (vgl.  1 ,  4) 
neben  avient  in  folgenden  Stellen:  Bast  1795:  Chou  qu*il  avient  en 
guerre:  Disc,  clergie  77:  tout  ce  quUl  lui  estoit  avenu:  Froiss.  Poés. 
I,  105,  625  :  Et  pensai  a  ce  longement  QuHl  m^ert  advenu]  ib.IU,  55,  105  : 
De  tout  ce  qu^il  nCest  advenu  Puis  lors  dont  il  m* est  souvenu  Et  quUl 
nCadvient  et  advenra^  Bien  m*en  souvient.  —  Nicht  anders  wie  dieses 
que  ist  auch  das  einen  indirekten  Fragesatz  einleitende  que  zu  be- 
urteilen in  HVal.  682  :  fou  ne  sai  ke  il  en  avenra ,  was  de  Wailly 
übersetzt  mit  je  ne  sais  ce  quUl  en  adviendra, 

IO.  Piaist. 

Subjektloses  piaist ,  verbunden  mit  dem  Akkusativ  des  Gegen- 
standes, der  „gefällt",  ist  gebraucht  Froiss.  Chron.  6,  178:  Diex 
en  ait  les  ames  et  leur  pardoinst  leurs  me  ff  ais  ^  se  il  le  lui  plais  t  (der 
Satz  se  il  le  lui  plaist  steht  in  der  Ausgabe  von  Kervyn  de  Letten- 
hove,    nach    der  wir  zitieren,    unter    den  Varianten);  Froiss.  Poés. 

III,  48,  1618:  Car  trop  me  touche  Ce  qu^il  lui  plaist  \  Manek.  2033: 
Li  rois  li  a  dit  et  retrait  Chou  que  il  li  plaist  qui  soit  fait.  Dieses 
Doppelrelativsatzgefûge,  in  welchem  que  relatives  Pronomen  ist  (vgl. 

IV,  4),  hat  denselben  Bau  wie  das  folgende  in  Lückings  Gr.  ver- 
zeichnete: Des  principes  qu'il  faut  qui  soient  toujours  présents.  Nicht 
hierher  gehören  Stellen  wie  Manek.  425 1  :  Faites  de  moi  chou  qu^il 
vous  plaisty  da  hier  der  Akkusativ  que  von  einem  zu  ergänzenden 
faire  abhängt.  —  Im  Neufranzösischen  ist  die  subjektlose  Konstruk- 
tion nicht  selten  ;  vgl.  Bourg.  Gent.  1,2:    C*est  ce  qt^il  vous  plaira. 


40  CHR.  GEBHARDT, 

II.  Samóle,    Est  (a) vis. 

Ce  me  samóle  (Cligés  430.  756.  Yvaín  3157)  sowie  que  vous  en 
samóle?  (Cligés  6310;  Jeh.  et  Bl.  1444)»  die  beide  im  Neufranzö- 
sischen  fortleben,  zeigen  Sambier  auf  ein  Subjekt  bezogen.  Gleich- 
bedeutend damit  sind  ce  m* est  vis  (Cligés  1295)  und  gu€  vos  est  vis 
de , . .  (Cligés  6308).  Sambier  bedeutet  in  solchen  Verbindungen 
„der  Fall  zu  sein  scheinen".  Ohne  dafs  irgendwie  eine  Ver- 
änderung des  Sinnes  dabei  zu  erkennen  ist,  tritt  an  die  Stelle  der 
erwähnten  Konstruktion  häufig  die  subjektlose,  und  zwar  in  der 
Weise,  dafs  das,  was  „der  Fall  zu  sein  scheint",  in  den  Akkusativ 
gesetzt  wird.  Vgl.  Amis  1638:  bien  le  me  sanble\  JCondé  II,  55, 187: 
Je  le  croi  et  bien  le  me  samble\  Joinv.  95:  je  vous  dirai  pour  quoy  il 
me  le  semble \  JCondé  I,  371,  13.  II,  136,  115:  bien  le  m  est  oins; 
Beauman.  Sal.  770:  Responderai  chou  qu*il  ni  en  samhle\  Froiss.  Poés. 
I,  346,  Z.  22:  tout  che  qu'il  vous  en  samblera;  ib.  I,  242,  923:  A  ce 
qu*il  m'est  avis  encor, 

12.  PrenL 

Prendre  „Platz  greifen"  wird  gewöhnlich  mit  Ausdrucken  der 
Gemütsstimmung  verbunden,  die  das  Subjekt  bilden,  auf  welches 
es  bezogen  wird.  Daneben  scheint  auch  subjektloses  prent  vorzu- 
kommen derart,  dafs  das  „Platzgreifende"  im  Akkusativ  dazu  tritt. 
Nicht  entscheidend  sind  Stellen  wie  Villeh.  7 1  :  Espoir  il  lor  en 
prendra  pitié \  ib.  27  :  si  vos  crient  merci ^  que  il  vos  preigne  pitié  de 
Jerusalem,  Wenn  man  aber  Barb.-Méon  III,  19,  76:  se  il  pitié  Pen 
panroit  liest ,  so  ist  man  geneigt,  pitié  als  Akkusativ  zu  fassen ,  da 
das  unbestimmte  il  sinnlos  ist,  wenn  pitié  als  Nominativ  d.  h.  als 
Subjekt  des  Satzes  unmittelbar  auf  dasselbe  folgt  und  dem  Verbum 
vorausgeht  Gleichwohl  ist  die  Möglichkeit  zuzugeben,  dafs  hier 
bei  nachgestelltem  Verbum  ein  Subjektsnominativ  in  derselben  sinn- 
losen Weise  unmittelbar  hinter  //  gesetzt  sei,  wie  wir  einen  solchen 
früher  (I,  3  b«)  vor  //  gefunden  haben.  Fafst  man  pitié  als  Akku- 
sativ, so  ist  prendre  subjektlos.  Und  solche  subjektlose  Konstruktion 
liegt  unzweifelhaft  vor  in  Yvain  3942  :  De  la  pitié  que  il  Pan  prant 
lÀ  respont  etc.  Das  que  kann  nur  Akkusativ  sein.  Die  Lesart  que 
il  Pan  proni  ist  durch  mehrere  Handschriften  vertreten  und  von 
WFCirster  in  den  kritischen  Text  gesetzt  w*orden.  Mit  Unrecht 
wird  dieselbe  in  der  Anmerkung  zur  Stelle  ver^vorfen  und  que  il 
an  prant  dafür  vorgeschlagen  ;  ein  solches  prendre  pitié  ist  zwar 
nachweisbar,  doch  wird  es  überaus  selten  gebraucht 

13.  Passe. 

Subjektloses  passe,  verbunden  mit  dem  Akkusativ  der  Zeit,  die 
„vergeht**,  begegnet  Cor.  Loois  1 999 :  Ains  que  (\'ar.  qua)  passast 
dose  Ji^n  tot  entiers;  \'\^ìu  2868  Hs.  H:  PÎas  ne  passa  Vili  jorz 
am/iers  ;  Villeh.  11  :  Ji^  passa  onques  deus  mois  qu'il  nassemblasseni  a 
parlement  a  Compatte  ;  MGar.  1 504  :  //  ne  Ju  mie  encor  none  passé. 
Hierher  gt^hôrt  auch  Ch.  cygne  30124:  Ma  moulher  enjeray^  oins  quii 


ZUR  SUBJEKTLOSEN  KONSTRUKTION  IM  ALTFRANZÖSISCHEN.       41 

passe  V  moü;  ebenso  JCondéll,  51,  48:  Ançois  que  JI.  jours  soit 
passez,  eine  Stelle,  die  nichts  Auffälliges  weiter  hat  als  passez  für 
das  zu  erwartende  passé;  passez  aber  ist  neutrales  Prinzip  mit  mas- 
kulinischer Flexion  (vgl.  IV,  2).  —  Mit  MGar.  1504  ist  vielleicht 
zusammenzuhalten  Commines  i,  9:  minuict  fui  passé, 

14.  EsL 

Wer  den  in  der  Logik  öfter  geltend  gemachten  Standpunkt 
vertritt,  dafs  „sein"  im  Sinne  von  „existieren"  gleichbedeutend  sei 
mit  „wirken,  wirksam  sein",  dafs  also  zwischen  diesem  „sein"  und 
anderen  intransitiven  Verben  ein  Wesensunterschied  nicht  bestehe, 
den  dürfte  es  nicht  wunder  nehmen,  auch  das  altfranz.  estre  ge- 
legentlich subjektlos  zu  finden.  Aber  auch  wenn  man  der  Ansicht 
ist,  dafs  „sein"  =  „existieren"  ein  absolutes  Sein  bezeichnet  und 
im  Unterschiede  davon  die  übrigen  intransitiven  Verba  ein  um- 
ständlich bedingtes  Sein  ausdrucken,  wird  man  gegen  die  Möglich- 
keit subjektloser  Konstruktion  von  eslre  nichts  einzuwenden  finden. 
Und  letztere  findet  sich  thatsächlich  ;  so  JCondé  II,  10 1,  145:  Tout 
ce  puet  bien  estre ,  mais  ains  Qiiil  onques  fust  saintes  ne  sains ,  Lone 
tans  oins  Pincamacion^  Erent  gentil  de  nación  Li  paien  et  li  mescreant; 
Ch.  cygne  20886:  Et  s'il  en  est  aucuns  de  ta  gent  crestienee  Qui  ne 
soient  pas  vray  en  euer  et  en  pensee . . .  Wenigstens  ist  bis  jetzt  nicht 
erwiesen,  dafs  saintes  ne  sains  bezw.  aucuns  in  dieser  Stellung  nach 
vorangehendem  Verbum  im  Singular  etwa  als  Nominative  aufgefafst 
werden  könnten.  Hierher  gehört  wohl  auch  die  von  ATobler, 
Beitr.  I,  193  zitierte,  anders  erklärte  Stelle  Og.  Dan.  129Ò1  :  Soixante 
dames  vestues  de  bouffus^  Fernes  de  rois^  d^ amiraux  et  de  dux  1  ont 
trovees ,  aine  plus  gentes  ne  fu.  Ebenso  sind  vielleicht  hierher  zu 
ziehen  Villeh.  1 68  :  Poi  ere  jorz  que  on  ne  feist  assaillies  (Jorz  ist 
Akk.  PL,  nicht  Nom.  Sg.  ;  die  Mehrzahl  der  Hss.  hat  dafür  eures)  ; 
Jeh.  et  Bl.  5668  :  Tex  variés  est  peu  or  endroit.  Anchois  en  la  taverne 
ir  oient  Ou  au  bordel  iCil  ne  metroient  Leur  euer  en  loialment  servir  \ 
Mousk.  345  :  Car  e  s  toit  crestiiens  la  peu.  Vorausgesetzt  ist  bei  dieser 
Auffassung  der  drei  Stellen  ein  Gebrauch  von  peu,  nach  welchem 
es  gleichsam  in  der  Funktion  eines  Adjektivums  ein  Substantivum 
begleitet;  vgl.  IV,  5. 

Den  Akkusativ  des  neutralen  Relativums  (vgl.  I,  4)  bei  dem 
subjektlosen  est  zur  Bezeichnung  dessen,  was  „ist",  zeigt  Cleom. 
1 5844  :  Uen  dirent  ce  qìiil  en  estoit,  —  Yvain  5985  lautet  nach 
den  meisten  Hss.:  jusqtiaujour  qui  est  hui  und  ist  in  dieser  Fassung 
mit  Serm.  poit  31:0  Voicten  jor  de  sa  naissance  qui  est  hui  zu- 
sammenzustellen. Wenn  nun  eine  Hs.  qtiil  statt  qui  hat,  so  ver- 
gleicht sich  diese  Lesart  mit  Froiss.  Chron.  4,  352  :  pour  le  reverense 
dou  jour  Nostre  Dame^  que  il  sera  demain ,  und  man  kann  dieselbe 
Konstruktion  annehmen  wie  in  Cleom.  15844,  nur  dafs  que  hier 
Akkusativ  des  Maskulinums  wäre.  Doch  ist  noch  eine  andere 
Auffassung  möglich:  man  kann  das  que  prädikativ  fassen  wie  das 
que  in  Ben.  Chron.  26731  :  Por  un  qu^il  sunt,   sumes  nos  cent;   Aiol 


42  CHR.  GEBHARDT, 

9396  :  De  JÍXX,  m.  qui  fumes ^  ni  samis  que  dis  mil\  ]éá.  et  B1. 1026  : 
ia  fiuskaance  Qu¿  ¿est  eTomme  tuir  a  iorL  Aach  dauon  ist  qui  Akkn- 
saüv  (vgl.  neufranz.  ce  que  je  suis,  nicht  *ce  qui  je  suis),  wie  ja  auch 
das  koDJunktive  Pronomen  der  3.  P.  als  Prädikativ  im  Akkusativ 
steht  Jenes  i/  aber  nadi  que  hätte  in  diesem  Falle  die  Funktion, 
das  nicht  aasgesprochene  Sabjekt  za  markieren  (vgl.  I,  3  c). 

15.  Vereinzelte  Fälle 

von  subjektloser  Konstruktion  intransitiver  Verba,  bei  welcher  der 
Gegenstand,  der  als  Träger  des  durch  diese  bezeichneten  umständ- 
lich bedingten  Seins  hingestellt  werden  soll,  in  den  Akkusativ 
gesetzt  wird ,  begegnen  auch  sonst  ;  vgl  Cor.  Lools  444  :  Aùts  qiiil 
i  muiré  tanz  genttlz  omes  sages',  RHam  269  (von  WFörster  zitiert 
zu  Aiol  1334):  li  entrait  chevaliers  a  masse  \  .\lisc.456o:  En  la  lar^ 
gece  puet  JL  hommes  entrer',  Ch.  cygne  20436:  MU  hommes  y poait', 
Bast.  4747  :  Recula  vint  mil  honmes  de  la  geni  sans  creanche. 

Zur  Erklärung  des  bisher  im  Einzelnen  dargelegten  subjekt- 
losen Gebrauches  intransitiver  Verba  mit  dem  Akkusativ  läist  sich 
etwa  Folgendes  sagen.  Das  subjektlose  Verbum  drückt  zunächst 
aus,  dafs  ein  umständlich  bedingtes  (bei  estre  absolutes)  Sein  statt- 
finde, und  der  Akkusativ  giebt  das  Mafs,  den  Umfang  an,  in 
welchem  die  Gesanmitheit  der  Gegenstände,  die  an  sidi  Träger 
eines  soldien  Seins  sein  können,  im  einzelnen  Falle  in  Betracht 
kommt.  Z.  B.  in  i7  nous  coudent  un  messagier  (Manek.  2985)  be- 
zeichnet il  couüient  ein  Erforderlidisein  schlechthin,  und  der  Ak- 
kusativ un  messagier  bestimmt  den  UmÜEmg,  in  weldiem  die  Ge- 
sanmitheit dessen,  von  dem  ein  Erforderlichsein  ausgesagt  werden 
kann,  in  Betracht  kommt  So  bedeutet  der  Satz  eigentlich:  „Es 
existiert  für  uns  Erforderliches  in  dem  Umfange,  wie  ihn  „ein 
Bote**  bestimmt**.  —  Zuweilen  ist  der  Begriff,  der  diesen  Akku- 
sativ des  Mafses  zeigt  ein  durch  ein  Zahlwort  bestimmtes  Sub- 
stantivum;  aber  dieses  Zahlwort  ist  unwesentlich  und  ist  nicht 
dasjenige,  was  dem  Substanti\iim ,  das  von  ihm  begleitet  ist,  den 
Charakter  einer  Mafsbestinmiung  verleiht  —  Was  den  subjektlosen 
Gebrauch  intransitiver  Verba  mit  dem  Akkusativ  überhaupt  an- 
belangt, so  ist  derselbe  etwas  Sekundäres;  überall,  wenn  wir  von 
estuei  absehen,  ist  die  Beziehung  auf  ein  Subjekt  als  die  ursprüng- 
liche Art  der  Verwendung  derselben  zu  erkennen.  Der  Unter- 
schied beider  Konstruktionen  läfst  sich  dahin  bestimmen,  dafs  bei 
jener  der  Verbalbegriff,  bei  dieser  das  Subjekt  der  Ausgangspunkt 
ist  von  dem  aus  die  Aussage  vollzogen  wird. 

III.   Subjektlose  Konstruktion 

beim  Passivum  transitiver  Verba  mit  dem  Akkusativ  des 

leidenden  Gegenstandes. 

Im  Anschlufs  an  den  im  vorigen  Abschnitt  erörterten  subjekt- 
losen  Gebrauch    intransitiver  Verba   möge    hier   die   gleiche   Kon- 


ZUR  SUBJEKTLOSEN  KONSTRITCTION  IM  ULTFRANZÖSISCHEN,        4¿ 

stniktion  beim  Passivum  transitiver  Verba  Besprecliung  finden.  Statt 
dafs  nämlich  der  Gegenstand,  der  alf.  vnn  einer  Thaligkeit  betroffen 
beïcichnet  werden  soll,  in  den  Nominativ  gesetzt  und  auf  diesen 
das  Verbutn  bezogen  wird.  Itoœml  e^  auch  vor,  dafs  letzteres  sub- 
jektlos erscheint  und  jener  Gegenstand  im  Akkusativ  dazu  tritt 
Man  erwäge  Qeom.  5129:  /_/'«  Moult  [ires]  grant  pienti  ja  veû\ 
Athis  2060:  Que  lost  n'en  fus!  jtistisc  fel;  Eneas  5216:  Ja  uri  de 
vos  vfnjanet  pris;  MGar.  580:  Toi  maittlenanl  en  soit  venjanee  pris; 
ib.  2659:  Jusqu'à  cele  ort  que  venjance  en  soit  pris;  El.  SGille  188: 
Or  endroit  ntaàtlinanl  en  eri  venjance  pris  (so  die  Hs,;  nicht  zu 
ändern);  ib.  241:  fíir  ¡'amor  de  Ion  tors  lei  vengante  en  ert pris  (so 
die  Hs.);  Aiol  5103:  Que  ¡a  por  vùs  avoirs  en  soil  (so  die  Hs.)  men- 
{oingi  dit.  Auch  SThom  989  (zitiert  von  ATobler,  Beilr.  I,  131): 
Or  seiet  porveä  et  si  ò[Ì]en  eonseillié  Ke  mes  n'i  ert  esirif  mire  nus 
kommencii  ist  hier  anzuführen.  Dafs  nun  in  den  angezogenen  Sätzen 
die  aus  estre  und  dem  neutralen  Partizip  zusammengesetzte  Verbal- 
form als  auf  ein  Subjekt  bezogen  aufzufahren  sei,  so  dafs  esirif  in 
SThom  989  in  Nom  ina  ti  v  tun  kti  on  stände,  ist  deshalb  ganz  unwahr- 
scheinlich, weil  eine  derartige  Nichtkongruenz  im  Geschlecht  bei 
vorangehendem  Subjekt  unerhört  Ist  Vollends  entscheidend  ist  die 
Stelle  Lyon.  Ys.  489  :  Ne  me  fust  jai  tenus  a  nice,  S'eüsse  usey  de 
mon  office;  denn  der  Akkusativ,  auf  den  es  ankommt,  liegt  deutlich 
in  der  Form  des  konjunkliven  Personalpronomens  vor;  das  neutrale 
Pardzip  aber  zeigt  maskulin  ¡sehe  Flexion,  die  auch  sonst  bei  jenem 
vorkommt  und  unter  IV,  2  belegt  ist.  —  Auch  die  Verse  MFce 
Milun  170  ff.  gehören  hierher;  dieselben  haben  nach  den  Hss.  zu 
lauten:  Guardi  que  en  prenges  cunrei,  U  par  servant  u  par  meschine 
Que  presenti  li  seil  le  cisne.  Die  von  KWamke  vorgeschlagenen 
Texländerungen  sind  nicht  gerechtfertigt;  die  Endung  von  servant 
und  meschine  ist  durch  die  Hss.  H  und  S  bezeugt,  und  auch  inhalt- 
lich pafst  nur  der  Singular  dieser  Worte,  da  beim  Ueberrdchen 
des  Schwanes  doch  schwerlich  mehr  als  eine  dienende  Person  in 
Betracht  kommt.  —  Hierher  darf  man  vielleicht  auch  stellen  Froiss. 
Cbron.  3,  70:  El  tout  ce  que  il  fu  dit,  acordi  el  proposi,  fu  escript  et 
tetìi  notablement;  ib.  3,  66:  me  semble  a  ce  que  Ìl  me  en  fu  di  et  re- 
cordi,  que  ...  Vgl,  auch  Boil.  Ép.  io  Prüf.:  dis  épìtres  morales  où  il 
n'était  rien  enseigni  que  de  vertueux,  wo  rim  als  Akkusativ  vor  dem 
Partizip  steht. 

Was  die  Erklärung  der  subjektlosen  Konstruktion  des  Passivs 
transitiver  Verba  mit  dem  Akkusativ  tietriffl,  so  darf  man  wohl  auch 
in  diesem  Akkusativ  den  des  Mafses  erkennen.  Dann  würde  das 
subjektlose  Verbum  die  Ausübung  einer  Thätigkeit  bezeichnen  und 
der  Akkusativ  weiter  angeben,  in  welchem  Umfange  die  Gesamtheit 
dessen,  was  von  jener  ausgeübten  Thätigkeit  betroffen  werden  kann, 
in  Betracht  kommt     Nahe   liegt  hier  indessen  auch  folgende  Auf- 

:    es  könnte   sich    mit    der  passiven  Form  infolge  der  Vor- 
eines   jene  Thätigkeit   ausübenden    allgemeinen    Subjektes 

ein  aktiver  Begriff  verbunden  haben,  der  dann  einen  Akku- 


44  CHR.  GERHARDT, 

sativ  als  Objekt  nach  sich  zog.  Auch  sonst  fehlt  es  im  Altfranzö- 
sischen nicht  an  Fällen,  in  denen  (vgl.  ATobler,  Aniel,  Anm.  zu 
Z.  147)  die  eigentliche  Bedeutung  einer  Ausdrucksweise  im  Bewufst- 
sein  zurücktritt,  so  dafs  dann  eigentümliche  Konstruktionen  auf- 
treten, die  mit  dem  ursprünglichen  Sinne  jener  Ausdruckweise  nicht 
vereinbar  sind. 

IV.    Anmerkungen  zu  einzelnen  Stellen. 

1.  Für  seine  Auffassung  von  Ausdrücken  wie  il  fait  cher  vivre 
à  Paris  hat  ATobler,  Beitr.  I,  1 79  auch  die  Wortstellung  geltend 
gemacht;  was  letztere  betrifft,  so  lassen  sich  noch  anführen  Cligés 
5330:  Buen  esioper  feit  male  hoche\  Ch.  II  esp.  895:  ore  boin  oler 
En  faisoit, 

2.  Neutrales  Partizip  mit  der  Flexion  des  Maskulinums  erscheint 
Floov.  940:  cuan/  il  fu  anuiiez\  ib.  13 60:  Com  vos  est  avenuz?\ 
ib.  1368:  bien  man  est  avenuz;  HBord.  7438:  çuant  il  ert  ajomés\ 
Bartsch  Chr.-'»  233,  48:  quant  il  fu  avespris  (R.);  Bast  2426:  ains 
qu'il  soit  avespris  (R.);  ib.  2i\2g:  tant  qu'il  sera  avespris  (R.);  Ren. 
4140:  Moult  niLcn  est  or  bien  avenuz  (R.);  ib.  15092:  Bien  li  en  seroit 
avenuz  (R.);  ib.  9956:  Moult  mal  H  sera  avenuz  (R.);  ib.  20614;  Con-- 
ment  dont  fest  ice  venuz?  (R.);  Cleora.  12 126:  Chascuns  de  ce  certains 
estoit  Que  ce  qu'il  avait  en  couvent  Seroit  tenus  certainement)  Villeh.  306  : 
Tier  is  de  Los  le  sot^  cui  il  fu  enseigniez  \  Cligés  4370:  Tot  ce  li  est 
pleisanz  et  douz  A  recorder  et  a  retreire\  Ch.  cygne  19243:  mal  est 
apiertenans  (R.);  ib.  17828:  quoy  qu'il  me  soit  coustans  (R.).  —  Man 
vergleiche  das  Neutrum  des  Pron.  poss.  mit  maskulinischer  Flexion 
Lyon.  Ys.  277:  Ce  qui  est  tuens  certainnemeni^  Garde  ne  perdes  fole^ 
mani\  Froiss.  Poes.  1,  200,  3836:  Car  quanque  ftu\  vostres  est.  Auch 
das  schon  im  12.  Jahrh.  begegnende  ursprünglich  nicht  neutral  ge- 
brauchte Relativum  qui  in  der  Bedeutung  des  älteren  neutralen  que 
und  das  unbestimmte  //  „es"  (it.  egli)  zeigen,  dafs  die  Sprache  schon 
früh  die  Tendenz  hatte,  das  Neutrum  durch  maskulinische  Form 
auszudrücken.  —  Nicht  hierher  gehören  die  Wendungen  (//)  est 
voir  s  ^  (il)  est  droiz\  denn  hier  sind  voir  s  und  droiz  als  Substantiva 
zu  fassen,  nicht  als  Adjektiva,  wie  AHaase,  Syntakt.  Unters,  zu  Villeh. 
und  Joinv.  S.  16  will. 

3.  Nicht  zum  subjektlosen  convient  zu  gehören  scheint  mir  der 
von  ATobler  Z.  f.  r.  Ph.  II,  151  besprochene  Ausdruck  laissier  con- 
venir^ dessen  Erklärung,  wie  sie  dort  gegeben  ist,  inhaltlich  sehr 
anspricht,  aber  aus  formellen  Gründen  sich  nicht  halten  läfst  Denn 
die  den  Ausdruck  begleitenden  Akkusativformen,  welche  virtuell 
Dative  sein  sollen,  sind  wirkliche  Akkusative.  Dies  ergiebt  sich 
schon  daraus,  dafs  ein  formell  deutlich  ausgeprägter  von  convenir 
abhängender  Dativ  nirgends  bei  laissier  convenir  vorkommt;  unwider- 
leglich beweisend  aber  für  den  Akkusativ  sind  die  Formen  des 
konjunktiven  Personalpronomens  in  Stellen  wie  Berte  1544:  Car  li 
rois  les  laissoit  de  tres  tout  convenir  \  MGar.  2185:  Qu'il  n  aidera  ne 
Hernaut  71e  Gerin,  Ne  dans  Girbert,  ne  son  pere  Garin;  Ainz  les  latra 


ZUR  SUBJEKTLOSEN  KONSIRUKTION  IM  ALTFRANZÖSISCHEN.        45 

de  guerre  covenir  Et  as  espees  le  chaple  maintenir  \  BCondé  70,  205: 
Les  laist  convenir  de  ¡or  oevre;  Froiss.  Poés.  I,  105,  632:  De  moi  le 
lairai  couvenir\  ib.  I,  251,  11 19:  Laies  le  un  petit  convenir  \  Froiss. 
Chron.  2,  118:  Et  encoires  en  eutssent  plus  ocis  en  Peur  y  qui  les  euïst 
lay  et  convenir  \  ib.  2,  422:  Si  lui  conseillierent  de  les  laissier  convenir  \ 
ib.  4,  III  :  que  il  ...  es tahlesist  partout  bons  capitaines,  vaillans  hommes 
segur  s  et  sages  et  les  laiast  convetiir  cel  ivier  et  guerryer  par  garnisons. 
Es  ist  also  der  betreffende  Akkusativ  von  laissier  abhängig,  und 
wir  haben  es  zu  thun  mit  einem  auf  ein  Subjekt  zu  beziehenden 
convenir.  Dem  widerspricht  auch  die  Stelle  Froiss.  Chron.  6,  384: 
j*ay  bien  bonne  volenti  d'hâter  en  ce  voiage,  mes  je  sui  en  avant  trop 
vieuls;  si  en  lairai  convenir  a  nus  en/ans  durchaus  nicht;  denn  hier 
hängt  der  Dativ  a  mes  en/ans  nicht  von  convenir  ab,  sondern  von 
lairai,  und  wegen  dieses  Dativs  bei  laissier  ist  zu  verweisen  auf 
ATobler,  Beitr.  I,  i68  f.  Was  nun  weiter  convenir  betrifft,  so  findet 
sich  ein  auf  ein  Subjekt  bezogenes  convenir  de  qc,  in  der  Bedeutung 
„sich  abfinden,  fertig  werden  mit  einer  Sache",  dann  auch  „sich 
benehmen  hinsichtlich  einer  Sache".  Vgl.  Free  5221:  Le  coman- 
cierent  a  beignier.  An  eles  riot  que  anseignier;  Car  bien  an  sorent  co- 
venir*,  JCondé  II,  201,  137:  Ne  di  plus  qti entre  iaus  lor  avint  Ne  con- 
ment  la  dame  en  convint;  Prosa-Cligés  308,  46:  Lors  pense  elle  com- 
ment  elle  pourra  convenir  de  son  entreprise  et  quant  elle  y  a  longuement 
pence  et  elle  n'y  scet  trouver  moyen,  jamés  pucelle  ne  fu  plus  dolante. 
Vergleicht  man  nun  mit  Free  5221  die  Stelle  Prosa-Cligés  315,  38: 
laissans  ckascun  convenir  au  mieux  qü*il  poulra  (sc.  in  dem  Zwei- 
kampfe, um  den  es  sich  handelt),  so  sieht  man:  convenir  hat  in 
beiden  Stellen  dieselbe  Bedeutung,  und  dem  bien  in  der  ersten 
entspricht  au  mieux  qu^ il  poulra  in  der  zweiten  Stelle.  Zu  letzterer 
ist  zu  stellen  Rieh.  4324:  S^a  ,11  L  M  lb\  de  deniers,  Pour  ses  des- 
pens  bien  par/urnir  —  Or  Ven  laist  diex  bien  couvenir!  Nur  ist  hier 
durch  laissier  nicht  nur  das  Zulassen,  sondern  auch  und  vielmehr 
das  Veranlassen  bezeichnet,  eine  Bedeutung,  die  Z.  f.  r.  Ph.  II,  142 
nachgewiesen  ist.  Wenn  das  in  Rede  stehende  convenir  ohne  eine 
adverbiale  Bestimmung  wie  z.  B.  bien  auftritt,  hat  es  eine  prägnante 
Bedeutung,  etwa  die  unseres  „machen**  in  der  Wendung  „lass  mich 
nur  machen";  so  Bartsch  Chr.*  2^^^  5:  Car  ne  lair  oie  a  moi  touchier 
ne  avenir  Nul  home  fur  s  Ugon^  s'il  m*  en  loist  covenir',  so  auch  in 
dem  häufigen  laissier  convenir,  das  dem  neufranz.  laisser  faire  ent- 
spricht und  das  ausdruckt,  was  auch  mit  dem  von  einer  modalen 
Bestimmung  begleiteten  laissier  convenir  in  Prosa-Cligés  315,  38 
letztlich  gemeint  ist.  —  Beiläufig  sei  erwähnt,  dafs  zu  convenir 
,^ch  benehmen"  das  Substantiv  convenant  „Benehmen"  gehört;  vgl. 
Froiss.  Chron.  3,  11.  3,  25.  3,  464.  4,  67:  bon  convenant  „wackeres 
Benehmen". 

4.  Die  Auffassung  der  Doppelrelativsätze  ist  immer  noch  streitig, 
und  so  mögen  einige  Bemerkungen  über  dieselben  hier  Platz  finden. 
Joinv.  41  steht:  et  quanque  nous  cuiderons  qui  li  plaise.  Dieser  Satz 
ist,  was  die  Relativa  betrifft,  auf  eine  Stufe  zu  stellen  mit  Joinv.  22 \ 


46  CHR.  GERHARDT, 

«  cue  je  crqy  ^ui  ne  piai!  mie  a  Dieu.  Dem  quanque  dort  entspricht 
das  ce  que  hier;  durch  quanque  wird  zusammengefafst,  was  sonst 
in  Beziehungswort  und  relatives  qut  auseiiianderßllt.  Das  que  in 
Joinv.  22  bezieht  sich  also  auf  ce,  kann  daher  nicht  bezielmngsloses 
Relativum  in  dem  von  ATobler,  Beitr.  I,  107  gewollten  Sinne  sein. 
Es  ist  aber  auch  nicht  relatives  Adverbium,  sondern  auf  ein  Be- 
ziehungswort bezogenes  Relativpronomen  im  Akkusativ.  £a  ist 
ebenso  wenig  adverbial  wie  in  Laquelle  des  deux  tètes  crais-tu  qui 
vaille  mieux?  (Lucking,  Schul  g  r.)  das  laquelle  oâei  in  Que  pensa-vous 
qui  soit  arrivi?  (Plattner,  Schuigr.)  das  que  oder  endlich  das  ke  in 
SSBern.  (VoUm.  Rom.  Forsch.  II)  5,  11:  Elke  dolens  ms  croire  por  kai 
il  vini?  (=  Ad  quid  enim  venisse  credendus  est?).  Denn  laquelle, 
que,  ke  sind  Akkusative  von  Fragewörlem.  Wenn  in  solchen  Sätzen 
von  croire  (oder  anderen  Verben)  ein  Wort  als  Objekt  abhängig 
gemacht  wird,  das  dem  wirklichen  Sachverhalt  nach  nicht  Objekt 
ist,  so  ist  diese  Erscheinung  auch  sonst  nicht  ohne  Beispiel,  vgl. 
BCondé  32,  ^2:  je  ne  croi  ne  je  ne  cuit  De  dis  un  qui  soient  en  vie. 
Qui  ne  soient  tout  plain  d'envie.  Eine  Parallele  hierzu  findet  sich  in 
Luthers  Bibelübersetzung  Luc.  6,  47:  „Wer  zu  mir  kommt  und  höret 
meine  Rede  und  thut  sie,  den  will  ich  euch  zeigen,  wem  er  gleich 
ist".  Vor  allem  aber  ist  in  dieser  Beziehung  zu  verweisen  auf 
Joinv.  197:  Noiis  ne  seümes  onques  si  tost  revenir  que  nous  ne  trou- 
vissiens  mon  signour  Perron,  nostre  osle,  qui  estoit  au  dehors  de  l'ost, 
qui  en  fu  ales  après  les  Sarrasins.  Nous  ferimes  des  espérons  après 
et  le  rescousismes  aus  Sarrazins.  Hier  soll  nicht  Perron  als  Objekt 
des  trouver  hingestellt  werden,  es  soll  nicht  gesagt  werden,  dafs 
man  den  Perron  fand,  sondern  das  gerade  Gegenteil,  dafs  man 
ihn  nämlich  nicht  fand;  Gegenstand  des  Findens  ist  vielmehr  das 
estoit  au  dehors  de  l'ost,  das  en  fu  alez  après  les  Sarrasins.  Der 
Relativsatz  ist  hier  appositiv  und  giebt  explizierend  von  den  Merk- 
malen des  Beziehungswortes  dasjenige  an,  welches  als  Gegenstand 
der  Thätigkeit,  die  das  Verbum  des  übergeordneten  Satzes  be- 
zeichnet, in  Betracht  kommt.  Nicht  verschieden  hiervon  ist  seinem 
Wesen  nach  der  Relativsatz  por  kai  il  vint  iii  dem  Satze  aus  den 
Predigten  Bernhards  sowie  der  zweite,  auf  un  bezogene  Relativsatz 
in  BCondé  32,  3z  (s.  oben)  und  auch  der  durch  qui  eingeleitete 
Relativsatz,  dor  in  der  von  uns  ins  Auge  gefafsten  Art  von  Doppel- 
relativsätzen einem  mit  que  beginnenden  Relativsätze  folgt.  Gleicher 
Art  ist  auch  der  erste  Relativsatz  in  dem  Gefüge  Serm.  poÍL  135: 
Za  quaus,  fist  il¡  te  semble  qui  ful  plus  prochains  a  celui  qui  cheguit 
en  la  viie  aus  lairons?  Beeinflussung  der  Konstruktion  durch  den 
Vulgata-Text  liegt  nicht  vor;  den«  dieser  lautet;  „Quis  hoium  trium 
videtur  tibi  proximus  fuisse  iUi  qui  incidit  in  latrones?"  Beachtens- 
wert iat  Luthers  Ueberselzung  dieser  Stelle  :  „Welcher  dünkt  dich, 
der  unter  diesen  dreien  der  Nächste  sei  gewissen  dem,  der  unter 
die  Mörder  gefallen  war?"  Sie  deckt  sich  genau  mit  der  aU^a- 
£6sischen.  Für  eine  derartige  Verwendung  des  explikativen  Relativ- 
satzes  fehlt   es  auch   sonst  nicht  an  Beispielen  im  Deutschen.     In 


ZUR  SUBJEKTLOSEN  KONSTRUKTION  IM  ALTFRANZÖSISCHEN.        47 

einer  zu  Cöln  1859  gedruckten  Ausgabe  des  N.T.  lese  ich  Matth. 
7,  12:  „Alles  nun,  was  ihr  wollt,  das  euch  die  Leute  thun  sollen, 
das  thut  ihr  ihnen*';  das  ist  ein  echter  Doppelrelativsatz.  Büch- 
mann,  Genüg.  Worte,  führt  als  Reimspruch  auf:  „Was  du  nicht 
willst,  das  dir  geschieht.  Das  thu'  auch  keinem  Andern  nicht''  und 
erklärt  ihn  für  eine  Umarbeitung  von  Tobias  4,  16:  „Was  du  nicht 
willt,  das  man  dir  thue,  das  thue  einem  Andern  auch  nicht";  vgl. 
Ne  fais  pas  à  autrui  ce  que  tu  ne  voudrais  pas  gui  te  fût  fait  à  toi' 
même  (Ac).  In  einer  1837  erschienenen  Uebersetzung  von  Manzonis 
„Verlobten"  ist  zu  lesen:  „Was  wollen  Sie,  das  er  mit  mir  thue?" 
VgL  Que  voulez-vous  qui  arrive?  —  In  den  bisher  zur  Vergleichung 
herangezogenen  Satzgefügen,  in  denen  sich  an  einen  durch  ein 
Fragewort  eingeleiteten  Fragesatz  ein  Relativsatz  derart  anschliesst, 
dafs  das,  wonach  gefragt  wird,  als  Subjekt  oder  Objekt  oder  Ele- 
ment einer  adverbialen  Bestimmung  der  im  Relativsatze  enthaltenen 
Aussage  und  letztere  als  zu  dem  Verbum  des  Fragesatzes  wie  ein 
Objekt  bzw.  Subjekt  gehörig  hingestellt  werden  soll,  in  solchen  Ge- 
fugen  bttzieht  sich  das  Relativum  auf  das  Fragewort  bzw.  das  von 
einem  solchen  begleitete  Substantivum  zurück.  Da  nun  dem  inter- 
rogativen Element  in  den  aus  Fragesatz  und  Relativsatz  bestehenden 
Gefügen  das  erste  Relativum  in  den  Doppelrelativsätzen  und  dem 
Relativum  dort  das  zweite  Relativum  hier  entspricht,  so  bezieht 
sich  in  den  Doppelrelativsätzen  das  zweite  Relativum  auf  das  erste 
zurück,  das  seinerseits  sein  Beziehungswort  im  übergeordneten  Satze 
hat  In  Doppelrelativsätzen  sind  daher  die  beiden  Relativsätze  nicht 
ursprünglich  gleichgeordnet,  so  dafs  beide  Relativa  ein  Beziehungs- 
wort hätten,  ebenso  wenig  ist  der  erste  Relativsatz  dem  zweiten 
untergeordnet,  sondern  jener  ist  diesem  übergeordnet  Der  zweite 
Relativsatz  expliziert  das  Relativum  des  ersten,  auf  das  er  sich  be- 
zieht und  dessen  Inhalt  identisch  ist  mit  dem  seines  Beziehungs- 
wortes; er  hebt  von  den  Merkmalen  dieses  letzteren  dasjenige  heraus, 
welches  als  Gegenstand  (Objekt)  der  durch  das  Verbum  des  ersten 
Relativsatzes  bezeichneten  Thätigkeit  bzw.  als  Träger  (Subjekt)  des 
durch  dasselbe  bezeichneten  umständlich  bedingten  Seins  in  Be- 
tracht kommt  —  Noch  sei  auf  eine  Periode  aufmerksam  gemacht, 
in  welcher  ebenfalls  das  zweite  Relativum  sich  auf  das  erste  in  dem 
angegebenen  Sinne  bezieht:  Cleom.  15103:  Cleomadés  riens  ne  feist 
De  chose  qui  apartenist  Que  sa  mere  savoir  deüst,  K^ainçois  que  il 
empris  VeOsty  Que  a  sa  mere  n^en  parlasi  Pour  savoir  que  ele  en  loast. 
Als  das  „sich  Gehörende"  soli  hier  das  Wissen  der  Mutter  um  die 
Sache  hingestellt  werden.  —  Ferner  sei  bemerkt,  dafs  Sätze  wie 
Yvain  4068:  por  son  oncle  don  il  dit  Que  il  conoist  et  aimme  et  prise 
zusammenzuhalten  sind  mit  Gefügen  wie  Serm.  poit  196:  de  quau 
joie  cuidez  vos  que  Dex  volile  que  l'om  face?  Dem  de  quau  joie  hier 
entspricht  dort  don^  und  sowohl  das  que  nach  il  dit  (dort)  wie  das 
que  nach  cuidez  vos  (hier)  ist  Akkusativ  des  Relativums.  —  Um 
schliefslich  noch  einmal  auf  das  adverbiale  que  zurückzukommen, 
von  dem  wir  oben  gezeigt  haben,   dafs  es   bei  der  Erklärung  der 


48  CHR.  GEBHARDT, 

Doppelrelativsätze  nicht  in  Betracht  kommen  kann,  so  scheint  das 
Gebiet,  das  man  diesem  relativen  Adverbium  zugewiesen  hat,  über- 
haupt etwas  einzuschränken  zu  sein.  Als  relatives  Adverbium  pflegt 
man  z.  B.  das  que  in  Sätzen  wie  en  restai  qtìon  doit  venir  (Diez, 
Gr.  Ill,  380)  zu  erklären.  Doch  spricht  hiergegen  das  in  Gregors 
Dialogen  in  solchen  Fällen  statt  que  gebrauchte  cui^  das  als  Rela- 
tivum  sonst  immer  nur  den  Casus  obliquus  des  relativen  Pronomens 
(Mask,  und  Fem.)  vertritt.  Solche  Fälle  sind  40,  9  :  si  comenzai  celei 
a  conforieir  des  paroles  cui  il  pout  =  eamque  verbis  quibus  valuit 
consolari  coepit  ;  itiy  g:  se  li  mandai  par  mei  ceaz  cui  ü  pout  les 
choses  ...  =  per  quos  potuit;  16,  i:  dunkes  vint  li  Ierres  so  lune  la 
constume  cui  il  soloit  =  more  solito.  Man  darf  daher  wohl  sagen: 
in  derartigen  Sätzen  ist  die  vor  dem  Beziehungsworte  des  Rela- 
tivums  stehende  Präposition  vor  dem  Relativum  unterdrückt,  und 
letzteres,  das  im  Akkusativ  steht,  wird  gewissermafsen  von  der  Prä- 
position des  Beziehungswortes  mit  regiert. 

5.  Wörter  wie  peu^  assez  werden  manchmal  den  Begriffen,  die 
sie  quantitativ  bestimmen  sollen,  beigeordnet  statt,  wie  gewöhnlich, 
übergeordnet.  Wenigstens  ist  die  Annahme,  die  Kasuspartikel  sei 
fallen  gelassen  (Diez,  Gr.  UI,  1 50),  nicht  überall  möglich,  wo  de  bei 
diesen  Wörtern  fehlt.  Unmöglich  kann  man  eine  Unterdrückung 
von  de  annehmen  in  Ren.  21764:  Si  nCen  sont  ja  prises  les  fièvres 
Et  autre  mal  encore  assez;  Gh.  Il  esp.  1556:  Et  mes  sire  Ywains  est 
entrés  Laiens^  et  assés  chevalier  (R.);  Ben.  Chron.  34135:  Ainz  que 
passassent  gaires  jor  (R.)  ;  Gui!.  Pal.  515:  Ançois  que  passent  gaires 
jor  (R.).  Dasselbe  Verhältnis  des  Quantitätsbegriffes  zu  dem  quan- 
titativ zu  bestimmenden  Begriffe  liegt  vor  in  Erec  1953:  I  amena 
conpaignons  vint\  Jeh.  et  Bl.  4537:  Qu^il  U  renvoieroit  deniers  Prochain 
nement  quatre  ses  tier  s;  ib.  59:  Tere  avoit  bien  cinc  cens  livrées;  Ch. 
cygne  7417:  La  fist  venir  le  vin  et  espisses  foison;  Bast.  3655:  La 
vint  fees  piente^  wo  vint  subjektlos  MXiáfees  Akkusativ  ist;  Ben.  Chron. 
26172:  E  od  geudeSf  qu^out  grant  piente^  wo  que  Akkusativ  des  Re- 
lativums  ist.  —  Auch  die  substantivischen  Quantitätsbegriffe  können, 
wie  assez  etc.,  vor  dem  Begriffe,  dessen  Quantität  bestimmt  werden 
soll,  stehen;  vgl.  Barb.-Meon  III,  ly  2']\  Piente  forment  et  planté  dras. 
Hiernach  ist  neufranz.  force  gens  zu  beurteilen. 

6.  Obgleich  die  Stelle,  zu  der  es  ursprünglich  als  Anmerkung 
bestimmt  war,  schliefslich  gestrichen  wurde,  möge  Folgendes  über 
a  paine  hier  Platz  finden.  A  paine  hat,  wie  meines  Wissens  noch 
nicht  bemerkt  ist,  die  Eigentümlichkeit,  dafs  auf  dasselbe  gerade 
so  wie  auf  die  Negation  ne  die  halbnegativen  Wörter  als  eine  Art 
Komplement  folgen  können.  Dies  erhellt  aus  Reis  93  :  sur  les  rochiers 
et  les  de  rubes  u  a  peine  nule  bestiole  pout  cunverser;  Eneas  7905:  A 
peine  en  puet  dire  neient  Ki  na  amé  0  ki  tCen  sent;  MBrut  890:  A 
paines  en  remeist  nus  vis;  Barb.-Méon  I,  230,  653:  a  grant  paine  le 
couneûst  Nus  hom;  Ren.  Nouv.  1840:  Mais  on  dist  de  privé  lar  on  Se 
puet  nus  a  paines  gaitier;  Cleom.  881:  A  paines  fust  nus  si  doutiex^ 
Qui  fesist  mal  devant  ses  iex;  ib.  6809.   15979.   17049;  Froiss.  Chron, 


ZUR  SUBJBKTLOSKN   KONSTRUKTION  IM  ALTFRANZÖSISCHBN.        49 

3,  458:  et  a  painne  y  avoii  nulle  espasse  äe  tires  que  . . .;  ib.  6,  14 1: 
a  painnes  voloit  parier  a  nullui\  ib.  4,  278:  a  patnnes  osoi't  nuls  appa^ 
roir  a  le  deffense,  —  Eine  Kontamination  zweier  Ausdnicksweisen 
liegt  vor  in  den  Stellen,  wo  neben  a  paine  noch  die  Negation  ne 
gesetzt  ist,  die  dann  in  der  Regel  eins  der  halbnegativen  Wörter 
im  Gefolge  hat;  vgl.  Froiss.  Chron.  4,  230:  a  painnes  ne  se  pooit  nuls 
apparoir  \  ib.  4,  291:  a  painnes  ne  se  osoit  nuls  amonstrer]  ib.  6,  34: 
et  ne  demoura  a  painne  ne  ville  ne  fortreche^  stelle  ne  fu  trop  bien 
gardée,  qui  ne  fust  adont  toutte  rohee  et  courue.  Auf  diesen  Gebrauch 
von  ne  neben  a  paine  hat,  wie  ich  nachgehends  fand,  schon  ATobler 
GötLGel.  Anz.  1877,  1609  hingewiesen  anläfslich  der  Stelle  Bast.  543, 
zu  welcher  Og.  7438  zitiert  ist.  Ein  solches  Nebeneinander  von  ne 
und  a  paine  zur  Bezeichnung  des  Begriffes  „kaum"  kann  man  auch 
annehmen  in  folgenden  zwei  Stellen,  nur  dafs  in  denselben  ne  dem 
Hauptsatze  und  a  paine  dem  Nebensatze  zugeteilt  wäre:  Aiol  3990: 
Onques  dieus  ne  fist  home  grant  ne  petit.  Se  le  mache  trovasi  en  ./.  laris^ 
Qu* a  paine  a  andeus  mains  le  remuïst)  Eneas  5339:  Ne  puet  esire,  ki 
iluec  chiet.  Que  a  grant  peine  s*en  reliet.  Der  erste  der  beiden  Sätze 
freilich  erlaubt  noch  eine  andere  Auffassung:  das  que  könnte  die- 
selbe Funktion  haben  wie  in  der  Stelle  der  Bearb.  von  Karls  Reise 
S.  53:  il  ny  a  a  sa  court  homme,  chevalier  ou  autre  que,  s* il  avait 
deux  haulbers  vestus  Pun  sur  r autre  . . .,  si  le  pourfenderoie  je  tout 
par  my  des  le  chief  en  aval  jusques  en  Peschine',  hier  nimmt  si  den 
mit  que  begonnenen,  durch  einen  Zwischensatz  unterbrochenen  Satz 
wieder  auf,  und  que  läfst  sich  übersetzen  mit  „ohne  dafs".  Dieses 
que  verknüpft  einen  negativen  Satz  mit  einem  positiven  derart,  dafs 
von  dem  Vorstellungsinhalte  des  ersteren  ausgesagt  werden  soll, 
er  existiere  nicht,  ohne  dafs  die  Aussage  des  zweiten  Giltigkeit 
hätte.  Durch  que  werden  zwei  in  dem  eben  bezeichneten  Verhält- 
nis zu  einander  stehende  Sätze  in  ein  hypotaktisches  Gefüge  ge- 
bracht wie  durch  si  in  ein  parataktisches,  durch  si,  wie  wir  es 
finden  in  Karls  Reise  454  :  Li  reis  Hugue  li  Forz  nen  at  nul  hacheler 
De  tute  sa  maisniee,  tant  seit  forz  et  memhrez.  Ait  vestut  dous  halbers 
e  dous  luîmes  fermez.  Si  seit  sur  un  destrier  curant  e  sujumet^  Li  reis 
me  prest  s*espee  al  puin  d^or  adubet^  Si  ferrai  sur  les  helmes  u  il 
ierent  plus  der,  Trencherai  les  halbers  e  les  helmes  gemez,  Le  feltre 
avoec  la  sele  del  destrier  sujurnet',  Aiol  4957:  fa  nés  revera  mais,  si 
ert  irés.  In  solchen  Fällen  ist  si  zu  übersetzen  mit  „ohne  dafs", 
und  es  ist  identisch  mit  jenem  si^  dem  man  gewöhnlich  die  Be- 
deutung „bis,  bevor**  beilegt;  letztere  pafst  aber  nur  für  eine  ge- 
wisse Art  von  Fällen,  wie  sie  bisher  ausschliefslich  ins  Auge  gefafst 
wurde,  so  oft  jenes  si  Besprechung  fand.  Völlig  abzusehen  ist  von 
dem  Zeitfolgeverhältnis  der  beiden  durch  si  verknüpften  Sätze,  wie 
es  EGefsner  Z.  f.  r.  Ph.  II,  574  f.  —  für  die  von  ihm  betrachteten 
Fälle  allerdings  mit  Recht  —  bestimmt,  wenn  er  sagt,  dafs  es  sich 
um  ein  (in  dem  j/-Satze  angedeutetes)  Faktum  handelt,  welches 
vor  einem  anderen  (in  dem  negativen  Satze  ausgesprochenen)  ein- 
tritt.   Man  betrachte  nur  Aiol  495 7,  wo  das  Zeitfolgeverhältnis  das 

Zcitschr.  £  rom.  PhiL  XX  a 


50     CHR.  OBBHARDT,  ZUR  SUBJEKTLOSEN  KONSTRX7KTION  IM  ALTFR. 

umgekehrte  ist.  In  jedem  Falle  sind  solche  Gefuge  elUptisch  zu 
erklären;  nach  dem  negativen  Satze  hat  man  zu  erganzen  „ohne 
dafs  Folgendes  der  Fall  ist  (bzw.  war  u.  s.  w.)",  worauf  der  Ge- 
danke des  positiven  Satzes  einsetzt.  Solche  Ellipsen  begegnen 
auch  sonst.  Man  betrachte  Cligés  3996:  ^St're^  de  neant  plddotiez\ 
Fet  Cligis;  *que  Deus  me  confonde^  Je  rCan  prandroie  toi  le  monde^ 
Que  la  baiatile  ne  fetsseJ  Hier  kommt  man  auch  ohne  Annahme 
eines  hinter  con/onde  unterdrückten  „wenn  Folgendes  nicht  der 
Fall  ist"  nicht  aus.  In  den  Bearb.  von  Karls  Reise  liest  man 
S.  1 1 1  :  Jamais  ne  me  croyez^  que  se  mon  oncle  peuli  esire  retourné 
en  France,  qt^il  se  rendra  convers  en  quelque  religion.  Der  Sinn  er- 
hellt aus  der  Parallelstelle  S.  8 1  :  ne  me  croiez  ja  mes^  si  aussi  tost 
que  nous  serons  en  France  retournez,  se  Charlemaigne  ne  se  rent  de 
quelque  religion.  Also  ist  hinter  Jamais  ne  me  croyez  wieder  ein 
„wenn  Folgendes  nicht  der  Fall  ist"  unterdrückt  —  Wenn  man 
nun  auch  das  si  und  que  durch  „ohne  dafs"  übersetzen  kann,  so 
ist  doch  daran  zu  erinnern,  dafs  die  eigentümliche  Beziehung 
zwischen  negativem  und  positivem  Satze  nicht  an  que  oder  si  ge- 
bunden ist;  beide  Sätze  können  auch  asyndetisch  hingestellt  werden, 
wie  z.  B.  Fl.  u.  Bl.  2033:  //  na  home,  m&n  essient,  Enire  orient  et 
occident.  Qui  ens  est  et  sent  les  odors  Ei  des  espisses  et  des  flors  Et 
des  oisiaus  otst  les  sons  Ei  haus  ei  aas  les  gesillons.  Por  la  doucour 
li  est  avis  Des  sons  quii  est  en  Paradis;  Âthis  S.  13b,  V.  240:  Od 
de  Pomme  n^atvit  trésor,  Drap  ne  paile  ne  hanap  d*or.  Se  cil  du 
prendre  eüst  tait  ni,  Tantost  lui  en  Jesist  present,  —  Statt  des  zweiten, 
positiven  Salzes  findet  sich  ein  negativer  in  Cligés  5384:  Nus  mes' 
tiers  nest,  tant  soit  <//îvrj,  .S"^  Jehanz  i  voloit  aniandre.  Qu'à  lui  ne 
s* an  /H^rroit  nus  prandre;  (as\*ndetisch)  Cor.  Lools  690:  A^a  soz  ciel 
i>me  qui  de  mere  seit  nez.  S* il  la  (se  la  preiere)  diseù  par  buene  vo^ 
leHU\  Ai  matinei,  quant  il  sereit  lei^z.  Ja  puis  deables  nel  porrai  en- 
Cx^mhrer,  —  Boi  der  Krklârung  von  si  „bis",  um  hierauf  nodi  ein- 
mal zurückzukommen,  hat  EGefsner  Z.  f.  r.  Ph.  II,  5 So  auch  Perioden 
herangezogen  wie  Aiol  3039 :  Ja  neri  eis  am  passés  ne  üconplis  Que 
xvus  ares  tcui  quite  i\*stre  pais,  also  Perioden,  in  denen  ein  eine 
Zeitl)e^ümmung  enthaltender  negativer  Sau  durdi  que  mit  einem 
jH>siti\en  verknüpft  ist:  aber  solche  Satzgefüge  gehören  an  eine 
gaui  ar.deie  Stelle,  Der  erste  Sau  drückt  da,  nur  in  n^ativer 
Fv^nu.  i.lou  p».v>i:iven  Gedanken  aus,  dafs  der  Zeitpunkt,  fur  welchen 
die  im  zweiten  Satze  enthaltene  Aussage  Gütigkeit  hat.  diesseits 
einer  mehr  oder  weniger  genau  angegebenen  zeitlichen  Grenze 
liegL  S^vche  Perivxien  sind  zusammenzuhalten  mit  Stellen  wie 
JOoude  1.  ^14,  1403:  /;  s-i  petii  i.'.Me¿^  esié  Qu  il  tnyie:xí  passage  apresté^ 
wv  der  Huupts^L:  auch  tormell  positiv  ist. 

Christoph  Gebhardt. 


Yenmsclite  Beiträge  zur  firanzösisclien  örammatik. 

Dritte  Reihe. 

IO. 

pour  mit  Substantivum  als  Mengebestimmung. 

Durchaus  richtig  und  am  rechten  Orte  hat  Seeger  das,  was 
hier  noch  einmal  berührt  werden  soll,  zur  Sprache  gebracht,  wenn 
er  1  §  58,  2  b,  wo  er  von  dem  partitiven  „Genitiv"  handelt,  des 
Falles  gedenkt,  wo  dieser  steht  „nach  substantivischen  Quantitäts- 
angaben (auch  nach  Quantitätsbestimmungen  mit  der 
Präposition  pour),'*  Auch  seine  Beispiele:  .  .  ,  pour  plus  de  mille 
¿cus  de  butin  und  .  .  .  pour  douze  jours  de  vivres  sind  durchaus  zu- 
treffend und  zeigen  pour  in  jeder  der  beiden  Bedeutungen,  die 
hier  in  Betracht  kommen.  Ich  füge  zunächst  weitere  Beispiele 
hinzu  :  la  France  est  prête  à  envoyer  pour  cinq  millions  d^ armes  et  de 
munitions  au  Cap  Français,  de  Loménie,  Rev.  d.  d.  m.  1853  III  336; 
le  clergé  eût  donné  pour  cent  mille  livres  de  bénéfices  aux  fils  et  aux 
neveux^  Stendhal,  Mém.  II  235;  il  acheta  pour  trois  ou  quatre  cents 
francs  d* atlas,  de  manuels,  de  traités,  de  livres  sur  la  stratégie^ 
Halévy,  Pet  Cardinal  180;  acheter  pour  deux  sous  de  pommes  de 
terre,  Bourget,  Nouv.  Pastels  m  ;  la  banque  de  la  Guyane  a  envoyé 
en  France  pour  un  million  de  lingots,  Rev.  bl.  1894  II  114b;  traîné 
en  prison  pour  avoir  pris  pour  deux  sous  de  viande,  Coppée,  Franc 
parler  63,  oder,  um  auch  ein  Beispiel  zu  geben,  wo  die  Menge 
bemessen  ist  nach  der  Dauer  der  Zeit,  für  die  sie  ausreicht:  cette 
enfant  est  phtisique;  elle  a  environ  pour  un  mois  d* existence^  Rev.  bl. 
1 891  II  533  b.  Die  grammatische  Natur  der  Ausdrucksweise  wird 
.sofort  klar:  wie  man  die  Menge,  die  von  einem  Stoffe  zu  denken 
sei,  durch  direkte  Angabe  des  Gewichtes,  des  Mafses  bestimmen 
kann,  so  auch  durch  die  Angabe  des  zur  Erwerbung  aufgewendeten 
oder  des  für  die  Lieferung  in  Rechnung  gestellten  Geldbetrages 
oder  der  Zeit,  für  die  damit  der  Bedarf  gedeckt  ist.  Solche  Art 
der  Mengebestimmung  mag  in  manchen  Fällen  eine  weniger  genaue 
sein,  als  eine,  die  sich  unmittelbar  auf  Gewicht  oder  Mafs  bezöge, 
da  diese  beiden  feste  Gröfsen  sind,  während  der  Geldwert  des 
Stoffes  starken  Schwankungen  unterworfen  sein,  auch  die  Zeit,  für 
die  ein  gewisses  Quantum  Stoffes  ausreichen  mag,  verschieden  be- 


52  A.  TOBLER, 

urteilt  werden  kann.  Es  ist  aber  klar,  dafs  gar  nicht  selten 
viel  wichtiger  sein  wird  von  dem  Preise  zu  reden,  zu  dem  eine 
Stofímenge  veranschlagt  wird,  oder  von  der  Dauer,  deren  Bedarf 
durch  eine  Stoifmenge  gedeckt  ist,  als  von  dem  Mafse  im  gewöhn- 
lichen Sinne,  und  wäre  dieses  noch  so  genau  bestimmt 

Der  grammatischen  Analyse  kann  nur  der  Umstand  eine, 
übrigens  auch  nicht  bedeutende  Schwierigkeit  machen,  dafs  an 
Stelle  eines  Akkusativobjektes  der  präpositionale  Ausdruck  mit  pour 
tritt;  es  wird  eben,  statt  der  unmittelbaren  Bezeichnung  der  Menge, 
mit  pour  die  Angabe  des  Rechnungswertes  einer  Menge  oder  der 
Verbrauchsdauer  einer  Menge  gegeben,  in  der  Meinung,  die  auch 
ohne  weiteres  verstanden  wird,  es  sei  das  Quantum  selbst  zu 
denken,  das  dem  Werte  oder  der  Dauer  entspricht  „so  viel  als  fur 
hundert  Thaler  gegeben,  verrechnet  wird,"  „so  viel  als  fur  zehn 
Tage  reicht."  In  zahlreichen  andern  Fällen  verfahren  ja  ver- 
schiedene Sprachen  auch  so,  dafs  sie  den  zunächst  zu  erwartenden, 
nichtpräpositionalen  nominalen  Ausdruck  mit  einem  andern,  präpo- 
sitionalen  vertauschen,  der  an  die  Stelle  unmittelbarer  Bezeichnung 
eines  Seienden  eine  präpositionale  Verbindung  setzt  Statt  pain 
wird  du  patrty  „Brot"  in  unbestimmter  Menge,  gesagt,  ohne  dafs  es 
eines  regierenden  Wortes  für  solchen  „GenifaV*  bedarf;  oder  statt 
mit  einem  lokalen  de  eine  direkte  Bezeichnung  des  Ortes  zu  ver- 
binden, von  dem  aus  eine  Bewegung  sich  vollzieht,  macht  man 
diesen  durch  eine  präpositionale  Verbindung  kenntlich  und  sagt 
de  drvani  la  maison^  de  chez  P apothicaire  u.  s.  w.*  Mit  jener  in- 
direkten Mengebezeichnung  aber  verbindet  sich  mittels  de  der  Name 
des  Ganzen,  dem  die  Menge  entnommen  ist,  gerade  so  gut  wie 
mit  einer  direkten,  und  so  erhält  man  envoyer  pour  cinq  millions 
d'armes  „fur  fünf  Millionen  an  Waffen  schicken"  u.  dgl.  Diesem 
Sachverhalte  scheint  mir  Lucking  nicht  gerecht  zu  werden,  wenn 
er  (Gramm,  f.  d.  Schulgebr.^  S.  225,  A.  i)  in  dem  Satze  il  avail 
emore  pour  un  an  de  rieres  (im  Gegensatze  zu  il  a  du  linge  pour 
cent  ans)  eine  „Attraktion"  findet;  mindestens  mufs  er  letzterem 
Worte  einen  ganz  anderen  als  seinen  gewohnten  Sinn  beilegen, 
wenn  es  hier  angebracht  sein  soll.  Das  kann  man  ja  zugeben, 
dafs  im  ersten  Satze  zwisdien  pour  un  an  und  de  vivres  eine  enge 
Rozioliung  statthat,  wahrend  im  zweiten  zwischen  du  linge  und  pour 
cent  ans  keinerlei  Beziehung  besteht,  du  Unge  nur  mit  ii  a  ver- 
bunden ist.  Kn<.Uich  sei  noch  erwähnt  dafs  Preisangaben  wie  die 
oben    wrgeführtou   auch    ohne  pour  als  Mengebestimmungen  eine 

'  HichiT  ^'hori  auch,  dais  jus^guà  mil  Suhsianäv  die  Steliang  eines 
NoaìiuAÙvs  ivîoi  tint's  Akkusativ^»  tìnnchmon  kann:  jusqu'aux  marguilUrs 
*mt  Jùpji»^:  y\itm,iis  ths^u\ì  .vy  pleurs  cur  ;V  faisait  c^ultr  (Littré  unter 
/ü^Nyi«^  ;«m  KiuicK  hierher  auch  atr.  u  «u  m^Kljimce,  wo  la  momíamce  schon 
auí^  reicht  hiiie:  .VV«t  p^^ef  j  A^i  %Yy  ^W  düster  A  ¡a  mjmtamst  d'un  denier, 
KHlvM^  I  S.  Vni  :  /V  /,%•  huns  ne  :i  /V-*»*  •**  *^  ^  mt^nLjnce  d^un  boton, 
t\\  lU  llji,  0^4;  A  /«t  «».'^/j«c«v  J'une  m^à  y  e  frisa  ie  di:  de  la  roû»  M¿on  II 
-S-'  5*r*     l>'"^*  ^'•^*«  wiiixW  sich  nuxKhcs  GUicharti^  stdlen  lassen. 


VERMISCHTE  BEITRÄGE  ZUR  FRANZÖSISCHEN  GRAMMATIK.  53 

mit  de  angeschlossene  Stoffbezeichnüng  regieren  können:  Beau- 
marchais ovati  envoyé  au  congrès  plus  de  cinq  millions  de  cargaisons, 
Rev.  d.  d.  m.  1853  III  334;  des  gens  qui,  quoi  qu^on  dise,  noni  pas 
deux  sous  de  religiosité.  Rev.  bl.  1895  I  669a;  M.  Wilson  restituant 
au  Trésor  quarante  mille  francs  de  timbres-poste^  Coppée,  Franc  Parler 
181;    six  mois  de  vivres',   cinq   sous  de  cerises;    deux   sous  de  caporal, 

II. 

aussitôt,  sitôt,  une  /ois. 

Barbieux  findet  den  Gebrauch  von  aussitôt  als  Präposition 
fehlerhaft;  man  solle  nicht  sagen  aussitôt  son  arrivée,  aussitôt  la 
rentrée  des  classes,  sondern  statt  des  Wortes,  das  doch  eigentlich 
ein  Adverbium  sei,  Präpositionen  wie  dès,  à  verwenden.  Dagegen 
wendet  er  nichts  ein  wider  die  Verbindungen  —  er  nennt  sie,  ich 
weifs  nicht  warum,  eUiptisch  —  aussitôt  la  classe  finie,  aussitôt  le  bal 
terminé,  wo  ein  absolutes  Participium  stehe.  Holder  S.  273  A.  89  ist 
weniger  entschieden;  er  begnügt  sich  festzustellen,  dafs  man  „zu- 
weilen aussitôt  vor  einem  Hauptwort  in  gleicher  Bedeutung  mit 
dès,  in  der  Art  eines  absoluten  Particips  finde:  aussitôt  cette  lettre 
reçue,  aussitôt  son  arrivée^^;  er  verweist  bei  diesem  Anlafs  auf  seinen 
§  236,  I,  wo  von  zeitbestimmenden  Participialsätzen  (verkürzten 
Adverbialsätzen)  die  Rede  ist,  als  welche  er  sitôt  la  présente  reçue, 
aussitôt  cette  lettre  reçue,  après  la  constitution  jurée  nicht  ganz  mit 
Recht  in  gleicher  Linie  hinstellt;  nicht  ganz  richtig  deswegen,  weil 
zweifellos  in  Verbindungen  wie  die  letzte  après  Präposition  ist 
und  jederzeit  gewesen  ist,  während  aussitôt  ebenso  gewifs  zunächst 
Adverbium  ist,  und  es  sich  nur  fragen  kann,  ob  es  vielleicht  mifs- 
bräuchlich  zur  Funktion  einer  Präposition  zu  gelangen  auf  dem 
Wege  oder  die  Zugehörigkeit  zu  letzterer  Wortart  bereits  voll- 
endete Thatsache  sei  und  einfach  hinzunehmen,  wie  so  manches 
andere  im  Sprachleben,  was  anfanglich  befremden  mochte  und  jetzt 
gleichwohl  nirgends  beanstandet  wird.  Auch  Littré  nimmt  unter 
aussitôt  sowohl  aussitôt  le  jour  (=  aussitôt  que  le  jour  paraît)  wie 
aussitôt  la  lettre  reçue  ohne  Einwendung  als  übliche,  für  ihn  natürlich 
wieder  elliptische  Redeweisen  hin. 

Es  scheint  zunächst  das  Einfachste  in  den  Fällen,  wo  hinter 
aussitôt  ein  Substantivum  begleitet  von  einem  dazu  prädikativen 
Participium  auftritt,  jenes  aussitôt  als  Adverbium  aufzufassen,  das 
zu  dem  vorangehenden  oder  (öfter)  nachfolgenden  Verbum  finitum 
gehöre,  von  diesem  aber  durch  einen  verkürzten  Participialsatz  ge- 
trennt werden  könne.  So  wäre  also  in  aussitôt  Pévénement  connu 
au  château,  Mme  Aubry  s^ était  fait  transporter  dare  dare  chez  son 
amie.  Feuillet,  Jeune  homme  216,  aussitôt  mit  s'était  zu  verbinden, 
hinter  welches  es  auch  ohne  jede  Änderung  des  Sinnes  gestellt 
werden  dürfte,  und  so  in  par  les  jours  d'orage,  aussitôt  le  coin  passé, 
quel  soufflet  vous  donnait  le  vent,  embusqué  le  long  du  chevet  de  la 
vieille  église  l  Bourget,  NPastels  336;  la  plupart  des  criminels,  aussitôt 


54  A.  TOBLKR, 

Vacilón  exécutée  y  entrent  dans  une  période  de  r^s  intime ,  eb.  352, 
dans  ma  première  jeunesse,  aussitôt  ¡es  vacances  vemues,  j^ accourais, 
eb.  370  und  in  allen  gleichartigen  Fällen,  wie  deren  bei  Lucking, 
Gr.  f.  d.  Schulgebr.2  §  231,  A.  i  einige  beigebracht  sind.  Dttn  ent- 
sprechend würden  dann  auch  solche  Sätze  aufzufassen  sein,  wo  dem 
aussitôt  blofs  ein  Participium  folgt,  das  prädikativ  zu  einem  dem 
Hauptsatze  angehörenden  Substantivum  steht:  ie  poète  s^en  allait  de 
la  maison f  aussitôt  levé,  Bourget,  Mens.  209;  elle  eut  y  aussitôt  entrée 
dans  la  chambre^  une  minute  d^ hésitation ,  eb.  283;  (weitere  Beispiele 
bei  Lucking  §  234  A.  2).  Doch  kann  dem  so  nicht  sein;  zu  laut 
spricht  dagegen  die  Weise,  wie  derartige  Sätze  gesprochen  und 
demgemäfs  interpungiert  werden.  Und  auch  der  Meinung,  wenn 
gleich  heute  nicht  mehr,  so  sei  doch  ursprünglich  das  Adverbium 
zum  Verbum  fìnitum  bezogen  gewesen  und  erst  nach  und  nach 
vermöge  seiner  Stellung  eine  Präposition  geworden,  wird  man  nicht 
beipflichten  wollen,  weil  eben  jene  Stellung,  die  den  Obertritt  zu 
einer  andern  Wortart  verschuldet  haben  müfste,  selbst  unbegreiflich 
bleibt.  Die  richtige  Auffassung  wird  vielmehr  folgende  sein:  Neben 
den  temporalen  Konjunktionen  avant  que,  après  que,  dès  que^  depuis 
que  (die  altfranzösischen  ganz  beiseite  zu  lassen)  mit  Hûlfsverbum 
und  Participium  bestanden  seit  langer  Zeit  die  Präpositionen  etmnt^ 
après  y  dès  y  depuis ,  deren  Verbindungen  mit  Substantiven  und  auf 
diese  bezogenen  prädikativen  Participien  ungefähr  gleichbedeutend 
waren  mit  den  durch  jene  Konjunktionen  eingeführten  Nebensätzen  ; 
dies  mufste,  nachdem  einmal  aussitôt  que^  sitôt  que  an  die  Stelle 
der  älteren  aussi  tost  com,  si  tost  com  getreten  waren,  es  nahe  legen 
auch  die  Adverbia  aussitôt  und  sitôt,  als  ob  auch  sie  Präpositionen 
wären  in  participialen  Konstruktionen  zu  verwenden,  die  jenen 
älteren  und  unmittelbarer  gerechtfertigten  entsprachen,  wie  man 
neben  après  que  le  soleil  fut  levé  sagen  konnte  après  le  soleil  levé, 
so  nun  auch  neben  aussitôt  que  le  soleil  fut  levé  zu  stellen  aussitôt 
le  soleil  levé.  War  man  aber  einmal  dahin  gekommen,  dann  war 
auch  aussitôt  in  die  Reihe  der  Präpositionen  getreten,  und  war  es 
kein  neuer,  sondern  nur  die  selbstverständliche  Folge  des  ersten 
Übergriffs ,  wenn  man  aussitôt  auch  vor  Substantiva  setzte,  die  keine 
Participia  bei  sich  hatten,  und  sagte:  il  était  là  depuis  quelques  jours, 
mort  presque  aussitôt  leur  arrivée  à  Montreux ,  ADaudet,  Tart.  s.  1. 
Alpes  256;  nous  avions  formé  le  projet^  aussitôt  notre  sortie  du  collège, 
de  vivre  côte  à  côte  et  de  travailler  à  des  poèmes ,  Ducamp,  Souv.  litt 
I  93.  So  war  es  ganz  natürlich,  nachdem  man  einmal  sich  erlaubt 
hatte  zu  sagen  il  i* a  outragé,  sitôt  ses  vingt  sous  demandés  et  reçus^ 
Bourget,  NPastels  123,  dafs  man  fortschritt  zu  sitôt  le  serrement  de 
mains,  elle  se  remit  à  marcher^  ADaudet,  Tartarin  s.  l.  Alp.  254  ;  sitôt 
ces  tristes  paroles,  elle  aurait  voulu  les  retenir,  ders..  Pet.  Paroisse  178; 
accourue  sitôt  la  catastrophe,  la  brave  fille  s* était  précipitée  chez  le  juge, 
ebenda  447. 

Und    schon    scheint    für    einen    andern    Ausdruck    eine    ent- 
sprechende   Wandlung   sich    vorzubereiten.     Eine  Konjunktion    im 


yERMISCHTE  BEITRÄGE  ZUR  FRANZÖSISCHEN  GRAMMATIK.  55 

weiteren  Sinne  mag  man  auch  un¿  fois  que  nennen,  das  eigentlich 
heifst  „bei  einem  (ersten)  Mal,  dafs",  d.  h.  „wenn  ein  (erstes)  Mal 
fertig  vorliegt ,  dafs."  Auch  sie  hat  neben  sich  um  fois  mit  parti- 
cipialer  Konstruktion:  une  peiiíe  partie  de  rams  avec  des  atnis^  une 
fois  les  volets  bouclés  et  le  dîner  mangéy  Bourget,  NPastels  loy;  je  le 
vis  traîner  un  peu  (die  Sache  hinziehn),  une  fois  la  consultation  finie^ 
eb.  485  ;  ü  s*en  trouverait  d^ autres^  une  fois  ceux-là  dépensés^  Rev.  bl. 
1890  II  429  b.  Und  nun  taucht  auch  hier  eine  rein  präpositionale 
Verwendung  auf:  était-ce  pour  renchérir  sur  elle  {la  brutalité  de  Blücher) 
et  mieux  avoir  les  coudées  franche^ ,  une  fois  le  départ  des  premiers 
convois  à  destination  de  V Allemagne ^^^  eb.  1 889  I  83  a. 


12. 
Relativsatz  als  prädikative  Bestimmung. 

Mit  Recht  haben  manche  deutsche  Verfasser  von  Grammatiken 
des  Französischen  die  Aufmerksamkeit  auf  jene  Relativsätze  gelenkt, 
die,  auf  Akkusativobjekte  bezogen,  doch  nicht  einfach  als  adnominal  e 
Bestimmungen  zu  diesen  gelten  können,  sondern  trotz  jener  Be- 
ziehung ebenso  sehr  Bestimmungen  zum  Verbum  sind,  indem  sie 
anzeigen,  bei  welcher  Beschaffenheit,  Lage,  Thätigkeit  des  Objektes 
das  vom  Verbum  bezeichnete  Thun  vollzogen  zu  denken  sei.  Die 
nämlichen  Worte,  nur  nicht  in  völlig  gleichem  Vortrage  und  nicht 
mit  völlig  demselben  Sinne,  können  einen  blofs  adnominalen,  können 
aber  auch  einen  in  enger  Beziehung  zum  Verbum  stehenden,  eine 
Bestimmung  zu  diesem  gebenden  Relativsatz  bilden.  Im  ersteren 
Falle  darf  man  sagen,  habe  das  Verbum  Ein  Objekt,  bestehend 
aus  einem  Seienden,  das  durch  ein  im  Relativsatz  angegebenes 
Merkmal  von  anderen  derselben  Gattung  unterschieden  werde  (je 
connais  Vair  que  vous  jouez) ^  oder  von  dem  nachträglich  noch  etwas 
weder  Unterscheidendes  noch  die  Thätigkeit  Berührendes  im  Relativ- 
satze ausgesagt  werde  (je  reconnus  l'air^  que  d^ ailleurs  il  jouait  fort 
médiocrement)  \  im  anderen  Falle  darf  man  beinahe  von  zwei  Ob- 
jekten oder  doch  von  zwiefacher  Beziehung  des  Verbums  sprechen, 
denn  aufser  dem  durch  das  Substantiv  bezeichneten  Seienden  hat 
die  Thätigkeit  auch  das  im  Relativsatze  Ausgesagte  zum  Objekte, 
oder  doch  jenes  nur  insofern,  als  es  bei  diesem  beteiligt  ist  (j^en" 
tendais  Pair  qui  se  perdait  au  loin).  Der  Hauptsatz  kann  durchaus 
vollständig  sein  in  j*ai  vu  safemme^  auch  wenn  darauf  (hinter  einer 
kleinen  Pause,  die  ein  Komma  in  der  Schrift  andeutet)  folgt  qui 
ne  P attendait  pas \  aber  wenn  es  bei  Bourget  heifst:  Boleslas  Gorka 
revenu?  Et  il  y  a  deux  jours  fai  vu  sa  femme  qui  ne  V  attendait  pas 
avant  le  mois  prochain  ^  Cosmop.  40,  so  ist  der  Relativsatz  zum 
Prädikat  gleich  notwendig  wie  das  Objekt  selbst,  so  notwendig, 
dafs  ganz  angemessen  man  auch  seinen  Inhalt  zum  Objekt  hätte 
machen  können  „ich  habe  bei  seiner  Frau  noch  vor  zwei  Tagen 
völlige  Unkenntnis  des  Bevorstehens  seiner  Rückkehr  wahrgenommen." 


56  A.  TOBLKR, 

1st  in  manchen  Fällen  der  Unterschied  zwischen  einem  in  der 
gekennzeichneten  Weise  prädikativen  und  einem  einfach  adnominalen 
Relativsatze  kaum  wahrnehmbar  (je  renconirai  une  paysanne  qui  portait 
des  cerises  au  marché),  so  kann  über  die  Natur  desselben  da  kein 
Zweifel  bestehn,  wo  das  Objekt  in  der  Form  eines  tonlosen  Personal- 
pronomens gegeben  ist  ;  denn  nie  würde  ein  solches  für  sich  allein 
den  Stützpunkt  eines  rein  adnominalen  Relativsatzes  ausmachen 
können  ;  es  vermag,  um  es  so  auszudrücken,  nur  einen  Teil  solcher 
Last  zu  tragen,  das  Verbum  mufs  ihm  einen  Teil  derselben  ab- 
nehmen :  je  Pai  vu  ce  maiint  comme  je  vous  vois^  qui  passait  en  fiacre 
devant  la  fontaine  du  triton,  Bourget,  Cosmop.  33;  l*aube  le  surprit 
qui  secouait  avec  des  pincettes  ces  débris,  eb.  335;  elle  V entendit  qui 
disait  avec  un  sourire . .,  eb.  394  ;  souvent  je  les  entendais^  à  trois  heures,  à 
quatre  heures  du  matin,  qui  discutaient  encore  au  lieu  de  dormir,  Ducamp, 
Souv.  litt.  Il  20  ;  nach  einem  Zwischensatze  :  Elle  laisse  ses  deux  en-- 
fants,  qui  sont  petits.  Vun  stoppelte  Guillaume  et  P autre  Madeleine: 
Vun  qui  ne  marche  pas.  Vautre  qui  parle  à  peine,  VHugo,  Les  pauvres 
gens.  Dies  ist  die  Erscheinung,  von  der  Mätzner^  §  243  a  \^,  Holder 
§  217,  10,  Lucking  2  §  281,  I,  vSeeger  II  §  59  gehandelt  haben.  Nur 
der  an  erster  und  der  an  letzter  Stelle  Genannte  thun  dabei  des 
Umstandes  Erwähnung,  dafs  in  entsprechender  Weise  der  Relativ- 
satz auch  auf  das  Subjekt  und  das  einer  Bestimmung  bedürftige 
Verbum  bezogen  sein  kann:  c^ était  le  rendez-vous  ordinaire  des  men^ 
diants ,  et,  par  cette  veille  de  Noël,  ils  seraient  là  tous  qui  attendraient 
r arrivée  des  fidèles  à  la  messe  de  minuit,  Bourget,  NPastels  350;  la 
petite  Adèle  serait  là  qui  verrait,  elle,  réellement  ce  spectacle  horrible, 
ders.,  Terre  prom.  199;  nous  étions  debout,  ce  dernier  et  moi,  les  bras 
croisés,  qui  gardions  une  attitude  respectueuse  mais  peu  édifiante,  de  libres 
penseurs  égarés  dans  une  église,  ders.,  NPastels  196;  ils  sont  là,  les 
serins  au  vert  plumage,  les  jaunes  ortolans,,,  ils  sont  là  qui  sifflent 
et  qui  chantent  et  qui  piaillent  tous  à  la  fois.  Rev.  bl.  1893  II  807b. 
Bei  der  Übersetzung  ins  Deutsche,  dem  die  wörtliche  Wiedergabe 
solcher  Sätze  versagt  ist,  wird  man  gern  das  Verbum  des  Relativ- 
satzes dem  des  Hauptsatzes  mittels  „und"  anreihen:  „sie  würden 
alle  da  sein  und  auf  die  Gläubigen  warten",  bei  denen  der  ersten 
Art  wird  man  etwa  zu  „wie"  greifen:  „ich  habe  ihn  gesehn,  wie  er 
vorbeifuhr." 

Ist  die  Zahl  der  Verba  ziemlich  grofs,  in  deren  Gefolge  wir 
die  auf  das  Accusativobjekt  bezogenen  Relativsätze  treffen  [voir  — 
daher  auch  voici,  voilà  — ,  entendre^  sentir,  surprendre,  trouver,  wozu 
andere  kommen  mögen),  so  scheinen  die  auf  das  Subjekt  bezogenen 
nur  bei  être  (là,  debout)  nachgewiesen  zu  sein  ;  ich  zweifle  aber  nicht 
daran,  dafs  bei  fortgesetzter  Umschau  sie  auch  bei  andern  Aus- 
drücken sich  werden  nachweisen  lassen,  etwa  bei  passiven  wie  être 
découvert,  trouvé^  remarqué  oder  bei  intransitiven  wie  paraître  oder 
bei  reflexiven  wie  se  montrer. 

In  gleicher  Weise  prädikativ  oder,  wenn  man  will,  appositional 
ist    der   Relativsatz    auch,    wenn  man   et\va  die   Unterschrift  eines 


VERMISCHTE  BEITRÄGE  ZUR  FRANZÖSISCHEN  GRAMMATIK.         57 

Briefes  lauten  läfst  ion  frère  qui  raime  oder  ähnlich.  Ein  Verbum, 
zu  dem  und  zu  dessen  Subjekte  der  Relativsatz  gleichzeitig  eine 
Bestimmung  gäbe,  liegt  zwar  hier  nicht  vor,  doch  ist  es  im  Ge- 
danken vorhanden  und  könnte  lauten:  „Vorstehendes  sagt  dir." 
Mit  diesem  steht  der  Relativsatz  in  engster  Verbindung  und  besagt 
ungefähr,  was  im  Deutschen  „in  Hebender  Gesinnung"  sagen  würde. 

Auf  die  mit  ungefähr  dem  nämlichen  Sinne  sich  zur  Verfügung 
stellenden  anderen  Konstruktionen  (Infinitiv  mit  dem  Accusativ, 
doppelter  Accusativ)  will  ich  hier  nicht  eingehn.  Dagegen  mag 
noch  bemerkt  sein,  dafs  diejenige,  die  uns  hier  beschäftigt  hat,  auch 
der  alten  Sprache  durchaus  geläufig  war:  Veit  Frans  de  France  qui 
repair ent  de  cori^  Rom.  u.  Past.  I  i,  9;  Cant  la  nonette  aniendi  Que 
(Pron.)  si  s^aloit  gaimentant,  eb.  I  34,  13;  Lai  trovai  pas  tour  ette  Leis 
une  fontenelle  Et  Robin  ki  i  flahutoit^  eb.  II  16,  7;  Deus  dames  de 
grant  hiauté  Trouvai  main  a  main  Desouz  une  vert  coudrete:  /June 
estoit  si  jolrvete  Ki  chantoit  ensi . .,  eb.  I  48,  7;  besonders  oft  mit  den 
Ausdrücken,  die  mit  nfz.  voici ,  voilà  gleichbedeutend  sind:  Ez  son 
ami  qui  l'a  réconfortée ,  eb.  I  9,  33:  Es  me^  dist  il,  qui/  guart  par  ton 
cornant,  Alex.  46  d;  A  tant  ez  vos  un  chevalier  Qui  vint  a  cort  moult 
acesmez,  RCharr.  44.  Natürlich  treten  auch  in  alter  Zeit  schon  die 
sinnverwandten  Redeweisen  neben  der  hier  besprochenen  häufig 
auf,  besonders  oft  die  heute  mehr  zurücktretende  mit  dem  Parti- 
cipium:  Quant  la  pastoure  trovai  Faisant  si  grant  joie,  Rom.  u.  Past. 
II  IO,  14;  Quant  la  vi  soûle  venant,  eb.  II  17,  13;  sehr  oft  auch  tritt 
uns  Parataxis  der  Aussage  entgegen,  die  wir  bisher  immer  in  unter- 
geordneter Stellung  kennen  gelernt  haben  :  Trovai  gentil  pastourelle. 
Bestes  gairdoit  en  un  freit,  eb.  II,  15,  7  ;  ähnlich  II  28,  4;  Bêle  Doette 
as  f enes  tres  se  siet^  Lit  en  un  livre,  eb.  I  3,  2;  Bêle  Yolanz  en  ses 
chambres  seoit,  D*un  boen  samiz  une  robe  cosoit,  eb.  I  7,  2. 

Bemerkenswert,  weil  in  der  alten  Sprache  ungemein  häufig,  der 
heutigen  dagegen  durchaus  fremd,  ist  die  Bildung  solcher  prädi- 
kativer Sätze  nach  Verben  des  Sehens  und  den  zum  Sehen  auf- 
fordernden Ausdrücken  mit  ou  {ubi): 

cil  de  Azote  truverent  Dagon  lur  deu  u  adenz  se  giseit  a  terre 
{ecce  Dagon  jacebat  pronus  in  terra) ,  LRois  1 7  ;  Vit  un  cheitif  u  se 
plegneit  En  la  rue  de  la  citi,  SGile  102;  La  le  truevent  u  siet  sous 
Varbre^  Fl.  u.  Bl.  157 1  ;  Trover  ent  lor  signor  u  tenoit  un  sautier,  SAlex. 
H  387  ;  vient  a  une  f  enes  tr  elle  Et  voit  tant[e\  ensengne  u  ventici  le  Des 
chevaliers  parmi  la  pree,  Rich.  4694;  Je  voi  la  Grimoart  ou  vient  tos 
abrievés,  Macaire  in  Mousk.  I  S.  612  (damit  nicht  völlig  überein- 
stimmend, aber  oflfenbar  nah  verwandt  :  Gardent  aval,  el  ver  gier  voient 
Ou  li  garox  i  ert  venus,  Guil.  Pal.  5839,  ähnlich  6375);  ferner: 
Suer,  veiz  les  nés  0  eis  s\n  vont,  En.  1887  ;  Rêvez  la  le  boçu  ou  gist 
(da  liegt  er  wieder),  Barb.  u.  M.  Ill  251,  203;  Vez  les  la  ou  deseen^ 
dent,  BComm.  228  (wozu  Scheler  einige  weitere  Stellen  fügt  und  auf 
Diez  IIP  189  verweist,  der  die  entsprechende  altspanische  Rede- 
weise belegt)  ;  veschi  le  roi  ou  il  vient ,  RClary  34  ;  Vechi  le  dyable 
gayant  U  vient  parmi  les  près  bruiant,    Rich.  1404;   Vecha  Fedry  ou 


58  A.  TOBLER, 

vient,  HCap.  i88;  ^4  tant  es  vos  Gualtter  un  clerc  ou  vint,  Cor.  Lo.  1684; 
£s  vous  a  tant  le  duc  Ricart  Son  fil,  u  venoit  d^ autre  part^  Mousk.  19 1 97  ; 
A  tant  ez  vos  un  messagter  0  vint,  MGar.  143;  ^  tant  ez  vos  Varierez 
garde  0  vint^  eb.  160;  A  tant  ez  vos  un  sergent  0  il  inni,  eb.  220 
(wozu  der  Herausgeber  eine  nicht  zutreffende  Bemerkung  S.  XCm 
seiner  Vorrede  macht)  ;  daneben,  zusammenzuhalten  mit  den  eben 
aus  Guil.  Pal.  angeführten  Stellen:  A  tant  es  u  vient  sa  mestresse, 
Rich.  425  ;  E  vus  u  y  st  d*unne  logette  Uns  chevaliers,  eb.  950;  E  vous 
u  il  entre  en  la  porte,  eb.  1625  ;  estemevus  un  jour  ou  Jehans  H  Blaks 
et  il  et  U  Commain.,,  vmoient,  RClary  112.  Es  ist  leicht  begreif- 
lidi,  dafs  die  Verwendung  von  ou  nur  da  eintritt,  wo  es  sich  um 
Wahrnehmung  von  Vorgängen  handelt,  die  an  bestimmtem  Orte 
sich  vollziehen. 


13. 
ne,,  se.,  non,  mais,  fors,  que. 

Wenn  eine  negative  Aussage  durch  eine  Ausnahme  nach- 
träglich eingeschränkt  werden  soll,  so  geschieht  dies  im  Lateinischen 
durch  Anknüpfung  des  Auszunehmenden  an  jene  Aussage  mittels 
nisi.  Es  macht  dabei  keinen  Unterschied,  ob  die  Ausnahme  das 
Subjekt  betrifft,  d.  h.  also  von  einer  Gesamtzahl  von  Subjekten,  fur 
die  ein  bestimmtes  Thun,  eine  bestimmte  Art  des  Seins  bestritten 
wird,  nachträglich  eines  oder  mehrere  ausgenommen  werden,  oder 
ob  Objekte,  adverbiale  Bestimmungen  anderer  Art  ausgesondert 
werden,  an  die  nicht  gedacht  werden  dürfe,  wenn  die  negative 
Aussage  Geltung  haben  solle.  So  also,  wenn  der  Satz  sein  nemo, 
nihil,  nunquam,  nusquam^  nullo  modo  eingeschränkt  bekommt  durch 
den  mit  nisi  eingeleiteten  Zusatz.  Es  zeigt  sich  dabei  eine  be- 
merkenswerte Erweiterung  des  Sinnes  von  nisi\  denn  dieses  selbe 
Wort  würde  doch  auch  da  aufzutreten  haben,  wo  gesagt  werden 
sollte,  ein  gewisser  Sachverhalt  bestehe  oder  bestehe  nicht,  wenn 
nicht  ein  anderer  Sachverhalt  sich  verwirkliche;  oder  jener  erste 
würde  bestehn  oder  nicht  bestehn,  wofern  nicht  ein  anderer  sich 
verwirklichte,  in  welchem  Falle  nisi  einen  Satz  mit  eigenem  Prädi- 
kate einleiten  würde,  nicht  blofs  ein  Satzglied  zu  dem  Prädikate  der 
verneinenden  Aussage,  nisi  hat  also  von  seiner  eigentlichen  Be- 
deutung, wonach  es  die  Annahme  des  Nichtbestehens  eines  Sach- 
verhaltes zum  Ausdrucke  bringt,  abgestreift  oder  ist  doch  fähig  sie 
gänzlich  von  sich  zu  thun.  Wenn  gesagt  wird  amicitia  esse  non 
potest  nisi  in  bonis,  so  ist  ja  keineswegs  gemeint,  Freundschaft  könne 
überhaupt  nicht  bestehn,  wenn  sie  nicht  etwa  unter  Guten  bestehn 
könne;  an  eine  solche  Möglichkeit  zu  denken  liegt  völlig  fem,  aber 
man  erkennt  immer  noch  leicht,  wie  von  einer  Gedankengestaltung  aus, 
die  eine  negative  Annahme  wirklich  noch  aussprach  und  aussprechen 
wollte,  der  thatsächliche  Gebrauch  sich  entwickelt  hat,   für  den  es 


VERMISCHTE  BEITRÄGE  ZUR  FRANZÖSISCHEN  GRAMMATIK.  59 

viel  weniger  auf  eine  negative  Aufstellung,  die  durch  eine  Aus- 
nahme eingeschränkt  würde,  ankommt,  als  auf  die  entsprechende 
positive  Aufstellung,  dafs  ein  gewisser  Sachverhalt  ausschliefslich 
bei  einem  bestimmten  Subjekt  oder  Objekt  oder  unter  bestimmten 
Umständen  statthabe.  Daher  kommt  auch,  dafs  die  negative  Auf- 
stellung vielfach  gar  nicht  mehr  in  voller  Entwickelung  auftritt,  nicht 
in  der  Form,  die  man  ihr  geben  würde,  wenn  sie  ohne  Einschränkung 
gelten  sollte,  sondern  gewissermafsen  verkümmert:  artem  non  odit 
misi  ignarus. 

Das  AltinuiEösische  hat  eine  ganz  entsprechende  Ausdrucks- 
weise, wenn  es  dem  negativen  Satze  die  Einschränkung,  durch  se . . 
non  eingeleitet,  folgen  läfst.  Dabei  darf  an  den  Unterschied  er- 
innert werden,  der  sich  daraus  ergiebt,  dafs  demjenigen  nisi^  das 
ein  eigenes  Prädikat  nach  sich  hat,  afz.  se.,  ne  y  mit  der  tonlosen 
Form  der  Negation  entspricht,  während  beim  Fehlen  eines  Verbums 
die  Negation  naturgemäfs  in  ihrer  eigentonigen  Form  auftritt.  Also 
S* or  ne  m* en  fut,  moli  criem  que  ne  t^en  perde,  Alex.  12  e;  dagegen 
a  venimeus  ei  a  felon  Ne  doit  Pan  feire  se  mal  non  y  Ch.  lyon  3358, 
an  welch  letzterem  Beispiel  man  aufserdem  einmal  die  eben  er- 
wähnte Verkümmerung  des  negativen  Satzes,  daneben  auch  die 
Trennung  von  se  und  non  durch  die  Bezeichnung  des  Auszunehmenden 
bemerkt,  welche  Trennung  für  die  alte  Sprache  die  Regel  bildet 
(weitere  Beispiele  bei  0relli4i5,  Burguy  II  395,  Mätzner,  Afz.  Lieder 
zu  XXn  14).  1 

Auch  darin  steht  dieses  afz.  se . .  non  dem  lat.  nisi  gleich,  dafs 
es  wie  dieses  auch  im  positiven  Fragesatze  steht;  und  zwar  geht 
der  französische  Gebrauch  wohl  noch  etwas  weiter.  Er  hat  nicht 
allein  statt  bei  Fragesätzen,  die  ein  quisy  quid  einleitet,  und  die 
geradezu  den  Sinn  einer  negativen  Aussage  haben,  sondern  auch 
in  Bestätigungsfragen,  die  darüber  Auskunft  verlangen,  ob  aufser- 
halb  des  Bereiches,  den  der  zwischen  se  und  non  stehende  Ausdruck 
angiebt,  ein  Sachverhalt  irgend,  im  geringsten  statthabe:  Set  le  donc 
nus  se  vos  dui  non?  Ch.  lyon  4605;  Sire,  por  coi  plores?  aves  vos  se 
bien  non?  Jerus.  2397;  eb.  5609;  avés  vous  se  bien  non?  Dormis  vous 
par  coustume  ensi  en  vo  roion?  Bast.  2722  (zu  einem,  der  zu  unge- 
wohnter Stunde  im  Bette  getroffen  wird)  ;  Ber  gier  ^  as  tu  se  bien  non  ? 
Rom.  u.  Past.  II  21,  17.  Ja  auch  in  Bedingungs-  oder  anderen  ab- 
hängigen Sätzen  unter  entsprechenden  Umständen:  ce  poise  moi.  Se 
avés  se  bien  non,  God.  Bouill.  250;  Moi  poise  qu'il  a  se  bien  non^  Barb, 
u.  M.  IV  421,  470  (Mont.  Fabl.  II  108).  Das  französische  se , .  non 
hat  dann  freilich  eine  weitere  Verwendung  noch  gefunden,  bezüglich 


*  Der  Wechsel  von  non  und  ne  hängt  nur  vom  Vorhandensein  oder 
Fehlen  eines  Verbums  ab.  Auch  in  rein  kondicionalem  Sinne  heifst  es  se,, 
non,  sobald  kein  Verbum  da  ist:  Por  deu  li  pri  huelle  mercit  en  ait.  Ou  se 
ceu  non  toute  joi^  me  fuit  ^  Bern.  LHs.  154, 5  î  Caries  H  manda  k*il  pr£sist  Gaifirr 
et  se  U  tramtsist,  U  se  ce  non,  sour  lui  iroit^  Mousk.  4086  ;  Qu*i!  le  sekeure 
errant  H  proie,   U  se  ce  non,  mors  est  et  pris.  Rich.  2563. 


6o  A.  TORLEK, 

deren  nisi  ihm  nicht  vorangegangen  war.  Ich  denke  dabei  nldtt 
daran,  dafs  man  wenigstens  bei  den  beiden  Dichtem  Baudonin  and 
Jehan  de  Conde  und  bei  Walriquet  '  sehr  häufig  senon  de  im  Sinne 
von  „entblöfst  von"  findet  :  II  ne  doit  mìe  rstre  sinon  D'une  vertu 
^ui  force  a  non,  JCond.  II  265,  141;  teat  a  de  hardit  le  non  Con 
voit  de  hardement  se  non,  eb.  I  113,  12;  Et  s'il  a  en  sa  tUre  aueun 
Qui  ne  soit  mie  de  ion  no»,  S'en  fare  le  pais  tenon  La  justiee  selom 
le  /ail,  BCond.  z8,  2^2.  Denn  wenn  Scheler,  nach  völlig  irriger  Auf- 
fassung bezüglicher  Stellen  des  älteren  von  den  Dichtem,  in  den 
Anmerkungen  zu  den  Gedichten  des  jungem  I  384  den  Sinn  der 
Stellen,  wo  es  vorkommt,  richtig  erkennend  dieses  senon  in  te  non 
zerlegt  hat,  so  hat  doch  er  selbst  in  dem  Glossar  za  seiner  Aus- 
gabe von  Froissarls  Gedichten  unter  senoee  que  diese  Auffassung 
preisgegeben  und  sich  dazu  entschlossen  in  dem  senon  eine  mit 
seaoec  nicht  blofs  gleichbedeutende  sondern  auch  etymologisch 
identische  Form  au  sehen,  worin  ihm  jeder  beipflichten  wird,  der 
die  genau  entsprechende  Verwendung  von  stnuec  (s.  Godefroy  unter 
tenoec)  beobachtet  und  das  erwägt,  was  Scbeler  über  die  Möglich- 
keit materieller  Identität  bemerkt  hat.  Also  nicht  hier  ist  eine 
Weiterentwicklung  des  Sinnes  von  se . .  non  zu  erkennen,  wohl  aber 
in  der  Verwendung  der  wiederum  durch  zwischen  gestellte  Wörter 
getrennten  Partikeln,  von  der  ich  im  Jahrbuch  f.  rom.  u.  engl.  Spr. 
u.  Lit  XV  249  gesprochen  habe  und  hier  ein  paar  weitere  Beispiele 
hinsiufüge:  A'e  veienl  borde  ne  maison  Ne  bore  ne  vile  te  bois  non. 
En.  282.  Ursprunglich  war  doch  der  Sachverhalt,  wo  se.,  non  zur 
Anwendung  kam ,  immer  so  beschaffen ,  dafs  das ,  was  zwischen  se 
und  non  gestellt  wurde,  eine  Ausnahme  bildete,  also  einen  engem 
Begriff  darstellti;  gegenüber  einem  vorher  bezeichneten  weitern  ;  eine 
Verneinung  war  ausgesprochen,  die  sich  auf  einen  weiteren  Umfang 
bezog  und  die  man  nachträglich  dahin  berichtigte,  dafs  etwas,  was 
innerhalb  jenes  weiteren  Umfanges  liegen  mufste,  als  von  der  ver- 
neinenden Aussage  nicht  mitumfafst,  ausgeschieden  wurde;  aus- 
scheiden, ausnehmen  läfsl  sich  doch  nur,  was  mit  anderem  zunächst 
vereint,  in  der  Vorstellung  einer  gröfaeren  Gesamtheit  zusammen- 
gefafsl  ist.  Logisch  genau  kann  man  wohl  sagen:  „sie  sehn  rings 
nichts,  wenn  nicht  Wald";  „von  dem,  was  dem  Blicke  zu  begegnen 
pflegt,  der  eine  weitere  Landstrecke  überschaut,  ist  nichts  da,  wenn 
nicht  Wald".  Hier  aber  wird  der  Wald  scheinbar  ausgenommen 
von  etwas,  unter  dessen  Begriff  er  gar  nicht  füllt.  Das  den  sprach- 
lichen Ausdruck  bestimmende  Denken  ist  hier,  wie  so  oft,  unlogisch; 
es  stellen  sich  gleichzeitig  zwei  ziemlich  gleichwertige  Gedanken 
ein  und  drängen  sich  zu  um  Form  zu  erbalten:  „sie  sehn  nichts, 
wenn  nicht  Wald"  und  „sie  sehn  keinerlei  menschliche  Niederlassung, 
sondera  einzig  Wald",  und  die  nicht  überlegende  Sprachpsyche 
drängt  die  beiden  Gedanken  in  den  einen  wunderlichen  zusammen. 

Hl  (HinneRau)    vom  Jiihr    1472    btinyt  Stheter  ¡D 


I 


VERMISCHTE  BElTKÄflE  ZL'R  FKANZÖtlSCHEN  GRAMMATIK.  6l 

Oder  vielleicht  darf  man  sich  auch  so  ausdrücken:  wenn  man  im 
Begriff  ist  die  um  Fassend  ere  verneinende  Behauptung  zu  gestalten, 
die  nachher  eine  Einschränkung  erleiden  soll,  drängt  sich  dem 
sprachgestaltenden  Denken  die  Vorstellung  dessen  auf,  was  auch 
oach  erfolgter  Ausscheidung  von  der  Verneinung  einbegriffen  bleibt, 
and  dieses  tritt  an  die  Stelle  des  weiteren  Begriffs,  während  gleich- 
wohl die  Form  der  Einschränkung  festgelialten  wird.  Je  n'i  voi 
\point  de  ¡raison ,  Sí  moll  grani  sais  non  et  raison ,  Thebes  Append. 
'M\  IO718;  ne  piueni  prandre,  pour  lisire  les  dras  desus  dis,  denrées 
-ttules  se  deniers  sis  non,  LMest.  395;  Brunetto  Latini  sagt  von  den 
Äthiopiern  ru  savent  (1.  sereni Ì)  que  est  mariage,  aims  oui  enir'tuìx 
femes  communaus  a  loue,  et  por  ce  avienl  que  nus  ne  conoist  pere  se 
mere  non,  171;  Et  Renart  qui  one  riot  bonli  Se  barai  non  el  tricherie, 
Ren.  5929  (Mxvi  1075);    Renar!  qui  onques  bien  ne  fisi  Se  mal  non 

desloiautez,  eb.  27069  (Mxi  3297);  der  Pfortner  ruft  den  Pochenden 
Qu'est  ee,  Iruans,  par  vo  ma/ciçon?  Ne  pois  pax  parler  se  kurter 
?  Mitth.  59,  18;  tal  ensi  cum  peris  est  quant  ¡i  orisons  est  trop 
(remetotise ,  ensi  nm  esl  il  mies  moens  grans  periz  si  plus  non  (tton 
minus,  imo  el  majas),  quant  ele  esl  oulrecuydieie,  SSBern.  143,  16);  et 
la  dame . .  Ne  valeit  pas  meins  se  meuz  non  Que  si  sires,  SAIex.  R  56  ; 
el  si  estoil  enteciés  de  bones  teees,  qtien  lui  n'en  avoìt  nule  mauvaise,  se 
bone  non,  Auc.  2,15;  Jo  n'i  ai  mie  mains  de  toi  se  plus  non.  Alise.  2 1 3 
(dazu  noch  ein  Beispiel,  wo  die  Ausnahme  ein  Verbum  hat  und  die 
Negation  daher  in  der  tonlosen  Form  auftritt:  ne  s'osoil  eniremetre 
De  sa  dame.,  aperlement.  Se  ee  n'estoit  eeleement,  Escan.  9379).  Der  Ver- 
stofs  gegen  die  Logik,  der  in  solchem  Verfahren  liegt,  erinnert  an  den 
ganz  ähnlich  gearteten,  den  jedermann  aus  dem  Griechischen  und  dem 
Lateinischen  kennt ,  und  der  sich  bei  dem  Gebrauche  von  aXXoc 
and  alius  zeigt,  wenn  man  sagt  „kein  Gras  noch  ein  andrer  Baum" 
„Wagen  und  andere  Lasttiere"  {s.  Kühner,  Ausführl.  Gram.  d.  lat. 
Spr.  II  478),  und  im  Romanischen  bei  den  Nachfolgern  von  aller 
(Si  Diei  1113  8^^_  wenn  es  heifst  „das  Kamecl  rannte  schneller  als 
anderes  Rofs".     Überall  hier    wird    zu    einem  Vorgestellten  ein 

'eites  als  „ander"  in  Gegenüberstellung  gebracht  ;  während  aber 
dieses  zweite  mit  dem  Namen  belegt  werden  sollte,  der  die  beide 
omfasseode  Gattung  bezeichnen  würde,  erhält  es  eine  Bezeichnuog, 
die  nur  ihm,  nicht  aber  jenem  ersten  gebührt.  Diez  hat  a.  a.  O. 
IQrs  Altfranzösiscfae  nur  eine  Belegstelle  gegeben,  wo  wie  in  den 
dazu  gestellten  mittelhochdeutschen  ein  Vergleich  vorliegt;  ich  stelle 
dazu:  Ja  le  ferrai  do  pi/  com  un  autre  mastin  (zu  einem  Menschen 
gesagt),  RMont  376,  10;  Buh  et  vaches  devis  garder  comme  vostre 
autre  frère  font,  Ferg.  14,  10;  La  le  lotirent  (Jesus)  con  un  autre 
larron,  Og.  Dan,  241;  Son  mesagc  apela,  qui  at  a  nom  Baudris;  Plus 
lost  çueurt  (auf  einem  Kameele)  par  montaigne  qu'autre  cheval  par 
près,  Gaufr.  122;  man  trifft  aber  gleichartigen  Gebrauch  auch  unter 
andern  Umständen  :  Les  ckiês  me  rendrís  ja ,  et  a'avris  autre  pats, 
RMonL  3S4,  28  (als  ob  Köpfen  eine  Art  des  Friedenschi iefsens 
wäre);  llluec  (im  kalten  Bache)  baigna  son  ß,  n'ot  aulre  baig  chaufi. 


02  A.  TOBLEK, 

PDuch.  26;  As  povres . .  Donrai  çou  que  f  avrai  del  cor^  Ja  tCen  ferai 
autre  trésor  y  Guil.  d'A.  1 24  ;  si  parent  la  tüeroient.  Ja  autre  merci  fCen 
avroienty  Méon  II  133,  136;  Pour  dames  fait  on  telle  chose  Que  pour 
autre  avoir  faire  n*ose,  RCcy  1594;  II  prent  ci  toute  sa  partie  (der 
Wucherer  bekommt  hinieden  schon  sein  Teil) ,  Ja  riavrà  autre  pa- 
radis ^  Méon  II  231,  473  ;  Foletas  si  honorée  Fait  ¡fien  a  soffrir;  Nuls 
autres  seiis  ne  m'agrée,  Bern.  LHs.  1 50,  2  ;  Bergerete^  a  dieu  remanes; 
Autre  forche  ne  vous  ferais  Rob.  u.  Mar.  212.  In  diesen  letzten 
Beispielen  trifft  man  überall  eine  negative  Aussage,  die  durch  die 
vorhergehende  positive  eine  gewisse  Einschränkung,  die  einzige  zu- 
gelassene, erfahren  würde,  nur  dafs  durch  den  vorher  gekennzeich- 
neten Fehler  im  Ausdruck  das  Verhältnis  der  zwei  Aussagen  ge- 
trübt ist  Wie  nahe  aber  diese  Ausdrucksweise  der  bei  se . .  non  be- 
trachteten steht,  wird  daraus  ersichtlich,  dafs  ganz  leicht  die  hier 
betrachteten  Sätze  in  solche  der  vorher  erörterten  Art  sich  umwan- 
deln lassen  :  neben  en  Piaue  froide  dou  rui  baigna  son  fil^  n*ot  autre 
baing  chaufé  würde  sich  mit  demselben  logischen  Fehler,  aber  richtig 
altfranzösisch  stellen  not  baing  chaufé  se  Piaue  froide  dou  rui  non; 
neben  teus  foletis  fait  a  soffrir,  nuls  autres  sens  ne  nCagree  darf 
man  setzen  nuis  sens  ne  m' agree  se  teus  foletés  non.  Wenn  in  Fällen 
letzterer  Art  das  afz.  se . .  non  von  der  Bedeutung  nisi  zu  der  eines 
sed  oder  genauer  „sondern  nur**  gekommen  ist,  die  ihm  aber  heute 
(wo  die  zwei  Wörter  zu  sinon  untrennbar  verbunden  sind)  nicht 
mehr  zusteht,  so  ist  bekanntlich  im  Spanischen,  wo  die  ursprüng- 
liche Bedeutung  noch  fortbesteht  (Diez  111*  412),  auch  die  zweite 
„sondern**  (nicht  „sondern  nur**)  durchaus  lebendig  (Diez  III*  411). 

Dafs  das  afz.  se  non  auch  ohne  dahinter  oder  dazwischen  tretende 
Satzglieder  vorkommt  (oder  gleichbedeutend  sc  ce  non)  und  dann 
einen  vollständigen  Kondicionalsatz  vertritt,  dessen  Inhalt  aus  dem 
Vorhergehenden  sich  ergiebt,  soll  uns  hier  weiter  nicht  beschäftigen; 
denn  mit  dem  ursprünglichen  und  vollen  kondidonalen  Sinn  von 
se  haben  wir  es  hier  nicht  zu  thun  (Ftmunerer  li  rqys  les  doit  abon- 
daument;  Se  non^  par  tout  iront  ^  e  est  drois,  recrêaumeni  (schlafi), 
G^luis.  I  290,  der  von  den  Rillem  im  Dienste  eines  Königs  spricht; 
Por  deu  ti  pri  IC  eile  mer  dt  en  ait^  Ou  se  ceu  non,  taule  joie  me  fuù, 
\^^T\\.  Lils.  154,  ^s). 

Dagegen  verdient  der  Umstand  noch  besondere  Erwähnung, 
dafs  die  einschränkende,  .\usnahme  anzeigende  Kraft  von  se  mit 
Negation,  und  zwar  tonloser  Ixàm  Verbum  und  mit  betonto:,  wo 
dieses  fehlt,  sich  auch  bei  positivem  Hauptsatze  zeigt  Qeomades 
hat  den  Durl^nt  gelx^ten,  ihm  Pinchonnet  zum  Begleiter  auf  eine 
.\usfalu1  mitzugelHTU.  Durl>ant  hat  dies  Wreitwilligst  gewährt,  aber 
gleiclizeitig  nolH?n  P.  zwei  v.HÌer  drei  weitere  von  seinen  Leuten  zur 
Ikniienung  angelxnen.  Darauf  antwortet  Cleomades:  trestous  seus 
ATen  ifM\  se  I^mAonmeí  nai,  Xsuui  fers  ^he  ¡ui  nem  memrai.  Cor 
/•i  4*1»  N-  m\H  riííi.*  a.V/\  A't  vêir:*  tiu'ui  Urs  ^ui  msner ^  Cleom.  11903. 
Jenes  sf  /!  ^\;;  käun,  wie  vier  Zusammenhang  zeigt,  nicht  heifsen 
»wenn   ich  dm  P.  nicht  halv**;   denn   P.  ist  ótsn   O.   bereits   fest 


VERMISCHTE  BEITRAG K  ZUR  FR  VNZÖSISCHEN  GRAMMATIK.  63 

zugesagt,  und  Cleomades'  eigene  Worte  beweisen,  dafs  er  auf  diesen 
Begleiter  sicher  rechnet  Die  Worte  se  P.  tCai  können  nur  be- 
deuten: „ich  werde  ganz  allein  reisen,  nur  dafs  ich  den  Pinchonnet 
mithabe/*  Es  tritt  also  hier  se  P.  tCai  zu  dem  positiven  Haupt- 
satze ganz  ebenso,  wie  es  zu  dem  negativen  Nului  o  moi  n'en  menrai 
hätte  treten  können,  oder  wie  se  Pinchonnet  non  an  letztere  Worte  sich 
angeschlossen  hätte.  Ähnlich  in  den  von  Löseth  überzeugend  her- 
gestellten Versen,  worin  Gautier  von  Arras  die  Kaiserin  Beatrix 
preist:  Mout  ama  dix  honor  de  feme  (Gott  hat  viel  zur  Ehre  des 
weiblichen  Geschlechts  gethan),  Quant  nestre  fist  si  hele  geme  y  Se  por 
ce  non  que  lor  valíame  Pert  mains  et  mains  a  d*aparance  Par  Voneur 
qu^en  cesti  s' aune;  Car  du  solel  palisi  la  lune.  De  la  lune  palist  r estolle ^ 
lUe  81  („aufser  darum,  nur  in  so  fern  nicht");  auch  hier  erfährt 
eine  positive  Aussage  eine  nachträgliche  Einschränkung,  wie  sie 
etwa  zu  dem  negativen  Satze  „eine  solche  Genossin  zu  bekommen 
war  für  die  anderen  Frauen  wahrlich  keine  Beeinträchtigung**  hätte 
hinzutreten  können;  ähnlich  He,  deuSy  com  il  en  parfu  liés  Del  re' 
tornir,  se  por  ce  non  Qiiil  estoit  en  grant  sospeçon  Qu  on  ne  li  vousist 
Vana  rendre.  Ombre  665.  Ähnliche  Fälle  erörtert  Ebeling  zu 
Auberee  522  ;  se  por  ce  non  que  , .  heifst  „(aus  keinem  andern  Grunde) 
als  weil . ."  und  dazu  gehört  korrekterweise  hier  jedesmal  ein 
„konnte  das  und  das  unterbleiben**;  an  die  Stelle  aber  dieser  ein- 
zuschränkenden Aussage  des  Nichteintretens  schiebt  sich  die  ein- 
geschränkte Aussage  des  Geschehens. 

In  der  heutigen  Sprache  besteht  von  den  besprochenen  Rede- 
weisen manches  noch  fort.  Nicht  in  Betracht  kommt  hier  dasjenige 
sinon,  welches  als  verkürzter  eigentlicher  Kondicionalsatz  bezeichnet 
werden  kann  {Que  la  fortune  soit  sans  reproche,  f  accepte  ses  faveurs; 
sinon  je  les  refuse,  Littré  unter  sinon  ^  Holder  §  237  1  3),  Dagegen 
lebt  das  alte  se . .  non  in  d  e  m  heute  untrennbaren  sinon  fort ,  das 
nach  negativen  oder  (mit  dem  Sinne  einer  Negation)  fragenden 
Sätzen  eine  Einschränkung  einführt,  wofür  Beispiele  zu  geben  über- 
flüssig scheint  (Holder  a.  a.  O.) ,  übrigens  auch  neben  positiven 
Sätzen,  mit  que  verbunden,  Sätze  einleitet,  die  einschränkende,  wo 
nicht  gar  aufhebende  Thatsachen  aussprechen:  Si  l'on  ne  me  di' 
couvre,  il  faut  que  je  m* expose,  Et  Vun  et  P autre  enfin  ne  sont  que 
mesme  chose.  Sinon  qu* étant  trahi  je  mourrais  malheureux ,  Et  que 
w^ offrant  pour  toi,  je  mourrai  généreux.  Corn.  Heracl.  IV  i  (von 
Littré  zitiert)!.  Dazu  ist  dann  weiter  noch  zu  bemerken,  dafs  auf 
eine  Zeit,  wahrscheinlich  infolge  des  Nebeneinanderbestehens  der 
gleichbedeutenden  Wendungen  ne . .  sinon  und  ne  . .  que,  auch  ne . . 
sinon  que  üblich  geworden  ist,  s.  Littré  sinon  Historique  am  Ende: 
un  estranger,  Qui  fia  rien  seur  sinon  que  le  danger.     Immer  noch  in 


^  Dieses  sinon  que  mit  dem  Indikativ  und  der  Bedeutung  „nur  dafs*' 
ist  nicht  zu  verwechseln  mit  dem  vom  Konjunktiv  begleiteten,  welches  heifst 
„es  sei  denn  dais'*  (=  à  moins  que . .  ne),  übrigens  auch  veraltet  ist,  s.  Haase, 
Frz.  Syntax  des  17.  Jahrh.  §  137,  5  Anm.  2;  ne  pourrez  ja  forvoier,  senon 
que  vous  vuiíle».    Man.  d.  lang.  394. 


04  A.  TOBUili, 

weitem  Umfaoge  üblich  ist  die  etwas  breitere  Redeweise  mit  n  te 
n'est,  sei  es,  dafs  ein  einzelnes  Satzglied  sich  daran  schliefse  und 
damit  eine  Ausnahme  angegeben  werde,  die  von  dem  enlsprechenden 
Satzgliede  des  meist,  aber  nicht  notwendig  negativen  Hauptsatzes 
zu  machen  ist,  sei  es.  dar»  ein  mit  gut  eingeleiteter  Sati  daraaf 
folge  und  das  Ganze  eine  Einschränkung  zu  der  vorhergehenden 
negativen  oder  positiven  Aussage  bilde  (bei  Littré  si  it)  sonderbare 
Unsauberkeit,  Mätzner,  Gramm,  g  2 jo,  Seeger  II  g  1 24).  Von  dem 
eigentlichen  kondicionalen  si  ce  n'tsl  ist  hier  keine  Rede. 

Neben  diese  erste  Reihe  von  Wendungen  stellt  sich  eine 
zweite,  bei  welcher  mais  {magis)  beteiligt  ist.  Sie  sol!  hier  nur 
etwas  flüchtig  betrachtet  werden;  einmal  weil  eine  erschöpfende 
Darlegung  der  Verhältiusse  sehr  viel  Raum  in  Anspruch  nehmen 
würde,  sodann  weit  die  hergehörenden  Erscheinungen  zum  gröfseren 
Teil  der  heutigen  Sprache  fremd  geworden  sind,  und  andererseits 
einige  der  nur  durch  mehrfache  Wandelungen  des  Gebrauches  er- 
klärbaren schon  so  früh  auftreten,  dais  ihrer  Entwickelung  anch 
jm  vulgären  Latein  nachgegangen  werden  mufs,  endlich,  weil  ich 
selbst  nicht  über  alle  in  Betracht  kommenden  Punkte  zu  festen 
Überzeugungen  gelangt  hin.  Die  Sache  ist  neben  anderen  von 
Dubislav  in  sehier  Dissertalion  „Über  Satzbeiordnung  für  Satz- 
unterordnung im  Altfranzosi.^hen",  Halle  1S88  behandelt  S.  26  S; 
aber  so  fleifsig  er  Beispiele  zusammengetragen,  so  richtig  er  im 
ganzen  das  Gefundene  gedeutet  und  so  sehr  er  sicli  bemüht  bat 
das  Beobachtete  zu  sondern,  so  ist  doch  die  eigentliche  Aufgabe, 
die  En  twi  ekel  un  g  der  mannigfaltigen  Gebrauchsweisen  aus  der 
eigentlichen  Bedeutung  der  verwendeten  Elemente,  nicht  nur  nicht 
gelöst,  sondern  kaum  in  Angriff  genommen.  Voran  zu  ätellcn  ist, 
dafs  mais  {magis)  in  der  alten  Sprache  auch  noch  „mehr"  heifat 
und  zwar  auch  in  dem  Sinne  eines  Mengewortes,  den  lat.  und  frz. 
sonst  plus  hat,  und  nicht  blofs  im  Sinne  von  „in  höherem  Grade". 
Dies  mag  sich  in  Denkmälern  des  Westens  vielleicht  öfter  nach- 
weisen lassen  als  in  andern,  ist  aber  sicher  auch  sonst  üblich  ge- 
wesen: Ne  vint  mie  sols  Acki/lès ,  Treì\s'\  milie  en  ot  0  lui  et  met. 
Troie  7524;  Gì  passe  attint  (in  dea  Sumpf  hinein)  . .  .  Aune  et 
dtmie  et  tncor  mais.  Cour.  Ren.  769;  Ou  ¡es  preis  {les  oublets)?  en 
as  tu  mes?  Ren.  3047  (M  xiv  241);  Mais  de  guáranle  teises  del  mur 
en  obatrai,  Karls  R  514;  Mais  i  ¡weil  de  vint  jornees  (es  war  bla 
dahin  ein  Weg),  SCath.  2622;  daher  dann  nett  mais  „nicht  mehr": 
Ma  meson  de  ci  est  moult  près;  Deux  Hues  i  a  et  non  mes,  Méon  Í 
131,  121  ;  quatre  mes  (Gerichte)  avoieni  sans  plus  et  non  mes,  Mousk. 
2965  ;  und  mit  ausdrücklicher,  nicht  blofs  stillschweigender  Ver- 
gleichung:  Que  la  ¡une  en  sun  curs  N'at  nient  mais  de  dis  jurz,  Ph. 
Thaon  Comp.  3324;  andere  Beispiele  bei  Godefroy  mats  i  S.  89  c; 
nnd  bemerkenswert  wegen  des  nicht  von  ne  begleiteten  Verbums: 
Dont  ¡'ostai  de  laení,  et  cani  il  l'en  geita,  Ne  mais  ke  guinae  jars  al 
sede  dimora,  P.  mor.  430  b.  Wie  sich  aus  der  Bedeutung  „mehr" 
die   weiteren  Bedeutungen  „weiter,  sonst,  fürderhin"  einerseits  und 


VERMISCHTE  BEITRÄGE  ZUR  FRANZÖSISCHEN  GRAMMATIK.  65 

»»vielmehr,  im  Gegenteil,  sondern"  ergeben  haben,  verfolgen  wir 
hier  nicht;  denn  dies  führt  uns  weder  zum  Verständnis  von  ne . .  mais 
{gué)  im  Sinne  von  lat.  non  nüt\  noch  zu  dem  von  mais  im  Sinne 
von  „aber**;  dagegen  haben  wir  den  Blick  auf  die  Fälle  zu  richten, 
wo  nach  negativem  Verbum  mais  das  Satzglied  einführt,  bezüglich 
dessen  der  Sprechende  eine  Einschränkung  der  negativen  Behauptung 
will  eintreten  lassen.  Nus  ne  set  sossiel  les  noveles ^  Mais  lor  ser» 
gant  et  lor  pucelesy  Ule  5450  ;  ne  furent  mes  il  dui,  MFce  I  456  (El.  794)  ; 
je  duil  sur  tei . .  que  jo  amoue  si  cume  la  mere  sun  fis  qui  liad  mais 
un  {sicut  mater  unicum  amat  filium  suum),  LRois  123;  Ne  purent 
trover  nul  ostel  Mais  au  temple  d*un  faus  autel,  SMagd.  30;  und  da- 
mit darf  man  verbinden:  ne  quiert  mes  qt^il  en  ait  honur ,  SThomu 
3997  (ähnlich  4051,  wo  //'  für  le  zu  setzen  ist),  wo  que  die  Kon- 
junktion ist,  die  den  Objektssatz  zu  quiert  einleitet  Man  hat  aller- 
dings neben  dieser  Redeweise  auch  eine  völlig  gleichbedeutende, 
die  auf  den  negativen  Satz  die  Einschränkung  durch  mais  que  ein- 
geleitet folgen  läfst:  Ne  li  faut  chose  .  .  Mais  que  santez  dont  il 
est  désir  ranz.  Am.  u.  Am.  2501  ;  qui  est  nuls  ki  puist  faire  nat  conci» 
ventent  d*orde  semence  mais  ke  tu,  sire?  SSBem.  41,  17;  mais  (fûrder) 
navrât  enfant  Mais  que  cel  sol,  Alex.  8  b.;  N^ot  gaires  de  possesion 
Mais  que  une  bone  maison,  Barb.  u.  M.  II  1 13,  4. 

Es  kann  scheinen,  von  dieser  letzteren  Redeweise  sei  auszu- 
gehen, sie  sei  die  unmittelbar  eher  verständliche,  indem  sie  ein 
qué  biete,  welches  nach  dem  Komparativ,  wenigstens  ursprünglich, 
nicht  habe  fehlen  können;  mais  heifse  „mehr,  weiter,  sonst"  und 
que  sei  quam.  Doch  ist  dies  nicht  ohne  weiteres  sicher:  einmal 
mufs  auffallen,  dafs  wir  an  Stelle  dieses  que  niemals  de  finden,  das 
doch  in  der  alten  Sprache  nicht  allein  vor  Zahlwörtern,  sondern 
vor  jeder  Art  von  Substantiven  und  Pronomen  die  Verbindung  mit 
dem  Komparativ  herstellt;  ferner  bleibt  unverständlich,  wie  ein 
solches  que  von  der  angegebenen  Bedeutung  jemals  hätte  wegfallen 
können  (Diez^  Aufstellung  UI^  400,  8,  i  ist  schon  mehr  als  einmal 
angezweifelt  worden;  wie  von  Littré,  Hist  d.  1.  lang.  frç.  I  137,  wieder- 
holt von  Hammesfahr,  Zur  Komparation  im  Altfranzösischen,  Strafs- 
burg 1881,  S.  35,  so  von  O.  Schultz,  Briefe  des  Raimb.  de  Vaq.  S.  74), 
während,  wer  die  hier  vorangestellte  Ausdrucksweise  für  die  ge- 
schichtlich vorangegangene  hält,  mit  Fug  wird  sagen  können,  das 
in  der  sinnverwandten  Konstruktion  mit  ne  .  .  que  unentbehrliche  que 
habe  sich  in  die  mit  ne  .  .  mais  ebenso  eingedrängt  wie  in  die  mit 
ne,. fors.  Wäre  dem  so,  dann  müfste  man  sagen,  die  älteste 
Form  des  Gedankens,  der  in  n^a  fil  mais  un  seinen  Ausdruck  findet, 
sei  gewesen  non  habet  filium  magi  s ,  {habet)  unum.  Dies  kann  in- 
sofern eine  etwas  gewagte  Annahme  scheinen,  als  in  der  angenom- 
menen Urform  wir  zwei  selbständige  Sätze  (allerdings  den  zweiten 
verkürzt)  vor  uns  haben,  in  der  thatsächlich  vorhandenen  dagegen 
nur  einen,  in  dem  auch  nicht  einmal  eine  Pause  gemacht  wird 
oder,  wenn  etwa,  dann  sicher  vor,  nicht  nach  mais.  A.ber  man 
bemerkt  ja   unendlich  oft  in  der  Sprache,   dafs   die   ursprüngliche 

Zdtschr.  £  rom.  Phü.  XX.  ^ 


66  A.  TOBLER, 

Bedeutung  auch  der  Satzverbindungsmittel  (gerade  so  wie  die  der 
einzelnen  Wörter)  im  häufigen  Gebrauche  sich  verdunkelt,  und  dafs 
infolgedessen  Betonung  und  Gliederung  der  Rede  sich  in  einer 
Weise  gestalten,  die  mit  der  durch  die  eigentliche  Natur  einer  be- 
stimmten Redeweise  gegebenen  durchaus  nicht  mehr  ûbereinstinom:it 
Man  bedenke  z.  B.  die  Betonung  von  „er  ist  klüger  denn  du", 
die  doch  völlig  dieselbe  ist  wie  die  von  „er  ist  klüger  als  du**, 
und  gänzlich  verschieden  von  derjenigen,  die  eintreten  muíste,  wenn 
wir  des  eigentlichen  Sinnes  der  Redeweise  eingedenk  wären  „er 
ist  klüger,  denn  (d.  h.  dann,  hernach,  erst  nach  ihm)  du".  Man 
vergleiche  „ich  weifs,  dafs  mein  Erlöser  lebt"  mit  „ich  weifs  das: 
mein  Eri.  lebt",  woraus  jenes  hervorgegangen.*  Oder,  um  zum 
Romanischen  zurückzukehren,  wie  schwer  wird  es  heute  beim  ersten 
Anhören  der  doch  zweifellosen  Thatsache  des  Ursprungs  von  car 
einem  jeden  sich  damit  vertraut  zumachen,  dafs  je  pourrais  décider; 
car  ce  droit  nC appartieni^  Lafont,  eigentlich  drei  Sätze  sind,  wovon 
der  zweite  ein  verkürzter  Fragesatz,  in  welchem  car  „warum?"  heifst, 
eine  Bedeutung  hat,  die  dies  Wort  noch  im  Provenzalischen  auf- 
weist, während  sie  im  Französischen  freilich  nirgends  sicher  nach- 
weislich ist  (andere  ziehen  vor  von  der  Bedeutung  „deswegen" 
auszugehen,  die  dem  lat.  quare  allerdings  auch  zukommt,  jedoch 
niemals  so,  dafs  ein  nachgestellter  Grund  damit  eingeführt 
würde,  und  die  im  Romanischen  nirgends  wahrnehmbar  wird). 
Noch  ein  Beispiel  ähnlicher  Art  gewähren  die  romanischen  Nach- 
folger des  lat.  Adverbiums  post\  denn  wenn  sp.  pues^  pr.  pus  (neben 
dem  betonten /ító/j),  \\.,  poi  (in  älterer  Zeit  dieses,  heute  nicht  mehr)^ 
dazu  dienen,  wie  unser  deutsches  „denn"  (eins  mit  „dann"), 
den  Satz  einzuführen,  der  den  Grund  zu  einem  Vorhergegangenen 
angiebt,  so  wird  sich  dies,  wofern  man  nicht  zu  der  unstatthaften 
Annahme  der  Weglassung  eines  qtu  seine  Zuflucht  nehmen  will, 
doch  auch  nur  so  erklären  lassen,  dafs  das,  was  uns  jetzt  Ein- 
leitung des  zweiten  Satzes  scheint,  eigentlich  ein  erklärendes 
Nachwort   zum    ersten    war,   hinter   welchem   der   zweite  Satz    erst 


*  Man  denke  an  das  allemann ische  drum^  das  den  einen  Grund  angebenden 
Satz  einleitet  oder  ihm  cinjjetügt,  keinesfalls  aber  mehr  durch  Pausen  von  ihm 
gesondert  wird,  wie  es  als  verkürzter,  den  Grund  ankûndender  oder  als  ver- 
kürztir  parenthetischer  Satz  doch  müfste,  auch  nicht  in  seiner  vollen  eigen- 
tonigen  Form  {darum) ,  sondern  in  verkürzter  proklitischcr  oder  enklitischer 
{drum).  S.  in  Hebels  Erzählung  „Ein  Wort  gicbt  das  andere":  Was  hat  ihm 
denn  gefehlt?  —  Drum  hat  er  zuviel  Luder  gefressen.  —  Ist 
unser  schönes  Haus  verbrannt?  Wann  das?  —  Drum  hat  man 
nicht  aufs  Feuer  acht  gegeben...  S.  auch  Schweizerisches  Idiotikon 
1231a:  I  ha  drum  das  nüd  gwüfst  (=  ich  habe  nämlich  das  nicht 
gewufst). 

*)  Diez III* 351  will  auch  puts  des  Altfranzösischen  dahin  stellen,  aber 
die  einzige  von  ihm  beigebrachte  Beweisstelle  At/^s  au  tect,  assez  avez  brauste. 
Puis  le  soleil  tombe  en  ces  bas  limites  stammt  erst  aus  Cl.  Marot  (und  zwar 
aus  II  489  der  grofsen  Ausgabe  vom  Haag  1731)  und  im  eigentlichen  Alt- 
französisch  scheint  derartiges  noch  nicht  vorzukommen. 


VERMISCHTE  BEITRÄGE  ZUR  FRANZÖSISCHEN  GRAMMATIK.         67 

nach  einer  gewissen  Pause  und  asyndetisch  ausgesprochen  wurde: 
no  lo  har¿^  pues  no  me  parece  á  propósito  „ich  werde  es  nicht  thun, 
denn  es  scheint  mir  nicht  passend'*  ist  kaum  anders  zu  begreifen, 
als  wenn  man  annimmt,  pues  habe,  wie  im  Deutschen  „denn"  (folg- 
lich) ursprünglich  zum  ersten  Satz  gehört  und  habe  dazu  gedient 
seinen  Inhalt  als  das  im  Verhältnis  zu  der  folgenden  Aussage 
eigentlich  zeitlich  Folgende,  dann  als  Wirkung,  Folge  sich  Ergebende 
zu  bezeichnen  imposi  hoc^  ergo  propter  hoc). 

Nehmen  wir  einstweilen  an,  die  ursprüngliche  Natur  des  n^a 
fil  mais  un  sei  erkannt,  und  verfolgen  wir  die  weiteren  Schicksale 
dieser  Redeweise  und  der  gleichbedeutenden,  nach  uns  daraus 
hervorgegangenen  n^a  fil  mais  quun.  Da  fallt  denn  als  merk- 
würdige Neuerung  zunächst  auf,  dafs,  während  doch  im  Hauptsatze 
das  Verbum  die  Negation  bei  sich  hat,  vor  dem  mais  y  das  die 
Einschränkung  einführt,  abermals  ein  ne  auftritt:  Une  nen  out  volenti 
Ne  mais  de  servir  dé^  Ph.  Thaon  Comp.  1698;  Enprès  la  mort,  de 
lur  onur  N^out  chescun\i\  ne  meis  sa  lungur,  Rou  III  122;  di  vieste- 
ment  (aus  Salamanderfaden)  ne  se  ptuent  laver  ne  mais  en  fu  ardant, 
Prestre  Jeh.  in  Ruteb.  U  463  ;  Beispiele  davon  smd  sehr  häufig,  auch 
an  vielen  Orten  bereits  gesammelt,  Orelli^  340,  Burguy  II  304, 
Godefroy  mais  S.  91  c,  Dubislav  S.  2Ö,  2;  dazu  en  li  (dem  Monde, 
wenn  er  nur  als  schmale  Sichel  erscheint)  nen  at  luur  Ne  nule 
resplendur  Ne  mais  que  en  Pur  et  Un  tut  sul  petitet,  Ph.  Tháon 
Comp.  1593;  Ne  n*unt  de  blanc  (die  schwarzen  Heiden)  ne  mais 
que  sul  ks  denz^  Ch.  Rol.  1934;  Ne  mais  que  dous  tien  i  ad  remes 
vifs^  eb.  1309;  N^en  remaine  avec  lui  m  mais  que  trente  et  sis  y  Ch. 
cygne  204.  Es  ist  dabei  nicht  allein  die  Wiederholung  der  Negation 
bemerkenswert,  die  gar  wohl  zu  begreifen  ist,  je  mehr  das  mais 
aus  einem  Bestandteil  der  negativen  Aussage,  die  ein  doppeltes 
ne  nicht  dulden  würde,  zu  einer  Einführung  des  einschränkenden 
Beisatzes  ward;  sondern  auch  das  Auftreten  der  Negation  in  ihrer 
tonlosen  Form.  So  wenig  dieses  heute  mehr  aufser  vor  dem  Verbum 
statthaft  ist,  so  zahlreich  sind  die  Fälle,  wo  in  der  alten  Sprache 
ne  auch  ohne  nachfolgendes  Verbum  auftritt  {neportant^  neporuec^  ne 
mais  „nicht  mehr**,  ne  mie^  ne  gaires,  ne  pas  ohne  Verbum,  ne  plus 
que  .  .  „nicht  mehr  als**  d.  h.  „ebenso  wenig  wie**,  ne  que  glbd.,  ne 
je,  ne  tu  s.  Verm.  Beitr.  I  2)  ;  es  lag  eben  in  all  diesen  Fällen  das 
Hauptgewicht  auf  dem  nachfolgenden  Worte,  oder  vielleicht  wirkte 
die  im  Hintergrunde  liegende  Vorstellung  der  unausgedrûckten 
Thätigkeit  kräftig  genug  um  dieselbe  Folge  herbeizuführen,  die 
beim  Vorhandensein  eines  Verbums  eintritt 

Weiter  ist  von  Wichtigkeit  zu  beachten,  dafs  vermöge  des 
nämlichen  logischen  Fehlers,  dem  wir  bei  der  Betrachtung  von 
se  .  .  non  begegnet  sind  (vin  ne  out  se  eve  non) ,  auch  dieses  mais, 
ne  mais  (ohne  oder  mit  que)  auch  so  gebraucht  wird,  dafs  die 
vorangehende  negative  Behauptung  keineswegs  umfassend  genug 
ist  um  das,  was  nachträglich  ausgenommen  wird,  mitzu begreifen, 
sondern  so  beschaffen,    dafs  Verneintes   und   von   der  Verneinung 

S* 


68  A.  TOBLER, 

Ausgeschlossenes  als  koordinierte  Teile  eines  nidit  zum  Ausdrucke 
kommenden  Oberbegriffes  nebeneinander  stehn  {n€  Out  vm,  ne  mais 
eve);  so  dafs  für  uns  die  Obersetzung  durch  „sondern"  näher  liegt 
als  durch  „aufser**.  Se  je  en  menoie  nCamü^  Nel  faisoie  por  ma  /olor 
Ne  por  li  metre  a  deshonor^  Ne  mais  por  li  prendre  a  moillier^  GuiL 
Pai.  4045 ;  Vous  naves  pas  les  Turs  mors  ne  desharetés ,  Ne  mais 
Jhesus  de  gloire  par  ses  saintes  bontés^  Ch.  Ant  II  274;  n*en  suleie 
home  servir  Ne  mes  sul  deu,  Gorm.  177;  en  sa  mule  point 
navoit  De  frain,  ne  mes  seul  lo  chevestre,  Méon  I  3,  43  ;  nule  enneur 
terrienne  ne  vtuil  aquerre^  mes  que  ta  loi  essaucier^  Turp.  II  59, 
9;  De  moi  ne  me  chaut  pointy  mes  que  de  ma  compaigne^  Gir.  Ross. 
75;  s.  Dubislav  S.  27.  Hier  stellt  sich  nun  die  Frage  ein,  ob  das 
einfache  mais  ohne  ne  und  ohne  que^  sofern  wir  es  nach  nega- 
tivem Satze  mit  „sondern"  zu  übersetzen  haben,  eben  dieses  un- 
logische „aufsei^'  ist  oder  nicht  eher  unmittelbar  magis  im  Sinne 
von  „vielmehr"  it  anzi.     Dies  mag  hier  unentschieden  bleiben. 

Dagegen  ist  hier  als  höchst  wichtig  für  die  weitere  Entwick- 
lung die  Thatsache  zu  er^vâhnen,  dafs  auch  nach  positivem  Satze 
die  Einschränkung  mittels  mais,  ne  mais,  mais  que  und  ne  mais  que 
eingeführt  wird  (wieder  in  Übereinstinmiung  mit  dem  bei  se . .  non 
Beobachteten).  Tote  es  toit  noire,  mes  un  bras  qu^ele  ot  blanc, 
MAym.  449;  Tuit  sunt  ocis  .  ,Ne  mais  seisante  que  deus  ad  espargmez, 
Ch.  Roi.  1 689  ;  Trestot  son  buen  li  ont  fait  otreier^  Ne  mais  del  boire, 
de  ce  Vont  espar gnié.  Cor.  Lo.  1 3 1 7  ;  En  dras  lo  couche^  Tot  lo  covre 
ne  mes  la  boche,  Méon  I  51,  417  (s.  Burguy  II  304,  Dubislav  26,  2, 
Godefroy  S.  91c);  Franceis  se  taisent  ne  mes  que  Guenelun;  En 
piez  se  drecet,  si  vint  devant  Carlun^  Ch.  Roi.  217;  issent  tuit  fors  .  . 
Ne  mais  que  vint,  qui  la  dame  ont  gardée,  Jourd.  2818;  Tout  se  lieveni 
ne  mais  k*aus  trois ,  F!,  und  Bl.  1 7 1 6  (mit  Casus  obi.  wie  in  der 
Stelle  aus  Ch.  Rol.,  vielleicht  weil  die  Präposition  fors  in  gleichem 
Sinne  auch  diesen  Casus  verlangt?). 

Wir  kommen  endlich  zu  dem  Falle,  wo  das,  was  durch  mais 
eingeführt  wird,  nicht  eine  Einschränkung  bildet,  die  nur  ein  Satz- 
glied des  vorangehenden  Satzes  betrifft,  sondern  wo  das,  w^as  auf 
mais  folgt,  eine  ganze,  selbständige  Aussage  ist,  die  als  Ganzes 
genommen  in  einen  gewissen  Gegensatz  zu  der  vorangehenden 
in  ihrer  Gesamtheit  tritt;  diese  bleibt  bestehen,  nur  dafs  sich  ihr  eine 
andere  an  die  Seite  stellt,  die  gleichfalls  anerkannt  werden  und  er- 
wogen werden  soll,  damit  die  Bedeutung  der  ersten  nicht  zu  hoch 
angeschlagen  wenie.  Man  könnte  etwa  durch  die  erste  sich  ver- 
leitet fühlen  Schlüsse  zu  ziehen;  die  sollen  durch  die  zweite  fem- 
gehalten werden;  man  könnte  jener  ein  Mafs  von  Gültigkeit  bei- 
legen, das  ihr  nicht  unbedingt  zukommt;  die  zweite  beugt  dem 
vor,  indem  sie  Thatsadien  zum  Bewufstsein  bringt,  deren  Bestehen 
die  Grenze  für  die  Richtigkeit  der  ersten  Aussage  bildet  Dies 
ist  das  mais,  das  wir  mit  „aber**  oder  „nur**  übersetzen,  wesentlich 
N-erschieden  von  dem,  das  dem  deutschen  „sondern"  entspricht, 
\'erschieden  einmal  insofern  als  letzteres  nur  nach  negativem  Satze 


VERMISCHTE  BEITRÄGE  ZUR  FRANZÖSISCHEN  GRAMMATIK.         69 

möglich  ist,  wahrend  ersteres  ebensogut  nach  positiver  Aussage 
auftreten  kann,  verschieden  aber  auch  dann,  wenn  beide  sich  nach 
negativer  einstellen  :  ersteres  stellt  der  Negation  eine  zweite  Aussage 
an  die  Seite,  die  einer  zu  weit  gehenden  Auslegung  der  ersten 
Schranken  setzt,  letzteres  führt  den  Ersatz  ein  für  das  durch 
die  Negation  Beseitigte;  man  kann  von  einem  einschränkenden 
und  einem  ersetzenden  mais  (oder  Einschränkung  einführend 
und  Ersatz  einführend)  reden  (Beispiele:  il  tCest  point  riche,  mais 
[aber]  sain;  il  tCest  point  riche,  mais  [sondern]  pauvre;  il  liest  point 
riche,  mais  il  Va  été  „aber"  oder  „sondern"  mit  verschiedenem  Sinn). 
Bei  welcher  Gelegenheit  darauf  hingewiesen  sein  mag,  dafs  im 
heutigen  Französisch  das  ersetzende  mais  (wahrscheinlich  weil  es 
mit  dem  andern  verwechselt  werden  könnte)  stark  zurücktritt,  und 
dafs  man  im  allgemeinen  empfehlen  darf,  „sondern"  gar  nicht  zu 
übersetzen,  ganz  besonders  da  nicht,  wo  vollständige  Sätze  vorliegen. 
Hier  übrigens  haben  wir  es  nur  mit  dem  einschränkenden 
mais  zu  thun,  das  heute  noch  fortbesteht,  aber  schon  in  ältester 
Zeit  auftritt:  Danz  Alexis  r espose t  bêlement;  Mais  de  cel  plait  ne  vol" 
sist  il  niente  Alex.  lOd;  Li  href  en  furent  fait ^  mes  ne  furent  livré, 
SThom.  2255;  natürlich  auch  nach  negativer  Aussage,  was  ja  das 
ursprünglichere  ist:  onques  mes  nel  virent  A  si  grant  feste  an  chantre 
antrer  Por  dormir  ne  por  reposer  ;  Mes  eel  jor  cinsi  li  avint^  Ch.  lyon 
49;  H  (der  König)  ne  deit  faire  a  clerc  rCa  iglise  defeis.  Ne  tolir 
rien  de\f\  lur ;  mes  mettre  i  pot  aeréis,  SThom.  58  (s.  den  Dit  des 
mais  in  Jub.  NRec.  I  181,  wo  jede  Strophe  dem  Lobe  je  eines 
Standes  ein  mais  folgen  läfst).  Die  ältere  Zeit  hat  aber  in  gleicher 
Weise  auch  noch  ne  mais  gebraucht:  .  .  Car  li  Turc  les  enchaucent, 
gui  sont  fort  et  legier;  Ne  mes,  diex  en  ait  los,  qui  tot  puet  justicier, 
N^ i  perdirent  H  nostre  vaillisant  un  somier,  Ch.  Ant.  II  153;  Tous  les 
estuet  morir  ou  estre  en  ma  haillie;  Ne  mais,  se  il  voloient  guerpir  lor 
loi  haie.  Aus  plus  riches  barons  donrai grant  manandie,  eb.  174;  se  je 
muir  chi,  A  con  mal  port  sont  arivé  Tuit  cil  qui  sont  de  moi  privé» 
Ne  mais,  se  dix  me  velt  conduire,  der  me  vendrai  ains  que  je  muire, 
Ille  606  (und  oft  in  diesem  Gedichte).  Bei  mais  que  und  ne 
mais  que,  die  wir  endlich  noch  in  gleicher  Verwendung  nachzu- 
weisen haben,  kann  oft  zweifelhaft  sein,  wie  das  que  aufzufassen  ist, 
ob  als  dasjenige  que,  das  wir  schon  früher  auch  vor  einzelnen 
Satzgliedern  neben  mais  gefunden  haben  und  das  in  letzter  Linie 
aus  quam  hervorgegangen  oder  doch  mit  ihm  gleichbedeutend  ist, 
oder  als  das,  welches  Subjekts-  und  Objektssätze  sonst  einleitet 
und  das,  unserem  „dafs"  in  „nur  dafs"  vergleichbar,  hier  zu  mais 
ebenso  hinzuträte,  wie  zu  den  zahlreichen  adverbialen  Ausdrücken 
der  Beteuerung,  der  Bejahung  u.  s.  w.,  von  denen  in  Venn.  Beitr. 
I  50  gehandelt  ist.  Ses  peres  est  frans  et  cortois.  Mes  que  d'avoir 
a  petit  pois  (nur  dafs  er  an  seiner  Habe  nicht  schwer  trägt),  Erec 
1652;  Aymeris  monte,  mes  que  poine  i  ot  grant,  MAym.  759;  A  muH 
grant  joie  fen  revont.  Mais  que  mult  las  et  pené  sont,  Guil.  Pal.  4240; 
Si  maudist  Veure  quUl  le  vit.   Mais  que   ce  fu  entre  ses  dens^  Rich. 


70  A.  TOBLER, 

4597;  und  mît  ne  mats  que:  Unkes  tCi  arestut ^  ne  mais  gu*un  poi 
manga,  Rou  II  2446;  Por  peu  qtûa  son  voloir  nel  moine  Li  diables^ 
qui  grani  force  a;  Ne  mais  que  Gavains  s'esforça  Por  la  pucele  qui 
ploroi.  Atre  per.  1363  (so  sind  die  Zeilen  zu  stellen);  envers  lui  ne 
volt  parler  Ne  il  nel  volt  plus  escolter,  Uentre  ses  homes  est  levez^ 
En  sa  chambre  s'en  est  entrez  y  Ne  mais  que  seul  itant  li  dist:  .  .  ., 
En.  3875. 

Endlich  treffen  wir  mais,  mais  qu€,  ne  mais  und  ne  mais  que 
vollständige  Sätze  einführend  auch  mit  dem  Konjunktiv. 
Wiederum  giebt  die  nachfolgende  Aussage  eine  Einschränkung  der 
voraufgehenden;  der  Thatbestand,  der  die  Grenze  bildet,  ist  jedoch 
nunmehr,  wie  der  Modus  anzeigt,  nicht  ein  als  wirklich  gedachter, 
sondern  ein  blofs  geforderter;  die  Aussage  des  Hauptsatzes  hat 
nicht  bedingungslose  Geltung,  sondern  wird  gethan  mit  der  Ein- 
schränkung, die  in  der  Annahme  liegt,  dafs  die  Thatsache,  die 
der  folgende  Satz  kennen  lehrt,  sich  verwirkliche;  auch  hier  kann 
der  vorangehende  Satz  negativ  oder  positiv  sein.  Im  Deutschen 
thut  ein  „nur**  mit  dem  Konjunktiv  oder  „wofern**  gleichen  Dienst: 
Mei  ne  ehalt,  sUl  nCaveit  ocis^  Mes  de  lui  fust  vengement  pris,  Troie 
16347;  N*at  cure  de  mesaise  ne  de  paine  a  soffrir^  Mais  salement  a 
lui  (Gott)  puist  a  der  rains  venir,  P.  mor.  65  d;  Mais  s*  ame  sauve  iert 
tote  voie^  Mais  Vapostoile  por  lui  proie  (fur  proit),  GCoins.  599,  252  ; 
Les  chevaus  prendrai  jo ,  mes  ne  vous  poist,  Aiol  3 5 30;  Mais  que  il 
fust  fervestus  et  armé,  Nés  doutroit  il  un  blanc  pain  buleté,  HBord.  145  ; 
Qu* ele  cuide  que  ele  truisse  Ostel^  mes  que  venir  i  puisse^  Ch.  lyon  4864  ; 
jel  vous  donrai  (le  guer redori)  Volentiers  a  vostre  plaiscir.  Ne  mais 
que  jel  puisce  aramir  (zusagen).  Atre  per.  2898. 

Damit  sind  zwar  nicht  alle  Verwendungen  von  mais  erschöpft 
—  es  bleiben  im  Gegenteil  recht  bemerkenswerte  unerörtert  — , 
aber  doch  die,  zu  deren  Betrachtung  die  Sinnesverwandtschaft  mit 
lat.  non  —  nisi  Anlafs  gab,  und  diejenigen  weiteren,  die  sich  aus 
jenen  entwickelt  haben  und  in  der  alten  oder  der  neuen  Sprache 
besonders  häufig  auftreten. 

Ein  weiteres  Wort  von  ausgedehntem  Gebrauche  unter  den 
Umständen ,  die  uns  beschäftigen ,  jedoch  von  Anfang  an  ebenso- 
wohl zur  Einführung  der  Ausnahme  von  positiven  wie  von  negativen 
Aufstellungen  ist  fors ,  nfz.  hors.  Was  seine  Herkunft  betrifft,  so 
entspricht  lat  fdrts  nach  Form  und  Sinn  vollkommen;  dafs  neben 
der  zunächst  allein  zu  erwartenden,  afz.  nicht  seltenen  Form  fuers 
(vgl.  euer,  mueri,  suer)  auch  fors  bestand  und  nfr.  keine  Form  mit 
eu  fortdauert,  ist  bei  der  Häufigkeit  der  tonlosen  Verwendung  des 
Wortes  (als  Präposition  und  als  Präfix)  leicht  verständlich.  Das 
auch  schon  im  Altfranzösischen  häufig  begegnende  h  im  Anlaut 
des  Wortes  betrachtet  man  nicht  mehr  mit  Diez  P  284  als  das  im 
Französischen  einzige  Beispiel  des  im  Spanischen  und  im  Gas- 
cognischen  allerdings  gewöhnlichen  Übertrittes  des  anlautenden  f 
¡n  hj  sondern  mit  Neumann  (Zts.  f.  rom.  Phil.  VIII  382  Anm.),  Ascoli 


VEKMISCHTB  BEITRÄGE  ZUR  FRANZÖSISCHEN  GRABIMATIK.         ^  I 

(Miscellanea  Caix-Canello  S.  444)  und  Meyer-Lûbke  (Gramm,  d.  rom. 
Spr.  IS.  511)  als  eine  Erscheinung,  die  zunächst  in  dem  Compo- 
situm de  foris  eintrat,  wo  intervokales  y"  ausfiel,  wie  in  reuser? 
biais t  écrouelle  (Meyer-L.  I  376),  und  die  sich  von  dem  Compositum 
auf  das  Simplex  ausdehnte.  Das  Wort  ist  zunächst  lokales  Ad- 
verbium: Li  palefroi  lor  sont  fors  irei^  Ch.  lyon  2622,  wird  oft  zu 
einer  präpositionalen  Verbindung  mit  de  hinzugesetzt:  Donc  en  ist 
fors  de  la  chambre  son  pedre,  Alex.  1 5  d,  wird  auch  selbst  eigentliche 
Präposition:  Li  rei\s\  Prianz  fu  fors  la  lice^  Troie  17092;  desur 
le  munt  fors  la  cité^  MFce  D  A  44.  Wenn  das  nämliche  Wort 
dazu  dient  ein  Substantiv  oder  ein  Pronomen  einzuführen,  welches 
etwas  von  einem  der  Satzglieder  einer  vorangehenden  Behauptung 
Auszunehmendes  bezeichnet,  entsprechend  ungefähr  dem  deutschen 
„aufser,  ausgenommen'',^  so  kann  sich  zunächst  die  Frage  erheben, 
ob  fors  ein  zu  dem  folgenden  Nomen  oder  Pronomen  im  Casus 
obliquus  prädikatives  Adverbium  sei,  wie  etwa  excepté^  hormis  in 
gleichem  Sinn  prädikativ  sind,  avec  in  anderem  Sinne  es  gewesen 
ist,  oder  aber  eine  Präposition.  Der  Umstand,  dafs  in  gleichem 
Sinne  auch  fors  de  begegnet:  Livré  Vont  a  la  damoisele  .  .  A  nor r ir 
et  a  maistroier  Fors  seulement  de  Valaitier^  FI.  u.  Bl.  182;  Fors  de 
cest  dit  tos  jors  ert  mue^  eb.  1 309,  spricht  zu  Gunsten  letzterer  Auf- 
fassung. Sicher  aber  ist,  dafs  wir  von  früh  an  vermöge  einer  leicht 
verständlichen  Attraktion  das  auf  fors  folgende  Wort  im  Casus  des 
Wortes  finden,  das  im  Satze  das  durch  eine  Ausnahme  Einzuengende 
bezeichnet,  also  im  Nominativ  wofern  das  Subjekt  eine  Einschränkung 
erfahren  soll.  Ist  ein  Objekt  einzuschränken,  so  wird  sich  nicht 
entscheiden  lassen,  ob  Attraktion  vorliegt  oder  der  Casus  obliquus 
durch  den  Gebrauch  der  Präposition  fors  selbst  herbeigeführt  ist 
(Ganz  Entsprechendes  hat  bekanntlich  bei  prœter  statt:  ne  quis 
prœter  armatus  violar etur  ;  senatus  .  .  consultum  facit^  ut  posthac  pueri 
cum  patribus  in  curiam  ne  introeant  prœter  Ule  unus  Papirius  u.  dgl. 
s.  Kühner,  Ausf.  Gramm.  II  420 ,  nur  dafs  im  Lateinischen  bei  der 
Vielheit  der  Casus  die  Verhältnisse  weit  mannigfaltiger  und  klarer 
sind  als  im  Französischen;  vgl.  „aufser"  im  Deutschen  Wb.).  Bei- 
spiele habe  ich  Venn.  Beitr.  I  223  von  beiden  Arten  der  Kon- 
struktion in  grofser  Zahl  gegeben;  darum  hier  nur  zwei:  Car 
riens  fors  moi  ne  porroit  endurer  Les  grans  travaus  ke  fai  por  li 
servir,  Lieder  des  Cast.  v.  Ccy  U  27;  Nou  savoit  uns,  nou  somit  une 
Fuers  soulement  li  dui  amant,  Pyr.  Malk.  39.  Es  kann  auch  zu  fors 
ein  que  treten,  wie  wir  es  bei  mais  gefunden  haben,  und  abermals 
wird  sich  fragen,  ob  es  das  dem  Sinne  nach  quod  entsprechende 
ist,  das  einen  Subjekts-  oder  Objektssatz  einführt,  oder  das  quam 
entsprechende,  das,  an  sich  entbehrlich,  dadurch  herbeigeführt  ist, 


*  Ein  Sinn,  den  fors  auch  ohne  folgendes  Substantiv  haben  kann:  Tuz 
cels  a  mis  Thomas  en  escummengement  Qui  a  vostre  fil  furent  a  sun  coro- 
nement  Et  cels  ki  consentant  en  furent,  ensement,  —  Dune  n^en  sui{s)  jo 
pas  fors,  dit  li  reis  erraument,  Sïhom.  4969. 


I 


I 


•J2  A.  TOBLER, 

dafs  es  bei  andern  negative  Satze  einschränkenden  Wendungen' 
ßlilicb  und  dort  auch  logisch  begründet  ist.  Mit  dem  ersteren 
haben  wir  es  zu  thun  in  //  ne  fist  teuUmenl  fors  que  son  elmi  osta, 
Gaufr.  14  (wo  die  Häufung  zu  beachten);  mit  dem  letzteren  in  iV  n'tf 
point  de  mal  aulte  pari  Fors  que  solemant  el  ceivel,  Ch.  lyon  2973 
(wo  auch  auire  pari  schon  überflüssig);  weitere  Belege  bei  Burguy 
11  354.  Seltsam  ist,  dars  zu  diesem  fors  que,  dem  kein  Salz  folgt, 
bisweilen  ein  tani  tritt,  verschieden  von  dem  spater  zu  betrachtenden, 
das  einem  mit  gue  eingeleiteten  Satze  zur  Stütze  dient;  hier  da- 
gegen möchte  man  eber  an  das  lat.  latilum  „nur"  denken,  zumal 
da  auch  seulement  öfter  in  gleicher  Weise  auftritt:  Car  il  n'aleni 
fors  tant  que  P eure  Que  H  Romain  soient  venus,  Claris  6178;  ye  n'ati 
ai  autre  porpans  Fors  que  tant  en  amor  servir,  Fol.  Trist,  8312 
(wobei  die  verschiedene  Stellung  bemerkenswert). 

Auch  hier  bemerken  wir  wieder  den  logischen  Fehler,  dafs 
mittels  fors  oder  fors  que  etwas  scheinbar ,  d.  b.  dem  eigentlichen 
Sinne  der  Worte  nach,  aus  einer  gröfseren  Gemeinschaft  ausge- 
sondert wird,  während  es  dieser  doch  gar  nicht  angehört,  das 
Ausgeschlossene  und  das  Obrigbleibende  vielmehr  koordiniert  sind 
und  beide  unter  einen  Oberbegriff  fallen,  zu  dessen  Erfassung  der 
Gedanke  des  Sprechenden  gar  nicht  vorschreitet.  Wir  können 
solchi  fors,  fors  que  nut  durch  „sondern"  übersetzen;  der  vorher- 
gehende Satz  ist  hier  immer  negativ:  Mes  n'i  out  un  sul  mol  par 
lot  de  vérité.  Fors  mult  grant  tricherie  el  decevableíf,  SThom.  2225; 
Ne  pot  de  grant  piece  parler.  Fors  seulement  lui  regarder,  Adam  lOI  C  ; 
ni  fih  rois  ne  seroil.  Fors  que  prevos  tant  solemeni,  Peain  Gatineau 
SMarL  6;  Conler  ne  vous  i  veuil  mençoigne.  Fors  que  droite  verità 
pure,  Watr.  381,  13;  s.  Scheler  zu  Bast.  479  und  zu  Tr.  Belg.  U 
48,  2,  Dubislav  S.  27. 

Endlich  kann  fors  oder  fors  que,  indem  es  nun  erst  recht 
förmliche  Konjunktion  wird,  einen  in  vollständigem  Salze  zum  Aus- 
drucke gebrachten  Thatbestand  als  Ganzes  einer  Behauptung  folgen 
lassen  in  dem  Sinne,  dafs  diese  an  jenem  eine  Beschränkung  ihrer 
Gültigkeit  zu  finden  habe.  Le  fruit  des  arbres  lor  mèïs  a  liondDn. 
Fors  d'un  pomier  lor  veasies  le  don.  Cor.  Lo.  983  („blofa  dafs",  „nur"); 
X'ele  n'ont  SÌ  haut  conseillier  Qui  lors  la  seusl  eonseillier;  Fors  ¡i 
mareschas  lote  voie  La  fisi  lantosl  metre  a  la  voie,  Gui I.  Mar.  197; 
Iules  les  vus  rend.  Fors  la  ri'ine  me  douce  salement,  Asprem.  in  Rom. 
XIX  209,  126,  in  welchen  Fällen  auch  eine  Axt  tuto  xoivov  vor- 
liegen katm.  Statt  eines  damit  gleichbedeutenden,  eine  ganze  be- 
schränkende Aussage  einführenden  fors  que  findet  man  fors  tant 
y  uè,  wobei  natürlich  que,  da  es  durch  tani  vorbereitet  ist,  nur  „dafs" 
sein  kann:  Mais  Rouans  tout  oulreement  La  bataille  Agoulanl  vençui, 
Ki  faite  fu  devant  cesti,  Fors  latti  que  Ernaus  de  Biaulande  En  ot 
¡OS  el  painne  moult  grande,  Mousk.  5722;  seltsam  ist  el  porioienl  les 
armes  au  soudane,  fors  que  tant  que  il  y  avoil  differente,  joinv, 
i8Sd.  Auch  hier  kann  die  einschränkende  Thatsache  eine  blofs 
geforderte  sein  und  infolgedessen  dasVerbum  des  einschränkenden 


VERMISCHTE  BEITRÄGE  ZUR  FRANZÖSISCHEN  GRAMMATIK.         73 

Satzes  im  Konjunktiv  stehn.  Der  Sinn  eines  solchen  fors  que  ist 
wie  der  von  maü  que  gleich  dem  des  deutschen  „nur*'  mit  Kon- 
jonktiv  oder  „wofern  nur";  De  mon  non^  fait  cil^  que  vus  chalU  Fors 
qui  vostre  fiz  menge  e  aut  Tut  sain  e  sauf  en  cest  veage?  Tob.  674, 
andere  Beispiele  bei  Dubislav  S.  30,  5. 

£s  ist  schon  mehrmals  vorübergehend  auf  merkwürdigen  Über- 
schwang der  Rede  hingewiesen  worden,  auf  gleichzeitige  Ver- 
wendung von  Redeelementen,  die  einander  im  Grunde  ausschliefsen  ; 
dergleichen  kommt  auch  noch  in  andern  als  den  bereits  vorge- 
fundenen Formen  {nul  autre  f  ors,  nul  fors  solement^  ru  mais 
quey  fors  que)  vor: 

Laòtenus  ne  li  sien  n'entendirent  fors  a  Inditiomarus  chacier 
non^  Faits  des  Romains  in  Rom.  XIU  9;  Ne  sache  ja  que  ce  sera 
Fors  qu^en  ceste  maniere  non,  Jongl.  et  Tr.  117;  Ft  si  nen  ai  costei, 
serre  ne  plaissëis  Ne  mais  fors  une  cave,  God.  Bouill.  263. 

Die  einfachste  der  Wendungen,  die  der  Sprache  zur  Ver- 
fügung stehen  um  von  einer  Verneinung  eine  Ausnahme,  eine 
Einschränkung  zum  Ausdrucke  zu  bringen,  ist  die  mit  ne  , ,  que, 
d.  h.  also  die  Anwendung  der  einfachen  d.  h.  von  keiner  Nennung 
eines  Minimal betrages  begleiteten  Negation  (in  tonloser  Form  neben 
dem  Verbum)  und  desselben  que,  das  nach  Komparativen  und  nach 
autre  auftritt  und  auf  quam  zurückgehen  wird,  jedenfalls  dessen 
Funktionen  übernommen  hat  Die  Einschränkung  einer  allgemeinen 
Verneinung  durch  einen  Zusatz,  der  besagt,  dafs  diese  für  ein  be- 
stimmtes Objekt,  eine  bestimmte  Modalität  nicht  gelten  solle,  kommt 
der  positiven  Aussage  gleich,  ein  Geschehn  habe  einzig,  aus- 
schliefslich,  nur  mit  Bezug  auf  ein  Objekt,  eine  Bestimmung 
statt.  Es  liegt  aber  in  der  Natur  der  Dinge ,  dafs  ne  .  .  que  nicht 
überall  da  zur  Anwendung  kommen  kann,  wo  deutsches  „nur*'  zu- 
lässig ist:  einmal  da  nicht,  wo  „nur**  zum  Verbum  selbst  gehört, 
alles  Thun,  Geschehn,  Sein  mit  Einer  Ausnahme  in  Abrede  gestellt 
werden  soll,  weil  in  diesem  Falle  que  vor  dem  Verbum  zu  stehen 
hätte,  för  die  Negation  aber,  die  nur  vor  einem  Verbum  stehen 
kann,  gar  keine  Stelle  übrig  bleibt;  bekanntlich  wird  in  diesem 
Falle  das  einfache  Verbum  in  zwei  Elemente  aufgelöst  oder  zerlegt, 
in  das  Verbum  òtuium  faire,  das  das  Thun,  die  Thätigkeit  im 
allerweitesten  Sinne  bezeichnet,  und  einen  das  Objekt  dazu 
angebenden,  hier  die  besondere  Art  desThuns  ausdruckenden 
Infinitiv;  so  wird  denn  jede  Art  des  Thuns  mit  Ausnahme  der 
einen  in  Abrede  gestellt,  wenn  man  sagt  il  ne  fait  que  rire. 
So  auch  schon  altfranzösisch,  wo  andere  gleichbedeutende  Wen- 
dungen daneben  bestehen:  üi'/rw/r^  son  chemin  atome;  Ne  fait  que 
monter,  ti  s'en  torne.  Barb.  u.  M.  I  96,  1 2  ;  Vos  ne  fetes  que  vos  honir, 
eb.  IV  365,  4  ;  Il  ne  ^en  fesoit  que  gaber,  Ren.  20736  (Mxii  246), 
wobei  die  Stellung  des  tonlosen  Pronomens  zu  beachten;  daneben: 
n^ en  font  se  rire  non,  BSeb.  XVI  ly,  Ge  ne  me  fas  se  jöer  non, 
Ren.  25630  (M  XI  1274)  oder  Ne  fait  fors  sol  emeni 
Ferg.  48,  34. 


74  A.  TOBLEK, 

Soll  ein  Subjekt  als  das  einzige  zu  einem  Prädikate  zu 
denkende  hingestellt  werden,  so  duldete  zwar  die  alte  Sprache  das 
einfache  Verfahren,  wonach  das  voranstehende  Subjekt  ein  que  zu 
sich  nahm,  die  Negation  erst  nachher  ausgesprochen  wurde:  Ouns 
seus  jugieres  riesig  et  ch'est  le  fiex  Marie^  BSeb.  XV  107 6;  fontaine 
enclose  Ou  que  un  seul  approchier  n^ose,  Peler.  V  1042;  denn  die 
Einschränkung  vorantreten,  die  allgemeine  Verneinung  folgen  zu 
lassen  trug  wenigstens  die  Dichtersprache  kein  Bedenken:  Et  que 
quatorze  ne  furent  li  marcis^  HBord.  250;  (Tun  escuter  aveuc  vous  ne 
menréSt  eb.  265;  De  povres  que  douze  n^i  a,  VGreg.  I  994.  Doch 
die  heutige  Sprache  läfst  dies  nicht  mehr  zu.  Sie  kann  aber  immer 
noch  dann  mit  dem  negierten  Prädikate  und  dem  que  auskommen, 
welches  das  Ausnahme  bildende  Subjekt  einfuhrt,  wenn  das  Subjekt 
dem  Verbum  nachsteht:  il  ne  reste  que  cent  francs  ;  il  n*est  arrwé 
qu'un  petit  nombre  cTitrangers.  Auch  kann  sie  zu  einem  Verfahren 
greifen,  das  dem  beim  Verbum  eingeschlagenen  entspricht:  sie  kann 
das  Prädikat  verneinen  mit  Bezug  auf  ein  in  der  denkbar  unbe- 
stimmtesten Weise  ausgedrucktes  Subjekt,  rien  y  wenn  an  Sachen, 
««/,  personne^  wenn  an  Personen  zu  denken  ist,  und  auf  dieses  oder 
auf  das  verneinte  Prädikat  que  mit  dem  Ausnahme  bildenden  Sub- 
jekte folgen  lassen:  rien  n*est  beau  que  le  vrai;  Nul  que  Dieu  seul 
et  moi  n^en  connaît  les  chemins^  Lafont  F.  X  3,  28.  Daneben  besteht 
nun  noch  die  Möglichkeit  dem,  was  Subjekt  sein  könnte,  eine 
ganz  andere  Stellung  in  der  Aussage  zu  geben:  //  n'y  a  qiiun  goût 
barbare  qui  ait  besoin  de  ce  stimulant',  das  zu  verneinende  Prädikat 
oder  das  Prädikat,  zu  dem  es  nach  der  Meinung  des  Redenden 
nur  Ein  Subjekt  giebt,  wird  in  die  Form  eines  beziehungslosen 
Relativsatzes  gebracht,  welcher  Objekt  zu  il  n*y  a  wird  ;  damit  wird 
das  Vorhandensein  von  Seienden,  von  denen  der  Inhalt  des  Relativ- 
satzes auszusagen  wäre,  bestritten,  vor  dem  Relativsatze  aber  que 
mit  dem  Akkusativ  der  Ausnahme  eingeschaltet.  Für  den  Relativ- 
satz ist  im  Grunde  der  Konjunktiv  der  richtige  Modus;  denn  der 
Thatbestand,  den  dieser  Satz  aussagt,  ist  ja  ein  blofs  gedachter, 
dessen  Wirklichkeit  der  Hauptsatz  ausdrücklich  bestreitet.  Es  ist 
aber  leicht  begreiflich,  dafs  nicht  selten  auch  der  Indikativ  be- 
gegnet; denn  dem  Relativsatze  geht  ja  die  Angabe  der  Ausnahme 
voran,  für  welche  die  Thatsächlichkeit  des  im  Relativsatze  Aus- 
gesagten ausdrücklich  zugegeben  werden  soll.  Geht  doch  die 
Wirkung  dieses  vorangestellten  Gliedes  oft  auch  so  weit,  dafs  die 
Person  des  Verbums  im  Relativsatze  sich  nach  dem  die  Ausnahme 
darstellenden  Worte  richtet  (il  n*y  a  que  vous  qui  le  sachiez^  .  .  que 
nous  qui  le  sachions),  vgl.  Verm.  Beitr.  1  160.  —  Andererseits  kann 
einem  in  der  eben  angegebenen  Weise  gebildeten  beziehungslosen 
Relativsatze  die  Stellung  eines  nachträglichen  erklärenden  Ersatzes 
zu  einem  ce  gegeben  werden,  welches  Subjekt  zu  n^est  ist,  und  zu 
diesem  für  sich  völUg  sinnlosen  n^est  tritt  dann  als  einzig  zugelas- 
senes Prädikat,  durch  que  eingeführt,  die  Bezeichnung  des  Aus- 
genommenen.    Hier  muís  der  Relativsatz  im  Indikativ  stehn;  denn 


VERMISCHTE  BEITRÄGE  ZUR  FRANZÖSISCHEN  GRAMMATIK.  75 

an  NichtWirklichkeit  des  darin  Ausgesagten  wird  keinen  Augenbh'ck 
gedacht  Die  Wendung  mit  il  y  a  wird  im  allgemeinen  vorzuziehen 
sein,  weil  sie  die  minder  zweideutige,  vollkommen  klar  ist,  während 
die  Wendung  ce  rCest  que  neben  der  Auffassung  „es  ist..,  mit  Aus- 
schlufs  alles  andern"  auch  die  andre  zuläfst  „es  ist  weiter  nichts, 
es  ist  nicht  mehr."  Attraktion  des  Relativsatzes  hinsichtlich  der 
Person  des  Verbums  ist  auch  hier  möglich.  S.  über  diese  beiden 
Wendungen  Seeger  II  §  i6o,  Holder  §  211  III  i. 

Was  Littré  unter  dem  zweiten  que  14  gegen  Ende  bemerkt, 
dais  ne . .  que  mit  einem  Komparativ  oder  mit  trop  ,,seri  à  affirmer  plus 
/ortement^\  was  man  von  „nur"  dann  auch  zu  sagen  hätte  („durch 
diese  Entschuldigung  wird  dein  Fehler  nur  schwerer";  „der  Vor- 
wurf ist  nur  zu  berechtigt"),  verdient  einen  Augenblick  der  Be- 
trachtung, damit  klar  werde,  wodurch  diese  „nachdrücklichere  Be- 
hauptung'* zustande  kommt.  Sie  ist  das  Ergebnis  davon,  dafs  durch 
ne  ..  que  jede  prädikative  Bestimmung  aufser  der  durch  que  einge- 
führten ausgeschlossen,  als  unzutreffend  beiseite  geschoben  wird; 
und  es  liegt  auf  der  Hand,  dafs  eine  Prädicierung  dann  mit  gröfserem 
Nachdruck  gethan  wird,  wenn  man  sie  als  die  einzige  zulässige 
hinstellt,  als  wenn  sie  ohne  solchen  Nebengedanken  geschieht. 
„Dein  Fehler  wird  nur  schwerer"  kommt  ungefähr  gleich  einem 
„er  wird  nicht  etwa  leichter,  er  bleibt  auch  nicht  gleich;  man  kann 
von  der  Entschuldigung  nicht  andere  Wirkungen  für  deinen  Fehler 
aussagen,  als  dafs  er  noch  schwerer  wird." 

Und  hier  mag  auch  der  weiteren  eigentümlichen  Verwendung 
von  ne . .  que  gedacht  sein,  welche  von  der  oben  erwähnten  äufser- 
lich  kaum  merklich  verschieden,  doch  unter  ganz  abweichenden 
Bedeutungsverhältnissen  einzutreten  scheint.  Wir  sahen,  dafs  /'/  ne 
fait  que  dormir  heifst  „all  sein  Thun  beschränkt  sich  auf  Schlafen", 
„er  schläft  nur**,  wissen  aber,  dafs  „1/  ne  fati  que  de  dormir^*  heifst 
„er  hat  eben  geschlafen"  (Holder  §  158  am  Ende,  lÀiiré  faire  70, 
Mätzner  Gr.  §  148,  4,  wo  es  heifst  „in  il  ne  fait  que  de  sortir^  er 
ist  eben  hinausgegangen,  entspricht  der  Infinitiv  einem  Genitiv** (!), 
Seeger  I  §  13,  4,  Lucking  %^22  A.  i,  nirgends  eine  Erklärung).  Zum 
Verständnis  dieser  Ausdrucksweise  ist  zunächst  im  Auge  zu  be- 
halten, dafs  mit  dem  Präsens  il  fait  (und  Entsprechendes  kann 
man  vom  Imperfectum  sagen)  nicht  allein  ein  den  gegenwärtigen 
Augenblick  samt  der  Vergangenheit  und  der  Zukunft  erfüllendes 
Thun  ausgesagt  werden  kann,  sondern  auch  ein  den  gegenwärtigea 
Augenblick  allein,  im  engern  Sinne,  namentlich  im  Gegensatze  zu 
bevorstehenden  Momenten  erfüllendes,  der  Art,  dafs  il  ne  fail  que 
commencer  nicht  allein  heifsen  kann  „er  fängt  (immer)  blofs  an**  (und 
bringt  nie  etwas  zu  Ende),  sondern  auch  „(im  Augenblick)  beschränkt 
sich  sein  Thun  auf  ein  Beginnen**  (später  wird  er  fortfahren  und 
vollenden),  also  „er  fangt  erst  an*^,  dem  Anfangen  ist  weiteres  noch 
nicht  gefolgt.  Und  eben  dies  soll  ja  hier  gesagt  werden:  ein  Ge- 
schehn  sei  eben  in  die  Wirklichkeit  getreten,  weiteres  habe  sich 
ihm  noch  nicht  angeschlossen.     Man  vergleiche   damit   die   gleich- 


76  A.  TOBI-ER. 

bedeutende  Verwendung  von  venir  mit  de  und  einem  Infinitiv, 
gleichfalls  ausgesagt  wird .  dafs  zwischen  der  durch  den  Infinitiv 
bezeichneten  Tbätigkeil  und  dem  Augenbücke  des  Redens  eine 
weitere  nicht  liege,  sonst  „käme"  man  von  dieser  letzteren  oder  stünde 
doch  in  ihr  ;  nur  ist  freilich  der  konkrete  Sinn  von  venir  selten 
mehr  so  deutlich  erkennbar  wie  in  Approthe.  D'oà  vitnt-hi?  — 
De  laisser  la  princesse  voire  mère,  qui  t'en  allait  vers  le  temple  d'Apollon, 
Mol.  Amants  magnif.  II  2.  Zweitens  aber  ist  zu  bemerken,  dafs 
die  Verwendung  eines  de  nach  que  hier  unmittelbar  gerei-htfertigt 
nicht  ist;  zu  dem  umschreibenden /i/iw  sollte  eigentlich  der  In- 
finitiv nut  als  Accusati vobjekl  treten.  Das  Auftreten  des  de  nach 
que  wird  daraus  zu  erklären  sein,  dafs  in  gewissen  andern  Fällen 
der  Infinitiv  gleich  gut  durch  que  de  wie  durch  blofses  qtu  einge- 
führt wird  (vgl.  Verm.  Beitr.  I  12  und  I  13;  Oh,  l'utile  teeret  que 
mentir  ä  propos!  und  c'est  une  chose  bien  slrieuse  que  de  mourir). 
Jedenfalls  aber  ist  die  Unterscheidung  zwischen  ne  faire  que  und 
ne  faire  que  de,  wie  sie  heute  durch  die  Grammatiker  (seit  Vaugelas) 
sanktioniert  ist,  völlig  willkürlich  und  erscheint  noch  bei  den  besten 
Schriftstellern  des  17.  Jahrhunderts  nicht  eingehallen,  s.  die  Bei- 
spiele bei  Haase  g  88  A.  3  ;  auch  noch  bei  J.  J.  Rousseau  kann  man 
zweifelhaft  sein ,  welchen  Sinn  er  der  Wendung  beilegt ,  wenn  er 
sagt  :  au  printemps,  la  campagne,  presque  nue,  n'est  encore  couverte  de 
rien;  les  bois  n'offrent  point  d'ombre,  la  verdure  ne  fait  que  de  poindre, 
Œuvr.  II  130.  Komisch  ist  die  Deutung  der  Konstruktion,  die 
JuUien,  GDurs  sup.  I  25Qa  mittels  einer  der  bei  ihm  so  hoch  in 
Gunst  stehenden  Elhpsen  verbucht:  „i'Z  ne  fait  que  (ergänze:  ceci, 
savoir,   il  vient)  de  sortir". 

Haben  wir  bisher  immer  eine  ausdrücklich,  förmlich  negative 
Aussage  durch  ein  nachfolgendes  (alt  auch  durch  ein  vorangehendes] 
mittels  que  eiogeführtL's  Satzglied  eingeschränkt  gefunden ,  so  ist 
doch  anzuerkennen,  dafs  die  dem  Sinne  nach  negative  Aussage, 
die  solche  Einschränkung  erfahrt,  auch  in  Worten  liegen  kann,  die 
die  eigentliche  Negation  ne  nicht  enthalten.  Dies  ist  einmal 
da  der  Fall,  wo  Wörter  wie  personne,  rien,  nul,  aucun  in  unvoll- 
ständigen Sätzen  ohne  Verbum ,  somit  auch  ohne  ne  neben  sich 
auftreten;  dann  ferner  da,  wo  die  Frage  nur  rhetorische  Form  zmn 
Ausdruck  entschiedener  Verneinung  ist  (Et  quand,  charmante  Elise, 
a-t-on  vu,  fil  vous  plaît.  Qu'on  cherche  auprès  des  grands  que  son  propre 
intirSt?  Mol.  Dom  Garcie  II  i);  weiter,  wo  durch  sans  etwas  aus- 
geschlossen ist,  wovon  nachher  doch  wieder  ein  Teil  zugelassen 
wird  (,¡/í  vous  dérange?"  dit -il  en  ¡'inclinant  et  sans  prendre  que  du 
bout  des  doigts  la  main  qu'elle  lui  avait  tendue,  Bourget,  Cosmop.  170); 
wo  bedingungsweise  ausgesprochene  Verwünschung  den  Sinn  der 
Verneinung  hat  (je  veux  fire  pendu  si  j'ai  bu  que  de  l'eau.  Mol. 
Amphitr.  U  1);  auch  nach  weniger  nachdrücklichen  Verneinungen, 
wie  sie  in  ('/  esl  difficile  „es  kommt  nicht  leicht  vor",  je  doute  „ich 
bin  nicht  überzeugt"  u.  dgl.  Dies  bedarf  weiteren  Nachweises  nicht, 
3.  Little  2  que  10,  Haase  g  138  A.  2;  auch  die  alte  Sprache  gewährt 


VERMISCHTE  BEITRÄGE  ZUR  FRANZÖSISCHEN  GRAMMATIK.  77 

Beispiele  davon  in  grofser  Zahl  :  Ja  mar  iront  o  vous  que  soul  cent 
chevalier f  RÂlix.  351,31;  Ja  mar  i  avreit  que  un  us  (Thür) ,  Chast 
XII  19,  wo  das  eigentlich  Unheil  androhende  mar  den  negativen 
Sinn  birgt;  A  pcànes  sui  entr'eus  une  heure  Qu* en  bas  et  a  vilté  tenue 
(wo  nicht,  wie  Scheler  meinte,  in  der  zweiten  Zeile  ein  sui  zu  er- 
gänzen ist),  „es  kommt  kaum  einmal  vor,  dafs  ich  (die  Wahrheit) 
bei  ihnen  (den  Grofsen)  anders  als  gering  geachtet  bin**,  Watr.  239, 245. 

Einer  besonderen  Erwähnung  ist  höchstens  dasjenige  rien  mit 
que  hinter  sich  ohne  Negation  wert,  welches,  ohne  selbst  die  Funktion 
irgend  eines  bestimmten  Casus  im  Satze  zu  übernehmen  vor  eine 
adverbiale  Bestimmung  des  Prädikats  tritt  um  anzuzeigen,  dafs 
schon  beim  Vorliegen  dieser  Bestimmung  und  ohne  dafs  es  eines 
Weiteren  bedürfte,  der  übrige  Inhalt  der  Aussage  Geltung  habe. 
Es  wird  also  durch  dieses  rien  nicht  hinweggeräumt,  was  anderer 
Art  wäre  als  das  durch  que  Eingeführte,  sondern  was  man  sich  als 
mit  diesem  gleichartig  und  zusammenwirkend  denken  könnte. 
Dieser  Gebrauch  scheint  von  den  Grammatikern  übersehn  zu  sein; 
dagegen  erwähnt  seiner  Littré  unter  rien  1 2  gegen  Ende,  wo  er  als 
„elliptisch**  bezeichnet  und  rien  que  mit  „^»  ne  Jaisant  que^  en  ne 
comptant  quà^  übersetzt  wird,  was  nicht  recht  zutrifft,  danach  natür- 
lich auch  bei  Sachs  rien  I  4.  Beispiele  :  si  je  devais  deviner  rien  que 
par  un  mot  ou  par  un  regard  que  je  te  suis  odieuse  comme  à  lui ,,^ 
je  serais  partie  pour  toujours ^  Maupassant,  Pierre  et  Jean  213;  rien 
qtiau  très  tendre  et  très  long  serrement  de  main  quelle  lui  octroya  en 
lui  souhaitant  le  hon  soir^  il  fui  convaincu  qtielle  l* aimait  toujours^ 
Richepin,  Cadet  215;  Jr agile  paix  et  qui  s'en  était  allée  rien  qi^à 
voir  sa  mère,  Bourget,  Cosmop.  181  ;  rien  que  pour  ce  nom  de  Charley 
prononcé  devant  moi^  me  voilà  repris^  enragé,  Daudet,  Pet  Paroisse  280; 
rien  que  de  me  le  figurer,  cela  me  serre  le  cœur^  Lemaître,  L'âge 
diffìa  I  4  (anakoluthisch)  ;  ils  réclament  vingt  millions  rien  que  pour 
le  plaisir  d^éventrer  Us  Champs  Ely  sees.  Rev.  bl.  1895  I  738  b;  je  lui 
nichais  un  baiser  sur  le  cou,  rien  que  pour  le  spectacle  de  sa  conjusion, 
Prévost,  Notre  compagne  9.  Es  scheint  übrigens  dieses  rien  que 
auch  in  dem  Sinne  vorzukommen,  dafs  durch  das  rien  alles  weg- 
geräumt wird,  was  verschieden,  anders  geartet  ist  als  das  mit  que 
eingeführte,  so  wenn  es  bei  ADaudet  heifst:  otä,  le  salut  était  là 
pour  lui,  rien  que  là,  From,  jeune  208,  wo  rien  que  là  nicht  „schon 
allein  da**  heifst,  sondern  „ausschliefslich  da,  an  keinem  andern 
Orte  als  da'*.  In  der  That  liegt  in  dem  Ausdruck  auch  nichts, 
was  ihn  geeigneter  machen  könnte  in  dem  einen  als  in  dem  andern 
Sinne  zu  dienen.  Ganz  ebenso  hat  man  in  der  alten  Zeit  sanz 
plus  gebraucht;  „nur,  ausschliefslich**:  Ilec  menjout  sanz  plus 
racines  D'erbes,  Peain  Gat  SMart  18;  „schon,  blofs**:  Sont  quite 
de  tolnieu  payer  Pour  sans  plus  nouveles  noncier,  Cleom.  12376. 

Bekanntlich  ist  es  das  Gewöhnliche,  dafs  der  verneinende  Satz, 
der  nachher  durch  que  eine  Einschränkung  erfährt,  sich  mit  der 
einfachen  Negation  ne  begnügt  und  nicht  eine  jener  Bezeichnungen 
von  Minimalbeträgen  mit  in  sich  auûiimmt,  die  man  wenig  glücklich 


78  A.  TOBLBR, 

Füllwörter  der  Verneinung  u.  dgl.  nennt.  Das  bedarf  im  Grande 
keiner  Erklärung;  denn  die  Negation  liegt  unter  allen  Umständen 
schon  in  dem  blofsen  ne,  die  alte  Sprache  bedurfte  irgend  eines  Zusatzes 
dazu  niemals  y  und  auch  die  heutige  enthält  sich  aller  Zusätze  in 
vielen  Fällen  immer  noch.  Man  kann  auch  sagen,  das  Wegbleiben 
der  Bezeichnungen  für  geringste  Beträge  des  Thuns,  das  durch  ne 
verneint  wird,  sei  durchaus  am  Platze  in  Fällen,  wo  ja  doch  durch 
eine  hinzugefügte  Einschränkung  der  Verneinung  ein  gewisses  Mafs 
des  verneinten  Thuns  eingeräumt  werden  soll.  Inmierhin  ist  schon 
von  vornherein  das  Auftreten  von  pas,  point  neben  ne  ab  nicht  un- 
möglich zu  bezeichnen,  indem  dadurch  die  Verneinung  des  Thuns 
aufserhalb  des  durch  die  nachträgliche  Einschränkung  bezeichneten 
Bereiches  mit  gröfserem  Nachdruck  vollzogen  wird  („nicht  im  ge- 
ringsten, aufser";  „durchaus  nicht,  aufser").  In  der  That  findet  man 
denn  ne . .  pas  que  . .  im  gleichen  Sinne  wie  ne  . .  qm,  nur  dafs  kräf- 
tiger negiert  ist,  nicht  ganz  selten  ;  man  sagt  zwar  sicher  nie  *il  ne 
mange  pas  que  peu;  *il  ne  va  point  au  théâtre  que  très  rarement,  weil 
es  keinen  Sinn  hätte  auch  das  geringste  Mafs  eines  Thuns  in  Ab- 
rede zu  stellen,  von  dem  man  ein  gewisses,  wenn  auch  geringes 
Mafs  im  selben  Augenblicke  doch  einräumen  will.  Wohl  aber  kann 
man  die  volle  Verneinung  eintreten  lassen,  wenn  nachträglich  das 
Thun  nur  unter  bestimmten  Umständen,  bezogen  auf  ein  bestimmtes 
Objekt  u.  dgl.,  eingeräumt  werden  soll.  So  heifst  es  schon  im  Ille 
von  diesem  Ritter:  Car  il  est  amis  dueles  deus;  Mais  il  n'en  aime 
pas  que  l'une,  3371  d.  h.  „er  liebt  durchaus  nicht  mehr  als  die 
eine,  durchaus  nur  die  eine"  und  in  einem  anonymen  Liede  :  Si  sai 
de  voir  qtu  qui  muert  por  amer,  Trusqtus  a  deu  n'a  pas  ¿une  jo  mee, 
Jeanroy,  Orig.  XX  1 8,  was  freilich  nicht  völlig  klar  ist  Im  1 6.  Jahr- 
hundert hat  Ci.  Marot  gesagt:  . .  le  mal  qui  en  pourroit  venir.  Ne 
pour r oit  pas  tomber  que  sur  la  teste  Du  mal  parlant  qui  trop  se  monstra 
beste,  Elegie  {1528);  im  17.  Jahrhundert  sind  Beispiele  gleichen  Ver- 
fahrens noch  ziemlich  häufig;  Corneille  läfst  den  alten  Horatius  von 
seinen  zwei  gefallenen  Söhnen  sagen:  Ce  bonheur  a  suivi  leur  cou' 
rage  invaincu  Qu* ils  ont  vu  Rome  libre  autant  quails  ont  vécu.  Et  ne 
l'auront  point  vue  obéir  qu'à  son  prince,  Hor.  III  6,  was  Voltaire  mit 
Unrecht  als  Solöcismus  bezeichnet;  weitere  Beispiele  bei  Littré  2 
que  II,  Holder  §  158  A.  5,  wo  noch  ein  Beispiel  aus  Chateaubriand, 
Haase  §  102  b.  Viel  eher  wäre  man  berechtigt  den  wohl  erst  im 
gegenwärtigen  Jahrhundert  aufgekommenen  Gebrauch  zu  tadeln, 
wonach  man  ganz  dieselbe  Ausdrucksweise  mit  völlig  verschiedenem 
Sinne  anwendet,  nämlich  um  zu  sagen,  dafs  die  positiv  ausgesagte 
Thätigkeit  nicht  blofs  mit  der  Einschränkung  auf  das  durch  que 
Eingeführte  statthabe.  Der  nach  diesem  Gebrauche  mit  ne . .  peu . .  que 
gebildete  Satz  ist  die  Leugnung  des  Satzes,  wie  er  ohne  pas  lauten 
und  verstanden  werden  müfste.  Wenn  VHugo  sagt  :  Versant  n^ avait 
pas  qtu  les  pieds  de  joli^  so  wird  damit  gesagt,  der  Satz  Ve,  n'avait 
que  les  pieds  de  j,  würde  unrichtig  sein,  und  zwar  insofern  als  die 
Einschränkung  nicht  die  einzige  zu  machende  wäre.    Ebenso  II  tiy  a 


VERMISCHTE  BEITRÄGE  ZUR  FRANZÖSISCHEN  GRABfMATIK.  79 

pas  que  vos  ouvriers  qui  aient  crié^  A.  de  Musset;  Il  ny  a  pas  que  les 
femmes  qui  aient  des  caprices,  Rev.  d.  d.  m.  27*  année,  t.  9,  S.  673; 
M.  Alexandre  ne  travaillait  pas  que  pour  F  argent,  ADaudet,  Pet 
Par.  209;  weitere  Beispiele  bei  Holder  S.  289  oben,  Robert,  Questions 
de  gramm.  S.  205.  Was  verständigerweise  gegen  diesen  Sprach- 
gebrauch gesagt  werden  kann,  findet  man  durch  Deschanel  im 
Joum.  d.  Déb.  23.  Aug.  i860  ausgesprochen  und  bei  Littré  2  que 
Rem.  I  wiederholt.  Ersterer  glaubt  in  einem  Briefe  von  1798  das 
früheste  Beispiel  solcher  Redeweise  gefunden  zu  haben.  Sie  wird 
sich  schwerlich  mehr  ausrotten  lassen.  Ihre  Erklärung  liegt  wohl 
darin,  dafs,  wie  man  pas  und  point  wo  sie  nicht  im  Gefolge  eines 
Verbums  auftreten,  auch  ohne  ne  mit  verneinendem  Sinne  gebraucht, 
so  auch  que^  wofern  ein  Verbum  nur  zu  ergänzen  ist  und  nicht 
wirklich  ausgesprochen  wird,  den  Sinn  hat,  den  es  eigentlich  nur 
neben  ne  haben  kann,  „nicht  aufser**  =  „nur**  seulement.  Combien 
de  minutes  d* arrêt?  Que  deux.  Das  hat  dazu  führen  können  einen 
mittels  ne . .  pas  verneinten  Satz  zu  verwenden  zur  Bestreitung  des 
positiven  Satzes,  in  welchem  man  seulement  gebraucht  hätte.  Den 
Grammatikern,  die  (nicht  ohne  einigen  Grund)  behaupten,  ein  je 
ne  vois  pas  könne  nicht  die  Verneinung  einer  Aussage  sein,  welche 
je  ne  vois  laute,  könnte  man  entgegnen,  dafs  doch  z.  B.  in  den  von 
Verben  des  Fürchtens  abhängigen  Sätzen  ein  von  ne . .  pas  begleitetes 
Verbum  ebenfalls  die  Negation  zu  dem  blofs  von  ne  begleiteten  ist. 

Adolf  Tobler. 


VERMISCHTES. 


L  Zur  Handschriftenkunde. 

Handschriften  des  Perlesvaus. 

Potvin  konnte  für  seine  Ausgabe  des  Perlesvaus  im  ersten 
Bande  seines  Perceval  le  Galois  (Mons  1869 — 71,  6  Bde.)  aufiser 
der  mittelmäfsigen  Brüsseler  Hs.  nur  die  Berner  Bruchstücke  be- 
nutzen, welche  von  S.  i — 42  und  von  S.  209 — 21  der  Ausgabe 
reichen.  Sein  Text  ist  deshalb  als  ein  durchaus  ungenügender  zu 
bezeichnen.  Da  wies  Stengel  in  seinem  Durmart  le  Galois  (Stutt- 
garter lit  Verein  1873)  und  in  der  Rivista  di  filologia  romanza  I,  192 
eine  Oxforder  Hs.  nach  [Haiion  82),  die  nach  ihm  aus  dem 
13.  Jahrhundert  stammt  und  jedenfalls  die  Brüsseler  Hs.  an  Wert 
übertrifft.  Neuerdings  bemerkte  dann  Gaston  Paris  (Rom.  XXU,  296), 
dafs  sich  das  Werk,  allerdings  unvollständig,  nur  bis  Seite  177  der 
Ausgabe  reichend,  auch  in  der  berühmten  Hs.  des  Herzogs  von 
Aumale  in  Chantilly  finde. 

Eine  Durchsicht  der  Pariser  Graalhss.  setzt  mich  in  die  Lage, 
einige  weitere  Bruchstücke  bekannt  zu  machen,  die  meines  Wissens 
bis  jetzt  verborgen  geblieben  sind.  An  fünfter  Stelle  reiht  sich  an 
eine  Hs.  der  Pariser  Nationalbibliothek,  ffr.  1428,  anc.  7526.  Im 
Caialogue  des  manuscr  i  is  français  /,  Ancien  fonds^  Paris  1868  (S.  224) 
ist  die  Hs.  irrtümlich  als  Saini  Graal  bezeichnet.  P.  Paris  hat 
jedoch  ihren  eigenartigen  Inhalt  bereits  erkannt  Es  findet  sich 
vorn  von  seiner  Hand,  die  mir  durch  Eintragungen  in  andern  Hss. 
als  solche  bekannt  ist,  folgende  Bemerkung:  „Z^  roman  de  Perles^ 
vans  ou  Perlesval  qui  semble  avoir  éié  rémanié  pour  devenir  celui  de 
Perceval  le  Gallois,  Il  a  éié  imprimé  à  la  suiie  du  Si  Graal  som  le 
Hire  Le  second  volume  du  Si  Graal  conienani  la  conqueste  du  .  » . 
Si  Graal  faide  par  Lancelot  Galaad  Perceval  Bohori.  Paris  Galiot  du 
Pré  1 5 1 6.  petit  in  fo''  P.  Paris  hat  das  Werk  also  bereits  mit  einem 
der  Drucke  identifiziert:  das  ist  das  wesentliche  an  der  im  übrigen 
nicht  recht  klaren  Notiz.  Die  Mitteilung  war,  wie  zu  vermuten  ist, 
für  die  yyManuscriis  français  de  la  bibliothèque  du  roi**  bestimmt 
Durch  die  achtundvierziger  Revolution  wurde  dieses  Unternehmen 
mit  dem  siebenten  Band   für  immer  abgebrochen,    obwohl  die  Be- 


E.  WECHSSLER,   HANDSCHRIFTEN  DES  PERLKSVAUS.  8l 

Schreibung   nur  bis  anc.  7310  gediehen  war.     Zwei  weitere  Bände 
waren  druckfertig,  sind  aber  nicht  erschienen.^ 

Die  Hs.,  aus  Pergament,  ist  in  braunes  Leder  gebunden  und 
trägt  auf  dem  Rücken  die  Aufschrift  ^^Roman  des  Chevaliers  de  la 
table  ronde^\  Sie  stammt  noch  aus  dem  13.  Jh.  und  ist  sehr  sorg- 
faltig geschrieben.  Die  Kapitel  beginnen  mit  farbigen  Initialen.  Die 
Seiten  sind  zweispaltig,  die  Spalte  hat  40  Zeilen.  Gröfse  einer  Seite 
29+ 18  cm,  einer  Spalte  24+5  cm.  Die  Hs.  ist  unvollständig:  es 
sind  nur  158  Blätter  erhalten,  und  zwar  fehlen  gerade  Anfang  und 
Ende,  der  erste  und  der  letzte  Quatemio,  und  von  den  erhaltenen 
Quaternionen  (2 — 21)  ist  der  siebente  unvollständig.  Auf  fol.  la  oben 
hat  eine  spätere  Hand  eingetragen  :  St  Greal .  Romani  de  m  Gauutn, 
Die  Hs.  beginnt  fol.  la  (=  Potvin  I,  21  Mitte)  |  utent  socorre,  âf  li 
frère  au  ch^r  ueirmeil  quii  ocist  en  la  forest  de  son  gauelot  le  guerroie 
auoecques  le  seignor  de  mores,  Damoisele  fait  H  rois  .  Se  dex  le  me 
laist  encontrer  jo  ser  oie  molt  lies  et  furniroie  molt  bien  uostre  message  . . . 
Schlufs  (i58d)  (=  Potvin  S.  340  Mitte):  . . .  kar  il  ne  vit  onques  mais 
manoir  qui  tant  H pUust,  Il  a  tant  cheuauckie  quii  est  venus  en  la  diuer  \ 

Der  Anfang  des  Perlesvaus,  bis  zur  Rückkehr  Arturs  an  seinen 
Hof,  ist  noch  enthalten  in  zwei  Hss.  des  GraaULancelot-Cyklus?'  Es 
sind  dies  ffr.  117 — 120,  14.  Jh.  (anc.  6788 — 6791,  P.  Paris,  Man.  fr. 
I,  154)  und  Arsenal  3479  —  80  (14. — 15.  Jh.)  Diese  beiden  Hss. 
stehen  sich,  wie  ein  Vergleich  auch  der  Miniaturen  zeigt,  sehr 
nahe,  und  die  zweite  könnte  vielleicht  nach  der  ersten  abgeschrieben 
sein.  So  haben  wir  es  für  das  Stück  aus  dem  Perlesvaus  (120, 
520a — 522d  und  3480,  483  a — 490a)  eigentlich  nur  mit  einer 
Ueberlieferung  zu  thun.  Es  wird  deshalb  genügen,  den  Anfang  und 
das  Ende  nach  ffr.  120  hierher  zu  setzen:  Le  hault  Hure  du  graal 
commence  ou  nom  du  pere  et  du  fil.  Ces  trois  personnes  sont  une  sub' 
stance  et  celle  substance  est  dieux  et  de  dieu  uient  le  hcndx  contes  du 
graal  . . .  Und  femer:  .,.  Or  recommance  ci  lautre  branche  du  saint 
graoL    Ou  nom  du  pere  et  du  filx  et  du  saint  esperii  \ 

Mit  dem  Gracd-Lancelot^Cyklus  hat  der  Perlesvaus  nicht  das 
geringste  zu  thun.  Das  aus  ihm  entnommene  Stück  unterbricht 
störend  die  Erzählung,  da  wo  sie  vom  Ende  des  Lancelot  unmittel- 
bar zur  Queste  hinüberführt  Durch  irgend  einen  Zufall  scheint  es 
hierhergeraten  zu  sein,  vielleicht  dadurch,  dafs  anderswo  Perlesvaus 
und  Queste  vereinigt  worden  waren.  In  den  Drucken  ist  dies  that- 
sächlich  der  Fall  So  enthält  die  Ausgabe  von  Paris,  Philippe  le 
Noir  1523  (Bibl.  nat  Inv.  de  Res.  Y  *  370 — 371)  Livre  del  gradl^ 
Perlesvaus  und  Queste,  welcher  letzteren  noch  aus  dem  Lancelot  die 
Zeugungsgeschichte  des  Galaad  vorausgeschickt  wird. 


*  Vergi.  G.  Paris  in  Paulin  Paris  et  la  ütt/rature  française  du  moyen 
âge  Rom.  XI,  11. 

*  VergL  darüber  meine  „Redaktionen  des  Robert  von  Borron  cngeschrie- 
benen  Graal-Lancdot-Cyklns"  Halle  1895,  S.  i  ff. 

Zdtschr.  C  roak  Pbfl.  XX.  '' 


Ô2  VERMISCHTES.    U.  ZUR  RXRGBSfi. 

Endlich  wird  ein  guter  Text  vertreten  durch  die  kymrische 
Uebersctzung.i  Auch  hier  folgen,  wie  zu  beachten  ist,  Queste  und 
Perlesvaus  aufeinander,  doch  steht  der  letztere  an  zweiter  Stelle. 

Für  eine  kritische  Ausgabe  des  Perlesvaus  liegt  also  genügendes 
Material  vor.  Eduard  Wechsslkr. 


II.  Znr  Exegese. 

Additions  à  mon  étude  sur  les  Gloses  de  Cassel. 

14.  scapulas  ahsla. 

AU.  mod.  achsel.  Scapulas  est  exactement  le  frioul.  sçhàhky  schale^ 
spalla  (Pirona). 

15.  humerus  ahsla. 

All.  mod.  achsel.  Je  n'avais  pas  jusqu'ici  retrouvé  des  repré- 
sentants dihumerus.  Ils  existent  dans  le  ladin  de  Tlstrie,  voy.  Ive, 
Isir,  Mundarien  (Vienne,   1893),  p.  24. 

5g.   cinge   curti. 

AU.  mod.  gürie^  ceins.  J'ai  enfin  retrouvé  ce  fameux  cinge. 
D'après  M.  Huonder,  mon  élève,  on  dit  à  Dissentis  el  schegn  „dans 
le  flanc":  c'est  évidemment  un  *cingum,  primitif  de  ein  gui  um. 
L'opinion  de  Diez  qui  voit  un  contresens  dans  la  traduction  curti 
est  donc  la  bonne  et  je  m'y  rallie.^ 

79.  ferrai  paerfahr. 

Sanglier.  Non  seulement,  comme  je  l'ai  dit,  Carigiet  donne  verr 
„Eber**,  mais  en  outre  Pirona  donne  viro^  vtru  au  sens  de  cochon 
mâle,  et  le  suffixe  -ai  péjoratif,  comme  le  dit  Cavalli,  Archivio 
gloiiol,  iialiatio,  XII,  266,  est  un  suffixe  très  commun  en  frioulan. 
Il  sert  même  à  désigner  le  mâle  chez  certains  animaux:  ainsi  ocàii 
=  jars,  dindiàii  =  dindon  (Pirona,  p.  LII). 

85.  pulii  honir. 

AH.  mod.  hühner.  J*ai  dit,  p.  43,  n'avoir  pas  retrouvé  ce  mot, 
si  ce  n'est  dans  sa  forme  féminine  pulas.  Un  de  mes  élèves,  des 
Grisons,  me  signale  qu'en  „oberhalbsteinisch"  on  ait  pul,  phpuls. 

104.   esilos  pretir. 

Ail.  mod.  breiier.  Le  traitement  subi  id  par  l'a  initial  de 
*  axil  lo  s  m'a  servi  en  partie  à  prouver  que  les  Gloses  de  Cassel 


»  G.  Paris,  Rom.  XXII,  297. 

['  Nachträglich  äufsert  der  Verf.  brieílir.h  Bedenken  gegen  diese  Identi- 
fikation und  zieht  in  Erwägung,  ob  schegn  nicht  dtsch.  Schenkel  sei.  Mir  ist 
auch  unverständlich,  wie  er  y^ürte,  ceins*'  fafst.  Da  die  Herausnahme  des 
Artikels  vom  Verf.  nicht  gewünscht  wird  und  in  dem  Augenblicke,  wo  das 
Heft  fertig  gesetzt  ist,  nicht  mehr  wohl  angeht,  mufs  es  bei  obiger  Fassung 
sein  Bewenden  haben.    Hrsg.] 


p.  MARCHOT,   ADDENDA  SUR  LES  GLOSES  DE  CASSEL.  83 

ne  peuvent  pas  être  françaises  (p.  31).  J'ai  dit,  p.  46,  que  je  n'avais 
pas  retrouvé  d'équivalent  moderne  pour  esHos,  Celui-ci  existe:  Carisch 
mentionne  Tengl.  ùchtll,  aschigU  ischigl,  et  Gartner,  dans  son  étude 
sur  Erto,  mentionne  pour  les  Grisons  et  le  Tyrol  les  formes  ièel^ 
ièifyj  aètfyt  ßsü,  si  (voy.  cette  Zei/schr.,  XVI,  p.  310,  note  7). 

107.   /rapes  capretta, 

J*ai  déjà  mentionné  (p.  46)  des  représentants  engadins  de 
capretta.  11  faut  y  ajouter  le  frioulan  çhàvri,  giàvn\  trave  o  con- 
trafforte di  legno  che  lega  i  puntoni  di  un  tetto  (Pirona),  lequel 
représente  cap  rum. 

III.   tunica^  seta  tunihha. 

P.  47,  j'ai  dit  que  seta  avait  disparu.  Un  de  mes  élèves  qui 
est  originaire  des  Grisons,  m'affirme  que  seta  existe  encore  en 
„oberhalbsteinisch". 

119.   uuasa  uuahsir. 

Mon  hypothèse:  „Nous  avons  peut-être  affaire  ici  à  un  de  ces 
collectifs  propres  au  réto-roman,  qui  aurait  le  sens  de  „la  vaisseliers 
„les  vaisseaux""  (p.  47),  se  confirme  pleinement.  Un  de  mes  élèves 
qui  est  originaire  des  Grisons,  me  dit  que  r„oberhalbsteinisch"  a 
la  vasa  au  sens  de  „la  vaisselle". 

120.   dolea^  cava   putin. 
124.    cannella  potega. 

AU.  mod.  hutte  et  botttck.  Je  me  suis  un  peu  trop  pressé,  sur 
la  foi  d'un  mot  engadin  cuvatgl  „Eimer"  (Pallioppi),  de  corriger 
(p.  48)  la  glose  124  en  ctwella  (=  eu  pel  la).  Je  veux  bien  que 
l'on  corrige  cava  en  cuva^  d'autres  glossaires,  notamment  les  Gloses 
de  Vienne,  ayant  gnba.  Mais  pour  cannella ^  il  faut  certainement  le 
maintenir.  C'est  le  frioulan  çhavèli^  tino  (Pirona)  et  l'ancien  ter- 
gestin  ¿avéglo  qui  égalent  *cavellum,  *caviculum,  sans  doute 
des  dérivés  de  cavus.  Voici  des  exemples  de  Cavalli:  „Les  raves, 
dit-il  Archivio^  XII,  308,  6,  râpées  et  encore  entières,  se  mettent 
dans  un  pot,  ou,  s'il  y  en  a  beaucoup,  dans  un  ^/avéglo^^  (une 
cuve)".  Ailleurs:  „On  fait  la  charge  convenable  pour  l'âne  et  on 
mène  (la  vendange)  à  Muggia  dans  les  y^avigli''''  en  cave.  Puis 
on  foule  avec  les  pieds  dans  le  t^éavéglo^'*^  {Archivio,  XII,  p.  326, 
IL  4  et  5). 

132.   caldarn  chezil. 

C'est  par  distraction  que  j'ai  dit,  p.  49,  n'avoir  pas  retrouvé 
une  forme  masculine  caldarium.  Les  formes  de  Pirona  çhaldîr^ 
-/r,  -^r  m'avaient  échappé.  Je  relève  encore  kaldfr  dans  le  ladin 
de  ristne  {Islr,  Mnndarten^  p.  7). 

146.  /orneras  ua[a]ganso. 

Soc  de  la  charrue.    P.  51,  je  dis  n'avoir  p« 
Maintenant,  j'admets  que  /orneras  n'est  pas  1' 


84  VEHMISCHTES.    IH.  ZUR  GRAMMATIK, 

que  c'est  une  faute  pour  /amera,  comme  forcipa  pour  forcipe  (Gl. 
de  Cass.  149)  que  j'ai  expliqué  à  tort,  p.  27,  par  une  analogie  aux 
féminins  en  -o,  et  comme  sapona  pour  sapant  {Gl.  de  Vienne  40). 
Pour  vomcrem,  on  le  retrouve  dans  le  ladin  de  l'Islrie,  voy.  Islr. 
Mundarten,  p.  2i. 

148.   mallei,  slaga,  hamar. 
Ail.  mod.  ah/ägel,  hammer.     J'ai  dit,  p.  51,  que  je  n'avais  pas 
retrouvé    ce    mol.     C'est    le    bas-engadin    maigl  „Schlegel",    „Hok- 
schlegel"  (Pallioppi),  l'oberi,  moign,  m.  a.  (Carisch). 

173.    Albios  acutus,  staraplinter. 
Ail,  mod.  slaarblind.     Il  faut  corriger   non  pas,    comme  je  l'ai 
fait  p.  55,    en    orbus   oculis,   mais    en    albius    oculis    ou    albîus  oculos. 
Athim    est   le    lat.    albidua    avec    chute    du  d.  medial    qui    signifie 
„blanc",  „blanchâtre". 

175.    tt  lippus,   prehanprauuer. 
Qui  a  les  yeux  chassieux.     J'ai  dit,    p.  55,    que  je  n'avais  pas 
retrouvé  de  représentant  de  lippus.     Le  mot  existe  encore  sous  une 
forme  dérivée:  larpus  „triefend"  (Carisch). 

180.   gulvium,  noila. 
j'ai  dit,   p.  55,    que  je   n'avais  pas  retrouvé  le  mot     II  existe 
en   „ancien    tergestin".     Cavalli,    Archivio  glottologico,  XII,  318,    &it 

parler   ainsi    un  indigène:    „Le  menuisier  a  ses  outils:    lime, 

íglúvia  et  équerre",  Pirona  donne  aussi  le  mot  :  sgdibe,  sgäibie. 
Cest  rital.  j^fi-i/a,  le  franc. gauge,  du  lat.  gubia. 

Padl  Marchot, 


m.  Zur  Grammatik. 

Die  vorvokalischen  Formen  mon,  ton,  son  beim  Femininum. 

D¿s  la  seconde  maillé  du  XII'  siècle,  on  commence  à  remplacer  la 
forme  élidée  [ni,  t',  j')  par  mon:  mon  âme,  ton  âme,  son  âme.  Cet 
emploi  de  mon,  ian,  ion  devient  de  règle  au  XIV'  suele.  Quelle  est 
l'origine  de  celte  subslitullon  bizarre?  On  l'ignore.  Darmesteter, 
Cours  de  gr.  hist.  II,  109. 

Man  erklärt  gewöhnlich,  m',  I',  s'  sei  durch  mon,  ton,  son  er- 
setzt worden,  um  die  Formen  nicht  untergehen  zu  lassen.  Das 
widerspricht  einem  allgemein  anerkannten  Sprachgesetz  :  die  Sprache 
schafft  keine  Formen  aus  bestimmter  Absicht;  sie  wählt  höchstens 
von  zwei  vorhandenen  diejenige,  welche  den  Begriff  klarer  aas- 
drückt  Es  dienen  ja  dieselben  Formen  in',  /',  j'  dazu,  einen  für 
den  Satz  mindestens  ebenso  wichtigen  Begriff  auszudrücken,  den 
des  persönlichen  Objekts  vor  vokalisch  anlautenden  Verben. 

Aber  meines  Erachtens  ¡st  die  Erklärung  leicht.  Wir  haben 
im  obi.  Sing,  ganz  korrekt: 


B.  HERZOG,  DIE  VORVOK.  FORMEN  MON,  TON,  SON  BEIM  FEM.       85 

hìSpfr»  ,  honami 

blfn9mer9  bonamù. 

Die  Nasaliening  des  o  geht  ¡n  Vórtonstellung  verloren,  wenn  die 
folgende  Silbe  mit  n  oder  m  beginnt  Beweis  dafür  sind  die 
Wörter,  die  in  dieser  Stellung  ?  haben:  s^mer,  fenêtre,  genou  gegen- 
über lentille^  Janvier,^  —  Es  ist  nun  die  vorvokalische  Form  der 
Adjektiva  für  Maskulinum  und  Femininum  gleich,  während  die  vor- 
konsonantische eine  Differenz  aufweist.     Ebenso  haben  wir 

heauper?  .  belami 

b^l9fnçr9  bflami9. 

Die  Sprache  hat  gewöhnlich  vorvokalisch  dieselbe  Form  für  das 
Maskulinum  und  Femininum.  Es  giebt  nur  verhältnismäfsig  wenig 
Ausnahmen. 

Nun  haben  wir  in: 

und 

marner?  mam? 

vorkonsonantische  Form,  wie  oft,  verschieden;  mamere  wird  nicht 
analogisch  zu  mdndmere  umgebildet,  weil  es  in  lameré  einen  ge- 
nügenden Stützpunkt  hat.  Vorvokalisch  aber  mufs  Ausgleichung 
stattfinden.  Zwei  Wege  standen  offen:  entweder  nC  für  beide 
Formen,  nach  dem  Artikel,  oder  mon  für  beide  Formen,  welches 
sich  zu  md-\'Kons.  verhielt  wie  bon  vorvokalisch  für  Maskulinum 
und  Femininum  zu  hd  vorkonsonantisch  für  Maskulinum.  Da  nun 
das  Maskulinum  im  allgemeinen  das  stärkere  ist,  wählte  man  den 
letzteren  Weg  der  Ausgleichung. 

Wenn  Darmesteter  die  Erscheinung  ins  12.  Jh.  setzt,  so  weifs 
ich  nicht,  wo  er  die  Belege  dafür  gefunden  hat.  Im  Lothringischen 
begegnet  sie  allerdings  seit  den  ältesten  Texten,  Saint  Bernard, 
Gregors  Ezechiel  (z.  B.  son  espaule  S.  9,  Z.  i),  die  von  Meyer-Lübke, 
Gramm.  II  113  angeführte  Stelle  im  Cartulaire  von  St.  Hoilde  1270 
{pion  aulire  ierre)^  aufserdem  zwei  Beispiele  aus  dem  Wallonischen, 
die  Dittmer  in  seiner  Dissertation,  Die  Pronomina  possessiva  im 
Altfr.,  Greifswald  1888,  S.  50  anführt,  ion  avartsce  Greg.  Dial.  38, 2 o^ 
(neben  sa  offrante^  sa  orison^  sa  enfance  etc.)  und  son  issue  aus  einer 
Urkunde  aus  Namur,  dem  14.  Jh.  angehöng.  Die  übrigen  dort  an- 
gefahrten Beispiele  aus  anderen  Gegenden  angehörigen  Texten 
treffen,  worauf  mich  aufìnerksam  zu  machen  Herr  Prof.  Meyer-Lübke 


^  Dab  dies  auch  fur  die  Wortgrenze  gilt,  dafür  mag  als  Beweis  die 
weitverbreitete  Aussprache  ünom  dienen.  Wäre  die  Denasalierung  nicht  alt, 
so  wäre  kein  Grund  vorhanden,  warum  es  nicht  durchwegs  önom  lauten  sollte. 
Sie  fallt  in  oder  vor  das  13.  Jahrh. 

*  Auch  hier  mag  man  im  Zweifel  sein,  ob  nicht  das  Mask,  vorliegt. 
Zwar  heifst  es  97, 12  ja  avarisce.  Doch  könnte  das  Geschlecht  schwanken, 
wie  bei  maUce  69, 13  u.  s.  femin.,  357,  20.  368, 42  maskul.  wie  in  S.  Bernard 
überall  (77>ii.  11$*  1 5*  iS4f  17).  Das  männliche  Greschlecht  wurde  sich  durch 
Anlehnung  an  die  Wörter  auf  "fice,  service  und  namentlich  an  vice,  wo  auch 
begri£riicher  Zusammenhang  vorliegt,  Icidit  «klbtil* 


86  VERMISCHTES.    IV.  ZUR  WORTGESCHlCHTß. 

die  Freundlichkeit  hatte,  nicht  zu,  indem  die  Substantiva  entweder 
Masculina  sind  oder  sein  können  oder  sonstige  Missverstândnisse 
vorliegen.  Für  das  Centralfrz.  dürfte  die  Erscheinung  vor  dem 
14.  Jh.  nicht  zu  belegen  sein, 

Eugen  Herzog. 


lY.  Zur  Wortgeschichte. 

Etymologien. 

I.    Keltisch  dusius,   rätorom.  dischöL 

In  dieser  Zeitschrift  18,  218  wurde  auf  voges.  dûztç^  Alp  »cau- 
chemar* aufmerksam  gemacht,  das  auf  das  gallische  bei  Augustin 
überlieferte  du  si  us  zurückgeht,  ein  Wort,  das  den  Dämon  bezeich- 
nete, der  das  Alpdrücken  verursacht.  Allerdings  scheint  die  Ge- 
stalt des  voges.  Wortes  nicht  ganz  volkstümlich  zu  sein,  sei  es,  dafs 
Haillant  dasselbe  in  französierter  Form  mitgeteilt  hat,  sei  es,  was 
freilich  wenig  glaubhaft  ist,  dafs  es  auf  dem  Wege  gelehrter  Ueber- 
lieferung  in  jene  Mundart  Eingang  gefunden  hat  Wie  dem  auch 
sein  mag,  das  keltische  Wort  lebt  in  echt  volkstümlicher  Gestalt 
auch  im  Rätoromanischen  fort.  In  Pallioppi's  Dizionari  dels  Idioms 
Romauntschs,  Samedan  1895,  findet  sich  folgender  Artikel: 

Di  seh  öl  m.  der  Alp,  ein  nächtlicher  Unhold,  der  (nach  dem 
Volksglauben)  sich  dem  Menschen  auf  die  Brust  setzt  und  die  be- 
kannte Angst  und  Beklommenheit  verursacht;  in  abgel.  Bdtg.  Be- 
klemmung, Unverdaulichkeit;  mei  del  dischöl , Alpdrücken,  Beklommen- 
heit, Unverdaulichkeit*. 

Mit  Recht  führt  Pallioppi  dischöl  auf  dusiiis,  und  zwar  auf 
das  bei  Du  Gange  überlieferte,  bei  A.  Holder,  Altkeltischer  Sprach- 
schatz, fehlende  dusiolus  zurück.  Zur  Lautgestaltung  von  dischöl 
mag  man  chaschöl  ,caseolus*  vergleichen. 

2.    Frz.  dartre  f. 

Auszugehen  ist  von  dem  griechischen,  mit  griechischer  Be- 
tonung in  das  Lateinische  übergegangenen  {ïçjci]ç,  herpes)  ace. 
herpe tem  , Hautflechte*  —  dem  Substrate  aller  volkstümlichen 
romanischen  Formen  des  Wortes.  Mit  Unrecht  wird  von  Körting 
herpe  tem  angesetzt,  der  nur  (nach  Diez  11^)  das  vielleicht  halb- 
gelehrte sp.  pg.  cat.  herpe  kennt.  Von  herpe  tem  kommen  it.  èrpete^ 
érpeire  (s.  Petrocchi)  und  die  von  Ascoli,  Archiv,  glott.  ital.  7,  524  A. 
und  599  zusammengestellten  rätoromanischen  und  norditalienischen 
Bildungen,  sürselv.  diervei^  oberengad.  dcrt  m.,  mail,  dérheda^  piem. 
dérhi^  piac.  derbga.  An  derselben  Stelle  bringt  Ascoli  eine  Reihe 
von  anderen  Wörtern,  die  einen  ähnlichen  ¿/-Vorschlag  zeigen  *  ;  wie 
auffällig  derselbe  auch  sein  mag,  so  läfst  er  doch  für  unser  Wort 
einen  Zweifel   an   dem  Etymon  herpe  tem  nicht  aufkommen.     Im 


*  Hierhin  gehört  vielleicht  auch  frz.  dupe  (s.  Little). 


A.  HORNING»   £TTMOLOGI£N.  87 

Neuprovenzalischen  ist  nach  Mistral  die  üblichste  Form  birbi  (viel- 
leicht durch  Angleichung  des  d  an  das  b  entstanden),  daneben 
werden  erwähnt  dirti,  d¿rbi\  derbese,  enderbi^  endervi,  endertey  cat 
ber  bol  und  andere  Varianten  wie  ändert  die  für  die  etymologische 
Forschung  wertlos  sind,  da  ein  derartiges  Wort  offenbar  zahlreichen 
Entstellungen  ausgesetzt  war. 

Ein  Schritt  weiter  führt  zu  der  Erkenntnis,  dafs  frz.  dartre  mit 
den  oben  verzeichneten  Bildungen  identisch  ist,  mit  denen  es  den 
¿/-Vorschlag  gemeinsam  hat;  die  r-Epenthese  ist  besonders  nach  / 
und  überhaupt  bei  Proparoxytona  häufig;  vgl.  chanvre  und  chantre 
, Radfelge*,  von  camitem  (s.  Ztschrift  15,  496  und  500),  auch  ital. 
¿rpetre.  Verschiedene  Stellen  bei  Littré  (dazu  bei  Godefroy  dertre^ 
dertruyie  ,1a  maladie  des  dartres')  und  die  Thatsache,  dafs  zur  Zeit 
Menage's  in  der  Provinz  dertre  gesprochen  wurde,  lehren,  dafs  der 
betonte  Vokal  ursprünghch  e  lautete  und  dafs  derselbe,  wie  oft, 
vor  r  zu  a  wurde.  Im  poitevin,  endarde  ist  /  vor  der  Synkope  zu  d 
geworden.  Während  die  südlichen  Formen  männlich  sind,  ist  weib- 
liches darto  bereits  für  die  Dauphiné  bezeugt;  auch  ital.  irpeire  ist 
nach  Petrocchi  feminin.  Die  früheren  Erklärungsversuche  sehe  man 
bei  Diez  II  ^  und  Littré  nach. 

3.    Prov.  darbôun. 

Das  Wort  darboun  m.  ,  Maulwurf  kommt  im  Neuprovenzalischen 
vor  (zahlreiche  Belege  giebt  Mistral,  alle  mit  d  und  b),  desgleichen 
in  Lyon  (s.  Puitspelu,  Dictionn.  Etymol.  Lyonn.)  und  in  der  fran- 
zösischen Schweiz,  z.  B.  im  Bagnard,  wo  es  derben  lautet.  Durch 
vereinzeltes  tarpán  in  Val-Soana  (Archiv,  gl.  ital.  III  §  54)  wird  das 
Etymon  talpa-j-onem  nicht  ausreichend  gestützt,  denn,  wie  Puits- 
pelu richtig  bemerkt  „en  admettant  le  passage  très-rare  de  /  initial 
à  </,  on  aurait  quelques  formes  daubon^^\  auch  das  b  bliebe  dann 
immer  noch  unerklärt 

Als  Et3rmon  bietet  sich  das  im  vorigen  Artikel  behandelte 
hérpëtem.  Im  lateinischen  Lexikon  findet  sich  eine  Stelle  aus 
Plinius,  derzufolge  „herpes  quoque  animal  a  Graecis  vocatur,  quo 
praecipue  sanantur  quaecunque  serpunt**.  Klar  ist  dies  freilich 
nicht,  doch  allzu  kühn  scheint  mir  die  Annahme  nicht  zu  sein, 
dafs  herpes  den  Maulwurf  als  das  , kriechende,  um  sich  greifende 
Tier*  bezeichnet  habe.  Nimmt  man  auch  hier  ¿/-Epenthese  an  wie 
bei  dartre^  so  bietet  die  lautliche  Gestalt  des  Wortes  weiter  keine 
Schwierigkeit:  im  Südosten  und  Süden  wurde  das  Proparoxytonon 
hérpëtem  zu  derbe{de)f  derbe  (zu  ¿  =/  vergleiche  man  die  Belege 
in  obigem  Artikel);  auch  hier  ist  e^  nicht  a  das  Ursprüngliche 
(Mistral  hat  derboun^  dreboun^  u.  s.  w.).  Eine  Zusammensetzung  mit 
en  liegt  im  Neuprovenzalischen  vor,  das  zu  endirbi^  endervi  ,  Haut- 
flechte* stimmt. 

A.  Horning. 


BESPRECHUNGEN. 


Gustav  Weigand,  Die  Aromunen.  Ethnographisch-philologisch-historische 
Untersuchungen  über  das  Volk  der  sogenannten  Makedo- Romanen  oder 
Zinzaren.  Zweiter  Band:  Volk  sii  tteratur  der  Aromunen.  Leipzig,  Johann 
Ambrosius  Barth  (Arthur  Meiner).  1894.     SS.  XVin,  383. 

Die  bereits  vor  einiger  Zeit  angekündigte  Sammlung  von  Erzeugnissen 
der  Volksmuse  in  mak.-rum.  Sprache  Hegt  nun  in  einem  stattlichen  Bande  vor 
uns.  Es  möge  zunächst  eine  kurze  Inhaltsangabe  vorausgeschickt  werden, 
damit  der  Leser  sehe,  welch  reiche  Ausbeute  der  Herausgeber  von  seinen 
Reisen  mitgebracht.  Die  ganze  Sammlung  ist  in  folgende  zwölf  Kapitel  ein- 
geteilt: I.  Liebeslieder,  II.  Tanz-  und  Hochzeitsheder,  III.  AbschiedsUeder  (in 
drei  Gruppen  eingeteilt),  IV.  Räuber-  und  Kampflieder,  V.  Religion,  Moral, 
Aberglaube,  Feste  und  Bräuche,  VI.  Lieder  verschiedenen  Inhalts,  VII.  Zwei 
Balladen,  VIII.  Lieder  aus  der  Manjana,  IX.  Faräeriotenlieder,  X.  Toten- 
klagen, XI.  Neun  Märchen,  XII.  Rätsel,  Sprichwörter,  Grüsse,  Dankesformeln, 
Trink  Sprüche ,  Flüche,  Spiele.  Jedem  der  Kapitel  geht  eine  mehr  oder 
weniger  ausführliche  Einleitung  voraus,  in  denen  sowohl  über  die  verschiedenen 
Gattungen  im  allgemeinen  orientiert,  als  auch  über  einzelne  Nummern  nähere 
Auskunft  gegeben  wird.  Daran  reihen  sich  drei  Beilagen:  I.  Glossar,  2.  Dia- 
lektische Verschiedenheiten  im  Aromunischen,  3.  Die  Methode  beim  Sammeln 
der  Volksli tteratur  zu  sprachwissenschaftlichem  Zwecke. 

In  den  Einleitungen,  welche  mit  fünf  hübschen  Bildern  geschmückt  sind, 
werden  wir  über  manche  interessante  Seite  des  Volkslebens  der  Aromunen 
belehrt.  Der  Herausgeber  gebraucht,  wie  schon  aus  dem  Titel  hervorgeht, 
den  Ausdruck  Aromunen  für  Makedo-Rumänen  und  es  ist  immerhin  möglich, 
dass  diese  Benennung  den  Sieg  davontragen  werde,  zunächst  ihrer  Kürze  halber 
und  dann  auch  deswegen,  weil  sie  zugleich  eine  lautliche  dieser  Sprache 
gegenüber  dem  Dakorum.  eigene  Eigentümlichkeit,  die  häufige  Voransetzung 
eines  A  im  Anlaut  enthält.  In  dieser  Hinsicht  ist  besonders  die  Einleitung 
zum  Kap.  V  hervorzuheben,  welche  nicht  weniger  als  16  Seiten  ausmacht, 
während  die  hier  gebotenen  Texte  der  Natur  der  Sache  gemäfs  nur  wenige 
Verse  bieten.  Ich  will  auf  die  Frage,  inwiefern  bezügHch  des  Nachweises 
der  Parallelen  Vollständigkeit  erreicht  worden,  nicht  näher  eingehen;  so  viel 
ist  aber  sicher,  dass  man  eine  allzu  grofsc  Anzahl  von  Parallelen  in  der 
dakorum.  volkstümlichen  Litteratur  kaum  nachzuweisen  im  stände  wäre.  Es 
ist  eben  der  Charakter  der  beiden  sowohl  in  Bezug  auf  die  Form  als  auch 
bezüglich   des  Inhalts   ein   ziemlich  verschiedener.     Dabei  kann  ich  jedoch  die 


G.  WEIGAND,    DIE  AROMUNES.  89 

Bemerkniig  nicbt  untcrlasscc,  dass  ich  in  (1er  aur  S.  1S9  zu  Nr.  107  cìtierten 
DoÌQa  Nr.  16S  der  von  BSiseaiia  and  aá¡  1S85  vcröflenllicbten  SammluDg  von 
Volksliedern  bus  Siebe nbürgeo  duTchsus  keine  A ehnl ichkeil  entdecken  kimn. 
Die  AamerkuDg  dürfte  ebor  zu  den  drei  ersten  Versen  der  Nr.  16  passen,  wo 
in  ähnlicher  Weise  wie  in  der  soeben  erwäbnlen  Doina  über  die  Liebe 
K-laye  (¡pföhrt  wird. 

Den  Tetten  ist  auch  eine  deulscbe  Uebersetiung  beig^eben,  die 
einerseits  das  Eindringen  in  das  Original  erleichtert,  andererseits  fñr  solche 
Forscher  von  Wichligkeit  ist.  denen  es  nicht  so  sehr  aur  die  sprichliclie  Seite 
der  Erzeugnisse  als  auf  deren  Inhalt  selbst  ankommt.  Die  Uibersetïung  ist 
sehr  sorgialtig  and  getreu,  diu  Nt.  96  macht  eine  Ausnahme,  indem  die  lieber- 
Setzung  [Ballade  von  der  Erbauung  der  Arlabräckc)  in  Reime  gebracht  wurde, 
was  der  wortliehen  Ucbertragung  nicht  zuträglich  ist.  —  Es  ist  nicht  iQ  ver- 
kennen, dass  die  gröfsle  Schwierigkeit  in  einigen  kurzen  Wörtchen  liegt,  deren 
wörtliche  Uebeitiagung  nicht  immer  in  das  Geläge  eines  deutschen  Satzes 
passen  würde,  so  dafs  mitunter  zu  einer  etwas  freieren  Uebersetzung  gcgrifl'en 
weiden  mufs.  In  solchen  Fällen  wird  die  wortliche  Uebertragung  öfters  in 
Klammem  binzogcfügl.  Es  mögen  nun  zunächst  einige  Beracrkuogen  bezüglich 
der  Ueberseliong  folgen,  aus  denen  sich  crçebto  dürfte,  dafs  der  Sinn  des 
Originals  mitunter  doch  etwas  genauer  hätte  lum  Ausdruck  gelangen  köimen. 

Vergleicht  man  mit  Nr.  I  die  unter  3  verzeichnete  Variante,  so  kann 
weder  die  Interpunktion,  nocb  die  Uebersetiong  der  Verse  7  —  9  gebilligt 
werden.  Nach  Veri  7  ¡st  sowohl  im  Original  als  auch  in  der  Uebersetzung 
statt  des  Beistriches  ein  Punkt  zu  setzen;  die  Verse  S  und  9  bezeichnen  gerade 
so  wie  in  Nr.  1  (V.  5)  und  in  Nr.  3  (V.  7  und  S|  das  Mittel  lur  Durchführung 
de»  durch  die  Frage  angetlcuteten  Wunsches.  Ich  würde  hier  das  Verbum 
„wollen"  in  Anwendung  bringen;  „ich  will  mich  zu  ihr  begeben,  ich  will  über 
die  Mauer  mich  schwingen",  und  ähnlich  würde  ich  es  auch  1,  S  und  3,6 
Ihun,  wo  im  Boche  „sollen"  verwendet  wird.  —  Die  Conjunktion  Ji  scheint 
manchmal  in  unsern  Texten  noch  die  ursptÖDgUchere  konsekutive  Bedeutung 
bewahrt  zu  haben,  in  welchem  Falle  sie  mittels  „so  dzCs"  Übersetzt  werden 
kann,  so  13,14  (gar  nicht  übersetzt),  aber  vergi.  23. 4,  wo  auch  W.  mittels 
„dafs"  übersetzt.  Diese  Bedeutung  hat  Heb  allerdings  mit  der  Zeil  verBachl, 
so  dafs  gerade  so  wie  im  dmm.  dieses  Wörtchcn  nur  als  ein  Synonym  zu  si 
erscheint.  OeflE'rs  dürfte  es  von  der  individuellen  Auffassung  abhängen,  ob 
darin  noch  die  urüprüngtichere  oder  die  schon  abgeschwächte  Bedentung  zu 
sehen  sei,  so  etwa  11,4,  aber  9,11  scheint  doch  die  stärkere  Bedeutung  vor- 
zuliegen, trolidem  W.  auch  hier  mit  „und"  übersetzt:  der  Gesang  der  Vögel 
ist  so  stark,  dafs  selbst  die  [ermüdeten]  Karawanen  führet  erwachen.  —  Eben- 
daselbst ist  anch  die  Konj.  i  unübersotzt  gelassen,  tiotzdem  hier  das  WSrtcheo 
die  Bedeutung  „selbst,  sogar"  besitzt.  AehnUch  verhält  es  sich  mit  dem- 
selben Wörlchen,  wenn  es  im  adversativem  Sinne  verwendet  wird;  manchmal 
übersetzt  W.  selbst  mittels  „aber",  so  47,6.  81,9,  aber  9,14  verwendet  er 
„und".  —■  Auch  das  Wörtchen  *o',  welches  einen  Grund  bezeichnet,  wird 
manchmal   entweder  nicht   übasetzt   oder   unnützerweisc   mittels  einer  andern 


1  beiden  A  gemacht. 


QO  BESPRECHUNGEN.     J.  U.  JAKNÌK« 

als  kausalen  KoDJ.  wiedergegeben,  so  49,  8.  105,4.  ^O  (vgL  ibid.  7),  39,  3  (vgL 
ibid.  7  und  15);  110,6  wird  das  kaus.  io  in  einen  negativen  Finalsatz  umge- 
wandelt.  —  Gar  oft  wird  in  unsern  Texten  das  persönliche  Fürwort  im  Dativ 
als  ein  sog.  ethischer  Dativ  verwendet  und  als  solcher  im  Deutschen  nicht 
übersetzt,  wogegen,  wenn  dies  konsequent  durchgeführt  wird,  nichts  einge- 
wendet werden  kann.  Mit  diesem  Dativ  wird  nun  manchmal  auch  ein  Dativ 
der  Ergänzung  verwechselt  und  ebenfalls  nicht  übersetzt,  so  47,  II.  84,21. 
Die  Nichtbeachtung  dieses  Umstandes  scheint  auch  die  richtige  Erklärung  von 
tsi  ts  fak  22,8  sowie  auch  tsi  s  Vi  fako  120,8  verhindert  zu  haben.  Es  be- 
deutet hier  „ich  kann  dir  nicht  helfen",  „sie  konnte  ihr  nicht  helfen"  und  es 
ist  eben  der  hier  nicht  beachtete  Dativ  des  persönlichen  Fürwortes,  der  dem 
y txhMva  fatse  diese  Bedeutung  giebt.  So  ist  auch  123,3  multu  Vi  pçru  arou 
nicht  richtig  mit  „schien  es  ihm  sehr  schlimm"  übersetzt,  statt  „that  es  ihm  sehr 
leid";  damit  möge  43,  1 1  verglichen  werden,  wo  nu  ts  e  rou  di  mine  mit  „hast 
du  nicht  Erbarmen  mit  mir"  übersetzt  wird.  —  47,  14  in  Vau  de  kçpesiru 
liegt  kaum  der  Begtifif  des  Führens,  eher  nur  der  des  Fassens;  ähnlich  ist 
20,  2  Va  me  un  sin  „nimm  mich  an  die  Brust"  wenigstens  unklar,  statt  „greife 
mir  an  die  B.".  Das  Verbum  lua  wird  hier  kaum  eine  andere  Bedeutung 
haben,  als  akotsa  18,  12;  so  giebt  es  auch  keinen  Grund,  48,  12  boga  st.  „lege" 
mittels  „trage"  zu  übersetzen.  —  84, 2  eher  „mit  einem  Maultier  an  der 
Halfter"  als  „auf  einem  Maultier  mit  Halfter".  Es  wäre  allerdings  lächerlich, 
wollte  die  Angeredete  den  ganzen  Weg  also  machen,  aber  schon  aus  dem 
dritten  Verse  geht  hervor,  dafs  sie  noch  nicht  defínitiv  aufgebrochen  sei,  son- 
dern sich  an  eine  gröfsere  Gesellschaft  anschliefsen  wolle.  —  1^5»?  nu  pçate 
SU  V  veado  nila  übersetzt  W.  „man  kann  sie  nicht  sehen  ohne  Mitleid",  setzt 
jedoch  ein  Fragezeichen  dazu.  Giebt  es  nicht  etwa  eine  dem  drum,  a  vedea 
de  cineva  ähnliche  Phrase,  wo  der  Gen.  durch  den  Dat.  ersetzt  würde?  dann 
würde  der  Vers  folgenden  Sinn  ergeben:  „Das  Mitleid  [allein]  genügt  nicht 
um  für  die  verwaiste  Familie  zn  sorgen".  Oder  es  ist  hier  /*  als  der  Accus. 
Flur,  aufzufassen  (also  eine  Konstruktion  nach  dem  Sinne)  und  der  Vers  be- 
deutet :  „Das  Mitleid  (d.  h.  die  mitleidigen  Menschen)  kann  sie  (die  Kinder) 
nicht  ansehen  (vor  Rührung).  —  12,  17  krepdi  wäre  gewifs  getreuer  und  aus- 
drucksvoller „ich  bin  geplatzt"  als  „ich  platze"  übersetzt;  freier  konnte  es 
„mit  mir  ist  es  aus"  wiedergegeben  werden.  —  Dagegen  würde  ich  52,  14  den 
Aorist  deade  nicht  mit  „schien",  sondern  mit  ,, scheint"  übersetzen.  Der  die 
Geliebte  weckende  Jüngling  will  gewifs  sagen,  die  Sonne  scheine  gegenwärtig 
auf  die  Decke;  das  Verbum  da  bezeichnet  sowohl  hier  als  auch  53,  I,  dafs 
die  Sonnenstrahlen  den  bezeichneten  Gegenstand  erreicht  haben,  somit  den- 
selben bescheinen.  Allerdings  kann  das  Verbum  da,  besonders  wenn  es  ohne 
Präposition  vorkommt,  bei  der  aufserordentlichcn  Mannigfaltigkeit  von  Bedeu- 
tungen, die  gerade  dieses  Wort  auszeichnet,  auch  an  und  für  sich  die  Be- 
deutung „scheinen"  haben,  wie  dies  thatsächlich  120,2.4.  13  der  Fall  ist 
In  111,2,  wo  die  Handlung  in  die  Vergangenheit  fällt,  liegt  kein  Anstand 
vor,  dede  pi  k'eptu  mit  „auf  die  Brust  schien"  zu  übersetzen.  —  Bezüglich 
desselben  Wortes  h^e  ich  Zweifel ,  ob  76,  2  dats  vo  din  alago  mit  „begebt 
euch  auf  die  Wanderung"  richtig  übersetzt  sei  statt  „eilet"  im  Sinne  des 
Verbums  „alogats",  vgl.  21,4  ded  ku  dealago  jagte  hinter  (ihr)  her  («m  gab 
mit  Eile);    122, 12  z  dusiro  ku  dealago  schnell  liefen.  —  Bei  nçpôi  gld}t  das 


G.  WSIGAND,   DI£  AROMUNEN.  9I 

Glossar  die  BedeutoDg  „zurück,  wieder"  und  ,,daim"  an  und  citiert  für  die 
letztere  auch  32, 13,  womit  auch  die  Uebersetzung  der  Stelle  übereinstimmt. 
Natürlicher  scheint  es  mir  und  in  Uebereinstimmung  mit  dem,  was  unmittelbar 
nachfolgt,  das  Adverb  mit  ,,zurück,  zurück"  zu  übersetzen:  die  Gäste  werden 
aofgefordert  Platz  zu  machen,  damit  die  Schwiegermutter  ungehindert  ihren 
Schwiegersohn  betrachten  könne.  —  106,  3  aèti  s  Tu  nvets  kann  sich  doch 
unmöglich  auf  die  Kunst  des  Rasierens  beziehen,  wie  man  aus  der  Wieder- 
gabe „so  richte  es  aus"  deuten  könnte.  Es  hat  vielmehr  den  ganz  klaren 
Sinn  „so  belehre  ihn",  wahrscheinlich  darüber,  wie  er  sich  seiner  künftigen 
Schwiegermutter  gegenüber  benehmen  solle,  um  sich  keine  Blöfse  zu  geben.  — 
123,9  kommt  der  Aorist  aurló  in  Verbindung  mit  noso  und  dcamna  vor. 
W.  übersetzt:  ,, brüllte  sie  an,  brüllte  die  Herrin  an",  fafst  also  die  beiden 
Wörter  als  eine  Ergänzung  im  Accusativ  an.  Es  ist  nicht  zu  leugnen,  dafs 
syntaktisch  diese  Verbindung  nicht  ausgeschlossen  sei,  da  es  im  Arom.  nicht 
die  Möglichkeit  giebt,  ein  persönliches  Objekt  im  Accus,  mittels  der  Präpos. 
p€,  /r^  von  dem  Nominativ  zu  unterscheiden,  wie  dies  im  Drum,  der  Fall 
ist.  Hier  pafst  jedoch  der  Accus,  durchaus  nicht  in  den  Zusammenhang: 
erstens  würden  die  Mägde  die  Stimme  eines  Mannes  kaum  für  die  ihrer 
Herrin  gehalten  haben  und  dann  besteht  in  dem  deutschen  Texte  ein  Wider- 
sprach, indem  es  heifst  :  „als  die  Herrin  zum  dritten  Male  rief",  was  ein  vor- 
hergegangenes zweimaliges  Rufen  seitens  der  Frau  voraussetzt.  Ich  erkläre 
mir  diesen  Lapsus  dadurch,  dafs  sich  der  Uebersetzer  durch  den  Umstand 
irreführen  liefs,  dafs  das  Subjekt  hier  dem  Verbum  aurló  nachfolgt,  dasselbe 
ist  jedoch  auch  bei  dem  Synonym  strigò  der  Fall,  wo  richtig  übersetzt  wird.  — 
In  dem  unter  Nr.  39  verzeichneten  Tanzlied  ist  die  Form  tradze  des  i.  und 
13.  Verses  als  3.  Sing.  Praes.  Ind.  aufgefafst  und  mittels  „zieht"  übersetzt 
worden.  Es  scheint  mir  nun  der  Indikativ  wenig  passend  zu  sein.  Sehen 
wir  uns  zunächst  die  zweite  der  citierten  Stellen  an.  Dafs  der  Staub  aufge- 
wirbelt wird,  rührt  gewifs  nicht  vom  lang  samen ,  sondern  eher  von  alhu 
raschem  Tanze  her.  Wenn  wir  daher  den  Vers  13  anarya  tradze  kor  lu  mit 
„langsam  führe  (lenke,  ziehe)  den  Reigen",  also  mit  der  2.  Sing,  des  Impera- 
tivs übersetzen,  werden  erst  die  mit  der  kausalen  Konjunktion  eingeleiteten 
Verse  15,  17,  19  klar.  Aber  auch  der  erste  Vers  verträgt  sich  leichter  mit 
dem  Imperativ  als  mit  dem  Indikativ;  in  der  Uebersetzung  ist  dies  allerdings 
weniger  klar,  da  im  3.  Vers  das  kausale  ko  nicht  übersetzt  wird,  das  Original 
giebt  jedoch  ganz  klar  den  Grund  an,  warum  der  Reigenführer  den  Tanz  in 
der  im  i.  Verse  angedeuteten  Weise  führen  solle.  Auf  S.  112  der  Olympo- 
Wlachen,  worauf  W.  hier  hinweist,  ist  allerdings  kein  Verbum  vorhanden, 
aber  das  mit  dem  Vokativ  verbundene  Adverbium  ist  gewifs  als  eine  Auf- 
forderung aufzufassen.  Wenigstens  haben  wir  hier  ganz  in  Uebereinstimmung 
mit  der  auf  S.  91  desselben  Werkes  bezüglich  der  Imperativbildung  citierten 
Regel  die  mit  der  3.  Sing.  Ind.  Praes.  identische  Imperativform  strândze,  so 
dais  auch  in  formaler  Beziehung  kein  Hindernis  vorliegt.  Mit  diesem  Liede 
kann  das  in  demselben  Versmafs  verfafste  albanesische  Lied  verglichen  werden, 
das  ich  aus  Mitko's  handschriftlicher  Sammlung  in  der  Zeitschrift  für  Volks- 
kunde n.  Band  S.  190  veröfifentlicht  habe.  Auch  dort  wird  in  den  Versen  6 — 7 
der  Wunsch  ausgesprochen,  der  Geliebte  möge  den  Reigen  langsamer  tanzen, 
um  die  Hose  nicht  staubig  zu  machen. 


92 


BESPRECflÜNGEN.      J.  D.  JARNIK, 


Wag  die  Teile  selbst  betrifft,  so  babe  leb  eineo  Zweifel  betngllcb  ],  II. 
Aus  dem  vorliergcbeadeD  Plural  kann  allerdings  leicht  ein  Singular  abslrahietl 
werden,  nichts  ist  ge  wohnlich  er  in  der  Volkssprache  als  solche  Uebergänge 
vnn  einer  Person  zur  andern,  vom  Sing.  lum  Plural  und  umgekehrt,  hier  stört 
mich  der  Gebrauch  des  korrelativen  Fron,  demoiisli.  zu  dem  vorb ergehendem 
iu.  Die  Sache  wäre  jedoch  ganz  anstandslos,  wenn  wir  annehmen  könulea, 
dafs  hier  tara  stall  des  Pron.  rei.  tare  verschrieben  sei.  Es  würde  allerdii^ 
das  Pron.  tel.  allein  genügen,  allein  nichts  ist  gewöhnlicher  im  Rum.  als  die 
Hinweisung  darauf  millels  eines  persönlichen  Fürwortes,  ja  oft  wird  erst  an 
dem  letzteren  ersicbilich  gemacht,  in  welcher  Beziehung  sich  das  relative  Für- 
wort zu  den  ubiigen  SatzteíleD  befindet.  Besonders  ist  dies  allerdings  bei 
dem  unliektietten  Ûf  der  Fall,  aber  auch  bei  iure  ist  dies  durchaus  nicht 
ausgeschlossen-,  es  möge  aus  der  Ornitologia  poporanS  romänS  von  Manu 
nur  dieses  eine  Beispiel  eitlen  werden  :  Om  ....  care  in  toate  afacerile  taie 
fi  merge  /oaríe  bine  (st.  cSmia)  I,  45.  —  Einen  anderen  Zweifel  habe  ich 
buùglich  der  Gellung  des  21,3  vorkommenden  i'.  Sollte  es  sich  auf  das  ans 
dem  Baumnamen  abstrahierte  meare  beziehen,  was  wohl  das  nilürlichste  wire, 
so  wäre  einzuwenden,  dafs  dieses  Subst.  im  Plural  weiblich  ist  tmil  sieb  daher 
nur  ein  le  oder  ¡i  darauf  belieben  könnte.  Oder  isl  ti  der  Dat.  Sing.,  der  steh 
hier  auf  den  Baumnamen  selbst  beuchen  würde?  Der  Accus,  selbst  kann  hier 
Dm  so  eher  weggelassen  werden,  da  er  gana  unbestimmt  ¡st;  wird  doch  der- 
selbe mitunier  auch  dann  «eggelassen,  wenn  von  einem  ganz  bestimmten 
Gegenstand  die  Hede  ist,  so  i.  B.  113,6  st  l'' deade  mo  sa  a  fitiorlui  (st.  ìi 
/'»  d.).  Aus  der  Ueberselznng  ist  nicht  la  entnehmen,  wie  der  Herausg.  die 
Sache  BußaTsl.  da  er  nur  vom  Abpflücken  im  allgemeinen  spricht.  —  Wohl 
unbeabdchtigl  ist  die  Weglassuog  des  Accusatìvobjekti  o  12,19  indetUeber- 
leUDDe  „worin  ich  (dir)  gebe"  st.  „worin  ich  es  (d.  h.  das  Wasser)  gebe". 
Die  Weglassung  des  »  erklärt  sieh  vielmehr  dadurch,  dafs  sehr  ofl  das  per- 
sönliche Fürwort  auf  ein  entweder  vorhergehendes  oder  nachfolgendes  Sub- 
stantiv als  Objekt  hinwûst,  in  welchem  Falle  es  in  der  Regel  nicht  übenem 
wird,  nnd  daJs  dies  mitunier  auch  ein  wirkliches  Ptonomiaalobjekt  treffen 
kann.  —  Etwas  awcirelhafl  in  dieser  Beaehung  ist  dasjenige  q,  welches  11,1 
sich  votfibdcl.  1st  hier  da  unpersönlich  und  transitiv  lugldch,  die  SubiL 
.^eber"-  und  „Gesundheit"  jedoch  Accusalivobjekte,  so  würde  0  pleonastisch 
anf  das  erste  Wort  des  ersten  Verses  hinweisen;  sind  jedodi  die  beiden  Sob- 
slaativa  als  Sabjckle  sa  denken,  so  «orde  man  eher  blosses  to  ohne  0  er- 
warten, falls  nicht  9  mit  da  eine  jener  zahlreichen  Phrasen  bilden  könnte, 
deren  Bestandteil  eben  das  feminine  im  Sinne  eines  Neatroms  gebraucbt«  Pro- 
nomen *  ausmachl.  —  Auch  übet  die  Fotin  t'i  SO,  J,  4  wire  es  angeieigt 
gewesen .  eine  Bemerkung  lu  machen ,  dais  in  beiden  FiUen  damnler  der 
Btiatigam  lu  verstehen  sei.  Oder  sollte  neh  das  l'i  in  den  bdden  Vctloi 
auf  die  ia  denselben  vorkommenden  nie  tind  tale  beziehen?  Dann  mñble 
alleiJtngs  auch  im  3.  Verse  ..ihr"  dardi  „ihm"  ersetat  werden.  Die  Vene  S — 8 
tatsen,  wie  ich  glaub«,  die  entere  AofTassong  wabrscheialiclMi  cndidncn.  — 
BeaitUcli  dei  Aanierkung  >a  lOl,  9,  als  oh  hin  das  Impeif.  dot  ao«  Reimawaag 
Matt  <l«s  cia*ic  richllfiSB  Aoriste«  gebtaadtl  w«rik,  ist  ni  bemeAea,  dab  auch 
Am  cte«  ttnpr  aadatMndc  I1riitì(k«it  beaciciuende  LnpcHl  ònen  gant  guten 
Saa  gMil.     AlknUap  «et««  ich  *«na«,  dab  das  Vcrbam  mfà»  lùer  die  ge- 


B  ABOMüNEV.  Q3 

«òholiche  Bedeulnng  liahea   kòace:   „vahrend  den  Naki  die  Erde  latiehiu, 
halle  Zagori  (noch  iinnipr)  Forchi  vot  ihm". 

Von  den  drei  Beilagen  wollen  wir  uns  mnachst  mit  der  ersten,  dem 
Glossai,  elwas  aus fäliil icher  befassen.  Ueber  die  Einrichlung  desselben  er- 
fahren wir  S.  187  — 8  Folgendes;  l.  Es  soll  vollständig  sein  in  dem  Sinne, 
dafs  es  alle  sowohl  in  den  Texten  als  auch  in  den  Einleitungen  votkommenden 
Wolter  enthalte;  2.  Nur  bd  wìchligeQ  und  weniger  häufig  vorkommenden 
und  aus  anderen  Quellen  nicht  bekannten  Wörtern  sind  sämtliche  Belegstellen 
angegeben,  bei  haufìger  vorkommenden  oder  aus  anderen  Quellen  bekannten 
nut  je  eine;  3.  Alle  für  die  Grammatik  wichtigen  Stellen  und  Formen  sind 
aufgenommen  worden;  4.  Oft  werden  in  ronden  Klammern  Formen  beigefugt, 
die  »war  in  den  Texten  nichi  vorkommen,  abet  oft  gerade  gebräuchlicher  sind 
(was  mitunter  auch  von  der  Bedcolnng  gilt):  5.  Det  Plural  ¡st  nur  dann  an- 
gemetkt.  wenn  er  belegt  und  seine  Bildung  bemerkenswert  ist;  6.  Häufig  sind 
Vermerke  angebracht,  wodurch  das  Finden  der  Formen  erleichtert  ist. 

Wenn  wir  uns  nun  lu  diesen  einzelnen  Punkten  wenden,  so  mögen  zu- 
nächst diejenigen  Wörter  oiler  Worlformen  angemerkt  werden,  die  in  das 
Glossar  hätten  auígeoommen  werden  sollen:  anáparle  122,17.20  {ndfiartt 
nnd  Jindfarti  sind  allerdings  verzeichnet),  apQt  86.  18.  lij,  14  (das  mit  a  im 
Auslaut  vcrsläikte  apoia  sowie  nepoi  kommen  vor,  aber  dann  fehlt  ebenfalls 
nafoi  I26,j  etc.,  narota  125,3  Q"d  "pfoia  122,9),  "rpHdurika  27,8,  ariin- 
äurp  12,6  (nur  ¡¡induro  ist  verieichnet),  barbo  Bart  113,15.  127,1,  äiniiU 
128,3  (<""  so  eher,  als  das  einfache  iu.<  bier  nicht  vorkommt),  gaíbin  12,3 
(onwr  Husillo  wird  es  allerdings  ciliett  ;  die  Weglassuag  des  Wortes  ist  um 
so  auCfallender,  da  dei  Hetausgebet  S.  3  det  Einleitung  über  das  Won  eine 
Anmerkung  macht),  fiondi  Dörfler  124,6,  htr  Eisen  124,6,  kafra  Ziege 
117.  17-  '30,8,  Uupuilts  Sihelle  130,  lO,  kAtspfui.  -uip  junger  Hund  122,22, 
tutHt  Messer  68,7.  69,4,  ík/jiÍí  86,17.  '*>  ¿"'"¿wr*"  ich  breche  aof  66,7, 
lafte  Milch  t2l,6.  128,5,  l<"  i^h  1^=3^  4l>l-  ■■9i  '5  (unter  aids  nicht  ge- 
nannt), Ug  binde  122,20  (Vrt),  í22,  23  (ie¿arp).  mare  Meet  58,  1.  3  (im  Gl. 
nur  amarti,  """'^  klein  96,158,  Mari  74,3  (Gl.  nur  Marie),  am  96,9  und 
sehr  oft,  Flur.  çamiA.  palru  vier  95,  13.  122,  il  {patrule),  126,  12.  127,  15, 
fort  trage,  so  di  guìe  31,  il.  99,  lì,  armi  86,  S,  Irup/u  119,  9,  3.  Sg. /car/o 
130,  10,  prsaile  Scìùeada  130,5,  raiU  Biantwein  94,2,  rai  84.8  (unter  arai 
nicht  verzeichnet),  iáflsprodiuiíe  siebzehn  123,2,  trJidietí  dreifsig  124,5. — 
Wenn  auf  S.  307  unter  den  mit  ,r  anlautenden  Wörtern  auch  gunp  111,2 
verieichnet  ist,  trotzdem  auch  /una  unter  /  vorkommt,  wo  diese  dialektische 
Fnrm  halte  aogemerkt  werden  köDoen,  so  vermifst  man  biet  um  so  eher  das 
Wort  ;;tindi  109,  5,  da  unter  ¡uUgu  gerade  diese  Belegstelle  mit  dem  Plural 
ciliert  wird,  ohne  dafs  dessen  Anlautes  Etwähnung  geschehe.  —  Bei  einet 
vollständigen  .Sammlung  wütden  ovo  auch  alle  einsilbigen  Wo rtchen  Aufnahme 
naden  sollen,  welche,  nachdem  sie  den  Auslaut^vokal  verloren,  nur  aus  einem 
Konsonanten  bestehen.  Bei  einigen  ist  dies  wirklich  der  Fall,  so  bei  /'  (als 
Dat.  Sg.f,  m.  B  l^=  un),  1,  li.  s,  es  geschieht  jedoch  nicht  bei  á  ^  de,  di, 
k  =  ka  vor  anda  tic,  II,  =  *¡>  vor  avde  67,  II.  15,  aklare  67,20,  =  iu  vor 
n  äione  103,  7;  l  ■=  lu  î.  B.  96.  123  etc.,  ^  la.  96,  13.  26,  =  lo  96,  52,  auch 
y,  15,  welches  zwar  im  Gl.  unter  el  verzeichnet  ist,  jedoch  so,  als  ob  es  anch 
a  hicfse,  während  das  0  in  beiden  Fällen  vnr  0  schwindet;  l  ^lu  (Präp.) 


HESPHECPUNGEN.     J.  U.  JARNlK, 

vor  uno  95,30.58,  uisu^açt  104,1,  askiindeare  ~-  ahuvinare  130,4:  »^ 
vo  besonders  in  bunp  v  caro;  n  ^  n¡i  9.  tj.  22,  13,  jl,  (t.  —  Im  Getieoldl 
trseheml  im  Gl,  auch  eta  Wort,  das  an  der  citiericn  Belegstelle  gar  nicht 
voTkommt:  bUiu  130,1.  Es  soll  hier  olTenbaT  das  betreffende  Kapitel  da- 
durch ergänzt  werden. 

Beiüßlich  der  Anführung  von  Belegstelleo  hai  sieh  der  Herausgeber  in 
der  Mitte  zwischen  den  zwei  Extremen  gehahen:  er  hat  weder  von  jeglicher 
Citierung  abgesehen ,  Doch  Vollständigkeit  angestrebt.  Man  mufs  ihm  dnfür 
dankbar  sein,  dafs  er  uns  wenigstens  so  viele  Nachweise  bietet,  aber  dabei 
kann  ich  doch  nicht  eine  Bemerkung  unterlassen.  Ich  habe  Astgestellt,  dafs 
bei  sehr  vielen  Wörtern  durch  Hinzufiignng  nur  einer  orfer  iwei  bis  drei 
Belegstellen  die  Vollständigkeit  etrelchl  worden  wäre.  Halle  man  dies  kon- 
sequent darchgeíñhrt  und  our  bei  iängerco  Ailikclo,  wo  eine  Aufiählnng 
aller  Bdegstellcn  aus  dem  oder  jenem  Grunde  überflüssig  schien,  das  Zeichen 
„etc."  hinzngefägt,  so  würde  das  Buch  vielleicht  um  einen  balben  Bogen  an 
Umfang  zugenommen  haben,  aber  man  würde  überall  ganz  genau  wissen,  ob 
man  alle  Belegstellen  vor  sich  habe  oder  nicht,  während  man  dies  bei  der 
gegenwärtigen  Einrichtung  niemais  weifs.  £s  ist  zwar  die  Abkürzung  „etc." 
hie  und  da  auch  hier  angebracht,  halle  jedoch  ebenso  gut  wegfallen  können: 
man  möge  ja  nicht  glauben,  liafs  dort,  wo  die  Anmerkung  nicht  vorkommt, 
alle  Belegstellen  verzeichnet  seien.  Ja  es  kommen  auch  Fälle  vor,  dafs  die 
Abkürzung  bei  Wörtern  steht,  die  nur  an  der  im  Gl.  verzeichneten  Stelle  im 
Buche  vorkommen,  so  bei  andmisa,  birbér,  magasU. 

Es  gicbt  nun  auch  eine  Kategorie  von  Woltern,  deren  in  der  Einleitung 
zum  Glossar  keine  Erwähnung  geschehen ,  nämlich  solche,  bei  denen  auch 
nicht  eine  einzige  Belegstelle  vorkommt,  so  an,  ape,  atvist  (nur  51, 19.  ai), 
bumUk  (nur  52,  11),  filli  (nur  88,  10),  gard«,  Ihido  (119,  i),  kl'eaU  (18.3), 
kftíúAa  (IÏ,  12),  palo  (64,  14.  16),  searp,  seati  (34,  J),  tpvane  (133,  14),  urht 
(43.  17).  Scheinbar  ist  dies  der  Fall  auch  bei  der  unter  a  citierlen  Phrase: 
me  dui  aminíc,  dieselbe  kommt  jedoch  im  Buche  gar  nicht  vor;  dagegen  gilt 
das  von  tt  adprds  (unter  addr).  das  wirklich  78,  3.  79,  4  vorkommt,  und  auch 
von  s  adavgû  (unter  adavg)  40,  zi.  Dafür  werden  andere  Formen  an  zwei 
Stellen  des  Gl.  mit  Belegstellen  versehen,  so  noinlru  lai,  3  nicht  nur  s.v., 
sondern  auch  nnter  nountru,  so  auch  anvirliga  119,4  sowohl  s.v.  als  such 
unter  nverliga,  welch  letztere  Form  in  den  Texten  gar  nicht  vorkommt,  kt 
die  lettiere  wirklich  gebräuchlicher,  so  sollte  sie  dem  oben  unter  4.  filierten 
Priniip  gemäf!!  neben  dem  thalsSchlich  vorkommenden  anuiWi^-o  in  Klammem 
beigefügt  werden.  —  Was  nun  diese  Hinzufügung  gebräuchlicherer  Formen 
selbst  betrifft,  so  möge  konstatiert  werden,  dafs  milunter  auch  solche  Wort- 
formen in  Klammem  gesetzt  werden ,  die  thatsächtich  in  den  Texten  vor- 
kommen ;  so  ailing  (s.  slíñg)  129.27,  oilalse  (s.  alt/iì  67,  iS.  llS,â,  aìitte 
(s.  aìll  120,  13  (warum  wird  dann  im  Gl.  ayaíií  neben  aud  aufgestellt?  ziun 
erstem  vergi,  auch  oßaiii  126,9),  "■"i/o  (s.  numtp)  125,5.  6|  pal^iin  (s.  ^u/jíh) 
119.10.  121,9,  IO.  vergi,  auch  nverínál,  das  im  Gl.  nur  als  Stichwort  für 
zwei  andere  Formen  erscheint,  als  ob  es  im  Buche  gar  nicht  vorkomme,  kber 
s.  69,  3  ;  auch  bei  gnu,  das  im  Mase,  in  unseren  Teiten  nur  als  grou  vor- 
kommt, wird  diese  Form  nur  in  Klammem  ciliert. 

Ich   gebe  nim   eine  Auswahl   derjenigen  Wörter   und  Wortfonnen,    die 


u 


G.  WEIGAND,   DIE  AROMÜNEN.  QS 

ich  im  Gl.  sei  es  als  Stichwörter,  sei  es  als  Varianten  von  daselbst  vor- 
kommenden vermisse:  arhiseskti  126,5  {'^^'Hrhinsesku),  diñgós  128,3  Inatte 
entweder  unter  diñ^és  oder  unter  ^os  oder  ñijos  Aufnahme  fìnden  können; 
unter  dit  auch  di  ti  84,4;  fur  auch  als  Verbum  119,23.  24;  neben  dem  im 
Gl.  verzeicheten  vitsinp  kommt  auch  das  Mase,  vor  und  aufserdem  auch 
vetsina  98,  I.  2.  6.  10.  12  mit  e\  auf  krinithune  II 3,  4.  5  hätte  wenigstens  unter 
ñkVin  . . .  hingewiesen  werden  sollen  ;  unter  ipu  fehlt  die  Dativform  ni,  die  an 
sechs  Stellen  unserer  Texte  vorkommt,  einmal  auch  122, 13  in  Verbindung 
mit  der  stärkeren  Form  a  úla  {dp  ni  a  nía)  ;  —  bei  kl*em  auch  2.  Sg.  kl*eú 
120,  II;  adiúmsirp  119,10;  atsél  126,7  ^^  ^^  Bedeutung  eines  Neutr.;  zu 
dau  auch  didéè  105,2.  108,  li;  dot  vor  einem  Femin.  dzuU  124,3  (allerdings 
zugleich  mit  trei);  alt  un  Aiì&m  (Stellung)  123,  10;  aveám-{-sp  in  der  Geltung 
eines  Konjunktivs  122,2,  womit  zu  vergleichen  bpidm  113,14,  spunedi  119,15, 
spuned  119,15,  adundm  5,  8;  so  fehlt  unter  aistu  der  Plur.  fem.  a^j/^  120, 10. 
123,11  (im  Gl.  nur  aeaste),  auch  aisti  122,23;  unter  dnda  auch  kanda  wie 
wenn  119, 11  ;  diumetdt  91,  5;  huztnii^dr  128,  i.  19  mit  <  (fem.  allerdings  1  auch 
im  Gl.);  wenn  ndreb  unter  ntreb  verzeichnet  wird,  warum  dann  nicht  unter 
intru  auch  indru  125,4,  indrô  126,4,  i^àrp  125,3?  und  unter  npuntru  auch 
npundru  123,2  und  125,4,  ^i^  ^i^^  zwar  citiert  sind,  aber  ohne  dafs  die 
lautliche  Verschiedenheit  erwähnt  werde;  kar  55*1;  kriskú  121,6;  kumbprô 
126,6.  8,  -oro  126,  7,  kúmbprí  126,  IO;  pprpmO-  119,  15;  soi  95,  24  (zu  spu)'^ 
sunptoi  129,  7  (bei  spnptate  sind  beide  Formen  citiert);  steaup  127,6;  bei  ak 
hätte  wohl  auch  der  Plur.  dtsilr  127,28  citiert  werden  können;  jfil/Át*  64,2 
ist  wohl  auch  Plur.  zu  yiUl^ei 

Was  nun  die  Genauigkeit  der  Ziffemnachweise  betrifft,  so  habe  ich  in 
dieser  Beziehung  über  100  Versehen  festgestellt.  Die  gröfscre  Hälfte  davon 
sind  solche  Fälle,  wo  nur  die  zweite  den  Vers  oder  den  Abschnitt  bezeich- 
nende Ziffer  und  zwar  um  eine  einzige  Einheit  sei  es  gegen  das  Plus  oder 
das  Minus  unrichtig  ist.  Ich  begnüge  mich  bezüglich  dieser  geringfügigen 
Versehen  mit  dieser  Bemerkung  und  führe  nur  die  übrigen  an.  Die  Sache  ist 
so  eingerichtet,  dafs  zunächst  das  Stichwort,  daneben  die  beiden  Zahlen  und 
neben  der  falschen  die  richtige  Zahl  in  runden  Klammem  hinzugefügt  ist: 
adúi;  zu  adusim  pafst  nicht  96,  35,  da  hier  im  Text  adutsém  als  Praes.  Conj. 
vorkommt  (vgl.  auch  adutséts  122,  15.  22),  während  adusim  32,  15.  17.  19  steht. 
(Es  hätten  hier  übrigens  auch  i.Sg.  Aor.  adúe  108,6.7.  122,25,  ^  ^^^  zxich 
3.  PI.  adûsirç  122,22.  126,4.11  citiert  werden  können);  am  112,11  (19), 
aui  118,5  (hier  nur  auatse,  das  wirklich  s.  v.  citiert  wird),  auiesku  40,2.  3 
(2.3  =  23),  baltsu  86,  28  (22),  bosai  13,  10  (hier  bohó»  das  gleich  darauf  citiert 
wird,  fur  die  i.Sg.  wäre  4,4.  21,6  anzuführen  gewesen),  bpsi/öu  118(122),  i, 
brats  58,4(14),  doi  11,17(7),  dimundare  auf  Bestellung  st.  67,21  lies  il,  19, 
dumnidskóu  9(12),  8.  9,  efharistisesku  128  (129),  7,  fak  und  zwar  zu  fg  u  ñ 
iole  st.  31,7  lies  12,  IO,  während  31»  7  richtig  gleich  darauf  hei  fo  stri  kaU 
steht,  \h\á.  featse  17,12(2),  fug  49,4(14),  ^^¿0  113(118),  16,  iou-a  Uta 
I0|I5(5)'  17»  4  (14)»  ibid.  úi  126,10  (zu  tilgen),  np  81,2  (ebenfalls),  kotiug 
123,18(10),  lai  15.4(7)-  39,48(4.8)»  ^Pi  66  (67),  7.  80  (87),  4,  lau  87  (88),  7, 
lukru  107(117),  4,  mprmintü  115(117),  14,  mutresku  33  (37),  7,  ndultsesku 
48,11(15),  niñgg  9(10),  12,  fikatiu  128,20  (zu  tilgen,  da  es  zweimal  vor- 
kommt;   eigentlich  kommt  jedoch  weder  die  eine  {ñkatie)   noch  die  andere 


go  BESPRECHUNGEN.      J.  V.  JARNIK, 

{añiatip)  Forai  vor.  sondern  Hniatie),  nkrid  68  (86),  8,  o/  64,  10  (16),  j 
rfsi/j  114.  '  (S).  íeJÍaV  108  (110),  9,  pinâiér  II  (IO),  I,  fgarkp  130,  7  (10). 
folate  95,10(30),  purismi  130,7(10),  iedS  111,16(6).  tine  9,11  (lu  lilgCD). 
tp^-a  soir«  (ut  8(38).3,  Iruf  32.  8  ('B),  (Ji  lìS  (116),  4,  tu  9,  1 1  (tu  tilgeii), 
furjlu  64(46),  IS,  <uC  5(4),  9,  /11/0  5(4),  5,  duiD  SI.  iz6, 4  lies  117,  19,  vert/i 
95'86(j6).  ^a'r«  133,23(13)- 

Beiäglich  d(T  ZifFcmnachweise  ist  noch  FolgendEs  m  bemerken.  Bd 
gewÌ95(ii  Formen  oder  Woitverbüidiingen  linden  sich  oft  mehrere  Beleeslelka 
und  man  könnte  glauben,  dats  an  allen  diesen  Stellen  sich  genau  dieselbe 
Form  oder  Worlvcrhindung  vorfinde,  die  ihnen  vorgeseUt  ist.  Dies  ist  jedoch 
selten  der  Fall,  gewöhnlich  ¡st  das  im  Glossar  Gebotene  als  Paraidigma  auf- 
lur^ssen,  wozu  dann  die  übrigen  Citale  mututií  mutandis  meistens  aUerdings 
passen,  so  wenn  z.  B.  unter  a/anlu,  Flur.  alanlsQ  Irti  mit  66,  (I  and  1 16,  J 
angemerkt  ist,  während  an  der  zweiten  Stelle  das  Wort  mit  ßiiori  (allerdiogs 
vor  alanlsf)  verbunden  ist;  oder  wenn  unter  Aou  das  Paradigmi  hü'lu  a  l( 
26,2  auígeslellt  wird,  nach  welchem  auch  45,9  truplu,  61,37  ¡S^reU,  6a,  iS 
dionli  sich  richten.  Etwas  bedenklicher  wird  die  Sache,  wenn  Kwischem  dem 
als  Paradigina  citiertcn  Beispiele  und  den  übrigen  Bslegstellen  ein  weteot- 
licber  Unterschied  besteht;  so  unter  al  bietet  das  Paradigma  als  regierendes 
Subst.  das  mit  dem  Artikel  versehene  hW,  während  in  dem  tweiten  Falle  das 
artikellose  filiar  vorkommt;  unter  riuu  2u  hü'  a  fi.  61,10  paTst  schlecht 
fratrie  a  fi.  66,  16,  das  besser  unter  kü'lu  a  rf.  passen  wurde;  unter  meaz: 
dada  15,10  parst  ivi a.r  filika  91,1t,  Surita  101, 1  [,  dada  101, Ij.  aber  nicbt 
tare  anteas  101,14;  —  nvotlestu.  m  nvorted  pafst  nur  die  mittlere  der 
der  drei  Belegstellen  90,4.  während  die  erste,  41,6(31.5)  nvorñts  und  119,30 
(st.  31}  invortl  »nfweist;  —  af¿t,  eu  afitaro  pafst  nur  119,13.  wïhrend  f¡ 
(st.  28)  der  Text  aféalo  bat;  —  bei  adiin  I  paCst  zu  mi  adunai  ku  ^rade 
die  zweite  der  beiden  Belegstellen  103,7.  wahrend  95,68  der  Text  t  adunó 
aufweist;  —  bei  lipstsku  wird  der  Bedeutung  desselben  als  eines  unpersön- 
lichen Ausdrucks  „es  ist  notig"  ^dacht,  dabei  jedoch  neben  xwei  passenden 
Belegstellen  auch  eine  unpassende  116,  5  citiert,  wo  es  „fehlen"  bezeichnet;  — 
das  unter /uBfl  verzeicbnele  A""  '00,2  gehört  doch  unter  die  Konjunktionen, 
da  es  ebenfalls  schon  mit  s  verbunden  wird;  —  unter  dado  wird  ali  dado 
zweimal  als  Dat.  belegt,  aber  nur  die  zweite  Belegstelle  pafst  hieher,  die  erste, 
103,  17,  ist  ein  Genitiv,  so  anch  unter  alantu  ist  weder  alantor  11$,  11  noch 
a/fntir  120,  12  ein  Dativ,  sondern  in  beiden  Fällen  ein  Genitiv;  ■ —  lu  dem 
unter  iQatso  verzeichneten  Plur.  s¡át¡iU  pafst  nur  15,6  (st.  5),  da  das  nächst- 
folgende 81,5  ¡îatse  aufweist;  —  so  auch  zu  dem  Plur.  socare  (unter  tbor) 
psist  nur  die  zweite  Belegstelle  51,2,  wahrend  an  der  ersten  32,6  im  Texte 
tbçirolt  steht,  was  um  so  auffalleader  ist,  da  der  Plural  sínurn  gleich  darauf 
im  Gl,  für  sich  belegt  wird. 

Ich  gehe  nun  zu  einem  andern  Punkte  über.  Es  ist  gewils  gerechtfertigt 
zu  verlangen,  es  möge  dort,  wo  das  Glossar  ausdrücklich  eine  Belegstelle 
citiert,  die  äufsere  Gestalt  aller  cïtierlen  Worlformen  genau  diejenige  Form 
erhalten,  die  sie  hu  der  betreffenden  Stelle  in  den  Texten  aufweisen.  Sollte 
hlc  und  da  das  Glossar  dam  benützt  werden,  um  Verbesserungen  etwaiger 
Iirtüner  der  Texte  aufzunehmen,  so  möge  dies  ÜberaU  ausdrücklich  erwähnt 
werden.    Am  ärgsten  ist  es  wohl,   wenn   die  Stichwörter  selbst  in  dieser  Be> 


G.  WEIOANIJ,   DIU  AKOMUNEN. 


I    babea 


zìchuiig  Abweichungen  zeigen,  unii  auch  dav 
So  Í  sl.  o  da-  Teite:  ¿use  41,  8  (s.  guh,').  * 
5.5  (s-Ä).  1  vditl'ti  H9.i3.î4((.  a  3),  worn 
Gesagte  zu  vereleichen  ist),  krepate,  musale  (9. 
ist  das  ah  Slichwart  angelñhile  ntiine  84,  15, 
mfwdsi,   wi' 


■   hier   Beispiele. 


'ndine  103,2,  frunäse  di  fag 

t  besonders  das  auf  S.  349.  4) 

ali);  —   besonders  aufTallend 

wo  der  Text  gerade  so  ruhtnc 

103,  13  der  Fall  ist.      Noch    auffallender   ist    das    unter 

asttT'ial  citierte  aslernaté  lï6,  4    nicht  so  sehr  Wf^eu  des  offenbdren  Acccnt- 

fehlers,   als  vielmehr   deshalb,   weil  es  ausdrücklich  von  aiUrnu  gelrennl  ist, 

bei  IctitEteiD  auf  ailerndt  verwiesen  wird,   wahrend  im  Texte  selbst  aoch  an 

erstirrer  Stelle   die  Lanlgruppe  it  (nicht  sl)  vorkommt.     Sollte   dies  etwa  eine 

Korrektur  sein,  so  mufìte  du  anidrücklich  aU  solche  gekennzeichnet  werden. 

Etwas  ähnliches  ist  es,  wenn  unter  stoi  (Hol)  108,  IS  als  Patt.  Perf.  ein  lies 

citterl  wird,   während  der  Text  auch  hier  iios  hat;    oder  wenn  unter  tandu 

1   BtisdrñckUch  bemerkt  wird  „auch  kundu  81,  6",  wo  der  Text  gerade  so  ein  h 

Lvofweist  wie  an  den  abtigen  Stellen.    Auch  wirkt  es  störend,   wenn  unter  tu 

WtAlMTi  wird  tu  pal  1,8,  während  das  Suhst.  im  Texte  fade  heifsli  oder  wenn 

rinler  dem  »weiten  tu  (Fron.)   119,  12  der  Dal.  trie  vorkommt,   der   im  Texte 

E«radc  so  mit  a  versehen  ist  wie  das  unmittelbar  darauf  citierto  a  lita. 

Daiu  gehören  ooch  folgende  Fälle:  untet  iulo  wird  auch  auf  31, 11  ver- 
wiesen,  wo  der  Text  gar  nicht  dieses  WörlchcB,  sondern  rfi'  ¿i  aufweist  (Inr 
iuip  wäre  autser  dem  im  Gl.  citierlen  40,  16  noch  etwa  122,  30  anzusetzen); — - 
unter  fai  wird  zu  119,9  ausdrücklich  gesagt,  dafs  hier  das  Verb  als  rcQ.  er- 
icfaeine,  was  im  Texte  nicht  der  Fall  ist:  —  unter  tut  wird  lu  10S.5  Ü  in 
tut  aái  citiert,  was  ein  interessantes  Beispiel  des  pleonastischen  Gebrauches  von 
H  abgeben  würde,  im  Teil  jedoch  ¡sl  keine  Spur  davon;  unter  //wird  50,  7  tri 
Ili  karr  cilierl,  aber  der  Text  hat  hier  Ip;  —  auch  ist  es  nicht  genau,  wenn 
unter  a   3.)  a  lui  Niia  cilíctt  wird,  wahrend  der  Tüxt  al  Nika  aufweist. 

Auch  bezüglich  der  Aecentbezeichnung  wäre  manches  zu  bemerken, 
s  Prinzip,  nach  welchem  die  Accentuieruog  bezeichnet  wird,  tu  ein  ziem- 
llcb  einficbes:  als  die  normale  Accentsilbe  wird  die  votletzte  des  Wortes 
sehen,  daher  der  Accent,  so  oft  er  auf  dieselbe  fallt,  nicht  gesetzt  wird. 
,  dafs  weder  in  Oi-n  Ti^xtcn  selbst  noch  im 
iÇlossar  in  dicicr  Bciiehung  mit  ili^r  erwünschten  Genauigkeit  £u  Werke  ge- 
i,  luse  jedoch  davon  ab  und  begnüge  mich  ntir  mit  einigen  auf- 
¡bllenderen  Fällen.  Ich  sehe  dabei  von  offenkiiDdi^n  Fehlem  wie  asternal^ 
il),  andd  Ti,  lO  auil'l  I20,  IZ,  und  130, 1  ab,  aber  in  einigen  Filien  konnte 
e  Nicht iibereinslimmung  des  Glossars  mit  den  Texten  den  Leser  doch  im 
iTDkUren  lassen,  so  61,  II  etc.  tumpfinile,  aber  im  Gl.  lúmpono;  drga/an  Gl., 
n  Text  unbezeichnet,  daher  argdjan;  astrrdt/m  lîl,  11  (Gl.  ausdrück- 
lirdtem);  unter  surpa  hat  das  Gl.  ¡ücup^  zu  [06,  6.  aber  der  Text 
Xtf/upp  d.  h.  ¡uçupo.  Dafs  auch  bpligo  des  Gl.  unrichtig  ist  st.  bdtíga,  geht 
jicbon  daraus  hervor,  dafs  das  Wort  im  Gl.  an  unrecliier  Stelle  sich  befindeL 
X  grofse  Knappheit  des  Glossars  hat  hie  und  da  einige  Un- 
laibeil  verschuldet.  Ich  wähle,  um  es  zu  zeigen,  als  Beispiel  die  WörLchen 
Unter  ama  (auch  um)  ist  nur  die  Bedeulung  „aber"  ver- 
zeichnet, wobei  a'.if  ma  verwiesen  wird,  wo  die  beiden  Formen  aína  und  am 
nur  mit  der  Bedenlung  „aber"  des  »is  in  Verbindung  gebracht  werden.  Es 
wird  nun  daneben  mit  derselben  Schrift  wie  im  rumln.  Text  das  in  runde 
I.  Fbil  XX.  7 


gS  BESPRECHUNGEN.     J.  U.  JAKNÌK, 

Klammem  gesetzte  Wörtchen  „nur"  hinzugefügt.  Ich  setre  voraus,  dafs  dieses 
Wörtchen  eine  der  mannigfaltigen  Bedeutungen  des  mm.  Wortes  wiedergiebt, 
wenn  jedoch  die  Einklammerung  bedeuten  sollte,  dafs  das  Wort  in  dieser  Be- 
deutung in  unseren  Texten  nicht  vorkomme,  so  muíste  dies  unter  Hinweis  auf 
ii9f  31*  961142  verneint  werden.  (In  diesem  Falle  ist  es  synon.  zu  dem  119,5 
auch  pleonastisch  gebrauchten  mas.)  Aus  den  drei  unter  ma  i)  citierten 
Beispielen  ist  zunächst  11,17  auszuscheiden ,  wo  das  Wörtchen  in  genauer 
Uebereinstimmung  mit  dem  drum,  mat  mit  nu  bedeutet  „nicht  mehr".  Diese 
ursprüngliche  Bedeutung  ist  oft  bedeutend  abgeschwächt  worden  gerade  so  wie 
im  Drum,  (vergi,  die  gewöhnliche  Frage  nach  dem  Wohlergehen  ce  mai  faci?), 
so  87,  I  lúndure  ma  yin  è  ma  fug,  112,  16  ma  me  plundt,  28,  II.  12  iu  ma 
i  yine,  56,  i  uno  feat  o  ma  s  muiato,  auch  32,  I  ma  so  ú  bpnedz  kann  viel- 
leicht hiehergerechnet  werden  (wogegen  das  in  ähnlicher  Weise  i  lO,  i  an  die 
Spitze  des  Liedes  gesetzte  ma  mit  ähnlichem  Gebrauch  eines  adversat.  da,  d  im 
Dmm.  zu  vergleichen  ist).  Hieher  rechne  ich  auch  die  beiden  unter  adversat.  ma 
im  Gl.  citierten  Beispiele  eines  m  8,  3.  7  ;  im  Texte  trachtet  es  der  Herausgeber 
in  Klammer  mittels  „aber'*  zu  erklären,  was  jedoch  durchaus  nicht  zu  passen 
scheint.  Dasselbe  ma  im  Sinne  von  „beinahe,  an"  wurde  ich  63, 4  ma  tro 
nan  au  sehen  (auch  drum,  in  derselben  Bedeutung).  Das  Il6,  4  vor  ku 
arovdare  vorkommende  ma  könnte  man  als  „mehr  beim  Komp."  erklären, 
eher  ist  es  jedoch  das  anfangs  erwähnte  „nur". 

Dann  werden  im  Gl.  unter  3)  und  4)  noch  zwei  Bedeutungen  angeführt 
3)  ma  ko  wenn  119,2  und  4)  ma  s  aber  wenn.  Im  letzteren  Falle  wäre  es 
nur  eine  Verbindung  des  adversativen  ma  mit  der  auch  in  unseren  Texten 
vorkommenden  hypothetischen  Konjunktion  so,  si,  s.  Diese  Uebersetzung 
kann  jedoch  in  den  Texten  nicht  immer  in  Anwendung  kommen  und  W. 
wendet  sie  nicht  einmal  überall  dort  an,  wo  er  Belegstellen  davon  anfuhrt, 
so  gleich  123,  14,  wo  „aber"  schon  deshalb  nicht  passen  würde,  weil  un- 
mittelbar davor  die  Konjunktion  s  steht,  aus  demselben  Grunde  auch  nicht 
119,27  so  ma  so  z  dtuko)  auch  1 19,  13  in  einem  nachgestellten  hypoth.  Vorder- 
satze wird  nur  „wenn"  zur  Uebersetzung  verwendet,  auch  122,  16  nach  einem 
kausalen  ko  kann  von  „aber  wenn"  keine  Rede  sein ,  und  so  beschränkt  sich 
die  Anwendung  der  im  Gl.  angegebenen  Uebersetzungs weise  nur  auf  das  zweite 
Beispiel  119,27  (st.  28)  ma  s  te  ntreabo  und  122,  6  ma  s  nu  Vi  fak.  Aber 
in  keinem  der  beiden  Artikel  erfahren  wir,  dafs  auch  ama  oder  am  und  zwar 
ohne  so  die  Bedeutimg  einer  temporalen  Konjunktion  haben,  welche  beinahe 
durchgängig  mittels  „als"  übersetzt  wird;  so  ama  mit  arhinsiro  125,  2, 
hogar 0  125,3,  hogó  126,8,  duse  126,  IO,  avdûro  126,  12;  von  am  citiert  das 
Glossar  allerdings  zwei  Beispiele  126,5  {aperì),  126,6  {bogó),  jedoch  mit  der 
hier  unrichtigen  Bedeutung  „aber";  in  demselben  Märchen  kommen  noch 
zwei  Belege  davon  vor  126,  4  {armase)  und  8  {indrebaro).  Auch  hier 
kommt  in  der  Uebersetzung  einmal  das  formal  identische  ama  =  aber  zur  Gel- 
tung: ama  0  bçturo  126, 7  wird  hier  nämlich  mittels  „aber  als"  übersetzt, 
also  in  derselben  Weise,  wie  dies  früher  von  ma  so  erwähnt  wurde.  Eis 
wird  also  ma,  ama,  am  in  ähnlicher  Weise  mit  oder  ohne  so  gebraucht,  wie 
dies  bei  kund,  kara  u.  ä.  der  Fall  ist  Zweifelhaft  ist  ama  %  vrets  96, 69, 
wo  ama  auch  die  adversative  Bedeutung  haben  kann,  die  ihm  im  GL  beigelegt 
wird.    (In   der  Uebersetzung  der  Ballade  wird  ama  z  hier  nur  mit  „wenn" 


G.  WEIGÀND,   DIE  AROMtJNEN.  QQ 

âbcrseUt.)  Auch  Obedenaru  hat  dem  in  seiner  Fassang  des  Liedes  stehenden 
ma  die  adversative  Bedeutung  beigelegt.  Es  geht  aus  dem  allen  hervor,  dafs 
wir  es  hier  mit  mitunter  auch  dem  Ursprünge  nach  verschiedenen  Formen 
zu  thun  haben,  die  im  Glossar  nicht  deutlich  genug  auseinandergehalten 
wurden.  Da  nun  der  Herausgeber  auf  die  Frage  der  Etymologie  nicht  ein- 
geht, so  will  ich  mich  nur  mit  der  Bemerkung  begnügen,  dafs  das  temporale 
ma  mit  s  gar  sehr  an  das  gegische  massi  =  nachdem  erinnert. 

Bevor  wir  das  Glossar  verlassen,  mögen  noch  zwei  Kleinigkeiten  erwähnt 
werden;  dt  4)  wird  doch  nicht  zur  Konjunktion  bei  einem  Komparativ  darum, 
weil  es  im  Deutschen  mittels  „als"  übersetzt  wird?  —  Unter  ka  wird  auch 
ka  de  in  der  Bedeutung  von  „etwa"  verzeichnet  unter  Hinweis  auf  95, 36. 
123,  2  ;  dies  sieht  so  aus,  als  ob  erst  beide  diese  Wörtchen  zusammen  diese 
Bedeutung  gäben,  was  doch  nicht  der  Fall  ist. 

In  der  IL  Beilage  werden  die  dialektischen  Verschiedenheiten  im  Aro- 
munischen  im  allgemeinen  und  an  den  einzelnen  Liedern  im  besonderen  nach- 
gewiesen; dabei  möge  S.  354  st.  Nr.  17  die  Zahl  18  und  S.  359,  4)  st.  189  die 
Zahl  89  gelesen  werden.  Ob  es  richtig  ist,  wie  es  W.  auf  S.  357  thut,  kalu- 
guru,  kumpuru,  surupü  auf  eine  Stufe  zu  stellen  mit  lukurü,  paturu,  kus- 
kurü,  kopestur  möchte  ich  bezweifeln;  im  Drum,  wenigstens  wären  diese 
beiden  Wortklassen  streng  von  einander  zu  scheiden.  Dafs  hier  die  Gruppe 
muta  -4-  ^  mittels  eines  u  losgetrennt  wird ,  dürfte  mit  der  vom  Drum,  ab- 
weichenden Art  der  Anhängung  des  bestimmten  Artikels  zusammenhängen. — 
Dafs  die  357,  2)  erwähnte  Ersetzung  eines  a  nach  r  durch  ea  auch  im  Drum, 
vorkomme,  sehen  wir  bei  Miklosich ,  Beiträge  27,  2  ;  auch  das  analogische 
eredm  statt  erdm  ist  im  Drum,  bekannt. 

Ob  wirklich  die  doppelte  Bedeutung  des  Verbums  Uiu  „weifs  und  kenne" 
auf  den  Einflufs  des  gr.  ^avQ(a  zurückzuführen  sei,  möchte  ich  bezweifeln; 
wenigstens  besteht  derselbe  Unterschied  auch  im  Drum,  und  der  Uebergang 
ist  gewifs  ein  so  natürlicher,  dafs  er  sich  auch  ohne  Beeinflussung  seitens 
einer  fremden  Sprache  entwickeln  konnte. 

In  der  HI.  Beilage  werden  recht  interessante  Winke  über  folgende  Punkte 
gegeben:  I.  Was  soll  gesammelt  werden,  wo  und  wann  findet  man  es  am 
besten?  U.  Wie  soll  das  Gesammelte  niedergeschrieben  werden  und  welche 
Hilfsmittel  können  dabei  angewandt  werden?  HI.  Wie  kann  man  die  Leute 
mitteilsam  machen?  —  Wir  ersehen  auch  aus  diesen  Bemerkungen,  dafs  wir 
von  W.,  falls  er  sich  noch  zu  anderen  Reisen  in  die  von  Rumänen  bewohnten 
Gegenden  entschliefst,  ein  reiches  und  zuverlässiges  Material  erhoffen  können. 
Die  sprachwissenschaftlichen  Zwecke,  die  er  bei  seinen  Sammlungen  verfolgt, 
sowie  auch  die  wissenschaftliche  Ausrüstung,  mit  der  er  an  die  Arbeit  geht, 
sind  uns  eine  sichere  Gewähr  für  den  grofsen  Wert  des  von  ihm  Gebotenen. 
Möge  ja  nicht  aus  dem  Umstände,  dafs  ich  im  einzelnen  einige  Bemerkungen 
machen  zu  müssen  geglaubt,  gefolgert  werden,  als  ob  ich  die  Verdienste  des 
Herausgebers  verkennen  würde:  gerade  die  Sorgfalt,  mit  der  ich  an  das 
Studium  des  Werkes  ging,  beweist  das  Gegenteil.  Dadurch  dafs  ich  einzelne 
Versehen  vei  bessert,  glaube  ich  auch  meinerseits  ein  bescheidenes  Scherflein 
zur  Vervollkommnung  des  Werkes  gebracht  zu  haben.  Andererseits  gebe  ich 
mich  der  Hoffnung  hin ,  dafs  ich  mich  bei  der  Besprechung  von  Publikationen 

7* 


lOO  BSSl'RECHCNGEM,     J.  U.  JAKNIk, 

dieser  GbIIhiir  seitens  des  verdienstvollen  Forschers  in  der  Zukunft  werde  be- 
deutend kürzer  fassen  köanen,  indem  ich  nicht  eiamal  im  einzelnen  etwas  ta 
bemängeln  haben  werde. 


Erster   Jahresbericht   des    InatittitB    für   ruminlsche    Sprache  nt 
Leipiig.     Herausgegebea    von   Dr.   Gastsv  Weigand,   Leipzig,   Barth 

:894,  Vra.  155. 

Diese  Publikation  enthält  drei  Atbeilen;  1.  S.  I — 78  eine  nom.  Predigt 
vom  heil.  Antonius  nacll  einer  Handschiifl  aus  dem  Anfang  dieses  Jahrb., 
bearbeitet  von  Paul  Dachselt;  2.  S.  79—121  behandelt  Kurt  Schladebach 
die  aroiDunische  Ballade  von  der  Artahrücke;  3.  von  dem  Merausgcber  selbst 
unter  dem  Titel  „Istiisches"  zwolT  kürzere  Erzählungen  (lum.  anoave)  in  istroram. 
Mundart. 

Was  nun  zunächst  den  ersten  Text  betrifft,  so  wird  nach  einer  kurzen 
Einleitung  über  die  Provenienz  und  die  Beschaffenheit  der  mit  griechischer 
Schrift  geschriebenen  Handschrift  der  betreffende  Teil  derselben  abgedruckt, 
worauf  dann  eine  phonetische  Umschrift  und  Ucberaetzung.  dann  einige  An- 
merkungen und  endlich  das  Glossar  folgt.  Es  ist  keine  angenehine  Aulgabe 
gewesen  aus  dem  vielfach  inconsequent  durchgeführten  Original  einen  befrie- 
digenden Text  htr/ustellen  :  im  allgemeinen  kann  dieser  Teil  der  Arbeit  als 
recht  genau  und  sorgßltig  bezeichnet  werden.  Eine  von  mir  angestetlte  Col- 
lation ergab  nur  wenig  bemerkenswertes ¡  ich  richte  die  Sache  so  ein,  dali 
nach  der  Angabe  der  Belegstelle  zunächst  der  transe ribíertc  unrichtige,  recht* 
davon  durch  einen  Längeslrich  gelrennt  der  richtige  Wortlaut  des  Originals 
folgt:  11,  3Î  oB-i  uB,  26  jo—sö  r,  ni,  12  ji  —  iÇife  "'so  tsi  s  (vgl.  auch 
Vn,  20),  so  auch  19  siati  (si,  wo  s  ganz  am  Platz  ist;  V  5  i?  kifaso  —  io 
i-twsa,  1 7  äi  bisiarikc  —  n  6.  ;  VI ,  9  tra  si  1  -  aniinlo  —  tra  si  a. ,  33  al- 
lumtsia  —  ttlumfsia;  VII,  5  io  si  —  si  si.  21  polûkarte  —  poloìtoris; 
Vni.  16  nirgu  —  úíTgu;  X,  8  stiamu  —  stiamu.  25  hai  die  Handschrift 
vxrfxà,  was  gewifs  nicht  nur  wie  di  io.  «ondem  auch  wie  di  ka  gelesen 
werden  kann.  Dieses  ka  könnte  nun  vielleicht  gerade  so  wie  dies  auch  im  Driun. 
bei  einer  Vergleìchung  von  zwei  ungleichen  Stufen  geschieht  richtig  sein, 
wobei  die  Bemerkung  über  die  notwendige  Ersetzung  van  di  kç  durch  di  tot 
m  entfallen  hätte;  XI,  12  so — io;  XII,  25  duia  ~  dutu  was  allein  hier  pafit; 
Xm,  4  cftj  ßijavTa  kann  gewifs  gerade  so  gut  mit  dem  Iodic,  viade  als  mit 
dem  Conj.  vìàdp  (wie  auf  derselben  Zeile  ßrjavza)  Iranscribiert  werden:  ich 
gehe  dem  Conj.  den  Vorzug,  da  er  sich  hier  besser  in  den  Zasammen- 
hang  fugt;  XIH,  10  si  ¡-  bogolso  —  si  l'-b;  XIV,  4  ma  tip  —  ma  s  tip, 
also  der  ganz  richtige  Conj.  statt  eines  weniger  klaren  Indie;  XV,  9  Iti  ßt- 
stio  —  tsi  l'-f..  17  va  s-nu  akalsp  —  va  s-nu  Iso  a.;  XVI,  11  die  Praep. 
dt  nach  a^a  Ist  gerade  so  ríchlig  wie  XIII,  19  nach  m/riiuiallit  und  in  dem 
verkannten  Adj,  XII,  16,  daher  ja  nicht  zu  streichen. 

Die  Accentbezeicbnung  geschieht  nach  der  bekannten  auch  von  Weigand 
in  Anwendung  gebrachten  Methode.  Ich  würde  eine  etwas  genauere  An- 
wendung dieser  Methode  wünschen,  auch  könnte  ich  manche  Fälle  der  Nicht- 
übereinsiimtnuog  twischen    dem  Glossar  und  dem  Texte  in   dieser  Hinsicht 


G.  WEIGAND,  I,  JAHRrSHER,  DES  INSTITUTS  FÜR  RUM.  SPRACHE.   lOI 

nachweisen,  docb  will  ich,  da  ich  wichligercj  zu  sagen  habr,  auf  diesen  Puokl 
nicbl  weiter   eingehen   und   iiiich    üuniichal   zu    der  Uelierseliung   des  Textes 

Die  rumäniscbe  Kasiuag  dürfte,  wie  auch  der  Herausgebet  venantet, 
□ich  einem  griechiichcD  Original  gemacht  wocJen  sein  uod  bietet  auch  bezüg- 
lich des  Inhaltes  manche  SchwieiigkeileD.  Im  allgemeioen  kann  man  tnit  der 
UebersetiüQB  recht  zufrieden  sein.  An  einigen  Sitllen  gesteht  der  Uebersetier 
selbst  loyal  (9,  Anm.  auf  S.  43).  dafs  ihm  der  Sinn  nicht  ganz  klar  sei  und 
bebt  ausdrücklich  einige  Stellen  als  besonders  unklar  hervor.  Ich  will 
nun  VOI  allem  auf  diete  Punkte  ein^'ehen  und  eine  Deutung  veiiuchen;  die 
Kenner,  vor  allem  der  Herausgeber  selbst  mÖ^n  beuileilen,  ob  ihnen  meine 
Ueberseliurg  lusageo  wird.  XU,  21—24  wenn  er  —  gewesen  ist,  soll  heifsen, 
nachdem  der  unrichtige  Beisliich  zwischen  ahi^lu  und  «u  multu  gestrichen: 
„aber  dann  ist  dasjenige  was  geschrieben  war  (d.  h.  Schlechtes,  in  den  Hellen 
der  Teafel)  noch  anmal  so  viel  und  ärger  ist  es  als  dasjenige,  was  früher 
geschrieben  war".  —  XII,  25— 16  ist  das  Wort  mfrUntht  geradeso  ein  Ad- 
jektiv wie  Xm,  19  und  das  Wörichen  di  ia\  hier  ebenso  die  FripositJon, 
niehl  die  Conjunkiion  di,  wie  dies  XIH,  19  der  Fall  ist.  Es  ist  allerdings 
richtig ,  dafs  das  nrsprOnglich  consecutive  dì  mitunter  in  abgeschwächter  Be- 
deutung eines  ii  vorkommt,  aber  dann  sind  es  immer  zwei  Sätze  die  abo 
mit  einander  verbunden  weiden,  nicht  jedoch  zwei  Teile  eines  Salzes;  es 
■oil  also  hcilaen:  „und  bringen  sie  zu  dem  schrecklichen  Stuh!  des  Herrn". 
Wenn  es  dem  Herausgeber  aaflallend  erschien .  dafs  in  dem  Berichte  des 
Teafets  keinerlei  Erwähnung  des  Fegefeuers  vorkomme,  so  mochte  ich  eine 
solche  xm,  21 — 24  sehen,  da  hier  ausdrücklich  ein  Ort  t;enannt  wird,  der 
weder  das  Paradies  noch  die  Hölle  ist.  Der  Ausdruck  wäre  auch  viel  zu 
scharf  für  das  Fegefeuer  und  wurde  eher  für  die  Hölle  passen.  —  Ich  wun- 
dere mich  gar  nicht,  dafs  dem  Herausgeber  wie  er  in  der  Anm.  zu  XIII,  J 
erklärt,  der  Zweck  „des  Umkebrens  der  Seele  auf  dem  Boden  des  Fege- 
feners  seitens  der  Engel"  unklar  geblieben  sei.  Er  schiebt  die  Schuld 
auf  die  Unklarheit  der  Uebersetzutig.  Der  Text  ist  hier  jedoch  ganz  klar: 
der  deutsche  Uebersetzer  hat  eben  nicht  beachtet,  dafs  hier  das  Ortsadverbium 
di  aille  und  nicht  aisle  vorliegt,  also  „von  hier"  nicht  „hier",  und  dann  dafs 
liitu  nicht  nur  den  Boden  sondern  auch  die  Erde,  die  Welt,  mundus  be- 
zachnet,  wie  z.  B.  XV,  S  ganz  richtig  übersetzt  wird  ;  es  soll  also  heilen  : 
„von  hier  dann  lassen  sie  dieselbe  auf  die  Erde  zurückkehren,  sie  begeben 
sieb  dorthin  and  setzen  sich  um  [sie]  zu  sehen  als  sie  am  Leben  war,  damit 
äe  sehen  das  Gute  nnd  das  Schlechte,  was  sie  gethan  hat  [uod  das]  zwanzig 
Tage  hindurch,  wo  sie  dieselbe  [wieder]  in  Bewegung  setzen". 

XIV,  3 — 4  «wi  —  nihiamu;  auch  hier  scheint  die  unrichtige  Anwendung 
des  Beistriches  den  Sinn  und  die  richtige  Wortverbindung  altenert  zu  haben. 
Der  Strich  zwischen  amorlioilor  und  yameñi  ist  zu  streichen,  denn  es  heifst 
ja  nicbl:  „können  dir  die  Menschen  niemals  sagen",  wie  D.  übersetzt  (dagegen 
sliBubt  sich  ifunu,  das  doch  nicht  die  3.  pl.  praes.  conj.  sein  bann),  sondern 
es  soll  heifsen:  „was  wir  den  sündhaften  Menseben  thun,  kann  ich  dir  nie 
[vollïlâadig]  erzählen,  aber  ich  will  dir  [wenigstens]  ein  wenig  [darüber] 
lagen".  ^  V,  6  bietet  den  ganz  klaren  Sinn  „dafs  sie  (d.  h.  die  Frauen) 
wegen  all  dieser  schlechten  Sacheo  (Stricken,  Nahen  und  Sticken)  ihre  Kinder 


BESPRECHUNGEN.      J,  U.  JARNÍK, 


ganî 


klar 


junklian 

Gebtauch  kommt  auch  sonst  in  unser 
letzterer  Stelle  aller(liae<t  der  Uebers 
ohne  dafs  es  ihm  jedoch  gelungen  «i 
Familie  (Nachkommen)  versprechen", 
aus  dem  Folgenden  geht  jedoch  hetv 
ihre  Kinder  den  Teureln  versprechen 
versprechen ,  aus  dem  Zosammenhai 
leicht   in    abstrahieren.  —  VII.  15  d 


pleonasllsch  »ied<!rhall  wird.  Dieser 
eite  vor  so  XV.  1,  XVI,  4.  an  welch 
r   das  Worlchen   tu    retten  trachtet, 

—  VII ,  6  doch  nicht  „dar»  âe  ñcb 
s  wäre   doch   keine  so  grolss  Sünde, 

dafs  es  sich  um  solche  handle,  die 
ho    statt  „sich"  wäre  „ihre"  Familie 

iît  dann  die  Ergänzung  im  Dativ 
iverstandüche   „die  die 


Seele  [ca  leben]  gab"  wird  ganz  deutlich,  wenn  wir  in  didia  ; 
behaimten  euphemistischen  Ausdruck  füi  „steiben.  die  Seele  aushauchen" 
sehen,  also  bis  lu  seinem  Tode  resp.  während  des  ganien  Lebeos;  in  der 
nächstfolgenden  Zeile  ist  aus  Versehen  die  Uebersetiung  der  Worte  „ip 
amoTlU  [tsi]  au  fafto  entfallen.  —  VII.  22  tandni/t  bezeichnet  biet  doch 
nicht  „Regeln",  sondern  die  vom  Priester  auferlegte  Bufîe.  —  IX,  24  io 
i-/aku  tro  súffilu  heifst  doch  nicht  „es  sich  zu  Herzen  nehmen",  sondern 
„und  für  ihre  Seele  etwas  thun",  wie  dies  klar  aus  XII,  i;  hervorgeht  (vgl. 
auch  XIII,  9 — 10),  —  XVI,  1  was  soll  hier  „und  im  Ungeschützten"  hnfienî 
Der  Sinn  scheint  mir  ganz  klar  zu  sein:  „wer  keinen  (ilanbcn  annehmen  wird, 
wird  sein  in  der  sündigen  Well  und  im  ewigen  Feuer  „und  zwar  ungeschQttt, 
ohne  Schutz".  —  XVI,  13^ — 14  hier  bezieht  sich  doch  Ist  Iru  alsia  dtua 
s-poliddtp  nicht  auf  das  vorhergehende  iriSlMi.  denn  erstens  warum  sollten 
die  an  einem  Sonntag  getauften  Christen  einen  Vorzug  haben  vor  den  übrigen 
und  dies  um  so  weniger  als  dies  gewohnlich  nicht  in  ihrer  Enlsdiödung 
gelegen  ist.  Es  bt  auf  das  nachlolgende  Hrislolu  zu  beziehen,  wobei  aller- 
dings der  uotichligc  Punkt  vor  diesem  Worte  in  tilgen  ist.  Der  Sinn  ist 
ganz  klar:  die  Teufel  soilen  von  denjenigen  Christen  weichen,  dieden  heiligen 
Sonnlag  ehren,  an  welchem  Tage  Christus  getauft  worde,  am  Sonntag  ist  er 
aufgestanden  und  an  diesem  Tage  wird  ei  zum  jüngsten  Gericht  kommen. 
Der  Inluro  entstand  dadurch,  dafs  der  auf  dumîmto  sich  berieheode  Relativ- 
satz etwas  unbeholfen  ist:  solche  Wendungen  sind  jedoch  im  Rum.  ganz 
geläufig  und  im  Grunde  ist  es  dasselbe,  wie  dort,  wo  auf  das  relative  Fürwort 
ein  persönliches  nachfolgt,  welches  eigentlich  erst  bezeichnet,  in  welcher  Ver- 
bindung sich  das  erstere  mit  den  übrigen  Satzgliedern  beünde.  Hier  könnte 
wenigstens  drum,  der  Sinn  mittels  „In  can  11"  wiedergegeben  werden. 

An  mehreren  Stellen  kommt  der  als  Subsl.  gebrauchte  Inltniliv  vriare 
T/rite  vor  besonders  in  Verbindung  mit  dem  Veibum/u*,  was  in  nicht  ganz 
zutreffender  Weise  also  übersetzt  wird:  „Liebe  macht  II,  37:  lallen  uns  tu 
(machen  unsere  Liebe)  IV,  15,  lieben  uns  (ebenso  erklärt)  IV,  10,  lieben,  VI,  8, 
Vn,  17,  Vin,  19,  nnsere  Uebe  gen'^lit  haben  IX,  l  (vgl  auch  V  12),  wo 
überall  vriare  besser  mit  „Willen,  Gefallen"  übersetzt  wäre.  Auch  III,  25  ist 
fri  vriaria  ansasira  s-fakç  sicher  nicht  richtig  mit  „sich  ergeben  unserer 
Liebe"  übersetzt,  es  soll  auch  hier  heifsen:  „handeln  nach  unserm  Wunsch". 
So  kann  auch  VT,  3  Tt  miitalsf  fri  vriaria  a  lor  nicht  richtig  mit  „lehren  sie 
ihre  Uebe"  übersetzt  worden  sdn,  eher  „sie  lehren  sie  durch  ihre  Liebe  (d.  h. 
diejenige,  welche  die  übrigen  für  sie  empfinden),  soJals  sie  dieselben  dazu 
bringen  Gott  kennen  zu  lernen   (hier  wohl  nicht  lehren",  denn  mviiia  bttt  die 


G.  WEIGAND,  I.  JAHRESBBR.  DES  INSTITUTS  FÜR  RX7M.  SPRACHE.  IO3 

doppelte  Bedeutung  ,,1eliren  und  lernen").  —  XIII,  16  statt  des  Sing,  súflitu 
könnte  man  vielleicht  den  Plur.  suflüe  lesen;  der  Plural  wäre  hier  als  eine 
Konstruktion  nach  dem  Sinne  um  so  eher  zu  erklären«  da  am  Ende  dieses 
Kapitels  von  mehreren  Seelen  die  Rede  ist.  —  Ein  sonderbares  Versehen 
findet  sich  auch  II,  22 — 3;  hier  haben  wir  nämlich  den  adverbialen  Ausdruck 
di  amu  apoia  entsprechend  dem  frz.  désormais,  »»^on  nun  an".  D.  übersetzt 
ihn  gar  nicht,  im  Glossar  jedoch  stellt  er  amu  gleich  dem  adversativen  ama^ 
ma  und  citiert  dafür  dieses  Beispiel.  —  III,  16  si  steht  hier  statt  si  Vi  (acc. 
pl.),  daher  nicht  „dafs  sie  sich  zu  mir  wenden",  sondern  im  Einklang  mit  der 
Form  hitsu  (i.  Sg.)  „dafs  ich  sie  zu  mir  wende".  —  IV,  5  setzt  wahrscheinlich, 
wenn  wir  nach  der  Uebersetzung  urteilen,  D.  voraus,  dafs  vor  dem  Verbum 
òoksisesku  die  Negation  nu  weggefallen  sei.  Der  Sinn  wäre  allerdings  be- 
friedigend, aber  auch  das  Original  befriedigt  vollständig.  Hier  vertritt  der  mit 
di  eingeleite  Satz  di  òoksisesku  dumnidzó  einen  relativen  Satz  in  ähnlicher 
Weise,  wie  dies  im  Deutschen  bei  „so"  der  Fall  sein  kann  und  dieser  Satz 
ist  hier  nichts  anderes,  als  eine  Umschreibung  des  Z.  4  stehenden  al  dumnid%6. 
Das  Hauptgewicht  wird  hier  auf  die  Engel  gelegt  :  Engel  Gottes  sind  es,  welche 
die  Teufel  an  ihrem  Thun  hindern,  sobald  jedoch  die  Menschen  sich  abwenden 
von  den  Engeln,  die  Gott  preisen,  verfallen  sie  der  Macht  der  Teufel.  —  VI,  23 
soll  si  mparto  vielleicht  die  grofse  Anslrengun«;  bezeichnen:  der  Teufel  teilt 
sich  geradezu  um  überall  zu  sein.  —  VI,  25 — 6  könnte  vielleicht  die  ursprung- 
liche Fassung  auch  in  der  Übersetzung  zum  Ausdruck  gelangen  :  „warum,  wie 
so  wir  nicht  konnten." 

