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ZEITSCHRIFT
FÜR
ROÏÏMISCIE phuolo&ie
HERAUSGEGEBEN
VON
Dr. GUSTAT GRÖBER,
PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT STRASSBURG i. R.
1806.
XX. BAliD.
HALLE
MAX NIEMEYEK.
1896.
í:.}J>H3í
INHALT.
Seite
John £. Matzkb, lieber die Aussprache des altfranzosischen ue von
lateinischem 5 (29. 4. 95) . i
Michele Scherillo, II nome di Dante (16.6.95) iS
Chkistoff Gbbhardt, Zur subjektlosen iKLonstruktion im Altfranzösischen
(29.5-9S) 27
A. ToBLER, Vermischte Beiträge zur französischen Grammatik, 3. Reihe,
No. 10—13 (23. IO. 95) 51
Carolina Michaelis de Vasconcellos, Randglossen zum altportugie-
sischen Liederbudi (22. 2. 95) 145
Theodor Kalepky, Zur französischen Syntax V. VI. (10. 7. 95) . . . 277
Rudolf Thurneysen und G. Baist, Zu Wilhelm von Malmesbury (12. 7. 95) 316
Fr. Kluge und G. Raist, Altfranzös. dh (6) in altenglischen und alt-
deutschen Lehnworten (17.8.95) 322
A. Horning, Die SufHxe accus, iccus, occus, ucus {uccus) im Roma-
nischen (9. i. 96) • . . • 335
Th. Braune, Neue Beiträge zur Kenntnis einiger romanischer Wörter
deutscher Herkunft (28. 5. 95) 354
Adolf Zauner, Die Konjugation im Béarnischen (26. 11. 95). . . . 433
F. Friedersdorff, Die poetischen Vergleiche in Petrarkas Africa
(10. i. 96) 471
K. Sachs, Die Schreie der Verkäufer (13. 2. 96) 492
TEXTE.
Vittorio Finzi, Di un inedito poema sincrono sull' assedio di Lucca
dell' anno 1430 (16. 7. 95) 219
Vittorio Finzi, I codici Jacoponici lucchesi descritti ed illustrati. Con-
tributo alla edizione critica (i. 12. 95) 500
VERMISCHTES.
I. Zur Handschriftenkunde.
Eduard Wechssler, Handschriften des Perlesvaus (15. 7.95) . . . . 80
2. Zur Exegese.
Paul Marcrot, Additions à mon étude sur les Gloses de Cassel
(6.6.95) 82
3. Zur Dialektkunde.
Paul Marchot, Note sur le dialecte de TEulalie (10. 4. 96) . . . . 510
4. Zur Lautgeschichte.
Mackel, Zur romanischen Vokaldehnung in betonter freier Silbe (30. 9. 95) 514
Fr. Neumann, Zu den vulgärlat.-romanischen Accentgesetzen (18.4.96) 519
5. Zur Grammatik.
Eugen Herzog, Die vorvokalischen Formen mon, ton, son beim Femi-
ninum (3. 6. 95) 84
F. d'Ovidio, -Di una interessante forma di pronome iu un antico testo
volgare (7. 7. 96) 523
Paul Marchot, A. fr. qui = si Ton (io. 4. 96) 525
IV
Seite
6. Zar Wortgescliiclite.
A. Horning, Etymologien (3. n.» 13. 11.95) ^^
Paul Marchot, Etymologies wallonnes (10. 4. 96) 525
Charles Doutrepont, Etymologies picardes (9. 11. 95) 527
W. Meter - LÜBKB, Etymologien (1.6. 96) 529
H. SCHUCHARDT, Etymologien (28.2., 1.6., 24.6. 96) 535
J.Ulrich, Etymologien (4. 4. 96) 537
BESPRECHUNGEN.
J. U. Jarník, G.Weigand, Die Aromuncn (6. 4. 95) 88
— G.Weigand, Erster Jahresbericht des Instituts far rumänische
Sprache zu Leipzig (6.4.95) 100
Bernardo Acevedo y Huelves, D. A. Rato de Arguelles, Voca-
bulario de las palabras y frases bables que se hablaron anti-
guamente y de las que hoy se hablan en el Principado de
Asturias (3. II. 92) 105
Gustav Rolin, J. D. Bruner, The Phonology of the Pislojese Dialect
(30.5-95) no
J. StCrzinger, p. Marchot, Les Gloses de Cassel (6.8.95) • • • ^^^
Ph. Auo. Becker, H. Schneegans, Geschichte der grotesken Satire
(7-9.95) 123
Rodolfo Renier, Angelo Solerti, Vita di Torquato Tasso (26. 8. 95) 373
C. Appel, Vincenzo Crescini, Manualetto Provenzale per uso degli
alunni delle facoltà di lettere (6. 7. 95) 382
Hermann Springer, Georg Schläger, Studien über das Tagelied
(3». 8- 95) -. 393
Alfred Schulze, E. Etienne, Essai de grammaire de l'ancien fran-
çais (7. 9. 95) 397
H. Schneegans, Gennaro Finamore, Vocabolario dell' uso abruzzese
(3-10.95) 405
Adolf Tobler, Emile Picot, Le livre et mistere du glorieux seigneur
et mártir saint Adrien (5. i. 96) 408
Carl Voretzsch, Léonard Willems, Étude sur l'Ysengrinus (4. i. 96) 413
Hammerich, Franz Ranninger, Ueber die Allitteration bei den
Gallolateinern (8. 2. 96) 538
Albert Stimming, A. Jeanroy et H. Teulié, L'Ascension, mystère
provençal du XV« siècle (25. 2. 96) 545
Ph. Aug. Becker, Joseph Texte, De Antonio Saxano (Antoine du
Saix) (16. II. 95) 547
— Rudolf Zenker, Das Epos von Isembard und Gormund ; Theo-
dor Flury, Isembart et Gorroont, Entwicklung der Sage und
historische Grundlage (10. 2. 96) 549
B. Wiese, Giornale storico della Letteratura Italiana. Anno XIII,
Voi. XXV (16. 6. 95). Voi. XXVI (7. 9. 95 ; 8.12.95). Anno
XIV, Voi. XXVII (28.2. 96; 2.7. 96) 125.557
W. Meyer -LÖBKE, Archivio Glottologico Italiano XIII, 3 (4.6.95) . . 136
G. Gröber und W. Meyer-Lübkb, Romania T. XXIV Nr. 94 (io. 6.,
4. 6. 95); Nr. 95 (5. 2. 96); Nr. 96 (2. 7. 96) . . . 139. 425. 554
Henry R. Lang, Revista lusitana. II. Band (13. 11. 95) 141
Berichtigungen und Mitteilung 144. 432
R. J. Cuervo, Brief an den Herausgeber 428
P. DE Mugica, Antwort an den Herausgeber 43
Paul Marchot, Erklärung (26.6. 96) 5
Register 5
lieber die Aussprache des altfiranzösischen ae von
lateinischem 6.
In Bezug auf die Entwickelung des lateinischen betonten d in
offener Silbe ist wohl jetzt die Theorie Suchiers, Z. f. R. Ph. II
p. 292, allgemein anerkannt, dafs nämlich o durch die verschiedenen
Stadien ^g "> çg^uo zu u€ fortschritt. Die Frage , die hier im
einzelnen untersucht werden soll, bezieht sich auf die Qualität des u
in diesem Diphthongen. Suchier, 1. c, spricht sich nicht weiter darüber
aus, aber schon zwei Jahre früher (1876) hatte Koschwitz in seiner
Ueberlieferung und Sprache der Chanson de Voyage de Charle-
magne p. 29 dieselbe kurz zu beantworten gesucht Auf Grund
des Nebeneinanderbestehens von u^ und oe in jenem Texte kam
er zu dem Schlufs, „die Unterscheidung zwischen der Schreibung
oe und ue ist nicht so zu fassen , als sei es eine abgeschwächte
Form für älteres ue. Das Schwanken zwischen 0 und u drückt viel
wahrscheinlicher hier wie sonst nur aus, dafs es weder 0 noch üy
sondern gleich (deutschem) u gelautet habe/' In demselben Jahre
wie Suchier's oben citierter Artikel (1878) erschien Försters bekannte
Arbeit über Die Schicksale des lat ö im Französischen,^ Rom.
Stud. m. p. 174 — 193. Obgleich Förster viele Male Gelegenheit
hatte den Diphthongen u€ zu schreiben, so spricht er sich doch
nie über die Qualität, die er dem u zuschreiben möchte, aus.
Da er aber sonst Böhmer's Transscriptionssystem konsequent durch-
führt, so wird man wohl nicht zu weit gehen, wenn man an-
nimmt, dafs er tte und nicht üe meinte.
Drei Jahre später (1881) erschien die erste von Ascoli*s Lettere
glottologiche in der Riv. di Fil. e Ist. class. X, p. i — 71 und auf
p. 24 ss. dieses Artikels (ich citiere die deutsche Uebersetzung von
Güterbock, Leipzig, 1887) wurde zum ersten Male die Theorie auf-
gestellt, dafs die gemeingültige Aussprache unseres Diphthongen
üe war, in den Gegenden in welchen lat ü zu ü wurde. Ascoli's
Theorie basiert an erster Stelle auf gewissen phonetischen Vorgängen
in den ladinischen Dialekten. „Im Engadin, wo das alte üe (aller-
^ Schon in 1 875 hatte V. Thomson die Meinung ausgesprochen , dafs
altfrz. ue^szüe und uo in der Eul. = üö sei : cp. Rom. V (1876), p. 74, Anm. ;
aber diese Stelle scheint unbemerkt und ohne Widerspruch übergangen
worden au sein.
Zeitschr. £ rom. PhU. XX. i
2 JOHN E, MATZKE,
dings auf die Fonnel or + cons, beschränkt) noch nachllingt, t
zieht sich vor unseren Augen der Lautübergang . . . (vgl. eng. ütr/
hortus, OÍS osso. S/ ovum u. s. w, neben span, huerlo, hueso, huevo).
In Surselva, d. h. in einem der galloromanischen Gebiete, uo das
aus « hervorgegangene ü ïn reines / übergebt [dir duras u. s. f.),
mufste auch dieser Diphthong ûe zu ie werden, wie es in der That
ohne jede Einschränkung der Fall ist (surselv. ürl iess ie/ nüf
n. s. f.)," Die Ursache dieser Aussprache üt liegt (p. 25} in „der
Thatsache, dafs ü derjenige keltische Laut war, der sich am
wenigstens von dem reinen u der römischen Aussprache entfernte".
Kaum war jene lettera erschienen , so nahm Förster sogleich in
einer Rezension derselben (Zs. f. R. Ph, V, p. 590) diese Theorie
an, und formuliert dann sein Gesetz für die Diphthongierung der
offenen Vokale wie folgt (p, 5qi): „die offenen betonten Vokaie
diphthongieren steigend, in dem sie den um zwei Grad erhöhten
Vokal als Vorschlag erhalten : f^^i und p = "o". Hiermit war
der Ascolischen Theorie ein freundlicher Empfang zugesichert
Eine abweichende Meinung wurde jedoch von G. Paris aus-
gesprochen in einer Rezension desselben Artikels, in Rom. XI, p. 131,
und ihrer Wichtigkeit wegen citiere ich die betreffende Stelle ganz.
„Une conséquence que tire M. Ascoli de la prononciation celtique
de l'« me parait tout à fait inacceptable. L'if tonique latin, dit-il,
donne en roman úo , devenu uâ en italien , »/ en espagnol
par l'affaiblissement de la seconde voyelle primitivement dépourvu
d'accent (líí). Comme il s'agit là d'un u propre (schietto) et toni-
que, 'la prononciation galloromane pleine et spécifique devait être
iU: ainsi novo a donné primitivement un gallique nüev{o') nücv, ...
et ['5 qui sonne dans le nô/ du français et du lombard n'est
qu'une résultante postérieure et monophtonque de cet ûe gallo-
roman'. Le seul u qui devienne u en gallo - roman est Vii long,
tonique ou atone ; Vu de uo né de ia dissimilation de dd en dû,
8 dû être à l'origine fort voisin de l'u fermé; il serait facile de
montrer si cela ne réclamait pas trop de place, que nous avons
encore (notamment en angio - normand) des formes oil se trouve
la réduction de öd k d. La forme première du français est uo
(Rom. VI], 132), et à plus forte raison en est-it ainsi du gallo-
roman ; dans celte diphthongue Vu était u (¡S) et non ii ; l'e de
ue est dû, comme en espagnol, à la position faible de l'o, et
c'est cet e qui, en réagissant sur Va de la diphtiiongue , l'a plus
tard changé en u (non pas partout, car à Marseille par exemple
on dit euer de cor et non caer). Le fr. lomb. U vient-il de lii, u¿,
ou de ue, u¿, c'est ce qu'il me paraît actuellement diffìcile à dé-
cider; ce qu'il y a de certain, c'est qu'en France cet ö s'est con-
fondu avec S provenant de 5, c'est-à-dJre de ou {cSr-flSr)\ d'où
il suit que la collaboration de Vii n'est pas nécessaire potir que
le son è se produise. Ce qui montre d'ailleurs , que l'anc. fr. 14e
n'est pas tousjours ûe, s'il l'est jamais, c'est la concurrence 'de la
graphie ot, conservée encore aujourd'hui dans oeil et autres mots.
ÜBER DIB AUSSPRACHE DES ALTFRZ. UE VON LATEIN. Ö. 3
Donc, pour ce cas là, Tinfluence celtique peut être sans hésitation
regetée. La phase üe de TËngadine, à laquelle M. A. attache une
grande importance, n'est qu'un moment peu ancien dans la série ; la
phase te en est une continuation plus récente. Le développement
roman de Vd tonique latin est varié et très multiple, dans le temps
et l'espace, mais toutes ces ramifications s'expliquent par elles-
mêmes, sans qu'il soit hesoin de recourir à une influence étrangère."
In einer im Jahre 1886 geschriebenen Anmerkung zu der deutschen
Uebersetzung seiner Briefe (p. 24) nimmt Ascoli auf die eben
dtierten Bemerkungen von G. Paris Bezug und verwirft sie, indem
er sagt „aber oe wird der graphische Ausdruck für jene Verschmel'
zung sein, welche in der Aussprache ö ergiebt**, und dann verweist
er auf die oben citierte Rezension Försters, Zs. f. R. Ph. V, p. 590,
Anm. 2.
Die Theorie wurde wieder angegriffen von Oertenblad, Étude
sur le développement des voyelles labiales toniques du latin dans
le vieux français du XII siècle, Upsala, 1885. Oertenblad stellt sich
auf die Seite von Suchier, Koschwitz und G. Paris, und kommt
zu dem Schlufs, dafs u in dem Diphthongen ue den Klang ^ dar-
stellt, ohne aber, wie es scheint, die Haltbarkeit seiner Stellung
bewiesen zu haben. Jedenfalls hat seither die Diskussion aufgehört,
und die Ascoli - Förstersche Theorie ist in unsere Grammatiken
eingedrungen und wird als die angenommene Meinung unserer
Wissenschaft gelehrt
So sagt Horning (Bartsch - Horning Chrest. § 60) „il est pro-
bable que, dans »/, u a pris à un moment donné, la valeur û^
supposition à laquelle le traitement d'^ -{-y en français donne une
certaine vraisemblance". Schwan, in der ersten Ausgabe seiner
Grammatik, § 287, gab als £ntwickelung von 0 „1/^, welches später
zu yqs^ y¿ (geschr. tu) umgelautet ist", und das Datum dieser £nt-
wickelung setzte er zwischen den Anfang des X. und die Mitte des
XI. Jahrhunderts. In der zweiten Ausgabe (§ 296) wird dieselbe
Meinung vertreten, „nach Lautubergängen wie dem in § 259, 3
erwähnten (pì + cons, wie in ieus <,y^Is ■— tuls < oculos) zu schlie-
fsen; daneben bestand dialektisch die Aussprache 1//, op\ wie die
Schreibung oe beweist". Meyer-Lübke, Rom. Gramm. I, § 211 lehrt,
dafs ue aus den folgenden Gründen wie üe ausgesprochen wurde:
I. Altfrz. ot\ welches wie ^/ ausgesprochen wurde, wird nie zu oe
{= ö) , also mufs das ue , welches ce wird , anders ausgesprochen
worden sein, i. e. ¿f/; 2. j/+ Flexionszeichen geht über ueu (= üeti)
zu ieuj und ebenso ^ in locum > /¿'«i > //«/ (§196); 3. Die Ent-
wickelung von cjC^üt macht ein Mittelstadium tiei {üei) notwendig,
(§ 190). Da er aber nicht läugnen kann, dafs im Norm, und Angio-
norm, ue und oe regellos wechseln, und dafs Schreibungen wie
pouet, notte f áodti. nur auf die Aussprache ^e weisen können, so
kommt er zu dem Schlufs, dafs die Entwickelung von ue zu üe
nicht -überall zu gleicher Zeit stattfand, sondern vielmehr mit der
Entwickelung von ü zu «, welche allmählich vom Westen her ein-
4 JOHN E. MATZKE,
drang, Schritt hielt (§§211, und 48.) Auch Suchier Grundrifs I,
P- 573 giebt zu, dafs ein Unterschied bestand in Bezug auf die
Aussprache seines (des ue) ersten Bestandteiles, der in einem Teile
Nordfrankreichs mit 0 wechselt {poe/, puef, potest), also wie p lautet,
im Süden aber, und so auch im Lothringischen, den Laut ü hatte".
Die hauptsächlichsten Einwände, welche gegen die Ascolische
Theorie gemacht werden können , sind schon von G. Paris in der
oben citierten Rezension gemacht worden. Auf den Einwand, dafs
nur ü zu ü werde, und dafs das u von uo (<^P^) ganz anderer
Natur sei, antwortet Ascoli in seiner dritten lettera in einer An-
merkung p. 119. Er sagt dort, die lateinischen Vokale entwickeln
sich nur hinsichtlich der Qualität, und duro und nuovo sind Typen
derjenigen Klassen von Wörtern, in denen ein Einwohner Galliens
das romanische u nachzuahmen hatte („coi quali due esempj si
rappresentano i soli due * motivi' di schietto e limpido u, che il
Romano offriva alla ripercussione del Gallo". Mem. Caix-Canello,
p. 445 , Anm.). Beide «'s mufsten also in derselben Weise be-
handelt werden. Wenn nun auf allen Seiten zugegeben wird, dafs
der Diphthong uo sich aus älterem çç entwickelte, so scheint Ascoli
hier als bewiesen anzusehen, dafs die Diphthongierung von ç so
früh zu Stande kam, dafs das gallische Sprachorgan nur einen
fertigen Diphthongen uo nachzuahmen hatte. Ich kenne keine
Beweisführung, nach welcher sich die Diphthongierung ç chrono-
logisch bestimmen liefse, doch sind verschiedene Gründe vorhanden,
welche darauf hinweisen, dafs diese Diphthongierung spät vor sich
ging, oder doch sich über einen nicht geringen Zeitraum erstreckte,
und obgleich der Diphthong sich beinahe im ganzen romanischen
Sprachbezirke findet, so war er doch das Resultat phonetischer
Bedingungen, die, wiewohl in allen neolateinischen Ländern zu
Hause, doch auch spezifisch gallisches Eigentum waren. Der Grund
der Diphthongierung ist, wie bekannt, die Verlängerung der Vokale
in offenen Silben. Vom Vulgärlatein ererbten die romanischen Länder
nur einen langen offenen Vokal mit zweigipflichem Accent, und
dieser Vokal konnte nun in den verschiedenen Ländern zum voll-
ausgeprägten Diphthongen weiter schrei ten. Wenn aber in irgend
einer Sprache, wie z. B. im Portugiesischen, der Diphthong unbe-
liebt sein sollte, so konnte ça leicht wieder zu d werden. Wo aber
die vulgärlateinischen Tendenzen weiter geführt wurden, da entstand
der Diphthong uo. Die folgenden zwei Gründe scheinen mir be-
sonders für speziell französische Diphthongierung zu sprechen.
1. Germanische Wörter, die ins Französische und Italienische
gedrungen sind, diphthongieren das ç im Französischen, aber nicht
im Italienischen. Cp. Germ. urgö/i\ Altfrz. orgueil^ It orgoglio^ Span.
or güilo \ G&nai, faldas iuol, hXiïxz. faldesiuel, \\^ faldistorio^ Geiui, fodr^
hXiftz. fuerrCi It. fodero, Sp, forro. Nur das germanische h òsa scheint
so früh ins Vulgärlatein gekommen zu sein, dafs es die Diphthon-
gierung überall mit durchmachte, cp. It uosa, Span, huesa.
2. In der Verbindung f + c/ konnte ç nur dann zu uo werden,
ÜBER DIE AUSSPRACHE DES ALTGRZ. ÜE VON LATEIN. Ö. 5
nachdem der Vokal frei geworden war, d. h. nachdem ci zu /'/
geworden war. Der Zeitpunkt dieser letzteren Entwickelung läfst
sich gerade so wenig bestimmen wie der der Diphthongiening des q.
Meyer-Lûbke, Grundr. I, p. 364, giebt zu, dafs das Stadium jt zur
Zeit der Eroberung Rätiens erreicht war, aber, wie bekannt, ist er
der Ansicht, dafs die Spirans überall ein notwendiges Mittelglied
in der Entwickehmg von ci zu /*/ war. Meiner Ansicht nach, läfst
sich beweisen, dafs die Aussprache c\h\ì mit explosivem r, und die
weitere Entwickelung zu ^i^ji^H mit Sicherheit nur dem kelti-
schen Gebiet zugeschrieben werden kann, vgl. Mod. Lang. Notes,
VI, p. 136. Die Kelten kannten kein implosives r, und verschoben
ihr eigenes ci zu chi , vgl. Thurneisen , Keltoromanischcs , p. 1 4,
und das Neufranzösische kennt auch kein implosives c , vgl. Passy,
Sons du Fransais , §114. Andere Gegenden mögen das ursprüng-
liche implosive c des lateinischen angenommen, und dann durch
/' weiter zu c verwandelt haben. Welche von beiden Aussprachen
in Norditalien und Rätien im Gebrauch war, wird sich wohl schwer
entscheiden lassen, aber jedenfalls spricht das italienische // für ci
mit implosivem c. Ob die Entwickelung von cl in der Lombardei
und Rätien mit der Nordfrankreichs identisch war, wie Meyer-
Lübke behauptet, Ital. Gramm. § 221 , will ich nicht entscheiden.
Doch scheint mir lombardisches iS und rätisches i-^ viel leichter mit
implosivem ^ vereinbar als mit explosivem c\h]ì. Nichts jedoch
scheint mir die Thatsachen umzustofsen, dafs die Diphthongierung
des <f in Wörtern wie nçctem ein gallischer Vorgang war, der nichts
mit einem ähnlichen Vorgange in der Lombardei oder in Rätien
zu thun hatte. Das italienische noiie beweist doch sicher, dafs
das <f in dieser Klasse von Wörtern noch nicht diphthongiert war,
als sie ihre Heimat verliefsen. Wenn daher q in Frankreich überall
üo wurde, so kann nur Försters ganz mechanisches Diphthongie-
rungsgesetz den Vorgang erklären; wenn aber uo sich aus ^q ent-
wickelte, so ist kein Grund zu ersehen, warum der Diphthong
hätte üo ausgesprochen werden sollen. Nun ist es noch dazu eine
wohlbekannte Thatsache, dafs der gallische Widerwille oder das
Unvermögen ^ oder (7 auszusprechen, nur zeitweilig dauerte, denn
die Sprache schuf sich bald ein neues u aus p, welches schon in
den Eiden sich findet, cp. amur, reiurnar, dunai.
Wenn nun altfrz. uo sich spontan aus älterem ^g entwickelte,
so müssen die Vertreter der Ascolischen Theorie den Grund an-
geben, warum das u des Diphthongen wie ä ausgesprochen werden
mnfste. G. Paris giebt 1. c. zu, dafs palatale Qualität des u durch
regressiven Einflufs des e hätte hervorgerufen werden können, nach-
dem uo IM u€ geworden war. Die Qualität dieses e war gleich f\
aber selbst wenn man die höchste .^-Stellung der Zunge mit der
straffsten und ausgeprägtesten Lippenarticulation des ^ verbindet,
so entsteht doch kein u, sondern nur ein sehr geschlossenes, etwas
¿Í- farbiges ç. Ich bin mir bewufst, dafs Sievers, Grundzüge der
Phonet^ p. 97 das deutsche u als ç •\- u mit sehr starker Rundung
JOHN E. UAT7.KV,
beschreibt, während <
der Platz die RichtigVei
r franz. u als u + i anerkennt. Hier ist nicht
r Ansicht zQ untersuchen, doch glaube
ich, dafs beim franz. ä die Zungeustellung die des f ist, während
die Uppen vorgestülpt und energisch gerundet werden. Beim
deutschen ü auf der andern Seite ist die Lippenrundung weniger
ausgeprägt und energisch , aber dieser Verlust wird durch so-
genanntes 'inncrlongue-rounding' ersetzt. Diese Compensation ändert
die Zungenstellung, doch steht nach meiner Anschauung die Zunge
dabei immer noch in t-Stellung. Aehnlich scheint auch Victor,
Elemente der Phonetik, §56 sich die Sache zu erklären. Jedenfalls
hätte aber ein durch Verbindung von Zun gen stell un g für e und Lippen-
nindung des u hervorgebrachter Laut nie zu í werden können, wie
dies z. B. für locum > /üeii > ¿üti angenommen worden ist. Also weder
historisch noch physiologisch lassen sich sichere Beweise fiiir die
palatale Qualität des in Frage stehenden u beibringen , und wenn
alle die verschiedenen mit diesen Diphthongen zusammenhängenden
Erscheinungen genügend erklärt werden können, indem von einem
Diphthong ^e ausgegangen wird, so sollte diese Ansicht den Vor-
zug erhalten. Da nun IVleycr-Lübke, 1. c § 211 in so bequemer
Weise drei Gründe für die Aussprache fi/ zusammengestellt bat,
so wird es am einfachsten sein, jeden von den Fällen einzeln zu
untersuchen.
i. Altfrz. öl (=!f/) wird nie zu ö, also mufs das ue
welches KU S wird, anders ausgesprochen worden sein,
i. e. ä/. Hierauf läfst sich antworten, dafs phonetische Gesetze
eben nicht absolute physische Gesetze sind, nach denen immer
unter gleichen Bedingungen gleiche Resultate folgen müssen. In
einer Periode wird das lat c/ zu /, später kann es g¿ oder auch
ui werden. Ein phonetisches Gesetz ist nur beschreibend. Unter
gewissen Bedingungen und in einer gewissen Periode läfst sich
eine gewisse Tendenz in der Sprache beobachten , nach der eine
gewisse Lautverbindung in gewisser Weise verändert wird, und
diese Veränderung ist so weilgreifend und regelmäfsig, dafs zu
erwarten ist, dafs alle gleichen Verbindungen sich in gleicher Weise
entwickeln, und dieses Gesammtresultat kann ein phonetisches Ge-
setz genannt werden. Aber die Möglichkeiten sprachlicher Ent-
wickelung sind so vielseitig, und wenn die Mode sich später ändern,
und eine andere Tendenz das Uebergewight erreichen sollte, so
würde man eben für diese spätere Periode ein anderes Gesetz
formulieren müssen. Und dies gerade ist der Fall hier. Gegen
Ejide des Xlll. Jahrh. täfst sich im Französischen die Tendenz
konstatieren , im Diphthongen yp den zweiten Bestandteil zu labi-
alisierL-n, u/ wird u/", vgl. Strauch, Lat. e in der normannischen
Mundart, p. 88. Gegen Ende desselben Jahrhunderts entstand ein
neuerer Diphthong ûf aus ei'>BÌ, aber hier zögerte die Sprache
lange zwischen steigender und fallender Betonung (vgl. Meyer-
Lübke, 1. c. § 72, Rofsmann, Französisches 01, p. 24). Selbst noch
zu Palsgrave's Zeit wat der Accent schwankend, und sichere Be-
ÜBER DIE AUSSPRACHE DES ALTFRZ. UE VON LATEIN. Ö. 7
weise für steigende Betonung fangen erst mit Meigret an. Dialek-
tisch finden sich Reime zNvischen ot und f schon viel früher, und
Rofsmann, 1. c p. 27 führt sogar solche wie noeve (nova): recoeve ^
moeve : apercoeve aus dem Rom. d. 1. Rose an, und wäre diese Aus-
sprache allgemein geworden, so hätten beide Diphthonge {ot<.et
und ue<Cö) dasselbe Resultat geben müssen. Im gröfseren Teil
der nordfranzösischen Dialekte war aber ^/ schon zu ö geworden,
als Ol definitiv bei q/ oder ^/ ankam, und jetzt zog die Sprache
vor den zweiten Bestandteil des Diphthongens zu öffnen, ^/ wurde ¡¿d.
2. ()/^+ Flexionszeichen geht über ueu (= üeu) zu />«,
und ebenso auch çc in \ocum'> ¡ueu'> ¡teu über. Hier liegt
m. E. das Hauptargument für die Ascolische Theorie, und wenn sich
beweisen läfst, dafs die Entwickelung nicht in dieser Richtung vor
sich ging, und wenn die hierher gehörenden Formen von u/ aus
erklärt werden können, so mufs die Theorie fallen.
Dafs der Diphthong ue ein steigender war, und offenes p hatte,
braucht nicht weiter bewiesen zu werden, cp. Minerve: trueve Rom.
Troie 26015, quierent: moerent Brut 9746, Meyer-Lübke 1. c. § 211.
Dieses fi/ konnte zu f reduziert werden, eine Erscheinung, welche
sich schon früh im Anglonormannischen vorfindet, cp. presme,
0. Ps. II — 2, neben pruesme ebend. 14 — 4. Diese reduzierten
Formen scheinen jedoch auf gewisse bestimmte Wortklassen be-
schränkt gewesen zu sein, cp. Pen, Veniy veUnt, cheverels^ ce^ ice^ ovec^
üecquez^ pei, /erre, peple, evre, treve, pref (Strauch, 1. c. p. %'^, und
dieselbe Erscheinung zeigt sich auch im Franconormannischen,
ibid. p. 76. In Adgars Marienlegenden, hersg. von Neuhaus, Altfrz.
Bibl. IX finden sich seit (solet) 8 Eg. 34, t^i Eg. 38, tult 26 Eg. 145
und Epilog 559. Die Anzahl der untersuchten Texte ist noch
gröfser bei Oertenblad, 1. c. p. 36 , und einige neue Beispiele sind
da zu finden, aber die Anzahl der hierhergehörigen Wörter bleibt
gering, und es ist noch besonders dabei zu bemerken, dafs die
Majorität derselben 0 + / + cons, aufweisen ; dels (Subst und Ver-
bum), delt^ velz, veli, welt, vet, vel, vêlent^ weil.
Die endgültige Erklärung der altfrz. m'eus (*voles) diem (doles)
tens (oculos), um die es sich hier besonders handelt, kann nur
diejenige sein, welche die historische Entwickelung der Dialekte, in
denen diese Formen vorkommen , ins Auge fafst Meyer - Lûbke,
1. c. § 196 beschreibt dieselben mit dem allgemeinen Ausdruck „im
Nordfiranzösischen". Im grofsen Ganzen scheint angenommen zu
werden, dafs sie dem Pikardischen angehören. Eine nähere Unter-
suchung zeigt aber, dafs die Frage nicht auf einen Dialekt be-
gründet werden kann. Im Gegenteil haben wir es hier mit einer
Erscheinung zu thun, die sich vom Pikardischen (vüus, teus)
durch die Champagne {maus, zaus) bis ins südliche Lorraine und
die Franche - Comté (veaus , eaus , eaz) erstrekt. Diese eben ange-
führten Varianten gehören zusammen, und müssen alle auf gleiche
Weise erklärt werden. Wir nehmen dieselben in der angegebenen
Reihenfolge vor und stellen zuerst unsere Beispiele zusammen.
8 JOHN E. MATZKE,
¿?/Ì> /Vi/.
Ule et Galerón :i />a: 1699, (cp. orgeus', ^0:4685:86).
Aliscans: iex Bartsch, Chrest 76 — 27, Constans, Chrest 82 — 62.
Caritè:^ /«« 58 — 12, 81 — 11, 220 — 5, orgweus z^i — 4.
Miserere :2 vieus 40 — 8, 257 — 2, orguieus 85 — 3 (im Ganzen
32 Mal) , kieus (= colligis > f«^/r) 85 — 10 , ieus I02 — 3,
133 — I (im Ganzen 10 Mal).
Aue. et Nie: vix i^vieui) 2 — 34, 3 — 11, (vgl vex 3 — 7, ex i^
— 12 im Ganzen 4 Mal).
Durmars li Galois :3 iex (: müx) 15009, iez 1931, ielz (: mtex) 1 1522,
vülz {:mü/e) 507, (vgl. ue/s 108, iáe/z 11566, ^/ri^/4435,
orguelz 2^2, vuelz 495, 519, tw^£ 845, vues 15623, duel{s)
2152, 3362, 5624)-
Aniel: ¿?itf 108 (vgl. taus 227, deus — ■ deui/ 124).
Floris et Liriope:* zeus 1086, 1453, 403, 418, (vgl. euz 935, 1462,
1608, orguez 286, 1485, ¿?r¿^«^j I49ii ^^^ Q^o» 1125, 1651,
»^s 1602, wez 782).
Diese Texte beschreiben m. W. ziemlich vollständig die Ausdeh-
nung des Diphthongen üu. In lile et Galerón haben wir die
Sprache eines Pikarden der Französisch schreiben will (Einl. p. XL VI),
in Mis. und Car. den pikardischen Dialekt der Umgegend von
Amiens (Einl. p. CXCV), in AucNic. den pikardischen von Hainaut
(Ausg. p. 75), in Durmars einen Dialekt der zugleich normannische
und pikardische Eigentümlichkeiten zeigt (Ausg. p. 532), in Aniel
die Sprache von Artois (Einl. p. XIX) , und in Floris et Liriope
eine in Lorraine oder Franche - Comté verfertigte Abschrift eines
Textes aus Blois oder vielleicht noch nördlicherer Gegend (Einl.
p. XXVII). Ein sehr wichtiger Punkt darf hier nicht übersehen
werden. Unser Diphthong t'eu kommt nemlich gewöhnlich von
(> + /+ j, während ^ + /+ / meistens eu giebt. Man vergleiche
die folgenden Beispiele.
nie et Galerón : requeut : velt 118: 119; deut : aqeut 960 : 961, deut
: veut 1 169 : 1 170, reqeui'.deut 4775 : 4776, deut : seut 5193
: 5194, seut : veut ^722 : 5723.
Aliscans: velt (Bartsch, Chrest. 52 — 83, Constans, Chrest. 83 — 85).
Miserere : seut : rekeut : veut : deut Str. XLVU, seut : deut : meut : veut
: reskeut : rekeut Str. CXXXVI.
Aue. et Nie: veut ^ — 6, 46 — 10, {vaut 26 — 12, 38 — 13).
Durmars: vue/t 198, wet 14707, (jedoch vgl. vïut (*volet): siut
(*sequit) 2790).
Aniel: veut 206.
Floris et Liriope: duet : suet 379 : 380, 1 105 : 1 106, welt 83.
1 Hrsg. V. Förster, Rom. Bibl. VIU.
* Hrsg. V. van Hamel, Paris, 1885.
8 Hrsg. V. Stengel, 1873.
« Hrsg. V. Zingerle, Altfrz. Bibl, XII.
OBER DIE AUSSPRACHE DES ALTFRZ. UE VON LATEIN. Ö. Q
Nach Meyer -Lûbkes Bemerkungen, Gramm. I, § 196, und II,
p. 228, zu urteilen, sollte man annehmen, dafs Formen wie quieui^
sieui, vüuij dieut^ mimt die gewöhnlichen altfrz. Formen dieser Verba
sind und so weit verbreitet wie yeux und lieu. Dafs der hier kon-
statierte Unterschied zwischen der 2. und 3. Person sing, wirklich
im Allgemeinen durchgeführt ist, wurde für Mis. und Car. schon
von van Hamel bemerkt , Ausg. p. CXXUI. In den von mir auf
diesen Punkt hin durchsuchten Texten, kommt ieu -f- / nur in ge-
ringer Anzahl vor; cp. Richars li biaus aquieui i sieui (^sequit) 617
: 618, sieui (solet) 608, akieut : vieui ito^ : 1606, und selbst hier
sind Formen mit eu (í«// : «w«// 4133 : 4134) oder mit e {wet i
açuet ^g 11 14912) bei weitem die gewöhnlichsten im Reim. In
Durmars steht viut {<.vieut) im Reim mit siut (*sequit) 2790 : 2791.
Aus Burguy, Gramm. II p. 85 und 112 ss. lassen sich vielt, Vers
sur la Mort hinzufügen, und vieut Rom. d. Mahomet, vieut, sieut
Rom. d. Cambrai, und dieut einige Male aus Texten in Kellers
Romvart. Aber die Liste ist bald erschöpft
Wenn man nun die ältesten Texte in dem Dialekte, zu welchem
diese Formen gehören, untersucht, so zeigt sich eine bestimmte
Tendenz reduzierte Formen mit einfachem ^, ähnlich den oben
citierten normannischen, zu gebrauchen. Vgl. Bible de Herman de
Valenciennes (Bartsch - Homing Chrest) veis 104 — 18, velt 106 — 21,
108 — 15, 23, (ilec gy — 20); gewöhnlich wird das ç in dieser kurzen
Textprobe durch ue wiedergegeben, estuet loò — 13, pues loj — 14.
Dasselbe zeigt sich in Ille et Galerón, velt i ig, 536, 680, 5882,
6318, 6479, oel : orgel 3169 : 3170, {oel : orgel 3087 : 3088), orgeus
: ex 4685 : 4686. Aliscans hat velt 82 — 2^ (Bartsch), 8^ — 85
(Constans), aber ^^/ 75 — 11, duel T] — 11; euer y t — ^^. In den
Gedichten des Cuenes de Bethune (hrsg. v. Scheler, Trouvères Beiges, I)
steht velt t — 28, eus i — 49, ex ^ — 20, orguex 6 — 9, orguels 2 — 32;
in Durmars z«;^/ 14707, velie y g 20 , vêlent T ^18, und in Richars li
biaus weilgT^i vues 41 14, weille, fueille 253 : 254. Die notwendige
Schlufsfolgerung lafst sich schwer vermeiden. Gewisse Wörter
konnten den Diphthongen leichter zu / reduzieren wie andere.
Wenn man diese Wörter näher ansieht, und in erster Linie die
der normannischen Texte von Strauch, so fällt in die Augen, dafs
die gröfste Anzahl derselben einen labialen Consonanten in un-
mittelbarer Nähe des Diphthongen haben, vgl. avec, mere (*moriat)
«^ (novum) , presme (proximum) treve, peple, pre f {iptohxxm) , ferre
(fuer re), pet (*potet), r}elent, velt^ veil, evre (opera), ex (=oves: Strauch,
1. c. p. 22). Der Grund der Reduktion mufs also im Labial liegen.
Dafs ein vorausgehendes v solchen Einflufs ausüben kann, ist schon
von anderen anerkannt worden, vgl. Zingerle, Floris et Liriope,
Ein!, p. XVIU und Eggert, Zs. f. R. Ph. XUI p. 368. > Da / + cons.
gleich lyra,T, so konnte es ähnlichen Einflufs ausüben, und dies
^ Auch anlautendes / muís ähnliche Klangfarbe gehabt haben, denn es
übt ähnlichen Eünflufs aus; cp. ¿*en (=^ l*uem) und ilec, illecquez.
IO JOHN E, MATZKE,
erklärt Formen wie tìs, dels, org{u)eh, sels, q{iíyh, sell, dell, aç(v)el(
U.S.W. Auslautendes / hat jedoch keine u- Farbe, und deshalb
findet keine Reduktion statt. So entsteht der Unterschied zwischen
lul und eis, duel und dels, obgleich dadurch nicht die Möglichkeit
eines gelegentlichen an a logisch en orgel und dergleichen ausge-
schlossen isL Im Ganzen aber verfahren unsere Texte recht kon-
sequent, und während veleni, iveille, velie, weil recht oft vorkommen,
so kann ich mich doch nicht erinnern dehnt, delle, dcil u. dergl,
gefunden zu haben.
Wenn eine Schreibart konsequent unter den gleichen phone-
tischen Bedingungen durchgeführt ist, so ¡st es methodisch richtig,
anxunehnien, dafs ein bestimmter Klang dabei gemeint Ist. Mit
Oertenblad 1. c. p. 56 zu sagen, dafs oe, eil, e, (und alle die anderen
orthographischen Varianten) denselben Laut bezeichnen, heifst
gerade das was zu beweisen wäre, schon als bewiesen annehmen.
Dies mag der Fall gewesen sein zu einer späteren Zeit, als die
Labialisation des zweiten Bestandteiles des Diphthongen durch-
geföhrt, und ehe die herkömmliche Orthographie vergessen war,
aber es kann unmöglich die Verwirrung in den älteren Texten
erklären. Man findet eis (=: oculos) sehr oft, aber nie el , immer
oel oder uel. Wären beide Wörter gleich ausgesprochen worden,
so wäre es doch wunderbar, dafs zwei so verschiedene Schreibarten
so konsequent geschieden gehalten worden wären, und das von
Schreibern, die doch in andern Fällen nie zaudern , gleichwertige
Schreibarten ohne Regel ab«'echselnd zu gebrauchen.
Die Erklärung, die ich begründen möchte , ist schon klar ge-
worden. Ich glaube, dafs solche Formen wie ¡eut, vieus von den
älteren reduzierten Formen fis , vfls hergeleitet werden müssen.'
Ob das / vor oder nach der Diphthongierung des f lv^ u wurde,
wird sich nicht mit Sicherheit entscheiden lassen. Die Existenz
von Formen wie iels und vieh , obgleich dieselben selten sind,
scheint für die orstere Auffassung zu sprechen, da sie zu einer
Zeit vorkommen wo das / in den meisten Dialekten sicher schon
XU u geworden war. Auf der anderen Seite verlangt Champagne
-iaus die Reihe fifls^ fh^ iels'> ials'> ¡aus. Schwan^ § 2g5 setzt
das Erscheinen des Triphthongen in die Mitte des XI. Jahrhunderts,
Nach meinen Resultaten ist dies wenigstens ein Jahrhundert zu
früh. Das früheste Beispiel ¡n meiner Sammlung steht in lile et
Galerón, iex lógg, und diesen Text setzt Förster in das Jahr 1167,
G. Paris, Lit frçse. p. 247 in das Jahr 1157, Man wundert sich,
an welche Texte der Mitte des XI. Jahrhunderts, i. e. vor der
Chans, d. Rol. Schwan wohl gedacht haben mag. Ein anderes
schwerwiegendes Argument für die Richtigkeit der hier vorge-
schlagenen Erklärung sehe ich in der Form iez {= oculos) Poésies
Religieuses, (hrsg. von P. Meyer, Rev. d. Soc. sav. série V vol. VI,
ÜBER DIE AUSSPRACHE DES ALTFRZ. UE VON LATEIN. Ö. II
p. 241 SS.) Nr. Vn — 7; cp. orguelh I — 26, und vulh VIII — 21. Hier
hat man offenbar die Reihe plz > ülz > üz anzusetzen, wo / in gut
wallonischer Weise gefallen ist, und die Möglichkeit einer Reduk-
tion von iUlz > iUuz u. s. w. ausgeschlosssn ist.^
Auf diese Weise können teus, vieus u. s. w. leicht erklärt werden,
aber der Unterschied zwischen vieus und veut bleibt noch immer
im Dunkeln. Dafs dieser Unterschied existierte, ist aus den oben
gesammelten Bespielen genügend klar geworden. Es ist mir jedoch
unmöglich eine Erklärung vorzuschlagen, die auch nur annähernd
die Schwierigkeit zu lösen schiene.
In der Chronik des Philippe Monsket erscheint ql -f- Flexions-
zeichen als iou^ und dieses erklärt Meyer-Lübke, 1. c. § 196 als eine
EntWickelung von üeu über teu^wu^ da auch melius, wo der
Triphthong ieu richtig ist, als miouz erscheint. Aber dieser Text
gehört in die Zeit, in welcher ou aus 0 zu eu wurde, während die
herkömmliche Orthographie, 0 und ou noch in Gebrauch war, so
dafs alle drei Schreibarten regellos erscheinen. Deshalb findet man
eu in mìetès 18261, dteus 28805, ^^ i^ ^^^^ (oculos) : a'ous (caelum -f- s)
12315, tous : vious (veclus) 18536, \ mious (melino) 22390, 26829,
dious (deuil) : mious 24865, und 0 in vivo (voles) : vious (veelus)
9200, viot 1380, violt 8104; vgl. Link, Ueber die Sprache der Chro-
nique rimée, p. 1 2 und 1 6. Burguy, Gramm. U, p. 1 1 2 citiert noch
violi^ dioli, siolt aus Part. d. Blois.
¿?/!> iau.
Im Champagne -Dialakt des Chrétien de Troies finden sich
iauz^ viaut, diaut, siaul, requiaut^ diaus u. s. w. und Förster in seiner
Ausgabe, Cliges, Einl. p. LXIX erklärt diese Formen als durch
Reduktion von Hau (< üel cons.) > iau entstanden , und diese Re-
duktion sei notwendig gewesen, weil das Französische sonst keinen
Triphthongen üau besessen habe. In demselben Text wird oel
konsequent von Vtul geschieden, und diese Erscheinung wird als
„rein orthographische, und durchaus nicht lautliche Eigenheit" (ibid.
p. LXV) charakterisiert. Dafs wird es hier nur mit einer graphi-
schen Variante zu thun haben, wird wohl Niemand bestreiten wollen ;
uel hätte als vel und iel als jel gelesen werden können ; aber dafs
^ Nachdem dieser Artikel geschrieben war, war es mir möglich Försters
Ausgabe des Chev. as deus espees einzusehen. Der Dichter selbst scheint
aus der Nähe der Pikardie zu stammen, während der Schreiber ein gebürtiger
Pikarde war. Lat. 2J erscheint als oe und ue\ sogar nouef ^\^\ kommt vor,
welches far die Aussprache ^e spricht Reduktion zu e ist p. XLI nur in
üleques und auecques verzeichnet. Formen mit ie =^0 sind häufig , doch
scheint kein Unterschied zwischen der 2. und 3. p. s. gemacht zu werden.
Cp. uùls 6199, uielt 1672, sielt 6984, diets 2031, 6396 (auch dets 10560, duel
3279) orghiex 4119, iex 2516, 4 120, 4836, 10640, sogar ix 12047 ^^^ o^»
dielt ^ kielt u. s. w. Aas Perciv. 2928 wird mieut (molit) und aus Erec 6572
iaut mit der Variante ielt (:= ölet) citiert Förster schrieb hier dieses 1 dem
Einflufs des folgenden / zu, eine Erklärung die er jetzt aufgegeben hat, aber
es ist interessant zu konstatieren, dafs er damals in richtiger Weise das
neufrz. yeux aas pik. iex herleitete.
1 2 JOHN E. MATZKE,
oel der lateinischen Etymologie zu Liebe gewählt wurde, scheint
nicht so einleuchtend. Dies erklärt nicht den Wechsel zwischen
boens und huens in derselben Hs. A., deren Schreiber so sorgfältig
zwischen oel und Vuel unterscheidet. Meiner Ansicht nach wird
sich schwer etwas gegen die Bemerkung G. Paris' aufbringen lassen,
dafs wo immer oe und ue in der Schreibung mit einander wechseln,
die Aussprache ue und nicht üe gewesen sein müsse. Und wenn
Försters Erklärung von iau<iuau die richtige wäre, dann sollte
gerade in solchen Texten oe nicht mit ue wechseln. Aber dies ist
nicht der Fall ; oe und ue sind gleichbedeutend in Texten wo ieu
und tau vorkommen, vgl. suel : doel 1863 : 1864, voeleui : suelent 390
: 391, iïloec \ peruec 3435 : 3436 in lUe et Galerón. Wenn also œ
und ue in Cliges wechseln, weil beide denselben Klang darstellten,
so folgt das ue nicht wie «/ ausgesprochen wurde. Dann mufs
aber eine andere Erklärung für tau gebracht werden, und diese
liegt, wie mir scheint, auf der Hand in der Entwickelung von
caelu + s > ciels > ciáis !> ciaus, Clig. 20 1 2, melius !> mielz !> miauz 26,
mieldre > miaudre 332 , ïllos > els > als > aus^ vermeilz > vermelz >
vermauz , welche, wie bekannt, schon von Ul brich in Z. f. R. Ph. U
P* 539 vorgeschlagen wurde. Von dieser Seite aus betrachtet,
kann jedes Glied in der Kette wirklich belegt werden, {uels^ pis
> iels !> ials > iaus) während bei üels >• iials > üaus !> iaus zwei sehr
wichtige Mittelglieder konstruiert werden müssen, ein Verfahren,
welches mir für diejenigen Perioden der Sprache, wo das Material
so reichlich vorliegt, immer sehr fraglich scheint. Wenn üals oder
üaus sowohl als vüeus, düeul je existiert hätten, so würden dieselben
sicher aus der Orthographie irgend eines Kopisten belegt werden.
Oertenblad, 1. c. p. 50, schlägt, während er zu der Aussprache
^é hält, noch eine andere Erklärung vor ; „w^/- après avoir passé
par uial' et après Tassimilation de u et de /* (wie in aprisment'^
apruisment) est devenu ial. — w«". Gegen Ul brich bringt er vor,
dafs er velt für vtieil das e „n*a pas facilement representé un véri-
table er** ohne zu merken, dafs seine zwei Sätze sich widersprechen.
Denn wenn uel- zu uial- wurde , so ging es doch über «/>/-, und
dann mufs der zweite Bestandteil des Diphthongen doch ein „véri-
table ^* gewesen sein. In diesem Falle aber ist es viel leichter,
und ganz im Einklang mit der Tradition unserer Texte, gleich von
veis oder eis auszugehen. Die Erklärung, welche er dann für ieu
vorschlägt (ibid. p. 5 1 , Anm. 4) ist sicher nicht die richtige. Dieses
ieu soll durch Mischung von eu zu iau entstanden sein,
, ^uel — eu ^ .
ol <i . j . >• teu,
•^ tal — tau
Auf diese Art liefse sich schliefslich alles beweisen.
çr> ea{u).
Ein starker Beweis für die Richtigkeit meiner Erklärung lieg^
m. E. in den folgenden Beispielen.
ÜBER DIE AUSSPRACHE DES ALTFRZ. UE VON LATEIN. 5. I3
Yzopet:* eaz 361, 31 15, 3122, (vgl. jedoch uuez 16, 18, 371, 649,
763, uuet 21^ u. s. w., j«^/ 594, z£;^/35i6).
Makkabâer:^ eauz 4 — 12, 5 — 30, 6 — 10, einmal sogar auz XII — 42,
ueaus (*voles) 10 — 56, VII — 2 — 16.
Diese EntwickeluDg scheint sich über den ganzen Süden zu
erstrecken, denn Görlich bringt ähnliche Beispiele Südwestliche
Dialekte, p. 65 ; cp. deaus , veaut , veaus , veauge , (voleam) , veaugenL
Einige andere Texte die ich auf diesen Punkt hin durchsucht habe,
wie die Sermons de Saint Bernard und Job zeigen nur ue^ aber
einige Varianten in Floris et Liriope (^¿7«a; 403 , ^0^:418, 1453,
eaz 1608) weisen auf dieselbe Gegend. Offenbar ist die Reduktion
hier so früh eingetreten, dafs das neue / + / + cons mit ursprünglichem
^ + / + cons, gleich behandelt wurde ; vgl. Yz. aigneas 9Ö , morseas
469, porceas 1276; Mak. ceaus (cáelos) X — 2^^ veauz (*veclus) 12 — 23,
meauz (mçlîus) i — 65; ueisseaus i — 24, nouucaus 4 — 49, chasteaus
7 — 46. Im Yz. scheint die Reduktion auf anlautende Position be-
schränkt gewesen zu sein. Görlich, 1. c. erklärt eau aus uel^ ueau^
wenn aber wirklich ueau je existiert hätte, so wäre es doch kaum
so spurlos verschwunden.
Bisher habe ich lieu, welches Meyer -Lübke auch als Reduk-
tion von lüeu erklärt, bei Seite gelassen. Bis jetzt ist noch nicht
bewiesen worden, dafs der Tonvokal in diesem Worte sowie in
focum, jocum überhaupt diphthongiert wurde. In Mod. Lang.
Notes Vn p. 65 leitete ich leu auch von locum über luou >• luéu
her, aber ich bin jetzt überzeugt, dafs diese Wörter wie paucum
> peu erklärt werden müssen, wo der Schritt von pou^peu direkt
ist; vgl. Förster, Z. f. R. Ph. V, 591. Jeu und peu sind dann regel-
mäfsig , und das 1 in Iteu läfst sich leicht dem Einflüsse des / in
mileu > mileu (altfrz. milliu^ milieu vgl. die neufrz. Aussprache milieu
Lesaint, Traité p. 205, milyoe y Passy, Sons du Fransais, p. 19) zu-
schreiben. Ein leu klang eben wie Heu und konnte nur so ge-
schrieben werden; vgl. Mod. Lang. Notes, ibid. Ein wichtiges
Moment, welches in der Diskussion dieser Frage übersehen worden
ist, ist, dafs Heu und lex (oculos) gar nicht in denselben Dialekt
gehören. Lieu kommt zuerst in den Q. L. D. R. 82 — 8 vor , und
in diesem Texte ist oculos = oilz 10 — 8, und *volet voli^ *voles vols,
3. Die Entwickelung von o¿'> üi macht ein Mittel-
stadium uei (= üei) notwendig. Lat. ç + /' war früh zu üi
geworden; schon in der Voy. Charl. 670 steht ui (hödie) in ü'
Assonanz. Die palatale Qualität des Diphthongen kann jedoch
gerade so leicht aus ^éi wie aus üei erklärt werden; denn wenn
uei durch regressive Assimilation zu uH wurde, so konnte dieser
regressive und jetzt doppelt starke Einflufs sich doch ohne Schwie-
rigkeit noch einen Schritt weiter zurückerstrecken, und ^ zu ü
verwandeln, so dafs wir also die Reihe ^¿i'> ^ii'> ûii'> üi zu
* Hrsg. V. Förster, Altfrz. Bibl. V.
' Hrsg. V. CrÖrlich, Rom. Bilb. II.
14 JOHN E. MÂTZKE,
setzen hätten. Eine ähnliche Entwickelung h'egt in der gelegent-
lichen neufrz. Aussprache üt = out vor. Dann beweist aber gerade
die Voy. Charl. noch definitiv, dafs üi sich nicht von ûét her ent-
wickelte, denn oe und ue werden ohne Unterschied gebraucht, vgl.
poâii puet^ Koschwitz, Ueberl. und Sprache, p. 29. Wenn nun aber
+ i in einem Texte, wo %u sicher i^e war, zu üi werden kann,
so kann dieselbe Entwickelung auch in einem anderen Texte vor-
kommen , und folglich kann aus der Entwickelung von 9 + ^ Vexci
Argument für die Ansprache üe gezogen werden.
Mit diesen Gründen soll nun nicht bestritten werden, dafs ue
nirgends im Altfranzösischen wie üe ausgesprochen wiu'de. Meine
Absicht war die Entwickelung des altfrz. ieu ins richtige Licht zu
stellen. Die Ausbreitung des « < « war ja , wie jetzt allgemein
geglaubt wird, langsam, und da kann der Diphthong «/ gelegent-
lich in derselben Weise behandelt worden sein. Für den Brandan
kam Hammer (Die Sprache der anglonorm. Brandanlegende p. 19) zu
dem Schlufs, „dafs dort der «-Laut unbekannt war." Eggert dagegen,
Z. f. R. Ph. XllI p. 365 beweist, dafs in seinen normannischen
Texten ü zu ü geworden war, welches dann über üe zu üei ge-
worden war, welches dann über üe zu ie reduziert werden konnte.
Dies aber hat nichts mit der Entwickelung von ö + / + cons, zu
thun, und das ü kann auch hier unter regressivem Einflüsse des i
entstanden sein. Ob ich die ganze Frage endgültig gelöst habe,
wage ich nicht zu entscheiden. Aber jedenfalls scheint es mir sicher,
bis bessere Beweise für die Aussprache üe aufgebracht werden
können, bleibt die sicherste Stellung die, welche vor dem Erscheinen
von Ascoli's erster lettera glottologica als die richtige galt
John E. Matzke.
n nome di Dante,
i.
Il Balbo y seguendo i più autorevoli biografi del Poeta, avea
detto che Alighiero „ebbe nel maggio 1265 un figliuolo, il quale,
battezzato in S. Giovanni, ebbe il nome di Durante^ abbreviato
quindi in quello, sempre da lui e dagli altri usato, di Dante^\ Ma
Emmanuele Rocco trovò da apporre anche a questo luogo una
delle sue ingegnose e dotte note. „Ci sarebbe piaciuto", egli scrisse,
„trovare una qualche testimonianza del nome di Durante, del quale
non fa menzione il Boccaccio. A me non è venuto fatto di trovarne
alcuna ; per lo che son venuto nel pensiero che Dante fosse vera-
mente l'unico e primitivo suo nome, e per la testimonianza del
Boccaccio e del Manetti, e perchè comune era a que' tempi tal nome
(Dante da Majano), e perchè Dantes leggesi nella sua condanna,
nel suo epitaffio, e in parecchi altri latini documenti. Ma oltre
all'argomento etimologico del Boccaccio, altro ve n'è che c'induce
a credere esser Dante il primitivo nome. Difatti, Francesco (leggi
Domenico) Bandino, grammatico aretino, nel suo libro Fons mira-
hilium universi^ deriva il nome Dante da dans theos : or le etimologie
non si traggon certamente da' nomi accorciati, si dagl'interi. Aggiun-
gi che, nel e. XXX del Purg.^ Beatrice chiama il poeta a nome,
dicendogli :
Dante, perchè Virgilio se ne vada . . .
ed il poeta si scusa dell'essersi nominato, ne' versi seguenti:
Quando mi volsi al suon del nome mio,
Che di necessilà qui si registra.*'
Vittorio Imbrìani, senza ricordar qui, forse perchè non avea da
contradirlo, il benemerito filologo napoletano, notò più tardi anche
lui che il nome Dante si trova „sempre distinto da quello di Durante.
Non conosco", egli continua, „un esempio solo d'un Dante, chia-
mato anche Durante, o d'un Durante chiamato anche Dante. P. es.,
maestro Durante medico (che fu de' priori pel sesto di Dante , da
mezz'aprile a mezzo giugno 1295....) non è mai e poi mai chia-
mato : maestro Dante .... Il diminutivo di Durante era Duraniuzzo,
In una sentenza dello imperadore Arrigo VII contro tutt'i ribelli di
Toscana (13 13), troviamo, tra' fiorentini del sesto di Porsampiero:
Durante Bonfantini e Durantuzzus vel Durancozzus Bonfantint^^^
^ Vita di Dante scritta da Cesare Balbo con le annotazioni di
•■»maiiuclc Rocco; Napoli 1853, p. 18 e 424. — Vittorio Imbriani,
mUsehi\ Firenze 1891, p. 247 — 8 n.
1 6 MICHELE SCHERILLO,
U.
£ccoci dunque di fronte a un altro dubbio della biografìa
del sonuno poeta: se cioè il suo nome derivi da Durante^ o sìa
invece esso stesso un vero e proprio nome.
Prima di tutto, non sarebbe né assurdo né anormale che il
nome Durante si riducesse in Firenze a Dante \ giacché sono „essen-
zialmente proprie al toscano"^ le forme sincopate quali Betto per
Benedetto, Benni Bencivenni, Buto Benvenuto, Bista Battista, Dedi
e Dede Diotidiede, Gianni Giovanni, Taldo Tedaldo, Bice Beatrice
ecc. Or codeste forme, tra un popolo che ebbe sempre tanta
coscienza della bontà del proprio volgare e fu tanto vago dei
vezzi di lingua, in un periodo di bonaria ingenuità paesana,
divennero ben presto indipendenti dalle originarie: cosi che chi si
chiamasse Betto o Dante poteva anche ignorare d'aver lo stesso
nome di chi si chiamasse Benedetto o Durante; e ad ogni modo
chi profferiva quei nomi indicava persone differenti quando adoperava
il nome intero o l'accorciato. Naturalmente ciò non escludeva che
in certi casi, in ispecie per ragioni stilistiche, si potesse sostituire
Tuna forma air altra; e preferir, per esempio, di chiamar Beatrice,
nome ben più soave e ricco di significati e già illustre nella poesia
provenzale e nella storia medievale, una fanciulla che nella vita
d'ogni giorno fosse conosciuta per Bice.^
I giudici, i notai, i cronisti, gli epigrafisti accettavan dall' uso
quei nomi comunque alterati, e cosi li conservavano. Che se poi
essi considereranno più tardi quasi parte del loro dovere il rein-
tegrare ed uguagliare i nomi propri che passassero sotto la loro
penna, ciò non avverrà che col prevalere delle tirannie laiche o
spirituali sulle libertà comunali e democratiche. Dando un' occhiata
alle cronache e agli altri documenti del tempo dell' Alighieri, ci
vediamo sfilar d'innanzi i Geri Ruggeri, i Gaddo Gherardo o Ma-
galdo, i Bocca (onde Boccàccio) e i Branca Malabocca e Malabranca
(onde le Malebranche), i Puccio Jacopuccio o Pandolfuccio, i Ghino
Arrighino o Ughino o Agostino o Ghinualdo, i Vanni e Gianni e
Nino Giovanni, e Nella Giovannella o Leonella, i Giotto Angioletto
o Ambrogiotto , i Laño Catalano o Ercolano , e i Lapi e i Bindi
Jacopo e Aldobrandino, onde Fiorenza era piena ed é piena la
Commedia; 3 o i Ciño e i Dino e i Duccio e i Äfeo^ alterazioni di
nomi diversi, e i Cecco ^ e i Baccio Bartolaccio o Bartolomaccio, e i
Lotto Angelotto, e i Gotto Arrigotto, e i Feo Maffeo, e i Fazio
* F 1 e e h i a , Di alcuni criteri per V origina%ione dei cognomi italiani
(negli Atti deW Accad, dei Lincei), 1878; e recensione a un libro del Fan
fan!, nella Rivista di filoL ed istruz. classica, genn.-febbr. 1879.
* Cfr. Scherillo, Alcune fonti provenzali della Vita Nuova \ Torin
1889, p. 97 ss.
^ Non ho dimenticato Buoso o Bosone\ ma codesto nome, anziché de
vare da Ambrogio come asseriva il Fanfani, riproduce invece il tedesco B<
secondo dimostrò il Flechia. — Anche in Bertrán de Born, „^ 'n I
(Ed. Thomas, p. 116).
IL NOME DI DANTE. Ij
Bonifazio, e i Corso Buonaccorso, e i Gtano Giuliano o Árnigiano
ecc., e i Gardo Gherardo, e i Vteri Olivieri, e i Nerz Raineri, e i
Qfppo Giacopo, e i Osti e i Nuío Bencivenisti e Benvenuto, e i
lappo Filippo, e la Tana Gaetana, e la Tessa Contessa, a la Vaggia
Selvaggia, e la Cosa Nicolosa, e i Talano Catalano, e i Maso e i
Toso Tommaso, e i Mtucio Giacomuccio ecc., i quali occorrono
o negli scritti minori di Dante o nei novellieri ; o i Berto Alberto
Omberto Uberto ecc., i Fuccio Pandol f uccio , i Tacco Talacco, i
quali nella Commedia trovan posto solo come cognomi. ^
Né quei prelodati giudici e notai si facevano scrupolo di
registrare tali e quali perfino i diminutivi di codesti nomi accorciati.
£ ciò non solamente a Firenze ; che nel famoso documento padovano
del 1306 si trova, p. es., quel DanHnus quondam AIligerù\ ch'era stato
addirittura scambiato col poeta. Nelle carte avviene di frequente
d'imbattersi nei Benino^ Cantino^ Brandino^ Landino Orlando, Corsino,
Berlino^ Coluccio^ Zam'no, e Dandolo Aldobrando, e Màldolo Romu-
aldo (onde Ca^maldoli) ^ e nei Petràccolo^ Giachinotto^ Ciuccio (Cio-
nuccio?), e Gherardinum^ Gezzolinum^ Guzzarinum, Simoncinum^ Jo^
hamtoiius, Azzuccius^ Cuccius (Coluccio?), ecc. ecc.'