XIV,  6  kommt  ein  Wort  vor,  das  der  Herausgeber  nicht  zu  deuten  ge- 
wufst,  er  setzt  daher  im  Glossar  sprima  kare  als  ungedeutet  hin,  und  auch 
in  der  Übersetzung  wird  da  ein  Fragezeichen  gemacht  Zunächst  möge  be- 
merkt werden,  dafs  auch  hier  ein  Beistrich  an  unrechter  Stelle,  nämlich  nach 
kare  angebracht  ist.  Eben  dadurch  wird  kare  mit  dem  fraglichen  Worte  in 
eine  durchaus  ungerechtfertigte  nähere  Verbindung  gebracht.  Dafs  sich  die 
Sache  wirklich  so  verhalte,  geht  schon  daraus  hervor,  dafs  sich  dasselbe  Wort 
in  einer  ganz  andern  Umgebung  auch  XVI,  23  vorfindet.  Im  Glossar  wurden 
wir  diese  zweite  Belegstelle  allerdings  vergebens  suchen,  da  dieselbe  hier 
ohne  weitere  Bemerkung  unter  pri  verzeichnet  ist,  während  in  dem  transcri- 
bierten  Texte  das  ma  eingeklammert  erscheint.  Der  Herausgeber  ist  höchst 
wahrscheinlich  der  Meinung,  dieses  zweite  ma  sei  so  zu  erklären,  dafs  der 
Schreiber  die  darauf  unmittelbar  nachfolgende  erste  Silbe  des  Wortes  Mad-éa 
noch  einmal  falsch  wiederholt  habe.  Aber  dies  ist  gewifs  ein  Irrtum  und 
gerade  von  diesem  Beispiele  können  wir  ausgehen,  um  uns  den  Sinn  des 
Wortes  und  vielleicht  auch  dessen  Ursprung  klar  zu  legen.  Hier  kann  es  ge- 
wils  nur  den  Sinn  des  lat.  secundum  „laut,  in  Angemessenheit"  haben  und 
derselbe  Sinn  pafst  ganz  genau  auch  auf  XIV,  6:  die  Teufel  bereiten  den 
Sündern  in  der  Hölle  solche  Qualen  vor,  die  mit  den  Thaten  eines  jeden  von 
ihnen  in  Einklang  stehen,  was  dann  im  Einzelnen  nachgewiesen  wird.  Was 
nun  den  Ursprung  des  Wortes  betrifft,  so  scheint  es  mir  nicht  unmöglich,  dafs 
es  eigentlich  die  Verbindung  der  Präposition  spri  mit  dem  nachfolgenden  Subst. 
urmä  wäre,  also  spri  urmä,  sprt^rma,  sprima. 

Bezüglich  der  Ziffemnachweise  des  Glossars  habe  ich  folgende  Versehen 
festgestellt:  akulotse  zu  XI,  26  gehört  noch  17,  während  zu  nkulotse  sowohl 


I04  BESPRECHUNGEN.     B,  ACEVEDO, 

die  Bedeutung  „dorthin"  als  auch  die  Belegstelle  VHI,  3  pafst;  bei  aiiagp 
ist  12  zu  tilgen;  amintp  st.  II,  9  lies  VI,  9;  amu  st.  IV,  27  1.  Ill,  27;  án^elu 
st.  XIII,  4  1.  XIII,  2;  anostqsl  st.  XVI,  17  1.  15;  a^oiß  st.  XHI,  1 4  1.  17; 
òemun  st.  VIH,  6  1.  3;  di  st.  XV,  27  1.  vielleicht  12  oder  HI,  27;  ôimu- 
mV  e  st.  XV,  25  1.  22;  domnu  st.  Ill,  19  1.  20;  esku  st.  DC,  9  1.  18;  faku 
St.  I,  7  1.  II,  7;  St.  X,  9  1.  14;  zu  (mjfrikusatlu  (nach  frikp)  Fegefeuer 
pafst  nicht  XIII,  18  sondern  XII,  26  (wie  unter  m  richtig  verzeichnet  ist); 
kurds  XIII,  19  ist  zu  tilgen  (vgl.  ôj^a/jp,  wozu  das  Citat  pafst);  laiPi  st.  XI, 6 
1,  XII;  warum  unter  las  auch  iosatso  XIII,  14,  wenn  dasselbe  Wort  allerdings 
in  der  hier  thatsächlich  vorkommenden  Form  aiosatso  an  der  entsprechenden 
Stelle  im  Glossar  angeführt  wird;  lor  XV,  15  zu  tilgen;  nkl*inp  st.  XIII,  28 
1.  XII,  27;  neu  St.  XV,  26  1.  XIV,  26;  St.  XVI,  26  1.  XIV,  26;  prt  IV,  i  hat 
der  Text  blofs  tu,  das  auch  unter  t  verzeichnet  ist  ;  XVI,  23  steht  im  Text 
doch  sprt  resp.  sprima\  ppipkprseshu  st.  XHI,  23  1.  XIV,  23;  skualp  warum 
nicht  bei  skulaip  VH,  27?;  i  st.  XIH  3  1.  12;  iodid  st.  XU  1.  Xn,  6;  tsinivd 
Xm,  I  ist  zu  tsivd  anzufügen;  uyp  st.  XIV,  18  1.  8. 

Das  Glossar  weist  auch  einige  Lücken  bezüglich  der  Stichwörter  auf,  so 
diosprds  und  diospratse  zwölf  Vili,  24 — 5,  ma  nur  \TII,  II,  X,  13,  maltu 
weiter  111,6,  X,  17,  mplasku  IV,  10,  ngrek  schwer  sein  XII,  14,  nomu 
Gesetz  XI,  18,  trtaóo  Dreifaltigkeit  XVII,  19,  jrtn  vb.  komme,  so  ytne  X,  21, 
ytno  II,  26,  viAu  I,  12,  XV,  22,  vtru  I,  4,  zahmete  XH'',  6. 

Der  Text  ist  sowohl  sprachlich  als  auch  inhaltlich  sehr  interessant  und 
es  ist  zu  wünschen,  dafs  auch  andere  Teile  dieser  Handschrift  mit  ebenso 
vielem  Geschick  wie  der  vorliej;ende  behandelt  werden  mögen. 

In  der  zweiten  Arbeit  werden  die  verschiedenen  Fassungen  von  Liedern 
und  Erzählungen,  die  den  Einmauerungsgebrauch  zur  Grundlage  haben,  hübsch 
lasammengestellt  und  gedeutet.  Den  Ausgangspunkt  bildet  die  auch  von 
Weigand  veröffentlichte  arem.  Ballade  über  den  Bau  der  Artabrücke. 

Die  islrorumanischen  Snoave  bieten  r.ns  wieder  eine  wünschenswerte  Ver- 
mehrung unserer  Kenntnisise  der  so  interessanten  Mundart.  Dies  ist  um  so 
wichtiger,  da  uns  hier  lusammenhängende  Texte  vorliegen,  an  denen  wir  am 
bebten  den  grofsen  Unterschied  beobachten  können,  der  besonders  bezüglich 
def  Syntax  unvl  der  Wv^rtstellung  diesen  Zweig  des  Rumänischen  von  den 
übrigen  trennt.  Hier  dürfte  der  Eintlurs  des  Slavischen  sich  ganz  besonders 
gehend  gemacht  haben,  aber  auch  im  Wortsch^ue  konunen  hier  solche  rein 
Uavìsche  Worter  vor.  die  aus  den  bisher  veröffentlichten  Texten  und  Woit- 
sammlungen  nicht  bekannt  sein  viürfien. 

E>  ist  sehr  iu  in-üaschcn.  viafs  einmal  der  ganze  istronim.  Wortschatz 
gesàmmeìt  unvl  heiausj:egel^n  werde  und  es  wird  uns  diese  verdienstvolle  Ar- 
beit von  H.  Nanu  in  Aussucht  ge>iellt.  Ich  erlaube  mir  bei  dieser  Gelegen- 
heit darauf  au:a)vYk>um  ;u  n*jtchen.  dafs  Miklosich  in  seinen  Raminischen 
Untersuchungen  1.  wie  ich  in  vin  er  Besprechiisg  dieses  Werkes  vLiteratnrblatt 
Äi  jx<^v*2ii*che  ur.d  Toa:ju^isc>.e  r>iîv^loçîe  iS^2.  Nr.  4,  S,  146— 7)  hervor- 
ipehoSfc.  nicht  aîle  is  dea  w^n  Ive  gesjiaaaelten  Texten  v«>rkoccicenden  Wörter 
an^peaoAAîes  ìuSrn.  sv,^  vUCs  v*ie>e  Tex:e  r.>:b.a:al>  excerrsert  weiden  müssen. 
IcV  fi^e  vir,i¿e  v*:«cr  Wôt;«  b-niu.  :u¿:le:cb  =:::  Ar.^abe  ier  Beleg^elle  bei 
Ixv  und  bei  Weic*"d:  Vo:ïi:ïr:  vios  Wor:  i:::  der  oä  derselben  SteBe  von 
MiUo>iC>    xrtv*es;t:c>:er.  Mji:e:*,a^sjßi".'ur.5:   xos  vìar::;er  vv«^,   5O   wird   auch 


D.  A.  R.  DE  ARGÜELLF.S,  VOCABULARIO  BABLE.  IO5 

dies  in  Klammern  angemerkt,  barka  3, 40,  W.  10, 1  ;  bogát  8,  28,  bogatù  12,  32, 
W.  5,  I  (G.  657);  domnu  3,  36  etc.,  W.  2,  12  (G.  133  5 — 6),  hunteniu  13,  16, 
W.  4,  II  (G.  kunténat^-nte  960);  nigdar  If,  I,  W.  3,  12  (G.  1 224);  otopesk 
10,23,  W.  5,  4.  9,3;  platesku  6,  5,  W.  4,  2.  6,9  (G.  343);  su  5,  19,  W.  4.  5. 
10,4  etc.  (G.  27),  svetu  15,  19  etc.,  W.  3,  3.  5,  7  (G.  1333);  truden  5,  31, 
W.  I,  II  (G.  1276);  vera  14,  28,  W.  9,7;  vikei  3,  22,  W.  7,  II.  9,  4,  17. 
12,  2  (G.  781). 

Bezüglich  der  Uebersetzung  habe  ich  nur  weniges  zu  bemerken.  II  9  ist 
va  zmunti  kaum  richtig  mittels  „mitnehmen**  übersetzt;  vgl.  Ive  8,  4  und 
drum,  stmntesc  (Cih.  11  352)  ;  IV,  7  sind  einige  Wörter  in  der  Uebersetzung 
entfallen  ;  IX,  i  in  visit  a  liegt  kaum  der  Begriff  „krumm  gewachsen**  sondern 
nur  der  des  Hängens;  der  Baum  konnte  ursprünglich  ganz  gerade  gewachsen 
sein  und  sich  später  nur  deshalb  geneigt  haben,  weil  das  Meer  ihm  das  Erd- 
reich teilweise  weggespült  hat.  —  Das  Wort  kokot  Hahn  erscheint  hier  10, 4 
mit  dem  Accent  auf  der  i.  Silbe  kókotsi,  während  Gartner  901  kokót  betont. 
In  Ive's  Sammlung  ist  das  Wort  gar  nicht  accentuiert,  das  dr.  kokos  hat  zwar 
bei  Cihac  den  Accent  auf  der  letzten  Silbe,  was  für  die  Betonung  Gartners 
sprechen  würde,  doch  kann  hier  auch  ein  Schwanken  in  der  Betonung  ange- 
nommen werden. 

Johann  Urban  Jarník. 


D.  A.  Bato  de  Arguelles.  Vocabulario  de  las  palabras  y  frases 
bables  que  se  hablaron  antiguamente  y  de  las  que  hoy  se 
hablan  en  el  Principado  de  Asturias,  seguido  de  un  compendio 
gramatical.     Madrid,  M.  Ginés  Hernandez,  1891,  pág.  XXV  y  147. 

Afirma  el  Sr.  Rato  Io  siguiente  :  „Tengo  por  cosa  averiguada  que  donde 
mejor  se  habla  el  dialecto  asturiano  es  en  Villaviciosa".  £1  bable  no  se  habla 
en  ninguna  parte,  y  si  se  habla  tiene  cada  aldea,  por  no  decir  cada  casa,  el 
suyo.  Como  entidad  filológica,  como  órgano  de  expresión  no  existe  ni  existir 
puede.  Lo  que  hay  en  toda  la  provincia  es  un  caudal  de  voces,  inmenso 
y  riquísimo,  como  remansos  olvidados  de  un  gran  torrente  que  se  corrió  hacia 
Castilla.     Aquel  torrente  formó  el  hermoso  rio  de  la  lengua  castellana. 

Los  Académicos  (guardas  de  este  río)  dejaron  aumentar  el  caudal  con 
aguas  confluentes  extrañas,  y  se  olvidaron  de  los  remansos  que  quedaban 
atrás,  una  riqueza  perdida,  de  elementos  más  puros  que  los  extraños  admitidos. 
Esto  es  todo,  y  de  ello  resulta  que  si  hoy  tomamos  un  vaso  de  agua  de 
Castilla,  a  unque  nos  la  sirva  Castelar,  apenas  se  sabe  qué  gotas  son  las  de 
agua  propia  y  cuáles  las  extrañas. 

Los  amigos  de  casa  vemos  con  disgusto  no  tanto  la  mezcla,  que  hace 
áspera  y  amarga  la  lengua  de  Cervantes,  como  el  olvido  de  lo  bueno  que  atrás 
quedó;  quisiéramos  recojer  toda  el  agua  olvidada  de  los  remansos  para  con- 
trarrestar aquella  aspereza  por  una  parte  y  enriquecer  el  río  por  otra. 

Con  toda  el  agua  que  en  Asturias  quedó  i  puede  un  pueblo  satisfacer 
sus  necesidades?  No:  el  nivel  intelectual  subió  mucho:  los  pobres  pescadores, 
los  infelices  ganaderos,  los  ignorantes  agricultores  subieron  á  obispos,  á  dipu- 
tados, á  poetas,  á  Académicos,  y  se  olvidaron  del  butrón ^  del  cayado,  del 
vasadoiro  (el  versator  latino).    En  toda  esta  agua  olvidada  flotaría  apenas  una 


io6 


BESPRECHUNGEN.     B.  ACBVEDO, 


pobre  barca  de  cuero;  pero  do  el  Pelayo  con  sus  cafiones  y  con  la  Inz  eléc- 
trica. La  vida  moderna  agrandó  el  alma  del  hombre,  y  el  bable  se  encojió. 
Por  eso  no  puede  ser  órgano  de  expresión  de  un  pueblo  del  siglo  XIX. 

Yo  hice  versos  bables,  sin  ser  poeta,  para  ensefiar  á  escribir  el  bable  á 
los  que  saben  hacerlos.  Despreciaban  los  fundamentos  de  la  escritura:  no 
conocían  las  bellísimas  crasis  nel  por  en  ¿I  que  escribían  así  :  *n  el  disparata- 
damente: no  conocían  el  valor  del  apóstrofo,  ni  el  de  los  diacríticos,  y  he 
querido  enseñarlo  con  el  ejemplo.  Discutí  particularmente  con  ellos  y  les 
convencí,  y  hoy  escriben  menos  mal. 

Ahora  bien,  (y  sigue  la  imagen  neptuniana):  la  dirección  que  tomó  esa 
gran  corriente  del  habla  castellana,  al  menos  en  esta  región,  fué  de  Occidente 
á  Oriente,  como  puede  demostrarse: 


Latín  (fuente)  Occtd. 

ego  eu 

factum  fcito 

bonum  bon 

bove  boi 


oriente 

cast. 

yo 

yo 

Jecho 

hecho 

gûeno 

bueno 

gûéi 

buéi 

centro 
yóu  =  yo 
fecho 
buenu 
güé 

y  mil  y  mil  vocablos  más  que  indican   que   la  dirección  del   latin  al  romance 
y  del  romance  al  castellano  fué  en  el  sentido  indicado,  de  Occidente  á  Oriente. 

Luego  no  puede  hablarse  (como  Rato  dice)  el  bable  puro  en  Villaviciosa 
(región  oriental),  porque  arrancando  la  pureza  de  las  aguas  de  la  íiiente, 
aquellas  que  más  cerca  de  la  fuente  estén,  más  puras  serán. 

Y  es  de  ver,  con  efecto,  que  el  bable  de  Occidente  se  acerca  al  latín 
muchísimo  más  que  el  del  resto  de  la  provincia. 

£1  primer  dia  quo  recibí  el  libro  del  Sr.  Rato  y  solo  en  la  letra  A 
conté,  al  vuelo,  unas  130  voces  castellanas,  amen  de  otras  muchas  que  ni  son 
castellanas,  ni  asturianas,  ni  nada. 

De  su  Vocabulario  son  castellanas,  en  las  cinco  primeras  páginas,  las 
siguientes  voces: 


abacería 

abondo 

acallar 

acocear 

abalado 

abx*nu  {'O, 

casL) 

acar  retar 

acomodar 

abalear 

abra 

acarretu  {-o) 

acoplar 

abarri}tar 

abrasar 

acebal 

acorar 

abasf*ir 

abr^\'Âar 

acedar 

acordanza 

abenfador  * 

abronctzr 

acelerar 

acordar 

abemíar  * 

AibuStar 

acensar 

acorrer 

aberíaJ 

acabamientu 

V*. 

aceña 

acotar 

altera  ^anO 

abcbar 

abK\iar 

cast.) 
a*\ie^'er 

acefar 

acepillar 
acercansa 

adobar 

adobo 

adrede 

aSfnjfoar 

acaescer  ^ant 

.i 

aceru,v 

ab^'^tar 

a^oíontar 

^ant.) 

acid¿.>s*.* 

Tivtal  40. 

*  ^^ue  él  e*ciibo  con  K 
'*  Escrito  por  él  con  5. 


D.  A.  R.  DE  ARGUELLES,  VOCABULARIO  HABLE. 


107 


No  son 

bable: 

aba 

aborrescer 

acate 

achar 

aballar^ 

abrenuncio 

acebonar 

adeaala  ' 

abarcón 

abrugar 

acenal 

adevinanza 

abastardear 

absconder 

acerbar 

adientro 

abentador 

absortar 

acería 

ado  trinar 

abentar 

absortiu 

açezear 

aducir 

aber 

aburriau 

acuantiar 

adures 

abiÜámtento 

aburuxar 

acunar 

afamiau 

aborrescencia 

acabdalar 

achantar 

aferir. 

Total  36. 

Una  vez 

de  haber  empezado 

este  examen,  vamos 

á  hacer  el  balanci 

la  letra  A  del  Vocabulario.    Más 

voces  castellanas: 

afanar 

alitorda 

andurriales 

aquesto 

afectos 

aljófar 

angosta 

arada 

aferir 

alma 

anguarina 

arador 

afondar 

almagre 

anguila 

aramia 

aforar 

almarada 

ansarón 

arar 

afrentar 

almirez 

antainar 

arca 

agachar 

almofía 

antaño 

arder 

agarrar 

almotazen 

antas 

arenque 

aguaitar 

alodiales  ' 

antes 

arenques 

aguamanil 

alogar 

antorchero 

argayar 

agüera 

alongar 

añal 

argayo 

aguilando 

alpes 

añublar 

argoma 

aina 

altor 

apandar 

arguello 

alabeo 

alzar 

apañar 

arreciar 

alampar 

allende 

apañada 

arrecirse 

albar 

allegar 

aparcera 

arreo 

alborada 

amañar 

aparear 

arregostarse 

alcabala 

amenguar 

apear 

arrincar 

alcacer 

amolar 

apellidar 

arrodeos 

alcuna 

amorrar 

apilar 

asentar 

aldaba 

amoscar 

apiñar 

asestar 

aldea 

ampolla 

apiolar 

asuso 

aldeano 

amusgar 

aplanar 

asilo 

aledaños 

anafe 

aportar  *- 

atacar 

alepín 

anchura 

aposta 

atalaya 

algara 

andada 

apostema 

atalayar 

algo 

andando 

apostura 

ataviar 

alifafe 

andar 

apurrir 

atesar 

alimaña 

andrinos 

aquilón 

atolondrar 

1  En  las  acepciones  de  Rato. 
'  Es  forense,  mal  escrito. 
'  Forense. 

*  Repetido    en   la   2^  colunma    en  la  pág.  13  con  un  significado  equi- 
valente al  de  la  I  a. 


\ 


BESPRECHUNGEN. 

atroz 
atún 
Ausâba 
avandichas 


1 08 

atollar 
atorar 
atortolar 
atrancar 

Voces  del  castellano  antiguo: 
af alagar  afumar 

afincar  agora 

afogar  agror 

aforcar  a  If  ay  ate 

aforrar  amorgonar 

D.  Gumersindo  La  verde,  catedrático  y  escritor  asturiano,  publicó,  afios 
ha,  un  Vocabulario  pequeño  de  Lianes  en  la  Revista  de  Asturias.  De  este 
trabajo  de  Laverde  copia  literalmente  el  Sr.  Rato  138  voces  y  otras  tantas 
definiciones,  entre  ellas  las  de 


.     B.  ACKVKDO. 

avasallar 

azor 

avezar 

azorar 

ayuda 

OMUMar, 

azafranar 

antoxansa 

ayuntar 

ápoquecer 

ayuso. 

arrescender 

arrincar 

asosegar 

cabruxa 

caltener 

catasol 

cuatriada 

cabruñar 

calumbase 

cibiella 

cubil 

cacipiu 

calumbu 

cibiellada 

cubu 

caciplar 

camba 

cierru 

cúciu 

cachapa 

cante  s  a 

combayar 

cuélebre 

cachón 

capón 

combayón 

calisma 

castru 

comuña 

calismosu 

casulla 

concenciosu 

Letra  B. 

Son  castellanas: 

baba 

bancal 

barriga 

bodega 

babador 

bandear 

barruntar 

boga 

babia 

bandullu  (en  0) 

bárranlo 

bolatin  (con  v) 

babosa 

barar  (con  v) 

bastilla 

bonito 

baboso 

baratura 

batallar 

boquear 

bable  » 

barba 

bazuquero 

boquera 

badana 

barbada 

bebedero 

boquín 

baga  (lino) 

barbar 

bera  (con  v) 

borbotar 

bagar  (con  v) 

barbón 

berrocal 

borona 

bala  gar 

barganal 

berrido 

borraja 

bálagos  ' 

barganu  (en  ó) 

besugo 

borrón 

balandrán 

barquín 

bieldo 

botadura 

balde 

barullo 

bien 

botar 

baldero 

barraca 

binar 

botillería 

baldés 

barragan 

bizma 

botón 

balsa 

barranca 

blandear 

botonera 

balumba 

barreñon 

blanquear 

braguetero 

^  La  palabra  bable  se  inserta  en  el  Diccionario  de  la  Academia  como 
castellana,  y  no  es  corriente  en  Asturias,  sino  que  aiztn  falo  asturiano,  la 
mió  fala, 

*  Bálago  es  montón  de  paja  y  el  Die.  de  la  Ac.  dice  que  procede  de 
balagiumt  bajo  latin,  de  palea^  lat  clás.,  paja. 


D.  A.  R.  D£  ARGUELLES,  VOCAUÜLARIO  BABLE. 


lOQ 


bramante 

bramar 

araña 

bravear 

brasa 


brega 

bregar 

brete 

brisa 

bronca 


Castellano  antíguo: 

barbatas  bernd  (con  v) 

bardial  bocexar   (V.  Die. 

bastecer  Diez) 


No 

son 

bable 

•  • 

baldoria 

bastir 

balegón 

bieldes 

baliata 

bofu 

Baña 

boya 

broza 

buleto 

buen  'porqué 

bulla 

bufa 

bullir 

bufar 

bufarda 

bollicio 

buida 

bonisu 

buru 

bruxa 

brañaes 

buchai 

brenga 

brugar 

bruxuUs 

En  esta  letra  hay  bastantes  nombres  geográficos. 

Confeccionar  un  Vocabulario  bable  es  labor  dificilísima  y  de  años. 
Creo  que  la  Academia  debía  de  recojer  del  fondo  de  estas  montañas  muchas 
voces  que  serían  gala  de  la  lengua  española.  Creo  más:  que  en  el  estudio 
del  bable  encontrará  el  curioso  bien  marcadas  las  huellas  de  la  marcha  y 
desenvolvimiento  del  idioma  patrio;  y  de  orígenes  no  hablemos,  porque  tene- 
mos modismos  en  abundancia  en  el  bable,  del  latin«  que  es  madre  y  reina  de  él. 

Creo  que  el  estudio  de  los  dialectos  dará  luz  para  la  historia  y  que, 
con  él,  se  descubrirán  parentescos  de  pueblos  que  jamás  se  sospecharon  ;  pero 
la  labor  es  ardua,  contadísimos  los  aficionados,  y  aquí  hay  necesidad  de 
andar  de  prisa»  porque  el  bable  se  disuelve  á  paso  redoblado,  con  tanta  mina, 
con  tanta  industria,  con  tanto  movimiento  como  han  traído  los  ferro  -  carriles 
y  con  la  vuelta  de  tantos  emigrantes. 

He  expuesto  ya  en  un  principio  mi  manera  de  pensar  en  cuanto  al  bable. 
En  cada  término  municipal  hay  una  suma  de  voces  asturianas  en  gran  parte 
diferente  á  la  suma  de  otro  concejo.  Yo  tengo  algunas  sumas  de  Occidente: 
ahí  está  el  de  Colunga  publicándose  en  la  Estafeta  de  Oviedo;  pero  ¿  son 
vocabularios  estas  sumas,  de  un  dialecto?  Nó:  y  así  como  creo  que  no  puede 
hacerse  un  vocabulario  asturiano,  paréceme  que  puede  y  debe  hacerse  un 
Diccionario  general  de  voces  asturianas  con  expresión  de  la  localidad  en  que 
corren,  sin  que  por  esto  fuera  á  ser  léxico  de  una  lengua,  sino  suma  de 
diferentes  subdialectos. 

No  sé  si  acierto  á  explicarme.  Sería  monumental  un  Diccionario  con 
las  voces  de  todas  las  naciones  latinas,  si  la  pronunciación  de  las  palabras 
fuera  igual  en  todas  ellas.  Pues  eso  deseo  yo:  un  Diccionario  general  de 
voces  asturianas,  y  dicho  se  está  que  así  como  en  el  primero  los  españoles 
no  entenderían  las  voces  francesas,  así  las  voces  de  Lianes  (en  el  segundo) 
no  las  entenderán  en  Boal;  pero  el  primero  sería  un  diccionario  total  de  la 
raza  latina,  y  el  segundo  un  diccionario  total  de  la  familia  asturiana. 

Bernabdo  Aceyedo  y  Huelyes. 


I  IO  BESPRECHUNGEN.     G.  ROUN, 

James Dowâen Bruner,  The  Phonology  of  the  Pistojese  Dialect 
(Dissertation  presented  to  the  board  of  University  Studies  of  the  Johns 
Hopkins  University  for  the  degree  of  Doctor  of  Philosophy),  Baltimore 
The  Modern  Language  Association  of  America,  1894. 

Da  der  Verfasser  etliche  pistojesische  Handschriften  in  den  Modern 
Language  Notes  veröffentlicht  hat  und  eine  Morphologie  des  Pistojesischen 
baldigst  erscheinen  lassen  will,  so  ist  es  fur  den  Dialektologen  nicht  ohne 
Interesse,  zu  erfahren,  wie  B.  seine  wissenschaftliche  Aufgabe  auffafst  und  auf 
welche  Weise  er  sie  erledigt.  In  den  folgenden  Zeilen  sei  es  uns  erlaubt,  seine 
Thätigkeit  überhaupt,  und  insbesondere  seine  letzte,  nicht  leicht  zugängliche 
Publikation  The  Phonology  of  the  Pistojese  Dialect,  einer  genauen  Prüfung 
zu  unterziehen. 

Angesichts  des  ersten  Ranges,  den  das  Pistojesische  unter  den  todca- 
nischen  Dialekten  einnimmt,  schien  eine  derartige  Publikation  einem  zweifellos 
vorhandenen  Bedürfnisse  zu  entsprechen;  denn  derjenige,  der  sich  mit  den 
Mundarten  der  Toscana  eingehend  beschäftigt  hat,  mufs  den  Worten^  G.  Tigri's: 
questa  favella  di  noi  Toscani  in  generale,  non  è  già  un  dialetto,  ma  è  vera 
lingua  da  Dante  in  poi  , .  ,  se  fra  tutte  le  nostre  Provincie  vi  ha  una  lingua 
italiana,  che  come  si  parla  si  scrive  , .  ,  è  per  certo  quella  di  Toscana,  e  in 
special  modo  questa  del  pistoiese  ...  beipflichten,  imd  der  Eugenia  Levi 
recht  geben,  wenn  sie  in  ihrer  neu  erschienenen,  trefflichen  Fiorita  di  Canti 
tradizionali  del  Popolo  italiano^  dem  Pistojesischen   die  erste  SteUe  einräumt. 

Die  Vorbedingung  einer  gründlichen  Arbeit  auf  diesem  Gebiete  ist  eine 
genaue  Kenntnis  des  Italicnischen  im  allgemeinen  und  der  verschiedenen  tos- 
kanischen  Unterdialekte  {sottodialetti)  im  besonderen.  Nur  wenn  man  mit 
diesen  Kenntnissen  genügend  ausgerüstet  ist,  kann  man  zum  Studium  der  ver- 
schiedenen vernacoli  eines  Unterdialektes  wie  des  Pistojesischen,  auf  dessen 
Phonologie,  Formenlehre  imd  Syntax  hin,  schreiten,  indem  man  allmählich 
von  der  Sprache  des  Mittelstmdes  der  Stadt  ausgeht,  zu  der  des  Popolino 
und  dann  des  basso  ceto  derselben  übertritt,  von  da  aus  die  Nuancen  in  der 
nächsten  Umgebung  des  Capoluogo,  dann  die  in  den  entfernteren  Ortschaften 
des  Circondario,  endlich  den  kaum  wahrnehmbaren  Uebergang  eines  vernacolo 
ins  andere,  wie  z.  B.  des  Pistojesischen  (im  engeren  Sinne)  in  das  Montale- 
sische,  dieses  in  das  Pratesische  und  weiter  in  das  Florentinische,  verfolgt: 
nur  so  gelingt  es,  zwischen  den  dialetti,  sotto-dialetti  und  vernacoli,  meistens 
ganz  verschwommene,  manchmal  aber  scharfe'  Grenzen  zu  ziehen,  und  so  der 
Forschung  eine  feste  Grundlage  zu  geben. 

Sind  einmal,  nach  gründlicher  Erforschung  eines  Dialektes,  die  allge- 
meinen, für  denselben  giltigen  Gesetze  abstrahiert  und  aufgestellt  worden,  so 
wird  es  ein  Leichtes  sein ,  an  der  Hiind  alter  Dokumente  auf  den  Lautbestand 


*  Le  Selve  della  Montagna  pistoiese  Canti  tre,  Pistoia,  1844.  S°  *"ch 
N.  Tommaseo  und  andere. 

*  Florenz,  bei  Bemporad  u.  Sohn,   1895. 

'  wie  z.  B.  jenseits  Popiglio*%  in  Tana  a  Termini,  wo  die  Sprachgrenze 
zwischen  dem  Pistojesischen  und  Lucchesischcn  so  scharf  gezogen  ist,  dafs 
sie  dieses  letzte,  einsame  Haus  gegen  Lucca  hin  durchschneidet:  die  eine 
Partei  spricht  lucchesisch,  die  andere  pistojesisch  (oder  wie  die  Leute  dort 
sagen  :    florentinisch). 


J.  D.  BRUNER,   THE  PHONOLOGY  OF  THE  PISTOJESE  DIALECT.      Ill 

desselben  Dialektes  in  früheren  Jahrhunderten  einen  Schlafs  zu  ziehen,  ohne 
sich  dabei  durch  die  nur  allzu  oft  falschen  Schreibungen  ^  irreführen  zu  lassen. 
Diese  Vorbedingung  hat  der  Verfasser  nicht  erfüllt,   und  es  erfolgt  not- 
wendig eine  Verwerfung  und  Vermengung  von  Formen  verschiedener  Dialekte 
und  Epochen,    wobei   das  Pistojesische   gar  zu  wenig,   ja  beinahe   gar  nicht 
in  Betracht  kommt.     Vergebens   sucht   man  echt  pistojesische  Erscheinungen 
man  findet  nur  eine  Reihe  von  phonetischen  Modinkationen,  die  dem  Floren 
tinischen,  Sienesischen ,  Lucchesischen ,  Pisanischen  gemein  sind;  die  anderen 
von   Ascoli  in   der  Italia  diaUttaU  angeführten  toskanischen  Dialekte,    bc 
sonders   das  Römische  {romanesco),    die   doch   alle  in  mancher  Beziehung  mit 
dem  Pistojesischen   verwandt   sind,    scheinen   dem  Verf.  unbekannt  geblieben 
zu  sein. 

Es  konnte  nicht  anders  sein:  denn  das  Material,  aus  dem  B.  geschöpft 
hat,  war  nicht  ausreichend  und  sonst  nicht  glücklich  gewählt.  Von  den  zwanzig 
Denkmälern,  die  er  in  der  Bibliographie  anführt,  hat  er  sich  nur  sehr  weniger* 
bedient,  und  diese  wenigen  sind  zwar  in  Pistoia  geschrieben  oder  gedruckt, 
sind  aber  nicht  notwendig  echt  pistojesisch.  Er  hätte  besser  daran  gethan, 
die  libri  Cénsuarü  des  Archivio  zu  Pistoia,  welche  in  volkstümlicher  Sprache 
abgefaiste  Berichte  enthalten,  zu  Rate  zu  ziehen.  —  Was  das  Modernpistoje- 
sische  betrifft,  so  hat  der  Verf.  aus  seiner  eigenen  Erfahnmg  so  gut  wie  gar 
nichts  geschöpft.  In  der  Vorrede  sagt  er,  in  San  Marcello  und  Cutigliano 
(Montagna  pistoiese),  dann  in  Montale  einige  Zeit  zugebracht  zu  haben:  dort 
hat  er  die  reine  Sprache,  hier  nur  das  Montalesische  hören  können.  Auch 
hier  ist  die  Wahl  der  benutzten  Werke  keine  glückliche  und  deren  Zahl  eine 
unzulängliche  gewesen.  Anstatt  zu  den  zahlreichen  rein  pistojesisch  abgefafsten 
Gelegenheitsgedichten,  Gebetbüchern,  Artikeln  des  eingegangenen  Appennino 
Pistoiese,  Werkchen'  und  Sprachlehren,  die  neben  der  richtigen  toska- 
nischen die  anrichtige  pistojesische  Form  anführen,  zu  greifen,  zieht  er  die 
an  und  für  sich  sehr  guten  Schriften  G.  Nerucci's  über  das  Montalesische, 
besonders  seine  Cincelle  da  Bambini  und  Sessanta  Novelle  Popolari  Montalesi 
oder  die  Pratica  della  Grammatica  per  le  Scuole  elementari  del  Circondario 
di  Pistoia  proposta  da  un  Pistoiese  zu  Rate,  übersieht  aber  unglücklicher- 
weise bei  diesem  Werkchen  die  Bemerkungen  :  Operetta  giudicata  buona  anche 
per  altri  circondari  della  Toscana  (Vorderseite)  und  Questo  ed  alcuni  altri 
esempi  sono  stati  quasi  interamente  copiati  dagli  ottimi  Eserciti  di  Lingua 
Italiana  del  Prof,  Sanesi,*  i  quali  hanno  su  questi  il  vantaggio  di  poter 
essere  utilmente  adottati  in  tutte  le  Scuole  d*  Italia  (Seite  27).     Und  so  be- 


*  So  meint  Bruner,  dafs  im  XIII.  Jhdt.  gioia  mit  gutturalem  g  ge- 
sprochen wurde,  weil,  im  Volgarizzamento  dei  Trattati  di  Albertano  Giudice 
di  Brescia,  goia  geschrieben  steht.  Mit  vollem  Recht  behauptet  G.  Ne- 
rue  ci:  dalla  scrittura  sbagliata  molte  volte  non  si  può  argomentare  la  vera 
pronunzia.  Ein  Brief  eines  rein  sprechenden  Pistojesen  ist  mir  in  die  Hand 
gekommen,  der  manare,  losperdale,  maggiare,  icasa,  farto,  viceré  schreibt, 
aber  madre,  Pospedale,  mangiare,  in  casa,  fatto,  vincere  spricht 

*  Das  XVn.  Jhdt.  ist  ganz  aufser  acht  gelassen  worden. 

*  Wie  z.B.  Chiappelli's  vorzügliche  und  sehr  wichtige  Due  Lettere 
di  un  láóntanino  pistoiese  ai  suoi  al  principio  della  guerra  di  Russia, 
Pistoia,  1889. 

^  Pistoia,  1887,  2»  ed.    Ein  für  den  Dialektologen  wichtiges  Büchlein. 


112  BESPRECHUNGEN.     G.  ROUN, 

gegnet  man  oft»  anstatt  rein  pistojesischer  Fonnen  entweder  rein  montalesiscben 
oder  allgemein  toskaniscben  oder  italienischen  Erscheinmigen.  Auiserdem  hat 
sich  der  Verf.  der  an  und  fur  sich  ausgezeichneten^  Pratica  nicht  zu  be- 
dienen gewufst,  indem  er  rein  graphische  Fehler'  für  phonetische,  wissenschaft- 
lich unmögliche  Modifikationen  hielt.  In  den  wegen  ihrer  falschen  Ortho- 
graphie vom  Verfasser  der  Pratica  getadelten  Wörtern  gorno,  goccolone  (goc- 
ciolone), scocchi  (sciocchi),  caco  (cacio),  spacco  (spaccio),  fancuUo,  rascone 
(ragione),  meint  B.,  werde  wirklich  ein  Guttural  ausgesprochen,  ein  Wandel, 
den  er  bei  caco^  auf  eine  Assimilation  zurückfährt  In  diesen  Fehler  verfallt 
er  beim  modernen,  und  nicht  minder  beim  alten  Pistojesischen:  incumincare 
des  Albertano  Giudice  di  Brescia  (XIII.  Jhdt)  wird  wie  inkuminkare, 
fcLCca  (ebenda)  wie  fakka  ausgesprochen;  denn  c-\-x^cc  {=kit).  Er  füllt 
zwei  Seiten  mit  Beispielen,  wo  ^azione  durch  -atione  vertreten  ist  (^+f  re^ 
mains  in  old  Pistojese), 

Folgendes  ist  an  dem  Buche  auszusetzen: 

Der  Verfasser  verwechselt  Orthographie  und  Phonologie  ;  er  stellt  falsche 
oder  etymologische,  allgemein  romanische  oder  toskanische  Schreibungen  als 
genaue  Wiedergabe  des  pistojesischen  Lautes  hin:  corrocto  (corrotto),  scripta; 
dicirvot  dispiacievole,  ingiegnio,  in  denen  t  nicht  zu  ^,  sondern  zu  c  {jtc,  U) 
gehört. 

Es  zeugt  von  wenig  überlegter  Kritik,  dass  der  Verf.  aus  vereinzelten 
Beispielen,  wie  operario  (Jacopo  di  Pistoia,  XIV.  Jhdt.),  ventaliaro 
(Pratica)  auf  das  Vorhandensein  eines  -ario^  -aro*  im  Alt-  und  Neupistoje- 
sischen  schliefst,  daCs  er  nel>en  der  toskaniscben  Endung  -ieri  (-ASIUS)  und 
ptri  für  pari  auch  sb^rno  für  sbrano  auf  franz.  Einfluts  zurückfahrt,  pri- 
assions^ aus  processione,  çuandc^  durch  Anlehnung  an  dove,  dónde,  aus 
çuiindo  entstehen,  oder  u  in  i,  au  in  u  übergehen  läCst,  weil  in  der  Apocalisse 
(XIV.  Jhdt.)  einmal  bi¿^ia  für  bugia,  in  Albertano  di  Brescia  (Volga- 
riuamento   dei  Trattati  morali,  XIII.  Jhdt.)  einmal  urspr.  u  Vox  o  AUT  steht, 

*  Kin  höchst  lehrreiches  Büchlein  :  a/anni  (affanni),  tu  tettre  (tutf  e  tre), 
weil  der  erste  Doppelkonsonant  v^irklich  kürzer  als  der  zweite;  botteghaio, 
weil  g  mil  sehr  schwachem  \'orschlu(s  gebildet  wird;  arimmètica  klingt  ita- 
Honischer  als  aritmetica  (cf.  Enna  für  Etna)\  diaccio  (ghiaccio),  diacere  (gia- 
cerò: genau  das  weiche  slav.  d*;  dz  ist  zu  hart),  vergognia  vergonnia,  terra 
jCillia  (»jilia,  gijilia).  /».jr.i//i  (travagli),  onni  (ogni:  folglich  mejjo,  nicht  mejo 
für  mejciio  bei  den  Contadini  del  /Y*jm>).  **>/«'  (sole),  zinfonia  (analogisch; 
nach  iL  übeihaupt  nach  /,  ft.  r  wird  j  zu  s:  cf.  un  aßar  serio),  gran  dinpero 
(ktafiige  Aitikulation  des  d  hinler  dem  homorganen  n)  geben  die  volkstüm- 
liche Ausspiache  genau  wieder.  —  Leider  werden  oft  richtige,  zulässige 
Nebenformen  als  falsch  getadelt:  ciuccÌAre,  onomat.  für  sciucciare  exsuctiare, 
¿♦M/itM  (^saliva),  singczw  (singhio/ioV  strap>rto  (tr.isporto,  Begräbnis,  EXTRA 
(Ml  KON^  IH^KTAKKÌ:  M,^nsu*nmAH.'^  £r:j  {.-L'ti»):  früh  lag  hoch  auf  dem  Berg- 
gipiel  .1/.  /ï*»r,»  v»^"»^*'^'^^  î^  KKri*s\  s-^ûUt  entstand  am  Fufs  des  Berges  Af,  Basso, 
welches  die  Tmwandlung  von  /iV,V  in  A'ij»  mil  sich  brachte. 

*  Wenn  /^»aijü.'.v  getadoll  wird,  so  heilst  es  nicht,  dafs  das  Volk  ë  aus- 
spiichi;  Ol  sajji  .^.  schioi^i  abei   <\  wie  or  i«^,»  sagt,  und  nW*»  schreiben  muts. 

*  K\ts^  *n  /,•  dtk,tn  •«•,;«f*v  V.»/^.  sagt  mir  ein  L\^ntadino  dei  Piano,  der 
d\vh  «iomlich  mundaiilich  spncht. 

*  Kehl  pisiv^it-^isxh  ist  mn   -x:».-. 

*  I  au\  /.  weil  >olkseiym.  aus  p'-nrJe^e, 

*  IVi   i^A»>u>  au»  der  I\an.-a  lautet:  fUJinJ*  e"  fu  yguando  egli  fu). 


J.  D.  BRUNER,    THE  PHONOLOGY  OF  THE  PISTOJESE  DIALECT.      II3 

TOD  einer  Synkope  des  b  in  altroe  (stalt  (les  v;  cf.  iiva).  ostrvart.  soleva 
(XTTT.  JbdL;  stall  Vereinfachnng  des  Kons.)  Bpricht,  im  sekundären  ^jíib' 
(fischio),  stianta  (schianto),  magavano*  (magaizino),  tuccaro,  die  Erhallnng 
de*  hi.  I  uad  arab.  n.  a,  im  sekundären  possa  (poscia)  Assirailaliun  von  iat.  / 
an  I  (cf.  allg.  tosk.  tassart  lor  lasciaTt),  im  sekundären  singomi  (singhiozzo) 
den  Wegfall  von  lat.  /  sieht,  oder  endlich  daCs  er  ohne  Beweis  trrasli  cuando 
(Albercano,  47)  niil  aspirierten)  k  (=  c)  und  vegno*  (CJno  da  Pistoia, 
139;  Xm.Jlidt.)  mit  geschlossenem  t  aasgesprocbcn  wissen  will. 

Anfscrdem  darf  derjenige,  der  vich  dem  Studium  eines  Dialektes  widmet, 
nicht  alles  ffir  bare  Münce  hallen,  sondern  er  muís  die  Erscheinungen,  am 
wenigsten,  in  vier  Kategorien  scheiden:  t.  die,  welche  in  die  Schriltsprache 
hinäbeireichen  und  das  Bürgerrecht  ethaltea  haben  {inlirfetre  —  inifrfreli. 
padult  —  faiuät)'.  I.  welche  von  der  Schrißsprache  geduldet  werden  {drtnio 
—  dmlro,  grasta,  grustini  —  crosta,  craslirü);  3.  welche  rein  dialektisch 
»ind  (altg.  loài.  co/accia  — -  focaccia;  Ptrrurdl  vernedái  aoalog  mil  mercordì 
nurco/ídl;  /reibe  nach  freddo)  und  einer  lautlichen  Tendern  entsprechen; 
4.  welche  rein  individuell  sind  und  somit  iur  die  Wissenschaft  geringen  Wert 
haben  {Dolovio  —  Lodovico,  abis  —  lafis,  als  /'  apis  aufgefatst).* 

Zu  diesen  Mängeln  gesellen  sich  falsche  Erklärungen  von  Erscheinungen, 
die  bald  auf  phonetische  MadiükatioDcn ,  bald  auf  Aoalogie  oder  Volks- 
etymologie lurückinnihren  sind:  giandarmi  Vài  gendarmi  ist  sicher  franzö- 
sischer Einünfs;  deva,  steva,  andeva  iit  nicht  durch  Analogie  mit  der  2.  Konj., 
soödein  mit  faceva  entstanden;  sarvietia  (fn.  serviette)  verdankt  sein  a  nicht 
dem  r,  sondern  geht  volkaetym.  auf  das  häutigere  lalvietia  (cf.  faliolelto  fur 
faziolet(o)  iuiück;  venlelaiione  hat  sein  0  {=  1)  dem  Worte  ventola,  buaefe 
(bizzeffe)  sein  u  nicht  der  Zahl  dtie,  sondern  dem  Worte  butte  entlehnt;  sieda 
fur  stata  entstand  durch  Einflufs  von  sedere;  innunistante  für  nonostante 
hat  kein  prothelisches  t,  sondern  ist  volksetym.  aus  in  un  istante''  zu  erklären; 
cocina*  (cucina)  ist  dutch  cuoco  coco,  cuocere  coceré  beeinflufst;  uo  in  ligori 
(liquori)  wurde  dem  uo  in  cuor  cor,  fuori  fori  assimiliert:  bei  meta/ero, 
scandalo  (scandalo),  fosjero  ist  Wechsel  der  Endung  vorhanden  (cf.  veloci- 
fero); culiàone  (collazione),  ji-dr^x^  (scorpione),  .imrnjn  (immenso),  stnnalo 
(senato),  schiansimo  (spasimo)  wurden  sicher  dnrch  culina,  scarda,  imisurata, 
sriiHO,  schiantare  beeinfluCsIj  mandarlino  (mandolino)  ist  Volksetym,;  sap- 
fiente    ging    nach    sappia    sacda;    lavorare   eryab  ¡agorare,    wie,    umgekehrt, 

Pola  fravola  und  TBGULA  /rvo/i  ergab;  in  averebbe,  awederai,  saperrä. 
ornare  sehe  ich  rein  phon.  Erscheinungen  wie  im  gesprochenen  Franzo- 
:  défenáeriens,  venderiec,  espirer  (in  arril,  ist  a  dem  r  entnommeo). 
EünandtT  weltfremdE  Erscheinungen  werden  auf  dieselbe  Stufe  gesetzt: 
ceh  articcolo  mit  aceoloro  accavallo,  Wegfall  des  lat.  e  in  la  'redo  und 
'  Ich  hörte  eintn  Contadino  del  Piano  sagen;  Li  feii'na  horieüa  (que- 
rela), ma  'I  ßstio  {hier  Fur  fisco)  mangiò  unni  kosa. 

■  Das  Volk  sagt  auch  manganino  ¡Nachklang  des  m). 
'  Steht  ira  Versinnem. 

*  Individnell,  aber  vetbreitel:  îie/oii/ero  (velocipede).  wiiW/ía  (bicicletta), 
allgciDcin  vièi'letla,  carubinùri  dadrubinieri  (carabinieri,   Vorklang  des  r,  n). 

'  Wird  auch  so  ausgesprochen. 

•  Nach  Bruner  „learned  word", 

Zciuchi.  f.  rem.  Phil.  XX.  S 


114  BES PKaCH UNGEN,     G.  KOUN, 

in  véndela  (vwdicta)  ;  agiáaüo  soll  ein  epentheüsches  í  wie  inghiUst,  cortile 
(codcslo)  ein  tpentb.  r  enlbalten;'  das  t  in  ptr  egli  occhi  soll  dem  t  in 
andAi.  das  v  in  avellerto,  chiavo,  tbavigli  demselben  d  cotsprcclien:  cendere* 
lur  cenere  soll  an  Ttz.  cendre  eiiimemí  medico*  (medio,  Mitlelñngei)  soll 
durch  Analogie  mit  police  (sic),  indice  eotsundoi  sein;  in  (iC +)  '  ^(j+)fA: 
mesckìeri.  aschera  soli  das  s,  und  nicht  du  Í  (/},  den  Laatwandel  berror- 
gebracht  haben.' 

Beim  Studium  der  Phonologie  ist  es  oll  notwendig,  das  Won  nicht 
isoliert,  sondern  verbunden  im  Sauge  füge  zu  betrachten;  so  Belingl  es,  Gesetic 
der  Harmonie  lu  finden:  altro  gicbt  anttn.  wohl!  nie  aber  quel  aniro.  son- 
dern nur  quti  altro  und  un  anlro;  so  anch  noanln  (noi  altri)  und  lomntri. 
Antrata  (intrata),  alocco  (alocco)  köanen  nur  durch  den  Artikel  berrorge- 
br*cbt  worden  seini  so  werden  auch  prieo/o^,  ¡parare  (sep.),  nemfara  (hnp.)*, 
irA  (sarò),  /resti  frebbe  (far.),  dràe  und  eine  Uniahi  von  Sjrakopen  nnd 
Aphiresen  nur  in  der  voraosgchenden  Lautgmppe  ihre  Erklärung  ñnden. 

Wut  davon  enlfemt,  greift  der  Verf.  bald  inr  Assimilalion ,  oder,  wo 
es  nicht  pikt,  lur  Dissimilation,  bald  lur  Hiilasvenneidnng  als  ra  den  eio- 
ligen  Mitteln  der  Erklârung;  dtraitno  (offenbar  nach  cnnteranttc  gebildet), 
campa  (canapa),  imòasciatore,  cartùa  (carestia,  also  Suffiivertauschong),  ¡state 
(estate),  ismisuralo.  ¡¡bandire,  néve''  (slalt  des  sdleneu  n/ve),  d?ve  (dtro, 
debbo  durch  -ebbe  beeinflufsl)  sollen  durch  Dissinûlation ,  Modana.  Modma 
(Modena)  darch  Assimilation  entstanden  sein;  io niZír  (balde),  Aifaüi  ^a^jg) 
un  den  Hiatus  lu  veimeiden:  dann  aber  írac  (biaro),  £a«/D*  (cavolo)  un  den 
Hiatus  her voriub ringen? 

Andere,  wichtigere  phonetische  Eischeintuigen  hätten  eine  tiefere  Er- 
gründung  erbeiscbt.  Nur  einem  phonetisch  geübten  Ohre  ist  es  mô^ch;  In 
der  Endung  -era  (für  -ifr,i),  in  line,  i¿de,  vine  (für  fiíra  etc.)  das  Vorhanden- 
sein eines,  das  '  (/)  vertretenden.  geschlosscneD ,  weiten  e  heraiumhören ; 
■HUtiVru.  welches  leicht  rar  Schreibang  -era  verlöhrt.* —  So  ¡st  auch  ito'^i 

'  I  geht  auf  germ.  A,  r  auf  d  luiûclt;  tf.  J/i  parew  gnirimiBe  (ogni 
di  mille)  lA'  'ndjmmrtu  (d'andarmene,  /Vv/iot);  imgküeie  criiineit  an  Ingktl- 
Urr»  und  enthilt  «atserdem,  wie  magherò  (m^io),  its  irtroMaifi. 

*  Gebt  sicher  auf  GcmiaatioD  and  Dissimilation  inrâck:  cenere  —  eeH- 
mrrt  —  crttderr.   genau   wie:    ^tc^Mic*   —  ¡lommmco   —  itembaco  —  stancai 

'  Hjet.  iit_falsche  Analogie  in  Spiele:  ami»  gebt  auf  amie«,  lúlglich, 
.niUíKlLX-iIuJiiMñ«  auf  wtedici  aurñck. 

*  Cf.  (TL  gwrm   —  Am.      Ankere  (aicaro)  gebärt  gar  nicht  biefatr. 

*  Es   giebt   einen   UnterscbJcd   twiscbca   dem  /r   in  prictla   und   dem 

■  A«s  det  Pratii»  :  AsAa  «AhO«  aSa  liar«  itrtfrr  it  memtpara.  wo  » 
nr  ar  Mtkt. 

*  U«n  «ilUe  den  Eiadab  dct  is  4er  Toscana  ao  nhlreichen  Sptich- 
«trtM  ■«{  die  fboiKklocie  Bkftt  vcsaacUnäcc*  (4a  gutiäntatae  Laat  weicht 
immn  vot  dtM  oAscb):  «am  A  itfar  «na  ü  Umr:  Ad  ergila  nan  mane» 
«M-  MFrf^r«.  (>0«H  argJetitì. 

*  Oit  t«t  VotksetjB.  Im  Spidc:  ^ébmmif  íñ  Akatk».  Uebrigeas  QLIll  v 
ClMlkh  ur  M«  h**t*  et*»,  vman  «M  «a  «acedalEt:   G'ila"eecAia  (aviU 

*  Nui  m  kann  man  skb  dit  alte  SckRibwcte:  uigàiwa.  pecnna.   lilenia, 
¡,  nilim;  soBst  ist  tra  ñ^  puMfendk. 


J- 1 


,    THE 


F  THE  PlSTOjaSE  DIALECT. 


kein  reines  ò,  aond«m  ea  geht  dem  olTeiiEa  ù  ein  geschlüäseaes,  weite! 
wahmelimbares  ó  voraus;  man  fühll,  besonders  im  Pislojesischco,  einen 
schied  zwischïn  novt  (g)  und  naovt  (PI.  fem.  von  nuovo)  heraus.'  — 
prr  estirare  das  nnbestimmle  e,  oder  seltener  i,  dem  Zischlaut,  sc 
onfiare,   enfernü   der   dumpfe,    das   Í  ersetzende   Laut   dem   folgenden 


Nbs>I 


BedeDtungslca  dagegen  (Ür  den  Lantbestand  des  Pistojcsischeo  sind  Schrei- 
bungen wie  granalla,  g-raaiìa;  denn  Weder  zc  noch  i  giebt  den  wahren  Laut 
wieder:  phonetisch  ist  es  kein  doppeltes  a,  sondern,  ob  vor*  oder  nachtonig,  ein 
einfaches,  je  nach  dem  Wesen  des  vorh  ergeh  enden  Lautcfi.  mehr  oder  weniger 
denllich  artikuliertes  ts  (resp.  dt).  Dasselbe  gill  von  g'  (i)  und  gg'  {ä!).'  —  Die 
Gemination  der  mit  dem  betonten  Vokal  verbundenen  Konsonanten  (Jim}, 
enirerrò,  ¿rrano  tat  ¿■rata)  und  umgekehrt  die  durch  die  (iemination  hervor- 
gebrachte  Acccntverschiebung  {¿imtraj'i-^niione,  domattina)  halte  der  Verf. 
als  rein  pistojesiscbe  Merkmale  nicht  übergehen  sollen.  —  Wohl  assimiliert 
sich  das  r  des  Inf.  dem  folgenden  Frooomen,  giebt  es  denn  aber  keinen 
Uolcrschicd  in  der  Länge  beider  Kon^onantengiuppcn  in  essecci  (esserci), 
kommt  das  gli  in  parlagli  (parlargli)  dem  in  travagli  (PI.  von  travaglio) 
gleich?  -^  Weit  enifeml,  die  Priniipien  der  Phonetik  lU  verfolgen,  verstöfst 
der  Verf.  nur  alUn  oft  gegen  ilicsclben:  fKVQUti'^piitu'^fiogo 'popoche  etc. 
(biet  iit  poge  und  pocho  parallel  entwickelt,  aus  g  kann  nicht  ch  entstehen); 
;t4-j^if';  stiacci'  exsucaut  (sie),  welches,  meiner  Meinung  nach,  nichts 
anderes  ist  als  scocci  schiocca  stiacci  (cf.  scatola  schialola  slialela  ;  stinco 
neben  mnodartl.  scáihco);  (,n  +  )g'^(n+)c-  A:  cineu',  un  httallrino  ist  falsch 
1  unmöglich,  da  nui  inlervok.  k  za  h  wird;  tn  quaderni  verschwindet  es 
im  niederen  Volke  gSnzlich,  sonst  hinleiläfst  es  immer  eine  Aspiration. 

Wie  wenig  genau  der  Verf.  vorgegangen  ist,  erhellt  aus  folgendem; 

á>t:  brindólo  abd.  brâto  (cf.  brandello  brindello);  /orbottare-;:>]>iA. 
;    ditntro    soli    von    DE  DESTko    kommen  (cf.  dietro  drieto);    oscire 

st    Ut.  I*   IQ    Ú   geworden;    v'^g  („that  is  b  [sic]  becomes   bilabial 

immer]  and  is  then  backed  under  Etruscan  influence"):  gorfe'  Rir 

;  w~^g':  giangie''  ahd.  wa  nkj  a  („by  asäimilation'");  Ir'^/r:  fracchie- 

*>S^-  ""ggia  »«ETA  (von  meggiare  mejasb  mhjerk);  />r:  curesto 

:u-l-Tlfl:  +  lSTUM  (coresto  geht  auf  codesto,    nicht  auf  cotesto  íurück);   bra- 

t  dasselbe  wie  fn.  blâmer;  barbottare  soll  aus  borbottare  entstanden 

n  (das  G^enleil  ist  richtig);    d>-í:  giritondo  gVeARE+KoTUNDA  (welches 

■itonda  ergeben  butte);    dature  (ciottoli)  SCHUTT -fULUM;   P'^c:   cieco  ^^ 


i  Verb  gonfiare;    'r^are,   'nftri 
t  kurier  ausgesprochen. 


'  Selten  bei  poco,  das  manchmal  puoci 

■  Nicht   etwa   dem   Artikel   oder   den 
Entspräche  besser  dessen  phon,  Werte. 

*  Individuell  werden  diese  Laute  langer  o 

■  Die  Stelle  aus  der  Pratica  lautet  :  Abòra 

*  forbottare   „schlagen"    hat    einfach    die    Nebenbedeutung    „Schwallen" 
■genommen  (ef.  pariseriseh  „taper  de  la  gueule",  trivial  fur  ..jaser"). 

*  ErklâniDg  dafiir   Grundriss  I  SJl. 
'  Die    Stelle    der  Pratica    lautet:    Gli  doUa  ¡s  giangie  e  soffriva  spesso 

Il  denti,  also  gengive,  und  nicht  guancie. 


Il6  BESPRECHUNGEN.     G.  ROLIN, 

piccolo  („by  assimilation";  cf,  LRW  iSSy  und  cicca  Zigarrenstummel);  /^/: 
/à  foo  ^sipoco  (,,by  assimilation*');^  Synkope  des  intervok./:  piolare  pipilaks 
(,,by  dissimilation";  warum  wäre  dann  p  in  pipilare  pipiare  geblieben?  in 
piolare  ist  ^  weggefallen  ;  oder  Onomatopöie?);  t{-{-%)'^l{'\-%)\  faUoUtto  {mo 
sicher  Einflufs  von  falda  vorliegt;  cf.  noch  salvietta);  d(^'\-i)'^ g-l-^ri:  nO£'lia^ 
fär  noia  (i,  j  hat  llj  analogisch  hervorgebracht:  aiutare  —  a^^Üsitare;  anders 
bei  paglia  für  paia:  pareat  palsat  palia /a^âa);  r'^tt:  otta  for  ora; 
n'^n*:  gniochi  (Pratica,  43).  gnente,  gneve  („that  is  the  dental  becomes 
palatal  according  to  the  law  of  least  action ,  for  gnente  =  one  action  and 
niente  =  two  actions'*);'  übrigens  ist  pist.  gni  =  nnj  und  nicht  ff;  „many 
words  which  in  Italian  are  exceptions  to  the  rule  that  voiceless  cons.  JL^ 
voiced ,  foUow  the  rule  in  Pistojese,  e.  g.  segando,  savere,  tregento**  (es  gab 
wohl  ein  altes  tregento,  das  moderne  Wort  aber  ist  analog  nach  dugento 
gebildet,  savere  ist  nicht  pistojesisch) ;  h  falls  and  r  takes  its  place:  rüro^ 
pisia  für  idropisia*^  (einfache  Volksetym.);  „h  falls  and  /'  takes  its  place: 
di  glieri  HERl"  (cf.  nogUa  =  noia)\  das  in  in  del  far  innel  fur  nel  {campo) 
durch  Dissimilation  entstandene  d  (/)  könnte  auf  inde  zurückgehen. 

Andere  Fehler  verraten  Lücken  in  der  Kenntnis  des  Italienischen  im 
allgemeinen  und  des  Pistojesischen  im  besonderen:  poveraglia  kann  nicht  für 
poveraia  stehen,  das  nie  existiert  hat  ;  nach  e,  che,  <z,  dà,  ma,  tu,  sì,  tra,  fra, 
sopra  etc.  wird  der  folgende  Konsonant  nicht  nur  im  Altpistojesischen,  son- 
dern immer  und  überall  redupliciert  ;  *  in  Quell*  uomo  non  si  ferma  mai,  è 
sempre  in  fazione  [Pratica)  sieht  der  Verf.  fare-^aùone  (die  Redensart  essere 
in  fanone  ist  rein  toskanisch)  ;  un  bambinuccio  vispolo  che  un  giorno  spaaaaa 
la  Chiesa  {Cincelle  da  Bambini,  14):  hier  ist  spanare  für  den  Verf.  identisch 
mit  spassare,  obgleich  im  Anhang  nur  spassassi  als  «/rEvr/irxf  verzeichnet  ist; 
im  Pistojesischen,  ebenso  wenig  als  im  Italienischen,  wird  in  folgenden  Fällen 
,i  statt  ê  ausgesprochen  :  a  cinque,  ma  dilette,  che  cerchi,  a  cervello,^  —  Von 
den  im  Pistojesischen  so  zahlreichen  Beispielen  von  -ente  für  -^nte  (cf.  bru- 
cente;  lävorente  in  Siena,  pisiìchente  in  Rom)  wird  aus  der  modernen  Sprache 
kein  einziges  angeführt;  sanguinente  ist  weder  rein  pistojesisch,  noch  ana- 
logisch,    sondern   es  kommt  von  sanguilentus;   gieografia  wird  zwar  falsch 


>  Aus  V  a  s  q  u  a  1  i  *s  Sonetti  popolari,  43  :  ...  ci  *ol  poo  GH  si  fa  güera 
e  *nsino  a  che  iV  n*  ?  Sensa  tanti  discorsi  si  fa  foo  :  „Es  ist  einfach  {ci  vuol 
/tHv);  es  wird  Krieg  geführt  und,  solange  Pulver  reicht,  ohne  Gerede  ge- 
feuert** (Pasquali*s  eigene  Uebersetzung). 

*  Der  Wandel  \'on  d  lu  l  ist  weniger  zuzugeben.  Für  r;  s^  1/  m^  Uj 
cf.  Pisî^^ria  Pistx^^ìia  Pistt^ia, 

^  Im  eisten  Kali,  wenn  die  Etymologie  richtig  ist,  ist  Einâufs  des  fol- 
genden Ï  VOI  hunden  (mavAÀ»  :  niocco  :,^<V4.v);  im  zweiten  steht  gn  für  stark 
paUtaUiiertes  m:  nieve  (vgl.  la/  di  Xi?vo<e),  niente  {neieníe), 

*  Im  Aìtpistojcsischen  auch  nach  ài.  In  la f entina,  inffine  (XTTT.  JhdL) 
handelt  e«  sich  um  ein  hinter  n  oder  im  Anlaut  deutlich  artikuliertes  f  Der 
Verf.  »chUge  lirundria  1,  406  nach.  Also  nie.  wie  Bruner  meint,  a  hapäo, 
4  komid%\  e  hamumimà*  s^xndern  immer  accapito,  accomtiJo  (=  a  comode),  eccam- 
mifHt  ;  sehr  richtig  aber  die  alte  Schreibweise  :  offue  (a  che),  lafçmte  (là  qui). 

^  Nach  alle  dem,  was  schon  über  die  Frage  geschrieben  wurde,  hätte 
dei  Vert\  in  diesen  lutum  nicht  verttallen  müssen.  In  diesen  Filkn  wird 
der  Anlaut  in  der  Aussprache  redupliaien  und  klingt  rein  wie  ¿. 


J.  D,  BRUNER,    THE  PHONOLOGY  OF  THE  PISTOJFSE  DIALECT,      II? 

mil  ie  geschrieben,  aber  oie  bo  ausgesprocheo ;  cr'^gr  ¡Bl  sowofal  in  der 
Sladt  als  im  Ciiconilario  äufserst  liäulig  (er.  liier,  gruccia  neben  cruceta)-, 
huarhosa  fur  gualcala  Ì9l  weder  pislojesiaeh  noch  möglich. 

Bruner  vermengi  die  Sprache  von  Pisloia-Ciltà^  mit  der  von  Pislaia- 
Campagna:  •aglio  for  ai»  (mtrâagtio,  staglia),  mi,  tè,  rè,  tri,  méjt,  lift, 
s/je,  nimo  gehäien  der  Sudt  nicht  an;  Val  di  NièvoU,  minoma,  vingo.  tìngo 
haben  immer  è,  stilla,  ¿llera,  seindtrc  immer  i\  in  Pistoia  hört  man  nur 
giívant,  córto,  giórno,  laro,  óra,  ancóra,  allóra,  sciòcca,  d\u  prega.  Uva  (nie 
priego,  ¡ina),  tili  esce  (Campagna:  illi  usee),  malidire  (nichl  maladire), 
jo/rajAiian«  (weniger  3up*rtstiñane),  linea  (nicht  linia);  abgesehen  von  nòe 
ni'ii  fñr  nò,  gehören  faräe,  diràe  etc.,  ebenso  wie  domina  fñi  daaina  dem 
Lande  an;  Abfall  de»  inietvoli.  v  ist  selten  in  der  Stadi  (^aire,  pAtro,  gcirn», 
avéa),  hiuliger  in  Montale;  casa,  cosa  mil  weichem  i  wird  man  selten  von 
einem  echten  Pislojesen  hören;  die  Verdoppelung  der  Konsonanten  kommt  he'\ 
Proparoiylonis,  besonders  bei  ¡ubbilo,  salata  (auch  in  robba),  des  öfteren  vor. 

Der  Verf.  beschiänkt  auf  das  Modernpislojesische  Erscheinungen,  die  frä- 
lieren  Jahrhunderten  gemein  waren,  und  umgekehit:  i.''R.l-\-cs.'^i-^dûtûili  es. 
(„only  in  the  mudetn  language");  doch  ist  dieser  Wandel  eher  florentinisch 
als  pistojesisch,  und  wenn  er  lur  Hand  Dokumente  nimmt  wie  Le  Quattro 
Stagioni  JdiUj  rustican  del  Ciy.'Bì\y  del  Rosso  Fioren  tino  (Pistoia, 
1867},  so  begegnet  er  auf  Schrill  und  Tritt  Beispielen  aus  dem  XVIII.  Jhdl. 
wie  aipprato  für  al  prato,  aiòba  Tur  alba,  aillra  Rir  altro,  voitta  fiir  ì!olia; 
gui'  bbambino  (arjuíí  i.  gehört  nur  dem  Fl  oreo  tini  »eh  en.  ~  Auch  die  Verwand- 
langen  von  nn'^rn:  auturno;  n+ly-ll:  callare  {Apocalisse  II,  XIV.  Jhdt.) 
sind  der  heutigen  Sprache  nichl  fremd  (cf.  Cincelle  da  Bambini  9:  co'  le  bane, 
auch  colle  b,  ausgesprochen;    Agliana,  Alljana,  Arljana;    arneneiolli,  cann.). 

Nicht  selten  weist  er  dem  Pislojcsischen  Formen  lu,  welche  allgemein 
toskacisch  oder  ìlalìiniKh  sind:  abbtnchi,  accapare,  starnutare  und  slranu- 
tare,  tttit' addua,  riebarbero  riobarbaro  rabarbaro,  /orsi  aehen /orse,  ubbi- 
dtenta  ulira  („Ihe  development  of  prelonic  0  ^  h  is  a  strong(!)  Pìilojcse  chaiac- 
terïslit,  particularly  of  the  modern  language"),  ¡ibrile,  ginebra  und  gintvro; 
*>■»:  passivale  {ìs(  da  »\ìx poiieiiole):  gnudo,  marritta  [manritta),  granocchia 
(ranoechio\,\freddo;  intervok.  t- >■  íA  >■  A;  prieissione,  doppo  und  andere 
Wörter,  die  er  Fanlani's  Voci  e  Miniere  del  Parlar  fiorentino  entnahm; 
la  lapa  (Dr  l'ape  ist  nicht  nur  sienesisch  und  lucchesiach,  sondern  auch  pisto- 
jesisch (cf.  'Pratica  36;  le  lape  eiucciana  Jíori);  l'^r  {morto  für  molta)  ist 
nicht  allein  pistojesisch,  l'~>glC  {leagghi  ^  levargli;  cf.  analog,  f^k', 
gk''>d')  nicht  allein  montalesisch.  ^  -ata  -;>■ -apo,  ■ado'^'oSa  ist  floren- 
tinisch und  dringt  immer  mehr  ins  Pratesische  ein.  Es  ist  ein,  an  der  Rück- 
seite der  oberen  Zahne,  nahe  an  der  Schneide  derselben,  mit  sehr  losem  Ver- 
Schlafs  artikuliertes  t,  d;  mit  englischem  th  hat  es  nur  wenig  Aehnlichkeil. 
Auch  die  übrigen  einfachen  Explosive  werden  im  Florenlinischen  (seltener 
im  Pislojesiscben)  mit  sehr  schwachem  Verschlufs  artikuliert.  ^  In  einigen 
OrtCchaTleD  der  Campagna  fiorentina  wird  t  :wischen  Vokalen  dem  folgenden 
a,  e.  H*  assimiliert,    es  verwandelt  sich  in  den  entsprechenden  gult.  Laut,    in 

'  Hier  ranfs  man  zwischen  dem  Popolino  {z.  B. /ermarti)  und  dem  An« 0 
teta  í/ertuasei)  einen  Unterschied  machen. 

"  Besonders  in  de  s    Partizipien  auf  -ato. 


Il6  BESPRECHUNGEN.     G.  ROUN, 

pìccolo  („by  assimilation";  zî,  LRW  iZdrj  und  cieca  Zigarrenst* 

fa  foo  =.  poco  (,,by  assimilatíon")  ;  ^  Synkope  des  intenrok./. 

(„by  dissimilation"  ;    warum  wSre  dann  /  in  ptpümrc  pf 

piolare  ist  ^  weggefallen  ;  oder  Onomatopöie?);  /(4'>)^ 

sicher  Einflufs  von  falda  vorliegt;  cf.  nocb  saMtttaj\ 

für  noia  {i,  j  hat  llj  analogisch  hervorgebracht:  ah  '^^ 

bei  paglia  für  paia  :    PARitAT  PALSAT  PALIA  pa/  » 

w  >  «*  :  gniochi  (Pratica,  43),  gnênU,  gntvc  ( 

palatal  according  to  the   law  of  least  action  cprA'etíL^ 

niente  =  two  actions");'   übrigens  ist  pitt.  ^  « 

words  which   in  Italian  are  exceptions  to  ^        M      • 

voiced,    follow  the  rule  in  Pistojese,  e.  g.  '^'k*^     Kon- 

wohl  ein  altes  trecento,   das  moderne  **    ,     ^.  «  r  j- 

, ., ,  ^                 .  *     •  V..     •_*  •  _a    i.\  -icn ,  den  Emfluls  dir 

gebildet,  savere  ist  nicht  pistoiesischi  ...         ^      1. 

...     -.      .-    ^.  .  ..  ^  .  -1.    ir  !■_  •   und  insbesondere  lon- 

ptsta  fur  täroptsta"  (einbche  Volks  .    ,            ,        ,       j 

Ji  glieH  HERI"  (cf.  n»glU  =  nM'  .jesuchen  verdoppelt  w«d« 

1      1.  TN«    •    «1  *•          I.^  j        j  ^c  EntWickelung    des  inler- 

durch  Dissimilation  entstandene  /  „.,-..,,.        ^     .     n 

.    .        -,  . ,      .       ,  .  Verschluisartikulation   durch  alte 

Andere  Fehler  verraten 

allgemeine,  nnd  de.  Pistojeri'  "^  vollrttodigen  Schwund  des  Uuw 
>0wr«<  stehen,  du  nie  «sif  "^  "*"'  ^^  eingehend  behandelt  werda 
í<íír<i  etc.  wird  der  iblM-  '""""ß'  **"  Intonation,  besonders  aber  di. 
dem  immer  nnd  SbrnP  .«*'''«  "»^  Florentinischen  weit  abUegende,  « 
stmtrt  m  fiuiêiu  IPrr  if  J*"*"'"'"''  ^'^  Stimme  des  pistojesischen  Volke 
.-»/»ai.fiBtrdatO'    ^0^  ^  Forschung.-  gistav  Roldi. 

la  Ckmt»  {OrnttO*  

mit  spastaft»  obff* 

im  Pistoittiaeha'  ijlosesdcCasscl.     Le  plus  anden  texte  réto-roma 

*  sUtt  ¿  aniff  V^^irt«***'  **'^"  "^^*  ^"burgi  Hei  vet.  1895.  67  SS.  gr.  4 
den  im  Piitr' vi*  ^  MaK-hoi  vwie  er  Zs.  XIX  08)  angiebt)  entdeckt,  da 
cenU\  iäwm  rßf'^^  ''^'^^  ^^^™  franzò>i>chtfn  Sprjch^'ebiet  angehören,  w: 
kein  eins!  /l^  ^  ¿  »**• -^***  '^"^"^  ""^*  Altr.  Gloss.  i865>  ;\lJgemein»  und  A 
logisch,  /^Ï^'ÎL  <iwih"ten  Anikol  ^¿>.  XIX  64)  angenommen  halte,  soi 
— -^       xS**i^n  ».»*   "'*^"    point    Jouter  ••»    dem    rätoromanischen.     „Ceti 


^      ji^  el^  èmi>c  du  nste  par  M.  Monaci,  il  y  a  deux  ans.    Dai 

r^y^'^^^at  Avx>^^  veiinu  den  Artikel,    der  andere   den  weggefallene 
^ipi'ljj^ wÄule  mau  vlis  *•  verdoppeln;  ir?ccjtz\sS,>ggeri. 
^   ^  dK  •»'A'''  ('V«.*«'"^»" *.:,••>  Sur  F.'pJirrupt^  Jeutsciur   U'issenschaJ 
i  IJ'îj^ufti»  '•»  R^n^Hs't  in  stviivl  gesetzt,  einen  halbjährigen  Aufentha 
aP'^ÍLí***  *m  nehmen,  beabsiehiige  ich.  die  Phonologie  dieses  Dialekt« 
^SlClLlie«  l'iül«»!:  ¿u  untei ziehen. 
/  ^Rm  ^^^^  \Aich.  f.  lat.  l.e\.  11  5071  sprach  sie  Italien  ¿u,  was  for  Re 

/  í^k*i»**  \Yideiìei;unj;  bodart;  i^  genügt  an  uu^nz  11 S  und  \X..  guaní 

4«;  IloUim^nn  1^55  vKeUen  und  Germanen  1381  Bayern,  soweit  ii 


jgi^jmvh  lomaiiiüoh  ge.spiochen  wuuie:  ebenso  G.  P.  Rom.  XXIV  (1895 

ff¿_^^  wril  di\'  tUi'lu.  aus   IVgernsee  stammt  und  die  Bayern  am  SchluJ 

iÇ^'^.ui  ci>»<^hut    %iuJ.     Die.-  yA.Gl.  80  — $.:'■   hat  jedoch  5chon  gezeig 

^^n||^  li««'hi     Kopie    isi    und    det    Schlufs     mit   den  Bayern t  von  einei 

#^^  Vitk»%ci  heil  uhi  t.    Monaci  i8q2  ^Rendicv^cti  d.  AcciJ.  d.  Lincei  p.  48^ 

jjflj^dinié  vorne  spei  o  di   dimostrare  piossimamerte".  was  bis  jeut  m.  W 

"'^  ah'hl  ^v«chehcii  i>i:  .'ulci:t  Moil  November  1804  ^H.  Arch.  XCIV  345,  : 

SSttaMi   lidie    Krt^sclci  tilov^cu   gehoTcn   wohl    sicher   nach   Räcien'*,   jedoc 


Ulli** 


Its 


BESPKECilUi 


J.  STL-RZINGER, 


ein  t  mit  schwachem  Versclilufs  oder  oline  denselben  (cA  ;  etwa  slav.  A  in  ßnA). 
Es  ist  aber  gani  verfeWl,  aus  der  vcieinieltcn  Schreibweise  calhalica  auf  eine 
Trikative  Aussprache  des  /  im  AltpUtajesischen  einen  Schluls  lieben  zu  wollen. 

Zu  alledem  £esellen  sich  schlechte  Lesarten  wie  itttnfiarr  stall  nmpara 
{Fratica  io),  empiici  für  emblici  (=  embrici,  ibid.  I7),  ricomptmalla  für  now- 
pensaUo  (Sonetti  Popolari  19};  Ferragû  für  Ferajo  [FeÒ6raÌB,  so  monlalesisch ; 
cf.  vulgärlal.  KíRArAs  (ür  FEBRUARIAs),  lúgrunari  für  lagrimare  ;  c'  è  'avalleg- 
geri  {Sonetli  PapDlari  i^)  statt  cV  'avaiíe£-ger¡.' 

Andere  wichtige  Punkte  hätten  eine  nähere  Berücksichtigong  verdient. 
Der  Verf.  hätte  die  Apharese  im  Pistojestschen  einem  gründlicben  Studiam, 
die  verschiedenen  Nuancen  der  Vokale,  besonders  des  offenen  und  geschlosse- 
nen, betonten  und  oubetonteo  0,  e  samt  deren  von  den  umgebenden  Kon- 
sonanten bedingten  lautlichen  M  odi  ük  alionen  genauer  prüfen,  den  EinflufB  der 
Vokale  auf  einander  in  der  Volkssprache  unlcrsucheD  und  insbesondere  kon- 
statieren sollen,  inwiefern  die  Konsonanten  im  Pistojesischcn  veidoppelt  weiden 
und  die  Betonung  dadurch  hecinflufsl  ist.  Die  Entwickelung  des  intci- 
vokalischen  c  {à),  von  der  vollkommenen  Verschlufsartikulation  durch  idle 
möglichen  Mundeogen  (streite  arali)  bis  zum  vollständigen  Schwund  des  Lautes 
z.  B.  in  'un  è  mja  mia  =  non  è  mica  mia)  hätte  eingehend  behandelt  Werden 
sollen.  Schiiefslicb  bildet  die  Betonung,  die  Intonation,  besonders  aber  die 
von  der  lunga  gnata  des  Sienesischen  und  Flo  ten  lini  sehen  weit  ablí^ende,  si 
einfache  und  sympathische  Modulation  der  Stimme  des  pistojesischen  Volkes 
u  Gegenstand  der  Forschung.* 

Gustav  Rolin. 


Faul  Harcbot,  Les  Gloses  de  Cassci.  Le  plus  anden  tene  rílo-roman 
(Collectanea  Fiiburgensia,  F.isc.  UI).  Fributgi  Helvel.  1895,  67  SS.  gì,  4". 
Im  Juli  1S94  bal  Marchot  (wie  er  Zs.  XIX  68)  angiebt)  entdeckt,  dats 
die  Kasseler  Glossen  nicht  dem  fianiö  sise  hen  Sptachgebiel  angeboren,  wie 
man  seit  Diez  (Zs.  f.  dl.  Alt.  IS49  und  Altr.  Gloss.  1865)  idigcmein'  und  M. 
selbst  noch  in  dem  erwähnten  Artikel  (Zs.  XIX  64]  angenommen  halle,  son- 
dern uniweifelhail  {„à  n'en  point  douter")  dem  rätoromanischen.  „Cette 
assertion  avail  deja  été  émise  du  reste  par  M.  Monaci,  il  y  a  deux  ans.    Uans 


'  Der  erste  Accent  vetlritt  den  Artikel,  der  andere  den  weggefallenen 
Gullural.     Sonst  würde  man  das  c  verdoppeln:  eèccavalleggeri. 

*  Durch  die  lobt.  Gesellschaft  tur  Förderung  deutscher  Wissenschaft , 
Kunst  und  Literatur  in  Böhmen  in  stand  gesetzt,  einen  halbjährigen  Aufenthalt 
im  Pistojesischen  zu  nehmen,  beabsichtige  ich,  die  Phonologie  dieses  Dialektes 
einer  gründlichen  Prüfung  zu  unierziehen. 

»  Nur  Situ  (Arch.  f.  lat.  Lex.  II  567)  sprach  sie  Italien  ¡u,  was  für  Ro- 
manisten keiner  Widerlegung  bedaif;  es  genügt  an  uuans  1 18  und  'w.  guanto 
zu  erinnern:  HoUzmann  1855  (Ketten  und  Germanen  I38)  Bayern,  soweit  im 
9.Jhd.  da  noch  romanisch  gesprochen  wurde:  ebenso  G.  P.  Kom.  XXIV  (1B9S), 
p- 595  — 61  weil  die  Hsehr.  ans  Tegernsee  starami  und  die  Bayern  am  Schluis 
(Z.IÏ5  —  34)  erwähnt  sind.  Diez  (A. Gl.  80^81)  hat  jedoch  schon  gezeigt, 
dafs  die  Hschr,  Kopie  ist  und  der  Scblofs  (mit  den  Bayern)  von  einem 
andern  Verfasser  herrührt.  Monaci  1 893  (Rendiconti  d.  Accnd.  d.  Lincei  p.  487) 
„alla  Ladinia  come  spero  di  dimostrare  prossimamente",  was  bis  jetzt  m.  W, 
noch  nicht  geschehen  ist;  zuletzt  Motf  November  1894  (H.  Arch.  XCIV  345,  3) 
Rälien,  „die  Kasseler  Glossen  geboren  wohl  sicher  nach  Rätien",  jedoch 
MCh  ohne  Beweis. 


i 

^^   íbclie. 


w^ 


un  Iraviu)  qui  paraftin  i 
bieo  fondé."  Die  so  angekündigte  Schrift  ist  die  vorliegende  neue  Au^pbe 
der  Clo&aen.  Der  Beweis  i  toule  évidence  isl  zwar  techl  luversichlUch,  über 
DicK  irïumphietcQd  und  wortreich  ausgefalleD.  aber  leider  nichts  weniger  als 
überieofend ,  weder  im  ersten,  phonetischen  Teil  (p.  (5 — Ji  A.  Grammaire 
betiteil)  noch  im  iweiten  leiikaliscb-exegelischen  (p.  35  — 55  B.  Commentaire). 
In  jenem  kommt  M.  (p.  J>),  nach  DsTslellung  der  18  Lauterscheinungen,* 
selbst  lum  Schluls,  dafs  er  ei{;entlich  nur  iwei  davon  mit  einiger  Bereehli. 
gung  gegen  die  frz.  Herkunft  ins  Feld  fuhren  kann,  nämlich  das  e-  in  esiioi 
„prclir"  104  und  das  Fehlen  des  -n  in  11^0  17— IQ  (fri.  mon  mien].  M.  ver- 
gleicht esiiei  mit  essieu  afiz.  aissii  (womit  es  nichts  zu  thun  hai,  es  heilst  ja 
„Bretter"  und  ist  wohl  ^  assiculum)  und  meint,  das  e-  miifste  durchaus  die 
Kontraktion  von  Uf'  rcprÖsenlicren.  Die  Glosse  fassela  115  (^ /assicella 
iÍTi. /¡lisse/)  leiel,  <l»fs  l'as  ai  tat  Zeit  der  Glossen  noch  nicht  vorhanden 
gewesen  sein  mufs,  das  e  m  esilos  also  fiir  a  stehen  kann  so  [¡u'  wie  in 
kemitiada  97  und  medirán  (afri,  mainiiri)  105,  wenn  es  nicht  überhaupt 
Schreibfehler  ist.  Was  meo  betrifft,  so  wird  niemand  dasselbe  in  radi  meo 
parba  19  oder  lundi  meo  capilli  17  für  fraaiiisisch  oder  romanisch  halten, 
■ODdcrn  mit  Diei  (A.  Gl.  94)  darin  „ein  Ringen  nach  Latinität  erblicken,  das 
übel  ansschlägl".  Auf  diesen  beiden  Punkten  beruht  also  der  ganze  Be- 
treis í  toute  évidence  fur  die  rälische  Iletkunfl  in  lautlicher  Beziehung,  denn 
die  übrigen  16  Lauterschdn ungen  sprechen  ebenso  pil,  zum  Teil  besser  lur 
franiöüschen  als  ratiscbca  Ursprung  oder  nur  lür  französischen,    z.B.: 

■  von  medirán  105  =  fn.  merrain.    Dies  Wort  fehlt  dem  Rä- 

[ tischen,   -amen  wird  ludem  rälisch  -am,  -om.  -um  (Ascoli  Arch.  I  No. 7.  I44, 
Gr.  §  6SÌ,  vereinzelt  kommt  -ij  vor,  „der  Fall  ist  übrigens  selten,  da- 
An  nicht  übernll  einem  festen  Gesetz  unterworfen",  sagt  Gartner. 

'■  in  cramailas  134  ^=  afrz.  und  dial,  cramail,  -aille.  Auch 
dieses  Wort  fehlt  dem  Rätischen;  'i'l-  wird  T,  <•/ (Graub.),  f.  ¿(Friaul)  oder  rf/ 
(Tirol),  nie  il.  Das  lirol.  dl  kann  oalurlich  nicht  auf  ein  il,  sondern  nur  auf 
cl  Euiftckgehen.  M.  hilft  sich  nun  damit,  das  deutliche  hdschr.  cramailas 
durch  critmaclas  zu  ersetzen;  bei  dem  undeutlichen  inguaio  2g,  in  welchem 
das  ü  nach  Diez  (A.  Gl.  97)  und  Grimm's  Facs.  (Monaci's  steht  mir  leider 
nicht  zur  Verfügung)  rechts  offen  ibi  und  deshalb  ebenso  wohl  c  jjelesen 
weiden  konnlc,  setzt  er  dus  c  dagegen  nicht  ein.  obschon  auch  die  rätischen 
Formen  von  genuc'lum  ein  ucl  und  nicht  ein  uol  im  8.  Jhd.  voraussetzen. 

3.  Das  J  in  camisa  112  =:  frz.  chemise.  Für  'sj-  kennt  das  Rätische 
nur  i  (Gartner  Gr.  §  200  catnisia  nnd  §  82  *¿ri¡ium,  Ascoli  No.  lOl). 

4.  Das  I  in  uiua%iu  15S  repräsentiert  den  Laut  ts,  wie  aus  uuant  llg 
hervorgeht  (und  nicht  tch  d.  h.  Is.  wie  M,  p.  43  behauptet),  also  den  afrz. 
Laut  lur  lat.  -'ej-,  wofür  ratisch  fnst  nur  ti  erscheint  (Ascoli  No.  169,  Gartner 
§  100  glaciei). 

in  dem  zweimal  betegteu  moi  t6o/l  :=  afrz.  moi,  mui;    ratisch 
igad.)   lautet   das  Wort   «tue  (Pali.).     Aus   diesem  Wort   und  den  Formen 

Die  3  weiteren  §§  19 — 13  (p.  16— 30)  behandeln  nur  Flexivisches,  das 
eetn einromanisch  isl.  Das  obw,  Vb.  radir  (Carigiet)  ist  übrigens  nicht  laL 
radere  (p.  34),  sondern  das  deutsche  radieren,  wie  die  Erhallung  des  d  und 
die  inchoative  Flexion  radescha  zeigen. 


BESI'RECHL"NGEN.     J.  SlÜRZINGER, 


bei    Gar 


jnd  5  81    und    bei   Ascoli  No.  toj   1 


man,  dafí  ''Jj-  rälisch  cinco  Zischlaut  dì,  i  oäet  i,   nie  aber  1  cigicbt. 

6.  Das  dreifach  belegte  vesUd  i64'5,b  entspcicht  ■&!■  vnti{l),  nicht 
aber,  wie  M.  (p.  54)  angiebt,  rät.  (obw.)  vaicItUu  -nisckiiu.  viíl¿ú  [eng. 
v{e)illeu].  Diese  haben  j»  das  u  von  vtstitum  bewahrt  und  das  -t-  fidlcD 
lassen.  Diese  auffällige  Entwicklung  der  Endungen  -äum  eu  -iti  (spitcr  -ieu), 
■alum  zu  -au  (-d)  ist  Seht  rätisch  (Ascoli  No.  I.  3;.  60.  197.  Gartner  §  3z.  6t 
und  Morf  G.  G.  A.  1885,  p.  849—66),  in  Tirol  und  Friaul  ist  sie  jei«  freilich 
lombard. -ven  e  dis  ehern  Einflufs  vielfach  erlegen  (Morf  1.  c.  857),  daher  denn  jiöt 
lirol.  vtsli,  fri.  veiltä.  Das  Graubundner  Romanisch  hat  eben  hieiîn,  wie  so 
on,  vErmÖge  seiner  abgeschlossciu^n  Ljige,  den  utsprün glichen  Charakter  treaer 
gewahrt.  Dab  im  S.  Jhd.  Tirol  und  Friaul  diesen  rät.  Zug  noch  besafsen,  ist 
wohl  selbstverständlich. 

7.  Die  Form  ßgtdo  ¡  z  (cf.  ieeorü  /¡gìdo  ¡n  den  unzwetfelball  französ. 
Reichenauer  Glossen  11  46)  kann  dui  /Igiäa  betont  sein  und  sctït  daher_/îta/«Bi 
voraus  =  hi.  foie  {pT.f/tge,  v^.  hlgade,  pg^ßgado,  H. /¿gato).  Sämtliche 
rätische  Formen  können  aber  nur  von  /Icdtuin  herkommen:  htrg.Jiga.  obcng. 
fió,  fass-^á,  gied./ujdd,  bad.jî,/,  bacii.Jigä,  Erto  fiäj'JI,  b\.  fijdd. 

Mit  diesen  lautlichen  Tbatsachen  ist  wohl  rat.  Herknnft  der  Glossen 
nicht  mehr  vereinbor,  der  Beweis  ihrer  RälicilSt  ist  also  auch  nicht  1  toute 
ívidence,  wenigstens  nicht  im  phonetischen  Teil,  gefñbrt.  Dies  ist  aber  nocb 
weniger  im  lexikalischen  Abschnitt  geschehen.  M.  hat  zwar  eine  Rrihe  von 
rät.  Wörtern  mit  solchen  der  Glossen  idenlifiïîert,  aber  wie! 

Nach  ihm  ist  z.B. 

No.  7  narts  =  bergeU.  narr  „Narr"  (rf.  Zs.  Vni  p.  166,  8i>). 

14  ¡copulas  (d.  h.  wohl  scapeUum)  ^  obw.  schuvi.  Dieses  schuvt  (gespr. 
iu[v)l)  ist  =  jugelium,  denn  d.is  ¡ch  ist  stimmbafl,  wie  aus  Carigiet  und 
der  engad.  Form  gavé  zu  ersehen  war. 

21  labia  =  obw.  li/;  dieses  ist  das  deutsche  li/(Diti  A.  Gl.  87,  Gart- 
nei  Gr.  §  16). 

6î  pecunia  (d.h.  ■ito\a  ptcuniarîa)  ■=■  obw.  und  cag.  pug'i/ra  .,Heirkttli"; 
letiteres  ist  (Ins  Fem.  m  ptigner  „tlauptstrciter,  Held". 

96  bii/e  ^^  obw.  pegna,  das  unmöglich  von  pensile  oder  pensilia  bei- 
kommen kann,  sondern  laotlich  auf  ^«ia  oder  iiiiniii  weist. 

107  cafretiti  =  eng.  chavrri,  cAavrida,  ca-pretia  hält  M.  für  romanisch, 
es  ist  jedoch  £u  trapes  die  deutsche  Glosse  (cf.  trabes  gipritta  in  and.  Gloss., 
Dieï  107)  „Bretter,  Gebälk". 

108  fapriuHS  ^  obw.  cavriú  „stehende,  dürre  Tanne",  cavriú.  fem. 
cavrida  ist  aber  ^^  capräus,  -la  „von  Ziegen  geschält",  und  hat  nichts  mît 
*capria,  -anis  ^  frz.  chevron  zu  than. 

Ill  carila  (lies  carica  „Last,  Fuder")  =  eng.  charol  „KSbel".  Die 
beiden  Wörlei  haben  weder  in  Laut  noch  Bedeutung  etwas  gemein, 

126,  179  situla  =  liro\.  sedia.  Das  tirol,  -dl-  geht  zunächst  auf  *c'l- 
znrñck.  la  Tirol  ist  also  auch  wie  im  übrigen  Rätischen  situla  durch  sic'la 
hindurchgegangen  and  nicht  situla  neben  jicla  als  Etymoti  a 

151/1  aivearium  =  obw.  uali(rì  (jsilbíg),  letzteres  ist  =  apiolarium. 
Die  angesetiten  Lautäbcrgänge  alvearium  zu  3silbig.  aluer  und  dies  zu  ualer 
ñnd  rStisch  unerhört 


p.  MARCHOT,   LES  GLOSES  DE  CASSEL.  121 

Auf  solchen  Irrtümern  also  steht  die  Räticität  der  Glossen.  Hier  hat 
jedoch  M.  seine  Ansicht  wenigstens  noch  dnrch  rätische  Belege  zu  stützen 
gesucht  Bei  andern  Glossen  begnügt  er  sich  dagegen  mit  blofsen  Vermutungen  ; 
denn  zu  unctura  (58)  bemerkt  er:  „C'est  un  des  mots  que  Diez  déclare  n'avoir 
pas  retrouvés  en  rtr.  Je  ne  l'ai  pas  retrouvé  non  plus,  mais  comme  ungere 
est  courant  en  rtr.,  un  dérivé  unctura  ne  doit  pas  être  surprenant."  Mit  den- 
selben Worten  wird  von  dem  Vorhandensein  von  verr  „Eber'*  im  Obwald. 
auf  die  Existenz  von  verrat  (79)  im  Rätischen  geschlossen,  vom  vermeint- 
liehen ^^fimarûi  {^pugnerà)  62  sluÎ pecunia,  von  auca  auf  auciun  (84),  von 
madèr  auf  medirán  (105);  und  zu  domus  92  heifst  es:  „En  rtr.  domus  a  dis- 
paru devant  casa,  mais  il  pouvait  encore  fort  bien  vivre  à  l'époque  des  Gloses.*' 
Diesen  vermeintlichen  rätischen  Belegen  wären  nun  freilich  einige  wirkliche, 
die  M.  übersehen  hat,  hinzuzufügen: 

scapulas  14  ist  erhalten  in  gred.  iabla,  frL  scabli  (Ascoli  No.  114). 

pulcins  86  in  ohw,  plusckein,  eng,  puìschain,  greá,puniin,  íx\,  pulçin. 

gallus  87,  auch  in  Graubd.  vorhanden,  eng.  gial, 

mansione  93,  auch  in  Tirol,  gred.  maiot¡  „Kammer"  (Vian  112). 

stabulum  102  in  obw.  und  eng.  stavel,  obeng.  stevel,  fri.  stábli, 

uuanz  118  in  o\y9i,guant  (Conr.),  eng.  guaunt, 

mal/ei  148  in  eng.  maigl,  tiro!,  mai. 

moi  1 60/ 1  in  eng.  möz. 

Prüft  man  nun,  nachdem  der  rätische  Anteil  an  den  Glossen  gesichtet 
ist,  diese  auf  ihren  rätischen  oder  iranzösichen  Ursprung,  so  ergiebt  sich,  dafs 
von  den  179  Wörtern  (nicht  180,  da  moi  zweimal  figuriert)  151  nicht  in  Be- 
tracht kommen,  weil  sie  entweder  nur  lateinisch,  nicht  romanisch  sind  (=  23), 
oder  romanisch ,  aber  weder  rätisch  noch  französisch  (=  3  :  Hones,  fomeras,  al- 
vearias),  oder  zweifelhaft  (=  3  :  sisireoi,  mattducaril,  tramolol),  oder  rätisch  und 
fi'anzösisch,  auch  gemeinromanisch  sind  (=  122).  Von  den  übrigen  27,  allein  ent- 
scheidenden sind  6  rätisch  und  nicht  französisch  {pecora  79«  scruua  81,  cal- 
darora  133,  saccuras  138«  manneiras  139,  siciies  140),  22  französisch  und 
nicht  rätisch  {caiamel  31,  ordigas  35,  intrange  54,  unctura  58,  pecunia  62,^ 
eçua  66,  ouiclas  j6,  ferrât  79,  auciun  84,  domo  92«'  bisle  96,  esilos  104, 
medirán  105,  capriuns  i08,  fasselas  I15,  windicas  II 6,  mufflas  II 7,  hanap 
130«  cramailas  134,  uiuaiiu  158«  Uni  162«  guluium  180).  Das  numerische 
Uebergewicht  ist  also  ganz  entschieden  auf  französischer  Seite.  Dieses  lieber- 
gewicht  wird  nun  aber  noch  ganz  bedeutend  verstärkt  durch  den  Umstand, 
dafs  von  den  6  rätischen  kein  einziges  ausschliefslich  rätisch  ist,  sondern  sich 
alle  in  der  einen  oder  anderen  romanischen  Sprache  finden,  während  unter 
den  22  französischen  wenigstens  7  spezifisch  französisch  sind:  auciun,  bisle, 
medirán,  fasselas,  windicas,  mufflas,  cramailas.  Damit  düruc  denn  auch 
lexikalisch  die  rätische  Herkunft  der  Glossen  widerlegt  sein. 

Was  den  letzten  Teil  der  Arbeit,   die  Interpretation  der  Glossen,   anbe- 


*  pecunia  „Vieh**  ist  in  Frankreich  als  volkstümlich  bezeugt  durch  grex 
pecunia  in  Reichen.  Gloss.  936. 

^  domus  „Gemach**  bestätigt  durch  Reichen.  Gloss.  731  thalamus  domus 
maritalis  (Glosse  zu  Ps.  18,  6);  Oxf.  und  Loth.  Psalt.  übersetzen  thalamus  denn 
anch  mit  chambre.  Im  St.  Leodegarlied  198  (im  Reim)  heifst  dorn  aber  wohl 
noch  yyHaus**, 


122  nKSPRECÜUNtiEN.      PH.  AUG.  BECKBR, 

knj;!,  äu  ist  tlicsci  als  gani  wertlos  zu  bezeichnen.  Mit  Ausoahme  von  i 
was  zu  ardirai  (p.  3 S),  ans  mit  Meyer  -  Liilike  Gr.  1  §30  beibehalten  wird, 
und  was  va/anua  (p.  47)  bemerkt  ist.  das  nicht  geridc  oolwendig  nach  dntr 
Stelle  der  Wiener  Gl.  ïu  lentifanun  ergäöit  wird,  ist  alles  Andere,  in  welchem 
M.  von  Diez  abweicht,  nichts  bU  Irrtum;  so  die  Deulang  von  innuolu  p.  38, 
capTclia  46,  tanni  4S.  cramai/as  y¡.  fiasca  ^2,  tramo/ol  ¡^.  aliios  ociilui  n, 
das  kurzweg  in  orbus  oculii  geändert  wird.  Von  diesen  sei  bier  uut  das  im 
Ms.  über  pulula  stehende  fiasca  (No.  153)  erwähnt,  das  M.  auch  für  romaniïch 
hält,  so  dafs  wir  zwei  auf  einander  folgende  rom.  Glossen  ohne  deDt»che 
Ueberselzung  bitten.  Ein  Blick  auf  Grimm's  Farsimilc  leigt,  dafs  foiticla  am 
Ende  einer  Langzeile  steht;  es  ¡st  noch  etwas  Kaatn  da,  ab«  nicht  genug 
für  das  Wort  fiasca  ;  da  liat  denn  der  Schreiber  dag  deutsche  fiasca  aber  das 
toxa.pHtkla  zwischen  die  Zeüen  in  kleinerer  Schrift  cinj.-elrïycn.  Diet  hat  in 
seinem  Text  (A.  Gl.  p.  77)  dies  such  angedeutet.  Das  Facsimile  hätte  M. 
auch  ersparen  können,  lange  nach  rätiachcn  oder  romanischen  Vertretern  von 
daUa  110.  idrias  121,  carisa  11Î,  siehola  127  ZU  suchen.  Diese  lateinischen 
Worte  sind  ebenfalls  in  kleinerer  Schrift  zwischen  den  Zeilen  über  ihren  roma- 
nischen Synonymen  caua.  tuaru,  sedrUa  eingetragen.  Es  sind  offenbar  Zusätze 
des  Abschreibers,  der  damit  die  drei  romanischen  Worte  von  ihren  Boino- 
nymen  unterscheiden  wollte,  caua  ¡!.  etnia)  und  tunne  konnten  jedes  du  „G*- 
rsfs"  und  das  „Mats"  bezeichnen,  doUa  über  cuva  soll  zeiji^en,  ilafs  cuva  „Ce- 
ß[s"  gemeint  ist,  idriai  über  lunne,  dats  ebenfalls  das  „Gefäfs",  carica  über 
tunne,  dafs  nun  das  „Mab"  gemeint  ist,  wie  die  deutsche  Zusatzglosse/ixiiir- 
mauu  zu  chefa  beweifst;  ticleaia  Über  sedtlla.  dats  sedelta  „Eimer"  und  nicht 
etwa  sedella  „Platte"  gemeint  sei. 

Nach  diesen  Ausstellungen  am  Inhalt  des  Baches  habe  ich  noch  eine 
Bemerkung  über  dessen  Form  hinzuzufügen. 

Man  ist  es  zwar  an  M.  schon  gewohnt,  dafs  er  sein  Verdienst,  auch 
vermeintliches,  nicht  unter  den  Scheffel  stellt.  An  Anmabnng  überlriß't  aber 
die  vorliegende  Schrift  alle  früheren  des  Verfassers.  So  lange  die  eigene  Person 
nur  in  den  Vordergrund  geschoben  wird,  ohne  Herabwürdigung  anderer,  kann 
man's  ja  ruhig  mitansehen.  Wenn  dies  aber  auf  Kosten  anderer,  wenn  dies 
wie  hier  iuif  Kosten  von  Diez  und  zudem  noch  in  einer  akademischen  Schiifl, 
die  auch  in  andere  als  in  kompetente  Fachkreise  zu  kommen  bestimmt  ist, 
geschieht' (und  man  bat  gesehen  mit  welchem  Recht,  alles  konnte  ich  freilich 
nicht  erwähnen),  dann  ist  geboten,  dats  man  solches  Gebahren  kennieichae, 
um  nicht  Mitschuldiger  zu  werden. 

'  Cr.  p.  S  „il  n'est  point  impossible  que  l'on  apporte  des  corrections  et 
des  amélioratÎQns  nombreuses  nu  travail  de  Diez."     Diese  Verblendung  M.'s! 

p.  9  „Le  couronnement  obligé  de  er  travail  sera  un  essai  d'idilion  cri- 
tique des  gl.,  essai  qui  jusqu'à  maintenant  n'a  pas  éii  tenti,"  Wirklich? 
Was  hat  denn  Dies  anders  getban? 

p.  37  „Ce  íj'  . . .  est  resté  jusqu'ici  inexpliqué."  Die  Deutung  M.'s  ist 
durchaus  die  von  Diez  (A.  Gl.  p.  qj). 

P- 35  —  55  erscheint  23mal  die  Phrase:  „C'est  un  des  mois  que  Díei 
déclare  n'avoir  pas  retrouvés  en  rtr.",    man  hat  gesehen  mit  welchem  Recht. 

p.  38  und  4z  wird  Diez  belehrt;  „il  ne  faut  pas  faire  de  correction  qui 
ne  soit  strictement  nécessaire." 


J 


H.  SCHNfEGANS,   GISCHICIITE  IJRK  GROTrSKFN  SATIRE.  123 

Diese  Besprtcliung  ¡si  eingehenilcr  gïwoidcE ,  aïs  die  Wicliligkcil  Jtr 
Sehiïrt  vertangle.  Es  geschah  auch  mehr  dem  behandelten  GegensLinil  ¿ulieb. 
Da  ïon  so  verschiedenen  Seilen  die  Heimal  d»r  Glossen  nach  Räiien  verlegt 
wurde,   so   reine   es,    ¡in   der   Hand   von  M.'s  Abhandlung  dir   Frage   clwm 


Heinrich  SchneegtxiiB,  Geschictile  der  gralesken  Satire,  ätrafä- 
burg,  Karl  J.  Ttübner,   1B94.    «"■ 

Das  anziehende  ond  lehneiche  Buch,  mit  dem  sich  d<r  Veif,  nacli  seiner 
lücfaligen  Studie  über  die  siiilianische  Mundart  sehr  (¡lücklich  im  Gebiet  der 
Litteiarrorschung  einHihrl,  ist  durch  eine  SirnTsbutger  Frcisauftiibc  au<  den 
achtziger  Jahren  vcranbbt  worden,  welche  damals  trotz  des  veiltickenden 
Themas  ungelöst  blieb. 

Aus  freier  Wahl  hat  der  Verl.  seine  Dwstellunè  auf  die  groteske  Satire 
beschränkt  und  nur  Mittelalter  und  Neuzeit  in  Betracht  gezogen;  so  gliedert 
sieh  das  Buch  caturgetnSís  in  drei  Teile,  die  Zeit  vor  Rabelais,  Rabelais,  die 
Zeit  Dich  Rabelais.  Die  gehaltvolle  Einleitung  sucht  dfn  Begriff  des  Gro- 
tesken gegen  die  nah  e  verwand  t<?n  des  Burlesken  und  Fossenbaften  abzugrenzen, 
und  bestimmt  ihn  als  die  Art  des  Komischen,  welche  ein:  bis  zur  Uamög- 
lichlietl  gesteigerte  Uebertreibuii);  erzeugt,  indem  sie  uns  durch  die  geistreiche 
und  pikante  Darstellung  erfreut  und  zugleich  durch  die  beabsichligte  Be- 
strafung des  Nie  hl  s  einsoll  en  den,  die  wir  als  Zweck  des  Uebertreibens  er- 
kennen, sittlich  befriedigt.  Das  Groteske  vereint  das  Phantastische  mit  dem 
Behaglich-Heiteren  und  dem  KarrikierenJen  und  lAfst  sie  bis  zum  Tollen  bus- 
ailen,  während  beim  Possenhafien  irgend  etwas  Verkehrtes  durch  seinen  gc- 
lungeni^n  Ausfall  uns  ein  naiv  -  harmloses  oder  derb-rohes  Vergnügen  bereitet, 
und  das  Burleske  als  frivole  Erniedrigung  des  Erhabenen  eine  hamisclie 
Schadenfreude  in  uns  erweckt.  Die  Einleilong  beleuchtet  des  weiteren  die 
VerwenJung  des  Grotesken  in  Bild  und  Rede  und  deutet  in  der  I.itteratur 
eine  ausgeprägte  Gattung;  an ,  die  aus  dieser  Art  de»  Komischen  ihre  Kraft 
schöpft  und  eine  eigene,  dem  Inhalt  entsprechende  Slilform  erzeugen  muíste 
und  erzeugt  bat,  die  groteske  Satire. 

Zu  seinen  B^riffsbestimm ungen  hat  Sehn,  die  Verschiedenheil  der  psycho- 
logischen Wirkung  als  unterscheidendes  Merkmal  verwertet,  tmd  mit  Fu^. 
Vielleicht  wird  es  aber  mancher  Leser  vermissen,  dafs  der  subjektive  Faktor 
nicht  auch  in  die  Erörterung  hineingezogen  wurde,  ich  même  die  seelische 
Verfassung  des  Autors,  aus  der  das  Werk  hervorgehl.  Uulwilte,  Schalk- 
haftigkeit, Spottsucht,  Humor  haben  Rabelais  wohl  häuüger  bewegt  uls  Un- 
wille und  Entrüstung  und  ihn  zu  seinen  ungeheuerlichen  Uebertreib ungen 
teranlalsl.  Im  allgemeinen,  so  will  mir  scheinen,  zergliedert  der  Leser 
weniger  seine  eigene  Empfindung,  als  dafs  er  sich  in  den  Geist  des  Autors 
verseuli  und  so  wird  er  eher  geneigt  sein,  die  von  Sehn,  als  Beispiel  des 
GîOlcsken  angeführte  Rede  des  Janotus  de  Bragmardo  als  Ausfiufs  des  Humors 
I  weil  er  sie  unter  anderem  Gesichtspunkte  betrachtet.  Doch  be- 
ächtigt  diese  Möglichkeit  verschiedener  Auffassung  die  Richtigkeit  der 
n  Erörterung   keineswegs.     Der  Vertiefung   und  Erweiterung  dürfte 


BESPRF.CHÜNGEN.      M.  WIESE. 

die  Definition  des  Burlesken  fähig  sein  ;  denn  die  Schndenfieude  an  fHvdet 
Erniedrigung  des  Erhabenen  veren)^  den  Bein'if  lu  seht.  Zam  Beiipiel  halte 
ich  das  bekannte  Lied:  Als  Nùah  au¡  dtnt  Kasten  nur  (p.  449)  auch  noch 
für  builesk,  abet  nicht  Schadenfreude,  sondera  ein  liarniloses  VciBoügc»  era- 
pfia<]e  ich  dabei. 

Die  Keime  der  grotesken  Salit?  ñnden  sich  im  Mittelallet  nur  spärlich 
neben  der  vothetrschenden  symbolischen  und  allegoristbeo  Satire;  sie  »eigen 
sich  in  der  Dnicbhechelunj;  einiclnet  Stände,  am  entwickeltsten  in  den  lalei- 
nisch  verfafsten,  gegen  Rom  gerichteten  Ausfälleti,  und  iwar  gleich  mit  den 
Eigenheifen  der  absichtlichen  Sprach  Verdrehung  und  des  überraäligen  Wort- 
schwalls und  Wortgeklingels.  Krälti^^er  sind  die  Triebe  auf  ilalieniicher  Erde, 
wo  die  karrikierende  KitterdichtoDg  ans  der  Keaktion  der  gebildeten  Krciie 
gq;«n  gas  deibe  Reckenideal  des  BÜnkelsängcrepos  hervorgebt,  und  die  maci- 
ronische  Poesie,  ihrer  Teudeni  nach  eine  burleske  Verhöhnung  dei  aus- 
artenden Humanismus,  sich  häuüg  zur  grotesken  Uebertreibong  versleigl  und 
einen  vorzüglichen  Boden  zur  vollen  Ausbildung  der  Siilfotm  bietet.  Nach 
Deutschland  kommt  die  groteske  Satire  mit  dem  Hunumi^nius;  nicht  selten 
achligl  Erasmus  diesen  Ton  an,  und  auch  in  den  Dunkelmänncrbriefeu  klitlgt  er 
wider.  Bei  den  Vettretern  der  Reformation  und  ihren  WidersBchera  ist  die 
Satire  zumeist  direkt  bis  lur  Inveklive,  doch  nimmt  in  der  reichlichen  Flug- 
schrifteolitteratur  die  groteske  Salire  ihren  hervorragenden  Platz  ein. 

In  Frankreich  regt  sich  der  neue  Geist  erst  spSlet,  doch  um  so  kräftiger 
bricht  er  durch  in  Rabelais'  urwüchsiger  PersöntichkeiL  Einen  unmittelbuen 
Vorläufer  hat  dieser  in  den  grandes  Chroniques  du  géant  Gargantua,  einem 
Zerrbilde  der  Prosarillet romane,  die  durch  die  fortwährende  Uebertreibnng 
ins  Kolossale,  durch  die  übermalsige  Genauigkeit  im  Nebensächlichen  dem 
Verfasser  des  Pantagruel  den  Weg  wiesen;  ob  aber  die  Grandes  Chioniqoes 
wirklich  satirische  Tendern  verfolgen,  oder  out  durch  naive  Freude  am  Phan- 
tastisch-VerierrteD  sich  zu  ihren  Uebertreibnngcn  foTtretfsen  lassen,  das  tcbeini 
mir  Doch  fraghch.  Auch  Kabelais  nbt  seine  Satire  in  harmloserer  Weise  am 
■nìttelallcrlichen  Ritlerídeal,  indem  er  es  groti^sk  parodiert:  bald  alier  crgiebt 
er  seine  Laune  über  die  bil  dung  s  feindlichen  Elemente  seiner  Zeil,  Scholastik, 
Gerichtswesen.  Kirche  u.  s.  w.  und  lafst  sich  durch  die  Lust  an  kolosg«l«ii 
Uebetlreibungen  zu  immer  abenteuerlicheren  Schopfungen  hinteilseo.  und  wie 
er  dabei  nut  der  oberslrömenden  Macht  eines  unvergleichbar  übersprudelnden 
Tompcramenls  gehorchl.  so  hat  er  auch  die  slilistischen  EigentSmlichkeileD 
dei  grotesken  Salire  am  vollständigsten  und  am  originelislen  zur  Durchbildung 
gebracht.  Beachienswert  ist  es,  dats  im  fìinften,  gewils  apokryphen  Buche  des 
Romans  die  groteske  Uebertreihung  fast  ^anzUcb  durch  die  allegorische  Satire 


aitd. 


:   Rabelais   mufsle  einen  nachhaltigen 

■le   NachahmuDgen   hervorrulen.   teils 

wirken.     Am  kongenialsteu ,   aber  erst 

t  Fischari  dem  Meistci.     Bis  ins 


Eine  gewaltige  Persönlichkeit 
Eindruck  zaröcklassen ,  und  teils  äufseri 
durch  seinen  Geist  auf  die  Späteren  einw 
dorch  ihn  auf  den  rechten  Pfad  geführt, 
17.  Jahrhundert  wirft  Rabelais  seinen  Schatten,  und  Auslanfer  hat  die  gro- 
teske Satire  bis  ins  18.  und  19.:  aber  ihre  produktive  Lebenskraft  scheint 
seil  dem  16.  Jahrhundert  erloschen.  Nur  unter  besonderen  KullurverbUlnissen 
konnte  sie  eben  gedeihen,   und  nie  Sehn,  mit  markigen  Zügen  im  Schlufswort 


GIORNALE  STORICO   VOL.  XXV.  12$ 

darthut,  waren  diese  nur  Im  Zeitalter  der  Renaissance  durch  das  Streben  nach 
schrankenloser  Entfaltung  des  Individuums  gegeben. 

Eine  Fülle  von  Material  hat  Sehn,  auch  bei  der  beschränkteren  Auf- 
fassung seines  Themas  zu  verarbeiten  gehabt,  und  noch  schwieriger  als  dessen 
Beschaffung  war  eine  übersichtliche  Gruppierung  und  eine  angemessene  Dar- 
stellung des  Stoffies,  zumal  beim  ungleichen  Wert  der  heranzuziehenden  Er- 
scheinungen. Diese  Aufgabe  hat  der  Verf.  nicht  blofs  mit  anerkennenswertem 
Geschick,  sondern  mitunter  in  meisterhafter  Weise  gelöst,  ohne  je  den  lei- 
tenden Grundgedanken  seines  Werkes,  das  Verhältnis  der  Gattung  zum  Stil 
und  ihren  tieferen  Zusammenhang  mit  den  Kulturverhältnissen,  aus  dem  Auge 
zu  verlieren;  glücklich  paart  sich  die  Fähigkeit  zu  philosophischer  Vertiefung 
mit  einem  geschmeidigen  und  ansprechenden  Darstellungstalent.  Freilich  setzt 
das  Werk  einen  denkenden  Leser  voraus,  der  aus  dem  reichhaltigen  Anschauungs- 
material die  nötigen  Schlüsse  zu  ziehen  versteht,  wozu  er  die  vielseitigste  An- 
regung in  Fülle  erhält. 

Die  gebotene  Ergänzung  zu  dem  vorliegenden  Werke  wäre  eine  Unter- 
suchung über  das  Groteske  im  Altertum,  welche  mehr  als  einzelne  Parrallelen 
bieten  dürfte;  giebt  es  doch  schwerlich  einen  Rabelais  verwandteren  Geist  in 
der  Weltlitteratur  als  den  Satiriker  Petronius  Arbiter. 

Ph.  Aug.  Becker. 


Giornale  Storico  della  Iietteratura  Italiana.     Anno  XIII,  Vol.  XXV, 
fase.  I,  2—3;  XXVI,  1—2,  3. 

Vol. XXV,  fasci. 

J.  Della  Giovanna,  5.  Francesco  d'' Assisi  giullare  e  le  „Laudes  Crea- 
turarum'*.  Dies  ist  eine  scharfsinnige  Untersuchung  über  die  Echtheit  des 
sogenannten  Sonnengesanges.  Nachdem  in  ansprechender  Weise  klargelegt  ist, 
dais  sich  der  heilige  Franciscus  in  seinen  Liedern  der  französischen  Sprache, 
die  ihm  nicht  einmal  sehr  geläufig  war,  bediente,  weil  er  als  Spielmann  des 
Herrn  den  Bänkelsängern,  welche  in  Italien  umherzogen  und  dem  scharen- 
weise herbeiströmenden  Volke  in  dieser  Sprache  die  Heldengedichte  vortrugen, 
Abbruch  thnn  und  die  Menge  wieder  wahrem  Glaubenseifer  zufuhren  wolle, 
stellt  er  die  Frage,  ob  der  Heilige  überhaupt  in  italienischer  Sprache  gedichtet 
habe.  Die  älteste  Quelle,  welche  dies  ausdrücklich  versichert,  ist  das  Spe- 
culufn  perfectionis't  denn  Thomas  von  Celano  berichtet  in  seiner  zweiten 
Lebensbeschreibung  nichts  weiter,  als  dafs  Franz  von  Assisi  „Laudes  de  crea- 
iuris**  verfasst  habe,  ohne  sich  über  die  Sprache  auszulassen.  Das  Speculum 
perfecti&nis  ist  aber,  wie  Verf.  überzeugend  darlegt,  eine  ganz  unreine  Quelle 
und  erst  nach  1305  entstanden.  Die  ganze  Erzählung  von  der  Entstehung  des 
überlieferten  Sonnengesanges  in  diesem  Werke  ist  tendenziöse  Erfindung.  Mit- 
hin ist  der  Echtheit  des  Sonnengesanges,  welchen  wir  besitzen,  ihre  wesent- 
lichste Stütze  entzogen.  Es  kann  dieser  Gesang  überdies  nicht  die  Laude  sein, 
von  welcher  Thomas  von  Celano  spricht,  weil  der  Heilige  in  derselben  die 
Geschöpfe  auiTordeit,  den  Herrn  zu  loben,  während  in  dem  überlieferten  Ge- 
sänge der  Herr  wegen  seiner  Schöpfungen  gepriesen  wird.  Der  Sonnengesang 
ist  vor  dem  Specuhtm  perfecHoms  wahrscheinlich  am  Ende  des  13.  Jhd.  ent- 
ftanden.    Verf.  giebt  uns  einen  neun  ]aritiache&  Ten  nach  limtlichen  Hand- 


120  BBSPRECHUNCBN.     K.WIESE. 

Schriften  und  Drucken.  Er  hall  den  Gelang  für  assoDÍerende  Prosa. 
TcxtbehaadluDg  isl  sehr  sorgfältig  und  vorsichtig.  Ein  Anhang  srczi  sich  Van 
mit  Sabatiers  Ansicht  über  das  Sj/ecuìum  per/eclionts  auseinander,  <!ie  oatSr- 
lieh  zu  rerwcrfen  ist.  S.  54  5p.  2  Z.  9  o.  ist  prirtte  richtige  Foiid;  Z.  ]  u. 
ist  völlig  klar:  qaegli  =  quegli  che  Wie  auch  S.  55  Sp.  1  Z.  3  U.  S.  56  Sp.  l 
Z.  3  o.  ist  dia  =  deve!  nicht  si  du  a.  Vgi.  Gaspary,  Sic.  Dichterscbule  S.  l8j 
Anm.  3,  Ztschr.  für  roman.  Phil.  XJI  S.  291. 

RASSEGNA  BIBUOGRAFICA: 

Piccioni,  //  Giornaliimo  lelterario  in  Italia.  Saggia  ¡lorieg-critico. 
Vfíl.  /.  Primo  feriedo.  Giornalismo  erudito-accademico  (Gian,  weist  die  Un- 
tulâDglichkcit  der  Albeit  nach).  —  Torrace,  //  noiaro  Giacomo  da  Lenlini 
(Pellegrini).  —  Gorra,  Dell'  epentesi  di  iato  tulle  lingue  romanie  {Parodi). 

BOLLETTINO  BIBLIOGRAFICO: 

Znmbini,  Studi  di  litter  atura  italiana.  Schneegans,  Geschichte  der 
grotesken  Satiri.  Lesea,  /  „Commentartí  rerum  memorabilium,  guae  tem- 
poribus suis  eantigirunt"  d'Enea  Silvio  di'  Piecolamini  (Pio  II).  Balti- 
gnani.  Studia  su  Quinto  Settano  [Lodovico  Sergardi).  Fumagalli,  Citi 
l'ha  dello  etc.?  Mcdin  e  Frati,  Lamenti  storici  dei  secoli  XIV.  XV 
e  XVI. 

ANNUNZI  ANALITICI,   PUBBLICAZIONI  NUZIALI. 

COMUNICAZIONI  ED  APPUNTI: 

Sicardi,  Ancora  dell'anno  della  nascita  di  Nicolò  Franco.  Ans  einem 
Briefe  Arrìvabenes  an  Franco,  der  im  cod.  vat.  lat.  5642  erhalten  ist,  geht 
hervor,  dais  letzterer  am  13.  September  geboren  ist.  Bringt  man  diese  Notii 
mit  der  in  der  Ausgabe  dea  Dialago  delle  belleae  von  1^41  in  Verbindung, 
so  ergiebt  sich  nunmehr  mit  Sicherheil  1515  als  Geburtsjahr.  Valmaggi, 
Per  un  passo  poco  chiaro  del  Parìni  erklärt  die  etwas  dunklen  Verse  15  fif. 
der  Ode  Ne  l'inverno  del  1785  glücklich  durch  Dante,  Paradiso  VID, 
139—144- 

CRONACA  : 

Pcriodid ,   kurze  Mitteilungen,   neu  erschien  ene  Bücher. 

A.  Mcdin,  Li  rime  di  Bruscaccio  da  Roveaano.  Ueber  das  Leben 
dieses  florentiner  Dichters  hat  sich  bis  jetit  nicht  das  Geringste  ermitteln 
lassen.  Es  sind  von  ihm  13  Gedichte  erhalten,  von  denen  9  politische  durch 
ihren  Inhalt  und  ihren  Freimut  besonders  beachtenswert  sind  und  über  viele 
ähnliche  Schöpfungen  derselben  Zeit  hervorragen.  Sie  reichen  von  1393  bis 
1409  und  beziehen  sich  auf  die  Horentiner  Oligarchie,  auf  das  Verhältnis  von 
Florenz  zu  Bologna,  auf  den  Sieg  über  Giangaleazio  Visconti,  auf  Lndislaus' 
Kämpfe  gegen  Florenz,  auf  das  Schisma  und  auf  die  bevorstehende  Erobeniag 
Pisas.  Auch  in  metrischer  Beziehung  bieten  die  Gedichte  manches  Beachtens- 
werte. In  drei  Kanzonen,  II,  VII,  XII,  sind  die  Geleile  ganz  anabhSogig 
von  der  Strophe  gebaut  VI  und  XHI  sind  Frottole  in  Serven  tese  form 
»'  a'  a'  b«,  b'  b'  b'  c'  u.s.  w.;  bei  VI  statt  des  ersten  a'.  b'  u.  s.  w.  immer 
«",  bei  XIII  nur  in  der  ersten  Strophe.  Vgl.  zu  der  Form  Flamini  im  G^. 
XXIV  S.  243  ff.  Die  Sestine  verwendet  Bruscaccio  in  IX  zu  einem  politischen 
Liede.     Besonderi   ist   aber   du   vom  Dichter   ader  Abschreiber   Vertetli  be- 


GIORNALE  STORICO  VOL.  XXV. 


titelte  Gedicht  VIH  ÌDteressiuit.  Als  Einleitung  und  SchluÍB  dient  je  i-inu 
Canzonen Strophe,  dazwischen  findet  sich  eine  Anzahl  sJebcDzeiliger  Strophen 
in  der  Form  ABcABcD;  DEfDEfG  u.  s.  w.,  einer  Erweilerung  des  Tierieiligen 
Scrventese  incatenato.  Mcdin  hat  dem  sorgfältigen  Abdruck  der  Gedichte 
aneli  knappen,  woh  Igel  un  gene  n  Kommentar  voraufgeschickt,  welcher  nna  die 
DOtwendigea  historischen  und  Eonsligen  Anfklärangen  giebt.  Darin  1.  S.  193 
Z,  7  o.  gevtrnanti  statt  governati.  Die  Geüichte  sind  teilweise  schlecht  über- 
licfetl,  nameotlich  VIH  und  XIII  enthalten  Lücken.  II  48  fehlt  eine  Silbe, 
Tielleichl  ein  Fehler  des  Dichteis.  IV  6  ist  sieber  ursprünglich  Endecasillabo 
gewesen:  36  I,  quello.  VI  33  sieht  nach  der  Rimalmezio  eine  Silbe  zu  viel, 
auch  das  ïielleiebl  Fehler  des  Dichters.  VII  70  ist  la  tua  ragion  nascoía 
xa  leseo,  wie  der  Bau  des  Geleites  n  zeigt.  XI  45  1.  Cieä  ogn'  arme  a  ranfie. 
Xn  51  1.  si  fa   talva;  fid  \.  gare.     XIII  23   v,  4  tilge  ttu;  40  v.  I    L  sran. 

F.  Foffapo,  „L'Antadigi  di  Gaula"  di  Bernardo  Tasso.  Der  Auf- 
gliedert sich  in  4  Kapitel.  Das  erste  orientiert  kurz  und  klar  über  ava 
:Bblìck1icben  Stand  der  Amadisfrage.  Das  zweite  stelli  die  aufaere  Eni- 
lungsgeschichte  von  Tissos  Dichtung,  namentlich  unf  Grund  der  reichlich 
vorhandenen  AeuiseruDgen  in  seinen  Briefen  <lar.  III  beschäicigt  sich  mit  den 
Quellen,  indem  es  sowohl  die  Art  der  Benutzung  iler  Hauptquelle,  des  spa- 
nischen Amadis,  umsichtig  chlrikicriaicrt,  ah  auch  mehr  in  allgemeiner  Weise 
anf  eine  Reihe  anderer  Quellen  hinweist.  Das  vierte  Kapitel  endlich  beurleill 
den  Amadis  Tasso«  ohne  Voreingeoommenheit  irgend  welcher  Art  als  Kunst- 
werk. Gaspary  gegenüber  wird  besonders  gelteni!  gemacht  und  durch  eine 
Reihe  von  Beispielen  belegt,  dafs  Bernardo  Tasso  absichtlich  ObacÖnilSten  in 
Gedicht  hineingebracht  habe. 

R.REnier,  Sui  brani  in  lingua  d'oc  del  „Diltamondo-  e  della  „Lean- 

ie".     Nach   einigen   kurzen,   einleitenden  Bemerkungen  über  den  Descorl 

das  Provenzalische  bei  Dante,  wobei  die  bekannten  Verse  im  Furg.  XXVI 

¡ODStmiert  werden   (v,  143  1.  n«),    geht  Verf.   zum   Dittamondo   über.      Er 

fest,    dafs   die   proven lalisch en  Verse,    welche   sich  dort  ñnilen  (I\',  21)1 

aof  das  Jahr  1 363  beziehen  und  giebt  einen  kritischen  Text  nach  1 4  Hss., 

wenn  auch  vielleicht  nicht  sprachlich  genau  wie  ihn  Fazio  schrieb,  sicher 

'T<dl  und  ganz  dem  Sinne  gerecht  wird,  welchen  er  seinen  Worten  unterlegte. 

ähnlichen  gelungenen  Wieilerhcrstellung  unterzieht  Renier  die  bekannte 

lile  der  l.candretde  und  weist  nach,  dafs  der  \'err.  dieses  Gedichtes  bei  den 

ibailours,  welche  er  genauer  kennieicbnet,   seine  Nachrichten  über  sie  viel 

er   ans  Biographien   aU   aus  ihren  eignen  Dichtungen  entlehnt  hat.     Zu 

6  S.  314  ist  jetzt  De  Lollis'  Aufsatz   in  der  Nuova  Anlulogi^  Februar- 

IS9J  hinzuzufügen,  den  Renier  noch  nicht  gekannt  haben  kann. 

F.  Cipolla,    La  concubina  di  Tilone    nel  canto  IX  del  „Purgatorio". 

ihm   isl    die  Aurora  die  Morgenröte,    sind   die  Edelsteine,   welche  ihre 

schmücken,    iL-is  Gestirn    des  Skorpion   and    die  passi  áa   Nacht   die 

Stunden.    Wir   haben    hier,    wie   oft   in   der   Komödie,    eine   doppelle   Zeil- 

bestimrauag,    nach    unserer    Hemisphäre    und    nach    der    des    Fegcfeuerberges 

(ni/  laea  av'  eravamo].     Der  Sinn   der  gaozen  Stelle   isl   also:    „In  Italien  er- 

tchten  die  Morgenröte,  während  es  auf  dem  Fegefeuerberge  gut  zwei  und  eine 

halbe  Sttinde   nach  Einbruch   der  Nacht   war."     So  erklärte   schon  Perazzini, 

deisen    Dealung    Cipolla   mit   eimgen   neuen   Argumenten   wieder    zu   Ehren 


128  BBSPECllUNGEN.    B.  WIESE. 

bringt.    Nach  meiner  Ansiclit  ist  dies  wenigstens  die  dniige  Auslegans. 
der  Iceine  Uoklirlleilen  bleiben. 

L.  Dorci,  Lettres  »«¿dites  de  yean  PU  de  la  Mirandole,  druclil  mi! 
kurzer,  aachgemSfser  Einleitung  fìùit  biiher  anbekannle  Biiefe  Picos  uis  einer 
vaL  Hs.  ab,  dazu  einen  Brief  MerulsE,  auf  welchen  der  erste  Pieos  die  Ant- 
wort ist.  Sämtliche  fünf  Briefe  sind  interessant  und  wichtig.  Der  zweite  pebt 
uns  von  einem  verlorenen  Werke  Picos,  einem  „carmen  contemporaneum  pra 
pace"  Kunde;  der  dritte  an  Benivieoi  gtcbt  Aufschlüsse  lur  Geschichte  der 
Conclusiones.  Die  beiden  letzten  gehören  eng  zusammen.  In  dem  ersten 
wünscht  Pico  dem  Lotlovico  Podocataro  zu  seiner  Erhebung  zum  päpstlichen 
Sekretair  Glück  und  bittet  ihn  zugleich,  den  angeschlossenen  fünften  Brie 
dem  neuerwählten  Papste  Alexander  VI.  zu  übergeben,  der  uns  darin  mit 
Üherschwängtichem  Lobe  gezeichnet  wird.  Kein  Jahr  spater  erhidl  Pico 
volle  Absolnlion. 

G.  B.  M  a  r  c  li  e  s  i ,  ¿Í  polemiche  sul  sesso  femminiU  ne'  secoli  XV J  e  XVII. 
Eine  kurze  bibliographische  Ueberstcht  über  die  Schriften,  welche  den  in  Fadna 
um  die  Mitte  des  t6.  Jhd.  entstandenen  Streit  über  den  Wert  der  Franen  be- 
treffen, bis  ins  l8.  Jhd.  hinein  (1766). 

RASSEGNA  BIBLIOGRAFICA: 

Croce,  La  critica  Utteraria.  Questioni  teoriche  (Trivero). —  Bídier, 
Les  fabliaux,  études  de  literature  populaire  et  d'histoire  littéraire  du  M.  A. 
(Rua).—  Campanini,  Studi  su  Matteo  Boiardo-,  Solerti,  M.  At.  Boiardo, 
le  poetie  volgari  e  latine  riscontrate  sui  codici  e  su  le  frime  stampe  (V.  Rossi). 

BOLLETTINO  BIBLIOGRAFICO: 

De  Chiara,  Banle  e  la  Calairia.  Duran  d -Fardel,  La  Divine 
Comédie,  traduction  lare.  Passerini,  Coìleuone  di  opHScaH  danteschi  in- 
editi 0  rari.  Penco,  Storia  della  letteratura  italiana.  —  Voi.  III.  Fran- 
cesco Petrarca.  Hauvette,  Notes  sur  des  manuscrits  autographes  dé  Boe- 
cace  à  la  bibhothique  Laurentienne.  Fontana.  Renata  di  Francia  dvckesssa 
di  Ferrara  (1537 — 1560).  Bonitrdi,  Lo  studio  generale  a  Mondovì  (1560 — 
1566).  Cannavale.  Le  studio  di  Napoli.  Maiioleni,  Bergamo  e  il 
Tassa.  Lumbroso,  Saggio  d'  una  bibliografia  ragionala  per  servire  alla 
storia  dell'epoca  napoleonica  II — ///.  Nigra  e  Orsi,  //  natale  in  Cana- 
vese  pubblicato  e  annotato.  MaJDonì,  Antonio  Gattoletti,  poeta  e  patrióla. 
Torraca,  Nuove  Rassegne.  Galli,  /  manoscritti  e  gli  incunaboli  della 
biblioteca  comunale  d' Imola,  Randaccio,  Dell'  idioma  e  della  letteratura 
genovese. 

ANNUNZI  ANALITICI,   PUBBLICAZIONI  NUZIAU. 

COMUNICAZIONI  ED  APPUNTI  : 

L.  Frati,  Per  la  storia  del  codice  isaldiano  stellt  ¡n  iiurzen  Zügen  die 
aurore  Geschichte  dieser  in  letzter  Zeit  so  oft  genannten  Hs.  dar.  Dais  der 
cod.  von  Sabadino  degli  Arienti  zusammengestellt  sei,  bleibt  vorerst  noch  reine 
Hypothese.  Carabellese,  Per  messer  Francesco  da  Barberino.  Zwei  kleine 
Notizen,  i.  Anfang  Oktober  1324  wurde  Francescos  DienstiaSdcheo  von  der 
Compagnia  dei  Capitani  d'  Or  San  Michele  eine  Unters  tu  Izong  znr  Aussteuer 
gewährt,  woraus  wir  wohl  schliefaen  können,  dafs  er  nicht  besonders  wohl- 
habend war.    I.  In  der  Hs.  eiaei  Richten  Ton  ijsii  worin  Urteile  verzeichnet 


GIORNALE  STORICO  VOL.  XXVL 

tehsn,  sind  auf  die  «rsle  Seile  tinißc  Verse  aus  den  Documei 
1  gesfUl.     Ein  Beweis  für  die  Verbreitung  des  Werkes. 


i  d-  Ami 


.-  als 


erschienene   Bücher 
undby  von  Renier,    C 


Nachrufe   für 


CRONACA; 

Periodici,    kleine   Mittel  lange  u  .    i 
doro  Catioi  von  Cian,  Tho 
■tano  Milanesi  und  Luigi 
VoLXXVI,   fase.  1  —  2. 

V.  Rossi,    /i  cantoniere  inrdÜo    di  Andrea  Micheli  delio  Scuariòla  o 
ïrauàla.    Ueber  Andrea  Michieli  mit  dem  Beinnmen  Squarznola  wufsten  wir 
r   nicht   mehr,   all   uns  Marino  Sauudo  in  seinen  Tagebüchern  berichtet: 
irb  am  13.  Deicmber  1510,  schrieb  ausgezeichnete  sparshafte  Sonette,  hatte 
sehr  böse  Zotige  nnd  »iel  Geist,  war  aber  ein  ganï  verkommener,  bstet- 
t  Mensch,   so  dafs   sein  eigener  Bruder  nicht  einmal  Trauer  um  ihn  an- 
AIs  Dichter  kannten  wir  ihn   aus  einem  einzigen  Sonetle.     Rossi  zieht 
1   die   estenische  Handschrift  VIII.  D.  6  ans  Licht,    welche   zeigt,    ilaÍH   et 
t  Slraziòla  dieselbe  Person  ist  und  nicht  weniger  als  567  Sonette  imd 
nmbotte  von  ihm  enthül,  freilich,  wie  nachgewiesen  wird,  noch  nicht  alles, 
t   geschrieben  hat.    Diese  Sammlung,   welche  wahrscheinlich  1503  vom 
Kchtei  selbst  veranstaltet    und    seinem  Gönner  Aloiie  Contarini  gewidmet  ¡st, 
iebt  Rossi  wiUltommenc  Gelegenheit,  un!  ein  Bild  Michielis  zu  zeichnen  und 
D  als  Dichter  zu  beurteilen,  wobei  Sañudos  Skizze  die  nötigen  Verbesserungen 
erfahrt.     Andrea,   nm   die  Mitte   des  1;.  Jahrhunderts   geboren,    stammte   aas 
achtbarer  Bürgerfamilie  in  Venedig;   sein  Bruder   hatte   die  wichtige  Stellung 
ein«  Seliretärs  der  Zehn  von  14B0  an  bne  und  starb  1513  hochangesehen.    Et 
selbst  aber  war  allen  Lastern  ergeben.    Wein.  Weib  und  Würfelspiel  richteten 
ihn  zu  Grunde.     Die  gemeinste  Gesellschaft   bildete   seinen   täglichen  Umgang 
and  spiegelt  sich  getreulich  mit  all  ihren  niederen  Leidenschaften,  ihren  scham- 
losen  Reden    und   selbst   ihrer  Diebssprichc   in   den  Gedichten   wieder.     Die 
r  ^lielwnt  Michielis,   welche  er  vergebens  zu  zügeln  suchte,  und  die  ihm  Spott 
^d  Veracfatang,   Abkehr  des  Bruders  und  der  Freunde,    das  Sufserste  Elend 
lud    oft   Gefängnis    einbrachte,   verlieh   seinen   Gedichten ,    die  sich   auf  das 
KClScksspiel  beziehen,  etwas  Düsleres,  Trauriges  und  Eintöniges,  eine  Stimmung, 
.  mit  Geschick  bei  dieser  Ari  Dichtungen  überhaupt,  soweit  sie  nicht 
,   nachweist,    and  die  er  auf  den  durch  das  Spiel  erzeugten  Gemüts- 
luland   der   Spieler   zurückfuhren   will.     Dieselbe  Grundstimmung  beherrscht 
lach    die    autobiographischen    Gedichte   Michielis    und    unterscheidet   ihn    von 
rchicllo,   Fisloja   und   den   übrigen  Vertretern    der    scherihaflcn   Dichtung. 
n  Elend  iosreifst  und  die  Blicke  auf  seine  Um- 
r  febung  wendet,    finden    wir    in    ¡hm  den  burlesken,    meist  aber  den  satirischen 
Dichter,    von    welchem   Sañudo    zu    berichten    weifs.     Da    ziehen   in    buntem 
Kaiocvalsiugc  seine  Spie fägcsellen  an  uns  vorüber:  Säufer  und  Spieler,  Prahl- 
hänse und  Kuppler,  liederliche  Weiber  und  Wollüstlinge.    Da  werden  Beamte 
and  Aerzle,  Maler  und  Dichter,  ganz  besonders  aber  die  Polizisten  imd  berga- 
maskisehen  Lastträger,  die  Priester,  Mönche  und  Nonnen  mit  beifsendem,  oft 
rohem  Spott  verfolgt.     Da   wird   allerlei  [Gatsch   erzahlt   und   auch   der  poli- 
tischen  Händel   seiner  Zeit   mit   einigen   krSfti^n  Sonetten   gedacht.     Michieli 
1  bedeutender  Dichter.    Von  einigem  Gelungenen  abgesehen  ist  er  nicht 
¡leiten   weilschweiüg ,    vernachlässigt   die   Form   und   zeigt   schlechte  Sprache. 
ZctIKbr.  f.  (ora.  PbiL  XX.  a 


130 


HBSPRECHUKGEN. 


WIESE, 


Aber  er  Iiesitit   einen   grorsen  Voriiie,    der  ihn   anziehend  macht,    UoU  3 
niedrigen  Sphäre,  >a  der  er  sich  meist  bewegt:  er  ist  unabhängig  und  originell, 
er   gehört   keiner   Dicbterschalc   an.      Ein   Anhang   mit    einer   alphabetischen 
Tafel  dir  in  der  estenischen  Hnndschrifl  enthaltenen  Gedichte  und  NachvciBe, 
WD  »e  sich  sonst  noch  finden,  achliffsi  Jtc  schöne  Arbeit  ab. 

G,  Rosalba,  Un  fatla  coniugale  dti  secóla  XVI.  Bernardino  Reía. 
Verr.  meint,  wie  ich  glaube  mit  Unrtcht  (vgl.  z.  B.  die  von  ihm  selbst  ange- 
führte Stelle  in  Ga5[>ary,  Storia  della  letteratura  italiana  II,  z  S.  143),  dafs 
Bernardino  Rota  wie  von  seinen  Zeitgenossen  auch  jetzt  noch  als  vollkommeo- 
stcr  Typus  eines  Dichters  der  Gattcnliebe  betrachtet  wird.  Diesen  Ruhm  wiU 
er  lerstörr-n.  Zunächst  giebt  er  eine  gedrängte  Uebersicht  über  den  ersten 
Teil  des  Canzoniere  (in  vita  der  Porzia  Capece,  und  kommt  zum  Schlafs,  wie 
schon  Gaspary  a.  a.  O.  uutl  jedci  l.eser.  dafs  die  Gedichte  nicht  an  die  Gattin 
gerichtet  sind,  sondern  aus  einer  Zeit  vqi  der  Ehe  stammen  müssen.  Er  gehl 
abei'  noch  weiter.  Die  Gedichte,  meint  er.  sind  überhaupt  nicht  von  einer 
wirklichen  Geliebten  eingegeben,  sondern  blofse  stilistische  Uebungen  in  Nach- 
ahmung Petrarkas.  Die  Beweise,  welche  er  fñr  diese  Behauptung  anfährt, 
nämlich  dafs  die  Geliebte  nicht  in  grcifbariT  Gestalt  in  den  Gedichten  er- 
scheine, dafs  ihr  Name  nicht  genannt  werde,  dafs  sich  keine  wahre  Leidenscbali 
zeige,  dafs  keine  genauen  Daten  bei  wichtigen  Ereignissen  in  dem  Liebesleben 
crwShDt  seien  a,  s.  w.,  reichen  nicht  ans.  um  sie  als  richtig  darzuthun.  Warum 
ullte  Rota  in  diesen  I.iebcsge dichten ,  welche  seiner  Jugend  angehömi, 
fShiger  sein,  sein  Empfinden  zu  offenbaren  als  in  den  Vetscn,  welche  dem  Ge- 
dichlnis  seiner  verstorbenen  Gallia  gewidmet  Eiud?  Waram  sollte  er  dort 
weniger  petrarkisieren  als  hier?  Etwas  überzLiigender  ist  die  Behauptung  ver- 
treten, dala  die  Liebesgcdiclile  ursprünglich  nicht  an  Porzia  Capece  gerichtet 
sind,  dafs  Rota  sie  vielmehr  nach  dem  Hinscheiden  der  Gattin  sammelte  and 
zugleich  mit  den  auf  ihren  Tod  geschriebenen  als  ihr  gewidmet  veröffentlichte, 
um  in  seinem  Liedetbuche  seinem  grofsen  Vorbilde  auch  in  der  Eioicilune  in 
vita  und  in  morte  nachzuahmen.  Ihre  Richtigkeit  beweist  mir  aber  erst  ein 
von  Rosalba  anscheinend  übersehenes  Datum.  In  dem  Sonette  II  quinte  lustre 
il  sal  chiude  e  rimira  giebt  uns  der  Dichter  sein  Alter  auf  25  Jahre  an;  es 
ist  also  1534  geschrieben,  da  er  1509  geboren  isL  Porzia  starb  am  l'.Juli 
'S99  'm  Alter  von  36  Jahren,  war  mithin  rjzj  geboren.  Das  Sonett  wäre 
also  an  eine  Elfjährige  gerichtet,  was  ich  lui  ausgeschlossen  halte.  Das  Ur- 
teil über  die  Gedichte  in  morte  bestätij;t  durchaus,  was  Gaspary  a.a.O.  kina 
mit  folgenden  Worten  ausdrückte:  „Tuttavia  queste  numerose  poesie  lamente- 
voli non  valgono  i  quattro  affettuosi  sonetti  di  Galeazzo  di  Tarsia  per  la  sua 
Camillo." 

E.Berlana,  Un  prccuriore  del  romanticUmo.  {Giulio  Cesare  Stcelii). 
liefert  den  Nachweis,  dafs  der  im  Übrigen  herzlich  unbedeutende  veroneter 
Gelehrte,  Schriftsteller  und  Dichter  Giulio  Becelli,  welcbei  in  der  ersten  HSIfte 
des  1 8.  Jahrhunderts  lebte,  in  den  drei  Büchern  Della  novella  pat  sia  (173J) 
als  Kritiker,  freilich  ohne  Tiefe  und  Nachdruck,  schon  Gedanken  ausgesprochen 
hat,  welche,  lür  seine  Zeit  kühn  und  teilweise  neu,  sich  später  bei  den  Ro- 
nuniikem  finden. 

VARIETÀ: 

KRoitagno,    Framnunli   di   un   codice   di   rime  volgari  afßne   al 


GIORNALE  STORICO  VOL.  XXVI.  1 3 1 

vat.  3793.  Rostagno  hat  die  sehr  wichtige  Entdeckung  gemacht,  dais  vier 
Pergamentblâtter  des  cod.  magi.  II.  III.  492  aus  dem  Ende  des  13.  Jahrhunderts 
Ueberreste  einer  Handschrift  sind,  welche  dieselben  Gedichte  wie  der  cod. 
vat.  3793  in  derselben  Reihenfolge  enthielt.  Leider  sind  namentlich  zwei 
Blätter  durch  Rasuren  und  Beschneiden  stark  beschädigt.  Rostagno  druckt 
die  erhaltenen  Gedichte  mit  grofser  Sorgfalt  diplomatisch  ab.  Es  sind  dies 
Fragmente  von  281,  282,  287,  288,  414  —  421,  424,  425  und  vollständig  422, 
423,  426 — 429  bei  Zugrundelegung  der  Zählung  in  der  Ausgabe  des  cod.  vat. 
Auf  eine  genaue  Untersuchung  des  Verhältnisses  dieser  Bruchstücke  zum  cod. 
vat  läfst  sich  Rostagno  nicht  ein,  stellt  aber  unzweifelhaft  fest,  dafs  sie  vou 
ihm  unabhängig  sind.  Um  diese  Prüfung  vorzunehmen,  wäre  es  übrigens 
dringend  erwünscht  den  Abdruck  der  vatikanischen  Handschrift  einer  sorg- 
faltigen Vergleichung  mit  dem  Originale  zu  unterziehen.  Salvadoris  neueste 
Veröfifentlichung  hat  diese  Notwendigkeit  wieder  schlagend  bewiesen. 

P.  Toynbee,  Ze  teorü  dantesche  sulle  macchie  della  luna,  setzt  Dantes 
bekannte  Theorie  von  den  Mondflecken  auseinander  und  druckt  zur  Erläute- 
rung ein  Stück  aus  den  Albert  von  Sachsen  zugeschriebenen  Cuestiones  super 
quatuor  libros  Aristotelis  de  celo  et  mundo  ab. 

O.  H  eck  er,  Della  parentela  esistente  fra  il  manoscritto  berlinese  del 
Decameron  ed  ü  codice  Mannelli,  Bekanntlich  hatte  Hauvette  in  einer  An- 
zeige von  Heckers  Dissertation  „Die  Berliner  Decameron-Handschrift  und  ihr 
Verhältnis  zum  Codice  Mannelli"  im  Giornale  storico  della  letteratura  italiana 
XXI  das  wichtige  Ergebnis,  dafs  letzterer  eine  Abschrift  von  ersterem  ist,  in 
Zweifel  gezogen  (vgl.  Zeitschrift  für  rom.  Phil.  XVHI  S.  303).  Hecker,  der 
inzwischen  nach  Florenz  übergesiedelt  ist,  konnte  nun  den  cod.  Mannelli  ganz 
eingehend  prüfen.  Er  weist  nicht  nur  Hauvettes  Einwürfe  erfolgreich  zurück, 
sondern  führt  auch  noch  eine  weitere  Reihe  von  Thatsachen  an,  welche  seine 
für  mich  schon  vorher  überzeugend  dargethane  und  durch  Hauvettes  Bemer- 
kungen nicht  erschütterte  Ansicht  endgiltig  bestätigen.  Durch  eine  persönliche 
Mitteilung,  welche  Herr  Dr.  Hecker  mir  im  vorigen  Herbste  in  Florenz  machte, 
weifs  ich  übrigens,  dafs  nunmehr  auch  Hauvette  überzeugt  ist. 

G.  Sane  si.  Un  libello  e  una  pasquinata  di  Pietro  Aretino.  In  zwei 
Handschriften  ist  uns  eine  ganz  gemeine  Schmähschrift  mit  daran  gehängtem 
Pasquill  erhalten,  welche  in  der  einen  das  Datum  Rom,  am  Pasquinotage  [is]43 
trägt  und  an  den  Kardinal  von  Burgos,  Juan  Alvarez,  gerichtet  ist,  der  in 
diesem  Jahre  das  Pasquinofcst  nicht  hatte  feiern  lassen.  Sie  beginnt  aller- 
dings nur  mit  ihm,  um  gleich  darauf  eine  ganze  Reihe  von  Persönlichkeiten, 
Fürsten  imd  Privatleute,  vornehme  Damen  und  geistliche  Würdenträger,  unter 
anderen  Kaiser  Karl  V.,  Franz  I.  und  Paul  III.  in  schamloser  Weise  anzu- 
greifen. Sanesi  glaubt  nun  beweisen  zu  können,  dafs  niemand  anders  als 
Pietro  Aretino  der  Urheber  der  Schmähschrift  sei.  Prüfen  wir  seine  Beweis- 
gründe. Die  Schrift  des  in  der  Handschrift  Panciatichi  erhaltenen  Exemplars, 
welches  vielleicht  Einlage  eines  Briefes  war,  weil  es  regclmäfsige  Kniffe  und 
Adresse,  aber  kein  Siegel  zeigt,  scheint  ihm  Autograph,  er  ist  seiner  Sache  aber 
nicht  gewifs  ;  dieser  sonst  wichtige  Umstand  beweist  also  nichts.  Die  Thatsache, 
dafs  Aretino  1 543  in  Venedig  war,  seine  Schmähschrift  also  nach  Rom  an  irgend 
einen  Freund  schicken  mufste,  der  sie  an  der  Pasquinostatue  anheftete,  erhöht  nicht, 
wie  S.  meint,  die  Wahrscheinlichkeit,  dais  er  das  Exemplar  schrieb.  Eine  Prüfung 

9* 


132 


HBSPRECHUNGEN.      ì\  WIESE, 


des  Inhiiltes  der  Schtift  liEst  S.  abir  krii 
Seine  HaapIgTÜnde  sind  drei.  ZnnScbst 
d-ifs  das  Pasquinnffst  nicht  begangen  wa 
Pasquino  eins  (uhlle  und  in  erstci  Lin 
war.     Diese   Ausluhrung  beweist 


en  Zweifel  >n  Areünos  Urhebtrschal). 
nuf^ite  Ari;ttno,  mdBt  S.,  als  er  hörte. 
-,  lur  Feder  greifen,  weil  er  rieh  mit 
e  von  dieser  Unterlassung  betroffen 
dafür,    dab   Aieüno  Verfasset   c 


bestimmten  Schrift  ist,  nichts.  Ferner  will  S.  in  dem  Inhalte  dieses  Libells 
sofort  den  Veifasser  des  Ragionanunto  delle  Corti  und  der  Cortigiana  er- 
kennen. Keiner  als  Aretino  konnte  Fürsten,  Kardinäle  und  tamehme  Herren 
so  heftig  angreifen.  Diese  Unmöglichkeit  bestreite  ich  entschieden.  Endlich 
beweisen  nach  S.  Vergleiche  zwischen  Stellen  der  Schmähschrift  und  der  Cor- 
tigiana, dafs  beide  denselb^i  Verfasser  haben.  Ich  kann  hier  nicht  alle 
ptäfen.  Es  genügt  auch,  da  sie  sämtlich  gleichartig  sind,  die  beiden  cnieti 
als  Probe  anzuiühren.  In  der  Schmähschrin  heilst  es,  Pasquino  sei  gröfsaes 
Unrecht  geschehen  als  Paul  ITI.  beging  „guando  tolse  le  castella  a  San  Spi- 
ra»". In  der  Cortigiana  heifst  es,  wenn  ,m«  ¿  attimala  in  servigio  del  pa- 
drone, gli  è  fatto  un  gran  favore  a  fargli  aver  luogo  in  Santo  Spirito". 
Fabrizio  Maramaldo  und  andere,  welche  den  Fall  von  Floreni  veranlafsten, 
erhallen  die  Beieichnung  .^guiini  del  campo  délit  scribi  el  farisei,  insieme 
can  li  altri  infiniti  Gtidei  che  a  quella  impresa  si  trovorno".  In  der  Corti- 
giana  sogt  Rosso  von  sich  zu  Alvißia  „Tu  vuoi  dire  che  io  sono  stato  frale, 
garion  di  oste.  Giudeo,  a  la  gabetia  . . .,  in  galea  per  fona  . .  .  rubano, 
cerretano,  furfante".  Jeder  denkende  Mensch  sieht  wohl  ein,  dafs  man  mit 
solchen  Vergleichen  alles  —  oder  nichts  beweisen  kann.  Troti  dieser  Be- 
weise hält  es  denn  audi  S.  selbst  fïir  );ut,  noch  nach  weiteren  lu  suchen.  Zo- 
Dächst  führt  ei  an,  was  nach  meiner  Ansicht  gerade  daiür  entscheidend  Ist, 
dafs  Aretino  nicht  der  Verf.isser  der  Schmähschrift  ist,  da£s  sein  Name  zwei- 
mal in  ihr  genannt  wird.  Dies  konnte  nach  S.  in  der  Weise  wie  es  geschieht 
nar  von  Aretino  selbst  geschehen,  um  den  Schleier  der  Anonymitit  zu  lul\en. 
Die  beiden  Stellen  sind  folgende.  Dem  Kardinal  von  Burgos  läfst  der  Libellist 
durch  Pnsquino  sagen  „io  dirò  più  mal  di  voi  et  de  i  l'ostri  che  non  fé  mai 
Pietro  Aretina  di  quelli  di'  quali  per  il  viso  et  tutto  il  corpo  ne  tiene  et  ne 
terrà  segnata  et  stampata  memoria".  Dies  hat  er  bisher  nicht  gethan,  nm 
eine  so  schlechte  Behandlung  verdient  lu  haben  „perchè  io  non  ho  detto  ne 
scritto  che  voi  siate  une  hyppocrito  come  Chicli  cht,  secuttdum  Aretimim, 
uccella  con  finte  orationi,  simulati  digiuni  e  bugiarde  carila".  An  ergterer 
Stelle  soli  die  Hindeutung  auf  die  Wunden  Arelinos  m  subjektiv  sein,  als 
dafs  sie  von  einem  anderen  als  ihm  selber  gemacht  sein  könne.  Im  zweiten 
Falle  ist  nach  S.  der  Name  Aretinos  zu  künstlich  herbeigezogen,  um  nicht 
anzunehmen,  dafs  et  selbst  es  absichtlich  gethan  habe.  Mir  scheint  die  erste 
Stelle  vielmehr  ein  Hieb  auf  Aretino.  Die  zweite  führt  ihn  einfach  als  Ge- 
währsmann für  die  gleiche  Ansicht  an,  um  ihr  mehr  Nachdruck  zu  verleihen. 
Künstlich  herbeigezogen  ist  dit-se  Berufung  nicht  im  mindesten.  Ob  die  Worte, 
wie  wahrscheinlich,  ein  Citai  aus  Aretino  enthalten,  kann  ich  angenblicklich 
nicht  feststellen.  Dafj  die  Schmähschrift  auf  den  Salikrieg  Perugias  mit 
Paul  m.  anspielt,  soll  femer  nur  aus  Aretinos  Parteiergreifung  für  die  Stadt 
Im  Jahre  1540  erklärlich  sein.  Endlich  wird  noch  als  „rnenàone  addirittura 
rivelatrice"  ins  Feld  geführt,  dafs  eine  Hauptperson  der  Cortígiana,  Rosso,  am 
Scblufï  mil  den  Warten  erwähnt  wird  ,M  Rosso  buffane  da  scoreggiar,  mastro 


GIORNALE  STORICO  VOL.  XXVI.  1 33 

di  casa  éW  polli  di  Madama,  vi  si  raccomanda  bestialmente".  Nur  Aretino 
konnte  daran  denken,  diese  Person  anzuführen.  Damit  hat  er  sich  selbst  iden- 
tificiert  Der  Brief  Dolces,  welcher  beweisen  soll ,  dafs  Aretino  sich  unter 
dem  Namen  Rosso  buffone  versteckt  habe,  zeigt  im  Gegenteil  mindestens,  dafs 
dies  auch  andere  thaten.  Und  geben  wir  die  Identität  des  Rosso  in  Aretinos 
Komödie  mit  dem  Rosso  buffone,  welche  wahrscheinlich  ist,  zu,  war  dieser 
doch  so  bekannt,  dafs  er  nicht  erst  aus  der  Cortigiana  entlehnt  zu  werden 
brauchte.  Sagt  doch  z.  B.  Ortensio  Lando  von  ihm  „//  Rosso  buffone,  mentre 
servì  Ippolito  cardinale  de*  Medici  acquistò  e  faculta  e  fama  ¿grande,  e  ne 
vivera  immortalmente**.  Eine  angefugte  Charakteristik  Aretinos  malt  ihn 
wieder  in  den  schwärzesten  Farben.  Am  Schlufs  druckt  Sanesi  das  Libell 
nach  dem  cod.  Panciatichi  ab  und  fugt  erläuternde  Bemerkungen  hinzu,  die 
aber  naturgemäfs  manche  Anspielungen  im  Dunklen  lassen. 

RASSEGNA  BIBLIOGRAFICA: 

Salvadori,  La  poesia  giovanile  e  la  canzone  d*  amore  di  Guido  Ca- 
valcanti  (Pellegrini,  sehr  eingehende  Prüfung  der  Arbeit,  die  zur  Erklärung 
der  61  Sonette  manches  Gute  beiträgt.  Dafs  Cavalcanti  sie  gedichtet  habe,  hält 
P.  noch  nicht  für  erwiesen).  —  Ci  an  und  Salvioni,  Le  rime  di  Bartolo- 
meo Cavassico  notaio  bellunese  della  prima  metà  del  secolo  XVI  (Rossi,  sehr 
anerkennend  mit  vielen  guten  Bemerkungen).  —  S  i  m  i  a  n  i ,  La  vita  e  le  opere 
di  Nicolò  Franco  (Sicardi).  —  Gabotto,  Per  la  storia  della  letteratura  civile 
dei  tempi  di  Carlo  Emanuele  I;  La  politica  antispagnuola  (Rua,  mit  Zu- 
sätzen). —  Alemanni,  Un  filosofo  delle  lettere  (Melchior  Cesaretti).  Parte  I 
(Bertana). 

BOLLETTINO  BIBLIOGRAFICO  : 

Rcstivo,  La  scuola  siciliana  e  Odo  della  Colonna.  C  a  p  a  s  s  o ,  Ancora 
i  Diurnali  di  Matteo  da  Giovenatzo.  Wotke,  Lilius  Gregorius  Gyraldus, 
De  poetis  nostrorum  temporum,  Benincasa,  Giovanni  Giudiccioni  scrittore 
e  diplomatico  italiano  del  secolo  XVI.  Commemorazione  della  riforma  melo- 
drammatica. F  a  b  r  i  s ,  Studi  Alfieriani.  Key,  Alessandro  Manzoni,  D'An- 
cona e  Bacci,  Minuale  della  letteratura  italiana.  Voi,  V.  Gorra,  Morfo- 
logia italiana, 

ANNUNZI  ANALITICI,   PUBBLICAZIONI  NUZIALI. 

COMUNICAZIONI  ED  APPUNTI: 

R.  Renier,  //  lacerto  ravennate  d^  un  antico  codice  trobadorico,  be- 
schreibt ein  Blatt  aus  einer  verloren  gegangenen  Trobadorhandschrift,  welches 
Gedichte  von  Folquet  von  Marseille  enthält  und  sich  auf  der  Biblioteca  Cias- 
sense zu  Ravenna  befindet,  weist  auf  die  nahe  Verwandtschaft  des  Fragmentes 
mit  A  hin  und  läist  sich  endlich  von  Couderc  seine  Vermutung  bestätigen, 
dafs  das  von  Bartsch  A»  bezeichnete  Bruchstück  der  Pariser  Nationalbiblio- 
ihck  derselben  Handschrift  angehörl  hat.  Truffi,  Un  curioso  riscontro.  Die 
im  cod.  ambros.  35  sup.  erhaltene  Palla  al  Calcio  des  Giovanni  Frescobaldi 
stimmt  in  ihren  24  ersten  Oktaven  (sie  enthält  31)  genau  mit  dem  von  Fanfani 
unter  dem  Titel  Giuoco  del  Calcio  im  Borghini  1863  gedruckten  Gedichte  von 
24  Oktaven,  nur  ist  die  3.  und  4.  Oktave  dort  zu  einer  zusammengezogen. 
Da  der  Sieger  in  beiden  Gedichten  verschieden  ist,  meint  Truffi,  die  Heraus- 
forderung sei  unter  denselben  Teilnehmern  wiederholt  und  das  Ergebnis  des 
Spieles  das  zweite  Mal  ein  anderes  als  das   erste  Mal  gewesen.     Frescobaldi 


134  BESPRECHUNGEN.     B.  WIESE, 

habe  beide  Siege  gefeiert.  Sollte  er  das  dann  wirklich  ganz  mit  denselben 
Worten  gethan  haben,  und  sollten  bei  beiden  Spielen  die  Situationen  genau 
dieselben  gewesen  sein?  Die  bei  Fanfani  fehlenden  Oktaven  werden  ab- 
gedruckt. 

CRONACA  : 

Periodici,   kurze  Mitteilungen,  neue  Bücher. 

Fase.  3. 

L.  Frati,  Lettere  amorose  di  Galeazzo  Marescotti  e  di  Sante  Benti" 
voglio.  Der  cod.  1022  der  Nationalbibliothek  in  Paris,  dessen  Schicksale 
Frati  kurz  erwähnt,  wurde  1453  ^^^  Bedoro  de'  Preti  dem  Galeazzo  Mare- 
scotti, seinem  Verwandten  und  Gönner,  geschenkt.  Er  enthält  Petrarcas 
Canzoniere  und  Trionfì  und  eine  Reihe  Briefe  und  meist  von  Galeazzo  ver- 
fafstcr  Dichtungen.  Frati  stellt  in  Kürze  zusammen,  was  über  Bedoro  zu 
ermitteln  war,  der  samt  seinen  elf  Kindern  am  4.  Mai  1501  der  Wut  der 
Grinevra  Bentivoglio  zum  Opfer  nel,  und  unterzieht  dann  die  Liebesbriefe  der 
Handschrift  einer  Prüfung.  Fünf  von  ihnen  sind  nach  Frati  1448  zwischen 
Galeazzo  Marescottí  de'  Calvi  und  der  in  jugendlichem  Alter  an  der  Pest  ver- 
storbenen Camilla  Malvezzi  ausgetauscht  worden,  die  beiden  anderen  wurden, 
wahrscheinlich  1454,  zwischen  Nicolosa  Sanuti  und  Sante  BentívogUo  ge- 
wechselt. Die  Marescotti  zugeschriebenen  Briefe  wie  auch  die  Antworten 
darauf  sind  wohl  aus  Bedoros  Feder  genossen.  Augenscheinlich  sind  nun 
aber  die  Briefe  i — 3  garnicht  an  Camilla  Malvezzi  gerichtet,  sondern  an  eine 
andere  Dame,  die  Marescotti  nach  ihrem  Tode  liebte.  Die  Worte  zu  Anfang 
des  ersten  Briefes  vermag  ich  nur  auf  den  Tod  der  Camilla  zu  deuten.  Wenn 
die  beiden  ersten  Briefe  Marescottis  wirklich  an  die  Malvezzi  gerichtet  wären, 
und  wir  in  III  ihre  Antwort  darauf  hätten,  so  müfste  erstens  Marescotti  schon 
vorher  eine  Geliebte  an  der  Pest  verloren  haben,  und  es  könnten  zweitens  die 
Briefe  V  imd  VI  nicht  von  der  Malvezzi  sein,  weil  sie  selbst  bald  nach  ihrer 
Antwort  gestorben  sein  müfste.  (Vgl.  den  Schlufs,  welchen  Frati  selbst  S.  314 
aus  I  zieht.)  Dafs  die  Briefe  nicht  an  Camilla  Malvezzi  sind,  beweist  aber 
ferner  der  Umstand,  dafs  sich  Marescotti  nach  Brief  I  augenscheinlich  in 
Bologna  befindet,  während  nach  S.  312  aus  Bedoros  Trostbrief  an  ihn  hervor- 
geht, dafs  er  beim  Tode  der  Geliebten  vom  Vaterlande  fem  war  und  daher 
von  ihr  nicht  Abschied  nehmen  konnte.  Nach  meiner  Ansicht  sind  nun  auch 
die  Briefe  V  und  VI  nicht  als  von  der  Malvezzi  geschrieben  zu  denken.  Da 
sie  sich  samt  dem  Briefe  Bedoros  an  Marescotti,  der  ihn  über  den  Tod  der 
Malvezzi  trösten  sollte,  in  der  Handschrift  vor  I — III  finden,  könnte  man 
darin  eine  chronologische  Anordnung  erblicken  und  sie  der  Malvezzi  zu- 
erteilen. Aber  es  heifst  in  VI,  ganz  abgesehen  davon,  dafs  es  ein  Absage- 
brief ist,  „Anco,  come  vedete»  il  fiore  dei  migliori  anni  de  la  età  mia  sono 
passati,  ai  quali  non  così  ruvidamente  si  disdicea  V  andar  dietro  a  la  vita 
d*  amore,  come  si  disdice  a  questi  che  debbono  esser  pieni  di  gravità,  modestia 
e  di  religione,**  Konnte  das  die  Malvezzi  schreiben,  von  welcher  der  Dichter 
Antonio  Tridentone  singt:  „Peste  Camilla  jacet  teneris  absumpta  sub  annis", 
und  von  der  Marescotti  selbst  in  einem  Serventese  sagt: 

„Acerba  morte  perchè  7  viso  amoroso 
Di  quella  di[v']a  sì  tosto  impallidisti p  •* 
mit  dem,  was  vorangeht  und  folgt? 


GIORNALE  STORICO   VOL.  XXVL  I35 

Ich  halte  es  fur  fast  sicher,  dafs  auch  die  beiden  hübschen  Briefe  der 
Nicolosa  Sanali  and  des  Sante  Bentivoglio  von  Bedoro  geschrieben  sind.  Am 
Schiasse  druckt  Frati  noch  nach  einem  cod.  rice,  eine  „cancione**  Marescottis 
auf  den  Tod  der  Camilla  Malvezzi  ab,  die  der  Form  nach  ein  Serventese  ist 
(ABbC,  CDd£  u.  s.  w.)  mit  der  auch  sonst  vorkommenden  Eigenheit,  dafs  in 
den  beiden  ersten  Strophen  A  itir  C  eingetreten  ist,  und  das  Gedicht  durch 
eine  Strophe  aus  einem  Settenario  und  zwei  reimenden  Endecasillabi  abge- 
schlössen  wird.  In  diesem  Gedichte,  das  entweder  sehr  fehlerhaft  gedichtet 
oder  sehr  schlecht  überliefert  ist,  sagt  Marescotti  (S.  347)  „  Ott'  anni  Pamai 
io  in  fresca  etatê**.  Das  spricht  durchaus  gegen  Fratis  Annahme,  dafs  die 
Malvezzi  erst  1448  gestorben  ist,  wo  Marescotti  nach  seiner  Angabe  schon 
42  Jahre  alt  war.  Dagegen  spricht  auch,  dafs  Marescotti  auf  der  von  Antonio 
Marescotti  geprägten  Medaille,  welche  auf  der  Rückseite  eine  allegorische  An- 
spielung auf  den  Tod  der  Malvezzi  enthält,  als  junger  Mann  dargestellt  ist. 

P.  Toldo,  Se  il  Diderot  abbia  imitato  il  Goldoni  zeigt  durch  eingehende 
Analyse,  daCis  Diderot  in  seinem  Fils  naturel  den  Vero  amico  Goldonis  nach- 
geahmt habe,  wie  schon  Fréron  behauptete,  Goldoni  selbst  verschleiert  erklärte, 
Diderot  aber  und  die  meisten  seiner  Biographen  leugneten.  Femer  weist 
Toldo  auf  eine  Beziehung  der  Pamela  nubile  zum  Père  de  famille  hin. 

VARIETÀ  : 

A.  Moschetti,  Una  lettera  inedita  di  Carlo  Marsuppini.  Als  Niccolò 
Niccoli  1437  gestorben  war,  richtete  Tommaso  Fontano  aus  Bologna  einen  Brief 
an  Marsuppini  und  bat  ihn,  den  Verblichenen  in  seiner  würdiger  Weise  zu  feiern. 
Moschetti  hat  die  bis  dahin  unbekannte  Antwort  auf  diesen  Brief  in  einer 
Sammelhandschrift  in  Venedig  aufgefunden  und  bringt  sie  zum  Abdruck.  Mar- 
suppini erklärt  sich  darin  nicht  imstande  eine  des  .Niccoli  würdige  Schrift  in 
Prosa  zu  verfassen.  Wahrscheinlich  wollte  er  einem  Vergleiche  mit  Poggio 
aus  dem  Wege  gehen.  Der  Brief  ist  überhaupt  geeignet  das  Fehlen  von 
Prosaschriften  Marsnppinis  zu  erklären.  Der  Text  des  Briefes  ist  nicht  immer 
hinreichend  klar. 

L.  Dorez,  Antonio  Tebaldeo,  les  Sadolet  et  le  cardinal  Jean  Du  Bellay, 
Tebaldeo  hofite  durch  Vermittiung  der  Sadoleto  von  Du  Bellay  Unterstützung 
zu  erlangen.  Auf  sein  Drängen  schrieb  Paolo  Sadoleto  am  14.  Juli  1536  einen 
langen  Brief  an  den  Kardinal,  und  fügte  Jacopo  einem  Briefe  an  denselben 
vom  4.  Januar  1537  eine  Nachschrift  ähnlichen  Inhaltes  hinzu.  Beide  Schreiben 
bringt  Dorez  nach  den  erhaltenen  Originalen  zur  Kenntnis.  Tebaldeo  erhielt 
freilich  nichts  als  leere  Versprechungen.  S.  387  ist  Z.  8  u.  hinter  la  etwa 
grandetta  ausgelassen.  S.  386  Z.  6  o.  1.  14  statt  13,  Z.  13  o.  1.  4  statt  14. 
Tebaldeo  starb  1537,  nicht  1538. 

G.  Rossi,  Alcune  rime  inedite  di  Jacopo  Corsi.  Rossi  fügt  zu  den 
von  V.  Rossi  und  Flamini  bekannt  gegebenen  Handschriften,  welche  Gedichte 
Jacopo  Corsis  enthalten,  5  neue  hinzu  und  bringt  als  Probe  seiner  Schreib- 
weise II  Sonette  zum  Abdruck,  die  noch  unveröffentlicht  waren.  Sie  sind 
recht  angeschickt,  wenig  originell  und  voll  Secentismus,  wie  es  von  einem 
Zeitgenossen  Tebaldeos  and  Panfilo  Sassos  nicht  zu  verwundern  ist.  Rossi 
hätte  mit  der  Interpunktion  im  Texte  nicht  so  kargen  sollen.  Im  einzelnen 
schlage  ich  einige  Verbesserungen  vor.  1,7  la  vendetta;  8  s*  non;  nach  io 
Punkt,  oder  noch  besser  Doppelpunkt.    IV,  12  reprendi,    VII,  4  m*enchinando. 


VIU,  1   fehlt  ¿ai  Zcilwat 


so/a,  appare" 


t  hai  e 


im  Keliitìvsatz 
e  Silbe  lu  vici. 


n  koon  unbedenklich  /a  slTcichm. 


durchaus  objektive,   richtige 


inediti  e 

rari 

Disp.  17—11. 

0.     Ci« 
,    Siud 

0.    L 
Pur 

iZfTi- 

spoli" 

illustrala    da    carie 

Osurvaiom 

sMi  Prometti 

\  Punkl.     XI,  4  a  I' árdate;    ç 

RASSEGNA  BIBLIOGRAFICA 

Solerti,    Vita  di  Torquato    Tasst 
Würdigung  des  Buches). 

BOLLETTINO  BIBLIOGRAFICO: 

Passerini,  Cotlaione  di  opuscoli  danteschi 
Gioda,  La  l'ita  e  le  opere  di  Gievoitui  Botti 
dei  Gesuiti  spagnaoli  Ulleraii  in  Italia.  Bull 
doni,  La  topografia  del  romamo  „I promts ¡i 
tipografiche,  tipi  e  numerose  vedute;  Mnarici 
sposi.  Guenard,  Conférences  de  la  Société  d' études  Halìennts.  Grego- 
rovius,  Diari  romani. 

ANNUNZI  ANALITICI,    PUBBLICAZIONI  NUZIALI. 

COMUNICAZIONI  ED  APPUNTI: 

A.  Ghignoni,  Delfica  Drità  fatsl  iiberieugend  diesen  Ausdruck  in  der 
Slelle  Par.  I  il — 33,  der  bisher  keine  befriedigende  Erklärung  gefiinden  hatte, 
■Is  Bezeichnung  fur  den  Lorbeerbaum  seibat  und  zieht  geschickt  lur  BestSti- 
eung  seioer  Ansicht  Dantes  Ecd.  II  86;87  an.  A.  Caffuro,  ..Altando  il 
dite"  nel  Petrarca,  Caflaro  ist  dei  Ansicht,  dais  der  Ausdruck  .,Alaando'l 
dito  con  la  morte  sckena"  va  Petrarcas  Canzone  aa  Italien  noch  nicht  lUr 
Genüge  erklärt  sei.  Er  glaubt  aus  einem  Dokument  von  1377  die  damalige 
Sitte  erscbliefseD  in  können,  dafs,  wer  jemand  zum  Zweikampf  herausforderte, 
zum  Zeichen  der  Bestätigung  seiner  Herausforderung  den  Finger  erhob.  Ja- 
nSchit  bemerke  ich,  dats  Petrarcas  Ausdruck  sicher  nicht  bedeutet,  den  Fingei 
zur  Herausforderung  erheben,  sondern,  wie  schon  Carducci  richtig  erklärte, 
um  Gnade  bitten.  CaUaro  scheint  übersehen  zu  haben,  daft  Pakschei,  die 
Chronologie  der  Gedichte  Petrarcas,  Berlin  1887  S.  7S  Anm.  z  diese  Deutung 
gleichfalls  durch  ein  Dokument  gestützt  hat,  und  dafs  Cesareo  lu  ihrer  Be- 
stätigung im  Giornale  storico  della  letteratura  italiana  XIX  S.  309  Anni.  1  auf 
Petrarcas  Canzone  Solea  dalla  fontana  hinwies.  Weiter  ist  es  aber  mindesleni 
xweifelhañ,  ob  die  von  CafFaro  aus  dem  Dokumente  angeführte  Stelle  den  ihr 
untergelegten  Sinn  hat.  Sie  könnte  sehr  wohl  bedeuten:  „erhebe  Deinen 
Finger  ium  Schwur,  schwöre,  dats  Du  zum  Duell  kommen  wirst."  Die  Stelle 
hätte  eingehender  cilierl  werdoi  mnssen  und  scheint  zudem  verderbt. 

CRONACA: 

Periodici,  kleine  Mitteilungen,  neucrscbifuene  Bächer,  Nachruf  für  Rog- 
gero Bonghi  (C[ian]),  Bekthold  Wiese. 


Arohivio  Qlottotogioo  Italiano  XIII,  3.   Turin,  Loescher.  i8q4.  pi.  1.  6.50. 
349—354.     S.  Pieri,    //  dialetto  di  Sillano.  lesti. 

355 — 360.  C.Salvioni,  L' infiuenia  della  Ionica  nella  determinatiane 
dell'afona  finale  in  gualche  parlala  delia  -¡¡alle  del  Ticino.  Interessante  Nach' 
weise  einer  bis  jetzt  meines  Wissens  auf  romanischem  Gebiete  noch  nirgends 
beobachleten  Assimilalion  des  -.i  an  den  Tonvokal;  lana,  kadfnf.  fiemne, 
fili,  robo,  mutui,  länü. 


ARCHIVIO  GLOTT.  TFAL.  XllI,  ¡.  I37 

361—451.  F.  d'Ovidio,  /.—///.  Sceglie,  magiia,  Viglia  e  slmili; 
/y.  nuU.  Dazu  453— 463.  G.J.Ascoli,  Ourrvatióni  intorna  ai  ^  J  e  II 
del  frectdrnU  lavora.  Habe  ¡eh  mich  gegen  den  Hauptaclikel  des  vorli«r- 
gehendeo  Heftes  ìm  ganíen  wie  in  vielen  Einielhcilen  ablehnend  verhalten 
müssen,  so  freul  eä  mich  um  so  mehr,  den  Auslührnngen  d' Oviilios  in  den 
Gmadgedanken  wie  in  deo  meisten  Einielheilen  beistimmen  zu  können.  Der 
rote  Faden,  der  sich  duTcIi  die  ganze  Abhandlung  zieht,  ist  dei  Gedanke, 
«lafs  jede  Sprache  zahlreiche  Ficmdwöiter  enthalte,  dafs  wir  also  namentlich 
wo  uns  lautliche  Sthwietigkeitcn  begegnen  stets  fragen  müssen,  ob  die  be- 
IrefTeadeii  Wörter  nicht  etwa  aus  einer  Nachbar  spräche,  einem  Nachbardialekt 
entlehnt  seien.  Das  ist  ja  nun  an  sich  nichts  Neues,  schon  Diez  hat  oder 
mit  Entlehnungen  gerechnet,  aber  dk  Betonung  der  lexikalischen  Mischungen, 
ihre  Gleichstellang  mit  den  anderen  Faktoren ,  die  die  Verändecnngen  der 
Sprache  bedingen,  datiert  noch  von  nicht  lange  her.  Auf  germanischem  Ge- 
biete ist  ein  Vergleich  zwischen  Kluges  erster  und  vierter  Auflage,  auf 
griechischem  zwischen  Prellwitz"  etymologischem  Wöileibuche  der  griechischen 
Sprache  und  G.  Meyers  gelegentlichen  Bemerkungen  zur  griechischen  Etymo- 
logie, die  hoflentlich  bald  zum  Ganzen  vereinigt  werden,  in  dieser  Hinsicht 
sehr  lehrreich,  auf  romanischem  nimmt  der  vorliegende  Aufsatz  dne  hervor- 
ragende Stelle  ein. 

Die  eiste  Untersuchung  handelt  über  das  Verhältnis  von  scoglio  zu 
¡copulus.  giebt  einr  Reihe  von  Belegen  für  die  Verbreitung  von  Marine- 
ausdrücken  von  Genua.  Venedig  oder  Neapel  ans  über  grofíc  Teile  der 
Romania,  woraus  ich  namentlich  eine  ansprechende  Deutung  von  «¡pia  her- 
vorheben will,  nnd  sucht,  i.  T.  Gröber  (Arch.  lat.  lei.  V  461)  folgend,  die 
Schwierigkeit  so  zu  lösen,  Jais  er  *scoclus  (eine  Art  Kreuzung  von  axontkiic 
und  specula)  zu  Grande  legt,  woraus  frz.  ¿cueil.  portg.  escolho.  gen.  ¡ko¿¿u, 
wogegen  ital.  ¡caglio  franz.  oder  portg.  Lehnwort  sei.  Dagegen  ist  aber  doch 
eintuwendcn,  dafs  zwar  die  französische  Marine  einen  sehr  grofsen  Teil  ihres 
Wortschatzes  Italien  verdankt,  dafs  aber  der  umgekehrte  Weg  bis  jetzt  nicht 
sicher  nachgewiesen  ist,  auch  den  th.itsachlichen  Verhaltoissen  wenig  ent- 
sprechen würde.  Ob  Beziehungen  zwischen  Italien  nnd  Portugal  bestehen, 
bei  (leniD  Portugal  der  gebende  Teil  ist,  weifs  ich  nicht,  portg.  cordame  nnd 
fuereña  zeigen  es  jedenfaQs  als  empfangenden.  So  bleibt  nur  das  genuesische, 
dessen  liögfu  direkt  aus  icajtlu  entstanden  sein  kann,  vgl.  du¿¿u  aus  duplu. 
Ist  es  nun  nicht  denkbar,  dafs  längs  der  klippenreich  en  ligorischen  Küste 
stö£^u  über  Spezia  uod  Pisa  nach  Florenz  gelangt  und  dabei  nach  dem 
Muster  fîggw.  foglio  umgestaltet  worden  seif  Der  KüstcnweR  scheint  mir 
gerade  bei  diesem  Worte  der  wahrscheinlichste.  —  Auch  Ascoli  ist  von 
d'  Ovidios  Ausführungen  nicht  überzeugt,  will  vielmehr  in  frz.  ¿cueil  den  nor- 
malea  Vertreler  von  pl  sehen,  eine  AufTassung.  der  beizupflichten  schwer  ist, 
so  lange  nicht  andere  reichere  Beispiele  für  diesen  Wandel  nachgewiesen  sind. 
Die  tweite  Abhandlung  beschäftigt  sich  mit  den  Schicksalen  von  -cl- 
im  Italienischen  und  weist  nach,  dais  fast  alle  diejenigen  Wörter,  die  -gli-  als 
Venri^Ier  von  -cl-  zeigen,  Lehnwörter  aus  Spanien  oder  Frankreich  sind.  Bei 
dietem  Anlasse  werden  alle  die  Verbindung  -echi-  neben  -gli-  aufweisenden 
und  alle  die  Beispiele  von  -gli-  behandeil,  für  deren  Basis  man  cl  ansetzen 
könnt«,   mit  dner  bewunderungswürdigen  Kenntnis   der  italienischen  Dialekt- 


1 33  BESPRECHUNGEN.     W.  METER-LÜBKB, 

formen,  worín  der  Verf.  Flechias  Erbschaft  angetreten  zu  haben  scheint.  Der 
Abschnitt  enthält  eine  Fülle  von  feinen  Beobachtungen  und  in  den  meisten 
Fällen  wird  der  Leser  von  den  mit  glänzender  Beredsamkeit  vorgetragenen 
Erklärungen  ohne  weiteres  überzeugt  sein.  Nur  zu  einem  Worte  sei  mir  eine 
Bemerkung  gestattet.  LMCzh.  pfcchia  *  Schale  der  Kastanie',  9Xtii.  pe^-lia  leitet 
der  Veif.  von  pïUa  ab,  während  ich  mit  Rücksicht  auf  prov.  und  sard.  Formen 
eher  püleum  zu  Grunde  legen  möchte,  s.  Zs.  f.  vergi.  Sprachf.  XXXm  308 — 
310.  —  Alle  Rätsel  hat  freilich  auch  d'  Ovidio  nicht  gelöst,  es  bleiben  einige 
Fälle,  bei  denen  die  Annahme  von  Entlehnung  nicht  einleuchtet,  and  so  hat 
denn  Ascoli  folgende  Lösung  gegeben.  Wie  er  zu  ¿y^,  cu  zu  ¿^  {con/lare 
über  cufiare  zu  guflare  und  daraus  gonflure),  -nel'  zu  -is^/-  {angulus  aus 
anclus)  wird,  so  hat  sich  auch  -cl-  zu  -gl-  und  im  Italienischen  zu  -^/k-  ge- 
wandelt, wogegen  -cui-  bleibt,  später  zu  -cl-  und  im  Italienischen  zu  -cchi- 
geworden  ist.  Danach  wurde  macchia  ein  lat.  macula,  maglia  ein  lat.  magia 
darstellen.  Unter  welchen  Bedingungen  nun  im  Vulgärlat.  cl  {gl)  und  imter 
welchen  cui  eintrat,  bleibt  noch  zu  imtersuchen.  Damit  dürfte  Ascolis  feiner 
Sinn  den  Weg  zur  Lösung  gefunden  haben.  —  In  dem  dritten  Abschnitt  zeigt 
d'Ovidio,  dafs  -gl'  im  Schriftitalienischen  teils  durch  -gghi;  teils  durch  -gh' 
vertreten  wird  und  dafs  darin  zeitlich  und  örtlich  verschiedene  Strömungen 
innerhalb  Toskanas  zu  sehen  sind,  wobei  dann  bald  die  eine,  bald  die  andere 
die  Oberhand  gewonnen  hat.  Wenn  dabei  (S.  443)  das  1  von  frz.  ¿trille  auf 
Einilufs  von  frz.  germ,  'strigil'  zurückgeführt  wird,  so  ist  das  wenig  wahr- 
scheinlich, da  germ.  ì  in  der  allemannischen  Wörterschicht  wie  rom.  Í  behan- 
delt wird,  und  es  fraglich  ist,  ob  zur  Zeit,  da  strihil  entlehnt  wurde,  einst  die 
Gallo-Romanen  das  Wort  noch  von  den  Germanen  hätten  empfangen  können. 
Man  könnte  allerhöchstens  eine  Beeinflussung  im  Vokal  annehmen,  da 
strihil  entweder  zu  es  tre -il  oder  zu  estril  geworden  wäre.  Da  nun  aber  that- 
sächlich  estrillier  ebenso  alt  ist  wie  estrille,  vgl.  Diet,  général  unter  étriller, 
so  scheint  mir  die  Auffassung,  dafs  estrilU  den  Vokal  von  dem  Verbum  be- 
zogen habe,  einfacher. 

Endlich  aus  Anlafs  von  melo  betont  d'Ovidio,  dafs  sowohl  dieses  wie 
malum  griechische  Lehnwörter  seien,  das  eine  in  dorischer,  das  andere  in 
jonischer  Form,  und  er  vermutet  weiter,  dafs  auch  andere  Eigentümlichkeiten 
der  griechischen  Wörter  im  Romanischen  sich  aus  dialektischen  Eigentümlich- 
keiten des  Griechischen  erklären,  so  namentlich  ceresus,  wozu  bessere  Parallelen 
als  die  S.  450  Anra.  i  gegebenen  die  von  J.  Schmidt  Ztschr.  f.  vergi.  Sprachf. 
XXXII  393  beigebrachten  Fälle  der  Assimilation  von  e  —  a  zu  b  —  f  wären. 
Für  m^lo  zu  stimmen  zögere  ich  um  so  weniger,  als  ich  das  Wort  zu  allen 
Zeiten  so  gedeutet  und  es  hoch  hinauf  gerückt  habe  (ich  verstehe  nicht,  worauf 
d'O.  anspielt,  wenn  er  sagt,  ich  schiene  zu  *  vacillare  in  codesta  persuasione'), 
aufserdem  scheint  es  bei  Petronius  56  zu  stehen  contumelia  . . .  contus  cum 
melo  (hs.  malo),  wie  Sittl  Arch.  lat.  lex.  II  610  mit  Recht  annimmt,  vgl.  ib. 
VI  438.  Merkwürdig  ist  nun  aber,  dafs  maletum  und  andere  Ableitungen  in 
der  Toponomastik  leben.  D'Ovidio  giebt  einige  Beispiele,  andere  fìndet  man 
bei  Unterforcher  in  der  Ztschr.  des  Ferdinand.  1892  S.  386;  auch  lothr.,  wall. 
male  'Apfelbaum'  (Horning  Ostfranz.  Grenzdial.  Glossar  s.  v.,  Adam  Lex. 
Patois  Lorrains  S.  362,  Zéliqzon  Zs.  XVIII  257)  ist  malariu,  nicht  melariu, 
wogegen  allerdings  wall.  mel^9  auf  melaría  zurückgeht.    Kann  man  annehmen, 


ARCHIVIO  GLOTT.  ITAL.  XIII,  3.  I39 

dais  die  Ortsnamen  in  eine  Zeit  reichen,  wo  das  jonische  melon  noch  nicht 
um  sich  gegriffen  hatte,  so  ist  dagegen  die  Existenz  des  Baumnamens  in  dop- 
pelter Form  höchst  auffällig,  auch  deshalb,  weil  bis  jetzt  weder  malum  noch 
melum  im  Nordosten  nachgewiesen  ist  (lothr.  mei  Rom.  Gramm.  I  S.  230  be- 
ruht auf  einem  Mifsverständnis).  Mit  der  Erklärung  von  ceresus  kann  ich  mich 
dagegen  weniger  befreuden.  Es  bleibt  doch  immer  auffällig,  dafs  Süditalien 
und  Sizilien  die  überlieferte  griechische,  Norditalien,  Rätien,  Rumänien  und 
Frankreich  eine  Form  haben,  die  lateinischen  Lautgesetzen  gemäfs  entstanden 
sein  kann.  Das  Verhältnis  von  malum  zu  melum  denke  ich  mir  so,  dafs  die 
älteren  Einflüsse  aus  Grrofsgriechenland  erst  dorisch,  später  jonisch  gewesen 
sind.  Da  nun  ceresus  aus  cerasus,  nicht  aber  umgekehrt  cerasus  aus  ceresus 
entstanden  sein  kann,  also  ceresus  auch  im  Griechischen  jünger  ist,  so  müCsten 
wir  annehmen,  dafs  die  jüngere  griechische  Form  sich  weiterer  Verbreitung  im 
römischen  Reiche  erfreut  hätte  als  die  ältere,  die  wohl  bemerkt  in  Griechen- 
land  allein  lebte.  Soweit  unsere  Kenntnisse  der  griechischen  Dialekte  bis 
jetzt  reichen ,  ist  das  Verhältnis  von  xiçaaoç  und  *xeç€OOÇ  nur  in  der  oben 
angedeuteten  Weise  zu  denken,  also  ganz  anders  als  das  von  firjXov  und  fiäXov. 
Nehmen  wir  aber  in  Uebereinstimmung  mit  der  Ueberlieferung  an,  cerasus  sei 
die  einzige  griechische  Form,  ceresus  die  daraus  entstandene  lateinische,  so 
ist  es  wohl  ganz  erklärlich,  wenn  letztere  die  entfernteren  Teile  des  römischen 
Reiches  eroberte,  im  Süden  aber  giiech.  cerasus  blieb  und  neuerdings  bis  nach 
Toskana  vordrang,  wo  es  in  aret.-sen.  saragia  und  lucch.  cerage  (Sercambi  374) 
seine  letzten  Ausläufer  hat. 

464  —  470.  E.  Cultrone,  Sul  valore  fonetico  di  eh  nelle  antiche 
scritture  siciliane.  Weist  gegen  D'Avolio  nach,  dafs  die  Schreibung  eh  in 
altsi£ilianischen  Texten  nicht  den  Wert  einer  Aspirata  hatte,  sondern  vor 
i-fVok.  den  Laut  ky,  vor  e»  i  den  Laut  è  ausdrückt. 

471 — 492.     C.  Salvioni,  Indici  del  volume, 

W.  Meyer -LÜBKE. 


Bomania  No.  94,  Avril  1895,  T.  XXIV. 

P.Meyer,  Anciennes  gloses  françaises:  I.  aus  Hs.  Harlej.  2742,  I.H. 
13.  Jh.,  franz.  Ursprungs,  auf  das  letzte  Blatt  eines  Cod.  der  Metamorphosen 
Ovids  eingetragen.  Die  franz.  Worterklärung  wechselt  mit  Bemerkungen  in 
lat.  Sprache  zur  lat.  Form-  und  Wortbildungslehre  und  mit  Erklärung  lat. 
Ausdrücke  und  Konstruktionen.  Vielleicht  liegt,  wie  M.  vermutet,  den  in 
bunter  Reihe  aufeinanderfolgenden  Glossen  ein  lat.  Text  zu  Grunde,  an  dem 
lat.  Elementargrammatik  eingeübt  wurde,  ähnlich  den,  jedoch  nur  lexikalischen 
Glossen  mit  franz.  Worterklärung  zu  den  Briefen  des  Sidonius  ApoUinaris  (von 
M.  in  der  Uebersicht  über  altfrz.  Glossenwerke  S.  i6if.  nicht  erwähnt),  die 
EUis  1885  aus  einer  Oxforder  Hs.  herausgab;  sie  soll  dem  12.  Jh.  angehören 
und  wurde  sonach  die  älteste  franz.  glossographische  Arbeit,  die  wir  besitzen, 
darstellen;  ich  hoffe  bei  andrer  Gelegenheit  darauf  zurückkommen  zu  können. 
Die  Zahl  der  Glossen  in  der  Hs.  Harl.  beläuft  sich  auf  104.  Die  erklärten, 
vom  Abschreiber  bisweilen  mi  fsverstandenen,  von  M.  meist  aufgehellten  Wörter 
sind  solche  von  seltenem  Gebrauch  oder  von  bemerkenswerter  Form.     Mund« 


t40 


BESPRECHUNGEN.      G.  G.,   W.  METER-LÜBKE, 


artlith  ¡si  die  Schreibung  frani.  Wöticr  wie  mmstau  ^  moneti  S*,  aboissar 
=  abutisier  70,  corbaille  ^  corbeille  7g,  empromft  =^  emfrunt  95;  selbst  laL 
slehl  pulverulB.nlui  für  futferuUttlus.  An  Schreibfehlern  ist  übrigens  im 
Ittt.  TeÜe  kein  Mangel.  12  ma¡w'ers  verdruckt  far  masaiers  13  artfmbta 
vielleicht  unter  EinBufs  des  unmittelbar  folgenden  Irabea  mit  falscher  Endune 
verschen  36  Da  der  Triton  lai.  triton  heifsl  (auch  mittellat.  und  in  den  lau 
GloBsarieo),  ist  Irtlha  eher  fur  hìztrio  verschrieben  (vgl.  noctus  41  fiit  nethus, 
pHlcilra  46  für  culcitra  u.a.)  66  Duette,  wohl  auelte;  ähnlich  naclua  in  den 
Sidoniasglossen  ¡J,2¡  /resaie  67  huhan  deutet  das  bei  Du  Cangc  anerklärt 
gelassene  huanus,  altfrz.  huant  etc.  77  Eine  in  der  frühen  lat.  Glossenliltnatur 
des  MA.  geläufige  Form  für  cUfsidra  ist  coJyfsidra  (Vatican.  Gloss.  3321), 
cilipiidra  (Affatim  Glosa.),  womit  wohl  die  Verschrcibung  de»  Harl.  Gloss. 
ct^stdra  znaammeahangt  iOO  „marosus  =  de  bon  affaire"  ist  merkwürdig 
103  Ansia  =  achat:  M.  vermutet,  dafs  ansia  Tur  aiiítia  stehe;  emplia  franiös. 
ausgesprochen  {vg}.  J2  pu¡veru!e,ri/as  gilenci- si.  la.nci-)  liegt  aSìtei  104  Für 
das  novale  erklärende  essarl  bieten  die  Sidoniusgl.  mil  ausführlicher  Erklärung 
dan  synonyme  -ofarei  wie  das  P.iris,  Gloss.  B.  nat.  7684.  —  11.  aus  Bibl,  nat., 
f.  lat.  8146  (bei  Du  Gange  Vetus  gloss.  . . ,  Thuani  525)  mit  55  franz.  Wort- 
erklärnngen,  darunter  eitiig^  identisch  mit  denen  des  Hart.  Glossar  und  eii%G 
dunkel;  andere  ñnden  durch  M.  scharfsinnige  Deutung  oder  Verbesserung. 

H.  Morf,  Notes  four  servir  à  l'histoire  de  la  légende  de  Troie  tn 
Italie,  suite  et  fin.  IV.  La  îvrsion  VênHienne,  bei  Gorra,  Testi  inediti  dt 
storia  Troiana  S.1S4.  ^66,  nach  Hs.  Laurent.  Pai.  153,  15.  Jh.;  G.  leitete  sie 
aus  Ceffis  losk.  Ueberselzung  von  Guidos  delle  Colonne  historia  Troiana, 
M.  leitet  sie  aus  einer  fr.incoital.  Bearbeitung  des  Guido  her,  die  jedoch  in 
der  V ene t.  Version  durch  Interpolationen,  geschöpft  aus  frani.  Quellen,  die  M 
nachweist  oder  wahrscheinlich  zu  machen  weifs,  erweitert  worden  wäre. 

P.  Meyer  und  N.  Valois ,  Pohne  en  quatrains  sur  le  Grand  schisme 
(1381).  Das  Gedicht  steht  in  einer  Hs.  der  Bibl.  S.  Geneviève  in  Paris  und 
drückt  sehr  lebendig  und  fafstich  die  Stimmung  eines  mit  den  inneren  Gründen 
der  grofsen  Spaltung  wohl  bekannten  zeitgenössischen  Verfassers  aus,  der,  wie 
M.  leigt,  den  Vers  olt  merkwürdig  und  gan»  gegen  die  Tradition  bildet. 
N.  Valois  fugt  eine  sehr  sachkundige  Erläuterung  :u  den  Einzelheiten  des 
von  M.  abgeschriebenen  Gedichtes.  Eine  von  derselben  Hand  in  die  Hs. 
eingetrugene  Ballade,  die  unheilvolle  Zeilun  verkündigt,  lügt  M.  mit  den  Les- 
arten zweier  anderer  Hss.  bei,  G.  G. 

R.-J.  Cuervo,  Los  easos  encliticos  y  procliticos  del  fronotnbre  de  ter- 
etra  persena  en  castellana.  Der  »weite  Artikel  (vgl.  Zs.  XIX  475)  bringt 
die  grammatischen  Zeugnisse  über  die  Verldlung  von  to  Und  le  und  erklärt 
das  Schwanken  zwischen  den  beiden  Formen  teils  aus  dem  Einfliifs  von  me. 
Ir,  te,  teils  daraus,  dafs  viele  Verba,  zwischen  Dativ  und  Akkusativ  schwanken. 
Anhangsweise  wird  geneigt,  dafs  und  weshalb  in  unpersönlichen  Redensarten 
wie  se  castig-a  'man  straft'  stets  !e,  ¡es  erscheint,  und  dafs  die  Formen  can- 
tarlo fiir  cantallo  n.  s,  w.  nur  der  Hofsprache  und  ihr  folgenden  Schriftstellern, 
au  keiner  Zeit  aber  der  Volkssprache  angehörten.  Endlich  wird  noch  nach- 
gewiesen, dafs  die  Umsiellaag  im  Imperativ  cantaiäo  für  cantadle  bis  in  die 
Mitte  des  XVn.  Jh.  gebräuchlich  ist,  ohne  freilich  allein  m  herrschen. 


KOMAMA    NO.  94.  141 

MELANGES.  A.  Thom.is'  afr.  aocbùr  aus  *aJoccare:  arlilltr.  ar- 
lilleur,  artiäerie  volkselymologisch  umgedeutet  aus  atilKer;  goupillon  'Weih- 
wedel', altee  gmpühn  lu  dem  Stamme  von  'wippen',  hausse-iol,  richüger 
AaMscüt  aus  'Halsbulte' (?),  fenturt  aus  *penditurtt-,  rature  nus  *radUura, 
■ir  aus  *Taditoriu,  rader  aus  radttare;  afr.  rest  ^  reitis,  von  Godefroy 
res  BUS  ratus  »erwechsell. 
G.  Paris:  frz.  dôme  'Kuppel'  geht  über  Südfrankreich  aof  griech.  doma 
ÍbtücIe,  dos  die  Bedeutung  von  'Terrasse  des  Hauïes,  Dach'  halte,  wogegen 
e  'Kirche'  Lehnwort  aus  ital.  duomo  ist.  W.  Mevbr-L<jbk£. 

P.  Toynbee,  yean  de  Mrun's  account  of  the  ¡p,.ts  on  the  moon.  Zu 
.1873—87:  zeigt,  dafs  die  von  den  Mondflecken  hiuidehide  Stelle  des  Rosen - 
romans  aus  Albertus  Magnus'  de  cáelo  el  munde  stammt,  was  L^oglDÚ.  in 
seinem  vetdienstlii^hen  Buche  entgangen  war. 

COMPTES  RENDUS.  Hervieus,  Les  fabulistes  latins  depuù  U  stiele 
i? Auguste  jusqu'à  la  fin  du  moyen  âge,  î«  éd.  (L.  Sudre}.  —  Etienne, 
'~  i  de  grammaire  de  l'ancien  français  (O.P.).  —  Schlaeger,  Studien 
r  dal  TageUod  (A.  Jeanroy).  —  Jenkins,  L'espurgaloire  de  s.  Patrit  of 
Arie  de  France  (G.  P.).  —  Sommer,  The  recuyeil  af  the  Historyes  of 
Troje,  virilten  înfrenck  by  R.  Lefevre,  trans/at.  ana  printed  by  W.  Caxlon  .  . . 
miA  a  critical  introduction  ...  (G.  P.).  —  Arauja,  Estudios  de  Fonetica 
castellana  (J.  Saroillandy).  —  íiainénu,  Basmele  romàne  in  contfaratiune 
cu  legendele  aniiee  clasiee  ...  (G.  P.). 

PERIODIQUES:  Zeitschr.  f.  rom.  Phil.  XVIH  3.  4;  XIX  I.  Revue  des 
Ungues  rom.  4,  VII  7 — lì.  Bulletin  de  la  Société  des  anciens  textes  tE(|4. 
Bulletin  historique  et  philolog.  1894,  i — 2. 

CHRONIQUE:   EmamuDg  (Kawciyñüki),   Ehiungen  (Mussafia,  Tobler), 
er  Bächer.  G.  G. 


Ita   luBitana,   dirigida   por  J.Leite   de  Vaiconccllos.     n.  Band. 

Porto  1890— [892. 

eophilo  Braga  veröffentlicht  den  Text  von  113  Vierzeilern 
aos  der  Volkslyrik  der  aionschen  Insel  St.  Georg.  —  J.  Leite  de  Vascon- 
cellos  liefert  wertvolle  Beiträge  zu  unserer  Kenntnis  der  Laut-  und  Formen- 
lehre, sowie  des  Wortschatzes  der  Dialekte  des  Alemlejo,  denen  er  schon 
Trüher  (Elvas  l8Sj)  eine  Studie  gewidmet  hatte.  —  H.  R.  Lang,  Sammlung 
von  Licbesliedern ,  Kioderteimen ,  Legenden  und  Wörlem  aus  den  Dialekten 
von  Fayal  und  Pico.  —  In  einem  interessanten  und  lehrreichen  Arlikel,  be- 
titelt: Transcrifäa  portuguesa  de  nomei  proprios  e  comuns  fertencentes  a 
idiomas  faladoi  nas  colonias  portuguesas  I  Africa,  dringt  Gonçalves  Vianna 
dariiuf,  dafs  Portugal  in  dem  ihm  gehörenden  Teile  Afrikas  auch  seiner  Sprache 
die  gebührende  Stellung  verschaSe,  and  befürwortet  als  ein  wichlLges  Mittel 
dain  die  methodische  Umschreibung  aller  afrikanischen,  von  den  Portugiesen 
aufgenommenen  Namen  nach  portugiesischem  Sprachgebrauch.  Zu  diesem 
Zwecke  lügt  der  Verfasser  ein  Alphabet  bei.  —  In  einem  kurzen  Arlikel 
Gallegos  e  ingleses  trill  der  Redaktor  dem  iafolgo  des  englischen  Ultimatums 
vom  Februar  1890  aufgekommenen  Vorschlag  entg^en,  das  Wort  Gallegn  in 
seiner  Verwendung  als  Spottnamen  &ia¿kíingUsz\i  ersetzen. —  In  den  Miscellanea 


142  BESPRECHUNGEN.      HENRY  R.  LANG, 

trägt  Frau  C.  M.  deVasconcellos  einige  weitere  Belege  zum  Vorkommen  des 
wandernden  Juden  im  portugiesischen  Volksglauben  nach  (cf.  Revista  ¡us,  I 
33 — 44)  und  zeigt  in  einem  zweiten  Beitrag,  dafs  achar  menos  nicht  mit  Gon- 
çalvesVianna  als  Entlehnung  des  spanischen  ec?iar  menos  zu  fassen,  sondern 
echtes  und  rechtes  Portugiesisch  sei  und  vielmehr  dem  altspan.  yä/Air  menos 
entspreche;  Gonçalves  Vianna  spricht  über  den  Gebrauch  der  Hilfsverba 
estar,  ir,  vir  in  Verbindung  mit  dem  Gerundium;  FrL  Cecilia  Schmidt- 
Bra  ne  o  handelt  von  einem  die  Fliege  betrefifenden  portugiesischen  Aber- 
glauben; E.  A.  Vidal  teilt  Redensarten  imd  Wörter  aus  Jorge  Ferreira  de 
Vasconcellos  mit;  Armando  da  Silva  bringt  einen  Beitrag  zur  Sage  von 
den  sieben  Schneidern .  In  der  Bibliographia  bespricht  GonçalvesVianna 
die  portugiesische  Sprachlehre  von  C.  M.  Sauer  und  das  Meisterschaftssystem 
(Urteil:  Unbrauchbar). 

No.  2.  Der  Redaktor  giebt,  mit  gewohnter  Gründlichkeit,  eine  Dar- 
stellung der  Mundarten  von  Tras -os- Montes,  Den  Abschnitten  über  Laut- 
und  Formenlehre  und  Syntax  sind  Texte  und  Wörtersammlungen  beigegeben.  — 
A.  Thomas  Pires  veröffentlicht  Sammlungen  portugiesischer  Wetterregeln 
und  Bauernsprüche;  Gonçalvez  Vianna  setzt  seinen  Aufsatz  über  Tran- 
scricäo  portuguesa  etc.  in  dem  Abschnitt  Asia  a)  Silabario  devanágrico  fort  — 
Frau  CM.  de  Vasconcellos  eröffnet  eine  Reihe  lehrreicher  Estudos 
sobre  0  Romanceiro  peninsular  mit  einer  Besprechung  von  A,  W.  Munth^s 
Schrift:  Folkspoesi  frän  Astur ien  etc.  (Upsala  1888),  in  welcher  die  gelehrte 
Forscherin  wertvolle  Winke  über  die  Art  giebt,  in  der  sich  die  poetische 
Ueberlieferung  im  Volke  erhält,  zeigt  auf  die  Beobachtung  welcher  Grundsätze 
es  behufs  treuer  Erfassung  und  Darstellung  derselben  ankommt,  und  mit 
vollem  Recht  darauf  hinweist,  daCs  Galizien,  Asturien  und  Tras -os- Montes 
die  Gebiete  sind,  in  denen  sich  das  alte  episch-lyrische  Volkslied  am  reinsten 
erhalten  und  bewahrt  hat.  —  Gonçalves  Vianna  leitet  moleiro  von 
monUarium  statt  mol*narium  {molinarium)  ab,  wodurch  sich  die  Erhaltung 
des  /  erkläre;  der  Redaktor  führt  aus  Francisco  Manoel  de  Mellows  Feira 
de  Annexins  einige  volkstümliche  Namen  der  Finger  an.  —  Die  Bibliographia 
enthält  eine  Besprechung  von  U,  d*Arbois  de  JübainvilW s  Recherches  sur 
Vorigine  de  la  propriété  foncière  .  .  ,  en  France  aus  der  Feder  F.  A.  Coelho's. 

No.  3.  Fortsetzung  der  Estudos  sobre  0  Romanceiro  peninsular.  — 
A.  Alfred  Alves  bringt  Beiträge  zur  Kenntnis  des  Dialekts  von  Santa  Mir- 
garida  (Beira'Baixa)^  A.  Thomas  Pires  teilt  ein  Märchen  aus  dem  Alem- 
tejo  mit  und  Joaquim  de  Castro  Lopo  trägt  eine  Sammlung  von  Wörtern 
aus  der  Mundart  von  Valpaços  (Provinz  Tras -os- Montes)  bei.  —  In  den 
Miscellanea  finden  sich  Beiträge  zur  Volkskunde  von  J.  Leite  de  Vascon- 
cellos, E.A.Vidal,  Joaquim  de  Castro  Lopo  und  Dr.  Guilherme 
Stuart,  sowie  eine  Anzahl  Etymologien  {abalar,  assaz,  endro,  ilhargo, 
crencha,  invés,  revés,  través,  trazer  und  traguer,  die  Suffixe  -acho,  -icho, 
•echo,  -uchú,  pinto  und  pintar)  aus  der  Feder  des  Redaktors.  Wenn  dieser 
(Seite  270)  sagt:  „Na  lingua  archaica  havia  as  formas  trager  e  trouge,  a  cujo 
g  o  Snr.  Adolpho  Coelho  (Thcoria  da  conjug.  p.  109)  parece  attribuir  o  valor 
de  palatal;  mas  eu  crelo  que  essas  formas  se  pr»jnunciavam  traguer  [tragher) 
e  irougue  {troughe),  e  nào  trajer  e  trouje,  pois  donde  havia  de  vir  o  j'ì  .  ,  . 
Para  eu  dizer  que  o  g  tinha  o  valor  de  guttural  e  nao  de  palatal,    fundo-me 


REVISTA  LUSITANA,   II.  BAND.  1 43 

em  que  hoje  o  povo,  em  algtios  pontos  da  Beira-Baixa,  pronuncia  ainda  tr agiter, 
com  g  e  nSo  /;  e  cm  que  Viterbo,  no  Elucidario,  s.  v.  frouguer,  offerece  em 
docum.  dos  sec.  Xin  e  ^V  prougue,  prouguer,  prugtte,  a  par  de  aprougy", 
so  ist  das  als  eine  grundverkehrte  Ansicht  zu  bezeichnen,  die  aber  der  Ver- 
fasser auch  dann  noch  nicht  zurücknahm,  als  er  (cf.  ibid.  S.  349)  in  Diez'  E.W. 
und  Körting,  Lat.-rom.W.  die  Form  trägere  angegeben  fand,  „que",  wie  er 
dort  sagt,  „a  ter-se  pronunciado  trajer  a  antiga  graphia  portuguesa  trager, 
explicaria  o  g**.  Erstens  beweist  das  Vorkommen  von  traguer  in  der  Beira- 
Baixa  (und  auch  in  Galizien)  nichts  für  die  ältere  Zeit,  zumal  da  es  sich  un- 
schwer als  von  trago  aus  gebildet  erklärt,  wie  die  in  Galizien  beliebten 
faguer,  diguer  von  fago,  digo  (cf.  C.  M.  de  Vasconcellos,  Rom.  Forschungen 
Vn  131).  Zweitens  aber  hätte  eine  gebührende  Prüfung  der  altportng.  Denk- 
mäler, wie  z.  B.  der  Urkunden  und  Liederbücher,  den  Verfasser  vor  diesem 
Fehlgriff  bewahrt.  In  diesen  Texten  vertritt  g^  wie  jedermann  weiCs,  vor  ea 
und  I  regelmäfsig  den  stimmhaften  palatalen  Reibelaut,  so  z.  B.  in  veg*eu  = 
vej^eu  (V.  55,  II),  deseg'^e  coita  =  desej*e  coita  (ibid.  220,  9),  og^eu  =  oi*eu  = 
oj*eu  vibid.  1191,  i).  Ein  Fall,  wo  g  vor  e,  i  die  gutturale  Explosiva  verträte, 
kommt  durchaus  nicht  vor,  während  doch  regelmäfsig,  wo  dieser  vorliegt,  gu 
geschrieben  wird,  wie  z.  B.  pague  von  pagar.  Dasselbe  gilt  natürlich  vom 
Lautwerte  des  g  in  trager,  für  welches  oft  i  (=  j)  steht;  so  trager  PMtt. 
Script.  186,  V.  1085,7;  II03»6,  traier  1085,14;  1103,7,  CB.  429,  28;  trage 
V.  4,  4,  traV  esnarigado  =  traj"'  esn.  CB.  416,  10  ;  429,  2;  tragedes  V.  950,  7, 
traiedes  1086,7.  Endlich  zeugt  noch  für  den  palatalen  Laut,  wenn  es  der 
Beweise  überhaupt  bedürfte,  die  Reimung  von  trage  mit  parage  (frz. parage  von 
paraticum)  Liederbuch  des  Denis  v.  2585 — 6;  linkage,  trage,  fnenageY.$6S; 
cf.  ibid.  823,  935  etc.  Von  den  vom  Verfasser  aus  dem  Elucidario  s.  v.  prouguer 
angeführten  Formen  kann  ich  aprougy  dort  nicht  fìnden;  übrigens  bewiese 
diese  vereinzelte  Form,  wohl  ein  blofser  Schreibfehler  für  aprouguy  (cf.  prouge 
V.  212,  18;  logy  =^  logu'y  ibid.  1163,  13,  CM.  361  ;  algem  =  alguem  PMtt. 
L.C244;  San  ^1^^/ Inéditos  V  420,  aber  San  Miguel  ibid.  421),  für  sich 
allein  doch  nichts. —  In  der  Bibliographia  bespricht  Epiphanio  Dias  eine 
1886  erschienene  Ausgabe  der  Gedichte  Bernardim  Ribeiro's  durch  Xavier 
da  Cunka  (Urteil:  Ohne  Kritik  und  Sachkenntnis). 

No.  4.  Der  Redaktor  bringt  wertvolle  Notizen  über  die  Phonologie, 
Morphologie  und  den  Wortschatz  des  Dialektes  der  azorischen  Insel  St.  Michael. 
Bei  der  Besprechung  von  ômildade  «^  omildade,  humildade\  omildoso  etc. 
(S.  294)  hätte  auch  das  Vorkommen  dieser  und  verwandter  Formen  in  den 
ältesten  Texten  Beachtung  verdient.  Omildoso  V.  205,  2,  omildade  ib.  559,  5, 
Graall  S.  iii;  omildar  ib.  S.  35;  omil  CM.  361,6  (vgl.  Juan  Roiz  omil  437, 
homillan,  homilidat  467);  ferner  ouffania  Graall  S.  54,  oufano  Gil  Vicente 
I  256,  II  251.  Im  Provenzalischen  findet  man  z.B.  omiiäatz  Folquet  de  Mar- 
seille, Archiv  36,  431;  omeliar  MW.  II  96.  —  Antonio  Maria  Souto  Cer- 
vantes liefert  einen  Beitrag  zur  portug.  Volkskunde;  Gonçalves  Vianna 
behandelt  in  einem  Formas  converjentes  beiiielien  kurzen  Ariikel  tine  Anzahl 
portugiesischer  Wörter  verschiedener  Herkunft,  die  infolge  ihrer  lautlichen 
Entwicklung  in  einem  Worte  sich  vereinig  n,  wie  z.}^.  fidare  xmájilare  in 
fiar.  Der  Verfasser  zeit^t,  daCs  das  portugiesische  févera  (auch  fevra,  febra, 
/¡ara),  das  nach  Bluteau  nicht  nur  i.  „Fiber**,  „Faser",  sondern  auch  2.  „iett- 


14+  BERICHTIGUNGEN. 

und  knochenfreies  Fleisch"  bedeute,  in  ilicser  lelileren,  im  Süden  ond  in 
Trns-os-Montes  noch  jeUt  gebräuchlichen  Anwendung  nicht  ~Vod  ia,t.  ßora 
herstamme,  sondcm  vom  valgäraribischen  Fleischeransdruck  kabar  {htbar. 
kabra,  krbra),  der  denselhcn  Sinn  h«be.  ^  Ftl.  Cecilia  Schmidl  Bianco 
teilt  drei  Märchen  mit.  —  In  einem  lehrreichen  BeUmf>  zur  historischen  Laut- 
lehre des  PoTtDgiesischen  weist  Gonçalvea  Vianna  aus  der  Umschieibang 
hispsniseher  Eigennamen  in  arabischen  Schrift  steilem  nach,  da[s  der  henle  in 
einem  grofsen  Teile  von  Tras  -  os  -  Montes  und  in  Kastilien  wahriunebmcnde 
Unterschied  im  Lautweite  von  (  (c-\-c,  i'}  nnd  i  eioerseils  und  s  und  s  (sub- 
cacuminale  Laute,  siehe  Rom.  XII  47  und  52)  andererseits  im  12.  Jh.  auch  im 
Süden  Portugals  bestanden  habe  (cf.  Cornu  im  Grundríls  II  766),  indem  ç  in 
den  icilgenössischen  arabischen  Schriftstellern  in  der  Regel  durch  sin  oder 
aad,  s  aber  durch  s'in  wiedergegeben  wurde.  Auch  andere  Fälle,  wie  z.B. 
LixbuHah,  worin  der  Verfasser  einen  ReSei  der  Aussprache  UsbUa  lu  eikennai 
geneigt  ist,  zei^n.  dafs  eine  aufmrrksame  Benutzung  arabischer  Schriftwerke 
der  Zeit  noch  manche  willkommene  Auskunft  über  die  Lautgeschichte  ge- 
währen dürfte.  —  Die  Miscellanea  enthallen  Mitteilungen  über  Volksglauben 
von  P.A.  de  Azevedo,  über  Volksdichtung  von  A.  Thomaz  Pires,  und 
Beiträge  des  Redaktors  über  die  Sprache  Gil  Vicente's  (die  Form  inha. 
die  sich,  wie  hervorzuheben  war,  blofs  in  tonloser  Stellung  statt  mi'uAa  aeigt, 
tritt  schon  im  1  3.  Jh..  z.  B.  schon  in  Urkunden  des  Königs  Denis  auf,  Man. 
lusil.V  gs,  314,  J15,  323  etc.,  und  findet  sich  auch  in  der  Mundart  von 
Fayal},  übet  die  Einleilimg  einiger  romanischer  Dialekte,  den  Atheismus  der 
Gallaeci,  den  Dialekt  von  Oliiieitça  (Alemtejo),  poucachinko  und  eine  Zauber- 
formel. Es  folgen  Nekrologe  über  den  Archäologen  Borges  de  Figueirtdo, 
Prini  Louis  Lucien  Bonaparte  und  Estaeia  da  Vciga.  —  Die  BibliograpHia 
enthält  Besprechungen  von  Sckuchard^s  kreolischen  Studien,  Cornu's  Arbeil 
über  die  porttigiesische  Sprache  und  Meyer-Lübke's  Grammatik  der  romanischen 
Sprachen  Bd.  I.  Hkkky  R,  Lang. 


Beniohtlgiingan. 

S.  3  ff.  war  überall  Ì  st.  T  zu  setzen  zur  Bezeichnung  des  /,  das  u  wird. 
S.  3  Z.  10  wenigsten  Z.  13  formulierte  Z.  37  ¿lait  Z.  44  =flêr  Z.  48  irii 
S.  4  Z.  1  „ein  Z.23Von^  S.  fi  Z. -J  inner  longue  Z.t6  diesem  Z.  45  neuer 
S.  7  Z.  9  Diphthongen  Z,  42  -grenit  Werden  S.  8  Z.  17  oet  1602  Z.  72  pi- 
kardischen  Dialekt  S.  9  Z.  31  walU  :  Z.  40  ovesP  S.  1 1  Z.  to  Schwierig- 
keit Z.ii  Mouskct  Z.  19  minus  (melius)  Z.  20  vios  (voles)  ;  «i'oMt  (veclns) 
Z.  33  Dafs  wir  S.12  Z.13  im  Cliges  Z.  14  folgt  dafs  Z.  30  aprisment  <C. 
Z-3I  ial  —  tau  Z.  32  dafs  in  Z.  40  cu  und  iau  S.  IJ  Z.  7  »voleam  Z.  41 
aus  iiifi  Z.  47  Rom.  Bibl.  S.  14  Z.  19  geworden  war.  und  was  er  ebenda 
über  die  Entwickelung  von  S+j  sagt,  macht  es  sehr  wahrscheinlich,  dnfs  nei 
in  Hei  (¡eworden  war,  welches  dann  über  iir  zu  i>  reduziert  werden  konnte. 


BandgloBsen  zum  altportagiesisohen  Liederbuch. 

i. 

Der   Ammen-Streit 

In  seiner  vorzüglichen  Studie  über  die  Troubadour- Dichtung 
Portugals  sagt  Diez:  ,,Vom  geselligen  Verkehr  der  Dichter 
unter  sich,  welcher  sicher  vorhanden  war  und  unter  den  Proven- 
zalen  sowohl  wie  unter  den  späteren  portugiesischen  Lyrikern  in 
reichem  Mafse  stattfand,  bemerkt  man  in  den  gedruckten  Samm- 
lungen nur  wenige  Spuren."* 

Nächst  der  einen  Tenzone,  um  die  er  wuTste,  und  dem  Ge- 
dicht, in.  welchem  ein  Sänger  seinen  Kunstgenossen  die  Rätselfrage: 
jyAl  é  Al/anXf  e  al  Sessengo^^  vorlegt,  erwähnt  er  dann  als  Ausnahmen 
für  die  Regel  nur  ein  Liederpaar,  weil  davon  das  erstere: 

„Âial  vef  eu  aquí  ama  chamada*^  —  Tr.  ii 

einer  Aeufsening  halber,  angefochten  ward,  was  dem  Verfasser  An- 
lafs  und  Stoff  zum  zweiten  Gedichte  hergab: 

^JDesmmtido  nC  à  aquí  un  trohador^*'  —  Tr.  i6. 

Der  folgende  Versuch  beabsichtigt  zu  zeigen,  wie  sehr  heute, 
wo  das  vergleichende  Studium  nicht  blofs  von  555  altportugiesischen 
weltlichen  Liedern,  wie  zur  Zeit  des  Meisters,  sondern  von  1698  Cati" 
itgas  d*  ^scarnK  e  d*  amor  möglich  ist,  der  mitgeteilte  Hauptsatz  der 
Einschränkung  bedarf,  die  Reihe  der  Ausnahmen  hingegen  der  Ver- 
vollständigung. 

Und  zwar  bediene  ich  mich  dazu  gleichfalls  nur  eines  einzigen 
Beispiels,  doch  des  auffälligsten.  £s  besteht  aus  einer  Gruppe  von 
zehn,  meiner  Auslegung  nach,  in  engen  Beziehungen  zu  einander 
stehenden  Gedichten  (aus  der  Feder  von  sechs  oder  sieben  ver- 
schiedenen Troubadours),  zu  welchen  ursprünglich  jedoch  noch 
weitere  Dichtungen  gehörten,  deren  einstiges  Vorhandensein  mit 
Sicherheit  aus  Andeutungen  der  vorhandenen  hervorgeht  Der  erste 
Ausgangspunkt  für  sie  alle  steckt  aber  obenein  noch  in  eben  den 
beiden  Liedern,  welche  schon  Diez  als  zu  einander  gehörig  heraus- 
gefunden und  hervorgehoben  hatte.  Nebenbei  wird  von  verschie- 
denen anderen  Gruppenliedern,  die  sich  um  je  einen  Mittelpunkt 
drehen,  die  Rede  sein;  und  auf  die  Geselligkeit  der  dichtenden 
Kreise  wird  manches  Streiflicht  fallen. 


^  „Ueber  die  erste  portug.  Kunst-  und  Hoijpoesie"  p.  104. 
Zdttchr.  C  rom  PhlL  XX  10 


146  CAROLINA  MICHAELIS  DE  VASCONCELLOS, 

Die  Troubadours,  welche  ich  als  mit  und  gegen  einander  über 
ein  und  denselben  Gegenstand  Singende  und  somit  als  Zeitgenossen 
vorzuführen  habe,  sind  sechs  Höflinge:  die  Ricos' homes  D.  Joam 
Soares  Coelho,  D.  Fernam  Garcia  Esgaravunha,  Airas 
Peres  Vuitorom,  Martim  Alvelo,  der  Ritter  D.  Joam  Garcia 
nebst  zwei  Spielleuten  Lourenço  und  JuiSo. 

Von  den  einschlägigen  Liedern  finden  sich  nur  die,  weiche 
Diez  kannte,  im  Candoneiro  da  Ajuda  [N***  166  und  170  =  Trovas 
II  und  16].^  Von  den  übrigen,  welche  dem  Meister  unbekannt 
blieben,  stehen  zwei  im  Carte,  Cohen 'Brancuit  [N°'  1501  und  151 1 
=  374  und  384]  2  und  der  Rest  im  Cane,  da  Vaticana  [N***  786, 
1022  bis  1025,  und  1092].^  Im  Gesamt-Liederbuch,  wie  es  sich  aus 
der  Gegenüberstellung  jener  drei  Texte  mit  dem  Indice  Colocci  er- 
giebt,  trugen  sie  wahrscheinlich  die  Nummern  318  (=  I),  322  (III), 
1180  (IV),  1413— 16  (Vm,  IX,  VII,  X),  1480  (VI),  1501  (V)  und 
151  i(n). 

Mit  Ausschlufs  der  beiden  ersten,  die  zu  den  höflich  und 
höfisch  eingekleideten  Liebesliedem  gehören,  sind  sie  sämtlich 
Cantigas  de  esearnh*  e  maldtzer. 

Was  schon  an  und  für  sich  wahrscheinlich  war,  ist  damit  also 
bewiesen:  dafs  nicht  die  Liebeslieder,  sondern  die  realistischen 
Scherz-  und  Spottgedichte  wie  die  sachlich  ergiebigsten  so  die 
eigentlich  gesell  igen  Lieder  auch  jener  Tage  gewesen  sind.  Ge- 
nau wie  zwei  bis  drei  Jahrhunderte  später,  im  Palaste  Emanuels, 
so  fahrte  schon  in  der  guten  alten  Zeit  des  Königs  Alfons'  HI. 
gerade  die  sprichwörtliche  Schmählust  der  Portugiesen  —  oder 
sagen  wir  ihre  berüchtigte  md-tingua  —  die  redegewandten  Musen- 
söhne zu  gemeinsamer  litterarischer  Thätigkeit. 

# 

Ammenlieder  nenne  ich  die  von  mir  gestellte  Gruppe,  weil 
das  Wort  ama^  dessen  sich  D.  Joam  Soares  Coelho  in  stil- 
widrigem Realismus  in  seinem  ersten  Liebeslied  bediente,  den  An- 
lafs  zu  dem  kleinen  „Sängerkrieg  auf  der  Burg  von  Santarem"  her- 
gab, von  dem  ich  berichte,  und  ama  demgemäfs  in  allen  direkten 
Entgegnungen  wiederkehrt.* 

Des  frostigen  Tones  der  konventionellen  Cantigas  de  amor,  die 
unpersönlich  immer  nur  in  eintönigem  Hymnenstil,  in  ganz  allge- 
meinen Umrissen  den  idealen  Frauentypus  verherrlichten,  nicht 
minder  satt  als  der  schäm-  und  rücksichtslos  verleumdenden,   sich 


*  Sie  stehen  auch  im  CB.  318  und  322  (=  262  und  266). 

*  Ich  citiere  stets  die  alten  Nummern  des  CB.,  wie  man  allgemein 
thun  sollte. 

^  Da  auch  diese  Lieder  im  CB.  vertreten  sind,  möchte  sich  vielleicht 
durch  Kollation  noch  ein  besserer  Text  gewinnen  lassen. 

^  D.  h.  in  den  ersten  sechs  Gedichten,  auf  die  ich  schon  in  meinem  Bei- 
trag zu  Groebers  Grundrifs  §41  hinwies  (p.  195  Anm.  i).  Die  letzten  vier  sind 
zwar  auch  immittelbare  Wirkungen  des  Ammenstreites,  entfernen  sich  jedoch 
vom  ursprünglichen  Thema,  wie  weiter  unten  gezeigt  wird. 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTUG.  UBDBRBUCH.  I47 

am  Gemeinsten  barbarisch  ergötzenden  Schmähgedichte,  versucht 
der  genannte  Ricohomem  etwas  Neues,  obwohl  auch  er  sich  in 
beiden  Gattungen  vorher  weidlich  ergangen  hatte. 

Er  hebt  ein  Frauen-Loblied  an,  dafs  sich  nicht,  wie  ge- 
wöhnlich, direkt  an  die  geliebte  Herrin  wendet,  und  also  nicht 
das  stereotype  ffSenhor**  in  die  erste  Strophe  einflicht  Statt  dessen 
spricht  er  von  ihr,  natürlich  jedoch  ohne  ihren  Namen  anzuführen, 
wie  die  abscheulichen  Schmutz -Reimereien  auf  die  soldadetras  es 
in  beabsichtigtem  Gegensatze  zu  den  Cantigas  de  amor  stets  thun,^ 
entnimmt  den  Hauptzug  aus  der  Wirklichkeit  und  mischt  überdies 
mit  dem  gespendeten  Lobe  Tadelsworte  gegen  die  Kunstgenossen, 
die  für  ihre  nicht  h  of-  noch  welt -fraulichen,  sondern  rein  häus- 
lichen Reize  keinen  Sinn  haben. 

Sein  Gedicht  steht  also  auf  der  Grenzscheide  zwischen  Liebes- 
und Rügelied.^ 

Möglich,  dafs  der  wiederholte  Anblick  einer  ganz  bestimmten 
jungen  Mutter  und  Hausfrau,  die  mit  ihrem  Kinde  zärtlich  zu 
scherzen  und  liebevoll  für  dasselbe  zu  sorgen  pflegte,  während  sie 
in  ihrem  häuslichen  Reiche  schaltete,  den  Dichter  ehrlich  ent- 
zückt hatte.'  Möglich  auch,  dafs  er,  in  eigensüchtiger  Absicht, 
um  Liebesgunst  buhlend,  einer  nicht  genügend  beachteten,  wenn 
nicht  sogar  verspotteten  Frau  solche  öffentliche  Huldigung  als 
Zahlung  versprochen  hatte:  jedenfalls  thut  er  verliebt,  und  wagt  es 
(den  höfischen  Theorien  zum  Trotz,  die  auf  portugiesischem  Boden, 
im  Gegensatz  zu  Frankreich,  aber  im  Einklang  mit  der  einheimischen 
Volkspoesie,  nur  Jungfrauen  zu  feiern  befahlen),*  eine  Frau  und 
Mutter  als  solche  zu  besingen,  und,  was  schlimmer  ist,  er  be- 
zeichnet sie,  wie  schon  angedeutet  wurde,  mit  realistischer  Offen- 
herzigkeit unverkennbar  als  Gebärerin  und  Ernährerin. 

Gleich  in  der  ersten  Zeile  begeht  er  das  Ungeheuerliche  und 
nennt   die  Frau,   die  er  preisen  will,    Amme!     D.h.  er  nimmt  in 


^  Da  das  provenzalische  Gesetz,  den  Namen  der  besungenen  Dame  zu 
verschweigen,  in  Portugal,  wo  man  Unvermählte  zu  verherrlichen  pflegte, 
keinen  rechten  Dasemsgmnd  hatte,  wurde  es  öfters  übertreten.  —  S.  Gr.  Gr. 
p.  192  A.  I  and  vgl.  unten  A.  4  sowie  p.  149  A.  5. 

*  Im  Liederbuch  hat  es  seinen  Platz  mitten  imter  den  höfischen  Can^ 
Hgas  de  amor» 

'  Die  Mutter  spielt  sonst  im  Liederbuch  nur  die  Rolle  einer  Hüterin 
und  Beraterin  der  heiratsfiUiigen  Tochter  (was  bisweilen  in  einem  dem  Freier 
günstigen  Sinne  geschieht).  Wir  müssen  sie  uns  also,  der  Regel  nach,  als 
Matrone  denken. 

♦  Das  Volkslied  hält  noch  heute  mit  unverbrüchlicher  Treue  an  diesem 
alten  naturgemäTsen  Brauche  fest,  dem  auch  in  der  Symbolik  der  Liebes- 
sprache vielfältiger  Ausdruck  gegeben  wird.  So  ist  das  Mädchen  fast  immer 
eine  Rose;  und  zwar  der  noch  geschlossene  verheifsungsvolle  hotäo  de  rosa 
(der  Bursche  hingegen  um  cravo).  Eine  geöffnete  Rose  zu  verschenken  gilt 
nicht  nur  fur  unzart,  sondern  für  unschicklich,  und  wurde  den  Töchtern  des 
Volkes  da  kräftig  überzeugtes  ¡Pfui!  entlocken.  Kur  sich  eben  erschließende 
Knospen  darf  man  bieten.  Aus  den  darauf  bezüglichen  Vierzeilern  wähle  ich 
einige  aus: 

10* 


148 


CAROLINA  MICHAEUS  DB  VASCONCBLLOS» 


die  feinste,  für  den  öffentlichen  Hofverkehr  bestimmte  Gedicht- 
Gattung  jener  Tage  ein  Wort  auf,  das  nur  im  intimsten  Verkehr, 
am  häuslichen  Herd,  in  Kinderstube  und  Frauen-Gemach  zu  ertönen 
pflegt  —  ein  Wort,  dem  von  Anbeginn  bis  heute  ein  eigentüm- 
licher Naturhauch  und  Erdgeruch  anhaftet,  über  den  sich  Höflings- 
nasen ^  in  dem  Augenblick  rümpfen  mufsten,  wo  man  es  neuerdings 
zu  einem  Lob-  und  Ehrentitel  erheben  wollte.  Auch  dafs  er  sie 
statt  „Edelfrau"  (dona)  einfach  „Frau"  [tnolher)  betitelt,  verstiefs 
einigermafsen  gegen  den  Palast- Brauch. 

1.2 
Atal  vej'  eu  aquí  ama  chamada 
que  dé -lo  dia  em  que  eu  naci, 
nunca  tarn  desguisada  cousa  vi, 
se  por  Qa  d'  estas  cousas  nom  é  : 
5     por  aver  nom*  assi,  per  bSa  fé, 
ou  se  Iho  dizem  porque  é  amada 

(ou  por  fremosa,  ou  por  bem  -  talhada). 
Se  por  aquest'  ama  dev'  a  seer, 
é  o  eia,  podede-o  crcer, 
IO    ou  se  o  é  pola  eu  muit*  amar, 

ca  bem  Ihe  quer*  e  posso  bem  jurar, 
poi -la  eu  vi,  nunca  vi  tam  amada  \ 


I.  A  rosa  muito  aberta 
Ao  botSozinho  fechado 

II.  Rosa  que  estás  na  roseira, 
Assim  fresca  e  fechadinha 


Nenhuma  valia  tem; 

Todo  o  mundo  Ihe  quer  bem. 

Deixa-te  estar,  que  estás  bem 
A'  sombra  de  tua  m3e. 


III.  Oh  rapaz  que  vendes  rosas,  Vem  cá  que  eu  tenho  dinheiro; 
Vende -me  das  mais  fechadinhas      Que  as  abertas  nSo  tem  cheiro. 

IV.  Aqui  d*  onde  cstou  bem  vejo         Uma  rosa  por  abrir  ; 
Deus  me  dera  ser  sereno  Que  n'  ella  fora  cahir  !  — 

Dafs   einige   wenige  Lieder   des   altportug.  Liederbuches  sich  an  Verheiratete 
wenden,  dürfte  bekannt  sein  (z.  B.  CV.  191.  559.  957.  964).    S.  p.  149  Anm.  5. 

*  Selbstverständlich  ist  das  Wort  ama  nicht  völlig  aus  der  portug.  Poesie 
verbannt  geblieben.  Schon  Alfons  X.  benutzt  es:  wo  er  von  Wundem  be- 
richtet, die  an  kleinen  Kindern  geschehen,  schlicht  berichtend  (z.  B.  in  CM.  122 
und  282);  und  mit  Anwendung  auf  die  Jungfrau,  welche  er  (wie  Walther 
von  der  Vogelweide  im  80.  Leich)  Gottes  Amme  {da  Deus  ama)  be- 
titelt. Und  in  wahren  Kunstdichtungen  hat  es  später  CamSes  so  gut  ver- 
wertet, wie  Goethe,  Schiller,  Rückert  das  deutsche  „Amme".  Mir  klingt  in 
den  Ohren  eine  Stelle  aus  der  ergreifenden  autobiographischen  Canzone 

Foi  minha  ama  uma  fera,  que  o  destino 
N3o  quis  que  mulher  fosse  a  que  tivesse 
Tal  nome  para  mim 

imd  aus  den  ebenso  melancholischen,  ob  auch  Icichifúísigeren  Endechas  die  Copla: 

Naciendo  mesquino, 
dolor  fue  mi  cama; 
tristeza  el  ama, 
cuidado  el  padrino. 

«  CA.  No.  166.  —  Varianten  aus  CB.  318  (=  262):  9  podede  lo  — 
10  muyf  eu  —  II  Ihi  —  12  poiia  vi  —  15  tam  pastorinh*  e. 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTUG.  LIEDERBUCH.  I49 

£  nunca  vi  cousa  tarn  desguisada 
de  chamar  ome  ama  tal  molher 
15     tarn  pastorinhai  se  Iho  nom  disser' 
por  tod'  esto  que  eu  sei  que  Ih'  avem  : 
porque  a  vej'  a  todos  querer  bem, 
ou  porque  do  mund'  é  a  mais  amada  ! 

É  o  de  [modo]  como  vus  disser'^ 
20    que,  pero  me  deus  bem  fazer  quiser', 
sem  eia  nom  me  pode  fazer  nada. 

Wie  man  sieht,  erklärt  er  sich  eigentlich  gegen  die  Art  und 
Weise,  in  welcher  Höflinge  das  Wörtchen  ama,  mifsachtend ,  ver- 
wendet haben,  und  spielt  damit,  um  es  annehmbarer  zu  machen. 
Mit  dem  Zweck,  es  zu  adeln,  behauptet  er:  „Mit  Unrecht  nennt 
man  hier  eine  gewisse  junge  Dame  ama,  es  sei  denn,  es  geschehe 
entweder  weil  sie  also  heifst,^  oder  weil  sie  amada  ist;  geliebt  um 
ihrer  Schönheit  oder  ihres  Wuchses  willen,  geliebt  besonders  von 
ihm,  dem  Dichtenden,  und  zwar  inniger  als  je  eine  andere  geliebt 
ward;  geliebt  von  allen ;3  auf  der  Welt  die  Geliebteste;  so  sehr 
geliebt,  dafs  ohne  sie  alle  Gottesgaben  wertlos  für  ihn  wären.*** 

Kuhn  ist  die  Neuerung  des  Verfassers  wahrlich  nicht!  Skla- 
visch treu  bleibt  er  dem  nationalen  Brauche,  das  kärgliche  Ge- 
danken-Quantum der  ersten  Strophe  so  viele  Male  abzuwandeln, 
als  er,  den  Gesetzen  der  Mode  gemäfs,  Strophen  zu  bauen  hat. 
Einzig  die  zwei  Worte  ama  und  molher  sind  es,  die  er  als  Fehde- 
handschuh in  den  höfischen  Kreis  schleudert. 

Doch  das  genügt  vollständig!  Der  ganze  Hof  lacht,  als  plötz- 
lich im  Gegensatz  zur  „Herrin**,  d.h.  zum  hoffähigen  £del Fräu- 
lein,&  das  in  eleganter  Haltung,  milde  blickend,  hold  lächelnd, 
sanft  redend  und  singend  oder  anmutig  tanzend  gesehen  zu  werden 
pñegt,   wie  eine  Frau,   die  von  Luft  und  Liebe  lebt,   nun  die  Ge- 


^  Diese  Zeile  ist  weder  tadellos  noch  klar,  wie  mein  Verbesserungs- 
versuch zeigt.  —  Das  Fut.  exactum  {disser)  kommt  jedoch  oft  genug  statt  des 
Fut.  I  vor,  z.B.  €8.387,15;  CV.  821. 

'  Einen  Frauennamen  Ama  kenne  ich  nicht;  nur  Amada  und  Amanda 
als  weibliche  Gegenstücke  zu  Amado»  Amando» 

'  Zeile  17  kann,  im  Gegensatz  zur  nächstfolgenden,  besagen  wollen,  dafs 
die  ama  allen  hold  ist  {^porque  amà\\  doch  kann  auch  a  todos  Objekt  des 
Sehens,  das  Objekt  des  querer-bém  ningegen  sie  {a)  sein,  so  dafs  sie  also 
die  Geliebte  und  nicht  die  Liebende  ist. 

*  Isidores  kuriose  Herleitung  des  lat.  amma  (in  der  übertragenen  Be- 
deutung Ohreule)  von  amare  hat  der  portug.  Troubadour  sicherlich  nicht 
gekannt,  sondern  selbständig,  auf  die  übliche  laienmäCsigc  Art,  die  beiden 
gleichlautenden  Stämme  etymologisch  mit  einsmder  verknüpft. 

*  Menina  oder  meninha  (CV.  866)  und  moca  (866.  351)  oder  auch  moce- 
linha  (351)  kommen  selten  vor,  viel  öfter  donzeia  (17.  37.  359.  368.  505.  553. 
916.  938  etc.);  selten  das  fremdländische  dama  (das  D.Denis  in  CV.  208  an- 
wendet) ;  gar  nicht  der  vornehme  Ehrentitel  minhana,  mtana,  meana  (=  mea 
domina),  den  die  Adelsbücher  erhalten  haben.  Am  häufigsten  kehrt  dona 
wieder  (298.  307.  344.  348.  351.  356.  361.  431.  444.  943  u.  s.  f.)  und  senhor, 
das,   wie   gesagt,   unentbehrliches  Zubehör  jeder  Cantiga  de  amor  ist.    Dafs 


150  CAROLINA  inCHABLIS  DB  VASCONCBLLOS, 

stalt  der  nüchternen,  zuchtígen,  bürgerlichen  Hausfrau  herauf- 
beschworen wird:  die  molher  interior  (um  die  moderne  Formel  zu 
brauchen)  neben  der  molher  exterior  \  das  Hausmûtterchen  neben 
der  Salon -Heroine.  Und  lachend  vervollständigt  man  schnell  das 
Bild  und  malt  die  erstere,  wie  sie  solide  und  schwerfallig ,  das 
mächtige  Schlüsselbund  und  die  schwere  Geldtasche  am  Gürtel, 
ihre  alltäglichen  prosaischen  Pflichten  erfüllt  Im  Frauengemach 
zeichnet  man  sie,  wie  sie  die  Spindel  dreht  Sie  arbeitet  am  Web- 
stuhl, füllt  die  Truhen  mit  reichlichem  Linnen  und  schneidet  Wäsche 
und  Gewänder  für  Mann,  Kind  und  Gesinde  zurecht;  im  dairy ^room 
rahmt  sie  die  Milch  ab  und  preist  den  Käse;  im  Waschzinmier 
bereitet  sie  die  Beuche,  knetet  in  der  pantry  am  mächtigen  Back- 
trog, während  die  Mägde  das  Korn  schroten,  züchtet  im  Hûhner- 
hof  Kapaunen,  wartet  der  Bruthennen  und  beaufsichtigt  den  Vieh- 
stall, unterstützt  vom  sachverständigen  Hausvater,  wenn  es  sich 
darum  handelt,  die  nutzbringenden  Borstentiere  zu  „verschneiden" 
oder  am  Martinstage  kunstgerecht  zu  schlachten,  damit  der  Schorn- 
stein sich  mit  Räucherwaren  fülle.  Und  auch  mit  medizinischen 
Hausmittelchen  kommt  sie  zur  Stelle,  die  oft  Zaubermitteln  gleichen, 
und  schafft  Rat  bei  Krankheit  und  Mifsgeschick  unter  Absingen 
fronmier  Sprüche  und  Beschwörungsformeln. 

Im  Namen  und  Sinne  Vieler  wird  D.  Fernam  Garcia 
Esgara vun ha  rasch  das  treue  Konterfei  solch  einer  ama  in  Verse 
gebracht  haben  :^ 

U. 

Esta  ama,  cuj'  é  Joam  Coelho, 
per  bSas  manhas  que  soub'  aprender, 
cada  u  for*  achara  bom  conselho, 
25     ca  sabe  bem  fìar  e  hem  tecer, 

e  talha  mui  bem  bragas  e  camisa, 
e  nunca  vistes  molher  de  sa  guisa 
que  mais  limpha  vida  sabba  fazer 

antre  todas  as  molheres  preçadas 
30    que  nos  sabemos  em  nosso  logar! 

Ca  lava  bem  e  faz  bSas  queijadas 

e  sabe  bem  moer  e  amassar, 

e  sabe  multo  de  bSa  leiteira! 

Esto  nom  digu'  eu  por  bem  que  Ihi  queira  . . . 
35     mais  porque  est  assi,  a  meu  cuidar! 


senhor  Vermählten  wie  Unvermählten  galt,  unterliegt  keinem  Zweifel:  wann 
es  die  einen,  wann  die  anderen  betrifft,  ergiebt  sich  nur  aus  dem  Inhalt,  und 
nicht  immer  mit  Klarheit.  Offenbar  machte  schon  der  Altportugiese  so  wenig 
Unterschied  zwischen  Frau  und  Fräulein  wie  der  Neuportugiese,  dem  jedes 
kleine  achtjährige  Mädchen  eine  senhora  dona  X  X,  ist.  —  Dafs  dona  that- 
sächlich  oft  das  junge  Mädchen  bezeichnet,  erhellt  auch  fur  den  Ungläubigsten 
aus  der  Wendung  donA  virgo  (CV.  508). 
»  CB.  1511  (=384). 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTUG.  LIBDERBUCH.  151 

£  seu  marido  de  castrar  verrSes 
nom  Ih'acham  par  de  Burgos  a  Carrhom, 
nem  a  eia  de  capar  galiSes 
fremosament',  . . .  assi  dés  mi  pardom  ! 
40    Tod'  esto  faz,  e  cata  bem  argxieiro, 

e  escanta  bem  per  olh'  e  per  calheiro  (?) 
e  sabe  maita  bSa  escantaçom! 

Nom  acharedes  em  toda  Castella, 
graças  a  dés,  de  que  mh'  agora  praz, 
45     melhor  ventmlho  nem  melhor  morcela 
do  que  a  ama  com  sa  mSo  faz. 
E  al  £elz  bem  como  diz  seu  mando: 
faz  bom  sounç',  e  lava  bem  transsido  (?), 
e  deità  bem  galinha  choca  assaz! 

Hat  Co  e  1  ho  also  ein  Wort  aus  der  familiären  Haussprache 
vorgebracht,  so  wartet  man  ihm  nun  mit  zwei  Dutzenden  da- 
von auf! 

Allein  blieb  Fernam  Garcia  gewifslich  nicht  auf  dem  Plane. 
Andere  Stimmen  fielen  chorweise  in  das  angestimmte  Lied  von  der 
ama  ein.  Der  eine  verhöhnt  den  Troubadour,  der  keine  bessere 
muse  mspirairice  und  Empfängerin  seiner  Gedichte  gefunden  hat 
als  eine  „Amme".  £in  zweiter  tadelt  den  populären  Ausdruck 
yyjunges  Blut"  [pastorinha)  als  schlecht  angewandt,  sowie  das  doppel- 
sinnige ama  als  unehrerbietig  und  geschmacklos.  Wieder  ein  anderer 
meint,  „ein  hübsches  Lärvchen  habe  die  Besungene  jedenfalls  nicht, 
denn  davon  habe  ihr  Verehrer  nichts  oder  so  gut  wie  nichts  ge- 
meldet**. 

Das  schliefse  ich  wenigstens  aus  Coelho's  Rückantwort  (denn 
die  betreifenden  Spottlieder  sind  nicht  erhalten).  Darin  beteuert 
er:  „£in  Troubadour  hat  mich  Lägen  gestraft  (das  heifst  wohl:  er 
hat  behauptet,  nicht  aus  den  von  mir  angeführten  Gründen,  nicht 
weil  sie  amada  ist,  werde  die  Amme  ama  genannt,  sondern  weil 
sie  eine  hausbackene  Wirtschafterin  ist).  Und  zum  Teil  tadelt  er 
mich  auch  mit  Recht  Ich  fehlte,  da  ich  ihre  Schönheit  nicht  ge- 
nugsam pries".  Und  nun  beginnt  das  stereotype  hofinännische  Lob  : 
„sie  ist  sanft,  verständig  im  Reden,  mafsvoll  im  Lachen  wie  in 
allem  Uebrigen  und  wohl  erfahren  in  allem  Guten.  Darum  bete 
ich  zum  Himmel,  er  möge  ihr  ins  Herz  den  Willen  legen,  mir 
wohlzuthun,  denn  sie  selbst  wage  ich  nicht,  darum  zu  bitten.  Ist 
sie  mir  aber  wohlgesinnt,  so  möchte  ich  mit  keinem  König,  noch 
Köm'gssohn  oder  Kaiser  tauschen,  so  mir  dadurch  ihre  Huld  ver- 
loren ginge".  Zum  Schlüsse  wiederholt  er  dann  die  Versiche- 
rung des  ersten  Liedes:  „ohne  sie  ist  jede  Gottesgabe  für  mich 
wertlos". 


152  CAROLINA  MICHAELIS  DE  VASCONCELLOS, 

m.t 

50  Desmentido  mh'-á  'qui  um  trobador 

do  que  eu  dixi  da  ama,  sem  razom; 

de  cottsas  pero,  e  de  cousas  nom. 

Mais  u  menti,  quero  mho  eu  dizer: 

u  nom  dixi  o  meo  do  parecer 
55     que  Ihi  mui  bSo  deu  nostro  senhor, 

Ca,  de  pram,  a  fez  melhor  parecer 
de  quantas  outras  eno  mundo  som, 
e  mui  mais  mansa;  e  mais  com  razom 
fa]ar  e  riir  c  tod'  al  fazer, 
60    e  fezo  Ihe  tam  muito  bem  saber 
que  em  todo  bem  é  mui  sabedor. 

E  por  esto  rogo  nostro  senhor 
que  ]he  meta  eno  seu  coraçom 
que  me  faca  bem,  poi -lo  a  eia  nom 
65     ouso  rogar;  e  se  m'  eia  fazer 
quisesse  bem,  nom  querria  seer 
rei,  nem  seu  filho,  nem  emperador,' 

se  per  i  seu  bem  ouvess'  a  perder, 
ca  sem  eia  nom  poss'  eu  bem  aver 
70    eoo  mundo,  nem  de  nostro  senhor! 

Solches  Loblied  muíste  er  natürlich  leisten,  um  die  Dame, 
welche  durch  ihn  zum  Gegenstand  öffentlicher  Besprechung  ge- 
worden war,  vor  weiterer  Verunglimpfung  zu  schützen.  Doch  läfst 
man  dem  Ammen -Verteidiger  nun  erst  recht  keine  Ruhe.  Ein 
Spielmann  greift  ihn  an,  vielleicht  aus  eigenem  Antrieb,  vielleicht 
im  Auftrag  eines  Troubadours:  „Ihr  seid  so  weit  in  der  Welt  herum- 
gekommen; habt  die  besten  Stätten  betreten,  hättet  also  Gelegen- 
heit gehabt,  Euch  unter  schönen  Edeldamen  die  „Huldin**  auszu- 
wählen: wie  kommt  es,  dafs  Ihr  Euch  trotzdem  an  Ammen  und 
Weberinnen  wendet?" 

Ihm  wird  zur  Antwort:  „Andere,  Kundigere  als  Du  und  in 
allen  Troubadour -Künsten  Bewanderte  haben  schon  das  Gleiche 
gefragt.  Ich  aber  entgegne  Euch:  wohl  sah  ich  sehr  edle  Frauen 
{btfas  donas)  weben  und  Schnüre  drehen  und  Gürtel  sticken,  und 
hörte  sie  auch  pastores  nennen".^  —  Der  Spielmann  —  er  heifst 
JuiSo  —  bedeuert  jedoch:  „Ich  hörte  nie  in  den  Landen,  durch 


*  CA.  170.  —  Varianten  aus  CB.  322  (=  266):  i  mh  d  acut  um  tro- 
bador —  2  disse  —  5  dix*  o  meyo  —  9  ^  mui  mais  mans*  e  mui  mais  com 
rcaom  —  1 1  e  feze  Ihi  —  15  rog'  a  N,  S,  —  14  Ihi  —  16  mi  —  16  ous*  a  rogar, 

'  Metrum  und  Reim  verlangen  diese  eigenartige  Rangordnung. 

'  Aus  beiden  Entgegnungsstrophen  Coelho's  wie  auch  aus  dem  Angriff 
des  Spielmanns  geht  hervor,  dafs  Lieder  unserer  Gruppe  verloren  sind.  Ein 
Gedicht,  in  welchem  Coelho  von  der  Webekunst  der  ama  spräche,  ist  ebenso 
wenig  vorhanden  wie  seine  erste  Antwort  auf  die  neugierigen  Fragen  der 
Troubadours, 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTUG.  LIEDERBUCH.  153 

die  ich  kam,  eine  Frau  Arn  m  e  nennen,  es  sei  denn  sie  habe  ,,der 
Ammen -Vorrechte  halber"  (por  emparamen/),  oder  um  Sold,  einen 
Monat  lang  wirkliche  Ammendienste  gethan.  Auch  sah  ich  nimmer 
Edelfrauen  weben;   nur  arme  elende  Geschöpfe". 

„Schon  einmal  habe  ich  darum  Streit  begonnen  mit  einem 
andern  Troubadour  (spricht  Coelho),  ihn  aber  gezwungen,  sich  für 
besiegt  zu  erklären,  wie  ich  jetzt  mit  Dir  thun  werde,  denn  ich 
sah  (wirklich)  Edelfrauen  sticken  und  weben,  und  Schnüre  wie 
Gürtel  bereiten,  und  sah  in  ihren  Gemächern  manch  schönes 
„junges  Blut"  (==  manch  „Schäfermädchen")  auferziehen." 

„Nein,  wo  ich  zu  leben  pñegte,  weben  Edeldamen  nicht,  noch 
sah  ich  bei  ehrbaren  Frauen  die  Wiege  am  Herdfeuer  stehen.** 

Da  wird  der  Dichter  zornig  und  fertigt  den  Spielmann  ab, 
das  letzte  Wort  behaltend:  „Was  kann  auch  ein  Nicht-Edler  wie 
Du  (ein  mal-viläo)  von  edler  Frauen  Art  und  Sitte  wissen?" 

IV.  i 
„Joaro  Soares,  de  pram,  as  melhores 
terras  aiidaste[s]  que  eu  nunca  vi: 
d'  averdes  donas  por  entendedores 
roui  fremosas  quaes  sei  que  á  i, 
75     fora  razom!     Mais  u  fostes  achar 
de  irdes  por  entendedores  fìlhar 
seropre  quand'  amas,  quando  tecedores?** 

„JuiSo,'  outros  mais  sabedores 
quiserom  ja  esto  saber  de  mi 
80    e  em  todo  trobar  roais  trobadores 

que  tu  nom  es.     Mais  direi  •  i'  o  que  vi  : 
vi  bOas  donas  teccr  e  lavrar 
cordas  e  cintas,  e  vi  Ihes  críar,^ 
per  bSa  fé,  mui  fremosas  pastores.** 

85  t>Joam  Soares,  nunca  vi  chamada 

molher  ama  ñas  terras  u  andei, 

se  por  emparament'  ou  por  soldada 

nom  criou  mez.    £  mais  vus  eu  direi: 

enas  terras  u  eu  soia  viver, 
90    nunca  mui  bSa  dona  vi  tecer, 

mais  vi  tecer  algOa  lazerada.'* 


*  CV.  786. 

*  Ju-t'à-o  ist  viersilbig,  wie  in  CV.  14.  —  Cfr.  juìgar  (=  judicare),  das 
während  der  ersten  Sprachperiode  dreisilbig  gesprochen  ward. 

*  Die  Vorlage  bietet  car,  wo  ich  criar  setze.  —  Es  liegt  nahe,  anzu- 
nehmen dafs  über  dem  c  die  übliche  Abbreviatur  für  r 4- Vokal  fehlt,  und  criar 
zu  lesen  (:^  grofsziehen).  Das  würde  vorzüglich  passen  ;  und  tier  in  Z.  27 
widersetzt  sich  nicht.  Nur  daCs  Coelho  in  seinem  ersten  Gedicht  die  ama 
selbst /a f/4?rmAa  genannt  bat,  könnte  dazu  bestimmen,  chamar  zu  wählen.  — 
Braga  druckt  caiar,  was  unannehmbar  ist. 


154  CAROLINA  MICHAELIS  DB  VAS0ONCBLL06, 

,  JoiSo,  por  est'  outra  vegada 
com  outro  tal  trobador  entramd:* 
fiz  Ihe  dizer  que  nom  dida  nada 
95     com'  ora  a  ti  d'  esta  rezom  &rei  : 
vi  bOas  donas  lavrar  et  tecer 
cordas  e  cintas,  e  vi  Ihes  teer 
mui  fremosas  pastores  na  pousada." 

,  Joam  Soares,  u  soia  viver, 
100    nom  tecem  donas,  nem  ar  vi  tSer 

berç*  ant'  o  fog*  a  dona  muit'  onrada." 

„JuiSo,  tu  deves  entender 
que  o  mal-vilSo  nom  pode  saber 
de  fazenda  de  bOa  dona  nada." 

Wann,  wo  und  wie  die  Sache  vor  den  hohen  Rat  der  Kunst- 
richter gekommen,  und  in  welcher  Form  sie  zum  Austrag  gebracht 
worden  ist,  das  wissen  wir  leider  nicht.  Auch  nicht,  ob  die  schon 
mitgeteilten  Gedichte  gleichfalls,  wie  die  folgenden,  bei  einem 
Sängerfeste  öffentlich  wurden.  Ich  komme  weiter  unten  darauf 
zurück.  Zunächst  sei  nur  gesagt,  dafs  ich,  auf  Grund  der  nächsten 
Lieder,  vermute,  D.  Joam  Soares  Coelho  selbst  habe  in  Santarem, 
wohin  er  sich  bei  Gelegenheit  eines  „Reichstages"  (Cortes)  begeben 
muíste,  in  heller  Freude  an  dem  kleinen  Sturm,  den  er  entfesselt, 
verlangt,  man  möge  über  sein  Unterfangen  in  aller  Form  aburteilen. 

Dafs  es  überhaupt  geschehen  ist,  ist  wenigstens  kaum  zweifelhaft. 
Ebenso  wenig  dafs  man  sein  Gesuch  mit  dem  ironischen  zwei- 
deutigen Bescheid  abwies:  „Lieder,  die  für  Ammen  und  Weberinnen 
bestimmt  seien,  gehörten  vor  ein  ganz  anderes  Forum.*  Coelho, 
dessen  Talent  man  auch  zu  Lande  wohl  zu  schätzen  wisse,  möge 
seine  Kunst  an  einem  würdigeren  Gegenstand  zeigen  und  „Besseres" 
erfinden." 

Was  für  boshañe  Anspielungen  sich  sonst  in  dem  nun  fol- 
genden, nicht  schönen  und  nicht  klaren  Rechtsspruch  des  Richters 
Airas  Peres  Vuitorom  verstecken,  und  welche  besondere  Pointe 
in  dem  Hinweis  ruht,  Coelho  solle  sich  mit  Martim  Alvelo 
messen,  auch  das  wird  sich  heute,  nach  sechs  Jahrhunderten,  nicht 
mehr  entscheiden  lassen,  da  dieses  Dichters  Werke  nicht  erhalten 
sind.  Höchstens  kann  man  raten,  gerade  Alvelo  habe  sich, 
alles   feineren  Geschmackes   bar,    nur  in  niederen  Sphären  bewegt 


^  Die  Tenzone  CV.  1022  kann  nicht  gemeint  sein. 

'  Lieder  für  Ammen  und  Weberinnen  rechnete  man  (wahrscheinlich)  zu 
jenen  niederen,  den  Handwerkern,  Soldaten  und  Bauern  gefälligen  Spielmanns- 
Weisen,  über  welche  Martim  Soares  spottet,  wo  er  einem  schlecht  dich- 
tenden Ritter  zuruft: 

Bemquisto  sodes  dos  alfaiates, 
dos  peliteiros  e  dos  moedores; 
do  vosso  bando  som  os  trompeiros 
e  os  jograes  dos  atambores.        (CV.  965.) 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTUG.  USDERBUCH.  I55 

Darum,  um  Co  e  1  ho  indirekt  Geschmacklosigkeit  und  niedere  Triebe 
vorzuwerfen,  habe  man  jenen  zu  seinem  Opponenten,  und  Airas 
Peres  Vuitorom  aus  ähnlichen  Gründen  zu  seinem  Richter  be- 
stellt Mehr  vermag  ich  aus  der  seichten  Reimerei  nicht  heraus- 
zulesen, die  der  Genannte,  natnriidi  auch  im  Auftrag  und  Namen 
Vieler,  wohl  des  ganzen  Co  e  1  ho  gegenüberstehenden  Dichter- 
kollegiums, (mit  „wir**)  vorbringt:  1 

V. 

105  Joam  Soares,  pero  vos  teedes 

que  trobades  em  esta  terra  bem, 

quero  vus  eu  conselhar  fia  rem: 

a  q  u  i  fazed'  esso  que  [vos]  sabedes  . . .,' 

ca  aqui  têem  vus  por  sabedor 
no    de  trobar;  mais  nos  trobamos  melhor, 

bem  entendemos  como  o  fazedes. 

E  se  vos  de  trobar  sabor  avedes, 
aqui  trobad'  —  e  faredes  i  sem  — 
em  o  Beote  cabo  Santarem,' 
115     ca  nossos  juizes  [som]^  que  nos  queredes, 
ca  bem  trobamos  d'  escamh'  e  d'  amor; 
mais  se  avedes  de  travar  sabor, 
Aiàrtim  Alvei*  é  aqui  com  quem  travedes.* 

E  por  travar'  no  que  nom  conhocedes, 
120    nom  vus  dariamos  nada  por  ém; 

ca  vus  direi  o  que  vus  or'  avem 

em  estes  juizes  que  vos  dizedes:'' 

cantar  julgamos  de  bom  trobador, 

mais  cantar  d'  ama^  nem  de  tecedor 
125     nunca  julgamos,  vo-lo  saberedes! 

Denn  aufser  Coelho,  Vuitorom,  Martim  Alvelo,  Juiäo, 
D.  Fernam  Garcia  und  Lourenço  werden  beim  feierlichen  Ver- 
lesen dieses  Urteilsspruches  unbedingt  noch  viele  andere  Genossen 
zugegen  gewesen  sein.  Einzelne  Stimmen  sind  vielleicht  für  den 
Ammen -Freund  laut  geworden;  oder  er  wird  wenigstens  Freunde 
aufgefordert  haben,  für  ihn  einzutreten.    Darunter  den  kecken  und 


*  CV.  1092. 

'  Das  kann  bedeuten:  thut  was  Ihr  versteht,   aber  auch:   thut  was 
Ihr  wifst  (=das  Bewuiste). 

*  Warum  ich  Beote  mit  groCsem  B  drucke,  wird  später  erläutert.    Siehe 
p.  1 70  Anm.  4. 

*  Vielleicht  juizos  =  Urteilssprüche?     Doch    giebt   auch  juizes  = 
Richter  einen  Sinn. 

*  Die  Vorlage  bietet  trobar  und  trabe  des,  —  Travar  bedeutet  =  Streit 
anfangen,  eine  Tenzone  beginnen. 

*  Hier  findet  sich  hingegen  travar,  wo  trobar  vorzuziehen  wäre. 
'  Auch  hier  vielleicht  ./Wà^f?    Oder  com  estes  juizesi 

"  Th.  Braga,    der  den  Zusammenhang  dieses  Gedichtes  mit  den  obigen 
nicht  erkannt  lut,  druckt  ruhig  das  widersinnige  Wort:  dama. 


156  CAROLINA  MICHAEUS  DB  VASCONCBLLOS, 

originellen  D.  Joam  Garcia,  dem  er  eine  gewisse  Selbständigkeit 
zutrauen  und  von  dem  er  vielleicht  gerade  in  dieser  Sache  Schutz 
und  Hülfe  erwarten  durfte  (s.  u.).  Dieser  aber,  der  beim  Beginn  des 
Streites  nicht  zugegen  gewesen  zu  sein  scheint,  weigert  sich,  Ammen 
zu  verteidigen.  Worauf  Coelho  ihn  schmäht  und  verleumdet:  er 
verstehe  nicht  zu  dichten;  die  Tenzonen,  die  Lourenço  als  Werke 
des  Joäo  Garcia  vortrage,  seien  des  Spielmanns  eigene  Arbeit 

Daraufhin  mufs  dann  der  in  seiner  Dichterwûrde  gekränkte 
D.  Joam  Garcia,  trotz  seines  anfanglichen  Sträubens,  selbst  das 
Wort  ergreifen.  Doch  spricht  er  nicht  zu  Coelho,  sondern  zu 
Lourenço:  „Ich  vernehme  seltsame  Kunde.  Man  verunglimpft 
meine  Tenzonen;  und  Du  sollst  sie  in  Schutz  nehmen.  Und  zwar 
hat  Joam  Soares  das  verlangt.  So  sage  Du  ihm  denn,  dafs  ich 
nur  „Edelfrauen"  lobe.  So  lang  ich  lebe  würde  ich  keine  Âmmen 
preisen.  . . .  Auch  habe  ich  nie  von  Edelfrauen  gesagt,  dafs  sie 
weben;  noch  habe  ich  ihre  Dienerinnen  (ma/adas)  besungen. .  . . 
Schnüre  und  Gürtel  habe  ich  verschenkt  und  selber  andere  em- 
pfangen, doch  niemals  Ammen  besungen.  Denen,  welche  in  meinem 
Hause  Ammendienste  thaten  [oder:  thun  werden?],  werde  ich  Woh- 
nung und  Kleidung  geben.  Lieben  werde  ich  Edeldamen.  —  Sag^ 
es  ihm,  Lourenço,  dafs  ich  immer  Edelfrauen  besinge  und  Anstofs 
nehme  an  solchen,  die  Saug -Ammen  feiern." 

YU 
Par  deus,  Lorenço,  muí  desaguisadas 
novas  oi  agora  'qui  dizer  : 
mhas  tençSes  quiseram  desfazer 
e  que  ar  fossem  por  ti  amparadas. 
130     Joara  Soares  foi,  c  di-lh*  assi 

que  louv'  eu  donas,  mais  nunca  por  mi 
mentr'  eu  viver',  seram  amas  loadas. 

£  se  eu  fosse  u  foram  escançadas^ 
aquestas  novas  de  que  ti  falei, 
135     Lourenço,  gram  verdade  ti  direi 
toda -las  novas  foram  acaladas:' 
(mais)  a  mi  e  a  ti  poss'  eu  bem  defender, 
ca  nunca  eu  donas  mandei  tccer* 
nem  Ihis  trobei  nunca  polas  matadas. 

140  Cordas  e  cintas  muitas  ei  eu  dadas, 

Lourenç',  a  donas,  e  elas  a  mi, 
mais  pero  nunca  com  donas  teci,^ 


>  CB.  I  SOI  (=  374). 

*  Escartçar  =  ausschenken,  verzapfen?     Oder  escantadasì     S.  u. 

*  Vielleicht  =  zum  Schweigen  gebracht?  niedergeschlagen? 

*  In  einem  jener  verlorenen  Gedichte  hatte  Coelho  also  den  Edelfrauen 
geraten,  zu  weben,  und  auch  ihre  leibeigenen  Dienerinnen  erwähnt.  —  Lieber 
ma/adas  s.  u. 

^  Coelho  selber  webend?    Ein  Herkules  mit  Spinnrocken?    Und  sollte 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTUG.  LIEDERBUCH.  I57 

nero  trobei  nunca  por  amas  „honradas"! 
Aas  que  me  criarem,  dar-lhis-ei' 
145     seropr' em  que  vivam,  e  vesti -las -ei, 
e  serám  donas  de  mi  sempr*  amadas' 

Lourenço,  di-lhe  que  sempre  trobei 
por  bOas  donas,  e  sempr'  estranhei 
os  que  trobavam  por  amas  mamadas. 

Von  der  Wirkung,  welche  der  rücksichtslose  Urteilsspruch  des 
Airas  Peres  Vuitorom  und  dieser  Absagebrief  des  D.  Joam 
G  arci  a  auf  Coelho  ausübten,  erkennen  wir  nur  so  viel,  dafs  er 
(gleichviel  ob  in  Wahrheit  oder  zum  Scherz)  ergrimmte  und  Pamphlet- 
Lieder  gegen  D.  Joam  Garcia,  Airas  Peres  Vuitorom,  Martim 
A  Ivel  o  und  den  Spielmann  Lourenço  schleuderte.  Blofs  D.  Fer- 
nam  Garcia  und  JuiSo  gingen  leer  aus,  wenn  anders  nicht  die 
ihnen  gewidmeten  Schmähgedichte  allein  für  uns  verloren  sind. 

Dem  Joam  Garcia  wartet  er  mit  folgenden,  gegen  seine  Kom- 
petenz und  seine  Blaublûtigkeit  gerichteten  Betrachtungen  auf:  „Herr 
Joam  Garda  hat  sich  gerühmt  und  frei  erfunden,  er  verteile  Geschenke 
an  sehr  edle  Frauen  und  biete  ihnen  seine  Lieder.  Ich  aber  habe 
vernommen:  der  Vogt  klage  über  solches  Gebahren  und  werde  es 
durchsetzen,  dafs,  wer  nicht  dazu  (durch  Geburt  oder  Talent)  be- 
rechtigt sei,  fûrderhin  auch  nicht  mehr  neos  donas  noch  m/ancKas 
besinge.  Der  König  selber  habe  zornig  angeordnet,  dafs  nur  die 
adligsten  (=  besten)  Troubadours  die  höchst  gestellten  Frauen  be- 
singen sollten.  Der  coiet/e  (s.  u.)  aber,  der  zu  dichten  wisse  und 
begehre,  möge  immerhin  dichten,  doch  solle  er  seine  Herzensdame 
auch  wahrheitsgemäfs  coteifa  nennen.  Und  der  dichtende  Bauer 
{piläo)  ebenso  die  seine:  viläa,  Oder  auch  (denn  die  Stelle  ist  mir 
nicht  ganz  klar)  der  coteife  solle  seiner  coteifa,  und  der  viläo  seiner 
viläa  Lieder  widmen,  in  denen  er  sie  dann  getrost  „Herrin"  (senhor) 
anreden  dürfe.     So  komme  jeder  zu  seinem  Rechte."^ 

vn. 

150  Joam  Garcia  tal  se  foi  loar 

e  enfinger  que  dava  sas  dSas 

e  que  trobava  por  donas  mui  boas, 

e  oí  end'  o  meirinho  queixar 

e  dizer  que  farà,  se  Deus  quiser, 
155     que  nom  trobe  quem  trobar  nom  dever, 

por  ricas  donas  nem  por  infançSas. 

er   sich   dessen   gar  gerühmt  haben?     So  wäre  es  doppelt  schade  um  das  ver- 
lorene Lied,  auf  welches  D.  JoSo  Garcia  sich  bezieht  ! 

*  Vorlage:  mays  ^  ne  criard. 

*  Das  könnte  heifsen:  „und  sie  (die  Ammen)  werden  von  mir  geliebte 
Frauen  sein".  Doch  ist  das  gegensätzlich  gefaCste:  „und  Edelfrauen  werden 
von  mir  geliebt  werden**  wohl  sach-entsprechender.  Man  könnte  auf  die  Ver- 
mutung kommen,  die  von  Coelho  gepriesene  Ama  habe  im  Hause  des  D.  Joam 
Garcia  gelebt,  doch  halte  ich  sie  för  ungerechtfertigt. 

»  CV.  1024. 


158  CAROUNA  MICHAELIS  DE  VASCONCBLLOS, 

E  oí  n'  outro  dia  ém  qneixar 
fias  coteifas  e  oatras  cochOas, 
e  o  meirìnho  Ihis  disse:  „YarOas, 
160    nom  vus  qaeixedes,  ca  se  eu  tomar', 
eu  vus  farei  que  nenhum  trobador 
nom  trobe  em  talho  se  nom  de  quai  for*,^ 
nem  ar  trobe  por  mais  alias  pessOas; 

Ca  manda  '1-rey,  porque  á  ém  despeito, 
165     que  trobem  os  melhores  trobadores 

polas  mais  altas  donas  e  melhores, 

e  tern  [o]  assi  por  razom  com  proveito; 

e  o  coteife  que  for  trobador, 

trobe,  mais  cham'  a  coteifa  „senhor"* 
170    e  andaram  os  preitos  com  dereito. 

E  o  vilSo  que  trobar  souber, 
que  trob'  e  chame  viläa  sa  molher,* 
e  averá  cada  um  o  seu  dereito! 

Doch  nicht  genug  damit,  giefst  er  die  Schale  seines  Zoras 
noch  einmal  über  D.  Joam  Garcia  aus  in  einem  Streitgedicht  mit 
dem  schon  erwähnten  Spielmann  Lourenço.  Die  Anklagen  über 
die  Unechtheit  der  dem  D.  Joam  Garcia  zugeschriebenen  Tenzonen 
kehrt  er  nun  in  ihr  Gegenteil  um  und  spöttelt:  „Der  Wahrheit  die 
Ehre  !  Nein,  nicht  Du,  Lourenço,  machst  Deinem  Troubadour  seine 
Lieder  (wie  ich  behauptet  habe):  er  macht  Dir  die  Deinen,  wie 
ich  daraus  ersehe,  dafs  sie  in  Metrum  und  Reim  gar  so  fehlerhaft 
sind."  Und  als  jener  entgegnet:  „Immer  ist  Ehrlichkeit  meine  Ge^ 
nossin  gewesen.  Wollte  Gott,  ich  hätte  so  viel  Dichtergabe,  als 
ich  von  ihr  (der  lealdade)  besitze,  dann  könnt'  ich  schöne  Lieder 
dichten  und  zwar  aus  Barmherzigkeit  (d.  h.  als  Almosen  für  andere)! 
Lafs  mich  in  Ruh*  und  bring*  Dein  Anliegen  bei  Joam  Garcia  zum 
Austrag!**,  da  wiederholt  Coelho  (in  Strophe  3)  dieselben  Unter- 
stellungen noch  einmal  und  höhnt:  „So  schlechte  Verse  hätte  ich 
Dir  nicht  zugetraut!  £s  mufs  wahr  sein,  dafs  Joam  Garda  sie 
statt  Deiner  verfafst  hat." 


^  ,,Kein  Troubadour  soll  dichten  aufser  nach  dem  Schnitt  und  Mafse, 
von  welchem  er  ist",  d.h.  der  König  königlich,  der  Bauer  bäuerisch,  der 
Priester  priesterlich?  —  Ueber  talho  s.  u. 

*u.  *  Die  Vorlage  bietet  chama  coteyfa  senhor;  das  wäre  chanC  a  coteyfa 
„senhor**  und  que  troò*  e  chame  „senhor**  sa  molher.  Das  wurde  also  heifsen, 
im  Einklang  mit  Z.  162:  „auch  die  kleinbürgerlichen  und  bäuerlichen  Trouba> 
dours  mögen  immerhin  ihre  Damen  „senhor"  anreden,  wenn  sie  dieselben  nur, 
dem  Erlafs  des  Königs  gemäfs,  aus  den  Frauen  ihres  Standes,  ihrer  Art,  ihres 
Schnittes  wählen'*.  Auch  das  hätte  einen  Sinn,  und  wir  könnten  den  Text 
unberührt  stehen  lassen. 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTUG.  UBDBRBUCH.  1 59 

„Quem  ama  Dens,  Lourenç',  ama  verdade! 
175    £  farei  eh'  entender  por  qué  o  digo: 

orne  que  entençom  furt*  a  seu  amigo, 

semelha  ramo  de  deslealdade; 

e  tu  dizes  que  entençôes  íaes 

que,  pois  nom  rimam  e  som  desiguaes, 
180    sei  m'  eu  que  ch'  as  faz  Joam  de  Guilhade.** 

„Joam  Soares,  ora  m'  ascuitade: 
en  ouvi  sempre  lealdade  migo: 
e  qnem  tam  gram  parte  ouvesse  sigo 
em  trobar  com'  eu  ém,  par  caridade 
185     bem  podia  fazer  tençSes  quaes 

fossem  bem-feitas;  e  direi  vus  mais: 
là  com  Joam  Garcia  baratade!*' 

„Pero  Lourenço,  pero  t'  eu  oia 
tençom  desigual  e  que  nom  rimava, 
190    pero  qu'  essa  entençom  de  ti  falava, 
demo  lev'  esso  que  te  eu  criia, 
ca  nom  cuidei  que  entençom  soubesses 
tam  desigual  fazer,  nem  -  na  fezesses  . . . 
mais  sei  m'  en  que  cha  fez  Joam  Garcia!" 

195  Joam  Soares,  par  santa  Maria, 

fìz  eu  entençom  e  bem  a  ignava 

com  outro  trobador  que  bem  trobava, 

e  de  nos'  ambos  bem  feita  seria. 

£  nom  volo  poss'  eu  mais  [per]  jurar, 
200    mais  se  [um]  trobador  migu'  entençar, 

defender- mi -Ih'ei  mui  bem  todavia/' 

Der  Spielmann  schliefst  also  mit  dem  Eidschwur:  „Bei  der 
heiligen  Jungfrau,  ich  habe  meinen  Tenzonen-Teil  allein  gemacht 
und  zwar  in  richtig  gemessenen,  der  Angriffsstrophe  entsprechenden 
Zeilen.  Und  auch  der  andere  Troubadour,  mit  dem  ich  dichtete, 
hat  seine  Sache  gut  gemacht.  Beide  haben  wir  brav  gearbeitet 
Will  aber  ein  Troubadour  mit  mir  anbinden  (wie  Du  es  thust),  so 
werde  ich  mich  schon  verteidigen  und  zwar  so  gut,  dafs  ich  Sieger 
bleibe  (wie  hiermit  geschehen  ist)."'^ 

»  CV.  1022. 

*  Vorlage:  vos. 

*  Manchmal  sagt  zwar  der  Angreifer  im  Schlufssatz:  „ich  habe  Dich 
besiegt:  gieb  Du  es  zu*',  wie  z.B.  Joam  Vaasques  (de  Talaver a),  dem 
Pedr' Amigo  gegenüber,  wo  er  behauptet: 

Ai  Pedramigo,  pois  vus  ja  venci 
d'  esta  tençom  que  vosco  cometí, 
nunca  ar  mig*  afUbedes  perfìa!         (CB.  1559.) 

Doch   widerspricht   der   Gegner   selbstverständlich   in   seiner  unentbehrlichen 
Reim  -Antwort  : 


1 6o  CAROLINA  MICHAELIS  DK  VASCONCELLOS, 

Da  hätte  also  D.  Joam  Garcia  den  Kürzeren  gezogen.  Der 
Spielmann  behielt  das  letzte  Wort  (wie  übrigens  in  allen  Tenzonen 
der  angegriffene  Teil)! 

Dem  Airas  Peres  Vuitorom,  der  sich  erdreistet  hat,  über  ihn 
zu  Gericht  zu  sitzen,  leuchtet  er  mit  anderen  Grobheiten  heim. 

„Wer  £uch  zum  Kunstrichter  eingesetzt  hat,  verstand  wahr- 
haftig nichts  von  Kunst  .  . .  oder  doch  !  .  .  .  vielleicht  wufste  er  um 
die  (jüngsten)  zwei  Gedichte,  die  ich  auf  Euch  gemünzt  habe,  von 
älteren  sechs  oder  sieben  zu  schweigen.^  Geschah  es  darum,  damit 
Ihr  Euch  über  jene  Werke  äufsertet  (die  natürlich  fur  Vuitorom 
schimpflich  waren),  so  bewillige  auch  ich  Euch,  dafs  Ihr  über  midi 
ein  Urteil  fallt*'  Die  letzte,  dunkle  Strophe  geht  dann  scheinbar 
und  auflalligerweise  zu  einem  anderen  G^enstand  über  und  redet 
von  einem  Komthur,  der  herbeigerufen  werden  soll  und  der,  ohne 
Coelho's  Mitwirkung,  im  Namen  des  Königs  ernannt  worden  ist 
Wahrscheinlich  aber  auch  nur  scheinbar.  In  Wirklichkeit  wird 
wohl  ein  Zusammenhang  zwischen  den  erwähnten  Liedern  und  dem 
unbekannten  Komthur  bestanden  haben.  Vielleicht  ist  er  sogar  ein 
und  dieselbe  Person  mit  Vuitorom?* 

IX.Î 

Dom  Baytorom,  o  qne  vos  a  tos  dea 
sobre  los  trobadores  a  jolgar,* 
oa  nom  sabia  que  x'  era  trobar, 
205     ou  sabia  como  tus  trobei  en, 

que  [vus]  trobei  duas  Teses  mui  bem, 
e  se  vus  el  fe2[o]  juiz  por  ¿m 
de  nos*  julgardes  outor^-vol' eu. 

£  se  vus  el  por  esto  fez  juiz, 
210     dom  Vuytorom.  devede- l'a  seer, 
ca  vus  soub*  eu  dous  cantares  £uer 
(sem  outrcks  sex  ou  sete  que  vus  fiz) 
yxxï  que  de^'edes  julgar  corn  razom, 

215     jjul^d*  os  cantares  que  vus  eu  &z. 

Ivviai  Vaasqu«.  sei  que  njm  é  assi 
d*  cs;i  ten^x^m.  ca  errastes  vos  i, 
c  dùs>*  eu  l>em  quanto  dUer  devia! 

»  \Yu  keuuea  Veine*  dieser  5— ^  Sçvjiilieder  auf  Vuitorom. 

*  S^xUhc  AttM^v.ovì.T'.JLlnu:^  eiaer  Person  in  rrei  (oder  mehr)  ist  in  dea 
iH^itu^.  Sivntítsiichtea  hA'¿tt¿. 

*  i  V.  to:;. 

*  IV  f^J.^t^    *ìad:    Co  el  H  o   uni  sein  Ankancr    oder  noch  andere 

l  Vhtei  ■ 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTUG.  UEDERBUCH.  l6f 

£  pois  jnigardes  como  vas  trobei, 
e  ar- chamad'  o  comendador  i 
qae  fezerom  comendador  sem  mi 
de  mhas  comendas,  per  força  de  rei; 
220    e  o  que  ora  ñas  alcas  está(?) 

se  o  eu  deitei,^  entregar  -  mhas  •  á, 
ca  todas  estas  som  forças  de  rei. 

Zielscheibe  des  letzten  und  giftigsten  Pfeiles  ist  dann  M  arti  m 
Alvelo:  wir  dürfen  annehmen,  weil  er  die  allerplumpsten  Ge- 
schosse gegen  den  im  grofsen  und  ganzen  mafsvollen  Gegner  ge- 
schleudert hatte. 

Mehr  noch  als  in  den  übrigen  Fällen  mufs  ich  an  dieser  Stelle 
meine  Dolmetscher-Fertigkeit  verwerten,  damit  aus  vaguen  und  ver- 
derbten Andeutungen  ein  Sinn  herausdestilliert  werde  —  der 
Stimme  der  Kritik  gewärtig,  die  ihr  „/r<7</f'/ör^/"  spricht,  und  von 
Unterlegungen  statt  Auslegungen  redet.  An  eine  eigentliche 
Restauration  des  arg  verstümmelten  unsauberen  Gedichtes  mache 
ich  mich  nicht.  Wenn  meine  Mutmafsung  —  gewisse,  dem  Spott- 
namen Alvelo  zu  Grunde  liegende  physische  Gebrechen  seien  der 
eigentliche  Gegenstand  aller  sich  mit  dem  verschollenen  Trouba- 
dour Martim  Alvelo  beschäftigenden  Spottreime  —  den  Nagel  auf 
den  Kopf  trifit,  so  ist  damit  schon  etwas  gewonnen.  Das  aufser- 
gewöhnliche  weifse  Haar  des  Kakerlaken  Martim  Alvelo  führte 
meiner  Deutung  nach  naturgemäfs  dahin,  dafs  Spötter  ihn  von 
Jugend  an  als  „alten  Mann"  verlachten  und  das  doppelsinnige  Wort 
cäo  auf  ihn  anwendeten  [=  caniis  und  cani5\.  Mit  der  Witz-Farpa 
y^äo  pastor^\  die  ihm  von  einigen  Liederdichtem  ins  Fleisch  gebohrt 
ward  ,2  traf  man  die  beiden  hervorstechendsten  Eigenschaften  des 
„Weifslings*'  mit  einem  Schlag  und  hänselte  ihn  als  „langhaarigen 
Hirtenhund"  und  zugleich  als  „weifshaarigen  Hirtenbuben",  „alten 
Jungen"  oder  „Verliebten-Schäfer  mit  weifsem  Haar**.* 

Darum  beginnt  Joam  Soares  Coelho: 


^  Oder:  se  o  dereit*  eii  Mir  ist,  wie  gesagt,  die  ganze  Strophe  nicht  ge- 
nügend klar.  —  Vielleicht  war  Vuitorom  nicht  nur  Kunstrichter,  sondern 
gehörte  zu  irgend  einer  der  alçadas,  welche  von  Alfons  III.  und  D.  Denis 
hehufs  der  InquiriçSes  Geraes  eingesetzt  wurden,  um  die  angemafsten  Vor- 
rechte von  Adel  und  Klerisei  zu  prüfen.     S.  u. 

■  S.  CV.  1079  und  1092.  —  Ueber  Pastor  s.  unten. 

*  „Langhaarig'*  vielleicht  nur  in  dem  Sinne,  in  dem  das  Volk  den 
Schwarzen  ironisch  JoSo  „Branco"  nennt?  Die  „siehen"  Haare,  von  denen 
Coelho  redet,  und  der  Rat,  dieselben  unter  einer  Kapuze  {capello)  zu  verstedcen, 
scheinen  far  relative  Kahlheit  des  Besungenen  zu  sprechen.  Doch  wäre  et 
auch  nicht  unmöglich,  dafs  der  Verspottete  seine  üppige  falbe  Mähne  frauen- 
oder  künstlerhaft  über  die  Schultern  herabwallen  liefs,  aus  seiner  auflalligsten 
„schwachen  Seite"  seine  Force  machend.  —  Wenn  die  in  der  zweiten  Strophe 
genannten  bunten  trinckeiras  und  transmoleiras  Teilstücke  einer  helmartigen 
Kopfbedeckung  sind,  d.  h.  wenn  Alvelo  statt  der  ihm  anempfohlenen  schlichten 
Kapuze  eine  capellina  trug,  wie  ich  vermute,  so  ist  die  erste  Vermutung  die 
begründetere. 

Zettschr.  £  rom.  PhiL  XX*  II 


»3S.     3nK 


la&K  msikàa  ìl' 


Heta    und  die  sdtmQckai 
Aasao-r    »  >asf    rr   jaaeg    lad  xme  Jain  nicht  unter  lûgne- 


Dsï  xrrjarañh^ie  Leser  mû  imcäca,  ob  idi  die  obigen  rehn 
fi^''^»^  an:  Fug  iem:  Recii:  za  einer  Gnq>pe  geeint  habe,  ob  der 

isc,   òca  Gedankengang   dordi   Einfâ^unir  der 


jx   ernczes,   wie  ancfa,  ob  die   von   mir  her- 
¿¡«cdL^e    Resbsdc  '^ze  öe  iDc^Jdisl   beste   ist     Dafs  No.  4  ebenso 
rt  Tcc  5.  znd  S  voc  7  «¿Lgeordnet  werden  kann,   dafs   auch  die 

Nznaaen:  TieDescfat  schon  vor  dem  hohen  Rat  ab- 
?c   worden   SÎI.C,   isî  kiar.   doch   ändert  es  am  Verlauf  des 
AmiDeLsress  rJcäts  WesectÜches. 

In  àe^  Inhaiisangaboi  habe  ich  zonächst  nur  das  ünentbehr- 
iicÄe  r-erócksjchiigi .  viele  Einzelnheiten  aber  bei  Seite  gelassen, 
\ozi  desen  ich  nun  die  wichtigeren  zu  erledigen  versuche. 

Die  erste  Frage  mufs  lauten:  Was  verstanden  die  Portugiesen 
im  13- Jh.  unter  einer  aaulf 


»  CV.  1025. 

*  Mo^Ücherweis«  ist  das  cûf^r  der  Vorlage  gut  und  bietet  die  ältere 
Form  des  Wortes  (Koppe  =  Kopf),  die  ja  im  Kastilischen  die  übliche  ist 
Doch  Ende  ich  sie  sonst  im  Candooeiro  nicht,  sondern  fiberaU  iopeU,  z.B. 
CV.93Ï  und  Alf.  X.  CM.  369. 

»  Vidlcicht:  Muäos  ciu  vej§  Söbefo  (O  que  gratta  entefô  Em  toda 
mdk^  a\,  oder,  da  die  leUle  Zeile  zu  lang  ist,  /«i  to  molher  d  =  „Vid  io 
riele  [Haare]  sehe  ich  bei  Dir,  was  grolien  Ekd  in  jeder  [Deiner]  Frau  hcr- 
Torbringt**.  Das  Lied  fahrt  fort  ^  d^  trinckeùras  E  das  transmoUiras  Ti 
quero  dáMtr:  Veja  di  as  veiras  ...  Ca  a  vêUUce,  Pois  enee.  Sei  mem  quer 
sandece  ... 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTUG.  LIEDERBUCH.  163 

Darüber,  dafs  auf  der  Halbinsel  (wie  in  Deutschland)  jenes 
I^llwort  der  lateinischen  Kindersprache  ursprünglich  nur  die 
Säuger  in  benannte,  kann  kein  Zweifel  walten.  Sehr  früh  aber 
mufste  die  gleiche  Bezeichnung  auf  die  nicht  mehr  nährende 
Kinderpflegerin  ausgedehnt  werden,  da  man  von  jeher  und 
allerwärts  ungern  die  Amme  von  einem  Kinde,  an  dem  sie  mit 
Mutterliebe  hing,  trennte  und  sie  daher  oftmals  im  Hause  erst  zur 
Kindermagd  1  und  Bonne,  später  aber,  mit  wachsendem  Alter,  zur 
lehrenden  und  erziehenden  Gouvernante  oder  zur  in  der  Fa- 
milie waltenden  Haushälterin  und  praktischen  Vertreterin  der 
Hausfrau  avancieren  liefs,  unter  steter  Beibehaltung  des  Namens 
„Amme'S  der  demgemäfs  manchem  ergrauten  Mütterchen  bis  an 
sein  Lebensende  eignet  Dafs  die  übliche  Benennung  fur  „Haus- 
hälterin" dann  in  dritter  Linie  auch  auf  die  wirkliche  Hausfrau 
angewendet  worden  ¡st,  zuerst  nur  wenn  man  ihre  häuslichen  Eigen- 
schaften lobte  —  [é  boa  ama;  è  sua  propria  am<i\  — ,  ist  auch  nicht 
eben  merkwürdig.  Heute  bedeutet  es,  in  vierter  Linie,  die  Brot- 
herrin. —  Dem  entsprechend  existiert  das  aus  ama  abgezogene 
männliche  Gegenstück  amo  =  der  Brotherr,  das  früher  den  Er- 
zieher und  Nährvater  benannte,  zu  allererst  aber  nichts  als  den 
Mann  der  Säugerin.  Der  Plural  os  amos  ist  jetzt  der  Name  der 
Herrschaft ,2  sowohl  den  Bediensteten  gegenüber,  als  auch  in 
ihrem  Munde,  benannte  früher  natürlich  aber  die  Nähreltern,  die 
gemeinsam  mit  der  Pflege  eines  Kindes  betraut  und  für  dieselbe 
verantwortlich  waren. 

An  welche  der  ersten  drei  Bedeutungen  von  ama  dachten  die 
altportugiesischen  Dichter?  (Von  der  vierten  kenne  ich  kein  altes 
Beispiel.)'^*     Zweifelsohne  an   die   erste    und   dritte.     Bald  ist  es 


'  Wo  Differenzierung  nötig  wird,  nennt  man  die  eigentliche  Amme  beute: 
ama  de  leite  oder  anta  de  petto  [span,  ama  de  cria,  ama  de  leche\  entsprechend 
deutschem  Kindamme,  Saugamme;  das  Kindermädchen  hingegen  (zum 
grofsen  Ergötzen  aller  Fremden):  amä  secca  (span,  auch  noch  ama  de  óranos); 
die  Haushälterin  bei  Junggesellen,  d.  h.  bei  Studenten  und  Geistlichen, 
blofs:  ama,  ohne  Zusatz  [span,  auch  ama  de  /laves,  ama  de  ¿'obierno']. 

^  Os  senhores,  os  patries  ist  in  der  Stadt  ebenso  üblich  ;  auf  dem  Lande 
ist  heute  noch  amos  die  gebräuchlichere  Formel. 

•  Die  Fülle  der  Sprichwörter  über  „Herren  und  Diener"  zeigt,  dafs 
am«»  =  Brotherr  trotzdem  zum  alten  Erbbesitz  der  Sprache  gehören  mufs. 
Man  höre  die  Volksweisheit:  I.  Qtmtro  cousas  quer  0  amo  Ao  moco  que  Ihe 
serve:  Deitar  tarde,  ergtier  cedo.  Comer  pouco,  cara  alegre!  2.  Mau  ¿  ter 
moco,  mas  peor  é  ter  amo,  3.  Nem  zombando  nem  de  veras  com  teu  amo 
jogues  as  peras,  4.  Tal  amo,  tal  creado,  5.  A  mau  amo,  mau  moco  und 
umgekehrt  A  mau  moco,  mau  amo.  6.  Tarn  bom  ¿  Pedro  como  seu  amo, 
7.  Em  quanto  o  amo  bebe,  o  creado  espere,  8.  Ao  cabo  de  um.  anno  tern  o 
criado  as  man/tas  do  amo,  9.  Anda  a  teu  amo  a  sabor,  se  queres  ser  bom 
servidor,  10.  Aíau  amo  has  de  agradar  com  medo  de  empeorar,  \\,  Sé 
moco  bem  mandado,  comerás  d  mesa  com  teu  amo,  12.  Que  chova  que  nao 
chiva,  meu  amo  me  dará  que  coma,  13.  Honra  ¿  dos  amos  o  que  se  fa% 
Oes  criados.  Völlig  gleichbedeutend  mit  Herr  undBesitzer  ist  es  in:  O  olho 
dé  amo  engorda  o  cavallo,  O  melhor  penso  do  cavallo  ¿  o  penso  do  amo, 
ote  in  GtSlinha  que  canta  de  gallo,  quer  em  breve  0  amo  no  adro,   vom 

II» 


1 64  CAROLINA  MICHAELIS  DE  VASCONCKLLOS, 

die  Nähramme,  bald  die  Hausfrau,  die  den  Augen  der  Dichtenden 
vorschwebt  Eine  bestimmte  Reihe  von  Phrasen  kann  sich  nur  auf 
eine,  Mutterpñichten  erfüllende  Ernährerin  beziehen  ;>  andere  be- 
treffen nur  die  Regiererin  eines  Hausstandes;^  einige  Male  mögen 
beide  gleichzeitig  gemeint  sein.3 

Wo  aber  das  erste  geschieht,  hat  man  da  eine  gewöhnliche 
Âmme  im  Auge?  d.  h.  eine  bedürftige  Landfrau,  die  um  des  reich- 
lichen Erwerbes  willen  ihr  eigenes  Kind  halb  oder  ganz  im  Stiche 
läfst  und  als  Magd  in  einem  fremden  Hause  dient?  wenn  m*cht 
gar  ein  unglückliches,  zu  Fall  gekommenes  Mädchen,  welches  das 
gleiche  thut?  Haben  wir  sie  uns  im  Heim  eines  der  Troubadours, 
vielleicht  des  D.  Joam  Garcia,  zu  denken?  Mir  will  es  nicht  so 
scheinen.  In  diesem  Falle  hätten  die  derben  Halbbarbaren,  die 
so  gern  auf  der  Bank  der  Spötter  sitzen,  wohl  einen  ganz  ver- 
schiedenen Ton  angeschlagen!  Auch  wird  ja  zweimal  der  marido^ 
der  ama  erwähnt,  imd  was  von  ihrem  Hauswesen  erzählt  wird,  läfst 
auf  Wohlstand  schliefsen.  Die  Amme,  die  im  Königspalaste  unter 
Ricos  homes  in  einem  ernst  gemeinten  und  würdig  abgefafsten 
Liebeslied  höfischen  Stils  gefeiert  wird,  mufs  eine  relativ  hohe 
Stellung  eingenommen  haben,  eine  Edelfrau  gewesen  sein,  ob  auch 
die  Troubadours  dem  aggressiven  ^^molher*^  und  y^ma^^  des  D.  Joam 
Scares  Coelho  ihr  Lob  und  Preis  der  wahren  rica  dona  und  bòa 
dottai  gegenüberstellen,  gleich  als  wollten  sie  ihm  und  ihr  die 
Volkssentenz  vorhalten:  Quem  é  ama,  non  ¿  dama.  Wer  sich  dazu 
hergiebt,  Ammendienste  zu  thun,  gleichviel  ob  im  eigenen  Heim 
oder  nicht,  hört  auf,  Dame  zu  sein  und  als  solche  betrachtet  zu 
werden.® 


portugiesischen  Liedchen  :  „Der  Herr,  der  schickt  den  Jochen  aus"  zu  schweigen 
\Manda  0  amo  ao  moco,  0  moco  ao  gato,  o  gato  ao  rato  etc.).  —  Von  der 
Amme  hingegen  weifs  der  Mutterwitz  der  Südländer  so  gut  wie  nichts  zu  er- 
zählen. Ich  kenne  nur  ein  portugiesisches  Sprichwort  über  sie,  das  im  Text  ver- 
wertet wird,  und  das  spanische,  auch  von  H  all  er  verzeichnete  (No.  387) 
Ama  sois,  ama  \mientras  el  niño  mama.  Desque  no  mama,  ni  ama  niñada^; 
und  auf  die  tüchtige  Hausfrau  die  Reihe:  el  ama  brava,  llave  es  de  su 
casa.  --  Von  König  und  Königin  sagte  das  Hofpersonal  stets  und  sagt 
heute  noch  dann  und  wann:  el  rey  meu  amo  und  a  rainha  minha  ama 
(nur  die  Granden,  vom  Marschall  aufwärts,  sagten  minha  senhora), 

*  Z.  87 — 88,  loi,  144  und  149. 
■  Das  ganze  zweite  Lied. 

ö  Vermutlich  in  Z.  i  und  22,  57,  77. 

*  In  Z.  36  und  47. 

»  Molher,  das  in  den  höfischen  Liedern  nicht  gerade  häufig  verwertet  ward 
(z.  B.  CV.  826  und  1 183),  kommt  mit  Bezug  auf  die  ama  in  Z.  14,  27  und  29  und 
sonst  noch  in  Z.  40  vor.  Wo  unsere  10  Lieder  hingegen  das  Wort  dona,  donas 
oder  hdas  donas,  ricas  donas,  altas  donas  benutzen  (Z.  82,  90,  96,  IOC,  1 04, 
13».  '33.  M».  142,  146,  147.  »52,  156,  166),  ist,  wie  angedeutet,  nicht  von 
<ler  ama  dio  Rede.  Vielleicht  wird  es  als  Gegensatz  zu  ama  und  molher  zu 
faiscn  sein.  —  Anderwärts  steht  es  im  Gegensatz  zu  donzella, 

^  M«n  dreht  es  auch  um  und  sagt  „Quem  ¿  dama,  nao  ¿  ama".  Die 
darin  zum  Ausdruck  kommende  Auffassung,  die  im  Süden  noch  heute  die 
horrichende  iit,   ward,    ohne  Nachdruck   und  ohne  Eindruck,   im  17.  Jh.  von 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTUG.  LIEDERBUCH.  165 

£m  Drittes  ist  jedoch  möglich.  Die  Âmme  konnte  £delfrau  und 
dennoch  die  Ernährerin  eines  fremden  Kindes  sein:  Königsamme 
namlichy  oder  Prinzenamme  im  Königspalaste.  Denn  in  der  alten 
Zeit,  die  in  dieser  Hinsicht  gut  war  —  und  sie  dauerte  in  Bezug 
auf  diese  £inzelnheit  bis  zur  Geburt  Johannas  HL  (1502)^  —  wurden 
portugiesische  (oder  allgemeiner  hispanische)  Königskinder  nur  vor- 
nehmen Frauen  von  ausgesuchter  Tüchtigkeit  Leibes  wie  der  Seele, 
anvertraut^  Aus  welchen  Kreisen  man  die  Königsammen  wählte, 
und  auch  wie  man  sie  um  ihres  Opferdienstes  willen  ehrte  und 
lohnte,  das  zeigen  erstens  mannigfaltige  Dokumente  (Schenkungs- 
urkunden und  Grabschriften),  dann  die  Häufigkeit  und  Herzlichkeit, 
mit  der  die  Ammen -Söhne  als  Milchbrüder  (coilaços)  bezeichnet 
werden,  vor  allem  aber  die  hohen  Ehrenämter,  welche  einige  der- 
selben bekleidet  haben.^ 

Da  man  Beispiele  verlangen  wird,  so  wähle  ich  aus  der  grofsen 
Fülle,  die  sich  darbietet,  in  Kürze,  gerade  aus  der  Troubadour- 
epoche, die  in  Alcobaça  begrabene  D.Elvira  Pires  (t  1263),  nNuirix 
Domini  Aìphonsi  Quinti  Regis  Poriugalliae  et  Algarbii^,  deren  Sohn 
Estevam  Annes  seinen  königlichen  coilacteus  nach  Paris  begleitete 
und  später  Jahrzehnte  lang  als  Kanzler  seine  rechte  Hand  blieb  ;4 
sowie  an  die  Ernährerin  Sancho's  IL,  D.  Estephania  Soares,  deren 
Sohn  D.  Martim  Martins  (1244)  zum  Ordensmeister  der  Tempelritter 
wurde  ;  *  an  D.  Maria  Miguéis  ^  und  Justa  Pires,^  die  Pflegerinnen 
des  D.  Dinis;  und  (pflichtgemäfs  nach  Kastilien  hinüberspringend) 
an  D.  Ines  Godinez  und  Urraca  Peres,  die  für  Alfons  X.  sorgten; 
an  D.  Beta[n]za,  die  Amme  Alfons'  XI.;  D.  Urraca  Gutierrez,  die 
Nährerin  Ferdinand's  IV.,  wie  die  alten  Chroniken  treu  berichten  ;8 
und  D.  Maria  Fernandez,  die  anfangs  ama  der  Königin  D.  Maria 
und  später  aya  der  Infantin  D.Isabel  war»  —  denn  natürlich  ge- 
schah es  auch  im  Königshause  (und  gerade  da),  dafs  die  Frauen, 
welche  die  ersten  Schritte  eines  Kindes  geleitet  hatten,  in  seiner 
Nähe  verblieben. 


D.  Francisco  Manoel  de  Mello   und   im    18.   von    A.  N.  Ribeiro   Sanches  be- 
kämpft (1760  in  den  Cartas  sobre  a  Educaçao  da  Macidade). 

'  Gemeinhin  wird  König  Sebastian  als  der  erste  portugiesische  Monarch 
bezeichnet,  for  den  man  eine  schlichte  Bauernfrau  zur  Amme  wählte. 

*  D.  Berenguela  (die  „gotische  Mutter",  wie  die  Spanier  sie  gern  nennen), 
welche  es  sich  nicht  nehmen  lieis,  Ferdinand  „den  Heiligen"  selbst  zu  nähren 
und  zu  pflegen,  bildet  eine  seltene  leuchtende  Ausnahme. 

*  Ueber  die  hispanischen  amas  und  amos  sowie  über  die  aias  und  aios 
findet  man  trockene,  doch  quellenmäfsige  Zusammenstellungen  in  Francisco 
A.  Martins  Bastos:  Nobreza  Läteraria,  Liss.  1854  und  in  Figaniere:  Rainhas 
de  Portugal,  Liss.  1859,  p.  LH — LXXI.  —  Einzelnes  zerstreut  in  Chroniken, 
Adelsbüchern  und  dem  Urkunden -Schatze. 

*  Mon.  Lus.  XV  cap.  7  und  9;  XVI  cap.  17. 

*  Elucidario  II  p.  245  ^  s.  v.  Tempreiros, 

*  Mon.  Lus.  V  p.  4. 

«  Mem.  Acad,  Hist,  IV  p.  1 00. 

*  Ueber  D.  Betaça  siehe  auch  Mon.  Lus.  XVII  cap.  29. 

*  S.  Crónicas  ed.  Rivadeneyra  vol.  I  p.  75,  100,  114,  168,  198;  II  p.  90. 


1 66  CAROLINA  MICHAEUS  DE  VASCONCBLL05, 

Diese  vornehmen  Prínzenammen  lebten  aller  Wahrscheinlich- 
keit nach  mit  samt  ihrer  eigenen  Familie  in  den  Palästen.  Wie 
die  Kinder  die  Traut-Gespielen,  so  wurden  die  Männer  oftmals 
Erzieher  der  Knaben  und  führten  offiziell  den  Namen  amo  und 
mUrüor  (s.  oben).*  Erst  gegen  Ende  der  Troubadour-Periode  be- 
gann der  allmähliche  Verfall  dieses  Brauches  —  zum  Teil  durch 
die  Schuld  so  heifsblûtiger,  sittenloser  Monarchen  wie  Peter  der 
Grausame  von  Kastilien,  der  auch  das  im  Volksgemût  für  heilig 
geltende  Familien-  oder  Verwandtschaftsverhältnis  zu  den  Pflege- 
müttern seiner  Kinder  nicht  achtete.^  Bezeichnend  ist,  wie  sich 
D.  Ines  Lassa,  die  Mutter  des  Pero  Niño,  als  es  galt,  sie  zur 
Amme  für  den  kastilischen  Thronerben  Heinrich  III.  (1379)  zu  ge- 
winnen, hartnäckig  sträubte,  nach  Kastilien  floh  und,  als  sie  schliefs- 
lich  doch  nachgab,  unter  anderen  Bedingungen  verlangte:  ^^que  la 
tum  llamasen  ama  como  a  las  otras !**^ 

Auch  die  mächtigsten  Granden  [Laras,  Haros  etc.]  nahmen 
vornehme  amas  in  ihr  Haus.  —  Im  allgemeinen  war  es  jedoch 
Landesbrauch  des  Adels,  die  Neugeborenen  in  das  Haus  begüterter 
wackerer  Bauersleute  für  längere  Zeit  [2 — 4  Jahre]  zu  geben.  Und 
ebenso  verfuhren  die  Könige  mit  ihren  zahlreichen  aufserehelichen 
Nachkommen.  Beweise  auch  für  diese  Behauptung  fehlen  nicht 
Ich  erinnere  an  eine  in  der  Chronik  Alfons'  X.  gebuchte  Erzählung 
(s.  a.  1282),*  weil  sie  indirekt  einen  unserer  galizischen  Troubadours 
betrifft  (über  dessen  gewaltsamen  Tod  später  einige  Worte  zu  sagen 
sind),  den  Flottenadmiral  D.  Pay  Gomes  Charínho  (s.  p.  1 89  Anm.  2). 
Seine  Schwester  (die  Frau  des  merino^mayor  m  Galicia^  Gard  Perez) 
verteidigt  die  Veste  Zamora  gegen  die  aufrührerischen  Infanten 
Sancho  und  D.  Juan,  übergiebt  dieselbe  jedoch,  als  man  droht, 
ihr  acht  Tage  altes  Kind  aufzuspiefsen,  das  in  der  Nähe  auf  dem 
Lande  „bei  seiner  Amme"  wohnte. 

Vor  allem  aber  ist  der  im  Grunde  ansprechenden,  durch  Mifs- 
brauch  aber  zu  Unsinn  und  Plage  gewordenen  Einrichtung  der 
Ammen-Privilegien   zu   gedenken,    jener   amàdigos^   und  para- 


*  S.  Nobreza  Litter  aria  p.  55.  —  Statt  amo  war  auch  aio  üblich.  — 
HerleituDg  des  span,  ayo  (durch  aya)  vom  lat.  avia  ist,  nebenbei  gesagt,  in 
meinen  Augen,  der  vorgeschlagenen  baskischen  und  germanischen  Etymologie 
unbedingt  vorzuziehen.  —  Aya  von  avia  wie  {h)aya  von  {h)a7ñam  =  habeam. 

*  S.  Dignidades  de  Castilla  fol.  105  v,  wo  über  die  Amme  seines  Sohnes 
Alfons  (t  1363)  berichtet  wird.  —  Nicht  nur  mit  Bezug  auf  comadres  und 
compadres  [s.  Ines  de  Castro  und  D.  Pedro],  collaças  und  pupiüäs,  sondern 
sogar  auf  amas  verlangt  das  Volk,  dafs  sie  wie  Blutsverwandte  geachtet 
werden.  —  Manche  Stelle  in  den  Adelsbüchern  bezeugt,  dafs  diese  Auffassung 
alt  ist.  So  heifst  es  von  D.  Vermuim  Pirez  :  ,^asou  com  a  fiiha  do  Conde 
D.  Anrique  e  desta  Z>.  Tareija  . . .  que  elle  criara  em  sa  casa  . , .  e  por  este 
pecado  foi  feito  o  tnoesteiro  de  Sobrado,** 

3  S.  Cronica  de  Pero  Niño  p.  2$. 

*  Crónicas  Bd.  I  p.  61. 

û  Das  Wort  ist  unbedenklich  als  von  ama  durch  Anfügung  des  Suffixes 
-atlcum  gebildet  aufzufassen.  Cfr.  montddego»  achddego,  ervddego,  maninhd- 
dego  etc.     Schon   Diez   hat  erwähnt,    dafs    im  Elticidario    alle   einschlägigen 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTCG.  LIEDERBUCH.  167 

mhoSf^  weldie  schon  Alfons  IX.  in  Leon  zu  beschneiden  begann,^ 
gegen  die  in  Portugal  aber  noch  D.Denis  (von  1288  bis  90  und 
später)  höchst  energisch  einschreiten  muíste.^ 

Das  Bauerngut,  in  dem  ein  rechtmäfsiger  Edelknabe  grofs- 
gezogen  wurde,  erhielt  nämlich  dadurch  in  den  schon  vor  der 
Gründung  des  Reiches  zurückeroberten  Nordprovinzen  Abgaben- 
freiheit dem  König  gegenüber,  d.  h.  es  wurde  „Ä<?«rö",  oder  ge- 
nauer tyhonra  por  amádigo^^\  und  dieses  alte,  den  privilegierten 
Ständen  und  den  pedes  gleichwerte  leonesische  Gewohnheitsrecht 
ging   auch   in    südliche  Foraes   über  (z.  B.  in  das  von  Santarem). 

Die  Auswüchse  aber,  die  zu  Klagen  und  Untersuchungen  führten, 
bestanden  darin,  dafs  viele  Bauernsitze  auch  dann  Immunität  ver- 
langten und  erlangten,  wenn  sie  statt  der  echten  nur  unechte 
Adels-Spröfslinge  beherbergten  und  zu  Männern  grofszogen;  dafs 
femer  der  eigentlich  nur  für  Lebenszeit  des  amo  gültige  Freibrief  für 
zeitlich  unbegrenzt  gehalten  und  örtlich  auch  auf  nicht  einbegrüfene, 
umliegende  Gehöfte,  ja  auf  ganze  Ortschaften  ausgedehnt  ward; 
dafs  drittens  den  königlichen  Fiskal-Beamten  der  Fintritt  daselbst 
völlig  verwehrt  wurde;  und  viertens  dafs  die  Nährelternschaft  nur 
zum  Schein  als  Vergünstigung  nachgesucht  und  von  den  Feudal- 
herren zugestanden,  in  Wahrheit  aber  gar  nicht  effektiv,  oder  doch 
nur  für  ganz  kurze  Zeit  betätigt  ward.^    Kam  es  doch  vor,  dafs  eine 


Worte  fälschlich  ad^go  accentuiert  sind.  Der  Fehler  wird  durch  alle  portug. 
Wörterbücher  weitergeschleppt  —  und,  da  die  lebenden  Portugiesen  acha- 
dego  etc.  nur  aus  Druckwerken  kennen,  wird  heute  in  der  That  so  ge- 
sprochen! —  In  leonesischen  Denkmälern  wird  amatiolum  verwendet.  — 
Dafs  in  Portugal  amadigo  wirklich  gebraucht  ward,  bezeugt  die  Wendung: 
Jesus,  fUho  de  José  por  amadigo  aus  der    Vita  Christi. 

*  Wenn  der  häufige  Ortsname  Paranhos  wirklich  mit  Paramhos  identisch 
ist,  so  wird  jene  im  Elucidario  als  einzig  gültig  angegebene  Bildung  schon 
im  13.  Jh.  als  Nebenform  in  Gebrauch  gewesen  sein.  In  allen  mir  bekannten 
Dokumenten  steht  jedoch  paramhos  =  parámios  (von  parare  und  Suff,  dmio 
far  ame), 

*  S.  Cortes  de  Leon  y  de  Castilla  I  53  No.  7. 

*  S.  J.  P.  Ribeiro,  Memorias  para  a  historia  das  Inquiriçdes,  Liss. 
1 81 5.  —  Mon,  Lus.  XVn  cap.  79.  —  Herculano,  Hist.  Port,  IV  480.  —  Elu- 
cidario s.v.  amadigo  I  173  una  paranho  II  137.  —  Archivo  de  Vianna  I  119  ; 
vor  allem  aber  das  sehr  empfehlenswerte  Werk  von  H.  da  Gama  Barros, 
Historia  da  Administraçào  publica  em  Portugal  Bd.  I,  1 885  (p.  450).  —  Die 
Cortes  de  Lisboa  vom  Jahre  1285  hatten  sich  schon  speziell  mit  der  „Inqui^ 
ricüo  das  Honras**  beschäftigt 

*  Mem.  Inq,  Doc.  24,  26,  27.  Die  Hauptstellen  lauten  :  Item  0  3  artigoo 
he  tal  que  alguuns  fazem  honrra  ali  hu  criamos  filhos  dalgo  ;  e  nesta 
guisa  emparam  0  amo  enquanto  he  vivo;  e  desque  os  amos  son  mortos 
enparam  o  logar,  poendo  Ihy  nome  Paramho,  e  en  muytos  logares  non 
solamente  CLquel  logar  mays  quantos  moram  aredor  delle,  perqué  fica  hon- 
rrado  pera  sempre,  A  mha  corte  julg ando  mandou  que  esto  non  se  /ezesse 
e  que  se  algum  filho  dalgo  foy  criado  no  devasso,  que  eu  non  perca  porem 
nenhua  cousa  do  meu  dereyto  ;  e  quanto  he  no  meu  herdamento  foreyro  e 
no  meu  herdamento  regueengo  non  se  crye  hi  nenhuum  filhodalgo  nem  se  de- 
fenda nenhuum  per  tal  criança  feyta  en  tal  herdamento  (p.  68  —  69).  — 
E  defendo  da  parte  del  Rey  que  nenhuum  amo  de  cavaleiro  nem  de  domna 
nem  de  outro  hörnern   em  todo  o  termho  de  Melgaço   que  nom  seja  escusado 


I  68  CAROLINA  MICHAELIS  DE  VASCONCELLOS, 

ama  nur  einen  Monat  lang,  ja  nur  14  oder  8  Tage  lang  (naiürlicli 
ohne  Sold)  ihren  Pilichten  nachkam  und  dennoch  piivilegiert 
sein  wollte! 

Auf  diesen  Brauch  spielt  der  Spielmanc  in  der  Forme!  „amai 
honradas"^   und  auf   die  unehrliche  Auslegung  und  Verwendung 
des  Gesetzes  in  den  Zeilen  85 — 88  an,  wo  es  heifst: 
. . .  nuDca  vi  chamada 
tnolher  ama  aas  Ierras  u  aodei 
se  por  tmparavtent'  ou  por  soldada 


Dem  kecken  Dichter  aber,  der  sich  getraut  hatte,  die  Bezeich- 
nung ama,  die  an  und  für  sich  schon  (iir  so  viele  Ohren  einen 
allzu  naturalistischen  Klang  halte,  auf  seine  „Dame"  anzuwenden, 
mochte  die  Erfahrung,  welch'  ironischen  Nebensinn  die  gottlosen 
Spötter  damit  verknüpften,  recht  unliebsam  sein!  Man  begreift, 
dafs  er  auf  dem  neuen  Wege,  den  er  zu  of&ien  gedacht  hatte, 
nicht  weiter  ging. 

Uebrigens  kommen  derartige  Anspielungen  nur  das  eine  Mal 
vor.  Und  auf  die  vornehmen  Körigsammen  selbst  ist  kein  ein- 
ziges böses  Wort  gemünzt:  es  scheint  also  durch  solche  unehren- 
hafte Handlungsweise  derer,  die  erst  durch  ihre  Ammendienste  zu 
Ansehen  kommen  wollten,  damals  noch  kein  Schatten  auf  die  «-¡rk- 
lichen  amas  honradas  gefallen  zu  sein.^  Es  scheint  aber  ferner  auch, 
dafs  D.  Joam  Soares  Coelho  an  eine  Prinzenamme  nicht  ge- 
dacht hat. 

Es  bleibt  uns  daher  nur  übrig  anzunehmen,  dafs  eine  nährende 
und  pflegende  Mutter  als  solche  nebst  den  sonstigen  „hausbackenen" 
Pflichten  der  mittelalterlichen  ama  de  casa,  die  im  eigenen  Heim  an 
der  Seite  des  Gatten  für  die  Familie  eifrig  sorgte  und  schafite,  der 
Gegenstand  des  Ammenstreites  ist.  Und  dieser  Spott  darf  uns  nicht 
wundem.  Es  wäre  absurd,  viel  Sinn  für  die  Poesie  des  häuslichen 
Herdes  —  wie  etwa  ein  deutscher  Dichter  ihn  zu  Ausgang  des 
18.  Jhs.  bekundet  hat  —  im  Zeitalter  der  Minnesänger  in  den  west- 
romanischen Landen  zu  suchen,  woselbst  IroUt  einer  D.  Berenguela 
und  Santa  lsabel  (denen  beiden  übrigens  Dutzende  von  Troubadours 

per  amadigoi ,  e  fafa7H  viiiança  come  setti  leu'noi,  —  Cfr.  J.  f.  Ribeito, 
DîssertaçSts  vol.  Ill  Appendice  p.  173  No.  ^8.  Ea  wird  belbhIeD.  dafs  ia 
keiaciD  dem  König  tributpflichligcn  Oite  die  Sitte  der  Nàhrellemscbafl  erlaub! 
sci;  '  ■  -  que  nom  críem  hi  nenkum  ßtkadatga,  e  desaqui  adeanle  nom  jeja 
honrado  por  raiom  da  criança.  nem  leixe  de  entrar  hi  o  Mordomo. 
Qutrossy  julgo  que  em  nenkam  lugar  ku  criarem  ßlho  de  barregaam  non 
seja  honrado  por  ramni  da  crianfa,  nem  leixe  portnde  denlrar  Ai  o 
Mardomo  (Era  IJlS). 

*  Z.  143.     Jienoralus  konnte  nur  der  nicht  von  Geburt  Adlige  werden. 

*  Braga  druckt  statt  soldada  :  ¡¿  laida'.     Die   Vorlage  bot  sa  laida. 

*  Dafs  CS  später  i^eschah,  ¿eigt  die  oben  erwähnte  Abneigung  der  D.  Ines 
Lassa  gegen  die  Ammenwärde.  —  Im  Cane,  de  Res.  wird  einem  Francisco 
da  Cnnha  höhnisch  zugerufen:  Ah  mtu  senhor  backarei  Com  itmBa  ama  no 
pafo  (ni  619}. 


RANDGLOSSEN  ZUM  ÂLTPORTUO.  UBDBRBÜCH.  169 

gegenüber  gestanden  haben  müssen!),  die  Lebenssitten  und  die 
Stellung  der  Frau,  die  ja  ein  Gradmesser  för  die  Civilisation  sein 
soll,  noch  von  grausigster  Barbarei  zeugten. 

Wurde  doch  noch  zwei  Jahrhunderte  später,  an  der  Schwelle 
der  Renaissance,  in  der  Hofburg  Emanuels,  die  nährende  Mutter 
mit  unabgeschwächtem  naiven  Cynismus  verspottet,  ungeachtet  des 
bedeutsamen  Wandels  zum  Besseren,  der  sich  unter  Johann  I.  voll- 
zogen hatte!  Man  lese  unter  den  „Chusas  de  folgar**  des  Catt' 
ciomiro  de  Resende  die  grobkörnigen  Zerrbilder,  welche  jungen 
Edeldamen  von  denselben  fidalgos  in  die  corbeille  gelegt  wurden, 
die  ihnen  eben  noch  schmachtend  und  schwärmerisch  gehuldigt 
hatten.  Unter  den  vielfältigen  Verwünschungen,  die  man  der- 
jenigen mitgiebt,  die  es  wagt  aus  dem  Mädchenkranz  der  Serdes 
auszuscheiden,  um  sich  zu  vermählen  —  natürlich  mit  einem 
plumpen  kastilischen  Landjunker,  so  dafs  sie  nunmehr  dem  Kreise 
der  den  Dichtem  so  teuren  bellas  mal' maridadas  angehörte!  — 
wird  man  nebst  einigen  neuen  Zügen  (wohin  ich  die  niedliche 
Drohung  rechne,  sie  werde  ihrem  alten  Brummbär  von  Mann  den 
Kopf  krauen  müssen)  genau  dieselben  sarkastischen  Bemerkungen 
finden,  die  D.  Fernam  Garcia  Esgaravunha  uns  in  Lied  II 
vorgetragen  hat  Schlüsselbund  und  Geldtasche  fehlen  selbstver- 
ständlich so  wenig  wie  der  Spinnrocken  und  die  Hühnerzucht: 

. . .  eu  Ihe  lanço  mais  por  praga 

que  chaves  na  cinta  traga 

com  ceitis  em  gram  bolsam 


ainda  a  vejam  criar 
galìnhas,  e  as  lançar, 
porque  mais  dona  pareça 


de  meadas  tome  conta 

e  saiba  quanto  se  monta 

a  noite  em  maçarocas  etc.  etc.* 

Das  Wort  ama  kommt  in  diesen  und  ähnlichen  Spottgedichten 
natürlich  oft  vor.2  Und  auch  hier  wird  es  in  direkten  Gegensatz 
zu  dama  gestellt.  £in  für  die  königlichen  Abendgesellschaften  be- 
stimmtes Kartenspiel  bringt  z.  B.  einer  der  Hofdamen  ein  Orakel- 
blättchen  mit  dem  Ratschlag: 

e  pois  manhas  para  dama 

nam  tendes,  nem  parecer, 

casay-  vos  ...  e  pode  ser 

que  ainda  seréis  ama,* 

*  Cane,  Res,  I  251.    Vgl.  I  410;  III  576;  I  176. 
«  Cane,  Res,  HL  629,  537,  637. 

•  lb.  in  658.  —  Dafs  die  Höflinge  auch  derjenigen  Adligen  spotteten, 
die  auf  ihren  Landgütern  wie  gute  Oekonomen  arbeiteten,  versteht  sich  von 
•elbst.  Ein  Nuno  Pereira  (I  256)  lacht  über  sich  selbst,  als  er  im  Alter  Ge- 
fallen am  Landleben  findet. 


170  CAROLINA  BfICHAEUS  DE  VASOONCELLOS, 

Sogar  die  Formel  mäy  e  ama  ist  ein  Scheltwort!  ^ 
Diese   Andeutungen,    die   sich   leicht   ausfuhren   und  vervoll- 
ständigen liefsen,   mögen  genügen. 

« 

Haltbares  über  den  Ort  wo,  die  Gelegenheit  bei  welcher 
und  die  Zeit  wann  die  Ammenfrage  erörtert  ward,  ist  schwer  oder 
gar  nicht  festzustellen.     Doch  muís  es  versucht  werden. 

« 

I.  Ortsnamen  enthalten  zwei  der  Lieder.  Das  eine  (No.  ü: 
Zeile  37  und  43)  nennt:  Castella,  Burgos  und  Carrion,  das 
andere  (No.V:  Zeile  114)  Santarem.  —  Während  dies  nach  Por- 
tugal weist,  deutet  jenes  also  nach  Altkastilien. 

Die  blofse  Erwähnung  von  Städten  und  Ländern  ist  nun  zwar 
an  und  für  sich  kein  Beweis  dafür,  dafs  die  betreifenden  Gedichte 
eben  da  entstanden  sind.^  In  unserem  Falle  aber  scheint  er  es 
zu  sein.  Nicht  in  vague-übertreibender  Weise,  wie  in  den  Formeln 
„von  Paris  bis  hier"  (CV.  1185:  des  Paris  aiees  acá)  oder  „von 
Rom  bis  zu  dieser  Stadt"  (CV.  1189:  de  Roma  aid  ctdade)^  son- 
dern mit  genauer  und  enger  Grenzsteckung  sagt  einer  der  Dichter, 
indem  er  den  Blick  vermutlich  über  die  ihm  nächstliegenden,  ver- 
trauten Ortschaften  gleiten  läfst:  „<¿p  Burgos  a  Carrhon*'  hat  der 
Ammen-Gatte  nicht  seinesgleichen  im  Eber -Verschneiden,*  und  die 
Amme  erst  ist  in  ganz  Kastilien  unerreicht  als  Wurstfabrikantin. 
Der  andere  Troubadour  aber  benutzt  mit  seltener  Bestimmtheit 
sogar  die  Wendung:  „hier  in  Santarem",  oder  nein,  er  sagt: 
hier  im  Beote  bei  Santarem.  Er  ruft  dem  Ammen -Verehrer  zu: 
hie  Rhodos,  hie  troha\  und  nachdem  er  viermal  das  hassens- 
werte  aqui  angewendet  hat  (Z  108,  109,  112,  118)  und  einmal 
em  esta  terra^  werden  beide  ausdrücklich  erläutert  durch:  em  0 
Beote  cabo  Santarem.^  Dafs  diese  völlig  unbekannte  Lokalität 
der  Solar  eines  hochstehenden  Troubadors  oder  etwa  eine  Burg, 
ein  Palast,  ein  Landhaus  des  Königs  von  Portugal  (?)  gewesen  ist, 
müssen  wir  freilich  wiederum  erraten. 


*  Cane.  Res.  I  251:  Crie  seus ßlhos  a  leite;  Antr'  elUs  sempre  se  deite 
que  pareça  may  e  ama.  —  Das  noch  derbere  mulher  de  leite,  das  gleich- 
falls schon  im  Cane,  da  Vat.  vorkommt,  fehlt  auch  nicht. 

*  Von  Ortsangaben,  die  sich  in  objektiver  Weise  auf  dritte  Personen 
oder  ihre  Handlungen  bezichen,  sehe  ich  natürlich  ab.  Und  ebenso  von  den 
zahlreichen  Stellen,  wo  ein  blofses  aqui  oder  em  este  logar,  em,  esta  terra 
uns  Rätselfragen  vorlegt.  —  In  den  mitgeteilten  Gedichten  haben  wir  diese 
Formeln  in  Z.  i,  30,  50,  106,  108,  109,  113,  118,  127. 

*  Man  vergleiche:  d'^Estorga  ata  San  Fagundo  (CV.  1090);  des  Viveiro 
ata  Carrhon  (987);  de  San  Fagundo  ata  San  Felizes  (I135);  de  Vedladolid 
para  Toledo  (979);  de  Santiago  ata  San  Fagundo  (CB.  1575). 

*  Trotz  langen  Suchens  habe  ich  wenigstens  den  Namen  Beote  (oder 
Aehnliches,  wie  Boote,  Obeote)  noch  nicht  entdeckt,  obwohl  ich  gerade  inner- 
halb Santarems  und  nahe  dabei  die  Punkte  Alfanx,  Sesserigo,  Senterigo, 
Torre  d^Alprä,  as  Omnias,  Ar  nado,  Schlofs  Vallada,  Schlofs  Alcanhaes  und 
andere,  welche  historische  Berühmtheit  erlangt  haben,  gesucht  und  gefunden  habe. 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTÜG.  UEDERBUCH.  1 7  I 

Die  Ammenfrage  könnte  demnach  in  Käst  i  lien  aufgeworfen 
und  in  Portugal  zum  Austrag  gebracht  worden  sein,  vorausgesetzt 
dafs  meine  Liederfolge  gut  geordnet  ist.  —  Und  D.  Joam 
SoaresCoelho  wird  zu  der  Gruppe  von  adligen  Troubadours  ge- 
hören, die  weniger  von  ihrer  Reise-  und  Lemlust  oder  dem  Wunsche, 
ihre  Kunstfertigkeit  an  beiden  Höfen  zu  zeigen,  als  durch  politische 
Motive  veranlafst  wurden,  hoch  zu  Rofs  von  Portugal  nach  Leon 
und  Kastilien,  oder  von  dort  hierher  und  wieder  zurück  zu  wandern.  * 
Thatsächlich  mufs  er  gereist  sein  (wie  noch  weiter  unten  in  der 
Lebensskizze  des  Dichters  zu  wiederholen  sein  wird),  denn  der  von 
Sordello  ausgesandte  Spielmann  Pican  don  sagt  zu  ihm  (102 1,  24): 
,yich  verzeihe  Euch  Eure  Schmähungen,  so  Ihr  mich  beschenkt  und 
mir  da  nützt,  wohin  immer  Ihr  wandert  (e  ms  busquedes  prol  per 
hu  andar  de  sf\  Coelho  selbst  aber  redet  anderwärts  (CV.  1009 
oder  101 1)  von  Toledo  (wo  Sancho  II.  gestorben  ist)  und  von  Orgaz. 
Und  auch  von  seinen  Partnern  haben  mehrere  die  Grenzen  der 
Heimat  überschritten:  So  D.  Joam  Garcia,  dem  wir  in  Segovia  be- 
gegnen (s.  u.);  Airas  Peres  Vuitorom,  der  sich  zwischen  Astorga 
und  Sahagun  aufgehalten  hat;  der  Spielmann  Lourenço,  den  seine 
Prahlsucht  und  der  Neid  der  Kunstgenossen  aus  Portugal  vertrieb 
(s.  u.);  und  vielleicht  auch  Juiflo,*  der  Börsenfabrikant^ 

Wäre  also  die  Ortsbezeichnung  Santarem  nicht  da,  so  hätten 
wir,  auf  Grund  jener  Thatsachen,  die  Corte  oder  Cortes^  wo  über 
das  Ammenlied  Gericht  gehalten  ward,  nach  Kastilien  zu  ver- 
legen, trotzdem  nur  Portugiesen  und  ein  Galizier  daran  beteiligt 
sind.  Da  sie  vorhanden  ist,  ist  nur  die  bereits  ausgesprochene  An- 
sicht berechtigt:  D.  Joam  Soares  Coelho  habe  sein  erstes  Ammen- 
gedicht während  eines  Aufenthaltes  in  Spanien  (also  wahrscheinlich 
auch  über  eine  spanische  junge  Mutter)  verfafst.  Es  sei  dort, 
mindestens  von  D.  Fernam  Garcia  Esgaravunha,  angefochten  und 
spöttisch  verworfen,  in  des  Dichters  Augen  also  ungerecht  beurteilt 
worden,  weshalb  er  es  vor  die  portugiesischen  „Cortes"  nach 
Santarem  gebracht  habe.^ 


*  Gerade  weil  die  vornehmen  Troubadours  nicht  frei  wandern  durften, 
sondern  durch  ihre  Aemter  und  die  Standeswürde  an  das  Königshaus  gefesselt 
waren,  ohne  darum  minder  als  die  Lohndichter  nach  Beifall  zu  geizen,  wird 
man  höfische  Sängerfeste  erfunden  haben. 

>  In  Burgos  und  Carrion  treffen  wir  sonst  noch  Affonso  Eannes  do 
Cotom  (CV.  555),  Pero  da  Ponte  (1163,  1180)  und  Pedr' Amigo  (1195), 
nebst  dem  einheimischen  Pero  Garcia[Burgales]  (987). —  Auch  D.  Joam 
de  Aboim  (1009)  und  Rodrigueannes  Alvares  (nicht  Redondo:  562 
und  1032)  hatten  Länder  und  Städte  gesehen;  desgleichen  Joam  Airas  (534, 
536,  631)  und  viele  andere. 

'  Der  Zuname  BoUtiro  kann  freilich  auch  eine  gröbere  Bedeutung  haben, 
d.  h.  er  kann  eine  Ableitung  von  holsar,  bolçar  =  vomitiare  sein.  —  Doch 
hätten  wir  im  13.  Jh«  in  diesem  Falle  noch  unverkürztes  hoomceiro  oder  hool' 
ceiro  (für  katzenjämmerlich)  zu  erwarten. 

*  Dafs  ich  Zweifel  an  der  Unverfälschtheit  der  Zeilen  IT4  und  115  ge- 
habt  habe,  will  ich  nicht  verschweigen.  Nao  no  Beote  cabo  Santarem  gäbe 
einen  guten  Sinn.    Es  spräche  der  seiner  Heimat  entfremdete  Vuitorom  auf 


172  CAROLINA  MICHAELIS  DK  VASCONCBLLOS, 

Zur  ErhäitUDg  der  seh  un  anderwärts  verfochteneD  Anseht, 
dafs  es  solche  „CSr!e¡^'  genannte  Sängerfeste  überhaupt  auf  der 
Halbinsel  gegeben  hat,  verweise  ich  auf  den  Gallizier  Joam  Aiias, 
der  sich  in  erster  Linie  beim  König  von  Kastilien  beklagt:  ,J)ic 
Jungfrau,  die  er  besungen,  habe  sich  vermählt;  nun  stelle  der  Gatte 
ihm  nach  und  drohe,  ihn  zu  töten,  oder  ihn  Kam  Zweikampf  zu 
fordern;  der  Monarch  möge  ihn  schützen",  zum  Schlufs  aber  die 
Drohung  äufsert:  „Se  mi  jusiiça  nom  val  AnU  ni  lam  justieeirii 
Ir  m- ei  ao  de  Portugal"  (CV.  553). 

Zwar  ist  dies  die  einzige  unter  allen  .^deutungen  auf  Sänger- 
feste, in  welcher  beide  Staaten  genannt  werden.'  Doch  ist  kaum 
daran  zu  zweifeln,  dafs  auch  in  diesem  Punkte  die  Einrichlimgen 
der  Schwesterhöfe  einander  gleich  und  die  portugiesischen  erst  aus 
den  leonesisch-kaslilischen  erwachsen  waren  und  von  jenen  den 
Namen  erhielten.^  Yàr  Jocparttt  zwischen  D.  Garcia  Martins  und 
Pero  da  Ponte,  worin  die  Frage  behandelt  wird,  was  der  Lieb- 
haber zu  thun  habe,  der  nicht  länger  sein  Liebesweh  verschweigen 
könne  {CV.1186),  sowie  das  andere  zwischen  Pedr'Amigo  und 
Joam  Baveca  mit  der  Frage,  wer  verkehrter  handle,  ob  der  Niedere, 
der  sich  um  die  Gunst  einer  hochstehenden  Dame  bewirbt,  oder 
der  Hochstehende,  der  einer  Niederen  huldigt,  mit  dem  Schlufssatz; 


kastilischem  Boden  zu  Codho:  „hier  amge,  nicht  in  Sanurcm",  mil  vcr- 
ächdichem  Seitenblick  aul  den  portDgiesischea  Mnsensiti. 

'Sonst  heifsl  es  meist  nur:  _/WfHi-HöJ  i/ ra  (CV.  1186)  oder  anC*/ 
rei  \_julgu^-«o¿\  (CV.1184). 

*  CSrte  in  der  Einzahl  wird  nntargemäfs  in  der  Hof-  und  Kacitpocúe 
sehr  bäung  gebraucht  und  bezeichnet  in  den  meisten  Slelleu  den  Fürsten- 
hof  oder  Hofstaat  [z.B.  in  den  Phrasen  em  corle  morar  (CV.  471,  1036, 
136);  sodei  de  corle  (472  und  1036);  d  eòrti  ...  vem  (ib.)i  ca  pera  córte  sei 
que  nam  val  rem  (IXi^l);  seer  freçado  em  cSrIe  anA  per  eSrte guarecer  {Wìl)"]. 
Doch  benennt  das  selbe  corle  auch  die  portugiesische  SläDdpverEaninJiiDg 
[CV.  IIOJ  e  fard  el  rei  corte  este  incj].  Der  Pluial  ci r/íj  für  diesen  leUten  Be- 
griff, der  im  geeinten  kaslUisch-leonesischen Reiche  entstiDdea  win  mnTs,  wird 
erst  im  14.  Jh.  in  Portugal  gang  und  gäbe.  Vorbei  ISbt  das  meist  gebisnchte 
curia  der  lateinischen  Dokumente  mit  ziemlicher  Sicherheit  auf  die  Einiahl 
corte  schliefsen  [5.  F.  M.  H.  :  Legis  I  1S3,  1S4,  310,  âl6],  dessen  sich  i.  B. 
Alfons  III.  Ihalsächlich  bedient  hat  [tb.  :Z9  eßgimha  corte  .  . .  en  Saactaren 
nod  en  mha  corle  slabtUci'\.  Curial  ^  corles  Ende  ich  t.  B.  in  límta  Malia 
Il  182  No.  66  v.J.  t353.  Der  in  P.  M.  H.  Legei  I  p.  163  mitgeleilie,  sich  auf 
das  Parlament  von  1211  beûehende  poitug.  Text  der  Certes  ist  eine  spite 
UebersetzuDg  des  verlorenen  lat.  Originals. —  Cortes  ^Singet  ft%l  kommt 
nur  in  einem  Liede  des  Joam  Aires  zweimal  vor:  CV.  597  „O  meu  amigQ 
novas  sabe  ja  d'  aqueslas  carles  gut  ¡'  ara  faram"  und  „em  aquestas 
corles  que  fat  el  rei".  Dieser  Joam  Aires,  der  jedenfalls  etwas  jüngei  i<t  als 
Coelho,  blähte  während  der  Regierung  des  D.  Denis  (wie  seine  Tenzone  mil 

Íoam  Vaasques  [CE.  1551  =  414]  und  sein  Spotllied  auf  D.  Pero  Nunes 
CV.  1078]  beweist)  und  ähoclt  dem  dicblenden  Monarchen  in  mehr  als 
einer  Hinsicht.  Dafs  er  seine  Dicbterlaufbabn  jedoch  schon  im  letzten  De- 
zennium Alfons' III.  begann  und  also  bei  den  Carles  de  Sanlarmt  bitte  zu- 
gegen sein  können,  ist  selbstverständlich  möglich.  —  In  Zweifel  darüber,  ob 
Hofstaat,  S  tän  deverssmmlung  oder  Sängerfest  gemeint  ist,  kann 
man  sich  der  Phrase  burlhar  córte  gegenüber  beünden  (CV.  100I|;  doch 
scheint  mir,  dais  sie  einfach  mil  „Hof  spietca"  zu  übersetzen  ist. 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTUG.  LIEDERBUCH.  I73 

„Ei  juIguem''nos  da  iençon  por  acut",  sind  mit  ziemlicher  Gewifs- 
heit  an  den  Hof  Alfons'  X.  zu  verlegen,  wo  überhaupt  die  Mehr- 
zahl aller  Tenzonen,  d.  h.  die  zahlreichsten  Gesellschaftsdichtungen,  ^ 
entstanden  sind.  An  den  Hof  des  Königs  von  Portugal  führt  uns 
hingegen  das  Lied,  in  welchem  Pero  Guterres,  ein  schlichter 
Ritter,  wenig  wert,  was  Stammbaum  [Itnhage)  und  Macht  [poder) 
betriñt,  der  aber  dennoch  die  schönste  aller  Frauen  mit  unerreichter 
Inbrunst  zu  lieben  wagt,  sich  an  den  Herrscher  des  Westreiches 
mit  der  unverblümten  Frage  wendet,  ob  er  Gegenliebe  oder  Un- 
liebe verdiene: 

£,  senhor  rei  de  Portugal, 

JTilgad'  ora,  s'  eu,  amand'  assi, 

dev*  a  seer  desamado  por  ém!       (CV.  509.)* 

Als  Richter  bei  den  Cortes  fungierten  demnach  Könige.  Ob 
nur  diejenigen  Könige,  welche  selber  dichteten? 

Doch  übernahmen  ihre  Rolle  auch  andere  Troubadours:  Aufser 
Airas  Peres  Vuitorom  tritt  noch  Pero  Garcia  als  Richter 
auf;'  und  dafs  dem  Martim  Soares  nach  dem  Urteilsspruch 
„der  Troubadours",  also  vieler,  die  Krone  als  bester  Sänger 
zukam,  erzählt  uns  eines  der  razdamenios  des  Liederbuches.^  Auf 
Verwertung  wirklich  juridischer  Formeln  lassen  die  Worte  jtäzes 
(Zeile  115,  122,  206  und  208)  und  juizos  (CV.  1034)  schliefsen;  und 
es  heifst  vielleicht  nicht  allzuweit  gehen,  wenn  ich  annehme,  die 
Entscheidungen  des  hohen  Gerichtshofes  hätten  eine  gewisse  bin- 
dende Kraft  gehabt,  da  ja  Coelho  in  zwei  Einzelnheiten  thut,  wie 
ihm  geheifsen  ward:  er  bindet  mit  Martim  Alvelo  an,  der  ihm 
gleichsam  als  Duellant  zugewiesen  war,  und  wiederholt  das  ver- 
pönte Wort  ama  nicht,  nachdem  sein  Ammen  lied  abgewiesen  ist 


^  Das  Liederbuch  bietet  28  (resp.  30)  Streitgedichte:  CV.  14  zwischen 
Jtiilo  und  Tenoiro;  27  Vaasco  Martins  and  AfFonso  Sanches;  556  Pero  da 
Ponte  und  Affonso  Eannes  do  Cotom  ;  663  Abril  Peres  und  D.  Bemaldo  ; 
786  Joam  Soares  und  JuiSo;  826  Joam  Baveca  und  Pedr*  Amigo  ;  920  Stevam 
da  Guarda  und  D.  Jusep;  1009  1^*  Joam  d'  Aboim  und  J.  Soares  Coelho;  loio 
Lonrenço  und  D.Joam  d' Aboim;  10 11  D.  Joam  Soares  und  D.  Joam  d' Aboim; 
T020  Pero  Martiis  und  D.  Vaasco,  als  Gedicht  Coelho's;  102 1  Picandon  und 
Coelbo;  1022  Lourenço  und  Coelho;  1032  Rodrigu' Eannes  und  Lourenço; 
1034  Pero  Garcia  und  Lourenço;  1 104  Lourenço  und  Joam  Garcia;  1 105  id.; 
1 1 58  Paaì  Gomes  Charinho  und  ein  Senhor  Rei  [Alfons  X.];  I186  D.  Garcia 
M¿tins  und  Pero  da  Ponte;  CCBr.  144  Martim  Soares  und  Paai  Soares;  465 
Garcia  Peres  und  Rei;  477  D.  Arnaldo  und  Rei;  1509  Pedr*  Amigo  und 
Vaasco  Peres;  15 12  Rei  D.Alfonso  (X.)  und  Vaasco  Gil;  1550  Pedr*  Amigo 
und  Joam  Vaasques;  155 1  Joam  Aires  und  Joam  Vaasques.  Dazu  472  und 
1036  Martim  Moxa  und  die  Höflinge;  642  Rui  Marques  und  Joam  Aires 
(Fragm.).  —  Cfr.  1198  und  1501. 

>  El  Rei  kommt  überhaupt  an  die  hundert  Mal  vor,  und  stellt  uns  immer 
▼on  neuem  vor  die  Einzelfrage,  um  welchen  Herrscher  es  sich  handelt. 

■  CV.  1034  „Quero  que  julguedes  Pero  Garcia  D*  antre  mim  e  todolos 
trotadores". 

*  CB.  116  „assi  foi  julg-ado  entre  os  trotadores". 


174  CAROLINA  MICHAEUS  DE  VASCONCBLLOS» 

Wann  aber  ereignete  sich  das?  Sind  die  vermeintlichen  Cortes^ 
bei  denen  Vuitorom  in  Santarem  über  Coelho  aburteilte,  die 
selben,  für  welche  der  Bürgersmann  Joam  Aires  aus  Santiago  ein 
Frauenlied  gedichtet  hatte  und  deren  ,,Adel  und  Reichtum"  er  im 
voraus  preist?  ^  Und  wurden  sie  gefeiert,  nachdem  Alfons  IIL  Ende 
1273  seine  curia  nach  Santarem  berufen  hatte,  damit  die  Bischöfe 
und  Prälaten  nebst  den  Ricos  homes  und  ihren  Vasallen  sowie  mit 
den  Ratgebern  des  Königs  und  den  als  Städtevertreter  berufenen 
h<mi  homines  über  die  Klagen  der  Klerisei  und  die  Forderungen  des 
Papstes  Beschlufs  fafsten?^  Oder  —  mit  Verallgemeinerung  der 
Frage  —  wurden  die  höfischen  Sängerfeste  im  Anschlufs  an  die 
politischen  Ständeversammlungen  gefeiert,  zu  welchen  alle  Erlauch- 
testen beisammen  zu  sein  pñegten,^  und  denen  sie  obenein  den 
Namen  entlehnten?  Unmöglich  ist  es  nicht,  doch  fehlt  all  und 
jeder  feste  Stützpunkt  für  die  Annahme,  dafs  wenigstens  die  ersten 
und  hauptsächlichsten  Sängerfeste  bei  solcher  Gelegenheit  abgehalten 
wurden.*  Denn  dafs  gerade  1273  —  74  nachweislich  unser  D.  Joam 
Scares  Coelho  nebst  dem  D.  Joam  d'Aboim,  Fernam  Fer- 
nandes  Cogominho,  dem  Kanzler  Stcvam  Eannes,  dem  Burg- 
herrn Martim  Dade  und  anderen  aus  dem  Liederbuche  und  den 
Nobiliarios  bekannten  Männern  zu  Mitgliedern  der  Cortes  gehört 
hat,  kann  als  solcher  nicht  gelten!*  —  Auch  wird  der  König  im 
Ammenstreite  gar  nicht  genannt^ 


»  CV.  597. 

'  Herculano  sagt  von  den  Cortes  de  Santarem,  sie  seien  berufen  worden 
„para  obtemperar  aos  qtteixumes  do  clero  ou  antes  para  illudir  as  ameaças 
do  Papa'*. 

8  Die  Cortes  de  Coimbra  (1228  oder  29)  wurden  abgehalten:  episcoporum 
et  procer  um  et  altor  um  nobüium  multitudine  affluenti  [P.  M.  H.:  Leges  I  182], 
die  von  Guimaräes  (1250):  in  presencia  multorum  episcoporum  procerum  et 
müitum  et  aliorum  (ib.  185).  Aehnlich  lautende  Phrasen,  die  schon  Gama 
Barros  zusammengestellt  bat  {Hist.  Administracäo  I  p.  574),  charakterisieren 
alle  portugiesischen  Cortes.  —  Dafs  unabhängig  von  der  Reichsversammlung 
Alfons  III.  und  D.  Diuis  sehr  häufig  das  blühende  Thal  von  Santarem  auf- 
suchten, ist  bekannt. 

*  Für  die  Troubadourdichtung  kämen  in  Betracht  auf  portugiesischer 
Seite:  Coimbra  1211;  Coimbra  1228;  Guimaräes  1250;  Leiria  1254;  Coimbra 
1261;  Santarem  1273;  Lisboa  1285  und  1301;  Guimaräes  1308;  Evora  1325; 
Santarem  1331  (oder  1334?);  auf  spanischer:  Burgos  1274;  Valladolid  1301; 
Medina  1303.  Cfr.  P.  M.  H.,  Leges  I;  Visconde  de  Santarem,  Memoria  para 
Hist,  e  Theoria  das  Cortes,  Liss.  1828,  und  in  Gama  Barros  das  ganze  über 
die  Cortes  handelnde  Cap.  II  Seccäo  V. 

*  Der  in  Wahrheit  oder  nur  zum  Scheine  bettlägerige  König  befand  sich 
von  Dezember  1272  bis  Mai  1273  in  Santarem,  verblieb  dann  bis  September 
in  Lissabon  (wohin  er  leichtlich  liegend  zu  Schiffe  transportiert  werden  konnte), 
war  abermals  in  Santircm  von  November  1273  bis  März  1274,  um  hernach 
den  Rest  seiner  Lebenstage  in  der  Hauptstadt  zuzubringen.  Herculano  (III 
p.  422)  sagt  bis  April  1274,  doch  trägt  ein  Erlafs  des  Königs  das  Datum 
Lissabon  den  18.  März  1274  (P.  M.  H.,  Leges  I  232—233). 

*  P.  M.  H.,  Leges  I  p.  229  und  231.  Zugegen  waren  auch  die  Königin 
Mutter,  die  Königin  D.  Beatriz,  die  Infanten  D.  Denis  und  D.  Affonso,  die 
Prinzessinnen  D.  Branca  und  D.  Sancha,  die  Meister  vom  Tempel-Orden,  von 
Aviz  und  Santiago  u.  a.  m.  :    kurzum   die  Cortes  waren   thatsächlich  „ricas  e 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTUG.  LIEDERBUCH.  175 

Ich  lasse  diesen  Punkt  also  bei  Seite  und  trete  der  Zeitfrage  ^ 
von  einer  anderen  Seite  nahe,  indem  ich  die  wenigen  Anspielungen 
auf  geschichtlich  berühmte  Persönlichkeiten  oder  Ereignisse,  welche 
unsere  Liedergruppe  enthält  und  die  also  eine  Datierung  derselben 
ermöglichen,  untersuche. 

Sie  stimmen  zwar  ungefähr,  doch  nicht  vollständig  zu  dem  bis 
hierher  festgestellten  Datum  einer  Anwesenheit  Coelho's  in  Santarem. 

Das  im  siebenten  Liede  von  dem  Ammen -Verehrer  erwähnte 
königliche  Dekret  mit  Verfügungen  über  Führung  des  Namens 
Troubadour  erinnert  auilallig  und  sofort  an  das  provenzalische 
Bittgesuch  des  Guiraut  Riquier  und  das  pseudo-alfonsinische  Edikt, 
welches  die  Antwort  darauf  enthält^  Bekanntlich  trägt  in  der  ein- 
zigen Handschrift,  welche  beide  Stücke  aufbewahrt  hat,  die  Suplicaiio 
das  Datum  1274,  während  die  Declaratio  zweimal  als  1275  (im 
Juni)  abgefafst  bezeichnet  wird  (s.  u.  p.  178  Anm.  i).  Kombiniert 
man  damit,  dafs  Coelho  in  Kastilien  gewesen  war  und  direkt  von 
dort  die  frische  Mähr  mitgebracht  haben  konnte,  und  femer  dafs 
er  das  Wörtlein  emperador  benutzt,  das  sich  nur  bis  1275  auf 
Alfons  X.  beziehen  durfte,  so  mehren  sich  die  Wahrscheinlichkeiten 
fur  die  Richtigkeit  der  Datierung  1274. 

Dafs  der  portugiesische  Monarch  auch  hier  wieder  einfach 
wiederholt  (oder  frei  nachgeahmt)  hätte,  was  sein  älterer  kastilischer 
Bruder  ihm  vorgemacht,  stände  im  schönsten  Einklänge  mit 
Dutzenden  von  beglaubigten  Thatsachen.^ 

Und  doch  . .  .!  Auch  die  widersprechenden  Einzelpunkte 
müssen  erwogen  werden.  Einmal  beweist  die  Phrase  „ich  möchte 
nicht  Kaiser  noch  König  noch  Königssohn  sein''  rein  gar 
nichts.    Auch  andere  Dichter  haben  sie  zu  anderer  Zeit  verwendet.* 


nobres",  wie  Joam  Airas  im  voraus  von  denen  versichert,  für  welche  er  ein 
Franenlied  gedichtet  hatte. 

*  Nur  in  Z.  214  und  220  kommt  rei  in  der  Phrase  _/brf a  [und  ybr^aj] 
de  rei  vor. 

'  Monaci  ist  dieser  Zusammenhang  nicht  entgangen,  den  auch  Lo  11  i  s 
bemerkte.  S.:  Cantigas  de  Amor  e  d^  malditer  p.  55.  —  Dafs  Lang  die 
gleiche  Ansicht  teilt,   kann  ich  jetzt  bei  der  Drucklegung  nachtragen. 

■  D.  Denis,  der  Grunder  der  Landes -Universität,  Einfuhrer  der  Vulgär- 
sprache in  die  Verwaltung,  Begünstiger  der  Sette  Partidas  und  Anordner  der 
Inquiriçdes  über  die  Adelsvorrechte,  sowie  Freund  der  Uebersetzer-Thätigkeit 
ist  zwar  der  Haoptnachahmer  Alfons'  X.,  doch  hielten  auch  seine  Vorgänger 
die  Blicke  stets  nach  Leon  und  Kastilien  gewandt:  Alfons  IIL  z.B.  als  er 
1253  alle  Lebensmittel  und  sonstige  Waaren  sowie  Arbeitsleistungen  taxierte 
(P.  M.  H.:  Leges  p.  190). 

^  Affonso  Paes  de  Braga  singt  uns  vor,  auch  wenn  er  Kaiser  oder 
König  wäre,  werde  er  die  Liebste  lieben  (CV.  442  E  se  eu  fosse  emperador  ou 
rei)  und  vor  dem  Kaisertum  Alfons'  X.  hatte  schon  Paai  Soares  de  Taveroos 
(CB.  148)  ausgerufen:  wenn  meine  Geliebte  mir  hold  ist,  ^nom  me  cuidava 
cambhar  Por  rei  nem  por  emperador**.  In  anderem  Sinne  benutzt  der  Spiel- 
mann  Lourenço  die  Formel  „rey  nem  emperador**  und  zwar  unbedingt  im 
Hinblick  auf  Kaiser  Alfons  X.  und  einen  König  von  Portugal.  In  seiner 
Tenzone  mit  Rodrigu'  Eannes  [Alvares],  CV.  No.  1032,  sagt  er  in  prahle- 
rischem Uebermut  :    ,,,  hu  meu  cantar  for  Nom  ocha  rei  nem  [ocha']  empe- 


176  CAROLINA  MICHAELIS  DE  VASCONCELLOS, 

Ja,  jeder  Sterliliche  kann  sie  zu  jeder  Stunde  äursero.  Zum  anaem: 
so  unauäbleibüch  für  jeden  mit  der  provenEalischen  Litteratui 
einigermafsen  Vertrauten  die  Erinnerung  an  die  „Suplüatw"  und 
„Dfclaratìo"  über  die  Rangstufen  unter  den  verschiedenen  Dich- 
tem auch  ist  —  ihr  Inhalt  weicht  dennoch  von  den  in  den  por- 
tugiesischen Gedichten  berührten  Verordnungen  ganz  erheblich 
ab.  —  Auch  war  Riquicr  mit  dem  in  Spanien  angebHch  '  üblichen 
Brauche,  der  zwischen  joglar,  rcmedaAw?  segni  und  cazurro^  nntei- 


rador  que  0  nom  colha.  ...  — ■  In  der  67,  Zeile  àer  Araraenlieder  köante 
die  genannte  Dceihcil  selbst ver& ländlich  ganz  gal  auf  Kaisei  Alfons  X..  König 
AJfons  HL  nnd  den  KönigsGohD  D.  Dioii  hindeuten,  da  D.  Joun  Soaies  Coelho 
allen  dreien  nahe  gestanden  bat  und  alle  drei  einen  Dlchterhofuni  sich  hallen.  — 
Auf  K.iiser  Friedrich  II.  bezieht  sich  eine  Dichtung  Coelho's  (CV.  1013;  s.  n. 
p.  183  Anm.  6);  auf  die  alleren  spanischen  „Kùser"  die  Bebauptang  des  Pero 
da  Ponte:  nom  foi  no  mund' emperador  riem  rei  gite  tal  canquisln  podesst 
faier  (die  Eroberung  Sevillas  nämlich). 

'  In  Wirk] ici) keìC  —  sowcìl  die  Liederbächei  die  Wirklichkeit  dar- 
Elellen  —  scheint  trovador  in  Hlspaoien  der  bcüebleste  Allgemdn-Name  iìir 
die  Dichter  des  ij.Jhs.  gewesen  íu  sein;  —  dafs  die  Volkslieder  heule  noch 
trovas  und  trobos  lieifscn,  übersehe  roan  nichl;  jograr  bezeichnete  den  ge- 
werbsmäfsig  um  Lohn  einem  Herrn,  ndel  vielen  Herren,  dienenden  Spiel- 
mann,  der  iremde  Lieder  ToizBlragen  batte  ;  segrel  den  eu  Rois  cìnheikommen- 
den,  ritterlich  angethanen  Escudeiro,  der  eigene  und  fremde,  unbekannte  Lieder 
mil  sich  brachte  und  um  Lohn  vortrug.  Da  sehr  viele  jograres  sich  aber 
auch  im  Dicbm  versuchten  —  nnd  zwar  oft  genug  mit  mehr  GlSck  und  Ver- 
stand als  ihre  Herren  — ,  leglen  sie  sich  den  Namen  trabader  bei.  und  der 
stgrel  that  das  gleiche.  Fär  segrel  {legier  und  ¡egrer)  bietet  das  ganze 
Liederbuch  nur  fünf  BcUgBlellen  [CV.  556,  663,  lOîl,  1086.  1175  und  CB.  144 
(=  116),  1514  (=  387).   1515  [=  388)];  fiir  ¡robador  über  hundert. 

•  Remedador,  von  rtmedar  ^  reim(i\tare,  und  nicht  remendador  vrird 
man  lesen  müssen.  Dais  diese  Bezeichnung  üblich  war,  dati  man  aus  dem 
in  einer   portug.  Urkunde   auf  eine  Art   dramaliscben  Mummenschan 


î8o)]  i. 


1  Worlt 


ir-remedüha  scbliefsen  [5.  Gr.  Gr.  §  19  und  1 14  (p.  172  und 
293.  Canliga  Alfons' X.  Como  un  lograr  ...  guis  remedar 
rfR  de  S.  Stana  ,  .  .  Darin  heilst  es  von  einem  lombardischen 


1  iograr  remedador 


mas  0 

dem' a 

lie  crüa' 

srllo,  1 

ir  alai, 

rerned 

Ilo  faie 

od' 

Ans  diesem  Ltede  i;ehl  hervor,   dafs   der  Nachahmer  mit  vnriüglith  ausgebil- 
deter Mimik  „lebende  Bilder"  stellte. 

'  Cdturro  zu  lesen   und   an   ean-iorró  —  ein  schmähendes  Augmenttti* 
von  cam  {=  canis)  —  zu  denken,  liegt  nahe,  ¡sl  jedoch  unstaltfaafL   In  CV.  1080 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTÜG.  LIEDERBUCH.  l^^ 

schieden  hätte,  ja  durchaus  zufrieden  („^  no  volem  que  s  franha^% 
so  dais  die  auf  dem  Papier  ausgeheckte  baroke  Neuordnung,  nach 
welcher  Schlagbäume  zwischen  dem  Gebiet  der  possenreifsenden 
gauklenden  buffos^  der  vortragenden  juglares^  der  kunstmäfsig 
schaffenden  irohadores  und  der  gelahrten  doctores^  errichtet  werden 
sollten,  in  Spanien  während  des  13.  Jhs.  kaum  in  die  Wirklichkeit 
übertragen  worden  sein  wird. 

Das  Dekret,  von  welchem  Coelho  spricht,  betraf  vielmehr 
das  Verhalten  der  Dichtenden  den  Frauen  gegenüber,  und  enthielt 
die  Bestimmung,  „es  solle  nur  den  besten  adligen  Minnesängern 
gestattet  sein,  Edeldamen  —  ricas  donas  und  infantas  —  zu  be- 
singen; der  coieife  aber  solle  bei  seiner  coteifüy  der  viläo  bei  seiner 
viläa  bleiben".* 

Weiteres  erfahren  wir  aus  den  Aeufserungen  des  ritterlichen 
Dichters  Pero  Mafaldo,^  die,  meiner  Ansicht  nach,  hierher  ge- 
hören. Dem  Spielmann  Pero  d'Ambroa  ruft  derselbe  nämlich 
höhnend  zu:  „Nimm  Dich  in  acht!  Wir  Troubadours  haben  be- 
schlossen, es  sollten  nicht  länger  so  viele  schlechte  Lieder  verfafst 
werden.  Niemand  solle  sich  fûrderhin  irohador  nennen  dürfen, 
der  nicht  wirklich  gut  zu  „finden"  verstehe.  Kein  viläo  dürfe  un- 
gestraft den  fidalgo  spielen  und  sich  diesen  Namen  falschlich  bei- 
legen: sonst  werde  er  es  an  seinen  Zähnen  merken.  In  seinem 
Dekrete  befehle  es  der  König  also.*  Ein  viläo^  der  sich  den 
Titel  segrel  zulege  und  um  Gaben  bitte,  ohne  die  Spielmannskunst 
recht  zu  verstehen,  solle  nicht  nur  unbeschenkt  bleiben,  sondern 
seiner  Habe  verlustig  gehen." 

Drittens  aber  begannen  die  politischen  Cortes  im  Winter  1273 
und  endeten  bereits  im  Frühjahr.  Am  18.  Dezember  1273  ist 
Coelho  in  Santarem.^  Und  vor  dem  18.  März  1274  hatte  wenig- 
stens der  König  diese  Stadt  schon  wieder  verlassen.*  Wenn 
Riquier's  Gesuch  daher  auch  möglichst  zeitig,  d.  h.  ganz  im  Be- 
giim  des  Jahres  1274,  erschien,  so  konnten  Abschriften  seiner 
Epistel  oder  genaue  Nachrichten  über  dieselbe  kaum  rasch  genug 
nach  Portugal  kommen,  um  hier  sofort,  bei  Gelegenheit  der  Cortes, 
ein   ähnliches  Dekret  des  Königs   für   seinen  Dichterkreis   zu   ver- 


steckt das  gleiche  Wort  wahrscheinlich  in  den  Buchstaben  cuçurr  der  Vorlage 
\cavaüo  velho,  caçurr*  e  alazarn].  Im  Altspanischen  kommen  cazurro,  cazurría 
und  cazorria  sehr  häufig  vor  (Fita  104,  531,  921,  1408,  1379,  869). 

^  Ein  einziger  doutor  wird  im  Liederbuch  erwähnt,  und  das  ist  ein  stu- 
dierter Jurist  (CV.  913). 

•  S.  oben  p.  158  A.  2  u.  3. 
»  CB.I5I4(=387). 

*  Pon  ora  assi  em  seu  de gr ed*  el  rei  (Z.  il)  und  ca  manda  el  rei 
(Z.  17),  genau  wie  in  unserer  164.  Zeile.  —  Von  einem  anderen  Dekrete 
Alfons'  UI.,  welches  Kleidung  und  Nahrung  betrifiit,  wird  im  1103.  Liede  ge- 
sprochen. 

^  Dies  Datum  trägt  der  gröfsere  Erlafs,  welchen  Coelho  mit  unterschreibt 
[P.  M.  H.:  Leges  I  23 1].  Das  andere  erhaltene  Dokument  ist  vom  27.  Januar 
1274  [ib.  2]. 

"  S.  oben  p.  174  Anm.  5. 

Zcitfchr.  t  rom.  PhiL  XX.  12 


I  78  CAROUNA  MICHAELIS  DB  VASCONCBLLOS» 

anlassen  —  von  der  erheblich  späteren  in  Verse  gekleideten  RepUk, 
die  Alfons  X.  in  den  Mund  gelegt  wird,  ganz  zn  schweigen.^ 

Entweder  es  mufs  also  der  gereimten  Suplicatio  eine  andere 
schlichtere  Behandlung  in  Prosa  vorangegangen  sein,  wie  vermut- 
lich doch  auch  ein  prosaischer  kurzer  Antworts -Entscheid  zuerst 
von  den  Lippen  des  Monarchen  in  Wirklichkeit  gesprochen  sein  wird, 
ehe  der  provenzalische  Meister  ihn  in  Reime  umsetzte.  Oder  das 
Dekret,  auf  welches  Coel ho  und  Pero  d'Ambroa  anspielen,  ist 
eben  ein  anderes, ^  d.  h.  kein  die  Riquier'schen  Schriften  nach- 
ahmendes. 

Und  warum  sollte  das  nicht  möglich  sein?  Das  uns  erhaltene, 
1258  niedergeschriebene  Regimentó  da  Casa  del  Ret[p,Affonso  III\ 
in  welchem  das  zwölfte  von  26  ^yDegredos^*"  verfügt,  wie  viele 
Spielleute  der  König  halten  dürfe  und  wie  er  sie  zu  beschenken 
habe,  wird  ganz  gewifs  nicht  das  einzige  gewesen  sein,  in  welchem 
der  aus  Frankreich  gekommene  Musenfreund  sich  mit  seinen  Hof- 
dichtem und  Sängern  beschäftigte.^  Und  auch  Alfons  X.  hat  für 
seinen  Dichter-  und  Gauklertrofs  mehr  als  einmal  Satzungen  auf- 
stellen müssen.^ 

Wofür  wir  uns  zu  entscheiden  haben,  ob,  trotz  obiger  Ein- 
wände, dennoch  das  Jahr  1273/74  anzusetzen  ist,  oder  ob  wir  ein 
anderes  Datum  anzunehmen  haben,  wird  davon  abhängen,  was  wir 
über  Leben  und  Sterben  der  am  Ammenstreite  beteiligten  Persön- 
lichkeiten festzustellen  vermögen. 

Immerhin  mufs  gleich  hier  bemerkt  werden,  dafs  in  Portugal 
schon  vor  1245  Klagen  —  mit  Neid  gemischte  Klagen  —  der  dich- 
tenden Granden   über  den  als  Mifsstand  empfundenen  Uebermut 


*  Warum  man  die  Ueberschrift  :  t,Aiso  es  suplicatio  que  fes  Gr.  Riquitr 
al  rey  de  Castela  fer  lo  nom  dels  joglars  Van  LXXIIII**  far  verbessenings- 
bedurftiji  hält,  ist  mir  nicht  klar.  Im  Titel  der  Antwort:  „Declaratio  quel 
senher  rey  N*  Amfos  de  Castela  fe  par  la  suplicatio  que  Gr.  Riquier  fe  per 
lo  nom  de  joglar  V  an  M.CC.LXXV"  kann,  oder  mufs,  das  Datum  1275, 
das  im  Text  durch  Zeile  26 — 29  sicher  gestellt  wird,  meiner  Ansicht  nach, 
blofs  zu  Declaratio  gehören. 

*  Dafs  C  o  e  1  h  o  und  A  m  b  r  o  a  ein  Dekret  nur  erfunden  und  ihm  belie- 
bigen Inhalt  gegeben  haben  sollten,  ist  nicht  anzunehmen. 

8  P.  M.  H.:  Leges  I  198— 200.  —  Vgl.  Gr.  Gr.  §  29  (S.  172  Anm.  6).  — 
Der  uns  erhaltene  portug.  Text  ist  als  eine  spätere  Uebersetzung  anzusehen. 
Inhalt  und  Fassung  zeigen,  dafs  der  Zweck  der  Verordnungen  ein  reformato- 
rischer war:   eingewurzelte  Mifsbräuche  sollten  beschnitten  werden. 

*  Vollständig  habe  ich  bis  heute  noch  nicht  zusammengestellt  was  sich 
alles  aus  den  zwischen  1252  und  57  ausgearbeiteten  Siete  Partidas  auf  die 
hispanischen  Dichter,  Musiker  und  Schauspieler  beziehen  läfst.  Ich  erinnere 
nur  an  den  (nun  auch  von  Lang  p.  CVIII  angeführten)  Satz  aus  Part.  VII 
Tit.  6  Leg.  4  über  den  Unterschied  zwischen  niederen  Gauklern  und  ehrbaren 
Spielleuten,  an  die  Mafsregeln  gegen  die  Spottspiele  der  Kleriker  in  den  Kirchen, 
und  gegen  die  taf  ules  \  Part.  I  Tit.  6  Leg.  34  und  36,  sowie  an  IV,  14,  3  und 
II,  5,  20.  —  Bemerkenswert  ist,  dafs  Alfons  III.  sein  kleines  Regimentó  gerade 
1258  erliefs.  —  Dafs  die  Lebensbedingungen,  der  Kulturzustand,  das  Tempe- 
rament und  der  Kunst  geschmack  der  hispanischen  Trovadores  von  dem  der 
provenzalischen  bedeutend  abwichen  und  daher  andere  Verfügungen  erforderten, 
ist  hinreichend  bekannt. 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTUG.  LIEDRKBUCH.  179 

und  Dünkel  solcher  „niedrig  geborener  Berufs -Sänger**  laut  wur- 
den, die  sich,  gegen  den  Brauch,  erdreisteten,  hochstehende  Frauen 
zu  besingen;  ^  Klagen  vielleicht  zu  gleicher  Zeit  auch  über  die  frivole 
und  selbst  als  parodistischer  Scherz  nicht  zu  billigende  Laune,  mit 
der  wirkliche  Troubadours  sogar  soldadeiras  mit  der  höfischen 
Formel  mha  senhor  anredeten  und  sie,  gleichsam  in  Zerrbildern  der 
cantigas  de  amor,  verherrlichten.^  —  Undenkbar  ist  es  nicht,  dafs 
sie  Abhülfe  für  derartige  „Ausartungen*',  und  Zwangsmafsregeln 
gegen  die  nicht  blaublûtigen,  und  nicht  aus  blofser  Liebe  zur 
Kunst,   sondern  um  Lohn   schaffenden  Dichter  von  ihrem  Könige 

erbeten  und  erhalten  haben. 

* 

Ich  skizziere  nun  die  Biographien  der  Beteiligten  und  spreche  von: 

1.  D.  Joam  Soares  Coelho,  mit  kurzem  Hinblick  auf  die  drei 
zu  ihm  in  Beziehungen  stehenden  Dichter:  Pero  Garcia, 
Meem  Rodrigues  Tenoiro  und  D.  Estevam, 

2.  D.  Fernam  Garcia  Esgaravunha, 

3.  D.  JoSo  Garcia, 

4.  Airas  Peres  Vuitorom, 

5.  Martim  Alvelo, 

6.  Lourenço  Jograr, 

7.  Juiflo  Bolseiro. 

L    D.  Joam  [Soares]  Coelho.^     Wer  seinen  Stammbaum  in 
den    alten   Adelsbûchern   durch    die  Jahrhunderte    zurück    verfolgt. 


*  Pedramigo,  der  ein  Lobndichter  gewesen  zu  sein  scheint,  hält  sich 
für  einen  t  rob  ador  (CB.  1550);  desgleichen  der  Spielmann  Lourenço 
(CV.  1104). —  Martim  Soares  klagt  über  einen  Rittersmann,  welcher  den 
trabadores  und  ihren  Damen  feindhch  gegenüber  stand  (CV.  965).  —  Der  1245 
gestorbene  alte  Gaugraf  D.  AbrilPires  deLumiares  (dessen  Tochter  die 
Frau  des  D.  Fernam  GarciaEsgaravunha  ward)  greift  in  einer  Tenzone 
den  gallizischen  segrel  Bernaldo  de  Bonaval  an,  weil  dieser  behauptet, 
vor  Liebe  zu  einer  bda  dona  zu  sterben,  und  damit  dieser  bda  dona  und  allen 
ihrer  Race  einen  Schimpf  anthue  (CV.  663).  —  In  dem  schon  im  Text  er- 
wähnten  Partimen  über  den  raffec^  ome,  der  eine  bda  dona  zu  lieben  wagt,  und 
den  bdo  ome,  der  sich  zu  einer  raffece  mother  herabläfst  (CV.  786),  heifst  es: 

e  o  ranee'  ome  que  sa  comunal 
nom  quer  servir,  e  serve  senhor  tal 
por  que  o  tenham  por  leu  e  por  vii, 
quant  eP  é  melhor,  tant'  erra  mais  i  ! 

Der  Dichter,  der  hier  die  Partei  des  „Gemeinen  Mannes"  ergreift,  ist  jener 
Joam,  welcher  seiner  groben  Lust  am  tölpelhaften  „Begeifern"  den  Zunamen 
Baveca  verdanken  mag,  der  vom  Rosse  des  Cid  her  allbekannt  ist.  S.  übrigens 
baveca  and  bavequia  bei  Alfons  X.  CM.  238,  285,  299  und  340. 

*  Als  Beispiele  nenne  ich  die  Lieder  CV.  II 6,  1125  sowie  I127,  113 1. 

'  Im  Liederbuche  erscheint  Coelho  i.  mit  vollem  Namen  vor  CV.  280 
und  1012,  sowie  im  CB.  1501  und  dementsprechend  im  Indice;  2.  als  Joam 
Soares  in  den  Liedern  CV.  786,  1009,  loii,  1021,  1022,  CB.  1501  (=  374) 
(in  welchen  vier  Fällen  also  Verwechselung  mit  Joam  Soares  [Someaso] 
und  Joam  Soares  [de  Paiva]  möglich  wäre);  3.  als  Joam  Coelho  oder 
COelho  in  CV.  1009,  CA.  89  und  CB.  1511  (=  384)  und  466  (=  358).  —  Ob 
der  in  diesem  letzten  Liede  von  König  Alfons  namhaft  gemachte  Joam  Coelho 


1 6o 


CAROLINA  UlCHABUS  DE  VASCONCRLLOS, 


ersieht,  dais  er  ein  Nachkomme  des  von  der  Sage  verherrliditen 
Recken  Egas  Moni?,  ist  (dessen  Mutter  There^iia  AfTonso  übrigens 
als  Amme  des  D.  AfTonso  Henríques  genannt  wird),  sich  mit  der 
Gallizierin  D.  Maria  Feroandes  vermählte,  mit  den  hesten  Adels- 
häusem  des  Reiches  verschwägert  war  und  zum  Hofstaate  Alfons'  111. 
gehörte.'  Von  1250  an  unterzeichnet  er  nachweislich  Urkunden - 
(mufs  um  diese  Zeit  also  grofsjährig  gewesen  sein)  und  fahrt  damil 
fort  bis  zum  Tode  seines  königlichen  Herrn  (137g). ^  Und  zwar 
steht  sein  Name  meist  unmittelbar  hinter  dem  des  Kanzlers,  Major- 
domus  und  Mcirinho-mor .  Nach  diesem  Zeitabschnitt,  während 
dessen  er  dem  Hofe  von  Stadt  zu  Stadt  folgt,  erscheint  seine 
Unterschrift  nicht  wieder;  politisch  war  er  also  in  den  Ruhe- 
Stand  getreten,  als  die  neue  Generalion  ans  Ruder  kam.  Er  mofste 
damals  mindestens  ein  Fünfziger  sein.  Eine  Tochter  von  ihm  — 
die  mit  Sueiro  Mendes  Petite  vermählte  D.  Urraca  Eannes  Coelha, 
von  welcher  die  Adelsbücher  Böses  vermelden  —  stirbt  1282,  wie 
ihre  Grabschrift  in  Alcobaça  bezeugt.*  Eine  Angabe  darüber,  ob 
der  Vater  zur  Zeit  noch  zu  den  Lebenden  oder  bereits  zu  den 
Toten  gehörte,  fehlt.  Auch  ob  der  Dichter  Estevam  Coelho  ein 
und  dieselbe  Persönlichkeit  mit  Jenes  gleichnamigem  Enkel  ist,  ver- 
mag ich  nicht  zu  entscheiden.* 

Als  Dichter  gehört  Coelho,  wenn  nicht  zu  den  originelbten, 
so  doch  EU  den  frachtbarsten  Altportugiesen.  Wir  besitzen  von 
ihm  mehr  als  ein  halbes  Hundert  Lieder;    und  dafs    nicht    wenige 


der  parlugiesische  Grande  ndcr  fin  Nameosvetl 
erörleit.   Dafs  Bragn's  Auslnssuogen  über  den  in 

fehlgehen,  darr  jedoch  nicht  ungesagt  bleiben 

sowie  der  Dom-Tilel,  der  Coelbo  >ukam,  wird  I 
and  Anlab  gesctit  oder  roclt^assen ,  gerade  wie 
■verküriles  Joam  Soarcs  und  Joam  Coelho 
(CV.  1009)  und  Joamd'Aboim  Blatt  Doi 
VaasGO   Martins  (ib.  17);    Affon 


r  von  ihm  iit,  lasse  ich  im- 
CA.  citimen  Joam  Coelho 
Das  Patronymikum  (Soares). 
1  der  Dichtattg  je  nach  Laune 
im  bürgerlichen  Leben.  Wie 
90  ñnden  wir  Joam  Peres 
1  Joam  Peres  d'  Aboim; 
(ib.  17);    Abril   ~ 


(ib,663};  Stevam  da  Guarda  (ib. 9:0),  selbst  im  Munde  von  Niedriger 
stehenden,  besonders  wenn  beim  Dithttn  die  Silbenmessung  gebot,  ein  Wörlcben 
aasiustofsen  (ib.  lOiD)  —  od«  auch  weil  ein  blofs  mit  dem  langen  Namen 
einer  Persönlichkeit  ausgefülker  Vers  inhaltlich  doch  gar  lu  ännlich  wire.  — 
Im  Hohngedichle  wird  Dom  bingegen,  zum  Scherx,  auch  den  Vornamen  der 
Spielleute  vorgcsel/t.  So  erscheint  Peto  da  Ponte  als  Dom  Pedro  (CV.  1149,  nj*), 
LoDtenfo  aU  Dom  Lourenço  {1034),  und  Bernal  de  Bonaral  als  D.  Bemnldo 
(663,  1086}.  Vgl.  die  beiden  jiäilisihen  D.  Josep  (Finanibeamter,  910)  and 
D.  Beeyto  (Kaufmann,  1073  —  75).  —  Beispiele  lür  doppelte  Namengebung 
sind  noch  Meem  Roiz  ^  Meem  Rodrigues  Tenoiro  (CV.  14):  D.  Garcia  = 
D.  G.  Martins  (riS6);  Affonseannes  :=  A.  do  Cotom  (556);  Pero  d' Ambroa  = 
Pero  Garda  €8.73(^47);   und  Lourenço  =  Pero  Lourenço  (CV.  I02ï). 

■  P.M. H.:  Scripiorts  I  I59und3l7.^  Herculano  zählt  mit  vollstem 
Recht  die  Coelhos  io  den  25  oder  30  älteslen  Reicbs-FamiJien:  „padrSes  ou 
troncas  das  primitivas  iinhagens  de  rtino". 

■  Mo«.  Lus.  Livro  XV  cap.  7  und  9.  —  P.  M.  H.  :  Le^ei  I  65 1  —  733, 
d.h.  in  den  Forms  v.  J.123S  bis  IZ74:  sowie  ib.  p- 2I9> 

•  Mon.  Lus.  Livro  XV  cap.  47. 

•  Era  MCCCXX  17.  Cat.  Sept.  obäl  D.  Urraca  Joannes  Coetla  filia 
yoannis  Sngtrii  Coeüo  el  uxor  Sugtrii  Mtmndi  Pttiti  cujus  animam  etc. 

•  CV.  331—23.  —  Brags  identifiziert  beide  (p.  XL  VU  seines  Catie.  Vat.). 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTUG.  LIEDERBUCH.  l8l 

verloren  sein  müssen,  geht  aus  meinen  Anmerkungen  zu  den 
Ammenliedem  hervor.  Es  sind  vorhanden:  22  höfische,  recht  kunst- 
volle, doch  eintönig  sentimental  klagende  Cantigas  de  amor  (CA. 
158  — 179  =  CB.  316  —  336),!  15  frische,  anmutige  Cantigas  de 
amigo  (CV.  280 — 293  bis),  worunter  drei  in  Zweizeilern  (260 — 292)^ 
mit  Refrain,  doch  kein  sich  in  eigentlichen  Parallelstrophen  be- 
wegendes Wallfahrts-  noch  Tanzlied,  obwohl  eine  Nummer  (291) 
sich  dem  Typus,  und  im  besonderen  den  Weisen  des  D.  Denis, 
aufserordentlich  nähert;  dazu  1^  Cantigas  de  maldizer  {QN ,  10 12 — 25), 
von  denen  einige  wenige  den  Schleier  des  vornehmen  Konventio- 
nalismus mit  derber,  behaglich  im  Schmutze  knetender  Faust  zer- 
reifsen;  zum  Schlüsse  4  Tençdes  (CV.  1009,  loi  i,  786  und  102 1). 

Natürlich  geben  die  letzten  beiden  Gattungen  sachlich  den 
meisten  Aufschlufs. 

Zunächst  ergiebt  sich  aus  zwei  Streitgedichten  (CV.  1009  und 
ich),  dafs  Coelho  ein  Amts-  oder  Würdenbruder  des  seit  1245 
eine  Hauptrolle  bei  Hofe  spielenden,  1287  gestorbenen  D.  Joam 
de  Aboi  m  war  (was  die  Doktunente  der  Zeit  bestätigen)  und  zu- 
gleich sein  Freund  und  Kamerad. 

In  Beziehung  zu  den  Spielleuten  Pi  can  don  und  Juiflo  führen 
ihn  die  übrigen  vor,  doch  scheint  keiner  von  beiden  zu  seinem 
Hauswesen  gehört,  d.  h.  dauernd  in  seinen  Diensten  gestanden  zu 
baben.3  Die  eine  Tenzone  (1009)  ist  von  hervorragendem  Interesse, 
weil  darin  der  sonst  völlig  unbekannte  (und  vielleicht  nicht  einmal 
hispanische?)  Pi  cando  n  als  Diener  En-Sordello*s  auftritt,  der  ihn 
als  fahrenden  Sänger  und  Vertreiber  seiner  Lieder  an  die  spanischen 
Höfe  empfohlen  und  ausgesandt  zu  haben  scheint.  Falls  nicht 
sogar  mitgenommen?  Aus  Coelho 's  erster  Entgegnungsstrophe 
darf  geschlossen  werden,  dafs  En-Sordello  zugegen  oder  wenig- 
stens nicht  fern  war.  Wie  könnte  jener  sonst  zu  dem  vortragenden 
Spielmann,  dessen  Kunst  er  scherzend  in  den  Staub  zieht,  sprechen: 
nou  vos  ou  el  dad^  ende  bom  recado  =  Ihr  oder  er  soll  mir 
darauf  guten  Bescheid  geben"?  Jedenfalls  aber  gehörte  der 
mantuanische  prachtliebende  Sänger  zu  den  Lebenden  —  so  dafs  die 
Tenzone  nicht  nach  1269  entstanden  sein  kann.^  Dafs  sie  vor  dem 
Endpunkt  von  Coelho^s  Laufbahn  entstand,   und  zwar  in  Kastilien 


^  Im  CB.  fehlen  am  Anfang  fünf  Gedichte. 

•  Aach  unter  den  Liebesliedern  Coclho's  ist  ein  Versuch  in  Versos 
Pareados:  „Em  tarn  grave  dia  senhor  filhei  A  que  nunca  „senhor"  chamar 
ousei*'  CA.  68  =  CB.  319  (=  263). 

'  Es  ist  anzunehmen,  dafs  die  dichtenden  y(i7^rar^j,  die,  wie  bemerkt, 
den  Titel  trabador  für  sich  in  Anspruch  nahmen,  sich  ihre  Unabhängigkeit 
bewahrten  und  bald  bei  diesem,  bald  bei  jenem  Grofsen  vorübergehend  Auf- 
enthalt  nahmen.  —  Von  den  bloCs  ausführenden  aber  erfahren  wir  höchstens 
durch  die  Bemerkungen  der  dichtenden,  denen  sie  oft  als  Zielscheibe  ihres 
Witzes  dienten.  —  Dafs  Spielleute  die  Lieder  der  Troubadours  vortrugen,  steht 
fest.     S.  CV.  II 17,  1021. 

*  S.  Zschr.  VII  S.  207 — 210;  sowie  Diez,  Leben  und  Werke  der  Trou- 
badours, 2.  Aufl.,  p.  375,  und  vgl.  Gr.  Gr.  p.  199  Anm.  5. 


1 82  CAROLINA  BflCHAELIS  DB  VASCONCBLLOS, 

am  Hofe  Ferdinand's  III.  (12 17 — 1252),  der  seit  1230  auch  die 
Krone  von  Leon  trug,  und  an  dessen  Hofe  Sordello  zwischen 
1237  und  1 24 1  geweilt  haben  soll,  ist  eine  schwer  anfechtbare 
Voraussetzung.^ 

Ebenda  wird  der  portugiesische  Dichter,  auf  dessen  Wander- 
reisen Picandon  und  Lourenço  hinweisen  (CV.  102 1)*  und 
dessen  Liebeslieder  fortwährend  über  Trennung  von  der  verhen- 
lichten  Dame  klagen,  auch  mit  Áffons'Eannes  do  Co  torn  und  . 
Pero  da  Ponte,  die  unter  Alfons  X.  (und  früher)  blühten,  sowie 
mit  den  Edelherren  Ruy  Gomes  de  Briteiros  und  Martim 
Scares  um  die  Wette  jene  Reihe  derber  Spottgedichte  auf  den 
mohrenahnlichen  und  doch  als  Kreuzfahrer  ostwärts  gezogenen 
niederen  Hoibediensteten  Joam  Femandes  verfafst  haben,'  welche 
in  die  Tartarenzeit,  also  1241  oder  bald  nachher,  fallen  müssen.^ 

Einen  mittelbaren  Aufschlufs  über  Coelho's  Dichtungszeit 
geben  jedoch  auch  seine  Liebeslieder.  Zwei  davon  sind  bestimmt 
in  denselben  Jahren  gesungen  worden,  an  welchen  Alfons  der  Ge- 
lehrte und  Fromme  noch  weltlicher  Minne  diente,  falls  nicht  noch 
etwas  früher  —  und  zwar  standen  sie  in  aufserordentlich  hoher 
Gunst  bei  dem  Monarchen,  wovon  er  öffentlich  ein  dauerndes 
Zeugnis  ablegte. 

Er  fügte  nämlich  einer  seiner  eigenen  Cantigas  de  amor  (GB. 
469  — <r  361)  zwei  Flicken  aus  den  Liedern  des  portugiesischen 
Granden  ein.^ 

In  dem  Augenblick,  wo  er  von  einer  Geliebten  Abschied  nahm, 
sang  er  ihr  als  Strophenschlufs  zwei  Kehrreime  Coelho's  ent- 
gegen.    Der  erste  lautet: 

De  mui  bom  grado  quería  ir 
a  am  logar  e  nunca  ar  viir^ 

und  entstammt  dem  im  CA.  als  No.  160  aufbewahrten  Liede:  Pero 
nC  eu  ei  amigos. 


*  Wenn  der  im  466.  Gedichte  des  CV.  (=  358)  von  Alfons  namhaft  ge- 
machte Joam  Coelho  unser  Dichter  wäre  und  Alfons  IX.  der  betreffende  König, 
so  müfsten  wir  den  Beginn  seines  Aufenthalts  in  Spanien  bis  vor  1230  zurück- 
datieren !  —  S,  oben  p.  1 79  Anm.  3. 

*  S.  oben  p.  171. 

^  Die  einschlägigen  Mohren  -  Lieder  sind  CV.  1149,  975,  978,  CB.  1543 
und  1544  und  CV.  1012  und  1013.  —  Vgl.  auch  de  Lollis  p.  42  und  43. 

*  In  Coelho's  Gedicht  heilst  es  kurz  und  klar:  veemo-lo  emperador  le- 
vantado Contra  Roma  e  Tartaros  vlir,  —  Dafs  in  CV.  1013  eine  Anspielung 
auf  die  Quindecim  Signa  ante  Judicium  steckt  und  demgemäfs  gelesen  werden 
mufs  :  „E  sempre  esto  foi  profetizado  Par  dez  e  cinco  sinaes  da  firn**,  sei 
beiläufig  bemerkt 

^  De  Lollis  hat  es  nicht  bemerkt. 

^  Leider  ist  das  Zeilenpaar  etwas  verderbt.  Im  CA.  steht  geschrieben: 
De  mui  bom  grado  quer  ria  a  um  logar  ir  e  nunca  m*  end  ar  vïir;  ¡m  CB. 
hingegen:  De  muy  bon  grado  queria  hir  logo  e  nunca  uyr.  Der  Liedertext 
des  alfonsinischen  Gedichtes  und  die  übrigen  darein  geschachtelten  Kehrreime 
gestatten  oder  gebieten  jedoch,  jambische  Achtsilbner  daraus  zu  machen,  was 
ich  versucht  habe. 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTUG.  LIEDERBUCH.  183 

Der  zweite,  aus  dem  ebenda  als  No.  175  und  ferner  im  CB.  326 
(=  270)  vertretenen  Liede  Deus  que  mi  òj*  aguisou  de  vus  veer  besagt 

Moir*  eu  e  moiro  por  alguem 
e  nunca  vus  mais  direi  ém.^ 

Ein  dritter,  der  aus  anderer  Feder  stammt,  wird  noch  weiter 
unten  erwähnt  werden. 

Ein  Zweifel  daran,  dafs  in  der  That  Coelho's  Lieder  die 
Vorlage  sind,  und  die  Arbeit  des  Königs  die  Nachahmung,  scheint 
mir  imstatthaft.  Drei  verschiedene  Refrains,  mit  unterschiedlichem 
Reime,  in  ein  und  dem  selben  Gedichte  charakterisieren  nämlich 
auch  das  andere  Flicken  lied,  welches  im  Lieberbuche  aufbewahrt 
ist,2  so  wie  alle  späteren. 

Vor  1269!  Bald  nach  1241!  In  Kastilienl  In  der  Minnezeit 
Âlfons' X.!  Und  da  noch  hinzukommt,  dafs  Coelho  dem  Ver- 
teidiger Sancho's  IL  und  Feinde  des  Grafen  von  Boulogne,  Airas 
PeresVuitorom,  im  Ammenstreit  grollend  entgegentritt,  taucht 
der  Gedanke  auf,  er  habe  sich  mit  anderen  Partnern  Alfons'  III. 
während  der  Unruhen,  welche  der  Entthronung  des  Bruders  voran- 
gingen, also  zwischen  1240  und  45,  nach  Leon  und  Kastilien  ge- 
wandt und  sei  dort  bis  nach  dem  Tode  Sancho's  (  1 248)  verblieben. 
Dafs  er  den  M  arti  m  Al  ve  lo  angreift,  welchen  auch  D.  Affonso 
Lopes  de  Baiam  (Verfasser  der  gegen  Briteiros  gemünzten 
Ges/a  de  maldtzer)  verhöhnt  hat,  steht  zeitlich  nicht  im  Wege. 
Im  Gegenteil! 

Dabei  dürften  wir  uns  beruhigen ^  und  zum  Namen  Coelho 
die  Daten  „blühte  zwischen  1240  und  1250,  lebte  bis  nach  1279" 
hinzusetzen,  wenn  nicht  andere  Gedichte  von  ihm  und  seinen 
Genossen  einer  viel  späteren  Zeit  anzugehören  schienen. 

Da  ist  z.  B.  ein  Gíedicht  des  Pero  Garcia  Burgales  (CA. 89), 
das  uns  mitteilt,  Joam  Coelho  habe  um  seine  persönlichen  Liebes- 
geheimnisse gewufst;  und  ein  scheinbar  reicher,  auffallend  gut 
situierter  Jograr  jenes  Namens  soll  im  Testament  des  Grafen  von 
Barcellos  im  Jahre  1350  als  Lebender  erwähnt  worden  sein! 

Da  sind  femer  zwei  Gedichte  Coelho*s  auf  einen  Herrn  Dom 
Estevam,  in  dem  man  den  Günstling,  Sekretär  und  Testaments- 
vollstrecker des  D.  Denis  erblickt,  der  bis  mindestens  1324,  in  Wahr- 
heit aber  bis   1335  wirkte. 

Und  da  ist  endlich  das  oft  erwähnte  Streitgedicht  mit  Juiäo, 
jenem  Spielmann,  der  auch  mit  Meem  Rodrigues  Tenoiro  ten- 
zoniert  hat,  d.h.  (angeblich)  mit  einem  Edeln,  der  erst  1360  ein 
Opfer  des  Grimms  Peters  des  Grausamen  von  Kastilien  ward! 


>  Eine  Rückbeziehung  auf  diese  Aeufseruog  enthält  noch  ein  anderes 
Lied  Coelho's  (CA.  162),  wo  es  heifst:  Ca  dix  eu  ca  morria  por  alguem 
E  dereif  ei  de  lacerar  por  ¿m, 

•  c  V.  454. 

•  Ans  der  Tenzone  CV.  1020,  in  welcher  nicht  Coelho,  sondern  cm 
Pero  Martins  als  Redender  eingefTihrt  wird,  weifs  ich  zunächst  nichts  Rechtes 
zu  machen. 


184  CAROLINA  MICHABUS  DE  VASCONCBLLOS, 

D.  Joam  Soares  Coelho,  der  bestimmt  in  der  zweiten  Periode 
des  portugiesischen  Mincesangs.  also  unter  AlCons  111.  und  nebeo 
Alfons  X.,  ja  vermutlich  unter  dessen  Vater  Ferdinand  11.  und  bei 
Sancho's  U.  Lebîeiten  gesungen  hat,  wäre  somit  im  dritten  Zeit- 
abschnitt unter  D.  Denis  und  gar  noch  bis  in  die  Tage  Peters 
des  Grausamen  thätig  gewesen. 

Unmöglich!  —  Weil  aber  ein  zweiter  D.  Joam  Scares  Coelho 
nicht  gelebt  hat,  müssen  wir  untersuchen,  ob  Tenoiro,  Dom  £ste- 
vam  und  Pero  Garda  in  der  Thal  die  spälgeborenen  Persön- 
lichkeiten sind,  für  die  man  sie  gehalten  hat 

Ich  mufs  also  hier  eine  Parenthese  eröffnen  und  jenen  dreien 
einige  Worte  widmen: 

a)  Pero  Garcia  Burgales.  Die  Nachricht  „es  müsse  zwei 
altportugiesische  Dichter  Namens  Pero  Garcia  gegeben  haben,  einen 
Zeitgenossen  des  Dom  Joam  Soares  Coelho  und  einen  anderen 
nachdionysischen  Spielmann",  stammt  von  mir,  ist  jedoch  in  der 
Fassung,  die  ich  ihr  im  „Grundrifs"  gegeben  habe,'  unter  keiner 
Bedingung,  und  wahrscheinlich  überhaupt  nicht,  aufrecht  zu  er- 
halten. Fs  ist  nicht  wahr,  dais  der  in  Burgos  ansässige  Jograr 
Pero  García  an  den  Sohn  des  Königs  Dionysius  eine  Schuld- 
forderung  von  1500  Maravedís  hatte.  Auch  nicht  sein  Schwieger- 
vater befand  sich  in  jener  Lage,  sondern  Aparicio  Peres,  des  Pero 
Garda  Schwiegersohn.  Selbst  dieser  aber  gehörte  1350  bereits 
zu  den  Toten,  denn  das  Testament  des  Grafen  verordnet,  dafs  die 
Summe  seinen  Erben  ausge?,ahlt  werden  solle.*  —  Auch  der  Tod 
des  Schwiegervaters  wird  sich  daher  aller  Wahrschein lichlteit  nach 
vor  jenem  Jahr  ereignet  haben  —  niemand  weifs,  wie  lange  vorher! 
Der  Graf  braucht  ihn  überhaupt  nicht  persönlich,  sondern  nur  dem 
Rufe  nach  als  Liederdichter  gekannt  zu  haben,  so  dafs  er  also 
mit  dem  Zeitgenossen  des  Joam  Coelho  identisch  sein  kann.l  Die 
einzige  Thatsache,  welche  bis  zu  einem  gewissen  Punkte  wider- 
spricht, ist,  dafs  alle  Gedichte,  die  uns  als  Werke  eines  Pero  Garcia 
Burgales  erhalten  sind,  wie  Werke  eines  vornehmen  Herrn,  und 
nicht  wie  Werke  eines  Spielmanns  aussehen.  Auch  dafs  er  Joam 
Coelho  wie  seinen  Vertrauten  in  einer  Herzensangelegenheit  citiert, 


'  Gr.  Gr.  p.iQO  Anm.  1.  Ich  biue  also,  dxe  irrige  Angabe  daselbst  in 
beiicbtif^n. 

*  „OiUroti  confisso  que  devo  mil  e  quinhintos  maraveJt'i  ife  braneai 
de  dàtheiros  catUIIOes  em  Burgos,  os  quaes  a  mi  evtprestou  hum  hemi 
que  havia  nome  Af>arÌcio  Peres  genro  de  Pera  Garcia  Jogral  e  mando 
que  OS  paguem  a  setts  herdeiros."   Sousa,  Hist.  Gen.,  Pronas  vol.  I  p,  I40. 

'  Ana  diesem  Gninde  könnten  wir  also  an  zwei  rerscbiedenen  Dichtem 
Pero  Garcin  Burgales  festhalten,  von  denen  der  eine,  dessen  Lieder  wir 
kennen,  ein  rilleilicher  Troubadour,  luid  der  andere  ein  (vielleicht  nur  vor- 
tragender) RiDBÌkalis eher /'«¿'rar  gewesen  ware,  —  Doch  ist  zu  bedenken,  ob 
der  GrsT  nicht,  wie  Alfons  X.,  d.  h,  wie  die  in  höchster  Hohe  thronenden 
Dichter,  geneigt  gewe.<ien  sein  sollte,  jedem  zünftigen  Troubadour,  dei  nicbt 
mindesUns  ein  Grande  war,  den  Titel  jogiar  beirulegen.  Jogiar  nannte  sich 
selbst  ja  auch  ein  Dichter  wie  Gonzalo  de  Beiceo. 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTUG.  UBDERBUCH.  185 

und  zwar  in  jener  kleinen  Liedergruppe,  in  welcher  Pero  Garcia 
andeutungsweise  gesteht,  die  von  ihm  geliebte  Dame  heifse  Joanna, 
Sancha  oder  Maria  ^  — ,  spricht  für  eine  gewisse  Gleichstellung 
beider  Männer.  Ebenso  läfst  Lourenço's  Vorschlag,  Pero  Garcia 
möge  als  Schiedsrichter  in  seinen  Händeln  mit  adligen  Dichtem 
wie  Joam  Garcia  [und  Martim  Soares?]  auftreten,  auf  hohes  An- 
sehen schliefsen.^ 

Welche  Aufklärung   bieten   seine  Lieder?* 

Wir  besitzen  von  ihm  37  Liebesgedichte,*  2  Frauenlieder*  und 
14  Scherz-  und  Spottsachen.<^  Die  Liebesgedichte  zeigen  ihn  als 
geschulten  Hofmann,  als  Verehrer  einer  Joanna,  Sancha  oder  Maria 
und  Genossen  Coelho's,  wie  schon  bemerkt  ward;  und  aufserdem 
als  dankbaren  Günstling  einer  Königin,  deren  Scheiden  er  beklagt. 
Doch  vermag  ich  nicht  zu  sagen,  welche  spanische  oder  portugie- 
sische Thronbesitzerin  unter  der  Rainha  Franca  zu  verstehen  ist. 
Ob,  wie  ich  vermute,  Jeanne  de  Ponthieu,''  die  Stiefmutter  des  Don 
Arrigo,  von  der  nicht  feststeht,  wann  (nach  1259)  ^^^  «^^^  Kastilien 
in  die  Heimat  zurückkehrte?  oder  ob  Beatrix  von  Schwaben  (f  1238), 
die  Gemahlin  König  Ferdinands?   oder  D.  Beatriz  de  Castella,  die 


^  Das  89.  Lied  des  CA.  (CB.  193  =  179)  schliefst  mit  dem  Satze:  Joam 
Cdelho  sabe  qué  ¿  ssi.  Vgl.  die  Lieder  CA.  104,  105  und  107.  —  Nicht  un- 
möglich wäre  es,  falls  er  ritterlichen  Stammes  war,  er  hätte  eine  der  drei 
Töchter  Coelho's  verherrlicht.  Doch  stimmt  nur  der  Name  Maria:  die 
übrigen  beiden  hiefsen  Aldonça  und  Urraca  (lÀnh,  p.  159).  Das  Grafenbnch 
nennt  sie  D.  Mor,  D.  Aldara  und  Maria  Urraca.  —  Die  Grabschrift  der  jüng- 
sten habe  ich  p.  180  Anm.  4  mitgeteilt.  —  Aus  der  Benennung  Dom  Pedro 
(CV.  1034)  ist  nichts  zu  folgern. 

'  CV.  1034.  Leider  fehlen  in  dem  interessanten  Gedichte  Strophe  2  u.  3. 
Ob  sie  sich  nicht  im  CB.  fìnden? 

'  Der  Automame  Pero  Garcia  Burgales  ist  uns  dreifach  überliefert: 
im  CB.  vor  No.  186,  im  CV.  vor  No.  250  und  vor  No.  980.  Im  Indice  fehlt 
er  vor  der  ersten  Nummer,  doch  geht  aus  der  Uebereinstimmung  zwischen 
der  italienischen  Abschrift  und  dem  Ajuda-Pergament  hervor,  dafs  die  Lieder 
von  186  an  (De  cuantos)  einem  anderen  Verfasser  als  dem  vorausgegangenen 
Tom  eoi  zukommen.  Vor  den  Nummern  649  und  1372  (welche  den  Zahlen 
im  CV.  entsprechen)  ist  der  Name  hingegen  richtig  gebucht.  Dafs  in  Tenzone 
CV. 991  der  angeredete  Pero  Garcia  der  Burgalese  ist,  geht  daraus  hervor, 
dafs  sie  inmitten  seiner  Lieder  steht.  —  Wo  sonst  dieser  nicht  gerade  seltene 
Name  (eines  Pero,  dessen  Vater  Gar  eia  hiefs)  ohne  den  Zusatz  Buréales  auf- 
tritt wie  in  CV.  1034,  1^71  ^^^  CB.  472  (=  365),  kann  natürlich  ein  anderer 
gemeint  sein.  —  Auch  Pero  d'Ambroa  hiefs  Pero  Gar  eia,  wenn  wir 
der  Angabe  vor  CB.  74  (=  47)  in  Text  und  Index  glauben  dürfen. 

*  CA.  82 — iio(=CB.  186—223)  und  dazu  CB.  185,  187  und  205 — 208, 
welche  eine  im  Ajuda-Kodex  mitten  in  der  Gruppe  vorhandene  Lücke  ausfüllen. 

^  CV.  250 — 251,  wovon  Eines  unvollkommenen  Parallelstrophenbau  zeigt. 

•  CV.  980— 993. 

^  CB.  222  (=  207)  porque  se  foi  a  rainha  franca  (im  Reim  zu  branca). 
Sollte  mit  blofser  Assonanz  „a  Franca"  zu  lesen  sein ,  so  wäre  damit  noch 
ein  Point  mehr  für  Jeanne  de  Ponthieu  gewonnen.  —  Das  Wörtchen  franca 
hatte  einen  hübschen  Doppelsinn.  —  Auch  wird  gerade  dieser  Fürstin  noch 
in  einem  anderen  Troubadourliede  gedacht  (CV.  1008),  worin  sie  selbst  1259 
als  Fürsprecherin  für  den  landesverwiesenen  Stiefsohn  Don  Arrigo  einge- 
fahrt  wird^ 


1 86  CAROLINA  MICHAEUS  DE  VASCONCBLLOS, 

Tochter  Alfons'  X.  und  Gemahlin  Alfons'  IIL,  die  mehrfach  von 
Spanien  nach  Portugal  ging  (zwischen  1253  und  1303,  besonders 
aber  nach   1279)? 

Aus  den  Spottgedichten  erfahren  wir,  dafs  Pero  Garcia  miter 
einem  König  Alfons  in  Leon  des  Viveiro  ata  Carrion  gewandt 
war  (987)*  und  auch  Gallizien  besucht  hatte  (989).  Dafs  jedoch 
der  in  Tenzone  991  von  ihm  mit  ^ySenhor**  angeredete  und  ¡hm 
antwortende  Hochgestellte  ein  ,,König  Alfons"  sei,  ist  etwas  schwer 
glaublich.  Nicht  die  Formel  se  eu  fosse  do  mundo  senhor  tönt  in 
eines  Königs  Munde  unerwartet,  wohl  aber  die  Bemerkung  des 
Senhor^  er  habe  vor  Liebesleid  Schlaf  und  Appetit  verloren  und 
sehne  sich  nach  dem  Tode,^  sowie  der  an  ihn  gerichtete  Ratschlag 
des  Poeten,  er  möge  durch  Beten,  Fasten,  Almosengeben  seine 
Liebessehnsucht  zum  Schweigen  bringen.  —  Auch  dafs  ein  König 
(Alfons)  seinerseits  einen  Pero  G  arci  a  namhaft  macht  und  ihm 
nebst  zwei  anderen  Bediensteten  zuruft  „sie  würden  heuer  nicht 
mitgenommen,  sondern  müfsten  hübsch  artig  zu  Hause  bleiben**,^ 
ändert  nichts  daran,  da  wir  über  Stand  und  Art  aller  drei  rein 
gar  nichts  wissen.  —  In  den  spanisch -alfonsinischen  Kreis  weist 
den  Burgales  jedoch  zweifellos  sein  Einstimmen  in  den  Spottchor 
auf  die  üblen  Eigenschaften  der  Hetäre  Maria  Balteira  (CV.  981). 
Und  auf  spezielle  Beziehungen  zu  dem  nachweislich  in  Burgos 
gewesenen  Pedramigo  (CV.  1195)  läfst  es  schliefsen,  dafs  beide 
Dichter  ein  und  dasselbe  Ereignis  (den  Tod  des  Pero  Bö  o)  be- 
handeln:* eine  übelrüchige  burleske  Anekdote,  die  auch  D.  Fer- 
nam  Garcia  Esgaravunha  beschäftigt  hat.  Auch  dafs  der  Bur- 
gales den  Ruy  Queimado  hänselt,  weil  dieser  vor  Liebe  ge- 
storben, nach  dreien  Tagen  aber  wiederauferstanden  sei  (CV.  988), 
sowie  dafs  er  selber  (vielleicht)  von  Joam  Aires  gehänselt  wird 
(CV.  1071),  führt  ihn  nicht  (oder  nicht  merklich)  aus  der  Epoche 
Alfons*  X.  heraus. 

b)  Meem  Rodrigues  Te  no  irò.  Eine  rationelle  chrono- 
logische Verknüpfung  zwischen  dem  1250  bereits  grofsjährigen 
Coelho  und  dem  1360  in  relativ  frühem  Alter  gefallenen  Tenorio 
liefse  sich  selbst  durch  die  Vermutung  nicht  herstellen,  Juiäo  habe 
als  bartloser  Jüngling  mit  dem  schon  bejahrten  Coelho  (etwa  1279), 
und  als  Greis  mit  dem  jugendfrischen  Tenoiro  (nach  1354)  Wett- 
gesänge angestimmt.  Denn  der  landesflüchtige  Spanier,  welcher 
dem  König  Peter  von  Kastilien  von   seinem  gleichnamigen  Bruder 


*  Den  meirinho  Fernam  Diaz  kenne  ich  ebenso  wenig  (CV.  983,  986)  wie 
Fernand  Escalho,  Dom  Fernando  und  D.  Femara  de  Meyra.  Cfr.  De  Lollis  p.  57. 

'  D.  Denis  stirbt  freilich  dichtend  so  oft  vor  Liebe,  dafs  der  mit  Pero 
Garcia  tenzonierende  am  Ende  gar  nichts  Unerhörtes  sagt?  Und  sentimental 
genug  klagen  auch  Alfons  XI.  und  Affonso  Sanches. 

*  CB.  472  (=  365)  „Pero  que  ei  ora  mengua  de  companha,  Netn  Pero 
Gar  da  nem  Pero  d*  Espanha  Nem  Pero  Galego  nom  irá  comego!  In  der 
dritten  Strophe  muís  Fero  Garcia  sich  den  Scherz  gefallen  lassen,  witzelnd 
Pero  Galinha  =  Peter  Hasenfufs  genannt  zu  werden! 

*  CV.  980,  CB.  1575  und  1510. 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTUG.  LIBDERBUCH.  187 

in  Portugal  mit  zwei  anderen  Leidensgenossen  zum  Dank  dafür 
ausgeliefert  ward,  dafs  £rsterer  Letzterem  die  Mörder  der  Ines 
de  Castro  zu  blutiger  Rache  freigab  —  Tenorio  also,  der  dann 
sofort  in  Sevilla  hochpeinlich  gestraft  wurde, *  war  ja  erst  1354  bei 
seinem  Monarchen  in  Ungnade  gefallen  2  und  somit  nach  Portugal 
zu  einer  Zeit  gekommen,  wo  auch  hier  die  letzten  Tage  des  Minne- 
sangs bereits  hereingebrochen  waren  und  eine  Hofpoesie  mit  derb- 
lustigen Tenzonen,  wie  es  das  14.  Lied  des  Cane.  Vat.  ist,  nicht 
mehr  existierte,  wenigstens  nachweislich  nicht.^ 

Die  Lieder  des  Mem  Rodrigues  Tenoiro  aber,  die  im 
Liederbuch  nahe  bei  denen  des  D.  Affonso  Lopes  de  Baiam 
und  unseres  Vuitorom,  also  neben  portugiesisch -alfonsinischen 
Dichtem,  ihren  Platz  haben,*  sind  denen  aus  Alfons'  III.  Zeit  völlig 
ähnlich  in  Sprache,  Geist  und  Form.  Auch  enthalten  sie  nicht  die 
leiseste  Anspielung  weder  auf  die  späten  Tage  des  D.  Pedro,  noch 
auf  die  persönlichen  Erlebnisse  jenes  Mem,  der  sich  seines  kasti- 
lischen  Herrn  Ungnade  zuzog,  als  er,  unterstützt  sowohl  von  zwei 
Brüdern,  dem  Justicia  mayor  Juan  Alfonso  de  Benavides,  seinem 
Verwandten,  als  auch  von  Pero  Gonzalez  de  Mendoza  und  Affonso 
Teiles  de  Menezes  1354,  wie  schon  gesagt  ward,  in  Toro  Händel 
mit  Femam  Alvarez  de  Toledo  begann,  das  Messer  auf  ihn  zückte 
und  verwundet  ñüchten  mufste.* 

Nichts  hindert  uns  somit  daran,  im  Dichter  Tenoiro  einen 
älteren  Mem  Roiz  zu  vermuten,  so  ein  solcher  nur  überhaupt 
nachweislich  ist  Und  das  ist  er.  Als  ich  den  Anfangen  der  Don- 
Juan-Sage  (übrigens  erfolglos)  nachging,  deren  Held  ja  auf  den 
Namen  Tenorio  getauft  ist,  bin  ich  ihm  auf  die  Spur  gekommen, 
weifs  jedoch  an  Gesichertem  nicht  mehr  als  Namen  wie  Herkunft 
und    dafs   er   der   zweiten  Hälfte   des   13.  Jhs.  angehört     Der  ihm 


^  S.  Cronica  de  Don  Pedro,  Afio  1360,  cap.  14  (p.  506  der  Bibl.  de  Aut, 
Esp.  Bd.  66).  —  Fernam  Lopes,  Chronica  de  Dom  Pedro  cap.  30  und  31.  — 
Schäfer  I  407.  —  Mérimée  p.  2S4 — 86.  —  Das  Datam  1358,  das  im  „Grund- 
riis'*  p.  190  angegeben  ist,  steht  in  zahlreichen  portug.  Geschichtsbüchern,  darf 
jedoch  nur  auf  die  Auslieferung  der  Portugiesen  bezogen  werden. 

«  S.  S.  183. 

'  Bis  jetzt  hielt  ich  die  Gedichte  Tenoiro's,  ein  Lied  des  Joam  Fer- 
nandes  </'  ÄrdeUiro,  in  welchem  Pero  Coelho  genannt  wird  (CV.  935),  die 
Dichtungen  Alfons'  XI.  sowie  des  Grafen  von  Barcellos,  die  Lieder  des  Joam 
mûrador  em  Leom  (CV.  707  und  708),  die  des  Joam  da  Garcia  und  Martim 
Moxa  fnr  die  jüngsten:  doch  ist  unsere  Kenntnis  über  die  Chronologie  der 
Dichter  und  Dichtungen  noch  eine  so  höchst  unvollkommene  und  vielfältiger 
Nachhesserung  bedürftige,  dafs  uns  noch  mancher  neue  Aufschlufs  bevorsteht. 
S.  unten:  Estevam  da  Guarda  und  Martim  Moxa. 

*  Wir  besitzen  von  ihm  sieben  Liebeslieder  (CV.  7 — 13),  wovon  zwei 
auch  im  CA.  (226 — 227)  vertreten  sind,  und  die  sich  daranschliefsende  Schimpf- 
und  Prügeltenzone  No.  14.  Dazu  vier  Frauenlieder  (CV.  317 — 320)  und  zwei 
Spottgedichte  (1083 — 1084)  über  D.  Estevam,  die  weiter  unten  berücksichtigt 
werden  sollen. 

*  Cronica  de  D.  Pedro,  Afio  de  1354»  cap.  29  (p.  453  der  BibL  de  Aut, 
Bsp,),  —  Bei  Mérimée  p.  155  steht  nur  der  Name  seines  gleichfalls  an  der 
Kampfscene  beteiligten  Bruders  Alfonso  Jofire  de  Tenorio. 


MICHAELIS  DE  VASCOKCELLOS, 

von  einigen  Genealogikem  beigelegte  Titel  Adelantado  mayor  dt  la 
frontera  ist,  soweit  ich  augenblicklich  sehe,  durch  kein  amtliches 
Schriftstück  verbürgt.'  In  Geschichtswerken  wird  er  nicht  erwähnt 
Auch  seine  Nachkommen  sind  unbekannt,  oder  gelten  für  Kinder 
und  Kindeskinder  seiner  berühmteren  Brüder.* 

Mem  Rodrigues  (oder  Roiz,  der  Aeltere)  war  deï  Sohn  der 
Edelfrau  Teresa  Paes  Ponce'  und  des  Pedro  Rodrigues,  welcher 
einen  der  tapferen  Bastarde  Alfons'  IX.  von  Leon  seinen  Vater 
nannte,  gleichviel  ob  es  nun  Pedro  Alfonso  oder  Rodrigo  Alfonso 
war.^  Dieser  Grofsvater  des  Mem,  der  mitsamt  seinem  bereits 
erwachsenen  Sohn  1236  bei  Toledo,  und  1248  bei  Sevilla  untei 
dem  Banner  des  königlichen  Bruders  Ferdinand  DL  focht,  hatte 
sich  mit  der  Tochter  eines  Rui  Tenoiro  vermählt,  dessen  in  Gal- 
lizien,  anderthalb  Meilen  von  Pontevedra,  gelegenes  Stammschlofs 
Tenoiro^  sie  als  Mitgift  in  die  Ehe  brachte,  den  Namen  desselben 
ihren    sämtlichen    fünf  Kindern,    den   Herrensitz   selbst   aber   der 


'  Unter  den  sich  vielinci]  widerspreche rtdcn,  aber  auch  sich  erginieoden 
genealogiscfaen  Quellen  über  die  Tenorios  sind  die  wichtigeren:  Nobiliaria  del 
Conde  D.Pedro,  Ed.  LavaBi,  p.  394  (Zasätze  zum  Titulo  75  des  Livra  de 
Linhagem)  —  Piferret,  NMliario  de  los  reiioi  y  señares  de  España,  Ma- 
drid 1856,  Bd.  n  —  D.  M.^ig^ueQ  T.\cnùria\,  Cordera  de  Santoyo.  El  verda- 
dero D.  Juan  Tenorio  0  sea  Memoria  to6re  la  procedencia,  enlace  y  can- 
Hnuucion  del  apellido  Tenorio,  Madrid  iSj],  Imprenta  á  cargo  de  José  Aslil- 
lerus,  calle  de  Ventosa.  Ich  lieiine  das  seltene  Heftchen  nur  aus  den  sorgsamen 
Auszügen  von  Prof.  Hugo  Schuchardl,  welche  er  die  Gnle  hntte,  nur 
milinteilen.  —  Arsole  de  Molina,  Nobleta  de  Andalucía.  P.  II.  S.  S93 
nod  453  dri  Neuautgabe.  Ini  dritten  Teile  seines  wertvollen  Wetkes  halte 
der  Verfasser  sich  tinychender  mit  den  Tcnorioä  beschäfti^n  wollen,  wis 
leider  unterblieb. 

■  Die  Mem  betreibende  Stelle  aus  LavaSa ,  welche  als  ¿usatE  su  den 
allen ,  dem  GraTenbnch  angehörieen  Aufieichnanj^n  über  die  Ponces  ond 
Sorodcas  aufzufassen  ist,  und  sich  in  zahlreichen  Abschriften  des  Livra  de 
Linkagem  wortgetreu  wiederfindet,  lantcl:  D.  Fedra  Rodrigues  Tanoyro  fay 
catado  eS  D.  Tareja  Paes,  filha  de  Payo  Mendes  Sorodea  e  de  D.  Srmet/nda 
Nunes  Matdoada  e  fei  em  ella:  Gonfole  Pires,  Sui  Pires,  Mem  Pires.  Mem 
Rodrigues,  D.  Ines  Pires  e  D.  Tareja  Pires.  —  Rui  Pires  Tanoyro  foy 
cazada  com  D.  N.e  fst  tm  ella  D.  Ines  Rodrigues  T.  ~  Mem  Rodrigues 
T.  fay  catado  cam  D.  N.  e  fe%  em  ella  . .  .  Dazu  zwei  Anroerkangen ,  eine 
über  den  Ort  Tenoiro  und  die  andere  über  die  beiden  er  laudi  testen  aus  dem 
Hause  Tenorio;  den  Admiral  und  den  Erzbiachof. 

■  S.  die  voranstehende  Anmerkung. 

•  Alle  Gcnealogiker  nennen  den  Stammvater  der  Tenorios  Pedro  Al- 
fonso, den  der  Ben  a  vides  hingegen  Rodrigo  Alfonso.  Da  der  Sohn  und 
Erbe  desjenigen  leonesischen  Königssobnes,  welcher  eine  Benavides  Eceite, 
aber  gerade  Alfonso  Perez,  der  Sohn  und  Erbe  dessen,  der  eine  Tenorio 
freite,  jedoch  Pedro  Ruiz  heifst,  ist  möglicherweise  gerade  das  Umgekehrte 
das  Wahre. 

'  Von  den  Selzlingen  dieses  halb  galüiischen,  halb  leonesischen  Stammes, 
der  gleich  so  lablieichen  anderen  in  Spanien  wie  in  Portugal  Wurttl  schlug, 
nennen  sich  die  spanischen  folgerichtig  Tenorio,  die  galliiisch-poctugicsiscben 
Tenoiro  nnd  Tanoiro.  Vgl.  Qsoira  neben  Osorio  (das  von  den  Erklärem  als 
Os-auri  ^  Chrysostamos  gedeutet  wird). 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTÜG.  LIEDERBUCH.  189 

ältesten  Tochter  vererbend,  die  sich  mit  einem  anderen  Enkel 
Alfons'  IX.,  ihrem  Oheim  Alfonso  Perez  de  Benavides,  vermählte.' 

Von  den  Brüdern  des  Mem  ¡st  der  eine  freschi  cht  lieh  bekannt 
—  nicht  eben  vorteilhaft.  Zu  Anfang  der  Regierung  Ferdinands  IV., 
als  die  Minderjährigkeit  des  Königs  und  der  auf  die  Blutsverwandt- 
schaft der  Eltern  gegründete  Vorwurf  der  Illegitimitäl  blutige  Wirren 
und  Handel  in  Spanien  hetvorrief  (in  welche  auch  D.  Denis  ein- 
griff), erdolchte  Rui  Pires  Tenoiro  bei  Ciudad-Rodrigo  (1295)  in 
Gegenwart  des  Regenten  Don  Arrigo,  der  zugleich  des  Königs 
Grofsohm  und  Vormund  war,  seinen  politischen  Gegner  Pae  Gomes 
Charinho,  der  unter  Alfons  X-  als  Flotlenadmiral  und  bedeutender 
Troubadour  geglänzt  hatte.  Auf  der  Flucht  nach  Portugal  ward 
er  jedoch  vom  Infanten  Don  Juan,  der  den  Tod  eines  so  machtigen 
Gliedes  seiner  Partei  rächen  wollte,  eingeholt  und  niedergemacht.' 
Er  starb  ohne  männliche  Erben. 

Von  dem  zweiten  Bruder  des  Mera,  Gonzalo  Pires,  hingegen 
sollen  die  verschiedenen  Tenoiros,  die  im  14.  Jh.  Berühmtheit  er- 
langten, herstammen.  Sein  Sohn  Diego  Alfonso,  welchem  die  Be- 
sitztümer in  Toledo  und  Sevilla  zufielen,  vermählte  sich  rait  Aldonça 
jufre  Loaisa  und  ¡st  der  Vater  des  erlauchten,  1340  bei  Algeçiras 
heldenmütig  gefallenen  Flotten  admirals  Alfons'  XI.,^  zu  dessen  Söhnen 
Mem    Rodrigues    der   Jüngere    gehört.*     Dieser    ist    also    ein    Ur- 

■  Das  F>miìÌL-n Wappen  dei  Tenorios  ist  dem  dt-r  Benavides  gleich  (und 
dem  dtf  Ponce«  ähnlich).  Der  leon  rampante  (barrado  de  1res  bandas)  weist 
denüich  auT  die  Abkunft  vom  Könige  von  LtoD  bin.  Man  sache  es  in 
Aigote  de  Molin«,  I.  c. 

»  S.  Cronica  dr  D.  Fernando  If..  Bd.  66  der  SibC.  de  Aut.  Bsp.  p.  96b. 
Gnade  dieser  Rui  Petes  Tenorio  wird  in  dem  spanischen  Werke  über 
die  TCDorios  gar  nicht  gen.innt. 

»  S.  CrûHica  de  D.  Alfonso  et  Onceno,  ib.  p.  iq],  196,  197,  log,  289, 
193,   303,   306,  30B,  316,  315,  434;    Poema  Sir.  604,  609,   1OO3. 

•  Zwar  wird  in  der  Chronik  Peters  des  Grausamen  von  Pedro  Lopei  de 
Ayala  nur  der  älteste  Sohn  des  Floltenad mitais  Garcl  Jufre  Tenorio 
ausdräcklicb  und  wiederholt  als  solcher  bezeichnet  (1353  Kap.15;  1359  K.li; 
IJ67  K.  lä),  wälitend  drei  weitere  Zeit-  und  Leidensgenossen;  D.Juan  Te- 
norio, Men  Rodrigues  Tenorio  und  Alfonso  Jufre,  ohne  Erwäh- 
nung ihrts  Vaters  und  des  Gard  Jufre,  nur  als  Geschwister  unter  einander 
aulgeführt  werden  (1353  K.16;  1354  K.33,  Text  und  Variante  der  Ed.  177g); 
docb  nehmen  die  Genealogen  ihr  Sohnesvethältnis  zum  Admirât  Mr  gesichert 
hin.  —  Garcia-Jufre,  der  1331  bereits  Ritter  des  ¿ianrfa-Ordens  gewesen 
sein  soU,  Bland  tj;^  im  Flottendiensi,  wurde  aber  1367,  nachdem  er  zu  Heinrich 
von  Trastamara  übergegangen  war,  gefangen  und  hingerichtet.  —  Alfonso 
Jufre  (den  das  Wetkchen  übet  die  Tenorios  mit  dem  älteren  gleiehnamigen 
verwechselt)  war  Alguaeil- mayor  von  Toledo  (135J  K.  16),  Melt  beim  Auf- 
ruhr der  Sladt  trco  mm  König  (1354  K.I()i  nahm  jedoch  bald  hernach  an 
deD  blntigen  Händeln  in  Toro  thaligen  Anteil ,  weshalb  er  acini's  Amtes  ent- 
hoben und  landesSüchtig  wurde  (1 354  K.  19).  ~  Joan,  des  Königs  Liebling 
und  Vertrauter  in  seinem  Verhältnis  in  Maiia  Padilla,  in  welchem  man,  ohne 
weiteren  Grund  als  die  Namensgleichheit .  das  Urbild  zum  Don  Juan  der 
Dichtung  hat  sehen  wollen,  diente  als  Repostero-mayor  {¡j^i  K.  4,  12,  16,  21, 
23.  23),  ging  jedoch  gleichfalls  in  Toro  seines  Postens  verlustig  (1354  K.  29). 
Auch  er  entfloh  wie  Alfonso  Jufre  und  Mem  Rodrigues  und  soll  sich  in 
Andalusien  verborgen  gebalten  haben  (vielleicht  auch  in  Portugal,  inTavttaP). 


IQO  CAROLINA  MICHAEUS  DE  VASCONCBLLOS, 

grofsneffe  des  Aelteren  —  ein  Zeitgenosse  und  Opfer  Peters  des 
Grausam -Gerechten,  während  jener  zu  den  Kampf-  und  Spiel- 
genossen Alfons'  X.  gehört  haben  möchte.  Der  einzige  sachÜche 
Einwand,  den  man  gegen  die  Zurûckdatierung  des  Dichters  er- 
heben könnte,  ist,  dais  er  des  späten  Estevam  da  Guarda  gespottet 
habe:  doch  ist  dieser  Einwand  nicht  stichhaltig,  wie  der  nach- 
folgende Abschnitt  zeigt. 

c)  Estevam  da  Guarda.  Der  Träger  dieses  Namens  —  der, 
soviel  ich  weifs,  nur  einmal  vorkommt  —  ist  aus  der  portugiesischen 
Geschichte  hinreichend  bekannt,  und  zwar  als  criado  e  vasaüo  des 
Königs  D.  Denis,  dessen  Vertrauen  er  in  hohem  Mafse  genossen 
hat.  Man  nennt  ihn  meist  Geheimschreiber  {escrwäo  de  puri- 
dade  oder  secretario  de  p)  dieses  Monarchen,  und  als  sein  Schreiber 
ist  er  jedenfalls  eine  Zeitlang  thätig  gewesen.^  Im  Jahre  13 15 
ward  er  eychäo  mor,  dann  Obermundschenk  {escancäo  mar).  1320 
vertrat  er  den  König  und  handelte  im  Ausgleich  zwischen  Vater 
und  Sohn  dXs  procurador,  1322  und  1324  ward  er  von  seinem  Herrn 
mit  dem  Ehrenamt  eines  Testamentsvollstreckers  bedacht^  Dafs 
er  in  jungen  Jahren  als  Page  der  Königin  Isabella  mit  ihr  aus 
Aragon  gekommen  sei,^  behauptet  Brandäo,  und  alle  späteren  Ge- 
schichtsschreiber  wiederholen   die    (übrigens   unerwiesene)  Angabe. 


Die  Behauptung,  er  habe  1367  dasselbe  Greschick  wie  Garci-Jufre  erlitten,  be- 
ruht  möglicherweise  nur  auf  Verwechselung  mit  diesem.  Auch  ob  er  mit 
D.  Juan  Tenorio,  Comendador  de  Estepa  y  trece  de  la  Orden  de  Santiago» 
eins  ist,  den  Erzbischof  D.  Pedro  zum  Sohne  hat,  und  mit  diesem,  sowie 
dem  Admiral,  in  Sevilla  in  der  Jesus-Kapelle  des  Orangenhofes  begrabeai  ward, 
ist  nicht  ganz  sicher,  ob  auch  wahrscheinlich.  —  D.Pedro,  der  Erzbischof 
von  Toledo,  derjenige  Tenorio,  über  welchen  am  meisten  geschrieben  worden 
ist,  und  zwar  sehr  Verschiedenartiges  was  seine  Eltern  und  Geburtsstätte  an- 
betrifft, stand  thatsächlich  1367  kämpfend,  obwohl  er  Archidiakonus  war,  auf 
Seiten  Heinrichs  (1367  K.  12),  flüchtete,  ward  durch  Guido  von  Bologna  und 
Gregor  XI.  beschützt,  und  kam  nach  Peters  des  Grausamen  Fall  schnell  zu 
hohen  geistlichen  Würden:  1371  Bischof  von  Coimbra,  1376  Erzbischof  von 
Toledo,  als  welcher  er  1399,  mehr  als  70 jährig,  starb.  —  S.  Cronica  de  Don 
Enrique  Segundo:  1373  K.  6;  1375  K.  4;  1385  K.  8.  —  Cronica  de  D,  Juan 
Primero',  1389  K.  6;  1390  K.  20.  —  Cronica  de  Don  Enrique  Ttr cero \  1390 
K.  3 — 9.  —  Fernán  Perez  de  Guzman:  Generaciones  y  Semblamas  cap.  13.  — 
Cane,  de  Baena  No.  152  und  Anm.  —  Ferreira  Leitîo,  Bispos  de  Coimbra 
§64.  —  Dr.  Eugenio  Narbona,  Vida  del  Arzobispo  Tenorio,  Toledo  1 624. — 
Panorama,  Vili  207.  —  Ausführliches  über  die  zahlreichen  Fragen  betreffs 
dieser  und  weiterer  Tenorios,  die  noch  zu  lösen  sind,  verspare  ich  für  eine 
passendere  Gelegenheit. 

*  Von  1304  bis  1321?  —  Gama  Barros  p.  590  erwähnt  Dokumente  vom 
14.  Januar  1315,  i.  August  131 6,  9.  August  1321,  in  welchem  Stevam  da  Guarda 
ohne  Titelangabe  unterzeichnet,  und  eines  von  1319,  wo  er  sich  secretario  do 
rei  nennt.  —  Ich  kenne  das  zweite  [Mem.  Inq.  No.  30),  das  dritte  (ib.  No.  37) 
und  das  vierte  {Hist,  Gen.,  Provas  vol.  I  p.  loi  und  104),  dazu  aber,  aus  der 
Mon.  Lus,  VI  S.  557,  eines  aus  dem  J.  1304.  —  Cfr.  Tiigoso,  Memoria  sobre 
OS  Escriväes  de  puridade  in  Mem.  Acad.  XII  p.  1 58  und  zweite  Serie  I  p.  28. 

*  Mon,  Lus.  XVIII  cap.  53,   XIX  cap.  31  und  40,   sowie  Bd.  VI  p.  557, 

573,  587. 

*  Figanière,  Rainhas  de  Portugal  p.  LVIII;  Lacerda,  Santa  Isabel  p.  50  ; 

Sousa,  Hist,  Gen,  VI  193  sowie  I  10 1  und  104. 


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Demgemäfs  hätte  er  seit  1281  in  PortugaU  gelebt,  und  alle  ihm 
gewidmeten  Lieder  müssen  nach  dieser  Zeit  entstanden  sein.  An- 
zunehmen ist  jedoch,  dafs  es  erst  später  geschah,  wo  er  als  Mann 
bei  Hofe  eine  Rolle  spielte,  und  selber  Verse  machte. 

In  seinen  Dichtungen,^  besonders  in  den  Spottliedem,  die 
seine  Hauptstärke  sind,  versucht  er  ofifenbar,  sich  D.  Denis  anzu- 
gleichen, sowohl  was  die  Wahl  der  Stoffe  als  was  ihre  Behandlung 
betríñt.  Wenige  lassen  sich  mit  Sicherheit  datieren.^  Wenn  das 
Lied  CV.  910,  in  welchem  von  der  rainha  madre  del  rei  die  Rede 
ist,  sich  auf  D.  Beatriz  und  D.  Denis  bezieht,  so  ist  es  vor  1300 
entstanden.^  Viel  späteren  Datums  sind  zwei  Gedichte  auf  den 
Bischof  von  Visen,  Miguel  Vivas,  einen  gleichfalls  aus  Aragon  stam- 
menden Herrn,  welcher,  allmählich  auf  der  Staffel  der  geistlichen 
Würden  emporgestiegen,  nach  dem  Tode  des  Concaio  IL,  d.  h. 
nach  dem  21.  Mai  1328,  zum  Bischof  von  Visen  ernannt  und  1330 
bestätigt  wurde,  den  Bischofsstuhl  aber  nur  bis  Juni  1335  (t)  ein- 
nahm.'^ Lied  CV.  915,  worin  auf  den  grofsen  Einflufs  hingewiesen 
wird,  welchen  der  Bischof  am  Hofe  Alfons'  IV.  ausübte,  muís  somit 
zwischen  1330  und  35  entstanden  sein,  während  CV.  927  (auf  einen 
reichen  Bauern,  welchen  Alfons  IV.,  auf  Bitten  seines  Cünstlings, 
zum  Ritter  machte,  als  er  sich  mit  einer  Nichte  desselben  vermählt 
batte),  wohl  zwischen  1328  und  30  gedichtet  ward,  als  Miguel 
Vivas  n^letio**  war  und  seiner  Bestätigung  harrte.®  Nach  1352  aber 
sind  die  Neckereien  über  einen  der  Astrologie  ergebenen  Spiel- 
mann Martim  Vaasques  zu  setzen  (CV.  928 — 931),   da  sie  (gleich- 


*  Ein  Dokument  in  der  Mon.  Lus.  VI  $$7  scheint  zu  widersprechen. 
Doch  trägt  es  irrtümlich  das  Datum  £ra  1312,  sUtt  1352;  v^l.  Buch  XVm 
cap.  17. 

*  CV.  220 — 225:  6  Cantigas  de  amor;  362:  I  Cantiga  de  amigo \ 
904 — 932*.  29  Cantigas  de  maldizer. 

*  Der  Ruy  Gonçalvyz  des  Liedes  CV.  917  kann  der  Escriväo  da  Rainha 
Santa  Isabel  sein,  welcher  im  April  1 293  seines  Amtes  wallete.  Doch  ist  der 
Name  nicht  ungewöhnlich. 

*  S.  über  das  Todesjahr  der  Königin  Mon.  Lus.  XVIII  cap.  9,  und  da- 
gegen Figanière,  Rainhas  de  Portugal  p.  131 — 132. 

*  S.  Mem,  Acad.  Hist.  1 722  :  Catalogo  dos  Prelados  da  Igreja  de  Viseo» 
composto  pelo  Padre  Joäo  Col^  No.  37;  und  1726  Catalogo  dos  Illustrissimo  s 
DD.  Priores  da  Real  Collegiada  de  N.  S.  da  Oliveira  von  D.  Manoel  Cae- 
tano  de  Sousa  p.  37.  —  Mon.  Lus.  XVII  cap.  29  und  39;  und  Parte  VI  p.  391« 
—  Der  Name  Vivas  ward  später  zu  Vives  modernisiert  (vgl.  Diaz  und  Diez). 
Die  Träger  dieses  Namens  gehören  zum  Geschlecht  derer  von  Vergel.  Ihr 
Wappen  ist  uma  planta  de  sempre-vivas  em  meio  de  um  vergel)  ihr  Sinn- 
spruch: Siempre  vivas. 

*  In  dem  Razdamento  zu  Lied  CV.  927  lese  man  :  e  feze-o  el  rey  dorn 
äff  anso  [das  ao  der  Vorlage  auflösend],  filho  del  rey  Dom  Denis,  caval- 
¿iro  (Dies  zu  Gama  Barros  p.  400).  —  Wie  Estevam  da  Guarda ,  so  greifen 
übrigens  den  Prälaten  auch  der  Graf  von  Barcellos  und  Joara  de  Gaia  an: 
der  erstere  (gleichfalls  zwischen  1328  und  1330)  verlacht  seine  Beliebtheit 
(CV.  1038),  der  letztere  seine  blaurote  Nase,  nach  1330  (CV.  1062).  —  Die 
öffentliche  Meinung  war  Miguel  Vivas  nicht  hold:  er  galt  für  gewinnsüchtig 
und  ward  beschuldigt,  die  Zwietracht  zwischen  D.  Denis  und  seinem  Sohne 
Alfons  genährt  zu  haben.   Weiteres  bei  anderer  Gelegenheit.    S.  p.  202  Anm.  4. 


iga  CAROLINA  MICHAELIS  DK  VASrONCBLIXM, 

wie  ein  Gedicht  des  Grafen  von  Barcellos  auf  den  gleichen  Sondei- 
ling,  und  sein  Umsatteln  zum  ordinierten  und  tonsunerten  Priester 
CV,  1042},  auf  ein  in  jenem  Jahr  vero  ffe  nil  ich  tes  Dekret  Alfons'  IV. 
Bezug  nehmen,  das  den  Priestern  verbietet,  das  Spiel  ma  nnsgewerbe 
auszuüben.) 

An  Dichter,  die  uns  bekannt  wären,  wendet  £stevam  da 
Gualda  sich  nie,  noch  nennt  er  irgend  einen  davon  bei  Namen. 
Und  das  ist  auflällig,  wenn  wirklich  nicht  weniger  als  neun  Cttn- 
ligas  dt  maldistr  von  sechs  hervorragenden  Troubadours  sich  mit 
seinen  eigenen  Körper-  und  Geistesschwächen  beschäftigt  haben 
sollten.  Dem  dichtenden  und  die  Geifsel  des  Spottes  kräftig 
schwingenden  Könjgsfreund  wäre  es  doch  sicherlich  ein  Leichtes 
gewesen,  die  Lacher  auf  seine  Seile  bu  bringen! 

Ein  Zwang,  die  betreffenden  Lieder  auf  ihn  zu  beziehen,  ist 
jedoch  nicht  vorhanden. 

Zu  Gunsten  der  Bezugnahme  auf  ihn  spricht,  dafs  der  Be- 
sungene offenbar  in  grofser  Gunst  bei  seinem  König  stand  und  an 
dessen  Tische  speiste  (CV.  1015).  Dagegen,  dafs  der  volle  Name 
Estevam  da  Guarda  auch  nicht  ein  einziges  Mal  genannt  wird.^ 
Die  Hauptsache,  ob  dieser  Günstling  des  D.  Denis  —  der  ihrer 
noch  viele  andere  gehabt  hat^  ~-  kurzsichtig,  ja  fast  blind,  und 
auch  von  heftiger  Gemütsart  gewesen  ist,  wissen  wir  begreiflicher- 
weise  nicht.  Kurasichtigkeit  aber  nehmen  sich  die  Angreifenden 
sechs  Mal  zur  Zielscheibe  für  ihre  Witzpfeile,*  und  zählen  dem 
„Augenlosen"  auf,  was  alles  er  nie  gesehen  habe,  noch  sehen 
werde,  das  Zeitwort  ve(r  beharrlich  abwandelnd,  während  die 
übrigen  drei  Gedichte  hochgradigen  Jähzorn  eines  Dom  Estevam 
aa  den  Pranger  stellen.' 

Die  Spötter  sind  aufser  Coelho,  der  127g  zu  den  Lebenden  ge- 
hörte (CV.  1014  und  1015)  und  Tenoiro  (1083,  1084),  dessen  Vater 
1248  das  Schwert  geführt  hatte,^   noch  Rui  Queimado  (995,  997), 

'  S.  Gr.  Gr.  188  Anni.  5.  —  Abgedrucki  findei  sich  die  wertvolle  Ur- 
kaode  in  Figueiredo,  Synopsis  Chmnolagica  (Lissabon  179O)  Bd.  I  p.  to. 

'  Im  Liede  CV.II94  kommt  dreimal  äas'Vian guardada  und  aufcetdem 
¡•uardam-a  vor.  Das  kann  zufältig  sein  ~  und  ist  es,  mdnei  Memung 
naeh  — ,  doch  raufs  ich  darauf  aufmciksam  machen,  —  Aach  könnte  dos  Ge- 
dicht 910,  in  welchem  Estevam  da  Guarda  einen  auditor  verlacht,  der  nicht 
EU  hören  vermochte,  eine  Rache  (5r  etwelche  Veiiervcrsc  »ein,  in  denen  man 
ihm  vorgeworfen  hatte,  nicht  sehen  zu  können.  - —  Die  Frage,  ob  dec  Dom- 
titel ihm  iiikam,  ist  unwesentlich. 

*  Das  GraTeobuch  nennt  als  pri-vados  de  D.  Dinis  z.B.:  Games  Loa- 
renco  de  Beja  (p.  149),  Pero  Esleves  de  Beja  (p.  116)  und  Egas  Lourenço 
(p.  217).  —  Vgl.  CV.  1038,  WQ  Moniz  Louienço  de  Beja  dds  ein  Rätsel  aof- 
giebt,  da  einerseits  der  Name  des  darin  besuDgenen  Günstlinga  auffällig  an 
G.  L.  deB.  erinnerl,  während  sein  Genoi^se  Miguel  Vivas  uns  als  eolsrhie- 
dcner  Partei^uger  Alfons'  IV.  bekannt  ist. 

'  CV.  995.  997,  101+,   1015.  1084,   1194. 
»  CV.  1083,   1085,   1089. 

•  Wenn  Mem  Rodrigues  Tcnoito  der  Acllerc  selbst  bis  gegen  1300  ge- 
lebt und  gesungen  hitte,  10  konnte  er  doch  I3S4  (resp.  1360}  schon  cdoen 
erwachsenen  GrofsneSen  in  Mem  Rodrigues  dem  Jüngeren  haben. 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTUG.  LIEDERBUCH.  I93 

der  schon  als  Zeitgenosse  des  Pero  García  Burgales  aufgetreten 
ist,  Pedr' Amigo,  der  am  Hofe  Alfons' X.  mit  Pero  da  Ponte 
um  die  Wette  sang  (1194),  und  Vuitorom,  der  1245  die  Verräter 
an  Sancho  IL  grimmig  gerichtet  hatte  (1085  und   1089). 

Dafs  alle  sechs  sich  noch  in  den  beiden  letzten  Dezennien 
des  1 3.  Jhs.  und  darüber  hinaus,  als  grau-  oder  weifsbärtige  Sänger, 
am  fröhlichen  Medisieren  ergötzt  haben  können,  läfst  sich  nicht 
leugnen.  Ein  Urteil  darüber,  ob  ihre  Cantigas  de  maldtzer  (wie 
alle  Cantigas  de  maldizer)  mehr  wie  Sünden  der  Jugend  oder  des 
Alters  aussehen,  kommt  Anderen  zu.  Ich  meinerseits  bemerke  zu- 
nächst nur  mit  Rücksicht  auf  den  Besungenen,  dafs  an  sonstigen 
Königsgünstlingen  Namens  Este  va  m  kein  Mangel  ist,  und  nenne 
unter  den  Vertrauten  Alfons'  III.:  Estevam  Annes  de  Valla- 
dares, Estevam  Annes  de  Sousa  und  seinen  Kanzler  und  Milch- 
bruder Estevam  Annes  de  Fermoselhe,  von  dem  schon  bei 
Gelegenheit  der  Königsammen  die  Rede  war. 

Nur  weil  eben  Estevam  da  Guarda  selber  Troubadour  ge- 
wesen ist,  hat  man  zunächst  an  ihn  gedacht,  Braga  in  erster 
Linie  (CancVat  p.  LXV),  dann  ich  selber;  [PS.  und  jetzt  auch 
Henry  Lang],  Aber  auch  Estevam  Annes  de  Valladares  war 
ein  berühmter  Dichter  (P.  M.  H.:  Scriptores  I  199),  dessen  Werke 
uns  nur  ein  böser  Zufall  vorenthalten  hat  —  und  .  .  .  nicht  jeder 
Besungene  war  eben  auch  ein  Singender. 

Das  sehr  wenig  befriedigende  Resultat,  zu  dem  wir  bis  jetzt 
gekommen  sind,  lautet,  dafs  weder  das  Leben  des  Pero  Garcia 
Burgales,  noch  das  des  Mem  Rodrigues  Tenoiro  und  Este- 
vam da  Guarda,  noch  die  von  ihnen  ausgegangenen  oder  sie 
betreffenden  Lieder  Thatsachen  enthalten,  die  uns  zwingen,  die 
Dichterlaufbahn  des  D.  Joam  Scares  Coelho  über  das  Ableben 
Alfons'  HL  und  Alfons'  X.  hinaus  frank  und  frei  in  den  dritten  Ab- 
schnitt des  portugiesischen  Minnesangs  hinein  zu  verlängern.  Ebenso 
wenig  aber  haben  sich  Daten  ergeben,  die  uns  zwingen,  jene  Lauf- 
bahn jäh  mit  dem  Jahre  1279  (resp.  1284)  abzubrechen.  —  Der 
Lösung  der  Ammenñ-age  sind  wir  auch  keinen  Schritt  näher  ge- 
kommen. 

Wenden  wir  uns  daher  den  übrigen  Ammendichtem  zu. 

♦ 

IL  D.  Fernam  Garcia  Esgaravunha.  Hier  haben  wir 
leichteres  Spiel.  Der  Träger  dieses  Namens,  dem  seine  langen 
und  scharfen  Fingernägel  vermutlich  den  Spitznamen  „ELratznagel" 
eintrugen ,  war  ein  Bruder  sowohl  des  mit  König  Alfons  III.  ver- 
schwägerten dichtenden  Gjnde  D.  Gonçalo  Gar  eia  (f  vor  1286),* 
als  auch  des  Mem  Garcia  und  eines  D.  Joäo  Garcia,  o  Pinto, 
d' Alégrete,  der  uns  noch  begegnen  wird;  —  dazu  ein  Sohn  des 

*  Er  war  mit  der  verwitweten  D.  Leonor  Affonso,  einer  Tochter  Al- 
fons' ni.,  vermählt.    S.  Mon,  Lus,  XV  cap.  9,  29  und  36,  und  vgL  hier  S.  195. 

Zettachr.  £  rom.  Phil.  XX.  I^ 


194 


CAROLINA  MICHAELIS  DE  VASC0(ÎCSLL05, 


ä  D.  Ga 


i  Me 


r  Ein 


Troubadours  1 

Grafen  Mendo:  kurz,  er  ist  eiu  Glied  des  mächtigen  Geschlechts 
der  Sousas.i  Er  that  sich  als  Mann  zuerst  im  Jahre  1245  hervor,  als 
Sancho  II.  auf  der  Flucht  nach  Kastilien  nahe  bei  Trancoso  rastete. 
Daselbst  trat  Fernando  ihm  entgegen,  verlangte  Entlassung  des 
übermächtigen  Günstlings  Martim  Gil  [de  Soverosa],  dem  man  alles 
öffentliche  Unheil  zuschrieb,  und  forderte  diesen,  der  den  Monarchen 
begleitete,  zum  entscheidenden  Zweikampf.  Seine  Forderung  ward 
jedoch  nicht  angenommen.  Vielmehr  soll  Martim  Gil  versucht  haben, 
den  kühnen  Gegner  hinterrücks  aus  dem  Wege  zu  schaffen.'  Im 
Jahre  1250  nahm  D.  Femara  Garcia.  den  wir  daher  als  Anbänger 
Alfons'III,  bezeichnen  müssen,  am  Kriegszug  nach  Alga^^■e  teil  und 
unterzeichnete  die  Urkunde  über  die  Schenkung  von  Alhufeira.^ 
Vermählt  war  er  mit  der  bereits  verwitweten  D.  Urraca  Abril,  der 
Tochter  des  alten  D.  Abril  Peres  de  Lumiares  (f  1245),  doch  waren 
beide  Gatten  bereits  1284  tot.  —  Als  Dichter  mufs  er  (und  zwar 
zwischen  IZ45  und  84)  grofses  Ansehen  genossen  haben,  denn  das 
Livro  Vclho  und  das  Grafenbuch  bezeichnen  ihn  als  „0  gut  Irobou 
iem".*  Erhalten  sind  uns  von  ihm  17  Minnelicder  {CB.  227 — 243 
doer  CA.  114 — 128)  und  2  Schmäh  lied  er  (CB.  15 10 — 11),  von  denen 
das  zweite  das  Ammenlied  (U)  ist,  während  das  erste  möglicherweise 
die  gleiche  Anekdote  betrifit,  welche  Pero  Garcia  Burgales  im 
Liede  CV.  q8o  und  Pedro  Amigo  im  i,575'"''"  zum  Gegenstande 
ihrer  derben  Witze  machten.*  —  Davon ,  dafs  er  in  Spanien  ge- 
wesen ist,   weifs  ich  nichts. 

Nach  1284  kann  also  der  Ammenslreit  nicht  begonnen  haben. 

III.  [Dom]  Joam  Garcia.  Es  hat  in  Spanien  und  Portugal 
viele  dieses  Namens  gegeben,^  und  wo  genauere  Zeitbestimmungen 
und  als  Zusatz  der  Name  des  Ortes,  zu  dem  sie  in  Herren -Verhältnis 
standen,  fehlt,  ist  es  schier  unnütz,  erraten  zu  wollen,  um  welchen 
Joam  Garcia  es  sich  handelt.  Der  in  Portugal  im  13,  Jh.  er- 
lauchteste und  bekannteste  war  der  eben  genannte  Bruder  des 
Esgaravunha  und  des  Conde  D.  Concaio  Garcia.  Da  aber  beide, 
wie  auch  der  Vater,  Minnesänger  gewesen  sind,  lag  es  nahe,  auch 
diesen  Sousa  oder  SousSo,  welcher  Besitzer  der  Stadt  Alégrete  war, 
und  aufserdcm,  um  seiner  Jovialität  willen,  den  Scherznamen  c  fính 
{=  das  lustige  Hähnchen)  führte,  zum  Dichter  zu  stempeln.'  Und 
da  auch  dem  dichtenden  Joam  Garcia  in  einer  Tenzone  von  dem 
Spielmann  Lourenvo  vorgeworfen  wird,  er  zahle  schlechte  Ration 

■  Mon.  Lus. 

151  und  311; 

vasi  p.  159- 

*  Mm.  Lus.  XV  cap.  9;  Ruy  de  Pina,  CArùn,  cap.  9;  AzenheJio  p.  57 
und  69.  ■  Mon.  Lus.  XV  cap.  9.         '  LinJi.  p.  ìgi  und  I90. 

*  S.  oben  S.  i86.    Man  vergleiche  noch  CB.  1575  von  Peto  d' Ambrai. 

'  Am  Hofe  Alfons'  X.  begegne  ich  1164  einem  Don  Juan  Garcia. 
S.  Argote  de  Molina  I  p.  z68. 

'  S.  Mrn.  Luj.JilV  cap.  19;  XV  cap.  9  und,  dagegen,  So  osa,  Ifitl.  Gen. 
XU  p,  J39. 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTU6.  UEDERBUCH.  I95 

an  Gerste  und  Wein  [civada  e  vt'nho],  so  knüpfte  sich  daran  der 
Gedanke,  der  vornehme  Troubadour  habe  Spielleute  zum  Absingen 
seiner  Lieder  und  sonstiger  Kurzweil  in  seinem  Palaste  ständig  be- 
herbergt War  er  doch  auch  mit  dem  König  Álfons  lu.  verschwägert, 
und  zwar  durch  seinen  Sohn  Estevam  Annes,  der  im  J.  1271  die 
Prinzessin  Leonor  Affonso  heimführte,  sie  jedoch  schon  1273  als 
ihn  überlebende  Witwe  zurückliefsM  und  hatte  er  doch  mit  den 
Brüdern  1249/50  in  Algarve  Kriegsdienste  gethanl* 

Trotzdem  glaube  ich  nicht,  dafs  die  vatikanischen  Lieder 
1104  und  1105  von  ihm  sind.^  Die  Art,  wie  Coelho  dem  Ver- 
fasser derselben  vorwirft,  er  habe  nicht  edlen  Frauen  gedient, 
beweist  nichts,  da  die  Vornehmen  sich  gern  rüde  Wahrheiten  und 
Verleumdungen  zuschleuderten.  Die  Gründe,  warum  ich  jener 
Auslegung  nicht  zustimme,  sind  andere.  Erstens  würde  bei  einem 
so  hohen  Würdenträger  der  auszeichnende  Zusatz  Pinfo  d*  AUgreie 
im  Liederbuche  nicht  gänzlich  fehlen,  wie  auch  im  Adelsbuche  nicht 
der  Vermerk  „er  habe  gedichtet'',  falls  er  wirklich  Ruf  gehabt  hätte. 
Zweitens  aber  —  und  das  ist  das  Entscheidende  —  nennt  Coelho 
in  seinem  indirekten  Angriff  auf  den  mit  Lourenço  tenzonieren- 
den  Herrn  Joam  Garcia  diesen  bald  Joam  Garcia,  bald  J  o  am 
de  Guilhade,  je  nachdem  er  fünf  oder  sechs  Silben  braucht; 
und  der  dichterisch  hochbegabte  Cavalleiro^  der  diesen  Namen 
nach  seinem  gallizischen  Heimatsorte  trägt,^  nennt  sich  selbst  bald 
D.  Joam  Garcia  (CV.  354  und  358),  bald  Dom  Joam  de  Gui- 
lhade (CV.  348  und  341),  bald  Joam  de  Guilhade  (ib.  343). 
Dazu  kommt  femer,  dafs  die  Liedergruppe  1097  bis  11 10,  von 
welcher  die  Tenzonen  des  Joam  Garcia  mit  dem  Spiel- 
mann Lourenço  einen  Teil  bilden,  die  allgemeine  üeberschrift 
Joam  de  Guilhade  führt  Nur  in  seinem  dankenswerten,  doch 
nicht  fehlerlosen  und  interpretationsbedürftigen  Indice  hat  Colocci 
vor  die  Streitgedichte  dann  noch  die  durch  Lesung  derselben  un- 
schwer gewonnenen  Namen  Jo,  Garcia  und  Lourenço  jograr  beson- 
ders vermerkt.* 


*  Hist.  Gen.,  Provas  VI  p.  197 — 200  und  I  206.  Dazu  auch  Figanière, 
Rainhas  de  Port.,  p.  LX — LXI.  —  Nachdem  D.  Leonor  AfFonso  zum  zweiten 
Male  Witwe  geworden  war,  lebte  sie  im  Hause  der  Rainha  Santa  D.  Izabel 
(1286)  und  später  zu  Coimbra  im  Convento  de  S.  Clara  (13 17). 

*  Mon.  Lus,  XV  cap.  9.  —  Da  er  unter  Sancho  II.  1239  Dokumente 
unterzeichnet  (DoaçSo  de  Mertola,  Here.  3.  Ausg.  II  p.  496;  DoaçSo  de  Alfajar 
de  Pena,  ib.  p.497),  so  mufs  er  beim  Tode  seines  Sohnes  (1273)  schon  recht 
bejahrt  gewesen  sein.  Einen  Beweis  dafür,  dafs  er  damals  überhaupt  noch 
lebte,  kenne  ich  nicht. 

'  Hat  er  gedichtet,  so  sind  doch  seine  Lieder  fur  uns  verloren. 

*  Guilhade  (oder  mit  span.  Orthographie  Guülade)  kommt  dreimal  in  der 
Provinz  Lugo  und  einmal  in  der  Provinz  Pontevedra  vor.  Die  ersten  drei 
Ortschaften  sind  ganz  unbedeutende  lugarejos,  die  letztere  (San  Miguel  de  G.) 
ist  eine  feïigresia  der  Diocese  Tuy.  Aufserdem  giebt  es  noch  in  Comfia 
ein  GuiUade. 

B  S.  die  Anmerkung  vor  1503,  sowie  1493— 1494. —  Statt  1503  moiste 
es  1501  heifsen.    Aehnliches  z.  B.  vor  No.  1508. 

13* 


196  CAROUNA  MICHAELIS  DE  VASCOMCBLLOS9 

Dieser  D.  Joam  Garcia  de  Guilhade,  àsx  em  cos  del  rey  als 
cavalleiro  aus-  und  einging,  muís  von  „kleinem  Adel"  gewesen  sein, 
da  kein  Nobiliario  ihn  kennt  Doch  war  er  ein  Meister  in  seinem 
Fach.  £r  zeichnet  sich  durch  die  herzhafte  und  dennoch  leichte 
Ironie  seiner  Verse  aus,  sowie  durch  die  weniger  schablonenhaften 
Gefühle  seiner  Liebesgestandnisse,  die  Mannigfaltigkeit  der  behan- 
delten Stofife,  die  Zahl  seiner  Lieder  und  ihre  reiche  Technik.  £r 
vergleicht  seine  Liebe  mit  der  des  Flores  zu  Brancafrol  (CV.  358);  er 
fugt  den  Gedichten  seinen  eigenen  Namen  und  den  des  Geburtsortes 
ein;  er  verrät  den  Namen  der  Geliebten  \ßlha  dt  Maria];  er  läfst  sie 
dann  in  Frauenliedem  über  diese  Thorheit  murren,  und  mode- 
widrige Scheltworte  gegen  ihn  ausstofsen  (CV.  371  Cabeça  de  cito);  er 
macht  zwei  Schwestern  Vorwürfe,  weil  sie  den  Nonnenschleier  er- 
grififen  haben;  er  feiert  grüne  Augen  (CV.  30  und  344);  redet  von 
Ritterspielen  und  besonders  oft  in  prahlerischer  Weise  von  Liebes- 
pfandem  (CV.  346,  347,  348,  350),  die  er  gegeben  und  empfangen 
habe;  er  erwähnt  die  hübschen  Melodien  zu  seinen  Texten  (361); 
erfindet  moralisierende  Frauenlieder  (344  und  370);  beteuert,  er 
stürbe  nicht  vor  Liebe  (354);  verwertet  Sprichwörter  (CB.  1502) 
—  kurz,  weicht  in  mancher  Kleinigkeit  vom  „Ueblichen"  ab.' 

Für  Coelho  und  andere  Zeitgenossen  wie  Martim  Soares  mufs 
er  mit  seinen  55  Gedichten  ein  gefürchteter  Gegner  gewesen  sein! 

Zur  Erschliefsung  von  Daten  dient  mir  das  37.  Lied  des  CV. 
Die  besungene  D.  Dordia  Gil,  welche  thatsächlich  in  das  Kloster 
zu  Arouca  trat,^  war  eine  Tochter  des  vor  1245  hochbejahrt  ge- 
storbenen Gil  Vasques  de  Soverosa,  des  Alten,  und  seiner  dritten 
Gemahlin;  ihre  Leidensgefährtin  D.  Guiomar  ist  ihre  Halbschwester,^ 
und  beide  nannten  jenen  Martim  Gil,  den  verhafsten  Günstling 
Sancho's  IL,  welchem  Esgaravunha  1245  entgegentrat,  ihren  Halb- 
bruder.* Drei  ihrer  Ganz-brüder  aber  waren  Sevilla-Streiter:  D.  Vasco 


'  Der  liebeskrankc  Ruy  Queimado  ruft  in  einem  seiner  Lieder  (CB.  249 
und  CA.  142  und  143)  Joam  Garcia  den  Namen  der  ihn  tötenden  Geliebten 
entgegen:  Guiomar  Affonso  Gata.  —  [P.  M.  H.:  Scrtptores  I  162  und  323.] 
Ob  der  Angeredete  der  Pinto  d*  Alégrete  oder  Guilhade. ist?  —  Doch  wohl 
der  letztere? 

*  P.  M.  H.  :  Scriptures  I  p.  293,  Titulo  2.  —  Mon,  Lus,  XVI  c.  52  und 
XVII  c.  29. 

3  Der  Dichter  sagt,  die  beiden  boas  donzelas  , , ,  se  forom  perder  e 
matar.  Wäre  er  König,  so  liefse  er  sie  verbrennen  zur  Strafe  dafür,  daTs  sie 
prender om  ordim,  und  mund*  e  prez  verlassen  hätten.  —  Solche  ,JCetzereien** 
waren  an  der  Tagesordnung.  Die  „häretischen*'  Lieder  zahlen  nach  Dutzenden! 
Ganz  anderes  wagt  noch  Gil  Peres,  Conde,  der  Vasall  Alfons'  X.  Die  Art, 
wie  er  mit  dem  Gottessohn  rechtet  (weil  seine  Geliebte  eine  Himmelsbraut  ge> 
worden  ist),  und  ihn  geradezu  zum  Teufel  schickt,  sucht  ihresgleichen  (CB.  1527 
und  1527).  Auf  den  gleichen  Gegenstand,  doch  anderen  Geistes,  ist  ein  Nonnen- 
lied von  Rodrigueannes  de  Vasconcellos  (CB.  368^). 

*  Gil  Vasques,  der  Alte,  dessen  erste  Frau  D.  Maria  Aires  de  Fomellos, 
eine  der  Freundinnen  Sancho's  I.,  wurde,  war  ein  Streiter  fur  Alfons  11.  (z.B.  1220 
bei  Varzea,  wo  er  vom  Sohne  seiner  Frau,  Martim  Sanches,  besiegt  w\irde), 
dann  eine  Hauptfìgur  am  Hofe  Sancho's  IL  —  1235  und  1236  unterzeichnet 
er  als  tenens  Sausam,   1238  und  1239  ohne  diesen  Zusatz.    S.  Herculano  H 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTÜG.  LI£DERBUCH«  IQ  7 

Gil,  D.  Manrique  Gil  und  Joäo  Gil  [1248].  Und  die  Vermutung 
ist  erlaubt,  dafs  die  Geschwister  sich  an  Jahren  ungefähr  gleich 
standen. 

In  dem  Scherz-Sirventes  auf  den  geizigen  infançon^  der  seinen 
Mantel  nur  alle  drei  Jahr  erneuerte  (CV.  1 103),  vermeine  ich  Be- 
züge zu  der  Hausordnung  Alfons'  UI.  vom  11.  April  1258  zu  ent- 
decken.^ 

Im  Norden  Portugals,  in  der  Nähe  von  Barcellos  und  Faria 
wohnt  die  hohe  Frau,  die  Guilhade  feiert ^  —  wie  Coelho  meint, 
mit  Ungebühr  (CA.  236  und  238).  Aber  auch  in  Spanien  treffen 
wir  ihn  (CA.  238)  und  zwar  in  Segovia,  in  einem  Kreise  kastilischer 
Sänger,  wie  die  Erwähnung  der  trotadores  de  Portugal  zeigt  (CV.  379). 
Santarem  wird  wenigstens  von  ihm  erwähnt  (CV.  iioo).^ 

Seinem  eitlen  Prahlen  mit  den  Liebespfändem,  die  schöne 
Frauen  ihm  gespendet  haben,  tritt  Pedramigo  entgegen  (CV.  1 1 25). 

IV.  Airas  Peres  Vuitorom.*  Ich  bin  einem  Herrn  dieses 
Namens  zwar  noch  nicht  begegnet,  doch  gedenkt  Argote  de  Mo- 
lina in  seiner  Nobleza  de  Andalucía  (II  p.  169  und  104)  eines  pen- 
insularen Adelsgeschlechtes  Buitrón  und  weifs  zu  berichten,  dafs 
ein  nicht  näher  bezeichneter  Sprosse  desselben  sich  1 2 1 2  bei  Navas 
de  Tolosa  ausgezeichnet  hat^  Dafs  wir  im  Munde  des  Spaniers 
im  16.  Jh.  ^Q  Y onsi  Buitrón,  im  Munde  des  Altportugiesen  hin- 
gegen Vutiorom  fìnden,  ist  nur  in  der  Ordnung:  Wie  bei  der  Mehr- 
zahl der  auf  Spanien  und  Portugal  verteilten  Geschlechter  wird 
auch  in  diesem  Falle  gallizische  Herkunft  wahrscheinlich.  Und  des 
Dichters  im  Liede  1087  bekundetes  Interesse  für  Vogelschau  spricht 


p.  344,  388  und  495,  wo  es  heifst:  Gil  V,  de  S.  nunca  abandona  a  corte, 
und  Aíon.  Lus,  XIV  e.  12  und  XV  e.  4.  —  Schon  1177  war  er  übrigens  grofs- 
jahrig.     S.  Archivo  de  Vianna  I  p.  71. 

*  P.  M.  H.:  Leges  I  p.  199,  200  und  209.     S.  besonders  §  14. 

'  L^  aqui  vej''  eu  BarceUos  e  Faria  und  Ai  que  de  coita  levei  em 
Faria.  —  Dafs  die  im  Bergschlofs  von  Faria  thronende  filha  de  Maria  eine 
Tochter  der  Maria  Paes  Ribeirinha  (d.  h.  auch  einer  Freundin  Sancho's  des 
Alten)  und  des  im  Minho  ansässigen  D.  Joam  Fernandes  de  Lima  gewesen 
sei  —  also  entweder  D.  Tareja  Sanches,  welche  dem  D.  Mem  Garcia  de  Sousa 
die  Hand  reichte,  oder  D.  Mariannes,  die  sich  mit  Affonso  Teiles  de  Cordova 
vermählte  —  ist  eine  bloCse  Vermutung  von  mir,  die  sich  darauf  gründet,  dafs 
die  Burg  Faria  den  Nachkommen  jener  Dame  gehört  hat,  welcher  der  König 
in  seinem  Testament  die  Minho-Städtc  Parada,  Pousadela  und  Vila  do  Conde 
vermacht  hatte. 

*  Auf  die  Gedichte  an  den  Spielmann  Martim  (CV.  noi  und  1102) 
nehme  ich  nicht  Rücksicht,  weil  ich  nicht  weifs,  ob  er  mit  Martim  Vaasques, 
oder  etwa  mit  Martim  Moxa  identisch  ist.  —  Mit  Jo3o  Garcia,  Sobrinho 
de  Nuneannes,  welcher  die  Gedichte  CV.  431  imd  432  verfafste,  hat  D.  J0Í0 
de  Guilhade  nichts  gemein,  wie  ich  schon  in  Gr.  Gr.  angedeutet  habe. 

*  Der  Index  schreibt  vuyton^.  Vor  Lied  1083  steht  ebenso.  Vor  1085 
ueito^.     In  No.  102  3  findet  sich  don  buy  tor  om  und  don  uuytorô.     Die  Lesart 

Vuitorom  ist  also  die  berechtigtste,  auch  vom  Sinne  geforderte,  da  die  Sprache 
kein  Appellativum  veitr.,,  besitzt,  das  in  der  alcunka  stecken  könnte,  wohl 
aber  vuitr . . .  buür . . .  vom  lat.  vultur  =  Geier. 

*  Das  Familienwappen  mit  den  „redenden"  Raubnetzen  für  Feldhühner 
und  Fische  stellt  die  Herleitung  von  vultur  auCser  Frage. 


198  CAROUNA  MICHAELIS  DE  VASCONCELLOS, 

nicht  dagegen.  <     A ussch lagere  bend  aber  ist,  dafs  die  Ortschaft  ! 
Tirso  de  Buituron  in  der  Provinz  Comßa  liegt- 

Airas  Peres,  naît  dem  Zunamen  Vuitorom,  der  seinem  Solar 
entstammen  oder  ein  charakterisierendes  Beiwort  gewesen  sein  kann, 
ehe  er  Familienname  ward,  mufs,  wie  der  Leser  schon  weifs,  ein 
treuer  Parteigänger  des  Sancho  Capello  gewesen  sein  —  sonst 
würde  et  in  dem  Sirventes  CV.  1088  den  Verrätern,  welche  dem 
Grafen  Alfons  von  Boulogne  ihre  Burgen  überantworteten,  gestützt 
auf  die  päpstliche  Bulle  (welche  sie  des  Treueides  entband},  nicht 
gar  so  grimmig  mitspielen.^  Für  dies  und  das  1090.  Lied,  worin 
Alfons  III.,  genau  wie  im  voranstehenden  Sirventes,  nur  „0  Còntle" 
genannt  wird,  ist  also  als  Entstehungsïeil  die  Spanne  von  1245 — 48 
gesichert 

Meine  Meinung  über  seine  Spöttereien,  ob  der  Blindheit  und  des 
Jähzorns  des  Dom  Estevam  brauche  ich  nicht  zu  wiederholen.  Oder 
doch  !  Die  Erkenntnis,  dafs  das  zweite,  bereits  erwähnte,  zwischen 
1245  und  1248  entstandene  Gedicht  auf  den  Coniit  (CV.  1090)  zu 
gleicher  Zeit  ein  Spottiied  auf  den  blinden,  einen  König  hassen- 
den und  einem  Grafen  anhangenden  Dom  Estevam  ist,  erlaubt  uns 
hier  endlich  festzustellen,  dafs  der  kurzsichtige,  von  Coelho, 
Tenoiro  und  anderen  verlachte  Dom  Estevam,  der  mit  Alfons  HL 
aus  Paris  heimgekehrte  Estevam  Annes,  sein  Milchbruder  und  nun- 
mehriger Kanzler  gewesen  sein  mufs!' 

Der  Hohn  über  einen  altersschwachen  D.  Bemaldo  im  1086. 
Liede  galt  vermutlich  dem  bei  Alfons  X.  beliebten  Bern  al  de 
Bonaval.  An  den  Hof  dieses  Fürsten  versetzen  uns  auch  die 
Salyren    über    den    zwischen   Astorga  und    Sahagun   als  Adílaníudo 

'  Im  331.  valikanischea  Liedchen  {von  Estevam  Coelho),  aas  mit  dem 
reimlosen  sprichwörtlichen  Saicc  „Ihr  habt  Geier  ge^ssen  . . ..  denn  ihr  walir- 
Mgt"  seltsam  genug  abschliefsl,  findet  sich  die  t'u^lorom  trEfflich  enUprccheiidc 
Vokabel  avuytor  (s.  die  folgemle  Anmerknog).  ^  Das  Sprichwoit  erinnert 
BD  den  Branch  der  (igyptiicbea)  Wahrsager,  die  du  Herx  von  Raben,  Sper- 
bern und  Maulwürfen  vermehrten,  um  der  wei«sageaden  Elgenwhaftcn  dieser 
Tiere  teilhaltig  lu  werden. 

*  Ebenda  findet  sich  noch  ein  gleichnamiges  kleines  Neslchen  und  ein 
Büilurtira.  während  ich  im  übrigen  Spacien  nur  ein  einziges  Dorf  Buitrón 
(in  Huelva)  kenne.  Cfr.  Bmtrago  in  Madrid  und  Soria.  —  In  Portugal  tiog 
•In  Ftüfschen  bei  Vianna  áo  CasteÜo  den  Namen  Vuyturino  P.  M.  H.  :  Ligtt 
I  691,  das  sich  im  Lauf  der  Zeit  in  Viterinhi  verändert  hat;  auch  ein  Frauen- 
kiuiter,  gleichfalls  im  Gebiete  von  Vianna,  hiefs  Voyturinko  (Link,  p,  334).  Dnd 
die  Sialic  heìbt  heute  VUorino  das  Donas.  Ein  Gut  AvUoreiroi  (lüi  Avm- 
Itrfirai)  besáis  Marlim  Annes  de  Soverosa  und  nach  ihm  seine  Gemahlin 
D.  Belara  (Hon.  Lus.  XVII  c.  291.  Als  noch  jetzt  vorbanden  verieichnet 
Qberiliet  die  Ckorograpkta  i&dtma  lu  einem  Flecken  Àbitureiras  drei  Abi- 
lurfira,  ein  Aväurtira,  ein  Landgut  Abulre.  zwei  Abuirtira,  eine  Avtturära. 

■  Vgl.  CB.  1477  A  liaidade  dt  Sntrra  pelti  Beira  muüo  anda. 

*  leb  drucke  das  Gedicht  ab  und  erlaube  mir  die  Abwandlungen  von 
twrr  lu  unterstreichen  und  zu  bcmerkcD,  dafs  anter  el  rey  der  entthronte 
Sancho  verstanden  werden  mufs.  Die  Zeile  ^i>  gue  s' agora  0  reino  far  tin 
wird  bedeuten,  dafs  noch  ein  Teil  der  Schio fsb erren  die  Treue  gewahrt  hatte. 
DU  Formeln  nuntr'rl  i  for  ...  st  o  ConJt  reinará  und  menir'  o  Conde  assi 
auvtr  Sanlartm  machen  wabrscheinlicli,  dafs  noch  an  Rest  von  HoShong  oder 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTUG.  USDERBUCH.  IQQ 

schaltenden  Fernán  Diaz  (CV.  1090  und  91)  sowie  die  bösen  Spöt- 
tereien über  einen  von  dem  magtster  juris  Joam  Nicolas  nach  dem 
foro  de  Leon  abgeurteilten  Verbrecher  (CV.  1096).  Dies  letzte  Ge- 
dicht und  zahlreiche  lateinische  Citate  im  Verräter -Sirventes,  sowie 
die  dunkle  Stelle  im  Ammenlied  IX,  wo  von  alcas  (oder  alçadasÎ) 
die  Rede  ist,  führen  zu  der  Frage,  ob  Vuitorom  vielleicht  Rechte 
studiert  hatte  (in  Palenda)?  Eine  weitere  offene  Frage  bleibt  es, 
ob  er  etwa  den  König  Sancho  nach  Toledo  begleitete  und  am 
spanischen  Hofe  verblieb?  * 

V.  Martim  Âlvelo.  Der  Leser  weifs  bereits,  dafs  die  Ge- 
dichte dieses  Troubadours  verloren  sind  und  dafs  allein  die  kurzen 
Andeutungen  in  den  ihm  gewidmeten  Liedern  des  Vuitorom 
(CV.  1092),  Coelho  (1025)  undD.  Affonso  Lopes  de  Baiäo 
(1079)  u^s  Nachricht  über  ihn  geben.  Vielleicht  schliefst  sich  daran 
noch  eine  Zeile  Alfons'  des  Gelehrten  —  falls  der  vom  Könige  mit 
Bauholz  bedachte  Rivelo  que  andou  em  Portugal**^  (CV.  64)  der  Ver- 
fasser der  nicht  gebuchten  Lieder  war.^ 


Aassicht  auf  ein  Unterliegen  des  Grafen,  und  Siegen  des  abwesenden  Königs 
vorhanden  war,  der  wohl  aus  Kastilien  mit  Hülfstmppen  erwartet  ward. 

Dom  Estevam  diz  que  desamor 
á  com  el  rei,  e  sei  eu  ca  ment'  i  . . . 
ca  nunca  iHu  prazer,  pois  foi  aqui 
o  Conde,  nem  veerd  mentr*  el  i  for*. 
E,  per  quant*  eu  de  sa  fazenda  sei, 
porque  nom  vem  ao  reino  el  rei 
nom  vee  cousa  ond*  aja  sabor. 

Com  arte  diz  que  nom  quer  al  rei  bem  . . . 
ca  sei  eu  d'  el  ca  ja  nom  veerd 
nunca  prazer  se  o  Conde  reinará, 
ca  bem  quit'  é  de  veer  nulha  rem 
Dom  Estevam,  ond' aja  gram  prazer! 
D*  est'  é  ja  el  bem  quite  de  veer, 
mentr*  o  Cond'  assi  ouver  Santarem. 

Porqué  vus  diz  el  que  quer  al  rei  mal? 
ca  rem  nom  vee  ¡assi  dés  mi  perdom! 
que  el  mais  ame  eno  seu  coraçom, 
nem  veerd  nunca.     E  direi  vus  al: 
pois  que  s*  agora  o  reino  partiu, 
prazer  pois  nimca  dom  Estevam  tHu 
nem  veerd  jamais  em  Portugal! 

Das  heifst  ungefähr:  Dom  Estevam  behauptet,  er  sähe  im  König  etwas  Böses 
—  doch  ist  das  eine  Unwahrheit  — ,  denn  nimmer  hat  er  früher  gesehen,  noch 
sieht  er  jetzt,  noch  wird  er  in  Zukunft  sehen  gröfsere  Lust  als  die  ist,  welche 
er  im  König  sieht.  —  Von  der  Abstanomung  dieses  Estevam  Annes  (s.  oben 
S.  165)  sagt  Herculano  II  l^T.filho  de  um  fidalgo  de  Alem-douro  cuja  asceti- 
dencia  näo  é  bem  conhecida, 

»  Vgl.  Braga,  Cane.  Vat.  p.  LXVI;  de  LoUis  39  und  42.  [Und  jetzt 
auch  Lang  33  und  40].  —  Die  17  Spottgedichte  des  Airas  Peres  Vuitorom 
stehen  im  CV.  1085  — 1096. 

*  Auch  noch  in  einer  anderen  Familie  taucht  der  Zuname  Alvelo  auf, 
nämlich  bei  den  Vasconcellos  Novaes.  S.  Mon,  Lus,  X  e.  29  und  XV  e.  3  ; 
P.  M.  H.:  Scrittore  s  I  p.  317  und  335. 


200  CAROLINA  MICHAELIS  DE  VASCONCELLOS, 

Bin  ich  nicht  auf  Irrwegen,    so    handelt    es   sich  in  allen  vier 

Fällen  um  einen  Ururenkel  des  Egas  Moniz  —  also  um  einen  Ver- 
wandten des  D.  Joatn  Soares  CocUio  —,  von  dem  die  Adelsbücher 
ausdrücklich  melden,  er  sei  „bom  cavalleiro  e  muy  saborosó"  ge- 
wesen.' Sein  eigentlicher  Name  wäre  in  diesem  Falle  Martim 
Martins;  Alvelo  aber  (das  ich  schon  früher  durch  „Weifscben" 
oder  „Kakerlak"  verdeutscht  habe)  ein  blofser  Zusatz,*  den  ihm, 
wie  schon  oben  vorgebracht  ward,  sein  heller  Teint  und  die  weifsoi 
Haare  eingebracht  hallen.  Der  \'ater  aber  wäre  der  vorzügliche 
Dichter  Martim  Soares.  der  Hen  der  Ortschaft  Baguim  in  der 
Provinz  Miuho  am  Limaflufs  [di  Riha  de  Limha)^  von  welchem  das 
Liederbuch  (wie  gleichfalls  schon  gelegentlich  vermerkt  ward)  die 
Mähre  meldete,  nach  dem  Urteil  der  übrigen  Troubadours  sei  er 
der  beste  Dichter  [seiner  Zeit?]  gewesen,'  In  der  Familie  scheint 
die  Redegabe  und  Fabulierkunst  überhaupt  erblich  gewesen  zu 
sein,  denn  auch  vom  Oheim  Joam  Eannes  da  Gaia  heifst  es:  „foi 
cavalleiro  de  boa  palavra  e  muiio  saboroso"  ^-  und  ein  Bruder,  JoSo 
[Soares]  da  Gaia,  ist  im  Liederbuch  mit  Versen  vertreten.' 

Dafs  der  von  seinen  Genossen  so  boshaft  geschmähte  Martim 
tapfer  war  wie  die  Paladine  Karls  des  Grofsen,  so  zwar  dafs  seine 
Nachkommen  den  Zusatz  Alvelo  wie  einen  Ehrennamen  beibehielten, 
erzählt  der  folgende  heraldische  Fünfzeiler: 

„De  Baguim  Martim  Soares 

a  Martini  Martins  gernu, 

„Alvelo"  que  sc  chamou  — 

eaforç.ido  como  os  Pares, 

donde  Alvelo  fifo«,"' 
Damit   man   es   mir  glaube,   dafs  der  von  Vuitorom,   Coelho, 
D.  AFfonso  Lopes  de  Batam   und  vielleicht  von  Alfons  X.  gekannte 

'  P.M.H.:  Sfriflores  I  p.  272. 

'  Dafs  ein  groCaer  Teil  iler  sUporlug.  FamilieoDamen  ursprünglich  Spitz- 
namen, aliunhas,  für  ein  einxelne^  FamiUenglied  waren;  dafs  die  aiuasroilbaie 
Sitte,  Jedermann  solcb  ein  indivi dualisieiendes  Beiwort  aOEuhÖncen.  noch 
heute  in  üppigster  Blüte  steht  uud  besonders  vom  Volke  und  der  Jugend  in 
Schule  und  Universität  gepSEgt  wird,  habe  ich  schon  oilers  Gelegenheit  ge- 
nommea  zn  erwähnen.  —  In  diesem  Aufsali  begegnen  uns  an  solchen  sobrt- 
«ijinff  [s.  CV.  1070,  363  und  Scriptorts  I  p.  383]  ;  Esgaravunha,  Alvela,  Kiei- 
íDroni(?),  Pinto,  Baveca,  Gata.  Der  CandoHeiro  bietet  noch  viele  andere: 
Camela,  Bodalho,  Sacco,  Sola,  Chora,  Cheira,  Corpo-delgade.  Im  AdeUbuche 
kommEn  sie  ftuf  jeder  Seite  vor  —  oft  von  so  barbarischer  Rohheil,  dab  äie 
Feder  sich  sträuben  würde,  sie  nachzuschreiben  —  oft  aber  auch  von  kraftvoller 
Schönheit:  CabtUos  d'auro.  Dits  cuatro  mäos,  MSos  ^  Aguia,  Bel-Pastor, 
Lud/er,  PBa-eenleio,  Tiçoin.  Ein  hübsches  Beispiel  lese  ich  aus  dem  Livro 
de  lÁnhagtm  p.  169  und  334  auf.  Da  ersi:heineD  als  Kinder  des  Ptre  Soaret 
Eicaldado:  Jaain  Firn  Redondo.  Pero  Pires  Cotlho,  Martim  Pirn 
Zote.  Pero  Pires  Brava  und  Maria  Pires  Brava.  —  Vgl.  übrigens  audi 
Rev.  Lus.  I  147;  Zschr.  XIII  a¿i-j  und  Lang.  Denis  von  Portugal  p.  CFV. 

■  CB.  116. 

schun  in  der  F.imiltc  Sousa, 


RANDGLOSSEN  ZUM  ÂLTPORTUG.  LIEDERBUCH.  20I 

Âlvelo  eins  mit  dem  den  Namen  Martím  Martins  Âlvelo  führenden 
Sohn  des  Martim  Soares  gewesen  sein  kann,  muíste  ich  noch  Ge- 
naueres über  die  Lebenszeit  dieses  letztgenannten  Troubadours 
mitteilen.  Ich  thue  es  an  dieser  Stelle  nicht,  weil  meine  fünfte 
Randglosse  „lieber  die  Grafen -Enkelinnen  (CB.  147)"  sich  ein- 
gehend mit  ihm  beschäftigen  wird.  Hier  sei  nur  vorweg  genommen, 
dafs  Martim  Soares,  wenn  meine  Untersuchungen  erfolgreich  und 
meine  Resultate  annehmbar  sind,  schon  1220  mündig  war,  in  der 
voralfonsinischen  Zeit  dichtete,  aber  auch  noch  in  die  Tage  Alfons'  III. 
und  X.  hinûberreichte.i 

VI.  Lou renco  Jograr.*  Er  ist  einer  der  hervorragendsten 
Spielleute,  von  deren  Thätigkeit  das  altportugiesische  Liederbuch 
Zeugnis  ablegt  —  einer  von  denen,  die  sich  den  Namen  trotador 
mit  Recht  zulegten,  da  sie  eigene  Werke  im  höfischen  Stile  schufen, 
die  völlig  gleichwertig  mit  denen  der  adligen  Dichter  sind.  Sein 
Wissen  und  Können  war  in  die  Augen  stechend.  Dafs  er  des 
Lesens  kundig  war,  wird  übrigens  besonders  erwähnt  (CV.  1032). 
Er  besafs  Zungenfertigkeit,  Witz  und  Stirn,  tenzonierte  daher  mit 
Vorliebe,  und  nicht  ohne  Glück.'  Das  genügte,  um  den  Neid  und 
Hafs  der  adligen  Kunstgenossen  zu  erregen.  Die  mafslose  Eitel- 
keit, mit  der  er  diese  Vorzüge  rühmte,  sich  selber  pries*  und  den 

^  Martim  Soares  war  ein  Sohn  des  Soeiro  Pires  da  Maya  und  stammte 
somit,  als  Urenkel,  von  D.  Soeiro  Meendes,  o  odo,  der  eine  Schwester  der 
Königin  Thérèse  zur  Frau  gehabt  hatte. 

'  Im  1022.  Liede  wird  er  Pero  Lourenço  genannt.  Mit  dem  unglück- 
lichen Häuserkäufer  gleichen  Namens,  der  im  1051.  vorkommt,  wird  er  kaum 
identisch  sein.  —  In  CV.  1032  (Z.  22),  wo  Th.  Braga  Laurence  Bannes  druckt, 
schlage  ich  vor  Lourenço,  em  as  terras  u  andei  zu  lesen.  —  S.  oben 
S,  179  Anm.  3. 

3  Kein  einziger  anderer  portugiesischer  Dichter  hat  uns,  wie  Lourenço, 
ein  Erbteil  von  acht  Streitgedichten  hinterlassen.  —  Nach  ihm  kommt  Coelho 
mit  vier  Nummern  (101 1,  1021,  1022,  786)  und  ein  Ret,  der  wahrscheinlich 
Alfons  X.  ist,  mit  ebenso  vielen  (465,  477,  1158,  15 12);  dann  mit  je  dreien: 
D.  Joam(i009,  loio,  lOii),  Pedr*  Amigo  (826,  1509,  1550)  und  Joam  Vaasques 
1035,  1550»  1551);  roit  je  zweien:  Pero  da  Ponte  (556,  1186),  Joam  Baveca 
(826,  1198),  Joam  Garcia  (1104,  1105),  Joam  Aires  (iSSit  692)1  JuiSo  (14,  786). 
Daran  schliefsen  sich  mit  nur  einem  Versuch  :  Abril  Peres  (663),  Bemal  de 
Bonaval  ^663),  Aifons  Eannes  do  Cotom  (558),  Vaasco  Martins  (27^,  Vaasco 
Gil  (1512),  Vaasco  Peres  (1509),  D.  Arnaldo  (477),  Garda  Peres  (405),  Martim 
Soares  (144)»  Paai  Soares  (144),  Garcia  Martins  (1186),  Paai  Gomes  (1158), 
Pero  Garda  (1034),  Rodrigu' Eannes  (1032),  Picandon  (1021),  Pero  Martins 
(1020),  D.  Vaasco  (1020),  Estevam  da  Guarda  (920),  Dom  Jusep  (920),  Mem 
Rodrigues  Tenoiro  (14),  Aifonso  Sanches  (27),  Martim  Moza  (472),  Pero 
d'Ambroa  (1198)  und  Rui  Marques  (642). 

*  Lourenço  behauptet:  eu  ei  mut  gram  sabedoria  de  trabar  (1034)  . . ., 
sei  bem  trabar  e  fago  cantares  mui  hem  feitos  (1032)  . . .,  ca  nunca  s'  orne 
défendeu  melhor  dos  qtie  vam  com  el  entençàr  und 

Pero  o  muitos  vêem  cometer, 
tarn  bem  se  sab'  a  todos  defender 
em  sen  trobar,  per  bSa  fé, 
que  nunca  o  trobadores  vencer 
poderam,  tam  trobador  é. 

Das  ganze  868.  Fraaenlied,   dem  diese  Zeilen  angehören  und  in  dem  er  seine 


202  CAROLINA  MICHABUS  DE  VASCONCELLOS, 

höfischeo  ¡robadores  gleichstellte,  sie  herausforderte  und  hänselte, 
vornehmen  Damen  Gedichte  widmete,  und  gewirslich  auch  Gunst 
und  Gaben  erntete,  thateu  den  Rest.  Man  machte  ihm  in  Portugal 
das  Leben  unleidlich,  griff  ihn  ¡n  Streitgedichten  an,'  verbat  ihm 
den  Zutritt  bei  Hofe  unter  dem  Verwände,  er  schände  die  edle 
Sangeskunst,  wisse  weder  zu  fiedeln,  noch  zu  singen,  noch  Verse 
richtig  zu  bauen  und  sei  aufserdem  ein  sittenloser  Trunkenbold 
(CV.  loii,  HO4;  vgl.  1005},  ein  Niedriger  (m/äu,  1032),  ein  Auf- 
schneider [^=  chii/ador,  1032),  Prahlhans,  Liederdieb  (i02z),  Läster- 
maul (1009)  und  anderes  mehr.  —  Ob  es  ihm  am  spanischen  Hofe 
besser  ergangen  isi?^  —  Ich  bezweifle  es, 

Dafs  er,  meines  Erachtens,  nicht  ständiger  und  bestallter 
Spielmann  be!  D.  Joam  Garcia  war,  ward  schon  angedeuteL  Wenig- 
stens sehen  wir  ihn  im  Wortgefecht  und  Streit  mit  vielen  anderen, 
Grofsen  wie  Kleinen:  erst  in  Portugal  und  dann  in  Spanien.  Die 
Beteiligten  sind:  D.  Joam  d' Aboim  (t  1287;  CV.  loio):  Coelho 
(Ib.  1022  und  1501):  ein  Rodrigueannes  (1032),  in  dem  ich  nicht 
Redondo,  sondern  Alvares  vermute,  auf  Grund  von  CV.  562; 
Pero  Gar  eia  {1034);  Pedr'Amigo(i033  und  iïOï);  Joam  Garcia 
(1104  und  1 105)  und  Joam  Vaasques  [de  Talavera]*  (1035),  d.  h. 
lauter  Dichter,  welche  in  die  Zeit  Alfons'  111.  und  Alfons'  X.  fallen,' 


eigene  Person  durch  däs  Spracbrohr  eiaes  Frauennmndes  preist,  ist  eine  nniige 
grofíarlige  ..gaberit".  —  Die  Phrase  „u  mcu  cantar  for,  nom  ocha  rei  nam 
[acha\  iiHferaJor,  que  a  nom  colha"  ward  schon  angeíñhit, 

'  Wiederum  ist  es  Loutenço  seJbst,  dn  nos  von  diesen,  ihn  chrendai 
Angrifftn  enähll,  i.  B.  in  CV.  103Î  Radrigu'  Bannes,  queria  sabtr  ,U  vos 
porque  m*  ides  sempre  trovar  em  meus  cantares  und  No-  1O34  Quero  que 
julgMedes,  Pero  Garda,  d'  antre  mim  e  tgdolos  trabadores  gut  de  men  Irobar 
som  desdetiäores.  Man  lese  die  Lieder  CV.  lojz,  1034,  103^.  Erhalten  sind  uns 
die  Angriffe  des  Joam  Garcia  (1104  nnd  1105).  Doch  sprechen  auch  uideTC 
trotadores  ììhA  jograres  von  den  Vorwarfen,  die  man  ihm  mschle.  Pedi' Amigo 
t.  B.  ral  ihm  ausdrücklich  abzulassen,  von  den  drei  Künsten,  die  er  doch  nicht 
verstehe,  d.h.  vom  Dichten,  Fiedeln  und  Singen  (CV.  I20l). 

•  Wir  heailïen  von  ihm  14  Cantigas  de  amor  (CV.  693 — 706),  7  Can- 
tigoi  de  amigo  (CV.  865  —  871),  S  Ten(B)s  und  l  Sirventes,  die  untei  die 
(antigas  de  escarn'  e  malditer  Tallen  (CV.  loto,  roiz,  IOJ3,  IO34,  ID35,  1 104, 
tl05,  CB.  1501  und  1033).  —  Vgl.  noch  Anm.  4. 

*  Joam  Vaasones  de  Talavera  (ein  Ritler,  wie  mir  scheint)  hinterliefi 
uns  4  Liebeslieder  (CV.  41 — 43),  8  Frauenliedei  (CV.  371 — 79)  und  7  Spott- 
lieder  (CB.  1545 — 1551).  Verloren  scheinen  einige  Stücke,  in  denen  er  sich 
als  Weiberfeind  aurspiellc  (cü.  CB.  1551).  Datieren  ISfst  sich,  und  xwar  im» 
dem  Jahre  1274,  eine  Tenzone  mit  Pedi* Amigo  (CB.  t5;o)  über  die  geplante, 
doch  oichi  verwirklichte  Reise  Alfons'  X.  nach  Rom  ïur  Kaiserweihe.  Daiu 
pafst,  dafs  er  in  die  Skandolgedichle  gegen  die  Kourtisane  Maria  Baltcira 
einstiramt.  Die  Temone  mil  Joam  Aires  braucht  nicht  erheblich  später  ent- 
standen  zu  sein.     S.  oben  S.  172  Anm.  2. 

'  Das  Sirvenies  CV.  1036,  von  dem  die  begleitende  alte  Anmerkung  sagt; 
esta  cantiga  de  cima  foi  fetta  em  tempo  del  rei  doni  Alonso  a  seus  privados 
kommt  im  Liederbuch  einmal  unter  Louren^o's  Namen,  ein  zweites  Mal  aber 
nnter  dem  des  Martim  Moia  vor  (CV.  471).  Diesem  langlebigen,  got  ge- 
schulten Dichlet,  welchen  der  Spielmann  A°  [••Alvaro?  oder  Afibnso.^ 
Gome*,  HUI  dem  galliiischen  Städtchen  Sarria,  als  einen  Methusalem  verlacht 
(CV.  470},  ^ube   ich,   es   zusprechen  zu   müssen,    weil  Moxa   uns   mehr&cb 


RANDGLOSSEN  ZUM  ÂLTPORTU6.  LIEDERBUCH.  203 

Loorenço's  Aeufserung  „weder  König  noch  Kaiser  weise  seinen 
Liedern  die  Thür**  ward  schon  verwertet,  und  führte  zu  der  An- 
nahme, das  Gedicht,  in  welchem  sie  enthalten  ist,  sei  zwischen 
1257  und  1275  entstanden. 

VII.  Juiäo  Bolseiro.  Da  dieser  nicht  ungewandte  Spiel- 
mann uns  nichts  als  zwei  Liebeslieder  (CV.  667 — 668),  fünfzehn 
hübsche  Frauenliedchen  (ib.  771  —  785)  und  die  zwei  Tenzonen 
mit  Coelho  {786)  und  Tenoiro  (CV.  14)  hinterlassen  hat,  die  schon 
in  Erwägung  gezogen  sind,  kann  ich  mit  Bezug  auf  ihn  weiter 
nichts  niederschreiben,  als  dafs  er  eben  ein  Zeitgenosse  jener  beiden 
Troubadours  war. 

Wir  sind  am  Ende  —  ohne  greifbare  Ergebnisse  erzielt  zu 
haben.     Ich  rekapituliere  daher  in  Kürze  das  Gesagte. 

Ein  fester  Zeitpunkt  ward  für  die  Ammenfrage  nicht  gewonnen, 
obwohl  sich  die  Lebenszeit  der  daran  Beteiligten  ungefähr  fest- 
stellen liefs. 

Als  gesichert  darf  nur  das  eine  gelten,  dafs  sie  zwischen  1 24 1 
und  1284  abgehandelt  ward,  d.h.  zwischen  dem  ersten  Auftreten 
des  D.  Joam  Soares  Coelho  und  dem  Todesjahr  des  D.  Fer- 
nam  Garcia  Esgaravunha.  Innerhalb  dieses  Zeitraums  haben  die 
sechs  Ammendichter  ihre  überhaupt  datierbaren  Lieder  verfafst, 
oder  anderweitig  gewirkt:  Coelho  selbst  von  1241  bis  1279; 
Esgaravunha  von  1245  bis  höchstens  1284;  Vuitorom  bald  nach 
1245;  D.  JoSo  Garcia  um  1248  und  1258;  Lourenço  zwischen 
1257  und  1275;  Juiao  während  Coelho  lebte.  Nach  Ausscheidung 
des  Estevam  da  Guarda  aus  dem  sie  umgebenden  Dichterkreise, 
und  nach  Verlegung  des  Mem  Rodrigues  Tenoiro  und  Pero 
G  arci  a  aus  der  dritten  und  vierten  Periode  des  Minnesangs  in 
die  zweite,  bleibt  kein  einziges  der  von  den  Ammendichtem  aus- 
gegangenen oder  auf  sie  bezüglichen  Lieder  übrig,  das  auf  spätere 
Ereignisse  oder  Persönlichkeiten  Bezug  nähme. 

als  ein  die  Laster  seiner  Zeit  geifselnder,  gern  moralisierender  Dichter  gegen- 
übertritt  (CV.  473,  481  und  502),  während  Lourenço  keinerlei  Neigung  zum 
Sittenprediger  verrät.  Da  es  aber  offenbar  zu  derselben  Zeit  und  aus  gleichem 
Anlafs  wie  das  1038.  Spottgedicht  des  Grafen  von  Barcellos  entstanden  ist, 
mufs  es  wie  dieses  auf  den  Bischof  von  Visen  Miguel  Vivas  und  seine  Ge- 
nossen, d.h.  auf  die  Günstlinge  Alfons'  IV.,  gemünzt  und  zwischen  1328  und 
1335  entstanden  sein.  —  Ja  wahrscheinlich  gehörte  es  sogar  zu  denjenigen 
Cantares  dé  Aíartim  Moxa,  welche  boshafterweise  eben  jenem  aragonesischen 
Prälaten  vorgesungen  werden  soUten,  während  er  den  Tafelfreuden  so  ergiebig 
fröhnte,  dafs  seine  feurige  Tomatennase  —  oder  nein,  seine  zum  Teil  blaurote 
[cärdeo)  Beringellen-,  Feigen-,  zum  Teil  kräftig  rote  Scharlach-,  Dunkelrosen-, 
Arbutus-,  und  Himbeer-Nase  davon  ein  leuchtendes  Zeugnis  ablegte  (CV.  1062)! 
Auf  die  nicht  kurze  Reihe  von  Fragen,  die  sich  an  Moxa's  Lieder  schliefst, 
darf  hier  nicht  weiter  eingegangen  werden.  —  Nur  eines  sei  verzeichnet:  dafs 
aus  dem  mitgeteilten  raztfamento  zum  Liede  CV.  1036  —  wenn  es  thatsächlich 
von  Alfons  IV.  wie  von  einem  spricht,  dessen  Zeit  in  der  Vergangenheit 
liegt  —  geschlossen  werden  darf,  der  Cancioneiro  sei  nach  dem  Tode  dieses 
Königs,  also  nach  1357,  zusammengestellt  worden.  In  diesem  Falle  könnte 
der  âraf  von  Barcellos  (f  1354)  nicht  der  Sammler  gewesen  sein. 


204  CAROLINA  MICHAEUS  DB  VASCONCELLOS» 

Und  sehen  wir  im  Verlauf  jener  43  Jahre  in  Portugal  tmd 
Kastílien  auch  verschiedene  Könige  einander  folgen»  die  sämtlidi 
in  Beziehungen  zu  spanischen  Troubadours  standen  und  Anlafs 
wie  Gegenstand  für  allerhand  Dichtungen  wurden,  so  haben  unsere 
Sänger  und  ihre  Genossen  sich  dennoch  nur  mit  Alfons  IIL^  und 
Âlfons  X.  beschäftigt  und  an  ihrem  Hofe  geweilt  Das  berechtigt 
uns,  sie  zur  alfonsinischen  Epoche  zu  rechnen,  selbst  wenn  sidi 
bei  eingehenderer  und  besser  geführter  Untersuchung  Beziehungen 
zu  D.  Denis  ergeben  sollten  (der  übrigens  ja  selbst  noch  als  In&nt, 
während  der  Lebenszeit  des  Vaters  und  Grofsvaters,  also  in  der 
alfonsinischen  Epoche,  die  Grundsteine  zu  dem  Musenhof  gelegt 
haben  wird,  dessen  Centralsonne  er  später  ward).^ 

Für  die  Troubadours  wichtige  Begebnisse,  an  welche  die 
Ammenlieder  anklingen,  sind  binnen  der  angegebenen  Frist:  die 
Veröffentlichung  des  vielleicht  durch  Verfügungen  der  Siete  Partidas 
hervorgerufenen  Regimentó  dei  Rey  Alfonso  III,  und  anfserdem  die 
Verbreitung  des  mit  den  Cortes  von  Santarem  ungefähr  zusammen- 
fallenden Erlasses  Alfons'  X.  über  Rangordnung  und  Namengebung 
der  verschiedenen  Dichtergattungen.  Bei  der  ersten  Gelegenheit 
oder  bei  der  zweiten  könnte  der  kleine  Sängerkrieg,  von  dem  ich 
erzählt  habe,  stattgefunden  haben:  das  wäre  1258  oder  1275. 
Fände  sich  jedoch  ein  älteres  Dekret  über  die  Troubadours  aus 
den  Jahren  1240 — 48,  so  würde  ich  für  Ansetzung  dieses  früheren 
Zeitpunktes  stimmen,  weil  sich  fur  einen  damaligen  Aufenthalt  des 
Vu  it  or  om  sowie  Esgaravunha's  und  Coelho's  in  Spanien  Gründe 
angeben  lassen,  und  weil  die  Klagen  des  Abril  Peres  über  die  An- 
msiisung  der  Lohndichter,  welche  die  Schranken  durchbrachen,  die 
sie  von  den  vornehmen  Dilettanten  trennen  sollten,  aus  eben  jener 
Zeit  stammen. 

Welcher  Ansicht  der  Leser  zuneigen  wird,  vermag  ich  nicht 
vorauszusehen. 

Zu  den  Erörterungen  über  das,  was  ich  gegen  die  drei  Mög- 
lichkeiten zu  sagen  wüfste,  füge  ich  zum  Schlüsse  nur  noch  einige 
allgemeinere  Betrachtungen  in  Form  von  Fragen. 

Gegen  das  Datum  1275  kann  man  einwenden,  dafs  die  Haupt- 
Ammendichter  damals  bereits  Graubärte  gewesen  sein  müfsten  (ich 
meine  Coelho,  Esgaravunha,  Vuitorom).  Sollte  ihre  relativ  kleine 
poetische  Barschaft  sich  wirklich  auf  Zeiträume  von  drei  Jahrzehnten 
verteilen?  Nehmen  wir  die  immerhin  stattlichen  51  Lieder  Coelho's 
zum  Beispiele,  so  käme  durchschnittlich  auf  jedes  der  38  Jahre  (von 
1241 — 79)  ein  und  ein  drittel  Lied,  oder  wenn  wir  den  verlorenen 
Teil  als  ebenso  grofs  wie  den  erhaltenen  berechnen,  zwei  bis  drei 
Cantigas.     Mir  scheint  das  äufserst  wenig,    selbst  wenn    ich  einer- 


^  Vuitorom,  der  Anhänger  Sancho's  II.,  spricht  zwar  von  diesem  König, 
doch  betreffen  die  von  ihm  behandelten  Ereignisse  besonders  den  Nachfolger. 

*  Alfons  III.  starb  1279;  Alfons  X.  1284;  seit  1271  aber  hatte  der  junge 
Thronfolger  seinen  eigenen  Haushalt. 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTUG.  LIEDERBUCH.  2O5 

seits  bedenke,  dafs  der  Dichter  möglicherweise  ebenso  viele  Me- 
lodien dazu  verfafste,  die  Ausführung  von  Niederschriften,  sowie 
die  Einübung  des  Vortrags  durch  einen  geübten  Spielmann  über- 
wachte; und  andrerseits  erwäge,  dafs  in  einer  so  konventionellen 
Kunst-  und  Hofdichtung,  die  wie  ein  Adels-sport  kultiviert  wurde, 
das  Talent  des  Einzelnen  wie  seine  sonstigen  gesellschaftlichen 
Tugenden  nur  bei  aufserordentlichen  Gelegenheiten  in  Anspruch 
genommen  werden  mochte.* —  Ist  es  nicht  geratener,  wo  Thatsachen 
nicht  ausdrücklich  widersprechen,  an  einen  kurzen,  rasch  verblü- 
henden Liederfrühling  zu  glauben? —  Sehr  wohl!  .  .  .  Doch  wissen 
wir  ja,  dafs  Alfons  X.  bis  fast  an  sein  Lebensende  gedichtet  hat, 
und  meine  Auseinandersetzungen  haben  gezeigt,  dafs  z.  B.  von  den 
Cantigas  des  Estevam  da  Guarda  eine  vor  1300,  eine  andere  nach 
1330  und  wieder  eine  nach  1352  verfafst  ward,  und  auch  den 
Grafen  von  Barcellos  liefs  ich  bis  kurz  vor  seinem  Tode  dichten. 
Was  sie  so  spät  lieferten,  sind  freilich  keine  Liebeslieder,  sondern 
bei  Alfons  X.  fromme  Weisen  und  schlicht-episch  erzählende  Wunder- 
berichte, und  in  den  übrigen  Fällen  Spott-  und  Scherzverse  — 
aber  es  sind  doch  Gedichte.  Statt  alle  Produktionen  eines  Trou- 
badours in  seine  Jugend  zu  verlegen,  müfsten  wir  also  eine  erste 
Blüte-  und  eine  herbstliche  Erntezeit  ansetzen?  und  von  den  zwei 
gegensätzlichen  Liederkategorien,  in  welche  die  Werke  der  meisten 
zerfallen,  vielleicht  die  Cantigas  de  amor  der  ersten,  die  Cantigas  de 
escarnK  e  maldizer  aber  der  zweiten  zurechnen?  Und  Coelho  gegen- 
über, dessen  erstes  und  zweites  Ammenlied  den  Ton  der  Liebe  an- 
stimmt, während  die  übrigen  eine  satyrische  Wendung  nehmen, 
müfsten  wir  uns  helfen,  indem  wir  bei  ihm  einen  späten  Johannis- 
trieb voraussetzten,  von  wenig  Tiefe  und  Dauerkraft? 

♦ 

Vuitorom  sagt  zu  Qielho:  „wir  hier  verstehen  uns  aufs  Dichten, 
ca  hem  irobamos  d*  escarnK  e  </'  amor,^^  Von  den  cantigas  d^  amigo 
spricht  er  nicht  Noch  ein  anderer  Zeitgenosse,  der  am  Hofe 
Alfons'  X.  lebende  (1259  dichtende  und  1280  gestorbene)  Gon- 
çal'  Eannes  do  Vinhal,  welchen  ELastilien  und  Portugal  für  sich  in 
Anspruch  nehmen  dürfen,  thut  dasselbe  (CV.  1007).  Schwiegen 
sie  von  den  Frauenliedem,  weil  sie  dieselben  in  die  Cantigas  de  amor 
miteinbegriffen,  um  mit  möglichst  wenigen  Worten  Erotik  und  Satyre, 
Liebe  und  Spott  als  die  beiden  Gebiete  zu  bezeichnen,  auf  denen 
die  Fabulierkunst  der  Portugiesen  sich  betätigte?  Oder  kannten 
beide  in  der  That  die  cantigas  de  amigo  überhaupt  nicht?  *   Wurden 


^  Dais  so  mancher  Autor  im  altportug.  Cancioneiro  und  im  Cancioneiro 
Gerat  nur  mit  einem  einzigen  Gelegenheitsgedichte  vorkommt,  erklärt  sich  auf 
diese  Weise  gut  ,Jn  der  Not  ....  dichtet  selbst  ein  Vasco  da  Gama  oder 
Albuquerque.*' 

*  Von  Vuitorom  besitzen  wir,  wie  auf  S.  199  Anm.  i  schon  festgestellt 
ist,  nur  Spottgedichte. —  Gonçaleannes  hingegen  hat  selbst  Frauenlieder  ge- 
dichtet (CV.  307 — 313).  Wo  es  geschehen  sein  mag  —  ob  in  Portugal  oder 
Spanien  —  bleibt  eine  offene  Frage,  solange  nicht  genau  dargelegt  ist,  was 


206  CAROLINA  ÌOCHABUS  DB  VASC0NCELL08, 

dieselben  im  Dichterkreise  Alfons'  X.  nicht  gepflegt?  Herrschte  an 
den  verschiedenen  Höfen  und  unter  den  verschiedenen  Königen, 
d.  h.  in  den  verschiedenen  Perioden,  ein  merklich  anderer  Ton?^ 
Hat  eine  Entwickelung  des  portugiesischen  Minnesangs  von  strenger 
Nachahmung  der  Provenzalen  zu  freierer  Verwertung  heimischer 
Elemente,  von  der  manetra  de  proençal  zur  mantira  de  Bernal  de  Bona^ 
V€d  und  der  gallizischen  Spielleute  stattgehabt?  von  den  höfischen 
cantigas  de  amor,  in  welchen  der  Dichter  von  seiner  spröden  Herrin 
die  konventionelle  Lüge  verbreiten  muíste,  sie  habe  ihm  nie  und 
nimmer  die  kleinste  Gunst  gewährt  und  quäle  ihn  zu  Tode,  zu 
den  cantigas  de  amigo,  welche  Mädchen  aus  dem  Volke,  die  Spindel 
in  der  Hand  (321),  am  Waschteich  beschäftigt,  an  der  Quelle 
Wasser  schöpfend,  tanzend  bald  unter  Pinien,  bald  unter  Granat- 
bäumen, bald  um  Haselbüsche,  oder  zur  Wallfahrt  schreitend  vor- 
führen, und  aus  der  entgegengesetzten  Situation  —  erwiderter 
Leidenschaft  und  vielfaltiger  Gunstbezeugung  von  Frauenseite  — 
erwachsen  sind? 2 

Antwort  auf  diese  Fragen  kann  nicht  hier  beiläufig,  sondern 
nur  auf  Grund  ausführlicher  Untersuchung  des  ganzen  Liederbuches 
gegeben  werden. 


Einige  Bemerkungen  über  dunkle,  seltne  oder  bemerkenswerte 
Worte  und  Sachen  mögen  den  Anhang  bilden.  Ich  bringe  sie 
in  der  Reihenfolge,  in  der  sie  uns  begegnen. 

Desguisadoi  Zeile  3  tam  desguisada  cousa^  13  causa  lam  des- 
guisada  =  „eine  so  unschickliche  Sache,  eine  solche  Verkehrtheit**, 
cfr.  CV.  26  und  177.  —  Z.  126  mui  desaguisadas  novas  „sonderbare, 
thörichte  Nachrichten**.  —  Das  Gegenstück  heifst  guisado,  aguisado 
„Passendes,  Schickliches,  Rechtes**  CV.  193  und  öfter. 

Bem-talhado  Z.  7  „schÖDgebaut,  wohlgestaltet**  CV.  24,  137, 
153,  155,  199,  278. —  Das  Gegenstück  mal-talhado  z.  B.  CV.  1149. 


jeder   einzelne  Dichter  an  Cantigas  de  amigo,   de  amor  und  de  escamho  ge- 
liefert hat. 

'  Wenn  man  z.  B.  die  Schmähgedichte  Alfons'  X.  (und  seiner  Scharen) 
mit  denen  des  D.  Denis  (und  Gefolge)  vergleicht,  entsteht  die  Vorstellung,  es 
hätte  in  Kastilien,  bei  kraftvollerem  und  reicherem  Talent,  ein  zügelloserer 
Ton  geherrscht  als  in  Portugal.  Entspricht  sie  der  Wahrheit?  Waren  Baveca, 
Da  Ponte,  Pedramigo,  Ambroa,  Alfons  X.  selbst  unbewuiste  Vorläufer  des 
Schelmenromans  und  der  Celestina-Litteratur? —  Wenn  übrigens  der  Verfasser 
der  400  Marienlieder,  dessen  weises  Gesetzbuch  den  nationalen  Mifsbrauch 
„verbotener  Worte"  so  energisch  bedroht,  an  seinem  eigenen  Hofe  so  ergiebig 
schmähen  liefs  und  selber  schmähte  —  es  entschuldigend,  sobald  es  in  ge- 
bundener Rede  geschah  — ,  so  wäre  das  ein  weiterer  charakteristischer  Beitrag 
zur  Psychologie  seines  widerspruchsvollen  Charakters  —  und  überhaupt  des 
spanischen  mystisch  frommen,  chevaleresken  und  doch  so  pikaresken  Tempe- 
ramentes. 

'  Beachtung  verdient  besonders  das  830.  Lied  des  CV.  Vgl.  auch  123, 
240,  556,  1032  u.  a.  m. 


I 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTÜG.  LIEDERBUCH.  20^ 

Boas  man  ha  S  Z.  23.  Hier,  und  öfter,  bezeichnet  es  „Hand- 
fertigkeit, Geschicklichkeit",  was  fur  die  Etymologie  man-^a  (statt 
manua)  spricht 

Fiar  Z.  25  „spinnen"  {filare).  Sonst  kommt  imi  fiar  „trauen" 
{fidare)  vor. —  Ein  einziges  Lied  (CV.  321  Sedia  la  f rentosa  seu  fuso 
torcendo)  spricht  aufserdem  noch  vom  Spinnen  der  portug.  Frauen, 
das  die  spätere  Liederpoesie  so  haufìg  als  poetische  Situation  ver- 
wertet hat.  S.  Crisfal  41  und  Camöes,  Soneto  41  (==  36). 
Tecer  Z.  2^,  82,  90,  91,  96,  lOO,  138,  142  „weben; 
Te  cedo  r  Z.  77  und  123  „Weberin".  —  Sonst  wird  vom  Weben 
im  Liederbuche  nur  noch  einmal  gesprochen:  CV.  1185.  Daselbst 
höhnt  ein  Troubadour  eine  Maria  Dominga,  weil  sie  ihre  Tochter 
nicht  nützliche  und  einträgliche  Frauenarbeit,  sondern  müfsige  und 
galante  Künste  lehre.     Zum  Publikum  gewendet,  ruft  er 

E  quem  d'  aver  ouver*  sabor, 

nom  ponha  sa  fìlh'  a  tecer, 

nem  a  cordas,  nem  a  coser, 

mentr'  esta  roestra  aqni  for', 

que  Ihi  mostrará  tal  mester 

porque  seja  rica  molher. 

Was  sie  lehrt,  ist  „Pafsgang":  yfomo  sahha  mui  dem  amòrar"  = 
ambulare.  Ich  denke,  damit  sei  die  Gangart  der  Südländerinnen 
gemeint,  die  sich  durch  Tragen  von  Lasten  auf  dem  Kopfe  daran 
gewöhnen,  in  sehr  gefälliger  Haltung  mit  steifem  Nacken  und 
aufrechter  Büste,  doch  auffälliger  Bewegung  der  Hüften  einherzu- 
schreiten. 

Talhar  Z.  26  =  „zuschneiden".  In  dieser  konkreten  Bedeu- 
tung nur  hier. 

Fazer  limp  ha  vida  Z.  28  -=»  wörtlich:  „ein  säuberliches  Leben 
machen  oder  bereiten".  Noch  heute  sagen  die  Kinder  des  Volkes, 
so  oft  sie  vor  einer  mit  weifser  Wäsche  reichlich  gefüllten  Truhe 
oder  einem  Wäschschrank  stehen,  ein  bewimdemdes:  é  urna  lim- 
peza!  oder  está  urna  limpezal 

Quei  jadas  Z.31.  Heute  bezeichnet  man  damit  eine  Art  „Sahn- 
kuchen" ;  früher  benannte  man  wahrscheinlich  den  „Sahnkäse"  so.  — 
Auch  Alfons  X.  spricht  von  der  Bereitung  desselben  und  liefert  bei 
dieser  Gelegenheit  noch  einen  kleinen  Zug  zum  Bilde  der  Hausfrau. 
In  ergötzlichen  Spottversen  auf  gewisse  neumodisch  geputzte  Herren 
(CV.  75),  zeichnet  er  sie  mit  schnurbesetztem  engen  Rocke,  der 
die  Körperformen  abzeichnet,  mit  breitem  seidenen  Leibgürtel,  die 
Zipfel  des  Mantels  nach  vom  schlagend  (wie  der  Ochs  mit  dem 
Schwänze  thut,  wenn  ihn  Fliegen  peinigen)  und  mit  kurzen  hoch- 
gekrämpelten  Aermeln  gleich  den  Bäckerinnen 

bem  como  se  adubassem  queijadas 
ou  se  quisessem  tortas  amassar.^ 

1  Vom  Backtrog  =  masseira  ist  in  CV.  1068  und  1080  die  Rede.  Der 
escu£  a  colo  cue  foi  d*  üa  masseira  ist  doch  wohl  der  ehemalige  Deckel 
dnes  Knettrogei? 


208  CAROUNA  MICHAELIS  DE  VASCX>NCBLLOS, 

Cr  as  tar  Z.  36.  Uebergangsform  zwischen  castrar  xxná  crestar, 
das  heute  nur  das  Ausnehmen  des  Bienenstocks  bezeichnet.  Cfr. 
crestello  neben  crastello  von  castrum. 

Ver  r  de  s  Z.  36.  PI.  von  verräo,  Augmentativ  vom  lat.  verres  \ 
heute  nur  varrdes  und  varrasco, 

Galides  Z.  38.  Dafs  es  sich  hier  um  Hähne  handelt,  die  man 
in  Kapaunen  umzüchten  wollte,  stellt  capar  sicher.  —  Doch  kommt 
das  seltsame  Augm.  mit  dem  ungerechtfertigten  i  sonst,  meines 
Wissens,  nicht  vor.  Galeirdes  (P.  M.  H.:  Leges  I  p.  190)  benennt 
Feldhühner,  gallaron  den  grofsen  Hahn,  cfr.  gallaron  Alex.  2014. 
An  gavides  [span,  gemíanles  =  Gabelsperber]  kann  nicht  gut  ge- 
dacht werden. 

Catar  hem  argueiro  Z,  ^o;  „Staubchen  oder  Splitter  [aus 
dem  Auge]  suchen  und  entfernen"?  Wenigstens  benennt  argueiro 
heutzutage  nichts  als  den  Splitter  im  Auge  des  Nächsten,  und  das 
„Sonnenstäubchen",  aus  dem  die  vergröfsernde  Phantasie  einen  Ele- 
phanten  oder  einen  „Ritter"  macht  {/azer  de  um  a.  um  cavalletro). 
Was  für  Sinn  und  welche  abergläubischen  Bräuche  man  mit  dem 
Entfernen  einer  Wimper  verband,  ist  mir  unbekannt  Siehe  die 
folgenden  Worte. 

Es  cantar  Z.  41,     ì  Das  Zeitwort  bedeutet  „verzaubern",  aber 

Escantaçom  Z.  42.  J  auch  „entzaubern,  beschwören,  besprechen"; 
das  Hauptwort:  „Zauberei,  Verzauberung",  aber  auch  „Entzauberung, 
Beschwörung,  Besprechung**.  1  Die  schwierigen  Zeilen  lauten  in  der 
Vorlage:  Ees  cata  he  p  olhe  p  calheyro  Essabe  muita  hda  escantaçon. 
In  der  ersten  ist  zweifelsohne  vom  „bösen  Blick"  die  Rede.  Noch 
heute  heifst  die  Verhexung  durch  ihn:  escanto.  Beim  Besprechen 
eines  durch  den  mau'olhado  Krankgewordenen  sagt  man: 
Dois  to  escaniam  [=  zwei  (Augen  nämlich)  verhexen  Dich], 
tres  to  tir  am  [=  drei  entzaubern  Dich], 
qtu  säo:  padrCt  filho^  espirito  santo» 
Verschiedene  obrigkeitliche  Verordnungen  verbieten  solch  „heid- 
nischen** Brauch.  Besonders  der  Lissaboner  Erlafs  vom  J.  1385. 
Darin  heifst  es;  „daqui  e  deante  em  esta  çidade,  ne  em  seu  termo,  ne- 
hua  pessoa  nd  ohre  de  feitiços  ne  de  legamentos,  ne  de  chamar  os  diabos 
ne  descantaçdes  ne  dohra  de  veedeyra,  ni  ohre  de  carantullaSy  ne 
dagoyrosy  ni  de  sonhos,  ne  dencàtamentoSy  ne  lance  roda^  ne  lance 
sortes,  ne  ohre  dadeuinhamento  em  algûa  guisa  q  deßeso  seja  per  diretto 
çiuel  ou  canonico;  ne  outro  sy  ponha  mào,  ne  meça  cita,  ne  s  can  te 
olhado'^!^  Doch  fehlt  es  nicht  an  anderen  Erlassen,  die  den  Benze^ 
dores  und  Feiticeiros  die  Ausübung  ihrer  Künste  gestatten,  so  sie 
nur  einen  königlichen  Erlaubnisschein  vorzeigen  könnten.    Aus  dem 


*  Altspan,  escanto  (z.  B.  Fita  683,  730;  Dom.  403,  640;  Duelo  91  ; 
Alex.  514);  escantar  (Fita  684,  255);  escantament  (Fita  258);  escantador 
(Oria  105). 

«  S.  Th.  Braga,  Pavo  Portugués  II  p.  90,  93,  III  und  öfter;  Leite  de 
Vasconcellos,  Tradiçdes  p.  203.  E.  F.  de  Oliveira,  Elementos  para  a  Historia 
do  Municipio  de  Lisboa,  Liss.  1885,  ^^*  ^  P*  275* 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTUG.  LIEDERBUCH. 


209 


16.  Jh.  sind  verschiedene  erhalten.^  Einer  davon  spricht  ausdrück- 
lich von  der  graça  que  deus  nosso  senhor  pos  e  deu  a  Catelina  Poes 
. . .  acerca  de  benzer  dos  olhos  e  tirar  arguetros,  ein  anderer 
von  benzer  d*  olhado?- 

Im  altportug.  Liederschatz  selbst  begegnen  wir  der  Formel 
escantar  olho  mao  wenigstens  einmal. 

In  einem  Spottlied  eines  Königs  Alfons  auf  einen  geizigen  und 
abergläubischen  Granden,  das  ich  zum  besten  gebe,  heifst  es: 


Direi -vos  d'  um  ricome 
com'  aprendi  que  come! 
Mandou  coser  o  vil  orne 
mdo  rabo  de  cameiro: 
assi  com'  o  cavaleiro  ! 

£  outro  meio  filhou 

e  peitea-lo  mandou, 

ao  colo  o  atou 

em  tal  que  o  nom  aolhasse 

quem  o  viss'  e  o  calasse! 


£  pois  ali  olhou  (?) 
estendeu-se  e  bracejou; 
por  Da  velha  enviou 
que  o  VC  esse  escantar* 
d*  olho  mao  e  manejar  (?). 

A  velha  diss'  alai  : 
„d'  aquesto  foi,  nom  d'  al 
que  comestes  mui  mal." 
£  começou  de  riir 
muito  d'  el  e  scamir. 


Nunca  vus  diss'  assi: 

fiinda  mester  á  i. 

Dom  Aifonso  diss'  atal 

&ça  xo  quem  faz  o  al.'       (CB.  461  =  353.) 

Vielleicht  kommt  es  noch  öfter  vor.  In  CV.  984  kann  das  olho  mao 
wirklich  ein  krankes  Auge  sein;  im  lOgi.Liede  wohl  kaum:  da 
liefse  es  sich  am  besten  mit  „Pech"  oder  „Unstern"  übersetzen.^ 

Von  escantaçom  erzählt  uns  Alfons  X.  drei  Geschichten:  erstens 
von  einer  Wutkranken  et  foi  tan  rùviosa  . . .  que  a  nom  podiam  \  teer 
em  prifles  \  nem  valiam  ervas  \  nem  escantaçdes^  (CM.  319);  zwei- 
tens von  einem  Bauersmann,  der  geme  Bienen  haben  wollte, 

et  foi  pedir  a  conssello 
a  fla  velha  sorteira 


*  S.  Etv.  Lus,  ni  p.  329 — 347:  Benzedores  e  feiticeiros  do  tempo  de  el 
rei  D,  Manuel,  von  P.  d'  Azevedo  (besonders  p.  335  und  344). 

'  PS.  In  der  ausgezeichneten  Studie,  welche  F.  A.  Coelho  1894  i°  ^^^ 
Rev.  de  Sciencias  naturaes  e  sociaes,  Bd.  III  p.  117 — 124  und  169  — 185  unter 
dem  Titel  »»Quebranto"  über  den  bösen  Blick  veröffentlicht  hat,  wird  über 
die  Formel  escantar  per  calheiro  kein  Licht  verbreitet. 

*  Die  Vorlage  bietet  fllschlich  escaZtar,  —  Dies  Wort  {ex-cal-entare  = 
erhitzen)  steht  mit  rechten  Dingen  im  78.  Liede  des  CV. 

*■  Diese  Doppel -^'müd  verstehe  ich  nicht. 

*  £s  handelt  sich  um  einen  neuernannten  adeantado,  dem  bis  zu  seiner 
Ernennung  alle  Dinge  rückwärts  gegangen  waren.  Das  Lied  besteht  daher  in 
munterem  Spiel  mit  den  Worten  adeante  {deantança,  deantado),  derredo  {de- 
retro)  und  atras.  Das  Aufheben  oder  Brechen  des  Bösen  Blick  •  Zaubers 
wird  hier  (wie  noch  heute)  quebrar  oder  ar  quebrar  genannt.  Sonst  wird 
auch  desolhar  gebraucht. 

*  Die  akad.  Ausgabe  druckt  escantacOes, 


Zdtschr.  L  rom.  PhiL  XX. 


14 


2 IO  CAROLINA  ÌOCHAELIS  DE  VASGONCELLOS, 

que  Ih'  escantaçom  mostrasse 

et  o  metess'  em  carreira 

per  que  abelhas  ouvesse.      (CM.  128); 

drittens  von  einem  Ritter,  der  einen  Bauern  hafst  und  ihn  über- 
fallen läfst,  während  er  seinen  Mais  auf  der  Tenne  drischt: 

duas  lançadas  Ihe  dea  am  peom, 

mas  nom  Ih'  entrarom,  et  escantaçom 

cuidoa  qae  era  o  coteif,  entom 

mais  bravo  foi  qae  Jadas  Macabeos.     (CM.  22). 

Was  escantar  per  olìC  und  besonders  per  calhtiro  ist,  wird  jedoch 
durch  keine  Parallelstelle  aufgeklärt.  Per  könnte  verstärkendes  Ad- 
verb sein,  so  dafs  wir  per ^ escantar  olho  anzusetzen  hätten.  Ar- 
escantar  calheiro  bliebe  jedoch  zu  deuten.  Vielleicht  gelingt  es 
einem  der  portug.  Folkloristen,  Bezüge  aufzufinden. 

Ventrulho  Z.  45  benennt  vermutlich  eine  dickbäuchige  Fleisch- 
wurst  Vgl.  bandulho  [span,  vandullo  und  bandujo\f  das  man  von 
panti^^ex)  herzuleiten  pflegt 

Morcela  Z.  45.  Heute  ist  mur  cella  der  Name  fur  eine  kleine 
sûfse,  innen  und  aufsen  graue  Mandelwurst,  die  ich  immer  im  Ver- 
dacht gehabt  habe,  eigentlich  ein  „Mäuschen"  zu  sein.  S.  span,  more^ 
cilio  (Fita  1403)  neben  murecillo.  Nur  wenn  die  altportugiesischen 
Würstchen,  von  denen  sie  den  Namen  übernahm,  dunkle  Blutwürste 
waren,  ist  Zusammenhang  mit  mora  amora  (lat  morus)  anzunehmen. 

Souriflp]  Z.  48.  Diese  bis  heute  nicht  nachgewiesene  Form 
für  chouriço  {chouriça)  zeigt  durch  ihr  anlautendes  j,  dafs  die  von 
Coelho  im  Manual  und  Schuchardt  (Zschr.  Xlll  S.525)  befürwortete 
Stammgleichheit  mit  chorume  (das  von  flor . . .  herkommt)  unhaltbar 
ist,  bietet  aber  auch  keine  Gewähr  für  (Dornu's  Etymon  scUsa  isicia 
(Gr.  §  III,  142,  144). —  Sals'icium  hätte  sich  allenfalls  zu  sousiça  und, 
mit  dissimilatorischer  Verdickung  des  einen  Sibilanten,  zu  souchiça 
oder  chousiça  entwickeln  können  —  r  für  j  zwischen  Vokalen  ist 
jedoch  nachweislich  nicht  eingetreten.  [Gegen  die  Herleitung  von 
airô^  eira  aus  esox  habe  ich  mich  schon  ausgesprochen.  *]  —  Zu 
sourico,  chouriço  vgl,  sarop{e)  bei  Alfons  X.  CM.  321  neben  moder- 
nem xarope, 

Trans  s  ido  Z.  48.  Das  Wort  ist  nicht  fremd.  „Vor  Kälte 
starr**  bedeutet  es  für  Alfons  X.  (CM.  33 1  come  a  molher  trctnssida 
que  niun  nembro  nom  mece)  und  andere  Troubadours.  Lavar 
dem  transsido  ist  mir  jedoch  unverständlich.  Da  schon  in  Z.  3 1  da- 
von die  Rede  war,  dafs  die  ama  gut  zu  waschen  verstehe,  hat  die 
Wendung  hier,  wo  von  Räucherwaren  die  Rede  ist,   vielleicht  eine 


*  Fragmentos  Etymologicos  No.  XXI.  Heute  kann  ich  zu  meinen  Be- 
merkungen über  eiró{z)  noch  hinzufügen,  erstens  dafs  mehrere  Sand-  und 
Stranddörfer  den  Namen  Airó  und  Eirá  tragen  (cfr.  Armido  =  artnatus),  — 
Zweitens:  In  rötlichen  feuchten  Sand  gehüllt  werden  die  betreffenden  Aal« 
Sorten  in  Lissabon  zum  Kaufe  angeboten. 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTUG.  UBDERBUCH.  2  \  I 

ganz  andere  Bedeutung.  —  Die  in  Portugal  übliche  Aschenbeuche 
heifst  bárrela  (span,  barilla  =  Asche  der  Sodapflanze)  ;  cenrada  = 
cimrata\    lexia  Uxia  =  lixivia',    und  decoada  =  de^col-aia, 

D  citar  g  a  lin  ha  choca  Z.  49.  Den  wichtigen  ländlichen  Aktus, 
der  Bruthenne  ihr  Nest  zu  bereiten  [vulg.  botar  urna  gallinha],  be- 
gleiten heute  noch  bestimmte  symbolische  Hantierungen.  Im  Stroh 
wird  ein  Schlüssel  (=  ein  Stück  Eisen  als  Blitzableiter)  versteckt; 
ein  Sprüchlein  wird  hergesagt  {£m  louvor  Do  Säo  Salvador!  Saia 
ludo  pitinhas^  Sa  um  gallador)  etc.  —  Vgl.  Leite  de  Vasconcellos, 
Tradiçdes  Populares  p.  154. 

Dona  Z.  73  =  „Dame,  Edelfrau".     S.  S.  149  Anm.  5. 

Entendedor  Z.  73  und  76.  Dies  aus  der  Provence  stammende 
Hauptwort,  das  zweigeschlechtig  ist,  wie  alle  in  ¿?r,  benennt  „den 
erklärten  Liebhaber**  und  „die  Liebste**.  Vgl.  CV.  689  fremosa  pon- 
cela^ queredes  vos  mim  por  entendedor  ...  eu  nom  vus  queria  por 
entendedor  ...  por  entendedor  vus  quero  filhar\  ib.  683  Farei  eUy 
filhüy  que  vus  nom  veja  vosso  amigo.  Porqué,  madr^  e  senhor?  Ca  me 
dizem  que  é  entendedor  Vosso \  ib.  821  O  meu  amigo  nom  ¿  trobador, 
Pero  tam  grand*  ¿  o  bem  que  m*  el  quer  Que  filhará  outra  entendedor 
E  trobará  pois  que  W  o  eu  disser"  ;  ib.  999  Esta  cantiga  fez  D.  Gon^ 
çaleannes  do  Vinhal  a  D»  Anrique  (=  Don  Arrigo!)  em  nome  da 
rainha  d*  Joanna  sa  madrasta  porque  diziam  que  era  seu  entendedor. 
S.  noch  1008;  1200;  CB.  48;  CM.  59 — 64  und  130,  wo  der  König 
zur  Jungfrau  Maria  spricht:  Qtun  entender  quiser^  entendedor  Seja  da 
madre  da  nostro  senhor  . . .  E  porén  séu  entendedor  ser  ei  en  quanl*  eu 
viva  ... —  Das  hierher  gehörige  Zeitwort  entender  bedeutet  ent- 
weder „Absichten  auf  jem.  haben**  oder  „ihn  verstehen  und  kennen**, 
d.  h.  „vertrauten  Umgang  mit  ihm  pflegen**  (gerade  wie  conhocer). 
S.  CV.  938  Femam  Rodrigues  de  Calheiros  entendía  em  üa  donzella 
und  CV.  943  D,  Femam  Paes  de  Tamalancös  fez  esta  cantiga  a  Ha 
abbadessa  sa  coirmäa  em  que  entendía.  —  Auch  das  Altspan,  kennt 
entendedor  (Fita  106,  452,  453,  1373)  und  entendedera  ib.  501. 

Lav  rar  Z.  82  und  96  =  „Frauenarbeiten,  d.  i.  Handarbeiten 
machen**,  die  noch  heute  Javòres^'  heifsen.    Cfr.  CV.  1 185  und  1 177. 

Corda{s)  Z.  83,  97,  140.  Seidne  und  silberne  oder  goldne 
Schnüre,  die  zum  Schmuck  der  Kleidungsstücke  gedient  hatten 
oder  dienen  sollten,  gehörten  zu  den  Pfandern,  welche  Liebende 
mit  einander  austauschten.  S.  CV.  348  fez  mi  tirar  a  corda  da 
camisa;  309  e  me  membrou  a  corda  da  camisa  que  m*  el  filhou.  —  Die 
blusenartige  gestickte  camisa,  die  aus  dem  bunten  Mieder  hervor- 
quillt, wird  noch  heute  bei  mancher  portug.  Volkstracht  durch  eine 
Schnur  am  Halse  gekräuselt.  —  Die  Preistabelle  vom  Jahre  1253 
spricht  verschiedentlich  von  corde  de  dona  cum  auro  et  argento,  de 
Londres  oui  de  Momperle  (=  Monpellier);  corda  grossa  tota  de  sirico 
que  fit  in  regno  ;  corda  rotunda  delgada  de  sirico  Portugaliae.  Dafs 
Frauenhande  sie  fertigten,  hat  D.  Joam  Soares  Coelho  uns  erzählt 
Vgl  das  unter  lecer  angefahrte  Beispiel.  CV.  309  bedient  sich  des 
Wortes  baraça.    (Vg^  ib.  1043). 

14* 


212  CAROLINA  MICHABUS  DB  VASCONCBLLOS, 

Ctnta(s)  Z.  83,  97,  140.  Den  Gürtel  oder  die  Schärpe  —  von 
Seidenstoff,  aus  Gold  oder  Silber,  oder  goldgesticktem  Linnen,  mit 
oder  ohne  Schnallen  —  tauschte  man  noch  häufiger  mit  einander 
aus  als  Schnüre  und  Ringe  (CV.  507).  S.  CV.  75  cinias  strgadas\ 
505  mhas  cintas  das  fivelas  eu  nom  vus  cingirei\  170  esta  cinta 
que  por  seu  amor  trago  und  e,  e,  q,  p,  seu  amor  cingo  ;  309  quand*  tu 
vi  esta  cinta  que  m  el  deixou  und  0  gram  prazer  que  ¡h^  eu  fi»  u 
mha  cinta  veu  a  cinger \  346  guardad*  a  eint*  e  a  touca;  347  /as 
enfinta  em  cas  del  rei  da  mha  cinta\  348  dei  Ih*  eu  entom  a  cinta 
que  tragia\  350  u  Ih*  a  mha  cinta  dei\  359  pediu  mK  a  cinta] 
689  que  vos  darei  boas  toucas  d  Estela  e  boas  cintas  de  Rocamador\ 
999  0  meu  amigo  que  troux*  a  mha  touca  sigo  und  daria  esta  mha 
cinta  a  quem  mK  as  novas  dissesse\  943.  Der  Aebtissin  eines  Klosters 
giebt  ein  vorbeiziehender  Rittersmann  seinen  Gürtel  und  zwar  auf 
ihre  Bitte.  Darauf  bezieht  sich  das  Wort  se  a  cinta  nom  pr esesse 
und  CB.  74  (=  48)  um  voss*  entendedor  viläo  . ,,  a  quem  pedir  /osteria 
cinta.  Die  schon  erwähnte  Preisliste  (P.  M.  H.:  Leges  p.  193)  er- 
wähnt: cintas  stictre  (=  stricte)  de  Londres \  cinta  de  argento',  cinta 
de  linio  de  Momperle  de  auro;  cinta  magis  stricte  de  auro  de  licio  etc. — 
Auch  der  Erzpriester  von  Fita  nennt  die  cintas  wiederholt,  wo  er 
von  Liebespfandem  redet. 

Emparament  Z.  87  =  „Schutz -Privilegium".  S.  S.  152  und 
167  Anm.  I. 

Laze  rada  Z.  91  =  „eine  Arme  und  Elende".  —  Das  Zeitwort 
Iczerar  „elenden,  martern,  abquälen"  wird  sehr  häufig  angewendet: 
z.  B.  CV.  442,  558,  683,  icx)3,   1005,   1102,  CB.  1523. 

Pastor  Z.  84,  (^^\  pas  tor  in  ha  Z.  15.  Belege  für  die  ursprüng- 
liche Bedeutung  dieses  zweigeschlechtigen  Wortes  sind  unnütz.  [Der 
Hirt  kommt  übrigens  im  Liederbuche  nicht  vor,  nur  die  Hirtin:  CV. 
102,  137,  150,  278,  454,  554,  Ò89,  867  und  CM.  274.*]  Dafs  es  im 
Portugiesischen  jedoch  den  [bartlosen]  Jüngling  und  das  junge 
Mädchen  im  allgemeinen  bezeichnet,  und  auch  adjektivisch  für 
jung  benutzt  wird ,  ist  weniger  bekannt  und  läfsl  jedenfalls  —  wenn 
es,  wie  ich  denke,  eine  portug.  Eigentümlichkeit  ist  —  auf  be- 
sondere Wichtigkeit  und  Ausdehnung  des  Hirtenlebens  schliefsen.  — 
Ich  zähle  die  Beispiele  auf,  die  ich  bei  der  Hand  habe.  Im  470.Liede 
wird  dem  ewig -jungen  Martim  Moxa  gesagt,  er  müsse  ein  Zauber- 
kraut gegessen  haben  :  er  erinnere  sich  der  Tage  des  Almançor,  habe 
Christi  Fleischwerdung  gesehen,  sei  dabei  gewesen  als  Adam  und 
Eva  geboren  wurden    und   sei  dennoch  ein  pastora     Im  558.  sagt 

*  Ein  Mönch  webt  ein  Gebetskleid  [garnacha  de  oraches]  für  die  Mutter 

Gottes,  vollendet  es  aber  nicht,  sondern  entflieht  aus  dem  Kloster.    Da  erscheint 

ihm  die  Jungfrau  und  trägt  die  garnacha  in  der  Hand  que  ademáis  era  bela 

et  de  mui  rico  lavar  se  non  que  era  mui  curta  come  d*  algüa  pastor  pequeña, 

'  Die  belreífcnden  Zeilen  lauten: 

nom  vus  acharei  i  por  pecador 

se  nom  dos  tempos  grandes  transpassados, 

que  acordades  —  e  sodes  pastor. 

Feinere  Gedanken  finden  sich  im  allgemeinen  im  Cancioneiro  nicht.     Sonst 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTUO.  LIBDERBUCH.  2 1  3 

Jemand  von  sich,  er  habe  wie  ein  Kindskopf  gehandelt:  „a  guisa 
fize  de  pastor^K  Im  914.  heifst  es,  einem  bartlosen  Knaben,  der 
sich  weise  dünke,  rechne  man  das  als  Unhöflichkeit  an: 

ca  sempre  contain  por  endvidadc 
ao  pastor  dar  -  sc  por  de  gram  sem 
nem  gram  saber;  por  end'  a  ti  convem 
em  quanto  fores  tarn  pastor  d*  idade, 
pois  em  tal  alta  razom  meter  te  ousas, 
que  punhes  sempre  antr'  as  outras  cousas 
seeres  partido  de  torpidade. 

Im  923.  ist  von  einem  infante  mouro  mut  pastor  die  Rede,  der 
im  922.  infante  mouro  pasiorinho  genannt  wird.  Im  985.:  e  vi-lhe 
sempre^  mentre  foi  pastor,  mui  oda  voz.  Alfons  X.  erzählt  (CM.  932) 
von  einem  Manne,  der  bei  der  Jungfrau  falsch  geschworen  hat: 
esi  om^  era  pasiorinho  entom  e  barvas  pungentes  (cfr.  CM.  355),  und 
nennt  ein  ander  Mal  einen  jungen  Kleriker  pasiorinho  (102).  In 
den  Adelsbûchem  führt  gar  ein  Adonis  den  Namen  0  bel-pasior 
(P.  M.  H.:  Scripiores  I  p.  171  und  364);  und  von  einem  jungen 
Recken  D.  Femam  Rodrigues  de  Castro  heifst  Qsfoio  melhor  pastor 
d'  Espanha,  —  Das  weibliche  Gegenstück  kommt  weniger  oft  vor. 
Abgesehen  von  den  Stellen  aus  den  Amraenliedem  und  einer 
anderen  bei  Alfons  X.  (CM.  321)  nenne  ich  CV.  720  ali  out/ eu  de 
mha  morte  pavor  u  eu  fiquei  mui  coiiada  pastor)  957  non  quer  a  seu 
marido  òem,  \  e  soub*  essa  pastorinha  \  fogir,  sowie  molhersinha  tarn 
pastor^  I  saber  a  seu  marido  fogir.  —  Im  Spanischen  ist  zagal  in 
ähnlicher  Verwendung  selten.  —  Vgl.  oben  S.  161. 

Entramar  Z.  93  =  „[etwas]  anzetteln",  im  Sinne  von  „Streit 
anfangen",  ist  selten.     Der  gebräuchlichste  Ausdruck  ist 

Travar  Z.  117,  118,  119  „packen",  besonders  wo  es  sich  um 
Wortangriffe  auf  Dichter  handelt,  mit  denen  man  anbindet,  ihre 
Kunstfertigkeit  in  Frage  stellend,  Einwendungen  erhebend,  Fehler 
aufdeckend,  kurz  indem  man  ihnen  „anstöfsige"  Balken  in  den  Weg 
legt  Hier  einige  Beispiele:  CV.  532  Travam  em  mim  e  em  meu 
conhocer\  830  ^  ora  vejo  que  vos  travam  ...  per  que  façades  cantigas 
d*  amigo  \  917  pero  vos  agravece  porque  vos  travou  em  vosso  cantar 
foam  Eannes'f  1007  mais  os  trobadores  travar  vus  am  ja  que  „os 
tempos**  bem  nom  guardastes;  10 11  vejo  Lourenço  com  mui'tos  travar^ 
pero  nom  0  vejo  travar  em  mi]  11 17  e  travar om  em  que  era  igual 
[em  vosso  cantar^  .,.  e  outro  trobador  ar  quis  travar  em  uà  cobra; 
1202  que  lei^  esto  que  nom  é  seu,  em  que  Ihi  vam  todos  travar: 
1 104  ca  no  vosso  t  robar  sei  m*  eu  com*  é:  i  á  de  cor  reger  per  bda  fé 


könnte  man  glauben,  Martim  Moxa  sei  in  Wahrheit  ^r  nicht  langlebig  ge- 
wesen, sondern  habe  nur  auffallend  jüdisch  ausgesehen.  Darum  sage  Alvaro 
Gomes  za  ihm:  Du  bist  viele  tausend  Jahre  alt  und  warst  dabei,  als  Christus 
geboren  ward. 

>  Nicht  cam  pastor,  wie  Braga  druckt.    Cäo  pastor,  von  dem  schon  die 
Rede  war,  kommt  im  1079.  Liede  vor  .(Z.  6  und  12}. 


214  CAROLINA  MICHAEUS  DE  VASCONCELLOS, 

mais  que  no  meu  em  qtu  nC  ides  travar\  103  2  quería  saber  de  vos 
porque  nû  ides  sempre  travar  em  meus  cantares,  Man  könnte  trovar 
em  alg,  c,  ou  em  alg.  wiedergeben  mit  „falsch  Zeugnis  erheben  gegen"; 
travar  com  alg,  „mit  jemand  Streit  anfangen".^  —  Synonyma  sind 
föw^/^r  =  angreifen  868,  556,  155,  í/^í/ii«<fr  —  anfechten  CV.  823, 
II 17,  das  auch  in  den  Ammenliedem  vorkommt,  und  desloar  VC 
1104.  Das  Gegenstuck  ist  emparar  =  in  Schutz  nehmen  (CV.  11 17, 
und  in  unserer  137.  Zeile);  wenn  der  Dichter  sich  selbst  verteidigt, 
ist  defender  das  Modewort.    CV.  868. 

Desfazer  Z.  128  =  „anfeinden,  entgegentreten**. 

Escançar  Z.  133.  Die  Redensart  escançar  novas  =  „Nach- 
richten einschenken  oder  ausschenken**  ist  mir  neu.  S.  oben 
S.  156  Anm.  2. 

Acalar  Z.  136  =  „zum  Schweigen  bringen,  beschwichtigen**. 
Ist  gleichfalls  neu.     S.  oben  S.  156  Anm.  3. 

Maladas  f.pl.  Z.  139  =  „unter  irgend  einem  mundium  stehende 
Frauen,  Klientinnen,  Bedienstete**.  —  Jede  Belegstelle  für  das  kultur- 
historisch und  sprachlich  wichtige  Wort  hat  Wert  Darum  biete 
ich  von  denen,  welche  ich  bei  der  Hand  habe,  alle  die,  welche 
den  Historikern  (Herculano,  Hist,  Port,  IV  336  und  480 — 485; 
Gama  Barros  Cap.  U,  Seccäo  4:  O  Povo  p.  476 — 537;  Muiloz  y 
Romero,  Del  estado  de  las  personas  en  los  reinos  de  Asturias  y  Leon 
p.  41  und  45),  sowie  den  Lexikographen  bis  jetzt  unbekannt  ge- 
blieben sind.^  I.  CV.  559.  Joam  Aires  schreibt  seiner  spröden  imd 
undankbaren,  übrigens  verheirateten  „Herrin**  einen  Absagebrief, 
in  welchem  er  unter  anderem  bemerkt,  ihr  Gatte  brauche  sie  nicht 
länger  zu  hüten  ;  seit  jenem  Tage,  wo  sie  ihn  Kehrt  machen  hiefs, 
habe  er  sie  nicht  wiedergesehen,  und  auch  ihre  vertraute  Dienerin 
nicht: 

nem  vi  a  sa  matada 
que  com  eia  sol  bem  estar, 
e  meu  mal  Ihi  diría, 
ca  esta  é  sa  privada. 

Das  Zöfchen,  das  ihm  als  ^yterceira^^  helfen  sollte,  hiefs  Elvira,  trug 
also  einen  feinen  Namen  und  stand  in  Gunst  bei  der  Herrin.  — 
2.  CV.  ICI 3.  D.  Joam  Scares  Coelho  klagt:  „die  Welt  geht  unter; 
der  Antichrist  ist  geboren;  der  Muselmann  wird  zum  Jerusalem- 
Pilger;  der  Kaiser  erhebt  sich  gegen  den  Papst;  E  se  non  foss^  o 
Antechristo  nado  Nom  aver  ria  esto  que  avem^  Nem  fictva  o  senhor  no 
matado,  Nem  o  matado  em  o  senhor  rem^^\  Vertrauen  zwischen  Herr 
und  Diener  galt  also  für  etwas  Unerhörtes.  —  3.  CV.  971.  Ein 
schlechter  (schreihalsiger  und  gieriger)  Spielmann  fiedelt  so  erbärm- 


^  Im  konkreten  Sinne  packen,  anfallen,  handgemein  werden 
z.B.  CV.  975  und  685.  —  Kämpfen,  ringen,  z.B.  CV.  188. 

^  S.  Elucidario  —  Moraes  —  Vieira.  —  PS.  Man  vergleiche  was  mittler- 
weile J.  Priebsch  in  seinen  AU  spanischen  Glossen  über  malata  veröffentlicht 
hat  —  Zschr.  XIX  S.  24. 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTUG.  LIEDERBUCH.  215 

lieh,  dafs  die  Zuschauer  ihm  sofort  Geschenke  geben,  damit  er  auf- 
höre; darauf  beginnt  er  zu  singen  —  der  gleiche  Wunsch,  ihn 
rasch  zum  Schweigen  zu  bringen,  entsteht,  weshalb  sein  Knecht 
das  Wort  ergreift:  e  diss^  um  seu  ma  lado:  „Ar  de -/A'  a/g*  a  quem 
pesar  .  .  .  nom  se  cal*  en  ddado,*^  „Wem  es  laid  ist,  der  möge  ihm 
etwas  geben,  denn  unbeschenkt  schweigt  jener  nicht"  Daraus  folgt, 
dafs  auch  der  Spielmann  noch  mehrere  servos  in  seinem  Dienste 
hatte  (zum  Tragen  seiner  Habe  etc.).  —  4.  Cß.  1543.  Der  rüde 
Gaugraf  Ruy  Gomes  de  Briteiros  erzählt,  ein  X.  X.  wolle  einer 
Hörigen  seines  Feindes  die  Nase  abhacken,  da  man  der  seinen  das 
Gleiche  gethan  habe:  mat's  quer  Ihe^lá  malada  esnartgar  pola  sua  que 
trag"*  esnarigada  —  ein  mittelalterlicher  Racheakt,  der  nicht  vereinzelt 
dasteht.  Cfr.  P.M.H.:  DipL  I  324  No.  528  pro  plagas  e  f cridas  malas 
que  fecemus  ad  vestros  ma  I  la  do  s,  —  Servò  für  malado  entdecke  ich 
nur  in  CV.  823.  —  Zur  Sicherung  der  arabischen  Etymologie,  die 
jedenfalls  mehr  far  sich  hat  als  die  germanische,  bieten  die  ange- 
führten Stellen  nichts.  Coelho's  Erklärung  (0  que  habilava  na  ma^ 
ladiat  /'.  e.  em  couto  ou  solar ^  e  tinha  0  titulo  de  cavallaro)  ist  unsachge- 
mäfs.  —  Dafs  malado  „Höriger,  glehae  adscriptus^^  von  malato^  malado 
„Aussätziger"  {Rom,  da  Infantina\  Cronica  Rimada  560,  568,  571  etc.) 
völlig  zu  trennen  ist,  kann  nicht  oft  genug  wiederholt  werden.  Zu 
letzterem  gehört  die  dem  prov.  malautia^  kat.  malaltia  und  span,  ma^ 
laiia  entsprechende  Doppelform  malautia  und  maloutia  für  „Krank- 
heit". Cß.  1 505  ca  Ihi  nom  pode  nulha  rem  prestar  Se  IK  o  maestre  nom 
aventurar  O  corpo  y  ca  x*  á  mui  gram  mal  out  i  a\  ib.  1577  auf  einen 
Doktor  Eisenbart:  E  direi' vos  eu  d*  outra  maestria  Que  aprendeu 
ogan*  em  Mompiler:  Nom  vem  a  el  ome  com  maloutia  De  que  nom 
leve  0  mais  que  poder'.  Dazu  CM.  321  und  367  maloutia  \  333  ma- 
loutia. —  Auch  im  Poema  de  Alex,  24  und  13 13  lese  ich  m  al  au  ti  a  ^ 
statt  malantia. 

Amas  honradas  Z.  143;  s.  S.  167. 

Enfin  g  er  Z.  151  „vorgeben,  erfinden;  sich  falschlich  rühmen, 
prahlen".  Cfr.  CV.  164,  347,  354,  616,  778,  830,  882,  999,  1024. 
Enfinta  „Prahlerei"   164,  316,  331,  347,  909. 

Dda{s)  f.  pl.  Z.  151,  span.  dona{s)  Fita  161,  573,  674,  1698. 
Es  benennt  ausschliefslich  die  Gaben,  welche  der  Liebende  der  Ge- 
liebten darbringt  [cordas  oder  haraças  (s.  ob.),  cintas  (s.  ob.),  toucas 
(505,  689),  espelho  (505),  anel  (007),  hrial  (CV.  946),  sapatas  de  hom 
cordovan  (Alf.  X.  64).  S.  CV.  1125,  347,  371,  348,  505.  Ein  Ge- 
schenk, welches  der  König  oder  die  Vornehmen  dem  segre r  und 
jograr  reichen,  heifst  dom  (pl.  diies)^  span.  don(es),  gleichviel  ob  es 
in  cavallos,  armcu,  freos^  sellas^  pannos,  in  Geld  {algo)  oder  sonst 
worin  bestehe  (CV.  575).     Cfr.  Poema  de  Alex.  1798. 

Co  tei  fa  Z.  158,  169,  ì  Mit  dem  schwierigen  Worte  haben  sich 

Coteife  Z.  168.  I  bis   heute   weder  die  Historiker   noch 

die  Sprachforscher  beschäftigt;  die  ersteren  nicht,  weil  es,  auffaUiger- 
weise,  in  Gesetzen  und  Urkunden  nicht  vonnikommen  scheint;  die 
letzteren  noch  nichti  weil  es  erst  seit  kttr^  Dortugie- 


2l6  CAROUNA  MICHAELIS  DB  VASCONCBLLOS, 

síschen  Liederbücher  ans  Licht  gebracht  worden  ist  Oder  doch! 
Braga 's  Glossario  Archaico  do  Cancioneiro  bucht:  Coieyfe  =  capa  di 
pesponto^  und  das  akademische  Wörterbuchlein,  welches  die  Omtigas 
de  S*  Maria  begleitet,  bezeichnet  ctUeif  als  vocablo  de  carcuter  vt- 
jurioso,  trennt  es  von  Braga*s  „Stepp -Mantel"  und  fragt,  ob  es 
mit  dem  gall,  cutre  ,,Knauser"  und  mit  franz.  cuistre  {coquistre)  oder 
mit  andalusisch-arab.  chute  aus  yahudi  =  „Jude''  zusammenhänge! 

Co  te  if  e  oder  e  u  te  i/e  ^  scheint  in  erster  Linie  eine  Gattung 
Soldaten,  vermutlich  niederer  Ordnung,  bezeichnet  und  erst  in 
zweiter  Linie  als  Schimpfwort  gedient  zu  haben,  für  einen  in  Hai* 
tung  und  Gesinnung  gemeinen  und  feigen  Mann.  Alfons  X. 
spricht  von  coteife  in  zwei  interessanten  und  wichtigen  Kriegs- Sir- 
venteses,  die  jedoch,  leider,  recht  schwer  zu  deuten  sind.  Das  eine 
(CV.  74)  hebt  an:  „Sobald  der  G^/ä^/ö- Reiter  sein  Rennerrofs  zum 
Angriff  spornt,  zittert  und  erstirbt  vor  Furcht  der  coteife.  In  Gold- 
haut gekleidete  coteifes  sah  ich  beben  vor  Schrecken  ;  kurzgeschorene 
Genetes  rannten  (förr/aiw)  um  sie  her;  übelzugerichtete  Langbärte  (?) 
verloren  da  ihre  Farbe.  Die  langbärtigen  coteifes  klapperten  vor 
Frost  mitten  im  Sommer,  den  Mauren  von  Azamor  gegenüber.  Es 
füllte  sich  mit  ihnen  ein  Fluís  gröfser  als  der  Guadalquivir."  ^  So 
geht  es  noch  in  drei  Strophen  weiter.^  Der  lange  Bart  muís  ñir 
den  coteife  charakteristisch  gewesen  sein,  denn  er  wird  mehrere 
Male  ausdrücklich  hervorgehoben.  Von  ärmlicher  Tracht  ist  hier 
nicht  die  Rede:  orpelados^  com  arminhos  und  panos  de  razes Q) 
treten  sie  auf,  zu  Pferde  (denn  es  heifst  am  Schlufs  ao  som  do 
alambor  os  ddtavam  dos  arçdes  ant^  os  pees  de  seu  senhor)  ob  auch 
in  Scharen  {azes),  —  Im  anderen  Kriegsgedichte  tritt  hingegen  ein 
einzelner  und  schäbiger  coteife  auf,*  so  schlecht  ausgerüstet  \com 
seu  porpontOf  mais  nom  d^  algodom,  e  com  sas  calcas  velhas  de  bran* 
quêtai^  dafs  ihm  dreimal  höhnisch  zugerufen  wird:  ai  que  coteife 
pera  a  cometa  Q),^  Einen  verächtlichen  Beigeschmack  hat  das  Wort 
also  schon  hier.  Ebenso  wo  ein  König  Alfons  den  seiner  nicht 
würdigen  Pelz  {pequeña  veira)  einem  coteife  geben  will  (CB.  465)  ; 
wie  ferner  wo  einem  Fürsten  oder  Granden  als  Hülfstruppe  muito 
oteife  vi/äo  versprochen  wird  (CB.  464).    Eitel  Scheltwort  ist  es,  wo 

*  Eigentlich  giebt  es  der  Schreibarten  noch  mehr:  QM,']^^  coteyse{e), 
5  und  14  coteiffo{s),  9  und  74  coteyffe{s\  19  coteiffe{s)»  CB.  464  coitefe.  Die 
Lesarten  cotetfe  6  und  cuteife  3  sind  die,  welche  wir  zu  wählen  haben,  da 
alle  drei  alfonsinischen  Pergamente  sie  bieten. 

*  O  genete  Pois  renute  Seu  alfar az  corredor.  Estremece  E  esmorece 
O  coteife  com  pavor.     S.  De  LoUis  p.  45 — 46. 

'  Zu  vi  coteifes  orpelados  und  vi  coteifes  de  granhom  kommt:  vi  eu 
de  coteifes  azes;  vi  coteifes  com  arminhos  und  vi  coteifes  e  cochdes  Cont 
mui  mais  longos  granhdes  Que  as  barvas  dos  cabrees.    Vgl.  CV.  62,  I. 

*  Er  erhält  die  Epitheta:  mau,  valadl,  mal -guisad''  e  vil, 

*  Correta  bietet  die  Vorlage.  Das  bedeutet  nichts.  Braga  setzt  corneta. 
Doch  kommen  Musikinstrumente  und  Musiker  dieses  Namens  im  13.  Jh.  nicht 
vor.  Mit  carreta  weifs  ich  nichts  anzufangen.  Cometa  =  Angriff,  das  ich 
für  ein  Vcrbalsubst.  von  cometer  angreifen  halten  möchte,  ist  eine  blofse 
Konjektur  von  mir. 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORTU6.  LIEDERBUCH.  2l^ 

Alfons  X.  einen  habsüchtigen  Raabritter,  welcher  einen  begüterten 
Jongleur  erst  beherbergt  und  dann  auf  offener  Landstrafse  plündert, 
einen  co  tei/*  ovar enh  nennt  (CM.  194  Z.  19)^  und  wo  ein  peon^  der 
im  Auftrag  des  Ritters  einen  Bauern  morden  will,  den  gleichen 
Namen  erhält  (CM.  22),  Dazu  kommt  noch  eine  verderbte  Stelle 
(CV.  994),  deren  schmähende  Absicht  jedoch  klar  zu  Tage  liegt. 

Wie  unser  Ammenlied  coteifas  und  cochdas  als  ziemlich  gleich- 
wertig behandelt,  so  thut  auch  Alfons  X.  (CV.  74),  der  die  allitte- 
rierende  Formel  ins  Maskulinum  überträgt  {coiei/es  e  cochdes). 

Mehr  weifs  ich  nicht.  Vermutungen  darüber,  ob  cotdfe  etwa 
von  cota  herkommt  und  einen  Kittel-  oder  Kuttenträger  bezeichnet, 
sind  mûfsig,  da  die  portug.  Sprache  ein  Suffix  *cife  nicht  besitzt. 

Talho  Z.  162  =  „Schnitt,  Mode,  Art,  Sitte".  Dieselbe  Bedeu- 
tung hat  es  CV.  1040:  vep  ora  estranho  talho  und  ib.  1 109.  Sonst 
bedeutet  es  auch,  wie  anderwärts,  „Wuchs"  (CV.  344  und  981), 
„Steuer**  (CV.  920  und  CB.  466)  und  wie  im  Altfrz.  „Strophe**.  Vgl. 
oben  S.  158  Anm.  i. 

Entençom  Z.  176,  178,  190,  192  =  „Tenzone**.  Ebenso  in 
CV.  134,  374,  868,  914,  966,  1104,  1198.  Dazu  entençar  =  „Wort- 
streit anfangen,  ein  Streitgedicht  beginnen**  CV.  14,  868,  914,  966, 
10 10.  Entença  t^treii,  2^nk"  CV.  998,  Cfr.  altspan.  ^«/^«n'ö,  entenza 
(Laur.  15,  Mil.  573»  Alex.  195,  321,  448,  1543). 

Rimar  Z.  179 — 189  =  „reimen,  regelrecht  und  ordnungs- 
mäfsig  reimen**.  Vgl.  CV.  11 17  und  1034,  965  [querem  bom  som  e 
odo  de  (Uzer  E  cantares  fremosos  e  rimados). 

Desigual  Z.  179,  189,  193  =  „uneben,  ungleich**.  So  nannte 
man,  meiner  Ansicht  nach,  Tenzonen  und  Cantares,  welche  den 
Regeln  der  Kunst  irgendwie  zuwider  liefen.  Vgl.  CV.  1035  mais 
di'- me ^  ti,  que  trobas  desigual.  Se  te  deitam  por  ém  de  Portugal,  Von 
Einem,  welcher  den  schweren  Fehler  beging,  sich  beim  Tenzonieren 
in  seiner  Antworts-  oder  Verteidigungsstrophe  nicht  genau  dem  in  der 
Frage-  oder  Angrififsstrophe  gegebenen  Muster  anzuschmiegen,  sagte 
man  troba  desigual  oder  nom  sabe  i  guar  (==  acquare,  vgl.  altsp.  eguar 
Mi!.  67,  Juicio  24  imd  oft).  S.  CV.  1034  mm  rimades  nem  sabedes  i  guar 
und  nom  rima  nem  sabe  iguar  und  965,  36  fazer  [cantares^  des- 
i  guado  s, —  Igual  hingegen,  wenn  auf  die  Dichtkunst  angewendet, 
bedeutet  nicht  etwa,  wie  zu  erwarten  wäre,  „regelrecht  und  kunst- 
gemäfs**.  Es  wird  in  tadelndem  Sinne  für  „plan,  seicht,  zu  durch- 
scbaulich"  gebraucht.  S.  CV.  H17.  Ein  Lied  des  Sueir'Eanes  wird 
von  allen  getadelt:  e  trovar om  em  que  era  igual',  der  Verteidiger 
aber  entgegnet  „der  Dichter  habe  an  etwas  Anderes  gedacht,  in 
seinen  Worten  stecke  ein  tieferer  Sinn**;  E  dix'  eu  que  cuidavades 
em  al,  sowie:  polo  jograr  a  cantiga  dizer  Igual,  nom  dev^  ó  trobador 
perder  und  nunca  cantar  igual  fez  nem  rimou.  —  Iguar  bedeutet 


^  Die  betreffende  Stelle,   welche  unter  escantaçom  mitgeteilt  ward,    hat 
der  Verfasser  des  spanischen  Glossars  übersehen. 


21&      CAROLINA  MICHAELIS  DE  VASCONCELLOS,   RANDGLOSSEN  ETC. 


sonst:  „gleichstellen,  gleichmachen,  vergleichen"  (CV.  156,  CM.  358 
und  415). 

Trincheira  Z.  235  1  Zur  Stütze  meiner  Ansicht  auf  S.  161 
Transmoleira  Z.  236  J  Ánm.  i,  dafs  damit  Teilstûcke  einer 
Kopfbedeckung  gemeint  sind,  verweise  ich  auf  CV.  1080,  wo  ein 
capelo  de  ferro  beschrieben  wird,  0  anasal  na  trincheira  e  fur  ad*  em 
roda  á  m  o  I  eira  und  auf  CM.  151  tollend*  os  f róeos  das  testas  e 
descobrind^  as  moleiras]  ib.  213  dos  pes  tro  en  a  mo  le  ir  a,  —  Da 
moleira  (von  mollis)  span,  mollera  Fita  71)  „die  weiche  Stelle  am 
Schädel",  d.h.  den  „Scheitel"  bezeichnet,  wird  trans ' moleira  der 
„Hinterkopf"  sein. 

Nachtrag. 

Obiger  Aufsatz  ward  geschrieben,  bevor  ich  H.  R.  Lang*s  so 
aufserordentlich  dankenswertes  Liederbuch  des  Königs  Denis  von 
Portugal  kannte  (auf  das  ich  nur  nachträglich  hie  und  da  einen 
Hinweis  angebracht  habe),  also  auch  ehe  ich  die  in  Bd.XDC  ver- 
öffentlichten Besprechung  schrieb  (die  im  einzelnen  bereits  die  Er- 
gebnisse dieser  Untersuchung  verwertet).  Von  den  orthographischen 
Regeln,  die  ich  dort  festzustellen  bemüht  war,  weicht  die  Nieder- 
schrift altportugiesischer  Lieder  hier  in  Kleinigkeiten  ab.  Besonders 
habe  ich  für  den  nasalen  Auslaut,  den  CA.  und  CM.  vorwiegend 
durch  »,  CV.  und  CB.  aber  durch  m  graphisch  bezeichnen,  hier, 
wo  Texte  aus  allen  vier  Liederbüchern  verwertet  sind,  das  moderne 
m  gewählt. 


Alphabetise 

acalar  214. 
aguisado  206. 
aio  165 — 168. 
ama    149.    163  — 

168.  214. 
amadigo  166. 
amo  163. 
argueiro  208. 
avuylor  198. 
bem-talhado  206. 
bCas  manhas  207. 
cSo  (pastor)  161. 
capar  208. 
catar  208. 
cazurro  176. 
cinta  212. 
copete  162. 
corda  21 I. 
córte  172. 
coteife  215. 


hes  Verzeichn 

crastar  208. 
deitar   (galinha 

choca)  211. 
desfazer  214. 
desguisado  206. 
desigual  217. 
dSa  215. 
dona  149.  211. 
emparamento  167. 

212. 
enfìnger  215. 
entença  217. 
entençar  217. 
entençom  217. 
entendedor  211. 
entender  211. 
entramar  213. 
escançar  214. 
escantaçom  208. 
escantar  208. 


is   der   besproch 

fiar  207. 
galiSes  208. 
guisado  206. 
honra  167. 
honradas  (amas) 

167.  215. 
igual  217. 
iguar  217. 
lavrar  211. 
lazerada  212. 
limpha  (vida)  207. 
malada  214. 
méana 

miaña       /  149. 
minhana 

moleira  161.  217. 
morcela  210. 
paramho  167. 
pastor(inha)  151. 

212. 


enen  Worte. 

remedar  176. 
souriço  210. 
talhar  207. 
talho  158.  217. 
tecedor  207. 
tecer  207. 
topete  162. 
transido  210. 
transmoleira  161. 

217. 
travar  213. 
trincheira   161. 

217. 
ventrulho  210. 
verrSes  208. 
Vitorino       j 
Vuytorinho }  198. 
Vuytorom    ] 


Carolina  Michaelis  de  Vasconcellos. 


Di  un  medito  poema  tdnorono  sull'  assedio  di  Lucca 

dell'  anno  1430. 

Il  poema,  che  mi  propongo  ora  di  dare  in  luce,  è  tratto  dal 
ms.  lucchese  942  (dei  mss.  di  Bernardino  Baroni  5  L.),  sec.  XVIII, 
di  ce.  14  non  numerate  (il  verso  della  e.  13  e  la  e.  14  sono  bianchi) 
di  cm.  37  X  ^5-  ^  poemetto  è  cosi  descrìtto  nel  catalogo  dei  mss. 
della  Biblioteca  Governativa  di  Lucca:  ,,Cronache  di  Lucca  scritte 
in  ottava  rima  da  Alessandro  di  S^,  Giovanni  di  S^,  Masseo  da  Barga*^. 
L'  autore  di  questa  Cronaca  (ne  dirà  ampiamente  Amedeo  Pelle- 
grini in  uno  studio  di  prossima  pubblicazione)  fii  Alessandro  Streghi, 
rammentato  dal  Lucchesini  a  pag.  1 30  vol^.  I®  della  sua  Storia  let' 
ter  aria.  Dopo  la  Cronaca  segue:  „Z0  guerra  dei  Fiorentini  et  asse^ 
dio  della  città  di  Lucca  e  sua  liberazione  fatta  da  Niccolò  Piccinino 
descritta  in  ottava  rima  da  anonimo*^  Il  ms.  è  tutto  di  pugno  di 
B.  Baroni,  che  al  poema  ha  preposta  la  seguente  annotazione: 
„Notisi  che  il  P.  Marco  Grossi  ^  in  alcune  sue  memorie  dei  fatti  di 
Lucca  ^  ha  creduto  che  di  questa  [descrizione  in  ottava  rima]  ne 
sia  autore  Lorenzo  Trenta^  e  con  questo  nome  ne  ha  riportate 
varie  ottave  in  dette  sue  Memorie;  ma  ciò  non  può  stare,  mentre 
r  Autore  anonimo  pare  che  sia  sincrono  e  la  copia  ms.  che  tengo 
sotto  gli  occhi  è  di  scrittura  molto  più  antica  che  non  è  T  età  di 
Lorenzo  Trenta,  quale  fìoriva  ancora  dopo  il  1580;  ha  bensì  scritto 
pur  esso  la  presente  Guerra,  et  è  in  Prosa  ricavata  in  buona  parte 
da  questo  Autore  Anonimo". 

Nella  mia  edizione  dell'  anonimo  poema  (del  quale  quattro 
strofe,  doè  la  4%  la  5%  la  6*  e  la  7*  del  II  Canto  furono  recen- 
temente date  in  luce  nella  citata  opera  di  F.  Mudacela  ed  A.  Pelle- 


^  Il  P.  Marco  Grossi»  dei  Chierici  Regolari  della  Madre  di  Dio»  nato  in 
Lucca  nel  1594,  ed  entrato  in  quella  Congregazione  il  22  ottobre  1612,  morì 
nella  sua  città  natale  il  6  agosto  1669  (cfr.  Sarteschi,  De  scriptoribus  Congre- 
gationis  Clericorum  Regularium  Matris  Dei,  Romae,  1753,  p.  119  e  segi.). 
Di  lui  fa  pure  menzione  il  Lucchesini,  Della  storia  letteraria  del  ducato 
lucchese,  Lucca,  1831,  p.  14  e  112,  porgendone  alcuni  cenni  bibliografici. 

'  Sono  contenute  nel  ms.  miscellaneo  lucchese  1902  intitolato:  „Notizie 
storiche  appartenenti  alla  città  di  Lucca  raccolte  dal  P,  Marco  Grossi", 

'  A  tal  proposito,  veggansi  più  oltre  le  mie  considerazioni  intomo 
all'autore  del  poema,  nonché  Muciaccia  e  Pellegrini,  Documenti  inediti  re- 
lativi  alla  caduta  di  Paolo  Guinigì  Signore  di  Lucca  (Studi  storici.  III, 
229  e  seg.,  Pisa,  1894). 


220  VITTORIO  FINZI, 

grini)  non  ho  creduto,  per  verità ,  attenermi  scrupolosamente  alla 
copia  del  Baroni  (pur  troppo  non  mi  fu  dato  rinvenire  V  originale 
sul  quale  fu  esemplata),  poiché  nella  copia  stessa,  in  alcuni  luoghi 
quasi  indecifrabile,  mancano  bene  spesso  i  segni  d' interpunzione 
(talora  anche  a  questi  ho  dovuto  dare  un  diverso  collocamento, 
per  maggiore  chiarezza  del  testo).  Tuttavia  non  volli  farvi  emen- 
damenti arbitrar!,  preferendo  ai  luoghi  dubbii  far  seguire  una  nota 
dichiarativa  a  pie  di  pagina. 

Vero  è  che  il  Grossi  nelle  accennate  sue  Memorie  ci  ha  dato 
del  medesimo  componimento  alcuni  saggi,  corredandoli  di  brevi 
note  illustrative.^  Orbene:  di  codesti  saggi  ed  annotazioni  inedite 
mi  giovai  largamente,  riportandoli  in  appendice  a  ciascun  canto 
del  poema,  perchè  le  due  lezioni  procedessero  parallele.  G)sì,  se 
il  testo  eh'  io  oflfro  non  è  sempre  chiaro,  né  sempre  è  attendi- 
bile, vogliasi  attribuire  al  fatto,  che  V  originale  forse  è  andato  smar- 
rito, e  non  a  colpa  dell'  editore,  il  quale  curò  almeno  che  sui  due 
manoscritti,  che  del  poema  ci  rimangono,  fosse  condotto  il  testo 
medesimo. 

Nel  rendere  peraltro  di  pubblica  ragione  1'  anonimo  poemetto, 
nel  quale  sono  descrìtti  fedelmente,  e  talora  con  particolari  che 
non  trovo  negli  altri  storici,  l'assedio  e  la  liberazione  di  Lucca 
dell'  anno  1430,  pure  reputando  conveniente  una  grande  parsi- 
monia di  note,  per  non  ripetere  cose  omai  sapute,  non  omisi  di 
illustrare  quei  fatti,  di  cui  per  avventura  non  si  è  dagli  storici 
fatta  menzione,  o  quando  mi  parve  che  nelle  storie  generali  o 
municipali  i  fatti  stessi  non  siano  sufficientemente  lumeggiati. 

Non  diversamente,  del  resto,  dicasi  dei  personaggi  secondarii 
che  campeggiano  nel  gran  quadro;  poiché,  se  riguardo  ai  princi- 
pali le  informazioni  che  si  hanno  sono  ampie  (benché  non  sempre 
concordi),  degli  altri  gli  storici  danno  qualche  volta  un  magro 
cenno,  quando  non  ne  tacciono  affatto.  Bene  spesso  ancora  nelle 
notizie  che  ne  porgono  essi  mostransi  animati  dalla  passione  poli- 
tica e  dallo  spirito  partigiano,  così  che  malagevole  riesce  allo  stu- 
dioso cernere  la  verità  di  mezzo  alle  incertezze  ed  agli  errori. 

Non  ò  certo  mio  proposito  dettare  qui  la  storia  del  memora- 
bile assedio,  chò  il  mio  compito  é  ben  diverso;  tuttavolta  non  volli 
astenermi  dal  porre  queste  premesse,  prima  di  procedere  nell*  esame 
del  testo. 

La  prima  ricerca  che  conviene  fare  vuol  essere  diretta  a  rin- 
tracciarne r  autore;  ma  devo  confessare,  che  i  miei  studii  al  ri- 
guardo non  m'  hanno  condotto  a  risultati  positivi  e  concludenti. 
Vero   é  che   il  Grossi    nel   ms.  citato   fa   precedere    i  suoi  estratti 


»  A  chi  voglia  raffrontare  i  due  testi  da  me  riprodotti  apparirà  evidente, 
come  il  Baroni  ed  il  Grossi  non  si  siano  giovati  dello  stesso  manoscritto, 
poiché,  pur  non  volendone  considerare  le  varianti  di  pura  forma,  è  da  avver- 
tire che  il  numero  progressivo  delle  strofe  se^ue  bene  spesso  in  ciascuno  di 
essi  un  ordine  diverso,  e  che  la  lezione  del  testo  del  Grossi  è  talora  pre- 
feribile a  quella  del  ms.  Baroni. 


DI  UN  INBDTFO  POEBiA  SINCRONO.  22 1 

del  poema  dalle  parole:  „Dalle  Rime  di  Lorenzo  Trenta";  ma 
evidentemente  egli  non  può  alludere  a  Lorenzo  di  Vincenzo  di 
Galgano  Trenta,  poiché  è  noto,  per  quanto  ne  dicono  il  Baroni 
al  luogo  sopra  riferito  ed  il  Lucchesini,^  che  esso  viveva  ancora 
dopo  il  1580,  mentre  lo  stesso  poeta  dice  di  cominciare  la  sua 
storia  a'  24  di  luglio  dell'  a.  1430.^  In  ogni  caso,  pure  ammettendo 
che  un  Lorenzo  Trenta  abbia  dettato  il  poema,  non  sarebbe  irra- 
gionevole r  ipotesi,  che  esso  possa  identificarsi  con  quel  Lorenzo 
Trenta,  di  cui  fa  menzione  il  Sercambi  in  due  passi  delle  sue 
cronache,^  e  dei  quali  riporterò  qui  il  più  notevole:  „Ai  quali  per 
lo  dicto  magnifico  signore  [Paulo  Guinigi]  fu  fatto  honorevole  cena 
a  tucti  quelli  imbasciatori  [cioè  agli  ambasciatori  mandati  a  Lucca 
dalla  comunità  di  Firenze,  i  quali  giunsero  in  quella  città  (cfr. 
cap.  358)  adi  7  novembre  1422]  e  a'  loro  compagni.  Alla  quale 
cena  fu  messer  Bactista  da  Campo  Frevoso  con  esser  a  quella 
cena  il  consiglio  del  dicto  signor  Paulo,  ciò  fu:  Johanni  ser  Cambi, 
Baldassari  Guinigii,  Lorenzo  Trenta  . . .". 

Infatti,  poiché  Fautore  del  poema,  come  egli  stesso  afierma, 
era  in  ottime  relazioni  d'  amicizia  colla  famiglia  Guinigi,  della  quale 
in  più  luoghi  del  suo  componimento  deplora  la  sorte  infelice,  la 
perdita,  cioè,  del  potere  e  degli  averi,  ed  il  bando  dalla  patria, 
sembrami  non  improbabile  che  al  commensale  di  Paolo  Guinigi  e 
di  Giovanni  Sercambi  debbasi  attribuire  la  paternità  del  poema. 
„. . . .  della  cultura  sua  [di  Paolo  Guinigi]  ci  dà  buona  congettura 
il  sapere  —  scrive  il  Bongi  —  come  i  suoi  più  accosti  cortigiani 
fossero  appunto  i  più  letterati  del  paese,  cioè  Giovanni  Sercambi, 
Agostino  da  Fivizzano,  Domenico  Totti,  Giovanni  Turchi,  Antonio 
da  Capannori,  e  . . .  Guido  Manfredi  da  Pietrasanta".*  Nulla,  per 
verità,  il  Bongi  ne  dice  di  Lorenzo  Trenta;  ma  non  sarebbe  egli 
verosimile,  che  di  codesta  eletta  schiera  di  letterati  facesse  parte 
anche  il  poeta? 

Checché  ne  sìa  di  ciò,  poiché  mancano  i  documenti,  dai  quali 
si  possa  argomentare  in  senso  favorevole  o  contrario  alla  mia  tesi, 
nulla  mi  è  possibile  affermare  in  proposito. 

Volendo  infine  accennare  ai  pregi  letterari  del  poemetto,  dirò 
che  a  me  paiono  notevoli  (né  trascurai  di  segnalarli  con  osser- 
vazioni crìtiche  e  filologiche),  sìa  che  il  componimento  sì  con- 
sideri rispetto  alla  lìngua  sìa  che  si  riguardi  dal  lato  dello 
stile.  Vero  è,  che  bene  spesso  le  leggi  metriche  vi  sono  aperta- 
mente violate.  Ma  che  perciò?  Forse  non  sempre  codesti  vizi 
sono  imputabili  all'  autore,  sì  piuttosto  ai  trascrittori.    £  del  resto. 


«  Lucchesini,  op,  cit.,  lib.  V,  cap.  V,  p.  195. 

*  Cfr.  C.  I,  St.  3. 

'  Sercambi,  Le  croniche  pubblicate  sui  manoscritti  originali  a  cura  di 
Salvatore  Bongi,  IH,  316 — 17,  cap.  359,  lib.  II.  Il  Trenta  è  pure  ricordato 
dal  Sercambi  nel  cap.  382,  lib.  II  della  sua  Cronaca  (cfr.  Ili,  345). 

^  Bongi,  Di  Paolo  Guinigi  e  delle  sue  riccheiae,  discorso  colla  giunta 
di  documenti,  Lucca,  Benedini-Gnidotti,  1871,  p.  23. 


222  VITTORIO  FINZI, 

ove  si  rinetta  che  il  poeta  più  che  a  produrre  una  vera  opera 
d'  arte,  mirò  verosimilmente,  storico  coscienzioso,  a  rappresentarci, 
come  in  uno  specchio,  riflessa  nel  suo  scrìtto  Y  imagine  delle  con- 
dizioni infelici  in  cui  versava  Lucca  durante  l'assedio  del  1430, 
traendone  cosi  occasione  per  magnificare  le  gesta  gloriose  del 
Piccinino,  che  avea  rivendicata  a  libertà  la  sua  patria,  non  si 
potrà  non  riconoscere  opportuno  il  rendere  di  pubblica  ragione 
Topera  di  chi  fu,  come  non  è  improbabile,  tanta  parte  degli 
avvenimenti  presi  a  descrivere. 

[e  I']  La  Guerra  de'  Fiorentini,  et  assedio  della  Citta 

DI  Lucca  e  sua  liberazione  fatta  da 

Niccolò  Piccinino  descritta  in  ottava  rima  da 

Autore  Anonimo. 

Canto  I 
I 
Alta  Reina  del  Mondo  sostegno. 
Di  noi  speranza  perfetta,  Fonte  e  Fede, 
Tu  fa  della  tua  gratia  ciascuno  degno. 
Et  sarà  beato  qualunque  ti  crede. 
Deh  prega  il  tuo  Figliuol,  che  in  suo  Regno 
Alcuna  volta,  quando  teco  siede. 
Che  assottigli  alquanto  mia  memoria, 
Acciò  che  io  possa  seguitar  la  Storia, 

2 

La  quale  fìa  questa.     Madre  gloriosa. 
Con  la  tua  gratia  la  voglio  cominciare; 
Ma  se  non  m' insegni,  Vergine  amorosa, 
Nessuna  rima  non  saprei  trovare: 
Tu  sola  sei  ove  ogni  ben  si  posa. 
Donami  gratia  di  far  questo  Cantare 
Con  rime  leggiadre,  e  sien  perfette. 
Che  tutta  gente  dica:  bene  stette. 

3 
Et  nel  tuo  nome  a  i  ventiquattro  giorni 

Di  Luglio  la  comincio,  Madre  Santa. 

Ora  donami  gratia,  che  io  ritorni 

A  dir^  la  bella  storia  tutta  quanta 

Del  Nobil  Contea  et  de*  Baroni  adorni 

Et  di  sua  Baronia,  eh'  ae  seco  tanta. 

Et  come  egli  è  prudente,  et  è  saputo, 

Et  quel  che  egli  promisse  V  ae  attenuto. 

4 
Nel  mille  quattrocento  anni  e  trenta 

Di  Luglio  a  ventiquattro  dì  del  Mese 

'  n  ms.  dtrg. 

*  Del  conte  Francesco  Sforza. 


DI  UN  INEDITO  POSMA  SINCRONO.  223 

L' Gnor  eh*  ebbe  Marzocco  >  ogni  uomo  il  sente. 
Per  tutto  il  Mondo  vo'  che  sia  palese, 
Perchè  la  fama  sua  rimanga  spenta, 
Che  essendo  intomo  alla  Città  Lucchese 
Con  due  Bastie  forte  bene  armate 
Le  gran  prodezze  lor  vi  fíen  contate. 

5 
La  notte  innanzi  che  venisse  il  giorno 

Di  San  Jacopo  Apostolo  pretioso^ 

Le  due  Bastie  che  Lucca  aveva  intomo 

Ogni  uomo  di  loro  stava  pauroso, 

Sentito  avendo  come  il  conte  adomo 

Era  in  Freddana  pigliando  riposo; 

Et  per  la  gran  paura  ogni  uomo  fuggfe, 

Lasciando  in  abbandon'  le  due  Bastie. 

[e  r]       6 
Guarda  se  '1  conte  Francisco  pregiato 
È  uom  di  gran  prodezze  e  d'  alto  affare. 
Standosi  a  riposo,  pur  col  suo  ñato 
Le  due  Bastie  si  hae  fatto  abbandonare. 
Or  pensa  che  farà,  quando  si  armato 
Con  la  sua  gente  il  Mondo  fa  tremare. 
Et  savj  furon  quei  della  Bastia 
Non  aspettando  il  Conte,  a  fuggir  via. 

7 
Et  parve  lor  mille  anni  di  fuggire: 

Lascion*  le  Bombarde  e  altri  fornimenti 

Per  la  paura  eh'  avean  di  morire. 

Suon'  di  Barili  parean  lor  stormenti: 

Tremando  tutti  perdono  V  ardire: 

Usciti  pareano  de'  sentimenti. 

Per  temenza  del  Conte  ebbon  sospetto, 

Et  van  fuggendo  tutti  a  Pontetetto^. 

8 
Et  quelli  eh'  eran  dentro  il  Ponte  in  Fortezza, 
Veggiendoli  venir  cosi  affannati, 
Disseno  a  loro:  ove  è  vostra  prodezza. 
Che  voi  fuggite  non  essendo  cacciati! 


^  „I  Fiorentini  solcano  già  far  sostenere  Tarma  della  città  da  un  leone 
sedente,  qualche  volta  rampante,  che  chiamavasi  Martocco,  onde  furono  detti 
da  alcuni  cronisti  Martoccheschi  . . .".  Cosi  scrive  il  CroUalanza,  Enciclopedia 
araldica-cavalleresca,  Pisa,  1 876 — 77  {s,  v,)  (cfr.  anche  Passerini,  Le  armi  dei 
Mufticifj  Toscani,  p.  loi).  Martocco  era  altresì  il  grido  di  guerra  delle  genti 
de'  Fiorentini,  allusivo  alla  loro  insegna  (cfr.  pure  C.  V,  str.  1 8). 

'  Come  è  noto,  la  festa  di  S.  Giacomo  apostolo  si  celebra  il  25  luglio. 

*  n  ms.  Suono, 

*  Veggasi  a  questa  voce  il  Didonario  geografico  del  RepettL 


224  VITTORIO  FINZI, 

Ognun  di  voi  si  pigli  una  cavezza, 
£t  a  questi  merli  vi  siate  impiccati: 
Che  non  si  vidde  mai  tanta  follia, 
Senza  colpo  di  spada  fuggir  via. 

9 
Ben  potran  dir  li  vostri  Fiorentini 

Per  certo  che  noi  abbiam  di  buon  soldati! 

Va:  dà  il  mese  lor  cinque  fiorini: 

Dandone  due  saran  sopra  pagati. 

Egli  an  fatto  prova  da  Paladini, 

Che  son  fuggiti  non  essendo  cacciati 

Mai  non  si  vide  gente  tanto  vile, 

Che  son  fuggiti  a  suono  d'  un  Barile. 

IO 

E  '1  Campo  eh'  era  condutto  a  Montuolo  ^ 
Niccolò  della  Stella^  e  Bernardino ^ 
Fuggiano  via  come  li  stomi  a  volo. 
  Librafatta^  egli  an  preso  il  Camino, 
Dicendo  tra  loro:  il  Conte  ha  tanto  stuolo, 
Che  fie  disfatto  il  Popol  Fiorentino. 
Per  questa  guerra,  eh'  ha  fatto  a  i  Lucchesi, 
Disfatto  fie  Firenze  e  suoi  PaesL 

II 

Fuggiti  fur  a  Montuol  per  le  più  corte 
Strade  e  vie,  che  potean  trovare; 
Come  fa  quei  che  va  fuggendo  morte. 
Ogni  uomo  cercava  la  vita  campare, 
Non  aspettando  guida  nò  anco  scorte. 
Arme  non  bisogna  adoperare, 
Et  nella  via  rimaser  le  Bombarde. 
Deh  guarda  come  son  genti  gagliarde! 

12 

A  Librafatta  si  son  tutti  tornati 
Col  Potestà  che  v'  è  pe'  i  Fiorentini. 
Appena  parea  loro  esser  campati, 
Tra  lor  dicendo:  lasso  noi  topini, 
Che  nove  mesi  a  Lucca  siamo  stati, 
Ed  ora  ci  e  arrivato  nuovi  vicini. 


*  Confrontisi  a  questa  voce  il  Dizionario  del  Repelli. 

'  Niccolò  Forlebraccio,  figliuolo  della  sorella  di  Braccio,  dal  cognome 
della  madre  era  soprannominato  Niccolò  della  Stella. 

*  Bernardino  degli  Ubaldini  della  Carda,  avea  sposato,  come  è  noto, 
una  figlia  naturale  di  Guid'  Antonio  da  Montefeltro,  duca  d*  Urbino.  (Per 
più  ampie  notizie  cfr.  Poggio  Fiorentino  e  il  Gamurrini.) 

*  Ripafi-atta,  o  Lipafratta,  è  una  frazione  del  comune  di  Bagni  S.  Giu- 
liano, in  provincia  di  Pisa. 


DI  UN  INEDITO  POEMA  SINCRONO.  225 

Non  credo  sian  di  pari  queste  risa, 
Che  per  aver  Lucca  perderemo  Pisa. 

Se  tu  sei  savio,  et  hai  intendimento, 
Tu  dei  pensar  che  Dio  non  muta  stato, 
£  dà  altrui  e  tolle  il  sentimento. 
Quando  egli  è  meno  la  merce  che  il  peccato, 
£  se  tu  non  io  sapessi  io  te  '1  rammento. 
Tu  sai  quel  che  Firenze  avea  pensato, 
E  intorno  a  Lucha  avea  posto  V  assedio. 
Ma  Iddio  a  ogni  cosa  puon  rimedio. 

[e.  2']        14 
Chi  non  sarebbe  del  campo  fuggito, 
Sentendo  la  novella  chiaramente. 
Che  il  Contea  valoroso  et  ardito 
Era  in  Freddana  ^  con  tutta  sua  gente. 
De'  Capitan  d'  Italia  il  più  fiorito. 
Cercando  ben  da  Levante  a  Ponente, 
Un  somigliante  non  saria  trovato. 
Forte,  gentile,  onesto,  et  onorato. 

Era  con  seco  il  buon  signor  Leone' 
Il  nome  e  infatti  fue  ben  battezzato, 
Che  in  battaglia  è  fier  come  un  Dragone: 
Par  veramente  un  Leon  iscatenato. 
Non  fece  mai  tal  prova  Sansone, 
Come  fa  il  Signor,  quand'  egli  è  armato. 
E  per  divisa  quel  Nobil  Cavalieri, 
Come  udirai,  ha  V  arma  a  quartieri. 

16 
E  due  quartieri  son  onde  azurre  e  bianche, 
E  li  altri  quartier  son  due  Leoni  d'  oro 


*  Il  conte  Francesco  Sforza,  più  sopra  ricordato. 

'  Il  Repetti  (Dùionario  geograficO'fisico-storico  della  Toscana)  a  questa 
voce  scrive:  ,,Freddana  nella  valle  del  Serchio.  È  un  torrente  copioso  di 
acque  che  dà  il  nome  alla  vallecola  fra  Monte-Magno  e  il  fiume  Serchio  ...'*. 

'  Il  Ratti,  Della  famiglia  Sforui,  pela  (Roma,  Salomoni,  1794,  p.  34) 
coái  ne  scrìve  :  „Leone  Sforza  nacque  da  Sforza  Attendoli  e  da  Lucia  da  Tor- 
sano  r  anno  1406  in  Castel  Fiorentino,  e  dal  padre  gli  fu  posto  il  nome  di 
Leone  per  una  grata  memoria  a  Roberto  Duca  di  Baviera,  re  de'  Romani, 
che  aveagli  poc'  anzi  concesso  il  singoiar  privilegio  di  unire  alla  sua  arma 
gentilizia  del  cotogno  la  propria  del  Leone  palatino".  E  a  pag.  378  :  „Fu 
anche  all'  impresa  di  Lucca  col  Conte  Francesco  suo  fratello,  dal  quale  fu 
spedito  coi  figli  del  Tolentino  ad  espugnare  Ghivizzano  bravamente  conquistato 
dial  valore  di  Leone".  Morì  nel  1440  per  un  colpo  di  bombarda  ricevuto 
air  assedio  di  Caravaggio  (cfr.  sull*  argomento  :  Ammirato,  Istorie  fiorentine, 
par.  II,  p.  IO,  Giovio,  La  vita  di  Sforza  ecc.,  Vinegia,  Gabriel  Giolito  de'  Fer- 
rari, 1558,  pp.  18—19,  e  Litta,  Famiglie  celebri  rf'  ItaUa,  VI,  Uv.  i). 

Zeittchr.  t  rom.  PhU    XX  I3 


22Ò  VITTORIO  FINZI, 

Nel  Campo  rosso,  et  le  sue  genti  franche 
D'  esser  in  battaglia  è  la  brama  loro: 
Le  persone  lor  non  son  mai  stanche 
Per  acquistare  onor,  fama  et  tesoro. 
Questo  si  guida  lancie  ben  trecento, 
Chiamate  Giovan  forte  di  gran  valimcnto. 

Del  conte  Antonio  *  non  si  può  mai  dire 
Quanto  egli  è  savio,  nobile  et  pregiato, 
Forte  e  gagliardo,  uom  di  grande  ardire, 
Et  pare  un  Paladín,  quando  egli  è  armato 
Con  la  lancia  in  mano,  il  franco  Sire, 
Et  par  che  in  sulla  sella  sia  murato. 
Et  quando  egli  è  più  stretto  alla  battaglia. 
Gli  uomini  gìtta  a  terra  come  paglia. 

18 

Col  ditto  Conte  v*  à  un  Cavalier  cortese. 
Vago  e  gentil,  che  par  che  sia  Absalonne: 
Messer  Antonio  si  chiama,  et  è  Senese,^ 
Che  di  forza  è  simile  a  Sansone: 
Fonte**  di  cortesia  questo  è  palese; 
Quando  monta  a  cavai  questo  Barone, 
Tutta  la  gente  ei  fa  maravigliare. 
Tanto  sa  gentilmente  cavalcare. 

IQ 
Galeazzo  Buschetta  e  'l  suo  fratello:* 
Per  nome  Hettorre  il  fratello  è  chiamato. 
Ognun  di  loro  è  poderoso  e  snello: 
A  Hettore  di  Troia  V  uno  è  assomigliato, 


*  Cioè  del  conte  Antonio  da  Pisa,  detto  il  Pontedera. 

*  Di   Messer  Antonio    di  Checco  Rosso  Senese   si   può    vedere,   tra   gli 
storici   più   autorevoli,    ciò   che   ne  dice   il  Morelli,    Ricordi  fatti  iu  Firenze 

{Deliue  degli  eruditi  toscani,  XIX,  92). 

^  A  questo  luogo  il  ms.  è  quasi  illeggibile. 

*  Della  famiglia  Boschetti,  o  Buschetta,  ne  porge  ampie  notizie  il  San- 
sovino.  Origine  e  fatti  delle  famiglie  illustri  d*  Italia  (Venezia,  Combi  e  La 
Noil,  1670,  p.  56 — 77),  sulla  scorta  del  Cono,  del  Giovio  e  di  altri  scrittori; 
ma  delle  imprese  compiute  da  Galeazzo  ed  Ettore  non  fa  menzione.  I  Boschetti, 
egli  dice,  „fatti  potenti  in  Modena  hebbero  la  Trivella.  Finalmente  stabilirono 
Tarme  a  liste:  conciossiachè  di  sopra  nello  scudo  vi  è  un  campo  turchino, 
sotto  al  quale  sono  sei  traverse  fìno  in  fondo  di  colore,  una  rosa  et  una 
bianca,  con  V  impresa  d' un  Leone,  eh'  ha  in  testa  un  elmo  con  la  corona, 
sopra  alla  quale  si  legge  Donai  omnia  virtus:  et  sopra  alle  dette  parole  si 
posa  un  pie  d' un  uccello  con  tutta  V  ala  distesa,  et  appoggiata  su  la  corona, 
con  V  Aquila  nera  aggiunta  da  Massimiliano  I  Imp.  alP  hora  eh'  egli  diede 
privilegio  alla  famiglia  di  crear  Cavalieri,  di  far  Notari  . . .".  Per  maggiori 
particolari  rimando  alle  opere  citate  dal  Sansovino,  ed  a  ciò  che  ne  dice  il 
Marchesi  neUa  GalUria  dell*  onore. 


DI  UN  INEDITO  POEMA  SINCRONO.  2 27 

Nella  battaglia  presto  come  uccello. 
In  fatti  d'  aime  ogni  uomo  provato.^ 
Quando  armati  son  sti  due  cavalieri, 
Ciascun  loro  fa  piazza  più  che  volentieri. 

20 

10  non  t'  ho  ancor  conto  d*  un  Guerrieri, 
Che  nella  Città  Senese  questi  è  nato; 
Mai  si  vidde  il  più  nobil  Cavalieri. 

Egli  è  quel  che,  quando  è  bene  armato. 
Pare  un  Drago  tra  gli  altri  più  fieri. 
Messer  Guglielmo  costui  è  chiamato.^ 
Le  sue  prodezze  dire  non  poterei 
Né  io,  né  altri,  perchè  non  saperci. 

21 
Et  male  per  te,  o  Popol  Fiorentino, 
Hai  fatto  qui  questa  gente  assembrare. 
Qua  é  lo  franco  Pier  di  Navarino  ^ 
Con  la  sua  gente  il  Mondo  fa  tremare. 
Tanto  è  gagliardo  il  Barone  fino, 
Che  non  si  può  a*  suoi  colpi  riparare. 
Tu  proverai  ben,  quando  verrà  a  Fiorenza, 
La  sua  gagliardia  e  la  sua  potenza. 

[e.  2^]       22 
Ancora  v'  é  quel  nobile  Soprano, 
£t  uom  saputo  di  gran  valimento, 

11  qual  si  chiama  Stefan  da  Milano,^ 
Et  hae  seco  lancie  ben  trecento. 

Li  colpi  suoi  non  tira  mai  invano. 
Alle  battaglie  e  giostre  è  adornamento. 
Sempre  riporta  a  casa  grand'  onore. 
Et  la  sua  gente  é  di  gran  valore. 

Mana  barile^  e  Fiasco,  e  M  buon  Rinaldo. 
Questo  Renaldo  egli  é  da  Borgarella: 


*  n  verso  è  evidentemente  corrotto. 

'  Non  è  ricordato  dagli  storici,  se  pure  non  si  voglia  identificare  con 
quel  Guglielmo  dal  Reame,  di  cui  è  menzione  nel  Graziani,  Cronaca  della 
città  di  Perugia  dal  1309  a/  1491  ...  pubblicata  per  cura  di  A.  Fahr  etti  con 
annotazioni  del  medesimo,  di  F,  Bonaini  e  F.  Polidori  (Archivio  storico  ita- 
liano,  tXVI,  p«  ja,  p.  347),  e  nel  Fabretti,  Note  e  documenti  che  servono 
ad  illustrare  le  biografie  dei  capuani  venturieri  delT  Umbria,  Montepulciano, 
Angiolo  Fumi,  1842,  p.  172 — 176. 

'  Di  Pier  di  Navsuino  è  cenno  in  Sanuto,  Vitae  Ducum  Venetorum  ita- 
lice  scriptae  ab  origine  Urbis  ecc.  {Rerum  italicarum  Scriptores,  XXII)  ad 
a.  1431,  e  nel  Cavalcanti,  Istorie  fiorentine,  I,  209. 

*  Forse  nello  Stefano  da  Castello,  citato  dal  Oraziani  e  dal  Fabretti 
{pp.  e  loc,  cit,),  è  da  riconoscere  lo  Stefano  da  Milano,  ricordato  dal  poeta. 

*  Di  Mana  barile,  detto  anche  Mannobarile  o  Mannus  Barrìlis,  che  il 
Simonetta  afferma  nativo  di  Napoli,   parlano  oltre  al  dt.  Simonetta,  Historia 

15* 


228  VITTORIO  FINZIy 

In  fatti  d'  arme  sempre  costui  sta  saldo, 
£t  mai  si  lascia  piegare  in  sulla  sella. 
Costui  non  cura  né  freddo  né  caldo 
Con  la  sua  gente  valorosa  e  bella: 
Et  chi  si  trova  a  uno  a  uno  con  Fiasco 
Par  che  per  paura  e'  dica:  io  casco. 

Io  non  t'  ho  contato  di  Michele  Albanese,^ 
Et  buon  Francuccio  di  San  Severino,^ 
In  ogni  guerra  fanno  gran  difese, 
In  fatti  d'  arme  ogni  uomo  é  Paladino, 
Stefan  cortese  ^  de'  Tedeschi  Paese, 
Che  suoi  nemici  non  cura  un  lupino; 
Accattabriga,*  e  Tartar  da  Bettona^ 
Come  si  provan  ben  la  lor  persona. 

25 
Non  si  potrà  mai  dir  né  ricontare 

La  nobil,  ricca  e  magna  compagnia 

Del  Conte  Francesco  d'  alto  affare 

Et  tutta  quanta  la  sua  Baronia, 

Et  per  suo  amor  si  fa  questo  cantare: 

Di  giorno  in  giorno  cantato  vi  sia. 

In  rima  e  in  canto  ne  farò  memoria. 

Perché  io  ho  fede  che  noi  avrem  vittoria. 

26 
A  dì  ventotto  del  mese  presente, 
Et  questo  fu  in  Venerdì  mattina, 
Un  de'  Baroni  adorno  allegramente 
Disse  a  i  Compagni:  andiam  dove  confina 
Niccolò  dalla  Stella,  e  la  sua  gente. 
Che  penso  il  campo  mettere  a  rovina. 
Funno  a  cavai  cinquanta,  e  quattrocento 
Erano  i  Fanti  a  piò  con  grand'  ardimento. 


de  rebus  gesiis  Francisci  I  Sfortiae  {Rer.  Ital.  Scr.,  XXJ,  194)  il  Corio, 
Storia  di  Milano,  Milano,  1856,  II,  574.  E  così  dicasi  di  Fiasco,  che  il 
Corio  sembra  confondere  con  Catabrica  o  Accattabriga,  mentre  si  tratta  di 
due  persone  diverse. 

>  Di  Michele  Albanese  non  ho  trovato  notizie. 

*  Francesco  da  S.  Severino  è  ricordato  dal  Sanato  {pp.  e  loc.  di,) 

'  Manca  nel  ms.  l'interpunzione;  ma  forse  nel  Cortese  è  da  riconoscere 
il  Betutius  Cortesius  Cotignolani,  cit.  dal  Simonetta;  nel  de*  Tedeschi  il  To- 
deschino  cit.  dal  Oraziani  e  dal  Fabretti  {pp,  e  loc,  cit.);  nell'  avventuriero 
Paese  il  Paolere  ricordato  da  questi  due  ultimi  storici. 

*  Di  Antonello  Cattabriga  di  Castelfranco  nell*  Emilia  parla  diffusamente 
Vincenzo  Maria  Cimarelli  nelle  sue  Istorie  dello  Stato  d*  Urbino,  Brescia,  per 
gli  heredi  di  Bartholameo  Fontana,  1642  (lib.  3,  cap.  io,  li  e  12),  e  per  in- 
cidenza di  Fiasco,  Manno  Barile  e  Rinaldo  Burgarello,  commilitoni  dello  Sforza 
„nella  giornata  che  si  fé  contro  il  Braccio  all'  Aquila'^ 

*  Di  Tartar  da  Bettona  fa  menzione  il  Fabretti,  op.  cit.,  II,  249  n.,  253, 
e  nelle  Note  e  documénti  ecc.,  p.  333 — 335. 


DI  UN  INEDITO  POEMA  SINCRONO.  229 

Et  giunti  presso  in  lo  tentoro 
£t  volea  cominciar  nuova  battaglia. 
Et  quelli  del  G>nte  disseno  a  coloro: 
Venite  fuori!  o  che  fate,  canaglia? 
Le  sbarre  che  avean  fatto  ogni  lavoro^ 
Gittarono  in  terra  che  parean  di  paglia 
Nel  fìume  presso  a  lor,  chiamato  Serchio, 
Et  niun  di  lor  non  usciva  del  cerchio. 

28 
Et  ritornati  al  conte  la  gente  sovrana, 
Dicendo  come  siamo  al  campo  andati 
Per  la  via  di  Montuol,^  che  è  tutta  piana, 
Et  che  più  volte  gli  avean  chiamati, 
Et  come  sempre  stettono  alla  lontana 
Ne'  loro  alloggiamenti  appiattati. 
E  '1  Conte  allor  giurò  per  Santa  Maria, 
Che  in  pochi  giorni  qualche  cosa  iìa. 

29 
Elli  han  paura  di  quel  che  de'  venire: 
Io  li  farò  di  certo  indivinare. 
In  fìne  al  campo  gli  andarò  assalire; 
Vedremo  come  saperan  guerra  fare. 
Et  se  saran  rinchiusi  a  dormire, 
Io  credo  ben  di  farli  risvegliare. 
Però  m'  ho  fatto  un  pensiero  in  mio  avviso. 
Che  tutto  il  campo  lor  rimarrà  conquiso. 

Et  a  dì  trentun,  eh'  è  1'  ultimo  giorno 

Del  bel  mese  di  Luglio,  il  Conte  ardito 

Con  la  sua  gente  valoroso  e  adomo 

Di  festa  e  d'  allegrezza  ogni  uom  fornito. 

Questi  Baroni  lo  Conte  aveva  intomo. 

Prima  che  a  cavallo  fosse  salito. 

Un  bando  fé  per  lo  campo  mandare. 

Che  ogni  uom  si  metta  in  punto  a  cavalcare. 

31 
Non  si  potrà  mai  dir  né  raccontare 

Le  gran  ricchezze  e  nobili  ornamenti. 

Signor  di  gentilezza  e  grande  affare. 

Per  tutto  il  campo  sonavano  stormenti: 


*  Forse  il  Baroni  interpretò  male  l' originale,  che  avea  sott'  occhio,  e  il 
verso  potrebbe  allora  essere  emendato  cosi:  „le  sbarre  eh' avean  fatte  ognun 
di  loro*'.  Come  si  vedrà  più  oltre,  il  verso  dal  Grossi  è  dato  nella  forma 
seguente  „Le  sbarre,  e'  havean  fatte,  ogni  huno".  La  mia  lezione,  parmi, 
concilierebbe  i  due  testi. 

'  Veggasi  a  questa  voce  il  Repetti  nel  cit.  Dizionario, 


230  VITTORIO  PINZI, 

Á  farsi  belli  ogni  uom  si  vedeva  armare. 
Con  quelle  sopravestì  e  adornamenti, 
Di  più  ragion  divise,  si  vedea 
Che  r  un  più  che  V  altro  ti  piacea. 

Vedeansi  Conti,  Signori  e  Cavalieri, 
Uomini  tutti  di  gran  valimento, 
Con  penne  isvante^  per  li  cimieri, 
Con  sopraveste  d'  oro  et  di  ariento, 
Et  covertati  assai  molti  destrieri 
Vi^ghe  divise  di  gran  valimento. 
Il  sole  che  risplende  nelle  armadure 
Facea  ismemorar  le  genti  oscure. 

33 
Essendo  tutto  quanto  il  campo  armato. 

Et  messo  in  punto  le  squadre  e  le  schiere. 

Il  ricco  Gonfalon  fu  dispiegato. 

Tutto  il  tesoro  appresso  le  bandiere. 

Il  buon  Conte  Francesco  ebbe  parlato 

A'  suoi  Baroni  con  festa  e  con  piacere, 

Et  disse  a  loro:  regatevi  a  memoria. 

Che  noi  arreghiamo  a  Lucha  la  vittoria. 

34 
Non  credo  che  Re  Carlo  Imperadore 

Avesse  mai  più  nobile  compagna. 

Il  Conte  Adomo  degli  altri*  il  fiore, 

Quando  andomo  a  conquistar  la  Spagna. 

Cosi  il  Conte  Francesco  pien  d*  onore 

Mossesi^  ver  Lucha  con  gente  magna. 

Come  udirete  neir  altro  Cantare, 

Questo  primo  cammin*  che  prese  a  fare. 

Commento  e  varianti  al  Canto  I. 

(Dal  ms.  1902.) 

Nel  1430  i  Fiorentini  erano  intorno  a  Lucca  con  due  bastie,  d*  una  delle 
quali  resta  anche  la  memoria 

St.  4.    Ch'  essendo  intomo  alla  Città  lucchese 
Con  due  Bastie  forti,  ben  armate, 
Le  gran  prodezze  lor  vi  fìen  contate. 

La  notte  della  vigilia  di  S.  Jacopo  Apostolo  havendo  havute  nuove  i  Fioren- 
tini che  il  conte  Francesco  Sforza  era  gionto  nello  Stato,  e  s'  era  fermato  a 
rinfrescarsi  in  Freddana,  impauriti  abbandonarono  le  dette  Bastie. 


^  Il  ms.  è  quasi  illeggibile. 
'  Il  ms.  è  quasi  indecifrabile. 
'  Il  ms.  mossersi, 
^  Il  ms.  camino. 


DI  UN  INEDITO  POEMA  SINCRONO.  23 1 

St.  5.    Sentilo  ha  viendo  come  il  Conte  adórno 
Era  in  Freddana  pigliando  riposo, 
Per  la  grande  paura  ognun  fuggie, 
Lasciando  abbandonate  le  Bastie. 
Fuggendo  presero  la  via  di  Pontetetto,  ov*  era  tuttavia  una  fortezza,  e  si  con- 
dussero a  Montuolo,  per  passare  a  Ripafratta,  come  passarono. 
St.  6.    Per  temenza  del  Conte  hebben  sospetto, 

E  von  fuggendo  tutti  a  Pomte  tetto. 
St.  7.    Et  quelli  eh'  eran  sul  ponte  in  fortezza, 
Veggendoli  venir  cosi  affannati, 
Ov'  è,  dissero  lor,  vostra  prodezza! 
Cosi  fuggite,  e  non  sete  cacciati! 
Ogn'  un  di  voi  si  pigli  una  cavezza, 
E  a  questi  Merli  poi  siate  appiccati. 
Che  non  si  vidde  mai  tanta  follia 
Senza  colpo  di  spada  fuggir  via. 
St.  9.    E  '1  campo  eh'  era  condotto  a  Montuolo 
Niccolò  della  Stella,  e  Bernardino 
Fuggian  vìa  come  li  stomi  a  volo, 
A  Ripa  fratta  egli  han  preso  il  camino. 
St.  IO.    Fuggirono  a  Montuol  per  le  più  corte 

Strade,  che  li  riuscì  di  ritrovare. 
St.  II.    A  Ripafratta  son  tutti  tornati 

Col  podestà  che  v'  è  pei  fiorentini. 
Nove   mesi   erano  stati  nel  paese   di  Lucca  i  fiorentini   assediando  la  povera 
città  contro  ogni  ragione 

St.  II.    Tra  lor  dicendo  lassi  noi  tapini 

Che  nove  mesi  a  Lucca  siamo  stati. 
Il  Conte  Francesco  Sforza  alloggiò  intomo  alla  Freddana 
St.  13.    Chi  non  sarebbe  dal  campo  fuggito. 
Sentendo  la  novella  chiaramente. 
Che  *1  Conte  valoroso  sempre  ardito 
Era  in  Freddaua  con  tutta  sua  gente. 
Alii  28  di  Luglio   un   capitano   particolare  di  quelli  del  Conte  Francesco  con 
cinquanta  soldati  a  cavallo,  e  400  a  piedi  andarono  al  campo  de'  Fiorentini  a 
Ripafratta  passando  per  le  loro  trincee,   senza  alcuna  difficoltà,   ed  offrendo  a 
Niccolò  della  Stella  la  battaglia:  ma  ninno  volle  uscir  fuori. 
St.  25.    Adi  28  del  mese  presente 

E  questo  fu  in  Venerdì  mattina, 
Un  de'  Baroni  adomo  allegramente 
Disse  a'  compagni  :  andiam,  dove  confina 
Nicolò  della  Stella,  et  la  sua  gente. 
Io  penso  il  campo  mettere  in  rovina. 
Furo  in  sella  cinquanta,  e  quattrocento 
Seguirò  a  pie,  con  grande  ardimento. 
St.  26.    E  gionti  non  molto  longe  dal  Tentoro 
Volendo  cominciar  nuova  battaglia 
Dissero  quei  del  Conte  a  tutti  loro 


232  VITTORIO  FINZT, 

Venite  fuori  hor  clie  fate  canaglia. 

Le  sbarre,  e*  bavean  fatte,  ogni  huno 

Gittaro  in  terra,  che  parean  di  paglia, 

Nel  fìiiroe  presso  lor,  chiamato  Serchio, 

E  nessuno  di  loro  uscia  del  Cerchio. 
St.  27.    Tornata  al  Conte  la  gente  sovrana 

Dicendo  come  sono  al  campo  andati 

Per  la  via  di  Montuol  eh'  è  tutta  piana  ecc. 
Adi   31  luglio   il  Conte   con   tutto   il  Campo   marciò  avviandosi  a  Pescia,    la 
quale  acquistò  col  Borgo  a  Buggiano,  distruggendo  un  castello  detto  Agnano: 
indi  per  mancamento  di  vettovaglia  tornò  indietro;  per  V  avarizia  del  sig.  Paolo 
Guinìgi,  e  perchè  haveva  poco  genio  col  Conte  Francesco. 
St.  29.    E  a  di  trentun,  eh'  è  1'  ultimo  giorno 

Del  bel  mese  di  luglio,  il  Conte  ardito 

Con  la  sua  gente  valoroso  e  adorno. 

Un  bando  fé  per  lo  campo  mandare 

CW  ognun  si  metta  in  punto  a  cavalcare. 

Canto  IL 

I 
O  Figliuola  verace  di  Sant*  Anna, 
Che  portasti  nei  ventre  il  buon  Gesue, 
£t  partoristi  dentro  alla  capanna 
Il  dolce  fìglio  tra  V  Àsino  e  '1  Bue: 
Gli  Angeli  intorno  cantavano  Osanna, 
Vedendo  nato  il  Re  d'  ogni  virtue. 
Joseph  vecchio  e  Santa  Nastasiai 
Si  ritrovonno  al  parto  di  Maria. 

2 
Il  primo  cantare  ho  fatto  a  tuo  onore, 
Come  piccol  discepol  di  tal  arte, 
Se  non  che  a  te  fede  et  amore 
Io  non  possi-  mai  penna  in  su  carte. 
Vergine  e  Madre,  figlia  del  Signore, 
Gratia  mi  fa  che  dica  a  parte  a  parte. 


^  In  margine:  „Vide  Serry  Exercit.  Theolog.  pag.  200".  Il  Serry  {Exer- 
citationes  historicae,  criticae,  poUmicae,  de  Christo,  ejusque  Virgine  Afatre, 
Venetiis,  apud  Joannem  Malachinum,  1719,  p.  200)  oppugna  l'opinione  di 
coloro  che  affermano  (e  in  questa  sentenza  conviene  il  poeta)  che  al  parto 
della  Vergine  assistesse  Santa  Anastasia.  „Audaciores  sane  alii,  ac  multo 
ignorantiores,  quos  et  Baronius  pro  mentis  excipit  in  Notis  ad  diem  25  De- 
cembris  Martyrologii  Romani,  qui  Anastasiam  Virginem  eo  obstetricis  officio 
defunctam  commenti  sunt;  eaque  de  causa  factum  putant,  ut  in  Sacro  die  Na- 
talitio  ejusdem  memoriam  in  Missa  ad  Auroram  Ecclesia  celebret.  Vah  puti- 
dum  Anachronismum,  insulsitati  conjunctum.  Scilicet  Anastasia  tertio  cadente 
Ecclesiae  saeculo  passa  sub  Diocletiano  Dciparae  parienti  pus  officiis  adesse 
potuerit?  In  ea  itaque  Missa  illius  memoria  fît,  quod  ea  die  Martyrìo  functa 
sit,  et  Statio  ad  illius  tcmplum  sit  constituta." 

^  La  parola  nel  ms.  è  illeggibile. 


DI  UN  INEDITO  POEMA  SINCRONO.  233 

Et  cosi  prego  il  tuo  fìgliuol  giocondo, 
Che  seguir  io  possa  il  cantar  secondo. 

3 

Siccome  io  dissi  in  nel  primo  cantare, 

Si  mosse  il  Conte  e  verso  Pescia^  è  andato 
Con  tutti  i  suoi  Baron  di  grande  affare. 
Ognun  pareva  un  Drago  iscatenato: 
Molti  prigioni  si  vidde  il  di  pigliare, 
Il  Borgo  di  Buziano^  si  fu  acquistato, 
£t  un  Castello  che  si  chiama  Agnano^ 
Preso  fii  et  arso,  e  rubato  a  mano  a  mano. 

[e.  3l       4 
A  Pescia  diemo  la  prima  battaglia, 

Et  in  poco  tempo  1*  ebbene  acquistata.^ 

Ma  e*  mancò  lor  la  vittovaglia, 

Et  ritomossi  a  Lucca  la  brigata. 

Contro  il  Signor^  il  Campo  si  travaglia. 

Diceva  il  Conte  alla  sua  Armata: 

10  son  venuto  a  guardar  suo  Reame: 
Non  è  sei  di,  e  moriam  già  di  fame. 

5 

11  buon  Messer  Antonio*  valoroso 

Humilmente  col  Conte  si  parlava: 
Questo  Signor  di  Lucca  è  si  ritroso: 
Denari  di  cassa  costui  mai  non  cava: 
Stretto,  avaro  più  che  un  bisognoso. 


*  Così  ne  scrive  il  Cavalcanti  {op,  cit.,  I,  359—60)  :  „Fatto  il  pagamento 
[al  conte  Sforza],  Ladislao  [Guinìgi]  con  la  sua  gente,  col  Conte  insieme, 
cavalcò  a  Pescia,  e  a  quella  terra  die  disperata  battaglia;  e  se  non  che  in 
tutto  la  fortuna  non  aveva  disposte  le  sue  ire  contro  a  noi  [Fiorentini],  questa 
terra  al  tutto  era  perduta.  Conciossia  cosa  che  Paolo  da  Ghiacceto  che  n'  era 
Vicario,  per  brutta  viltà  abbandonò  la  terra;  ma  Giovanni  Malavolti  alle  forze 
del  Conte  fece  resistenza.  . . .  Partiti  i  nemici  da  Pescia  per  le  difese  di  Gio- 
vanni Malavoltí,  cavalcarono  al  Borgo  a  Buggiano  e  quello  presero;  e  poi 
Stigliano  diedero  alle  fiamme  del  fuoco;  e  col  conte  Francesco,  di  là  dal 
Serchio,  di  contro  alla  città ,  Ladislao  si  accampò  . . ."  (cfr.  Baldasseroni, 
Istoria  della  città  di  Pescia  e  della  Valdinievole,  Pescia,  Società  tipografica, 
1784,  p.  237  e  seg».  e  Morelli,  op,  cit.,  p.  92). 

*  Di  Borgo  a  Buggiano  in  Valdinievole  parla  il  Repetti  nel  cit.  Diiionario. 
^  Del  castello  di  Agnano  cosi  scrive  Ptolemaeus  Lucensis  :  „Eodem  anno 

{1169)  Tancredus  Vicecomes  de  Pisis  tradidit  castrum  de  Agnano  Lucensibus, 
et  fuerunt  Pisani  devicti  milites,  et  pedites,  et  fugati  usque  ad  Amum,  et  multi 
submersi  sunt  in  palude,  et  hoc  fuit  in  Calendis  Martij'<  {Annales.  Ab  anno 
Sa/utis  1060  usque  ad  1303  nunc  primo  in  lucem  editi,  Lugdimi,  apud  Jaco- 
bum  Roussin,   161 9,  p.  93). 

^  Cfr.  nota  alla  strofa  precedente. 

*  Contro  l'avarizia  del  Conte  Paolo  Guinijji. 

^  Il  Conte  Antonio  da  Siena,  più  sopra  ricordato,  „trattò  (cfr.  più  oltre 
ciò  che  ne  dice  il  Grossi)  col  Conte  Francesco  contro  il  Sigi*.  Paulo,  et  ma- 
neggiò il  negozio  di  toglier  la  città  al  tiranno,  e  rimetterla  in  libertà". 


234  VITTORIO  FINZI, 

Et  tiene  la  cittadinanza  come  schiava.^ 
Iddio,  che  stae  di  sopra,  m'  hae  mostrato 
Che  i  Cittadini  rimetterò  in  Stato. 

6 
Sicché  ho  veduto,  e  sonne  più  che  certo. 
Che  costui  vive  a  mo'  d'  un  pecorone. 
Come  un  contadin  con  V  uscio  aperto, 
£t  non  hae  gente  a  sua  provigione, 
Sicché  per  avaritia  e'  fie  deserto. 
Che  ci  è  migliaia  e  migliaia  di  persone, 
Á  chi  ha  fatto  oltraggio,  a  chi  villania. 
Son  malcontenti  di  sua  Signorìa. 

7 
Segretamente  V  ordine  fu  dato, 

£t  chi  die  il  modo  fii  savio  e  prudente: 

Penso  che  Dio  mutasse  quello  stato. 

II  popol  montò  suso  humilemente, 

Non  vi  fu  né  un  ferito  o  innaverato.^ 

Il  Signor  e  i  figliuoli  subitamente 

In  men  d'  un  hora  tosto  furon  presi, 

£t  presono  lo  Stato  i  cittadin  Lucchesi. 

8 
Ma  quel  prudente  e  savio  Cavaliere  3 
Messere  Antonio  della  Città  Senese 
L'  ordinò,  e  M  modo  diede  con  sapere, 
¥x  hallo  a  tener  caro  ogni  Lucchese, 
Et  sempre  Lucha  a  mente  il  de*  tenere, 
Che  in  libertà  ha  messo  il  suo  Paese. 
Et  quel  Signor,  che  ogni  cosa  vede. 
Al  buon  Messer  Antonio  die  la  fede. 

9 
Et  disse:  vanne,  franco  Cavaliere, 

Co'  Cittadini  di  Lucha  e  sta  in  stato: 

A  quel  Palagio  andate,  e  non  temere, 

Et  viva  il  popolo  per  lui  sia  gridato; 

Tutto  il  tesoro,  e  T  arnese  et  l*  avere 

Nelle  man  de*  Luchesi  appresentato. 

Et  siano  missi  in  Signorìa 

In  questa  notte  di  Santa  Maria. 


^  n  verso  serba  le  traccie  di  ima  precedente  redazione:  „et  tiene  i  citta- 
din  come  una  schiava''. 

*  Voce  usata  in  più  luoghi  delle  sue  Istorie  dal  Cavalcanti.  A  questa 
parola  cosi  scrive  il  Polidori  (I,  1 90,  n.  4)  :  „Feriti,  trafìtti.  L'  origine  di  questa 
voce,  secondo  la  Crusca,  è  da  veru  ;  secondo  il  Grassi  piuttosto  da  fer  rum,  .  .  . 
Il  verbo  navrer  dall'Accademia  Francese  è  dichiarato  :  faire  une  grande  pìaie**, 

^  n  ms.  Cavalieri',  ma  si  tratta  evidentemente  di  un  errore  di  trascrizione. 


DI  UN  INEDITO  POEMA  SINCRONO.  235 

10 

Et  dato  il  modOy  e  tempo  che  ritomi, 
D'Agosto,  a  giorni  quìndici  del  mese, 
Messer  Antonio  Cavaliere  adomo 
Di  notte  intrò  in  la  Città  Lucchese 
Su  per  le  mura  senza  suon  di  comi: 
Il  Signor  co'  figliuoli  a  fura  prese. 
Due  figlie,  eh'  erano,  anco  presi 
Misse  in  man  de'  cittadin  lucchesL 

II 

Era  questo  Signor  ricco  e  possente 
Di  stato,  di  figliuoli  et  di  tesoro. 
I  suoi  figliuoli  ognun  gli  era  ubbidiente: 
Somma  allegrezza  avuto  avea  di  loro. 
Con  le  costumi  vivendo  allegramente 
D'  ogni  virtù  potea  portar  a  loro: 
Di  Pamasso  alla  fonte  incoronati 
D'  ogni  scienza  lor  sono  ammaestrati. 

[e  4']       12 
Come  Fortuna  f  ha  fatto  Signore, 
E  non  ti  dice,  se  ti  vuol  disfare, 
Et  ogni  giorno  vuoi  esser  maggiore. 
Ma  non  hai  saputo  1'  aguto  conficcare. 
Non  creder  tu  che  sia  sofferitore 
Chi  è  offeso,  et  non  abbia  a  peccare. 
Et  senza  colpa  al  torto  condennati 
Fortuna  tien  color  mutando  Stati. 

Così  è  avvenuto  a  questa  volta, 

Che  la  fortuna  hae  rivolto  lo  Stato 

Per  r  avaritia,  quale  è  stata  molta. 

Et  peso  meno  la  merce,  eh'  el  peccato. 

Questo  Signor  passato  fé'  ricolta 

D'  oro  e  d'  argento,  et  hallo  altrui  serbato. 

Or  vedesi  preso  con  li  suoi  figliuoli: 

Ognun  pensi  per  sé,  se  son  gran  duoli. 

14 
Quanto  duolo,  et  gran  malanconia 

Nella  persona  sua  de'  possedere. 

Essendo  in  si  alta  e  magna  Signoria, 

Et  in  men  d'  un'  ora  vedersi  cadere. 

Et  levato  da  lui  ogni  Balia, 

Et  non  ha  più  che  dar,  né  che  tenere. 

Le  gioie  son  perdute,  oro  et  argento, 

Drappi  di  seta  di  gran  valimento. 


2^6  VITTORTO  FINZT, 

Et  oltre  a  questo,  se  nulla  li  manca, 
Vedersi  i  figliuoli  in  prigion  mandati. 
Pensa  come  sua  vita  si  rinfranca, 
Quando  ricorda  li  tempi  passati, 
Et  esser  rimaso  come  carta  bianca. 
Et  tutti  i  fìumi  addosso  si  ha  versati. 
Quelli  eh'  eran  più  amici  gli  ha  più  a  noia. 
Et  par  che  ogni  uomo  dica:  Muoia,  muoia. 

16 
Quando  la  ruota  si  cominciò  a  volgere, 
In  fìn  eh'  altri  non  è  di  sotto  mai  non  resta. 
Prima  era  savio,  poi  non  si  sa  correggere. 
Et  ogni  senno  perde  che  avea  in  testa. 
Costui  non  si  sapea  legar,  né  sciolgere, 
Perchè  Fortuna  li  dava  tempesta. 
Et  fuori  d'  ogni  sua  buona  pratica 
Egli  stava  come  Umbra  salvatica. 

Or  pensa  tu  che  reggi  in  questo  Mondo, 
Che  altro  che  solo  Iddio  non  muta  stato: 
E  tal  Signor  crede  esser  giocondo 
Che  in  un  punto  si  vede  abbassato. 
Tu  hai  veduto  come  giù  nel  fondo 
Il  Signor  de'  Guinigi  è  abbassato 
Con  cinque  suoi  figliuoli,  e  tre  figliuole. 
Fortuna  dà  et  tolle  come  vuole. 

18 
Di  quei  cinque  figliuoli  era  il  maggiore 
Lansilao^  per  suo  nome  battizzato. 


*  Alcune   note   dichiarative   in   proposito  non  saranno,   io  credo,  inutili. 
„Da   un   volume   di   memorie    scritte   nel  1457    „da   Michele   di   Giovanni   q. 
Michele    di  Lazzaro  Guinigi"  (volume   che    si    conserva    nel   prezioso    archivio 
della   famiglia   Guinigi)    caviamo   (scrive   il   Bongi,    Di  Paolo  Guinigi  e  delie 
sue  ricchezze t   discorso  colla  giunta  di  documenti,    Lucca,    Benedini  •  Guidotti, 
1871,  p.  108,  112  e  passim)   quel   tanto   che   vi  si  legge  relativamente  a  Paolo 
ed   alla   sua   Ììgliuolanza.     Dalla  prima  moglie,   che  fu  Maria  Catherina,   figlia 
di  Johanni,    detto  Vallerano,    Paolo   Guinigi   non   ebbe   figli.     Dalla   seconda 
moglie  Ilaria,   figliuola   di   messer   Carlo   del  Carretto  Marchese   di    quello    di 
Gienova,   ebbe  Lanzilao  (o  Ladislao)   il  24  settembre  1404,   e   madonna  Ilaria 
nel  novembre  1405.     Dalla  terza  moglie  che  fue  madonna  Piagentina  figliuola 
del  signore  Rodolfo  da  Chamerino  . . .  nacquero  Augustino-Filippo,    Renaldo 
e  Rodolfo  ...  e  altre  fìglie  femine,  cioè  Sveva  e  Vangelista,  morte  prima  che 
si   maritasseno.     (Il  B.  nella   nota  i^  a  pag.  m   aggiunge:    „Pare   che   primo 
frutto  del  matrimonio  di  Paolo  e  Piagentina  fosse  un  maschio  detto  Francesco- 
Angelo,   nato  e  morto  di  pochi  giorni,   nel  1409,   come  scrive  il  Sercambi,   e 
che  qui  [cioè  nel  documento]  è  dimenticato".)    £  nota  che  prima  che  avesse 
la  terza   moglie   ebbe   uno  figliuolo  naturale  d'una  sua  schiava,   la  quale  poi 
si  moriò  ;  et  il  figliuolo  ae  nome  Stefano  . .  .  Item  prese  la  quarta  moglie  » . . 
che  fue   madonna  Jacopa   figliuola   del   signore  Ugolino   de'  Trinci  Signore  di 


DI  UN  INEDITO  POEMA  SINCRONO.  2^^ 

Stefano  il  secundo,  eh*  era  pien  d*  onore: 
Terzo  Augusti  Filippo  era  chiamato: 
Rinaldo  il  quarto,  Ridolfo  il  minore; 
Di  gentil  sangue  ciascun  era  nato, 
Et  in  men  tempo,  che  d*  andar  du'  miglia, 
Distrutta  fu  cosi  bella  famiglia. 