Chi poi ha voluto vedere un grave ostacolo alla identificazione
dei nomi Dante e Durante nel fatto che, per esempio, nella lista dei
componenti il Consiglio del Podestà e del Comune nel 1284,^ essi
„ci si presentano distintì*S^ non ha badato che quella lista mede-
sima forniva le prove per convincersi che l'ostacolo era del tutto
immaginario. Se difatto tra i consiglieri del 1284 si seguono a
poca distanza Dante Bon . . . , Dante Mainerij\ Dante della Sannella^
Durante Primer ani y Dante f. Lapi Clerici; vi si confondon pure,
con ingenuità popolaresca, Cavalcante de Nerlis e D. Cantinus de
Acri, Lapus D. Coppi e D. Jacobus de Certaldo, Rigus Gualterotti
e Arrigus Sassolini, Ceccus f. Abbatis Mannelli e D. Franciscus de
Certaldo notarius, Tinus Tommasini e D. Tinaccius de Compiobbio,
Catelanus Petri Benincase e Talanus de Gherardinis, D. Sinebaldus
de Pulcis e Baldus Rodulfi, Vanni f. Poncij e Joannes de Muxi-
gnano, Gaitanus de Infangatis e Tanus Pantaleonis, Duccius Manni
e Guiduccius Simia de Cavalcantibus e Guido Manetti, Nervus Ardin-
ghelli e Raynerius D. Rubei, Ser Berlinghieri Orlandini e Gheri f.
Bellicari, Filippus Diotefeci e Lippus Vanni, e tanti e tanti altri.
Che cosa l' Imbriani si aspettasse da quel suo Durantuzzm,
non s* intende chiaramente. Già, Dante non sarebbe un vero dimi-
* Si ricordi anche il rimatore dugentista Dovu> (Andreozzo) Novi. Cfr.
Mahn, in Herrig'* s Archiv, XXXVIII, p. 8.
' Tra i parenti di Dante il Del Migliore metteva anche un Caruccius
Salvi Alighieri, che nel 1295 sedeva nel Consiglio del Comune. Cfr. Frati-
celli, Vita di Dante f p. 33. — Non si dimentichino intanto Carlino dei
Pazzi, Inf, XXXII, 69; e il rimatore Pucciarello (Jacopo) di Fiorenza.
B Cfr. Delitie degli eruditi toscani, voi. X, pp. il, 13, 62, 94, 98,
122, 125.
* Vedila in Del Lungo, Dino^ I, pt II, Docum. p. Vili ss.
* Fenaroli, La vita e i tempi di D, A,; Torino 1882, p. 72.
Zrituchr. £• rom. PhU. XX. 2
1 8 MICHELE SCHERILLOy
nutivo di Durante, ben^, come diceva il Varchi, ^ un „nome mozzo*';
ma ammesso pure che fosse, e che perciò? Forse che di diminu-
tivi non ne esista che uno solo per nome? O non è invece special-
mente nell'alterazione dei nomi proprii che il popolo 'libito fa
lidto in sua legge'? il toscano soprattutto, co^ saporitamente
berteggiato dal Bemi, nella Catrina \
Io son Beco de Meo de Ton de Lapo
De Biagoszo de Drea de quei dal Rapo ?
Se lo sapeva quel poveruomo del Casa, che si disperava di tutti i
conderi che toccavano al suo brutto nome:
CAvine pur chi vuol lettere o metta.
Che noi racconceria sant* Agostino . . .
Mutalo e sminuisci! se tu sai:
O Nanni o Gianni o Giannino o Giannozzo,
Come più tu lo tocchi, peggio fai.
Che gli è cattivo intero, e peggio mozzo!
Ecco in documenti contemporand , a poca distanza , Bindus,
Bmdaca'uSy Bindmus^ Aldobrandinus^ Bindus Aidobrandim^ Aldohrandus\
Ber ha f Lamòerfucctus ; Baldus^ BimòaJdituis ; Cappus Pandoifini e
Doffus\ Oriamducdus Orlandi, e Tinus Tammûsini, e Lafus làigge^
rim\ e Aibtrtimts e UberiinaSy e Albrighino, e Gerardinus ecc. ecc.^
Or tutto dò, se rende verosimile e possibile che Dank sia
una forma derivata de Durante, non esdude altred né che possa
derivare da un nome diverso, né die possa essere qualcosa che
stia per sé. Come, p. es.. Uno può rimontare tanto a Guittondno
quanto a Pacino, a Rinucdno ecc. ; e Gino a Giorgino o a Biagino ;
e Dino a Bindino o Baldino o Naldino o Gerardino o che so io ;
e Doffo a Landolfo o Pandolfo: cod Dante potrebbe rimontare e
a Durante e, mettiamo, a un Floridante o M^cadante o Arìodante.
D'altra parte, alla stessa maniera die Durante non é al postutto
se non il partidpio presente del verbo durare. Dante potrebb' esser
quello di dare. Sennonché, non ogni cosa ch'é verosimile in
astratto de\*e anche esser vera in concreta TÂ fiorentini che avessor
nome Durante ne conosco parecchi : Durante degli Abbati, Durante
Primerani» Durante Bonfantinì, Durante Vinattíeri, Durante Mezzaia,
maestro Durante, un Durante della famiglia di qud Cbermontesi
che a cagion sua »arrossan per Io staio** (/'«ir. XVI, 105), un
Durante dì Giovanni, matematico di professione e poeta a tempo
perso« morto nel 1365, e finalmente queir oscuro Durante autore
della lunga sene di sonetti che traducono in toscano buona parte
del /i%^man dt ia nur. Devo però confessare di non essermi mai
imbattuto, scorrendo novelle, croiìache e carte fiorentine, in im
qualche Arìodante o Fiondante o Mœadante: quantunque v* abbia
> £>kiAHti9,\ qucik IX. È però Boterole che. tra gfi esempli che un cod
calalo ammiratore dì Dante adduce di codesti comi mcicn. proprio quello di
IXá&te ikoa sia!
* la Del Luaco, l>m\ I. pt. H» mi docuMmti»
IL NOMS DI DÂNT£. I9
pure iocontrati gli Agolanti.^ £, a ben pensarci, il participio di
durare può, adoperato come nome, significare „perseverante'^ „du-
raturo", „Costante'' (eh' è nome anch' esso) , e riscontrarsi nella
terminazione coi nomi quali Clemente e simili ; ma il participio danie^
da sé solo, non significherebbe nulla. Si comprendono le forme
nominali Diodato o Diedato^ Donato o Dato^ Donadío^ Diotidiede o
Dede^ come anche Benvenuto^ Benedetto ecc.; ma un Durato non si
riuscirebbe a intendere, per la medesima ragione che non si com-
prende un Dante dal verbo dare,
ni.
Tra i motivi addotti dal Rocco per sospettare che Dante
non derivasse da Durante^ ma fosse invece un nome intero, è,
come s'è visto, che da quel nome il Boccaccio e gli altri antichi
han tratte etimologie; e queste non si traggon dai nomi accorciati.
Il Boccaccio difatto , dopo d' aver detto che Alighiero e la
moglie „di comune consentimento'' chiamaron Dante il loro figliuo-
lo, soggiunge: „e meritamente, perciò che ottimamente ... segui
al nome 1* efietto. Questi fu quel Dante . . . che a' nostri secoli fu
conceduto di speziai grazia da Dio ; questi fu quel Dante, il quale
primo doveva al ritorno delle muse sbandite d'Italia aprir la via.
Per costui la chiarezza del fiorentino idioma è dimostrata; per
costui ogni bellezza del volgar parlare sotto debiti numeri è rego-
lata; per costui la morta poesi meritamente si può dire suscitata:
le quali cose, debitamente guardate, lui ninno altro nome che
Dante poter degnamente avere avuto dimostreremo".
£ Pietro, il figliuolo stesso di Dante, scrìveva: „prout nomi-
natus erat auctor Dantes^ ita dahat^ sive dedit se ad diversa, scilicet
primo ad theologiam, secundo ad poetica".'
£ Francesco da Buti, copiando quel che il Boccaccio avea
ripetuto nel Commento : „ . . . elli fu nominato Dante^ cioè donatore ;
lo quale nome degnamente li si conviene, imperò che graziosamente
fece dono a tutti questo suo tesoro, nel quale si truova onesto
diletto e salutevole utilità da chi lo vuole cercare con caritevole
ingegno".
£ un oscuro rimatore lucchese. Mucchio, assegnò anche lui
una simile ragione a quel sacro nome, in un sonetto nel quale si
raccomanda al suo grande contemporaneo, già morto, che preghi
Dio per lui:
> Un Agolante nella nov. XI del Decamerone^ e nella Cena II, nov. VII
del Gr azzini; e la famiglia Agolanti in G. Villani, VI, 34.
' Dato può essere accorciativo cosi di Diodato come di Donato. — Son
nomignoli furbeschi il Gabbadeo del Sacchetti, nov. 155 ss., e lo Scannadio
del Boccaccio, g. IX, n. I.
' Su questa falsa etimologia il Dionisi fondava uno dei principali suoi
argomenti contro l'autenticità del Commento di Pietro! Cfr. Rocca Di al-
cuni Commenti della D, C.\ Firenze 1891, p. 382. £ cfr. anche Scarabelli,
nella prefazione al Commento di J. della Lana; Milano 1865, p. XIV.
a*
MIGÚELE SCHERILLO,
O spinto gentile, o veto dante
A noi mortaii il frutto de la vita.
Dando/e a te 1' alla bontà inünita
Come congruo e degno mediante . , . ,
£ finalmente il Manetti ripeteva nel suo bel latino: „quasi de
industria factum esset , recto »omine , (austisque ominibus DiatUm,
ceu futura praesagieutem, appeliarunt".
Ora, codeste non son vere etimologie, bensì rifioriture retto-
rìche, schiribizzi per dimostrar come „Ì nomi seguitino le nominate
cose". Quei nostri buoni antichi gareggiavano di acume e di
arguzia ad almanaccarne; come, in momenti di ozio, faremmo noi
a strologar sciarade. „De nomine", aveva insegnalo Cicerone {De
inv. 11, g), „nonnunquam aiiquid suspicionis nasdtur". Dante stesso
se ne compiaceva; e il Da Butì ripeteva sul conto di lui quella
sentenza, d'ignota provenienza,' che nella Vila Nuova (§ 23) egli
aveva scritta per conto di Amore ; „E per questo appare che Dante è
nome che si conviene al nostro autore per le sue opere che ha
graziosamente donaU a ciascuno, significandosi et appropriandosi
questo medesimo per quello che si dice comunemente : Nomina et
pronomina sunt consequenlia rerum".
Ma quegli stessi antichi non pretendevano che (ossero etimo-
logie di valore storico. Fra' Giovanni da Serravalle, per es., accet-
tava anche lui che il nome del poeta suonasse „quasi dans te ad
aliqua" poiché „iste auclor Dantes dtdit se in juventute omnibus
artibus liberalibus"; ma con ciò naturalmente non voleva dire che chi
gl'impose quel nome già sapesse quel che avrebbe fatto nella
gioventù. Confessava egU medesimo, con onesta ingenuità, che
„licet Dantes possit vanii modis interpretari", cioè che se ne potes-
sero derivare parecchie sciarade. E nò lui né gli altri avran presimto
d'escludere che nel fatto poi Dante non (osse che un accorciativo
dì Durante. Lo dichiara anzi esplicitamente proprio quel Bandino
d'Arezzo, la cui etimologia diede da pensare ai Rocco.^ Egli
mette prima molto bene in sodo che al poeta „in fonte sanai
lavacri Durante fuit . . , nomen impositum, sed blanditiartim alludio,
secundum florentinum morem, sincopalo nomine, Dantes vocatus
est"; e poi, dottamente strologando, viene a considerare qualmente
codesta forma accorciata gli convenisse mirabilmente giacché Dantes
sia quasi un dire dans Theos, cioè notizia di Dio e d'ogni altra
cosa divina, che in verità nessuno meglio di lui seppe trattare in
versi della gloria di Dio e dei beati.*
' Cfr. D'Ovidio, Dante e la filosofia del linguaggio; Napoli 189a,
> Forse il Rocco dou conobbe dìrellameate ¡1 passo del grammatico are-
tino, che non era più inedito da quando, fin dal 1759, lo »vea pubblicato il
Mehus a p. 168 della V'Ha AmhroHÌ giniTalis Camaldultnñvm.
' „. - k quod quidem merito ci competil, quum Daniel per etbymologìun
dicatur, quasi dans Theos, ¡desi Dei Bolitia.m, et omnium divinorum, Nnllus
enim poeta fuit, qui Dei, beatorumqne gloriam audciet suit ittiogere versitnu,
nisi poeta ooster, quod ipse ptofiietur is secundo cantu Paradisi".
IL KOMB DI DANTE. 2 1
Eran bizzarrie erudite. Non si può, p. es., supporre che san
Bonaventura ignorasse che, nella versione greca della Bibbia, il
Maligno fosse chiamato Diavolo per accennare alla sua qualità di
„calunniatore*'; eppure egli lo dice un nome composto da dia e
holos^ „due bocconi*', quasi perchè ei faccia del peccatore due
bocconi, anima e corpo! E il Petrarca avrà ben conosciuto quel
luogo di Plinio (3, 4, 5) dove, parlando d'una città dei Rodi in
Provenza, esce a dire: „unde dictus multo Galliarum fertilissimus
Rhodanus amnis*' ; ma non per questo si è creduto obbligato a non
dare lui un' altra capricciosa etimologia di quel nome :
Rapido fiume, che d'alpestra vena,
Rodendo intorno, onde il tuo nome prendi . . .
I commentatori di Dante si mostran ghiotti di sinatto genere di
scherzi etimologici. Pietro diceva, o ripeteva, che Mercurius derivasse
da cura nuraum, e che il So/â si chiamasse cosi „quia so/us*% e la
¿Ama „quasi /emiinum una**. Il Da Buti, pel nome Virgilio y non
contento del „virga laurea'* di Donatoe del „virgo** messo avanti da
altri grammatici e accettato dal Boccaccio, suggerisce un Virga lilii^
perchè gli pare che cosi si mettan d' accordo T idea della verga e
della verginale innocenza. E per la famigerata figliuola di Gherardo
da Cammino, asserisce la si chiamasse Gaia „per la sua bellessa",
laddove in verità un tal nome è la riduzione di Galigaia („ed avea
Caligaio Dorata in casa sua già l'elsa e il pome** — Par. XVI,
loi — 2), e „galigaio** significa calzolaio! L'Anonimo Fiorentino
scusa Dante dell' aver chiamato Cristo „sommo Giove** poiché
questo nome „tanto vuole dire quanto Juvans pater, padre che
giova.** ^ Benvenuto trova molto conveniente all' eretico Fra'
Dolcino questo suo nome, quasi dulcia veruna pròpinans, E par che
voglia mettere perfino in bocca all' immanissimo tiranno della Marca
Trivigianà un giochetto di parole, quando gli fa dire a Sordello
di guardarsi per 1' avvenire dall' „accedere ad opus tam sordidum
per locum tam sordidum**. E non voglio aggiungere le bizzarrie
etimologiche dei novellieri, che mi porterebbero fuor di strada.-
È naturale che fossero i poeti, specialmente se imbizziti, che
più ricorressero a questa che poteva essere una nuova fonte di
vilipendii. Certo, per quanto derivasse da un Wido o Wito longo-
bardo ,3 non poteva sembrare una fortuna il chiamarsi Guidone;
* Qui certo il poeta non pensava all' etimologia (cfr. j4en. 1, 380 : „ab
Jovc summo'*); ben però, e ragionevolmente, ci pensò in Par. XVIII, 70,
quando chiamò il pianeta Giove: „giotnal facella". — Cfr. Tasso, nella canz.
a Leonora: „e nel suo caso reo, Né Giove stesso a lei giovar poteo**; e
Bembo, son. a Dio: „Signor, che per giovar sei Giove detto.**
* Basterà un esempio. Nel Sacchetti (nov. 66), i manovali di Coppo
di Borghese trovan costui smanioso, per aver letto in Tito Livio che le
Romane eran „corse al Campidoglio per rivolere gli ornamenti**, e mormorano :
„Che diavolo ha egli ? e* dice non so che di romani: forse da stadera ? ... A
me pare che dica del capo mi doglio : forse gli duole il capo ? . . . A me pare
che si dolga che gli si sia versato un coppo d*ogiio" . . . ecc.
» Cfr. Bianchi, in Archivio Glottologico, X, 393.
22 MICHELS SCHERILLO,
onde Ildebrandino padovano, quello stesso eh' è lodato nella Vol-
gare Eloquenza (I, 14)» ne consolava il poeta d'Arezzo:
Leal Ghiittone, nome non verteri,
De^o di laude se' maggior che taccio.
Era invece un bel nome quello di Onesto. £ solo un imprudente
accattabrighe come fra Guittone potè, tenzonando col poeta bolo-
gnese di quel nome, tirar in ballo giusto i nomi, e dirgli:
Credo saprete ben, messer Onesto^
Che proceder dal fatto il nome dia;
E chi nome ha, prende rispetto d'esto
Che concordevol fatto al nome sta.
Che '1 rame se '1 nomi auro io te '1 detesto,
E l'auro rame anco nel fatto stia.
Ed è donqua cosi, messer Onesto^
Mutarvi nome o ver fatto vorria,
S\ come ben profetar me nomando.
Mercè mia tant' ho guittoneggiato^
Beato accanto voi tanto restando.
Vostro nome, messere, è caro e orrato,
Lo meo assai ontoso e vii, pensando;
Ma al vostro non vorrei aver cangiato.
Al quale, sor Onesto rispose con onesta ironia:
Spero trovar perdón del meo peccato.
Lo nome e il fatto si ben accordando
Ch* eo ne saraggio ne lo fin laudato.
Ma Giudice Ubertino fu meno cortese, e gli volle rimbeccare la
sementa ondVgli avea incominciato il suo sonetto:
Se *1 nome deve seguitar lo fatto.
Vera vita è la tua, o fra Guittone;
cui dì ripicco T iroso aretino:
O Giudice Ubertin, in catun fatto
Ove pertei^BO voi ver son gìtOttme.
Oho maraviglia se gli ammiratori di Dante cavarono un motivo
iti kxi^jirk^ (H^rtiuo dal nome? Ma quelle etimologie non la preten-
dono a scientitìche;^ ami non hanno valore maggiore di qo^la
che il Grasjùni escx'^itava (htI nome del Boccaccio:
^ N^ )Hi^ «rsMff nre» sul serio quella proposti dal Pott (in J^hr^mck
Jf J. At«¿V>«<;Nr^jwwMa^« 1» p. 1C»$X che cwitoode U soae IXixU con ZXnt-
Jifw t l\tmjbim<^^ t crcxle quegli dìnàsutìvi di «quello! Il Fenjirolì (L cK vo-
WìkV cvttKHtUf la ì(»ie»i del IVo» suppone che Ljtmi^ e L^rnOmf deirràc
«U lut aùscefiociao ¿Mittl Wt cv>ato $«0 pot« si cre^e lecita coscettnrare
cèie /\t«Ar po^SJà pcovecùte JU «a ¿\jtM^ alla moàen» dice lui. die il OtaCr
KdCAfto vV^^ate Jkt CUbtteUD pco^iene diil i)«« lombanio \Cait iella Scalai
$à iico<^ c^ Owfc^ar è IVvccvtaÙTo di vVviftbir«» : e càè i^car. Mjutàm
tvv. e»Bi soQtt pK^íi^ífia «ella àaù^rtìa ^oafil^era. — Ad o^ »xio^ ixic^
ili c^te áoceoiia< i^Vniav^ X« «M e 113;' ;io«o 5Vv»£iiMtt e JMuitfcnu«. e adía
\>»iKgi vK:¿ YiîJliuu \VL ^^ «lA«/ Jk^ Cbevtù Xd SiKicà«cti ^uov. ¿lol si
IL NOME DI DANTE. 23
Colui che regge il ciel, governa e muove,
Cliiamar con questo nome già gli antichi,
Però che gli è tutl' un Giovanni e Giove ;
dì quella di un messer Biuo per Dario:
in questo, spero
Che vi contenterete d' esser Dario,
Cioè che mei darete;
di quella infine di Dante medesimo per la invidiosa Sánese {Purg.
Xm, 109) :
Sàvia non fui awegna che Sapia
Fossi chiamata.^
IV.
Il Rocco asseriva pure di non aver trovato, pel poeta, nessun
documento che ci dia il nome Durante. Ho cercato dimostrare
come di siffatti documenti potrebbero anche non essercene, in un
tempo in cui il nome mozzo o comunque alterato vantava gli
stessi diritti dell' intero. Ma, quasi a farlo apposta, per Dante non
mancano. Filippo Villani, al quale certo nessuno vorrà negare
autorità trattandosi di usi fiorentini , scrive : „Poetae ... in fontibus
sacris nomen Durante fuit, sed syncopato nomine, pro diminutivae
locutionis more, appellatus est Dante^*,'^ £, meglio ancora, in un
atto della Signoria fiorentina dell' 8 gennaio 1342, riguardante la
reintegrazione di Jacopo Alighieri in una parte dei beni patemi,
era ufficialmente dichiarato : „Cum Durante olim vocatus Dante^
quondam Alagherii de Florentia, fuerit condemnatus et exbannitus
per dominum Cantem de Gabriellibus de Eugubio Jacobus,
filius quondam Durantts olim vocati Dantis praedicti, filius et heres
pro dimidia dominae Gemmae, olim eius matris, et uxoris olim
praedicti Durantts vocati Dantis . . ." Documento codesto che par-
rebbe coniato espressamente per decidere la questione che ci occupa,
e della cui autenticità quasi dubiteremmo se esso non fosse molto
più antico della questione medesima, additato prima dal Manni,
trascritto dalla Società Colombaria, e ricopiato di sulla pergamena
originale dal buon Fraticelli.^ £ alle altre attestazioni può aggiun-
^ Son giochetti di stile, anche nei quali gli scrittori classici si mostran
maestri (cfr. Quintiliano, V, io, 31 ; IX, 3, 69 ecc.). Si ricordi il profitto che
Cicerone trae dal nome Verre (circa il motto Quid judaeo cum verre, v. Rei-
nach in Revue des études juives, t. XXVI, n. 51, genn. -marzo 1893 ; pp. 36 ss.).
Ovidio, in un epigramma smarrito: „Cur ego non dicam. Furia, ie furiami'*
£ nei JFasti (VI, 299) : „Stat vi terra sua ; rn stando Vesta vocatur !" (cfr. invece
Ci e, Nat, deor,, II, 27). Fa pensare all'Ariosto (XLI, 65): „£ perchè dirà
Carlo in latino: — Este, Signori, qui, — quando (aragli il dono, Nel secolo
futur nominato Este Sarà ü bel luogo con augurio buono"!
* Strano che al diligente Rocco, di cara memoria, questo passo sfug-
gisse. Le Vitae di F. Villani furono, com' è noto, edite nel testo prima par-
zialmente dal Moreni nel 1826, e poi tutte dal Galletti nel '47; e il Rocco
scriveva le sue Annotazioni nel '53.
' Storia della vita di D. A,; Firenze 1861, p. 44. — Anche in una
carta del 1322: „fideiussit Ormannus qui Mànnuccius vocatur."
24 MICHELE SCHERILLOy
gersi anche quella del cinquecentista Raffaello Volterrano, il
quale diceva essere stato il poeta fiorentino ^yDurantes ab initio
vocatus, interciso deinde, ut fìt pueris, vocabulo*'.
Un critico del primo quarto del nostro secolo, il Biondi,
pretese che pur nel luogo del poema, dove Dante registra il suo
nome, ci sia una prova che questo derivi da Durante. Beatrice,
col chiamarlo a nome, avrebbe reso più acuto l'epigramma ; sarebbe
insonmia riuscita a dire: sei proprio degno di portare il nome di
durante tu che, subito dopo la mia morte, mi hai tradita! Ma
codesta interpretazione è troppo sottile per non parere una sotti-
gliezza. Perchè, se volea ferirlo già col solo chiamarlo, Beatrice non
preferì la forma intera alla sincopata; come appunto fa il suo
fedele quando, per indicare la beatitudine riposta nel nome di lei,
non la dice più Bicty ma Beairiceì £ ad ogni modo il poeta, se
pure in quel vocativo vide appiattato „il velen dell' argomento",
perchè non lo indicò anche a noi, come quando ci addita, poco
dopo, r epigramma contenuto in quel dirgli oZsa la barba pel sem-
plice WXÖ?*
V.
In conclusione, a me pare da mettere fra le notizie più sicure
della biografìa dantesca questa, che il sacro nome del poeta sia
un accorciativo di Durante, Se poi fosse stata intenzione di monna
Bella d' imporglielo cosi intero, pel desiderio di perpetuare in lui
il nome del proprio padre, che il Passerini supponeva poter essere
Durante degli Abbati ;2 o se, come sembra più verosimile, persino
neir antico battistero quel nome risuonò la prima volta nella forma
accorciata che ora venera il mondo : è una questione forse impossi-
bile a risolvere, e la cui soluzione ad ogni modo ora non potrebbe
riguardarci.
Sarà iuvece opportuno d' aggiungere alla nostra dimostrazione
un corollario, a proporito del v. 55 del XXX Purg^ dove il
poeta si nomina. Forse i chiosatori hanno anche qui fatto troppo
più rumore di quanto occorresse. Che la protesta del poeta, di
registrare colà il suo nome dì necesita ^ sia ispirata a un senti-
mento di modestia, mi par chiaro; benché essa, come tutte le
proteste di quel genere, si risoh*a in una pura cerimonia. E vero
che, com' è detto nel Convìvio (I, 2), „non si concede per li rettoria
alcuno di sé medesimo sanza neassaria cagione parlare^; ma è vero
' L. Biondi, Ra^namunto intt^mo mita D. C^ nel Giornale Arcadico,
V. XXXI, i8a6. 3». — Anche il Boccaccio ed il Boti sospettarono che,
in quel luogo, il poeti volesse assepuire al suo nome una non so quale ragione
fatale. Beatrice, uel paradiso terrestre, chiosarono, rappresenta ^ sacra
teologia, dalla quale si dee credere ogni divino ministerio essere inteso ; e questo
insieme con li altri, cioè che T autor nostro per divina disposizione fosse
chiamato Aim/t. e però da lei si fa chiamare così**.
• nV. Se her il lo. La tmaJre t la matrigna Ji D^ nella Xucva Anto-
hgia del i« febhr. 18^.
IL NOME DI DANTE. 2$
altresì che il parlare di sé non consiste solo nel nominarsi, e che
il farsi dire e predire tante belle cose da Brunetto, da Cavalcante,
da Buonagiunta, da Oderisi, da Cacciaguida, conferiva molto meglio
alla propria nominanza. Anzi, nelle parole medesime di Beatrice,
gli elogi alle sue buone attitudini e disposizioni giovanili eran certo
più atti a far arrossire un uomo pudico che non il sentir pronun-
ziato il proprio nome. D'altra parte, li rettorici non potean pre-
tendere che un poeta non si nominasse, una volta almeno, nel-
l'opera sua. Lo avean fatto Virgilio, in fin delle Georgiche', „Ilio
Vtrgilium me tempore..."; e Ovidio nell* Ars amandi (II, 744;
III, 812): ^^aso magister erat", e negli Amori (Ep.; I, 11 ; II, i, 13),
nei Rimedia (v. 558), nei Trisiia (I, 7; II, v. 119; III, 3, io, 12;
IV, 4; V, I, 3, 4, 13), neir Ibis (v. 4), e in presso che tutte le Lettere
dal Ponto, £ lo avea fatto, dei toscani,^ Brunetto Latini, che, oltre
lutto il resto, „fii quelli che spuose la Retorica di Tullio", e quindi
to schifiltoso amico di Gino non avrebbe potuto tacciarlo anche
ora di „plebeo".
Io Burnetto Latino,
Che vostro in ongne guisa
Mi son sanza divisa,
A voi mi rachomando.'
La necessità addota dal poeta, con la scusa di chiedere scusa
del mettere il proprio nome tra le altre note, non ha, a parer mio,
che una ragione puramente stilistica. La sua arte cosi schiva ed
austera {Purg. XXXUI, 141) non gli consentiva di abusare dello
stesso motivo e della stessa situazione drammatica. £ come egli
non proferisce che una volta sola innanzi a un' anima , a Forese,
il nome adorato della donna sua;^ come non presenta che una
volta sola Virgilio a tm amico fiorentino , a Forese , e un' altra,
quasi costrettovi, a un poeta pagano, a Stazio :4 cosi, non si fa
chiamare per nome che soltanto una volta.^ Beatrice stessa non
^ Senza dire dei provenzali e dei siculi. Cfr. Jacopo da Lentino: "Lo
vostro amor eh' è caro Donatelo al Notaro Ch' è nato da Lentino" ecc.
* lesoretto, v. 70SS. Cfr. ancora v. Il 33: „fi* di Latino", e li 83: „Or
va mastro Brunetto". — Cfr. anche Barberino, nel proemio del Reggimento',
„Io oe un fedel servo: Franciesco ànnome; nacque innuna selva C'a nome
Barberino**, •— Pei cantori di piazza, cfr. Rajna, H servente se del Maestro
di tutte le arti, in Zeitschr, f, rom, Phil,, V.
* Cfr. D'Ancona, Beatrice-, Pisa 1889, p. 19 — 22.
* Cfr. Scherillo, Accidia, invidia e superbia ecc., nella Nuova Antologia
del I® e 16 nov. 1888; e La madre e la matrigna di D„ cit.
^ Veramente il Boccaccio, il Buti, Pietro di Dante e il Landino
vorrebbero leggere il nome del poeta anche in quel luogo del Par, (XXVI,
IO) ss.) dove Adamo gli dice:
Senz' essermi profferta,
Dante, la voglia tua, discerno meglio
Che tu qualunque cosa t' è più certa.
Ma il maggior numero dei codici, e le migliori stampe, leggon molto meglio :
„Senz'essermi profferta Da te la voglia tua". (Cfr. E. Moore, Contributions
to the textual criticism of the D, C; Cambridge, 1889). II Buti, dietro
26 laCHBLE SCHKRILLO, IL NOME DI DAMTB.
lo indica a Virgilio che come l' amico suo, il suo fedele, quei die
r amò tanto ; e Virgilio non lo chiama che figlinolo, come Êi anche
Brunetto; e Ciacco e Cavalcante e Casella e Forese o evitano di
nominarlo o, come nel caso di Umberto Aldobrandesdii (Ar^.
XI, 76: m£ videmi e conobbemi e chiamava''), lo nominano, ma il
poeta schiva di riferirne esattamente le parole. Più soave che
sulle bocche di tutti loro, il suo nome sarebbe risonato sulle labbra
di lei, cresciuta di bellezza e virtù. Da tanti anni quella cara
voce non era più pervenuta al suo orecchio ; e la prima parola che
ora ne risente pronunziare è il nome suo, associato a quello di lei:
Dante, perchè Virgilio se ne vmda.
Non pianger anco ....
Guardami ben: ben son, ben son Beatrice i
dolce sospiro forse d' un' intimità che in terra non fu possibile
mai! E non è il significato del nome, il preteso sottinteso epi-
grammatico, che commuove l'estasiato poeta; è bensi il suon del
nome, £ appunto perchè egli possa più a lungo e con maggiore
intensità gustar tutto l' incanto che la divina voce gli schiudeva, e
perchè i lettori comprendano essi pure come l' impressione pro-
dotta dal sentirsi chiamare per nome da lei sia necessaria a bene
intendere la nuova situazione drammatica, il poeta s'indugia in
queir inciso, che direi quasi una tardiva reticenza.
preferiva quella lezione per cincischiarvi intomo on nuovo arzigogolo: '*£t
appresso si fa nominare ad Adam primo nostro padre, lo quale fu nominatore
di tutte le cose secondo la loro proprietade, datali da Dio la sapienza di
ciò". Dei moderni, il solo Witte conserva quella lezione, perchè la meno
perspicua !
MlCHELB SCHERILLO.
Znr subjektlosen Konstruktion im Alt&anzösischen.
Für die Impersonalia, für die wir trotz der vom logischen
Standpmikte aus etwa zu machenden Einwendungen die Bezeich-
nung „subjektlose Verba'' gebrauchen wollen, ist durch die von
hervorragenden Gelehrten mehrfach versuchte logische Wertung
derselben ein Interesse geweckt worden, welches den Versuch recht-
fertigt, das für dergleichen Erörterungen in Betracht kommende
sprachliche Material wenn auch nur in Hinsicht auf einen be-
stimmten Teil eines beschränkten Gebietes grammatisch vollständiger
zu fixieren als es bisher geschehen ist Subjektlose Konstruktion im
Altfranzösischen ist kaum irgendwie ausführlicher behandelt worden.
Auch auf diesen Blättern soll nur ein unten näher zu bestimmender
Abschnitt aus diesem an Schwierigkeiten reichen Kapitel der Syntax
des Altfranzösischen gegeben werden.
I. Vorbemerkungen.
I. Subjektlose Verba nennen wir solche, die ohne bestimmtes
Subjekt auftreten und den Gedanken eines bestimmten Gegen-
standes, der als Subjekt des durch sie bezeichneten Thuns oder
Seins zu gelten hätte, ausschliefsen. Im Altfranzösischen sind die
subjektlosen Verba, was ihren Inhalt anbetrifift, zweifacher Art. Die
einen sind für sich allein hinreichend , einen Satz zu bilden ; die
anderen erfordern eine nähere Bestimmung, die den Inhalt der-
selben zu einem Satze ergänzt. Zur ersten Klasse gehören Aus-
drucke wie avtsprist^ pluety überhaupt die meteorologische Vorgänge
bezeichnenden Verba. Die zweite Klasse umfafst einerseits transitive
Ausdrucke wie {y) a und fait (IV, i) , die als solche immer einen
Akkusativ des Objektes erfordern, andrerseits Intransitiva, deren
nähere Bestimmung im Einzelnen verschieden tst Von letzteren
verlangen einige eine adverbiale Bestimmung wie z. B. convieni „es
ergeht", das stets ein Adverbium bün^ mal oder comment neben sich
hat , abgesehen von einem Dativ der Person , der es gut u. s. w.
„ergeht". Eine andere Gruppe von subjektlosen intransitiven Verben
wie (re)membre, souvient^ enute^ chaul verlangen einen Dativ der Person,
in welcher der betreffende psychische Akt bezw. Zustand stattfindet,
und die Verbindung der Präposition de mit dem Gegenstande, der
die erregende Ursache dieses Aktes bzw. Zustandes bildet. Noch
andere Verba, wie convieni „es ziemt sich", erfordern einen Akku-
sativ des Gegenstandes, der als Träger des durch sie aus-
gedrückten Seins erscheint Abgesehen ist hier überall von dem
28 CHR. 6EBHÂRDT,
Falle, dafs ein durch die Konjunktion qiu eingeleiteter Satz als
ergänzende Bestimmung eines subjektlosen Verbums auftritt Die
intransitiven subjektlosen Verba nun, soweit sie mit dem soeben
näher bestimmten Akkusativ verbunden werden, sollen im Wesent-
lichen Gegenstand unserer Untersuchung sein.
2. Den genannten Akkusativ bei subjektlosen Verben bezeichnet
man vielfach als „logisches Subjekt". Aber dieser Ausdruck ist
nicht eindeutig. Zum Beispiel wird in dem Satze /'/ li couvieni
mout grani eür mancher Grammatiker das „logische Subjekt** in
moui grani eür finden, mancher Logiker dagegen in einem aus
dem li zu entnehmenden „er**, sofern der Satz in logischer Fassung
lauten würde : „er hat sehr grofses Gluck nötig**. Wir lassen daher
den Begriff „logisches Subjekt**, so bequem er sonst ist, in den
speziellen Erörterungen ganz aus dem Spiele. — Wenn nun
AScheler in der Anmerkung zu JCondé I, 363, 271 behauptet, dafs
nach seinen Beobachtungen das logische Subjekt unpersönlicher
Verba immer die Akkusativform zeige, so trifft dies nur bei einer
ganz bestimmten Fassung des Begriffes „logisches Subjekt** zu
gegen welche aber gerade die Logik Einspruch erheben mûfste
In Sätzen wie cle stantie it sovient darf man mit demselben Rechte
de s*amte für das logische Subjekt erklären wie moui grani eür in
dem oben erwähnten Satze, und doch hat bei dem „unpersönlichen**
stnutni dieses „logische Subjekt" nicht die Akkusativform. Dasselbe
gilt von Sätzen wie Or i parra de la vostre jusiice (Amis 1330) und
vielen anderen. Richtig ist nur so\nel, dafs gewisse intransitive
subjektlose Verba einen Akkusativ bei sich haben, der, wenn diese
Verl>a, was bei den meisten von ihnen möglich ist, in Beziehung
auf ein Subjekt gebraucht werden, Subjekt wird und dafs deshalb
Mundio \\\\\ als „logisches Subjekt'* bezeichnen. Auf keinen Fall
darf man weiter als Regel aufstellen , dafs „bei Voranstellung des
Ver bums mit ilom sogenannten grammatischen Subjekte ii das nach-
folgtnxde logische Subjekt in den Akkusativ gesetzt werde**, und
mit Rivht hat sich ATobler Jahrbuch XV, 253 gegen eine solche
Meinung ausgesprochen. Auf dieses ü aber müssen ¥rir etwas näher
eingehen.
3u. Ui\lH\stimmtos neutrales //, fur welches in den poitevinischen
IVnligten gewöhnlich t» {cu) steht, fehlt in den ältesten Texten.
Zuerst begegnet es im Alexius und zwar an zwei Stellen. Die erste,
Str, IIa. luutet nach Hs. L: Q%arîi li turt fasset ^ il fui œndUL
Wenn l^ ihU^r httt: Quytnt li ix*rs fasse 7 i/ /m anoitiety so bat hier
ii»s noutrule Turtisip maskulinische Flexion erhalten, eine Erschei-
nung, dìo unter IV, 2 In^legt w^^rvien wird. Die andere Stelle,
Str, UM c, h»t in L tilgenden Wortlaut: cki cki se doiUt^ a nostras
est il ^\>w uuvì iHiKÌeutet: „Wer auch immer klagen möge, fur uns
giebt t\s Wu\le iU h. wir lïiilvn Aulafs zur Freude**. Das il steht
hiei , intv^lgo vv>n luvei^ou» uiuuitteltKir >\>r dem Subjekt auf das
*\s hinweisen sv>U ^s. uuteu>, el>enso wie in Ren. 2S2S: Ja nest il
k^f^ pki SS.. \\\\\MX<h ist lu a n^str^^ est ä gju za vergleichen
ZOR SUBJEKTLOSEN KONSTRUKTION IM ALTFRANZÖSISCHEN. 2g
Ben. Chr. 10936: Ce sei qú*a lor os nen (1. neri) uni joL Verkannt
ist der Sinn der beiden Alexius-Stellen von Horning in Böhmers
Rom. Stud. IV, 2^^ flf.
b. Was die Funktion des unbestimmten neutralen // betrifil,
so verwendet man es einerseits, um den subjektlosen Verben,
andrerseits, um denjenigen transitiven und intransitiven Verben,
die auf ein ihnen nachfolgendes Subjekt bezogen werden und zu-
nächst ohne Subjekt erscheinen, eine Art unbestimmtes scheinbares
Subjekt zu geben. Davon, dafs // wirklich Subjekt sei, kann im
ersten Falle nicht die Rede sein. Aber auch im zweiten kann il
nicht etwa „grammatisches Subjekt" sein; denn grammatisches Sub-
jekt ist eben das dem Verbum nachfolgende im Nominativ stehende
Substantivum. Das altfranz. ;/ ist in diesem Falle wie das deutsche
„es" ein „rednerisches Vorwort, berufen, das bestimmt vorzustellende
Subjekt vorerst unbestimmt zu bezeichnen" (Benno Erdmann, Logik
Halle 1892. S. 237), wenn auch nicht gerade zu dem Zwecke, „die
Erwartung zu erregen" (eb.). Von dem deutschen „es" unterscheidet
sich altfranz. il dadurch, dafs dieses überall, wo es steht, fehlen
kann, jenes dagegen der Regel nach nicht. Den deutschen Sätzen :
„Es steht ein Baum im Odenwald" (a) und „Es gingen drei Jäger
wohl auf die Birsch" (ß) entsprechende altfranzösische sind
a) Yvain 753: /'/ n^i failloit ne fers ne clos; Mousk. 5959: //
est uns Dieux vrais et poisans ; Serm. poit 100: Quant 0 vendra li
sainz espirites ; Dial. Greg. 215,3: // comenzat es tre oïz li sons ahi
com d*un€ grande multitudine entrant; Froiss. Chron. 4,223: il y fu
mors ungs grans barons de Gascoingne; Watr. 256, 886: Dame^ pour
dieUf qu^il m'en soit dite Veritez, Zu dem durch diese sowie die
unter ß zu erwähnenden Stellen aus Gaydon und Chev. II esp.
bekundeten Sprachgebrauch hinsichtlich der Behandlucg des Part.
Prät, wenn dasselbe dem unbestimmten // folgt und dem Subjekte
vorangeht, stimmen vollkommen Stellen aus Commines wie // luy
fut f atete une entrée ^ in denen AStimming Z. f. r. Ph. I, 220 die
Kongruenz des Partizips mit dem folgenden Subjekte mit Unrecht
auffallig findet — Selten ist der Fall, dafs unbestimmtes // vor
einem auf ein Subjekt bezogenen transitiven Verbum steht, wie
Mousk. 9970: Et li boins rois suï les Tur s Qí¿il nés gar i castiaus
ne murs; MBruti775: // nel gari ses osbers blans. — Der ur-
sprünglichen Bestimmung des unbestimmten /'/ schnurstracks zuwider
läuft die Verwendung desselben hinter dem Subjekt des Satzes,
wie in Alix. 446,18: quels vens que il i vente; JCondé II, 155, 112:
S*il eust vescu par mesure^ Diex eüst Vame retenue^ Quel chose qiíil
fust avenue Au cors ; Froiss. Chron. 4 , 51: Si leur compta messires
Loeis pourquoy il estoit parti et quels confors il estoit creiis a la con^
tesse (vgl. ib. 4, 52 : comment grans secours estoit venus a la contesse).
In diesen Sätzen ist il eigentlich völlig sinnlos. Sie erklären sich
nur aus schablonenhafter Uebertragung einer ursprünglich nur bei
Nachstellung des Subjektes möglichen Konstruktion auf Fälle, wo
das gerade Gegenteil dieser Bedingung vorliegt Die Behandlung
30 CHR. GEBHARDT,
(1er Partizipia ist übrigens dieselbe wie in den aus Dial. Greg, und
Watr. oben angeführten Stellen. Sonst ist mir nur noch eine
Stelle bekannt, in der // in der erwähnten Weise gemifsbraucht
¡st: Barb. -Méon I, 329, 1806: Croütre nus biens il tCi pooiL
ß) Cor. Looïs 631 : // t corurmt sei rei ei quinze duc; Aniel 6:
Mais il soni aucun desseû^ Ki se cuideni de sens par foni; Aue. 6, 26 :
// I voni cil viel presire ei cil viel clop ei cil manke ; Gayd. loido:
Or remanra la grans guerre mortal Doni il sont mori ioni nobile
vassal; Ch. II esp. 4456 : Ei si soni il venu assis Ici maint preu"
domme vaillant, wo // Inversion erfahren hat wie das folgende Sub-
jekt; Serm. poit 1 1 4 : 0 sunt mainies gern cui...; ib. 204: ou en
(sc. de cez esperiz que nos communaument apelom angres) sunt .IX.
ordre on eel, — Wenn AHaase, Syutakt Unters, zu Villeh. und
Joinv. S. 81, in solchen Fällen // nicht als neutrales Pronomen
gelten lassen will, sondern es als Plur. mask, erklärt, so pafst diese
Erklärung nicht auf die Fälle, wo das in der Mehrzahl stehende
Subjekt ein Femininum ist, wie in SThom 170: il sunt quatre ma^
nieres. Sie pafst auch nicht auf Stellen wie Froiss. Chron. 5, 210:
Chil de Calais ont fait morir tant de mes hommes que il fault que
des leurs il en soient mors aussi. Wie soll hier das in Rede stehende
// l>estìmmtes Personalpronomen sein können, wo das Subjekt, auf
das es hinweist, so wenig bestimmt ist? Vollends als unhaltbar
wird die Haasesche Auffassung erwiesen durch den Sprachgebrauch
der poitevinischon Predigten; diese wurden in den oben angeführten
Sììtzeu das sonst übliche il nicht durdi 0 ersetzen, wenn jenes il
etwas Atxderes als neutrales Pronomen wäre. Freilich wird seit
lier Zeit, wo man der Form il „sie" ein Plural - s anzuhängen sich
gi^wi'ihnto, auch unser il „es" vor einem im Plural stehenden Ver-
l>um gxnvohnlich ils (ils) geschrieben , wie z, R Commines 4 , 3 : lÜr
/jrAwM/ d/dans momsagnrur de Gmtay et plusieurs autres. Aber diese
*i'hatSiioi)o Ivwvist weiter nichts als dafs das ii in solchen Sätzen
mit tier Zeit seine syntaktische Durchsichtigkeit ^.-erlor und eine
gt\>lH^ l^udoutung erfuhr, die dem allmählichen Aufgeben der Kon-
ä^tniktiou wrÄUsging.
c» VnU^iilimmio^ü Ì4 Ina subjektloser KonstroktÌGn wird uns in
AKvììu, U UiX^ìì häutig begegnen; es liegt auch vor in Sätzen wie
Knv S. 8S, \\ io: ,Y« Si ì: ^rs es/^t. Hier kann û nicht hin-
NxxMseu Äuf eiix di^u Verbum nachgestelltes Subjekt, da jort vor
\lem Veibum steht» Wait* vf^s Subjekt im Satxe, so wäre £1 sinn-
Kv^; xlU\er wirvl nwin v»* als Prädikat zu ñissen babai, so dafs das
ii \Iäs \Ùv ht Äus^x^spuv^hene Subjekt gewissaennafsen markiert Auch
iu \lon\ xlvHitSi^hon ^trc ^es ist Tag~ ¿a ^Tag* Prädikat; daher
ÍM \lio rmsteilwnj: vÜoä^s Säitcs ru ,rTaí ist es* mogüch, während
\loi .\usxln)ok ,.es k^Nnini: der Tj^, mx> Nadistelhing des Sali^ektes
WMliejit. eine ^Viohe Un^eíhiT;^ mi: BesbehaîtaT^ des ,«es" nicht
eiiAwbt. \Vh^ die V nx^ - 5^.>e >à:>d rû bearteiiäi Froiss. Poes. II,
trCs 4i^:: \ %\i; *^*v {m*:s unif.<^ ¿^ iv»»:: iîx II, 213, 134: Qmeà
j^i^^v ^^n^^»;' fW,\ iwftÀ'HiÀ;»^ /m sm¿í$agmí.
ZDR SUBJEKTLOSEN KONSTRUKTION IM ALTFRANZÖSISCHEN. 3 1
d. Nicht unbestimml , sondern z uni ck we ¡send auf den Inhalt
eines vorausgehenden Satzes und somit durch den ¿^usammenhang
bestimmt ist das neutrale ü — vgî, das ihm zuzuordnende akku-
sativische U „es", das übrigens auch als unbestimmtes Pronomen
vorkommt — in Stellen wie Reimpr, laga; Or ¡airai a latti, Nt
voi! dire atmni, Car crìtm quii enuil ; Aiol 653: Encor sarà je him
id cvp ferir U plus grant, t'il se fieui adevetiir. Zu vgl, im Neufrz.
das parenthetische ü est vrai und stmhU~l-il sowie das fragende
se pourrait- iL
e. Ebenfalls nicht das unbestimmte H, sondern // „er" liegt
vor in Salzen wie Ren. Nouv. 6514: // t'essauct b' s'umelie; Gayd.
6092 ; il a assez et pesame ei dolor Qui en prison est la nuit et h
jor ; Froiss. Poés. Il, 221, 23: Il est fols qiâ preste sans gage. Dafs
man es hier mit il „er" zu ihun hat, zeigt das konjunktive Per-
sonalpronomen bezw. das possessive Pronomen in Meyer Ree. 241,85:
Dex! COM grani val li couvient avaler El a grani moni il li esimi
monier Qui d'auirui mori aleni la richeif ; Yvain 2730: Si a teus
) qui larrons les claimment Qui en amor vont faunoianl Et si n'an
^ levati lani ne guani; ib. 1959 : Cine (anz dahez et s'ame Qui maintte
I an (hanhre a bele dame Chevalier . . -
" f. Was die Stellung des imbestimmten (/ in subjektlosen Sätzen
anbelangt, so ist zu bemerken, dafs dieselbe sich vollkommen deckt
mit der des Subjektes in anderen Sätzen.
4. Bevor wir zu den einzelnen subjektlosen Verben übergehen,
wollen wir noch eine Frage erledigen, die alle in gleicher Weise
betriHt, die Frage nach dem Ka^us des Relalivums cue, wenn dem-
selben das Neutrum ce als lieziehungswort vorausgeht und das
unbestimmte il mit der 3. P, Sg. eines intransitiven Verbums derart
Í folgt, dafs als Traget des durch dieses Verbum bezeichneten um-
ständlich bedingten Seins jenes ce hingestellt werden soll, die Frage
^so nach dem Kasus von que z. B. in cAdu qu'il avien!. Fassen
wir zunächst den Sata gtulle perdielioa II nous est avenu (Ch. cygne
26346) ins Auge- In demselben ist quelle perdiclion notwendig
Akkusativ. Denn dergleichen Sätze, in denen die aus der 3. P. Sg.
von esire und einem neutralen Partizip zusammengesetzte Verbal-
form einem nichtneutralen Nominativ als Subjekt, auf welches dieses
Veibtmi sich bezöge , folgte , kommen nicht vor. Im Gegenteil :
steht ein nichtncutrales Subjekt voran, so wird selbst dann, wenn
demselben noch das unbesiimmle /"/ folgt , das Partizipium der
Vecbalform flektiert, vgl. JCondé II , 155, 114: Quel chose qu'il fust
avenue {a. oben 3b, a). Entsprechend dem Satze, von dem wir
anfingen , bt nun aufzufassen tout ce qu'il lui esloii avenu (Disc.
clergie77); das que ist Akkusativ, Zu dieser Auffassung nötigt uns
auch noch eine andere Erwägung. Abgesehen nämlich davon, dafs
schon die Analogie der Fälle, wo an Stelle von ee ein Maskulinum
oder Femininum steht und qttc Akkusativ sein mufs, die erwähnte
Auffassung fordert, müfste man, wenn que Nominativ wäre, in solchen
Fallen doch auch einmal statt gut die Form gui ñnden , zumal
32 CUR. GEBHARDT,
dieses als Neutrum fungierende relatíve gui ziemlich früh, jedenfalls
schon um die Mitte des 1 2. Jahrhts. sich findet (vgl. die Beispiele
bei Karl Pietsch, Beiträge zur Lehre vom altfranzösischen Relativum.
Halle 1888. S. 45) und nicht, wie AHaase, Syntakt Unters, zu
Villeh. u. Joinv. S. 47 meint, erst bei Viilehardouin aufzutreten
anfängt Nun findet sich aber ein solches gut in Sätzen wie dem
angeführten niemals. Nicht anders wie ce quWl im estoit avenu ist
nun chou qtiil avient zu beurteilen , d. h. que ist Akkusativ. Und
nicht anders verhält sich die Sache, wenn an Stelle von avieni die
3. P. Sg. eines anderen intransitiven Verbums steht Erwähnter
Akkusativ ist aus sonstigen Gründen sicher z. B. in ce qu'il me be-
songne und ce qu'il lui plais i (vgl. II, 5 u. 10). Kein einziger der-
artiger Fall jedoch ist nachgewiesen, wo eine Notwendigkeit oder
auch nur Wahrscheinlichkeit vorläge für die Auffassung des que
als Nominativ. Dafs das Neu französische in dergleichen Sätzen das
que nicht in qui verwandelt, das doch sonst für den Nominativ des
auf ce bezogenen Relati vs ausnahmslos — das que in ce que je suis
ist ebenso Akkusativ wie das le in Je le suis — eingetreten ist, ist
auch nicht ohne Bedeutung.
II. Die einzelnen subjektlosen intransitiven Verba»
die das, was Träger des durch sie ausgedrückten Seins ist,
im Akkusativ zu sich nehmen.
I. Convient.
Die Bedeutung „opus est", in der uns das subjektlose convieni
hier beschäftigen wird, ist nicht die einzige, die es hat; es kommen
ihm noch zwei andere zu, von denen ATobler Z. f. r. Ph. II, 143
und 151 gehandelt hat (vgl. dazu IV, 3). Convient „es ist nötig"
nun verbindet sich mit dem Akkusativ des Gegenstandes, der als
nötig bezeichnet werden soll. Dieser Akkusativ erhellt unzweideutig
aus der Form des konjunktiven Personalpronomens in folgenden
Stellen: Mousk. 449: Si /ail on, car il le couvient; Watr. 213, 442:
Dist\ Ainmis f lasl morir m'en vois, Sam eschaper ^ il le couvient;
ib. 219, 632: Vous savez, et il le couvient , Selonc ce que Diex m'a
donné De puissance et habandonné De son pueple au monde a garder^
De tant doi je miex esgarder , Puis que j'en suis après Dieu garde^
Comment je sanz peril les garde; Ren. IV, 2861 : Se pour teus que
vos iestes tient Vos et vo iestre, il le couvient; BCondé 290, 648: Or
dirai, car il le couvient. Quels eis pensers est qui me tient; ebenso
Froiss. Poés. II, 199, 149; ib. II, 246, 7 ; häufig in Froiss. Chron., so
3, 196. 3, 202. 4, 255. 6, 152. 6, 166.
Im Reime steht der Akkusativ Athis 1454: Or i covient esgart
moult grant; Rich. 4057 : car nullui N'i couvient il en lieu de lui.
Den Akkusativ des Relativpronomens neben convient zeigen die
Stellen Villeh. 56 : totes les choses que il covient a chevaus et a cors
d'omes; ib. 134: toz les deliz que il covient a cors d'ome; Ch. U esp.
3923; De boines meurs ke il convient A feme; BCondé 312, 1266:
ZUR SUBJEKTLOSEN KONSTRUKTION IM ALITRANZÖSISCHEN. 33
Car u ü rCa pas la hautece U la biauté u la rikece U la valour qu^il
cauvenroit Celui qui si haut avenroii; Rou I, S. 229: avoii en .1.
cosfre iouz les aiornemenz qu'il couvenoit a moniage ; Disc, clergie 1 65 :
moult de choses qu*il y convient. Wie diese Beispiele zeigen , steht
im subjektlosen Relativsatze in der Regel das unbestimmte /7;
selten fehlt es in solchem Falle , vgl. Ch. II esp. 8943 : et la raine
ert apoiie Iluec^ mout bien apareillie De reube c*a esté convient.
Nach dem bisher über den Gebrauch von convient Bemerkten
liegt kein Grund vor , den Akkusativ batel zu ändern in Rou II,
191 7 : En Sume aveit une isle^ kar Veue entur cureit^ Ki i voleit entrer,
batel y cuveneit. Auch in Rol. 192: il nus i cuvient guarde wird
man subjektlose Konstruktion anzunehmen, also in guarde einen
Akkusativ zu erkennen haben und nicht, wie Horning Böhmers
Rom. Stud. IV, 239 will, ein nachgestelltes Subjekt.
Gegenüber der eben aufgezeigten subjektlosen Konstruktion
von convenir „geziemend, nötig sein** ist der jedenfalls frühere und
ursprüngliche Gebrauch der, dafs es auf ein Subjekt bezogen wird.
Vgl. Oxf. Ps. 64, i: Tei cuvient cam, Deus; Erec3322: A vostre
biauté covandroit Gram enors et granz seignorie ; Yvain 1886: N^est
riens qtiele ne li acroie. Qui covaingne a lui acesmer; Rou III, 7773:
E il out armes e ator Qui conveneit a tei seignor; Ch. II esp. 11 59 5 s
De dire ce ki li convint. Freilich findet man in den Stellen au :
Yvain und Rou zu qui die Variante qu'il, so dafs man dieses qui
als ein qu'ill] erklären kann, was indes nicht nötig ist Dasselbe
Nebeneinander von qui und quii ist auch sonst anzutrefien, vgl. im
Neufranz, ce qui en est und ce qu'il ^fn est. Unverkennbar ist die
Beziehung von convenir auf ein Relativum als Subjekt in Ben. Chron.
41027: Les mors qui a ce apartienent E qui a empereriz covienent
(vgl. hiermit den subjektlosen Gebrauch in Ch. II esp. 3923 : De
boines meurs ke il convient A feme)\ ib. 13799: De tot iceo Vendoc^
trinoent Que il saveient et quidoent Qui unques plus li coveneit , wo ein
Doppelrelativsatz vorliegt, der nach den unter IV, 4 zu findenden
Ausführungen zu verstehen ist.
Ganz falsch ist, was das Verhältnis der beiden Konstruktionen
von convenir zu einander betrifft, die Ansicht AHaases, Syntakt
Unters. S. 68, der davon redet, dafs convient bei Villehardouin und
Joinville „noch'* nie persönliche Konstruktion aufweise und auch
sonst die alte Sprache die Sache, welche geziemend bezw. nötig
ist, niemals im Nominativ, sondern stets im Akkusativ zeige. Die
oben angezogenen Stellen lehren, dafs gerade während der Blüte-
zeit der altfranz. Litteratur die „persönliche Konstruktion" von
convenir durchaus üblich war. In den späteren Jahrhunderten frei-
lich herrscht die subjektlose Konstruktion vor; noch im 15. Jahrh.
findet man sie, so Prosa-Cligés 299, 30: il y convient deux chevaliers
fermes et biens asseûrés. Seitdem verschwindet convient in dieser
Konstruktion,' um il faut Platz zu machen, welches (vgl. II, 4) schon
Sänger als ein Jahrhundert gleichzeitig mit ihm in derselben Kon-
Itruktion gebraucht worden war. — Seine zusammengesetzten Zeiten
Zdtschr. L rom. PhiL XX. x
34 CHR. GEBHAKDT,
bildet convient mit dem Hilfszeitwort avoir \ vgl. Eni. Og. 4291 ; Ch.
cygne 13820; Froiss. Poes. I, 121, 1187.
2. Esiuet,
Estuety dessen Etymologie immer noch zweifelhaft ist, hat, wo
es vorkommt, die Bedeutung „opus est*'. Es erscheint immer in
der 3. P. Sg. und bis auf einen besonders zu erörternden Fall
subjektlos derart, dafs der Gegenstand, der als nötig bezeichnet
werden soll, im Akkusativ steht.
Dieser Akkusativ ist sicher bezeugt durch die Form des kon-
junktiven Personalpronomens in den Stellen Cligés 2648: Alts il
dit que moût Pes tuet jante Et bete et sage et riche et noble Qui dame
iert de Costantinoble ; BCondé 271, 104: Car trop Pestavroit bien apris
Qui diroit si biel et si gent Qu^il pleuist a toute la gent (dieses wie das
vorangehende Beispiel mit /* = illum bezw. ülam als Beziehungswort
eines folgenden Relativums hätte auch unter I, 3 e angeführt werden
können); Ch. II esp. 10725: Or en pensés ^ ¡Cil Vestuet bien.
Im Reime finden wir den Akkusativ Eneas 8515: N*i estuet altre
provement ; im Innern des Verses ib. 8175: li en estuet deus en un copie.
Die einzige Stelle, wo statt des Akkusativs ein Nominativ er-
scheint, ist Rol. 295: Si *n ai un filz, ja plus bels n*en estoet. Es
scheint hier estoet auf ein Subjekt bezogen zu sein. Doch hat man
es wohl mit einem Fehler in der Ueberlieferung zu thun; für das
s von bels wird man den anglonormannischen Kopisten verantwort-
lich machen dürfen, sodafs man zur Streichung dieses s berechtigt
ist, welche schon in der editio princeps des Roland von FrMichel
für geboten erachtet wurde. Einen Akkusativ Pluralis aber in bels
anzunehmen läfst der Zusammenhang nicht zu, der derselbe ist
wie Jourd. Bl. 21: Un fil i orent, plus bel ne convint iestre. — Estuet
kam, wie es scheint, noch etwas früher aufser Gebrauch als convient
mit dem Akkusativ.
3. A/iert,
Die Frage, ob aferir ¡n demselben Sinne wie convenir und
estovoir subjektlos gebraucht werde, ist zu bejahen, wie ich glaube.
Doch ist das Material zur Entscheidung der Frage ziemlich spär-
lich. Ein Akkusativ des konjunktiven Pronomens, der die Sache
über allen Zweifel erheben würde, ist mir nirgends begegnet Nicht
entscheidend wegen der mehr oder weniger mangelhaften Sauber-
keit der Flexion der Texte, denen sie entnommen sind, sind die
Stellen JCondé 1,7, 208: A tel dame afferroit ann\ .1. preu et vail'
lant bacheler \ Cleom. 8540: Cleomadés dist que lone plait N^afiert pas
a cele requeste\ Ren. 17953: // /' a fieri moult grant esgart ; Barb.-
Méon m, 74, 148: Sire, ci rCajiert plus lone conte \ Blanc. 2496: Mult
i afiert grant yretage. Viles et castials et cités, Anders aber steht
es mit Stellen , in denen das neutrale Relativum que vor dem un-
bestimmten // mit folgendem afiert steht, wie Joinv. 671: ce que il
af fieri a la crestientei\ Froiss. Poes. II, 43, 1444: De ce gii il af fieri
ZUR SUBJEKTLOSEN KONSTRUKTION IM ALTFRANZÖSISCHEN. 35
a cotnitse; Qeom. 167 12; Car de tout ce ert avisés Que ti estait afe^
rissata. Hier ist nach dem unter I, 4 Bemerkten akkusativisches
qtu anzunehmen, also subjektloser Gebrauch von afiert mit depa
Akkusativ dessen, was als „geziemend" bezeichnet werden soll. —
Wenn AHaase, Syntakt. Unters. S. 70 sagt, afferir konmie bei Ville-
hardouin nur unpersönlich vor, so ist dies eine Behauptung, deren
Richtigkeit durch die zitierten Stellen keineswegs erwiesen wird. —
£rwähnt sei hier noch Rencl. Mis. 196, 4: A virge afiert blanke florete
Et au mártir ie flour rougete. Hier hat van Hamel auf Grund der
Lesart von annähernd 30 Handschriften flour in den kritischen Text
gesetzt; in der Anmerkung dagegen erklärt er flour für einen
Druckfehler und flours^ das in 2 Hss. steht, für das Richtige. Allein
flour ist tadellos und hat stehen zu bleiben.
Derselbe Froissart, der afiert subjektlos gebraucht (s. oben),
bezieht dasselbe auf ein Subjekt in Poes. III, 72, 657: Et tout ce
qui à corps humain A/fier t ^ on la (1. Pa) d*uy a demain. Dieser
Gebrauch ist der ursprüngliche und herrscht in der früheren Zeit
durchaus vor. £ine Zeit lang sehen wir dann beide Konstruktionen
neben einander hergehen. Aufser Gebrauch gekommen ist zu-
nächst die subjektlose ; allmählich aber hat man das Verbum aferir
überhaupt aufgegeben. Doch sagte man noch zu Nicots Zeit cela
ne m^ affiert pas „das geht mich nichts an" (vgl. Godefroy , Diet.
I, 132), und afférent „zukommend" ist bis heute dem Gerichtsstil
verblieben.
4. Faut.
Bei faut hat sich subjektloser Gebrauch schon im Altfranzö-
sischen eingestellt, derselbe ist nicht spezifisch neufranzösisch. Die
£ntwickelung der Bedeutung des \2X. faller e zu denen des altfranz.
faillir^ „fehlen" und „nötig sein", hat ATobler Beitr. 1,176 dar-
gelegt. Beide Bedeutungen, die entsprechend der £ntwickelung
der letzteren aus der ersten ofl mit einander verbunden sind, sind
sowohl dem auf ein Subjekt bezogenen faillir als dem subjektlosen
faut eigen.
a. Auf ein Subjekt bezogen in der Bedeutung „fehlen" kommt
faillir oft vor ; vgl. das in anderem Zusanmienhange bereits erwähnte
il Wi failbit ne fers ne clos (Yvain 753). Dieselbe Konstruktion
von faillir in der Bedeutung „nötig sein" ist seltener ; sie liegt
vor Dial. fr. ñ. A 2 a: il y f aient des cheliers (vgl. Tobler, Beitr. I, 177).
b. Bei subjektloser Konstruktion hat faut den Gegenstand,
der „fehlt" (a) oder „nötig ist" (|5), im Akkusativ. Belege: a)
SThom 154, 26 : Fors sulement dis jurs en failli de Vanee\ Villeh. 61 :
El quant il orent paié^ si failli de la convenance trente quatre mil
mars d* argent \ Mousk. 6438: En toutes regions par droit Se lois et
decrés il faloit O on nel peuïst determiner Ne esclairier ne deviner En
ces JIl. cités (se. Rome, £phese, Compostiele) par devise En est la
terminance asise Par le concilie des eveskes. Des abés et des arcevesques.
Wer lois und decrés, statt als Akk. PL, als Nom. Sg. auffassen will,
3*
36 CHR. GERHARDT,
mufs hier jene unnatürliche, sinnlose Anwendung von il annehmen,
von der unter I, 3b a die Rede war. — ß) Ren. 25718: Vostre
peliçon est faüliZy Pieces i faut et palatriaus. Wenn ATobler, Beitr.
I, 178 in der Stelle Dial. fi. fl. A 2a: il y faut goutieres den Sin-
gular des Verbums für nicht entscheidend erklärt, so scheint er
damit andeuten zu wollen, dafs goutieres hier ebenso gut wie Akku-
sativ auch Nominativ sein könne; allein dafs einem Verbum im
Singular ein Nominativus Pluralis als Subjekt folgen könne, ist mir
zweifelhaft; wenigstens habe ich Belege dafür nirgends gefunden.
Und was die ebendort zitierte Stelle Rom. fläm. Gespr. 73 : guantes
aunes vous en faut Uh? betrifft, darf man da die Worte guantes
aunes wirklich als Nominativ fassen ? Thut man es , so nimmt man
einen Satzbau an , dessen Möglichkeit bis jetzt nicht erwiesen ist.
Femer kommen Stellen in Betracht wie Joinv. 410: il nCapleja en
la vile ce qu*il me failli pour vestir ; Froiss. Poés. I, 72, 656: Ce guUl
li fault \ ib. Ili, 49, 1648: ce gu' il te fault ; Froiss. Chron. 2, 63: che
guil leur falloit; ib. 2,194: tout ce gu'il falloit ; Bartsch Chr.^
484 , 33 : et adone auray appareillé ce gi^il vous fault. In solchen
Sätzen ist nach dem unter I, 4 Bemerkten gue als Akkusativ zu
fassen. Wer möchte auch z. B. ce gu^il te fault anders erklären als
das doch mit ihm identische neufranz. ce gu*il te fautì Niemand
wird meinen, dafs das gue, das in dem neufranz. Ausdruck Akku-
sativ ist, in dem altfranz. etwa Nominativ sei. In Verbindung mit
deui konjunktiven Pronomen /r, dessen Kasus keinem Zweifel unter-
liegt, vormag ich il faut erst aus dem 15. Jahr h. nachzuweisen. So
Host Uian Prosa -Cligcs 298, 30: prest de secourir ses hommes s'il le
fault \ ib. 316, 43 : s'il le fault je montreray gue ....
lune oigonarlige, mir sonst nicht bekannte Konstruktion von
faut findet sich Froiss. Poés. I, 299, 2636: sUl vous faut d* àîde^ Encor
aviS gui xvus aide. Das de ist identisch mit dem de in il s*en faut
de dix minutes; es ist ein de mit „kausalem Sinn" (ATobler, Beitr.
I, u 8) und führt dasjenige ein, wodurch das Fehlen gewissermafsen
xustanile kommt.
Auch dio Wonclung jV/i faut erscheint subjektlos mit dem
.\kkusativ dos „Fohlendon"; vgl. Méon I, 216, 774 (zitiert von Tobler,
Hoilr. 1. \i()): ne l\i pas tout emhracié (sc le chesne), Ainz s*en faut
emvr demi pt¿ Nichts beweisen Stellen wie Enf. Og. 3074 : petit
s*en faui\ Piosii-Kroc 254, 42: pou s\n fault. Denn petit und pou
könnon oIhmvso gut Akk. wie Nom. sein. Auch im neufranz. tant
s\n faut schlit\ssl dio Stellung nicht notwendig aus, dafs tant Akku-
si\tik soi ; auch in tant v a ist tant Akkusativ. Dafs aber in der
noufinnx. Wondung i* s\n faut pat dioses peu ein Akkusativ ¡st,
sohoint mir aus ilor StoUung von peu in il s^en est peu fallu her-
viUÄUgohon: /VI» stobt hior als Akkusativ vor dem Partizip ganz wie
siMust liio .\kkusiitivo íckí und /ñ«. Aus il ne s'en est pas beaucoup
/at* h uiul t,' ne s' m est ^tthe ÀïîVi» ist Ei\isprechendes zu folgern
tur dìo Autïas^ung von ¿^au^ciêp und ^re in H tu ^en faut pas
Aruiiti»«^ uuvì í«' H4 s\n faui ^he.
ZUR SUBJEKTLOSEN KONSTRUKTION IM ALTFRANZÖSISCHBN. 37
5. Besogne,
Das in früherer Zeit selten vorkommende, erst später, besonders
bei Froissart, häufiger gebrauchte besogm'er „not thun" wird teils
auf ein Subjekt bezogen (a) , teils subjektlos angewendet mit dem
Akkusativ dessen , was „not thut" (b). Belege : a) Froiss. Chron.
3, 213: an les envotott ouitre sus les passages et frontières^ la ou on
supposoit que il besongner oient \ ¡b. 6, 98: tous hostieus qui leur he-
songnoient\ Froiss. Poés. I, 323: ce qui y hesongne\ ib. II, 54, 1832:
Pour avoir ce qtà me hesongne. — b) Froiss. Chron. 3, 337: // le fai-
soient tout de grant voUenté et pour ce que il veoient si bien combattre
leur cappittainne et ossi il le besongnoit^ car..,; ib. 3,411: et si
estoient bien pourveû de toutes coses que il lor besongnoit\ Froiss. Poés.
I, 158, 2^2y. Et puis ordonnai ma besongne De tres tout ce qu'il me
besongne. — Bei Froissart gehen beide Konstruktionen neben ein-
ander her, doch so, dafs die subjektlose überwiegt.
6. Apartient.
Subjektloses apartient y verbunden mit dem Akkusativ des als
„gehörig, nötig** zu Bezeichnenden, ist angewandt Froiss. Chron.
5, 142: Se li baillierent les lettres que a lui apertenoit ; ib. 2, 231:
tout ce qu^il en appertenoit au roy ; ib. 3, 216: selonch che quii aper-
tenoit; ib. 4, 163: es to fer de ce quUl apertenoit.
7. Apent.
Subjektloses apent mit dem Akkusativ dessen, was „gehört",
erscheint Barb.-Meon I, 160, 46; savoient bien les aliers Qu'il apent
a Chevalerie. Dementsprechend ist quanque als Akkusativ zu fassen
in Yvain 5478: lienors et quanquUl i apant; Bast. 1501 : A conquis
Rochebrune et quanqu^il i apent; Ch. cygne 33356: Arrablois te lairay
et quanqu*il ly (!.>') apent; Bast. 3179: quanc' ou monde il apent,
8. Lois t.
Loisir wird a) einerseits auf ein Subjekt bezogen, so Job
326, 34: Totes choses loisent a moi (= Omnia mihi licent); Dial.
Greg. 207, 2 1 : Quar par tant ke il toz tens soient lorn des choses ki
ne loisent mie (= ab illicitis) ^ a la fie trencent jus de soi et celes ki
loisent (licita). Doch auch b) subjektlos findet sich das Verbum
und zwar so, dafs es das „Erlaubte" im Akkusativ zu sich nimmt
Beispiele: Job 326, 29: Maintes foiz eil ki sont es posteiz louer gent
es choses cui il ne loist mie (= ad illicita opera), quand il soi ne
sevent retenir des choses cui bien loist (= a licitis); car cil solement
ne chiet me en ce ke ne loist (= in illicitis), ki a la foiz soi restraint
voisousement de ce ke bien loist (= a licitis); ib. 354, 41 : car en tant
com nos recivons les deleiz, si nos temprons nos moins des choses ke il
ne loist {= in tantum minus ab illicitis temperamus). Die Stelle
Job 326, 29 ist insofern besonders lehrreich, als sie den Akkusativ
des Relativpronomens neben dem subjektlosen Verbum in einer
ganz unzweideutigen Form {cui) zeigt. Sie lehrt, dafs auch in
38 CHR. GEBHARDT,
Sätzen wie des choses ke il ne hist bei dem ke nicht daran zu denken ist,
dafs es etwa das in einigen Texten, wenn auch selten, vorkommende
als Nominativ fungierende Relativum ke {que) sei.
In Glossaren findet man unter loisir gewöhnlich die Bemerkung,
es sei „unpersönlich", und als Belege Stellen angeführt, die nichts
beweisen. Richtig ist nur, dafs die „persönliche" Konstruktion in
erkennbarer Form selten begegnet. In den meisten Fällen, wo
loisi vorkommt, ist nicht zu entscheiden, ob der eine oder andere
Gebrauch vorliegt
9. Avient,
Wenn avenir „sich zutragen** in der Regel auf ein Subjekt
bezogen wird, so erscheint doch gar nicht selten subjektloses avient
mit dem Akkusativ dessen, was „sich zuträgt'*. In Betracht kommen
hier Stellen wie die folgenden, fär welche das unter I, 4 Aus-
geführte zu berücksichtigen ist: Ch. cygne 26346: Ay my! disi ly
soudans^ quelle perdiction II nous est avenu en yceste saison ; ib. 28686:
Aky^ frère lay aus! com dure destinée II nous est avenu par oevre mal
menee; Disc clergie 157: il vous fera bien savoir par ceulx quelle
chose il vous est avenu toute vostre vie. Dieselbe Konstruktion ohne
das unbestimmte // liegt vor in Chastoiement d'un père à son fìls
186, 152 : Suer^ fait el^ grant desconvenue A^os est avenu de mon pere:
Froiss. Poés. II, 225, 174: Quel chose vous est avenu? Den angeführten
Stellen entsprechend kann man beurteilen Froiss. Chron. 3 , 67 : ne
stìvoit quel cose il Pen avenroit Ebenhierher möchte ich ziehen
Aiol 1334: Moût Pen est avenu hele aventure; MFceEliduc 25: Kar
des dames est avenu L'aventure dunt li lais fu. Ueber die Lesart
und eine von der hier ausgesprochenen abweichende Auffassung
beider Slellen ist zu vergleichen ATobler, Beiu-. 1, IQ3.
Der Akkusativ, auf den es uns ankommt, ist bezeugt durch
die Form des RelatiN-pronomens in Z, f. r. Ph. XI 11, 78, Str. 20: Arne
pti hd: Je tel hich^n, S,^uveni t.^mie en crison A le quintaine de le
*tm; De destrier fait ^ìm/ancn^ Si le desf^Joit (Var. desplcie) a grand
/-rfffcV*, Em SMispìramt des grie's anchis, Quarint, quant scufri mort li
rM /hesh*ris li dims, li M»*rAv>: Mousk. 0154: In uuracle qt^ä i
fXri%:\ IxisL 1854: %ìir ne fust li mese hies quii aràtt au barmage Par
le m.-'t de Tangre: BarK-Mèon L 15:?, i : Vìsrs o:r une grant fable
^V.% «-r^f/ roh^rùr : CltN>m. 12425: \aine si gr.2mtf\\e mot) De chose
^*u .V --TvwAfr: Bart:>ch Chr.* 475. 3O: men parleray Afeshur ^ pour
» i,\*5r {x:S JtJtùnne : Frv^ìss. Cbron. 3 . 2C0 : Or wus reccrderoms de
tuu JTtrxSìtre quii ¿rètt as F^anwtensi iK 5. 43O: feur cese que il
•ï Ä^-^-j/: FVvxsa-Manek. 3 1 5 : fate naSÙ aJremtìkre quzlaJrrmt; Berte
I4C\. io: L^rs ,v ^^^^¡f Srm^"^^ ^-fc.' ■r*-*^' fi /*a<cì Je fct\ Le meschùf
e: •"<rwaiT, ^ njù et le xr*^.»: ^W u es: *Kr«» a Pepcm ¿e b^m riy;
Mv^ttsk. ^^$15: Or .t/jr jrre%:%re ef:nMgwe (.Vjtw»: /» i%sr Aùm^^r^i
Ak>l 7050: MiS il %f sew%: mìe le ■¡^/•'-"V.' e^r.^'^vr ^^'¿* .W Joit
Jsxxi'^ ^:ts ^-mV s^c: iS-y^ii'T^'. Hierher gt^Ht auch ¿ìe Sìelle Ben.
O'JOCi. 4CI0: *V/ nv i^l .V/jr. so auch die Var.^ fmss re:r¿:ft les
ZUR SUBJEKTLOSEN KONSTRUKTION IM ALTERA NZÖSISCHBN. 39
occises^ Les meschaaties ne Us prises Qui lur avint par piusors feiz,
falls, wie mir wahrscheinlich ist, statt Qui lur zu lesen ist QuUl lur.
Ebenfalls hierher gehört Disc, clergie 69: quelle chose fut ce qtCil
leur avint? Das que ist Akkusativ des Relativums und bezieht sich
auf quelle chose. Man vergleiche Alise 6521: Quel beste est ce que
je voi la armée? Die Flexion des Partizips zeigt deutlich, dafs sich
que nicht auf ce beziehen kann. Ebenso wenig bezieht sich in
ähnlichen Gefügen der Nominativ qui auf ce\ vgl. Froiss. Chron.
4, 152: il quidoient que ce fuissent les maisons de Vennes qui ar dis sent.
Dais man es aber in Gefagen wie Alise. 6521 wirklich mit dem Rela-
tivum und nicht mit der Konjunktion que zu thun hat, zeigt aufser
dem Nominativ archier der Plural sont in Froiss. Chr. 4, 79 : ce sont
archier d^Engleterre que vous veés la. Dieses ce sont statt des logisch
richtigen âest war nur möglich d. h. die Attraktion konnte nur
eintreten, wenn archier als Prädikat d. h. als Nominativ, der ja in
archier auch formell deutlich ist, empfunden wurde. Wäre que
Konjunktion, so würde ein Akkusativ archiers erfordert, und statt
sont wäre est notwendig. Man vergleiche auch Cligés 6453 : Queus
mervoille est ce que je voi?^ wo der Nominativ Queus m, ein kon-
junktionales que ausschliefst Beiläufig sei bemerkt, dafs analog
auch in den neufranz. Wendungen Qui est-ce que und Qu^est-ce que
das qtu als Relativum, auf Qui bezw. Que und nicht auf ce bezüg-
lich, zu fassen ist.
Das neutrale relative que erscheint als Akkusativ (vgl. 1 , 4)
neben avient in folgenden Stellen: Bast 1795: Chou qu*il avient en
guerre: Disc, clergie 77: tout ce quUl lui estoit avenu: Froiss. Poés.
I, 105, 625 : Et pensai a ce longement QuHl m^ert advenu] ib.IU, 55, 105 :
De tout ce qu^il nCest advenu Puis lors dont il m* est souvenu Et quUl
nCadvient et advenra^ Bien m*en souvient. — Nicht anders wie dieses
que ist auch das einen indirekten Fragesatz einleitende que zu be-
urteilen in HVal. 682 : fou ne sai ke il en avenra , was de Wailly
übersetzt mit je ne sais ce quUl en adviendra,
IO. Piaist.
Subjektloses piaist , verbunden mit dem Akkusativ des Gegen-
standes, der „gefällt", ist gebraucht Froiss. Chron. 6, 178: Diex
en ait les ames et leur pardoinst leurs me ff ais ^ se il le lui plais t (der
Satz se il le lui plaist steht in der Ausgabe von Kervyn de Letten-
hove, nach der wir zitieren, unter den Varianten); Froiss. Poés.
III, 48, 1618: Car trop me touche Ce qu^il lui plaist \ Manek. 2033:
Li rois li a dit et retrait Chou que il li plaist qui soit fait. Dieses
Doppelrelativsatzgefûge, in welchem que relatives Pronomen ist (vgl.
IV, 4), hat denselben Bau wie das folgende in Lückings Gr. ver-
zeichnete: Des principes qu'il faut qui soient toujours présents. Nicht
hierher gehören Stellen wie Manek. 425 1 : Faites de moi chou qu^il
vous plaisty da hier der Akkusativ que von einem zu ergänzenden
faire abhängt. — Im Neufranzösischen ist die subjektlose Konstruk-
tion nicht selten ; vgl. Bourg. Gent. 1,2: C*est ce qt^il vous plaira.
40 CHR. GEBHARDT,
II. Samóle, Est (a) vis.
Ce me samóle (Cligés 430. 756. Yvaín 3157) sowie que vous en
samóle? (Cligés 6310; Jeh. et Bl. 1444)» die beide im Neufranzö-
sischen fortleben, zeigen Sambier auf ein Subjekt bezogen. Gleich-
bedeutend damit sind ce m* est vis (Cligés 1295) und gu€ vos est vis
de , . . (Cligés 6308). Sambier bedeutet in solchen Verbindungen
„der Fall zu sein scheinen". Ohne dafs irgendwie eine Ver-
änderung des Sinnes dabei zu erkennen ist, tritt an die Stelle der
erwähnten Konstruktion häufig die subjektlose, und zwar in der
Weise, dafs das, was „der Fall zu sein scheint", in den Akkusativ
gesetzt wird. Vgl. Amis 1638: bien le me sanble\ JCondé II, 55, 187:
Je le croi et bien le me samble\ Joinv. 95: je vous dirai pour quoy il
me le semble \ JCondé I, 371, 13. II, 136, 115: bien le m est oins;
Beauman. Sal. 770: Responderai chou qu*il ni en samhle\ Froiss. Poés.
I, 346, Z. 22: tout che qu'il vous en samblera; ib. I, 242, 923: A ce
qu*il m'est avis encor,
12. PrenL
Prendre „Platz greifen" wird gewöhnlich mit Ausdrucken der
Gemütsstimmung verbunden, die das Subjekt bilden, auf welches
es bezogen wird. Daneben scheint auch subjektloses prent vorzu-
kommen derart, dafs das „Platzgreifende" im Akkusativ dazu tritt.
Nicht entscheidend sind Stellen wie Villeh. 7 1 : Espoir il lor en
prendra pitié \ ib. 27 : si vos crient merci ^ que il vos preigne pitié de
Jerusalem, Wenn man aber Barb.-Méon III, 19, 76: se il pitié Pen
panroit liest , so ist man geneigt, pitié als Akkusativ zu fassen , da
das unbestimmte il sinnlos ist, wenn pitié als Nominativ d. h. als
Subjekt des Satzes unmittelbar auf dasselbe folgt und dem Verbum
vorausgeht Gleichwohl ist die Möglichkeit zuzugeben, dafs hier
bei nachgestelltem Verbum ein Subjektsnominativ in derselben sinn-
losen Weise unmittelbar hinter // gesetzt sei, wie wir einen solchen
früher (I, 3 b«) vor // gefunden haben. Fafst man pitié als Akku-
sativ, so ist prendre subjektlos. Und solche subjektlose Konstruktion
liegt unzweifelhaft vor in Yvain 3942 : De la pitié que il Pan prant
lÀ respont etc. Das que kann nur Akkusativ sein. Die Lesart que
il Pan proni ist durch mehrere Handschriften vertreten und von
WFCirster in den kritischen Text gesetzt w*orden. Mit Unrecht
wird dieselbe in der Anmerkung zur Stelle ver^vorfen und que il
an prant dafür vorgeschlagen ; ein solches prendre pitié ist zwar
nachweisbar, doch wird es überaus selten gebraucht
13. Passe.
Subjektloses passe, verbunden mit dem Akkusativ der Zeit, die
„vergeht**, begegnet Cor. Loois 1 999 : Ains que (\'ar. qua) passast
dose Ji^n tot entiers; \'\^ìu 2868 Hs. H: PÎas ne passa Vili jorz
am/iers ; Villeh. 11 : Ji^ passa onques deus mois qu'il nassemblasseni a
parlement a Compatte ; MGar. 1 504 : // ne Ju mie encor none passé.
Hierher gt^hôrt auch Ch. cygne 30124: Ma moulher enjeray^ oins quii
ZUR SUBJEKTLOSEN KONSTRUKTION IM ALTFRANZÖSISCHEN. 41
passe V moü; ebenso JCondéll, 51, 48: Ançois que JI. jours soit
passez, eine Stelle, die nichts Auffälliges weiter hat als passez für
das zu erwartende passé; passez aber ist neutrales Prinzip mit mas-
kulinischer Flexion (vgl. IV, 2). — Mit MGar. 1504 ist vielleicht
zusammenzuhalten Commines i, 9: minuict fui passé,
14. EsL
Wer den in der Logik öfter geltend gemachten Standpunkt
vertritt, dafs „sein" im Sinne von „existieren" gleichbedeutend sei
mit „wirken, wirksam sein", dafs also zwischen diesem „sein" und
anderen intransitiven Verben ein Wesensunterschied nicht bestehe,
den dürfte es nicht wunder nehmen, auch das altfranz. estre ge-
legentlich subjektlos zu finden. Aber auch wenn man der Ansicht
ist, dafs „sein" = „existieren" ein absolutes Sein bezeichnet und
im Unterschiede davon die übrigen intransitiven Verba ein um-
ständlich bedingtes Sein ausdrucken, wird man gegen die Möglich-
keit subjektloser Konstruktion von eslre nichts einzuwenden finden.
Und letztere findet sich thatsächlich ; so JCondé II, 10 1, 145: Tout
ce puet bien estre , mais ains Qiiil onques fust saintes ne sains , Lone
tans oins Pincamacion^ Erent gentil de nación Li paien et li mescreant;
Ch. cygne 20886: Et s'il en est aucuns de ta gent crestienee Qui ne
soient pas vray en euer et en pensee . . . Wenigstens ist bis jetzt nicht
erwiesen, dafs saintes ne sains bezw. aucuns in dieser Stellung nach
vorangehendem Verbum im Singular etwa als Nominative aufgefafst
werden könnten. Hierher gehört wohl auch die von ATobler,
Beitr. I, 193 zitierte, anders erklärte Stelle Og. Dan. 129Ò1 : Soixante
dames vestues de bouffus^ Fernes de rois^ d^ amiraux et de dux 1 ont
trovees , aine plus gentes ne fu. Ebenso sind vielleicht hierher zu
ziehen Villeh. 1 68 : Poi ere jorz que on ne feist assaillies (Jorz ist
Akk. PL, nicht Nom. Sg. ; die Mehrzahl der Hss. hat dafür eures) ;
Jeh. et Bl. 5668 : Tex variés est peu or endroit. Anchois en la taverne
ir oient Ou au bordel iCil ne metroient Leur euer en loialment servir \
Mousk. 345 : Car e s toit crestiiens la peu. Vorausgesetzt ist bei dieser
Auffassung der drei Stellen ein Gebrauch von peu, nach welchem
es gleichsam in der Funktion eines Adjektivums ein Substantivum
begleitet; vgl. IV, 5.
Den Akkusativ des neutralen Relativums (vgl. I, 4) bei dem
subjektlosen est zur Bezeichnung dessen, was „ist", zeigt Cleom.
1 5844 : Uen dirent ce qìiil en estoit, — Yvain 5985 lautet nach
den meisten Hss.: jusqtiaujour qui est hui und ist in dieser Fassung
mit Serm. poit 31:0 Voicten jor de sa naissance qui est hui zu-
sammenzustellen. Wenn nun eine Hs. qtiil statt qui hat, so ver-
gleicht sich diese Lesart mit Froiss. Chron. 4, 352 : pour le reverense
dou jour Nostre Dame^ que il sera demain , und man kann dieselbe
Konstruktion annehmen wie in Cleom. 15844, nur dafs que hier
Akkusativ des Maskulinums wäre. Doch ist noch eine andere
Auffassung möglich: man kann das que prädikativ fassen wie das
que in Ben. Chron. 26731 : Por un qu^il sunt, sumes nos cent; Aiol
42 CHR. GEBHARDT,
9396 : De JÍXX, m. qui fumes ^ ni samis que dis mil\ ]éá. et B1. 1026 :
ia fiuskaance Qu¿ ¿est eTomme tuir a iorL Aach dauon ist qui Akkn-
saüv (vgl. neufranz. ce que je suis, nicht *ce qui je suis), wie ja auch
das koDJunktive Pronomen der 3. P. als Prädikativ im Akkusativ
steht Jenes i/ aber nadi que hätte in diesem Falle die Funktion,
das nicht aasgesprochene Sabjekt za markieren (vgl. I, 3 c).
15. Vereinzelte Fälle
von subjektloser Konstruktion intransitiver Verba, bei welcher der
Gegenstand, der als Träger des durch diese bezeichneten umständ-
lich bedingten Seins hingestellt werden soll, in den Akkusativ
gesetzt wird , begegnen auch sonst ; vgl Cor. Lools 444 : Aùts qiiil
i muiré tanz genttlz omes sages', RHam 269 (von WFörster zitiert
zu Aiol 1334): li entrait chevaliers a masse \ .\lisc.456o: En la lar^
gece puet JL hommes entrer', Ch. cygne 20436: MU hommes y poait',
Bast. 4747 : Recula vint mil honmes de la geni sans creanche.
Zur Erklärung des bisher im Einzelnen dargelegten subjekt-
losen Gebrauches intransitiver Verba mit dem Akkusativ läist sich
etwa Folgendes sagen. Das subjektlose Verbum drückt zunächst
aus, dafs ein umständlich bedingtes (bei estre absolutes) Sein statt-
finde, und der Akkusativ giebt das Mafs, den Umfang an, in
welchem die Gesanmitheit der Gegenstände, die an sidi Träger
eines soldien Seins sein können, im einzelnen Falle in Betracht
kommt. Z. B. in i7 nous coudent un messagier (Manek. 2985) be-
zeichnet il couüient ein Erforderlidisein schlechthin, und der Ak-
kusativ un messagier bestimmt den UmÜEmg, in weldiem die Ge-
sanmitheit dessen, von dem ein Erforderlichsein ausgesagt werden
kann, in Betracht kommt So bedeutet der Satz eigentlich: „Es
existiert für uns Erforderliches in dem Umfange, wie ihn „ein
Bote** bestimmt**. — Zuweilen ist der Begriff, der diesen Akku-
sativ des Mafses zeigt ein durch ein Zahlwort bestimmtes Sub-
stantivum; aber dieses Zahlwort ist unwesentlich und ist nicht
dasjenige, was dem Substanti\iim , das von ihm begleitet ist, den
Charakter einer Mafsbestinmiung verleiht — Was den subjektlosen
Gebrauch intransitiver Verba mit dem Akkusativ überhaupt an-
belangt, so ist derselbe etwas Sekundäres; überall, wenn wir von
estuei absehen, ist die Beziehung auf ein Subjekt als die ursprüng-
liche Art der Verwendung derselben zu erkennen. Der Unter-
schied beider Konstruktionen läfst sich dahin bestimmen, dafs bei
jener der Verbalbegriff, bei dieser das Subjekt der Ausgangspunkt
ist von dem aus die Aussage vollzogen wird.
III. Subjektlose Konstruktion
beim Passivum transitiver Verba mit dem Akkusativ des
leidenden Gegenstandes.
Im Anschlufs an den im vorigen Abschnitt erörterten subjekt-
losen Gebrauch intransitiver Verba möge hier die gleiche Kon-
ZUR SUBJEKTLOSEN KONSTRITCTION IM ULTFRANZÖSISCHEN, 4¿
stniktion beim Passivum transitiver Verba Besprecliung finden. Statt
dafs nämlich der Gegenstand, der alf. vnn einer Thaligkeit betroffen
beïcichnet werden soll, in den Nominativ gesetzt und auf diesen
das Verbutn bezogen wird. Itoœml e^ auch vor, dafs letzteres sub-
jektlos erscheint und jener Gegenstand im Akkusativ dazu tritt
Man erwäge Qeom. 5129: /_/'« Moult [ires] grant pienti ja veû\
Athis 2060: Que lost n'en fus! jtistisc fel; Eneas 5216: Ja uri de
vos vfnjanet pris; MGar. 580: Toi maittlenanl en soit venjanee pris;
ib. 2659: Jusqu'à cele ort que venjance en soit pris; El. SGille 188:
Or endroit ntaàtlinanl en eri venjance pris (so die Hs,; nicht zu
ändern); ib. 241: fíir ¡'amor de Ion tors lei vengante en ert pris (so
die Hs.); Aiol 5103: Que ¡a por vùs avoirs en soil (so die Hs.) men-
{oingi dit. Auch SThom 989 (zitiert von ATobler, Beilr. I, 131):
Or seiet porveä et si ò[Ì]en eonseillié Ke mes n'i ert esirif mire nus
kommencii ist hier anzuführen. Dafs nun in den angezogenen Sätzen
die aus estre und dem neutralen Partizip zusammengesetzte Verbal-
form als auf ein Subjekt bezogen aufzufahren sei, so dafs esirif in
SThom 989 in Nom ina ti v tun kti on stände, ist deshalb ganz unwahr-
scheinlich, weil eine derartige Nichtkongruenz im Geschlecht bei
vorangehendem Subjekt unerhört Ist Vollends entscheidend ist die
Stelle Lyon. Ys. 489 : Ne me fust jai tenus a nice, S'eüsse usey de
mon office; denn der Akkusativ, auf den es ankommt, liegt deutlich
in der Form des konjunkliven Personalpronomens vor; das neutrale
Pardzip aber zeigt maskulin ¡sehe Flexion, die auch sonst bei jenem
vorkommt und unter IV, 2 belegt ist. — Auch die Verse MFce
Milun 170 ff. gehören hierher; dieselben haben nach den Hss. zu
lauten: Guardi que en prenges cunrei, U par servant u par meschine
Que presenti li seil le cisne. Die von KWamke vorgeschlagenen
Texländerungen sind nicht gerechtfertigt; die Endung von servant
und meschine ist durch die Hss. H und S bezeugt, und auch inhalt-
lich pafst nur der Singular dieser Worte, da beim Ueberrdchen
des Schwanes doch schwerlich mehr als eine dienende Person in
Betracht kommt. — Hierher darf man vielleicht auch stellen Froiss.
Cbron. 3, 70: El tout ce que il fu dit, acordi el proposi, fu escript et
tetìi notablement; ib. 3, 66: me semble a ce que Ìl me en fu di et re-
cordi, que ... Vgl, auch Boil. Ép. io Prüf.: dis épìtres morales où il
n'était rien enseigni que de vertueux, wo rim als Akkusativ vor dem
Partizip steht.
Was die Erklärung der subjektlosen Konstruktion des Passivs
transitiver Verba mit dem Akkusativ tietriffl, so darf man wohl auch
in diesem Akkusativ den des Mafses erkennen. Dann würde das
subjektlose Verbum die Ausübung einer Thätigkeit bezeichnen und
der Akkusativ weiter angeben, in welchem Umfange die Gesamtheit
dessen, was von jener ausgeübten Thätigkeit betroffen werden kann,
in Betracht kommt Nahe liegt hier indessen auch folgende Auf-
: es könnte sich mit der passiven Form infolge der Vor-
eines jene Thätigkeit ausübenden allgemeinen Subjektes
ein aktiver Begriff verbunden haben, der dann einen Akku-
44 CHR. GERHARDT,
sativ als Objekt nach sich zog. Auch sonst fehlt es im Altfranzö-
sischen nicht an Fällen, in denen (vgl. ATobler, Aniel, Anm. zu
Z. 147) die eigentliche Bedeutung einer Ausdrucksweise im Bewufst-
sein zurücktritt, so dafs dann eigentümliche Konstruktionen auf-
treten, die mit dem ursprünglichen Sinne jener Ausdruckweise nicht
vereinbar sind.
IV. Anmerkungen zu einzelnen Stellen.
1. Für seine Auffassung von Ausdrücken wie il fait cher vivre
à Paris hat ATobler, Beitr. I, 1 79 auch die Wortstellung geltend
gemacht; was letztere betrifft, so lassen sich noch anführen Cligés
5330: Buen esioper feit male hoche\ Ch. II esp. 895: ore boin oler
En faisoit,
2. Neutrales Partizip mit der Flexion des Maskulinums erscheint
Floov. 940: cuan/ il fu anuiiez\ ib. 13 60: Com vos est avenuz?\
ib. 1368: bien man est avenuz; HBord. 7438: çuant il ert ajomés\
Bartsch Chr.-'» 233, 48: quant il fu avespris (R.); Bast 2426: ains
qu'il soit avespris (R.); ib. 2i\2g: tant qu'il sera avespris (R.); Ren.
4140: Moult niLcn est or bien avenuz (R.); ib. 15092: Bien li en seroit
avenuz (R.); ib. 9956: Moult mal H sera avenuz (R.); ib. 20614; Con--
ment dont fest ice venuz? (R.); Cleora. 12 126: Chascuns de ce certains
estoit Que ce qu'il avait en couvent Seroit tenus certainement) Villeh. 306 :
Tier is de Los le sot^ cui il fu enseigniez \ Cligés 4370: Tot ce li est
pleisanz et douz A recorder et a retreire\ Ch. cygne 19243: mal est
apiertenans (R.); ib. 17828: quoy qu'il me soit coustans (R.). — Man
vergleiche das Neutrum des Pron. poss. mit maskulinischer Flexion
Lyon. Ys. 277: Ce qui est tuens certainnemeni^ Garde ne perdes fole^
mani\ Froiss. Poes. 1, 200, 3836: Car quanque ftu\ vostres est. Auch
das schon im 12. Jahrh. begegnende ursprünglich nicht neutral ge-
brauchte Relativum qui in der Bedeutung des älteren neutralen que
und das unbestimmte // „es" (it. egli) zeigen, dafs die Sprache schon
früh die Tendenz hatte, das Neutrum durch maskulinische Form
auszudrücken. — Nicht hierher gehören die Wendungen (//) est
voir s ^ (il) est droiz\ denn hier sind voir s und droiz als Substantiva
zu fassen, nicht als Adjektiva, wie AHaase, Syntakt. Unters, zu Villeh.
und Joinv. S. 16 will.
3. Nicht zum subjektlosen convient zu gehören scheint mir der
von ATobler Z. f. r. Ph. II, 151 besprochene Ausdruck laissier con-
venir^ dessen Erklärung, wie sie dort gegeben ist, inhaltlich sehr
anspricht, aber aus formellen Gründen sich nicht halten läfst Denn
die den Ausdruck begleitenden Akkusativformen, welche virtuell
Dative sein sollen, sind wirkliche Akkusative. Dies ergiebt sich
schon daraus, dafs ein formell deutlich ausgeprägter von convenir
abhängender Dativ nirgends bei laissier convenir vorkommt; unwider-
leglich beweisend aber für den Akkusativ sind die Formen des
konjunktiven Personalpronomens in Stellen wie Berte 1544: Car li
rois les laissoit de tres tout convenir \ MGar. 2185: Qu'il n aidera ne
Hernaut 71e Gerin, Ne dans Girbert, ne son pere Garin; Ainz les latra
ZUR SUBJEKTLOSEN KONSIRUKTION IM ALTFRANZÖSISCHEN. 45
de guerre covenir Et as espees le chaple maintenir \ BCondé 70, 205:
Les laist convenir de ¡or oevre; Froiss. Poés. I, 105, 632: De moi le
lairai couvenir\ ib. I, 251, 11 19: Laies le un petit convenir \ Froiss.
Chron. 2, 118: Et encoires en eutssent plus ocis en Peur y qui les euïst
lay et convenir \ ib. 2, 422: Si lui conseillierent de les laissier convenir \
ib. 4, III : que il ... es tahlesist partout bons capitaines, vaillans hommes
segur s et sages et les laiast convetiir cel ivier et guerryer par garnisons.
Es ist also der betreffende Akkusativ von laissier abhängig, und
wir haben es zu thun mit einem auf ein Subjekt zu beziehenden
convenir. Dem widerspricht auch die Stelle Froiss. Chron. 6, 384:
j*ay bien bonne volenti d'hâter en ce voiage, mes je sui en avant trop
vieuls; si en lairai convenir a nus en/ans durchaus nicht; denn hier
hängt der Dativ a mes en/ans nicht von convenir ab, sondern von
lairai, und wegen dieses Dativs bei laissier ist zu verweisen auf
ATobler, Beitr. I, i68 f. Was nun weiter convenir betrifft, so findet
sich ein auf ein Subjekt bezogenes convenir de qc, in der Bedeutung
„sich abfinden, fertig werden mit einer Sache", dann auch „sich
benehmen hinsichtlich einer Sache". Vgl. Free 5221: Le coman-
cierent a beignier. An eles riot que anseignier; Car bien an sorent co-
venir*, JCondé II, 201, 137: Ne di plus qti entre iaus lor avint Ne con-
ment la dame en convint; Prosa-Cligés 308, 46: Lors pense elle com-
ment elle pourra convenir de son entreprise et quant elle y a longuement
pence et elle n'y scet trouver moyen, jamés pucelle ne fu plus dolante.
Vergleicht man nun mit Free 5221 die Stelle Prosa-Cligés 315, 38:
laissans ckascun convenir au mieux qü*il poulra (sc. in dem Zwei-
kampfe, um den es sich handelt), so sieht man: convenir hat in
beiden Stellen dieselbe Bedeutung, und dem bien in der ersten
entspricht au mieux qu^ il poulra in der zweiten Stelle. Zu letzterer
ist zu stellen Rieh. 4324: S^a ,11 L M lb\ de deniers, Pour ses des-
pens bien par/urnir — Or Ven laist diex bien couvenir! Nur ist hier
durch laissier nicht nur das Zulassen, sondern auch und vielmehr
das Veranlassen bezeichnet, eine Bedeutung, die Z. f. r. Ph. II, 142
nachgewiesen ist. Wenn das in Rede stehende convenir ohne eine
adverbiale Bestimmung wie z. B. bien auftritt, hat es eine prägnante
Bedeutung, etwa die unseres „machen** in der Wendung „lass mich
nur machen"; so Bartsch Chr.* 2^^^ 5: Car ne lair oie a moi touchier
ne avenir Nul home fur s Ugon^ s'il m* en loist covenir', so auch in
dem häufigen laissier convenir, das dem neufranz. laisser faire ent-
spricht und das ausdruckt, was auch mit dem von einer modalen
Bestimmung begleiteten laissier convenir in Prosa-Cligés 315, 38
letztlich gemeint ist. — Beiläufig sei erwähnt, dafs zu convenir
,^ch benehmen" das Substantiv convenant „Benehmen" gehört; vgl.
Froiss. Chron. 3, 11. 3, 25. 3, 464. 4, 67: bon convenant „wackeres
Benehmen".
4. Die Auffassung der Doppelrelativsätze ist immer noch streitig,
und so mögen einige Bemerkungen über dieselben hier Platz finden.
Joinv. 41 steht: et quanque nous cuiderons qui li plaise. Dieser Satz
ist, was die Relativa betrifft, auf eine Stufe zu stellen mit Joinv. 22 \
46 CHR. GERHARDT,
« cue je crqy ^ui ne piai! mie a Dieu. Dem quanque dort entspricht
das ce que hier; durch quanque wird zusammengefafst, was sonst
in Beziehungswort und relatives qut auseiiianderßllt. Das que in
Joinv. 22 bezieht sich also auf ce, kann daher nicht bezielmngsloses
Relativum in dem von ATobler, Beitr. I, 107 gewollten Sinne sein.
Es ist aber auch nicht relatives Adverbium, sondern auf ein Be-
ziehungswort bezogenes Relativpronomen im Akkusativ. £a ist
ebenso wenig adverbial wie in Laquelle des deux tètes crais-tu qui
vaille mieux? (Lucking, Schul g r.) das laquelle oâei in Que pensa-vous
qui soit arrivi? (Plattner, Schuigr.) das que oder endlich das ke in
SSBern. (VoUm. Rom. Forsch. II) 5, 11: Elke dolens ms croire por kai
il vini? (= Ad quid enim venisse credendus est?). Denn laquelle,
que, ke sind Akkusative von Fragewörlem. Wenn in solchen Sätzen
von croire (oder anderen Verben) ein Wort als Objekt abhängig
gemacht wird, das dem wirklichen Sachverhalt nach nicht Objekt
ist, so ist diese Erscheinung auch sonst nicht ohne Beispiel, vgl.
BCondé 32, ^2: je ne croi ne je ne cuit De dis un qui soient en vie.
Qui ne soient tout plain d'envie. Eine Parallele hierzu findet sich in
Luthers Bibelübersetzung Luc. 6, 47: „Wer zu mir kommt und höret
meine Rede und thut sie, den will ich euch zeigen, wem er gleich
ist". Vor allem aber ist in dieser Beziehung zu verweisen auf
Joinv. 197: Noiis ne seümes onques si tost revenir que nous ne trou-
vissiens mon signour Perron, nostre osle, qui estoit au dehors de l'ost,
qui en fu ales après les Sarrasins. Nous ferimes des espérons après
et le rescousismes aus Sarrazins. Hier soll nicht Perron als Objekt
des trouver hingestellt werden, es soll nicht gesagt werden, dafs
man den Perron fand, sondern das gerade Gegenteil, dafs man
ihn nämlich nicht fand; Gegenstand des Findens ist vielmehr das
estoit au dehors de l'ost, das en fu alez après les Sarrasins. Der
Relativsatz ist hier appositiv und giebt explizierend von den Merk-
malen des Beziehungswortes dasjenige an, welches als Gegenstand
der Thätigkeit, die das Verbum des übergeordneten Satzes be-
zeichnet, in Betracht kommt. Nicht verschieden hiervon ist seinem
Wesen nach der Relativsatz por kai il vint iii dem Satze aus den
Predigten Bernhards sowie der zweite, auf un bezogene Relativsatz
in BCondé 32, 3z (s. oben) und auch der durch qui eingeleitete
Relativsatz, dor in der von uns ins Auge gefafsten Art von Doppel-
relativsätzen einem mit que beginnenden Relativsätze folgt. Gleicher
Art ist auch der erste Relativsatz in dem Gefüge Serm. poÍL 135:
Za quaus, fist il¡ te semble qui ful plus prochains a celui qui cheguit
en la viie aus lairons? Beeinflussung der Konstruktion durch den
Vulgata-Text liegt nicht vor; den« dieser lautet; „Quis hoium trium
videtur tibi proximus fuisse iUi qui incidit in latrones?" Beachtens-
wert iat Luthers Ueberselzung dieser Stelle : „Welcher dünkt dich,
der unter diesen dreien der Nächste sei gewissen dem, der unter
die Mörder gefallen war?" Sie deckt sich genau mit der aU^a-
£6sischen. Für eine derartige Verwendung des explikativen Relativ-
satzes fehlt es auch sonst nicht an Beispielen im Deutschen. In
ZUR SUBJEKTLOSEN KONSTRUKTION IM ALTFRANZÖSISCHEN. 47
einer zu Cöln 1859 gedruckten Ausgabe des N.T. lese ich Matth.
7, 12: „Alles nun, was ihr wollt, das euch die Leute thun sollen,
das thut ihr ihnen*'; das ist ein echter Doppelrelativsatz. Büch-
mann, Genüg. Worte, führt als Reimspruch auf: „Was du nicht
willst, das dir geschieht. Das thu' auch keinem Andern nicht'' und
erklärt ihn für eine Umarbeitung von Tobias 4, 16: „Was du nicht
willt, das man dir thue, das thue einem Andern auch nicht"; vgl.
Ne fais pas à autrui ce que tu ne voudrais pas gui te fût fait à toi'
même (Ac). In einer 1837 erschienenen Uebersetzung von Manzonis
„Verlobten" ist zu lesen: „Was wollen Sie, das er mit mir thue?"
VgL Que voulez-vous qui arrive? — In den bisher zur Vergleichung
herangezogenen Satzgefügen, in denen sich an einen durch ein
Fragewort eingeleiteten Fragesatz ein Relativsatz derart anschliesst,
dafs das, wonach gefragt wird, als Subjekt oder Objekt oder Ele-
ment einer adverbialen Bestimmung der im Relativsatze enthaltenen
Aussage und letztere als zu dem Verbum des Fragesatzes wie ein
Objekt bzw. Subjekt gehörig hingestellt werden soll, in solchen Ge-
fugen bttzieht sich das Relativum auf das Fragewort bzw. das von
einem solchen begleitete Substantivum zurück. Da nun dem inter-
rogativen Element in den aus Fragesatz und Relativsatz bestehenden
Gefügen das erste Relativum in den Doppelrelativsätzen und dem
Relativum dort das zweite Relativum hier entspricht, so bezieht
sich in den Doppelrelativsätzen das zweite Relativum auf das erste
zurück, das seinerseits sein Beziehungswort im übergeordneten Satze
hat In Doppelrelativsätzen sind daher die beiden Relativsätze nicht
ursprünglich gleichgeordnet, so dafs beide Relativa ein Beziehungs-
wort hätten, ebenso wenig ist der erste Relativsatz dem zweiten
untergeordnet, sondern jener ist diesem übergeordnet Der zweite
Relativsatz expliziert das Relativum des ersten, auf das er sich be-
zieht und dessen Inhalt identisch ist mit dem seines Beziehungs-
wortes; er hebt von den Merkmalen dieses letzteren dasjenige heraus,
welches als Gegenstand (Objekt) der durch das Verbum des ersten
Relativsatzes bezeichneten Thätigkeit bzw. als Träger (Subjekt) des
durch dasselbe bezeichneten umständlich bedingten Seins in Be-
tracht kommt — Noch sei auf eine Periode aufmerksam gemacht,
in welcher ebenfalls das zweite Relativum sich auf das erste in dem
angegebenen Sinne bezieht: Cleom. 15103: Cleomadés riens ne feist
De chose qui apartenist Que sa mere savoir deüst, K^ainçois que il
empris VeOsty Que a sa mere n^en parlasi Pour savoir que ele en loast.
Als das „sich Gehörende" soli hier das Wissen der Mutter um die
Sache hingestellt werden. — Ferner sei bemerkt, dafs Sätze wie
Yvain 4068: por son oncle don il dit Que il conoist et aimme et prise
zusammenzuhalten sind mit Gefügen wie Serm. poit 196: de quau
joie cuidez vos que Dex volile que l'om face? Dem de quau joie hier
entspricht dort don^ und sowohl das que nach il dit (dort) wie das
que nach cuidez vos (hier) ist Akkusativ des Relativums. — Um
schliefslich noch einmal auf das adverbiale que zurückzukommen,
von dem wir oben gezeigt haben, dafs es bei der Erklärung der
48 CHR. GEBHARDT,
Doppelrelativsätze nicht in Betracht kommen kann, so scheint das
Gebiet, das man diesem relativen Adverbium zugewiesen hat, über-
haupt etwas einzuschränken zu sein. Als relatives Adverbium pflegt
man z. B. das que in Sätzen wie en restai qtìon doit venir (Diez,
Gr. Ill, 380) zu erklären. Doch spricht hiergegen das in Gregors
Dialogen in solchen Fällen statt que gebrauchte cui^ das als Rela-
tivum sonst immer nur den Casus obliquus des relativen Pronomens
(Mask, und Fem.) vertritt. Solche Fälle sind 40, 9 : si comenzai celei
a conforieir des paroles cui il pout = eamque verbis quibus valuit
consolari coepit ; itiy g: se li mandai par mei ceaz cui ü pout les
choses ... = per quos potuit; 16, i: dunkes vint li Ierres so lune la
constume cui il soloit = more solito. Man darf daher wohl sagen:
in derartigen Sätzen ist die vor dem Beziehungsworte des Rela-
tivums stehende Präposition vor dem Relativum unterdrückt, und
letzteres, das im Akkusativ steht, wird gewissermafsen von der Prä-
position des Beziehungswortes mit regiert.
5. Wörter wie peu^ assez werden manchmal den Begriffen, die
sie quantitativ bestimmen sollen, beigeordnet statt, wie gewöhnlich,
übergeordnet. Wenigstens ist die Annahme, die Kasuspartikel sei
fallen gelassen (Diez, Gr. UI, 1 50), nicht überall möglich, wo de bei
diesen Wörtern fehlt. Unmöglich kann man eine Unterdrückung
von de annehmen in Ren. 21764: Si nCen sont ja prises les fièvres
Et autre mal encore assez; Gh. Il esp. 1556: Et mes sire Ywains est
entrés Laiens^ et assés chevalier (R.); Ben. Chron. 34135: Ainz que
passassent gaires jor (R.) ; Gui!. Pal. 515: Ançois que passent gaires
jor (R.). Dasselbe Verhältnis des Quantitätsbegriffes zu dem quan-
titativ zu bestimmenden Begriffe liegt vor in Erec 1953: I amena
conpaignons vint\ Jeh. et Bl. 4537: Qu^il U renvoieroit deniers Prochain
nement quatre ses tier s; ib. 59: Tere avoit bien cinc cens livrées; Ch.
cygne 7417: La fist venir le vin et espisses foison; Bast. 3655: La
vint fees piente^ wo vint subjektlos MXiáfees Akkusativ ist; Ben. Chron.
26172: E od geudeSf qu^out grant piente^ wo que Akkusativ des Re-
lativums ist. — Auch die substantivischen Quantitätsbegriffe können,
wie assez etc., vor dem Begriffe, dessen Quantität bestimmt werden
soll, stehen; vgl. Barb.-Meon III, ly 2']\ Piente forment et planté dras.
Hiernach ist neufranz. force gens zu beurteilen.
6. Obgleich die Stelle, zu der es ursprünglich als Anmerkung
bestimmt war, schliefslich gestrichen wurde, möge Folgendes über
a paine hier Platz finden. A paine hat, wie meines Wissens noch
nicht bemerkt ist, die Eigentümlichkeit, dafs auf dasselbe gerade
so wie auf die Negation ne die halbnegativen Wörter als eine Art
Komplement folgen können. Dies erhellt aus Reis 93 : sur les rochiers
et les de rubes u a peine nule bestiole pout cunverser; Eneas 7905: A
peine en puet dire neient Ki na amé 0 ki tCen sent; MBrut 890: A
paines en remeist nus vis; Barb.-Méon I, 230, 653: a grant paine le
couneûst Nus hom; Ren. Nouv. 1840: Mais on dist de privé lar on Se
puet nus a paines gaitier; Cleom. 881: A paines fust nus si doutiex^
Qui fesist mal devant ses iex; ib. 6809. 15979. 17049; Froiss. Chron,
ZUR SUBJBKTLOSKN KONSTRUKTION IM ALTFRANZÖSISCHBN. 49
3, 458: et a painne y avoii nulle espasse äe tires que . . .; ib. 6, 14 1:
a painnes voloit parier a nullui\ ib. 4, 278: a patnnes osoi't nuls appa^
roir a le deffense, — Eine Kontamination zweier Ausdnicksweisen
liegt vor in den Stellen, wo neben a paine noch die Negation ne
gesetzt ist, die dann in der Regel eins der halbnegativen Wörter
im Gefolge hat; vgl. Froiss. Chron. 4, 230: a painnes ne se pooit nuls
apparoir \ ib. 4, 291: a painnes ne se osoit nuls amonstrer] ib. 6, 34:
et ne demoura a painne ne ville ne fortreche^ stelle ne fu trop bien
gardée, qui ne fust adont toutte rohee et courue. Auf diesen Gebrauch
von ne neben a paine hat, wie ich nachgehends fand, schon ATobler
GötLGel. Anz. 1877, 1609 hingewiesen anläfslich der Stelle Bast. 543,
zu welcher Og. 7438 zitiert ist. Ein solches Nebeneinander von ne
und a paine zur Bezeichnung des Begriffes „kaum" kann man auch
annehmen in folgenden zwei Stellen, nur dafs in denselben ne dem
Hauptsatze und a paine dem Nebensatze zugeteilt wäre: Aiol 3990:
Onques dieus ne fist home grant ne petit. Se le mache trovasi en ./. laris^
Qu* a paine a andeus mains le remuïst) Eneas 5339: Ne puet esire, ki
iluec chiet. Que a grant peine s*en reliet. Der erste der beiden Sätze
freilich erlaubt noch eine andere Auffassung: das que könnte die-
selbe Funktion haben wie in der Stelle der Bearb. von Karls Reise
S. 53: il ny a a sa court homme, chevalier ou autre que, s* il avait
deux haulbers vestus Pun sur r autre . . ., si le pourfenderoie je tout
par my des le chief en aval jusques en Peschine', hier nimmt si den
mit que begonnenen, durch einen Zwischensatz unterbrochenen Satz
wieder auf, und que läfst sich übersetzen mit „ohne dafs". Dieses
que verknüpft einen negativen Satz mit einem positiven derart, dafs
von dem Vorstellungsinhalte des ersteren ausgesagt werden soll,
er existiere nicht, ohne dafs die Aussage des zweiten Giltigkeit
hätte. Durch que werden zwei in dem eben bezeichneten Verhält-
nis zu einander stehende Sätze in ein hypotaktisches Gefüge ge-
bracht wie durch si in ein parataktisches, durch si, wie wir es
finden in Karls Reise 454 : Li reis Hugue li Forz nen at nul hacheler
De tute sa maisniee, tant seit forz et memhrez. Ait vestut dous halbers
e dous luîmes fermez. Si seit sur un destrier curant e sujumet^ Li reis
me prest s*espee al puin d^or adubet^ Si ferrai sur les helmes u il
ierent plus der, Trencherai les halbers e les helmes gemez, Le feltre
avoec la sele del destrier sujurnet', Aiol 4957: fa nés revera mais, si
ert irés. In solchen Fällen ist si zu übersetzen mit „ohne dafs",
und es ist identisch mit jenem si^ dem man gewöhnlich die Be-
deutung „bis, bevor** beilegt; letztere pafst aber nur für eine ge-
wisse Art von Fällen, wie sie bisher ausschliefslich ins Auge gefafst
wurde, so oft jenes si Besprechung fand. Völlig abzusehen ist von
dem Zeitfolgeverhältnis der beiden durch si verknüpften Sätze, wie
es EGefsner Z. f. r. Ph. II, 574 f. — für die von ihm betrachteten
Fälle allerdings mit Recht — bestimmt, wenn er sagt, dafs es sich
um ein (in dem j/-Satze angedeutetes) Faktum handelt, welches
vor einem anderen (in dem negativen Satze ausgesprochenen) ein-
tritt. Man betrachte nur Aiol 495 7, wo das Zeitfolgeverhältnis das
Zcitschr. £ rom. PhiL XX a
50 CHR. OBBHARDT, ZUR SUBJEKTLOSEN KONSTRX7KTION IM ALTFR.
umgekehrte ist. In jedem Falle sind solche Gefuge elUptisch zu
erklären; nach dem negativen Satze hat man zu erganzen „ohne
dafs Folgendes der Fall ist (bzw. war u. s. w.)", worauf der Ge-
danke des positiven Satzes einsetzt. Solche Ellipsen begegnen
auch sonst. Man betrachte Cligés 3996: ^St're^ de neant plddotiez\
Fet Cligis; *que Deus me confonde^ Je rCan prandroie toi le monde^
Que la baiatile ne fetsseJ Hier kommt man auch ohne Annahme
eines hinter con/onde unterdrückten „wenn Folgendes nicht der
Fall ist" nicht aus. In den Bearb. von Karls Reise liest man
S. 1 1 1 : Jamais ne me croyez^ que se mon oncle peuli esire retourné
en France, qt^il se rendra convers en quelque religion. Der Sinn er-
hellt aus der Parallelstelle S. 8 1 : ne me croiez ja mes^ si aussi tost
que nous serons en France retournez, se Charlemaigne ne se rent de
quelque religion. Also ist hinter Jamais ne me croyez wieder ein
„wenn Folgendes nicht der Fall ist" unterdrückt — Wenn man
nun auch das si und que durch „ohne dafs" übersetzen kann, so
ist doch daran zu erinnern, dafs die eigentümliche Beziehung
zwischen negativem und positivem Satze nicht an que oder si ge-
bunden ist; beide Sätze können auch asyndetisch hingestellt werden,
wie z. B. Fl. u. Bl. 2033: // na home, m&n essient, Enire orient et
occident. Qui ens est et sent les odors Ei des espisses et des flors Et
des oisiaus otst les sons Ei haus ei aas les gesillons. Por la doucour
li est avis Des sons quii est en Paradis; Âthis S. 13b, V. 240: Od
de Pomme n^atvit trésor, Drap ne paile ne hanap d*or. Se cil du
prendre eüst tait ni, Tantost lui en Jesist present, — Statt des zweiten,
positiven Salzes findet sich ein negativer in Cligés 5384: Nus mes'
tiers nest, tant soit <//îvrj, .S"^ Jehanz i voloit aniandre. Qu'à lui ne
s* an /H^rroit nus prandre; (as\*ndetisch) Cor. Lools 690: A^a soz ciel
i>me qui de mere seit nez. S* il la (se la preiere) diseù par buene vo^
leHU\ Ai matinei, quant il sereit lei^z. Ja puis deables nel porrai en-
Cx^mhrer, — Boi der Krklârung von si „bis", um hierauf nodi ein-
mal zurückzukommen, hat EGefsner Z. f. r. Ph. II, 5 So auch Perioden
herangezogen wie Aiol 3039 : Ja neri eis am passés ne üconplis Que
xvus ares tcui quite i\*stre pais, also Perioden, in denen ein eine
Zeitl)e^ümmung enthaltender negativer Sau durdi que mit einem
jH>siti\en verknüpft ist: aber solche Satzgefüge gehören an eine
gaui ar.deie Stelle, Der erste Sau drückt da, nur in n^ativer
Fv^nu. i.lou p».v>i:iven Gedanken aus, dafs der Zeitpunkt, fur welchen
die im zweiten Satze enthaltene Aussage Gütigkeit hat. diesseits
einer mehr oder weniger genau angegebenen zeitlichen Grenze
liegL S^vche Perivxien sind zusammenzuhalten mit Stellen wie
JOoude 1. ^14, 1403: /; s-i petii i.'.Me¿^ esié Qu il tnyie:xí passage apresté^
wv der Huupts^L: auch tormell positiv ist.
Christoph Gebhardt.
Yenmsclite Beiträge zur firanzösisclien örammatik.
Dritte Reihe.
IO.
pour mit Substantivum als Mengebestimmung.
Durchaus richtig und am rechten Orte hat Seeger das, was
hier noch einmal berührt werden soll, zur Sprache gebracht, wenn
er 1 § 58, 2 b, wo er von dem partitiven „Genitiv" handelt, des
Falles gedenkt, wo dieser steht „nach substantivischen Quantitäts-
angaben (auch nach Quantitätsbestimmungen mit der
Präposition pour),'* Auch seine Beispiele: . . , pour plus de mille
¿cus de butin und . . . pour douze jours de vivres sind durchaus zu-
treffend und zeigen pour in jeder der beiden Bedeutungen, die
hier in Betracht kommen. Ich füge zunächst weitere Beispiele
hinzu : la France est prête à envoyer pour cinq millions d^ armes et de
munitions au Cap Français, de Loménie, Rev. d. d. m. 1853 III 336;
le clergé eût donné pour cent mille livres de bénéfices aux fils et aux
neveux^ Stendhal, Mém. II 235; il acheta pour trois ou quatre cents
francs d* atlas, de manuels, de traités, de livres sur la stratégie^
Halévy, Pet Cardinal 180; acheter pour deux sous de pommes de
terre, Bourget, Nouv. Pastels m ; la banque de la Guyane a envoyé
en France pour un million de lingots, Rev. bl. 1894 II 114b; traîné
en prison pour avoir pris pour deux sous de viande, Coppée, Franc
parler 63, oder, um auch ein Beispiel zu geben, wo die Menge
bemessen ist nach der Dauer der Zeit, für die sie ausreicht: cette
enfant est phtisique; elle a environ pour un mois d* existence^ Rev. bl.
1 891 II 533 b. Die grammatische Natur der Ausdrucksweise wird
.sofort klar: wie man die Menge, die von einem Stoffe zu denken
sei, durch direkte Angabe des Gewichtes, des Mafses bestimmen
kann, so auch durch die Angabe des zur Erwerbung aufgewendeten
oder des für die Lieferung in Rechnung gestellten Geldbetrages
oder der Zeit, für die damit der Bedarf gedeckt ist. Solche Art
der Mengebestimmung mag in manchen Fällen eine weniger genaue
sein, als eine, die sich unmittelbar auf Gewicht oder Mafs bezöge,
da diese beiden feste Gröfsen sind, während der Geldwert des
Stoffes starken Schwankungen unterworfen sein, auch die Zeit, für
die ein gewisses Quantum Stoffes ausreichen mag, verschieden be-
52 A. TOBLER,
urteilt werden kann. Es ist aber klar, dafs gar nicht selten
viel wichtiger sein wird von dem Preise zu reden, zu dem eine
Stofímenge veranschlagt wird, oder von der Dauer, deren Bedarf
durch eine Stoifmenge gedeckt ist, als von dem Mafse im gewöhn-
lichen Sinne, und wäre dieses noch so genau bestimmt
Der grammatischen Analyse kann nur der Umstand eine,
übrigens auch nicht bedeutende Schwierigkeit machen, dafs an
Stelle eines Akkusativobjektes der präpositionale Ausdruck mit pour
tritt; es wird eben, statt der unmittelbaren Bezeichnung der Menge,
mit pour die Angabe des Rechnungswertes einer Menge oder der
Verbrauchsdauer einer Menge gegeben, in der Meinung, die auch
ohne weiteres verstanden wird, es sei das Quantum selbst zu
denken, das dem Werte oder der Dauer entspricht „so viel als fur
hundert Thaler gegeben, verrechnet wird," „so viel als fur zehn
Tage reicht." In zahlreichen andern Fällen verfahren ja ver-
schiedene Sprachen auch so, dafs sie den zunächst zu erwartenden,
nichtpräpositionalen nominalen Ausdruck mit einem andern, präpo-
sitionalen vertauschen, der an die Stelle unmittelbarer Bezeichnung
eines Seienden eine präpositionale Verbindung setzt Statt pain
wird du patrty „Brot" in unbestimmter Menge, gesagt, ohne dafs es
eines regierenden Wortes für solchen „GenifaV* bedarf; oder statt
mit einem lokalen de eine direkte Bezeichnung des Ortes zu ver-
binden, von dem aus eine Bewegung sich vollzieht, macht man
diesen durch eine präpositionale Verbindung kenntlich und sagt
de drvani la maison^ de chez P apothicaire u. s. w.* Mit jener in-
direkten Mengebezeichnung aber verbindet sich mittels de der Name
des Ganzen, dem die Menge entnommen ist, gerade so gut wie
mit einer direkten, und so erhält man envoyer pour cinq millions
d'armes „fur fünf Millionen an Waffen schicken" u. dgl. Diesem
Sachverhalte scheint mir Lucking nicht gerecht zu werden, wenn
er (Gramm, f. d. Schulgebr.^ S. 225, A. i) in dem Satze il avail
emore pour un an de rieres (im Gegensatze zu il a du linge pour
cent ans) eine „Attraktion" findet; mindestens mufs er letzterem
Worte einen ganz anderen als seinen gewohnten Sinn beilegen,
wenn es hier angebracht sein soll. Das kann man ja zugeben,
dafs im ersten Satze zwisdien pour un an und de vivres eine enge
Rozioliung statthat, wahrend im zweiten zwischen du linge und pour
cent ans keinerlei Beziehung besteht, du Unge nur mit ii a ver-
bunden ist. Kn<.Uich sei noch erwähnt dafs Preisangaben wie die
oben wrgeführtou auch ohne pour als Mengebestimmungen eine
' HichiT ^'hori auch, dais jus^guà mil Suhsianäv die Steliang eines
NoaìiuAÙvs ivîoi tint's Akkusativ^» tìnnchmon kann: jusqu'aux marguilUrs
*mt Jùpji»^: y\itm,iis ths^u\ì .vy pleurs cur ;V faisait c^ultr (Littré unter
/ü^Nyi«^ ;«m KiuicK hierher auch atr. u «u m^Kljimce, wo la momíamce schon
auí^ reicht hiiie: .VV«t p^^ef j A^i %Yy ^W düster A ¡a mjmtamst d'un denier,
KHlvM^ I S. Vni : /V /,%• huns ne :i /V-*»* •** *^ ^ mt^nLjnce d^un boton,
t\\ lU llji, 0^4; A /«t «».'^/j«c«v J'une m^à y e frisa ie di: de la roû» M¿on II
-S-' 5*r* l>'"^* ^'•^*« wiiixW sich nuxKhcs GUicharti^ stdlen lassen.