Com*  io  V*  ho  ditto,  fu  il  Signor  mutato 

Et  chiamati  di  nuovo  li  Ànthiani: 

Venti  anni*  reggevi  questo  Stato: 

I  cittadini  stavan  tutti  umani. 

Gonfalonieri  di  Giustitia  chiamato 

A  questo  tempo  fu  Petro  Cenami 

A  voci  per  Terzier  San  Salvatore, 

Com*  uom  prudente,  savio  et  pien  d*  onore. 

[e.  4^]       20 
Et  Landucdo  Bernardi  fu  chiamato 
Signoi,  cioè  Anthian,  da  i  Cittadini, 
Come  uom  discreto,  savio  e  costumato: 
Terzo  Anzian  fu  Jacopo  Arnolfini. 


Foligno,  della  quale  ebbe  . . .  Pippa."  Sulla  fede  del  Bongi  {òp.  cit.,  p.  52) 
aggiungerò  quanto  segue:  „Paolo  Guinigi  dopo  avere  stentato  nella  prigione 
di  Pavia  per  circa  due  anni,  vi  moriva  d' inedia  e  di  crepacuore  nel  1432  . . . 
I  lucchesi  si  addettero  appena  della  sua  morte,  involti  com*  erano  nella  guerra 
spietata  e  dispettosa  fatta  loro  da  Firenze.  Neil'  atto  che  la  congiura  contro 
di  esso  era  scoppiata,  e  che  veniva  fatto  prigione,  furono  presi  con  lui  e  con- 
dotti egualmente  a  Pavia  tre  figliuoli,  Ladislao,  Agostino  Filippo  e  Rinaldo. 
Agli  altri  due  Rodolfo  e  Stefano  . . .  era  riuscito  di  fuggire  nel  tumulto. 
Anche  i  primi  furono  presto  dal  Duca  di  Milano  lasciati  liberi;  ma,  né  gli 
uni  né  gli  altri,  poterono  mai  rimettere  il  piede  in  Lucca,  perchè  condannati 
a  perpetuo  esilio  insieme  con  la  loro  discendenza.'*  La  brevità  impostami  non 
mi  consente  di  diflfondermi  in  maggiori  particolari. 

^  A  parziale  rettifica  e  complemento  di  ciò  che  leggesi  nelle  str.  19,  20, 
21  e  22  aggiungerò  alcune  notizie  tratte  dal  „Libbro  de  Collegi  di  questa 
Scrina.  Repa,  di  Lucca,   che  comincia   dal  1369   e  finisce  nel  1609  nelli  mesi 

Sctt«.  e  ottobre,  9bre  e  lobre"  (Ms.  lucchese  45)  :  „Nota  come  doppo  il  1400 
Paolo  Guinigi  si  fece  padrone  di  Lucca,  e  governò  per  anni  30  — .  Anziani 
per  due  mesi  e  mezzo  dopo  Paolo  Guinigi: 

S.  Paolino  (terziere):  Lorenzo  Parpaglioni,  Ser  Domenico  Arrighi,  Do- 
menico di  Gio.  Speziale. 

S.  Salvatore  (terziere):  Pietro  Cenami  Gonfaloniero,  Landuccio  Bernardi 
morto,  Jacopo  Prosperi  eletto  dalla  Balia,  Gio:  di  Pietro  da  Ghivizzano,  Ni- 
colao dello  Strego  e  per  lui  durante  la  sua  assenza  Banduccio  Trenta. 

S.  Martino  (terziere):  Paolo  Balbani,  Antonio  Tegrimi,  Gherardo  Angiorelli. 

Novembre  e  Décembre  1430. 

S.  Paolino:  Stefano  di  Poggio,  Jacopo  Tomasini,  Filippo  Sergiusti  Spe- 
ziale, Ser  Domenico  Totti. 

S.  Salvatore:  Battista  di  Nicolao  Arnolfini,  Forteguerra  Totti,  Therio  di 
Matteo  Gentili. 

S.  Martino:  Tomaso  Testa  di  Gio:,  Matteo  di  Nicolao  Jo  va.  Giusto  di 
Simone  Pannajolo."  Per  maggiori  informazioni  si  può  anche  vedere  Beverini, 
AnnaUum  ab  origine  Lucensis  urbis,  Lucae,  typ.  Francifci  fiertioii«  l8i(0a 
Uh.  XI,  p.  345  e  seg». 


238  VITTORIO  FINZI, 

Ognun  promisse  aver  ben  consigliato, 
£t  far  buona  guardia  contra  i  Fiorentini, 
£t  mantenere  in  libertà  la  terra, 
Et  fare  alla  lor  posta  pace  e  guerra. 

21 
Et  per  il  Terzier  del  nostro  San  Paolino 
Anthian  fu  Domenico  Speziale, 
Come  solenne  e  caro  cittadino. 
Uomo  discreto,  prudente  e  leale. 
Lorenzo  Parpaglioni  prese  il  domino. 
Ser  Domenico  Arrighi  uom  naturale: 
Anthiani  fumo  a  quel  tempo  chiamati. 
Di  senno  e  di  sapere  ammaestrati. 

22 
Paulo  Balbani  fu  Anthian  chiamato 
Pel  Terzier  San  Martin  con  grand'  onore, 
Anton  Tegrimi  nobile  e  pregiato, 
E  Ghilardo  Angiorelli  ancor  Signore, 
Per  mantener  la  terra  in  buono  stato; 
Montaron  suso  al  Palazzo  maggiore: 
Brunetto  Malisardi  fu  conduttieri, 
Niccolò  Neri  con  lui  a  tal  mestieri. 

Nel  tempo  di  costoro  era  1'  assedio. 
Et  fame  et  morte,  pestilenza  e  guerra: 
Non  si  poteva  aver  neun  rimedio, 
Nò  pan  né  vin  non  era  nella  Terra: 
Et  stavano  i  Cittadini  in  pena  e  in  tedio. 
Chi  apre  le  botteghe,  et  chi  le  serra; 
Piccoli  e  grandi  ognun  si  nutricava, 
Et  con  fatica  ognun  si  lamentava. 

24 
Era  la  Terra  piena  di  soldati, 

In  ogni  canto  gran  Barattaria: 

Non  si  giuocava  più  ne'  luoghi  usati: 

Erano  li  giuochi  in  mezzo  della  via, 

Giuocando  tutti  come  disperati, 

Chiamando  spesso  la  vergine  pia. 

E  gli  altri  Santi  v*  erano  per  niente: 

Tutti  eran  biastimati  crudelmente. 

25 
Era  la  terra  fuor  del  suo  diritto: 

Né  pan  né  vin  non  si  polca  trovare, 

Et  ogni  cittadin  parea  sconfìtto, 

Veggendo  tante  cose  crudeli  fare. 


DI  UN  INEDITO  POEMA  SINCRONO.  239 

Ognun  pareva  di  dolore  afflitto, 

£  non  poteano  tanto  riparare: 

£  r  un  di  più  che  V  altro  crescea  pena, 

£  molti  ne  vanno  a  letto  senza  cena. 

26 
Tutti  li  Cilierì^  di  Lucha  stavan  serrati, 
Non  si  trovava  da  mangiare  o  bere: 
Crude  biastime  mandavano  i  soldati, 
£rano  contenti  a  farsi  malvolere. 
Uomini  e  donne  stavano  addolorati, 
Non  si  poteva  neun  vero  mai  sapere. 
£ra  la  terra  in  gran  tribulazione, 
£t  morta  era  Giustizia  e  Ragione. 

Li  Contadini  avean  gran  dolore, 
£  fuor  di  Lucha  non  poteano  andare: 
Vedeano  i  Saccomanni  a  gran  furore 
Le  vigne  loro  andare  a  vindemiare 
Forze 2  le  spese  dell'  altrui  sudore: 
Quel  che  era  suo  avere  a  comperare  : 
Pensa  se  questa  è  gran  malanconia 
A  comperar  la  cosa  eh*  era  mia. 

[e  5^]       28 
Neuna  allegrezza  in  Lucca  si  vedea: 
Ognun  parea  di  sentimento  uscito: 
Un  tradimento  parea,  se  alcun  ridea, 
Non  si  facea  né  Festa  né  Convito. 
Per  i  grandi  affanni,  che  la  terra  avea. 
Mai  non  si  vide  più  sacro  partito: 
Aver  r  assedio,  guerra  e  carestia, 
£t  oltra  a  questo  la  cruda  moria. 

29 
Poi  mi  ricordo  de'  tempi  passati 
Della  Città  di  Lucca  molte  cose: 
Di  molte  ragioni  di  Drappi  aflìgurati 
Vestian  le  Donne  vaghe  et  amorose: 
Appresso  a  loro  i  Giovani  appregiati 
Andare  a  quelle  Feste  delle  Spose 
Con  canti  e  balli,  e  suon  di  più  stormenti. 
Con  pace  et  amor  de'  Cittadin  contenti. 


*  ttG^'lüri.  Per  celliere,  ma  si  usa  da  noi  per  indicare  il  tinaro;  le 
altre  stanze  terrene  in  cai  si  conserva  il  vino  nelle  botti  si  chiamano  cantine 
o  bottari."  Cosi  ha  lo  Stefani,  Vocabolario  del  dialetto  lucchese,  x.  v,  (Ms. 
Inccheie  2792). 

*  Il  ms.  è  a  questo  luogo  poco  leggibile. 


240  VITTORIO  PINZI, 

Ora  non  ricordar  il  bel  tempo  passato, 
£  toma  pure  al  tempo  che  noi  siamo, 
Ch'  el  Mondo  si  è  rivolto  del  suo  stato. 
Che  ogni  di  di  male  in  peggio  andiamo. 
Popol  Lucchese,  quanto  sei  afÜEumato, 
Che  giorno  e  notte  mai  non  ci  posiamo: 
Le  nostre  terre  sono  abbandonate, 
Et  per  altrui  le  vigne  vendemiate. 

La  pace  è  morta,  e  carità  sbandita; 

Non  v*  è  più  fede,  carità,  né  amore: 

Misericordia  da  noi  è  fuggita. 

Et  quel  che  par  più  leale  è  traditore; 

Et  la  superbia  in  alto  è  salita. 

Chi  più  fa  peggio  più  ave  onore. 

Et  questo  è  ditto  per  lo  buon  Tolomeo 

Di  schiatta  di  Caino  e  di  Giudeo. ^ 

32 
A  questo  vedi  che  lealtade  è  morta. 
Et  più  saper  si  chiama  il  tradimento: 
Tu  che  hai  veduto  come  andò  la  scorta: 
Presi  rimasi  ne  son  più  di  cento; 
Et  quel  che  la  fìdò  con  fede  corta 
Giurò  che  li  merrebbe  a  salvamento: 
Per  tutto  il  Mondo  ne  sarà  biasmato 
Per  esser  lui  così  leale  stato. 

33 
O  cara  figliuola  Lucchesina  bella. 

Come  ti  veggio  lassa  et  tribuíala! 

Tu  non  avesti  mai  più  ria  novella 

Da  poi  in  qua  che  tu  fusti  fondata. 

Perdute  hai  quasi  tutte  le  Castella, 

Et  fame  et  morte  et  guerra  accompagnata; 

Et  fuori  et  dentro  t'  è  posto  V  assedio. 

Altro  che  Iddio  non  ci  può  por  rimedio. 

34 
Con  tante  fatiche  e  grandi  affanni 

Pace  si  vuole  in  ogni  modo  dare 


*  Scrive  in  proposito  il  Beverini,  op.  cit..  Ili,  353:  „...  Suspensam  ex- 
terno bello  civitatem,  domesticae  insidiae  insuptr  cumulato  mttu  turba  vere. 
Nam  Ptolomaeus  Sublacensis  militum  praefectus,  missus  cum  suis,  ut  frumento 
in  urbem  convertendo  praesidio  esset:  jumenta  commeatumque,  cives  quoque 
qui  una  erant  captos  in  castra  Florentinorum  avertit:  ob  quam  periîdiam 
hostis  judicatus:  datumque  nej^otium  certis  civibus,  qui  propositis  praemiis, 
capiendum  necandumque  curarent  . . .". 


DI  UN  INEDITO  FORMA  SINCRONO.  24 1 

L' ingiune  fatte,  le  tempeste  e  i  danni, 
£  tocca  a  Dio  quella  vendetta  fare. 
£i  sa  il  meglio,  et  1'  ora,  ancora  gl'  anni: 
Á  sua  posta  sae  vendetta  adoperare. 
Come  Signor  et  Govemator  del  Mondo 
Á  vostro  onor  è  ditto  il  cantar  secondo. 

Fine  del  II  Canto. 

Dal  n  Canto  (Commento  e  varianti). 

St.  3.    Si  come  io  dissi  nel  primo  cantare 

Si  mosse  il  Conte,  e  ver  Pesda  fu  andato 

Con  tutti  i  suoi  Baron  di  grande  affare: 

Ognun  parea  un  drago  scatenato 

Molti  prigion  si  vidde  il  dì  pigliare. 

n  Borgo  di  Buggian  vi  fu  acquistato, 

Kd  un  castello  che  si  chiama  Agnano 

Fu  preso,  arso,  e  rubbato  a  mano  a  mano. 
St.  4.    £  'n  poco  tempo  l'  hebbero  acquistato 

Ma  venne  meno  qui  la  vettovaglia 

E  ritomossi  a  Lucca  la  brigata. 

Contro  il  signor  il  campo  si  travaglia. 

Diceva  il  Conte  alia  sua  cara  armata: 

Io  son  rimasto  a  guardar  suo  Reame. 

Non  è  sei  di,  e  già  si  muor  di  fame. 
Messer  Antonio  da  Siena  trattò  col  Conte  Francesco  contro  il  Sigi*.  Paulo,  et 
maneggiò  il  negozio  di  toglier  la  città  al  tiranno,  e  rimetterla  in  liberta. 
St.  5.    n  buon  messer  Antonio  valoroso 

Humilmente  col  Conte  ragionava: 

Questo  Signor  di  Lucca  è  si  ritroso 

Che  denari  di  cassa  mai  non  cava. 

È  stretto  e  avaro  più  che  un  bisognoso, 

£  tien  la  cittadinanza  come  schiava. 

Iddio,  che  sta  di  sopra,  m'  ha  mostrato 

Che  i  dttadin  rimetter  deve  in  stato. 
La  notte  della  festa  dell'Assunta  Lucca  fu  rimessa  in  libertà  dal  Conte  Fran- 
cesco Sforza  per  opera   del  suUodato  Messer  Antonio   e  di  alcuni  gentil'  huo- 
roini  lucchesi. 

St  9.    Tutto  il  tesoro  e  1'  arnese  e  1'  bavere 

Nelle  man  de  lucchesi  presentato, 

£  siano  messi  in  bella  signoria 

In  questa  notte  di  Santa  Maria. 
Entrato  di  notte  il  Conte  Antonio  nella  Città  senza  romore  alcuno  e  strepito 
d'  armi   fu   fatto   prigione  il  Sigc.  Paulo,    co'  figliuoli,    e  figlie,    e  posti   nelle 
mani  de'  Cittadini. 

St.  IO.    Et  dato  il  modo,  il  tempo  al  suo  ritomo 

D'  Agosto  a  giorni  quindici  del  mese, 

Messer  Antonio  Cavalier  a4omo 

Di  notte  entrò  nella  Città  lucchese 
Zeitichr.  t  rom.  Phil.  XX  {5 


242  VITTORIO  PINZI, 

Su  per  le  mura  senza  soon  di  corno 
Due  figlie  col  Signor  tiirono  prese, 
£  i  fi^i  ancor  restaron  catturati 
Nelle  man  de'  lucchesi,  o  sventurati. 
Il  primo  Collegio  dopo  ricuperata  la  libertà  fu  come  appresso: 

Per  S.  Sktivadore:  Per  S.  Paulino: 

Pietro  Cenami  Goni;  Domenico  Spetìali 

Landuccio  Bernardi  Lorenzo  Parpaglioni 

Jacopo  Amolfini  S.  Domenico  Arrighi 

Per  S. Martino:  Condottieri: 

Paulo  Balbani  Brunetto  Malisardi 

Antonio  Tegrìmi  Nicolò  Neri. 

Gherardo  Angelelli 
St.  19.    Gonfaloniere  di  Giustizia  chiamato 
A  questo  tempo  fu  Pietro  Cenami 
A  voci  per  terzier  S.  Salvatore, 
Com'  huom  prudente,  savio  e  pien  d'  honore. 
St.  20.    Et  Landuccio  Bernardi  fu  chiamato 
Signore  cioè  Antiano  etc.  etc., 
Terzo  Antian  fu  Jacopo  Arnolfini. 
St.  21.    Per  il  terzier  del  nostro  S.  Paulino 
Antiano  fu  Domenico  Spetiali, 
Lorenzo  Parpaglion  prese  il  dominio 
E  Domenico  Arrighi  huom  naturale. 
St.  22.    Paulo  Balbani  fue  antian  chiamato 
Pel  tertier  di  S.  Martino, 
Anton  Tegrini  nobile  e  pregiato, 
E  Ghilardo  Angiorelli  ancor  signore, 
Brunetto  Malisardi  condottiero, 
Nicolò  Neri  seco  a  tal  mestiero. 
In   questo   tempo   la  città  si   trovava  in  cattivissimo  stato,   essendo  assediata 
da'  fiorentini,  travagliata  dalla  fame,  e  dalla  pestilenza. 
St.  23.    Nel  tempo  di  costoro  era  1*  assedio, 
E  fame,  e  morte,  pestilenza,  e  guerra. 

[c.  5^]         Canto  UL 

I 
Quando  quel  Gabriel  con  gesti  honesti 
Venne  dal  Cielo  alla  gente  terrena, 
£t  tu,  Maria,  innante  a  te  il  vedesti, 
11  suo  parlar  fu:  Ave,  gratia  plena. 
Umi  le  e  vergognosa  rispondesti 
Air  Imbasciata,  o  Reina  severa: 
Ecce  Ancilla  Domini,  ecco  la  Madre 
Del  mio  fìgliuol  che  è  figlio  e  Padre. 

2 
Co^  ti  prego,  Madre,  e  te,  Figliuolo, 
Col  Padre  insieme  e  Spirito  Santo, 


DI  UN  INEDITO  POEMA  SINCRONO.  243 

Che  a  un  voler  son  tre  et  è  un  solo, 
Che  del  vostro  ajuto  ci  sia  alquanto, 
Che  senza  angoscia,  o  pena  e  duolo, 

10  possa  seguitare  il  Terzo  Canto 

Con  rime  vaghe  che  piacciano  alle  genti, 
Et  chi  le  sta  a  udir  siene  contenti. 

3 
Signori,  io  dissi  nel  Cantar  secondo 

La  gran  fatica  eh'  era  nella  terra: 

A  dir  più  oltra  non  me  ne  ascondo. 

Diremo  insino  alla  fin  della  guerra, 

Sempre  pregando  quel  Signor  giocondo, 

Che  mai  non  muta  stato  et  mai  non  erra, 

Come  fé'  il  Mondo,  il  Sole  e  la  Luna, 

Che  levi  a  Lucha  questa  gran  fortuna. 

4 
Vuoi  tu  veder  se  Lucha  ha  assai  che  fare: 

£lla  ha  il  Campo  intomo  de'  Nemici: 

In  fino  air  uscio  ei  ti  viene  a  pigliare, 

£  r  altro  Campo  ha  attorno  degli  Amici. 

L'  uno  e  1'  altro  attendono  a  rubare, 

£t  vanno  al  Piano  attorno  alle  Pendici 

L'  uno  con  V  altro  insieme  tregue  fanno, 

Et  pure  a  Lucha  sempre  torna  il  danno. 

5 
A  ventiquattro  giorni  del  bel  mese 

Di  Luglio  venne  il  Conte  e  la  sua  gente, 

£t  e'  si  posaro  ^  della  città  Lucchese 

Contra  i  nemici  molto  humilmente, 

In  tutto  il  tempo  suo  arme  non  prese. 

Ma  per  rubare  egli  è  stato  valente: 

Due  mesi  e  nove  di  a  Lucha  è  stato; 

Da  amici  e  da  nemici  ha  guadagnato.^ 

6 
Da  poi  in  qua  che  parturi  Maria, 
Che  è  anni  mille  trenta  e  quattrocento. 
Non  fii  mai  una  guerra  tanto  ria, 
£t  con  più  inganni  e  doppio  tradimento 

11  Conte  è  stato,  et  la  sua  Compagnia. 
Drappi  di  seta,  oro  et  ariento 


^  Il  ms.  et  e  si  posato, 

'  Gli  storici  non  sono  concordi  riguardo  alla  quantità  del  denaro,  pagalo 
allo  Sforza  da'  Fiorentini ,  per  indurlo  a  passare  al  loro  soldo,  né  qui  è  il 
luogo  di  diffonderci  in  maggiori  particolari  sul!'  argomento  :  tutti  però  stigma- 
tizzano il  conte  per  la  mancata  sua  fede.  Esempio  del  resto  Boa  tß"*^  * 
quel  tempo! 


244  VITTORIO  FIMZI, 

Da  Lucha  ha  avuto  il  Baron  Magno: 
La  rubaria  si  chiama  oggi  guadagno. 

7 
£gli  ha  i  dadi  del  più  et  del  meno, 

£t  come  vuole  egli  sa  adoperare, 

£t  dentro  a  Lucha  e  fuori  in  suo  terreno 

Di  zarra  e  al  sozzo  ha  saputo  giuocare, 

Et  una  gatta  porta  sempre  in  seno, 

Che  morde  altrui,  e  lui  non  può  sgraffiare: 

Egli  è  prudente  e  savio  giuocatore. 

Et  d'  ogni  giuoco  riman  vincitore. 

[e  6^       8 
Egli  è  stato  Maestro  di  schermire, 
Et  sa  i  colpi  da  dritto  e  da  traverso, 
Et  da  per  se  et  far  dal  dire,^ 
Et  con  la  gente  sa  andare  a  verso, 
Et  mostra  avanti  volerti  servire. 
Ma  e'  ti  muta  poi  un  altro  verso, 
Purché  tocchi  denari  e  sia  che  vuole. 
Et  mostrati  la  Luna  per  lo  Sole. 

9 
Tu  hai  veduto  quanto  tempo  è  stato 

Appresso  a  questa  Lucca  poverella. 

Et  una  volta  non  si  è  mai  armato 

Contra  i  nemici  ancor  montato  in  sella. 

Egli  è  stato  a  vagheggiare  il  Prato 

A  veder  se  ne  vien  V  erba  novella; 

Da  Lucha  ae  avuto  un  staio  di  fiorini. 

Non  contando  quei  de'  Fiorentini. 

IO 

I  Fiorentini  mandono  onestamente 
Al  ditto  Conte  imbasciaria  secreta. 
Dicendo  che  posasse  allegramente 
Et  non  temesse  d*  oro  nò  di  moneta. 
Et  una  notte  il  Conte  ebbe  un  presente: 
Fiaschi  di  fiorini  e  drappi  di  seta. 
Et  egli  r  ha  ricevuti  con  cara  vista, 
Veggendo  il  Giglio  d'  oro  col  Battista, 

II 
E  se  tu  non  vedesti  tanto  lume, 
Apri  ben  V  occhio,  e  chiaro  ti  vo'  fare 
Da  poi  in  qua  chi  fé  questo  volume 
Mai  non  si  vide  scaramuccia  fare. 
Essi  2  posato,  et  ito  in  fino  al  Fiume, 


*  Il  verso  è  evidentemente  corrotto. 

«  È  preferibile  la  leiione  del  Grossi:  „Ê  s^  è  posato**. 


DI  UN  INEDITO  POEMA  SINCRONO.  245 

£  tutti  i  Contadini  fatt'  ha  rubare» 
Venduto  il  vino  e  i  frutti  nella  terra. 
Or  si  è  partito  e  noi  rimasi  in  guerra. 

12 
Pensava  Lucca,  quando  il  Conte  venne, 
Che  se  n'  andasse  a  conquistar  Fiorenza: 
Dair  uscio  al  Fiume  questo  cammin  tenne, 
£  in  fino  a  Pescia  mostrò  sua  potenza, 
£t  poi  a  Lucha  sua  gente  ritenne, 
Con  Bernardin  si  stette  in  patienza. 
A  suo  piacer  stava  per  la  strada 
Di  fuora  senza  menar  colpo  di  spada. 

Non  era  del  terren  di  Lucha  uscito 
Il  Conte,  come  il  Campo  fue  tornato 
A'  luoghi  ove  il  Conte  era  stato  al  sito, 
£t  in  quel  proprio  di  venneno  in  Prato. 
£  tra  Signori  e  lor  fu  stabilito 
Che  a  fede  e  a  fatti  fu  deliberato 
Per  dieci  giorni  buona  tregua  fare, 
£t  guerra  poi  di  nuovo  cominciare. 

Alquanti  giorni  stettero  i  contadini^ 
Con  lor  bestiame  fuor  sicuramente: 
Diceva  il  Commissar  de'  Fiorentini: 
Non  vi  bisogna,  dico,  temer  niente: 
Fate  ragion  che  noi  siam  buon  vicini. 
Quel  che  è  promisse  atterrem  lealmente. 
A  ognun  pareva  più  esser  secura. 
Come  se  fusse  in  Lucha  entro  le  mura. 

£  il  Martedì  addi  diece  del  mese 
D'  ottobre  non  è  ancor  tregua  fìnita 
£t  la  gente  del  Campo  si  discese 
Con  furia  come  fa  gente  sbandita: 
Il  bestiame  minuto  e  grosso  prese, 
£t  in  loro  utilità  fue  convertita. 
Questa  è  la  Fede  buona,  eh'  oggi  corre: 
Beato  a  chi  più  robba  può  riporre. 

[có^^]       16 
Coloro  che  guardavano  il  bestiame 
Con  altri  tutti  quanti  furon  presi: 
Un  tradimento  fii  questo  legame: 
A  neun  modo  poteano  esser  offesi. 

*  Meglio  il  Grossi:  „Stettero  alquanti  giorni  i  contadini". 


246  VITTORIO  FINZI, 

Fidati  eran  sicuri  in  lor  reame: 
Per  patti  fatti  ne'  terren  Lnchesì 
Non  poteano  esser  presi  né  innaverati: 
II  Commissario  la  colpa  dà  a'  soldati. 

Niccolò  della  Stella  e  Bernardino 
Dice  il  contrario  a  questo  se  scusato  :i 
Al  soldo  Siam  del  Popul  Fiorentino, 
A  ubbidientia,  a  quel  che  ha  comandato 
Ci  conviene  ubbidir  sera  e  mattino,^ 
£t  quel  Bestiame,  da  noi  già  rubato, 
Noi  r  abbiam  fatto  per  comandamento, 
Sicché  da  noi  non  viene  il  tradimento. 

18 
Per  dare  un  po'  di  pasto  a  noi  Lucchesi 
Tennero  il  Bestiame,  e  resero  i  prigioni, 
£t  se  sono  stati  contro  noi  cortesi. 
Puon  cura  tu,  se  son  buone  ragioni: 
Il  patto  fatto  non  essere  ofiesi. 
Questi  segni  non  sono  né  bei  né  buoni. 
Quando  tu  credi  esser  sicuro  andato, 
£t  tu  ti  trovi  poi  preso  e  legato. 

20 
Fiorentin  ciechi  più  non  son  chiamati, 
Ma  son  Fiorentini  di  tutti  i  tradimenti. 
Quei  nomi  di  sopra  si  son  mutati: 
A  far  nuove  impromesse  non  son  lenti 
Quando  an  rubato,  la  danno  ai  soldati, 
£  mostrano  innanti  d'  esser  malcontenti, 
Ma  son  contenti  d'  ogni  rubberia, 
£t  non  attengon  mai  cosa  che  sia. 

20 
Cosi  si  stava  il  Campo  onestamente 
Senza  dare  alla  Terra  increscimento, 
Perchè  sott'  acqua  ben  sottilmente 
£ra  ordinato  un  falso  tradimento: 
Il  buon  Giovan  Mattei^  secretamente 


*  È  preferibile  e  più  chiara  la  lezione  del  Grossi:  „e  questo  s*  è  scusato", 

*  Il  ms.  mattina, 

'  n  Beverini  dopo  aver  parlalo  del  tradimento  di  Tolomeo  Sublacense 
aggiunge  {pp,  cu,,  III,  353):  „Detecta  quoque  sub  idem  tempus  alterius  prae- 
fecti  proditio  :  erat  is  Joannes  Matthaeus  quidam  domo  Bononia,  qui  una  cum 
Simone  Coluccio  asculano  ejus  scriba,  ac  Morello  quodam,  Consilia  cum  Flo> 
rcntinis  de  tradenda  eis  urbis  porta  habuerat:  pretio  sceleris  ita  constituto, 
ut  XX  aureorum  millia  praesenti  pecunia,  ac  in  posterura  centena  roilitam 
stipendia  in  sin^^ulos  menses,  amplamque  domum  Florenliac  acciperet.  Judi- 
cium per  Àntonium  Pisanum,   quem  Pontaderam  appellabant,  Florentinorum 


DI  UN  INEDITO  PO£MA  SINCRONO.  247 

Con  Bernardino  fé'  ragionamento 

Di  voler  Lucha  dare  ai  Fiorentini, 

Et  quantità  d'  oro  toccare  e  di  fiorini. 

21 

Giovan  Mattei  di  notte,  e  Bernardino 
Furono  insieme  più  volte  a  parlare 
11  Commissario  che  v'  è  pel  Fiorentino 
La  mente  loro  V  aveano  assottigliare 
Che  Lucha  perderà  tutto  il  domino. 
Giovan  Mattei  proferse  lor  di  dare 
Li  Borghi  della  Terra  in  lor  balia. 
Perchè  Marzocco  intrasse  in  Signoria. 

22 

Diceva  Bernardino:  o  come  fare 

Si  potrà  questo  che  non  sia  scoperto: 

Qui  bisogna  gran  senno  adoperare: 

Se  non  venisse  fatto  sareste  diserto. 

Dice  Giovan  Mattei:  non  dubitare 

Che  io  ho  veduto,  e  sto  con  V  occhio  aperto, 

Che  voi  avrete  i  Borghi,  e  poi  la  Terra, 

£t  finita  sarà  poi  la  nostra  guerra. 

£t  praticando  insieme  quel  trattato, 
Venneno  a  patti,  se  i  Borghi  vuol  dare, 
Trentamilia  fiorini  li  sarà  dato 
Kt  a  Giovan  Mattei  a  lui  pagare, 
£t  trecento  paghe  poi  dell'  altro  lato, 
O  guerra  o  pace  die  volesse  fare. 
Giovan  diede  la  fede,  e  fece  il  patto. 
Che  manderebbe  innanti  questo  Tratto. 

[e.  7']       24 
£t  dato  il  tempo,  il  modo,  1'  hçra  e  '1  segno 
Che  a  quelli  del  Campo  dovea  mostrare. 
La  mente  assottigliando  con  1'  ingegno. 
Voleva  al  tutto  la  terra  far  rubare. 
Di  tradimento  et  di  malitia  pregno. 
Il  Diavol  r  ajutava  a  consigliare, 
£t  ordinò  di  romper  con  la  scura 
Quello  sportello,  e  scalar  poi  le  mura. 

£t  dice  a  Bernardin:  1'  ultima  volta 
Martedi  notte  mi  tocca  a  guardare 


dacem  emanavit:  cui  tam  bonam  mentem  Superi  profecto  injecere,  ne  Luca 
inexplicabili  Servitute  illigaretur:  itaque  proditores  capti,  quaestionibusque 
confessione  expressa,  omnes  capitali  supplicio  affccti:  praefcctusque  insuper, 
ad  aliorum  terrorem  in  frusta  discerptus". 


248  virroRio  FiNZi, 

La  gente  mia,  ne'  Borghi  fìa  ricolta, 
Et  voi  di  fuori  i  vostri  fate  armare, 
£t  noi  fate  sapere  a  gente  molta 
Che  non  si  sappia  quel  che  voglio  fare: 
Li  ponti  levatoi  fur  puntellati, 
Che  noni  potranno  giii  esser  calati 

26 
A  ventiquattro  giorni  fu  del  Mese 
D'  ottobre  millequattrocento  anni  et  trenta, 
Che  r  ordine  tra  loro  si  si  prese, 
£t  r  una  parte  e  V  altra  fii  contenta 
Per  disfare  e  rubare  ogni  Lucchese, 
Che  la  gente  del  Campo  stesse  attenta 
Senza  dormire,  e  poi  all'  undici  ore 
Il  segno  dovea  dare  il  Traditore. 

Tu  non  pensavi  il  fìne,  tu,  Giovanni 

Mattei,  quel  che  poteva  intravenire, 

L'  angosce  et  le  fatiche  et  pene  et  danni, 

£t  quanta  gente  facevi  morire: 

Molti  facevi  vestir  di  neri  pannL 

Come  potevi  questo  consentire: 

Voler  rubar  le  Donne  et  le  Donzelle, 

Mandar  per  lo  mondo  fanciulle  e  Pulcelle. 

28 
In  questo  tradimento  tenea  mano 
Con  quel  Giovan  Mattei  un  compagnone, 
Ch'  era  in  nelP  arme  forte  al  piano, 
£  '1  nome  suo  chiamato  era  Barone, 
Di  schiatta  di  Chain,  o  vuoi  di  Gano, 
£  M  Cavalier  che  avea  nome  Simone: 
11  quarto  di  costoro  era  Morello, 
Che  tradi  Castiglione  il  bel  Castello. 

29 
Iddio,  giusto  Signor  che  tutto  vede, 
Molto  dispiacque  questo  tradimento: 
Al  Conte  Antonio  da  Pisa  die  la  fede, 
Perchè  egli  è  savio,  e  di  gran  sentimento, 
Dicendo  a  lui:  tu  puoi  acquistar  mercede 
A  Lucca  mandar,  et  fa  che  non  sie  lento, 
£t  fa  che  sie  un  messagier  segreto. 
Che  sia  uomo  prudente,  savio  e  discreto. 

£t  di  che  vadia  a  Lucca  agli  Anthiani, 
£t  al  Gonfalonier  della  Giustizia, 


^  L'  avv.  non  nel  ms.  è  erroneamente  ripetuto. 


DI  UN  INEDITO  POEMA  SINCRONO.  Ì49 

£t  prestamente  passi  i  monti  et  piani, 
Che  tutta  Lucha  rìaverà  gran  letitiä« 
Quand'  egli  è  innanzi  a  que'  Signor  Sovrani, 
Di  che  racunti  lor  la  gran  malizia, 
Come  Giovan  Mattei  hae  ordinato 
Incontra  a  Lucca  un  crudo  e  rio  trattato. 

Di  al  Messagier  che  tu  manderai, 

Che  dica  a  bocca  e  non  porti  saittura. 

Et  d'  ogni  cosa  tu  V  informerai. 

Che  di  quei  Borghi  guardin  ben  le  mura, 

Se  non  egli  avran  pena  et  guai 

Senza  dormire  egli  abbin  buona  cura, 

Che  Martedì  notte  è  ordinato 

Air  undici  ore  fare  questo  trattato. 

[e.  7"]      32 
Essendo  il  Conte  spirato  da  Dio 

Et  da  San  Paulino,  fu  avvisato 

Del  buon  amore  acceso  con  disio; 

Un  suo  caro  valletto  ebbe  chiamato. 

Et  disse  a  lui:  intendi,  figliuol  mio. 

In  fìne  a  Lucha  vo'  che  tu  sia  andato» 

Che  tu  vi  sia  presto,  et  non  adagio 

Dirittamente,  et  vattene  al  Palagio. 

33 
Et  quando  sei  dinanti  a  que*  Signori, 

Di  che  sian  savi  et  bene  ammaestrati, 

Perchè  anno  a  lor  soldo  quattro  traditori: 

Con  quei  del  Campo  si  son  consigliati 

Di  metter  quella  Terra  in  grandi  orrori. 

Martedi  notte  tutti  siano  armati, 

Perché  Giovan  Mattei  all'  undici  ore 

Dee  metter  Lucca  a  un  gran  romore. 

34 
£  'I  giovanetto  hae  inteso  V  imbasciata. 

Et  disse  al  Conte  con  dolce  latino:^ 

Io  son  contento  di  fare  questa  andata. 

Senza  paura  vo'  fare  il  camino: 

La  vostra  voglia  sarà  contentata. 

Era  chiamato  Giovan  Piccolino: 

Nella  città  di  Parma  egli  era  nato, 

Gentile,  onesto,  savio  et  costumato. 


1  Dante  {Parad,,  XII,  144)  usa  la  frase  „discreto  latino"  per  giudizioso 
en  pensato  parlare. 


250  VI  I  TOKIO  FINZI, 

35 

Dal  Conte  sì  paru  quel  giovanetto, 
Et  verso  Lucca  per  la  dritta  strada 
Senza  paura  va  solo  soletto, 
Non  trovando  cristiano  per  la  strada. 
£t.  giunto  al  Ponte  fu  in  quel  distretto: 
Quel  della  Torre  non  istette  a  bada: 
Quivi  il  sostenne^  preso,  e  domandollo 
Se  avea  lettere  o  scritto,  e  ancor  cercollo. 

36 

Parlava  il  giovane  savio  et  ardito, 
Dicendo:  io  vò  a  cercar  altra  ventura: 
Dal  Conte  Antonio  da  Pisa  io  son  fuggito, 
£t  sta  notte  passata  ho  con  paura: 
Mal  calzato  mi  manda,  et  peggio  vestito, 
£t  di  miei  fatti  poco  se  ne  cura, 
£t  in  altra  parte  me  ne  voglio  andare, 
Come  udirete  in  nelF  altro  Cantare. 

Fine  del  Canto  terzo. 

Dal  Terzo  Canto  (Commsnto  b  varianti). 

La  povera  città  di  Lucca  era  e  da  nemici  e  dagli  amici  travagliata, 
poiché  i  fiorentini  nemici  la  strìngevano  fieramente  e  rapivano  quello  che  tro- 
vavano et  la  gente  del  Conte  Francesco  sotto  pretesto  d*  amicizia,  e  di  por- 
gerle aiuto,  consumava  quel  poco  che  vi  restava. 

St.  4.    Vuoi  tu  veder  se  Lucca  ha  assai  che  fare  : 

Ha  ella  intomo  il  campo  de'  nemici. 

Infino  air  uscio  la  vien  a  pigliare, 

Et  r  altro  campo  ha  atomo  degli  amid: 

Et  V  uno  et  1'  altro  attendono  a  rubbare, 

Andando  al  piano,  al  monte,  alle  pendici. 

L'  uno  con  1*  altro  insieme  tregue  fanno, 

E  pure  a  Lucca  sempre  toma  il  danno. 
Il  conte  Francesco  dimorò  nello  stato  di  Lucca  due  mesi  e  nove  giorni,  nel 
quale  tempo  potendo  liberare  la  povera  città  totalmente  dallo  assedio  de'  fio- 
rentini, noi  volle  fare  e  senza  fare  impresa  alcuna  attese  a  consumare  questo 
stato  miserabile  e  se  fece  prigione  il  tiranno  e  lo  levò  di  possesso,  fu  perchè 
non  li  parve  esser  stato  trattato  da  lui  conforme  al  suo  pensiero,  e  per  parti- 
colari nimicizie. 

St.  5.    A  ventiquattro  giorni  del  bel  mese 

Di  Luglio  venne  il  Conte,  e  la  sua  gente, 

E  si  posaro  alla  Città  lucchese 

Contro  i  nimici  molto  humilmente. 

In  tutto  questo  tempo  arme  non  prese. 

Ma  per  mbbare  egli  è  stato  valente. 

^  A  questo  luogo  il  ms.  è  quasi  illeggibile. 


DI  UN  INKDITO  POEMA  SINCRONO.  25 1 

Due  mesi,  e  nove  di  a  Lucca  è  stato, 
Da  amici  e  da  nimici  ha  guadagnato. 
St.  6.    Da  poi  in  qua  che  partorì  Maria, 

Che  1'  anno  è  mille  trenta  e  quattrocento» 
Non  fìi  mai  una  guerra  tanto  ria, 
E  con  più  inganni  e  doppio  tradimento 
Il  Conte  è  stato  e  la  sua  compagnia. 
Drappi  di  seta,  d'  oro  e  d'  ariento 
Ricevuto  ha  da  Lucca  il  Baron  Magno: 
La  rubharia  si  chiama  hoggi  guadagno. 

Hebbe  il  Conte  Francesco  denari  da'  lucchesi  per  quel  poco  di  bene  che 
fece  per  loro,  e  da*  fiorentini  per  il  male  che  non  li  fece,  potendoli  far  di- 
leggiare a  fatto:  da'  quali  li  fu  mandata  segreta  imbasccria,  e  fattole  gran 
promesse,  alle  quali  seguirono  gli  effetti,  inviandoli  molti  fiaschi  pieni  di 
fiorini  d*  oro,  e  molte  pezze  di  drappi. 

St.  9.    Tu  hai  veduto  quanto  tempo  è  stato 
Appresso  a  questa  Lucca  poverella, 
Et  una  volta  non  s'  è  mai  armato 
Contro  i  nimici  oppur  montato  in  sella: 
Pare  sia  stato  a  vagheggiare  il  prato, 
A  veder  se  ne  vien  1*  erba  novella. 
Da  Lucca  ha  avuto  un  staio  di  fiorini. 
O  quanti  n'  hebbe  ancor  da'  fiorentini  ! 
St.  IO.    Mandarono  questi  astuti  honestamente 
Al  detto  Conte  infbasceria  segreta. 
Dicendo  che  posasse  allegramente, 
E  non  temesse  d'  oro  o  di  moneta. 
Gli  inviaro  ima  notte  un  bel  presente 
Di  fiaschi  d'  oro,  e  di  drappi  di  seta: 
Ei  lo  ricevette  con  allegra  vista. 
Mirando  il  giglio  d'  oro  e  il  gran  Battista. 

Dopo  il  qual  regalo  non  servi  ad  altro  il  Conte,  che  a  farsi  vedere  intorno 
il  Serchìo  :  nel  qual  tempo  furono  da'  suoi  soldati  spogliati  i  poveri  contidini 
di  quel  poco  che  havevano;  e  vendute  le  pre<le  si  parti  da  questo  paese,  e 
lasciò  la  dttà  più  che  mai  afflitti  dalla  guerra. 

St.  1 1 .    E  se  tu  non  vedeste  tanto  lume. 

Apri  ben  V  occhio,  e  chiaro  ti  vo'  fare 
Da  poi  in  qua  che  fé'  questo  volume 
Non  si  vide  mai  più  scaramucciare. 
E'  s'  è  posato,  e  andato  fino  al  fiume, 
E  tutti  i  contadin  fatto  ha  rubbare, 
Venduto  il  vino,  e  frutti  della  terra. 
Ei  s'  è  partito,  e  noi  rimasi  in  guerra. 

Partito   il   Conte,   i   fiorentini   tornarono   di  nuovo  all'  assedio   della  Città  e 
s'  accamparono  sul  prato  nel  medesimo  giorno,  eh'  egli   usci  dello  stato.     Si 
fecero  però  tregue  per  dieci  giorni.    Nel  qual  tempo  dando  i  commifMii| 
Campo  buone  parole  a'  sudditi  della  repubblica,   et   assicurandoli   çbê 


252  VriTORIO  FINZI, 

bavrebbero  ricevuto  male  alcuno,  non  era  anco  fìnita  la  tregua  allí  io  d'Ottobre, 
cbe  predomo,  et  rubbomo  ogni  sorte  di  bestiame  e  fecero  molti  prigioni. 
St.  12.    Non  era  dal  terren  di  Lucca  uscito 

Il  Conte,  come  il  tempo  fu  tornato 

Ove  quegli  era  stato,  e  su  quel  sito, 

Et  in  quel  proprio  di  vennero  in  prato. 

E  tra  signori  e  lor  fu  stabilito 

Che  a  fede  e  a  patti  fu  deliberato 

Per  dieci  giorni  buona  tregua  fare, 

E  guerra  poi  di  nuovo  cominciare. 
St.  13.    Stettero  alquanti  giorni  i  contadini 

Co'  lor  bestiami  fuor  segretamente: 

Diceva  il  Commissar  de'  fiorentini: 

Di  noi  non  vi  bisogna  temer  niente. 
St  14.    Non  era  il  martedì  dieci  del  mese 

D*  ottobre  anco  la  tregua  ben  finita, 

E  la  gente  del  campo  si  discese 

Con  furia  come  fa  gente  sbandita, 

n  bestiame  minutò  e  grosso  prese, 

E  in  loro  utilità  fu  convertita. 

Questa  è  la  fede  buona  eh*  oggi  corre: 

Beato  a  chi  più  robba  e'  può  riporre. 
Mandati  dalla  Città  al  Campo  a  far  querele,  che  contro  ogni  ragione,  non 
essendo  anco  terminato  il  tempo  della  tregua,  havessero  fatto  questo  insulto, 
il  Commissario  mandò  la  colpa  a  dosso,  a'  soldati,  et  i  Capitani,  cioè  Nicolò 
della  Stella,  e  Bernardino  dalla  Corda,  si  scusarono  con  dire  che  erano 
obligati  ubbidire  a*  fiorentini;  finalmente,  ritenutosi  il  bestiame,  rimandarono 
i  prigioni. 

St.  15.    Per  patti  fatti,  ne'  terren  lucchesi 

Non  poteau  esser  presi  o  inaverati: 

Il  Commissar  la  colpa  dà  a'  soldati. 
St.  16.    Nicolò  della  Stella,  e  Bernardino 

Dice  il  contrario,  e  questo  s'  è  scusato: 

Al  soldo  siam  del  popol  fiorentino 

Air  ubbidienza,  a  quel  eh'  è  comandato 

Ci  convien  ubbidir  sera  e  mattino: 

Se  quel  bestiame  fu  da  noi  rubbato, 

Noi  r  habbiam  fatto  per  comandamento, 

Sicché  da  noi  non  viene  il  tradimento. 
St.  17.    Per  dar  poi  qualche  pasto  a  noi  lucchesi. 

Tenner  le  bestie  e  rimandon  prigioni: 

Cosi  son  stati  verso  noi  cortesi. 

Puon  cura  tu  se  son  buone  ragioni: 

n  patto  fatto  fu  non  esser  offesi. 

In  questo  tempo  un  certo  capitano  forestiero  per  nome  Gio.  Matteo,    il  quale 

con  la  sua  gente  guardava  una  porta  de'  borghi  murati  delia  Città  si  convenne 

con  Bernardino  della  Corda,   che   stava  al  soldo  de'  fiorentini,   di  consegnarli 

p  )r  ta  ch'egli  guardava.     Li  furono  promessi   trenta   mila  fiorini,    e  di  piìi 


DI  UN  INEDITO  POEMA  SINCRONO.  253 

trecento  paghe.  Aggiustarono  il  tempo,  che  fu  il  Martedì  notte  nel  quale 
toccava  a  Gio.  Matteo  guardare  quel  posto,  alli  24  d'Ottobre  1430.  Complici 
del  tradimento  erano  altri  tre  soldati,  V  uno  chiamato  Barone,  Simone  V  altro, 
et  il  terzo  Morello.  Penetrò  questo  trattato  il  Conte  Antonio  da  Pisa  essendo 
co'  suoi  soldati  nel  territorio  di  Camaiore,  cosi  piacendo  a  Dio,  al  quale, 
benché  fosse  al  servizio  de'  fiorentini,  dispiacendo  il  tradimento,  inviò  un  suo 
soldato,  che  si  chiamava  Giovan  Piccolino  da  Parma,  al  Gonfaloniero  dentro 
la  città,  senza  darli  alcuna  scrittura.  Questo  in  habito  da  mendico  incami- 
natosi ,  giunto  al  prato  ov'  era  il  campo  de'  fiorentini ,  e  preso  dalle  guardie, 
disse  che  veniva  da  Camaiore,  e  che  andava  cercando  chi  li  desse  da  mangiare 
e  bere.  Lasciato  dalla  guardia  come  persona  di  cui  non  si  potesse  haver 
sospetto,  giunse  alla  porta  della  Città,  e  dicendo  alle  guardie  che  voleva 
entrare  in  Lucca,  non  hebbero  difficoltà  alcuna  in  lasciarlo  andare,  il  quale 
andò  adirittura  a  palazzo,  et  havuta  udienza  dal  Gonfaloniero  de'  Antiani, 
spiegato  il  nome  di  quello  che  lo  mandava,  li  diede  conto  qualmente  Grio: 
Matteo  martedì  notte  prossima  all'  undici  bore,  essendo  egli  di  guardia,  havea 
concertato  di  dare  a'  fiorentini  la  Porta,  e  fargli  patroni  de'  Borghi  murati 
della  Città.  Sentito  questo  il  Gonfaloniero,  l' impuose  silentio  et  ordinolli 
che  non  ne  parlasse  ad  alcuno,  e  spedì  subito  a  far  prigione  Gio:  Matteo 
co'  tre  suoi  complici.  Alle  prime  interrogationi  negò  ogni  cosa:  ma  posto 
alla  corda  pregò  d'  esser  calato  del  tormento,  confessò  d'  haver  voluto  tradire 
la  Città,  e  dare  li  Borghi  a'  fiorentini ,  e  la  vittoria,  essendogli  stato  offerti 
cinquantamila  fiorini  e  trecento  paghe.  Fatto  il  processo,  fu  condannato  alla 
morte,  et  a'  venti  d'  ottobre  a'  bore  22  incirca  fu  decapitato  e  dopoi  squartato. 
La  testa  fu  posta  sopra  la  porta  delta  1'  imperiale.  A'  27  del  detto  mese 
furono  appiccati  altri  due  de'  suoi  compagni  Morello  e  Simone,  e  poco  dopo 
fu  tagliata  la  testa  a  Barone. 

Canto  IV. 

I 

Somma  Poten tia,  o  Majestà  Divina, 

Altìssimo  Iddio  alto  e  profondo, 

Che  'n  ogni  tempo  da  sera  et  da  mattina 

Tu  dai  del  pane  et  vino  a  tutto  il  Mondo, 

Et  la  tua  Signorìa  sempre  raffina. 

Et  per  la  tua  dementia,  Signor  veracìe. 

Quante  più  gratie  fai  al  Peccatore, 

Più  ne  rimane  a  te,  caro  Signore. 

2 
Il  giovane  tanto  seppe  ben  dire, 
Che  il  Castellan  gli  die  mangiare  e  bere, 
Et  poi  chiese  licentia  di  partire. 
11  Castellan  disse:  al  tuo  piacere 
Sta  r  andare,  et  se  vuoi  qui  dormire. 
Non  ti  bisogna  di  nulla  temere. 
Il  giovinetto  di  ciò  lo  ringratiava, 
Et  in  verso  Lucca  tosto  se  n*  andava. 


254  VITTORtO  PINZI, 

[c.  8']      3 
£t  giunto  appresso  a  Lucca,  et  quasi  in  Prato, 
Da  un  fu  preso,  et  nome  avea  Rinaldo, 
£t  dimandolli  dov'  era  andato. 
Egli  rispose  umilmente  et  saldo: 
Da  Caxnajor  mi  son  presto  mucdato:^ 
£t  sta  notte  ho  avuto  freddo  e  caldo, 
£t  un  amico  penso  di  trovare, 
Che  mi  darà  da  bere  et  da  mangiare. 

4 
£t  Rinaldo  veggendo  il  giovanetto 

Vestito  male,  et  peggio  ancor  calzato,^ 

Non  pensò  di  costui  alcun  sospetto, 

£t  da  lui  prese  presto  cumiato. 

Alia  porta  si  accostò  quel  valletto, 

Onestamente  alla  guardia  ha  parlato, 

£t  disse  che  voleva  in  Lucca  entrare, 

Et  quelle  guardie  Io  lasciomo  andare. 

5 
Et  disse  il  Pater  noster  di  San  Biagio, 

Quando  si  vidde  nella  terra  intrato. 

Et  prestamente  se  n'  andò  al  Palagio 

Innanti  agli  Anthiani  appresentato 

Là  dove  non  posavan  molto  ad  agio. 

Per  mantener  la  terra  in  buono  stato. 

Disse  il  Gonfalonieri:  o  che  novelle 

Hai  tu?    Ei  disse:  elle  son  buone  e  belle. 

6 
11  Conte  Antonio  da  Pisa,  mio  Signore, 
Mi  manda  a  dire  a  voi  d'  uno  trattato, 
Che  al  vostro  soldo  avete  un  Traditore, 
Il  qual  Giovan  Mattel  è  chiamato: 
Martedì  notte  che  viene,  a  undici  bore. 
Quando  alla  guardia  fìa  de'  Borghi  andato. 
Quei  Borghi  debbe  dare  ai  Fiorentini: 
11  Conte  ve  lo  divisa,  Signori  cittadini. 

7 
Disse  il  Gonfalonier  savio  e  saputo: 

Oh  quanto  bene  il  Conte  e  tu  hai  fatto: 

Per  mille  volte  tu  sia  il  ben  venuto: 

Non  parlar  più  a  neun  di  questo  fatto; 


*  Il  verbo  mucciare  talor.i    signiñca    farsi   beffe,   burlare;    talora  è  115?=^ 
per  ischifare;  qui  per  fuggirsi  (cfr.  Vocabolario  de^li  Accademici  della  Crus^m 
4^  impressione,  sub  voce), 

*  Il  ms.  calsato. 


DI  UN  INEDITO  PO&MA  S«NCmO\XX  ¿^> 

A  questo  fatto  avrem  ben  provedntix 
Et  cosi  fece  prestamente,  et  ratto 
Mandò  per  qnel  Giovanni  prestamente 
Con  tre  compagni,  venne  qoive  presente. 

8 
Essendo  stretto  a  non  poter  fuggire. 
Et  fumo  cominciati  a  dimandare: 
Diteci  il  fatto  et  non  si  può  disdire. 
Noi  sappiam  tutto,  et  non  si  può  negare. 
Disse  Giovanni  Mattei  con  molto  ardire 
Che  non  sa  nulla  e  voleasi  scusare: 
Allora  fu  subito  preso  et  spogliato, 
Et  alla  corda  presto  fu  legato. 

9 
Quando  si  vide  a  si  fatto  partito, 

Chiese  di  grazia  d'  esser  giù  posato. 

Essendo  abbasso,  disse:  io  hoe  fallito, 

10  credo  che  il  demonio  m*  abbia  tentato. 
Havea  pensato  avere,  dico,  tradito 
Questa  Città,  et  abbassar  lo  Stato 

A  dar  li  Borghi,  e  far  perder  la  Terra, 
Et  dar  a  i  Florentin  vinta  la  guemu 

IO 

Et  io  da  loro  avea  paghe  trecento, 
E  poi  cinquanta  migliaia  di  fiorini 
Cosi  fii  patto  et  riinaM)  cootctíto. 
Per  disfar  Lucca,  le  Donne  e  í  Cittadíu, 
Et  di  tal  promission  molió  mí  ytxUk, 

11  Diavol  deir  Inferno  allor  l<  »f  mmk. 
Et  missemi  nella  testa  questo  tnrrav^^ 
Per  la  qual  cosa  ne  orò  wa^xae/^. 

[e  S'']       Il 
Et  confessato  tutto  il  tEWÜntuvv. 
Que'  eh*  eran  sopa  dò  has&K»  ^^duüA^v 
Perchè  nefssuno  avesie  aosd  ardtert^nv 
Venire  in  tal  ioiiia.  e  11  :»   •zimav.. 
Femo  il  proceaw>  íá**-  a  turxv:  sîîtiu*--«!.. 
Questo  Giovali  Mas«  ivt*»;  çiucii'-^*- 
Di  far  sfnza  vigìita  ia  wsu  i^ssia. 
Che  a  lai  foswr  \^^\x¡t^  ri»  ;^ïfe. 

Et  oltre  a  quesio.  iaa«  lü^  ^u^l-^u 

In  quatto  pani  poi  K^tmruii'.    vi. 

Et  cofd  ponita  ic  laue  tuhU^a^ 

Per  quei  tàat  aveau.  ia  Ìvasfc  ^  *  wâl*- 


256  VITTORIO  FINZI, 

De'  suoi  quattro  quarti  ne  fu  divitia, 
Per  dar  esemplo  a  tutta  gente  ria, 
In  su  le  Mura  posti  per  segnale, 
La  testa  in  sulla  Porta  Imperiale.^ 

Questo  fu  a*  venti  di  del  Mese 
D'  ottobre  quasi  a  ore  ventidue. 
Era  in  quel  punto  armato  ogni  Lucchese: 
La  Piazza  incatenata  tutta  fue, 
Gli  abitanti  di  Lucha  eran  palesi. 
Barone  in  quel  di  fini  le  paghe  sue, 
£t  come  fu  del  Mondo  trapassato. 
Con  gli  altri  nell'  Inferno  ne  fii  andato. 

A'  dì  ventisette  ancor  del  ditto  Mese 
Avea  in  Piazza  di  molte  persone, 
Et  era  Piazza  il  Popolo  Lucchese: 
Incatenato  ancora  ogni  cantone. 
Chi  v'  era  il  vidde  venire  palese 
Morello  legato,  e  '1  Cavalier  Simone, 
Et  alla  morte  funno  condannati: 
Per  li  tradimenti  lor  fumo  impiccati 

Et  per  esempio  di  chi  vuol  far  male 
Stetteno  impiccati  tutto  il  giorno. 
Et  dimostra  agli  altri  tal  segnale 
Furon  veduti  da  chi  v'  era  intorno, 
Et  chi  nel  Mondo  vivera  leale 
Non  sentirà  di  morte  tale  scorno. 
Quanto  fu  quella  co'  gravi  tormenti, 
Et  questo  avvien  per  far  li  tradimenti. 

16 
Il  nostro  Santo  Volto  pretioso 
Non  vuol  che  '1  crudo  Popul  Fiorentino 
Entri  in  Lucha  palese,  né  nascoso  ¡^ 
Cosi  non  piace  al  buon  San  Paolino. 
San  Martino  e  San  Regolo  glorioso. 
San  Benedetto,  ancora  San  Davino 

'  Il  Ciancili  nelle  sue  Dissertazioni  sopra  la  Storia  Lucchese  {Memoria 
e  documenti  per  servire  ali*  historia  del  Principato  Lucchese,  Lucca,  Fran- 
cesco Bertini,  1813,  I,  343,  n.  5)  scrive:  „Nomina  il  Mussalo  (Exitium,  clades- 
que  Lucae,  et  facti,  et  urbis  magnitudine  memorabilia  sunt,  lib.  3  de  gestis 
Italicor.  rubric.  A'apud  Muralorium,  Rer.  Ital.  Script,  torn.  X)  la  Porta  vicina 
alla  Pelleria,  chiamandola  dell*  Imperatore  o  Imperiale.  L*  Imperiale  ...  era 
una  fortezza  tra  S.  Giorgio  e  S.  Frediano  fatta  fabbricare  da  Giulio  Cesare 
circa  gli  anni  del  mondo  3905'*. 

*  Il  ms.  nascosto. 


DI  UN  INEDITO  POSMA  SINCRONO.  257 

£t  Santo  Agnello,  e  ancor  la  beata  Sita 
Guardan  Lucca,  che  non  sia  tradita. 

Morto  e  disfatto  questo  Traditore 

Innanzi  a  Satanasso  fu  appresentato, 

£t  gli  fu  letto  appresso  il  grande  errore, 

Che  contro  Lucca  aveva  egli  ordinato. 

Minos  giunse  quivi  con  furore: 

Con  diavoli  eh'  erano  ventuno  ebbel  menato 

A  una  scura,  ov'  era  Giuda 

Li  nella  ghiaccia  per  la  pena  suda. 

18 
In  questa  parte  scura  era  Caino, 
£t  Bruto  et  Cassio,  V  antico  Romano, 
Et  Zoffo  traditore,  et  Rantagnino, 
Et  da  Pontieri  quivi  il  potente  Gano.^ 
Minos  disse  lor  con  bel  latino: 
Fate,  costui  di  voi  sia  Capitano, 
£t  reverentia  et  gratioso  honore. 
Perchè  egli  è  fonte  d*  ogni  Traditore. 

[e.  9^       19 
Et  cosi  rimase  con  quei  Traditori, 
Dicendo  ciascun:  tu  sia  il  ben  venuto. 
Perchè  nel  Mondo  hai  commisso  molti  errori. 
Et  sarai  da  noi  ben  ricevuto. 
Giovan  Mattei  rispuose  a  tai  tenori: 
Fatto  non  venne  quel  che  avrei  voluto. 
De'  Traditori  io  crescerò  la  schiera: 
Tre  altri  verran  qui  doman  da  sera. 

20 
Lasciam  Giovan  Mattei  dentro  all'  Inferno, 
Et  ritorniamo  all'  altro  Compagnone: 
In  Piazza  gli  fu  letto  il  suo  quaderno: 
Chiamato  per  nome  era  Barone. 
Per  lo  ditto  tradimento  ti  discemo 
Pubblicamente  la  sua  condannazione: 
Fu  condannato  a  tagliarli  la  testa: 
Et  cosi  tagliata  gli  fu  senza  resta. 

21 

Sicché  ogni  Traditor  levi  il  pensiero. 
Et  contra  Lucha  non  voglia  far  trattato. 


*  Come  è  noto,  Dante  (/«/.,  XXXII,  121 — 3)  pone  Gano  o  Ganellone 
nell'  Antenora  insieme  con  Gianni  de'  Soldanierì  e  Tribaldello,  „eh*  apri 
Faenza  quando  si  dormia".  Veggasi  anche  ciò  che  di  Gano  leggesi  nella 
Chanson  de  Roland, 

Zeitschr.  £  rom  PhU.  XX  I7 


258  VITTORIO  FINZI, 

Perchè  San  Paolin  che  conosce  1*  ontero, 
Come  tu  pensi,  a  lui  V  ha  manifestato: 
£t  quante  volte  n'  hai  veduto  il  vero 
Or  di  presente,  et  per  lo  tempo  passato, 
Che  questo  Santo  scuopre  i  tradimenti, 
Et  per  questo  i  Traditor  son  malcontenti 

22 
Et  poi  in  Calende  entrón  nuovi  Signori. 
Stefan  di  Poggio  ^  fu  Gonfalonieri 
Con  gli  altri  suoi  Compagni  a  grandi  onori. 
Come  è  usanza,  tre  ogni  Terziari, 
Et  per  salvar  la  Terra  da  i  romorì, 
Li  Maestri  di  mura  funno  meálierí, 
Che  andasseno  a  disfar  la  cittadella, 
Acciò  che  neun  per  forza  potesse  tenerla. 

Fu  di  Novembre  a'  dieci  di  del  Mese, 
La  vigilia  del  Beato  San  Martino, 
Che  la  ditta  fortezza  si  disfese.^ 
Andonno  in  terra  le  mura  tutte  a  mino. 
Et  questo  fu  fatto  per  lo  Popul  Luchese, 
Che  neuno  potesse  pigliar  domino, 
Farsi  signore,  et  quella  a  se  tenere: 
Però  in  terra  fu  fatta  cadere. 

24 
Quando  nel  fosso  cadder  giù  le  mura 

Non  v*  è  nissun  che  mai  creder  ¡k) tesse 

In  su  quel  punto  cosa  tanto  scura, 

Che  parea  che  dal  cielo  acqua  piovesse: 

Chi  era  in  terra  tremava  di  paura. 

In  prima  che  nissun  se  n'  avvedesse, 

Li  nuvoli  parean  dal  ciel  mandati, 

Et  molti  a  casa  tornarono  bagnati. 

25 
Domenico  Spetial,  da  Dio  spirato. 

Vide  il  periglio  che  correre  potea: 

Prima  che  il  muro  cadesse  nel  fossato, 

Molti  di  lor  scostar  ne  facea. 

State  larghi!   avea  già  loro  gridato: 

Et  molti  facean  quel  che  dicea« 

Et  se  non  fusse  41  suo  provedimento. 

Ne  sariano  inaverati  più  di  cento. 


^  Gir.  noU  a  str.  19  del  C.  II. 
*  Il  ras.  disfece. 


DI  UN  INEDITO  POSBÍA  SINCRONO.  259 

26 

Dice  il  proverbio:  a  questo  si  dia  fede, 
Che  un  uom  vai  cento,  et  cento  un  non  vale: 
Colui  che  è  savio,  et  più  che  gli  altri  vede, 
Riguarda  a  i  dubbj  et  a  cose  mortale: 
Il  savio  va  squadrando  il  capo  e  '1  piede. 
Cosi  fece  il  nobil  Domenico  Speziale: 
£gli  squadrò  per  punto  e  per  ragione, 
Che  molti  eran  di  morte  a  conditione. 

[C9l     27 
£t  cosi  trapassando  il  ditto  Mese, 
Cioè  Novembre,  come  tu  hai  udito. 
Con  grande  a£^no  i  cittadin  Lucchese, 
Teneansi  li  cittadini  a  mal  partito: 
Il  Campo  va  scorrendo  in  tutto  il  Paese, 
Ma  nondimeno  aveano  sentito 
Che  'l  Conte  Antonio  et  Niccolò  Piccino  ^ 
In  verso  Lucha  pigliano  il  Camino. 

28 
Il  Conte  Antonio  da  Pisa,  valoroso. 
Con  la  sua  gente  era  a  Camajore, 
Et  diretto  a  lui  veniva  il  poderoso 
Niccolò  Piccinin  col  suo  valore. 
Con  la  sua  gente  ognun  valoroso 
Per  mettere  il  Campo  in  rotta  con  furore; 
Ma  cosi  tosto  non  potea  passare. 
Perchè  la  gente  sua  volea  salvare. 

29 
£t  Niccolò  si  venne  accostando 

A  poco  a  poco,  et  a'  passi  puon  cura: 

Cosi  le  strade  andava  misurando. 

Che  la  sua  gente  venisse  sicura: 

Non  fé'  più  belli  avvisi  mai  Orlando, 

Come  costui  con  sesta  e  con  misura: 

Da  Montemagno  vide  la  Bastia, 

Che  non  potea  passar  per  quella  via. 

Il  ditto  Niccolò  prudente  et  saggio 
Un'  altra  ne  fé'  far  di  contro  a  quella, 
Perchè  a  sua  posta  possa  aver  passaggio 
Con  la  sua  gente  valorosa  e  bella: 
Spesse  volte  ne  faceva  il  viaggio 
Di  notte  a  Lucca  per  saper  novella 


^  Cioè  Niccolò  Piccinino,    delle  imprese   del  quale  credo  inutile  fare 
menzione,  perchè  ampiamente  descritte  dagli  storici. 

17* 


26o  VITTORIO  FINZIy 

Di  quei  del  Campo,  se  stavano  armati. 
Pensando  sempre  d'  averli  abbassati. 

£t  quei  dal  Campo  ancor  avean  sentito 
Di  lui  novella,  mandando  le  spie, 
£t  poi  seppeno  come  egli  era  ardito, 
La  sua  forza,  et  le  sue  gagliardie. 
Non  sapean  tra  lor  pigliar  partito. 
Chi  dicea  di  nò,  et  1'  altro  dicea  sie: 
Deir  aspettar  costoro  ognun  temea. 
Che  la  sua  gente  gran  possanza  avea. 

32 
Niccolò  della  Stella  e  Bernardino, 

£t  il  Signor  di  Faenza  col  fratello^ 

Con  Gottardo  consigliava,  et  Fomaino^ 

£t  Andrea  della  Serra,  e  Carapello: 

Con  loro  insieme  il  Conte  d'  Urbino. 

Tutti  fanno  consiglio  sopra  quello 

Quar  era  meglio,  fuggire  od  aspettare. 

Siccome  udrete  in  nell'  altro  Cantare. 

Fine  del  Canto  Quarto. 

Dal  Quarto  Canto  (Commento  b  varianti). 

U  primo  di  novembre  entrò  Gonfaloniere  Stefano  di  Poggio,  con  gli 
altri  Antiani,  e  fu  disfatta  la  Cittadella  a  IO  del  detto  mese  la  vigilia  di 
S.  Martino. 


^  Cioè  il  conte  Guid'  Antonio  Manfredi ,  signor  di  Faenza,  col  fratello 
Astòrre.  ,Jo  con  non  piccola  ammirazione  (scrive  il  Cavalcanti,  op,  cu,,  I,  401) 
protesto,  che,  essendo  al  nostro  soldo  Astorre,  tenero  d'  età  (toccava  allora  il 
18^  anno,  essendo  nato  V  8  settembre  14 12),  tanto  che  le  nostre  leggi  piuttosto 
adulto  che  giovane  il  chiamavano,  e'  dove  pericolose  erano  le  presse,  ivi  più 
arditamente  si  metteva:  né  mica  pareano  i  suoi  colpi  d'  adulto,  anzi  porta- 
vano morte  più  che  quelli  degP  indurati  cavalieri;  e  tante  maraviglie  faceva, 
che  piuttosto  le  taccio  che  io  le  scriva,  per  non  essere  credute".  Il  fatto  è 
confermato  da  altre  testimonianze  autorevoli,  e  tra  queste  da  quella  del 
Bevilacqua,  che  fu  uno  de'  combattenti  (dr.  Balutius,  Miscellanea  novo  ordine 
digesta  opera  ac  studio  Johannis  Dominici  Mansi,  Lucae,  apud  Vincentium 
Junctinium,  1761,  I,  487).  —  Di  Gottardo,  comandante  di  40  lancie,  dice  il 
Graziani  {pp.  cit.,  p.  347)  che  „se  anegò'*  nel  Serchio  ;  Fomaino,  afferma  il 
Cavalcanti  {op,  cit.,  I,  306  e  passim)  era  da  Bibbiena,  e,  secondo  un  antico 
storico,  dei  Galli,  siccome  avverte  il  Polidori  nelle  sue  annotazioni  al  C. 
(I,  60).  —  Nulla  dirò  di  Guidantonio  da  Montefeltro,  Conte  d' Urbino,  capi- 
tano de'  Fiorentini,  siccome  personaggio  notissimo  ;  e  di  Carapello  del  Reame 
basti  il  ricordare  ciò  che  scrive  Neri  Capponi,  Commentar/  di  cose  seguite  in 
Italia  dal  1419  al  1456  ecc.  {Rer.  /tal.  Script.,  XVIII,  p.  1172):  „. . .  E  'ntra- 
vasi  in  pratica  del  pigliare  partito.  In  su  le  ventidue  ore  Carapello  con 
circa  IO  cavalli  passò  il  Serchio,  et  assaltò  i  nemici,  e  perde  tre  cavalli  e 
ridussesi  . .  ,**.  Per  notizie  più  ampie  rimando  il  lettore  a  ciò  che  trovasi 
nell'  Ammirato,  nel  Grraziani  e  nel  Cavalcanti,  giusta  il  mio  proposito  di  usare 
della  maggiore  parsimonia  nelle  note  storiche. 


DI  UN  INBDITO  POEMA  SINCRONO.  201 

St  22.    E  poi  in  calende  entrón  nuovi  Signori 

Stefan  di  Poggio  fìi  Gonfaloniero 

Con  gli  altri  suoi  compagni  a  grandi  honori 

Com'  è  usanza  tre  d'  ogni  terzieri. 

E  per  salvar  la  terra  da'  romori 

li  maestri  di  mura  fu  mestieri 

Che  andasseno  a  disfar  la  Cittadella 

Acciò  per  forza  niun  possa  tenella. 
St.  23.    Fu  di  Novembre  a'  dieci  di  del  mese. 

La  vigilia  del  Beato  S.  Martino, 

Che  la  detta  fortezza  si  disfese. 
Circa  la  fìn  del  mese  di  Novembre  mentre  stavano  afflittissimi  i  Cittadini  per 
le  cose  deir  assedio  si  sentì  nuova  che  il  Conte  Antonio  da  Pisa  e  Niccolò 
Piccinino  venivano  a  soccorrere  la  Città;  era  però  loro  impedito  1'  accostarsi 
alla  dttà  dalla  Bastia  de'  Fiorentini.  Incontro  alla  quale  ne  fabricó  un'  altra 
Nicolò  Piccinino  dall'  altra  banda  del  Serchio. 

St.  27.    E  co^  trapassando  il  detto  mese  ec. 

Ma  nondimeno  avevano  sentito 

Che  '1  Conte  Antonio  e  Nicolò  Piccino 

In  verso  Lucca  pigliano  il  cammino. 
St.  28.    Et  Nicolò  si  veniva  accostando 

A  poco  a  poco  ec 

Da  Monte  Magno  vidde  la  Bastia, 

Che  no  potea  passar  per  quella  via. 
St.  29.    n  detto  Nicolò  prudente  e  saggio 

Un'  altra  ne  fé'  fare  incontro  a  quella, 

Perchè  a  sua  posta  possa  haver  passaggio 

Con  la  sua  gente  valorosa  e  bella. 

Canto  V 
I 
Nel  quinto  Cantar  dico:  Ave  Maria, 
Gratia  plena,  di  vírtude  ornata, 
Dominus  tecum,  benedetta  sia, 
In  mulieribus  sempre  sia  laudata. 
Il  Frutto  che  uscì  da  Voi  Santa  e  Pia, 
Quando  dall*  Angel  fusti  annunziata. 
Ora  per  noi  misericordia,  dolce  Madre, 
Al  tuo  Figliuolo  et  al  Sommo  Padre. 

[e.  IO']       2 
Io  vi  lasciai  nel  quarto  Canto, 
Come  si  consigliavan  li  Capitani, 
O  si  o  nò  pigliar  di  guerra  il  guanto: 
Ma  parean  lor  partiti  strani. 
Niccolò  Piccinin  dall'  altro  canto 
Al  fiume  stava  co'  Baron'  soprani, 
Et  quelli  di  qua  si  son  deliberati 
Guardare  il  Fiume,  et  averli  aspettati. 


202  VITTORIO  PINZI, 

3 

In  sulle  spiagge  al  Fiume  fé'  le  schiere 
Armati  tutti  come  vemagallo 
Le  squadre:  in  punto  stan  dardi  e  bandiere: 
In  verso  1'  acqua  ognun  volge  il  cavallo. 
Fomain  disse:  voglio  esser  io  primiero 
A  cominciare  oggi  al  Fiume  il  ballo. 
Dice  Gottardo:  il  Fiume  vo'  passare, 
Perchè  non  paja  che  vogliam  mucciare.^ 

4 
Messe  le  squadre,  et  dato  il  tempo  e  modo: 

Se  Niccolò  Piccinin  vorrà  passare, 

Noi  Siam  più  forti,  ognun  stia  quivi  sodo 

Alle  sue  poste,  niun  si  può  noiare: 

Oggi  è  quel  di  d'  aver  vergogna  o  lodo. 

Se  noi  possiamo  a  questo  riparare 

Che  non  passin  di  qua,  noi  siam  vincenti: 

Ora  si  vederà  se  noi  siamo  valenti. 

5 
Noi  abbiam  più  di  loro  assai  vantaggio. 

Che  questo  Fiume  é  quel  che  ci  fa  forti: 

In  su  la  ripa  siamo,  e  in  sul  passaggio, 

£t  come  lor  noi  siamo  armati  e  forti, 

£t  r  acqua  è  fredda,  et  non  è  ora  dì  Maggio. 

Pel  freddo  rimarran  contumaci  e  morti 

Al  passar  fuor  del  Fiume,  che  faranno, 

£t  per  non  poter  passare  annegheranno. 

6 
Niccolò  Piccinino  e  la  sua  gente 
Era  di  là  dal  Fiume  presso  a  un  miglio: 
Il  Conte  Antonio  da  Pisa  era  presente, 
Et  Niccolò  Guerrier  2  con  chiaro  ciglio. 


*  Anche  qui  il  verbo  mucciare  è  usato  nel  senso  di  fuggire.  —  Fra  il 
verso  penultimo  ed  ultimo  sono  stati  interposti  e  poi  cassati,  ma  in  .modo  da 
essere  leggibili,  i  seguenti:  „Noi  siam  più  forti,  ognun  stia  quivi  sodo  |  Alle 
sue  poste  niun  si  può  noiare  j  Oggi  è  quel  di  d'  aver  vergogna  o  lodo" 
(cfr.  str.  4). 

*  Niccolò  Guerriero  è  ricordato  dal  Fabretti,  Biografie  dei  capitani  ven- 
turieri d^W  Umbria,  Montepulciano,  1843,  II,  257:  Flavio  Biondo,  Histo- 
riarum  ab  inclinatione  Romanorum  libri  XXXI,  Basileae,  per  Hieronymura 
Frobeniura  et  Nicolaum  Episcopium,  1559,  p.  457,  lo  dice:  „Ottonis  Rufiì  Par- 
mensis  filium".  —  Il  conte  Antonio  della  Pergola  era  figlio  del  prode  Angelo, 
morto  Tu  ottobre  1427.  —  Intorno  a  Niccolò  de'  Gambacorti  veggasi  ad 
an.  1442  1*  Historia  Áfiscella  Bononiensis  {Rer.  fiat.  Script.,  XVIII,  666)  e  di 
Pettorlino  dal  Vemio  o  dal  Verme  fa  menzione  il  Biondo,  op  cit.,  p.  457.  Nel 
poema  si  parla  ancora  di  Ansarino,  ma  verosimilmente  trattasi  di  Arisxnino 
da  Trevi,  ricordato  dal  Cavalcanti,  op.  cit.,  1,207  (^i  P^^  leggere  a  questo 
nome  1'  erudita  annotazione  del  Polidori,  ibid.).  —  Il  ms.  congüar. 


DI  UN  INEDITO  POEMA  SINCRONO.  263 

Et  il  Conte  della  Pergola  possente, 
£  Niccolò  da  Pisa  a  quel  consiglio. 
Insieme  stretti  v*  era  anco  Petorlino: 
  consigliar  v*  era  ancora  Arisurino. 

7 
Di  là  dal  Fiume  la  nobile  brigata 

Armata  in  punto  a  piedi  et  a  cavallo: 

Il  Conte  adomo  con  la  sua  gente  armata, 

Arditi,  et  forti,  e  chiarì  come  cristallo, 

Pensavan  sempre  di  quella  andata 

A  far  le  caccie  in  pari  et  non  sia  fallo: 

Allora  rìspuose  Niccolò  da  Pisa: 

Io  vo'  passare  il  fiume  alla  recisa. 

8 
Se  tu  hai  letto  nel  libro  d'  Egeo 
Di  quelle  genti  valorose  et  belle, 
Quando  mandò  il  suo  fìglìuol  Teseo 
In  Amazona  a  quelle  Donzelle. 
Le  schiere  del  buon  Cesare  et  Pompeo 
Son  cose  antiche,  et  queste  son  novelle: 
Dico,  che  quelle  schiere  eh'  erano  al  Fiume 
Eran  maggiori,  et  di  maggior  volume. 

9 
Se  tu  hai  letto  d'  Alessandro  altiero, 

Quando  acquistò  co'  suoi  il  ricco  Dario, 

Ognun  neir  arme  valoroso  et  fiero 

Da  quelli  funno  e  sono  poco  divario. 

De'  Greci  et  de'  Troiani  tu  sai  il  vero: 

Erano  in  punto,  non  dico  il  contrario. 

Ma  pur  questi  due  campi  eh'  erano  al  Serchio 

Saranno  stati  ben  con  loro  al  cerchio. 

[e.  10^]        IO 
Et  cosi  stando  gran  parte  del  giorno, 
Et  eran  già  vent'  ore  allor  sonate, 
I  capitani  andavan  sempre  attorno, 
Dicendo  a  i  Cavalieri:  accorti  state: 
Oggi  è  quel  dì  che  il  nostro  Campo  adomo 
Avranno  onore,  se  i  passi  ben  guardate, 
Et  se  passeranno  il  fiume,  fìen  disfatti. 
Et  non  avran  da  noi  tregua  né  patti. 

II 
Niccolò  Piccinino  e  'l  Conte  Antonio 
Con  gli  altri  Cavalieri  forte  armati 
Dicean  fra  loro:  egli  han  fallato  il  conio, 
Senza  colpa  o  ragion  son  qui  accampati. 


204  VITTORIO  PINZI, 

Iddio  è  da  noi,  et  da  loro  il  Demonio: 
Oggi  da  noi  a  pezzi  fìen  tagliati: 
£t  Niccolò  da  Pisa  non  istette, 
Con  la  sua  gente  nel  fiume  si  mette. 

12 

Di  qua  dal  Fiume  il  franco  Carapello: 
Con  la  sua  squadra  ancor  v*  era  Gottardo, 
Dicendo:  questo  giorno  sarà  quello 
Che  si  vedrà  chi  sarà  più  gagliardo. 
Niccolò  giunse  presto  come  uccello, 
Ardito  e  destro  come  leopardo. 
Et  con  le  lancie  basse  si  mettea, 
£t  in  quella  prima  squadra  percotea. 

Al  primo  tratto  fé'  la  gente  aprire, 
Et  pareva  un  leone  iscatenato, 
Mostrando  le  sue  forze  e  U  grande  ardire. 
Li  suoi  Baron  V  ebbon  ben  seguitato, 
Et  Niccolò  Guerrieri,  il  franco  sire. 
Similmente  il  Fiume  ebbe  passato: 

I  Fanti  a  pie  s'  andavano  attaccando 
Alla  coda  ai  cavalli,  V  acqua  passando. 

I 

II  franco  e  forte  Niccolò  Guerrieri 
Il  Fiume  passa,  come  fusse  terra; 
A  pena  si  bagnavano  i  destrieri: 

La  briglia  allarga,  e  li  speroni  serra. 
Orlando  Paladino  et  Olivieri 
Non  fer  sì  belle  prove  nella  guerra. 
Et  il  Re  Marsilio  nella  Pagania, 
Come  fé'  il  giorno  quella  Compagnia. 

Niccolò  Piccinino  il  Fiume  passa: 
Il  Conte  Antonio  ancor  similmente: 
Rompendo  1'  acqua  ognun ^  la  lancia  abbassa: 
Il  Conte  della  Pergola  eh'  era  valente, 
Et  Peterlino  corre  oltre  et  trapassa. 
Rosermino^  presto  che  parea  un  serpente, 
Più  fier  che  un  orso  di  selva  cacciato, 
Et  con  Gottardo  si  fue  iscontrato. 

16 
Et  qui  si  cominciò  la  gran  battaglia: 
Le  lancie  rotte,  et  poi  con  le  spade  in  mano 


*  Il  ms.  ognuno. 

•  Rosermino  non  è  ricordato  dagli  storici. 


DI  UN  INEDITO  POEMA  SINCRONO.  265 

Fomaino  et  Carapello  alla  puntaglia, 
Stavan  forti  tutti  du  su  quel  piano. 
Altri  colpi  eran  qui,  che  di  schermaglia, 
Et  pochi  colpi  si  menava  invano. 
Assai  ne  cadde  in  terra  a  capo  chino, 
£t  prigion  vi  rimase  il  Fomaino.^ 

£t  mescolate  insieme  quelle  squadre, 
Niccolò  della  Stella  oltre  correa, 
Gridando  a'  suoi:  che  fate  genti  ladre? 
Via  su,  canaglia,  sempre  a  lor  dicea. 
Pennoni  et  sopraveste  ancor  leggiadre 
Assai  in  sulla  Terra  ne  cadea: 
Parevan  quei  di  Marzocco  isbigottiti: 
In  terra  cadeau  morti  e  assai  feriti. 

[e.  11^       18 
Molto  si  lamentava  Bernardino 
Di  tanta  furia,  di  tanta  tempesta: 
Il  Signor  di  Faenza,  et  quel  di  Urbino, 
Ognun  mostrava  ben  la  sua  podestà: 
Il  Conte  Antonio,  et  Niccolò  Piccino 
Gridavan:  muoia  Marzocco  et  Fiorenza  non  resta! 
Et  r  una  et  V  altra  parte  strìda  mette: 
Suonan  Campane,  Tamburi,  e  trombette. 

Quando  si  ninno  insieme  mescolati. 
Nimico  od  amico  non  conoscea: 
In  oratione  stavan  Preti  o  Frati; 
Pregando  Jesu  Cristo,  ognun  dicea: 
Signor,  tu  vedi  che  siamo  affannati 
Di  questa  gente,  che  è  di  schiatta  Giudea: 
Siccome  tu  sei  Signor  delF  alta  gloria. 
Donaci  ch^  oggi  abbiamo  la  vittoria. 

20 
Quei  della  terra  avean  gran  paura, 
Veggendo  la  battaglia  tanto  fìera: 
Correndo  qua  et  là  su  per  le  mura 
In  quella  parte  dove  più  gent'  era 
Ognun  pregava  la  Vergine  pura. 
Che  i  nostri  stesser  forti,  et  nessun  pera: 
Le  Donne  stavan  tutte  in  orazione, 
Pregando  Iddio  che  aiuti  la  ragione. 


^  „Li   conduttieri   quali  fuor  prese  pregioni:    Fornaino  conduttíere   con 
lance  50  . . ."  (Graziani,  op.  cit„  p.  347). 


266  VITTORIO  FINZI, 

21 

Et  fuor  di  Lucca  molti  cittadini, 
£t  con  Fanti  eh'  erano  in  guerra  usati, 
Et  similmente  di  molti  contadini 
Fuora  delle  Mura  tutti  armati: 
Veggendo  la  battaglia,  i  Baron  fini 
Uscimo  fuor  di  tutti  i  loro  aguati, 
Et  percotendo  i  nimici  pur  per  costa, 
Che  molto  volentieri  ognun  s'  accosta. 

22 

Eran  si  grandi  le  strida  et  il  romore, 
Che  il  cielo  e  1'  aere  parea  che  turbasse; 

I  pesci  eh'  eran  nel  fiume  avean  tremore, 
Fuggian  ne'  fondi,  et  non  in  acque  basse; 
Li  uccelli  dell'  aere  non  avean  valore, 
Neuno  ve  ne  fu  che  a  quel  punto  volasse, 
Fuggendo  tutti  ne'  luoghi  ristretti. 
Nascosi  tra  le  stipe,  e  ne'  boschetti 

Et  non  valeva  niente  a  riparare 

A'  colpi  fieri  di  Niccolò  Piccino  : 

Quanti  ne  giunge  a  terra  ne  fa  andare. 

Come  di  guerra  Mastro  e  Paladino: 

Le  strade  fece  tutte  isbarrare. 

Et  i  suoi  centrar]  non  cura  un  lupino. 

II  Conte  Antonio  con  sua  franca  gente 
Non  si  può  dir  quanto  egli  sia  valente. 

Hai  tu  mai  veduto  le  pecorelle 
Fuggir  dinanti  al  lupo  volentieri, 
Così  facean  quelle  genti  felle. 
Quando  vedean  quel  Niccolò  Guerrieri 
Con  le  sue  genti  valorose  et  belle. 
Et  Fetori  ino  con  le  sue  genti  fiere. 
Et  Niccolò  Piccinino  tra  le  schiere. 
Frangendo  lancie,  stendardi  e  bandiere. 

25 
A  Bernardino  parea  mala  novella, 

E  non  potendo  a  questo  riparare, 

Niccolò  Braccio,  o  voglian  della  Stella, 

Per  lo  dolore  si  volea  disperare: 

Il  Conte  d'  Urbino  perde  la  favella, 

Et  neuno  di  lor  sapea  che  si  fare: 

In  contro  a  lor  non  v*  era  riparo, 

Et  con  gran  doglia  il  conte  abbandonare. 


DI  UN  INEDITO  POEMA  SINCRONO.  267 

[c.  ir]      26 

Il  Signor  di  Faenza,  et  Carapello, 
Fuggia  Gottardo,  et  Andrea  della  Serra:  ^ 
Per  la  paura  ognun  volta  mantello, 
Et  non  potendo  sostener  la  guerra, 
Ismarrìti  parean  come  1'  agnello. 
Quando  ha  perduto  la  madre  pecorella: 
Fuggian  come  fan  V  oche  fuori  a  volo. 
Et  tutti  fanno  la  via  di  Montuolo. 

27 

Et  quei  dei  Capitani  gli  an  seguitati. 

Di  lancie  et  spade  piene  eran  le  strade. 
Et  molti  in  fìume  ne  furo  annegati: 
Feriti  e  morti  ne  son  per  le  contrade, 
Infiniti  prigioni  presi  e  legati. 
Chi  di  là,  et  qual  di  là  il  fìume  guada, 
Tutti  fuggendo  come  gente  matta, 
Sicuri  non  si  teneano  a  Lipafratta. 

28 
Il  Campo  di  Marzocco  fu  ¡sconfitto; 
Come  vi  dico,  assai  fur  morti  e  presi: 
Ognun  di  lor  parea  di  ciò  afllitto. 
Perduto  V  arme,  cavalli  et  arnesi: 
Et  questo  avviene  a  far  contra  il  diritto 
Quanto  anno  fatto  a  Lucca  et  suoi  Paesi. 
In  sabato  Jesu  Cristo  mai  non  paga. 
Ma  e'  ti  serba  al  dirietro  un'  altra  paga. 

29 
Se  vói  saper  la  rotta  quando  fue, 
Nelli  anni  mille  trenta  et  quattrocento 
Sabbato  sera  presso  a  giorni  due, 
Del  mese  di  Dicembre  ti  rammento.^ 


^  Andrea  della  Serra,  o  Serrano,  è  ricordato  dal  Biondo,  op.  cu.»  p.  448, 
e  dal  Cavalcanti,  op.  cit.,  I,  307. 

'  „La  date  du  2  décembre,  que  donnent  les  auteurs,  n'est  pas  (scrive  in 
proposito  il  Perrens,  Histoire  de  Florence  defuis  ses  origines  jusqu'à  ¿a  do- 
mination des  Médicis,  Paris,  Hachette  et  C»«.,  1883,  VI,  350  «.)  bien  sûre. 
Il  y  eut  une  consulte,  le  3,  sur  la  défaite  déjà  connue  a  Florence.  M.  Pelle- 
grini (Sulla  repubblica  fiorentina  a  tempo  di  Cosimo  il  Vecchio,  Pisa,  T.  Nistri 
e  C,  1880,  p.45)  dit,  sans  citer  d'autorités,  qu'elle  eut  lieu  le  29  novembre. 
Ce  serait  alors  le  jour  même  de  l'arrivée  des  commissaires,  qui  durent  prendre 
le  temps  de  se  reconnaître.  M.  Guasti,  qui  publie  des  parties  de  la  consulte, 
parait  avoir  vu  la  difficulté,  car  il  ne  donne  pas  de  date  précise,  et  il  dit:  „in 
que'  giorni"  (Voy.  Commiss,  LIV  Rin.,  Ill,  513,  514)."  Neppure  gli  altri  sto- 
rici che  affermarono,  la  rotta  essere  avvenuta  in  un'  epoca  diversa,  dettero 
prova  alcuna  del  loro  asserto.  Cosi,  per  esempio,  non  la  porge  il  Bemi, 
quando  scrive  (Chronicon  Eu^^ubinum  ab  anno  1350  usque  ad  annum  1472 
in  Rer,  Jtal.  Script,,  XXI,  969)   che  „a^  dì  il  di  Décembre  1430  fu  fatto  il 


268  VITTORIO  FINZI, 

Niccolò  Piccinin  con  sua  virtue, 
Mostrò  il  Conte  Antonio  suo  ardimento, 
Et  tutti  i  suoi  con  lor  forza  e  valore 
Ruppeno  il  Campo,  e  n'  ebben  grand'  onore. 

I  Capitani  a  Fiorenza  fur  tornati, 

Usciti  parean  fuor  della  memoria: 

Dicevan':  i  Fiorentin  con  li  soldati 

Ch'  anno  arregato  a  Lucca  la  vittoria 

Tredici  mesi,  e  più  vi  sono  stati: 

Or  son  tornati  senza  vanagloria, 

£  promissond  pigliar  Lucha  infra  un  mese. 

Hanno  questo  perduto  a  nostre  spese. 

31 
Hora  che  avea  fatto  Lucha  a  i  Fiorentini, 

Che  ce  gli  abbiamo  regali  a  si  gran  noia, 

Et  mai  non  li  volemo  per  nostri  vicini? 

Ognun  dicea  a  Lucca:  muoia,  muoia! 

Ella  ci  gosta  Lucca  più  fìorini 

Che  non  vai  Prato,  Arezzo  e  Pistoia, 

Et  abbiam  fatto  contro  ogni  ragione, 

Et  spesi  fìorini  più  d'  un  millione. 

32 

Essendo  in  Firenze  i  Capitan  tornati 
Con  poco  onore,  et  pena  et  dolore, 
Come'  da  cavai  fur  dismontati. 
Et  giunse  allora  alquanti  Imbasciatore 
Che  prestamente,  e  tosto  siano  andati 
Al  gran  Palagio  de'  Signori  Priori: 
Udita  r  imbasciata,  tosto  andarono. 
Del  gran  Palagio  le  scale  montarono. 

33 

Giunti  al  Palagio,  nella  prima  Sala 

A  poco  a  poco  vanno,  et  pianamente 
A  seguir  la  seconda  ognun  si  cala, 
Et  poi  la  terza  scala  ognun  presente. 
Salita  quella,  e  giunti  in  sulla  sala, 
Dov'  erano  i  Signori  con  molta  gente, 
Ognuno  stava  con  malinconia, 
Come  nell'  altro  Canto  ditto  vi  sia. 

Fine  del  Canto  Quinto. 


fatto  d'arme  con  Niccolò  Piccinino  ...";  non  il  Buonsignori  dicendo  {Storia 
della  repubblica  di  Siena  esposta  in  compendio,  Siena,  G.  Landi,  1856,  H,  14) 
che  il  lO  di  Décembre  1430  il  Piccinino  disfece  i  Fiorentini  in  riva  su  Serchio; 
non  quelli  che  attribuiscono  al  fatto  la  data  del  3  dicembre.  Per  mio  conto 
seguo  V  opinione  degli  storici  più  autorevoli,  accolta  pure  dal  poeta  (cfr.  str.  29). 


DI  UN  INBDITO  PO£MA  SINCRONO.  ¿ÔQ 

Dal  5®  Canto  (Commento  e  varianti). 

Quelli  del  Campo  fìorentino  dopo  qualche  considerazione  se  dovevano 
passar  il  fiume  et  attaccar  il  Piccinino,  o  pur  aspettarlo,  risolsero  finalmente 
aspettarlo,  confidati  nel  vantaggio  che  havevano  della  gente  più  numerosa,  e 
del  sito,  mentre  Nicolò  Piccinino  co^  suoi  stava  accampato  un  miglio  incirca 
lontano  dal  medesimo  Serchio.  Et  essendo  stati  in  questa  maniera  buona 
parte  del  giorno,  Nicolò  da  Pisa  si  risolse  esser  il  primo  a  passar  il  fiume 
con  la  sua  gente  restando  nella  prima  squadra  nella  quale  era  Carapello 
e  Gottardo. 

St.  II.    E  Nicolò  da  Pisa  non  istette. 

Con  la  sua  gente  nel  fiume  si  mette. 
St  12.    Di  qua  dal  fiume  il  firanco  Carapello 

Con  la  sua  squadra;  v'  era  anco  Gottardo, 

Dicendo:  questo  giorno  sarà  quello, 

In  cui  vedrem  chi  sarà  più  gagliardo: 

Nicolò  giunse  presto  come  uccello, 

Ardito  e  destro  come  leopardo, 

E  con  le  lance  basse  si  mettea, 

£  'n  quella  prima  squadra  percotea. 
St.  13.    Al  primo  tratto  fé'  la  gente  aprire, 

E  pareva  un  leone  scatenato. 

Dopo   questi   passò   il  Serchio  Nicolò  Guerrieri,   dietro  a'  quali  seguendo  la 
fanteria  s'  aiutava  attaccandosi  alla  code  de'  cavalli. 
St.  13.    Et  Nicolò  Guerrieri  il  firanco  sire 

Similemente  il  fiume  hebbe  passato, 

I  fanti  a  pie  s'  andavano  attaccando 

Alla  coda  a'  destrier  V  acqua  passando. 

A  questi  segui  il  Piccinino,  il  Conte  Antonio  da  Pisa,  il  Conte  della  Pergola 
con  altri  Capitali,  all'  arrivo  de'  quali  s'  attaccò  la  battaglia  più  fiera. 
St.  15.    Nicolò  Piccinino  il  fiume  passa 

E  '1  Conte  Antonio  ancora  similmente. 

In   questo  mentre  gli  Ecclesiastici   e  Religiosi  et   altri   dentro  la   Città  com- 
battevano  a  favore    del  Piccinino  con  1'  orazioni  e  per  la  patria  angustiata  da 
tante  miserie,  et  altri  correvano  alle  muraglie  per  vedere  la  battaglia. 
St.  19.    Quando  si  furo  insieme  mescolati. 

Nemico  o  amico  non  si  conosceva. 

In  oratione  stavan  Preti,  e  frati 

Pregando  Gesù  Cristo  ecc. 
St.  20.    Quei  della  terra  havean  gran  paura, 

Veggendo  la  battaglia  tanto  fiera 

Correndo  qua  e  là  sopra  le  mura  . . . 

Uscirono   anco   dalla  Città  quei   soldati   che   ci  era,   quali  uniti  a'  molti  con- 
tadini, assalirono  V  essercito  fiorentino  per  fianco. 
St.  21.    Fuori  di  Lucca  molti  cittadini 

Con  pochi  fanti  alle  battaglie  usati, 

£  parimente  molti  contadini, 

Fuor  delle  mura  tutti  ben  armati 


270  VITTORIO  FINZI, 

Veggendo  la  battaglia,  e'  baron  fíni. 

Escono  tutti  fuor  de'  loro  a^ati, 

Percotendo  i  nemici  par  per  costa, 

Che  molto  volentieri  ogn'  un  s'  accosta. 
Finalmente  dopo  haver  i  fiorentini  fatta  qualche  resistenza,   rotti  e  sbaragliiti 
voltarono  le  spalle  e  s' inviaro  per  la  strada  di  Montuolo  a  Ripafiratta. 
St.  26.    Fuggiano  come  fanno  1'  oghe  a  volo, 

E  tutti  fanno  la  via  di  Montuolo. 
St.  27.    E  quei  dei  Capitan  gli  han  seguitati: 

Di  lance  e  spade  piene  eran  le  strade, 

£  molti  in  fìume  ne  furo  annegati. 

Feriti  e  morti  son  per  le  contrade, 

Infiniti  prigion  presi,  e  legati: 

Chi  di  qua,  chi  di  là  il  fiume  guada, 

Tutti  fuggendo  come  gente  matta 

Non  si  tenner  seguire  a  Ripafiratta. 
Successe   questa  vittoria  del  Piccinino  il  1430  a'  due  di  Décembre  in  giorno 
di  Sabato. 

St.  29.    Se  vuoi  saper  la  rotta  quando  fue. 

Negli  anni  mille  trenta  et  quattrocento. 

Sabato  sera  presso  a  giorni  due. 

Del  mese  di  Décembre  ti  rammento. 

Nicolò  Piccinin  con  sua  virtue, 

Mostrò  il  Conte  Antonio  suo  ardimento: 

£  tutti  i  suoi  con  lor  forza  e  valore 

Ruppero  il  Campo,  et  hebber  grand'  honore. 

[c.  12^]         Canto  VI 

I 
Vergine  et  Madre  del  tuo  Figlio  sposa, 
Reina  et  Madonna  del  Cielo  e  della  Terra, 
Misericordia  in  te^  non  è  nascosa: 
Con  tua  forza  puoi  levar  la  guerra. 
E  però  ti  prego,  Madre  pietosa, 
Che  preghi  il  tuo  figliuol,  che  mai  non  erra, 
Siccome  il  quinto  Cantar  fu  fatto  presto, 
Che  mi  dia  gratia  ancora  a  fare  il  sesto. 

2 

10  vi  lasciai,  signori,  al  Canto  quinto. 

Che  i  Capitani  del  Campo  sono  al  Palagio 
In  sulla  Sala  grande  ov'  è  dipinto 

11  reggimento  del  Popol  malvagio  r^ 
Et  quivi  stava  ognun  col  viso  tinto 
Delle  novelle  avute  et  del  disagio 


*  n  ms.  se, 

■  Cfr.  Moisè,    Illustrazione  storico-artistica   del  Palazzo  de*  Priori  og. 
Palazzo  Vecchio  ecc.,  Firenze,  Le  Mounier,   1830,  p.  130  e  seg>. 


DI  UN  INEDrrO  POBMA  SINCRONO.  27 1 

Del  Campo,  eh'  era  stato  rotto  al  Serchìo: 
Sopra  quelle  novelle  erano  al  cerchio. 

3 
I  Capitani  da  parte  fumo  chiamati: 

Parlando  un  de'  Signori  con  rimbrotto: 

0  come  siete  voi  stati  avvisati. 

Che  cosi  tosto  il  nostro  Campo  è  rotto? 

1  Capitani  stavano  addolorati, 

£t  non  &nno  risposta,  né  ancor  motto, 
Ma  pur  sentendo  dire,  a  tal  latino 
A  quei  Signori  rispuose  Bernardino, 

4 
£t  disse:  o  cari  Signori,  io  sono  stato 

In  molte  guerre,  benché  poco  vaglio. 

Et  a  sconfitte  ancor  mi  son  trovato: 

Nel  mondo  avuto  vittoria  et  travaglio: 

Et  bene  et  male  io  ho  assai  provato. 

Ma  io  non  vidi  mai  maggiore  abbaglio. 

Quanto  fu  questo  a  quel  passar  del  fiume, 

Che  neuno  di  noi  a  pena  vide  lume. 

5 
A  quel  passar  del  fiume  a  noi  parea 

Che  fusser  più  di  noi  died  cotanti, 

£t  oltra  a  questo  infra  loro  si  vedea 

Uomini  grandi  che  parean  giganti. 

Che  più  che  '1  sole  lor  facde  risplendea 

Con  sopraveste  tutti  o  Volto  Santi, 

Et  fìironci  addosso  con  le  spade  in  mano, 

Et  presi  et  morti  rimanemmo  al  piano. 

6 
Non  potrei  mai  creder  che  coloro 
Rompesseno  un  Campo  cosi  tosto  et  presto. 
Essendo  noi  più  forti  assai  di  loro: 
Ma  quei  giganti  che  io  manifesto 
Erano  arditi  e  forti  come  un  toro. 
Miracol  non  fu  mai  maggior  di  questo: 
Han  fatto  contra  ragione  et  contra  Dio, 
Che  sia  Signor  del  Cielo  è  '1  parer  mio. 

7 
Ora  lasciamo  qui  con  doglia  i  Fiorentini, 

Et  della  rotta  ciascun  si  favella. 

Dichiamo  le  donne,  grandi  e  piccolini. 

Noi  non  avemmo  mai  maggior  novella. 

Torniamo  al  Conte,  e  a'  franchi  Paladini, 

Che  d'  allegrezza  ciascun  rinovella, 


272  VlTrORIO  FINZI, 

Che  rotto  il  Campo,  Niccolò  dicea, 
Che  il  Ponte  San  Piero  pigliar  volea. 

8 
£  poi  si  misse  Niccolò  possente, 
Dicendo  al  Conte:  io  ho  fatto  un  pensiero 
Da  poi  che  noi  abbiam  rotto  la  gente, 
Che  questo  Ponte  chiamato  San  Piero 
Per  noi  sia  acquistato  di  presente. 
Cognoscer  voglio  chi  è  bianco  e  nero: 
£i  sono  genti  nere  et  noi  bianchi: 
Quel  passo  abbiam:  per  noi  non  manchi. 

[e.  12^]        9 
£t  r  altro  giorno  poi  andonno  al  Ponte 
Con  molta  gente  la  battaglia  dare: 
Disposto  era  Nicolò  et  anco  il  Conte, 
Se  non  si  arrendon,  di  farli  impiccare: 
£t  giunti  armati  con  oscura  fronte 
11  Conte  disse:  che  volete  fare? 
Se  per  qui  a  doman  non  vi  rendete, 
Poi  il  terzo  di  impiccati  sarete. 

IO 

Quei  della  Torre  viddeno  il  perìglio 
£t  questa  gente  intomo  cosi  presso; 
Dentro  della  Fortezza  fer  consiglio 
Di  mandar  per  soccorso  presto  un  messo. 
£t  r  altro  disse:  il  Gonfalon  del  Giglio 
Non  ci  può  attener  quel  che  ha  promesso: 
Il  campo  è  rotto,  chi  è  morto  et  chi  prigione 
Diam  la  fortezza,  e  salviam  le  persone. 

II 

Kt  così  insieme  si  sono  accordati, 
£t  Niccolò  quella  fortezza  prese: 
I  patti  fatti  non  funno  osservati: 
Lasciorno  il  Ponte,  e  isgombraro  il  Paese. 
Niccolò  Piccinin  de*  suoi  fidati 
Nella  Fortezza  misse,  et  fan  difese, 
£t  dì  et  notte  avrian  ben  guardato: 
Kt  la  guardia  fu  data  al  Sbardellato.^ 


^  È  ricordato  dal  Cavalcanti,  op.  cit.,  I,  145 — 6  e  148.  „Secondo  il  con- 
tinuatore di  Bartolomeo  della  Pugliola:  (scrive  il  Polidori  in  nota)  chiamavasi 
"il  conte  Sbardella"".  Giusta  quanto  ne  dice  T  Eroi  i  {Erasmo  Gattamelata 
dà  Narni,  suoi  monumenti  e  sua  famiglia,  Roma,  Salviucci,  1876,  p,  I  «,) 
„. . .  Degli  Sbardellati  [da  Narni]  non  si  ha  memoria  di  qualche  importanza  ... 
Nelle  croniche  uarnesi  trovai  sopra  un  ili  loro  un*  impresa  militare  di  poco  conto. 
L*  uno  di  essi  chiamavasi  Paolo,  V  altro  Giovanni.  Di  costai  ci  conta  la 
cronica   di   Bologna,    che   venne   ucciso   in    questa   città   nella  rivolnaione  dd 


DI  UN  INEDITO  POEMA  SINCRONO.  273 

12 

Havuto  il  Ponte,  andonno  a  Pontetetto, 
£  incomÌDciorno  la  battaglia  a  dare. 
Niccolò  disse:  io  vi  giuro  e  prometto, 
Se  voi  volete  stare  a  contrastare, 
Io  vii  giuro  poi  al  punto  stretto, 
A*  merli  vi  farò  tutf  impiccare. 

10  vi  consiglio  che  voi  vi  arrendiate: 
Soccorso  non  bisogna  che  aspettate. 

Quella  Fortezza  era  si  ben  fornita 
Di  pane  et  vino,  olio,  carne  et  formaggio, 
Salsiccie  assai,  e  facevan  buona  vita. 
Che  parea  lor  mal  fare  altro  viaggio. 
£t  d'  ogni  altra  armadura  ben  fornita, 
£t  d'  ogni  bene  è  piena  e  d'  avvantaggio. 
Mal  parea  lor  cotanto  ben  lasciare, 
£t  cosi  tosto  la  Fortezza  abbandonare. 

Se  cosi  tosto  la  Fortezza  diamo, 
£t  si  dirà,  che  noi  siam  trista  gente: 
Da  viver  dentro  ben  forniti  siamo: 
Che  ci  può  fare  il  Conte  et  la  sua  gente? 
£  in  questo  giunse  il  franco  Capitano, 
£t  dice  lor,  parlando  chiaramente: 
Volete  voi  questa  Fortezza  a  noi  dare? 
Non  vi  bisogna  soccorso  aspettare. 

£t  dissen  che  la  volean  tenere, 
£t  il  valoroso  Conte  fu  corucdato: 
Con  tutto  il  coraggio  suo,  senno  e  sapere. 
Incitava  al  conflitto,  come  a  fare  è  usato. 
£t  misse  in  punto,  et  fece  li  sue  schiere, 
£t  lo  fuoco  intomo  si  vi  fu  cacciato: 

11  ditto  Conte,  siccome  uomo  sicuro, 
Con  la  persona  sua  montò  sul  muro. 


....  Di  Paolo  si  fa  ricordo  nel  ms.  possedato  dai  signori  Innocenzo  e 
)po  fratelli  Cotogni  miei  concittadini,  e  che  riguarda  alcune  cose  di  NamL 
eggesi:  —  »J438.  Caterina  di  Fabiano  Arca,  vedova  di  Paolo  Sbardellato, 
lottiero  di  Truppe,  si  era  già  rimaritata  con  un  Capitano  di  Verona  per 
e  Luigi".  —  Un  Niccolò  di  Sbardellato  si  trovava  nel  secolo  XV  in  Bor- 
ia nostro  castello.  Non  saprei  decidere,  per  mancanza  di  documenti,  se 
anni  e  Paolo  siano  persone  distìnte,  o  tutf  una,  mentre  abbiamo  esempi 
Itri  soggetti  in  qaell'  epoca  chiamati  con  vario  nome,  come  avvenne  anche 
Grattamelata  .  •  /<•    Più  pncir^  •  "naato  non  mi  venne  fatto 

ntncdare. 
*  n  pron.  9i  mI  < 

£rahfl 


274  VITTORIO  PINZI, 

l6 

Veggendo  il  fuoco,  quei  di  Pontetetto 
Dissero  tra  lor:  non  è  tempo  di  stare: 
Il  giuoco  non  andrebbe  per  noi  netto. 
Non  potremo  col  Conte  contrastare, 
Sicché  Niccolò  Piccinin,  tanto  perfetto, 
Con  la  sua  gente  il  mondo  fa  tremare: 
Però  ò  meglio,  che  tosto  ci  rendiamo, 
K  diamci  V  arme  e  in  altra  parte  andiamo. 

[e.  13']       17 
Et  cosi  insieme  si  sono  accordati. 

Et  fu  loro  attenuto  tutti  i  patti: 

Con  r  arme  lor  si  partimo  li  soldati 

De'  Fiorentini,  a  Pisa  andorno  ratti. 

Siccome  gente  matta,  e  spaventati 

Andavan  per  la  via,  si  come  matti. 

Et  cosi  Pontetetto  fue  acquistato: 

A  i  Fiorentin  non  piacque  tal  trattato. 

18 
Et  da  poi  Niccolò  Piccinin  glorioso 
Col  Conte  Antonio  parlò  secretamente: 
Io  non  intendo  pigliar,  dice,  riposo. 
Tornar  farò  assai  il  conveniente. 
Di  andare  in  Lunigiana  son  bramoso. 
Et  convertir  farò  di  molta  gente: 
Io  vo*  veder  se  so  ginocare  a  zara: 
Andar  voglio  a  La  venza  et  a  Carrara. 

E  tu  Conte  mio,  nobile  e  gentile, 
Alla  città  di  Lucca  rimarrai: 
Con  tua  forza  et  ingegno,  eh*  hai  sottile. 
La  Città  et  il  Contado  guarderai. 
Et  i  nostri  nemici  non  tenere  a  vile, 
Che  dì  e  notte  pensan  sempre  mai 
Di  poter  quella  rotta  vendicare: 
Et  tu  sei  savio,  sappia  riparare. 

20 
Egli  è  chiamato  Niccolò  Piccino, 
Ma  egli  è  grande,  come  Anteo  Gigante, 
Di  senno  e  di  saper  più  che  Merlino: 
Avanza  al  veder  Virgilio  e  Dante, 
Di  cortesia  e'  passa  il  Saladino. 
Cercando  il  mondo  a  ponente  et  levante, 
Egli  è  Piccolin,  ma  egli  è  Magno, 
Non  si  potria  trovar  miglior  compagno. 


DI  UN  INEDITO  POEMA  SINCRONO.  275 

21 

Come  Niccolò  grande  si  è  partito, 
Dai  Conte  Antonio  si  é  accomiatato: 
In  verso  Pietrasanta  forte  e  ardito 
Con  sua  gente  ha  presto  caminato: 
Perchè  le  sue  prodezze  io  ho  sentito, 
In  questo  canto  io  V  ho  ribattezzato 
Ad  una  Fonte,  et  di  grande  affare: 
Però  sopra  Grande  lo  vo'  chiamare. 

22 

Niccolò  Piccinino  io  '1  chiamo  grande: 
In  verso  Pietrasanta  fu  andato; 
Per  tutto  il  mondo  la  sua  fama  spande, 
£t  co'  suoi  Cavalieri  s'  è  consigliato. 
Dicendo:  qua  si  mangia  altre  vivande. 
£t  cosi  prestamente  ha  cavalcato 
Con  la  sua  gente  nobile  et  soprana. 
Disposto  d'  acquistar  la  Lunigìana,' 
Perchè  son  gente  strana. 
Qui  faremo  fìne  a  questa  Storia: 
A  laude  sia  di  Dio  della  Gloria. 

Fine  del  sesto  et  ultimo  Canto. 

Dal  Canto  6°  (Commento  e  varianti). 

Il  giorno  appresso  la  rotta  si  portò  il  Piccinino  a  togliere  a'  fiorentini  il 
Ponte  S.  Piero,  quali  conoscendo  che  non  potevano  ricever  prontamente  soc- 
corso, diedero  la  fortezza  a  Nicolò,  e  sgombrarono  il  paese.  Et  egli  vi  pose 
alla  guardia  uno  de'  suoi  soldati,  chiamato  lo  Sbardellato.  Tolto  questa  for- 
tezza a'  nemici,  si  trasferirono  a  Pontetetto,  il  quale  era  tuttavia  guardato 
da'  soldati  fiorentini,  i  quali,  dopo  breve  resistenza,  veduto  il  fuoco,  s'  arresero, 
salve  le  persone,  et  uscirono  con  le  loro  armi,  e  si  ritirarono  a  Pisa. 

St.  7.    Che  rotto  il  campo,  Nicolò  dicea 

Che  *1  Ponte  di  S.  Pier  pigliar  volea. 
St.  9.    £  1'  altro  giorno  poi  andomo  al  Ponte 

Con  molta  gente  la  battaglia  dare. 

Era  disposto  Nicolò,  et  il  Conte 

Se  non  s'  arrendon  di  farli  impiccare  ecc. 
St.  IO.    Quei  della  Torre  viddero  il  periglio, 

E  questa  gente  intomo  cosi  presso. 

Dentro  della  fortezza  fer  consiglio 

Di  mandar  per  soccorso  presto  un  messo. 

E  r  altro  disse  :  il  Gonfalon  del  Giglio 

Non  ci  può  mantener  quel  e'  ha  promesso. 

n  campo  è  rotto,  chi  è  morto,  o  prigione: 

Diam  la  fortezza  e  salviam  le  persone. 

*  Per  più  ampie  notizie  cfr.  Beverini,  op,  cu,,  HI,  362 — 4. 

I8» 


276  VITTORIO  PINZI,  DI  UN  INEDITO  POEMA  SINCRONO. 

St.  II.    E  cosi  insieme  si  sono  accordati, 
E  Nicolò  quella  fortezza  prese: 
I  patti  fatti  furono  osservati  ecc. 
St.  12.    Havuto  il  Pon  S.  Piero,  a  Pontetetto 

Andaron  presto  alla  battaglia  dare  ecc. 
Tolti   di  mano   a'  nemici   questi    due  posti,   e  lasciato   il   Conte  Antonio  di 
Pisa  alla   difesa   della  Città,   s' inviò   il  Piccinino   verso  la  Lunigiana  per  ri- 
pigliare Lavenza  e  Carrara  ecc. 

St.  18.    Io  vo'  veder  s'  io  so  giocar  a  zara, 

Andar  voglio  a  Lavenza  et  a  Carrara. 
St.  19.    E  tu.  Conte  mìo  nobile  e  gentile, 
Alla  città  di  Lucca  rimarrai  ecc. 

Vittorio  Finzi. 


Zar  französischen  Syntax.^ 

(Vgl.  Ztschr.  XVIII,  498.) 

V. 
Von  den  infiniten  Verbformen  im  Neufranzösischen. 

Vielleicht  ist  kein  Kapitel  der  neufranzösischen  Grammatik  von 
der,  das  Ziel  wissenschaftlicher  Forschung  und  Darstellung  bildenden, 
richtigen  Auffassung,  Formulierung  und  Gruppierung  der  einschlä- 
gigen Erscheinungen  weiter  entfernt  als  das  in  der  Ueberschrift 
durch  eine  zwar  durchaus  nicht  neue,  wohl  aber  in  unverdiente 
Vergessenheit  und  noch  unverdientere  Zurücksetzung  gegenüber 
den  beliebten  Benennungen  „Nominalformen*'  (L.  272),  „Mittel- 
formen" (M.  441,  Holder  Gramm,  d.  franz.  Spr.  1865  P«  Ö6)>  «Ueber- 
gangsformen",  „Partizipalien"  (M.  ebd.)  geratene  Bezeichnung  an- 
gedeutete Kapitel  vom  Infìnitiv,  Gerundium  und  den  beiden  Par- 
tizipien. 

Als  Hauptmängel  der  üblichen  Behandlung  dieser  Verbformen 
lassen  sich  kurz  folgende  bezeichnen:  i)  Verkennung  der  völligen 
Wesensverschiedenheit  der  „flektierten"  und  „unflektierten"  Parti- 
zipialformen ,  2)  ungerechtfertigte  Trennung  des  „unflektierten"  Par- 
tizipiums Präsentis  vom  Gerundium,  3)  Mangel  einer  zutreffenden 
Charakterisierung  des  Bedeutungsunterschiedes  zwischen  Gerundium 
und  Infinitiv.^ 

Wenn  ich  bei  dem  sich  nun  anschlicfsenden  Versuch  diese 
Vorwürfe  zu  begründen,  von  der  bei  L.  gegebenen  Darstellung 
der  Lehre  von  den  infìniten  Verbformen  ausgehe,  so  geschieht  das 
gewifs  nicht,  weil  es  mich  sonderlich  gelüstete,  diesem  hochver- 
dienten Grammatiker  etwas  am  Zeuge  zu  flicken,   sondern  einmal, 


1  Abkürzungen:  L.  =s  G.  Lucking,  Französische  Grammatik*  1883; 
M.  =3=  £.  Mätzner,  Französische  Grammatik'  1885;  T.  I,  n  =  A.  Tobler,  Ver- 
mischte Beiträge  zur  französischen  Grammatik  l.,  2.  Reihe;  Gr.  «s  G.  Gröber, 
Gmndrifs  der  romanischen  Philologie  Bd.  I. 

*  Unter  Hinweis  auf  Ztschr.  XVm,  5 1 1  bemerke  ich,  dafs  ich  sogenannte 
periphrastische  Verbformen  nicht  anerkenne,  also  in  ayant  vu,  avoir  vu  nichts 
anderes  als  Verbindungen  des  Part,  ayant  und  des  Inf.  avoir  mit  dem  Akku- 
sativobjekt vu  sehe,  das  zu  seinen  Regentien  in  genau  demselben  Verhält- 
nisse stehe,  wie  etwa  das  Wort  confiance  in  den  Verbindungen  ayant  con- 
fiance und  avoir  confiance.  —  Wenn  übrigens  L.  283  den  „drei  peripl¿astischen 
Partizipien"  eine  bindere  Behandlung  zu  teil  werden  íífst,  so,  scheint  mir, 
hätte  die  Rücksicht  auf  Gleichmäfsigkeit  der  Darstellung  dasselbe  fur  den  In- 
finitiv erfordert 


278  TH.  KALEPKT, 

weil,  wie  eine  zweimalige  Versuchsniederschrift  dit  Arbeit  mich 
lehrte,  bei  gebührender  Berücksichtigung  aller  von  den  bedcuEen- 
dereo  Grammatiken  gegebenen  Meinungsäufserungen  ein  Anschwellen 
derselben  ins  Mafslose  nicht  zu  vermeiden  gewesen  wäre,  sodann, 
weil  —  und  das  entschied  die  Wahl  m  Gunsten  L.'s  (wofeni  er 
mir  diesen  Ausdruck  gestatten  will)  —  das  von  ihm  verfarste  Buch, 
auch  nach  dem  Urteile  Berufenerer  als  ich  (vgl,  T.  I,  174  u.  ähnl.), 
den  Höhepunkt  dessen  darstellt,  was  innerhalb  der  fraïuôsiscbea 
Grammatik  auf  dem  Boden  des  bisher  herrschenden  Systems  der 
Sprachbehandlung  —  das  idi,  wie  der  Leser  aus  manchen  Aeufse- 
rungen  wohl  schon  geschlossen  haben  wird ,  als  ein  endgültiges 
nicht  anzuerkennen  vermag  —  geleistet  worden. 

Folgen  wir  Herrn  Lacking  auf  seinem  Gange  durch  das  sich 
vor  uns  ausbreitende  Gebiet  sprachlicher  Erscheinungen,  so  stofseii 
wir  {$.  272)  —  unter  vorläufiger  Beiseitelassung  der  einleitenden 
Behauptung:  „Die  Nominal  form  en  des  Verbs  {ursprünglich  Casus- 
formen} sind:  die  Panici pien,  das  Gerundium  und  die  Infinitive"  — 
auf  den  die  Partizipien  betreffenden  Satz  (§  342)  :  „Die  Participien 
haben  den  Stamm  und  die  Bedeutung  nebst  der  Rections- 
fähigkeit  (§  274)  mit  Person  al  form  en ,  die  Endungen  und  die 
Beziehungsfähigkeit  mit  Adjectiven  (§  193  ff.)  gemeinsam:  sie 
sind  verbale  Adjective",  Berichtigen  wir  zunächst  mittels  Ersetzung 
des  bestimmten  Artikels  vor  „Bedeutung"  und  „Rectionsfahigkeil" 
durch  das  (auf  „Stamm"  weisende)  demonstrative  Pronomen  „dessen" 
die  Ungenauigkeit,  die  dieser  Behauptung  in  der  hier  vorliegenden 
Form  innewohnt,  als  wäre  die  Bedeutung  des  Partizips  dieselbe 
wie  die  der  Personal  formen ,  was  selbstverständlich  L.'s  Meinung 
nicht  ist,  so  erhebt  sich  bei  weiterer  Prüfung  des  Gesagten  die 
Frage:  Was  heiist  es,  „Participien  haben  die  Endtmgen  mit  Ad- 
jectiven gemein",  was  sind  „adjectivische  Endungen"?  Der  ange- 
zogene g  193,  der  über  das,  was  mit  dem  Worte  „Beziehungs- 
fähigkeit" gemeint  ist,  hinreichende  Auskunft  gewährt,  läfst  diese 
Frage  ebenso  unbeantwortet,  wie  g  100  der  Formenlehre.  Ver- 
suchen wir  nun,  den  Sinn  des  Ausdrucks  aus  eigenen  Mitteln  iu 
ergründen,  so  werden  wir  nicht  zweifeln  können,  dafs  die  An- 
nahme, es  seien  mit  dem  Worte  .KEndungen"  gewisse  Laut-  bezhw. 
Buchstabenkomplexe  gemeint,  hier  von  vornherein  ausgeschlossen 
ist.  Warum  sollte  eben  ,^ai"  in  höherem  Mafse  Adjektiv-,  als  Suli- 
stanlivendung  sein,  oder  warum  sollte  gerade  „an/"  bei  der  Fülle 
verschiedenartiger  Endungen,  die  das  Adjektiv  aufweist,  als  die 
demselben  charakteristische  gelten?  Bei  dieser  Sachlage  dürfen 
wir  wohl  annehmen,  dafs  das  hier  den  Adjektiven  und  den  Parti- 
zipien als  gemeinsam  Zuerkannte,  weniger  die  Endung  nach  ihrem 
malerialen  Bestände,  als  vielmehr  die  besonders  geartete  Flexibilität 
derselben  ist,  ihre  Fähigkeit,  Unterschiede  des  Genus  und  Numerus 
durch  gewisse  Laut-  bezliw.  Buchstabcnab  wan  dl  ungen  zum  Aus- 
druck zu  bringen.  Triflt  indus  im  Falle  der  Richtigkeit  dieser 
Annahme,   L.'s    Behauptung    noch    zu,    dafs    die   „Partioipiea    den 


ZUR  FRANZÖSISCHEN  SYNTAX.  279 

Stamm  und  die  Bedeutung  nebst  der  Rectionsiahigkeit  (desselben) 
mit  Personalformen,  die  Endungen  und  die  Beziehungsfahigkeit 
mit  Adjectiven  gemeinsam''  haben?  Nein.  Denn  sobald  ein  Parti- 
zipium „flexibel"  wird,  geht  es  bekanntlich  der  Fähigkeit,  ein 
Akkusativobjekt  zu  regieren  —  der  einzigen,  die  als  spezifisch  ver- 
bale Rektionsfahigkeit  gelten  kann  —  verlustig;*  und  L.  439  be- 
zeichnet mit  Recht  Ausdrucke  wie  „Z«  gens  tenants  la  cour  de  par^ 
lement^'^  als  Archaismen,  d.  h.  als  den  Gesetzen  der  heutigen  Sprache 
zuwiderlaufend.  Dem  lateinischen  immortalità tem  adipiscentes^  adepti 
steht  im  Neufranzösischen  bekanntlich  kein  obtenants^  obtenus  rim- 
mortalité  zur  Seite.  Also  —  entgegengesetzt  dem,  was  L.  be- 
hauptet — :  Kein  Partizipium,  weder  ein  solches  des  Präsens,  noch 
ein  solches  des  Perfekts  hat  gleichzeitig  „die  Rectionsfähigkeit  mit 
Personal  formen  und  die  Endungen  mit  Adjectiven  gemeinsam". 
Vielmehr  hat  die  neu  französische  Sprache  in  sauberster  Weise  die 
Scheidung  zwischen  reinen  Verbalformen  (mit  voller  Rektions-,  aber 
ohne  adjektivische  Motionsfähigkeit)  und  reinen  Nominalformen  (mit 
Motions-,  aber  ohne  verbale  Rektionsfahigkeit)  vollzogen.  Bleibt 
freilich  noch  die  „Beziehungsfahigkeit"  oder,  wie  L.  an  anderen 
Stellen  (§§  360,  366,  372)  sagt,  „Satzgliedschaft".  Indes  schon  L. 
zeigt  §§  180  und  194,  dafs  hinsichtlich  dieser,  zwischen  Adjektiv  und 
Substantiv  eine  Gleichartigkeit  herrscht,  die  dieselbe  für  die  Fest- 
stellung einer  vermeintlichen  spezifisch  adjektivischen  Natur  irgend 
einer  Wortform  als  ein  durchaus  ungeeignetes  Kriterium  erscheinen 
läfst  (vgl.  weiter  unten);  und  ich  selber  nehme  nicht  Anstand,  es  als 
meine  Ueberzeugung  auszusprechen,  dafs,  wenngleich  naturgemäfs 
gewisse  Wortarten  vorzugsweise  in  gewissen  Satzgliedschaften  auf- 
treten, doch  keine  Wortart  bezüglich  derselben  irgendwie  gebunden 
ist,^  dafs  demnach  die  ganze  Frage  der  Satzgliedschaft,  der  Funktion, 
eine  bedeutungslose  ist  und  in  der  Sprachbetrachtung  die  ihr  von 
vielen,  z.  B.  von  L.,  eingeräumte  bedeutsame  Rolle  zu  spielen  nicht 
verdiente.  Es  mufs  hiernach  der  Beweis  für  die  von  L.  aufgestellte 
Behauptung:  „Participien  sind  verbale  Adjectiva"  als  mifslungen 
bezeichnet  werden,  und  mit  dieser  obersten  Behauptung  dann  auch 
alles  fallen,  was  im  weiteren  Verlaufe  der  Darlegung  aus  ihr  ge- 
folgert oder  auf  sie  gegründet  worden. 

Eine   der   ablehnungsbedûrftigsten  Konsequenzen   der   ebenso 
unklaren   wie   unbegründeten  Anschauung  von  den  infiniten  Verb- 


^  Ich  erachte  demgemäfs  die  L.  §  342  Anm.  gesetzte  und  §  359  b.  Anm.  i 
und  2  naher  ausgeführte  Scheidung  zwischen  „flexibelm  Part.  Präs."  und 
„reinem  Adjectiv"  fur  imhaltbar.  In  une  main  fumante  ist  fumante  „reines 
Adjectiv",  ganz  gleich,  ob  de  sang  daneben  steht,  oder  nicht,  und  ebenso  ist 
in  une  main  fumant  dies  letzte  Wort  reines  Verb,  ganz  gleich,  ob  ein  „Rectum" 
(de  sang)  folgt,  oder  nicht. 

■  Vgl.  le  devant,  mon  chez  moi  etc.  Ferner:  Un  tiens  vaut  mieux  que 
deux  tu  auras  (nicht  zu  schreiben  Un  „tiens**  und  deux  „tu  auras**),  —  The 
ups  and  downs  of  fortune.  —  „Doch  bleib  mir  mit  wenn  und  mit  aber  zu 
Haus"  (nicht  blofs  mit  den  Wörtern  als  Laut-  bezhw.  Schriftgebilden,  sondern 
mit  dem,  was  sie  bedeuten).  —  „Vorwärts  ist  mein  Verlangen"  u.  s.  w. 


38o  TR.  KALEPKY, 

formen  als  MittelfonneD ,  Uebeigangsformen,  Paitizipalien,  die  va- 
meintlich  die  Natur  des  Verbs  mit  derjenigen  des  Nomens  in  sich 
vereinigten  {daher  auch  uniulrcITend  „ Nominal fortnen  des  Verbs" 
genannt),  ist  nun  die  in  mehr  oder  weniger  modifizierter  Form  in 
allen  mir  bekannten  Grammatiken  anzutrelTende  Aufstellung,  die 
beiden  Partizipien,  das  des  Präsens  wie  das  des  Perfekts,  seien  in 
gewissen  Fällen  „flexibel",  „veränderlich",  in  anderen  „inflexibel", 
„unveränderlich".  Ich  lasse  bei  der  Befehdung  dieser  Anschauungs- 
weise, für  deren  thatsächliches  Bestehen  es  bei  der  Umfänglichkeit 
ihrer  Verbreitung  irgend  welcher  Belege  wohl  nicht  bedarf,  die  an 
und  für  sich  gewifs  nicht  uninteressante  oder  erwägensun werte 
Frage  beiseite,  inwieweit  die  in  den  erwähnten  Worten  „(in)flesibel. 
(un)  verändert  ich"  liegende  bildliche  Bezeichnung  überhaupt  eine 
glückliche  und  berechtigte  ist,  ob  dieselbe  nicht  vielmehr  ein  un- 
zulänglicher Notbehelf,  eine  Art  pi.^i  aller  der  Grammatiker  ist,  unter 
der  sich,  ähnlich  wie  bei  den  Ausdrucken  „regieren",  „abhängen", 
ein  Mangel  an  Wesenserfassung  der  betreffenden  sprachlichen  Er- 
scheinungen notdürftig  verberge,'  und  werfe  vielmehr  nur  die  Frage 
auf,  ob  die  Verwendung  jener  Termini,  mögen  sie  nun  an  und 
für  sich  gut  oder  schlecht  gewählt  sein,  in  dem  uns  vorliegendeo 
Falle  nach  Mafsgabe  des  Sachverhalts  überhaupt  noch  zulässig  ist 
Ich  mufs  diese  Frage  mit  Entschiedenheit  verneinen.  Es  hat  allen- 
falls einen  Sinn,  vom  portugiesischen  Inßnitiv  zu  sagen,  dafs  er 
flexibel  sei,  sofern  die  Bedeutung  des  flektierten  Inñnitivs,  abge- 
sehen von  der  durch  die  „Flexion"  mit  sicii  gebrachten  Bereiche- 
rung und  Vermehrung  um  das  —  sagen  wir  —  Personalmoment, 
genau  dieselbe  ist  wie  die  des  unñektíerten  (vgl.  z.  B.  Quam-inÀû 
ierra    andamos    seni    sabir    nunca    dalo  fiovo  ruda,    sem  vermos  nunca 


'  Ich  erinnere  in  diesem  Belange  nur  daiaa.  dafs,  wäbrcDd  Pleiibiliiät. 
Biegsam-,  Biegbarkeit  im  eigentlichen  Sinne  iloch  nur  einem  (rcgensUnde 
ptidiEicrt  wird,  dem  man  durch  Biegen  verschiedene  Formen  geben  kann,  ;n 
der  Sprache  neben  dea  nach  Worlmaterìe  und  •bedeutong  iwar  verwandten, 
aber  im  übrigen  dorchaus  selbständigen  Wörlem  Ihatsachlich  ein  Gmndworl. 
von  dem  sich  die  anderen  als  Flexionen  darstellten,  gor  nicht  eiistierL  Es 
ist  konventionelle  Willkür  oder  willltürliche  Kaavenieaz,  grande,  gramdt  vaA 
grandes  als  Flexionen  von  grand  lu  bezeichnen.  Mit  gleichem  Rechte 
kannte  man  grand  als  eine  Flexion  von  grande  etc.  bezeichnen.  Selbst  in 
dem  Falle  des  portugÍe5Ísehen  Infinitivs,  welcher  neben  der  reinen  Form  noch 
solche,  die  raíl  Personalen  dun  gen  versehen  sind,  hat,  würde  das  Bild  dei 
Biegens  weniger  am  Platte  sein  als  das  dos  Erweilerns,  Verstürkens  ii.  dergl.  — 
Aurserdem  will  mir  scheinen,  dafs,  wenn  man  nun  einmal  ans  praktischen 
Gründen  —  ähnlich  wie  die  Astronomie  populär  von  einer  drehenden  Be- 
wegung des  Himmels  und  der  Gestirne  spricht  —  den  wissenschaftlich  nicht 
lu  recht  fertigen  den  Ausdruck  „lleiibel"  beibehalten  will,  man  ihn  iwar  von 
einer  Wortart  oder  einem  einzelnen  Worte  brauchen  dürfte,  um  antudeuten, 
doTs  da  mehrere  in  einem  gewissen  stereotypen  VerhältnisEC  stehende  Wott- 
fonnen  vorhanden  sind,  der  Ausdruck  „das  Partiiip  ist  dann  nnd  dann 
flexibel"  jedoch  entweder  gar  keinen  oder  höchstens  den  Sinn  haben  düißt. 
dafs  es  in  dem  betrefTendcn  Palte  i;estnttel  sei,  es  in  flektieren  oder  nicht 
Ui  flektieren.  L.  hätte  rn.  F..  %li,<,  u.  s.  w.  überall  „ist  fielet  ieri  (unlleblicrll" 
sagen  müssen. 


ZUR  FK  ANZÖSISCHEN  SYNTAX. 


281 


nova  Cam.,  Lus.  V,  49,  zitiert  von  Reinhardstoettner,  Gt.  d.  pori. 
Spr.  p.  365).  Ganz  anders  aber  liegt  der  Fai!  bei  dem  „flexibeln" 
bezhw,  „unflexibeln"  Partizip  im  Französischen,  wie  sogleich  eine 
Prüfung  der  hinsichtlich  der  Bedeutung  beider  gemachten  Aur- 
stellungen der  Grammatiker,  in  unserm  Falle  L.'s,  ergeben  wird. 
L.§359  heifst  es:  „Das  Pariidp  des  Präsens  ist  inflexibel,  wenn 
es  (verbal)  eine  im  Verlaufe  begriffene  Thätigkeil,  aber  flexibel, 
wenn  es  (nach  Art  eines  Adjectivs)  die  Fähigkeil  oder  Neigung 
zu  einer  Thätigkeil,  oder  die  Gewohnheit  oder  Eigentümlich- 
keit etwas  zu  ihun,  also  einen  Zustand  ausdrückt"  Was  hier 
hinsichtlich  des  „inflcxibeln"  Partizips  des  Präsens  gesagt  worden, 
kann  als  zutreffend  zugestanden  werden,  mit  der  Einschränkung 
höchstens,  dafs,  ebenso  wie  der  XVIII,  499  d.  Ztschr.  bei  der  Be- 
sprechung des  Unterschiedes  zwischen  Imparfait  und  Difini  gerügte 
Terminus  „Handlung"  (L.  218),  hier  das  Wort  „Thätigkeit"  nur  einen 
Teil  der  in  Betracht  kommenden  Begriffe  berücksichtigt.  Hingegen 
bedarf  die  sich  ansch liefsende  Definition  von  der  Bedeutung  des 
„flexibeln"  Partizips  des  Präsens  der  Berichtigung.  Nehmen  wir 
z.  B.  den  p.  287  als  Beleg  für  das  flexible  Partizip  gegebenen  Satz: 
Uhommt  esl  la  seule  créature  parlante.  Drückt  parlante  hier  die 
Fähigkeit  des  parler  aus?  Könnte  ich  in  dem  Satze:  L'enfant 
acquiert  la  faculte'  de  parler  dans  la  dfuxiimt  année  de  sa  vit,  oder 
einem  ähnlichen,  für  „faculté  de  parler"  das  Wort  parlante  ein- 
setzen? Die  Frage  erscheint  absurdi  doch  ist  sie  zur  Nachweisung 
des  Irrtums  nicht  zu  entbehren.  Die  Schuld  trifft  den ,  der  da 
■^agt,  dafs  ein  Hektiertes  Partizip  des  Präsens  die  „Fähigkeit  u. s.w. 
etwas  zu  thun"  ausdrücke.'  Ganz  dasselbe  gilt  von  den  Ausdrücken 
„Neigung",  „Gewohnheit",  „Eigentümlichkeit",  „Zustand".  Keiner 
dieser  Begriffe  kann  (mit  Bezug  auf  parier)  durch  parlante  ausge- 
drückt werden.     Wie  haben  dann  aber  die  Grammatiker  —  L.  ist 


■  Ucbrigens  sind  nnidieiDend  absurde  Fragen  in  der  Ealwickluag  dei 
Wiisenscha/t  keine  Sclleoheit.  Kant  wufile  soine  Zuhörer  von  der  SiDolañg- 
keit  des  auf  dec  BegiìfT  der  Vollkommenheit  gi^gnindeten  Beweites  fUr  das 
Dasein  Goltes,  dci  doch  Jahrhandene  hindurch  für  unanfechlbir  gegolten  halte. 
bekanntlich  nicht  anders  zu  überzeugen  als  durch  die  Frage:  „Wenn  Sie  «ich 
iwanzig  Tbaler  in  ^röfstei  Vollkommenheit  denken,  werden  dieselben  dadurch 
wirklich.'"  —  Ich  verhehle  mir  nicht,  dab  die  hier  gegebenen  Darlegungen 
geeignet  sind,  in  dem  Leser  das  Bedenken  wachz umico ,  ich  hatte  zu  einer 
MeinungsTerechiedeiiheit  gestempelt,  was  nur  Ungenauigkeit  des  Ausdrucks 
sei,  mil  anderen  Worten,  es  sei  leeres  Stroh,  was  ich  bier  dräsche.  Daiaur 
erwidere  ich,  einmal,  dais,  wenn  diese  Ansicht  zuUetfend  wäre,  damit  das 
m.  E.  berechtigte  l.ob,  das  L.  auch  von  berufenster  Seite  ob  der  „Sorgfalt 
leiner  Darstellung"  gespendet  worden  ist,  erheliltcher  Einschränkung  bedürftig 
würde  —  denn  die  Ungenauigkeit  des  Ausdrucks  wäre  nicht  grölser,  wemn 
gesagt  würde,  ¡aiiveur  drucke  die  „Eigentümlichkeit"  des  sauver  ausi  und 
viel  Schlimmeres  ñndet  sich  auch  in  den  dem  Range  njich  unter  L.  stehenden 
Grammatiken  knmn  — ,  sodann  aber,  dafs,  selbst  die  Richtigkeit  des  obigen 
Bedenkens  zugegeben,  eine  derurtige  Ausdnicksun|;enauigkeit,  wenn  sie  so  ver- 
biidlel  und  fest  eingeworzelt  ist  wie  die  in  Rede  stehende,  doch  nur  durch 
eingehende  Piüfun»;  des  Sachverhalts  und  Aufdeckung  ihrtr  Quellen,  wenn 
úberbaupl,  endgültig  beseitigt  werden  kann. 


28> 


TH.  KALEPKY, 


keineswegs  der  eintige  —  dieser  Verirrang  anheimfaUen  kônneni 
Vielleicht  giebt  Folgendes  eine  Lösung  des  Rätsels. 

Es  ist  ein  durch  alle  mir  bekannten  Sprachlehren  gehender 
Irrtum,'  dafs  das  Adjektiv  eine  Bezeichnung  der  Eigenschan,  des 
Zustandes  u,  dergi.  laehr  sei.  So  auch  L.  13g  „Die  Adjecüva  sind 
solche  Namen  von  Eigenschaften,  welche  sich  ,  .  .".  Richtig 
ist,  dafs  es  sich  bei  Adjektiven  immer  um  Eigenschaften  handelt, 
dafs,  wo  jemand  ein  Adjektiv  setzt,  seinem  Geiste  die  Vorstellung 
einer  Eigenschaft  vorschwebt.  Aber  was  er  mit  dem  Adjektiv  be- 
zeichnet, wovon  dieses  „der  Name"  ist,  ist  nicht  jene  Eigenschaft, 
sondern  (ein)  männlicbe(s)  oder  weibliche(s)  Seiende{s),  weldie(s) 
als  Träger  jener  Eigenschaft  gedacht  ist  (sind).'  Namen  von  Eigen- 
schaflen,  z.B.  honnêttU,  sind  stets  Substantive,  wie  ja  auch  L,ii3 
durchaus  richtig  .sagt:  „Die  Substantiva  benennen  ...  3)  Eigea- 
schaften  und  Verhältnisse,  Thätigkeiten  und  Zustande  von  Dingen 
oder  Stoffen."'     Dagegen  bezeichnet  honnfle  ein  Seiendes,    das  als 

'  von  dem  auch  Paol,  Prioiipien  der  Sprachgeschichte  p.  î^g,  mir  nicht 
frei  zu  sein  scheint,  wie  ich  drim  diesem  grofsen  SprnchphilosoptieQ  auch 
darin  oichl  beistimmen  kann,  data  „der  Versuch  ein  streng  logisch  gpgUeilritei 
System  (der  Redeteile)  aufiustellen ,  überhaupt  undurchführbar  sei"  (ib.).  m 
sehr  ich  andrerseits  mit  seinem  verwerfenden  Urteil  âfaec  die  „von  den  antiken 
Gtanimatikem  überkommene"  übliche  Scheidung  der  Redeteile  in  den  indo- 
germanischen Sprachen  einverstanden  bin. 

*  Daa  ist  im  Franz.  wie  überhaupt  in  alten  Sprachen,  die  das  Adjektiv 
stets  ,Jletitiert"  setzen,  ohne  wñteres  einleuchtend.  Eìnigermafsen  verlübrt- 
riich  ist  das  Deutsche  mit  seinem  „unflektierten  Adjektiv"  in  prädikaüvischet 
und  appositi visch er  Funldion:  „Der  Baum  ¡st  grün",  „mein  tapferer  Ritler 
wert".  Hier  sind  aber  „grün"  und  „wert"  gar  nicht  Adjektive  in  dem  ¡and' 
läufigen  Sinne,  sondern  wirkliche  Substantive,  Namen  von  Eigenschaften^  und 
wie  gering  auch  der  lautmateriale  Unterschied  sei,  die  ausgedrückte  Vorstellung 
ist  weacnsverschieden ,  je  nachdem  ich  sage:  „Seine  Kenntnisse  in  dem  und 
dem  Gegenstände  sind  genügend"  oder  „. . .  sind  genügende".  Es  ist  anch 
hier  die  Trühzeidge  Erlernung  der  lateinischen  Grammatik,  die  das  Gefühl  lÖr 
diesen  wichtigen  Unterschied,  der  sich  in  der  Orthograpliie  durch  Verschieden- 
heit des  Anrangsbuchslaben  („Geoagend",  aber  „genügende")  ausprägen  toUle, 
ertötet  hat. 

'  Einem  Manne  von  dem  Schaifblidt  Lückings  konnte  der  in  den  hier 
vorge rührten  Definitionen  vom  Adjektiv  und  Substantiv  liegende  Widerspruch 
nicht  entgehen.  Er  sucht  ihn  dadurch  la  lösen,  dats  er  von  den  Adjektiven 
einschränkend  aagt,  sie  seien  „solche  Namen  von  Eigenschaften,  welche  sich 
auf  Substantive  (substantivische  Pronomen,  Inhnitive)  beliehen".  Wie  mir 
scheint,  mit  wenig  Glück.  Denn  einmal  besagt  der  Ausdrude  „ein  Wort  be- 
liebt sich  auf  ein  anderes"  trotz  seiner  Beliebtheit  bei  den  Grammatíkeni  etwas, 
wofür  jede  tbaCaäcbliche  Unterlage  fehlt;  sodann  aber  würde,  selbst  wenn  man 
ihn  unbesehen  hiimähme,  auch  durch  die  erwähnte  Einschrinkung  nicht*  ge- 
wonnen sein,  da  nach  L.  §180  IT.  auch  das  „Substantiv  sich,  wie  ein  Ad- 
jektiv, auf  ein  Substantiv  (ein  substantivisches  Pronomen,  einen  Infinitiv)  und 
zwar  entweder  pridicstiv  oder  appoaitiv  oder  attributiv  betieht",  üso  tucb 
L,'e  Definition  ein  t.  B.  in  der  Sielluny  einer  Apposition  auftretender  Natce 
einer  Eigenschaft  wie  honnttcti,  der  doch  unbczweifeltcs  Substantiv  ist,  da 
Adjektiv  wäre,  d.  h.  „ein  solcher  Name  einer  Ei^^schafl,  der  sich  auf  tin 
Substantiv  (substant.  Pron..  Infinit.)  bezieht".  —  Ueberhaupt  halte  ich  du 
Bemühen,  einen  Unlerscliied  zwischen  Subsl.  nnd  Adjekl.  aU  ïweicn  Rede- 
teilen aufiustellen,  für  ein  vergebliches,   Tdr  welche  Ansicht  mir  T,  11,  l6ot 


ZUR  FRANZÖSISCHEN  SYNTAX.  283 

Träger  einer  gewissen,  honnêteté  genannten  Eigenschaft  gedacht  wird, 
aber  nicht  die  Eigenschaft  selbst 

Es  ist  nun  leicht  zu  sehen,  wie  aus  diesem  Irrtum  hinsichtlich 
der  Bedeutung  des  Adjektivs  derjenige  hinsichtlich  der  Bedeutung 
des  „flexibeln"  Partizips  des  Präsens  entspringen  mufste,  und  zu- 
gleich auch,  wie  derselbe  zu  berichtigen  ist.  So  wie  honnête  nicht 
eine  Eigenschaft,  sondern  den  Träger  einer  solchen  bezeichnet,  so 
drückt  auch  parlante  (vgl.  das  angeführte  Beispiel)  nicht  die  „Fähig- 
keit oder  die  „Neigung**  oder  die  „Gewohnheit**  oder  die  „Eigen- 
tümlichkeit** des  parier t  „also  einen  Zustand**  aus,  sondern  es  be- 
zeichnet vielmehr  ein  weibliches  Seiendes,  dem  das  parier  als  eine 
von  ihm  ausgeübte  Thätigkeit  eigentümlich  ist.  Und  nicht  nur 
für  das  Partizipium  Präsentis  existiert  ein  solcher  Bedeutungsunter- 
schied zwischen  „flexibler**  und  „inflexibler**  Form,  wie  man  nach  dem 
Verfahren  der  Grammatiker  erwarten  sollte,  die,  wie  L.  §  359,  diesem 
Unterschiede  beim  Partizipium  Präsentis  meist  eine  ausführliche  Er- 
örterung zu  teil  werden  lassen,  während  sie  ihn  beim  Partizip  des 
Perfekts  so  nebenher  —  L.  §  345,  346  i)  durch  den  parenthetischen, 
übrigens  unzulänglichen  Zusatz  „(als  Adjektiv)**  und  bei  §  346,  2 
durch  die  gleichfalls  parenthetische  und  recht  problematische  Be- 
merkung „als  substantivisches  Neutrum**  mit  der  in  Fufsnote  3  ge- 
gebenen Erläuterung  „Abstractum  der  vollendeten  Handlung**  (wo- 
rüber im  Folgenden  noch  zu  handeln  sein  wird)  —  abthun,  sondern 
er  gilt  mutatis  mutandis  auch  für  das  Partizip  des  Perfekts.  ^.Battus'* 
(in  L.'s  Beispiel:  Les  ennemis  furent  battus)  bezeichnet  männliche 
Seiende,  an  denen  die  Handlung  des  battre  vollzogen  worden  ist; 
battu   in   dem    Satze:    Nous    avons   battu   les   ennemis  (also  als  „in- 


cine ebenso  wertvolle  wie  erfreuliche  Bestätigimg  gewesen  ist.  An  der  dort 
gegebenen  Erörterung  dieses  Gegenstandes  hat  mich  nur  das  unbefriedigt  ge- 
lassen, dafs  in  ihr  —  gewifs  aus  guten  Gründen  —  überhaupt  nicht  gesagt 
wird,  worauf  sich  die  herkömmliche  und  auch  von  dem  Herrn  Verfasser  über- 
nommene Gegenüberstellung  von  Adjektiv  und  Substantiv,  deren  Berechtigung 
doch  die  Voraussetzung  seiner  Ausführungen  bildet,  eigentlich  gründet.  Der 
Leser  wird  belehrt  i)  darüber,  dafs  es  sich  als  völlig  unausführbar  darstellt, 
eine  Scheidung  zwischen  Subst.  und  Adj.  als  zwischen  zwei  Wortarten  zu 
vollziehen,  2)  dafs  einzig  noch  möglich  sei,  von  zweierlei  Funktion  innerhalb 
der  Rede  zu  sprechen.  Diese  Möglichkeit  jedoch  wird  sofort  durch  den  Satz 
„obschon  auch  bei  diesen  (den  Substantiven)  eine  Verwendung  in  der  soge- 
nannten Apposition**  —  warum  übrigens  nur  in  der  Apposition?  Wenn  de 
Stendhal,  Le  Rouge  et  le  Noir  II,  61  sagt:  Que  ne  ferais-je  pas  d*un  roi 
homme  de  cœur  comme  Louis  XIII  .  . .  oder  Une  jolie  femme  du  grand 
monde  est  . , ,  ce  qui  étonne  le  plus  un  paysan  homme  d'esprit  ...  ib.  II,  68 
oder  Littré,  Comment  j'ai  fait  m.  d.  p.  33  :  ...  un  caractère  tout  spécial  qui 
ne  lui  [à  son  dictionnaire)  laissait  plus  guère  de  ressemblance  avec  les  dic- 
tionnaires ses  prédécesseurs  (mit  den  ihm  vorausgegangenen  Wörterbüchern), 
so  liegen  hier  unzweifelhafte  Determinationen  vor  —  ,,eine  gewisse  Schwierigkeit 
bereitet",  wieder  in  Abrede  gestellt,  so  dafs  sich  als  Schlufsfolgerung  er^be: 
„Kein  Unterschied  zwischen  Subst.  und  Adj."  Trotzdem  heilst  die  Ueber- 
schrift  des  Artikels  „Adjektiv  in  Substantivfunktion*'  und  legt  damit  dem 
Leser  die  Frage  nahe,  worin  der  Unterschied  zwischen  Adjektiv-  und  Sub- 
stantivfunktion besteht 


a84  TB.  KALSPKY, 

ñexibles"  Partizip)  bezeiclinet  ein  vollzogeaes  baltre  (wobei  ich  nidit 
einzusehen  vermag,  mit  welchem  Rechte  L.  dies  als  „substantivisches 
Neutrum"  aufgefaCst  wissen  will).  Wie  mit  dem  íiílt  aufgestellten 
Unterschiede  die  verschiedenen  Falle  ñektierten  oder  unflektierten 
Partizips  des  Perfekts,  insbesondere  Verbindungen  wie  j(  me  suis 
procuri  CIS  ¡ivres  oder  Je  me  íes  sais  procurés,  sowie  supposa  ielle 
chose  und  cel/e  chose  supposée  u.  dergl.  in  Einklang  zu  setzen  sind, 
wird  aus  den  weiter  unten  zu  gebenden  Ausführungen  erbellen. 

Es  ist  in  dem  biiherigen  Teile  unserer  Erörterung  feslgestelll 
worden,  erstens,  dafs  sich  niemals  Flexibilität  mit  verbaler  Rcklions- 
Hihigkeit  (den  Begriff  dieser  auf  Akkusative  beschränkt)  an  einem 
Partizipium ,  sei  es  des  Präsens  oder  des  Perfekts,  vereinigt  vor- 
finden,' so  dafs  also  von  Mittel-  oder  Ue bergan gsformen  o.  dergL 
keine  Rede  sein  kann,  sondern  eine  Partizipialform  entweder  reine 
Verbalform  {nämlich  „unflektiert")  oder  reine  Nominalform  (näm- 
lich „flektiert")  ist;  zweitens,  dafs  die  sogenannten  „flexiblen"  Par- 
tizip ial  formen  niemals  „die  Fähigkeit  oder  Neigung  zu  einer  Thätig- 
keit  oder  die  Gewohnheit  oder  Eigentümlichkeit  etwas  zu  thnn, 
also  einen  Zustand"  (L.  §  359)  oder  „mehr  eine  anhaftende  Be- 
schaffenheit" (M.  459,  Seeger,  Lehrbuch  der  neu  franz.  Syntax  1884, 
I,  142)  oder  „ein  bleibendes  Merkmal  von  unbeschränkter  Dauer" 
(Holder,  Gramm,  d.  franz.  Spr,  67)  bezeichnen,  sondern  stets  ein 
Seiendes,  welches  zu  einem  Sein  oder  Geschehen  in  Beziehung 
gesetzt  ist,  entweder  so,  dafs  das  betr.  Seiende  als  sein  Träger 
(„Part.  Präs."),  oder  so,  dais  es  als  das,  woran  jenes  Sein  oder  Ge- 
schehen vollzogen  worden  {„Part  Perf."),  gedacht  ist.  Dabei  ist  nun 
(p.  zyg  Anm.  i)  auf  eine  —  ich  möchte  sagen  —  kritische  Hyperbel, 
ein  Uebermafs  der  Unterscheidung,  hingewiesen  worden,  dessen  sich 
L.  §342  Anm.  und  §359  dadurch  schuldig  gemacht  hat,  dafs  er 
aufser  dem  „flexibeln  Partizip  des  Präsens"  noch  ein  „gewöhn- 
liches" oder  „reines"  Adjektiv  ansetzt.^  Ein  Seitenstuck  hieran  findet 
sich  nun  in  der  Scheidung  der  „inilexiheln"  Verbformen  auf  -ani 
in  „inflexible  Participien"  und  „Gerundien".  Sehen  wir  su,  wie  L. 
diese  Unterscheidung  begründet.  In  §  35g  heifst  es  vom  Paitiiip 
des  Präsens  des  Aktivs  (ich  kurze  ab:  P.):  „Das  P.  ¡st  inflexibel, 
wenn  es  (verbal)  eine  im  Verlauf  begrifl^ene  Thätigkeit  ausdruckt" 
Vom  Gerundium  (G.)  g  366;  „Das  G.  ist  ein  verbales  Substantiv, 
ein  Abstractum  der  im  Verlauf  begriffenen,  auf  ein  actives  logisches 
Subject  bezogenen  Thätigkeit"  und  dazu:  „Das  logische  Subject  ist 
in  der  Regel  das  Subject  des  Satzes",  ein  Merkmal,  das  sich  schon 
durch  die  Bestimmung  „in  der  Regel"  als  unwesentliches  charaklerisieit 
Bei  äufserlicher  Nebeneinanderstellung  beider  Begriflsbestimmungen 

>  Dais  àia  der  Sinii  in  L.  §  342  i&l  —  dafs  hier  nicht  etwa  blofs  risa 
ZasammcnsIelluDg  der  Merkmale  des  Begriffs  „ParticijHum"  gegeben  werden 
soll  — ,  schein!  mir  mit  Notwendigkeit  aus  der  SchUifsfalgetapg;  „sk  «nil 
verbale  AdjccliTe"  sich  zu  ergeben. 

'  Wcnifilcns   kann    ich    es   anders   nicht  auffassen,    " 
„Uebergclien  (des  Pari.)  io  ein  gewöhnliches  Adjecliv"  gp 


ZUK  FRANZÖSISCHEN  SYNTAX.  285 

erscheint  der  Unterschied  bedeutend.  Dort  nur  das  eine  Merkmal 
„dne  im  Verlauf  begriffene  Thätigkeit",  wozu  dann  noch  die  §  342 
über  das  Partizip  im  allgemeinen  gemachte  Angabe  :  „sie  sind  ver- 
bale Adjective"  zu  ziehen  wäre.  Hier:  i)  „ein  verbales  Substantiv", 
2)  „ein  Abstractum  der  im  Verlauf  begriffenen  Thätigkeit",  3)  „einer 
auf  ein  actives  logisches  Subject  bezogenen  Thätigkeit**. 

Wir  werden  diese  Aufstellungen  in  zwiefacher  Hinsicht  einer 
Prüfung  unterziehen  müssen,  einmal  in  Bezug  darauf,  ob  thatsach- 
lich  alle  dem  G.  imputierten  Merkmale  vorhanden  sind,  sodann  ob 
die  als  vorhanden  zuzugestehenden  ausreichen,  die  von  L.  gesetzte 
Trennung  der  unflektierten  Formen  auf  "an/  in  Partizipial-  und 
Gerundialformen  zu  rechtfertigen? 

Was  die  erste  Frage  angeht,  so  ist  nach  dem  bereits  Voraus- 
geschickten für  das  „inflexible**  P.  die  Behauptung,  dafs  es  ein 
verbales  Adjektiv  sei,  unter  allen  Umständen  in  Abrede  zu  stellen, 
da  doch  Adjektiva  nicht  „im  Verlauf  begriffene  Thätigkeiten**  (vgl. 
L.  §  359)  bezeichnen.  Will  man  mit  L.  an  der  Charakterisierung 
der  infiniten  Verbformen,  sei  es  als  adjektivischer  oder  als  sub- 
stantivischer —  wofür  m.  E.  eine  zureichende  Grundlage  nicht  vor- 
handen ist  — ,  festhalten,  so  wird  man  das  „inflexible**  P.,  wofern 
man  ihm  nicht  etwa  eine  andere  Bedeutung  als  die  ihm  von  L. 
beigelegte  zuschreiben  wollte,  doch  wohl  für  ein  verbales  Substantiv 
erklären  müssen,  genau  so,  wie  L.  selbst  dies  bezüglich  des  G. 
^^^  §  372  des  Infinitivs  thut. 

Nun  wird  bezüglich  des  G.  weiter  gesagt,  es  sei  ein  Ab- 
stractum der  im  Verlauf  begriffenen  Thätigkeit  Hiergegen  ist  (ab- 
gesehen von  der  p.  281  gemachten  formalen  Ausstellung  bez.  des 
Ausdrucks  Thätigkeit)  nichts  einzuwenden,  nachdem  in  §  163 
Eigenschaften,  Verhältnisse,  Thätigkeiten  und  Zustände  von 
Dingen  oder  Stoffen**  ausdrücklich  als  Abstracta  bezeichnet  worden 
sind.  Nur  gebührt  die  Bezeichnung  als  „Abstractum**  (die  L.  §  372 
übrigens  ebenso  wie  die  Qualifikation  „verbales  Substantiv**  auch 
vom  Infinitiv  braucht)  dann  ebenso  gut  dem  durch  das  inflexible 
P.  Ausgedrückten,  sofern  dies  ja  auch  „eine  im  Verlauf  begriffene 
Thätigkeit**  (§  359)  sein  soll.  Im  übrigen  dürfte  es  mit  Rücksicht 
auf  die  nachfolgenden  Ausführungen  sowohl  als  auch  zur  Ver- 
hütung von  Mifsverständnissen  gut  sein,  gleich  hier  darauf  hinzu- 
weisen, dafs  das  Wort  „Abstractum**  noch  eine  andere  als  die  ihm 
hier  gegebene  Bedeutung  haben  kann,  nämlich  die  „eines  allge- 
meinen Begriffs,  bloisen  Vorstellungsinhalts  an  sich,  losgelöst  von 
räumlicher  und  zeitlicher  Begrenzung**,  wie  Paul,  Prinzipien  der 
Sprachgeschichte 2  P*  ^7  sie  definiert,  indem  er  mit  Bezug  auf  sie 
gleich  darauf  bemerkt,  dafs  sie  gar  nichts  zu  schaffen  habe  „mit 
der  beliebten  Einteilung  der  Substantiva  in  Konkreta  und  Ab- 
ttiakta^.  L.'8  Gebrauchsweise  des  Wortes  Abstractum  an  unserer 
Stelle  ist  eben  die  „beliebte**. 

Bedenkücber.  M  das  dritte  dem  G.  beigelegte  Begriflsmerkmal, 

hres  logisches  Subject  bezogenen  Thätigkeit*'. 


a86  TH.  KALEPKY, 

Lassen  wir  auch  hier  die  Ausdnicksfrage  beiseite'  nnd  gehen  gleich 
zu  der  Piüftmg  der  suchlichen  Berechtigung  dieser  Behau ptang 
über.  1st  es  richtig,  dafs  bei  dem  Gebrauche  eines  G.  dem  Sprechen- 
den zugleich  ein  Seiendes  als  Träger  des  belr,  Seins  oder  Ge- 
schehens —  denn  das  kann  doch  nur  der  Sinn  des  Ausdrucks 
„auf  ein  actives  logisches  Subject  bezogen"  sein  —  vorschwebt? 
Zweifellos  in  der  Mehrzahl  der  Fälle,  wo  ja  auch  ein  solcher 
Träger  ausdrücklich,  vorher  oder  nachher,  genannt  ist.  Aber  wie 
in  den  von  L.  keineswegs  übersehenen  Wendungen,  in  denen  es 
an  der  Benennung  eines  solchen,  also  „an  einem  activen  logischen 
Subject"  fehlt,  wie  in  L'appétit  vieni  en  mangtani,  oder  den  lahl- 
reichen  Verbindungen  von  parlant  mit  einem  Adverb  (vgl.  L. 
§37i>4)'  L.  hilft  sich  damit,  dafs  er  sagt,  in  diesem  Falle  sei 
das  Subject  „eine  unbestimmte  und  nicht  angedeutete  Person". 
Eine  befremdende  Aushilfii!  Denn  einmal  ist  innerhalb  des  herr- 
schenden Gebrauchs  der  Grammatik  (vgl.  auch  L.  §  157  f.)  das  „Sub- 
ject" doch  ein  Salzteil,  also  ein  WoU,  nicht  eine  Person.  Sodann 
hört  —  um  wieder  von  diesem  rein  formalen  Punkte  abzusehen  — 
in  dem  Falle,  dafs  das  „active  logische  Subject  des  G."  auch  eine 
„unbestimmte  und  nicht  angedeutete  Person"  sein  kann,  das  Merk- 
mal des  Bezogenseins  auf  ein  „actives  logisches  Subject"  auf,  ein 
dem  G.  charakteristisdies  zu  sein,  da  auch  kein  Partizip,  ja  selb&l 
kein  Inünitiv  zu  finden  sein  dürfte,  zu  dem  sich  nicht  im  Notfalle 
ein  Träger  denken  lielse,  oder  um  mit  L.  zu  reden,  der  nicht  (in 
Ermangelung  einer  bestimmten,  genannten)  „eine  unbestimmte  und 
nicht  angedeutete  Person"  zum  „logischen  Subject"  hätte. 

Also:    Alles,    was  wir  an,  dem  G.  zugeschriebenen  Merkmal«) 
vorgefunden  liaben,  lafst  sich  auch  beim  itiflesíbeln  P.  nachweisen.' 


'  Indem  wir  uns  an  dem  Hinweis  dnrauf  Renügen  lassen,  dafs  der  Auí- 
dnick  „Sichbczichen"  hier  von  einer  Tliâtigkeit  gebiaucht  ist,  während  ts 
j  193  heifst;  „Adjecliïa  sind  solche  Numen  von  Ei(;ensch.ifien ,  welche  sidi 
auf  Subätantive  ...  beliehen"  (also  von  Namen),  und  ähnlich  4  I79:  „F.jne 
Penonalform  bezieht  sich  (mitlels  des  Person-  und  Numeruszeìcnens)  auf  ein 
Snbsluitiv  ..  .  (also  von  Personal  fo  r  m  e  n). 

*  Ein  pDokt  fteilich  ist  noch  nscliiulragrn.  Nachdein  L.  die  Endung 
des  G.  als  nominale  bezeichnet  hat,  bemerkt  et  in  einer  FuTsnole:  „Dai  latei' 
nische  Gerundium,  auf  welchem  das  ftaniösische  beruht,  ist  ein  substaolÏTieno 
Neatrum".  Er  hat  bei  der  Erörterung  der  Natur  des  Fartiiipiuma  §341 
einen  en ispiecb enden  Hinweis  auf  den  lateinischen  Sachverhalt  nicht  als  FÜTs- 
note  beigegeben,  vielleicht  weil  ihm  die  Sache  hier  allzu  bekannt  erschien. 
Sollte  nun  in  der  BeiucksicbciguDg  dei  Sachlage  de^  Lateinischen  der  Schlmsel 
zu  dem,  wie  wir  gesehen  haben,  unmotivierten  Verfahren  L.'s  bei  der  D»i- 
stellung  des  ncufraozösiach en  Sachverhalte  in  sehen  sein?  Ein  „inlleiiblei  P." 
läge  da  vor,  wo  das  Lateinische  ein  Part.  Pr.ies.,  ein  Q.  da,  wo  das  L»[M- 
niscbe  eine  Genmdialform  seti  en  würde.  Durch  diese  Annahme  worden 
L-'s  Aufstellungen  sofort  bei^ciflich,  wübrend  bei  Insauge fjssung  der  sprach- 
lichen ThalsBcben  vom  neafrani.  Standpunkte  aus  gal  nicht  zn  verliehen  wäre, 
warum  in  II  ien  va  grondant  oder  généralement  parlant  u.ïhnl.  —  in  Be- 
ing auf  welche  Wendungen  mir  die  Qualifikation  als  archaiiche  denn  doch 
eine  leht  bedenkliche  Verwendung  dieses  Terminus  erscheint  —  gerade  Ge- 
rundia vorliegen  sollten,  ja,   angesichts   des  Mangels  an  einem  ausreichendeo 


ZUR  FRANZÖSISCHEN  SYNTAX.  287 

Demnach  kann  ich  als  wissenschaftlich  haltbar  im  Gegensatz  zu  L. 
nur  die  Ansetzung  einer  einzigen  Klasse  „inflexibler*'  Formen  auf 
-0»/  ansehen,  die  man  nach  Belieben  ebensowohl  Partizipien  des 
Präsens  wie  Gerundia  nennen  könnte.  Zu  Gunsten  der  letzteren 
Bezeichnung  scheint  mir  indes  nicht  nur  der  Umstand  zu  sprechen, 
dafs  im  Neufranzösischen  bei  unseren  Formen  des  Verbums  von 
einem  „Partizipieren",  einem  Anteilhaben  derselben  an  der  Natur 
einer  anderen  Wortklasse  (des  Nomens),  wie  solches  im  Latei- 
nischen und  im  älteren  Französisch  statt  hatte,  nicht  mehr  die 
Rede  sein  kann,  sondern  auch  der,  dafs  die  Bedeutung  derselben 
derjenigen  der  im  Lateinischen  und  Altfranzösischen  als  Gerundia 
bezeichneten  Formen,  nicht  aber  derjenigen  der  Partizipien  dieser 
Sprachen  entspricht  Beim  „Partizipium  Perfekti"  ist  man,  meines 
Wissens,  auf  den  Gedanken  nicht  verfallen,  an  ihm,  sofern  es  „un- 
flektiert" auftritt,  zwei  Arten  zu  unterscheiden,  wohl,  weil  es  sich 
in  allen  Fällen  seines  Gebrauchs  deutlicher  als  ein  und  dasselbe 
oflfenbarte  als  das  „unflektierte  Partizipium  Präsentis".  Dafür  fehlt 
es  nun  leider  an  einer  zutreflenden  Bezeichnung  des  unflektierten 
Partizipiums  Perfekti  gänzlich  —  ein  testimonium  paupertatis  der 
modernen  Grammatik,  die,  in  allen  Stücken  an  der  unzulänglichen 
Terminologie  der  lateinischen  krampfhaft  festhaltend,  nicht  Initiative 
genug  gehabt  zu  haben  scheint,  um  für  eine  neue  Sache  einen 
neuen    Namen    einzuführen.  *      Ich    möchte    es    —    bis    auf   einen 


K.rìterìam  für  die  Uoterscheidung  beider  jede  Behauptung  darüber,  ob  in  einem 
bestimmten  Falle  G.  oder  P.  vorliege,  als  der  Begründung  entbehrend  be- 
zeichnet werden  muíste.  Wäre  die  hier  ausgesprochene  Vermutung  richtig, 
so  hätte  L.  sich  eines  der  in  der  Darstellung  der  franz.  Spracherscheinungen 
leider  nicht  seltenen  Latinismen  schuldig  gemacht,  gegen  den  nachdrücklichst 
Einspruch  zu  erheben  wäre.  —  Wie  weit  sich  übrigens  auch  bezüglich  der 
ans  beschäftigenden  Verbformen  die  modernen  Sprachen  von  ihrem  latein.  Aus- 
gangspunkte z.T.  entfernen,  wie  wenig  daher  der  latein.  Sachverhalt  als  An- 
halt fur  die  Beurteilung  des  modernen  zu  dienen  geeignet  ist,  dafür  bietet  das 
Rumänische  insofern  ein  interessantes  Beispiel,  als  hier  in  Ermangelung  einer 
t, forma  verbale  care,  ca  participitU  prezent  din  alte  limbi,  sä  atribue  o  lucrare 
activa  momentahä**,  die  neueren  Schriftsteller  „spre  a  umpUa  acest  gol,  sä 
sérvese  adeseaorï  de  gerundiu,  declinlndu-1  ca  pe  un  adjectiv  :  lebäda  murindä" 
etc.  H.  Tiktin,  Gram.  Rom.  II,  61.  Man  könnte  geneigt  sein,  die  T.  1, 46  auf- 
geführten Fälle  flektierten  Gerundiums  hiermit  zusammenzustellen.  Doch  darf 
nicht  vergessen  werden,  dafs  —  zufällig?  —  die  betr.  altfrz.  Formen  {perdans, 
paian*,  portant)  Verben  angehören,  von  denen  die  Partt.  Präs.  in  der  p.  35  ff. 
gegebenen  Liste  als  mit  passiver  Bedeutung  auftretend  nachgewiesen  sind. 

^  Die  rumänischen  Grammatiker  sind  auszunehmen.  Sie  haben,  wohl 
geleitet  von  der  auch  bei  Diez  Gr.  d.  r.  Spr.'  II,  117  anzutreffenden,  hingegen 
nach  Meyer-Lnbke  (Gr.  d.  r.  Spr.  137  in  der  „A.  Die  Tempora"  —  mit  Recht?  — 
ûberschriebenen  Uebersicht)  unbegründeten  Ansicht  —  auf  die  hier  einzugehen 
nicht  der  Ort  ist  — ,  dafs  ihre  Sprache  das  lateinische  Supinum  bewahrt  habe, 
sowie  infolge  des  Umstandes,  dafs  bei  ihnen  das  „unflektierte  Part.  Perf."  eine 
ausgedehntere  Verwendung  findet  als  in  allen  anderen  romanischen  Sprachen, 
einer  besonderen  Benennung  dafür  in  höherem  Mafse  bedürftig,  ohne  Scheu 
zu  der  Bezeichnung  Supinum  gegriffen.  Cipariu,  Gramateca  limbei  Romane 
II,  90  begründet  dies  etwas  seltsamerweise  durch  den  Hinweis  auf  die  Ana- 
logie zwischen  Part.  Präs.  und  Gerundium  einerseits   und  zwischen  Part.  Perf. 


288  TH.  KALEPKY, 

besseren  Vorschlag  —  Gerundium  Ptrfeeti  oder  Gestivum  nennen. 
Gerundium  [Pratsenlis,  nach  Analogie  von  Pari.  Frais.),  die  Form. 
die  das  Vollziehen  des  Zeilseienden,  Gerundium  Per/eeli  oder  Ge- 
siivum  diejenige,  welche  das  Vollzogensein  bezeichnet 

Unter  Venvendung  dieser  Tennini  liefse  sich  nun  der  nenfi. 
Sachverhalt  folgendermafsen  formulieren:  Was  von  den  Grammatikeni 
gemeinhin  ala  Partizipíum  bezeichnet  worden,  setzt  sich  aus  zwei 
durchaus  verseli  i  edenarli  gen  Gruppen  von  Wörtern  zusanomen,  erstens 
aus  wirklichen  Nominibus,  welche  Seiende,  sei  es  als  Träger  noch 
unvollendeter,  noch  im  Vollzuge  begriffener  Zeitseiender,  oder  als 
solche,  an  denen  ein  Zeitseiendes  vollzogen  worden  oder  sich 
vollzogen  hat,  bezeichnen,  also  Wörtern,  die  flexivisch  mit  dem 
Verb  nicht  mehr  noch  weniger  zu  thuu  haben  als  etwa  die  Wolter 
restaurant  (Speisehaus),  commandant  (Befehlshaber),  votemi  ^Wähle^) 
oder  auch  fiatleur,  couronnement  u.  ähnl.,  deren  Beziehung  su  den 
ihnen  zu  Grunde  liegenden  Verben,  wenigstens  nach  den  lur  Zeil 
herrschenden  Anschauungen,  doch  nur  eine  der  Wortbildongs-, 
aber  nicht  der  Flexionslehre  angehörige  ist;'    zweitens   au9  dienso 

und  Supinum  andrerseila:  „Er'  una  forma  care  nu  are  nece  flesMIitatta,  Heer 
semnificatiunea  fiasivulut,  de  st  sHnrna  cu  particifiulu  preleräu,  fremmu 
sJmena  gerundivlu  cu  farlicifiuiu  futuru  fiaiivu,   nu  pote  se  fia  fiartitifiu, 

—  ci  dupa  analogi'a  ìimbei  latine  supinu".  —  Tiktìn,  Gram.  Kamlna,  führt 
zwar  das  Wotl  Supinum  unter  den  Numete  verbale  I,  IJS  nicht  mit  Bul', 
braucht  es  aber  ohne  weitere  BegtünJung  11.  114.  —  Barciaau,  Theor.-prakl. 
Gtainra.  d.  rumän.  Spr.,  braucht  Supiaiirn  ebfach  als  Namen  für  das  „Uiltel- 
woit  der  vergangenen  Zeit"  (also  gleichbedeutend  mit  Patt.  Peif.),  ebeaso 
wie  er  das  „Miltelwart  der  gegenwärtigen  Zeil"  Genindium  nennt.  —  Woitko, 
Gramm,  d.  roman.  Spr.  für  öffentl.,  Privat-  und  Selbsluatetrichl,  wean  dies 
Buch  hier  überhaupt  Erwähnung  verdient,  gebraucht  das  Wort  atiläfilich  da 
Besprechung  des  Inñn.  Perf,,  indem  er  sagt:  „Der  Inf.  Ferf.  wird  gebildet  aus 
fi  (sein)  und  dem  Supinum  des  Zeitworts",  worn  er  die  Anm.  giebl:  „Du 
Snp.  wird  auf  dieselbe  Weise  ßcbildet  wie  das  Patt.  PerE"  —  Manliu  endlicli, 
Gram.  bist,  fì  campar,  a  limbii  Romane  p.  I)4  Anm.  1,  will  den  Ausdruck 
Sup.  nur  zur  Erldchtecung  der  Schüler  im  Elemenlarbursus  für  daa  unflckt. 
Part.  Pcrf.  braucben,  —  Ich  kann  indes  die  Wahl  der  rumäni^hen  Gramma- 
tiker nicht  glücklich  ünden;  denn  die  im  Latein.  „Supinum"  genannte  Verb- 
form deck!  sich  iwar  formell  mit  dem  „unftekt.  Patt.  Perf.",  aber  gerade  das, 
was  bei  der  Verwenduag  dieser  Farm  in  den  romanischen  Sprachen  das 
Wichtigste  ist,  der  BegrífF  des  Vollmgenseins  des  betr.  Zeitseienden,  wird 
dabei  ^inzlich  vemacblä^aigt.  Höchstens  dufs  für  Falte  wie  timp  de  jucat 
u,  ähnl.  der  Ausdruck  Supinum  statthnlï  wSre. 

'  Dies  ist  auch  wobi  die  Meinung  Holders,  wenn  et  p.  68,  Anm.  3  sagt; 
„Ob  ein  actives  Partidp  „adjectif  verbat"  sein  kann,  darüber  entscheidet  der 
Sprachgebruucb.  In  zweifelhallen  Fällen  ist  das  Wörterbuch  zu  Rate  lu 
riehen."  Dies  scheint  mir  nun  freilich  ein  allzu  ingsüicbet  Standpunkt. 
bÖchilens  für  Priifungskandi daten  empfehlenswert.  Wer  den  eigentlichen  Sinn 
des  adj.  verbal  erfafst  hai,  wird  das  Gängelband  des  Leukona  schon  darum 
getrost  von  sich  werfen  können,  als  dasselbe  der  Sprachptoduktion  hier  nicht 
weniger  mühsam  nachhinkt  als  in  anderen  Punkten.  So  sind  mir  in  der  gai 
nicht  umfangreichen  Novelle  Yvette  von  Maupassant  nicht  weniger  als  Meben 
„Verbaladjektiva"  antgestorsen,  die  das  Wörlerbuch  von  Sachs -VilUtte  níchl 
verzeichnet.  Vier  davon:  affolante  p.  SO.  enfiévrante  53,  harcelant  90,  wm- 
meiüante  SS,  finden  sich,  vielleicht  aus  dieser  Novelle  geschöpft,  im  SuDple- 
meot;    die  anderen   drei:    trotlinanle  l,   grisante  îo,    nevante  IflJ,    autli  dl 


ZCK  FRANZÜSISCtlBN  SYNTAX.  zSç 

reinen  Verbformen,  Gerundien  und  Gestiven,  deren  Bedeutung  vor- 
hin dargelegt  worden.' 

Wenn  sich  nun  im  Vorstehenden  die  Unterscheidung  von  „un- 
flektiertem Partizip  des  Präsens"  und  „Gerundium"  ata  für  das  Neu- 
fraozösiscbe  unhegründhar  erwiesen  hat,  so  hat  sich  zugleich  auch 
für  die  Bedeutung  und  Natur  dieser  Formen  auf  -ani  und  die- 
jenige des  Infinitivs  (L)  allerhand  Gemeinsames  herausgestellt.  Wir 
hahen  z.  B.  gesehen,  dafs  die  beiden  L.  g  366  dem  G.  beigelegten 
Merkmale  „verbales  Substantiv"  und  „Abstractum  der  Thätigkeit", 
§  372  sieb  auch  dem  I.  Kugeschrieben  finden.  Freilich  heifst  es 
beim  G.  nicht  schlechthin  (wie  beim  I.)  „Abstractum  der  Thätig- 
keit", sondern  „Abstractum  der  im  Verlauf  begrifi'enen,  auf  ein 
actives  logisches  Subject  bezogenen  Thätigkeit".  Aber  diese  Er- 
weiterung könnte  als  unterscheidende  doch  nur  dann  gelten,  wenn 
ihre  Gültigkeit  für  die  Definition  des  I.  ausdrücklich  in  Abrede 
gestellt  wäre,  oder  wenigstens  bei  genauerem  Zusehen  als  in  Ab- 
rede zu  stellende  sich  ergäbe.  Aber  weder  das  eine  (wie  schon 
erwähnt  worden)  noch  das  andere  (wie  gleich  gezeigt  werden  soll) 
ist  der  Fall.  Kann  man  der  durch  den  I.  bezeichneten  Thätigkeit 
das  hn-Verlaüf-t)egriiren-sein  absprechen?  Jedenfalls  nicht,  ohne 
zugleich  in  anderer  Weise  das  Flgentümliche  seiner  Bedeutung  aus- 
reichend zu  kennzeichnen,  als  welche  Kennzeichnung  ich  L.'s  „un- 
vollendete Handlung"  §  373  nicht  gelten  lassen  kann.  Denn  was 
für  „Handlungen"  oder  „Tbatigkeiten"  blieben  dem  I.  zu  bezeichnen 

DOih  aicht.  Bei  accrochant  —  um  das  bei  dieser  Gdeeenheit  gleich  mil  ab- 
luthim  —  scbeint  mir  Dach  deo  sonsligen  Gepflogcnheilen  des  Würleibucha 
eÍEC  Bedeutungsergäniung,  etwa  „anlockend",  erforderlich  anf  Grund  der 
Slelle:  Di  grandes  filUs  ..  .  circuiaúnl,  l'ail  accrochant,  ¡a  IH're  rouge  . .. 
Yvette  p.  67.  —  Uebrigens  setzen  sich  die  rumänischen  Grammalifeer  über  die 
int  Teile  oben  berührte,  zwar  willkärliche,  aber  doch  durch  lange  Praxis  be- 
festigte Scheiduog  von  FlexioQiformen  des  Verbs  und  anderweitig  voo  dem 
Vetbolstamme  ibgeleiteten  Wörtern  kähn  hinweg.  So  stellt  Tikcin,  Gram. 
Rom.  n,  6a,  nachdem  er  Capit.VII  A  vom  Adjekt.  im  allgemeinen  gesprochea, 
unter  B.  zusammen:  Participiul,  Adjectivul  verbal,  Gerundiul,  und  iihlt  da- 
bei zam  Adject,  verb.  Fälle  wie  PasSre  etnläleare;  ackl  scinteetort;  un  pealar 
sihtor;  impotüe  af3i3íaarel  Noch  schärrer  tritt  die  EinreihuDg  dei  von 
Verben  abgeleileten  Adjeklivi  auf  {l)ar  unter  die  Verblotmen  bei  Manliu, 
Gram,  istoi.  ^  comparât,  a  limb.  com.  hervor,  wo  dieselben  unter  der  Be- 
leichnung  AUj.  verb,  als  Nr.  X  der  Formelt  verbelor  in  Reih  und  Glied  mit 
Praes.,  ¡mperj.  etc,  Hurgeführl  werden.  Das  ist  alteingewurielte  Auffassung 
der  rumänischen  Grammatiker.  In  hohem  Mafse  auffallend  und  bedauerlich 
ist  nur,  dar»  auch  ein  Mann  wie  Diez  sie  sich  ta  der  HI,  358  aufgeslelllen 
Behauptung  anEccignet  bal:  ..Das  siellvertrclende  wal.  Verbaladj.  auf  oriti  — 
(das  er  übrigens  II,  354  ganz  richtig  als  auf  lat.  Adj.  auf  on« j  beruhend  auf- 
geführt  hat)  —  hai  vollkommen  verbale  Kraflil!)  gleich  dem  lat.  Part. 
Präs.,  ohne  zu  merken,  dafs  dieser  Behauptung  das  dazugeselzte  Beispiel 
linerul  «e  in/rçnatoriu  po/léni  sale  insofern  schnufilracks  zuwiderläuft,  aU 
die  Anwendung  eines  relalivischen  Satzes  linerul  care  nu  ínfrtnS  fo/lde  sale 
erfordern  würde. 

■  Mätzner  rührt  diesen  Unterschied  p.  183  und  p.  455  (hier  freilich  schon 
weniger)  für  die  Formen  auf  -ani  mil  anerkenn  ens  wetter  Schärfe  durch,  kemit 
ihn  aber  nicht  für  das  sogenannte  Pari,  des  Perfckis. 

Zstutu.  l  ton.  Ptül.  XK.  ig 


2gÚ  TH.  KALEPKT, 

noch  übrig,  wenn  weder  „im  Verlauf  begriffene"  noch  „»ollend<â?r 

Und  konnte  jemand  für  Sätze  wie  Je  erot's  It  voir,  l'enieitdu  in 
den  Infinitiven  nicht  die  Bedeutung  einer  ,Jni  Verlauf  begriffenen" 
oder  sich  vollziehenden  oder  vor  sich  gehenden  oder  wie  man  es 
sonst  nennen  wollte  —  Thätigkeit  auf  unzweifelhafte  Weise  Vorm- 
unden meinen?  Dafs  aber  Bezogenheil  auf  ein  „actives  logisches 
Subject"  dem  1.  nicht  abgeht,  das  zeigen  Sätze  wie  der  L.  §  382,  z 
aufgeführte  Une  DumonI  ipouser  un  ipicier  de  village!  oder  Un  bour- 
geois aimer  une  parvenue!  Stendhal,  Le  Rouge  et  le  Noir  II,  176,  in 
denen  ein  solches  Subject  ausdrücklich  aufgeführt  wird,  während 
in  Sätzen  wie  Que  faire  und  unzähligen  anderen ,  .selbst  bei  den 
Ausdrücken  der  Verwunderung  mit  Dire,  Oser  dire.  Penser  ele  die 
Thätigkeit  auf  eine  „unbestimmte  und  nicht  angedeutete  Person" 
mindestens  ebenso  bezogen  werden  kann,  wie  in  den  L.  §371  be- 
sprochenen Fällen  L'appifil  vieni  en  mangeant  .  .  .  géniraUmertí  par- 
lant etc.,   in  denen  nach  L.  ein  G,  vorliegt 

Unter  solchen  Umständen  drängt  sich  unabweisbar  die  Frage 
auf:  „Welches  ist  denn  nun  der  Bedeulungsunterschied  zwischen 
G.  (bezhw.  „unfiekt.  Part.  Präs.)  und  L?"  Mir  will  scheinen,  dafs 
es  einigermafsen  befremden  darf,  dafs  die  Grammatiker  dieser  Frage 
so  wenig  Beachtung  geschenkt  haben.  Man  wird  vielleicht  geneigt 
sein,  mir  entgegenzuhalten,  dafs  durch  Feststellung  der  „Funktionen" 
beider  Formen  der  Pflicht  des  Grammatikers  völlig  Genüge  ge- 
schehen sei.  Das  vermag  ich  nicht  anzuerkennen.  Einmal  be- 
trachte ich,  wie  schon  früher  angedeutet,  die  Funktionen  (Satz- 
glied Schäften)  der  Wörter  als  etwas  Accidentelles,  als  etwas  nicht 
zu  ihren  essentiellen  Merkmalen  Gehöriges,  mit  dessen  Feststellung, 
gesetzt  auch,  dafs  dieselbe  jemals  erschöpfend  werden  könnte,  die 
wissenschaftliche  Sprachlehre  ihre  Aufgabe  noch  nicht  erfüllt  habe.' 

>  Vüt  allem  scheint  es  mii  nicht  ausreichend,  sich  bei  Untcrschiedstnf- 
itellungen  auf  FunktionsbestinunuQgen  zu  be  schlanken.  Mmcieiteiis  muíste 
dum  die  FestilPllung  völliger  Bedeutungsgleichheit  vorangehen.  Und  ein 
solcher  Fall  —  vüUig  gleiche  Bedeutung,  aber  rerschtedene  Fnnktioo  iweier 
Wörter  oder  Wortarten  —  dürfte  la  den  groftten  SeUenheiteo  gehören.  Ich 
kann  ihn  mir  überhaupt  nicht  anders  als  einen  zeillich  beschränkten,  vorutiei- 
gehenden  vorstellen,  so  nàmlich,  dafs  bei  einem  Worte  (bczhw.  einer  Wortart) 
im  Laufe  eines  Bedeutungswandels  vorübergehendes  ZasBmmeDtre&eD  hinsicht- 
lich der  Bedeutung  mit  einem  anderen  Worte  (Wortart)  einträte,  cugleicb 
aber  die  ursprüngliche  Bedeutung  bezüglich  der  Funktion  in  ualers  che  id  ender 
Weise  noch  nachwirkte.  Dieser  Funktion  sunt  erschied  morste  aber  in  dem- 
selben Ma£se  schwinden,  als  die  Frinncrung  an  jenen  der  Vergangenheit  uige- 
hörigen  Bedeutongsunt erschied  schwände,  meist  siso  «chon  in  der  nSchsten 
Generation.  Oder  sollten  Falle  wie  der,  dars  in  einer  Kirche  die  GlSablgec 
in  der  Nähe  des  Ausgangs  das  Zeichen  des  Kreuzes  machten,  ohne  irgend 
einen  Grund  daTür  angeben  zq  können,  bis  sich  bei  einer  Renoviemng  heraus- 
stellte, dafs  an  jener  Stelle  einst  ein  Mültcrgottesbüd  an  der  Wand  nbertäecbl 
worden  ;  oder  der,  data,  wie  sich  infoige  der  Nachforsch ungen  eines  neuen 
Befehlshahers  ergab,  ein  seit  Gedenken  der  Beteiligten  an  einem  gänzlich  un- 
wichtigen Fanbte  aufziehender  Wachtposten  darin  seinen  Grund  hatte,  dib 
lange  Zeit  vorher  an  jener  Stelle  vorübergehend  Munition  gelagert  worden  war, 
—  sollten  Fälle   derartiger  Beibehaltung   von   Gewohnheiten,    auch  nachdem 


ZUR  FRANZÖSISCHEN  SYNTAX.  29 1 

Aber  selbst  wer  diesen  Standpunkt,  för  dessen  ausreichende  Be- 
gründung hier  weder  Ort  noch  Raum  ist,  nicht  teilen  wollte,  muíste 
doch  immerhin  die  Frage  als  berechtigt  gelten  lassen:  „Ist  Voyez- 
vous  ces  débris  flottant  vers  la  côte  (L.  287)  völlig  gleichbedeutend 
mit  Voyez-vous  ces  débris  flotter  vers  la  côiei  Und,  wenn  nicht, 
worin  liegt  der  Unterschied?"  Oder  //  s^en  va  grondant  mit  // 
s^en  va  gronderà  wie  es  den  Anschein  gewinnt,  wenn  L.  §  366  Anm.3 
den  ersten  Ausdruck  —  doch  wohl  irrigerweise  —  mit  „Er  wird 
gleich  schelten"  übersetzt.  Oder,  um  eines  der  T.  I,  45  f.  aufge- 
führten altfranz.  Beispiele  zu  wählen:  ,Jst  in  il  le  fist  cancheler,  et 
en  che  canchelant  Trouva  deriere  lui  une  pier  e  pesant  BSeb.  IX,  288 
das  an  zweiter  Stelle  stehende  Gerundium  canchelant  wirklich  völlig 
gleichwertig  mit  dem  vorangehenden  cancheleri^^,  womit  sich  dann 
sofort  die  Frage  verbände,  ob  der  Herr  Verfasser  des  Artikels  mit 
Recht  zu  „<2  remanant  auf  die  Dauer^'  gefügt  habe  „glbd.  (gleich- 
bedeutend) a  remanoir,  Watr.  7,  186"  —  ich  meine  natürlich  nicht 
gleichbedeutend  in  dem  Sinne,  dafs  der  Zusammenhang  oft  oder 
gar  immer  zuliefse,  an  Stelle  des  einen  auch  das  andere  zu  setzen  — 
aus  welcher  Möglichkeit  des  Stellentausches  das  Nichtvorhandensein 
eines  wesentlichen  Unterschiedes,  entgegen  Mätzner*s  p.  426  mit 
Bezug  auf  en  und  dans  geäufserter  Meinung,  doch  wohl  ebenso- 
wenig folgt,  wie  die  T.  11,  1 88  bezûgl.  der  spanischen  Artikelformen 
et  und  lo  als  nicht  recht  in  Abrede  stellbar  bezeichnete  „gewisse 
Unsicherheit  des  Sprachgebrauchs"  —  sondern  in  dem  Sinne,  ob 
der  dem  Geiste  vorschwebende  Vorstellungsbestand,  ohne  dafs  da- 
bei eine  materielle  Aenderung  in  Frage  käme,  sich  bei  Anwendung 
des  einen  Ausdrucks  nicht  in  —  und  sei  es  nur  ein  noch  so 
Kleines  —  anderer  Form  präsentiert  als  bei  Anwendung  des  anderen. 
Ich  würde  nicht  anstehen,  jene  Fragen  auch  ohne  irgend  einen 
anderen  Anhalt  als  die  Kenntnis  der  Thatsache,  dafs  die  in  Rede 
stehenden  Formen,  Gerundium  und  Infinitiv,  sich  in  der  modernen 
Sprache  noch  ebenso  neben  einander  vorfinden  wie  in  der  ältesten 
Zeit,  also  gewissermafsen  a  priori,  zu  verneinen.  Für  die  Eruierung 
dieses  Unterschiedes  nun  scheint  mir  der  Umstand,  dafs  die  Sprache 
im  Laufe  ihrer  Entwicklung  dem  Gerundium  jede  andere  Prä- 
position  als  en  ebenso  entzogen   hat,^  wie  diese  Präposition  dem 


dieselben  längst  ihren  Sinn  vedoren,  sich  auch  in  der  Sprache  finden?  Ich 
kann  das  bei  dem  ausgesprochen  utilitanschen  Charakter  der  Sprache  nicht 
gerade  for  wahrscheinlich  erachten  —  erstarrte,  archaische  Formeln  natürlich 
ausgenommen  —  und  bin  der  Meinung,  daCs  die  ganze  Funktionsfirage  sich 
mit  dem  Satze  erledigen  lasse:  „Die  Bedeutung  eines  Wortes  —  das  ist 
seine  Funktion." 

^  Mit  Recht  bezeichnen  die  Grammatiker  (so  L.  §  366)  die  Wendung 
à  son  corps  défendant  als  archaisch.  Nur  zweifle  ich,  ob  dies  wirklich  der 
einzige  Ueberrest  einstiger  Ungebundenheit  im  Gebrauche  des  G.  ist.  Mir 
scheint  z.  B.,  dafs  auch  (tirer)  „à  bout  portant**  als  solcher  zu  betrachten  ist  : 
(schiefsen)  ,,bei  Ende  tragen**  d.h.  „unter  Tragen  des  Endes,  der  Gewehr- 
mondung**,  so  nämlich,  dafs  dabei  ein  Tragen  der  Mündung  stattfindet,  dafs 
dieselbe  auf  dem  Zielkörper  aufliegt   Also  gleichartig  mit  pur  mort  menaçant 

19* 


¡0^2  TH.  KALEPXY, 

Infinitiv,  einen  sehr  beachtenswerten  Fingeniög  zu  bieten  insofern, 
als  die  Ursache  dieser  eigentümlichen  Spracbgebrauchsregulienmg 
doch  nur  darin  liegen  kann,  dafs  die  VorstelluDgswcise  eines  Zeit- 
seienden, die  sich  beim  Sprechenden  wie  beim  Hörenden  mit  der 
sprachlichen  Form  des  Gcrnndiams  verbindet,  besonders  günstig 
ist  der  AulTassung  eines  anderen  Seienden  als  eines  zu  ihm  in  dem 
durch  m  ausgedrückten  VerhäUnisse  stehenden,  und  dars  auf  der 
anderen  Seite  diejenige  Vorstellung,  welche  die  Inñnitivfonn  eines 
Verbs  von  dem  durch  dieses  benannten  Zeitseienden  erweckt,  jenes 
Verhältnis  eines  anderen  Seienden  zu  ihm  ausschliefst.  Es  wird 
also  a  priori  zu  erwarten  sein,  dafs  von  der  Bedeutung  der  Prä- 
position in  aus  ein  Licht  auf  diejenige  des  G.  und  I.  fallen  wird. 
Und  diese  Erwartung  erweist  sich  a  posteriori  als  wohl  begründet. 
Bekanntlich  bezeichnet  die  Präposition  m  das  Verhältnis  des  Um- 
gebenseins '  eioes  Seienden  von  einem  anderen  zwar  als  ausge- 
dehnt, aber  doch  nicht  in  auschaulich  bestimmter  Begrenzung  {in 
welchem  Falle  der  Sprechende  sich  bekanntlich  des  Wortes  dffns 
bedient)  vorgestellten  Seienden:  Nous  allons  en  Framt?  aber  Nous 
entrons  dans  la  France  (beim  Uebergang  über  die  Grenze),  wobei 
man  das  durch  die  sich  in  der  Präposition  dans  bekundende 
gröfsere  Anschaulichkeit,  Bestimmtheit  der  Vorslellung  von  France 
hervorgerufene  Auftreten  des  bestimmten  Artikels  la  zum  Hinweise 
auf  die  Bekanntheit  dieser  Vorstellung  beachten  wolle  (vgl.  Gr.  zi6 
und  T.  II,  i88  uoten).^      In    der    Fülle    der  Verwendungen    von    tu 

„für  Tod  andiolien''  d.  h.  „um  der  Androhung  des  Todes  wJUea"  T.  I.  46 
Atiin.l.  —  Freilich  darf  Dicht  unerwälml  bleiben,  iah  porttr  neufri.  auch 
inlrans.  aaltritl  und  die  Bedeutung  „ruhen,  aufliegen"  hat,  so  daTs  die  Auf- 
fassung von  lì  bout  portant  als  „bei  aufliegendem  Ende",  die  durch  ibrc 
Ungezwungenheit  anspricht,  nicht  sclilechrwpg  van  der  Hand  zu  weigen  sein 
düiÁe.  Indes  erscheint  es  mir  doch  zweifelhaft,  ob  mari  sagen  würde  „Lt 
bout  du  fusil  porti"  fur  „die  Mündung  de^  Gewehres  li<^  auf".  In  den  bei 
Çachs-Vill,  porler  II,  i  gegebenen  Fällen  von  intransitivem  porler  And«  sich 
immer  eine  adverbiale  Bestimmung  ä  cru,  d  faux,  à  fand.  —  Uebiigens  id 
auch  an  T,  I,  46  d'armes  portant,  ïuglricli  abet  an  co/re  porlanl  ib.  p,  39 
Dud  an  p.  1S7  dieser  Arbeit  erinnert. 

'  Die  Heranziehung  des  Correlatverhaltnìsses  ist  natürlich  nur  ein  Not- 
behelf, um  unter  Vermeidung  einer  Zirkeldefinition  (Vecliällnit  des  ,J)anii- 
seins")  den  in  Rede  siehenden  Begriff  soweit  anzudeuten,  al;  der  hi«r  vot- 
liegende Zweck  erfordetlc.  Bekanntlich  sind  zureichende  direkte  Definitionen 
bei  allen  Elementarbegriffen  ausgeschlossen. 

'  Dies  Beispiel  scheint  mit  dem  eben  gebrauchten  Ausdruck  „Uiagebcn- 
teio"  —  oder  vielmehr  dieser  mit  unserem  Beispiel  —  in  schlechtem  Ein- 
klänge zo  stehen.  Doch  ist  zu  bedenken,  dafs  aller  im  Gegensatz  in  partir 
{pour])  die  Fortbewegung  in  ihrer  Ganzheit,  bis  zur  Erreichung  des  Zieles 
bezeichnet,  somit  unser  Satz  die  Vorslellung  erweckt:  „Wir  voUfuhien  eine 
Bewegung,  die  mit  einem  von  Frankreich  Umgebensein  abschliefst." 

'  Es  sind  demnach  an  den  meisten  der  von  den  Grammatikern  gegebenen 
Definitionen  mehr  oder  weniger  eingreifende  Korrekturen  vorzunehmen,  an  det 
von  Schroitï,  welcher  Franz.  Gramm.'  p.  1 13  sagt:  „es(d,h.*n)  deutet  den 
Ott  nur  Hiichtig  a.a;  es  bezeichnet  nicht  ausdrücklich  da«  Innere",  die,  dab 
tn  als  Beneimung  eines  Verhältnisses  einen  Ort  überhaupt  nicht,  aucli  nicht 
Süchtig,    andeutet,   ein   Inaercs   überhaupt   nicht  —  also    auch    nicht    „nicht 


ZUR  FRANZÔSISCHBN  SYNTAX.  zgj 

±emt  mir  nun,    wenn  man   denn  durchaus  auf  Scheidungen  und 
Teilungen  nicht  verzichten  will,  zwei  (aber  nicht,  wie  M.  7,  Holder  14, 

nachdrücklich"  —  bcieichnct,  welche  Aufyabe  vielmehr  dem  hialer,  beihw. 
vor  en  steheoden  Worle  ìnlSUl;  an  derjenigen  von  Holder  1,  c.  p.  313  und 
MätzDcr.  Syntax  I,  273  die,  àtii  en  nicht  den  Begriff  des  „  Eingeschlossen - 
geins"  im  Innern  eines  Raumes  ausdnicbt,  da  von  einem  solchen  die  Voi- 
steUung  bestimmler  Begrenzung  des  Raumes  uozettrennlich  wäie,  wie  denn 
Mätinei,  Gramm,  p.  4^5  auch  besser  vom  „Sein  im  Innern  eines  Gegenstiuides" 
sprichl.  Bei  L.  scheint  es  mir  als  Inhonseqnenz  beieichnel  werden  zn  müssen, 
dafs  er,  nachdem  er  in  den  übrigen  Teilen  seiner  Gramm.  Bedeutungsdeüni- 
lioDcn  (auch  von  de  und  à)  gegeben ,  bei  en  und  den  übrigen  Präposilionea 
—  bei  den  Konjanktionen  ist  sein  Veifahren  das  entsprechende  —  sich  mit 
einigen  Verden  tsdi  un  gen  und  Beispielen  begnägl.  Bezüglich  einer  dieser  Ver- 
den Isch  ungen  Termag  ich,  da  hier  einmal  von  den  beiden  Präpositionen  en 
und  dans  die  Rede  ist,  der  Versuchung  nicht  zu  widerstehen,  gewisse  Be- 
denken, die  mich  schon  wiederholt  beschifligt  haben,  lur  Sprache  zu  bringen. 
Ich  meine  L.'e  Verdeutschung  von  //  arrivera  dans  froií  jours  „nach  Ver- 
lauf von  drei  Tagen"  p.  376  Anm.  i  itatt  des  zu  erwartenden  (übrigens  von 
Sachs -Villalte  „dans"  11,3  ausdrücklich  gegebenen,  bei  Holder  p,  217,  MStz- 
ner  Gr.  428  ans  ihren  Aufsiellimgen  in  entnehmenden)  „binnen",  „noch  Inner- 
halb" . . .  Bei  der  Paradoxheit  der  Formnliemng  würde  ich  mir  weniger  Ge- 
danken über  den  Fall  gemacht  haben,  wenn  ein  anderer  als  Herr  L.,  dessen 
Worte  überall  als  an^  sorgsamste  duicbdacht  sich  erweisen,  der  Urheber 
wäre.  So  neige  ich  zu  der  Annahme,  dais  seine  Behauptung:  „i^ani  trûis 
fours"  bedeute  „nach  Verlauf  dreier  Tage",  also  „zu  Beginn  des  vierten",  wahr 
sein  werde,  aber  wohl  nur  beding!,  d.h.  dafs  der  Ausdruck  hie  und  da  rail 
dieser  Bedeutung  auftrete,  aber  doch  ebenso  gut  in  dem  Sinne  gebraucht 
werden  könne  „binnen  drei  Tagen",  d.h.  „noch  vor  Ablauf  des  dritten". 
So  mag  ja  auch  im  Deutschen  ein  „Ich  werde  in  drei  Stunden  zurückkehren" 
von  Einzelnen  in  dem  Sinne  gebraucht  und  verslanden  werden  „nach  völligem 
Vcrkiuf  von  drei  Stunden",  „zu  Beginn  der  vierten",  Immerhin  würde  ich 
aufs  Energischste  Einspruch  zn  erheben  mich  beiechtigl  erachten,  wenn  irgend 
ein  Lexikograph  oder  einer  der  Grammatiker  (die  ja  bei  der  geltenden  Praxis 
zur  Hälfte  Lexikographenarbeit  verrichten)  dem  deutschen  Ausdruck  diese  Be- 
deutung als  normale  zudiktieren  wollte.  Selbst  wenn  die  Mehrzahl  der 
Sprachangehorigen  ihn  in  diesem  Sinne  brauchen  sollte,  so  müTste  das  Ver- 
fahren als  ein  abusives  beieichnel,  und  jedem,  dem  es  belieben  würde,  die 
Rückkehr  zu  der  allein  berechtigten  gestattet  werden.  Augenscheinlich  hat 
nur  Unpiinktlicbkeil ,  Ungenaoigkcit  der  Angaben,  Leichtfertigkeit  der  Ver- 
sprechungen dazu  geföbrl,  dem  dans  Irais  jours  jenen  Sinn  zu  geben;  denn 
bei  den  sonstigen  Bedeutungen  von  dans  kann  die  hier  berührte  zeitliche  nur 
dann  in  einem  zur  Teilnahme  an  der  französischen  Sprach genossenschafi  sich 
Heranbildenden  Wurzel  fassen,  wenn  der  Zeil  be  Stimmung  miltels  dans  in  der 
Mehrzahl  der  Fälle  ein  erhebliches  Zurückbleiben  in  der  Ausfìibrung  entspricht. 
Es  sei  daran  erinnert,  dais  in  studentischen  und  den  diesen  nahestehenden 
Krrisen  eine  Verabredung  auf  die  volle  Stunde  gemeinhin  als  für  ein  Viertel 
{manchmal  wohl  auch  20  Minuten)  nach  dieser  güllig  aufgefafst  wird,  während 
in  militärischen  Kreisen  sich  mit  ihr  eher  die  Vorstellung  eines  einige  Minuten 
vor  Voll  liegenden  Zeitpunktes  verbinden  würde.  Hätte  demnach  —  woran 
ich  aber  zweifle  —  L-'s  Ueberselzung  von  dans  durch  „nach  Verlauf  von" 
uneingeschränkte  Berechtigung,  so  würde  von  solchem  Sprachvei fahren  aus 
ein  bedenkliches  Licht  auf  den  Pünktllchkettssinn  des  französischen  Volkes 
fallen,  es  würde  ein  für  dasselbe  wenig  ehrenvolles  Vorherrachen  Tailarinschcn 
Geistes  im  Punkte  der  Zeilangaben  bekunden.  Es  wäre  dann  dieser  franz. 
Ausdmcksweise  übrigens  der  glticbfalts  hyperbolische  Gebrauch  von  en  mit 
dem  Orr.  im  Spanischen  zur  Seite  zu  stellen,  vermöge  dessen  (s.  Wiggers 
p.  314)  En  cenando  yo  os  llevaré  d  vueilm  C'isa  bedeutet:  „Sobilli  ich  zu 
Abend  gegessen  haben  werde  . . .". 


294  '^"-  KALEPST, 

Sachs -Vi Hatte  9,  ja  bei  Berücksichtigung  der  UntergliederungeD  f 
Gruppen,  durch  weitere  Teilung  der  einen  allenfalls  drei,  anzusetzen 
angängig:  i)  solche  Fälle,  in  denen  als  umgebendes  ein  Seiendes 
mit  materiellem  Ueberschufs  über  das  umgebene  vorliegt  {eigent- 
liches „Darin"-sein),  z.  B.  (fíner  en  ville,  tire  tn  pleine  mer,  2)  solche, 
in  denen  (ohne  Vorhandensein  eines  IhatsächUchen  Ueberschusses 
—  also  uneigentliche  Verwendung  des  Wortes  ai)  das  Verhält- 
nis sei  es  a)  eines  {vorwiegend  materiaUter  bestimmten)  Seienden 
zu  seiner  Form,  z.B.  être  m  croix,  vivre  m  homme  de  bien,  oder 
b)  eines  {vorwiegend  formaliter  bestimmten)  zu  seiner  Materie,  z.B. 
une  montre  en  or,  maison  en  pierre,  als  dasjenige  des  Umgeben- 
seins aufgefafsl  wird.  Die  mit  Unrecht  so  beliebten  Schei- 
dungen —  dies  sei  bei  dieser  Gelegenheit  auszusprechen  gestattet  — 
je  nach  der  Art  der  Gegenstände,  um  die  es  sich  gerade  handelt 
{ï.  B.  Mätzner  p,  426  fr.:  „en  steht  räumlich",  dann  „auf  die  Zeit 
bezogen",  dann  „übertragen  auf  die  Vorstellung  des  Mittels",  dann 
„vom  Zwecke  und  der  Bestimmung  zu  etwas",  dann  „zum  Ausdruck 
der  Angemessenheit  und  Gemäfsheit",  dann  „Oh  ist  darum  en  nichts 
als  Ausdruck  der  Art  und  Weise"  (!  !  !),  schliefslich  „Auch  steht  es 
überhaupt  zur  Bezeichnung  des  Gegenstandes  {?  1)  mit  Rücksicht  auf 
welchen  oder  in  Betreff  dessen  etwas  ausgesagt  wird",  oder  Sachs- 
Viltatte;  1.  Raum  (3  Unterteile),  11.  Zeit  (3),  111.  Zweck,  Bestimmung, 
IV.  Einteilung,  V.  Form.  Umhüllung,  Kleidung,  VI.  Stoff,  Inhalt, 
VII.  Art,  Weise,  Mittel,  Zustand,  Vili.  Fach,  IX.  als,  wie  (M),  X.  ver- 
schiedene Redensarten,  XI.  advL),  mögen  in  Werken,  welche  rein 
praktische  Ziele  verfolgen,  ihre  Berechtigung  haben,  wissenschañlich 
sind  sie  dämm  durchaus  zu  verwerfen,  weil  sie  den  Umstand  völlig 
aufser  Acht  lassen,  dafs  für  die  Bedeutungsgliederung  eines  Wortes, 
welches  ein  Verhältnis  bezeichnet,  nur  Verschiedenartigkeit  dieses 
Verhältnisses,  nicht  aber  eine  solche  der  Gegenstände,  mit  Bezug 
auf  welche  das  Verhältnis  ausgesagt  wird,  einen  irgendwie  brauch- 
baren Einteilungsgrund  bilden  kann. 

Es  scheint  mir  daher,  wo  eine  Präposition  (die  Gleichheit  des 
ausgedrückten  Verhältnisses  vorausgesetzt)  ebenso  wohl  mit  Be- 
zug auf  Raum  als  auf  Zeit,  auf  Konkreta  wie  auf  Abstrakta  (nach 
der  beliebten  Art  des  Unterschiedes:  Sinnen-  und  Gedankendinge) 
gebraucht  wird,  zu  einer  Unterscheidung  räumlicher  und  zeitlicher, 
eigentlicher  und  bildlicher  Verwendung  ein  ausreichender  Grund 
wenigstens  für  die  wissenschaftliche  Darstellung  nicht  vorzuliegen. 
Es  ist  eben  menschliche  Art,  alles  Zeitliche  unter  der  Kategorie 
des  Räumlichen,  alles  Abstrakte  (Gedankliche)  unter  derjenigen  des 
Konkreten  {Sinnlich -Wahrnehmbaren)  anzuschauen,  die  bei  diesen 
vorgefundenen  Verhältnissen  auf  jene  unverändert  zu  übertragen. 
So  mufs  es,  wofern  die  vorhin  gesetzte  Gliederung  der  Bedeutung 
von  en  eine  begründete  ¡st,  als  selbstverständlich  gelten,  dafs  die 
gleiche  Scheidung  seiner  Gebrauchsweisen  auch  bei  seiner  Ver- 
wendung mit  Bezug  auf  Zeitseiende  durchführbar  sein  wird.  So 
liegt  Fall  1  (Ueberschufs)   vor   in:   //  suriit  di  ¡a  chamirt 


ZUR  FRANZÖSISCHEN  SYNTAX.  295 

Fall  II  (kein  Ueberschufs)  a)  (Materie  in  Form):  //  entra  en  cou- 
rani  . .  ^  b)  (Form  in  Materie)  :  11  se  sauva  en  plongeant  dans  Veau, 
Aus  dem  hier  über  en  Gesagten  scheint  mir  nun  zu  folgen, 
dais  das,  was  durch  das  nach  ihm  stehende  Wort  bezeichnet  wird, 
notwendig  ein  Ausgedehntes,  etwas,  was  als  ein  anderes  umgebend 
gedacht  werden  kann,  sein  muís,  so  dafs,  wenn  sich  en  im  Neu- 
fi:anzösischen  mit  dem  Gerundium  verbunden  vorfindet,  für  dieses 
das  Vorhandensein  des  genannten  Merkmals;  wenn  es  sich  dagegen 
niemals  vor  dem  Infinitiv  findet,  für  diesen  das  Nichtvorhandensein 
desselben  bewiesen  wäre.  Aus  dieser  negativen  Folgerung  im  Ver- 
ein mit  einer  eingehenden  Prüfung  seines  Sinnes  in  den  verschie- 
denen Fällen  seines  Auftretens  ergiebt  sich  mir  nun  far  den 
Infinitiv  folgende  Bedeutungsaufstellung:  Der  I.  ist  im  Neufranz. 
die  Ausdrucksform  für  die  abstrakteste  Vorstellungsweise  eines  Zeit- 
seienden, für  den  jeglicher  weiteren  Bestimmung  baren  Begriff 
desselben;  er  ist  die  Ausdrucksform  für  diejenige  Vorsteilungsweise, 
bei  der  das  Zeitseiende  nur  seiner  materiellen,  strukturellen,  aggre- 
gativen  Eigentümlichkeit  nach,  im  übrigen  aber  als  eine  unteilbare, 
ohne  das  Moment  zeitlicher  Ausgedehntheit  gedachte  Einheit  er- 
scheint Je  me  mis  à  manger'.  Die  Bewegung  des  me  mettre  fährte 
zu  einem  als  manger  erkannten  Zeitseienden.  —  Und  für  das  Ge- 
rundium: Das  G.  drückt  niemals  eine  rein  abstrakte  ^  Vorstellung 
eines  Zeitseienden  aus,  es  bezeichnet  vielmehr  als  dem  Geiste  des 
Sprechenden  vorschwebend  eine  solche  Vorstellung  eines  Zeit- 
seienden, welcher  aufser  den  durch  den  Verbalstamm  angedeuteten 
materiell-strukturellen  Eigentümlichkeiten  zugleich  das  Moment  der 
Konkretheit  (wieder  im  Sinne  von  Paul,  vgl.  p.  285)  und  damit 
d>en  einer  gewissen  zeitlichen  Ausgedehntheit,  eines  Sich-durch- 
die-Zeit-Erstreckens,  einen -Zeitraum -Ausfüllens  eignet.  L  appétit 
vieni  en  mangeant  heiíst  demnach  nicht,  wie  es,  wenn  à  manger  ge- 
setzt wäre,  heifsen  würde:  „Bei  einem  Zeitseienden,  das  ich  seiner 
materiell-strukturellen  Art  nach  als  „Essen'*  bezeichne,  kommt  der 
Appetit",  etwa  wie  H  y  a  du  danger  à  trop  manger  heifst:  „Bei(m) 
Zuvielessen  befindet  sich  Gefahr",  sondern  vielmehr:  „Im  Laufe 
eines  Efsaktes,  einer  Mahlzeit  stellt  sich  der  Appetit  ein".^ 

'  eine  Behauptung,  die  nur  scheinbar  im  Gegensatz  zu  L.'s  „Abstractum 
der  im  Verlauf  begriffenen,  auf  ein  actives  logisches  Subject  bezogenen  Thatig- 
kcit"  (§  366)  steht,  weil  L.  das  Wort  „Abstractum"  in  der  üblichen  Bedeu- 
tung (nicht  sinnlich  wahrnehmbares  Seiende)  braucht,  während  der  obigen 
Aufteilung  die  schon  erwähnte  von  Paul,  Prinz,  d.  Sprachgesch.'  p.  67  ge- 
gebene Definition  des  Wortes  „  Abstraktum"  als  Bezeichnung  eines  „allgemeinen 
Begriffi«*,  eines  blofsen  Vorstellungsinhalts  an  sich,  losgelöst  von  „räumlicher 
und  zeitlicher  Begrenzung*'  zu  Grunde  liegt. 

*  Sollte  L.  §  366  diese  spezifische  Bedeutungseigentumlichkeit  des  G.  bei 
den  Worten  „im  Verlauf  begriffen'*  im  Sinne  gehabt  haben?  Dann  befände 
ich  mich  ja  in  erfireulichster  Uebereinstimmung  mit  ihm.  Ich  wurde  dann 
nur  die  Ausstellung  zu  machen  haben,  dafs  —  zumal  bei  dem  Abseben  von 
dner  Kennzeichnung  der  spezifischen  Eigentümlichkeit  der  Infinitivbedeutung 
in  ihrer  Verschiedenheit  von  der  des  G.  —  jene  Qualifizierung  nicht  genügt, 
da  maai  ja,   wie  schon  gezeigt,   auch  in  Je  crois  le  voir,  je  vous  vois  venir 


Xg6  TH.  KAI.EPKV, 

Und  als  Unterschied  zwischen  den  früher  einander  gegenüber- 
gestellten Wendungen:    Voyez-vous  crs  dibru  flolUr  vers  la  côU?  und 

■  ■ .  flotlnnl  vers  i.  e?,  ti  s'en  va  gronder  und grondant  und  dem 

1.  und  G.  in  (/  le  ßst  cancheler  et  en  che  canchelant  . . .  sowie  zwischen 
a  remanoir  und  a  remanan/  ergäbe  sich  nutunehr  der,  dafs,  wo  der 
Infinitiv  gebraucht  ist,  die  blofse  Bezeichnung  des  (abstrakten)  Be- 
griffs, unter  den  das  betr.  Zeitseiende  rein  seiner  Natur,  seiner 
besonderen  Art  nach  subsumiert  wird,  vorliegt,  im  Gerundium  da- 
gegen aufserdem  noch  Kennzeichnung  des  betr.  Seins  oder  Ge- 
schehens als  eines  sich  durch  einen  Zeitraum  erstreckenden  kon- 
kreten Aktes  mit  enthalten  ist.'  Bei  Ansetzung  dieses  Unterschiedes 
hat  ein  gelegentlicher  Wech.scl  der  beiden  Formen,  ihr  Auftreten 
in  anscheinend  —  aber  doch  nur  anscheinend  —  gleicher  Be- 
deutung nicht  mehr  Befremdendes,  wie  etwa  gelegentlich  allemie- 
lende  Setzung  oder  Weglassung  des  unbestimmten  Artiliels  bei 
Substantiven  unter  gleichen  grammatischen  Bedingungen.  Idi  finde 
nämlich,  dafs  mutatis  mutandis  der  Unterschied  zwischen  L  und  G. 
im  wesentlichen  gleichartig  ist  dem  zwischen  dem  blofsen  Sub- 
stantiv und  dem  Substantiv  mit  dem  unbestimmten  Artikel,  so  dafs 
sich  ein  Les  voyez-vous  ftoller?  zu  einem  lys  voyez-vous  ßotletnl  etwa 
verhielte    wie  Le  croyet-vöus  pentire?  zu  Le  trt^-et-vous  un  fantre?^ 

Nach  dem  vorstehend  Dargelegten  glaube  ich  auch  von  den 
Wohlwollendsten  unter  den  Lesern  nunmehr  —  neben  mancher 
anderen  —  folgender  Einwendung  mich  versehen  ïu  müssen:  „Ge- 
setzt auch ,  das  über  das  G.  Gesagte  tonne  für  die  Fälle  seines 
Auftretens  in  Gemeinschaft  mit  der  Präposition  ea  oder  allenfalls 
für  Wendungen  von  der  Art  des  {s'en)  aller  eroissani,  glnéralemerU 
parlant,  wo  selbst  ein  so  energischer  Vorkämpfer  für  das  Partidpium 
Praesentis  wie  Herr  L.  Gerundia  anerkennt,  freilich  mit  der  {schwer- 
lich   begründeten)   Einschränkung    „archaisch",    oder   auch    da,    wo 


von  der  durch  den  I,  bcicichnelen  ThSiigkeit  mit  Fug  aussi^fTi  kÖnoie,  da6 
de  „im  Verlauf  b^ffco"  sei,  fernet  die.  dafs  et  jene  Worte  in  einem  Atcra- 
KU¡^  mil  dem  für  dco  Unterschied  zwischen  I.  und  G.  ganz  irrclevonlen  „lof 
da  aclives  lofiisches  Subject  bezogen"  ausspiicht,  schlielsUcb  die,  dab  et 
durch  die  schon  erwähnte  unberechtigte  Wiedetgabe  von  „It  fett  va  gron- 
dant" mit  „Er  wird  gleich  schelten"  selbst  Giund  zu  der  Meinung  giebt, 
jenes  „im  Verlauf  bt^fTen"  sei  so  strenge  nicht  lU  nehmen. 

»  Man  vgl,  I,  8,  Zola,  Lourdes  237:  Et  il  camprenaü  tout,  dans  lute 
ciarli  brusqut;  le  monsieur  n'ayant  pu  louer  gut  {tile  chambre,  y  catkanl 
sa  maitresse  à  tous  les  yeux,  l'enfermant  dans  le  vaste  placard  fmdanl 
qu'on  faisait  le  minage,  la  nourrissant  des  repas  qu'on  lui  montait,  buvant 
avec  eût  au  mhne  virre;  et  Us  bruits  de  ¡a  nuit  s'expliquaient  . . .  und  *U 
monsieur  n'avoir  pu  louer  gue  cette  chambre  . . .!,  wie  es  in  einem  Ausruf 
der  Verwunderung  (wo  nar  die  materiell- strukturelle  Art  des  Zeilsdtnden  he- 
zeichnet  werden  soll)  heifsen  würde. 

*  In  rein  formaler  Beiiebung,  uämlich  insofern  als  beim  franz.  G.  die 
Charakterimerung  des  Zeilseienden  als  eines  konkreten  durch  die  Gcstalhmg 
des  Wollendes  vata  Ausdruck  gebracht  witd,  wird  man  an  das  eigentöni- 
liehe  Verfahren  des  Rumänischen  erinnert,  beim  Nomen  Jas  Moment  der  Be- 
kanntheit dutch  Sulïigieiun|i  des  sogen.  lieFitimmten  Artikels  ausiudrückeB  : 
ttrt4  Kumt,  arla  die  Kunst. 


ZUR  FRANZÖSISCHEN  SYNTAX.  297 

dasselbe  wie  bei  VoyéZ-vous  ces  débris  flottant  vers  la  côte  prädikativ 
aufgefafst  und  ohne  erhebliche  Sinnesänderung  durch  den  Infìnitiv 
ersetzt  werden  könnte,  als  richtig  gelten,  wie  steht  es  mit  den 
Fällen,  in  denen  es  determinativ -attributiv  auftritt  wie  etwa  in 
dem  von  L.  §  359  zitierten  Satze  Dans  la  cour  de  la  maison  portoni 
le  n^  44  de  la  rue  Royale  on  trouva  dix-sept  tonneaux  videsl  1st 
hier  die  im  Vorhergehenden  dem  Gerundium  imputierte  Bedeu- 
tung überhaupt  noch  anwendbar?  Giebt  es  einen  Sinn,  hier 
portant  als  Bezeichnung  eines  konkret  vorgestellten  Zeitseienden 
eines  unter  besonderen  Umständen  sich  vollziehenden  Tragens  statt 
als  diejenige  eines  Seienden,  welches  trägt,  zu  fassen?"  Auf  die 
Gefahr  hin,  zunächst  Kopfschûtteln  zu  erregen,  mufs  ich  hierauf 
antworten,  dafs  ich  die  beanstandete  Auffassung  nicht  nur  für  mög- 
lich, sondern  für  die  einzig  mögliche  halte,  unter  folgender  Be- 
gründung: Nach  den  im  Französischen  wirksamen  Ausdrucksgesetzen 
kann  ein  weibliches  Seiendes  (wie  hier  maison)  als  Träger  der 
Eigenschail  oder  Thätigkeit  des  Tragens  (sei  diese  nun  eine  ein- 
malige vorübergehende  oder  eine  gewohnheitsmäfsige,  dauernde) 
nur  durch  portante^  porteuse  etc.  bezeichnet  werden.  Nun  könnte 
freilich,  wie  auteur  in.  femme  auteur  oder  restaurant  in  Sätzen  wie: 
Cette  maison^  restaurant  alors,  aujourd'hui  hôtel,  appartenait  etc.,  das 
Wort  portant  in  unserem  Falle  männliches  Substantiv  mit  der  Be- 
deutung „Träger"  sein,  das  in  der  bekannten,  nach  T.  II,  161, 
„eine  gewisse  Schwierigkeit  bereitenden  Verwendung**  als  Attribut 
zu  maison  gesetzt  wäre.  Dem  steht  indes  im  Wege  einmal,  dafs 
in  den  zur  Vergleichung  herangezogenen  Fällen  im  Falle  einer 
Mehrheit  von  Seienden  auch  das  zweite  Substantiv  [^auteur,  restau- 
rant,  hôtel)  das  Pluralzeichen  erhalten  würde  —  um  mich  dieser 
recht  äufserlichen  und  oberflächlichen  Ausdrucksweise  der  Kürze 
halber  zu  bedienen  — ,  sodann,  dafs  die  neufránz.  Sprache,  in 
welcher  Ausdrücke  wie  les  ayants  droit  streng  internierte  Archaismen 
sind,  auf  keine  Weise  erlauben  würde,  von  derartigen  Substantiven 
(bezhw.  Adjektiven)  einen  Objektsakkusativ  abhängen  zu  lassen  (wie 
auch  nicht,  sie  mit  ne  zu  verbinden  u.  dergl.  mehr),  so  dafs,  wenn 
portant  „Träger**,  „einer,  der  trägt**  hiefse,  in  unserem  Satze  „du 
n^  44"  folgen  müfste.  Wie  befremdlich  also  die  Behauptung,  dafs 
„portant  le  n^  44**  „ein  die -Nummer -44 -Tragen"  heifse,  zunächst 
noch  klingen  mag,  ich  vermag  eine  andere  Bedeutung  in  diesen 
Worten  nicht  zu  finden.  ^ 

Ich  gebe  indes  die  Hoffnung  nicht  auf,  dafs  es  mir  nicht  doch 
noch  gelingen  könnte,  diese  Behauptung  einleuchtend  und  über- 
zeugend zu  machen  durch  den  nunmehr  zu  führenden  Nachweis, 
dafs  eine  derartige  Verwendung,    wie   sie   in  dem  eben  erörterten 


1  Ob  Mätzner  mit  seinem  gewagten  „gerundivischen  Partizip*'  (p.  455), 
▼on  dem  er  sagt,  dafs  es,  wenn  es  ohne  en  steht,  in  seinem  Gebrauche  dem 
lat  Part.  Präs.  entspreche,  nicht  etwas  Aehniicbes  hat  ausdrücken  wollen? 
Was  könnte  der  Ausdruck  „gerundivisches  Partizip"  fur  einen  Sinn  haben 
als  den  eines  Partizips,  welches  im  Grunde  ein  Gerundium  (Gerundivum)  ¡st? 


Falle  „la  maison  portant  h  n"  44"  angenommea  worden,  innerhalb 
des  Neu  französischen  keineswegs  eine  singulare  Erscheinung  dat- 
Btellen,  sondern  hier  eine  nicht  geringe  Anzahl  analoger,  im  Gmude 
gleichartiger  Erscheinungen  neben  sich  zu  stellen  haben  würde. 

Ich  sehe  nämlich  das  ihr  Eigentümliche,  sie  Unterscheidende 
in  der  Verschmähung  eines  sprachlichen  Bindegliedes  bei  der 
Nebeneinanderstellung  der  Bezeichnung  eioes  Seienden  und  der  zu 
ihr  in  attributivem  oder  appositivem  Verhältnisse  stehenden  Be- 
zeichnung eines  von  ¡hm  getragenen  Seins  oder  Gescheheos,  also, 
wenn  man  will,  in  asyndetischer  Juxtaposition.  Eine  solche  liegt 
nun  aber  gleichfalls  vor  in  der  grofsen  Fülle  neufranzösischer  Wen- 
dungen, bei  welchen  der  Bezeichnung  eines  Seienden  die  zu  ihm 
im  Verhältnis  einer  näheren  Bestimmung  stehende  eines  anderen 
Seienden,  wie  Farbe,  Format,  Lage,  Alter,  Preis,  Bestandteile  d.  s.w. 
präpositionslos  angefügt  ist:  Elle  aperçut  ¡a  grandi  rivière  couleur 
de  plomb  fondu,  comme  on  rêve  des  fltuves  en  des  pays  fantasti<pus 
Maupassant,  Yvette  105.  —  Venfant  ...  dei'ait  voir  ...  la  Viergi 
revenir  toujours  et  la  regarder  de  ses  yeux  couleur  du  ciel,  de  ta 
yeux  vivants  . . ,  Zola,  Lourdes  qg.  Oder  ¡n  Ausdrücken  wie  wie 
toilette  feuille  morte  Scribe  et  Legouvé,  Les  Doigts  de  Fée  U,  1 
(vgl.  den  Gebrauch  der  bekannten  Farben  bezeich  nungen,  die  eigent- 
lich Namen  der  Gegenstände  sind,  als  denen  charaklenstiscb  die 
betr.  Farben  gelten,  wie  orange,  cerise,  sou/re,  paille  etc).  Femer: 
une  livraison  petit  in-S";  —  le  coli  nord,  latitude  nord.  —  Grande, 
magnifique,  mûre  à  point,  dix-huit  ans,  aussi  blonde,  gut  sa  mire  liail 
¿rune  etc.  Maup.  Yv.  8.  —  M.  de  Guersainl  finit  par  acheter  ¡e  plus 
gros  bouquet  ...  à  une  très  belle  fille  grasse  et  blonde,  vingt  ans  an 
plus  ...  Zola,  Lourdes  489.  —  Le  baron  Suire  ...  venait  de  rettu- 
nailre  le  rire  bon  enfant  de  l'ancien  procureur  de  la  ripuiliçue  ib.  123. 
(Dagegen:  El  il  riait  de  son  rire  d'enfant  ib.  235.)  —  /'avait  alors 
un  très  petit  et  très  incommode  logement,  mais  très  bon  marché,  Littré, 
Comment  j'ai  fait  m.  d.  p.  35.  —  L'habitalion  de  campagne  était  à 
Ménil-le-Roi,  Seine  et  Oise,  petite  et  vieille  maison,  jardin  d'un 
tiers  d'hectare  ...  ib.  p.  26.  —  Besonders  erwähnenswert  die  so- 
genannten absoluten  Verbindungen  eines  Substantivs  mit  einer 
Prädikats  bes  limmun  g  (Adjektiv,  präpositi  analem  Ausdruck  u.  AebnL), 
die  sich  bekanntlich  in  allen  Satzstell  ungen ,  die  ein  Adjektiv  ein- 
nehmen kann,  antreffen  lassen.  So  appositiv:  Jean  de  Servigny, 
petit,    svelle,    un  peu  chauve,    un  peu  frêle,    très  ¿ligant,   la  moustache 

frisée,  les  yeux  clairs,  la  lèvre  fine,  Hait  un  de  ces  hommes Maup. 

Yv.  3.  —  Tous  les  spectateurs,  le  nez  en  l'air,  applaudissaient  ib. 
p.  152.  —  La  jeune  fille,  les  yeux  iartaè^,  faisait  la  morte  ib.  p.  152,  — 
Prädikativ:  Ils  allaient  plus  vite  que  tous  ...  lus  à  ne  plus  faire 
qu'un  et  le  corps  droit,  les  jambes  presque  immobiles  comme  ti  ... 
ib.  p.  24.  —  Fvette  venait  d'entrer,  encore  vitue  comme  dans  le  jour, 
mais  pâle  maintenant  et  les  yeux  luisants  comme  on  les  a  après  de 
grandes  fatigues  ¡b.  p.  81.  (In  beiden  Sätzen  verdient  auch  das  „ef 
Beachtung  als  Zeichen  für  die  Gleichwertigkeit  des  absoluten  Aus* 


ZUR  FRANZÖSISCHEN  SYNTAX.  299 

drucks  mit  dem  vorangehenden  Adjektív  in  der  AüfTassung  des 
Franzosen.)  —  Aw  eile  demeura  les  yeux  fixés  sur  le  jour  qui  nais^ 
sait  ib.  p.  109.  —  //  était  livide,  les  paupières  doses,  la  bouche 
tirée  par  Pagonie  . . .  Zola,  Lourdes  53.  —  ...  elle  était  nu^têie^  le 
visage  en  larmes,  ...  ib. 416.  —  Auch  in  der  sogen.  Beziehung 
auf  ein  Akkusativobjekt:  Mais^  apercevant  tous  les  hommes,  les  yeux 
fixés  sur  Yvette  étendue  en  son  lit,  une  irritation  jalouse  le  fit  tres-- 
saillir  („Als  er  die  Augen  aller  Männer  auf  Y.  gerichtet  sah  . .  .** 
Das  Konama  hinter  hommes  scheint  freilich  zu  Gunsten  appositiver 
Stellung  zu  sprechen:  „Als  er  all  die  Männer  bemerkte  und  zwar 
mit  auf  Y.  gerichteten  Blicken  . .  .*',  doch  vgl.  das  unten  folgende 
Beispiel  Lourdes  478)  ib.  154.  —  ...  me  faire  voir  une  lettre  à  la 
main,  c^est  servir  mes  ennemis  („mich  mit  einem  Briefe  in  der  Hand 
zeigen'S  wobei  freilich  die  Auffassung  des  me  als  Dativ  und  des 
une  lettre  als  Objektsakkusativ  von  voir  als  gleichfalls  möglich  — 
aber  doch  nicht  als  gerade  wahrscheinlich  zugestanden  werden 
mufs).  —  Elle,  mon  Dieu,  elle  qu*il  avait  vue  pendant  des  années,  les 
jambes  mortes,  la  face  couleur  de  plomb!  Zola,  Lourdes  478;  merk- 
würdigerweise wieder  Komma!  —  Schliefslich,  was  fur  unseren 
Gegenstand  (im  Hinblick  auf  la  maison  portant  le  n^  44)  von  be- 
sonderer Wichtigkeit  ist,  auch  de  term. -at  tributivi  ,,,  en  la  voyant 
. . .  échanger  une  parole  rapide  avec  un  monsieur  correct,  l'air  distingué 
(mit  einem  Herrn  der  guten  Gesellschaft,  von  vornehmem  Aus- 
sehen) Zola,  Lourdes  58.  —  ,  ,  ,  le  sang  de  la  maternité  jaillirait, 
dans  .  ,  .  ce  réveil  d*un  corps  resté  enfant,  attardé  et  brisé  par  un  si 
long  rêve  de  souffrance,  tout  d^un  coup  rendu  à  une  santé  éclatante,  les 
yeux  vivants,  la  face  radieuse  (zu  überraschender  Gesundheit  mit 
lebhaftem  Blick  und  glückstrahlendem  Angesicht)  ib.  401. 

So  viel  von  den  Fällen,  in  denen  substantivische  Ausdrucke 
als  Attribute,  Prädikate,  Appositionen  sich  ohne  die  das  logische 
Verhältnis  zum  Antezedens  bezeichnende  Präposition,  also  in  der- 
selben asyndetischen  Juxtaposition  finden,  in  der  m.  K  auch  die 
„unflektierten"  Verbformen  auf  "ant  aufzufassen  sind,  wenn  sie  nach 
der  Bezeichnung  eines  Seienden  in  einer  der  genannten  Satzglied- 
schaften auftreten.  Noch  reichlicher  fällt  das  Material  fur  den 
Nachweis  ähnlich  gearteter  verbindungsloser  Anfügungen  in  ad- 
verbialer Funktion  aus,  für  welche  ja  übrigens  auch  L.,  der  mit 
seiner  Behauptung,  dafs  im  Partizip,  auch  im  unflektierten,  überall 
eine  adjektivische  Form  zu  sehen  sei,  den  Anlafs  zu  so  ausge- 
dehnter Betrachtung  gegeben,  teilweise  (nämlich  in  den  Verbin- 
dungen mit  aller^  ^en  aller,  sowie  denjenigen  von  parlant  mit  voran- 
gehendem Adverb)  „substantivische'*  (also  gerundiale)  Natur  ansetzt 
(§  S^ö)'  ^^  wäre  hinzuweisen  auf  die  Fälle  präpositionsloser  Adver- 
bialien, welche  die  bekannten  rien  que  (Rien  qu'au  Rosaire  il  si* en 
(«B  de  messes)  disait  près  de  quatre  cents ^  pendant  ces  douze  heures  Zola, 
Lourdes  317  ;  vgl,  auch  XX,  i  S.  77  dieser  Ztschr.),  faute  de,  gréUe  à, 
crainte  de,  etwas  vulgär,  oder  dienstlich  militärisch  auch  rapport  à 
(z.  B.  ^est  rapport  à  lui  (sc.  le  neveu)  que  j^en  ai  sur  le  coeur  Maup.« 


300  TH.  KALEPKT, 

Novellenband  „Yvette"  p.  258),  bon  train  (¿<î  ¡ravatix  Hâtent  a 
bon  train  Zola,  Lourdes  340,  vgl.  Sachs-Vill.  train  1  u,  2),  bon  gri 
mat  gri,  tnoilU  - —  moitié  (Combien  de  fois  . . .  ri  ni- je  pas  dit,  msilil 
plaisantant,  moitié  sérieux:  lO  mes  amis,  m  faites  jamais  de  dictioniiaire* 
Littré,  Comment  ...  p.  17.  —  Et  ta  bonne  vieille  de  dire,  Meitil 
larmes,  vwilié  sourire:  if 'ai  ...»  Déroulède,  Le  bon  gîte),  partie  — 
partie,  mot  pour  mot,  un  à  un,  gotte  à  goutte  (Comme  l'eau  gui.  goulle 
à  goutte,  perce  le  plus  dur  rocher  . . .  Maupassant,  Sur  l'eao  p.  42), 
faee  à  faee  {Il  espérait  . ,  ,  çu'il  serait  baigné  de  la  grâce,  devant  le 
eiel  ouvert,  face  à  faee  avec  Dieu  Zola,  Lourdes  319),  eSte  à  còte 
(Tous  deux  descendirent  la  route  en  pente,  côte  à  côte,  sans  une  parale 
ib.  328),  cœur  à  cceur  {ib.  41g),  l'un  l'autre  darbieten,  feraer  die 
Wohnungs-  und  Zeitbenennungea,  wie  demeurer  place  Vendôme  (neben 
tur  la  place  Vend)  und  nicht  etwa  nur  in  Verbindung  mit  demeurer, 
wie  J'avais  alors  en  effet,  rue  de  l'Ouest,  aujourd'hui  rue  d'Artas, 
an  tris  petit  et  tris  incommode  logement  Littré,  Comment  ...  p.  35 
zeigt,  partir  trois  heures  cinq  (neben  dem  vollständigen  à  trois  heures 
et  cinq  minutes).  Le  hibou  ne  vole  que  la  nuit,  ferner  der  Gebrauch 
von  la  veille,  le  lendemain,  un  jour,  la  premure  fois,  Van  80  in  Ver- 
bindung mit  der  Bezeichnung  eines  durch  sie  zeitlich  bestimmten 
Geschehens,  wobei  denn  auch  unter  Hinweis  auf  T.  U,  Beilrag  1 
der  Zeitangaben  mittels  il  y  a  (für  das  Allfrz.  auch  der  mit  /lir'fl 
und  guère  n'a)  ïu  gedenken  wäre,  und  insbesondere  wieder  auf  die 
auch  in  adverbialer  Funktion  sehr  häufig  begegnenden  „absolut" 
gebrauchten  Verbindungen  von  Substantiven  mit  Prädibatsworten: 
Si  vous  l'aviez  vu  venir  vers  moi  les  bras  tendus  ...  A.  Daudet,  Les 
Vieux.  —  Mais  Yvette,  sa  bougie  soufHée,  était  revenue  sur  son  balcon 
Maup.,  Yv.  105.  —  Noch  freier:  De  tout  le  voyage  elle  n'avail  pat 
encore  dit  un  mot,  les  lèvres  murées,  souffrant  abominablement  (sie 
hatte  geschwiegen  mit  fest  zusammengeprefsten  Lippen  unter  Turcbi- 
barem  Leiden)  Zola,  Lourdes  p.  14.  Und  weiter  Fälle  wie  marehtr 
pieds  nus  (nu-pieds);  il  y  a  donné  tête  baissée;  il  ne  savait  pas  si  elle 
sommeillait  ou  si  elle  revivait,  paupières  closes,  le  continuel  miratie 
Zola,  Lourdes  113  u.  s.  w.'     Die  Meinung   also,    welche    durch  die 

>  Ich  peisönlick  wäre  geneigt,  auch  Falle  wit  avMr  laut  ptein,  reeevair 
oder  envoyer  qeh.  franc  de  pori,  ei-joint,  ci'tnctui,  lauf  reprise  u.  Aehnl.  als 
hierhergeh öri g  anzusehen.  Da  ich  indes,  ohne  weitst^weitigc  Ausfähnui{;en, 
mit  dieger  Auffassung  bei  der  Mehrzahl  der  Leser  auf  Widerspruch  lu  stofsen 
(ücchteo  ta  QiSssen  glaube,  so  lasse  ich  diese  FSlle  aus  Gründen  der  Zweck- 
malsigkcit  hier  beiseite.  —  Uetirigeos  findet  sich  auch  präpositionate  Anfoguog 
solcher  „absolalen  VeibioduBgen"  :  Une  fruir  somnolait  sur  te  bord  du  fu- 
mier, le  ventre  ¿narine.  Us  mamelles  gonflées,  tandis  qu'une  (raupe  de  petits 
pores  tournaient  autour,  avec  leur  queue  roolie  comme  ime  corde  Maupassant, 
Miss  Harriet  (Le  Baptême)  p.  272.  —  ...  mais  Poulet  (scherzbañe  Umíbroiung 
von  Faulet)  revint  un  sn'r  avec  la  gorge  cnroiiie  Ders.,  Une  vie  ï66.  —  Et 
ils  ta  laissèrent  Iris  Iranquilie  dans  son  lit,  l'air  absorbé,  avec  ses  grands 
yeua  riveurs  et  souriants,  perdus  au  loin  Zola,  Lourdes  (wo  wieder  dw 
Komma  lu  beachten).  Dementsprechend  finden  wir  unter  den  formelartígen 
Wendungen  mit  dem  Gerundium  in  adverbialer  Funklion  bald  â  wie  iu  d  sori 
Corps  défendant,    ä  bout  portant,    bold  proposition sluse  SeUung   wie:  chemin 


ZUR  FRANZÖSISCHEN  SYNTAX.  30I 

vorstehenden  Ausführungen  zu  erläutern  und  zu  stützen  versucht 
worden,  ist:  Nicht  nur  in  der  Verbindung  mit  der  Präposition  en 
oder  mit  dem  Verb  {s'en)  aller  oder  in  den  lur  Charakterisierung 
des  Standpunktes  der  Beurteilung  dienenden  Ausdrücken  mit  parlarti 
und  einem  Adverbium  —  für  die  auch  L.,  wenngleich  teilweise 
nur  unter  Kennzeichnung  als  archaischer  dies  anerkennt  —  liegt 
im  Neufranz.  das  Gerundium  vor,  sondern  ein  solches  ist  auch  in 
den  von  den  Grammatikern  als  („unfleküerte")  Partizipia  aufgefafsten 
Verbformen  auf  -ani  zu  sehen,  die,  ohne  irgendwelche  Markierung 
des  Verhältnisses  des  durch  sie  ausgedrückten  konkreten  Aktes  zu 
dem  ihren  Träger  bildenden  etc.  Seienden,  kurz:  ohne  Präposition, 
einem  Nomen  oder  Verbum  als  nähere  Bestimmungen  beigegeben 
werden.  Ks  ist  dann  durch  Vorführung  zahlreicher  ähnlich  ge- 
arteter Erscheinungen  atifserhaib  des  verbalen  Gebiets  za  zeigen 
versucht  worden,  dafs  ein  solches  Ausdrucks  ver  fahren  durchaus 
nichts  Singulares  innerhalb  des  Neufranz.  it>t,  dafs,  wenn  dasselbe 
trotzdem  noch  befremdlich  erscheint,  diese  Empfindung  sich  aus 
der  fest  eingewurzelten  Gewohnheit  erklärt,  solche  Formen  als 
gleichartig  und  gleichbedeutend  mit  den  lat,  Partizipien  Fräsentis 
auf  -nj',  -niis,  sowie  mit  den  auf  diesen  beruhenden  ^ektierten  Par- 
tizipien der  älteren  französischen  Sprache  anzusehen.  Was  mag 
nun  wohl  —  diese  Frage  ist  zu  naheliegend,  um  nicht  wenigstens 
an    einem  Versuch    ihrer    Beantwortung    zu    locken  ~  zu    solcher 


faisant  vgL  jedoch  T.  I,  37  Ses  oraisons  faisans  . . .)  mainUnanl.  générale- 
meni  parlanl;  imd  erst  rechi  bei  freier  (d.h.  mcht  formelhallet)  Veiwenduog 
des  G.  ils  idverbiolet  Bestimmung,  bald  Auflreten,  bald  Fehlen  von  en,  was 
trotz  L.'s  Strättbeus,  Gerundium  ohne  tn  anders  als  „uchaisch"  anmeikeaDcn, 
mir  für  ?Aae  wie  Nous  marchians  doucement,  non«  Brrítool  Ions  les  cent  pat 
pour  ¿couler  (L.  §  362,  b,  uU  appûailiveî  Partiiip  aufgcfafst),  in  denen  ohne 
weiteres  en  hiniugethan  wenleo  kannte,  und  erst  recht  lar  die  von  Seeger, 
Synt  d.  neofr*.  Spr.  I,  5 '34"  Anm.  5  gegebenen  G^eniiberslelliingcD  des  Ge- 
brauchs and  NicbtgebriiuEhs  von  en  UQter  völlig  gleicbailigen  UmständcD, 
nicht  geleugnet  «erden  zu  liönneo  scheint.  Scegei  übrigens  geht  in  Bemg 
auf  wiUkârliche  Gebietstrennung  von  Part.  Pias,  und  Ger.  noch  über  L.  hinaus, 
Indem  er  1.  c.  ugl:  „Du9  Girondif  (mit  en),  das  immer (!),  und  das  Participium 
Acti*i,  das  niemals  (t)  im  Satze  als  adverbiale  Bestimmung  aaftritt,  sind  iwar  . ..'' 
Ich  gebe  gern  zu,  dafs  es  nicht  immer  leicht,  ja  nicht  immer  möglich  sein 
wird,  mit  Sicherheit  zu  bestimmen,  ob  adverbiale  oder  prädikative  Bestimmung 
vorliegt,  aber  in  Wendungen  wie  Construire  un  triangle  cannaissanl  trois 
eSIés;  Éliminant  c  on  trouve  enfin  ...  (dem  ein  En  ¿timinant  x  entre  ces 
drux  ¿quations  on  oòlienl  . .  .  zar  Seile  steht)  adnomìnale  Bestimmungen  sehen 
lu  wollen,  scheint  mir  doch  recht  kñhn.  —  Dafs  übrigens  das  Gftundium 
(sogar  mit  en)  auch  als  adnominale  Bestimmung  eines  Substantivs  auftreten 
kann,  leigen  Sätze  wie:  Dans  tous  les  cas  ce  ne  serait  qu'uru  plaisanterie 
des  enfants  en  jouant  entre  eux,  mil  welchen  Worten  bei  Stendhal.  I-e  Rouge 
cl  le  Noir  1, 111  die  verheiratete  Geliebte  dem  in  sein  Versteck  geleiteten 
Helden  ans  Herz  legt,  bei  etwaigem  Klopfen  nicht  zu  ÖlTnen.  —  Je  voudrais 
pouvoir  vous  décrire  les  pleurs  de  jfaequine  en  voyant  votre  frire  monter 
à  cheval  von  Mälioer,  Gr.  p.  458  ans  M™'  de  Sfvigné  zitiert.  —  Si  vous  aviet 
vu  son  disespoir  en  trouvant  ¡on  père  mori  L.  §  371, 1  «w.^  .  //  /„  „„. 
tait,   celle  tendresse   maudite   dans   leur   dodliti,   mh'  Meeur  de 

leurs  voix  en  lui  parlanl  Afaupassant,  Clair  de  LDn< 


Wandlung  im  Laufe  der  Entwickelung  des  Französischen  gefS 
haben?  Mir  scheint,  es  ist  das  in  dieser  Sprache  seit  ältester  Zeit 
als  wirksam  nachweisbare  Streben  nach  Entlastung  der  Wörter  in 
ihrer  Eigenschaft  als  Träger  von  VorslellungskompleKen.  So  wie 
die  Bezeichnung  eines  (substantivischen)  Seienden  und  seiner  Casns- 
beziehung  durch  ein  cinïiges  Wort  als  ein  Zuviel  empfunden  und 
daher  das  dem  Lateinischen  eigene  Deklinationsverlabrcn  durch 
dasjenige  gesonderter  Bezeichnung  des  Seienden  und  seines  Ver- 
hältnisses zu  einem  anderen  Seienden  ersetzt  wurde,  so  wie  bei  der 
Komparation,  im  Gegensatze  zu  der  lateinischen  Ausdrucksweise,  der 
Vergleichungsbegriff  eine  von  derjenigen  des  AdjektivbegrUfe  ge- 
trennte Bezeichnung  erhielt,  so  wie  an  Stelle  der  einheidichen 
Formen  der  Tempora  der  Vollendung  des  Aktivs  und  sämtlicher 
Fomien  des  Passivs  zusammengesetzte  Ausdrücke  traten  und  was 
dergl,  mehr  —  wobei  überall  die  immer  weiter  fortschreitende 
Schwächung  der  Endungen  sicher  ein  mitwirkender,  aber  doch 
nicht  der  einzige  Faktor  war  — ,  so  ward  auch  die  dem  Partizipium 
auferlegte  Aufgabe  ein  Seiendes  unter  Charakteiisierang  desselben 
nach  Geschlecht  und  Zahl  als  Träger  eines  nicht  etwa  nur  flüchtig 
angedeuteten,  sondern  unter  Umständen  durch  die  mannigfaltigsten 
Bestimmungen  genau  spezialisierten  Seins  oder  Geschehens  zu  be- 
zeichnen, ebenfalls  als  eine  zu  grofse  Belastung  dieser  Wortklasse 
empfunden,  und  zwar  in  um  so  steigenderem  Mafse,  je  mehr  sie 
"  bei  der  weiterschreitenden  Betbätigung  jenes  Worten tlastungsbestre- 
bens  als  eine  Art  Anachronismus,  Anakoluthie  innerhalb  des  son- 
stigen Verfahrens  sich  herausstellte,  - —  so  dafs  es  ein  wirklich 
Toter  war,  dem  die  Akademie  durch  Beschlufs  vom  3,  Juni  1679 
ein  offizielles  Leichenbegängnis  bereitete.  Die  durch  Ableben  des 
bisherigen  Inhabers  vakant  gewordene  Stelle  wurde  geteilt  und 
zweien  übertragen,  dem  Verbal  a  djektiv  (Partizipium),  dem  die  Funk- 
tion zufiel,  (nach  Geschlecht  und  Zahl  bestimmte)  Seiende  als  Träger 
des  durch  den  Verbalstamra  ausgedrückten  Zeitseienden,  (aber  rein 
nach  seinen  materiell-strukturellen  Elementen,  ohne  jede  spezifisch 
verbale  nähere  Bestimmung)  zu  bezeichnen,  sodann  dem  Gerundium, 
welches  wiederum  die  Aufgabe,  konkrete  Akte  des  durch  den 
Verbalslamm  ausgedrückten  Zeitseienden  mit  allen  Bestimmungen, 
deren  ein  solches  teilhaft  sein  kann,  (Objektswörtem ,  Adverbien, 
prädikativen  Wörtern  u.  s,  w.)  auszudrücken  zugewiesen  erhielt.  Ob 
nicht  in  dem  Uebcrwiegen  der  asyndetischen  Juxtaposition,  wenig- 
stens im  nominalen  (Attributs-,  Prädikats-,  Appositions-) Verhältnis  eine 
Nachwirkung  des  früheren  Zustandes,  bei  dem,  was  nunmehr  durch 
eine  Verbform  ausgedrückt  ist,  durch  ein  wirkliches  Nomen  ausge- 
drückt, eine  Präposition  somit  ausgeschlossen  war,  zu  sehea  ist?  Im 
Bejahungsfalle  böte  dann  das  prä positionslos  auftretende  Gerundium 
einen  Beleg  für  die  p.  290  zugegebene  Möglichkeit,  dafs  infolge 
voraufgegangenen  abweichenden  Bedeulungsbestandes  die  Funktion 
einer  Wortart  einmal  Züge  aufweisen  könne,  für  welche  die  aktuelle 
Bedeutung   keinen    völlig    befriedigenden    Erklärungsgrund    an   die 


ZUR  FRANZÖSISCHEN  SYNTAX.  3O3 

Hand  giebt  Freilich  nur  ,,nicht  völlig**,  denn  davon,  dafs  eine 
solche  unverbundene  Anfügung  etwas  Unberechtigtes  oder  gar  den 
Sprachgesetzen  des  Neufranzösischen  Zuwiderlaufendes  wäre,  kann, 
wie  wir  gesehen  haben,  keine  Rede  sein.  Aber  dafs  sich,  von  m 
abgesehen,  im  adnominalen  Verhältnisse  eine  Präposition  vor  dem 
Gerundium  nie  findet,  das  wird  als  immerhin  auffallend  bezeichnet 
werden  dürfen  —  freilich  auch  nicht  mehr  auffallend,  als,  dafs  der 
Franzose  niemals  faire  geh,  par  fauie  de  oder  Âehniiches  sagt 
Stellen  wir  die  neufranzösische  Âusdrucksweise  der  älteren  noch 
einmal  an  einem  Beispiel  gegenüber,  so  ergiebt  sich:  Une  main 
fumante  de  sang  war  im  älteren  Französisch:  „eine  Hand,  welche 
Trägerin  eines  von  Blut  herrührenden  Rauchens  ist**.  Im  modernen 
Französisch  bedeuten  dieselben  Worte  genau  genommen:  „eine 
Hand,  welche  eine  zum  Blut  in  einem  stofflichen  Abhängigkeits- 
verhältnisse stehende,  vom  Blute  herrührend  gedachte  Trägerin  des 
Rauchens  ist"  (vgl.  une  main  immobile  de  frayeur)  und  schliefslich 
Une  main  fumant  de  sang,  das  sich  überhaupt  erst  im  neueren  Fran- 
zösisch findet:  „eine  Hand  (mit  der  Eigentümlichkeit,  dafs  an 
ihr)  ein  Rauchen  von  Blut  (stattfindet)**,  genau  so  wie  une 
rivière  couleur  de  plomb  fondu  „ein  Flufs  (mit  der  Eigentümlichkeit, 
dafs  er  die)  Farbe  von  geschmolzenem  Blei  (aufweist)**  ^  ist 

Falls  nach  dem  von  Diez  IIP,  256  ff.  Gesagten  hier  noch  ein 
flüchtiger  Seitenblick  —  mehr  in  der  Absicht,  Auskunft  zu  erbitten, 
als  zu  erteilen  —  auf  die  verwandten  Sprachen  in  ihrer  modernen 
Gestalt  gestattet  ist,  möchte  ich  bemerken,  dafs,  so  weit  ich  sehen 
kann,  das  Gerundium  im  Italienischen,  Spanischen,  Portugiesischen 
and  Rumänischen  (vom  Rhätoromanischen  weifs  ich  leider  nichts 
and  habe  auch  bei  Gartner  nichts  auf  unseren  Gegenstand  Bezüg- 
liches zu  finden  vermocht)  im  wesentlichen  die  gleiche  Bedeutung 
and  Funktion  wie  im  Neufranzösischen  angenommen  hat,  nur  dafs 
bekanntlich  im  Italienischen  in  adnominalem  Verhältnisse  noch 
eine  Anzahl  wirklicher  Partizipien,  d.  h.  flektiert  und  doch  mit 
voller  verbaler  Kraft  auftretender  Formen  auf  ante  und  ente,'^  dem 
Gerundium  Konkurrenz  bereiten  und,  wie  es  scheint,  dieses  noch 
nicht  bis  zu  determinativ -attributivem  Gebrauche  haben  kommen 
lassen,  wofern,  wie  nach  Vockeradt's  Uebersetzung  zu  schliefsen, 
das  §  320  zitierte  Beispiel:  Gli  uomini  non  potendo  per  se  stessi 
acquistare  la  propria  e  V  altrui  stima,  si  studiano  d*  innalzarsi,  .  .  . 
thatsàchlich  nicht  heifsen  kann:  ,J)iejenigen  Menschen,  welche  . .  .*', 
sondern  nur:  „Wenn  die  Menschen  nicht  .  .  .**3     Von  Interesse  ist 

^  Ich  bemerke,  dafs  hier,  wie  im  Folgenden,  alle  interpolierenden,  peri- 
phrastischen  Verdeutlichungsversuche  nicht  etwa  als  Uebersetzungen  des  franz. 
Ausdrucks  gemeint  sind,  sondern  nur  als  —  ungern  angewandte  —  Nach- 
hülfen zur  Erfassung  der  im  Französischen  vorliegenden  Gredankenverbindung, 
deren  sich  zu  bedienen  oder  nicht,  natürlich  völlig  in  das  Belieben  des  Lesers 
gestellt  ist 

'  übrigens  auch  im  Rumänischen  die  schon  erwähnten  Gerundialformen 
Ubäda  murindä  etc. 

*  Auch  für  das  Portugiesische  ist  mir  determinativ-attributives  Auftreten 


304  TH.  RALEPKT, 

ferner,  dafs  nach  Voclteradt  g  319,  t  im  Italienischen  „die  Verbin- 
dung des  Gerundiums  mit  den  Präpositionen  in  oder  eon  beihw. 
senza  jetzt  veraltet  ist".  Gilt  vielleicht  bezüglich  der  Präposition  in 
dasselbe  auch  von  den  beiden  Sprachen  der  Pyrenàenhal hinsei, 
wenigstens  auf  ihrer  modernsten  Entwickeiungsslufe,  sowie  von  der 
rumänischen?  Meine  Lektüre  in  diesen  Sprachen  ist  nicht  ausge- 
dehnt genug,  um  eine  Bejahung  dieser  Frage  zu  rechtfertigen. 
Doch  ist  mir  aufgefallen,  dafs  in  ungezwungener  Erzählung  und 
Unterhaltung  unter  Hunderten  von  Fallen,  in  denen  sich  an  Stellen. 
wo  das  Neufranz.  ein  Gerundium  mit  en  gesetzt  hätte,  im  Spanischen 
und  Portugiesischen  präpositiousloses  Gerundium,  oder  en,  em  mit 
artikellosem,  oder  á,  a  mit  artikelhaftem  Infinitiv  fanden,  mir  kein 
einziges  Beispiel  der  Verbindung  von  en,  em  mit  dem  Gerundium 
entgegengetreten  ist,  obgleich  sowohl  Wiggers  als  auch  Reinhard- 
stoetmer  diese  Konstruktion  verzeichnen  und  aus  der  älteren  Zeil, 
letzterer  durch  ein  Beispiel  von  Castilho  aus  dem  Jahre  1844,  be> 
legen  und  Diez  p.  260  im  ganzen  ein  Zunehmen  des  en  vor  dem 
G.  im  Laufe  der  Sprachentwickdung  konstatiert,  was  ja  freilich  dn 
Abnehmen  in  neuester  Zeit  nicht  ausschlösse.  Bezüglich  des  Ru- 
mänischen bin  ich,  da  ich  nair  aus  den  Grammatikern  bd  der 
Eigentümlichkeit  ihrer  Anlage  und  dem  Mangel  eines  ordenütcben 
Wort-  und  Sachregisters  Auskunfi  darüber  nicht  habe  verschaffen 
können  und  ein  sicheres  Beispiel  mir  nicht  aufgestofsen  ist,  aufser 
Stande  zu  sagen,  ob  diese  Sprache  die  Verbindung  von  in  mit  dran 
Gerundium  überhaupt  kennt.  Denn  wenn  es  Convorb.  lit.  XXVni, 
p.  554  heifst:  f>i  general  verbind,  0  opera  de  arm  care  s' or  reduce 
la  forma  numaì,  ar  fi  0  imposibilitate  de  /api,  so  ist  das  în  hier  wohl 
mit  general  zu  verbinden,  (entsprechend  französischem  ghüralement 
pariant)  und  demnach  ebenso  wie  judecdnd  in  dem  Satze  :  D.  L.  Ovary 
...  o  publical .. .  o  brojurä  sXer  Roumains  de  Hongrie  el  ¡'  Etal  hon- 
groiss  care,  judecând  dupli  esirasul  ce' I  publica  -Jinue  d'Orient*  ... 
este  un  mie  capo-de  opera  de  incoereufiï  ib.  639  zu  beurteilen- 


Was  das  sogen.  Parlicipium  Perfect»  anlangt,  über  welches  noch 
einige  Worte  zu  sagen  sind,  so  ist  schon  zu  Anfang  dieser  Er- 
örterung auf  die  Unwissenschaftlichkeit  der  Untcrsdieidung  eines 
„flesibeln"  („veränderlichen")  und  „inflesibeln"  („unveränderlichen") 
hingewiesen  und  gezeigt  worden,  dafs  diese  vermeintlichen  Modi- 
fikationen einer  einzigen  Verbform  in  Wahrheit  zwei  gänzlich  ver- 
schiedene Wortarten  sind,  von  denen  nach  der  herrschenden  An- 
schauungsweise nur  die  eine,  das  sogen,  in  flektierte  (oder  in- 
Ilexible  etc.)    Paitizip    des    Perfetts,    welches    ein    vollendetes  Sein 

des  Gerundiums  nicht  völlig  zweifellos,  da  Reiabardstoetmer  zwar  §  364  sigi: 
„Die  Stelle  des  prisectiscben  Participa  hat  hier  gleichfalls  das  Gerund,  ülxfi- 
DonuneD.  Ks  steht  absolut  zur  Umschreibung  von  Relativ-  (hier  absolat?!)  und 
allen  übrigen  Sätzen  . . .",  aber  kein  Beispiel  eines  atOibuL  Ger.  anführt,  wáh- 
reud  für  das  Spanische  die  Zweifel  durch  Wiggers'  :  ün  caminante  pidiendo. 
Uh  eiludianle  comiendo.   Una  santera  retando  §  72,  ï,  a  behoben  werden. 


ZUR  FRANZÖSISCHEN  SYNTAX.  3OS 

oder  Geschehen  bezeichnet,  und  für  welches  —  bis  auf  einen 
glücklicheren  Namensfund  —  die  Bezeichnungen  ^Gestívum'S  „Ge- 
rundium Perfekti"  vorgeschlagen  worden,  als  Flexionsform  des  Verbs 
anzusehen  wäre,  während  die  andere,  das  „flektierte"  („flexible"  etc.) 
Partizip,  als  Bezeichnung  eines  Seienden,  an  welchem  ein  Sein  oder 
Geschehen  sich  vollzogen  hat  oder  vollzogen  worden  ist,^  keine 
Verbform,  sondern  vielmehr  ein  von  einem  Verbum  abgeleitetes 
Nomen  ist,  also  der  herrschenden  Praxis  gemäfs  nur  in  der  Wort- 
bildungslehre in  Beziehung  zum  Verbum  gesetzt  werden  dürfte.  £s 
ist  das  ja  in  Wirklichkeit  gar  nichts  Neues,  und  ich  kann  mir  nicht 
denken,  dafs  irgend  jemand,  selbst  wenn  ihm  eine  solche  Betrach- 
tungsweise noch  fremd  wäre,  nicht  bereitwilligst  zugeben  sollte, 
dafs  Je  suis  arrivé  nicht  Ich  bin  angekommen,  sondern  Ich  bin 
(ein)  Angekommener,  La  pièce  que  y  ai  vue  nicht  Das  Stuck,  das 
ich  gesehen  habe,  sondern  Das  Stück,  das  ich  (als)  gesehenes 
habe,  und  dementsprechend  Je  Vài  vue^  Quelle  pièce  cís^tu  vue? 
Ich  habe  es  (als)  gesehenes,  Welches  Stück  hast  du  (als)  gesehenes? 
heifst.  Das  hindert  aber,  leider,  nicht,  dafs  in  den  Grammatiken 
die  hier  vorgeführten  und  ähnliche  Verbindungen  von  itre  und 
(iDoir  mit  „flektiertem"  Partizip  immer  noch  flott  als  Perfektformen 
u.  s.  w.  bezeichnet  werden,  wahrscheinlich  weil  durch  die  Nennung 
des  Dinges  bei  seinem  rechten  Namen  die  Nebeneinanderstellung 
von  QuiUe  pièce  as^tu  vxiB?  mit  Jai  VM  celie  pièce  zu  einer  Unmög- 
lichkeit und  damit  denn  gar  die  Existenz  „zusammengesetzter**  oder 
„umschriebener"  Verbformen  der  „vollendeten  Handlung",  die  sich 
doch  neben  den  einfachen  disr  „unvollendeten  Handlung*'  archi- 
tektonisch so  schön  ausnehmen,  gefährdet  würde,  vielleicht  auch 
in  einem  ähnlichen  Gefühl  der  Zaghaftigkeit,  wie  das,  welches 
Dickens  in  seinem  Christmas  Carol  davon  zurückhält,  statt  des 
door^nail  den  co/fin-nail  als  Ihe  deadest  piece  of  ironmongery  in  the 
trade  in  Vorschlag  zu  bringen:  The  wisdom  oj  our  ancestors  is  in 
the  simile;  and  my  unhallowed  hands  shall  not  disturb  it,  or  the 
Country's  done  Jor,  Wie  dem  auch  sei,  das  in  Rede  stehende  Ver- 
fahren der  Grammatiker  angesichts  eines  so  klaren  Sachverhalts 
und  zu  einer  Zeit,  da  man  über  Ausdrucke  wie  Ablativ,  Loca- 
tiv,  ja  z.T.  sogar  über  „Genitiv"  und  „Dativ"  längst  zur  Tages- 
ordnung übergegangen  ist,  scheint  mir  eine  andere  Kennzeichnung 
denn  die  als  „Schlendrian",  „abime  de  routine"  nicht  zuzulassen, 
höchstens  dafs  sich  für  die  sehr  zahlreichen  unter  ihnen,  welche 
sich  eine  andere  Aufgabe  nicht  gesetzt  haben  als  die,  Anleitung 
zur  Vermeidung  „grober  Fehler"  beim  Uebertragen  deutscher  Sätze 
ins  Französische  zu  geben  —  womit  ja  in  der  That  bei  der  heu- 
tigen Organisation  des  Unterrichts-  und  des  fur  dieses  leider  ent- 


^  wobei  gelegentlich  das  Seiende  zu  dem  an  ihm  vollzogenen  Thun  aach 
in  dem  Verhältnisse  des  aktiven  Subjekts  stehen  kann,  wie  namentlich  im  Alt- 
franzosischen bei  den  T.  I,  123  ff.  aufgeführten  „Partidpien  perfecti  aktiven 
Sinnes"  z.  B.  aprU  einer,  an  dem  sich  das  Lernen  vollzogen  hat,  aber  so, 
dab  er  selbst  der  Vollzieher  gewesen  ;  einer,  der  gelernt  hat. 

ZfitUchr.  L  rom.  PhiL  XX.  20 


306  TH.  KALEPKY, 

scheidenden  Schulprùfungswesens  dem  „vornehmsten"  BedQrinIsse 
einer  ungeheuren  Zahl  Franzosisch  Lernender  Genüge  geboten 
wird  —  auf  mildernde  Umstände  plädieren  liefse. 

Obgleich  in  dea  vorhin  aufgestellten  Deñnitionen  der  Bedeu- 
tungen des  „flesibeln"  wie  des  „inflesibehi"  Partizips  des  Perfekts 
ein  ausreichendes  Kriterium  für  die  Beurteilung  sämtlicher  Fälle  des 
Auftretens  dieser  Formen  gegeben  ist,  so  scheint  mir  fur  «wei  d«- 
selben  eine  kurze  Erörterung  nicht  nur  durch  ihre  nicht  lu  iMg- 
nendc  Schwierigkeit,  sondern  auch  durch  die  Festgew urzeltheit  der 
z.  T.  scheinbar  auf  Ermittelungen  der  historischen  Grammatik  be- 
gründeten uniut reffenden  Ansichten  über  ihre  Natur  geboten  lu 
sein.  Und  zwar  sind  es:  j)  die  Behandlung  des  Partizips  des  Per- 
fekts in  den  sogen,  umschriebenen  Zeiten  der  reHexiven  Vwba, 
2)  die  auf  bestimmte  Verba  beschränkte  absolute  Verwendung  des- 
selben, wie   in  suppose  tette  thote  u.  ähnl.' 

Das  „Partizip  reflexiver  Verba"  anlangend,  hat  Herr  A,  Tobicr 
V,  B,  U,  57  und  lange  vorher  im  N,  Schweiz.  Museum  die,  wie  alles 
von  diesem  Gelehrten  Geäufserte,  in  hohem  Mafse  beacfatenswerle 
Meinung  ausgesprochen,  „der  Ausgangspunkt  für  das  heutige  je  me 
suis  {¡oigni  liege  in  dem  afrz.  esloigniez  sui,  welchen  passiven  Aus- 
druck die  alte  Zeit  nachweislich  mit  reflexivem  Sinne  gebraucht  bat 
(s.  z  Vr.  An.  166},  und  nur  unter  der  Einwirkung  der  vom  Refleidv- 
pronomen  begleiteten  Präsens-,  Präteritum-,  Futur-Formen  habe 
auch  das  mit  dem  Participium  perfecti  verbundene  Hülfsverbum 
tssi  das  nämliche  Pronomen  (also  natürlich  ebenfalls  im  Accu- 
sativ  . . .)  zn  sich  genommen."  Ohne  dem  Werte  dieser  Ansicht 
irgendwie  zu  p  ràj  udì  zieren ,  wird  es  gestattet  sein  zu  bemerken, 
erstens,  dafs,  wenn  auch  nachweislich  die  alte  Zeit  esloignia  sui 
in  Fällen  gebraucht  hat,  wo  der  Zusammenhang  deutlich  ergab, 
dafs  der  Träger  des  Zustandes  zugleich  der  Hervorbringer  dieses 
letzteren  gewesen,  eine  streng  wissenschafüiche  Sprachbetrachtung 
doch  Anstand  nehmen  mufs,  esloigniez  als  reflexives  Partizip  oder 
esloignüs  sui  als  reflejuves  Perfektum,  ja  auch  nur  als  „mit  reäexi- 
vem  Sinne"  gebrauchtes  Perfektum  zu  bezeichnen  ,1  vielmehr  darin 
nur  eine  Aussage  des  Inhalts  wird  sehen  dürfen,  dafs  der  Sprechende 
ein  männliches  Seiendes  ist,  an  welchem  die  Thätigkeit  des  Ent- 
femens  vollzogen  worden,  mit  anderen  Worten,  dafs  sprachlich 
—  und  darauf  kommt  es  hier  allein  an  —  esloigniez  sui  auf  keine 
Weise  „ich  habe  mich  entfernt",  sondern  nur  „ich  bin  Entfernter" 
ausdrückt,   zweitens,  dafs  —  die  Möglichkeit  mechanischer  Ueber- 


'  Dafs  auch  in  Satlec  wie  Ces  dispositions  faites  l'arntJe  campa  ,Ab- 
aolutes  Fart."  vodíege.  aies  zu  sagen  ist  eine  zu  mibbilligcDdc  Anweadung 
dieses  Ausdrucki,  lu  der  wohl  der  lat.  „AbUliïus  absotutus"  aufser  Schmili 
p.  256  UDd  anderen  leider  auch  Diez  III.  166  verfuhrt  hat,  von  der  sich  indes 
L- §  349.  Seegcr  p.  139  und  wohl  noch  andere  frei  erhallen  haben. 

*  ebensowenig  wie:  „Ich  bin  gerüstet",  „Wir  sind  auf  alles  ^abt", 
„Bist  da  auf  deine  Rede  vorbereite!  !"  u.  dergl.  mehr,  rein  sprachlich  betraclilet 
anclL  mu  die  Idteste  Schattierung  reSeiiver  Ausdmcksweise  aufweiMn. 


ZUR  FRANZÖSISCHEN  SYNTAX  3O7 

ttagOQg  des  reflexiven  Pronomens  immer  noch  festgehalten  —  der 
Auffassung  von  neufrz.  jt  me  suis  iloignl  als  einer  spontanen,  das, 
nach  Kundgebung  verlangende  G edank engebilde  in  allen  Stücken 
adäquat  wiedergebenden  Ausdrucks  weis  e  irgend  welche  togischen 
oder  grammalischen  Hindernisse  nicht  entgegenstehen,  bei  welcher 
Auffassung  aber  der  wirkliche  Sinn  des  Satzes  nicht  der  des  latein. 
me  ahsiuìi,  sondern  vielmehr  der  eines  *me  sum  abialum  „ich  bin  mich 
(einen)  Entfernten"  wäre,  so  dafs  —  verschieden  von  dem  durch  afrz, 
esloignüs  sui  Ausgedrückten  —  der  nfrz.  Sprechende  mit  den  Worten 
je  me  sui  ¿loigni  sich  selbst  (nicht  als  von  dem  Akt  des  Entternens, 
sondern)  als  von  dem  ihn  (den  Sprechenden)  zum  Träger  habenden 
Entfernten-Sein  betroffen,  unter  der  Einwirkung  dieses  Zustandes 
stehend,  bezeichnen  würde;  drittens,  dafs  selbst,  wenn  ein  Bedürf- 
nis nach  Herstellung  äufserer  Gleichförmigkeit  den  Anstofs  zur 
Setzung  des  reflexiven  Pronomens  in  den  „umschriebenen"  Formen 
gegeben  haben  sollte,'  dennoch  nach  dem  Satze,  dafs  in  der  Sprache 
inationelle  Einflüsse,  falls  sie  nicht  auf  irgend  eine  Weise  zu  ratio- 
nellen Sprachgebilden  führen,  im  Satfde  verlaufen:  dafs  irrationelle 
syntaktische  Bildungen  eliminiert  werden,  werm  sie  sich  nicht,  und 
sei  es  auch  nur  durch  Umdeutung,  in  rationelle  verwandeln  lassen, 
ein  je  me  suis  eloign/  die  auf  Grund  analytischer  Betrachtung  ihm 
vorhin  zugewiesene  Bedeutung  unter  allen  Umständen  hätte  an- 
nehmen müssen.'  Ebensowenig  wie  bezüglich  der  Verbindung 
eines  reflexiven  itre  mit  dem  Partizip  des  Perfekts  eines  transitiven 
Verbs,  vermag  ich  bei  der  entsprechenden  Verbindung  mit  einem 
intransitven,  also  für  Sätze  wie:  ji  me  suis  nui,  je  me  suis  ri  de  cet 
homme  oder  mit  Verben,  die  neben  einem  refiexiven  Dativpronomen 
ein  Akkusativobjekt  zu  sich  nehmen  können,  wie  je  me  suis  par- 
donni  cette  faute,  je  me  suis  procuré  ces  livres  u.  ähnl.  zuzugeben, 
dafs  die  Sache  mit  der  Wahrscheinlichmachung  von  Analogieein- 
SSasen  {hier  sogar  doppelter),  die  in  der  alten  Zeit  wirksam  ge- 
wesen wären,  abgethan  sei.  Selbst  wenn  die  ungemein  fesselnden 
Darlegungen  T.  U,  57  ff.  sich  als  in  jeder  Richtung  zutrefi'end  er- 
weisen lassen  soliten  —  obschon  ich  gestehen  mufs,  dafs  ich  einen 
swingenden  Grund  nicht  erkennen  kann,  statt  eines  *je  sui  pensez 
une  those,  das  doch  in  Sätzen  wie:  Si  oscur  faisait  que  donnis  N^erl 
tncor  garde  dou  seignour  RCcy  4556.  —  Osmons  qui  garde  en  estait 
pris  Fist  l'enfançon  malade  faindre  Mousk.  14516  (T.  Il,  59  als  se- 
kundäre   Ausdrucks  weise    hingestellt)    eine    beachtenswerte    Stütze 

'  wtlchei  Annabine  mir  nur  dieses  Bedenken  entgegen lusl eben  scheint, 
dafí  die  AuffaiiUDg  eines  esloigntet  sui  als  Perfekts  von  je  nieslmng,  wenn 
sie  bis  EU  einem  estoignin  me  sui  führen  soll,  ein  MaCa  Bdiulgemafsec  Sprach- 
unterweisung  mit  Verwcudung  des  bekannten  KonjugaüoDsschemas  als  in  den 
an  dei  Sprach enlwickelun g  beteiligten  Volkskreisen  verbreitet,  zur  Voraui- 
Mtzang  bat,  wie  es  für  jene  Zeit  nicht  recht  denkbar  ertcheint. 

*  Da^  itubesondeie  das  leS.  Pronomen  mil  dem  Part.  Peif.  gar  nicbtl 
ID  schaffen  bal,  tcheinen  mir  Sine  wie  La  chair  s'était  comme  fiindut  Zola, 
Lourdes  3B6  nnd  . .  .  le  vieil  Hospici  , . .  od  ette  s'était  pendant  huit  ans 
habituel  à  ¡a  retraite  ib.  581  a.  ahnl.  zu  zeigen. 

10* 


yiß  TB.  KALEPKr, 

ñndet  — ,  ein  selbst  erst  auf  Analog!  e  Wirkung  zurückgefubttes /f 
me  tut  tsloigniez  als  Vorstufe  für  das  neufrz.  je  me  suis  pensi  une 
chose  aozusehen,  da  ja  doch  T.  I,  I23  ff.  der  Nachweis  erbracht  ist, 
dafs  dem  AltfranzosischeD  der  Gebrauch  des  Partidpium  Perfecti 
mit  activem  Sinne,  d.h.  zur  fiezeicbnung  eines  Seienden,  an  dem 
sich  ein  Zeitseiendes  in  der  Weise  vollzogen  hat,  dafs  jenes  selbst 
der  Vollzieher  gewesen,  gar  nicht  ungeläufig  gewesen  ¡st  —  aber 
selbst  wenn  Herr  A.  Tobler  Recht  hätte,  so  bliebe,  da  seine  Aos- 
führungen  sich  nur  auf  Vorgänge  innerhalb  des  Altfraniösischen 
beziehen,  für  jene  neufranz.  Wendungen  und  alle  damit  zusammen- 
hängenden wie  Cette  /mite.  Je  me  ¡a  suis  pardonné!  und  Ces  livra 
je  me  ¡es  suis  procurés  u,  ähnl.  immer  noch  die  Aufgabe  übrig,  ihren 
wahren  Sinn  im  Neufranzösischen  festzustellen.  Der  Unterscìiied 
zwischen  den  früher  erwähnten  Sätzen  Je  me  suis  nui  u.  s.  w.  tmd 
diesen  besteht  nun  keineswegs  darin,  dafs  in  dem  einen  Falle  das 
„Partizip"  „unverändert",  im  anderen  „in  Uebereinstimmung  mit 
dem  vorangehenden  Akkusativobjekt"  gesetzt  wäre,  sondern  darin, 
dafs  in  jenen  vier  Sätzen  Gestiva  (vgl.  p.  2S8),  also  Verbalfonnen, 
in  diesen  Adjektiva  {freilich  von  Verben  gebildete),  also  Nominal- 
formen,  vorliegen,  /e  me  suis  nui  heifst:  ,Jch  bin  mir  vollendetes 
Schaden"  (d.  h.  Durch  mich  existiert  für  mich  vollendetes  Schaden)- 
—  /e  me  suis  procuré  les  livres:  „Ich  bin  mir  vollendetes  Die-Bädier- 
Verschaffen"  (d.  h.  Durch  mich  existiert  für  mich  vollendetes,  die 
Bücher  zum  passiven  Gegenstande  habendes  Verschaffen),  und 
schliefäiich  :  Ces  ¡tores.  Je  me  les  suis  procurés  „Jene  Bücher,  ich  bin 
sie  mir  (als)  verschaAte"  (d.  h.  Durch  mich ,  durch  meine  (sich 
aktiv  bethätigende)  Existenz  existieren  sie  für  mich  als  solche,  an 
denen  ein  Verschaffen  vollzogen  worden),  woraus  sich  ohne  wei- 
teres auch  die  Beurteilung  von  Sätzen  wie  Ces  livres  que  Je  me  suit 
procurés  ...  und   Quels  livres   me  suis-Je  procurés?  ergiebL 

Wem  nun  die  in  den  hier  dargebotenen  Bedeutungsauf- 
stellungen liegende  Zumutung,  die  Bezeichnung  eines  vollendeten 
Seins  oder  Geschehens  als  Prädikatswort  zu  einem  den  Vollführet 
bezeichnenden  Subjekt  {Je  me  suis  pracuré  ces  livres:  Ich  bin  mir 
vollendetes  Die-Bücher-Verschaffen)  oder  gar,  zu  dem  vermeintlich 
stets  intransitiven  Verbum  tire  ein  passives  Objekt  mit  Prädikats- 
bestimmung  anzuerkennen  (Je  me  les  suis  procurés:  Ich  bin  sie  mir 
als  verschaffte),  ais  eine  doch  zu  weit  gehende  erscheinen  sollte, 
der  sei  bezüglich  der  ersteren  Schwierigkeit  —  aufser  an  Wen- 
dungen wie:  Du  warst  unsere  Rettung,  Cette  pihe  fut  un  vrai  meces, 
Sa  pitié  deborda,  il  (^  Pierre)  fut  le  pardon  Zola,  Lourdes  476, 
sowie  die,  gleichfalls  freiere  Arten  der  Prädizierung  darstellenden: 
Sie  ist  mein  Leben  (Aennchen  von  Tharau),  Titus  amor  et  deliciae 
generis  fiumani;  C'est  une  grande  tristesse  que  l' ingratitude  tt  la  ra- 
pacité des  hommes  Zola,  Lourdes  443;  sowie  an  die  deutschen  Ver- 
bindungen ,Jch  bin  gegangen,  gelaufen,  gereist"  u.  s.  w.  —  an 
die  T.  I,  SS  S.  erörterte  altfranzösische  „Auslassung"  in  Sätzen  wie 
Jufçues  a  tant   gui    revenus  serís  .  .  .  Et  parlât  a  mon  frère  B.  Seb. 


ZUR  FRANZÖSISCHBN  SYNTAX.  309 

XIV,  891;!  Et  quant  se  furent  tant  tenu  Cil  du  caste!  et  enduré  Ch. 
n  esp.  9853;  Et  tant  vos  estes  traveUiés  et  pené^  Les  nuis  velliê  et  les 
jors  jeune  Meyer  Ree.  S.  239  Ànm.  u.  s.  w.,  welche  beweist,  dafs  ein 
parleit  seres;  furent  enduré;  estes  veillié,  jiuné  u.  s.  w. ,  wenn  auch 
aus  freien  Stucken  nicht  gewählt,  für  das  sprachliche  Denken  der 
Altfranzosen  keine  Ungeheuerlichkeit  bedeutet;  besonders  aber  an 
das  Rumänische  erinnert,  das  ohne  die  geringste  Scheu  vollendetes 
Sein  oder  Thun  dem  dabei  thätig  gewesenen  Subjekte  als  Teil 
seines  Wesens  beilegt  ,2  und  zwar  für  bestimmte  Verbindungen 
ebenso  feststehend,  wie  es  fur  bestimmte  andere  die  Kennzeich- 
nung als  Besitztum  wählt  Es  sagt  bekanntlich  fur  „Sie  hat  ge- 
sungen'': ea  a  cantal^  aber  für  „Sie  wird  gesungen  haben'':  eavafi 
cantal  (wörtlich  =  eile  veut  être  chanté^  sie  will  sein  vollendetes 
Singen)  und  ebenso  sä  fie  cantal  {qu^elle  soit  chanté),  sä  fie  f  osi  cantal 
{=.  sie  sei  gewesen  vollendetes  Singen),  ar  fi  cantal  (=  sie  würde 
haben  ^  habueraU  vgl.  Tiktin,  Gr.  rom.  1, 186)  Vollendetes -Singen - 
Sein,  d.h.  sie  würde  gesungen  haben)  und  dementsprechend  z.B. 
bei  sogen,  reflexivem  Verb  ea  (sc.  cartea  lui  Proudhorí)  ...  s'a  impus 
aten(iunü  tuluror  Conv.  lit.  XXVIII,  545,  wie  es  andrerseits  heifsen 
wurde  :  ^a  se  va  fì  impus  (wörtlich  elle  se  veut  être  imposé,  nicht  -/^), 
oder  um  ein  Beispiel  mit  dem  Dativ  des  Reflexivs  zu  wählen: 
. . .  t^  vor  fi  zis  de  sigur  cetilorii  acestei  noulafi  (wörtlich  :  se  veulent 
tire  dit  les  lecteurs)  ib.  545  ^  —  bezüglich  der  zweiten  anscheinend 
noch  gröfseren  Schwierigkeit  an  die  bekannten  Sätze:  Êtes'vous  les 
s<mirs  de  cet  enfant?  Oui,  nous  les  sommes,  oder  H  s^en  fut  „Er  war 
(ward)  sich  davon",  in  welchem  letzteren  dem  Sein  (Werden)  eine 
unzweifelhaft  transitive  Einwirkung  auf  seinen  Träger  zugeschrie- 
ben wird. 

Was  die  Frage  der  Entstehung  der  in  Rede  stehenden  neu- 
firanzösischen  Âusdrucksweisen  anbelangt,  so  stehe  ich  auch  hier 
nicht  an,  die  Wandlung,  die  sich  in  der  Behandlung  des  Partizips 
bei  reflexivischen  Ausdrücken  seitens  der  Sprache  vollzogen  hat, 
auf  das  oben  schon  einmal  als  Ursache  sprachlichen  Wandels  be- 
zeichnete Entlastungsbestreben  des  Französischen  zurückzufahren. 
Es  widerstrebte  dem  Geiste  dieser  Sprache  je  länger  desto  mehr, 
durch  ein  einziges  Wort  ein  nach  Geschlecht  und  Zahl  bestimmtes 


>  Dab  ich  den  auf  diesen  folgenden  Satz  :  De  mains  amis  ai  pues  estei 
servis  Et  tschapeis  de  periüouse  voie  Bern.  L.  Hs.  471»  l  als  hierhergehSng 
nicht  anerkennen  kann,  wird  nach  allem  bisher  Dargelegten  wohl  niemand 
befremden. 

>  was  Diez  sowohl  Gr.'  in,  285  :  „Das  Transitivum  d.  h.  jedes  transitiv 
gebrauchte  Verbum  wählt  auf  dem  ganzen  Gebiete  habere^*  ais  auch  p. 293 : 
„Im  Transitivum,  welches  nur  habere  oder  tenere,  niemals  esse  zu  Hiilfe 
ruft,  . . ."  übersehen  hat. 

*  Beispiele,  die  för  unseren  Fall  insofern  von  Interesse  sind,  als  sie 
zeigen,  dais  akkusat  oder  dativ.  reflex.  Pron.  bei  être  mit  folgendem  Grestivnm 
(unfl.  Part  Perf.)  auch  ohne  jede  mechanische  Analogieeinwirkung,  wie  Herr 
A.  T.  sie  für  die  entsprechende  franz.  Âusdruckswebe  annehmen  mochte,  zu 
Stande  kommen  kann. 


31P 


TH.  KALKPKT. 


Seiendes  ah  Träger  eines  in  un  geschwächter  verbaler  Knvft  und 
Eigenart  (¡n  der  durch  Adverbialien  gekennzeicbneten  besonderen 
Alt  seines  Vollzuges  sowohl  als  in  der  durch  Objekte  und  prá- 
positionale  Verbindungen  au sgedrü citen  besonderen  Art  der  Wirk- 
samkeit) aufgefafsten  vollendeten  Seins  oder  Geschehens  lu  be- 
zeichnen, wie  es  im  Altfranz,  in  Sätzen  wie  A  í'atns  fu'r¡  pol,  eil 
mer  passée  Lai  de  Doon  7g  (T.  I,  128  zitiert);  //  est  foi  menta 
(ib.  130);  Ja  tCi  serai  pensés  AUsc.  208  (ib.  iz8  zitiert  nnd  bean- 
standet);' vielleicht  auch  »tim/ ti««  or««/ trn/'r  (non  ausus  accedere) 
Dial.  Gr.  79,  3  (ib.  128)  und  //  roü  iceli  neiwt  porveu  (incautum)  gäu 
en  chacent  fuer  de  son  reame  Leg.  Gir.  Rouss.  io  (ib.  131),  falls  näm- 
lich nieni  {ntant)  hier  nicht  adverbiale  Gradbestinunung ,  sondern 
wirklicher  Objektsakkusativ  ist,  oder  in  den  schon  früher  p.  307 
ans  T.  n,  59  aufgeführten:  31"  oscur  faisail  que  donnes  n'eri  encûr 
garde  dou  seignour  und  Osmons  qui  garde  en  estait  pris  etc.,  sowie 
besonders  in  den  zahlreichen  ib.  58  vorgeführten  Verbindungen 
eines  solchen  Participium  Perfecli  mit  einer  von  dativischem  Re- 
flexivpronomen begleiteten  Form  von  estre:  si  me  sui  penséis  wu 
chote  u.  s.  w„  zwar  noch  geschehen  ist,  aber  doch  wohl  nicht  mehr 
unter  allen  Umständen  als  ganz  angemessen  empfunden  wurde,  wie 
die  Konstruktionen  in  den  zu  aktiv  gebrauchtem  apris  T.  I,  izj  ge- 
gebenen Belegen  z.  B.  onques  n'tafu  apris  (also  en  statt  eines  Akkus.) 
oder  in  eslre  entendus  a  aucune  rien  oder  d'auc.  r.  (ib.  126)  oder 
in  Gie  voldroie  mieh  eslre  ocis  Ou/orgurez  de  mon  pats  Troie  182S8 
(ib.  128)  zeigen.  Genau  so  wie  beim  Participium  Praesentis  ist 
dann  auch  hier  an  Stelle  der  prädikativisch  gesetzten  Bezeichnung 
des  Trägers  des  (vollendeten)  Zeitseienden  die  Bezeichnung  des 
letzteren  selbst  getreten ,  sowohl  in  den  schon  p.  308  aus  T,  1,  8g 
vorgeführten  Belegen  tur  Auslassung  des  Hülfsverbs  bei  zweitem 
Partizip  wie  jusques  a  tant  que  revenus  seres  ...Et  parieil  a  mon 
/rere  u.  s.  w.,  wie  auch  in  Sätzen  von  der  Art  der  T.  U,  60  zitierten: 
Lusiane  sa  fille  s'en  est  pris  garde  Aiol  1990;  Quant  {Sarre)  si  laide 
proche  Si.  En  sa  chambre  s'en  est  foi  Tob.  508,  wozu  ich  auch  aus 
T.  1,  8g  lu  t'en  es  tant  dementi  El  prié  a  si  grant  instance  V.  Greg. 
I,  1673  und  aus  T.  Il,  60  Que  ge  me  soie porchacii  Fors  d'un  tetU ani 
¡a  moitié  Barb.  u.  M.  II,  45,  19  setzen  möchte,  in  welchem  lettleren 
Salze  freilich  (bezüglich  des  ersteren  fehlt  ein  solcher  Anhalt),  nach 
den  beigefügten  Hinweisen  auf  ü  est  ...  sage,  ge  sui  ni,  et  eitoil  ton 
ion  ami  zu  schliefsen,  Herr  Tobler  einen  Fall  von  eslre  mit  Akkusativ 
der  Prädikatsbestimmung  zu  sehen  scheint.  Der  weitere  und  letzte 
Schritt:  ein  vor  einem  mit  dativisc hem  Reflexivpronomen  verbimde- 
nem  ftre  stehendes  Akkusativobjekt  mit  dazugehörigem,  aber  nach 
itre  stehendem  prädikativischem  „flektiertem  Partiz.  Perf.":  Us  ¡ivres. 


'  Die  neue  Ausgabe  von  Roltn,  auf  die  mich  der  Herr  Hetaiugebei 
freiuidlichst  aunnerkGäm  macht,  ist  mii  leider  uiuaginglich  gewesen.  Ick  habe 
de  in  dem  Alphabet.  Kat.  der  Käuigl.  Bibl.  zu  Berlin  weder  nnl 
noch  unter  „Rolio"  aoTgefühit  gefundeo. 


ZUR  FRANZÖSISCHEN  SYNTAX.  JII 

}t  mt  Ui  sua  promris  wäre  nach  den  T.  II,  6i  zu  Dt  lui  qui  joie  s'rtt 
loiue  gemachten  Ausführungen  dem  Neu  französischen  vorbehalten 
geblieben.  Jedoch  vorbereitet  zeigt  er  sich  schon  im  Allfranzö- 
sischen duTch  Sätze  wie  (T,  1,  89)  dix  am  voiu  estts  tenus  El  its 
graue  assaus  maintenus  Méon  II,  455,  274.  —  A  li  te  sutil  tourné 
il  lor  dami  oubliée  Gaufr.  310,  so  dafs,  wie  mir  scheint,  schliefs- 
lieh  auch  ein  Lui  qui  ¡oit  s'est  lolue,  wenngleich  im  Altfraoï.  noch 
ungeM-ähnUch  und  m'cht  belegbar,  auch  für  diese  Sprachperiode 
keine  geradezu  unerhörte  Ausdrucks  we  i  se  darstellen  würde. 

Der  zweite  und  letzte  Punkt  aus  der  Lehre  vom  Participium 
Peifecli,  der,  wie  oben  angekündigt,  hier  noch  eine  kurze  Erörte- 
rung erfahren  sollte,  war  die  eigentümliche  Zwiefachheit  der  Ge- 
danken- und  Ausdrucksfonnung,  wie  sie  in  supposé  ielle  chose  und 
ulte  chose  supposée  und  den  weiteren  Fällen  gleicher  Art  gegeben 
ist.  Hier  hat  L.  die  sonst  leider  übliche,  oberflächliche,  nichts- 
sagende Fassung,  wie  sie  sich  selbst  bei  Mätzner  460  findet:  ,|Die 
Parttcipien  ailendu,  compris  . . .  sind  unveränderlich,  wenn  sie  ihrem 
Snbslantivbegriffe(?!)  vorangehen,  veränderlich,  wenn  sie  ihm  folgen" 
dtirch  eine  erheblich  tiefer  eindringende,  einen  Blick  in  das  Wesen 
der  Erscheinung  eröffnende  zu  ersetzen  nicht  versäumt,  „Die  Parti- 
cipien  excepU  ausgenommen,  compris  (y  compris)  einschliefsHch,  non 
compris  ausschliefslich,  supposé  vorausgesetat,  entendu,  ouï  nach  An- 
horTjng",  so  sagt  er  g  350,  „stehen  nicht  nur  prädicativ  in  Be- 
ziehung auf  ein  (nach  Art  eines  Subjects)  vorangehendes  absolutes 
Substantiv,  sondern  auch  selbst  absolut  (ah  Neutra)  mit  einem 
(nach  Art  eines  abhängigen  Subjects)  nachfolgenden  Substantiv", 
wozu  dann  eine  Fufsnote  die  Erläuterung  bringt:  „Une  chose  sup- 
posée entspricht  dem  Satze:  Une  chose  est  supposée.  —  Supposé  une 
chose  entspricht  einem  Satze:  {H)  es!  supposé  une  chose."  (Es  folgt 
ein  Hinweis  auf  das  §  194.3  Anm.  1  Gesagte.)  So  sehr  ich  mit 
der  hier  gegebenen  Beurteilung  des  Falles  une  chose  supposée  ein- 
verstanden bin  —  der  hier  vorgelegten  Auffassung  von  supposé  une 
chose  kann  ich  nicht  zustimmen.  Zunächst  sei  zu  fragen  gestattet, 
warum  Herr  L.  in  der  erläuternden  Fufsnote  die  in  den  Beispielen 
auftretende  Form  supposé  cette  chose  (cette  chose  supposée)  durch  eine 
solche  mit  dem  unbestimmten  Artikel  ersetzt  hat?  Doch  augen- 
scheinlich, weil  man  zwar  sehr  wohl  sagt  //  est  supposé  une  those, 
aber  nicht  *//  est  supposé  celle  chose.  Und  damit  ist  der  eine  der 
Gründe,  die  mir  gegen  seine  Ansicht  zu  sprechen  scheinen,  aus- 
gedrückt: Die  Zurückführung  auf  Sätze  mit  „abhängigem  Subject" 
würde  nur  bei  einem  kleinen  Teile  der  Fälle  solcher  „unverändert" 
vorangestellten  Partizipien  möglich  sein.  Zweitens  erregt  in  mir 
Bedenken  der  Umstand,  dafs  sich  unter  allen  in  Betracht  kommen- 
den Partizipien  keines  von  einem  ausgesprochen  und  zweifellos  in- 
transitiven Verb  findet,  '  also  niemals,  einem  //  est  arrivé  des  étrangers 

>  Passi  cette  épcqve,   il  ne  sera  plus  Inttfis  fMse   ich   nicht  =  „nach- 
1  dicKT  Zcitratim  veritticbea  ist"  (also  etwa  wis  poitag.  decorrijos  eito 


3" 


TH.  KALBPKV, 


entsprechend,  auch  Arrivi  des  étrangers  —  was  doch  bei  L.'s  ksd- 
fassung  nicht  recht  zu  begreifen  wäre.  Drittens  möchte  ich  die 
Frage  aufwerfen:  „1st  denn  die  Natur  des  sogen,  abhängigen  Sub- 
jects, auf  das  Herr  L.  zur  Erklärung  unserer  Erscheinung  rekurriert, 
so  völlig  ergründet  und  festgestellt,  dafs  ein  Zweife!  darüber  oidit 
mehr  möglich  ist?"  Ich  glaube  diese  Frage  verneinen  zu  müssen,  da 
ich  nicht  zugeben  kann,  dais  die  in  §  176  zusammengestellteu  Fälle 
vermeintlichen  abhängigen  Subjects  durchweg  gleichartiger  Natur 
seien.  Doch  sei  dem  wie  ihm  wolle.  Mir  scheint,  daTs  sich  die  Frage 
nach  der  wahren  Natur  von  supposé  urte  chûse  auch  unabhängig  von 
derjenigen  nach  dem  wahren  Sachverhalt  in  //  est  supposé  une  choie 
beantworten  läTst,  nämlich  dahin,  dafs  supposé,  wie  L.  richtig  sagt, 
absolut  gesetzt  ist  (doch  nicht  als  „Neutrum",  sondern  als  Gestivmn, 
Bezeichnung  eines  vollendeten  Zeitseienden),  und  das  nachfolgende 
Substantiv  cette  chose  (nicht  sein  „abhängiges  Subject",  sondern)  ein 
ganz  gewöhnliches  Object  (Akkusativobjekt)  dazu  bildet:  „Vollen- 
detes Diese -Sache -Voraussetzen",  wobei  genau  ebenso  wie  in  den 
oben  erörterten  Fällen  des  Gerundiums  ohne  tn  {généralement  par- 
lant etc.)  die  Setzung  einer  das  Verhältnis  dieses  vollendeten  Thuns 
zu  dem  Rest  des  Ausgesagten  kennzeichnende  Präposition  (es  würde 
hier  wohl  meist  à  sein)  als  unnötig  unterblieben  ist.  Diese  Aus- 
drucksweise ist  demnach  an  die  Seite  zu  stellen  derjenigen  latd- 
nischen,  die  uns  in  den  bei  Zumpt,  LaL  Gramm.'"  §646  aufge- 
führten Sätzen:  ...  quum,  nondum  palam  facto,  vivi  morttâque  prb- 

miscue  complorar entur  Liv.  2^,55  oder in  cujus  amnis  Iransgretsu 

multum  certato,  pervicit  Bardarles  Tacit,  Ann,  ti,  io  oder  Nam  jio« 
aeíate  ta  sum,  ut  non  sût,  peccato,  mi  ignosci  aeguum  Ter.  Hecyr. 
5,  [,  IO,  entgegentritt,  wobei  Zumpt  zugleich  auf  die  zu  „Adverbien" 
gewordenen  Partizipien  :  auspicato,  composito,  consulto,  directo  etc  va- 
weist,  mit  denen  sich  dann  die  zu  „Präpositionen"  (?)  gewordenen 
hormis  und  res  vergleichen  liefsen.  Freilich  darf  nicht  übersehen 
werden,  dafs  in  all  diesen  lateinischen  Fällen  absoluten  Auftretens 
von  Gestiveo  ihr  Casusverhältnis  zum  übrigen  Teile  des  Satzes 
durch  die  Endung  deutlichst  bezeichnet  isL  Gröfser  ist  demnach 
die  Ue  he  reins  timmung  der  französischen  Ausdrucksweise  mit  der 
deutschen  in  Wendungen  wie  „gesetzt  den  Fall",  „abgesehen  von 
diesem  Versehen"  und  ähnlichen.'  Es  sei  übrigens  aus  AnlaTs  des 
uns    hier    beschäftigenden  Falles    auch    der   bekannten  Wendungen 


dias  via-ie  ja  Danitl  passar  etc.  J.  Diniz,  - 
dem  „nachdem  man  d.  Z.  verbracht  hat", 
raums"  {vgL  dip  f^lEich  folgende  Erklanuig  von  supposi  une  chose). 

1  Wenn  C.  F.  Meyer,  Der  Schufs  von  der  Kaniel,  Kov.  I,  207  sap: 
„Seine  verhängnisvolle  Leidenschaft  abgerechnet,  ein  verstündieei 
Mann,  erkannte  er  sofort,  dafs  ...",  so  kann  man  im  Zweifel  sein,  ob  hier 
eine  —  franziisiKchem  eette  chose  supposée  entsprechende  —  Setzung  von  »b- 
solulem  Subst.  mit  ptädikativer  Bestimmung,  oder  —  analog  supposé  cetU 
chose  —  absolut  gesetites  Gestivum  mit  (vorangestelllrm)  Akkuaatìvobjekl 
vorliege. 


ZUR  FRANZÖSISCHEN  SYNTAX.  3 1 3 

JRiçu^  de  M.  NN,  la  somme  de  ^000  francs  en  espèces.  —  Certifié  la 
présenle  copie  conforme  à  l* original  (von  Seeger  I,  139  aufgeführt^ 
nnberechtígterweise  mit  lous  droits  réservés^  droit  de  traduction  réservé 
m  einer  Linie).  —  Payé  cent  francs  (Sachs -Villate  s.  v,  payer  I,  i).  — 
adjoint  quittance.  —  Approuvé  Vécriture  ci-dessus  (L.  §  349,  b,  Ânm.) 
und  ähnlicher  gedacht,  bei  denen  ebenfalls  Gestiva  mit  Akkusativ- 
objekten vorliegen,  aber  nicht  als  absolut,  präpositionslos  gesetzte 
Satzbestimmungen,  also  als  Teile  von  Sätzen,  sondern  selbst  als 
Satzganze,  (etwa  wie  Bien  parley  duc  Seeger  1.  e.)  —  „elliptisch",  wie 
gewifs  manche  Leser  zu  sagen  geneigt  sein  werden,  aber  doch  wohl 
nicht  viele,  dank  der  energischen  Aufklärungs-  und  Auiräumungs- 
thätigkeit  von  T.  I  und  II  und  Gr.  I  p.  213 — 216. 

VI. 
Uebersicht  Über  die  Verbformen  des  NeufranzOsischen. 

Nur  um  die  leider  lang  geratenen  Ausführungen  des  vorher- 
gehenden Abschnitts,  durch  die  ich  die  Geduld  der  Leser  in  un- 
gewöhnlichem Mafse  in  Anspruch  genommen  zu  haben  zwar  mit 
Bedauern  aber  auch  mit  der  durch  mehrfache  Versuche  gewonnenen 
Ueberzeugung,  dafs  Kürzung  Unverständlichkeit  zur  Folge  haben 
würde,  mir  bewufst  bin,  nun  auch  nach  jeder  Richtung  hin  auszu- 
nutzen,  insbesondere  wegen  der  Bequemlichkeit  des  Hinweisens  auf 
unmittelbar  Vorhergegangenes,  füge  ich  hier  gleich  eine  Vorfahrung 
des  Formensystems  des  neufranzösischen  Verbs  an,  wie  sich  das- 
selbe unter  Verwertung  des  über  die  infiniten  Verbformen  Ausein- 
andergesetzten nunmehr  darstellt. 

£s  sind  ausgeschieden  worden  sogenannte  nominale,  Ueber- 
gangs-,  Mittel-Formen,  Participialien  und  was  dergleichen  mehr  ist, 
als  entweder  reine  Nominal-  oder  reine  Verbalformen.  £s  würde 
also  —  um  auch  hier  wieder  von  L.  auszugehen  —  die  von  ihm 
aufgestellte  Scheidung  in  Personalformen  und  Nominalformen  (der 
erläuternde  Zusatz  „ehemals  Casusformenf'  kennzeichnet  dieselbe 
als  eine  historisch-transcendente)  zu  ersetzen  sein  durch  die  schon 
in  der  alten  Grammatik  anzutreffende  in  finite  und  infinite  Verb- 
formen, vielleicht  noch  zutreffender  in  bestimmungsreiche  und 
bestimmungsarme.  Innerhalb  der  ersteren,  denen  gleichmäfsig 
gemeinsam  ist  Bestimmtheit  des  durch  sie  ausgedruckten  Seins  oder 
Geschehens  (Zeitseienden)  i)  nach  der  Person  d.h.  nach  dem  Ver- 
hältnisse des  Trägers  oder  der  Träger  zum  Sprechenden  (lokale 
Bestimmtheit),  2)  nach  der  Zahl  (einfaches  oder  mehrfaches  Auf- 
treten des  Zeitseienden,  numerale  Bestimmtheit),  3)  nach  der  Zeit- 
lage (sei  es  vom  Standpunkte  des  Sprechenden  aus,  oder  (för  das 


*  aus  welchem  reçu  als  bescheinigender  Bezeichnung  der  vollführten 
Tbätigkett  das  reçu  als  Bezeichnung  für  das  diese  Bescheinigung  tragende 
Schríñslück  ebenso  entstanden  ist,  wie  un  vu^ar river  „Abnahmeschein''  (Sachs- 
Villatte,  Supplement)  aus  (]en  mir  zwar  nicht  belegbaren,  aber  doch  ^ 
zweifellosen  Bescheinigungen,  die  mit  Vu  arriver  ihren  Aniaag 


314  'I^-  KALEFKT, 

Condiliotmel)  von  einem  anderen  Punkte  ans  (einem  solchen  d« 
Vergangenheit  nämlich)  gerechnet;  temporale  Bestimmtheit),  4)  nach 
dem  Verhähnisae  zur  Wirklichkeit  (vgl.  Ztschr.  XVIII,  165;  modale 
Bestimmtheit}  hehen  sich  von  den  übrigen  ab  als  besonders  be- 
slimmungsreiche  erstens  die  unter  dem  Namen  I^ssi  défini  ta- 
sammenge fafs ten  sechs  Verbformen,  sofern  dieselben  Zeitseiende 
nicht  nur  als  der  Wirklichkeit  sowohl  wie  auch  der  Vergangenhwt 
angehorige,  femer  als  nach  Person  und  Zahl  so  und  so  bestimmte, 
sondern  zugleich  noch  als  in  fortschreitendet  Entwickelung,  im  Ver- 
laufe, Vollzuge  vorgestellte  bezeichnen;  sodann  die  drei  als  Imperali/- 
Formen  bezeichneten,  insofern  als  in  ihnen  das  Zeitseiende,  aufser 
als  nach  Person,  Zahl,  Zeit  bestimmt,  bezüglich  seines  Verhältnisses 
zur  Wirklichkeit  nicht  schlechthin  als  gedachtes,  als  nicht  als  Teil 
der  Wirklichkeit  gesetztes,  sondern  vielmehr  als  ein  solches  gedachtes, 
dessen  Verwiiklichung  seitens  dos  Sprechenden  von  der  angeredeten 
Einheit  oder  Mehrheit  oder  auch  von  einer  Mehrheit,  zu  der  d« 
Sprechende  sich  selbst  als  angehorig  bezeichnet,  und  zwar  mit  der 
Ueberzeugung  des  Berechtigtseins  zu  solchem  Verlangen,  —  gefordert 
wird,  kurz:  das  als  ein  „befohlenes"  gekennzeichnet  wird.^  Als 
etwas  bestimmungsärmere  hingegen  die  Formen  des  Prisent  du 
Subjonctif  und  des  Imparfait  du  Subjonclif,  sofern  den  durch  rie 
ausgedrückten  Zeitseienden  die  Kennzeichnung,  ob  sie  als  mit  Be- 
zug auf  die  Gegenwart,  bezhw.  einen  bestimmten  Zeitpunkt  der 
Vergangenheit  gleichzeitige  oder  zukünftige  zu  denken  seien,  abgeht' 

Unter  den  bestimmungsarmen  sind  zwei  Stufen  zu  unterscheiden, 
von  denen  die  ärmere,  durch  den  Infinitiv  repräsentierte,  weiter 
nichts  als  den  nackten  Begriff  des  Zeitseienden,  also  etwas  Ab- 
straktem, ausdrückt,  die  bestimmun gsreicbere  hingegen,  der  noch 
das  Moment  der  Konkretheit  eignet,  in  der  Weise  diffetenziiert  ist, 
dafs  die  eine  Form,  das  Gfrondif  (du  Prisent),  ein  Zeilseiendes 
als  ein  sich  vollziehendes,  Aa&  *Gestif  [Girondif  du  País¿\  als  schon 
vollzogenes  bezeichnet,  wie  in  dem  vorangehenden  Artikel  V  des 
Eingehenderen  dargelegt  worden. 

Ich  hätte  gern  noch  ein  kurzes  Wort  zu  zwei  der  Aufklärung 
und  Berichtigung  mir  sehr  bedürftig  erscheinenden  Punkten  der 
Lehre  vom  Verb  gesagt,  einmal  zu  der  schon  viel  zu  lange  ge- 
glaubten Legende  von  der  vermeintlich  prädikatorischen  Mission 
der  ñniten  Verbformen,  der  ihnen  angeblich  eignenden  Aufgabe, 
denjenigen  Teil  der  Sätze,  den  man  als  Prädikat,  Aussage  -ea  be- 
zeichnen gewohnt  ist,  zu  bilden,  einer  Legende,  welche,  wenn  frö- 
lich  in  gemilderter  Form,  sich  doch  auch  noch  in  L.'s  Behauptung 
§279  vorfindet:  „Eine  Personalform  bezieht  sich  (mittels  des  Pereon- 

'  Man  konnte  daher  den  Impératif  als  eine  Spezifikation  des  Sulrfimetif 
beiñchnen,   wie  das  PasU  défini  als  eine  lalche  des  Imparfait  {vgl.  Ztschr. 

xvm,  S03). 

*  Mit  anderen  Worlen:  insúfeni  sie  sowohl  die  £iii/Vn£A/-Fonneo  inm 
Prisent  bezhw.  Imparfait  {Défini)   als   auch  lom  Futur  tieshw.  Conditiotaitl 

dantellen. 


ZUR  FRANZÖSISCHEN  SYNTAX.  3 1 5 

und  Nnmeruszeichens)  auf  ein  Substantiv  oder  ein  substantivisches 
Pronomen  und  prädiciert  so  eine  Thätigkeit  von  einem  Wesen, 
welches  dieselbe  ausübt  oder  erleidet  (Subject)'S  welche  Behaup- 
tung übrigens  den  Herrn  Verfasser  nicht  nur  insofern  in  eine  mifs- 
liche  Lage  bringt,  als  er  nunmehr  alle  sogen,  unpersönlichen  Verb- 
formen ohne  ein  begleitendes  il  als  „archaisch*'  gebrauchte  zu 
bezeichnen  sich  genötigt  sieht  —  (wie  würde  dann  übrigens  die 
Definition  der  Personalformen  fur  das  Altfranzösische  gelautet 
haben?)  — ,  sondern  ihm  auch  bei  etwaiger  Interpellation  bezüglich 
der  Impératif -Yormen^  über  deren  „Beziehung**,  obgleich  dieselben, 
ohne  je  ein  Substantiv  oder  substantivisches  Pronomen  als  Be- 
ziehungswort („Subject**)  zu  haben  unter  C.  Modi  III  (p.  271)  zu  den 
Personalformen  gestellt  sind,  ich  nirgend  eine  aufklärende  Notiz, 
auch  nicht  einmal  die  Bezeichnung  als  „archaische**  gefunden  zu 
haben  mich  erinnere,  wie  mir  scheint,  ernstliche  Ungelegenheiten  be- 
reiten könnte,  —  einer  Legende,  die  neuerdings  leider  auch  Delbrück 
in  dem  mit  Brugmann  zusammen  herausgegebenen  Grundrifs  der 
vergleichenden  Grammatik  der  indogermanischen  Sprachen  wieder 
aufgefrischt  hat  mit  der  Aufstellung:  „b)  Aussage -Wörter.  Das 
eigentliche  Aussagewort  ist  das  Verbum.**  ^  (Syntax  p.  79).  —  Sodann 
zu  der  nicht  besser  begründeten  und  nicht  weniger  lebenszähen 
Lehre  von  der  sogen.  Kongruenz  der  finiten  Verbformen  mit  dem 
Subjekte,  die  nicht  ohne  ganze  Seiten  von  Ausnahmen  (z.  B. 
L.  p.  213 — 216)  —  die  unwillkürlich  den  Gedanken  an  die  £pi- 
zjklen  des  Ptolemäischen  Sonnensystems  nabelten  —  hat  bleiben 
können,  und  neben  manchen  vrundersamen  Blüten  als  die  wimder- 
samste  die  (auch  bei  L.  §  549  Anm.  anzutreffende)  Regel  gezeitigt 
bat,  dafs  (wenn  ein  Verb  sich  auf  mehrere,  verschiedenen  Per- 
sonen angehörende  Subjekte  bezieht)  die  i.  Person  vor  der  2.  und  3., 
die  2.  Person  vor  der  3.  den  Vorrang  (!  !)  habe  und  was  dergl.  mehr 
ist.  Indes  ich  sehe  im  Geiste  den  Herrn  Herausgeber  unter  der 
lebhaften  Zustimmung  der  Leserschaft  Einhalt  gebieten.  So  lasse 
ich  es  denn  bei  dem  blofsen  Proteste  gegen  die  beiden  erwähnten 
Irrlehren  bewenden,  indem  ich  mir  die  Begründung  desselben  fur 
eine  andere  Stelle  aufspare,  vielleicht  fur  eine  „Grundlegung  zu 
einem  wissenschaftlichen  System  der  Grammatik**,  in  welche  die- 
selbe ohne  Zweifel  auch  eher  hineingehört  ^Is  in  eine  „Zeitschrift 
für  romanische  Philologie**. 