VERMISCHTE BEITRÄGE ZUR FRANZÖSISCHEN GRAMMATIK. 53
mit de angeschlossene Stoffbezeichnüng regieren können: Beau-
marchais ovati envoyé au congrès plus de cinq millions de cargaisons,
Rev. d. d. m. 1853 III 334; des gens qui, quoi qu^on dise, noni pas
deux sous de religiosité. Rev. bl. 1895 I 669a; M. Wilson restituant
au Trésor quarante mille francs de timbres-poste^ Coppée, Franc Parler
181; six mois de vivres', cinq sous de cerises; deux sous de caporal,
II.
aussitôt, sitôt, une /ois.
Barbieux findet den Gebrauch von aussitôt als Präposition
fehlerhaft; man solle nicht sagen aussitôt son arrivée, aussitôt la
rentrée des classes, sondern statt des Wortes, das doch eigentlich
ein Adverbium sei, Präpositionen wie dès, à verwenden. Dagegen
wendet er nichts ein wider die Verbindungen — er nennt sie, ich
weifs nicht warum, eUiptisch — aussitôt la classe finie, aussitôt le bal
terminé, wo ein absolutes Participium stehe. Holder S. 273 A. 89 ist
weniger entschieden; er begnügt sich festzustellen, dafs man „zu-
weilen aussitôt vor einem Hauptwort in gleicher Bedeutung mit
dès, in der Art eines absoluten Particips finde: aussitôt cette lettre
reçue, aussitôt son arrivée^^; er verweist bei diesem Anlafs auf seinen
§ 236, I, wo von zeitbestimmenden Participialsätzen (verkürzten
Adverbialsätzen) die Rede ist, als welche er sitôt la présente reçue,
aussitôt cette lettre reçue, après la constitution jurée nicht ganz mit
Recht in gleicher Linie hinstellt; nicht ganz richtig deswegen, weil
zweifellos in Verbindungen wie die letzte après Präposition ist
und jederzeit gewesen ist, während aussitôt ebenso gewifs zunächst
Adverbium ist, und es sich nur fragen kann, ob es vielleicht mifs-
bräuchlich zur Funktion einer Präposition zu gelangen auf dem
Wege oder die Zugehörigkeit zu letzterer Wortart bereits voll-
endete Thatsache sei und einfach hinzunehmen, wie so manches
andere im Sprachleben, was anfanglich befremden mochte und jetzt
gleichwohl nirgends beanstandet wird. Auch Littré nimmt unter
aussitôt sowohl aussitôt le jour (= aussitôt que le jour paraît) wie
aussitôt la lettre reçue ohne Einwendung als übliche, für ihn natürlich
wieder elliptische Redeweisen hin.
Es scheint zunächst das Einfachste in den Fällen, wo hinter
aussitôt ein Substantivum begleitet von einem dazu prädikativen
Participium auftritt, jenes aussitôt als Adverbium aufzufassen, das
zu dem vorangehenden oder (öfter) nachfolgenden Verbum finitum
gehöre, von diesem aber durch einen verkürzten Participialsatz ge-
trennt werden könne. So wäre also in aussitôt Pévénement connu
au château, Mme Aubry s^ était fait transporter dare dare chez son
amie. Feuillet, Jeune homme 216, aussitôt mit s'était zu verbinden,
hinter welches es auch ohne jede Änderung des Sinnes gestellt
werden dürfte, und so in par les jours d'orage, aussitôt le coin passé,
quel soufflet vous donnait le vent, embusqué le long du chevet de la
vieille église l Bourget, NPastels 336; la plupart des criminels, aussitôt
54 A. TOBLKR,
Vacilón exécutée y entrent dans une période de r^s intime , eb. 352,
dans ma première jeunesse, aussitôt ¡es vacances vemues, j^ accourais,
eb. 370 und in allen gleichartigen Fällen, wie deren bei Lucking,
Gr. f. d. Schulgebr.2 § 231, A. i einige beigebracht sind. Dttn ent-
sprechend würden dann auch solche Sätze aufzufassen sein, wo dem
aussitôt blofs ein Participium folgt, das prädikativ zu einem dem
Hauptsatze angehörenden Substantivum steht: ie poète s^en allait de
la maison f aussitôt levé, Bourget, Mens. 209; elle eut y aussitôt entrée
dans la chambre^ une minute d^ hésitation , eb. 283; (weitere Beispiele
bei Lucking § 234 A. 2). Doch kann dem so nicht sein; zu laut
spricht dagegen die Weise, wie derartige Sätze gesprochen und
demgemäfs interpungiert werden. Und auch der Meinung, wenn
gleich heute nicht mehr, so sei doch ursprünglich das Adverbium
zum Verbum fìnitum bezogen gewesen und erst nach und nach
vermöge seiner Stellung eine Präposition geworden, wird man nicht
beipflichten wollen, weil eben jene Stellung, die den Obertritt zu
einer andern Wortart verschuldet haben müfste, selbst unbegreiflich
bleibt. Die richtige Auffassung wird vielmehr folgende sein: Neben
den temporalen Konjunktionen avant que, après que, dès que^ depuis
que (die altfranzösischen ganz beiseite zu lassen) mit Hûlfsverbum
und Participium bestanden seit langer Zeit die Präpositionen etmnt^
après y dès y depuis , deren Verbindungen mit Substantiven und auf
diese bezogenen prädikativen Participien ungefähr gleichbedeutend
waren mit den durch jene Konjunktionen eingeführten Nebensätzen ;
dies mufste, nachdem einmal aussitôt que^ sitôt que an die Stelle
der älteren aussi tost com, si tost com getreten waren, es nahe legen
auch die Adverbia aussitôt und sitôt, als ob auch sie Präpositionen
wären in participialen Konstruktionen zu verwenden, die jenen
älteren und unmittelbarer gerechtfertigten entsprachen, wie man
neben après que le soleil fut levé sagen konnte après le soleil levé,
so nun auch neben aussitôt que le soleil fut levé zu stellen aussitôt
le soleil levé. War man aber einmal dahin gekommen, dann war
auch aussitôt in die Reihe der Präpositionen getreten, und war es
kein neuer, sondern nur die selbstverständliche Folge des ersten
Übergriffs , wenn man aussitôt auch vor Substantiva setzte, die keine
Participia bei sich hatten, und sagte: il était là depuis quelques jours,
mort presque aussitôt leur arrivée à Montreux , ADaudet, Tart. s. 1.
Alpes 256; nous avions formé le projet^ aussitôt notre sortie du collège,
de vivre côte à côte et de travailler à des poèmes , Ducamp, Souv. litt
I 93. So war es ganz natürlich, nachdem man einmal sich erlaubt
hatte zu sagen il i* a outragé, sitôt ses vingt sous demandés et reçus^
Bourget, NPastels 123, dafs man fortschritt zu sitôt le serrement de
mains, elle se remit à marcher^ ADaudet, Tartarin s. l. Alp. 254 ; sitôt
ces tristes paroles, elle aurait voulu les retenir, ders.. Pet. Paroisse 178;
accourue sitôt la catastrophe, la brave fille s* était précipitée chez le juge,
ebenda 447.
Und schon scheint für einen andern Ausdruck eine ent-
sprechende Wandlung sich vorzubereiten. Eine Konjunktion im
yERMISCHTE BEITRÄGE ZUR FRANZÖSISCHEN GRAMMATIK. 55
weiteren Sinne mag man auch un¿ fois que nennen, das eigentlich
heifst „bei einem (ersten) Mal, dafs", d. h. „wenn ein (erstes) Mal
fertig vorliegt , dafs." Auch sie hat neben sich um fois mit parti-
cipialer Konstruktion: une peiiíe partie de rams avec des atnis^ une
fois les volets bouclés et le dîner mangéy Bourget, NPastels loy; je le
vis traîner un peu (die Sache hinziehn), une fois la consultation finie^
eb. 485 ; ü s*en trouverait d^ autres^ une fois ceux-là dépensés^ Rev. bl.
1890 II 429 b. Und nun taucht auch hier eine rein präpositionale
Verwendung auf: était-ce pour renchérir sur elle {la brutalité de Blücher)
et mieux avoir les coudées franche^ , une fois le départ des premiers
convois à destination de V Allemagne ^^^ eb. 1 889 I 83 a.
12.
Relativsatz als prädikative Bestimmung.
Mit Recht haben manche deutsche Verfasser von Grammatiken
des Französischen die Aufmerksamkeit auf jene Relativsätze gelenkt,
die, auf Akkusativobjekte bezogen, doch nicht einfach als adnominal e
Bestimmungen zu diesen gelten können, sondern trotz jener Be-
ziehung ebenso sehr Bestimmungen zum Verbum sind, indem sie
anzeigen, bei welcher Beschaffenheit, Lage, Thätigkeit des Objektes
das vom Verbum bezeichnete Thun vollzogen zu denken sei. Die
nämlichen Worte, nur nicht in völlig gleichem Vortrage und nicht
mit völlig demselben Sinne, können einen blofs adnominalen, können
aber auch einen in enger Beziehung zum Verbum stehenden, eine
Bestimmung zu diesem gebenden Relativsatz bilden. Im ersteren
Falle darf man sagen, habe das Verbum Ein Objekt, bestehend
aus einem Seienden, das durch ein im Relativsatz angegebenes
Merkmal von anderen derselben Gattung unterschieden werde (je
connais Vair que vous jouez) ^ oder von dem nachträglich noch etwas
weder Unterscheidendes noch die Thätigkeit Berührendes im Relativ-
satze ausgesagt werde (je reconnus l'air^ que d^ ailleurs il jouait fort
médiocrement) \ im anderen Falle darf man beinahe von zwei Ob-
jekten oder doch von zwiefacher Beziehung des Verbums sprechen,
denn aufser dem durch das Substantiv bezeichneten Seienden hat
die Thätigkeit auch das im Relativsatze Ausgesagte zum Objekte,
oder doch jenes nur insofern, als es bei diesem beteiligt ist (j^en"
tendais Pair qui se perdait au loin). Der Hauptsatz kann durchaus
vollständig sein in j*ai vu safemme^ auch wenn darauf (hinter einer
kleinen Pause, die ein Komma in der Schrift andeutet) folgt qui
ne P attendait pas \ aber wenn es bei Bourget heifst: Boleslas Gorka
revenu? Et il y a deux jours fai vu sa femme qui ne V attendait pas
avant le mois prochain ^ Cosmop. 40, so ist der Relativsatz zum
Prädikat gleich notwendig wie das Objekt selbst, so notwendig,
dafs ganz angemessen man auch seinen Inhalt zum Objekt hätte
machen können „ich habe bei seiner Frau noch vor zwei Tagen
völlige Unkenntnis des Bevorstehens seiner Rückkehr wahrgenommen."
56 A. TOBLKR,
1st in manchen Fällen der Unterschied zwischen einem in der
gekennzeichneten Weise prädikativen und einem einfach adnominalen
Relativsatze kaum wahrnehmbar (je renconirai une paysanne qui portait
des cerises au marché), so kann über die Natur desselben da kein
Zweifel bestehn, wo das Objekt in der Form eines tonlosen Personal-
pronomens gegeben ist ; denn nie würde ein solches für sich allein
den Stützpunkt eines rein adnominalen Relativsatzes ausmachen
können ; es vermag, um es so auszudrücken, nur einen Teil solcher
Last zu tragen, das Verbum mufs ihm einen Teil derselben ab-
nehmen : je Pai vu ce maiint comme je vous vois^ qui passait en fiacre
devant la fontaine du triton, Bourget, Cosmop. 33; l*aube le surprit
qui secouait avec des pincettes ces débris, eb. 335; elle V entendit qui
disait avec un sourire . ., eb. 394 ; souvent je les entendais^ à trois heures, à
quatre heures du matin, qui discutaient encore au lieu de dormir, Ducamp,
Souv. litt. Il 20 ; nach einem Zwischensatze : Elle laisse ses deux en--
fants, qui sont petits. Vun stoppelte Guillaume et P autre Madeleine:
Vun qui ne marche pas. Vautre qui parle à peine, VHugo, Les pauvres
gens. Dies ist die Erscheinung, von der Mätzner^ § 243 a \^, Holder
§ 217, 10, Lucking 2 § 281, I, vSeeger II § 59 gehandelt haben. Nur
der an erster und der an letzter Stelle Genannte thun dabei des
Umstandes Erwähnung, dafs in entsprechender Weise der Relativ-
satz auch auf das Subjekt und das einer Bestimmung bedürftige
Verbum bezogen sein kann: c^ était le rendez-vous ordinaire des men^
diants , et, par cette veille de Noël, ils seraient là tous qui attendraient
r arrivée des fidèles à la messe de minuit, Bourget, NPastels 350; la
petite Adèle serait là qui verrait, elle, réellement ce spectacle horrible,
ders., Terre prom. 199; nous étions debout, ce dernier et moi, les bras
croisés, qui gardions une attitude respectueuse mais peu édifiante, de libres
penseurs égarés dans une église, ders., NPastels 196; ils sont là, les
serins au vert plumage, les jaunes ortolans,,, ils sont là qui sifflent
et qui chantent et qui piaillent tous à la fois. Rev. bl. 1893 II 807b.
Bei der Übersetzung ins Deutsche, dem die wörtliche Wiedergabe
solcher Sätze versagt ist, wird man gern das Verbum des Relativ-
satzes dem des Hauptsatzes mittels „und" anreihen: „sie würden
alle da sein und auf die Gläubigen warten", bei denen der ersten
Art wird man etwa zu „wie" greifen: „ich habe ihn gesehn, wie er
vorbeifuhr."
Ist die Zahl der Verba ziemlich grofs, in deren Gefolge wir
die auf das Accusativobjekt bezogenen Relativsätze treffen [voir —
daher auch voici, voilà — , entendre^ sentir, surprendre, trouver, wozu
andere kommen mögen), so scheinen die auf das Subjekt bezogenen
nur bei être (là, debout) nachgewiesen zu sein ; ich zweifle aber nicht
daran, dafs bei fortgesetzter Umschau sie auch bei andern Aus-
drücken sich werden nachweisen lassen, etwa bei passiven wie être
découvert, trouvé^ remarqué oder bei intransitiven wie paraître oder
bei reflexiven wie se montrer.
In gleicher Weise prädikativ oder, wenn man will, appositional
ist der Relativsatz auch, wenn man et\va die Unterschrift eines
VERMISCHTE BEITRÄGE ZUR FRANZÖSISCHEN GRAMMATIK. 57
Briefes lauten läfst ion frère qui raime oder ähnlich. Ein Verbum,
zu dem und zu dessen Subjekte der Relativsatz gleichzeitig eine
Bestimmung gäbe, liegt zwar hier nicht vor, doch ist es im Ge-
danken vorhanden und könnte lauten: „Vorstehendes sagt dir."
Mit diesem steht der Relativsatz in engster Verbindung und besagt
ungefähr, was im Deutschen „in Hebender Gesinnung" sagen würde.
Auf die mit ungefähr dem nämlichen Sinne sich zur Verfügung
stellenden anderen Konstruktionen (Infinitiv mit dem Accusativ,
doppelter Accusativ) will ich hier nicht eingehn. Dagegen mag
noch bemerkt sein, dafs diejenige, die uns hier beschäftigt hat, auch
der alten Sprache durchaus geläufig war: Veit Frans de France qui
repair ent de cori^ Rom. u. Past. I i, 9; Cant la nonette aniendi Que
(Pron.) si s^aloit gaimentant, eb. I 34, 13; Lai trovai pas tour ette Leis
une fontenelle Et Robin ki i flahutoit^ eb. II 16, 7; Deus dames de
grant hiauté Trouvai main a main Desouz une vert coudrete: /June
estoit si jolrvete Ki chantoit ensi . ., eb. I 48, 7; besonders oft mit den
Ausdrücken, die mit nfz. voici , voilà gleichbedeutend sind: Ez son
ami qui l'a réconfortée , eb. I 9, 33: Es me^ dist il, qui/ guart par ton
cornant, Alex. 46 d; A tant ez vos un chevalier Qui vint a cort moult
acesmez, RCharr. 44. Natürlich treten auch in alter Zeit schon die
sinnverwandten Redeweisen neben der hier besprochenen häufig
auf, besonders oft die heute mehr zurücktretende mit dem Parti-
cipium: Quant la pastoure trovai Faisant si grant joie, Rom. u. Past.
II IO, 14; Quant la vi soûle venant, eb. II 17, 13; sehr oft auch tritt
uns Parataxis der Aussage entgegen, die wir bisher immer in unter-
geordneter Stellung kennen gelernt haben : Trovai gentil pastourelle.
Bestes gairdoit en un freit, eb. II, 15, 7 ; ähnlich II 28, 4; Bêle Doette
as f enes tres se siet^ Lit en un livre, eb. I 3, 2; Bêle Yolanz en ses
chambres seoit, D*un boen samiz une robe cosoit, eb. I 7, 2.
Bemerkenswert, weil in der alten Sprache ungemein häufig, der
heutigen dagegen durchaus fremd, ist die Bildung solcher prädi-
kativer Sätze nach Verben des Sehens und den zum Sehen auf-
fordernden Ausdrücken mit ou {ubi):
cil de Azote truverent Dagon lur deu u adenz se giseit a terre
{ecce Dagon jacebat pronus in terra) , LRois 1 7 ; Vit un cheitif u se
plegneit En la rue de la citi, SGile 102; La le truevent u siet sous
Varbre^ Fl. u. Bl. 157 1 ; Trover ent lor signor u tenoit un sautier, SAlex.
H 387 ; vient a une f enes tr elle Et voit tant[e\ ensengne u ventici le Des
chevaliers parmi la pree, Rich. 4694; Je voi la Grimoart ou vient tos
abrievés, Macaire in Mousk. I S. 612 (damit nicht völlig überein-
stimmend, aber oflfenbar nah verwandt : Gardent aval, el ver gier voient
Ou li garox i ert venus, Guil. Pal. 5839, ähnlich 6375); ferner:
Suer, veiz les nés 0 eis s\n vont, En. 1887 ; Rêvez la le boçu ou gist
(da liegt er wieder), Barb. u. M. Ill 251, 203; Vez les la ou deseen^
dent, BComm. 228 (wozu Scheler einige weitere Stellen fügt und auf
Diez IIP 189 verweist, der die entsprechende altspanische Rede-
weise belegt) ; veschi le roi ou il vient , RClary 34 ; Vechi le dyable
gayant U vient parmi les près bruiant, Rich. 1404; Vecha Fedry ou
58 A. TOBLER,
vient, HCap. i88; ^4 tant es vos Gualtter un clerc ou vint, Cor. Lo. 1684;
£s vous a tant le duc Ricart Son fil, u venoit d^ autre part^ Mousk. 19 1 97 ;
A tant ez vos un messagter 0 vint, MGar. 143; ^ tant ez vos Varierez
garde 0 vint^ eb. 160; A tant ez vos un sergent 0 il inni, eb. 220
(wozu der Herausgeber eine nicht zutreffende Bemerkung S. XCm
seiner Vorrede macht) ; daneben, zusammenzuhalten mit den eben
aus Guil. Pal. angeführten Stellen: A tant es u vient sa mestresse,
Rich. 425 ; E vus u y st d*unne logette Uns chevaliers, eb. 950; E vous
u il entre en la porte, eb. 1625 ; estemevus un jour ou Jehans H Blaks
et il et U Commain.,, vmoient, RClary 112. Es ist leicht begreif-
lidi, dafs die Verwendung von ou nur da eintritt, wo es sich um
Wahrnehmung von Vorgängen handelt, die an bestimmtem Orte
sich vollziehen.
13.
ne,, se., non, mais, fors, que.
Wenn eine negative Aussage durch eine Ausnahme nach-
träglich eingeschränkt werden soll, so geschieht dies im Lateinischen
durch Anknüpfung des Auszunehmenden an jene Aussage mittels
nisi. Es macht dabei keinen Unterschied, ob die Ausnahme das
Subjekt betrifft, d. h. also von einer Gesamtzahl von Subjekten, fur
die ein bestimmtes Thun, eine bestimmte Art des Seins bestritten
wird, nachträglich eines oder mehrere ausgenommen werden, oder
ob Objekte, adverbiale Bestimmungen anderer Art ausgesondert
werden, an die nicht gedacht werden dürfe, wenn die negative
Aussage Geltung haben solle. So also, wenn der Satz sein nemo,
nihil, nunquam, nusquam^ nullo modo eingeschränkt bekommt durch
den mit nisi eingeleiteten Zusatz. Es zeigt sich dabei eine be-
merkenswerte Erweiterung des Sinnes von nisi\ denn dieses selbe
Wort würde doch auch da aufzutreten haben, wo gesagt werden
sollte, ein gewisser Sachverhalt bestehe oder bestehe nicht, wenn
nicht ein anderer Sachverhalt sich verwirkliche; oder jener erste
würde bestehn oder nicht bestehn, wofern nicht ein anderer sich
verwirklichte, in welchem Falle nisi einen Satz mit eigenem Prädi-
kate einleiten würde, nicht blofs ein Satzglied zu dem Prädikate der
verneinenden Aussage, nisi hat also von seiner eigentlichen Be-
deutung, wonach es die Annahme des Nichtbestehens eines Sach-
verhaltes zum Ausdrucke bringt, abgestreift oder ist doch fähig sie
gänzlich von sich zu thun. Wenn gesagt wird amicitia esse non
potest nisi in bonis, so ist ja keineswegs gemeint, Freundschaft könne
überhaupt nicht bestehn, wenn sie nicht etwa unter Guten bestehn
könne; an eine solche Möglichkeit zu denken liegt völlig fem, aber
man erkennt immer noch leicht, wie von einer Gedankengestaltung aus,
die eine negative Annahme wirklich noch aussprach und aussprechen
wollte, der thatsächliche Gebrauch sich entwickelt hat, für den es
VERMISCHTE BEITRÄGE ZUR FRANZÖSISCHEN GRAMMATIK. 59
viel weniger auf eine negative Aufstellung, die durch eine Aus-
nahme eingeschränkt würde, ankommt, als auf die entsprechende
positive Aufstellung, dafs ein gewisser Sachverhalt ausschliefslich
bei einem bestimmten Subjekt oder Objekt oder unter bestimmten
Umständen statthabe. Daher kommt auch, dafs die negative Auf-
stellung vielfach gar nicht mehr in voller Entwickelung auftritt, nicht
in der Form, die man ihr geben würde, wenn sie ohne Einschränkung
gelten sollte, sondern gewissermafsen verkümmert: artem non odit
misi ignarus.
Das AltinuiEösische hat eine ganz entsprechende Ausdrucks-
weise, wenn es dem negativen Satze die Einschränkung, durch se . .
non eingeleitet, folgen läfst. Dabei darf an den Unterschied er-
innert werden, der sich daraus ergiebt, dafs demjenigen nisi^ das
ein eigenes Prädikat nach sich hat, afz. se., ne y mit der tonlosen
Form der Negation entspricht, während beim Fehlen eines Verbums
die Negation naturgemäfs in ihrer eigentonigen Form auftritt. Also
S* or ne m* en fut, moli criem que ne t^en perde, Alex. 12 e; dagegen
a venimeus ei a felon Ne doit Pan feire se mal non y Ch. lyon 3358,
an welch letzterem Beispiel man aufserdem einmal die eben er-
wähnte Verkümmerung des negativen Satzes, daneben auch die
Trennung von se und non durch die Bezeichnung des Auszunehmenden
bemerkt, welche Trennung für die alte Sprache die Regel bildet
(weitere Beispiele bei 0relli4i5, Burguy II 395, Mätzner, Afz. Lieder
zu XXn 14). 1
Auch darin steht dieses afz. se . . non dem lat. nisi gleich, dafs
es wie dieses auch im positiven Fragesatze steht; und zwar geht
der französische Gebrauch wohl noch etwas weiter. Er hat nicht
allein statt bei Fragesätzen, die ein quisy quid einleitet, und die
geradezu den Sinn einer negativen Aussage haben, sondern auch
in Bestätigungsfragen, die darüber Auskunft verlangen, ob aufser-
halb des Bereiches, den der zwischen se und non stehende Ausdruck
angiebt, ein Sachverhalt irgend, im geringsten statthabe: Set le donc
nus se vos dui non? Ch. lyon 4605; Sire, por coi plores? aves vos se
bien non? Jerus. 2397; eb. 5609; avés vous se bien non? Dormis vous
par coustume ensi en vo roion? Bast. 2722 (zu einem, der zu unge-
wohnter Stunde im Bette getroffen wird) ; Ber gier ^ as tu se bien non ?
Rom. u. Past. II 21, 17. Ja auch in Bedingungs- oder anderen ab-
hängigen Sätzen unter entsprechenden Umständen: ce poise moi. Se
avés se bien non, God. Bouill. 250; Moi poise qu'il a se bien non^ Barb,
u. M. IV 421, 470 (Mont. Fabl. II 108). Das französische se , . non
hat dann freilich eine weitere Verwendung noch gefunden, bezüglich
* Der Wechsel von non und ne hängt nur vom Vorhandensein oder
Fehlen eines Verbums ab. Auch in rein kondicionalem Sinne heifst es se,,
non, sobald kein Verbum da ist: Por deu li pri huelle mercit en ait. Ou se
ceu non toute joi^ me fuit ^ Bern. LHs. 154, 5 î Caries H manda k*il pr£sist Gaifirr
et se U tramtsist, U se ce non, sour lui iroit^ Mousk. 4086 ; Qu*i! le sekeure
errant H proie, U se ce non, mors est et pris. Rich. 2563.
6o A. TORLEK,
deren nisi ihm nicht vorangegangen war. Ich denke dabei nldtt
daran, dafs man wenigstens bei den beiden Dichtem Baudonin and
Jehan de Conde und bei Walriquet ' sehr häufig senon de im Sinne
von „entblöfst von" findet : II ne doit mìe rstre sinon D'une vertu
^ui force a non, JCond. II 265, 141; teat a de hardit le non Con
voit de hardement se non, eb. I 113, 12; Et s'il a en sa tUre aueun
Qui ne soit mie de ion no», S'en fare le pais tenon La justiee selom
le /ail, BCond. z8, 2^2. Denn wenn Scheler, nach völlig irriger Auf-
fassung bezüglicher Stellen des älteren von den Dichtem, in den
Anmerkungen zu den Gedichten des jungem I 384 den Sinn der
Stellen, wo es vorkommt, richtig erkennend dieses senon in te non
zerlegt hat, so hat doch er selbst in dem Glossar za seiner Aus-
gabe von Froissarls Gedichten unter senoee que diese Auffassung
preisgegeben und sich dazu entschlossen in dem senon eine mit
seaoec nicht blofs gleichbedeutende sondern auch etymologisch
identische Form au sehen, worin ihm jeder beipflichten wird, der
die genau entsprechende Verwendung von stnuec (s. Godefroy unter
tenoec) beobachtet und das erwägt, was Scbeler über die Möglich-
keit materieller Identität bemerkt hat. Also nicht hier ist eine
Weiterentwicklung des Sinnes von se . . non zu erkennen, wohl aber
in der Verwendung der wiederum durch zwischen gestellte Wörter
getrennten Partikeln, von der ich im Jahrbuch f. rom. u. engl. Spr.
u. Lit XV 249 gesprochen habe und hier ein paar weitere Beispiele
hinsiufüge: A'e veienl borde ne maison Ne bore ne vile te bois non.
En. 282. Ursprunglich war doch der Sachverhalt, wo se., non zur
Anwendung kam , immer so beschaffen , dafs das , was zwischen se
und non gestellt wurde, eine Ausnahme bildete, also einen engem
Begriff darstellti; gegenüber einem vorher bezeichneten weitern ; eine
Verneinung war ausgesprochen, die sich auf einen weiteren Umfang
bezog und die man nachträglich dahin berichtigte, dafs etwas, was
innerhalb jenes weiteren Umfanges liegen mufste, als von der ver-
neinenden Aussage nicht mitumfafst, ausgeschieden wurde; aus-
scheiden, ausnehmen läfsl sich doch nur, was mit anderem zunächst
vereint, in der Vorstellung einer gröfaeren Gesamtheit zusammen-
gefafsl ist. Logisch genau kann man wohl sagen: „sie sehn rings
nichts, wenn nicht Wald"; „von dem, was dem Blicke zu begegnen
pflegt, der eine weitere Landstrecke überschaut, ist nichts da, wenn
nicht Wald". Hier aber wird der Wald scheinbar ausgenommen
von etwas, unter dessen Begriff er gar nicht füllt. Das den sprach-
lichen Ausdruck bestimmende Denken ist hier, wie so oft, unlogisch;
es stellen sich gleichzeitig zwei ziemlich gleichwertige Gedanken
ein und drängen sich zu um Form zu erbalten: „sie sehn nichts,
wenn nicht Wald" und „sie sehn keinerlei menschliche Niederlassung,
sondera einzig Wald", und die nicht überlegende Sprachpsyche
drängt die beiden Gedanken in den einen wunderlichen zusammen.
Hl (HinneRau) vom Jiihr 1472 btinyt Stheter ¡D
I
VERMISCHTE BElTKÄflE ZL'R FKANZÖtlSCHEN GRAMMATIK. 6l
Oder vielleicht darf man sich auch so ausdrücken: wenn man im
Begriff ist die um Fassend ere verneinende Behauptung zu gestalten,
die nachher eine Einschränkung erleiden soll, drängt sich dem
sprachgestaltenden Denken die Vorstellung dessen auf, was auch
oach erfolgter Ausscheidung von der Verneinung einbegriffen bleibt,
and dieses tritt an die Stelle des weiteren Begriffs, während gleich-
wohl die Form der Einschränkung festgelialten wird. Je n'i voi
\point de ¡raison , Sí moll grani sais non et raison , Thebes Append.
'M\ IO718; ne piueni prandre, pour lisire les dras desus dis, denrées
-ttules se deniers sis non, LMest. 395; Brunetto Latini sagt von den
Äthiopiern ru savent (1. sereni Ì) que est mariage, aims oui enir'tuìx
femes communaus a loue, et por ce avienl que nus ne conoist pere se
mere non, 171; Et Renart qui one riot bonli Se barai non el tricherie,
Ren. 5929 (Mxvi 1075); Renar! qui onques bien ne fisi Se mal non
desloiautez, eb. 27069 (Mxi 3297); der Pfortner ruft den Pochenden
Qu'est ee, Iruans, par vo ma/ciçon? Ne pois pax parler se kurter
? Mitth. 59, 18; tal ensi cum peris est quant ¡i orisons est trop
(remetotise , ensi nm esl il mies moens grans periz si plus non (tton
minus, imo el majas), quant ele esl oulrecuydieie, SSBern. 143, 16); et
la dame . . Ne valeit pas meins se meuz non Que si sires, SAIex. R 56 ;
el si estoil enteciés de bones teees, qtien lui n'en avoìt nule mauvaise, se
bone non, Auc. 2,15; Jo n'i ai mie mains de toi se plus non. Alise. 2 1 3
(dazu noch ein Beispiel, wo die Ausnahme ein Verbum hat und die
Negation daher in der tonlosen Form auftritt: ne s'osoil eniremetre
De sa dame., aperlement. Se ee n'estoit eeleement, Escan. 9379). Der Ver-
stofs gegen die Logik, der in solchem Verfahren liegt, erinnert an den
ganz ähnlich gearteten, den jedermann aus dem Griechischen und dem
Lateinischen kennt , und der sich bei dem Gebrauche von aXXoc
and alius zeigt, wenn man sagt „kein Gras noch ein andrer Baum"
„Wagen und andere Lasttiere" {s. Kühner, Ausführl. Gram. d. lat.
Spr. II 478), und im Romanischen bei den Nachfolgern von aller
(Si Diei 1113 8^^_ wenn es heifst „das Kamecl rannte schneller als
anderes Rofs". Überall hier wird zu einem Vorgestellten ein
'eites als „ander" in Gegenüberstellung gebracht ; während aber
dieses zweite mit dem Namen belegt werden sollte, der die beide
omfasseode Gattung bezeichnen würde, erhält es eine Bezeichnuog,
die nur ihm, nicht aber jenem ersten gebührt. Diez hat a. a. O.
IQrs Altfranzösiscfae nur eine Belegstelle gegeben, wo wie in den
dazu gestellten mittelhochdeutschen ein Vergleich vorliegt; ich stelle
dazu: Ja le ferrai do pi/ com un autre mastin (zu einem Menschen
gesagt), RMont 376, 10; Buh et vaches devis garder comme vostre
autre frère font, Ferg. 14, 10; La le lotirent (Jesus) con un autre
larron, Og. Dan, 241; Son mesagc apela, qui at a nom Baudris; Plus
lost çueurt (auf einem Kameele) par montaigne qu'autre cheval par
près, Gaufr. 122; man trifft aber gleichartigen Gebrauch auch unter
andern Umständen : Les ckiês me rendrís ja , et a'avris autre pats,
RMonL 3S4, 28 (als ob Köpfen eine Art des Friedenschi iefsens
wäre); llluec (im kalten Bache) baigna son ß, n'ot aulre baig chaufi.
02 A. TOBLEK,
PDuch. 26; As povres . . Donrai çou que f avrai del cor^ Ja tCen ferai
autre trésor y Guil. d'A. 1 24 ; si parent la tüeroient. Ja autre merci fCen
avroienty Méon II 133, 136; Pour dames fait on telle chose Que pour
autre avoir faire n*ose, RCcy 1594; II prent ci toute sa partie (der
Wucherer bekommt hinieden schon sein Teil) , Ja riavrà autre pa-
radis ^ Méon II 231, 473 ; Foletas si honorée Fait ¡fien a soffrir; Nuls
autres seiis ne m'agrée, Bern. LHs. 1 50, 2 ; Bergerete^ a dieu remanes;
Autre forche ne vous ferais Rob. u. Mar. 212. In diesen letzten
Beispielen trifft man überall eine negative Aussage, die durch die
vorhergehende positive eine gewisse Einschränkung, die einzige zu-
gelassene, erfahren würde, nur dafs durch den vorher gekennzeich-
neten Fehler im Ausdruck das Verhältnis der zwei Aussagen ge-
trübt ist Wie nahe aber diese Ausdrucksweise der bei se . . non be-
trachteten steht, wird daraus ersichtlich, dafs ganz leicht die hier
betrachteten Sätze in solche der vorher erörterten Art sich umwan-
deln lassen : neben en Piaue froide dou rui baigna son fil^ n*ot autre
baing chaufé würde sich mit demselben logischen Fehler, aber richtig
altfranzösisch stellen not baing chaufé se Piaue froide dou rui non;
neben teus foletis fait a soffrir, nuls autres sens ne nCagree darf
man setzen nuis sens ne m' agree se teus foletés non. Wenn in Fällen
letzterer Art das afz. se . . non von der Bedeutung nisi zu der eines
sed oder genauer „sondern nur** gekommen ist, die ihm aber heute
(wo die zwei Wörter zu sinon untrennbar verbunden sind) nicht
mehr zusteht, so ist bekanntlich im Spanischen, wo die ursprüng-
liche Bedeutung noch fortbesteht (Diez 111* 412), auch die zweite
„sondern** (nicht „sondern nur**) durchaus lebendig (Diez III* 411).
Dafs das afz. se non auch ohne dahinter oder dazwischen tretende
Satzglieder vorkommt (oder gleichbedeutend sc ce non) und dann
einen vollständigen Kondicionalsatz vertritt, dessen Inhalt aus dem
Vorhergehenden sich ergiebt, soll uns hier weiter nicht beschäftigen;
denn mit dem ursprünglichen und vollen kondidonalen Sinn von
se haben wir es hier nicht zu thun (Ftmunerer li rqys les doit abon-
daument; Se non^ par tout iront ^ e est drois, recrêaumeni (schlafi),
G^luis. I 290, der von den Rillem im Dienste eines Königs spricht;
Por deu ti pri IC eile mer dt en ait^ Ou se ceu non, taule joie me fuù,
\^^T\\. Lils. 154, ^s).
Dagegen verdient der Umstand noch besondere Erwähnung,
dafs die einschränkende, .\usnahme anzeigende Kraft von se mit
Negation, und zwar tonloser Ixàm Verbum und mit betonto:, wo
dieses fehlt, sich auch bei positivem Hauptsatze zeigt Qeomades
hat den Durl^nt gelx^ten, ihm Pinchonnet zum Begleiter auf eine
.\usfalu1 mitzugelHTU. Durl>ant hat dies Wreitwilligst gewährt, aber
gleiclizeitig nolH?n P. zwei v.HÌer drei weitere von seinen Leuten zur
Ikniienung angelxnen. Darauf antwortet Cleomades: trestous seus
ATen ifM\ se I^mAonmeí nai, Xsuui fers ^he ¡ui nem memrai. Cor
/•i 4*1» N- m\H riííi.* a.V/\ A't vêir:* tiu'ui Urs ^ui msner ^ Cleom. 11903.
Jenes sf /! ^\;; käun, wie vier Zusammenhang zeigt, nicht heifsen
»wenn ich dm P. nicht halv**; denn P. ist ótsn O. bereits fest
VERMISCHTE BEITRAG K ZUR FR VNZÖSISCHEN GRAMMATIK. 63
zugesagt, und Cleomades' eigene Worte beweisen, dafs er auf diesen
Begleiter sicher rechnet Die Worte se P. tCai können nur be-
deuten: „ich werde ganz allein reisen, nur dafs ich den Pinchonnet
mithabe/* Es tritt also hier se P. tCai zu dem positiven Haupt-
satze ganz ebenso, wie es zu dem negativen Nului o moi n'en menrai
hätte treten können, oder wie se Pinchonnet non an letztere Worte sich
angeschlossen hätte. Ähnlich in den von Löseth überzeugend her-
gestellten Versen, worin Gautier von Arras die Kaiserin Beatrix
preist: Mout ama dix honor de feme (Gott hat viel zur Ehre des
weiblichen Geschlechts gethan), Quant nestre fist si hele geme y Se por
ce non que lor valíame Pert mains et mains a d*aparance Par Voneur
qu^en cesti s' aune; Car du solel palisi la lune. De la lune palist r estolle ^
lUe 81 („aufser darum, nur in so fern nicht"); auch hier erfährt
eine positive Aussage eine nachträgliche Einschränkung, wie sie
etwa zu dem negativen Satze „eine solche Genossin zu bekommen
war für die anderen Frauen wahrlich keine Beeinträchtigung** hätte
hinzutreten können; ähnlich He, deuSy com il en parfu liés Del re'
tornir, se por ce non Qiiil estoit en grant sospeçon Qu on ne li vousist
Vana rendre. Ombre 665. Ähnliche Fälle erörtert Ebeling zu
Auberee 522 ; se por ce non que , . heifst „(aus keinem andern Grunde)
als weil . ." und dazu gehört korrekterweise hier jedesmal ein
„konnte das und das unterbleiben**; an die Stelle aber dieser ein-
zuschränkenden Aussage des Nichteintretens schiebt sich die ein-
geschränkte Aussage des Geschehens.
In der heutigen Sprache besteht von den besprochenen Rede-
weisen manches noch fort. Nicht in Betracht kommt hier dasjenige
sinon, welches als verkürzter eigentlicher Kondicionalsatz bezeichnet
werden kann {Que la fortune soit sans reproche, f accepte ses faveurs;
sinon je les refuse, Littré unter sinon ^ Holder § 237 1 3), Dagegen
lebt das alte se . . non in d e m heute untrennbaren sinon fort , das
nach negativen oder (mit dem Sinne einer Negation) fragenden
Sätzen eine Einschränkung einführt, wofür Beispiele zu geben über-
flüssig scheint (Holder a. a. O.) , übrigens auch neben positiven
Sätzen, mit que verbunden, Sätze einleitet, die einschränkende, wo
nicht gar aufhebende Thatsachen aussprechen: Si l'on ne me di'
couvre, il faut que je m* expose, Et Vun et P autre enfin ne sont que
mesme chose. Sinon qu* étant trahi je mourrais malheureux , Et que
w^ offrant pour toi, je mourrai généreux. Corn. Heracl. IV i (von
Littré zitiert)!. Dazu ist dann weiter noch zu bemerken, dafs auf
eine Zeit, wahrscheinlich infolge des Nebeneinanderbestehens der
gleichbedeutenden Wendungen ne . . sinon und ne . . que, auch ne . .
sinon que üblich geworden ist, s. Littré sinon Historique am Ende:
un estranger, Qui fia rien seur sinon que le danger. Immer noch in
^ Dieses sinon que mit dem Indikativ und der Bedeutung „nur dafs*'
ist nicht zu verwechseln mit dem vom Konjunktiv begleiteten, welches heifst
„es sei denn dais'* (= à moins que . . ne), übrigens auch veraltet ist, s. Haase,
Frz. Syntax des 17. Jahrh. § 137, 5 Anm. 2; ne pourrez ja forvoier, senon
que vous vuiíle». Man. d. lang. 394.
04 A. TOBUili,
weitem Umfaoge üblich ist die etwas breitere Redeweise mit n te
n'est, sei es, dafs ein einzelnes Satzglied sich daran schliefse und
damit eine Ausnahme angegeben werde, die von dem enlsprechenden
Satzgliede des meist, aber nicht notwendig negativen Hauptsatzes
zu machen ist, sei es. dar» ein mit gut eingeleiteter Sati daraaf
folge und das Ganze eine Einschränkung zu der vorhergehenden
negativen oder positiven Aussage bilde (bei Littré si it) sonderbare
Unsauberkeit, Mätzner, Gramm, g 2 jo, Seeger II g 1 24). Von dem
eigentlichen kondicionalen si ce n'tsl ist hier keine Rede.
Neben diese erste Reihe von Wendungen stellt sich eine
zweite, bei welcher mais {magis) beteiligt ist. Sie sol! hier nur
etwas flüchtig betrachtet werden; einmal weil eine erschöpfende
Darlegung der Verhältiusse sehr viel Raum in Anspruch nehmen
würde, sodann weit die hergehörenden Erscheinungen zum gröfseren
Teil der heutigen Sprache fremd geworden sind, und andererseits
einige der nur durch mehrfache Wandelungen des Gebrauches er-
klärbaren schon so früh auftreten, dais ihrer Entwickelung anch
jm vulgären Latein nachgegangen werden mufs, endlich, weil ich
selbst nicht über alle in Betracht kommenden Punkte zu festen
Überzeugungen gelangt hin. Die Sache ist neben anderen von
Dubislav in sehier Dissertalion „Über Satzbeiordnung für Satz-
unterordnung im Altfranzosi.^hen", Halle 1S88 behandelt S. 26 S;
aber so fleifsig er Beispiele zusammengetragen, so richtig er im
ganzen das Gefundene gedeutet und so sehr er sicli bemüht bat
das Beobachtete zu sondern, so ist doch die eigentliche Aufgabe,
die En twi ekel un g der mannigfaltigen Gebrauchsweisen aus der
eigentlichen Bedeutung der verwendeten Elemente, nicht nur nicht
gelöst, sondern kaum in Angriff genommen. Voran zu ätellcn ist,
dafs mais {magis) in der alten Sprache auch noch „mehr" heifat
und zwar auch in dem Sinne eines Mengewortes, den lat. und frz.
sonst plus hat, und nicht blofs im Sinne von „in höherem Grade".
Dies mag sich in Denkmälern des Westens vielleicht öfter nach-
weisen lassen als in andern, ist aber sicher auch sonst üblich ge-
wesen: Ne vint mie sols Acki/lès , Treì\s'\ milie en ot 0 lui et met.
Troie 7524; Gì passe attint (in dea Sumpf hinein) . . . Aune et
dtmie et tncor mais. Cour. Ren. 769; Ou ¡es preis {les oublets)? en
as tu mes? Ren. 3047 (M xiv 241); Mais de guáranle teises del mur
en obatrai, Karls R 514; Mais i ¡weil de vint jornees (es war bla
dahin ein Weg), SCath. 2622; daher dann nett mais „nicht mehr":
Ma meson de ci est moult près; Deux Hues i a et non mes, Méon Í
131, 121 ; quatre mes (Gerichte) avoieni sans plus et non mes, Mousk.
2965 ; und mit ausdrücklicher, nicht blofs stillschweigender Ver-
gleichung: Que la ¡une en sun curs N'at nient mais de dis jurz, Ph.
Thaon Comp. 3324; andere Beispiele bei Godefroy mats i S. 89 c;
nnd bemerkenswert wegen des nicht von ne begleiteten Verbums:
Dont ¡'ostai de laení, et cani il l'en geita, Ne mais ke guinae jars al
sede dimora, P. mor. 430 b. Wie sich aus der Bedeutung „mehr"
die weiteren Bedeutungen „weiter, sonst, fürderhin" einerseits und
VERMISCHTE BEITRÄGE ZUR FRANZÖSISCHEN GRAMMATIK. 65
»»vielmehr, im Gegenteil, sondern" ergeben haben, verfolgen wir
hier nicht; denn dies führt uns weder zum Verständnis von ne . . mais
{gué) im Sinne von lat. non nüt\ noch zu dem von mais im Sinne
von „aber**; dagegen haben wir den Blick auf die Fälle zu richten,
wo nach negativem Verbum mais das Satzglied einführt, bezüglich
dessen der Sprechende eine Einschränkung der negativen Behauptung
will eintreten lassen. Nus ne set sossiel les noveles ^ Mais lor ser»
gant et lor pucelesy Ule 5450 ; ne furent mes il dui, MFce I 456 (El. 794) ;
je duil sur tei . . que jo amoue si cume la mere sun fis qui liad mais
un {sicut mater unicum amat filium suum), LRois 123; Ne purent
trover nul ostel Mais au temple d*un faus autel, SMagd. 30; und da-
mit darf man verbinden: ne quiert mes qt^il en ait honur , SThomu
3997 (ähnlich 4051, wo //' für le zu setzen ist), wo que die Kon-
junktion ist, die den Objektssatz zu quiert einleitet Man hat aller-
dings neben dieser Redeweise auch eine völlig gleichbedeutende,
die auf den negativen Satz die Einschränkung durch mais que ein-
geleitet folgen läfst: Ne li faut chose . . Mais que santez dont il
est désir ranz. Am. u. Am. 2501 ; qui est nuls ki puist faire nat conci»
ventent d*orde semence mais ke tu, sire? SSBem. 41, 17; mais (fûrder)
navrât enfant Mais que cel sol, Alex. 8 b.; N^ot gaires de possesion
Mais que une bone maison, Barb. u. M. II 1 13, 4.
Es kann scheinen, von dieser letzteren Redeweise sei auszu-
gehen, sie sei die unmittelbar eher verständliche, indem sie ein
qué biete, welches nach dem Komparativ, wenigstens ursprünglich,
nicht habe fehlen können; mais heifse „mehr, weiter, sonst" und
que sei quam. Doch ist dies nicht ohne weiteres sicher: einmal
mufs auffallen, dafs wir an Stelle dieses que niemals de finden, das
doch in der alten Sprache nicht allein vor Zahlwörtern, sondern
vor jeder Art von Substantiven und Pronomen die Verbindung mit
dem Komparativ herstellt; ferner bleibt unverständlich, wie ein
solches que von der angegebenen Bedeutung jemals hätte wegfallen
können (Diez^ Aufstellung UI^ 400, 8, i ist schon mehr als einmal
angezweifelt worden; wie von Littré, Hist d. 1. lang. frç. I 137, wieder-
holt von Hammesfahr, Zur Komparation im Altfranzösischen, Strafs-
burg 1881, S. 35, so von O. Schultz, Briefe des Raimb. de Vaq. S. 74),
während, wer die hier vorangestellte Ausdrucksweise für die ge-
schichtlich vorangegangene hält, mit Fug wird sagen können, das
in der sinnverwandten Konstruktion mit ne . . que unentbehrliche que
habe sich in die mit ne . . mais ebenso eingedrängt wie in die mit
ne,. fors. Wäre dem so, dann müfste man sagen, die älteste
Form des Gedankens, der in n^a fil mais un seinen Ausdruck findet,
sei gewesen non habet filium magi s , {habet) unum. Dies kann in-
sofern eine etwas gewagte Annahme scheinen, als in der angenom-
menen Urform wir zwei selbständige Sätze (allerdings den zweiten
verkürzt) vor uns haben, in der thatsächlich vorhandenen dagegen
nur einen, in dem auch nicht einmal eine Pause gemacht wird
oder, wenn etwa, dann sicher vor, nicht nach mais. A.ber man
bemerkt ja unendlich oft in der Sprache, dafs die ursprüngliche
Zdtschr. £ rom. Phü. XX. ^
66 A. TOBLER,
Bedeutung auch der Satzverbindungsmittel (gerade so wie die der
einzelnen Wörter) im häufigen Gebrauche sich verdunkelt, und dafs
infolgedessen Betonung und Gliederung der Rede sich in einer
Weise gestalten, die mit der durch die eigentliche Natur einer be-
stimmten Redeweise gegebenen durchaus nicht mehr ûbereinstinom:it
Man bedenke z. B. die Betonung von „er ist klüger denn du",
die doch völlig dieselbe ist wie die von „er ist klüger als du**,
und gänzlich verschieden von derjenigen, die eintreten muíste, wenn
wir des eigentlichen Sinnes der Redeweise eingedenk wären „er
ist klüger, denn (d. h. dann, hernach, erst nach ihm) du". Man
vergleiche „ich weifs, dafs mein Erlöser lebt" mit „ich weifs das:
mein Eri. lebt", woraus jenes hervorgegangen.* Oder, um zum
Romanischen zurückzukehren, wie schwer wird es heute beim ersten
Anhören der doch zweifellosen Thatsache des Ursprungs von car
einem jeden sich damit vertraut zumachen, dafs je pourrais décider;
car ce droit nC appartieni^ Lafont, eigentlich drei Sätze sind, wovon
der zweite ein verkürzter Fragesatz, in welchem car „warum?" heifst,
eine Bedeutung hat, die dies Wort noch im Provenzalischen auf-
weist, während sie im Französischen freilich nirgends sicher nach-
weislich ist (andere ziehen vor von der Bedeutung „deswegen"
auszugehen, die dem lat. quare allerdings auch zukommt, jedoch
niemals so, dafs ein nachgestellter Grund damit eingeführt
würde, und die im Romanischen nirgends wahrnehmbar wird).
Noch ein Beispiel ähnlicher Art gewähren die romanischen Nach-
folger des lat. Adverbiums post\ denn wenn sp. pues^ pr. pus (neben
dem betonten /ító/j), \\., poi (in älterer Zeit dieses, heute nicht mehr)^
dazu dienen, wie unser deutsches „denn" (eins mit „dann"),
den Satz einzuführen, der den Grund zu einem Vorhergegangenen
angiebt, so wird sich dies, wofern man nicht zu der unstatthaften
Annahme der Weglassung eines qtu seine Zuflucht nehmen will,
doch auch nur so erklären lassen, dafs das, was uns jetzt Ein-
leitung des zweiten Satzes scheint, eigentlich ein erklärendes
Nachwort zum ersten war, hinter welchem der zweite Satz erst
* Man denke an das allemann ische drum^ das den einen Grund angebenden
Satz einleitet oder ihm cinjjetügt, keinesfalls aber mehr durch Pausen von ihm
gesondert wird, wie es als verkürzter, den Grund ankûndender oder als ver-
kürztir parenthetischer Satz doch müfste, auch nicht in seiner vollen eigen-
tonigen Form {darum) , sondern in verkürzter proklitischcr oder enklitischer
{drum). S. in Hebels Erzählung „Ein Wort gicbt das andere": Was hat ihm
denn gefehlt? — Drum hat er zuviel Luder gefressen. — Ist
unser schönes Haus verbrannt? Wann das? — Drum hat man
nicht aufs Feuer acht gegeben... S. auch Schweizerisches Idiotikon
1231a: I ha drum das nüd gwüfst (= ich habe nämlich das nicht
gewufst).
*) Diez III* 351 will auch puts des Altfranzösischen dahin stellen, aber
die einzige von ihm beigebrachte Beweisstelle At/^s au tect, assez avez brauste.
Puis le soleil tombe en ces bas limites stammt erst aus Cl. Marot (und zwar
aus II 489 der grofsen Ausgabe vom Haag 1731) und im eigentlichen Alt-
französisch scheint derartiges noch nicht vorzukommen.
VERMISCHTE BEITRÄGE ZUR FRANZÖSISCHEN GRAMMATIK. 67
nach einer gewissen Pause und asyndetisch ausgesprochen wurde:
no lo har¿^ pues no me parece á propósito „ich werde es nicht thun,
denn es scheint mir nicht passend'* ist kaum anders zu begreifen,
als wenn man annimmt, pues habe, wie im Deutschen „denn" (folg-
lich) ursprünglich zum ersten Satz gehört und habe dazu gedient
seinen Inhalt als das im Verhältnis zu der folgenden Aussage
eigentlich zeitlich Folgende, dann als Wirkung, Folge sich Ergebende
zu bezeichnen imposi hoc^ ergo propter hoc).
Nehmen wir einstweilen an, die ursprüngliche Natur des n^a
fil mais un sei erkannt, und verfolgen wir die weiteren Schicksale
dieser Redeweise und der gleichbedeutenden, nach uns daraus
hervorgegangenen n^a fil mais quun. Da fallt denn als merk-
würdige Neuerung zunächst auf, dafs, während doch im Hauptsatze
das Verbum die Negation bei sich hat, vor dem mais y das die
Einschränkung einführt, abermals ein ne auftritt: Une nen out volenti
Ne mais de servir dé^ Ph. Thaon Comp. 1698; Enprès la mort, de
lur onur N^out chescun\i\ ne meis sa lungur, Rou III 122; di vieste-
ment (aus Salamanderfaden) ne se ptuent laver ne mais en fu ardant,
Prestre Jeh. in Ruteb. U 463 ; Beispiele davon smd sehr häufig, auch
an vielen Orten bereits gesammelt, Orelli^ 340, Burguy II 304,
Godefroy mais S. 91 c, Dubislav S. 2Ö, 2; dazu en li (dem Monde,
wenn er nur als schmale Sichel erscheint) nen at luur Ne nule
resplendur Ne mais que en Pur et Un tut sul petitet, Ph. Tháon
Comp. 1593; Ne n*unt de blanc (die schwarzen Heiden) ne mais
que sul ks denz^ Ch. Rol. 1934; Ne mais que dous tien i ad remes
vifs^ eb. 1309; N^en remaine avec lui m mais que trente et sis y Ch.
cygne 204. Es ist dabei nicht allein die Wiederholung der Negation
bemerkenswert, die gar wohl zu begreifen ist, je mehr das mais
aus einem Bestandteil der negativen Aussage, die ein doppeltes
ne nicht dulden würde, zu einer Einführung des einschränkenden
Beisatzes ward; sondern auch das Auftreten der Negation in ihrer
tonlosen Form. So wenig dieses heute mehr aufser vor dem Verbum
statthaft ist, so zahlreich sind die Fälle, wo in der alten Sprache
ne auch ohne nachfolgendes Verbum auftritt {neportant^ neporuec^ ne
mais „nicht mehr**, ne mie^ ne gaires, ne pas ohne Verbum, ne plus
que . . „nicht mehr als** d. h. „ebenso wenig wie**, ne que glbd., ne
je, ne tu s. Verm. Beitr. I 2) ; es lag eben in all diesen Fällen das
Hauptgewicht auf dem nachfolgenden Worte, oder vielleicht wirkte
die im Hintergrunde liegende Vorstellung der unausgedrûckten
Thätigkeit kräftig genug um dieselbe Folge herbeizuführen, die
beim Vorhandensein eines Verbums eintritt
Weiter ist von Wichtigkeit zu beachten, dafs vermöge des
nämlichen logischen Fehlers, dem wir bei der Betrachtung von
se . . non begegnet sind (vin ne out se eve non) , auch dieses mais,
ne mais (ohne oder mit que) auch so gebraucht wird, dafs die
vorangehende negative Behauptung keineswegs umfassend genug
ist um das, was nachträglich ausgenommen wird, mitzu begreifen,
sondern so beschaffen, dafs Verneintes und von der Verneinung
S*
68 A. TOBLER,
Ausgeschlossenes als koordinierte Teile eines nidit zum Ausdrucke
kommenden Oberbegriffes nebeneinander stehn {n€ Out vm, ne mais
eve); so dafs für uns die Obersetzung durch „sondern" näher liegt
als durch „aufser**. Se je en menoie nCamü^ Nel faisoie por ma /olor
Ne por li metre a deshonor^ Ne mais por li prendre a moillier^ GuiL
Pai. 4045 ; Vous naves pas les Turs mors ne desharetés , Ne mais
Jhesus de gloire par ses saintes bontés^ Ch. Ant II 274; n*en suleie
home servir Ne mes sul deu, Gorm. 177; en sa mule point
navoit De frain, ne mes seul lo chevestre, Méon I 3, 43 ; nule enneur
terrienne ne vtuil aquerre^ mes que ta loi essaucier^ Turp. II 59,
9; De moi ne me chaut pointy mes que de ma compaigne^ Gir. Ross.
75; s. Dubislav S. 27. Hier stellt sich nun die Frage ein, ob das
einfache mais ohne ne und ohne que^ sofern wir es nach nega-
tivem Satze mit „sondern" zu übersetzen haben, eben dieses un-
logische „aufsei^' ist oder nicht eher unmittelbar magis im Sinne
von „vielmehr" it anzi. Dies mag hier unentschieden bleiben.
Dagegen ist hier als höchst wichtig für die weitere Entwick-
lung die Thatsache zu er^vâhnen, dafs auch nach positivem Satze
die Einschränkung mittels mais, ne mais, mais que und ne mais que
eingeführt wird (wieder in Übereinstinmiung mit dem bei se . . non
Beobachteten). Tote es toit noire, mes un bras qu^ele ot blanc,
MAym. 449; Tuit sunt ocis . ,Ne mais seisante que deus ad espargmez,
Ch. Roi. 1 689 ; Trestot son buen li ont fait otreier^ Ne mais del boire,
de ce Vont espar gnié. Cor. Lo. 1 3 1 7 ; En dras lo couche^ Tot lo covre
ne mes la boche, Méon I 51, 417 (s. Burguy II 304, Dubislav 26, 2,
Godefroy S. 91c); Franceis se taisent ne mes que Guenelun; En
piez se drecet, si vint devant Carlun^ Ch. Roi. 217; issent tuit fors . .
Ne mais que vint, qui la dame ont gardée, Jourd. 2818; Tout se lieveni
ne mais k*aus trois , F!, und Bl. 1 7 1 6 (mit Casus obi. wie in der
Stelle aus Ch. Rol., vielleicht weil die Präposition fors in gleichem
Sinne auch diesen Casus verlangt?).
Wir kommen endlich zu dem Falle, wo das, was durch mais
eingeführt wird, nicht eine Einschränkung bildet, die nur ein Satz-
glied des vorangehenden Satzes betrifft, sondern wo das, w^as auf
mais folgt, eine ganze, selbständige Aussage ist, die als Ganzes
genommen in einen gewissen Gegensatz zu der vorangehenden
in ihrer Gesamtheit tritt; diese bleibt bestehen, nur dafs sich ihr eine
andere an die Seite stellt, die gleichfalls anerkannt werden und er-
wogen werden soll, damit die Bedeutung der ersten nicht zu hoch
angeschlagen wenie. Man könnte etwa durch die erste sich ver-
leitet fühlen Schlüsse zu ziehen; die sollen durch die zweite fem-
gehalten werden; man könnte jener ein Mafs von Gültigkeit bei-
legen, das ihr nicht unbedingt zukommt; die zweite beugt dem
vor, indem sie Thatsadien zum Bewufstsein bringt, deren Bestehen
die Grenze für die Richtigkeit der ersten Aussage bildet Dies
ist das mais, das wir mit „aber** oder „nur** übersetzen, wesentlich
N-erschieden von dem, das dem deutschen „sondern" entspricht,
\'erschieden einmal insofern als letzteres nur nach negativem Satze
VERMISCHTE BEITRÄGE ZUR FRANZÖSISCHEN GRAMMATIK. 69
möglich ist, wahrend ersteres ebensogut nach positiver Aussage
auftreten kann, verschieden aber auch dann, wenn beide sich nach
negativer einstellen : ersteres stellt der Negation eine zweite Aussage
an die Seite, die einer zu weit gehenden Auslegung der ersten
Schranken setzt, letzteres führt den Ersatz ein für das durch
die Negation Beseitigte; man kann von einem einschränkenden
und einem ersetzenden mais (oder Einschränkung einführend
und Ersatz einführend) reden (Beispiele: il tCest point riche, mais
[aber] sain; il tCest point riche, mais [sondern] pauvre; il liest point
riche, mais il Va été „aber" oder „sondern" mit verschiedenem Sinn).
Bei welcher Gelegenheit darauf hingewiesen sein mag, dafs im
heutigen Französisch das ersetzende mais (wahrscheinlich weil es
mit dem andern verwechselt werden könnte) stark zurücktritt, und
dafs man im allgemeinen empfehlen darf, „sondern" gar nicht zu
übersetzen, ganz besonders da nicht, wo vollständige Sätze vorliegen.
Hier übrigens haben wir es nur mit dem einschränkenden
mais zu thun, das heute noch fortbesteht, aber schon in ältester
Zeit auftritt: Danz Alexis r espose t bêlement; Mais de cel plait ne vol"
sist il niente Alex. lOd; Li href en furent fait ^ mes ne furent livré,
SThom. 2255; natürlich auch nach negativer Aussage, was ja das
ursprünglichere ist: onques mes nel virent A si grant feste an chantre
antrer Por dormir ne por reposer ; Mes eel jor cinsi li avint^ Ch. lyon
49; H (der König) ne deit faire a clerc rCa iglise defeis. Ne tolir
rien de\f\ lur ; mes mettre i pot aeréis, SThom. 58 (s. den Dit des
mais in Jub. NRec. I 181, wo jede Strophe dem Lobe je eines
Standes ein mais folgen läfst). Die ältere Zeit hat aber in gleicher
Weise auch noch ne mais gebraucht: . . Car li Turc les enchaucent,
gui sont fort et legier; Ne mes, diex en ait los, qui tot puet justicier,
N^ i perdirent H nostre vaillisant un somier, Ch. Ant. II 153; Tous les
estuet morir ou estre en ma haillie; Ne mais, se il voloient guerpir lor
loi haie. Aus plus riches barons donrai grant manandie, eb. 174; se je
muir chi, A con mal port sont arivé Tuit cil qui sont de moi privé»
Ne mais, se dix me velt conduire, der me vendrai ains que je muire,
Ille 606 (und oft in diesem Gedichte). Bei mais que und ne
mais que, die wir endlich noch in gleicher Verwendung nachzu-
weisen haben, kann oft zweifelhaft sein, wie das que aufzufassen ist,
ob als dasjenige que, das wir schon früher auch vor einzelnen
Satzgliedern neben mais gefunden haben und das in letzter Linie
aus quam hervorgegangen oder doch mit ihm gleichbedeutend ist,
oder als das, welches Subjekts- und Objektssätze sonst einleitet
und das, unserem „dafs" in „nur dafs" vergleichbar, hier zu mais
ebenso hinzuträte, wie zu den zahlreichen adverbialen Ausdrücken
der Beteuerung, der Bejahung u. s. w., von denen in Venn. Beitr.
I 50 gehandelt ist. Ses peres est frans et cortois. Mes que d'avoir
a petit pois (nur dafs er an seiner Habe nicht schwer trägt), Erec
1652; Aymeris monte, mes que poine i ot grant, MAym. 759; A muH
grant joie fen revont. Mais que mult las et pené sont, Guil. Pal. 4240;
Si maudist Veure quUl le vit. Mais que ce fu entre ses dens^ Rich.
70 A. TOBLER,
4597; und mît ne mats que: Unkes tCi arestut ^ ne mais gu*un poi
manga, Rou II 2446; Por peu qtûa son voloir nel moine Li diables^
qui grani force a; Ne mais que Gavains s'esforça Por la pucele qui
ploroi. Atre per. 1363 (so sind die Zeilen zu stellen); envers lui ne
volt parler Ne il nel volt plus escolter, Uentre ses homes est levez^
En sa chambre s'en est entrez y Ne mais que seul itant li dist: . . .,
En. 3875.
Endlich treffen wir mais, mais qu€, ne mais und ne mais que
vollständige Sätze einführend auch mit dem Konjunktiv.
Wiederum giebt die nachfolgende Aussage eine Einschränkung der
voraufgehenden; der Thatbestand, der die Grenze bildet, ist jedoch
nunmehr, wie der Modus anzeigt, nicht ein als wirklich gedachter,
sondern ein blofs geforderter; die Aussage des Hauptsatzes hat
nicht bedingungslose Geltung, sondern wird gethan mit der Ein-
schränkung, die in der Annahme liegt, dafs die Thatsache, die
der folgende Satz kennen lehrt, sich verwirkliche; auch hier kann
der vorangehende Satz negativ oder positiv sein. Im Deutschen
thut ein „nur** mit dem Konjunktiv oder „wofern** gleichen Dienst:
Mei ne ehalt, sUl nCaveit ocis^ Mes de lui fust vengement pris, Troie
16347; N*at cure de mesaise ne de paine a soffrir^ Mais salement a
lui (Gott) puist a der rains venir, P. mor. 65 d; Mais s* ame sauve iert
tote voie^ Mais Vapostoile por lui proie (fur proit), GCoins. 599, 252 ;
Les chevaus prendrai jo , mes ne vous poist, Aiol 3 5 30; Mais que il
fust fervestus et armé, Nés doutroit il un blanc pain buleté, HBord. 145 ;
Qu* ele cuide que ele truisse Ostel^ mes que venir i puisse^ Ch. lyon 4864 ;
jel vous donrai (le guer redori) Volentiers a vostre plaiscir. Ne mais
que jel puisce aramir (zusagen). Atre per. 2898.
Damit sind zwar nicht alle Verwendungen von mais erschöpft
— es bleiben im Gegenteil recht bemerkenswerte unerörtert — ,
aber doch die, zu deren Betrachtung die Sinnesverwandtschaft mit
lat. non — nisi Anlafs gab, und diejenigen weiteren, die sich aus
jenen entwickelt haben und in der alten oder der neuen Sprache
besonders häufig auftreten.
Ein weiteres Wort von ausgedehntem Gebrauche unter den
Umständen , die uns beschäftigen , jedoch von Anfang an ebenso-
wohl zur Einführung der Ausnahme von positiven wie von negativen
Aufstellungen ist fors , nfz. hors. Was seine Herkunft betrifft, so
entspricht lat fdrts nach Form und Sinn vollkommen; dafs neben
der zunächst allein zu erwartenden, afz. nicht seltenen Form fuers
(vgl. euer, mueri, suer) auch fors bestand und nfr. keine Form mit
eu fortdauert, ist bei der Häufigkeit der tonlosen Verwendung des
Wortes (als Präposition und als Präfix) leicht verständlich. Das
auch schon im Altfranzösischen häufig begegnende h im Anlaut
des Wortes betrachtet man nicht mehr mit Diez P 284 als das im
Französischen einzige Beispiel des im Spanischen und im Gas-
cognischen allerdings gewöhnlichen Übertrittes des anlautenden f
¡n hj sondern mit Neumann (Zts. f. rom. Phil. VIII 382 Anm.), Ascoli
VEKMISCHTB BEITRÄGE ZUR FRANZÖSISCHEN GRABIMATIK. ^ I
(Miscellanea Caix-Canello S. 444) und Meyer-Lûbke (Gramm, d. rom.
Spr. IS. 511) als eine Erscheinung, die zunächst in dem Compo-
situm de foris eintrat, wo intervokales y" ausfiel, wie in reuser?
biais t écrouelle (Meyer-L. I 376), und die sich von dem Compositum
auf das Simplex ausdehnte. Das Wort ist zunächst lokales Ad-
verbium: Li palefroi lor sont fors irei^ Ch. lyon 2622, wird oft zu
einer präpositionalen Verbindung mit de hinzugesetzt: Donc en ist
fors de la chambre son pedre, Alex. 1 5 d, wird auch selbst eigentliche
Präposition: Li rei\s\ Prianz fu fors la lice^ Troie 17092; desur
le munt fors la cité^ MFce D A 44. Wenn das nämliche Wort
dazu dient ein Substantiv oder ein Pronomen einzuführen, welches
etwas von einem der Satzglieder einer vorangehenden Behauptung
Auszunehmendes bezeichnet, entsprechend ungefähr dem deutschen
„aufser, ausgenommen'',^ so kann sich zunächst die Frage erheben,
ob fors ein zu dem folgenden Nomen oder Pronomen im Casus
obliquus prädikatives Adverbium sei, wie etwa excepté^ hormis in
gleichem Sinn prädikativ sind, avec in anderem Sinne es gewesen
ist, oder aber eine Präposition. Der Umstand, dafs in gleichem
Sinne auch fors de begegnet: Livré Vont a la damoisele . . A nor r ir
et a maistroier Fors seulement de Valaitier^ FI. u. Bl. 182; Fors de
cest dit tos jors ert mue^ eb. 1 309, spricht zu Gunsten letzterer Auf-
fassung. Sicher aber ist, dafs wir von früh an vermöge einer leicht
verständlichen Attraktion das auf fors folgende Wort im Casus des
Wortes finden, das im Satze das durch eine Ausnahme Einzuengende
bezeichnet, also im Nominativ wofern das Subjekt eine Einschränkung
erfahren soll. Ist ein Objekt einzuschränken, so wird sich nicht
entscheiden lassen, ob Attraktion vorliegt oder der Casus obliquus
durch den Gebrauch der Präposition fors selbst herbeigeführt ist
(Ganz Entsprechendes hat bekanntlich bei prœter statt: ne quis
prœter armatus violar etur ; senatus . . consultum facit^ ut posthac pueri
cum patribus in curiam ne introeant prœter Ule unus Papirius u. dgl.
s. Kühner, Ausf. Gramm. II 420 , nur dafs im Lateinischen bei der
Vielheit der Casus die Verhältnisse weit mannigfaltiger und klarer
sind als im Französischen; vgl. „aufser" im Deutschen Wb.). Bei-
spiele habe ich Venn. Beitr. I 223 von beiden Arten der Kon-
struktion in grofser Zahl gegeben; darum hier nur zwei: Car
riens fors moi ne porroit endurer Les grans travaus ke fai por li
servir, Lieder des Cast. v. Ccy U 27; Nou savoit uns, nou somit une
Fuers soulement li dui amant, Pyr. Malk. 39. Es kann auch zu fors
ein que treten, wie wir es bei mais gefunden haben, und abermals
wird sich fragen, ob es das dem Sinne nach quod entsprechende
ist, das einen Subjekts- oder Objektssatz einführt, oder das quam
entsprechende, das, an sich entbehrlich, dadurch herbeigeführt ist,
* Ein Sinn, den fors auch ohne folgendes Substantiv haben kann: Tuz
cels a mis Thomas en escummengement Qui a vostre fil furent a sun coro-
nement Et cels ki consentant en furent, ensement, — Dune n^en sui{s) jo
pas fors, dit li reis erraument, Sïhom. 4969.
I
I
•J2 A. TOBLER,
dafs es bei andern negative Satze einschränkenden Wendungen'
ßlilicb und dort auch logisch begründet ist. Mit dem ersteren
haben wir es zu thun in // ne fist teuUmenl fors que son elmi osta,
Gaufr. 14 (wo die Häufung zu beachten); mit dem letzteren in iV n'tf
point de mal aulte pari Fors que solemant el ceivel, Ch. lyon 2973
(wo auch auire pari schon überflüssig); weitere Belege bei Burguy
11 354. Seltsam ist, dars zu diesem fors que, dem kein Salz folgt,
bisweilen ein tani tritt, verschieden von dem spater zu betrachtenden,
das einem mit gue eingeleiteten Satze zur Stütze dient; hier da-
gegen möchte man eber an das lat. latilum „nur" denken, zumal
da auch seulement öfter in gleicher Weise auftritt: Car il n'aleni
fors tant que P eure Que H Romain soient venus, Claris 6178; ye n'ati
ai autre porpans Fors que tant en amor servir, Fol. Trist, 8312
(wobei die verschiedene Stellung bemerkenswert).
Auch hier bemerken wir wieder den logischen Fehler, dafs
mittels fors oder fors que etwas scheinbar , d. b. dem eigentlichen
Sinne der Worte nach, aus einer gröfseren Gemeinschaft ausge-
sondert wird, während es dieser doch gar nicht angehört, das
Ausgeschlossene und das Obrigbleibende vielmehr koordiniert sind
und beide unter einen Oberbegriff fallen, zu dessen Erfassung der
Gedanke des Sprechenden gar nicht vorschreitet. Wir können
solchi fors, fors que nut durch „sondern" übersetzen; der vorher-
gehende Satz ist hier immer negativ: Mes n'i out un sul mol par
lot de vérité. Fors mult grant tricherie el decevableíf, SThom. 2225;
Ne pot de grant piece parler. Fors seulement lui regarder, Adam lOI C ;
ni fih rois ne seroil. Fors que prevos tant solemeni, Peain Gatineau
SMarL 6; Conler ne vous i veuil mençoigne. Fors que droite verità
pure, Watr. 381, 13; s. Scheler zu Bast. 479 und zu Tr. Belg. U
48, 2, Dubislav S. 27.
Endlich kann fors oder fors que, indem es nun erst recht
förmliche Konjunktion wird, einen in vollständigem Salze zum Aus-
drucke gebrachten Thatbestand als Ganzes einer Behauptung folgen
lassen in dem Sinne, dafs diese an jenem eine Beschränkung ihrer
Gültigkeit zu finden habe. Le fruit des arbres lor mèïs a liondDn.
Fors d'un pomier lor veasies le don. Cor. Lo. 983 („blofa dafs", „nur");
X'ele n'ont SÌ haut conseillier Qui lors la seusl eonseillier; Fors ¡i
mareschas lote voie La fisi lantosl metre a la voie, Gui I. Mar. 197;
Iules les vus rend. Fors la ri'ine me douce salement, Asprem. in Rom.
XIX 209, 126, in welchen Fällen auch eine Axt tuto xoivov vor-
liegen katm. Statt eines damit gleichbedeutenden, eine ganze be-
schränkende Aussage einführenden fors que findet man fors tant
y uè, wobei natürlich que, da es durch tani vorbereitet ist, nur „dafs"
sein kann: Mais Rouans tout oulreement La bataille Agoulanl vençui,
Ki faite fu devant cesti, Fors latti que Ernaus de Biaulande En ot
¡OS el painne moult grande, Mousk. 5722; seltsam ist el porioienl les
armes au soudane, fors que tant que il y avoil differente, joinv,
i8Sd. Auch hier kann die einschränkende Thatsache eine blofs
geforderte sein und infolgedessen dasVerbum des einschränkenden
VERMISCHTE BEITRÄGE ZUR FRANZÖSISCHEN GRAMMATIK. 73
Satzes im Konjunktiv stehn. Der Sinn eines solchen fors que ist
wie der von maü que gleich dem des deutschen „nur*' mit Kon-
jonktiv oder „wofern nur"; De mon non^ fait cil^ que vus chalU Fors
qui vostre fiz menge e aut Tut sain e sauf en cest veage? Tob. 674,
andere Beispiele bei Dubislav S. 30, 5.
£s ist schon mehrmals vorübergehend auf merkwürdigen Über-
schwang der Rede hingewiesen worden, auf gleichzeitige Ver-
wendung von Redeelementen, die einander im Grunde ausschliefsen ;
dergleichen kommt auch noch in andern als den bereits vorge-
fundenen Formen {nul autre f ors, nul fors solement^ ru mais
quey fors que) vor:
Laòtenus ne li sien n'entendirent fors a Inditiomarus chacier
non^ Faits des Romains in Rom. XIU 9; Ne sache ja que ce sera
Fors qu^en ceste maniere non, Jongl. et Tr. 117; Ft si nen ai costei,
serre ne plaissëis Ne mais fors une cave, God. Bouill. 263.
Die einfachste der Wendungen, die der Sprache zur Ver-
fügung stehen um von einer Verneinung eine Ausnahme, eine
Einschränkung zum Ausdrucke zu bringen, ist die mit ne , , que,
d. h. also die Anwendung der einfachen d. h. von keiner Nennung
eines Minimal betrages begleiteten Negation (in tonloser Form neben
dem Verbum) und desselben que, das nach Komparativen und nach
autre auftritt und auf quam zurückgehen wird, jedenfalls dessen
Funktionen übernommen hat Die Einschränkung einer allgemeinen
Verneinung durch einen Zusatz, der besagt, dafs diese für ein be-
stimmtes Objekt, eine bestimmte Modalität nicht gelten solle, kommt
der positiven Aussage gleich, ein Geschehn habe einzig, aus-
schliefslich, nur mit Bezug auf ein Objekt, eine Bestimmung
statt. Es liegt aber in der Natur der Dinge , dafs ne . . que nicht
überall da zur Anwendung kommen kann, wo deutsches „nur*' zu-
lässig ist: einmal da nicht, wo „nur** zum Verbum selbst gehört,
alles Thun, Geschehn, Sein mit Einer Ausnahme in Abrede gestellt
werden soll, weil in diesem Falle que vor dem Verbum zu stehen
hätte, för die Negation aber, die nur vor einem Verbum stehen
kann, gar keine Stelle übrig bleibt; bekanntlich wird in diesem
Falle das einfache Verbum in zwei Elemente aufgelöst oder zerlegt,
in das Verbum òtuium faire, das das Thun, die Thätigkeit im
allerweitesten Sinne bezeichnet, und einen das Objekt dazu
angebenden, hier die besondere Art desThuns ausdruckenden
Infinitiv; so wird denn jede Art des Thuns mit Ausnahme der
einen in Abrede gestellt, wenn man sagt il ne fait que rire.
So auch schon altfranzösisch, wo andere gleichbedeutende Wen-
dungen daneben bestehen: üi'/rw/r^ son chemin atome; Ne fait que
monter, ti s'en torne. Barb. u. M. I 96, 1 2 ; Vos ne fetes que vos honir,
eb. IV 365, 4 ; Il ne ^en fesoit que gaber, Ren. 20736 (Mxii 246),
wobei die Stellung des tonlosen Pronomens zu beachten; daneben:
n^ en font se rire non, BSeb. XVI ly, Ge ne me fas se jöer non,
Ren. 25630 (M XI 1274) oder Ne fait fors sol emeni
Ferg. 48, 34.
74 A. TOBLEK,
Soll ein Subjekt als das einzige zu einem Prädikate zu
denkende hingestellt werden, so duldete zwar die alte Sprache das
einfache Verfahren, wonach das voranstehende Subjekt ein que zu
sich nahm, die Negation erst nachher ausgesprochen wurde: Ouns
seus jugieres riesig et ch'est le fiex Marie^ BSeb. XV 107 6; fontaine
enclose Ou que un seul approchier n^ose, Peler. V 1042; denn die
Einschränkung vorantreten, die allgemeine Verneinung folgen zu
lassen trug wenigstens die Dichtersprache kein Bedenken: Et que
quatorze ne furent li marcis^ HBord. 250; (Tun escuter aveuc vous ne
menréSt eb. 265; De povres que douze n^i a, VGreg. I 994. Doch
die heutige Sprache läfst dies nicht mehr zu. Sie kann aber immer
noch dann mit dem negierten Prädikate und dem que auskommen,
welches das Ausnahme bildende Subjekt einfuhrt, wenn das Subjekt
dem Verbum nachsteht: il ne reste que cent francs ; il n*est arrwé
qu'un petit nombre cTitrangers. Auch kann sie zu einem Verfahren
greifen, das dem beim Verbum eingeschlagenen entspricht: sie kann
das Prädikat verneinen mit Bezug auf ein in der denkbar unbe-
stimmtesten Weise ausgedrucktes Subjekt, rien y wenn an Sachen,
««/, personne^ wenn an Personen zu denken ist, und auf dieses oder
auf das verneinte Prädikat que mit dem Ausnahme bildenden Sub-
jekte folgen lassen: rien n*est beau que le vrai; Nul que Dieu seul
et moi n^en connaît les chemins^ Lafont F. X 3, 28. Daneben besteht
nun noch die Möglichkeit dem, was Subjekt sein könnte, eine
ganz andere Stellung in der Aussage zu geben: // n'y a qiiun goût
barbare qui ait besoin de ce stimulant', das zu verneinende Prädikat
oder das Prädikat, zu dem es nach der Meinung des Redenden
nur Ein Subjekt giebt, wird in die Form eines beziehungslosen
Relativsatzes gebracht, welcher Objekt zu il n*y a wird ; damit wird
das Vorhandensein von Seienden, von denen der Inhalt des Relativ-
satzes auszusagen wäre, bestritten, vor dem Relativsatze aber que
mit dem Akkusativ der Ausnahme eingeschaltet. Für den Relativ-
satz ist im Grunde der Konjunktiv der richtige Modus; denn der
Thatbestand, den dieser Satz aussagt, ist ja ein blofs gedachter,
dessen Wirklichkeit der Hauptsatz ausdrücklich bestreitet. Es ist
aber leicht begreiflich, dafs nicht selten auch der Indikativ be-
gegnet; denn dem Relativsatze geht ja die Angabe der Ausnahme
voran, für welche die Thatsächlichkeit des im Relativsatze Aus-
gesagten ausdrücklich zugegeben werden soll. Geht doch die
Wirkung dieses vorangestellten Gliedes oft auch so weit, dafs die
Person des Verbums im Relativsatze sich nach dem die Ausnahme
darstellenden Worte richtet (il n*y a que vous qui le sachiez^ . . que
nous qui le sachions), vgl. Verm. Beitr. 1 160. — Andererseits kann
einem in der eben angegebenen Weise gebildeten beziehungslosen
Relativsatze die Stellung eines nachträglichen erklärenden Ersatzes
zu einem ce gegeben werden, welches Subjekt zu n^est ist, und zu
diesem für sich völUg sinnlosen n^est tritt dann als einzig zugelas-
senes Prädikat, durch que eingeführt, die Bezeichnung des Aus-
genommenen. Hier muís der Relativsatz im Indikativ stehn; denn
VERMISCHTE BEITRÄGE ZUR FRANZÖSISCHEN GRAMMATIK. 75
an NichtWirklichkeit des darin Ausgesagten wird keinen Augenbh'ck
gedacht Die Wendung mit il y a wird im allgemeinen vorzuziehen
sein, weil sie die minder zweideutige, vollkommen klar ist, während
die Wendung ce rCest que neben der Auffassung „es ist.., mit Aus-
schlufs alles andern" auch die andre zuläfst „es ist weiter nichts,
es ist nicht mehr." Attraktion des Relativsatzes hinsichtlich der
Person des Verbums ist auch hier möglich. S. über diese beiden
Wendungen Seeger II § i6o, Holder § 211 III i.
Was Littré unter dem zweiten que 14 gegen Ende bemerkt,
dais ne . . que mit einem Komparativ oder mit trop ,,seri à affirmer plus
/ortement^\ was man von „nur" dann auch zu sagen hätte („durch
diese Entschuldigung wird dein Fehler nur schwerer"; „der Vor-
wurf ist nur zu berechtigt"), verdient einen Augenblick der Be-
trachtung, damit klar werde, wodurch diese „nachdrücklichere Be-
hauptung'* zustande kommt. Sie ist das Ergebnis davon, dafs durch
ne .. que jede prädikative Bestimmung aufser der durch que einge-
führten ausgeschlossen, als unzutreffend beiseite geschoben wird;
und es liegt auf der Hand, dafs eine Prädicierung dann mit gröfserem
Nachdruck gethan wird, wenn man sie als die einzige zulässige
hinstellt, als wenn sie ohne solchen Nebengedanken geschieht.
„Dein Fehler wird nur schwerer" kommt ungefähr gleich einem
„er wird nicht etwa leichter, er bleibt auch nicht gleich; man kann
von der Entschuldigung nicht andere Wirkungen für deinen Fehler
aussagen, als dafs er noch schwerer wird."
Und hier mag auch der weiteren eigentümlichen Verwendung
von ne . . que gedacht sein, welche von der oben erwähnten äufser-
lich kaum merklich verschieden, doch unter ganz abweichenden
Bedeutungsverhältnissen einzutreten scheint. Wir sahen, dafs /'/ ne
fait que dormir heifst „all sein Thun beschränkt sich auf Schlafen",
„er schläft nur**, wissen aber, dafs „1/ ne fati que de dormir^* heifst
„er hat eben geschlafen" (Holder § 158 am Ende, lÀiiré faire 70,
Mätzner Gr. § 148, 4, wo es heifst „in il ne fait que de sortir^ er
ist eben hinausgegangen, entspricht der Infinitiv einem Genitiv** (!),
Seeger I § 13, 4, Lucking %^22 A. i, nirgends eine Erklärung). Zum
Verständnis dieser Ausdrucksweise ist zunächst im Auge zu be-
halten, dafs mit dem Präsens il fait (und Entsprechendes kann
man vom Imperfectum sagen) nicht allein ein den gegenwärtigen
Augenblick samt der Vergangenheit und der Zukunft erfüllendes
Thun ausgesagt werden kann, sondern auch ein den gegenwärtigea
Augenblick allein, im engern Sinne, namentlich im Gegensatze zu
bevorstehenden Momenten erfüllendes, der Art, dafs il ne fail que
commencer nicht allein heifsen kann „er fängt (immer) blofs an** (und
bringt nie etwas zu Ende), sondern auch „(im Augenblick) beschränkt
sich sein Thun auf ein Beginnen** (später wird er fortfahren und
vollenden), also „er fangt erst an*^, dem Anfangen ist weiteres noch
nicht gefolgt. Und eben dies soll ja hier gesagt werden: ein Ge-
schehn sei eben in die Wirklichkeit getreten, weiteres habe sich
ihm noch nicht angeschlossen. Man vergleiche damit die gleich-
76 A. TOBI-ER.
bedeutende Verwendung von venir mit de und einem Infinitiv,
gleichfalls ausgesagt wird . dafs zwischen der durch den Infinitiv
bezeichneten Tbätigkeil und dem Augenbücke des Redens eine
weitere nicht liege, sonst „käme" man von dieser letzteren oder stünde
doch in ihr ; nur ist freilich der konkrete Sinn von venir selten
mehr so deutlich erkennbar wie in Approthe. D'oà vitnt-hi? —
De laisser la princesse voire mère, qui t'en allait vers le temple d'Apollon,
Mol. Amants magnif. II 2. Zweitens aber ist zu bemerken, dafs
die Verwendung eines de nach que hier unmittelbar gerei-htfertigt
nicht ist; zu dem umschreibenden /i/iw sollte eigentlich der In-
finitiv nut als Accusati vobjekl treten. Das Auftreten des de nach
que wird daraus zu erklären sein, dafs in gewissen andern Fällen
der Infinitiv gleich gut durch que de wie durch blofses qtu einge-
führt wird (vgl. Verm. Beitr. I 12 und I 13; Oh, l'utile teeret que
mentir ä propos! und c'est une chose bien slrieuse que de mourir).
Jedenfalls aber ist die Unterscheidung zwischen ne faire que und
ne faire que de, wie sie heute durch die Grammatiker (seit Vaugelas)
sanktioniert ist, völlig willkürlich und erscheint noch bei den besten
Schriftstellern des 17. Jahrhunderts nicht eingehallen, s. die Bei-
spiele bei Haase g 88 A. 3 ; auch noch bei J. J. Rousseau kann man
zweifelhaft sein , welchen Sinn er der Wendung beilegt , wenn er
sagt : au printemps, la campagne, presque nue, n'est encore couverte de
rien; les bois n'offrent point d'ombre, la verdure ne fait que de poindre,
Œuvr. II 130. Komisch ist die Deutung der Konstruktion, die
JuUien, GDurs sup. I 25Qa mittels einer der bei ihm so hoch in
Gunst stehenden Elhpsen verbucht: „i'Z ne fait que (ergänze: ceci,
savoir, il vient) de sortir".
Haben wir bisher immer eine ausdrücklich, förmlich negative
Aussage durch ein nachfolgendes (alt auch durch ein vorangehendes]
mittels que eiogeführtL's Satzglied eingeschränkt gefunden , so ist
doch anzuerkennen, dafs die dem Sinne nach negative Aussage,
die solche Einschränkung erfahrt, auch in Worten liegen kann, die
die eigentliche Negation ne nicht enthalten. Dies ist einmal
da der Fall, wo Wörter wie personne, rien, nul, aucun in unvoll-
ständigen Sätzen ohne Verbum , somit auch ohne ne neben sich
auftreten; dann ferner da, wo die Frage nur rhetorische Form zmn
Ausdruck entschiedener Verneinung ist (Et quand, charmante Elise,
a-t-on vu, fil vous plaît. Qu'on cherche auprès des grands que son propre
intirSt? Mol. Dom Garcie II i); weiter, wo durch sans etwas aus-
geschlossen ist, wovon nachher doch wieder ein Teil zugelassen
wird (,¡/í vous dérange?" dit -il en ¡'inclinant et sans prendre que du
bout des doigts la main qu'elle lui avait tendue, Bourget, Cosmop. 170);
wo bedingungsweise ausgesprochene Verwünschung den Sinn der
Verneinung hat (je veux fire pendu si j'ai bu que de l'eau. Mol.
Amphitr. U 1); auch nach weniger nachdrücklichen Verneinungen,
wie sie in ('/ esl difficile „es kommt nicht leicht vor", je doute „ich
bin nicht überzeugt" u. dgl. Dies bedarf weiteren Nachweises nicht,
3. Little 2 que 10, Haase g 138 A. 2; auch die alte Sprache gewährt
VERMISCHTE BEITRÄGE ZUR FRANZÖSISCHEN GRAMMATIK. 77
Beispiele davon in grofser Zahl : Ja mar iront o vous que soul cent
chevalier f RÂlix. 351,31; Ja mar i avreit que un us (Thür) , Chast
XII 19, wo das eigentlich Unheil androhende mar den negativen
Sinn birgt; A pcànes sui entr'eus une heure Qu* en bas et a vilté tenue
(wo nicht, wie Scheler meinte, in der zweiten Zeile ein sui zu er-
gänzen ist), „es kommt kaum einmal vor, dafs ich (die Wahrheit)
bei ihnen (den Grofsen) anders als gering geachtet bin**, Watr. 239, 245.
Einer besonderen Erwähnung ist höchstens dasjenige rien mit
que hinter sich ohne Negation wert, welches, ohne selbst die Funktion
irgend eines bestimmten Casus im Satze zu übernehmen vor eine
adverbiale Bestimmung des Prädikats tritt um anzuzeigen, dafs
schon beim Vorliegen dieser Bestimmung und ohne dafs es eines
Weiteren bedürfte, der übrige Inhalt der Aussage Geltung habe.
Es wird also durch dieses rien nicht hinweggeräumt, was anderer
Art wäre als das durch que Eingeführte, sondern was man sich als
mit diesem gleichartig und zusammenwirkend denken könnte.
Dieser Gebrauch scheint von den Grammatikern übersehn zu sein;
dagegen erwähnt seiner Littré unter rien 1 2 gegen Ende, wo er als
„elliptisch** bezeichnet und rien que mit „^» ne Jaisant que^ en ne
comptant quà^ übersetzt wird, was nicht recht zutrifft, danach natür-
lich auch bei Sachs rien I 4. Beispiele : si je devais deviner rien que
par un mot ou par un regard que je te suis odieuse comme à lui ,,^
je serais partie pour toujours ^ Maupassant, Pierre et Jean 213; rien
qtiau très tendre et très long serrement de main quelle lui octroya en
lui souhaitant le hon soir^ il fui convaincu qtielle l* aimait toujours^
Richepin, Cadet 215; Jr agile paix et qui s'en était allée rien qi^à
voir sa mère, Bourget, Cosmop. 181 ; rien que pour ce nom de Charley
prononcé devant moi^ me voilà repris^ enragé, Daudet, Pet Paroisse 280;
rien que de me le figurer, cela me serre le cœur^ Lemaître, L'âge
diffìa I 4 (anakoluthisch) ; ils réclament vingt millions rien que pour
le plaisir d^éventrer Us Champs Ely sees. Rev. bl. 1895 I 738 b; je lui
nichais un baiser sur le cou, rien que pour le spectacle de sa conjusion,
Prévost, Notre compagne 9. Es scheint übrigens dieses rien que
auch in dem Sinne vorzukommen, dafs durch das rien alles weg-
geräumt wird, was verschieden, anders geartet ist als das mit que
eingeführte, so wenn es bei ADaudet heifst: otä, le salut était là
pour lui, rien que là, From, jeune 208, wo rien que là nicht „schon
allein da** heifst, sondern „ausschliefslich da, an keinem andern
Orte als da'*. In der That liegt in dem Ausdruck auch nichts,
was ihn geeigneter machen könnte in dem einen als in dem andern
Sinne zu dienen. Ganz ebenso hat man in der alten Zeit sanz
plus gebraucht; „nur, ausschliefslich**: Ilec menjout sanz plus
racines D'erbes, Peain Gat SMart 18; „schon, blofs**: Sont quite
de tolnieu payer Pour sans plus nouveles noncier, Cleom. 12376.
Bekanntlich ist es das Gewöhnliche, dafs der verneinende Satz,
der nachher durch que eine Einschränkung erfährt, sich mit der
einfachen Negation ne begnügt und nicht eine jener Bezeichnungen
von Minimalbeträgen mit in sich auûiimmt, die man wenig glücklich
78 A. TOBLBR,
Füllwörter der Verneinung u. dgl. nennt. Das bedarf im Grande
keiner Erklärung; denn die Negation liegt unter allen Umständen
schon in dem blofsen ne, die alte Sprache bedurfte irgend eines Zusatzes
dazu niemals y und auch die heutige enthält sich aller Zusätze in
vielen Fällen immer noch. Man kann auch sagen, das Wegbleiben
der Bezeichnungen für geringste Beträge des Thuns, das durch ne
verneint wird, sei durchaus am Platze in Fällen, wo ja doch durch
eine hinzugefügte Einschränkung der Verneinung ein gewisses Mafs
des verneinten Thuns eingeräumt werden soll. Inmierhin ist schon
von vornherein das Auftreten von pas, point neben ne ab nicht un-
möglich zu bezeichnen, indem dadurch die Verneinung des Thuns
aufserhalb des durch die nachträgliche Einschränkung bezeichneten
Bereiches mit gröfserem Nachdruck vollzogen wird („nicht im ge-
ringsten, aufser"; „durchaus nicht, aufser"). In der That findet man
denn ne . . pas que . . im gleichen Sinne wie ne . . qm, nur dafs kräf-
tiger negiert ist, nicht ganz selten ; man sagt zwar sicher nie *il ne
mange pas que peu; *il ne va point au théâtre que très rarement, weil
es keinen Sinn hätte auch das geringste Mafs eines Thuns in Ab-
rede zu stellen, von dem man ein gewisses, wenn auch geringes
Mafs im selben Augenblicke doch einräumen will. Wohl aber kann
man die volle Verneinung eintreten lassen, wenn nachträglich das
Thun nur unter bestimmten Umständen, bezogen auf ein bestimmtes
Objekt u. dgl., eingeräumt werden soll. So heifst es schon im Ille
von diesem Ritter: Car il est amis dueles deus; Mais il n'en aime
pas que l'une, 3371 d. h. „er liebt durchaus nicht mehr als die
eine, durchaus nur die eine" und in einem anonymen Liede : Si sai
de voir qtu qui muert por amer, Trusqtus a deu n'a pas ¿une jo mee,
Jeanroy, Orig. XX 1 8, was freilich nicht völlig klar ist Im 1 6. Jahr-
hundert hat Ci. Marot gesagt: . . le mal qui en pourroit venir. Ne
pour r oit pas tomber que sur la teste Du mal parlant qui trop se monstra
beste, Elegie {1528); im 17. Jahrhundert sind Beispiele gleichen Ver-
fahrens noch ziemlich häufig; Corneille läfst den alten Horatius von
seinen zwei gefallenen Söhnen sagen: Ce bonheur a suivi leur cou'
rage invaincu Qu* ils ont vu Rome libre autant quails ont vécu. Et ne
l'auront point vue obéir qu'à son prince, Hor. III 6, was Voltaire mit
Unrecht als Solöcismus bezeichnet; weitere Beispiele bei Littré 2
que II, Holder § 158 A. 5, wo noch ein Beispiel aus Chateaubriand,
Haase § 102 b. Viel eher wäre man berechtigt den wohl erst im
gegenwärtigen Jahrhundert aufgekommenen Gebrauch zu tadeln,
wonach man ganz dieselbe Ausdrucksweise mit völlig verschiedenem
Sinne anwendet, nämlich um zu sagen, dafs die positiv ausgesagte
Thätigkeit nicht blofs mit der Einschränkung auf das durch que
Eingeführte statthabe. Der nach diesem Gebrauche mit ne . . peu . . que
gebildete Satz ist die Leugnung des Satzes, wie er ohne pas lauten
und verstanden werden müfste. Wenn VHugo sagt : Versant n^ avait
pas qtu les pieds de joli^ so wird damit gesagt, der Satz Ve, n'avait
que les pieds de j, würde unrichtig sein, und zwar insofern als die
Einschränkung nicht die einzige zu machende wäre. Ebenso II tiy a
VERMISCHTE BEITRÄGE ZUR FRANZÖSISCHEN GRABfMATIK. 79
pas que vos ouvriers qui aient crié^ A. de Musset; Il ny a pas que les
femmes qui aient des caprices, Rev. d. d. m. 27* année, t. 9, S. 673;
M. Alexandre ne travaillait pas que pour F argent, ADaudet, Pet
Par. 209; weitere Beispiele bei Holder S. 289 oben, Robert, Questions
de gramm. S. 205. Was verständigerweise gegen diesen Sprach-
gebrauch gesagt werden kann, findet man durch Deschanel im
Joum. d. Déb. 23. Aug. i860 ausgesprochen und bei Littré 2 que
Rem. I wiederholt. Ersterer glaubt in einem Briefe von 1798 das
früheste Beispiel solcher Redeweise gefunden zu haben. Sie wird
sich schwerlich mehr ausrotten lassen. Ihre Erklärung liegt wohl
darin, dafs, wie man pas und point wo sie nicht im Gefolge eines
Verbums auftreten, auch ohne ne mit verneinendem Sinne gebraucht,
so auch que^ wofern ein Verbum nur zu ergänzen ist und nicht
wirklich ausgesprochen wird, den Sinn hat, den es eigentlich nur
neben ne haben kann, „nicht aufser** = „nur** seulement. Combien
de minutes d* arrêt? Que deux. Das hat dazu führen können einen
mittels ne . . pas verneinten Satz zu verwenden zur Bestreitung des
positiven Satzes, in welchem man seulement gebraucht hätte. Den
Grammatikern, die (nicht ohne einigen Grund) behaupten, ein je
ne vois pas könne nicht die Verneinung einer Aussage sein, welche
je ne vois laute, könnte man entgegnen, dafs doch z. B. in den von
Verben des Fürchtens abhängigen Sätzen ein von ne . . pas begleitetes
Verbum ebenfalls die Negation zu dem blofs von ne begleiteten ist.
Adolf Tobler.
VERMISCHTES.
L Zur Handschriftenkunde.
Handschriften des Perlesvaus.
Potvin konnte für seine Ausgabe des Perlesvaus im ersten
Bande seines Perceval le Galois (Mons 1869 — 71, 6 Bde.) aufiser
der mittelmäfsigen Brüsseler Hs. nur die Berner Bruchstücke be-
nutzen, welche von S. i — 42 und von S. 209 — 21 der Ausgabe
reichen. Sein Text ist deshalb als ein durchaus ungenügender zu
bezeichnen. Da wies Stengel in seinem Durmart le Galois (Stutt-
garter lit Verein 1873) und in der Rivista di filologia romanza I, 192
eine Oxforder Hs. nach [Haiion 82), die nach ihm aus dem
13. Jahrhundert stammt und jedenfalls die Brüsseler Hs. an Wert
übertrifft. Neuerdings bemerkte dann Gaston Paris (Rom. XXU, 296),
dafs sich das Werk, allerdings unvollständig, nur bis Seite 177 der
Ausgabe reichend, auch in der berühmten Hs. des Herzogs von
Aumale in Chantilly finde.
Eine Durchsicht der Pariser Graalhss. setzt mich in die Lage,
einige weitere Bruchstücke bekannt zu machen, die meines Wissens
bis jetzt verborgen geblieben sind. An fünfter Stelle reiht sich an
eine Hs. der Pariser Nationalbibliothek, ffr. 1428, anc. 7526. Im
Caialogue des manuscr i is français /, Ancien fonds^ Paris 1868 (S. 224)
ist die Hs. irrtümlich als Saini Graal bezeichnet. P. Paris hat
jedoch ihren eigenartigen Inhalt bereits erkannt Es findet sich
vorn von seiner Hand, die mir durch Eintragungen in andern Hss.
als solche bekannt ist, folgende Bemerkung: „Z^ roman de Perles^
vans ou Perlesval qui semble avoir éié rémanié pour devenir celui de
Perceval le Gallois, Il a éié imprimé à la suiie du Si Graal som le
Hire Le second volume du Si Graal conienani la conqueste du . » .
Si Graal faide par Lancelot Galaad Perceval Bohori. Paris Galiot du
Pré 1 5 1 6. petit in fo'' P. Paris hat das Werk also bereits mit einem
der Drucke identifiziert: das ist das wesentliche an der im übrigen
nicht recht klaren Notiz. Die Mitteilung war, wie zu vermuten ist,
für die yyManuscriis français de la bibliothèque du roi** bestimmt
Durch die achtundvierziger Revolution wurde dieses Unternehmen
mit dem siebenten Band für immer abgebrochen, obwohl die Be-
E. WECHSSLER, HANDSCHRIFTEN DES PERLKSVAUS. 8l
Schreibung nur bis anc. 7310 gediehen war. Zwei weitere Bände
waren druckfertig, sind aber nicht erschienen.^
Die Hs., aus Pergament, ist in braunes Leder gebunden und
trägt auf dem Rücken die Aufschrift ^^Roman des Chevaliers de la
table ronde^\ Sie stammt noch aus dem 13. Jh. und ist sehr sorg-
faltig geschrieben. Die Kapitel beginnen mit farbigen Initialen. Die
Seiten sind zweispaltig, die Spalte hat 40 Zeilen. Gröfse einer Seite
29+ 18 cm, einer Spalte 24+5 cm. Die Hs. ist unvollständig: es
sind nur 158 Blätter erhalten, und zwar fehlen gerade Anfang und
Ende, der erste und der letzte Quatemio, und von den erhaltenen
Quaternionen (2 — 21) ist der siebente unvollständig. Auf fol. la oben
hat eine spätere Hand eingetragen : St Greal . Romani de m Gauutn,
Die Hs. beginnt fol. la (= Potvin I, 21 Mitte) | utent socorre, âf li
frère au ch^r ueirmeil quii ocist en la forest de son gauelot le guerroie
auoecques le seignor de mores, Damoisele fait H rois . Se dex le me
laist encontrer jo ser oie molt lies et furniroie molt bien uostre message . . .
Schlufs (i58d) (= Potvin S. 340 Mitte): . . . kar il ne vit onques mais
manoir qui tant H pUust, Il a tant cheuauckie quii est venus en la diuer \
Der Anfang des Perlesvaus, bis zur Rückkehr Arturs an seinen
Hof, ist noch enthalten in zwei Hss. des GraaULancelot-Cyklus?' Es
sind dies ffr. 117 — 120, 14. Jh. (anc. 6788 — 6791, P. Paris, Man. fr.
I, 154) und Arsenal 3479 — 80 (14. — 15. Jh.) Diese beiden Hss.
stehen sich, wie ein Vergleich auch der Miniaturen zeigt, sehr
nahe, und die zweite könnte vielleicht nach der ersten abgeschrieben
sein. So haben wir es für das Stück aus dem Perlesvaus (120,
520a — 522d und 3480, 483 a — 490a) eigentlich nur mit einer
Ueberlieferung zu thun. Es wird deshalb genügen, den Anfang und
das Ende nach ffr. 120 hierher zu setzen: Le hault Hure du graal
commence ou nom du pere et du fil. Ces trois personnes sont une sub'
stance et celle substance est dieux et de dieu uient le hcndx contes du
graal . . . Und femer: .,. Or recommance ci lautre branche du saint
graoL Ou nom du pere et du filx et du saint esperii \
Mit dem Gracd-Lancelot^Cyklus hat der Perlesvaus nicht das
geringste zu thun. Das aus ihm entnommene Stück unterbricht
störend die Erzählung, da wo sie vom Ende des Lancelot unmittel-
bar zur Queste hinüberführt Durch irgend einen Zufall scheint es
hierhergeraten zu sein, vielleicht dadurch, dafs anderswo Perlesvaus
und Queste vereinigt worden waren. In den Drucken ist dies that-
sächlich der Fall So enthält die Ausgabe von Paris, Philippe le
Noir 1523 (Bibl. nat Inv. de Res. Y * 370 — 371) Livre del gradl^
Perlesvaus und Queste, welcher letzteren noch aus dem Lancelot die
Zeugungsgeschichte des Galaad vorausgeschickt wird.
* Vergi. G. Paris in Paulin Paris et la ütt/rature française du moyen
âge Rom. XI, 11.
* VergL darüber meine „Redaktionen des Robert von Borron cngeschrie-
benen Graal-Lancdot-Cyklns" Halle 1895, S. i ff.
Zdtschr. C roak Pbfl. XX. ''
Ô2 VERMISCHTES. U. ZUR RXRGBSfi.
Endlich wird ein guter Text vertreten durch die kymrische
Uebersctzung.i Auch hier folgen, wie zu beachten ist, Queste und
Perlesvaus aufeinander, doch steht der letztere an zweiter Stelle.
Für eine kritische Ausgabe des Perlesvaus liegt also genügendes
Material vor. Eduard Wechsslkr.
II. Znr Exegese.
Additions à mon étude sur les Gloses de Cassel.
14. scapulas ahsla.
AU. mod. achsel. Scapulas est exactement le frioul. sçhàhky schale^
spalla (Pirona).
15. humerus ahsla.
All. mod. achsel. Je n'avais pas jusqu'ici retrouvé des repré-
sentants dihumerus. Ils existent dans le ladin de Tlstrie, voy. Ive,
Isir, Mundarien (Vienne, 1893), p. 24.
5g. cinge curti.
AU. mod. gürie^ ceins. J'ai enfin retrouvé ce fameux cinge.
D'après M. Huonder, mon élève, on dit à Dissentis el schegn „dans
le flanc": c'est évidemment un *cingum, primitif de ein gui um.
L'opinion de Diez qui voit un contresens dans la traduction curti
est donc la bonne et je m'y rallie.^
79. ferrai paerfahr.
Sanglier. Non seulement, comme je l'ai dit, Carigiet donne verr
„Eber**, mais en outre Pirona donne viro^ vtru au sens de cochon
mâle, et le suffixe -ai péjoratif, comme le dit Cavalli, Archivio
gloiiol, iialiatio, XII, 266, est un suffixe très commun en frioulan.
Il sert même à désigner le mâle chez certains animaux: ainsi ocàii
= jars, dindiàii = dindon (Pirona, p. LII).
85. pulii honir.
AH. mod. hühner. J*ai dit, p. 43, n'avoir pas retrouvé ce mot,
si ce n'est dans sa forme féminine pulas. Un de mes élèves, des
Grisons, me signale qu'en „oberhalbsteinisch" on ait pul, phpuls.
104. esilos pretir.
Ail. mod. breiier. Le traitement subi id par l'a initial de
* axil lo s m'a servi en partie à prouver que les Gloses de Cassel
» G. Paris, Rom. XXII, 297.
[' Nachträglich äufsert der Verf. brieílir.h Bedenken gegen diese Identi-
fikation und zieht in Erwägung, ob schegn nicht dtsch. Schenkel sei. Mir ist
auch unverständlich, wie er y^ürte, ceins*' fafst. Da die Herausnahme des
Artikels vom Verf. nicht gewünscht wird und in dem Augenblicke, wo das
Heft fertig gesetzt ist, nicht mehr wohl angeht, mufs es bei obiger Fassung
sein Bewenden haben. Hrsg.]
p. MARCHOT, ADDENDA SUR LES GLOSES DE CASSEL. 83
ne peuvent pas être françaises (p. 31). J'ai dit, p. 46, que je n'avais
pas retrouvé d'équivalent moderne pour esHos, Celui-ci existe: Carisch
mentionne Tengl. ùchtll, aschigU ischigl, et Gartner, dans son étude
sur Erto, mentionne pour les Grisons et le Tyrol les formes ièel^
ièifyj aètfyt ßsü, si (voy. cette Zei/schr., XVI, p. 310, note 7).
107. /rapes capretta,
J*ai déjà mentionné (p. 46) des représentants engadins de
capretta. 11 faut y ajouter le frioulan çhàvri, giàvn\ trave o con-
trafforte di legno che lega i puntoni di un tetto (Pirona), lequel
représente cap rum.
III. tunica^ seta tunihha.
P. 47, j'ai dit que seta avait disparu. Un de mes élèves qui
est originaire des Grisons, m'affirme que seta existe encore en
„oberhalbsteinisch".
119. uuasa uuahsir.
Mon hypothèse: „Nous avons peut-être affaire ici à un de ces
collectifs propres au réto-roman, qui aurait le sens de „la vaisseliers
„les vaisseaux"" (p. 47), se confirme pleinement. Un de mes élèves
qui est originaire des Grisons, me dit que r„oberhalbsteinisch" a
la vasa au sens de „la vaisselle".
120. dolea^ cava putin.
124. cannella potega.
AU. mod. hutte et botttck. Je me suis un peu trop pressé, sur
la foi d'un mot engadin cuvatgl „Eimer" (Pallioppi), de corriger
(p. 48) la glose 124 en ctwella (= eu pel la). Je veux bien que
l'on corrige cava en cuva^ d'autres glossaires, notamment les Gloses
de Vienne, ayant gnba. Mais pour cannella ^ il faut certainement le
maintenir. C'est le frioulan çhavèli^ tino (Pirona) et l'ancien ter-
gestin ¿avéglo qui égalent *cavellum, *caviculum, sans doute
des dérivés de cavus. Voici des exemples de Cavalli: „Les raves,
dit-il Archivio^ XII, 308, 6, râpées et encore entières, se mettent
dans un pot, ou, s'il y en a beaucoup, dans un ^/avéglo^^ (une
cuve)". Ailleurs: „On fait la charge convenable pour l'âne et on
mène (la vendange) à Muggia dans les y^avigli'''' en cave. Puis
on foule avec les pieds dans le t^éavéglo^'*^ {Archivio, XII, p. 326,
IL 4 et 5).
132. caldarn chezil.
C'est par distraction que j'ai dit, p. 49, n'avoir pas retrouvé
une forme masculine caldarium. Les formes de Pirona çhaldîr^
-/r, -^r m'avaient échappé. Je relève encore kaldfr dans le ladin
de ristne {Islr, Mnndarten^ p. 7).
146. /orneras ua[a]ganso.
Soc de la charrue. P. 51, je dis n'avoir p«
Maintenant, j'admets que /orneras n'est pas 1'
84 VEHMISCHTES. IH. ZUR GRAMMATIK,
que c'est une faute pour /amera, comme forcipa pour forcipe (Gl.
de Cass. 149) que j'ai expliqué à tort, p. 27, par une analogie aux
féminins en -o, et comme sapona pour sapant {Gl. de Vienne 40).
Pour vomcrem, on le retrouve dans le ladin de l'Islrie, voy. Islr.
Mundarten, p. 2i.
148. mallei, slaga, hamar.
Ail. mod. ah/ägel, hammer. J'ai dit, p. 51, que je n'avais pas
retrouvé ce mol. C'est le bas-engadin maigl „Schlegel", „Hok-
schlegel" (Pallioppi), l'oberi, moign, m. a. (Carisch).
173. Albios acutus, staraplinter.
Ail, mod. slaarblind. Il faut corriger non pas, comme je l'ai
fait p. 55, en orbus oculis, mais en albius oculis ou albîus oculos.
Athim est le lat. albidua avec chute du d. medial qui signifie
„blanc", „blanchâtre".
175. tt lippus, prehanprauuer.
Qui a les yeux chassieux. J'ai dit, p. 55, que je n'avais pas
retrouvé de représentant de lippus. Le mot existe encore sous une
forme dérivée: larpus „triefend" (Carisch).
180. gulvium, noila.
j'ai dit, p. 55, que je n'avais pas retrouvé le mot II existe
en „ancien tergestin". Cavalli, Archivio glottologico, XII, 318, &it
parler ainsi un indigène: „Le menuisier a ses outils: lime,
íglúvia et équerre", Pirona donne aussi le mot : sgdibe, sgäibie.
Cest rital. j^fi-i/a, le franc. gauge, du lat. gubia.
Padl Marchot,
m. Zur Grammatik.
Die vorvokalischen Formen mon, ton, son beim Femininum.
D¿s la seconde maillé du XII' siècle, on commence à remplacer la
forme élidée [ni, t', j') par mon: mon âme, ton âme, son âme. Cet
emploi de mon, ian, ion devient de règle au XIV' suele. Quelle est
l'origine de celte subslitullon bizarre? On l'ignore. Darmesteter,
Cours de gr. hist. II, 109.
Man erklärt gewöhnlich, m', I', s' sei durch mon, ton, son er-
setzt worden, um die Formen nicht untergehen zu lassen. Das
widerspricht einem allgemein anerkannten Sprachgesetz : die Sprache
schafft keine Formen aus bestimmter Absicht; sie wählt höchstens
von zwei vorhandenen diejenige, welche den Begriff klarer aas-
drückt Es dienen ja dieselben Formen in', /', j' dazu, einen für
den Satz mindestens ebenso wichtigen Begriff auszudrücken, den
des persönlichen Objekts vor vokalisch anlautenden Verben.
Aber meines Erachtens ¡st die Erklärung leicht. Wir haben
im obi. Sing, ganz korrekt:
B. HERZOG, DIE VORVOK. FORMEN MON, TON, SON BEIM FEM. 85
hìSpfr» , honami
blfn9mer9 bonamù.
Die Nasaliening des o geht ¡n Vórtonstellung verloren, wenn die
folgende Silbe mit n oder m beginnt Beweis dafür sind die
Wörter, die in dieser Stellung ? haben: s^mer, fenêtre, genou gegen-
über lentille^ Janvier,^ — Es ist nun die vorvokalische Form der
Adjektiva für Maskulinum und Femininum gleich, während die vor-
konsonantische eine Differenz aufweist. Ebenso haben wir
heauper? . belami
b^l9fnçr9 bflami9.
Die Sprache hat gewöhnlich vorvokalisch dieselbe Form für das
Maskulinum und Femininum. Es giebt nur verhältnismäfsig wenig
Ausnahmen.
Nun haben wir in:
und
marner? mam?
vorkonsonantische Form, wie oft, verschieden; mamere wird nicht
analogisch zu mdndmere umgebildet, weil es in lameré einen ge-
nügenden Stützpunkt hat. Vorvokalisch aber mufs Ausgleichung
stattfinden. Zwei Wege standen offen: entweder nC für beide
Formen, nach dem Artikel, oder mon für beide Formen, welches
sich zu md-\'Kons. verhielt wie bon vorvokalisch für Maskulinum
und Femininum zu hd vorkonsonantisch für Maskulinum. Da nun
das Maskulinum im allgemeinen das stärkere ist, wählte man den
letzteren Weg der Ausgleichung.
Wenn Darmesteter die Erscheinung ins 12. Jh. setzt, so weifs
ich nicht, wo er die Belege dafür gefunden hat. Im Lothringischen
begegnet sie allerdings seit den ältesten Texten, Saint Bernard,
Gregors Ezechiel (z. B. son espaule S. 9, Z. i), die von Meyer-Lübke,
Gramm. II 113 angeführte Stelle im Cartulaire von St. Hoilde 1270
{pion aulire ierre)^ aufserdem zwei Beispiele aus dem Wallonischen,
die Dittmer in seiner Dissertation, Die Pronomina possessiva im
Altfr., Greifswald 1888, S. 50 anführt, ion avartsce Greg. Dial. 38, 2 o^
(neben sa offrante^ sa orison^ sa enfance etc.) und son issue aus einer
Urkunde aus Namur, dem 14. Jh. angehöng. Die übrigen dort an-
gefahrten Beispiele aus anderen Gegenden angehörigen Texten
treffen, worauf mich aufìnerksam zu machen Herr Prof. Meyer-Lübke
^ Dab dies auch fur die Wortgrenze gilt, dafür mag als Beweis die
weitverbreitete Aussprache ünom dienen. Wäre die Denasalierung nicht alt,
so wäre kein Grund vorhanden, warum es nicht durchwegs önom lauten sollte.
Sie fallt in oder vor das 13. Jahrh.
* Auch hier mag man im Zweifel sein, ob nicht das Mask, vorliegt.
Zwar heifst es 97, 12 ja avarisce. Doch könnte das Geschlecht schwanken,
wie bei maUce 69, 13 u. s. femin., 357, 20. 368, 42 maskul. wie in S. Bernard
überall (77>ii. 11$* 1 5* iS4f 17). Das männliche Greschlecht wurde sich durch
Anlehnung an die Wörter auf "fice, service und namentlich an vice, wo auch
begri£riicher Zusammenhang vorliegt, Icidit «klbtil*
86 VERMISCHTES. IV. ZUR WORTGESCHlCHTß.
die Freundlichkeit hatte, nicht zu, indem die Substantiva entweder
Masculina sind oder sein können oder sonstige Missverstândnisse
vorliegen. Für das Centralfrz. dürfte die Erscheinung vor dem
14. Jh. nicht zu belegen sein,
Eugen Herzog.
lY. Zur Wortgeschichte.
Etymologien.
I. Keltisch dusius, rätorom. dischöL
In dieser Zeitschrift 18, 218 wurde auf voges. dûztç^ Alp »cau-
chemar* aufmerksam gemacht, das auf das gallische bei Augustin
überlieferte du si us zurückgeht, ein Wort, das den Dämon bezeich-
nete, der das Alpdrücken verursacht. Allerdings scheint die Ge-
stalt des voges. Wortes nicht ganz volkstümlich zu sein, sei es, dafs
Haillant dasselbe in französierter Form mitgeteilt hat, sei es, was
freilich wenig glaubhaft ist, dafs es auf dem Wege gelehrter Ueber-
lieferung in jene Mundart Eingang gefunden hat Wie dem auch
sein mag, das keltische Wort lebt in echt volkstümlicher Gestalt
auch im Rätoromanischen fort. In Pallioppi's Dizionari dels Idioms
Romauntschs, Samedan 1895, findet sich folgender Artikel:
Di seh öl m. der Alp, ein nächtlicher Unhold, der (nach dem
Volksglauben) sich dem Menschen auf die Brust setzt und die be-
kannte Angst und Beklommenheit verursacht; in abgel. Bdtg. Be-
klemmung, Unverdaulichkeit; mei del dischöl , Alpdrücken, Beklommen-
heit, Unverdaulichkeit*.
Mit Recht führt Pallioppi dischöl auf dusiiis, und zwar auf
das bei Du Gange überlieferte, bei A. Holder, Altkeltischer Sprach-
schatz, fehlende dusiolus zurück. Zur Lautgestaltung von dischöl
mag man chaschöl ,caseolus* vergleichen.
2. Frz. dartre f.
Auszugehen ist von dem griechischen, mit griechischer Be-
tonung in das Lateinische übergegangenen {ïçjci]ç, herpes) ace.
herpe tem , Hautflechte* — dem Substrate aller volkstümlichen
romanischen Formen des Wortes. Mit Unrecht wird von Körting
herpe tem angesetzt, der nur (nach Diez 11^) das vielleicht halb-
gelehrte sp. pg. cat. herpe kennt. Von herpe tem kommen it. èrpete^
érpeire (s. Petrocchi) und die von Ascoli, Archiv, glott. ital. 7, 524 A.
und 599 zusammengestellten rätoromanischen und norditalienischen
Bildungen, sürselv. diervei^ oberengad. dcrt m., mail, dérheda^ piem.
dérhi^ piac. derbga. An derselben Stelle bringt Ascoli eine Reihe
von anderen Wörtern, die einen ähnlichen ¿/-Vorschlag zeigen * ; wie
auffällig derselbe auch sein mag, so läfst er doch für unser Wort
einen Zweifel an dem Etymon herpe tem nicht aufkommen. Im
* Hierhin gehört vielleicht auch frz. dupe (s. Little).
A. HORNING» £TTMOLOGI£N. 87
Neuprovenzalischen ist nach Mistral die üblichste Form birbi (viel-
leicht durch Angleichung des d an das b entstanden), daneben
werden erwähnt dirti, d¿rbi\ derbese, enderbi^ endervi, endertey cat
ber bol und andere Varianten wie ändert die für die etymologische
Forschung wertlos sind, da ein derartiges Wort offenbar zahlreichen
Entstellungen ausgesetzt war.
Ein Schritt weiter führt zu der Erkenntnis, dafs frz. dartre mit
den oben verzeichneten Bildungen identisch ist, mit denen es den
¿/-Vorschlag gemeinsam hat; die r-Epenthese ist besonders nach /
und überhaupt bei Proparoxytona häufig; vgl. chanvre und chantre
, Radfelge*, von camitem (s. Ztschrift 15, 496 und 500), auch ital.
¿rpetre. Verschiedene Stellen bei Littré (dazu bei Godefroy dertre^
dertruyie ,1a maladie des dartres') und die Thatsache, dafs zur Zeit
Menage's in der Provinz dertre gesprochen wurde, lehren, dafs der
betonte Vokal ursprünghch e lautete und dafs derselbe, wie oft,
vor r zu a wurde. Im poitevin, endarde ist / vor der Synkope zu d
geworden. Während die südlichen Formen männlich sind, ist weib-
liches darto bereits für die Dauphiné bezeugt; auch ital. irpeire ist
nach Petrocchi feminin. Die früheren Erklärungsversuche sehe man
bei Diez II ^ und Littré nach.
3. Prov. darbôun.
Das Wort darboun m. , Maulwurf kommt im Neuprovenzalischen
vor (zahlreiche Belege giebt Mistral, alle mit d und b), desgleichen
in Lyon (s. Puitspelu, Dictionn. Etymol. Lyonn.) und in der fran-
zösischen Schweiz, z. B. im Bagnard, wo es derben lautet. Durch
vereinzeltes tarpán in Val-Soana (Archiv, gl. ital. III § 54) wird das
Etymon talpa-j-onem nicht ausreichend gestützt, denn, wie Puits-
pelu richtig bemerkt „en admettant le passage très-rare de / initial
à </, on aurait quelques formes daubon^^\ auch das b bliebe dann
immer noch unerklärt
Als Et3rmon bietet sich das im vorigen Artikel behandelte
hérpëtem. Im lateinischen Lexikon findet sich eine Stelle aus
Plinius, derzufolge „herpes quoque animal a Graecis vocatur, quo
praecipue sanantur quaecunque serpunt**. Klar ist dies freilich
nicht, doch allzu kühn scheint mir die Annahme nicht zu sein,
dafs herpes den Maulwurf als das , kriechende, um sich greifende
Tier* bezeichnet habe. Nimmt man auch hier ¿/-Epenthese an wie
bei dartre^ so bietet die lautliche Gestalt des Wortes weiter keine
Schwierigkeit: im Südosten und Süden wurde das Proparoxytonon
hérpëtem zu derbe{de)f derbe (zu ¿ =/ vergleiche man die Belege
in obigem Artikel); auch hier ist e^ nicht a das Ursprüngliche
(Mistral hat derboun^ dreboun^ u. s. w.). Eine Zusammensetzung mit
en liegt im Neuprovenzalischen vor, das zu endirbi^ endervi , Haut-
flechte* stimmt.
A. Horning.
BESPRECHUNGEN.
Gustav Weigand, Die Aromunen. Ethnographisch-philologisch-historische
Untersuchungen über das Volk der sogenannten Makedo- Romanen oder
Zinzaren. Zweiter Band: Volk sii tteratur der Aromunen. Leipzig, Johann
Ambrosius Barth (Arthur Meiner). 1894. SS. XVin, 383.
Die bereits vor einiger Zeit angekündigte Sammlung von Erzeugnissen
der Volksmuse in mak.-rum. Sprache Hegt nun in einem stattlichen Bande vor
uns. Es möge zunächst eine kurze Inhaltsangabe vorausgeschickt werden,
damit der Leser sehe, welch reiche Ausbeute der Herausgeber von seinen
Reisen mitgebracht. Die ganze Sammlung ist in folgende zwölf Kapitel ein-
geteilt: I. Liebeslieder, II. Tanz- und Hochzeitsheder, III. AbschiedsUeder (in
drei Gruppen eingeteilt), IV. Räuber- und Kampflieder, V. Religion, Moral,
Aberglaube, Feste und Bräuche, VI. Lieder verschiedenen Inhalts, VII. Zwei
Balladen, VIII. Lieder aus der Manjana, IX. Faräeriotenlieder, X. Toten-
klagen, XI. Neun Märchen, XII. Rätsel, Sprichwörter, Grüsse, Dankesformeln,
Trink Sprüche , Flüche, Spiele. Jedem der Kapitel geht eine mehr oder
weniger ausführliche Einleitung voraus, in denen sowohl über die verschiedenen
Gattungen im allgemeinen orientiert, als auch über einzelne Nummern nähere
Auskunft gegeben wird. Daran reihen sich drei Beilagen: I. Glossar, 2. Dia-
lektische Verschiedenheiten im Aromunischen, 3. Die Methode beim Sammeln
der Volksli tteratur zu sprachwissenschaftlichem Zwecke.
In den Einleitungen, welche mit fünf hübschen Bildern geschmückt sind,
werden wir über manche interessante Seite des Volkslebens der Aromunen
belehrt. Der Herausgeber gebraucht, wie schon aus dem Titel hervorgeht,
den Ausdruck Aromunen für Makedo-Rumänen und es ist immerhin möglich,
dass diese Benennung den Sieg davontragen werde, zunächst ihrer Kürze halber
und dann auch deswegen, weil sie zugleich eine lautliche dieser Sprache
gegenüber dem Dakorum. eigene Eigentümlichkeit, die häufige Voransetzung
eines A im Anlaut enthält. In dieser Hinsicht ist besonders die Einleitung
zum Kap. V hervorzuheben, welche nicht weniger als 16 Seiten ausmacht,
während die hier gebotenen Texte der Natur der Sache gemäfs nur wenige
Verse bieten. Ich will auf die Frage, inwiefern bezügHch des Nachweises
der Parallelen Vollständigkeit erreicht worden, nicht näher eingehen; so viel
ist aber sicher, dass man eine allzu grofsc Anzahl von Parallelen in der
dakorum. volkstümlichen Litteratur kaum nachzuweisen im stände wäre. Es
ist eben der Charakter der beiden sowohl in Bezug auf die Form als auch
bezüglich des Inhalts ein ziemlich verschiedener. Dabei kann ich jedoch die
G. WEIGAND, DIE AROMUNES. 89
Bemerkniig nicbt untcrlasscc, dass ich in (1er aur S. 1S9 zu Nr. 107 cìtierten
DoÌQa Nr. 16S der von BSiseaiia and aá¡ 1S85 vcröflenllicbten SammluDg von
Volksliedern bus Siebe nbürgeo duTchsus keine A ehnl ichkeil entdecken kimn.
Die AamerkuDg dürfte ebor zu den drei ersten Versen der Nr. 16 passen, wo
in ähnlicher Weise wie in der soeben erwäbnlen Doina über die Liebe
K-laye (¡pföhrt wird.
Den Tetten ist auch eine deulscbe Uebersetiung beig^eben, die
einerseits das Eindringen in das Original erleichtert, andererseits fñr solche
Forscher von Wichligkeit ist. denen es nicht so sehr aur die sprichliclie Seite
der Erzeugnisse als auf deren Inhalt selbst ankommt. Die Uibersetïung ist
sehr sorgialtig and getreu, diu Nt. 96 macht eine Ausnahme, indem die lieber-
Setzung [Ballade von der Erbauung der Arlabräckc) in Reime gebracht wurde,
was der wortliehen Ucbertragung nicht zuträglich ist. — Es ist nicht iQ ver-
kennen, dass die gröfsle Schwierigkeit in einigen kurzen Wörtchen liegt, deren
wörtliche Uebeitiagung nicht immer in das Geläge eines deutschen Satzes
passen würde, so dafs mitunter zu einer etwas freieren Uebersetzung gcgrifl'en
weiden mufs. In solchen Fällen wird die wortliche Uebertragung öfters in
Klammem binzogcfügl. Es mögen nun zunächst einige Beracrkuogen bezüglich
der Ueberseliong folgen, aus denen sich crçebto dürfte, dafs der Sinn des
Originals mitunter doch etwas genauer hätte lum Ausdruck gelangen köimen.