'  Ueberhaapt  ist  dieser  Gelehrte  bei  der  Einteilimg  der  Wörter  nach 
ihrer  Verwendung  im  Satze,  die  er  fur  die  allein  richtige  ansieht,  von  einer 
doch  wohl  zu  weit  gehenden  Genügsamkeit  der  Ansprache  an  die  Exklusi- 
vität der  Einteilnngsgiieder  gewesen. 

Theodor  Kalepky. 


Zu  Wilhelm  von  Malmesbuiy. 

Baists  Aufsatz  û^er  die  Authentizität  der  Arthuriana  in  Wilhelm 
von  Malmesbury's  Schrift  De  antiquitaU  Glasionünsis  ecclesiae^  handelt 
u.  a.  von  der  Erzählung  von  Glasiemg  und  seinen  Schweinen,  nach 
dem,  wie  einige  meinten,  Glastonbury  benannt  sein  und  der  audi 
der  insula  Avallontae,  der  „Apfelinsel'',  den  Namen  gegeben  haben 
sollte  (Baist  333.  336).  Sie  hangt  zwar  nicht  direkt  mit  Arthur 
zusammen,  ist  aber  insofern  wohl  nicht  ohne  Interesse,  als  sidi 
ihre  Herkunft  genau  nachweisen  lafst  und  dadurch  auch  die  Quellen, 
die  Wilhelm  benutzt  hat,  deutlicher  hervortreten.  Die  Sage  stammt 
der  Hauptsache  nach  aus  Irland  und  ist  ursprünglich  mit  dem  Iren- 
apostel  Patridus,  dessen  Grab  man  ja  zu  Glastonbury  in  der  „alten 
Kirche"  zeigte,  aufs  engste  verknüpft 

Die  ältesten  Berichte  über  Patricius  sind  die,  welche  der  irische 
Bischof  Tirechán,  der  Zögling  des  Bischofs  Ultan  (t  656),  ex  ort 
vel  libro  seines  Lehrers  niedergeschrieben  hat  Sie  sind  erhalten 
in  der  um  807  geschriebenen  Handschrift  von  Armagh.^  Auf  einer 
seiner  Wanderungen  durch  Irland  begegnet  dort  Patricius  folgendes 

(P-  324): 

Et  uenit  Patricias  in  Dichuil  ad  sepulcrum  magnum  magnitudinis  mirae 
ingentemque  longuitudine,  quod  inuenit  familia  illius,  et  magno  stupore  mira- 
bantur  pedes  traxissc  CXX,  et  dixerünt:  „Non  credimus  hoc  negotium  quod 
erat  homo  longuitudinis  huius".  Et  respondit  Patridus  et  dixit:  „Si  uoloe* 
ritis  uidebitis  eum".  Et  dixerünt:  „Uolumus".  Et  percussit  báculo  suo  lapî- 
dem  iuxta  caput  eins  et  signauit  sepulcrum  signáculo  crucis  et  dixit:  „Aperi 
Domine  sepulcrum'^  Et  aperuit  uir  sanctus  [terram,  et]  surrexit  magnus  sanos 
et  dixit:  »,Bene  sit  tibi,  o  uir  sánete,  quod  suscitasti  me  etiam  ana  hora  a 
dolorìbus  multis'^  [Haec  dicens]  fleuit  amarissime  et  dixit:  „Ambulabo  uobis- 
cum".  Dixerünt:  „Non  possimus  ut  nobiscum  tu  ambulaueris,  quia  non 
possunt  homines  uidere  faciem  tuam  prae  timore  tuo;  sed  crede  Deo  caeli  et 
babtismum  Domini  accipe,  et  non  reuertcris  in  locum  in  quo  fìebas.  Et  indici 
nobis  cuius  es".  [Et  dixit  homo]:  „Ego  sum  nuicc  maicc  Caìs  mate  Glais 
qui  fui  subulcus  rlg  Lugir  rig  Hirotœ,  lugulauit  mt  fian  maicc  maicc  Con 
in  regno  Coirpri  Niothfer  anno  .C.  usque  hodie".  Et  babtitzatus  est  et  con- 
fessionem  Dei  fecit,  et  re(s)ticuit  et  positus  est  iterum  in  sepulcro  suo. 


'  Zs.  19,  326  fr. 

*  ed.  Stokes,  The  tripartite  life  of  Patrick  {lucrum  Britannicarum  medü 
àevi  scriptores  1887)  p.  302  flf. 


Zu  WILHELM  VON  MALMBSBURY.  317 

Die  Worte  des  subukus  sind  hier  etwas  verderbt,  indem  die 
Wörter  fnacc  ^ohn*'  und  Hg  „des  Königs"  zu  oft  wiederholt  sind. 
In  der  späteren  Vita  tripartita^  die  aus  dieser  Quelle  geschöpft 
hat,  heilst  der  Satz  (Stokes,  a.  a.  O.  122):  „Ego  sum  Cass  mace  Glaiss 
(„Cass,  Sohn  des  Glass")  qui  fui  suòuUus  Lugair  rig  /ruote**.  Ebenso 
ist  nachher:  /ian  maicc  Cm  „die  Krieger  schar  des  Mac  Con"  zu 
lesen.  Die  Heimat  des  Riesen,  lat  Hirota^  ir.  Hiruath  Hiruad  Iruat, 
pflegt  man  —  wohl  mit  Unrecht  —  mit  dem  Lande  der  HörÖar 
(ags.  HœreÔas)  am  Hardangerfjord  in  Norwegen  zu  identifizieren.^ 

Die  Uebertragung  dieser  Legende  von  Irland  nach  Glastonbury 
findet  sich  schon  in  Cormac's  Glossar.  Dieses  wird  von  der  Tra- 
dition dem  Bischof  von  Cashel  und  König  von  Munster  Cormac 
mac  Cuilennain  (f  907)  zugeschrieben.  Sicher  ist,  dafs  es  in  dem 
sog.  „Psalter  von  Cashel"  stand,  einer  Handschrift,  die  gröfstenteils 
unter  Cormac  geschrieben  war,  aber  noch  unter  Brian  Boroma 
(t  10 14)  einige  Nachträge  erhielt.  Den  uns  interessierenden  Ab- 
schnitt enthält  auch  das  Bruchstück  des  Glossars  in  Laud  6 io 
(Oxford,  Bodleiana),  das  direkt  aus  dem  „Psalter"  kopiert  ist^  Er 
gehört  also  sicher  zum  alten  Bestände.     Der  Anfang  lautet: 

àhigeme  (v.  1.  Mogheime)  ist  der  Name  des  ersten  Schoofshundes,  den 
es  in  Irland  gegeben  hat.  Coirpri  Muse  brachte  ihn  als  ersten  nach  Irland 
aus  dem  Gebiet  der  Britten.  Denn  zu  der  Zeit,  da  die  Macht  der  Galen 
(«■  Iren)  über  die  Britten  grofs  war,  verteilten  sie  Albion  unter  sich  als  Land- 
besitz . . .  Und  die  Galen  pflegten  nicht  weniger  ostlich  vom  Meer  zu  wohnen 
als  in  Irland,  und  Wohnsitze  und  Königsburgen  wurden  ihnen  dort  erbaut. 
Daher  (kommt  der  brittische  Ort)  Dinn  Tradui  d.  i.  (irisch)  Dun  Tredui  d.  h. 
der  dreifache  Wall  {fredue)  Crimthann  des  Grofsen,  des  Sohnes  Fidach's, 
König  von  Irland  und  Albion  bis  zum  Icht-Meere  (=  La  Manche).'  Und 
daher  (kommt)  Glassdimhir  (v.  1.  Glasimperé)\  d.  i.  eine  Kirche 
am  Ufer  des  Icht-Meeres.*^  Das  ist  der  Wohnsitz,  in  welchem 
Glass,  der  Sohn  des  Cass,  der  Schweinehirt  des  Königs  von 
Hiruath,  weilte  mit  seinen  Schweinen  bei  der  Baumfrucht-Mast. 
Und  der  ist  es,  den  Patricius  später  auferweckt  hat,  I20  Jahre 
nachdem  er  von  den  Kriegern  {/tanna)  des  Mac  Con  erschlagen 
worden.  Und  von  jener  Verteilung  kommt  weiter  Dinn  map  Letani  (v.  1. 
Lgthain)  im  Gebiete  der  Com -Britten,  d.i.  (irisch)  Dun  mac  Liathan,  So 
nahmen  alle  Greschlechter  daran  teil;  denn  sie  besaCsen  gleichviel  diesseits  und 
jenseits.  Und  sie  blieben  in  dieser  Macht  lange  Zeit  selbst  nach  der  Ankunft 
des  Patricius  (in  Irland)  n.  s.  w. 

>  Todd,  Th^  war  of  the  Gatdhü  with  the  Gaill  p.  XXXIV  Anm.; 
Zimmer,  Zs.  f.  d.  Altertum  32,  205. 

*  ed.  Stokes,  On  the  Bodleian  fragment  of  Cormac* s  Glossary  (The 
Philological  Society's  Transactions  1891 — 92).  Die  andern,  vollständigen  Hand- 
schriften in  Three  Irish  Glossaries,  ed.  W.  S[tokes]  (London  1863)  und  Cor- 
moas  Glossary,  translated  etc  by  J,  Ö* Donovan,  ed.  Stokes  (Calcutta  1868). 

'  Crimthann  regierte  nach  der  irischen  Annalistik  366—378  n.  Chr. 

*  In  einigen  Hss.:  G.  na  n-Gdidel  „Glastonbury  der  GÜen*'. 

*  Irisch:  for  brú  mará  h'Icht,  nach  Zimmers  Vermutung  falsche  Kor- 
rektur för  älteres  for  Brú  „am  Brae-Fluís*<  (Nenmus  Vindicatus  p.  90). 


3l8  R.  THÜRNEYSEN   UND   G,  BAI5T, 

Es  sind  also  hier  Zeugnisse  gesammelt  für  die  einstmalige  Herr- 
schaft der  Iren  im  Gebiete  der  südlichen  Britten.'  Das  eine,  Lía- 
than's  Söhne  betreffend,  ¡st  eine  alte  irische  Tradition,  die  schon 
Nennius  i.  J.  826  der  Historia  Brittonum  §  14  nach  irischer  Quelle 
einverleibt  hat.  Die  beiden  andern  haben  irische  Etymologen  hin- 
zugeliefert, indem  sie  den  Ortsnamen  Din  Tradui  durch  das  irische 
Wort  tredtie  und  Glastonbury  {Glaidimbire)  durch  den  Namen  des 
Schweinehirten  in  der  Patri  auslegende  glaubten  erklären  (u  können, 
der  sich  in  ihrer  Erinnerung  aus  einem  Cúii  mac  Glatis  in  einen 
Glass  mac  Caiss  verwandelt  hatte.  Stútíte  sich  diese  Etymologie 
schon  auf  die  Legende,  dafs  Patricius  nach  Glastonbury  gekommen? 
Oder  ist  umgekehrt  die  Legende  erst  aus  der  Etymologie  hervor- 
gewachsen? Ich  denke  das  letztere,  und  zwar  ist  auch  hier  der 
Weg  deutlich. 

Der  Ite  Muirchu  maccu-Machtheni  (Ende  7.  Jh.)  hatte  von 
Palladius,  welchen  Papst  Caelestinns  431  als  ersten  Bischof  nach 
Irland  gesandt  hatte,  gemeldet,  er  sei  unverrichteter  Dinge  von  dort 
heimwärts  gereist,  Raurientt  utro  to  him  ti  primo  mari  Iranñle 
coeploque  ttrrarum  itinere  in  Brittonum  ßnibus  tata  functus  esí.^  Da- 
gegen Tirechán  hatte  den  Palladius  mit  dem  sog.  „alten  Patricius" 
{Sen-Phalraic),  einer  Doublette  des  Irenapostels,  identifiziert,  dei 
angeblich  in  Irland  den  Märtyrertod  erlitten  hatte.'  Vereinigte 
man  beide  Nachrichten ,  so  war  der  Schlufs  möglich ,  der  „alte 
Patricius"  sei  im  Brittcnlande  gestorben.  Dieser  an  sich  unwahr- 
scheinliche Schlufs  wurde  begünstigt  und  der  Ort  seines  Todes 
präcisiert  eben  durch  jene  Notiz,  dafs  Glastonbury  nach  dem 
später  von  Patricius  er«eckcen  Glass  benannt  sei.*  So  lesen  wir 
denn  in  dem  bis  1 131  reichenden  Chronicum  Scotorum  a.  457:  Dur- 
mitatio  sancii  senis  Palridi  episcopi,  id  est  Glosdonientis  tcchsiae.  Also 
alle  wesentlichen  Elemente  der  Sage  stammen  aus  Irland.*  In 
Glastonbury  wurde  der  „alte  Patricius"  ganz  durch  den  berühm- 
teren Irenapostel  verdrängt.  Die  zwei  Bestandteile,  Patrick's  Auf- 
enthalt daselbst  und  die  Geschiebte  vom  Schweinehirten,  ent- 
wickelten sich  getrennt  weiter;  die  letztere  wurde  an  den  „Sauweg" 
(Sugnvege)  zwischen  Wells  und  Glastonbury  angeknüpft,  wobei  sich 
andere  Sagen  über  jene  Sumpfgegend  und  ihre  Benennung  ein- 
gemischt haben  mögen. 

Ueber    die  Quelle    seiner  Erzählung  (Baist  333  f.)    macht  nun 

'  Vgl.  dazu  Zimmer,  Ninnius  Vttniicatus  p.  84  ff. 

*  Nennius  \  50  oder  sein  Gewähnmann  hat  das  geändert  in:  perueml 
ad  Britlaniam  et  ibi  de/unclus  est  in  terra  Pictarum.  Dir  Patricius) e^nde 
von  Glastonbary  ist  ^so  oboe  Zusammenhang  mit  Nemiius,  vielmehr  direkt 
ans  Irland  imponiert. 

■  9.  Swkes,  Thi  tripartite  life  etc.  p.  173  und  331.  Vgl.  Verf.,  Zi.  f. 
deutsche  Pbilol.  zS,  106. 

*  £9  setzt  dies  bereits  eine  Vennengong  des  IrensposteU  Patricias  mit 
dem  „ülten  Patricius"  voraus. 

0  Aucb  die  Flamme,  die  ROs  Patricius*  Grab  schlügt  (Ulgne  p.  1690  B), 
kommt  aus  irischer  QueUe  (Slokes,  a.  a.  O.  298). 


ZD   WILHELM   VON   MALMESBÜRY.  ¡iq 

Wilhelm  widersprechende  Angaben.  Im  vorhergehenden  Kapitel 
steht,  er  werde  auch  das  folgende  aus  einer  epùtola  des  Mönchs 
Godefridus  von  Glastonbury  schöpfen.  In  dem  Kapitel  selber 
aber  schreibt  er  am  Anfang;  Ugitur  in  aniiquis  Briionum  gestis 
und  am  Schlufs:  haec  dt  anliquis  Briionum  libris  sunt.  Baists  Fol- 
gerung (p.  335),  nicht  Wilhelm,  sondern  Godefridus  habe  aus 
alten  Büchern  der  Britten  geschöpft,  scheint  zunächst  einleuchtend. 
Prüft  man  jedoch  auf  der  von  uns  gewonnenen  Grundlage  die 
einzelnen  Bestandteile  des  Kapitels  näher,  so  kommt  man  zu  einem 
andera  Ergebnis. 

Vor  der  Geschichte  des  Mannes  mit  dem  Schwein,  den  Wil- 
helm Glasleing  nennt,  berichtet  er,  dafs  zwölf  Nachkommen  Cuneda's 
die  Gegenden  von  Wales  besetzt  hatten;  dem  Wortlaut  nach  ist 
die  Stelle  unzweifelhaft  aus  Nenniua  g  14  (und  62)  geschöpft,  den 
Wilhelm  auch  sonst  als  Gesta  Briionum  ciliert  (Baist  p.  343).  In 
derselben  Quelle,  sagt  er,  finde  er  in/erius  die  Namen  jener  zwölf 
Brüder  verzeichnet,  und  zählt  dann  sämtliche  Namen  des  Stamm- 
baums von  Ludaerlh^  map  Morgen  in  den  alten  welschen  Genea- 
logieen  auf.  £r  hatte  also  eine  Nenniushandschrift  von  der  Gestalt 
des  Harleian  3859  (11.  Jh.)  vor  sich,  wo  eben  hinter  der  Historia 
Brillonum  (und  den  Annales  Cambriae)  jene  Genealogieen  stehen.* 
DaTs  er  Cuneda  als  proavus  von  Glasüing  und  seinen  Brüdern 
fafste  {Nennius  spricht  von  Cuneda's  Söhnen),  rührt  offenbar  daher, 
dafs  er  den  unmittelbar  folgenden  Stammbaum  (Loth  No.  XXVI) 
mit  hinzugezogen  hat,  wo  als  oberster  Stammherr  Cuneda  erscheint. 
Warum  er  aber  in  den  Namen  des  Stammbaums  No.  XXV  Brüder 
sieht,  ist  nicht  klar;*  vielleicht  hat  er  dies  irgendwie  aus  dem  ver- 
derbten Schlüsse  herausgelesen.  Dieser  lautet  in  Harl.  3859:  . . .  map 
Aformayl  map  Glast  unum  sunt  G/astenic  cui  uencruni  que  uûcaiur 
Loykayt,  vermutlich  zu  bessern:  Glast,  unäe  sunt  Giasleinc  qui  vene- 
nan [a  regione]  guae  vacatur  Loyttoyt  (=  Letocetum,  Lichfield).  Wir 
lernen  hier  also  den  Stammvater  der  Glastinger,  die  Glastingehry 
den  Namen  gegeben  haben,    nach  welscher  Anschauung  kennen. 

So  sicher  diese  Angaben  bei  Wilhelm  aus  einer  Nennius- 
handschrift stammen,  so  wenig  kann  die  Geschichte  vom  Schwein 
ans  Nennius  geschöpft  sein,  der  nichts  derartiges  bietet.  Ist  also 
das  vorhergehende  Kapitel  echt,  so  könnte  die  Quellenangabe  wohl 
nur  dahin  verslanden  werden,  dafs  Wilhelm  neben  den  gesta  Bri- 
ionum {=  Nennius)  noch  die  epistola  eines  Mönchs  Godefridus  bei- 
gezogen hätte.  Diese  hatte  also  keine  brittisch-kellischen  Sagen 
enthalten  (Baist  341).  sondern  die  mit  englischen  Ausdrücken 
durchsetzte    Lokalsage    vom    Schwein    und    seinem  Hirten,    die   im 


'  So  verbesseil  Baisi  Lolhs  [y^udtierlk  (Mabinagion  11,  319). 

>  Diese  Ks.  ist  jedoch  nicht  sclbei  Wilhelms  Quelle.  Ei  schreibt  den 
OttsDamcD  vor  Kedwcii  Gulhir  (dáther),  was  ans  Nennins'  Guhir  entstanden 
Ut     Aber  gerade  Harl.  3S59  liest  Guir  (ed.  Mammaen,  p.  i^6,  10). 

*  Die  Sohne  Coneda's  sind  in  den  Genealogieen  aacb  genannt,  aber 
erst  in  No.  XXXn  (Lolh.  a.  a.  O.  H,  313). 


320 


B.  THDRNEYSEN    UND    t 


Grunde  auf  iiische  Legenden  zurückgeht.  Den  Namen  des  Riesen 
mag  erst  Wilhelm  aus  Glass,  wie  die  irische  Quelle  ihn  nennl,  in 
GlasUing  geändert  haben,  um  ihn  mit  seinem  vermeintlichen  Cuneda- 
Sprofs  GlasUing  zu  identifizieren.' 

Das  von  Baist  betonte  Alter  des  Namens  insula  Avalìonia  wird 
natürlich  durch  das  Obige  in  keiner  Weise  berührt, 

Rudolf  Thürneysen. 

Mit  der  Erklärung  des  „in/erius  annolantur",  der  gesicherten  Be- 
ziehung der  gcs/a  Brilonum  auf  den  Wilhelm  bekannten  Nennias, 
wird  die  Angabe  des  vorausgehenden  Abschnitts  „de  cujus  epistola 
et  hoc  et  quod  subjungemus  capituium  assumpsimus"  wesentlich  gegen- 
standslos, was  für  sie  noch  übrig  bleiben  kann  ist  nicht  mehr  „das 
Kapitel".  Das  neben  ihr  stehende  „/empöre  Henrici  abbatis"  konnte 
ich  nur  bei  etwas  subtiler  Interpretation  Wilhelm  zusprechen,  dem 
hineingelegten  Sinn  hätte  besser  eine  andere  Ausdrucksweise  ent- 
sprochen. Da  eine  neue  Schwierigkeit  hinzu  kommt,  muTs  von 
jeder  künstlichen  Deutung  abgesehen  werden:  das  Kapitel  „Quo- 
modo  monacAus"  ist  jünger  als  der  Abt  Heinrich,  somit  interpoliert, 
und  für  et  hx  et  quod  tubjungemus  ist  hoc  guod  subjungemus  zu  lesen; 
ich  halte  diese  Korrektur  für  berechtigt,  obwohl  dann  die  mir  für 
diese  Stelle  nur  teilweise  bekannte  handschriftliche  Ueberlieferung 
wahrscheinlich  fordern  würde,  alle  Hss.  auf  eine  Kopie  des  inter- 
polierten Exemplars  statt  auf  dieses  selbst  zurückzuführen.  Mit  ihr 
wird  alles  glatt,  und  die  gleiche,  nicht  Wilhelmische  Wendung  leitet 
auch  weiter  die  gröfseren  Interpolationen^  ein  „sed  quahttT  reüquiat 
Iranslalae  /uerint  subjungemus  (Zts.  329,  d),  moibim  Iransialionis  sub- 
jungemus {328,  b). 

Zugleich  ändert  sich  das  Urteil  über  die  Quelle  der  Iderfabel, 
wie  ich  es  S.  340  und  344  mit  Betonung  der  Bedenklichkeit  vor- 
trug. Die  gesta  regis  Arturì  bedeuten  nicht  eine  schillernde  An- 
gabe der  epistola  Gode/redi,  sondern  eine  Schrift,  die  Wiihelm 
direkt  vorlag.  Die  klösterliche  Wendung  der  Sage  entspricht  dan 
Charakter  der  noch  von  jeder  französisch-romantischen  Zuthat  freien 
Arthurlegende,  die  Johannes  Glasloniensis  1,  77  mitteilt  (Zts,  344)- 
Was  mich  abhielt  die  Zusammengehörigkeit  auszusprechen,  kann 
ich  nun  nicht  mehr  als  zureichend  betrachtea  Es  ist  darauf  b^m 
Neuabdruck  des  betr.  Stücks  zurückzukommen. 

Ob  die  Irläuder  Patricius  und  Glass  verbunden  nach  Glastön- 


'  Der  „Geschieb tschreibtr  Ist&s"  (Baist  347}  ist  kda  Biitte,  sondera 
Stalius,  der  Verrasser  der  Thebais.  Im  Brut  y  Tymysogion  a.  1197  habt 
es,  Klagen  ocd  Jammer  übet  den  Tod  des  Rbys  ab  Gniffud  seicD  sa  groEt 
gewesen,  dafs  „weder  die  Historien  d(^  Historikers  Ystas  noch  die  Gesänge 
de»  Dichters  Fferytl  (=  Vergüius)  sie  berichten  könnten". 

'  Eine  kleinere,  die  in  meinem  Artikel  ansgefalleo  ist,  trage  ich  noch 
nach  :  Migne  1 690  C  :  reguieaü  auiem  in  vetuita  ecclesia  bis  usque  ad  ctm- 
òuilimum  íjusdem  eccltsiae.  Im  übrigen  ist  das  betr.  Kapitel  alt,  vaia  TcQ 
In  die   Gesta  regum  aufgenommen. 


zu  WILHELM  VON   MALMBSBURT.  32 1 

bury  gekommen  sind  oder  sich  dort  wieder  getroffen  haben,  scheint 
mir  nicht  ganz  aufser  Frage;  die  letztere,  auf  den  ersten  Blick  fem 
liegende  Möglichkeit  ist  zu  erwägen.  Von  einer  Beziehung  zwischen 
beiden  scheint  jedenfalls  Wilhelm  nichts  zu  wissen.  Die  Glasto- 
niensische  Patriciustradition  beruht  zunächst  auf  der  Identifizierung 
mit  dem  ebenfalls  von  Coelestin  gesandten  Palladius  (Thurneysen 
318),  der  Tod  in  Britonum  finibus  genügte,  um  die  Annexion 
zu  ermöglichen,  ähnlich  wie  die  der  Phaganus  und  Deruvianus: 
Die  ältesten  Sendboten  zur  ältesten  Kirche.  Die  weltliche  Grûn- 
dungsfabel  aber  scheint  schon  vor  Wilhelm  in  Beziehung  zu  den 
Genealogieen  zu  stehen.  £s  kann  nicht  wohl  zufallig  sein,  dafs 
dort  die  Erwähnung  von  Lichfield  (Loytcoyt)  zu  dem  Weg  stimmt, 
den  der  Schweinehirt  gemacht  haben  soll,  auf  dem  Sugewege  von 
Wells,  an  dem  unklaren  Escebtiome  vorbei,  per  mediterráneos 
An  g  los  f  dafs  Glass  schon  zu  Glast  geworden  ist.  £s  liegt  sehr 
nahe  zu  emendieren:  unde  sunt  Glastoniam  qui  venerunt  de  cvoitate 
quae  vocatur  Z.  Im  folgenden  Kapitel  Wilhelms  ist  Avalioc,  qui 
ibidem  cum  suis  filiabus  propter  loci  secretum  fer  tur  inhahitûsse,  wie 
ich  erst  nachträglich  bemerkte,  ebenfalls  eine  Persönlichkeit  aus 
den  kymrischen  Geschlechtsregistem,  Aballac,  Aballach  des  Harl.  Ms., 
Loth,  Mabin.,  II,  305.  312.  Sollten  nicht  die  Glastonburger  Tra- 
dition und  Wilhelm  auf  einer  ausführlicheren  Form  der  betreffenden 
Genealogieen  beruhen?  auf  einer  variierten  jedenfalls,  wie  die  Ver- 
bindung der  Zwölf  mit  Cunedag  zeigt  (vgl.  Loth  217  Anm.  3  und 
bem.  die  Differenz  zwischen  Nennius  und  dem  Harl.  Ms.,  dort  8, 
hier  9  bzw.  10  Söhne). 

G.  Baist. 


Zeiuchr.  1*  rom.  PhiL  XX.  21 


Altôranzos.  dh  (t$) 
in  altoDglisohen  und  altdeutsoheii  Leimworten. 

I. 

Ueber  engl,  faith  und  andere  frz.  Lehnworte  des  Englischen, 
die  ein  seltsames  th  aufweisen,  hat  sich  seit  etwa  15  Jahren  eine 
kleine  Littérature  angesammelt.  Man  findet  aber  das  Belegmaterial 
nirgends  beisammen,  und  ich  glaube  meinerseits  dasselbe  vermehren 
zu  können,  indem  ich  besonders  —  wie  schon  in  Gröbers  Grund- 
rifs  der  Roman.  Philol.  I,  397  —  auch  £igennamenmaterial  verwerte. 
Ich  würde  aber  darauf  jetzt  nicht  zurückkonmien,  wenn  die  Er- 
scheinung nicht  für  eine  weit  ältere  Zeit  einige  Bedeutung  hätte. 
Es  lassen  sich  nämlich  sowohl  im  Angis.  wie  im  Altsächs.  und  Ahd. 
Spuren  dieses  selben  dh  (^  in  solchem  Umfange  nachweisen,  dafs 
dadurch  die  Existenz  eines  afrz.  dh  (&)  auch  schon  für  das  8.  Jahr- 
hundert erwiesen  wird. 

Bei  weitem  die  meisten  Belege  liefert  die  Oxforder  Laudhand- 
schrift  der  Sachsenchronik.  Abgesehen  von  dem  einen  appellativen 
nativitéÌ5y  das  zu  den  Jahren  1 102.   1105.    1106.    1108.   1113.   1114. 

11 15.  1116  begegnet  für  „Weihnachten",  sind  es  nur  Eigennamen. 
Um   die    gleiche   Zeit    begegnen    für   König   Louis   Lobewts   11 08. 

11 16.  II 24  (an  der  letzten  Stelle  liest  Earle  gegen  die  Handschrift 
Lodewis)  und  die  frz.  Stadt  Caen  lat  Cadomum^  die  1070  als  Kadum 
auftritt,  wird  1086.  1105  Cabum  genannt,  und  so  lesen  wir  auch 
zweimal  in  einem  von  Zupitza  Anglia  I,  196  mitgeteilten  selbstän- 
digen Chronikfragment  für  die  Jahre  1113 — m  4.  So  ist  Ronen 
lat  Roiomagus  1 1 24  Rot5em  (=  an.  Rut5u)  und  Mantes  lat  Medante 
1086  Mainante,  Gerher oi  bei  Beauvais  1079  Gerbornéb,  Aufser  diesen 
Ortsnamen  treffen  wir  noch  Lothringen ^  das  1126  dis  Loherenge  er- 
scheint, 1080  als  Hlotjeringa,  Vereinzelt  finden  wir  Atieiis  11 21, 
GodefreiiS  1123.  1130,  Gos/reitS  1127  neben  Gos/r ei  logö,  Roibert 
Peccéh  1123  für  Robert  Peché,  —  Den  Abt  Vitalis,  der  1076  Viihele 
heifst,  nennt  eine  andere  Chronikhandschrift  1077  Fipile, 


*  Vjîl.  bes.  Varnhagen  AfdA  9,  179  ZfRomPhil.  10,  298;  ferner  Nicol 
Academy  18,  581  ;  Roeth,  Ueber  den  Ausfall  des  d  im  Normann.  S.  21  ;  Mall 
Computus  Einl.  S.  87;  Koschwitz  z.  d.  alt.  frz.  Denkm.  S.  30;  iBrink  Chaucer 
Gramm.  70;  Behrens  in  den  Frz.  Stud.  V  Heft  2  S.  176  (Pauls  Grdr.  I,  831); 
Pogatscher  QF  64,  S.  107.  Aus  diesen  Arbeiten  wie  aus  den  me.  Wörter- 
büchern stammt  ein  Teil  der  unten  beigebrachten  Belege. 


ALTFRZ.  DH  (&)  IN  ALTENGL.  U.  ALTDTSCH.  LEHNWORTBN.       3  2^ 

Alle  diese  Chronikeintragungen,  denen  wir  diese  grammatischen 
Materialien  entnehmen,  sind  kaum  beträchtlich  später  gemacht 
worden  als  die  betreifenden  Jahresangaben  anzeigen.  Dabei  bleibt 
zunächst  aufïallig,  dais  der  Eigenname,  der  in  Liebermanns  Angio- 
norm. Geschichtsquellen  so  oft  als  Radulf  us  erscheint  (s.  5.  14.  i^, 
47«  53-  77-  7 S  u-  s.  w.)  im  Laudms.  der  Sachsenchronik  als  Rauif 
III 4.  1115.  1122  auftritt;  es  war  der  Erzbischof  von  Canterbury 
(RadulJ  Rawulf  Angl.  I,  196).  Und  schon  1055.  1075  treffen  wir 
einen  Raul/  eorl  (1076  Rawulf  in  einer  andern  Hs.  bei  Earle 
S.  213).  Und  wir  sahen  oben,  dafs  neben  GosfreitS  1127  Gosfrei 
1096  steht.  So  geht  das  Verstummen  des  Lautes  frühzeitig  neben 
den  ursprünglichen  Formen  nebenher.  Aber  der  eigentliche  Zeit- 
raum dieser  Ö  war  das  1 1.  Jahrhundert  und  der  Anfang  des  12.  Jahr- 
hunderts für  das  französische  auf  engl.  Boden  und  um  11 00  mag 
das  Verklingen  des  Ö  um  sich  gegriffen  haben.  Hieraus  ergiebt 
sich  für  einige  erst  um  1200 — 1300  auftretenden  Lehnworte  des 
Engl,  der  Anhalt,  dafs  sie  der  Zeit  Wilhelms  des  Eroberers  ange- 
hören müssen. 

Chronologisch  ist  das  sonstige  Belegmaterial  allerdings  nicht 
von  so  abgrenzender  Beweiskraft.  Es  sind  nur  wenige  Worte,  in 
denen  sich  das  anglofrz.  Ì5  zeigt,  und  wenn  man  von  den  schott. 
assythy  hountith^  daintith  und  poortith  als  unsicher  zu  beurteilen  ab- 
sieht —  sie  sind,  von  dainteth  abgesehen,  erst  spät  bezeugt,  zu- 
frûhst  assyth  bei  Barbour  und  hountith  in  den  York  Mysteries  cf. 
Murray  NED.  s.  v.  — ,  so  hat  nur  das  einzige  ne,  faith  eine  gesicherte  '. 
Existenz  gehabt,  während  alle  sonst  in  Frage  kommenden  Worte 
im  späteren  Me.  kaum  noch  bezeugt  sind.  So  hat  das  naitvittìi 
der  Sachsenchronik  bisher  keinen  me.  Beleg  gefunden;  in  der  Ancr.- 
Rule  412  gilt  dafür  schon  natm'ié.  Bei  Orrm  (um  1200)  treffen  wir 
caritép  karttffp  w.  3000.  3008.  10117.  10120  und  das  gilt  auch 
noch  in  den  etwa  gleichzeitigen  Vices  and  Virtues  S.  19.  21.  47. 
63.  67,  welcher  Text  aber  auch  fön'// 37.  39.  45  und  charité  i^,  41 
aufweist  —  und  charité  ist  herrschend  in  der  Ancr.-Rule  2.  8.  30. 
124.  224.  408  (auch  OEH.  p.  57,  Ayenb.  79,  Gen.-Exod.  v.  1016); 
daneben  chérit^  Hom.  I,  39.  63.  69.  139  und  carited  Chro.  1137.  Zu 
herrschendem //f»//(Ancr.-R.  194;  Havel,  v.  1729;  Ayenb.  161)  findet 
sich  plent^b  Gen.-Exod.  v.  3709. 

Neben  dainty  (Ancr.-R.  412)  gilt  daint/th  nach  Mätzner  in 
mannigfachen  Schreibungen  noch  Seven  Sag.  606  {dayenteth),  Town.- 
Myst  S.  245  {dayntetheX  Destr.  of  Troy  463  {deintithé)^  Ant  of  Arth. 
Str.  14.  15  (dayntethis).  Fur  /wöw^^r/ (Havel.  1128;  Ayenb.  69)  findet 
sich  maugreth^  bei  Hazlitt  Remains  I,  171,  Leg.  of  the  Holy  Rood 
III  v.  125  und  P.  Plowman  ed.  Skeat.  Zu  me.  drue  rie  =  afrz. 
druerie   „Liebe"    gilt  Wohunge   of  ure   Loverd  I,  269    druìi    „Ge- 


>  Beachtenswert  sind,  worauf  Varahagen  hingewiesen  hat»  die  Schreibungen 
maugrff  All.  Poems  H,  44.  54.  Gawain  1565;  Alexander  (Skeat)  1747.  2782; 
vgl.  den  Reim  charity  :  l{f  Hom.  I,  57  (Pater  noster  v.  41). 

21» 


334  F.  KLUGE   UND    C.  BAIST, 

liebter".  Bei  ßith  faith  treffen  wir  Schwanken  mit  eil 
berechtigten  fai;  vgl.  im  feilh  Gen.-Exod.  2187.  2678;  Havel.  2852 
(aber  fei  Havel.  255.  i6û6)  —  fath  {f<igP)  Will.  275.  828.  858; 
Rob.-GI.  1551.1 

Im  14.  Jahrhundert  gilt  me.  asîf'lA(e)  „satisfaction"  aus  afn. 
anse/i;  Belege  Hamp.  Pr.-Consc.  3610.  3746;  Wyclif  i.  König.  3,  14; 
i,Ezdra5,5;  Markus  15, 15;  Cbaucer,  Rom.  of  the  Rose  5602;  Wydtf, 
Sel.-Works  II,  237;  Langland,  P.-Plowm.  B  XVll,  237;  Rei.  Pieces 
p.  6.  Halliw,,  DicL 

Vereinzelt  findet  sich  neben  ademimt  —  nymont  auch  aihemaunt 
bei  Chaucer,  Knight's  Tale  1132.  —  Das  schwierige  me.  dapeit  — 
dahit  mag  hier  erwähnt  werden  mit  einem  Hinweis  auf  die  Erörte- 
rung im  NED,  über  das  sicher  frz.  Lehnwort. 

Das  me.  Belegmaterial  ist  hiermit  noch  nicht  erschöprt.  Der 
Name  David,  der  im  Angls.  als  Dawid  {Dawiti  nur  Sweel  OET.  3 1 3. 
415)  und  im  ME.  als  David  erscheint,  zeigt  im  frühen  Me.  sehr 
oft  die  Form  Davíií.  Zahlreiche  Belege  dafür  aus  Orrm  s.  im 
Glossar  von  White  und  Holt  II,  564  b  ;  aufserdem  noch  SL  Margerete 
ed.  Cockaigne  S.  18  (varia  lectio);  Hickes  III,  170.  171;  Vices  and 
Virtues  S.  31.  5g.  81.  115;  Haly  Meidenh.  S.  9.  1 1.  35?  39;  Juliana 
S.62.63.  OE.Hûm,  1,91.97.  273.  11,31.33.89.91;  Wicliff  Math. 

I,  6.  17.  Der  frz.  Charakter  dieses  ft  aufsert  sich  auch  darin,  dafs 
das  Wort  auch  mit  verklungenem  fi  als  Davi  im  ME.  auftritt  e.  B. 
St.  Margarete  ed.  Cockaigne  S.  18  (mit  der  Variante  Datiti,  Monis' 
OE.  Miscel.  S.  231  (im  Reim  auf  Underli);  vgl.  die  Beteuerungs- 
formel bi  Sein/  Davi  (im  Reim  auf  Grimesbi)  Havel.  2867;  Dat<Ì 
auch  in  der  Digbjhs.  v.  Harrowing  of  Hell  v.  195.  20l)  u.s.w.  u.s.w. 
(aber  auch  Sein  David  Rob.  of  Glouc.  3980.  9484  etc.  —  Sein  DamU 
3977.  9179).  Der  frz.  Charakter  dieses  Bibelnamens^  verträgt  sich 
wohl  mit  der  Thatsache,  die  durch  Lehnworte  wie  me.  pr/ehi  ^ 
frz.  prlchcr  dokumentiert  wird,  dafs  auch  das  kircliliche  Leben 
Englands  seit  der  Eroberung  unter  frz.  Einflüssen  stand.  Es  bleibt 
uns  noch  eine  frühme.  Lautform  für  „Jude"  anzuführen,  das  ge- 
wöhnlich als  ^itv  gñv  (ne.  Jnv)  =:  afr.  Gin  aufltitt;    nur  bei  Omn 

II,  189.  211  treffen  wir  eine  ft-Form  fupfwess  (dafür  Orrm  1,  7Ó. 
II,  119.  173  Jud/wess  und  in  der  Sachsenchonik  a.  1137  Jttdtus)? 


'  Schiiddekopf,  Sprache  u.  Dialekt  doi  Gedichtes  Wilh.  of  Pal.  S.  45 
und  andre  ncliioeii  sr,  faith  siehe  unter  dem  Einfluts  einer  Analogie  von  engl. 
Abstrakten  wie  wealth,  length,  itrength,  health-,  dngegen  ¡si  zu  bemerken,  difs 
eine  solche  Annahme  fär  die  Sprache  des  13. /14.  Jahrhunderts  absolut  unmÓg- 
lich  ist;  áaia  feüh  ist  immer  einsilbig,  welthe  lengthe  ttrencthr  heltke  \mOia 
iweisilbi);. 

'  Gehört  hierher  Otrms  Nop  =  Noeì  und  Mmp  =  Âbiasi 
■  Es  schönt  mir  bisher  nicht  beachtet  zu  sein,  dafs  mit  der  tiottnann. 
Invasion  der  ganze  Sprachgebrauch  der  Kirche  framâsiert  wurde.  Dafür  lengl 
das  anlautende  di  in  y¿sus  {ae.  sagte  man  übrigens  nur  CHil,  nie  ytiut). 
Johdn  [yoh^n  =  yr(iH.  ne.  yo/in;  ae.  sagte  man  nur  Jobantut).  yosffi,  yaeit; 
hierher  Behötl  auch  die  Formel  Jlum  yarda».  Im  Ornnulum  leigt  ^frrmltm 
(gespr.  jirialfm}   den   richtigen    angls.  ¿  ^  /-Anlaui,   wie  et  in  angts.  Zelt 


ALTFRZ.  DH  (8)  IN  ALTENGL.  Ü.  ALTDTSCH.  LEHNWORTEN.       325 

Dieses  anglofranzos.  Jubeu,  das  im  1 2.  Jahrhundert  gelebt  hat, 
fuhrt  uns  zu  einer  Thatsache,  die  sich  kurz  so  formulieren  läfst: 
Das  Wort  Judaeus  hatte  schon  im  9.  Jahrhundert  auf  german.  Boden 
eine  Form  mit  innerem  Ö.  Der  Heliand  nämlich  zeigt  in  der  Cot- 
tonianischen  Handschrift  *  mehr  als  fünfzigmal  eine  Form  Jutieo,  die 
aus  germ.-asächs.  Sprachregeln  nicht  zu  erklären  ist  und  für  die 
Kögel  AfdA.  19,  22^  Anm.  auch  keine  Erklärung  kennt.  Schon 
Kögel  bestätigt  die  Ö-Form  durch  einen  Hinweis  auf  afries.  JotJui 
und  ich  erinnere  noch  an  die  angls.  Runeninschrift,  die  auf  dem 
jetzt  im  Britischen  Museum  befindlichen  Kästchen  von  Walrofsbein 
steht  —  Gtupeas  (Sweet  OET  S.  127).  Alle  diese  zerstreuten  Zeug- 
nisse scheinen  mir  in  ihrer  gegenseitigen  Unabhängigkeit  so  wichtig, 
dafs  ich  ahd.  Judeo  Plur.  Judeon^  das  nie  mit  innerem  /  auftritt, 
lieber  zu  asächs.  Jubeo  als  zu  asächs.  Judeo  stellen  möchte.  Dann 
sollte  man  allerdings  wohl  eine  Schreibung  Judheo  in  alten  Texten 
noch  vereinzelt  antreffen ,  so  z.  B.  im  Isidor,  wo  sich  oft  inneres 
intervokalisches  dh  —  allerdings  schon  dafür  d  —  zeigt,  aber  nur 
Judeo  schreibt  So  genügt  denn  altsächs.  Juheo  auch  ohne  das  ' 
althochdeutsche  Judeo  eine  {^-Aussprache  für  Judaeus  in  den  dem 
deutschen  Sprachgebiet  benachbarten  frz.-roman.  Gebiet  etwa  um 
800  zu  erweisen.  Zu  afries.  Jotha^  das  für  den  Nachbardialekt 
mitbeweist,  stimmt  ein  anderes  fries.  Zeugnis  :  dem  ahd.  vogât  ent- 
spricht nach  V.  Helten  Altostfries.  Gramm.  S.  97  im  Afries.  öfter 
Jogeih)  das  aus  fries.  Lautregeln  nach  v.  Helten  nicht  deutbare  ih 
st  ein  vogâb  =  advocahis. 

So  beruhen  ahd.  sîda  „Seide"  und  krîda  „Kreide"  auch  wohl 
auf  d-Formen,  für  die  wir  allerdings  keine  graphische  Gewähr 
irgendwoher  beibringen  können.  Und  zwar  charakterisieren  sich 
diese  Formen  als  relativ  jung  durch  die  Vertretung  von  lat.  ê  durch 
/:  wären  lat.  créta  sita  etwa  gleichzeitig  mit  bêta  (ahd.  biazza)  und 
mensa  (ahd.  mias)  aufgenommen,  so  wären  ahd.  *kriazza  ^stazza, 
älter  vor  der  zweiten  Lautverschiebung  krqta  s^a  zu  erwarten.  Da- 
her gehen  ahd.  krtda  sida  auf  mutmaisliche  Grundformen  krçtia 
sêOa  zurück. 


auch  far  Johannes  Jacobus  u.  s.  w.  gegolten  hat.  Hierher  gehört  me.  E¿ypte 
=  ne.  Egypt,  Vom  Frz.  beeinflufst  sind  auch  me.  Fariséu  „Pharisäer**, 
Saducéu  „Saducäer**;  Füippe  „Philippus",  Herode  „Herodes**,  Nicodém  „Ni- 
codemus",  auch  MaZéu  „3^IathÍlus*S  Andren  „Andreas".  Für  Ostern  erscheint 
(frz.)  Päske,  Ich  hoffe  in  kurzer  Zeit  das  frz.  Lehnmatenal  des  Me.  einer  er- 
neuten Prüfung  zu  unterziehen  und  werde  dann  auf  dies  Problem  zurück- 
kommen. 

'  Die  Belege  fur  Jutíeo  mit  Spirans  sind  einschliefslich  der  von  Kögel 
für  die  Formel  Jutíeo  liudi  beigebrachten  zwölf  Belege  Hei.  v.  640.  696.  766. 
788.   791.  910.    1473.  2340.  4700.  481 1.  4826.  4845.  4850.  4913.  4925.  4939. 

4953-  4955«  5052.  5057-  5i04-  5i09.  5112.  5i27-  5>33-  5>36.  5150.  5154-  5176. 
5180.  5212.  5214.  5223.  5232.  5238.  5240.  5245.  5259.  5275.  5283.  5294.  5310. 

53^6.  5345.  535«.  5379.  5387.  5409.  5413-  5470.  5481.  5525.  5721.  5749.  5800. 
Eb  überwiegt  auch  im  Cottonianus  die  Form  Judeo,  die  im  Monacensis 
•Uaiii  gw*- 


326  F.  KLUGE   UND   G.  BAIST, 

Dieses  Ö  ist  nämlich  in  der  Pauls  Gtdr.  I,  320  behandeilen 
lat.  Lehn  Wörterschicht,  die  das  German,  in  den  fünf  ersten  nach- 
christlichen Jahrhunderten  aufgenommen  hat,  durchaus  nicht  anzu- 
treffen. Die  german.  Zeugnisse  für  dieses  S  stecken  in  Lehnworlen, 
die  sich  auch  durch  sonstige  Lautkriteria  als  relativ  jung  erweisen. 
Das  bei  Olfrid  um  870  bezeugte  ahd.ßJu/a  „Fiedel"  beruht  mit 
ae.  fiiiele  deutlich  auf  einer  gemeinsamen  Grundform  fiiiula,  und 
der  Zusammenhang  mit  der  roman,  Sippe  von  frz.  viole  beweist 
Uebergang  von  anlautendem  lai.  v  in  /,  wie  er  nur  jüngeren  Lehn- 
worten (cf.  vers  aus  lat.  versus)  zukonunt:  in  den  älteren  Lehnworten 
ist  lat.  V  durch  w  vertreten.  Auf  der  Grenze  zwischen  diesen  beiden 
Gruppen  steht  die  Entlehnung  von  lat.  paraverrdus  ins  Deutsche: 
die  mhd.  Form  ;J/fiyr//  ist  par{a)frèdus  mit  der  _/"- Aussprach  e  des 
laL  v\  cf.  ahd.  pjer/rîd;  die  mhd,  ahd.  Nebenform  p/tril  aber  scheint 
für  p/erirîl  ^  p/iriwrfd  mit  Verlust  von  w  vor  r  zu  stehen.  Uns 
JBt  hier  wichtig,  dafs  dem  Worte  hd.  d  zukommt  und  dafs  wir  diesem 
d,  da  die  zweite  Lautverschiebung  den  Anlaut  betroffen  hat,  ein  Ö 
{j/aravrçtSo)  zu  Grunde  legen  müssen.  Graff  III,  347  kennt  eine 
andd.  Glosse  pereih  ^  hd.  pferld.  Das  /  entspricht  dem  von  ahd. 
sida  krìda.  —  So  erscheint  tappflun  im  Ahd.  als  trpplth  lepptd, 
Graff  5,  348  aus  iappçiio. 

Dieses  ih  ist  durch  ae.  filíele  dokumentiert.  Noch  in  einem 
Falle  wird  es  durch  die  Ue berein stinmiun g  mehrerer  Dialekte  er- 
wiesen. Zu  den  christlichen  Lehnworten  gehört  lat.  synodus  ^  ahd. 
sinöd  [senalh  AdGl.  1,  247),  afries.  senath,  ae.  jíwoS.'  Zwar  ist  es 
'nicht  unmöglich,  dafs  die  Endung  dieser  Formen  unter  dem  Ein- 
flufs  eines  german.  Suffixes  -o¡/us  steht,  aber  notwendig  ist  die  An- 
nahme in  Bezug  auf  das  th  nicht.  Noch  ist  an  die  geläufigen 
ae.  Pflanzennamen  ce/eiíonie  lat.  chelidonia  und  satierige  laL  satureia 
zu  erinnern,  auf  di«  Bugge  hingewiesen  hat.  Vereinzelt  ahhoiSessa 
Chron.  E  a.  680. 

Bas  ae.  Material  läfst  sicli  aus  kontinentalen  Eigennamen  ver- 
mehren. Wichtig  ist,  weil  früh  überliefert.  Cundo},  in  zwei  Hand- 
schriften der  Sachsen  Chronik  a.  883.  884?  aus  cùm{i)lalum  ^  frz. 
Gmd¿.  Etwa  gleichzeitig  mit  dem  letzten  Beleg  steht  in  der  Chronik 
a,  885  JuiSitte  {Jupylle)  für  Judith.  In  einer  jüngeren  Hs,  der 
Chronik  a.  887  erscheint  der  langobardische  König  Guido  als  Wítia. 

Unsicher  ist  anord.  markahr  „Markt"  gegen  rae.  market  zu  be- 
urteilen; denn  sein  Ô  könnte  auch  frz.  li  vertreten,  wie  anord.  .ff» !f« 
„Rouen"  auch  keine  rf-Form  voraussetzen  mufs.  Unsicher  ist  natür- 
lich auch  die  Beurteilung  von  frz.  Lehnworten  des  Ndl.,  weil 
mndl.  d  (im  Auslaut  durch  /  vertreten)  sowohl  d  wie  Ö  repräsen- 
tiert: mndl.  í/ií«/  „Stadt",  pianteti,  prioreil  „Priorat,  Kloster",  _/omîiÏ 
„Graben",  Iriniteil,  magesleil  u.  s.  w.  können  ebenso  gut  auf  Ö-Formen 
zurückgeführt  werden  wie  auch  nach  Mafsgabe  der  frühme.  Judeus 


'  TbumejrseQ  criimcrl  für  tk  11 
Idg.  Foncbgn.  IV  Anzeiger  S.  45. 


k 


ALTFRZ.  DH  (8)  IN  ALTENGL.  Ü.  ALTDTSCH.  LEHNWORTBN.       327 

Chro.  1 137,    cariied  ib.  1137,    Kadum   {Catiuni)   ib.  1070    gedeutet 
werden;    und  umái.  piamtet  „Fülle"  kann  sich  zu  früh  me.  p/ent/tí 

«^"^^-  F.  Kluge. 

IL 

Die  intervokalischen  Gutturalen  des  Latein,  sind  in  den  ger- 
manisch-romanischen Ortsnamen  des  gallischen  Grenzlandes  noch 
zu  Anfang  des  5.  Jh.  unverändert  übernommen,  acu  ist  ach,  Breisach, 
Andernach,  Kreutznach,  tacu'>  ich,  Zûlpich,  Morzig,  Jülich,  (Aguae 
> Aachen),  magu^ magen,  Dormagen,  Neumagen,  Remagen,  War- 
magen. Dem  entspricht  es,  dais  die  germanischen  Verschlufslaute 
in  Nordfrankreich  die  Entwicklung  der  lateinischen  zeigen,  be- 
schränkter die  Gutturalen,  bei  welchen  vielleicht  früh  besondere 
Assimilationserscheinungen  sich  geltend  machten,  in  gröfstem  Um- 
fang Dentale  und  Labiale,  in  ungefähr  allen  altfränkischen  Ent- 
lehnungen. Die  bretonischen  Einwanderer  im  5. — 6.  Jh.  übernahmen, 
wie  Loth,  Rom.  Jahresber.  I,  266  feststellt,  noch  die  lat.  c,  t,  p.  Das 
Latein  des  7.  Jh.  bietet  dann  reichliche  Belege  des  Wandels  zu 
^,  ¿/,  b.  Dafs  die  lat.  Media  älter  aspiriert  war,  wird  fur  b  ziemlich 
einstimmig  angenommen,  erklärt  bei  g  die  verschiedene  Entwick- 
lung von  agu  und  acu  (Dao'  f.  Dago^  seit  652),  und  wird  demnach 
auch  bei  d  der  Fall  gewesen  sein:^  die  Schreibtradition  hielt  an  d 
fest ,  während  fränk.  th  (entsprechend  ch  für  K)  im  5.  Jh.  mit  Ver- 
ständnis angenommen  und  noch  lange  neben  /  unverstanden  nach- 
geschrieben wurde.  Im  Endergebnis  ist  ursprünglich  p  und  b  zxil  v 
geworden,  bzw.  geschwunden,  /  und  d  geschwunden.  Dafs  dem 
Ausfall  der  Dentalen  ein  dh  vorausgegangen  sei,  wurde  zuerst  von 
Paris,  Alexius  S.  96  ausgesprochen,  und  ist  jetzt,  der  physiologischen 
Wahrscheinlichkeit  und  der  anglonormannischen  Schreibung  th 
gegenüber,  so  ziemlich  allgemeine  Ansicht.  Den  Eintritt  dieser 
Aspiration  hat  man  sich  indessen,  wenigstens  so  weit  gedruckte 
Aeufserungen  vorliegen,  viel  zu  spät  gedacht,  im  11.  Jh.  (s.  z.B. 
Meyer -Lübke,  R.  Gr.  I,  363),  obwohl  die  Strafsburger  Eide  inter- 
vokalisch  durchaus  dh  bieten  in  aiudha  (zweimal),  ccuthuna  und  den 
Namen  (aber /¿^/r).  Koschwitz,  Commentar  31  neigt  dazu,  hier 
einen  Laut  zu  sehen,  wie  es  Nicol,  Academy  18,  173  that,  läfst 
aber  dann  doch  die  Möglichkeit  zu,  dafs  nur  der  fränkische  Schrei- 
ber eine  Eigentümlichkeit  seiner  Sprache  rein  graphisch  übertragen 
habe.  Wie  seltsam,  dafs  dieser  d  und  dh  im  Deutschen,  aber  nicht 
im  Franz.  zu  trermen  weifs,   dafs   er   nur   bei  französischen,   nicht 


^  Suchier  schrieb  Gmndrifs  I,  581  :  „Dafs  im  Französischen  und  Mittel- 
rhonischen  zuerst  die  Exweichung  der  stimmlosen  Laute  erfolgte,  und  dafs  dann 
mit  den  primären  g  d  b  auch  die  sekundären,  aus  p  t  c  entstandenen,  zu  Reibe- 
lauten fortschrittenc.  Dem  gegenüber  kann  auf  die  Grunde  für  vglat.  b'^v 
hier  nicht  eingegangen  werden  ;  franz.  widerspricht  central  aba  ^  <me,  apa  ^ 
eve,  clavu  ^  clou,  capu  ^  chief.  Fur  acu  ge^en  agu  mag  auf  Acutciacun  ^ 
Aiguisy,  jicunun'^'Soiie  Dame  òìAygu  gegen  Agusta  ^  Aouste,  Agusto- 
dunum'^  Autun  hingewiesen  sein. 


328  F,  KLUGK   UND    G.  BAIST, 

auch  bei  lateiuischen  Worten  den  Fehler  macht  und  genau 
machi,  wo  später  der  Laut  lailt,  dafs  t-r  auslautend  franz.  á  und  / 
früh  ÏU  unterscheiden  vcmiag!  Da  /  >  i^  gegeben  ist  (jiïi'jV).  wäre 
Aspiration  wahrscheinlich,  auch  wenn  sie  nicht  dastünde.  Es  kann 
hier  nur  eine  absichüiche  Lautunlerscheidung  vorliegen.  Graphisch 
allerdings  ist  sie  auffällig,  und  es  verlohnt  sich  sie  einmal  in  dem 
gebotenen  Zusammenhang  zu  betrachten,  dem  mit  Nithards  Schrift 
überhaupt. 

Das  Zeichen  lih  kann  nicht  aus  dem  G  al  lo  fränkischen  stammen, 
das  nur  Ih  kannte;  es  ist  auf  franïôsischera  Boden  völlig  vereinzelt. 
Auch  th  war  schon  im  7.  Jh.  unverstanden;  im  St.  Legier  wird  es 
(vgl.  Rom.  I,  286)  ohne  klare  Absicht  geselzl,  eher  unter  dem  Ein- 
druck, dafs  es  den  Doppellaut  meine,  und  im  12.  Jh.  ist  es  rein 
englisch.  Die  hochdeutschen  Denkmäler  (s,  Braune,  Ahd.  Gramm. 
2.  A.  S.  136)  haben  das  dem  8. — 9.  Jh.  angehörige  lautliche  Zwischen- 
glied nur  teilweise  geschrieben;  die  deutschen  Eide  haben  inter* 
vokalisch  dk  ebenso  wie  die  franEÖsischen  und  wie  überhaupt  die 
deutschen  und  französischen  Eigennamen  in  den  vier  Büchern  Ge- 
schichten trotz  der  im  übrigen  latinisierten  Form,  Der  Kopist,  der 
uns  das  Buch  erhalten  hat,  war  ein  Romane,  nach  verschiedenen 
Anzeigen  ;  1  nach  dem  Zustand  der  Ueberlieferung  in  den  drei 
Sprachen  liegt  zwischen  ihm  und  dem  Original,  wenn  überhaupt 
ein  Zwischenglied,  schwerlich  mehr  als  eines.  Er  übernimmt  die 
dh  da,  wo  sie  ihm  am  aufßlligsten  waren,  in  den  Eiden,  den 
ca.  180  Lodhuuicus  und  Lodharius  (einmal  Ludovicus,  einmal  Lolharius). 
Dabei  zeigt  viermal  in  den  Eiden,  dreimal  im  übrigen  Test  (11,  9. 
IV,  3,  4)  meist  nachträglich  korrigiertes  h  für  dk,  wie  seltsam  ihm  im 
Grund  die  Bezeichnung  war.  Bei  den  isolierteren  Personennamen 
versagt  zum  Teil  seine  Aufmerksamkeit;  der  achtmal  genannte  Adhtl- 
härdus  hat  noch  fünfmal  dh  gegen  dreimal  d,  zwei  Adhilbertut,  ein 
Madhtlgatuius  stehen  gegen  zwei  Adeigahut,  zwei  Fiudualéus,  ein 
Fredericus,  ein  Rodul/us,  während  unverstandenes  edfiitingi  bleibL 
Ebenso  bei  den  Ortsnamen:  CadhtUonensis,  Cadheihnica  [Calaiaum's  — 
Chdlons)  steht  dreimal,  Cadt/entnsis  einmal,  ein  Nordhunuuig,  dagegen 
je  ein  Lauduneasis,  Rodanus,  Spedonna.  Es  ist  mit  Sicherheit  anzu- 
nehmen, dafs  im  Original  hier  überall  dh  stand,  wenn  auch  nicht 
in  den  anders  gearteten  Madasconis,  Milidunttms,  l'iridunensit  (gegen 
Werdhan,  wirdhit),  BiturUas,  Rolomacgnsü.  Fehl  schrei  bung,  als  welche 
man  das  Zeugnis  für  den  franz.  Laut  hat  abstreiten  wollen,  ist 
nirgend  eingetreten,  germ,  ä  bleibt  in  viermaligem  Vodo,  in  Hildi- 
gardis,  Hilduinu!  u.  a.  Ausschlicfslichem  d  für  germ,  ih  in  den 
•baldui,  -fridus,  -nidiiî  (neun  Fälle)  entspricht  deutsch  eid,  gol,  frz. 
çuid,  d.h.  im  Auslaut  wird  d  geschrieben;  im  Anlaut  steht  /  ffir 
nnverschobenes  Ih,   nicht  vom  Kopisten,   da   in  diesem  Punkt  der 


'  Nach   Aldoderensis   für  AuHsiodortnsis   geradwu   ein   Gallier,    vihr- 
■cbeinlich  ebenda,  wo  im  ij.jb.  die  Handschrift  sich  befand,  in  St.  Magloirc 


ALTFRZ.  DH  (8)  IN  ALTENGL.  Ü.  ALTDTSCH.  LEHNWORTEN.       329 

westliche  Einflufs  über  den  Rhein  herüberreicht,  vgl.  Braune  l.  c.  139 
Anm.  9;   in  Kompositen  vor  Konsonant  th\   Mathfridus^  Niihardus, 

Nithards  Muttersprache  war  diejenige  Karls  d.  Gr.,  die  hoch- 
deutsche. Er  verbrachte  seine  Jugend  in  der  Villa  bei  der  Aachener 
Pfalz,  wo  Angilbert  etwas  nach  800  die  Söhnlein  durch  sein  poe- 
tisches Sendschreiben  begrûfsen  läfst,  lebte  dort  jedenfalls,  ebenso 
wie  Berta,  bis  zum  Todesjahr  seines  Vaters  und  des  Kaisers,  und 
wird,  nach  dem  relativen  Alter  Angilberts  und  Bertas  zu  rechnen, 
gegen  Ende  des  8.  Jh.  geboren  sein.  Der  spätere  Wohnort  muíste 
wesentlich  von  den  Besitzungen  abhängen,  jene  der  Berta  lagen 
vorzugsweise  auf  französischem  Gebiet  (Simson,  Jahrb.  Ludwigs 
d.  Frommen  I,  18),  die  des  Sohnes  ebenda,  wie  mit  Bestimmt- 
heit aus  seiner  politischen  Stellung  im  Bruderkampf  zu  erschliefsen 
ist.  Hier  muíste  er  notwendig  auch  das  Französische  erlernen. 
Nithard  war  der  Gesandte  Karls  an  Lothar,  der  offizielle  Ver- 
fechter seiner  Politik,  der  lateinischen  und  der  beiden  Vulgär- 
sprachen mächtig:  in  den  Strafsburger  Heerlagern  fand  sich  kaum 
ein  anderer,  der,  so  wie  er,  befähigt  gewesen  wäre  die  Schwüre 
zu  formulieren.  Ihre  Aufnahme  in  den  lateinischen  Bericht  bleibt 
ungewöhnlich  und  auffallend  (Mise.  Caix  S.  83),  auch  wenn  man 
mit  Rajna  Rom.  XXI,  53  die  momentane  politische  Bedeutung  des 
Wortlauts  betont;  sie  ist  natürlich,  wenn  sie  von  dem  Bericht- 
erstatter abgefafst  waren.  Im  lateinischen,  deutschen  und  franzö- 
sischen Text  ist  eine  deutsch  eigenartige,  französisch  ganz  isolierte 
Orthographie  durchgeführt:  wenn  Nithard  die  Eide  nur  kopierte, 
wäre  diese  schwerlich  in  das  Deutsche,  sicher  nicht  in  das  von 
ihm  sonst  kaum  geschriebene  Französisch  eingedrungen.  Nithard 
ist  also  der  Verfasser  der  Eide. 

Die  scheinbare  Ausnahme  von  der  Schreibregel,  welche  vier- 
maliges fradre  bietet,  während  die  Annahme  gleichlaufender  Ent- 
wicklung von  dr  mit  intervokalischem  d  durch  das  oben  von  Kluge 
erbrachte  ags.  saepenge  (das  mittlere  e  ist  ags.),  entsprechend  franz. 
sarriette^  bestätigt  wird,  ist  leicht  zu  erklären.  Nithard  kannte 
deutsch  </r,  nicht  dkr^  es  ist  also  natürlich,  dais  er  es  nicht  schreibt, 
auch  wenn  er  es  sprechen  gelernt  hatte,  und  auf  dialektische  Er- 
haltung kann  daraus  keinenfalls  geschlossen  werden.  Ueberhaupt 
gestattet  die  Bestimmung  des  Verfassers  keinen  Rückschluis  auf 
den  franz.  Dialekt,  da  wir  nicht  wissen,  wo  N.  sein  Französisch 
gelernt  hat  Eine  gewisse  Wahrscheinlichkeit  spricht  für  die  Picardie; 
er  selbst  ist  zwar,  wenn  überhaupt,  erst  am  Schluis  seines  Lebens 
Laienabt  von  St  Riquier  geworden  (s.  Wattenbach,  Geschichtsquellen 
6.  Aufl.  I,  214),  aber  sein  Vater  verwaltete  neben  der  Abtei  den 
ducaius  totius  mariiimae  terrae^  und  Hariulfs  Biographie  versteht 
darunter  (vgl.  dort  III,  9)  die  dem  Kloster  nahe  liegenden  Küsten. 
An  eine  derartige  Stellung  pflegten  sich  auch  Erwerbungen  zu 
knüpfen.  Diese  aber  können  auch  das  Erbe  Hartnids  geworden 
sein.  Berta  war  bei  Noyon  und  Angers  begütert,  der  durch  könig- 
liche Ver^bong  erlangte  Besitz  pflegte  nach  Zufall  zerstreut  zu  sein. 


330 


F.  ELOGE    UND   G.  BAIST, 


Selbst  das  südliche  Burgund  ist  nicht  ganz  ausgeschlossen,  obwS 
dies  wesentlich  zu  Lothar  hielL  Die  Beurteilung  wird  noch  sdiwie- 
riger  als  sie  bisher  erschien:  Nithard  mochte  mit  einer  germanisch 
und  lateinisch  gefärbten  persönlichen  Sprache  um  so  eher  aus- 
kommen, als  noch  keine  Region  und  keine  Stadt  einen  sprach- 
lichen Vorrang  beanspruchen  durfte.  Wir  haben  Germanismen  in 
der  Sprache  selbst,  nicht  nur  solche  des  Schreibers  (vgl.  luletxt 
Schwan,  Zts.  f.  r.  Ph.  XI,  464)  zu  befürchten.  Ein  positives  Resultai 
ergiebl  sich  indessen  eben  aus  dieser  Erwägung:  vol,  pobló,  pois 
meinen  o,  nicht  uo,  ila  der  Deutsche  dieses  sprach  und  schrieb, 
daher  auch  franz.  gesprochen  und  geschrieben  haben  würde,  selbst 
bei  leichler  Differenz  des  Klanges  und  bei  abweichendem  A.ccent. 
Ob  freilich  q  noch  nicht  diphthongiert  war  oder  uo  nach  Labial 
zu  0  reduziert  ist,  bleibt  dahingestellt.  Ebenso  kommen  zu  franz. 
dreil  die  deutschen  nohheiii,  eid,  Itislil  und  warnen,  savir,  podir,^  sit 
als  unvollkommene  Schreibungen  zu  erklären.  Mit  den  anders- 
artigen I  für  p  setzt  N.  nicht  die  umgekehrten  Schreibungen  des 
Merowingerlateins  fori,  denn  sein  Latein  kommt  aus  der  Karls- 
schule,  aber  französisch  steht  er  unter  analoger  Einuirkung,  in,  iad, 
ist  erzeugt  prindrai:  vom  Deutschen  aus  hätten  ihm  drei  verschie- 
dene c  oder  mindestens  zwei  (da  i  bald  darauf  ta  ist)  zur  Ver- 
fügung gestanden,  í  <  a  und  ë-  Die  u  für  ç  in  amur,  dunat  (mm- 
quam  ist  von  vorne  bis  hinten  lateinisch)  lassen  eher  auf  wirkliche 
Qualität  schliefsen,  da  der  Druck  des  Lateinischen  bei  diesem  Laut 
erheblich  schwächer  ist  als  bei  e.  Die  Eigennamen  heifsen  lateinisch 
Lodkarius  und  Lödhuuicus,'^  letzteres  entschieden  traditionell  gegen 
die  allgemeine  deutsche  Aussprache,  deutsch  Ludher  und  Ludhuwig, 
französisch  gekreuzt  und  bedeutungslos  Ludhtr  und  Lodhimig;  za 
beachten  ist  französisches  Fladualdus  II,  10,  III,  3.  Ziemlich  be- 
deutungslos ist  bei  einem  Eingewanderten,  der  vom  Latein  aus 
FraiizÖBisch  gelernt  hat,  die  von  Meyer  Zts.  XII,  526  hervorgehobene 
Erhallung  des  Endvokals  in  poblo,  nostro  gegenüber  fradre;  senara 
und  fradra  beweisen,  dafs  einfach  vokalisches  r,  bzw.  vokatïsches  / 
gemeint  ist. 

Während  primär  oder  sekundär  gedehnte  /  und  d  {soudain) 
sich  erhalten,  ^llt  die  inlautende  und  auslautende  einfache  Den- 
tale, nach  Suchier  (Reimpredigl  XXI  fi.,  Grundrifs  581)  in  der  ersten 
Hälfte  des  12.  Jh.,  wäJirend  andere  den  Prozefs  schon  im  aus- 
gehenden II.  beginnen  lassen,  so  Paris  Rom.  XI,  401  und  Es- 
traits'  15,  Neumann  Zts,  XIV,  563.  Dafs  die  Nonnannen  1066  den 
Inlaut  noch  sprachen,  erhellt  schon  aus  der  insmerhin  beträcht- 
lichen Ausdehnung,  in  welcher  sich  die  angelsächsische  Schreibung 


I  Deaten  dorthin,  wo  viir,  seir  tu  Hause  ist. 

'  Das  deutsche  Ludwig  setit  eine  Form  klulhu,  nicht  hlolha  vorans, 
Ludhtr  Ut  mhä.  ebi'nso  Luther;  die  Vorliebe  fai  ('  and  u  im  deulscbea  Text. 
von  welcher  Schwan  Zts.  XI,  464  spricht,  kann  ich  dort  nicbt  naden.  Die 
merowingisch«D  Autoren  und  Urliuitdeo  hnben  unverkennbir  C/llclacharJus  etc. 
mil  Tenuis  neben  Chlodovtut  etc,  mil  Media.    Eine»  der  vielen  Namenrätsel. 


ALTFRZ.  DH  (8)  IN  ALTENGL.  Ü.  ALTDTSCH.  LEHNWORTEN.       33 1 

th  hier  festsetzen  und  bis  zur  Mitte  des  12.  Jh.  erhalten  konnte 
(Alexius,  Brandan,  die  Glossen  Jhb.  XVII,  43,  Cambridger  Psalter, 
im  Oxf.  Ps.  zwei  /ä,  im  Computus  Arundel  zwei  thy  ein  Ö;  />  oder  Ö 
in  den  Aelfrikglossen  Zts.  X,  297};  entsprechend  ist  in  den  Glossen 
Raschis,  der  1105  starb,  das  d  erhalten  (Rom.  I,  156),  wobei  frei- 
lich die  Einbeziehung  noch  etwas  älteren  Materials  zu  berücksich- 
tigen ist  Einmaliges  cruel  im  St  Legier  nebst  korrigiertem  Oste^d^un 
wird  noch  nicht  als  Zeichen  des  begmnenden  Ausfalls  zu  betrachten 
sein  ;  im  Domesdaybook  ist  er  so  häufig  —  mehr  als  das  Doppelte 
der  Zts.  VIII,  360  verzeichneten  Fälle  wäre  anzumerken  —  dafs  er 
als  Lautregel  zu  betrachten  ist;  regelmäfsig  dort  auch  Rolland ^  ein- 
mal Roric.  Entsprechend  läfst  um  1200^  der  festländische  süd- 
westliche oder  südliche  Schreiber  des  Hohenliedes  ebenso  oft  d 
weg  als  er  es  einsetzt,  bei  vollständiger  Verwirrung  im  Auslaut; 
auch  für  ihn  ist  bei  Berücksichtigung  des  starken  Drucks  der 
Ueberlieferung,  unter  welcher  er  stand,  völliges  Verstummen  anzu- 
nehmen. Die  direkt  oder  indirekt  in  den  Beginn  des  12.  Jh.  zu- 
rückreichende anglonormannische  Schreibertradition  wie  die  Reime 
Philipps  de  Thaun  (Mall,  Computus  S.  80)  berechtigen  zum  selben 
Schlufs:  die  d  wie  die  ih  sind  antiquarische  Ware,  die  höchstens 
in  der  Kirche  noch  halb  lautete.  Es  zeigt  sich  das  auch  darin, 
dafs  (in  den  von  Roeth,  Hall.  Diss.  82,  zusammengestellten  wie  in 
den  von  ihm  nicht  einbezogenen  Quellen)  sich  keinerlei  Einwirkung 
der  Umgebung  auf  den  Ausfall  feststellen  läfst  Obwohl  diese  ge- 
rade bei  den  Dentalen  eine  schwache  ist,  dürfte  die  Artikulation 
sich  zuerst  zwischen  identischen  oder  fast  identischen  Vokalen  ver- 
schliffen  haben,  wie  in  espedhe,  medhesmei  und  so  rasch  der  weitere 
Verfall  vor  sich  gegangen  sein  mag,  würde  das  bei  Schreibern,  die 
im  Anfang  der  Bewegung  stünden,  noch  zu  bemerken  sein.  Damit 
berührt  sich  im  Südosten  /rare,  crollet^  esctuyr^  espaa  des  Alexander- 
fragments, noch  etwas  südlicher  in  einer  Urkunde  aus  dem  Ende 
des  II.  Jh.  Aam,  Oalrtc,  cwaa  etc.  (aber  Peire,  Freirics),  s.  Meyer, 
Alexandre  11,84  ^^^  ^9*  1166  hat  der  Ausfall  die  Normandie 
noch  nicht  erreicht,  um  1200  ist  er  überall  vollzogen,  und  er  mufs, 
bei  der  gewaltigen  Ausdehnung,  im  Rückland  der  Normandie  be- 
deutend früher  begonnen  haben,  wahrscheinlich  noch  vor  der  Mitte 
des  II.  Jh. 

Auslautende  Dentalis  (abgesehen  von  den  proklitischen  Wört- 
chen) besteht  in  den  frühesten  Denkmälern.  Doch  hat  neben  arde 
tost,  das  durch  den  identischen  Anlaut  genügend  erklärt  ist,  die 
Eulalia  perdesse  sa,  und  da  far  den  Schreiber  z  und  s  zweierlei 
sind,  liegt  hier  entweder  ein  Anzeichen  des  Ausfalls  vor  Kons,  über- 
haupt vor,  und  zwar  gerade  vor  einem  Konsonanten,  bei  dem  die 
Aussprache  nicht  die  geringste  Schwierigkeit  machte,  oder  ein 
Schreibfehler.     In  der  Jonaspredigt  ist   die  Lesung  chérie  in  Z.  29 


^  P.  Meyer  und  neustens  Scham  (Rom.  Jhsb.  I,  675)  stellen  ihn  noch  ins 
II.  Jh.,  andere  (vgl.  Koschwitz,  Kommentar  S.  170)  ins  erste  Viertel  des  la. 


332  F.  KLOGE   UND   G.  BAIST, 

nach  dem  Zustand  der  Zeile,  wie  sie  die  Photographie  aeìgt,  ganz 
unsicher  zu  nennen;  _/"»  co  in  32'  ist  ziemlich  deutlich,  würde  sich 
aber  erklären  wie  oben  arde  tost,  ¡ -\- li  =^  ç.  Sicher  ist  \^  fu  ttíhi, 
dabei  aber  zu  beachten,  daTs  dem  Geistlichen  auch  sonst  noch  ein- 
zelne  Buchstaben  unter  den  Tisch  gerallen  sind.  Der  proveozalische 
Schreiber  des  St  Legier  hat  in  seiner  Vorlage  das  ihm  &emde  fud 
jedenfalls  vorgefunden;  im  Lambspringer  Alexius  ist  der  Auslaut 
noch  ausnahmslos  geschrieben.  Im  Anglonormannischen  bieten  eine 
Anzahl  von  Schreibungen  mit  Ih  Brandan,  Cambridger  Psalter,  auch 
zwei  die  A-Hs.  des  Computus,  eine  S  und  eine  die  Aelfrikgiossen; 
keine  der  Alexius  gegenüber  40  inlautenden.  Im  Domesdaj'book 
meint  ¡k  nur  /,  ebenso  wie  ch  =^  c  steht.  Elision  bei  unbetontem  -li 
findet  sich  im  Rolandslied  in  20  unter  60  Fällen  (cf.  Rom.  III,  39Q), 
während  sie  der  Karlsreise  wahrscheinlich  ganz  fremd  ist.  Zahl- 
reiche umgekehrte  Schreibungen  im  Hohenlied  sichern  Abfall  auch 
unter  dem  Ton  und  nach  Konsonant,  daneben  steht  dort  metrisch 
mindestens  Hial.  Das  Domesdayb.  verhält  sich  gegen  Abwurf  im 
Auslaut  entschieden  ablehnend  (unbeL  -et  fehlt},  einige  sichere  -n 
für  -nd  mögen  dorther  stammen,  wo  zu  nd'>  n  vor  Verschlufslaut 
auch  noch  nil>-n  vor  r  hinzukam,  begünstigt  durch  die  flexivische 
Analogie  Colebram  —  Colebran  ^  aitz  —  an,  arpem  —  arpen.  Uebef 
das  Verhältnis  des  einfachen  Auslauts  ium  Ton  und  zum  folgenden 
Anlaut  geben  die  Schreiber  keine  Auskunft,  -Ih  sowohl  als  -d  und  -I 
erscheinen  von  der  persönlichen  Tradition  bestimmt.  Der  vollstän- 
dige Mangel  auslautender  tk  im  Alexius  spricht  für  Verschiedenheil 
vom  Inlaut  und  vergleicht  sich  mit  dem  Verhallen  Nithards,  wie 
mit  dem  des  Domesdajbook ;  die  Tendenz  auf  Erhaltung  des  Hìals 
in  Philipps  Computus  (10  gegen  3)  neben  seiner  sicheren  Aus- 
sprache -ê  und  -/,  steht  in  nur  unwesentlichem  Gegensatz  zur 
stärkeren  Elision  im  Roland  und  dem  sicher  noch  ins  II. Jh.  eu 
setzenden  Gormond  et  Isembatl:  besonders  die  beiden  letztge- 
nannten verhindern  einen  erheblichen  Zeitunterschied  zwischen  dem 
Schwund  von  Inlaut  und  .\uslaut  anzunehmen  und  drangen  damit 
auf  die  Annahme  eines  unmittelbaren  Zusammenhanges  hin,  ebenso 
wie  die  Identität  der  Bezeichnung  in  den  obgeuannlen  anglonor- 
mannischen Handschriften. 

Mall,  Computus  8 iff.  schlofs,  dafs  überall  -/  anzunehmen  sei, 
das  zuerst  nach  e  und  i',  dann  nach  a,  zuletzt  nach  u  gefallen 
wäre;  -Ih  hielt  er  vom  Inlaut  übertragen.  Suchier,  Reimpredigt  XIX 
stellt  zu  der  von  Mail  nur  berührten,  nicht  berücksichtigten  Thal- 
sache, dafs  dreil  nicht  mit  feid  reimt,  die  andere,  dafs  feid  und 
feii,  aber  nicht  drñd  geschrieben  wird,  und  kommt  zu  dem  Ergeb- 
nis, dafs  amalu  >  amado  >  anud  geworden,  während  lat  -/  geblieben 
sei;  es  nel  zuerst  -d,  dann  -//,  ful,  wahrscheinlich  an  letzter  Stelle 
-al.  Die  Sonderstellung  des  lat.  -/  wird  durch  Reime  wie  du', 
partii  begründe!,  die  Schreibungen  o'id  etc.  seien  inkorrekt.  Die 
Fragestellung  ¡st  absichtlich  auf  die  Slimmhaftigkeit  beschränkt,  von 
der  Bedeutung  der  th  abgesehen,  jene  nach  der  Ursache  schliefs- 


ALTFRZ.  J>H  (8)  IN  ALTENGL.  Ü.  ALTDTSCH.  LEHNWORTBN.       333 

lich  unzweifelhafter  Scheidung  von  dui  und  fu  nicht  berührt.  Paris, 
Extraits  de  la  Ch.  de  Rol.  S.  1 5  der  ersten ,  S.  1 6  der  vierten  Aufl. 
fordert  für  das  Gedicht  -(3Î  vor  stimmhaftem  Laut,  -/  vor  stimm- 
losem und  in  pausa,  gesprochen  ungefähr  wie  engl,  ih,  gegenüber 
-/  appuyé.  Unbetont  ^ei  war  zum  Teil  gefallen,  -(5Î  fiel  später,  dann 
unter  etwas  anderen  Bedingungen  nicht  ganz  gleichzeitig  -/.  Sein 
gestütztes  -/  ist  nach  S.  12  zu  beurteilen,  wo  nur  rr  als  Doppel- 
konsonant zugelassen  wird.  £s  sind  das  in  den  Zwischenräumen 
je  eines  Dezenniums  in  fortschreitender,  wenn  auch  im  einzelnen 
nicht  einwandfreier,  doch  jeweilig  auf  der  Höhe  stehender  Formu- 
lierung die  Auffassungen  derjenigen,  die  sich  am  emstlichsten  mit 
dem  Gegenstand  beschäftigt  hatten,  bei  Mall  und  Suchier  unter 
Mitteilung  des  seitdem  nicht  wesentlich  bereicherten  Apparat««,  wäh- 
rend Paris,  entsprechend  dem  Zweck  seines  Schulbüchleins,  nur 
Endergebnisse  ausspricht;  von  seinem  Alexius  S.  97  und  271  datiert 
die  nähere  Untersuchung,  und  schon  dort  S.  98  kam  dabei  auch 
die  vom  Sanskrit  her  alt  bekannte,  trotzdem  nur  sehr  langsam  be- 
griflfene  Satzphonetik  wenigstens  für  ad  —  habei  erstmalig  zur  Er- 
wägung. Für  den  speziellen  festen  Punkt,  das  Rolandslied,  kann 
ich  seine  Anschauungen  nicht  teilen.  Zwischen  unbetont  ^ei  oder  -eih 
und  der  Elision  von  -e  vor  Vokal  stand  Hiat,  notwendig  in  derselben, 
möglich  auch  in  mehreren  Generationen.  Wo  Elision  eintritt,  ist 
unbetont  -/  nur  mehr  traditionell,  nach  dem  thatsächlichen  Gebrauch 
nicht  einmal  Hiatzeichen.  Die  starke  Elision  bezeichnet  entschieden 
einen  vorgeschrittenen  Standpunkt,  der  zumal  im  Vergleich  mit 
dem  Verhalten  des  Computus  durchgängigen  Schwund  im  Aus- 
und  Inlaut  annehmen  läfst.  Um  so  mehr  als  die  Voraussetzung 
früheren  Falls  des  unbetonten  Lauts  in  der  Ueberlieferung  keine 
Stütze  findet,  ebenso  wenig  als  etwa  inlautend  in  der  vorvokalisch 
auslautender  Stellung  accentlich  ungefähr  gleichwertigen  in  bene- 
dir etc. 

Lateinisches  -/  (nach  meiner  mehrfach  ausgesprochenen  Ansicht 
in  unbetonter  Stellung  von  der  betonten  Auslautssilbe  her  restituiert) 
war  in  pausa  unzweifelhaft  tonlos,  das  bedeutet,  da  die  proklitischen 
Wörtchen  nicht  in  Rechnung  zu  ziehen  sind,  mehr  als  ein  Dritteil 
der  Rede.  Dazu  kommt  die  Stellung  vor  stimmlosem  Anlaut  Vor 
stimmhaftem  ist  Assimilation  nicht  durchaus  notwendig;  man  hört 
z.B.,  auch  da  wo  sie  vorvokalisch  sonst  eintritt,  emphatisch  was 
Mi  er  gesagi  neben  was  had  er  gesagij  anlautend  r  und  /  setzen 
nach  Stimmloser  ganz  gewöhnlich  stimmlos  ein.  Frühfranzösisch 
mafsgebend  ist  hier  jedenfalls  -/.  Da  sich  festes  -/  dauernd  davon 
unterscheidet,  mufs  dieses,  da  es  qualitativ  nicht  verschieden  sein 
konnte,  quantitativ  verschieden  gewesen  sein,  also  gedehnt.  Der 
Doppellaut  war  gegeben  erstens  vom  Latein,  aus,  zweitens  bei  Re- 
duktion eines  vorausgehenden  Konsonanten,  einerlei  ob  dieser  den 
vorausgehenden  Vokal  beeinflufst  oder  nicht,  in  deiii  wie  in  souii\ 
inlautend  dd  zuerst   in   cubiiuSy  iepidus,    dann  in  subiianus,  captieHus. 


334  P-  KLÜGB  UND  G.  BAIST,  ALTWff,  DH  Çtf)  BTC. 

Einfaches  inlautendes  /  gelehrter  Worte  schloft  tigb  wahrscheinlich 
an.  Der  Doppellaut  dauerte  nachweislich,  als  ca'^a^  ward»  da  er 
Position  bildet,  und  es  liegt  kein  Beweis  vor,  daft  «c  vor  dem 
II.  Jh.  gekürzt  worden  sei.  Die  einfachste  Auflassung  ist  lielmehr, 
dafs  du/t  blieb,  als  /ui  schwand.  Latein,  nachtoniges  /  der  Par- 
oxytona  ist,  wie  Suchier  richtig  annahm,  d  gewesen,  die  der  End* 
vokal  fiel,  wie  coude  und  chadel  zeigen,  und  ergab  also  im  Satz: 

in  pausa  -</,  vor  stimmhafter  d,  vor  stimmloser  /. 
dagegen  war  lat  -/: 

in  pausa  /,  vor  stimmhafter  d  und  /,  vor  stimmloser  /. 

Die  partielle  Gleichheit  in  stimmhafter  Stellung  muíste  in  dieser 
rasch  vollständige  herbeiführen,  weiterhin  aber  umgekehrt  bewirken, 
dafs  in  pausa  durch  die  in  gewöhnlicher  Rede  etwa  doppelt  hau* 
figeren  -/  die  -d  verdrängt  wurden.  Die  wenig  zahlreichen  latei- 
nischen intervokalischen  d  im  französ.  Auslaut  werden  sich  den  -/- 
angeschlossen  haben,  auch  wenn  hier,  wie  oben  vermutet  wurde, 
vorfiranzösisch  die  Aussprache  dh  gegeben  war:  der  Nominativ  grez 
entsprach  ^atus^  der  Obliquus  folgte. 

Dafs  schliefslich  der  Abfall  der  -/  von  der  Stellung  vor  Kon- 
sonant ausgegangen  sei,  wird  durch  die  Fortdauer  der  gedornten 
Dentalen  unwahrscheinlich  gemacht.  Die  -M  aber  konnten  sich 
auch  nicht  von  der  Stellung  vor  Vokal  und  etwa  vor  Liquiden  ans 
verallgemeinem,  da  jene  erheblich  in  der  Minderzahl  war.  Wir 
müssen  vielmehr  annehmen,  dafs  die  feim'ninen  "dh^  die  Maskulin- 
formen beeinflufsten,  trotz  der  Gegenwirkung  des  Nominativs,  und 
dafs  von  hier  aus  der  Auslaut  überhaupt  ins  Wanken  geriet  Diese 
Einwirkung  begann  vor  dem  Schwund  des  intervokalischen  Lautes, 
vollendete  sich  erst  nach  ihm:  Den  Andeutungen,  welche  uns  die 
Schreibertradilion  gewährt,  entspricht  am  besten  die  Annahme,  dafs 
um  1066  -/  zum  Teil  noch  bestand,  zu  Ende  des  11.  Jh.  -/  und 
-/^  gefallen  sind. 

Die  von  Kluge  erbrachten  germanischen  Belege  bestätigen  fur 
den  Inlaut  in  unwidersprechlicher  Weise  das  Zeugnis  der  Eide  und 
zeigen  für  die  Zeit  der  Normanneneroberung  die  starke  Ausdehnung 
von  '/h.  Die  bedeutend  älteren  swob  und  Cundop  dagegen  dürften 
aus  der  Suffìxangleichung  zu  erklären  sein;  denn  es  ist  zwar  nicht 
uimiöglich,  aber  doch  nicht  recht  wahrscheinlich,  dafs  die  -/  des 
Alexius  rein  graphisch  sind.  Das  entgegenstehende  t5  in  *paravrâio 
halte  ich  aus  anderweitigen  Gründen  für  byzantinisch,  das  franzö& 
Wort  für  deutsch  vermittelt. 

G.  Batst. 


Die  SoJBSze  aoous,  ioous,  ooous,  uous  (aoous)  im  Bomanisolien. 

(Za  Ztschr.  19,  171.) 

£s  sollen  hier  zunächst  Nachträge  gegeben  werden,  wobei 
neben  dem  Französischen  auch  die  andern  romanischen  Sprachen, 
insbesondere  das  Italienische  Berücksichtigung  fìnden.  Zum  Schlufs 
soll  der  Versuch  gemacht  werden,  den  Ursprung  und  die  weitere 
Geschichte  jener  Suffixe  aufzuhellend 

Accus, 

Das  Suffix  -accus,  resp.  -acus  (s.  die  Schlufsbemerkungen), 
liegt  vor: 

Im  Italienischen:  Qbdccola  ,cibo  vile,  cosa  senza  pregio'. 
Trabacca,  -^lcco  ,Zelt,  Baracke',  schon  von  Diez  II "^  v.  tref  von  lat 
trabs  abgeleitet,  (zf^rna^^a  neben  guarnaccia,  afr.  garnache  ,Ueber- 
rock',  vgl.  Diez  I  v.  guarnire.  Saracco  ,HandsägeS  also  deminutiv 
wie  span,  serrucho  =  serrucculum  —  sardin.  serracu,  s.  Körting 
V.  serra.  Bushacco,  saccone,  saccheria  ,Schelm,  Betrüger',  zu  busbo, 
busbino.  Pillaccola  ,cacherelli  delle  capre  che  restano  attorno  al 
pelame',  pillaccata  ,cosa  di  poca  importanza',  pillàcchera  »machia  di 
fango',  calabr.  pilaccu  ,fango,  melma',  s.  Körting  v.  pila.  Lucch. 
piildccoro  ,sfìlacciatura  delle  vesti'  und  piláccora  »giovine  sciatta  e 
sudicia'  (vgl.  franz.  un  joli  brin  de  fille)  Archiv,  glott.  it  KU  131, 
úd^,  pilaccuni  SiOQX^i^  xana  pilaccunusu  ^s\}\o%\ì&\  von  pîlus.  Pisciaci 
chira  =  piscialetto,  bambino.  Altbergamaskisch ,  venez. ,  mailând. 
tiracca  ,Sehne,  Nerv,  Hosenträger,  u.  s.  w.*  von  tirare,  Abruzz.  aU' 
manacche  (von  an  im  a  li  a)  ,animalaccio,  balordo,  allocco^  Altbergam. 
sügaco  ,sudario,  fazzoletto'.  Gen.  bûxaccu  ,taube  Nufs',  zu  ,bugio', 
s.  Mussafia,  Zur  Kunde  d.  Nordital.  Mundart  v.  buso.  Lucch.  don^ 
nàccoro  ,donnino'  Arch.  gl.  it.  XII  131;  Petrocchi  und  Fanfani  geben 
donnacchera  ,donnuccia,    detto  per  dispregio'    und   donnaccola  ,don- 

*  Ocfters  dtierte  Werke  sind  :  P.  Aretin's  Comödien,  die  vier  ersten  nach 
der  Ausgabe  von  1588  (ohne  Angabe  des  Druckortes),  die  fÜDÍte  (Il  Filosofo) 
nach  der  Ansg.  der  Biblioteca  classica  economica,  Milano  1877.  —  £.  Hübner, 
Monumenta  IJnguae  Ibericae,  Berlin  1893.  —  Lettere  di  Calmo,  ed.  V.  Rossi, 
Torino  1888.  —  £.  Lorck,  Altbergama^scbe  Sprachdenkmäler,  Halle  1893. 
—  J.  Zimmerli,  Die  Deatsdi-Firanzösische  Sprachgrenze  in  der  Schweiz,  2.  Teil, 
Basel  1895.  —  Italienische  Wertformen  ohne  nâefe  Quellenangabe  sind  den 
Wörterbndiem  von  Fanlani,  Petrocchi,  Tommaieo  entnommen.  —  Mit  abruzz., 
calabr.,  sard.,  sicil.,  venez,  wild  «tf  àie  WiSfftMMdMr  von  Flntmore  (Vocab. 
dell'  nso  abmzieie,  a.  AnA,  Gtttà  d&  CÉgfW"  Sono»  Pasqua- 

lino, Boerìo  TerwicMn. 


336  A.  HORNING, 

nuccia  vile  e  trista'-  Buciacehera  ,buccia  che  ciondola', 
hängende  Rinde'.  Mtlacchmo  (vino)  ,che  ha  sapore  di  mele'.  Zam- 
bracca  ,Hure',  von  zambra  (camera),  das  nach  Jeanroy  Rom.  24,  466 
ein  Lehnwort  aus  dem  Limusinischen,  der  Sprache  der  Troubadours, 
ist;  zur  Bedeutung  vergleiche  man  den  Ausdruck  ,in  Kammern  and 
Unzucht'  der  Luther'schen  Bibelübersetzung,  Römer  13,  v.  13.  Die 
mit  -accus  gebildeten  Ableitungen  bezeichnen  m'cht  nur  das  Prìnu- 
tivum  als  verkleinert  oder  verschlechtert,  sondern  beseichnen  auch 
Wesen,  die  durch  das  Frimitivum  in  unvorteilhafter  Weise  beein- 
ñufst  sind  oder  in  ungünstiger  Beziehung  zu  demselben  stehen:  so 
noch  lunacone  Aretino,  Filosofo  IV,  8  S.  351  ,mondsüchtig',  pigiona- 
colo  , Mieter,  Mietsmann',  zu  pigione,  und  vielleicht  sard.  Urncu 
.Sklave',  von  terra  (s.  Spano  und  Arch.  gl.  it.  13,  123).  Saidin. 
Btuddcca,  bucciacca  ,saccoccia,  tasca',  zu  buscia,  borsa,  borsello,  sp. 
burjaca.  Calabr.  f\)rchiaeca  .porcellana'  mit  Sufñxwechsel.  MotUuone, 
zu  matto,  auch  in  den  Abmxzen.  Venez.  Busdcola,  zu  busa,  buseta, 
„piccola  buca".  Parpagnace,  bei  Calmo,  Gloss,,  .specie  di  focada' 
(auch  bei  Boerio);  vgl.  pagnotta  ,un  piccolo  pane*.  Picríndco,  -dcolo 
, Zwerg*,  zu  piccino.  Abruzz.  vumtnacd  neben  vumecá  .vomitare", 
vummacose  .ributtante',  s.  Finamore  v.  vomeche;  abruzz.  sbtHdraea, 
sbundracá  ,sventrare  i  polli';  abruz.  vermetiachc  f.  ,mal  dei  bachi', 
.l'insieme  dei  vermi'.' 

Dafs  in  fratacchiott€  {neben  frataccio),  brulacchiollo  (neben  bru- 
taccio),  muHaccàioni  (neben  maltacanc),  paMSocehíoan  (neben  pazzaccione). 
pretacckime,  furbacchiotlo,  bolacchiola  (dim.  dispr.  zu  bota  .stupida. 
sciocca')  -occhi-  nicht  -aculum,  sondern  -accum -|-ulum  ist,  er- 
giebt  sich  aus  der  Bedeutung  dieser  Bildungen:  nur  hat  in  -acekio- 
die  Verschmelzung  beider  Suffixe  früh  staitge funden,  während  die- 
selben in  püdceola,  donndccoia,  u.  s.  w.  getrennt  geblieben  sind.  Das 
Adjekt.  durauhiont  ist  in  ähnlicher  Weise  aus  -ac(c)um  +  uluni 
entstanden:  durada  giebt  Tommaseo  mit  der  Bemerkung,  dafs  m 
der  Umgegend  von  Neapel  duraca  üblich  sei;  abruzz.  serrdchir  m. 
.piccola  sega'  (in  der  Diebessprache)  kommt  von  dem  oben  er- 
wähnten saracco. 

Accus  liegt  noch  vor:  im  Portugiesischen  buraco,  apg,_/i(- 
raco,  asmrisch  furaco  ,Loch'  zu  furacar,  furar  und  tavàco  .Hobel- 
span', cavaeàr  , Hollhauen'  (zu  cana  f.  ,das  Behauen,  Behacken"). 

Vielleicht  im  Rumänischen  gtnsäc,  das  neben  g¡nsóc  auch 
von  Tiktin,  Ztschr.  ig,  ißy  bezeugt  ist;  nach  Diez  ist  das  Suffix 
unlateinisch,  indessen  ist  die  Existenz  einer  slavischen  Endung  -<ik 
noch  kein  ausreichender  Beweis  für  diese  Annahme.  In  Betracht 
kotmnt  noch  rum.  spande  .Spinat',  sofern  es  nicht  im't  Devic  vom 
persischen  aspanakh  abzuleiten  ist:  franz.  ipinachc  (neben  épinoche) 
Ztschr.  19,  182,  sp.  espinaca,  cat.  espinac  führen  auf  spîna-|-accum. 

>  Dazu  kommen  noch  die  Ztäcbr,  19,  18z  A.  besprocheiicD  biacca  vai 
Lvsignacca  auA  mastacco.  -accent  .^iissoccio',  sok-m  dasselbe  mit  masticare 
zusammenbSngt.  ^-  yannaccane  heifsl  der  Verfasset  eines  Artikels  in  der 
MuoTB  Antologia  vom  15.  Juli  1S95;  Pelrdccah  steht  Zischr.  20, 17,  Z.  17. 


SUFFIX  ACCUS,  ICCÜS,  OCCüS,  UCüS  (üCCUS)  IM  ROBfAN.         337 

Das  Rätische  (s.  Pallioppi,  Dizion.  dels  Idioms  Romaimtsch) 
hat  mazzaam  »eine  Kriegswaife,  der  Morgensterns  zu  mazza  f.  »Streit- 
kolben, Keule*  und  fundach  ,  Bodensatz  S  it  fondaccio. 

Im  Altprovençalischen:  buzac  (zu  fr.  buse)  ,6ussard,  Weihe*, 
verächtlich  »schlechter  als  Habicht  oder  Sperber*,  huzacador  ,einer 
der  mit  Bussarden  jagt*  (s.  Bertrán  de  Born,  ed.  Stimming,  in  der 
Rom.  Bibliothek  S.  175.  184  und  Levy,  Provençalisches  Supplement- 
wörterbuch, der  auch  buzoc  giebt).  Botacais  ,Backenauf blasen*  zu 
botar  ,die  Backen  aufblasen*  (s.  Levy  s.  v.).  Im  Neuprovençalischen 
(s.  Mistral):  hrumáco  f.  ,brouée,  bruine*  zu  brumo  ,brouée,  bruine, 
brouillard*. 

Im  Französischen:  bei  Godefroy:  Potdache  m.  junges  Pferd. 
A.  Ledieu,  Patois  picard  de  Démuin,  giebt  fummaquer  ,  fumer 
beaucoup*  und  housaquére  ,femme  malpropre*;  letzteres  beweist,  dafs 
lothr.  hozèque  (s.  Ztschr.  iq,  183)  mit  -accus  zusammengesetzt  ist; 
epönaiS  in  der  Nordschweiz  (s.  Schindler,  Mundart  von  Sometan 
S.  53),  wo  -acea  -^isse,  -aticum  -adz  ist,  kann  nur  spinacca  sein. 
Brisaque  ,  brise -tout*  geben  auch  (s.  Ztschr.  19,  182)  Adam,  Patois 
Lorrains  und  Ledieu.  t 

E  ecus. 

G.  Michaelis  de  Vasconcellos  bemerkt  Ztschr.  16,  72  A.  2,  dafs 
im  Portugiesischen  die  Endung  -ecOf  'cco  dem  Stammworte  immer 
einen  humoristischen  oder  satyrischen  Beigeschmack  gebe,  so  in 
padr-eca  , Rabenvater*,  pil-eca  , Schindmähre*,  son^eca  , Schläfchen', 
foih-eca  ,Schneeflocke*.  Diese  Bedeutung  pafst  vortrefflich  zu  der 
scherzhaften,  kosenden,  ironischen,  die  den  verwandten  Suffìxen 
-accus,  -iccus,  -occus,  -uccus  eigen  ist,  und  mufs  die  etwa 
noch  vorhandenen  Zweifel  an  der  Existenz  eines  Suffixes  -eccus 
zerstreuen.  Eben  dort  wird  sp.  hahieca  mit  vollem  Rechte  von  baba 
,Geiferschaum*  abgeleitet.  Wenn  sp.  port,  -eco^  ^eca  und  beam,  -¿f, 
f.  "èqtu  (s.  Ztschr.  19,  183)  -eccus  fordem,  so  scheint 

das  Italienische  ein  SufSx  -ecus  zu  besitzen.  Zu  ver- 
gleichen ist  Storm's  Artikel  über  cerhoneca.  Arch.  gl.  it  IV  389,  in 
dem  erwähnt  werden:  cerbonfia^  ,verdorbener  Wein*,  von  acerb o- 
nem  (nach  Storm  von  acerbönica);  moccica  m.  ,Rotznase,  Ein- 
faltspinsel* zu  moccio;  spízz^a  (bei  Diez  irrtümlich  spfzzeca  betont) 
,Knicker*,  zu  spizzicare  ,gustare  a  piccoli  saggi*.  Storm  bemerkt, 
dafs  ,tutti  questi  derivati  in  -¿ca  fanno  da  soprannomi  di  disprezzo*; 
die  weibliche  Endung  sei  in  dieser  Funktion  charakteristisch  (vgl. 
sp.  port,  babieca,  padreca,  baboca  u. s.  w.).  Zu  den  Belegen,  die 
Storm    giebt,    kommen    noch    hinzu:    mov^ca    ,baggeo,    scioccone*, 


^  Der  Name  Rolachon  im  Murtener  Steuerrodel  von  1428  bei  Zimmerli 
S.  28,  Z.  16  ist  wohl  Weiterbildung  zu  häufigem  Rolin,  Rolet, 

^  Nach  Storm  wäre  dieses  -eca  »il  latino  -leus  romanizzato,  cioè  accen- 
tato' —  eine  Erklärung,  die  abgelehnt  werden  muís,  besonders  aus  dem  Grunde, 
weil  augenscheinlich  ein  Zusammenhang  zwischen  jenem  -eca  and  den  Suff, 
•accus,   -iccus,   -occus  besteht 

Zeitachr.  t  rom.  PhiL  XX.  22 


338  A.  HOKNING, 

gleichsam  , lento  a  moversi';  moriiifctt,  appellalivo  injurioso;  e&fca 
,baggeo,  sciocco';  paslfco  m.  ,cosa  sciocca  e  grossolana'.  Die  beiden 
letzten  Worter  kommen  wohl  von  ciho  und  pasta:  die  Ausdrücke 
fur  schlechte,  un  schmackhafte  Speisen  dienen  Kur  Bezeichnung  des 
Abgeschmackten.  Man  vergleiche  paslocchia  .dummes  Zeug*,  pattaceio 
jTölpel,  Dummkopf,  pasioecfiiala  ,cosa  sciocca',  (erbonea  (Nebeníoim 
zu  cerboneca)  .Narren streich'. 

Neben  -/co'  kommt  im  Italienischen  auch  -fcco  vor;  dottortcia 
.dottoressa'  Aretino,  Filosofo  1,  3;  io  imbavcccâto  (wohl  der  Gefoppte, 
Geprellte)  ibid.  IV,  2;  cilecca  ,befíe'  (ramenta  celia,  sagt  Tommaseo); 
lucches.  donneccoro  .donnajolo';  bustcecora  .pettorina'  neben  batucara 
,chi  ha  bazza,  gran  mento',  finicora  ,cosa,  fina  e  sottile',  pìoggeeora 
.pioggerella'  (Archiv,  glott.  it.  Xll  171);  sardin.  slramheccu  .strambo'; 
Bardili,  pidrécca,  pitiuriua  (auch  pitterácca),  ptttorecca  .muro  d¡  cinta 
di  un  podere'  (bei  Spano  und  Arch.  gl.  it,  13,  122),  von  pectus, 
pector  +  ecca,  vgl.  das  deutsche  .Brustwehr*;  das  von  Storm  Le 
erwähnte  mailänd.  buzztcca,  piem.  buseea  ,budellame'  (vgl.  it.  busecchia 
und  Diez  I  v.  bozza);  Dante's  Giudtcta  Infern.  34,  117,  eine  Ad- 
jektivbildung zu  Giuda,  la  ¡pera  Gtudfcca  ,die  Sphäre  des  Judas', 
die  Endung  ist  auch  hier  pejorativ.i 

Auf  Schwierigkeiten  stöfst  man  bei  dem  Versuche,  die  Quan- 
tität des  e  zu  bestimmen:  Fur  den  offenen  Laut  spricht:  sp.  babuca 
mit  Diphthongierung  des  gedeckten  e;  feruer  die  Angabe  Faiifani's, 
der  sämtliche  Wörter  auf  -tea  mit  f  schnibl  ;  dabei  ¡st  auflällig, 
dafs  sich  im  Italienischen  keine  Spur  der  Diphthongierung  dieses  e 
zeigt;  vielleicht  gab  es  neben  den  Bildungen  auf  tea  solche  auf 
-cc-,  welche  die  ersten  beeinflursten  und  die  Diphthongierung  hin- 
derten; so  kommt  neben  dem  gewöhnlichen  aîfca  cibecche  vor. 
Aretino.  Ipocrite  V,  7.  Endlich  läfst  sich  für  den  offenen  Laut 
noch  die  Erwägung  geltend  machen,  dafs  -eccus  eine  Parallel- 
bildung zu  -occus  zu  sein  scheint,  dessen  0  sicher  ofTen  ist;  frei- 
lich wird  man  diesem  Argumente  kein  allzu  grorses  Gewicht  bei- 
legen, wenn  man  bedenkt,  dafs  neben  -yCtus  -eltus  steht  Ander- 
seits schreibt  Fanfani,  Vocab.  della  Pronunzia  toscana.  fanfaìHto 
.atto  fimciullesco  e  smorfioso'  und  cilécca  mit  geschlossenem  e;  za 
venez.  mo/Jca  (auch  bei  Calmo)  .granchio  marino  nella  stagione  in 
cui  cambia  il  sguscio',  von  laL  mollis,  bemerkt  Boerio,  dafs  es 
.coll  e  serrata'  gesprochen  werde.  Möglicherweise  hat  es  also  neben 
-fCCo  ein  -ÇCCO  gegeben. ^ 

'  It.  liifco  iShl  sieht  nicht  mit  Diez  ohne  wntcres  von  obltqaa«  ab- 
leiten; allzu  künstlich  ist  die  vnn  D'Ovidio,  Gtundrifs  I  50S  gegebene  Er- 
klStung  aus  einem  übrigens  nnbezeuglen  hlacsius;  wabtacheinlich  bt  obli- 
quas unter  Einwiikiing  des  pejorativen  Sul^xea  -ecus  zu  bifco  geworden. 
In  Ihnlicher  Weise  ist  solttcco,  ¡olUcehi  (s.  Diez  II')  .verstohlener  Weite 
ans  sol^  ecchie,  venez,  sotúchio  abgeändert. 

*  Ob  das  TOD  Tommaseo  gegebene  Gtudeeca  ,isola  della  cittk  dì  Veoeiii 
et  contrada  di  Ferrara'  arsprünglich  .Juden  vier  tel'  bedeutet  habe,  vermag  ich 
nicht  zu  entscheiden. 

*  Sind  it.  iuiiccAüi,  bustcckio.  die  Fanfani  mit  f  schreibt,  au  dem  oben 


SOFFIX  ACCUS,  ICCUS,  OCCUS,  UCOS  (UCCUS)  IM  ROMAN.         339 

Giebt  man  die  Berechtigung  zii,  ein  romanisches  Suffix  -¿cus 
anzusetzen,  so  liegt  es  nahe,  dasselbe  auch  in  den  spanischen  Bil- 
dungen wie  andariego,  mugeriego  anzuerkennen.  Für  dieses  -iego 
nehmen  Diez  und  Meyer-Lübke  iberische  Herkunft  an,  ohne  in- 
dessen Beweise  für  diese  Annahme  beizubringen.  Comu  Grund- 
rirs  I  yzo  leitet  galega,  -a  von  Gallaecus  ab  und  findet  das  Suffix 
-accus  in  Lamego,  Mondego,  borrigo,  mnh(go  wieder.  Hübner  leitet 
S,  CXXI  in  ansprechender  Weise  den  sp.  Eigennamen  Pacheco  von 
inschriftlichem  Paciaecusi  ab;  dazu  ist  indessen  zu  bemerken, 
dafs  sp.  'ico  -aeccus  voraussetzt,  damit  also  für  -¡'fgo  nichts  ge- 
wonnen ist.  Selbst  mit  dem  Nachweise  eines  iberischen  Suffixes 
-accus  wäre  die  Sache  noch  nicht  entschieden,  da  das  romanische 
-accus  (-acus)  mit  dem  keltischen  -acura  keineswegs  identisch 
ist,  ebensowenig  roman.  -îccus  mit  gallischem  -Iccura. 

Zu  Gunsten  der  Annahme,  dafs  sp,  -iego,  port  -ego  das  oben 
besprochene  -f'cus  sei,  spricht  zunächst  die  Bedeutung  des  sp.  Suf- 
fixes; es  scheint  dem  Worte  jenen  humo  ristisch -sa  tjTisch  en,  pejora- 
tiven Beigeschmack  zu  geben,  den  nach  C.  Michaelis  de  Vascon- 
cellos  (s.  oben  S.  337)  pon.  /¡adreca,  soiieca,  u.  s.  w.  hat:  andariego 
ist  ein  .Pflastertreter,  H  eru  m  Streicher*  ;  mugeriego  ,ein  Mensch,  der 
den  Frauen  nachstellt*;  paniego  .ein  gjofser  Brotesser';  veraniego 
,einer,  der  die  Sommerhitze  nicht  vertragen  kann ,  sommermatl'  ; 
noekamiego  , nächtlich,  auch  trübsinnig,  menschenscheu';  esperiego 
(zu  asper)  ,wilder  Apfelbaum';  astur.  (3.  Rato  y  Hevia,  Palabras  y 
frases  Bables,  Madrid  iSgil/a.varii'^«  (zu  páxaru  =  pájaro)  ,el  que 
sin  fijarse  habla  y  anda  de  un  lado  para  otro',  also  , flatterhaft' ; 
casariegu  ,el  amigo  de  la  casa  y  de  sos  menesteres'  (=  frz.  casanier). 
Zweitens  spricht  zu  Gunsten  der  Ansicht,  dafs  -iego  -^cus  sei,  die 
Art  und  Weise,  auf  welche  die  spanischen  Wörter  gebildet  sind: 
mugeriego  deckt  sich  genau  mit  bearn,  hemiilc  (s.  Lespy  und  Ray- 
mond, Dictionnaire  Béarnais)  ,qu¡  recherche  les  femmes';  mit  anda- 
riego vergleiche  man  beam,  eslourric  .schiapñ-ig*,  von  eslourra  .glei- 
ten'; mit  veraniego  beam.  Ink  .mondsüchtig'  und  trufte,  f.  trujìque 
.Spotter*,  zu  trufe  , Spott';  wie  die  S.  336  besprochenen  Wörter  auf 
-accus  bezeichnen  die  Ableitungen  mugeriego.  veraniego  denjenigen, 
der  durch  das  Primitivum  in  unvorteilhafter  Weise  beeinHufst  ist 
oder  in  ungünstiger  Beziehung  zu  demselben  steht  In  einigen 
Fällen  scheint  eine  Verwechslung  von  -iego  mit  ^ego  -Iciis  stattge- 
funden zu  haben,  so  in  cristianiego  neben  cristianego. 

Für  das  Rätische  ist  -ec(c)us  von  Ascoli,  Arch.  gl.  it.  7.  499  A. 
nachgewiesen;  dazu  bei  Palliopi  barbecha  , Flechte  an  den  Baum- 
E  we  igen  '. 

Eine  Berichtigung  erfordert  das,  was  Ztschr.  19,  183  über  das 

iösische  chcvlche  gesagt  ist:  das  v  des  altprovenç.  cacee  (s.  Levy, 


erwäbnicD  butucca  ■\- 
geschlossen I 

'  Der  Name  k: 


zusaramepgesetit,  so  würde  auch  tur  jenes  bvaecea 
sein,   vgl.  Pacius,  Psccins  Arcb.  gl.it.g,  415. 


340 


A.  HORNING, 


Provenç.  Supplcmentwôrterbucti),  das  neuprov.  cavico  lehrt,  daTs  an 
Zusammenhang  mit  caput  nidit  zu  denken  ist:  das  Wort  komml 
von  demselben  Substrat,  auf  welches  frz.  choiutte  zurückgeführt  wird: 
die  Endung  -hhe  könnte  allerdings  auch  -isca  sein  (vgl.  altprov. 
cavesca  ,Kauz'  bei  Levy),  doch  bleibt  -eccus  für  das  neuprov.  tavtco 
gesichert.  Dasselbe  Sufñx  scheint  voriuliegen  in  irtintkt  f.  (bei 
Godefroy)  .traîne,  espèce  de  fJet'  (vgl.  temuche,  trenuche  .espèce 
de  chiendent'  Ztschr.  19, 180  A.  3),  die  Form  mufs  pikard.  sein;  ist 
das  betonte  t  aus  a  entstanden,   so  liegt   ein  Beleg  für  das  Suffix 


Im  Italienischen  liegt  -iccus,  -icca  vor  in  folgenden  Per- 
sonennamen: Giaiutiixo*,  Name  einer  der  handelnden  Personen  in 
Aretino's  Marescalco;  Bealrkca,  Koseform  zu  Beatrice,  Aretino, 
Cortegiana,  Act  III,  Sc.  6,  S.  85  V,  Z.  2  (die  Ausgabe  der  Biblioteca 
classica  schreibt  S.  114,  Z.  21  Beatricicca)  ;  la  signora  Marlieea  (eu 
Martha)  ibid.,  ActV,  Sc.  17  (in  der  Ausgabe  der  Bibl.  class.  Sc  18), 
S.  laor,  Z.  Ó;  Anichino'^  und  Âitichin  in  Boccaccio's  Decamerone 
VII,  7  passim  und  in  den  Briefen  Calmo's  (Anichin  Carangolo) 
S.  160,  Z.  14  V.  u.  ist  wohl  Kurzform  zu  Gianniccc.  Dasselbe  Suffix 
liegt  vor  in  Zanichelli,  dem  Namen  einer  bekannten  Buchhandlung 
in  Bologna  (vgl.  damit  Zani,  Zanino,  Zanoto,  Zanardeiii,  u.  s.  w,  zu 
Johannes)  und  Zanicoili?  Nach  Spano,  Ortografia  Sarda  I  S.  50 
,1a  desinenza  in  icu  è  esclusiva  ai  nomi  vezzeggiativi  proprii  d'  uomo, 
Pìriiu  .Pietrino',  Anlonicu  ,Anlonio',  Johanniat  .Giovannino'  e  molti 
altri,'*  -Iccus  hegt  vor  in  den  Appellativen:  Marlinicea  ,Hemm- 
scbuh',  icongegno  per  frenare  i  carrozzi  alla  scesa';  man  vergleiche 
damit  martincllo  ,WÌnde  zum  Spannen'  und  bei  Godefroy  fra.  mar- 
tinet ,engin  à  contre-poids,  propre  à  lancer  de  grosses  pierres*;  im 
Sardinischen  bezeichnet  martiniaa  den  jAfTen';  vgl,  wallon,  marliktf 
,A£Fe'  Ztschr.  18,  257.  Pasticai  und  posticce.  Deiainutiva  zu  pasta. 
Trabiccolo  ,Art  Gestell,  Wäsche  zu  trocknen*,  von  trabem;  vgl. 
unter  -accus  irabáccolo.  Murmicca  ,Tôlpel,  Gimpel'  (neben  wor- 
trifca,  s,  oben  unter  -eccus);  aufserdem  kommt  noch  ein  mormic<a 
[=  micco)  .Affe'  vor,  das  an  sp.  mormo  , Mandrill,  Affe',  ital.  mor- 
mone ,sorta  di  diavolo'  erinnert.  Orirhlcco  ,Baumharz'  ist  vielleicht 
Deminutivum  zu  orichalco,^    also  gleichsam  ,  Messingslabchen',    das 

'  In   den    AbruzicD    bezeichnet    Giaurticehc   sm.   fam.  e   per    isch.   den 

"  Damit  identisch  ist  aHÌchia  , fantoccio',  bei  Citmo,  Glossar;  der  HersDi- 
geber  will  darin  das  riamos,  mannequin  sehen:  vielmehr  natiuie  man  diï 
Puppe  .Hänschen'. 

*  Das  Wort  findet  sich  in  dnem  ,rút  divers'  aus  Paris  in  der  Strab- 
burger  Posi  des  14.  September  1S95,  I.Seile,  3.  Spalle. 

*  Auch  in  Appellaliven,  satilite  .divotello';  dasselbe  Wort  iat  in  Veglia, 
Arch.  gl.  it.  9,  iSl,  santdica  (}  ^  à)  .santissimo',  womit  ii.  sanlotchio,  sp.  ja«- 
lucho  ta  vergleichen  sind. 

'  leb  glanbe,  diese  EiklSrung  schon  irgendwo  gelesen  zu  haben,  doch 
lunn  ich  mich  nicht  mehr  enuionen,  wo, 


SUFFIX  ACCUS,  ICCüS,  OCCÜS,  UCÜS  (UCCUS)  IM  ROMAN.         34 1 

Gemeinsame  wäre  die  gelbe  Farbe.  ^  Mit  dem  deminutiven  SuiBxe 
gebildet  sind  die  Verba  scalficcare  (zu  scalfìre,  s.  Diez  II*)  ,stacchare 
poco  a  poco  qualche  parte  di  checchessia'  und  calabr.  gatticcá 
»maniera  di  scacciar  via  il  gatto',  s.  Scerbo,  Glossar.^ 

Auf  ein  Suffix  -leus  mit  gleichfalls  deminutiver  Bedeutung 
geht  zurück  mollica  (mit  betontem  1)  , Brosame,  Krumme*,  von 
mollis,  dazu  molliccico,  molicone^  mollicume  (ein  Verbum  mollicare 
fehlt);  calab.  munddica  ,briciolino*;  abruz.  mijiche  ,mollica,  midolla 
del  pane*,  adj.  mujicôse^  demin.  mijichelle  f.  ,micolino';  man  vergleiche 
damit  bei  Petrocchi  miccichino  ,miccinino*.  In  abruz.  vennericule 
,Wiederverkäuferin*,  mericulcy  muricola  ,  Maulbeerbaum  und  Maul- 
beere* (zu  m  or  um),  curricule  ,barroncíno*  und  wohl  auch  redicule 
,cosa  da  nulla*  (zu  rem)  ist  -îcus  mit  spät  angefügtem  -ulus  zu 
erkennen;  lat  -ïculus  wäre  zu  -ijjiy  -icche  ge worden. ^  Folgende 
Wörter  sind  für  -îcus  weniger  beweisend,  da  möglicherweise  vor 
dem  Tone  eine  Vereinfachung  der  beiden  -¿"f-  eingetreten  ist: 
Panicona  ,veste  da  camera*  und  panichina  ,donna  di  cattivo  nome* 
(auch  bei  Fanfani),  zu  pannus:  beide  werden  als  scherzhafte  Be- 
nennungen bezeichnet,  was  zur  Bedeutung  des  Suffixes  -i(c)cus  sehr 
gut  pafst;  man  vergleiche  lyonn.  panöussi  ,torchon,  personne  molle, 
sans  énergie*  und  afr.  panosse  ,FIexe*.  Pazzicone  ,pazzerello*.  Barbi" 
cone  ,grossa  barba  maèstra,  fittone*  und  barbicala  ,ceppo  d'albero 
con  tutte  le  barbe  attaccate*.  Sassicheta,  ^eto  neben  sasseto.  Andere 
wie  barbicohy  bollicola  mögen  gelehrt  sein.  Erwähnung  verdienen 
noch  (s.  Lettere  di  Calmo,  Gloss.)  nordital.  bolzeghirty  Dem.  zu  bolza 
(Börse)  und  dolceghin^  dolceghineio  zu  dolce  (vgl.  domenighina  und 
boresin  »venticello*,  coresin  ,coricino*);  e  kann  durch  Dissimilation 
aus  i  entstanden  sein. 

Ein  interessantes  Deminutiv  auf  ^iccia  ist  pauriccia  zu  paura 
(nach  Valentini  eine  voce  bassa). 

Im  Französischen  kommen  an  Personennamen  hinzu:  Lori" 
chon  (bei  Vapereau)  und  Loriquet  (bei  Sachs  und  Larousse),  Deminutive 
zu  Laurent  (vgl.  Loriche  Ztschr.  19,  171);  afr.  loricart  (s.  Godefroy) 
bedeutet  ,fanfaron,  guilleret,  qui  fait  le  galant*;  dazu  ein  Verbum 
loricarder  ,flâner,  muser,  traîner  çà  et  là*  ;  der  Name  Laurent  mufs 
typisch  geworden  sein  für  einen  prahlerischen,  selbstgefälligen 
Menschen;  in  ähnlicher  Weise  ist  nach  Godefroy  Jeninot,  Jenin, 
Jehannot,  Jehan  gleichbedeutend  mit  sot,  niais,  cocu,  Jaquet  mit 
sycophante,  bouffon;  une  Jeanneton  ist  bei  Lafontaine  eine  ,facilis 
puella*,  u.  s.  w.  ;  die  Endung  "icari  liegt  noch  vor  in  (Marie)  Hiri" 
cart,    dem   Familiennamen   der   Frau   Lafontaine's.     Lobrichon   (bei 


*  Mit  -ice US  gebildet  sind  wohl  auch  abruz.  ùchicche  m.  per  isch. 
»personcina  piccola'  zu  liche  fam.  »piccin,  piccino',  niche,  nicche  »picólo*  zu 
nïende  »niente*  und  palicche  m.  »stecchino»  stuzzicadenti*  zu  palus. 

'  Mit  'tcC'  sind  Wühl  auch  gebildet  sic.  diavulicchio  (=  diavoletto)»  duU 
turlcchio  (dottore)  und  doliccicare.   Dem.  zu  dolere,  neben  dolicchiare. 

•  Graticola  »Rost*  gehört  vielleicht  ebenfalls  hierher.  —  Moccico,  briccica 
sind  nach  Meyer-Lûbke,  R.  G.  II  455  postverbal  nach  moccicare,  briccicare. 


34*  A.  HORNIKG, 

Vapereau)  ist  wohl  Deminutiv  zu  Aubry  mît  aggtuüniertera  Aidkd 

(vgl,  Landrìche  =^  André).  Wenn  Rìquel  (à  la  houppel,  wie  Schelec 
vermutet,  mit  Aiberic,  Aubtron  zusammenhängt,  so  kann  es  nur 
(^/Äi)r+icc  +  et[us  sein.  (Madame)  Colliehon,  zu  CÌj/iV^i;  (Nicolas) 
in  den  Chansons  Normandes  aus  einer  Hs.  des  i6.  Jahrli.  in  Vaint 
de  Vire  d'Olivier  Basselin,  pubi.  p.  Jacob,  1858,  S.  224,  Z.  3.  Das 
femin.  Ci>/ji"Aí  begegnet  nur  als  Kuhname'  in  Zola's  Terre  S.  4  und 
passim  (auch  in  Sachs  Supplém.).  Allgemein  übUch,  auch  in  Paris, 
scheint  Ninkhe  (Demin.  zu  Annette,  Jeannette)  zu  sein.  Niniche 
ist  der  Titel  einer  dreiakligen  Vaudeville -Opérette  von  BouUard. 
Rijbiqaet\  Demin.  zu  Roben,  bei  Vapereau  und  in  Zola's  Terre 
S.  100.  VahqutI  (Demin.  zu  valet)  bei  Eust.  Deschamps,  ed.  Queux 
de  SL  Hilaire,  Bd.  6,  S.  54,  Z.  25.  HcnriqutI  (vgl.  damit  Henriol) 
in  einer  Anzeige  der  Station  thermale  von  Vichy  (Elsassisches  Sonn- 
tagsblatt vom  7.  Juli  1895  S.215)  und  in  der  Revue  Chrétienne  vom 
I.Januar  1894  S.  5Ó.3  (Aymonet)  Amiquei  in  dem  Freiburger  Steuer- 
rodel von  137g,  bei  Zimmerli  S,  98,  2.  Spalte,  Z.  11.  Besondere  Be- 
achtung verdient  der  Name  des  Dichters  Walnqur/  (aus  Couvin), 
weil  derselbe  in  den  Texten  mit  Waireqiiin  wechselt.  Scheter,  der 
den  Namen  richtig  als  ein  Deminutiv  des  deutschen  Walter  (fra. 
Gauthier)  erklärt,  meint  (Dits  de  Watriquet  de  Couvin,  Bruxelles 
1868,  p.  XI)  ,(]ue  la  finale  -quin  du  suffixe  germanique  -quin  se 
francise  généralement  en  -quel  ou  -col;  de  là  Walrtquin  Wa/riqiui, 
Piercot  pour  Pierrequin,  Raniquet  pour  Ranekin  (zu  Renaat  oder 
Renier)'.  Scheler  sagt  nicht,  woher  das  i  io  Waln'quet  slammL 
Seine  Erklärung  hat  übrigens  zur  Voraussetzung,  dafs  es  im  Fran- 
zösischen ein  Deminutivsuffix  -ice-  gegeben  habe.  Wahrscheinlicher 
ist  mir,  dafs  jenes  -tquin  nicht  deutsch,  sondern  romanisch  ist; 
'¡quin  wurde  nach  bekanntem  Lautgesetze  zu  -equin,  (Fierro)  Gilli- 
kin  kommt  in  dem  Freiburger  Rodel  von  1445  vor,  s.  Zimmerli 
S.  105,  Z.  16,  wozu  bemerkt  wird,  dafs  der  Name  noch  beute  im 
Waadtlande  vorkomme.*  Bonnardot,  Etudes  Romanes  dédiées  à 
G.  Paris,  bildet  S.  373,  Z.  I  i  poliquel  ,Töpfcheii';  zu  ,pol'  gehört  auch 
poliche. 

Für  die  Ztschr.  19,  172  erwähnten  Fersonennamen  wie  Calisieu, 
Andrissou  finden  sich  auch  Belege  in  Rousselol's  Patois  de  Celle- 
frouin  Rev.  d.  PGall.  Rom.  5,  12  [384];  Jantstou  (Jeaiuiet),  Gatistna 
(petite  Agathe),  Marissou  (petite  Marie);  -ou  ist  ^  frz.  -on?  Im 
Osten  findet  sich  Ptrisson,  Pcrrissona  (zu  Pierre)  im  Freiburger 
Stcuerrodel  von  1379,  s.  Zimmerli  S.  97.  99.  101  und  passim.   Diese 


'  Herr  Lichtenberger,  Professor  an  der  Faculté  des  Lettres  îd  Pitík, 
teilt  mir  mit,  dars  er  io  Biarritz  einen  Esel  Cotiche  mieti  hörte. 

'  Aus  Sadicc  +  spät  angerügtem  -it,  vgl.  sp.  Mariquita. 

'  FuUiquit  hejbt  ein  Professor  in  Lyon  (vgl.  die  Revac  Cbrétieon«  vom 
I.  April  1893). 

'  Mamiquin  (=  [nanncquin,  Korb)  hat  jBubert. 

'  Aehnlicli  gebildet  sind  it.  Guidiccioni  und  Baidicciiine,  Kominia  \t. 
S96,  Z.  5;  mit  letzlcrtm  vergleiche  man  in..  Bodechon. 


SUFFIX  ACCUS,  ICCLS,  OCCU5,  UCl'S  (üCCUS)  IM  ROMAN.  34J 

Bildang  auf  -isson  ist  wohl  identisch  mit  der  altlrz.  auf  -tfon  in 
Roheçon.^  AuffäUig  ist  freilich  e  statt  i;  könnte  nicht  Anbildung 
an  die  Namen  auf  -tguin  staltgefunden  haben?  ,Watrequet'  hätte 
man  nicht  gesagt,  um  nicht  zwei  c  auf  einander  folgen  zu  lassen.  — 
An  Appellativen  auf  -issouti  finden  sich  bei  Mistral  goutissou  .Tröpf- 
chen' s,  V,  goutihoun  und  bei  Roüsselot  I.  I.  crapissou  ,klcine  Kröte*. 
An  Appellativen  auf  -ühe,  -ichon  sind  nachzutragen:  Bei  Gode- 
froy;  moinichon  .Mönchlein',  pouUchoti^  , Füllen',  und  im  Complément 
baudìchoit  ,pelit  baudet'  (zwei  Belege  aus  dem  l6.  Jahrh.};  cam'chon 
.Entchen'  ist  im  Dictionnaire  général  aus  dem  Jahre  1611  belegt. 
Fräulein  Marguerite  Berlioux,  aus  Versailles,  teilte  mir  mit,  dafs 
eine  ihrer  Mitschülerinnen  den  Spitznamen  Tordühon  führte,  weil 
sie  bei  jeder  Gelegenheit  sagle  c'est  tordkhon^  (so  viel  als  .c'est 
tordant'  ,'s  ist  zum  Wälzen').  Frl.  Bt-rlioux  ist  auch  der  Ausdruck 
hebkhim  (bébé)  sehr  geläufig.  Pâlichon  m.  ,Null-Pasch  im  Domino' 
(nach  Sachs)  ist  wotil  dasselbe  Wort  wie  pâlichon  .bleich'.  Gonichon 
.Kappe  des  Zuckerhutes'  (s,  Littré)  mufs  alt  sein,  da  es  von  längst 
nicht  mehr  üblichem  afr.  gone  abgeleitet  ist.  Falicol  .kleiner  Fisch- 
zaun  mit  Thflr*  ist  Deminutiv  zu  palis  .Verschlufs  bildende  Pfahl- 
reihe' (Sachs).  Verniqiul  heifst  eine  Strafse  in  Paris;  es  ist  dies 
wohl  Demin.  zu  afr.  veme  ,Erle';  Vernes,  Vernier.  Vernet  sind  als 
Familiennamen  bekannt  Mit  dem  Suffix  -icc-  sind  wohl  auch  ge. 
bildet  die  beiden  Verba  (bei  Godefroy)  aplanichier  .caresser  de  la 
main'  und  escobichier  .escamoter,  enlever  avec  adresse'  zu  escobaier 
.glisser',  escober  .échapper*,  (en)  escobert  (en  cachette).  Lardicke 
(bei  Sachs)  .Kohlmeise'  neben  lardenne,  lardelle,  bei  Littré  larderon 
.petite  mésange  bleue',  forez,  lardichi  bei  Mistral  v.  lardiéro.  Gode- 
froy hat  coe/ficher  .ouvrier  qui  fait  des  coiffes'  (dasselbe  was  coifier). 
daneben  coi/fichier  .sorte  de  coiffe  {?)',  in  dem  Ausdrucke  .ourler 
mes  coeffichiers'  (bezeichnet  das  Wort  nicht  vielmehr  eine  Tasche, 
ein  Säckchen,  um  die  coiffes  aufzubewahren?):  coi/ßchier  ¡st  m.  E. 
von  *coi/ficht  abgeleitet,  einem  Deminutiv  von  coifft.  Im  Morvan 
ist  Ioniche  eine  .interjection  familiäre  aux  femmes,  variante  adoucie 
de  tonnerre,  considéré  comme  juron'  (Chambure),  in  Montbéliard 
tonitche;  dafs  diese  Erklärung  richtig  und  -icht  auch  hier  das  De- 
minutivsuffix -iccus  ist,  erhellt  aus  der  Nebenform  ionneült,  eben- 
falls  ein  Deminutiv   zu   tonnerre.     Zu  boUguts  vgl.  boiliuqtut   unter 


'  O.  Paris  niEint  Romania  34, 607.  dafs  Jíobejon  nicht  in  ilicscn  Zu- 
sammeabang  gehöre  (ne  saurait  Eue  tange  ici).  Einstweilen,  bis  Pari»  seine 
Erkianiny  roitgcteill  hat,    halte  ich  an  meinet  Autfassune  fest,    -issoH  =Icc- 

*  Puliiäu  uod  feräou  .Bimchea'  sind  auch  für  CellefrnuiD  bezeugt,  1.  c. 

*  Von  den  bereits  froher  etwähnlen  Wörtern  auf  -ichon  kommen  mehrere 
bd  Zola  ror:  dräUchon  Assommoir  5.  4S1  und  Pot-Bouille  5,l6S;  bennâhan 
Assom.  459.  495  ;  U  mire  Godichon  ib.  4Î0;  maigrichonne  Tene  1S3;  godiche 
fem.  Pol-BoiiiUe  16B.    Ftau  Pfarrer  Roehticli  in  Elbeuf.  eine  geborene  Ftan- 

lösio,  sagl  mit,   dafa  lut  ihr  Sprachgefiihl  Jie  Adjekliva  wie  drSlichon  etwas 
s  haben  i  von  Substantiven  wie  bannichon  gelte  das  otcht. 


344 


A.  HOKNING, 


Oeeus. 

In  den  italienischen  Mundarten  ist  nach  Ascoli,  Arch,  glott  iL 
7,  5g8  Suffix  -öiCD  ein  .derivatore  assai  frequente'.i  Es  werden  dori 
erwähnt:  pfsec^  .pesante',  mail,  pa/oc  .paturnioso*.  venez,  palàeo  .pa- 
tente', boi,  sadéc  .frollo,  cascante',  pann.  arnóc  .barbogio'. 

Es  soll  im  Folgenden  noch  eine  Reihe  Belege  aus  den  íial. 
Mundarten  und  dann  auch  aus  der  Schriftsprache  beigebracht 
werden:  venez,  balaca  .voce  scberíevole.  che  usasi  fam.  per  batti- 
tura', baloea  ist  auch  portugies.;  lomb.  bacoc  ,G  locken  schlage!',  atta. 
bacocca  .Trommel sebi agel'  (zu  it  bacchio);  mail,  bäurisch  éíífoeea  xa 
siña  ,3onnecchiare'  (vgl.  Lorck  S,  2ia.  179);  venez.  pagiiJca  .pane" 
{daneben  pagnota),  sicil.  pagnocca,  -ceni  .piccolo  pane'  (vgl.  bei  Gode- 
froy  panoche);  sie.  paghioccu  , paglia  assai  minuta';  sic.  pîloccu  .fila- 
mento sottilissimo*;  sic  ßoccu  .filo  per  !o  più  spicciato  da  panno 
rotto';  crem,  bugnocca  .Beule'  zu  mail,  bugna,  s.  Diez  I  s.v.;  abruze. 
melóccke  .morchia,  feccia  del  olio',  von  mei  ,Honig'  (nach  der  Farbe); 
abruzz.  babbóche  .avo'  {¡t.  babbo). 

Aus  der  italienischen  Schriftsprache:  Pesoceo  .pesante', 
Aretin.  Filosof.  Ill,  1 1,  8.342,  7..  y,  filastrocca,  -occola  .lungagnata 
di  nomi,  ragioni,  parole'  (vgl.  frz.  défiler,  filière,  enfilade);  merdoixû 
.An  Salbe',  zu  merda;  spiríiocco  .spreg.  zu  spirito'  (s.  Petrocchi); 
pacioccone,  -ona  (^  pacione,  pacifico);  peloco  .calvo'  zu  pitus  (bei 
Calmo,  Gloss.);  criocca  .Bande  von  bösen  Leuten',  vielleicht  ru  cricca; 
aniirocco,  -occola  (schon  bei  Diez);  balocco  ,GÌmpel.  auch  Spielzeug 
für  Kinder',  das  Diez.  Kleinere  Arbeiten  und  Recens,  S.  179  in 
ba-locco  zerlegt,  ist  vielmehr  eine  Ableitung  von  balla,  me  venez. 
haiôco  de  neve  ,pallottola  di  neve',  balacada,  ¿ntbalocar  .far  pallottole 
di  neve'  lehrt;  sic.  badJoccki  ,di  qualunque  cosa  fatta  a  guisa  di 
pallottola';  die  Reihenfolge  der  Bedeutungen  ¡st  also:  Ball,  Spìel- 
ball,  Spielzeug  (Hampelmann),  Gimpel.  Maulaffe.^  Sic.  hiddocculu  .bel- 
loccio', Belhcora  bei  Sercam bi.  Novelle  Inedite,  p.  R.  Renier  S.  246; 
Arch.  gl.  il.  12,  173  palloccoro  .zolla  di  zucchero',  piangioctoro  .pia- 
gnisteo'. Zu  beachten  ist  auch  noch  bacioccolo  ,beckenartiges  Ton- 
werkzeug' und  bacioca  .patera'  in  den  Krfurther  Glossen,  s.  Diei  1 
V.  bacino. 

In  einer  Reihe  von  Bildungen  beruht  -occhio  nicht  auf-ucalum, 
sondern  auf  -occus-J-ulus:  venez. /ratocàio  (^  hai /raldccolo  bd 
Petrocchi);  venez,  sartlochio,  abruzz.  sanduchiare  .bigotto',  bei  Boc- 
caccio saniotdo  (vgl.  auch  sp.  santucho  ^  santucculo):  —  die 
Endung  -üculus   ist  hier   schon  durch  den  Sinn  ausgeschlossen.* 


Ci  rapporta,    sagt  AicoH,    a   quel   derivatole   di   voci   che   or  paiono 

ilive  e  01  dimlnativc,  ma  sod  propriaments  dileggialive. 

Zu  venez,  pesâco  bemerkt  Boerio,  dafs  es  coll  o  laigo  gesprocben  werde. 

Im  ital.  sciocco,  von  exsuccas  [i,  Körting.  Nachträge  jozj),  ist  ttesra 

p  wohl  Beeinllussuag  durch  Suffix  -occus  anzunefameo. 

Nach  d'Ovidio,   Grimdrint  1  51S  hat   die   ganie   Reihe   auT  •aec/uà  = 

m  offenes  p,  pidçcchia,  ginocchio,   dieselbe  soll  sich  çcchie,  lirfteU». 


SUFFIX  ACCUS,  ICCÜS,  OCCÜS,  UCUS  (UCCUS)  IM  ROMAN.  345 

Mit  ital.  mazzocchio  vergleiche  man  venez,  mazzóca,  -ócola^  sic.  maZ" 
zócculu  ^specie  di  martello^  (=  sp.  mazocho  ,Schlägel^  bei  Tolhausen), 
mazzócco  (Petrocchi)  ;  mit  ital.  pinnocchiata  ptgnoca  (bei  Calmo),  venez. 
pignocadüy  sic.  pignuccaia,  Aehnlich  gebildet  sind  noch:  batòcchio^ 
gredn.  batqtl,  s.  Gartner,  Gredner  Mundart  S.  1 4  (vgl.  venez,  batoca)  ; 
pastòcchia,  pastocchione\   infinocchiare  ,be trügen*  (vgl.  íxz,  finoche). 

Im  Portugiesischen  (vgl.  Reinhardtstoettner's  Grammatik): 
dorminhoco  ,schläfrig*;  bichar ôco  ,grofser  Wurm,  ekelerregendes  Tier* 
(auch  bicharía)  ;  bichoca  f.  kleines  Blutgeschwür,  bichoco  m.  vulg.  kleine 
Kinderkrankheit;  beiçoca  fam.  dicke  Lippe  (zu  beiça,  beiço);  beijôca 
burl.  Schmatz,  lauter  Kufs,  beijocár  ,oft  küssen*;  moçoco  (Demin.  zu 
moco);  cavoucar  (zu  cavare)  in  den  Steinbrüchen  arbeiten,  Subst 
cavouco;  dazu  die  schon  erwähnten  baíóca,  babócaA  Unser  Suffix 
liegt  auch  vor  in  folgenden  Koseformen  von  Taufnamen,  die 
H.  Schuchardt  Ztschr.  12,  317  aus  dem  Kapverdischen  beibringt: 
Belôca  (=  Isabel,  vgl.  sp.  Bélica)  und  Doca  (Theodora),  wo  -^ca  an 
Stelle  von  -ora  getreten  ist 

Im  Spanischen  milocha  ,Papierdrache',  cat  miloca  , Windvogel, 
Papierdrache*,  s.  Körting  v.  mi  Ivi  us;  sp.  pelartucas  f.  ,Spinnweib' 
, Lohnspinnerei*  zu  pelar  ,ausraufen,  rupfen*. 

Im  Rätoromanischen  (vgl.  Pallioppi's  Dizionari  dels  Idioms 
Romauntschs)  :  manuocha  f.  gröfserer  (mit  der  Hand  geformter)  Käse; 
paluoch  m.  ,Pflock*  (zu  palus);  balìoch  ,kleines  Fuder  Heu*;  bajocca, 
sbajocca  m.  f.  ,Schwätzer,  -in*,  zu  baja  ,Geschwätz,  Plauderei*.^  Vgl. 
auch  Ascoli,  Arch,  glott  it  7,  500. 

Im  Altprovcnçalischen:  badoc,  badoca  , niais,  sot'  zu  ba- 
dare, s.  Raynouard  und  Roman.  Forschungen  4,  437. 

Im  Französischen  zu  den  Personennamen  auf  -oche-,  Ninoche 
(s.  oben  Niniche)  fand  ich  zweimal  in  illustrierten  Blättern  als  Name 
von  Damen  der  Halbwelt:  In  La  Chronique  Amusante,  Grand  Journal 
Illustré  International  (Jeudi  25  Avril  1895  S.  6  „je  ne  comprends  pas 
que  Ninoche  reste  avec  ce  crétin  d'Abel**)  und  im  Supplément  Illustré 
des  Journal  pour  tous  (Mercredi  5  Juin  1 895  S.  5  „permettez-moi  de 
vous  présenter  Mlle  Ninochi^'),  In  der  Chronique  Amusante  (30  Mai 
1895  S.  i)  heifst  eine  junge  Dame  Totoche  (les  pneu  à  Toioche),  als 
Femin.  zu  dem  bekannten  Toto.  Fannoche  kommt  als  Nebenform 
zu  Fanny  vor,   wie  mir  von   Frau  E.  Roehrich  in  Elbeuf  und  von 


rocchio   aogeschlüssen   haben;    einfacher  ist  die  Annahme,   die  Reihe  -^chio 
=  occus  +  ulus  habe  die  Reihe  -occhio  =  üculnm  beinfluCst. 

^  Eine  Ableitung  anf  -occens  ist  ptg.  caläoca  ,kraftlosc,  dünne  Brühe' 
(i^l.  caldaça,  calducho). 

'  Das  Rätische  besitzt  zahlreiche,  echt  volkstümliche  Bildungen  auf  -ó»  : 
tremblö*  ,Zittem',  sgrifflöz  »Gekrätz*,  barbuiöz,  barbaron  ,UnterkinnS  bütschöz 
»Russerei,  Gelecke';  •oc(c)cium  wäre  zu  -otsch  geworden,  während  -öz  auf 
-  o  ti  um  weist;  ein  derartiges  Substrat  läfst  sich  nur  gewinnen  durch  die  An- 
nahme, dais  -ottus  zu  -ottius  erweitert  wurde;  culiez  erklärt  Ascoli  Arch, 
gl«  it  7^520  aus  collocjo  oder  collotjo. 


346  A.  UOKNIKG, 

Herrn  Professor  E.  Lichtenberger  mitgeteilt  wird.  Fiiimbochc  \ 
der  Held  eines  iSgj  in  Paris  erschienenen  Romans  (vgl.  damit  Le 
Tambour-Major  Flambnrdin  von  J.  Lemaire  bei  Dtlagrave,  1895). 
Nach  dem  Diciionoaire  Général  ist  Guilloche  (zu  Guillaume)  seit  dem 
Ende  des  15.  Jahrh.  nachgewiesen.  Pignochard  ist  ¡m  Journal  Amu- 
sant vom  22.  Juni  1895  der  Name  eines  schlechten  Malers  (vgl 
nonn.  pignocard  ,qui  mange  brin  à  brin").  In  Cehefrouin  RdPGR 
5,  [383)  Pinoèou,  le  petit  de  Pinas  (=  la  petite  Pinaud). 

Aus  Godefiroy:  binoquitr^  (zu  biner,  binoii,  instrument  aratoire); 
miUoque  f.  millet,  bouillie  de  millet  ;  cabrioehe  .petite  chèvre*  ;  pimpiother 
.s'altifer'  (vgl.  dort  pimprmelU  f.  .futilité'):  Littré  s.  v.  pimpant  hat 
pimpelocher,  Sachs  pimprtìocher;  ptndeloche  .membre  viril',  bei  Litlré 
pendeloque,  bei  Cotgrave  pendiloche,  bei  Chambure  pendrillon; 
pmgocfier  .peigner*  wohl  dasselbe  wie  pignocher;  apinocher  .s'arrèler 
aux  bagatelles',  dazu  espinoche  und  espi'naeke;  garoehier,  warequiir 
.garrotter';  vigneche  ,cwaom\\W;  /alivûcki,  s.  fallevuche  xaxiex -mccus; 
marroche  ,dim.  de  marre,  pioche',  marrochon  .petit  instrument  de 
jardinage';  amanocquier  .garnir  de  gouttières',  amanoquemcnl  .action 
de  garnir  de  gouttières'  (vielleicht  hatte  die  Dachrinne  an  ihrem 
Ende  die  Form  einer  Hand);  mamqiie  .petite  maison,  cabane,  sorte 
de  bateau;  manoquel  (de  buffet)  vielleicht  .Handhabe';  clavmtht  .clou 
d'ornement';  balleuque  f.  .enceinte  extérieure,  banlieue'  (wohl  pikard., 
tu  ^  gedeckt,  a  auch  ostlothring.).  vieil,  zu  baile;  (im  Complém.) 
verloquer  .mettre  un  tonneau  en  état  de  servir*,  zu  vertir  (tourner).' 

Aus  anderen  Quellen:  Aus  Zola:  flanochtr  Assommoir  191; 
palotkes  (zu  patte  .Zeugstreifu')  ib.  40g,  pitoche  (il  fallait  le  voir  (le 
vieux)  toujours  en  petoche  autour  d'elle)  ib.  472.  caloquei  (de  ve- 
lours), zu  cale  (calotte),  vgl.  caluehot  .mauvais  bonnet'  (Ztschr.  ig.  iSo), 
ib.  472.  491  ;  è/filoquer.  Böte  humaine  32.  Epinochi  ,6pinard'.  Patois 
de  Jons  (Isère),  RdPhilol.  franc,  et  proven«;.  ^,  230.  Pinochet  (bei 
Littré)  ,chevil!es  que  les  tonneliers  mettent  pour  retenir  les  cercles 
du  jable',  nach  der  Korm  der  Zapfen.  Bidoche  (vgl.  Ztschr.  19,  178  A.) 
bezeichnet,  wie  mir  Frau  Roehrich  mitteilt,  in  dem  argot  der  Me- 
diciner  das  dem  Studenten  zum  Secieren  zugewiesene  Stück  eÌDer 
Leiche.  Lyones.  lokehes  .galoches'  (zu  talon).  Ira  Dictionnaire  Gé- 
néral ist  V.  bimbelotier  (qui  fabrique  des  bi(m)belots)  auch  binalo- 
quier  aus  dem  Jahre  1680  verzeichnet.  L0Ú11.  aimairocAi  .scabieuse 
des  champs'  bei  Adam,  Patois  Lorrains  S.  2ä8  und  norm,  amcui- 
roque  f.  (bei  Fleuiy,  Patois  de  !a  Hague)  ,nom  vulgaire  du  chrj'- 
santhemum  leucanthemum  et  de  l'anthemis  arvensis.  plantes  tré« 
ameres'  ist  von  amarus  abgeleitet,  Riocher  (zu  rire)  hat  Litlré 
V.  riotter  aus  Saint-Simon.  Barocker  (argot  der  Maler)  .scbmieren, 
kleksen'  (bei  Sachs),    vieil,  von  barrer.     In  Celiefrouin  I.  c.  vinoim. 


'  Dasselbe  Woit  igt  vielleicht  bHaquer  .umpHägen'  (Sacht). 

•  Ableitungen  auf  -oeeeus  sind  afr.  (Godefroy)  barboce  .masque*  (nelioi 
barbote),  prov.  {a.  Mistial)  cambroussa  .bouge,  cambuse',  lyon.  ckambaíii  e 
.chamba*  Bein. 


SUFFIX  ACCUS,  ICCUS,  OCCDS, 


S  (üCCüs)  IM  ROMAN.        347 

,fils  qui  se  trouvent  dans  cer- 


zu    vinos    ,  petit  vin',  fihsou, 
tains  légumes'. 

Ùcus,   b'ccus. 

Im  Italienischen  giebt  es  eine  grofse  Zahl  Bildungen  auf 
-acolo;  diese  Endung  tritt  an  Bezeichnungen  von  Personen  und 
Sachen,  an  Substantiva  und  Adjeltiiva:  frahicoh,  prttucoh,  patsttcolo, 
Uggürurolo;  sie  ist  nicht  blofs  deminutiv,  sondern  auch  pejorativ. 
Nach  Diez  RGr.^  II  313  hat  ,bajue-o!a  {von  bajuca)  zu  dessen  Ein- 
führung verleitet,  indem  man  es  für  baj-ucola  vom  gleichbed.  baja 
nahm".  Auch  wenn  man  die  Richtigkeit  dieser  Erklärung  zugiebt, 
wird  man  auf  ein  Suffix  -Qcus  geführt,  da  bajuca  nach  Diez  1  von 
baja  abgeleitet  ist:  -ucolo  verhält  sich  zu  -uco  wie  -aecolo  in  cibáceoh 
und  -kcoio  in  trabiccolo  zu  -ateo  und  -Ìccb.  Bis  auf  die  eigenartige 
Behandlung  von  -oio  '  deckt  sich  mit  der  italienischen  Endung  die 
spanische  -ujo,  blandujo"^  {mit  sp.  Maruja,  Caíuja^  vgl.  man  it.  Gian- 
mico/ú*);  die  sp.  Fonnen  können  nicht  nach  agii/'a  gebildet  sein, 
wie  Meyer-Lübke  RGr,  II  469  vermutet,  weil  diese  Erklärung  för 
das  Italienische  nicht  pafsL  Es  gab  \'ielmehr  in  beiden  Sprachen 
ein  deminut.  und  pejorat.  Suffix  -ucus,  mit  welchem  acucula  und 
aatrOcus  (asp.  malas/rugo)  gebildet  sind.  Ueber  -ucus  im  Ital. 
Span.  Portug.  ist  noch  Meyer-Lübke  1.  c.  S.  456  zu  vergleichen,  wo 
indessen  -ucus  nicht  als  deminut.  Suffis  anerkannt  wird. 

Es  fragt  sich  nun,  ob  das  Italienische  neben  -ucus*  auch 
-nccus  kennt.  In  einigen  Wörtern  bemerkt  man  ein  Schwanken 
zwischen  c  und  cc:  Petrocchi  und  Tommaseo  geben  piagttiicolarc, 
während  Salvioni,  Dialett.  d.  Milan.  S,  235  zweimal  piagmucolare 
druckt;  íiJjííío/ií  {Petrocchi),  casuccola  (Tomm.  und  d'Ovidio  Arch.  gl. 
it.  13,  361  A.  i);  pelruccola  (Petrocchi  und  Tomm.)  neben  pelrucola; 
nach  Tommaseo  kommt  neben  genlucola  auch  gmluca  vor,  andere 
lesen  gtntueca  und  die  Crusca  habe  ginitucht. 

Auf  -uccus  weisen:  ahiazz.  ammarrucc/iiie  .chiuso  in  se,  taci- 
turno, raggruppato,  dtsch.  verbittert',  von  amarus;  ammazsuccá 
.battere  il  lino  o  la  canape  col  mazzapicchio',  auch  sard,  masssuccare 
und  amm-  ,baltere';  sard,  «m mflMiíCf ai' .palpeggiare,  toccar  colle  mani'; 
sard.  ÈQciuccare    ,baciare    frequ  en  temente'    (bei    Spano  s.  v.  basare); 


'  Io  rivcndligliola  ist,  wie  es  stheint,  ■ucola  m  -uglia  ccwonlen.  dann 
neuerttiiigs  -01*1  angelugt. 

'  Gleichen  Urapiungs  ist  port,  -uihii  in  fedregulho,  das  nach  Cornu 
Grundrifs  I  717  vielleiclil  auf  grieih.  -vXÎJOv  luiöckeeht. 

'  Dais  sp.  ■'cculas  xu  ch  wird,  beweist  sp.  cacha,  dus  nach  Meyer- 
Läbkc  lat.  caccsius  wiedergiebt  (s.  Körting,  Nachtrag  1450>}. 

<  Der  PersoneoDsme  Baluchi»  d' ì  Ventosi  (Lettere  di  Calmo  117  S.  ibt, 
Z.  7)  läfst  sich  aU  Demin.  von  Annibale  auffassen. 

*  -ucus  liegt  noch  vor  in  fachiuca  ,intrnglio,  Tnangiare  mal  cotto',  fac- 
ckàicone,  sfacehiuceare,  lu  pachione  ,VÌeiriaÌ9',  pacchiare  igefrärsig  sein'; 
biaja'ucare  (Petrocchi),  óiasciucoiare  nnd  biasciucchiare,  zu  bìascìarc  .man- 
puechiare  roalameoie'  ;  ilie  letite  Reibe  ìal  lehneich,  sie  »elgl,  dafs  die  Verba 
auf  -ucchùirt  auf  eia  Deminut  i  vsalfix  -ucu9  oder  -uccus  zarfickgehen;  strd, 
iiterrujare  .gettar  per  terra'. 


3^8  A.  HORNING, 

it  arriechiucckilo.  Dem.  zu  arrichito;  pilûceari,  s.  Diez  1;  der  Fraoen- 

name  Genluaa  (:  Lucca)  in  Dante's  Purgatorio  24,  37,  der,  wie 
Tonuuaseo  bemerkt,  von  gente,  gentile  kommen  wird;  úc.  puggktutca 
(pagliuca).' 

In  dieser  Ztschr.  15,  98  bespricht  Schuchardt  das  Rumäniscbe 
bulik  , Klotz,  Block,  insbesondere  Fufsblock',  das  zu  rum.  but  ge- 
hört (butaclú  , stumpf),  und  ohne  selbst  zu  einer  bestimmten  An- 
sicht zu  kommen,  verwirft  er  die  Ansichten  der  Gelehrten,  die  iur 
jenes  bulúc  türkischen  oder  magyarischen  Ursprung  annehmen;  am 
einfachsten  wird  man   in  -lic  das  romanische  SufGx  -uccus  sehen. 

Aus  dem  Rälischen  verdienen  Erwähnung  unter-engad.  mûi'A 
.furchtsam'  (s.  Palüoppi  v.  Unuoss)  und  obet-eng.  haUücbel  .Bastard" 
, ungezogenes  Kind',  bastückci  bastard  iHurenbalg';  das  Wort,  das 
nach  Pallioppi  keltisch  sein  soll,  ¡st  aus  dem  Stamm  von  bastard 
und  den  Suffixen  -uccus  und  -ellus  gebildet.* 

Aus  dem  Spanischen  erwähnt  Diez  I  v.  baro  altes  baruca 
,Lîst';  port,  baiuca  .Kneipe',  zu  afr.  bay  ,auberge'  (bei  Godefroy).^ 

Aus  dem  Altfranzösischen  (s.  Godefroy):  botlluguu  t  (auch 
boiicçues)  ,tripaille',  wohl  pikardisch,  von  afr.  boelle;  /a/evucAe  (und 
falivochè)  ,flammèche,  parcelle  de  fer  enflaminò',  von  dem  weitver- 
breiteten faliva  st.  favilla,  s.  Diez  I  v.  falavesca;  perntchois  .chemin 
pierreux'  und  perruchai,  vieil,  .terrain  pierreux'.  Aus  Sachs:  010»- 
chon  ,Pflanze,  roter  Gauchheil',  zu  menu;  méruchí  .Bratpfanne',  kann 
eine  scherzhafte  Weiterbildung  von  m^ri  sein:  die  Bratpfanne  wäre 
das  ,(Haus)-Mütterchen' genannt  worden;  grt/u  neben  grelet  .chétíf, 
¿triqué'  (auch  in  Lyon  und  nur  im  Mascul.)  ist  wahrscheinlich  eine 
Ableitung  von  grile  mit  Suffix  -uccus  (vgl,  greluchon}.* 

Aus  dem  Altprovengalischen  (s.  das  Gloss,  zu  Bertrán  de 
Born  in  der  Ausgabe  von  A.  Thomas):  a<eriuc  .solide,  brave',  faitnu 
,qui  est  à  charge,  ennuyeux'. 

Aus  dem  Bearnesischcn:  houruca  .graben',  hcuruc  ,Loch' 
(vgl  sp.  horacar);  paluc,  paluqml  (zu  palot  , petite  pelle');  taihtaa 
,in  Stücke  schneiden',  lalhuc,  laikuguct  .Stückchen'  (zu  talbá).^ 


Ztschr.  ig,  183  wurde  nachgewiesen,  dafs  mit  der  männlichen 
Endung  -eil   auch   Deminutiva   von  Frauennamen    gebildet   werden 


DD  ,co»  vile'  sehe  ich  eine  Ableitung  von  pilus  ,Hau' 
s  gebildet  sind  engad.  madröticha  .Putin'  und  taurtíick 
%  (v|;I.  miantas 


»  Mit  -u(c)ci 


.KeUef,  * 

'  Mil  -u(c)cia  gebildet  sind  port.  taaun(a,  von  m 
min u tin),  nnd  dentuça  ,hervorsprìngen(l  grofse  Zähne'; 
cntducba. 

•  Neben  den  Persaaennimea  auf  -isson  kommen  auch  solche  auf  -u¡toii 
vor:  Perrussan.  bei  Zimroerli  S.  96,  S[).  2,  2.  îj,  RnbusioK,  Lantisson.  Aümi- 
son,    leWleres  (zu  Alain)  im  Temps  vom   22.  Juli  1895,  J.  Seile. 

^  Wie  sind  nprov.  vinceha  ,piqueite',  viiuteho,  bouvachaun  u.  ä.  Uulbch 
zu  veriteben? 


SUFFIX  ACCUS,  ICCUS,  OCCUS,  UCUS  (UCCUS)  IM  ROMAN.         349 

und  umgekehrt  Auch  im  Mailändischen  (s.  Salvioni,  Dial.  d.  Milan. 
S.  70  und  100)  dienen  die  männlichen  Endungen  -ö  {=  o  lus)  und 
-e/í  zur  Bildung  von  Frauennamen,  Roso,  Luznsö,  Marieit.  In  ähn- 
licher Weise  sind  die  männlichen  Personennamen  im  Rumänischen 
Costica  (zu  Constantin)  und  Ste/anuca  (zu  Stephan)  zu  erklären. 
In  diesem  Zusammenhange  sei  auch  noch  auf  das  an  einen  Mann 
gerichtete  ,on  a  donc  la  flemme,  ma  vieille'  (Zola,  Assommoir  331) 
aufmerksam  gemacht  und  auf  die  Bemerkung  Bianchi^s  Arch.  gl.  it. 
10,  368  A.  2,  dafs  Birioila,  Gigella  (Luigi),  Gigiarella  (ib.)  u.a.  als 
männliche  Personennamen  vorkommen  ,nei  quali  la  desinenza  femi- 
nile  contiene  in  sé  valore  diminutivo  o  spregiativo  di  scherzo'. 


Die  wichtigste  Thatsache,  die  sich  aus  den  in  diesem  Artikel 
zusammengestellten  Materialien  ergiebt,  ist  die,  dafs  verschiedene 
Sprachen  neben  -accus,  -iccus,  -uccus  ein  Deminutiv -Suffix 
-acus,  -icus,  -UCUS  kennen,  das  sich  in  seiner  Bedeutung  und 
Verwendung  mit  dem  ersten  vollkommen  deckt  Gesichert  ist  -ucus, 
-uculus  für  das  Italienische,  Spanische,  Portugiesische,  Provença- 
lische  (beam,  poürugas,  poürugué  ,furchtsam'  neben  pauruquet,  paü- 
rucas);  -acus  liegt  wahrscheinlich  it  picinaco  u.  ä,  zu  Grunde,  aufser- 
dem  frz.  Bildungen  wie  moussaillon  ,Schiífsjunge'  (Darmesteter,  De 
la  Création  actuelle  des  Mots  Nouveaux  S.  114)  criailler ^  tirailler 
und  port,  bestiaga  (bei  Michaelis)  m.  u.  f.  ,armseliges  Tier,  Dumm- 
kopf; -leus  ist  bezeugt  durch  it,  mollica  u.a.,  durch  prov.  -ig'  in 
fouliga  (follichon),  fouliguet  neben  fouliquet  (s.  Mistral),  sp.  vestiglo 
(zu  bestia)  ,scheufsliches  Gespenst',  quexigo,  zu  quercus,  port. 
hestigo  =  bestiaga,  rapariga  zu  rapaz\  nur  für  -ocus  neben  -  o  ecu  s 
liegen  keine  Anhaltspunkte  vor. 

Die  Verbreitung  dieser  Suffixe  über  einen  grofsen  Teil  des 
romanischen  Gebietes  legt  die  Vermutung  nahe,  dafs  dieselben 
lateinischen  Ursprungs  sind  und  bereits  im  Vulgärlateinischen  vor- 
handen waren:  £s  wird  auch  nicht  allzu  kühn  sein,  in  der  Form 
mit  einem  c  die  ältere  zu  sehen  (was  Ztschr.  19,  188  A.  über  einen 
jüngeren  Ursprung  von  -uculus  gemutmafst  wurde,  nehme  ich 
hiermit  zurück)  und  demgemäfs  bei  der  Frage  nach  der  Herkunft 
jener  Endungen  zunächst  von  der  Bildung  mit  'CC'  abzusehen. 

Was  -acus  betrifft,  so  hatte  bereits  Diez  RGr.*  II  305  auf 
ebriacus,  meracus,  lingulaca,  portulaca,  pastinaca,  verbe- 
naca,  arboraca  hingewiesen.  Von  besonderer  Wichtigkeit  sind 
meraculus,  meraclus,  das  bereits  die  im  Romanischen  so  be- 
liebte Verbindung  des  Suffixes  mit  -ulus  zeigt,  und  lingulaca 
,geschwätzig',  das  pejorative  Bedeutung  besitzt  und  häufige  Ver- 
wendung des  Suffixes  bezeugt,  da  das  Wort  auch  einen  Fisch  und 
eine  Pflanze  bezeichnete.     Mit  den  Wörtern    auf  -acus^    sind  die 


^  Von  saevacQs   und  v e r a c n s  werden  prov.  savai  und  fi'z.  vrai  ab« 
geleitet  (s.  Diez  und  Gröber  Arch,  i,  1.  Lexic  5, 455). 


35» 


A.  HORKING, 


auf  -ax'  und  auf  -ago  verwandt  {a.  Iwan  Mailer's  Handbuch  der 
klassischen  Altertumswissenschaft,  Bd.  II  S.  i8S). 

Suffix  -ucus  liegt  vor  in  caducus  und  besonders  in  mand- 
uc-are  (von  mandere)  mit  pejorativer  Bedeutung:  vgl.  auch  L  c, 
ferrugo  aus  'ferruco-^  Ein  Suffis  -ucus  wird  auch  vorausgesetzt 
durch  lat.  pannQceus,  Verrucius,  dem  falschen  Namen,  unter 
dem  sich  Verres  verbarg  {s.  Cicero,  Verr.  2,  188  und  passim),  Al- 
bucius,  MInucius  (beachte  auch  cadticia  , Epilepsie' bei  Georges). 
Das  Lat.  hat  schon  die  Verbindung  -ütula  (vgl.  it.  -ucoh)  in  feslu- 
cula,  lactucula,  verrucula,  inducula,  s.  G.  Ebeling,  Auberee 
S.  139- 

Lat.  -ÎCUS  liegt  vor  in  nasica,  das  auch  romanisch  ¡st  (nprov. 
»asico,  febre  nazicardo,  RdLang.Rom.  16,  175).  Als  Paral ¡elbil dang 
lum  derotn.  -Tcus*  (ssiâ. puridérígu  Jiühncheo',  maUsìgu  .cattivello', 
zu  malesa  ^  malizia,  Spano,  Ortogr.  Sarda  I  51}  konnte  sich  ans 
-iculus*  ein  Suffix  -Icus  ablösen;  Anhaltspunkte  gewähren  lat 
cunica  , kleine  Rinne'  zu  cuniculus  und  trabica  {=  carina) 
neben  tiabicula,  Arch.  f.  1,  Lexic.  i,  583;  q,  439. 

Lat.  babaecalus  .Lebemann,  roué',  im  Gastmahle  des  Tri- 
malchio,  s.  Körting  s.v.,  bietet  vielleicht  einen  alten  Beleg  für 
Suffix  -ecus. 

Was  endlich  -ocus*  betrifft,  so  verdient  batioca  (bei  Plautus) 
,grorse  Trinkschale*  Erwähnung  (s.  Georges,  Wörterbuch  und  Wort- 
formen und  Loewe,  Prodr.  Gloss.  S,  276,  280);  es  kommen  als  Va- 
rianten auch  batiochis  und  pattiocas  vor;  einige  wollen  in  dem 
Worte  das  griech.  ßartaxT/  wiederfinden;  dafs  -oca  thatsächlich  in 
dem  Worte  als  Suffix  gefühlt  wurde,  lehren  die  Nebenformen  ba- 
tióla, valióla,  auch  vatillum,  batillum. 

Alle  diese  liilduugen  brauchen  übrigens  keineswegs  gleich  all 
zu  sein;  die  jüngeren,  z.B.  -ecus,  können  durch  „einfache  Ab- 
änderung eines  Vokals  entstanden  sein,  wodurch  man  eine  Ab- 
stufung des  Begriffes  erzielte"  (Diez,  RGr.  II  286);  man  vergleiche 
auch  -attus,  -ottus  neben  -ittus. 

Ich  komme  nun  zu  der  wichtigen  Frage  nach  dem  mutmafs- 
lichen  Grunde  der  Verdoppelung  des  f  in  -accus,  -iccus,  -uccus, 
U.S.W.  Ich  finde  denselben  darin,  dafs,  wenn  Deminutiv-  resp. 
Pejorativsuffixe    mit    besonderem  Affekte"   gesprochen  wurden,   der 


(=  fort 


'   VrI.  He 


0  4),    laL 


1  neben  I!r 


(  (M.-Lübke  Gt.  11  23).  abruzz.  fumacKi  f. 

aculus    neben    bctftceus 


1  Pflaoiennamen  bHat,  Arch.  f.  l.  Lex.  4,  186; 

1  Pusiuca  bei  Hübner  S. CXXII  kann  Deroin.  zu  pnsia  ittn,  doch 
sieht  die  Lesnrt  nicht  gunz  fesl. 

3  Dafs  in  MajoTica,  Minorica  (Mallorca,  McDotca)  -Ten  Deminulit 
ist,  bewei&l  üaE  daneben  varkommende  Majorela,   Minoreta,   %.  Dici. 

<  Dafí  -¡cuius  auch  an  Personen bezeichnungen  angefügt  wurde,  U£Íebl 
sich  am  puericellus,   n epoti cula.  Arch.  f.  1.  Lex.  3,  $00;  8,  168. 

"  Anaoca  bei  Hühner  S. CXXU  köimte  mit  lat.  Aniciui.  Annini 
zasammeubangen. 

°  In  einem  Feuilleton  voD  Fr.  Sarce;  Im  Temps  (Montag,  den  1.  Sept.  iSqSl 
Tinde  ich  folgende  Steile:  .D'après  M.  Chabert  (professeur  à  la  Faculté  de  Gn- 


SDFFTX  ACCDS,  ICCUS.  OCCDS,  OCUS  (uCCOs)  IM  HOUAN.         35I 

Consonant  unwillkürlich  geschärft  und  infolge  dessen  verdoppelt' 
wurde.  Da  der  Affekt  sehr  verschiedener  Stärkegrade  fähig,  ander- 
seits die  Wirkung  desselben  vorübergehend  ist,  so  kann  jene 
Verdoppelung  eintreten,  mufs  aber  nicht  notwendigerweise  er- 
folgen: dies  erklärt,  weshalb  die  älteren  Fonnen  mit  einem  c  sich 
neben  den  jüngeren  behaupten  konnten.  In  der  Grammatik  der 
Oskisch-Umbrischen  Dialekte  von  R.  v.  Planta,  Strafsburg  1892,  wird 
I  S.  540  die  im  Griechischen  und  Germanischen  öfters  vorkommende 
Konsonanlcnvetdoppehmg  in  Kosenamen  be.sprochen ,  z.B.  griech, 
Sfvvm,  ahd.  Uta,  Sicco.  Planta  fügt  hinzu,  dafs  eine  ähnliche 
VerdoppeluDg  auch  im  Italischen  bestanden  au  haben  scheint,  und 
weist  auf  Varrò  neben  Varus;  dahin  gehören  wohl  auch  Veran- 
nius.  Verannia,  Veranniolus  neben  Veranus,  Veranius  und 
Spurinna  neben  Spurinus.  Bei  Fick  und  Bechtel,  Die  Griechi- 
schen Personennamen,  2.  Aufl.,  1894  findet  sich  S.  30  die  Bemer- 
kung, „dafs  die  einstämmigen  Kosenamen  wie  die  zweislämmigt^n 
die  Neigung  zeigen,  inlautende  Konsonanten  ïu  verdoppeln.  £s 
scheint,  dafs  man  darauf  bedacht  war,  den  oft  im  Verhältnis  ku 
den  Vollnamen  gar  sehr  verkürzten  Kosenamen  durch  energische 
Aussprache  wiederum  einen  gewissen  Halt  zu  geben",  so  z.  B.  auf 
S.  18  Seoxxw  zu  GtóxXeia,  S^voxxm  zu  SsvoxQÚrfta,  "ïl^nfiio« 
za  "Ej^éXaos  u,  s.  w.  Diese  griechischen  Kurzformen  geben  ein 
Mittel  an  die  Hand,  die  romanischen  Endungen  -acca,  -icca 
Q.  s.  w.  in  einer  von  der  oben  angegebenen  etwas  verschiedenen 
Weise  zu  erklären:  -icca,  -ucea  können  Kurzformen  zu  -îcula, 
-ñcula  sein:  die  Verdoppelung  des  c  wäre  eine  Art  Ersatzdehnung 
für  den  Wegfall  der  beiden  letzten  Silben. 

Die  Frage,  ob  eine  Verdoppelung  des  nachtonigen  Konsonanten 
inshesoadere  in  Deminutivsuffìxen  stattfínden  könne,  ist  von  grofser 
prinzipieller  Bedeutung:  bejaht  man  dieselbe,  so  eröffnet  sich  die 
Aussicht,  über  den  dunkeln  Ursprung  des  Suffixes  -ittus  Licht  zu 
verbreiten.  Das  Lateinische  besitzt  die  Bildungen  avi  tu  s  ,vom 
Grofsvater  abslammend'  und  patritus  ,väterlich,  vom  Vater  her- 
kommend': nahe  lag  dann  die  Weiterbildung  von  -itus  zu  einem 
Suffixe,  welches  ,das  Junge'  bezeichnete,  wie  in  dem  nachher  ge- 
nauer zu  besprechenden  capri  tus  und  in  dem  sabin.  hirqui- 
tallus,  zu  hirquita  Wölfin  {zu  hircua  in  der  Bedeutung  von 
lupus),  s.  Arch.  f.  1.  Lex,  9,  461.     Daraus    konnte    dann   wieder   die 


mot  d'une  (¡icon  plus  ínei- 
nítiale;   le  magïster,  furìeii« 

a:  Ik  peuple  dit  veui  (oui), 
s  une  attentiun  parlJculiiie'. 
gesprochen   als  bei  ruhiger 


viwù 
Dm 


les   les   fois   <¡n'i 
DD  ta  double  inslini 

un   écolier,    lui   cije  //oUssod  avec   deux 

s'il  dit  de  saiig-rroid:    c'est  un  petit  polisse 

(huit),  quand  il  piiteoil  appeler  sur  ces  moi 

"  iche  ,Lump'  wird    im  Aífckt  gañí         " 


Gemñlsverfassung.  Da  bei  bcstiminleii  SulHiea  die  affektische  Aussprache 
häufig  vorkommt,  so  begreift  rnao,  dafs  auf  diesem  Wege  die  I^utgestalt  dec- 
iclben  dauerad  moJifiiierl  werden  kann. 

>  A^i.  huchier  kommt  nach  Diez,  Gröber  and  Körting  vom  Adv.  hue; 
die  Verdoppelung  des  1-  mufs  durch  den  Affekt  beim  Rufen  bedingt  sein. 


352  A.  HORNING» 

deminutive  und  kosende  Bedeutung  des  Suffixes  hervorgehen;  auch 
ein  Wort  wie  mellitus  »honigsûfs*  lanute  die  kosende  Bedeutung 
entwickeln;  mellitus  wird  bei  Catull  3,  7  der  Sperling  der  Lesbia 
genannt  Nach  Verdoppelung  des  /  wäre  -Itus  zu  -Ittus  ge- 
worden, das  im  Spanisch-Portugiesischen  fortlebt  (sp.  cabrito);  im 
Französischen  und  Italienischen  wurde  vor  der  Doppelkonsonanz  I 
zu  1  gekürzt,  aus  -Ittus  wurde  -Ittus,  dann  -ittus  (vgl.  clppus 
HB  clpus  llttera  =  litera),  z.B.  in  ciuvretU,  Mejer-Lûbke  RGr. 
II  547  hält  zwar  -ittu  für  die  ältere  "Form,  während  ihm  sp.  -ito 
als  eine  Verschränkung  des  iberischen  -iccu  mit  einem  aus  Frank- 
reich eingedrungenen  -ittu  erscheint  Da  indessen  Meyer -Lûbke 
über  den  Ursprung  des  Suffixes  weiter  nichts  bemerkt,  als  dais  es 
unlateinisch  ist,  so  ist  jene  Annahme  nicht  viel  mehr  als  eine  Ver- 
mutung. Der  hier  gegebene  Erklärungsversuch  stützt  sich  beson- 
ders auf  capri  tu  s  (in  der  Lex  Salica),  dessen  Wichtigkeit  bereits 
Diez  Gr.  II  371  erkannt  hatte  (es  fehlt  bei  M.-Lûbke  und  Körting): 
es  wird  bezeugt  durch  altprov.  cabridet  (Levy,  Prov.  Supplemente 
Wörterbuch),  neuprov.  cahrido  f.  , junge  Ziege',  cabrtdoulo,  cabridä^ 
cahridtto^  in  der  Franche-Comté  (von  mir  selbst  gehört)  tèfvri  (wäh- 
rend Su£f.  -ittus  dort  in  der  Regel  zu  a\o  wird);  über  afir,  cheori 
vgl.  Cohn,  Suffixwandlungen  S.  43  Â.  ;  das  Poitevinische  (s.  Laianne) 
hat  achehrüi  ,Junge  werfen'  (von  der  Ziege),  wie  denn  im  West- 
französischen sich  mehrfach  Spuren  von  -Ittus  ^  nachweisen  lassen, 
besonders  poitevin,  agnite  , agneau  femelle',  das  von  Rousselot 
RdPGR  5,  363.  385  [13]  auch  in  Cellefirouin  nachgewiesen  ist' 
Interessant  ist,  dafs  Mistral  neben  cahridoun  auch  cabriioun  und 
cabreiaun  verzeichnet  Span,  bellido ^  aptg.  vellido  =  lat  belli  tus 
steht  auf  derselben  Stufe  lautlicher  Entwickelung  wie  prov.  cabrido. 

In  analoger  Weise  kann  sich  -at  tus  aus  lat  bei  la  tul  us  (za 
bel  lu  s)  entwickelt  haben;  man  beachte  auch  bei  Hühner  den  Per- 
sonennamen Lupatus;  -çttus  mag  nach  -qccus  gebildet  sein; 
denn  die  Reihe  -accus,  -iccus  u.  s.  w.  scheint  älter  als  -ittus 
U.S.W,  zu  sein,  einmal  weil  letztere  dem  Rumänischen  fehlt,  und 
dann,  weil  im  Französischen  und  Spanischen  (z.  B.  Mariquita)  -ittus 
in  der  Regel  auf  -iccus  folgt 

Es  fiagt  sich  endlich,  ob  sich  nicht  ebenfalls  durch  Ver- 
doppelung del    /  von   -eoi us   ein  Deminutivsuffix  -oll us   bildete. 


*  Z.B.  bei  Jaubcrt  menitte  »Händeben*  neben  menotte  und  manette; 
souritte  (Maus);  boulite  »kleine  Oeffnung*;  loubüe  »cahute,  pauvre  chaumières 
gleichsam  Wolfshöhle;  Charliton»  Dem.  zu  Charles;  Mariton,  s.  v.  Marienne; 
gormiter  »sich  erbrechen*  (zu  gourme)  ;  bei  Laianne  neben  pequiot,  -otte  »klein* 
auch  pequit,  -üe;  bei  Jonain  chaudrit,  -ite  »sensible  au  chaud*;  bei  Orain 
mizeritte  f.  »Feldmaus*.  Dazu  im  Patois  Lyonnais  (s.  Puitspelu)  chambUa  neben 
chambetta;  couita  (zu  cauda);  Iní,  fouitó  »werfen*  (fouetter);  salita  neben 
saleta  »oseille  sauvage*;  sengUta  »petite  seringue  de  sureau»  jouet  d'enfant*; 
chaplt  (auch  in  Forez»  Dauphiné)  von  cappa  »chappe»  abri*  ;  altprov.  ataeiät 
(Levy,  Prov.  Supplementwörterb.). 

'  Rousselot  meint»  añit  »doit  appartenir  à  la  langue  des  pauvres*;  ans 
Spanien  kann  es  nicht  eingeführt  sein,  da  agnus  dem  Span.-Portug.  fremd  ist 


SUFFIX  ACCUS,  ICCÜS,  OCCüS,  UCÜS  (UCCÜS)  IM  ROMAN.         353 

Aus  Lalanne  und  Jaubert  liegen  mir  eine  grofse  Zahl  Wörter  auf 
{-o/e),  'olle  vor,  die  man  weder  als  gelehrte  Bildungen  noch  als 
Nachbildungen  eines  italienischen  Sufñxes  auffassen  kann:  ich  nenne 
nur  /aver olle  , jouet  d'enfant*,  longuerolle  , bande  de  terrain'  neben 
longuerelle,  péirolle  ,bougie  de  résine*  neben  pélrelle,  ravenoUe,  teterolle 
,biberon*:  bei  Godefroy  venter  olle,  ver  der  olle,  barbolles  ,  parties  natu- 
relles de  la  femme*;  in  Vionnaz  rädola  »Schwalbe*  neben  fedeula 
, filleule*;  der  Ortsname  Nozer olles  (Hte-Loire),  älteste  Form  No- 
zariolas  (15.  Jahrhundert),  s.  Romania  6,  263.  4;  ähnlich  sind  viel- 
leicht portug.  Bildungen  wie  aldeola  zu  erklären,  vgl.  Meyer-Lübke 
Gr.  II  476;  vgl.  auch  ital.  -olle  Arch.  gl.  it.  12,  173  ,aggiunto  qualche 
volta,  per  vezzo  o  scherno,  a  nomi  personali,  Geppolle,   Teresolle\ 

A.  Horning. 

In  der  Besprechung  des  ersten  Artikels  Romania  24,  607  neigt  G.  Paris 
zu  der  Ansicht  »qu'il  y  a  eu  (en  français)  propagation  récente  de  terminaisons 
d'origine  incertaine  et  sans  doute  multiple'.  £r  beruft  sich  darauf,  dafs  ,ces 
formations  sont  à  peu  près  toutes  inconnues  à  Tane,  français*  und  dais  ,1a 
formation  mascuL  "ic,  'OC,  -uc  qu'on  devrait  rencontrer  en  abondance,  est 
presque  tout  à  fait  absente^  Auf  den  ersten  Einwand  ist  zu  antworten,  dafs 
jene  Endungen  im  Altfrz.  zahlreicher  sind,  als  es  auf  den  ersten  Blick  scheint 
{Hoàicàon,  'Onnet,  Perrichon,  Perruchot,  yanicot,  cornichet,  cornucket,  balo- 
chier,  lorùart,  die  hier  S.  346  erwähnten  Wörter  auf  'oche,  boiUuques,  fate- 
vuche,  u.  s.  w.)  und  dafs  ihr  verbal tnismäfsi g  spärliches  Vorkommen  sich  aus 
dem  Umstände  erklärt,  dafs  sie  als  plebejisch,  als  unlitterarisch  galten  wie 
auch  noch  heute:  man  kann  tausend  und  abertausend  französische  Bücher 
lesen,  ehe  man  bei  Zola  auf  ein  drolichon  oder  maigrichon  stöfst.  Dazu 
kommt,  dafs  in  zahlreichen  Fällen  altfrz.  -ache,  -iche,  -oche»  -uche  nicht  be- 
weisend sind  (z.  B.  bavache  =  bavard  in  God.  Complém.),  da  sie  auf  pikard. 
-accus,  -oceus  U.S.W,  zurückgehen  können.  Was  den  zweiten  Einwand 
betrifft,  so  ist  es  Thatsache,  dafs  auch  im  Rumänischen  -ica  das  Mase,  ver- 
drängte, desgl.  im  Portugiesischen  (paäreca),  und  dafs  umgekehrt  im  Walden- 
sischen  das  Mase,  sich  gegen  das  Femin.  behauptete.  Auikerdem  ist  aber  zu 
bemerken,  dafs  seit  dem  Verstummen  der  Endkonsonanten  -oc  mit  -ot,  -ic 
mit  -f  aus  -îculum,  -uc  mit  -utus  zusammengefallen  sind,  die  Verfasser  von 
Patoisschriften  schreiben  -ot  für  'OC  (vgl.  Rivot  bei  Jonain  statt  Rvuoc  zu 
Rivochon),  so  dafs  fast  alle  männlichen  Formen,  die  etwa  beigebracht  würden, 
von  der  Kritik  sofort  als  nichtbe weisend  zurückgewtesen  würden  (so  z.  B.  die 
vieldeutigen  Formen  bei  Jaubert  Jeanni  (zu  Jean),  Glaudi  u.  s.  w.).  Die  Ein- 
wände G.Paris'  gegen  die  Existenz  von  -iccus,  -occus  im  Französischen 
scheinen  mir  also  nicht  entscheidend.  Dagegen  fallt  zu  Grünsten  dieser  An- 
nahme die  Thatsache  sehr  ins  Gewicht,  dafs  auch  die  anderen  romanischen 
Sprachen  ähnliche  Bildungen  kennen.  ^.  H. 

Berichtigungen. 

Ztschr.  19,  171,  A.  I  ist  lilik  , Angélique*,  s.  RdPGR  2,  211. 
Ztschr.  19,  181,  Z.  4.    Die  zu  barbuquet  gegebene  Erklärung  ist  hinfällig, 
da  das  Wort  afr.  «Schlag  unter  das  Kinn*  bedeutete. 
Ebd.  S.  188,  Z.  5  ist  Giovacchino  zu  streichen. 


ZettKhr.  L  rom.  Phfl.  XX.  23 


Neue  Beiträge  zur  Kenntnia  einiger  romaniaoher  Wörter 
deutscher  Herkunft 

FortseUUDg  (s.   Zischr.  XIX,  348I. 

Crône  (crone)  fr.  (m.)  Hebezeug  für  Waren  in  den  Hafen, 
kann  nicht,  wie  Diez  angiebt,  vom  nd.  krân  =  hd,  kranich  stammen, 
sondern  nur  von  einer  Nebenform  zu  hrän,  wie  mnd.  krSn  (Lûbben, 
Mad.  Handwb.)  Krahn  und  Kranich,  auf  die  schon  Hiidebrand 
(Grimm,  Wb.  V,  2018)  mit  den  Worten  'fr.  crom  Krahn  ist  entlehnt 
(nd,  heifst  der  Kranich  auch  itrôriÇ  hinweist.' 

Crotte  fr.,  pr.  croia  Gassenkot  aus  Staub  und  Regen,  Mist 
der  Schafe,  Ziegen  etc. 

Diez  bemerkt  unter  Ablehnung  der  Herleitung  aus  críala,  das 
lu  der  pr.  Form  nicht  stimme,  vielleicht  wäre  das  Wort  aus  nd. 
Bchwed.  klSt,  hd.  khsz  kugelförmige  Masse  entstanden.  Das  Wort 
entspricht  aber  genau  dem  mnid.  fliim,  krotU  lutum  vesUbus  baerens 
=i  engl,  crote  a  clod  of  earth,  schott.  croie,  md.  rhein. (?)  kroiz  in 
'vUcke  Vil  croi'  bei  Dîefenbach  571",  auf  das  schon  Hildebrand  bei 
Grimm  V,  2424  hinweist  Vgl.  auch  westmd.  kratze  Kernhaus  des 
Obstes,  Kehlkopf,  vetschrumpftes,  verwachsenes  Obst,  etwas  Klei- 
nes, auch  von  Menschen  und  Tieren,  z.B.  ein  kleiner  krotu  kleines 
verschrumpftes  Kind  (in  Coblenz  irais),  Schweiz.  cAros  infans  par- 
vae  staturae,  nid.  cen  Urin  krol  von  Kindern,  nordengl.  crut,  scholt 
crool  Knirps.  Verwandt  ist  damit,  wie  es  scheint,  goL  krSlûK  (m 
ga-kr atari)  zermalmen. 

Eschiele  afr.,  pr.  escala,  altcat  eschala  Schar,  halt  man  für 
eine  Entstellung  aus  dem  afr.  eschiere  c=  germ.  *skara  (ahd.  scara 
Schar),  die  vielleicht  unter  Anlehnung  an  das  lat  scala  entstanden 
wäre.  Es  scheint  ihm  aber  eine  germ.  Bildung  mit  stammhaftem  / 
zu  Grunde  zu  liegen  (vgl.  Körting  Wb.  No.  7280).  Wenigstens 
kennt  das  Ags.  noch  ein  st.  Fem.  scalu^  Schar.  Abteilung,  Menge 
das  zu  dem  Stamm  sitai  spalten  gehört.    Auch  Kluge  führt  unter  schar 

'  MiD  Vßl,  BQch  ai-ngl.  crone  Kranich  neben  aengl,  engl,  cram,  »(¡s, 
(Tanfi),  sowie  ironsbierí  (bei  Grimm)  Preiaelbiere,  dai  n»ch  HiJdebrand  dg. 
nd.  ist  und  von  nd.  krön  Kranich  slammt,  engl,  crottcbtrry  neben  engl,  ctaa- 
berry,  dt.  kranbeere,  kranichheere  Moosbeere,  Sumpfbeere. 

*  Es  findet  sich  bei  Schade  versleckt  neben  ags.  ¡coUi  unter  dem  glridi- 
bedeatenden  aa,  seeia. 


j 


BEITRÄGE  ZUR   KENNTNIS    ROM.  WÖRTER, 


355 


I 


ein  ags.  jTca/u '  (neben  sctalu,  engl,  ihoa/)  an.  Da  scealu  auch  in 
der  Bed.  'Hülse'  ('Sich  Trennendes')  überliefert  ist,  so  erscheint 
es  identisch  mit  dem  ahd.  scala,  engl,  shalt  =  genn.  *scalß,  und  wir 
werden  für  dieses  ebenfalls  die  Bed.  'Schar'  ansetzen  dürfen.  Aus 
dem  Ags.  selbst  kann  das  afr.  eschielt  nicht  stammen,  da  es  dann 
escale,  fcale  gelautet  haben  würde.  Wir  dürfen  es  aber  auf  das 
germ,  "¡kalô'^  zurückführen,  während  das  pr.  escala,  altcat.  achala 
m  einem  entsprechenden  got.  scala  stimmen  würde. 

Eschirer  afr.,  pr.  esquirar  zerkratzen,  leitet  Diez  auf  das  ahd, 
H.Vh.  skerran  schaben,  kratzen,  abkratzen,  scharren,  Waltemath 
auf  fränk.  *skirran  zurück.  Gegen  letztere  Ableitung  spricht  der 
Umstand,  dafs  in  so  früher  Zeit  nebentoniges  /  wohl  e  ergeben 
hätte.  Mackel  setzt  ein  andfränk.  'sierran  an  und  meint,  das  fol- 
gende r  hätte  wie  im  afr.  Iirer  die  Erhöhung  des  e  zu  (*  herbei- 
geführt. Jedoch  erscheint  ihm  die  Etymologie  des  zum  Vergleich 
angezogenen  tirer  (^  gerra.  *leran  oder  "¡erran  ^  ahd.  ztrran,  aus 
larjan)  selbst  unsicher,  wenn  auch  mehr  aus  dem  Grunde,  weil 
alle  loman.  Formen  dieses  Verbs  ausnahmslos  i  haben  und  die  germ. 
Wörter  mehr  'zerreifsen"  als  'reifsen'  bedeuteten.  Wir  werden  des- 
halb auch  hinsichtlich  des  Ursprungs  von  eschirer  aus  ski r ran 
Zweifel  hegen  dürfen. 

Das  ahd.  skïrran  gehört  mit  mhd.  scharren  scharren,  kratzen 
za  einem  Schallstamm  skarr  {rr  nach  Schade  aus  älterem  rs  oder 
rni),  der  eine  Erweiterung  zu  dem  reinen  Stamm  skar  (vgl.  ahd. 
scarda)  Pflugeisen,  ahd.  scara  Heeresabteilung,  Menge,  Haufe  etc.) 
bildet.  Neben  skar  erscheint  sh'r  und  skur.^  Wie  nun  neben  skar 
auch  gesteigertes  skar  (vgl.  mnd.  nd.  nid.  ostfries.  schdr,  mnid. 
schcier[e)  neben  mnd.  schare  =  ahd.  scara;  ahd.  scâr(a),  mhd.  schaere 
Schere,  Schwert,  mhd.  schar  Einschnitt,  Ausschnitt,  Lücke),  iieben 
skur  auch  skûr  (ostfries.  schüre»  und  schúrsen  neben  schur{r)eH)  auf- 
tritt, so  zeigt  sich  neben  dem  Stamme  skir*  (in  ahd.  sc'eran  ab- 
schneiden, scheren,  an.  skëra  schneiden,  ab-  und  zerschneiden,  ags. 
scëran^  scheren,  zerschneiden,  zerhauen,  nhd.  mdartl.  schirre  = 
teharre  vom  Boden  des  Kochgefäfses  Abzuscharrendes  oder  Abge- 
scharrtes, ahd.  skerran)  auch  ein  gesteigerter  Stamm  skir,  z.  B.  im 
it,  skeirs^  klar,  deutlich,   mnd.  sehtr  rein,  klar,  hell,  glatt,  eben, 


indel  sich  im  Ags.  schwaukend  ¿ 


>  Vor  einfBchem  /,  i 
Grimm,  Gr.  I,  237. 

*  Du  fr.  /ealt  Schale  ist  jüngfrcr  Herkunft. 

*  Vgl.  mnd.  nd.  schurrtti,  ostfries.  schur(r)tn  scharren,  kratzen,  abschaben. 

*  Der  Stamm  hat,   da  ei  auf  SdiallDachahmuDg  berulil,   aucli  noch  eine 
Bedeutung  'schnarcLea'   im   ahd.  scerSn    icírSn    neben   mhd,  icAarrtn 

■chnarchen,  vgl  auch  nd.  scharen  räuspern. 

>  Hierher  gehört  wohl  aacb  ags.  scire  Beziik,  Gau.  engl,  ihire  Graf- 
achall, ahd.  scira  BesorgUDC.  Geschäft  {vgl.  ahd.  scara  HeeresabteíluDg, 
der  Reihe  nach  umgehende  Dienstbarkeit). 

"  Vgl.  auch  got,  siríreini  [¡kêreins)  Erklärung,  Auslegung,  cig.  Lauter- 
Buchung,  Klarmachaug,  go\.  ga-skeirjan  erklären. 

23* 


356  TH.  BRAUNE, 

geordnet,  sail,  wangel.  aeogl.  md.  schh-  lauter,  glänzend,  ^ 
mbd.  xckir{t),  as.  ¡kSr{ì)  rein,  klar,  lauter,  hell,  ags.  scîr  klar,  rein, 
hell,  lauter,  an.  skirr  klar,  rein,  lauter,  hell,  glänzend,  deutlich, 
schuldlos,  verständig  (skîrs/{a)  Reinigung),  norw.  schwed.  skir  (=  liiri), 
afties.  J¿j>í  blank,  glatt,'  hell,  klar,  lauter,  ostfries,  «Â/r  schier, 
rein,  blank,  sauber,  hübsch,  glatt,  eben,  recht,  in  Richtigkeit,  Ord- 
nung,* zu  denen  Job.  Schmidt  auch  das  lit  skìrti  scheiden,  trennen 
stellt.  Daneben  zeigt  das  Dan.  skjaer,  dessen  jai  aus  älterem  i  i 
entstanden  scheint. 

Dafs  diese  Wörter  ku  dem  Stamm  skir,  resp.  sktr  in  âhnlichet 
Bed.  wie  skar,  skdr  und  skur,  gehören,  das  beweisen  einige  zu  den 
letztgenannten  Stämmen  gehörige  Bildungen,  die  dieselbe  Bedeu- 
tung wie  jene  zeigen,  z.  B.  an.  skaerr  {ae  =^  Umlaut  des  organischen 
<f  ^  mhd.  ae,  got.  r,  vgl.  got.  sktrtiní  neben  skei'reins),  auch  skyrr 
(vom  Stamme  skur)  hell,  klar  und  schwed.  siär  {â  Umlaut  des  a 
oder  e). 

Die  am  meisten  der  Grundbedeutung  nahekommende  Bed. 
scheint  'glatt,  blank'  zu  sein,  welche  noch  im  Mnd.  Afries.  Ostfnes. 
(s.  auch  schier  2  bei  Grimm;  en  schier  feil,  en  schier  bred  glatt  ge- 
hobeltes Brett  etc.)  erhalten  ist  Noch  genauer  aber  tritt  sie  in 
den  zugehörigen  schwachen  Verben  auf,  wie  afries.  skìrìa  skîrja 
(daneben  sklria  sklrja,  vg!.  %q\.,  skireins'^,  aeng\.  sehíren,  an.  skíra, 
norw.  schwed.  skira  {1  oder  Í?),  denen  mil  kurzem  Stammvokal  nd. 
mnd.  ichiren  (Adj.  schir\)  reinigen,  klären,  ausgleichen,  in  Ordnung 
bringen,  klarwerden,  nord  fries.  jA/Vr»'«.  ostfrìtìs.  schiren  rein,  blank, 
sauber,  nett  und  in  Ordnung  machen,  reinigen,  abkratzen,  glätten' 
{de  baike  schiren  sie  reinigen,  abkratzen  oder  glätten,  behobeln, 
'«  hörn  schirm  ihn  reinigen  und  abkratzen),  zurecht  machen,  ord- 
nen etc.  gegenüberstehen. 

Dem  afries.  skiria  entspridit  lautlich  genau  das  got.  steirjan, 
das  uns  nur  in  dem  Kompositum  ga-skeirjan  (fur  biblische  Aus- 
legung) erklären,  verdolmetschen  erhalten  ist,  für  das  wir  aber  ähn- 
liche Bedeutungen  ansetzen  dürfen,  um  so  mehr,  da  auch  das 
schwed.  skira  (in  skira  ägg)  und  ostfries.  nd.  schiren  ('«  ei  schirtn) 
ähnlich  wie  das  gotVb.  auch  'etwas  auf  seine  Reinheit  oder  Richtig- 
keit untersuchen  und  besehen,  scharf  und  genau  nachsehen,  ob 
etwas  rein  und  lauter  ist',  bedeutet 

Als    Grundbedeutung   scheint    für   das    germ,  skir,    got  ikeîrs 


'  Vgl.  das  min  Stamm  stir  gebìirìge  ihd.  sciran  scheren,  welches 
Wdgand  mit  'bU  zur  Kablheil  absctmeidea'  erklSrt. 

*  Vgl.  ïHf  Bedeutung  'in  Ordnung'  das  iu  skar  gehörige  ahd.  serrjan 
einordnen,  einstellen,  luleilen,  bestimracn,  gcrm.  *skarjan  ^  afr.  etçharir  xu- 
teilen,  absondern. 

'  Arríes.  Í  ^  got.  Í,  alid.  â  (in  mhd.  jcMr  Einschnitt,  Aossctuiitt,  Lockt, 
ahd.  scârla),  mhd.  ¡chatre,  md.  schere  Schere). 

*  Vgl.  oatfries.  schur[r)en  gcharren,  kialien,  scharf  über  etwas  Un- 
iahreo,  so  daf*  die  Farbe  oder  Epidermis  abgeschabt  und  fiuuerlich  abge- 
Khleibt  wird. 


BEITRÂGB  ZUR  KENNTNIS   ROM.  WÖRTER.  357 

wie  bei  an.  skaerr  skyrr,  schwed.  skär  'abgekratzt,  abgeschoren'  an- 
zusetzen, aus  der  sich  dann  'glatt,  rein^  lauter'  etc.  ergeben  hätte. 

Auf  das  schwache  Verbum  *skîrjan  lassen  sich  nun  das  fr.  eschirtr 
und  pr.  esquirar  nicht  zurückführen.  Wohl  aber  läfst  sich,  wie  es 
schon  Grimm  Gr.  II,  45  No.  497  gethan ,  ein  altes  got.  Vb.  skeiran 
(ahd.  /)  :  skáir  (ahd.  ei)  :  skairun  (ahd.  1'),  also  germ,  skîran  etc  auf 
Grund  der  mit  et  (/)  und  1  bezeugten  Bildungen  ansetzen,  und  auf 
dieses  wäre  das  roman,  eschirer  esquirar  zurückzuführen. 

Esneque  esneche  altfr.  geschnäbeltes  Schiff  leiten  Diez  und 
Mackel  vom  altn.  sneckia  (dan.  snekke,  ahd.  snagâ,  mhd.  snecke)  ab. 
Diez  erwähnt  nur  beiläufig  ein  nd.  snik  (auch  ostfries.). 

Diesem  snik  steht  aber  ein  feminines  mnd.  mnld.  nd.  nid. 
ostfries.  snicke  leichtes,  langes  und  spitz  zulaufendes  Fahrboot  für 
Binnenkanäle  zur  Seite,  welches  ein  älteres  andfrk.  *snikka  vermuten 
läfst,  dem  wenigstens  esneche  genau  entspräche. 

Zu  dem  pr.  estone,  bei  dem  es  Diez  zweifelhaft  läfst,  ob  es 
•KLnittel'  oder  *Stofs'  bedeute,  vergleicht  er  ahd.  stung  punctum, 
mhd.  siungen  stechen;  und  doch  läfst  sich  ein  Wort  nachweisen, 
welches  jenem  lautlich  näher  steht,  nämlich  das  got  siugqs  shiggqs 
Stofs  in  bi'Siugqs  Anstofs,  dem  ein  starkes  got  Vb.  siigkan  stiggquan 
stofsen,  ga-^  hi-stigkan  anstofsen,  sowie  schw.  ga-stagkjan  anstofsen,^ 
zur  Seite  steht.  Ist  nun  aber  das  got.  siugqs  Quelle  des  pr.  estone, 
dann  werden  wir  auch  diesem  die  gleiche  Bedeutung  zusprechen; 
es  wird  wie  jenes  'Stofs'  bedeuten. 

Neben  afr.  esiurman  erwähnt  Diez  auch  estirman  (Wace,  Brut 
U,  226)  und  stier esman  (G.  Gaimar  s.  Chron.  anglonorm.  p.  p.  Michel 
p. ^T^.  Während  jenes  wohl  auf  das  mnld.  stuerman  {ue  =  ü,  Grimm, 
Gr.  I,  483)  =  nid.  stuurman,  mnd.  stûrman  zurückgeht,  scheinen  diese 
ältere  Herkunft  zu  verraten.  Sie  stellen  sich  im  ersten  Kompositions- 
gliede  zum  germ.  *stiur  (mhd.  stiur,  ags.  steór^  an.  styri,  mnld.  nid. 
stier).^  Das  germ,  iu  wurde,  wie  eine  Reihe  afr.  pr.  Eigennamen 
zeigen,  zu  /,  e,  ie.  Vgl.  afr.  Thi-hal^  Thed-bait  (im  Rol.),  pr.  Ti-halt 
=  Piud'bald  Peod-bait,  afr.  Tie-bert  (Aubery),  pr.  Ti-bert  =  Piud-bert, 
afr.  Tie-rri  ==  Piud-riko,  fr.  T[h)iers  =  Piud-hari,  pr.  Ti-borc  = 
Piud'burg,  Peod'burg,  afr.  Uenars  =  Liunhard  (für  Liud-hardi)  und 
afr.  ti'eis,  tied^eis  (RoL),  ti-ois  =  piudisk. 

Aehnlich  wird  auch  das  bei  Marie  de  France  I,  462  vorkom- 
mende estiere  nicht  zum  ags.  steör  stior  zu  stellen  sein,  sondern 
direkt  zu  einem  germ.  fem.  *stiura  =  ahd.  stiura,  mhd.  stiure,  welches 
neben  'Stütze,  Stab'  auch  'Steuerruder'  bedeutet 


*  Vgl  bret  skarza  vider,  nettoyer,  ramoner,  skarz  vide,  net,  nettoyé,  ir. 
diu-scartaim  entferne,  cymr.  ysgarthu  purgare,  dyscarthu  reinigen  etc.,  die 
mit  dem  ahd.  scarti,  an.  skardk  Einschnitt,  Scharte,  ahd.  scart,  an.  skardkr 
verstümmelt,  beschnitten  etc.  verwandt  erscheinen  und  zum  erweiterten  Stamm 
skardh  gehören. 

'  Vgl.  auch  mnd.  stank  in  dem  Sinne  von  *  Anstofs,  Verdrufs'. 

>  Vgl.  auch  neben  mnld.  nid.  sturen  das  mnld.  nid.  stieren,  ags.  stieran 
stioran,  ahd«  stiuran  steuern. 


358  TH.  BRAUME, 

Palise  ^r.,  nh.  falaite,  ii\\!A. /elisia,  bei  dem  Mackel  wie  bei 
afr.  garant,  garoul,  branur  das  a  aus  nebentonigem  e  entstehen  läfal, 
kann  nicht,  wie  er  angiebt,  von  einem  as. /e/is,  ahd./¿/Ísa  stammen. 
Das  Wort  heifst  mciit /i/isa,  sondern /f/rs{ay  (s.  Schade  und  Kluge), 
und  dieses  setzt  ein  älteres  nicht  umgelautetes  got  (s.  Kluge),  fiánk. 
(s.  Waltetnath)  *f alisa  voraus.'  Dies  mufste /d/mj«  ^  nfr.  falaise  er- 
geben. Die  älteste  Fonn  ist  also  nicht,  wie  Mackel  angiebt,  faiite, 
sondern  das  früher  belegte  faloist,  das  nach  ihm  erst  daraus  ent- 
stellt sein  soll. 

Gal  {df  m<r)  afr.  eiti  Stein,  nfr.  gakl  ein  vom  Meere  ausge- 
worfener Stein,  beil.  galine  kleiner  Stein  und  pic.  gater  rollen  sind 
bisher  unbekannter  Herkunft,  wenigstens  weifs  Diez  kein  entsprechen- 
des laL  oder  getm.  Wort  anzuführen;  Thumeysen  Keltorom.  S.  loo 
erwähnt  ir,  ga/l  Steinpfeiler,  ohne  sich  bü  entscheiden.  Dem  Vb, 
galir  entspricht  aber  genau  das  mnid.  wa/en  uiailcn  drehen,  vertere, 
mutare  etc.  (nid.  walen  schwanken,  wechseln),  mnd.  ostfríes.  uuütH 
drehen,  wälzen,  rollen  und  bair.  wi/en^  wälzen,  waizen,  die  ein 
altes  germ.  *'walôn  vermuten  lassen. 

Das  sbst.  gal  erinnert  an  das  adj.  zum  selben  Stamme  ge- 
hörige an.  valr  rund,  oval,  in  àvtilr  halbrund,  rundlich,  und  sîvulr 
rund  (vgl.  1ÌL  waliis  sich  rollend,  rund  in  apwaliis  um  und  um  rund, 
kugelrund),  dem  im  Ahd.  wël  in  sina-wël  rund,  kugel-  und  walzen- 
förmig rund  zur  Seite  steht,  welches  zu  ahd.  wè'ìlan  walzen,  rollen 
gehört  Vielleicht  bestand  neben  dem  an.  valr  ein  Substantiv  in 
der  Bedeutung  ' abgeschlifTener,  runder  Stein'  {vgl.  bair.  wal-slain 
bei  Schmeller  II,  884).  Eine  sbst.  Bildung  liegt  uns  auch  vor  im 
got.  valus  st.  m.  Slock,  Rute,  ags.  valu  vibex,  afries.  walu,  an.  vï'lr 
baculus,  eig.  runder,  cylinder  förmiger  Gegenstand,  von  dem  Diez 
das  fr.  gaule  grofse  Gerte,  henneg.  waule  ableitet. 

Zu  dem  pr.  afr.  ganchir  guencbir  ausweichen,  von  denen 
ganehir  nach  Rlackel  von  einem  alten  andfrk.  *wankjan,  guatthir 
von  einem  beteits  umgelautelen  ^wenkjan  (ahd.  wmkan  werukm 
wetiken  eine  Bewegung  vor-,  rück-  oder  seitwärts  machen,  weichen, 
wanken  ;  sich  wenden)  zu  stammen  scheint,  erwähnt  Dies  auch  das 
chw.  guinchir  in  gleicher  Bedeutung,  aber  ohne  eine  Erklärung 
der  lautlichen  Form  zu  geben.  Dieses  letztere  geht  aber  sicher 
auf  ein  schwaches  Verb  winkjan  zurück,  wie  das  mhd.  winktn,  dem 
ein  starkes  ahd.  wimhan  wincken,  mhd.  winken*  sich  seitwärts  be- 
wegen,   wanken    zur  Seite    stand.     Gleicher  Abkunft    ist    auch   das 

1  Macke)  (uhrl  mit  ebenso  wenig  Berechtigung  ein  ahd. /nitro  bds  Schade 
an,  welches  ich  bei  ilies^m  aiclit  finden  kann. 

*  Das  wa.fjall  Berg  täfat  ein  got._/Ìàa-  vermuten,  zu  dem  ein  mnd.  veU 
FcListäck,  Stein  (neben  ttls)  im  Ablaut  steht. 

'  Benecke-Müller  führt  ein  mhd.  leäUn  spielen  an  und  sagl;  'Gcimtn  1,' 
p.  168  giebt  dem  Worte  &  und  scheidet  es  dadurch  von  iBalen  wälien,  Wire 
du  Wort  kurz,  so  könnte  man  das  Wort  tur  ursprünglich  einerlei  mit  dicïcm 
halten,  vgl.  kugil  walin  Schmeller  4,  52  (H,  884).' 

'  Vgl,  zur  Bedeutung  des  ahd.  onncAnn  und  ags.  vincjan  das  oslpr.  trüiiei 
s  gehen  und  die  Augen  schliefsen,  beim  Veisleckspíelen  der  KiiwiTf. 


BETTRAGE   ZUR    KENNTNIS    ROM.  WÖRTER.  35g 

âgs.  vincjan  neben  vincan  connivere,  annulare,  aengl.  winkjtn  win- 
kin nielare. 

Was  das  unter  ganchir  erwähnte  comask.  guanch  Fehler,  dem 
lautlich  das  ahd,  wank  Tvane(h)  Bewegung  zur  Seite  oder  rückwärts, 
Rückkehr,  Umwendung,  Untreue,  Zweifel  etc.  zu  entsprechen  scheint, 
anbelangt,  so  sei  bezüglich  der  Bedeutung  darauf  hingewiesen,  dafs 
die  deutsche  Bildung  schon  die  Bedeutung  'Fehler'  kennt.  Man  vgl. 
das  mná.  wank  'Wanken,  Schwanken,  Wandel,  Veränderung',  dann 
'Fehler,  Leichtsinn,  Bedenken,  Zweifel ',  maà.  wankeia/iieh  fehler- 
haft, schwed.  wank  Gebrechen,  bair.  abwanktn  (Schmeller  II,  959) 
fehlen,  einen  Fehlei  begehen,  das  abwänkeririn  (ib.)  kleiner  Fehler, 
Fehltritt,  Gebrechen,  wankelbar  (ib.)  fehlerhaft,  schadhaft. 

Glapir  fr.  kläffen  (vgl.  daïu  den  Artikel  bei  Körting  Wtb. 
No.  4543)  stellt  Diez  mit  n!d.  klappai  crepare,  garrire,  ahd.  daphàn 
claffän  zusammenschlagen  oder  stolsen  und  dadurch  ein  Geräusch 
verursachen,  klappen,  klappern,  krachen,  schwatzen  etc.  zusammen. 
Die  Endung  des  fr.  Wortes  weist  aber  auf  ein  schwaches  Verbum 
nach  der  i.  Konjugation  auf  -jan.  Für  die  Esiatenz  eines  solchen 
in  älterer  Zeit  spncht  das  ahd.  chlapkda  intonabat  (s.  darüber  Grimm 
Wb.V,  8q8),  ¡-/i/a/anJ/quassans  (Grafr4,  556),  ahd.  ¿i-cÄ/iTyaa  oppri- 
mere, mhd.  be-kiepftn  confringere,  ignominia  afficere,  afries.  kleppa 
\==  ostfries,  nd.  mnd.  nid.  kttppen)  neben  k/appa,  dmbr.  kUpftn, 
welches  wie  das  hd.  kläffen  kUffm  auch  direkt  'bellen'  bedeutet, 
und  wohl  auch  ags.  dappjan  (neben  clappan),  aengl.  clappin. 

Der  Stamm  klap  ist  aber  ein  sogenannter  Schallstamm,  wie  die 
mannigfattige  Beden  tun  gsenttvickelung  bezeugt,  die  sich  je  aus  der 
Situation,  in  der  das  nachgeahmte  Getäusch  auftritt,  ergiebt,  und 
solche  Stämme  zeigen,  da  sie  auf  individueller  Auffassung  und  ver- 
schiedener Wiedergabe  des  in  der  Natur  vernommenen  Geräusches 
beruhen,  vielfach  Wechsel  des  Konsonanien  im  Antaul.i  So  findet 
sich  denn  auch  hier  ein  Nebenstamm  glap,"^  z.  B,  im  hd,  glafftrn 
Schwallen  (=  klaffern  Grimm  V,  898  f.),  gleffm  1=  "gtapion  ib.  8q8  f.), 
gle/tin  klaffen,  gleffeln  schwatzen  (bei  Keiseriibcrg ,  Narrensch.  zg), 
mhd.  {md.)  glopperdescke  {klapptrUsche)^  F  lau  der  tausche  etc.,  schwed. 
djai.  glä'pa  glapa  klaffen,  schwatzen,  giappa  Öffnen,  gläppa  platzen, 

■  Man  vgl.  t.  B.  den  Stamm  f;nar  neben  kn-3r  und  tiar  in  engl,  to gnarr 
knaiTCD,  knuncB,  iax¡A.  gnarren,  hd.  knarritt  (bei  Grimm  V,  13S4,  3)  knurren 
eli.,  road,  narren  knurren,  ferner  hä.  gnappen  neben  knappen,  granmtn 
neben  krimmt»,  nd.  gaassen  kairsclien  nel)en  knaschrln,  glitschen  glittalH 
(henneb.)  neben  ililseàen  ele.  Vgl.  auch  weitet  unten  S.  367,  fernet  Hilde- 
brand  bei  Grinun  V  S.  z  unten  g,  der  den  Wechsel  im  Aolaul  zwischen  t 
und  g  berührt,  and  ib.  S.  4.  4.  a.  c.  und  S,  5.  6. 

'  Daneben  besieht  ein  Stamm  galp,  lu  dem  Schmeller  I,  qoi  unter 
gtlfen  gUfen  ichrcien,  singen,  heulen,  auch  nus  Vilmai,  kuthess.  Idiotikon, 
ein  galftn  galpen  bellen  anführt. 

■  Der  Slamm  Uaf  hat  auch  die  SeJeulung  'Ri(s,  Spalte'  entwickelt 
(s.  Grimm  V,  89:  antet  klaff).  Auch  hier  finden  sich  Nebenformen  mit  g  im 
mnd.  gUpe  glippt.  nid.  glip  gluip  glop,  »chott.  glupt  Ritic,  Spalte,  old. 
glipptn  eine  achreibíedei  spalten  etc. 


360  TH.  BRAUNE, 

schwatzen  (im  Aschwed.  auch  ' Ungiïhôriges  reden"),  glt 
pern,  glafsa  bellen,  blaffen,  già/sa,  norw.  gUfsa  kläffen, 
schwätzen'  (/voriaus^  entstanden).  Wir  werden  daher  ^¿i/(> 
eher  auf  eine  zu  diesem  Nebenstamm  glap  gehörige  Bildung,  wie 
genn.  "ghpjan  (^  hd.  gkfftn,  schwed.  giäpa)  in  der  Bedeutung 
'bellen'  zurückfuhren  dürfen. 

Das  sbst.  fr.  clabaud  Kläffer,  zu  dem  schon  Diez  das  nid. 
klahhaerd  Klapper  anfiihrle,  scheint  hingegen  von  einem  deutschen 
Nebenstatnme  mit  b,  wie  klab,  zu  stammen,  der  vorliegt  in  mnd. 
klaffen}  (neben  klappen)  laut  und  viel  reden,  si^hoH.  g  labte  r  gUb6ir 
plappern  und  lallen,  k/ábern  (bei  Schm.  1,  1320)  klappern,  einen 
klimpenden  Ton  haben,  mnd.  kiefferl  (=  klapper)  Schwätzer,  norw. 
klaffe}  Klatsch  und  Knallen  und  mnd.  kUb  kUf  kleff  Klippe.  Fels, 
schwed.  dial,  klabb  Klippe,  norw.  klubb  Felsspitzc,  ktub  (Schmeller 
I,  1323)  Spalt,  Sprung,  langes  gespaltenes  Holz,  as.  ih/ {gen.  klibhís) 
Fels  etc.,  zu  deren  Bedeutung  man  vorige  Seile  Anm.  3  vergleiche, 

Der  Stamm  klap  oder  glap  liegt  aber  noch  in  einer  Reibe 
anderer  roman.  Wörter,  wie  mir  scheint,  zu  Tage,  so  ina  il.  calef- 
fare  galeffare  verspotten,  für  das  Bugge  (Rom.  Ill,  161)  j^Jltoagiir 
als  wenig  wahrscheinliches  Etymon  in  Vorschlag  brachte  und  wo- 
rüber Körting  unler  No.  1505  und  1844  sich  ausläfst.  Diex  fuhrt 
das  ahd.  ga-Uffan  (Graff  1,  205)  haurire,  lamberé  an,  wies  es  aber 
wegen  der  nicht  passenden  Bedeutung  ab.  Hildebrand  (Grimm 
V,  898)  bemerkt  wohl  nach  einer  früheren  Ausgabe  von  Diez, 
dieser  vermute  das  deutsche  kläffen  anch  im  it.  taleffare\  dieses  setze 
eine  ahd.  Aussprache  (alaphian  voraus,  wie  thohchöt  für  kJochSI  (Graff 
4i  554)  "'id  ehulupi  für  chluphfi  (ib.  547)  stehe,  und  verweist  dazu 
auf  Weinhold,  Alemannische  Cirararaaiik  24. 

Der  eingeschobene  I^ut  in  caieffare  (=  *ikalephan)  erklärt  sich, 
wie  mir  scheint,  bei  unserem  Stamme,  wie  bei  anderen  Schall- 
stämmen, daraus,  dafs  dem  vorklingenden  Nebengeräusch,  welches 
dem  Hauptgeräusch  vorangeht,  noch ,  um  die  längere  Dauer  jenes 
zu  bezeichnen,  nach  individueller  Auffassung  ein  vokalisches  Ele- 
ment hinzugefügt  wurde. 

Was  die  Bedeutung  'verspotten'  anbelangt,  so  wäre  zu  ver- 
weisen auf  nhd.  kläffen  in  der  Bedeutung  'schwatzen',  klaffen  dass. 
im  bösen  Sinne  (Grimm  V,  895  oben  b  c  d),  lästig  viel  reden,  un- 

'  Vgl.  femer  t.chvieä.A\a\.  glaptr  Schwätzet,  glapp  klafl'end,  glap  SpaJl, 
glipa  (St.  Vb.)  klaffen,  Tyarvi.  glip^i,  an.  gieipa  glaHpsa  schwiuen.  aschwid. 
glapran  Geschwäli,  schwed.  ^/a/j  Gekläff,  Bellen,  d\a\.  glaßs  (ìescfawìU, 
gläfs  Mund. 

■  Vgl.  auch  ahd.  ckaiama  füi  chiava  KUae  (Grafl'  4,  541),  (heitim 
Kleiaheit  (ib.  561),  %úiift\i.  galaffen  {=^  glaffen  gaffen,  eigentlich  einen  Bili, 
Spalt  machen,  ebenfalls  vom  Slamm  glap),  nrhein.  gelafler  (anna  1491)  = 
kla/ter,  wie  denn  echtes  gl-  Öfter  in  niedeirh.  nid.  Formen  in  gti  lerdduil 
erscheint,  i.  B.  ia  gelat  =  glas,  mnid.  bis  ins  17.  Jhd.  ^Ai&u,  ghtlinittrm 
neben  gUnstern  (s.  Giinim  V,  9O4,  c  nnd  Tgl.  weiter  unten  S.  367  Amn.  »). 
Solche  Zerdchttung  liegt  auch  aus  oeuercr  Zeit  io  kalabusttm  vor. 


BEITRÄGE  ZUR  KENNTNIS   ROM.  WÖRTER.  36 1 

nütz,  anmafsend)  selbstgefällig,  scheltend  reden,  in  bösen  Worten 
eifern,  tirol.  unehrbar,  ausgelassen  reden,  aschwed.  gläppa  Unge- 
höriges reden,  Schweiz,  kleffeln^  aus^^  ver^khffeln  verklatschen,  gleffeln 
(bei  Keisersberg,  Narrensch.  2g)  dass.,  glaffern  (Grimm  V,  901.  3)  aus- 
schwatzen und  besonders  ^mí  klafferei  kläff  er  ei  {^€\  Dief.  108**.  36g**) 
cavillatio,  schwed.  glàpa  sticheln,  cimbr.  kleffeln  berteggiare, 
kleffel  berta,  burla  von  Hohnreden,  Fopperei  und  de  ff  er  bei  Dief. 
257^  'ganeo  ri  ff  chin  vel  cleffer\  wonach  'schmarotzende  Spafs- 
macher'  so  benannt  sind. 

Ein  drittes  Wort  ist  it  calappio  galappio  Falle,  Fallstrick. 
Diesem  wäre  nach  Diez  ein  ahd.  *klapjo  gemäfs.  Das  ahd.  Wort 
würde  aber  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  *chlaphjo  gelautet  haben, 
von  dem  calappio  wegen  der  Tenuis  nicht  stammen  kann.  Dieses 
setzt  vielmehr  ein  got.-langob.  neutr.  *k[a)lapjô  oder  *k{a)lappi  vor- 
aus, welches  formell  und  begrifflich  dem  mnld.  kleppe  decipulum, 
transenna,  clev.  kleppe^  (=  klappe)  entspricht.  Galappio  ging  ver- 
mutlich wie  fr.  glapir  auf  eine  dialektische  Nebenform  mit  anlau- 
tendem g  zurück.^ 

Mit  calappio  vei-wandt  ist  it.  chiappare  erhaschen,  zu  dem 
Diez  ein  ahd.  klappa  anführt,  das  aber  im  Ahd.  in  der  Bedeutung 
'Falle'  nicht  zu  belegen  ist.3  Er  stellte  neben  diesem  auch  unser 
happen  zur  Wahl,  indem  er  den  Anlaut  mit  it.  chiurlare  (=  urlare) 
entschuldigte,^  entschied  sich  aber  wegen  des  comask.  ciapà  für 
klappa.  Baist  (Ztschr.  VI,  425)  stellte  ebenfalls  das  Wort  zum  deut- 
schen Schallwort  klapp,  liefs  aber  Einmischung  von  copulare,  worauf 
Flechia  das  Wort  zurückleitete,  zu.  Jch  möchte  mich  mit  Hilde- 
brand (Grinmi  V,  964.  5)  der  Ansicht  zuneigen,  dafs  chiappare  direkt 
auf  ein  got.-langob.  *k{a)lappôn  zurückzuführen  sei,  das  sich  noch 
im  nd.  dtdven  klappen  (fremde)  Tauben  im  Taubenschlage  fangen 
(in  Osnabrück)  und  im  sächs.  einen  klappen  erwischen,  ertappen 
(erklapper^^  nachweisen  lâfst. 

Zum   selben  Stamm   gehört  wohl   auch  das  fr.  se  clapir  sich 


*  Vgl.  zur  Bedeutung  die  ebenfalls  vom  Stamme  klap  stammenden  Wörter 
wie  ostfries.  klappe  auch  Falle,  norw.  glefsa,  dial,  schwed.  gläfs  Falle,  Fuchs- 
falle, Klappe,  Deckel,  nid.  kUp  Falle,  mnld.  klippe  vagelklippe,  auch  ostfries., 
mit  der  Nebenform  nd.  glippe  (Schütz,  Hollstein.  Idioticon),  nid.  gluip,  mnld. 
gloepe,  gluype, 

'  Vgl.  aufser  den  Anm.  i  angeführten  Wörtern  mit  g  auch  Schweiz,  ga- 
laffen  (Grimm  V,  1050)  =  hd.  glaffen  gaffen  (Frank,  Chron.  296^),  gleffe  Lippe 
(=  schwed.  glafs  Mund)  und  über  ihre  Bedeutung  vorige  Seite  Anm.  i  und 
Grimm  V,  898  kläjfen  4. 

'  Graff  4,  547  hat  klappa  nur  in  der  Bed.  forcipula  nebst  chluppa  forceps, 
forcipola,  welchem  letzteren  allerdings  die  Bedeutung  decipulum  zuzukommen 
scheint  (Grimm  1304,  i  c.  2d.  e).    Beide  gehören  zum  Seitenstamm  klah  :  klyb, 

*  Ueber  chiurlare  siehe  aber  einen  Artikel  von  mir  in  Ztschr.  XVIII,  528. 

*  Man  vgl.  auch  ahd.  bichUpfan  opprimere,  mhd.  hekUpfen  confringere, 
nid.  hekUppen  deprehendere,  illaqueare,  clev.  kUppen  erwischen,  die  ein  altes 
*klapjan  neben  *klappân  voraussetzen,  sowie  ablautend  idd.  hekUppen,  waldeck. 
kuppen  ein&ngen,  und  zur  Bed.  auch  unser  beschlagen  (Crrimm  I,  15  73)  vom 
Fangen  im  Netze. 


362  TH.  KRAUNE, 

verkriechen  (von  Kaninchen),  das  kaum  vom  lat.  ckper 
cUpere  sich  verbergen  (bei  Sen,  poet)  stammen  kann.  DC.  fuhrt  es 
auf  mlat.  dappa  Falte  zurück.  Es  scheint  aber  ebenfalls  auf  ein 
altes  deutsches  "khpjan  zu  weisen,  das  aus  dem  germ.  *khp,  ahd. 
chiaph,  nhd.  tíaff  Spalte,  Rifs,  Ritze  {vgl  it  schiappo  Ritze)  in  der 
Bedeutung  'eine  Spalte,  eine  Ritze,  ein  Loch  machen'  und  dann 
■sich  verkriechen''  abgeleitet  war.  Man  konnte  aber  auch  bd 
*ktapian  an  die  ursprünglichere  Bedeutung  'einen  Klapp  machen' 
denken,  weil  die  Kaninchen,  wenn  sie  überrascht  werden  und  sidi 
auf  die  Flucht  begeben,^  hörbar  mit  den  Pfoten  aufklappen,  auf- 
schlagen. 

Im  Italienischen  ¡st  unser  Starara,  der  so  mannigfache  Beden- 
tungen  zeigt,  auch  mit  anlautendem  s  vertreten,  z.  B.  im  it.  schiaffo 
Maulschelle,  ven.  veron.  slepa,  mail,  sleppa.  Und  dais  dies  nicht 
erst  auf  romanischem  Boden  durch  Prothese  eines  í  gewonnene 
Bildungen  sind,  das  beweisen  deutsche  entsprechende  Wörter  wie 
das  mhd.  (oder  nach  Schade  nd.)  slappe  slape  ^  f.  klappenformig 
herunterhängender  Teil  der  Kopfbedeckung,  Kopfbedeckung,  Art 
Kappe,  das  aber  nach  dem  hd.  schlappt  f.,  schlappe  m.,  nd.  slappe 
{Brem.  Wb.  4,  816),  j/a^i^  (Danneil  194''),  mengl,  f/u/i/i,  engV  tlapp 
(Klaps,  Schlag,  Geplanische),  bair.  schlappen  (auch  bei  Luther)  auch 
wohl  wie  diese  die  Bedeutung  'Maulschelle,  Ohrfeige'  gehabt 
haben  wird. 

Das  it.  schiaro  setzt  ein  dem  nd.  Worte  entsprechendes  mase 
ahd.  *slapf  slaff  voraus,  das  ven.  veron.  slepa  und  mail,  slippa  könnten 
von  einem  langob.  *s{c)lapja  s{c)lfppa  stammen,'  oder  sollten  hier 
uns  Nebenforroen  zu  s{c)lafipt  wie  i[c)Uppa  slepa  (vgl.  unser  schieß, 
mnd.  slipe)  vorliegen? 

Hierher  gehört  auch  das  it.  schiappo  Ritze,  schiappare  klein 
spalten,  intr.  platzen,  nprov.  tsclafá  schlagen,  Happen,  sowie  in 
brescian.  Mundart  s'ciapada  Spalt,  Kerbe,*  s'ciapar  platzen  ^  macheu. 
Lassen  sich  hier  auch  nur  wenige  deutsche  Bildungen  mil  ähnlicher 
Bedeutung  noch  nachweisen,  wie  engl.  j¿i^  klopfen,  schlagen  und 
ablautend  mnd,  mnid.  slippm  einschneiden  ^  schlitzen  {s.  oben  S.359 
Anm.  3),  zerreifsen,    so  läfst  sieb  doch  kaum  bezweifeln,    dafs  jene 

'  Vgl.  Huppen  iwischen  eine  Kluppe, 
kluppe  Hnlegen,  klappen  (Grimm  V.  964)  in  eil 
abd.  bichlep/an  opprimere. 

<  Vgl.  mbd.  klupßc)  in  ilcr  Be<l.  Schreck  <Griiiini  V,  ijoi)  und  »lup/en 
In  Schreck  geraten  und  schwed.  tläct  klatk  Schreck,  Uäkka  schrecken,  p. 
ixTli-mtiv,  das  lu  7llT¡y^  Schlag  gehört. 

*  Nach  dem  Mhd.  Wb,  2,  2,  391'  schon  ahd.  bezeugt. 

'  Vgl.  Bildungen  ohne  anlant.  .1  wie  gchweix.  ¿£i^  Schlag,  dafs  n  ichalU, 
b«.  mit  der  Mand,  kandklapf,  ud.  sehwed.  klapp  Klaps. 

'  Man  vgl.  dam  das  schweii.  ktäpft,  welches  allerdings  out  noch  in  àti 
Bedeutung  'kupferne  Schelle,  Feilsche'  auftritL 

•  Vgl.  schwelt,  klaffen  Spalt,  Kerbe,  Dem.  kläffli. 

'  Vgl.  klappen  schallend  platzen  (Grimm  V,  9S6,  3)  und  klaffen  (ib,  89^ 
"  Vgl.  scbweii.  klaffen  Eioschnilt  machen  (Grimm  V,  S97)   uad  üba  die 
Bed.  'mit  klalïcDdem  Schalle  aufspringen'  ib.  S98  e. 


BEirRaRE    ZUR    KENNTNIS   ROM.  WÖRTER.  363 

Wörter  auf  ältere,  vielleicht  got.-langob.  zum  gena.  Stamm  s/ap^ 
gehörige  Bildungen  zurückgehen. 

Da  der  Stamm  kiap  diese  Nebenform  mit  t  im  Anlaut  zeigt, 
so  könnte  nach  Hildebrand  (Grimm  V,  255  e)  wohl  auch  in  dem 
mlat,  sciupare  der  Lex  Sal.  17,  2,  welches  vom  Pfeilschusse  ge- 
braucht wird,  ebenso  gut  unser  Stamm  wie  das  onomalopocL  lat. 
stioppus  (bei  Persius  5,  15,  Variante  schpus)  Schall,  den  ein  Schlag 
auf  aufgeblasene  Backen  macht,  enthalten  sein,  oder  es  könnte 
vielmehr,  da  nicht  von  einem  Knallen,  den  das  lat.  Wort  bezeichne, 
sondern  von  dem  klappenden  Auftreffen  des  Pfeiles'  die  Rede  sei, 
im  ¡t.  schioppo,  scoppio  Krach,  Knal!,  Feuergewehr  (seoppiart  knallen, 
platzen,  zerspringen)  das  deutsche  und  lat.  Wort  zusammengenossen 
sein.  Schliefslich  fügt  Hildebrand  fragend  hinzu:  '1st  aber  scloput 
selbst  nicht  urverwandt?' 

Zu  der  Bedeutung  von  schioppo  vergleiche  man  nd.  nid.  mnid. 
khp  ictus  pulsus,  klop  bei  Fischart  von  einem  gewissen  Gang  der 
Pferde,  klopf  in  der  älteren  Sprache  für  klapf  fragor,  2.  B.  donner- 
klopf,  das  vermutlich  schon  im  Mhd.  (Grimm  V,  1222)  vorkorami. 
Schwab,  kläpftl  Knallbüchse  der  Kinder,  nebst  klopfen,  ahd,  clophôn 
schallen  wie  ein  Schlag,  Knall  u.  ä.  mit  der  Nebenform  klopfen 
(ib.  1228)  schlagen,  knallen  (noch  in  der  Schweiz  und  in  Schwaben, 
wo  man  z.  B.  bei  einem  Kinderspiel  fiasche  Baumblâtter  so  stark 
ansaugt,  dafs  sie  zerknallen,  was  man  eben  mit  klopfen  bezeichnet). 
Scoppiare  könnte  somit  einer  Nebenform  zu  klopfen  mit  anlautendem 
s  wie  *s{k)lepjan  t{k)lupjan  entstammen. 

Ich  erwähnte  soeben,  dafs  ilop  bei  Fischart,  Garg,  132''  einen 
gewissen  Gang  der  Pferde  bezeichne.  Dazu  stimmt  auch  das  deutsche 
tíopftr  klüpfcr  klöpptr  kUpper^  (md.),  auch  kläpper  kläpfer,  welches 
ein  kleines  Pferd,  Reitpferd  im  Geschäflsleben ,  einen  tellner,  der 
im  stapf  gaht,  ein  'Rofs,  das  im  Zelt  geht,  asturco,  graduarías  equus, 
veretus,  tolutarius',  auch  ein  'schlechtes  Pferd'  bezeichnet.  Der 
Name  verdankt,  wie  es  scheint,  dem  Klange,  dem  Klappen  der 
Hufe,  seinen  Ursprung.'  Es  konnten  diese  Bildungen  einerseits 
dazu  dienen,  ein  schnell   trabendes  kleines  Pferd,  bei  dem  das  Auf- 


'  Vgl.  slappern  von  den  Kädeni  der  Mäble  b^i  Hugo  von  Tnmberg, 
KenniT  7S87  (auch  ¡labern  bei  Maupl  4,  513),  schlitpfern  (Schmeller  II,  ^30) 
klappern,  schlottern,  Schleppern  (ib. 53t)  ichlultern,  schloltemd  zittern,  Idappern, 
há.  Schleppern  klappern,  und  andere  Büdungcn  bei  Grimm  IX,  48I — 4qo. 

'  Htldebranrf  vergleicht  klaffen  in  diesem  Siene  bei  Behaim  (Wiener 
84,  ÎI  :  wann  einer  (d.  i.  ein  fi/eii)  niderklafte,  prach  das  eisin  vai»  schn/Ze), 
Vgl.  auch  klappen  4  bei  Grinun  V,  964. 

•  Vgl.  auch  böhm.  tleperUi  (auch  schlechtes  Pferd),  russ.  tlefier.  dän. 
klepper.  schwed.  klippare,  isl.  klepphestr  kleines  Ffeid  und  andre  indog.  Bil- 
dungen vom  selben  Stamm  bei  Grimm  V,  954. 

•  Vgl,  auch  klappern  (Grimm  V,  975,  1  b)  klappernd  laufen ,  vom  tra- 
benden Pferde,  besonders  vom  langsamen  Trappen ,  wo  die  einielnen  Klappe 
der  Hufe  barbar  werden,  auch  von  Menschen,  wie  das  ^s\.  klepper  :  Wer 
mode  ist,  klappert,  vgl.  klepperfusi  als  Personeaname  am  Obeirhein  anno  I471, 
der  wohl  einen  Hinkendeo  bezeichncL 


364  TH.  aKAUNE, 


setzen  der  Hufe  schaell  hinter  einander  erfolgt,  andrerseits  aber 
auch  ein  elendes,  stolperndes,  hinkendes  Pferd  bezeichnen,  wie 
denn  das  lit  klùpli  direkt  'stolpern''  bedeutet. 

An  kloppen  klopfen  erinnert  schon  Diez  bei  dem  afr.  pr.  clop 
hinkend,  sbst.  fr.  ciopin  dopimi,  engl,  doping,  vb.  eloper  clopiner, 
nfr.  idope,  lehnte  aber  die  Deutung  daraus  ab,  da  klop/cn  nur  'mit 
einem  stumpfen  Werkzeuge  schlagen'  bedeute. 

Wenn  wir  aber  nun  den  Begriff  'hinken'  nicht  nur  in  klSpper 
klepper,  sondern  auch  in  dem  zum  gleichen  Stamme  gehörigen  lit. 
kliipti,  sowie  in  kltpperfuss  (s.  vorige  Seite  Anm.  4)  wiederfinden, 
dann  dürfte  man  doch  wieder  auf  den  deutschen  Stamm  klup  für 
die  genannten  roman.  Wörter  zurückkommen.  Für  deutschen  Ur- 
sprung sprechen  auch  die  Nebenformen  wie  docker,  pic.  doqutr,  die 
an  den  nahe  verwandten  Schallstarom  kliik  :  ktuk  erinnern,  mit  ahd. 
ehloechô  chlokiín,  oberd.  Schweiz,  klocken  {chhck  Schlag},  unter  dem 
Hildebrand  bemerkt,  es  werde  einmal  bei  einem  LauBitzer  J.  Franke 
vom  Pferd etrappeln  erwähnt.  Clodter  würde  dann  mit  dem  it.  ehioe- 
eare  prügeln,  an  die  Thür  anschlagen  und  chiocciare  von  einem 
lockern  Hufeisen  (—  "klokjan,  vgl.  in  Kärnten  klScken  knallen,  zu 
klock  Knall,  oder  ^  klukjan.  vgl.  Alacien  {klüggen)  klopfen  bei 
Grimm,    zu  kämt,  kluck  Schlag,  Slofs)  direkt  verwandt  sein. 

Das  pr.  dohchar  stellt  dann  vielleicht  eine  Vermischung  beider 
Wörter  dar,-  und  das  afr.  dopier  könnte  die  Nebenform  zu  klopfen 
kloppen,  nämlich  *klopjan  ^  hd.  klopfen,  wiedergeben. 

Vielleicht  gehört  hierher  in  die  Reihe  der  auf  Schallnach- 
ahmung beruhenden  Wörter  auch  noch  it.  galoppare,  líp.  pg.  gale^ 
par,  pr.  galaupar.  fr.  galoptr  sich  in  Sprüngen  fortbewegen,  die  man 
bisher  auf  got.  ga-hlaupan  zurückführte,  nebst  sp.  galopo,  it.  galuppo 
Beiläufer,  fr.  galopin,  die  dem  ahd.  Moufo  nachgebildet  sein  sollen. 
Schon  Wackemagel  nahm  Anstofs  daran,  die  roman.  Wörter  auf 
obige  deutsche  mit  der  hier  so  zufälligen  und  bedeutungslosen 
Vorsilbe  zurückzuführen,  und  schlug  deshalb  gäho  hloufan  vor,  doch 
fehlt  es  an  einem  subst.  Kompositum  gâhlouf.  Sollte  galoppare  nicht 
ein  in  alter  Zeit  übernommenes  schallnachahmendes  germ.  'kloppSn 
oder  *gloppÔn  oder  noch  älteres  *ga!oppùn  sein,  das  mit  dem  ersten 
Bestandteil  das  Aufsetzen  der  Hinterfüfse  mit  hellerem  Ton,  mit  dem 
zweiten  das  Niedersetzen  der  Vorderfüfse  mit  dumpferem  Ton  mall? 

Diez  erwähnt  auch  mnld.  ivalop  walopeeren,  mhd.  walap  wato- 
pieren  (vgl,  auch  engl,  wallop),  die  er  aus  den  nordfranz.  Mund- 
arten, wo  g  sich  manchmal  in  w  verirre,  erklärt.  Aber  gerade 
diese  den  unbestimmten  Anlaut  in  andrer  Weise  darstellenden 
Wörter  scheinen  mir  für  den  lautmalenden  Charakter  der  ganzen 
Bildung  zu  sprechen. 

'  Vgl.  vorige  Sfite  Anm,  4  und  knappt»  (Iwi  Grimm  V,  1 J46).  welches 
neben  klappen,  Idatachen  anch  'hinken'  bedeutet,  und  knapp  binkend  (ib.  1 J41). 

'  Man  könnte  aber  auch  an  fine  Bildung  wie  *klofgtn  denken ,  woiu 
mail  Schwab,  gloigen  bei  Grlmni  V,  1309  unter  klutun  vergleiche. 


A 


BEITRÄGE  ZUR   KENNTNIS   ROM.  WÖRTER.  365 

Ich  will  schliefslich  noch  auf  eine  andere  wohl  ebenfalls  zu 
denselben  indog.^  Schallstämmen  gehörige  Bildung  aufmerksam 
machen,  auf  das  pr.  clap  Haufe,  Masse,  afr.  clapier  achpar  aufhäufen. 
Diez  vergleicht  dazu  nach  Laut  und  Begriff  das  kymr.  ciap  clamp 
Masse.  Es  tritt  hier  aber  in  Mitbewerb  ein  germanisches  Wort  auf, 
wie  Schweiz.  Vorarlberg,  klapf  Masse,  Menge  (Grimm  V,  954,  3,  2), 
welches  ein  got-fränk.  *klap  vermuten  liefse.^ 

Glisser  fr.,  afr.  glicier  gleiten. 

Diez  bemerkt  dazu:  *vom  há.  glüsen,  giitscheriy  n\á.  gltiseriy  auch 
glissen,  von  welcher  Form  es  aber  nicht  kommen  kann,  da  das 
pic.  eh  in  glicher  nicht  mit  ss  übereinstimmt*.  Er  führt  dann  noch 
it  mdartl.  glisciare,  afr.  glinsery  npr.  Unsay  burg,  linzer  an,  aber  ohne 
eine  Erklärung  dieser  Bildungen  zu  geben,  die  doch  andre  Her- 
kunft verraten.  Wir  haben  es  hier  mit  Wörtern  deutscher  Herkunft 
zu  thun,  die  von  mehreren  Stämmen,  welche  im  Auslaut  variieren, 
welche  aber  alle  ähnlicher  Bedeutung  sind,  stammen. 

Was  zunächst  afr.  glicier  anbelangt,  so  meint  Mackel,  es  be- 
ruhe auf  ahd.  *glitzan,  einem  Iterativ  zu  ahd.  glïlan^,  got  glìdan 
(Stamm  gltd)  und  vergleicht  nhd.  glitschen.  Da  aber  im  Mhd.  ein 
gliizen  glänzen  (=  an.  glittà  glitzern ,  got  *gliíjan ,  s.  Schade),  wel- 
ches mit  ahd.  mhd.  gliz,  an.  glil  und  ahd.  mhd.  glîz  Glanz  zu  dem 
st  ahd.  Vb.  glîzan,  as.  glitan  gleifsen ,  glänzen  (Stamm  glii)  gehört, 
bezeugt  ist,  so  werden  wir  glicier  eher  auf  ein  ahd.  *glizjan^  zu- 
rückfuhren dürfen. 

Mackel  scheint  auf  ein  Iterativ  zu  ahd.  glitan  geführt  zu  sein, 
weil  glitan  direkt  'gleiten'  bedeutet  Aber  auch  das  vciaa.  glitzen 
hat  ursprünglich  diese  Bedeutung  gehabt  Die  augenscheinlich 
übertragene  Bedeutung  'Glanz'  scheint  bei  dem  Stamme  glit^  wie 
bei  den  verwandten,  erst  aus  'Glätte'  hervorgegangen  zu  sein 
(s.  Kluge  unter  glatt\  wie  denn  das  nid.  ¿^//*/  'Glätte'  und  'Glanz' 
bedeutet^  Der  Stamm  ist  ein  Schallstamm,  der  das  Aufschlagen 
und  Gleiten  eines  Körpers  auf  einer  glatten  Fläche  malt. 

Das  nfr.  glisser  könnte  direkt  auf  eine  Nebenbildung  wie  nid. 


^  Hildebrand  bemerkt  bei  Grimm  V,  S.  3  :  *  Wo  ein  lauter  Ton  bezeich- 
net ist,  entging  —  Itr*  kl-  deshalb  der  Lautverschiebung,  um  im  Einklang  mit 
dem  darin  einmal  niedergelegten  Naturlaut  zu  bleiben'. 

'  Man  vgl.  zur  Bedeutung  auch  das  zum  Stamm  klup  gehörige  kluppe 
in  der  Bedeutung  *  Bündel'  (Gr.  1306),  hess.  klopp  Bund,  thür.  kloppe  Bändel, 
Schweiz,  klûpfel  Menge. 

'  Bezeugt  ist  nur  mhd.  glîUn, 

^  Vgl.  zur  Bildung  afr.  esclicier  =  ahd.  slixzen  *slizjan,  mhd.  slünen, 
Denorain.  zu  säz, 

^  Wie  diese  Bedeutungen  wechseln,  zeigt  2¡há. glat  clat  glänzend,  zum 
Gleiten,  eben,  neben  ahd.  ^/¡/an  gleiten;  zfncs.  £" lisa  glänzen,  glänzend,  glatt 
sein,  as.  gUsian,  ostfries.  glise  Gleise,  ags.  glissjan,  acngL  glissen  glitzern, 
nid.  glissen  gleiten,  glitschen  ;  an.  glan  Glanz,  ostfries.  glennen  glänzen,  hess. 
glaner  Glitschbahn,  glânern  glitschen  ;  mhd.  glander  Glanz,  Schimmer,  nhd. 
md.  nd.  Gleitbahn,  o^xSneA,  gktndern  hin-  und  hergleiten;  mhd.  ostfries.  glins 
Glanz,  osXMts,  ghns(s)e  helle,  besonders  glatte  Stelle  im  Eise,  etc.  etc. 


366  TH.  BRAUNB. 

glissett  gleiten,  glitschen  (ags.  g/ùsjan ,  aRiig\.  gluten  gliUem)  «ir- 
riickgehen. 

Verwandten  Ursprungs  wie  afr.  gUcür  ist  das  afr,  glacier 
gleiten,  das  wohl  nicht  zum  ahd.  *^/ij//ii« i  glatten  gehört,  sondern 
zu  einero  im  Ablaut  zu  guisen  stehenden  ahd.  *g!aejaH,  einer  Ab- 
leitung aus  adj.  "¿■/aa  =  achwed.  glalt  glatt,  eben,  dän.  glal  schlüpf- 
rig, glatt,  oder  sbst.  *glaz  =  nahd.  gJas  glala  Kahlkopf,  Glatze,  eig. 
glatte  Stelle  (vgl.  glilte  Glatio  und  Glanz  und  s.  Kluge  unter  giatu). 

Das  mdartl.  it.  glisciare  setzt  ein  altes  *gliikjan  voraas,  das 
im  mila,  gtüchen ,  nd.  g/isten  (auch  gläsken)  glitschen,  gleiten,  vom 
erweiterten  Stamm  gütk^  (vgl.  den  Stamm  giù  in  mnd.  glù{s)en 
gleifsen,  glänzen,  ags.g/üian,  aíñes.  g/àû  glänzen,  glänzend,  glatt 
sein,  ostfries.  ^/wi  Gleite)  fortlebt. 

Neben  dem  zu  g^i'st  erweiterten  Stamm  finden  wir  auch  gli'ti 
im  engt.  gUslen  glister  glänzen,  glitzern,  strahlen,  nid.  glütrren 
schimmern,  funkeln.  Dazu  besteht  auch  eine  sbsl.  Bildung  engl 
glister  Glanz,  Schimmer,  auf  die  Schade  das  afr.  esclistre  mrück- 
führt.  In  der  That  würde  dieses  Wort,  wenn  man  ein  ags.  *gliiler 
voraussetzt,  der  Bedeutung  nach  entsprechen,  wie  denn  das  mhd. 
Ostfries,  ntd.  glinster  neben  'blendender  plötzlich  aufleuchtender 
Glanz'  auch  direkt  'Blitz'  und  nhd.  nd,  nid.  ostfries.  ^/mí/ín»  neben 
'glänzen,  funkeln'  auch  'blitzen'  bedeuteL  Vielleicht  aber  hat  da- 
neben eine  durch  í  im  Anlaut  verstärkte  Bildung  "s-güster  bestanden, 
wie  denn  das  Engl,  und  die  nord.  Mundarten  besonders  bäa&g 
Nebenformen  mit  anlautendem  j  zeigen,  vgl.  siraggle  in  engl.  Mund- 
arten scramble,  klettern,  scriggle  struggle,  schwed.  skragga  rait  Mühe 
gehen,  neben  deutschem  kragein  strampeln,  klettern,  &xyg\.  scrabtlt 
scraffle  klettern,  wimmeln,  krabbeln  {nid.  schrabben  kratzen)  neben 
nd.  krabbein,  an.  krafia,  engl,  era/ße  kriechen,  engl,  scrawi  Kiabben- 
art,  scrawl  krabbeln  und  engl.  dial,  scraffish  Flufskrcbs,  neben  emW' 
fish  crayfish,  das  von  dem  aengl.  erevise,  einem  entlehnten  fr,  &«- 
visse,  stammen  soll,  sowie  engl,  scramble  neben  crambU  etc.* 

Die  afr.  Nebenform  icliste  sowie  das  henneg.  ichtrt  scheinen 
ähnlicher  Herkunft.  Man  könnte  aber  bezüglich  icliste  an  due 
sbsL  Form  wie  *{s)gliste^  (vgl.  engl  g/isten)  denken,  die  nach  Ana- 
logie   des    mhd.  g/este    Glanz  (glesten    glänzen)    erschlossen    werden 

'  Ein  ahd.  glaljati  selbst  ist  auch  nicht  bezengt,  es  wird  allerdings  durch 
da«  nhd.  glätlen  vurausgcacttt. 

'  Vgl.  das  im  Ablaut  dazu  stehende  bair.  oítí.glvscliiit  glitnmCD,  schwib. 
gteschgen,  neben  mhd.  tanA.  glosen ,  aA.  glasen  glühen,  nortt.  ghsa  glinien. 
funkeln,  blinken. 

*  Vgl.  daiu  auch  tlildebruid  (Grimm  V,  1199.  Sgl),  der  geneigt  ist,  in 
dem  \i.  sgram/o  Haken,  Klammer  (neben  grampa  Kfalle},  einen  langobar- 
dischen  Bruder  des  ahd.  chramph{ei)  Haken  (obeid,  käniln.  krampe  auch  Kralle), 
und  in  dem  \f..  scltianlù  Spalt,  Sprung,  Schtiti  eine  got. -langob.  Nebenform 
abd.  ilinte,  engl.  dial,  elint,  achwed.  glänta  Spalt,  gtänt  kleine  OeHnong, 


,    ahd.  clast- 


BEITRÄGE   ZUK    KENNTNIS    t 


367 


darf,  und  ebenso  bei  icHtrt  an  eine  zum  engl,  ¡a  glilter,  aw.  giura, 
mhd,  glitztm  gehörige  Subslanlivbildung  *{s)glilkr. 

Das  afr.  glinser  sUramt  lautlich  zu  einem  ahd.  *g/insân  = 
mhá.  glinsen,^  das  wieder  nur  in  der  Bedeutung  'glimmen'  bezeugt 
ist,  das  aber  jedenfalls  auch  wie  das  ostfries.  gU'ruen  glmsstn  glänzen, 
glitschen,  gleiten  die  Bed.  des  afr,  Wortes  gehabt  haben  wird. 

Das  gebräuchlichere  mhd.  Wort  ist  glinzen,  auf  welches  das 
bürg,  linzer  zurückzugehen  scheint.  Es  wäre  aber  nicht  unmög- 
lich, dafs  diesem  eine  kürzere  Bildung  wie  *limen  zu  Grunde  liegt. 
Wenigsti-ns  ist  uns  ein  im  Ablaut  dazu  stehendes  sbsL  lata  Glanz 
bei  Graf)'  11,  241  erhalten.  GraüT  ist  geneigt,  ¡anz  aus  einem  in 
gi-lanz  zerdehnten  ahd.  *gliinz  (=  mhd.  glans  sbsL  Glanz,  adj.  ahd. 
mhd.  hell,  glänzend)  zu  erklären.  Eine  solche  Zerdehnung  scheint 
in  der  That  häufiger,  z.  B.  im  Niederrhein,  und  Elsäss,  (s,  Grimm, 
Buchstabe^  S.  i6oj)  einzutreten.'  Aber  wunderbar  bliebe  der  Fort- 
fall des  mifsveiständlich  als  Vorsilbe  aufgefafsten  Elementes  immer- 
bin.    Die  Sache  scheint  sich  anders  zu  verhalten. 

Die  hier  angeführten  deutschen  Wörter  sind  ganz  augenschein- 
lich Schall  stamm  en  entsprungen,  die  das  Aufschlagen  und  Gleiten 
auf  einer  ebenen,  glänzenden  Fläche  bezeichnen,  deren  verschiedener 
Auslaut  aber  die  verschiedenen  dabei  zu  Gehör  kommenden  Ge- 
räusche wiedergiebt.  Solche  Schall  stanarne  zeigen  aber  auch  im 
Anlaut  eigenartige  Variationen.  So  steht  z.  B.  dem  engl,  gnarr 
knarren,  knurren,  mnd.  gnarren,  hd.  knarren  (Grimm  V,  1354,  3) 
knurren  ein  mnd.  narren,  dem  schwed.  knarga  ein  narga,  dem 
schles.  knergeln  knirgeln,  lausitz,  posen.  ¿'>»>yi/n,  ein  mrgeln,  dem 
henneb.  gnänge(r)n  (s.  Grimm  unter  knenken)  ein  sächs.  nengern, 
dem  ^gs.  fneosan,  mengl. /rusen  und  snesen,  a\á. /niesen  ein  ahd. 
niosan,  nid.  niesen,  dem  mnd.  glupen  ein  lupen,  dem  oberd.  knagen 
gnageii  ein  nagen  (ahd.  bi-gnagan  und  nagatC)?  dem  mhd.  klâflcr 
ein  bair.  laßer  etc.  zur  Seite,  in  denen  selbständige  Nebenformen 
(s.  Grimm  V  unter  knagen)  anzuerkennen  sind.*  Wir  werden  hier- 
nach neben  Bildungen  wie  mhd.  glänz,  glinseii,  glinseu,  glinden,  ags. 

'  Vgl.  glins  und  giinse  S.  365  Anm.  5. 

•Vgl.  bei  Grimm  ge-üntmin  =.  glimmen .  ge-lcst  =  gìasl,  ge-ìhen  = 
gtlsm,  gi-loyt  =^ glut;  sowie  gelitte  bei  Schade  utitet  mbd.  litte,  ghe-limtem 
neben  gliHsleren  bei  Kilian.    Vgl.  auch  die  Anm.  2  auf  S.  360. 

'  S.  auch  Grimm  V  unlet  knappen  II,  1,  6,    knuffen,  kneipen  etc. 

'  Die  verschiedene  Gestaltung  im  Aolaut  wiid  man  nicht  daraaa  ei- 
klären  können,  dais  1.  B.  der  Stamm  nar  aus  gnar  oder  knar  verkürzt  wäre, 
vielmehr  nur  %o,  dais  dem  NaturgeräuEch  nar  oh  ein  NebengeTausch  voraus- 
(¡ehi,  dessen  apracblicher  Aasdruck  eben  das  vorgeschlagene  g  oder  k  war 
(vgl.  meine  Abbtndlung  in  der  Ztschr.  lür  dealsche  Philologie  1S96  übet  narr 
and  ein  Programm  'Ueber  einige  schallnachahmenile  Stimme  in  den  getmun. 
Sptacben.'  Berlin  1S9Ú).  Wir  werden  die  kärieien  Stämme  als  die  uisprûag- 
lîcheren  anerkennen  müssen,  da  das  Ohr  erst  mit  der  Zeit  imstande  gewesen 
ist.  das  Ncbengeräuscli ,  welches  dem  Hauplgeiäusch  voiangegangen  ist,  zu 
vernehmen.  Dafür  spricht  anch  der  Umstand,  dafs  in  den  kürzeren  Stimmen 
die  ursptünglicbc  Bedeutung  nur  noch  sehr  selten  klar  za  Tage  liegt  und  dafs 
tie  meist  scliou  übertragenere  Bedeutungen  zeigen. 


^68  TH.  BRAUNE, 

as.  gliiian,  denen  ja  noch  anders  im  Anlaut  gestaltete  Bildungen 
wie  ags.  sltdan,  mhd.  slHen  gleiten  (vgl.  [it.  siiiiüs  glatt,  schlüpfrig), 
got  sünda tt  m  fra-slindan  verschlÌDgen ,  eigll.  gleiten  machen,  ahd. 
slintan  schlingen,  schlucken,  verschlingen,  verschwinden  machen  etc 
zQr  Seite  stehen,'  auch  andre  Wörter  ohne  g  oder  s  im  Anlaut 
vermuten  dürfen. 

Eine  solche  Spur  liegt  nun,  wie  ich  meine,  vor  in  dem  bei 
GrafT  bezeugten  ahd.  ¡ans  Glanz  und  wohl  auch  im  mhd.  läit 
Glanz,  Leuchten  und  liistn  leuchten  (in  himellttst  fiilgur,  kimei- 
wíltrlilzín ,  vgl,  daneben  mhd.  glilze  Glanz,  glilzen  glänzen).'  abd. 
Uni  Schlange,  eigll.  die  Gleitende,  an.  iinnr  (vgl.  mhd.  gUaden 
gleiten),  ahd.  linst  Linse,  eigtl.  die  Glänzende,  dessen  Entlehnung 
aus  dem  laL  Uns  auch  nach  Kluge  unsicher  ist  (vgl,  mhd,  glinsai 
glimmen,  oslfries,  glänzen),  got.  ¡tipan  gehen,  fahren,  wandern,' 
ahd.  lidan  einen  Weg  nehmen,  gehen,  fahren,  vergehen,  Trübsal 
erfahren,  leiden,  as.  ags.  ììdhan,  an.  lidha  gehen,  weggehen,  vergehen, 
dahinschwinden,  nebst  ahd.  Hd  ¡Uh  Udii  Glied,  Gelenk,  got.  lithus, 
an.  lidhr,  as.  lìihi  ¡ìdfii,  a^s.lìdke*  (==  ahd. //Wi' ^  Íat.¡ínius.  Grund- 
bedeutung nach  Fick  'nachgebend',  vgl.  goL ¡irtitan,  aflirman  weichen, 
fortgehen,  tat.  Unis)  weich,  zart,  nachgiebig,  deren  Grundbedeutung 
ebenfalls  'gleiten,  gleitend  und  glänzend'  zu  sein  scheint^ 

Zu  dem  zuletzt  genannten  Vb.,  vielleicht  ags.  iîdlian,  an.  Iid¡ia, 
in  ursprünglichster  Bedeutung,  würde  sich  das  bei  Diez  unter  afr. 
esUder  erwähnte  norm,  líder  gleiten  und  das  bürg,  linzer  zu  einem 
neben  ahd.  ¡an%  zu  e rsch liefsenden  "limùn,  sowie  npr.  linsa  zu 
"linsen  (sbst.  ahd.  Unsi  Linse)  stellen. 

Unter  afr.  eslider  erwähnt  Diez  auch  das  norm,  ¿linder  gleiten, 
hingleiten,  das  er  mit  diesem  Worte  ohne  weiteres  gleichKUSteilen 
scheint  und  vom  ags.  sltdan  ableitet.    Aber  éltnder  stammt  wohl  von 


'  Vgl.  »uch  Wörlcr  mit  noch  andetem  Anlaut  wk  ahd.  blic  Glaoi,  Bliu, 
Blick,  an.  */i*  Glanz,  mhd.  Winiin  blinicn,  ahd.  Mrfi;  as.  Ä/«Ai  heiler,  frob. 
ao.  bliähr  sanft,  mild  (daneben  ags.  Ildhi  weich,  uri,  ahd.  glal  glatt,  gl^uend, 
fräblich),  aiaa.blätt  Blitï,  miiá.  blilien,  i\iä..ßini,  ags.  flint  Kiesel,  Meteor- 
stein (der  Glänzende  !P)  etc. 

*  Schade  stellt  litie  und  litun  altcidings  lu  gol.  *v¡ilja  uod  *tilü}an, 
vgl.  gol.  vlits  Angesicht,  Gestall,  Aussehen ,  as.  viUti  Glaai,  Angesicht,  Gé- 
stale, ags.  vlüi  dass.,  an.  litr  Aussehen,  Farbe,  bes.  auch  der  liebte  Schein 
bei  XagesBohruch,  Glanz  des  Angesichts,  ags.  vlttan,  an.  Uta  blicken,  schauen, 
aeben,  eigtl.  gläaien.  Nach  J.  Grimm,  G.  Spr.  412  steht  got.  *v/eiltm  vielleicbl 
Fäi  ^leiiiin,  vgl.  3^a.v.  glfdali  blicken,  sehen;  nach  Leo  Meyer,  Die  goL  Spr. 
ist  asiav.  glfdati,  gr.  ßl.enftv,  aind.  lakih  (aus  glaksh)  in  vergleicheo. 

'  Vgl.  auch  mhd.  litte  Weg,  auf  dem  gefahren  wird,  ahd.  ítiieitu  Unter- 
halt (das  in  den  Schlund  Gleitenden),  ahd.  leisa  GeleU,  Spur  (mhd.  nñiwñi  leiie 
frische  Spar,  bes.  von  frisch  gefallenem  Schnee),  ahd.  lito  pedeletltinl,  leniter, 
got.  laisj'au  docere,  i.e.  sequi  faceré,  in  mm  ducere,  s.  Giimm,  Gr.  11,46. 
Zur  Bedemung  'Spur'  vgl.  asiav.  MJìi  Spur  und  an.  siSi/h  lan^eiogene  Spor 
eines  Wageas,  Scblitlcns  im  Schnee,  die  mit  gol.  slauthjan  gleiten  machen 
verwandt  sind. 

•  Vgl.  ksl.  ¡tdn.  Hl.  ¡¿das  Eis  =  XiSo^  eigtl.  da?  Glatte,  GUnicndc. 

'  Vgl.  gol.  slauthj'an  gleiten  machen  in  afslauthjan.  Ut,  sUdüs  glalt  uiw 
Ausgleiten  (Eit),  ichlüpfrig,  leit.  tliJi  dass.,  siid¿l  rul^cben,  gleiten. 


BEITRAGS  Z(7R   KENNTNIS  ROM.  WÖRTER.  369 

einem  an.  *slt'ndan  =  got.  slindan  in  fra^sUndan  xarajclvsiv,  ver- 
schlingen, ahd.  sltntan,  mnd.  mnld.  nid.  ostfries.  sltnden  schlingen, 
schlucken,  verschlingen,  verschwinden  machen,  dessen  Grundbedeu- 
tung 'gleiten  oder  schlüpfen  lassen  oder  machen'*  ist,  wie  sie  auch 
im  nid.  slinder  eine  Schlangenart,  slinderen  serpere  zu  Tage  tritt 
Man  hat  hier  von  der  refl.  und  intrans.  Bedeutung  auszugehen, 
wie  sie  sich  bei  der  verwandten  Bildung  ahd.  slingan  hin-  und  her- 
ziehend winden,  schlingen,  refl.  sich  schlingend  kriechen,  dan.  sìynge 
schlingen,  schleudern,  refl.  sich  schlängeln  (vgl.  lit  sliñkti  schleichen) 
zeigt.2  Wie  sich  hier  die  Bedeutung  'schleudern'  entwickelt,  so 
scheint  auch  das  germ,  ^slindan  diese  gehabt  zu  haben,  wie  das  afr. 
eslinder  (G.  Guiart  II,  337)  beweist,  das  sich  neben  pic.  élinguer 
schleudern  (=  ahd.  slingan  schwingen,  ags.  slingan  werfen,  schleu- 
dern, vgl.  an.  slyngva,  schwed.  slunga  schleudern,  dän.  sfynge)  findet 

Zum  fr.  grommeler  murmeln  verweist  Diez  auf  deutsches 
grumeln  grumen,  engl,  grumble.  Formell  stimmt  aber  dazu  direkt 
das  mnld.  grommelen  murmurare,  grunnire,  mutire,  ostfries.  grünt" 
mel(è)n^  nd.  grummeln  ^  ein  dumpfes  Getöse  machen,  knurren,  don- 
nern, das  Frequent,  zu  mnld.  nid.  grommm,  mnd.  grummen  grumen 
ein  dumpfes  Getöse  machen,  murren,  brummen,  bair.  sich  grumen 
sich  abhärmen,  mürrisch  und  verdriefslich  sein  (vgl.  engl,  grum 
brummig,  grämlich  etc.),  das  wieder  im  Ablaut  zu  mhd,  grimmen 
vor  Zorn  oder  Schmerz  wüten,  tobend  lärmen,  as.  grimman  steht. 

Zum  afr.  halt  Aufenthalt,  Wohnung  verweist  Diez  auf  das 
deutsche  halt  Festigkeit,  feste  Stütze  und  vergleicht  aengl.  liold 
Festung,  mhd.  he-halt  sicherer  Platz.  Es  erscheint  nicht  unange- 
bracht zu  bemerken,  dais  das  mnd.  halt  (holt)  m.  und  n.  speziell 
auch  die  Bedeutung  *Halt,  Hinterhalt,  Versteck',  wie  sie  in  der 
ältesten  fr.  Stelle,  im  Parton.  v.  5739:  il  est  venuz  él  halt  des  hors 
{ors)  et  des  lions^  vorliegt,  neben  *dias  Halten,  Abhalten'  (=  ahd.  halta 
Hemmung,  Hindernis,  nfr.  halte  Stillstand  auf  dem  Marsch)  zeigt 

Hanebane  henebane  fr.  Bilsenkraut,  führt  Diez  auf  das  engl. 
henbane  d.  L  Hühnertod  zurück.  Dem  entspricht  aber  wenigstens 
hanebane  lautlich  nicht  genau.  Diese  Form  weist  vielmehr  mit 
seinem  a  direkt  auf  ein  ags.  ^hana-bana  (ags.  hana  =  ahd.  hano^ 
mhd.  hane  han,  got  hana\  ags.  bana  Töter  =  as.  baño  der  Töter, 
Tod,   engl,  bane  Verderben). 

Man  vgl.  die  vielfachen  Zusammensetzungen  mit  hano  wie  ahd. 
hane-fuoZf  ostfries.  hane-fot  Hahnenfufs,  Ranunkel,  ostfries.  hane-kam, 
Name  mehrerer  Pflanzen. 

Hellequin  afr.  Luftgebilde  rauschender  Geister,  Geisterkampf, 
wüder  Jäger,  soll  aus  dem  nid.  helleken  hellekîn  (Höllchen,  dann 
wegen  des  Höllenlärms  so  viel  als  'wilder  Jäger,  wütendes  Heer'), 
dem  Demin.  zu  dtsch.  helle  stammen  (s.  Grimm,  Mythol.  894,   Sim- 


'  Schade  sagt,  näcbstverwandt  ist  slttan  gleiten  etc. 

'  Vgl.  auch  ags.  sUncan  kriechen,  schleichen,  slincend  reptile. 

*  Schon  Scheler  iîUirt  ein  ^Bm,  ^am$nélen  an. 

Zdtschr.  t  rom.  PhiL  XX.  24 


370 


TH.  BRAUNE, 


rocks  Mythol,  199,  5,  Ausg.  Weigand),  Das  nid.  Wort  wäre  aber  m>- 
gewöhnlich  genug  persönlich  aufgefafst.  Zudem  erscheint  es  wunder- 
bar, wenn  man  zur  Beieichnung  einer  so  furchterregenden  Vor- 
stellung sich  eines  Demiiiutivs  bedient  hätte.  Sollte  helieguin  nicht 
direkt  von  einem  Worte  wie  das  mnd.  hellekint  Bewohner  der  Hölle, 
etwa  ahd.  *Ai//f -/&/«/,  uia\á.  *heUe-kind  {kini)  stammen?  Man  denke 
daran,  dafs  sich  htüe  in  unzähligen  deutschen  Zusammensetzungen 
{ich  zähle  deren  im  Ahd.  und  Mhd.  bei  Schade  nicht  weniger  als 
dreifsig  bis  vierzig,  alle  in  der  Bedeutung  'Teufel')  findet. 

Zum  sp.  lapo  Schlag  mit  flacher  Klinge,  bemerkt  Diez,  es 
stamme  vom  ahd.  lappa  (f.!),  nhd,  lappai  Lappen,  und  vergleicht 
das  deutsche  ;/ö/,  welches  zugleich  'Lappen' und  "Schlag  mit  etwas 
Flachem'  bedeute.  Er  hätte  auch  auf  das  näher  stehende  schlappt, 
in  Appenzell  Lappen,  Ost-  und  westpr.  Latz,  Serviette  für  Kinder, 
das  nach  Grimm  Di,  485  auch  'alapa,  colaphus'  bedeutet,  verweisen 
können. 

Dieselbe  Bedeutung  ist  aber  auch  im  nid.  lap  Schlag,  Klaps 
(íií;«  vliegen  mei  teñen  laf)  nachweisbar,  und  es  wäre  denkbar,  däfs 
gerade  dieses  nid.  Wort  von  den  in  die  Heimat  zurückgekehrten 
Spaniern  mitgebracht  worden  wäre. 

Dafs  aber  der  in  lap  vorliegende  Stamm  auch  sonst  in  ähn- 
licher Bedeutung  vorkommt,  beweisen  das  ostfries.  laps,  sowie  die 
Vb-  ostfries. /a/^  klatschen,  klopfen,  schlagen,  einen  Klapps,  dne 
Ohrfeige  versetzen,  ranid.  pangere,  figere,  impingere,  impellere, 
illidere,  quatere,  mßäm.  faire  impulsion,  frapper  par  force,  nid. 
stofsen,  treiben,  klappen,  klatschen,'  wie  denn  auch  das  comask. 
lapina  Ohrfeige  darauf  deutet,  dafs  der  Stamm  auch  auf  südlichem 
Sprachgebiet  diese  Bedeutung  aufzuweisen  hatte, 

Wir  haben  es  hier  mit  BÜdungen  zu  thun,  die  augenschein- 
lich ein  vernommenes  Geräusch  malen. 

Dasselbe  ist  der  Fall  in  Wörtern  wie  mnld.  lapm  lapping  nid. 
läppen  abligurire,  heluari,  mnd.  lapen,  ags.  lapjan  la^jan  lamberé, 
läpian  kpian  kppan  lecken  lassen,  an.  lepja,  ahd.  Itfpken  in  gt- 
hpphtn  schlürfen,  trinken,  mhd.  leff'en  lecken,  schlürfen,  denen  ein 
St.  ahd.  laffan,  mhd.  laffen  lamberé,  lecken,  schlürfen,  schlappen 
zur  Seite  steht.  Das  Geräusch,  welches  das  Schlecken,  Schlürfen 
von  Flüssigkeiten  hervorruft,  gab  Verlassung  zu  dieser  Bedeutung. 

Auch  in  das  Romanische  ist  das  Wort  übergegangen  in  dem 
it.  lappare,  afr.  nfr.  laper,  pr.  lepar,  cat.  lUpar  auflecken.  Mackcl 
fuhrt  das  fr.  und  pr.  Wort  auf  das  an.  lappa,  ags.  ¡apjait  zurück. 
Aber  das  an.  Wort  ist  nur  in  der  Bedeutung  'flicken,  ausbessern', 
auf  die  wir  noch  kommen,  bezeugt,  und  das  ags.  lapjan  hätte  wohl 
lapir  ergeben.  Wir  werden  daher  das  fr.  laper  eher  zu  einem 
geim.  *lapdH  lappSu  (vgl.  mnld,  lap[p)en)  oder  *1^h  (vgl.  ahd.  ¿affan) 

'  Vgl.  auch  engl,  lap-stane  Sdilagstcin ,  KJopfslein  des  SchusteTi,  nid. 
lip  Slofä  mit  dem  Fufs,   leppen  FufBCritt  versetzeo. 

■  Vgl.  schlappen  geriuBchvoll  lecken  (Giimm  49$). 


BEITRÄGE  ZUR   KENNTNIS    ROM.  WÖRTER, 


371 


stellen  dürfen.  Was  das  pr.  lepar,  cat.  ¡¡¡par  anbelangt,  bei  dem 
die  von  Mackel  angesetzte  unorganische  Verwandlung  eines  a  zu  « 
Bedenken  erregt,  so  könnte  es  auf  einem  allen  *Iipp6n  (vgl.  fíppíit 
bei  Grimm  schlürfen,  lecken,  nebst  lippeln  und  Upper»  und  mnd. 
ostfries.  ¡ip€n  eine  dicke  Unterlippe,  ein  schiefes  Maul  machen, 
schwed.  Upa  die  Lippen  hängen  lassen ,  maulen)  beruhen  wie  fr. 
liper  behaglich  speisen,  das  aber  jüngere  Herkunft  verrät 

Das  letztgenannte  Vb.  ist  aüfs  nächste  verwandt  mit  nd.  mnd. 
«fries.  Upe,  norw.  ¡epe,  nid.  engl.  Up,  mnid.  nd.  mnd.  Uppt,  ags.  afries. 
^Hppa,  aengl,  Uppe,  norw.  Uppa,  dän.  Uppe,^  denen  im  ahd.  Itfs  (auch 
Itps  wie  nd.)  gegenübersteht  und  die  das  Organ,  mit  dem  man 
leckt,  bezeichnen.  Zu  einem  andfrk.  *Uppa  stellt  Mackel  das  afr. 
iept,  das  afr.  iipe,  nfr.  Uppe  hingegen  zu  einem  altd.  Uppa.  Da  aber 
Uppe  erst  später  ins  Hochd.  übernommen  ist  und  das  Wort  im 
Ahd.  *Up/e  gelautet  haben  müfste,  so  würde  das  afr.  Upe  besser 
dem  ags.  Uppa  (aengl.  Uppe)  entsprechen. 

Ltppe  ist  aus  allem  *Up-ja  {s.  Grimm)  hervorgegangen.  Und 
dafs  dieses  auch  im  Ahd.  als  *U/ja^  bestanden,  dafür  zeugt  das 
diesem  genau  entsprechende  comask.  Uffia  Mund,  während  das 
comask.  Uff  Lippe,  das  man  gewähnlich  zum  ahd.  mhd.  U/s  stellt, 
eine  kürzere  Bildung  ahd.  *U/  ^  Uff  n.  (bei  Grimm  515)  Lippe, 
Schweiz,  hf  ¡äf  Maul  zu  repräsentieren  scheint 

Wie  nun  schlappe  (s.  oben)  'Lappen'  und  schlappen,  oherd.  sclilap/en 
auch  'schlaff  sein,  lose  hängen,  lose,  schleppend  gehen'  bedeutet,  so 
bezeichnet  die  kürzere  deutsche  Bildung  'herabhängendes  Stück 
Zeug,  Lappen,  Flicken",  vgl.  ags.  lepfia  lappa  (m.)  Saum,  Franse, 
aengl.  läppe,  ranid.  nid.  lap  Lappen,  Fetzen,  nd.  mnd.  läppe,  afries. 
lappa,  an.  isl.  lappi  leppi  lap,  denen  sich  auch  ein  ahd.  lappa^  (f.) 
lacinia,  mhd.  läppe  (m,  und  f.)  anschliefst,  das  die  gleiche  Lautstufe 
zeigt,  aber  wohl  von  dem  Nebenstamm  ¡ab  (vgl.  nid.  labbere?!  flattern, 
sanft  wehen,  md,  labern  langsam  und  einfaltig  reden,  in  Schlesien 
leckend  trinken,  Schweiz,  labben  läppen  lecken,  nid.  mnld.  nd.  ost- 
fries. labèen,  ags.  labjan,  nd.  md.  tabbe  Hängelippe,  Lippe,  Mund) 
mit  gleicher  Bedeutung  stammt-  Die  Bedeutung  'Lappen,  Fetzen' 
scheint  an  das  Geräusch,  das  von  einer  im  Winde  flatternden  und 
klatschenden  Fahne,  von  nassem  Zeuge  etc.  (vgl.  läppen  3  bei  Grimm 
^  Gam,  Netz,  4  ^  Segel,  5  ^  hangende  Haut)  hervorgerufen  wird, 
anzuknüpfen.* 

Zu  den  genannten  Wörtern  stellt  sich  das  fr.  lapigne  Lumpen 
(in  Herr}'),  ohne  dafs  sich  eine  genau  entsprechende  deutsche  Bil- 
dung nachweisen  Uefse. 

'  Vgl.  schlappt  in  Posen  Mund,  Maul. 

•  Im  AbUm  daîu  sieht  laffe  Uppe,  Muad  (Grimm  VI,  56). 

'  Kluge,  dem  die  Unregelmärsigkeit  in  dei  Entsprechung  von  ags. 
tappa  und  hd.  lappiti  unklar  erscheint,  hält  ahd.  läppe  fiir  ind. 

'  Vgl.  TÜa.ßappin.  engl.  ;ti/  klatschen,  osüiisi.  flappen  schlauen,  klal- 
uben,  sich  bewegen,  Sattem,  von  schlaff  hängenden  Segeln,  und  bait,  lapptn 
Bcbaukeln,   nass.  tapptrn  hin-  und  beifabreD  etc. 


I 


372        TH.  HRAUNE,    BEITRÄGE    ZVR   KENNTNIS    ROM.  WÖRTER. 

An    diu    hier    entwickelten  Bedeutungen    knüpft    dann    an  das 

deutsche  ¡afpe  ¡app  homo  stolidus,  ¡neplus,  nid.  lap  Lump,  Tha- 
nichtgut,  unredlicher  Mensch,  auch  Säufer  (mit  Anlehnung  an  läppen 
lecken,  schlürfen),  ostfries.  ¡up  läppe  laps,  nordd.  was(h-lappe{B),  nhd. 
iaffe,  rahd.  (md.?)  lape  tappe  Laffe,  einfältiger  Mensch,  Bösewicht, 
die  ursprünglich  wohl  einen  ilallerhaflen  Menschen'  bezeichneiL 

Hierher  gehört  auch  das  fr.  lâpeau  träger  Mensch,  chw.  lapi 
Wicht,  Pinsel,  bei  denen  Diez  auf  das  nhd,  läpp  schlaff  verweist. 
Dem  ïr.  lâpeau  entspricht  lautlich  das  bei  Schmeller  I,  1496  ange- 
führte lappel. 

Loup-garou  Mensch,  der  Wolfsgestalt  annehmen  kann,  pic. 
garffu  Hexenmeister,  gehört  zu  den  wenigen  Wörtern,  in  denen 
fur  nebentoniges  e  ein  a  stehen  soll.  Wie  wir  aber  zu  afr.  bramer 
(Ztschr.  XIX,  355)  auf  eine  deutsche  im  Ablaut  zu  ahd.  brè'man  ste- 
hende Bildung  wie  mnd.  brammen  und  zu  afr.  /aloise  falise  oben 
S.  358  auf  *faUsa  =  a-hd./flùa  verweisen  konnten,  so  werden  wir 
auch  hier  als  Etymon  eine  Form  mit  a  ansetzen  dürfen.  Und  in 
der  That  bieten  sich  dafür  ein  schwed.  var-ulf,  dän.  var-uiv  und 
mnd.  war-wulf  (neben  ■wer-wul/).'^  Kluge  setzt  auch  nicht  wie 
Schade'  ein  rahd.  wtr-wolf,  ags.  vërtvulf  (ahd.  *zvêrav.-olf,  goL 
vairavulfs)  mit  ê,  sondern  mhd.  Wfrwalf  entsprechend  ags.  lefrt' 
Wulf  mit  ;  an.  Aus  dem  Ahd.  führt  er  den  Eigennamen  Wfri-wolf 
an,  dessen  f,  wie  ich  hinzufüge,  der  nicht  umgelautete  frankisdie 
Eigenname  Vuari-ulfo  (s.  Waltemalh  p.  37)  sichert.  Für  aus  a  um- 
gelauteles  /  spricht  auch  die  nhd.  Schreibung  Wärwolf  und  Währ- 
wolf neben  Werwolf.  Da  hiernach  das  mhd.  utërwolf  und  damit 
auch  das  von  Mackel  angesetzte  andfränk.  wfrewulf  unsicher  er- 
scheint, so  werden  wir  auch  garou  auf  ein  dem  &änL  Eigennamen 
V»ari-4dfo  entsprechendes  andfränk.  *ícid''/-wu//'zurückruhFen  dürfen. 

'  Heyne  ¡Grimm  VI,  191)  geht  lür  diese  Wörter  überhaupt  von  dem  Ge- 
räusch aus,  das  ein  leckendes,  naschendes  Kbd  heiïotbtingt. 

*  Vgl.  auch  altmärk.-plaLtd.  ■aaorviutf. 

*  Schade  kommt  lu  der  Schreibung  -aêrmolf.  weil  er  die»  auf  das  ahd. 
ags.  as.  w/r,  an.  vërr  Mann,  Meoscb  (vgl.  ì.vxàv^Qotnoiii  larñckfñhrt,  KJoge 
hingegen  seilt  als  erstes  Kompositionsglied  auf  Grund  der  weslfàl.-lipp.-bess, 
Beueniiimg  des  Werwolfs  als  Bükscnwolf  'Hoscnwoli'  das  ahd.  *:0fri' ^  ags. 
■a(Te  Kleid,  an.  verja  Oberldeid  (tu  got.  vasjan  kleiden  ^  engl,  fu  war 
Kleider  tragen,   aus  ags,  vifriait,  vgl.  an.  verja,  ahd.  vjerjan  kleiden)  ao. 

(FortietxuDg  folgt.) 

Tm.  Bkaune. 


BESPRECHUNGEN. 


Angelo  Solerti,  Vita  di  Torquato  Tasso.    Tre  volumi  in  8^.    Torino- 
Roma,  E.  Loescher,  1895. 

Gran  copia  di  pubblicazioni  provocó  il  terzo  centenario  della  morte  di 
Torquato  Tasso,  celebrato  solennemente  il  25  aprile  1895.  Pubblicazioni  varie 
di  contenuto,  di  forma,  di  valore:  dall'insulso  discorso  d'occasione  destinato 
a  porre  in  vista,  più  che  i  meriti  del  commemorato,  la  vanità  del  commemo- 
rante, dal  banale  articolo  di  divulgazione,  alla  sintesi  garbata,  agli  studietti 
ammodo,  utili  senza  pretesa,  ai  volumi  chiacchieroni  ed  alle  opere  benemerite 
di  critica  storica.  Un  pò  di  tutto,  insomma,  come  sempre:  cose  buone, 
mediocri,  meno  che  mediocri,  cattive,  insignificanti;  le  insignificanti  in  maggior 
numero  che  le  altre  ^. 

n  primo  posto  in  mezzo  a  questa  produzione  esuberante  vuoisi  senza 
dubbio  assegnare  a  due  opere  di  Angelo  Solerti  :  V  edizione  critica  della 
GerusaUmme  liberata  e  la  Vita  di  Torquato  Tasso.  Dare  un'  edizione  vera- 
mente crìtica  della  Liberata  non  era  cosa  agevole  davvero,  chi  sappia  come 
quel  poema  fosse,  a  dir  cosi,  in  un  continuo  divenire,  finché  non  giunse  alla 
redazione  o  deformazione  ultima  miseranda,  che  il  suo  autore  tenne  come  de- 
finitiva, la  Conquistata,  Ci  troviamo,  quindi,  d'innanzi  ad  un  quesito  nuovo 
per  la  storia  d' un  testo  :  anziché  attenerci  alla  redazione  ultima  voluta  dal- 
l' autore,  dobbiamo  sorprendere  il  frutto  del^  ingegno  suo  ancor  sano  e  lim- 
pido, prima  che  gli  scrupoli  propri  e  la  pedanteria  altrui  e  la  travagliosa 
arrovellante  malattia  dello  spinto  costringessero  il  povero  Tasso  a  farne 
scempio.  Sinora  1'  edizione  moderna  migliore  e  più  sicura  era  quella  modesta 
di  Severino  Ferrari,  nella  quale  leggevamo  riprodotte  le  due  stampe  ferraresi 
consentite,  benché  a  malincuore,  dall'  autore,  vale  a  dire  la  Gerusalemme 
quale  il  Tasso  la  voleva  nel  1582.  Ma  al  Solerti,  dopo  lunghe  ricerche, 
venne  fatto  di  rintracciare  nel  Musco  Soane  di  Londra  1'  autografo  del  poema 
e  su  di  esso,  corredandolo  delle  varianti  che  recano  altri  manoscritti  e  le 
stampe  antiche,   condusse  il  suo  testo*.    Abbiamo  perciò   in   questo   libro, 


'  n  Solerti  offerse  al  pubblico  l'elenco  bibliografico  delle  pubblicazioni 
che  si  fecero  pel  centenario  tassesco  nella  Rivista  delle  biblioteche  e  degU 
archivi,  an.  VI,  ni.  9 — io  e  discorse  criticamente  delle  più  rilevanti  fra  quelle 
pubblicazioni  nel  Giorn,  storico  della  letteratura  italiana,  XXVH,  391  sgg. 

*  Sono  due  volumi  editi  dalla  Casa  Barbèra  di  Firenze.  Precede  un 
volume  introduttivo,  che  dà  ampia  ragione  dell'  opera,  segue  la  fortuna  del 
poema  ofi'rendone  la  bibliografia  compiuta,  termina  col  rimario  e  con  l' indice 
dei  nomi  e  delle  cose  notabili. 


374 


BESPRECHUNGEN. 


)I.FO   BENIER, 


¿rc  del  lesto  tr»  il  1574  e  il  1576, 
revisione  successiva",  vale  a  din 
L   poema   che   Ìa  dal  suo  medesiaio 


voglia  qui  irai  leu  ermi ,  t  open  di 
loi  slndl  lunghi  e  padenti  per  piìi 
□eli'  archivio   dì   Modena  gli 


come  il  Solerli  medesimo  scrisse',  „il  llut 
„durante  il  compimenlo  dell'  opera  e  I. 
quanto  di  meglio  ci  è  dato  sperare  d'  1 
autore  cosi  miseramente  guastalo. 

La  Vita  di  T.  Tasse,  sulla  quale  i( 
maggior  lena,  a  cui  il  Solerti  consocrù  i 
di  un  decennio.  Le  prime  ricerche  i 
fecero  ben  presto  intravvedere  che  la  biografia  di  Torquato  scritta  dal  Scrassi, 
buona  arni  ottima  pei  tempi  in  cui  fu  dettata,  mirabile  addirittura  per  iolnila, 
se  ai  consideri  il  materiale  manchevole  di  cui  egli  dispose,  poteva  essete  in 
molte  parti  completata,  in  altre  corretta  col  sussidio  del  materiale  archivistico. 
Ond'  è  che,  ubbedendo  ad  un  amore  per  la  ricerca  erudita  che  lo  rende  in- 
stancabile, il  giovane  critico,  continuò  a  frugare  per  inni  ed  anni,  sema  co- 
noscer riposo,  dovunque  gli  sembrava  di  poter  raccogliere  nuovi  indizi  per 
lumeggiare  la  vita  del  suo  poeta  prediletto.  E  ben  presto  di  queste  ricerche 
si  videro  i  fruiti.  Sin  dal  1S37  comiuciarono  a  comparire  in  gioruili  e  rívisle 
i  suoi  primi  saggi  di  studi  tassesclii;  per  lo  più  documenti  nuovi  illustrati 
ovvero  questioncine  laterali  proposte  o  risolte.  Crebbero  questi  saggi  di 
mole  e  d' importanza  nell'  anno  successivo,  che  vide  pur  uscire  in  un  volume 
medesimo  i  due  studi  del  compianto  marchese  Camporí  su  Luigi  e  Lucreiia 
d'  Este  accompagnali  da  uno  del  Solerti  su  Leonora.  Cosi  sin  dal  1888  egli 
veniva  a  presentare  nella  sua  giusta  luce  la  figura  di  quella  principessa,  che 
secondo  la  tradizione  avrebbe  avuto  tanta  parte  nelle  sventure  e  nella  poesia 
immortale   del   povero  vale.     Né   lardò   molto  ad  caser  pubblicalo  un  bel  vo- 


lume del  Solerli 
e  dotta  prefai 
sec.  XVI*  El 
Tasso:    buona 


i  Discorsi  di  Annibale  Romei,  preceduti  da  una  long« 
Firrarii  e  la  corti  tstense  nella  teeonda  metà  del 
.1  gran  quadro  in  cui  egli  collocava  idealmente  il  suo 
!  d'  ambiente  storico,  frullo  di  ricerca  onnu  pro- 
In  quel  medesimo  anno  1891  tniiiava  il  Solerti  con  la 
casa  Zanichelli  i  Bologna  la  serie  delle  Opere  minori  in  versi  di  Torqnalo, 
edizione  critica  su[;1i  autografi  e  sulle  antiche  slampe,  di  cui  sìnora  tà  son 
veduti  tre  tomi,  ciÙ  sono  i  poemi  minori  ed  il  teatro,  quest'  ultimo  pure  pel 
centenario.  Altri  selle,  che  recheranno  le  rime,  sono  ormai  pronti  nel  mano- 
scritta. Nel  189!  usci  pei  tipi  Le  Monnier  na' Appendice  alle  opere  tm  prosa 
di  r.  Tasso  curata  dal  Colerli. 

Ora,  io  non  dirò  certo  che  in  questa  abbondante  produsione  crilica  del 
Solerti,  specie  nei  primi  lavori,  non  appaia  molte  volle  la  fretta,  la  quale  tal- 
ora gli  fa  commettere  delle  sviste  non  sempre  scusabili.  Ma  giustiiìa  vuole 
si  aggiunga  aver  egli  mostrato  di  sapersi  correggere  e  specialmente  di  sap« 
accogliere  (virlii  rara  davvero)  le  osservazioni  altrui,  anche  non  dolcìsamc, 
con  animo  franco,  sema  rancori,  facendone  anzi  tesoro.  La  presente  Vila  iti 
Tasso,  come  organismo  di  libro,  è  veramente  pregevolissima.  Mira  dritto  al 
suo  scopo,  scnia  inutili  digressioni;  segue  il  poeta  mese  per  mese,  quando 
può  giorno  per  giorno,  tien  conto  di  tutto,  paziente,  insistente,  anzi  scrupo- 
losa,  senza   pedanteria.     Chiarezza  non  vi  difella  mai;   eleganza  talvolta.    Ma 

'   Viia  del  T..  I.  341. 

'  Citti  di  CastcUo,  Lapi.  1B91. 


ANGELO  SOLERTI,   VITA    DI    TORQUATO   TASSO. 


375 


'■  il  SoUrÜ  Don  è  un  bello  scrittore,  n«  ha  la  pretesa  dì  esserlo.  Anche  io 
questa  parte  peraltro  egli  fece  dei  progressi  ina^ahili;  più  d'una  pagina  del 
suo  libro  è  scritta  con  quel  calore  e  con  quella  vivacitù,  che  se  non  sono 
addirittura  arte,  la  rasentano',  E  in  discussioni  anche  intricale,  su  questioni 
ardue,  egli  ha  sapulo  essere  perspicuo,  di  quella  bella  petspkuili  che  pro- 
viene dall'  assoluta  padronanza  del  soggetto,  e  che  è  la  migliore  e  la  più  de- 
siderabile eleganza  della  critica. 

Il  primo  volume  dell'  opera,  il  qoale  raggiunge  quasi  le  900  pagine,  con- 
tiene la  biografia  del  poeta.  Il  secondo  volume  é  di  documenti,  divisi  cosi: 
Piirtr  I,  lettere  inedite  e  disperse  di  Torquato  Tasso,  in  lutto  117,  che  Com- 
pletano l'epistolario  edito  dal  Guasti';  Parte  II,  lettere  di  diversi  a  docu- 
mento ed  a  illustraiione  della  vita  e  dglle  opere  del  T.,  in' tutto  piii  di  530  do- 
cumenti in  mssüma  patte  inediti,  pei  quali  l'A.  ricorre  sempre,  polendolo, 
agli  originali;  Apptndict,  una  sessantina  di  lettere  di  vari  eraditi  intomo  a 
Torquato  ed  a'  suoi  scritti'.  Nel  ten 
oltre  un'  altra  serie  di  documenti  che  1 
storielle  e  biblii^ralichc.  Notevolissima 
lativi  al  Tasso  editi  fino  al  centenario,  1 
Qui  pure  hanno  luogo  le  riproduzit 
apocriñ.  Tra  questi  io  ho  quasi 
Solerti  si  mostri  della  medesima  opinione  (III,  104 — 5),  nel  bel  ritratto  attri- 
buito ad  Alessandro  Allori,  che  è  nella  galleria  degli  Uffizi.  Aníílutto  a 
me  sembra  innegabile  la  somiglianza  fondamentale  di  quell'  elSgie  con  la 
maschera  calcata  sul  cadavere,  conservala  a  S.  Onofrio,  che,  bene  o  male,  ci 
rappresenta  i  Iratli  veri  del  volto  di  Torquato  deformato  dalle  sofferenze.  In 
secondo  luogo  essa  effigie  risponde  assû  bene  alia  minuta  ed  amorosa  descri- 
ïione  fisica  di  Torquato  che  ci  lasdä  I'  amico  suo  Giambaltisla  Manso  (rife- 
rila  dal  Solerti  in  1,  Sio).  E  poi  l'esecuzione  garbata  e  une  del  dipinto,  che 
rivela  un'artista  non  mediacre  ed  abitualo  a  far  ritratti,  ci  riproduce  la  ñso- 
nomia  del  Tasso  in  modo  conforme  all'  idea  che  gli  ultimi  studi  ce  ne  fan 
concepire,  È  un  volto  dai  tialti  regolari,  dalla  fronte  ampia,  dagli  occhi  pen- 
sosi e  mesti  e  quasi  smanili;  un  volto  d'uomo  che  medila  e  soQre'. 

Vedendosi   costretto    ad   ogni   pie   sospinto  a  rettiScare  o  completare  o 
nbatlere   asserzioni    altrui,   it   Solerti,    nel   narrare   la   Vila   del   Tasso,    ha 


olume,  complementare, 
sono  lettere,  parecchie 
la  la  bibliografìa  degli  stud!  crìtid 
ove  si  registrano  ben  491;  pubblicazii 
dei  molti  ritratti  di  Torquato,  veti 
fiducia,    e  godo    che 


ome  esempio  quella  sulla  libera; 
luglio  15S6  (1,494—95).  Bello  assai  anche  l' 
5.  riß  la  storia  della  leggenda  tassesca. 

'  Tre  figuravano  già  nell'  epistolario  guasliano,  e  qui  furono  riprodotte 
per  equivoco,  come  avvetlc  il  S.  in  II,  Xl. 

'  Il  ti  volume  vuol  essere  tma  specie  di  «codice  diplomalicu  tassiano». 
Vi  regna  un  po'  di  disordine  per  un  difetto  di  origine.  Esso  era  già  stampalo 
nel  1889.  onde  si  fecero  necras-irie  in  slçuito,  per  le  ricerche  progredite  dell' A,, 
numerose  giunte  e  correzioni.     Di  ciò  il  Solerti  si  scusa. 

'  n  ritratto  dell'Allori  é  riprodotto  nell'opera  del  Soletti  due  volte:  in 
tesU  al  voi.  I  e  fra  i  ritratti  del  voi.  lU  al  n«.  vili.  Oltre  la  ricca  iconografia, 
r  opera  reca  buon  numero  d' illustrazioni  d'  altro  genere:  vedóle  dei  luoghi 
ove  il  Tasso  dimorò,  piante,  riproduzioni  d'  ault^afi.  Sulla  scelta  e  sull'  ese- 
cuzione ci  sarebbe  patecchìo  da  ridire;  m«  in  ogni  modo  va  data  la  debita 
lode  alla  Casa  Loescher,  la  quale  non  risparmiò  cure  nÈ  spese  affinchè  il 
libro  riuscisse  degno  della  loteanilà  centenaria,  non  solo  italiana  ma  europea. 


à 


376 


seguilo   1 


rNGEN.      RODOLFO    RENIER, 


ha  rifatto,    t 


„Io.   dice 


r  faciliUto  il  cai 


(I,K 


icnri  e  le  notiiic  diiclle,  come  se  altri  nuj 
:ntaDdomi  di  allegare  in  nota  citi  m*  ha 
e  rarìssimameote  ne'  caä  dubbi  disputando 
a.)  DifRcoliì  grandi  «eo/a  dubbio  porlan 
ne:  massima  fia  tutte  I' avece  un  cosi  copioso  ejnslD- 
:  moltissime  volle,  anziché  essere,  come  di  salito  accade.  Dna 
:  Ctanitica  sa  mi  poggiare  la  biografia  dell'  autore,  í  Infido  al 
punto  da  fuorviare,  come  (pä  fece  molle  volte,  il  lavoro  ricostnittivo  del  critico. 
Il  Solerti,  pertanto,  procedette  con  ogni  cautela,  servendosi  dell' epìstolaiio 
solo  nei  limili  consenliligli  dai  risultamenli  delle  sue  ricerche  archivistìdie. 
Tale  procedimento  coniluaie  ad  ottimo  une.  Fu  detto  che  la  „cronaca  in- 
dustre  e  palíente"  iutcssuta  dui  Solerti  „afTanna  e  pesa  come  un  tormento 
monotono"  ',  ed  è  questo  il  migliore  eloj^o  che  si  palcssc  farne.  Essa  riflette 
obbieltivameute,  serenamente,  l' aria  greve  dei  tempi .  il  (ravaglio  incessane. 
monotono,  noioso,  pauroso  di  quella  povera  anima  di  Torquato,  sensitiva  e 
malata.  Raro  i  che  uo  autore  riesca,  come  il  Soletti  seppe  fare,  a  Ducon- 
derc  cosi  si  medesimo,  ad  essere  un  narratore  cosi  passivo.  E  questa  pasti- 
viti  appunto,  che  non  i  apatia,  perché  dissimula  un  lungo  e  sottile  lavorio 
critico,  questa  passività  appQoto  é  la  dote  più  bella  del  libro.  Saper  riimn- 
ciare  alle  volale  di  fantasìa,  alle  congetture  attraenti,  alle  digressioni  piace- 
voli; coblringeisi  a  stare  sempre  tra  le  quinte  perchè  l'azione  si  svolga  come 
da  si  agli  occhi  dello  spettatore;  non  reagire  in  modo  alcuno  contro  la  pe- 
santezza e  1'  uggia  che  dì  la  compagnia  d'  un  maialo  quando  dura  acmi  ed 
anni:  tuttociò  ha  bisogno  d'una  somma  disciplinatezza,  e,  diciamolo  pure, 
d' una  non  mediocre  abnegazione.  Ad  una  ricostruzione  simile  della  viti  di 
Torquato,  adulterata  da  tanti  ed  in  tante  guise,  non  poteva  giungere  se  non 
una  rigorosa  e  sana  applicazione  del  metodo  storico,  onde  a  buon  diritto 
questo  libro  del  Solerli  lu  proclamalo  uno  dei  migliori,  fra  i  unii  buoni, 
ftulli  del  metodo  storico.  Questo  Tasso,  che  ora  d  vien  presentalo,  non  pla- 
cera ot  ai  sognatori  uè  ai  relori:  essi  gridarono  gii,  e  più  grìdetanao,  alla 
profanazione.  Ma  chi  si  cura  di  loroi  Uffìcìo  della  storia  è  di  svelare  il 
veto,  ed  il  Tasso  che  ci  présenla  il  Solerli  sari  povero,  infermo,  instabile, 
moralmente  poco  corretto,  poco  simpatico  anche,  lutto,  insomma,  quotilo  vi 
può  essere  di  più  disforme  dal  cavalleresco  amante  di  Leonora,  dall'  idealiz- 
zato caniote  d' Aminia  e  di  Silvia,  d'Olindo  e  di  Sofronia,  di  Tancredi  e  di 
Clorinda...;  ma  é  il  Tasso  vero.  Un  giovane  scrìttuce  d'ingegno,  che  noti 
pecca  certamente  di  poca  fantasia  uè  di  tepido  amore  per  l' arie,  ha  dello 
or  non  i  molto  a  Mantova:    „Gli   uomini  grandi  appartengono  alla  storia  dei- 


„l'umanili.   di 
„bisogno    di   I 
„anche  bnilto.   Ira 
„sarebbe  da  stolti 


■4«  ri 


a  del  V 


<  le  geniture  più  elette,  e  1'  umamli  ha  d'  istinlo  il 
si  medesima:  il  veto  importi  per  si  siesao,  attrae 
I  profanare  1'  idealità;  e  imprecare  alla  critica  stoiica 
itacia  di  essa   essendo  necessaria  pcreht  Í  n 


Più   d'  uno   rimprovereri   al   Solerli   d'  av 

I  V.Crescini.   Torguaro   Tasio.  Padova.  1895,  p.  36. 
•  A.  Albertazzi,  Torquato  Tasia,  Mantova,  I895,  p.  5. 


troppo,   nello 


ANGELO  SOLERTI,  VITA  DI  TORQUATO  TASSO.  377 

scrivere  la  vita  del  Tasso  uomo,  il  Tasso  scrittore.  Non  già  eh*  egli  trascurì 
le  opere,  delle  quali,  come  documento  storico,  sa  trarre  così  prezioso  pro- 
fìtto. La  storia  esterna,  anzi,  deUe  opere  medesime  egli  rifa  ottimamente  e  i 
suoi  risultati  suUa  composizione  della  Gerusalemme,  sulla  prima  recita  del- 
l' Aminta  fìssata  definitivamente  nella  primavera  del  1573,  ^^^^  cronologia, 
suir  elaborazione,  sulla  fortuna  di  tutte  le  altre  opere,  resteranno.  Ma  nel- 
r  esame  intemo  degli  scritti  tasseschi  egli  non  s'  addentra  quasi  mai,  e  quando 
v'  entra,  riesce  inferiore  a  sé  medesimo.  Appena  del  Torrismondo  s'  arrischia 
a  pronunciare  un  giudizio  motivato  (I,  556 — 59):  del  valore  del  Rinaldo  tocca 
appena  e  s' appoggia  ad  altri.  Della  Gerusalemme,  che  pure  segue  con  tanta 
chiarezza  nel  labirinto  del  suo  formarsi  e  svilupparsi,  non  indaga  le  fonti  né 
svela  la  compagine  intima'.  La  Conquistata  giudica  con  le  parole  del  Cher- 
buliez;  pel  Mondo  creato  segue  il  Mazzoni.  Delle  relazioni  di  pensiero  fra 
il  Tasso  ed  altri  poeti  e  scrittori  non  fìata.  Il  tema  attraente  di  ciò  che 
vale  r  opera  tassiana  per  rispetto  al  secentismo  intravvede,  ma  lascia  ad  altri 
da  svolgere  (I,  692).     Del  valore  filosofico  del  Tasso  si  spiccia  in  poche  righe 

(I,  396-97). 

Molti,  ripeto,  vi  saranno  pronti  a  muovere  appunto  al  Solerti  per  questa 
deficienza:  me  ne  dà  sentore  anche  il  fatto  che  udii  biasimare  più  d'uno  la 
sua  abitudine  di  affìdare  al  terzo  ed  al  quarto  l' illustrazione  intema  delle 
opere  minori  in  versi  di  Torquato,  eh'  egli  vien  pubblicando.  H  Solerti,  dicesi, 
ha  consacrato  buona  parte  della  sua  ancor  giovane  e  fiorente  vita  al  Tasso; 
egli  è,  sa  mi  si  passa  il  termine,  uno  specialista  del  Tasso;  quindi  in  ogni 
argomento  tassesco  deve  avere  piena,  indiscutibile  competenza.  M' ingannerò, 
ma  a  me  sembra  questa  una  pretesa  fuori  del  ragionevole.  È  una  vecchia 
abitudine  questa  di  volere  che  la  gente  faccia  ciò  che  non  sa,  o  non  può,  o 
non  vuol  fare;  una  abitudine  che  nella  vita  privata  si  giudicherebbe  petulanza 
e  deficienza  di  galateo  elementare,  nella  cosidetta  repubblica  letteraria  vale 
invece  come  argomento  di  critica  buona  e  dotta.  A  me  pare  che  un  gran 
requisito,  inapprezzabile  requisito  d'  uno  scrittore,  è  quello  di  saper  misurare 
le  proprie  forze.  Al  Solerti  sembra  di  non  aver  attitudini  all'  esame  dell'  opera 
d*  arte,  e  noi  fa.  Io  lo  trovo  lodevole.  Non  lo  troverei  invece  lodevole  se, 
come  forse  più  d'  un  paio  de'  suoi  critici  farebbero,  si  lasciasse  tentare  dal- 
l' estetica  e  finisse  con  un  volo  d' Icaro.  Non  è  colpa  V  ommettere  ciò  che 
non  si  crede  di  poter  far  bene  :  è  colpa  l' acdngervisi  impreparati  o  mal  dis- 
posti. Non  è  colpa  specialmente  nel  Solerti,  che  nel  campo  storico  ha  saputo 
far  tanto  e  cosi  bene,  egli  che  ha  sovratutto  tempra  di  storico.  £  d'altra 
parte  un  giovane  appena  trentenne,  che  pel  Tasso  ha  compulsato  quel  pò  pò 
di  roba  che  si  può  vedere  rassegnata  ntW*  Indice  delle  ricerche  metodiche 
eseguite  nei  R,  Archivi  di  Stato\  che  ha  già  messo  in  luce  tante  monografie 
e  testi,  coronando  ora  1'  edifìcio  con  questa  Vita  del  Tasso  monumentale, 
sarebbe  indiscreto,  anzi  direi  persino  inurbano,  il  pretendere  che  avesse  fatto 


1  Neil'  occasione  del  centenario  le  più  belle  pagine  sintetiche  sulla  Libe- 
rata e  sulla  Conquistata  furono  scritte  dal  Del  Lungo,  Torquato  Tasso, 
pp.  32  sgg.,  estr.  dalla  N,  Antologia,  1°  maggio  '95. 

'  III,  141  sgg.  Nel  solo  Archivio  di  Stato  in  Modena  il  Solerti  ha  esa- 
minato circa  5700  documenti. 


BESPRECHUNGEN,      RODOLFO   RENIER, 


richiedenle  altiludÍDÍ  in  Wtlo  diverse  da  ^ 


Premesse  queste  considerazioni,  è  troppo  naturale  domandarsi:  quali 
novilï  arreca  olla  biografia  del  poeta  sorrentino  1'  opera  presente  ? 

loDunierevoU.  I^  vita  del  Scrassi,  edita  nel  17SJ,  fu  documento  di  crì- 
tica sana  ed  acuta.  Ma  per  quanto  il  Seraaai  intravvedeEse  il  vera  in  motlì 
particolari,  troppo  deficiente  ern  il  materiale  di  cui  disponeva  perch'  egli 
potesse  seguire  i!  poeta,  non  pure  nelle  peregrin aii oui  della  sua  irrequieta  per- 
sona, ma  anche  nel  travaglioso  e  continu«  peregrinare  del  suo  spirito  infenoo. 
Troppo  dovette  il  Serassi  affiliarsi  alle  parole  medesime  dell'  autore,  e  questa, 
come  vedemmo,  era  ingannevole  strada.  Il  Solerti  ci  dichiara  sia  da)  prin- 
cipio che  non  una  pagina  sola  del  Serassi  ha  potuto  ripetere  tal  quale,  in 
questa  sua  narraziODe.  E  dovunque  non  ripetè,  innova,  recando  alla  biografia 
un  immenso  contributo  di  rettifiche,  di  notiiie,  di  complemeoti,  dì  accerta- 
menti nuovi,  poggiati  sulla  base  incrollabile  dei  documenli.  CHiì  avrà  l'agio, 
eh'  io  qui  non  ho,  di  confrontare  specificatamente  le  due  biografie,  del  Seraso 
e  del  Solerti,  comparse  a  disLinza  di  poco  più  d'un  secolo,  potrà  rtleran 
uno  ad  una  tutte  le  cose  malnate  ed  ignote,  che  t'  ultimo  biografo  fu  in  grado 
di  assodare  e 


Il  concetto  complessivo  che  possiamo  formarci  dell'  infelice  Torquato 
non  è  certo  vantaggioso  per  lui,  0  a  meglio  dire,  l'  aureola  poetica  dì  coi  lo 
aveva  circonfuso  la  leggenda  i  scomparsa  per  sempre.  I  dnbbl  non  sodo 
ormai  più  possibili:  non  la  crudele  vendetta  d'un  principe  per  un  amore  col- 
locato troppo  in  alto,  non  la  persecuzione  degli  invidiosi  furono  le  caute 
dell' infelicitì  insanabile  del  poeta;  ma  una  lipemania  sconfortante,  una  Ingubre 
„pazzia  alternante",  che  lo  trovagtiä  per  metí  della  vita.  Pur  coriservandû 
abbastanza  limpido  ed  equilibrato  l'intelletto  quando  poetava  e  filosofava', 
ed  anche  negli  intervalli  lucidi,  sempre  meno  frequenti,  della  vita  pratica, 
egli  era  il  più  delle  volle  pauo  e  la  sai  pania  sì  manifestava  con  una  de- 
pressione morale  continua,  che  Io  rendeva  ipocondriaco,  eternamente  m*l- 
e  dì  tutti,  mani: 
Da  questo  s 


o  della  petseCDliotie, 
maniaco  della  fede  che  temeva  perduta.  Da  questo  stato  dì  mortale  abbatti- 
mento, nel  quale  erano  frequenti  le  alhidnaiioni  e  le  insonnie  tormentose,  lo 
toglievano  spesso  certe  crisi  violente  e  terribili,  che  lo  conducevanò  ad  alti 
di  frenesia  pericolosi  per  lui  e  per  0i  altri.  Furono  appunto  questi  aiti  che 
costrinsero  il  duca  di  Ferrara,  nonostante  la  longaiumità  saa,  a  rìnchiudeilo 
nello  spedale  di  S.Anna,  ove  fu  trattato  umanamente  ed  ove  si  cercò  di 
curarlo  con  gli  scarsi  mexzi,  coi  mezzi,  anzi,  talora  stravaganti,  che  la  medi- 
cina del  tempo  suggeriva.  Con  l'indebolitsi  progressivo  del  corpo  per  allr* 
disturbi  non  lievi,  gli  accesai  furiosi  scemarono,  ed  egli  potè  uscire  un  giorno 
e  girare  l' Italia.  Ma  lo  squilibrio  mentale  dura  sempre,  fìno  a  ridurlo  n^ 
ultimi  anni  „In  uno  stato  febbrile  quasi  permanente,  >;enza  forza,  senza  volonli". 
Le  bellissime  indagini  mediche  del  Corradi  snlle  infermiti  del  Tasso  trovanú 

'  Questo  fenomeno,  noto  ormai  per  non  pochi  esempi  agli  psichiatri,  non 
esclude  punto  la  condizione  pazzesca.  11  Del  Lungo  (Op.  eil.,  p.  10)  ékt 
cosa  non  esalta  quando  chiama  lo  stato  del  Tasso  „parziale  perturbamento 
„più  affettivo  che  iotellettuale".     Altro  che  affellivol 


ANGELO   SOLERTI,  VITA   DI  TORQUATO  TASSO.  379 

nella  grande  opera  del  Solerti  una  conferma  storica  esplicita  e  decisiva.  £ 
chiaro  vediamo  qui  anche  un  altro  fatto  :  che  V  opera  artistica  del  poeta  im- 
pazzito andò  sempre  più  indebolendosi  ed  oscurandosi,  mentre  i  frutti  più 
soavi  e  più  eletti  del  suo  ingegno,  V  Aminta  e  la  prima  Gerusalemme,  si 
debbono  alla  sua  mente  ancor  sana. 

Della  malattia  intellettuale  di  Torquato  quali  saranno  state  le  cause? 
Io  ho  esaminato  con  avida  curiosità  i  documenti  editi  dal  Solerti  per  cercarvi 
r  appiglio  a  qualche  plausibile  congettura;  ma  vi  ho  trovato  poco  di  utile  a 
questo  scopo.  È  certo  peraltro  che  il  Tasso  sorti  da  natura  una  complessione 
delicata,  sensitiva,  nevrotica.  L'  aveva  probabilmente  dalla  madre,  da  quella 
gentile  Porzia  de*  Rossi ,  il  cui  leggiadro  visino,  incorniciato  da  un  enorme 
collare  di  pizzo  nel  ritratto  della  galleria  degli  Ufiizi,  ci  rammenta  Torquato 
nella  bocca,  nel  mento,  nel  naso,  negli  occhi  grandi  soavissimi^.  Di  quella 
dolcissima  creatura,  spenta  improvvisamente  e  ancor  giovine  nel  1556,  non 
senza  sospetto  di  veleno,  si  sa  ben  poco.  „Una  rara  e  virtuosa  giovane",  la 
disse  sempre  il  marito  Bernardo,  che  V  adorò  :  „una  delle  idealità  più  belle 
„del  cinquecento"  la  proclama  oggi  l'ottimo  Pasolini'.  Né  io  farò  obiezioni; 
né  contesterò  che  nelP  anima  fervida  e  mite  del  piccolo  Tassino  possa  essere 
passata  molta  della  dolce  e  mesta  e  severa  indole  materna.  Ma  chi  ci  dice 
che  non  passassero  anche  nelle  vene  di  lui,  da  Porzia  appunto,  le  predis- 
posizioni al  suo  male?  Chi  ci  dice,  che  nato  terzo  figlio  da  un  connubio  di 
coniugi  disuguali  per  età,  da  una  donna  di  fibra  delicata,  non  ricevesse  da 
lei  quella  funesta  predisposizione,  come  dall'  onesto  e  travagliato  genitore  ri- 
trasse innegabilmente  l' inclinazione  alla  poesia,  certa  ossequiosità  cortigiana 
quasi  servile,  e  certi  fumi  di  nobillà?^  In  una  complessione  cosi  fragile  e  in 
un  temperamento  cosi  sensitivo  come  quello  del  giovane  Tasso  ebbero 
fors'  anche  sinistro  influsso  gli  amori.  Rispetto  agli  amori  di  Torquato  le 
nostre  idee  sono  oggi  radicalmente  mutate,  per  merito  in  ispecie  del  Solerti. 
L'  amore  per  Leonora  è  tutto  leggenda,  destituita  d' ogni  serio  fondamento. 
Quella  principessa  estense,  scialba  e  infermicela  figura  di  donna,  non  si  curò 
mai  del  Tasso,  neppure  nei  periodi  più  acuti  dell'  infermità  di  lui ,  ed  a  lei 
il  poeta  bruciò  solo  l'incenso  cortigiano,  di  cui  aveva  sempre  dovizia.  Più 
curante  del  Tasso  fu  Lucrezia  ;  ma  essa  ben  presto  s' impelagò  in  altre,  più 
volgari  passioni  amorose.  La  leggenda,  come  il  Solerti  egregiamente  dimostra, 
si  fonda  tutta  su  equivoci  e  su  d'  un  procedimento  di  idealizzazione  incessante 
che  fini  col  travisare  del  tutto  Torquato  agli  occhi  dei  posteri.  Spuntata  in 
Francia,  quando  il  Tasso  era  ancor  vivo,  con  una  lirica  di  Bartolomeo  Del 
Bene  (I,  378),  accreditata  in  Italia  particolarmente  dal  Manso  (I,  848),  andò 
in  seguito  crescendo  e  sviluppandosi  con  V  entrare  nel  dominio  dell'  arte  per 
mezzo  del  Goldoni  e  del  Goethe  e  nel  dominio  della  vuota  fantasticheria  per 
opera  di  quel  solenne  guastamestieri  che  fu  Giovanni  Rosini.  Né  valsero  ad 
impedirne  il  cammino  trionfale  i  dubbi  del  Tiraboschi  e  le  caute  e  gravi  con- 
siderazioni del  Serassi;   come  non  varrà  a  sopprimerla  compiutamente,  almeno 


>  Vedasi  riprodotto  bellamente  il  ritratto  di  Porzia  nel  volume  di  P.  D. 
Pasolini,  I  genitori  di  Torquato  Tasso,  Roma,  189$. 
"  Op.  ca.,  p.  165. 
»  Cfr.  Pasolini,   Op,  cit„  pp.  30,  109 — io  e  83. 