Vergleicht man mit Nr. I die unter 3 verzeichnete Variante, so kann
weder die Interpunktion, nocb die Uebersetiong der Verse 7 — 9 gebilligt
werden. Nach Veri 7 ¡st sowohl im Original als auch in der Uebersetzung
statt des Beistriches ein Punkt zu setzen; die Verse S und 9 bezeichnen gerade
so wie in Nr. 1 (V. 5) und in Nr. 3 (V. 7 und S| das Mittel lur Durchführung
de» durch die Frage angetlcuteten Wunsches. Ich würde hier das Verbum
„wollen" in Anwendung bringen; „ich will mich zu ihr begeben, ich will über
die Mauer mich schwingen", und ähnlich würde ich es auch 1, S und 3,6
Ihun, wo im Boche „sollen" verwendet wird. — Die Conjunktion Ji scheint
manchmal in unsern Texten noch die ursptÖDgUchere konsekutive Bedeutung
bewahrt zu haben, in welchem Falle sie mittels „so dzCs" Übersetzt werden
kann, so 13,14 (gar nicht übersetzt), aber vergi. 23. 4, wo auch W. mittels
„dafs" übersetzt. Diese Bedeutung hat Heb allerdings mit der Zeil verBachl,
so dafs gerade so wie im dmm. dieses Wörtchcn nur als ein Synonym zu si
erscheint. OeflE'rs dürfte es von der individuellen Auffassung abhängen, ob
darin noch die urüprüngtichere oder die schon abgeschwächte Bedentung zu
sehen sei, so etwa 11,4, aber 9,11 scheint doch die stärkere Bedeutung vor-
zuliegen, trolidem W. auch hier mit „und" übersetzt: der Gesang der Vögel
ist so stark, dafs selbst die [ermüdeten] Karawanen führet erwachen. — Eben-
daselbst ist anch die Konj. i unübersotzt gelassen, tiotzdem hier das WSrtcheo
die Bedeutung „selbst, sogar" besitzt. AehnUch verhält es sich mit dem-
selben Wörlchen, wenn es im adversativem Sinne verwendet wird; manchmal
übersetzt W. selbst mittels „aber", so 47,6. 81,9, aber 9,14 verwendet er
„und". —■ Auch das Wörtchen *o', welches einen Grund bezeichnet, wird
manchmal entweder nicht übasetzt oder unnützerweisc mittels einer andern
1 beiden A gemacht.
QO BESPRECHUNGEN. J. U. JAKNÌK«
als kausalen KoDJ. wiedergegeben, so 49, 8. 105,4. ^O (vgL ibid. 7), 39, 3 (vgL
ibid. 7 und 15); 110,6 wird das kaus. io in einen negativen Finalsatz umge-
wandelt. — Gar oft wird in unsern Texten das persönliche Fürwort im Dativ
als ein sog. ethischer Dativ verwendet und als solcher im Deutschen nicht
übersetzt, wogegen, wenn dies konsequent durchgeführt wird, nichts einge-
wendet werden kann. Mit diesem Dativ wird nun manchmal auch ein Dativ
der Ergänzung verwechselt und ebenfalls nicht übersetzt, so 47, II. 84,21.
Die Nichtbeachtung dieses Umstandes scheint auch die richtige Erklärung von
tsi ts fak 22,8 sowie auch tsi s Vi fako 120,8 verhindert zu haben. Es be-
deutet hier „ich kann dir nicht helfen", „sie konnte ihr nicht helfen" und es
ist eben der hier nicht beachtete Dativ des persönlichen Fürwortes, der dem
y txhMva fatse diese Bedeutung giebt. So ist auch 123,3 multu Vi pçru arou
nicht richtig mit „schien es ihm sehr schlimm" übersetzt, statt „that es ihm sehr
leid"; damit möge 43, 1 1 verglichen werden, wo nu ts e rou di mine mit „hast
du nicht Erbarmen mit mir" übersetzt wird. — 47, 14 in Vau de kçpesiru
liegt kaum der Begtifif des Führens, eher nur der des Fassens; ähnlich ist
20, 2 Va me un sin „nimm mich an die Brust" wenigstens unklar, statt „greife
mir an die B.". Das Verbum lua wird hier kaum eine andere Bedeutung
haben, als akotsa 18, 12; so giebt es auch keinen Grund, 48, 12 boga st. „lege"
mittels „trage" zu übersetzen. — 84, 2 eher „mit einem Maultier an der
Halfter" als „auf einem Maultier mit Halfter". Es wäre allerdings lächerlich,
wollte die Angeredete den ganzen Weg also machen, aber schon aus dem
dritten Verse geht hervor, dafs sie noch nicht defínitiv aufgebrochen sei, son-
dern sich an eine gröfsere Gesellschaft anschliefsen wolle. — 1^5»? nu pçate
SU V veado nila übersetzt W. „man kann sie nicht sehen ohne Mitleid", setzt
jedoch ein Fragezeichen dazu. Giebt es nicht etwa eine dem drum, a vedea
de cineva ähnliche Phrase, wo der Gen. durch den Dat. ersetzt würde? dann
würde der Vers folgenden Sinn ergeben: „Das Mitleid [allein] genügt nicht
um für die verwaiste Familie zn sorgen". Oder es ist hier /* als der Accus.
Flur, aufzufassen (also eine Konstruktion nach dem Sinne) und der Vers be-
deutet : „Das Mitleid (d. h. die mitleidigen Menschen) kann sie (die Kinder)
nicht ansehen (vor Rührung). — 12, 17 krepdi wäre gewifs getreuer und aus-
drucksvoller „ich bin geplatzt" als „ich platze" übersetzt; freier konnte es
„mit mir ist es aus" wiedergegeben werden. — Dagegen würde ich 52, 14 den
Aorist deade nicht mit „schien", sondern mit ,, scheint" übersetzen. Der die
Geliebte weckende Jüngling will gewifs sagen, die Sonne scheine gegenwärtig
auf die Decke; das Verbum da bezeichnet sowohl hier als auch 53, I, dafs
die Sonnenstrahlen den bezeichneten Gegenstand erreicht haben, somit den-
selben bescheinen. Allerdings kann das Verbum da, besonders wenn es ohne
Präposition vorkommt, bei der aufserordentlichcn Mannigfaltigkeit von Bedeu-
tungen, die gerade dieses Wort auszeichnet, auch an und für sich die Be-
deutung „scheinen" haben, wie dies thatsächlich 120,2.4. 13 der Fall ist
In 111,2, wo die Handlung in die Vergangenheit fällt, liegt kein Anstand
vor, dede pi k'eptu mit „auf die Brust schien" zu übersetzen. — Bezüglich
desselben Wortes h^e ich Zweifel , ob 76, 2 dats vo din alago mit „begebt
euch auf die Wanderung" richtig übersetzt sei statt „eilet" im Sinne des
Verbums „alogats", vgl. 21,4 ded ku dealago jagte hinter (ihr) her («m gab
mit Eile); 122, 12 z dusiro ku dealago schnell liefen. — Bei nçpôi gld}t das
G. WSIGAND, DI£ AROMUNEN. 9I
Glossar die BedeutoDg „zurück, wieder" und ,,daim" an und citiert für die
letztere auch 32, 13, womit auch die Uebersetzung der Stelle übereinstimmt.
Natürlicher scheint es mir und in Uebereinstimmung mit dem, was unmittelbar
nachfolgt, das Adverb mit ,,zurück, zurück" zu übersetzen: die Gäste werden
aofgefordert Platz zu machen, damit die Schwiegermutter ungehindert ihren
Schwiegersohn betrachten könne. — 106, 3 aèti s Tu nvets kann sich doch
unmöglich auf die Kunst des Rasierens beziehen, wie man aus der Wieder-
gabe „so richte es aus" deuten könnte. Es hat vielmehr den ganz klaren
Sinn „so belehre ihn", wahrscheinlich darüber, wie er sich seiner künftigen
Schwiegermutter gegenüber benehmen solle, um sich keine Blöfse zu geben. —
123,9 kommt der Aorist aurló in Verbindung mit noso und dcamna vor.
W. übersetzt: ,, brüllte sie an, brüllte die Herrin an", fafst also die beiden
Wörter als eine Ergänzung im Accusativ an. Es ist nicht zu leugnen, dafs
syntaktisch diese Verbindung nicht ausgeschlossen sei, da es im Arom. nicht
die Möglichkeit giebt, ein persönliches Objekt im Accus, mittels der Präpos.
p€, /r^ von dem Nominativ zu unterscheiden, wie dies im Drum, der Fall
ist. Hier pafst jedoch der Accus, durchaus nicht in den Zusammenhang:
erstens würden die Mägde die Stimme eines Mannes kaum für die ihrer
Herrin gehalten haben und dann besteht in dem deutschen Texte ein Wider-
sprach, indem es heifst : „als die Herrin zum dritten Male rief", was ein vor-
hergegangenes zweimaliges Rufen seitens der Frau voraussetzt. Ich erkläre
mir diesen Lapsus dadurch, dafs sich der Uebersetzer durch den Umstand
irreführen liefs, dafs das Subjekt hier dem Verbum aurló nachfolgt, dasselbe
ist jedoch auch bei dem Synonym strigò der Fall, wo richtig übersetzt wird. —
In dem unter Nr. 39 verzeichneten Tanzlied ist die Form tradze des i. und
13. Verses als 3. Sing. Praes. Ind. aufgefafst und mittels „zieht" übersetzt
worden. Es scheint mir nun der Indikativ wenig passend zu sein. Sehen
wir uns zunächst die zweite der citierten Stellen an. Dafs der Staub aufge-
wirbelt wird, rührt gewifs nicht vom lang samen , sondern eher von alhu
raschem Tanze her. Wenn wir daher den Vers 13 anarya tradze kor lu mit
„langsam führe (lenke, ziehe) den Reigen", also mit der 2. Sing, des Impera-
tivs übersetzen, werden erst die mit der kausalen Konjunktion eingeleiteten
Verse 15, 17, 19 klar. Aber auch der erste Vers verträgt sich leichter mit
dem Imperativ als mit dem Indikativ; in der Uebersetzung ist dies allerdings
weniger klar, da im 3. Vers das kausale ko nicht übersetzt wird, das Original
giebt jedoch ganz klar den Grund an, warum der Reigenführer den Tanz in
der im i. Verse angedeuteten Weise führen solle. Auf S. 112 der Olympo-
Wlachen, worauf W. hier hinweist, ist allerdings kein Verbum vorhanden,
aber das mit dem Vokativ verbundene Adverbium ist gewifs als eine Auf-
forderung aufzufassen. Wenigstens haben wir hier ganz in Uebereinstimmung
mit der auf S. 91 desselben Werkes bezüglich der Imperativbildung citierten
Regel die mit der 3. Sing. Ind. Praes. identische Imperativform strândze, so
dais auch in formaler Beziehung kein Hindernis vorliegt. Mit diesem Liede
kann das in demselben Versmafs verfafste albanesische Lied verglichen werden,
das ich aus Mitko's handschriftlicher Sammlung in der Zeitschrift für Volks-
kunde n. Band S. 190 veröfifentlicht habe. Auch dort wird in den Versen 6 — 7
der Wunsch ausgesprochen, der Geliebte möge den Reigen langsamer tanzen,
um die Hose nicht staubig zu machen.
92
BESPRECflÜNGEN. J. D. JARNIK,
Wag die Teile selbst betrifft, so babe leb eineo Zweifel betngllcb ], II.
Aus dem vorliergcbeadeD Plural kann allerdings leicht ein Singular abslrahietl
werden, nichts ist ge wohnlich er in der Volkssprache als solche Uebergänge
vnn einer Person zur andern, vom Sing. lum Plural und umgekehrt, hier stört
mich der Gebrauch des korrelativen Fron, demoiisli. zu dem vorb ergehendem
iu. Die Sache wäre jedoch ganz anstandslos, wenn wir annehmen könulea,
dafs hier tara stall des Pron. rei. tare verschrieben sei. Es würde allerdii^
das Pron. tel. allein genügen, allein nichts ist gewöhnlicher im Rum. als die
Hinweisung darauf millels eines persönlichen Fürwortes, ja oft wird erst an
dem letzteren ersicbilich gemacht, in welcher Beziehung sich das relative Für-
wort zu den ubiigen SatzteíleD befindet. Besonders ist dies allerdings bei
dem unliektietten Ûf der Fall, aber auch bei iure ist dies durchaus nicht
ausgeschlossen-, es möge aus der Ornitologia poporanS romänS von Manu
nur dieses eine Beispiel eitlen werden : Om .... care in toate afacerile taie
fi merge /oaríe bine (st. cSmia) I, 45. — Einen anderen Zweifel habe ich
buùglich der Gellung des 21,3 vorkommenden i'. Sollte es sich auf das ans
dem Baumnamen abstrahierte meare beziehen, was wohl das nilürlichste wire,
so wäre einzuwenden, dafs dieses Subst. im Plural weiblich ist tmil sieb daher
nur ein le oder ¡i darauf belieben könnte. Oder isl ti der Dat. Sing., der steh
hier auf den Baumnamen selbst beuchen würde? Der Accus, selbst kann hier
Dm so eher weggelassen werden, da er gana unbestimmt ¡st; wird doch der-
selbe mitunier auch dann «eggelassen, wenn von einem ganz bestimmten
Gegenstand die Hede ist, so i. B. 113,6 st l'' deade mo sa a fitiorlui (st. ìi
/'» d.). Aus der Ueberselznng ist nicht la entnehmen, wie der Herausg. die
Sache BußaTsl. da er nur vom Abpflücken im allgemeinen spricht. — Wohl
unbeabdchtigl ist die Weglassuog des Accusatìvobjekti o 12,19 indetUeber-
leUDDe „worin ich (dir) gebe" st. „worin ich es (d. h. das Wasser) gebe".
Die Weglassung des » erklärt sieh vielmehr dadurch, dafs sehr ofl das per-
sönliche Fürwort auf ein entweder vorhergehendes oder nachfolgendes Sub-
stantiv als Objekt hinwûst, in welchem Falle es in der Regel nicht übenem
wird, nnd daJs dies mitunier auch ein wirkliches Ptonomiaalobjekt treffen
kann. — Etwas awcirelhafl in dieser Beaehung ist dasjenige q, welches 11,1
sich votfibdcl. 1st hier da unpersönlich und transitiv lugldch, die SubiL
.^eber"- und „Gesundheit" jedoch Accusalivobjekte, so würde 0 pleonastisch
anf das erste Wort des ersten Verses hinweisen; sind jedodi die beiden Sob-
slaativa als Sabjckle sa denken, so «orde man eher blosses to ohne 0 er-
warten, falls nicht 9 mit da eine jener zahlreichen Phrasen bilden könnte,
deren Bestandteil eben das feminine im Sinne eines Neatroms gebraucbt« Pro-
nomen * ausmachl. — Auch übet die Fotin t'i SO, J, 4 wire es angeieigt
gewesen . eine Bemerkung lu machen , dais in beiden FiUen damnler der
Btiatigam lu verstehen sei. Oder sollte neh das l'i in den bdden Vctloi
auf die ia denselben vorkommenden nie tind tale beziehen? Dann mñble
alleiJtngs auch im 3. Verse ..ihr" dardi „ihm" ersetat werden. Die Vene S — 8
tatsen, wie ich glaub«, die entere AofTassong wabrscheialiclMi cndidncn. —
BeaitUcli dei Aanierkung >a lOl, 9, als oh hin das Impeif. dot ao« Reimawaag
Matt <l«s cia*ic richllfiSB Aoriste« gebtaadtl w«rik, ist ni bemeAea, dab auch
Am cte« ttnpr aadatMndc I1riitì(k«it beaciciuende LnpcHl ònen gant guten
Saa gMil. AlknUap «et«« ich *«na«, dab das Vcrbam mfà» lùer die ge-
B ABOMüNEV. Q3
«òholiche Bedeulnng liahea kòace: „vahrend den Naki die Erde latiehiu,
halle Zagori (noch iinnipr) Forchi vot ihm".
Von den drei Beilagen wollen wir uns mnachst mit der ersten, dem
Glossai, elwas aus fäliil icher befassen. Ueber die Einrichlung desselben er-
fahren wir S. 187 — 8 Folgendes; l. Es soll vollständig sein in dem Sinne,
dafs es alle sowohl in den Texten als auch in den Einleitungen votkommenden
Wolter enthalte; 2. Nur bd wìchligeQ und weniger häufig vorkommenden
und aus anderen Quellen nicht bekannten Wörtern sind sämtliche Belegstellen
angegeben, bei haufìger vorkommenden oder aus anderen Quellen bekannten
nut je eine; 3. Alle für die Grammatik wichtigen Stellen und Formen sind
aufgenommen worden; 4. Oft werden in ronden Klammern Formen beigefugt,
die »war in den Texten nichi vorkommen, abet oft gerade gebräuchlicher sind
(was mitunter auch von der Bedcolnng gilt): 5. Det Plural ¡st nur dann an-
gemetkt. wenn er belegt und seine Bildung bemerkenswert ist; 6. Häufig sind
Vermerke angebracht, wodurch das Finden der Formen erleichtert ist.
Wenn wir uns nun lu diesen einzelnen Punkten wenden, so mögen zu-
nächst diejenigen Wörter oiler Worlformen angemerkt werden, die in das
Glossar hätten auígeoommen werden sollen: anáparle 122,17.20 {ndfiartt
nnd Jindfarti sind allerdings verzeichnet), apQt 86. 18. lij, 14 (das mit a im
Auslaut vcrsläikte apoia sowie nepoi kommen vor, aber dann fehlt ebenfalls
nafoi I26,j etc., narota 125,3 Q"d "pfoia 122,9), "rpHdurika 27,8, ariin-
äurp 12,6 (nur ¡¡induro ist verieichnet), barbo Bart 113,15. 127,1, äiniiU
128,3 (<"" so eher, als das einfache iu.< bier nicht vorkommt), gaíbin 12,3
(onwr Husillo wird es allerdings ciliett ; die Weglassuag des Wortes ist um
so auCfallender, da dei Hetausgebet S. 3 det Einleitung über das Won eine
Anmerkung macht), fiondi Dörfler 124,6, htr Eisen 124,6, kafra Ziege
117. 17- '30,8, Uupuilts Sihelle 130, lO, kAtspfui. -uip junger Hund 122,22,
tutHt Messer 68,7. 69,4, ík/jiÍí 86,17. '*> ¿"'"¿wr*" ich breche aof 66,7,
lafte Milch t2l,6. 128,5, l<" i^h 1^=3^ 4l>l- ■■9i '5 (unter aids nicht ge-
nannt), Ug binde 122,20 (Vrt), í22, 23 (ie¿arp). mare Meet 58, 1. 3 (im Gl.
nur amarti, """'^ klein 96,158, Mari 74,3 (Gl. nur Marie), am 96,9 und
sehr oft, Flur. çamiA. palru vier 95, 13. 122, il {patrule), 126, 12. 127, 15,
fort trage, so di guìe 31, il. 99, lì, armi 86, S, Irup/u 119, 9, 3. Sg. /car/o
130, 10, prsaile Scìùeada 130,5, raiU Biantwein 94,2, rai 84.8 (unter arai
nicht verzeichnet), iáflsprodiuiíe siebzehn 123,2, trJidietí dreifsig 124,5. —
Wenn auf S. 307 unter den mit ,r anlautenden Wörtern auch gunp 111,2
verieichnet ist, trotzdem auch /una unter / vorkommt, wo diese dialektische
Fnrm halte aogemerkt werden köDoen, so vermifst man biet um so eher das
Wort ;;tindi 109, 5, da unter ¡uUgu gerade diese Belegstelle mit dem Plural
ciliert wird, ohne dafs dessen Anlautes Etwähnung geschehe. — Bei einet
vollständigen .Sammlung wütden ovo auch alle einsilbigen Wo rtchen Aufnahme
naden sollen, welche, nachdem sie den Auslaut^vokal verloren, nur aus einem
Konsonanten bestehen. Bei einigen ist dies wirklich der Fall, so bei /' (als
Dat. Sg.f, m. B l^= un), 1, li. s, es geschieht jedoch nicht bei á ^ de, di,
k = ka vor anda tic, II, = *¡> vor avde 67, II. 15, aklare 67,20, = iu vor
n äione 103, 7; l ■= lu î. B. 96. 123 etc., ^ la. 96, 13. 26, = lo 96, 52, auch
y, 15, welches zwar im Gl. unter el verzeichnet ist, jedoch so, als ob es anch
a hicfse, während das 0 in beiden Fällen vnr 0 schwindet; l ^lu (Präp.)
HESPHECPUNGEN. J. U. JARNlK,
vor uno 95,30.58, uisu^açt 104,1, askiindeare ~- ahuvinare 130,4: »^
vo besonders in bunp v caro; n ^ n¡i 9. tj. 22, 13, jl, (t. — Im Getieoldl
trseheml im Gl, auch eta Wort, das an der citiericn Belegstelle gar nicht
voTkommt: bUiu 130,1. Es soll hier olTenbaT das betreffende Kapitel da-
durch ergänzt werden.
Beiüßlich der Anführung von Belegstelleo hai sieh der Herausgeber in
der Mitte zwischen den zwei Extremen gehahen: er hat weder von jeglicher
Citierung abgesehen , Doch Vollständigkeit angestrebt. Man mufs ihm dnfür
dankbar sein, dafs er uns wenigstens so viele Nachweise bietet, aber dabei
kann ich doch nicht eine Bemerkung unterlassen. Ich habe Astgestellt, dafs
bei sehr vielen Wörtern durch Hinzufiignng nur einer orfer iwei bis drei
Belegstellen die Vollständigkeit etrelchl worden wäre. Halle man dies kon-
sequent darchgeíñhrt und our bei iängerco Ailikclo, wo eine Aufiählnng
aller Bdegstellcn aus dem oder jenem Grunde überflüssig schien, das Zeichen
„etc." hinzngefägt, so würde das Buch vielleicht um einen balben Bogen an
Umfang zugenommen haben, aber man würde überall ganz genau wissen, ob
man alle Belegstellen vor sich habe oder nicht, während man dies bei der
gegenwärtigen Einrichtung niemais weifs. £s ist zwar die Abkürzung „etc."
hie und da auch hier angebracht, halle jedoch ebenso gut wegfallen können:
man möge ja nicht glauben, liafs dort, wo die Anmerkung nicht vorkommt,
alle Belegstellen verzeichnet seien. Ja es kommen auch Fälle vor, dafs die
Abkürzung bei Wörtern steht, die nur an der im Gl. verzeichneten Stelle im
Buche vorkommen, so bei andmisa, birbér, magasU.
Es gicbt nun auch eine Kategorie von Woltern, deren in der Einleitung
zum Glossar keine Erwähnung geschehen , nämlich solche, bei denen auch
nicht eine einzige Belegstelle vorkommt, so an, ape, atvist (nur 51, 19. ai),
bumUk (nur 52, 11), filli (nur 88, 10), gard«, Ihido (119, i), kl'eaU (18.3),
kftíúAa (IÏ, 12), palo (64, 14. 16), searp, seati (34, J), tpvane (133, 14), urht
(43. 17). Scheinbar ist dies der Fall auch bei der unter a citierlen Phrase:
me dui aminíc, dieselbe kommt jedoch im Buche gar nicht vor; dagegen gilt
das von tt adprds (unter addr). das wirklich 78, 3. 79, 4 vorkommt, und auch
von s adavgû (unter adavg) 40, zi. Dafür werden andere Formen an zwei
Stellen des Gl. mit Belegstellen versehen, so noinlru lai, 3 nicht nur s.v.,
sondern auch nnter nountru, so auch anvirliga 119,4 sowohl s.v. als such
unter nverliga, welch letztere Form in den Texten gar nicht vorkommt, kt
die lettiere wirklich gebräuchlicher, so sollte sie dem oben unter 4. filierten
Priniip gemäf!! neben dem thalsSchlich vorkommenden anuiWi^-o in Klammem
beigefügt werden. — Was nun diese Hinzufügung gebräuchlicherer Formen
selbst betrifft, so möge konstatiert werden, dafs milunter auch solche Wort-
formen in Klammem gesetzt werden , die thatsächtich in den Texten vor-
kommen ; so ailing (s. slíñg) 129.27, oilalse (s. alt/iì 67, iS. llS,â, aìitte
(s. aìll 120, 13 (warum wird dann im Gl. ayaíií neben aud aufgestellt? ziun
erstem vergi, auch oßaiii 126,9), "■"i/o (s. numtp) 125,5. 6| pal^iin (s. ^u/jíh)
119.10. 121,9, IO. vergi, auch nverínál, das im Gl. nur als Stichwort für
zwei andere Formen erscheint, als ob es im Buche gar nicht vorkomme, kber
s. 69, 3 ; auch bei gnu, das im Mase, in unseren Teiten nur als grou vor-
kommt, wird diese Form nur in Klammem ciliert.
Ich gebe nim eine Auswahl derjenigen Wörter und Wortfonnen, die
u
G. WEIGAND, DIE AROMÜNEN. QS
ich im Gl. sei es als Stichwörter, sei es als Varianten von daselbst vor-
kommenden vermisse: arhiseskti 126,5 {'^^'Hrhinsesku), diñgós 128,3 Inatte
entweder unter diñ^és oder unter ^os oder ñijos Aufnahme fìnden können;
unter dit auch di ti 84,4; fur auch als Verbum 119,23. 24; neben dem im
Gl. verzeicheten vitsinp kommt auch das Mase, vor und aufserdem auch
vetsina 98, I. 2. 6. 10. 12 mit e\ auf krinithune II 3, 4. 5 hätte wenigstens unter
ñkVin . . . hingewiesen werden sollen ; unter ipu fehlt die Dativform ni, die an
sechs Stellen unserer Texte vorkommt, einmal auch 122, 13 in Verbindung
mit der stärkeren Form a úla {dp ni a nía) ; — bei kl*em auch 2. Sg. kl*eú
120, II; adiúmsirp 119,10; atsél 126,7 ^^ ^^ Bedeutung eines Neutr.; zu
dau auch didéè 105,2. 108, li; dot vor einem Femin. dzuU 124,3 (allerdings
zugleich mit trei); alt un Aiì&m (Stellung) 123, 10; aveám-{-sp in der Geltung
eines Konjunktivs 122,2, womit zu vergleichen bpidm 113,14, spunedi 119,15,
spuned 119,15, adundm 5, 8; so fehlt unter aistu der Plur. fem. a^j/^ 120, 10.
123,11 (im Gl. nur aeaste), auch aisti 122,23; unter dnda auch kanda wie
wenn 119, 11 ; diumetdt 91, 5; huztnii^dr 128, i. 19 mit < (fem. allerdings 1 auch
im Gl.); wenn ndreb unter ntreb verzeichnet wird, warum dann nicht unter
intru auch indru 125,4, indrô 126,4, i^àrp 125,3? und unter npuntru auch
npundru 123,2 und 125,4, ^i^ ^i^^ zwar citiert sind, aber ohne dafs die
lautliche Verschiedenheit erwähnt werde; kar 55*1; kriskú 121,6; kumbprô
126,6. 8, -oro 126, 7, kúmbprí 126, IO; pprpmO- 119, 15; soi 95, 24 (zu spu)'^
sunptoi 129, 7 (bei spnptate sind beide Formen citiert); steaup 127,6; bei ak
hätte wohl auch der Plur. dtsilr 127,28 citiert werden können; jfil/Át* 64,2
ist wohl auch Plur. zu yiUl^ei
Was nun die Genauigkeit der Ziffemnachweise betrifft, so habe ich in
dieser Beziehung über 100 Versehen festgestellt. Die gröfscre Hälfte davon
sind solche Fälle, wo nur die zweite den Vers oder den Abschnitt bezeich-
nende Ziffer und zwar um eine einzige Einheit sei es gegen das Plus oder
das Minus unrichtig ist. Ich begnüge mich bezüglich dieser geringfügigen
Versehen mit dieser Bemerkung und führe nur die übrigen an. Die Sache ist
so eingerichtet, dafs zunächst das Stichwort, daneben die beiden Zahlen und
neben der falschen die richtige Zahl in runden Klammem hinzugefügt ist:
adúi; zu adusim pafst nicht 96, 35, da hier im Text adutsém als Praes. Conj.
vorkommt (vgl. auch adutséts 122, 15. 22), während adusim 32, 15. 17. 19 steht.
(Es hätten hier übrigens auch i.Sg. Aor. adúe 108,6.7. 122,25, ^ ^^^ zxich
3. PI. adûsirç 122,22. 126,4.11 citiert werden können); am 112,11 (19),
aui 118,5 (hier nur auatse, das wirklich s. v. citiert wird), auiesku 40,2. 3
(2.3 = 23), baltsu 86, 28 (22), bosai 13, 10 (hier bohó» das gleich darauf citiert
wird, fur die i.Sg. wäre 4,4. 21,6 anzuführen gewesen), bpsi/öu 118(122), i,
brats 58,4(14), doi 11,17(7), dimundare auf Bestellung st. 67,21 lies il, 19,
dumnidskóu 9(12), 8. 9, efharistisesku 128 (129), 7, fak und zwar zu fg u ñ
iole st. 31,7 lies 12, IO, während 31» 7 richtig gleich darauf hei fo stri kaU
steht, \h\á. featse 17,12(2), fug 49,4(14), ^^¿0 113(118), 16, iou-a Uta
I0|I5(5)' 17» 4 (14)» ibid. úi 126,10 (zu tilgen), np 81,2 (ebenfalls), kotiug
123,18(10), lai 15.4(7)- 39,48(4.8)» ^Pi 66 (67), 7. 80 (87), 4, lau 87 (88), 7,
lukru 107(117), 4, mprmintü 115(117), 14, mutresku 33 (37), 7, ndultsesku
48,11(15), niñgg 9(10), 12, fikatiu 128,20 (zu tilgen, da es zweimal vor-
kommt; eigentlich kommt jedoch weder die eine {ñkatie) noch die andere
go BESPRECHUNGEN. J. V. JARNIK,
{añiatip) Forai vor. sondern Hniatie), nkrid 68 (86), 8, o/ 64, 10 (16), j
rfsi/j 114. ' (S). íeJÍaV 108 (110), 9, pinâiér II (IO), I, fgarkp 130, 7 (10).
folate 95,10(30), purismi 130,7(10), iedS 111,16(6). tine 9,11 (lu lilgCD).
tp^-a soir« (ut 8(38).3, Iruf 32. 8 ('B), (Ji lìS (116), 4, tu 9, 1 1 (tu tilgeii),
furjlu 64(46), IS, <uC 5(4), 9, /11/0 5(4), 5, duiD SI. iz6, 4 lies 117, 19, vert/i
95'86(j6). ^a'r« 133,23(13)-
Beiäglich d(T ZifFcmnachweise ist noch FolgendEs m bemerken. Bd
gewÌ95(ii Formen oder Woitverbüidiingen linden sich oft mehrere Beleeslelka
und man könnte glauben, dats an allen diesen Stellen sich genau dieselbe
Form oder Worlvcrhindung vorfinde, die ihnen vorgeseUt ist. Dies ist jedoch
selten der Fall, gewöhnlich ¡st das im Glossar Gebotene als Paraidigma auf-
lur^ssen, wozu dann die übrigen Citale mututií mutandis meistens aUerdings
passen, so wenn z. B. unter a/anlu, Flur. alanlsQ Irti mit 66, (I and 1 16, J
angemerkt ist, während an der zweiten Stelle das Wort mit ßiiori (allerdiogs
vor alanlsf) verbunden ist; oder wenn unter Aou das Paradigmi hü'lu a l(
26,2 auígeslellt wird, nach welchem auch 45,9 truplu, 61,37 ¡S^reU, 6a, iS
dionli sich richten. Etwas bedenklicher wird die Sache, wenn Kwischem dem
als Paradigina citiertcn Beispiele und den übrigen Bslegstellen ein weteot-
licber Unterschied besteht; so unter al bietet das Paradigma als regierendes
Subst. das mit dem Artikel versehene hW, während in dem tweiten Falle das
artikellose filiar vorkommt; unter riuu 2u hü' a fi. 61,10 paTst schlecht
fratrie a fi. 66, 16, das besser unter kü'lu a rf. passen wurde; unter meaz:
dada 15,10 parst ivi a.r filika 91,1t, Surita 101, 1 [, dada 101, Ij. aber nicbt
tare anteas 101,14; — nvotlestu. m nvorted pafst nur die mittlere der
der drei Belegstellen 90,4. während die erste, 41,6(31.5) nvorñts und 119,30
(st. 31} invortl »nfweist; — af¿t, eu afitaro pafst nur 119,13. wïhrend f¡
(st. 28) der Text aféalo bat; — bei adiin I paCst zu mi adunai ku ^rade
die zweite der beiden Belegstellen 103,7. wahrend 95,68 der Text t adunó
aufweist; — bei lipstsku wird der Bedeutung desselben als eines unpersön-
lichen Ausdrucks „es ist notig" ^dacht, dabei jedoch neben xwei passenden
Belegstellen auch eine unpassende 116, 5 citiert, wo es „fehlen" bezeichnet; —
das unter /uBfl verzeicbnele A"" '00,2 gehört doch unter die Konjunktionen,
da es ebenfalls schon mit s verbunden wird; — unter dado wird ali dado
zweimal als Dat. belegt, aber nur die zweite Belegstelle pafst hieher, die erste,
103, 17, ist ein Genitiv, so anch unter alantu ist weder alantor 11$, 11 noch
a/fntir 120, 12 ein Dativ, sondern in beiden Fällen ein Genitiv; ■ — lu dem
unter iQatso verzeichneten Plur. s¡át¡iU pafst nur 15,6 (st. 5), da das nächst-
folgende 81,5 ¡îatse aufweist; — so auch zu dem Plur. socare (unter tbor)
psist nur die zweite Belegstelle 51,2, wahrend an der ersten 32,6 im Texte
tbçirolt steht, was um so auffalleader ist, da der Plural sínurn gleich darauf
im Gl, für sich belegt wird.
Ich gehe nun zu einem andern Punkte über. Es ist gewils gerechtfertigt
zu verlangen, es möge dort, wo das Glossar ausdrücklich eine Belegstelle
citiert, die äufsere Gestalt aller cïtierlen Worlformen genau diejenige Form
erhalten, die sie hu der betreffenden Stelle in den Texten aufweisen. Sollte
hlc und da das Glossar dam benützt werden, um Verbesserungen etwaiger
Iirtüner der Texte aufzunehmen, so möge dies ÜberaU ausdrücklich erwähnt
werden. Am ärgsten ist es wohl, wenn die Stichwörter selbst in dieser Be>
G. WEIOANIJ, DIU AKOMUNEN.
I babea
zìchuiig Abweichungen zeigen, unii auch dav
So Í sl. o da- Teite: ¿use 41, 8 (s. guh,'). *
5.5 (s-Ä). 1 vditl'ti H9.i3.î4((. a 3), worn
Gesagte zu vereleichen ist), krepate, musale (9.
ist das ah Slichwart angelñhile ntiine 84, 15,
mfwdsi, wi'
■ hier Beispiele.
'ndine 103,2, frunäse di fag
t besonders das auf S. 349. 4)
ali); — besonders aufTallend
wo der Text gerade so ruhtnc
103, 13 der Fall ist. Noch auffallender ist das unter
asttT'ial citierte aslernaté lï6, 4 nicht so sehr Wf^eu des offenbdren Acccnt-
fehlers, als vielmehr deshalb, weil es ausdrücklich von aiUrnu gelrennl ist,
bei IctitEteiD auf ailerndt verwiesen wird, wahrend im Texte selbst aoch an
erstirrer Stelle die Lanlgruppe it (nicht sl) vorkommt. Sollte dies etwa eine
Korrektur sein, so mufìte du anidrücklich aU solche gekennzeichnet werden.
Etwas ähnliches ist es, wenn unter stoi (Hol) 108, IS als Patt. Perf. ein lies
citterl wird, während der Text auch hier iios hat; oder wenn unter tandu
1 BtisdrñckUch bemerkt wird „auch kundu 81, 6", wo der Text gerade so ein h
Lvofweist wie an den abtigen Stellen. Auch wirkt es störend, wenn unter tu
WtAlMTi wird tu pal 1,8, während das Suhst. im Texte fade heifsli oder wenn
rinler dem »weiten tu (Fron.) 119, 12 der Dal. trie vorkommt, der im Texte
E«radc so mit a versehen ist wie das unmittelbar darauf citierto a lita.
Daiu gehören ooch folgende Fälle: untet iulo wird auch auf 31, 11 ver-
wiesen, wo der Text gar nicht dieses WörlchcB, sondern rfi' ¿i aufweist (Inr
iuip wäre autser dem im Gl. citierlen 40, 16 noch etwa 122, 30 anzusetzen); — -
unter fai wird zu 119,9 ausdrücklich gesagt, dafs hier das Verb als rcQ. er-
icfaeine, was im Texte nicht der Fall ist: — unter tut wird lu 10S.5 Ü in
tut aái citiert, was ein interessantes Beispiel des pleonastischen Gebrauches von
H abgeben würde, im Teil jedoch ¡sl keine Spur davon; unter //wird 50, 7 tri
Ili karr cilierl, aber der Text hat hier Ip; — auch ist es nicht genau, wenn
unter a 3.) a lui Niia cilíctt wird, wahrend der Tüxt al Nika aufweist.
Auch bezüglich der Aecentbezeichnung wäre manches zu bemerken,
s Prinzip, nach welchem die Accentuieruog bezeichnet wird, tu ein ziem-
llcb einficbes: als die normale Accentsilbe wird die votletzte des Wortes
sehen, daher der Accent, so oft er auf dieselbe fallt, nicht gesetzt wird.
, dafs weder in Oi-n Ti^xtcn selbst noch im
iÇlossar in dicicr Bciiehung mit ili^r erwünschten Genauigkeit £u Werke ge-
i, luse jedoch davon ab und begnüge mich ntir mit einigen auf-
¡bllenderen Fällen. Ich sehe dabei von offenkiiDdi^n Fehlem wie asternal^
il), andd Ti, lO auil'l I20, IZ, und 130, 1 ab, aber in einigen Filien konnte
e Nicht iibereinslimmung des Glossars mit den Texten den Leser doch im
iTDkUren lassen, so 61, II etc. tumpfinile, aber im Gl. lúmpono; drga/an Gl.,
n Text unbezeichnet, daher argdjan; astrrdt/m lîl, 11 (Gl. ausdrück-
lirdtem); unter surpa hat das Gl. ¡ücup^ zu [06, 6. aber der Text
Xtf/upp d. h. ¡uçupo. Dafs auch bpligo des Gl. unrichtig ist st. bdtíga, geht
jicbon daraus hervor, dafs das Wort im Gl. an unrecliier Stelle sich befindeL
X grofse Knappheit des Glossars hat hie und da einige Un-
laibeil verschuldet. Ich wähle, um es zu zeigen, als Beispiel die WörLchen
Unter ama (auch um) ist nur die Bedeulung „aber" ver-
zeichnet, wobei a'.if ma verwiesen wird, wo die beiden Formen aína und am
nur mit der Bedenlung „aber" des »is in Verbindung gebracht werden. Es
wird nun daneben mit derselben Schrift wie im rumln. Text das in runde
I. Fbil XX. 7
gS BESPRECHUNGEN. J. U. JAKNÌK,
Klammem gesetzte Wörtchen „nur" hinzugefügt. Ich setre voraus, dafs dieses
Wörtchen eine der mannigfaltigen Bedeutungen des mm. Wortes wiedergiebt,
wenn jedoch die Einklammerung bedeuten sollte, dafs das Wort in dieser Be-
deutung in unseren Texten nicht vorkomme, so muíste dies unter Hinweis auf
ii9f 31* 961142 verneint werden. (In diesem Falle ist es synon. zu dem 119,5
auch pleonastisch gebrauchten mas.) Aus den drei unter ma i) citierten
Beispielen ist zunächst 11,17 auszuscheiden , wo das Wörtchen in genauer
Uebereinstimmung mit dem drum, mat mit nu bedeutet „nicht mehr". Diese
ursprüngliche Bedeutung ist oft bedeutend abgeschwächt worden gerade so wie
im Drum, (vergi, die gewöhnliche Frage nach dem Wohlergehen ce mai faci?),
so 87, I lúndure ma yin è ma fug, 112, 16 ma me plundt, 28, II. 12 iu ma
i yine, 56, i uno feat o ma s muiato, auch 32, I ma so ú bpnedz kann viel-
leicht hiehergerechnet werden (wogegen das in ähnlicher Weise i lO, i an die
Spitze des Liedes gesetzte ma mit ähnlichem Gebrauch eines adversat. da, d im
Dmm. zu vergleichen ist). Hieher rechne ich auch die beiden unter adversat. ma
im Gl. citierten Beispiele eines m 8, 3. 7 ; im Texte trachtet es der Herausgeber
in Klammer mittels „aber'* zu erklären, was jedoch durchaus nicht zu passen
scheint. Dasselbe ma im Sinne von „beinahe, an" wurde ich 63, 4 ma tro
nan au sehen (auch drum, in derselben Bedeutung). Das Il6, 4 vor ku
arovdare vorkommende ma könnte man als „mehr beim Komp." erklären,
eher ist es jedoch das anfangs erwähnte „nur".
Dann werden im Gl. unter 3) und 4) noch zwei Bedeutungen angeführt
3) ma ko wenn 119,2 und 4) ma s aber wenn. Im letzteren Falle wäre es
nur eine Verbindung des adversativen ma mit der auch in unseren Texten
vorkommenden hypothetischen Konjunktion so, si, s. Diese Uebersetzung
kann jedoch in den Texten nicht immer in Anwendung kommen und W.
wendet sie nicht einmal überall dort an, wo er Belegstellen davon anfuhrt,
so gleich 123, 14, wo „aber" schon deshalb nicht passen würde, weil un-
mittelbar davor die Konjunktion s steht, aus demselben Grunde auch nicht
119,27 so ma so z dtuko) auch 1 19, 13 in einem nachgestellten hypoth. Vorder-
satze wird nur „wenn" zur Uebersetzung verwendet, auch 122, 16 nach einem
kausalen ko kann von „aber wenn" keine Rede sein , und so beschränkt sich
die Anwendung der im Gl. angegebenen Uebersetzungs weise nur auf das zweite
Beispiel 119,27 (st. 28) ma s te ntreabo und 122, 6 ma s nu Vi fak. Aber
in keinem der beiden Artikel erfahren wir, dafs auch ama oder am und zwar
ohne so die Bedeutimg einer temporalen Konjunktion haben, welche beinahe
durchgängig mittels „als" übersetzt wird; so ama mit arhinsiro 125, 2,
hogar 0 125,3, hogó 126,8, duse 126, IO, avdûro 126, 12; von am citiert das
Glossar allerdings zwei Beispiele 126,5 {aperì), 126,6 {bogó), jedoch mit der
hier unrichtigen Bedeutung „aber"; in demselben Märchen kommen noch
zwei Belege davon vor 126, 4 {armase) und 8 {indrebaro). Auch hier
kommt in der Uebersetzung einmal das formal identische ama = aber zur Gel-
tung: ama 0 bçturo 126, 7 wird hier nämlich mittels „aber als" übersetzt,
also in derselben Weise, wie dies früher von ma so erwähnt wurde. Eis
wird also ma, ama, am in ähnlicher Weise mit oder ohne so gebraucht, wie
dies bei kund, kara u. ä. der Fall ist Zweifelhaft ist ama % vrets 96, 69,
wo ama auch die adversative Bedeutung haben kann, die ihm im GL beigelegt
wird. (In der Uebersetzung der Ballade wird ama z hier nur mit „wenn"
G. WEIGÀND, DIE AROMtJNEN. QQ
âbcrseUt.) Auch Obedenaru hat dem in seiner Fassang des Liedes stehenden
ma die adversative Bedeutung beigelegt. Es geht aus dem allen hervor, dafs
wir es hier mit mitunter auch dem Ursprünge nach verschiedenen Formen
zu thun haben, die im Glossar nicht deutlich genug auseinandergehalten
wurden. Da nun der Herausgeber auf die Frage der Etymologie nicht ein-
geht, so will ich mich nur mit der Bemerkung begnügen, dafs das temporale
ma mit s gar sehr an das gegische massi = nachdem erinnert.
Bevor wir das Glossar verlassen, mögen noch zwei Kleinigkeiten erwähnt
werden; dt 4) wird doch nicht zur Konjunktion bei einem Komparativ darum,
weil es im Deutschen mittels „als" übersetzt wird? — Unter ka wird auch
ka de in der Bedeutung von „etwa" verzeichnet unter Hinweis auf 95, 36.
123, 2 ; dies sieht so aus, als ob erst beide diese Wörtchen zusammen diese
Bedeutung gäben, was doch nicht der Fall ist.
In der IL Beilage werden die dialektischen Verschiedenheiten im Aro-
munischen im allgemeinen und an den einzelnen Liedern im besonderen nach-
gewiesen; dabei möge S. 354 st. Nr. 17 die Zahl 18 und S. 359, 4) st. 189 die
Zahl 89 gelesen werden. Ob es richtig ist, wie es W. auf S. 357 thut, kalu-
guru, kumpuru, surupü auf eine Stufe zu stellen mit lukurü, paturu, kus-
kurü, kopestur möchte ich bezweifeln; im Drum, wenigstens wären diese
beiden Wortklassen streng von einander zu scheiden. Dafs hier die Gruppe
muta -4- ^ mittels eines u losgetrennt wird , dürfte mit der vom Drum, ab-
weichenden Art der Anhängung des bestimmten Artikels zusammenhängen. —
Dafs die 357, 2) erwähnte Ersetzung eines a nach r durch ea auch im Drum,
vorkomme, sehen wir bei Miklosich , Beiträge 27, 2 ; auch das analogische
eredm statt erdm ist im Drum, bekannt.
Ob wirklich die doppelte Bedeutung des Verbums Uiu „weifs und kenne"
auf den Einflufs des gr. ^avQ(a zurückzuführen sei, möchte ich bezweifeln;
wenigstens besteht derselbe Unterschied auch im Drum, und der Uebergang
ist gewifs ein so natürlicher, dafs er sich auch ohne Beeinflussung seitens
einer fremden Sprache entwickeln konnte.
In der HI. Beilage werden recht interessante Winke über folgende Punkte
gegeben: I. Was soll gesammelt werden, wo und wann findet man es am
besten? U. Wie soll das Gesammelte niedergeschrieben werden und welche
Hilfsmittel können dabei angewandt werden? HI. Wie kann man die Leute
mitteilsam machen? — Wir ersehen auch aus diesen Bemerkungen, dafs wir
von W., falls er sich noch zu anderen Reisen in die von Rumänen bewohnten
Gegenden entschliefst, ein reiches und zuverlässiges Material erhoffen können.
Die sprachwissenschaftlichen Zwecke, die er bei seinen Sammlungen verfolgt,
sowie auch die wissenschaftliche Ausrüstung, mit der er an die Arbeit geht,
sind uns eine sichere Gewähr für den grofsen Wert des von ihm Gebotenen.
Möge ja nicht aus dem Umstände, dafs ich im einzelnen einige Bemerkungen
machen zu müssen geglaubt, gefolgert werden, als ob ich die Verdienste des
Herausgebers verkennen würde: gerade die Sorgfalt, mit der ich an das
Studium des Werkes ging, beweist das Gegenteil. Dadurch dafs ich einzelne
Versehen vei bessert, glaube ich auch meinerseits ein bescheidenes Scherflein
zur Vervollkommnung des Werkes gebracht zu haben. Andererseits gebe ich
mich der Hoffnung hin , dafs ich mich bei der Besprechung von Publikationen
7*
lOO BSSl'RECHCNGEM, J. U. JAKNIk,
dieser GbIIhiir seitens des verdienstvollen Forschers in der Zukunft werde be-
deutend kürzer fassen köanen, indem ich nicht eiamal im einzelnen etwas ta
bemängeln haben werde.
Erster Jahresbericht des InatittitB für ruminlsche Sprache nt
Leipiig. Herausgegebea von Dr. Gastsv Weigand, Leipzig, Barth
:894, Vra. 155.
Diese Publikation enthält drei Atbeilen; 1. S. I — 78 eine nom. Predigt
vom heil. Antonius nacll einer Handschiifl aus dem Anfang dieses Jahrb.,
bearbeitet von Paul Dachselt; 2. S. 79—121 behandelt Kurt Schladebach
die aroiDunische Ballade von der Artahrücke; 3. von dem Merausgcber selbst
unter dem Titel „Istiisches" zwolT kürzere Erzählungen (lum. anoave) in istroram.
Mundart.
Was nun zunächst den ersten Text betrifft, so wird nach einer kurzen
Einleitung über die Provenienz und die Beschaffenheit der mit griechischer
Schrift geschriebenen Handschrift der betreffende Teil derselben abgedruckt,
worauf dann eine phonetische Umschrift und Ucberaetzung. dann einige An-
merkungen und endlich das Glossar folgt. Es ist keine angenehine Aulgabe
gewesen aus dem vielfach inconsequent durchgeführten Original einen befrie-
digenden Text htr/ustellen : im allgemeinen kann dieser Teil der Arbeit als
recht genau und sorgßltig bezeichnet werden. Eine von mir angestetlte Col-
lation ergab nur wenig bemerkenswertes ¡ ich richte die Sache so ein, dali
nach der Angabe der Belegstelle zunächst der transe ribíertc unrichtige, recht*
davon durch einen Längeslrich gelrennt der richtige Wortlaut des Originals
folgt: 11, 3Î oB-i uB, 26 jo—sö r, ni, 12 ji — iÇife "'so tsi s (vgl. auch
Vn, 20), so auch 19 siati (si, wo s ganz am Platz ist; V 5 i? kifaso — io
i-twsa, 1 7 äi bisiarikc — n 6. ; VI , 9 tra si 1 - aniinlo — tra si a. , 33 al-
lumtsia — ttlumfsia; VII, 5 io si — si si. 21 polûkarte — poloìtoris;
Vni. 16 nirgu — úíTgu; X, 8 stiamu — stiamu. 25 hai die Handschrift
vxrfxà, was gewifs nicht nur wie di io. «ondem auch wie di ka gelesen
werden kann. Dieses ka könnte nun vielleicht gerade so wie dies auch im Driun.
bei einer Vergleìchung von zwei ungleichen Stufen geschieht richtig sein,
wobei die Bemerkung über die notwendige Ersetzung van di kç durch di tot
m entfallen hätte; XI, 12 so — io; XII, 25 duia ~ dutu was allein hier pafit;
Xm, 4 cftj ßijavTa kann gewifs gerade so gut mit dem Iodic, viade als mit
dem Conj. vìàdp (wie auf derselben Zeile ßrjavza) Iranscribiert werden: ich
gehe dem Conj. den Vorzug, da er sich hier besser in den Zasammen-
hang fugt; XIH, 10 si ¡- bogolso — si l'-b; XIV, 4 ma tip — ma s tip,
also der ganz richtige Conj. statt eines weniger klaren Indie; XV, 9 Iti ßt-
stio — tsi l'-f.. 17 va s-nu akalsp — va s-nu Iso a.; XVI, 11 die Praep.
dt nach a^a Ist gerade so ríchlig wie XIII, 19 nach m/riiuiallit und in dem
verkannten Adj, XII, 16, daher ja nicht zu streichen.
Die Accentbezeicbnung geschieht nach der bekannten auch von Weigand
in Anwendung gebrachten Methode. Ich würde eine etwas genauere An-
wendung dieser Methode wünschen, auch könnte ich manche Fälle der Nicht-
übereinsiimtnuog twischen dem Glossar und dem Texte in dieser Hinsicht
G. WEIGAND, I, JAHRrSHER, DES INSTITUTS FÜR RUM. SPRACHE. lOI
nachweisen, docb will ich, da ich wichligercj zu sagen habr, auf diesen Puokl
nicbl weiter eingehen und iiiich üuniichal zu der Uelierseliung des Textes
Die rumäniscbe Kasiuag dürfte, wie auch der Herausgebet venantet,
□ich einem griechiichcD Original gemacht wocJen sein uod bietet auch bezüg-
lich des Inhaltes manche SchwieiigkeileD. Im allgemeioen kann man tnit der
UebersetiüQB recht zufrieden sein. An einigen Sitllen gesteht der Uebersetier
selbst loyal (9, Anm. auf S. 43). dafs ihm der Sinn nicht ganz klar sei und
bebt ausdrücklich einige Stellen als besonders unklar hervor. Ich will
nun VOI allem auf diete Punkte ein^'ehen und eine Deutung veiiuchen; die
Kenner, vor allem der Herausgeber selbst mÖ^n beuileilen, ob ihnen meine
Ueberseliurg lusageo wird. XU, 21—24 wenn er — gewesen ist, soll heifsen,
nachdem der unrichtige Beisliich zwischen ahi^lu und «u multu gestrichen:
„aber dann ist dasjenige was geschrieben war (d. h. Schlechtes, in den Hellen
der Teafel) noch anmal so viel und ärger ist es als dasjenige, was früher
geschrieben war". — XII, 25— 16 ist das Wort mfrUntht geradeso ein Ad-
jektiv wie Xm, 19 und das Wörichen di ia\ hier ebenso die FripositJon,
niehl die Conjunkiion di, wie dies XIH, 19 der Fall ist. Es ist allerdings
richtig , dafs das nrsprOnglich consecutive dì mitunter in abgeschwächter Be-
deutung eines ii vorkommt, aber dann sind es immer zwei Sätze die abo
mit einander verbunden weiden, nicht jedoch zwei Teile eines Salzes; es
■oil also hcilaen: „und bringen sie zu dem schrecklichen Stuh! des Herrn".
Wenn es dem Herausgeber aaflallend erschien . dafs in dem Berichte des
Teafets keinerlei Erwähnung des Fegefeuers vorkomme, so mochte ich eine
solche xm, 21 — 24 sehen, da hier ausdrücklich ein Ort t;enannt wird, der
weder das Paradies noch die Hölle ist. Der Ausdruck wäre auch viel zu
scharf für das Fegefeuer und wurde eher für die Hölle passen. — Ich wun-
dere mich gar nicht, dafs dem Herausgeber wie er in der Anm. zu XIII, J
erklärt, der Zweck „des Umkebrens der Seele auf dem Boden des Fege-
feners seitens der Engel" unklar geblieben sei. Er schiebt die Schuld
auf die Unklarheit der Uebersetzutig. Der Text ist hier jedoch ganz klar:
der deutsche Uebersetzer hat eben nicht beachtet, dafs hier das Ortsadverbium
di aille und nicht aisle vorliegt, also „von hier" nicht „hier", und dann dafs
liitu nicht nur den Boden sondern auch die Erde, die Welt, mundus be-
zachnet, wie z. B. XV, S ganz richtig übersetzt wird ; es soll also heilen :
„von hier dann lassen sie dieselbe auf die Erde zurückkehren, sie begeben
sieb dorthin and setzen sich um [sie] zu sehen als sie am Leben war, damit
äe sehen das Gute nnd das Schlechte, was sie gethan hat [uod das] zwanzig
Tage hindurch, wo sie dieselbe [wieder] in Bewegung setzen".
XIV, 3 — 4 «wi — nihiamu; auch hier scheint die unrichtige Anwendung
des Beistriches den Sinn und die richtige Wortverbindung altenert zu haben.
Der Strich zwischen amorlioilor und yameñi ist zu streichen, denn es heifst
ja nicbl: „können dir die Menschen niemals sagen", wie D. übersetzt (dagegen
sliBubt sich ifunu, das doch nicht die 3. pl. praes. conj. sein bann), sondern
es soll heifsen: „was wir den sündhaften Menseben thun, kann ich dir nie
[vollïlâadig] erzählen, aber ich will dir [wenigstens] ein wenig [darüber]
lagen". ^ V, 6 bietet den ganz klaren Sinn „dafs sie (d. h. die Frauen)
wegen all dieser schlechten Sacheo (Stricken, Nahen und Sticken) ihre Kinder
BESPRECHUNGEN. J, U. JARNÍK,
ganî
klar
junklian
Gebtauch kommt auch sonst in unser
letzterer Stelle aller(liae<t der Uebers
ohne dafs es ihm jedoch gelungen «i
Familie (Nachkommen) versprechen",
aus dem Folgenden geht jedoch hetv
ihre Kinder den Teureln versprechen
versprechen , aus dem Zosammenhai
leicht in abstrahieren. — VII. 15 d
pleonasllsch »ied<!rhall wird. Dieser
eite vor so XV. 1, XVI, 4. an welch
r das Worlchen tu retten trachtet,
— VII , 6 doch nicht „dar» âe ñcb
s wäre doch keine so grolss Sünde,
dafs es sich um solche handle, die
ho statt „sich" wäre „ihre" Familie
iît dann die Ergänzung im Dativ
iverstandüche „die die
Seele [ca leben] gab" wird ganz deutlich, wenn wir in didia ;
behaimten euphemistischen Ausdruck füi „steiben. die Seele aushauchen"
sehen, also bis lu seinem Tode resp. während des ganien Lebeos; in der
nächstfolgenden Zeile ist aus Versehen die Uebersetiung der Worte „ip
amoTlU [tsi] au fafto entfallen. — VII. 22 tandni/t bezeichnet biet doch
nicht „Regeln", sondern die vom Priester auferlegte Bufîe. — IX, 24 io
i-/aku tro súffilu heifst doch nicht „es sich zu Herzen nehmen", sondern
„und für ihre Seele etwas thun", wie dies klar aus XII, i; hervorgeht (vgl.
auch XIII, 9 — 10), — XVI, 1 was soll hier „und im Ungeschützten" hnfienî
Der Sinn scheint mir ganz klar zu sein: „wer keinen (ilanbcn annehmen wird,
wird sein in der sündigen Well und im ewigen Feuer „und zwar ungeschQttt,
ohne Schutz". — XVI, 13^ — 14 hier bezieht sich doch Ist Iru alsia dtua
s-poliddtp nicht auf das vorhergehende iriSlMi. denn erstens warum sollten
die an einem Sonntag getauften Christen einen Vorzug haben vor den übrigen
und dies um so weniger als dies gewohnlich nicht in ihrer Enlsdiödung
gelegen ist. Es bt auf das nachlolgende Hrislolu zu beziehen, wobei aller-
dings der uotichligc Punkt vor diesem Worte in tilgen ist. Der Sinn ist
ganz klar: die Teufel soilen von denjenigen Christen weichen, dieden heiligen
Sonnlag ehren, an welchem Tage Christus getauft worde, am Sonntag ist er
aufgestanden und an diesem Tage wird ei zum jüngsten Gericht kommen.
Der Inluro entstand dadurch, dafs der auf dumîmto sich berieheode Relativ-
satz etwas unbeholfen ist: solche Wendungen sind jedoch im Rum. ganz
geläufig und im Grunde ist es dasselbe, wie dort, wo auf das relative Fürwort
ein persönliches nachfolgt, welches eigentlich erst bezeichnet, in welcher Ver-
bindung sich das erstere mit den übrigen Satzgliedern beünde. Hier könnte
wenigstens drum, der Sinn mittels „In can 11" wiedergegeben werden.
An mehreren Stellen kommt der als Subsl. gebrauchte Inltniliv vriare
T/rite vor besonders in Verbindung mit dem Veibum/u*, was in nicht ganz
zutreffender Weise also übersetzt wird: „Liebe macht II, 37: lallen uns tu
(machen unsere Liebe) IV, 15, lieben uns (ebenso erklärt) IV, 10, lieben, VI, 8,
Vn, 17, Vin, 19, nnsere Uebe gen'^lit haben IX, l (vgl auch V 12), wo
überall vriare besser mit „Willen, Gefallen" übersetzt wäre. Auch III, 25 ist
fri vriaria ansasira s-fakç sicher nicht richtig mit „sich ergeben unserer
Liebe" übersetzt, es soll auch hier heifsen: „handeln nach unserm Wunsch".
So kann auch VT, 3 Tt miitalsf fri vriaria a lor nicht richtig mit „lehren sie
ihre Uebe" übersetzt worden sdn, eher „sie lehren sie durch ihre Liebe (d. h.
diejenige, welche die übrigen für sie empfinden), soJals sie dieselben dazu
bringen Gott kennen zu lernen (hier wohl nicht lehren", denn mviiia bttt die
G. WEIGAND, I. JAHRESBBR. DES INSTITUTS FÜR RX7M. SPRACHE. IO3
doppelte Bedeutung ,,1eliren und lernen"). — XIII, 16 statt des Sing, súflitu
könnte man vielleicht den Plur. suflüe lesen; der Plural wäre hier als eine
Konstruktion nach dem Sinne um so eher zu erklären« da am Ende dieses
Kapitels von mehreren Seelen die Rede ist. — Ein sonderbares Versehen
findet sich auch II, 22 — 3; hier haben wir nämlich den adverbialen Ausdruck
di amu apoia entsprechend dem frz. désormais, »»^on nun an". D. übersetzt
ihn gar nicht, im Glossar jedoch stellt er amu gleich dem adversativen ama^
ma und citiert dafür dieses Beispiel. — III, 16 si steht hier statt si Vi (acc.
pl.), daher nicht „dafs sie sich zu mir wenden", sondern im Einklang mit der
Form hitsu (i. Sg.) „dafs ich sie zu mir wende". — IV, 5 setzt wahrscheinlich,
wenn wir nach der Uebersetzung urteilen, D. voraus, dafs vor dem Verbum
òoksisesku die Negation nu weggefallen sei. Der Sinn wäre allerdings be-
friedigend, aber auch das Original befriedigt vollständig. Hier vertritt der mit
di eingeleite Satz di òoksisesku dumnidzó einen relativen Satz in ähnlicher
Weise, wie dies im Deutschen bei „so" der Fall sein kann und dieser Satz
ist hier nichts anderes, als eine Umschreibung des Z. 4 stehenden al dumnid%6.
Das Hauptgewicht wird hier auf die Engel gelegt : Engel Gottes sind es, welche
die Teufel an ihrem Thun hindern, sobald jedoch die Menschen sich abwenden
von den Engeln, die Gott preisen, verfallen sie der Macht der Teufel. — VI, 23
soll si mparto vielleicht die grofse Anslrengun«; bezeichnen: der Teufel teilt
sich geradezu um überall zu sein. — VI, 25 — 6 könnte vielleicht die ursprung-
liche Fassung auch in der Übersetzung zum Ausdruck gelangen : „warum, wie
so wir nicht konnten."
XIV, 6 kommt ein Wort vor, das der Herausgeber nicht zu deuten ge-
wufst, er setzt daher im Glossar sprima kare als ungedeutet hin, und auch
in der Übersetzung wird da ein Fragezeichen gemacht Zunächst möge be-
merkt werden, dafs auch hier ein Beistrich an unrechter Stelle, nämlich nach
kare angebracht ist. Eben dadurch wird kare mit dem fraglichen Worte in
eine durchaus ungerechtfertigte nähere Verbindung gebracht. Dafs sich die
Sache wirklich so verhalte, geht schon daraus hervor, dafs sich dasselbe Wort
in einer ganz andern Umgebung auch XVI, 23 vorfindet. Im Glossar wurden
wir diese zweite Belegstelle allerdings vergebens suchen, da dieselbe hier
ohne weitere Bemerkung unter pri verzeichnet ist, während in dem transcri-
bierten Texte das ma eingeklammert erscheint. Der Herausgeber ist höchst
wahrscheinlich der Meinung, dieses zweite ma sei so zu erklären, dafs der
Schreiber die darauf unmittelbar nachfolgende erste Silbe des Wortes Mad-éa
noch einmal falsch wiederholt habe. Aber dies ist gewifs ein Irrtum und
gerade von diesem Beispiele können wir ausgehen, um uns den Sinn des
Wortes und vielleicht auch dessen Ursprung klar zu legen. Hier kann es ge-
wils nur den Sinn des lat. secundum „laut, in Angemessenheit" haben und
derselbe Sinn pafst ganz genau auch auf XIV, 6: die Teufel bereiten den
Sündern in der Hölle solche Qualen vor, die mit den Thaten eines jeden von
ihnen in Einklang stehen, was dann im Einzelnen nachgewiesen wird. Was
nun den Ursprung des Wortes betrifft, so scheint es mir nicht unmöglich, dafs
es eigentlich die Verbindung der Präposition spri mit dem nachfolgenden Subst.
urmä wäre, also spri urmä, sprt^rma, sprima.
Bezüglich der Ziffemnachweise des Glossars habe ich folgende Versehen
festgestellt: akulotse zu XI, 26 gehört noch 17, während zu nkulotse sowohl
I04 BESPRECHUNGEN. B, ACEVEDO,
die Bedeutung „dorthin" als auch die Belegstelle VHI, 3 pafst; bei aiiagp
ist 12 zu tilgen; amintp st. II, 9 lies VI, 9; amu st. IV, 27 1. Ill, 27; án^elu
st. XIII, 4 1. XIII, 2; anostqsl st. XVI, 17 1. 15; a^oiß st. XHI, 1 4 1. 17;
òemun st. VIH, 6 1. 3; di st. XV, 27 1. vielleicht 12 oder HI, 27; ôimu-
mV e st. XV, 25 1. 22; domnu st. Ill, 19 1. 20; esku st. DC, 9 1. 18; faku
St. I, 7 1. II, 7; St. X, 9 1. 14; zu (mjfrikusatlu (nach frikp) Fegefeuer
pafst nicht XIII, 18 sondern XII, 26 (wie unter m richtig verzeichnet ist);
kurds XIII, 19 ist zu tilgen (vgl. ôj^a/jp, wozu das Citat pafst); laiPi st. XI, 6
1, XII; warum unter las auch iosatso XIII, 14, wenn dasselbe Wort allerdings
in der hier thatsächlich vorkommenden Form aiosatso an der entsprechenden
Stelle im Glossar angeführt wird; lor XV, 15 zu tilgen; nkl*inp st. XIII, 28
1. XII, 27; neu St. XV, 26 1. XIV, 26; St. XVI, 26 1. XIV, 26; prt IV, i hat
der Text blofs tu, das auch unter t verzeichnet ist ; XVI, 23 steht im Text
doch sprt resp. sprima\ ppipkprseshu st. XHI, 23 1. XIV, 23; skualp warum
nicht bei skulaip VH, 27?; i st. XIH 3 1. 12; iodid st. XU 1. Xn, 6; tsinivd
Xm, I ist zu tsivd anzufügen; uyp st. XIV, 18 1. 8.
Das Glossar weist auch einige Lücken bezüglich der Stichwörter auf, so
diosprds und diospratse zwölf Vili, 24 — 5, ma nur \TII, II, X, 13, maltu
weiter 111,6, X, 17, mplasku IV, 10, ngrek schwer sein XII, 14, nomu
Gesetz XI, 18, trtaóo Dreifaltigkeit XVII, 19, jrtn vb. komme, so ytne X, 21,
ytno II, 26, viAu I, 12, XV, 22, vtru I, 4, zahmete XH'', 6.
Der Text ist sowohl sprachlich als auch inhaltlich sehr interessant und
es ist zu wünschen, dafs auch andere Teile dieser Handschrift mit ebenso
vielem Geschick wie der vorliej;ende behandelt werden mögen.
In der zweiten Arbeit werden die verschiedenen Fassungen von Liedern
und Erzählungen, die den Einmauerungsgebrauch zur Grundlage haben, hübsch
lasammengestellt und gedeutet. Den Ausgangspunkt bildet die auch von
Weigand veröffentlichte arem. Ballade über den Bau der Artabrücke.
Die islrorumanischen Snoave bieten r.ns wieder eine wünschenswerte Ver-
mehrung unserer Kenntnisise der so interessanten Mundart. Dies ist um so
wichtiger, da uns hier lusammenhängende Texte vorliegen, an denen wir am
bebten den grofsen Unterschied beobachten können, der besonders bezüglich
def Syntax unvl der Wv^rtstellung diesen Zweig des Rumänischen von den
übrigen trennt. Hier dürfte der Eintlurs des Slavischen sich ganz besonders
gehend gemacht haben, aber auch im Wortsch^ue konunen hier solche rein
Uavìsche Worter vor. die aus den bisher veröffentlichten Texten und Woit-
sammlungen nicht bekannt sein viürfien.
E> ist sehr iu in-üaschcn. viafs einmal der ganze istronim. Wortschatz
gesàmmeìt unvl heiausj:egel^n werde und es wird uns diese verdienstvolle Ar-
beit von H. Nanu in Aussucht ge>iellt. Ich erlaube mir bei dieser Gelegen-
heit darauf au:a)vYk>um ;u n*jtchen. dafs Miklosich in seinen Raminischen
Untersuchungen 1. wie ich in vin er Besprechiisg dieses Werkes vLiteratnrblatt
Äi jx<^v*2ii*che ur.d Toa:ju^isc>.e r>iîv^loçîe iS^2. Nr. 4, S, 146— 7) hervor-
ipehoSfc. nicht aîle is dea w^n Ive gesjiaaaelten Texten v«>rkoccicenden Wörter
an^peaoAAîes ìuSrn. sv,^ vUCs v*ie>e Tex:e r.>:b.a:al> excerrsert weiden müssen.
IcV fi^e vir,i¿e v*:«cr Wôt;« b-niu. :u¿:le:cb =::: Ar.^abe ier Beleg^elle bei
Ixv und bei Weic*"d: Vo:ïi:ïr: vios Wor: i::: der oä derselben SteBe von
MiUo>iC> xrtv*es;t:c>:er. Mji:e:*,a^sjßi".'ur.5: xos vìar::;er vv«^, 5O wird auch
D. A. R. DE ARGÜELLF.S, VOCABULARIO BABLE. IO5
dies in Klammern angemerkt, barka 3, 40, W. 10, 1 ; bogát 8, 28, bogatù 12, 32,
W. 5, I (G. 657); domnu 3, 36 etc., W. 2, 12 (G. 133 5 — 6), hunteniu 13, 16,
W. 4, II (G. kunténat^-nte 960); nigdar If, I, W. 3, 12 (G. 1 224); otopesk
10,23, W. 5, 4. 9,3; platesku 6, 5, W. 4, 2. 6,9 (G. 343); su 5, 19, W. 4. 5.
10,4 etc. (G. 27), svetu 15, 19 etc., W. 3, 3. 5, 7 (G. 1333); truden 5, 31,
W. I, II (G. 1276); vera 14, 28, W. 9,7; vikei 3, 22, W. 7, II. 9, 4, 17.
12, 2 (G. 781).
Bezüglich der Uebersetzung habe ich nur weniges zu bemerken. II 9 ist
va zmunti kaum richtig mittels „mitnehmen** übersetzt; vgl. Ive 8, 4 und
drum, stmntesc (Cih. 11 352) ; IV, 7 sind einige Wörter in der Uebersetzung
entfallen ; IX, i in visit a liegt kaum der Begriff „krumm gewachsen** sondern
nur der des Hängens; der Baum konnte ursprünglich ganz gerade gewachsen
sein und sich später nur deshalb geneigt haben, weil das Meer ihm das Erd-
reich teilweise weggespült hat. — Das Wort kokot Hahn erscheint hier 10, 4
mit dem Accent auf der i. Silbe kókotsi, während Gartner 901 kokót betont.
In Ive's Sammlung ist das Wort gar nicht accentuiert, das dr. kokos hat zwar
bei Cihac den Accent auf der letzten Silbe, was für die Betonung Gartners
sprechen würde, doch kann hier auch ein Schwanken in der Betonung ange-
nommen werden.
Johann Urban Jarník.
D. A. Bato de Arguelles. Vocabulario de las palabras y frases
bables que se hablaron antiguamente y de las que hoy se
hablan en el Principado de Asturias, seguido de un compendio
gramatical. Madrid, M. Ginés Hernandez, 1891, pág. XXV y 147.
Afirma el Sr. Rato Io siguiente : „Tengo por cosa averiguada que donde
mejor se habla el dialecto asturiano es en Villaviciosa". £1 bable no se habla
en ninguna parte, y si se habla tiene cada aldea, por no decir cada casa, el
suyo. Como entidad filológica, como órgano de expresión no existe ni existir
puede. Lo que hay en toda la provincia es un caudal de voces, inmenso
y riquísimo, como remansos olvidados de un gran torrente que se corrió hacia
Castilla. Aquel torrente formó el hermoso rio de la lengua castellana.
Los Académicos (guardas de este río) dejaron aumentar el caudal con
aguas confluentes extrañas, y se olvidaron de los remansos que quedaban
atrás, una riqueza perdida, de elementos más puros que los extraños admitidos.
Esto es todo, y de ello resulta que si hoy tomamos un vaso de agua de
Castilla, a unque nos la sirva Castelar, apenas se sabe qué gotas son las de
agua propia y cuáles las extrañas.
Los amigos de casa vemos con disgusto no tanto la mezcla, que hace
áspera y amarga la lengua de Cervantes, como el olvido de lo bueno que atrás
quedó; quisiéramos recojer toda el agua olvidada de los remansos para con-
trarrestar aquella aspereza por una parte y enriquecer el río por otra.
Con toda el agua que en Asturias quedó i puede un pueblo satisfacer
sus necesidades? No: el nivel intelectual subió mucho: los pobres pescadores,
los infelices ganaderos, los ignorantes agricultores subieron á obispos, á dipu-
tados, á poetas, á Académicos, y se olvidaron del butrón ^ del cayado, del
vasadoiro (el versator latino). En toda esta agua olvidada flotaría apenas una
io6
BESPRECHUNGEN. B. ACBVEDO,
pobre barca de cuero; pero do el Pelayo con sus cafiones y con la Inz eléc-
trica. La vida moderna agrandó el alma del hombre, y el bable se encojió.
Por eso no puede ser órgano de expresión de un pueblo del siglo XIX.
Yo hice versos bables, sin ser poeta, para ensefiar á escribir el bable á
los que saben hacerlos. Despreciaban los fundamentos de la escritura: no
conocían las bellísimas crasis nel por en ¿I que escribían así : *n el disparata-
damente: no conocían el valor del apóstrofo, ni el de los diacríticos, y he
querido enseñarlo con el ejemplo. Discutí particularmente con ellos y les
convencí, y hoy escriben menos mal.
Ahora bien, (y sigue la imagen neptuniana): la dirección que tomó esa
gran corriente del habla castellana, al menos en esta región, fué de Occidente
á Oriente, como puede demostrarse:
Latín (fuente) Occtd.
ego eu
factum fcito
bonum bon
bove boi
oriente
cast.
yo
yo
Jecho
hecho
gûeno
bueno
gûéi
buéi
centro
yóu = yo
fecho
buenu
güé
y mil y mil vocablos más que indican que la dirección del latin al romance
y del romance al castellano fué en el sentido indicado, de Occidente á Oriente.
Luego no puede hablarse (como Rato dice) el bable puro en Villaviciosa
(región oriental), porque arrancando la pureza de las aguas de la íiiente,
aquellas que más cerca de la fuente estén, más puras serán.
Y es de ver, con efecto, que el bable de Occidente se acerca al latín
muchísimo más que el del resto de la provincia.
£1 primer dia quo recibí el libro del Sr. Rato y solo en la letra A
conté, al vuelo, unas 130 voces castellanas, amen de otras muchas que ni son
castellanas, ni asturianas, ni nada.
De su Vocabulario son castellanas, en las cinco primeras páginas, las
siguientes voces:
abacería
abondo
acallar
acocear
abalado
abx*nu {'O,
casL)
acar retar
acomodar
abalear
abra
acarretu {-o)
acoplar
abarri}tar
abrasar
acebal
acorar
abasf*ir
abr^\'Âar
acedar
acordanza
abenfador *
abronctzr
acelerar
acordar
abemíar *
AibuStar
acensar
acorrer
aberíaJ
acabamientu
V*.
aceña
acotar
altera ^anO
abcbar
abK\iar
cast.)
a*\ie^'er
acefar
acepillar
acercansa
adobar
adobo
adrede
aSfnjfoar
acaescer ^ant
.i
aceru,v
ab^'^tar
a^oíontar
^ant.)
acid¿.>s*.*
Tivtal 40.
* ^^ue él e*ciibo con K
'* Escrito por él con 5.
D. A. R. DE ARGUELLES, VOCABULARIO HABLE.
107
No son
bable:
aba
aborrescer
acate
achar
aballar^
abrenuncio
acebonar
adeaala '
abarcón
abrugar
acenal
adevinanza
abastardear
absconder
acerbar
adientro
abentador
absortar
acería
ado trinar
abentar
absortiu
açezear
aducir
aber
aburriau
acuantiar
adures
abiÜámtento
aburuxar
acunar
afamiau
aborrescencia
acabdalar
achantar
aferir.
Total 36.
Una vez
de haber empezado
este examen, vamos
á hacer el balanci
la letra A del Vocabulario. Más
voces castellanas:
afanar
alitorda
andurriales
aquesto
afectos
aljófar
angosta
arada
aferir
alma
anguarina
arador
afondar
almagre
anguila
aramia
aforar
almarada
ansarón
arar
afrentar
almirez
antainar
arca
agachar
almofía
antaño
arder
agarrar
almotazen
antas
arenque
aguaitar
alodiales '
antes
arenques
aguamanil
alogar
antorchero
argayar
agüera
alongar
añal
argayo
aguilando
alpes
añublar
argoma
aina
altor
apandar
arguello
alabeo
alzar
apañar
arreciar
alampar
allende
apañada
arrecirse
albar
allegar
aparcera
arreo
alborada
amañar
aparear
arregostarse
alcabala
amenguar
apear
arrincar
alcacer
amolar
apellidar
arrodeos
alcuna
amorrar
apilar
asentar
aldaba
amoscar
apiñar
asestar
aldea
ampolla
apiolar
asuso
aldeano
amusgar
aplanar
asilo
aledaños
anafe
aportar *-
atacar
alepín
anchura
aposta
atalaya
algara
andada
apostema
atalayar
algo
andando
apostura
ataviar
alifafe
andar
apurrir
atesar
alimaña
andrinos
aquilón
atolondrar
1 En las acepciones de Rato.
' Es forense, mal escrito.
' Forense.
* Repetido en la 2^ colunma en la pág. 13 con un significado equi-
valente al de la I a.
\
BESPRECHUNGEN.
atroz
atún
Ausâba
avandichas
1 08
atollar
atorar
atortolar
atrancar
Voces del castellano antiguo:
af alagar afumar
afincar agora
afogar agror
aforcar a If ay ate
aforrar amorgonar
D. Gumersindo La verde, catedrático y escritor asturiano, publicó, afios
ha, un Vocabulario pequeño de Lianes en la Revista de Asturias. De este
trabajo de Laverde copia literalmente el Sr. Rato 138 voces y otras tantas
definiciones, entre ellas las de
. B. ACKVKDO.
avasallar
azor
avezar
azorar
ayuda
OMUMar,
azafranar
antoxansa
ayuntar
ápoquecer
ayuso.
arrescender
arrincar
asosegar
cabruxa
caltener
catasol
cuatriada
cabruñar
calumbase
cibiella
cubil
cacipiu
calumbu
cibiellada
cubu
caciplar
camba
cierru
cúciu
cachapa
cante s a
combayar
cuélebre
cachón
capón
combayón
calisma
castru
comuña
calismosu
casulla
concenciosu
Letra B.
Son castellanas:
baba
bancal
barriga
bodega
babador
bandear
barruntar
boga
babia
bandullu (en 0)
bárranlo
bolatin (con v)
babosa
barar (con v)
bastilla
bonito
baboso
baratura
batallar
boquear
bable »
barba
bazuquero
boquera
badana
barbada
bebedero
boquín
baga (lino)
barbar
bera (con v)
borbotar
bagar (con v)
barbón
berrocal
borona
bala gar
barganal
berrido
borraja
bálagos '
barganu (en ó)
besugo
borrón
balandrán
barquín
bieldo
botadura
balde
barullo
bien
botar
baldero
barraca
binar
botillería
baldés
barragan
bizma
botón
balsa
barranca
blandear
botonera
balumba
barreñon
blanquear
braguetero
^ La palabra bable se inserta en el Diccionario de la Academia como
castellana, y no es corriente en Asturias, sino que aiztn falo asturiano, la
mió fala,
* Bálago es montón de paja y el Die. de la Ac. dice que procede de
balagiumt bajo latin, de palea^ lat clás., paja.
D. A. R. D£ ARGUELLES, VOCAUÜLARIO BABLE.
lOQ
bramante
bramar
araña
bravear
brasa
brega
bregar
brete
brisa
bronca
Castellano antíguo:
barbatas bernd (con v)
bardial bocexar (V. Die.
bastecer Diez)
No
son
bable
• •
baldoria
bastir
balegón
bieldes
baliata
bofu
Baña
boya
broza
buleto
buen 'porqué
bulla
bufa
bullir
bufar
bufarda
bollicio
buida
bonisu
buru
bruxa
brañaes
buchai
brenga
brugar
bruxuUs
En esta letra hay bastantes nombres geográficos.
Confeccionar un Vocabulario bable es labor dificilísima y de años.
Creo que la Academia debía de recojer del fondo de estas montañas muchas
voces que serían gala de la lengua española. Creo más: que en el estudio
del bable encontrará el curioso bien marcadas las huellas de la marcha y
desenvolvimiento del idioma patrio; y de orígenes no hablemos, porque tene-
mos modismos en abundancia en el bable, del latin« que es madre y reina de él.
Creo que el estudio de los dialectos dará luz para la historia y que,
con él, se descubrirán parentescos de pueblos que jamás se sospecharon ; pero
la labor es ardua, contadísimos los aficionados, y aquí hay necesidad de
andar de prisa» porque el bable se disuelve á paso redoblado, con tanta mina,
con tanta industria, con tanto movimiento como han traído los ferro - carriles
y con la vuelta de tantos emigrantes.
He expuesto ya en un principio mi manera de pensar en cuanto al bable.
En cada término municipal hay una suma de voces asturianas en gran parte
diferente á la suma de otro concejo. Yo tengo algunas sumas de Occidente:
ahí está el de Colunga publicándose en la Estafeta de Oviedo; pero ¿ son
vocabularios estas sumas, de un dialecto? Nó: y así como creo que no puede
hacerse un vocabulario asturiano, paréceme que puede y debe hacerse un
Diccionario general de voces asturianas con expresión de la localidad en que
corren, sin que por esto fuera á ser léxico de una lengua, sino suma de
diferentes subdialectos.
No sé si acierto á explicarme. Sería monumental un Diccionario con
las voces de todas las naciones latinas, si la pronunciación de las palabras
fuera igual en todas ellas. Pues eso deseo yo: un Diccionario general de
voces asturianas, y dicho se está que así como en el primero los españoles
no entenderían las voces francesas, así las voces de Lianes (en el segundo)
no las entenderán en Boal; pero el primero sería un diccionario total de la
raza latina, y el segundo un diccionario total de la familia asturiana.
Bernabdo Aceyedo y Huelyes.
I IO BESPRECHUNGEN. G. ROUN,
James Dowâen Bruner, The Phonology of the Pistojese Dialect
(Dissertation presented to the board of University Studies of the Johns
Hopkins University for the degree of Doctor of Philosophy), Baltimore
The Modern Language Association of America, 1894.
Da der Verfasser etliche pistojesische Handschriften in den Modern
Language Notes veröffentlicht hat und eine Morphologie des Pistojesischen
baldigst erscheinen lassen will, so ist es fur den Dialektologen nicht ohne
Interesse, zu erfahren, wie B. seine wissenschaftliche Aufgabe auffafst und auf
welche Weise er sie erledigt. In den folgenden Zeilen sei es uns erlaubt, seine
Thätigkeit überhaupt, und insbesondere seine letzte, nicht leicht zugängliche
Publikation The Phonology of the Pistojese Dialect, einer genauen Prüfung
zu unterziehen.
Angesichts des ersten Ranges, den das Pistojesische unter den todca-
nischen Dialekten einnimmt, schien eine derartige Publikation einem zweifellos
vorhandenen Bedürfnisse zu entsprechen; denn derjenige, der sich mit den
Mundarten der Toscana eingehend beschäftigt hat, mufs den Worten^ G. Tigri's:
questa favella di noi Toscani in generale, non è già un dialetto, ma è vera
lingua da Dante in poi , . , se fra tutte le nostre Provincie vi ha una lingua
italiana, che come si parla si scrive , . , è per certo quella di Toscana, e in
special modo questa del pistoiese ... beipflichten, imd der Eugenia Levi
recht geben, wenn sie in ihrer neu erschienenen, trefflichen Fiorita di Canti
tradizionali del Popolo italiano^ dem Pistojesischen die erste SteUe einräumt.
Die Vorbedingung einer gründlichen Arbeit auf diesem Gebiete ist eine
genaue Kenntnis des Italicnischen im allgemeinen und der verschiedenen tos-
kanischen Unterdialekte {sottodialetti) im besonderen. Nur wenn man mit
diesen Kenntnissen genügend ausgerüstet ist, kann man zum Studium der ver-
schiedenen vernacoli eines Unterdialektes wie des Pistojesischen, auf dessen
Phonologie, Formenlehre imd Syntax hin, schreiten, indem man allmählich
von der Sprache des Mittelstmdes der Stadt ausgeht, zu der des Popolino
und dann des basso ceto derselben übertritt, von da aus die Nuancen in der
nächsten Umgebung des Capoluogo, dann die in den entfernteren Ortschaften
des Circondario, endlich den kaum wahrnehmbaren Uebergang eines vernacolo
ins andere, wie z. B. des Pistojesischen (im engeren Sinne) in das Montale-
sische, dieses in das Pratesische und weiter in das Florentinische, verfolgt:
nur so gelingt es, zwischen den dialetti, sotto-dialetti und vernacoli, meistens
ganz verschwommene, manchmal aber scharfe' Grenzen zu ziehen, und so der
Forschung eine feste Grundlage zu geben.
Sind einmal, nach gründlicher Erforschung eines Dialektes, die allge-
meinen, für denselben giltigen Gesetze abstrahiert und aufgestellt worden, so
wird es ein Leichtes sein , an der Hiind alter Dokumente auf den Lautbestand
* Le Selve della Montagna pistoiese Canti tre, Pistoia, 1844. S° *"ch
N. Tommaseo und andere.
* Florenz, bei Bemporad u. Sohn, 1895.
' wie z. B. jenseits Popiglio*% in Tana a Termini, wo die Sprachgrenze
zwischen dem Pistojesischen und Lucchesischcn so scharf gezogen ist, dafs
sie dieses letzte, einsame Haus gegen Lucca hin durchschneidet: die eine
Partei spricht lucchesisch, die andere pistojesisch (oder wie die Leute dort
sagen : florentinisch).
J. D. BRUNER, THE PHONOLOGY OF THE PISTOJESE DIALECT. Ill
desselben Dialektes in früheren Jahrhunderten einen Schlafs zu ziehen, ohne
sich dabei durch die nur allzu oft falschen Schreibungen ^ irreführen zu lassen.
Diese Vorbedingung hat der Verfasser nicht erfüllt, und es erfolgt not-
wendig eine Verwerfung und Vermengung von Formen verschiedener Dialekte
und Epochen, wobei das Pistojesische gar zu wenig, ja beinahe gar nicht
in Betracht kommt. Vergebens sucht man echt pistojesische Erscheinungen
man findet nur eine Reihe von phonetischen Modinkationen, die dem Floren
tinischen, Sienesischen , Lucchesischen , Pisanischen gemein sind; die anderen
von Ascoli in der Italia diaUttaU angeführten toskanischen Dialekte, bc
sonders das Römische {romanesco), die doch alle in mancher Beziehung mit
dem Pistojesischen verwandt sind, scheinen dem Verf. unbekannt geblieben
zu sein.
Es konnte nicht anders sein: denn das Material, aus dem B. geschöpft
hat, war nicht ausreichend und sonst nicht glücklich gewählt. Von den zwanzig
Denkmälern, die er in der Bibliographie anführt, hat er sich nur sehr weniger*
bedient, und diese wenigen sind zwar in Pistoia geschrieben oder gedruckt,
sind aber nicht notwendig echt pistojesisch. Er hätte besser daran gethan,
die libri Cénsuarü des Archivio zu Pistoia, welche in volkstümlicher Sprache
abgefaiste Berichte enthalten, zu Rate zu ziehen. — Was das Modernpistoje-
sische betrifft, so hat der Verf. aus seiner eigenen Erfahnmg so gut wie gar
nichts geschöpft. In der Vorrede sagt er, in San Marcello und Cutigliano
(Montagna pistoiese), dann in Montale einige Zeit zugebracht zu haben: dort
hat er die reine Sprache, hier nur das Montalesische hören können. Auch
hier ist die Wahl der benutzten Werke keine glückliche und deren Zahl eine
unzulängliche gewesen. Anstatt zu den zahlreichen rein pistojesisch abgefafsten
Gelegenheitsgedichten, Gebetbüchern, Artikeln des eingegangenen Appennino
Pistoiese, Werkchen' und Sprachlehren, die neben der richtigen toska-
nischen die anrichtige pistojesische Form anführen, zu greifen, zieht er die
an und für sich sehr guten Schriften G. Nerucci's über das Montalesische,
besonders seine Cincelle da Bambini und Sessanta Novelle Popolari Montalesi
oder die Pratica della Grammatica per le Scuole elementari del Circondario
di Pistoia proposta da un Pistoiese zu Rate, übersieht aber unglücklicher-
weise bei diesem Werkchen die Bemerkungen : Operetta giudicata buona anche
per altri circondari della Toscana (Vorderseite) und Questo ed alcuni altri
esempi sono stati quasi interamente copiati dagli ottimi Eserciti di Lingua
Italiana del Prof, Sanesi,* i quali hanno su questi il vantaggio di poter
essere utilmente adottati in tutte le Scuole d* Italia (Seite 27). Und so be-
* So meint Bruner, dafs im XIII. Jhdt. gioia mit gutturalem g ge-
sprochen wurde, weil, im Volgarizzamento dei Trattati di Albertano Giudice
di Brescia, goia geschrieben steht. Mit vollem Recht behauptet G. Ne-
rue ci: dalla scrittura sbagliata molte volte non si può argomentare la vera
pronunzia. Ein Brief eines rein sprechenden Pistojesen ist mir in die Hand
gekommen, der manare, losperdale, maggiare, icasa, farto, viceré schreibt,
aber madre, Pospedale, mangiare, in casa, fatto, vincere spricht
* Das XVn. Jhdt. ist ganz aufser acht gelassen worden.
* Wie z.B. Chiappelli's vorzügliche und sehr wichtige Due Lettere
di un láóntanino pistoiese ai suoi al principio della guerra di Russia,
Pistoia, 1889.
^ Pistoia, 1887, 2» ed. Ein für den Dialektologen wichtiges Büchlein.
112 BESPRECHUNGEN. G. ROUN,
gegnet man oft» anstatt rein pistojesischer Fonnen entweder rein montalesiscben
oder allgemein toskaniscben oder italienischen Erscheinmigen. Auiserdem hat
sich der Verf. der an und fur sich ausgezeichneten^ Pratica nicht zu be-
dienen gewufst, indem er rein graphische Fehler' für phonetische, wissenschaft-
lich unmögliche Modifikationen hielt. In den wegen ihrer falschen Ortho-
graphie vom Verfasser der Pratica getadelten Wörtern gorno, goccolone (goc-
ciolone), scocchi (sciocchi), caco (cacio), spacco (spaccio), fancuUo, rascone
(ragione), meint B., werde wirklich ein Guttural ausgesprochen, ein Wandel,
den er bei caco^ auf eine Assimilation zurückfährt In diesen Fehler verfallt
er beim modernen, und nicht minder beim alten Pistojesischen: incumincare
des Albertano Giudice di Brescia (XIII. Jhdt) wird wie inkuminkare,
fcLCca (ebenda) wie fakka ausgesprochen; denn c-\-x^cc {=kit). Er füllt
zwei Seiten mit Beispielen, wo ^azione durch -atione vertreten ist (^+f re^
mains in old Pistojese),
Folgendes ist an dem Buche auszusetzen:
Der Verfasser verwechselt Orthographie und Phonologie ; er stellt falsche
oder etymologische, allgemein romanische oder toskanische Schreibungen als
genaue Wiedergabe des pistojesischen Lautes hin: corrocto (corrotto), scripta;
dicirvot dispiacievole, ingiegnio, in denen t nicht zu ^, sondern zu c {jtc, U)
gehört.
Es zeugt von wenig überlegter Kritik, dass der Verf. aus vereinzelten
Beispielen, wie operario (Jacopo di Pistoia, XIV. Jhdt.), ventaliaro
(Pratica) auf das Vorhandensein eines -ario^ -aro* im Alt- und Neupistoje-
sischen schliefst, daCs er nel>en der toskaniscben Endung -ieri (-ASIUS) und
ptri für pari auch sb^rno für sbrano auf franz. Einfluts zurückfahrt, pri-
assions^ aus processione, çuandc^ durch Anlehnung an dove, dónde, aus
çuiindo entstehen, oder u in i, au in u übergehen läCst, weil in der Apocalisse
(XIV. Jhdt.) einmal bi¿^ia für bugia, in Albertano di Brescia (Volga-
riuamento dei Trattati morali, XIII. Jhdt.) einmal urspr. u Vox o AUT steht,
* Kin höchst lehrreiches Büchlein : a/anni (affanni), tu tettre (tutf e tre),
weil der erste Doppelkonsonant v^irklich kürzer als der zweite; botteghaio,
weil g mil sehr schwachem \'orschlu(s gebildet wird; arimmètica klingt ita-
Honischer als aritmetica (cf. Enna für Etna)\ diaccio (ghiaccio), diacere (gia-
cerò: genau das weiche slav. d*; dz ist zu hart), vergognia vergonnia, terra
jCillia (»jilia, gijilia). /».jr.i//i (travagli), onni (ogni: folglich mejjo, nicht mejo
für mejciio bei den Contadini del /Y*jm>). **>/«' (sole), zinfonia (analogisch;
nach iL übeihaupt nach /, ft. r wird j zu s: cf. un aßar serio), gran dinpero
(ktafiige Aitikulation des d hinler dem homorganen n) geben die volkstüm-
liche Ausspiache genau wieder. — Leider werden oft richtige, zulässige
Nebenformen als falsch getadelt: ciuccÌAre, onomat. für sciucciare exsuctiare,
¿♦M/itM (^saliva), singczw (singhio/ioV strap>rto (tr.isporto, Begräbnis, EXTRA
(Ml KON^ IH^KTAKKÌ: M,^nsu*nmAH.'^ £r:j {.-L'ti»): früh lag hoch auf dem Berg-
gipiel .1/. /ï*»r,» v»^"»^*'^'^^ î^ KKri*s\ s-^ûUt entstand am Fufs des Berges Af, Basso,
welches die Tmwandlung von /iV,V in A'ij» mil sich brachte.
* Wenn /^»aijü.'.v getadoll wird, so heilst es nicht, dafs das Volk ë aus-
spiichi; Ol sajji .^. schioi^i abei <\ wie or i«^,» sagt, und nW*» schreiben muts.
* K\ts^ *n /,• dtk,tn •«•,;«f*v V.»/^. sagt mir ein L\^ntadino dei Piano, der
d\vh «iomlich mundaiilich spncht.
* Kehl pisiv^it-^isxh ist mn -x:».-.
* I au\ /. weil >olkseiym. aus p'-nrJe^e,
* IVi i^A»>u> au» der I\an.-a lautet: fUJinJ* e" fu yguando egli fu).
J. D. BRUNER, THE PHONOLOGY OF THE PISTOJESE DIALECT. II3
TOD einer Synkope des b in altroe (stalt (les v; cf. iiva). ostrvart. soleva
(XTTT. JbdL; stall Vereinfachnng des Kons.) Bpricht, im sekundären ^jíib'
(fischio), stianta (schianto), magavano* (magaizino), tuccaro, die Erhallnng
de* hi. I uad arab. n. a, im sekundären possa (poscia) Assirailaliun von iat. /
an I (cf. allg. tosk. tassart lor lasciaTt), im sekundären singomi (singhiozzo)
den Wegfall von lat. / sieht, oder endlich daCs er ohne Beweis trrasli cuando
(Albercano, 47) niil aspirierten) k (= c) und vegno* (CJno da Pistoia,
139; Xm.Jlidt.) mit geschlossenem t aasgesprocbcn wissen will.
Anfscrdem darf derjenige, der vich dem Studium eines Dialektes widmet,
nicht alles ffir bare Münce hallen, sondern er muís die Erscheinungen, am
wenigsten, in vier Kategorien scheiden: t. die, welche in die Schriltsprache
hinäbeireichen und das Bürgerrecht ethaltea haben {inlirfetre — inifrfreli.
padult — faiuät)'. I. welche von der Schrißsprache geduldet werden {drtnio
— dmlro, grasta, grustini — crosta, craslirü); 3. welche rein dialektisch
»ind (altg. loài. co/accia — - focaccia; Ptrrurdl vernedái aoalog mil mercordì
nurco/ídl; /reibe nach freddo) und einer lautlichen Tendern entsprechen;
4. welche rein individuell sind und somit iur die Wissenschaft geringen Wert
haben {Dolovio — Lodovico, abis — lafis, als /' apis aufgefatst).*
Zu diesen Mängeln gesellen sich falsche Erklärungen von Erscheinungen,
die bald auf phonetische MadiükatioDcn , bald auf Aoalogie oder Volks-
etymologie lurückinnihren sind: giandarmi Vài gendarmi ist sicher franzö-
sischer Einünfs; deva, steva, andeva iit nicht durch Analogie mit der 2. Konj.,
soödein mit faceva entstanden; sarvietia (fn. serviette) verdankt sein a nicht
dem r, sondern geht volkaetym. auf das häutigere lalvietia (cf. faliolelto fur
faziolet(o) iuiück; venlelaiione hat sein 0 {= 1) dem Worte ventola, buaefe
(bizzeffe) sein u nicht der Zahl dtie, sondern dem Worte butte entlehnt; sieda
fur stata entstand durch Einflufs von sedere; innunistante für nonostante
hat kein prothelisches t, sondern ist volksetym. aus in un istante'' zu erklären;
cocina* (cucina) ist dutch cuoco coco, cuocere coceré beeinflufst; uo in ligori
(liquori) wurde dem uo in cuor cor, fuori fori assimiliert: bei meta/ero,
scandalo (scandalo), fosjero ist Wechsel der Endung vorhanden (cf. veloci-
fero); culiàone (collazione), ji-dr^x^ (scorpione), .imrnjn (immenso), stnnalo
(senato), schiansimo (spasimo) wurden sicher dnrch culina, scarda, imisurata,
sriiHO, schiantare beeinfluCsIj mandarlino (mandolino) ist Volksetym,; sap-
fiente ging nach sappia sacda; lavorare eryab ¡agorare, wie, umgekehrt,
Pola fravola und TBGULA /rvo/i ergab; in averebbe, awederai, saperrä.
ornare sehe ich rein phon. Erscheinungen wie im gesprochenen Franzo-
: défenáeriens, venderiec, espirer (in arril, ist a dem r entnommeo).
EünandtT weltfremdE Erscheinungen werden auf dieselbe Stufe gesetzt:
ceh articcolo mit aceoloro accavallo, Wegfall des lat. e in la 'redo und
' Ich hörte eintn Contadino del Piano sagen; Li feii'na horieüa (que-
rela), ma 'I ßstio {hier Fur fisco) mangiò unni kosa.
■ Das Volk sagt auch manganino ¡Nachklang des m).
' Steht ira Versinnem.
* Individnell, aber vetbreitel: îie/oii/ero (velocipede). wiiW/ía (bicicletta),
allgciDcin vièi'letla, carubinùri dadrubinieri (carabinieri, Vorklang des r, n).
' Wird auch so ausgesprochen.
• Nach Bruner „learned word",
Zciuchi. f. rem. Phil. XX. S
114 BES PKaCH UNGEN, G. KOUN,
in véndela (vwdicta) ; agiáaüo soll ein epentheüsches í wie inghiUst, cortile
(codcslo) ein tpentb. r enlbalten;' das t in ptr egli occhi soll dem t in
andAi. das v in avellerto, chiavo, tbavigli demselben d cotsprcclien: cendere*
lur cenere soll an Ttz. cendre eiiimemí medico* (medio, Mitlelñngei) soll
durch Analogie mit police (sic), indice eotsundoi sein; in (iC +) ' ^(j+)fA:
mesckìeri. aschera soli das s, und nicht du Í (/}, den Laatwandel berror-
gebracht haben.'
Beim Studium der Phonologie ist es oll notwendig, das Won nicht
isoliert, sondern verbunden im Sauge füge zu betrachten; so Belingl es, Gesetic
der Harmonie lu finden: altro gicbt anttn. wohl! nie aber quel aniro. son-
dern nur quti altro und un anlro; so anch noanln (noi altri) und lomntri.
Antrata (intrata), alocco (alocco) köanen nur durch den Artikel berrorge-
br*cbt worden seini so werden auch prieo/o^, ¡parare (sep.), nemfara (hnp.)*,
irA (sarò), /resti frebbe (far.), dràe und eine Uniahi von Sjrakopen nnd
Aphiresen nur in der voraosgchenden Lautgmppe ihre Erklärung ñnden.
Wut davon enlfemt, greift der Verf. bald inr Assimilalion , oder, wo
es nicht pikt, lur Dissimilation, bald lur Hiilasvenneidnng als ra den eio-
ligen Mitteln der Erklârung; dtraitno (offenbar nach cnnteranttc gebildet),
campa (canapa), imòasciatore, cartùa (carestia, also Suffiivertauschong), ¡state
(estate), ismisuralo. ¡¡bandire, néve'' (slalt des sdleneu n/ve), d?ve (dtro,
debbo durch -ebbe beeinflufsl) sollen durch Dissinûlation , Modana. Modma
(Modena) darch Assimilation entstanden sein; io niZír (balde), Aifaüi ^a^jg)
un den Hiatus lu veimeiden: dann aber írac (biaro), £a«/D* (cavolo) un den
Hiatus her voriub ringen?
Andere, wichtigere phonetische Eischeintuigen hätten eine tiefere Er-
gründung erbeiscbt. Nur einem phonetisch geübten Ohre ist es mô^ch; In
der Endung -era (für -ifr,i), in line, i¿de, vine (für fiíra etc.) das Vorhanden-
sein eines, das ' (/) vertretenden. geschlosscneD , weiten e heraiumhören ;
■HUtiVru. welches leicht rar Schreibang -era verlöhrt.* — So ¡st auch ito'^i
' I geht auf germ. A, r auf d luiûclt; tf. J/i parew gnirimiBe (ogni
di mille) lA' 'ndjmmrtu (d'andarmene, /Vv/iot); imgküeie criiineit an Ingktl-
Urr» und enthilt «atserdem, wie magherò (m^io), its irtroMaifi.
* Gebt sicher auf GcmiaatioD and Dissimilation inrâck: cenere — eeH-
mrrt — crttderr. genau wie: ^tc^Mic* — ¡lommmco — itembaco — stancai
' Hjet. iit_falsche Analogie in Spiele: ami» gebt auf amie«, lúlglich,
.niUíKlLX-iIuJiiMñ« auf wtedici aurñck.
* Cf. (TL gwrm — Am. Ankere (aicaro) gebärt gar nicht biefatr.
* Es giebt einen UnterscbJcd twiscbca dem /r in prictla und dem
■ A«s det Pratii» : AsAa «AhO« aSa liar« itrtfrr it memtpara. wo »
nr ar Mtkt.
* U«n «ilUe den Eiadab dct is 4er Toscana ao nhlreichen Sptich-
«trtM ■«{ die fboiKklocie Bkftt vcsaacUnäcc* (4a gutiäntatae Laat weicht
immn vot dtM oAscb): «am A itfar «na ü Umr: Ad ergila nan mane»
«M- MFrf^r«. (>0«H argJetitì.
* Oit t«t VotksetjB. Im Spidc: ^ébmmif íñ Akatk». Uebrigeas QLIll v
ClMlkh ur M« h**t* et*», vman «M «a «acedalEt: G'ila"eecAia (aviU
* Nui m kann man skb dit alte SckRibwcte: uigàiwa. pecnna. lilenia,
¡, nilim; soBst ist tra ñ^ puMfendk.
J- 1
, THE
F THE PlSTOjaSE DIALECT.
kein reines ò, aond«m ea geht dem olTeiiEa ù ein geschlüäseaes, weite!
wahmelimbares ó voraus; man fühll, besonders im Pislojesischco, einen
schied zwischïn novt (g) und naovt (PI. fem. von nuovo) heraus.' —
prr estirare das nnbestimmle e, oder seltener i, dem Zischlaut, sc
onfiare, enfernü der dumpfe, das Í ersetzende Laut dem folgenden
Nbs>I
BedeDtungslca dagegen (Ür den Lantbestand des Pistojcsischeo sind Schrei-
bungen wie granalla, g-raaiìa; denn Weder zc noch i giebt den wahren Laut
wieder: phonetisch ist es kein doppeltes a, sondern, ob vor* oder nachtonig, ein
einfaches, je nach dem Wesen des vorh ergeh enden Lautcfi. mehr oder weniger
denllich artikuliertes ts (resp. dt). Dasselbe gill von g' (i) und gg' {ä!).' — Die
Gemination der mit dem betonten Vokal verbundenen Konsonanten (Jim},
enirerrò, ¿rrano tat ¿■rata) und umgekehrt die durch die (iemination hervor-
gebrachte Acccntverschiebung {¿imtraj'i-^niione, domattina) halte der Verf.
als rein pistojesiscbe Merkmale nicht übergehen sollen. — Wohl assimiliert
sich das r des Inf. dem folgenden Frooomen, giebt es denn aber keinen
Uolcrschicd in der Länge beider Kon^onantengiuppcn in essecci (esserci),
kommt das gli in parlagli (parlargli) dem in travagli (PI. von travaglio)
gleich? -^ Weit enifeml, die Priniipien der Phonetik lU verfolgen, verstöfst
der Verf. nur alUn oft gegen ilicsclben: fKVQUti'^piitu'^fiogo 'popoche etc.
(biet iit poge und pocho parallel entwickelt, aus g kann nicht ch entstehen);
;t4-j^if'; stiacci' exsucaut (sie), welches, meiner Meinung nach, nichts
anderes ist als scocci schiocca stiacci (cf. scatola schialola slialela ; stinco
neben mnodartl. scáihco); (,n + )g'^(n+)c- A: cineu', un httallrino ist falsch
1 unmöglich, da nui inlervok. k za h wird; tn quaderni verschwindet es
im niederen Volke gSnzlich, sonst hinleiläfst es immer eine Aspiration.
Wie wenig genau der Verf. vorgegangen ist, erhellt aus folgendem;
á>t: brindólo abd. brâto (cf. brandello brindello); /orbottare-;:>]>iA.
; ditntro soli von DE DESTko kommen (cf. dietro drieto); oscire
st Ut. I* IQ Ú geworden; v'^g („that is b [sic] becomes bilabial
immer] and is then backed under Etruscan influence"): gorfe' Rir
; w~^g': giangie'' ahd. wa nkj a („by asäimilation'"); Ir'^/r: fracchie-
*>S^- ""ggia »«ETA (von meggiare mejasb mhjerk); />r: curesto
:u-l-Tlfl: + lSTUM (coresto geht auf codesto, nicht auf cotesto íurück); bra-
t dasselbe wie fn. blâmer; barbottare soll aus borbottare entstanden
n (das G^enleil ist richtig); d>-í: giritondo gVeARE+KoTUNDA (welches
■itonda ergeben butte); dature (ciottoli) SCHUTT -fULUM; P'^c: cieco ^^
i Verb gonfiare; 'r^are, 'nftri
t kurier ausgesprochen.
' Selten bei poco, das manchmal puoci
■ Nicht etwa dem Artikel oder den
Entspräche besser dessen phon, Werte.
* Individuell werden diese Laute langer o
■ Die Stelle aus der Pratica lautet : Abòra
* forbottare „schlagen" hat einfach die Nebenbedeutung „Schwallen"
■genommen (ef. pariseriseh „taper de la gueule", trivial fur ..jaser").
* ErklâniDg dafiir Grundriss I SJl.
' Die Stelle der Pratica lautet: Gli doUa ¡s giangie e soffriva spesso
Il denti, also gengive, und nicht guancie.
Il6 BESPRECHUNGEN. G. ROLIN,
piccolo („by assimilation"; cf, LRW iSSy und cicca Zigarrenstummel); /^/:
/à foo ^sipoco (,,by assimilation*');^ Synkope des intervok./: piolare pipilaks
(,,by dissimilation"; warum wäre dann p in pipilare pipiare geblieben? in
piolare ist ^ weggefallen ; oder Onomatopöie?); t{-{-%)'^l{'\-%)\ faUoUtto {mo
sicher Einflufs von falda vorliegt; cf. noch salvietta); d(^'\-i)'^ g-l-^ri: nO£'lia^
fär noia (i, j hat llj analogisch hervorgebracht: aiutare — a^^Üsitare; anders
bei paglia für paia: pareat palsat palia /a^âa); r'^tt: otta for ora;
n'^n*: gniochi (Pratica, 43). gnente, gneve („that is the dental becomes
palatal according to the law of least action , for gnente = one action and
niente = two actions'*);' übrigens ist pist. gni = nnj und nicht ff; „many
words which in Italian are exceptions to the rule that voiceless cons. JL^
voiced , foUow the rule in Pistojese, e. g. segando, savere, tregento** (es gab
wohl ein altes tregento, das moderne Wort aber ist analog nach dugento
gebildet, savere ist nicht pistojesisch) ; h falls and r takes its place: rüro^
pisia für idropisia*^ (einfache Volksetym.); „h falls and /' takes its place:
di glieri HERl" (cf. nogUa = noia)\ das in in del far innel fur nel {campo)
durch Dissimilation entstandene d (/) könnte auf inde zurückgehen.
Andere Fehler verraten Lücken in der Kenntnis des Italienischen im
allgemeinen und des Pistojesischen im besonderen: poveraglia kann nicht für
poveraia stehen, das nie existiert hat ; nach e, che, <z, dà, ma, tu, sì, tra, fra,
sopra etc. wird der folgende Konsonant nicht nur im Altpistojesischen, son-
dern immer und überall redupliciert ; * in Quell* uomo non si ferma mai, è
sempre in fazione [Pratica) sieht der Verf. fare-^aùone (die Redensart essere
in fanone ist rein toskanisch) ; un bambinuccio vispolo che un giorno spaaaaa
la Chiesa {Cincelle da Bambini, 14): hier ist spanare für den Verf. identisch
mit spassare, obgleich im Anhang nur spassassi als «/rEvr/irxf verzeichnet ist;
im Pistojesischen, ebenso wenig als im Italienischen, wird in folgenden Fällen
,i statt ê ausgesprochen : a cinque, ma dilette, che cerchi, a cervello,^ — Von
den im Pistojesischen so zahlreichen Beispielen von -ente für -^nte (cf. bru-
cente; lävorente in Siena, pisiìchente in Rom) wird aus der modernen Sprache
kein einziges angeführt; sanguinente ist weder rein pistojesisch, noch ana-
logisch, sondern es kommt von sanguilentus; gieografia wird zwar falsch
> Aus V a s q u a 1 i *s Sonetti popolari, 43 : ... ci *ol poo GH si fa güera
e *nsino a che iV n* ? Sensa tanti discorsi si fa foo : „Es ist einfach {ci vuol
/tHv); es wird Krieg geführt und, solange Pulver reicht, ohne Gerede ge-
feuert** (Pasquali*s eigene Uebersetzung).
* Der Wandel \'on d lu l ist weniger zuzugeben. Für r; s^ 1/ m^ Uj
cf. Pisî^^ria Pistx^^ìia Pistt^ia,
^ Im eisten Kali, wenn die Etymologie richtig ist, ist Einâufs des fol-
genden Ï VOI hunden (mavAÀ» : niocco :,^<V4.v); im zweiten steht gn für stark
paUtaUiiertes m: nieve (vgl. la/ di Xi?vo<e), niente {neieníe),
* Im Aìtpistojcsischen auch nach ài. In la f entina, inffine (XTTT. JhdL)
handelt e« sich um ein hinter n oder im Anlaut deutlich artikuliertes f Der
Verf. »chUge lirundria 1, 406 nach. Also nie. wie Bruner meint, a hapäo,
4 komid%\ e hamumimà* s^xndern immer accapito, accomtiJo (= a comode), eccam-
mifHt ; sehr richtig aber die alte Schreibweise : offue (a che), lafçmte (là qui).
^ Nach alle dem, was schon über die Frage geschrieben wurde, hätte
dei Vert\ in diesen lutum nicht verttallen müssen. In diesen Filkn wird
der Anlaut in der Aussprache redupliaien und klingt rein wie ¿.
J. D, BRUNER, THE PHONOLOGY OF THE PISTOJFSE DIALECT, II?
mil ie geschrieben, aber oie bo ausgesprocheo ; cr'^gr ¡Bl sowofal in der
Sladt als im Ciiconilario äufserst liäulig (er. liier, gruccia neben cruceta)-,
huarhosa fur gualcala Ì9l weder pislojesiaeh noch möglich.
Bruner vermengi die Sprache von Pisloia-Ciltà^ mit der von Pislaia-
Campagna: •aglio for ai» (mtrâagtio, staglia), mi, tè, rè, tri, méjt, lift,
s/je, nimo gehäien der Sudt nicht an; Val di NièvoU, minoma, vingo. tìngo
haben immer è, stilla, ¿llera, seindtrc immer i\ in Pistoia hört man nur
giívant, córto, giórno, laro, óra, ancóra, allóra, sciòcca, d\u prega. Uva (nie
priego, ¡ina), tili esce (Campagna: illi usee), malidire (nichl maladire),
jo/rajAiian« (weniger 3up*rtstiñane), linea (nicht linia); abgesehen von nòe
ni'ii fñr nò, gehören faräe, diràe etc., ebenso wie domina fñi daaina dem
Lande an; Abfall de» inietvoli. v ist selten in der Stadi (^aire, pAtro, gcirn»,
avéa), hiuliger in Montale; casa, cosa mil weichem i wird man selten von
einem echten Pislojesen hören; die Verdoppelung der Konsonanten kommt he'\
Proparoiylonis, besonders bei ¡ubbilo, salata (auch in robba), des öfteren vor.
Der Verf. beschiänkt auf das Modernpislojesische Erscheinungen, die frä-
lieren Jahrhunderten gemein waren, und umgekehit: i.''R.l-\-cs.'^i-^dûtûili es.
(„only in the mudetn language"); doch ist dieser Wandel eher florentinisch
als pistojesisch, und wenn er lur Hand Dokumente nimmt wie Le Quattro
Stagioni JdiUj rustican del Ciy.'Bì\y del Rosso Fioren tino (Pistoia,
1867}, so begegnet er auf Schrill und Tritt Beispielen aus dem XVIII. Jhdl.
wie aipprato für al prato, aiòba Tur alba, aillra Rir altro, voitta fiir ì!olia;
gui' bbambino (arjuíí i. gehört nur dem Fl oreo tini »eh en. ~ Auch die Verwand-
langen von nn'^rn: auturno; n+ly-ll: callare {Apocalisse II, XIV. Jhdt.)
sind der heutigen Sprache nichl fremd (cf. Cincelle da Bambini 9: co' le bane,
auch colle b, ausgesprochen; Agliana, Alljana, Arljana; arneneiolli, cann.).
Nicht selten weist er dem Pislojcsischen Formen lu, welche allgemein
toskacisch oder ìlalìiniKh sind: abbtnchi, accapare, starnutare und slranu-
tare, tttit' addua, riebarbero riobarbaro rabarbaro, /orsi aehen /orse, ubbi-
dtenta ulira („Ihe development of prelonic 0 ^ h is a strong(!) Pìilojcse chaiac-
terïslit, particularly of the modern language"), ¡ibrile, ginebra und gintvro;
*>■»: passivale {ìs( da »\ìx poiieiiole): gnudo, marritta [manritta), granocchia
(ranoechio\,\freddo; intervok. t- >■ íA >■ A; prieissione, doppo und andere
Wörter, die er Fanlani's Voci e Miniere del Parlar fiorentino entnahm;
la lapa (Dr l'ape ist nicht nur sienesisch und lucchesiach, sondern auch pisto-
jesisch (cf. 'Pratica 36; le lape eiucciana Jíori); l'^r {morto für molta) ist
nicht allein pistojesisch, l'~>glC {leagghi ^ levargli; cf. analog, f^k',
gk''>d') nicht allein montalesisch. ^ -ata -;>■ -apo, ■ado'^'oSa ist floren-
tinisch und dringt immer mehr ins Pratesische ein. Es ist ein, an der Rück-
seite der oberen Zahne, nahe an der Schneide derselben, mit sehr losem Ver-
Schlafs artikuliertes t, d; mit englischem th hat es nur wenig Aehnlichkeil.
Auch die übrigen einfachen Explosive werden im Florenlinischen (seltener
im Pislojesiscben) mit sehr schwachem Verschlufs artikuliert. ^ In einigen
OrtCchaTleD der Campagna fiorentina wird t :wischen Vokalen dem folgenden
a, e. H* assimiliert, es verwandelt sich in den entsprechenden gult. Laut, in
' Hier ranfs man zwischen dem Popolino {z. B. /ermarti) und dem An« 0
teta í/ertuasei) einen Unterschied machen.
" Besonders in de s Partizipien auf -ato.
Il6 BESPRECHUNGEN. G. ROUN,
pìccolo („by assimilation"; zî, LRW iZdrj und cieca Zigarrenst*
fa foo =. poco (,,by assimilatíon") ; ^ Synkope des intenrok./.
(„by dissimilation" ; warum wSre dann / in ptpümrc pf
piolare ist ^ weggefallen ; oder Onomatopöie?); /(4'>)^
sicher Einflufs von falda vorliegt; cf. nocb saMtttaj\
für noia {i, j hat llj analogisch hervorgebracht: ah '^^
bei paglia für paia : PARitAT PALSAT PALIA pa/ »
w > «* : gniochi (Pratica, 43), gnênU, gntvc (
palatal according to the law of least action cprA'etíL^
niente = two actions");' übrigens ist pitt. ^ «
words which in Italian are exceptions to ^ M •
voiced, follow the rule in Pistojese, e. g. '^'k*^ Kon-
wohl ein altes trecento, das moderne ** , ^. « r j-
, ., , ^ . * • V.. •_* • _a i.\ -icn , den Emfluls dir
gebildet, savere ist nicht pistoiesischi ... ^ 1.
... -. .- ^. . .. ^ . -1. ir !■_ • und insbesondere lon-
ptsta fur täroptsta" (einbche Volks . , , , j
Ji glieH HERI" (cf. n»glU = nM' .jesuchen verdoppelt w«d«
1 1. TN« • «1 *• I.^ j j ^c EntWickelung des inler-
durch Dissimilation entstandene / „.,-..,,. ^ . n
. . -, . , . , . Verschluisartikulation durch alte
Andere Fehler verraten
allgemeine, nnd de. Pistojeri' "^ vollrttodigen Schwund des Uuw
>0wr«< stehen, du nie «sif "^ "*"' ^^ eingehend behandelt werda
í<íír<i etc. wird der iblM- '""""ß' **" Intonation, besonders aber di.
dem immer nnd SbrnP .«*'''« "»^ Florentinischen weit abUegende, «
stmtrt m fiuiêiu IPrr if J*"*"'"'"'' ^'^ Stimme des pistojesischen Volke
.-»/»ai.fiBtrdatO' ^0^ ^ Forschung.- gistav Roldi.
la Ckmt» {OrnttO*
mit spastaft» obff*
im Pistoittiaeha' ijlosesdcCasscl. Le plus anden texte réto-roma
* sUtt ¿ aniff V^^irt«***' **'^" "^^* ^"burgi Hei vet. 1895. 67 SS. gr. 4
den im Piitr' vi* ^ MaK-hoi vwie er Zs. XIX 08) angiebt) entdeckt, da
cenU\ iäwm rßf'^^ ''^'^^ ^^^™ franzò>i>chtfn Sprjch^'ebiet angehören, w:
kein eins! /l^ ^ ¿ »**• -^*** '^"^"^ ""^* Altr. Gloss. i865> ;\lJgemein» und A
logisch, /^Ï^'ÎL <iwih"ten Anikol ^¿>. XIX 64) angenommen halte, soi
— -^ xS**i^n ».»* "'*^" point Jouter ••» dem rätoromanischen. „Ceti
^ ji^ el^ èmi>c du nste par M. Monaci, il y a deux ans. Dai
r^y^'^^^at Avx>^^ veiinu den Artikel, der andere den weggefallene
^ipi'ljj^ wÄule mau vlis *• verdoppeln; ir?ccjtz\sS,>ggeri.
^ ^ dK •»'A''' ('V«.*«'"^»" *.:,••> Sur F.'pJirrupt^ Jeutsciur U'issenschaJ
i IJ'îj^ufti» '•» R^n^Hs't in stviivl gesetzt, einen halbjährigen Aufentha
aP'^ÍLí*** *m nehmen, beabsiehiige ich. die Phonologie dieses Dialekt«
^SlClLlie« l'iül«»!: ¿u untei ziehen.
/ ^Rm ^^^^ \Aich. f. lat. l.e\. 11 5071 sprach sie Italien ¿u, was for Re
/ í^k*i»** \Yideiìei;unj; bodart; i^ genügt an uu^nz 11 S und \X.. guaní
4«; IloUim^nn 1^55 vKeUen und Germanen 1381 Bayern, soweit ii
jgi^jmvh lomaiiiüoh ge.spiochen wuuie: ebenso G. P. Rom. XXIV (1895
ff¿_^^ wril di\' tUi'lu. aus IVgernsee stammt und die Bayern am SchluJ
iÇ^'^.ui ci>»<^hut %iuJ. Die.- yA.Gl. 80 — $.:'■ hat jedoch 5chon gezeig
^^n||^ li««'hi Kopie isi und det Schlufs mit den Bayern t von einei
#^^ Vitk»%ci heil uhi t. Monaci i8q2 ^Rendicv^cti d. AcciJ. d. Lincei p. 48^
jjflj^dinié vorne spei o di dimostrare piossimamerte". was bis jeut m. W
"'^ ah'hl ^v«chehcii i>i: .'ulci:t Moil November 1804 ^H. Arch. XCIV 345, :
SSttaMi lidie Krt^sclci tilov^cu gehoTcn wohl sicher nach Räcien'*, jedoc
Ulli**
Its
BESPKECilUi
J. STL-RZINGER,
ein t mit schwachem Versclilufs oder oline denselben (cA ; etwa slav. A in ßnA).
Es ist aber gani verfeWl, aus der vcieinieltcn Schreibweise calhalica auf eine
Trikative Aussprache des / im AltpUtajesischen einen Schluls lieben zu wollen.
Zu alledem £esellen sich schlechte Lesarten wie itttnfiarr stall nmpara
{Fratica io), empiici für emblici (= embrici, ibid. I7), ricomptmalla für now-
pensaUo (Sonetti Popolari 19}; Ferragû für Ferajo [FeÒ6raÌB, so monlalesisch ;
cf. vulgärlal. KíRArAs (ür FEBRUARIAs), lúgrunari für lagrimare ; c' è 'avalleg-
geri {Sonetli PapDlari i^) statt cV 'avaiíe£-ger¡.'
Andere wichtige Punkte hätten eine nähere Berücksichtigong verdient.
Der Verf. hätte die Apharese im Pistojestschen einem gründlicben Studiam,
die verschiedenen Nuancen der Vokale, besonders des offenen und geschlosse-
nen, betonten und oubetonteo 0, e samt deren von den umgebenden Kon-
sonanten bedingten lautlichen M odi ük alionen genauer prüfen, den EinflufB der
Vokale auf einander in der Volkssprache unlcrsucheD und insbesondere kon-
statieren sollen, inwiefern die Konsonanten im Pistojesischcn veidoppelt weiden
und die Betonung dadurch hecinflufsl ist. Die Entwickelung des intci-
vokalischen c {à), von der vollkommenen Verschlufsartikulation durch idle
möglichen Mundeogen (streite arali) bis zum vollständigen Schwund des Lautes
z. B. in 'un è mja mia = non è mica mia) hätte eingehend behandelt Werden
sollen. Schiiefslicb bildet die Betonung, die Intonation, besonders aber die
von der lunga gnata des Sienesischen und Flo ten lini sehen weit ablí^ende, si
einfache und sympathische Modulation der Stimme des pistojesischen Volkes
u Gegenstand der Forschung.*
Gustav Rolin.
Faul Harcbot, Les Gloses de Cassci. Le plus anden tene rílo-roman
(Collectanea Fiiburgensia, F.isc. UI). Fributgi Helvel. 1895, 67 SS. gì, 4".
Im Juli 1S94 bal Marchot (wie er Zs. XIX 68) angiebt) entdeckt, dats
die Kasseler Glossen nicht dem fianiö sise hen Sptachgebiel angeboren, wie
man seit Diez (Zs. f. dl. Alt. IS49 und Altr. Gloss. 1865) idigcmein' und M.
selbst noch in dem erwähnten Artikel (Zs. XIX 64] angenommen halle, son-
dern uniweifelhail {„à n'en point douter") dem rätoromanischen. „Cette
assertion avail deja été émise du reste par M. Monaci, il y a deux ans. Uans
' Der erste Accent vetlritt den Artikel, der andere den weggefallenen
Gullural. Sonst würde man das c verdoppeln: eèccavalleggeri.
* Durch die lobt. Gesellschaft tur Förderung deutscher Wissenschaft ,
Kunst und Literatur in Böhmen in stand gesetzt, einen halbjährigen Aufenthalt
im Pistojesischen zu nehmen, beabsichtige ich, die Phonologie dieses Dialektes
einer gründlichen Prüfung zu unierziehen.
» Nur Situ (Arch. f. lat. Lex. II 567) sprach sie Italien ¡u, was für Ro-
manisten keiner Widerlegung bedaif; es genügt an uuans 1 18 und 'w. guanto
zu erinnern: HoUzmann 1855 (Ketten und Germanen I38) Bayern, soweit im
9.Jhd. da noch romanisch gesprochen wurde: ebenso G. P. Kom. XXIV (1B9S),
p- 595 — 61 weil die Hsehr. ans Tegernsee starami und die Bayern am Schluis
(Z.IÏ5 — 34) erwähnt sind. Diez (A. Gl. 80^81) hat jedoch schon gezeigt,
dafs die Hschr, Kopie ist und der Scblofs (mit den Bayern) von einem
andern Verfasser herrührt. Monaci 1 893 (Rendiconti d. Accnd. d. Lincei p. 487)
„alla Ladinia come spero di dimostrare prossimamente", was bis jetzt m. W,
noch nicht geschehen ist; zuletzt Motf November 1894 (H. Arch. XCIV 345, 3)
Rälien, „die Kasseler Glossen geboren wohl sicher nach Rätien", jedoch
MCh ohne Beweis.
i
^^ íbclie.
w^
un Iraviu) qui paraftin i
bieo fondé." Die so angekündigte Schrift ist die vorliegende neue Au^pbe
der Clo&aen. Der Beweis i toule évidence isl zwar techl luversichlUch, über
DicK irïumphietcQd und wortreich ausgefalleD. aber leider nichts weniger als
überieofend , weder im ersten, phonetischen Teil (p. (5 — Ji A. Grammaire
betiteil) noch im iweiten leiikaliscb-exegelischen (p. 35 — 55 B. Commentaire).
In jenem kommt M. (p. J>), nach DsTslellung der 18 Lauterscheinungen,*
selbst lum Schluls, dafs er ei{;entlich nur iwei davon mit einiger Bereehli.
gung gegen die frz. Herkunft ins Feld fuhren kann, nämlich das e- in esiioi
„prclir" 104 und das Fehlen des -n in 11^0 17— IQ (fri. mon mien]. M. ver-
gleicht esiiei mit essieu afiz. aissii (womit es nichts zu thun hai, es heilst ja
„Bretter" und ist wohl ^ assiculum) und meint, das e- miifste durchaus die
Kontraktion von Uf' rcprÖsenlicren. Die Glosse fassela 115 (^ /assicella
iÍTi. /¡lisse/) leiel, <l»fs l'as ai tat Zeit der Glossen noch nicht vorhanden
gewesen sein mufs, das e m esilos also fiir a stehen kann so [¡u' wie in
kemitiada 97 und medirán (afri, mainiiri) 105, wenn es nicht überhaupt
Schreibfehler ist. Was meo betrifft, so wird niemand dasselbe in radi meo
parba 19 oder lundi meo capilli 17 für fraaiiisisch oder romanisch halten,
■ODdcrn mit Diei (A. Gl. 94) darin „ein Ringen nach Latinität erblicken, das
übel ansschlägl". Auf diesen beiden Punkten beruht also der ganze Be-
treis í toute évidence fur die rälische Iletkunfl in lautlicher Beziehung, denn
die übrigen 16 Lauterschdn ungen sprechen ebenso pil, zum Teil besser lur
franiöüschen als ratiscbca Ursprung oder nur lür französischen, z.B.:
■ von medirán 105 = fn. merrain. Dies Wort fehlt dem Rä-
[ tischen, -amen wird ludem rälisch -am, -om. -um (Ascoli Arch. I No. 7. I44,
Gr. § 6SÌ, vereinzelt kommt -ij vor, „der Fall ist übrigens selten, da-
An nicht übernll einem festen Gesetz unterworfen", sagt Gartner.