38o  BESPRECHUNGEN.     RODOLFO   RENIER, 

per  ora,  neppure  la  prova  schiacciante,  che  offre  il  Solerti^.  Bfa  ciò  non 
monta:  la  dimostrazione  è  sicura  e  piena:  essa  non  può  che  trionfare.  Delle 
principesse  adunque  non  si  discorra;  ma  furono  ben  altri  gli  amori  del  Tasso! 
Non  do  peso  agli  amori  in  rima,  i  meno  sentiti.  Scrivendo  lìriche  passionate 
per  Lucrezia  Bendidio  e  per  Laura  Peperara,  egli  ubbidiva,  più  che  al  cuore, 
al  capriccio  galante  e  alla  moda;  tanto  è  vero  che  con  quella  gran  civetta 
della  Bendidio  mantenne  ottime  relazioni  anche  dopo  che  contaminò  il  talamo 
maritale  cedendo  alle  principesche  libidini  del  card.  Luigi  d'  Este  (I,  176). 
La  lirica  amorosa  di  Torquato  come  egregiamente  scrisse  il  Del  Lungo  „è 
„nella  preziosità  del  suo  addobbo,  una  delle  più  superficiali  che  il  Cinque- 
„cento,  abbondante  non  meno  di  canzonieri  che  di  epistolari!,  abbia  dato  alla 
„poesia  italiana,  e  delle  più  aliene,  per  levità  instabile  di  sentimento,  da 
„quella  fissità  patetica  (a  quanti  furono  petrarchisti  affatto  ignota)  che  nella 
„lucida,  sobria,  insinuante  parola  del  Petrarca  conferisce  alla  storia  intima 
„d'una  passione  il  prestigio  d'una  storia  di  fatti  esteriori,  e  talvolta  quasi 
„l'interesse  scientifico  d'una  analisi  critica  di  essi"'.  Ma  all' infuori  degu 
amori  cantati,  il  giovane  Tasso  dovette  averne  molti  altri,  non  certo  platonici. 
Lo  confessa,  in  bei  versi,  egli  stesso: 

Spinto  da  quel  desio,  che  per  natura 
Gli  animi  muove  a  i  lieti  e  dolci  amori. 
Molte  donne  tentai,  di  molte  i  cori 
Molli  trovai,  rado  alma  a  me  fu  dura. 

Pur  non  fermai  giammai  la  stabil  cura 
In  saldo  oggetto,  ed  incostanti  amori 
Furo  i  miei  sempre,  e  non  cocenti  ardori. 

Ora,  alla  pazzia  può  aver  contribuito  non  poco  anche  V  erotismo.  Cause  occasio- 
nali poterono  poi  essere  e  la  bastonati  sul  capo  che  gl'  inflisse  Ercole  Fucci, 
e  le  febbri  intermittenti,  che  lo  colpirono,  le  quali,  al  dir  del  Corradi,  pos- 
sono predisporre  alle  alienazioni  mentili,  e  il  soverchio  lavoro  intellettivo  del 
decennio  che  precedette  il  1575  —  76.  Un  cumulo  insomma  di  ragioni  e  di 
fatti,  che  data  la  predisposizione  dovevano  sviluppare  la  malattia:  a  cui  certo 
non  servirono  di  lenimento  né  la  settenne  reclusione  in  S.  Anna,  ove  il  povero 
Tasso  troppo  spesso  si  trovava  solo  con  sé  medesimo,  né  le  polemiche  per 
la  GerusaUmme. 


^  Infatti  in  molti  fra  gli  scritti  usciti  pel  centenario  si  rimastica  la  leg- 
genda con  indecente  noncuranza  dei  risultati  più  sicuri.  E  quel  che  è  peggio, 
anche  taluno  fra  coloro  che  meno  meritano  d'  esser  confusi  col  volgo  dei  cri- 
tici non  riesce  a  spogliarsi  del  tutto  dagli  antichi  preconcetti.  Al  Del 
Lungo,  spirito  eminentemente  conservativo,  sembra  di  dover  ammettere,  senza 
nessun  argomento  valevole,  una  certa  „simpatia  affettuosa"  per  le  principesse, 
di  cui  sarebbe  rimasta  traccia  nelP  Atninta  e  noli'  episodio  d'  Olindo  e  Sofronia 
(Op.  cit„  pp.  16 — 18  e  30).  Il  Pasolini,  preludendo  alla  ristampa  del  Trat- 
tato dell*  amore  humano  di  Flaminio  Nobili,  rappresenta  con  quella  incisiva 
vivacità  che  è  tutta  propria  dell*  autore  di  Caterina  Sforza»  la  vita  della  corte 
estense  quando  vi  si  recò  il  Tasso  giovane,  e  dice  tra  P  altro  che  „lo  specchio 
„nel  quale  egli  \^rorquato\  potè  finalmente  rassicurarsi  [non  vorrà  dire  raf' 
fjigurarsi}']  e  misurare  la  grandezza  del  suo  genio  furono  le  care  anime  di 
„Lucrezia  e  di  Leonora".     Rimasugli  di  idealizzazione,  che  spariranno. 

«  Op»  cit„  p.  12. 


ti 


ANGELO  SOLERTI,  VITA  DI  TORQUATO  TASSO.  38 1 

L'opera  del  Solerti  prova,  del  resto,  luminosamente  come  rispetto  al 
Tasso  intuisse  il  vero  il  D' Ovidio  in  un  suo  saggio  che  è  tra  le  cose  più  acute 
scritte  sul  grande  ed  infelice  poetai  Egli  asserì  che  il  Tasso  „non  fu  né 
un  grande  intelletto,  né  un  grande  carattere"  e  che  per  ciò  „i  suoi  dolori  e 
le  sue  sventure  ci  muovono  bensì  a  compassione  vivissima,  ma  non  ci  attrag- 
„gono  come  i  dolori  e  le  sventure  invidiabili  dei  caratteri  grandi  ed  eroici". 
£  in  fine  si  chiedeva  „fino  a  che  punto  le  morali  debolezze  del  Tasso  sieno 
„effetto  della  malattia,  e  fino  a  che  punto  invece  sieno  affiure  di  carattere". 
Contro  tutto  ciò  la  critica  del  centenario,  naturalmente  apologetica,  trovò  più 
o  meno  a  ridire,  e  a  parer  mio  usci  di  strada.  Non  è  certamente  agevole, 
sarà  fors'  anche  impossibile,  lo  stabilire  esattamente  i  confini ,  in  un  pazzo 
alternante,  fra  le  debolezze  morbose  e  le  debolezze  morali;  ma  è  indiscuti- 
bile, provato  ad  ogni  pagina  del  libro  del  Solerti,  che  le  debolezze  morali 
del  Tasso  furono  molte  e  gravi.  Ed  è  tanto  più  necessario  avvertirlo  perchè 
nessun  poeta  fu  più  di  lui  stranamente  idealizzato.  U  Torquato  della  realtà 
era  moralmente  una  gran  povera  creatura:  fiacco,  instabile,  capriccioso,  secca- 
tore degli  amici,  mancante  di  dignità  nel  prostituire  la  musa  ad  ogni  potente 
che  potesse  stendergli  la  mano.  All'  abituale  pitoccheria  e  scroccheria  accop- 
piava il  grave  difetto  di  essere  ingrato.  Con  la  medesima  facilità  con  cui 
incensava  qualunque  benefattore  vivo,  dimenticava  i  benefattori  morti.  Slanci 
di  generosità  vera  in  quello  spirito  se  ne  trovano  ben  pochi.  In  lui  s'im- 
persona, a  dir  cosi,  la  dissoluzione  del  carattere  italiano,  che  doveva  pro- 
durre, politicamente,  il  servaggio  allo  straniero,  letterariamente,  il  secentismo. 
Quale  differenza  dalla  retta  e  serena  e  schiva  e  simpatica  anima  di  Ludovico 
Ariosto  ! 

Al  lavoro  poderoso  del  Solerti,  tra  l'approvazione  dei  migliori  fra  i 
letterati  italiani,  giunse  l'oltralpe  il  plauso  incondizionato  di  Vittorio  Cher- 
buliez^  Certo  nessun  elogio  deve  riuscirgli  più  grato  di  quello  dell'uomo 
che  sin  dal  1863,  col  suo  ingegnoso  romanzo  Zr  frince  Vitale,  si  studiò  di 
mettere  in  canzonatura  la  leggenda  tassesca  e  di  sostituirle  una  interpretazione 
storica  e  psicologica,  se  non  del  tutto  rigorosa,  almeno  ragionevole.  Ma  non 
per  questo  vorrei  che  sdegnasse  le  parole  di  lode  e  d'incoraggiamento  che 
gli  vengono  da  queste  pagine,  d'  onde  io,  lieto  di  deporre,  chiudendo,  la  veste 
del  crìtico,  gli  mando  un  saluto  ed  un  augurio  amichevole.  M'  è  dolce  sod- 
disfazione ed  orgoglio  l' averlo  avuto  discepolo  nelle  aule  dell'  università  tori- 
nese e  l' aver  aperto  a  lui  ancor  giovanissimo  la  palestra  del  Giornale  sto- 
rico  della  letteratura  italiana,  ov*  egli  fece  le  sue  prime  prove  nella  critica 
letteraria. 


*■  Il  carattere,  gli  amori,  le  sventure  di  T,  Tasso,  nei  Saggi  critici, 
Napoli,  1879. 

'  Il  suo  articolo  Le  Tasse,  son  centenaire  et  sa  légende,  inserito  nella 
Revue  des  deux  mondes  del  15  maggio  1895,  ^>  s^°<>  ^  momento  in  cui  scrivo, 
il  miglior  lavoro  provocato  atùì*  opera  del  Siolertì. 

Rodolfo  Renibs.. 


3»' 


BESPRECHUNGEN.     C.  APPEL, 


Vlnoen«)  CreBelnl,   Maniialelto  Proveniate  per  uso  degli  alDiuú  delle 

facoltà  di  kuere.    Verona-Padova   1892.    CLXV.  259  pp. 

V.  Crescinì  bat  die  vottrefTlicbc  Idee  gehabt  mit  diesem,  von  1892  di- 
lierten,  aber  eist  1S94  ausgegebenen  Büchlein  die  Manualetti  d' loDoduiioDC 
sgli  studi  neolatini  fortzusetzen,  deren  Reihe  Monaci  und  D'Ovidio  mit  einem 
Handbuch  des  Spanischen,  1879,  und  des  Fortngiesiscfacn ,  188I,  begannen, 
ohne  dafs  seitdem  von  Seiten  jener  Herausgeber  neue  Bändchen  erschienen 
sind,  und,  um  hier  das  Bedauern  auch  darüber  auszudrüclcen ,  ohne  dafa  von 
jenen    langst   vergriffene  a    zwei   Bändchen    eine   neue   Auflage    heraosgekom- 

Der  Absicht  entsprechend,  Studenten  in  das  Stadium  altprov,  Sprache 
und  Litteratui  einEnfiihren,  ierlällt  Crescini's  Manuflletfo  in  cinc  grammadscbt 
Kinleitung,  eine  Chrestomathie  und  ein  Glossar.  Die  grammatische  Einleitang 
verdient,  trotz  mancherlei  Ausstellungen  im  Einielnen,  unseren  Dank.  Mehr  alt 
lur  einp  andere  roman.  Sprache  fehlte  et  für  das  Provenzali  sehe  an  einer  Ein- 
lührung  in  die  Grammatik.  Crescini  giebl  hier  eine  gewissenhafte  Zusammen- 
stellung dessen,  was  über  die  einzelnen  Pnnlcte  der  Laut-  und  Formmlehre 
crsehieticn  ist,  und  anderer  Kritik  gegenüber  ist  es  anerkennend  herrorru- 
hehen,  dufs  er  in  diesem  Manualetto  (Cr.  nennt  sein  Buch  nicht  Crestomvii) 
sich  nicht  auf  die  in  den  folgenden  Lesestücken  bei^egncnden  Beispiele  be- 
sehiänkt  und  so  nicht  nur  zufällige  Notizen  tur  Laut-  und  Formenlehre,  son- 
dern den  Versuch  eines  vollständigen  Abrisses  gegeben  hat. 

Einer  gänzlichen  IJingeslaltnng  dagegen  schein!  mir  das  Glossar  lu  be- 
dürfen. Nach  der  Vorbemerkung  S.  177  wurden  die  Wörter  im  allgcmetnen 
ausgeschlossen,  die  in  der  grammatischen  Einleitung  vorkommen,  nnd  die, 
welche  sich  leicht  durch  die  offenbare  Aehulichkeit  mit  ilalienischen  cul- 
sprechenden  Wörtern  erklären.  Der  erste  Grundsatz  ist  glücklicherweise  keines- 
wegs streng  durchgeführt  und  durfte  es  um  so  weniger  werden ,  als  die  Wônei 
in  der  grammatischen  Einleitung  selbst  nicht  seilen  einer  Ueberselzung  ent- 
behren. Der  andere  Grundsalz  aber  acheint  mir  pädagogisch  sehr  bedenklich. 
Gerade  wenn  zwei  Sprachen  sich  so  nahe  stehen,  wie  das  Italienische  und 
das  Proven zalis che,  isl  der  Anfänger  nur  zu  geneigt  die  fremde  nach  dem 
ähnlichen  Klan^;  der  Muttersprache  zu  errnten.  Diesem  verräterischen  Triebe 
sollte  man  nicht  Vorschub  leisten,  indem  man  gewiss  e  niiaftea  Machsuchen  im 
Glossar  zu  einer  vergeblichen  Mühe  macht  Ein  fernerer  Mangel,  den  freilich 
dieses  mit  fast  allen  proven  zaliscbea  imd  alt  franzosischen  (am  nur  von  diesen 
zu  sprechen)  Glossaren  und  Wörterbüchern  teilt,  ist,  dafs  die  Vokale  nicht 
ihrer  Qualität  nach  im  Druck  vintcrscliieden  werden.  Es  ist  gcwifs  an  der 
Zeit,  dafs  das  von  Foerster  im  Aiol-  und  im  Cligesglossar,  freilich  nicht  mit 
voller  Konsequenz,  (^^ebeoc  Beispiel  allgemeine  Nacliahmung  ñndeL  Nor 
würde  ich  wünschen,  dais,  wenn  dies  bei  Crescini  in  einer  iweiten  Auflage 
geschieht,  vor  der  Ascolischen  Bezeichnung  die  mit  Recht  weiter  verbreitete  Be- 
zeichnung durch  0  und  0  etc.  den  Vorzug  erhielte.  Femer  werden  von  Crescini 
die  provenzalischen  und  die  nichtprovenzalischen  Wörter  im  Glossar  oiigt- 
_  trennt  aufgeführt  und  die  letzteren  nicht  einmal  immer  als  genuesisdi  elc.  bc- 
a  dafi,  dem  Glossar  nach,  traile  z.  B,  als  noe  prov.  Form  oicheint, 
■  gewils  besser  gewesen  die  Wörter  nach  Sprachen  zu  sondern.   Vtbs 


V,  CRESCINI,    MANOALETTO    PROVENZALE.  383 

aodere  Debelstäadc  des  Glossars,  wie  die  höchst  unbequeme  Art  des  Ver- 
weisens,  hai  mit  Recht  P.  Meyer,  Romania  XXIV  134,  í;eaptocheD.  Endlich 
hatten  die  in  der  Chrest.  begegnenden  Eigennamen  wohl  vollständig  aufgezählt 
werden  sollen,  wenn  auch  ohne  eingehendere  Diskussion,  wo  die  geacbicht- 
liche  oder  gcojyaphische  Idenlifiaerung  Schwicrigiceiten  macht. 

Was  nun  die  Chrestomathie  augelli,  5U  ist  liier  ^sdi  überwiegend  Loben- 
des zu  sagen.  Die  Auswahl  ist  knapp:  64  Stucke  werden  gegeben;  aber  alles, 
was  mitgeteilt  wird,  ist  von  Interesse.  Schlecht  kommt  die  epische  Litlernlur 
weg;  187  vv.  vom  Girart,  118  von  der  Flamenca,  gar  nut  8ï  vom  Albigeuser- 
kri^  sind  auch  (ür  die  einzelnen  Werke  zu  ungenügende  Fragmente.  Auch  die 
didaktische  gereimte  und  die  ganze  Prosalitteratur  sind  aafserordenllich  schwach 
ventelen.  Dagegen  erhält  der  Student  von  der  Lyrik  ein  ausreiehcadcs  Bild, 
nnd  das  ist  ja  das  Wichtigste.  Auf  die  Gestalt  der  Texte  ist  Sorgfalt  ver- 
wendet. Viete  Stücke  sind  von  Crescini,  gewöhnlich  nicht  nach  allen,  aber 
doch  nach  einer  grölseren  Zahl  von  Hantischriften ,  hier  zum  ersten  Male 
kritisch  hergestellt.  Bei  den  schon  von  anderen  kritisch  herausgegebenen 
Stücken  ist  der  Teit  doch  nach  Rezensionen  und  nach  eigenem  Urteil  oft 
geändert,  wobei  freilich  Crcsdni  bisweilen  hätte  noch  weit«  4^hcn  könneu, 
als  er  geihan  hat. 

Es  war  unvermeidlich,  dais  zwei  prov.  Chrestomathien,  die  zu  gleicher 
Zeit  entstanden,  bei  der  Auswahl  ihrer  Stücke  hier  und  da  zusammentrafen. 
So  wird  man  manches  Stück,  das  Crescini  gitbt,  in  meiner  Chrestomathie 
wíederñnden.  Es  ist  natürlich,  dafs  imsetc  Teilte  dann  nicht  immer  genaa 
übereinstimmen.  Einige  solche  Abweichungen  will  ich  im  folgenden  be- 
sprechen. 

Nicht  übergangen  werden  konnte  selbsiv  erstand  lieh  das  Boeihius- 
fragmeut,  dessen  erste  137  vv.  von  Crescini  mitgeteilt  werden,  im  wesentlichen 
□ach  F.  Meyers  Abdruck  im  Recueil  des  anciens  textes.  —  V.  1  scheint  mir 
Tobler  (mündlich)  mit  Recht  tu  trennen  juV  nos  islam  „so  lange  wir  in  uns 
stehen",  d.  h.  so  lange  wir  auf  uns  und  nicht  auf  Gott  gestellt  sind.  Es  ¡st 
dann  Nos  totx  Jovt  omni  hier  ebensowenig  za  tri-nnen.  wie  dies  in  v.  7  mög- 
lich ist.  —  V.  13  druckt  Crescini  wie  Meyer  e  ni  vers  Dtu,  ohne  eine  Kor- 
rektur voiiuschUgen.  Die  von  Hoßmann,  nach  ihm  von  Meyer,  vorgeschlagene 
Lesung  ni  tvers  entspricht  wohl  der  Syntax  (besser  ab  Bartsch's  t  invert), 
aber  nicht  der  Handschrift.  Vielleicht  kann  man  doch  bei  dem  vom  Msc. 
ungeciennten  enivers  bleiben  und  in  seinem  Anfang,  mit  entsprechender  Bil- 
dung wie  bei  fianz.  dtdtns,  dedesoi.  ein  doppeltes  in  erkennen.  Man  sollte 
dann  freilich  tnevers  erwarten  (%.  evers  1.  113),  denn  in  v.  17  ist  wohl  latini- 
sierende Schreibung;  es  heifst  aber  v.  3  uuch  viutV,  und  zwischen  den  beiden 
anderen  e  mag  wühl  das  mittlere  im  Klang  dem  1  nahe  gestanden  haben.  — 
Zu  V,  1;  ist  dem  Glossar,  vaui  /ar/aire.  gegenüber  auf  die  Inlroduiione 
p.  CXXX  Antn.  2  zu  verweisen.  —  V.  17  liest  Crescini  mit  Meyer  und  Stengel; 
iti  mori  et  viu  für  das  h  and  schriftliche  kil  mort  ^  iiius,  Gewifs  darf  Sing. 
Hiarl  neben  Plur.  viui  nicht  geduldet  werden.  Es  fragt  sich  nut,  ob  mart 
Singular  ist  oder  ob  nicht  auch  im  Bocthius,  wie  Tobiei  geneigt  ist  anzu- 
nehmen, auslaut.  /  fût  ft,  s  stehen  kann  (vgl.  v.  95,  17S,  244  viit  ^  visl3, 
183  M  itías  ^=  Im  Jias  [s.  ».  82],  v.  199  gut  la  Jomii'a  vestii  =  visti»;  in- 
amgekeluter  Schreibung   dann   v.  187  meh^moU  und  vielleicht  Auch 


384 

I9t  « 


BESPRECHUNGEN.      C  APPEL, 


It  =  «íiíBÍ). 


a  til  il 


kits  z 


indcni   und  M  t 


1  verstehen. 
der  Artikel,   so  murs   ei   :iucb   ' 
entweder  zu  lesen  ki-ls  mori  e'i 

einiiger  Uatetdriickung   des  /. 


Ei  OQch  nicht  gelhan.  Steht  vor  mori 
iui  stehen;  man  hat  mitbin  die  Wahl, 
I,  oder,  vielleicht  besser,  ii  mort  e  viui 
-  V.  10   liest   Crescini   mit   P,  Me)-ei  &• 


ant,  en  dui,  das  doch  sicher  anmöglich  ist.  Eber  dürfte  noch  niit  Bartsch 
Enaia  en  dies  gelesen  werden  ;  aber  die  Hs.  bat  vor  uni  einen  dentlicben 
Pimltt.  Ob  in  der  Hs.  £chs  amt  siebt,  wie  P.Meyer,  Hândgen,  Crescini 
sagen,  ist  nicht  ^wifs.  Was  als  Emi  gelesen  wird,  scbeint  mir  nur  ein 
Schnürlicl  des  E  und  ein  znlalliger  Strich  unten  an  demselben  Buchstaben  n 
sein,  SD  dafs  dieses  i  wegñcle.  Aber  auch  dann  ist  nach  nicht  viel  (¡eholfcD. 
dies  würde  Lfltiniätnus  sein,  sotiäi  lautet  das  Wort  dis  176,  von  der  Assonam 
verlangt,  oder  dias  139.  Am  und  dits  dürfen  aber  auch  schwerlich  neben 
einander  bestehen  bleiben.  Ob  nicht  etwa  ursprünglich  Eus  um  antics  ge- 
standen hat,  entsprechend  dem  eut  dias  an/ix  v.  139?^  Das  eigentömliche  it 
des  Boetbius,  wie  es  in  estant  v.  1 ,  farliam  2,  esferam  3  begegnet,  kann  in 
seinem  Ende  wohl  zu  e  verlesen  worden  sein,  so  dafs  die  Entfernung  bddci 
Lesungen  doch  nicht  so  weil  wäre,  wie  es  auf  den  eisten  Blick  den  Anschein 
haL  —  V.  40  hat  Boebracr  schon  geirigl,  dafs  eine  nene  Tirade,  von  noi 
drei  Versen,  beginnt.  Die  Handschrift  versäumt  auch  nicht  ciaen  grafsen  Ad- 
fangsbuchstnben  zu  schreiben.*  Dagegen  wird  man,  der  Ha.  entsprechend, 
eine  neue  Laisse  v.  49  nicht  anxDseticii  braueben.  —  V.  38.  Wenn  Ciesdoi 
V.  66  volia,  wie  ich  glaube  mit  Recht,  unbeanstandet  läfst,  kann  hier  auch  ». 
V.  60,  8ï  dia,  dial.  1.  70  sûlieHt  bestehen  bleiben.  —  V.  66.  Der  Doppelpunkt 
hat  eher  seine  Stelle  nach  v.  65.  Hier  Semikolon  oder  Punkt.  ^  V.  67  fesal 
in  pesar  za  ändern  (mit  Boehmer  und  Meyer)  erscheint  unnötig,  denn  streng 
durchgeführt  wird  der  Rdm  ja  nicht  im  Boethius,  —  Ans  Ende  von  v.  77 
seilt  Crescini  keine  Interpunktion  und  es  wird  nicht  klar,  wie  er  übersetit. 
Das  Wahrscheinlichste  ist  wohl,  dafa  hintei  diesem  Verse  etwas  fehlt,  vst 
das  Prädikat  aum  Subjekt  Las  tnias  musas  brachte.  —  V.  t  IO  ist  in  der  Hs. 
iana  meni  in  zwei  Wörtern  tieschrieben,  eine  Schieibung,  die  Crescini  lonsl 
mit  Recht  beibehält.  —  In  der  Wiedergabe  der  Accent«  der  Hs.  ist  Oesdni 
nicht  ganz  genau.  V.  1 19  ist  dei  über  en  zu  streichen,  dagegen  sind  Accenle 
hintuiuiunen  bei  mä  IÎ3,  mé  130,  nIbUs  (auch  bei  Meyer,  Händsen  und  in 
meinem  eigenen  Abdruck  Cbr.  lo^  fehlt  der  Accent;  er  steht  aber  in  der  Hs.). 
Mit  V.  137  bricht  der  Teit  bei  Crescini  ab.  Ich  benutze  aber  die  Gelegeo- 
heii  einiges  über  den  Boclhius  hinzuzufügen.  —  V.  165  zeigt  in  der  Hs.  im 
ersten  Versteil  fünf  Silben  statt  vier;  veder  ent  p6t  Votn  per  quaranta  ciflii- 
Hoffmann  wollte  hier  ent  streichen,  Stengel  Vom  und  pot  dafìir  in  potx  ändern. 
Meyer  fragt,  ob  per  zu  unteldrücken  sei,  will  also  einen  cäsurtosen  Ven  an- 
nehmen. Möglich  wäre  es  ja  auch,  dafs  l'am,  in  seiner  pronominalen  Citi- 
tuog,  als  tonlos  behandelt  wnrde  (weshalb  dann  auf  das  vor  hergebende /«( 
ein  Accent  gesetzt  worden  wäre)  und  dufs  der  Vers  beizubehallen  wäre,  *k 
er  in  dei  Hs.  lautet.  Alles  das  entspricht  aber  kaum  dem  Sinne.  Ulf  die 
Helligkeit,    welche   die  Dame   ausstrahlt,    noch   so   hell   sein,   so  wäide  der 


s  giofsen  steht  v.  43,   109,  1 


V.  CRESCINI,   MANUALETTO   PROVENZALE.  385 

Mensch  doch  nicht  mit  seinen  menschlichen  Augen  über  40  Städte  hin  sehen 
können.  Die  wunderbare  Scharfsichtigkeit  kommt  offenbar  der  Dame  Philo- 
sophie zu,  und  von  ihr  sagt  sie  auch  der  lat.  Text  an  der  der  unseren  ent- 
sprechenden Stelle  aus:  mulür  reverendi  admodum  vultus,  oculis  ardentibus 
et  ultra  communem  hominum  valentiam  perspicacious^  Es  ist  demnach  nur 
Pam  zu  streichen.  Nun  fehlt  aber  noch  das  vorhergehende  oculis  ardentibus, 
auf  welches  doch  ent  hindeuten  könnte.  Hier  scheint  nun  eine  Lücke  vor- 
zuliegen,  auf  die  die  Hs.  selbst,  in  freilich  ungewöhnlicher  Art,  hinweist.  In 
V.  164  werden  óbs  und  fox,  wie  die  Anmerkung  meines  Druckes  sagt,  durch 
drei  Punkte  getrennt.  So  scheint  fox  i  sia  alumnaz  dem  ardentibus  zu  ent- 
sprechen, die  Worte,  in  denen  von  den  Augen  die  Rede  war  (etwa  B  sos 
olz  par),  sind  ausgefallen  ebenso  wie  das,  was  nach  ia  no  es  óbs  ursprünglich 
folgte;  der  Schreiber  war  auf  die  Lücke  aber  doch  irgendwie  aufmerksam  ge- 
worden und  hat  sie  durch  die  Punkte  angezeigt.  So  glaubte  ich.  Ich  darf 
aber  jetzt  diesen  meinen  Glauben  nur  noch  anführen,  um  zu  zeigen,  wie  leicht 
auch  photographische  Reproduktionen  irre  fuhren  können.  Auf  das  Vorhanden- 
sein der  drei  Punkte  machte  mich  Oscar  Schultz  aufmerksam,  der,  da  mir  in 
Breslau  Monaci's  Facsimili  nicht  zur  Verfügung  stehen,  auf  meine  Bitte  den 
Text  mit  dem  berliner  Exemplar  der  Facsimili  kollationierte.  Ihr  Dasein 
wurde  mir  von  einem  anderen  zuverlässigen  Freunde,  nach  demselben  Werke, 
bestätigt.  Im  vorigen  Frühjahr,  leider  erst  nach  dem  Druck  jenes  Stückes  in 
meiner  Chrest.,  konnte  ich  das  Manuskript  selbst  in  Orléans  kollationieren, 
und  da  zeigte  es  sich,  dafs  die  Punkte  in  der  Hs.  nicht  stehen.  Das  Perga- 
ment ist  hier  sehr  dünn.  Es  ist  wegen  dieses  Fehlers  eine  ziemlich  breite 
Lücke  zwischen  obs  und  fox  gelassen  und  in  ihr  schimmern  die  Buchstaben 
von  der  anderen  Seite  des  Pergaments  {dolent  v.  126)  etwas  durch,  was  sich 
auf  der  Photographie  als  Punkte  darstellt.  Meine  Anmerkungen  in  der  Chrest. 
zu  V.  164,  165  sind  daher  zu  streichen.  Immerhin  scheint  mir  doch  sicher, 
dafs  das  Sehen  durch  40  Städte  auf  die  Dame  gehen  soll ,  und  scheint  mir 
auch  sicher,  dafs  fox  i  sia  alumnaz  dem  ardentibus  entspricht,  vielleicht 
ist  auch  noch  erwägenswert,  ob  nicht  in  dem  obs  etwa  ein  olz  des  ur- 
sprünglichen, verstümmelten  Textes  zu  suchen  ist.  Der  Anfang  des  Verses 
müfste  natürlich  anders  gelautet  haben.  —  V.  175  ist  in  der  Hs.  von  ef 
fast  nichts  mehr  zu  sehen  und  auch  das  vorhergehende  noi  ist  sehr  undeut- 
lich. —  V.  177  haben  alle  Drucke,  auch  meiner,  hom;  die  Hs.  hat  om, 
—  V.  1 84  ist  das  las,  das  über  der  Linie  steht,  sicher  nicht  zu  streichen  ; 
es  ist  dem  Sinne  nach  unentbehrlich;  aufserdem  ist  es  vom  Schreiber  nicht 
nur  übergeschrieben,  sondern  auch  noch  durch  Punkte  an  seine  Stelle  ver- 
wiesen (wie  om  V.  191).     Die  Drucke   geben  kein  richtiges  Bild  vom  Zustand 

.la/ 
der  Hs.  an   dieser   Stelle.     Es  steht  :   ellaf  mét  éffwnawten .  clduf  deparadif 

Zwischen  éjf  und  ma  und  ten  ist  zweimal  etwas  ausradiert  und  zwar  je  ein 
niedriger  Buchstabe.  Das  an  sich  unwahrscheinliche  smetessma  wird  durch 
die  Hs.  also  in  keiner  Weise  gestützt.  Als  zweiter  Versteil  scheint  laf 
clauf  de  paradif  sicher.    Für   den  ersten  Versteil  bleiben  sechs  Silben  der 


>  Wenn  im  prov.  Text  in  der  nächsten  Laisse  ähnliches  gesagt  wird,  so 
liegt  dieselbe  Wiederholung  vor  wie  v.  166 — 169  und  v.  243  oder  wie  v.  i86flf. 
durch  drei  Laissen  von  der  Kleidung  der  Dame  gesprochen  wird. 

Zdttchr.  t,  rom.  Pbü.  XX.  25 


386 


BESPRECHLKGEN.      C.  APPEL, 


Ks.,  so  diEs  also  zwei  gcstñchco  werden  müssen.  Wie  der 
ioU,  bleibe  dähiogesleQt:  eÍn<:D  befrìedigcnden  SÌDn  gíebt.  weun  maxi  rlia/ m¿l 
ganz  aaberucksiclitigt  lärst  (als  veisebentlUii  nicht  getilgt)  und  das  folgend« 
crgSoil  £□  t  isa  ma  ten.  —  V.  [99.  Stilla  nach  Hüadgen  im  Misc.;  es  suad 
vielmehr  Billa,  aber  la  ist  getilgt.  —  V.zil  ánd  aval  and  armata  dutch 
einen  weiten  ZwìscbeDTaum  gcitrnnt,  den  aber  nur  dn  Bmcb  im  PergKmcnt 
vctanlafat.  —  V.  231.  Nach  Meyer  zeigt  die  Hs.  sìgnifació,  nach  Hündgen 
dasselbe  mit  eiaem  Strich  unter  ifa.  Der  Strich  ist  in  der  Hs.  Torhanden, 
scheint  mir  aber  modern  zu  sein.  —  V.  23$.  Es  scheint  urspiñnglicb  »étjl  ge- 
standen zu  haben;  daseist  dann  n»di  ol>cn  verlängert  worden.  —  V.  141  ist 
immerhio  bemerken 9 wert,  Aak  fai  lacupar  durch  das  Zeitenende  von  doanda 
getrennt  sind,  so  dais  der  Schreiber  da«  tonlose  Pronomen  zum  Inñnítiv  ge- 
zogen hat.  —  Zwischenräume  rt  guarda  v.  255,  256  El  ma  uod  sritttlr  e 
veranialst  durch  die  fehlerhafte  BeschaETenheit  des  Fetgamenls. 

Gral  von  Voiton,  Comfanko,  faray  un  vert  tot  covintn  (Manual,  p.  5, 
bei  mir  Stück  59).  Bezeichnet  man  den  Wechsel  der  Versmafse  durch  Meroii- 
und  Herausrücken  der  Zeilenanfäage.  so  darf  man  nicht  bei  den  AnfangsieilcD 
der  Strophen  durch  Einrücken  den  Anschein  wecken,  ali  wären  sie  käner 
als  sie  thatsächlich  sind.  —  V.  I.  Die  Variantenangabc  veranlafsl  zu  glauben, 
dais  toi  in  der  Hs.  E  stehe;  das  ist  aber  idcht  der  Fall;  es  JsE  Ergfininng  des 
Herausgebers.  Ebenso  steht  es  mit  gts  v.  5.  ^  V.  9  fehlt  die  Valiiuilc  mai\ 
E  C  und  da  Crescioi  der  Lcsimg  von  C  folgen  will,  war  E  aufzonehmeD.  das 
schwerlich  für  ein  Mas  der  Vorlage  eingetreten  ¡st,  eher  diesca  für  jenes.  — 
V.  15.  Was  Crescini  unter  iatlar  versieht,  sagt  das  Glossar  nicht.  Hs.  E  hat 
bailar  (was  die  Varianten  nicht  angeben),  und  da  Luuel  de  Montcch  S.  39 
V.  (40  von  einem  baylador  spricht,  den  man  bei  der  Behandlung  des  Pferdes 
gebraucht,  wird  man  bei  bailar  bleiben,  wenngleich  die  Bedeutung  des  Wortes 
mir  nicht  klar  ist  („striegeln"?). 

Msrcabru,  Pax  in  ninnine  Dentini  (CrescíDÍ  5.9,  bei  roîi  Stück  73). 
wird  nach  Hs.  A  milgeteìlt,  aber  verbessert  nach  Meyers  Text  im  Recaeü  I  74. 
Der  Text  Crescinis  deckt  sich  fast  durchaus  mit  dem  von  Meyer.  —  V.  9 
wird  aus  A  vas  statt  nss  aufgenommen  (nach  Meyers  Variantenangabe  Hdil 
rtas  in  CKRW,  nach  MG  720,  721  in  CI  vos,  nach  Mila  y  Fontanal:  iws 
in  KR).  Da  v.  4,  6  Mas  steht,  wird  es  auch  hier  beizubehalten  sein.  Eher 
ist  V.  43  vos  zu  lesen  neben  tornati  v.  44;  andererseits  aber  steht  v.  41  veirtm, 
und  da  das  ganie  Gedidjt  die  I.pers.  plur.  verwendet,  wird  auch  hier  nas, 
das  in  CR  steht,  aufzunehmen  sein.  —  V.  i£  folgt  Ciescini  der  Lesung  Ueytn 
d'aul,  eu  cug,  aurem  albere  bas,  die  im  wesentlichen  auf  W  Dotü  m  erri 
gu'aurem  Palberc  bas  beruht.  Dafs  das  Flickwort  eu  crei  oder  eu  cug  schwer- 
lich in  der  Vorlage  gestanden  hat,  zeigt  schon  das  Verhältnis  d«t  Vuianten 
zu  einander.  Ob  aber  das  von  Meyer  (Kom.VI[2[)  übersetzte  „notre  de- 
meure au  lieu  d'être  lì  haut,  sera  en  bas"  proventalisch  darch  jene  Worte 
aasgedrückt  werden  konnte,  scheint  mir  auch  noch  zweifelhaft.  —  V.  J4  hil 
Crescini  die  Konjektur  Meyers  l'eslela  guari-naus  angenommen  tmd  äbersetzl 
„Stella  che  guida  le  navi"  (Glossar)  wie  Meyer:  „l'étoile  qui  gttide  lei  na- 
vires". Indes,  wenn  auch  guarir  „guider"  heifsen  würde,  welcher  Stern  ist 
denn   hi»    gemeint?     Der    Nordstern,    der    als   Leitstern   lieieichnet    werden 


könnte,  kann  c 


,    denn  es   mub  «ch  um  e 


V.  CRESCINI,    MANUALETl'O    PROVENZALE.  387 

Stem  hindtln.  So  möchie  etwa  dn  giorse  BKr  duich  den  Singular  í¡i</a  m- 
süDunengcfalst  sein?  Die  Uebereioaliminung  allei  Hss.  zeigt  jedoch,  dafs  die 
erste  Silbe  durchaus  au,  nicht  ua,  enthält.  Auch  gausdgnaus  oder  gaurinaus 
lium  ith  als  SternDamen  nicht  finden.  Wie  darf  m  an  aber  einen  unbekannten, 
jedoch  gm  äberlieferten  Namen  willkürlich  so  ilrehen,  dafs  <t  den  Anschein  von 
etwas  Bekanntem  erhall?  —  V.  49  hat  Ciescml  wenigslens  nicht  das  von  Meyer 
vorgeschlagene  sapider,  oder  gar  joj/il/ar  (von  sospesi  s.  Rom,  VI  122)  aufge- 
nommen.   Er  läfst  im  Glossar  folpidor  unübersetzl.    Ob  es  vielleicht  mit  afri. 

faupir  „friper,  flétrir,  chifTonet"  (Godefroy  unter  ßafir)  iusammen hängt?  — 
In  V.  61  haben  AIK  versit  statt  de»  von  Meyer  aus  CW  aurgenommenen 
v*nra.     Es  liegt   keine  Veranlassung   vor   hier  von   der   Lesung   der  Grappe 

■ffaiagehen,  der  Cresdni  io  der  Regel  folgt. 

I  Marcabru,  íí/u  fontana  del  vtrgier  (Manual,  p.  17,  Chresl.  Stück  61). 

CDF  aiumenl  v.  4,  das  Cresc.  mit  „recesso,  luogo  gradevole"  übersetzt,  i^1.  jetzt 
Levys  Supplemenlwbch.  —  Muís  man  v.  14  nicht  Sndera  tost  raí  fon  mos 
afars  camiattì  Marcabru  sieht  das  Mädchen  ao  der  Quelle  sitzen,  das  Ge- 
sicht von  ¡hm  abgewandL  Er  nähert  sich  in  der  HolTnung  sie  seini^m  l.iebes- 
lânglicli  zu  finden.  Da  sieht  er  ihr  Gesicht  und  sein  afar  findet 
schnell  verändert,  nicht  das  ihre. 

et  nari  de  Ventad  orn,  Qan  l'tròa  frtsc'eil  fuoäla  par  (Man,  p.  15, 
St.  iS}.  Dieses  Gedicht  hatte  Crescini  schon  in  seinem  hübachea  Büch- 
lein Per  gli  Studj  romanzi  znm  Gegenstand  einer  kleinen  Arbeit  gemacht 
(p.  19 — 31).  Vor  dem  Erscheinen  dieses  Baches  wiir  der  Bogen  mtiner  Chrest. 
schon  gedruckt,  der  das  Lied  gleichrails  c^tbiUl.  Während  die  beiden  Teitc 
im  einzelnen  fast  genau  ubere instimiii en ,  ist  die  Reihenfolge  der  Strophen  ¡n 
beiden  eine  andere.  Darin  stimmen  wir  überein,  dafs  wir  sowohl  die  An- 
ordnung Raynouards  wie  die  aller  Hss.  verwerfen.  Während  aber  Crescini 
sich  im  grofsen  und  ganzen  doch  an  die  Folge  von  A  anschliefst,  glaube  ich, 
dafs  man  hier  besser  ihut,  die  doch  verwirrte  Strophenfolge  der  Hss.  ganz 
beiseile  zu  lassen  und  aus  den  Strophen  selbst  ihre  Anordnung  io  erschliefsen. 
Wenn  Crescini  erklärt  (Per  gli  Smdj  rom.  p.  16)  zu  der  Bemerkung  Toblcrs: 
die  Strophen,  in  denen  der  Dichter  die  Dame  direkt  anredet,  dürfen  nicht 
anderen  gefolgt  sein,  in  denen  er  von  der  Geliebten  in  dritter  Person 
rieht,  mit  seinem  Text  des  Liedes  einen  Kommentar  geben  zu  wollen,  so 
Kommentar  der  These  widersprechen,  denn  er  stellt  die  Anrede 
(Str.  4}  in  die  Mitte  des  Liedes.  In  Verfoljjiuig  des  genannten,  im  allgemeinen, 
wie  ich  glaube,  richtigen  Grundsatzes  werden  wir  vielmehr  Str.  3  und  6  vor  4 
ihren  Platz  anweisen  müssen.  Nicht  zulässig  ist  weiter  Crcscinis  Folge  z,  ]. 
In  2  sagt  Beraart,  er  liebe  und  furchte  seine  Dame  so  sehr,  dab  er  nie  wagte 
noch  wagl  sie  um  etwas  zu  bitten.  Darauf  kann  der  Dichter  nicht  fortfahren: 
Ich  wundere  mich,  dafs  ich  ihr  meinen  Sinn  nicht  zeige.  Die  beiden 
Sljophen  müssen  vielmehr  ofíeobar  umgekehrt  auf  einander  folgen.  An  den 
Sehlufs  der  Slr.ï  bei  Crescini:  „ich  begnüge  mich  mit  dem  mindesten,  was 
sie  mir  geben  will,  damit  ùe  nicht  Tadel  treffe",  schlieist  sich  dann  sehr 
natürlich  Cresdnis  Str.  5:  „Wenn  ich  die  Leute  zu  Kindern  verzaubern  könnte, 
■o  dafs  sie  nichts  tms  Schädliches  zu  sagen  vermöchten,  dann  würde  ich 
Schöne  sehen  und  küssen".  Es  bleibt  dann  noch  Str.  6  (b«  Cresc.)  ein- 
rdnen  und  lor  diese  schcioi  mir  die  zweite  Stelle  am  besten  ta  pusen^ 


BESl-RBCHUm 


:N.      C.  / 


.*PBL, 


Drt  Gedkokci^uie  des  Ganieo  wäre  dann  der  folgende:  i  (Ci 
BlnmcD,  d¡e  Nachtigal,  ich  selbst  and  mïiiie  Dame,  alles  ist  mir  AnUb  au 
Freude;  überall  bin  ich  von  Freude  umschlossen;  die  von  meiacT  Geliebten 
her  aber  siegt  übet  alle  ¡mdcren."  Auf  das  Himmel bothjaueluen  folgt  so- 
gleich das  inm  Tode  beliübt:  —  1  (Cresc.  6).  „Wehe,  wie  sterbe  ich  vor  Sorge! 
So  tief  bin  ich  oft  in  Sorge  verslrickt,  dsfs  Diebe  mich  stehlen  könnten,  ohne 
dats  ich  es  m^kte,  Lifbe,  wohl  findest  Du  mich  leicht  lU  belegen,  ohni 
Hilfe  ïon  Freunden  oder  einem  ainiercn  Herrn  (da  Du  allein  mein  Herr  bist). 
Weshalb  zwingst'  Du  nicht  einmal  meine  Dame,  ehe  ich  vor  Sehnsucht  ver- 
gehe?" —  3  (Cresc.  3).  „Wie  kann  ich  nur  leben,  ohne  dafä  ich  ihr  meiaeD 
Sinn  darlege?  Wenn  ich  ihre  Augen  schaue,  kano  ich  mich  kaum  entliallen 
lu  ihr  EU  laufen;  und  ich  würde  es  thun,  hätte  ich  nicht  Furcht  vor  ihr, 
denn  oie  sah  ich,  dats  ein  so  zur  Liebe  geschaffener  Körper  der  Liebe  so 
abgeneigt  war."  —  4  (Cresc.  i).  „So  liebe  und  fSrchte  ich  meine  Dame,  difs 
ich  nie  wagte  ihr  von  mir  zu  sprechen ,  und  nicht  bitte  ich  sie  um  irgrad 
etwas,  Sie  aber  kennt  mein  Leid,  und  weon  es  ihr  gefSUt,  thai  sie  mix 
Gutes  ani  wenn  sie  aber  will,  bin  ich  auch  ohne  dies  lufrieden,  damit  kein 
Tadel  sie  treffe."  —  5  (Cresc.  5).  „Wenn  ich  die  Leute  (von  denen  her  dei 
Tadel  etwa  käme)  veriaabem  könnte,  so  würden  sie  Kinder  werden,  die 
nichts  uns  Schädliches  uateruehmen  könnten.  Dann  würde  ich  det  Geliebten 
den  Mund  so  küssen,  dafs  einen  Monat  lang  das  Zeichen'  m  sehen  wire."  — 
6  (Cresc.  4).  „[Da  dem  aber  nicht  so  1st,:]  würde  ich  sie  allein  und  schlafend 
Enden,  so  würde  ich  ihr  einen  Kufs  rauben.  Frau,  wir  verlieren  nnscre  Zeil. 
Da  Kühnheit  uos  nicht  helfen  kann,  helfe  uns  List."  —  7.  „Eine  Dame,  die 
ihren  Freund  gar  zu  lange  hinhält,  ist  zu  tadeln.  Durch  Lisi  können  wir 
lum  Genuft  unserer  Liebe  kommen,  indem  wir  sie  lügend  verbergen.  Frau, 
wenn  Du  bereit  bist  mich  zu  lieben,  wird  mich  das  Lügen  (dafs  Du  mich 
nicht  liebest)  nicht  verletzen  [oder:  werde  ich  durch  Lügen,  d.h.  im  Ugen, 
nicht  erreicht  werden?]."  —  Die  bedeutendsten  Abweichungen  ira  Tcit  sind 
im  Votbeigeheu  schon  erwähnt;  geringere  Verschiedenheiten  bedingt  das  Ver- 
hältnis der  Handschtiflen. 

Raimbaut  d'Aurenga,  Escolali.  mas  no  sai  qus  s'ts  (Manual,  p.19. 
Chresti  St.  ¡6).  Dieses  Lied  hat  Creacini  nnch  Meyers  Text  im  Recueil  ab- 
gedruckt. Er  hätte  besser  gethan  es  aus  Bartschs  Chrestomathie  zu  eal- 
nehmen.  Die  Abweichungen  beider  Drucke  sind  gering;  wo  sie  aber  begegnen, 
ist  Battichs  Lesung  fast  durchweg  vorzuziehen,  —  Z.  23  soll  profer'  doch  wohl 
Konjunktiv  sein?  Bartsch  hat  mit  Recht  den  Indikativ,  denn  es  handelt  sich 
ja  um  ein  ihatsäcblich  erfolgtes  Anerbieten,  Die  Zeilen  ig— 22  werden  nls 
ironisch  aufzufassen  sein,  —  Ob  in  Z,  43  CR  in  der  TbA  platt  haben,  wie 
man  nach  Meyers  Text  und  Vatiantenangabe  denken  mufs.  weifs  ich  nicbl. 
Raynouatd  hat  p>ac;  Bartsch  ebenfalls  plac.  ohne  Vatiantenangabe  :  ¡n  M 
fehlt  das  Wort;  in  a,  das  Bartsch  und  Meyer  nicht  benutzt  haben,  fehlt  die 
ganze  Strophe.  Sollte  aber  auch  piati  in  CR  sieben,  so  wird  es  neben  dem 
Prät.  tsttigtt  in  plac  zu  andern  sein.  —  Die  wesentlichste  Abweichung  &ndel 

'  destrens  l.  pets.,  nicht  1,,  wie  Cresc.  Studj  p,  3I   sagt. 

*  paregra  ¡0  sens  ist  .-lUiunehmen,  nicht  das  derbere  paregron  las  dtnl, 
welches  in  A  steht.  IK  haben  paregra  lo  dens,  aber  das  nahe  verwandle  D 
Vt  h  ten*,  entsprechend  CMORV. 


V.  CRESCmi,   MANUALETTO  PROVENZALE.  389 

in  der  letzten  Prosa  statt.  Meyer  hat  sich  fur  den  Text  von  M  entschieden: 
Vat  s^s  nom,  e  qui't  demanda  qui  t*a  fag,  digas  li  d*En  Rambaut  que  sap 
ben  far  una  balìa  de  foudat,  quan  si  voi  gegenüber  dem  von  CR  :  e  si  horn 
li  demanda  qui  l^a  fach,  pot  dire  que  eel  que  sap  ben  far  tota  fazenda,  quan 
se  vol.  Die  Lesung  von  M  tritt  durch  ihr  ses  nom  zunächst  in  Gegensatz  za 
V.  44,  45,  durch  die  Raimbaut  seinem  Gedicht  einen  Namen  gegeben  hat. 
Das  Folgende  aber  kann  doch  schwerlich  anders  übersetzt  werden  als  ,»sage 
von  (=  über)  Herrn  Raimbaut,  dafs  er  ..."  Es  scheint  evident,  daCs  diese 
Worte  von  einem  anderen  als  dem  Verfasser  herrühren,  gerade  im  Gegensatz 
zu  dessen  Worten,  in  denen  sich  das  bekannte  Selbstbewufstsein  des  Prinzen 
ausgedrückt  hatte. 

Für  die  berühmte  Satire  Peire  d'Alvernhe's  (Crcsc.  p.  20,  Chrest 
St.  80)  hat  Cresdni  den  Text  von  ADIN*  zu  Grunde  gelegt,  die  in  dieser 
Gruppe  interpolierte  S.Strophe  aber  aus  a  eingesetzt;  im  ganzen  gewifs  der 
richtige  Weg,  wenn  auch  dort,  wo  CR  und  a  gegen  ADIN*  übereinstimmen, 
ihre  Lesart  den  Vorzug  verdienen  wird.*  Mit  Unrecht  ist  Crescini  v.  30  von 
seinem  Prinzip  abgegangen  und  liest  gegenüber  dem  einwandsfreien  pietatt  no 
m* en  pren  aller  Hss.  /.  de  lui  nom  p,  ;  pietat  ist  dreisilbig  zu  rechnen.  — 
Auf  die  in  jüngerer  Zeit  so  viel  behandelte  8.  Strophe  würde  sich  hier  nun 
Gelegenheit  finden,  wiederum  zurückzukommen.  Im  Archiv  für  das  Studium 
der  neueren  Sprachen  1893  ^*  ^^^  neigt  sich  O.  Schultz  der  Ansicht  Zenkers 
zu  und  hält  die  Strophe  auch  in  den  Gestalten  der  Hss.  CR  und  a  für  inter- 
poliert, „wenn  der  Name  in  CR  der  ursprüngliche  ist".  Das  gerade  aber 
glauben  Crescini  und  ich  nicht.  Ich  gehe  auf  die  Frage  nicht  ausführlich 
noch  einmal  ein,  da  ich  Neues  nicht  zu  sagen  habe.  Wenn  ich  aber  Zenkers 
Ansicht  resümiere,  ist  es,  habe  ich  recht  verstanden,  die  folgende: 

Aus  Version  i  wäre  Str.  7  und  8  frühzeitig  verloren  gegangen.  Str.  7 
wäre  in 

2  ergänzt  durch  eine  Strophe  aus  der  Satire  des  Mönchs  von  Montaudon, 
die  freilich  so  ungenau  wiedergegeben  wird,  dafs  kaum  etwas  von  der  Vor- 
lage übrig  bleibt  Insbesondere  wird  der  Name  des  verspotteten  Dichters  ans 
Guillem  Ademar  zu  Elias  oder  Grimoart  oder  Gramoart  Ganmar  oder  Gaus- 
mar  verlesen. 

3.  Gruppe  A  interpoliert  zu  2  wiederum  eine  Strophe  aus  dem  Gedicht 
des  Mönchs,  aber  in  ganz  anderer  Art  als  Str.  7  (also  offenbar  unabhängig 
von  jener  Interpolation),  denn  diesmal  wird  der  Text  des  Mönchs  ziemlich 
getreu  herübergenommen. 

4.  Gruppe  C  dagegen  dichtet  eine  ganz  neue  Strophe  auf  den  Trobador 
Peire  Bremon.  Diese  Version  kann  aller  Wahrschdnlichkeit  nach  erst  ans 
dem  zweiten  Viertel  des  13.  Jahrhunderts  stammen. 

5.  Version  3  hat  einer  entfernten  Vorlage  der  Hs.  a  vorgelegen.  Vor 
1199  ist  die  10.  Strophe  auf  Folquet  de  Marselha  (und  vermutlich  auch  die 
anderen  in  dieser  Fassung  hinzugekommenen  Strophen)  interpolierL  Die 
Str.  8  lautete  hier  wie  in  Gruppe  A. 

6.  Ein  Abschreiber  um  die  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  hat  5  und  4  vor 
sich  gehabt.    Er  bemerkte,   da&  Str.  8  der  Gruppe  A  identisch  war  mit  der 


^  Erwägung  verdient  auch  aus  a  Z.  24:  rl  gars  amassava'l  sienment* 


390 


BFSPRECHÜNGEN. 


Strophe  lies  Wöoclis  von  Monwmlon  und  folgte  daher  C,  Tcrlas  aber  hier  de« 
wohlbekannten  Namen  Part  J/reman  [sé)  va  P.  dt  manza. 

Wer  an  solchem  Aufbau  seine  Freude  hai,  mag  diese,  gewib  mit  Schatf- 
änn  hcrgpstellte,  Hypothesenreihe  annehmen.  Ich  siehe  vor,  aach  ferner  m 
glauben,  dafs  dort,  wo  Gruppe  C  nnd  A  im  wesentlichen  übereínstiniinen. 
der  Teil  uns  Ton  ihnen  veihältnismäfsig  gut  überliefen  wird.  Sir.  8  war  ver- 
derbt. A  hat  sie  durch  eine  Strophe  des  Mönchs  crsem;  C  und  das  von  A 
und  C  unabhängige  a  schliefsen  sich  an  die  Vorlage  an,  C  aber,  indem  es 
den  unbekannten  Namen,  der  von  a  als  P.  de  Monzo  vielleicht  (?)  rícbc^ 
überliefert  wird,  in  den  Nnmcn  eines  bekannten  Trobadors  »erlas  oder  will- 
kütlich  veriiuilcrte  (vielleicht  weil  dem  Aenderer  die  Beziehungen  Peiie  Bre- 
mons  zum  Grafen  von  Toulouse  bekannl  wacen;  eher  aber  noch  darf  man 
hier  an  ein  Spiel  des  Zufalls  glauben).' 

Das  Fragment  aus  dem  Girart  de  Rossillon  (Cresc.  p.  l6)  bringt 
einen  Teil  der  Episode  der  Verbannung,  welche  auch  Bartsch  und  Meyer  in 
ihie  Sammlungen  aufgenommen  haben.  In  der  That  darf  dieses  nihreade  Bild 
vom  Unglück  des  Helden  und  von  der  Treue  seiner  Gattin  in  einer  proveni. 
Chrestomathie  kaum  reblen.  Auch  ich  habe  es  unter  die  von  mir  milgeleillen 
Bruchstücke  des  Epos  aufgenommen  (St.  i).  Crescini»  Teit  folgt  wieder  &it 
durchaus  dem  Meyers.  —  V.  19.  parlen/  steht  nur  in  P;  O  und  L  haben 
passent  {hez.  passe),  welches  also  in  den  Teit  zu  setzen  sein  wird.  —  V.43: 
c'a  feinesse  muUer,  e  el  mau-va:,;  es  mürste  doch  wohl  wenigstens  gt^nderl 
werden  e  es  mauvat.  Aber  L  und  P  stimmen  darin  Sberein ,  dais  ftletitsst 
am  Eingang  der  Zeile  sieht.  Es  ist  nur  in  L  felanesse  ferne  a  /  (/  n.  for 
feme  aus  OP  vmller  einzusetzen  und  stalt  e  il  (bez.  O  e  W)  cil  (hex.  iti)  zu 
lesen.  —  V,  50.  ni]  n'í.  —  V. 5ï.  /'  mit  LP  zu  streichen,  ebenso  65  m'.  — 
Y,J¡.  ¡le  fuH /eivie  cause,  de  car  estañe.  Wie  versteht  Crescini?  Meyer 
übersetzt:  eile  ¿tail  faible  et  épuisée;  Cresc.  überselzt  ear  an  dieser  Stelle  im 
Glossar  mit  „carne".  Soll  tstanc  ital.  stanco  semî  Aber  das  scheint  das 
Wort  im  Prov.  nicht  ku  bedeulcti,  utid  überdies  ist  ear  fem.  Ich  fasse  esianc 
als  Verbalsubsl.  zu  estancar  „arrSler,  mettre  obstacle,  Player"  (dies  die  Be- 
deutungen des  npr.  Wortes,  b.  Mistral)  und  car  als  „(leuer,  selten),  nniu- 
länglich",  also  „sie  war  von  unzulänglicher  Stütze,  von  unzulänglichem  Halt, 
hiniSltig".  Dats  ich  d.imit  die  Meinung  von  P,  das  die  im  Original  gewi^ 
anders  lautenden  Worte  allein  enthalt,  getroffen  habe,  ist  mir  freilich  nicht 
sicher.  —  V.  95.  ders  „erse,  sollevò"  hat  geschlossenes  e,  wahrend  die  Asso- 
nanz (  verlangt.  Wichmann,  Ueber  die  Aussprache  des  provenz.  E  p.  19  und 
K.  F.  T.  Meyer,  Die  Prov.  Gestaltung  der  mit  dem  PcrfectstHimn  gebildeten 
lat.  Tempora  S.  46  haben  vorgeschlagen  ters  zu  lesen.  —  V.  13Ö.  Ich  ziehe 
vor  sirvent  zu  schreiben,  nicht  sirvenf,  „Diener"  nämlich  für  Gtiart,  tkai»- 
berere  (ur  seine  Gattin;  vgL  auch  v.  50.  —  V.  147.  esgardat  la  beUat  t'a  cor- 
banere.  Carbanere  kann  natürlich  des  Artikels  nicht  entbehren.  Man  wird 
lesen  müssen  la  bellal  ça  carliarttre  „dieser  Köhleiin".  —  V.  179.  Auch  hier 


'  Inhaltliche  Uebereiuslimmungen  ignoriere  ich  keineswegs  „ge&issent- 
lieh",  wie  mir  Zenker  Zischr.  XVI  444  zumutet;  aber  es  scheint  mir  unerUubt 
auf  Grund  der  Uebereinsliramungen,  die  er  beibringt,  so  mit  der  Ueberlictereng 
unuuspringen,  wie  a  es  tbut, 


V.  CRESCINI,  MANU  ALETTO  PROVENZALE.  39 1 

hätte  Meyer  bei  O  bleiben  können:  Care,  fen  vais  en  France,  mit  Indikativ- 
form in  Imperativfunktion. 

In  der  Sestine  Arnaut  Daniels  (Manual,  p.  42,  Chrest.  St.  26)  haben 
V.  12  sowohl  Bartsch  wie  Canello  die  Lesart  von  nur  drei  Hss.  tal  paor  ai 
no'l  sia  prop  de  Parma  gegen  das  trop  aller  anderen  bevorzugt.  Canello 
abersetzt:  „tal  pauro  ho  di  non  esserle  vicino  all' anima''.  Kann  man  nicht 
bei  dem  so  viel  besser  bezeugten  trop  bleiben?  „Ich  zittere,  wenn  ich  an 
die  Kammer  denke,  wo  —  wie  ich  weifs  —  kein  Mann  eintritt  ;  solche  Furcht 
habe  ich,  dais  ihr  zuviel  um  die  Seele  sei  (mit  der  ich  in  jener  Kammer 
bin)."  Der  Dichter  fahrt  dann  fort:  „Möchte  ich  (ihr)  doch  dort  (/'i.  oder 
laii)  mit  dem  Körper  sein,  nicht  mit  der  Seele."  —  V.  28.  non  eis"]  besser 
wohl  ni  es  (mit  AUVc). 

Die  berühmte  Baiada  A  Ventrade  del  tens  ciar  (Manual,  p.  43,  Chrest. 
St.  48)  sollte  nicht  mehr  in  der  von  Bartsch  normalisierten  Sprachform  abge- 
druckt werden,  sondern  so  wie  die  Hs.  sie  überliefert  hat.  V.  21  schreibt 
Cresc.  aurilloza  und  übersetzt  im  Glossar:  „brioso,  gaio,  pazzarello".  Die 
meines  Erachtens  richtige  Uebersetzung  s.  jetzt  bei  Levy,  Supplementwbch. 
avrilhos. 

Für  die  Alba  Guirauts  von  Bornelh  (Manual,  p.  48;   Chrest.  St.  56) 
folgt  Crescini  wieder  dem  Text  Meyers  im  Recueil.    Er  hätte  aber  wenigstens 
nicht,  wie   dort,   die  Refrainzeile   der  3.  Strophe   anders  lauten  lassen  sollen 
als  in  Str.  i,  2,  4—6.    Nur  in  der  7.  Str.  ist  eine  andere  Gestalt   dieser  Zeile 
gerechtfertigt. 

Mönch  von  Montaudon,  L'autrier /ui  en  paradis  {Manual,  p,  ^^; 
Chrest.  St.  93).  Wie  Crescini  v.  30  versteht,  wird  aus  dem  Glossar  nicht  klar. 
Wie  jetzt  bei  Levy,  Supplwbch.  unter  äinar  zu  sehen  ist,  fasse  ich  äis  als 
I.  Sgl.  Imperf.  Conj.  von  äir.  Ich  übersetze  „damit  ich  mich  um  der  Welt 
willen  nicht  hassen  möchte,  kehrte  ich  ...  zurück".  Für  „sich  hassen"  kann 
man  sich  berufen  z.  B.  auf  Bartsch ,  Dkm.  62,  22,  wo  die  Weisheit  spricht  : 
Naturalment  cascus  hom  mi  dezira  ;  Si  non  o  fa,  el  si  meteyssh  aura,  oder 
auf  eliges  V.  476:  Oel!  vos  nCavez  trate  I  Par  vos  m* a  mes  cuers  anhaïe. 
Qui  me  soloit  estre  de  foi, 

Gaucelm  Faidit,  Del  gran  golfe  de  mar  (Manual,  p.  $5;  Chrest. 
St.  75).  —  V.  8  zeigt  meine  Kopie  qeu  torn  statt  que  /.  —  V.  16.  urC\  uns,  — 
V.  47.  Hs.  //  laissa  tot  es  lanza,  Chabaneau  schlägt  vor:  „corr.  enP  Lanza 
serait  une  forme  féminine  de  lanz,  jet,  coup  de  dé,  hasard",  und  Crescini 
folgt  diesem  Vorschlag.  Es  ist  aber  unnötig  zu  ändern;  man  lese  //  laissa 
tot  e  *  slama,  —  V.  48.  cori  ^o^^*^ 

Raimbaut  de  Vaqueiras,  Aras  cant  vei  verdejar  (Manual,  p.  71; 
Chrest.  St.  37).  Für  den  wichtigen  mehrsprachigen  Descort  Raimbauts  ist  als 
Prinzip  aufzustellen:  Diejenige  Hs.  ist  dem  Text  zu  Grunde  zu  legen,  welche 
den  verschiedenen  vom  Dichter  angewendeten  Sprachen  gleichzeitig  am  besten 
gerecht  wird  (falls  dies  bei  einer  Hs.  zutrifft).  Es  wäre  wohl  möglich,  dafs  in 
einer  der  Strophen  ein  Kopist  etwas  dem  Dialekt  besser  Entsprechendes  ein- 
geführt hätte  als  das  vom  Dichter  Gesagte.    Schwerlich  aber  wird  dasselbe 


*  Z.  28  meines  Textes  ist  zu  lesen,  wie  schon  mein  Glossar  zu  verstehen 
giebt,  vostr*acort3,  als  Lesart  der  Hs.  in  der  Variante  anmf&hren:  vostra  çariM, 


392 


BESPRBCHUNGKK. 


[.  SPSINGKR, 


in  melireten  Slru]]h(^a  zugleich  geschehen  sein;  jedenfalls  wüide  Jana  die  Möglich' 
keit,  den  Tcit  des  Dichters  kritisch  hmíustcüen ,  für  un^  nicbl  mehr  votlundcn 
sein.  Die  Ils.,  welche  die  genannte  Forderung  erfSlU,  hat  Meyer,  dem  Ciescini 
auch  hier  wieder  folgt,  nicht  herausgefunden,  und  es  ist  erslaunlich,  dab 
Cresdni,  der  Raímbnuls  Tenzone  mit  der  Cenaeserin  so  trefTHch  hergestellt 
bal,  hier  nicht  gleich  bei  der  ersten,  genuesischen.  Strophe  gesehen  hat,  dafi 
Meyers  Tent  unbelricdigend  ist.  —  V.  tj  bieten  CEf  unverständliches:  C  Et 
entendo  Sun  lenguaie,  Ef  Enlcinho  (Entenho  f)  son  Itngaio  {lengatta  i). 
Meyer  bat  daher  ein  s'  eingeschoben,  das  in  keiner  Hs.  stebl:  E  s'entende.  Das 
in  M  stehende  Woii  nisun  halle  ihn  schon  darauf  aufmerksam  machen  seilen, 
dafs  M  vermutlich  dem  Richtigen  am  nächsten  kommt;  jedenfalls  aber  hätte 
V.  t;  Chtt  (das  in  der  Tenzone  g2,  35  wiederkehrt)  statt  Plus,  /Vi  der 
anderen  Hts.  ftiT  M  entscheiden  müssen.   Es  ist  also  mil  diesem  Msc.  au  lesea: 

certo  (wohl  besser  nls  ctrt'  S)  qe  'h  nisun  Ungaio 

sa  gran  heutà  dir  non  si, 

chu  fresca  qe  flor  de  gtaie, 

per  qe  no  me-n  partirò. 
—  V.  ìo  ist  das  erste  vos  betontes  Pronomen,  Es  ist  kl.ir,  daCt  e*  nicht 
zwischen  ne  und  dem  Verbum  sieben  kann  und  dab  M  (und  R)  hier  wieda 
das  korrekte  Afri,  zeigen:  si  ie  n'ai  vos  e  vos  moi.  —  V.  14  ist  Hont  nicht 
atn.  Es  mufs  ne-m  geschrieben  werden,  weruiglc-ìdi  nom  auch  in  M  sieht 
(V.  18  rfdn]  dain  [M  hat  rfoin/];  V.  ig  n'aurai]  n'afraí).  —  V.  26.  Caar  es 
la  mas  bon' e  bera']  Wenn  M  allein  ¡ett  stati  des  provenzali  sehen,  fteilìcb 
auch  gaskonischen,  es  hat,  wie  Meyers  Variante  angieht,  so  hätte  diese  Form 
aufgenommen  werden  mössen,  Sic  ¡st  noch  heut  eine  gaskonische  Form. 
Nach  meiner  Kopie  bat  M  sott.  Auch  diese  Form,  mit  0  aus  i.sgh  nnd 
3.  plur.,  ist  wohl  möglich.  Statt  mas  hat  M  wieder  das  gut  goskonisdie  mei, 
statt  nuera  V.  JO  die  ebenfalls  gaskoniscbe  Form  nauera.  -—  V.  Jl.  Stall  Bas 
m'aòeti  hat  M  Boilre  so,  R,  welches  vielfach  mit  M  gegen  CEf  geht,  Boslt 
soy.  Baste  ist  gaskonische  Form,  welche  vermutlich  auch  in  der  Voilage 
von  M  gestanden  bat  und  einzurühren  sein  wird.  —  V.  32  hat  Meyer  tofrai- 
sera  aus  Ei  in  seinen  Text  aufgenommen.  C  hat  sofrankera,  R  lofrangtuta, 
diesen  gt^enübet  M:  deslregera.  Dafs  auch  hier  M  dem  Ursprünglichen  am 
nächsten  steht,  geht  aus  der  Endung  -ora  hervor  (vgl.  Lespy,  Grammaire  b^r- 
naisc  S.  375,  §  592).  Ob  freilich  ein  deslregera  möglich  ist,  weils  ich  nicht.  — 
V.  35.  Für  ai  ist  mit  M  ei  einmset/en.  —  V.  38  isl  der  richtige  Plural  statt 
veli  einr.ulîibren  und  im  Anschlufa  an  M  zu  lesen  veses  penado  {VI  puado; 
am  nächsten  stehl  wieder  R:  /es  espessado).  —  Für  v.  42—51  fehlt  uns  leider 
M,  so  dafs  wir  hier  auf  die  weniger  zuverlässigen  Hss.  angewiesen  sind. 

Der  Kontrast  Raimbauis  mit  der  Genueserin  (Manual,  p,  77: 
ehrest.  St.  91)  ¡et  vou  Crescini  schon  in  Per  gli  studi  romanzi  in  sorefaltig 
hergeslelltem  Text  mitgeteilt  worden.  Mein  Text,  früher  als  Crescinii  Druck 
erschien  festgestellt,  aber  später  gedruckt,  stimmt  mit  jenem  fast  genau  ñber- 
dn.  Nur  in  dem  acaviüar  v,  77  möchte  ich  etwas  anderes  sehen  als  Cieicini. 
Nicht  accapigliarsi  will  Raimbaut  mit  der  Genueserin,  sondern  mit  caviglia 
scheint  mir  das  Wort  zusammengebracht  werden  zu  müssen,  dessen  DeuIaDf 
dann   sehr   nahe   liegt.  —   V.  57   hat   nach   meiner   Kopie   auch  O  «M»,   dai 


G.  SCHLAEGER,   STUDIEN  ÜBER   DAS  TAGELIED.  393 

mithin  in  den  Text  zu  stellen  ist.  —  V.  92  ziehe  ich  vor  zu  trennen  posa  sì 
statt  pos  asi. 

Im  Text  der  Tenzone  zwischen  Albert  Marques  und  Raimbaut 
von  Vaqueiras  (Cresc.  p.  80  ;  Chrest.  St.  90)  stimmen  wir  ebenfalls  fast  genau 
überein;  nur  ist  offenbar  auch  in  v.  57  der  Text  von  ADIM  anzunehmen: 
a  mon  dan  get  de  trobar  vos  é'n  Pier,  Diesen  Pier  hat  O.  Schultz  (Briefe 
des  Raimbaut  S.  119)  seitdem  mit  Peire  Vidal  identifizieren  wollen. 

Diese  Besprechung  hat  naturgemäfs  dort  verweilen  müssen,  wo  mir  in 
Crescinis  Buch  Besserungen  als  möglich  erschienen.  Ich  will  aber  nicht  ver- 
säumen schliefslich  noch  einmal  hervorzuheben,  dafs,  abgesehen  vom  Glossar, 
das  Anzuerkennende  durchaus  überwiegt.  Die  italienischen  Studenten  haben 
in  diesem  Manualetto  eine  treffliche  Grundlage  für  die  Beschäftigung  mit  dem 
Provenzalischen  erhalten.  P    Appkl 


Gheorg  Schlager,  Stadien  über  das  Tagelied.  Ein  Beitrag  zur  Litte- 
raturgeschichte  des  Mittelalters.  Jena,  Verlag  von  Hermann  Pohle,  1895. 
(Auch  als  Dissertation  erschienen.)    89  S. 

Verf.  schickt  seiner  Abhandlung,  welche  „das  Tagelied  in  der  Provence 
und  in  Nordfrankreich"  und  „die  Herkunft  des  Tageliedes"  zum  Gegenstande 
hat,  eine  Untersuchung  über  die  altfranz.  Aube  „Gaite  de  la  tor"  voraus.  Er 
überrascht  durch  eine  neue  und  originelle  Deutung  dieses  schwierigen  Textes, 
der  eine  ausführliche  Interpretation  bisher  noch  nicht  gefunden  hat.  Das 
Ganze  faEst  er  als  ein  Zwiegespräch  zwischen  Ritter  und  Dame,  eingeleitet 
und  beschlossen  durch  Reden  des  Ritters.  In  den  ersten  beiden  Strophen 
sieht  er  Worte  desselben  an  den  Wächter  und  an  die  Dame;  mit  Str.  3  ent- 
spinnt sich  nach  seiner  Auffassung  folgender  Dialog  zwischen  den  Liebenden  : 
Der  Ritter  ist  in  Aufregung  und  Angst  und  wünscht,  das  Wagstück  gär  nicht 
unternommen  zu  haben  (Vers  23  —  25).  Seine  Dame  sucht  ihm  Mut  einzu- 
sprechen (26 — 28),  doch  ohne  Erfolg  ;  er  bittet  sie  ängstlich,  sich  still  zu  ver- 
halten (29 — 31).  Seine  Dame  erwidert  ihm  mit  einem  Hinweis  auf  die  Freude 
über  ihr  Zusammensein  (32  —  33).  In  dieser  Weise  wird  das  Gespräch  von 
dem  Liebespaare  in  Str.  4  und  5  weitergeführt,  und  es  fügt  sich,  dafs  der 
Ritter  konsequent  Angst  und  Besorgnis  an  den  Tag  legt,  im  Gegensatz  zu 
seiner  Dame,  die  heiter  und  beherzt  auftritt.  Die  Schlufsstrophen  enthalten 
die  Worte  des  Heimkehrenden  an  den  Wächter.  —  Auffallend  ist  bei  dieser 
Auflassung  natürlich  besonders  die  Gestalt  des  Ritters;  er  zeigt  sich  nicht  als 
frohgemuten  Liebhaber,  sondern  als  einen  Hasenfufs,  der  dem  munteren  Zu- 
reden seiner  Dame  jedesmal  nichts  weiter  als  ein  stereotypes  „still,  still"  ent- 
gegenzusetzen weifs,  zuletzt  jedoch,  als  er  in  Sicherheit  ist,  um  so  mehr  mit 
seinem  Abenteuer  prahlt.  Eine  solche  Charakterisierung  befremdet,  wenn 
man  bedenkt,  dafs  der  hönsche  Liebhaber  sonst  nirgends  eine  lächerliche 
Rolle  spielt,  wie  es  hier  der  Fall  sein  würde.  Sicher  muíste  man  bei  der 
vorgeschlagenen  Deutung  eine  ironisierende,  satirische  Tendenz  des  Liedes 
annehmen.  Dafs  eine  solche  vorliege,  könnte  man  ja  bei  dem  auch  sonst 
ziemlich  eigenartigen  Gepräge  des  Ganzen  an  sich  wohl  für  möglich  halten, 
aber  sicher  ist  in  solchem  Falle  doppelte  Vorsicht  am  Platze.     Der  Verf, 


394 


BBSPRECHONGEN.      H.  SPRINGER, 


scheint  id  diesem  Punkte  iibeihaupt  keine  Seh  wie  rifili  ci  t  lu  sehen.  Et  sprich! 
sich  nicht  daiöbcr  aus,  ob  dem  Ganzen  eine  satiiUche  Abeicht  eu  Gmnde 
liege;  nach  seinen  Beraerkungen  auf  S.  7  scheint  er  dies  nicht  ajjiunehnien. 
Hier  wäre  eine  ausrdhrlichere  Rechlfcrtignng  seiner  AutTassun};  erwünscht. 
Hat  die  letitere  schon  im  allgemeinen  ihr  Bedenkliches,  so  spricht  auch  im 
einielntn  Epcziell  in  der  Ausdruckswei se  vieles  gegen  sie;  so  die  Worte  von 
Vers  4  und  5  iin  Munde  des  a.nkommenden  Rillers,  die  ungewöhnliche  An- 
rede compaim,  weiter  der  Anfang  von  Str.  J.  Sollte  der  Ritter  wirklich  so 
unhöflich  sein,  zu  seiner  Dame  zu  sagen;  „Ich  wünschte,  ich  wäre  zu  Hanse 
geblieben  and  läge  in  friedlichem  Schlafe"?  Das  könnte  der  Dichter  seinem 
Ritter  doch  nur  in  satirischer  Absicht  io  den  Mund  Relcgt  haben;  selbst  dun 
wäre  der  Ausdruck  noch  recht  dunkel  nnd  ongeschickl.  Auch  Ver»  45— 50 
muten  durchaus  nicht  wie  eine  Anrede  der  Dame  an  den  Geliebten  an.  — 
Solange  man  mit  einer  anderen,  näherlicgenden  Erklärung  durchkommen  kann, 
wird  diese  sicher  vorzuziehen  sein.  Meiner  Meinung  nach  kommt  man  in 
einer  im  ganzen  befriedi|;cnden  lote rpre talion,  wenn  man  den  Hauptlcil  Str.  t— J 
als  E>ialog  zweier  Wächter  belraclilct,  wie  Leroux  de  Lincy,  allerdings  ohne 
auf  die  Einzelheiten  einzugehen,  zuerst  angedeutet  hat.  Die  Stelle  in  Stt.  1, 
welche  der  Verf.  S.  9  als  eben  Beweis  gegen  diese  Auffassung  anführt,  i$t 
dann  als  Rede  des  einen  Wächters,  dem  Sir.  1  und  i  ganz  lufallen,  so  m 
verstehen:  „Ich  würde  an  Lied  singen,  wenn  ich  nicht  wegen  des  drohenden 
Verräters  besorgt  wate";  er  fürchlet,  über  dem  Singen  seine  Pflicht  la  »et- 
nachlässigen  und  den  fur  die  Liebenden  gefährlichen  Iraiiar  zu  úberseben. 
Auch  im  weiteren  Verlaufe  begegnet  nichts  Anstöfsiges,  Was  bei  der  Deu- 
tung des  Verf.  sonderbar  wirkt  und  die  abweichende  Charakteristik  der  Fi^ 
herbeiführt,  hat  dann  nichts  Auffälliges  weiter.  So  ist  in  Vers  £3—15  <x> 
dem  Wächter  der  Unmut  und  der  Wunsch,  Ruhe  zu  haben,  ohne  weiter« 
versiandtich.  Der  Anfang  von  Str.  4,  den  ich  ebenfalls  als  eine  schalkhafte 
Beziehung  auf  den  Ritter  auffasse,  ist  auch  im  Munde  eines  Wächters  nicht 
anpassend  ;  dieser  weist  seinen  unmutigen  und  ängstlichen  Genossen  meni 
auf  die  za  erwartende  Belohnung;  hin  und  bedeutet  ihm  dann  durch  jene  sehen- 
hafte  Bemerkung,  dafs  überhaupt  keine  Gefahr  drohe.  Schon  vorher,  Vers  ï6 — j8, 
erwidert  er  jenem:  „wir  brauchen  uns  nicht  zu  beunnihijieD  und  köonen  die 
Leule  ruhig  ihres  Weges  gehen  lassen";  d,  h.  es  droht  kein  Verräter,  auf  den 
wir  achthaben  müfsten.  Der  Anfang  von  Stt.  5  läfst  sich  ohne  Bedenken 
dem  einen  der  Wachler  zDerteilen.  Die  Worte  des  Ritters  in  den  beiden 
letzten  Strophen  bilden  einen  natürlichen  und  ungezwungenen  Abschlob  dt> 
G.mzen.  Folgt  man  der  Auffassung  des  Verf.,  so  slehl  die  selbstgetSUige 
Rede  des  Ritters  in  einem  aogenfälligen  Kontrast  zu  dem  Vorh  ergeben  den. 
Auffallend  ist  die  Art,  wie  der  Verf.  das  in  allen  Strophen  wiederkebrcndeii 
Au  et  hu  erklärt;  er  bestreitet,  dafs  datin  eine  Beziehung  auf  den  Horastofi 
liege,  und  fafsl  es  als  „Ausruf  des  jeweils  Redenden  zur  Bezeichnung  äa 
verschiedensten  Sliramungen".  Das  Natürlichste  ¡st  doch,  hu  als  öne  Aa 
Schall  de*  Homes  nachahmende  Interjektioo  lu  fassen.  Es  brauchl  ja  doch 
nicht  jedesmal  einen  wirklichen  Ilornstofs  zu  markieren,  sondera  ist  als  Re- 
frain ohne  weitere  reale  Bedeutung  verwandt,  was  in  einem  Gespi^h  iwisthen 
zwei  Wächtern  ja  nicht  auffallen  kann.  Derselbe  giebt  soiasagen  den  Gnnil- 
toD  an  und  verleiht  dem  Ganzen  ein  wirkungsvolles  Kolorit;  dais  tt  tat  nun 


G.  SCHLAEGER,   STUDIEN    ÜUHR    DAS   TAGELIED,  3g5 

%nde  feilgehalten  wird,  ist  eine  lechnische  Nolwendigkeil  und  kann  dem 
Dichter  nicht  als  Geschmacklosigkeit  angerechnet  werden,  wie  es  der  Verf. 
S.  g  ihut. 

Seine  sorgsamen  UntetsuchuDgen  über  die  DichtgatluDg  im  allf^emcinen 
giündet  der  Verf.  auf  eine  breite  und  solide  Basis  und  versäumt  es  nicht, 
die  besonders  von  germanistischer  Seile  unlernorameneB  Forschungen  gehöhrend 
lu  Terwerteo.  Aufser  Barisch  und  Schercr  kommen  besonders  De  Gruytu'r's 
Dissertation  über  das  deutsche  Tagclied  und  Roethe's  Besprechung  derselben 
in  Betracht.  Der  Verf.  gcwitmt  einen  festen  Boden  für  seine  UntetEuehung 
durch  die  vor  ihm  noch  nicht  streng  dntchgefnhtle  Scheidung  zwischen  dem 
allen  Litleraturen  gemeinsiimen  Lie  de  vom  Scheid  i-n  zweier  Liebenden  bei 
Tagesanbruch,  dessen  Züge  ohne  konventionelle  Zulhaien  aus  der  Situation 
erwachsen,  imd  das  rein  volksmäfsig  entstehen  oder  auch  voo  einem  Kunst- 
dichler  herröhren  kann,  und  der  ritterlichen,  konventionellen  Alba,  welche  der 
Wirklichkeil  widersprechende,  typische  Züge  aufweist  und,  in  der  Trobador- 
dichlung  erwachsen,  in  andere  Otteratiiren  eingewandert  ist.  So  schränkt  der 
Verf.  die  Namen  „Alba,  Tagelied"  auf  die  konventionellen,  ritterlichen  Lieder 
ein,  wodurch  die  mifsversländliche  und  oft  mifsbrauchle  Bezeichnung  „volks- 
tümliches Tagelicd"  beseiti|{t  wird.  Nach  dieser  wertvollen  grundl^enden  Be- 
Irachtnng  werden  zur  weiteren  FeststeUang  der  Gnttung  die  einzelnen  provenz. 
Alhfn  besonders  im  Hinblick  auf  die  iur  den  Typus  charakteristischen  Züge 
untersucht.  Was  die  S.  26  vorgetragene  Auffassung  von  B,  G.  461, 1 13  an- 
geht, so  ist  es  sehr  gewagt,  in  einem  provenz.  Liede  eine  so  lebhafte,  unserem 
modernen  Empfinden  allerdings  geläufige  Phantasieerregung  anzunehmen.  So 
komplizierte  seelische  Zustände  vorzuführen,  lag  den  Trobadors  fem;  der  Verf. 
traut  ihrem  psychologischen  Feingefühl  hier  gar  zu  viel  zu.  Im  allgemciDcn 
erhebt  steh  die  provenz.  Poesie  kaum  über  scliücbteme  Ansätze  zu  jener  sug- 
gestiven Gefühlswirkung,  die  wir  Stimmung  nennen.  In  Stellen  wie  dem  be- 
rühmten „Quan  ill  dousi'iura  venia"  liegt  die  Sache  doch  noch  ganz  anders; 
der  Veif.  hat  sicher  selbst  gefühlt,  daCs  sie  seine  Auffassuiig  der  Alba  nicht 
slützen  können.  S.  46 — 57  beschäftigt  sich  der  Verf.  mit  den  sog.  geistlichen 
Wächterliedein.  Bartsch  war  der  erste,  der  sie  als  geistliche  Umdichtungen 
weltlicher  Alben  bezeichnete.  Schon  Scheret  hat  dagegen  ihren  wesentlichen 
Grund  als  kirchlich  und  religiös  hingestellt  und  auf  die  Hyinncnpoesic  hin- 
gewiesen; nach  ihm  bringt  besonders  Koethe  wichtiges  Material  bei.  Der 
Verf.  zeigt  speziell  an  den  einzelnen  provenz.  I-iedern,  dafs  die  Elemente  der- 
selben sich  aus  der  biblischen  resp.  kirchlichen  Tradition  erklären  lassen,  und 
dafs  eine  Beziehung  zur  Grundsituation  der  Alba  nicht  zu  erkennen  ist,  und 
kommt  zu  dem  Residtat,  dafs  das  „prov.  geistliche  Wächierüed  mit  der  Alba 
innerlich  nicht  das  mindeste  zu  schaffen  hat"  (S.  57).  Zu  betonen  ist  dabei, 
dafs  zwar  nicht  in  Bezug  auf  den  Ursprung,  aber  in  der  Anlage  und  Aus- 
fiihmnf;,  speziell  natürlich  im  Refrain,  eine  BecinHussung  durch  die  Alba  nicht 
ZU  leugnen  ist,  die  der  Verf.  denn  auch  nach  S.  47  nicht  in  Abrede  stellt. 
Die  Begriffe,^mit  denen  es  die  ritterliche  Alba  zu  thun  hat,  decken  sich  eben 
zum  Teil  mit  den  Elementen  der  geistlichen  Morgenhymnen.  Nur  war  die 
AoCfassung  in  den  beiden  Gattungen  eine  verschiedene;  in  den  gastlichen 
Stücken  wurde  im  Gegensatze  zni  Alba  die  Nacht  als  das  Verderbliche  und 
Gefifarliche  dem  heilbringenden  Tage  entgegengesetzt.     Dìeiea  Uoutuid  fuhrt 


396 


BESPRBCHDSGEfí, 


,  SCHULZE, 


dei  Vvií.  S.  So  mit  Recht  gegen  Roethc  an,  welcher  die  Alba  aus  dem  geot- 
Ijchen  Morgenhymnas  herleiten  möchte. 

Die  inte [cssanle Sic,  aber  zugleich  die  schwierigste  Frage  der  gaszeti 
Untersuchung  ist  die  nneh  dem  Ursprünge  der  Alba.  Ist  man  doch  anT 
solchem  Gebiete  im  allgemeinen  allenlhalhen  auf  blofse  Hypothesen  ai^t- 
wicsen.  Dafs  die  scigeainnte  „älteste  Alba"  hier  nicht  in  Betracht  kommt 
erötlert  der  Vetf.  in  einer  EusammenfasBenden  Besprechung  der  Teischicdenen 
Theoricen  (S.  71— 78),  Der  Wächter,  der  das  charakteristische  Element  dei 
Tagcliedes  bildet,  ist,  so  wie  er  in  den  provenz.  Liedcm  auftritt,  eine  fiktivt, 
den  realen  Verhältnissen  nicht  entsprechende  Gestalt.  Mit  Recht  «klärt  d« 
Verf.  die  bisher  geiufserten  Ansichten  über  den  ürsprang  des  Wächters  und 
somit  der  Galtung  selbst  lor  wenig  befriedigend.  Er  entscheidet  sich  für  die 
Entlehnung  des  fertigen  Tagelicdstofles  von  aufsen,  und  twar  ans  dem  klassi- 
schen Altertum  durch  Vermittlung  der  Vaga  aten  poesie,  und  weist  auf  âa: 
Stelle  in  dem  pseudoovidianischen  Briefe  Leanders  an  Hero  als  unmittelbaren 
Ausgangspunkt  hin.  Hier  nnden  wir  die  Klage  über  die  Kürze  der  Liebei- 
nacht, auch  die  Aurora  erwähnt,  fetner  anstatt  des  Wächters  die  Amnw, 
welche  die  Liebenden  lur  Trennung  fliiffordert.  Die  sich  aofserdem  noch 
bietende  Möglichkeit,  dafs  die  Gestalt  der  ¿■aita  durch  Umbildung  dner  realen 
Figur  eolsfanden  sei,  fatst  der  Verf.  nicht  ernstlich  ins  Ange.  Sieht  man 
nach  dieser  Seile  hin  etwas  genauer  zu,  so  liefse  sich  als  Grundlage  ein  ver- 
trauter Warner  denken,  aus  dem  sich  dann  die  Gestalt  des  ins  Vertraiien  sx- 
zogcncD  Wächters,  weiter  des  Wächters  überhaupt  entwickelt  haben  kann. 
Dafs  der  Verf.  gelegentlich  (S.  40)  eine  umgekehrte  Entwicklung  (,. Wicht» 
lediglich  als  Verkünder  des  Tages  —  Wächter  in  B'^tiehung  cu  den  Lieben- 
den") als  „psychologisch  ganz  einleachtend"  bezeichnet,  ist  nicht  recht  ver- 
ständlich. Ein  Freund  erscheint  hei  Guir.iut  von  Bomeih  wie  audi  in  mbil. 
Tageliedern.  Diese  Figur,  die  bei  Guiraut  konventionell  behandelt  ist,  tala 
der  Verf.  S.  31  als  etwas  Sekundäres  auf;  doch  giebt  er  S.  S8  atidem»iti 
die  Möglichkeit  lu,  dafs  man  es  hier  mit  einet  älteren  Stufe  des  Tageliedu 
zu  thun  habe.  So  könnte  man  als  reale  Grundbge  annehmen,  dafs  der  Ritter 
einen  vertrauten  Diener  oder  Freund  Wächter-  und  Wamerdienste  habe  thun 
lassen.  Vielleicht  dürfte  es  abet  den  Ihatsächlichen  Verhältnissen  mehr  ent- 
sprechen ,  die  Figur  der  in  Liebessachen  beratenden  Freundin  hetbeiiiuiehen. 
Bekanntlich  ist  in  der  airz.  Poesie  das  Gesprich  einer  Dame  mit  ihrer  Ver- 
trauten ober  LLebcETragen  nicht  selten.  Oeßers  erscheint  die  Beraterin  als  eme 
ältere  und  auf  diesem  Gebiete  wohlerfahrene  Person,  so  bei  Bartsch,  Rom.  u. 
PBEit,  I  39,  47.  Ebenda  I  36  spricht  eine  junge  „femme  mal  marUe"  einer 
älteren  Freundin  gegenüber  ihr  I.iebcsveilangen  aus.  Als  sich  beim  Heran- 
nahen des  Ritters  dct  Dame  Gelegenheit  bietet,  ihren  Wunsch  zu  be&iedigen, 
entfernt  sich  die  Alte  disktet  (Celie  qui  los  les  biens  javoü  Petil  tt  fttä 
s'eslûignait)  und  etscheint  dann  nuch  dem  Weggange  des  Liebhaben  wieder. 
Es  liegt  non  nicht  fern,  dies  auf  die  Situation  der  Alba  zu  übertrafen:  bei 
einer  rechtlichen  Zusammenkunft  spielte  eine  solche  Vertraute  naturgemifs 
die  Rolle  der  Wamerin,  die  in  den  übetlieferten  Tageliedern  der  gaäa  in- 
fallt.  Dafs  das  Thema  der  mal  mariie  in  enget  Beziehung  iut  AlhenutiutiaD 
steht,  scheint  in  der  Natur  der  Sache  zu  liegen,  auch  der  Verf.  betont  an 
uiderer  Stelle  (S.  36)  dieses  Zusammenhar^;.  Wenn  du  Motiv  im  Süden  nidii  die 


B.  ÉTIBNNB,   ESSAI   DE   GRAMMAIRE  DE   L'ANCISN   FRANÇAIS.      397 

poetische  Ausbildung  empfangen  hat  wie  in  Nordfrankreich,  so  kommt  dies  dabei 
nicht  in  Betracht.  —  Der  Verf.  begiebt  sich  mit  seiner  Annahme  der  Entlehnung 
aus  dem  klassischen  Altertum  auf  ein  sehr  unsicheres  Gebiet.  An  sich  ist  die 
von  ihm  angeführte  Parallele  sicherlich  interessant.  Im  Grunde  aber  bietet 
die  Heroidenstelle  doch  zu  wenig  Charakteristisches  und  Auffallendes,  das  der 
Albensituation  entsprechende  Moment  tritt  im  Rahmen  der  langen  Epistel  doch 
zu  gelegentlich  und  vorübergehend  auf,  als  dafs  man  annehmen  sollte,  gerade 
diese  Verse  seien  im  Mittelalter  aus  dem  Zusammenhange  herausgegriffen  und 
nachgeahmt  und  so  schliefslich  zum  Ausgangspunkt  einer  weitverbreiteten 
Dichtgattung  gemacht  worden.  Es  dürfte  sich  am  Ende  eine  Entwicklung 
der  Alba  aus  realen  Verhältnissen  vielleicht  auf  dem  oben  angedeuteten  Wege 
denken  lassen.  Eine  poetische  Umbildung  der  ursprünglichen  Figur  zur  gaita 
ist  in  jedem  Falle  notwendig  anzusetzen,  ob  man  nun  eine  reale  Persönlich- 
keit oder  mit  dem  Verf.  die  nutrix  der  Heroidenstelle  als  Urbild  ansieht 

Ueberblickt  man  die  Arbeit  im  ganzen,  so  gebührt  dem  Verf.  das  Ver- 
dienst, eine  schon  von  so  vielen  Seiten  und  stellenweise  mit  wenig  Glück  er- 
örterte   Frage    sachkundig    und    umsichtig    untersucht    und    in    verschiedenen 

Punkten  abschliefsend  behandelt  zu  haben. 

Hermann  Springer. 


£.  Etienne,  Essai  de  grammaire  de  l'ancien  français  (IX« — XIV« 
siècles).  Berger  -  Levrault  et  C»c,  Éditeurs.  Paris  et  Nancy  1895.  VIII, 
521  S.    8«. 

Mit  dem  Gefühl  freudiger  Ueberraschung  wird  mancher  Freund  altfran- 
zösischer Studien  den  ansehnlichen,  schön  ausgestatteten  Band  zur  Hand  ge- 
nommen haben,  dessen  bescheiden  gefafster  Titel  ein  günstiges  Vorurteil  gegen 
den,  der  sich  der  mühevollen  Aufgabe  unterzogen,  ein  langjähriges  Desiderat 
der  Romanischen  Sprachwissenschaft  den  Fachgenossen  darzubieten,  nur  ver- 
stärken konnte.  Die  Bescheidenheit  des  Titels  barg  gleichwohl  einen  gewifs 
nicht  unerwünschten  Anspruch  des  Verfassers  :  da  man  Anfängern  einen  Essai 
nicht  als  Führer  in  die  Hand  zu  geben  pflegt,  so  besagte  der  Titel  anstelle 
des  fehlenden  Vorwortes,  dafs  sich  hier  ein  streng  wissenschaftliches  Werk  an 
die  selbständigen  Forscher  wende,  dafs  es  versuchen  wolle,  diesen  ein  Bild  des 
heutigen  Standes  unserer  Kenntnis  der  alten  französischen  Sprache  zu  entrollen. 
Wer  mit  solchen  Erwartungen  an  das  Studium  der  neuen  altfrz.  Grammatik 
geht,  wird  sehr  enttäuscht  werden.  Denn  leider  entspricht  sie  keineswegs 
den  Anforderungen,  die  man  an  eine  wissenschaftliche  I^eistung  zu  stellen  be- 
rechtigt ist.  So  sehr  man  den  Fleifs  anerkennen  mag,  dessen  es  bedurfte,  um 
eine  so  umfangreiche  Arbeit  zu  Ende  zu  führen,  so  wenig  ist  zu  bestreiten, 
dais  der  Verf.  seiner  Aufgabe  nicht  gewachsen  war.  Abgesehen  davon,  dafs 
die  Spezialforschung  ganz  ungenügend  berücksichtigt  ist,  so  fehlt  es  ihm  durch- 
aas an  derjenigen  philologischen  Schulung,  deren  ein  Autor  einer  altfrz.  Gram- 
matik heutzutage  nicht  entraten  kann.  Ein  auffallender  Mangel  an  Vermögen, 
zwischen  Wichtigem  und  Nebensächlichem  die  rechte  Auswahl  zu  treffen,  an 
Befähigung,  das  Eigenartige  grammatischer  Erscheinungen  zu  erkennen  und 
zu  beurteilen,  tritt  zu  Tage.    Der  Verf.  hat  keinen  Begriff  davon,  wie  wesent- 


398  BESPRECHUNGEN.      A.  SCHULZE, 

lieh  es  ist,  überall  iluich  sorgfältiges  Belegen  der  vorgetragenen  ThaUicben 
dem  Leser  die  NacbprüfuDg  zu  er  mogi  ich  en ,  dafs  blorsn  Aussprechen  ion 
Behauptungen  Tiit  den  wertlos  ist,  dem  es  iuf  volle  Erkenntnis  tier  Wahifaeit 
ankommt. 

Der  Absehaitl  über  da!  Vnlgärlaleinische  bietet  eine  mehr  wort-  >]i 
inhaltreiclie  und  sich  durcliaus  auf  der  Obeifläche  haltende  Darstellnng  da 
bekanntesten  Thatsachen.  Dem  schon  ol\  gerügten  Verrühren,  rekoostniiene 
Formen  ohne  weiteres  als  vulgärlatcinische  tu  proklamicrdi ,  begegnet  nun 
auch  hier  wieder,  und  was  für  Sprünge  die  Konstiuktioniluit  d«  VetC  ácb 
erlaubt,  zeigen  ganze  vulgärlat.  Sätie  wie  S.  13:  ,^0  lertirabeo  si  (1/)/«  lemipiíi 
est  bellui"  und  ,^0  lortirtval^)  li  {ä)la  lempvs  erat  bellut".  S.  10  wird  be- 
hauptet, das  Vulgärlat-  zeige  Perfekt»  wie  intendivi,  ftrdivi,  tnordiw,  rtspen- 
divi  etc.,  S.  14  werden  wir  belehrt:  „faceré,  feiere,  mais  aossï  /art  en  laün 
vulgaire,  d'ob  le  ixMxx /araj'a  et  le  conditionnelyària";  auf  derselbm  Scile 
erfahrt  man,  dafs  posse  im  Vulgärlat,  sein  Präsens  abwnndelle:  fosee,  felis, 
pota  etc.  etc. 

In  der  Lautlehre  vcrroifst  man  die  leiseste  Andeutung  aber  die  Ensteni 
von  Dialekten  in  der  alten  Sprache,  und  b^egncte  nicht  hin  und  wieder  inr 
Erklärung  unbequemer  Formen  die  Bemerkung,  sie  seien  diaUclaUs  el  oriew- 
lales{^:\  (z.B.  SS.  32,  35,  40  etc.),  so  könnte  man  an  die  Uagebenerliciikeil 
glauben,  daJs  zu  der  selben  Zeit,  wo  90  viele  nach  dem  Worte  eines  herror- 
lagenden  Romanisten  „das  Gras  der  altfranz.  Mundarien  wachsen  höieo", 
der  Verf.  einer  altfram.  Giammatik  noch  nichts  von  ihnen  ahiilE.  Im  übrigrn 
mag  den  Standpunkt,  den  Herr  Ë.  in  lautlichen  Dingen  einntmrol,  folgende 
Probe  kennzeichnen:  S.  15  (§6)  „Lea  voyelles  latines  sont,  en  tenant  compte 
de  la  quantité:  à,  à  —  ê,  i  —  i  —  à,  b  —  u  (=  au);  de  plas  ¿+Ó  — <r¡ 
i-\-à  =  à;  l'+B  =  Ü.     Zut  Etläutetung  dessen  dient  dann  die  Figur: 


S.  y,  heifst  es:  „chien  (=  canem)  est  one  graphie  simplifie  pour  ckùtin.  De 
mSme,  sima  doute,  man^itm  {=  manJucamus,  maudgamus).  frochien  (=.  pro- 
pjanum)  etc."  Während  man  bisher  im  Altfrz.  drei  verschiedene  e  unterschied, 
belehrt  uns  Herr  Ë.  (S.  42),  dafs  es  itcr<:n  vier  gab.  Zuweilen  gelingt  es  dem 
besten  Willen  nicht  :eu  erraten,  was  der  Verf.  sagen  will.  Man  höre,  was  S.  j9 
von  (  mit  folgendem  Palatal  zu  lesen  ist:  „L'on  ne  trouve  pas,  croyons  noni. 
■ìiing^,  ting  (=  vËnio,  lénio);  mais  la  forme  vigne  (=  vcniam)  n'est  pat  rife. 
Igne  est-il  TÎgulier  ou  ümplement(!)  dialectal?  Est-il  analo^quc  de  formes  tell» 


■  Vgl.  I.  B.  Equ, 
ju  ting  cesi  leu  (=  d 
Ausgabe.  Freilich  win 
gelten  lassen. 


JU  vig  (^  Ecce  veniö)  p.  31,  I44  und  tant  m«' 
hune  occupo  locum)  p.  270.  il  meiner  Bemhard- 
rr  Ë.  diese  Belege  als  „simplement  dialectal"  aìchl 


i 


K.  ETIENNE,    ESSAI    DE   GRAMMAIKE   DE    l'aNOEN    FRANÇAIS.       399 

qae  fiffne{'.)  (=  pcctinat,  pec'nal)?  Ou  bien  iií(so)  +n  mouillée  csl-il  dtì  A 
l'analogie  de  certaines  fonneG  fortes  vîeni,  lìmi  tyéml,  lenii),  oii  IV  D'est  pas 
sous  l'influence  d'nn  /?     C'est  ce  qu'il  n'est  pis  facile  de  dire." 

Auch  die  Formenlehre  bietet  vieles  Mangelhafle  und  Unrìchlige.  Der 
Abschaitt  über  die  Kccnpaniion  (§  76)  begnügt  sich  nach  der  Konstalierung, 
dafs  im  gHiazta  das  Verfahren  der  allen  mit  dem  der  neueren  Sprache  über- 
einstimme, als  „synthetische"  Komparation  aoziilühren:  mirldre,  meillor  — 
maire,  maior  —  craindre,  graignor  undyorior.  Der  nächste,  die  Zahlwörter 
behandelnde  Paragraph  lehrt  unter  i":  „Ordinaux.  —  Prins,  prim,  fémin. 
frùat  {prtmírains,  firemerain;  (era.  fremirà  ine):  —  afíre  (autre);  tiers  — 
guari"  etc  Die  §§  78  ff.  behandeln  die  Pronoms.  Als  einziges  pronom 
réflíchi  rührt  §  79  an:  sai,  lei,  se;  \  81  behauptet,  die  Form  0  (=  hoc) 
ßnde  man  nur  in  Verbindung  mil  por.  In  der  Lehre  von  der  Kjinjugation 
(§$  91  ff.)  sind  die  Listen  von  Veibalformen  mit  Angabc  des  Fundort^^s  als 
Sammlungen  oichl  ohne  Werl,  die  sonstigen  Aufstellungen  aber  auch  hier 
oft  unzutreffend;  Die  1.  Sing.  Praes.  Ind.  von  mui/oi'r  lautet  (p.  lOJ):  mui;  von 
cuire  seilt  É.  die  Formen  cuist,  coisons  (anal,  cuisens),  coisiet  (anal,  cuisiei) 
xas  Paradigma  des  Praes.  Ind.;  vod  lolre  bildet  er  p.  106  die  3.  Plur.  Praes. 
lod.  tueitlenl  mit  der  Bemerkung,  diese  Form  sei  ebenso  wie  lueil  (I.Sing.) 
der  Analogie  zu  iixiiV  (volio)  zu  danken.  §  142  lautet:  „Parfait  faible  en  iil, 
d'après  les  parfaits  latins  en  dtdi:  chadeir,  chrdiir,  cheoir  \^=  lat,  cadére; 
parfait  cadëdi,  comme  si  ce  mot  itait  un  composé  de  dSre):  \'^  pers.  cheáifí 
(cadédi);  l*  chedUs  (rare);  3«  chidiét.  Les  autres  personnes  sont  inusitées,  on 
trouve  cependant  quelques  exemples  de  la  ji^  pers.  en  iétent."  Daiu  §  I46; 
„Parfait  faible  en  r:  Chedeir,  cheoir:  chedi,  eheï  (lat.  cadivi),  ehedis  {cheîs)  etc. 
mit  der  Bemerkung:  D'apiès  le  participe  passé  ehidul,  ektû  (cadûtum),  il  y 
a  aussi  (1)  un  parfait  en  ui,  eus,  ut ,  qui  restera  seul." 

Das  Besondere  der  Arbeit  des  Heim  Etienne,  das  was  ihr  in  der  That 
elwelchcn  Anspruch  auf  Beachtung  sichert,  liegt  nun  allerdings  erst  in  der 
Behandlung  der  Syntax.  Es  liegt  hier  der  erste  Versuch  vor,  eine  eingehendere 
Darstellung  der  gesamten  altfrz.  Syntax  zu  geben,  und  dafs  Herr  Ë.  die  Wichtig- 
keit dieses  Teiles  der  Grammatik  nicht  verkannt  nnd  gerade  hier  Eigenes  nicht 
selten  beigesteuert  hat,  soll  ihm  unvergessen  bleiben.  Auch  bat  er  sich  be- 
müht, die  Resultate  der  Forschungen  Tobi  e  rs,  soweit  sie  im  ersten  Bande  der 
V.  B.  niedergelegt  sind,  seinem  Werke  ciuiu verleiben.  Wenn  ihm  dabei  recht 
erhebliche  MifcverstBndnisse  untergelaufen  sind,  so  mag  das  i.T.  in  mangelhafter 
Kenntnis  des  Deutschen  seine  Erklärung  und  damit  eine  gewisse  Entschuldigung 
ünden.  Z.T.  freilich  kann  man  auch  hier  nicht  umhin,  mangelnde  Sorgfalt 
XU  erkennen.  Zu  beklagen  ist,  dais  der  Verf.  im  Teile  selbst  nur  in  weni^^cn 
Ausnahme  lallen  auf  die  V.  B,  verwiesen,  im  übrigen  sich  aber  damit  bej^ägt 
hat,  in  seiner  am  Schlüsse  beigcgei>enen  „Lisle  des  textes  cités  et  des  princi- 
paux ouvrages  consultés"  denjenigen  Texten,  aus  denen  die  Beispiele  Tobler 
entnommen  sind,  ein  Sternchen  vorzusetzen.  Das  würde,  selbst  wenn  die  Liste 
vollständig  wäre,  was  durchaus  nicht  der  Fall  ist,'  nur  auf  sehr  unbequeme 
Weise  ermi^tichen  zu  erfahren,  worüber  man  etwa  in  den  V. B.  gründlichere 

inft  erhalten   könne,    ganz  abgesehen  davon,    dafs  natürlich  die  meisten 

■  Ich  habe  nicht  weniger  als  3J  Texte  in  der  Lisle  vermifsl. 


400 


BBSPRECHCNGEN.     A.  SCHULZE, 


der   von  Herrn  Ë.  selbst   geleseoCD   nnd   daher  ohne  Stern   gelasseaen  l 
(voD  denen  káacr  tu  TehleD  scheint!)  auch  in  dea  V.  B.  vorkororaen.' 

Vor  d«  „Syntaxe  des  mots  vuiables"  überschriebe  ne  n  5,  partie  lindel  sich 
eine  4.,  deren  Benecnun^:  „Les  mots  inganables"  im  '¿veifeì  láfst.  ob  ât  ut 
Syntax  gerechnet  werden  oder  nicht.  Auch  die  Ausführung  dieses  Ab- 
schnittes klärt  den  Zweifel  nicbt,  da  sie  teils  eine  blofse  Aufühlang  der  niMi 
invariables  bietet,  teils  auch  ihre  Anwendung  erorterl,  AcUIs  tu  Aoi- 
stellun^-eu  bietet  jcdenralU  auch  die  4.  partie  la  rcichliehem  Mafse.  Den  Be- 
griff Adverb  hat  der  Verf.  viel  zu  weit  uiQgrenit;  non  vm¡,  ehalt  pas,  grant 
aliure  sind  nicht  schlechtweg  als  Adverbien  zu  bezeichnen  (§  16}).  sondern 
da  ÎU  bcltaclitcn,  wo  von  der  Vf-rwendung  des  íiIísoUiIiji  Casus  obliquas  da 
Substantivs  die  Rede  ist  ytiiqu'a  pou  (^  löä)  hat  antcr  den  , .principaux  ad- 
verbes de  temps  tiles  du  latin"  nichts  zu  suchen.  Zu  manois,  ¡Utmantù  ist 
ebendii  in  Parenthese  hinzugefügt:  „{anal,  de  aneéis,  ancois  ^  roantns,  ou  = 
mane  id  ipsum?  =:  aussitôt)";  gleich  darauf  liest  man:  „nuifantre  (ouitanunenl 
=  noctem  inlei)":  in  demselben  Para^raphen:  „Alant,  adilant,  aUaitt  [ad  lu- 
tum,  ad  iUi  tantum  =  en  ce  moment,  voici)".  Von  tant  wird  §  169  gelehrt,  <» 
könne  auch  Adjektiv  sein  „et  se  décliner  mËme  après  un  nom  de  nombre  ri 
sans  Stre  suivi  d'un  subsl.:  et  tenuti  ...  bien  troii  tant  de  terre  que  H 
rùit  m  tenait  Men.  Reims  6".  Das  Beispiel  stammt  ebenso  wie  dos  Tolgendc  aot 
V.  B.  I  151,  wo  der  Verf.  hätte  lernen  können,  dafs  lant  Substantivum  isL 

Besser  als  die  Lehre  vom  Adverb  ist  der  Ahsclinitt  über  die  Präposi- 
tionen ausgefaLen,  der  eine  Reihe  brauchbarer  Bel<^  bringt  und  das  Be- 
streben zeigt,  der  Bede mungsent Wickelung  nachiugcheo.  5179,  5"  weiden 
mit  Unrecht  die  beiden  Beispiele  secoures  a  ce  besoin  (Joinv.  216)  und  yV  jw 
a  mort  livrés  (Alise.  1620)  neben  einander  gestellt,  um  zu  erweisen,  a  hezdchltc 
„t'itttrihulion".  Die  Stelle  aus  Joinv.  hätte  denen  zugesellt  werden  sollen,  in 
denen  a  zeitliche  Nabe  zum  Ausdruck  bringt:  „HclA  bd  dieser  Not".  Gau 
verschieden  geartet  sind  die  Beispiele,  die  \  180  a  vor  einem  Infinitiv  xeigcn: 
ìengtie  a  parler  (Leg.  39a);  il  me  trairunt  a  perdre  (Alex.  4te);  a  ce ßan 
passer  envoia  li  soudais  . . .  (Joínv.  184).  Die  Funktion  der  Präposidoo  wird 
darum  keine  eigenartige,  weil  cinlnrmiiiv  ihr  folgt;  die  Fälle  tdnd  den  übrigen 
einzuordnen:  a  druckt  I)  den  Zweck,  3)  die  Richtung  Im  Orte,  3)  die  zeit- 
liche Nähe  aus.  —  §  181  will  erweisen,  dafs  xuweilen  a  nach  Form  und  Be- 
deutung lat.  ab  entspreche,  da  es  die  Entfernung,  den  Ausgangspunkt  einlñhre. 
Dagegen  ist  zu  bemerken,  dafs  erstens  lat.  »A  selbständig  nirgends  ins  Romi- 
ntsche  übergegangen  ist,  und  zweitens,  dafs  wenigstens  die  von  Ë.  angelührlea 
Bele^  sämtlich  eini?  iindre  Auffassimg  nicht  nur  zulassen,  sondern  giradciu 
fordern: /of-min/  l'enguierl  a  lot  ses  ménestrels  (Alei.  65  d);  1/  demanda  con- 
seil  a  tota  nos  e/uvalitrs  (Joinv.  116);  ele  prent  congiet  a  Aucassin  (Ane. 
Nie.  XVII  6)  zeigen  a  in  der  Verwendung,  die  §  179,  J*  durch  ai  sutn 
seignor  ii  lor  seil  bons  pleidis  erläutert  wird:  es  bringt  durch  Erweckung  dec 
Vorstellung  räumlicher  Nähe  zur  Anschauung,  dafi  ein  Vorgang,  einZiutandía 
Anwesenheit  eines  Seienden  zu  denken  sei;   durch  „bei"  konnte  denn  ROch  in 

'  Bei  dieser  Gelegenheit  sei  erwähnt,  dafs  in  der  im  etslen  Bande  der 
V.  B.  gegebenen  Liste  der  altfrz,  Texte  mir  folgende  vier  als  fehlend  auf^- 
stofsen  sind  :  Bari.  u.  Jos.  (z.  B.  S.  S6)  —  Gaufr.  (z.  B.  S.  25)  —  Jenis.  (z.  B. 
S.4S)-Oe.D»u.  (z.B.  S.45). 


E.  ¿TIENNB,    ESSAI    DE   GltAMMAtRB    DE   L'ANQBN    FRANÇAIS.       40I 

allen  drei  Füllen  a  wìe<IergegebeD  Verden.  Uad  diese  GcDiidbedeutung  der 
Präposition  a  ist  auch  in  sii  conuí  . ..  al  fier  visagi  et  al  C9rs  qu'il  aut 
geni  (Rol.  159SI  und  in  gardtí  que  ne  soie  ^rise  a  beste  cuivertt  (Berle  895) 
anscliwer  niederzuerkennen:  im  ersteri^n  Salze  scheint  es  gao x  angemessen,  das 
Erkennen  von  der  Gegenwart  des  fier  i'isage  und  dea  con  gent  abbängig 
denken  zu  lassen;  im  letittiren  handelt  die  Sprache,  wenn  sie,  stntl  wie  die 
neue  durch  far  die  teste  cuiverle  aasdrucklicb  als  Vermittlerin  des  pris  estrt 
hinzustellen,  den  mit  diesen  Worten  bezeichneten  Vorgang  iu  Anwesenheit 
einer  beste  euiverle  vorslellcö  heifst,  mil  Recht  in  dem  guten  Veilranen,  der 
Hörende  werde  die  Art  der  Einwirkung  des  durch  u  eingeführtea  Seienden 
ohne  Mühe  herausñnden. 

Von  den  Verwendungen,  die  Heyne  in  seinem  Wörterbuch  für  deutsch 
„bei"  belegt,  führe  ich  zum  Vergleich  an:  ,J>ei  Gott  ist  kein  Ding  unmäg- 
lick"  oder  seim  sun  . ,  ,  den  er  bei  künig  Agalhokles  tochler  flieh  eruorbe» 
het  (Aventin  I  401). 

5  igt,  wo  ïom  parliliïen  Genitiv  die  Rede  ist,  wird  gelehrt,  es  sei  bis- 
weilen in  der  alten  Sprache  das  Nomen  oder  Pronomen,  von  welchem  de 
abhänge,  nicht  ausgedrückt,  be&ondera  bei  oír  und  iieoir:  Avei  -vëu  de  ces 
ribausF  Dafs  de  ces  ribaus  ein  part.  Gen.  sei,  ist  eine  ganz  irrige  Auffassung. 
Man  findet  dos  von  Ë.  angeführte  und  eine  gtofse  Zahl  weiterer  Belege  für 
die  ThatsBche,  dafs  „nach  zum  Hören  oder  Sehen  auiforjemdeu  Ausdrücken 
der  Accasativ  dessen,  worauf  der  Sinn  la  richten  ¡st,  durch  de  mit  dem  Cas. 
obi.  ersetzt  wird"  bei  Tobler,  V.  B.  I16— 18.  Tobler  sieht  die  Erklärung 
der  auffälligen  Erscheinung  d:irin,  dafs  „nicht  das  zu  der  pripasilionalen  Be- 
stimmang  Verwendete  selbst  Ge[;i;nstand  der  geforderten  Aufmerksamkeit  sein 
solle,  sondern  ein  Thun.  eine  Rede  oder  Aehnliches,  was  von  jenem  ausge- 
gangen oder  in  jenem  wahrnehmbar  .sei",  und  man  mufs  in  der  That  lu- 
geben,  dafs  b(-i  näherem  Zusehen  in  kaum  einem  der  vielen  bei  Tobler  a.  a.  O. 
zu  lesenden  Belize  der  Accasativ  an  die  Stelle  der  präpositionalen  Bestimmung 
treten  könnte,  ohne  eine  erhebliche  Sinn  esverao  de  rung  hervorzurufen.  Selbst 
Rieh.  713;  Voiiis,  dame,  de  chel  enfant!  Con  le  voi  biel  et  avenant,  könnte 
anstelle  von  de  eh.  e.  keineswegs  chel  enf,  treten,  da,  wie  der  Zusammenhang 
ergiebt,  der  mit  eh.  e.  bezeichnete  Richart  gar  nicht  anwesend  iat.  Nur  bleibt 
bei  der  Toblerbcbcn  Auffassung  unerklärt,  weshalb  denn  (¡eradc  solche  Stell- 
veitretimg  des  Accasalivs  durch  eine  präpositionale  Bestimmung  nuf  auf- 
Tordernde  und  Tragende  Satzgefüge  beschränkt  ist,  warum  es  nicht  möglich 
ist,  auf  die  Frage:  Avet  veu  de  ces  ribausP  zu  antworten:  O  je,  veu  ai  de 
ces  räaus.  Und  das  scheint  ganz  ausgeschlossen.  Vielleicht  darf  man  an- 
nehmen, dafs  ursprünglich  hinter  der  Aufforderung  oder  der  Frage  eine  Pause 
in  der  Rede  eingetreten  sei,  und  das  dann  Folgende  dem  Hörer  begieittich 
machen  sollte,  woher  fur  den  Redenden  selbst  Ver.inlassimg  zu  seinen  Worten 
gekommen  sei;  „Habt  ihr  gesehen?  Von  jenen  Schuften  her  (sc,  ist  mein 
Fragen  zu  erklären)".  Grammatisch  gesprochen  wurde  die  präpositionale  Be- 
stimmung nicht  lu  dem  Verhum  finitum,  sondern  zu  dem  ganzen  Satze,  zu 
der  TbatsBche  der  Aufforderung,  der  Fragestellung  gehören,  wie  gleiches  bei 
den  sog.  P'ragep  arti  kein  und  bei  den  die  AulTorderung  begleitenden  Partikeln  so 
oft  iix  beobachten  ist.  Die  Verwendung  von  de  tut  Einfiihrung  dessen,  was  An- 
lafc  ID  reden  bietet,  ist  ja  sehr  beliebt  in  der  allen  Sprache;  vgl.  Tobler, 
V.  B.  I  17  und  meinen  Fragesatz  p.  19z  Anm.  Ich  weile  fiir  dieselbe  noch 
ZcJtKhr.  L  mm.  PhO.  XX.  36 


40< 


BESFRECBÜNGBN.      A.  SCUULZS, 


bin  auf  MMqoeBSîc  i:  Jüarqiie¡,  disi  li  emfercris,  ¡itigis  esiti,  mut  dt  mm 
longe,  savrùt  U  vas  espondreP  and  et.  36'»  J;  Des  prestrei,  dût  h  tmfe- 
reres,  noi  leiies  tster.  So  Ul  vielleicht  auch  de  beim  Ausraf  aulïnfassea: 
Fût  Alexis,  de  ta  dolenti  medre  (Al.Saa);  eb.giH;  Fus  Alexis,  d*  la  tte 
char  tendre!  \saA  eb.  96a:  O  chiers  amis,  de  ta  jovente  belt!  Hier  wird 
die  Thatsache  des  schmerzlichen  Ausrufs  \FÍ¡t  Alexis.  O  chiert  amù)  io 
ihrem  Ursprünge  begründet.  Vgl.  Diez  ITI'  124.  Dub  die  Kanstroklion 
direkt  aas  dem  lateinischen  Übernommen  sei,  wie  G.Paris  zu  AI.  qta  mEint. 
falli  mir  schwer  2U  glauben.  Jt^iccralls  nutsett  Etienne  5  '93.  4°  B«»»  Unin- 
treflendes  über  diesen  Punkt- 
So  auch  §  [97  über  le  las  de  euer  nnd  ihnliche  Wendungen.  Tobia 
warnt  in  den  V.  B.  1  1 13  davor,  diesen  Genitiv  mit  dem  sog.  appositiveD  in 
la  coquine  de  Toinelte,  la  vüle  de  Paris  lu  verwecliseln.  N ich tsdfato weniger 
begeht  É.,  der  doch  seine  drti  Belege  für  die  Erscheinung  Tobler  verdankt. 
den  Irrtum  und  meint,  es  scheine  für  die  appositive  Natur  der  UmsUnd  ni 
sprechen,  AaH  das  von  de  abhängige  Nomen  luwcilen  im  Nominaüv  aoTtreli: 
mes  las  de  cuers  statt  euer.  Es  ist  aber  klar  genug,  dafs  das  Aulbreteit  eines 
Nominativs  nach  einer  Piäposilion  weder  durch  die  Annahme  einet  Appoñcíoa 
noch  durch  die  eines  partitiven  Verhältnisses  verständlich  wird,  somit  auch 
die  Art  der  Erklärung  dea  Genilivs  nicht  beeinflussen  kann.  Mui  hat  in  dem 
Nominativ  nur  eine  sehr  begreifliche  Attraktion  an  den  Casus  des  i 
Nomens  zu  sebea.  Es  könnte  eher  jemand  auf  den  Gedanken  b 
cuers  liege  der  Acc.  plur.  vor:  „von  Herzen  meine  ich  mein  müdes".  Dah 
damit  wieder  nicht  das  Rechte  getroffen  wäre,  würden  Belege  wie  li  feien 
d'anemi  (statt  d'anemis)  erweisen,  wo  ein  Zweifel  darüber,  dafs  es  sich  um 
einen  Nominativ  nach  de  bandelt,  nicht  aufkommen  kann. 

Auf  den  Abschnitt  Präposition,  der  noch  viele  unhaltbare  Ding«  Ichll, 
folgt  (5§  227  —  243):  La  Conjonction.  Deber  die  Konjunktion  ei  weifs  der 
Verf.  nur  zu  berichten,  sie  hohe  aufser  den  Verwcndimgen,  die  sie  in  da- 
modernen  Sprache  zeige,  afrz.  bisweilen  den  Sinn  von  aussitSt:  guani  mms 
fumes  Parti  d'iUc,  et  li  assaus  me  commença  de  laut/s  pars  (Join*.  430), 
Schon  aus  Diez  III' 34;  hätte  Herr  Ë.  lernen  können,  dafs  die  EinfühninE 
des  Nachsatzes  durch  et  eine  ganz  geläufige  Erscheinung  in  der  alten  Sprache 
ist.  Wie  et  zu  dieser  Funktion  kam,  darüber  kann  man  vielleicht  andrer 
Meinung  ala  Diez  sein,  der  es  „alsdann"  übersetzt,  was  schon  (ür  die  tod 
ihm  selbst  gegebenen  Bel^e  nicht  überall  zuttiS^  (z.  B.  nicht  (är  das  prov.  Per 
so  car  li  nominatili  son  flus  saliiatge,  et  darai  vas  en  semblant  G,  Prov.  77). 
Aber  jedenfalls  ist  Dickens  Beobachtung  zutreffend,  dafs  das  deri  Nachsatz 
einleitende  et  nur  dann  sich  zeigt,  wenn  beide  Sätze  verschiedene  Subjekte 
haben;  dafs  indes,  wie  Diez  forifähtt,  et  zur  Hervorhebung  des  zweiten  Sub- 
jekts bestimmt  scheine,  ist  wieder  nicht  zuzugeben  und  geht  aus  keimm 
seiner  Beispiele  hervor.  Warum  und  mit  welcher  Wirkung  sollte  in  dem 
Satze  et  quant  ce  vint  as  lances  baissier,  et  li  Greu  lar  tornerent  Ut  its 
(Villeh.  101  Z.  19)  H  Greu  hervorgehoben  sein?  Die  eigenartige  Verwendnag 
von  et  erklärt  sich  m.  E.  vielmehr  aus  dem  Bedürfnis  der  Sprache,  auf  irgend 
eine  Weise  cnr  Anschauung  zu  bringen,  dafs  die  beiden  Satze  quant  et  vini 
a.  1.  b.  und  li  G.  1.  t.  l.  d.  ein  zusammengehöriges  Satzgefüge  bilden.  Ei 
könnte  diese  Absicht  ja  auch  dodurcli  errdcht  werden,  dafs  der  VorUeruU 
die  lavetsion   des   Subjektes  im  Nachsalze   bewirkte.     Bediente  deh  aber  die 


E.  ËTŒHNE,   ESSAI   DE 


IRE    DE    l'ancien   FRANÇAIS.      4O3 


Sprache  dieses  Mittels  nicht,  sondera  stellte  sie  Haupt-  und  Nebensatz  ein- 
fach nebeneinander,  so  empfand  sie  doch  das  Bedürfnis,  irgendwie  nachin- 
holen,  was  sie  dvirch  VerDachlassÌ(;unK  der  korrekten  Wortslellnng  ïersâumt 
hatte,  und  da  ^b  es  in  der  That  kein  einfacheres  Mittel  als  die  farblose  Ver- 
bindung der  beiden  Sätze  durch  et. 

Was  ober  die  Konjunktion  gue  vorgetragen  wird  {§§131  —  741),  ist 
wieder  recht  oniulinglich  :  in  dem  Satze  f  s  print  mei  que  ma  fin  tant  demore! 
(Alex.  91e)  soli  que  im  Sinne  von  de  ce  que  stehen,  während  es  doch  nur 
die  nähere  Ausiahrung  des  in  formaler  Weise  schon  durch  co  iura  Ausdruck 
Gebrachten  einleitet.  Und  dieselbe  syntaktische  Stellung  nimmt  es  in  mielt 
me  veniit  . . .  gue  morte  fusse  lAlei.  97e)  du ,  nur  dafs  hier  die  vorläufige 
Hinweisung  auf  den  Subjektssatz  fehlt.  Etienne  erklärt  dagegen,  que  bedeute 
an  letzteier  Stelle  si,  welche  Bedeutung  mit  der  „«uppressioa  d'une  proposition 
conditionnelle"  zu  begreifen  sei:  mieu-i  Taudraii  ju'i/(so!)  /Hi  morí  =  mieux 
vaudroä  [s'il  ¿tait  arrivé)  qu'il  fût  mort. 

Dais  que  in  parenthetischen  Satïen  der  Form  qtu  je  saehi  nicht  die 
Konj.  ist  und  wie  es  auCíufaEscn  sei,  hat  Tobler  V.  B.  I  103  gründlich  erörtert. 
Aber  Herr  Ë.  hat  auch  hier  wieder  nur  die  Belege  Tobler  entnommen.  „Ré- 
péli,  hcifst  es  dann  §  135,  il  a  aussi  le  sens  de  „tint  . . .  que":  et  i  avait 
que  evesques  que  arcevesgues ."  Auch  das  gehört  nicht  hierher,  wie  aus 
V.  B.  n  148  Anm.  hervorgeht. 

Um  die  schon  über  Gebühr  angeschwollene  Anzeige  nicht  gar  zu  sehr 
über  ein  dem  Wert  des  Baches  entsprechendes  Mafs  hinausgehen  zn  lassen, 
gräftn  wir  nur  noch  wenige  Punkte  aus  der  S.Partie;  Syntaxe  des  mots  va- 
riable* heraus.  —  Dafs  §  296  die  Niehtaussetiiing  des  pronominalen  Subjekts 
zum  Gegenstand  ausführlicher  Erörterung  gemacht  wird,  verdient  Anerkennung, 
da  dieser  Punkt  der  allfrz.  Grammatik  wirklich  bisher  nicht  die  Ihm  zukom- 
mende Beachtung  gefunden  hat.  Abet  wie  fast  immer,  erweitert  Herrn  Étiennes 
Betrachlnng  nnserc  Kenntnis  auch  hier  nicht.  Viel  Lehrreicheres  hatte  schon 
Morf  in  seiner  Arbeil  über  die  Wortstellung  im  Rolaodsliede  (Roman.  Studien 
in  201  ff.)  gcboieij.  Morí  beobachtete,  dafs  im  Rolandsliedc  ;o%  der  asserie- 
renden  Hauptsätze  kein  ausgesetztes  pronom.  Subjekt  aufweisen.  Für  die 
Aussetiang  desselben  bei  der  andern  Hälfte  ist  ein  bestimmter  Gmnd  nicht 
ersichtlich.  Selbst  wenn  die  Verbalform  ohne  ausgcsetites  Subjekt  an  hin- 
länglicher Klarheit  lu  wünschen  übrig  läfst,  ist  die  alte  Sprache  keineswegs, 
wie  Morf  meint,  gezwungen  das  Subjekt  auszusprechen:  Aue.  Nie.  10,  11:  Se 
or  ne  me  deffent  for  li,  onques  dix  ne  li  ait,  se  ja  mais  m'aimel  Der  Zu- 
sammenhang wird  in  di;ii  allermeisten  Fällen  ein  Mifsverständnis  ausschliefsen  ; 
bei  Frage  und  AulTordening  thut  es  der  Ton  der  Rede,  obschon  allerdings  in 
der  Bcslätiguogsfrage  eine  Vorliebe  fiir  das  Aussellen  des  pron,  Subjektes 
nicht  zu  verkennen  ist;  vgl.  m.  Fragesatz  p.  1S9  Anm.  Man  kann  auch  darin 
Morf  nicht  beipBichten,  dafs  zuweilen  das  Bedürfnis  des  Verses  die  Aus- 
setzung, die  andernfalls  zur  Deuilichkeit  nicht  wenig  beigetragen  hätte,  ver- 
hindert haben  sollte  (Morf  a.a.O.  p.  lolb):  Rol.  1277—78  Li  bons  asieres  ne 
¡i  (äc.  l'Almaçur)  est  guarani  prud;  Le  eeer  li  IrencheC  (se.  Samsun),  le  firie  e 
le puemon.  Offenbar  würde  die  gleiche  Unklarheit  bestehen,  wenn  1278  lautete: 
//  ¡i  trenchtt  le  coer.  Dafs  es  ebenso  wenig  zuliifft,  wenn  Ë.  (p.  2Q0)  behauptet, 
ea  liege  fasi  immer,  wenn  das  Subjekt  ausgesetzt  ist,  eine  „intention  d'insister" 
',  «geben  mr  Genige  die  zahlreichen  Belege  pleonastischen  Gehrauche*,  die 


404 


BBSPKKCHUNGEN.      A.  SCHULZE, 


Morí  p.  103  unter  a  gtsammelt  bat  (Rol.  31  j  Mais  saives  hum,  il  d^il  fairem 
sage  ele).  Auch  die  weitere  Aufstelluiig  E.s,  diTs  die  Auslassung  bEMudss 
bäung  uod  fast  „de  ñgaeut"  nach  Ji  [=  sie)  und  vor  einem  ReQexiTum  sei,  ist 
nicht  haltbar.  Beispiele  wie  SSBeni.  [ed.  Foerster)  116,  37  Et  par  ceu  ie  ¡i  tum 
et  li  maliits  dis  poTSittors  seit  lan*  de  nos,  si  uas  frei  ju  .  ..;  Anc.  Nie.  2, 10 
5'i7  le  vaienl  entr'ex,  si  difenátront  il  mix  lor  cors  bietet  jeder  altfiz.  Tat  ìl 
Menge,  und  dils  ein  Refleiivurn  sehr  wohl  mit  ausgesetztem  pron.  Snbjekl  ferlrig- 
lieh  ist,  bedi»f  des  Beweises  nicht.  É.  hat  in  dem  Satie:  Dist  a  ses  hamií- 
Seigiior,  vos  en  irei  (Rol.  79),  der  ihm  zur  Aufstellung  jener  Behauplong 
nebst  einem  weiteren  (AI.  Sie)  eine  ausieichende  Stütze  schien,  in  ves  du 
ReHeiivum  gesehen,  wahrend  es  thatsächlich  der  Nominativ  ist,  da  llün. 
intrans.  en  alier  so  gut  wie  reflex,  seien  aller  vorkommt;  vgL  Marques  35*  l: 
Moni  en  !  Dagegen  scheint  die  alle  Sprache  in  eioetn  Falle  allerdings  betreu  der 
Aussetzung  des  pron.  Subjelites  eine  bestimmte  Regel  befolgt  zu  haben.  Wenn 
nämlicb  si  oder  non  in  Verbindung  mil  einem  veibum  vicarium  (faire,  avoir, 
estre)  die  Erwiderung  auf  eine  vorangehende  Aeulserung  bilden,  so  bringen 
die  Formen  mit  ausgtsetztem  pron, Subjekt  das  Einverstandois  des  Redenden 
mit  der  vorangehenden  Rede  (si  fat  je  ^  „das  tbue  ich  auch";  non  fta  ¡1 
^  „das  thue  ich  auch  nicht")  /um  Ausdruck,  während  die  selben  KUie  ohne 
persoailpion.  Subjekt  entweder  zur  Antwort  auf  BestätigungsfrageD  dienern,  oder, 
faits  die  vorangehende  Aeufserung  eine  Aussage  oder  Aoffordening  ist,  die 
gegenteilige  Meinung  des  Redenden  kund  thun  (ri'_/iis  =  „dennoch":  <•"■ 
fat  ^  „keineswegs").  Unter  den  13  Belegen,  die  ich  §  399  meines  altfra.  Frage- 
salzes für  die  auf  die  oben  angegebene  Art  zu  stände  kommende  Anlwoil  auf 
Betta tlgungsf ragen  mitlel&t  st  g^ebea  habe,  ñn<Iet  sich  nur  einer,  der  ein  aiu- 
geseiltes  pton.  Subjekt  aufweist;  Ne  sui  je  Merau.gisr'  Oü,  Si  sui  je;  mesne 
sui  pai  cil  Qui  oraint  vi  les  noifs  (Mer.  186).  Hier  bringt  eine  gane  gering- 
fügige Aendernng  das  Beispie!  in  Einklang  mit  dem  sonst  üblichen  Verfahicn: 
man  hat  zu  lesen:  Oïl,  Si  sui:  mes  je  ne  sui  pas  cil  etc.  Ohne  auf  die  hier  Ìd 
Rede  stehende  Besonderheit  zu  achten,  halle  idi  von  dieser  Art  der  Antwort 
auf  Beslätiguogsfragen  in  §  301  und  §  304  solche  Antworten  gesondert,  die 
dazu  dienen,  das  Einverständnis  des  Redenden  mit  einer  voraagt^tingenea 
Aeufscrung  darzulhun;  prüft  man  die  dafür  gegebenen  Beispiele,  so  findel 
sich  kein  einziges  ohne  pronom.  Subjekt;  z.B.  Délivra  m'eni.  —  Si  ferons 
nous,  sire,  brüment  (MirND  VI  1155).  §  joi  findet  man  auch  daföi  Belege 
gesammelt,  daCs  ,11  in  Verbindung  mit  faire,  avoir  oder  estre  lur  Erwiderung 
auf  Satzgefüge  dient,  welche  nicht  Fragen  sind,  also  „doch"  bedeutet,  5  3^4 
entspiechende  für  non  -^ faire  ^  „keineswegs".  Beide  Male  ist  regelmafsig 
das  pron.  Subjekt  nicht  ausgesetit:    Jlfors  n'est  il  encore  pas  ...  Si  est,  car 

tout  veraiement  le  sai  (Ch,  II  esp.  J617)    oder  Tu  ris.   ribaut, ííon  fach 

(Th.  fr.  tig).  Nur  eines  der  angerührten  Beispiele  ist  besonderer  Art;  Nt  le 
congnois.  —  Et  je  si  fas  (MirND  XVI  1666).  Hier  ist  aas  dem  Znranmitn- 
bange  klar  ersichtlich,  dafs /<-  betontes  Pronomen  ist,  also  neufn.  n«  ent- 
spräche. Man  hat  hinler  je  eine  Pause  eintreten  lassen.  Ich  gebe  lui  Be- 
kräftigung des  Gesagten  noch  eine  Reihe  von  Belegen,  die  ich  mir  au»  dem 
Marques  de  Rome  notiert  habe:  1}  ohne  pronominales  Subjekt:  Sjd  4  .S^, 
dist  ele,  done*  moi  ./,  don,  et  ge  It  vas  dirai!  —  Dame,  ditt  il.  non  ferai 
(keineswegs).  —  40c  3  Dame,  dist  Marques,  gram  mercit,  mes  gt  nt  te  tufü 
encor  pas   estri  (sc.  chevaliers).  —  Par  foi,   dis!  U  empererts,   ti  ttrmt ... 


E.  ETIENNE,    ESSAI   DE   GRAMMAIRE    DB    L'ANCIEN    FRANÇAIS.       4O5 

(dennoch).  —  41^3  ¡^"i  mangeroìt  avute  mot  . ,  .  Damt,  dùnt  il.  neri  ferons, 
nos  ne  savons  eslre  entre  dames.  —  Si  ferait,  disi  li  empereres.  —  43  d  3  mts 
gè  irai  e  tnes  armn.  —  Marques,  dist  eie,  nan  ferai*  fors  soUmenl  vostre 
esfee  ...  —  46a  l  Alet  ves  en  tost  ...  Damt,  dist  J&rgues,  non  ferai; 
Cerner  54d  4,  57a  1,  39a  3  etc.;  1)  mit  pronominatem  Subjekt:  29c  4  Sire, 
vos  ne  me  dei-et  pas  hair  for  et,  se  ge  ai  fille,  guar  apres  íes  filles  vient  tí 
des  fili  ...  ~  Dame,  disi  ¡i  empereres,  non  fai  ge  (das  ihu  ich  anch  nicht). 
—  29d  3  (Es  handelt  sich  um  die  Gewährung  einer  noch  unbekannlen  Bitte:) 
El  ge  i'alroi,  dit  il,  par  lei  (das  Komma  binler  tel  ist  za  streichen)  ¡i  que, 
se  ¡a  mere  requiert  chose,  dont  ele  me  cuide  ne  ne  doie  corocier,  ja  par  moi 
mes  n'avra  don.  —  Sire,  disi  la  dame  {^  la  mere),  non  ferai  ge,- —  3OC  6 
Sire,  dient  il,  nos  vos  loons,  que  vostre  feme,  qui  arse  doit  eslre,  ne  saiche 
riens  de  cet  choses.  —  Non  sovra  ele,  dist  il,  par  moi.  —  30d  I  Apres, 
sire,  si  vos  loons  que  vostre  fille  quant  elle  viendra  en  aaige,  qu'ele  soit  si 
gardée  que  nus  hom  ne  hant  entor  li.  —  Non  sera  (1.  fera)  il,  dist  ti  empe- 
reres. —  37^4  Ne  vos  fin  j'a  en  ¡a  feme  ...  Seignor,  dist  Marques,  non 
ferai  ge;  ferner  40d  i,  ^-¡A  1,  S7d4,  60b  4,  6ïa3,  71a  1  etc.  Ich  hofte, 
an  anderer  Stelle  auf  die  ErscheÍBung  zaiückkoniineii  zu  konneru 

Mit  grofser  Aualuhrlichkeit  ist  in  der  Ëtienneschen  Grammatik  die  Worl- 
slcll  ungi  lehre  behandelt.  Sie  umfufst  die  ganze  6.  partie  (§§  429 — 534).  Wenn 
auch  dieser  Umfang  vielleicht  nicht  im  rechten  Verhillnis  zu  dem  des  ganzen 
Buches  steht,  so  soll  doch  dem  Verf.  kein  Vorwurf  daraus  gemacht  werden, 
dafs  er  lum  ersten  Male  den  Veraucli  gemacht  hat,  eine  eingehendere  Dar- 
stellung der  allfri.  Wortstellung  zu  geben.  Der  Wert  seiner  Leistung  wird 
leider  aber  auch  hier  durch  die  schon  früher  getñgten  Mängel  hceintrSchtigi 
Ein  Grundpriniip  der  all  fri.  Wortstellung  herausiulinden  hat  sich  Herr  É. 
nicht  bemüht;  er  arbeitet  vielmehr  mit  so  völlig  schwankenden  Begriffen  wie 
tele,  milieu,  fin  de  la  proposition,  während  er  doch  aus  Morfs  musterhafter 
Arbeit  hätte  lernen  könneti,  dafs  das  Verbum  finitum  der  feste  Punkt  im  Saiic 
ist  und  es  sich  bei  den  verbalen  Satigliederii  nur  darum  handeln  kann,  zu 
ermitteln,  welche  Stellung  sie  zu  diesem  eiaaehmen. 

Die  neue  alirranzösiiche  Grammatik  wird  in  der  Hand  Kundiger  hie 
und  da  nicht  ohne  Nutzen  bleiben;  Unkundigen  sollte  man  dringend  abraten 
aie  zu  befraeen.  Alfred  ScHin.ZB. 


Oetmaro  Fituuuore,   Vocabolario   dell'uso   abruzzese.     Seconda   edi- 
zione.    Citta  di  Castello  1893. 

Wahrend  in  froheren  Jahren  die  süditaUenische  Dialektforschung  sich 
meistens  mit  Sicilien  beschäftigte,'  hat  sie  sich  neuerdings  in  grofserem  Mafse 
dem  Festlande  zugewandt.  Neben  den  im  Ardi,  glott.  erschienenen  gramma- 
tischen Arbeiten  de  Loi  lis'  über  dea  EìnfluEs  des  i  und/ auf  den  Hauptvokal 
im  A  brunesischen  und  der  Skizze  Patodi's  über  den  Dialekt  von  Arpiño," 

'  et  die  Arbeiten  von  AvoUo  1B7S.  Guastella  1876,  Wentrup 
iSSo,  Avolio  1882,  Pariselle  1SS3,  Hallen  1S84,  de  Gregorio  1886, 
Rezens.  1S88,    de  Gregorio  1890,    Pirandello  iSçi. 

"  De  LoUis:  Dell'influsso  dell' -Ì  o  del  j  postonico  sulla  voc.  accent- 
in  qualche  dialetto  abruzzese.  Arch,  gl  Ott.  n.  —  Parodi:  U  dialetto  d' Ar- 
iano. Arch,  gloit.  13. 


4o6 


BSSFRBCHDNGBN.      H.  SCHNSEGAI^ 


sind  in  leUler  Zeit  inch  ctoige  wectvoUe  Arbeiten  lexikalischer  Art  enchieDCD. 
so  CremoDese's  Lexikon  der  Mundart  von  Agncme,'  Rocco'«  noch  im  Er- 
scheinen begiifTenes  Lexikon  des  neapolitanischen  Dialekts*  and  vor  alleii 
Diagen  Fînamorc's  Vocabolario  dell'uso  abruzEeae.  Bereits  iro  Jafare  iSSa 
halte  Finatnore  ein  Leiikon  des  ibtuiziachen  Dialekts,'  ingleich  mit  einet 
Sprüchwätlersammlang  ond  VolksUedcni  herausgegeben.  Damals  bezrìchnelt 
et  sein  Werk  als  „anlicîpaàone"  oder  „proßlo"  einer  Arbeit,  die  er  spiler 
machen  wolle.  Diese  Arbeit  liegt  nunmehr  vor  ;  sie  iat  abet  nìcbt  blob,  wit 
der  Titel  bescheiden  angiebl,  eine  „stconda  tdiiione"  der  ersten  Arbeit,  soo- 
dern  eine  völlig  umgearbeitete  Nenschopfang,  die  man  mit  Freuden  bcgtäTun 
darf.  Schon  in  sofern  ragt  Finamore's  Werk  vor  den  andern  dialektischen 
WÖtlerbiichcni  hervor,  als  es  die  lexikalische  Arbeit  mit  der  grammatischen 
vereinigt.  Nachdem  er  schon  in  seinem  „avuirtenta"  betitelten  ersten  Kapitel 
in  wenig  Zügen  ein  Bild  der  Speualmundart  von  Lanciano,  von  der  ci  aus- 
geht, entworfen  hat  (in  der  ersten  Ausgabe  ging  er  von  der  Mundart  Gesso- 
palena's  aus),  giebl  er  im  iweiten  „Pronunsia  e  ortografia"  betitelten  Kapitel 
dne  inhaltreichc  und  eingebende  Studie  der  Phonetik  derselben.  Die  enle 
Ansgabc  Ixji  nur  sehr  dürftige  Vorarbeiten  dazu.  Im  Vokalismus  ist  die 
grolse  Wandelbarkeit  der  Vokale  und  die  Untersuchung  der  Grande  der- 
selben von  besonderer  Bedeutung.  Mit  Recht  sucht  Finamore  da,  no  pho- 
netiache  Erklärungen  nicht  ausreichen,  den  Grund  der  Vokaländerung  in  der 
gesellschaftlichen  Stellung  des  Sprechers.  So  lautet  f  im  Munde  der  Gebil- 
deten ia,  im  Munde  des  Volkes  jia  (wohl  aus  Diphthoogiemng  cntstanden): 
das  aus  lai.  ae  entstandene  i^  der  Gebildeten  wird  zum  deallichen  at  im  Himde 
des  Volkes.  ï  wird  vom  Volke  lu  ei  diphthongiert  {ftUice,  iKaine)^  ^  m  w 
(fBU0rfe,  luoiät);  sogar  »  diphthongiert  xu  ud  [bruotif,  tuotte)  und  Finamore 
bemerkt  ausdrücklich:  riceve  sfeiio  dai  piiá  plebei  uno  tchiacciaMenío  (ame 
di  uüB  (p.  II).  Mit  der  besonders  starken  Diphthongierung  beim  niediigeii 
Volke  in  ideellem  Zusammenhange  steht  die  von  Finamore  p,  17  hcrvorgebabene 
Thatsache,  dafs  in  den  ..piccali  communi",  also  auf  dem  Lande,  in  den  von 
der  Kultur  am  entferateslcn  Orten  die  Diphthongierung  oder,  wie  F.  steh  aus- 
drückt, die  „incrementi  vocali"  noch  stärker  sind  ali  in  den  Städten,  wie 
I.  B.  Lanciano  und  Ortooa.  Es  ist  dies  dieselt>e  von  Rez.  lür  dos  Sixihaiûsche 
festgestellte  Thatsache,  die  ihren  Grund  in  dem  beim  Volke  stärker  anttreles- 
den  AfTekt  hat.  Da(s  sie  auch  sonst  noch  an  vielen  Orten  des  romaniscbea 
Sprachgebietes  auf  dem  I^nde  auftritt,  wahrend  sie  in  der  Stadt  HDterbleìbi. 
hob  ich  bereits  in  der  Besprechung  von  De  Gregoiio's  Arbeit  über  den  siiiL 
Dialekt  in  dieser  Zeitschrift  (Bd.  17  p.  589  ff.)  hervor. 

Uniibhingig  von  dieser  Erscheinung  steht  der  Ein/lub  des  nachtonigen  i 
auf  den  Tonvokal,  der  anch  in  der  Mundart  von  Lanciano  eine  Rolle  spielt. 
So  wird  a  infolge  dieses  Einflusses  lu  e:  per  aria  —  fed' erte;  tu  mangi  — 
/h  »ligne;  freilich  fügt  Finamore  hiniu:  „In  molti  casi  cuesto  rifieita  manca: 
denare  pi.  denare,  e  spessa  nella  serie  dei  part.  pass,  in  alo",  e  vita  in 
diesem  Fail  lu  1:  /i  mette,  aber  tu  mitte;  o  lu  u:  /('  copre,  aber  tu  euprt.  — 
Eine  Erklärung  wünschten  wir  za  der  halb  zum  Vokalismus,  halb  taxa  Koo- 

'  Cremonese  G.;   Vocabolario   del   dialetto   agnonese   153  p.     Agnonc 


Vol 


G.  PIKAMORE,   VOCABOLARIO   DELL'  USO    ABRUZZESE.  407 

geboiendeti  Hricbeiniin^ ,  daCs  die  Anfaagsvohale,  wenn  das  vor- 
■gehcnde  Wart  »uf  eÌDen  Vokal  endigt,  tine  „asfiraàone  gutturale  (h). 
fatÌHii  ijì  Oder  labiaU  (ti)  annehmen.  Wohl  je  nachdem  der  auslautende 
Vokal  palatal  oder  labial  ist? 

Mit  Recht  geht  Finamore  aach  bei  Besprechung  des  KoDsonanlismus 
die  Unterschiede  zwischen  der  Aussprache  des  Volkes  und  der  Gebildelen 

Ob  aber  die  Aussprache  ea  als  qua  im  Volke  eioe  konsoniuilisch«^  Er- 
ichejnung  Ut  und  nicht  eher  eine  vokalische,  a  =  ua,  ebenso  wie  zu  110  im 
Volke?  Im  Si  li  lianisch  en  findet  sich  eine  ähnliche  Erscheinung  in  der  Mund- 
art von  CaUanisetta  und  S.  Cataldo.  Wie  im  Sizilianiscben  entwickeln  sich 
die  KoDsonantengruppen  b!,  pl,  fl  verschieden  beim  Volke  und  beim  Ctbitdeten. 
Doch  werden  sie  nicht  zu  ghj,  chj.  i,  sondern  lu  br,  pr,  fr  beim  Volke,  lU 
bi,  pi,  fi  bei  den  Gebildeteren.  In  den  Bergen  findet  «ich  »ogar  die  älteste 
Fotm^/. 

Sehr  reichhaltig  ist  das  auf  die  Phonetik  (olgende  Kapitel  über  die 
Formenlehre,  welches  auch  syntaktische  Erscheinungen  in  Betracht  zieht.  Am 
eigenlSmlichsIen  durfte  dabei  die  Bildung  des  Plurals  sein.  Bei  den  stummen 
Eudungen  im  Singul.  und  Plm.  kann  der  Unterschied  der  beiden  Numeri  nur 
durch  dcD  Aitikel  bezeichnet  werden.  Ira  „pretto  indgare".  d.h.  wohl  in 
dem  vom  Einñuís  der  Schriftsprache  gani  anbcrährt  gcbiiebenen  Dialekt,  dient 
zur  Bezeichnung  des  Plurals  noch  die  durch  den  Einflub  des  nachtonigen  i 
hervorgerufene  Aendemng  des  Hauptvokals:  Latre  —  litre;  mese  —  mise; 
fiori  —  fivre.  Aber  viele  Wörter,  gewöhnlich  auch  die  Partizipien  auf  -ati 
entliehen  sich  der  Wirkung  der  Regel.  Warum,  wird  leider  nicht  unter- 
sacht. Dafs  die  Acndening  des  Tonvokals  nicht  mehr  blofs  auf  Einflufs  des 
nachtonigen  i  zurückzuführen  iit,  sondern  ein  moiphotogischEr  Vorgang  ge- 
worden ist.  zeigt  der  Umstand,  dafs  beim  Adj.  auf  -0,  -a  im  Fem.  Flur,  die 
Aenderung  des  Tonvokals  auch  vorkommt:  muñeca  làrehe,  pi.  maneche  threht', 
f emmena  bbiUe.  p\.  femmene  biAIle;  mana  gròise.  pi.  maw  grùsie.  In  die 
Syntax  und  nicht  mehr  in  die  Formenlehre  yohöten  manche,  sehr  wertvolle 
Bcroerkungen  über  den  Gebrauch  des  Artikels,  die  Verschiedenheit  der  Genera, 
die  Stellung  des  Adjektivs  n.  3.  w.,  wobei  auch  auf  die  Unterschiede  in  der 
Rede  des  Volkes  imd  der  Gebildeten  hingewiesen  wird. 

Während  diese  Kapitel  speiiell  die  Mundart  von  Lanciano  im  Auge 
haben,  bietet  Finnm  ore  im  darauffolgenden  {eiementi  per  lo  studio  della /¡»le- 
tica delle  parlale]  wertvolles  Material  zum  Studium  der  Mundarten  von  Gesso- 
palena.  Ari,  Vasto,  Atessa,  Fagliela,  Ortona  und  Patena.  Wte  mannigfachen 
Wandlungen  der  betonte  Vokal  auch  je  nach  den  Ortschaften  ausgesetil  ist, 
mag  aus  dem  Beispiel  des  e  hervorgehen,  das  z.B.  in  pepe  lauten  kann: 
félpe,  pàaipe.  pòipe,  pape;  bei  ffpido:  tepete,  t&pele,  impele.  ¡ìepede,  tipete, 
tttpele.  tópete. 

Auf  diese  grammatischen  Studien,  die  aicbt  weniger  als  52  enggedruckte 
Seiten  einnehmen,  folgt  der  in  zwei  besondere  Abschnitte  zerfallende  lexikalische 
TeiL  Das  italienische  dialektische  Lexikon  (p.  SS  —  '06)  ist  nicht  streng  alpha- 
betifch,  sondera  nach  Zambaldi's  Voc.  etiraol.  ital.  nach  WottstSjnmen  ge- 
ordnet, und  soU  Material  zur  Bestimmung  der  Etyma  der  einzelnen  mundart- 
lichen Wörter  liefern.  Auch  dieser  Ted  bedeutet  einen  grofsen  Fortschtili 
gegen  die  in  der  ersten  Ausgabe  angestellten  etymologischen  Versuche  Fina- 
morc's.    Nicht   nùodct   ibis  eigestlioh   dialektische  I^xikoo  (p>Iii — 311),  das 


408  BESPRECHUNG 8 ^f.      A.  TOBLER, 

mit  dem  der  ersten  Ausgabe  DÍchl  za  vergleicheo  isL  Wie  sehr  du  Lexikon 
an  AusrüliTUclikeit  gfwotmpn  bat,  möge  das  Beispiel  der  mit  b  beginDendai 
Wörter  xeigen.  Hier  sind  sie  182  an  dei  Zahl,  währeod  de  üüllcr  6j  läUten. 
Auch  wird  hier  nicht  blofs  eine  ein/.ige  Mundatt  beräckscbtigt-  das  Lexikon 
bringt  die  Ausdrücke  von  nicht  weniger  dpnn  toS  verschiedenen  Ortschiflen. 
Es  sliitit  sich  nicht  btors  auf  muodliche,  sondern  auch  »uf  schiiftliehe 
Quellen,  namentlich  auf  die  statuti  mttnidfaü  eiozelaer  Stldte.  Neben  jedem 
dialektischen  Ausdruck  wird  gewissenhaft  bemetkl,  in  welcher  Ortschaft  o 
gebräuchlich  ist.  Wir  erhalten  somit  in  diesem  Lexikon  ein  sehr  rdchhalliget 
rnid  zuverlässiges  Material,  das  mit  eminentem  Fleifs  zusammengetragen  ist 
und  jedem  Forscher  auf  dem  Gebiete  der  abiuztischea  Dialekte  unentbehrlich 
sein  wird.  Als  Ganzes  betrachtet  ist  aber  Finamorc's  Werk  eine  der  besten 
Duf  dem  Gebiete  der  sud  italienisch  en  Dialektforschung  gelieferten  Arbeiten. 
Rühmenswert  ist  auch  die  handliche  Form  ritn  Lexikons,  das  sehr  vorleiDuíl 
gegen  so  viele  andere  voluminöse  Mundartenleiika  absticht  (so  z.  B.  Traina's 
^°^-  •«"■l-  H.  serai»»«». 


lie  livre  et  mietere  du  glorieux  seigneur  et  m&rtLr  saint  Aârien, 

publié,  d'apr¿s  un  manuscrit  de  Chantilly  aux  frais  de  S.  A.  R.  Mgr.  le  duc 
d'Aumale,  avec  introduction,  table  et  gloss.tÍre,  par  Emile  Picot.  Impriné 
pour  le  Roiburghe  Club.  MScon,  imprimerie  Ptolat  frères.  M.DCCC.XCV. 
XXXIV,  206  S.    4.    (Ein  DoppelbUtt  Facsimile). 

Zu  den  Veto ITentlì chu n gen,  die  in  den  letzten  Jahrzehnten  die  Möglich- 
keit gewährt  haben  mit  den  pvfsen  Heiligenleben  in  dramatischer  Form,  wie 
sie  im  fSnizchnlen  Jahrhundert  den  Norden  und  den  Süden  Frankreichs  erbaute» 
und  ergötzten,  sich  genauer  vertraut  zu  machen,  gesellt  sich  unter  Toivtehen- 
dem  Titel  eine  glänzend  ausgestattete  und  durch  kundige  Hand  fertig  gesleHle 
neue.  Lernen  wir  durch  üe  nicht  ein  Werk  kennen,  das  als  dichtetiiclie 
Leistung  sich  irgend  über  die  Mitlei mafsigk ei t  erhöbe,  ermüdet  vielmehr  du 
Mysterium  von  dem  rittcrticfaen  Märtyrer  den  beutigen  Leser  durch  selten 
unlerbrochene  Eintönigkeit  der  Ausdruck  s  weise,  durch  breite  Umständlichkeit, 
die  aber  auch  gar  nichts  von  den  Vorgängen  hinter  der  Bühne  lafst,  etwa  durch 
knappe  Berichterstattung  eiacs  Auftretenden  dem  Zuschauer  lur  Kermtais  tn 
bringen  weìfs.  emplindet  der  Verfasser  nicht,  wie  ganz  auiscr  ZasammenhaDg 
mit  seinem  eigentlichen  Gegenstände  wohl  ein  Drittel  dessen  ist,  was  er  vor 
Augen  fährt,  so  ist  doch  elien  auch  all  dies  Unvermögen  kenn  zeichnend  tör 
das  Beginnen  einer  neuen  Kunstübung  und  dürfen  wir  sicher  sein,  dais  die 
Zuschauer  über  der  Buntheit  und  Merkwürdigkeit  der  an  ihren  Aogen  vor- 
überziehend en  Dinge  der  Gebrechen  des  Dichterwerkes  nicht  gewahr  wurden. 
Morgen  lau  di  s  che  und  abendländische  Fürsten  und  Heere.  Berittene,  Teufel  in 
der  Tracht  ihres  Standes  oder  in  Verldcidung,  Frauen  in  Mannsgewand  trelöi 
auf,  ein  Seesturm  geht  vor  sich ,  Adrian  und  seine  Genossen  sieht  man  Dnlct 
scheufsiichen  Martern  vom  Leben  zum  Tode  bringen,  eine  abgeschnittene  Hand 
wachst  vor  aller  Augen  mit  dem  Stumpfe  wieder  zusammen.  Daneben  mag 
mit  Späfsen,  deren  Eründung  man  vielleicht  ¡hm  überliels,  der  Jtuslieut. 
dessen  Auftreten  an  manchen  Stellen  angegeben  ist,  ohne  dafs  man  fiber  lèn 
ThuD  und  Heden  etwas  erlSbrt,  das  Publikum  erheitert  haben,  moglicherweiw, 


é.  PICOT,   LE  LIVRE  ET  MlSTßRH  DE  SAINT  ADRIEN.  409 

wenn  das  Stück  wirklich  um  die  Mitte  des  fünfzeliBlen  Jahrhunderts  im  bel- 
gischen Geertsbergen  (Grammonl),  einer  allen  Stätte  de  Verehrung  des  h.  Adrian, 
aufgeführt  wurde,  flämisch  redend,  wie  der  Herausgeber  vennulet.  Auch  sonst 
mag  mit  manchem  komische  Wirkung  beabsichligt  und  erreicht  worden  sein,  50 
mit  den  Personen  niedrigen  Standes,  die  verschiedentlich  in  Tbätigkeit  treten, 
Kriegsknechten,  Bootsleulen,  groben  Tölpeln,  die  nm  den  Weg  ¡¡efrsgt  werden, 
mit  den  Gevatterinnen,  die  bei  Adrians  Witwe  ein  gutes  Wort  für  den  Richter 
Tribunns  einlegen,  vielleicht  auch  mit  einigen  Teufeln. 

Die  metrische  Form  ¡st  natürlich  im  ganzen  die  der  paarweise  gereimten 
achlsilbigen  Verse,  zumeist  so  eingerichtet,  dafs  die  einzelne  Rede  mit  dem 
ersten  Verse  des  Paares  schhebt.  An  manchen  Stellen  treten  viersilbige 
einieln  zwischen  den  achlsilbigen  auf  und  zwar  jeweilen  so,  da(s  der  folgende 
achlsilbige  mit  dem  küneren  reimt;  aber  ein  bestimmtes  Gesell  für  die 
"Wiederkehr  des  letzteren  wird  nicht  eingehalten,  und  er  findet  sich  keines- 
wegs blofs  am  Schlüsse  der  einzelnen  Rede.  An  manchen  Stellen  reimen 
nicht  je  zwei  aufeinander  folgende  Zeilen,  sondern  scheint  eine  Art  strophischen 
Baues  versucht:  abab,  bebe,  cdcd  2588—95,  4105— tí,  6I76— 83,  7868—83; 
kommt  es  zu  deutlich  erkennbarer  Gesetzmäfsigkeil  in  2664— Sl.  6097 — lOJ, 
7907—27  nicht,  so  treffen  wir  dagegen  6112^35  xwei  Strophen  der  altbe- 
kannten Form  aab  aab  bba  bba,  und  6138 — 75  wiederum  ein  gröfseies  regel- 
mäCsiges  Gebilde.  Ob  an  den  nicht  ganz  seltenen  Stellen,  wo  drei  aufeinander 
folgende  Verse  reimen  (i.  B.  6588  ff.,  6807  fl.),  oder  wo  ein  Vers  reimlos  auf- 
tritt  (z.B.  6458,  6443,  6916,  703s),  man  mit  Fehlem  der  Überlieferung  zu 
thun  hat,  stellt  dahin.  Aber  auch  andere  Verse  treten  auf:  viersilbige  in 
längerer  Reihe  7884,  mit  achtsilhigen  in  strophischer  Verbindung  7894,  weniger 
legelmäfsig  41571  sechssitbige  in  einer  Strophe  596S,  in  einer  andern  4618; 
zehn  (4-I-6}  -sihige  In  vierzeiligcn  Strophen  ig — 40,  in  einer  mächtigen  sechs- 
lehnzeiligcn  Strophe  (aaab  bbba  aaab  bbba)  6081 — 96,  in  ut^leich en  Gruppen 
4573—4617,  mit  acht-  und  mit  viersilbigen  untermischt  6385 — 6414;  Aleian- 
driner  in  vierzeiligen  Strophen  3726^45  {zwei  zehnsilbigc  Verse  darunter 
werden  zu  bessern  sein)  und  4950—66,  wo  gleichfalls  einige  Störung  des  r^el- 
rechlen  Verlaufes  erkennbar  wird.  Rechnet  man  die  Eingangsballade  und  die 
zahlreichen  TrioIeCte  hinzu,  die  schon  der  Herausgeber  S.  206  aufgezahlt  hat, 
so  ergiebi  sich  ein  ansehnlicher  Reichtum  an  verwendeten  Formen,  bedeutend 
genug  om  an  die  Gepflogenheiten  des  späteren  spanischen  Theaters  zu  erinnern. 

In  Versbau  und  Reim  herrscht  starkes  Schwanken.  Das  dumpfe  e  nach 
lautem  Vokal  ist  bisweilen  noch  silbenbtldend  wie  in  der  älteren  Dichtung, 
häufiger  aber  ist  es  dies  nicht  mehr;  dampneis,  plaies,  abbayes,  aies,  parties, 
envolerai,  salueras,  -oient,  -aient  u.  dgl.  sind  meist  um  eine  Silbe  kürzer  als 
im  Allfranzösischcn,  Auch  das  dumpfe  e,  das  im  Wortinncm  vor  einem 
lauten  Vokal  steht,  ist  schon  sehr  oft  von  diesem  verschlungen  oder  mit  ihm 
Dl  neuer  einsilbiger  Artikulation  verbunden:  die  Parlicìpia  auf  -eu  haben  ge- 
wöhnlich eine  Silbe  weniger  als  früher,  desgleichen  die  entsprechenden  Imper- 
fecta auf  -eusse.  Auch  sonst  werden  manche  Wörter  bald  so  bald  anders 
gemessen,  so  deable,  crestitn,  brief,  grief,  heaume,  eeaas,  aarer  (5306,  5499). 
Beim  Zusammenl reifen  tonloser  Endsilben  mit  anlautendem  Vokal  sind  die 
entgegengesetztesten  Dinge  möglich:  während  das  (  am  Ende  im  Hiatus  steht, 
nicht  blofs  in  O«  par  grestè  ou  par  gelee  39g,  Bl  le  vesirë  habandennet  633, 
r  2019,  faire  Commt  ¡''autre  eu  toy  retraire  4018,   sondern 


410 


BËSPRRCHUNGEN.     A.  TOBLER, 


■ueh  in  tntreprimë  tt  affaire  781,  Domm<tigë  ou  aucung  meffait  169a.  j 
sienne  indignación  2404,  Quanqit'il  Ireuvë,  ksmmë  et  femm 
in  près  de  Yndes  750,  De  abrir  888,  Di'  avoir  vastrt  o^nvSH  3895, 
më  esbäii  1711,  lé  aloni  demander  8180,  findet  man  anderwätiB  untei  den- 
SElbcn  UroBländcn  die  Elisicm  vollzogen,  ja  sie  hat  auch  statt  ñba  Lauti 
hinweg,  die  in  älterer  Zeit  dei  Regel  nach  sie  duicbaus  verhindern:  D'amaiter 
rie/tessei  ri  trésors  199,  Que  toutes  ne  soient  misée  a  Monte  l80,  S  lei 
Jtray  chiche^  et  eschars  410,  Amasser  gens  d'armeB  a  foison  906,  Que  Js 
dois  sur  tous  autrea  amer  lOoS;  S'ils  n'en  rtfoivent  aucune  amande  20J. 
^oui  dieux  vous  vueiüeDt  icelle  part  Conduire  3034,  Taus  nos  dieuj  vtui 
maint ienneat  e»  j'aie  33771  dais  auch  du  sonst  und  noch  heute  aspirierte  k 
die  Elision  nicht  verwehrt,  hat  schon  der  Herausgeber  hervorgehoben  S.  XXV, 
Alle  diese  Eigen tiimlichk eilen,  ioïbesondere  die  MögUchlicit  dar  Nichtelison 
des  dumpren  e  vor  Vokal  bat  Herr  Picol  meines  Erachtens  etwas  tu  wenig 
berücksichtigt  ;  sie  machen  die  gröfste  Zurückhaltung  beim  Ändern  des  Oba- 
lieferlcn  lur  Pflicht,  und  ein  grofser  Teil  namentlich  der  zahlreichen  ja  und 
bien  und  tres,  die  er  cingelübit  hat  (und  bisweilen  recht  wenig  ansprechend) 
am  vermeintlich  lu  kutie  Verse  aoi  das  richtige  Mals  iu  bringen,  werden 
wohl  den  Platz  wieder  räumen  müssen.  Für  den  Reim  und  far  die  Schreibnng 
auch  aulseihalb  desselben  ist  von  weitgehendem  Einflufa  der  Umstand,  dab 
für  den  Dichter  eine  grÖrscTc  Zahl  sonst  hörbarer  Laute  am  Wortende  tmlei- 
gegangen  sind:  da  über  s  und  nt  hinweg,  wie  wir  sahen.  Elision  des  ç  mög- 
lich ist,  kann  es  nicht  überraschen,  dars  nach  f  diese  Laute  (oder  viclmeht 
Buchstaben)  auch  lür  den  Reim  nicht  in  Betracht  kommen,  daís  puiisancr  : 
mille  lance,  convoyent  :  voye,  grevance  :  avancent,  muent  :  mues  gerdml  wird. 
Aber  auch  r  am  Wortende,  s  n.-ich  lauten  Vokalen,  /,  /  desgleichen  nsd 
stumm  {%.  Einleitung  S,  XXIII  und  Glossar  unter  Rimes).  Aber  auch  mit 
Konsonanten,  die  schwerlich  verstummt  waren,  nimmt  es  das  Mysterium  wenig 
genau:  eitre  :  secrete,  e¡tre  :  moleste,  ckarlres  \ ydolalres,  vostre  :  remorse, 
faute  :  autre,  meuble  .  peuple  mufs  man  sich  gefalleu  lassen,  und  mit  den 
Vokalen  wird  nicht  sorgfältiger  umgegangen:  der  Unterschied  der  beiden  •> 
und  e  scheint  verloren,  mit  e  reimt  der  Diphthong  ie\  das  offene  e  wild  mit 
a  gepaart,  nicht  allein  vor  r  {Parthes  :  acertei),  sondern  auch  sonst:  lUsse  : 
espasse,  rebellent  :  parlent,  requeste  :  haste,  metre  :  batre,  tiesse  '.groee;  aocb 
ai  und  a  gelten  gleich;  mais  :  pas,  ¡a  ;  plait,  mais  :  bas,  jamait  ;  clocJkeraii 
andererseits  ^/«i  {faire)  :  titre. 

Zum  Wortlaute  cíes  Tentes  erlaube  ich  mir  ein  paar  Änderungen  Torzu- 
schlagen  oder  auch  nur  Bedenken  auszusprechen:  87  hostel  kann  mit  ¡iast( 
nicht  reimen;  vielleicht  en  ceste  hotte.  174?  413  Douter  n'en  fauU.  411  re- 
■oenaige  eiistiert  schwerlich;  i.  renovaige,  das  ich  sonst  nicht  kenne,  aber 
mit  Rücksicht  auf  pr.  renov  .Wucher",  renovier,  miat.  renovarius  glaube  an- 
nehmen zu  dürfen;  auch  im  Joufroi  3714  wird  man  revevier  mit  rtmnHer  va- 
lauschen  müssen.  727  mesckains,  nach  dem  Glossar  méchancetés,  ist  Mcher 
in  meshains  zu  verwandeln.  822  cam  de  im  Sinne  von  que  de  findet  sich  to 
der  alten  Zeit:  com  tu  as  de  borné!  Bast.  1051;  Mes  esgardés  cam  de  denier¡ 
Ont  usurier  en  lar  greniers!  Rose  12462;  man  braucht  sich  also  Ton  del 
Handschrift  nicht  im  entfernen.  840  Da  Saturne  831  schon  als  .Gott  der 
Himmel'  genannt  ist,  wird  nicht  neben  ibm  ein  Saturnus  als  .Gott  der  Felder' 
aufiietai  dürfen;   etwa  Satiriauii     885  Mit   der  Handschrift  vaut  em  tyrét. 


É.  PICOT,    L8  LIVRE  ET  MÍSTESE  DE  SAINT 

vgl.  1056,  1400.  1036  L.  Santé  vous  donnent  tt  (mit  Elision  von  enf). 
ii6i  L.  Vaas  sauvent  et  gaTgtnt,  messaigier  mil  Elision  des  ersten  -tnt. 
113É  L.  Mesuy,  danach  das  Glossat  zu  berichtigen.  1391  Arrant  ist  Mer 
nicht  Eigenname.  IJ25  Mit  Qua  ist  Qui  gemeíat,  wie  an  lahlreichen  andere 
Stellen.  IJ95  Eine  Silbe  fehlt;  etwa  mau  nach  Onques.  tó88  Qu'  zn 
tilgen.  70ï6  L.  Ei  fenser  de.  lloS  L.  De  monslrer.  Nacti  im  Komma. 
2164  Keine  Änderung,  am  wenigsten  aber  ein  ja  nach  ne.  Zig6  L.  Äncitngi 
y  pòUrroÙHt  desfUsir  Franare  a  mon  conseil,  lìgi  L.  Et  pour  ce  cy  ne 
vous  troubler.  330]  te  (=^  tu)  brauchte  nicht  geädert  zu  werden;  die  vom 
Herausgeber  bisweilen  weniger  gut  ti  geschriebene  Form  kommt  in  dem  Werlie 
öfter  Tor.  1498  Ist  hart  wirklich  auch  männlich?  2662  Schreibe />  vous 
créant  Qu'il  ìious  en  mescherrait.  1668  Das  Komma  soll  nach  dieux  statt  nach 
Alis  stehn.  1786  Schreibe  ¡ans  losengier  ne  me  faindri.  2902  Schreibe 
Jeune  a  guerroyer,  wie  nachher  a  bataHlier  ouliraigeux.  2919  Die  Form 
sauvrain  (für  souverain)  macht  auch  ]9;6,  3046,  33:24  richtig;  umgekehrt  er- 
halten einige  Verse  richtige  Länge,  wenn  man  veray  für  vray  einiührt. 
3005  ist  mit  nnveratandüch.  3009  serai  als  Fnlurnm  von  savoir  begegnet 
hier  ait,  5273.  53:7  und  sonst,  [st  mir  aber  vetdichtig;  hat  die  Handschrift: 
etwa  ¡orai  e  und  o  scheinen  mir  auch  in  dem  hänng  auftretenden  con/oriné 
verwechselt,  das  confermi  bedeutet  (7279,  858 1,  81)65),  und  in  en/orgier  für 
en/ergür  4540,  5196,  60,0.  3056  L.  sou  (d.  h.  fou)  viendroil.  3412  L. 
eitaiehe,  wonach  auch  das  Glossar  la  berichtigen  ist.  3601  wird  schwerlich 
so  lauten  dutfeo.  3678  ist  mir  un  versi  and  beh.  3695  Der  Name  des  guartus 
terriens  wird  wohl  Tourct-fauveaul  d.  h.  Torche-fauvel  sein,  vgl.  Verm.  Beilr. 
n  IM.  3711  Was  mag  derotie  sein?  3726  ist  vun  dem  handschriftlichen 
tromfoil  nicht  abzugehn;  es  ist  dei  Konjunktiv  von  tromper,  in  jener  Bil- 
dung, die  Mussafia  in  einer  beaondem  Abhandlung  erörtert  hat,  derselbe,  der 
33^4  begegnet:  voulons  ..  Qu'avec  nous  tous/ours  demeurait  ocicr  41 14  Si 
gue  par  iio(/)j  ne  par  cosies  Jl  ne  demeurotl  peaut  entière.  In  dem  Verse 
selbst  wird  man  oyes  wiederholen  müssen.  3730  Der  Vers  ist  um  eine  Silbe 
zu  kuri;  auch  3735  wird  irgendwie  zu  verlängern  sein.  4095  ist  mir  unver- 
ständlich, 4191  Schreibe  Et  toute  la  court  monseigneur.  4I93  Die  Ein- 
schaltung des  ne  ist  vom  Obcl.  4x5°  Das  a  der  Handschiill  ist  unentbehr- 
lich, und  an  Raum  da(ur  fehlt  es  nicht,  wenn  die  Endung  von  amei  elidiert 
wird,  4296  Nach  pourriaiu  ist  mieux  einzuschalten.  4321  L.  Qiu  il,  wie 
denn  die  Anwendnng  der  Fonn  gue  vor  Vokal  noch  öfler,  z.B.  5261,  5348, 
sich  eher  empfahl  als  andere  Mittel  der  Versdehnung.  4459  L.  1res  teure- 
meat.  4537  L.  àom  et  segul/Js.  4546  Keine  Änderung  am  überlieferten. 
5030  Hier  scheint  eine  Lücke  zu  bestebn.  S066  Den  erforderten  Reim  würde 
deiroi  for  erreur  ergeben.  5162  Darf  man  que  vous  als  einsilbig  gesprochen 
annehmen  (Verm.  Beitr.  I  lll)?  Auch  6270  würde  bei  solcher  Aussprache 
korrekt  werden,  5473  Was  mag  en  ceste  vie  heífsenP  SS34  Der  Reim  scheint 
véir  zu  fordern.  561a  und  5613  sind  beide  reimlos.  S598  L.  de  la  venir, 
5623  Schreibe /o Hi- ^«íí-.  Auch  bier  scheint  etwas  zu  fehlen.  5845  L.  des- 
trie  für  descrie,  das  auch  im  Glosur  zu  tilgen  sein  wird.  6079  Schreibe 
infrangible.  6103  Schreibe  viengne  ceans,  welches  letilcrc  einsilbig  wie 
3^53-  7505.  6107  wird  paroler  durch  escauler  zu  ersetzen  sein.  6117  ¡st 
mir  un  ver«  ländlich.  6136  L.  commencer  (d.  h.  commende)  ai.  614O  wird 
lauten  müssen  en  luy  mener  ne  voi.     6311  Schreibe  tout  íür  tant.     6377  L. 


BESPRECHUNGEN.     C,  VORETZCH, 


I    d.h.  i 


r   Sihreibe   Pleu 


6561  Arnés.     6912  SdinaM 


etwa  l'aulrier.  7030  Schreibe  eu  de  Uur  •tiischanee. 
wohl  oíifíj  gemeint.  70S1  dankel.  7208  Schreibe  eitreperís  d.h.  rxtirfírti. 
7819  Schreibe  iant  demrnticr.  7961  Schreibe  Vostri.  %\-j-j  Schrribe  /oui 
temps  ont  honnoré  Ton  nota  tt  en  terre  porté,  vgl.  8144.  8jlo  Etwi  Dfnt 
ou  monde  stra  memoire,  83I]  L.  ohne  ÂndetUQg  Dame,  kostet  (d.  k.  hebt 
euch  weg).  8424  Wahrscheinlich  ìodì  traiHontaine.  Nach  8454  keine  Inter- 
puoklion.  In  babelee  S765  möchtE  ich  keineo  Eigennamen  sehen.  SS39  Schreibt 
UR  compaing.  8876  Schieibe  A  oder  Com  cotnpaigne.  8930  Setie  ein  Konimi 
nach  mercy.  9173  Vielleicht  Aüthenedon  ïu  lesen  mit  Diärese  des  lateinischen 
Diphthongs,  wodurch  le  Überflüssig  wird.  91S3  L.  perir  Färjtrur.  9109  Die 
Deutung  des  Glossata  ¡st  schwer  annehmbar.  Solile  faire  fer  nìchi  eher 
„schmieden"  heifsen  können?     9Î7S  Etwa /ir*  a  autre  contrée  Teitir. 

Dafs  für  die  Geslaltung  des  Textes  minches  noch  nacbzuholea  bHeb, 
ist  bei  der  Beschaffenheit  der  Handschrift  nicht  zu  verwundern;  noch  daiu 
lasse  ich  hier,  um  nicht  gar  zu  bieit  zu  werden,  nicht  wenige  Stellen  anbe- 
rührt, wo  es  sich  vielleicht  nur  um  Druckíehier  baodelt  und  eia  kundiger 
Leset  das  Richtige  ohne  Hülfe  fìnden  wìtd.  Dct  Heiausgeber  hai  in  der 
Einleitung  auch  iiber  die  andctweiligen  Bcarbeilungen  der  l..egende  von  Adiiia 
mit  einer  Umsicht  und  Kenntnis  gehandelt,  die  wenigstens  mir  nichts  nach- 
zutragen títíst,  auch  eine  genaue  Inhaltsangabe  i\i  dem  Mystetium  nicht  vor- 
enlholteo,  in  der  ich  hoehslcn»  die  Erwähnung  der  üblichen  Predigt  (mch 
Z.  40)  vetmisse.  Den  Schluis  bildet  hinter  einem  ausfuhrlichen  Sachxegislct 
ein  Gtosaat,  zu  dem  ich  einige  Berichiiguogen  hier  gebe,  soweit  sie  nicht 
schon  oben  erledig  sind. 

galer  284O  heifst  nicht  /totler;  den  richtigen  Sinn  ^ebt  Schelen 
Glossar  zu  Froissatt.  altainer  2308,  5860  hat  mit  atteindre  nichts  zu  ihnn, 
sondern  ist  spätere  Form  des  af2.  atäinir.  hastie  steht  dem  Sinne  nach  hitt 
Ewar  ziemlich  nahe,  ist  jedoch  durchaus  nicht  mit  ihm  verwandt,  sondern 
gleich  afz.  aatie.  assoiUier  4ZJ6,  das  oboe  Erklärung  bleibt,  ist  eine  vom 
KoDJUDktiv  assoUle  {absolvat)  aus  gewonnene  späte  Form,  s.  Godefroy  onler 
assoler,  laceaul  4902  ist  ^=  afz.  laieel  „Milchspeise".  remancier  5399  Ist 
übergangen;  solile  romancier  damit  gemeint  sein,  das  in  ersterer  Form  auch 
aufCiiltP  Aber  sein  gewohnter  Sinn  befriedigt  wenig,  aniarrison  S431  darf 
man  mit  amarus  nicht  in  Verbindung  bringen;  es  wird  =  esmarriion  sein. 
sott¿  5637  (unerklärt)  scheint  tu  loule  ^=  abri  zn  gehören,  also  abriti  zu 
heiCsen.  urision  ist  nicht  horitoa,  sondern  hérisson,  von  welchem  Littrf  hen- 
tige  mundartliche  Formen  mit  u  in  der  ersten  Silbe  nachweist,  vereitlx  wU 
6541  modeste  bedeuten.  Das  ist  nicht  denkbar.  L.  vert  eulx.  Laye  6S96 
ist  keineswegs  Femininum  zu  einem  Adjektiv,  welclies  large  bedeutet  (also  lu 
afz.  U),  sondern  zu  laid;  s.  darüber  Foerstei  in  Ztg.  f.  rom.  Phil,  t  ijl,  fernet 
Salveida  de  Grave  Eneas  S.  XVIIL  Wegen  bigard  s.  bigardie  bei  Godefroy 
und  vgl.  begard  in  Batb.  u.  M.  I  320,  1515.  risois  8446  (Plural  von  retori 
„Zuflucht'-),  debout  („Ende"?)  8447,  dessorte  9378  (vielleicht  äessout*  ,^bge- 
löst")  habe  ich  im  Glossar  vergeblich  gesucht. 

Adolf  Toblkk. 


i 


L.   WILLSMS,    ÉTUDE   SDR    L' 

lÁoDKTd  WlUeniB,  Élude  sur  l'Yseogiions.  (Univeralé  de  Gand;  Re- 
cucii  de  travaux  p.  p.  U  fscDlti  de  philosophie  et  lettres,  iS°  fucicnle). 
Gand  1895.    VI,  167  S. 

Seitdem  Ernst  Voigt  seine  Nenausgabc  des  Ysengritnas  geliefert  hat,  ist 
dies  Gedicht  nichl  wieder  Gcgenstund  von  SpeiiaUludien  gewesen,  soviel  man 
sich  auch  mit  dem  mittelalterlichen  Tierepos  und  seiner  Geschichte  beschäftigt 
hat.  Der  Verfasser  ist  durchaus  im  Recht,  wenn  er  hierin  eine  ungerecht- 
fertigte  Vemachlässigimg  erbUckt  und  gerade  (ür  den  Ysengrimns  als  das  älteste 
vorhandene  Tierepos  mehr  Beachtung  als  bisher  verlangt.  Waren  auch  die 
zunächst  Ucgenden  Fragen  vom  neuesten  Herausgeber  des  Yscogrirous  auf  das 
sorgfShigsIe  untersucht  und  meist  betüedigend  gelöst  warden,  so  war  doch 
Dach  den  neuen  Forschungen  über  die  Quellen  des  Roman  de  Renart  die 
litterarhislorische  Stellung  des  Ysengrimus  von  neuem  ^\l  untersuchen  und 
festzustellen.  Verfasser  hat  sich  mit  dieser  Generalfrage  nicht  begnügt,  er  hat 
auch  eine  Reibe  weiterei  Fragen,  die  sich  an  den  Ysengrimus  knüpfen  und 
die  man  bbhcr  erledigt  glaubte,  von  neuem  anfgeworfen  ond  hierüber  neue, 
wenn  auch  vielfach  lum  Widerspruch  herausfordernde  Ansichten  aufgestellt. 

Verfasser  giebt  zunächst  eine  kurze  Einleitung,  in  welcher  er  in  chrono- 
logischer Folge  die  Ausgaben  des  Ysengrimus  Und  die  demselben  gewidmeten 
Abhandlungen  bespricht,  ond  behandelt  dann  seinen  Gegenstand  in  sechs  Kapiteln: 
I.  Datum:  Der  Ys.  ist  nicht,  wie  Voigt  angenommen,  in  den  Jahren  ll.|6 — 4S, 
sondern  erst  etwa  1151—53,  ¡edenfalls  nicht  vor  I151  gedichtet.  —  11.  Die 
Quellen;  französische  Branchen,  die  schon  damals  existierten  und  sich  von 
den  öberliefetten  teils  mehr,  teils  weniger  uti  terse  hi  e  den.  —  VI.  Herkunft 
des  Gedichtes:  Verfasser  ist  freilich,  wie  man  bisher  glaubte,  ein  Ftamländer. 
aber  nicht  aus  dem  deutschen,  sondern  aus  dem  französischen  Flandern,  etwa 
Btls  Lille.  —  IV.  Tendenz:  ist  gegen  die  Orden  überhaupt  (nicht  gegeu  bt-- 
slimmte  Orden),  sowie  gegen  den  Papst  gerichtet.  —  V.  Verfasser;  heifsl 
in  der  That  Nivardus.  Im  An^clilufs  hieran  weist  W.  den  Ysengrimus  seine 
Stelle  in  der  Geschichte  des  Tierepos  an  und  giebt  seine  Ansicht  über  Ent- 
stehen des  Tierepos  überhaupt:  Anfänge  in  den  geistlichen  Kreisen  zu  suchen, 
wichtig  dabei  die  scenischen  Darstellungen,  hier  zuerst  die  Eigennamen  ange- 
wendet, Entslehungaort  Frankreich.  —  VI.  Test:  Titel  des  Werkes  Ysen- 
grinus,  nicht  Ysengrimus,  nebst  einigen  weiteren  Bemerliungen.  —  Den  Be- 
schlofs  bilden  einige  Notizen  zum  Ysengrimus  abbreviatus,  dessen  Herausgabe 
der  Verf.  ursprünglich  geplant  hatte  (lliDweis  anf  eine  nene,  nicht  unwichtige 
Handschrift  des  eine  Aniahl  Verse  des  Ysengr.  abbr.  enthaltenden  Poleticon; 
die  VOD  Voigt  angenommene  Abfassung  des  Werkes  in  Deutschland  ist  nach 
Ansicht  des  Verf.  nicht  hinreichend  erwiesen). 

Die  Ausführungen  des  Verf.  laufen,  wie  roan  sieht,  fast  überall  herge- 
brachten Ansichten  zuwider  und  nicht  immer  wird  er  anf  Zustimmung  rechnen 
dürfen.  Am  überzeugendsten  scheint  mir,  was  über  die  geschichtlichen  An- 
spielungen des  Gedichtes  vorgebracht  wird,  wie  Verf.  sich  überhaupt  auf 
historischem  Boden  am  sichersten  bewegt.  So  wird  über  verschiedene  im  Ge- 
dicht genanute  Persönlichkeiten  neues  Licht  verbreitet,  eine  Reihe  bisher  falsch 
oder  gar  nicht  verstandener  Stellen  werden  auf  historische  Vorkommnisse  und 
Verhältnisse  bezogen  und  ansprechend  erklärt:  man  vergleiche  nameollich,  was 
ähcr  Bliterou  (S.  19  ¡f.),  über  Graf  Wilhelm  von  Ypem  ond  über  die  Gegen- 


414 


BESPRECHUNGEN.      C.  VORZTZSCH, 


abtrilcllunE  Brabas  —  Aaglus  (33  ff.)  gesagt  wird.'  Am  wichüetten  tcd 
den  hier  behandellen  Anspielaagen  ist  die  Stelle,  wo  die  Belvafi  pnrahot 
werden,  weil  hieidurcb,  wenn  die  Deutung  richtig:  ¡st,  ein  sidieiei  TVnaumu 
a  quo  tat  die  Datierung  des  GedichlcB  gegeben  wird:  nämlicli  Ende  II50  oder 
Anfang  ils>i  wahrend  Voigt  die  Entstehung  des  Gedichtes  io  die  J*lm 
1 146 — 4S  seilte.  Für  letzteren  waten  liauptsSchlich  die  Anspielungen  aof  den 
11 H  glück  lieh  e  a  Ausgang  des  zweiten  Kreuzzuges  (1 147 — 49)  maßgebend,  die 
Dich  ihm  den  frischen  Eindruck  jener  Ereignisse  widerspiegeln.  Auch  hierföi 
findet  W.  eine  genügende  Erklärung,  in&ori:tn  Bernhard  von  Clairvaux  inch 
in  den  nächsten  Jahren  seine  Bemühungen  um  einen  neuen  Kieoung  foit- 
setzle  und  die  Polemik  gegen  ihn  als  den  „magisttr  hiandi"  noch  cbetuo  im 
Platze  war.  Die  Anspielung,  auf  welche  W.  seine  Datierang  gründet,  findet 
sich  in  der  Erzählung  von  der  Bculcteilung  (VI,  190),  wo  der  Fuchs  dem 
Löwen  die  Erklärung  giebt,  weshalb  Ysengrimus,  der  ihn  recht  teileii  gelehn, 
es  selbst  nicht  verstanden  habe:  Propter  Bellovacos  non  fuit  auiui  idem. 
Dafs  hierin  eine  historische  Anspielung  liegt,  ist  schon  froher  vermutet  worden, 
aber  erst  Willems  hat  in  den  Streitigkeiten  zwischen  Kschof  Heinrich  von 
Beauvais  und  König  Ludwig  Vn.,  seinem  Bruder,  die  Vorkommnisse  entdedtl, 
welche  der  Verfasser  des  Ysengrimus  vermutlich  im  Sinne  halte.  So  lange 
nichts  Besseres  gefunden  ¡st,  wird  man  diese  Erklärung  der  Stelle'  und  damit 
auch  die  neue  Datierung  des  Gedichtes  annehmen  dürfen,  die  äbiigeos  die 
litlerarhistorische  Stellung  desselben  kaum  moJilîzieit. 

Auch  die  gleichfalls  in  das  historische  Gebiet  einschlagenden  Erörternngen 
Über  die  Tendenz  des  Werkes  fördern  im  einielncn  manches  neue  lu  Tage, 
wenngleich  das  Endresultat  den  Ergebnissen  Voigts  ziemlich  nahe  steht.  Antb 
dieser  hat  bereits,  im  Gegensatz  zu  Grimm,  die  Tendenz  als  eine  allgemeine, 
nicht  speziell  gegen  die  Cisterzieoser  gerichtete  erklärt  und  nur  insofern  xuviel 
behauptet,  dafs  er  Mìvordus  cinc  Reform  speziell  auf  BcitediktiBischer  Grund- 
läge  anstreben  läfsL 

In    der    von   Voigt   erschlossenen   Biographie    des    Dichters   wird   nun. 

'  Interessant  ist  auch  die,  wie  es  scheint  bisher  nicht  beachtele  Panllde 
zwischen  den  Vina  Botma  und  der  Sciava  patio  des  Ysengrimus  (H,  678  — 
I,  4S)  im  Sinne  von  „Schläge"  —  und  der  Stelle  des  mhd.  Reinhart,  wo  der 
mit  Böhmen  belehnte  Elefant  von  seinen  Unterthanen  vertrieben  wird  (V.  209g  ff.). 
Jedoch  braucht  man  die  beiden  Anspielungen  nicht  notwendig  mil  dem  Verf. 
auf  dasselbe  Faktum  zu  beziehen.  Wenn  Verf.  hierbei  gi^cn  Reifsenberger 
nnd  Martin  polemisiert  und  seinerseits  die  Anschauung  vertnlt,  dass  es  sich 
hier  nicht  um  einen  bestimmten  Fall,  sondern  überhaupt  um  die  Schwierigkeit 
Böhmen  zu  regieren  handelt,  so  hat  er  Übersehen,  rc<!p.  nicht  gewufst  (falls  er 
Reikenbcrgcrs  Ansicht,  nie  es  scheint,  nur  aus  Marlin  kennt),  dafs  Rcifseu- 
berger  an  der  citierten  Stelle  seiner  Etnleìtacg  zum  mhd.  Reinbart  bereits  die 
gleiche  Meinung  geäufsert  hat. 

^  Das  eigentliche  Tertinm  comparationis  in  der  Antwort  des  Fochses 
seheint  mir  nicht  richtig  erkannt,  wenn  W.  sagt;  „Si  Isengtìn  n'est  pa«  par- 
venu à  diviser  convenablement  le  bulin,  c'est  qu'il  crMnt  le  sort  des  habitants 
de  Beauvais."  Die  Furcht  vor  dem  Schicksal  der  Bellovacenser  halle  ihn 
doch  gerade  vor  einer  falschen  Teilung  bewahren  müssen,  und  wenn  ihn  der 
Zorn  des  Königs  Ihatsächlich  ebenso  trifft  wie  jene,  so  kann  der  Grund  aar 
der  sein,  dafs  er  sich  desselben  Fehlers  schuldig  gemacht  hat  wie  die  Ein- 
wohner von  Beauvais.  Man  mufs  Voigts  Erklärung  lu  der  Stelle  lu  Hilfe 
nehmen:  „(ränmlicb  oder  geistig)  nahe  den  Bürgern  von  Beauvais,  als  ihr  Nach- 
bar nsd  Gcsinnungigenosse". 


L.WILLEMS,   ÉTUDE   SDR    L'VSENGRDJüS.  415 

manche»  als  unsicher  bettachleii  müssen,  ohne  dämm  jedoch  aie  von  'Willems 
g^ebencn  neuen  Aufítellungcn  «aht«chemlìc!i  lu  ÜDden.  Es  handelt  sich 
vor  »Uem  darum,  ob  Nirardus  nach  dem  DeuUrhcn  oder  nach  dem  Franiij- 
sischen  Flandern,  nach  Gent  oder  nach  Lille  gehört.  Vetf.  wendet  vielen 
FleiTs  and  Eifer  aof,  um  das  lelitere  iu  beweisen.  Er  bringt  io  der  Thal 
manche  Punkte  vor,  die  roan  bisher  als  irrelevant  aafíer  Acht  gelassen  haL 
Aber  im  ganzen  scheinen  sie  mir  nicht  genüeead,  nm  des  Verfassers  Ansicht 
in  bewdsec,  und  er  scheint  mir  umgekehrt  das  Gewicht  ¿er  fSr  die  bisherige 
Ansicht  gehend  gemachten  Gründe  lu  unterschatien.  Er  dtiert  eine  ganie 
Aniahl  Sprichwörter  und  Redcwcniiungeo  des  Yscngrimus ,  die  er  durch 
Parallelen  aus  altfraniösi sehen  Dichtungen  belegt  und  demgemäfs  (ur  Prnniö- 
sisdi  hält.  Was  sollen  aber  Parallelen  beweisen  wie:  Tundelur /erram,  dum 
«DIÍUJ  igiis  inest  —  Quant  ¡i /rrs  ist  chaus,  ferir  lo  doit  on;  Vespert  lau- 
dari debet  amoena  dies  —  A  vespri  loe  Von  le  j'or,  a  mastín  son  este  oder 
gar  Redewendungen  wie  Non  verbis  sed  credo  oculis  —  En  croire  ¡es  yeux. 
Quid  /aciHs  itultif  Unde  venistis  —  Â  ¡a,  d'où  venet-vousl  Que  /ailes- 
vous  donc  lap  Etwas  speziñsch  Französisches  hañet  diesen  Ausdrücken  nicht 
an.  Das  Verlangen  des  Autors,  die  enisprechcnden  Flämischen  Wendangen 
als  Flämisch  aus  den  mitlelalte ruchen  Texten  nachzuweisen,  ist  doch  hier 
wenig  berechtigt,  wo  zur  Zeit  des  Ysengrimus  eine  solche  niederländ.  Lille- 
ratur  noch  gar  nicht  existiert,  und  dann,  als  sie  auftritt,  eine  weitgehende 
Abhängigkeit  von  der  Französischen  zeigi.  Selbst  die  aufgelûhrteo  „Galli- 
cismen"  sind  von  zweifelhallet  Beweiskraft:  mm  gröfsten  Teil  sind  es  doch 
Ausdrücke,  die,  wenn  auch  nach  entsprechenden  Französischen  gebildet,  doch 
nun  einmal  dem  Wonschatz  des  mittelalterlichen  Latein  überhaupt  zugehorcn 
und  auf  die  Nationalität  dessen,  der  sie  anwendet,  keinen  Rückschiurs  zu- 
lassen. Und  wenn  auch  einige  Ausdrücke  verbleiben,  die  vielleicht  unserem 
Gedicht  eigentümlich  sind  (z.B.  exptumare  belegt  Du  Gange  nnr  aus  der  ein- 
zigen Stelle  des  Ysengriiuus),  so  wäre  das  docli  bei  einem  gelehrten,  an  der 
Französischen  Sprachgrenze  lebenden  ond  vermutlich  mit  dem  Französischen 
nicht  anvertrauten,  Lateinisch  dichtenden  Autor  nicht  verwunderlich.  Das 
meiste  Gewicht  von  allen  Gründen  könnte  vielleicht  die  dem  lalein.  Dichter 
zugesprochene  Form  Ysengrinus  beanspruchen,  die  entweder  für  franz.  Her- 
kunft des  Verfnssers  oder  doch  wenigstens  lür  franz.  Herkunft  der  Quelle  be- 
weisen würde.  Aber  die  Richtigkeit  der  von  Voigt  vorgezogenen  Form 
scheint  mit  noch  nicht  genügend  widerlegt  durch  des  Verfassers  Bemerkung, 
dafs  nnr  iwei  Hss.  das  m  zeigen  und  diese  wahrscheinlich  brabantischcn  Ur- 
sprungs seien.  Die  Anlorität  der  Hs.  A  —  welche  Ysengrimus  bietet  —  tastet 
auch  W.  nicht  an,  und  es  wird  sich  nicht  beweisen  lassen,  dafs  das  m  wirk- 
lich erst  vom  Schreiber  stammt.  Ferner  finden  sich  unter  den  übrigen  Hss, 
nicht  wenige  Französischer  oder  vermutlich  Französischer  Herkunft,  die  natür- 
lich den  aus  den  Französischen  Dichtungen  geläufigen  Yscngrin  einsetzen,  und 
selbst  die  von  Niederlindem  geschriebenen  Handschriften  sind  nicht  unver- 
dächtig, da  sie  ihrerseits  unter  dem  Einflufs  des  schon  Mitte  des  ij.Jahrhs. 
verfafslen  Reioaert  stehen.  Für  diesen  Prozefs  ist  z.B.  die  Hs.  D  recht  In- 
stinktiv, welche  den  Ysengrimus  dorchgängif;  durch  die  an  den  Reinaert  an- 
gelehnte Form  Ysengrinus  ersetzt,  aber  die  abgeleitete  Form  Yscngrimigcne, 
die  im  Reinaert  keine  Parallele  findet,  stehen  labt.  Wären  Ysengrinus  und 
Yiengrinigene  die  ursprünglichen  Formen,  so  wäre  e»  doch  unerfindlich,  wei- 


4l6  BESPRECHUNGEH.      C  VORETZSCH, 

hilb   der   Kopist   die   eine   Form   in  Ysengtimigene   amgeMndett,    gleidueilig 
aber  die  ándete  mit  n  bewahit  bâtie.' 

DemgeEEnSber  bat  äcb  Vetf.  die  Widerlegung  der  gegenteiligen  Aiudcht 
etwas  zu  leiclit  gemacbt.  Man  kann  lugeben,  dafs  die  wenigen  sich  findenden 
FlámÍBcben  Worte  nichts  beweisen.  Schwerer  wird  man  schon  begreifen. 
weshalb  ein  Französischer  Dichter  den  ganzen  Schsuplati  der  HlDdlang  nach 
Deutschland  verlegt  hätte.  Des  Verfasseis  Erkläruag  „Pour  introdnire  quelque 
couleur  locale  dans  son  renvie,  le  poète  a  donc  été  amené  ï  germanîsrr 
aataot  que  possible  les  situations"  ist  doch  wenig  befriedigend,  ebenso  WEm)> 
all  seine  weiter  folgende  fiemerkui^,  dafs  der  Dichter  „a  iíé  poossé  daña  li 
Tie  de  la  gtrmanisation  par  les  noms  mCmes  de  Ysengrin  et  de  Renart,  qnc 
I  la  tradition".  Wenn  der  Dichtet  FraoíO!e  wat,  wenn  et.  wit 
.,  nach  Franiösischen  Dichtungen  arbeitete,  so  muTsten  ihm  audi 
lotgedruDgcn   als  Französische   erschtinen.     Oder   sollte  er  da- 


Verf.  a 

diese  Namen   i 

durch,  dafs  er 

Sprache  gehörte  - 
luruhrent'    Ut;d   i 


3  diesen  Französischen  Namen  etymologisch  Deutsche  Bestaail- 
-  woiu  doch  schon  eine  gewisse  Vertrautheit  mil  der  fiemden 
—  vcranlafst  worden  sein,  noch  mehr  Deutsche  Namen  eia- 
i  überhaupt  denkbar,  dafs  ein  Fianzösischet  Dichlci 
jener  Zeit  solche  Namen  nicht  etwa  blofs  eingelührt,  sondern  selbständig  nich 
Deutschen  Wurzeln  eine  ganze  Reihe  neuer  Namen  —  Gripo,  Worgrun, 
Larveldus  etc.  —  erfunden  hätte? 

Für  mif&lungen  halte  ich  die  Untersuchnng  Über  die  Quelle  des  Dichters, 
Veif.  kennt  das  Sudiesche  Buch  über  die  gueUcn  des  Roman  de  Rcnail, 
macht  aber  von  dessen  Resultat,  dafs  die  mündliche  Ueberliefecung  als  Haupt- 
quelle  zu  betrachten  sei,  eini:  ganz  falsche  Auwendung,  íodem  er  es  nor  Cbi 
den  Französischen  Renan  gelten  läfst,  für  den  Ysengrimus  aber  die  Frage 
einer  mündlichen  Quelle  von  vornherein  abweist  und  zum  Renart  blofs  rein 
litteraiiscbe  Beziehungen  annimmt.  Wo  sich  Uebereiustimm ungen  zwischen 
Renart  und  Ysengrimus  fìnden,  werden  dieselben  durchweg  als  EntlehDimgeo 
des  Latein.  Dichlerü  aus  den  Französ.  Branchen  erklärt.  Man  ist  erstaunt 
über  die  Art  der  Beweisführung:  Verf.  begnügt  sich,  die  —  sachlichen  oder 
formellen  ^  Uebe  reins  Li  mm  un  gen  hervoriuheben  und  hieraus  die  Unutsprüng- 
lichkelt  des  Ysengrimus  abzuleiten:  „les  analogies  sont  trop  nombreuse  pour 
que  nous  ne  supposions  pas  que  Nivardus  ait  eu  sous  les  yeux  un  telle  (rut- 
çais".  Charakteristisch  lût  das  ganze  Verfahren  des  Verf.  ist  gleich  die  Be- 
sprechung der  die  Einleitung  des  Ysengrimu»  bildenden  Erlahlung  vom  Banei, 
den  der  Fuchs  mit  List  um  den  Schinken  bringt.  Im  R.  d.  R.  beanspmcht 
der  Fuchs  ein  Drittel,  im  Ys.  nur  ein  Viertel  der  Beute:  „Pourquoi  te  troa- 
vère  franijsis  aurait-il  introduit  ce  changement?"     Im  Ys.  übeilegl  der  Bauer. 

'  Die  uTsprüngliche  Form  des  Namens  mufs  natürlich,  wie  auch  von 
Willems  (5.  151)  und  Gaston  Paris  (Le  Roman  du  Renard.  París  1885.  &  II). 
welche   die  Namen^biing   auf  FTaniösischem  Boden   entstehen   lassen,   bereit- 


willig zugegcbi 
Meinung,  dafs  di 
ursprüngliche  war, 
nicht  ausgemacht, 
rufen,  da  dieser  ii 
reimt  y.  773  f,:  ba 


Ysengrimus  gewesen  sein,  und  G,  Paris  ist  sogar  der 
e  Forra  auch  in  der  Französischen  Dichtung  selbst  die 
Warum  sie  hier  durch  die  Form  mit  n  erstut  wutde,  ist 
Aber  aof  den  GllchczSte  darf  man  sich  hierbei  nicht  be- 
iciner  Mundart  auslautendes  m  überhaupt  nicht  kennt  (er 
:  klein,  vgl.  dazu  auch  Retfsenbeiger  S.  IJ)  and  demnach 
Ysengrim  der  Quelle  getreu  seinem  Adaptionsverfahten  in  ein  Ysen- 
randelt  hatte. 


L.  WnXBMS,    ÉTUDE   SUR   lVseNGRINüS.  417 

1  et  den  Fuchspeh  schenken  soll,  im  Ren.  will  er  ihn  (ür  sich  selbst  ver- 
weaden:  „Ic  vilain  du  Romin  de  Renart  est  od  paríaíl  egoiste;  celui  de 
rYsengrinus  est  plein  de  générosité.  Pourquoi  celle  modification?"  —  Im 
¥s.  hat  der  Bauer  den  Fuchs  schon  beim  Schwann  und  zieht  das  Messer, 
ihni  den  Gaiaus  zu  machen:  „Rien  de  toul  cela  eu  rrançnis.  Pourquoi  un 
traducteur  auraii-il  fait  telle  suppression?"  Es  braucht  kaum  eeaagi  lU  werden, 
dais  alle  diese  Momente  úzh  ebenso  gut  za  Gunsten  der  Originalität  des 
Ysengrimus  verwenden  liersen:  so  gut  wie  Nivardus  für  àa  Dtillel  ein  Viertel, 
so  got  konnte  doch  auch  ein  FtaniBs.  Dichlei  für  ein  Vierlei  ein  Drittel  Be- 
setzt haben  u.  s.  f.  Die  Beweisführung  für  die  übrigen  Episoden  bewegt  sich 
auf  demselben  Boden,  Zuweilen  verlanTl  die  Vergleichnng  resultados,  wie 
beim  Fischfang,  wo  der  Verf.  selbst  lUgìebi,  dafs  sich  seíoe  Ausführungen 
weder  pro  noch  contiu  verwenden  lassen.  Auf  diesem  Wege  wird  man  über- 
haupt lu  keinem  einigermafscn  wahrscheinlichen  Resultate  kommen.  Die 
Unlersuchung  leidet  an  demselben  methodischen  Fehlet  wie  diejenige  Büttners 
über  den  Deutschen  Reinhart:  sie  verzichtet  ganz  auf  die  objektiven  Kriterien, 
welche  ihr  die  zahlreichen  Parallelen  lu  den  einzelnen  Erzählungen  in  der 
schriftlichen  und  mündlichen  Ueberlieferung  bieten  konnten,  sie  vetläfst  sich 
durchaus  auf  die  subjektiven  Schlüsse,  die  sich  aus  der  Vergleichung  dci 
beiden  Dichtungen  —  bäung  ebenso  gut  in  diesem  wie  in  jenem  Sinne  — 
machen  lassen,  und  lüfst  sich  dabei  allzu  sehr  von  einer  vorgefafsten  Meinung 
leiten.  Wo  sich  Differenzen,  Auslassungen,  Zusätze  in  der  einen  Version  ñnden, 
über  deren  Ursprünglichkeil  die  Quelle  keinen  Aofschlufs  zu  geben  vermag, 
sollte  untersucht  werden,  welche  Version  die  wahrscheinlichere  ist,  ob  nicht 
eine  Zasatistelle  deplaciert  erscheint,  oder  ob  das  Fehlen  dner  Stelle  eine 
wirkliche  Lücke  in  der  Erzählung  îUr  Folge  hat.  So  würden  auch  die  sub- 
jektiven Kriterien  zu  einem  Wahrscheirdichkeitstesaltate  führen  können. 

Die  Französischen  Branchen,  welche  als  Parallelen  zu  den  Episoden  des 
Ysengrimus  in  Betracht  kommen,  teilen  sich  in  solche,  die  wit.  wie  z.B.  die 
Beuleteilung,  in  der  vorliegenden  Gestalt  als  Original  dicht  un  gen  heltachten. 
und  in  solche  —  das  ist  die  Mehrzahl  ~  die  nur  als  Ueb erar beitun gen  älterer 
Branchen  gelten  können.  Fût  die  Branchen  der  ersten  Kategorie  braucht  nur 
die  Frage  entschieden  zu  werden,  ob  sie  dem  um  so  viel  älteren  Ysengtimus 
nachgebildet  sind  oder  mit  diesem  aus  gemeinsamer  Quelle  schöpfen.  Im  zweiten 
Fall  aber  ¡st  die  Frage  viel  komplizierter,  als  sie  nach  Willems'  Darstellung 
scheint:  einmal  handelt  es  sich  darum,  ob  die  gegenwärtigen ,  verhält nisraälsig 
jungen  Branchen  einen  Einflufs  von  seilen  des  Ysengtimus  eifahten  haben,  wie 
ich  das  in  meiner  Untersuchung  über  den  Reinhitl  {in  dieset  Ztschr.  Bd.  XV 
nnd  XVI)  für  das  Bache  nahen  leu  er,  Buhlschan  und  Friedensfahel  wahrscheinlich 
zu  machen  gesucht  habe;  die  zweite  Aufgabe  aber  besteht  darin,  aus  der  jetzigen 
Ueberlieferung  mit  Hilfe  der  fremden  Bearbeitungen  sowie  der  Anspielungen 
in  .-indeten  Branchen  das  Ftaniösische  Original  herauszuschälen  und  dessen 
Beziehungen  zum  Ysengrimus  festzustellen.  Hierbei  sind  a  priori  alle  Möglich- 
keilen gegeben,  und  es  ist  gar  nicht  einmal  nötig,  dats  für  alle  Episoden  eine 
einheitliche  Etkläniog  gefunden  wird;  die  beiden  Versionen  einer  Erzählung 
können  auf  eine  gemeinsame  Quelle  —  ein  Tietmätchen.  eine  antike  Fabel  — 
zutückgehen,  die  Französische  kann  der  Lateinischen,  die  Lateinische  der 
Französischen  nachgebildet  sein.  Nehmen  wit  z.B.  das  Bachenaben  leu  et:  der 
Vergleich  der  mhd.,  aft.  und  lat.  Bearbeitung  zeigt  meines  Erachlens  unwider- 

Z<¡iKhc.  t  tom.  Phil.  XX.  27 


4i8 


BBSPRECHUNGEN.      C  V0RET2SCH, 


Itglich,  dab  die  jeuige  Branche  imlcr  dem  Einflüsse  des  Ysenerimns  steht, 
»ußleich  aber  auch,  dnTs  eine  ältere  Dichtung  eiisiiert  hat,  welche  diese  Ein- 
flösse nicht  aufwies,  sondern  der  Euählung  des  Deutschen  Reinhart  nalic 
Bland.  "Wie  sich  dies  gemeinsame  Original  von  RF.  und  Ren.  tum  Ysenp. 
verhält,  bleibt  ooch  zu  untersuchen,  und  ähnlich  verhält  es  sich  mit  den  abrigen 
Branchen.  Hierbei  sind  ältere  schcirtllche  sowie  die  mündlichen  Paralld- 
erzählungen  aus  alter  imd  neuer  Zeit  heran lu ziehen,  nimentlich  aber  der  mhd. 
Reinhart  Fuchs,  den  W.  nur  aus  dem  Buch  von  Sudrc  zu  kennen  idieiiit. 
Eist  so  wird  sich  feststellen  lassen,  ob  die  Lat.  und  die  Frani.  Version  clwi 
gemeinsame  Neuerungen  gegenüber  der  Quelle  zeigen  oder  ob  eine  jede  selb- 
ständig und  unabhängig  von  der  anderen  aus  der  Qnelle  schöplL  Und  wenn 
das  erstcre  der  F.il!,  bleibt  immer  noch  die  schwierige  Frage  lu  lösen,  ob  dk 
NeuerunE  dem  Franz.  oder  dem  Lat.  Dichter  gehört.  Ich  beiweide  fteillcli. 
ob  eine  derart  geführte  Untersuchung  überall  zu  reinlichen  Resallaten  gelugn 
wird,  des  öfteren  wird  man  sich  mit  einem  „Non  liqaet"  begnägen  mössea, 
aber  es  ist  die  einzige  Methode,  welche  im  stände  ist,  ihren  Resoltatea  die 
Stütze  ¿CI  Wahrscheinlichlieit  zu  gewähren.  Einzelne  Ansätze  sind  übrigens 
■chon  gemacht:  so  hat  Kaailc  Krohn  gcze^,  dafs  die  Verschiedenheiten  in 
der  LaleiniscbcD  und  Französischen  Darstellung  des  Fischrangs  —  ita  Ys.: 
Fischen  mit  dem  Schwanz,  im  Reoart  mit  einem  daran  gebundenen  Eimer  — 
ihre  Vorbilder  schon  in  den  VErachicdenen  Versionen  der  mündlichen  Ueber- 
lieferung  haben  (Bar  und  Fuchs,  eine  Nordische  Tieimärchcoktlte,  Deutsch  tob 
Oskar  Hackmann,  Helsingfors  1889,  S.  29,  35  f.),  wieder  anderes  hai  Sudie  in 
verschiedenen  Stellen  seines  obengenannten  Buches  beigebracht. 

Was  schliefalich  die  allgemeinen  Erörterungen  des  %'erf.  über  das  Ent- 
stehen des  Tierepos  anlangt,  so  ist  es  jetzt,  nachdem  über  die  Quellen  des 
Tierepos  neuerdings  genügendes  Licht  verbreitet  worden,  nicht  mehr  lu  früh, 
auch  diese  Frage  einer  erneuten  Betrachtung  za  unterwerfen.  Das,  was  die 
Tierepen  des  12.  Jahrhunderts  gegenübet  den  frilhercn  Tieidichtungen,  inmal 
den  Fabeln,  chaiaklerisiert,  ist  das  Fehlen  des  didaktiscb-moialischeD  Eléments, 
der  rein  epische  Charakter  der  Erzählung,  die  Verknüpfung  von  Episoden 
ZU  Episodenketten,  zn  kleineren  oder  grötseren  Epen,  die  Benennung  der  Tien 
mit  Eigennamen  und  die  damit  verbundene  stärkere  XndividualisieTang  dn- 
selben.  Die  Frage  ist,  wo,  wann  und  unter  welchen  Kinfliissen  sich  diese 
EntWickelung  vollzogen  hat.  Willems,  welcher  als  mafagebendes  Charakle- 
ristikum  nnr  die  Namengebung,  die  „Personifikation  der  Tiere",  gellen  Klsl. 
erwidert:  nicht  in  der  individuellen  Schöpfung  eines  Dichters,  sondern  in  ,leD 
Klöstern,  und  zwar  in  den  Dramatisierungen  äsopischer  Fabeln,  sei  der  Ur- 
sprung der  Namengebung  zu  suchen,  „Sans  doute,  ces  re  prise  ntations  four- 
nirent l'occasion  de  se  moquer  des  travers  d'un  membre  de  la  communaiili, 
de  censurer  certains  de  ses  actes,  de  ses  paroles,  de  critiquer  son  ambition  ou 
son  manque  d'energie.  De  lì  ì  pergoniñer  les  animaux,  il  n'y  ■  qu'on  pas: 
On  leur  prêtait  des  travers  humains,  on  fut  «meni  i  leur  prîtet  de»  ooms 
d'hommes."  Im  weiteren  Verfolg  dieser  Anschauungen  gelangt  der  Verf.  zu 
der  Behauptung,  dafs  —  gegen  Sudre  —  die  Salire  von  Haus  aus  dem  Tiei- 
epos  eitlen,  dafs  der  Wolfmönch  die  „Mutteridee"  des  Tiercyklus  sei,  dib 
dieser  uns  Erinnerungen  nn  die  inneren  Streitigkeiten  der  Klöster  des  11.  Jahr- 
hunderts —  wie  das  Menschenepos  die  Vorfälle  der  politischen  GucUchle  — 
bewahre,  dais  die  FersoniSkation  der  Tiere  in  Frankreich  entstanden  und  dieses 
iomii  als  eigentliche  Heimat  des  Tierepos  zu  betrachten  sei. 


má 


L.  WILLEMS,   ÉTUDE   SUR   L'YSBNORINUS.  419 

Der  Verfasser  verläTst  hier  den  sicheren  Boden  der  Thatsachen  mehr 
als  sonstwo  in  seinem  Buche.  Man  kann  fast  sagen:  so  viele  Behauptungen, 
so  wenige  Beweise,  und  desto  mehr  Widersprüche.  Was  wissen  wir  denn  von 
den  dramatischen  Tierstiicken  in  den  Klöstern?  Verf.  selbst  vermag  nicht 
mehr  beizubringen  als  andere  vor  ihm  auch,  nämlich  die  einzige  Stelle  des 
Froumund  von  Tegemsec.  Ich  gebe  die  Wahrscheinlichkeit  zu,  dafs  die  Auf- 
fahrung solcher  Tierscenen  häufiger  war,  als  uns  ein  zufälliges  Citat  beweisen 
kann;  ich  gebe  ferner  zu,  dafs  auch  dieser  Zweig  der  Tierdichtung  seine  Stelle 
in  der  Entwickelung  der  Tierdichtung  beanspruchen  darf  —  aber  woher  wissen 
wir,  dafs  hier  überhaupt  Eigennamen  angewendet  wurden,  oder  gar,  dafs  sie 
hier  zuerst  gebraucht  und  von  da  erst  in  das  Tierepos  abertragen  wurden? 
Und  was  wissen  wir  vollends  von  den  Tierspielen  in  Französischen 
Klöstern?  Und  wie  steht  es  mit  dem  Verhältnis  des  Tierepos  zu  diesem 
Tierdrama?  Ist  jenes  erst  aus  diesem  erwachsen,  oder  hat  es  schon  früher 
ein  Tierepos,  ohne  Eigennamen  für  die  Tiere,  gegeben,  das  dann  blofs  die 
Namengebung  aus  dem  Tierdrama  entlehnt  hat?  Mufste  erst  ein  Tierdrama 
vorausgehen,  um  ein  wahres  Tierepos  entstehen  zu  lassen? 

Mit  der  Bemerkung,  dafs  das  Tierepos,  als  cinc  Parallele  zum  Helden- 
epos, „nous  conserve  le  souvenir  des  compétitions,  des  querelles  intestines 
qui  divisèrent  les  cloîtres  au  XI«  siècle*'  ist  wenig  anzufangen,  sie  entbehrt 
der  thatsächlichen  Unterlage.  Ebenso  wenig  stichhaltig  ist  die  gegen  Sudre 
gerichtete  Polemik,  die  dessen  Ansicht,  das  Tierepos  sei  von  Haus  aus  nicht 
satirisch,  sondern  unterhaltend,  widerlegen  soll.  Die  Stelle  Guiberts  von 
Nogent  beweist  in  Wirklichkeit  nicht,  dafs  Isengrin  „une  epithète  satirique" 
war,  sondern  dafs  ein  populärer  Tiername,  der  an  sich  so  wenig  satirisch  zu 
sein  braucht  als  irgend  ein  tierischer  Gattungsname,  gelegentlich  einmal  in 
satirischem ,  richtiger  vielleicht  in  humoristischem  Sinne  auf  einen  Menschen  an- 
gewendet wurde:  Teudegald  hätte  ebenso  gut:  dominus  lupus  anstatt  dominus 
Isengrinus  sagen  können.  Die  hierauf  bezüglichen  Ausführungen  des  Verf. 
sind  um  so  weniger  verständlich,  als  er  selbst  am  SchluCs  derselben  zugeben 
mufs  „que  dans  les  premiers  monuments  du  Roman  de  Renart  la  satire 
ne  jouait  assurément  qu*un  rôle  restreint.  Le  conte  en  lui-même  attirait  la 
plus  grande  part  de  l'attention."  Man  fragt  unwillkürlich:  wozu  der  Lärm? 
Und  ähnliches  begegnet  noch  mehr.  Im  Eingang  seiner  Darlegung  (S.  123  fif.) 
citiert  Verf.  Sudres  Buch,  um  seine  ungeteilte  Zustimmung  zu  dessen  These 
auszusprechen,  dafs  die  mündliche  Ueberlieferung  —  worunter  Sudre  bekannt- 
lich sowohl  die  eigentlichen  Tiermärchen  als  die  mündlich  umgehenden  klas- 
sischen Fabeln  begreifl  —  die  Quelle  der  Tierdichtungen  sei.  Man  ist  über- 
rascht, einige  Seiten  darauf  zu  lesen:  „Le  fond  des  récits  du  Renart  est  évi- 
demment constitué  par  les  apologues  ésopiques",  eine  Behauptung,  mit  welcher 
des  Verfassers  Gewährsmann  wohl  kaum  harmonieren  dürfte.  Willems  pole- 
misiert gegen  MüUenhoff  und  die  deutschen  Gelehrten,  die  nicht  müde  ge- 
worden seien,  die  Bedeutung  der  bekannten  Stelle  im  Matthäusevangelium 
VII,  15*  von  den  lupi  rapaces  in  vestimentis  ovium  hervorzuheben,  aber  die 
Erklärung,  die  er  selbst  für  die  Entstehung  der  Figur  des  Wolfmönchs  giebt, 
ist  doch  recht  wenig  befriedigend:    „II  semble  que,   parmi  les  apologues  éso- 


'  Irrtümlich  nennt  W.  Matthäus  X,  16,  was  sich  wohl  ans  miCsverständ- 
licher  Anfiassung  von  Voigt,  Einl.  S.  91  erklärt. 

27* 


420 


BESPRECHUNGEN.      C.  VORETZSCH, 


piques,  il  en  ful  qui  jouirent  d'une  (aveur  particnliéte.  Citaient  pifcU 
CEUi  où  le  loop  se  tiouvaiC  en  scène;  on  s'habilUB  ï  TepristWrt  tou«  too 
masque  l'abbi  ou  le  moÏDe,  qui  se  distmgunil  par  la  dissimulation,  la  rspacilt, 
Il  gloutonnerie."  Man  möchte  doch  wistea,  «esbalb  eben  diese  Eriählnngec 
bevorzugt  uud  weshalb  gerade  der  Wolf  für  die  Figur  des  Heuchlers  an^ 
ersehen  wurde.  Ich  bin  allerdings  der  MeiDUDg,  dits  die  Bedentnng  Jena 
Bibelstelle  für  das  Tieiepoa  übeibaupt  stark  überschätzt  worden  ist,  »ber  (hi 
die  Ausbildung  der  Idee  vom  Wolrmöach  und  der  geislUch-lateiniscben  Tiei- 
dicbtnng  scheint  sie  mir  doch  wesentlich  lu  scio.  Auf  der  anelerà  Seite  6bet- 
treibt  Verf.  widerum  die  Beilcitlung  der  Wolfmönchli^r,  die  ihm  die  „idée- 
mire"  des  Tiercyktus  ist,  in  Opposition  gegen  Sudre,  der  den  eigentlichea 
Kern  in  der  Verbe itlichung  des  Fuchses  und  seiner  Schlauheit  erbllckL  Die 
Wolfmönchidce  hat  ihre  ticrgchcnde  Bedeutung  für  die  lateinische,  gelehrte 
DichluBg;  hingc(;en  ist  sie  für  die  weltliche,  nation alsprachlicfa e  Dichtung  tob 
geringem  Belai^,  selbst  den  Schwank  von  der  Wolfslonsui  wird  man  kaum 
hierher  rechnen  dürfen.  Es  zeigt  sich  hier  gerade,  welche  Kluft  zwischea 
geistlich -lateinisch  er  und  weltlich- nation  al  er  Tierdichtung  besteht,  ein  Unlei- 
schied,  der  sich  nicht  einfach  als  chronologische  Entwichlung  vom  Wollmöncb- 
epos  zum  Fudiscpos  erklären  läfst.  Die  Lieblingsfigur  der  lateinischen  Dich- 
tung war,  wenn  nicht  von  Anfang  an,  so  doch  schon  froh,  und  jedenfalls 
schon  eine  Weile  vor  dem  Ysengrimus,  der  Wolfmönch.  Die  weltliche  Tier- 
dichlung  kennt  von  Haus  aus  keinen  bestimmttji  Helden,  sie  accepliert  als 
Helden  alle  jene  Tiere,  welche  in  den  mundlichen  wie  den  schrifUicbco  Quelkn 
ihre  Rolte  spielen.  Da  bat  nun  freilich  der  Fuchs  sehr  bald  du  Haupt- 
interesse in  Anspruch  genommen,  schon  dattim,  weil  er  am  häufigsten  in  jenen 
Quellen  auftrat.  Aber  es  wäre  irrig,  wollte  man  darum  —  bierin  mats  ich 
Willems  wenn  auch  nicht  beipflichten,  so  doch  entgegenkommen  —  alle  jene 
Branchen  des  Rom.  de  Ren.,  welche  den  Fuchs  nicht  aufweisen,  sondern  den 
Wolf  mit  andern  Tieren  auf  die  Scene  bringen,  als  unursptüngtich  betrachten. 
Die  Untersuchung  von  Willems  führt  uns  somit  in  die  allgeroeinsteD 
nnd  schwierigsten  Fragen  über  die  Entwickelung  des  Tierepos  hinein.  Ich 
glaube  nicht,  dsfs  W.  mit  seinen  diesbezüglichen  Darlegungen  auf  der  rich- 
tigen Fährte  ist.  wie  ich  soeben  zu  zeigen  versucht  habe.  Wie  sich  nach 
meiner  eigi-'nen  Anschauung  das  mittelalterliche  Tierepos  aus  den  Quellen  oil- 
wickelt  hat.  habe  ich  tn  meinem  im  Juniheft  1S93  der  „PreuCstschca  Jthr- 
bücher"  erschienenen  Aufsatz  über  Jacob  Grimms  Deutsche  Tiersage  ausge- 
lührl.  Wir  haben,  entsprechend  der  Zweiheit  der  Quellen,  zwei  pitallele 
Entwickelungcn  vor  uns,  die  sich  schliefslich  im  Tierepos  des  12.  Jahrhuadeiis 
vereinigen:  auf  der  einen  Seite  ein  stuftnmäfsiges  Fortschreiten  von  der  kunen, 
lehrhaften  Fabel  zum  umfänglicheren,  mehr  und  mehr  episch  werdenden  Ge- 
dicht, eine  Entwickelung,  die  sich  in  den  lateinischen  Tiergedichten  von  der 
Zeit  Karls  des  Grofsen  bis  in  den  Anfang  des  12.  Jahthnndeits  verfolgen 
läfst,  die  namentlich  die  Idee  des  Wolfmünchs  ausprïgt,  aber  nicht  bis  zur 
Individualisierung  der  Helden  durch  Namengebung  gelangt;  auf  der  andno 
Seite  die  Ausgestaltung  des  Tiermärchens  in  Nordfrankreich  und  den  Nieder- 
landen zur  „Tiersage",  dadurch,  dafs  die  Helden  dieser  Märchen  —  wie  noch 
heutzutage  in  den  verschiedensten  Gegenden  und  Weltteilen  üblich  —  im  Volke 
ihre  bestimmten  menschlichen  Namen  bekommen,  wodurch  diese  von  Hans 
aus   epischen,    lut   Bildung   von   EpisodenkeLten   neigenden   Ertfihlungen  den 


L.  WILLEMS,   ÉTUDE   SUR   L'YSBNGRINÜS. 


421 


Wahlen  Epos  so  nahe  treten,  dafs  de  in  der  Thät.  um  mit  Giimm  zu  reden, 
„nnr  von  den  Dichtern  aufgefafsl  und  in  Reime  gebracht  zu  werden  brauditcn". 
Bisher  hat  man  fast  ausächliefslich  —  ich  sehe  nalüilich  von  Grimm  ab  — 
die  erste  EnlwicketuDg,  die  in  den  liltcrarischen  Denkmälern  klar  zu  Tnge 
Irin,  verfolgt  und  ist  so  notwendig  iu  einaeiliütn  Schlüsstn  über  das  Entstehen 
des  Tierepos  fielingt;  auch  in  neuerer  Zeil,  wo  der  mündlichen  Uebeilieferung 
mehr  und  mehr  ihr  Recht  geworden  ist,  liat  man  ihr  doch  nur  eine  stoff- 
liche Bedeutung  luerkannt,  während  sie  such  als  Gattung  ilirc  weitgehende 
Bedeutung  besitzt  und  in  dieser  Hinsicht  in  höherem  Mafse  denn  die  Fabel 
als  Vorstufe  zum  eigentlichen  Epos  betrachtet  werden  kann. 

Das  ist  die  Ansicht,  zu  weichet  mich  eine  unbefatigene  Betrachtung  dei 
Thatsachen  geführt  hat,  und  diese  Ansicht  möchte  ich  selbst  gegenül>er  den 
tieffiehendea  und  scharfsianigen  Ausführungen  feslhnllcn,  welche  Gaston  Paris 
im  Journal  des  Savants  (Sept.  1S94  —  Febr.  1895,  auch  separat  Paris,  Impr. 
Nat.  1S95}  der  hier  berührten  Frage  gewidmet  hat.  Auch  Gaston  Paris  sieht 
wie  Willems  den  Kardinalpunkt  in  der  Benamsung  der  Tiere,  erblickt  atitr 
hierin  eine  rein  individuelle  Schöpfnug:  ein  mich  Lothringen  gehötiger  Dichter 
des  to.  Jahrhunderts  habe  dieselbe  in  einem  heutzutage  verlorenen  lateinischen 
Gedicht  eingeführt.  Schritt  vor  Schrill,  mit  vorsichtiger  Erwägung  nsderer 
Möglichkeiten  ist  Gasion  Paris  zu  diesem  überraschenden  Schlufs  gekommen, 
und  doch,  glaube  ich,  lafsl  sich  derselbe  nicht  aufrecht  erhalten,  weil  er  auf 
Voiausselzungen  nibt,  die  nicht  als  die  einzig  möglicheu  gelten  dürfen.  Er 
weist  die  Möglichkeit  populärer  Entstehung  der  Tieinamcn  ab,  weil  solche  im 
Volke  nur  an  Haustiere  oder  gezähmte  Tiere  (wie  Papagei,  Rabe,  Bar)  ver- 
liehen würden  und  weil  in  den  Volksmärchen,  selbst  da,  wo  sie  sich  am 
lahlieichslen  finden,  die  Tiergattungen  keine  Eigennamen  rührten.  Darum  mufs 
die  Namengebung  auf  die  Eründung  eines  einzelnen  Dichters  zurückgehen,  und 
da  weder  Ysengrimus  noch  Renart  hierfür  in  Betracht  kommen  —  die  Namen, 
iura  mindesten  der  Isen(^s,  waren  schon  vorher  bekannt  —  so  mufc  es  ein 
verlorenes  Werk  gewesen  sein,  und  zwar  eia  lateinisches,  well  es  erheblich 
vor  ni2  anzusetzen  ist,  wo  der  Name  Isengrin  (bei  Guibcrt  von  Nogent)  zum 
ersteomalc  erscheint.  Das  Verschwinden  eines  solchen  Werkes  würde  allerdings 
nichts  besonders  auflälliges  sein.  Aber  seine  Existenz  beruht  doch  ganz  auf 
Rückschlüssen  und  wird  durch  Sufsere  Zeugnisse  oder  sonstige  Spuren  nur  wenig 
oder  gar  nicht  gestutzt.  Auf  die  Lothringische  Herkuoft  des  lateiii.  Gedichts 
schliefst  G.  Paris  daraus,  dafs  gewisse  Namen,  vor  allen  aber  der  Isengrins,  in 
Französischen  Quellen  nur  aus  Lothringen  iU  belegen  sind,  was  zu  der  Bedeutung 
ilimmen  würde,  die  nach  seiaei  Meinung  Lothringen  für  das  Tierepos  (Ecbasis!) 
wie  für  die  lalein.  Poesie  des  10.  und  1 1.  Jahrhunderts  (Waltharius,  Ruodlieb  etcj 
besitzt.  Die  Voraussetzung  für  diese  Annahme  ist,  dafa  nur  auf  Fionzosischem 
Boden  die  Namengebung  der  Tiere  erfolgt  sein  kÖunc.  Ein  zwingender  Gmnd 
für  diese  Annahme  liegt  jedoch  nicht  vor,  nicht  einmal  die  dem  Ysengrùnus 
eigentümliche  Namensfotm  Reinardus  kann  für  Französische  Herkunft  des  Namens 
beweisen:  der  Dichter  liefs  in  seinem  Gedicht  das  h  des  Namens  weg,  weil  nh 
mitten  in  emem  nicht  komponierten  Wort  eine  gani  unUteinische  Verbindung 
war,  vielleicht  auch  ia  Anlehuimg  an  die  ihm  aus  dem  benachbarten  Grenz- 
land geläufigen  Renard,  Bernard  etc.  Zudem  hat  G,  Paris  wohl  übersehen, 
dafs  die  von  ihm  citiertcn  lateinischen  Werke  aus  Lolhiingea  fast  alle  von 
Deutschen  Verfusem   herrühren,    die    EctasU   captivi   eingeschlossen.      Alle 


422 


BESPRECHUNGEN.      C.  VORETZSCH, 


Scbwiengkeitea,  eine  allen  AnlordcniiiRen  entsprecheode  Heimat  dei  1 
zn  linden,  entfallen,  wenn  man  die  Möglichkeit  zuläfsl,  dab  die  Namengebmig 
auch  nnf  DeoUcIieni  Boden  tifolgen  lionntc,  woîu  wir  nicht  einmal  ein  ver- 
lorenes deuticheî  Epos  »oîunehmen  brauchen. 

Ea  koante  weiterhin  in  der  Paris'schen  Deduktion  wunderbat  erscheinen. 
dafs  die  Popularität  des  Namens  laengrin  auf  einem  lateinischea  Gedicht  be- 
ruhen soll,  und  darum  uimmt  G.  Paris  eine  frühzeitige  Uebcrseliung  desselbeo 
in  das  franiôsische  an,  wodurch  in  lie-de-France  nnd  Picardie  die  Kesnluii 
der  Tiemamen  und  der  Geschmack  an  Tie raben leuern  verbreitet  watdeD  sei 
Aber  diese  Uebcrsetiung  ist  doch  noch  problematischer  ah  dat  Utdnischc 
Werk  selbst,  und  auch  für  sie  mäfsten  wir  noch  ein  bedeaklích  hohes  Aller 
annehmen,  das  sie  neben  eine  rein  geistliche  Litteralur  und  noch  vor  die 
ällBslen  überlieferten  DenknuLler  der  Hcldenepik  stellen  wurde.  Das  Ver- 
gnügen an  Tierschwänken  bratichte  doch  nicht  erst  durch  die  E)úk  ingcr^ 
zu  werden,  die  ihre  Stoffe  selber  erst  aus  der  mündlichen  Ueberliefcmng  hollt. 
Und  das  alles  wegen  der  Erwähnung  des  Namens  Isengrin  in  der  Epiíodc 
von  II 12  bei  Guibeit  von  Nogent,  welche  nach  G.  Paris  die  E.xistenz  ein» 
Tierepos  voraussetzt.  Die  Thitsachen  liegen  aber  doch  so,  dab  wir  om  iii: 
den  Namen  Isengrin  in  der  Gegend  von  Laon  als  populate  Beieichnung  de» 
Wolfes  kennen  lernen'  und  dah  wir  erst  40  Jubre  später  das  erste  mil  Tier- 
namen  ausgestattete  Tierepos  ñnden:  da  fuhrt  uns  doch  die  nächstliegende 
Annahme  darauf,  dafs  die  Dichter  des  Tierepos  ebenso  wie  etat  Uniahl  El- 
zahlungastoffe  so  auch  die  ersten  Namen  und  die  Anregung  weitere  selbftändif; 
lU  bilden  aus  der  mündlichen  Ueberliefeiung  geschöpft  haben. 

Weist  uns  somit  schon  die  tnilielalierliche  Ueberlieferung  auf  diese  Eni- 
Wickelung  hin,  so  fmden  wir  in  den  modernen  Verhältnissen  nichts,  wli 
dieser  Aimahme  widerspräche,  im  Gegenteil,  sie  vermögen  dieselbe  nur  in 
unterstützen.  Die  für  G.  Paris'  ganze  Anschauung  mafsgebenden  Voraus- 
Setzungen  von  Vorkommen  und  Gelirauch  der  Tieieigennamen  im  VoUismimd 
entsprechen  nicht  völlig  den  Thatsacben.  Freilich  sind  diese  Tiernamen  kein  in- 
tegrierendes BUemcnl  der  mündlichen  Ueberlieferung.  Aber  sie  ûnden  neh  doch 
weit  häufiger,  als  Gaston  Paris  zugeben  will:  in  Frankreich  (vgl.  Roland,  Li 
Faune  populaire  de  la  France.  Paris  1877  IT.).  in  Deutschland  (vgl.  Adolf 
Btehm,  lUustiierle»  Tieileben,  an  versch.  Stellen  —  Lübben,  Die  Tiernamen 
im  Reineke  de  vos,  Piogr.  Oldenburg  1863  —  GlöJe,  Ueber  Tiernamen  im 
Volksmund  und  in  der  Dichtung,  Zeilschr.  f.  deutschen  Unlerr.  V,  741—49, 
VII,  11; — 16),  in  Norwegen,  Schweden,  Finnland  (vgl.  Kaarle  Krohn,  Bär  und 
Fuchs  S.  71  f.),  in  Rufsland  (vgl.  Gerber,  Great  Russian  Animal  Tales.  Balti- 
more 1S91  S.  3  f.),  vereinzelt  namentlich  für  Fuchs  und  Schakal,  wie  der  Name 
Marja  in  Griechisch- Albanesischen  Märchen  (Ucbers.  v.  Hahn,  I.eipiig  1864). 
Abu'l  Hossein  im  Aseptischen  Sudan  (Marno,  Reise  in  der  SgyptischeB 
Aeqnatorialprovinz.  Wien  1S79}.  Zuslmmenstellungen  ad  hac  sind  überluupl 
noch  wenige  gemacht,   vermutlich  würde  sich  das  Haterial  bei  genauaicm  Zo- 

'  Dafs  die  Rede  Teudegalds  Hiccine  est  dominus  Jsengrinus  ripesUia 
eine  Anspielung  auf  den  Schwank  vom  Wolf  im  Klosterkellcr  enthält  —  da 
Bischof  wird  von  den  Verfoi^ern  im  Keller  in  einem  Weinfafs  verborgen  ft- 
funden  —  glaube    ich    auch    jetzt    noch.      Die    Beobachtung    stammt    Sbiigeo! 

air,  wie  G.  Paris  anzunehmen  scheint  (Separaldrueh  S.  ao,  Aoai.  1)1 

1  Voigt  (Ysei^.  EioL  S.  81). 


lODdem  V 


L.  WUXSMS,  ÉTÜDB  ST7R   L'TSBNGRINDS.  423 

sehen  noch  vermehren  lassen.  Es  zeigt  sich  nun,  dafs  diese  Namen  durchaus 
nicht  allein  dem  Tiermärchen  eignen,  sondern  dafs  sie  häung  genug  bei  Tieren 
begegnen,  die  im  Märchen  überhaupt  keine  Rolle  spielen,  wie  namentlich  die 
von  Glöde  citierten  Beispiele  zeigen.  Hieraus  geht  hervor,  dafs  die  Neigung, 
den  Tieren  Eigennamen  zu  verleihen,  von  Haus  aus  nicht  mit  einer  littera- 
rischen Gattung,  weder  mit  Märchen  noch  mit  Epos  zusammenhängt,  sondern 
viel  tiefer  wurzelt.  Es  zeigt  sich  aber  auch  femer  —  was  G.  Paris  merk- 
würdigerweise bestreitet  —  dafs  solche  Namen  nicht  blofs  bei  den  Haustieren 
und  ähnlichen  Tieren  begegnen,  sondern  auch  bei  den  wilden  Tieren.  Gaston 
Paris  selbst  mufs  schon  den  Kreis  der  Tiere  „avec  lesquels  Thomme  est  dans 
une  familiarité  affectueuse  et  qu'il  éprouve  le  besoin  d'interpeller'*  etwas  weit 
ziehen  :  auch  der  Sperling  gehört  dahinein,  und  selbst  der  Bär,  für  den  G.  Paris 
die  Erklärung  in  seinem  häufigen  Zustande  der  Grefangenschaft  sucht.  Aber 
in  Niederdeutschland  tragen  auch  Fink,  Häher,  Storch,  Zaunkönig,  Hase  etc. 
ihre  Namen,  im  Skandinavischen  und  Finnischen  Norden  Fuchs,  Hase,  Wolf, 
in  Rufsland  Kater,  Katze,  Bär,  Wolf,  Fuchs,  auf  der  Balkanhalbinsel  und  im 
Sudan  Fuchs  und  Schakal.  Und  zwar  sind  es  gerade  wie  bei  den  ältesten 
Namen  des  Tierepos  vorwiegend  menschliche  Personennamen,  die  hier  auf- 
treten. Diese  Thatsachen  sprechen  meines  Erachtens  so  deutlich  für  die  popu- 
läre Herkunft  der  Namengebung,  dafs  mir  daneben  jede  andere  Theorie,  so 
scharfsinnig  und  geistreich  sie  sein  mag,  überflussig  erscheint.  Und  diese  po- 
puläre Herkunft  wird  weiter,  wie  oben  gezeigt  worden,  durch  die  mittelalter- 
liche Ueberlieferung,  namentlich  durch  die  Stelle  Guiberts  von  Nogent,  nur 
bestätigt.  Und  schliefslich  macht  diese  Erklärung  alle  jene  komplizierten 
Vermutungen  unmöglich,  zu  denen  G.  Paris  durch  seine  leitende  Idee  gedrängt 
worden  ist. 

In  dieser  ganzen  Entwickelung  des  Tierepos  nimmt  der  Ysengrimus,  dem 
Willems  seine  Studie  gewidmet,  eine  hervorragende  Stelle  ein.  Es  ist  das 
Verdienst  des  Verfassers,  nachdrücklich  auf  die  Bedeutung  des  lateinischen 
Werkes  hingewiesen  und  eine  Menge  Fragen  aufgerollt  und  von  einem  selb- 
ständigen Gesichtspunkt  aus  betrachtet  zu  haben,  die  man  bisher  nva  von  der 
anderen  Seite  gesehen,  und  gegen  die  bisherige  Betrachtungsweise  Einwurfe 
vorgebracht  zu  haben,  die  man  sich  bisher  nicht  vorgelegt  hatte  und  deren 
Erörterung  der  Ermittelung  der  wahren  Verhältnisse  nur  dienlich  sein  kann. 
Man  wird  den  Ergebnissen  seiner  Untersuchung  nicht  überall  beistimmen 
können,  aber  sein  Buch  jedenfalls  nicht  ungelesen  lassen  dürfen. 

Carl  Voretzsch. 


Qiomale  Storico  della  Iietteratura  Italiana.    Anno  XIV,  Vol.  XX VU, 
fase.  I. 

A.  Farinelli,  JDon  Giovanni,  Note  critiche.  Der  Verfasser  dieser 
kritischen  Beiträge  zu  Don  Juan  ist  in  der  einschlägigen  Litteratur  gründlich 
zu  Hause.  Nachdem  er  die  Specialarbeilen  über  den  Gegenstand  mit  kurzen 
Bemerkungen  nach  Ländern  geordnet  vorgeführt  hat,  setzt  er  mit  seiner  Kritik 
ein.  Er  beweist  zunächst,  dafs  Don  Juan  keine  historische  Persönlichkeit  ist. 
Weiter  bezweifelt  er,  dafs  die  Sage  in  Spanien  ihren  Ursprung  habe,  sondern 
glaubt  vielmehr,  dafs  sie  vor  dem  1 5.  Jahrhundert  bereits  vom  Norden  her 
eingedrungen  und  erst  nach  dem  Erscheinen  des  »»Burlador"  in  Sevilla  loka- 
lisiert sei  Dafür  kann  er  freilich  keinen  direkten  Beweis  beibringen,  doch 
ist  seine  Annahme  sehr  wahrscheinlich.    Er  unterscheidet  in  der  Don  Juan- 


:   sichi   den   daokbatcD  SioiT  dn 

solile,    wean    er  id  seiner  Zeit 

e  Druck  dt'&  Burlador,  den  vii 

interpoliert  and  verderbt.     FariDcIIi 

n  Tirso  de  Molina  verfalsl  i 


424  BESPRECHUNGEN.    B.  WIESE, 

liegende  zwei  urepTÜnglich  getrennte  Bestandteile,  c 
des  HelilcD.  andrmeitl  die  Einladung  der  Statue  und  das  Gsslmabl.  FSr 
beide  Teile  wird  eine  Menge  mehr  oder  weniger  zur  Don  Juan-Sage  itimoicii- 
der  Parallelen  aus  verschiedenen  LiHernturen  angerührt  und  für  den  eisten 
Teil  eine  besondere  E  io  Wirkung  der  Sage  von  Roben  dem  Teufel  ange- 
nommen. Nach  S.  zS  scheint  es  faXi,  als  ob  Farinelli  glauben  und  dui  nicht 
aussprechen  möchte,  dafs  auch  die  Don  Juan-Sage,  wie  so  viele  andere  Stoffe, 
erst  von  Italien  nach  Spanien  gewandert  sei,  wenngleich  sich  jetil  nur  noch 
das  Umgekehrte  nachweisen  läfsl,  uod  er  selbst  S.  31  ein  direktes  Eindringen 
BUS  dem  Norden  aU  wahrscheinlich  hinstellt.  Der  Burlador  setzt  bercili 
eine  bisher  nicht  nachweisbare  Vorlage  voraus,  welche  die  iwei  verschiedenen 
Sagenteile  in  sich  vereinigte.  Seine  Komposition  erinncrl  femcr  an  den  /h- 
/amador  des  Juan  de  Cneva,   einij^e  Dramen  Lopes   und  einige  andere  allen 

Schriften.     Zu   verwundern   ist,    dais   ers  -    ~  . 

Don  Juün   aufgegiißen   und   bearbeitet   I 
bereits  in  Sevilla  volkstümlich  war.    Der  e 
kennen,  vom  Jabre  [630,  ist  verstümmelt, 
ist  überi^eugt,  daís  die  Komödie  nicht  v 

er  S.  37  ff.  für  seine  Ansicht  anfuhrt,  ist  sehr  beachtenswert,  reicht  ab«  Inr 
dnen  endgiltigen  Schiuís  noch  nicht  aus;  es  fehlt  vor  allem  noch  die  gensae 
atiliatísche  Vergleichung  des  Burlador  mit  den  uncweifelhaft  echten  Komödien 
Tirsos.  In  der  Ssthetischen  Würdigung  des  Stückes  weicht  Farinelli,  ich 
meine  doch  mit  Unrecht,  nicht  unbedeutend  von  Gasparyi  bekanntem  Urteile 
ab  (Miscellanea  Caix- Can  ello),  vor  allem  spricht  er  dem  Verfasser  das  Em- 
pünden  Inr  die  Giüísarlígkeil  des  Stoffes,  den  er  behandelt,  ab.  Im  weiteren 
VerUiife  der  Arbeit  geht  Farinelli  auf  die  Nachahmungen  des  Stückes  nach 
Ländern  geordnet  über.  Die  unbekannte  Bearbeitung  Gilibeitos  hat  auch  et 
nicht  aufSnden  können.  Er  irrt  aber,  wenn  er  S,  44  behauptet,  Gaspary  habe 
dieses  Stück  ganz  beseitigen  wollen;  let/tel<r  leugnet  nur  mit  tnlt^^en  Grundes, 
dais  es  De  Villiers  als  Vorlage  gedient  haben  könne.  S.  4$  glanbe  ich  des 
Verfassers  Ansicht  durchleuchten  zu  sehen,  es  sñ  gamicht  onmögUcb,  dafí 
der  unter  Cicogninis  Namen  gehende  Convitalo  di  Pietra  mit  dem  Gilíbertos 
identisch  sei,  dafs  nur  eine  Buchhandlerspekulation  ihn  Cicognini  beigelegt 
habe.  Dies  wäre  natürlich  einstweilen  eine  blofse  Vermutung,  der  Goldanis 
Acufseiung,  welche  freilich  nicht  sehr  ernst  lu  nehmen  ist,  widerspräche.  Mit 
Farinelli  glaube  ich,  dats  das  Scenario  nur  auf  italienische  Quellen  tuiück- 
gcht.  Bei  Beurteilung  des  Quell  e  nv  erbai  miss  es  der  ersten  französischen  Be- 
arbeitungen steht  Farinelli  auf  G  asp  iryí  Standpunkte.  Nachdem  er  dann  den 
Don  Juan  in  England,  Holland,  Deutschland,  Spanien  und  Portugal  berötut 
hat,  kehrt  ci  nach  Italien  zurück,  um  noch  von  der  Popularität  des  Scenario 
daselbst  und  von  Goldoois  Versnchc  zu  sprechen.  Bringt  die  Arl>eit  demnach 
nicht  gerade  viele  neue  Gesichlsponktc  und  Ergebnisse,  so  ist  sie  doch  recht 
anregend.  Ihr  wird  eine  Fortseliung  folgen.  Da  sie  wahrscheinlich  n»ch 
Vollendung  als  Buch  erscheinen  wird,  mache  ich  hier  auf  einige  Drockfehlet 
anfmerksam.  S.  15  Z.  7  u.  I.  non  si  trova;  S.  16  Anm.  I  leute  Zeile  L  Hen 
valere;  S.  15  Z.  17  1.  "hoc  logen;  S,  58  Anm.  2  Z,  l  1.  Munlon's  —  FleUktr'i; 
S.  66  fehlt  wohl  Anm.  4,  und  hat  Anm.  4  zu  Anm,  5  zu  werden;  S,  67  Z.  7 
I.  Aug  ¡burgo  statt  jihsburgo. 

VARIETÀ: 

G.  B.  Marchesi,  I  „Ragguagli  di  Parnasa"  t  la  critica  Utlrrarix 
nel  secolo  XVII.  Eine  Aufzählung  von  sieben  Nachahmern  Boccaltnìi,  welche 
durch  ihre  satirische  Beurteilung  der  zeitgenössischen  Litteratui  auf  de  bessein- 
den  Einflufs  zu  gewinnen  suchten.  Ihre  Schriften  werden  durch  Anführung 
von  Proben  kurz  gekennzeichnet.  Vid  Geist  ist  danach  zu  urteilen  in  dea 
meisten  nicht  zu  ÜQden.  Den  Schlufs  des  Aufsatzes  bildet  der  Abdruck  von 
kritischen  Urteilen  in  Dialogform  aus  einem  1650  erschienenen,  V anima  di 
Ferrante  Pallavicino  betitelten  Buche. 

P.  Ercole,  Caläinii  e  I' Innominalo.  Obgleich  der  Charakter  des  Man - 
zonischen  Ungenannten  weit  von  dem  des  Salluslischen  Kstilina  vetschiedrn 
ist,  wie  Ercole  durch  eine  sorgfallige  Analyse  klar  stellt,  so  zagen  sie  bdilc 
doch  in  der  Darstellung   einiger  Einielbeiten  so  nahe  innere  und  äuüete  B^ 


GIORNALE  STORICO  VOL.  XXVII. 


425 


nchongs punkte,  welche  uns  vorgefShrl  werdea,  dais  man  zu  dem  Schlüsse 
gedrängt  wird,  Manioni  habe  bei  der  Zeichnung  seiner  Gestalt  die  Sallnstische 
Figur  vorgeschwebt,  der  er  einige  Farben  enllich,  aber  nicht,  ohne  ihnen  eine 
seinen  Zwecken  entsprechende  N'üancierting  zu  geben. 

G.  A,  Martinetti,  Della  BtlUaa.  Una  minuta  rfí  üi/era  di  Uga 
FqscbIo.  Otlandioi  hai  einen  Entwurf  lu  einem  Widmungsbriefe  in  einem 
Buche,  welches  Foscolo  einer  Tochter  der  Chailolle  Campbell,  wahrscheinlich 
der  Miss  Eleonora,  überreichte,  im  IV.  Bande  der  Frase  letterarie  als  lum 
Gattetlina  del  Bel  Mando  gehörig  mit  vielen  Fehlem,  Auslassungen  und 
Willhürlich keilen  abgedruckL  Martinetti  verpflichtet  una  durch  einen  genauen 
Abdruck  des  schönen  Briefes  nach  der  auf  der  Labronica  befìadlichea  Hand- 
schrift XU  grofsem  Danke. 

RASSEGNA  BIBUOGRAFICA  : 

Cesareo,  La  poesìa  siciliana  soltó  gli  Svevi  (De  I.ollis,  scharf,  aber 
gerecht).  —  Zumbini,  Sluäi  lul  Petrarca  (Cotronei,  mit  Übcrf1ässij;er  Pole- 
mik). —  Della  Giovanna,  Le  frase  morali  di  G.  Leopardi  (Martini). 

BOLLETTINO  BIBLIOGRAFICO; 

Torraca,  Biblioteca  critica  della  letteratura  italiana.  Lovarini, 
Antichi  tetti  di  letteratura  pavana.  MazzfttÌnti,  Andrea  Bernardi,  Cro- 
nache Forii-veii  del  1476  àt  1517  Voi.  i  Parte  I.  De  Marchi,  V  influenza 
dilla  lirica  italiana  sulla  lirica  inglese  nel  tee.  XVI  (Sir  Tommaso  Wyat), 
Romizt,  Le  fonti  latine  dell' „Orlando  furioso".  Scherilto,  Ossian. 
.  Guardione,  Di  Giovan  Battuta  Niccolini.  de'  suoi  tempi  e  delU  sue  opere. 
ßosolli,  Tommaso  Grossi  e  le  lue  novelle.  Lampcrtico,  Giacomo  Za- 
nella.    Nigra  e  Orsi,   La  passione  in  Canadese  pubblicala  e  commentata. 

ANNUNZI  ANALITICI,   PUBBLICAZIONI  NUZIALL 

COMUNICAZIONI  ED  APPUNTI: 

R.  Sabadini,  Gergo  furbesco  weist  einige  der  von  Rossi  in  seinem 
Aufs-itze  über  Squarzöla  als  der  Diebssprache  angehörig  nufgciählten  Warte 
als  noch  heute  im  Vicentini  sehen  in  der  Spreche  des  täglichen  Lebens  vor- 
handen nach.  Derselbe,  Una  satira  contra  Battista  Pia  giebt  Nachricht  von 
einer  handschiiftUch  erhaltenen  Salire  in  Dialogform  gegen  Bnttista  Pio,  von 
welcher  er  bisher  einen  Druck  vergebens  gesucht  hatte.  Die  Handschrill  be- 
kennt sich  als  Abschrift  eines  Druckes  von  151Î.  P,  L.  Rambaldi ,  Un 
cancelliere  maleatttento.  Ein  Ungeschick  les,  unbedeutendes  Sonetto  caudato 
eines  Schreibers,  der  im  Dienste  der  Republik  ^'enedig  stand,  aus  dem  Jahre 
1438,  worin  er  sich  über  schlechten  Lohn  beklagt  and  den  Entschtufs  mitteilt, 
seine  Stellung  aufeugehen.  F,  Foffano,  Ancora  del  Floridanle  di  B.  Tasso 
weist  daraaf  hin,  dafs  der  von  ihm  vergebens  gesuchte  Brief  BenLirdos  an 
Torquato,  worin  er  seinem  Sohne  ülier  den  im  Floridante  lu  behandelnden 
Stoff  Au^kuntl  giebt,  von  Ravelli  gcTunden  und  veiöfTenllicht  ist  und  geht 
dann  auf  seinen  Inhalt  ein. 

CRONACA  : 

Periodici,   kleine  Mitteilungen,  neueischienene  Bacher. 

Berthold  Wiese. 


flomaniA  No.  95,   Juillet  1895,   T.  XXIV. 

F.  Loi,  Celtica.  Zuriickführnng  einer  Reihe  von  Namen  der  frani, 
Anusepik  auf  Flj^ircn  und  Bezeichnungen  der  keltischen  Ucberlieferung  und 
Toponomastik,  wogegen  Einsprach  zu  erbeben  nicht  leicht  sein  wird.  1.  Ali- 
bonagrain  (im  Ercc  Neffe  Evrains)  ^  Mabon  -)-  Evrain  (I>eidc  Zauberer  ¡m 
Bei  Inconnu),  richtiger  Euuain  d.  i.  gall.  Ywen,  gespr.  Owen,  der  im  Mabinogi 
von  Geraini  Gcraint  bei  sich  autnimmt;  die  Form  Evrain  beruhe  auf  Ver- 
lesung lür  Esiuain  (aber  sowohl  Crestien  wie  Renaud  v.  Beaujeu  haben 
Evrain!);  Mabonagrain  sei  gewissetmafsen  tinc  Doppelung  des  Euuain, 
Mabon  vielleicht  derjenige,  der  im  Original  Ovien  zu  kämpfen  iwang.  — 
1.  Château  de  Lis  in  der  ersten  Fortsetzung  zu  Crcsliens  Perceval,  eine  Tauto- 
logie, die  den  keltischen  Ursprung  der  bei.  Erzählung  bewiese:  Lit  ^  llys  = 
frz.  chiteao  nahm  der  fiz.  Dichter  föi  einen  Eigennamen.  —  3.  Lts  n 


426 


BESP  RECHUNGEN. 


i.  GRÖUEK, 


áí  bait  j'etis  au  ruisseau;  dec  List  mit  dtn  schwimmeDdrn  Ho]islückea,  die 
Ttísud  nnwcndel,  uni  Isolden  seine  Aawc^enheÎl  kund  lu  tbun,  ist  vervandt 
diejenige,  deren  sieb  Blalhiiat  im  irí&clien  Âidtd  Conroi  licdienL  —  \-  ¡^ 
Force  de  Gauvain  et  de  Peredur.  Dit  nbnebmende  Krafl  Gauvuas  bei  Ab- 
nahme des  Tages  in  der  ersten  Fortsetzung  des  Perceval  hat  ein  Seileniluck 
im  walis.  HereduT  (in  Crestiens  Perceval  nichts  Entiprechcndes),  det  sich,  je 
länger  er  bei  seiner  Milchscb wester  verweilt,  je  weniger  fähig  weils,  ilie  itot- 
wendige  Rache  zu  vollstrecken.  —  5.  Meraugis  dt  PottlesgMt,.  b)  dem  Tani- 
5chli>rs  im  M.  de  P.  steht  in  der  keltischen  Seefahtt  von  Mael-Duin  (7.  Jb. 
nach  Zimmer,  9.  Jh.  nach  Lot)  die  Insel  der  Weinenden  und  die  Insel  der 
Lnchenden  zar  Seite;  b)  der  Name  des  M.  de  P.  Gervain  Cadrul  ¡st  tiüi- 
àic\n^^  Cadrod  {Cadrawd] -^Giervan;  c)  da  roi  Amargón  ist  in  der  inscfam 
Epik  =:  dem  Vater  des  Gegners  Cucbulainn's,  Cenali  Ccroach.  —  6.  Jáefvaí, 
rei  des  maris,  ti  i'íie  dt  vtrre,  Melvas.  dec  in  der  vita  s.  Gildae  (am  li6o| 
die  Königin  Guenièvre  entfuhtt  und  nach  Glastonbocy,  der  Glasstadt,  bringt, 
enlapiichl  im  Erec  dem  liahaioas,  Henn  der  Glasinsel,  dem  Jt&itaguanl  im 
Cbev.  de  la  Cbarretie;  Malvas-ius  (so  bei  Galfrld  von  Monmoutli)  ist  ^  olt- 
walis.  rnaet-vas  d.i.  Fürst  det  Tolen;  sein  Reich,  die  Glasinsel,  ist  der  Clai- 
lurm  im  Ocean  det  irischen  Lt^cnde,  wurde  durch  falsche  Etymologie  mit 
der  Stadt  Glastonbury  in  Verbindung  gebracht  und  steht  =  Avalen,  d.  i.  Iniel 
des  Gottes  Avaüae;  er  weilt  dort  mit  seinen  Töchtern;  vgl.  die  Juagfranee- 
inael  der  Artusepen.  Da  die  Hölle  brelonisch  auch  Land  des  Sonuneti  ge- 
nannt wird,  so  wurde  Motivas  zum  König  von  Somerset  {Via  s.  Glldie) 
mit  der  Hauptstadt  Bade,  der  Stadt  des  Meleaguant  und  seines  Vaters  Badc- 
magut  im  Chev.  de  la  Charr.  ;  —  alles  das  sind  Anzeigen  (ür  die  Heimat  jener  An- 
schauungen vom  Tolengott  im  kellischen  Südwesten  Grofsbritatmieiu,  wo  schon 
der  Priester  Hermann  von  Tournai  (1113),  seinem  Bericht  über  die  für  Lai>n 
er norben en  Reliquien  zufolge,  Artusfabeln  kcmien  gelernt  halte;  {>ht:T  Britoius  an 
den  beiden  ausgeschriebenen  Stellen  kaiui  doch  nicht  auf  die  Coruwaliser  geben, 
wie  L.  annimmt;  an  der  ersten  Stelle  wird  vielmehr  der  Artor  der  fabolie 
Britaonorum  als  derselbe  Artur  wiedererkannt,  der  Danavexeria  besafs,  und  von 
dem  man  daselbst  die  cathedra  und  áen /umus  zeigte;  und  an  der  zweiten, 
wonach,  nie  die  Brilonts  mit  den  Franzi  wegen  Artur  sich  zu  zanken  pflegen, 
so  sich  auch  der  quidam  vir  in  Danavtxetia  mît  einem  Begleiter  Hermanni 
aus  der  Verwandtschaft  des  Acchidiakonus  von  Laon  zankte,  ist  derselbe 
Gegensatz  zwischen  den  Britoneu  in  Frankreich  und  den  nobeieichneten  Be- 
wohnern von  Danavexería  gemacht).  —  7.  Lìmori  (Stadt  im  Erec)  vielleicht 
tiys-mavr,  grolses  Scblofs.  —  8.  Gennnis,  Reich  des  Paat,  Lanzelots  Vitti 
bei  Ulrich  von  Zalzikhoven,  =  walls.  Gwynedd  in  Nordwales;  danach  wird 
das  noverstündlicbe  Benoic  im  Prosalristan  und  Bans  (von  Gomerel)  im  Erec 
tu  berichtigen  empfolileu.  -^  q.  Le  duc  de  Haut-òais  (Erec),  hei^enonuDcn 
von  U-wch  Caet  „bois  d'en  haut"  in  Wales.  ~  io.  Lt  fils  de  Pereeval  —  in 
niederl.  Lancelot  Aloriatn  genannt  —  eriimert  an  M>r.  Sohn  des  Peredut  hn 
Black  book  of  Carmartheo  (J.Viertel  des  13.  Jhs.);  i&riatn  wän>  aat  JUirgtn 
=^  Meergeboren  herzuleiten.  —  ¡l.  Li  sénichal  Dinas  tt  la  viüt  dt  Lidán; 
bei  Beroul  im  Tristan  ist  Dinas  ein  Freund  Tristans,  bei  Eilhan  Lidan  gc- 
heifsen,  welchen  Namen  Beroul  an  andrer  Stelle  nennt;  dinas  lútatt  ist  walu. 
=  grofsc  Festung;  aus  einem  pennleu/u  (oder  ähnl.)  djinas  fydan  in  einci 
Vorlage,  d.  i.  Seneschal  det  gtofsen  Festung,  konnte  das  MÜsverständnis  Seae- 
schal  ,J)ÍDas  (von)  Lidan"  erwachsen. 

A.  Thomas,  Les  noms  composés  et  la  dëriiialian  en  français  et  n 
froviHçal,  berichtigt  und  etgänil  durch  zahlreiche  interessante  weitere  Falk 
die  Liste  derjenigen  von  DamiestEter,  Mols  composés  S.  ï80,  aufgelñbrtcn  ai- 
sammengesetzteo  Wärter,  die  sich  als  detivationsfñhig  erweisen,  onta  Bei- 
fügung einer  Sammlung  solcher  Derivate  im  Provenzaliscben.  Es  handelt  sii 
um  den  Ableitungslypus  orfèvre  ;  orfèvrerie;  plafond  -.fiafonner  plafonnagti 
deren  Derivate  bisweilen  den  Eiodrnck  des  Gezwungenen  machen,  wie  meftH' 
âg-eux  (vgl.  das  ungezwungen  sich  einstellende  dtsch.  „mi  itela)  1er  lieh").  Tlu 
Ergänzungen  sind  nicht  einartig  und  bczeui;en  nicht  in  gleichem  Grade  die  Be- 
fähigung des  Fratuäsischen  zu  Ableitungen  solcher  Art,  die  schon  Dotmeslcler 

als  beschränkt  erkannte.    In  Frage  kommen  nur  AbleitDogeti  von  denjaii|Cii 


ROMANIA    NO.  95.  427 

"IConiposUU,  die  aU  sokhe  gefühlt  werden,  nicht  ven  salchea,  bei  denen  be- 
grifFIiche  Einbptl  besteht,  was  nicbt  nnr  der  Fill  ist  bei  den  von  Tb.  aufge- 
nommenen charlemaneigui,  don  quichollisme  (trotz  der  Schreibung),  sondern 
auch  bei  d^boHHairemenl  äebonnairutt,  depatairiU  etc.  von  heule  dui  fur 
Gelehrte  analysierbaren  débonnaire,  deputairr.  3.  entfallen  Komposita,  zu 
deren  zweitem  Bestandteil  schon  das  Derivat  vorhanden  war,  wie  bei  den 
Ordnangszablcn  von  17  an,  denn  für  dix-sepl-iime  tM  dix-iept  schlug  die 
Brücke  septHme  von  ¡tpt  (fur  ein  uniime  wai  neben  jtr^miVr  kein  Bedürfnis; 
aber  es  mufsle  cent-tt-uniimt  faeifsen,  weil  es  ctnt-tt-un  bcifsl,  und  premUr 
als  Komposilionsglied  überhaupt  nicht  auftritt);  ebenso  lind  in  beurteilen 
dix-huitain  etc.  an  der  Seile  von  huüain  u.  dgl.,  und  auf  gleicher  Linie  stehen 
aubtsfineltt.  dean  es  gicbt  iipinettí,  die  Derivate  von  Kompositis  mit  bon, 
mal  etc.  {z.B.  bon-amnturûs,  mal-,  denn  es  giebt  ai-eniuroi;  bon-,  mat-iuri, 
•èìirté,  •tures,  denn  es  ^bt  ¿ut/,  ¿urte,  ¿uros-,  mai-aisance  hat  neben  sieb 
aisance,  mal-artos  :  artas,  mau-lalenttf  :  íaleali/,  und  ebenso  mainltnement  : 
lenrmrnl  u,  s.  L).  3.  entfallen  blofsc  Uebersetiungen  aus  dem  lateinischen, 
wie  chascunjournal  ^  quotidianns  in  Gregoires  Dial,  und  im  Vaterunser  ; 
4.  Bildungen  ad  boc,  die  keine  Lebenskraft  besafseo,  well  sich  ihrer  niemand 
weiter  10  bedienen  hatte,  als  etwa  ein  Rhetoriker  cxier  ein  om  den  Reim  ver- 
legener Dichter,  wie  Evrart,  der  in  seiner  Bible  allrtsimenl  bildete.  Für 
iuncmvefontr  in  sancmutfon  (Blutwallnng)  nimmt  Tb.  mit  Recht  aus  laut- 
lichen Gründen  Anstand,  auf  ein  *môvilio  luräckxugreift'O,  tind  vermutet  eher 
Zusammenhang  mil  ü  muet  wegen  tu  in  vortaniger  Silbe.  Dafür  läfst  sich 
auch  auf  boieaon  neben  il  boit  hinweisen,  nnchdem  ein  *(bi)biiio  nur  s  ergeben 
konnte.  Vielleicht  1311t  von  hier  Lieht  auf  das  bisher  nur  als  gelehrter  Aus- 
druck bekannte  mue/,  das  ich  fortfahre  von  modus  zu  trennen,  da  sich  daraus 
der  Begriff  Beweggrund  bei  muef  nicht  ableiten  läfst,  wahrend  mit  moveir 
auch  die  mit  muef  verbundene  musikalische  und  (gammati  kaiisch  e  Bedeutung 
vereinbar  ¡st.  Dafs  es  prññxlose  Verbalsnbslanliva  von  starken  Verben  der 
2. — 4.  Konjngation  gäbe,  isl  iwar  in  Abrede  gestellt  worden,  vgl.  aber  abge- 
Hhen  TOD  vueil,  dueil,  failli:  main,  críeme,  offre,  choix,  hé  (Aai'r). 

P.  Meyer,  La  descente  de  S.  Paul  en  enfer,  fohne  composé  in  Angli- 
terre.  Unter  Ergänzung  der  Bibliographie  der  Visio  Pauli  bei  Brandes,  Visio 
Pauli  (iSSs)  und  Balîouchkof  (Rom.  XX),  sowie  unter  Hinweis  auf  seine 
eignen  Uiltcilungen  über  die  sechs  fri.  Bearbeitungen  der  Visio  in  den  Notices 
et  Extr.  35,  l,  155,  veröffentlicht  P.  M.  hier  eine  neu?,  von  Miniaturen  begleitete 
Version  derselben  Legende,  vielleicht  aus  dem  Anfang  des  14.JI1S.  stammend, 
midi  der  Toulouser  Hs.  des  14.  Jbs.,  mit  Beigabe  eines  Facsimiles,  der  lat. 
Grundlage  und  einer  Beschreibung  der  Miniaturen  sowie  Be sserungs vorschlagen 
m  den  382  Versen,  die  erballen  blieben,  und  die  die  Entartung  von  Vers  und 
Sprachfonn  leigen,  die  mau  in  jöngeien  anglofri.  Werken  anzutreffen  gewöhnt 
ist.  Beabsichtigl  waren  8-Silbner.  V.  ïS  :  citevus  24  mil  oies  15  vertauschtí  So 
ergäbe  sich  au  16  pendut  st.  pendit  wenigstens  einen  Augenreim.  Eine  Aende- 
niDg  in  V.  76  ist  vielleicht  nicht  nötig,  da  lendrenl  zur  Not  auch  das  Verbum 
im  Ad  versati  vsalE  v.  76  bilden  kann.  Inzwischen  bal  M.  den  Text  auch  in 
einer  Cambridger  Hb.  angetroffen,  deren  abweichende  Lesarten  er  in  Rom. 
No.QS,  sgi  ff.  verzeichnet;  nur  die  einfachsten  Konjekturen  M.s  werden  durch 
diese  Lesarten  bisweilen,  die  übrigen  nicht  bestätigt.  —  Es  folgen  eine  Reibe 
höchst  gelehrter  Nachforschungen  und  Nachweisnngen  über  von  Dante  ge- 
kannte Dnd  benutzte  gelehrte  Autoren  und  Werke  des  Mittelalters  oder  des 
Altertums  von 

P.  Toynbee,  Dante's  references  la  Pythagtras;  sie  sind  im  Convivio 
und  Monarchia  aas  Aristoteles'  Metaphysik,  aus  Cicero  de  ofttciis  und  Tnscu- 
lanen,  ans  Augustin  de  civilate  det  und  Albertus  Magnus  de  meteoris  geflossen; 
Dante's  obligations  to  Orosius:  O.  mehrmals  von  D.  selbst  genannt,  ist  häufig 
und  gelegentlich  wörtlich  benutzt,  so  dafs  sich  durch  O.  die  Lesart  succedette 
st.  sugger  dette  Inf.  3,  39  sicher  stellen  läfst;  Same  unacknoteledged  obligations 
of  D.  to  Albertus  Âlagnus,  begegnend  in  Div.  Com.,  Conv.  und  Briefen,  be- 
treffen die  Schriften  de  meteoris,  de  juventute  et  scnectule,  de  cocio  cl  de 
mundo,    de  natura  locorum;    Dantes    obligations   la  Alfraganus  in  the    Vila 

luova  and  Convivio  (A.  g.  1 142  von  Johannes  Hispalensis  ins  Lat.  übersetzt)  ; 

'  ■   ■     '    ;  wichtige  Etläutettmg  zura  Todestag  Beatricens,  V.  nuov.  e.  30. 


428  R-  J,  CUERVO, 

MELANGES.  A.  Mussafia,  Francese  vals,  vaU,  valent;  tab,  iúH; 
ehielt,  chalí,  Das  verscbicdenllicb  erkUitc  a  in  diesen  Fonnen  denlet  U.  im 
Anschlufs  an  Comii,  Rom.  7,  354,  ans  dem  Zablcnverhaltnis  der  Formen  dies» 
Zcitwötlec  mit  a  gegmiìbei  denjcn^n,  bei  denen  e  zu  erwattea  «ar  (noi  in 
2.  3.  Sgt.,  3.  PI,  Pias.  Ind.};  der  besonders  hiuBge  Gebrauch  der  3.  SgL  bei 
ckaioir  werde  dem  rc^bnSlsigen  ehielt  den  laogeTen  Bestand  gesichert  haben 
(cbetuo  erklSrtc  ich  von  jehef,  und  Andere  wohl  gleichfalls,  die  An^ogiaEniDg 
von  amer  und  den  übrigen  cndungsbptonten  Formen  durch  die  nnr  8  Fornii 
des  Präs.  mit  ai:  aime  ele  aus  dem  häufigeren  Vorkommen  dieser  siaoini- 
helonlen  Piaseosforaien  im  praktischen  Leben,  —  ebenso  \kí  prier,  veoir  11.a. — , 
und  die  umgekehrte  Analogisierung  bei  clamer:  claim,  -ei,  -e,  -ent  u.s.«. 
nach  endungsbelontem  clamer  u.  s.  w.  lU  clame,  -es,  -e,  -enl  aus  dem  Nichl- 
übetwiegcn  der  bet,  Präsens  formen  im  läglichen  Gebrauch;  ebenso  verhält  tj 
sich  mil  laver  trouver  jover,  courir  ouvrir  souffrir  a.  a.).  Die  Frage  nacb 
der  mchifach  behaupteten  Einwirkung  cines  /  auf  die  Eihallung  von  TorloDÎgem 
a  hinter  c  lelinl  M.  ab  so  entscheiden. 

E.  LaDglois,  Interfelaliûits  du  Jeu  de  Robin  et  Jltirùin;  es  sind 
V.  588  — 757  und  783—800,  beide  nur  in  einer  Hs,  überliefert  und  in  den 
iwei  von  einander  unabhängigen  andern  Hss.  fehlend,  beide  störende  Ein- 
schaUungen  und  reich  gereimt,  wihrend  bei  A.  de  1a  Haie  der  reiche  Reim 
nur  zufällig  erscheint,  und  beide  in  der  Kcimweisc,  sowie  in  Wort  and  Wen- 
duDgen  übereinstimmend  mit  dem  yiu  du  fitertn.  dessen  Verfasser  die  Per- 
sonen der  interpolierten  Stellen  im  Robin  et  Marion  sogar  benutEt,  daher  ei 
auch  diese  verfnist  haben  wird  und  zwar  zur  Zeil,  als  er  das  yeu  da  pilerai 
als  Prolog,  vielleiclit  znm  Zwecke  einer  neuen  AittlÜhnmg  des  altem  Stückes, 
dem  Robin  tt  Marion  vordichiete.  L,,  der  soeben  auch  ane  sehr  cmpfeblcni- 
werte  neue  Ausgabe  von  R.  et  M.  mit  gegenüberslehender  frz.  UebersetiuDg 
veranstaltet  hat  (bei  Thorin  et  ÜU,  Paris  1896),  vertritt  diese  Auffassung  ia 
überzeugendster  Weise. 

G.  Raynaud,  ¿e  dit  du  cheval  à  vendre,  in  einer  wertvollen  Hs.  von 
Chantilly,  14.  Jh.,  deren  Inhalt  R.  vollslàndig  (mit  bibliographischen  NoükbI 
verzeichnet;  die  kurze  Vcrkaufsnnkändigung  eines  mit  allen  Mängeln  behafteten 
Pferdes  in  51  8-5Ìlbnem  enthält  etliche  nur  selten  anderwärts  atlzutreffelide 
Vokabeln  und  ist  nicht  ohne  Witz. 

COMPTES  RENDUS.  Abhandlungen  Herrn  Prof.  Dr.  A.  Tabler  ... 
dargebracht  (G.P.;  P.M.;  G. Raynaud);  Gorra,  Delie  origini  deüa  foeii-t 
Urica  del  Medio  evo  (Jeanroy);  Springer,  Dai  aitfrov.  Klagelied  mit  Si- 
rüctiichligung  der  veraanäten  Lilt,  (JetoToy);  Cesareo,  La  poesia  sîciliaiu 
lullt)  gli  Suevi  (Jeanroy):  Wechssler,  Ueber  die  verichiedenen  Rcdaciitiuii 
des  Robert  von  Barron  ¡Mgeschrieb.  Graat-Lancelol-Cykltis  (G.  P.). 

PÉRIODIQUES:  Giornale  storico  deUa  IcU.  ital.  No.  67.  68.  —  D  Pro- 
pugnatore, t.  VI,  parte  i,  Januar-April  (1893). 

CHRONIQUE:  Verschiedene  Nachrichten,  darunter  die  Mitteilung  ñber 
einen  Recneil  des  idiomes  de  1a  région  gasconne,  der  von  Bourciez  ins  Lebea 
gerufen,  die  Uebcrsctzung  des  Gleichnisses  vom  verlorenen  Sohn  ans  414)  Ge- 
meinden enthält,  von  Schullehrern  der  einzelnen  Orte  ausgeführt,  und  im  voiigea 
Jahr  im  Ms.  in  Bordeaux  in  17  Bänden  ausgestellt  worden  ist.  Kune  An- 
zeigen neuer  Bücher  und  Schriften , 

G.  G. 


Brief  an  den  Herauegeber, 

Paris  17  de  Diciembre 

Muy  Señor  mío  y  de  mi  mayor  respelo: 
Por  ijescuido  de  la  libreria 


de  i89S- 


1  principio  me  ha  sumiDlslrailo 
el  Zeilsehrift  für  romanische  Philologie,  no  llegú  á  mis  manos  hasU  hwa 
tres  ó  cuatro  días  la  entrega  linai  del  ano  de  1894,  en  la  cual  se  halla  od 
articulo  en  espi^ol  sobre  mi  Diccionario  Je  conslruccióit  y  régimen  áe  ¡* 
lengua   castellana,    que   puede   contribuir  á  que  fiHtnen  concepto  ísexaclo  lie 


BRIEF   AN   DEN   RKRACSCKBER.  429 

1  obra  las  personas  que  no  hiyaa  tísIo  d  prosperto  distribuido  con  los 
pnnicros  àia  pliegos,  ó  que  no  tengan  tiempo  para  leer  ta  introducción  y 
vcriJîcar  en  los  dos  lomoa  las  afìimationes  contenidas  en  aqatl  escrito. 

Desde  la  primera  línea  del  prospecto  mencionado  adveid  qne  mi  obra 
no  er»  on  diccionario  general  de  la  lengua  castellana,  y  que  no  contendría 
sino  tas  palabras  qae  crrecen  algún  interés  sinticti^o,  ya  liiesc  por  so  rígimen 
especial,  ja  por  las  combinaciones  i  qae  se  prestan;  en  seguida  eipliqni  con 
la  nayor  claridad  que  supe,  cuáles  ersn  las  palabras  que  podían  encontrarse 
allí.  Lo  mismo  y  más  atensamenlc  hice  en  la  inlroduccion,  siempre  en  el 
supuesto  de  que  la  base  era  la  lengua  literaria  ;  clásica  del  si)>lo  XVI  acá. 
No  tiene  pues  rai¿n  algnaa  el  censor  para  cebar  menos  en  mi  Diccionario 
voces  que  no  están  caraclrriíadas  por  ana  sintaiis  especial,  ó  que  solo  apa- 
recen en  obras  anteciáticas,  como  islas  que  ii  alega:  aies,  aviliar  {bütitr), 
abueslat,  adeUnar,  adílinnho,  etc.;  cabaso,  contra,  catiMínt,  etc.  Por  lo 
mismo  tampoco  tiene  razón  para  exigir  que  yo  traiga  inSexion«  ó  acepciones 
asiarianas,  pues  que  mi  olirt  se  refiere  al  castellano  literario,  y  solo  inciden- 
talmente cito  Us  formas  provinciales  y  dialfcticas,  si  dan  liu  al  castellano,  ó 
en  el  caso  de  haber  sido  usadas  por  algún  escritor  coincido. 

Asienta  el  censor  que  en  los  amcalos  que  realmente  forman  y  deben 
formar  mi  Diccionario,  fallan  cosas  sustanciales.   Vamos  á  verlo. 

En  la  prep.  A  dice  fallan  sus  equivalencias  con  otras  prepoúciones:  en, 
de,  tegún.  con  ó  en,  Imí-ia.  por,  al;  y  en  la  prep.  De  las  equivalencias  yue, 
can,  en;  citando  para  cada  caso  nao  ó  más  pasajes  del  Poema  del  Cid.  El 
empleo  de  d  para  signiñcar  situación  é  indicar  el  Ingar  donde  se  hace  a1i^ 
{,yA  la  torte  de  don  Vrrsca  elle  las  deio".  Cid,  1811),  aparece  largamente 
explicado  en  el  ardcnlo  correspondiente  de  mi  Diccionario,  párrafo  12,  a,  y  en 
la  p.  iS^  eslá  citada  un  pasaje  igual  á  aquél  del  Cid;  su  empleo  en  la  frase 
alter  a  con  infinitivo  [Cid,  219,  etc.)  está  explicado  en  la  p.  26>,  e;  su  empleo 
para  signiñcar  eonfomûdad  esti  en  el  párrafo  14  (p.  19),  y  en  la  p.  2B*  cito 
el  v.  l¡7  del  Cid  {la  cita  del  censor  está  errada);  la  significación  modal 
(„a  alias  aozcs  taman".  Cid,  35)  se  halla  dilucidada  cu  el  pátrafo  16,  y  el 
mismo  lugar  del  Cid  se  lee  en  la  p.  28'';  el  significado  de  mera  dirección, 
semejante  al  de  hacia  („La  cara  del  cauallo  lomo  a  Santa  Maria",  Cid,  215) 
se  explica  cd  el  párr.  3,  a;  de  cu  sentido  instrumental  („A  los  primeros  colpes 
dos  moros  mataua  de  la  lan(3".  Cid.  33S6;  no  2JS5,  como  dice  el  censor), 
está  abundantemente  comprobado  en  el  articulo  de  esta  prep.,  párr.  12,  a;  su 
nso  con  verbos  como  pensar,  resol-ver,  etc.  se  halla  ahi  mi>mo,  párr.  IJ.  A 
(p.  789>>),  y  se  <Ian  en  su  logar  ejemplos  antiguos,  fuera  de  que  va  advertido 
en  cada  verbo  que  admitía  esta  conslmcciún.  Si  no  escribiera  yo  en  caste- 
llano, tuviera  por  ocioso  apuntar  los  inconvenientes  del  mítodo  empirico  de 
explicar  una  particola  por  otra,  ann  en  los  casos  más  divenos,  solo  porque 
se  emplean  en  dos  frases  de  significación  pareciila,  ya  pertenecientes  á  una 
misma  época  de  la  lengua,  ya  á  distintas:  sucede  que  óbjetinaatenti  pueden 
dos  términos  expresar  nna  relación  semejante,  ó  si  se  quiere  idéntica;  roas 
sujetivamente,  en  el  terreno  de  la  sintaxis,  aqnellos  términos  y  relaciones 
son  diferentes,  y  al  gramática  cumple  deslindarlas  y  dasificarlas  según  su 
desenvolvimienlo  ideológico.  Haré  palpable  la  importancia  de  esta  doctrina 
en  las  siguientes  locuciones  cuya  equivalencia  me  acusa  el  censor  de  haber 
omitido:  á  en  lugar  de  fcr,  en  .¡A  los  indios  le  deieste  prender  do  dizen 
monte  Caluario"  (Cid,  347):  las  dos  preposiciones  no  son  equivalentes  ni  la 
Diia  subroga  á  la  otra,  porque  cada  una  es  signo  de  una  fórmula  ¡deoli^;íca 
peculiar:  en  „se  dejó  prender  á  los  judíos",  á  designa  nn  dativo,  y  en  „se 
dejó  prender  p«r  ó  d«  los  judias",  por,  de  seSalan  el  agente  de  un  verbo 
pasivo.  Todo  esto  se  halla  eiplícado  en  el  verbo  dejar,  párr.  1 1,  d,  q,  y  ei 
mismo  pasaje  del  Cid  está  copiada  á  la  p.  867  h  (otro  igual  de  la  Crùfoca 
general,  p.  866").  Decir  si  ¡ó  no),  decir  gue  ti,  decir  de  sí  íc  diferencian 
en  que  lo  primero  representa  el  si  en  estilo  directo,  lo  segundo  es  frase 
elíptica  de  estilo  indirecto,  lo  tercero  representa  la  afirmación  como  materia 
de  que  se  tr.iti:  ya  se  ve  que  no  hay  equivalencia  gramatical;  las  tres  cons- 
trucciones están  explicadas  en  decir,  p.  S14''.  SidK  Salta  sobre  todo  á  los 
ojos  lo  vicioso  de  este  sistema  de  equivalencias   cuando   el  censor  afirma  que 


'    AN   DKK   BERAUSGBBSR. 


„Non  viene  a 


a  la  bast  a  cuba  de,  i 


por  el  agna  a 


pasüsdo"  {Cid,  150),  â  signiSci 
a  al.  solo  por  la.  raion  de  qa« 


ui  tradoce  él,  f  i  so  modo,  Uà  eipresiones  referidos.  Cosa  parecida  <3  _ 
del  mi  de  la  misma  preposicÍ¿lt  con  el  verbo  entrar  („enlTando  a  Baigos". 
Cid.  ti  y  atra«  pasajes  qoe  el  censor  olvida):  según  lo  indico  en  su  lugar. 
I,  p.  as*,  ™  cartellano  reúne  d  los  dos  scnüdos  del  Ut.  ad  i  in,  de  modo 
qne  se  dice  „»oy  d  casa",  „lo  llevaron  d  la  cárcel",  „retiraise  d  Asturìis" 
(p.  l^).  y  por  consignienle  la  construccióo  de  mirar  es  tan  correcta  con  esti 
prcpoticiän  como  eon  m;  soto  que  el  censor  no  repara  aa  ello  sino  porque 
■caHí  rsít  acostumbrado  al  uso  de  Castilla,  donde  es  exclusivo  ei  áltima 
r^men;  en  ouas  parles  y  sobre  todo  en  la  América  espaflola  predomina  el 
del  Cid.  que  también  emplean  otros  escrilort^  célebres  poíteriores;  de  modo 
que  con  semrjanle  criterio  podrían  pretender  mis  paisanas  que  cuando  Icn 
madrileños  dicen  mirar  en  Madrid,  tn  es  equivalencia  de  d.  Sea  de  ello  lo 
qne  se  Taere,  ésta  iko  es  aplicación  espedal  de  d,  y  por  tinto  no  se  encontruä 
sino  en  el  verbo  entrar,  ai  Dios  quiere  que  publiqne  el  tomo  ni. 

Antes  de  pasar  í  los  demis  articulo»,  forzoso  es  advertir  qne  en  oca- 
sÍDoes  esiá  la  censara  concebida  en  términos  tan  oscuros  ú  CitraBos,  que  do 
es  ficil  atinar  con  su  verdadero  sentido:  el  primero  por  su  orden  lo  pmebí 
bastantemente:  en  arranear  dice  el  censor  qne  faltan  sns  „may  disüaloi 
significados";  para  lo  cual  seria  menester  que  eslnviesen  eu  blanco  las  trece 
columnas  largas  que  ocupa  este  verbo.  También  echa  menos  „el  astnriano 
caya  {Od.  J13.  1629)":  cstn  inQeiión  está  comprobada  como  casiellana.  par» 
la  época  clásica,  con  muchos  pasajes  de  Erdlla.  Fr.  Luis  de  Granada,  ^nla 
Teresa,  etc.,  y  para  la  ¡interior  con  otros  de  Lópci  de  Ayala,  de  las  Corles 
de  Alcalá  (1348).  de  las  de  Madrid  (1539I,  de  D.Juan  Manuel,  de  las  Parti- 
das, del  Apolonio  y,  lo  que  bace  más  singular  la  acusación,  con  los  dos 
mismísimas  pasajes  del  Cid  qoe  él  me  alega.  Igualmente  echa  menos  „ru 
calane  cl  còlane  actual  en  sentido  de  meterse":  en  los  dot  verbos  eaitr 
(párr.  3,  a:  p.  33>)  y  ciliar  (1,  e:  p.  lS3l>)  se  halla  cumplidamente  comprobada 
la  acepción  mencionada.  Ademis;  ,^ûgeT,  asluríano  .  -  -  v.  £t,  "do  mr  (o^ 
en  la  cabeía";"  como  puede  vcrïe  en  el  tomo  C,  p.  iSl',  este  Uso  inlransitiio 
de  cogtr  DO  es  peculiar  de  Asturias  y  figura  ya  en  el  Diccionario  de  la 
Academia.  Tampoco  es  peculiar  de  A<iturias  cudiar  por  cuidar,  como  qne 
se  usa  en  Andalucía  {Zeilschr.f.  ram.  Phil.  V,  p.  31 1):  es  vulgaridad  antigua 
cuyo  uso  en  el  siglo  XVI  comprueba  á  la  p.  fiSb^,  No  encontró  tampoco  el 
censor  cumplir  por  bastar,  ser  suGciente,  que  está  registrado  en  la  p. '•95''  y 
comprobado  con  mucbos  ejemplos;  ni  cuntir,  que,  como  (orma  primitiva  de 
acontecer,  se  halla  atestiguado  en  este  verbo  <I,  137—8);  ni  deläerar.  delibrar. 
de  los  cuates  el  primero  tiene  articulo  especial,  en  cuya  etimologia  se  diieni 
largamente  sobre  el  último.  Echa  menos  ,^nde  {Cuervo,  I.  441  [dende  afora] 
y  II,  S96  [supongo  que  se  reñere  al  uso  propio  de  de  esta  vo^)  en  reUciúD 
con  dent  y  desde,  que  el  pueblo  confunde  con  h  y  s"',  si  con  esto  se  quien 
decir  que  yo  no  he  hablado  de  la  confusiún  de  drude  y  desde,  remito  al  lector 
á  los  dos  arliculos  (II,  pp.  894b,  1034").  donde  bnllnrá  tratado  este  pumo 
extensamente  (añadiré  que  deiend,  desi,  ò  sea  des  end.  des  y.  se  hallan  ea  U 
prep.  antigua  des.  ut  fm  de  desde.  Además  echa  menos  derecho  por  latis' 
facción  \Cid,  3139}.  á  pesar  de  esbr  defmido  en  la  p.  918^  y  de  haber  en 
la  p.  910  a  entre  los  ejemplos  antcclisicos  varios  lomados  igualmente  del  CU; 
también  „dichoso  en  el  sentido  irónico  que  no  trae  el  diccionario  académico. 
de  verwünscht,  verdammt,  con  la  [citai]  de  la  pig.  1225  (í/n  drama  nntvof; 
pues  ese  dichaso  es  la  acepción  señalada  con  la  letra  c  en  este  adjelito  "j 
aulorlïada  con  cuatro  ejemplos.  Aunque  irato  al  principio  del  articulo  dotít- 
quitra.  doquiera  sobre  el  uso  de  las  formas  apocopadas  dondeguitr,  dagaf- 
escribe  el  censor:  „[Echo  de  meaos]  doquier  aunque  trae  citas  (la  Acadcmii 
no  admite  el  Un  usado  por  doquier,  überall)."  Mis  eitraDo  todavía  es  i]ii' 
«1  daca  eche  menos  „las  citas  de  Valdés  y  Cervantes  ó  del  asturiano  y  main* 
leBo":  una  cita  hay  de  Valdés  y  tres  de  Cervantes:  ¿cuáles  son  esas  ottM 
tan  importantes  equivalentes  al  asturiano  y  madrileno?  Si  para  el  nio  * 
Madrid  no  basta  el  testimonio  de  Lope,  Quevedo  y  Moralin  (de  quienes  *7 
ocho  ejemplos),  no  sé  cuál  otro  pueda  buscarse  más  respetable. 


p.  DE  MUGICA,   ANTWORT   AN  DEN   HERAUSGEBER.  43 1 

Por  este  y  otros  reparos  del  censor  llego  á  figurarme  que  en  su  con- 
cepto una  obra  como  la  mia  ha  de  copiar  en  cada  articulo  todos  los  pasajes 
de  todos  los  autores  que  han  usado  la  palabra:  lo  que  él  exige  ahora  para  el 
Cid,  otro  dia  lo  exigirá  para  Bcrceo,  otro  para  la  Celestina»  otro  para  Cer- 
vantes, Lope  y  demás  autores  renombrados;  y  como  los  gustos  son  varios, 
en  otras  ocasiones  querrá  lo  mismo  para  obras  de  menor  fama,  y  el  Diccionario 
no  cabria  en  millares  de  volúmenes. 

En  materia  de  etimologías  solo  diré  que  en  mi  Diccionario  nunca  he 
dado  á  doctus  como  origen  de  ducho,  y  por  tanto  era  excusado  que  se  me 
citara  la  autoridad  del  sefior  Comu,  que  con  razón  reprueba  tal  derivación. 
Tampoco  he  dicho  que  agimitar  tenga  otro  origen  que  el  germánico,  de 
todos  reconocido,  para  que  el  censor  me  remita  á  ima  obra  suya,  donde  re- 
sulta estar  conforme  con  lo  i^ue  yo  he  afirmado.  No  siendo  mi  objeto  entrar 
en  polémicas  sino  rectificar  aserciones  erróneas,  no  me  extiendo  sobre  otras 
opiniones  del  censor,  ya  relativas  á  esta  materia,  ya  á  otras.  Por  lo  que  hace 
á  las  cuestiones  gramaticales,  como  si  el  adjetivo  docto  puede  sustantivarse, 
si  varias  partes  y  lugares  es  concordancia  vizcaíno  (sic),  si  á  mi  Diccionario 
no  conviene  el  titulo  de  construcción  y  régimen,  porque  estas  últimas  palabras 
significan  de  flexiones»  basta  mencionarlas  para  que  salte  á  los  ojos  la  respuesta. 

De  las  tres  erratas  que  me  apunta  el  censor,  las  dos  he  sacado  al  margen 
con  agradecimiento;  en  cuanto  á  la  otra  llega  el  aviso  un  poco  tarde,  según 
puede  verse  en  la  p.  xlviii  de  la  introducción,  nota  2:  turbadas  por  trabadas 
en  la  p.  273  s  tomo  I,  no  es  errata  mía  sino  lección  viciada  de  las  ediciones 
de  Fr.  Luis  de  León,  en  la  estrofa  12  de  la  oda  á  Santiago;  así  lo  advierto 
diciendo  que  la  lección  verdadera  es  trabadas,  y  que  esta  corrección  la  hizo 
ya  Coli  y  Vehí  copiando  el  pasaje  en  sus  Lecciones  de  Literatura^ y  p.  178. 

De  insensatez  me  culparía  yo  mismo  si  presumiese  de  que  en  mi  obra 
DO  pueden  descubrirse  descuidos,  errores  é  ignorancias;  pero  por  lo  mismo 
no  debo  consentir  que  aparezca  con  tachas  solo  existentes  en  la  imaginación 
de  otro.  Confiando  en  el  espíritu  de  justicia  y  en  el  amor  de  la  exactitud 
científica  que  siempre  han  caracterizado  la  Revista  que  U.  tan  sabiamente 
dirige,  espero  que  se  sirva  publicar  en  la  misma  esta  rectificación;  sin  que 
roe  disuada  de  tal  empeño  el  pensar  que  sea  ya  muy  tarde,  pues  que  la  Re- 
vista de  U.  es  de  imi>ortancia  permanente,  y  conservándola  los  doctos  como 
repertorio  precioso  de  filología  romance,  la  distancia  de  un  año  entre  el  error 
y  la  corrección  no  es  de  mayor  monta  que  si  solo  mediaran  1res  ó  cuatro 
meses. 

Me  honro  en  suscribirme  de  U.  respetuoso  y  obsecuente  servidor  q.  b.  s.  m. 

R.  J.  Cuervo. 


Antwort  an  den  Herausgeber. 

Muy  Sr.  mío  y  de  mi  mayor  consideración:  De  labios  autorizados  he 
tenido  el  gusto  de  escuchar  que  en  la  critica  del  „Diccionario  de  Construcción 
y  Régimen"  y  en  mi  „Maraña  del  Idioma*'  en  que  la  completaba,  traté  á  su 
autor  con  suma  ponderación,  merecidisima  bajo  todos  conceptos.  De  ahí  que 
me  haya  causado  extrañeza,  en  su  réplica  á  mi  crítica,  el  tono  un  tanto  agrio 
en  que  está  redactada.  Voy  á  contestar  á  ella  lo  más  brevemente  que  me 
sea  posible,  solo  por  deferencia  al  autor  y  á  los  ilustrados  lectores  de  esta 
revista,  en  la  cual  soy  el  último  colaborador,  considerándome  muy  honrado 
con  tal  titulo. 

£1  autor,  como  los  lectores  de  su  obra,  han  de  concederme  lo  siguiente: 
I  o  que  es  difícil  distinguir  todos  los  puntos  tratados  en  cada  articulo  del  dic- 
cionario, por  una  falta  material,  la  de  no  exponer  con  mayor  claridad  los 
varios  sub-grupos,  dejando  en  blanco  solo  parte  de  un  renglón  entre  ellos, 
lo  cual  no  haría  abultar  el  libro  en  muchas  más  páginas  :  2^  que  bastaba  haber 
citado  los  ejemplos  más  característicos,  en  obsequio  también  á  la  claridad, 
además  de  á  la  brevedad.  Merced  á  la  confusión,  defecto  capital  en  una 
▼olmninosa  obra  de  consulta,  dejé  de  ver  lo  que  el  recensor  me  recuerda. 


432  icmviLUNG. 

Hacen  mal  este  y  la  Academia  en  considerar  como  castellana  la  finse 
„no  me  coje  en  la  cabeza".  Es  asturiana.  La  he  leído  en  El  Impardal  solo 
una  vez,  en  un  articolo  esento  por  Genaro  Alas,  asturiano,  y  figura  en  d 
vocabulario  bable.    Como  „no  cojo**  por  „no  piepo^*,  es  dialectaL 

Quien  haya  vivido  algún  tiempo  en  Castilla,  sabe  que  „concordancia 
vtMcaino**  (sic,  sí  seftor)  significa  mala  concordancia.  Yo  no  hice  mis  qoe 
notar  la  de  varias  . . .  lugares,  parecida  á  la  académica  de  diversas lugartu 

El  sistema  de  equivalencias  que  empleé  no  es  mío:  lo  he  aprencUÍdo  en 
el  diccionario  de  la  Academia,  y  á  falta  de  otro  más  breve  y  práctico,  no 
hay  más  remedio  que  seguir  usándolo,  para  que  el  lector  pueda  comparar  la 
preposición  actual  con  la  empleada  antiguamente.  Que  es  vicioso,  no  teoíi 
necesidad  de  apuntármelo  el  autor.  Por  el  sistema  de  traducir  preposiciones 
no  he  pedido  ni  pido  privilegio  de  invención;  los  honores  todos  corresponden 
á  la  „sabia  corporación"  que  nos  rige. 

Es  muy  particular  que  el  censor  de  la  crítica  me  eche  en  cara  el  fijanne 
para  las  equivalencias  en  el  uso  de  Castilla.  Que  emplean  mejor  las  pre- 
posiciones en  la  América  espafiola  que  en  Espafia.  Enhorabuena.  Pero  eso 
no  constituirá  norma  para  el  idioma,  sino  para  el  dialecto,  ó  los  dialectos, 
de  allí.  Nosotros  nada  tenemos  que  ver  con  ello,  en  el  caso  presente.  Por 
allí  dirán  también  la  tan  repetida  frase  echar  menos»  Nunca  la  he  oído  en 
Castilla,  donde  se  dice  echar  de  menos.  Ya  sé  que  la  escribió  sin  de  Jove- 
llanos,  y  Cervantes  en  el  Coloquio  de  los  Perros,  y  que  se  lee  en  Fray  Ge- 
rundio, libro  III,  capítulo  V,  párrafo  22,  y  en  Don  Juan  Tenorio,  acto  m, 
escena  II.  Pero  con  seguridad  que  aquí  Zorrilla  la  usó  por  necesidad  dd 
metro.  Hoy  la  frase  es  asturiana,  no  castellana.  Tenga  el  censor  tamMéa 
esta  advertencia  en  cuenta  para  el  tomo  III,  que  Dios  quiera  publique,  como 
deseaba  yo,   sinceramente,  en  los  últimos  renglones  de  mi  crítica. 

De  V.,  sefior  Gröber,  afectísimo  y  atento  s.  s.  q.  a.  m.  b. 

P.  DE  Mugica. 


Mitteiliixiff. 

Herr  Prof.  John  E.  Matzke,  Stanford  Univ.  in  Californien,  1^  Wert 
darauf,  dafs  vom  Herausgeber  der  Zts.  erklärt  werde,  daCs  nicht  er  fur  die 
Druckberichtigungen  Zts.  XX  S.  144  zu  seiner  Abhandlung  in  demselben  Heft 
S.  I  ff.  verantwortlich ,  der  Probedruck  derselben  vielmehr  zu  spät  in  seine 
Hände  gelangt  sei,  als  dafs  er  eine  Korrektur  rechtzeitig  hätte  erledigen  könneD. 
In  der  That  muíste  der  Reindruck  des  belr.  Bogeos  der  Zts.  früher  erfdgeOt 
ehe  die  Korrektur  des  vom  Druckort  so  weit  entfernt  wohnenden  Verfassen 
eintraf,  so  dafs  ihn  keine  Verantwortung  für  die  mangelhafte  Fchlerberich* 
tigung  des  Probedruckes  trifft.  D.  H. 


Zu  S.  372  louP'garou   ist   noch   hinzuweisen   auf  Kögel   in   Pauls  Grdr. 
I  1017  und  Goldschmidt  in  den  Tobi  er- Ab  Handlungen  S.  164. 


ZEITSCHRIFT  FÜR  OELTISOHE  PHILOLOGIE. 


Prospekt. 


Das  Erscheinen  einer  Zeitsclirift,  die  sich  die  Pflege  der 
celtischen  Philologie  zur  Aufgabe  stellt,  bedarf  bei  den 
Fivunden  dieses  Zweiges  der  Spracli Wissenschaft  kaum  einer 
Rechtfertigung,  da  es  offenbar  an  einem  dem  Zwecke  aus- 
schliesslich gewidmeten  Organe  fehlt.  Obwohl  die  in  Paris  er- 
scheinende Bcvuc  celtique  der  Wissenschaft  seit  25  Jalu'en  die 
vorzüglichsten  Dienste  leistet  imd  allen  Fachgenossen  unentbehr- 
lich ist.  so  sind  doch  gleichwohl  nicht  wenige  Arbeiten  auf 
diesem  Gebiete  in  Zeitschriften  allgemeinern  (Imrakteins  leider 
weit  vei-sti^eut  und  nicht  immer  leicht  zugänglich.  Diesem  Uebel- 
stande  sucht  unsere  Zeitschrift  einigermassen  abzuhelfen.  Sie 
soll  daher  international  sein  und  wird  ausser  der  deutschen  auch 
die  englische,  ftanzösische  und  italienische  Sprache  zulassen.  Sie 
soll  wissenschaftlich  gehalten  sein  und  wird  auf  dem  festen 
(rrunde  fortbauen,  den  J.  C.  Zeuss  in  seiner  Grammatica  cèltica 
gelegt  hat.  Ihre  Aufgabe  nmfasst  demnach  sowohl  die  gälischen 
als  auch  die  britannischen  Sprachen,  und  nicht  nur  die  alten 
Formen,  die  in  Inschriften  und  Handschriften  überliefert  sind, 
sondern  auch  die  neuen,  die  in  Mand,  in  den  schottischen  Hoch- 
landen, auf  den  brittischen  Inseln,  in  Wales  und  in  der  Bretagne 
noch  fortleben. 

Ueber  die  Anforderungen,  die  an  eine  philologische  Zeit- 
schrift gestellt  w^erden  müssen,  ist  man  heutzutage  im  wesent- 
lichen einig.  Es  braucht  daher  bloss  angedeutet  zu  werden,  dass 
mit  den  grammatischen  und  lexikalischen  Studien,  denen  wir 
Raum  geben,  der  Inhalt  der  Zeitschrift  für  celtische  Philologie 
nicht    erschöpft    sein    soll.     Von   der   Sprache   sind   Litteratui'- 


^esehiclite,  Haiid>ídinftenknii(ie,  Textkritik  untreniihar.  So  wirf 
denn  die  Zeitschrift  aucli  miediei-tf  Texte  in  celtlschen  Sprachen 
and  kritißclte  Ausgaben  von  Texten  bringen;  doch  sollen  sie  in 
der  Hegel  nicht  ohne  üebersetzung  und  Bearbeitung  veröffent- 
licht werden,  Dagegvn  ti'eten  üslhetische  Betrarhtuii^eii  oder 
Würdigongen  aus  dem  Bahmen  einer  philologùchen  Z^tschiift 


Altertümer,  Sitten  und  das  weite  Feld  d^  FolUtoiatco 
sollen  von  der  Zeitschrift  nicht  ausgesdilosseii  sein,  insofern  da* 
(jegenstand  durch  die  Sprache  erläutert  werden  kann  oder  n 
deren  Erläuterung  dient  Aber  Denkmäler  ohne  Inschriften  oda* 
Märchen  ohne  ihren  Urtext,  wie  verdioistlich  immer  ihre  Be- 
kanntmachung sein  mag,  haben  ffir  die  Philol<^e  keinen  W^ 
ebenso  wie  geographische  oder  historische  Abhandlungen,  wens 
sie  nicht  etwa  die  vorliegenden  Quellen  kommentieren. 

Ton  den  erschienenen  Schriften  wird  die  Zeitscluift  aUes 
Wichtige  aus  dem  Bereiche  der  celtischen  Sprachen  znr  Anzeige 
bringen,  sei  es  mit  kurzen  Inhalteangaben,  sei  es  in  aosführlichen, 
kritischen  Bespredinngen.  Doch  liegt  es  nicht  in  der  Afasidt 
der  Herausgeber  eine  vollständige  celtische  Bibliographie  n 
liefern. 

Das  vorliegende  erste  Heft  wird  den  mannigfaltigen  Inhalt, 
den  die  Zeitschrift  für  celtische  Philologie  haben  soll,  gieichsem 
im  Auszuge  veranschaulichen;  und  nir  dOrfen  die  Zuversicht 
hegen,  dass  wir  das  Unternehmen  iu  der  begonnenen  \\"eise,  alle 
Sprachen  und  Litteraturen  umfassend,  fortsetzen  können,  denn 
die  hervorragendsten  Fachgelehrten  haben  diych  die  Zusage 
ihrer  Mitwirkung  die  Herausgeber  geehrt  und  zu  aufrichtigem 
Danke  verbimden.  AA'ir  sind  ermächtigt  die  folgenden  Namen 
zu  nennen: 

E.  Anwjl  in  Aberystwyth, 

H.  D'Arbois  de  JubainviUe  in  Paris, 

Ö.  I.  Ascoli  in  Mailand, 

E.  Barry  in  Rathcormack  in  Irland, 

G.  Dottin  in  Rennes, 

L.  Duvau  in  Paris, 

E.  Ernault  in  Poitiers, 
J.  Fleming  in  Dublin, 
H.  Gaidoz  in  Paris, 

F,  Haverfield  in  Oxford, 
H.  Henebry  in  Manchester, 


E.  Hogan  in  Dublin, 

P.  M.  C.  Kermode  in  Ramsey  auf  der  Insel  Man, 

H.  Kern  in  Leiden, 

E.  Lid  en  in  Upsala, 

W.  M.  Lindsay  in  Oxford, 

J.  Loth  in  Rennes, 

I).  Mackinnon  in  Edinburg, 

J.  MacNeill  in  Malahide  in  Irland, 

A.  Nutt  in  London, 

D.O' Follarla  in  Calla,  Ballyconneely,  in  Irland, 

E.  0' Grown ey  in  Tucson,  Arizona,  U.  8., 

Th.  Powel  in  Cardiff, 

J.  Rh^s  in  Oxford, 

Wih  Stokes  in  London, 

J.  Straclian  in  Manchester, 

R.  Thurneysen  in  Freiburg  i.  B., 

E.W  indisch  in  Leipzig, 

H.  Zimmer  in  Greifswald. 

Die  Zeitsclirift  für  celtische  Philologie  wird  mit  möglichster 
Regelmassigkeit  vorläufig  in  halbjährlichen  Heften  erscheinen. 
Beiträge  werden  unter  der  Adresse  eines  der  Herausgeber  erbeten. 

Im  Januar  1896. 


Die  Herausgeber : 

Kuno  Meyer^  Ludw.  Chr.  Stern, 

57,  Hope  Street,  Liverpool.  Berlin  W.,  Cnlmstrasse  37. 

Die  Veriagsbuchhandlung: 

Max  Niemeyer, 

Halle  a.  S. 


Die  Eonjugation  im  Béamisohen. 

Arch.  raun.  =  Archives  municipales  de  Bordeaux,  1867  íF. 

Bourciez,    La   conjugaison  gasconne   cC après  des  documents  bordelais,    in 

Annales  de  la  faculté  de  lettres  de  Bordeaux  1890,  S.  196  ff. 
Dejeanne,   Contes  de  la  Bigorre,  Romania  XII  S.  566  flP. 
Grateloup,   Grammaire  gasconne,  R.  d.  1.  r.  XXX  5,  XXXI  15. 
Le  spy,   Grammaire  béarnaise,  2«  éd.  Paris  1880. 
Lespy  et  Raymond,  Dictionnaire  béarnais  ancien  et  moderne,  Paris  1878, 

2  Bdd.    (L.-R.) 
Lespy  et  Raymond,  Récits  d* Histoire  sainte  en  béarnais,  2  Bdd.   (H.  S.) 
Luc  h  ai  re,  Études  sur  les  idiomes  pyrénéens  de  la  region  française,   Paris 

1879.    (Et) 
Luchaire,  Recueil  de  textes  de  V ancien  dialecte  gascon,  Paris  1881.   (Rcc.) 
Meyer,  P.,  Romania  III  433,  V  369. 
Musée  des  archives  départementales,  Paris  1878. 
Puymaigre,  Romania  lu  89. 
Revue  des  patois  gallo-romans  I  142  (Lectoure),  284  (Pau),  285  (B.-Pyrénées), 

II  109  (St.-Sever),    286  (Boast,  Boueilh),    III  103  (Pau),    130  (Mon- 

taner),  131  (Garlin),  166  (Eaux-Bonnes),   IV  229  (Arréns). 
Romania  XII  571  (Bagnères-de-Bigorre),  577  (Aste). 

Die  vorliegende  Abhandlung  versucht  eine  Darstellung  der 
béamischen  Konjugation  zu  geben;  die  andern  gascognischen  Dia- 
lekte werden  indes  dabei  nach  Möglichkeit  zum  Vergleich  heran- 
gezogen. 

I.  Die  Zahl  der  Verbalformen  ist  im  Béamischen  dieselbe  wie 
im  Prov.;  auch  in  der  Bildung  derselben  stimmen  beide  Sprachen 
meist  überein,  nur  Imperfektum  (und  Kondizionale)  und  das  Per- 
fektum  nehmen  im  Gase,  zum  Teile  eigenartige  Gestalten  an. 

Charakteristisch  für  das  Gase,  ist,  dafs  es  dem  Verbum  stets 
die  Partikel  ke  oder  ^,  auch  be  als  Begleiter  giebt  —  Ke  geht  dem 
Verbum  in  allen  Tempora  des  Indikativs  und  Konjunktivs  voraus, 
das  Subjekt  steht  vor  dem  ke,  die  Negation  und  die  enklitischen 
Pronomina  nach  demselben:  ke  dizi  (je  dis),  yu  ke  dizi^  yu  ke  nu 
dizi,  yu  ke-u  dt'zl;  Pçmi  ke  dils.  Im  subordinierten  Satze  aber  fehlt 
es  {Lespy,  Gr.  §  499).  —  Die  alten  Denkmäler  wenden  que  selten 
an,  was  sich  wohl  durch  £influfs  des  Lat.  erklärt;  einige  Beispiele 
finden  sich  aber  doch:  Perartiaut  que  s^en  es  exit  de  Postau  Q.  1387) 
Lespy,  Gr.  §  498.  (Lespy,  1.  c;  Luchaire,  Et.  p.  234,  führen  noch 
andere  Beispiele  an,  die  teils  sicher  nicht  hieher  gehören,  teils,  aus 
dem  Zusanmienhang  gerissen,  nicht  zu  kontrollieren  sind).  —  Heut- 

Zettschr.  L  rom.  PhiL  XX.  28 


fir  Gebieee  »41  ■mili  I.  wit  Ai 


j 


I,  áaít  ma^  ■■  Ar  <fie  Konjotktíoo  f«(«tf  en  er- 
nr  ■  JBB0  abgaehwithten  Bedeatang.  die 
alca  ~^**-'****'  "■*  mmaamcbBK  Sfmdhcn,  m  der  neueren  Znt 
biwiliii  d^  %a.2aas  |,iri«Í|,  ist;  au  áa  fcxnsdea  Bedeutang 
eanñ^ck  ñók  mit  Íbh^  itiiketB  Vabfassnig  deiselben  die 
FlAlion  des  f«r  ab  UtA  auakcnder,  aalzveibmdender  Koa- 
imktiaa.  la  Gaac  itt  dM>e  Absdwâdmig  so  wtít  gegangen, 
dab  Ar  »■■  Mâodigen  Begkíier  des  Vertxims  gewordeo  ist;  dafs 
das  Sobjcb  vor  tí  triti,  hat  oboe  Zweifd  seaneo  Gnind  dann,  dars 
die  alle  Sprache  das  Sabj.  nach  dem  Verbmn  setzen  konnte;  als 
eraterea  nach  ureDgercr  Wortfolge  an  die  Spitze  des  Satzes  treten 
mafste,  war  ie  bereits  mit  dem  V'ertmin  venrachsen. 

Die  eben  gegebene  AafTassong  des  Jte  als  einer  Abschwächung 
des  verbindenden  cue  wird  bestätigt  durch  die  Venrendang  von  e 
(in  Oloron  2/  ^  et)  in  derselben  Funktion;  <  wird  mit  Vorliebe  in 
Fragesätzen  gebraucht  (Lespy,  Gr.  %  Ö32]. 

Se  endlich  dient  zur  Verstàrknng  der  Aussage;  es  ist  wohl 
lat  Òene;  der  Verlast  des  -e  for  Vokal  und  die  Form  St  (statt  et) 
in  Arrena  erklären  sich  aus  der  proklitischen  Verwendung  (vgL  in 
Anéns  auch  /f/  ^  frz.  tiens!). 

Im  folgenden  bedeutet  I  die  a-,  11  die  i-  und  l-,  III  die 
I- Konjugation,    l  —  6  die  Personen. 

a)   Endungen. 

2.  Präs.  Ind.  Die  i.  solite  lau  (gesetzlich  endungslos  sein, 
aufser  nach  Muta  +  Liquida.  —  Doch  ist  dieser  Zustand  schon  in 
den  ahcn  Texten  selten;  dan  Ree  67  (a)  (doni  67  b),  reni  2,  reeo- 
noch  log,  prec  H.  S.  1,  1  ;  am  häufigsten  noch  bei  den  Inchoativen: 
insliluisc  Kec,  Öq,  eslablisc  89,  subsliluisc  qo.  Meist  ist  in  der  alten 
Sprache  die  nach  Muta  -f-  Liqu.  berechtigte  Endung  -i  {-e)  auf  alle 
Verba  übertragen  worden:  doni  Rcc.  8,  prmi,  rfrai*  39,  ^.jrf/ 40,  ¿out, 
douf  07,  fiouMt  90  etc.;  —  iniro  wäre  eigentlich  streng  lautgeselz- 
Hell  tnlt  (t  aus  r),  vgl,  benU  (venire),  nutle  (nostre)  etc.,  doch  hat 
selbstverständlich  Analogie  frûliieilig  platigegriíTen.  —  So  hat  auch 
die  moderne  Sprache  durchgebends  -1  {-t)\  ausgenommen  sind  nur 
die  -i-Vcrt>«,  sofern  sie  sich  nicht  cbcnlalls  der  allgemeinen  Ten- 
dern filgeii  (S  16),  dann  Verl«  wie  dau,  bau  etc..  endlich  geben 
L.-K,  dik  nelwn  diav,  nus  Arrena  giebi  Casteig  deziSit  (je  dédis)  mit 
der  Itczeichiienden  Bi-merkung:  „les  jeunes  diraient  dettiti:  — 
Sonst  «ber:  fifdl,  drlt,  fr/gt,  strUii  etc 

Die  (ìmalt  dea  Kndungsvokala  ist  fast  durchwegs  -i;  -e  findet 
»kb  1.  B.  in  Arrena;  g^  [0")"*«].  »ÌT'.  h«  Graieloup:  parie  (aber 
doch  hitit  ^  Ht  11«),  —  Auch  in  alien  Denkmälern:  man*  H.  S. 
I  11;   nmt  II  q8  neben  tmtxi  I,  6,  «n  I  34  etc 

a.  IVnon,    Dei  der  1.  Kot^fugatìoii  ist  die  lauljgasetilìche  Endang 


DIE  KONJUGATION  IM   BéARNISCHBN.  435 

-CS  mit  den  entsprechenden  Modifikationen  des  ç^  stets  bewahrt 
worden.  In  der  U.  III.  Konj.  sollte  die  Endung  -s  lauten;  dies 
fìndet  man  in  älterer  Zeit:  serbe x s  H.  S.  I  54,  ferexs  II  116,  conexs 
(cognoscis)  n  98,  retz  (reddis)  I  8,  dttz  (dicis)  II  100,  respons  II  1 14, 
poiz  II  114,  bols  II  32  etc.  —  In  Modalverben  hat  sich  diese  £ndung 
bis  heute  erhalten,  doch  macht  ihr  die  analogische  -es  starke  Kon- 
kurrenz: deus  und  debes^  saps  und  sabes^  pos  und  podes^  dos  (kein 
bo/es);  [batis,  Gironde,  sonst  ba/es,  kann  durch  das  Frz.  gehalten 
sein.  Grateloup  giebt  noch  mehr  dergleichen:  respons,  en/ens,  dits, 
kauis  (cadis)  etc.  (Rev.  d.  l.  r.  XXX  34  ff.).  —  Bei  der  Mehrzahl  der 
Verba  II,  III  aber  ist  die  Endung  -^x,  die  nach  Muta  -|-  Liqu.  laut- 
gesetzlich  stehen  mufste,  in  der  2.  durchgedrungen;  man  darf  an- 
nehmen, dafs  die  Verba,  deren  Stamm  auf  Sibilans  endete,  zuerst 
-es  annahmen,  vor  allen  die  Inchoativen;  daher  modern:  benes 
(vendis),  audeèis  (audis),  sentes,  kreèes  etc 

3.  Person.  1.  -ç,  II.  III.  endungslos;  beides  in  alter  und  neuer 
Zeit  unverändert  erhalten:  laxa  Ree.  13,  pod  22,  deu  12,  jasz  19, 
auct  64  (a),  arcep  65  etc.;  modern:  //Sff,  pot,  deu,  arsep,  dits  etc.  — 
Cort  Ree  9  ist  blofs  graphisch,  da  eben  /  nach  r  stumm  war  ;  deut 
(debet)  in  Orthez  (L.-R.)  kann  ich  nicht  erklären,  wenn  -/  nicht 
etwa  ebenfalls  blofse  Schreibung  ist. 

4.  Person.  I.  ^am,  IL  -ém.  III.  -im.  Den  Abfall  des  -s  teilt 
das  Gase,  mit  dem  Gemeinprov.  —  Das  auslautende  -m  wird  auf 
einem  noch  zu  bestimmenden  Teile  des  gase.  Gebietes  zu  -/i,  so 
in  Bordeaux  seit  dem  14.  Jh.  Bourciez  p.  202;  in  Lectoure:  rizfn, 
kucä  (nous  couchons),  kuntâ^;  vgl.  die  umgekehrten  Schreibungen: 
forim  Ree.  1 8,  merbilhim  (6.)  H.  S.  I  1 20  u.  dgl.  ;  auen  (:  kumben)  C.-M. 

289;  maridan  ib.  304;  ebenso  in  Auch.  —  Meist  hält  wenigstens 
die  Schrift  am  -m  fest:  auem  Ree.  23,  dizem  24,  autrejam  22,  esta- 
blim  52;  Lespy,  Luchaire,  Grateloup  geben  nur  -m.  Die  Gironde 
und  die  Landes  haben  I.  4.  -em^  5.  -ets  also  eine  Uebertragung 
von  U.  auf  I.  (Bourciez  203).    Vgl.  das  Impf. 

5.  Person,  -o/x,  -//x,  -//x;  die  Aussprache  des  -/x  variiert  nach 
den  Dialekten:  -/x,  -x  und  -c  erklären  sich  nach  den  Lautgesetzen. 
Áufserdem  aber  findet  sich  Verstummen  des  -x  auf  ziemlich  weitem 
Gebiete.  Lespy,  Gr.  §  164  bemerkt:  „Cette  désinence  verbale,  où 
X,  2,  en  sonnant  doucement,  affaiblissent  plus  ou  moins  le  /,  se 
fait  entendre   dans   le  plus  grand  nombre  des  communes  apparte- 


^  Der  Laut,  den  ich  mit  ^  bezeichue,  ist  in  verschiedenen  Gegenden  ver- 
schieden. Das  tonlose  a  wird  in  der  Regel  geschwächt;  als  a  findet  es  sich 
nur  in  Bigorre  und  Hoch  -  Comminges ,  doch  schwankt  es  auch  hier  meist 
gegen  ^,  so  in  Arréns,  Aste,  Gerde.  Auch  aus  Garlin  wird  2  gegeben.  In 
Boast  soll  nach  R.  d.  p.  g.-r.  II  286  nach  p,  t»  k  d,  sonst  S  gesprochen  werden 
(dies  stimmt  aber  nicht  zu  den  dort  gegebenen  Beispielen,  vgl.  kukä,  dinkä). 
In  Campan  (Bigorre),  Gèdre  und  Aragnouet  nähert  es  sich  sehr  dem  e,  —  In 
Pau  hat  es  nach  Lespy,  Gr.  §  26  „le  son  d'un  o  très-adouci"  ;  nach  Luchaire, 
Et.  219  ist  es  in  Beam  ein  Mittellaut  zwischen  0  und  dem  frz.  ^e  muet';  in 
den  Landes  hat  es  den  Laut  ö;  in  Armagnac  und  in  der  Gironde  wiegt  0  vor. 

28» 


436  A.  z&uKEft, 

nant  am  cantonB  (arr.  de  Pau)  de  Montaner,  de  Lembeye, 
Garün,  de  Mortaas  et  dans  une  partie  du  canton  de  Naj'  vers  la 
montagne.  Même  prononciation  à  Orthez,  Aithez  et  Salies.  Presigue 
partout  ailleurs,  on  n'entend  que  le  /  fort"  Die  Telle  der  R.  d, 
p.  g.-r.  aus  Garlin  geben  übrigens  -i  neben  -/s:  bulet,  kuntgel,  bat 
(vaditis)  neben  hals,  feéals;  -l  haben  ferner  Eaux-Bonnes;  Aft,  hai, 
bedel;  Bagnètes  de  Bigone:  u^n/,  tabf'ufl  (Impf);  Aste:  fifi,  dnel, 
sabfi  (Impf.),  abft  (Impf):  Airéns:  purlal,  bultl.  -Is  bei  betonter, 
-/  bei  tonloser  Endsilbe  zeigen  Beispiele  in  R.  d.  p.  g.-r.  Ill  103.  -tt 
haben  Rayonne:  espiali,  serials,  Iruberals;  Grateloup:  òeJs,  par/ais. 
Uzils,  resptmels  etc.;  Bordeaux:  krtdels;  Haute-Garonne:  ayeU  C.-M. 
2Q2,  prengtls  294,  prengtrals  289;  Bigoire:  ouetels  (vous  ennuyiez, 
Konj.)  C.-M.  476,  surlels  ib.  480.  —  Die  alten  Texte,  die  mir  ror 
Verfügung  stehen,  haben  nur  -Is  oder  dessen  Vertreter,  nie  -i; 
abelz  Ree.  2,  uulhadz,  fazadz  (Konj.)  ji,  negáis  H.  S.  I  44,  demanals 
(Prat.)  H.  S.  11  92;  audilz  (Prat.)  H.  S.  1  72,  11  122;  es/egos  (Prài.) 
H.  S.  I  24;  di.vosi  (d.  h.  dixos  aus  dixols,  i  nach  s  war  stumm,  daher 
die  umgekehrte  Schreibung)  1  36  etc. 

Der  Abfall  des  -s  ist  schwerlich  lautlich  zu  erklären,  vielmehr 
wird  man  anzunehmen  haben,  dafs  die  5.  nach  dem  Vorbilde  der 
4.6.,  die  ebenfalls  des  Plur.-Zeichens  entbehrten,  ihr -^  aufgegeben 
habe,  oder  Uebertragung  des  Imperativs. 

6.  Person.  1.  -pn,  li.  111.  -in  oder  -çn,  in  ersterem  ist  das  ton- 
lose t  durch  den  Eindufs  der  Nasalis  ku  /  erhöht  worden,  —  6,  I. 
lautet  in  Lectoure,  wo  tonloses  a  (f)  gegen  3  klingt:  -3;  äp^iJ,  iurnli; 
6.  II.  III.  erscheint  dort  als  -«,  was  auf  älteres  -on  weist;  vgl.  depoit 
Mus.  d.  arch.  dép.  225,  eishon  226,  vimon,  Òoloniìi.  Diese  Form  er- 
scheint aiso  in  den  an  das  Prov.  grenzenden  gase.  Dialekten  ;  aeapieron 
Ree.  16,  ascarnirgn,  turerò»  Ree,  16  (beide  l'rät.)  in  Bigorre  können 
daher  wohl  durch  prov,  Einflufs  erklärt  werden  (in  demselben  Texte 
stehen  podrin,  gardarriti,  comensarin  etc.  daneben).  —  {Nach  P.  Meyer. 
Rom.  IX  igj  ff.  ist  -0»  proven zaiisch ,  -en  limousinisch  und  gase.) 
Die  rein  gase  Texlf  kennen  wohl  nur  -en  oder  -in,  und  zwar 
scheint  in  den  älteren  Texten  -r«  votzu  herrsch  en:  deuen  Ree  23, 
preñen  25,  podm  .30,  aperlenen  38,  saben  49,  salen  61;  —  debin  Ree 
56,  63,  anarin  15,  pleuirin  18,  gardarrin  17,  eommsarin  17,  po- 
drin  1Ó.  —    H.  S.  II  112  stehen  disin  und  disen  nebeneinander. 

3.  Präs.  Konj,  Hei  der  I-  Konjug.  entspricht  er  dem  Präa. 
Ind.  II,  IIIt  also:  -I,  -es.  -em,  -eis,  -en  (-Ò1);  für  die  2.  kommt  auch 
-is  vor,  gardis  H.  S.  li  1 24,  Ihel^il  ib.  U  96  neben  atüreges  H.  S.  1  78, 
adoris  1  112.  Die  lau tge^et« liehe  endungslose  Form  der  3,  ist  nar 
aus  alten  Texten  zu  belegen:  don  Ree  57.  64,  67,  do  58  (a),  63  (a) 
{doni  58  b,  63  b,  64  b),  dof  66  b.  dam  58  a  (dame  58  b),  Dius  le  sanò 
H-S.  II108;  modem  kommt  sie  nur  sjuiradiseh  vor  in  du  (donet), 
wo  wohl  der  vokalische  Aaslaut  die  Fonn  bewalm  hat,  vgl.  <¿t 
neben  aimfs  in  Arnins.  Diu  m'aiüi  Grateloup,  Dieu  m'azüd  (Mistral, 
gase),  wo  die  lautgesetx lidie  Gestalt  in  der  formeihafien  Wendung 
erstarrt  ist;  Casteig  bringt  aus  Artéiis  àigiim  tm  Muude  einer  Alteo 


DIE   KONJUGATION   IM   BÉARNISCHKN.  437 

Frau  mit  der  Bemerkung:  „on  dirait  aujourd'hui  ê/iganê",  —  In 
der  Regel  hat  die  3.  nach  dem  Vorbilde  der  übrigen  Personen  -e 
{auch  -)■)  angenommen:  äone  Ree.  23,  25,  abtrgue  zb,  clame  58  (b), 
pague  65,  demande  128;  erompi  ^b,  í/íwj  58  (b), /üg'Ki' 64  (b),  erompi, 
porli  H.  S.  11  104.  So  immer  in  den  modernen  Mundarten.  —  Für 
die  I.  kann  ich  die  lautgesetzliche  endungslose  Form  nicht  belegen; 
mani  Ree.  66,  Ubi  H.  S.  1  4,  trobi  I  6.  —  Moderne  Dialekte  kennen 
für  diese  Person  auEser  -)  und  -e  auch  -ti  und  -pi*,  -p,  so:  /VÄf  Ba- 
relous,  l'ebçi  Aspe,  vgl.  das  Paradigma  bei  Lucbaire,  Et.  p.  239; 
-ei  wird  wohl  aus  -i,  das  nach  dem  Musler  der  4.  5.  {und  2.  3.  6.?) 
angefügt  wurde,  vermt;hrt  mit  der  Endung  der  i.  -i  zu  erklären 
sein;  in  -f(*  hat  miin  eine  Uebertragung  der  Endung  der  II.  HI.  Konj. 
auf  die  I,  ïu  erblicken.  Ueber  ähnliche  Ue  ber  tragungen  s,  u.  — 
Belege  für  die  andern  Personen:  4.  säubern  Ree.  51,  aiudem  52, 
awm  H.  S.  U  28,  6.  bedm  Ree.  18,  pausen,  eUaqum  26,  porten  iig, 
mtrhilkin  H.  S.  I  120,    5.  torbetz  H.  S.  II  72. 

Der  Konj.  Präs.  II.  III.  zeigt  zunächst  die  zu  erwartenden 
Formen:  i.  ienga  Ree.  108;  z,  credei  H.  S.  I  1 12;  3.  lengua  Ree.  24, 
prtnga  24,  gesqua  25,  27,  trega  26,  aje  23,  face  18,  crede  H.  S. 
II98;  4.  aûm  Ree.  23,  25,  yiixfa»!  24,  wí/ííw  Ree,  51;  ¿.  uu/Aade  ¡1, 
/asads  51;  6.  metan  Ree.  22,  aian  g,  letiguen  24,  42,  benen  26, 
vulhen  58,  corren  66.  —  Für  die  i.  kommt  auch  -ci  vor,  wo  die 
gewöhnliche  Endung  der  i.  an  die  lautgesetzliche  Form  angefügt 
ist:  prenquey  H.  S.  II  lOz,  aueiguiy  II  128,  siey  II  g8,  vebey  (bibaiu) 
H  HO,    diguey  II  2Ò,  /assay  II  50,    vegey  ib. 

r  Neben  dieser  im  ganzen  lautgesetzlichen  Form  des  Konj.  II.  III. 

Lgeht  nun  eine  andere  her,  die  zwischen  Stamm  und  Endung  ein  -i" 
^aufweist.  Lespy  giebt  als  einzige  Form:  heniçi,  beniçs,  bem'ç,  be- 
niam,  beniats,  beniçn.  (Das  ;'  ist  tonlos,  Lespy-Rayinond:  dibie^ 
Auch  in  den  alten  Denkmälern  erscheint  dieses  /  bereits,  jedoch 
wie  es  scheint  im  allgemeinen  seltener  als  die  lautgesetzliche  Form: 
3,  seruia  Ree.  95,  4.  seguiam  51,  compliam  51,  6.  siguian  58  {a), 
tguien  58  {b),  ajerian  95.  Es  findet  sich  sogar  Uebertragung  dieser 
'.onjünktiv-Endung  auf  Verba  der  I.  Konjug.,  wovon  die  heutigen 
tekte,  soviel  ich  sehe,  nur  wenige  Spuren  zeigen  (vgl.  unten), 
3.  adabie  Ree.  50,  enfrie  85,  dania  92,  pagie  92;  6,  bailhien  95, 
liurian  95;  vgl.  turiiiam  neben  únem  in  Eaux-Bonnes,  i.  i'ebiç,  ant§ 
in  Gèdre.  —  Beispiele  aus  Urkunden  von  Bordeaux  giebt  Bourciez 
p.  220.  Ebendort  versucht  Bourciez  auch  eine  Erklärung  dieser 
Forra;  er  weist  die  Annahme  zurück,  dafs  -if/  eine  Nachahmung 
des  lat  Konj.  auf  -iam  sei,  dies  könnte  man  glauben,  wenn  sich 
die  Endung  nur  bei  /-Verben  lande,  wo  dann  die  Form  zweifellos 
gelehrt  wäre;  Bourciez  nimmt  wegen  der  grofsen  Anzahl  der  Bei- 
spiele lieber  Analogie  nach  siam  an.  Gegen  diese  Annahme  Bour- 
ciez' spricht  aber  der  Umstand,  dafs  die  Endung  -)f  tonlos  isL 
Man  wird  also  doch  vom  Konjunktiv  der  /-Verba  auszugehen  haben, 
tpif  {das  nicht,  wie  Bourciez  a.  a.  0.  meint,  „une  forme  ...  à 
latine",    sotidem    vollkommen    lautgesetzlich    ist;    sabiam    ist 


43B  ^  ZAtJNBK, 

analogisch},  arscpiç,  de{u)yç,  wohl  auch  b0/ç  (videat),  kayç  etc  Hin 
erschien  als  Konj.-Endung  -if,  und  so  bildete  man  dann  vom 
Indik.-Stamm  aus  mittels  dieser  Endung  einen  neuen  Konj.  btdif, 
kadiç,  dtii'ç  etc  Der  charakteristische  Ausgang  tç  wurde  dann 
auch  auf  die  andiira  Verba  11.  111.,  schliefslich  sporadisch  seJbet 
auf  I.  übertragen. 

Eine  dritte  Eorm  des  Konj.  giebt  Grateloup,  nämlich  -i,  -u,  -i, 
'im,  -Hl,  -in  für  alle  drei  Konjugationen.  Dieselbe  Form  fiiidet 
sich  in  Andon  (Landes),  R.  d,  p-  g.-r.  111  103.  Auch  aus  Bardeau 
giebt  Mistral  z.  B.  azi,  azis,  azi,  áiim,  ázils,  ázin  (habeam),  ángí, 
angis,  -i,  -im,  -ils,  -in  (que  j'aille)  etc  Es  ist  also  îtn  Konjunktiv 
der  I.  Konjugation  in  der  4.  5.  Person  nach  dem  Vorbilde  der 
übrigen  der  Accent  auf  die  Stammsilbe  gezogen  worden,  wobei 
der  nun  tonlos  gewordene  Endungsvokal  sich  gleichfalls  denen  der 
andern  Personen  anglich;  der  so  entstandene  Typus  wurde  dann 
auch  auf  U.  llf.  übertragen;  bei  Grateloup  mufste  die  Konjunktiv- 
Endung  II.  III.;  I.  iç,  3.  ;f  und  wohl  auch  2.  ö.  ihr  -p  nach  be- 
tontem Vokal  verlieren,  so  dafs  I.  mit  11.  III.  im  Konj.  Präs.  in 
I. — 3.  6.  zusammen  fiel  en,  4.  5.  konnten  dann  leicht  mitgehen.  Ob 
diese  Erklärung  auch  für  Bordeaux  pafst,  weifs  ich  nicht 

Wie  sich  die  drei  Konjunktiv-Formen  auf  die  verschiedenen 
Mundarten  verteilen,  ist  noch  festzustellen.  Im  allgemeinen  gebort 
-ici  dem  Beam,  -i  den  Landes  und  der  Gironde,  -ci  dem  Armagnac 
und  Comminges;  Bigorre  hat  teils  -ci  (z.  B.  Bagnères  de  Big.),  teils 
-ifi'  (z.B.  Ast¿).  —  Zu  bemerken  ist  noch,  dafs  nach  Lespy,  der 
sonst  nur  die  )*f;-Foim  kennt,  bei  den  Inchoativverbell  die  laut- 
gesetzliche  Form  besteht:  audeskp,  -çs,  -f  etc 

4.  Im  Imperativ  zeigt  die  z.  Person  die  laulgeseHtlicben 
Formen:  L -f ,  II.  III.  endungslos:  ny/ifi  H.  S.  1  120,  e rucifiçut  11  ì n, 
¡tèe  1  i;  mosira  16,  íseriu  18;  modern:  aimç,  btn,  dram,  kr»p 
(co^v,,). 

4.  sollte  die  Konjunktiv- Form  aufweisen,  diese  findet  sich  in 
der  That  in  der  alten  Sprache:  merbilhcm  H.  S.  I  84,  entran,  pausai 

I  132,   gí/tw  U  140,    bcyam  I  116,  II  128,  faeam  II  132,  parttscam 

II  80.  Für  die  moderne  Sprache  giebt  I-espy  I.  -tm.  II.  -tm,  IlL  -im, 
wo  also  bei  II.  III.  der  Indik.  an  Stelle  des  Konj.  getreten  ist, 
ohne  Zweifel  nach  dem  Muster  der  ¿,,  aber  warum  nicht  auch 
bei  I.?  Dialektisch  findet  der  Ersatz  übrigens  auch  in  der  1.  statt; 
minyan  in  Lavardac  und  ähnlich  in  Sauveterre,  Mimizan,  St.  Vivien, 
Anglet,  Bastide -CI  ai  rence,  Bordeaux;  die  Mehrzahl  der  Mundaiten 
aber  bleibt  bei  minyem.  Auch  l>ei  IL  III.  hallen  viele  Patois  am 
Konj.  fest:  digäni  oder  diziäm  Arréns,  ka%iam  Campan  und  ähnlich 
Montaner,  Juillan,  Aucun,  Aspet,  Daumazan,  Auch. 

5,  1.  -als,  II.  -eis.  III.  -ils,  also  Indica  li  vformen,  alt  auch  -al  ele 
œil  den  Varianten  des  -Is,  vgl,  besonders  amiau  (amenez),  nulau 
(tuez),  melfu,  also  catalanJsche  Tonnen  in  Senteio. 

daiz  H.  S.  I  80,  anals  11  62,  aparclhal  II  62,  judyal  11  1 26,  ¿«üi 
(venez)  II  18,  iielt  U  28,  coelheU  11  52,  preneta  U  64,  udelt  11  100, 


DIB   KONJUGATION   IM   BÉARNISCHBN.  439 

prenet  II  126,  umplitz  II 46,  partit  II  66,  dormitz  II  104,  crobitz  11 138. 
Konjunktivformen  treten  ein  bei  esse,  habere,  sapere,  im  Áltbéam. 
auch  bei  anderen:  siatSy  ajats,  sapiats\  —  ajatz  H.  S.  II  94,  sapiatz 
I  84,  II  58,  beyatz  II  62,  diguatz  II  62,  digatz  II  158,  {benedtsetz  I  98). 

Für  die  3.  6.  treten  stets  für  alle  Personen  im  negierten  Satze 
die  Konj.-Formen  ein:  no  ns  Ihebes  H.  S.  I  6,  no  talhem  II  140,  no 
ptoretz  II  138;  no  Vausigues  I  80,  no  tematz  I  64. 

5.  Das  Imperfektum  zeigt  in  der  4.  5.  I.  UI.  wie  im  Span. 
Zurückziehung  des  Accents;  die  i.  zeigt  als  Endung  entweder  -3i, 
also  die  gewöhnliche  Endung  dieser  Person,  oder  -^7,  wo  dieselbe 
£ndung  an  die  lautgesetzliche  angefügt  ist  (wie  im  Konj.  Präs. 
II.  III.).  I.  I.  anabi  H.  S.  II  88,  estremabey  I  52,  erey  II  88.  —  3.  por- 
taba H.  S.  I  14,  tor  ñaua  Ree.  104,  amenaue  22^  robatu  2"^^  anaue  24, 
tntraue  24,  datu  25.  —  4.  estabem  H.  S.  I  78,  trobavem  H.  S.  II  40. — 
5.  anabetz  H.  S.  I  32,  sercabetz  H.  S.  II  40.  —  6.  gastauan  Ree.  17, 
¡ababan  H.  S.  I  86,  anaben,  trobaben  H.  S.  I  28,  denhaben  I  38,  estaben 
I  124.  —  IV.  ^.feriva  Ree.  63,  f entée  24,  26,  compirne  ^^^  exive 
H.  S.  I  28,  falibe  I  58,  guardibe  I  86,  bestiba  II  112.  —  4.  compttuem 
Ree.  47.  —   6.  descobriuen  33,  crobiben  H.  S.  I  40,  escarniben  II  142. 

Das  älteste  Beispiel  der  Aeeentverschiebung  in  der  4.,  das  ich 
belegen  kann,  ist  complixum^  Orthez  1246,  wo  die  Schwächung  des 
a  zeigt,  dafs  es  tonlos  war.  Modern:  L  -abU  -abçs^  -abç,  -abçm^ 
-abçts,  -abçn  (Lespy).  i.  -a^^/ Armagnac  und  Comminges:  gardauçi 
C.-M.  301,  destrigauçt  477;  in  Bordeaux  scheint  der  lat  Accent  zu 
bleiben,  Bourdez  211. 

Das  Impf,  der  I.  ist  also  lautgesetzlich  entwickelt;  IH.  eine 
Neubildung  nach  I.,  morta  Ree.  91,92  ist  indes  wohl  keine  Be- 
wahrung der  älteren  Gestalt  (*-iö),  sondern  eine  provenz.  Form. 
Modern:  -/'¿/,  -ib^Sj  -tbc,  -ibçm^  -ibçts^  -tbçn  Lespy. 

Die  dialektischen  Unterschiede  betreffen  zunächst  die  Gestalt 
des  intervok.  v  {b  oder  u)  ;  die  Ausdehnung  der  Aeeentverschiebung 
in  4.  5.  ist  noch  zu  bestimmen.  Clamaun  Ree.  102  gehört  zu  den 
Formen,  die  P.  Meyer,  Rom.  IX  192  besprochen  hat;  mingan  in 
La  Réole  ist  vielleicht  eine  Fortsetzung  derselben;  kantaçi  (i.)  aus 
Comminges,  Luch.  Et  239,  bedarf  noch  näherer  Nachricht 

Endlich  hat  in  einem  Teile  der  Landes  und  der  Gironde  das 
Impf.  I.  als  Tonvokal  e  statt  a,  nämlich  in  Chalosse,  St.  Sever  und 
den  angrenzenden  Teilen  der  Landes  (L.-R.):  aimçbç,  admirpbÇt 
Mimìzan:  minzfuön,  dôzir^uç,  im  Bordelais  (Bordeaux,  Langon,  la 
Réole):  kantebi  (Luch.  Et  255),  mingèun  (6.),  baléuç^  aprtièéiéÇ  (la 
Réole),  Bouglon:  kantebç  (Luch.  Et  255);  bei  Grateloup:  parlebì^ 
'ÇS  etc.,  in  Guienne  (Mistral):  dunfyt\  -es  etc.,  in  Médoc  dagegen 
ist  a  bewahrt:  kanta^i  (Luchaire).  In  den  alten  Texten  findet  sich 
e  noch  nicht,  Bordeaux  hat  noch  im  14.  Jh.  a  (Bourciez  p.  210) 
(jetzt  soll  es  nach  der  citierten  Stelle  bei  Luchaire  e  haben,  vgl. 
aber  countaby  Sehnakenburg  207,  cridaben  207,  raougeaby  208  etc). 
Es  ist  also  auf  dem  bezeichneten  Gebiete  das  Impf.  II.  auf  I.  über- 
tragen worden. 


6.  Am  merkwürdigsten  ist  das  Impf,  der  /-Konjugation.  Es 
tritt  in  drei  Gestalten  auf,  nämlich:  (3.  Fers.)  -ia,  -i  und  -ib^ 

Die  erste  dieser  drei  Formen  gehört  den  Grenzgebieten  gegen 
das  Prov.  an:  dem  Coraminges,  dann  der  östlichen  Gascogne  längs 
des  Laufs  der  Garonne,  bis  zum  girondtnischen  Dialekte,  der  die 
beiden  andern  Formen  aufweist.  Vgl.:  iijiif  Aspet,  Oust,  Sentein, 
ahiç  Daumazan,  a%ûç  Maoleon  de  Barouase,  huli^,  kaliç  St.  Girons, 
ayiç  Luchon,  preniâ,  lûzisiô  Agen  (Jasmin).  —  In  allen  Texten: 
I.  fazia  Reo.  8,  auia  8;  —  3.  auie  Ree.  5,  deute  g,  fasie  5,  dima  9. 
—  6.  auien  7,  lUtii  &,  fazian  q,  autan  El  318,  alle  aus  dem  Com- 
minges.  —  Auch  in  den  alttn  Denkmälern  anderer  Gegenden  findet 
sich  -íií,  so  in  Bigorre:  auie  Ree.  29,  deuü  ig, /azù  15,  rmdia  15, 
podia  ly; —  Armagnac;  auia  103,  Mus.  d.arch.  dép,22Ç;  —  Gironde: 
desya  Bordeaux,  Rev.  des  Soc.  sav,  422,  und  andere  Beispiele  bd 
Bourciez  210.  Da  aber  überall  daneben  Impf.-  und  Kondis.-Formen 
mit  -c  vorkommen,  so  mnfs  man  darin  provenzalischen  EinfluTs 
erblicken. 

Auch  aus  einigen  modernen  Dialekten  aufserhalb  des  oben 
bezeichneten  Gebietes  werden  Formen  mit  -ia  gegeben,  doch  bilden 
sie  immer  die  Ausnahme  und  sind  wohl  ebenfalls  nicht  auf  dem 
betreffenden  Gebiete  heimisch;  so:  si  sabia  Eaux-Bonnes  {in  einem 
Liede!),    si  Cabiìi  Asie,   karièi  (je  ferais)  ib. 

Die  Formen  des  eigentlichen  Béarnischen  sind  nun  folgende: 
I.  -i,  2.  -/Ï,  3.  ./,  4.  -/«,  5.  .//j,  6.  -fit  oder  1.  -/if,  -föcs,  -f3ft 
-¿bçm,  -/bç./s,  'ßcn.  Von  diesen  beiden  Formen  ¡st  die  zweite 
selbstverständlich  nicht  die  Fortsetzung  des  lat.  -ebam,  sondern 
ist  aus  der  ersten  nach  dem  Muster  des  Impf.  I.  UL  gebildet 
worden.  Die  alten  Texte  kennen  sie  noch  nicht;  die  fmhesteu 
Beispiele,  die  ich  finde,  stehen  in  der  H.  S.;  3.  lieba  I  82,  6.  i-itban 
I  60,  lieban  I  8z,  104,  II  14;  aber  auch  in  der  H.  S.  sind  dies  die 
einzigen  Beispiele,  sonst  zeigt  dieses  Denkmal  stets  -i\  so  auch  ti£» 
(tenebant)  II  44  etc. 

In  Lnchaires  Recueil  ist  -e  die  einzige  Endung:  3.  haue  J2, 
pritie  2/Í,,  Jaze  25,  bole  2$,  escriue  104,  /ie  3Ó,  /ase  Arch.  dép.  235, 
preñe  H.  S.  I  40,  /rtge  ib,;  —  4.  jazein  H.  S.  I  78;  —  5.  velielz, 
voUelz  H.  S.  I  36;  —  6.  anen  Ree  16,  poden  25,  lien  16,  /asen  20, 
fosen  H.  S.  I  22,  preñen  ib.,  bien  (veniebant)  1  tio,  thien  I  112, 
tien  II  44. 

Die  Verteilung  von  -é  nnd  -¿bç  tn  den  modernen  Mundartoi 
mufs  noch  bestimmt  werden;  das  Béamísche  zieht  im  allgemeiiten 
die  kürzere  Form  vor.  Armagnac  und  die  Gironde  die  längere. 
Vielfach  bestehen  beide  nebeneinander;  Grateloup  giebt  -ébç,  auch 
abébg,  aber  in  der  peri  ph  rastisch  en  Konjugation  abé;  ähnllcb  in 
Bagneres-de-Bigorre,  gewiihnlich  -^p:  sabfjiç,  kalfgç,  pudftff,  sa- 
*/»f/  (5-)i  ^ffui  (je  voulais),  aber  an¿n,  bl^  (il  voulait),  ap/j  (l.); 
hier  hat  wohl  die  auxiliare  Natur  der  letztgenannten  Verba  die 
ältere  Form  bewahrt,  vgl.  auch  Bourciez  211.  —  Doch  wird  ans 
Aste  angegeben:  ab^,  hatf,  bul^,  half,  beh4,  sabfm,  abfl,  sabfi  neben 


DIE  KONJUGATION    IM   BEARNISCHEN.  44 1 

áisfiá,  prenibS,  hfbä  (faisait),  wo  eine  derartige  Erklärung  also  nicht 
zutrifit 

Der  erste,  der  auf  diese  Impf.-F.ndung'  aufmerksam  gemacht 
hat,  ist  m.  W.  Paul  Meyer  (Rom.  111  438);  eine  Erklärung  giebt  er 
nicht.  Bourciez  hält  es  für  wahrscheinlich,  dafs  man  von  der 
Endung  -ia  auszugehen  habe,  die  in  der  Gascogne  frühzeitig  zu 
-ie  geschwächt  worden  sei,  „dont  on  a  de  vieux  exemples,  comme 
Montsaunès  1179  avie  [Roc.  5],  Lézat  1232  avien  [Ree  7]".  Er 
giebt  zu,  es  sei  schwierig  anzunehmen,  dafs  -ie  sich  durch  Atifall 
eines  früher  betonten  i  zu  -e  reduciert  habe,  sieht  aber  nicht  ein, 
warum  man  sich  dieser  Hypothese  entziehen  soile.  Diese  Ansicht 
¡st  indes,  eben  weil  sie  lautlich  unmöglich  ist,  zu  verwerfen;  warum 
hätte  die  Verbalendung  -ia  sich  anders  entwickelt  als  die  Subst.- 
Endung  -ia  und  als  siat?  warum  findet  sich  -/  als  Impf.-Endung 
auch  dort,  wo  nachtoniges  a  nur  zu  -ä  geschwächt  wird,  wie  in 
Arréns,  Garlin  u.a.? —  Die  Beispiele  mit -jí,  die  Bourciez  für  die 
nach  ihm  altere  Stufe  des  -é  anführt,  sind  beide  aus  einer  Gegend 
(Comminges),  die  noch  heute  die  Endung  -if  hat,  beweisen  also 
gar  nichts.  Die  gase.  Impf.-Endung  -/  hat  also  mit  der  vi.  -eat, 
prov.  -ia  etc,  wie  man  mit  Gewifsheit  behaupten  kann,  nichts  zu 
thun;  der  Ursprung  mufs  anderswo  gesucht  werden,  eine  Erklärung 
ist  §  II  versucht 

7.  Perieklum.  Das  Gase,  kennt  drei  Formen  des  schwachen 
Perfekts,  von  denen  die  für  die  I.  und  III.  Konjugation  dem  laL 
Typus  entspricht,  während  das  Perf.  der  II.  selbständig  entwickelt 
ist  Bevor  die  Endungen  besprochen  werden,  mögen  einige  Be- 
merkungen über  dialektische  Eigentümlichkeiten  vorausgeschickt 
werden. 

Die  3.  Person  solile  lau  (gesetzlich  auf  Vokal  auslauten,  da  das 
auslautende  -/  fallen  mufs.  Die  Bewahrung  oder  Störung  dieses 
lautgeselzliclien  /Auslandes  bildet  ein  wichtiges  Merkmal  zur  Unter- 
scheidung der  gascognischen  Dialekte.  Die  Erhaltung  des  voka- 
lischen Auslautes  ist  charakteristisch  für  diejenigen  Dialekte,  die 
sich  dem  span.  Typus  nähern,  also  für  Beam,  Bigorre  und  die 
Landes;  so  z.B.  in  Pau:  parló,  benú,  parli.  Die  Dialekte,  die  an 
das  prov.  Gebiet  grenzen,  haben  auch  dieselbe  Endung  wie  diese 
Sprache,  nämlich  -k,  so  in  Armagnac  und  Comminges,  vgl.  Auch; 
anek.  kurruk.  Für  den  girondin  i  seh  en  Dialekt  endlich  ist  die 
Endung  -/  charakteristisch;  so  in  Bordeaux:  parici,  benül,  partit.  — 
Dies  sind  die  Verhältnisse  der  modernen  Mundarten  ;  die  alten 
Texte  zeigen  vielfach  andere  Zustände.  Zwar  im  Béarnischen  ist 
zwischen  alter  und  neuer  Sprache  kein  Unterschied  zu  bemerken; 
dagegen  liest  man  z.  B,  in  der  Urkunde  aus  Montsaunès  (Com- 
minges) Ree.  5:  deg,  asolbeg,  ahci  p,irla,  aiuJa; —  aus  Casteljaloux 
(Landes)  Ree.  78:  renuncìed,  confessed,  aber  tingo,  reeonogo  ìì.  &.  Der 
Widerspruch  mit  den  modernen  Patois  erklärt  sich  teils  durch 
Dialektim'schung  (Einflufs  des  Prov.  oder  Béarn.),  teils  aus  dem 
Umstände,    dafs   die    lantgesetzlichen  Formen    eben   erst  allmählich 


442 


1.  ZAUNER, 


durch  die  andern  ersetzt  wurden.  Den  Weg  zu  verfolgen,  deo  t 
Ersetzung  genommen  hat,  mufs  ich  aus  Mangel  an  hiiireichendeo 
Belegen  unterlassen.  Perfekta  auf  -Í  sind,  aufser  den  eben  er- 
wähnten dig,  aso/beg,  ferner  voloc  Ree.  i8,  in  Luchaires  Ree.  nicht 
m  finden.  Auch  das  -/  der  Gironde  ist  jung,  vg!.  ^uüe  Ree  117, 
jure  117,  124  {jurel  123,  128),  Hure  124  etc.  Die  ersten  Beispiele 
des  -/  finden  sich  Anfangs  des  13- Jh.  und  zwar  zunächst  bei  darf, 
dei  Ree  117  (J.  IZ34),  aber  quite,  umdo,  so  auch  Ree.  123  (J.  1237), 
dann  dehnt  es  sich  auf  Verba  der  I.  Konj.  aus:  jurel  123  (aller- 
dings guile  im  selben  Denkmale),  aber  noch  conuingc  ;  um  1 480 
finden  sich  noch  ßeispiele  mit  -e,  aber  -el  ist  viel  häutiger  (Bour- 
ciez  212);  bei  dem  ui-Perfeklum  ist  noch  ïu  Regían  des  15-Jh. 
die  Form  -&  die  gewöhnliche,  -ul  findet  sich  erst  vereinzelt  (Bour- 
ciez  216).  Danach  scheint  es,  dafs  man  als  Ausgangspunkt  dieser 
Endung  etwa  esUl  (stetuit)  anzusehen  habe,  das  ich  allerdings  aus 
alten  Testen  der  Gironde  nicht  zu  belegen  vermag  (modern  Luch. 
Et  236);  nach  eslel  richtete  sich  zunächst  das  nahe  verwandte  del 
[dedit  hätte  de  ergeben  müssen,  da  auslautendes  -d  fällt],  diesem 
folgten  die  Verba  der  a-Konjugation  und  späterhin  auch  die  der 
II.  III.  —  Bezüglich  des  -¿-Perfekts  möchte  ich  noch  darauf  auf- 
merksam machen,  dafs  in  Aste  einerseits  an^,  au  (habuit),  kurra, 
andererseits  parligu,  surligu  stehen;  da  die  beiden  letzteren  doch 
nur  aus  älterem  *parlik,  *surlik  hervorgegangen  sein  können,  so 
würde  daraus  folgen,  dafs  das  •li-Perfekt  cin^t  ein  weiteres  Ge- 
biet umfafsle  als  heute;  mit  diesem  Hinweise  mufs  ich  mich  be- 
gnügen. 

Die  6.  Person  sollte  auf  -ren  {-rin,  -ron,  je  nach  Zeit  und 
Ort)  ausgehen.  Diese  Endung  findet  sich  in  Commingea,  in  der 
Gironde  (von  St.  Vivien  bis  Agen)  und  den  nördlichen  Landes 
(Mimizan).  Dagegen  ist  in  Béarn,  Bigorre,  Armagnac  [wohl  mit 
Ausnahme  der  gegen  die  Garonne  zu  liegenden  Teile,  vgl.  Jt/ùi- 
çutren  etc.  Mus.  d.  arch.  dép.  204)  und  den  südlichen  Landes  {Bajonne, 
Anglet,  La  Bastide  Clairence)  eine  Neubildung  geschaffen  worden, 
indem  an  den  charakteristischen  Perfekt-Vokal  einfach  das  Zeichen 
der  6.,  nämlich  -n  gefugt  wurde,  so  in  Pau:  parlan,  betiún,  purlin. 
Alle  Belege:  aulreieren  Ree.  lig,  quîleren,  manderai  126,  jureren  126, 
arcorderen  GIosS-,  conuingoren  II 9,  conogurren  I26,  dichuren  Gloss. 
(alle  aus  der  Gironde);  —  juran  Ree.  37,  alhegon  37  (Bigorre);  — 
quitan,  laizsan  83,  anan  84,  receben  83,  Iramelon  85,  uolon  88,  ahm 
11  (Landes);  —  peccan  H.  S.  I  18,  Jemanan  ¡b.  20,  lexan  ib.  2,  exiit 
ib.  20,  24,  Serbin  ib.  id8,  asponon  Kec.  49  (Béarn). —  Podaren  H.  S. 
1  40,  acapieron  Ree.  16  u.a.  sind  vielleicht  Ueberbleibsel  des  älteren 
Zustandes,  latssan  Ree.  6,  aßdan  7  etc.  (Comminges)  wohl  nicht 
echte  Formen  dieser  Landschaft. 

Die  Dialekte  der  Gironde,  des  östlichen  Armagnac  {in  der 
Gegend  von  Toulouse)  und  von  Comminges  bewahren  nun  nicht 
nur,  wie  gesagt,  die  Endung  -ren,  sondern  übertragen  sogar  das  r 
derselben   auf  die   andern  Personen   mit  Ausnahme  der  3.,   ao  in 


k 


DIB  KONJUGATION  IM  BÉARNISCHKN.  443 

Bordeaux:  kantéri^  kantéres^  kantet ^  kanteréniy  kanteréts^  kantien. 
Ebenso  in  G)mminges,  nur  3.  kanték;  und  so  bei  den  anderen 
Konjugationen:  óenürt,  benüres,  benutz  benurenty  benüretSy  benüren;  — 
parttn,  partires^  partit^  partiremo  parttrets^  partiren  (Bordeaux)  (Mistral 
giebt  für  3.  in  Bordeaux  :  püni  [ohne  /],  Luchaire  Et.  24 1  für  die 
Gironde  3.  -/*r/,  4.  -irçm,  5.  irçts).  Man  hat  sich  die  Ausbreitung 
der  r-Form  so  vorzustellen,  dafs  zuerst  4.  5.  der  6.  folgten  (vgl 
das  Rumänische),  hierauf  2.,  zuletzt  i.  Die  r-Formen  für  die  erste 
Person  sollen  sich  nicht  vor  dem  Ende  des  15.  Jh.  finden  (Bour- 
dez  212).  Merkwürdig  ist,  dafs  die  3.  Person  den  andern  nicht 
folgte. 

Diese  Erklärung  des  r  durch  Uebertragung  aus  der  6.  scheint 
die  einzig  mögliche  zu  sein;  doch  ist  zu  beachten,  was  Luchaire, 
Et  p.  225  sagt  „Les  patois  de  la  région  girondine  et  toulousaine 
se  servent,  au  parfait  des  trois  conjugaisons,  d'un  r  doux  qui 
n* existe  pas  dans  les  autres  dialectes^  et  dont  le  son  varie  entre  g  etl: 
canteri  (cantey),  benouri  [benouy).^^  Die  Ausdrucksweise  Luchaires 
ist  hier  allerdings  etwas  unklar.  —  Einige  Gegenden  von  Comminges 
und  Couserans  bedienen  sich  endlich  nach  Luchaire,  Et  225,  eines 
Perfekts  auf  -egei  {benegeji);  hier  hat  die  3.  Person  dieselbe  Rolle 
gespielt  wie  in  den  eben  erwähnten  Formen  die  6. 

8.  Das  ö-Perfektum.  Die  Endungen  des  Altbéarnischen 
sind:  -e(y)f  ^est^  -0,  -ö/w,  -jA,  -0«;  die  Formen  stimmen  zu  den 
anderen  rom.  Sprachen,  die  2.  Person  hat  ihr  e  von  den  ersten  be- 
zogen, in  der  -^' regelregt  aus -ji' entstanden  ist  Belege:  i,  pausai 
Ree.  2Q,  pausei  ^2^  pause  36,  39,  prege  112,  autreie  112;  —  matey 
H.  S.  I  52  ;  enfantey  H.  S.  II  30,  ane  II  58,  labe  ib.,  demane  II  132  etc 
—  2.  dtsemparest  H.  S.  I  52,  orredest  I  74,  demanest  I  78,  trobest  I  6, 
U  4,  ameSy  manif estest  II  98  etc.  —  3.  mana  Ree.  48,  goadanha  55, 
pecca  H.  S.  I  i,  apera  I  4  etc.  —  4.  ser  cam  H.  S.  I  36  [die  Heraus- 
geber fassen  es  als  Schreibfehler  für  sercabem  (Impf.)  auf].  —  S  -  ne- 
gáis H.  S.  I  44;  demanatz  il  92.  —  6.  peccan  H.  S.  I  18,  demanan 
1  20,  lexan  I  2  etc. 

In  diesem  Paradigma  waren  nun  4.  5.  gleich  den  entsprechen- 
den Personen  des  Präsens;  dem  Bestreben  diese  Gleichheit  aufzu- 
heben kam  die  Aehnlichkeit  der  Flexion  des  a-Per.  mit  der  des 
Perf.  von  dare  entgegen: 

trobei   ¡^  dei  (neben  di) 

trobest  =  desi  (neben  dist) 

troba     00  de 

trobam  lt.  dem 

trobats  Lr>  dels 

troban  00  den^ 
ferner  die  Gleichheit  im  Präs.  Ind.  und  Konj.  4.  5^  Impf.  Ind.,  Inf., 
Part.  etc.  Es  ergab  sich  daher  für  4.  5.  Perf.  leicht  -em,  -eis.  Der 
Einflufs  von  dedi  zeigt  sich  auch  in  der  i.  Person,  indem  für  ^ey 
im  Altbéam.  auch,  wenngleich  nur  sporadisch,  -/  eintrat  (wie  dei 
neben  di)  :  pecqui  H.  S.  I  70,  II 1 20  (vgl.  das  Catal.;  Mussafìa,  7  Meister 


g  7).  —  Auf  diese  Weise  erklärt  sich  das  Paradigma  Lespjrs:  -^ 
-ot,  -u,  -rm,  -its,  -an;  2.  ist  hier  wieder  an  3.  6.  angeblichen  worden. 
Während  sich  das  Beam,  damit  begnügte,  die  Gleichheit  von  4.  5. 
Präs.  und  Ferf.  bei  Seite  geschafft  zu  haben,  gingen  andere  Dia- 
lekte noch  weiter:  3.  6.  (und  2.?)  wiesen  allein  a  auf  und  konnlea 
daher  dem  Uebergewichte  der  andern  Personen  nicht  widerstehen; 
so  entwickelte  sich  das  Schema:  -et,  -es,  -e,  -em,  -ils,  -en;  nach  Lespy 
sowohl  mit  e  als  f,  vgl.  dedi  §  14  c. 

Was  die  dialektische  Verteilung  anbelangt,  so  giebt  Grateioap 
noch  -ei,  -Oí,  -a,  -am,  -als,  -an,  also  selbst  4.  5,  noch  unversehrt; 
d  in  der  3.  hat  Beam  (jedoch  mit  Ausnahme  von  Nay,  das  be- 
reits f  aufweist),  dann  die  Landes;  im  Bigorre  gehören  Gèdte, 
Aragnouet  noch  zum  a-Gebiete.  Im  übrigen  haben  Bigorre,  Com- 
minges.  Armagnac  und  Gironde  f,  daher  z.B.  Bordeaux;  -en\  -eres 
etc.,  Aste:  anp,  Aurignac:  anek,  Irubek,  leyek  etc.  —  In  aller  Zeit 
war  möglicherweise  die  Verteilung  etwas  anders,  indem  das  «-Gebiet 
gröfser  war;  vgl.  Ree.  No.  13,  14  aus  Bigorre,  wo  e  und  a  gemischt 
auftreten,  No.  15  aus  Lourdes,  wo  a  allein  herrscht,  während  nach 
Lespy-Raymond  im  Lavedan,  in  dem  Lourdes  liegt,  heutzutage  / 
gesprochen  wird.  Es  ist  sehr  wohl  denkbar,  dafs  a  allmählich  vor 
t  zurückwich. 

Q.  Das  i'-Perfektum  entwickelt  sich  ganz  regelmäfsig:  i.  -i, 
2.  -is{f),  3.  -i*,  4.  -im,  5.  -its,  6.  -in.  Vgl.  1.  audi  H.  S.  I  l%,  feri 
1  42,  pari  I  78.  —  2.  exist  H.  S.  II  92.  —  3.  audi  H.  S.  I  2,  1  22, 
apari  II  IO,  seguì  II  50.  —  (4.  nicht  betegbar).  —  5,  audií%  RS. 
I  7a,  II  122.  —    6.  txin  H.  S.  I  20,42,  Serbin  I  Ï08,  aparin  II  8  elc 

Bordeaux:  serhiri,  serbires,  serbii,  serbirem,  serbirtls,  serhirtn. 
Wo  die  Inchoativ -Endung  in  das  Perf,  verschleppt  wird,  nimmt 
dieses  die  Flexion  der  II.  Konjugation  an:  Armagnac:  partii, 
Coraminges:  partiSei  etc.  Aehnlich  siirügu,  parligli  (3)  in  Aste  ans 
älterem  *parlik,  *surUk,  also  wie  die  starken  Verba  behandelt. 

-(*«!*,  das  Luchaire,  Et.  p.  241,  als  Endung  der  1.  in  der  (ii- 
ronde  giebt,  wird  wohl  ein  Versehen  sein, 

10.  Die  Verba  II,  haben  im  Gase  etn  eigenes  Perfekt  cnl- 
wickelt,  das  folgende  Formen  zeigt.    Allbéam.   i.  -«(1),   2.  tut,  3.  -fl, 

4.  -om,  5.  -o/j,  6.  -Oll.  Vgl.  x.orthimcu  Ree.  63,  66,  67,  jrmfw  Ûg. 
volu  Ò2,  me/u  107,  /regu  H.  S.  I  22,  aueigu  II  30  etc.  —  3.  perguil 
H.  S.  I  30,  dixust  11  62,  Iremelusl  II  134,  agusi  11  qS,  cotugusi  U  l6fi 
etc.  —  3.  trámelo  Ree.  48,  eseriuo  52,  plago  53,  auzigo  76,  cado 
H.  S.  I  38,    sabo  I  50,    visco  I  74,    cerro  B  160  etc  —   (4.  — ).  - 

5.  eslegos  H.  S.  I  24,  dixost  (umgekehrte  Schreibung  für  oh,  ds  -¡I 
=  /j  1=  j)  I  36,  tremelos  II  13Z.  —  arcnoit  Ree  49,  vienain  J4i 
biencon  H.  S.  1  18,  armaiicon  I  20,  dixon  I  22,  melon  !  38,  lemon  I  So, 
magon  II  28  {moveniul)  etc.  —  Beispiele  für  1.  -uy  s.  Bourciei2[J> 
Später  tritt  durch  Eiuilufs  der  3. — 6.  in  der  2.  und  noch  späier 
in  der  1.  Person  0  für  11  ein;  man  hat  daher  für  das  NeuWani- 
das  Paradigma,  wie  es  Lespy  giebt;  i.  -ui,  2.  -us,  3.  -«,  4.  -<«■ 
5.  -uls,  6.  -un.    Für  i.  geben  L.-R.  neben  digui  auch  diSä,  es  wärt 


DIE  KONJUGATION  IM   BÉARNISCHEN.  445 

also  die  alie  Form  bewahrt  geblieben.  —  Die  anderen  Dialekte,  mit 
Ausnahme  des  Comminges  (§  ii),  zeigen  ganz  dieselbe  Entwicklung 
(Armagnac  3.  'uA),  Die  Gironde  bietet  in  den  alten  Texten  die 
zu  erwartenden  Formen:  i.  -uy  (ort),  2.  -ores,  3.  -0,  4.  -orem^  5.  -oretZy 
6.  'Oren'i  ungefähr  mit  dem  15.  Jh.  aber  zeigt  sich  in  den  Urkunden 
aus  Bordeaux  statt  0  der  Vokal  u  (d.  h.  »),  daher  die  moderne 
Form:  -¿rJf,  -üres,  -«/,  -ûrem^  -ürets^  -üren  (Bourciez  216);  dichuren 
giebt  schon  Luchaire  Ree.  (Gloss.  J.  1276).  Ü  ist  aus  dem  Part 
Perf.  in  das  Perf.  eingeführt  worden;  den  Anstofs  gab  wohl  die 
I.  Pers.  (-¿V).  Uebrigens  hat  nach  dem  Paradigma  bei  Luchaire, 
Et  240  nicht  die  ganze  Gironde  daran  teilgenommen. 

1 1.  Wenn  man  nun  nach  dem  Ursprünge  dieser  eigentüm- 
lichen Perf.-Form  fragt,  so  ist  es  augenscheinlich,  dafs  man  es  mit 
einer  Uebertragung  des  Ausgangs  von  fui  zu  thun  hat,  denn  von 
einer  Accentverschiebung  etwa  *cáduit  zu  *caduit  kann  nicht 
die  Rede  sein  und  auch  ein  lautlicher  Uebergang  von  ''^caduisti 
zu  ^cadusti  ist  nicht  zu  rechtfertigen.  £s  bleibt  nur  zu  unter- 
suchen, warum  und  auf  welchem  Wege  die  Uebertragung  vor  sich 
gegangen  sei.  Da  fällt  denn  zunächst  auf,  dafs  das  Gase,  das 
doch  mit  dem  Prov.  trotz  mancher  Verschiedenheiten  aufs  innigste 
verwandt  ist,  das  dedi-Perfektum  gerade  dort,  wo  man  es  am 
ehesten  erwarten  würde,  nämlich  bei  den  Kompositis  von  dare, 
und  weiterhin  bei  den  Verben  II.  überhaupt,  in  der  historischen 
Zeit  nicht  kennt  Sobald  man  nun  annimmt,  wozu  man  eben  wegen 
der  Verwandtschaft  des  Gase  mit  dem  Prov.  berechtigt  ist  —  dafs 
jenes  auch  das  de  di -Perfekt  einst  in  derselben  Ausdehnung  be- 
sessen habe  wie  dieses,  so  darf  man  als  vorhistorische  Konjugation 
fur  das  Gase,  ansetzen: 

Impf.  Perf. 

I.  parlaba  etc.  parici^  -est,  -0,  -jiw,  -a/f,  -a«, 

II.  *metta  )  wie  im       me/(ijt\  -esiy  -^,  -^/«,  -^/x,  en  (d.  h,  dedi), 
III.  *audia  \    Prov.         audi^  -isty  -/,  -i/w,  -i/i,  -i«. 

£s  wurde  nun  das  Impf.  III.  nach  dem  Impf.  I.  zu  audiba 
erweitert;  daher  war  in  diesen  beiden  Konjugationen  der  Vokal  des 
Impf,  gleich  dem  der  4.  5.  Präs.  Ind.,  man  suchte  nun  auch  für 
die  II.  diese  Gleichheit  herzustellen;  ''^metia  und  noch  mehr  ein 
*metiba  zeigten  eben  einen  Vokal,  der  in  der  IL  ganz  ungewohnt 
war.  Dagegen  wies  das  Perf.  II.  die  gewünschte  Uebereinstimmung 
mit  der  4.  5.  Präs.  auf  und  rückte  daher  an  die  Stelle  des  Impf.  IL, 
das  verloren  ging;  die  Funktionsverschiebung  konnte  um  so  eher 
eintreten,  als  das  Perf.  IL  i^ei)  in  einigen  Formen  mit  dem  Perf.  I. 
zusammenfiel,  was  nun  vermieden  wurde.  Um  für  das  Perf.  II.  Er- 
satz zu  schaffen,  griff  man  zur  Endung  -1//';  warum  man  gerade 
diese  wählte,  ist  schwer  zu  sagen;  vielleicht  war  das  Perf.  estui 
(nach  dem  Muster  hui  =  fui  gebildet  und  zu  *essere  gezogen) 
schon  vorhanden  (belegen  kann  ich  es  nicht),  so  dafs  sich  die 
Proportion  ergab:  éste  :  estui  =  méte  :  metili. 

In  Comminges,    wo  das  Impf,  -ia  verblieb  (§  6),    konnte  auch 


446  A.  ZAÜNSR, 

das  dedi-Perfekt  in  seiner  ursprünglichen  Funktion  wi 
daher  bat  man  dort  asolbeg  Ree  5,  areeberen  6,  hengeren  g  nnd  ino- 
deni:  Aurígnac:  kurrek^  aptrstbtk,  digík;  hxiáxon:  èengeren;  Rieumes: 
auík  (habuit),  bengek,  beeek,  haskek  (il  fit)  etc.  Da  dort  auch  die 
Inchoativ-Konjugation  dieselben  Endungen  annimmt  (§  g),  so  et- 
giebt  sich,  dafs  in  Comminges  -trei,  -tres,  -ek  etc.  die  einiige 
Endung  für  alle  drei  Konjugationen  ist,  eine  Einförmigkeit,  die  für 
den  Dialekt  dieser  Landschaft  charakteristisch  ist. 

Es  mufs  erwähnt  werden,  dafs  sich  das  ui-Perfekt  schon  ia 
den  ältesten  Denkmälern  des  Gase,  findet;  doch  ßtit  dies  bei  dem 
verhältnismäfsig  jungen  Datum  (Ende  des  1 2.  Jh.)  derselben  nicht 
sehr  stark  ins  Gewicht.  Im  Konj.  Impf,  scheint  sich  die  dedi- 
Form  etwas  länger  gehalten  zu  haben,  s.  §  iz. 

12.  Der  Konjunktiv  Impf,  zeigt  als  betonten  Vokal  dea 
Vokal  des  Perf.,  also  für  I.  a  resp.  f,  IL  ü,  Gironde  ä,  Comminges  f. 
III.  (■.  Indes  sind  ein  paar  Abweichungen  zu  konstatieren.  Für 
den  Konj.  Impf.  I  giebt  Luchaire,  Et.  p.  23g  für  den  Dialekt  von 
Armagnac  neben  -essi  auch  -uiii',  ebenso  Mistral  unter  aimù: 
aimoussri  etc.  Diese  Uebertragung  der  Endungen  des  Konj.  Impf.  IL 
ist  vielleicht  durch  dare  hervorgerufen,  das  neben  detti  auch  dimi 
bildet  (§  14c). 

In  der  U.  kommt,  wie  schon  bemerkt,  e  statt  0  in  den  alten 
Texten  einigeraal  vor;  podesen  Ree.  35,  plagues  (* plovuisset)  ILS, 
1  62,  deguts  H.S.  t  156,  pogues  Arch.  dép.  229;  doch  ist  überall  0 
häufiger,  so  dafs  es  zweifelhaft  ist,  ob  man  es  mit  Uebeiresten  der 
dedi-Form  oder  mit  Schreib-  oder  Druckfehlern  zu  thnn  habe. 
Ueber  ü  für  0  in  der  Gironde  vgl.  Bourcici  222. 

Wie  im  Impf,  Ind.  ist  auch  Im  Impf.  Konj.  der  Accent  in  der 
4.  5.  zurückgezogen  worden;  4.  amdsçm,  biHÚSfm,  5.  amdsçis.  ViìS 
die  Endungen  betrifft,  so  erscheinen  in  der  allen  Sprache  die  bot- 
gesetzliehen  Formen,  nämlich  1. — 3.  endungslos,  4.  -fm,  5.  -di, 
b,  -en:  I.  ¡hebas  H.  S.  II  54,  agot  Ree.  2,  Imgos  28,  nrredo!  40,  _/m, 
agot  H.  S.  11  86;  —  (2.  nicht  belegbar);  —  3.  oi/riw  Reo.  6,  em- 
paras 15,  bedas  15,  ¡robas  21,  anas  ¡^,  ¡mat  48,  manat  H.S.  I2^ 
amias  II  130,  ogas  Reo  15,  17,  podos  23,  ba/os  50,  prengüt  40, 
préñeos  H.S.  I  50,  endos  I  62,  paros  li  löo  etc;  —  4.  agotem  Ree. 
109; —  s./oWa  Ree.  51,  Òo/osse/e  H.  S.  1  3t, /ssselg  ì  36,  II84;  — 
6.  Irobasen  Ree.  35,  domanaisen  38,  cambiissen  7g,  bolosen  31,  vtn- 
dossen  58  etc 

Diese  lau  [gesetzlich  en  Verhältnisse  werden  nun  dadurch  gf- 
slört,  dafs  der  Sing,  gleich  dem  Sing,  des  Präs.  Konj,  I,  durch  An- 
fügen der  Endungen  -li  -es  {~jí),  -í  (-í)  erweitert  wird:  i.  fosu 
(Herausg. /owi")  H.S.  II  128,  fosti  etc.  BourcieK  221;  vgl.  in  Bor- 
deaux: auOsi,  -is,  -i,  -im,  -iii,  -in  (Mistral),  Luchaire  giebt  diese  Form 
für  die  Gironde  und  die  Landes  neben  der  gleich  zu  erwähnendeO' 

Meist  aber  hat  der  Konj.  Impf,  die  viel  charakteristiseherep 
Endungen  des  Konj.  Präs.  IL  IIL  angenommen:  {-1),  -ßi,  -p,  -f* 
-çls,  -çn  (also  die  ursprünglichen  Endungen,  nicht  -ig);  3.  biJtft 


DIE  KONJUGATION   IM  BÉARNISCHEN.  447 

Ree.  14,  tornassa  17,  èolossa  17,  podossa  22,  fossa  16,  54,  65,  68;  — 
6.  coselhassan  Ree.  17,  aiudassan  17,  18,  emparessan  79,  anassàn  H.  S. 
II  22y  miassan  108,  agossan  Ree.  16,  arcebossan  ló,  podossan  22^ 
conogossan  33,  ualosan  88  etc.  (bei  Sehreibweisen  mit  -e',  salasse 
Ree.  53,  crompasse  56,  fosse  34,  viencosse  57,  anasen  ^}^^  sàbossen 
H.  S.  II  14  ete.  ist  meht  zu  entseheiden,  ob  -e  oder  -^  gemeint 
sei).    Vgl.  Boureiez  221  und  Lespy: 

-asl,       -asçs       -asç       -dsçm       -dsçts       "asçn; 

'USI      'usçs       -usç       "tisçm       -usçis       -usçn; 

'tst       't'sçs       "isç        "isçm        -isçis        -t'sçn. 
Diese  Form   des  Konj.  Impf,  ist  in   der  Gironde  und  den  Landes 
als  Nebenform,    in    den   übrigen   Landschaften    aussehliefslich    ge- 
bräuehlieh. 

13.  Vom  Plusquamperfektum  in  der  Funktion  des  Konj. 
Impf,  finden  sieh  nur  wenige  Spuren:  sofraisera  Ree.  2,  fora  16; 
entrare  (könnte  auch  Kondiz.  sein)  16,  17;  dixoray  H.  S.  U  72;  Lespy, 
Gr.  p.  386  führt  als  noch  gebräuchlich  an:  abur^^  ptidun^  hurí  (fue- 
ram),  -^j,  -ç  etc,  esturl^  esteri.  Dort  sind  auch  alte  Belege  ange- 
führt; in  seinen  Beispielen  giebt  Lespy  auch  bastir ç,  destrûzirç,  so 
dafs  die  Form  doch  nicht  ganz  erloschen  zu  sein  seheint. 

14.  Das  starke  Perfektum  ist  im  Gase,  bedeutend  in  seiner 
Ausdehnung  eingeschränkt  worden.  Es  giebt  im  Béamischen  eigent- 
lich nur  fünf  Verba,  die  ein  stammbetontes  Perf.  bilden:  fui,  vidi, 
dedi,  feci,  stetui,  bei  diesen  ist  die  Betonung  auf  dem  Stamme 
aber  auch  vollständig  durchgeführt,  flexionsbetonte  Formen  der 
2.  4.  5.  auch  in  alten  Texten  nicht  zu  belegen,  ähnlieh  auch  im 
Konj.  Impf.  —  Uebrigens  ist  die  Tendenz,  die  starken  Perfekta  zur 
schwachen  Flexion  überzuführen,  so  ausgeprägt,  dafs  sieh  ihr  selbst 
die  eben  genannten  Verba  nicht  überall  zu  entziehen  vermögen. 

a)  fui.  —  Alt:  I.  fu  Ree.  112,  H.  S.  II  74.  —  2.  fusi  H.  S. 
I  12.  —  Z-  /^  R^c.  6  etc.,  foo  Ree.  35.  —  (4.  — ).  —  5.  fos  Ree  50 
(Hs.:  fas)j  H.  S.  I  16.  —  6.  foron  Ree.  17,  108,  forint  18,  fon  36, 
37»  7^1  /^^  (=fd=sfonl)  77,  foren  78,  120.  —  In  Bordeaux: 
fui,  fores,  fo^forem^foretZy  foren,  später  u  («)  statt  0  (Boureiez  214). 

Neubéam.:  hui,  hus,  hu,  hum,  huis,  hun,  ebenso  Landes  und 
Bi gorre;  im  Comminges  ebenso,  nur  3.  huk,  daneben  aber  auch: 
hei,  hes,  he,  hem,  hets,  hen,  also  Substitution  der  gewöhnliehen  Perf.- 
Endung;  femer  sind  im  Comminges  die  Formen  hüskéi,  -¿s,  -/^  etc., 
die  an  die  Inehoativa  angelehnt  zu  sein  scheinen,  und  haurei,  haures, 
'ek,  die  mir  ganz  unerklärlich  sind,  im  Gebrauche;  beide  sind 
schwach  gebildet.  Dasselbe  zeigt  3.  huruk,  das  nach  Mistral  beam, 
sein  soll.  —  3.  hü,  4.  hüm  bei  Lespy  sind  nach  der  alten  i.  ge- 
bildet, vielleicht  aber  eher  aus  der  proklitischen  Verwendung  zu 
erklären. 

Der  Konj.  Impf,  ist  entsprechend  dem  der  IL  Konjug.  gebildet 

b)  vidi.  —  Alt:  i.  bi  H.  S.  II  58,  vi  II  118,  bi  Arch.  mun.  1 407. 
—  (2.  — ).  —  3.  bi  Ree.  14,  bic  14,  ¿2  (Bordeaux  1262)  Ree.  Gloss., 
vi  H.  S.  I  8,  I  46.  —  4.  bim  H.  S.  U  18.  —  (5.  — ).  —  6.  vin  H.  S. 


A.  ZÄUNER, 

I  14,  7î,  132.  —  Bordeaux:  hi,  bins,  bil,  birtn,  birett,  hire»  (Bov^ 
dez  214). 

Neubéam.:  hi,  bis,  bi,  bìm,  bits,  bin;  so  auch  z.T.  ¡n  Bigone 
{ï.  B.  Aragnouet,  Arréns)  und  Comminges  {Mauléon  de  Barousse: 
3.  bìk).  Meist  ist  das  Ferf.  schwach  geworden  mit  Zugrandetegang 
verschiedener  Formen  des  Stammes:  Fräs.-Stamm :  btdui,  -«i  etc. 
giebt  auch  Lespy,  ebenso  Landes,  ArmagDac,  Comminges  {btderti, 
3.  bedek;  Präs .-Konj.- Stamm;  Bigorre;  beyú  (Pouyastnic,  Campan, 
Juillan};  von  der  3.  Perf.  aus:  begtk  Comminges  {bigii  Daumazaa);  — 
Inchoativp):  iwiui"  Armagnac;  vom  Partie:  iif/ün"  Gironde,  z.  B. 
St.  Vivien  (während  Bordeaux  die  starke  Fonn  bin,  biret,  6H  Oc 
bewahrt). 

I.  ¿y  in  Arréns  zeigt  Ueberlragung  des  -/  der  I.  schwachen 
Konjug.  (i.  par/fi,  3,  par/f)  zur  Differenzierung  gegen  3.  et. 

Der  Konj.  Impf,  entspricht  natürlich  überall  dem  Perf.:  bùi. 
-fi,  -f  etc.,  3.  IM  H.  S.  II  2Ó. 

c)  dedi.  ~  Alt:  i.  /it  Ree.  8,  di  106,  ify  67  (¡m  Gloss,  fälsch- 
lich als  Präs.  aufgeführt.  —  2.  ¡iis/  H.  S.  !  22,  II  94,  di/s  (^  dis  = 
disi)  RS.1I  106.—  3.  deg  Kec.5,  rftf  (-/)  15,  dt  (-¿i)  18,  at  30,  54, 
de/  117,  118,  de  119  {da  Ree.  9,  das  Lnchaire  im  Glossar  als  Perl, 
bezeichnet,  ist  Präs.).  —  4.  dtm  Ree.  109.  —  (5.  — ).  —  6.  deit 
Ree  Gloss.,  H.  S,  II  11 4.  Il  1 36,  deron  Ree  1 9,  turen  Ree.  1 26,  Ardi, 
mun.  Ill  39. 

I.  di  ist  nach  dem  Vorbilde  anderer  Verba  mit  i'in  i.,  ¿in  3. 
gebildet,  vor  allem  nach  feci;  den  Anknüpfungspunkt  gab  die 
2.  4.  5.  Das  e  mufs  in  der  3.  (und  z.T.  6.)  offen,  in  den  andern 
Personen  geschlossen  sein,  ina  Neubéam.  erfolgt  Ausgleichung  nach 
beiden  Richtungen;  nach  Lespy  lautet  das  Perf.:  dq,  des,  de,  dm, 
dets.  den  mit  e  oder  f.  Man  bemerkt  die  Umíonnung  der  i,  2. 
nach  den  übrigen  Personen.  —  Dieselbe  Form  findet  sich,  abge- 
sehen  von  den  üblichen  Umgestaltungen,  auch  in  Armagnac  und 
Comminges.  Bordeaux  hat  in  alter  Zeit  denselben  Typus:  dey, 
deres,  de/,  deren,  dere/s,  deren  (Bourciez  213),  das  moderne  Patois 
sagt  dauert,  daueres,  daué/,  bildet  also  das  Perf.  von  der  i,  Präs.  Ini 
aus.  —  In  B^am  Sndet  sich  als  Nebeuform  auch  dui,  dus,  du  etc., 
das  sich  offenbar  nach  es/ui  gerichtet  hat,  dieselbe  Form  giebl 
Grateloup. 

Konj.  Impf.:  desi  und  dusi,    Bordeaux:  daiusi. 

d)  feci.  —  i.fi  Ree.  28,  H.  S.  II  30,  /y  Ree.  69,  106.  —  i.pl 
H.S.I70.  /fis/  U  132.  —  y/els  Ree.  16,  /es  17,  H.  S.  1  38,  > 
Ree.  6,  7.  14,  49.  54.  H.  S.  I  iB,  52,  /et  Ree.  1 27.  —  (4.  — ).  - 
5.  /ts   H.  S.  1  1Ò.  —    6,  /en  Ree.  49,  94,   /em  Luchaire,  Él  176, 

/eren  Ree  15,  10 1, /eran  17, /fra«  Gloss. 

Die  lautgesetzliche  Form  der  i.  *fi/s  ist  nicht  zu  belegen,  aba 
aus  der  y/e/s  zu  erschlicfsen;  der  spätere  Verlust  des  -ts  in  beiden 
Personen  erklärt  sieh  durch  fünflufs  von  dedi.  Neubéam.:  lui,  ^> 
he,  hem,  he/s,  hen,  wobei  i.  2.  nach  den  andern  Personen  umge- 
staltet sind;  dieselbe  Form  in  Bigorre  (z.  B.  Aragnouet,  Asie),  Con- 


DIE  KONJUGATION  IM  BÉARNISCHBN.  449 

minges  {i.  hei  oder  herí,  3.  ?uk).  —  Bordeaux  hat  in  den  alten 
Texten  (fi),  /eres,  fei,  ferem,  fereiz,  feren  (Bourdez  213),  das  jetzige 
Patois  verwendet  hirl,  -çs,  hit  etc.,  es  mufs  also  die  i.  längere  Zeit 
bestanden  haben,  Einflufs  von  biri  (vidi)  und  frz.  Einflufs  hat  wohl 
auch  mitgewirkt;  St,- Vivien  zeigt  dieselbe  Form,  auf  béarnischem 
Gebiete  fìndet  sie  sich  in  Montaner  und  Accous. 

Neben  diesen  starken  Formen  sind  auch  zahlreiche  schwache 
Bildungen  zu  bemerken,  und  zwar  entweder  vom  Slamme  haz-  oder 
hask'  (letzteres  wieder  inchoativ?)  aus;  so  3.  hazú  Campan,  Gèdre, 
Aste,  Bagnères-de-Bigorre,  hezú  Ârzacq,  Bastide-Clairence,  hadú  (aus 
*hazu,  intervok.  z  wird  dort  d)  Mimizan,  Juillan,  Galan,  hedú  Pouyas- 
truc,  hadek  Sentein;  —  haskú  Lavardac,  Masseube,  haskek  Rieumes. 
Für  Armagnac  giebt  Luchaire,  Et.  244  nur  schwache  Formen  hazut, 
hezui,  haskuu 

Konj.  Impf.:  hesi^  hazusi,  haskusl.  Alt:  i,/es  H.  S.  1186,  fessey 
II  128,   3.  fes  H.  S.  II  148,  Ree.  14,  15  etc. 

e)  *stetui.  3.  este  H.  S.  I  86,  118,  6.  estén  H.  S.  I  100.  Die 
übrigen  Fers,  kann  ich  leider  nicht  belegen.  —  Modem:  Beam: 
est^i,  est^s,  est^,  estém,  est/ts,  est/n  [3.  est¿  Aste,  Bagnères-de-Bigorre]. 
Ebenso  mit  den  bekannten  Varianten  in  den  andem  Dialekten. 
Die  Anlehnung  an  de  di  ist  unverkennbar.  In  Comminges  kommt 
neben  esterez  3.  estek  auch  eskérei  3.  eskék  vor,  womit  wieder  die  be- 
liebte Inchoativ-Flexion  erreicht  ist. 

Die  Form  mit  e,  die  in  den  alten  Texten,  soweit  ich  sehe, 
die  einzige  ist,  ist  in  den  modernen  Patois  zwar  erhalten,  viel  ge- 
bräuchlicher ist  aber  das  «i-Perf.:  estui,  estas,  estu  etc.  Gironde: 
esiûri  etc.  Man  hat  darin  eine  Uebertragung  des  sinnverwandten 
fui  zu  erblicken;  esttä  hat  seinerseits,  wie  schon  unter  c)  bemerkt 
wurde,  das  Perfekt  des  formell  nahestehenden  dare  nach  sich 
gezogen. 

Konj.  Impf.:  3.  estes  H.  S.  I  86;  6.  estessen  H.  S.  I  76,  II  148.  — 
Modem:  estesi^  estusì,  Gironde:  estûsi. 

15.  Diese  Verba  sind,  wie  schon  erwähnt,  die  einzigen,  die 
im  Béamischen  ein  starkes  Perf.  bewahrt  haben;  alle  andem  starken 
Perf.  sind  schwach  geworden,  doch  mufs  das  Alt-Gasa  eine  ziem- 
lich grofse  Anzahl  starker  Perfekta  besçssen  haben,  wie  aus  Stamm- 
formen der  Verba  der  modernen  Sprache  hervorgeht.  Die  Ueber- 
führung  der  starken  zur  schwachen  Flexion  geschah  nämlich  in 
der  Weise,  dafs  an  die  starke  Form  die  Endungen  des  schwachen 
Perf.  II.  angefügt  wurden,  so  wurde  aus  der  vorauszusetzenden 
Flexion   i.  "^ak  (wie  im  Gemeinprovenz.),    2.  agust,  3.  ak,  4.  agom, 

5.  agots,  6.  *ágr<m  später  i.  agui,  2.  agmt,  3.  agó^  4.  agom^  5.  agots, 

6.  agón.  —  Wenn  Suchier,  Grundrifs  p.  615  als  urgasc.  i.  águ, 
3.  ago  annimmt,  aus  denen  dann  die  modemen  Formen  durch 
Accentverschiebung  entstanden  seien,  so  ist  einzuwenden,  dafs  sich 
das  nachtonige  u  nicht  hätte  erhalten  können  (* sangue  =  sank)\ 
aadi  6.  agon  kann  nicht  mit  Suchier  als  älteste  gase.  Form  ange- 
setzt werden,   da  der  Ausfall  des  r  von  habuerunt  unerklärlich 

imi,  PUL  XX  29 


450 


A.  ZAUNER, 


wäre.  Die  6.  mufs  vielmehr  ursprünglich  'dgron  gelautet  haben 
(vgl,  podrin  Ree.  i6),  das  allerdings  später  unter  dem  Einflüsse  des 
schwachen  Perf.  II.  durch  agón  ersetzt  wurde.  Man  darf  daher 
auch  nicht  mit  Suchier,  Grundrifs  p.  6i6  agóren  als  jüngere  Form 
von  agon  bezeichnen:  beide  stehen  auf  gleicher  Stufe. 

Als  Stamm  des  Perf.  der  modernen  Dialekte  gilt  also,  wie  ge- 
sagt, meist  der  des  alten  starken  Perf-,  doch  kommt  es  auch  vor, 
dafs  die  Verba  vollständig  schwach  werden,  also  den  Präs.-Stainm 
zu  Grunde  legen;  insbesondere  ist  dies  im  Béarnischen  der  Fall, 
wahrend  in  Armagnac  i.  B.  der  Perf. -Stamm  (häufig  unterstützt  vom 
Konj.  Präs.)  selbst  in  den  Inf.  dringt  (g  24). 

Die  Verba,  welche  Reste  starker  Perf.  aufweisen,  sind  unge- 
fähr folgende: 

a)  Sigmatisches  Perfekt 

dixi,  I.  dixs  H.S.  I  I,  z  etc.  (Herausg.:  dixu);  3.  diu  Rea  15, 
dtihs  85,  dixs  RS.  I  2,  50;  6.  düinQ)  H.S.  I  112.—  Nach  Luchaire, 
£(.  p.  243  soll  3.  dits  (?)  noch  neubéam,  sein,  Lespy  kennt  nur  die 
schwache  Form  l.  digái,  digiis  etc.,  die  vom  Stamme  des  Konj.  Präs. 
ausgeht.  Schon  im  Altbéarn.  findet  sich  neben  der  starken  Flexion 
die  schwache  und  zwar  mit  dem  starken  Stamm:  dixo  H.  S.  I  14, 
16  etc.;  6.  dixon  11  130  etc.,  vgl,  dichurtn  Ree.  Gloss.,  so  auch  im 
Neubéam.  gelegentlich,  i.  dieü  L.-R.,  3.  disu  Aucun;  in  der  Gi- 
ronde: disiiri  (z,  B.  St.- Vivien,  La  Réole);  auch  in  Bigorre  und 
Comminges,  dièuk  Haute-Garonne  (C-M.).  —  Vom  Stamme  des 
Präs.  Konj.  gebildet  sind  beam.  (3.)  aigu  (Pau,  Aramits,  Accous, 
Bielle);  Landes:  digú  (la  Bastide-Ctairence) ;  Bigorre:  digú  (Galan, 
Juillan,  Pouyaslruc,  Aragnouet,  Campan,  Asie);  Armagnac:  diguk 
(Masseube,  Auch);  Gironde;  digut  (Lavardac).  Vom  Stamme  des 
Präs.  Ind.  sind  abgeleitet:  Béarn:  dizú  (Sauvetene,  Arzacq,  Mon- 
taner); Bigorre:  dizü  (Gèdre);  Landes:  dita  (Mimizan);  Comminges: 
dittk  (Oust,  St  Girons],  didtk  (Aspet,  Mauleon,  Sentein).  Endlich 
disgü  in  Bagneres-de-Bigorre  zeigt  wieder  inchoative  Bildung  {?). 

prCsi,  %■  prêt  Ree.  15.  Modern:  priri,  príres,  prit  etc.  in 
Bordeaux,  das  von  der  ersten  *prii  aus  gebildet  ist,  wohl  unter  franz. 
Einflüsse.  Sonst  hat  sich  das  Verbum  wohl  überall  den  -w-Verben 
zugesellt.  So  auch  in  den  alten  Texten  aus  Bordeaux  (s.  u.).  — 
Dasselbe  gilt  von: 

misi.  3.  nus  Ree.  77,  Gloss,  (der  Vokal  ist  an  den  von  prts 
angelehnt);  Bordeaux  (mod.):  miri,  3.  mit\  La  Rt;ole:  3.  mit,  sonst 
schwach:  meiú. 

-fraxL  so/raisera  Ree.  2  (Descort).  Scheint  jetzt  verloren 
zu  sein. 

-masi?  Vielleicht  gehört  dazu  Impf,  armaze  Ree.  23.  ^i,  Inf. 
armase  2^,  Impf,  armadi  25.  Verb.-Adj.  armaaíi/ír  33. —  -manebat 
hätte  -ma¿  ergeben,  zur  Tilgung  des  Hiatus  zog  man  das  s  des 
Perf.  heran.  —  Gewöhnlich  schliefst  sich  auch  dieses  Verb  der 
-»i'-Klasse  an,  b.  u. 


DIE  KONJUGATION  IM  BÉARNISCHBN.  45 1 

risi,  arriskú  Bagnères-de-Big. ;  meist  schwach:  örr/V/ii  (Lespy) 
oder  nach  der  -i^/-Klasse,  s.  u. 

b)  Die  -«/-Klasse,  worunter  jene  Verba  verstanden  sind, 
die  im  Prov.  ein  Perf.  mit  g  bilden.  Im  Alt-Gasc.  müssen  diese 
Verba  ebenso  zahlreich  gewesen  sein  wie  im  Prov. 

habui.  3.  hac  Rea  14,  ag  14,  15;  ago  14  etc.  Modern: 
agú  in  Béarn  (wenig  gebräuchUch)  ;  Bigorre  (Campan,  Pouyastruc, 
Aucun,  Bagnères-de-Big.)  agût  Gironde.  In  der  Regel  liegt  der 
Präs.-Stamm  zu  Grunde:  abú  Beam  (Pau  [Lespy],  Sauveterre,  Ar- 
zacq,  Aramits,  Accous,  Bielle,  Garlin);  Landes  (Anglet,  la  Bastide- 
Qairence,  Grateloup),  a¡íú  (Juillan);  au  Beam  (Montaner),  Bigorre 
(Aragnouet,  Aste),  Landes  (Mimizan),  Comminges  (Luchon),  auk 
Armagnac  (Masseube),  vgl.  ao  Ree  76,  77,  ahon  77,  aon  71,  aui 
Bigorre  (Galan,  wieso  -/?),  Gironde  (St.-Vivien,  warum  nicht  ¿*?, 
Lavardac),  a^ek  Comminges  (Aurignac  etc).  In  La  Réole  (Gironde) 
steht  agni  neben  au.  Femer  findet  man  auguk  in  Auch,  Haute- 
Garonne  (C-M.  p.  300),  augût  neben  agût  in  Bordeaux ,  augüt  in 
Bayonne  (Schnakenburg),  es  scheint  ein  altes  aguk  mit  Einmischung 
des  Präs.  zu  sein.  In  der  Gironde  kommt  noch  auzüt  vor  (auch 
Mistral  giebt  auzft  als  „gascon"),  das  vom  Konj.  Präs.  ausgeht 
Kontrahierte  Formen  wie  3.  und  6.  «»,  Konj.  Impf,  usi  etc.  (Lespy) 
(vgl.  abut  aber  in  der  Konjug.  periphr.  ut  bei  Grateloup),  dann  q 
(aus  *aú,  *du)  in  Gèdre  und  Arréns  erklären  sich  aus  der  auxiliaren 
Verwendung  des  Verbums. 

de  bui.  Konj.  Impf,  degos  Ree.  127  etc.  {des,  dessen  Luchairc 
im  Ree.  Gloss,  als  Konj.  Impf,  von  debere  anführt,  ist  wohl  ein  Irr- 
tum?). Modern:  debtii  und  degtit  L.-R.;  dieugéri  „gase"  Mistral; 
diburi  und  dtsküri  Gironde  (Luchaire,  Et  p.  243);  in  alten  Texten 
aus  Bordeaux  dego  (B.  2 1 5). 

bibuL  3.  veguo  H.  S.  II  136,  begore  (Plusqu.)  II  166.  Jetzt 
schwach:  bebui  etc.    Aber  vgl.  das  Partie,  begüi  in  Bagnères-de-Big. 

'*'pl9vuit  3.  Konj.  Impf,  plagues  H.S.  I62;  jetzt  schwach: 
plabú. 

^mçvuit  6.  magon  H.  S.  II  28;  magossan  Ree.  Gloss.  Mod.: 
mahui, 

*cogn9vuit  conogo  Ree.  54,  79,  reconego  79,  6.  conogueren 
126,  reconogueren  126  etc.,  2.  ¿-¿>»^^2^/ H.  S.  II  168.    Mod.:  kunegui, 

♦caduit,    sehwach:    cado  H.  S.  I  38,    cados  (Konj.  Impf.)  H.  S. 

I  62.     Mod.:  kaduù 

♦séduit,  vgl.  das  Part  segui  Lespy. 

♦creduit,  vgl.  rr^-^^«/ (Part.)  Ree.  121;  schwach:  credoren  H.  S. 

II  94,  credo  ^xxxcÌQZ  216.    Mod.:  kredui,  kregui,  kreyut  ÇL.'R,),  letz- 
teres nach  dem  Konj.  Präs. 

♦riduit     3.  arrtgo  H.  S.  II  48;  jetzt  arrida^  vgl.  a). 
occid-.     3.  auzigo  Ree.  76;  Y^ovì).  atuigos  33.     \,  aucigul^.^. 
n  30.     Mod.:  auzidui  und  -già  (Mistral). 

elaud-.     6.  enclagoren  Bourciez  215.     [Mod.:  klaudf], 
ard-.     argo  Bourciez  215. 

29* 


45« 

perd-.  Koaj.  fergta,  pcrgossan  Ree,  Gloss.;  2.  pergusí  H. S 
I  30,  yPfrg9  188,  Ò.pergon  I  88;  Kon]. pergossen  li  142.  Mod,: 
peráui  und  ptrguL 

*potait  6.  >«J!rm  Rea  16.  Konj.  S./tifwac  ^.pogmt\  6.  ft- 
guoten  Ree  105  etc;  daneben  potcot  Ree.  93  aadpedn  Ree.  23  el&; 
^0^  H.  S.  I  66,  poÁ»  I  82,  podarem  I  40.  Mod.:  /mAs'  Bonn;  Ai- 
magnac  futkm,  Conuninges  putierì,  Ginmde  putìtBri  vaca  Kod). 
PiàB.  ans. 

placnL  ì.  plagû  Rec53,63,  H.S.I64,  ò.p/agoM  H.S.I78. 
ÌSod,:  pitauii,  Bagnères-de-Bìg.:  ^A«  von  3.PiSa.  ans.  K<»^In^ 
gase:  plagiti  nsd  plaaûti  (KUstial),  Partie,  plaga  und  píaaSi. 

jacui,  vgl  Part,  yt^  Ree  58;  nuxL:  yaiU. 

coqa-.     Cingilo  Bonrcies  215. 

vine-.     3.  veiKO  H.S.I90;    mod.  btiuúi. 

'^trag-.  Konj.  6.  iragottn  Ree.  34;  i.  trtgu  H.  S.  I  22,  3.  /n^ 
1 18;  6.  Irtgon  I  84;  Ptusqn.  (rigore  H.  S.  I  4a 

leg-.  3.  Ihego  R  S.  1  38,  6.  lÀegM  R  14;  I.  etl^u  II 6S; 
S-  akgoi  I  24.     [Mod.:  l^t,  ¡^u£l. 

fng-.     l-ßtgo  H.  S.  1 100,  fotgo»  n  30,  n  [IO,     Mod.:  hmfii. 

*desting-.     3.  äettmgo  RS.  I  88,  I  118. 

volaL  3.  Bo^t  Ree.  10,  uo^  14,  òo^  13,  volee  18,  bongo  Gian. 
Daneben  schon  i.  voUt  62  (a),  6.  wlon  88,  volom  H.  S.  I  24;  Konj, 
3.  Mot  H.  S,  I  38,   s.  òo^te^  I  36.     Mod.:  iuba. 

valui,  vgl.  Part.  ¿ai|g^/,  òargiU  „gBO/c"  Q)  Mistral;  sonst  inunei 
sehwacfa:  Konj.:  3.  Òaiot  Ree.  50,  6.  atlottaii  18,  uaiotta*  88. 
Hod.:  iaiui. 

*tollnL  3.  Av£  Ree  Glosa,  (also  lel&tiv  jnng,  da  sonst  B 
nicht  r  geworden  wäre,  oder  mindestens  vom  Präs.  beeinfluTst). 
Sonst  schwach:  Konj.  3.  ieres  Ree  34.     Mod.:  íorui. 

col'-.    6.  (W^DM  H.  s.  n  52  ;  arcctigûssa»  I  134.    Mod.:  kutttä. 

Cütr-,   nur  schwach  3,  corro  H.  S.  II  160.     Mod.:  ¡turnu, 

tenui.  3.  Une  Ree  15,  —  1.  arlhümu  Ree  63  ete,  3.  arlmgo 
29,  tenco  50,  tengo  79  ete  Mod:  Beam:  tienui,  liengui,  Üenkui^  aadi 
iengui;  Landes:  tienui,  auch  tiengu  (Anglet);  Bigoire:  íengui;  Ar- 
magnac: tengui;  Carnai.:  ¡engerí;  Gironde;  ^^>i' (Bordeaux,  St-Ví- 
vien),  tengíiri  (La  Réole).  Der  Wechsel  zwischen  g  und  *  bedarf 
keiner  Erläuterung;  das  ie  im  Stamme  ist  aus  dem  Präs.  Ind  4.  5. 
{liem,  tieis),  dem  Infinitiv  (tie)  etc.  genommen;  )'  ist  vielleicht  eine 
Reduktion  von  ie,  kann  aber  auch  aus  der  i.  {*tinè)  übertragen 
sein,  die  Analogie  anderer  Perfekta  läTst  die  leUtere  Annahme  als 
wahrscheinlicher  erscheinen. 

*venui.  3.  òine  (also  nach  i.  gerichtet)  Ree  14,  i.  vimeu 
H.S.  II  92;  3.  ueneo  14,  òieeo  (L  bience)  50,  cenuingo  117,  t2o  etc, 
viento  H.S.I82;  6.  MMfon  Ree  54,  63,  ¿liinfon  54,  conumgortH  W), 
biencon  R  S.  II 14,  18;  Plusq.  3.  biengore  H.  S.  Û  44  ete  Modem: 
wie  tenui. 

prend-.  I.  prmcui  Ree  Gloss.;  prence  Ree  Gloss.,  RS.  1  4, 
prengo  Ree  74,  prencot  H.  S.  I  50,  prengoi  Ree  40,  prauottt»  H.  ¿ 


DIB  KONJUGATION  IM  BÉARNISCHBN.  453 

Il  108;  6.  pringuòren  Bourdez  215,  pringuessen  Ree.  Gloss.  Mod.: 
prenui,  prenkut,  prengm.  Die  Angleichung  an  tenere  liegt  klar  zu 
Tage.     Siehe  a). 

rend-  bildet  nach  Mistral  im  Beam,  eyi  Part,  rmgüt^  sonst 
finde  ich  nichts  Aehnliches. 

respond-.  3.  respongo  Arch.  mun.  ID  29.  Jetzt  schwach:  ar- 
respunui. 

reman-.  3.  armanco  H.  S.  I  58,  6.  armancon  I  20,  Plusqu. 
3.  armancora  11  142.     Siehe  a). 

atting-.     3.  ateneo  H.  S.  I  100.     Mod.:  atenu, 

*and-  (and)  ist  an  das  begriflflich  nahestehende  venire  an- 
gelehnt worden.  Alte  Belege  davon  fehlen,  die  alten  Texte  bieten 
nur  schwache  Formen:  and  etc.  s.  Ree.  Gloss.  In  modernen  Dia- 
lekten aber  findet  sich  die  Umgestaltung,  so  in  Armagnac  (Mas- 
seube:  anguk  und  aruK)^  Comminges  (Rieumes:  angek;  aber  Oust, 
Sentein,  Aspet,  Mauleon,  Daumazan:  anek)^  Gironde  (Lavardac: 
3.  angui,  La  Réole,  Bordeaux:  angui). 

c)  Vereinzelte  Verba. 

Die  »1*- Verba,  deren  Stamm  im  Lat  auf/  endet,  sind  im  Gase, 
schwach  geworden:  6.  recthon  Ree.  83,  rezeboron  Ree.  104;  3.  recebo 
H.  S.  I  4.  —  3.  sabo  Ree.  Gloss.,  H.  S.  I  50,  sabossen  H.  S.  II  14. 
Doch  stellt  das  Part,  receubud  (neben  recebud)  Ree.  Gloss,  einen 
Rest  einer  älteren  Flexion  dar,  die  der  des  Provenz.  gleich  war. 
Mod.  nur  sabm\  arsebut. 

S  cri  bere  bildete  in  älterer  Zeit  das  Perf.  i.  escriscui  Ree,  29 
etc.,  escriscu  H.  S.  II  140,  scrtscu  69;  3.  escrtsco  Ree.  86,  89,  H.  S, 
I  14;  6.  escrtscon  H.  S.  II  130.  Auch  das  ¿^-Perfekt  findet  sich: 
3.  escrtgc  Ree.  Gloss.;  und  auch  schwache  Formen  mit  Präs.-Stamm 
kommen  schon  vor:  3.  escriuo  Ree.  52,  118  etc.,  scribo  H.  S.  II  140. 
Die  erste  der  angeführten  Formen  {escriscui)  ist  wohl  in  Anlehnung 
an  die  Inchoativa  gebildet.  Modem  lautet  das  Perf.  meist  eskribui 
(Beam);  aber  eskrigui  in  Bagneres-de-Bigorre. 

Benedieere:  alt  3.  benedisco  H.  S.  I  28,  ebenso  maladisco  II  32, 
wohl  gelehrte  Formen;  mod.  benadU  maledi  (nach  der  i'-Konj.). 

Par  es  cere:  3.  aparesco  H.  S.  I  76,  II  6;  6.  aparesson  II  148 
[parere:  paros  II  160,  Konj.];  crescere:  3.  cresco  H.  S.  I  84; 
nascere:  3.  »¿w¿^£>  H.  S.  I  104,  122;  nascunl  18;  vivere:  visco  Yi.S, 
I  74,  viscos  I  72.1  Mod.:  pareskui  und  pareèui\  kreskui  und  kreéui; 
naskui  und  naèui;  bibui  und  biskui. 

16.  Das  schwache  Participium  Prät.  hat  die  lautgesetzliehen 
Endungen  -0/,  -¿7,  -1/,  Fem.  -adç,  'üdCt  ^idç:  parlai,  beniU,  audii. 
Wo  die  Inchoativ-Endung  in  das  Part  III.  dringt,  nimmt  es  den 
Ausgang  der  II.  an:  zuisküi  (frz.  joui). 

Stammbetonte  Partieipien  giebt  es  nur  mehr  wenige:  diu  Ree.  9, 
dei  (Subst)  83,  deiia  128,  117,  mod.:  dii,  Bordeaux  (Mistral):  dfii\ 
feii  Ree.  9  etc.,  mod.  hfii\    alheits  Ree.  37,  eslheiis  37,  mod.  est eii^ 


^  viusan  Ree.  126  KoDJ.  Impf,  steht  wohl  for  vtuosan. 


454 


A.  ZAÜMER, 


eslígüt,  esìezii;  ¡riti',  iueil;  eonstrtil'Rec.yy,  xaoâ.  kutíreiú  unú  kutlrt- 
Mi  (Mistral);  enfranU  Ree.  81,  83;  ahert  Ree.  63,  iibirU  85.  mod. 
über,  über,  Arréns  :  uhrit;  kubir,  küber,  Arréns  :  irufii/-,  auftritt 
Ree.  20,  mod.  aiiftr  (frz.  Lebwort)  neben  auheril;  sofftrt  B.  202: 
soUa  Ree.  23  (Subst.),  soutz  15,  sotita  59,  asolt  110,  mod.  arresuíül; 
coules  (Adj.)  Ree.  30;  mot  Mistral;  L.-R.  mu/üí;  mori  Bec.  25,  mod. 
mur;  dadis  Ree.  31,  dad  8  etc.,  mod.  dai;  nads  Ree  31  ele,  mod 
Hal  =  „kein";  nasküi  (L.-R.),  neèiH  ^  „geboren";  buts  Ree.  27  eU^ 
mod.  bit,  auch  bedäl,  besül  nach  dem  Perf.;  eskâs,  ticos/  H,  S,  U  1 16; 
arruí  (ntptu);  ese^riui Ree.  8,  io,  jcí-yV  R.  d.  1.  r.  VL68  (ausNay),  escriit 
H.  S.  Il  140,  ersteres  mit  £iiimschung  des  Pias. -Stammes,  mod. 
eskribül  (L.);  près  Ree.  15,  prees  bb,  prue  39  (frz.),  mod.  pns  und 
prengül,  preniüt  {L.-R.),  Bordeaux:  pris  (Mist);  wj«  Ree,  31,  34.  I2i, 
promis  79,  I  IO,  tremes  93,  solzmes  qo,  aber  meíud  z$,  34  etc,  mod. 
mtiiii;  notas  H.  S.  Il  112,  ars  Bourciez  202. 

Der  Stamm  des  Part,  der  übrigen  Verba  ist  in  der  Regel  gleich 
dem  Pcrfdktslamm :  ÒiikiiI  und  iibii/;  abül,  agül;  dehäl,  degül;  behüU 
begül;  plabül;  mabüt  {mogui,  inagul  Bourciez  201);  bencui  (vaineu) 
Ree.  15,  mod.  bensiü  etc.;  vgl.  g  15. 

Hervorgehoben  seien  nur  noeh  btSt  (*venutu),  lìgi  in  Arreos 
(»  statt  ü  infolge  der  Accent  Verschiebung,  vgl.  Perf.  i.  hlui,  miul 
minutu,  deyua  disjejunare)  und  die  Redensart  ilçs  e  bHçs  (aller  et 
venir)  ¡n  Aspe,  wo  bitç  aus  dem  Inf,  bi  nach  dem  Vorbilde  der 
Verba  III.  gebildet  ist.' 

Das  Partie.  Präs.  und  Gerundium  bieten  in  der  1 11.  nichts 
Bemerkenswertes  (-an,  -en),  die  111.  hat  die  Neubildung  -in  nach 
dem  Inf.,  der  4.  5.  Präs.  etc.:  parlan,  meléti,  audin.  Dort,  vfo  das 
Paru  111,  mit  dem  Inchoativsufüx  erweitert  wird,  nimmt  es  wiedei 
die  Endungen  des  Part  U.  an:  partissin. 

17.  Futurum  und  Kondizionale  werden  «le  in  den  andern 
Sprachen  aus  dem  Inf.  mit  dem  Präs.  resp.  Impf,  von  habere 
gebildet.  Für  das  Futur  ergeben  sich  also  die  Endungen  -({i), 
-OS,  -a,  -am,  -als,  -an.  Für  4.  scheint  auch  -em,  für  5.  -eis  vorm- 
kommen,  sereni  Arch.  mun.  1  442;  pagaren  C-M.  385;  poyretB  H,  S. 
11  70;  vcyrüz  U  88. 

Im  Kondizionale  hat  man  die  Endungen  -i,  -es,  -e,  -em,  -ets. 
-en;  daneben  finden  sich  wie  beim  Impf.  Reste  der  Bildung  mit 
-(a;  I.  paseria  Eaux-Bonnes  {in  einem  Lied,  sonst  die  obigen 
Endungen);  hari^i  {je  ferais)   Aste. 

Trennung  des  Inf.  vom  Auxiliar  durch  ein  Pronomen  ñndet 
sieh  in  den  alten  Texten  sehr  häufig,  besonders  die  H.S.  bietet 
auf  Schritt  und  Tritt  Bebpiele:  baxar  vos  alz  I  16,  melir  vos  ha, 
distr  vos  he  I  22,  dar  l'am  I  28,  esiahlir  l'has  I  28,  diser  /'e  I  30,  diser 
l'an  I  32,  far  m'en  I  60,  poder  Ci  tomar  I  72,  perder  t'es  I  52  etc. 


'  Inlervok.  Tennis  scheint  dort  í 
richlen,   vgl.  farlite.   bendate,   . 
Raymond. 


bleiben  ;    leider  fehlcD  gtnaue  Nicb* 
hete,  kale,   nata  u.  v.  a.  bei  Leípjr- 


DIE    KONJUGATION   IM    BÉARNISCHHN.  455 

Was  die  Gestalt  des  Inf.  in  der  Verbindung  mit  dem  Auxiliare 
anbelangt,  so  bleibt  bei  der  I.  das  a  im  Beam,  meist  erhalten;  in 
der  Gironde  und  den  Landes  wird  es  wohl  ziemlich  durchgängig 
ÏU  e  geschwächt,  die  übrigen  Dialekte  schwanken.  Vgl.  mynyaralz 
H.  S.  I  12;  aportara,  ammara  Ree,  26,  pranaren  35;  trobtrai  50, 
gardtran,  iureran  Luchaire,  Et.  267.  Modem:  anerfi,  ¿ii/'iri{Garlin); 
tumerf  (Kond.  j),  antrat  (Bagnares-de-Big.),  trubtrals,  bramera,  ti- 
rcram  (Bayonne),  pariere  etc.  (Grateloup),  pensaran  neben  opéreras 
(Aste).  Gänzlidie  Synkope  des  a  findet  sich  heutzutage  wohl  nir- 
gends; im  Ree.  findet  sich  ein  einïiges  Beispiel:  durra  go,  das 
eben  deshalb  verdächtig  ist.  Ana  bildet  antrei  oder  anirei,  in  letz- 
terem hat  man  vielleicht  Einmischung  des  Fut.  von  ire  zu  sehen. 

Bei  der  Ul.  Konjugation  ist  die  volle  Form  des  Inf,  durchge- 
führt: audirfi,  audi'ri  elc,  vgl,  audtran  Ree.  32,  ferirà  63,  ueslira  87, 
siguiratt  H.  S.  n  7  z  etc.  Requerrait  Ree  96  steht  in  einer  Ur- 
kunde, die  vom  Frz.  beeinflufsl  ist;  bmdra  Arch,  mmi,  I  415  wird 
wohl  ebenfalls  frz.  sein. 

Die  IL  Konj.  schwankt,  teils  findet  man  Synkope,  teils  unter- 
bleibt sie,  oder  besser,  Ful.  und  Kond.  werden  nach  dem  Inf.  um- 
gestaltet, So  geben  Lespy- Raymond:  3.  bibtra  und  biura,  deberá 
deura,  abera  und  aura,  mabera  und  maura,  kadera  und  kaira,  bedera 
und  beira,  pudera  und  piiira,  kalera  und  {¡n  Orthcz)  karra,  hulera 
und  (in  Bayonne  und  gascogn.)  burra.  Reseura,  saura  neben  re- 
sebtra,  sabera  sind  analogisch  nach  den  Verben,  deren  Stamm  auf 
-b  ^  lat.  b,  V  ausgeht.  Der  Dialekt  von  Pau  und  das  Btiarnische 
überhaupt  ziehen  im  allgemeinen  die  längeren  Formen  vor,  die 
übrigen  Dialekte  die  synkopierten,  doch  ist  besonders  bei  den 
Verben  mit  -d,  -1,  -v  auch  in  Béarn  die  Synkope  nicht  seilen.  Vgl. 
deura  Ree.  21,  aura  21  etc.,  betran  32,  aure  33  (Bigorre)  neben 
beneran  23,  Hera  24,  boleri  17,  podere  33,  de/enere  34,  preneran  35, 
btztran  38,39,41,  prmeram  50  (Bigorre).  Béarn:  plaira  52,  53, 
auren  55,  Ireyra  60,  63  und  hederán  52,  valera  56,  bentra  56, 
abera  58,  tregera  Ó3,  bâtera  63;  auralz  H.S,  I  16,  aures  I  52,  aurate 
II  92,  auras  II  I20  neben  abtras  II  64;  viurals  I  44,  beure  H  66; 
poyrem  I  44,  poyri  I  82,  poyrelz  II  70,  poyres  II  72  neben  poderi  1  54, 
podera  II  56;  btyras  I  50,  II  44,  vtyras  {5.)  II  78,  veyrets  U  88  neben 
vederalt  11  114;  caderen  {4.)  II  28,  crederam  II  142,  saberi  1  54,  bol- 
Urats  I  130;  armaira  (rem anere -f- habet)  ÉL  267;  scmoira  Ree.  95. 

Aus  modernen  Patois:  saterei,  buitres  (Arréns);  bedtra  (Boast); 
briräm  (Boueilh);  dira  {aber  maledizerat),  puira,  beira,  bulerem,  meterá 
(Garlin);  dijeren  (Eaux- Bonnes);  puderas  (Bagnòres-de-Big.);  beires, 
puderam,  saberi,  dizeras,  kalera  (Aste);  bibera,  aber  burrd,  karrä 
(Bayonne),  dturei,  burra,  kairei,  saurei,  direi  (Grateloup).  In  Ar- 
magnac und  in  der  Gironde  scheinen  die  synkopierten  Formen 
ausscbliefslich  oder  doch  vorwiegend  gebräuchlich  zu  sein. 

Infinitiv.     Die  Endungen  sind  L  -«;  IL  -t  oder  -e,  -re; 
-Ì  (alt  -ar;   -er  oder  -re;   -ir). 


456 


A.  ZACXZK, 


a)  Die  L  KoDJagatx»i  hat  im  gznzen  deiuelben  Urning  «ie 
I  in  Lai.;  fan  Nesgase  konnneii  noch  nete  Necbíldongen  dazu,  die 
I  iídi  dardi  fix.  Einflars  rar  I.  schlagen,    wahrend  die  alte  Spradie 

(wie  das  Spanische)  sie  der  DI.  stnries,  so  raläüa,  kemtrihüa,  ^arrta 
ebi,  alt  retlituir,  (onlr&mr,  txtrrir.  Ans  anderen  Klassen  aber- 
getnrten  sind  noch  far^  mod.  ha  (oeben  ftr,  hf,  s.  %  36}  ^  faccfc. 
nnd  tuflra  füi  sabslemere,  letzteres  vom  Peri,  aas  (v;g1.  spao-^M^/rw^; 
kauhá  'calfare  wie  im  Frz.-Prov, 

b)  Bei  der  IL  Konj.  ist  der  Unterschied  zwischen  der  ?-  und 
^'KoIlj.  des  Lateioischen  dahin  aosgeglicbea,  daTs  die  ergere  fost 
völlig  ZQ  Gunsten  der  andern  verdrängt  worden  ist.  Lespf  (SS?^) 
giebt  als  die  einzigen  Infinitive,  die  auf  betontes  t  enden  :  $ahf,  Ud 
(venire,  s.  u.),  dazu  noch  ab¿  und  lié  (tenere).  Bei  buie  und  pude 
ist  die  Betonang  weder  in  Lespys  Gramm,  noch  bei  Lespy-Ray- 
mond  etsichtlicfa,  vgl.  aber  in  .Xiréns  bulfyak  and  Utltgak  (le  vou- 
loir), s.  u.  Dialektisch  wird  seitist  in  den  wenigen  angegebenen 
Infinitiven  die  Ojxtonierung  z.  T.  aufgegeben:  so  abééi  and  akéáe 
(S  31);  hün€,  ¡Une  (auch  in  Beam,  Anlehnung  an  prette  %  23)  and 
binge^  linge  (Armagnac,  Comminges;  vom  Perfekt  und  Konj-  Präs. 
aus).  In  substantivierten  Infinitiven,  deren  verbale  Natur  nicht  mebr 
gefehlt  wird,  bleibt  die  alte  Betonung:  piasi,  leni,  pudi.  Sonst  aber 
hat  man:  kdde,  bédt,  debt,  yáze,  retíbe  etc 

Was  das  Verhältnis  zwischen  den  Endungen  -e  (alt  -er)  and 
-re  betrifft,  so  stimmen  nicht  alle  Dialekte  ùberein.  Das  Béamische 
kennt  ausschliefstich  -t\  vgl.  zu  den  schon  angeführten  Infinitiven: 
arride,  dise,  bène  (vendere),  b/be,  biÒe,  kd/e,  birre,  pèrde,  estribe,  òd/e, 
méie,  kuél'e  etc  So  auch  schon  die  alten  Texte:  distr  H.  S,  I  14,  44. 
bebir  II  136,  prener  I  50,  audder  I  58  etc.  Auch  die  andern  Dia- 
lekte verhalten  sich  so:  due,  hfni  (Arréns);  dise,  ¡órse  (Aste);  béu 
(Lecloure);  dise  (Beaumont  de  Lorn,);  ah:  aueide  Ree  25,  bene  26, 
mixer  31,  recele  29  (Bigoire).  In  der  Gironde  aber  zeigt  sich 
Schwanken  zwischen  -e(f)  und  -re:  meure  (movere)  Arch.  mun.  1  44 1, 
daure  ib.  367,  coire  ib.  HI  14;  aber  beser  I  395,  heder  111  86,  vgl. 
Bourciez  p.  198  ff.  Modern:  perde,  aprene,  entende  neben  entendre 
heire.  Vgl.  noch  die  bei  Luchaire,  Et,  p.  243  f.  angeführten  Infini- 
tive: beire  (neben  besi),  diure  (debere),  dire  (neben  dite),  kreire.  Es 
scheint  also  nach  Vok.,  d,  t,  v,  k  (g)  die  Synkope  eingetreten  za 
sein,  während  sonst  das  e  der  Mittelsilbe  blieb,  resp.  r  vokalisch 
wurde.  Uebrigens  stehen  nicht  alle  erwähnten  Fälle  auf  gleicher 
Stufe:  diure,  meure,  beire  müssen  jünger  sein  und  sind  wohl  erst 
aus  der  1.  oder  3.  Präs.  Ind.  gebildi;t.  Die  Infinitive  bei  (videre), 
ifi  (cadere),  irei  in  Arréns  sind  aus  dem  Futur  nach  da:  da[rfi] 
gebildet:  ÍH/<;v-{aA)  [„infinitif  en  iy"  Camelal,  R.  d.  p.  g.-r.  IV  p.  232], 
wohl  daran  angelehnt,  um  den  Ausgang  -¿  zu  vermeiden  [oder  be- 
ruht irei  auf  älterem  *ireire  (vgl.  f-ai  ^  patrc)?],  Aste  und  Ba- 
gnires-de-Big.  haben  die  Inf.  beie,  kaie,  die  als  hei+e.  kai-^e  {bei, 
kai  wie  in  Arréns)  oder  einfach  als  Neubildung  aus  dem  Stamm 
der  Formen  mit  -x  zu  fassen  sind.    Bei  den  synkopierten  Infinitiven 


DIE  KONJUGATION  IM  BÉARNISCHEN.  457 

der  Gironde  wäre  ebenfalls  Bildung  aus  dem  Futurum  und  die 
Möglichkeit  französischen  Einflusses  zu  erwägen,  doch  gestattet  das 
vorliegende  Material  keinen  genügenden  Einblick  in  die  echt  volks- 
tümlichen Formen. 

Der  Besitzstand  der  H.  Konj.  ist  durch  Uebertritt  einiger  Verba 
aus  der  i-Klasse  vergröfsert  worden.  Vor  allem  ist  venire  zu  be- 
merken, das  in  Ângleichung  an  tenere  =  tié  zu  hié  geworden 
ist;  die  lautgesetzliche  Form  hi  unterschied  sich  eben  gar  zu  stark 
vom  Präs.  Ind.  i. — 3.  6.,  Präs.  Konj.,  Perf.  etc.  Gehalten  hat  sich 
die  lautgesetzliche  Form  in  Bayonne  {bin¿)^  Accous  (¿/*),  Arréns  (vgl. 
5.  suhit^  Futur  3.  hirá,  Perf.  i.  hiui^  Part  hiui\  dann  in  der  Gironde 
(¿fwi*),  in  diesen  Gegenden  richtet  sich  z.  T.  tenere  umgekehrt 
nach  venire  [siehe  unter  c)].  Bii  und  biéne  finden  sich  in  Béarn, 
Bigorre  und  den  Landes;  Armagnac,  Comminges  und  teilweise  Bi- 
gorre  (z.  B.  Bagnères)  haben  hengey  bienge,  Bie  ist  auch  schon  die 
Form  der  alten  Denkmäler,  vgl.  hur  Ree.  22^  endehie  33,  hier  H.  S. 
I  136,  Fut.  hiera  I  16;  venir  Ree.  80,  117  ist  die  girond.  Form, 
henir  H.  S.  I  16  Latinismus  oder  Provinzialismus. 

Femer  treten  zur  IL  Konj.  über  htUye  (*fugire),  y^.  foeger 
H.  S.  II  6  (fugir  H.  S.  I  58  ist  die  ältere  Gestalt  des  Inf.,  wenn 
nicht  vielleicht  Lehnwort);  yéèe  (exire),  hade  (*fodire),  prOdt  (prurire). 
Der  Konjugationswechsel  erklärt  sich  bei  allen  diesen  Verben  daraus, 
dafs  sie  nicht  inchoativ  flektierten,  somit  aus  dem  Schema  der 
2-Konj.  herausfielen.  Ebenso  erklärt  sich  drqme  (dormire)  in  Lectoure 
(beam,  drumf),  Murehi^  sentehen  (Impf.),  parten  (Imper.  4)  in  Bor- 
deaux weisen  ebenfalls  Uebertritt  in  die  ^-Konj.  auf,  allerdings  aber 
nicht  im  Inf.  {senii^  partí).  Im  Agenais  und  in  der  Lomagne  be- 
steht neben  tené^  sorti  auch  tene,  sórtre,  vgl.  Rev.  d.  1.  r.  XXIV  265. 

c)  Die  /-Konjugation  erhält  Zuwachs  zunächst  durch  gelehrte 
und  Neubildungen:  corregir  H.  S.  II  126,  possedesquen  Ree.  21,  legir 
32,  52  (auch  mod.  leyi  und  léye)^  queri  Ree.  104,  arqueri  14,  en' 
queri  Ree.  15,  Arch.  mun.  I  415  (aber  Perf.  requero  Arch.  mun.  I  447); 
emhadihe  Ree.  58  (mod.  emhadi),  apari  H.  S.  II  io  (Perf.)  (mod.  apart, 
indem  Konj.  aparesca  als  Inchoativ-Bildung  aufgefafst  wurde;  alt 
auch  paro  Perf.),  klaudi  (wohl  gelehrt,  alt  claudir  und  clauder),  kuete 
{coelher  H.  S.  I  46)  neben  küti  (frz.)  ;  apruhedi  (versorgen),  zemi\  fall 
(und  da  es  nicht  inchoativ  flektiert,  auch  fáíe),  akizi  (acquàrir), 
indäzij  instrüi  (neben  instrüize)  etc.,  alles  Lehnwörter. 

Femer  selbstverständlich  diejenigen  Verba,  die  gemeinroman. 
oder  wenigstens  in  Gallien  zur  /-Konj.  übergetreten  sind:  muri^ 
segi,  kumpit  {fompliue  Ree  ^2!)ì  ptití'S  (se  repentir),  seguti  (secouer), 
sufriy  tradì. 

Weiter  gehören  hieher  pûdi,  das  sich  wohl  an  das  verwandte 
ptuiri  angelehnt  hat,  ebenso  wie  hedi  (aber  im  Aspe -Thal  hede, 
foetere). 

Aucir  Ree.  17  ist  vielleicht  der  lautgesetzliehe  Reflex  von 
occidere  (beam.  ausside\  vgl.  oben  S.  456  u.,  darnach  Partie  aussit; 
ioteressant   ist  aree  (il  rit)  in  Arréns:    ridere  mufste   dort  arri  er- 


OWb  teaei«  z.T.  wmíMa^  ^"^  wde  wboa  amer  b)  er- 
wifct,  K>  ft'  in  Piyo— c  JMtf  M  A^e-Tlal;  vgL  da'  Ree.  69  (a), 
«r«»-  Mb.  d.  adi.  dép.  236  faelm  £âr  153,  abo  enteres  vielleicfat 
SelmAfcJJe^  »  mama  m  da  Gñonde:  Anw-  Rea  So.  lOj.  i2j. 
198. 

A  Die  GesUlt  des  Stanmes. 

■9.  Das  GasoognÍKte  and  speziell  du  Béarmdte  sejgt  das 
'1  den  VettaUónen  die  mög&dnte  RegebnaTsi^kett 
dorduafñlii^  In  Ne^iniii.  ist  dafaer  too  vendMcdenen  Stammen, 
die  liiilgi'K.nliLli  bei  eñacsB  nod  demselben  Veriiam  aartreten 
mafslwi,  in  der  Regel  nor  ein  eiasigeT  beibdiaken  und  aadb  auf 
jene  Fonnen  ñbaiiagcn  «orden,  in  denen  er  nrsprüogltch  nidit 
berechtigt  «ar.  Heist  ist  es  der  Soanm  der  4.  Pias.  Ind.,  der  ja 
in  der  HebsaU  der  Fonaen  auftrat;  andcie  Dialekte  geben  dem 
Stamm  der  mit  /  abgeleiteten  Fonnen  (Bígorre),  noch  andere  (Ar- 
magnac) dem  ^-Stamme  den  VoTzng. 

2a  Der  Vokal  des  Stammes  mufs  vor  allem  bei  t  and  0 
je  nach  dei  Acceotstelle  rerscbiedeu  sein:  betont  e  f.  anbetont  e  u. 
Die  alten  Texte  geben  darüber  selbstverständlich  keine  Ansknnft. 
Nach  Lespj  wechselt  f  and  e  je  nach  der  Tonstelle  m  den  Verben 
auf  -ira  (-ellare),  i.  B.  aperd,  apfrç,  dann  in  ttgá,  segt  Csequire), 
airemá,  need,  die  beiden  letiten  also  analogisch.  Tonloses  w  und 
betontes  ^  haben  nach  ihm:  adubá,  adurd,  aunurd,  buia,  iugd,  nutd, 
purid,  luAd,  ¡rubd,  dann  urbi  ('operire,  auch  aubri,  dann  flektiert 
es  inchoativ),  turti,  [aber  drumi  immer  mit  u  wegen  der  Nasalis], 
krubi  (*copeiire);  ferner  hqu  aber  bidlm,  p^  aber  pudim  (InC  buie, 
pude  scheint  im  Beam,  auf  der  ersten  Silbe  betont  ïq  sein,  hätte 
also  dann  den  ursprünglichen  Vokal  trotz  der  Accentverschiebung 
bewahrt).  Dialektisch  kommen  dazu  noch  iugd  —  ^^gí  (>■  B-  in 
Bordeaux);  dann  dem^ri  C-M.,  krjpç  (il  coupe)  Mistral,  sogar  ab^ 
(j'avoue)  —  abud  (Mistral).  Moleré,  •morire  u.  à,  kommen  fur 
das  Beam,  nicht  in  Betracht,  da  hier  wegen  der  vorausgehenden 
Nasalis  immer  u  erscheint:  3.  «»  (vgl.  mür  mortu,  mu/ molle,  maU 
nostra  etc.). 

Weiter  ist  zu  erwähnen  der  Wechsel  zwischen  i'e  unter  dem 
Ton,  t  (i)  vor  dem  Ton,  wenn  ein  laL  /  zu  Grande  liegt,  dem 
Palatal  oder  JJibial  folgt,  so  wäre  lautgeselzlich  tfbç  aber  Uba,  dcxji 
hat  hier  die  stammbetonte  Form  den  Sieg  davongetragen,  so  schon 
H.  S.  1  30:  libd  neben  ¡heòd;  ¡kevat  Ree  64,  mod.  nur  (eba  in  Pau, 
doch  z.  B,  leul  (i.)  und  leufk  (Perf.  3.)  in  Masseabe  u.  a.  O.;  gtsqua 
Ree.  25,  27,  cixir  2^,  mod.  yièt,  itsir,  leye  L.-R.,  aber  Part,  teyäl 
in  Arríns.  Üesát  in  Arrena  (laissé)  ist  analogisch  nach  íeba  etc 
Vielleicht  erklärt  sich  ähnlich  das  merkwürdige  dine  (debere),  das 
sich  verschiedentlich  findet  (Et,  p.  243),  k.  B,  Bordean  :  3.  diu,  6.  dâen 
(Schnakenburg),  vgl.  diu  Musée  des  Arch.  dép.  29a    Zu  den  flexions- 


!   KONJUGATION   : 


[   BÉARNISCHEN. 


459 


betonten  Formen  mit  <r  (debtm  etc.)  wurden  stammbetonte  mit  i'e 
(nach  /ruam  —  *lieul]  gebildet:  V¿ru  etc.,  woraus  dann  diu  wurde,' 
das  nun  auch  auf  die  flexionsbetonten  Formen  übergrifl";  3.  ilieu, 
Perf.  dieugf'ri.  Fut.  HieuTfi  bei  Mistral  bestätigen  diese  Auffassung 
vielleicht. 

Tritt  e  durch  Schwund  eines  n  ¡n  den  Hiatus,  so  ergiebt  es 
unter  dem  Tone  f,  vor  demselben  ;';  daher  wäre  lautgesetzlich 
(fi/f  (*minat)  aber  wrrf,  jedoch  hat  die  flexi  on  sbelonte  Fonn  die 
Stammbetonte  verdrängt;  miç.  Anders  verhalten  sich  tenere  und 
venire.  Die  lautgesetzlichen  Entsprechungen  wären:  i.  Un,  2.  ¡es 
{lern),  3.  ie  {Un),  4.  tum,  5.  Hels,  b.  Im  (?);  Impf.  3.  Iif,  Inf.  li/, 
Part  Pr.  Iien{l),  Imper.  U  {ten),  litis;  —  bei  venire  Präs.  4.  bim, 
5.  bils  die  stammbetonten  Formen  wie  tenere.  Von  tenere  sind 
alle  diese  Formen  belegbar  oder  doch  mit  Gewifsheil  2U  erschliefscn: 

1.  tmg  Ree.  40,  3,  ten  Ree.  8;  Gloss,;  Rev.  des  soc.  sav.  423,  lee 
Ree,  Gloss.,  4.  iïem  Ree,  Gloss.,  5.  lids  (Imper.)  H.  S.  II  z8,  6.  [tenm 
Ree.  22].  Impf.  [/(««■  Ree,  Gloss,  (d.h.  ir«?)],  6.  ihieti  H.S.I112, 
Inf.  lier  Ree.  28,  soslit  33.  lienl  78.  Für  venire  vgl.  3,  Òie  H.  S. 
Il  92,  ¿y  H.  S.  U  80  (die  Herausgeber  bessern  biey,  wa3  unnötig 
isl;  ey  für  auslautendes  /  ist  dialektisch);  in  den  flexionsbetonten 
Formen  hat  es  sich,  wie  schon  g  18  b)  erwähnt  wurde,  z.T.  nach 
tenere  gerichtet;  4.  viim  H.  S.  I  132.  5.  büls  H.  S.  U  18  u.  a.  Das 
Ueberwiegcn  der  flexionsbetonten  Formen  bewirkte  nun  die  Ueber- 
tragang  des  Diphthongs  ie,  der  durch  Verschleifung  der  ursprüng- 
lich getrennten  Vokale  entstanden  war,  auch  auf  die  stammbetonten; 
so  schon    in  aller  Zeit;    3.  lie  Ree.  Gloss.,    lieng  ib.,    Ihiei  Ree.  49, 

2.  vieys  H.  S.  II  42,  3.  vit  II  88,  vom  Präs.  ging  der  Diphthong  dann 
auch  ins  Präteritum  über:  biencui  etc.,  s.  §  15  b).  Daher  im  Nen- 
béamischen:  i.  bieni,  2.  bienes,  3.  bif,  4.  bietn,  5.  bitls,  6.  bienm; 
Konj.  biertgf.  Impf,  biebi,  Ger.  bien,  Perf,  bienkui,  Part,  bienküt,  Int 
bie{ae).  Der  Imperativ  2.  lautet  bi,  das  aus  5.  biels  abstrahiert  ist 
(Ueber  das  intervok.  n  s.  §  2^.)  In  Baj'onne  lautet  Präs.  3.  hin,  litt, 
das  Impf,  binfii  nach  dem  Inf.  bi(rte),  li(ne). 

Eine  weitere  Gruppe  bilden  die  Verba  mit  a  im  Stamme  vor  i, 
wo  unter  dem  Tone  f,  vor  demselben  a  berechtigt  ist;'  auch 
hier  treten  Ausgleichungen  ein.  Nascere  hcifst  im  Beam,  naie, 
a  ist  durch  das  Perf.  nasiü  und  das  Part  naskül,  alt  nal,  gehallen; 
in  Armagnac  bleibt  die  laut  gesetzliche  Form  des  Inf.  mse  und  da- 
nach das  Part,  netkül,  nesül  etc. 

Endlich  erklären  sich  aus  Verschleppung  des  Vokals  der  flexions- 
betonten Formen  in  die  stammbetonteu  die  Stamme  von  lüul  (levo) 
Mimizan,  püyc  ("podiat),  krüb^.  (coperit),  mtnyç  {menya  Ree.  65, 
minge  65  (a),  mynye  H.  S.  I  1 1 2,  modem  auch  mamlukç,  das  ein 
Lehnwort  sein  mufs;  aidç  (neben  ayude;  aiudar  Ree.  24,  32,  aiudem 
52,  aida  6),  parlç,  parla  Ree.  7;  kunige,  kunehe;   i.  coneg  H.  S.  II  54, 

'  Vg!,  diu  Deu,  hiuri  febri. 

'  Vyl.  r(iu  fraxiou,  i/ip  capsa,  gr(ì  grasseu,  h(i  fasce;  —  dag'^™ 
maifrf  auxilia,   taiú  taxone,   bai(l  vascellu  u.  dgl. 


■nrh  wo  V  beiiahrt  ist.  hat  der  Stamm  der  flexion sbelonten  f 
Fmgin^    gefoDden,    dahei    béarn.  óo/íí,    girond.  Òaut,    béant,  tata 
«Dd  tafit  (statt  'tau)  etc 

Bei  den  Verben,  deren  Stamm  auf  c  oder  g  aasgebt,  soPte  je 
■»cfa  d«m  daraafFolgenden  Vokale  bald  g  (i),  bald  s  reap.  j>  {:) 
erscbonen  ;  der  Unterscbted  ist  l:>eí  den  Verben  der  I.  Kooj.  n 
Gunsten  des  enteren,  bei  IT.  III.  zu  Gunsten  der  letzteren  ansge- 
gftcben  «Forden.  So  schon  Konj.  3.  pagui  Ree  64,  abtrgtu  26  and 
EDodera  imniCT  págt,  ifrke  elc  Etwas  länger  scheint  die  laotgeseti- 
\vA»t  Form  bei  der  U.  III.  gebUeben  zu  sein  :  alhiga  Ree.  2Ó,  Irtga  2b 
(xrenn  g  oidit  etwa  ¿  vorstellen  soll);  bis  heute  geblieben  ist  der 
Wedud  bei  diu:  i.  Ai  neben  d/a,  Konj.  digfi  (Bordeaux  Jal}, 
«ber  fVâs.  Ind.  4.  di'sem.  Sonst  aber  /¿yi  (lego)  —  /^cn  etc.;  das 
alle  interni,  Konj.  3,  bengu^  H.  S.  1  48  (vaÍQCu)  ist  durch  btnsüi  cr- 
sclat  M'ordcD  «,  a.  m.  Eigentütnlich  ist  Irtser  Ree.  22,  eslreu  13 
neben  dem  regelmäisigen  inger  61  (mod.  íréye).  Da  dem  g  vor  a, 
«  wr  d<^n  palatalen  Vokalen  bald  y  (Ì),  bald  s  entsprach,  so  griff 
imn  hier  irrtümlich  üu  «;  Perf.  und  Part,  waren  indifferent  [Perf. 
•fr^,  ttegu;  Part.  Irfií\,  gestaltetea  also  die  Verwechslung.  Oder 
»oli  >  eine  Graphie  für  i  sein? 

Hicher  gehören  auch  die  Verba,  deren  Stamm  auf  sc  endet; 
In  diesen  steht  ji  resp.  tk  uud  zwar  bleibt  im  ganzen  das  laut- 
KeNutilidie  Verhältnis  bis  heule  bewahrt,  nur  die  1.  (und  6.)  Präs. 
lud,  nehmen  unter  dem  Drucke  der  übrigen  Personen  dieses  Tempus 
itiirchgehends  ¿;  also  \n{,  pariée,  Präs.  Ind.  partsl,  pareéts,  parts  tACL, 
Prit».  Konj.  parííipi,  partskçs,  4.  pareskam  u.  s.  w.,  desgleichen  im 
Perf,  paresiui.  Part  pareskûl.  Ebenso  kmitér,  i.  hiueèi,  Konj.  kmies- 
*r' (Mistral),  ferner  die  Inchoativ -Verba,  worüber  Näheres  im  §27. 
Den  letzteren  schliefst  sich  yeít  (oder  i«/,  ¡  statt  é  dtircb  Dis- 
•Imllation)  an,  da  die  Formen,  wo  x  vor  palatalem  Vokal  steht,  in 


DIB  KONJUGATION  IM  BÉARNISCHBN.  46 1 

ihrem  Ausgang  mit  der  Inchoativ-Endung  identisch  sind;  so  gesqua 
(3.  Konj.)  Rea  25,  27;  aber  eixir  23;  ob  noch  modern  yeè-  und 
y€sk-  wechseln,  ist  aus  L.-R.  nicht  ersichtlich. 

Inwieweit  die  schon  §§  14,  15  angeführten  Perf.-Formen  arrisku, 
escrùca,  disgu  (dixit),  diskärt  (debui),  btsku  (vidit)  mit  der  Inchoativ- 
Endung  in  Zusammenhang  stehen,  und  wie  sie  sich  erklären,  ver- 
mag ich  nicht  zu  sagen;  beachtenswert  ist,  dais  der  Vokal  der 
Inchoativ-Endung  im  Beam,  e  ist,  die  erwähnten  Verba  aber  /  haben. 
Btsku  (vixit)  ist  wie  die  prov.  Form  gelehrt;  hasku^  puskçt  (*possiam) 
sind  för  sich  zu  betrachten  (§  36.  37). 

23.  Venire  und  tenere  sind  auch  hier  zu  erwähnen.  Bei 
beiden  ist  ;i,  abgesehen  von  dem  mit  c  erweiterten  Stanmi,  ent- 
weder gar  nicht  oder,  wo  auslautendes  n  bleibt,  im  Auslaut  be- 
rechtigt Der  Inf.  zeigt  indes  in  Beam,  Bigorre  und  den  Landes 
neben  bi\  hie  auch  hiene^  und  entsprechend  auch  tiene  (§  20).  Es 
ist  eine  Anlehnung  an  prene.  Prene  übernahm  zunächst  von  dem 
begrififlich  nahestehenden  tie  die  Formen  mit^:  Vexi.prengo  (§  14), 
Konj.  Präs.  prenga  (§  24)  ;  als  nun  somit  die  beiden  Verba  in  den 
^-Formen  übereinstimmten,  konnte  umgekehrt  tié  sich  im  Inf.  an 
prene  anlehnen,  wodiu'ch  die  unbeliebte  Oxytonierang  des  Inf.  ver- 
mieden wurde  (§18  b). 

24.  Die  ^-Stämme.  Eine  Anzahl  von  Verben  hat  im  Präs. 
Konj.  und  im  Perf.  ein  unorganisches  g  entwickelt,  das  sich  dann 
auch  in  andere  Formen,  namentlich  den  Infinitiv  einschleicht  Die 
Entwicklungsgeschichte  dieses  g  lasse  ich  bei  Seite,  sie  ist  identisch 
mit  der  des  g  {c)  in  den  entsprechenden  prov.  Formen  (vgl.  Grund- 
rifs  p.  6i5f.  und  p.  618).  Auch  die  Verba,  die  hier  zu  erwähnen 
sind,  sind  dieselben  wie  im  Prov.  Von  den  modernen  gase  Dia- 
lekten räumt  der  von  Beam  den  ^-Formen  den  kleinsten,  der  von 
Armagnac  den  gröfsten  Platz  ein.  In  den  älteren  Texten  stehen 
alle  Dialekte  so  ziemlich  auf  derselben  Stufe  wie  das  Prov.  Die 
Perf.-Formen  dieser  Verba  sind  schon  §  15  b)  angeführt  worden; 
hier  sollen  einige  Konjunktiv-  und  Infinitiv-Formen  gegeben  werden. 

venire:  hengua  Bourdez  219,  mod.  biengçi  und  bienk(í.  Inf. 
tó,  hiene  (§  23),  aber  in  Vic-Bilh  (Beam):  bienge,  benge;  Armagnac, 
Comminges:  benge, 

tenere:  tengua  Ree  24,  tiencham  51,  mod.  wie  venire;  Präs. 
Ind.  I.  tengl  Bagneres-de-Big. 

prehendere:  prenga  Ree.  24,  95,  prencham  51,  mod.  prenkçi^ 
prengçi.    Inf.  prenge  gase.  (Mistral). 

donare  wurde  an  das  begrififliche  Gegenteil  prehendere 
angelehnt:  im  Konj.  dongua  Mus.  d.  arch.  dép.  238,  Bourciez  217, 
dónki  bei  Grateloup;  Ind.  Präs.  i.  donch  Ree.  105. 

stare  bildet  in  der  Gironde  estonga  Bourciez  217,  es  ist  eine 
Angleichung  an  dónga^  das  falschlich  zu  dare  gezogen  wurde; 
mod.  Präs.  Ind.  i.  estun{k)  gase.  (Mistral). 

responderé:  respongua  Arch.  mun.  I  513  und 

remanere:  remangue  Ree.  90,   armangue  Et  367,   haben  sich 


462  A.  ZAUKER, 

den  geoaonten  Verben  angeglichen,  weil  der  Stammanslaut  der 
gleiche  war.     Dasselbe  gilt  von 

•andare:  úagua 'Ree.  1 28,  Bourciezaiy,  mod.  a;^  Armagnac, 
Comminges,  Gironde  (neben  ani),  in  Beam,  Landes,  Bigorre  er- 
scheint an7,  2.  anis  H.  S,  I  6.  Ein  Inf.  ange  mufs  wohl  auch  vor- 
kommen, vgl.  FuL  angtrei  etc.  Lt.  242,  Dafs  sich  dieses  Verbum 
der  Analogie  der  oben  genannten  n-Stamme  fugte,  trotzdem  e^ 
einer  andern  Konj.  angehört,  erklärt  sich  ebenso  wie  bei  donar« 
dtiTch  Anlehnung  an  ein  begrifflich  verbtmdenes:  venire, 

cognosccre  hat  vom  Perf.  aus  einen  Inf.  kuiuge  gebildet, 
vgl.  auch  das  Präs.  Ind.  con/g  H.  S.  II  54,   Konj.  3.  eontgut  U  80. 

credere  bildet  gleichfalls  vom  Perf.  aus  den  Konj.  kreg^t 
{neben  dem  regelmäfsigen  krediçf).  Auch  ein  Inf.  "krJge  ist  ge- 
schaffen worden  in  Arréns:  krtgak  (le  croire)  neben  kreyak,  s.  u. 

*voIere;  Arréns  buh¿ak  (und  bulryak). 

ardere:  atgç  Bagnères-de-Big.,  Aste. 

perdere:  pcrga  Mus.  d.  arch,  dé  p.  23g;  Inf.  ^rÄ  (Beam),  pfrg/ 
gase.  (Mistral). 

occidere:  auagua  Mus.  d.  arch.  d¿p.  241;  i.  aiidguty  H.  S. 
II  128,  amigáis  U  128. 

prudere  (prurire):  prügc  1_-R.  neben  prüdic. 

25.  Formen  mit  y.  Das>'  stammt  teils  aus  dem  Infinitiv 
resp.  FuL  Kond.,  teils  aus  den  Foraien  mit  ableitendem  i  (s,  über 
die  letzteren  §  26).  Für  das  Bëarnische  ¡st  die  zweite  Auffassung 
wahrscheinlicher;  für  rf/ (dicit)  Arch.  mun.  I  368,  crty  ib.,  jay  (jacet) 
ib.  398,  play,  coyan  (coquant)  BourciezztS,  u.dgl.,  in  Bordeaux 
pafst  nur  die  erste;  aber  auch  béarn,  kai  neben  iai  (cadit)  erklärt 
sich  vielleicht  aus  dem  Inf.  kayre  (neben  kaJe),  freilich  mögen  die 
Formen  mit  -/  die  Bildung  begünstigt  haben.  Die  Inf.  6éye,  kiíyt 
in  Bagnères-de-Big.  u.  a.  wurden  schon  §  18  b)  erwähnt.  Auch  das 
Impf,  puyfn  ('potebant)  in  Arréns  geht  wohl  von  einem  aus  dem 
Fut  puirti  gebildeten  Inf.  pai{rt)  (vgl,  bii,  kr/i  eta  §  18  b)  aus. 

Für  das  Béarnische  kommen  fast  nur  Ue  her  tragungen  der  mit 
/  abgeleiteten  Formen  auf  das  Perfekt  in  Betracht;  diese  wurden 
schon  §  15  b)  angeführt.  Hinzuzufügen  wäre  noch  bayu  zu  bade 
(*vadeam).    Vgl.  aüch  den  folgenden  §. 

26,  Das  ableitende  1  macht  in  mehreren  Verben  seinen 
Einflufs  auf  den  vorangehenden  Kons,  geltend,  und  zwar  fast  nur 
im  Konj.  Präs.,  seltener  auch  in  der  t.  Ind.  Präs.  Von  den  mit 
/  b  endenden  Stammen  aus  ist  -iç,  wie  schon  g  3  bemerkt  wurde, 
auf  alle  Verba  II.  III.  verallgemeinert  worden. 

sapere:  Konj.  3,  sapie  Ree.  40.     Mod.  sàpiç  (Ind.  g  34). 

recipere:  Konj.  reccpìa  Ree.  8g,  95,  areepia  95.  Mod.  Konj. 
reiepiç,   i.  Ind.  Präs.  rtsébt. 

habere:  s.  §  31. 

debere:  Konj.  3.  (/<ni^<i  Ree.  125,  í/í^í  H.  S.  II  124.  Modem 
dibiç,  I.  Ind.  Präs.  Mi. 


DIE  KONJUGATION  IM  BÉARNISCHEN.  463 

videre:  Konj.  6.  vegen  H.  S.  I  10;  i.  vegey  11  50,  5.  beyatz  H  62. 
Mod.  I.  Ind.  Präs.  he¿  und  bedi\  Konj.  beyt  und  bediçi]  Perf.  beyú 
(Aste). 

cadere:  i.Präs.  Ind.:  i.  kayixmá  kadi;  (3.  kuj[uná  kat).  Konj. 
kayi  und  kadtçi,   Perf.  kayui  und  kaduif    Part  kagiit,  kadüt, 

credere:  i.  Ind.  Präs.  kreixxna  kredí,  Konj.  {kredtçt  und  kregçi 
in  Béarn),  krezi  Gironde;  Inf.  kr  eie  Ariège;  Veitî,  kreyui  xxna  kredui. 

a  udire:  Konj.  6.  augen  H.  S.  I  16.  Mod.  nur  audeskçi  etc.; 
aber  auzù  (audit)  Haute-Gar.  (C.-M.  300).  Mistral  (gase.)  :  Ind.  Präs. 
áuzty  auzes,  auè  etc.;  Perf.  <mzi  etc. 

va  der  e  :  bade  ist  an  cadere  und  die  andern  mit  ^  angelehnt 
worden:  Konj.  Präs.  báyi\   Perf.  bayú^   Part  bayuL 

faceré:  s.  §  36. 

venire:  Ind.  i.  sui^  in  Arréns  {bì/nì  in  Beam,  bengì  Arma- 
gnac, beni  Gir.).  Im  Konj.  ist  überall  ng  oder  nk  durchgeführt,  in 
der  Gironde  lautet  er  beni,  bents  etc.     Dasselbe  gilt  für  tenere. 

valere:  Konj.  batç;  (Ind.  bali). 

calere:  Konj.  kaiç, 

volere:  s.  §  38. 

27.  Die  Inchoativ-Verba.  Der  Vokal  der  Inchoativ-Endung 
¡st  bald  ey  bald  j,  und  zwar  haben  e  Beam,  die  Landes  und  Bigorre 
(wie  im  Catal.  [und  Span.]),  t  dagegen  Comminges,  Armagnac  und 
Gironde  (Luch.,  Et  p.  241).  Genauere  Angaben  wären  erwünscht 
Die  Trennung  zeigt  sich  schon  in  den  alten  Texten:  serbexs  H.  S. 
I  54,  pariescam  ib.  II  80  (Beam);  possedesquen  Ree.  21,  fenesquan  27 
(Bigorre);  imtituisc  Ree.  8g,  possedisqua  94  (Armagnac);  minuisca 
Arch.  mun.  I  518,  possedissan  I  405,  partisqua  I  398  (Gir.). 

Was  die  Konsonanten  anbelangt,  so  ist  der  lautgesetzliche 
Wechsel  zwischen  /  und  sky  je  nach  dem  folgenden  Vokal,  mit 
Ausnahme  der  Gironde  und  der  Landes  überall  bewahrt  Nur 
die  I.  und  6.  Ind.  Präs.  nehmen  nach  dem  Vorbilde  der  andern 
Personen  dieses  /:  parieeh  6.  parieiin,  doch  sind  bei  der  i.  Bei- 
spiele mit  sc  in  alten  Denkmälern  häufig,  s.  die  Belege  §  2.  Da 
also  im  Ind.  ¿,  im  Konj.  sk  durchgeführt  war,  so  wurde  in  Arma- 
gnac auch  dem  Perf.  mit  è  (s.  u.)  ein  Impf.  Konj.  mit  sk  entgegen- 
gestellt: pariiii\  partiskçi  =  partièui:  pariiskúsi.  In  den  älteren 
Texten  aus  der  Gironde  findet  man  im  Ind.  ss,  im  Konj.  sc:  ^,pos» 
sedts  Rev.  d.  soc.  sav.  423  u.  s.  w.,  Bourciez  207  und  218;  heutzutage 
ist  SS  auch  im  Konj.  durchgedmngen,  Beispiele  dieser  Uebetragung 
finden  sich  schon  in  den  alten  Denkmälern  (Bourciez,  1.  c).  Die 
3.  Ind.  Fräs,  lautet  im  heutigen  Girondinischen  auf  -/'/  aus  (Luch., 
Et  p.  241),  dessen  -/  in  Nachahmung  des  Frz.  angetreten  sein 
mufs.  Also:  Ind.:  partisi,  pariises,  partit;  Konj.:  partisi,  par  tisis, 
partisi  etc. 

28.  Die  Verbal-Formen,  die  die  Inchoativ-Endung  annehmen, 
sind  in  den  verschiedenen  Dialekten  verschieden.  Das  Béamische 
nähert  sich  am  meisten  dem  ursprünglichen  Zustande.  Nach  Lespy 
«ndieint  die  Inchoativ-Endung  im  Ind.  Präs.  i. — 3.  6.,  Konj.  Präs. 


464  A.  ZA0NER, 

I. — J,  6.,  Imp.  2;  also  Ind.:  auJtsi  (von  audi),  audeses,  auJfé,  audim, 
audilt,  audesin;  Konj.:  audeskçi,  audtskes,  audesif,  audiam,  audiaís, 
audesken;  Iyoç.  2.  audeè,  ^.audits.  Dasselbe  Paradigma  giebt  Lucbaire, 
Ét.  P-Z41  für  Beam,  Landes  und  Bigorrc.  Jedocb  tìndet  sich  in 
der  H.  S.  die  Inchoativ-Endung  auch  auf  Konj,  Präs.  4.  5,  über- 
tragen: parttseam  II  80,  parUsqualz  I  80.  Für  die  andern  Personen 
vgl.:  2.  scrbixs  1  ¡4, /enxs  II  116;  3.  englotexs  I116;  4.  establim 
I  52;  6.  encoroltxin  II  86;  Konj.:  2.  oferescas  1  34;  i. pe risque  II  96, 
ebtdtsque  II  96,  Die  Uebertragung  der  Inchoativñexion  auf  4.  5. 
Konj.  giebt  auch  Rousselot  (R.  d.  p.  g.-r.  111  103)  für  Fau,  Lembeye, 
Garlin:  I.  feneskl,  2.  feneskas,  /meska,  ftniskem,  fmiskef,  fcrütkín 
(mit  Accentverschiebung).  Ferner  in  Andon  (Landes)  :  ymiiii',  -li,  -i, 
feneèim,  -il,  'in,  dasselbe  Paradigma  giebt  Grateloup.  (Mit  é  statt  tk 
aus  dem  Ind.)  Bemerkenswert  ist,  dafs  in  Andon  die  4.  lad.  neben 
/ailra  fast  ebenso  häufig  fenfèm  lautet;  die  Inchoativ- Ei  dung  dringt 
also  bereits  in  den  Indikativ  ein.  In  noch  höherem  Mafse  ist  dies 
der  Fall  in  Lourdes,  wo  nicht  nur  die  4.  {finliem),  sondern  auch 
die  5.  {finiéci),  Präs.  Ind.  und  das  Impf,  fmist'u'  davon  erfafst  werden. 
In  Armagnac,  Comminges  ergreift  sie  auch  das  Perf.,  Konj.  Impf., 
Imper.  g;  Perf  -isku  auch  in  Campan  (Bigorre);  in  der  Gironde 
bleibt  das  Perf.  und  der  Konj.  Impf,  bei  der  ursprünglichen  Form, 
dagegen  nimmt  das  Part  Präs.  die  Inchoativ-Endung  an,  woh!  durch 
frz.  Ëinâufs. 

2q.  Die  Inchoativ -Fl  ex  ion  hat  heulzufage  im  Beatnischen  fast 
alle  i"-Verba  ergriffen.  Nach  Lespy  ^  608  entziehen  sich  ihr  nur 
folgende:  drum!,  urb!  {während  es  in  der  Form  aubri  inchoativ 
flektiert),  parli  („abreisen";  in  der  Bedeutung  von  „teilen"  inchoa- 
tiv)! ifgi't  stnii,  serbi,  surli.  Dazu  kommt  noch  muri,  das  sowohl 
inchoativ  (z.B.  in  Fau,  Bielle,  Campan,  Juillan,  Gèdre,  Auch  etc.) 
als  nicht  inchoativ  (z.  B.  in  Sauveterre,  Aramils,  Mimizan,  Aucun, 
dann  in  Comminges}  flektiert  Auch  stgi,  senil,  serbi  können  nach 
Lespy  die  Erweiterung  annehmen,  vgl.  serbexs  {2.)  H.  S,  1  54  neben 
Serbin  (6.)  H.  S.  I  76.  Die  Scheidung,  die  Lespy  zwischen  urbi  und 
auiri  sowie  zwischen  den  beiden  parli  macht,  ist  wohl  künstlich, 
vgl.  in  Anéns  parlée  „er  reist  ab",  uireé  „er  öfl'net",  in  Eaui- 
Bonnes  parleéi.  Sporadisch  finden  sich  auch  noch  von  andern 
Verben  Reste  der  stammbetonlen  Flexion:  3.  aui  H.  S.  II  128  jetzt 
audeé;  6.  tutniin  H.  S.  1  108  jetzt  menltsin.  i.  auffn  giebt  Lespy; 
seguii  (secouer)  hat  nach  ihm  in  der  3.  neben  seguite  auch  segui; 
krt^p  (cöperit)  steht  R.  d.  1.  r.  VI  243,  aber  krubeéin  IV  8g;  sen 
(sentit)  giebt  Mistral  als  béarnisch.  SeÍbstverslándlich  ist,  dafs  sich 
hueye  (*fugire),  das  eben  durch  die  Stammbetonung  in  die  IL  Konj. 
hinübergeführt  wurde,  nun  der  Inchoativflesion  nicht  mehr  unterwirft 

30.    Vereinzelte  Verba. 

essere.  Präs.  Ind.  sui,  fs,  ei,  sum,  fis,  sun  (Lespy).  Die  laut- 
gesetzliche  Gestalt  der  I.  findet  sich  in  Aramits;  tu;  Bayonne:  tun; 
Bordeaux:  son  (Bourdez);  alt:  Auch:  soh  Ree  105,  Bourcieí  20y, 
so  H.  S.  1  30;  vielleicht  auch  in  Couserans:  Oust,   Daumazan:  suh, 


DIB   KONJUGATION    DI   BÉARNISCHEN.  465 

Sentein  suñ;  doch  ist  za  beachten,  dafs  hier  auslautendes  -»  fallt 
(Luchaire,  Et.  p.  251),  so  dafs  man  es  möglicherweise  mit  einer 
Uebertragung  der  4.  auf  die  i.  zu  thun  hat  Sonst  ist  die  ver- 
breiteste Form  sut\  das  sein  -1'  vor  allem  von  fi  (habeo)  bezogen 
hat  Daneben  findet  sich  nun  aber  auch  g:  so  in  Aspet,  sgi  in 
ganz  Bigorre  und  in  Aurignac.  Man  wird  darin  Einflufs  von  *  voleo 
zu  erblicken  haben,  wie  denn  dieses  sich  z.T.  umgekehrt  nach  sum 
gerichtet  hat.  Freilich  stehen  z.  B.  in  Arréns,  Bagnères-de-Bigorre, 
Aste  out  und  sci  neben  einander.  Sui  in  La  Réole  ist  wohl  frz. 
Die  2.  Pers.  lautet  überall  fs,  nur  in  der  Gironde  findet  sich  da- 
neben auch  ses  in  der  Gegend  von  Médoc,  sus  und  sus  in  Bor- 
deaux; beide  Formen  haben  das  s-  der  i.  4. — 6.,  die  2.  aufser- 
dem  den  Vokal  der  5.  resp.  i.  angenommen.  Die  3.  sollte  fs  lauten, 
diese  Form  ist  in  den  Lajides  und  der  Gironde,  hie  und  da  auch 
in  den  andern  Dialekten  (z.  B.  Lectoure,  Aspe-Thal)  bewahrt;  meist 
aber  ist  an  ihre  Stelle  <|'  getreten,  das  nach  Analogie  von  2.  hfs 
3.  Ä^(i),  2.  OS  3.  a,  2.  das  3.  da  etc.  aus  der  2.  gebildet  wurde,  um 
das  Zusammenfallen  der  beiden  Personen  zu  vermeiden.  In  der  4. 
ist  sum  gröfstenteils  durch  *e(s)mus  ersetzt,  vgl.  em  Ree  47,  51, 
52,  III;  mod.  fm;  sum  weist  die  Gironde  auf,  aber  in  Bordeaux 
nicht  vor  1400  (Bourciez  210),  auch  Graleloup  giebt  som;  nach 
Lespy  ist  sum  (in  Beam)  häufiger  als  fm.  Die  5.  lautet  durchwegs 
//r  resp.  ff,  in  Arréns  tffs,  in  der  Gironde  su/s  (Bordeaux),  seis 
(Médoc),  ohne  Zusammenhang  mit  dem  span.  pg.  sots.  Die  6.  heifst 
überall  sun.  Das  Gebiet  von  Médoc  hat  den  Vokal  e  überall  durch- 
geführt (ausg.  6.?),  ebenso  wie  das  auslautende  s  (ausg.  3):  i.set\ 
2.  seSf  4.  semt  5.  sefs, 

Präs.  Konj.  Lespy:  f/i,  sfçs,  sic,  sídm,  stdfs,  st'çn.  Die  alten 
Texte  zeigen  dieselben  Formen,  nur  Ree.  103,  104  steht  3.  seta,  das 
nicht  ganz  klar  ist,  vielleicht  nur  graphisch.  Grateloup  hat  si\  sis, 
st\  sim,  säSj  sin,  von  denen  1.3.,  wohl  auch  2.  6.  in  dieser  Gegend 
lautgesetzlich,^  die  4.  5.  danach  gebildet  sind  (oder  aus  s/cm,  siçts 
mit  Accentverschiebung?).  i.  si^i  in  Bagneres-de-Big.  zeigt  Accent- 
verschiebung  (2.  stös  etc.);  ähnlich  erklärt  sich  2.  stoskçs  etc.,  das 
Mistral  als  gase.  (Imper.)  anführt,  die  Endung  ist  an  den  Konj. 
von  *potere  angelehnt.  Endlich  die  Gironde  weist  neben  dem 
regehrechten  (§  3)  stt\  stt's,  stt\  sitm,  st't/s,  sith  auch  stgt\  sigçs^  sigç, 
s^en,  sigetSj  sîgçn  auf,  das  an  neuprov.  Formen  erinnert 

Impf.  I.  erey  H.  S.  II  88,  100;  3.  era  Ree.  5  etc.;  4.  erem  Ree. 
24,  31;  6.  eran  Ree.  16,  erem  H.  S.  I  30  etc.  Entsprechend  in  den 
mod.  Dialekten:  Lespy:  ^n,  frçs,  frç^  frçm,  frçis,  frçn.  In  Gèdre 
I.  >//-?,  in  Arréns  ¿fra.  In  der  Gironde  tritt  auch  stabam  für 
tram  ein. 

Das  Perfekt  s.  §  14  a).  Uebrigens  ist  es  heutzutage  meist 
durch  das  Pert  von  stare  ersetzt  Bemerkenswert  ist  noch  das 
sonderbeve  Pcr£  fafir  in  Galan  und  Pouyastruc,  in  letzterem  kommt 


I  "^  ""^Tftl  raga  fur  ü^  etc. 

30 


466  A.  ZAUNRR, 

auch  aste  vor,  danach  scheint  es,  dafs  das  i-  der  ersteren  Foim 
überhaupt  nicht  zum  Verbum  gehört,  sondern  die  g  2  erwähnte 
Partikel  be  ist. 

Das  Futurum  heirst  überall  serii,  in  Armagnac  auch  surtí, 
eine  Angleichung  an  stare,  dare,  faceré.     Vast,  estai,  Ger.  ettam, 

Infinitiv.  AU:  ester  Ree.  21,  22,  81;  ettre  g,  32,  80,  94,  117; 
aie  24;  esse  35,  esser  52,66,85;  also  mit  verschiedener  tleband- 
lung  des  Mittelvokals.  Heutzutage  ist  esse  ganz  erloschen,  fite 
findet  sich  nur  in  Armagnac  und  Comminges  als  reguläre  Form, 
auf  dem  übrigen  Gebiete  nur  sporadisch,  z.  B.  in  Aucun.  Aragnouet, 
Arréns,  Oust,  überhaupt  im  Gebirge;  sonst  ist  es  durch  esta  er- 
setzt worden, 

31.   habere.    Präs.  Ind.  i.  «t' Ree.  3g,  e  105  etc.,   2.1»,  3.  .1, 

4.  auem,  5.  /lòets  Ree.  2,  ò.  an  g  etc.  Mod.  Lespy:  p,  as,  a,  abem, 
abets,  an.  Von  dialektischen  Abweichungen  sind  zu  bemerken: 
4-  ("1,  5.  fis  in  ArrUns,  wohl  durch  eine  proklitische  Verkürzung 
entstanden,  e  kann  aus  i.  genommen  sein  oder  als  betonter  Vokal 
einem  tonlosen  f  {em,  p/s)  entgegengestellt  sein.  6.  en  in  Campan 
ist  danach  gebildet.    Für  die  Gironde  sind  charakteristisch:  4.  am, 

5.  als,  die  indes  in  den  alten  Testen  noch  nicht  vorkommen  und 
die  vollen  Formen  auch  heute  noch  nicht  ganz  verdrängt  haben. 

Präs.  Konj.      3.  aje    Ree.  23,    au  24  etc.,    4.  aiam   23,  25, 

6.  atan  9.  So  -luch  modern:  àyi,  ayçs,  ayç,  ayam,  ayals,  ayçn  bei 
Lcspy  und  so  fast  überall,  abgesehen  von  lautlichen  Varianten. 
Neben  diesem  auf  *hajam  zurückgehenden  Typus  kommt  auch 
ein  dem  klass.-IaL  habeam  entsprechender  vor:  duifi  etc.  Er  ist 
vorzugsweise  dem  Dialekte  von  Armagnac  und  Comminges  eigen, 
findet  sich  indes  auch  z.  B.  in  St.  Sever:  áuyi.  Ein  altes  Beispiet 
ist  auge  Ree.  83  (Armagnac). 

Das  Imperfekt  ¡st  rcgelmäfsig  nach  dem  Typus  der  II. KoDJ.. 
also  (3.)  ifjiCf,  abe,  abf'bç  etc.  je  nach  <Ien  Dialekten,  Zu  bemerken 
sind  (3.)  ayc[bç)  in  Aucun,  aye^e  in  Aragnouet,  5.  ayet  in  Arréns, 
die  auf  dem  Stamme  des  Präs.  Konj.  aufgebaut  sind.  2.  auçs,  3.  offp 
in  Haute-Garoune  erklären  sicli  aus  der  proklitiscben  Stellung,  sind 
wohl  auch  vom  Präs.  Ind.  aus  nach  dare  gebildet.  Auch  3.  v/  va 
den  Landes  (pa/  im  Mimizan),  d  in  Gèdre  sind  tonlose  Formen, 

Das  Perfekt  s.  §  15  b).  Das  Part.  Perf.  lautet  dem  Perf.  ent- 
sprechend abül,  agül  etc.,  in  Arrcns  (¡il,  durch  Accent  Verschiebung 
aus  *aut,  *eul  (vgl.  /Tut  %  16)  entstanden. 

Das  Futur  heifst  nur«' und  aíírn;  das  Part.  Präs.  ú¿t^,  girond, 
auch  auzen  (Mistral:  azea).  Das  Kondiz.  I.  airi  in  Aucun,  5.  air/t 
in  Arréns  beruhen  auf  einem  Ind.  "Jye  (s.  u,). 

Der  Infinitiv  ist  gröfsenteils  ab¿,  in  der  Gironde  auch  aie. 
auìe  (Bordeaux,  Lavardac),  aye  (Sl- Vivien),  aber  in  Bordeaux  um 
1400  noch  aber  Bourciex  198.  Denselben  vom  Konj.  Präs.  aus  ge- 
bildeten Infinitiv  dye  hat  man  auch  für  e  in  Gèdre,  fi  in  Arréns 
vorauszusetzen,  der  Abfall  des  auslautenden  -e  erklärt  sich  ans  dem 
Einflüsse  des  Fut  Kond.:  ursprünglich  war  der  Inf.  *aye.  Fut  'aytrâ 


DIE  KONJUGATION   IM   BÉARNISCHEN.  467 

=  airet,  nach  letzterem  wurde  der  Inf.  zu  *át  umgestaltet,  das  dann 
çij  e  wurde,  während  das  tonlose  ai  des  Fut.  verblieb.  Im  Armagnac 
findet  sich  auch  der  Inf.  aube^  dessen  au  dem  Konj.  Präs.  entnommen 
ist;  tibe  in  den  Landes  ist  ähnlichen  Ursprungs,  vielleicht  hat  das 
Perf.  mitgewirkt  Am  seltsamsten  sind  die  Inf.-Formen  abeèe  in  Beam 
und  den  Landes  und  {a)bede  in  den  Landes,  Bigorre  und  Comminges. 
Es  ist  offenbar  der  ursprüngliche  Inf.  abé  um  ein  Element  vermehrt 
worden,  wodurch  die  beliebte  Paroxytonierung  (§  18  b)  herbeigeführt 
wurde;  welches  aber  dieses  Element  ist,  entzieht  sich  vorläufig  jeder 
Vermutung.  Hier  mögen  die  Inf.  bule^ak  (le  vouloir),  ä/täg[ak  hp 
(aller  le  faire)  in  Arréns  erwähnt  werden,  in  welchen  der  ursprüng- 
liche Inf.,  wie  es  scheint,  mit  -^,  d.  h.  dem  Pronomen  -0^,  erweitert 
wurde,  das  dann  intervokalisch  zu  g  (g)  wurde. 

Das  Kompositum  mentäbe  hat  im  Inf.  wie  alle  ? -Verba  den 
Accent  verrückt  und  flektiert  als  schwaches  Verbum  IL:  Präs.  men- 
iäbi,  Perf.  mentabuit  Part,  mentabüt  und  auch  menia{g)üi\  mentaugudz 
Ree.  31,  mentahuds  84,  mentauds  88,  mentagudes  125. 

32.  dare.  Präs.  Ind.  dau^  das,  da,  dam,  dais,  dan  in  alter 
und  neuer  Zeit  Wo  au  monophthongiert  wird,  lautet  die  i.  natür- 
lich d(f  (Ossau)  oder  mit  Anfügung  des  -/  von  fi  (habeo)  etc.  dt^i 
(Nay,  Betharram).  Auch  der  Konj.  Präs.:  dei,  des,  de,  dem,  dets, 
den,  das  Impf,  dabi,  dabçs  etc.  geben  zu  keiner  Bemerkung  Anlafs. 
Das  Futurum  erscheint  bald  als  darci,  bald  als  der  ci,  letzteres 
entweder  auf  lautlichem  Wege  entstanden,  wie  in  den  Landes,  oder 
an  ser  fi  u.  ä.  angeglichen.  Das  Perf.  s.  §  14  c).  Alle  Dialekte 
sind  diesem  Paradigma  treu  geblieben,  nur  der  girondinische  hat 
eine  durchgreifende  Umgestaltung  vorgenommen,  indem  die  i.  Präs. 
Ind.  zur  Grundlage  für  alle  Formen  gewählt  wurde.  So  das  Präs. 
Ind.:  da^i,  daus^  dau,  dauern,  dduets,  dd^en;  Konj.  Präs.:  däui,  ddfiis, 
däui  etc.;  Perf.:  daueri,  da^éres,  dauét  etc.,  sogar  der  Inf.  lautet  daure\ 
das  Impf,  data,  Part  dan,  dai  haben  sich  dem  Einflufs  der  i.  ent- 
zogen, der  jedoch  in  alter  Zeit  noch  nicht  auftritt  (vgl.  Bourciez  205). 

Der  Imperativ  2.  heifst  auch  im  Béamischen  dau  statt  da,  das 
übrigens  in  alten  Texten  noch  vorkommt:  H.  S.  II  ^2\  den  Grund 
der  Ersetzung  vermag  ich  nicht  anzugeben. 

33.  Stare  flektiert  wie  dare:  esiau,  esiás,  está,  estám,  estáis, 
están]  Gironde:  estaul,  estaus^  estau  etc.    Imper.:  2.  esta,    Konj.  §  24. 

34.  sapere.  Präs.  Ind.:  s  fi,  saps^  sap,  sabem,  sabéis,  saben) 
vgl.  I.  j^  H.  S.  I  52,  II  58;  2.  saps  I  52.  Die  i.  ist  nach  fi  =  habeo 
gebildet,  wobei  4.  5.,  der  Inf.,  das  Impf.  etc.  Anknüpfungspunkte 
gaben;  übrigens  ist  für  i.  auch  sábi,  für  2.  auch  sabes  gebräuchlich, 
also  analogische  Formen.    Perf.  s.  §  15  c),  Fut  §  17. 

35.  vadere,  ire.  Präs.  Ind.:  bau,  bas,  ba,  barn,  bats,  ban 
(Lespy);  i. — 3.  6.  entsprechen  dem  vi.  Typus,  4.  5.  sind  nach  dare 
dazu  gebildet,  doch  haben  die  alten  Texte  noch  4.  anam,  5.  anatz 
H.  S.  U  62,  Bourciez  204;  letztere  haben  sich  in  Armagnac  erhalten. 
In  Arréns  lautet  i.  natürlich  b(^i  =  b(^ -{- 1  son  ^1  etc.;  i.  bai  m 
Eaux -Bonnes  ist  wohl  von  2. — 6.  aus  geschaffen   (^dac,   '^stao 


408  A, ZAUNBR, 

werden  von  dort  nicht  angegeben).    Imperativ  z.  lautet  bf  :  ht  RS. 

I  I,  II  56  =  vi.  'vai  {Ztschr.  IX  226).    In  Annagnac  auch  ben  mil 
Einmischung  von  veni,  Ztschr.  IX  241.     (Ist  aaäf,    das  r  _  ' 
als  Verbura  II.  flektiert  «  „devenir,  naître"  das  lat.  vadere?) 

Alle  anderen  Fonnen  entlehnt  das  Verbum  von  <inii  'andare, 
von  dem  im  Ind.  Präs.  aufser  den  oben  angeführten  4.  5,  auch 
6.  anan,  antn  bei  Luchaire,  Ree.  Gloss,  belegt  ist  (?).  Konj.  Pris, 
s.  §  24.  Das  Perf.  lautet  in  Beam,  in  den  Landes,  in  Bigorre, 
z.  T.  auch  in  den  andern  Dialekten  3.  and  resp.  an/  etc.  In  Ar- 
magnac, Comminges  und  der  Gironde  ist  vora  Konj.  Präs.  aus  und 
unter  Einflurs  von  bengú  ^  venit  der  g-Stamm  ¡n  das  Perf,  ein- 
gedrungen; so  in  Bordeaux;  auguri.  Auch;  angui  etc.,  doch  zeigen 
die  Texte  aus  Bordeaux  um  1400  noch  ausschhefslich  aney  etc, 
Bourciez  203.  In  dtiu  Thälern  Aspe  und  Baretous,  z,  B.  in  Accous, 
findet  sich  ein  Perf.  ba¿,  das  wohl  zum  Stamme  vad<  gehört,  dessen 
Bildung  ich  aber  nicht  deuten  kann.  Das  Futur  ist  anirei,  antra 
(oiit  Einmischung  von  ire),  resp.  angerei,  angrci;  in  der  Gironde 
auch  airei,  tirti,  das  mir  dunkel  isL    Part.  Präs.  anan,  angen  (Mistr.). 

Von  ire  wird  das  Fut.  gebildet,  das  in  alter  Zeit,  vne  es 
scheint,  allein  gebräuchhch  war:  i.  ire  H.  S.  I  2,  3.  ira  Ree.  112, 
4.  iram  H.  S.  I  28,  6.  tran  I  30  {von  anarei  finde  ich  in  alteo 
Texten  kein  Beispiel),  jetzt  fast  überall  durch  anarei  ersetzt  ist,  nur 
sporadisch  kommt  es  noch  vor.  In  den  Thälern  Aspe  und  Bare- 
tous kommen  aufser  dem  Fut.  irei  und  dem  Kond.  ¡r(  noch  eine 
Reihe  anderer  Formen  von  ire  vor,  nämlich  der  Inf.  /  (in  allen 
Texten  ir).  Impf,  ibi,  Part  il.  Der  Imperativ  i  ist  auch  an  andern 
Orten  gebräuchlich,  vgl.  auch  sa-i  „viens"  Lespy,  Gr.  §  593.  End- 
lich der  Konj.  Präs.  heifst  in  den  genannten  Thälem:  ze\f),  zet,  if, 
iam,  zais,  zen,  vielleicht  gehört  auch  3.  Se  in  Arreos  {R.  p.  g.-r, 
IV  p.  237  unten)  dazu;  4.  5.  gehen  auf  eamus,  eatis  zurück,  die 
übrigen  sind  danach  gebildet. 

36.  faceré.  Präs.  Ind.:  hfi,  hfs,  hf,  kfm,  kftt,  h^n  (Lespy). 
Die  alten  Denkmäler  bieten  i./az  Ree  104,  ffaí  H.  S.  Il  64:  2  /et 
H.  S.  II  70;  Z./a  Ree.  Gloss.,  fe  Ree.  66,  H.  S.  Il  ^2,  74,  ^e  H.& 
13,114;    4./íí'i  as.  n  28;    5./r/«  (Imper.)  H.  s.  U  18,  64,  /iKft 

II  68;  b./en  Ree.  13  (?),  63,  H.  S.  I  22,  ü  140.  Von  diesen  Formen 
sind  4.  fem,  5.  fetz  vielleicht  lautgesetzlich  aus  */aim  (fac'mus), 
*fails  (fae'tis)  entstanden,  die  übrigen  Personen  folgten  nach,  wo- 
bei der  Inf  hf  für  /  entschied;  das  Vorbild  von  da,  bei  welchen 
der  Inf,  und  das  Präs.  Ind.  gleichen  Vokal  halten,  war  malsgebend. 
$, /a  und  b.  fan  (Bourciez  205)  sind  nach  habere  gebildet; 
4.  fadem  in  Bordeaux,  5.  faselz  (s.  o.)  ;  fadelz  in  Bordeaux  (Bour- 
ciez  1,  c),  hazel  neben  h^l  in  Garlin  sind  wohl  nicht  die  ursprüng- 
lichen Fonnen,  wie  Bourciez  meint,  sondern  im  Gegenteil  jünger 
und  erst  aus  dem  Impf,  gebildet.  1.  hedi  in  der  Gironde  hat  das 
d  (aus  i')  auch  in  die   i.  hinübergenommen. 

Der  Konj.  Präs.  hat  in  den  alten  Denkmälern  drei  Stamme: 
fast-,  fass;  fas-\    und   zwar   finden  sich  häufig  zwei   verschiedene 


DIE   KONJUGATION    IM    BÉARNISCHEN, 


469 


Formen  in  einem  und  demselben  Teste  nebeneinander,  so  dafs  eine 
Trennung  nach  Dialekten  nicht  möglich  ist;  j.yáíca  Ree.  21,/ajja  38, 
fassam  24,  fassalz  Bourciez  217,  vgl.  Ree.  Gloss.;  i,  f assay  H.  S, 
U  50;  i.fassis  H.  S.  I  IO,  faza  Ree  58,  fazi  Ree.  106,  fasam  H.  S. 
I  36,  fazam  I  132,  fede  Bordeaux  1790.  Von  diesen  drei  Stämmen 
ist  fasc'  vermutlich  nach  pose-  gebildet;  fas-  geht  vom  schwachen 
Stamme  aus,  fass-  von  den  Formen  mit  /.  Die  modernen  Dia- 
lekte kennen  ebenfalls  diese  drei  Formen ,  z.  B.  häsl  Tau,  Arreos, 
Aste  etc.;  hat!  Montaner,  Campan;  haskçi  Auch.  Hie  und  da  tritt 
statt  a  durch  Einflufs  des  Ind.  e  ein:  hfski  in  Bayonne,  hesi  Orthez, 
hrdi  Bordeaux.  Daneben  erscheint  noch  eine  4.  Form:  kfi,  hfs,  he, 
hem,  hfls,  hen,  sie  ist  dort,  wo  det  Inf.  ha  lautet,  eingetreten,  und 
«war  gab  da  das  Vorbild  dazu;  ob  diese  Form  in  alter  Zeit  vor- 
kommt, ist  mir  nicht  bekannt,  doch  ist  yÎTi  Ree.  p.  13  (Zeile  15) 
gewifs  eher  als  Konj,  denn  als  Ind.  {wie  Luchaire  es  ihut)  aufzurassen. 

Das  Imperfekt  ergiebt  die  lautgesetz liehen  Formen;  bemer- 
kenswert sind  3.  hmç  in  Bagiieres-de-Bigorre,  hfbä  (neben  haz{) 
in  Asti,  die  nach  dem  Vorbilde  aller  übrigen  Formen  des  Verbums 
den  zweisilbigen  Stamm  aufgegeben  haben.  Vgl.  aven.  lomb.  etc. 
Der  Imperativ  ist  ah  dtf^ft  H.  S.  U  34,  mod.  h{,  hat  also  gleieh- 
fells  den  Vokal  des  Ind.  angenommen,     Perf.  s.  §  14  d). 

Der  Infinitiv  lautet  in  alter  Zeit  _/¿r  Ree.  6,  7  (Comminges), 
16  (Bigorre)  u.  a.  und_/iír  Ree.  63,  H.  S,  I  60  etc.  Id  den  modernen 
Mundarten  herrscht  ha  in  Bèarn  und  den  Landes,  hç  in  Bigorre 
und  Armagnac  vor;  in  der  Gironde  ist  von  den  fiexionabetonten 
Formen  aus  ein  neuer  Inf.  hade,  hide  geschaffen  worden.  Als  laut- 
gesetzlich ist  hf  aus  *fair-,  *feir,  fer  zu  betrachten,  ha  geht  wahr- 
scheinlich vom  Futur  aus,  das  zunächst  *fairex  ergab,  woraus  sich 
daim  farei  entwickelte,  sei  es  durch  Anlehnung  an  die  Verba  I., 
besonders  dare,  sei  es  auf  lautlichem  Wege,  indem  vortoniges  ai 
nicht  zu  fi  wurde,  sondern  erhallen  blieb  und  erst  später  sein  i 
verlor.  Durch  Einflufs  des  Inf.  wurde  dann  harfi  zu  herti  umge- 
staltet, oder  es  wurde  umgekehrt  aus  dem  FuL  ein  neuer  Inf.  ha 
erschlossen,  wobei  wieder  die  Verba  I.  das  Vorbild  geben.  In 
Aste,  Arréns  und  wohl  auch  noch  an  andern  Orten  stehen  Inf. 
hf.  Fut.  harçi  einander  in  der  lautgesetzlichen  Verteilung  zur  Seite. 
In  den  alten  Texten  scheint  yì/rrt  bei  weitem  vorzuwiegen,  in  der 
H.S.  findet  es  sieh  aussehliefslich :  i¡.  faratz  H.  S.  II  66;  Kond.: 
l.fari  Í  60;  b.faren  I  lO,  femer /cira  Ree  24  (Bagnères-de-Big,, 
wo  heutzutage  htra  gesagt  wird),  50  etc.  Auch  die  Beispiele  mît  e 
erklären  sieh  z.T.  als  lautliche  Varianten,  %o  feram  aus  Bayonne 
(Ree.  Gloss.)  (dort  wird  vortoniges  a  zu  ¿). 

Das  Gerundium /fljiTi/,  mod.  hazm,  heten  (Bayonne)  ist  nadi 
dem  Inf.  gröfstenteils  zu  han  umgestaltet  worden.    Part.  Pcrf.  ■■  %  \b. 

37.   »potere.     Präs.  Ind.:  i.  ^<-  H.S.  I  60,  II  72,    '      ""■" 
schon  podi  Ree.  40,  108;    x. potz  R  S.  I  8,  114:    l- pod  Rflf. 
H.S.18;    is,.podem  Rec47,  H.S.16;   5.  (/üíA/í);  b.ptdtr 
Mod.:  i.  pai,  fmdt,  pqdi;  z.p^et.pos.  Gironde  iV 


470  A.  ZAUNBR,   DIE  KONJUGATION   IM  BÉARNISCHEN. 

^,  pudeis \  ò.podtn.  Die  i,  puse  ist  nicht  klar;  das  moderne  pt^  ist 
daraus  entstanden  vom  Konj.  Präs.  puskçi  aus  nach  dem  Master  von 
audeèif)  :  audeskçi  etc.  ;  der  Vokal  ist  dunkel  :  das  alte  «  =  «  kann 
wohl  aus  ue  entstanden  sein;  das  moderne  u  verdankt  seinen  Ur- 
sprung vielleicht  dem  Vokal  der  flexionsbetonten  Formen.  Die 
zweite  Form,  die  Lespy  giebt,  pudz  könnte  *poteo  sein,  abgesehen 
vom  betonten  Vokal. 

Der  Konj.  Präs.:  i.  poseha  Ree.  io8;  3.  pasqua  Ree.  23,  pos' 
que  81,  pusque  Ree.  90,  H.  S.  II  94;  6.  pusquan  Reo.  85,  94.  Mod: 
puskçt,  in  der  Gironde  pûskv,  nach  Mistral  ist  gase,  pgski,  pgskç 
oder  P^gtf  letzteres  vom  starken  Perf.-Stamm;  die  übrigen  Formai 
den  prov.  entsprechend;  u  {0)  ist  vielleicht  aus  den  flexionsbetonten 
in  die  stammbetonten  gedrungen,  wobei  darauf  hingewiesen  werden 
kann,  dafs  das  Perf.  vielfach  vom  Konj. -Stamme  gebildet  wird 
{§  15  b);  in  alter  Zeit,  wo  das  Perf.  vom  Präs.-Stamme  ausging, 
lautet  daher  der  Konj.  pusque  d.  h.  püskc,  wo  ü  wohl  aus  u€  (vgl. 
prov.)  hervorgegangen  ist,  oder  pasque,  d.  h.  vermutlich  pçskç. 

Imp  erf.  regelmäfsig,  s.  noch  §  25;  Fut.  §  17;  Inf.  pude,  Mistral 
puíre  vom  Futur. 

38.  ♦volere,  i.  uulh  Ree.  90  ñl,  H.  S.  I  60;  2.  òa/s  H.  S.  II  32, 
va/ks  II  34;  3.  ual  Ree.  24,  òal  H.  S.  I  32;  4.  uolem  Ree.  m,  zw^ 
H.  S.  I  22;  5.  {boletz)\  6.  ualen  Ree.  107.  i.  uulh  (hûf)  statt  buef 
kann  vom  Konj.  ausgehen,  wo  ü  in  den  flexionsbetonten  Formen 
berechtigt  war;  aber  die  moderne  Form  bui  ist  schwer  zu  erklären, 
vielleicht  ist  das  u  aus  den  flexionsbetonten  Formen  herüber- 
genommen;  die  Reduktion  von  /'  zu  /'  scheint  darauf  hinzudeuten, 
dafs  sut  (=  sum)  mitgewirkt  hat.  Uebrigens  ist  der  Parallelismus 
mit  dem  Präs.  Ind.  i.  und  Konj.  von  potere  zu  beachten.  In  der 
Gironde  und  in  Coraminges  ist  die  i.  b(flt.  Die  zweite  lautet  ziem- 
lich allgemein  bos,  die  Einsilbigkeit  erklärt  sich  aus  der  proklitischen 
Verwendung  und  der  Einsilbigkeit  von  i.  3.,  pqs  =  potes  mag  mit 
im  Spiele  gewesen  sein;  H.-Garonne  2.  boles',  3.  bou,  in  .\iTéns  und 
H.-Garonne  boy  das  vielleicht  aus  2.  erschlossen  ist  4.  buhm, 
Gironde  bolern",  5.  bnlets,  Gironde  bolem  und  bois^  letzteres  nach 
dem  Sing,  einsilbig;  6.  bçliti\  in  Lavardac  bi^un  aus  der  3.,  in  Bi- 
gorre  und  in  Comminges  b(^n  nach  dem  Sing. 

Konj.  Präs.  2.  rul/its  H.  S.  I  10.;  3.  z^ié/ha  Ree.  57,  bo/h¿,  bobina 
Ree.  Gloss.;  4.  {bulham)\  5.  uulhadz  Ree.  51,  vuìhaiz  H.  S.  I  22; 
6.  vulhcrt  H. S.  1  22,  Mod.:  buit\  buÎçs  etc.,  über  dessen  Vokal 
s.  Präs.  Ind.  i.,  die  Gironde  hat  b(fh\  bqlis  etc.  Das  Im  perf.  ver- 
liert in  Bagncres-de-Big.  durch  eine  leicht  verstandliche  Verkürzung 
den  Stammvokal:  i.  blfui,  blf,  sonst  bietet  es  nichts  Aufïalliges. 
Das  Perf.  s.  §  15  b,  Fut.  §  17.  Der  Inf.  ist  bule,  gase,  bolge  (Mistral): 
Arréns  §  18  b). 

39.  videre.  Präs.  Ind.  lautet  in  .\rrens:  4.  bim^  5.  biU  6.  lin\ 
4.  5.  Ò.  sind  also  nach  dem  Vorbilde  des  Sing,  und  Inf.,  wohl  auch 
von  faceré  verkürzt.  Im  übrigen  hat  das  Verbum  die  zu  erw^- 
tenden  Formen,  vgl.  §§  26,  14  b),  17,  i8b),  16.      ^¡^j;^^^^,  Zauner. 


Die  poetásclien  Vergleiche  in  Fetrarkas  África. 

i. 

Der  Vergleich,  oft  nur  in  wenig  Worten  ausgesprochen,  oft 
in  vielen  Versen  ausgeführt  und  bis  in  kleine  Einzelnheiten  aus- 
gemalt, erscheint  in  den  Dichtungen  aller  Zeiten  als  ein  wichtiger 
Teil  der  poetischen  Ausdrucksweise  und  wird  als  ein  unvergleich- 
lich schöner  Schmuck  eines  dichterischen  Kunstwerkes  empfunden. 
Wenn  die  blofse  Erzählung  eines  Vorganges  seiner  Bedeutung  nicht 
zu  entsprechen  scheint,  so  bemüht  sich  der  Dichter,  ihn  unsrer 
Anschauung  näher  zu  bringen,  unser  Interesse  für  ihn  zu  steigern, 
durch  längeres  Verweilen  bei  demselben  ihn  uns  tiefer  einzuprägen, 
indem  er  diesen  Vorgang  mit  anderen  uns  bekannten  in  Ver- 
gleichung  setzt.  Der  Dichter  schildert  die  Handlungen  seiner 
Helden  dadurch ,  dafs  er  sie  mit  solchen  Vorgängen  im  Menschen- 
leben oder  in  der  Natur  vergleicht,  welche  seinen  Hörern  oder 
Lesern  geläufig  sind;  er  vergegenwärtigt  Erscheinung  und  Wesen 
seiner  Personen  dadurch,  dafs  er  ihnen  Erscheinung  und  Wesen 
anderer  bekannter  Geschöpfe  gegenüberstellt. 

Aber  nicht  allein  bekannt  müssen  die  zur  Vergleichung  ver- 
wendeten Vorgänge,  Wesen,  Dinge  sein;  sie  müssen  vor  allem 
auch  mit  demjenigen  Momente  des  erzählten  Vorganges,  welcher 
fur  den  Zweck  des  Dichters  der  wichtigste  ist,  sich  möglichst  nahe 
berühren,  sich  in  Verlauf  und  Inhalt  möglichst  vollkommen  decken. 
Wenn  diese  Rücksichten  aufser  acht  gelassen  werden,  wenn  der 
Vergleich  Handlugen  herbeizieht,  die  uns  unbekannt  oder  nicht 
vollkommen  deutlich  sind,  oder  wenn  er  Wesen  and  Dinge  vor- 
führt, von  denen  wir  eine  Anschauung  nicht  besitzen,  so  erreicht 
er  nicht  den  Zweck  der  gröfseren  Anschaulichkeit  und  der  Steige- 
rung des  Interesses,  sondern  führt  das  Gegenteil  herbei,  —  die 
Vorstellung,  welche  der  Dichter  erwecken  wollte,  wird  unklar,  das 
Interesse  nimmt  ab;  der  Vergleich  ist  als  verfehlt  zu  bezeichnen. 

Je  einfacher  die  von  dem  Dichter  erzählten  Vorgänge  sind, 
um  so  weniger  besteht  die  Gefahr,  dafs  durch  Herbeiführung  eines 
Vergleiches  die  in  uns  erweckte  Vorstellung  verdunkelt  werden 
könnte;  alsdann  dient  der  Vergleich  weit  mehr  dem  Schmucke  des 
Gedichtes  und  der  Belebung  des  Interesses  als  der  Veranschau- 
lichung; oder  er  brmgt  nur  die  Empfindungen  zum  Ausdrucke, 
von  welchen  der  Dichter  selbst  bei  Erzählung  des  Vorganges  (z.  B. 


k 


E  and  Tiin,li^,i .  ñc  Bd  ■ 
t  nMillMj.iB   ihs  âi^kka  Ldm,  dea  oK 
riefc  wiedalula^m  FrirtitiiigeD  der  ttev  rwáinmmni 

Aaf  der  Büne  der  Handing  awrk>ä>*»  i»  kn—rÎM-h^n  ^m» 
Gatter,  Kao^  HeUea,  VfiO^,  ^mt  Ise  «fW-y"  «erdcD  mk 
des  cn&ldHlen  Vemthlaiiy  u  «oi  Aibcilani  ibmI  Handwakcm 
wr^dMa;  Htanrr  fñiditet  nicfa^  di&  aeftnt  xa  den  gn>G»it%ea 
Kañple  «or  Troja  so  allTägKfhr  Yu^hiLLMugaotifüae  einen  m 
•larkai  g«««»^*««  abgeben  kotmten.  In  der  Dias  finden  wñ  die 
Vemdtfmgen  des  Seefahrers',  des  Jägers^,  des  Tauchers*, 
de*  Hirten*,  der  Schnitter^  der  Spionerin*,  des  Wagen- 
baaers^  des  Zimmerers',  des  Knoslreileis*,  des  Maurers*", 
des  FÍBcbers'',  des  Holtbaoers'^  des  Gerbers'*,  des 
Topfers'*,  des  Kanalbaaers"  zd  Vergleidrangen  \-erwendet; 
ja  «  fohlt  sogar  nicht  der  Sanbobe'*!  Die  an  Vergleichen  be- 
deutend ärmere  Odjssee  bietet  weniger  Bebpiele  da  Verwendung 
solcher  Verriditungen  von  Handwerkern;  aber  sie  fehlen  doch 
keineswegs.  Wir  Gnden  dort  za  Vergleichen  benutzt  die  Thätig- 
keit  des  Schiffbauers",  des  Schmiedes'*,  des  Goldschmie- 
des'», des  Tanchers»,  des  Pflügersi'.  des  Sängers",  der 
Arbeiterin  am  Backofen^',  des  Hirten**.  Anzunehmen,  dafs 
in  der  etwa  zwischen  der  Abfa!.sung  von  llias  und  Odyssee  liegen- 
den Zeit  die  Zahl  der  Handwerker  und  der  arbeitenden  Bevölke- 
rung abgenommen  hätte,  ist  kein  Grund  vorhanden;  finden  wir 
doch  sogar  einen  neuen  Stand,  den  des  Sängers,  welchen  die 
lliax  nicht  kennt,  als  Gegenstand  der  Vergleichung  verwendet  Wir 
werden  vielmehr  auch  sonst  finden,  dafs  die  Sprache  des  zweiten 
homerischen  Epos  weniger  bilderreich  ist. 

Einen  bemerkenswerten  Gegensatz  bilden  zu  Homer  in  diesem 
Funkte  die  epischen  Dichter  der  Lateiner.  Auch  bei  ihnen  fehlt 
es   keineswegs  an   poetischen  Vergleichen,   ja  mancher   Darstdier 

'  VII,  4—7.  XIX.  375.        •  Xr,  ïgi— 295.  XV.  170. 

'  XVI,  74a.         *  XII,  451-453.  XIII,  492.       "  XI.  67—71. 

<  XII,  433-4J6  vgl.  IV.  .41-146.         '  IV.  481-487-         "  XV.  4.0  ff. 

»XV.679ir,         "XVI.îiiff.         "XVI,406ff.         "  XVI,  63Î. 

"XVll.  3B9.         "XVIII,  600.         "  XXI.  25g.         »  XXI.  282. 

"  S,  S49  und  9r  384-         "  1.  39'-         '*  6,  23Í.         »  11-  J13- 

"  'Î.  3'-         "  '7.  518  und  II,  406.         "  18,  27. 


DIE  POETISCHEN   VBRGLEICHE   IN    PETRARKAS   AFRICA.         473 

beweist  in  der  Anwendung  dieses  Schmuckes  bedeutendes  dichte- 
risches Talent;  aber  sie  lieben  es,  ihre  Vergici chungsobjekte  anderen 
Gebieten  za  entlehnen.  Bei  Virgil  ñndet  nur  ein  Arbeiter',  ein 
Landmann^,  ein  Jäger*  in  je  einem  Vergleiche  Verwendung, 
bei  Lucanus  ein  Steuermann*,  ein  Wagenlenkcr*,  ein  Jäger*; 
in  derTbebais  ein  Scliiffer^  einJägerS,  ein  Hirt»  und  (aller- 
dings neu)  ein  Bergmann'*,  bei  Ovid  in  den  Metamorphosen 
ein  Schiffer"  und  ein  Schmied",  —  endlich,  um  der  Voll- 
ständigkeit willen  sei  es  erwähnt  —  bei  dem  bilderreichen  Tra- 
giker Seneca  ein  |Steuermann",  —  meistens  nur  in  je  einem 
Vergleiche.  Zu  dieser  Art  von  Beschränkung  sieht  aber  bei  den 
meisten  römischen  Dichtem  in  starkem  Gegensatze  die  I^IäuSgkeit 
ihrer  poeüschen  Vergleiche,  an  deren  Menge  sie  z.  T.  Homer  weit 
übertreffen. 

Schon  diese  kurze  Zusammenstellung  zeigt  deutlich,  dafs  die 
Vorstcllungskreise,  aus  denen  Homer  seine  Gleichnisse 
entlehnt,  einfachere  sind  als  diejenigen,  welche  die  la- 
teinischen Dichter  zu  gleichem  Zwecke  benutzen.  Horaer  ¡st 
der  Sohn  eines  freien  Volkes,  erwachsen  zu  Zeiten,  da  bei  diesem 
Volke  noch  Freie  körperliche  Arbeit  ausüben,  zu  welcher  die  Be- 
dürfnisse des  täglichen  Lebens  Anlafs  geben,  wohl  von  Unfreien 
dabei  unterstützt,  aber  ohne  die  Vorstellung,  dafs  solche  Arbeit 
eines  Helden  unwürdig  sei.  Darum  liegt  es  ihm  völlig  fern,  zu 
überlegen,  ob  es  einem  Könige  und  Helden  auch  wohl  anstehe, 
wenn  man  ihn  mit  einem  Hirten,  einem  Fischer,  einem  Kunstreiter 
vergleiche.  Ihn  beherrscht  die  Freude  am  Schildern  und  das 
Streben  nach  Anschaulichkeit;  fern  liegt  ihm  der  Gedanke  an 
standesgemäfse  Ausstattung  seiner  Helden  durch  prunkvolle  Bilder. 

Anders  der  Lateiner.  In  einer  reflektierenden  Zeit  lebend, 
ohne  den  Besitz  einer  selbsterzeugten  Kunst  und  mit  mehr  oder 
weniger  Glück  anderen  den  Weg  zum  Pamafs  nachwandelnd,  kann 
er  zu  dieser  homerischen  Naivetät  sich  nicht  erheben.  Als  selbst- 
bewufstes  Glied  des  wellgebietenden  Volkes  fühlt  er  sich  über  per- 
.sönliche,  körperliche  Arbeit  hoch  erhaben,  und  die  Scharen  von 
Sklaven,  welche  ihn  umgeben,  erweitern  nicht,  sondern  verengem 
seinen  Blick.  Für  ihn  verrichten  Unfreie  alle  Arbeit  und  dieses 
servile  ministerium  in  einer  poetischen  Form  zur  Veranschaulichung 
der  Thalen  und  des  Wesens  seiner  Heroen  zu  verwenden,  würde 
seinen  Zeitgenossen  keine  Verschönerung  einer  Dichtung  erschienen 
sein.  Daher  ist  es  bezuichnend,  dafs  die  wenigen  Vergleiche,  welche 
er  der  menschlichen  Thätigkeit  entnimmt,  meistens  solche  Verrich- 
tungen zum  Gegenstande  haben,  wie  sie  wohl  auch  der  stolze 
Römer  gelegentlich  in  seiner  Villegiatur  vornehmen  mochte,  sei  es 


•  Theb.  Vn,  ì<)ì.  X,  313  ff. 


10,  803.  >  Aer 

»  Phar.  IV,  4 
■  Theb.  I.  370  ff.  ni,  3 


749- 


i 


hä  der  Jagd  (Honz,  cçîbL.  1. 18,  49  Jttmmù  ttlemme  virù  «/m,  MUb 
fmmat  Mtaefw  ti  ■f<rw)  od»  den  Dtdiieüen  xiavt  Floren  (mm 
"  ~      '  I  riET*  tmkmih  narre  Horaz.  saL  L  6, 

}8 — 5g)  bei  OBCT  S|niic9U>t  nf  dem  See  oder  dem  Meere. 

~  '      ~    ~ ,   «ie  scbon  banott,    die  latdoischen  Dichter 

1  Ted  rocker  an  BOdcm  and  Voj^eidien  vie  Ilozner.  Aber 
s  aBe  gUiriMwJicig  Virgil  ist  durchaus  nicht 
bcaoDdos  racb  an  Ofeidmisscn;  i&xt  er  weodet  sie  offenbar  mit 
gnfser  üebeiiegmg.  mit  gatem  Gesdunacke  an  und  l-s  gelingt 
fioB,  «iBe  DaisteUnng  dadarch  aoiiebeiid  und  schön  lu  gesiallen. 
Aadi  Ovid  wcsdet  sie  in  matnoller  Weise  an  und  bt  dabei  offen- 
bar bcmfihi,  odgiadl  ^  sein,  aodk  bringt  er  ans  neuen  Vor- 
■teünagiaieisen  manrfira  sehr  bezeichnende  Bildnis.  Lncanns 
wQI  erst  recht  selbständig  seño,  aber  seine  Gleichnisse  bleiben  \fs- 
■dnrommen  tmd  tmdentlich,  Siatius  [and  auch  Seneca]  ist  sdir 
fraditbar  an  Gleichnissen,    aber  an  tiberladenen  and  schwülstigen. 

Ais  QUO  nach  langen  Jahrhunderten  wieder  Frans  Fetrarca 
ein  kimsUnärsiges  Heldengedicht  in  lateinischer  Sprache  veifaTsle, 
konnte  er  von  diesen  zahlreichen  Vorbildern  das  älteste  und  vollen- 
detste nicht  b^iatzen,  da  er  Griechisch  kaum  verstand.  Man  sollte 
daher  meinen,  dafs  er  um  so  fleìTsiger  und  getreuer  sich  den  La- 
teinern, insbesondere  dem  Virgi)  angeschlossen  hatte.  Wenn  dies 
auch  bis  KU  einem  gewissen  Grade  der  Fall  ist,  so  lag  ihm  doch 
auch  blofse  Nachahmung  völlig  fem.  Er  gleicht  in  der  Hinsicht 
dem  Virgi!,  dafs  er  Vergleiche  mit  weiser  MäTsignng  anwendet,  um 
nicht  durch  Schwulst  lästig  oder  zu  weitschweißg  eu  werden;  er 
gleicht  auch  ¡n  der  Hinsicht  dem  Virgi I,  dafs  er  nicht  eben  viele 
der  gewerblichen  Tbätigkeilen  in  den  Kreis  seiner  Betrachtungen 
ziehL  Wir  ñnden  in  Gleichnissen  benutzt  den  Kaufmann,  den 
Arzt,  den  Vogelfänger,  den  Hirten,  den  Seefahrer,  den 
Landmann.  Die  grofse  Fülle  der  homerischen  Gleichnisfigaren 
ist  also  auf  ein  bescheidenes  MaTs  zurückgeführt  und  doch  ist  ein 
neues  Gewerbe,  das  des  Arztes,  mil  hinzugekommen.  Ganz  natür- 
lich. Denn  Petrarka,  der  Büchergelehrte,  welcher  über  dem  Sammeln 
von  HandschrifteQ  alles  vergessen  konnte,  der  schwärmerische  Hu- 
manist, welcher  an  die  grofsen  Tolen  wie  Gcero  und  Virgil  Briefe 
richtete,  der  philosophische  Schriftsteller,  der  Moralist  und  Histo- 
riker, lebte  in  einer  selbstgeschaffenen,  geistigen  Welt,  und  die 
Dinge  des  äufseren  Lebens,  insbesondere  die  unscheinbaren  Ver- 
richtungen körperlicher  Thätigkeit,  lagen  seiner  Betrachtung  fero, 
ja  wir  dürfen  annehmen,  dafs  er  manche  derselben  viel  zq  wenig 
kannte,  um  sie  zu  Gleichnissen  verwenden  zu  können.  Dagegen, 
was  er  in  Vaucluse  sah  und  selbst  betrieb,  den  Landbau,  ond 
andere  Seilen  des  Landlebens,  damit  schmückte  er  gern  seine 
poetische  Darstellung, 

I£in  grofser  Gegensatz  jedoch  gegen  alle  früheren  Epiker  liegt 
darin,  dafs  Petrarkas  Gleichnisse  vielfach  nicht  einen  äufseren 
Vorgang,    nicht   eine    Handlung    einer   Person    seines  Epos  veran- 


DIE  POETISCHEN  VERGLEICHE   IN  PETRARKAS   AFRICA.         475 

schaulichen  sollen,  sondern  daXb  sie  der  Elarlegong  und  Schil- 
dening  eines  Zustandes  der  Seele»  einer  Gemûtsstimmiing 
dienen.  £s  liegt  auf  der  Hand,  dafs  dadurch  der  poetische  Ver- 
gleich einen  ganz  anderen  Zweck  bekommt,  dafs  er  sich  seinem 
Inhalte  nach  vertiefen,  dafs  er  in  seinen  Vergleichsgegenständen 
sich  ändern,  dafs  er  an  sinnlicher  Anschauung  verlieren  muís. 

Freilich  auch  ältere  Dichter  und  schon  Homer  wenden  Gleich- 
nisse zur  Ausmalung  eines  Gemütszustandes  an;  aber  sie  lassen 
alsdann  diesen  Gemütszustand  sich  in  einer  Handlung  kundgeben 
und  diese  Handlung  setzen  sie  darauf  mit  einem  anderen  Vor- 
gange in  Vergleichung.  Patroklos  sieht  mit  Gram  die  Niederlage 
der  Achäer,  sein  Kummer  prefst  ihm  Thränen  aus,  bittend  eilt  er 
zum  Peliden  (Ilias  XVI,  7  ff.).  Dieser  spottet  seiner  Thränen,  er 
vergleicht  ihn  mit  einem  kleinen  Mädchen,  welches  weinend  zur 
Mutter  kommt  und  auf  den  Arm  genommen  sein  will.  Man  sieht, 
nicht  der  Gemütszustand  des  Patroklos  wird  psychologisch  unter- 
sucht und  durch  einen  Vergleich  uns  näher  gerückt,  sondern  seine 
Handlung,  seine  weinenden  Augen,  seine  bittende  Haltung. 

Dem  Zurufe  des  Aineias  (Ilias  XIII,  492  —  495)  folgen  die 
Troer,  wie  die  Herde  dem  Leitbock,  und  wie  der  Hirt  sich  dieses 
Anblickes  freut,  so  freut  sich  Aineias.  Damit  ist  die  Freude  des 
Aineias  mit  der  eines  Hirten  in  Parallele  gesetzt,  aber  keineswegs 
dient  das  Gleichnis  der  Ausmalung  seines  Seelenzustandes;  die 
Freude  ist  nur  eine  Folge  des  geschilderten  Vorganges  und  keines- 
wegs Zweck  der  Darstellung. 

Wenn  die  Achäer  Ilias  II,  289.  ü,  337.  VII,  236  sich  nach 
der  Heimat  sehnend  klagen  wie  kleine  Kinder  oder  Witwen,  wenn 
Ilias  VII,  4 — 7  Hektor  und  Paris  den  Troern  ersehnt  erscheinen 
wie  den  Schiffern  der  Fahrwind,  so  wird  Hilflosigkeit,  Besorgnis 
und  Kummer  an  einem  bekannten  Beispiele  erläutert  und  gewisser- 
mafsen  angegeben,  bis  zu  welchem  Grade  Sehnsucht  und  Schmerz 
sich  gesteigert  haben,  aber  in  eine  Betrachtung  des  Seelenzustandes 
der  Personen  wird  nicht  eingetreten. 

Ebenso,  wenn  Ilias  XXIII,  222  ñ,  Achilleus  den  Patroklos  be- 
weint wie  ein  Vater  seinen  als  Neuvermählter  gestorbenen  Sohn,  so 
wird  dabei  nicht  die  bitter  schmerzliche  Empfindung  des  Trauern- 
den näher  erörtert,  sondern  der  Grad  des  Schmerzes  bezeichnet, 
und  einerseits  das  jugendliche  Alter,  die  glücklichen  Umstände 
beider  Toten,  andererseits  die  gebeugte  Haltung  des  trauernden 
Achilleus  {hçjrv^œv)  und  des  trauernden  Vaters  in  Parallele  gesetzt 

Berühmt  ist  die  Schilderung,  welche  Virgil  von  dem  Seelen- 
zustande  der  liebenden  und  dann  verlassenen  Dido  giebt  Sie 
findet  im  Gemache  keine  Ruhe  mehr,  sie  eilt  zu  den  Altären,  sie 
eilt  durch  die  ganze  Stadt,  der  Hindin  gleich,  die  zum  Tode  ge- 
troffen durch  die  Wälder  flieht,  aber  immer  das  todbringende  Ge- 
schofs  mit  sich  trägt;  Aeneis  VI,  68  ff.  Die  Ruhelosigkeit  des  er- 
regten Gemütes,  der  vergebliche  Versuch  den  vom  eigenen  Herzen 
ausgehenden  Qualen   zu  entrinnen,   wird   in   höchst  wirkungsvoller 


476  F.  FRIEDERSDORFF, 

Weise  durch  diese  Parallele  vera nschau lieh t  ;  aber  welcher  Art  diese 
Qualen  selbst  sind,  das  zeigt  der  Dichter  nicht  an  Gleichnissen, 
sondern  durch  Worte  und  Handlungen  der  liebenden  und  der 
sterbenden  Dido  selbst. 

Anders  der  „moderne"  Dichter  Frana  Petrarka.  Wie 
et  seiner  ganzen  Beanlagung  nach  Lyriker  ist  und  eben  diese 
lyrische  Begabung  ihn  hindert,  im  Epos  die  Stufe  der  VolienduDg 
zu  erreichen,  so  bildet  auch  in  den  Gleich niasen  bei  ihm 
das  lyrische  Moment,  die  Erörterung  der  subjelctivea 
Empfindung,  den  Hauptgegenstand.  Nicht  die  That,  die 
aus  der  Empfindung  hervorgeht  und  für  den  Grad  und  die  Art 
derselben  bezeichnend  ist,  sondern  diese  Empfindung  an  sich  wird 
Gegenstand  des  Vergleiches. 

Africa  V,  500  ff.  Scipio  hat  viele  Gefangene  und  reiche 
Beule  nach  Rom  zu  senden,  aber  wie  er  die  Sendung  ausfahreo, 
wen  er  damit  beauftragen  soll,  beunruhigt  ihn.  Dieser  rein  inner- 
liche Vorgang,  der  obendrein  in  einer  schlaflosen  Nacht  den  Scipio 
in  Anspruch  nimmt,  ist  Gegenstand  eines  Vergleiches.  Der  nach- 
denkende Scipio  wird  dem  glücklichen  Kaufmanne  verglichen, 
der  überlegt,  wie  er  seinen  reichen  Erlös  am  sichersten  in  die 
Heimat  befördern  solle.  Irgend  eine  äufsere  Handlung  ist  über- 
haupt nicht  erwähnt,  irgend  ein  anschauliches  Bild  gar  nicht  an- 
gestrebt.* 

Africa  VI,  284  iï.  Syphax  sitzt  weinend  auf  dem  Verdecke 
des  Schiffes,  welches  ihn  in  die  römische  Gefangenschaft  lubit,  so 
tief  in  seine  Trauer  versunken,  dafs  er  die  Gefahren  der  Schiflahrt 
nicht  achtet  In  diesem  Gemütszustände  verflucht  er  seine  GattiQ 
und  ihren  Buhlen.  Seine  Stinsmung  wird  veranschaulicht  durch 
den  Vergleich  mit  einem  Landmanne,  der,  weil  seine  eigene 
Ernte  verhagelt  ist,  wünscht,  dafs  auch  andere  das  gleiche  Unglück 
treffen  möchte  —  gewifs  recht  bezeichnend,  wenn  man  bedenkt, 
wie  bitter  dem  Landmann  der  Verlust  sein  mufs,  und  wie  kräftig 
Verdrufs  und  Mifsgunst  gerade  bei  ihm  sich  zu  äufsem  pflegt  — 
aber  von  irgend  einem  deutlichen ,  vorstelibaren  Bilde  ist  keine 
Rede.» 

Der  König  Masinissa  (Africa  VI,  I94fif.),  voll  Kuutiiet 
über  seine  rasch  gewonnene  und  wieder  verlorene  Sophonisbe,  wird 
von  Scipio  durch  Verleihung  von  Auszeichnungen  getröstet,  und 
in  seiner  Seele  verdrängt  Ehrbegierde  den  Liebeskummer,  v.  1S9II 

■  Sic  anxius  haeret 

MeroAtOT,  cui  vota  viae  ceiseie  secunda 

Et  lucri  fortuna  fuit;  nilDC  cogitai,  aurum 

Ac  gemmas  qua  puppe  vehat  prelíositque  renit 

Quique  ratis  cusios  placeat.  — 
'       Invidus  hand  aliter  tenuis  regnator  agelli, 

Annua  cui  messis  perii!  spes,  optât  ìnìqunm 

Ver  alus  imbresque  fetos  et  giandiuE  mixto» 

Frugibus  atboribtisque  graves  iocumbere  veotoi 


DIE  POETISCHEN  VERGLEICHE  IN  PETRARKAS   AFRICA.         477 

Spes  ingens  addita  regi  —  Ahstulit  aniiquas  aliatnqiu  in  viscera  curam 
—  IniuliL 

Diesen  rein  seelischen  Vorgang  veranschaulicht  der  Dichter 
der  Africa  durch  das  Bild  eines  Vogelfängers,  der,  nachdem 
ihm  ein  kleinerer  Vogel  entwischt  ist,  sich  mit  der  Hoffnung  auf 
eine  gröfsere  Beute  tröstet.  In  diesem  Vergleiche  wird  das  Ab- 
und  Zufliegen  der  Vögel  nur  eben  erwähnt  als  Veranlassung  der 
Vorgänge,  aber  der  eigentliche  Kernpunkt  des  Vergleiches,  der  in 
den  Vordergrund  treten  soll,  sind  des  Jägers  wechselnde  Stim- 
mungen bei  Gewinn  und  Verlust,  die  mit  denen  des  Masinissa  in 
seinem  Glûckswechsel  verglichen  werden.^ 

Africa  VI,  465  ff.  Hannibal  und  Scipio  kehren  nach  ver- 
geblich gehaltener  Zwiesprache  zu  ihren  Lagern  zurück;  schnell 
entbrennen  Herzen  und  Augen  der  Krieger  in  Kampfeslust  Dieser 
Vorgang  ist  mit  dem  Verfahren  zweier  Landleute  in  Parallele 
gesetzt,  welche  in  einer  Unterredung  übereinkommen,  ihre  Stoppel- 
felder gleichzeitig  in  Brand  zu  setzen,  und  nach  Beendigung  der 
Unterredung  sich  zur  Ausführung  ihres  Vorhabens  von  einander 
trennen.  Hier  könnte  es  scheinen,  als  sei  das  Zusammenkommen, 
das  Verabreden  und  das  Auseinandergehen  der  Personen  Gegen- 
stand des  Vergleiches,  doch  ist  dies  vielmehr  das  Feuer  des  Mutes 
und  das  Feuer  des  Brandes,  und  die  Seelenstimmung  beider  Heere 
soll  uns  klar  gemacht  werden.^ 

Africa  VIII,  398  ff.  Scipio  überlegt,  wie  er  am  besten 
einen  Angriff  auf  Karthago  ins  Werk  setzen  könne,  indem  er  die 
Stadt  von  allen  Seiten  betrachtet  —  er  gleicht  dem  Landmann 
der,  um  einen  Felsblock  von  seinem  Acker  zu  entfernen,  oder  eine 
Eiche,  dieselben  ringsum  beschaut  und  alle  Möglichkeiten  er- 
wägt* 

Africa  VIII,  409  ff.  Scipio,  welcher  die  Mauern  Karthagos 
besichtigt,    wird  von  den  verzagenden  Frauen  erblickt,  —  so 


Ceu  retibus  auceps 
Aspiciens  volacrem  subito  discedere  parvam 
Conqueritar,  movet  exigiii  spes  perdita  lucri; 
Maior  inopina  mox  et  generosior  ales 
Parte  poli  tensis  si  forsitan  advolat  alis, 
Erigitur  recipitque  ánimos,  spesque  ampia  futuri 
Praeteritì  meminisse  vetat;  sic  etc. 

Tum  vero  urgentes  stimulos  virtutís  et  aestus 
Irarumque /a^^j  graviterque  minantia  verba 
Flammantesf\X3i^  oculos  ardentiaf^c  ora  videres: 
Haud  aliter  quam  quum  stipulis  imm\\X.tre  flammäm 
Forte  ex  composito  late  distantibus  arvis 
Discedunt  gemini  agricolae;  dispersus  in  agros 
Horridus  altemos  nunc  hinc,  nunc  cemitur  illinc 
Et  crepitante  sono  subitus  micat  ignis  utrimque, 

Invisum  veluti  cupiens  prostemere  rupem 
Cultor  agri  aut  segeti  damnosam  avellere  quercum. 
It  circum,  temptatque  modos  facilemque  ruinam 
Cogitat  innocuamque  aliis  campoque  sibique. 


47S  F-  FRIEDBRSDORPF, 

erblickt  der  Vogel,  der  für  sein  Nest  fürchtet,  den  herannahen- 
den Hirten.' 

Africa  VI,  86 — 8q.  Scipio  tröstet  den  Masinissa,  wie  der 
Arzt  den  Kranken  tröstet,  wenn  er  auch  die  GeFäbrlichkeit  des 
Leidens  wohl  erkennt  Hier  ist  die  Bemühung,  eine  Aendemng 
des  Seebnzustandcs  hervorzurufen,  Inhalt  des  Vergleiches.' 

Damit  sind  die  wichtigsten  Gleichnisse,  welche  Peirarka  aus 
der  gewerblichen  oder  landwirtschaftlichen  Thätigkeit  entlehnt,  an- 
geführt; zwei  andere,  dem  gleichen  iCreise  enlrommene,  aber  nicht 
unbedingt  hierher  zu  zählende,  sollen  an  anderer  Stelle  betrachtet 
werden. 

Es  überwiegt  also  in  der  Mehrzahl  der  Vergleiche  die  Be- 
mühung, seelische  Stimmungen  und  Vorgänge  auszumalen, 
was  um  so  merkwürdiger  ist,  als  ja  diese  Vergleiche  selbst  aus 
einer  durchaus  realistischen  Sphäre  stammen,  Petrarka,  der  Lyriker, 
bleibt  sich  hierin  selbst  treu,  wie  ja  denn  auch  sonst  in  seinem 
Epos  die  Stimmungen,  Empfindungen  und  Betrachtungen  der  Per- 
sonen auCserlialb  des  Vergleiches  einen  breiten  Raum  einnehmen. 

Diesem  Zuge  entspricht  es,  dafs  Petrarka  gewisse  Situationen 
des  menschlichen  Lebens,  in  denen  die  Seele  sozusagen 
eine  Krisis  durchmacht,  in  denen  Empfindungen  jäh  und 
unvermittelt  wechseln,  in  denen  das  Gemüt  sich  in  tiefer 
Erschütterung  und  Erregung  befindet,  mit  Vorliebe  zu 
Vergleichungen  verwendet.  Hierher  gehört  namentb'ch  die 
Einführung  derjenigen  Vergleiche  und  Bilder,  die  von  den  Em- 
pfindungen zum  Tode  verurteilter  Menschen  entlehnt  sind. 
Es  will  in  dieser  Hinsicht  nichts  besagen,  wenn  er  die  zu  einer 
verbrecherischen  Verschwörung  Versammelten  mit  ihren  bleichen 
Gesichtern  und  gesenkten  Stirnen  zum  Tode  verurteilten  Ge- 
fangenen vergleicht,  Africa  IV,  2 18  it  Aber  auch  Masinissa, 
dem  angekündigt  worden  ist,  dafs  er  seiner  Sophonisbe  beraubt 
werden  soll,  gleicht  einem  zum  Tode  Verurteilten,  Africa  V. 
452  ff.,  und  seine  Seelenqualen  werden  in  eingehender  Schilderung 
denen  eines  Manne-S  verglichen,  welcher  den  Tod  durch  Henkers- 
hand zu  erwarten  hat  —  gewifs  ein  einzig  dastehender  Vergleich 
und  ohne  Vorbild  in  der  Antike. 

Sic  audita  teum  poslquam  seoiemía  morti 
Addili!  gravilerque  lubBC  vox  runlia  fati 

Intonuit,  trcmit  ìlle  pavtns  et  buxtus  ori  

Pallor  inesl;  iam  mors  oculis  manifesta  videtur, 

'       Allonitae  gemunt  maires  ac  multa  prtcantur. 
Anxia  sic  volucris  temptantem  prendere  nidos 
Pastore  m  aspi  e  i  cas  trepidis  se  verberat  alia 
Multa  querens. 


Ac  monet  et  proprii 


i 


DIB   POETISCHEN   VERGLEICHE   IN   PETRARKAS   AFRICA.         479 

Et  lictor  praebere  iubens  iam  colla  securi; 
Nam  ventura  quidem  velati  praesentia  cemit; 
Iam  iacet  exanimis,  iamqne  omnia  trístia  secum 
Versât  et  avulsum  trunca  cervice  cadaver.  — 

Noch  weiter  aber  führt  er  dieselbe  Vorstellung  in  Folgendem  aus. 
Sophonisbe  kommt  in  die  Unterwelt.  Rhadamanthus  ^vîll  sie  an 
einen  Schreckensort  verweisen,  Minos  stimmt  ihm  zu;  aber  Aeacus 
urteilt  günstiger  und  bestimmt  sie  für  einen  besseren  Aufenthalt 
Hierüber  zeigt  sich  Sophonisbe  erfreut,  und  diese  Empfindung 
einer  Freude  vergleicht  der  Dichter  mit  derjenigen  Freude,  welche 
ein  zu  entehrender  Todesstrafe  Verurteilter  empfindet,  wenn 
er  zu  einer  ehrenvolleren  Hinrichtung  begnadigt  wird;  er 
beschreibt  den  veränderten  Gesichtsausdruck  eines  also  Begnadigten, 
seine  Freudenthränen  u.  s.  w.,  Africa  VI,  27  ff. 

Haud  aliter  quam  quum  sententia  captum 
Turpibus  addixit  laqueis  crucibusque  vel  igni, 
Mens  bona,  quae  non  supplicio,  sed  sorte  movetur 
Infami,  trépidât;  tum  si  gencrosior  illi 
Conditio  mortis  subito  datur,  altera  frontis 
Effigies  vultusque  alius  formatur,  et  extra 
Pectoris  apparent  lacrimis  nova  gaudia  fusis  — 

Die  Ausführung  einer  ähnlichen  Vorstellung  dürfte  bei  früheren 
Dichtern  nicht  zu  finden  sein. 

Seine  Vorliebe  für  Seelenmalerei  führt  den  Dichter  femer 
dazu,  zahlreiche  Gleichnisse  aus  der  Lage  und  den  Empfindungen 
Schiffbrüchiger  zu  verwenden*  Ihre  verzweifelte  Lage,  ihre 
Todesfurcht,  ihre  tiefe,  seelische  Erregung  erwecken  offenbar  Pe- 
trarkas  besonderes  Interesse. 

Vorausbemerkt  sei  dabei,  dafs  Homer,  der  Dichter  einer  zur 
See  so  besonders  ausgezeichneten  Nation,  dafs  die  Odyssee,  die 
zum  gröfsten  Teil  an  und  auf  der  See  spielt  und  in  der  Odysseus 
mehrere  Schiffbrüche  erleidet,  diese  böse  Lage  der  Seefahrer  wenig 
zu  Vergleichen  benutzt  hat.  Wenn  man  bedenkt,  wie  viele  Gleich- 
nisse bei  Homer  von  der  See,  den  Wolken,  dem  Sturmwind  und 
Wetter  herstammen,  wie  genau  und  aûschaulich  er  in  diesen  die 
See  schildert,  so  ist  dieses  Unterlassen  um  so  mehr  zu  bemerken. 
Auch  llias  XV,  624  ff.  sind  Sturzseeen,  doch  kein  Schiffsuntergang 
geschildert. 

Allerdings  sagt  er  llias  XK,  375  ff.,  dafs  der  Schild  des 
Achilleus  leuchtet  wie  ein  Hirtenfeuer,  welches  weit  über  die  See 
hin  den  Schiffern  sichtbar  wird,  und  man  könnte  annehmen,  dafs 
diese  Schiffer  sich  in  irgend  einer  Gefahr  befinden;  doch  von  einem 
Schiffbruch  und  Ausmalung  der  Lage  Schiffbrüchiger  ist  jedenfalls 
keine  Rede.  Auch  wenn  in  der  Odyssee  23,  226  ff.  der  Anblick 
des  heimkehrenden  Odysseus  der  Penelope  so  angenehm  ist,  wie 
dem  Ertrinkenden  der  Anblick  des  Landes,  so  ist  das  sehnsüchtige 
Verlangen  nach  Rettung   und  die  Freude  über  Erlösung  hinsieht- 


480  F.  FK1EDERSD0RFP, 

lieh  des  Grades  vortrefTlich  bezeichnet,  eine  Betrachtung  der 
Seelenstimmung  jedoch  nicht  versucht 

Hiermit  stimmt  das  Verfahren  des  Virgil  überein ,  der  so 
manches  Gleichnis  von  brandender  See,  von  Stürmen  und  Un- 
wetter entlehnt,  auch  so  manches  Schiffes  Untergang  eriählt,  aber 
den  Schiffbruch  selbst  lu  einer  Vergleichung  nicht  verwendet. 

Jedoch  bei  anderen  römischen  Dichtem  finden  wir  ein  al>- 
weichendes  Verfahren.  Hier  ist  Ovid  der  erste,  welcher  Metam. 
II,  184  ff.  den  unglücklichen  Phaethon,  dem  die  Zügel  der  Sonaen- 
rosse  entgleiten,  einem  Seefahrer  vergleicht,  welcher  im  Sturme 
das  Ruder  den  Winden  und  Wellen  preisgegeben  hat  —  gewifs 
für  die  Situation  sehr  bezeichnend. 

Nach  diesem  Vorgange  wird  der  Schiffer  in  der  Not  des 
Sturmes  eine  beliebte  Gleichnisfigur,  So  vergleicht  Lucanus  II,  187  ff. 
die  Hinraordung  des  Calulus  mit  der  Zerschmeltening  durch  einen 
Schiffbruch;  so  vergleicht  er  VII,  125  ff.  den  Verzweifelnden  einem 
Schiffer,  der  sein  Fahrzeug  den  Winden  preisgiebt;  so  vergleicht 
er  1,  498  ff,  die  Flucht  aus  einer  eroberten  Sladt  dem  Entweichen 
Schiffbrüchiger  aus  dem  sinkenden  Schiffe. 

Statius  verwendet  das  gleiche  Motiv  noch  häufiger;  es  giebt 
ein  unbestreitbar  anschauliches  Bild,  wenn  er  VII,  793  ff.  den  in 
die  Erde  versinkenden  Wagen  des  Amphiaraus  mit  einem  unter- 
sinkenden Schiffe  vergleicht;  oder  wenn  er  ratlose  Menschen  SchiSen 
vergleicht,  die  ihren  Führer  verloren  haben.  Auch  die  feindlichen 
Brüder  Eleokles  und  Polyneikes  XI,  520  ff.  gehen  unter  in  furcht- 
barem Zu sammen prall ,  wie  zwei  Schiffe,  welche  im  Sturme  aufein- 
anderstofsen  ;  bei  grofsem  Unglück  erheben  die  Weiber  ein  Geschrei, 
wie  bei  dem  Untergang  eines  Schiffes,  III,  57  ff. 

Es  ist  nicht  za  verwundem,  dafs  nach  solchen  Mustern  auch 
Petrarka  diese  Situation  für  seine  Gleichnisse  benutzt.  Konnte 
et  doch  hierbei  aus  Erfahrung  reden ,  da  er  mehrere  Seereisen 
gemacht  hatte,  und  um  von  der  Gefahr  des  Ertrinkens  zu 
schweigen,  die  ihm  als  Säugling  schon  im  Flufse  gedroht  hatte, 
später  mit  genauer  Not  der  Gefahr  des  Schiffbruchs  auf  dem 
Meere  von  MassÜia  entging.  Aber  auch  hier  sind  es  die  psycho- 
logischen Momente,  welche  er  im  Gegensatze  zu  den  Allen  hervor- 
hebt Africa  IV,  184  ff.  wird  das  rumische  Volk  nach  den  ersten 
Niederlagen  durch  Hannibal  mit  einer  schiffbrüchigen  Mannschaft 
verglichen;  aber  es  ist  nicht  etwa  das  ängstliche  Hin-  und  Her- 
laufen, die  Bemühung  um  Kettung  u.  s.  w,  beschrieben,  was  ja 
auch  zu  den  römischen  Zuständen  keinen  rechten  Vergleich  ab- 
gegeben hätte,   sondern  die  sorgenvollen'  Erwägungen  bilden  den 


Vcluli  cum  HuctibuB  alnus 
Succubuit  cadique  graves  pflagtquc  Inmultus 
Non  tulit,  horrescunt  Daulae  /n/^rquc  per  ora 
Fundìtui,  ac  trépidos  augii  nova  cura  root^lros  - 
Talis  erat  nostrae  status  urbis,  lalìa  nobis 
Coiuilia. 


i 


À 


DIS  POSnSCHEN   VERGLEICHE   IN   PETRÂRKAS   AFRICA.         48 1 

Gegenstand  der  Vergleichung  und  erfahren  eine  eingehende  Be- 
schreibung. 

Africa  V,  175  ff.  Der  Kummer  des  Masinissa  um  Sophonisbes 
Verlust  ist  mit  besonderer  Vorliebe  behandelt;  es  sind  die  Em- 
pfindungen des  unglücklich  Liebenden,  die  genau  zu  schildern  den 
lyrischen  Dichter  reizte,  die  er  selbst  mitempfand. 

Masinissa  in  seiner  ratlosen  Verzweiflung  kommt  ihm  vor  wie 
ein  Schiffer,  der  im  Sturm,  ohne  das  Ruder  gebrauchen  zu  können, 
auf  starre  Felsen  und  wilde  Brandung  zutreibt,  und  nur  noch 
weinend  seiner  Vernichtung  entgegensieht.  Irgend  eine  Handlung 
ist  überhaupt  nicht  erwähnt,  es  werden  lediglich  die  Empfindungen 
des  Kummers,  der  Verzweifelung  unter  genauer  Erörterung  in  Par- 
allele gesetzt^ 

África  VI,  377  ff.  Die  Punier,  von  Scipio  in  die  Enge  ge- 
trieben, suchen  Friedensverhandlungen  anzuknüpfen,  in  der  betrü- 
gerischen Absicht,  sie  sofort  wieder  abzubrechen,  wenn  Hannibal 
erscheinen  sollte.  Dadurch  kommen  sie  dem  Dichter  vor,  wie 
Schiffer,  welche  in  der  Not  allen  Göttern  des  Meeres  Opfer  und 
Geschenke  geloben,  aber  sobald  das  Wetter  wieder  schön  wird, 
die  Gelübde  vergessen.  Auch  hier  zweifellos  eine  Schilderung  nach 
dem  Leben,  in  der  an  Stelle  italienischer  Heiligen  nur  des  heroischen 
Stiles  halber  heidnische  Götter  gesetzt  sind,  aber  auch  hier  ein 
Vergleich,  der  ausschliefslich  der  Verdeutlichung  seelischer  Vor- 
gänge dient^ 

Africa  Vin,  253  ff.  Die  Punier,  in  verzweifelter  Lage,  beraten 
sich,  bevor  sie  sich  dem  Sdpio  unterwerfen,  so  beraten  sich 
Schiffer  in  der  Not  des  Schiffbruches  über  die  zu  ergreifenden 
Mafsregeln. 

Doch  mit  diesen  Vergleichen  erschien  dem  Dichter  das  Bild 
des    Schiffbrüchigen,    mit    seiner    Verzweifelung,    seinem    Weinen, 

1  Ceu  victus  in  alto 

Navita,  qui  moestos  scopnlos  syrtesque  vadosas 
Ante  ocoles  videt  ipse  saos  nee  flectere  proram 
Arte  Valens  solita,  ventoque  impulsus  et  undis 
Omnia  desperans,  fortunae  mandat  iniqnae 
Et  clavum  et  remos  et  vela  flaentia  nimbo, 
Ac  ¡acrimans  in  puppe  sedet:  sie  naufraga  regis 
Mens  kaeret  compulsa  qnidem  nee  flectere  quoquam 
Orsa  Valens,  gemitu  sie  longam  concitus  horam 
Exegit  varío  . . . 

'       Hand  secos  ancipiti  periurus  navita  mortem 

Tempestate  timens,  obi  iam  spes  nolla  relicta  est, 
Vota  deis  cumulât  pelagi  tremulaque  tumentem 
Neptonum  ter  voce  ciet  Thetidisque  mannae 
Nomen  et  iratom  compellat  Nerea  ponto; 
Dona  dabit  templis,  omnem  feret  ille  laborem; 
Si  redeat  tranquilla  dies  portusque  videri 
Comminus  incipiat,  sensim  mens  perfida  tuto 
Atque  inconsulti  subeimt  oblivia  voli: 
Sic  stimolante  metu  deducimt  tempora 
Poeni  . . . 

Zdttdir.  L  rom.  PhiL  XX,  31 


482  s.  FKIEDERSDORFF, 

seiner  Ratlosigkeit,  seinen  Gebeten  und  Gelübden,  binrelcbend  s 
genutzt;  sollte  es  noch  einmal  verwendet  werden,  so  bedurfte  es 
einer  stärkeren  Färbung.  Diese  findet  sich  denn  auch  in  kaum 
noch  zu  steigernder  Weise  Africa  VIII,  45 1  ff.  Die  Punier,  bereit5 
von  vernichtenden  Schlägen  getroffen,  erfahren  von  der  Niederlage 
des  Vermina,  die  natürlich  ihren  Schmerz  noch  steigert.  Der 
Dichter  vergleicht  sie  einem  schiffbrüchigen  Seemanne,  der  auf  dem 
Wrack  an  das  Steuerruder  geklammert,  nur  noch  geringe  Aussicht 
auf  Rettung  hat;  —  da  entreifst  ihm  der  Sturm  auch  seine  letzte 
Stütze  und  nun  bejammert  er  den  sicheren  Tod  und  erleidet  gleich- 
sam zum  zweiten  Male  Schiffbruch.  Zweifellos  ist  das  Gleichnis 
sehr  geeignet,  uns  mit  der  Vorstellung  höchster  Furcht  und  Sorge 
zu  erfüllen,  aber  völlig  von  der  Natur  des  epischen  Vergleiches 
abweichend,  wandelt  der  Dichter  mit  diesen  psychologischen  Ana- 
lysen seine  eigenen  Wege.' 

IL 

Aber  nicht  der  psychologischen  Analysierung  und  Vertiefung 
allein  dient  das  Gleichnis  bei  Petrarka,  wenn  auch  dieser  Zweck 
überwiegt;  bisweilen  unterstützt  es  auch  die  sinnliche  Vorstellung. 
Die  Schönheit  und  Stattlichkeit  der  Iletdea,  die  gewaltige,  wenn 
auch  abschreckende  Erscheinung  der  Gegner  können  nicht  mit  lu 
glänzenden,  nicht  mit  zu  kräftigen  Farben  gemalt  werden.  Je  mehr 
sich  die  dichterische  Phantasie  mit  ihren  Lieblingsheldea  beschäftigt, 
um  so  mehr  wachsen  diese  über  menschliches  Mals  hinaus  and 
können  nicht  mehr  mit  den  Wesen  auf  der  Erde,  sondern  nur 
noch  mit  U eberirdischen  verglichen  werden. 

Von  diesem  Verfahren  ist  Homer  zwar  noch  weit  entfernt, 
aber  den  Weg  dazu  hat  er  dennoch  betreten.  Wenn  eine  nidil 
seltene  Bezeichnung  der  Helden  ist:  „gl  eich  wiegend  dem  schnellen 
Ares",  wenn  Aineias  llias  VII,  208 — 211  zum  Kampfe  stürmt  wie 
Ares,  wenn  Hektor  llias  VIII,  349  die  Augen  der  Gorgo  oder  des 
Ares  hat,  wenn  Meriones  und  Idomeneus  llias  XIU,  295  und  298 
dem  Ares  und  Phobos  verglichen  werden,  und  A  cht  Ileus  llias 
XXIII,  139  dem  Enyalios,  ja  wenn  es  in  llias  und  Odyssee  mehr- 
fach heifst,  dafs  ein  Held  „gleich  einem  Gölte"  im  Volke  gechn 
werde,  so  ist  damit  auch  bei  Homer  das  Bestreben  klar,  seine 
Helden  in  eine  höhere  Sphäre  als  die  gewöhnliche,  menschliche 
zu  rücken  und  den  Unsterblichen  za  vergleichen,  —  Und  wie  von 
Heroen  so  heifst  es  auch  von  den  Heroinen  in  der  llias  und 
Odyssee,  dafs  sie  „Göttinnen"  gleichen.  Nicht  nur  der  kluge 
Schmeichler  Odysseus   vergleicht  Od.  6,  lo2  die  Nansikaa  der  Af- 


Fuppe  velut  fracia  lemo  quum  tristU  adhacsjl 
Navita  iactalnrque  vadls,  cui  litoca  longe, 
Spes  fuste  exiguo  ülubnt;  sí  fotte  malignas 
Fluctus  el  himc  rapiat,  mortem  gemit  alqoe  aecuní 
NauTragium:  tanta  ei  parvis  momenta  supremura 
Tempus  h»beL  — 


DIB  POSnSCHEN  VERGLEICHE  IN   PSTRARKAS   AFRICA.         483 

temis  nnd  ihr  Gefolge  den  N)maphen;  auch  Penelope  wird  Od. 
19,  54  der  Artemis  oder  Aphrodite  verglichen,  und  unbestimmter 
heifst  es  von  Âlkinoos  Od.  6,  30  if.,  dafs  er  wie  ein  Unsterblicher 
auf  dem  Throne  sitze  (vgl.  Od.  7,  10.  7,  71)  u.  a. 

Indessen  der  Abstand  der  homerischen  Helden  und  Heldinnen 
von  den  Göttern  ist  kein  unermefslicher;  waren  sie  doch  vielfach 
Göttersöhne  oder  wenigstens  Abkömmlinge  von  Göttern,  findet  doch 
zwischen  beiden  Teilen  vielfach  ein  ganz  menschlicher  Verkehr 
statt,  erscheinen  doch  die  Götter  oft  freundlich  auf  der  £rde,  sich 
den  Sterblichen  gesellend,  und  gelingt  es  doch  einzelnen  Heroen, 
zum  hohen  Olymp  emporzusteigen.  Dennoch  aber  werden  die  Ge- 
stalten der  himmlischen  Götter  nicht  in  einem  ausführlichen  Ver- 
gleich verwendet,  so  dafs  sie  den  Sterblichen  zur  Folie  dienen 
mûfsten;  Homer  begnügt  sich  zu  sagen,  dafs  Erscheinung  oder 
einzelne  Eigenschaften  von  Göttern  sich  in  einem  gewissen  Grade 
bei  Menschen  wiederfanden.  Diese  Vorstellung  entsprach  dem 
naiven  Volksglauben,  nach  welchem  ja  die  Götter  alle  Eigenschaften 
der  Menschen  in  gesteigertem  Grade  neben  ihren  göttlichen  Eigen- 
schaften besitzen. 

Als  aber  jener  Glaube  aufgehört  hatte,  allgemein  und  unbe- 
fangen zu  sein,  da  hörte  jenes  Vergleichen  der  Helden  mit  den 
Göttern  bei  den  epischen  Dichtern  nicht  etwa  gleichfalls  auf,  son- 
dern nahm  erst  recht  seinen  Anfang.  Je  weniger  religiöse  Scheu 
sich  noch  mit  dem  Begriffe  der  Götter  verband,  um  so  leichter 
verwendete  man  ihre  Erscheinung,  ihre  Attribute  und  Eigenschaften 
und  Handlungen  zu  poetischen  Vergleichen.  Daher  ist  bei  den 
lateinischen  Dichtem  des  Epos  und  des  Dramas  kaum  eine  andere 
Gattung  von  Vergleichen  beliebter  und  häufiger  verwendet,  als  die 
von  den  Gottheiten  hergenommenen.  Diese  boten  dem  Dichter 
den  Vorteil,  die  Gestalten  seines  Liedes  so  glänzend,  so  erhaben, 
so  gewaltig  erscheinen  zu  lassen,  wie  sie  seinen  Hörern  oder  Lesern 
nur  irgend  erscheinen  konnten;  er  berief  sich  auf  die  allen  Zeit- 
genossen geläufigen  Vorstellungen  gewaltigster  und  bedeutendster 
Art,  um  von  diesen  einen  höheren  Glanz  auf  seine  eigenen  Gebilde 
zu  übertragen.  Je  mehr  es  ihm  an  wahrhafter  eigener  dichterischer 
Kraft  gebrach,  um  durch  diese  aus  sich  selbst  heraus  seine  Figuren 
grofsartig  zu  gestalten,  um  so  mehr  griff  er  nach  gewaltigen  Bil- 
dern; eine  grofsartige  Kostumierung  sollte  die  wahre  Gröfse  er- 
setzen. So  bekommen  die  Vergleiche  zuletzt  den  Wert  rhetorischer 
Figuren,  die  auch  in  der  Prosa  da  am  leichtesten  sich  einstellen, 
wo  Gedanken  und  Gründe  versagen. 

Auch  kam  noch  anderes  hinzu.  Der  römische  Epiker  und 
Dramatiker  der  Kaiserzeit  überschaute  ein  ungeheures  Material  an 
Bildwerken,  in  Gruppen,  Statuen,  Reliefs,  Gemälden,  von  denen 
die  grofse  Mehrzahl  der  Darstellung  göttlicher  Gestalten  diente. 
Was  war  natürlicher,  als  dafs  er  bei  seinem  Bestreben,  sein  Werk 
herrlich  auszuschmücken,  sich  dieses  ihm  so  oft  entgegengetretenen 
Schmuckes  der  Tempel,  Fora,  Basiliken,  Bäder,  Strafsen  erinnerte, 

31* 


484  F.  FRIEDBRSDORFF, 

daTs  die  Anschauung  der  herrlichsten  Kunstwerke  ^iechisc 
Plastik  seine  Phantasie  anregte  und  sich  in  Vergleichen,  die  von 
eben  diesen  Göttern  handelten,  aussprach?  Auch  hatte  der  römische 
Dichter  aus  der  Mythologie  ein  Studium  gemacht  und  sich  bedea- 
tende  Kenntnisse  auf  diesem  Gebiete  erworben  nnd  auch  dieser 
Umstand  lieferte  ihm  in  derselben  Richtung  vielfache  Anregung. 
Er  hatte  ferner  viele  Vorgänger,  und  auch  an  deren  Werke  er- 
innerte er  sich,  indem  er  ihnen  Bilder  entnahm,  dieselben  weiter 
bildete  und  umgestaltete. 

So  finden  wir  denn  bei  Virgil  zuerst  einen  ausfùhrlìcheo  Ver- 
gleich des  Aeneas  mit  dem  Apollo,  der  uns  anmutet,  wie  die 
Beschreibung  eines  Gemäldes.     Aen.  IV,  143  ft: 

Qualis  ubi  hibemam  Lyctam  Xanthique  ñuenta 

Deaerít  ic  Delum  matemani  ¡Dvisit  Apollo 

InstBUriitque  choros,  miilique  altaría  circum 

CretEsque  Dryopcsque  fremum  pictique  Agalhyrsì, 

Ipse  iiigis  Cynthi  graditur,  niolliqne  ñaentem 

Fronde  premil  crinem  fingens  atqnc  implicai  auro, 

Tela  sonant  humeñü:  hand  ilio  segnior  íbat 

Aeneas;  lantum  egregio  decus  enitet  ote. 

In  seiner  grofsen  Ausführlichkeit,  in  der  Schönheit  der  Vor- 
stellungen, die  OS  erweckt,  wird  dieses  Bild  von  wenigen  bei 
Virgil  erreicht;  wäre  nicht  die  männliche  Begleitung  des  Apollo, 
man  könnte  die  Verse  unter  Guido  Renis  farbenprächtiges  Bild  im 
Palazzo  Rospigliosi  setzen.  Aehnliches  gilt  von  dem  Vergleiche 
der  Dido  mit  einer  rasenden  Bakchantin  Aen.  IV,  301  ff. 
Ebendahin  gehört  es,  dafs  Aen.  VI,  784 — 788  die  Roma  mit  der 
Berekjnthischen  magna  mater  verglichen  wird,  dafs  Aeo. 
VU,  Ó74— 677  die  Stammheroen  vonTibur  mit  einer  Groppe 
Centauren,  dafs  Aeneas  selbst  Aen.  X,  565 — 570  im  Kampfe 
dem  Aegäon,  dafs  Mezentius  femer  AeiL  X,  764^ — ^768  dem 
Orion  verglichen  wird,  der  den  Flufs  durchwatet,  oder  mit  dem 
Haupte  in  die  Wolken  ragend  eine  gewaltige  Esche  auf  den  Schul- 
tern schleppt  Bei  allen  diesen  Vergleichen  fühlt  man  sich  un- 
willkürlich an  irgend  welche  plastischen  Büdwerke  des  Alter- 
tums erinnert  und  in  weit  höherem  Grade  noch  empfand  der 
Zeitgenosse  des  Virgil  diesen  Eindruck. 

Ebenso,  wenn  Camilla  mit  der  Schar  ihrer  Begleiterinnen 
der  Penthesilea  oder  Hippolyte  verglichen  ward,  um  welche 
die  Amazonen  sich  tummeln  (Aen.  XI,  659—664),  oder  wenn 
Turnus  auf  dem  Streitwagen  dem  Mavors  und  seinem  Gefolge 
gleichgestellt  wird  {Aen.  Xll,  331 — 337),  so  erkennen  wir  leicht  in 
dem  ersten  Bilde  eine  Reminiscenz  sei  es  an  ältere  griechische 
Schriftsteller,  sei  es  an  Bildwerke,  wie  sie  in  Athens  Stoa 
poikile  und  dem  Theseion  zu  sehen  waren,  in  dem  leisten  eioe 
Anlehnung  an  Homer,  die  vermutlich  infolge  der  Betrachtung 
plastischer  Darstellungen  sich  weiter  ausgebildet  hat 


J 


DIE  POETISCHEN    VERGLEICHE   IN   PETRARKAS    AFRICA.         485 

Wenn  aber  Dido  in  Aen.  IV,  469 — 473  in  ihrer  Raserei  einer- 
seits mit  dem  Pentheua,  andererseits  mit  dem  von  Furien  ver- 
folgten Orestes  verglichen  wird,  so  giebt  uns  der  Dichter  selbst 
die  Quelle  dieses  Vergleiches  an,  der  darum  so  eigentümlich  ist, 
weil  eine  Frau  mit  Männern  in  Parallele  gesetzt  wird;  es  sind  die 
Eindrücke  der  Bühne  seiner  Zeit,  welche  sich  in  diesen  Büdern 
wiederspiegeln,  vgl.  A14I  Agamemnonius  scaenis  agitatus  Orestes 
V.  47  1,  wozu  schon  Servius  auf  eine  Tragödie  des  Pacuvius  verweist. 

Dafs  Ovid,  seinem  realistischen  Charakter  entsprechend,  nicht 
allzu  häufig  Vergleiche  aus  der  Mythologie  anwendet,  könnte  als 
selbstverständlich  erscheinen;  aber  abgesehen  von  ihrer  Anschau- 
lichkeit und  Originalität  sind  seine  Vergleiche  für  uns  dadurch  so 
interessant,  dafs  wir  sie  vielfach  ohne  Schwierigkeit  auf  ihre  Quellen 
hin  verfolgen  können.  Wenn  er  Metam.  X,  515  den  Adonis  den 
gemalten  Amores  (Liebesgöttern)  vergleicht,  wenn  er  Met  I,  415 
die  aus  Steinen  entstehenden  Menschen  unfertigen  Bild- 
säulen vergleicht,  wenn  Met.  III,  m  ff.  die  aus  der  Erde  empor- 
steigenden Sparten  allmählich  Sichtbarwerden,  wie  die  auf  dem 
(von  unten  nach  oben  hinaufgezogenen)  Theatervorhang  ge- 
malten Figuren,  so  sehen  wir,  dafs  er  seine  Vergleiche  aus  den 
Kunst!  erwerks  tat  ten,  aus  den  öffentlichen  Theatern,  den  Tempeln 
hernimmt,  Orte,  an  denen  auch  andere  Dichter  ihre  Studien  machten, 
ohne  dafs  es  immer  so  leicht  wäre  diese  nachzuweisen. 

Die  späteren  lateinischen  Epiker  bei  ihrem  Geschmacke  für  das 
Uebergrofse  und  Gewaltige  bilden  nun  diesen  Gebrauch  der  aus 
der  Götterwelt  entlehnten  Vergleiche  immer  weiter  aus.  Hatte  Virgil 
die  Vorstellung  von  gewissen  Gottheiten  benutzt,  um  die 
Erscheinung  seiner  Helden  in  das  Gebiet  des  Aufserordent- 
lichen  zu  rücken,  so  begnügen  sie  sich  damit  nicht  mehr,  sondern 
sie  lieben  es,  manche  in  ihren  Epen  vorkommende  Handlung  mit 
solchen  Vorgängen  in  Vergleichung  zu  setzen,  die  in  der 
Mythologie  berichtet  werden.  Dabei  bedenken  sie  nicht,  dafs 
eine  Veranschaulichung  der  erwähnten  Handlung  nicht  erreicht 
werden  kann  durch  Vergleichung  mit  einem  sagenhaften  Ereignis, 
welches  nie  jemand  gesehen  hat. 

Dafs  Lucanus  Phars.  U,  674  eine  römische  Unheil  prophe- 
zeiende Matrone  mit  einer  Edonerin  vergleicht,  fällt  weiter  nicht 
auf;  das  griechische  Vorbild  verrät  sich  ohnebin  in  ihren  sämtlichen 
Worten;  aber  dafs  er  Phars.  II,  715  ff.  das  Entweichen  des  Pom- 
pejus  aus  dem  Hafen  von  Brundisium,  wobei  ihm  zwei  Schiffe 
verloren  gehen,  mit  der  Fahrt  der  Argo  durch  die  Symple- 
gaden  vergleicht,  kann  keinem  anderen  Zwecke  als  dem  einer 
Ausschmückung  dienen.  Phars.  IV,  543  ff.  Volteius  und  seine 
Schar,  denen  ein  Entkommen  nicht  möglich  ist,  töten  sich  nach 
freiwilliger  Uebereinkunft  untereinander;  diese  Blutthat  wird  mit 
dem  brudermörderischen  Kampfe  der  Sparten  verglichen; 
wie  wenig  passend  oder  anschaulich,  bedarf  keiner  Erörterung. 
Der   Sturm,    Phars.  V,  620  fr.,    welchem    Caesar    allein   Trotz    zu 


F.  FRIEDER  5D0IIFF, 


t  der  deukaltonischeo  Flut  verglichen  (ä 


bieten  wagt,  wird  i 
mare  eonvohiií  genti 
Schlacht  vorbereiten,  Phars.  VII,  144  ff.,  da  gleichen  sie  nach  Ln- 
canus  deQ  Gottern  und  Titanen,  welche  sich  zum  Kampfe 
rüsten  [si  ¡iceal  suptn's  hominum  con/erre  labores).  Aber  auch  die 
römische  Göttersage  dient  gelegentlich  zur  Vergleichung.  Pbars, 
IX,  478  ff.  entführt  ein  Sturm  den  marschierenden  Soldaten  ihre 
Waffen  und  trägt  dieselben  weithin  durch  die  Luft,  bis  sie  zum 
Entsetzen  der  Menschen  scheinbar  vom  Himmel  herabfallen,  - 


1  Rom   dit 


1  Hit 


l  herab- 


fielen U.S.  w. 

Statius  in  seiner  Thebaia  geht  bei  seinen  Vergleichen  aus  der 
Götterwelt  weniger  in  das  Ungeheure,  aber  er  macht  von  denselben 
den  ausgiebigsten  Gebrauch.  Dais  er  Th.  II,  81  erregte  Frauen 
mit  Bacchantinnen  vergleicht,  oder  Th.  II,  235  jonge  Braute  mit 
Pallas  und  Artemis,  oder  Th,  U,  675  den  Tydeus  dem  Riesen 
Briareus,  oder  Th.  IV,  139  den  Hìppomedon  mit  dem  Hylaeus, 
oder  Th.  V,  262  die  ihre  Männer  mordenden  Lemnieriimeii  mit 
trunkenen  I.apithen,  oder  Th.  VI,  665  den  Diskus  des  Phlegyas  mit 
dem  Schilde  des  Mars,  oder  Th.  VI,  79Ó  den  Kapaneus  mit  dem 
Titj-os,  oder  Th.  VI,  8go  den  Tydeus  mit  dem  Herakles,  ist  nichts 
Neues  mehr,  ist  seinen  Gestalten  entsprechend  und  nur  insofern 
bemerkenswert,  als  er  diese  Vergleiche  in  staunenswerter  Menge  an- 
wendet.' 

Aber  er  zieht  auch  solche  mythologischen  Erzählungen  lu 
Vergleichen  herbei,  welche  durch  spatere  Dichter  geschaffen  sind 
und  nicht  eigentlich  der  antiken  Götterlehre  angehören,  und  man 
kann  ihm  in  diesen  Fällen  leicht  seine  Quellen  nachweisen.  So 
steht  Theb.  V,  704  ff.,  wo  Adrastus,  welcher  Streitende  beruhigt,  mit 
dem  Neptun  verglichen  wird,  weichet  den  Wellen  Hall  gebietet, 
ihm  ohne  Zweifel  die  berühmte  Scene  des  Virgil  Aeneis  1,  124  ff 
vor  der  Seele;  ja,  wenn  er  VI,  715  ff.  schildert,  dafs  der  den  Disbis 
werfende  Ilippomedon  dem  Polyphem  gleiche,  der  dem  Odysseus 
Felsen  nachschleudert,  so  erinnert  er  sich  des  Q.Buches  der  Odyssee; 
wenn   er    die  in  Lemnos  landenden  Argonauten  Th.  V,  4í6ff.  den 


'  Die  wichtigsten  Stellen  sind  Th.  U,  563  Tyiieus  =  Pholu»,  dem  Coi- 
taurcn;  IV,  782  fF.  Hypsipyles  zurückgelassenes  Kind  schreit  wie  Zeus  bei 
den  Kureten;  es  gleicht  dem  Mars.  Merkur,  Apollo:  V,  515  ff.  die  Schlange, 
welche  dieses  Kind  tötet,  gleicht  dem  Sternbild  der  ScblnD[>e  oder  dem  DracbcD 
Fytho!  VI,  310  Adiast  unterwdst  den  Polyneikes  im  Wagenlenken,  wie  Apollo 
den  Phaethon;  VIH,  ili  Tiphya  und  dicMJnyei;  VITI.  255  Oidipns  =  Phinnisi 
vm,  749  Kapuneus  =  Herakles  mit  dem  Eber;  IX,  4DI  B.  eine  Flo&gôttiit 
klagend  =  der  Leukothca;  X,  164  Thiodamos  =  Idaeus;  X,  640 — 643  Juan 
=  Herakles  in  Weiberkleideni ;  X,843  Kapanens  =  den  Titanen;  XI,  II 
Kapaneus  vom  Blitze  getroffen  =  dem  Tilyos  in  der  Unterwelt;  XI,  jiS 
Jokasle  =  der  Mutier  des  Penthens;  XI,  44!  Adtastos  voll  Enlsctien  = 
Pluto,  als  ihm  die  Unterwelt  iofiel;  XI,  58  f.  Oidipus  =  Charon;  XI,  644 
Ismene  =  Erigane;  Xn,  66  Mcnoikcus  aaf  dem  Scheiterhaufen  =  Hetikles 
auf  dem  Oeta  u.  s.  w.  d.  s,  w. 


DIB  POBTISCHBN  VBR6LEICHB  IN  PBTRARKAS  AFRICA.         487 

Himmlischen  vergleicht,  die  zu  den  Aethiopen  kommen,  so  folgt  er 
auch  hier  dem  homerischen  Vorbilde  u.  s.  w.  Wenn  Adrast  den 
Polyneikes  im  Wagenlenken  unterweist,  wie  Apoll  den  Phaethon 
(Th.  VI,  320  ÍF.),  so  dürfte  ihn  vielleicht  sogar  Ovid  in  seinen  Meta- 
morphosen dazu  angeregt  haben.  Wäre  die  griechische  Litteratur 
der  späteren  Jahrhunderte  uns  ebenso  wohl  erhalten,  wie  dem 
Statins  selber,  so  würden  wir  diese  Anlehnung  an  ältere  Vorbilder 
jedenfalls  in  weitem  Umfange  feststellen  können. 

Vielleicht  der  auffallendste  von  allen  Vergleichen  ist  aber  doch 
der,  in  welchem  Theb.  III,  432  er  ausführlich  das  Herannahen  des 
Ares  auf  seinem  Streitwagen  schildert,  welchem  Fama  voraneilt, 
und  dann  diese  Handlung  in  Vergleichung  setzt  mit  dem  Heran- 
nahen des  Neptunus,  wenn  er  die  entfesselten  Winde  auf  die  See 
hinausführt  Hier  soll  also  eine  mythologische  Vorstellung 
zur  Anschauung  der  anderen  dienen.  Wollte  er  in  der  Be- 
schreibung des  heranziehenden  Neptunus  ein  Gegenstück  liefern 
zu  dem  berühmten  Bilde  Ilias  XIII,  10 — 39,  welches  den  Poseidon 
als  friedlichen  Herrn  der  See  schildert?  Oder  hatte  er  irgend 
eine  malerische  Darstellung  vor  Augen?  (vgl.  Th.  VIII,  255  fF.  Oidi- 
pus,  der  wieder  Speise  und  Trank  zu  sich  nimmt  =  Phineus,  von 
dem  die  Harpjen  gewichen  sind). 

Man  könnte  nun  leicht  der  Meinung  sein,  dafs  Petrarka,  der 
Christ,  der  Kleriker,  eine  Ausschmückung  seines  Epos  mit  mytho- 
logischen Zuthaten  durchaus  verschmäht  habe,  und  zwar  um  so 
mehr  als  ja  die  von  ihm  erzählten  Begebenheiten  lediglich  der  Ge- 
schichte angehören.  Und  wirklich  vermeidet  er  es,  in  homerischer 
Weise  neben  der  Handlung  auf  der  Erde  eine  zweite  Handlung 
im  Himmel  hergehen  zu  lassen  und  so  seinem  Epos  einen  völlig 
heidnischen  Charakter  zu  geben.  Aber  er  meint  doch  die  Mit- 
wirkung der  Himmelsmächte  und  das  Uebernatûrliche  überhaupt 
nicht  völlig  entbehren  zu  können,  und  da  ihn  einerseits  heidnische 
Reminiscenzen  ebenso  erfüllen,  wie  andererseits  die  christlich  reli- 
giösen Vorstellungen,  so  gelangt  er  dazu,  sie  in  einer  eigentüm- 
lichen Weise  zu  vermischen.  In  dem  mit  ungemeiner  Ausführlich- 
keit erzählten  Traum  des  Scipio  führt  er  uns  in  die  Wohnungen 
der  Seligen,  und  wenn  es  auch  lauter  heidnische  Männer  sind,  die 
sich  dort  bewegen,  so  hat  doch  der  Leser  den  Eindruck,  dafs  es 
der  christliche  Himmel  ist,  in  welchem  sich  diese  Römer  befinden, 
denen  zwar  noch  nicht  Engel  zur  Seite  stehen,  wie  auf  Fiesoles 
Bildern,  die  aber  Engeln  jedenfalls  ähnlicher  sind  (oder  auch  Hei- 
ligen) als  Menschen,  und  von  den  „Schatten"  des  Homer,  des 
Virgil  u.  a.  himmelweit  verschieden.     Africa  I,  219 

Ulte  pura  dus,  quam  lux  aeterna  serenai. 

Quam  nee  luctus  edax,  nee  tristia  murmura  turbant 

Non  odia  incendunt,        * 

Africa  I,  337 

O  quanta  miseri  sub  nube  iacetis! 
Hnmannmque  genus  quanta  caligine  veri 


p.  FRIEDEBSDORFP, 

Volvilut!  Hace,  iaqnit,  halt:  ill  cerlissima  trita. 
Vesba  Hutem  mors  est,  qnam  vilain  dicitiä.  At  lu 
Aspicc  gcrmanum;  video'  ut  contemptor  iccihae 
Mottis  eal?  t'iáen'  inánmUurn  suo  peclart  rtbar 
El  vi'vuHi  decus  et  flammantia  lumina  frontìP 
Quin  eliam  a  ¡ergo  gtnerosum  rtspicii  agwttnf 
Has  mihi  áe/unclos  audibil  dictre  guùguamP 


Cer« 


Pir  pu 


litida  Tintientia  cantra 
II  laeta  agmtna  vu/tuP 


1,  445.    Dem  Scipio  wird  i 


1  Traume  za  teil: 

Arcana  videre 
Gaelica,  venturos  longe  praenoseere  casus, 
Et  falum  pracsdre  sunm,  spedare  beatas 
Has  animas  sublergue  pedís  radûintia  so/ù 
Lumina  et  adversos  lam  iiastis  Iraetibus  axes. 

I,  500.    Beschreibung  von  Scharen  seliger  Römer: 
Ecce  aulem  tnterea  venìeotum  turba  nec  illi 
Nota  fuit  facies;  habitus  tamen  omnibus  unus 
Sidereogue  leiiis  fulgebat  lumine  amìctus,     u.  s^  W. 

Andererseits  führt  uns  der  Dichter  in  die  Unterwelt;  die  Seele 
der  SophonJsbe  wandert  dorthin,  die  heidnischen  Toteoriclitet 
Minos,  Aeacus  und  Rhadamaitthys  urteilen  über  sie;  aber  man  bat 
von  dieser  Unterwelt  nicht  den  Eindruck,  dafs  sie  einem  Fegefeuer 
oder  einer  Bulge  des  Dante  ähnlich  sei;  sie  wird  in  anschaulicbsier 
Weise  beschrieben,  der  Dichter  zählt  eine  Menge  von  berühmten 
Toten,  besonders  von  unglücklich  Liebenden  auf,  zu  denen  Sopho- 
□Isbe  sich  nun  gesellt  (merkwürdigerweise  ist  Dido  nicht  erwähnt, 
wohl  aber  Lavinia  und  Turnus),  Terminologie  und  Ortsangaben 
sind  durchaus  antik  heidnisch;  nur  wo  die  Richter  von  drei  ver- 
schiedenen cárteres  reden,  denen  die  Seelen  zugewiesen  werden 
sollen,  kann  man  vielleicht  an  Dante  denken;   Africa  VI,  1 — 80. 

Aber  nicht  nur  im  Traum  des  Scipio,  sondern  in  der  eigent- 
lich erzählenden  Darstellung  versetzt  uns  der  Dichter  in  den  Himmel. 
Bevor  die  Entscheidung  der  Waffen  in  der  Schlacht  bei  Zama  Gilt, 
wird  der  epische  Bericht  unterbrochen,  um  dieses  Ereignis  würdig 
vorzubereiten,  Rom  und  Karthago  personifiziert,  aber  nicht  eigent- 
lich als  Göttinnen  gedacht,  sondern  als  halbmenschliche  Wdber, 
erscheinen  vor  dem  Throne  des  Himmelsherm,  fur  ihre  Sohne 
Scipio  und  Hannibal  das  Wort  führend.  Africa  VU,  500  ft  Die  Lage 
dieses  Ortes  ist  am  Firmament  genau  bestimmt  VII,  517, 
Ambae  simul  alta  lenebant; 

Quaque  rubens  Mariis  metuendi  lutnicis  Aitrum 

Scorpio  eh  darum  ampleiu  caudaque  tcgebat, 

Uirsqae  caelestes  pariter  tentpusque  sub  uDum  est 

Introgressa  forea. 


DIE  POETISCHEN  VERGLEICHE   IS  PETRARKAS   AFRICA.        489 

Diesen  Ort  bewohnen  superi^  caelüolae,  deren  Namen  nicht  genannt 
werden,  die  aber  den  redenden  Himmelsherm  wie  Engel  um- 
schweben.    VII,  725 — 26: 

Talla  narrantem  cuncti  ¿raudentünis  alts 
Cuelicolae  umbrabant  atque  agmina  nuncia  pacts. 

Der  Herr  des  Himmels  selbst  erhält  manche  Attribute  des  römischen 
Jupiter;  er  heifst  tonans,  superumque  iiominumque  sator,  rerumque 
creator  i  dann  wieder  rector  Olympic  und  ebenso  wiederum  in  christ- 
licher Weise  0  magni  suprema  potentia  mundi\  —  Dafs  derselbe  eine 
sehr  lange  Rede  hält  und  sich  vor  sich  selbst  wegen  der  vielen 
Worte  entschuldigt,  die  er  macht  (Africa  VII,  706 — 707 
Longior  in  verbis  solito  sum,  maxima  namque  res  agitur),  ist  eine 
Naivetât,  deren  erheiternde  Wirkung  von  dem  Dichter  keineswegs 
beabsichtigt  worden  ist  Aber  was  verkündet  er?  In  der  That 
nichts  Geringeres,  als  dafs  er  auf  die  Erde  hinabsteigen,  Menschen- 
gestalt annehmen  und  die  Menschheit  erlösen  werde,  und  zwar  in 
einer  ganz  bestimmten  Frist!     Africa  VII,  710: 

Est  mihi  propositum,  quia  caligantia  mundo 
Limiina  sunt,  propios  vestris  accedere  terris, 
Et,  pondas  nexusque  hominum,  mortalia  membra 
SponU  subire  mea  vestrosque  levare  labores 
(Quantus  amor  !)  mortemque  etiam  tolerare  pudendam. 

V.  720: 

Neve  diu  dilata  nimia  spes  vestra  putetur, 
Cuneta  prius  cuncti  mortales  ista  videbunt 
Quam  decies  latum  Satumus  cinxerit  orbem 
Limite  retrogrado:  placüa  sic  virgine  captus. 
Jam  raptor,  sacri  sic  mulcent  ubera  lactis. 

In  der  That  eine  eigentümliche  Vermischung  des  Jupiter  tonans 
mit  dem  christlichen  Welterlöser.  —  Diese  eigentümliche  Ver- 
mischung heidnischer  und  christlicher  Vorstellungen  findet  sich 
aber  auch  in  den  Vergleichen  von  Petrarka  angewendet 

Africa  VIU,  960  if.  kommt  der  punische  Gesandte  Hasdrubal 
nach  Rom  und  erhält  Gelegenheit,  die  karthagischen  Gefangenen 
zu  besuchen.  Die  traurige  Lage,  in  welcher  er  diese  abgehärmten, 
mit  Ketten  belasteten  Unglücklichen  findet,  ihr  tiefer  Schmerz  bei 
seinem  Anblicke,  ihre  wehmütigen  Worte  und  ungeduldigen  Fragen 
geben  dem  Dichter  Veranlassung,  sie  mit  Seelen  zu  vergleichen, 
die  in  der  Unterwelt  weilen  und  zu  denen  nun  eine  neue,  soeben 
von  der  Oberwelt  geschiedene  Seele  hinabsteigt.  Es  sind  infemae 
Manes  ^  aber  nicht  jene  wesenlosen  Schatten  des  Homer,  auch 
nicht  Geister  im  Zustande  seliger  Ruhe,  sondern  im  Zustande  der 
Strafe,  daher  heifsen  sie  anxia  turba,  auch  die  zu  ihnen  hinab- 
steigende Seele  heifst  suppliciis  onerata  suis,  —  sie  soll  die  gleiche 
Strafe  leiden  an  diesem  Orte,  den  wir  uns  mehr  als  eine  Art  „Vor- 
hölle'S  wie  als  das  „Schattenreich"  denken  müssen.  Natürlich  bleibt 
der  Dichter   seinem   meistens   beobachteten  Grundsatze  darin  treu, 


490  F.  FRIEDBRSDOSir, 

daTs  er  Stiinmiingen,  Seelenzostânde  durch  dieses  poetische  llittid 
verdeutlicht;  und  zwar  werden  einseitig  die  trüben  Empfindungen 
der  Eingekerkerten,  ihre  schmerzliche  Prende  beim  Anblicke  des 
Nenangekonmienen,  ihre  Wifsbegierde»  ihre  Sdmsncfat  nach  glück- 
lieberem  Znstande  betrachtet;  von  den  Eindrücken  des  eben  in 
Unterwelt  hinabgestiegenen  Geistes  ist  nidit  die  Rede. 

Aber  heidnische  Vorstellungen  mischen  sidi  dodi  in 
Büd,  denn  diese  Geister  der  Unterwelt  haben  Körper,  mit  denen 
sie  seufzen  und  klagen,  fragen  und  sehen*;  sie  haben  ara  soäkaü 
exsangma  rictffms  v.  878  und  erinnern  vielfach  an  die  Sed«i  in 
Aen.  lib.  VL 

Dagegen  völlig  von  der  Antike  fort  wendet  sidi  der  Voglcidi 
Africa  VIII,  999  iL  Hasdrubal  erhält  die  Erlaubnis,  von  den  eben 
besuchten  Gefangenen  200  in  Freiheit  zu  setzen  und  nach  Kar- 
thago mitzunehmen.  Der  Dichter  bleibt  in  dem  Bilde  von  der 
kurz  vorher  erwähnten  Vorhölle  oder  Unterwelt;  er  vergleidit  diese 
Befreiung  mit  nichts  Geringerem  als  der  Erlösung  der  Verdammten 

durch  Christi  Höllenfahrt: 

Liceat  terrestria  cado 

Acquare,  aetemis  mortalia,  maxima  parvis: 

Sie  propê  dtsctndtns  catlo  sua  vincla  resoivü 

CapHvis,  antigua  potins  et  Tartara  /regit 

Voce  Deus  seeum  in  patriam  miseranda  reducens 

Agmina  et  exhaustas  longis  cruciatiòus  umbras. 

Unter  Deus  ist  doch  schwerlich  ein  anderer  zu  verstdien  ab 
Christus;  aber  der  Dichter  vermeidet  den  Namen  zu  nennen,  redet 
aber  andererseits  von  antiqua  Tarta ra  /regit,  so  dafs  eine  heid- 
nische Vorstellung  sich  sofort  der  christlichen  zugesellt 

War  in  diesem  Vergleiche  das  Einzige,  was  an  antike  Vor- 
stellungen erinnerte,  das  Wort  Tartara,  so  ist  der  Dichter  sonst 
mit  derartigen  Ausdrucken  keineswegs  sparsam.  Hasdrubal  (Africa 
VIII,  858)  kommt  nach  Rom,  und  diese  Stadt,  welcher  der  Dichter 
schon  zur  Zelt  des  zweiten  punischen  Krieges  einen  Glanz  zu- 
schreibt, den  sie  etwa  zur  Kaiserzeit  hatte,  macht  auf  ihn  einen 
überwältigenden  Eindruck.  Dieses  Staunen,  dieser  Gemütszustand 
ist  Gegenstand  eines  Vergleiches.  So  staunte  Ganymedes,  sagt  der 
Dichter,  als  er  ganz  unerwartet  vom  Ida  in  den  Hinmiel  versetzt 
wurde;  v.  858: 

Non  aliter  stupuit,  nisi  /alsa  est  /dbula,  caelum 
Ingrediensi  viridi  subito  translatus  ab  Ida 
Laomedonteus  puer,  ut  vaga  sidéra  circum 
Haesit  et  Iliacas  despexit  ab  aethere  silvas. 

Aber  da  er  diesen  Himmel  doch  sonst  als  einen  christlichen,  von 
Engeln  bewohnten  geschildert  hat,  versäumt  er  nicht  seinen  christ- 
lichen Standpunkt  zu  wahren,  indem  er  hinzusetzt:  nisi  falsa  at 
/aínda. 


DIE  PORTISCHBN  VBR6LSICHE  IS  PBTRARKÂS  AFRICA.         49 1 

Afìrìca  Vn,  1 64  if.  Scipio  und  Laelius  kommen  vor  der  Schlacht 
bei  Zama  mit  Hannibal  und  seinem  Gefolge  zusammen  zur  Unter- 
redung. Die  Römer  vertreten  in  den  Augen  des  Dichters  die 
Bildung,  die  Tugend,  die  Kunst,  alles  Edle  und  Schöne;  sie 
werden  daher  mit  den  Göttern  verglichen,  Scipio  etwa  mit  Jupiter, 
Laelius  etwa  mit  Mercurius.  Hannibal  und  die  Punier  dagegen 
vertreten  die  Mächte  der  Finsternis,  sie  gleichen  daher  den  Gi- 
ganten. Charakteristisch  ist  dabei,  dafs  nicht  etwa  Handlungen 
verglichen  werden,  sondern  es  sollen  lediglich  die  mit  den  Göttern 
verbundenen  Vorstellungen  des  Erhabenen  und  Schönen  auf  die 
Römer,  die  mit  den  Giganten  verbundenen  Vorstellungen  des  Un- 
geheuren, Bösen,  Häfslichen  auf  die  Punier  übertragen  werden. 
Und  dabei  wahrt  der  Dichter  seinen  christlichen  Standpunkt,  indem 
er  nicht  sagt:  so  war  es,  als  die  Götter  mit  den  Giganten  kämpften, 
sondern  so  könnte  es  sein,  wenn  ein  solcher  Kampf  wieder  ein- 
treten sollte.  Für  den  Vergleich  selbst  s.  Lucanus  Phar.  VII,  144  if. 
Dais  Africa  VIU,  835  der  einäugige  Hannibal,  der  in  einem 
kritischen  Augenblicke  die  Schlachtreihe  ordnet,  mit  dem  Polyphem 
und  sein  wild  blickendes  Auge  mit  dem  Kometen  {tristts  nunttus 
cometa)  verglichen  wird,  mufs  als  heidnische  Vorstellung  angesehen 
werden,  wenigstens  soweit  Polyphem  in  Betracht  kommt;  der  Ver- 
gleich mit  dem  Unheil  bringenden  Sterne  ist  zwar  auch  homerisch 
(Uias  XI,  62 — 65.  XXII,  26 — 32),  findet  sich  auch  bei  Statins  und 
Lucanus,  doch  ist  er  auch  der  modernen,  volkstümlichen  Vorstellung 
nicht  fremd. 

Völlig  zusammengesetzt  endlich  aus  antikmythologischen  Vor- 
stellungen ist  die  ausführliche  Beschreibung  der  Schönheit  Sopho- 
nisbes  (Africa  V,  20 — 64).  Jupiter,  Juno,  Phöbus,  die  Medusen 
werden  zur  Verherrlichung  herbeigezogen,  und  den  Schlufs  der 
ganzen  Beschreibung  macht  ein  schöner  Vergleich:  wie  Venus  aus 
der  Wolke  vor  Jupiter  hintritt,  so  Sophonisbe  vor  Masinissa;  v.  59: 

Sic  nube  corusca 
Obsita  magnanimum  Venus  est  affata  Tonantem 
Naufragio  nati,  seu  morte  impulsa  nepotis 
Dulcís  opem  sperare  patris,  dum  Troia  per  undas, 
Dum  subterraneo  tremuit  pia  Roma  tumultu. 

Zugleich  leitet  ihn  dabei  eine  Erinnerung  an  Aeneis  I,  229  ff.  und 
Ovid,  Metam.  15,  762  ff.  (vgl.  Corradini). 

F.  Friedersdorff. 


Die  Sohreie  der  Verkäufer. 

Eia  hochinlerfsa.'uites,  aber  auch  in  manchen  BedcliuligcD  scbwicrigei 
Kapitel  der  vctschieilcnen  Volkssprachtn  bilden  die  Schreie  der  Veiklufer, 
welche  man  in  den  Sirafsea  der  Grofastadte  vemimml  und  die  iwar  lum  Teil 
wechseln,  im  ^oCseo  Ganzen  aber  mit  geringen,  durch  besondere  UmsläBdc 
bedingten  Ausnahmen  sich  Jahrhunderte  lang  fast  in  gleicher  Weise  erhalten. 
Leider  hat  man  früher,  wie  so  vieles  andere  für  den  Sprach Inrscher  hoch- 
wichtige, auch  diese  Sachen  wenig  beachtet,  und  wie  das  Volkslied,  Spiûch- 
wörler,  Ktndeneime  n.  a.  als  unwichtig  und  der  Beachtung  eines  Gelehitea 
unwürdig  angesehen,  bis  besonders  die  Falklore -Forschung  aufkam  und  von 
Jahr  zu  Jahr  «neu  breiteten  Boden  gewann.  Glücklicherweise  besitzen  «ìf 
aber  einzelne  Aufieichnutigcn  franiödscher  Autoien,  die  íchon  aus  tehi 
früher  Zeit  stammen,  und  wenn  sie  auch  in  poelischer  Beziehung  nur  sehr 
elende  Machwerke  sind,  dach  für  die  Kenntnis  des  Volkslebens  and  die  Vet- 
gleichung  mit  anderen  Sprachen  grofse  Bedeutung  haben.  Ein  fr.uuösischet 
neuerer  Schriftsteller,  der  den  berühmten  Namen  des  grofsen  amctikaDÌscbcii 
Buchdruckers  und  Staatsmannes  und  des  unglücklichen  englischen  Nordpol- 
fahrers  trägt,  Alfred  Franklin  hat  ¡d  seinem  Sammelwerke  La  vü  fripét 
d'aulre/ois.  Arts  el  rrUtìers,  modes,  inccurs,  usages  des  Parisiens  du  Xll' 
au  XVIIl'  Slide  d'afiris  des  documents  originaux  ou  inJJiti  (Paris,  Flou, 
1887.  8°)  im  ersten  Teile  L'Annonce  el  la  Reclame.  Les  Crii  dt  Paris  ciot 
ganze  Anzahl  derartiger  Machwerke  zusammengestellt.  Es  sind  dies  l.  aas 
dem  dreizehnten  Jahrhunderte  ;  Les  Crieurs  de  Paris,  Verse  von  GuilUaDie 
de  la  Villeneuve  (pag.  133.  145),  woiu  man  Guillot,  Le  diet  dts  mei  it 
Paris   aus  dem  Jahre  1270  vergleichen   kann  (ediert  vom  Abbi  Fleury  1757I- 

2.  aus  dem  sechzehnten:  Les  cris  des  marchandises  gur  l'on  crie parmy  Paris 
(hinter  Corroie t,  Antiquités  de  Paris  zuerst  abgedruckt)  bei  Franklin  143 — ijS; 
Les  cent  et  seft  cris  que  Von  crie  j'ournellemenl  à  Paris  (J.Mai  IJ4J  von 
Anthoine  Truquet,  painctre)  bis  203;  Les  cris  gui  ant  esté  adjtuslet  Je  nm- 
veau  outre  les  ceni  et  sept  (li  nene,  vom  Jahre  1545)  bis  109;  Les  Cris  il 
Paris,  1550  von  dem  damals  berühmten  Komponisten  Qémcnt  JanucqDia  in- 
sammen gestellt,  der  wegen  seines  Schlachtslückes  „La  défaite  des  Suisses  i 
Marignan"  sehr  beliebt  war  (309 — 115);  eine  Chanson  nouvelle  de  tous  ¡ti 
cris  de  Paris  (von  1572;   nach  einer  Note  zu  Noël  du  Fail  ed.  von  Aaéial), 

3.  aus  dem  siehiehnlen  folgt  p.  îîl  ein  Ausiug  aus  La  Ville  de  Paris  tu 
vers  burlesques  par  Berthaud  vom  Jahre  1Ó3Z.  Nachdem  sich  Boileta 
in  seiner  sechsten  Satire  1660  über  die  Unannehmlichkeiten  von  Puis;  qni 
frappe  l'air,  bon  Dieni  de  ces  lugnbres  cris  —  beschwert  hatte,  obne  itKf 
von  dem  Schreien  der  Verkänfer   zu  reden,   handelte   im   folgenden   Mercier 


DIE   SCHREIE   DER  VERKÄUFER.  493 

im  Tableau  de  Paris  davon  an  verschiedenen  Stellen,  ebenso  wie  später 
Privat  d'Anglemont  in  Parts  Inconnu;  Mainzer  in  Les  Français  ^nis 
par  eux-mêmes;  Jacob  le  Bibliophile,  Fournel,  Du  Camp,  Zola  im 
Ventre  de  Paris  und  E.  Forest,  Paris  musical  in  „Petits  albums  pour  rire" 
No.  31  liefern  einzelne  Notizen,  während  G.  Kastner  in  Les  voix  de  Paris. 
jBssai  d'une  histoire  littéraire  et  musicale  des  cris  populaires  de  la  capitale 
(Paris  1857)  ^^  wissenschaftliche  Untersuchung  „sur  l'origine  et  le  caractère 
des  cris  en  général"  versuchte  und  dieselben  zu  einer  „grande  symphonie 
humoristique,  vocale  et  instrumentale"  zusammenstellte.  —  Von  anderen  Städten 
behandelt  Clément  Janin  Les  cris  de  Dijon  (Paris  1880).  —  Ueber  London 
gab  Hindley  eine  teuere  und  ziemlich  dürftige  Studie  A  history  of  the  cries 
of  London  (London  1884)  heraus,  woneben  A.  Certeux,  Les  cris  de  Londres 
au  i8e  siècle  (l  vol.  12^  avec  ¿pigrammes,  préface,  notes  bibliographiques  des 
principaux  ouvrages  sur  les  cris  de  Paris,  description  sur  la  ville  de  Londres 
suivie  de:  Le  Pont'Neuf,  poème  héroïque  et  badin  zu  vergleichen  ist 

Für  Italien  ist  meines  Wissens  eine  ähnliche  Zusammenstellung  noch 
nicht  versucht,  und  daher  glaube  ich,  dais  die  nachfolgenden  Notizen,  welche 
eine  mir  befreundete  deutsche  Dame,  die  schon  über  acht  Jahre  in  und  bei 
Neapel  lebt,  Fräulein  Babette  Arn  on  s,  auf  meine  Bitte  mir  übersandt  hat, 
den  Kennern  italienischer  Sprache  willkommen  sein  wird.  Tritt  doch  gerade 
in  Neapel,  wo  das  Klima  noch  mehr  als  in  Paris  das  Leben  auf  den 
Stralsen  begünstigt,  diese  Seite  des  Volkslebens  mehr  als  anderswo  zu  Tage, 
und  dem  Ohre  des  Fremden  bieten  sich  unzählige  Töne  dar,  welche  bei  dem 
gewaltig  schnellen  Sprechen  der  Leute  und  ihrem  Dialekte  häufig  nur  schwer 
yerständlich  sind.  (Man  vergleiche  übrigens  F.  de  Boucard,  Usi  e  costumi 
di  Napoli  1853;  La  vera  cucina  napoletana  und  //  ventre  di  Napoli  von 
Mastriani).  Wir  setzen  die  Uebersetzung  in  Schrift-Italienisch  in  Paren- 
these daneben. 

1.  Accattateve  a  Maronna  da  Carmene!  N' abetine  e  bone 
na  sorde!  Na  medaglia  doie  centè!  Accattateve  a  devozione  da 
la  festa!  ((Comprate  la  Madonna  del  Carmine!  mi  abitino  bene- 
detto [Skapulier]  e  buono  un  soldo!  Una  medaglia  due  cente- 
simi!    (Compratevi  la  devozione  della  festa! 

2.  acqua  frisca!  oder  T  acquaio!  ru/t  der  acquaiolo.  Die 
schone  acquajola  ut  oft  in  Volksliedern  besungen,  2.  B,  in  Scelta  di 
canzoni  popolari  {Firenu  1877  bei  Salani),  wo  es  p.t%  heifst:  quanno 
te  veco  spremmere  |  co  grazia  no  limone  |  lo  core  me  sta  a  sbat- 
tere I  proprio  comm*  a  frullone.  Auch  in  Paris  rief  man  im  1 6.  fahr' 
hundert:  qui  veut  de  belle  eau?  à  quatre  deniers  la  peinte! 

3.  sta  pure  V  acquavita  ...  re! 

4.  Signori  u  commodo  della  famiglia!  Pigliatevi  sti  aghe 
ringrese!  (Signorina,  una  comodità  per  la  famiglia!  Prendete 
questi  aghi  inglesi!) 

5.  ali . . .  ce!  che  belP  alice!  Va  à  du  mammete  e  li  che 
te  rice!  (che  belle  alici!  Va  dalla  madre  tua  e  sente  che  ti  dice!) 
Schon  bei  Villeneuve  finden  wir:  sor  et  blanc  härene  fres  poudré  . . . 
und  im  18.  fahrhundert:  des  harengs  qui  glacent,  des  harengs 
nouveaux! 


494  ^-  SACHS, 

6.  anguille:  robba  vi  ...  va  a  32! 

7.  Arena,  'nchiostro!  S'  hanno  scordale  e  scrivere!  (.  ,  .  ri 
sono  dimenticali  à  scrivere!)  l/eèrigeiu  silztn  heule  noch  in  dttt  Vor' 
hallen  des  Teatro  San  Carlo  Schreiber,  welche  für  die  des  Schreibtns 
Unkundigen   Briefe  abfassen. 

8.  Palelle  co  a  pomarola  baccalà  e  stocco!  Palelle  co  o 
limone  sti  codinielle!  (Fa  questo  baccalare  [firovcm.  bacalao,  tf»in. 
bacalao]  e  stocco  col  pomidoro  I     Fa  questi  codini  col  limone  I) 

9.  Beli'  o,  vene  ca  (beli'  uomo,  vieni  qua),  beila  femina, 
bella  gualiona  isi  der  Ruf,  um  die  Verkäufer  herbeizuholen. 

10.  O  caffete...re,  cV  è  iurne.  Teoghe  u  latte  da  a  pac- 
chianella.  Vene  à  de  vedé!  (II  caffetiere,  perchè  è  giorno.  Ho 
del  laite  della  contadinella.  Veni  a  vedere!)  Dahinter  folgt  dann 
noch  oft  No.  3.  . 

11.  Tenghe  a  calandaio  de  l'anno  nove.  Tenghc  a  nota 
pe'  panni  e  35  anni  d'  estrazione!  (Ho  il  calendario  dell'  anno 
nuovo.     Ho  la  nota   per  la  biancheria   e  trenta  cinque  anni  d'  cs- 

12.  Tre  campane  sette  lire!     Sette  lire  tre  campane! 

13.  Panare  e  panarìellc!  chi  bo  cane...stel  (Paniere  e  pa- 
gnerinil  chi  vuole  canestre! 

14.  Nu  sordo  na  capa  di  morte,  nu  sordo  nu  bello  campo- 
santicllol  Gualio  abbuscateve  i  morte,  due  cascettielle  nu  sordo! 
(Un  soldo  il  capo  di  morto,  un  s.  un  bello  piccolo  camposanto!  Ra- 
gazzo, comperatevi  i  morti!  Due  cascette  un  s.!)  Ruf  der  Ver- 
käufer am  ersten  November,  Allerseelen.  Die  Kinder  kaufen  eine  Art 
Sparbüchse  mit  weifsem  oder  buntem  Papier  bekltbt  und  mit  tintín 
schwarzen  Kreu».  Damit  laufen  sie  zu  Eltern,  Verwandten  und 
Freunden  und  bitten:  (per)  i  morti.  Für  das  Geld  kaufen  sie  Grcmat- 
äpfel  oder  Süfsigkeiten. 

15.  O  capeHa..re  fem .. mi. ..ne!  (Il  comperatore  di  ca- 
pelli donne). 

16.  Fa  matterazza  a  stoppa.  Chi  bo  capizze?  (Stoppa  pei 
le  materasse.     Chi  vuole  capecchio?) 

17.  Caramelle!  rui  cenlè!     (CI  due  centesimi!) 

t8.  Carne!  fate  a  zuppa  opè..,  tenghe  a  vitella  u  féchete! 
(Fate  la  zuppa.  Io  ho  carne  di  vitello  e  fegato!)  —  Aggio  uccise 
u  puorche.  DoÌe  sorde  a  sacicce  e  tre  a  costatella!  (Ho  ucciso 
il  porco.  Due  soldi  la  salciccia  e  ire  la  costata!) —  Carne  cotta 
di  majalel  Gualiò!  nu  sorde  a  cotene  e  a  fresellel  (Ragazzo,  un 
soldo  la  cotenna  e  lo  scottino!)  —  Nu  sorde  na  mezza  capa  ca 
arecchie  e  nu  spirito  sante  otte  sorde!  (Un  soldo  una  mezza  testa 
coir  orecchio  e  uno  spirito  santo  (/.  e.  una  lingua)  otto  soldi!) 

19.  Carta,  Avete  voglia  i  scrìvere!  15  fogliette  no  sordo! 
{Potete  ben  scrivere!      15  foglie  un  soldo!) 

20.  I  castagne.  Monte  Vergene!  Nu  sorde  a  'nserte!  (La 
castagne  di  Monte  Vergine  !  Un  soldo  la  fìla!)  —  Tenghe  e  palle 
pe  allesse.    Nu  sorde  20  palle.    Di  eheste  tenghe  u  lucchero  dint 


DIE  SCHREIB  DER  VERKÄUFER.  495 

allesse.  (Ho  le  palle  per  le  castagne  a  lesso.  Un  soldo  venti 
palle.  Di  queste  ho  lo  zucchero  nelle  castagne  a  lesso!)  —  Na 
misura  cinche  sorde  i  rosse!  (Una  misura  delle  grande  cinque 
soldi!)  —  Castatagne  infornate!  Mo  t'  aggio  sfumate  nu  furnielle 
dei  sosannelle.  So  meglie  d'  u  pasticciere!  (Adesso  te  li  ho  tosto 
dal  forno  dei  biscotti.  Sono  meglio  che  dal  pasticciere!)  In  Paris 
ivurden  im  dreizehnten  Jahrhundert  chastaingnes  ëe  Lombardie,  im 
sechzehnten  marrons  de  Lyon,  chastaignes  rôties  angepriesen, 

21.  Der  cenciaiuolo,  von  dessen  vielseitiger  Thätigkeit  Mas^ 
striani  in  I  Vermi  {Napoli  1877,  IV.  56  etc)  handelt,  ruft:  Salatielle! 
Date  mi  i  pezze  e  ve  darghe  i  salatielle!  (Lupini!  Date  mi  pezzi 
e  in  cambio  vi  do  lupini)  —  oder  U  sapona...re!  (¡1  cenciaiuolo), 
vgl.  saponaro. 

22.  I  cense  annevate!  Aggio  mire  a  neve  dinte!  (Gelse 
annevate!  ho  messo  la  neve  dentro!) 

23.  A  che  belle  cerase!  a  duie  i  benghe!  (A  che  belle 
drìegiel  Le  vendo  a  due!)  Von  ihnen  redet  Cinquegrana  in  seinem 
hübschen,  jetzt  sehr  beliebten  Liede  „'^  Luntananza*\  das  E.  di  Capua 
komponiert  hat:  Fravole  fresche,  fravole!  Majateche  (duracine)  e 
cerase!     Segno  e'  abbrìle  trase  .... 

24.  Gente  cerini  un  sordo!     Gerini  di  Moncaliè! 

25.  cetro  le  pe  becchie  prene!  (Gedriuoli  per  le  vecchie 
gravide!) 

26.  ciabattino,  ai  è,  ai  è! 

27.  Tenghe  e  cipolle  da  a  Rocca!  —  Maiè,  seccatelle,  hanno 
¿atte  e  cape  rosse!     (Padrona,  seccatelle,  hanno  fatto  i  capi  grossi!) 

28.  Sciure  cocoz..ziè  (fìori  di  zucche,  die  in  Teig  gewälzt 
und  in  Fett  gebacken  werden)  —  Ghiste  maghava  a  pacchiane!  la 
mia;  cocozelle,  case  e  ove!  (questo  mangiava  la  mia  contadinella: 
zucche  con  formaggio  e  uova!) 

29.  Gettone!  facitevi  i  cazetto,  nu  sordo  a  1'  onze,  maiè! 
(Fatevi  le  calze,  un  soldo  V  once,  maestra!) 

3a  GrisomerL  Ti  faccio  pure  rompere  1'  osse  . .  Oi  vec- 
chiarìella!     (So  ti  fa  pure  rompere  gli  ossi.    Oi  vecchietta!) 

31.    Oggetti  di  cristalli,  robba  fina,  robba  beli... a! 

^2.  Dolci,  sfogliatelle  cavere  caverei  Nu  sorde  a  pasticiotta, 
so  chine  d' ammari.. na!  Panzarotte,  cinche  nu  sorde!  chine  de  case 
e  pe..pe,  e  mozzeche  in  punte  e  vide  ch'esce  a  dinte!  (Sfoglia- 
telle calde..!  Un  soldo  un  grande  pasticcio  pieno  di  driegie. 
Frìtte  di  pasta  di  pane,  5  al  soldo!  pieni  di  formaggio  e  di  pepe. 
Da  un  morso  alla  punta  e  vedi  ciò  eh'  è  dentro!) 

33.  Dolciume.  Ginche  colori,  cinche  sapori  e  cc.senze 
de .  .e  nocelle.  Franfel . .  liè!  cinche  caramelle  nu  sor . .  de  !  Gualiò . ., 
a  nu  centè!  (Di  cinque  colori  e  di  cinque  sapori.  Franfelliè  (Art 
Bonbon  aus  Zucker  und  Honig)  cinque  caramelle  un  soldo!  Ra- 
gazzo! a  un  centesimo!)  In  Paris  wurden  schon  im  dreizehnten  Jahr» 
hundert  gaietés  chaudes,  gastiaus  rastis,  gaste!  à  feve,  chaudes  tartes 


496  K.  SACHS, 


ì  ausgtru/m;    in  neuerer  Zeil:  la  bell' Madeleine,    elle  a 

des  gâteaux,  qui  sont  tout  chauds  —  und:  voilà  le  plaisir! 

34.  Fagioli:  si  maio,  so  mazzarielle  mo  covete!  (Mastra, 
sono  in  pacchi,  adesso  collii) 

35.  Sta  notte  so  nate  i  fasulille.  (In  questa  notte  i  fagio- 
lini sono  nati!)  —  Donna  Rosi!  accalate  u  panare;  che  so  fasu- 
lille e  vrocchele'e  rape!  (Donna  Rosina!  scendete  il  paniero  [in 
den  koken  Häusern  läfst  man  einen  Korb  an  einem  Strick  herualtr, 
um  die  Einkäufe  Ivqueiner  zu  besorgen]  ;  perchè  sono  fagiolini  e  broc- 
coli di  rape!) 

36.  I  che  fave!  te ,. schiattano  o  liane!  (..la  pentola!)  — 
U  spassatiempe !     Fave,  nocelle 'nfumate;  chi  bo  u  grasso! 

37.  Fichi  e  truiane  d' a  giardiniello  mio!  (Fichi  trojani  . .). 
—  Nel  giardinello  mio  non  ha  chioppcte.  A  tre  i  benghe!  (Nel 
mio  giardino  non  ha  piovuto.    A  due  soldi  li  vendo). 

38.  Fichi  d' Indie.  'Nanasse!  'Nanassel  tenghe  ì  frutti  pei 
cavalieri.  (Ananasse!  . .)  Im  Milielalter  gab  es  in  Paris  figues  de 
Mélite,  im  sechsehnten  Jahrhundert  figues  de  Marseille;  do(h  warm 
sie,  wie    Villon  bezeugt,  tu  seiner  Zeit  noch  sehr  teuer. 

39.  Fravole  v.  21.  Man  vergleiche  Franklin  209  aus  dem  Jahre 
1545:  fraize,  fraizc,  douce  fraizc!  approchez,  petite  bouche,  gardez 
bien  qu'on  ne  les  froisse,  et  gardez  qu'on  ne  vous  touche. 

40.  Fritte.  Gualiò!  a  cinche  nu  sorde.,  e  zeppole  e  chine 
di  pepe!  Molegna..ne!  e  pasta  cresciuta!  Tenghe  pure  o  sciu- 
rìllo  fatto!  (Ragazzo!  cinque  per  un  soldo  e  zeppole  piene  di 
pepe!    Melangane!  .  .  .) 

41.  Frutti.  Chiste  magnavaro  i  muorte!  (Questi  mangiavano 
i  morti!)  Pere  e  Massa  (Or/  bei  Sorrento),  so  vere  (aorbe)  e  nespere 
(nespoli). 

42.  Na  bona  garzella!  chi  bo  fa  spese?  (Un  buon  lume. 
Chi  vuole  fare  spese?) 

43.  Gelse  selvatiche!  £  mo  vera  a  panella.  Un  túrnese  u 
piattietlo  (piatta).  Túrnese  ist  ein  alter  Name  einer  kleinen  GeU- 
münze,  vom  französischen  (livre,  sou)  tournois,  in  Tours  geprägt  Das 
Volk  hält  gern  an  alten  Namen  fest;  so  kSrt  man  in  SüdilaÍitn  oft 
noch  bajoc(co),  in  Genua  palanca  für  soldo  {vgl.  49). 

44.  Generi  diversL  Sottecazune,  maglie  di  lana,  basti  di  filo! 
chi  bo  fa  spese?  (sottecalzoni  .  .  .). 

45.  Giornali.  A  Follia!  avete  voglia  e  ridere?  (La  FolUal 
Potete  ben  ridere  se  volete);  so  ruft  der  vennetore  di  giornali. 

46.  Giocattoli.  Divertite  ì  ragazzi!  nu  sordo  a  paparella 
(1'  anitra). 

47.  Patella  u  ata  zuppa  di  'sti  granogne  (fatte  un'  altra  zuppa 
di  questo  rane,  vgl.  franz.  grenouille). 

48.  Un  grano  p' a  pastiera  e  a  festa  pei  giudei!  (Il  grano 
(Getreide  tum  Osterkuchen)  per  la  pastiera  ,  .  .). 

49.  Granate.  Nere,  ne...  a  nu  sordo  e  nu  grano  {kleine 
alte  Mùnse,  vgl.  43). 


DIE   SCHREIE   DER  VERKÄUFER.  497 

50.  £  grannelle  e  fuoco!  fem ..  mine  !  (I  carboni  di  legno 
per  il  fuoco.    Donne!) 

51.  Impagliatore  di  sedie.    'Mpaglia..sè! 

52.  Insalate.  Scarola,  scarola!  {eine  Ari  Salai),  Chi  non 
ne  mange,  muore  —  Tenghe  insalata  fresca!  fìnucchie  (fìnocchi). 

53.  Avete  voglia  e  scrivere  i  debite  vostre.  Nu  sordo  u  lapis! 
fallenza  di  magazzino!  Un  libretto  de  cento  pagine  nu  sorde. 
Non  pagate  manche  (nemmeno)  a  legatura. 

54.  A  limonata  fredda!  chi  vo  vevere  (bere). 

55.  Limoni!  e  bò  are  o  roce?  (Li  vuoi  agri  o  dolci?)  — 
Limone!  a  pe..trosi  (pretosemolo).  —  I  che  puortecalle!  Limone, 
facite  a  limonata.  {Das  arabisch" spanische  arance  isl  beim  Volke 
sellen;  vgl,  Palermo,  70.) 

56.  Lupi..,  lupi..!  U  pazzarielle  i  tene  rosse!  (Lupini!  il 
piccolo  pazzo  ha  dei  grandi);  vgl.  Nuova  scella  delle  migliori  canzo- 
nelle {Firenze^  Salani)  p»  S7'  son  salati  i  miei  lupini,  son  salati  dalla 
dama.     Lupinaio,  chi  mi  chiama?  chi  mi  vuole,  eccomi  qua. 

57.  Lustrastivali.  Signò,  feccimme  sti  paie  di  mezzecape? 
(mezze  teste,  SpoUname  für  schlechte  Slie/el),  I  polizzamme  o  no? 
Signò  mi  date  stu  birzaliè  (bersagliere,  mozzicone),  quante  faccie 
quatte  botte  (affinchè  possa  sputare  quattro  volte),  vgl.  Scelta  di 
canzoni  popolari  in  dialetto  napolitano  {Firenze  1877/.  77):  lo  poliz- 
zastivale  und  Mastriam\  I  Vermi  JV,  52. 

58.  Maccheroni  cotti.  Mò  t*  aggie  cacciate  a  cotte  e 
vierde!  princepa,  datteme  nu  doie  allattante  e  nu  tre  ca.. a  pim- 
marola!  (Adesso  te  li  ho  tolti  cotti  e  pronti!  Principale,  date  mi 
per  due  soldi  riscaldati  con  formaggio  e  per  tre  con  pomidoro!); 
vgl.  Scelta  18:  lo  maccaronaro,  der  vermicielle  und  maccarune 
anpreist 

59.  Mar  uzze.  Quante  so  belle!  tiravano  a  carro  queste  {so 
grofs  sind  die  lumache  {Schmckeri)  gewesen,  dafs  sie  den  Karren  ge* 
zogen  haben).  So  nate  rinte  e  rose  (nelle  rose).  Sient  a.. do.. re, 
siè  (senta  V  odore!)  —  U  maruz..zare  ra  festa.. te  ne  passa  e  non 
siente  adore.     l 'sti  ma..ruze! 

60.  Mele  cotte,  chine  e  zuchere! 

61.  Meloni  d' acqua.  Signò  Eccellenza  na  pittura  venghe. 
Non  si  trove  chi  la  vince  e  vai  tutte  sei  ducati.  Chi  s'  u  maguia 
cà  (che  la  mangia  qui)  . .  dece  lire  e  chi  s'  u  porta,  casa  na  lira. 
(Che  se  la  porta  à  casa).  —  So  russe  e  mollune  e  chine  e  fuoco.  — 
Mollune  belle!  chi  appen..ne!  —  Venite,  venite!  Per  nu  sorde 
magni  ate,  bevite  e  vi  lavate  a  faccia!  —  U  fuoco!  Tenghe  u  fuoco! 

62.  Vulite  a  micciarella?  (fiammiferi  ordinari?)  cinche  nu 
sorde. 

63.  O  mola  fi:o..bice!     (L'arrotino  delle  forbice!) 

64.  A  che  belle  monacelle!  a  doie  i  benghe  (monache 
Schneckenari). 

65.  A  ventiquatre  grane  a  can. .nal  U  mussoline  rin- 
grese,  e  quatre  sorde  no  belle  &siolette  e  setal   Temdie  e  maglie 

r.  L  KMo.  Phfl.  XX 


K,  SACHS, 

e  sottacazune  da.. a  fiance.. sel     (Canna   isl  ein  alles,  Jeíei  tatgt- 

bräuckliches  Aîa/s.) 

66.  Noci  americani,  belle  caldi  cà. 

67.  Nocelle!  roppe  magnate  e  vippete,  ruppiteve  a  1' uccella! 
(.  .  dopo    che  voi    avete    mangiato  e  bevuto  rompetevi  la  uccella?) 

68.  Chi  bo  fa  spese?  na  bone  'rabretle  (ombrelle)  i  seta  fina 
va.  lira. 

6g.  Signò,  s'  e  caoiate  1'  orario.  Pigliatevi  n  nove  orario 
della  ferrovial 

70.  0..va  cot. .te!  m'  ha  fatta  a  paparella  'ste  o..va!  — 
beli'  0..0!  —  ova  fres..ca!  vgl.  Scella  98:  l'ovajola:  ova  frese' ova 

71.  Palermo,  Palermo!  nu  sorde  tre,  nu  sorde  quatto! 

72.  Pane  di  granone.  I  tenghe  cavere,  cave  e  chine  e  pepe 
Un  casatiello  (pagnottine)  nu  sorde,  chine  i  passe. 

73.  Quatlre  lire  nu  belle  pappanallo  (papagallo)  americano 
mange  da  sèi 

74.  Fatane  (patate),  patane!  so  falle  a  zizze  (petti)  e  mo- 
nache. —  Patane,  pata.. song  è  porci  e  manche  e  son!  (.  .  non  li 
vogliono  nemmeno). 

75.  Pere,  tenghe  e  cosce  e  ronne  (cosce  delle  donne),  tenghe! 
7Ó.   Na  bona  persiana;    s'  ò  infucato  u  sole   (il  sole  s'  è  in- 
focato). 

77.  Pesce  vi  (vivi). 

78.  Pettine  e  pettinesse  (piccole  pettine),  dii  bo  piettene? 

79.  Vo  ammazz' o  piecore  (pecora)!  Sehläehler  gehen  um 
Ostern  umher,  um  in  din  Häusern  Lämmer  tu  schlachten,  wie  dai 
auch   in   Kor/u  am   Sonnabend  vor  Ostern  geschieht. 

80.  Pieri  (piedi)  e  pecurielle!  capoz..;!e!  (teste). 

81.  Mullice!  (morbide)  accattateve  i  pigne! 

82.  Piselli.  Pe. .sie,  pe. .sie!  fatella  n' ata  magniatella  (fatti 
una  altra  piccola  mangiata). 

83.  Pizzicagnoli.  Sie  rufen  zu  Oskm:  A  ricottella  (ricotta) 
fina,  a  mantegate  [wei/ser  Käse  in  Körben)  d'Avella,  u  sale  pe 
benere  (benedire),  uzogne  (sugna),  lardiciella  (lardo),  sasiere  (sal- 
siere), saprissate  (presciutto)  1  chi  ria. .le?  (chi  vuole  fare  regali?) 

84.  Pizze!  [Kuchen  aus  Brodleig)  facile  mareme  (collazione), 
una  rui  sorde. 

85.  Politore,  pò. .li,.!  (lustrasti  va  li). 

86.  Poltiere.    Vo'  rialà  capune  rosse! 

87.  Pomidoro.  Si  maiè,  fate  a  consevere  (la  conserva)!  a 
nu  sordo  u  ruotolo  {ftwas  weniger  als  ein  Pfund). 

88.  Portogalli  v.  timoni. 

89.  A  pariglia  e  posate  doie  sordo! 

90.  A,  che  belle  purpetielle  (polipi)  e  scogliere,  mo  pigliale! 
gì.    Quaglia,  qua..!  tenghe  e  cosce  e  quaglie! 

92.  Raffanielle  (ravanelli)!  quatto  fascie  a  due  centèl  so 
confiet..te! 

93.  O  la.. mare!  chi  bo  stagna?  (stagnare). 


d 


DIB  SCHREIE  DER   VERKÄUFER.  499 

94.  ricotta..,  rico!  {^eifser  Kcise), 

95.  La  riffa!  {Art  Lotterie  auf  der  Stra/se),  Nere.  Mengheme 
nu  sordo.  Pè  chine  tarde  te  u  donghe  (Giovinetta,  gettami  un 
soldo.    Più  tardi  te  lo  restituisco). 

96.  So  beir  e  rose,  e  rose  e  maggio. 

97.  Saponaro.  Rateme  i  pezze  e  ve  donghe  i  micciariellel 
(Datemi  pezzi  e  vi  do  dei  fiammiferi);  vgl,  cenciaiuolo. 

98.  Sceriatevel  Nu  sordo  nu  pezze  di  sapunette!  (Lava- 
tevi, un  soldo  il  pezzo  di  sapone! 

99.  Scope!  scupille!  e  che  belle  scope! 

100.  Si  maiè,  come  fai  e  bona  sta  s  caro  la! 
IDI.   Segatura!  a  seca. .tu..! 

102.  Semenze.  U  spassatiempe!  Fave,  nocelle  'nfumate.  Chi 
bo  u  spasso?  (Il  passatempo!  Fave,  nocelli  infornate.  Chi  vuole 
il  passatempo?) 

103.  No  bono  setaceo  (setaccio)  pe  a  consevere!  {um  das  im 
August  für  das  ganze  Jahr  wr rätige  Tomatenmufs  zu  machen). 

104.  Sorgo  per  sacchi.     I  sbreglie  po'  sacco! 

105.  Spiche  arrostite.  Pollan..chè  e' o  tutero  d'oro!  (pol- 
lastrini  col  torso  d'  oro).  Mò  m'  ha  portate  a  pacchianclla  mia. 
Arrostitevelle!  —  auch  kurzer:  Pollanche  . .  arrostitevelle  ! 

106.  Spille!  cente  nu  sorde! 

107.  A  teletta!  a  can..na  e  mezza  na  lì..ra!  {etwa  zwei 
Meter  BaumwoHenstoff), 

108.  Terracotte.  CaccuoL.le!  Doie  ate  tiane  di  Sessa!  Na 
bona  scafiaria  di  Marsi..gla!  (Pentole!  Due  altre  pignatte!  Un 
buono  scodellino  di  Marsiglia!) 

109.  Tinta  per  le  scarpe!    Doie  scatole  e  tenta  nu  sordo! 

no.  Che  bell'arte  m' ha 'mparate  manune!  un  sorde  l'uc- 
cello! (Che  beli'  arte  m'  ha  imparate  la  madre  d,h,  die  Kunst  des 
Vogelfangens) 

111.  Uva.  Marroccal  Marrocca!  Tu  t' e  mange  e  i  face  o 
locco  (stupido). 

112.  Veleno  per  insetti.  Tenghe  a  morte  pei  surice,  scara- 
fune  (scaraboni  e  pei  femmine!) 

113.  Verdura.  Friariè..,  friariè  (friarielli,  specie  di  broccoli)! 
o  che  vricocchele  (broccoli)  e  rape! 

K«  Sachs. 


321 


I  codici  Jacoponici  luccheBÍ  descritti  ed  illustrati. 
Contributo  alla  edizione  critica. 

Quattro  sono  i  codici  di  rime  Jacopooiche,  che  si  conservano 
nella  Biblioteca  Pubblica  di  Lucca.  Il  primo,  segnato  col  n°.  1291 
(dei  mss.  Lucchesini,  21),  iti-41,  sec.  XVI,  di  ce.  66  (manca,  come 
si  vedrà  più  oltre,  di  alcune  carte  intermedie,  ed  è  mutilo  ìd  fine) 
contiene  non  poche  laudi  di  Fr.  Jacopone  da  Todi,  delle  quali  io 
darò  {e  cosi  dicasi  di  quelle  contenute  negli  altri  mss.)  il  titolo, 
r  incipil  e  r  explicit,  col  confronto  delle  principali  stampe  da  me 
esaminate.  Il  codice  „da  quanto  può  conoscersi  è  —  a  detta,  dei 
compilatore  del  catalogo  dei  mss,  che  si  custodiscono  ¡n  quella 
Biblioteca  —  copia  dell'  antica  stampa  fatta  in  Firenze  dal  Baonac- 
corsi  il  1490". 

Il  secondo,  di  n*.  i486  (Moücke,  i),  ¡n-foL,  de!  sea  XVIU,  di 
ce.  140,  comprende  rime  varie  di  antichi  poeti,  tratte  da  antichi 
codici,  alcune  delle  quali  appartenenti  a  incerti,  altre  agli  autori 
che  trovansi  notati  nell'  indice  n.  n.  che  vi  è  posto  in  principio,  e 
cioè  di  Benuccio  Salimbeni,  Bruzzi  Visconti  da  Milano,  Busone  da 
Gubbio,  Castruccio  Castracani,  Cino  da  Pistoia,  Dante  Alighieri, 
Franco  Sacchetti,  Federigo  di  M'.  Gerì  d' Arezzo,  Francesco  di 
M'.  Simone  Peruzzi,  Fcrrantìno  di  S'.  Niccolò,  Guido  Cavalcanti, 
Giovanni  Boccaccio,  Giannozzo  Sacchetti,  Giovanni  Lambertini,  Gio- 
vanni da  Pistoia,    Fra  Jacopone  da  Todi,  etc. 

Nel  terzo,  di  n".  1493  (Moucke,  8),  in-4'',  sec.  XVII,  di  ce,  262, 
scritto  in  gran  parte  da  Anton  Maria  Salvini,  si  leggono  time  dei 
seguenti  poeti:  Gìo:  Rosselli,  Sigismondo  M  al  atesta,  Giusto  de' Conti 
di  Valmontone,  Giovanni  Boccaccio,  Francesco  Petrarca,  Feo  Bei- 
cari,    Fra  Jacopone  da  Todi,  etc 

Infine  nel  ms.  1496  {Moucke,  11),  in-fol.,  sec.  X  Vili,  pure  mis- 
cellaneo, e  solo  parzialmente  numerato  {cioè  da  a  139  a  e,  340) 
con  due  carte  in  fine  bianche,  si  trovano  rime  per  la  più  parte 
di  autori  dei  secoli  XIV  e  XV  (alcune  sono  anonime),  ed  altre 
dei  seguenti:  Giovanni  Boccaccio,  Feo  Belcari,  Bianco  da  Siena, 
Fr.  Jacopone  da  Todi ,  etc. 

Per  dire  ora  delle  stampe,  avvertirò  solo  come,  pure  omettendo 
di  citare  particolarmente  le  non  poche  raccolte  di  laudi,  dove  si 
hanno  rime  del  poeta  lodino  (non  essendo  mio  proposilo  il  dare 
una  compiuta  bibliografia  di  ciascuna  di  esse)  devo  ricordare  quelle, 


J 


I  GODia  JAGOPONia  LUCCHESI  DESCRITTI  ED  ILLUSTRATI.      5OI 

di  cui  più  specialmente  mi  giovai  per  il  raffi-onto  coi  mss.  lucchesL 
Esse  sono: 

a)  I  cantici  del  Beato  Jacopone  da  Todi,  con  diligenza  ristam- 
pati, con  la  gionta  di  alcuni  discorsi  sopra  di  essi.  Et  con  la 
vita  sua.  Nuovamente  posta  in  luce.  In  Roma  appresso  Hipp.  Sal- 
viano.    Nel  M.DLVIIL  {M). 

b)  Le  poesie  spirituali  del  B.  Jacopone  da  Todi  Frate  Minore 

con  le  scholie,  et  annotatìoni  di  Fra  Francesco  Tresatti  da 

Lugnano,  Minor  Osservante  della  Provincia  di  S.  Francesco.  . . .  Con 
privilegio.    In  Venetia,  Appresso  Nicolò  Misserini.  MDCXVIL  (T). 

e)  Laude  de  Io  contemplatiuo  z  estatico  B.  F.  Jacopone  de  lo 
ordine  de  lo  Seraphico  .  S.  Francesco:  deuote  i  utele  a  coso  — 
latione  de  le  persone  deuote  e  spirituale  :  . . . .  Cum  gratia  et  priui- 
legio.  H  Venetiis  per  Bemardinü  Benalîum  Bergomensem  Anno 
Dfii .  1514  .  Die  qnto  mensis  Decembris.  {Ben). 

d)  Rime  e  prose  del  buon  secolo  della  lingua,  tratte  da  mano- 
scritti e  in  parte  inedite.     Lucca,  Giusti,  1852  {B). 

e)  ....  libro  delle  laude  di  Jesu  Christo  e  della  Madonna  e 
di  diversi  santi  e  sante.  Composto  da  diverse  persone  spirituali  a 
consolatione  e  salute  de  tutte  le  divote  anime  Christiane  Nuova- 
mente restampato,  Et  agiontovi  alcune  belle  cosette  necessarie  di 
saperle  ad  ogni  fedel  Christiano.  In  Bologna  per  Anselmo  Giacca- 
rello,  1551,  a  di  12  de  Marzo.   (G). 

f)  Laude  spirituali  di  Gesù  Cristo,  della  Madonna  et  di  di- 
versi santi  &  sante  del  Paradiso.  Bologna,  appresso  Pellegrino 
Bonardo,  s.  a.  (1580  circa).    {Bo)A 

Ma.  1291. 

C,  I  r.    Laude  j  di  Frate  Jacopone  da  Todi. 

C.  i^ — 2r.  Proemio  |  Al  nome  et  honore  â  la  santissima  trinità,  et 
della  glorijosa  aergine  Maria  ....  {Fimsce:)  all' intelligentia  di  qoanto  bisogna 
alla  I  sainte  de  l'aie  loro. 

d  2v.  Incominciano  li  cantichi  o  nero  laude  dì  \  Beato  frate  Jacopone 
de  Benedetto  da  Todi  |  di  ordine  d  frati  minori  |  De  la  bta  Vergine  Maria  et  di 
peccatore  |  I  |  O  Regina  cortese.  Finisce  a  <;.  3':  non  aia  que  mostrare, 
(r.  468— 471,  M.  I,  Ben,  16—17). 

C  3  r.  De  la  beata  j  Vergine,  ij.  |  O  Vergen  più  che  femena.  Fin,  a 
^.4':  La  gente  desperata.    {T.  276—282,  M  2—3,  Ben.  5 — 6). 

C  4'.  Contentione  infra  |  V  anima  e  '1  corpo  |  .  iij  |  Audite  una  'ntenzone. 
Fin.  a  <:.  5':  En  'sto  loco  lassare.    (i£3 — 5,  Ben.gs — 97). 

C.  5  r.  De  la  penitentia  |  iiij  |  .  C.  5^.  O  alta  penitentia.  Fin,  à  cor; 
A  Dio,  molt'  è  grato.    (T.  482—485,  Ai.  5—6,  Ben.  8 — 9). 

C.6r,  De  cinque  sentii  menti,  y.  Cinque  sensi  messon  pegno.  Fin.  a 
e.  6v.   Ch'  e  etemo  el  deiettare.    (T.  112— 113,  Af.  6—7,  Ben.  28—29). 


^  Di  un'  ampia  ed  accurata  descrizione  ed  illustrazione  delle  edizioni  e 
e  /  sono  debitore  alla  cortesia  del  d'.  Lodovico  Frati,  sotto  bibliotecario 
nell' Universitaria  di  Bologna. 


jM     ■  V.  FINZl, 

CS*.     D«  U  gutdft  de  |  EentimEDd.   vj.     Gnarda  cbe  nS  c*ggi  s 
.fini..*  La  tua  alna  eu  malsaiilre  {  Guarda.    {T.  il  j — us.  if.  7,  Bfit,b2  —  (>6), 

Cl  6*.  De  pericoli  cK  Internëgono  |  à  1'  hnomo  elle  dd  gottrda  |  bene  el 
idao,  et  altri  len-ItliiientL  tI}.  Cj'.  0  Frate  guaida  al  uUo.  i%>.  a  c.  7>; 
Non  ce  »tare  a  domdie.    (T.  115—1 19,  M.  7—8,  ^«i.  83— 84}. 

Cj^.  De  r onBinciilo  dUe  |  DoBc  diBoso  viij.  O  Femcne  guardate. 
ÄW.  a  C.8».    De  morte  angnitiau.     (7".i3— 26,  JÍ9— 10,  J^in.71— 73). 

C.  8'.  Condglki  tf  l' amico  |  a  1'  altro  amica  che  |.  uc^ia  tomaie  í  dio  | . 
b.  O  Frate  mio  briga  de  tomaie.  Firn,  a  e.  9'.  IM  quel  fuoco  accBlnrata. 
(JKiO— II,  Bm-ii—Sit. 

C.  9 1.  Como  Dio  fadoce  el  |  peccatof  t  pcsltesn.  |  s.  ]  Feoeator  (U 
t'bafidato.    /^  a  e.  9T,  Cnd  siandc  KOnoueuM.    (7'.4Sa— 454,  jr.II— t3)i 

C.  9*.  De  l' incma  cStiita,  |  i  l' oSeaa  de  IHo  :d.  Stgnore  damae  k 
morte.    Fin.  a  1. 10  '.  Et  de  te  non  gir  cnrido.   (71 471—473.  M.  11,  Jk«.  16). 

C,  101.  Como  lanemB  dnenl  ta  morta  p  el  pecca  Ito.  zQ.  I  Slcome  la  molte 
&ce.    Fùt,  a  e.  10*.  Hanenl  colai  pacato.   [T.  446—449,  M 13—14.  Ant.  33}. 

C  IO*.  Como  r  anima  nitiosa,  e,  [  Infénui  :  et  p  Inme  de  U  sntia  ú  & 
paiadiao.  iHj.  !•'  anima  di',  e,  nltloaa.  J%t.  ««.III.  Om  la  sita  angtfi» 
cata.    {T.  139—133,  M  14—15,  ^"i.  39). 

C.  II  '.  Como  li  nltii  deacendo  |  no  da  la  tnjiUa  x^  La  aaperiiU  de 
TnltDra.  JKti.  a  e.  13'.  Et  l'enienia  ha  redetato.  (T.  lao— 133,  JC  15— 1(, 
A«.  36—17). 

C 13  ',  Como  l' anima  letocna  |  al  oaqm  g  andare  al  |  lodttloi.  zr.  O 
corpo  ciifiawriato.  .Mi.  Hor  che  banen  gudapiata  ?  (7:430— 433,  JC16— 17, 
BtH.  81—83). 

C.  il>'.  Como  l'appetito  â  laude  |  fa  opeiare  molte  cose  |  scnia  tratto. 
ITI.  Que  fai  anima  piedataP  Fin.  a  e.  13'.  Et  con  dio  icandalluta.  (7*. 
49S— 495.  Ä  17— '8,  Al».  14— IS). 

C.  13'.  De  Frale  Ranaldo  [  qaale  eia  morto,  xtìj.  Frate  Ranaldo  dose 
■ei  adato?    Fin.  a  e.  14^  Se  fon  del  suo  giudagtuto.    (7!  70 — 73,  M.  18 — 19). 

C  141.  De  r  homo  che  non  satii  f  fece  in  uita  sua  de]  |  mal'  acquistalo, 
lii.  Figli,  nepoti  et  frati.  R'n.  Che  prouarite  che  i5  li  mei  Eoai.  (7'.  444 
—445.  M  19— W). 

C.H'.  Del  scelerato  peccatore  |  penitente,  ix.  O  me  lauo  dolente. 
Fi»,  a  £.  14T.  DoOa  O  gran  nalore.    (7*.  454— 456,  ^.30—31). 

C.  14'.  De  qoello  che  domanda  |  Perdonanza  da  poi  la  |  Morte,  ug. 
O  Christo  pietoso.  Fin.  a  e.  15".  Esciti  faore  «1  cSdeDato.  (7*.  416 — 430, 
J/.  31-13,  Ä«.7S— 7Í). 

C.  15'.  De  la  Dita  del  |  Homo  redatta  |  alla  neccldez|za.  xiij.  Andite 
□na  en  tentone.  Fin.  a  e.  16».  Che  m' anddi  si  tardo.  (7".  14— 18,  Jf.  13— 14, 
Btn.  74—75). 

C.  16'.  De  la  nittà  de  l'homo,  ]  uiij.  Homo  mettete  i  pensare.  Fin. 
Nella  6n  leco  portare.    (7*.  2 1—33,  Ji  14— 35,  ¿m.  iG). 

C.  i?'.  Como  la  uita  de  l'homo  |  è  penosa,  uiiij.  O  aita  penosa  cos- 
tinua  battaglia.  Fin.  a  e.  iS  r.  Ch'  en  affrantnra  n5  ria  nostra  andata.  (T*.  8—13, 
¿Í.  35— IS). 


I  CODia  JACOPONICI  LUCCHESI  DESCRITTI  ED  ILLUSTRATI.      503 

C,iZ^.  De  la  contemplatíone  |  â  la  morte  et  incine- 1 ratione  contra  la  | 
•aperbia  xzv.  Qoando  t'allegri  homo  de  altura.  Fin,  Tu  serai  messo  en 
grande  strettura.     (71408 — 411,  if.  28—30). 

C.  i8v.  Como  Christo  se  lamenta  |  tf  l'homo  peccatore,  zxyj.  Homo 
de  te  me  lamento.  Fìitt.  a  e,  ig^.  Cha  sempre  me  noi  contrastare.  (T,  377 
—379»  J^'  30—31»  -^^«-  7—8). 

C  19V.  Como  lanima  domanda  |  aiuto  contra  la  batta  |  glia  deli  sensi 
corporali  I  zxTij.  Amor  diletto.  Fin,  De  la  tnstanza.  (7*.  457 — 459,  if.  31 
—32,  Ben.  18). 

C.  20>'.  De  la  impacientia  che  fa  |  tutti  li  beni  perdere  xzviij.  Assai 
me  sforzo  a  guadagnare.    Fin,  Ch'  apena  posso  perdonare.    (7*.  45 — 46,  JSf,  32 

—33»  ^^'  i6)« 

C,  20  ^  De  la  hipocnsia.  xxix.  Molto  me  so  delongato.  Fin.  La  noce 
che  sia  allecerata.    (7*.  46—48,  M,  33 — 34,  Ben,  13—14). 

C,  20  V.  De  la  iustitia  et  |  falsità  zxx.  Solo  eh'  a  Dio  ne  possa  piacere. 
Fin.  Lo  santo  orare,  che  ne  potea  guarire.     {T,  53 — 55,  M,  34). 

C.  20  V.  Como  la  curiosa  scientia  |  et  la  ambitione  sofio  de  |  struttiue  de 
la  purità  xxxj.  Tal  e  qual  e  tale.  Fin,  a  e,  21  r.  Co  fio  de  l'emperadore. 
{T.  43—44»  -W'.  35). 

C.  21  r.  Como  e  da  guardarse  |  da  lupi  che  uengono  |  sotto  uesta  de 
pecora.  |  zzxij.    O  Anema  fedel  e.    Fin.  Non  possa  trauagliare.    (71 96— 98, 

-i^.  35—3^»  -^^-  76—77). 

C.  21  r.  De  l' amore  falso  |  che  offende  |  le  uirtu  |  zzziij.  Amore  contra- 
fatto.  Fin,  a  e,  21'',  Ensemor'ha  à  penare.  (71  513 — 517,  M,  36—37,  Ben.  92). 

C,  21 V.  De  la  dria  intra  el  |  nero  et  falso  amo  |  re  et  intra  la  scia 
acqsita  et  infusa.  |  zxziiij.  C.  22'.  O  Liberta  gloriosa.  Fin.  a  e,  22^.  Tutte 
suoi  operate.  {M,  37 — 38,  T.  522 — 532,  Ben.  92 — 93).  A'".  B,  In  queste  edi^ 
noni  com,:   O  liberta  subiecta. 

C22V.  Esortatione  à  lanima  |  propria  che  considerai  ta  la  sua  nobi- 
lita I  non  tardi  la  uia  |  à  l' amor  diuino  |  xxxv.  O  Ajiima  mia  creata  gentile. 
Fin,  a  e,  23  r.  Che  è  si  esmesurata  en  suo  dominato.  (T.  580 — 585,  M,  38 — 40, 
J9^.  90— 91). 

C,  23  r.  Como  lanima  uestita  |  de  uirtu  passa  a  |  la  gloria  |  zzzyj.  Anima 
che  desideri.    Fin.  a  e.  24  r.  Nel  fuoco  à  tormentare.  {T,  144 — 148,  M,  40—42). 

C,  24  r.  De  la  castità  la  quale  |  non  basta  à  l' anima  |  senza  l' altre  | 
uirtute  I  zuvij.  O  CastiUte  fiore.  Fin,  a  c,2^\  Et  ette  traditore.  (T,  149 
— 151,  if.  42,  Ben.7j), 

C,  24  ▼.  Como  e  difficile  |  passare  per  el  |  megio  uir|tuo80  |  zzzviij.  O 
meggio  uirtuoso.  Fin,  a  e,  25  ▼.  En  'sto  loco  finare.  (T.  140 — 144,  M.  43 — 44, 
Ben,  15—16). 

(7.25V.  Como  la  ulta  |  di  Jesu  e  spec-|chio  <I  l'la-|nima  |  mix.  O 
uita  de  Jesu  Christo.  Fin.  a  c.26r,  del  dolce  mio  sire.  (7*.  152 — 155, 
if.  44 — 45,  ^^ff.  91^2). 

C.  26  r.  Como  li  angioli  diman  |  dano  à  XQO  la  cagione  |  de  la  sua 
peregrinatione  |  nel  mondo,  xl.  Cam.  a  e.  26  v.  O  Christo  omnipotente.  Fin, 
a  c,2jr.  Et  laino  ce  pò  pedonare.    (71391—394,  if.  46— 47). 


504  ▼.  FINZI, 

¿T.  27'.  Como  li  angeli  si  mara-|nigHano  de  !m  peregri- |iiAtioiie  de 
Christo  nel  |  mondo,  xli.  O  Christo  omnipotente.  /%pi.  a  c^y.  On' hai 
Christ*  empiccato  ?    (  T.  395—398»  Ai-  47—48). 

C,  27 V.  Como  lanima  prega  |  li  angeli  che  l'inse-jgnino  à  tronar  |  Jesu 
Xfo.  xlij.  Ensegnateme  Jesu  Christo.  i^W.  a  c.2S^,  Et  morir  teoo  abbrK- 
ciato.    (T.  399—402,  Af,  48—49,  Ben.  5). 

C.  28v.  De  la  misericordia  et  |  Jnstitìa,  et  como  fa  |  l'homo  repumto:| 
Et  parlano  dinersi  |  xlii}.  L' huomo  fa  creato  nirtuoao.  Mt,  a  «.  31  r.  Che 
ne  perdoni  le  nostre  peccata.    {T,  82 — 96,  JSf,  49 — 58,  Ben,  29^33). 

¿?.  31  r.  De  le  petition!  eh  sofio  |  nel  pater  nostro  zliiij.  En  sette  modi 
co'  a  me  pare.  Fin.  a  e,  31  ▼.  Loco  si  sta  camolata.  (7*.  156 — 158,  M.  58 — 59, 
Ben.  25—26). 

C.  31V.  Como  Dio  appare  ne  lani|ma  en  cinque  modi  zly.  'En  dnqae 
modi  appareme.  Fm.  a  e.  ^2^.  En  mirabel' unitate.  (71  564 — 567,  Mi  60, 
Ben.  96—98). 

C.  32  r.  Como  lanima  p  fede  |  alene  ale  cose  inai- 1  sibile.  xlyj.  Con  gli 
occhi  eh'  haggio  nel  capo.  Fin.  a  e.  32  ▼.  Ch'  io  ami  la  tna  redetata.  (7133a 
—335,  Ai.  60—62). 

N.  B.  Mancano  le  ec.  33 — 40. 

C,  41  '.  Troppo  so  de  ail  coraggio.  Fin.  a  e.  41  v.  En  spirito  de  libér- 
tate. (Onne  si  vede,  per  la  accennata  lacuna,  è  un  frammento  di  una  laude 
che  com.:  O  amor  de  pouertate  (T.  172 — 181,  if.  77 — 78):  mancano  pertanto 
le  prune  otto  strofe.) 

C  41 V.  De  san  Francesco  et  |  de  sette  apparitione  |  de  croce  à  lai  et 
<I  I  Ini  fatte.  Iz.  O  Francesco  ponero.  Fin,  a  f .  42  r.  Al  fonte  ennamorata 
(71342—346,  i£78— 80,  ^^.60—61). 

C.  42  V.  De  san  Francesco  |  e  delle  battaglie  |  di  nemico  contra  |  loj.  Ixj. 
O  Francesco  da  Dio  amato.  Fin,  a  e.  43  v.  Et  d'  onne  ben  sira  ditato. 
(3^.355— 359i  3/:  80— 82,  ^^«.99—100). 

C,  43  V.  Epla  consolatoria  à  Frate  |  Joanni  da  Fermo  ditto  |  da  la  ucma 
p  la  stantia  |  doue  anco  si  riposa  :  trans- 1  ferita  en  uolgare  la  parte  |  letterale, 
quale  è  prosa  Ixij.  A  fra  Janne  da  la  uema.  Fin,  a  e.  44  ^  Non  se  scusan 
tal  derrate.     (7*.  18 1— 183,  Ai,  82—83,  ^^'  lOO)- 

C,  44  r.  Cantico  d  la  natiuita  |  d  Jesu  Christo.  Ixiij.  O  Nuovo  canto. 
Fin,  a  <:.  44V.  Che  '1  core  ha  bramato.    (7*.  268 — 270,  ^.83 — 84,  Ben,  6 — 7). 

C.  44 V.  Cantico  secondo  d  la  |  Natiuita  de  Christo  |  Ixiiij.  Ad  V  amor 
eh*  e  uenuto.    Fin,  a  <:.  47^.  Non  gusta  p  sapore.   (7'.  771 — 780,  Af .  84 — 89). 

C.  47  V.  Pianto  eh  fa  la  I  nima  p  la  occul  |  tatione  d  la  gra  |  tia  Ixv. 
Hor  chi  hauera  cordoglio.  Fin,  a  e,  48«".  Che  me  se  si  encarato?  (T,  780—783, 
3/.  89— 91,  Ben,  17). 

C,  48  r.  Como  lanima  se  la  |  menta  d  lamore  di  |  nino  partito.  Ixvj. 
Amor  diletto  amore.  Fin,  a  r.  49«".  De  lo  legale  amore.  (7*.  783 — 788,  Ai,  gì 
— 93,  Ben,  18 — 20). 

C,  49  r.  Como  r  anima  piange  |  la  partita  di  suo  amore  |  .  Ixvij.  Piangi 
dolente  anima  predata.  Fin.  a  e,  49  v.  Da  eh'  ho  pduto  lo  mio  redétore. 
(T;  789— 791,  M.9S,  Ben.  ij-'iS). 


I  coDia  jACOPONia  lucchesi  descritti  ed  illustrati.    505 

e.  49  V.  Arbore  tf  hierarchia  |  »mile  à  1'  Sgelica,  fó  |  data  sopra  la  fede, 
spe  I  ranza  et  caritate  |  Ixviij.  Fede,  spene  et  caritate.  Fin,  a  r.  5 1  r.  Che  te 
possiam  sequitare.    (7*.  206 — 209,  M»  93 — 96). 

C.  51'.  De  le  quatto  nirtu  |  Cardinale.  Ixix.  Alte  quattro  uirtute.  Fin, 
d  <:.  51V.  L*  a'  uè  lamor  beato.    {T,  184—188,  J/.  96— 97,  Ben.  io — 11). 

C.  52  r.  Como  Christo  se  reposa  |  ne  1'  anima  ornata  |  de  uirtu  corno 
spo  I  so  c9  la  sposa  |  Ixx.  Homo  che  uol  parlare.  Fin,  d  f.  52V.  Farla  grande 
fracasso.     (T.  667 — 672,  ü/.  97 — 98,  Ben,^ — io). 

C  52^.  Como  el  nero  amo  |  re  del  prossimo  |  in  pochi  se  troua.  |  Ixxi. 
Vorrìa  trouar  chi  ama.     Fin,  Che  solo  nero  ama.    (7*.  538 — 539,  M,  98). 

C,  52 V.  Del  gran  prezzo  dato  |  p  uil  derrata,  cioè  |  Christo  p  l'homo.  | 
Ixxij.  O  derrata  guarda  al  prezo.  Fin,  a  r.  53  '.  Quel  che  sente  en  qllo 
stare.    (7*.  792 — 795,  M.  98—99,  Ben,  85 — 86). 

6".  53^.  La  bontà  diuina  |  se  lamenta  de  l'af-  |  fetto  creato.  Ixxiij.  La 
boutade  se  lamenta.  Fin,  a  r.  S4<^.  D'onde  uita  possan  trare.  (7^.  188 — 195, 
il£99— lOl,  Ben,  22 — 23). 

C,  54  r.  De  la  diuersita  de  |  cotemplatíone  di  |  Croce.  Ixxiiij.  Fuggo  la 
croce  eh  me  deuora.  Fin,  a  e,  54  v.  Che  la  Tortura  no  faccia  allentare.  {T,  597 
— 599»  -^  lOi — 102,  Ben,  24 — 25). 

C.  54 ▼.  Del  iubilo  del  core  che  |  esce  in  noce.  Izxv.  O  Jubilo  del  core. 
Fin,  Non  se  sente  de  fuore.     (7".  618 — 620,  M.  102,  Ben,  21), 

C.  54V.  De  V  amor  muto  Izxyj.  O  Amore  muto.  Fin,  a  r.  55^.  De  lei 
et  di  suo  tributo.    {T,  S3S--537»  ^'  102,  Ben,  io). 

C  55  r.  De  l' amor  nero  et  discftion  falsa  |  Izxvij.  L' amor  Io  cor  si  uol 
regnare.  Fin,  a  f.  5$^.  La  notte  tu  no  poi  mucciare.  (7^.545 — $50,  Ài,  103, 
Ben.  21 — 22)  —  {NeW  editfi,  Benaüo  „lo  cor  si  uol  pigliare"). 

C.  55^.  De  la  bontà  diuina  |  et  uolota  efata  |  Ixxviij.  La  bontate  en- 
finita.    Fin,  a  e,  56  r.  Lassandote  otiato.   (T,  540 — 545,  M,  103— 104,  Ben,  21). 

61  56  r.  De  1'  amor  diuino  |  distinto  in  tre  stati.  |  Ixxix.  Sapete  uoi 
nouelle  di'  amore.  Fin,  a  cSJ',  Che  ne  salulno.  Amen.  (7!  517 — 522, 
Ai.  104 — 106,  Ben,  20 — 21). 

C  57  r.  De  l' amor  diuino  |  et  sua  laude.  Ixxx.  O  amor  diuino  amore. 
Fin,  a  c,$yy.  Tro  várese  affogato.    (T.  799— 805,  ü/.  106— 1 07,  Ben,S7 — 88). 

C,  58  r.  Como  lanima  troua  Dio  |  in  tutte  le  creature  p  |  mezo  de  sensi  | 
Ixzxj.  O  Amor  diuino  amore.  Fin,  Per  uolerme  sanare.  (7*.  805 — 807,  M.  108, 
Ben.  23). 

C,  58  r.  De  l' amor  tf  Christo  |  en  croce,  et  como  |  1'  anima  desidera  |  d 
morir  con  luj.  |  Ixxzij.  O  dolce  amore.  Fin,  a  r.  58^.  De  gire  empazatò 
d'amore.     (7:814 — 816,  J/.  108— 109,  Ä«.  23— 24). 

C.  58V.  Como  e  soma  sapientia  |  essere  reputato  pazo  p  |  T  amor  de 
Christo  I  Ixxziij.  Senno  me  pare  et  cortesia.  Fin,  A  'mparar  altra  mastria. 
(^.  795—798,  M  109,  Ben.  64). 

C,  59  >*.  Como  si  deue  amar  |  Christo  liberalmète  |  corno  esso  amo  noi  | 
Ixxxiiij.  Amor  che  m'ami.  Fin.  a  f.  59^.  Semper  in  idem  stato.  (T.  818 
— 822,  3f.  109 — no.  Ben.  S6 — 87). 

C,  59  V.  Como  l' anima  dima  |  da  pdonanza  de  1'  of-  |  fensione  et  gusto  | 
d' amore.  Izxzv.  Amor  dolce  senza  pare.  Fin,  a  c.6o'.  Non  me  fior  tanto 
aspettare.    (7*.  822 — 824,  Ài,  no— in). 


506  V«  FlNZIi 

¿r.  60  r.  De  1'  amor  diaino  la  |  nisnim  del  quale  e  |  incognita  hnv]. 
Amor  che  ami  tanto.  Fin,  a  c,  óo^.  Nell'  amore  tranalormato.  (7*.  987-^998, 
if.  II,  An.  77— 78). 

C,  60  ▼.  Como  in  V  homo  pfettb  |  sono  figurate  le  tre  |  hiérarchie  con  H  | 
noni  chori  <I  an  |  gèli  Izzxyij,  U  homo  cK  pno  la  ma  l^goa  domar.  Fim^  « 
C.61V.  Campene  noi  la  Yergene  Ilaria.  AnT.  (71 659 — 667,  Jf.  112 — 116, 
Ben,  Il — 12). 

C,  61 V.  Arbore  de  l' amore  dinino.  |  bouviij.  Un'  arbor*  e  da  Dio  plan- 
Uto.  Fin.  a  C.62''.  Serai  en  perfetto  stato.  (7*. 586 — 596,  JV.  116 — 117, 
Ben.  80 — 81). 

C,  62^.  Como  l' anima  se  lamenta  |  con  Dio  de  la  carita  su  |  perardente 
in  lei  infusa  |  Ixudx.  Amor  de  caritate.  Fin.  a  tf.  64  '.  Abissa  me  en  amore. 
(7.826 — 840,  if.  117— 122,  J9!ra.  44— 46). 

C.  64  r.  Como  l' anima  p  santa  |  mchilìta  et  carita  puiene  |  à  stato  in- 
cognito et  indi  I  cibile,  zc.  Sopr*  onne  lengua  amore.  Fin,  a  e.  66^.  Dd 
nostro  póuer  core.    (7. 967 — 968,  M,  122 — 127,  Ben,^^ — ^50). 

C,  66  ▼.  Como  per  la  ferma  fede  |  et  speranaa  se  per  |  nene  à  triplice 
sta  I  to  de  nichilita  |  .  zcL  {Qmßnisce  il  ms,  È  la  laude  che  cam.  La  lede 
et  la  speranaa,  e  Jin,  Non  voi  pensar  peccato  ne  operare.  É  la  92  >^  deW  edtL, 
Mfdio,  a  ce,  127 — 129). 

MB.  1486.1 

IC  104V]        Proverbi  di  fra  Giacopone  da  Todi 

Chi  vuol  cor  sicuro  parli  la  veritate 

Chi  yuol  essere  amato  mostri  stabilitate 
Se  vogli  ch'io  ti  creda  di  sempre  veritate* 
Che  molto  vero  è  in  dubbio  per  poca  ûdsitate. 

Se  vuoi  salire  'n  gloria  aggi  umiliate 

E  da  peccare  guardati  se  vogli  securitate' 
Sia  buono  e  non  dicere  parole  avvelenate 
E  non  aver  con  femina  molta  iamiliaritate. 

In  ogni  cosa  al  prossimo  ti  mostra  mansueto 
Se  odi  dime  male  non  te  ne  far  lieto 
Questo  dell'  avversario  fa  V  uomo  indiscreto 
Da  nimistade  guardati  se  vogli  star  quieto. 

Soccorri  all'  avversario  se  '1  truovi  in  ripresa 
Se  ti  domanda  venia  perdonagli  1'  offesa 
Che  bene  chi  la  vendica  dal  Ciel  vien  la  difesa 
Della  Misericordia  sempre  fa  larga  spesa. 

Procura  buon  compagno  se  dei  far  lunga  via 


'  A  proposito  del  predetto  componimento  cosi  mi  scriveva  il  eh.  proC 
Annibale  Tenneroni:  ,,In  veruno  dei  moltissimi  codici  umbri,  toscani,  abruuesi 
da  me  esaminati  ho  trovato  ascritto  a  Jacopone  il  ritmo  "  Chi  vuol  cor  àcoro 
parli  la  veritate";  né  certo  è  alle  stampe  sotto  il  suo  nome."  Siccome  inedito 
io  dunque  lo  pubblico  (senza  alterarne  l' ortografia,  e  solo  emendando  g^ 
errori  evidenti  del  trascrittore,  che  riporto  nelle  note  a  pie  di  pagina)  poiché 
le  mie  ricerche  in  proposito  riuscirono  infruttuose.  Né  sotto  altro  nome  com- 
pare nelle  numerose  raccolte  a  stampa  da  me  studiate, 

*  Il  ms.  verità,  •  n  ms,  securilare. 


I  coDia  jACOPONia  lucchesi  descritti  ed  illustrati.    507 

Sia  dolce,  e  amabile  alla  sua  compagnia 
Comportalo  onoralo,  che  è  gran  cortesia 
E  di  lui  mal  non  dire  che  è  gran  villania. 

Del  ben  che  t'  è  in  dubbio  non  far  grandi  le  spese: 
Al  povero,  e  afflitto  fa  risposta  cortese 
[e,  105  r]        Al  mondo  conformati  come  truovi  paese 

Fiorentino  in  Fiorenza  in  Genova  Genovese. 

Non  affliggere  i  sudditi  se  ai  signorìa 

Mostrati  amorevole  sempre  'n  te  questo  sia 
Ogni  mal  tí  dispiaccia  vanne  per  questa  via 
Non  lievemente  credere  che  ti  menan  follia. 

Quando  puoi  essere  umile  non  ti  mostrar  forte 
Non  romper  lo  muro  se  aperte  son  le  porte. 
Che  Dio  dite  voglia  non  domandar  per  sorte 
Che  gran  fìlosafì  non  sepon  la  lor  morte. 

Pensati  se  se'  suddito  non  tí  dimenticare 
Giudica  sempre  te,  altri  non  giudicare 
Non  offendere  il  prossimo  se  vuoi  vita  campare. 
Se  odi  dime  male  deh^  noUo  reportare. 

Non  tí  levare  in  gloria  per  molto  laudamento 
Perchè  1'  umana  laude  è  piena  di  van  vento 
Quel  che  tí  piace  dicoti  non  quel  eh'  i'  sento 
Perdo  s' inganna  1'  uomo  per  dolce  parlamento 

M0IÜ  uomini  son  laudati  Dio  sa  quel  che  sono. 

Ma.  1498. 

(7. 229r.  Lauda  della  santa  stultítia.  C.  229^.  Mosso  da  santa  pazzia. 
{/n  mar¿^ine:  Questa  lauda  è  |  del  B.  Jacopone  |  stampata.)  Fin,  a  e,  231  ▼. 
Che  ciascun  a  te  dia  Laude  |  £  a  tua  madre  Maria  |  Deo  Gratias.  (T,  500 — 504, 
Ben,  2 — 3). 

Ma.  1496. 

C.  219  r.  Laude  di  Fra  Jacopone.  Com,  Poiché  se'  fatto  Frate,  caro 
amico.  Fin.  a  e,  222  v.  Per  gratia  ci  conduca  alla  sua  corte  |  gloriosa. 
(B.  77—79). 

C,  279  r.  Laude  del  Giudicio,  |  usasi  di  dire  alle  Compagnie.  Fece  fra 
Giacopone.  |  in  d.  Cod.  a  91  {cioè  nel  cod.  Venturi'],  Com,  Ecco  il  nostro 
Signore.  Fin,  a  e.  280 v.  Trarranno  pianti  e  strida  di  dolore.  (G,  27,  Bo„  24. 
In  quesf  ultima  edisUme  è  attribuita  al  Bianco  gesuato), 

A  e.  169^  dello  stesso  codice  leggesi  (attribuito  nell'indice  a  incerto): 
Incomincia  il  Contrasto  |  del  Vivo  e  del  Morto,  |  Il  quale  si  è  p  nostro 
assemplo,  considerando  |  quello,  che  noi  siamo  in  questo  mondo,  e  'n  vita 
brieve.  —  |  fatto  dal  Cod.  Venturi  a  56.  Com,  a  e,  i69r.  Quando  t'  allegri, 
o  uomo  d'altura.  Fin,  a  e,  171'.  Con  noi  stia  sempre  in  nostra  compagnia, 
{ß.  76-77). 

1  n  ms.  <^. 


V.  FINZI, 

^W 

Tavola  alfabetica   delle 

^^^ 

1.    Ad  l'amor  cV  e  venuto 

2.    A  ili  Janne  da  la  verna 

3.    Alte  qnaltro  vii  tuie 

4.    Amor  che  ami  lauto 

5.   Amor  che  m'  aioi 

6.    Amore  conlrafacto 

7.    Amor  dp  caritate 

S.    Amor  díleno  |  De  la  trìslaoia 

9.   Amor  diletto  amore  |  De  lo  legale  amon 

10.    Amor  dolce  senza  pare 

11.    Amma  che  desideri 

13.  Aadllc  una  ententonc  |  Che  m'  «nidi  ri  tax 

14.  Andìte  niw  'ntenione  |  En  cto  loco  laanre 

15.  Chi  TDol  cor  dcnro  parli  la  veritate 

16.  Cinque  tenii  meuan  pegao 

17.  Con  gH  occU  eh'  hagglo  nel  capo 

18.  Ecco  0  noatto  rifiune 

19.  En  dnqne  modi  appareme 
30.  Eniecnateme  Jetn  Cbriato 
11.  En  Mtte  modi  co'  a  me  pare 
22.  Fede,  ipene  et  caritate 

33.  FìkU,  Depod  et  fiati, 

14.  Frate  Ranaldo  dare  id  andato? 

35,  Fuggo  la  croce  che  me  devota 

36.  Guarda  che  noa  caggl  amico 
17.  Homo  che  voi  parlate 

38.  Homo  de  te  me  lamento 

39.  Homo  mettete  a  pensare 

30.  Hor  chi  havera  cordoglio 

31.  L'  amor  lo  cor  ti  voi  regnare 
33.  V  anima  eh'  è  vitiou 

33.  La  bontate  eniinita 

34.  La  boutade  m  lamenta 

35.  La  fede  et  la  sperani» 

36.  La  saperbia  de  l' altura 

37.  L'  hnomo  che  pai  la  sna  lengua  domare 

38.  U  hnomo  fu  creato  virtuoso 

39.  Molto  me  lon  delongato 

40.  MoMo  da  unta  pania 

41.  O  alta  penitentia 
41.  O  amor  de  povertate 

43.  O  amor  divino  amore  |  Per  volerme  sanare 

44.  O  amor  divino  amore  |  Trovarese  affogato 

45.  O  amore  muto 

46.  O  anima  fedele 

47.  O  anima  mìa  creata  gentile 


I  CODia  JACOPONia  LUCCH&SI  descritti  SD  ILLUSTRATI.       509 

^8.  O  castitate  fiore 

^9.  O  Christo  omnipotente  |  Et  V  alno  ce  pò  pedonare 

;o.  O  Christo  omnipotente  |  Ov'  hai  Christ'  empiccato? 

,1.  O  Christo  pietoso 

\2.  O  corpo  enfiracedato 

;3.  O  derrata  guarda  al  prezo 

;4.  O  dolce  amore 

;5.  O  Femene  guardate 

;6.  O  Francesco  da  dio  amato 

17.  O  Francesco  povero 

;8.  O  Frate  guarda  al  viso 

;9.  O  Frate  mio  briga  de  tornare 

60.  O  jubilo  del  core 

61.  O  liberta  gloriosa  (subiecta) 

62.  O  me  lasso  dolente 

63.  O  meggio  virtuoso 

64.  O  nuovo  canto 

65.  O  Regina  cortese 

66.  O  Vergen  più  che  femena 

67.  O  vita  de  Jesu  Christo 

68.  O  vita  penosa  continua  battaglia 

69.  Peccator  chi  t'  ha  fidato 

70.  Piangi  dolente  anima  predata 

71.  Poiché  se'  fatto  frate,  caro  amico  |  alla  sua  corte  gloriosa 

72.  Quando  t'  allegri,   o  uomo  d'  altura  |  Con  noi  stia  sempre  in  nostra 
compagnia. 

73.  Quando  t' allegri  homo  de  altura  |  Tu  serai  messo  en  grande  strettura. 

74.  Que  fai  anima  predata? 

75.  Sapete  voi  novelle  de  1'  amore 

76.  Senno  me  pare  et  cortesia 

77.  Sicome  la. morte  face. 

78.  Çignore  damme  la  morte 

79.  Solo  eh'  a  Dio  ne  possa  piacere 

80.  Sopra  onne  lengua  amore 

81.  Tal  e  qual  e  tal  e 

82.  Un'  arbor'  e  da  Dio  piantato 

83.  Vorria  trovar  chi  ama. 

Vittorio  Fmzi. 


VERMISCHTES. 


L  Zur  Dlálekikuide. 

Sur  le  dialecte  de  rjBulali^. 

On  a  hésité  jusqu'à  maintenant  pour  savoir  s'il  iallait  faire  de 
VEuIalte  un  texte  wallon  ou  un  texte  picard.  VL  Sadtàet  (dans 
cette  revue,  II,  300)  ne  se  prononce  pas  et  &it  valoir  la  difificolti 
qu'il  y  a  d'admettre  déjà  à  une  aussi  haute  époque  une  8^)aratkm 
entre  les  dialectes.  Il  reconnaît  toutefois  un  caractère  wallon  anx 
phénomènes  /  +  i>m'  et  o-\'i>oi  de  ranäet^  lei^  cmst^  mais  3 
dit  que  c  et  es  devant  e^  t  (celle^  cMOf  etc.;  auxquds  il  fimt  ajouter 
ic  de  manaiee)  peuvent  se  lire  également  is  on  tí.  ÌJL  Koscfawiti 
dit  qu'on  peut  assigner  la  séquence  »,mit  ziemlicher  Sidieifaeit"  â 
la  région  où  a  été  trouvé  le  ms.  (c'est-à-dire  aux  environs  de 
St  Ámand,  d'où  provient  le  ms,  maintenant  à  Valenciennes).  Ce 
serait  un  texte  picard  plus  ou  moins  francisé  par  la  main  des 
moines  de  St.  Âmand.  Diez,  G.  Paris  et  Lucking,  ajoute-t-il,  auraient 
donc  atteint  la  vérité  (p.  89).  Mais  conmie  le  lui  fait  remarqaer 
M.  Paris  dans  la  Romama  (KV,  445),  son  explication  de  raïuieU 
coist  par  l'influence  de  formes  faibles  {cotsant^  nèier)  ne  tient  pas, 
puisqu'on  a  ieù  II  résulte  pourtant  du  compte  rendu  que  M.  Paris 
a  fait  du  Commentar  {Romania,  XV,  445  ss.)  que  lui  aussi  aoit 
avoir  à  faire  à  un  texte  picard.  Il  donne  à  r  4~  ^  l^  valeur  de  k 
et  k  c  +  e^  i  celle  de  /x,  en  admettant  que  le  picard  t¡  a  été  pré- 
cédé d'une  étape  is^  Mais  alors  M.  Paris  admet  donc  des  formes 
picardes  raneitt,  lei,  coist  Dans  la  suite  de  l'article,  il  n'en  est  pins 
question;  visiblement  gênantes,  elles  sont  adroitement  négligées. 

Je  ne  crois  pas  qu'il  faille  hésiter  un  seul  instant  à  faire  de 
la  plus  ancienne  poésie  française  un  texte  wallon.  Voici  quels  sont 
mes  arguments: 

i^  Le  plus-que-parfait  latin  (auret  non  avret  conmie  écrit 
M.  Koschwitz,  voldrent  qui  peut  bien  être  aussi  voluerunt,  pourei, 

'  phénomènes,  dit-il,  qui  n'ont  pas  encore  été  trouvés  en  picard  (Kosch- 
witz,  Commentar  zu  den  alt,  fran%,  SpnuhdenknuUern,  p.  SS). 

*  p.  446:  ,,Poar  moi,  je  pense  de  plus  en  plus  que  le  picard  a  commencé 
par  dire  ts  tout  comme  le  français  et  que  tch  est  un  développement  postérieur," 


p.  MARCHOT,  SUR  LB  DIALECTE  DE  L'EULAUE.  5 1 1 

furet,  voldrett  raverei)  qu'on  croit  ne  plus  être  vivant  nulle  part 
dans  le  domaine  roman  au  sens  du  parfait  (voy.  la  Gramm,  de 
Meyer-Lûbke,  II,  §  309)  est  encore  courant  en  wallon  pour  avoir 
et  ¿ire:  ôrt%  ouriU  turii  =  habuerat;  furit,  fourù  =  fü(e)iat 
Les  versions  wallonnes  de  la  Parabole  de  V enfant  prodigue  en  ofifrent 
de  nombreux  exemples  (Hot ton,  Neufchâteau,  Limerlé  près  Houf- 
falize,  Ouffet,  Huy,  Stavelot,  Liège,  Montegnée  les  Liège).  A  Neuf- 
château,  j'ai  même  relevé  vôri  =  voluerat  (Versions  walL  de  la 
Parabole,  Liège,  1870,  p.  ii2,  verset  28).  Voy.  du  reste  Delaite, 
Essai  de  gramm,  wall,,  I,  pp.  27  et  29,  où  sont  donnés  les  para- 
digmes complets  pour  ces  parfaits  dì  avoir  et  être.  Le  pays  de  Liège 
a  encore  dèri  =  dixeram,  -as,  etc.  UEulalie  a  aussi  les  formes 
dérivées  du  parfait  latin,  mais  le  wall,  moderne  continue  à  les 
posséder  également.  L'abondance  des  plus-que-parfaits  dans  VEulalie 
qui  constituent  presque  la  règle,  parfaits  qui  n'existent  qu'à  l'état 
d'exception  dans  VAlexis  et  la  Passion  (fréquents  aussi  dans  le 
Léger),  est  un  indice  qui  reporte  au  territoire  wallon.^ 

2®  L'a  initial  de  raneiet,  manatee,  sans  être  caractéristique  du 
wallon,  concorde  avec  ce  qu'on  trouve  chez  celui-ci.  Le  lieg,  mo- 
derne a  mancî\  Jacques  de  Hemricourt  (XIV®  siècle),  manechiet,  ma^ 
nacht  (Doutrepont,  Et,  linguist,  sur  J,deHemr,,  p.  42);  le  Poème  moral^ 
manace  iiß*^,  364*.  Correspondant  à  re-  latin,  on  a  ordinairement 
m-:  à  St  Hubert,  rafwadi,  radrpsp,  rasprsf  (re -*sar tiare),  rawayp 
(réveiller),  rapvoazf  (d'après  ma  Phonol,  d^ un  pat.  walL^  §  127);  dans 
la  Geste  de  Liège,  rafrongnu  refrogné,  se  ramuchier  se  cacher,  ra- 
prochier  reprocher  en  justice,  rasongne  =  resongne  crainte,  raverdir 
(Scheler,  Gloss,  philoL  de  la  G,  de  Z.);  dans  le  Poème  moral  (p.  84), 
ramembrance,  racordeir,  radrecier,  raturner.  Le  passage  de  e  initial 
à  a  est  du  reste  un  phénomène  familier  au  wallon,  voy.  les  chartes 
Romania,  XVII,  p.  23;  Doutrepont,  Et.  linguist,,  pp.  38  et  42;  Poème 
moral,  p.  84  ;  ma  Phonologie,  §  1 2^. 

30  6b2>/<coxit  n'existe  plus  en  wall,  mod.,  mais  le  traitement 
de  coxa  >  coisse  dans  les  Dialogues  Grégoire  (ap.  Poème  mor.,  p.  40), 
mod.  coche  ou  cohe,  montre  bien  que  nous  avons  affaire  à  un  trait 
wallon.     Tel  est  aussi  le  caractère  de  raneiet  et  de  lei,^ 


^  Je  n'ignore  pas  qne  jusqu'ici  on  a  expliqué  ces  formes  du  wall.  mod. 
en  partant  des  3.  pi.  orent  =  habuerunt,  furent  =  fuerunt,  disrent  = 
dixerunt,  qui  auraient  envahi  d'abord  tout  le  pluriel,  ensuite  tout  le  sing. 
(Stûrzinger,  Remarks  on  the  conjugation  of  the  Wallonian  dialect),  Mais 
c'^est  une  explication  que  je  ne  saurais  admettre,  parce  qu'elle  ne  peut  s'ap- 
pliquer à  disrent.  Celui-ci  en  a.  wall,  est  devenu  disent,  en  vertu  de  la  même 
loi  qui  a  àonnè  fisent,  prisent,  misent',  il  s*agit  là  d'une  chute  de  IV  abso- 
lument normale.  En  partant  du  plus-que-parfait  latin  an  contraire,  la  con- 
servation de  IV  à  toutes  les  personnes  de  dixeram,  -as,  etc.,  s'explique  très 
bien  par  l'influence  des  i.  et  2. pi.  dixeramus,  dixeratis.  J'avoue  qu'une 
objection,  qui  n'est  pas  péremptoire  d'ailleurs,  est  qu'on  ne  trouve  plus  le 
plus-que-parfaît  lat.  dans  les  textes  wallons  après  VEulalie;  mais  ces  textes 
sont  profondément  contaminés  par  l'influence  littéraire, 

'  Je  puis  aiHrmer,  après  enquête,  que,  en  ce  qui  concerne  li,  il  com- 
mence juste  à  la  frontière  picarde,  à  la  hauteur  de  Thuin.     Coche  =a  co  1,% 


r 


k 


512  VERMISCHTES.     I.  ZUR  UlALEKTKUNDE. 

,"  A  propos  d'unt  spedi,  je  remarque  que  l'absence  de  pro»- 
devant  j  impure  est  un  caractère  distinctif  du  dialecte  wallon. 
Ce  phénomène  est  si  connu  et  si  général  que  je  suis  dispensé  de 
donner  des  exemples  appuyés  par  des  renvois:  tous  les  anciens 
textes  wallons  sans  exception  l'accusent  (voy.  Doutrepont,  El.  ting., 
p.  89)  et  tous  les  patois  modernes  l'ont  conservé.  Le  dialecte  picard 
au  contraire  a  toujours  la  prosth^se. 

5"  Seule  reflète  un  traitement  régulier  en  wallon  de  -ecul-, 
avant  toutefois  que  \t  n'ait  subi  la  diphtongaison  (comp,  du  reste 
indz)-.  regula,  legula  par  une  étape  ieu  deviennent  en  a.  wall. 
riule.  Utile  dont  nous  offrent  des  exemples  les  Dialoguts  du  papt 
Grégoire  (ap.  Doutrepont,  op.  cil.,  p.  80),  mod.  rtìle  et  iûU.  Le  main- 
tien de  la  pénultième  atone  u  dans  -ecul-,  -egul-  est  une  carac- 
téristique du  dialecte  wallon.' 

6"  Pour  oram.  je  vais  le  discuter  en  note  et  j'espère  arriver  á 
montrer  que  c'est  un  ancêtre  fort  vénérable  de  la  terminaison 
wallonne-lorraine  -à  de  la  i.  pi.  ind.  pr.* 

diborde  dans  le  domaine  picard  et  est  connu  dans  le  nord  du  Hainaul;  U 
figure  i  la  ríme  dans  Gilles  U  Muisis  (voy,  au  Gloís.)  Le  wall,  seul  possède 
¡ei  à  càlk  de  caisse. 

'  C'est  ce  procès  qu'admet  M.  Cloetla  dons  le  Poime  maral,  pp.  71 — 3, 
pour  le  seule  de  VEulalie  et  les  formes  retile,  leule:  la  chute  ï  une  haute 
¿poque  de  o,  g  inlervocal  (il  rappelle  le  leularum  des  Gt.  de  Reichcnau)  «1  le 
maintien  d'u  péoallième.  D'autres  ont  consideré  Cet  u  comme  g'étaat  d^agé 
de  la  gullutalc.  On  pouriaït  encore  y  voir  un  u  ameni  par  l'hialus:  saectilu, 
sae-u-ulu,  seulu.  Seule  en  tout  cas  n'est  pas  essentiellement  populaire, 
comme  le  prouve  \'e  final  (orìgine  cléricale),  et  il  peut  en  t\xe  ain«  de  mie 
(la  règle),  peut-être  de  teule  i  la  rigueur.  Quoi  qu'il  en  soit,  il  reste  que  ce 
sont  là  des  ronues  qu'on  retiouve  dans  le  wallon  postérieur, 

»  Dans  sn  Gram,  des  langues  rom.,  Xt.  fr..  Il,  p.  195,  M,  Meyer-Lñbk« 
dit:  „Une  place  spéciale  rcïieot  i  la  région  orientale  qui  s'étend  depnis  le 
Ballon  d'Alsace  jusqu'i  la  Trontière  allemande  de  l'Est  et  du  Nord,  et  & 
l'Ouest  jusqu'au  deli  de  Naniur,  mais  cite  n'englobe  pas  Douai,  Nivelles  ni 
ChSlelineau  ;  dons  celle  région,  la  tinale  est  S  (et  non  -S),  qui  n'esl  pas  le 
correspondant  phonétique  du  franc.  S,  mais  plutôt  le  représentant  d'un  f  en- 
travé. La  transformation  parallèle  de  minus  en  mS  dans  ce  domaine  y  atteste 
donc  encore  une  fois  la  présence  du  type  -emus."  Cette  explication  de  U 
I.  pi.  ind.  en  -a  du  wall.-iorr.  ne  peut  se  soutenir.  Le  développement  de 
minus  eu  wall,  est  comme  dans  l'Est  moins  devenu  ì  l'époque  actuelle  mon 
et  man  tout  ä  fait  exceptionnellement  d'une  manure  sporadique,  la  où  les  en 
passent  soit  en  totalité  soit  en  partie  à  an.  Quant  ä  -emus,  traité  comme 
s'il  »vait  un  e  entravé,  il  aurait  tout  bonnement  donné  -l,  jamais  -a.  Ced 
est    de   la   phonilique    wallonne    élémentaire;    en   ne   se   résout  jamais   en  S 

Auiii  M.  Meyer-Lübke  a-i-it  retiré  son  explication  aux  AJJiiioni  et  car- 
rections(p.7lb):  „Selon  J.  Slurîinger,  Zs.,  XVI,  51 1,  le  lon-.-wall.  -ä  mUcr- 
merait  l'-indenne  désinence  du  parfait,  opinion  que  A.  Horning,  2s„  XVII,  316, 
réfute  avec  des  arguments  convaincants"  (c'était  Ü  une  idée  bizarre,  en  vérité); 
„en  même  temps,  U  repousse  l'eiptication  donnée  ici,  sans  avoir  lai-mtme 
d'interprétation  &  proposer.  Non  liquet."  M.  Meyer-Lûbke  est  ineiacl  quand 
il  dit  que  M.  Homing  n'a  pas  proposé  d'interprélalion.  Le  philologue  de 
Strasbourg  a  proposé  ï  l'endroit  dté  deui  explications,  et  c'est  la  première 
qu'il  regarde  iui-cDême  comme  la  plus  vraiscmbbble:  On  pourrait  pour  un 
■ubsttatum  de  •3,    dit-lt,   penser  i  la  finale   souvent   attestée  -ammus,    dont 


p.  marChot,  sur  le  dialecte  de  l*eülaue.  513 

7<*  ttuuisset  qu'il  faut  lire  awisset  est  une  forme  normale  de 
Ta.  wall,  répondant  à  habuisset:  dans  le  Poème  mor.  awtst  2  fois, 
awùseni  (p.  114);  dans  les  chartes  autsi-isseni,  owisi'isseni^  etvissent 
{Rom,^  XVII,  568  et  XIX,  84);  dans  J.  de  Hemr.  awiesiy  awist,  sa^ 
wùsetii  =  sapuissent,  awymes  (Doutrepont,  pp.  30  et  80).*  C'est 
une  forme  inconnue  au  picard. 

8^  Dans  souue^  qu'il  faut  lire  souve  (Koschwitz,  p.  60),  on  a 
un  V  servant  à  boucher  l'hiatus;  le  wallon  se  sert  pour  cela  in- 
distinctement, de  V  et  de  w^  plus  souvent  de  w  (Doutrepont,  p.  57)^: 
awoveiSy  saltiveii,  voveiL 

A  la  présente  thèse  on  pourra  faire  certaines  objections.  Com- 
ment expliquer  cose  kose  qui  semble  avoir  la  gutturale  (non  la  chuin- 
tante), volaren/  2  fois  voldrei  sostendreiet  (avec  le  d  intercalaire),  la 
pronom  et  article  au  lieu  de  /nf,  sa  au  lieu  de  sel  Pour  kose^  je 
répondrai  qu'on  pourrait  le  lire  ¡Cose  comme  on  lit  k^arlot  cadhuna^ 
c'osa^  k^arUf  k^arlo,  ¡Carlus  dans  les  Serments?  Pour  l'insertion  du  d 
dans  voldrentt  etc.,  on  n'a  pu  l'expliquer  jusqu'ici  que  par  une  in- 
fluence centrale  (il  serait  hasardé  de  dire  littéraire  à  une  époque 
aussi  reculée)*  et  elle  fait  difficulté  également,  qu'on  assigne  la 
séquence  au  picard  ou  au  wallon.  M.  Suchier  dans  Aticassin  pense 
qu'il  ne  faut  pas  lui  attribuer  une  importance  exagérée  (ap.  Kosch- 
witz, Comm.,  p.  88).  Enfin,  en  ce  qui  concerne  l'objection  de  /a, 
sa,  elle  est  toute  spécieuse  II  ne  manque  pas  encore  à  l'heure 
actuelle  de  patois  wallons  dans  le  Sud  qui  disent  la  et  non  le 
(dans  les  environs  de  Saint-Hubert,  par  exemple,  j'en  connais  bon 
nombre).  Le  Jonas  qui  est  incontestablement  un  texte  wallon  a 
la  et  non  le.  Enfin,  c'est  une  constatation  qui  a  déjà  été  faite,  à 
mesure  qu'on  se  rapproche  du  XV*  siècle,  le  au  lieu  de  la  au  cas 

Paris  dit  qu'„on  sera  porté  à  penser  qu'elle  représentait  une  prononciation 
réelle."  Puis,  comme  argument,  M.  Horning  rapelle  Voram  de  VEulaliet  où 
il  s'agit  d'un  a  entravé,  puisqu'on  a  à  côté  tnaent.  De  cet  -a  mm  us,  ajoute- 
t-il,  on  n'a  pas  encore  tenté  d'explication.  L'explication  de  M.  Horning  me 
paraît  parfaitement  exacte  et  je  m'y  rallie  complètement. 

1  La  transformation  de  habuisset  '^ awist  est  conforme  aux  lois  de  la 
phonétique  wallonne,  au  en  hiatus  donnant  aw:  awe  auca,  trawer  traugare. 
Ce  n'est  pas  le  lieu  de  discuter  ici  Ve  de  awisset  qu'on  retrouve  dans  degneP, 
raneitt,  perdesse  (celui-ci  sans  /  comme  arde)»  mais  non  dans  amast  ni  laist. 
Je  renvoie  pour  cette  question  au  Commentar,  p.  58.  On  serait  tenté  d'y  voir 
im  simple  phénomène  orthographique  provenant  d'un  scribe  latiniste. 

'  On  sait  que  les  Wallons  introduisent  ce  phénomène  de  leur  dialecte 
dans  le  français  qu'ils  parlent:  ils  prononcent /i/z&^r,  cruwauté.  Naturellement 
les  très  anciens  mss.  ont  uu  et  u  qui  égalent  phonét.  w  {auardevet  dans  le 
yonas);  w  ti  v  sont  des  interprétations,  peut-être  abusives,  d'éditeurs. 

'  Mais  il  vaut  peut-être  mieux  y  voir  (comparez  eskoitet)  la  gutturale; 
alors,  je  localiserais  VEulatie  sur  les  connus  extrêmes  du  domaine  wallon 
près  de  la  frontière  picarde,  peut-être  à  l'abbaye  de  Lobbcs  près  Thuin. 
Par  exemple,  si  l'on  veut  examiner  la  carte  linguistique  du  pays  de  Thuin - 
Charleroi  (de  J.  Simon  dans  les  Mélanges  wallons)^  on  verra  qu'il  y  a  là,  à 
cette  frontière,  des  régions  qui  présentent  à  des  degrés  divers  et  selon  des 
combinaisons  variées  le  mélange  des  traits  considérés  comme  spécifiques  du 
wallon  et  du  picard. 

*  Le  Jonas  a  également  distrent  au  lieu  de  disrent,  disent, 

ZdtKhr.  t  rom.  PhiL  XX  32 


514  VERMISCHTßS.  II.  ZUR  LAUTGESCHICHTR. 

régime  devient  plus  abondant  dans  le  pa}'S  de  Liège  {Romania^ 
XVI,  I2i).  Il  se  peut  bien  qu'au  IX^  siècle  le  wallon  n'ait  encore 
connu  que  la.  Du  reste,  on  pourrait  voir  aussi  dans  ¡a  un  trait 
central^   comme  pour  volaren/,^ 

En  résumé,  les  caractères  exposés  sous  3®,  4®,  7<>  récusent  la 
Picardie;  l'ensemble  indique  la  Wallonie. 

Paul  Marcuot. 


II.  Zur  Lautgeschichte. 

X.  Zur  romanischen  Vokaldehnung  in  betonter  freier  Silbe. 

1.  Lat.  vinum  ergiebt  got.  wetrit  ahd.  win,  ae.  wtn\  volkslat 
strata,  ahd.  strùgga,  ae.  strœt.  Aus  lat.  pälus  wird  ahd.  p/äl,  ae.  päl, 
aus  lat.  mdrum  —  ahd.  mür{'beri)  u.  s.  f.  —  Lateinische  lange  Vo- 
kale werden  im  Germanischen  durch  lange  wiedergegeben,  wenn 
der  Accent  in  beiden  Sprachen  derselbe  ist 

2.  Lat. /ira  (Plur.  von  pirum)  ergiebt  ahd. //ra,  òira,  ae.  p^ru; 
lat.  piper  ahd.  pfiff ar^  ae.  pipor\  lat  picem  ahd.  ^pf'ih,  mhd.  pflch, 
ahd.  /?Ä,  ae.  pic.  Aus  lat  rigula  (für  regula)  wird  ahd.  rigula, 
ae.  rigol',  aus  lat  bütyrnii  ahd.  bütra,  ae.  büire,  aus  mlat  mönüus 
(für  mdnachus)  ahd.  münich,  ae.  münuc  u.  s.  f.  Lateinische  kurze  Vo- 
kale werden  im  Germanischen  durch  kurze  wiedergegeben,  wenn 
der  Accent  in  beiden  Sprachen  derselbe  ist 

3.  Lat.  orifvü  ergiebt  im  Ahd.  òrta/,  flhris  — fiehar^  ag^fe/or, 
Petrus  —  Pittar,  speculum  —  spiagai,  mlat.  cerìsia  —  alem.  chriesi. 
Aus  lat  schöla  wird  im  Ahd.  scuola,  ags.  scoi,  aus  crdcum  —  chruogo, 
aus  dömus  —  duom,  aus  mlat.  alimosina  ahd.  alamuosan.  Den  ahd. 
Diphthongen  ea^  oa  —  ìW,  un  —  ?V,  uo  liegen  die  langen  Vokale  ì 
und  ¿»2  zu  Grunde.  Es  entspricht  also  in  den  Wörtern  dieser 
Klasse,  bei  gleichem  Accent  im  Lat.  und  Genn.,  den  lateinischen 
kurzen  Vokalen  im  Germ,  ein  langer  Vokal. 

Es  ist  nun  früher  allgemein  angenommen  worden,  dafs  diese 
Längung  auf  ahd.  Boden,  oder  wenn  man  Wörter  wie  ae.  fefor 
und  sedi  heranzieht,  auf  germ.  Boden  sich  vollzogen  habe.  Diese 
Ansicht  läfst  sich  als  vollkommen  unhaltbar  erweisen.  Dem  Ahd. 
wie  dem  Ae.  standen  e  und  ö,  auch  in  freier  Silbe,  in  reichem 
Mafse  zu  Gebote:  vergi,  ahd.  degan  Krieger,  gëba  Gabe,  nëmaH\ 
hdto  Bote,  kdron  versuchen  u.  s.  f.;  ae.  stilan,  heran,  sprican\  hdda, 
hdren  (getragen).  Wenn  man  sich  vergegenwärtigt,  mit  welcher 
überraschenden  Genauigkeit  sonst  bei  Lehnwörtern  die  Laute  der 
abgebenden  Sprache  nach  Quantität  und  Qualität  wiedergegeben 
werden,  so  ist  klar,  dafs  lat-rom.  ?  und   ¿J,  wenn  es  noch  erhalten 

*  La  forme  la  fait  bien  plus  difficulté  pour  le  picard  que  pour  le  wallon. 
Lo  getterent  ne  peut  pas  être  interprété  comme  égalant  U  getterent,  le  fera. 
=  ill  am  et  non  illum;  or  a  posttonique  est  toujours  écrit  e»  C'est  une 
faute  pour  la  getterent  (Koschwitz,  p.  83). 

*  Und  zwar,  wie  ich  als  gesichert  annehme,  2  und  p,  nicht  ?  und  ö, 
wie  vielfach  angenommen  wird.   Vergi.  Zs.  f.  d.  A.  40,*^  S.  I  ff.  und  S.  254  ff. 


MACKEL,   ROM.  VOKALDEUNUNG  IN  BETONTER  FRBIER  SILBE.      515 

war,  in  germ.  ?  und  ö  seine  naturgemäfsen  Vertreter  gefunden 
hätte.  Wirklich  wird  auch  lat  rigula^y  das  ich  in  der  Bedeutung 
„Richtscheit"  mit  Pogatscher  §44  frühzeitig  entlehnt  sein  lasse,  im 
Ahd.  zu  régula  (mhd.  regele).  Ganz  unmöglich  ist  aber  die  An- 
nahme, dafs  die  betreffenden  Lehnwörter  im  Germ,  zunächst  auch 
Ì  und  d  gehabt  hätten,  dafs  diese  ?  und  d  aber  auf  germ.  Boden 
nicht  lange  nach  der  Aufnahme  gelängt  worden  wären.  Lautgesetze 
wirken  allgemein,  und  nicht  biofs  auf  einzelne  Wörter.  Es  hätten 
zu  gleicher  Zeit  auch  in  rein  germ.  Wörtern  alle  betonten  ë  und  d 
in  freier  Silbe  gelängt  werden  müssen.  Nun  wissen  wir  aber,  dafs 
man  noch  in  mhd.  Zeit  säge,  libe,  lige,  bdte,  stübe  sprach.  Die 
Dehnung  dieser  und  ähnlicher  Vokale  vollzog  sich  erst  im  Spätmhd. 
(Behaghel,  Pauls  Gr.  1  S.  558  f.).  Ja,  in  einem  grofsen  (dem  süd- 
lichen) Teile  des  Alemannischen  ist  noch  jetzt  die  alte  Kürze  in 
der  offenen  Silbe  bewahrt.  Durch  das  Alemannische  hindurch  aber 
sind  uns  wohl  sicher  ein  Teil  dieser  lat-rom.  Lehnwörter ,  über- 
kommen. Und  auch  auf  englischem  Boden  werden  die  alten  ¿f,  ?,  ¿J 
in  freier  Silbe  erst  in  m  e.  Zeit  gedehnt.  Um  1 200  bestanden  noch 
die  alten  Kürzen  (Kluge,  Pauls  Gr.  I,  867).  Es  ist  also  gar  kein 
Zweifel  :  In  den  unter  3  aufgezählten  Lehnwörtern  waren  lat.  ?  und  ¿i 
schon  auf  romanischem  Boden  zu  Ç  und  ^  gedehnt  gewesen  und 
wurden  nun  regelrecht  durch  germ.  Ç  und  ^  (ahd.  ia  und  uo) 
wiedergegeben.  Diese  Wörter  sind  also  erst  entlehnt  worden,  nach- 
dem die  lateinischen  kurzen  betonten  Vokale  in  freier  Silbe  schon 
Dehnung  erfahren  hatten. 

Diesen  Sachverhalt  hat  z.  T.  zuerst  Franz  erkannt  in  seinem 
Werke  über  die  lat.-rom.  Elemente  im  Ahd.  (S.  56  f.).  Franz  aber 
bleibt  auf  halbem  Wege  stehen.  Er  sieht  wohl  noch,  dafs  auch 
ursprünglich  unbetonte  Kürzen,  welche  im  Deutschen  hochtonig 
werden,  ihre  (kurze)  Quantität  bewahren  (z.  B.  scütella  —  scaglila] 
calina  —  chilina\  cìkìna  (für  coquina)  —  ahd.  chühhinüy  ae.  cycene; 
tndnêla  —  ahd.  mûnigga,  ae.  mynet  u.  s.  f.  Aber  er  sieht  nicht,  dafs 
auch  bei  solchen  lat.-rom.  Wörtern,  bei  denen  der  lat.  und  der 
germ.  Hochton  zusammenfielen,  die  kurzen  betonten  Vokale  in 
freier  Silbe  im  Germ,  beibehalten  wurden,  wenn  diese  Wörter  nur 
zu  einer  Zeit  übernommen  wurden,  als  die  betreffenden  lat  Vokale 
noch  nicht  gedehnt  waren  (s.  Beispiele  unter  2).  So  findet  er  es 
denn  S.  45  auffällig,  dafs  in  chdh  =  cöcus  (für  cdquus),  in  chöhhtn 
=  cdcere  (für  cdquere)  d  erhalten  ist,  statt  zu  uo  wie  in  duom  {di>mus\ 
chruogo  (crdcuni)  zu  werden ,  und  er  wundert  sich  S.  43,  dafs  lat.  / 
sich  nirgends  als  rom.  ^  in  den  Lehnwörtern  vorfindet,  dafs  also 
z.B.  lai, fura  im  Ahd.  pira,  bìra  ergiebt,  und  nicht  pira,  das  aus 
rom.  pira  (frz.  poire)  entstanden  wäre  wie  ahd.  krida  aus  rom.  crÇda, 
sida  aus  sfda  (lat.  crita^  sdla). 

Wir  sagen  ganz  einfach,  Wörter  wie  ahd.  chsA;  ahd.  pira,  bìra. 


*  r'ëgula  fur  régula  wird   durch  afrz.  rieule,   ital.  rçgola  sicher  gestellt. 
S.  Pogatsäer  a.  a.  O.  nnd  §  103. 


32 


-» 


5l6  VERMISCHTES.    H.  ZUR  LAUTGBSCHICHTB. 

ae.  péru\  ahd.  ^pf^K  mhd.  p/ich^  ahd.  pih^  ae.  pic  u.  s.  f.  (s.  u.  2) 
wurden  entlehnt,  bevor  die  kurzen  betonten  freien  Vokale  in  den 
abgebenden  rom.  Dialekten  gedehnt  waren,  Wörter  wie  brtaf^  duom^ 
chrüzi^  (aus  rom.  cròie  =  lat.  crüceni)  aber,  nachdem  die  betreffen- 
den Vokale  gedehnt  waren.  Ja,  wir  haben  ein  Wort,  welches,  vor 
der  romanischen  Vokaldehnung  entlehnt,  als  volkstümliches  Lehn- 
wort im  Ahd.,  als  gelehrtes,  christliches  Lehnwort  und  nach  der 
romanischen  Vokaldehnung  entlehnt,  aber  im  Ae.  erhalten  ist:  das 
mlat.  cXtcus  ist  ahd.  köh^  ae.  eòe. 

Den  ganzen  Sachverhalt  hat  schon  richtig  erkannt  Pogat- 
scher  in  seinem  ausgezeichneten  Buche:  Zur  Lautlehre  der  griech., 
lat  und  rom.  Lehnworte  im  Altengl.  Ich  verweise  besonders  auf 
die  §§42  —  55.  Und  Pogatscher  geht  noch  einen  Schritt  weiter. 
Indem  er  die  Aufnahmezeit  einzelner  der  einschlägigen  Lehnwörter 
nach  sachlichen  oder  lautlichen  '^  Kriterien  genauer  feststellt,  kommt 
er  zu  dem  Ergebnis,  dafs  die  Längung  der  lat  kurzen  betonten 
Vokale  in  freier  Silbe  nicht  vor  dem  6.  Jahrh.  n.  Chr.  stattgefunden 
haben  kann.  Mir  scheint  Pogatschers  Beweisführung  zwingend  zu 
sein,  doch  noch  nicht  die  gebührende  Beachtung  gefunden  zu 
haben.  Es  ist  klar,  dafs  wir  auf  diese  Weise  ein  neues,  ausge- 
zeichnetes Kriterium  für  die  Entlehnungszeit  einer  grofsen  Reihe 
von  Lehnwörtern  gewonnen  haben,  mögen  sie  nun  von  den  rom. 
Sprachen  abgegeben  oder  in  die  rom.  Sprachen  aufgenonomen  sein. 
Die  unter  2.  aufgezählten  Lehnwörter  z.  B.  müssen  vor  der  Vokal- 
dehnung, die  unter  3.  nach  der  Vokaldehnung  aufgenommen  sein, 
eine  Annahme,  für  die  noch  eine  Reihe  innerer  und  sprachlicher 
Gründe  sprechen.  Es  ist  auch  klar,  dafs  wir  mit  Hülfe  dieses 
Kriteriums  einen  guten  Schritt  vorwärts  gethan  haben  für  die  ab- 
solute Zeitbestimmung  gewisser  germ,  oder  rom.  Lautbewegungen. 
Die  Diphthongierung  von  freiem  /  und  é  auf  einem  grofsen  Gebiete 
der  rom.  Sprachen  kann  z.  B.  erst  begonnen  haben,  nachdem  die 
Vokaldehnung  vollzogen  war.  Diphtliongierung  setzt  zweigipflige 
Aussprache  voraus,  und  diese  kann  sich  nur  bei  langen  Vokalen 
entwickeln. 

Bei  der  Wichtigkeit  aber  der  zeitlichen  Festlegung  der  rom. 
Vokaldehnung  mufs  jeder  weitere  Umstand,  der  die  Annahme  Po- 
gatschers bestätigen  könnte,  von  grofsem  Interesse  sein.  Ich  glaube 
nun  in  der  Lage  zu  sein,  einen  weiteren  Beweisgrund  für  die 
Richtigkeit  der  Ergebnisse  Pogatschers  beibringen  zu  können.  Das 
rom.  Problem  empfängt  auch  Licht  durch  die  Lehnwörter,  die  das 
Romanische  aus  dem  Germanischen  übernommen  hat.  Lehnwörter 
sind  ja  wie  Petrefakte,  die  den  Lautstand  einer  Sprache  zu  einer 
bestimmten  Zeit,    der  Zeit   der  Entlehnung,    genau  wiederspiegeln. 

1  chruzi  aus  croci  wie  ahd.  Iura  Lauer,  Nachwein  aus  lat.  lora,  ahd. 
mür-beri  (Maul-bcerc)  aus  lat.  mdrum,  ahd.  üla  Topf  aus  mlat.  ala. 

2  Er  weist  z.  B.  darauf  hin,  dafs  die  ahd. /Ira  una  pe  h  die  hochd.  Laut- 
verschiebung von  p  zu  Pf  nicht  mehr  mitgemacht  haben,  in  p7h  aber  noch  h 
zu  h  verschoben  ist. 


MACKBL,   ROM.  VOKALDEHNUNG  IN  BETONTER  FREIER  SILBE.      517 

Darum  sind  sie  wie  nichts  geeignet,  dem  erstrebenswerten  Ziele 
einer  absoluten  Chronologie  von  Lautbewegungen  entgegenzuführen. 
Gehen  wir  von  einem  bestimmten  Beispiele  aus.  Der  germ. 
Eigenname  Landfflp^  LandffìÌ5  erscheint  im  Afranz.  als  Lauf  roi 
über  Lanfrei{d),  Germ,  t  in  freier  Silbe  ist  also  hier  behandelt 
worden  wie  das  entsprechende  lat  7,  z.  B.  in  plper^  das  poivre  über 
peivre  ergiebt.  Wie  die  nächste  Vorstufe  von  peivre  pÇvre  ist,  so 
ist  die  unmittelbare  Grundlage  von  Lanfrei(d)  volkslat.  LanfrÇto, 
LanfrÇdo^  Formen,  die  sich  in  mer  ovin  gischen  Urkunden  ja  auch 
finden.  Ein  solches  Lan/rÇdo  hat  sich  natürlich  erst  auf  romanischem 
Boden  entwickelt.  Wie  ist  es  zu  erklären?  Ist  LanfrÇdus  das 
unmittelbare  Abbild  von  Landfrit^l  Das  wäre  nur  in  einem  Falle 
denkbar:  Ç  wäre  durch  Lautsubstitution  für  /  eingetreten,  weil  zur 
Zeit  der  Aufnahme  dieses  Wortes  lat.  1  nicht  mehr  erhalten,  schon 
zu  Ç  gedehnt  war.  Aber  lag,  wenn  denn  schon  für  den  kurzen 
Vokal  in  freier  betonter  Silbe  ein  langer  eintreten  mufste,  nicht  ì 
näher?  Dafs  es  näher  lag,  beweisen  uns  die  zahlreichen  Lehnwörter 
germ.  Herkunft,  die  sicher  ihren  Weg  ins  Romanische  erst  gefunden 
haben,  als  längst  rom.  Ç  für  lat.  7  eingetreten  war.  In  ihnen  allen 
schlagt  sich  germ.  /  zu  rom.  /'  aus  lat.  2.  Es  handelt  sich  um  ahd. 
ae.  anord.  Lehnwörter.  Ahd.  crelii^  ergiebt  a  frz.  crevice,  an.  vigr  — 
afrz.  wigre,   an.  kriki  —  afrz.  crique^  ae.  brice  —  afrz.  brique^  ae.  sclp 

—  afrz.  eskip.  So  dürfen  wir  denn  behaupten,  dafs  zu  der  Zeit, 
als  'friiS  ins  Romanische  eintrat,  hier  /  noch  erhalten  war.  Mit 
den  andern  lat.  ì  wandelt  sich  dann  das  /  von  -fridus  zu  f,  und 
so  erhalten  wir  "frÇdus, 

Wir  können  noch  eine  Probe  auf  die  Richtigkeit  unserer  Lösung 
machen.  Lat.  7  wird  auch  in  gedeckter  Silbe  zu  e.  Es  müfste 
also  auch  germ.  ?  in  Position  bald  durch  f,  bald  durch  /  wieder- 
gegeben worden  sein,  je  nachdem  die  Wörter  früher  oder  später 
entlehnt  sind.  Und  so  ist  es  auch  wirklich.  Wir  können  eine 
ältere  Schicht  von  Lehnwörtern  unterscheiden,  die  aufgenommen 
wurden,  bevor  lat  ?  zu  f  geworden  war,  also  vor  der  romanischen 
Vokaldehnung,  die  also  den  Wandel  von  ?  zu  f  auf  romanischem 
Boden  mitmachen  mufsten,  und  eine  jüngere  Schicht,  die  erst  nach 
der  romanischen  Vokaldehnung,  nach  dem  Wandel  von  /  zu  Ç 
entlehnt  ist:  bei  dieser  wurde  germ.  ?  nicht  mehr  durch  rom.  f, 
sondern  durch  rom.  /'  wiedergegeben.  Zur  ersten  Schicht  gehören 
z.  B.  afränk.  hilti  —  afrz.  hell,  heul\  afränk.  yin*/  f.  —  ^{xz,  feste\ 
germ,  binda  =  afrz.  bende;  zur  zweiten  Schicht  aber  z.  B.  ahd.  s/inga 

—  es/ingue;  ahd.  mi/za  —  afrz.  (marti.)  milza;  anord.  timbr  — 
afrz.  timbre  u.  s.  f. 

Ganz  ähnlich,  nur  noch  klarer,  verhält  es  sich  mit  germ.  / 
und  d  in  freier  betonter  Silbe.  Sie  werden  behandelt  wie  germ.  Ç 
und  (Í,  und  rechtzeitig  entlehnt  wie  lat  /  und  o  in  freier  Silbe: 
afränk.  medu  ergiebt  afrz.  miez,  wie  germ,  bi^ra  —  afrz.  biere  und 
wie  lat  brive  —  afrz.  brief;  und  germ,  hdsa  ergiebt  afrz.  huese^  wie 
geim.  fçdr  —  dSxz.  fuerre   und   wie   lat  vdlei  —  afrz.  vuelL     Dem 


5l8  VERMISCHTES.    II.  ZUR  LAUT6BSCHICHTI. 

afrz.  ital.  ;>,  uo  liegt  gedehntes  Ç  und  Ç  zu  Grunde.  So  mafs  auch 
mtez  auf  f»c¿/i^  und  huese  auf  ^^x<2  beruhen.  Die  Dehnung  kann 
erst  auf  romanischem  Boden  stattgefunden  haben:  mëdu  und  hòsa 
sind  erst  im  Romanischen  zu  mi^us  und  hÇsa  geworden.  Sie 
haben  aber  auch  im  Volkslateinischen  zunächst  noch  midiu  und 
hdsa  gelautet.  Wären  mëdu  und  hdsa  erst  aufgenommen  worden, 
als  lat.  Ì  und  d  in  betonter  freier  Silbe  schon  zu  Ç  und  Ç  gelängt 
waren,  so  hätten  sie  sich  einfach  den  vielen  Wörtern  angeschlossen, 
in  denen  lat.  ì  und  d  in  Position  stand:  Dort  blieben  lat.  "ê  und  d 
ja  erhalten  [ipsia  —  iiste,  hpllo  —  hltl\  porta  —  porte,  corpus  — 
cìirs).  Es  liegt  also  die  Sache  bei  ?  und  d  noch  einfacher  als 
bei  7.  Lat  ì  war  thatsächlich  verloren  gegangen,  da  auch  í  in 
Position  zu  Ç  geworden  war:  Ç  hätte  also  immerhin  germ.  ì  auf 
dem  Wege  der  Lautsubstitution  ersetzen  können. 

Der  ?-Laut  und  der  (?-Laut  erklangen  aber  noch  weiter  im 
Romanischen,  auch  nachdem  ì  und  ö  in  freier  betonter  Silbe  za 
^  und  Ç  gedehnt  waren.  So  weisen  denn  auch  die  germ.  Lehn- 
wörter, die  sicher  nach  der  rom.  Vokaldehnung  aufgenommen  sind, 
ganz  einfach  e  und  o  auf.  Ahd.  speh  ist  afrz.  espeche^  ahd.  brecha  — 
frz.  brèche  \  anord.  fluii  oder  ^^^fldta  ergiebt  2Sxz,floie,  andd.  irog  — 
afrz.  iroc^  andd.  skoi  —  afrz.  escoi.  Bei  den  Personennamen  mit  'bddo 
im  zweiten  Gliede  können  wir  zwei  Schichten  unterscheiden.  Je 
nachdem  sie  vor  oder  nach  der  romanischen  Vokaldehnung  her- 
übergenommen sind,  erscheint  "bddo  als  -bue  oder  ^-bodi  Maginbòdo 
ergiebt  Mainbue^  Markbddo  —  Marbue;  Gerbödo  aber  Gerbod,  Räd- 
bddo  —  Radbod, 

Nach  den  bisherigen  Ausführungen  sind  vor  Eintritt  der  rom. 
Vokaldchnung  aufgenommen: 

a)  germ,  spìi  —  afrz.  cspoit\  afränk.  iXber  Opfertier  —  afrz.  toivrr, 
der  germ.  Stamm  frlptiy  frìÌ5u,  sowohl  in  berc/rib  —  afrz.  berfroù 
im  volkslat.  Zeitw.  ex/ridare^  wenn  man  aus  dem  Afrz.  die  stamm- 
beton t(*u  Formen  es  fr  ei,  cs/reies,  es/r  eie,  esf reietti  heranzieht,  als 
auch  in  den  zahlreichen  Pursoiu^nnamen,  deren  zweites  Namenglied 
'fr ih  war,  z.  B.  HariJriìS  —  Herfroi,  Land/rib  —  Latt/roi,  Rogin- 
frìÌ5  —  Rainfroiy  Gaud/riíj  —  Geoff  roi  u.  s.  f. 

b)  afränk.  mëdu  —  afrz.  miez  ;  germ,  hrekaiiy  wenn  man  das  aus 
einer  stammbetonten  Form  des  Zeitw.  broiier  gebildete  Verbalsub- 
stantiv brie  Streit,  Tumult  berücksichtigt. 

c)  germ.  hXìsa  —  afrz.  huese  \  afränk.  kdkar  —  afrz.  cutvre,  cuivre 
und  coivre\  die  Personcinianicn,  deren  zweites  (ilied  -hodo  war,  wie 
Markbodo  —  ^larbue,  ISIaginbddo  —  Mainbue,  Gundilbodo  —  Gondtl- 
lue,  Aííalbodo  —  Aubue  u.  s.  w. 

Hierzu  treten  mit  hoher  Wahrscheinlichkeit  noch  die  Personen- 
namen mit  dem  germ.  Stamm  härja  im  zweiten  Gliede,  da  -hÁri 
behandelt  wird  wie  das  lat.  Suffix  -ärius.  Beide  werden  (über 
'(¿riusi)  zu  'ier:  War  in  hü  ri  ergiebt  Garnier ,  Gunphüri  —  G  entier 
u.  s.w.  wie  Primarius  — premier.  Dann  aber  auch  diejenigen  Lehn- 
wörter,   bei    denen    germ,  freies  ä  in  der  Stammsilbe  sich  im  Afrz. 


MÂCKEL,   ROM.  VOKALDBHNUNG  IN  BETONTER  FREIER  SILBE.      5  IQ 

ZU  e  gewandelt  hat  Dieses  ä  wäre  mit  lat.  ä  in  gleicher  Stellung 
zu  5  gedehnt  worden  und  dann  mit  ursprüngl.  5,  das  wohl  schon 
an  und  für  sich  mit  engem  Kiefernwinkel,  also  sehr  hell  gesprochen 
wurde,  über  c^',  Ç  zu  f  (XII.  Jahrh.)  geworden.  Es  wären  demnach 
noch  aufzuzählen  germ,  brasa  —  afrz.  brese^  nfrz.  braise\  afränk.  häi 

—  afrz.  he\  afränk.  hätjan  —  afrz.  hairt  wenn  man  die  stamm- 
betonten Formen  hes,  Ar/,  heeni  heranzieht;  ferner  noch  germ,  skära 

—  afrz.  eschiere. 

Wenn  man  erwägt,  welche  altgerm.  Lautbewegungen  noch  nicht 
vollzogen  waren,  als  diese  Wörter  entlehnt  wurden,  welche  Laut- 
bewegungen sie  aber  noch  auf  romanischem  Boden  mitmachten,  so 
läfst  sich  feststellen,  dafs  alle  diese  Wörter  vor  dem  7.  Jahrh.  auf- 
genommen worden  sein  müssen.  £s  ist  ja  nun  möglich,  dafs  ein 
Teil  von  ihnen,  namentlich  soweit  sie  gemeinromanisch  sind,  in- 
folge der  vielfachen  Beziehungen  von  Germanen  und  Romanen 
schon  vor  der  Völkerwanderung  abgegeben  sind.  Wir  müssen  aber 
daran  festhalten,  dafs  der  Hauptstrom  germ.  Wörter  den  Romanen 
erst  während  und  nach  der  Völkerwanderung  zugeflossen  ist,  als 
sich  die  einzelnen  germ.  Stämme  auf  fremdem  Boden  angesiedelt 
und  eine  neue  Heimat  gegründet  hatten.  Namentlich  werden  die 
Gallien  eigentümlichen  Lehnwörter  und  dann  auch  vor  allem  die 
Eigennamen  von  den  Eroberern  Galliens  herstammen.  Und  wenn 
wir  nun  bedenken,  dafs  Chlodwig,  der  Gründer  des  Merowinger- 
reiches  in  Gallien,  48 1  — 5 1 1  regierte,  so  erscheint  uns  das  6.  Jahrh. 
als  der  Zeitabschnitt,  in  dem  die  romanische  Vokaldehnung,  auf 
gallischem  Boden  wenigstens,  sich  vollzog.  Das  ist  aber  dieselbe 
iZeit,  auf  die  Pogatscher  auf  Grund  sehr  eindringlicher  Unter- 
suchungen durch  die  lateinischen  Lehnwörter  im  Altenglischen  ge- 
führt worden  war.  So  würde  denn  auch  die  romanische  Dehnung 
der  freien  betonten  Kürzen  in  die  5^it  fallen,  die  sowohl  für  die 
germanischen  wie  die  romanischen  Sprachen  eine  Reihe  wichtiger 
Lautbewegungen  gebracht  hat,  in  der  diese  Sprachen  in  einem 
merkwürdigen  Flusse  und  Wandel  gewesen  zu  sein  scheinen. 

Mackel. 


2.  Zu  den  vulgärlateinisch-romanischen  Accentgesetzen. 

Ein  bekanntes  und  in  jeder  Beziehung  gesichertes  Accentgesetz 
des  Vulgärlateins  ist  die  Verschiebung  des  Accents  von  der  dritt- 
letzten auf  die  vorletzte  Silbe  bei  lateinischen  Proparoxy tonen,  deren 
letzte  Silbe  mit  Muta  +  Liquida  (gewöhnlich  /)  anlautet.  Die  Bei- 
spiele sind  zu  bekannt,  als  dafs  es  nötig  wäre,  das  gesamte  Material 
hier  aufzuzählen;  ich  erinnere  nur  ^xi  pàlpebra'^ palpebra  bezw./a/- 
pétra  (frz.  paupière  u.  s.  w.)  ;    cátedra  7>  caiédra  (afrz.  chaiere,   prov.  ca~ 


^  œ  bezeichnet  die  Länge  des  Lautes,  der  kurz  und  mittellang  im  engl. 
fat  und  and  vorliegt;  ein  Laut,  der  nicht  viel  anders  ist  als  das  heutige 
portug.  a  in  Wörtern  wie  Id,  chd,  c^pitäo. 


520 

%eira  o.  s.w.);  ÍHtegrum>  inUgrum  (afrz.  mlir,  it  entero,  sp.  entan 
a.s.w.);  áiaerem^  alécrem  ivp.  alegre  u.s.w.);  cfilahram^  colôbram 
(ft*.  coiUtáürt  o.  s.  w.)¡  man  vgl  Gröber  in  Wölföina  Archiv  I,  S.  îiy, 
Meyer-Lûbtce,  Grammatik  der  rom.  Sprachen  I,  §594;  Seelmann, 
Die  AnsBprache  des  Latein  8.52;  Lindsay,  The  latin  Language 
S.  164  und  sonst  —  Während  nun  für  andere  Accenlwandiungen 
wie  -iolum^ -iâlutiL,  •(tUm'> -tilim,  -itrem> -icrem  bereits  Erklà- 
rangea  verïudit  and  z.T^  wie  ich  glaul^e,  befriedigend  gegeben 
WKden  sind  —  8.  Meyer-Lübkc,  a.  a.  O.  g  598  and  meine  Austïïh- 
fiingeD  in  dieser  Zeitschrift  XIY,  S.  547  f.;  anders  Horning,  Ztschr, 
•VII,  8.572  und  Mirisch,  Gesch.  des  Suff,  -olns  S.  27  ff.  — ,  sind 
jene  obigen  Fälle  in  ihrem  Wesen  nodi  iddit  ecUbt,  IMs  d« 
Gnmd  far  diese  Accentverschiebmig  in  d«n  ChaiaktO'  dea  Ardsati 
derllltlina,  In  jenen  Verbindnngcn  vcm  Explosifs + Liquida  m  sndien 
ist,  das  nnterliegt  wohl  kdnäa  Zwdfd.  Die  fai  Frage  stebendea 
Konsonantengntppen  geUhren  nun  so  der  Klasse  deijenlgeii,  bd 
doien  überall  in  allen  Spradien  vom  Sanskrit  bis  sa  den  modem- 
■teo  europäischen  Mandarten  Svarabhakti  -Eredidmmgen  sdi  «^ 
anstellen  pBegen.  In  den  Gmppen  tr  ér  gr  er  hrv^K-w.  kann 
der  Stimmton  des  r  —  besonders  bei  langsamerem  Tempo 
der  Rede  —  Silbenwert  gewinnu,  so  dais  jräe  Vertrindongen  in 
tfr  dfT  gfr  (fr  bfr  sich  wandeln.  Dieses  f  nun  kann  dann  in 
seiner  weitem  Entwicklung  une  bestimmtere  VokalflUbmig  eriiallcn 
—  das  nächstliegende  ist  t  — ,  so  dafs  Ur  tkr  ger  etr  htr  ent- 
stehen. Zur  Illnstmtion  dIeAs  Vorgangs  wird  goafigm  auf  ein 
paar  romanische,  speziell  Ihinsösische  Beispiele  an  VETweiacm:  so 
erscheint  zSit.  sovram  in  Amis  und  Amfles  v.  3120  sweisübig,  nnd 
ganz  nahe  dabei  im  gleichen  Texte  v.  3084  finden  wir  dasselbe 
Wort  in  der  Gestaltung  jcverai«  dreisilbig  verwendet;  an  dieser 
zweiten  Stelle  zählt  demnach  jene  Konsonantengmppe  vr  als  vfr 
oder  vir  ebenso  silbig  im  Verse,  wie  gewisse  Konsonanten  Verbin- 
dungen des  Sanskrit  in  der  vedischen  Dichtung  metrisch  den  Wert 
einer  Silbe  haben  (vgl.  J.  Wackernagel,  Altindisclie  Grammatik  §  55). 
Sovrain  mit  dem  regulären  Schwund  des  Vortonvokals  wäre  die 
Form  der  gewöhnliühen,  alltäglichen  Rede  und  ihres  schnelleren 
Tempos,  soveiain  die  Form  der  getragenen  Rede  mit  ihrem  lang- 
Tempo,'   das   die  Entwicklung  des  Stimmtons   von  r  m 


'  Brugmínn  schlâgl  für  solche  auf  dem  nach  Umsiândcn  vcrschiectcacn 
Tempo  der  Rede  bemhcndeii  Doppelformeo  die  E"ni  passenden  Termini  I*iito- 
und  Atleeroformcn  vor  und  hai  sie  ößentlich  lucrst  im  I-it.  Ccntralbl.  189S 
Sp.  1726  (No.  48  vom  30.  Nov.)  angewendet,  —  Das  Beispiel  sovrain  —  sovcrain 
ist  Übrigens  besonders  instruktiv  um  zu  leigen,  wie  bei  Svarabbakli-ErscheinnngcB 
{und  so  auch  sonst  noch  bei  Erscheinungen  in  der  EntwickLung  der  Vokale) 
Aas  Tempil  der  Rede  eine  hervorragende  Rolle  spielt.  Als  Beieichnung  für 
„Gott"  kam  das  in  Frage  stehende  Wort  grade  in  der  getraüenereo  Rede  da' 
Predigt,  des  Gebeis  u.  s.  w.  oft  vor  und  wird  hier  jene  lïogeie  Lentofotm  be- 
sonders ausgebildet  haben.  Die  aftz.  Dichter  wie  der  von  Amis  and  Amilei 
maebten  sich  die  Existenz  solcher  Doppelformen  zu  Nutze  und  verwenden  sie, 
je  nachdem  die  Silbenzahl  des  Verses  es  heischt,   bald  mit  eiiier  Siltic  man. 


FR,  NEUMANN,   VULGÄRLAT.-ROM.  ACCENTO ESETZE.  $21 

Silben  wert  begünstigte.  Weitere  Belege  für  sovrain  und  soveram 
s.  bei  Darmesteter,  Romania  V,  S.  148,  wo  auch  die  in  gleicher 
Weise  entstandenen  Doppel  formen  bevrage  und  beverage,  ovrer  und 
averer  u.  s.  w.  belegt  sind.  £benso,  meine  ich,  mufs  man  auch  die 
bekannten  Doppelgestaltungen  der  Futura  3.  Konj.  vendrai  —  ven- 
dera/,  perdrai  —  perderai  u.  s.  w.  beurteilen:  venderai  verhält  sich 
als  Lentoform  zu  der  Allegroform  vendrai  genau  wie  saverain  : 
sovrain.  Ich  halte  es  daher  für  durchaus  unzulässig  diese  Futura 
von  jenen  andern  doch  durchaus  gleich  charakterisierten  Beispielen 
doppelter  Gestaltung  zu  trennen  und  eine  besondere  Erklärung  für 
sie  aufzustellen,  wie  Meyer -Lübke,  Gram.  11,  S.  357  und  Körting, 
Der  Formenbau  des  franz.  Verbums  S.  271  thun.  Die  Erklärungen 
beider  passen  ausschliefslich  nur  für  die  Futura  und  lassen  jene 
andern  verwandten  Fälle  ganz  aufser  Betracht. 

Ich  denke  mir  nun,  dafs  in  gleicher  Weise,  wie  in  den  vor- 
stehenden Beispielen  bei  Muta + Liquida  eine  Nebensilbe  sich  ent- 
wickelt, so  auch  im  Vulgärlatein  ein  integrum  zu  einem  integfrum 
integerum^  ein  côlubra^  côlubfra^  cólubera  u.  s.  w.  werden  können. 
Diese  neuen  Gestaltungen  nun  standen  aber  als  auf  der  viertletzten 
Silbe  betont  mit  dem  lateinischen  Accentuationsprinzip,  das  den 
Accent  nur  bis  zur  drittletzten  Silbe  gestattet,  im  Widerspruch.  Es 
war  daher  naheliegend,  dafs  sie  sich  durch  Anpassung  an  das 
lateinische  Betonungsprinzip  zu  Proparoxytonen  wandelten  und  so 
iniegfrum^iniégfrum^  cólubfra'>colúbfra  entwickelten.  Betonungs- 
weisen, die  dann  in  der  vulgären  Rede  Fufs  fafsten,  während  im 
Hochlatein  unter  dem  dort  stärker  wirkenden  Einflufs  der  Tradition 
die  ältere  Betonung  beharrte,  abgesehen  von  jenen  gelegentlichen 
Fällen,  in  denen  Dichter  sich  eine  Verwendung  der  vulgären  Be- 
tonungsweise im  Verse  gestatteten.  Die  angenommene  Accentver- 
schiebung  durch  Anpassung  ist  nichts  anderes,  als  wenn  z.  B.  latei- 
nische Lehnwörter  mit  proparoxy tonischer  Betonung,  ins  Französische 
aufgenommen,  zu  Paroxytonen  sich  wandeln  {fdcilis  \  facile). 

Gewisse  Erscheinungen  in  modernen  französischen  Dialekten 
sind,  wie  ich  glaube,  geeignet  meine  hier  vorgetragene  Auffassung 
in  aller  nur  wünschenswerten  Weise  zu  stützen.  In  wallonischen 
Mundarten  (Liege,  Verviers,  Dolhain,  Bilstain,  Saint  Hubert)  fìnden 
wir  Formen  wie  foOvéure  (=  ouvre),  f  inteure  (=  entre),  ji  livéure 
(=  livre)  ;  ebenso  troubéle  (==  trouble) ,  accabéle  (=  accable)  u.  s.  w.  ; 
vgl.  G.  Doutrepont,  Tableau  et  théorie  de  la  conjugaison  dans 
le  wallon  liégeois  (Liège  1894)  S.  43  flf.  Zu  vergleichen  ist  auch 
A.  Homings  Die  ostfranzösischen  Grenzdialekte  (Franz.  Stud.V)  S.  92. 
Die  Entstehung  dieser  Formen  haben  wir  uns  folgendermafsen  zu 
erklären.  Zunächst  ist  zu  beachten,  dafs  wir  diese  eigentümlichen 
Verbalformen    nur    bei    Zeitwörtern    antrefifen,     deren    Stanmi    auf 


bald  mit  einer  Silbe  weniger,  genau  wie  unsere  deutschen  Dichter  die  gleich- 
gearteten Doppelformen  wie  z.  B.  gerade  und  grade  je  nach  dem  Bedürfnis 
des  Verses  brauchen. 


Mata+Lìquida  (r  /):  vr  ir  bl  pi ß  v¡  cl  il  auslauten.  Zuvörderst 
entwickela  auch  faier  die  Konsonantengruppen  vr  ir  61  u.  s.  w.  ans 
dem  SthnnitoD  de»  r  l  eine  Nebensilbe,  also  vrr  /fr  ill>ivr  ter 
M,  and  so  eatstehen  hier  auf  französischem  Boden  aus  den  Par- 
oxytonen  Proparoxjtona:  áuvere,  ìnltrt,  iròubeU.  Diese  stehen  nun 
hier  ihrerseits  mit  das  französischen  Betonungsprinzip,  das  keinen 
Ton  über  die  Penultima  hinaus  duldet,  ganz  ebenso  im  Widerspruch, 
wie  jene  vnlgàrlat  Gebilde  ¡nUgeium,  ¿.'Jubem  u.  s.  «■.  mit  der  latei- 
nischen AccentuBtionaweise  in  I>ishanDODÌe  standen.  Und  wie  dort 
so  erfolgt  auch  hier  eine  Anpassung  an  <Ue  gdäofige  BetoiHuig»< 
weise,  deigestalt  dafa  wie  in  dem  oben  angexogeitea  Bei^Meie 
fdcäit  ^/acil*  so  hier  oivere  >  ouvin,  Mtrt  >  àUére,  irímUe  >  jErav 
iíle  xt.  s.  w.  werden.    Kne  Entwicklnngsreihe 

taire  >  íitiere  >  intírt 
wflrde  sich  demnadi  mit  der  vL  Reibe 

integrum  >  iniegerum  >  mUgerum 
ginzlich  und  genan  decken.  Fflr  die  durch  Anpassung  an  die 
jeweite  geläufige  Betonnngswelse  bewirkte  Accentversdûebuog  wäre 
noch  EU  erinnern  an  die  Entwicklung  von  chánle-je,  p6rte~jt,  däat-je, 
puisse-je  n.  s.  w,  su  ehantí-je,  portí-je,  itiut¿-Je,  Jmiaf-/e.  Das  ang» 
lehnte  Pronomen  je  bildet  ja  mit  der  Verbalform  nisammen  eines 
Lantkomplez,  soEusagen  ein  Wort  Da  dieses  nun  aber  ein  dre^ 
silbi^B  mit  Betonung  auf  der  drittletzten  Silbe  ist  {cidMUfe)^  so 
fällt  es  wiedermn  aus  der  gewöhnlichen  Betontmgs weise  baaas  nnd 
ändert  sich  daher,  indem  es  sich  an  diese  anpafst,  m  cAam/J-Je. 

Einer  ähnlichen  Benrtdlung  wie  die  hier  voTgefBhrten  FSlle 
unterliegt  wohl  aucli  prov.  ireraâla  ¡=  trimulat  im  Gegensatz  zu  fra. 
Irémblt  {vgl.  Suchier  im  Grundrifs  der  roman.  Philologie  I  S.  608). 
Trémula/  ergab  zunächst  regulär  iremla;  aus  dem  Sümmton  des  / 
entwickelte  sich  wieder  eine  Nebensilbe  (rimila,  und  dieses  silbige  l 
ergab  dann  dem  /-Timbre  entsprechend  nicht  e  (wie  in  obigen  Bei- 
spielen f>e),  sondern  c:  ir¿mota.  Dieses  pafste  sich  mit  seiner 
isolierteren  Betonung  nun  an  die  provenzali  seh  en  Paroxylona  an 
und  wird  zu  tremóla.  Vielleicht  weist  dieses  Beispiel  auch  den  Weg 
zur  Erklärung  von  Fallen  wie  prov.  discipol  neben  ditdple.  Letztares 
entwickelt  nach  obiger  AufTassung  eine  Nebenform  disciplle'> disci- 
pole,  und  während  man  in  tremola  >-  tremóla  die  Anpassung  an  die 
gewöhnliche  Betonunga weise  durch  Accentverschiebung  vollzog,  wird 
sie  in  discipoW^  discipcl  durch  Abwerfen  der  Ultima  herbeigefühlt 
Für  dies  doppelte  Verhalten  kann  wieder  auf  die  Geschichte  der 
Lohnwörier  aus  dem  Latein  im  Französischen  verwiesen  werden, 
auf  jene  doppelte  Behandlung,  die  ich  Zlschr.  XIV  S.  550  an  Bei- 
spielen wie  rútiicus  '>  rüste  nnd  rustique  (0=1  discipol  und  iremàla), 
Spiritus  >■  espir  und  esprit  u.  s.  w,  erläutert  habe. 

Fr.  Neumann. 


F.  D'OVIDIO,   DI  UNA  INTERESSANTE  FORMA  DI  PRONOME.        523 

in.    Zar  Orammatik. 

I.  Di  una  interessante  forma  di  pronome  in  un  antico 

testo  volgare  inedito. 

Neil'  estate  del  '92,  a  Montecassino,  il  padre  Priore  don  Am- 
brogio Amelli  ebbe  la  cortesia  di  mostrarmi  e  lasciarmi  trascrivere 
una  formula  volgare  simile  a  quella  contenuta  nella  carta  capuana 
del  960,  e  più  affìne  ancora,  per  qualche  rispetto,  a  quella  della 
carta  teanese  del  964.1  Si  proponeva  egli  di  pubblicare  pochi 
mesi  appresso,  in  una  nuova  Rivista  Benedettina  Cassinese,  il  docu- 
mento tutto  nel  quale  la  formula  ricorre;  come  io  volevo,  col  suo 
pieno  consentimento,  additar  questa  nello  stesso  torno  di  tempo 
ad  un'  altra  categoria  di  dotti,  in  ispecie  per  una  preziosa  forma 
pronominale  che  vi  si  legge.  Poi  siamo  stati  distolti,  e  lui  ed  io, 
da  altre  cure.  Ora  sembra  imminente  la  stampa  del  documento,  e 
la  ristampa  delle  altre  due  carte  congeneri,  in  una  Miscellanea 
Cassinese  che  il  valente  monaco  lombardo  va  preparando;  e  per 
questa  ragione,  come  altresì  per  non  più  persistere  in  un  indugio 
che  ha  già  recato  qualche  danno,  quantunque  lieve  e  parziale,  alla 
grammatica  neolatina,  mi  risolvo  finalmente  a  scioglier  da  parte 
mia  la  reciproca  promessa.  Lascio,  s'  intende,  a  lui  V  onore  e  la 
cura  di  pubblicare  e  illustrare  sott'  ogni  rispetto  1*  intero  docu- 
mento, restringendomi  a  dar  fuori  la  semplice  formula  e  ad  illu- 
strare il  solo  pronome. 

Il  placito  è  del  963,  onde  viene  a  collocarsi  tra  mezzo  ai 
due  già  più  o  meno  conosciuti  e  a  confermare  la  generica  aspet- 
tazione del  Rajna  (p.  401  sg.).  Concerne  una  causa  dello  stesso 
Monastero  di  Sanüt  Alaria  a  cui  si  riferisce  la  carta  del  964  e 
che  in  quest'  ultima  è  detto  S,  M,  in  Cengia  o  Cingla  o,  con  giusta 
riduzione  volgare,  Cegna,  mentre  nella  nostra  è  de  Cengia,  Che  la 
nostra  sia  inedita  non  sembra  potersi  dubitare,  e  in  tutti  i  casi 
e'  sarebbe  come  se  la  fosse  inedita.  Dice  cosi:  kella  terra  per  kelle 
fini  qi  bobe  mostrai  Sonde  Mariée  ei  trenta  anni  la  posset  parte 
Sánete  Alarle, 

Lascio  stare  il  posset  in  cambio  del  solito  possettex  se  non  è 
una  mera  svista,  sarà  forse  un  indizio  di  quel  turbamento  dell'  atona 
finale  che  è  cosi  caratteristico  di  questa  regione,  ed  è  anche  oggi 
causa  di  simili  oscillazioni  ortografiche  in  quanti  si  provano  a  metter 
giù  alla  buona  le  parole  dei  nostri  dialetti.  Certo  quel  turbamento 
è  antico,  esteso  com'  è  per  larghissima  zona,  e  per  me  ha  tutta 
r  aria  d'  un'  eredità  osco-sabellica.  Lascio  stare  anche  il  ^/,  e  per 
la  vocale  mi  limiterò  a  citare  il  Mussafìa  (Regimen  sanitatis,  spe- 
cialmente a  p.  43).  Ognun  vede  che  ciò  che  veramente  qui  importa 
è  il  bobe,  che  viene  a  ingrossare  il  manipolo  delle  reliquie  dativali, 
di  cui  dissertai  neir  Archivio  Glottologico  (IX,  55 — 59),  e  a  mettersi 
in    bella   connessione   coi    meve   teve  seve   di    parecchi   antichi  testi 


^  Su  entrambe  codeste  cfr.  Rajna  nella  Romania»  XX,  385 — 402. 


VERMISCHTES.     III.   ZUR  GRAMMATIK. 


I  particolamieDte  c 


524 


meridioni 

Ritmo  Cassinese.  Di  questo  vebe  analogico  i 
ancora  tralignato.  Ha  riscontro  nei  logudoresi  non  bou  e  nei 
rumeni  aoao  vom.  Veramente  il  Meyer-Lübke,  che  pure  ba  fatta 
cosi  buona  accogliensa  alle  mie  ricerche  prooomiDali,  nega  al 
Miklosich  ed  a  me  che  anche  le  forme  rumene  rimontino  a  nobis 
Vobis,  e  pensa  ad  una  composizione  con  ad  posposto;  ad  un 
*n('{s]-ad\  come  fosse  sul  tipo  di  nobis-cum^.  Ma,  senia  fer- 
marci a  indagare  quanto  possa  tornar  verosimile  una  tal  com- 
posizione^  la  ragione  per  cui  egli  vi  ricorre  è  certamente  questa: 
che  gli  ripugna  1'  abbreviazione  dell'  i  di  nobis  posta  dal  Miklo- 
sich, senza  la  quale  questi  medesimo  confessa  che  il  rumeno 
avrebbe  da  nobis  tratto  *noi,  non  già  nono.  A  render  verosimile 
quella  abbreviazione  io  invocai  due  ragioni  (p.56  n.),  cioè  1'  influsso 
analogico  di  tibi  e  sira.,  e  il  completo  isolamento  di  nobis  e 
vobis  nella  flessione  latina,  il  quale  doveva  renderli  raen  capaci 
di  resistere  alle  seduzioni  analogiche;  ed  oggi  n'  additerei  forse 
un'  altra  di  tali  seduzioni  nello  stesso  -bus  di  tutta  la  tena  de- 
clinazione. Del  resto,  secondo  1'  ipotesi  del  Merguet  che  oggi  pre- 
vale e  contro  cui  non  possono  ormai  parere  se  non  fiacche  e  anti- 
quale le  obiezioni  del  Corssen*,  la  misura  classica  nobis  ecc. 
dovrebb'  essere  essa  medesima  un'  alterazione  analogica,  per  effello 
dell'  -Is  delle  due  prime  declinazioni,  e  la  forma  originaria  sarebbe 
stata  nobis  (cfr.  1' ¡strumentale  sanscrito  asmabhìs);  onde  il  nobis 
dell'  ultima  fase  della  latinità  parlata  non  sarebbe  che  un  ritorno 
alla  misura  della  latinità  preistorica,  e  1'  analogia  avrebbe  qui  (atto 
come  la  lancia  d'Achille,  prima  piagando  e  poi  risanando. 

Checché  sia  di  ci¿,  ¡1  cimelio  cassinese  potrà  giovare  a  ricon- 
ciliare col  nobis  dell'  ultima  fase  del  latino,  e  con  la  etimologia 
dal  Miklosich  voluta  delle  forme  rumene,  il  Meyer-Lùbke;  come 
certo  gl'  impone  di  non  piti  considerare  come  isolate  le  forme 
dativali  logudoresi.  Al  suo  acume  non  può  sfuggire  l' importanza 
di  questo  bobe,  col  quale  la  Campania  dà  la  mano  da  una  parte 
alla  Sardegna,  dall'  altra  alla  Dacia,  e  che,  quando  non  si  voglia 
fare  la  supposizione  ben  inverosimile  eh'  ei  sia  una  forma  semi- 
dotta, postula  di  necessità,  in  buona  fonetica  meridionale,  un  vöbls. 
Che  qui  vöbls  avrebbe  dovuto  dare  un  *bube  vuòe  vuvc.  Quanto 
alle  forme  sarde,  ognun  sa  che,  per  le  particolari  condizioni  del 
vocalismo  locale,  possono  egualmente  adattarsi  cosi  al  -bis  come 
al  -bis,  sicché  per  questa  parte  non  danno  né  aiuto  n¿  impaccio; 
senza  dire  che,  dato  e  non  conces^^o  che  esigessero  per  sé  il  -bis, 
ci  resterebbe  sempre,  stante  la  precocità  della  romanizzanoDe  della 
Sardegna  e  la  segregazione    insulare    di    ossa,    da   poter  argomen- 


'  Grami 
'  Ibid.. 
"  Petù 

'  Auispracke 


;  II,  toj. 


.-Z.  JL  FJ^  v»^  ^  ¿a  1 


K  ziis-  J.  saroT;.   .^    ::ziBÉt   tl   islSC  hjzi   c&s.   rnzuzkesse   kosüí 
isas:  "JMHt-fc    Tufara    ç^dcscï  en  cìcrfciiESS£a  ziíL  -pcùpir  }&Âi> 
tt*r  JSiÙL   -£-    f  ùre   prr^TCaâe.     Comí-   il    isnî    £Jic    cas    per?. 

^TlCIgHTITirtT    2ZÛZZ::1C*    ÂP    atTiT^ie-    ÇlILJC£ii   *li/Âr    TjCSJTÏ   *LÎH^    o 

F.  itOnr'3a 


2.  A.  £r.  qiâ  =  si  rana. 


^ .».  Agnosia 


«  «a,  iiT>rrf!T   -sscoxurL     esc  'r*ipr.  c:îlziZ.     i.¿^  ct¿  ä-  litriî:  :d:c::$  -, 


Il  iDt  iemciri-    qx'î!   ift  ji«i:  j  sr:^  ôf  ár*iní  sir  jt  î*«»  jcarjer 
<it  et  fSK.  jŒ  es  ^Dfexi  ç:s"-  fréç^iH:  «.  i.  r*.  te  focrrrt  tsscsc  «a 

de  ^jf.riii  gir^  ar-:-i  pt  jÄsaw  &z  sc:¿  óe  «sc  .  :c:"^r    Tc»a:  sànç»»** 
lar   .tífítc    d  as2í^^x^I:ÌÄ&.    ç:=,    cicrnD*    :c  sail,  r*  îoc;:  jar 


ndée  ei  are  &-ir£  TZßS. 

Qm  le  ien.  ai^  jûàer  i  ana  «2  j  am\. 
on  CDOore 

Qxd  ie  iesa.  icaxs  kôen  siKa  resôcL. 

L'oD  voit  qne  (îb  oo^  ìe  r^aTgen>e^  de  cc*ri5aiick 
f»  le  sests  de  .^  qociqn'cr^^  ^  Toc. 

Pao.  Marchot. 


IT.  Zar  Wwteeschkhie. 


Wall-  iTf-  =  ace  on-. 

On  Honre  dasts  la  CLn»Jqiie  de  kan  de  Siareîcc   cul  Bûr^net, 

p.  226):  M z>«  acukki  l'atnret  vaxre  iemme  a  bcà-  en  sa  táreme.** 

An  glossaire»  Borgiiet  dit  que  aaickL  arûrer,  exisîe  e&oofe  en  va.k>n. 
Pour  la  oompoaâiic-D  de  œ  XDOt.  dais  ^aquelìe  ei^ne  êndemmmi 
comme  second  eléiDnit  }e  tLêsne  saccare.  on  p«ei3:  comparer 
acliver^  élever,  ¿doqxxr;  aciî^i,  leztseigccr,  xzidîqcer;  azcûrt^  zmetser; 


xaf/  attemére,  ae  teste  poiai  de  Umaàx  sac  npftrarirffl. 


526  VERMISCHTES.      IV,  ZUR  WORTGKSCHICHT«. 

aciürt  (avec  iavers.  oscuri),  alternare;  acmoiát,  habituer;  acmigneltr, 
racmìgntter,  ramasser  des  objets  épars;  racmincî,  recommencer.  L'en- 
semble de  ces  verbes  fait  voir  clairement  que  le  préfiie  verbal 
wallon  ae-  représente  adcon-,  ce  qu'on  n'avait  pas  encore  dit 
jusqu'ici,  si  je  ne  me  trompe.  Le  simple  con-  donne  du  reste  ke- 
à  l'étape  ancienne,  ki-  A  l'étape  moderne,  avec  ¿Usion  k',  Atmeide 
représente  accomodare,  voy.  Meyer-Lübke,  Gramm.,  trad,  franv"., 
II,  p.  167;  acmìgneler  et  racmìgntUr  doivent  se  rattacher  à  l'ali. 
Mtngt,  comp,  pour  la  composition  le  fr.  amasstr. 


wall,  da  K 


,   da  tin. 


da  1 
i  tien,  le 


,  da  K 


:   le 


En  wallon,  le  rapport  de  possession  est  souvent  exprimé  non 
pas  par  une  forme  spéciale  du  pronom,  mais  par  une  périphrase: 
à  moi,  à  toi,  à  lui  (da  mi,  da  ti,  da  li  ou  lu,  etc).  Mais  les  formes 
ordinaires  le  mien,  le  lien,  le  sien  sont  aussi  très  répandues.  Ainsi 
à  Liège,  ,Ji  meune",  „li  langue",  ,Ji  ionçue",  ,Ji  notst",  ,/i*  twss^' 
(Delaite,  Essui  de  gr.  wall.,  U,  p.  72 — 3),  „Meune  est  parfois,  mais 
rarement,  remplacé  par  mine  ...  ou  minçue";  „tonque  l'est  parfois 
par  ¡eune  et  souque  par  seun^',  iè.  p.  73.  Afeune,  latne,  seune,  on  le 
voit,  qu'on  retrouve  sous  une  variété  infinie  de  formes  dans  la  pro- 
vince de  Liège  (wf»,  m^n,  min,  min,  etc.,  voy.  Mélanges  wallont, 
p.  34)  sont  les  continuateurs  de  l'a.  wall,  men,  ten,  sen,  qu'on  con- 
stale dans  les  chartes  de  la  région  namuroise  (Rem.,  XIX,  83)  cl 
déjà  dans  le  Jonai  [sem,  sen). 

Je  veux  signaler  ici  une  autre  forme  inirieuse  du  pronom 
possessif  eu  wallon,  qui  appartient  à  Sl  Hubert  (prov.  de  Luxera- 
bourg).  Cest  une  juxtaposition  remarquable  des  deux  formes,  de 
la  forme  périphrastique  da  mi,  da  li  et  de  la  forme  ordinaire  //  men, 
¡i  lin,  etc.  Le  mélange  des  deux  fanions  de  dire,  coexistantes  sans 
doute  à  un  moment  donné,  a  donné  lieu  à  da  min,  da  lin,  etc.* 

wall,  glèler,  baver. 
Ce  mot  que  Grandgagnago  rapproche  de  ^/u/î«  0  ?)  n'est  autre 
chose  qu'un  vcrhd  formé  sur  l'ancien  gtslel  ^  gueule  (enregistré 
par  Godefroy,  moderne  goulet).  Dans  goleier,  Xo  s'est  obscurci  en 
e  {golile,  guclile  puis  glète  :^=;  *gulittat)  comme  dans  l'a.  wall,  ti- 
reur, apprepier  ^  ad-*propiare,  ke  ^  con  (mod.  ¿('ou  k'\  dtnam 
ou  mieux  encore  il  a  été  purement  et  simplement  élidé  comme  dans 
pif  ^  poloit,  vif  ^  voulait,  via  — =  voilà  (voia). 


'  Lk  3.  pi.  est  formée  en  wallon  par 
comme  Ì  St.  Hubert  et  ï  Liège,  où  l'on  n'i 
perionncs. 


Paul  Marcuot. 


i 


p.  MARCHOT,   CH.  DOÜTREPONT,   ETYMOLOGIEN.  527 

2.   Etymologies  picardes. 

I.   Rouchi  bislqkç, 

verbe  transitif,  présenter  un  bouquet  à  quelqu'un,  le  lui  mettre  à 
son  côté,  s'en  parer  (Hécart).  Selon  M.  March  o  t  (R.  P.  G.  R. 
III,  270),  ce  vocable  existe  également  à  Cou  vin  avec  le  sens  de 
souhaiter  la  fête  à  qqn.  Tout  en  n'apportant  pas  de  solution, 
l'auteur  se  refuse  à  bon  droit  à  considérer  le  mot  couvinois  conmie 
une  déformation  de  la  forme  liégeoise  b^sk^tp  (voy.  Grandgagnage, 
1,  86).  Schei  er  (ibid.  II,  403,  sous  stoker)  rapporte  le  terme  roudii 
à  l'allemand  stock  dans  une  de  ses  acceptions  multiples,  òistgkf 
se  laisse  ramener  sans  nul  doute  à  la  forme  flamande  bestookm^ 
donner  un  bouquet,  faire  un  cadeau  à  qq.  à  l'occasion  de  sa  fête. 

2.    bruekiauSf 

pluriel  de  ^brtukiel,  petite  prairie,  pâturage.  Cette  forme  se  trouve 
dans  une  charte  toumaisienne  inédite  datée  de  janvier  1303,  con- 
cernant la  location  de  biens  ruraux.  C'est  un  diminutif  de  bruec 
(broecq),  courant  d'eau,  marais,  bourbier,  dont  Godefroy  cite 
plusieurs  exemples  empruntés  à  des  écrivains  du  Nord.  La  sup- 
position de  M.  Bos  (Gloss,  d.  1.  langue  d'oïl)  d'après  laquelle  bruec 
serait  le  même  mot  que  brat,  boue  (germ,  bracum)  avec  conser- 
vation du  c  comme  en  provençal  et  en  italien,  est  inadmissible. 
bruec  remonte  au  flamand  broeck  (moy-bas-all.  broec,  ail.  mod.  bruch), 
marais,  prairie  humide.  Le  toum.  bruekiel  serait  donc  un  composé 
de  broeck -{-e/Ium. 

Le  simple  brouke  avec  le  sens  de  pâturage  se  rencontre  en 
anc-wallon  (voy.  J.  de  Hemricourt,  Miroir  des  nobles  de  Hesbaye, 
mss.  de  Liège,  753,  fo  52,  v.). 

3.   kor  dus  til, 

usité  dans  le  patois  de  Tournai,  désigne  un  portefaix.  Le  mot  qui 
se  laisse  décomposer  en:  corps  du  stil  {stil,  métier,  occupation,  voy. 
ene.  estil,  Edmont,  Lex.  St.  Polois,  R.  P.  G.  R.  V,  75),  littéralement 
sigm'fìe:  homme  appartenant  au  corps  des  métiers.  Cette  dénomi- 
nation, par  une  confusion  plaisante,  a  été  donnée  aux  portefaix 
parce  qu'ils  font  tous  les  métiers.  Une  composition  analogue  se 
retrouve  dans  le  tourn.  balqttl,  bonnetier,  litt,  celui  qui  fait  des  bas 
à  l'outil,  c.  a.  d.  au  métier  mécanique. 

4.   Tournaisien  s^çstqkf, 

se  tenir  raide  en  marchant,  faire  l'important,  se  rattache  sans  nul 
doute  au  flam,  stokken  (moy.-ht-all.  stocken),  devenir  roide,  se  figer. 

5.  Tourn.  faéwf^ 

tête  de  bœuf  cuite  qu'on  veni  en  détail  à  la  triperie.  L'étymo-! 
logie  du  mot  est  ^factam'bcvem  (lat  dass.  faciem  bovis).  On  s'atten- 
drait à  la  forme  régulière  fai^p  (9  tonique  libre  donne  «e^  wfp 


528  TBBHISCBTIS.    IV.  ZUR  1 

we:  ekurSwe,  nwe,  pnrç^  kulwff,  etc.).  11  est  à  remarquer  qae  le 
simple  èwf  n'est  pins  nsité  dans  le  patois  actuel  qui  l'a  remplacé 
par  tor  (taurum);  aussi  l'on  a  dû  perdre  facilement  conscience  de 
la  compositioa.  L'expression  a  été  considérée  comme  un  mot  simple; 
le  b  initial  devenant  média!  interlocal  est  passé  à  v  en  venu  des 
lois  phonétiques,  de  là  fachauf,  -vuiç;  dans  la  prononciation  popu- 
laire,  i  muet  est  tombé  et  le  groupe  vw  s'est  tout  naturellement 
réduit  à  If:  Jaiwf. 

Les  locutions  patoises  çlrevar  (antre  part;  nne  duute  tonn, 
inédite  de  mai  1311  a  atärt  vari),  nähar  (nulle  part)  oSaxi  db 
cas  analogue. 

On  dit  à  Totimai,  en  pariant  de  qqn.  qo!  a  l'air  /achi  ^^ 
a  mangé  du  faiwe".  C'est  un  jeu  de  mots  populaire  se  rap- 
prochant de  ceux  que  M.  Tobler  a  recueillis  dans  son  article: 
Verblümter  Ansdrudc  und  Wortspiel  in  altfr.  Rede  (Vom.  Beitr.  i. 
fr.  Gr.  IL  1894). 

6.  fourlouehier. 

Ce  verbe  se  rencontre  dans  un  passage  des  Poilus  de  Gillion 
ie  Muisit  (édit.  Kervyn  de  Lettenbove^  oft  il  est  question  de  la 
conduite  des  gounnands  et  des  ivrognes: 

,ßt'i»  Toient  qu'on  lea  vocile  naUenwilt  fmrlmckier 
Au  mengier  et  «u  boire,  monlt  tort  en  Tont  erancUer." 

Li  EitM  <le«  Mcnlen.  O,  93,  11—11. 
L'éditeur,  dans  son  glossaire,  attribue  an  mot  ta  significatk«  de 
i*>  regarder  de  travers  et  2^  par  extension  de  sens,  regarder 
d'un  mauvais  œil.  Gadefroy  admet  cette  interprétation  á  laquelle 
Scheler  (Etude  lexicol.  sur  les  Poésies  de  G,  1.  M.,  Mém.  de  l'Acad. 
d.  Belgique,  coll.  in  8",  XXXVIl,  71)  finit  par  se  rallier  „après 
avoir  penché  un  instant  pour  *ß)rulocare,  déplacer,  déranger,  ex- 
clure", qui  aurait  donné  *fourlouer.  La  premiòre  solution  indique 
clairement  que  ses  auteurs  ont  eu  en  vue  un  thème  fSr is-* lascan 
(de  lüscus,  anc.-fr.  losche,  fr.-mod.  louche).  Cette  interprétatioD 
admissible  à  première  vue,  ne  résiste  pas  à  l'examen.  Régu- 
lièrement *lüscare  devait  en  picard  passer  à  lousker,  cmp.  se  ^  sk: 
eskielle,  eskamiaus,  busque,  etc.;  pat  mod.  dçkit,  bûk,  muk,  etc. 
On  prétendra  peut-être  que  fourlouehier  :  grouchitr  constituent  une 
rime  analogue  à  franche  :  Franche  (Tobîer:  Dis  à.  v.  aniel):  les 
œuvres  du  Mujsit  renferment  un  nombre  relativement  considé* 
rabie  de  ces  rimes.  Cette  objection  ne  résout  pas  la  difficulté. 
Le  verbe  loucher  à  lui  seul  signifie  regarder  de  travers,  comment 
expliquer  alors  la  présence  du  préfixe  four  qui,  dans  la  langue 
littéraire  et  dans  les  patois,  s'adjoint  seulement  aux  mots  mar- 
quant des  actions  simples,  ordinaires  quand  on  veut  en  indiqua 
un  excès  ou  une  déviation,  cmp.  Meyer-Lûbke,  II,  S.  606;  pour 
le  wallon  et  le  rouchi,  Grandgagnage  et  Hécart,  sous  for-.  Il  est 
encore  à  remarquer  que  certains  parlers  modernes  (toum.,  ronchi, 
fit.-polois)   ne  possèdent   pas   le   correspondant   du   fr.  louche;   ib 


CH.  DOUTRBPONT,  ETYMOLOGIEN.  529 

emploient  dans  ce  sens  bigomier^  -teux,  et  confondent  louche  avec 
borgne  dans  Texpression  òcmtòus  a  ka/*  grfi'  (Hécart;  £dmont. 
Lex.  S.  Pol.). 

On  arrive  à  une  solution  qui  satisfait  à  la  fois  pour  la  lettre 
et  le  sens  en  considérant  fourlouchier  comme  un  composé  de  four 
et  de  louchier\  ce  second  élément  se  rattache  à  louchiez  contenu 
d'une  yJouche'S  cuiller  à  pot,  cmp.  pat.  mod.  brachie^  brassée,  biçkie^ 
becquée,  etc.  Le  sens  de  ce  verbe  serait  iittér.  prendre  une 
*louchée  de  trop,  par  ext.  frustrer  les  autres  convives  de  la  part 
d'aliments  qui  leur  est  due  en  se  servant  soi  même  trop  bien. 
Que  Ton  se  reporte  au  passage  signalé  plus  haut  et  Ton  recon- 
naîtra aisément  que  le  réalisme  du  mot  ainsi  compris  fait  image 
dans  le  tableau  du  poète.  Enfin,  d'après  Sigari  (Diet  montois), 
fourchier  serait  resté  en  usage  jusqu'à  la  fin  du  XVIII®  siècle  dans 
le  patois  des  environs  de  Mons. 

7.   To  urn.  platçlçt\ 

marchand  de  plats  et  *içlfl\  terrines  pour  le  lait,  en  terre  cuite. 
grà  platçlçt\  homme  qui  a  une  mauvaise  tournure,  est  une  épithète 
très  employée  à  Tournai,  tçlpt*  est  un  diminutif  de  ///'  (on  trouve 
encore  t§lfV0y  fiv  ^=-  ellum^  écuelle,  assiette).  içV  existe  aussi  en 
wallon  liégeois.  M.  Marcho t,  Zeitschrift  für  rom.  Phil.,  XVI,  386, 
le  fait  venir  de  lêsiula,  tesson,  terre  cuite.  M.  G.  Paris,  Romania, 
XXII,  315,  fait  observer  que  têstula,  en  latin  vulgaire  a  donné 
tesela  ;  il  propose  l'ail,  ttegel,  poêle,  mha.  tëgeL  On  admettrait  plus 
volontiers  le  flamand  ieil  {feel  dans  le  dialecte  de  la  Flandre  occi- 
dentale), vase  en  terre  cuite,  terrine  pour  le  lait,  qui  doit  remonter 
au  moy.-bas-all.  lele,  léele,  leyle,  gabata  figlina  (Schiller  u.  Lûbben, 
Mittelniederd.  Worterb.). 

Charles  Doutrepont. 


3.   Etjnnologien, 

Lomb.  bori. 

In  den  reichen,  z.  T.  sprachwissenschafllich  sehr  interessantes 
Material  in  durchweg  richtiger  Beleuchtung  bringenden  Nachträgen 
Salvionis  zum  zweiten  Bande  meiner  romanischen  Granmiatik  (Studj 
di  filologia  romanza  Vn  183 — 239)  findet  sich  S.  214  'partie,  ¿örj 
all.  inf.  bori  scovare,  levar  la  lepre'.  Das  Verbum,  ein  Ausdruck  der 
Jägersprache,  ist  weit  verbreitet  in  Oberitalien,  für  Bergamo,  Brescia, 
Maoitua,  Ferrare,  Venedig,  Piacenza,  Parma,  Reggio,  Bologna  geben 
es  die  Wörterbücher,  z.  T.  nach  der  3.  Konjugation,  auch  ins  Friau- 
lische  ist  es  gedrungen,  scheint  dagegen  dem  Piemontesischen  und 
Genuesischen  zu  fehlen.  Die  Bedeutung  ist  fast  überall  dieselbe: 
'Wild  oder  Vögel  aufjagen'.  Nur  Mattioli  giebt  für  romagn.  buri 
an  'garrire,  sgridare,  riprendere  quasi  minacciando',  Ferri  fïir  Fer- 
rara 'slanciarsi,   avventarsi';    dafs  es  sich  aber  um  dasselbe  Wort 

Zeitschr.  £  rom.  Phfl.  XX.  xa 


53o  VÄRMISCHtES.     IV.  ZUR  W0KT6SSCHICHT& 

handelt,  geht  aus  Coronedi- Berti  deutlich  hervor,  wo  hurtr  erklärt 
wird  als  *  sgridare,  garrire,  rampognare,  riprendere;  assalire,  correr 
contro.  £  dicesi  del  cane  quando  va  per  assalire  persone  che  non 
conosce'.  Was  die  Etymologie  betrifft,  so  ist  sie  nicht  schwer  zil 
fìnden,  ahd.  bürtan  bedeutet  *  erheben',  daraus  oder  vielleicht  aus 
dessen  iongobardischen  Entsprechung  konnte  romanisch  nichts 
anderes  als  borir  entstehen  und  wie  in  der  Form  borir  und  bärian 
sich  decken,  so  berühren  sich  auch  ihre  Bedeutungen  sehr  nahe. 

Nor  di  tal.  fruda. 

Fur  die  Bestimmung  des  Einflusses,  den  das  Gallische  auf  das 
Lateinisch-Romanische  geübt  haben  kann,  ist  es  in  erster  Linie  von 
Wichtigkeit  zu  wissen,  ob  sämtliche  lateinischen  Laute  im  Gallischen 
vorhanden  gewesen  sind.  Bei  den  Konsonanten  kann  man  nament- 
lich in  Betreff  des  /  im  Zweifel  sein.  Denn  die  idg.  aspirierten 
Medien,  aus  denen  griech.  ç)  und  lat.y  entstanden  sind,  erscheinen 
in  den  keltischen  Sprachen  als  tönende  Verschlufslaute,  und  von 
den  zwei  Lauten,  auf  die  das  germanische/  zurückgeht,  ist  der 
eine,  /,  schon  im  Urkeltischen  geschwunden,  vgl.  gall,  rüu  =.furt^ 
der  andere,  ^,  im  Irischen  zu  k^  im  Gallischen  und  Brittannischen 
zu /geworden,  \g\,  fünf  ^ms  penqe  und  gs^\,  xefUiéôovXov  quinqué- 
folium.  Ein  neues  /  entsteht  im  Brittannischen  aus  anlautend  s 
vor  r,  vgl.  kymr.  ffröen  *Nase*,  irisch  srdn. 

Lafst  sich  nun  nachweisen,  dafs  auch  im  Gallischen  sr  zu  fr 
geworden  sei,  so  ist  nicht  nur  fur  diese  Sprache  das  /  gesichert, 
sondern  es  bekommt  ihre  engere  Verwandtschaft  mit  dem  Brittan- 
nischen dadurch  eine  neue  und  wie  mir  scheinen  möchte  sehr  kräftige 
Stütze,  da  der  Wandel  von  sr  zu  fr  nicht  zu  den  gewöhnlichen, 
sich  auf  verschiedenen  Gebieten  spontan  vollziehenden  gehört 

Zuerst  hat  H.  Schuchardt  ital.  frage  'Nüstern'  zu  air.  srôn 
*Nase',  \iymx.  ff  roen  ^  hxei,  fron  ^i^üstei'  =  *f rogna,  körn,  frig,  fry 
(im  Vok./r/>r)  *Nüster',  bret./r/  *Nase'  gestellt,  s.  Zs.  IV  126.  Da 
eine  unmittelbare  Entlehnung  aus  dem  Kymrischen  ausgeschlossen 
ist,  so  wäre  damit  ein  gallisches  yr¿?^«<2  gesichert.  Allein  ich 
habe  mancherlei  Bedenken  gegen  die  Richtigkeit  der  Zusammen- 
stellung. Einmal  besteht  zwischen  *f rogna  und  froge  ein  morpho- 
logischer Unterschied,  der  durch  den  Hinweis  2lvá  frig  nicht  ge- 
hoben wird,  da  dessen  Vokal  mit  dem  0  der  andern  keltischen 
Wörter  und  des  romanischen  nicht  vereinbar  ist.  Dafs  *frognä 
aus  einem  kürzeren  frog-  verlängert  sei,  ist  wohl  nicht  gerade  un- 
möglich ,  aber  aus  srön,  froen  einerseits,  froge  andrerseits  ein  gall. 
frog'y  urkelt.  srog-  zu  erschliefsen,  übersteigt  doch  wohl  die  Grenzen 
des  Erlaubten.  Aber  auch  das  Verbreitungsgebiet  von  froge  spricht 
gegen  gallische  Herkunft.  Keines  der  von  mir  nachgesehenen  nord- 
itahenischen  Glossare  ^  nämlich   kennt  das  Wort,   und  wenn  damit 


*  Kossowitz  (Triest),   Boerio  (Venedig),   Melcbiori  (Brescia),    Tiraboscbi 
(Bergamo),  Cherubini  (Mantua,  Mailand),  Gambini  (Pavia),  Monti  (Como),  To- 


W.  MEYER-LÜBKB,  BTTMOLOGISK.  53  t 

auch  nicht  sein  ganzlicher  Mangel  bewiesen  ist,  so  doch  seine 
grofse  Seltenheit  gerade  da,  wo  man  es  am  ehesten  erwarten  sollte. 
Erst  Mattioli  bringt  in  seinem  romagnolischen  Wörterbuch  fros 
V.  nariz,  die  Toskaner  und  die  Crusca  kennen  es,  ebenso  Finamore 
für  Abruzzen,  D'Ambra  für  Neapel  und  die  Crusca  bezeichnet  es 
auch  als  sizilianisch.  Wir  haben  es  somit  mit  einem  in  Mittel- 
und  Sûditalien  heimischen,  im  Norden  aber  fremden  Worte  zu  thun 
und  damit  dürfte  gallischer  Ursprung  nicht  vereinbar  sein.  Frei- 
lich für  Caix'  Herleitung  aus  fauces  (Studi  di  etimologia  nr.  327) 
möchte  ich,  solange  das  r  unerklärt  ist,  auch  nicht  ohne  weiteres 
eintreten. 

Bei  Ptolemaeus  findet  sich  ^çovâioç  als  Name  der  heutigen 
Somme.  Schon  Glück  hat  ^çovriç  gelesen  und  kymr. />«/,  air. 
sru/h  verglichen,  man  sehe  das  Nähere  bei  A.  Holder,  Altceltischer 
Sprachschatz  I  1500.  Dagegen  läfst  sich  kaum  etwas  einwenden. 
Zwar  gehört  der  Flufs  in  ein  Gebiet,  in  dem  Kelten  und  Germanen 
nahe  beisammen  waren,  aber  eine  Deutung  aus  dem  Germanischen 
scheint  sich  nicht  zu  bieten,  wogegen  die  gegebene  aus  dem  Gal- 
lischen begrifflich  wohl  pafst.  Aber  freilich  bleibt  es  immer  be- 
denklich, auf  die  zwar  mögliche,  aber  doch  nicht  beweisbare 
Deutung  eines  einzigen  Namens  hin  einen  Charakterzug  der  Sprache 
zeichnen  zu  wollen.  Was  A.  Holder  a.  a.  O.  sonst  noch  von  nnt/r 
anlautenden  Wörtern  anführt,  ist  teils  lateinisch  oder  germanisch, 
teils  dunkel. 

Neben  den  von  A.  Holder  mit  grofsem  Fleifse  ausgebeuteten 
Quellen  für  den  gallischen  Wortschatz  giebt  es  nun  aber  noch  eine, 
die  galloromanischen  Mundarten.  Ich  habe  schon  früher  zu  zeigen 
versucht,  dafs  sie  uns  mancherlei  Aufschlüsse  geben  können,  s.  Zs. 
XDC,  96.  273,  und  ich  glaube,  dafs  sie  auch  in  der  berührten  Frage 
die  Entscheidung  ermöglichen.  Vielleicht  kann  ich  später  einmal 
eine  systematische  Untersuchung  darüber  liefern,  heute  möchte  ich 
nur  e  i  n  Wort  besprechen,  das  zugleich  eine  Bestätigung  der  Deu- 
tung von  ^Qovâioç  ist. 

In  dem  Glossario  del  dialetto  d'  Arbedo  per  V.  Pellandini 
(Bellinzona  1895)  findet  sich  folgender  Artikel:  fruda  cascata  di 
ruscello,  roggia,  torrente'  und  dazu  bemerkt  C.  Salvioni  'nelle  forme 
di  fróda^  fróat  fruva,  /rúa,  fódra  (cod  a  Ravecchia)  è  voce  ben 
diÁisa  nelle  Alpi  tra  il  Rosa  e  lo  Spinga.  Ne  derivan  più  nomi 
locali,  tra  cui  p.  es.  quello  della  Val  Furva  (u  =^  0  chiuso)  che  è 
nel  bacino  del  Frodolfo'.  Und  Biondelli,  Saggio  sui  dialetti  gallo- 
italid  S.  66,  auf  den  Salvioni  verweist,  giebt  den  Artikel  froda  Tic. 
cascata  di  fiume,  di  torrente  e  simili.  V.  hiiz,/rola.  V.  Y  or.  frua^ 
frut.     Onde   chiamasi  An   der  Frut  il   villaggio   situato   presso  la 


netti  (Vals^sia),  Casaccia  (Genua),  Sant'Albino  (Piémont),  Meschieri  (Miran- 
dola), Foresti  (Piacenza),  Marranesi  (Modena),  Anonymus  von  1832  (Reggio), 
Coronedi-Berti  (Bologna),  dann  Lorcks  altbergam.  Glossar,  Seìffert  zu  Bon- 
vetin,  Salvioni  za  GiÌK>stomo. 

34» 


532 


VERMISCHTES.     IV.  ZUR  WORTGESCHICHTB. 


cascata  Toce'.  Weitere  Belege  fur  Fruii  als  'Namen  von  Gegenden 
und  Grundstücken,  meist  im  Hochgebirg,  Felspartien,  etwa  mit 
einem  Sturabach,  auch  geradezu  der  Wasserfall  selber'  verzeichnet 
das  Schweizerische  Idiotikon  1  1339  mwX&z  fruii,  doch  ist  die  da- 
selbst vertretene  Annahme,  das  Wort  sei  identisch  mit  fruit  "läng- 
licher Einschnitt  an  Bäumen'  und  gehöre  zu  frdUn  abzuweisen, 
da  die  Können  der  romanischen  Mundarten,  die  fruda  al  Appella- 
tivum,  nicht  blofs  als  Name  besitzen,  Kweifellos  ursprünglicher  sind 
und  auf  i,  nicht  auf  //  weisen. 

Wir  haben  also  ein  frälu,  fruta,  bezw.  frölu,  fröla  'Sturz- 
bacb,  Wasserfall',  das  weder  lateinisch  noch  germanisch  ist,  dem 
aber  kjTur./ro*/,  coTn.fral,  breL /ryW  torrent' (Stokes  altkettischer 
Sprachschatz  38)  lauthch  und  bugrifflich  entspricht  Da  nun  auch 
hier  eine  unmittelbare  Vermittlung  zwischen  den  romanischen  und 
den  brittanoischen  Wörtern  unmöglich  ist,  so  bleibt  nur  die  eine 
Lösung,  dafs  die  romanischen  auf  ein  gallisches  yVw/a  zurückgehen, 
das  mit  den  brit  tannisch  en  und  mit  irisch  sruth  'Fluís'  ein  ur- 
keltisches srulu  sichert. 

Auch  die  Bedeutung  des  Wortes  pafst  gut  zu  gallischer  Her- 
kunft,  wofür  ich   der   Kürze   halber   auf  Roman.  Gramm.  I  S.  43 


I 


Noch  bleibt  eine  Bemerkung  über  das  Verhältnis  des  gaUo- 
romaniüchen  zu  dem  deutschen  Worte.  Bei  all  diesen  den  Grenx- 
gebieteu  angehörigen  Ausdrücken  ist  es  von  Wichtigkeit  zu  wissen, 
wann  sie  aufgenommen  sind,  ob  in  romanischer  oder  in  römischer 
Zeit,  und  ganz  besonders  interessant  ist  diese  Frage  solchen  Be- 
griffen gegenüber,  die  am  Boden  festgewachsen  sind,  da  sie  uns 
eine  Auskunft  über  das  Alter  der  Germanisierung  geben.  Bei  fruit 
giebt  es  nun  zwei  Möglichkeiten.  Entweder  die  Deutschen  sind 
erst  nach  der  zweiten  Lautverschiebung  gekommen,  haben  y>i(ia 
vorgefunden  und  behatten  oder  sie  sind  Wher  erschienen,  kötmen 
dann  aber  nicht  mehr  fruía  gehört  haben,  da  sich  dieses  in  ihrem 
Munde  unfehlbar  zu  fruze  umgestaltet  hatte,  vgl.  Zürich  aus  Titri- 
cum,  haben  vielmehr /riii/a  übernommen,  das  za  frvll  wurde  wie 
gal  lo -römisches  Stdunutn  zu  Siliert.  Von  diesen  zwei  Annahmen 
scheint  mir  die  letztere  die  richtigere.  Wissen  wir  auch  nicht  genau, 
wann  der  romanische  Wandel  von  /  zu  d,  wann  der  oberdeutsche 
von  d  ZV.  t  vor  sich  gegangen  ist,  so  beweist  doch  ahd.  chitina, 
nhd.  kelle  aus  cadena^,  dafs  die  deutsche  Umgestaltung  jünger  ist 
als  die  romanische.  Somit  würde  die  liesiedelung  der  Gegenden, 
in  denen  fruì  vorkommt,  durch  Germanen  in  eine  sehr  alte  Zeit 
hinaufreichen,  ohne  dafs  man  aber  daraus  auf  sofortigen  Unter- 
gang des  Lateinisch-Komanischen  schüefsen  dürfte.  Die  Doppel- 
entwickelung von  Sedunum  zu  Sion  und  SilUn,  das  eine  nach  roma- 
nischen, das  andere  nach  germanischen  Lautgesetzen,  zeigt,  dafs 
hier  von  Anfang    an  beide  Nationen  nebeneinander  wohnten,    und 

'  eattna  häLlc  itU  alles  Lebowott  t  lix  tt  gewaadelt. 


W.  IdETBR-LÜBKB,   BTTMOLOGIBN.  533 

SO  mögen  die  Deutschen  schon  lange  vonfruiien  gesprochen  haben, 
deren  Umwohner  noch  ganz  romanisch  sprachen. 

Wer  einmal  den  Aufsatz  fortsetzen  wird,  mit  dem  G.  Paris  vor 
einem  Vierteljahrhundert  die  Romania  so  glänzend  eröflhet  hat, 
wird  das  hier  aufgeworfene  Problem  in  einer  Weise  zu  vertiefen 
und  erweitem  haben,  die  ich  jetzt  nicht  einmal  andeuten  kann. 

Lomb.  ¿uva. 

Das  eben  erwähnte  Glossar  von  Arbedo  giebt  dem  Etymo- 
logen noch  manches  schwere  Problem,  auch  nachdem  C.  Salvioni 
mit  gewohnter  Sachkenntnis  in  den  beigegebenen  Anmerkungen 
eine  Anzahl  schwieriger  Fragen  gelöst  oder  der  Lösung  nahe  ge- 
bracht hat.  Ich  wähle  noch  ein  Wort  aus,  das  in  mehrfacher 
Hinsicht  interessant  ist 

Gttiva  'molle  di  legno  per  raccogliere  i  ricci  delle  castagne', 
dazu  die  Anmerkung  *v.  Schneller  1.  e.  148,  dove  però  non  è  dato 
r  etimo  giusto  (jugum)'  und  der  Nachtrag  Ma  costanza,  con  cui  i 
dialetti  oñrono  qui  gt  (mentre  s' ha  gtof  e  zo/)  e  il  friul.  giove 
sembreu  dar  ragione  alle  Schneller,  che  propone  una  base  comin- 
ciante  per  r/-  e  più  ancora  a  chiunque  ne  proponesse  una  movente 
da  gr. 

Dann  also  der  Artikel  von  Schneller  Romanische  Volksmund- 
arten S.  148: 

Gtoa  s.  f.  eine  gegabelte  Stange  zum  Pflücken  gröfserer  Baum- 
frûchte,  auch  überhaupt  andere  ähnliche  Instrumente.  Bol.  ferr. 
giova  id.,  venez,  gioa,  giova  id.,  dann  wie  mant  gioa  ein  gegabeltes 
Tischlerwerkzeug,  welches  zur  Befestigung  von  zu  hobelnden  Brettern 
dient  Lomb.  gida  eine  Art  Zange,  welche  dient  die  Kastanien  aus 
der  grünen  stacheligen  Hülle  loszuschälen.  Friaul.  glove  Punkt,  wo 
ein  Stamm  oder  Ast  sich  teilt;  gegabelter  Baum;  Strunk,  welcher 
in  der  Erde  befestigt  wird,  um  daran  die  Ochsen  während  des 
Beschlagens  der  Hufe  festzuhalten;  daher  sglovà  v.  das  Holz  an 
der  Stelle  eines  Astes  spalten.  Sämtlich  von  ahd.  chlawa,  auch 
ciâat  chlôa  Klaue,  etwas  Gespaltenes,  Kralle,  Haken. 

Ich  habe  dazu  nur  Weniges  zu  bemerken.  Der  Vokal  ist 
überall  q  oder  u,  d.h.  derselbe  wie  in  Jugum,  nur  bologn.  ¿ova, 
romg.  ¿ovia  zeigen  das  o,  das  sonst  iai,  ö  entspricht,  sind  aber 
vielleicht  erst  aus  dem  Norden  eingedrungen.  Giova  als  Wort  der 
Schriftsprache  kennen  einzelne  Dialektwörterbücher,  z.  B.  Mattioli 
und  Azzi,  aber  weder  Petrocchi  noch  Rigutini- Bulle  führen  es  an 
und  ofienbar  ist  es  nicht  toskanisch.  Das  eigentliche  Verbreitungs- 
gebiet ist  somit  Friaul,  Venezien,  die  Lombardei  und  die  nördliche 
Emilia,  westlich  fehlt  das  Wort  in  Piémont  und  Genua. 

Wir  haben  also  eine  Grundform  giova  oder  gicòa  anzusetzen 
und  damit  ist  Schnellers  Deutung  als  hinfallig  erwiesen,  da  die 
von  ihm  angeführten  Wörter  im  Romanischen  ç  zeigen  müfsten. 
Trotzdem  glaube  ich  germanischen  Ursprung  annehmen  zu  dürfen 
ynd   zwar  denke  ich   an  d^en  longobardischen  Vertreter  des  nhd. 


J34  TSRMISCBTSS.    TT.  ZUK. 

«klobeu'.  Mbd.  ¡Mm  heiTst  «g«qMiltonei  HobMek  MmFarfbritefip 
gespaltener  Stock  zum  Vogelñíag';  afad.  ÌM$  hit  4ie  kliMe  Be- 
detttcmg  und  dafs  das  Wort  zur  BesaidmiRig  ^venoUedeaiat  ge* 
gabelter  Werkzeuge  .dient,  kann  man  %.%.  an  d^na  AitiM  «Mb 
in  Sdiweizeriaclien  Idiotikon  sehen«  Dia  Tfaytenlnng  pafit.  ätaa 
recht  gut  zu  dem  romaniadieii  gk^^a* 

Ntin  aber  die  Form.  Genn.  9  wird  cfandi  vom.  ^  besw.  m 
wiedergegeben:  afr.  hunt  ans  kñsa^  airfseidem  ist  VUkm  ein  min»» 
lidier  »-Stamm,  ^/ot«  verlangt  einen  weMidien  ««Staannu  Dfe 
lettiere  Sdiwierigkeit  hebt  sidi  «rfoi^  wenn  man  koU»  Umrf^  be- 
rflcksiditigt,  das  die  geforderte  Stammfcmn  hsl»  also  godft.  Utiê^ 
ahd.  i(/a^  lantén  wirde.  Bfit  der  gothbdien  .Porta  wSie  «ndi  dsr 
Vckal  von  giqoa  erklärt  nnd  wenn  man  sidi  mdH  woU  an  der 
Annahnu»  entsdüiefsen  kann,  dafs  die  Gothen  bei  ihrer  Wandttrug 
dmrdi  die  Podiene  das  Wort  dagelassen  haben,  so  Mirt  mm  du 
VoMltnis  von  goih.  undft^  ahd.  wolf  und  longobardisdìffì  Eige»* 
namen  anf  -a^  (Kluge;,  Grobes  GrvrndriTs  I  389)1  dab  daa  \¡m!g>^ 
bardische  u  ebensowenig  gebrochen  wurde  wie  das  goädsdi^  da& 
also  das  fragliche  Wort  auch  im  Longobardisdien  u  («s  iicHn.  #) 
im  Stamme  hatte.  Also  lomb.  ¡uva  stammt  von  )aiu¿ck^  *íMe. 
Der  Wechsel  von  ki  und  gl  ist  allerdings  nodi  unerklärt,  begeg* 
net  aber  in  mandien  anderen  Wörtern,  ist  also  kein  weaentUdies 
Hindernis. 

Sind  diese  Ausf&hrungen  riditig,  so  ergiebt  sidi,  dab  Hal 
t0ta  auf  anderen  Wegeint  entvreder  von  anderen  gemaidsdMn 
Timmen  oder  wie  giardina  durdi  französisdie  Vermitteluag  aol^ 
genommen,  ist  Hofiœuich  erbarmt  sich  bald  jemand,  der  mit  den 
notígen  Kenntnissen  in  altgennanischen  und  in  italienischen  Mund- 
arten ausgerüstet  ist,  der  germanischen  Elemente  im  Italienischen 
und  löst  diese  und  alle  damit  zusammenhängenden  Fragen. 

pruma  für  pruna. 

In  der  französischen  Schweiz  und  Savoyen  reimt  der  Vertreter 
von  pruna  nicht  mit  luna,  sondern  mit  pluma.  Die  nördlichstoi 
Ausläufer  dieser  Form  finden  sich,  wie  aus  Tabelle  8  bei  Zimmerli 
die  deutsch-fianzösische  Sprachgrenze  in  der  Schweiz  I  ersichtlich 
ist,  im  Berner  Jura  und  zwar  wahrscheinlich  nicht  erst  in  Mont- 
sevelier,  wo  man  noch  heute  prSm  spricht,  sondern  einst  in  Bou- 
rignon,  Movelier  imd  Soyhière,  wo  heutiges  prön  neben  ¿Sn  aus  luna 
sich  wohl  als  Umgestaltung  des  schriftsprachlichen  prune  erweist 
Die  Ȕ-Form  zieht  sich  dann  durch  Neuenburg,  Waat,  Wallis  bis 
Savoyen,  wo  sie  von  Brachet  für  Albertville  noch  verzeichnet  wird, 
wogegen  mehr  nach  Westen  die  Wörterbücher  far  Lyon  und  Dau- 
phiné  sie  nicht  erwähnen.  ^ 

Woher  das  mi  Ich  habe  mit  grofser  Reserve  die  Möglichkeit 
einer  lautlichen  Erklärung,  Wandel  des  n  za  m  unter  Einflufs  des 
labialen  Vokals  angedeutet  (Rom.  Gramm.  I  §  452),  doch  ist  ein 
derartiger  Vorgang  gerade  diesen  Mundarten  sonst  fremd  und  hätte 


H.  SCHUCHAKDT,   ETYMOLOGIEN.  535 

doch  auch  in  luna  eintreten  müssen.  Auch  an  assimilierenden  £in- 
Einñufs  des  /-  ist  natürlich  nicht  zu  denken.  Eher  könnte  man 
annehmen  y  dafs  nicht  pruna  sondern  jtQovfiVOV  zu  Grunde  liege, 
sei  es  dafs  die  Gallier  es  vermittelt  hätten,  sei  es  dafs  von  Mar- 
silia  noch  in  gallo-römischer  Zeit  ein  Einñufs  stattgefunden  hätte. 
Da  somnu  in  den  meisten  dieser  Mundarten  m  zeigt,  so  wäre  vom 
Standpunkt  der  Laute  nichts  dagegen  einzuwenden.  Bedenken 
erregt  allerdings  savoy,  prdma  neben  sdne^  noch  mehr  der  Um- 
stand, dafs  man  schwer  begreift,  wie  XQOVfiVOV  gerade  nur  in 
dieses  Gebiet  gedrungen  sein  sollte. 

Der  Zusammenhang  dieses  *pruma  mit  deutschem  pflaume^  ahd. 
pfrüma  liegt  auf  der  Hand,  konnte  aber  so  lange  nicht  zur  Er- 
klärung benutzt  werden,  als  das  Verhältnis  von  pfruma  zu  pruna 
unaufgehellt  war.  Die  Annahme  nämlich,  dafs  das  deutsche  Wort 
dem  Südostfranzösischen  entstamme,  scheitert  daran,  dafs  auch  die 
Angelsachsen  plume  kennen.  Nun  äufsert  sich  J.  Schmidt,  Kritik 
der  Sonantentheorie  S.  iii,  indem  er  zugleich  Kluges  Auffassung 
eines  p~n  zu  p^m  mit  durchschlagenden  Gründen  ablehnt  'man  hat 
mit  der  Möglichkeit  zu  rechnen,  dafs  ahd.  phrüma,  Ortsn.  Phru' 
mari,  nhd.  pf räume  nicht  aus  lat.  prunum  umgestaltet  ist,  sondern 
durch  thrakische  oder  illyrische  Vermittelung  auf  ngovfivov  zurück- 
geht; sind  doch  die  nördlichen  Gegenden  der  Balkanhalbinsel 
Hauptsitz  der  Pflaumenkultur.  Diese  Entlehnung  würde  geschehen 
sein,  ehe  die  Slawen  sich  als  Keil  zwischen  die  Germanen  und 
das  oströmische  Reich  schoben'.  Daraus  ergiebt  sich,  dafs  pruma 
im  Germanischen  sehr  alt  sein  mufs,  und  die  Möglidikeit  ist  ge- 
geben, dafs  die  Burgunden  bei  der  bekannten  Güterteilung  mit 
den  Galloromanen  in  Savoyen  und  der  Westschweiz  dem  roma- 
nischen pruna  ein  pruma  gegenüberstellten  und  in  diesem  Falle 
mit  ihrem  Worte  Sieger  blieben.  Das  Verhältnis  von  dem  sûdostfrz. 
*pruma  zu  pruna  wäre  also  annähernd  dasselbe  wie  das  zwischen 
frz.  gué  und  lat.  vadun^.  ^_  Meyer-Lübke. 


4.  Etymologien. 

Span,  sabio  u.  s.  w. 

Diez  sagt:  „entwickelt  sich  leichter  aus  sapius  als  aus  sapidus^ 
wohin  man  es  gewöhnlich  stellt".  Ist  hier  nicht  ausnahmsweise  das 
Aeltere  das  Bessere?  Das  Bedenken  wegen  sabio  aus  sapius  liegt 
auf  der  Hand  (Meyer-Lûbke,  Gr.  I  §  508).^  Sabio,  sabi,  sarve  aus 
sapidus  hingegen  stimmt  gut  zu  tibiOf  tebi,  lieve  aus  tepidus. 

Afflare, 

Dafs  afflare  „anblasen",  „anwehen"  auf  dem  von  Diez  ange- 
gebenen Wege  zur  Bedeutung  „finden"  gekommen  sei,  hat  mir  nie 

1  Vgl.  hieriu  »och  WöIiBins  Archiv  V  458.    [Hrsg.] 


530  VKRMISCHTBS.    W.  ZUR  WORTGESCHICHTE. 

recht  einleuchten  wollen.  Wenn  ich  mir  vorhalte,  in  wie  manchen 
und  wie  oft  auch  in  unsern  Sprachen  „ich  finde"  durch  ein  In- 
transitiv (Passiv,  Reflexiv)  mit  dem  Dativ  oder  einem  präpositio- 
nalen  Kasus  wiedergegeben  wird:  „es  begegnet  mir",  „es  stöfst  mir 
auf",  „es  kommt  mir  zu  Gesicht",  „es  zeigt  sich  mir"  u.  5.  w.,  m» 
möchte  ich  glauben,  dafs  man  damit  begonnen  hat  z\i  sagen:  (mihi) 
affiatar  „es  wird  mir  zugeweht",  „zugetragen"  (s,  Georges),  und 
daTs  dies  in  (a  me)  a/ßalur  umgedeutet  und  umgebildet  worden 
isL  Aus  einem  afflalum  habeo  ^  mihi  afflatum  est  konnte  leicht 
ein  Präsens  off  h  abgezogen  werden,  aus  «  afflai  =^  afflatur  leicht 
ein  Transitiv  afflai  nach  Analogie  von  ¡rova:  si  trova,  incontra: 
s'incontra  u.  ä.,  wie  umgekehrt  aus  einem  olvido  ein  se  me  oh'ida  u.  ä. 
Will  man  lieber  von  einem  intransitiven  mihi  afflai  „es  vreht  mit 
zu"  ausgehen,  so  würden  sich  hinlänglich  Analogien  darbieten,  wie 
riesco:  mi  riesce,  convengo:  mi  conviene  u.  s.  w.;  es  könnte  insbeson- 
dere auch  jene  Auffassung  der  Gegenseitigkeit  sich  geltend  ge- 
macht haben,  die  vorliegt  in:  „es  stöfst  mir  etwas  auf"  ^  „ich 
stofse  auf  etwas",  „es  begegnet  mir  jemand"  ^  „ich  begegne 
jemandem"  u.  ä. 

Bei  dieser  Gelegenheit  will  ich  auch  des  andern  Verbs  für 
„finden"  gedenken.  Von  den  neuerdings  vorgebrachten  Herleilungcn 
desselben  reicht  an  Wahrscheinlichkeit  keine  auch  nur  entfernt  an 
die  Diez'sehe  heran.  Von  lautlichen  Bedenken  fallt  fur  midi  nur 
das  wegen  des  gaskognischen  b  fiQr  lat.  b  in  prov.  trabar  ins  Ge- 
wicht; dafs  „auch  ein  Stamm  mit  ú  zulässig  ist",  hatte  Diei  nicht 
ohne  Grund  gesagt.  Die  Bedeutungsentwickelung  gewährt  mir 
keinen  Anstofs:  „stöbern"  wird  leicht  zu  „aufstöbern".  Hierzu  die 
abgerissene  Bemerkung,  dafs  kymr.  cynhyrfu  aus  lat.  conturbare  auch 
die  Bedeutung  „anregen",  „in  Bewegung  setzen"  hat,  während 
eythryfiu  aus  conlurbiilare,  "contr  abalar  e  der  ursprünglichen  Bedeu- 
tung treu  geblieben  ist. 

Zu  mauvais  =  malifatius. 
G.  Paris  Rom.  XXV,  335  sagt  von  mir  in  Bezug  auf  meine  Be- 
merkung Ztschr.  XIX,  577:  „je  ne  comprends  pas  pourquoi  il  n'ad- 
met pas  qu'on  lui  oppose  le  traitement  de  \f  dans  ehalfir  chauffer 
calefare".  Ich  antworte  darauf:  ich  lasse  diesen  Einwand  des- 
halb nicht  gelten ,  weil  das  franz.  Wort  nicht  von  lat  calefaccre, 
sondern,  wie  schon  Diez  angiebt,  von  einem  lat.  und  zwar  schon 
früh  bezeugten  calfacere  herkommt.  Oder  man  kann  auch  gani 
im  allgemeinen  sagen  :  das  e  von  calef acere  schwand  lange  vor  dem 
Wandel  des  intervokalischen  f  in  v,  das  i  in  malifatius  aber  erst 
später.  Ich  erkläre  sodann  meinerseits,  dafs  ich  nicht  verstehe, 
wie  G.  Paris  angesichts  der  für  v  aus  f  beigebrachten  Zeugnisse 
diesen  Wandel  Rom.  XIX,  619  —  er  verweist  hierauf  an  der  an- 
gegebenen Stelle  —  als  „tros  peu  probable"  bezeichnen  kann.  Ich 
glaube  mich  zu  entsinnen,  dafs  an  einer  dritten  Stelle  der  Ro- 
mania, die  ich  indessen  augenblicklich  nicht  wieder  entdecken  kann 


J.  X7LRICH,   ETTMOLOGIBN.  537 

(wie  sehr  fehlt  uns  eine  neue  „Table  analytique"  zur  Romania!),  er 
selbst  icrotulles  auf  scrofellae  bezieht,  was  doch  nicht  ohne  die  An- 
nahme einer  Mittelform  *scr<wellae  möglich  ist        j^  Schüchardt 


5.  Etymologien. 

fr.  brûler,  it  bruciare  etc. 

Beim  Verbrennungsprozefs  kommen  verschiedene  Erscheinungen 
in  Betracht:  Wärme,  Licht,  Geruch,  Geräusch.  Als  Knistern  ist  das 
Brennen  aufgefafst  worden  in  dem  altfranz.  bruire^  das  neben  der 
nfr.  auch  die  Bedeutung  von  brûler  hat  Neben  der  Form  bruire 
kommt  auch  bruir  vor,  wie  schon  Burguy  notierte;  weist  ersteres 
auf  brügere^  so  letzteres  auf  brügire.  Wir  dürfen  also  eine  Wurzel 
brüg'  ansetzen,  die  selbstverständlich  nicht  ein  vorgeschlagenes  b 
hat  (zu  rug'\  sondern  die  sich  verhält  wie  z.  B.  crac'  zu  rar-. 
Körting  wird  nicht  fehl  gehen,  wenn  er  in  brug^  einen  Ablaut 
zu  brag'  sieht,  einer  Wurzel,  die  ähnliche  Bedeutungen  aufweist 
(brennen,  schreien). 

Vergleicht  man  die  Partizipien  von  Verben,  die  mit  einem 
Guttural  enden,  so  sehen  wir  beispielsweise: 

frigo  —  /ricium  —  frixum 
fingo  —  fictum  —  fixum, 
d.h.  die  Form  -/«w,  ursprünglich  die  ältere,  weicht  der  Form  auf 
'sum^  ohne  immer  unterzugehen.  Das  fr.  bruit  repräsentiert  brüctum, 
neben  dem  sich  brüxum  einstellt  Dem  engadin.  brûschêr,  oberi. 
barschar  genügt  die  Form  brßxare;  geht  es  im  Ital.  nicht  in  ë 
über,  wie  Meyer-Lübke  annimmt,  so  wird  bruxiare  dem  it  brusciare 
••—  bruciare  (cf.  bascio  —  bacio)  genügen.  Das  frz.  brusler  endlich 
stellt  brüxuiare  dar,  während  vielleicht  it  brustolare  Deminutiv  zu 
einem  nicht  belegten  brustare  =  bruxitare  ist,  das  sich  zu  *brugere 
verhalten  würde  wie  taxitare  zu  tangere. 

bassus. 

Dafs  battffere  zu  battere  geworden  sei,  wird  allgemein  ange- 
nommen, cf.  Gröber  AflL  I  249,  Meyer-Lübke  Rom.  Gramm.  I  422. 
So  konnte  dann  battere  in  die  Analogie  von  mittere  eintreten  und 
ein  Part.  perf.  bassum  erzeugen,  wie  mittere  missum;  bassus  verblieb 
in  der  Funktion  des  Adjektivs,  während  für  das  eigentliche  Part 
battutum  funktioniert,  von  dem  nicht  sicher  ist,  dafs  es  noch  nach 
baituere  gebildet  wurde  wie  minütum  :  minuere;  es  wird  eher  Neu- 
bildung sein  nach  vendere  —  vendutum.  Dafs  bassare,  bez.  bassiare 
sich  oft  mit  der  Bedeutung  von'  battere  streift,  braucht  nicht  weiter 
ausgeführt  zu  werden;  interessant  ist,  dafs  im  Oberländischen  das 
Part  zu  better  bess  heifst,  d.  h.  dafs  die  gleiche  Erscheinung,  die 
wir  im  vulgärl.  battere  —  bassus  haben,  sich  in  einer  Einzelsprache 
von  neuem  wiederholt.  j   \5vBica, 


Frans   Rfumlnger,    Ueber    die   Allilteration    bei   den   Gallai 

nern   des  4.,  5.  und  6,  Jahrhunderts.     (ProBramm   des  Kgl.  hnnli 

Gymnasium  Landau  far  dns  Schuljahr  16^4%.} 

Eine  ungemein  fleifiige  Arbeit.  Der  Verfasser  hat  die  geiamte  i^lo- 
]ateinische  Litleralur  dreier  Jahrhunderte  sorglallig  durchforscht,  das  ^undene 
Material  in  zweckentsprechender  Weise  verwertet  und  nicht  wenige  Beweise 
Klbatändigen  Dcnki^ns  gesehen.  Der  Hauptverdienst  seiner  Arbeit  beruht  aber 
darin,  dafs  er  die  Entwicklung  der  latrinischen  Allitterndon  bis  ios  Alilrsn- 
zösische  hinäber  verfolgend  den  ersttn  Schritt  gelhan  hat  zur  Lösung  der 
seiner  Zeit  von  Wölfllin  aufgeworfenen  Frage  nach  dem  Zusammenhang  laldn. 
and  roman.  Allilteration.  Der  Begriff  der  Allitteration  ist  früher  nicht  diu 
in  Frankreich,  sondern  auch  bei  ans  ein  sehr  schwankender  gewesen.  Becq 
de  Fouquières  in  seincin  Traili  général  de  U  versification  française  (Parii  1879) 
handelt  im  elften  Kapitel  (pag.  117 — 238)  von  der  Allitternlion.  In  den  Bei- 
spielen aus  Iclasstscben  und  romantischen  Dichtern,  die  er  anfuhrt,  lilit  er 
nicht  blofs  anlautende,  sonitorn  auch  in-  und  auslautende  Konsonanten  sllitte- 
rieren,  ohne  Rücksicht  darauf,  ob  die  Wörter  koordiniert  sind  oder  nicht, 
Aach  bei  uns  hat  Naekc  (De  alt  ¡Itera  Cionc  sennonis  latini,  im  rheinischen 
Museum  für  Philologie  3.  324— 4rS.  Bonn  1S19)  den  Begriff  der  Alhttermlion 
■ehr  weit  gefafst,  indem  er  eine  dreifache  Altttleration  annimmt,  am  An£u^, 
in  der  Mitte  und  am  Ende  der  Wörter.  Aehnlich  verfährt  Ebrard,  der  in 
seinem  Programm  „Die  Allitlerütion  in  der  lateinischen  Sprache"  (Bayrenth 
1882)  auch  inlautende  Konsonanten  allitteriercn  läfst  und  auch  bd  nicht  ko- 
ordmierten  Redeteilen  beabsichtigte  Allitteration  annimmL  WölfSia  betrachtet 
die  Allitteration  nor  dann  als  beabsichtigt,  wenn  sie  zur  Verbindung  koordi- 
nierter Redeteile  dient  und  der  Verfasser  hat  sich  nach  dem  Vorgänge  Riese'* 
(Allilteriercnder  Gleichklang  in  der  französischen  Sprache  alter  und  neoci 
Zeit.  Dissertation.  Halle  1888)  und  Köhler's  (Ueber  atlillerierendc  Verbin- 
dungen in  der  all  französischen  Litteratur.  Zcilschr.  f.  nfii.  Sprache  n.  Litte- 
ratur  Bd.  XII  pag.  90 — 110)  dieser  Definition  angeschlossen.  Doch  íñhit  er 
auf  Seite  12  auch  einige  interessante  Fälle  von  allitterierenden  Vcibindni^en 
nicht  koordinierter  Redeteile  an. 

Aus  den  Sammlungen  des  Verfassers  ergeben  sich  in  gewissen  Fällen, 
wie  es  scheint,  interessante  Schlüsse  auf  die  Aussprache  des  gallischen  Lateins. 
Sind  auctorUas  opinio,  audilus  ¡»¡oratui,  audilus  ol/actus,  augto  omo,  aurii 
oculus,   auris  os,   aurum  opes,   aurum  ornamenta,   aurum  esirum  etc.  wirk- 


F.  RANNINOBR,  ALLITTERATION  BBI  DBN  GALLOLATEINERN.      539 

lieh  allittenerende  Verbindangen,  so  wäre  anzanehmen,  da(s  au,  wenigstens  in 
einigen  Gegenden,  schon  froh  zu  d  monophthongiert  worden  ist.  Dürfen  wir 
annehmen,  dafs  Verbindungen  wie  caeiestis  secularis,  caeUsHs  sempiternus, 
caenum  sordes,  caelum  solum,  caerula  sulphurea,  cibus  somnus,  cito  sero, 
sedit  cessavit,  seg-nis  celer,  statua  caementum  wirklich  allitterieren?  In  diesem 
Falle  müfsten  wir  zu  der  Annahme  gelangen,  dafs  bereits  in  der  lateinischen 
Schriibprache  Galliens  die  Entwicklung  des  stimmlosen  Mediopalatals  W*  durch 
ts  zu  s  sich  vollzogen  habe.  Zur  Annahme  einer  schwachen  AUitteration 
zwischen  stimmhafter  und  stimmloser  Explosiva  à  und  /,  sowie  zwischen  / 
und  V,  erscheinen  die  vom  Verfasser  beigebrachten,  nicht  allzu  zahlreichen 
Verbindungen  freilich  nicht  ganz  ausreichend;  im  Altfranzosischen  ist  die 
schwache  AUitteration,  wie  der  Recensent  durch  eigene  Nachforschung  sich 
überzeugt  zu  haben  glaubt,  wohl  nicht  zu  leugnen.  Wenn  wir  nur  die 
Chansons  de  geste  heranziehen,  fìnden  wir  schon  eine  grofse  Anzahl  solcher 
Verbindungen,  z.B.: 

banières  penon  Chevalerie  Ogier  6466  (p.  p.  Barrois,  P.  1842). 

barbacanes  postiz  Bucves  de  Commarchis  495  (p.  p.  Scheler,  Bruxelles  1874). 

baron  per  Aubry  le  Bourgoing  51,  6  (p.  p.  Tarbé,  Reims  1849). 

baron  prince  Jérusalem  843  (p.  p.  Hippeau,  P.  1868). 

barres  postiz  Mort  Garin  (p.  p.  Du  Méril,  P.  1846)  56,  6.  160, 14. 

batre  paumoiier  Aubri  102,  4. 

bêle  parée  Vie  de  Saint  Thomas  157  (p.  p.  P.  Meyer  Recueil  II  303—321). 

bêlement  et  en  peis  Alexandre  82, 13  (herausgcg.  v.  Michelant,  Stuttgart  1846). 

beles  plesant  ibid.  134,  l.  Bueves  73.  3681. 

biaus  preus  Alex.  123, 12. 

biés  pies  ibid.  389,  II. 

blanche  polie  Enfances  Ogier  1470  (p.  p.  Scheler,  Bruxelles  1874). 

blois  per  s  Gay  don  7186  (p.  p.  Guessard  et  S.  Luce,  A.  P.  d.  1.  F.  VII). 

boisdie  ponee  Aubry  75,  9. 

bois  plaigne  ibid.  55,  24. 

bois  plessié  ibid.  52,  II. 

bore  pont  Ch.  O.  4604. 

enbracii  enpdgnie  Bueves  2726. 

brandir  pamoiier  Girart  de  Viane  83,  20  (p.  p.  Tarbé,  Reims  1850). 

bras  pis  Bueves  514«  Mort  Garin  112, 15. 

bras  poins  Chev.  Og.  128 18. 

pains  bUs  Huon  de  Bordeaux  5875  (p.  p.  Guessard  et  Grandmaison,  A.  P. 
d.  1.  F.  V). 

plains  bos  Chev.  Og.  1224.  Coronemcnz  Looïs  23  (p.  p.  Langlois,  P.  1888, 
S.  d.  a.  t.). 

pUsans  bonne  Bueves  3362. 

piorer  braire  Jérus.  522. 

point  broce  Chev.  Og.  1802.  1839.  Alex.  34,  9.  Jérus.  1528. 

porte  baille  Chev.  Og.  3020. 

preu  bel  Bueves  585. 

preus  ber  Chev.  Og.  9612.  Macaire  1476  (p.  p.  Guessard,  A.  P.  d.  1.  F.  IX). 

prince  baron  Bueves  177.  Jérus.  139.  Aubry  51,4.  58,3. 

prœce  barnaiges  Alex.  193,  8. 


54^  HBSFSBCSBUlKUEIi»    fffAlJUWIimj 

prœcê  honte  ibid.  159, 15. 
fnms  väaäle  ibid.  316, 10. 
JSgrs  vigoTuus  ibid.  34, 19. 
ßers  voUntüi  Cbev.  Og.  7023. 
fiers  voUntriu  Bnevei  1329. 
fi$it  vrak  ibid.  46. 
fent  vaiie  Alex.  301, 8. 
farce  valor  Aiibry  X09»  21. 

y^r^  tvf/M  Cbev.  Og.  1862,  3005.  6542.  6606.  11365.   Baevct  905.  Mort 
Garin  245, 4.  Alex.  90, 32.  400,20.  Aquis  2337  (p.  p.  Jonon  des  Loa- 
grais,  Nantes  1880). 
force  Vigor  Aabry  i,  17.  35, 18.  56, 14. 

twi  forment  Alex.  224, 8. 

vùasfrailes  Chev.  Og.  3573. 

Gewöhnlich  macht  sich  hier  dnrch  Setsimg  des  entbehriichea  sweitea 
^Wortes  die  Absicht  sn  allitterieren  bemerkbar.  So  Uegt  bIsweEea  w^^farig 
oder  Gegensats  anch  vor  in  Verbindungen  yon  d  und  t^  von  tonender  mid 
tonloser  Spirans  i  nnd  1,  von  il  und  g,  s.  B.: 

dient  sunt  taisant  Alex.  57, 28. 

doel  torment  Anbry  81, 10.  Chev.  Og.  3074. 

dot  trister  Alex.  321,23. 

dotant  trist  Prise  de  Pampelnne  2670  (heransg.  ▼.  Mnssafia»  Wien  186^ 

droit  tort  Gaydon  3063. 

dammaige  tempeste  Jonrddn  de  Blaivies  1526  (heransg.  ynm  K.  Hofinann, 

Erlangen  1882). 
tables  dés  Joìr  as  tables  e  as  dés  Girart  de  Viane  162, 18. 
temple  donjon  Jérns.  15. 
tesmoinst  die  Alex.  380, 19. 
tonnent  dampnacion  Vie  de  St.  Thomas  106. 
tors  drois  Alex.  122,  28.  Girart  de  Viane  24,  2. 
tour  donjon  Aabry  58,  il. 
triste  dolente  Bueves  1362.  Aabry  91,20. 
jone  chenu  Mort  Aymeri  3847.  Prise  de  Pampelone  2239. 
jort  champs  Aye  d'Avignon  827  (p!  p.  Guessard  et  Meyer,  A.  P.  d.  L  F.  VI). 
jovencel  chenu  Gayd.  6844. 

chante  joé  Renaus  de  Montauban  47, 2  (heraasg.  v.  Michelant,  Stuttgart  1882). 
chevaliers  gens  Mort  Garin  213,3. 

chiis  genous  Gai  de  Bourgogne  5 14  (p.  p.  Guessard  et  Michelant,  A.  P.  d.  1.  F.  I). 
caiaus  greis  Chev.  Og.  2344. 
caiele  guie  Chev.  Og.  12582.  Alex.  96, 1. 
conduire  guter  Chev.  Og.  914.  5042.  Alex.  169, 19. 
confundi  gasta  Alex.  231,  34. 
conrees  garnis  Mort  Garin  49, 17.  Alex.  237,  23. 
cors  graisles  Jérus.  1359.  1857. 
corsu  grant  Chev.  Og.  8423. 
eras  gros  Alex.  233,  28.   Gaufrey  2052  (p.  p.  Guessard  et  ChabaôUe,  A.  P. 

d.  1.  F.  m). 


F.  RANNINGBR,  ALUTTERATION  BEI  DEN  GALLOLATEINSRN.      54 1 

garnis  conraés   Aubry  1 16, 1.   Prise  de  P.  1479.  Floovant  2374  (p.  p.  Gues- 

sard  et  Michelant,  A.  P.  d.  1.  F.  I). 
gcLstie  conf  undue  Girart  de  Viane  160, 19.  Alex.  12,  32. 
gastie  conquis  Alex.  73,  24. 
graues  cors  ibid.  402,  15. 
grans  quarr  ees  Chev.  Og.  8418. 
grans  cor  sus  ibid.  lOOIó. 
grans  créu  Gayd.  3916.  Aubry  52,  18. 
grant  parcréu  Alex.  289,  32.  222,  23. 
grant  cruel  Chev.  Og.  3844. 
gros  eras  ibid.  10483. 
grose  parcrêue  Alex.  290,  23. 
gros  quarre  Gui  de  Bourgogne  1 806. 
guerredon  covent  Chev.  Og.  10925  (Par  guerredon  et  par  iteil  covent). 

In  der  Chanson  des  Sai  sues  (p.  p.  Francisque  Michel)  findet  sich  Bd.  II 
pag.  46,  V.  17  sogar  eine  schwache  Allitteration  zwischen  zwei  Personennamen 
»,£t  Caanis  fu  morz,  Guiteclins  tsaiziez**^  ebenda  pag.  51,  v.  5  die  Verbindung 
prou  baron  und  39, 1 1  jou  chançon.    Aus  Alexandre  le  Grand  au  Moyen- Age 
(p.  p.  P.  Meyer,  P.  1886)  haben  wir  mehrere  solche  Verbindungen  notiert,  z.  B.: 
im  Albenc  de  Besançon  :  poyn  braz  v.  72. 
Manuscrit  de  l'Arsenal:  conte  gonfanoner  83,55. 
Manuscr.  de  la  Bibl.  Imp.  No.  789:  blandir  prüer  44. 

pers  barons  437. 
torment  destrucción  873. 
Thomas  von  Kent  :  fort  vigorous  32. 
Manuscr.  de  Venise:  bor  s  palet  937. 

Auch  auf  anderen  Gebieten  der  altfranzösischen  Litteratur  finden  sich 
solche  Verbindungen,  z.B.: 
bonté  puissance  Mystère  d'Adam  v.  76  (Constans,  Chrestomathie  p.  222). 
eras  gros  Marie  de  Franee,  Fable  du  leu  et  du  kien  v.  12  (Constans,  Chresto- 
mathie pag.  194). 
afubli  vestu  Wace's  Roman  de  Rou,  herausg.  v.  Andresen,  Heilbronn  1879, 

Band  H,  v.  535. 
dolens  trespenset  Marie  de  France,  Chiévrefoil  v.  23,   herausg.  v.  Wamke, 

Halle  1885. 
torment  douleur  Mystère  de  la  Passion   d'Amoul  Gréban  v.  25367  (p.  p. 
Gaston  Paris  et  Gaston  Reynaud,  P.  1878). 
Aus  diesen  Beispielen,  die  sich  noch  ins  Unendliche  vermehren  lieisen, 
dürfte  das  Vorhandensein  einer  schwachen  Allitteration,  d.  h.  einer  Allitteration 
zwischen   stimmhafter  und   stimmloser  Explosiva   und  Spirans  im  Altfranzö- 
sischen zu   entnehmen  und   zu  schliefsen  sein,    dais  in  der  alten  Sprache  im 
Anlaut  stimmhafte   und  stimmlose  Explosiva   und  Spirans,   wenn  auch  nicht 
geradezu  verwechselt,   so  doch  wenigstens  »icht  so  scharf  auseinandergehalten 
wurden  wie  in  der  neufranzösi$chen  Aussprache  und  dafs  dem  Allitterations- 
bedürfnis  auch  Genüge  bei   Anwendung  von   gleichem  Lautgenufs    geschah. 
Spielt  hier  vielleicht  germanischer  Einflufs  mit?    Was  aber  für  das  Altfran- 
zösische gilt,   dürfte  auch  für  das  Gallolatein   zutreffen  und  Ranninger  mit 
seiner  Annahme  einer  schwachen  Allitteration  im  Gallischen  wohl  recht  haben. 


541     ■ 

Zu  UntcndUnuC  tanta  *"**■""  ffihit  er  àm  Drtfg  voft  « 
.^  («V«')  u>;  «  Utte  noch  maf  vycMta  — fiin  *\Mwúmií  kfinMm.  FIr  da 
nebergang  tod  f  ta  t  kaben  wir  wc^pteni  efa  Btl^piel  te  ifaiMrf^,  jpniK 
««rfú,  «lt.  ifuiifa,  d.  /^Ai,  gr.  nn£ic.  ZaUnkto  iia4  hftwflkh  Ac  Sti- 
licele für  den  UebertMig  von  k  n  g.  Wir  habas  d*  ¿-»afUr  gvmd  jn^nr 
f  ownir  (afri.  ^ emrdr)  —  vlL  V*«!''^'  V"***  V*!'^  V*'»*''**'  —  «L'mw 
^rf  cmU!«  xdjliïy  eaettroäam;  ferner  ^v^b(  friBr  /rMMr  /4b«  —  «rmuam 
eratieMlam,  liL  griffa  au  gc,  x^vhti;  cAtMuanw.  Meae  Bd^tieie  ri»d  ja 
wohl  la  wenig  aablrdch,  aU  dab  «Ich  «ine  boatJOTHa  Tliearie  aaf  ^  grfadM 
Hebe,  jedenblb  rind  tie  noch  nicht  gcnSgead  eAUM  «ad  bu  mnb  jede» 
&llt  der  VemcbnAg  wldentehfiir  aAnnehtaeft»  da£h  etwa  eialge  Dialdit* 
gebiete  die  Tendenz  gdubt  hltten,  fi  and  k  (bnooden  tot  •  wnd  d«  Li- 
qnideii  r  und  t)  vx  t  bezw.  f  n  awdchen  and  v  tot  f  taf  tn  voUrtea. 
b  Bezog  avf  dSe  Laat-  und  Beloinm^Tcrbiltiiifie  der  allitterieTeiida 
VerUndongBi,  lowle  die  Ait  Ihrer  ZniaioiDeiiaetxDiig  bondt  due  bedcntode 
Uebereliutlnuinisg  mit  dem  AUfranaWicben.  Anch  hier  beachdnkt  rieh  Ot 
AllitteradoD  nicht  Imnar  anf  den  Aalaiit,  tie  kann  AA  ridatdir  Ibcr  wàuen 
Laute  cTitm±cn,  i.B.  fonar  Ieri  Gajd.  5^79,  ^"iortní  jüm^gmtnt  Rid.3711, 
porte  fottìi  Ganftay  5358,  ponte  porta  Aqaiu  aij,  Tabttte  Taatf  IMd.  ttjfi 
[die  orale«  Vokale  rrimen  mil  den  enttpredendoi  Naaalen].  An^  àie  ak- 
fianiÖilBclie  Allitlcratitm  wnndt  idcht  in  der  metriacben  CHledemng  da 
Venea.  In  AltfraiuSiitchen  kann  rich  die  Allltteration  d>c9&Ih  Iber  nrri 
Ventellen  etatredtai,  t,B.: 

St  JUàUurt  *t  MÊtiart  tt  Maltt 
Bt  MnAd,  JArriaui  tt  Banua 
Aliwwiz  6365.  6366  (p.  p.  Gnettard  et  Hontaiglon,  A.  P.  d,  I.  P.  X). 
£i  fei  cue  je  dot  la  saintùnu  coretu 
Et  les  saùti  clans  et  la  crois  Chev.  Og.  879S.  8799. 

Chevatiehtttí  far  vaus,  far  fuis  et  far  fra 
Par  fluies,  far  orn  Gui  de  Bourg.  186.  187. 

Bel  dici  oder  mehr  koordinierten  Gliedern  haben  wir  anch  im  Alltran- 
xöslschen  künstliche  EntgegensteUnngen  wie  bei  der  Keimvertchlingting,  i.B. 
aab,  abb,  aba,  aaa,  abba,  abab,  aabb: 

I.    qui  euer  a  et  earage  et  eiert  dt  baran  Alex.  131, 18. 
Î.    civaus,  diners,  drais  Prite  de  Pampelune  J78. 

3.  äset  safari  et  javenet  et  f reis  Alexandre  le  Grand,  Hannaci.  del'Ar- 

tenal  33, 169  (p.  p.  P.  Meyer,  P.  188&). 

4.  fvls  fels  forstnai  Girart  de  RonttiUon  347, 31  (p.  p.  Ft,  Michel,  P.  i8sQ. 

5.  mais  ne  somers,  eevalt  ne  missadtr  Chev.  Og.  666$. 

6.  Jiert  et  hardis  tt  fors  et  adurés   Knlancei  Ogiei  1894   (p.  p.  Schelci, 

Bnixellet  1874). 

7.  sane  et  eervele  tsfdndre  tt  fuins  tt  fies  trancier  Alex.  116,  4. 
duel  sor  dolor,  ne  Joie  sor  j'mr  Moit  Garin  57, 9, 

ne  ti  grani   ne  si  grot,   st  fitr   ne  ti  fourmi  Doon  de  Mayeacc  4991 

(p.p.Pey,  A.P.d.l.E.n). 
Verbindnngen  wie  fortis  infirmus,  firmare  cof^dert  etc.  entapreden  im 
Alt&aniöii»chen  I.B.: 


F.  RANNINOSR,  ALLITT£RATION  BEI  DEN  OALLOLATSINBRN.      543 

fürt  desfie  Alex.  130, 12. 

semondre  mander  Gaufrey  1524.  Mort  Garin  9,  li.  129,  2.  Ch.  Ogier  4837. 

morir  desmend^rer  Chcv.  Og,  9520; 

doch  kann  auch  nur  das  Präfix  oder  auch  Präfix  und  Stammwort  des  Kom- 
positums anreimen;  z.B.: 

apieU  araüonna  Huon  de  Bordeaux  4388  (p.  p.  Guessard  et  Grandmaison, 

A.  P.  d.  1.  F.  V). 
mort  maUtaüU  Chev.  Og.  7774.  Gayd.  3746.  Prise  de  Pamp.  5003. 
pechóte  pourfent  Aiol  8375  (p.  p.  Normand  et  Raynaud,  P.  1878,  S.  d.  a.  t) 

und 
mors  malmenés  Chev.  Og.  8955. 
mors  malmis  Alex.  20,  5. 

Verbindungen  von  allitterierenden  Personen-  und  Völkemamen  sind  im 
Altfranzosischen  wohl  noch  häufiger  als  im  Gallolatein  und  insbesondere  aus 
den  vaterländischen  Epen  zu  belegen: 

Aerans  Aemi  Alise.  ICI  8. 

Aimes  Aimeri  Girart  de  Roussillon  292,  25. 

Aquin  Atenas  Alise.  4224. 

Buevon  BeUssant  Amis  et  Amiles  1820  (herausgeg.  von  K.  Hofmann,  Er- 
langen 1882). 

Cremu»  Cor  salz  Coronemenz  Looïs  464  (p.  p.  Langlois,  P.  1888,  S.  d.  a.  t.). 

Gtuines  Gondelbuef  Prise  de  Pampelune  1 792. 

Ingresain  Ingrani  Ingemars  Aiol  4972. 

Et  Màlatours  et  Malars  et  Maures 

Et  Miraidiaus  et  Morgans  li  fais  Alise.  4394.  4395* 

Rvbestheue  Richart  Renier  ibid.  7770. 

Samuel  Samul  Salmuant  ibid.  5447. 

Tautolf  Tautoifler  ibid.  7772. 

Yve  Yvoire  Coronemenz  Looïs  565. 

Avignon  Albe  Renaus  de  Montauban  98,  32  (herausg.  v.  Michelant,  Stutt- 
gart 1862). 

Babiloine  Barhaire  Aye  d'Avignon  1373  (P*  P-  Guessard  et  Meyer,  A.  P. 
d.  1.  F.  VI). 

Berruiers  Braibençons  Renaus  de  Mont  142, 12. 

Borgoignon  Baivier  Girart  de  Roussillon  336,  27. 

Calabre  Constantinoble  Aye  1284. 

Flandres  Frise  Gui  de  Nanteuil  1873  (p.  p.  Meyer,  A.  P.  d.  1.  F.  VI). 

François  Piamene  Frison  ibid.  176. 

Mons  Mabeuge  Hugues   Capet  224   (p.  p.  Marquis  de  la  Grrange,   A.  P.  d. 

1.  F.  vni). 

Valence   Vascler  Gui  de  Nanteuil  366. 

Ohne  Zweifel  müssen  wir  auch  bei  nicht  koordinierten  Redeteilen  beab- 
sichtigte Allitteration  annehmen,  wo  drei  oder  mehrere  Worte  durch  den- 
selben Anlaut  verbunden  sind.  Auch  im  Altfranzösischen  fehlen  solche  Ver- 
bindungen keineswegs;  z.B.: 

amont  es  murs  montent  li  mescrêu  Aquin  1254. 

Parmi  la  presse  des  paiens  est  passée  Chev.  Og.  2512. 


544 


BESPRECHUNGEN.     HAMUERICH, 


fact  franchtmtat  figui 


k 


e  de  U  Passion  d'Arnoul  Greban  v.  2S4JS 

(p.  p.  GnstoD  Paris  et  Gaslou  Raynaud,   P.  1S78). 
Wo  nur  ïwei  nicht  koordinierte  Redeteile  denselben  Anlaul  icigcn,  ist 
die  Sache  iweifelfaaa.    Unseres  Erachtens  kann  candido  in  corpore  (Sid.  ApoU. 
epist.  4,  3)  nur  dann  als  beab5ichtij;;te  Allittecatioa   gesetzt  werden,   wean   der 
eigonlUche  Ausdruck,  der  termi:  propre,  welcher  fiir  die  darzustellende  Sache 
zu  wählen  war,  geoueden  ist,  um  eine  allitteriereade  Wirkung  hervorzubringen. 
So  ist  es  denn  auch  zweifelhaft,  oli  wir  beabsichtigte  AUitteralion  aDiuDehmen 
haben   in   altfranzösischen  Verbindungen   wie  bianchi   barbe  (Rol.  4001),    bon 
branc   (Alei.  273,7.    Girart    de  Viane  138,7.    Jérus.  745).    daitu   droilurifrt 
(Bueves  407),   Dieu  le  droiturier  (Chcv.  Oy.  9636,  10125),   •i"^'  départie  (Vie 
de  Si.  Thomas  3),    dure   destinée   (AubryS,  31.  9,7),    lance   levée   (Chcï.  Og. 
1163S},    rice  roy  (Chev.Og.u3S).     Eber  ist  all ¡tterie rende  Absiebt  vielleicht 
aninnelimen  in  den  ungemein  häungen  Verbindimgeo  von  mie  Etait  potril  (oder 
pas)  mit  Substantiv,  Adverb  oder  Verb  gleichen  Atilauts,  z.B.: 
riesi  mit  merveille  Alei.  273,  Jo. 
ne  se  lint  mie  mus  Girart  de  Viane  74, 19. 
mander  mie  Alex.  416,  13, 
mintir  mie  Alex.  390,  24.  J£rus.  1099. 
meicroire  mie  Alex.  4,  20.  401,  27.  Mort  Garin  'fi,  15.  Jiros.  60.  490. 

Aber  die  Gegenprobe  ist  hier  noch  za  machen.    Gesucht  sieht  auch  die 
iehr  häufig  wiederkehrende,  fast  formelhafte  Verbindung  von  palaii  roil  dnem 
Adjektiv  gleichen  Anlauts  aus, , wie: 
palais  pavé  Aubry  pag.  109,  Zeile  4  von  unten. 
Palais  plenier  Girart  de  Viane  9,  4.  Chev.  Og,  9467. 
palais  principal  Alex.  174,  7. 
Palais  prindpier  Aubry  38,  5. 

Femer  vielleicht   auch   wo   maistre  vor  einem  Hauptwort  gleichen  An- 
lauts Gir  das  bäaügere  principal  eintritt  1  z.B.: 
maistre  maison  Girart  de  Viane  69,  19. 
maistre  mirmande  Guy  de  Bourg.  1066. 

Ferner  in  sprücbwörtlichen  Redensarten  wie 
ne  pas  valoir  une  poire  porrie  Mort  Garin  99,  I. 

pome  porne  Alex.  130,  4.  Jírus,  2060. 
pome  parée  Aubry  68,  5.  Bueves  875, 
pome  pelée  Girart  de  Viane  9,  24. 
la  force  paist  lo  pré  Chev.  Og.  9184. 

Wahrscbeinlich  auch  in  Verbindungen  wie 
sa  main  ä  sa  maissele  Girart  de  Viane  137,10.  Alex.  252,23.  JÌrui.  213. 
sa  main  d  son  menton  Bueves  lúg.  8O4. 

mur  de  marbre  Chev.  Og,  307.  Girart  de  Viane  pag.  lo,  letzte  Zeile. 
pats  plenier  Aubry  8â,  Zeile  4  von  unten. 
parler  en  pardon  Gìiatt  de  Viane  63,  2.  Alex.  102,  10. 
de  Male  mort  morir  Alex.  44,  29. 

morir  de  mal  martire  Gormont  et  Isembail  159  (herausg.  v.  HeiÜgbrodt  in 
Roro.  Smd.  III.  SOI). 
Hàulig   und  jedenblli   beabsichtigt   ist   auch   die  AUilteralioo   EwiKhcn 
dnem  PersoDcneamen   und   seinem  Genetivurtibnl,   welch'  leutcrei,   e^ 


F.  RAMNINGER,   ALLITTERATION  BEI  D£N  GALLOLATEINBRN.      545 

ein  Personen-  oder  anch  ein  Ländername,    Abstammung  oder  Herkunft  aus- 
druckt; z.B.: 

Ahn  U  fil%  Ansei  Gbrart  de  Roussillon  345, 8. 

Asclin  le  filz  Aschier  ibid.  316,  14. 

Bernart  de  Brebant  G)ronemenz  Loois  821. 

Garin,  le  fil  Gondree  Gayd.  6918. 

Richart  de  Ruen  ibid.  5362. 

Segurans  de  Surie  Girart  de  Rouss.  297, 15. 

In  dem  letzten  Abschnitt,  den  wir  als  den  Schwerpunkt  der  Arbeit  be- 
zeichnen möchten,  handelt  der  Verfasser  mit  grofser  Sachkenntnis  und  ebenso 
grofser  Belesenheit  von  der  Weiterbildung  der  lateinischen  Allitteration  im 
Altfranzösischen  und  giebt  zuletzt  ein  reichhaltiges  Verzeichnis  von  lateinischen 
Allitterationen,  die  sich  ins  Altfranzösische  hinübergerettet  haben,  mit  der 
entsprechenden  altfranzösischen  Form.  Seine  Ausführungen  über  die  Allitte- 
rationen auf  c  (Seite  539  oben)  treffen  für  den  normannischen  Dialekt  nicht 
völlig  zu.  Da  im  Norden  dieser  Mundart  c  vor  a  nicht  zu  i  wurde,  sondern 
als  k  erhalten  blieb,  konnte  eine  Verbindung  wie  coria  carnem  sich  fortsetzen 
{cuir  car  Alex.  144,  26).  Die  Affrikata  kw  verliert  im  Französischen  zwar  den 
labialen  Laut,  behält  aber  den  palatalen,  so  dafs  die  Allitteration  nicht  ver- 
loren geht  (z.  B.  quart  quint  AJisc.  1033.  Gaufr.  3096.  Fierabrás  103)  und  neue 
Verbindungen  mit  ursprünglichem  k  entstehen  können  (z.  B.  cauc  quariel  Alex. 
419,16.  cor  SU  quarre  Alise.  321 1.  aconduis  aquis  Prise  d'Orange  1627,  herausg. 
von  Jonckbloet  in  Guillaume  d'Orange,  La  Haye  1854). 

Zum  Schlufs  noch  einige  Bemerkungen.  Dafs  die  vokalische  Allitteration, 
wie  Verfasser  auf  Seite  7  in  der  Fuisnote  bemerkt,  auch  Assonanz  genannt 
werde,  ist  doch  wohl  ein  Irrtum;  Assonanz  kann  sich  nur  auf  den  Endreim 
beziehen.  In  der  Verbindung  humilitate  honéstate  können  das  u  imd  das  o 
des  Anlautes  nicht  mit  einander  allitterieren,  falls  nun  das  h  in  beiden  Wör- 
tern stumm  war,  können  wir  das  Vorhandensein  einer  rein  graphischen  und 
—  wie  im  Neuenglischen  häung  der  Endreim  —  blofs  für  das  Auge  berech- 
neten Allitteration  annehmen.  Eine  solche  können  wir  wohl  auch  erblicken 
in  Verbindungen  wie  honor  har dement  (Jourdain  de  Blaivies  1761),  honoré 
herber  gii  (Aiol  3696),  huee  hahais  (Hugues  Capet  115,  Zeile  24),  Hardri 
Hervi  (Renaus  de  Montauban  39, 13),   Hermenfrois  Hue  (ibid.  149,  14). 

Hammskich. 


Ii'AficeDBion,  mystère  provençal  du  XVe  aleóle,  publié  pour  la  première 
fois,  avec  un  glossaire  par  A.  Jeanroy  et  H.  Teulié.  Toulouse,  £.  Privat 
1895.     Prix  :  2  francs.     35  S. 

Das  Drama  befindet  sich  in  einer  Sammelhandschrift  von  provenzalischen 
Mysterien,  deren  übrige  Stücke  bereits  1893  ^^^  denselben  beiden  Gelehrten 
herausgegeben  worden  sind  (vgl.  Ztschr.  18,  546^52).  Es  hat  dort  seine  Stelle 
zwischen  dem  „Joseph  von  Arimathia"  und  dem  „Jüngsten  Gericht",  zählt 
851  meist  nicht  gereimte  Verse  ungleicher  Länge  und  behandelt  die  Himmel- 
fahrt, wobei  allerdings  eine  Predigt  Christi  vor  und  eine  solche  des  Petrus 
nach  jenem  Ereignisse  den  gröfsten  Raum  einnehmen.  Eigenartig  ist  der  von 
Zdttchr.  £  rom  PhiL  XX  3^ 


546  BSSPRECHtTNGBN.     A.  STIMMINO, 

dem  Verfasser  am  ScbloTs  unternommene  Versuch ,  die  den  Aposteln  dnrdi 
den  heiligen  Geist  verliehene  Gabe,  in  fremden  Zungen  zu  sprechen,  den  Zu- 
hörern vor  Augen  zu  führen,  indem  er  ihnen  bei  ihrer  Anrede  an  die  Capa- 
docier,  Phrygier,  Egypter  u.  s.  w.  willkürlich  erfundene  Worte  von  möglichst 
fremdartigem  Klang  in  den  Mund  legt.  Da  die  Herausgeber  die  Fragen  be- 
treffend die  Sprache  der  Handschrift  und  die  Quellen  der  Stücke  bereits  in 
ihrer  ersten  Veröffentlichung  besprochen  haben,  so  geben  sie  hier  nur  den 
Text  und  eine  Aufzählung  aller  der  Wörter,  welche  in  Ra3moaard's  Lenque 
roman,  so  wie  der  Verbformen,  welche  in  dem  Glossar  zu  den  „Mystères 
provençaux"  fehlen. 

Die  Ueberlieferung  ist  bei  diesem  Stucke  eine  recht  gute,  so  dafs  die 
Herausgeber  sich  damit  begnügen  konnten,  einige  offenbare  Schreibfehler  zu 
verbessern.  Dies  hätte  vielleicht  noch  in  einzelnen  weiteren  Fällen  geschehen 
können,  so 

V.  13 — 14  de  ginhols  \,  ginolhs  oàtx  ginoihos,  vgl.  v.  245 — 6,  261 — 2,  335. 

V.  148  blatfemot  1.  blasfemo,  vgl.  blasfemai  v.  596. 

V.  211   Toses  1.  Tot  ses  (so  immer). 

V.  261 — 2  quant  s'en  monte,  1.  monta;  der  Konj.  ist  unmöglich,  der 
Fehler  ist  vermutlich  durch  das  vorangehende  se  apareihe  hervorgerufen. 

ib.  Parodi  1.  Paradis,  vgl.  290,  406,  409,  415  u.  ö. 

V.  457  en  infern  pruou,  1.  pruon  (wohl  nur  Druckfehler). 

V.  500  en  ta  pensa,  1.  pansa, 

V.  505    Vurgolhos  1.  urgolhos. 

Umgekehrt  hätten  einige  der  vorgenommenen  Aenderungen  unterbleiben 
können.  So  die  von  y\fñ\pne  v.  245 — 6,  338  und  356 — 7,  da  m  vor  pn  mdur- 
fach  ausgefallen  ist,  z.  B.  dapnatio  v.  209;  dapnat  v.  221,  559,  613,  795; 
nopnätn  v.  803 — 4.  Ebenso  die  in  usuriel/] ,  da  auslautendes  r  sehr  oft  ab- 
fällt, nicht  nur  in  Infinitiven,  sondern  auch  sonst,  z.  B.  servido  v,  47,  58,  62, 
69,  75  u.  s.  w.  Desgleichen  in  co^nlfessio  v.  689  gegenüber  von  coffessar  v.  772, 
cosiensa  v.  701  u.  a. 

Von  den  wenigen  durch  den  Sinn  erforderten  Emendationen  war  die  in 
V.  781  quant  venra\j\  a  ton  trespasamen  unnötig,  da  venra  (unpersönlich 
gebraucht)  einen  guten  Sinn  giebt.  Dagegen  scheinen  mir  folgende  Stellen 
noch  besserungsbedürfiig  zu  sein.  In  La  segonda  (sc.  partida  de  man  sermo) 
sera  la  medesina  v.  478  ist  wohl  de  vor  la  einzuschieben ,  genau  so  wie  vor- 
her und  nachher.  —  In  v.  524  Fay  las  entretant  que  vives  muCs  la  statt  las 
gelesen  werden,  denn  gemeint  ist  restetucio  aus  dem  vorangehenden  Verse.  —  In 
Per  las  grosas  viandas»  pecador.  Que  lo  metge  te  deveda,  So  los  malvatz  pecati 
V.  754  sq.  ist  per  schwer  erklärlich.  Sollte  es  etwa  „was  anbetrifft**  bedeuten, 
so  erwartete  man  So  so  „das  sind"  in  v.  756  ;  vielleicht  ist  quar  statt  per  zu 
lesen.  —  Interessant  ist  v.  288  ¿a  poisansa  del  demoni,  La  quai  lo  premier 
home  Avia  subgugada,  wo  also  ein  mit  habere  verbundenes  Part.  Prat. 
sich  nach  dem  Subjekt  richtet,  gerade  als  wäre  es  mit  esse  konjugiert.  Der- 
selbe Brauch  findet  sich  einzeln  auch  im  Französischen,  vgl.  tout  ranui  Qu*eU 
a  eüe  . . ,  Li  est  venus  par  le  cheval  Cleom.  12899;  ebenso  Q.L.d.R.  S.  361  ; 
Henri  de  Valenciennes  §609;  Froiss.  XI,  448  u.  ö.,  ja  er  begegnet  noch  bei 
Ronsard,  Pascal,  Boileau,  Molière  und  andern  Autoren. 

Albs&t  Stimminq. 


JBANROY  ST  TBULIE,  L'ASCBNSION,  MTSTÈRB  PROVENÇAL.      547 

Joseph  Texte,  De  Antonio  Saxano  (Antoine  Du  Saix)  1505— 1579, 
írancogallico  carmìnum  scrìptore,  thés,  fac  litt.  Paris,  proponebat  Paris, 
Hachette,  1895.     125  S. 

Antoine  du  Saix,  Sprosse  eines  seit  dem  12.  Jahrhundert  in  der  Bresse 
ansässigen  Geschlechtes,  wurde  1504  oder  1505  in  Bourg  geboren.  Die  1500 
geschlossene  Ehe  seiner  Eltern,  Claude  du  Saix  und  Alis  de  Girardières, 
war  mit  22  Kindern  gesegnet;  vier  Söhne  traten  in  franzosische  Dienste,  zwei 
fielen  bei  Pavia,  einer  in  Neapel;  ein  fünfter,  François,  war  Doktor  der 
Theologie  und  Propst  in  der  Lyoner  Kirche;  drei  Tochter  nahmen  den 
Schleier. 

Antoine,  der  den  Grad  eines  Doktors  beider  Rechte  erwarb,  körperlich 
eine  stattliche  Erscheinimg,  gehörte  dem  Hospitaliterorden  des  h.  Antonius  an 
und  wurde  noch  jung  (vor  1532)  Komthur  des  Ordenshauses  in  Bourg;  auf 
ihn  zielt  eine  Bemerkung  Rabelais'  (Garguntua  I,  17),  der  ihn  seinen  Freund 
nennt.  Am  9.  Juni  1532  wurde  er  beauftragt  bei  der  Bestattung  Margaretas 
von  Oesterreich  in  Brou  die  Trauerrede  zu  halten;  in  der  französischen  Aus- 
gabe dieser  Rede  nennt  er  sich  Almosynar  des  Herzogs  Karl  von  Savoyen. 
In  seiner  Jugend  hatte  er  sich  dem  Bruder  des  Herzogs,  Philipp,  der  1528 
von  Franz  dem  I.,  seinem  Neffen,  das  Herzogtum  Nemours  erhielt,  ange- 
schlossen und  befand  sich  1533  bei  der  Zusammenkunft  zwischen  Franz  und 
Klemens  dem  VII.  in  Marseille,  wo  Philipp  vom  Tode  weggerafft  wurde. 
Als  1536  Franz  die  Bresse  überfiel  und  in  Beschlag  nahm,  überbrachte  ihm 
Du  Saix  die  Schlüssel  der  Hauptstadt  im  Namen  der  Burgerschaft,  was  er 
vermutlich  bei  der  Vergangenheit  seiner  Familie  ohne  Abneigung  that  1551 
wurde  er  nach  Paris  delegiert,  um  einen  Nachlafs  der  druckenden  Steuern 
zu  erwirken,  und  abermals  1552,  da  die  gegebene  Zusage  zuerst  nicht  ge- 
halten wurde.  In  den  folgenden  Jahren  vertrat  Du  Saix  in  Chambery  die 
Sache  des  Kapitels  der  Liebirauenkirche,  das  sich  sträubte  zu  den  Ausgaben 
für  die  neue  Stadtbefestigung  beizutragen.  Bei  Erledigung  einer  Domherm- 
pfrunde  in  seiner  Vaterstadt  hatte  er  sich  mit  Erfolg  darum  beworben  und 
war  Vorsteher  des  Kapitels  geworden.  In  seiner  letzten  Veröffentlichung 
(1559)  nennt  er  sich  auch  Abt  von  Cheysery;  ich  denke,  dafs  er  diese  in 
der  Landvogtei  Gex  gelegene  Abtei  erst  damals  nach  dem  Ruckfall  der  Bresse 
an  Savoyen,  also  nach  dem  Frieden  von  Cateau-Cambresis,  erhielt  Trotz 
der  Podagra,  die  ihn  heimsuchte,  erreichte  Du  Saix  ein  hohes  Alter,  da  ihm 
erst  1579  ein  Nachfolger  bestellt  wurde.  Sein  Wahlspruch  war:  Quoy  qua 
iiduünne, 

Antoine  du  Saix' Werke  sind:  L* Esperon  de  Discipline,  1532,  ein  Lehr- 
gedicht in  paarweis  gereimten  Zehnsilbem,  in  zwei  Teilen,  1531  verfaist  Le 
blason  de  Brou,  Lyon  o.  J.,  vor  dem  Tode  Margaretas  begonnen,  ebenfalls 
gepaarte  Zehnsilber.  Oraison  funebre  faide  et  prononcée  aux  obsecques  et 
enterrement  , , ,  de  tres  illustre  princesse  Marguerite  Dautriche  [1532]»  am 
9.  Juni  gehalten  und  in  lat.  und  franz.  Sprache  gedruckt.  La  touche  naifve 
pour  esprouuer  lamy  et  leßateur,  inventée  par  Plutarque,  taillée  par  Erasme. 
Avec  lart  de  soy  aider  et  par  bon  moyen  faire  son  proffict  de  ses  ennemys, 
Paris  1537,  Uebersetzung  von  Plutarchs  Moralien  de  discrimine  adulatoria  et 
amici ,   de  utüitate  capienda  ex  inimicis,   nach  der  lat  Ausgabe  von  Erasmus 

35* 


548 


bespkbchungeM.    ph.  á 


G,  BBCfiLKR, 


(1518).  Pítíít  fatras  dung  apprentis  surnamm/  Uiperantàer  de  düeipänt, 
Paris  ISÌ7>  <^>°c  SamiDlmig  lateinischer  und  framötischn  Gedichte,  un 
19.  Mai  1536  abgeschlossen.  L' Opiate  de  Sobriété.  LyoD  tJJJ  oder  15SJ, 
wiedetabged nickt  im  ro])?;ndcji  :  Marguelis  dt  pieces  diverses,  Lyon  lS59i 
ein  ïhntiches  Sanunelwetk  wie  der  Fctitz  fatras,  voiwicgend  heiteren  Inbails, 
am  15.  Oktober  1549  abgeschlossen. 

In  dem  Lehrgedicht  l'Esperon  de  Discipline  pieist  der  Dichter  die  Vot- 
zage der  Wissenschaft  und  der  Bucher,  am  der  sie  âielst.  rorzôglich  der 
heiligen  Schrift,  und  bespricht  die  Erziehung  der  Kinder,  Du  Saii,  dei  sich 
in  seiner  hohen  kirchlichen  Stellung  als  einen  eifrigen  Widersacher  der  ora 
sich  greifenden  lutherÎBchen  Neuerung  hervorthat,  macht  den  Sittenverfill  der 
Geistlichkeit  und  ihren  Mangel  an  PQichttreue  Inr  den  traurigen  Zustand  dei 
Kiiche  verantwortlich  und  erblickt  im  «Trigen  Studium  das  beste  Mittel  tur 
Abwehr  der  Ketzerei:  er  hofft,  dats  die  Kirche  Bus  den  über  sie  vcrhängtei 
Prüfungen  geläutert  hervorgehen  wird.  Unter  diesem  Gesichtspunkt  legt  Da 
Sail  hohen  Wert  auf  die  Erziehung  der  Kinder,  die  er  nach  Plnlarcb,  Qnin- 
tilian,  Filelfo,  Sadolet  und  Erasmus  behandelt  Wie  er  in  der  Bildung  era 
den  wjhren  Adel  erbtickt,  wünscht  er,  dafs  die  Lehrer  mehr  Anschen  ge- 
niefsen  sollen.  Das  Kind  möchte  er  mil  Milde  und  nur  von  Männem  ia 
öffentlicbeu  Schulen  erzogen  wissen;  als  Zweck  setzt  er  die  Abwendung  von 
weltlichem  Tand  tmd  empfiehlt  Grammatik,  Geometrie,  lateinische  and  gñe- 
chiache  Sprache,  Musik  und  daneben  Handarbeit. 

Von  Du  Saix'  kleineren  Dichtungen  gicbt  uns  J.  Teile  kein  sehr  Uares 
Bild.  Bei  der  Beschreibung  von  Brou  macht  er  dem  Dichter  zum  Vorwnri, 
d»b  Et  Jean  Perreal  und  Michel  Colombe  nicht  erwähnt;  es  ist  aber  gat 
nicht  sicher,  dafs  Perreal  am  Bau  der  Kirche  beteiligt  war.  Er  hat  die  Eut- 
wätfe  ium  Grabdenkmal  Philiberts  gemacht,  an  dem  Colombe  die  Bildhauer- 
arbeilen ausführen  sollte.  Er  arbeitete  auch  an  den  Planen  für  die  Kirche, 
als  Lemaire  die  Reise  nach  Touts  antrat;  abei  bald  darjuf  erfolgte  sein  Zer- 
würfnis mit  Margarets.  Unter  Le  maires  Bauleitung  war  nur  das  [ñr  die 
Mönche  bestimmte  Gebäude  neben  der  Kirche  errichtet  worden. 

Im  Petit  fatras  finden  wir  Kcistlirhe  Gedichte  und  abermals  satirische 
Aasfälle.  Im  Marquetis  übt  sich  Du  Saii  in  der  durch  AIciat  aufgebrachtes 
emblematischcn  Poesie  und  widmet  ein  längeres  launiges  Gedicht  der  Podagr". 
die  ihn  quali.  Selbstverständlich  finden  wir  bei  ihm  die  von  den  Rheto- 
rikem  gepflegten  Reimspielereien  und  ibie  künstliche  Reimgruppierungen; 
bemerkenswert  und  ein  Zeichen  der  Zeit  ist  die  Vorliebe  för  die  gepaarteB 
Zchnsilber.  Aufgefallen  ¡st  mir  auch  unter  den  angelührlen  Beispielen  eine 
Sechssi Ibeivierzeile  (p.  lOS).  Die  Sprache  macht  den  Eindrucli  einer  ttockenen 
Korrcktheil,   manchmal  gehoben  und  häufig  mit  Sprichwöttem  gcwüizt 

Antoine  Du  Sail  gehört  lU  jener  Gruppe  von  SchriftsleUern  ohne  aas- 
gesprochenen Charakter,  die  auf  Grund  ihrer  humanistischen  Vorbildung  die 
Lillern  tur  werke  des  Miuelallets  (selbst  Villon  und  Rosenroin.iD)  verachten, 
ohne  sich  von  der  Formenstairheil  und  Sc  b  wer  fallì  gk  eil  der  Rhetorik«  ka- 
machen  zu  können.  Er  ist  Rabelais'  Freund  wie  Jean  Boucbet,  der  Staais- 
anwalt  von  Poitiers,  auch  GoQtoÍ  Tory  gehöit  zu  seinen  Bekannten.  Lille- 
rarisch  sind  seine  Ideale  Saint  Gelais,  Reñí  Mací,  Herret  und  Uautice  Seve, 
„esqtult   oAtiU   invention,   ricAesie  dt  termes,   metap/mrts  tien  sujrvùi  (vor 


J.  TRXTB,  DE  ANTONIO  SAXANO.  549 

Théophile  Gantier!),  et  doulceur  de  langage  exquis  et  commun  délivrent  le 
preis  de  per  faire  ouvrages  immortelz  en  langue  françoise"  ;  und  zwar  zollt 
er  ihnen  seine  Bewnndemng,  bevor  sie  mit  ihren  Werken  vor  die  Oeffent- 
Uchkeit  getreten  sind.  Vergeblich  bemüht  sich  J.  Texte  auch  Marot  in  den 
Freundeskreis  einzuführen;  von  seiner  spielenden  Anmut  ist  kein  Hauch  zu 
verspüren.  Wenn  zum  Schlufs  Du  Saix  mit  Rabelais'  frère  Jean  verglichen 
wird,  so  ist  das  ein  schlechter  Spafs  ;  ebenso,  wenn  Karl  der  V.  zum  Kaiser 
von  Oesterreich  gemacht  wird. 

Bedeutender  durch  ihren  Gegenstand  und  von  wahrhaft  gediegener  Aus- 
fuhrung ist  die  französische  Dissertation  des  gleichen  Verfassers:  Jean- Jacques 
Rousseau  et  les  origines  du  cosmopolitisme  littéraire,  étude  sur  les  relations 
littéraires  de  la  France  et  de  l'Angleterre  au  XVIIIe  siècle.  Paris,  Hachette. 
Sie  zeigt  uns  die  Emigranten  und  die  damals  aufkommenden  litterarischen 
Zeitschriften  als  erste  Vermittler  der  Kenntnis  Englands,  verweilt  bei  Muralt, 
Prévost  und  Voltaire  und  untersucht  eingehend  die  vielen  Fäden,  die  Rousseau 
mit  der  englischen  Geistesbewegung  verbinden.  Dieses  Buch  ist  ein  sehr 
wertvoller  Beitrag  zur  Kenntnis  des  18.  Jahrhunderts. 

Ph.  Auo.  Becker. 


Rudolf  Zenker,  Das  Epos  von  Isembard  und  Gormund.  Sein  Inhalt 
und  seine  historische  Grundlage  nebst  einer  metrischen  Uebersetzung  des 
Brüsseler  Fragmentes.     Halle  a.  S.,  Max  Niemeyer,  1896.    M.  5,50. 

Theodor  Fluri,  Isembart  et  Gormont,  Entwicklung  der  Sage  und 
historische  Grundlage.  Basel  1895.  (Züricher  Diss.,  nicht  im  Buch- 
handel.) 

Selbst  ein  Epos,  dessen  historischer  Untergrund  im  wesentlichen  so  klar- 
liegt, wie  das  Lied  von  Gormocd  und  Isembard,  birgt  eine  Brut  von  Pro- 
blemen, deren  endgültige  Losung  kaum  zu  erhoffen  steht  Gegenstand  des 
Liedes  ist  der  Sieg,  den  der  Westfrankenkon  ig  Ludwig  der  III.  881  bei 
Saucourt  über  die  Normannen  davontrug.  Allein  weder  Isembard,  dessen 
tragisches  Schicksal  den  Kern  des  Epos  bildet,  noch  Gormund,  dessen  Ein- 
greifen zum  Hebel  der  Handlung  wird,  sind  geschichtlich  nachzuweisen. 
Augenscheinlich  flieist  der  Bericht  des  Chronicon  Centulense  sowie  der  eng- 
verwandte des  Guido  von  Bazoches  bei  Alberich  von  Troisfontaines ,  was 
Isembard  und  Gormund  betrifft,  bereits  aus  epischer  Ueberlieferung.  Es  liegt 
darum  die  Vermutung  nicht  fem,  daCs  Beide  auf  dem  Wege  der  epischen 
Uebertragung  in  unser  Epos  hineingeraten  sind,  und  es  entspricht  auch  der 
herrschenden  Ansicht,  wenn  wir  die  auf  uns  gekommene  Chanson  de  geste 
als  das  Ergebnis  des  fortdauernden  Verschmelzungsprozesses  einer  Reihe  von 
Siteren  Liedern  betrachten. 

Zenker,  der  in  das  geheimnisvolle  Dunkel  der  Entstehungsgeschichte 
unseres  Epos  am  kühnsten  vorgedrungen  ist,  huldigt  ruckhaltlos  der  Lieder- 
▼erquickungstheorie.  Nach  ihm  (S.  174)  wäre  die  Chanson  von  Gormund  und 
Isembard  aus  der  Verschmelzung  eines  Isembardliedes  und  eines  Saucourt- 
Uedes  hervorgegangen.  Dem  Isembardliede  lägen  mittelitalische  Begebenheiten 
so  Grunde,  nämlich  die  Empörung  gegen  Ludwig  den  II.  im  J.  860,  speziell 


550 


BESPRECHUNGEN.     PH.  AUG.  BECKER, 


die  Belagerung  des  GasUldcD  Iscmbaid  m  S.  Agaia  áfi  Goti,  und  der  i 
folgende  Feldiug  des  pcnannlcn  Kaiser?  gegen  die  Saraicncn.  speiiell  der 
Sieg  bei  Capua  im  J.  871.  Das  Saucourtlird  berohle  auf  dem  berüliinlen 
Siege  Ludwigs  des  III.  bei  Saacourt  mit  Eiatieïiehiaig  vcrsclii edener  rrcmder 
Elemente,  insbesondere  sagenhifter  Ueberlieferungeii  aber  den  Nonnannen- 
h erzog  Rollo. 

Die  Aimahme,  dafs  der  Castalde  Isembard  zar  Bildung  der  Sage  beitrug, 
stütit  sich  auf  den  Beinamen  ti  margará,  den  Iscmbard  im  frant.  Epos  führt, 
und  auf  die  angebliche  Aehnlichkeit  der  Erlebnisse  des  historischen  und  des 
epischen  laembard  (S.  113  fr.). 

Das  Wort  margari  ist  von  Byzani  hergekommen;  ¡taytiçC^nir  hejfíl 
2atn  saraxenischen  Unglauben  abfallen,  fiayaçitrji;  der  Abitünnige.  Diese 
Aasdiöckc  scheinen  speziell  im  9,  Jahrhundert  üblich  gewesen  zu  sein,  als 
mit  dem  siegreichen  Vordringen  der  Sarazenen  die  Zahl  der  Apostnsien  bc- 
dlohlich  lunahm;  solche  Ausdrücke  pflegen  ja  im  Gefolge  bestimmter  Zeit- 
erscheinuDgen  aufzukommen  und  sich  zu  verbreiten,  vgl.  i.  B.  Apostat,  Rene- 
gat. In  Frankreich  scheial  das  Wort  nicht  populär  geworden  zu  sein,  wenig- 
stens wird  es  weder  von  Mouskel  noch  vom  Vcifasscr  des  I.ohcT  und  Maller 
verstanden.  Allein  es  ist  nicht  erwiesen,  dafs  es  hier  von  jeher  unbekanot 
war.  Zumal  im  g.  Jahrhundert,  als  der  Normanne nanslurm  im  Norden  ühn- 
liche  Gefahren  heraul beschwor  wie  der  Saraienenanlauf  im  Süden,  mag  wohl 
ein  nordfr.'mzosischer  Ueberläufer  als  magariles  bezeichnet  worden  sein,  nod 
diese  später  unverständliche  Bezeichnung  konnte  sich  irgendwie  in  der  Tra- 
dition festsetzen  und  erhallen.  Aber  auch  am  Ende  des  II.  Jahrhunderts  war 
der  Ausdruck  margari  (vielleicht  mit  verschobener  Bedeutung)  in  NordfraiUt- 
reich  nicht  unbekannt,  wie  der  Eigenname  Margarit  dt  Sibilìi  im  Rolands- 
liede  (ed.  Uüller  v.  955)  zeigt.  Das  Wort  allein  beweist  also  nicht,  dafs  die 
Isembardsage  aus  Itilien  stammen  mufs. 

Den  Gaslalden  Isembard  kennen  wir  nut  aus  der  Chronik  von  Monte- 
cassino  (MGh.  Set.  rer.  Lang.  475).  Die  Grafen  Lambert  und  Hildebert 
haben  sich  gegen  den  Kaiser  erhoben,  mnssen  aber  vor  ihm  Qñchten;  Hilde- 
beri  gehl  zum  Sultan  von  Baii  über.  Ludwig  kommt  siegreich  bis  »ot 
5.  Agata,  dessen  starke  Befestigimg  einen  längeren  Widerstand  möglich  macht. 
Schtiefslich  erbarmt  sich  der  Abi  von  Montecassino  seines  Verwandten  Isem- 
bard, des  Gaslalden  der  be lagetlen  Stadt;  dank  seiner  Vermittlung  wird  dieser 
vom  Kaiser  in  Gnaden  aufgenommen,  and  die  Stadt  erhält  einen  Wafienstül- 
iland.  wahrend  dessen  sie  kapituüerl.'  Das  Ist  alles,  was  wir  von  diesem 
Isembard  wissen;  dafs  er  später  zu  den  Heiden  überging  und  in  den  folgen- 
den Kämpfen  eine  Rolle  spielte,  ist  eitel  Vermutung;  es  ist  nicht  einzusehen, 
warum  et  die  Thalen  und  Erlebnisse  der  Hauptanlührei  der  Empörung  an 
lieh  gezogen  hätte;  es  ist  auch  nicht  zuzugeben,  dafs  die  Sage  ihn  am 
«genem  Antrieb  lum  Renegalen  stempeln  konnte  oder  mufste.  Allerdings 
finden  wir  die  Züge  der  belagerten  Stadt  und  der  Fürsprache  der  Grofsen  in 


■  Tandem  Berlhari  abbai  condoluit  super  Hisembardum ,  consanguineura 
sibi  et  gaslaldium  obsesse  civitatis,  et  inlervenit  pro  eo  apud  imperatorcm 
augustum.  Cuius  et  pTomeruit  graliam  et  pactum  dedit  dviuti,  ac  illios  ¡mi 
protinus  urbs  mancípala  est. 


ZENKER,  FLÜRI,   ISBMBARD  UND  GORMUND.  55 1 

der  franz.  Isembardsage  wieder,  aber  nur  in  einer  Episode  des  Loher  -tind 
Maller,  deren  Ursprünglichkeit  keineswegs  verbürgt  ist:  Vor  seiner  Verbannung 
wird  Isembard  von  Ludwig  in  Saint-Riquier  belagert;  als  nun  Hungersnot 
eintritt,  reitet  er  ohne  Waffen  ins  Lager  und  fleht  den  König  um  Gnade  an; 
dieser  will  ihn  ergreifen  lassen,  auf  den  Rat  der  Grofsen  begnügt  er  sich 
aber  mit  Isembards  Gelöbnis,  Frankreich  fortan  zu  meiden.  Die  Aehnlichkeit 
zwischen  dieser  Erzählung  und  dem  obigen  Vorfall  besteht  in  so  allgemeinen 
Zügen  —  Belagerung  einer  Stadt  und  vermittelnde  Fürsprache  der  den  König 
umgebenden  Grofsen  — ,  dafs  ein  genetischer  Zusammenhang  nicht  als  er- 
wiesen zu  betrachten  ist. 

Entbehrt  nun  der  Versuch  den  epischen  Isembard  mit  dem  Gastalden 
von  S.  Agata  gleichzusetzen  einer  festen  Basis,  so  wird  auch  die  Einbeziehung 
der  Schlacht  bei  Capua  (oder  von  San  Martino)  in  die  Bildungsgeschichte  der 
Isembardsage  erschüttert  (cf.  S.  141  ff.);  sie  beruht  ohnedies  nur  auf  einem 
Namen  und  auf  der  m.  E.  irrigen  Auslegung  einer  Stelle.  Als  in  der  Schlacht 
Huon  zusammenbricht,  stürzt  sich  sein  Neffe  Gontier  auf  Gormund,  wird  aber 
von  diesem  verächtlich  abgewiesen  :  er  kämpfe  an  dem  Tage  nicht  mit  Knappen. 
Eben  in  diesem  Augenblick  greift  Ludwig  persönlich  in  den  Kampf  ein,  und 
Gormund  erliegt  seinem  Schwerte.  Zenker  nimmt  mit  Unrecht  eine  Lücke 
nach  V.  359  an  ;  ^  denn  v.  548  heifst  es  nicht,  dafs  Gontier  als  Leiche  neben 
seinem  Herrn  lag,  sondern  er  war  —  so  verstehe  ich  die  Stelle  —  als  treuer 
Hüter  neben  dem  Todwunden  geblieben  oder  hatte  ihn  zuerst  aufgefunden, 
als  Ludwig  die  vornehmsten  unter  den  Gefallenen  in  seinem  Zelte  bergen 
liefs.'  Wenn  aber  Gontier  in  der  Schlacht  nicht  nel,  so  fehlt  jeder  Anhalts- 
punkt, um  den  jugendlichen  Schildknappen  mit  Cuntart,  dem  bei  Capua  als 
Sieger  gefallenen  Neffen  Kaiser  Ludwigs,  zu  identifizieren. 

Das  Mifsliche  ist  übrigens,  dafs  das  Isembard-Guntarilied  zur  Erklärung 
unseres  Epos  nicht  ausreicht.  Die  Verschmelzung  dieses  Liedes  mit  dem 
Saucourtliede  wird  erst  begreiflich,  wenn  man  im  letzteren  eine  dem  Rene- 
gaten des  ersteren  entsprechende  Figur  annimmt.  Diese  glaubt  Zenker  (S.  154  ff.) 
im  Normannen fnrsten  Rollo,  über  dessen  Vertreibung  aus  Dänemark  und 
Flucht  nach  England  Dudo  von  Saint-Qucntin  berichtet,  gefunden  zu  haben. 
Uebereinstimmende  Züge  zwischen  den  Schicksalen  Rollos  und  des  epischen 
Isembard  kann  man  wohl  fìnden,  aber  nur  in  der  durch  Mousket  und  Loher 
und  Maller  vertretenen  Fassung  unseres  Epos,  in  Partien ,  deren  Altertümlich- 
keit mir  fraglich  erscheint.  Aber  wie  sollen  überhaupt  die  Schicksale  des 
Wikingers  zum  Gregenstand  eines  französischen  Volksliedes  geworden  sein? 
Wie  können  Vorkomnmisse  unter  den  heidnischen  Dänen  solchen  Widerhall 
in  Frankreich   geweckt  haben?    Oder  wenn  die  Rollosage   erst  später  über- 


^  Zenker  S.  9.  195  n.  i.  Fluri  S.  34  vertritt  die  gleiche  Ansicht 
*  Dafs  Huon  noch  lebte,  als  Ludwig  ihn  auffand,  geht  aus  dem  Zu- 
sammenhang nicht  mit  Bestimmtheit  hervor.  Der  Bluterguß  (v.  322  ss.)  kann 
sein  Ende  herbeigeführt  haben,  während  er  schwerlich  noch  vier  Tage  (cf. 
V.  514)  lebend  in  dem  Zustande  auf  dem  Felde  hätte  liegen  bleiben  können. 
É»  häSst  auch  nicht  v.  551  f.,  man  habe  ihn  aufs  Pferd  gesetzt,  sondern  blob 
gdxiben;  das  Halten  des  Steigbügels  von  Seiten  des  Königs  ist  ein  sym- 
bolisier Akt,  der  auch  als  Ehrung  eines  Toten  denkbar  ist  Cf.  Zenker  S.  75. 
—  Es  iit  auf  don  Brftndcr  Fragment  nicht  zu  erschliefsen,  dais  Hugo  ein 
Venfmdlar  dei  ÌCftnigi  war* 


552 


flESPRECHUNGEN.      PH.  AUG.  BECKER, 


n  ursprün glichen  Saucoartliede  c 
e  Uifigur  als  Vetmitlierin  der  Vet- 


bt;    IsemLi.-ud  det  Mar- 
ti Kj  CUI  Wege  und  »litbl 


nommcn  wurde,  müsieu  vît  dann  aicht  îi 
dem  späteren  Rol!o-Isembard  entsprechend 
Schmelzung  ancehmen,  und  so  fort  ad  inünitum? 

Dds  Problem  dcT  Entsteh  ungsj^csch  ich  le  unserer  Chanson  de  geste  ist 
anC  diesem  Wege  trotz  der  Gelehrsamkeit  und  der  bewundernswerten  Kom- 
binalionsgiibe,  die  Zenker  cotfahet  bat,  meines  Erachten*  nicht  lu  loîen. 
Obwohl  sie  nicht  lu  so  glänzenden  Ergebnissen  gelangt,  scheint  mir  Flurii 
Arbeil  in  ihrer  vorsichtigen  Zurückhaltung  dem  Wahren  näher  zu  kommen,' 
Sehen  wir  aber  von  dem  ungelösten  und,  wie  t-.t  den  Anschein  hat,  auch  un- 
lösbaren Problem  der  Entstehungsgeschichte  ab,  so  sind  die  beiden  Unter- 
suchungen, jede  mit  ibren  ogenen  Verdiensien,  als  wertvolle  Beiträge  im 
Geschichte  des  allfranz.  Epos  dunkbar  in  begrüfsen.  Ich  will  nun  versncben, 
auf  beide  gestütit,  die  sichergtehenden  Ergebnisse  der  Porachnng  zutammen- 
znfaSBen. 

Das  Epos  von  Gomurtä  und  Isembard*  hat  zwei  Bearbeitungen  erlebt. 
Die  ältere  ist  uns  durch  das  Brüsseler  Fragment  und  die  Anspielungco  des 
Chronikon  Cenlulense,  Alberichs  von  Troisfontaincs  und  Galfrids  von  Mon- 
moutli  bekannt:  Meister  Isembard,  der  Sohn  des  alten  Bernhard,  ist  tum 
Heidenkönig  Gormund  nach  Cirencester  in  England  geHohen  und  hat  ihn  be- 
stimmt in  Frankreich  einzubrechen;  bei  Cayeui  kommt  es  zur  Schlacht,  Gor- 
mund  fällt  nach  heldenmutigem  Kampfe  von  Ludwigs  Hand,  der  sich  dabei 
verstreckt,  eo  dafs  er  nachher  keine  30  Tage  n 
gatit  sammelt  nbermals  die  Heiden,  lallt  aber  a: 
renmûtig. 

Die  jüngere  Fassung  unseres  Epos  wird  vortreten  durch  Philippe  Mousket, 
den  Prosaroman  von  I^her  und  Maller  und  eine  Anspielung  bei  Nikolaus 
von  Amiens:  Isembard,  Neffe  dea  Königs  [in  der  älteren  Fassung  nicht  gant 
sicher]  und  Vetter  Raouh  von  Cambrai  [charakteristiscb  !] ,  ist  der  Sohn  des 
Grafen  Garin  von  Ponthieu;  die  vom  Könige  begiinstigtcD  Schälke  {"rf)  ver- 
anlassen seine  Sendung  zum  Dancnkonig  und  ermorden  seinen  Bruder;  Ludwig 
will  die  Fehde  durch  eine  Heirat  schlichten,  scheitert  abet  an  Iscmbardl 
Trotze;  dieser  muís  mit  seinem  Knappen  Ludemarl  ins  Elend,  begiebt  lich 
über  England  nach  dem  Orient  zu  Gormund,  schwort  seinen  Glauben  ab  [im 
allen  Licdc  unbestimmt]  und  heiratet  Garmunds  Tochter  Margot:  nach  vor- 
übergehender Ungnade  lieht  Isembard  mil  Gormnod  gegen  Frankreich;  Ludwig 
versöhnt  sich  angesichts  der  Gefahr  mit  seinen  Baronen,  indem  er  auf  die 
Lchensgeb Uhren   verzichtet,    die   er   von  den  Witwen  zu  erheben  pflegtej    bei 

'  Fluris  Arbeil  hat  folgende  Disposition:  A.  Entwicklung  der  Sage. 
I.  Die  Sage  in  der  vulgären  Literatur;  aï  Mousket,  b)  Loher  und  Maller, 
c)  Brüsseler  Fragment,  d)  Anspielungen.  lì.  Die  Sage  in  der  laleinischea 
Literatur.  IH.  Die  Sage  in  EngUnd.  IV.  Die  Sage  in  IrUnd.  (S.  9— iOl). 
B.  Geschichtliche  Grundlage  (S.  102— 131).  Flnris  Schlufseigebnii  ist  nicht 
richtig,  weil  er  die  Stelle  von  GelTrei  Gaimar  nicht  kannte. 

'  Zenker  wie  Fluri  verwerfen  die  von  G.  Paris  vorgeschlagene  Beneanung 
Le  roi  Louis  und  entscheiden  sich  mit  P.  Meyer  für  Isembarl  tt  Germani, 
Ich  halle  Gormont  et  Isembarl  Tur  richtiger,  weil  Gotmund  als  HeidenkÖDIg 
im  Vordergrund  steht;  die  alten  Anspielungen  nennen  fast  durchweg  Gorm und 
vor  Isembard.  Wollte  man  das  Lied  nach  Isembard  nennen,  was  gewüs  be- 
rechtigt ist,  so  ücfse  man  am  besten  Goimund  vom  Titel  weg  und  nannte  die 
Chanson  elwa:  iioislre  Isembart. 


ZKNKBR,  FLÜRI,   ISSBCBARD  UND  GORMUND.  553 

Amiens  kommt  es  znm  Zusammenstofs,  Gormnnd  nnd  Isembard  fallen  von 
des  Königs  Hand,  den  Sieg  entscheiden  aber  die  Frauen  von  Amiens,  die 
seither  das  Vorrecht  haben  in  der  Kirche  rechts  zn  sitzen. 

Zahlreiche  Anspielungen,  zumeist  ganz  allgemein  gehalten,  finden  sich 
aufserdem  bei  französischen  und  provenzalischen  Dichtern  und  lateinischen 
Chronisten.  Eigentumlich  entstellt  ist  die  Sage  bei  Wilhelm  von  Malmesbury; 
interessant  ist  die  hier,  im  Loher  und  Maller  und  im  Epos  Huon  Chapet  an- 
gedeutete Beziehung  zwischen  Ludwigs  frühem  Tode  und  dem  Dynastien- 
Wechsel;  erwähnenswert  ist  die  Verbindung  Grormunds  mit  der  Tristansage  bei 
Gottfried  von  Strafsburg  (cf.  Lambert  von  Ardre).  Sonst  haben  diese  Zeug- 
nisse alle  wenig  Wert  fur  die  Geschichte  der  Sage. 

Wichtig  ist  aber  die  Anspielung  bei  Galfried  von  Monmouth,  weil  er 
die  Gormundsage  mit  der  fabelhaften  Brittengeschichte  verquickt  hat:  Die 
Sachsen  verbunden  sich  mit  Gormund,  dem  König  der  Afrikaner,  der  in  Irland 
eingefallen  ist,  besiegen  Careticus,  den  König  der  Britten,  und  schliefsen  ihn 
in  Cirencester  ein;  hier  kommt  Isembard,  von  seinem  Oheim  Ludwig  unge- 
rechterweise vertrieben,  zu  Gormund  und  schwört  ab  unter  der  Bedingung, 
dafs  er  gegen  Frankreich  ziehen  werde;  der  Zug  dorthin  wird  aber  nicht 
mehr  erzählt.  —  Galfrieds  Nachahmer,  Brut  Tysylio,  Wace  und  nach  ihm 
Layamon,  und  Vita  Merlini,  erzählen  übereinstimmend,  wie  das  belagerte 
Cirencester  (Gloucester  oder  Silchcster,  der  Name  wechselt)  dadurch  einge- 
nommen wird,  dafs  eingefangene  Sperlinge  mit  Feuer  in  Nufsschalen  an  den 
Fûdsen  angebunden  losgelassen  werden  und  die  Häuser  in  Brand  stecken. 

Die  Uebereinstimmung  der  Bearbeiter  Galfrids  in  der  Erzählung  der 
Sperlingslist  macht  eine  gemeinsame  Quelle  wahrscheinlich,  sei  es  eine  von 
allen  benutzte  Quellenschrift,  oder  eine  jüngere  Zuthat  in  der  von  ihnen  be- 
arbeiteten Hist.  reg.  Britt.  [oder  gar  ein  ursprünglicher  Bestandteil,  der  nur 
durch  Zufall  in  der  Ausgabe  fehlt??],  sei  es  eine  englische  Lokalsage.  Denn 
eine  Entlehnung  aus  dem  französischen  Epos  scheint  ausgeschlossen,  weil  sonst 
der  eine  oder  andere  den  Versuch  gemacht  hätte  Galfrids  Bericht  über  Gor- 
mund irgendwie  zu  ergänzen,  was  nicht  einmal  Wace  thut.* 

Uebrigens  scheint  die  Sperlingslist  dem  französischen  Epos  fremd  zu 
sein.  Nichts  deutet  an,  dafs  im  alten  Gormundliede  von  einer  Einnahme 
Cirencesters  die  Rede  war  ;  es  heifst  im  Brüsseler  Fragment  v.  472  à  Ctren' 
cestre  à  voz  cuntrees.  Im  Loher  und  Maller  findet  sich  die  List,  indes  sie 
sie  hier  schwerlich  alt:  Die  zweite  Landung  in  England  fehlt  bei  Mousket; 
sie  ist  unbegründet,  da  Isembard  das  erste  Mal  auf  seiner  Flucht  freundlich 
aufgenommen  worden  war.  Es  hat  ganz  den  Anschein,  als  hätte  der  Ver- 
fasser des  Loher  und  Maller  zwei  Ueberlieferungen  mit  einander  verschmolzen, 
den  Bericht  des  Gormundepos  jüngerer  Fassung,  das  Isembard  vor  seiner  Flucht 
zu  Gormund  nach  England  kommen  liefs,  und  die  englische  Umgestaltung  der 
älteren  Gormundsage,  welche  einen  gemeinsamen  Aufenthalt  Isembards  und 
Gormunds  in  England  und  die  Einäscherung  Cirencesters  durch  Sperlinge  er- 
wähnte. Diese  letztere  war  ja  durch  Wace  nach  dem  Kontinent  gebracht  worden. 


I  Wace  hat  den  Bericht  Galfrids  durch  freie  Erfindung  erweitert;  erst 
ein  jüngerer  Abschreiber  hat  einen  knappen  Abrifs  des  Einfalls  in  Frankreich 
(nach  der  älteren  Fassung)  in  den  Text  eingefügt  (cf.  Fluri  S.  83  f.). 


554 


BBSPRECHÖNGEN.      G.  G.,    W.  METER-LÜBCK, 


la  Blngland  hingtgea  scheint  die  Sperlingslisl  aile  UeberliefeTUDg  ge- 
wesen lu  sein.  Sic  wird  von  Geffrci  Gnimar  aU  due  Ldsiung  des  läehsiichen 
FüratfD  Cerdig  (Caretìcus)  eizählt,  ohne  Anh  Gormund  and  Iscmbird  dabei 
erwähnt  würden.  Vgl.  die  votirefflichen  Auslahningeo  Zenkers  S.  (04 — loq. 
Offenbar  folgt  hiec  Gcffrei  Gaimsr  einer  besoaderea  Quelle;  ofTcnbar  liegt  hier 
eine  englische  Lokaltage  vor,  die  erst  Infolge  der  Verquickung  det  Goimund- 
sage  mit  der  fabelhaften  Britten  geschieh  te  auf  Gormund  übertragen  wurde.  Die 
Sperlingslist  ist  nicht  mit  dem  franz.  Epos  nach  England  gekommen,  sie  ist 
der  Goimundsage  eigentlich  fremd,  wurde  erst  in  England  in  dieselbe  einge- 
fügt und  ñadet  sich  deshalb  auf  dem  Kontinent  nur  in  einem  spaten  Denkmal 
(Lofaer  und  Maller)  als  jüngere  Zulbat. 

Die  alle  Gormundsage  hat  demnach  ihren  Ausgangspunkt  nicht  in  einer 
englischen  Lokalsage.  Cirencester  in  unserem  Epos  ist  nur  ein  lafallig  über- 
nommenei  Ortsname.  Mit  anderen  Worten,  das  Epos  von  Gormund  und 
Isembnrd  ist  ein  rein  kontinentales  Produkt,  mit  det  Besonderheit,  dafs  ein 
Teil  (nur  ein  geringer!)  England,  speziell  Cirencester,  iura  Schauplati  hat. 
Im  äbrigen  batte  der  alte  Dichter  von  den  englischen  Verhältnissen  so  ver- 
worrene Vorstellungen,  dafs  für  ihn  Gormund  nicht  nur  König  det  Iren, 
sondern  auch  König  von  Afrika,  Kaiser  der  Lausitzen  und  Herrscher  der 
Araber,  Türken  und  Perser  ist. 

Hier  stünden  wir  abermals  vor  der  Frage  nach  der  geschichtlichen  Gmiid- 
lage  unseres  Epos,  d.  h.  vor  dem  eigentlichen  Problem.  Im  Ludvig  unseres 
Liedes  erblickt  man  mit  Recht  Ludwig  den  UI.,  den  Sohn  des  Stammlers; 
auf  ihn  pafst  der  Normannensieg  und  das  frühe  Ende;  freilich  verletzte  er 
sich  erst  Jahrs  darauf  zu  Touis  unter  einem  Thorbogen,  ils  er  zu  Pferd  der 
Tochter  eines  gewissen  Germund  nachselite.  Wieviel  Gormund  den  Danen 
Guthorm  oder  Wurm  verdanken  kann,  ist  schwer  auszumachen;  die  Nameni- 
form  bestimmte  vielleicht  der  eben  eiwälinle  Germund?  Gewifs  ist,  dafs  man 
in  Frankreicli  von  den  inneren  Verhältnissen  lier  Dänen  in  England  nur  tin- 
klare  und  unvollständige  Kenntnis  gehibt  haben  kaon.  Die  wichtigste  Figur 
bleibt  Isembard;  sie  ist  die  rätselhafteste.  Ist  sie  geschichtlich  í  ist  sie  ent- 
lehnt? ist  sie  crfundeor  Jedes  ist  denkbar,  keines  zu  erweisen.  Es  können 
LokflUraditionen  bestanden  haben.  Ist  aber  nicht  auch  Ganelon  erfunden? 
Für  die  Nebenfiguren  verzichte  ich  am  liebsten  von  vornherein  auf  geschicht- 
lichen Nachweis.  Bekanntlich  ist  kein  Epos  ohne  Helden  und  ohne  Handlung 
denkbar;  sind  sie  geschichtlich  nicht  gegeben,  so  mufs  sie  der  Dichter  erfinden. 
Ph.  Aug.  Bbckkr. 


Hosunlft  No.  96,   Octobre  1895,   T.  XXIV. 

F.  Lot,  £litde  lur  ta  provenanct  du  cycle  Arthurien.  I,  Le  sens  du 
mot  Brelan  au  XII'  siicle.  Gegenüber  Zimmers  einseitiger  Auffassung  von 
Stellen  der  lai.  Chronik  etc.,  in  denen  Brilones,  BrÜannia,  Sritanniea  immer 
nur  auf  Armorica  gehen  soll,  weist  L.,  gestützt  auf  eine  gröfscre  Aniohl 
von  Stellen  namenlUch  lateinisch  schreibender  Waliser  des  II.  Jhs.,  eine  Ver- 
wendung jener  Worte  auch  im  weiteren  Sinne  nach.  Man  erkennt,  dais,  wie 
auf  dem  KontiDcnl  Gallia  Galli  etc  neben  Praneia   und  Pranei  eiaher^t, 


ROMANIA  NO.  96.  555 

und  die  Bedentnng  der  jüngeren  Namen  je  nach  dem  Standpunkt  nnd 
der  Nationalität  der  Histonographen  eine  verschiedene  ist  (s.  Hoefft,  France 
Franceis  Franc,  1891),  so  anch  Britones,  Britànnica  im  antiquarischen  Sinne, 
neben  WalUnses  nnd  Armorici,  in  England  nnd  Frankreich  in  Gebrauch 
bleiben  konnten,  der  Franzose  (wenn  er  nicht  Bücher  englischer  Autoren 
übersetzt)  also  Britones  ohne  weiteren  Zusatz  für  die  Bewohner  der  Bretagne 
ebenso  gut  wie  der  Engländer  oder  Waliser  fiir  die  Britones  seines  Landes 
sagen  konnte;  —  Franzose  und  Engländer  waren  dagegen  gehalten,  jener  wenn 
er  von  den  Britones  Englands,  dieser  wenn  er  von  denen  Frankreichs  sprach, 
durch  einen  Zusatz  zur  Gattungsbezeichnung  Britones,  wie  Wallenses,  Armorici, 
oder  zu  Britannia  durch  ein  Wort  wie  minor  gegenüber  „Britannia'*  u.  s.  w.  be- 
merkbar zu  machen,  dafs  er  nicht  im  zunächstgelegenen  Sinne  (seines  Landes)  von 
Britones  und  Britannia  spräche,  sondern  von  den  gleichbenannten  Bewohnern 
des  andern  Landes.  —  L.  hätte  dies  noch  kbrer  hervorheben  können.  — 
//.  De  la  provenance  des  lais  dits  bretons.  Die  Prüfung  des  Grebrauchs  von 
breton  in  den  Lais  ergiebt  dasselbe  Resultat;  breton  meint  armorikanisch, 
wenn  der  Lai  in  der  Bretagne  spielt,  walisisch,  wenn  in  Grofsbritannien,  — 
beides  ereignet  sich  in  den  Lais  eines  und  desselben  Verfassers,  also  bei  Marie 
de  France.  Zimmer  beschränkte  die  Verbreitimg  und  Entstehung  der  Lais 
daher  mit  Unrecht  auf  die  Bretagne.  Im  Lai  Milon  werden  Bretons  d'Ar- 
m  ori  que  genannt,  weil  darin  auch  von  Engleis  (Bewohnern  Englands)  die 
Rede  ist.  In  Folie  Tristan  (Hs.  Douce)  erfahrt  Tristan  von  den  an  der  bre- 
tonischen Küste  gelandeten  Schiffern,  dafs  sie  nach  „England*'  zurückkehren 
(sie  stellen  sich  auf  den  Standpunkt  des  kontinentalen  Fragers),  und  er  fordert 
sie  auf  nach  Br etaine,  d.i.  England,  zu  segeln  (er  stellt  sich  auf  den  Stand- 
punkt der  aus  England  gekommenen  Matrosen,  die  ihre  Heimat  Bretaine 
nennen)  u.  s.  w. 

P.  Meyer,  C  et  G  suivis  d*A  en  provençal;  étude  de  géographie  Un» 
guistique  (mit  Karte).  Genauer  als  es  durch  Suchier  im  „Grundriís"  und 
durch  W.  Meyer  -  Lübke  in  der  Gram.  d.  rom.  Spr.  geschehen ,  zieht  M.  hier 
die  Grenze  für  das  Gebiet  des  ^A(a)  und  ^(a),  /(a)  und  ^(a),  und  zwar  stützt 
er  sich  dabei,  aufser  auf  Patoistexte  und  Urkunden,  vornehmlich  auf  Orts- 
namen, bei  denen  im  Etymon  ^(a)  ^(a)  vorhanden  war  oder  wahrscheinlich  zu 
machen  ist,  verfährt  also  ebenso  wie  Kölscher  in  seinem  Versuch  über  „die 
mit  dem  Suffix  -acum,  -iacum  gebildeten  frz.  Ortsnamen"  (1890),  der  der  Be- 
stimmung des  Gebietes  der  verschiedenen  prov.  und  franz.  Reflexe  des  ver- 
breitetsten  keltischen  Ortsnamensuffixes  galt.  Die  beigegebene  Karte 'des  süd- 
lichen Teiles  Frankreichs,  in  die  die  in  Frage  kommenden  Ortsnamen  in  der 
heutigen  Form,  soweit  sie  feststellbar  war,  eingetragen  sind,  ermöglicht  einen 
schnellen  Ueberblick  über  die  gefundene  Grenze,  die  im  allgemeinen  zwischen 
dem  45.  und  44.  Breitengrade  zieht  und  merkwürdigerweise  jenseits  der  Rhone 
ungefähr  mit  der  Grenze  zusammenfallt,  die  man  für  das  Iberergebiet  gegen 
Norden  ermittelt  zu  haben  glaubt,  während  diesseits  der  Rhone  das  Gebiet 
der  ehemaligen  ligurischen  Salluvier  (Provence)  ein  Ai-Gebiet  gewesen  m 
sein  scheint,  in  dessen  mittlerem  Teil  (Basses  Alpes)  nur  jetzt  auch  ch  auf- 
tritt. Dais  M.  sein  vielfältiges  Material  sorgfältig  gesichtet  hat,  iit  adbat- 
verständlich;  ebenso  dafs  er  in  dem  Ergebnis  der  Untennchimg  due  Bcttití» 
gung  für  seine  Theorie  vom  Nichtyorhandemeiii  v«o  DIakkIv*  *»^'ifc«  olh 


äj6 

|Mdl  Ac  topognpblKhcn    und  die  Verkehrs  Verhältnisse  der  Greazgebicte  in 

uch  biet  aufsei  Belracfal  gela^ae 
oad  IBr  élue  Strecke  ìdi  Weslen  zur  Erklärung  einer  aufläUigen  EcscheiaDog 
am  eine  Hjrpotbei«  aneenifen  wird. 

lf£LAN(ÏES.  F.  Bonnaidot,  A  gui  Jaiques  de  Longuyim  a-t-ü  ü- 
m  Ì*  feèwit  4m  „Vmifx  du  j/aon-.  Es  ist  niclit  Herzog  Tbiebant  11.  tml 
LotliriiiKtn,  Bodi  Onf  TUebaut  n.  voii  Bar,  wie  von  Verschiedäien  biskn 
UgeDammon  wvide,  Kmäera  dessen  Sohn  Thiebaut,  der  i30j^ijii  Biscliof 
TOB  Uttkh  war.  B.  «tdlt  dc-s  fest  mit  Hilfe  eiaes  Gedichts  einer  Metía 
Htq  Ton  llim  im  Jahrb.  f.  lotbr.  Geschichte  u.  AlterthumskunJe  (1895)  gedrucbi, 
das,  «ble  NaeUAdanf  der  Vaux  du  pao»,  die  PetsoD  jenes  Biichofs  kriuit- 
Hch  macht.  Cr.  G. 

A.  Thomas,  Btymatagiat  frmn^ùfi.  Càêvtmt,  Wsrìiiìaiw,  fiAt  mt 
pro*,  caòtdt,  itsl.  «at«<nw  anf  *eafäait  statt  eafititit  mrflck;  kamt»  'le  «otps 
d'une  ipingle  avant  qoe  la  tète  7  soit  mÍM'  Cmgettaltong  mn  àmmtt;  hafm 
in  do-  RedeoMit  Martift  à  la  kofut,  ptksrdische  Form  n  awMrr  {¡tértear^; 
ffmilmr,  Tolkietymoloiiach  UT  Uteres  ÂarfaiUair; .  ^gmy.  ronü  'Geatr^p' 
ans  *nul*H  von  ruHum.  Sind  alle  diese  DentanfCB  swdiellaa  lichtlc,  10 
glebt  doch  die  erste  in  denkoL  Wie  lumunt  es,  dsb  da  etfntdogbd  so 
dnrchiiditiKes  Wort  wie  eafilo  ca/Mmi.  gäOidti  aas  cánem  ateta  gèbiia^ 
Uchen  Stamm«  mittelst  eines  iteu  tebiiachlldten  Snffizes,  dieses  StíBm.  vb> 
tanaeht  gegen  dn  viel  sdienereaP  Liegt  der  Grand  in  der  Betonong,  widlte 
Bsa  sn  edfä»  nicht  eafiOnt  bilden?    Non  Uqnet 

O.  Densnsiann,  Fr.  fciUfVM.  vettddlgt  mit  K«dt  die  Diessdw  Ber- 
Utnng  von  baJUuz  mit  glftekUchem  Hinweis  anf  nun.  VStftt,  nm:  wird  msa, 
wie  G.  Paris  in  efaier  Not«  berroAebt,  In  dem  SnSze  gtni.  -iitg  an  sehn 
haben,  da  du  Wort  tanicht  afr.  fct&mf  lautet.  W.  MzTxi.-LflBEK. 

G.  A.  Naata,  La  Dann  macabri;  der  von  G.  P.  in  der  Rom.  14, 119 
erkantite  Zosainnienhang  voti  (dame)  Macabre  oder  vielmehr  Macabri  mit  dem 
Namen  Mtcciuthattti  wird  als  sehr  wahrscheinlich  durch  den  Namen  J&Ua- 
beusdanj  erwiese»,  den  ein  niederUndischet,  IfSl  gestorbener  Dichter,  Anllio- 
nii  de  Rovere,  anwendet. 

P.  Meyer,  La  DisetnU  de  S.  Paul  en  enfer,  . .  .  ntU  compUmentaire 
B.  Ztschr.  XX.  417. 

A.  Moiel-Fatio,  &ip.  Yogar,  ati  iwei  Stellen  im  Don  Quidiole  im 
Sinne  von  jacere,  wortipielend  mit  jocare,  gebraucht,  wird  als  =:jacere  nul 
HiUe  der  im  Fuero  Juzgo  vorkommeoden  Perfekt  form  ^iff«  ^  jacuit  featgestdlt, 
SU  der,  infolge  der  Aehnlichkeit  des  Ferf.  von  yogar  :  yegò,  ein  analogischei 
Infinitiv  nach  der  l .  Konj.  yugar  gebildet  worden  ist. 

COMPTES  RENDUS.  Marchot,  Les  glasés  de  Caesel  (G.  P.);  Kri- 
dscher  Jahresbericht  über  die  Fortschritte  der  rom.  Philologie,  hrsg.  v,  Voll- 
möller  u.  Otto  etc.  i .  Jahrg.  (G.  P.) ;  '^iWtms,  Etude  sur  i'Yiengriimu 
(L.  Sudre). 

PÉRIODIQUES:  Ztschr.  f.  rom.  Philologie  XIX  2.  3  (G.  P.).  —  Reme 
hispanique  1894.  1S95  (Morel -Patio).  —  Revue  des  Longues  Romanes  1S94 
(P.  M.].  —  Revue  de  Philologie  Française  et  Provençale  t.  VII  (1S93}.  — 
Bnllettìn  lilst.  et  philol.  (Corniti  des  travani  hiitoriqnes)  1894,  No.  3.  4. 


GIORNALE  STORICO  VOL.  XXVII.  557 

CHRONIQUE:  Nekrolog  for  A.  de  Montaiglon  und  Clair  Tisseur. 
Nachricht  über  eine  in  Cambridge  aufgefundene  Hs.  von  Gowers  Speculum 
hominis  und  über  andere  wiedergefimdene  oder  bisher  unbekannte  altfrz.  Hss. 
Notiz  über  Mommsens  Abhandlung  über  die  Interpolationen  im  gromatischen 
Corpus,  über  eine  neue  Herleitung  von  mcUelot  aus  niederl.  mattennoot  «= 
Matten-  (Pritschen)genosse,  in  einem  niederL  Gedicht  belegt,  von  matta,  und 
über  neue  Bücher.  q^  q^ 


Oiomale  Storico  della  Iietteratara  Italiana.    Anno  XIV,  Vol.  XXVn, 
fase.  2 — 3.   . 

G.  Rua,  L* epopea  savoina  alla  corte  di  Carlo  Emanuele  /.  Parte  II, 
V  Epopea  di  Carlo  Emanuele  I,  In  diesem  zweiten  Teile  des  Aufsatzes  (vgl. 
Ztschr.  XIX  S.  147)  giebt  Rua  eine  gedrängte,  aber  anschauliche  Uebersicht 
über  die  hauptsachlichsten  Gedichte,  welche  Karl  Emanuel  selbst  und  seine 
Thaten  zum  Gegenstand  haben  :  seinen  Charakter,  seine  Talente,  seine  wissen- 
schaftlichen und  künstlerischen  Bestrebungen,  seine  Anspräche  auf  die  Krone 
Frankreichs  und  Deutschlands,  seine  Feldzüge  gegen  Saluzzo,  Genf  und  die 
Provence,  seine  Pläne  zu  einem  Kriege  gegen  die  Türken,  seine  Kämpfe 
gegen  die  Spanier.  Bei  Besprechung  der  letzteren  wird  auch  der  Mahnungen 
zum  Frieden  und  der  Gegner  des  Herzogs  gedacht.  S.  235  Z.  1 8  ist  das  crie 
durchaus  richtig:  „dais  man  nur  noch  Totenlieder  . . .  erschallen  lasse". 

A.  Farinelli,  Don  Giovanni,  Note  critiche  (Fortsetzung  von  Gsli 
XXVn  S.  I  ff.;  vgl.  Ztschr.  XX  S.  423).  F.  behandelt  in  dem  Schlüsse  seiner 
sorgfaltigen  und  interessanten  Studie  die  Don  Juansage  in  der  Musik  und  die 
Bearbeitung  des  Stoffes  im  neunzehnten  Jahrhundert  In  ersterem  Teile  erfreut 
mich  besonders  die  feine  Würdigung  der  Oper  Mozarts,  im  zweiten  Teile 
zeigt  sich,  wie  im  neunzehnten  Jahrhundert  oft  das  Don  Juan-  und  das  Faust- 
motiv vermischt  werden.  S.  262  roufs  es  in  Anm.  i  letzte  Zeile  wohl  dein 
Mörder  heifsen,  und  S.  279  fehlt  in  Anm.  i  viertletzte  Zeile  zu  Anfang  es, 
S.  308  Anm.  letzte  Zeile  1.  Fontane, 

R.  Sabbadini,  Briciole  umanistiche,  VI,  Francesco  Fontano,  Eine 
estensische  Handschrift  enthält  drei  unbedeutende  Elegien  des  Francesco  Fon- 
tano, aus  welchen  man  aber  einige  Nachrichten  entnehmen  kann.  Er  war 
von  Bologna  nach  Florenz  gekommen,  wo  er  bereits  das  Epiphaniasfest  1429 
verlebte.  Seit  1424  mindestens  war  er  in  Bologna;  in  Florenz  blieb  er  bis 
1430.  VIL  Per  la  morte  della  moglie  di  Gasparino  BanuiMa.  Von  den 
Trostschreiben,  welche  Barzizza  beim  Tode  seiner  Gattin  erhielt,  sind  ims  nur 
zwei  erhalten  :  ein  Gedicht  Antonio  Baratellas  und  ein  sehr  warmer  Brief  des 
Guarino  Veronese.  Aus  der  jämmerlichen  Dichtung  des  ersteren  giebt  S.  nur 
eine  Stelle,  welche  inhaltlich  interessiert,  da  es  mit  ihrer  Hilfe  und  in  Ver- 
bindung mit  Guarinos  Brief  möglich  ist,  den  Tod  der  Gemahlin  Barzizzas 
ziemlich  sicher  in  das  Jahr  14 18  zu  setzen.  Der  Brief  Guarinos  wird  ganz 
abgedruckt. 

VARIEtX  : 

E.  Bertana,  Gü  sciolti  „Sulla  Guerra"  di  G.  Patini  zeigt  durch  eine 
Menge  Belege,    dafs  am  Ende  des  18.  Jhd.  eine    ganze   Reihe   italienischer 


358  BBSPKECHUNGEN.    B.  WISSE. 

SehrílUteller  ihre  Stimme  Regen  dec  Krieg  erhobco.  Ich  kann  aicht  zugebei, 
da/s  iwischen  der  Epistel  Parinis  und  seiner  Ausführung  im  Giorno  ein 
Gegensatz  boleht.  In  ersKret  verwirft  er  den  Krieg,  in  lelilercm  Iñhrl  a 
KÍne  Salire  ^egcn  deo  jungen  Adligen,  der  zwar  ein  Schwert  trägt,  abet  au 
Feigheit  niemals  seine  Waffe  gebrauchen  wird,  nicht,  weil  er  sich  elm 
Bftch  Parinis  Vorschriften  richtet;  ob  der  Krieg  »erweHTich  ial  oder  nidil, 
spielt  dabei  gar  keine  Rolle  und  wird  hier  nicht  beurteilt.  Damit  filli  die 
Entgegnung,  welche  Benana  S.  361 — 361  dem  jungen  Herrn  in  den  Mund  legt. 

G.  Rossi,  La  coUtûane  Giordani  deUn  Bibbatcca  Comunali  di  Bologna. 
Diese  Sammlung  enthalt  eine  ganze  Reihe  Schriften  über  die  Frau.  R.  be- 
schreibt daraus  die  Werke,  welche  im  16.  Jhd,  erschienen  (nicht  hiofs  jt- 
schrieben  wurden),  mit  Vorweisen  auf  die  Bibliographie  des  ouvrages  relalifs 
%  l'amour,  Brunei  und  Giaesse.  Der  Aufzählung  folgt  ein  Anhang  uül  don 
ftlph abelischen  Verzeichnis  der  Anfangsverse  der  Gedichte,  welche  in  Jen 
Werken  trwühnt  sind. 

RASSEGNA  BIBLIOGRAFICA: 

//  terio  cenlrnario  di  Torquato  Tasso  (Solerti  berichtet  mit  der  bc- 
kimnten  Sachkennlnis  über  dne  Anzahl  Scbiiften,  welciie  zur  Feier  des  drei- 
hundertjährigen  TodcBliges  Tasaos  erschienen  sind.  Manche  wichtigen  ì>IÌl- 
leilnngen  finden  sich  in  dem  langen  Aufsalie).  —  Wesselofiky,  Boccacci», 
la  sua  sédela  e  i  suoi  conlemforanei  (La  Dirciione.  zunächst  fast  nur  Inhalts- 
angäbe,  der  eine  eingehende  Recension  folgen  soll,  sobald  die  ilatienische 
Uebersetzung  des  Buches  erschienen  ist).  —  Mariano  L.  Patrizi,  Saggiê 
psico-antropologico  su  Giacomo  Ltopardi  e  la  sua  famiglia  (Renier,  wird 
dem  Buche  gerecht). 

BOLLETTINO  BIBUOGRAFICO: 

Faiícrini,  CeUniaru  di  oftiseeh  ianttiehi  mediti  e  rari.  IXip.2¡ — 18. 
Tracbsel,  Laurea  Noves  Fetrarc  amata;  Midaäle  original  du  XiV'siieU 
jusqu'à  présent  ¡»¿dite,  Gabotto  e  Confalonìeii,  Vita  di  Giorgio  Me- 
rlila. Ongania,  Varíe  della  stampa  itti  Rinascimento  italiano.  Vèneiio. 
Varnbagen,  nLauIrecho",  eine  italienische  Dichtung  des  Francesco  Minto- 
vano  aus  den  fahren  1511  —  23  nebst  einer  Geschichte  des  Jrantösisckrs 
FeUtuges  gegen  Mailand  1.^.1533.  Toldo,  Contributo  alla  storia  dello 
novella  francese  del  XV  e  XVI  secolo  considerala  specialmente  nelle  sue 
attinente  con  la  letteratura  italiana,  Mazzoni,  Epigrammi  itaUaiii  scelti 
t  ordinati. 

CRONACA; 

Periodid,  Idwie  MitteilanKeD ,  netienchienene  Bücher,  Nekioli^  lui 
Luigi  Tommaso  Belgrauo  nod  Carlo  Negroni, 

Bbktbold  Wiese. 


ERKLÄRUNG.  559 

Brklamxi^. 

Je  tiens  à  déclarer  que  le  reproche  que  m'adresse  M.  Stârzinger  (re- 
proche que  M.  Paris  a  reproduit  sans  discernement,  Romania,  XXV,  336), 
dans  son  compte  rendu  de  mes  Gloses  de  Cassel,  d'avoir  parlé  de  Diez  en 
termes  désobligeants,  n'est  aucunement  fondé.  Les  passages  que  M.  St.  cite 
en  note,  si  on  les  entoure  de  leur  contexte,  n'ont  pas  du  tout  le  sens  qu'il 
semble  y  attacher.  En  maint  endroit  au  contraire,  j'ai  parlé  de  Diez  avec 
admiration,  comme  il  était  naturel  et  comme  on  devait  s'y  attendre.  Il  est 
même  singulier  que  la  pensée  qu'on  pût  attaquer  Diez  soit  venue  à  quelqu'un. 
Dans  cette  affaire,  c'est  moi  qui  aurais  à  me  plaindre  d'avoir  subi  de  la  part 
de  M.  St.  une  attaque  injuste  et  d'une  malveillance  évidente. 

Je  reprendrai  la  question  de  la  langue  des  Gloses  ultérieurement.   M.  St. 

a  élucidé  un  certain  nombre  de  difficultés  (par  ex.  carisa),  corrigé  plus  d'une 

erreur  de  mon  étude,  mais  il  en  a  commis  lui-même  bon  nombre  et  en  tous 

cas  est  loin  d'avoir  rencontré  tous  mes  arguments  qui  sont  éparpillés  un  peu 

dans  toutes  les  parties  du  travail    Dirai-je  qu'il  ne  m'a  pas  convaincu  et  rap- 

pellerai-je  que  se  sont  prononcés  en  faveur  d'une  provenance  rhétique  du 

texte  MM.  Monad,  Morf  et  Bourciez? 

Paul  Ma&chot. 


Sachregister. 


i, 

•V     î  » 


Aires  Joam,  portng.  Dlchtor  174* 
Allitteration,    Uébor   dis   A.   bd 

den  Gallolateüisni  desju — Ó.Jalirli. 

538  ff.,   A.  in   den   Caansons   de 

geste  539  £ 
Altportngiesisches  Liederbitcli, 

Zum  A.  L.  14$  ff. 
Alvei  o  Martim,  portng.  Dichter  154, 

161,  199  ff. 
Aretino  Pietro  130 ff. 
Aromnnen,  Ueber  die  A.  88£  • 
Bearnisch  s.  ProvensaUsch. 
Bedoro  de'  Preti,  Lettere  amorose 

134  f. 

Casseler  Crlossen,  Zn  den  C.  G. 
8a  ff.,  118  ff 

Chansons  de  geste,  AlHtteratloa 
In  den  C  539^ 

Charinho  Pay  Gomes,  galisischer 
Tronbadonr  166,  189. 

Coelho  Estevam,  portng.  Diditer 
180. 

Coelho  Joam  Scares,  portug.  Trou- 
badour 146  f.,  161,  171,  179  ff.,  192* 

Dante,   II  nome  di  Dante  1 5  ff. 

Du  Sa  ix  Antoine,  franz.  Dichter 
547  ff. 

Englisch  s.  Germanisch. 

Estevam  da  Guarda,  port.  Dich- 
ter 190  ff. 

Eulalia,  Ueber  den  Dialekt  der  Eu- 
lalia 510  ff. 

Französisch:  Ueber  AlUtteration 
im  Afz.  539  ff.;    Tagclied  393  ff. 

Hss, 'Nachweise:  Perles vaus  Soff. 

Lautlehre:  Ueber  die  Aussprache  des 
altfrz.  ue  von  lat.  5  i  ff.;  Ascolis 
Theorie  2  ;  Einwände  gegen  dieselbe 
4  f.;  altfrz.  oi  (=  j^/)  und  altfrz.  ue 
<^5  6 — 7;  j^/  zu  f  reduziert  7,  9; 
afz.  ^r+ Flexionszeichen  7  ff.;  lieu, 
jeu,  peu  13;  Entwicklung  von  ^' 
>i«  13  f.;  rf- Vorschlag  in  dartre 
87;  r-Epenthese  nach  t  87;  afz.  dh 
{fi)  in  altenglischen  und  altdeutschen 
Lehnworten  322  ff.;  german.  Ver- 
schluislaute  und  Gutturale,  Labiale 
und  Dentale  in  Nordfrankreich  zeigen 


^tte  BiAviddiing  dar  lalninliilMii 
327;  AiftotloB  der  litferfokakn 
DcntBkn  {ßk,  tìk)  yejU  Aitwidi- 
hnig  von  JSr  3S9;  Taiflidies  an  den 
StralUmrste  ESden  (tCI,  d»  0,  n,  i 
fax  f»  u  ^  p0  Eriiahnng  des  End- 
vokals in  ^aàiû  etc)  328  ff.;  Zeit- 
punkt des  Fallens  der  Inlañtenden 
nnd  andantenden  Dentalb  330  ff.; 
afik  ¿r,  ü«  Kegt  gsdckatei  ^f  f  n 
Grande  $1$;  Eriârang  der  Doppd- 
jGDrmen  Mnredm  nnd  Mswrtsm^  hev^ 
rage  —  hentragë»  99rêr  —  onerar 
Saof.  AlUtteration  im  AJEe.  541; 
a&.  Ucbergang  von  v  m  /,  >  an  à^ 
Ir  an  ^  542.   Yjg^  aoch  Rooianisck» 


FmrmmàUhrê:  Die  TorvokaHschen  For- 
men mom.  Uh»  son  beim  Femhdnmn 
84 ff.;  Suffis  "úccus  337:  'íeeus  341; 
'ìemrt  341;  Eigennamen  anf  ^^ftieí, 
ickf  342;  anf  '■üiou,  Hston  342; 
Appellativa  auf  -iche,  -ichon  343; 
Personennamen  auf  -oche  345  ;  Ap- 
pellativa auf  "oche  346  ;  Ableitungen 
auf  'oceus  346  A.  2  ;  Personennamen 
SLuf'Usson  348  A.4;  Bildungen  mit 
-acus  349;  'Itus,  -ittus  352;  Wörter 
auf  -^äe  i-ole)  353  ;  Gründe  für  das 
spärliche  Vorkommen  der  Endungen 
'ache,  'iche  u.  s.  w.  353  A.  ;  über 
franz.  Wortkomposition  und  -ablei- 
tung  426  £;  präfixlose  Verbalsub- 
stantivs von  starken  Verben  der 
2. — 4.  KoDJug.  427;  Analogisierung 
der  endungsbetonten  Formen  von 
amer  durdi  die  Formen  mit  at 
gegenüber  Nichtanalogisierung  der 
entsprechenden  Formen  clamer  u.  ä. 
428;  die  Doppelgestalt  des  Fu- 
turums in  vendrai  neben  venderai 
u.a.  52 X  ;  chant é'je, por té'je, puisse' 

Je  522. 
Syntax:  Zur  subjektlosen  Kon- 
struktion im  Altfranzösi- 
schen 27  ff.  L  Vorbemerkungen 
über  Begriff  und  Arten  der  unper- 
sönl.  Verba  27;  das  »logische  Sub- 


SACHRBOISTBR. 


56» 


jekt"  28;  das  ,,grammat.  Subjekt" 
ü  28;  que  in  chou  qu*il  aiHent  31. 
IL  Die  einzelnen  subjektlosen  in- 
transitiven  Verba,  die  das,  was 
Träger  des  durch  sie  ausgedrückten 
Seins  ist,  im  Akkusativ  zu  sich 
nehmen:  i.  covünt  32;  2.  estuet 
34;  ö/iur/  34;  4. /a«/35;  5.^1?- 
sogne  37;  6.  apartient  37;  7.  apent 
Z7;  8.  Ä>i.r/  37;  9.  avUnt  38;  10. 
piaist  39  ;  II.  sambU,  est  (a)  viJ  40 ; 
\2.  prent  40;  l^»  passe  40;  14.  ^j/ 
41;  15.  Vereinzelte  Fälle  42.  III. 
Subjektlose  Konstruktion 
beim  Passivum  transitiver 
Verba  mit  dem  Akkusativ 
des  leidenden  Gegenstandes 
42  fF.  I.  II  fait  cher  vivre  à  Paris 
44;  2.  Neutrales  Partizip  mit  der 
Flexion  des  Maskulinums  44;  3. 
laissier  convenir  44  f.  ;  Doppel- 
relativsatze  im  Altfrz.  45  ff.  ;  das 
relative  Adverbium  que  48;  peu, 
asez  ohne  de  \%\  a  paine  {ne)  se 
oioit  nuls  amonstrer  48;  que  und 
si  „ohne  dafs**  49;  —  pour  mit 
Substantivum  als  Mengebe- 
stimmung 50  ff.  Präposit.  Ver- 
bindung anstelle  unmittelbarer  Be- 
zeichnung eines  Seienden  51;  six 
mois  de  vivres  53.  —  aussitôt, 
sitôt ,  une  fo is  53  ff. ;  aussitôt 
cette  lettre  reçue  53;  aussitôt  leur 
arrivée  54;  une  fois  le  départ  55. 
Relativsatz  als  prädikative 
Bestimmung  55  ff.  J€  Vai  vu 
qui  passait  en  fiacre  ;  Us  seraient 
là  tous  qui  attendraient  V arrivée 
des  fidèles  56;  das  Verfahren  des 
Altfrz.  57;  veschi  le  roi  ou  il  vient 
57  f.  —  ne  , .  se  , .  non,  mais, 
fors,  que  58  ff.  Verfahren  des 
Lateinischen:  amicitia  esse  non 
potest  nisi  in  bonis  ;  artem  non  odit 
nisi  ignarus  58  f.  ;  afz.  se  .  ,ne  und 
se  . .  non  59  ;  avoir  se  bien  non  59  ; 
senon  de  „entblöist  von"  60;  ne 
veient  borde  ne  maison  se  bois  non 
60;  autre  in  la  le  loierent  (Jesus) 
con  un  autre  larron  61  ;  se  non  ^=. 
se  ce  non  62  ;  se  , .  ne  mit  ein- 
schränkender Kraft  bei  positivem 
Hauptsatze  62  f.  ;  sinon  63  ;  si  ce 
rCest  64;  mais  afz.  „mehr"  64;  ne 
.  .  mais  (que)  65  ;  frz.  car  ;  sp.  pues, 
pr.  pus,  it.  poi  in  ihrer  Bedeutungs- 
entwickelung 66  ;  ne  , ,  ne  mais 
{que)  67;  die  Negation  in  tonloser 
Form  afz.  auch  ohne  nachfolgendes 
Verbum  (neportant,   neporuec  etc.) 

Zeitschr.  t  rom.  Pbfl.  XX. 


67;  ne  mais  „sondern"  68;  Ein- 
schränkung durch  mais,  ne  mais, 
mais  que,  ne  mais  que  nach  posi- 
tivem Satze  68;  mais  „aber"  68; 
einschränkendes  mais  und  ne  mais 
im  Altfrz.  69;  mes  que  „nur  dafs" 
69;  {ne)  mais  {que)  „wofern"  70; 
fors  70ff. ;  fors  tant  72;  ne  ,. 
que  73  ff.  ;  ne  fait  que  rire,  nefet 
se  rire  non  73;  „nur"  beim  Sub- 
jekt afz.  und  nfz.  74  ;  ne  , ,  que  mit 
einem  Komparativ  75  ;  il  ne  fait 
que  de  sortir  75;  einschränkendes 
que  ohne  ne  76;  rien  que  77;  afz. 
sanz  plus  yy;  ne  , .  pas  que  78.  — 
Von  den  infiniten  Verbformen  im 
Neufranzösischen  277  ff.;  Uebersicht 
über  die  Verbformen  des  Neufran- 
zösischen 313  ff.  ;  ma  vieille  als  An- 
rede an  einen  Mann  349;  Bedeu- 
tung der  Präposition  a  im  Altfrz. 
400  f.  ;  de  in  Sätzen  wie  ave»  vëu 
de  ces  ribausP  401  ;  de  beim  Aus- 
ruf 402;  le  las  de  euer  402;  et 
zur  Einleitung  des  Nachsatzes  402  ; 
Aussetzung  des  pronominalen  Sub- 
jekts im  Altfrz.  403  ff.  ;  com  de  im 
Sinne  von  que  de  410;  Gebrauch 
von  mie  statt  point  544;  ein  mit 
avoir  verbundenes  Part.  Prät.  richtet 
sich  nach  dem  Subjekt  546;  qui  = 
si  l'on  525. 

Dialekte  :  Ueber  den  Dialekt  der  Eula- 
lia 510 ff.;  Plusquamperfektum  von 
avoir  und  être  im  Wallonischen 
5 1 1  ;  -ecul;  'egul'  im  Wallonischen 
512;  i.pl.  ind.  auf  -ä  im  Wallon.- 
Lothr.  512  A.  2  ;  hiatustilgendes  v 
{w)  im  Wallonischen  513  A.  3; 
Wallonisch  j*oûvéure  (=  ouvre), 
jHntéure  {=s  entre)  u.a.  52 1;  Ver- 
balpräfix ac  =  adcon  525  ;  wall,  da 
min,  da  tin,  da  sBn,  da  nçs*,  da 
VÇS*  s=s  le  mien,  le  tien,  le  sien 
etc.  526. 

Gallisch,  Einfluís  des  Gallischen 
auf  das  Leteinisch-Romanische  530; 
sr  gallisch  zu.fr  530. 

Gallolateinisch  s.  Lateinisch. 

Gar  eia  Gonçalo,  port  Dichter  193. 

Garcia  Joam,  port.  Troubadour  1 56 f., 
194  ff. 

GarciaBurgales  Pero,  port.  Dich- 
ter 184  ff. 

Garcia  Esgaravunha  Femam, 
port.  Troubadour  150,  193  f. 

Germanisch:  Diphongierung  des  ç 
german.  Wörter  beim  Uebergang  ins 
Französii  che  u.  Ital.  4  ;  Einfluís  der 
normann.  Invasion  auf  den  Sprach- 

36 


^^H           562                                                                   ^^^^H 

^^^B                        gebrauch  der  engliscben  Kirche  324 

\a  nobis,  vebii  524;  AIüKeration  bi^^^^ 

^^H                        A.  3  ;  germ.  S  321  fT.  ;  gcrm.-ronisn. 

^^H                        OrtsDamin  3I7;    4  nnd  äA  in  dco 

spräche  des  gallischen  Laieini  538  f. 

^^^H                        Strarsburgcr   Eiden   318;    germ,  lu 

I.e  livre  et  miste.e  du  glorieux 

^^^H                       »ii.  und  prav.  la       t,  ù  3S7:   vi- 

seigneur      el      mártir      sainl 

^^H                       riicTcnder  AnUul  bei  Schallslämmen 

A  d  ri  e  o  éd.  Picot  40S  ff.  (M<rlrisclie 

^^^H                       367;  Behandlung  von  t,  í,  f  germ. 

Form.  Vcr,b.iu  u.  Reim  dra  Denk- 

^^^^H                      Lehnwoiter    beim    ITebeVgaiig    ins 

mals). 

^^^H                        Fraaiösische  ^\-¡Í. 

Lourença  Jograr,    pori.  Spitlmann 

^^^B                    GouçbI' EauuFs  do  Vinhal,    port. 

155  ff.,   171,  101  ff. 

^^^1                        Dichter  205. 

^^B                       Gormund  s.  Uembard. 

'77- 

^^^H                    Toitm   BavecB,   pori.  Dirbtcr    179 

Marescotli  Gaicano,  Lellere  amo- 

^H 

rose   134. 

^^^H                   Joim  de  Guilhade,   port.  Dichter 

Moxa  Martim,    porlug.  Dichter   301 

^H 

A4. 

^^P                   Isembard  und  Gormund.    Zu  I. 

Pcdramigo,    portag.    Dichter    179 

^^                          u.  G.  5*9  ff. 

A.  1,  193. 

J                                 Itilienisch.  Laut- u.  Fermttüehrí : 

Petes    Vuilorom    Airas,    porlug. 

AbltürzuDgeti    der    Personen  naraeii 

Dichter  I54f..  160,  171,  :93.  I97ff. 

l6ff.;  PialojesJscher Dialekt  110  ff., 

Petrarca,  Die  poelischco  Vergleicht- 

115  ff.;    pist.  lieiia,    iteva,   anana 

in  Petrarcas  Africa  471  ff. 

'                                           113;  averebbe,  awtdtrai,  iafrrrà. 

PicandoQ,    portug.  Spielmann   181. 

arriltritare  1 13;  Syniiopcn  a.  Aphi- 

Poema    sull'assedio    di    Lucca    deU" 

rcscD     BUS    Vorausgehenden     Ijiut- 

aooo  1430    219  ff. 

gruppen  erklärlich  114;  Endung -ira 

PortugÍBSiscli.íi//íTaíiir^«íAicA/í.- 

114;  ue'^6   114^.:  -enle  likr  -ante 

Randglossen  îuni  allportug.  Liedci- 

116;     florent,  -a/í>-aí A    -ado  '>^ 

buclie  i4Sff.     I.  DerAmmen-Strcii 

■ado  1 171  Schicksïle  von  -cl-  137  f.  ; 

■gl-  138:   Suffix  -acco  3J5;  -aeihi- 

gtdidite  (Ti^nionen)  173:  Zeilpunkt 

in  fratacekiem    u.  S.   336;    Suffix 

des  Ammenslreites    I74ff.;    dich- 

-tea.   -ICO   337  f.:    -ceco  338:    -¿í» 

lend  e  jograres   181   À.j, 

340;  sard,  -irii  an  Eigennamen  ib.; 

¿ani-    und   Formenlehre;    G   vertritl 

Ableitungen  VDalit.-ifM.[  341:   -oeeo 

vor  ea  und  i  im  Altport  den  sümm- 

344  ¡    -eííAíd  =  -aecut  +  u/iií  344  ; 

haften  palai.  Rcibelatil    143:   Laul- 

■acola  347;     .ufco  347;    Verba  auf 

wert    des    g    in    apg.  träger    I43T 

•ttechiart  lí,j  K.%:  die  mànnUcheii 

Endungen  -ö  (=  olus)  und  ttt  die- 

äOQ A.I;    Suff.  <.rcu,   IIb:    Soff. 

nen   im   Mailand.  lur  Bildung   von 

^co.  -eca  337:  -cga  339;  -ko  345  i 

Fraaennamen    349;      Bertatla,     Gi- 

•ulhe  347  A.  2;    -itccus  348;    Bil- 

gella   u.».    als   männliche   Per- 

dungen  auf  -oU  353. 

CuUur geschickte  u.  Folklore:  Ammen 

■oUe   353  :    &)4i   (=  vobis)   513  lï.  ; 

der  Königikinder,  Milchbrüder  (col- 

Eioflurs    des  Daclitooigen  i  auf  den 

Tonvokal  ¡q  der  Mundarl  von  I.an- 

Ciano    406;     longob.  u    wird    nicht 

A.4. 

1                                     gebrochen  534. 

Provenialisch:    Suffix   -accus    im 

Lexikograph«:    Die  Schreie  de.  Ver. 

P'ov.  337:  -occKr  34S;  -uccut  348  ; 

käufer  429  ff. 

Konjugation  im  Bcarmsthen  433 ff.; 

Hss.-NachTBcise:    I  codici  Jacopanici 

ein    mit    habere   verbundene»    Pa«. 

lucchesi  500  ff. 

Prat.  kann   sich  Dach  dem  SnbjckI 

Jniïo    Bolseiro,     portug.  Spielmann 

richten  546;  Erklärung  der  Formen 

183,  103. 

tremola  (=  Iremulat),  discipal  DCben 

Konsonantenvcrdoppelung  al; 

diicipU  513.  —  Ueber  dai  Tagelied 

Folge  »ffektiïcher  Ausipiache  350  f. 

393  ff. 

Lateinisch;  Gebrauch  von  nisi  58, 

Queimado  Rui,  port  Dichter  192. 

vgl-   Franiösisch,    Syntai;      Suffii 

Rabelais  124. 

350  ;    Wandel  von  c.  t.  p  lU  g.  d. 

■"dj  crgiebt  dl.  i  oder  *  lH);  Suflii 

b  im  7.  Jahrh.  3I7;  Quantiiat  des  i' 
1 

■accus    im    R.    337;    ■€({')•"    JJ9; 

STELLBNREGISTER. 


563 


•accus  345  ;  Bildangen  auf  'ös  345 
A.  2  ;   'ûch  348. 

Ri q nier  Guirant  175,  176,  177,  178. 

Rodrigues  Mem ,  portug.  Dichter 
188,  192  À.  6. 

R  o  i  z  Mem,  portug.  Dichter  1 87. 

Romanisch:  Diphthongierung  von 
ö  4  ;  die  Verbindung  ^-\-  et  4  f.  ; 
die  Sufñxe  accus,  iccus,  accus, 
ucus  {uccus)  im  Romanischen  335  ff.; 
Sufííx  -^cus  (?)  339;  -acus,  -icus, 
-ucus  349;  Grund  der  Verdopplung 
des  c  in  -accus,  -iccus,  -uccus,  -accus 
350 f.;  Suffix  -ütus  351;  -attus  352; 
-oäus  352;  Romanische  Wörter 
deutscher  Herkunft  354  ff.  ;  zur  ro- 
manischen Vokaldehnung  in  betonter 
freier  Silbe  514  ff.;  zu  den  Vulgär- 
latein. -  romanischen  Accentgesetzen 
519  ff.;  Erklärung  des  Wandels  von 
pàlpebra^  vìgìsii. paip/bra,  cátedra 
"^cátedra  etc.;  Einfluís  des  Galli- 
schen auf  das  Lateinisch-Romanische 

530. 

Rota  Bernardino  130. 

Rumänisch:  Bedeutung  der  Konj. 
di  89;  Hinweis  auf  das  Pron.  reí. 
durch  ein  persönl.  Fürwort  92  ;  Suf- 
fix -accus  im  Rumän.  336;    -uccus 

348. 


Satire,  Zur  Geschichte  der  grotes- 
ken S.  123  ff. 

Saxanus  Antonius  s.  Du  Saix. 

S  o  a  r  e  s  Martim ,  port.  Dichter  200. 

Soares  Coelho  Joam   s.  Coelho. 

Bordello  181. 

Spanisch:  Suffix  ^^co  337;  -iega 
339;  Verwechslung  von  'iega  mit 
'^go  339;  Suffix  -accus  345;  -ujo 
347;  vccuius  wird  zu  eh  347  A.  3; 
Suffix  -uccus  348;  über  den  Bable- 
Dialekt  105  ff. 

Strafsburger  Eide  von  Nithard 
verfafst  329  ;  a,  ei,  i  in  den  Str.  E. 

330. 
Tagelied,  Ursprung  desT.es  395  f. 

Tasso  373  ff- 

T  e  n  o  i  r  o  Meem  Rodrigues,  portug. 

Dichter  186  ff. 
Tierepos,  üeber Entstehung  desT. 

418  ff. 
Trenta  Lorenzo  221. 
Vaasques    de    Talavera    Joam, 

portug.  Dichter  202  A.  3. 
Vuitorom  Airas  Peres  s.  Peres. 
Vulgärlateinisch  vgl.  Romanisch. 
Wilhelm  von  Malmesbury,   Zu 

W.  v.M.  316  ff. 
Ysengrimus.  Zum  Y.  41 3  ff.  (Ueber 

Verfasser,  Quelle  des  Y.) 


Stellenregister. 


nauisiscu. 


AI. IIa  —  28;  Ben. Chr. 4616  —  38; 
ib.  10936  —  29  ;  Froiss.  Poes.  III, 
72,  657  —  35  ;  Ch.  cygne  33356  — 
37;  Yvain  3952  —  40;  ib.  5985 

—  41;  El.  SGille  188  —  43;  ib. 
241  — -  43;  Aiol  5103  —  43; 
SThom.  989  —  43;  MFce  Milun 
170  ff.  —  43;  Rencl.  Mis.  196,  4  — 
35;  Jonas  29  —  331;  Mistere  de 
Saint  Adrien  87,  413,  421,  727,  840, 
885  —  410;  ib.  1036,  I162,  1236, 
1292,  1325,  1395,  1688,  2026,  2108, 
2121,  2164,  2196,  2292,  2303,  2662, 
2668,  2786,  2902,  3009,  3056,  3422, 
3695,  3726,  4191,  4193,  4250,  4296. 

4321,  4459»  4537.  454^,  5030»  5066, 
5162,  5534,  5598,  5623,  5845,  6079, 
6103,  6107,  6136,  6240,  6312,  6377 

—  411;  ib.  6501,  6561,  6922,  7030, 
7051,  7208,  7819,  7961,  8177,  8310, 
«313»  8424,  8454,  8839,  8876,  8920, 


9^73»  9183,  9209,  9275  —  412; 
Joufroi  3714  —  410;  Meraugis  186 
—  404;  Marques  de  Rome  29  d  2, 
ib.  30 d  I  —  405. 

Proyemliseli. 

Boethius  I,  12,  17  —  383;  ib.  20,  38, 
67,  HO,  165  —  384;  ib.  175,  177, 
184  —  385;  ib.  199.  212,  231,  235, 
241  —  386;  weitere  Bessenmgen 
zu  Crescini,  Manualetto  Provenzale 
386  ff.  ;  Besserungen  zu  L'Ascension 
546. 

Italíeiiiscli. 

Dante  Purg.  XXX  55  —  24  f.  —  Pe- 
trarca, Canzone  an  Italien  136. 

Fortusiesiscli. 

CA.  166,  19  —  149;  CV.  786,  13  — 
'53;  CV.  927,  razSamento  —  191 
A.6, 


36* 


564 


WORTREGISTER. 


Wortregister. 


Lateiiiscli. 

aiBare  (=  finden) 

535. 
ansio  140. 

bassus  (vlglt.)  537. 

batioca  350. 

capritus  (Lex  Sal.) 

352. 
capsedra  140. 

céresQs  139. 
felisia  (mlat.)  358. 
huanus  140. 
pruma  für  pruna 

534- 
sciupare  (mlat.)  363. 

Romaniscli. 

(Cassel.  Gloss.) 

caldaru  83. 
cava  83. 
cannella  83. 
cinge  82. 
dolea  83. 
esilos  82,  119. 
ferrât  82. 
figido  120. 
fomeras  83. 
gall  us  121. 
gulvium  84. 
humerus  82. 
lippus  84. 
mallei  84,  I2I. 
mansione  121. 
moi   121. 
pulcins  121. 
pulii  82. 

scapulas  82,  121. 
stabulum  121. 
uuanz  121. 

Italieniscli. 

abis  113. 

aguaito  (pist.)   114. 

Alevalio    (pist.) 

114  A.  8. 
anichin  340  A.  2. 
balocco  344. 
Baluchin  347  A.  4. 
biçco  338  A.  I. 
bolzeghin  (nordit.) 

341- 
bori  (lomb.)  529. 

bruciare  537. 

brustolare  537. 

buri  (romagn.)  529. 

busecchia  ì        « 

busecchio  I   "^^ 

buzzeffe  (pist.)  113. 


calappio  361. 
caleflfare  360. 
carizia  (pist.)  114. 
carubinieri     1  113 
cladrubinieri  1  A.  4. 
cendere  «pist.)  114 

A.  2. 
cerage  (lucch.)  139. 
chiappare  361. 
chioccare   \     , 
chiocciare  I  ^  ^* 
cocina  (pist.)  113. 
cofaccia  (tosk.)  113. 
coresto  (pist.)  114. 
culizione  (pist.)  113. 
curricule  341. 
deranno  (pist.)  114. 
dérbeda  (mail.)  86. 
derbga  (piac.)  86. 
derbi  (piem.)  86. 
diavulicchio   341 

A.  2. 
dolceghin(eto) 

(nordit)  341. 
doliccicare  341 

A.  2. 
Dolovio  113. 
drento  113. 
duracchione  336. 
dutturicchio  341 

si }  «^- 

falzoletto  (pist.) 

1 16. 
forbottare    1 1 5 

A.  5. 
fosforo  (pist.)   113. 
fravola  (pist.)   113. 
frebbe   113. 
froge  530. 
fruda  (nordit.)  530. 
i^alappio  361. 
gal  effare   360. 
galoppare  j 
galuppo     I   "^  ^ 
Gentucca  348. 
Riandarmi  (pist.) 

113. 
Giannicche   (abr.) 

340. 
gieografia  116. 

j^òa  (lomb.  mant.), 

giova  (boll,  fcrr.) 

533. 
Giudecca  338. 

ji;lisciare  366. 

graticola  341   A.  3. 


grostmi  I       ^ 
guancb  (comask.) 

359. 
guva  (lomb.)  533. 

inghilese  114  A.  i. 

innunistante  113. 

interpetre  113. 

lagorare  (pist.)  113. 

lapa  117. 

lappare  370. 

leff  (com.)  371- 

liffia  (com.)  371. 

liguori  (pist.)  113. 

malésigu    (sard.) 

350. 
roandorlino  (pist.) 

113. 
medico  (pist.)  114 

A.  3. 
melo  138. 
mericule   1 
muricola  1   ^* 
metafero  113. 
mollica      I 
molliccio    I  ^.| 
molicone    j   ^^  * 
mollicume  I 
mucciare  254  A., 

262  A.I. 

niche    Ì   ^j^.    a    t 
nicche  i   ^^ 
orichicco  340. 
padule  113. 
palicche  341  A.  i. 
pauriccia  341. 
pçcchia    (lucch.) 

138. 
pcglia  (aret.)   138. 

pelacucchino  348 

A.  I. 

petlorecca  338. 

piolare  (pist.)   1 16. 

porchiacca  (cal.) 

336. 

puddérigu  (sard.) 

350- 
redícule  341. 

rivendìigliola  347 

A.  I. 

saggio  535. 

sanguinente  116. 

sappiente  (pist.) 

113. 
saragia  (aret.-sen.) 

139. 
sarvietta,  salvietta 

(pist.)  113. 


scandolo  (pist) 

113. 
scarpione  (pist.) 

113. 
schiaffo  362. 

schiansimo  (pist) 

113. 

schiappe,  schiap- 
pare 362. 

schioppo  363. 

s'ciapada,  s*ciapar 
(bresc)  362. 

SCÌ9CC0  344  A.  3. 

scoglio  137. 

scoppio  363. 

sennato  (pbt.) 

113- 
serrácchie 

(abnizz.)  336. 
sgorbia  84. 
sieda  (pist.)  1 13. 
skolgu  (gen.)  137. 
slepa  (veh.  veron.), 

sleppa  (mail.) 

362. 
smenso  (pist)  113. 
tevoli  113. 
trovare  536. 
uosa  534. 
veloSifero  113 

A.  4. 
vennericnle 

(abruzz.)  341. 
ventolazione 

(pist.)  113. 
vemerdi  ^ 
vemcddi  i       ^' 
visi  Metta  1 1 3 

A.  4. 
visivetta  1 1 3 

A.  4. 
zambracca  336. 
zichicche 

(abruzz.)   341 

A.  I. 

Französisch. 

aboissier   140. 
aimairoche(lolhr.) 

346. 
amarrison  412. 
amoueroque 

(norm.)  346. 
assoillier  412. 
attainer  412. 
autre  61. 
balçtil  (Tournai) 

527- 


WORTRXOISTBR. 


565 


barbaquet  353  A. 
barocher  346. 
bidocbe  346. 
bigard  412. 
bistçkç  (rouchi) 

527. 
boilluques  (afz.) 

348. 
boisson  427. 

bozèque  (lotbr.) 

337- 
brouke  (awallon.) 

527. 
bniekiaus  (Tournai) 

527. 
bruire  \  ,  r  \  ^^^ 
bruir    }  <^^  )  537. 

bruit  S37- 
brûler  537. 
Caen  322. 
car  66. 
chauffer  536. 
chevêche  339. 
chevène  556. 
clabaud  360. 
clapier  (afz.)  365. 
s£  clapir  361. 
clocher  364. 
clop  (afz.)  364. 
dopier  (afz.)  364. 
clopin 


364. 


clopinel 

eloper 

clopiner 

cloquer  (pic.)  364. 

coifHchier  343. 

Collichon  342. 

convenir,  convenant 

(afz.)  45. 
corbaìlle  140. 
crône  354. 
crotte  354. 
dartre  86. 
debout  412. 
dessorte  412. 
dorn  (Leod.  198) 

121  À. 
écale  355  A.  2. 
éclitre  (henneg.)  366. 
éclope  (nfz.)  364. 
écrouelles  537. 
écueil  137. 
élinder  (norm.)  368. 
élinguer  (pic.)  369. 
emprompt  140. 
endarde  (poitev.) 

87. 

épinache  336. 
escbiele  (aS.)  354. 
Mchirer  (afik)  }S5« 


esclistre  ì  /  /  %  ,/-/: 
escUste    }  («fc)  366. 

eslinder  (afz.)  369. 
esneque,  esneche 

(afz.)  357. 
essart  140. 
estiere  (afz.)  357. 
estirman  (afz.)  357. 
s'^tçkç  (Tournai) 

527. 
esturman  (afz.)  357. 
étrille  138. 
falevuche  (afz.)  348. 
faloise  (afz.)  } 
falise  (afz.)    }  358. 
falaise  (nfz.)  | 
Fannoche  345. 
faSwç  (Tournai) 

527. 
fors  (afz.)  71. 

fourlouchier  (afz.) 

528. 

gai  (de  mer)  (afz.) 

358. 
galer  (pic.)  358. 

gai  er  (afz.)  412. 

galet  (nfz.)  358. 

galine  (berr.)  358. 

8»1°P?'  1  364. 
galopin  I  ''  ^ 

guenchir  1  ^^ 
garou  (pic.)  372. 
glacier  (afz.)  366. 
glapir  359. 
glètcr  (wall.)  526. 
glinser  (afz.)  367. 
glisser  j    , 

gUder  (afz.)  Í  ^^5- 
gonichon  343. 
gouge  84. 
grelu  348. 
grommeler  369. 
hait  (afz.)  369. 
hanebane  i    ^ 
henebane  J  ^  ^* 
hastie  412. 
hellequin  (afz.)  369. 
huchier  (afz.)  351 

A.  I. 
htthan  \   ,^^ 
huant  }  '*"• 
kçrdûstil  (Tournai) 

527- 
laceaul  412. 

l&peau  372. 

laper  370. 

lapigne  371. 


lider  (norm.)  368. 
linzer  (burg.)  367  f. 
liper  371. 

lippe  371- 
Lobrichon  341  f. 

loricart  (afz.)  341. 

Lorichon  1 

Loriquct  I   ^^  ' 

loucher  528. 

loup-garou  372. 

mais  (afz.  ,,mchr'*) 

64. 

male  (lothr.  wall.) 

138. 
margari  (afz.)  550. 

mauvais  536. 

melÇd  (wall.)  138. 

méruche  348. 

mossiau  140. 

muef  427. 

nûlvar  (=  nulle  part 

pat)  528. 

otrevar  (=  autre 

{)art  pat.)  528. 
,     ichon  343. 
platçlçt*  (toum.) 

529. 
remancier  412. 
renovaige  (afz.)  410. 
resors  412. 
Riquet  342. 
Robeçon  (afz.)  343. 
Robiquet  342. 
saive  (afz.)  535. 
sancmueçon  427. 
sarriette  329. 
senon  de  60. 
sotte  412. 
stieresman  (afz.) 

357. 
tçl'  (toum.  wall.) 

529. 
*tçlçt'  (toum.)  529. 

toniche  343. 

treinekc  (afz.)  340. 

trouver  536. 

Urisson  412. 

Veraiquet  343. 

Watriquet  1 

Watrequin  Í  3'»^- 

FToyenzaliscli. 

acavillar  392. 
aclapar  365. 
bérbi  (nprov.)  87. 
bruzar  537. 
cabridet  (aprov.),  ca- 
brido  (npr.)  352. 
cavee  (aprov.)  339. 
caTeco  (npr.)  340. 


clap  365. 
clop  364. 
clopchar  364. 
crota  354. 
darbóun  87. 
dérti       I   .. 
dérbi      i  <°PJ-> 
derbese  |       '' 
enderbi  1   (npr.) 
endervi  J     87. 
enivers  383. 
escala  354. 
esclafá  (npr.)  362. 
esquirar  355. 
estañe  390. 
estone  357. 
folpidor  387. 
galaupar  364. 

guenchir  J  •^•' 
lepar  370. 
linsa  (npr.)  368. 
omilitatz  143. 
omeliar   143. 

satge  }  5^5- 
trobar  536. 


Franco-proyeiualiscli. 

cabridoulo  | 
cabridié        >  352. 
cabrideto     ) 
darto  (Dauphiné) 

87. 

prOma  (savoy.) 

535. 
sflne  (savoy.)  535. 

tarpon  (Val  Sa- 

ona)  87. 
çponata  (Nord- 

Schweiz)  337. 


"y° }  166. 

aya  1 

blandujo  347. 

cacho  347  A.  3. 

carduza  348  A.  3. 

cazurro        ,^, 

170 

cazurría  >  a    -, 

A.  3. 

cazoma  J        "^ 

entendedor,  enten- 
dedera  (aspan.) 
211. 

escanto,  escantar, 
escantament, 
escantador 
(aspan.)  208. 

espinaca  336. 


566 

{▼alopo    J   ^  ^' 

lapo  370. 

moreciilo   \   ^,^ 
...      }  210. 
murecillo   I 

Pacheco  339. 

remedador  176 

A. 2. 

sabio  535. 

trovador  176  A.  I. 

Catalaniscli. 

bcrbol  87. 

eschala(altcat.)354. 
espinac  336. 
Hepar  370. 
trobar  536. 

Fortii£ie8iscL 

acalar  214. 
ama  148  A.  I,  162 f. 
amádigos  166. 
amas  honradas  167. 
amo  s.  m.  163. 
argueiro,   catar 

bem  a.  208. 
arremedilho  176 

A.  2. 
avuytor  198  A.  i. 
bárrela  211. 
bem-talhado  206. 
Ideóte  (Ortsname) 

170  A.  4. 
Bolseiro  171  A.  3. 
caKloça  345  A.  i. 
ccnrada  21 i. 
cinta(>.)  211. 
♦cometa  216  A.  5. 
copete   162  A.  2. 
cord;i(s)   211. 
côrtc(s)   172  A.  2. 

Tf }  2.5. 

crasiar  208. 
dama   149  A.  5. 
decoada  211. 
deitar  galinha  clioca 

211. 
dcntuça  348  A.  3. 
dcsfa/er  214. 
desguisado  2ü6. 
desigual   217. 
dona   149  A.  5, 

164  A. 5. 
donzela   149  A.  5. 
döa{s)  215. 
doutor   177  A.  l. 
eiró  210  A. 
emparament  212. 
enfìnger  215. 


WORTREGISTER. 


entençom  217. 
entendedor  ì  ^.. 
entender       J  ^"• 
entramar  213. 
escançar  156  A.  2. 

214. 
escantaçom  1        « 
escantar       f         * 
escolho  137. 
fiar  207. 
galiOes      I 
galeirOes  j  208. 
gallaron    | 
galopar  364. 

í«"^^  }  217. 
iguar  I       ' 

jograr  176  A.  i. 

j"!*°    }  153  A.  2. 
juigar    I     •'•^ 

lavrar  211. 

lazerada  1   ^.^ 
1  }  212. 

lazerar     1 

lixia  I 

maladas  214. 
mal-talhado  206. 
manhas,  bSas  207. 
masseira  207  A. 
maunça  348  A.  3. 

menina    ì  . ,«  a   c 
meninha  Ì   ^"     *^' 
minhana  | 
mlana      >  149  A. 5. 
meana     ) 
moça  Ì    149 

mocclinha  J  A.  5. 
molher  164  A.  5. 
morcela  210. 
omildoso  I 
omildade  (  ,  ._ 
omildar     |     ^^' 
omil  J 

oufTania  \ 
Gufano    i     '^^' 
parámhos   1 66  f. 
pastor  ì      j^ 

pastorinha  I 
pedre^niUio  347. 
qucijadas  207. 
remedar   176  A.  2. 
rimar  217. 
sabio  535. 
segrel   176  A.  I. 
senhor   149  A.  5. 
servo  215. 
souriç[o]  210. 
talhar  207. 
talho  217. 
tecer       1 
teccdor  J        '* 


topete  (apg.)  162 

A,  2. 
transmoleira  218. 
transsido  210. 
travar  213. 
trincheira  218. 
trobador  176  A.  I. 
ventrulho  210. 
verröes  208. 
vida,  fazer  limpha 

V.  207. 

R&toromaïiscL 

aschigl  83. 

S }  «3. 

barschar  (oberi)  537, 
bastüchel  (ober- 
eng.)  348- 
bess  (oberi.)  537. 
briischêr  (engad.) 

537. 
éavéglo  83. 

cavrin  (obw.)  120. 

çhaldir    ] 

çhaldêr    \  83. 

çhaldèir 

çhavèli  (friaul.)  83. 

çhàvri  (friaul.)  83. 

dert  (obereng.)  86. 

diervet  (sûrselv.)  86. 

dischöl  86. 

figa  (berg.) 

fió  (obeng.) 

fía  (fass.) 

fujád  (gred.) 

fié  (bad.) 

fi<^á  (buch.) 

fidyél  (Krto) 

fijad  (friaul.) 

giàvri  (friaul.)  83. 

glove  (friaul.)  533. 

guinchir  (chw.)  358. 

gii  vé  (engad.)   120. 

ischill   1    « 

ischigl  I      ^' 

!?!\'    I   (tvrol.)  83. 

lapi  (chw.)  372. 
larpus  84. 

maigl  (untereng.)  84. 
moii^n  (obereng.)  84. 
pegna  (obw.)  120. 
pul  82. 

radir  (obw.)  1 19  A. 
schàble,  schale 
'(friaul.)*  82. 
schegn  82. 
schuví  (obw.)  120. 
seia  (oberhalbst.)  83. 


120. 


8glovà(inaiiL)533. 
sglúvia  84. 
tmûch  (nntereng.) 

348. 
ualè<r)  (obw.)  120. 

vasa  (oberhalbst) 

83. 

viro,  vim  82. 

RU&ÍSC|. 

ama  1    __ 
am    }  ^7. 

butác  348. 
Costica  349. 
ginsác  336, 
kokot  105. 
ma  98. 
ncpói  90. 
spanác  336. 
sprima  103. 
Stefanúca  349. 

omiailsel. 

ademant(me.)324. 
assQth(e)  (mengl.) 

3^- 
athemaunt  (me.) 

3H- 
Ad^elis  322. 

carit^p  \  (mengl.) 

carited  /     323. 

Cadum  322. 

celeOonie  (ae.) 

326. 
chanté  \  (mengl.) 
cherilé  1      323. 
Cundo}>   (asachs.) 

326. 
dainlé(tb)  (mcn^l.) 

323. 
Davift  (me.)     |  . 

Dawi^  (angls.)jN 

Davi  (me.)       | 

drum  (allem.)  66 

A.  I. 

druò  (monjil.)  323. 

fai(th)  (enj^d.)  322, 

S'i^  324- 
fidula  (ahd.)  326. 

fil^ele  (ae.)  326. 

Fifiéle  322. 

fogeth  (afries.)32y 

frutt  (schwei¿.) 

.  532. 
Stamm   galp    359 

359  A.  2. 
Gcrbornéi^  322. 
Giupeas   (angls.) 

325- 
Stamm  glap  359. 


WORTREGISTER. 


567 


^"""^  ^^^  }  366. 

Stamm  glit  365. 
glitze  (mhd.)  368. 
Stamm  gnar  359 

A.  I. 
Godefreid 
GosfreiÔ     ^322. 
Gosfrei 

HloÖennga  322. 
Jotha  (africs.)  325. 
Judeo  (ahd.)  325. 
Judeo  (asächs.)  325. 
JuÖitte  (asächs.) 

326. 
Jupéwcss  \  (mengl.) 
Judçwess  J     324. 
Kadum  322. 
kette  (nhd.)  532. 
Stamm  klab  360. 
Stamm  klap  ij), 
klappa  (ahd.)  36 1. 
kloof  (holl.)  534. 
klop 


klopfer  I 
klöpfer  > 
klöpper  I 
klepper  ' 
Stamm  knar 
A.  I. 


(hd.)  363. 


359 


krlda  (ahd.)  325. 
krotôn  (got.)  354. 
Stamm  lab  371. 
laffe  (nhd.)  372. 
lanz  (ahd.)  368. 
Stamm  lap  370. 
läppe  372. 
♦lef  (ahd.)  371. 
leifan  (got.)  368. 

lldh  <*^^-)  l  368. 
lidhe  (ags.)  | 
lldan  (ahd.)       | 
lidhan  (as.  ags.)  I  00 
lîdha  ^an.)         |  "ft 
lidhr  (an.)  I 

linsl  (ahd.)  368. 
lint  (ahd.)  j  ^g 
hnnr  (an.)  I   *^ 
Stamm  Hp  371. 
lippe  (hd.)  371. 
lith  (ahd.)     Ì 
Ulhus  (got.)  }  368. 
lithi  (as.)      J 
litze  (mhd.)  368. 
LoÖcwis  322. 
Ludwig  330  A. 
roarkaÖr  (anord.), 

market  (me.)  326. 
maugré(th)  (me.)  323. 


MaÒante  322. 
Stamm  nar   359 

A.  I. 
nativited  322. 
PeccéO  322. 
pferfrìt  | 

pferìt     [  (hd.)  326. 
pferld    J 

pflaume  (nhd.)  535. 
pfruma  (ahd.)  535. 
proche  (mengl.)  324. 
Rodem  332. 

sceÌÌu}<''8*)354f. 
senath  (afries.)  326. 

sìda  (ahd.)  325. 
sinoÖ  (ae.)  326. 
Stamm  skar 

skir  [355. 

skur  ) 
Stamm  slap  362. 
''^slindan  369. 
sa;Öerige   (ae.) 
326. 

tçppîd    í  3^*'- 
vogaÖ  325. 
♦walôn  358. 


walop  (mnld.)ì  ^ 
walap  (mhd.)  i  <o 
wank  (ahd.)  359. 
werwolf  372. 
winchan  (ahd.)  ì  00 
winken  (mhd.)i  «o 
WiÖa  (asächs.)  326 

KelUscli. 

cynhyrfu  (kymr.) 

536. 
cylhryflu  (kymr.) 

536. 
diu-scartaim  (ir.) 

357  A.l. 
dusius  86. 
dyscarthu  (kymr.) 

357  A.  I. 
ffrcüd  (kymr.)  532. 
frot  (com.)  532. 
froud  (bret.)  532. 
♦frutu  (gall.)  532. 
skarza  1   (bret.) 
skarz    /357A.  i. 
ysgarthu  (kymr.) 

357  A.I. 

Einzelne  snraclieL 

klupli  (lit.)  364. 
nçovfivov  535. 


Druck  von  Ehrhardt  Karras.    Halle  a.  S. 


ZEITSCHRIFT 


EOIMISCHE  PHILOLOaiE 


HERAUSGEGEBEN 


Dr.  GUSTAV   «RObEE, 


1896. 


XX  BAND.     1.  HEFT. 


HALLE 

UAX   NIEMEYEH. 
1896. 


John  E,  Matzke,  Ueber  die  Aussprache  des  altírantosischca  ue  von 
lalcinisclicni  ü  (39. 4.  9S) 

Michele  Schekii.lo.  II  nome  di  Dante  (16.6.9s) 

CmiSTOFF  GKBHARUr,  Zur  subjektlosen  KonstmliCion  im  AltTraniönicheii 
(19- 5- 95) 

A.  ToBLEtt,  Vermischte  Betlrïge  '.ur  franato sischen  GrammBlik,  3,  Reibe, 
No.  10— li  {îj.  íü.  95) 

VERMISCHTES. 
Eduard  W&chsslk.k,  Handscliriften  des  Peilesvaui  (lì.  7.  9S)  .... 
Paul   Makchot,    Additions   1   mon    étude   sur   les    Gloses   de    Cassel 

(6.6.  95) 

Eugen  Hsrïoo,  Die  vorvokaliscbeo  Formen  man.  ton.  son  beim  Perni- 

ninum  (j.  6.  95) 

A.  HiiHNiNO,  Etymologien  (3.  fi.,  I3.  11.  95) 

BESPRECHUNGEN. 

J.U.  JAKNÍK,  G.Weigand,  Die  Aromuncn  (6.4.  95» 

—  G-Weigand,  Erster  Jobrcsberichl  des  Instituts  lar  tuminiiche 
Sprache  lu  Leipzig  (6.4,  95) 

BtiHNARUo  ACGVEüO  Y  HURLVEs,  D.  A.  Rato  de  Arguelles,  Vaca- 
bulario  de  las  palabras  y  bues  bables  que  se  hablaron  anli- 
guamenle  y  de  las  que  hoy  se  hablan  en  el  Principado  de 
Asturias  (3. 1 1.  91) 

Gt;sTAV  RoMN,  J,  D,  Bruner ,  The  Phonology  of  the  Pisiojese  Dialect 

(30.5.95) lio 

J.  STCr&ziNORK,  P.Marchot,  Les  Glose«  de  Cassel  (6.8.9;}      .     .     .     tiS 

Ph.  Aug.  Bei-kek.   H.  Schneegans,  Gescbichte  der  grotesken  Salire 

(7-9.95) ^k 

B.  WiKse,   Giornale   storico    della   Letteratura   Italiana.     Anno  XIII,      ^H 

Voi.  XXV  [16.  6.  95).  Voi.  XXVI,  fase,  i— 1  (7. 9.  95);  bsc.  3  V 

(S.  13.  95) lÌT 

W.  Meyer- LLBKE.  Archivio  Glottologico  lialiano  XIII.  3  (4.6.95)  .    .  136 
G.Gk5brr  und  W. Meyer- Lübkb,  RomHniaNr.94  Avril  [895.  T. XXIV 

(10,6.,  4.  6.  95.) I» 

Hknrv  R.  Lang,  Revista  lusitana.    II.  Band  (13.(1.95) "■ 

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J.  8irachan,  Some  notes  un  the  Milan  glosses    —  W.  Stokes,  A  Celtic 
lueohbonk.  —  W.  M.  Lindsay,  Bretou  and  old  French  glusses  in  the  Har- 
leian  NoniiiB.  —  H.Gaidoz,  I ji  cosmologie  celtique.  —  H.  Gaidoz,  Annwn. 

—  H.  Gaidoz,  QnolqneB  mots  gallois  d'origflne  latine.  —  E.  Ernsnlt.  Sor 
la  mutation  fiiible  de  lí  après  n  va  bretou.  —  J.  Loth.  Une  forme  archaliinfr 
du  nom  de  Dien  cu  breton.  —  P.  M.C.  Kermode,  A  Welsh  inscription  in 
the  laie  of  Man.  -  J.  lïhys,  Note  un  Onriat.  —  J.  Strachao,  A  Hau 
folksong.  —  W,  Stokes,  Cuimmin'a  poem  on  the  Sidnts  of  Ireland.  — 
11,  Zimmer,  Beitrüge  zur  Erklärung  irischer  Ssgentexte.  —  K.  Heyer, 
tioire  CnniLill  Chumaig  i  Cniachain  ocns  aided  Ailella  ouus  Conalll  Chemaig. 

—  K.  Meyer,  Two  middle-Irish  pueius.  ~  R.  llenebry,  Cunach.  — 
L.  Ohr.  Slern,  Die  irische  Handschrift  in  Stockholm.  —  L.  Chr.  Stern,  Ein 
Irisches  Leben  der  heiligen  Margarete.  —  R,  Uenobry,  An  unpablbhed 
poem  by  W.  English.  —  D.  O'Foharta,  Cii  ban  an  [«leibhe.  —  Erschienene 

Sohrifte», 


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