'■ in cramailas 134 ^= afrz. und dial, cramail, -aille. Auch
dieses Wort fehlt dem Rätischen; 'i'l- wird T, <•/ (Graub.), f. ¿(Friaul) oder rf/
(Tirol), nie il. Das lirol. dl kann oalurlich nicht auf ein il, sondern nur auf
cl Euiftckgehen. M. hilft sich nun damit, das deutliche hdschr. cramailas
durch critmaclas zu ersetzen; bei dem undeutlichen inguaio 2g, in welchem
das ü nach Diez (A. Gl. 97) und Grimm's Facs. (Monaci's steht mir leider
nicht zur Verfügung) rechts offen ibi und deshalb ebenso wohl c jjelesen
weiden konnlc, setzt er dus c dagegen nicht ein. obschon auch die rätischen
Formen von genuc'lum ein ucl und nicht ein uol im 8. Jhd. voraussetzen.
3. Das J in camisa 112 =: frz. chemise. Für 'sj- kennt das Rätische
nur i (Gartner Gr. § 200 catnisia nnd § 82 *¿ri¡ium, Ascoli No. lOl).
4. Das I in uiua%iu 15S repräsentiert den Laut ts, wie aus uuant llg
hervorgeht (und nicht tch d. h. Is. wie M, p. 43 behauptet), also den afrz.
Laut lur lat. -'ej-, wofür ratisch fnst nur ti erscheint (Ascoli No. 169, Gartner
§ 100 glaciei).
in dem zweimal betegteu moi t6o/l := afrz. moi, mui; ratisch
igad.) lautet das Wort «tue (Pali.). Aus diesem Wort und den Formen
Die 3 weiteren §§ 19 — 13 (p. 16— 30) behandeln nur Flexivisches, das
eetn einromanisch isl. Das obw, Vb. radir (Carigiet) ist übrigens nicht laL
radere (p. 34), sondern das deutsche radieren, wie die Erhallung des d und
die inchoative Flexion radescha zeigen.
BESI'RECHL"NGEN. J. SlÜRZINGER,
bei Gar
jnd 5 81 und bei Ascoli No. toj 1
man, dafí ''Jj- rälisch cinco Zischlaut dì, i oäet i, nie aber 1 cigicbt.
6. Das dreifach belegte vesUd i64'5,b entspcicht ■&!■ vnti{l), nicht
aber, wie M. (p. 54) angiebt, rät. (obw.) vaicItUu -nisckiiu. viíl¿ú [eng.
v{e)illeu]. Diese haben j» das u von vtstitum bewahrt und das -t- fidlcD
lassen. Diese auffällige Entwicklung der Endungen -äum eu -iti (spitcr -ieu),
■alum zu -au (-d) ist Seht rätisch (Ascoli No. I. 3;. 60. 197. Gartner § 3z. 6t
und Morf G. G. A. 1885, p. 849—66), in Tirol und Friaul ist sie jei« freilich
lombard. -ven e dis ehern Einflufs vielfach erlegen (Morf 1. c. 857), daher denn jiöt
lirol. vtsli, fri. veiltä. Das Graubundner Romanisch hat eben hieiîn, wie so
on, vErmÖge seiner abgeschlossciu^n Ljige, den utsprün glichen Charakter treaer
gewahrt. Dab im S. Jhd. Tirol und Friaul diesen rät. Zug noch besafsen, ist
wohl selbstverständlich.
7. Die Form ßgtdo ¡ z (cf. ieeorü /¡gìdo ¡n den unzwetfelball französ.
Reichenauer Glossen 11 46) kann dui /Igiäa betont sein und sctït daher_/îta/«Bi
voraus = hi. foie {pT.f/tge, v^. hlgade, pg^ßgado, H. /¿gato). Sämtliche
rätische Formen können aber nur von /Icdtuin herkommen: htrg.Jiga. obcng.
fió, fass-^á, gied./ujdd, bad.jî,/, bacii.Jigä, Erto fiäj'JI, b\. fijdd.
Mit diesen lautlichen Tbatsachen ist wohl rat. Herknnft der Glossen
nicht mehr vereinbor, der Beweis ihrer RälicilSt ist also auch nicht 1 toute
ívidence, wenigstens nicht im phonetischen Teil, gefñbrt. Dies ist aber nocb
weniger im lexikalischen Abschnitt geschehen. M. hat zwar eine Rrihe von
rät. Wörtern mit solchen der Glossen idenlifiïîert, aber wie!
Nach ihm ist z.B.
No. 7 narts = bergeU. narr „Narr" (rf. Zs. Vni p. 166, 8i>).
14 ¡copulas (d. h. wohl scapeUum) ^ obw. schuvi. Dieses schuvt (gespr.
iu[v)l) ist = jugelium, denn d.is ¡ch ist stimmbafl, wie aus Carigiet und
der engad. Form gavé zu ersehen war.
21 labia = obw. li/; dieses ist das deutsche li/(Diti A. Gl. 87, Gart-
nei Gr. § 16).
6î pecunia (d.h. ■ito\a ptcuniarîa) ■=■ obw. und cag. pug'i/ra .,Heirkttli";
letiteres ist (Ins Fem. m ptigner „tlauptstrciter, Held".
96 bii/e ^^ obw. pegna, das unmöglich von pensile oder pensilia bei-
kommen kann, sondern laotlich auf ^«ia oder iiiiniii weist.
107 cafretiti = eng. chavrri, cAavrida, ca-pretia hält M. für romanisch,
es ist jedoch £u trapes die deutsche Glosse (cf. trabes gipritta in and. Gloss.,
Dieï 107) „Bretter, Gebälk".
108 fapriuHS ^ obw. cavriú „stehende, dürre Tanne", cavriú. fem.
cavrida ist aber ^^ capräus, -la „von Ziegen geschält", und hat nichts mît
*capria, -anis ^ frz. chevron zu than.
Ill carila (lies carica „Last, Fuder") = eng. charol „KSbel". Die
beiden Wörlei haben weder in Laut noch Bedeutung etwas gemein,
126, 179 situla = liro\. sedia. Das tirol, -dl- geht zunächst auf *c'l-
znrñck. la Tirol ist also auch wie im übrigen Rätischen situla durch sic'la
hindurchgegangen and nicht situla neben jicla als Etymoti a
151/1 aivearium = obw. uali(rì (jsilbíg), letzteres ist = apiolarium.
Die angesetiten Lautäbcrgänge alvearium zu 3silbig. aluer und dies zu ualer
ñnd rStisch unerhört
p. MARCHOT, LES GLOSES DE CASSEL. 121
Auf solchen Irrtümern also steht die Räticität der Glossen. Hier hat
jedoch M. seine Ansicht wenigstens noch dnrch rätische Belege zu stützen
gesucht Bei andern Glossen begnügt er sich dagegen mit blofsen Vermutungen ;
denn zu unctura (58) bemerkt er: „C'est un des mots que Diez déclare n'avoir
pas retrouvés en rtr. Je ne l'ai pas retrouvé non plus, mais comme ungere
est courant en rtr., un dérivé unctura ne doit pas être surprenant." Mit den-
selben Worten wird von dem Vorhandensein von verr „Eber'* im Obwald.
auf die Existenz von verrat (79) im Rätischen geschlossen, vom vermeint-
liehen ^^fimarûi {^pugnerà) 62 sluÎ pecunia, von auca auf auciun (84), von
madèr auf medirán (105); und zu domus 92 heifst es: „En rtr. domus a dis-
paru devant casa, mais il pouvait encore fort bien vivre à l'époque des Gloses.*'
Diesen vermeintlichen rätischen Belegen wären nun freilich einige wirkliche,
die M. übersehen hat, hinzuzufügen:
scapulas 14 ist erhalten in gred. iabla, frL scabli (Ascoli No. 114).
pulcins 86 in ohw, plusckein, eng, puìschain, greá,puniin, íx\, pulçin.
gallus 87, auch in Graubd. vorhanden, eng. gial,
mansione 93, auch in Tirol, gred. maiot¡ „Kammer" (Vian 112).
stabulum 102 in obw. und eng. stavel, obeng. stevel, fri. stábli,
uuanz 118 in o\y9i,guant (Conr.), eng. guaunt,
mal/ei 148 in eng. maigl, tiro!, mai.
moi 1 60/ 1 in eng. möz.
Prüft man nun, nachdem der rätische Anteil an den Glossen gesichtet
ist, diese auf ihren rätischen oder iranzösichen Ursprung, so ergiebt sich, dafs
von den 179 Wörtern (nicht 180, da moi zweimal figuriert) 151 nicht in Be-
tracht kommen, weil sie entweder nur lateinisch, nicht romanisch sind (= 23),
oder romanisch , aber weder rätisch noch französisch (= 3 : Hones, fomeras, al-
vearias), oder zweifelhaft (= 3 : sisireoi, mattducaril, tramolol), oder rätisch und
fi'anzösisch, auch gemeinromanisch sind (= 122). Von den übrigen 27, allein ent-
scheidenden sind 6 rätisch und nicht französisch {pecora 79« scruua 81, cal-
darora 133, saccuras 138« manneiras 139, siciies 140), 22 französisch und
nicht rätisch {caiamel 31, ordigas 35, intrange 54, unctura 58, pecunia 62,^
eçua 66, ouiclas j6, ferrât 79, auciun 84, domo 92«' bisle 96, esilos 104,
medirán 105, capriuns i08, fasselas I15, windicas II 6, mufflas II 7, hanap
130« cramailas 134, uiuaiiu 158« Uni 162« guluium 180). Das numerische
Uebergewicht ist also ganz entschieden auf französischer Seite. Dieses lieber-
gewicht wird nun aber noch ganz bedeutend verstärkt durch den Umstand,
dafs von den 6 rätischen kein einziges ausschliefslich rätisch ist, sondern sich
alle in der einen oder anderen romanischen Sprache finden, während unter
den 22 französischen wenigstens 7 spezifisch französisch sind: auciun, bisle,
medirán, fasselas, windicas, mufflas, cramailas. Damit düruc denn auch
lexikalisch die rätische Herkunft der Glossen widerlegt sein.
Was den letzten Teil der Arbeit, die Interpretation der Glossen, anbe-
* pecunia „Vieh** ist in Frankreich als volkstümlich bezeugt durch grex
pecunia in Reichen. Gloss. 936.
^ domus „Gemach** bestätigt durch Reichen. Gloss. 731 thalamus domus
maritalis (Glosse zu Ps. 18, 6); Oxf. und Loth. Psalt. übersetzen thalamus denn
anch mit chambre. Im St. Leodegarlied 198 (im Reim) heifst dorn aber wohl
noch yyHaus**,
122 nKSPRECÜUNtiEN. PH. AUG. BECKBR,
knj;!, äu ist tlicsci als gani wertlos zu bezeichnen. Mit Ausoahme von i
was zu ardirai (p. 3 S), ans mit Meyer - Liilike Gr. 1 §30 beibehalten wird,
und was va/anua (p. 47) bemerkt ist. das nicht geridc oolwendig nach dntr
Stelle der Wiener Gl. ïu lentifanun ergäöit wird, ist alles Andere, in welchem
M. von Diez abweicht, nichts bU Irrtum; so die Deulang von innuolu p. 38,
capTclia 46, tanni 4S. cramai/as y¡. fiasca ^2, tramo/ol ¡^. aliios ociilui n,
das kurzweg in orbus oculii geändert wird. Von diesen sei bier uut das im
Ms. über pulula stehende fiasca (No. 153) erwähnt, das M. auch für romaniïch
hält, so dafs wir zwei auf einander folgende rom. Glossen ohne deDt»che
Ueberselzung bitten. Ein Blick auf Grimm's Farsimilc leigt, dafs foiticla am
Ende einer Langzeile steht; es ¡st noch etwas Kaatn da, ab« nicht genug
für das Wort fiasca ; da liat denn der Schreiber dag deutsche fiasca aber das
toxa.pHtkla zwischen die Zeüen in kleinerer Schrift cinj.-elrïycn. Diet hat in
seinem Text (A. Gl. p. 77) dies such angedeutet. Das Facsimile hätte M.
auch ersparen können, lange nach rätiachcn oder romanischen Vertretern von
daUa 110. idrias 121, carisa 11Î, siehola 127 ZU suchen. Diese lateinischen
Worte sind ebenfalls in kleinerer Schrift zwischen den Zeilen über ihren roma-
nischen Synonymen caua. tuaru, sedrUa eingetragen. Es sind offenbar Zusätze
des Abschreibers, der damit die drei romanischen Worte von ihren Boino-
nymen unterscheiden wollte, caua ¡!. etnia) und tunne konnten jedes du „G*-
rsfs" und das „Mats" bezeichnen, doUa über cuva soll zeiji^en, ilafs cuva „Ce-
ß[s" gemeint ist, idriai über lunne, dats ebenfalls das „Gefäfs", carica über
tunne, dafs nun das „Mab" gemeint ist, wie die deutsche Zusatzglosse/ixiiir-
mauu zu chefa beweifst; ticleaia Über sedtlla. dats sedelta „Eimer" und nicht
etwa sedella „Platte" gemeint sei.
Nach diesen Ausstellungen am Inhalt des Baches habe ich noch eine
Bemerkung über dessen Form hinzuzufügen.
Man ist es zwar an M. schon gewohnt, dafs er sein Verdienst, auch
vermeintliches, nicht unter den Scheffel stellt. An Anmabnng überlriß't aber
die vorliegende Schrift alle früheren des Verfassers. So lange die eigene Person
nur in den Vordergrund geschoben wird, ohne Herabwürdigung anderer, kann
man's ja ruhig mitansehen. Wenn dies aber auf Kosten anderer, wenn dies
wie hier iuif Kosten von Diez und zudem noch in einer akademischen Schiifl,
die auch in andere als in kompetente Fachkreise zu kommen bestimmt ist,
geschieht' (und man bat gesehen mit welchem Recht, alles konnte ich freilich
nicht erwähnen), dann ist geboten, dats man solches Gebahren kennieichae,
um nicht Mitschuldiger zu werden.
' Cr. p. S „il n'est point impossible que l'on apporte des corrections et
des amélioratÎQns nombreuses nu travail de Diez." Diese Verblendung M.'s!
p. 9 „Le couronnement obligé de er travail sera un essai d'idilion cri-
tique des gl., essai qui jusqu'à maintenant n'a pas éii tenti," Wirklich?
Was hat denn Dies anders getban?
p. 37 „Ce íj' . . . est resté jusqu'ici inexpliqué." Die Deutung M.'s ist
durchaus die von Diez (A. Gl. p. qj).
P- 35 — 55 erscheint 23mal die Phrase: „C'est un des mois que Díei
déclare n'avoir pas retrouvés en rtr.", man hat gesehen mit welchem Recht.
p. 38 und 4z wird Diez belehrt; „il ne faut pas faire de correction qui
ne soit strictement nécessaire."
J
H. SCHNfEGANS, GISCHICIITE IJRK GROTrSKFN SATIRE. 123
Diese Besprtcliung ¡si eingehenilcr gïwoidcE , aïs die Wicliligkcil Jtr
Sehiïrt vertangle. Es geschah auch mehr dem behandelten GegensLinil ¿ulieb.
Da ïon so verschiedenen Seilen die Heimal d»r Glossen nach Räiien verlegt
wurde, so reine es, ¡in der Hand von M.'s Abhandlung dir Frage clwm
Heinrich SchneegtxiiB, Geschictile der gralesken Satire, ätrafä-
burg, Karl J. Ttübner, 1B94. «"■
Das anziehende ond lehneiche Buch, mit dem sich d<r Veif, nacli seiner
lücfaligen Studie über die siiilianische Mundart sehr (¡lücklich im Gebiet der
Litteiarrorschung einHihrl, ist durch eine SirnTsbutger Frcisauftiibc au< den
achtziger Jahren vcranbbt worden, welche damals trotz des veiltickenden
Themas ungelöst blieb.
Aus freier Wahl hat der Verl. seine Dwstellunè auf die groteske Satire
beschränkt und nur Mittelalter und Neuzeit in Betracht gezogen; so gliedert
sieh das Buch caturgetnSís in drei Teile, die Zeit vor Rabelais, Rabelais, die
Zeit Dich Rabelais. Die gehaltvolle Einleitung sucht dfn Begriff des Gro-
tesken gegen die nah e verwand t<?n des Burlesken und Fossenbaften abzugrenzen,
und bestimmt ihn als die Art des Komischen, welche ein: bis zur Uamög-
lichlietl gesteigerte Uebertreibuii); erzeugt, indem sie uns durch die geistreiche
und pikante Darstellung erfreut und zugleich durch die beabsichligte Be-
strafung des Nie hl s einsoll en den, die wir als Zweck des Uebertreibens er-
kennen, sittlich befriedigt. Das Groteske vereint das Phantastische mit dem
Behaglich-Heiteren und dem KarrikierenJen und lAfst sie bis zum Tollen bus-
ailen, während beim Possenhafien irgend etwas Verkehrtes durch seinen gc-
lungeni^n Ausfall uns ein naiv - harmloses oder derb-rohes Vergnügen bereitet,
und das Burleske als frivole Erniedrigung des Erhabenen eine hamisclie
Schadenfreude in uns erweckt. Die Einleilong beleuchtet des weiteren die
VerwenJung des Grotesken in Bild und Rede und deutet in der I.itteratur
eine ausgeprägte Gattung; an , die aus dieser Art de» Komischen ihre Kraft
schöpft und eine eigene, dem Inhalt entsprechende Slilform erzeugen muíste
und erzeugt bat, die groteske Satire.
Zu seinen B^riffsbestimm ungen hat Sehn, die Verschiedenheil der psycho-
logischen Wirkung als unterscheidendes Merkmal verwertet, tmd mit Fu^.
Vielleicht wird es aber mancher Leser vermissen, dafs der subjektive Faktor
nicht auch in die Erörterung hineingezogen wurde, ich même die seelische
Verfassung des Autors, aus der das Werk hervorgehl. Uulwilte, Schalk-
haftigkeit, Spottsucht, Humor haben Rabelais wohl häuüger bewegt uls Un-
wille und Entrüstung und ihn zu seinen ungeheuerlichen Uebertreib ungen
teranlalsl. Im allgemeinen, so will mir scheinen, zergliedert der Leser
weniger seine eigene Empfindung, als dafs er sich in den Geist des Autors
verseuli und so wird er eher geneigt sein, die von Sehn, als Beispiel des
GîOlcsken angeführte Rede des Janotus de Bragmardo als Ausfiufs des Humors
I weil er sie unter anderem Gesichtspunkte betrachtet. Doch be-
ächtigt diese Möglichkeit verschiedener Auffassung die Richtigkeit der
n Erörterung keineswegs. Der Vertiefung und Erweiterung dürfte
BESPRF.CHÜNGEN. M. WIESE.
die Definition des Burlesken fähig sein ; denn die Schndenfieude an fHvdet
Erniedrigung des Erhabenen veren)^ den Bein'if lu seht. Zam Beiipiel halte
ich das bekannte Lied: Als Nùah au¡ dtnt Kasten nur (p. 449) auch noch
für builesk, abet nicht Schadenfreude, sondera ein liarniloses VciBoügc» era-
pfia<]e ich dabei.
Die Keime der grotesken Salit? ñnden sich im Mittelallet nur spärlich
neben der vothetrschenden symbolischen und allegoristbeo Satire; sie »eigen
sich in der Dnicbhechelunj; einiclnet Stände, am entwickeltsten in den lalei-
nisch verfafsten, gegen Rom gerichteten Ausfälleti, und iwar gleich mit den
Eigenheifen der absichtlichen Sprach Verdrehung und des überraäligen Wort-
schwalls und Wortgeklingels. Krälti^^er sind die Triebe auf ilalieniicher Erde,
wo die karrikierende KitterdichtoDg ans der Keaktion der gebildeten Krciie
gq;«n gas deibe Reckenideal des BÜnkelsängcrepos hervorgebt, und die maci-
ronische Poesie, ihrer Teudeni nach eine burleske Verhöhnung dei aus-
artenden Humanismus, sich häuüg zur grotesken Uebertreibong versleigl und
einen vorzüglichen Boden zur vollen Ausbildung der Siilfotm bietet. Nach
Deutschland kommt die groteske Satire mit dem Hunumi^nius; nicht selten
achligl Erasmus diesen Ton an, und auch in den Dunkelmänncrbriefeu klitlgt er
wider. Bei den Vettretern der Reformation und ihren WidersBchera ist die
Satire zumeist direkt bis lur Inveklive, doch nimmt in der reichlichen Flug-
schrifteolitteratur die groteske Salire ihren hervorragenden Platz ein.
In Frankreich regt sich der neue Geist erst spSlet, doch um so kräftiger
bricht er durch in Rabelais' urwüchsiger PersöntichkeiL Einen unmittelbuen
Vorläufer hat dieser in den grandes Chroniques du géant Gargantua, einem
Zerrbilde der Prosarillet romane, die durch die fortwährende Uebertreibnng
ins Kolossale, durch die übermalsige Genauigkeit im Nebensächlichen dem
Verfasser des Pantagruel den Weg wiesen; ob aber die Grandes Chioniqoes
wirklich satirische Tendern verfolgen, oder out durch naive Freude am Phan-
tastisch-VerierrteD sich zu ihren Uebertreibnngcn foTtretfsen lassen, das tcbeini
mir Doch fraghch. Auch Kabelais nbt seine Satire in harmloserer Weise am
■nìttelallcrlichen Ritlerídeal, indem er es groti^sk parodiert: bald alier crgiebt
er seine Laune über die bil dung s feindlichen Elemente seiner Zeil, Scholastik,
Gerichtswesen. Kirche u. s. w. und lafst sich durch die Lust an kolosg«l«ii
Uebetlreibungen zu immer abenteuerlicheren Schopfungen hinteilseo. und wie
er dabei nut der oberslrömenden Macht eines unvergleichbar übersprudelnden
Tompcramenls gehorchl. so hat er auch die slilistischen EigentSmlichkeileD
dei grotesken Salire am vollständigsten und am originelislen zur Durchbildung
gebracht. Beachienswert ist es, dats im fìinften, gewils apokryphen Buche des
Romans die groteske Uebertreihung fast ^anzUcb durch die allegorische Satire
aitd.
: Rabelais mufsle einen nachhaltigen
■le NachahmuDgen hervorrulen. teils
wirken. Am kongenialsteu , aber erst
t Fischari dem Meistci. Bis ins
Eine gewaltige Persönlichkeit
Eindruck zaröcklassen , und teils äufseri
durch seinen Geist auf die Späteren einw
dorch ihn auf den rechten Pfad geführt,
17. Jahrhundert wirft Rabelais seinen Schatten, und Auslanfer hat die gro-
teske Satire bis ins 18. und 19.: aber ihre produktive Lebenskraft scheint
seil dem 16. Jahrhundert erloschen. Nur unter besonderen KullurverbUlnissen
konnte sie eben gedeihen, und nie Sehn, mit markigen Zügen im Schlufswort
GIORNALE STORICO VOL. XXV. 12$
darthut, waren diese nur Im Zeitalter der Renaissance durch das Streben nach
schrankenloser Entfaltung des Individuums gegeben.
Eine Fülle von Material hat Sehn, auch bei der beschränkteren Auf-
fassung seines Themas zu verarbeiten gehabt, und noch schwieriger als dessen
Beschaffung war eine übersichtliche Gruppierung und eine angemessene Dar-
stellung des Stoffies, zumal beim ungleichen Wert der heranzuziehenden Er-
scheinungen. Diese Aufgabe hat der Verf. nicht blofs mit anerkennenswertem
Geschick, sondern mitunter in meisterhafter Weise gelöst, ohne je den lei-
tenden Grundgedanken seines Werkes, das Verhältnis der Gattung zum Stil
und ihren tieferen Zusammenhang mit den Kulturverhältnissen, aus dem Auge
zu verlieren; glücklich paart sich die Fähigkeit zu philosophischer Vertiefung
mit einem geschmeidigen und ansprechenden Darstellungstalent. Freilich setzt
das Werk einen denkenden Leser voraus, der aus dem reichhaltigen Anschauungs-
material die nötigen Schlüsse zu ziehen versteht, wozu er die vielseitigste An-
regung in Fülle erhält.
Die gebotene Ergänzung zu dem vorliegenden Werke wäre eine Unter-
suchung über das Groteske im Altertum, welche mehr als einzelne Parrallelen
bieten dürfte; giebt es doch schwerlich einen Rabelais verwandteren Geist in
der Weltlitteratur als den Satiriker Petronius Arbiter.
Ph. Aug. Becker.
Giornale Storico della Iietteratura Italiana. Anno XIII, Vol. XXV,
fase. I, 2—3; XXVI, 1—2, 3.
Vol. XXV, fasci.
J. Della Giovanna, 5. Francesco d'' Assisi giullare e le „Laudes Crea-
turarum'*. Dies ist eine scharfsinnige Untersuchung über die Echtheit des
sogenannten Sonnengesanges. Nachdem in ansprechender Weise klargelegt ist,
dais sich der heilige Franciscus in seinen Liedern der französischen Sprache,
die ihm nicht einmal sehr geläufig war, bediente, weil er als Spielmann des
Herrn den Bänkelsängern, welche in Italien umherzogen und dem scharen-
weise herbeiströmenden Volke in dieser Sprache die Heldengedichte vortrugen,
Abbruch thnn und die Menge wieder wahrem Glaubenseifer zufuhren wolle,
stellt er die Frage, ob der Heilige überhaupt in italienischer Sprache gedichtet
habe. Die älteste Quelle, welche dies ausdrücklich versichert, ist das Spe-
culufn perfectionis't denn Thomas von Celano berichtet in seiner zweiten
Lebensbeschreibung nichts weiter, als dafs Franz von Assisi „Laudes de crea-
iuris** verfasst habe, ohne sich über die Sprache auszulassen. Das Speculum
perfecti&nis ist aber, wie Verf. überzeugend darlegt, eine ganz unreine Quelle
und erst nach 1305 entstanden. Die ganze Erzählung von der Entstehung des
überlieferten Sonnengesanges in diesem Werke ist tendenziöse Erfindung. Mit-
hin ist der Echtheit des Sonnengesanges, welchen wir besitzen, ihre wesent-
lichste Stütze entzogen. Es kann dieser Gesang überdies nicht die Laude sein,
von welcher Thomas von Celano spricht, weil der Heilige in derselben die
Geschöpfe auiTordeit, den Herrn zu loben, während in dem überlieferten Ge-
sänge der Herr wegen seiner Schöpfungen gepriesen wird. Der Sonnengesang
ist vor dem Specuhtm perfecHoms wahrscheinlich am Ende des 13. Jhd. ent-
ftanden. Verf. giebt uns einen neun ]aritiache& Ten nach limtlichen Hand-
120 BBSPRECHUNCBN. K.WIESE.
Schriften und Drucken. Er hall den Gelang für assoDÍerende Prosa.
TcxtbehaadluDg isl sehr sorgfältig und vorsichtig. Ein Anhang srczi sich Van
mit Sabatiers Ansicht über das Sj/ecuìum per/eclionts auseinander, <!ie oatSr-
lieh zu rerwcrfen ist. S. 54 5p. 2 Z. 9 o. ist prirtte richtige Foiid; Z. ] u.
ist völlig klar: qaegli = quegli che Wie auch S. 55 Sp. 1 Z. 3 U. S. 56 Sp. l
Z. 3 o. ist dia = deve! nicht si du a. Vgi. Gaspary, Sic. Dichterscbule S. l8j
Anm. 3, Ztschr. für roman. Phil. XJI S. 291.
RASSEGNA BIBUOGRAFICA:
Piccioni, // Giornaliimo lelterario in Italia. Saggia ¡lorieg-critico.
Vfíl. /. Primo feriedo. Giornalismo erudito-accademico (Gian, weist die Un-
tulâDglichkcit der Albeit nach). — Torrace, // noiaro Giacomo da Lenlini
(Pellegrini). — Gorra, Dell' epentesi di iato tulle lingue romanie {Parodi).
BOLLETTINO BIBLIOGRAFICO:
Znmbini, Studi di litter atura italiana. Schneegans, Geschichte der
grotesken Satiri. Lesea, / „Commentartí rerum memorabilium, guae tem-
poribus suis eantigirunt" d'Enea Silvio di' Piecolamini (Pio II). Balti-
gnani. Studia su Quinto Settano [Lodovico Sergardi). Fumagalli, Citi
l'ha dello etc.? Mcdin e Frati, Lamenti storici dei secoli XIV. XV
e XVI.
ANNUNZI ANALITICI, PUBBLICAZIONI NUZIALI.
COMUNICAZIONI ED APPUNTI:
Sicardi, Ancora dell'anno della nascita di Nicolò Franco. Ans einem
Briefe Arrìvabenes an Franco, der im cod. vat. lat. 5642 erhalten ist, geht
hervor, dais letzterer am 13. September geboren ist. Bringt man diese Notii
mit der in der Ausgabe dea Dialago delle belleae von 1^41 in Verbindung,
so ergiebt sich nunmehr mit Sicherheil 1515 als Geburtsjahr. Valmaggi,
Per un passo poco chiaro del Parìni erklärt die etwas dunklen Verse 15 fif.
der Ode Ne l'inverno del 1785 glücklich durch Dante, Paradiso VID,
139—144-
CRONACA :
Pcriodid , kurze Mitteilungen, neu erschien ene Bücher.
A. Mcdin, Li rime di Bruscaccio da Roveaano. Ueber das Leben
dieses florentiner Dichters hat sich bis jetit nicht das Geringste ermitteln
lassen. Es sind von ihm 13 Gedichte erhalten, von denen 9 politische durch
ihren Inhalt und ihren Freimut besonders beachtenswert sind und über viele
ähnliche Schöpfungen derselben Zeit hervorragen. Sie reichen von 1393 bis
1409 und beziehen sich auf die Horentiner Oligarchie, auf das Verhältnis von
Florenz zu Bologna, auf den Sieg über Giangaleazio Visconti, auf Lndislaus'
Kämpfe gegen Florenz, auf das Schisma und auf die bevorstehende Erobeniag
Pisas. Auch in metrischer Beziehung bieten die Gedichte manches Beachtens-
werte. In drei Kanzonen, II, VII, XII, sind die Geleile ganz anabhSogig
von der Strophe gebaut VI und XHI sind Frottole in Serven tese form
»' a' a' b«, b' b' b' c' u.s. w.; bei VI statt des ersten a'. b' u. s. w. immer
«", bei XIII nur in der ersten Strophe. Vgl. zu der Form Flamini im G^.
XXIV S. 243 ff. Die Sestine verwendet Bruscaccio in IX zu einem politischen
Liede. Besonderi ist aber du vom Dichter ader Abschreiber Vertetli be-
GIORNALE STORICO VOL. XXV.
titelte Gedicht VIH ÌDteressiuit. Als Einleitung und SchluÍB dient je i-inu
Canzonen Strophe, dazwischen findet sich eine Anzahl sJebcDzeiliger Strophen
in der Form ABcABcD; DEfDEfG u. s. w., einer Erweilerung des Tierieiligen
Scrventese incatenato. Mcdin hat dem sorgfältigen Abdruck der Gedichte
aneli knappen, woh Igel un gene n Kommentar voraufgeschickt, welcher nna die
DOtwendigea historischen und Eonsligen Anfklärangen giebt. Darin 1. S. 193
Z, 7 o. gevtrnanti statt governati. Die Geüichte sind teilweise schlecht über-
licfetl, nameotlich VIH und XIII enthalten Lücken. II 48 fehlt eine Silbe,
Tielleichl ein Fehler des Dichteis. IV 6 ist sieber ursprünglich Endecasillabo
gewesen: 36 I, quello. VI 33 sieht nach der Rimalmezio eine Silbe zu viel,
auch das ïielleiebl Fehler des Dichters. VII 70 ist la tua ragion nascoía
xa leseo, wie der Bau des Geleites n zeigt. XI 45 1. Cieä ogn' arme a ranfie.
Xn 51 1. si fa talva; fid \. gare. XIII 23 v, 4 tilge ttu; 40 v. I L sran.
F. Foffapo, „L'Antadigi di Gaula" di Bernardo Tasso. Der Auf-
gliedert sich in 4 Kapitel. Das erste orientiert kurz und klar über ava
:Bblìck1icben Stand der Amadisfrage. Das zweite stelli die aufaere Eni-
lungsgeschichte von Tissos Dichtung, namentlich unf Grund der reichlich
vorhandenen AeuiseruDgen in seinen Briefen <lar. III beschäicigt sich mit den
Quellen, indem es sowohl die Art der Benutzung iler Hauptquelle, des spa-
nischen Amadis, umsichtig chlrikicriaicrt, ah auch mehr in allgemeiner Weise
anf eine Reihe anderer Quellen hinweist. Das vierte Kapitel endlich beurleill
den Amadis Tasso« ohne Voreingeoommenheit irgend welcher Art als Kunst-
werk. Gaspary gegenüber wird besonders gelteni! gemacht und durch eine
Reihe von Beispielen belegt, dafs Bernardo Tasso absichtlich ObacÖnilSten in
Gedicht hineingebracht habe.
R.REnier, Sui brani in lingua d'oc del „Diltamondo- e della „Lean-
ie". Nach einigen kurzen, einleitenden Bemerkungen über den Descorl
das Provenzalische bei Dante, wobei die bekannten Verse im Furg. XXVI
¡ODStmiert werden (v, 143 1. n«), geht Verf. zum Dittamondo über. Er
fest, dafs die proven lalisch en Verse, welche sich dort ñnilen (I\', 21)1
aof das Jahr 1 363 beziehen und giebt einen kritischen Text nach 1 4 Hss.,
wenn auch vielleicht nicht sprachlich genau wie ihn Fazio schrieb, sicher
'T<dl und ganz dem Sinne gerecht wird, welchen er seinen Worten unterlegte.
ähnlichen gelungenen Wieilerhcrstellung unterzieht Renier die bekannte
lile der l.candretde und weist nach, dafs der \'err. dieses Gedichtes bei den
ibailours, welche er genauer kennieicbnet, seine Nachrichten über sie viel
er ans Biographien aU aus ihren eignen Dichtungen entlehnt hat. Zu
6 S. 314 ist jetzt De Lollis' Aufsatz in der Nuova Anlulogi^ Februar-
IS9J hinzuzufügen, den Renier noch nicht gekannt haben kann.
F. Cipolla, La concubina di Tilone nel canto IX del „Purgatorio".
ihm isl die Aurora die Morgenröte, sind die Edelsteine, welche ihre
schmücken, iL-is Gestirn des Skorpion and die passi áa Nacht die
Stunden. Wir haben hier, wie oft in der Komödie, eine doppelle Zeil-
bestimrauag, nach unserer Hemisphäre und nach der des Fegcfeuerberges
(ni/ laea av' eravamo]. Der Sinn der gaozen Stelle isl also: „In Italien er-
tchten die Morgenröte, während es auf dem Fegefeuerberge gut zwei und eine
halbe Sttinde nach Einbruch der Nacht war." So erklärte schon Perazzini,
deisen Dealung Cipolla mit eimgen neuen Argumenten wieder zu Ehren
128 BBSPECllUNGEN. B. WIESE.
bringt. Nach meiner Ansiclit ist dies wenigstens die dniige Auslegans.
der Iceine Uoklirlleilen bleiben.
L. Dorci, Lettres »«¿dites de yean PU de la Mirandole, druclil mi!
kurzer, aachgemSfser Einleitung fìùit biiher anbekannle Biiefe Picos uis einer
vaL Hs. ab, dazu einen Brief MerulsE, auf welchen der erste Pieos die Ant-
wort ist. Sämtliche fünf Briefe sind interessant und wichtig. Der zweite pebt
uns von einem verlorenen Werke Picos, einem „carmen contemporaneum pra
pace" Kunde; der dritte an Benivieoi gtcbt Aufschlüsse lur Geschichte der
Conclusiones. Die beiden letzten gehören eng zusammen. In dem ersten
wünscht Pico dem Lotlovico Podocataro zu seiner Erhebung zum päpstlichen
Sekretair Glück und bittet ihn zugleich, den angeschlossenen fünften Brie
dem neuerwählten Papste Alexander VI. zu übergeben, der uns darin mit
Üherschwängtichem Lobe gezeichnet wird. Kein Jahr spater erhidl Pico
volle Absolnlion.
G. B. M a r c li e s i , ¿Í polemiche sul sesso femminiU ne' secoli XV J e XVII.
Eine kurze bibliographische Ueberstcht über die Schriften, welche den in Fadna
um die Mitte des t6. Jhd. entstandenen Streit über den Wert der Franen be-
treffen, bis ins l8. Jhd. hinein (1766).
RASSEGNA BIBLIOGRAFICA:
Croce, La critica Utteraria. Questioni teoriche (Trivero). — Bídier,
Les fabliaux, études de literature populaire et d'histoire littéraire du M. A.
(Rua).— Campanini, Studi su Matteo Boiardo-, Solerti, M. At. Boiardo,
le poetie volgari e latine riscontrate sui codici e su le frime stampe (V. Rossi).
BOLLETTINO BIBLIOGRAFICO:
De Chiara, Banle e la Calairia. Duran d -Fardel, La Divine
Comédie, traduction lare. Passerini, Coìleuone di opHScaH danteschi in-
editi 0 rari. Penco, Storia della letteratura italiana. — Voi. III. Fran-
cesco Petrarca. Hauvette, Notes sur des manuscrits autographes dé Boe-
cace à la bibhothique Laurentienne. Fontana. Renata di Francia dvckesssa
di Ferrara (1537 — 1560). Bonitrdi, Lo studio generale a Mondovì (1560 —
1566). Cannavale. Le studio di Napoli. Maiioleni, Bergamo e il
Tassa. Lumbroso, Saggio d' una bibliografia ragionala per servire alla
storia dell'epoca napoleonica II — ///. Nigra e Orsi, // natale in Cana-
vese pubblicato e annotato. MaJDonì, Antonio Gattoletti, poeta e patrióla.
Torraca, Nuove Rassegne. Galli, / manoscritti e gli incunaboli della
biblioteca comunale d' Imola, Randaccio, Dell' idioma e della letteratura
genovese.
ANNUNZI ANALITICI, PUBBLICAZIONI NUZIAU.
COMUNICAZIONI ED APPUNTI :
L. Frati, Per la storia del codice isaldiano stellt ¡n iiurzen Zügen die
aurore Geschichte dieser in letzter Zeit so oft genannten Hs. dar. Dais der
cod. von Sabadino degli Arienti zusammengestellt sei, bleibt vorerst noch reine
Hypothese. Carabellese, Per messer Francesco da Barberino. Zwei kleine
Notizen, i. Anfang Oktober 1324 wurde Francescos DienstiaSdcheo von der
Compagnia dei Capitani d' Or San Michele eine Unters tu Izong znr Aussteuer
gewährt, woraus wir wohl schliefaen können, dafs er nicht besonders wohl-
habend war. I. In der Hs. eiaei Richten Ton ijsii worin Urteile verzeichnet
GIORNALE STORICO VOL. XXVL
tehsn, sind auf die «rsle Seile tinißc Verse aus den Documei
1 gesfUl. Ein Beweis für die Verbreitung des Werkes.
i d- Ami
.- als
erschienene Bücher
undby von Renier, C
Nachrufe für
CRONACA;
Periodici, kleine Mittel lange u . i
doro Catioi von Cian, Tho
■tano Milanesi und Luigi
VoLXXVI, fase. 1 — 2.
V. Rossi, /i cantoniere inrdÜo di Andrea Micheli delio Scuariòla o
ïrauàla. Ueber Andrea Michieli mit dem Beinnmen Squarznola wufsten wir
r nicht mehr, all uns Marino Sauudo in seinen Tagebüchern berichtet:
irb am 13. Deicmber 1510, schrieb ausgezeichnete sparshafte Sonette, hatte
sehr böse Zotige nnd »iel Geist, war aber ein ganï verkommener, bstet-
t Mensch, so dafs sein eigener Bruder nicht einmal Trauer um ihn an-
AIs Dichter kannten wir ihn aus einem einzigen Sonetle. Rossi zieht
1 die estenische Handschrift VIII. D. 6 ans Licht, welche zeigt, ilaÍH et
t Slraziòla dieselbe Person ist und nicht weniger als 567 Sonette imd
nmbotte von ihm enthül, freilich, wie nachgewiesen wird, noch nicht alles,
t geschrieben hat. Diese Sammlung, welche wahrscheinlich 1503 vom
Kchtei selbst veranstaltet und seinem Gönner Aloiie Contarini gewidmet ¡st,
iebt Rossi wiUltommenc Gelegenheit, un! ein Bild Michielis zu zeichnen und
D als Dichter zu beurteilen, wobei Sañudos Skizze die nötigen Verbesserungen
erfahrt. Andrea, nm die Mitte des 1;. Jahrhunderts geboren, stammte aas
achtbarer Bürgerfamilie in Venedig; sein Bruder hatte die wichtige Stellung
ein« Seliretärs der Zehn von 14B0 an bne und starb 1513 hochangesehen. Et
selbst aber war allen Lastern ergeben. Wein. Weib und Würfelspiel richteten
ihn zu Grunde. Die gemeinste Gesellschaft bildete seinen täglichen Umgang
and spiegelt sich getreulich mit all ihren niederen Leidenschaften, ihren scham-
losen Reden und selbst ihrer Diebssprichc in den Gedichten wieder. Die
r ^lielwnt Michielis, welche er vergebens zu zügeln suchte, und die ihm Spott
^d Veracfatang, Abkehr des Bruders und der Freunde, das Sufserste Elend
lud oft Gefängnis einbrachte, verlieh seinen Gedichten , die sich auf das
KClScksspiel beziehen, etwas Düsleres, Trauriges und Eintöniges, eine Stimmung,
. mit Geschick bei dieser Ari Dichtungen überhaupt, soweit sie nicht
, nachweist, and die er auf den durch das Spiel erzeugten Gemüts-
luland der Spieler zurückfuhren will. Dieselbe Grundstimmung beherrscht
lach die autobiographischen Gedichte Michielis und unterscheidet ihn von
rchicllo, Fisloja und den übrigen Vertretern der scherihaflcn Dichtung.
n Elend iosreifst und die Blicke auf seine Um-
r febung wendet, finden wir in ¡hm den burlesken, meist aber den satirischen
Dichter, von welchem Sañudo zu berichten weifs. Da ziehen in buntem
Kaiocvalsiugc seine Spie fägcsellen an uns vorüber: Säufer und Spieler, Prahl-
hänse und Kuppler, liederliche Weiber und Wollüstlinge. Da werden Beamte
and Aerzle, Maler und Dichter, ganz besonders aber die Polizisten imd berga-
maskisehen Lastträger, die Priester, Mönche und Nonnen mit beifsendem, oft
rohem Spott verfolgt. Da wird allerlei [Gatsch erzahlt und auch der poli-
tischen Händel seiner Zeit mit einigen krSfti^n Sonetten gedacht. Michieli
1 bedeutender Dichter. Von einigem Gelungenen abgesehen ist er nicht
¡leiten weilschweiüg , vernachlässigt die Form und zeigt schlechte Sprache.
ZctIKbr. f. (ora. PbiL XX. a
130
HBSPRECHUKGEN.
WIESE,
Aber er Iiesitit einen grorsen Voriiie, der ihn anziehend macht, UoU 3
niedrigen Sphäre, >a der er sich meist bewegt: er ist unabhängig und originell,
er gehört keiner Dicbterschalc an. Ein Anhang mit einer alphabetischen
Tafel dir in der estenischen Hnndschrifl enthaltenen Gedichte und NachvciBe,
WD »e sich sonst noch finden, achliffsi Jtc schöne Arbeit ab.
G, Rosalba, Un fatla coniugale dti secóla XVI. Bernardino Reía.
Verr. meint, wie ich glaube mit Unrtcht (vgl. z. B. die von ihm selbst ange-
führte Stelle in Ga5[>ary, Storia della letteratura italiana II, z S. 143), dafs
Bernardino Rota wie von seinen Zeitgenossen auch jetzt noch als vollkommeo-
stcr Typus eines Dichters der Gattcnliebe betrachtet wird. Diesen Ruhm wiU
er lerstörr-n. Zunächst giebt er eine gedrängte Uebersicht über den ersten
Teil des Canzoniere (in vita der Porzia Capece, und kommt zum Schlafs, wie
schon Gaspary a. a. O. uutl jedci l.eser. dafs die Gedichte nicht an die Gattin
gerichtet sind, sondern aus einer Zeit vqi der Ehe stammen müssen. Er gehl
abei' noch weiter. Die Gedichte, meint er. sind überhaupt nicht von einer
wirklichen Geliebten eingegeben, sondern blofse stilistische Uebungen in Nach-
ahmung Petrarkas. Die Beweise, welche er fñr diese Behauptung anfährt,
nämlich dafs die Geliebte nicht in grcifbariT Gestalt in den Gedichten er-
scheine, dafs ihr Name nicht genannt werde, dafs sich keine wahre Leidenscbali
zeige, dafs keine genauen Daten bei wichtigen Ereignissen in dem Liebesleben
crwShDt seien a, s. w., reichen nicht ans. um sie als richtig darzuthun. Warum
ullte Rota in diesen I.iebcsge dichten , welche seiner Jugend angehömi,
fShiger sein, sein Empfinden zu offenbaren als in den Vetscn, welche dem Ge-
dichlnis seiner verstorbenen Gallia gewidmet Eiud? Waram sollte er dort
weniger petrarkisieren als hier? Etwas überzLiigender ist die Behauptung ver-
treten, dala die Liebesgcdiclile ursprünglich nicht an Porzia Capece gerichtet
sind, dafs Rota sie vielmehr nach dem Hinscheiden der Gattin sammelte and
zugleich mit den auf ihren Tod geschriebenen als ihr gewidmet veröffentlichte,
um in seinem Liedetbuche seinem grofsen Vorbilde auch in der Eioicilune in
vita und in morte nachzuahmen. Ihre Richtigkeit beweist mir aber erst ein
von Rosalba anscheinend übersehenes Datum. In dem Sonette II quinte lustre
il sal chiude e rimira giebt uns der Dichter sein Alter auf 25 Jahre an; es
ist also 1534 geschrieben, da er 1509 geboren isL Porzia starb am l'.Juli
'S99 'm Alter von 36 Jahren, war mithin rjzj geboren. Das Sonett wäre
also an eine Elfjährige gerichtet, was ich lui ausgeschlossen halte. Das Ur-
teil über die Gedichte in morte bestätij;t durchaus, was Gaspary a.a.O. kina
mit folgenden Worten ausdrückte: „Tuttavia queste numerose poesie lamente-
voli non valgono i quattro affettuosi sonetti di Galeazzo di Tarsia per la sua
Camillo."
E.Berlana, Un prccuriore del romanticUmo. {Giulio Cesare Stcelii).
liefert den Nachweis, dafs der im Übrigen herzlich unbedeutende veroneter
Gelehrte, Schriftsteller und Dichter Giulio Becelli, welcbei in der ersten HSIfte
des 1 8. Jahrhunderts lebte, in den drei Büchern Della novella pat sia (173J)
als Kritiker, freilich ohne Tiefe und Nachdruck, schon Gedanken ausgesprochen
hat, welche, lür seine Zeit kühn und teilweise neu, sich später bei den Ro-
nuniikem finden.
VARIETÀ:
KRoitagno, Framnunli di un codice di rime volgari afßne al
GIORNALE STORICO VOL. XXVI. 1 3 1
vat. 3793. Rostagno hat die sehr wichtige Entdeckung gemacht, dais vier
Pergamentblâtter des cod. magi. II. III. 492 aus dem Ende des 13. Jahrhunderts
Ueberreste einer Handschrift sind, welche dieselben Gedichte wie der cod.
vat. 3793 in derselben Reihenfolge enthielt. Leider sind namentlich zwei
Blätter durch Rasuren und Beschneiden stark beschädigt. Rostagno druckt
die erhaltenen Gedichte mit grofser Sorgfalt diplomatisch ab. Es sind dies
Fragmente von 281, 282, 287, 288, 414 — 421, 424, 425 und vollständig 422,
423, 426 — 429 bei Zugrundelegung der Zählung in der Ausgabe des cod. vat.
Auf eine genaue Untersuchung des Verhältnisses dieser Bruchstücke zum cod.
vat läfst sich Rostagno nicht ein, stellt aber unzweifelhaft fest, dafs sie vou
ihm unabhängig sind. Um diese Prüfung vorzunehmen, wäre es übrigens
dringend erwünscht den Abdruck der vatikanischen Handschrift einer sorg-
faltigen Vergleichung mit dem Originale zu unterziehen. Salvadoris neueste
Veröfifentlichung hat diese Notwendigkeit wieder schlagend bewiesen.
P. Toynbee, Ze teorü dantesche sulle macchie della luna, setzt Dantes
bekannte Theorie von den Mondflecken auseinander und druckt zur Erläute-
rung ein Stück aus den Albert von Sachsen zugeschriebenen Cuestiones super
quatuor libros Aristotelis de celo et mundo ab.
O. H eck er, Della parentela esistente fra il manoscritto berlinese del
Decameron ed ü codice Mannelli, Bekanntlich hatte Hauvette in einer An-
zeige von Heckers Dissertation „Die Berliner Decameron-Handschrift und ihr
Verhältnis zum Codice Mannelli" im Giornale storico della letteratura italiana
XXI das wichtige Ergebnis, dafs letzterer eine Abschrift von ersterem ist, in
Zweifel gezogen (vgl. Zeitschrift für rom. Phil. XVHI S. 303). Hecker, der
inzwischen nach Florenz übergesiedelt ist, konnte nun den cod. Mannelli ganz
eingehend prüfen. Er weist nicht nur Hauvettes Einwürfe erfolgreich zurück,
sondern führt auch noch eine weitere Reihe von Thatsachen an, welche seine
für mich schon vorher überzeugend dargethane und durch Hauvettes Bemer-
kungen nicht erschütterte Ansicht endgiltig bestätigen. Durch eine persönliche
Mitteilung, welche Herr Dr. Hecker mir im vorigen Herbste in Florenz machte,
weifs ich übrigens, dafs nunmehr auch Hauvette überzeugt ist.
G. Sane si. Un libello e una pasquinata di Pietro Aretino. In zwei
Handschriften ist uns eine ganz gemeine Schmähschrift mit daran gehängtem
Pasquill erhalten, welche in der einen das Datum Rom, am Pasquinotage [is]43
trägt und an den Kardinal von Burgos, Juan Alvarez, gerichtet ist, der in
diesem Jahre das Pasquinofcst nicht hatte feiern lassen. Sie beginnt aller-
dings nur mit ihm, um gleich darauf eine ganze Reihe von Persönlichkeiten,
Fürsten imd Privatleute, vornehme Damen und geistliche Würdenträger, unter
anderen Kaiser Karl V., Franz I. und Paul III. in schamloser Weise anzu-
greifen. Sanesi glaubt nun beweisen zu können, dafs niemand anders als
Pietro Aretino der Urheber der Schmähschrift sei. Prüfen wir seine Beweis-
gründe. Die Schrift des in der Handschrift Panciatichi erhaltenen Exemplars,
welches vielleicht Einlage eines Briefes war, weil es regclmäfsige Kniffe und
Adresse, aber kein Siegel zeigt, scheint ihm Autograph, er ist seiner Sache aber
nicht gewifs ; dieser sonst wichtige Umstand beweist also nichts. Die Thatsache,
dafs Aretino 1 543 in Venedig war, seine Schmähschrift also nach Rom an irgend
einen Freund schicken mufste, der sie an der Pasquinostatue anheftete, erhöht nicht,
wie S. meint, die Wahrscheinlichkeit, dais er das Exemplar schrieb. Eine Prüfung
9*
132
HBSPRECHUNGEN. ì\ WIESE,
des Inhiiltes der Schtift liEst S. abir krii
Seine HaapIgTÜnde sind drei. ZnnScbst
d-ifs das Pasquinnffst nicht begangen wa
Pasquino eins (uhlle und in erstci Lin
war. Diese Ausluhrung beweist
en Zweifel >n Areünos Urhebtrschal).
nuf^ite Ari;ttno, mdBt S., als er hörte.
-, lur Feder greifen, weil er rieh mit
e von dieser Unterlassung betroffen
dafür, dab Aieüno Verfasset c
bestimmten Schrift ist, nichts. Ferner will S. in dem Inhalte dieses Libells
sofort den Veifasser des Ragionanunto delle Corti und der Cortigiana er-
kennen. Keiner als Aretino konnte Fürsten, Kardinäle und tamehme Herren
so heftig angreifen. Diese Unmöglichkeit bestreite ich entschieden. Endlich
beweisen nach S. Vergleiche zwischen Stellen der Schmähschrift und der Cor-
tigiana, dafs beide denselb^i Verfasser haben. Ich kann hier nicht alle
ptäfen. Es genügt auch, da sie sämtlich gleichartig sind, die beiden cnieti
als Probe anzuiühren. In der Schmähschrin heilst es, Pasquino sei gröfsaes
Unrecht geschehen als Paul ITI. beging „guando tolse le castella a San Spi-
ra»". In der Cortigiana heifst es, wenn ,m« ¿ attimala in servigio del pa-
drone, gli è fatto un gran favore a fargli aver luogo in Santo Spirito".
Fabrizio Maramaldo und andere, welche den Fall von Floreni veranlafsten,
erhallen die Beieichnung .^guiini del campo délit scribi el farisei, insieme
can li altri infiniti Gtidei che a quella impresa si trovorno". In der Corti-
giana sogt Rosso von sich zu Alvißia „Tu vuoi dire che io sono stato frale,
garion di oste. Giudeo, a la gabetia . . ., in galea per fona . . . rubano,
cerretano, furfante". Jeder denkende Mensch sieht wohl ein, dafs man mit
solchen Vergleichen alles — oder nichts beweisen kann. Troti dieser Be-
weise hält es denn audi S. selbst fïir );ut, noch nach weiteren lu suchen. Zo-
Dächst führt ei an, was nach meiner Ansicht gerade daiür entscheidend Ist,
dafs Aretino nicht der Verf.isser der Schmähschrift ist, da£s sein Name zwei-
mal in ihr genannt wird. Dies konnte nach S. in der Weise wie es geschieht
nar von Aretino selbst geschehen, um den Schleier der Anonymitit zu lul\en.
Die beiden Stellen sind folgende. Dem Kardinal von Burgos läfst der Libellist
durch Pnsquino sagen „io dirò più mal di voi et de i l'ostri che non fé mai
Pietro Aretina di quelli di' quali per il viso et tutto il corpo ne tiene et ne
terrà segnata et stampata memoria". Dies hat er bisher nicht gethan, nm
eine so schlechte Behandlung verdient lu haben „perchè io non ho detto ne
scritto che voi siate une hyppocrito come Chicli cht, secuttdum Aretimim,
uccella con finte orationi, simulati digiuni e bugiarde carila". An ergterer
Stelle soli die Hindeutung auf die Wunden Arelinos m subjektiv sein, als
dafs sie von einem anderen als ihm selber gemacht sein könne. Im zweiten
Falle ist nach S. der Name Aretinos zu künstlich herbeigezogen, um nicht
anzunehmen, dafs et selbst es absichtlich gethan habe. Mir scheint die erste
Stelle vielmehr ein Hieb auf Aretino. Die zweite führt ihn einfach als Ge-
währsmann für die gleiche Ansicht an, um ihr mehr Nachdruck zu verleihen.
Künstlich herbeigezogen ist dit-se Berufung nicht im mindesten. Ob die Worte,
wie wahrscheinlich, ein Citai aus Aretino enthalten, kann ich angenblicklich
nicht feststellen. Dafj die Schmähschrift auf den Salikrieg Perugias mit
Paul m. anspielt, soll femer nur aus Aretinos Parteiergreifung für die Stadt
Im Jahre 1540 erklärlich sein. Endlich wird noch als „rnenàone addirittura
rivelatrice" ins Feld geführt, dafs eine Hauptperson der Cortígiana, Rosso, am
Scblufï mil den Warten erwähnt wird ,M Rosso buffane da scoreggiar, mastro
GIORNALE STORICO VOL. XXVI. 1 33
di casa éW polli di Madama, vi si raccomanda bestialmente". Nur Aretino
konnte daran denken, diese Person anzuführen. Damit hat er sich selbst iden-
tificiert Der Brief Dolces, welcher beweisen soll , dafs Aretino sich unter
dem Namen Rosso buffone versteckt habe, zeigt im Gegenteil mindestens, dafs
dies auch andere thaten. Und geben wir die Identität des Rosso in Aretinos
Komödie mit dem Rosso buffone, welche wahrscheinlich ist, zu, war dieser
doch so bekannt, dafs er nicht erst aus der Cortigiana entlehnt zu werden
brauchte. Sagt doch z. B. Ortensio Lando von ihm „// Rosso buffone, mentre
servì Ippolito cardinale de* Medici acquistò e faculta e fama ¿grande, e ne
vivera immortalmente**. Eine angefugte Charakteristik Aretinos malt ihn
wieder in den schwärzesten Farben. Am Schlufs druckt Sanesi das Libell
nach dem cod. Panciatichi ab und fugt erläuternde Bemerkungen hinzu, die
aber naturgemäfs manche Anspielungen im Dunklen lassen.
RASSEGNA BIBLIOGRAFICA:
Salvadori, La poesia giovanile e la canzone d* amore di Guido Ca-
valcanti (Pellegrini, sehr eingehende Prüfung der Arbeit, die zur Erklärung
der 61 Sonette manches Gute beiträgt. Dafs Cavalcanti sie gedichtet habe, hält
P. noch nicht für erwiesen). — Ci an und Salvioni, Le rime di Bartolo-
meo Cavassico notaio bellunese della prima metà del secolo XVI (Rossi, sehr
anerkennend mit vielen guten Bemerkungen). — S i m i a n i , La vita e le opere
di Nicolò Franco (Sicardi). — Gabotto, Per la storia della letteratura civile
dei tempi di Carlo Emanuele I; La politica antispagnuola (Rua, mit Zu-
sätzen). — Alemanni, Un filosofo delle lettere (Melchior Cesaretti). Parte I
(Bertana).
BOLLETTINO BIBLIOGRAFICO :
Rcstivo, La scuola siciliana e Odo della Colonna. C a p a s s o , Ancora
i Diurnali di Matteo da Giovenatzo. Wotke, Lilius Gregorius Gyraldus,
De poetis nostrorum temporum, Benincasa, Giovanni Giudiccioni scrittore
e diplomatico italiano del secolo XVI. Commemorazione della riforma melo-
drammatica. F a b r i s , Studi Alfieriani. Key, Alessandro Manzoni, D'An-
cona e Bacci, Minuale della letteratura italiana. Voi, V. Gorra, Morfo-
logia italiana,
ANNUNZI ANALITICI, PUBBLICAZIONI NUZIALI.
COMUNICAZIONI ED APPUNTI:
R. Renier, // lacerto ravennate d^ un antico codice trobadorico, be-
schreibt ein Blatt aus einer verloren gegangenen Trobadorhandschrift, welches
Gedichte von Folquet von Marseille enthält und sich auf der Biblioteca Cias-
sense zu Ravenna befindet, weist auf die nahe Verwandtschaft des Fragmentes
mit A hin und läist sich endlich von Couderc seine Vermutung bestätigen,
dafs das von Bartsch A» bezeichnete Bruchstück der Pariser Nationalbiblio-
ihck derselben Handschrift angehörl hat. Truffi, Un curioso riscontro. Die
im cod. ambros. 35 sup. erhaltene Palla al Calcio des Giovanni Frescobaldi
stimmt in ihren 24 ersten Oktaven (sie enthält 31) genau mit dem von Fanfani
unter dem Titel Giuoco del Calcio im Borghini 1863 gedruckten Gedichte von
24 Oktaven, nur ist die 3. und 4. Oktave dort zu einer zusammengezogen.
Da der Sieger in beiden Gedichten verschieden ist, meint Truffi, die Heraus-
forderung sei unter denselben Teilnehmern wiederholt und das Ergebnis des
Spieles das zweite Mal ein anderes als das erste Mal gewesen. Frescobaldi
134 BESPRECHUNGEN. B. WIESE,
habe beide Siege gefeiert. Sollte er das dann wirklich ganz mit denselben
Worten gethan haben, und sollten bei beiden Spielen die Situationen genau
dieselben gewesen sein? Die bei Fanfani fehlenden Oktaven werden ab-
gedruckt.
CRONACA :
Periodici, kurze Mitteilungen, neue Bücher.
Fase. 3.
L. Frati, Lettere amorose di Galeazzo Marescotti e di Sante Benti"
voglio. Der cod. 1022 der Nationalbibliothek in Paris, dessen Schicksale
Frati kurz erwähnt, wurde 1453 ^^^ Bedoro de' Preti dem Galeazzo Mare-
scotti, seinem Verwandten und Gönner, geschenkt. Er enthält Petrarcas
Canzoniere und Trionfì und eine Reihe Briefe und meist von Galeazzo ver-
fafstcr Dichtungen. Frati stellt in Kürze zusammen, was über Bedoro zu
ermitteln war, der samt seinen elf Kindern am 4. Mai 1501 der Wut der
Grinevra Bentivoglio zum Opfer nel, und unterzieht dann die Liebesbriefe der
Handschrift einer Prüfung. Fünf von ihnen sind nach Frati 1448 zwischen
Galeazzo Marescottí de' Calvi und der in jugendlichem Alter an der Pest ver-
storbenen Camilla Malvezzi ausgetauscht worden, die beiden anderen wurden,
wahrscheinlich 1454, zwischen Nicolosa Sanuti und Sante BentívogUo ge-
wechselt. Die Marescotti zugeschriebenen Briefe wie auch die Antworten
darauf sind wohl aus Bedoros Feder genossen. Augenscheinlich sind nun
aber die Briefe i — 3 garnicht an Camilla Malvezzi gerichtet, sondern an eine
andere Dame, die Marescotti nach ihrem Tode liebte. Die Worte zu Anfang
des ersten Briefes vermag ich nur auf den Tod der Camilla zu deuten. Wenn
die beiden ersten Briefe Marescottis wirklich an die Malvezzi gerichtet wären,
und wir in III ihre Antwort darauf hätten, so müfste erstens Marescotti schon
vorher eine Geliebte an der Pest verloren haben, und es könnten zweitens die
Briefe V imd VI nicht von der Malvezzi sein, weil sie selbst bald nach ihrer
Antwort gestorben sein müfste. (Vgl. den Schlufs, welchen Frati selbst S. 314
aus I zieht.) Dafs die Briefe nicht an Camilla Malvezzi sind, beweist aber
ferner der Umstand, dafs sich Marescotti nach Brief I augenscheinlich in
Bologna befindet, während nach S. 312 aus Bedoros Trostbrief an ihn hervor-
geht, dafs er beim Tode der Geliebten vom Vaterlande fem war und daher
von ihr nicht Abschied nehmen konnte. Nach meiner Ansicht sind nun auch
die Briefe V und VI nicht als von der Malvezzi geschrieben zu denken. Da
sie sich samt dem Briefe Bedoros an Marescotti, der ihn über den Tod der
Malvezzi trösten sollte, in der Handschrift vor I — III finden, könnte man
darin eine chronologische Anordnung erblicken und sie der Malvezzi zu-
erteilen. Aber es heifst in VI, ganz abgesehen davon, dafs es ein Absage-
brief ist, „Anco, come vedete» il fiore dei migliori anni de la età mia sono
passati, ai quali non così ruvidamente si disdicea V andar dietro a la vita
d* amore, come si disdice a questi che debbono esser pieni di gravità, modestia
e di religione,** Konnte das die Malvezzi schreiben, von welcher der Dichter
Antonio Tridentone singt: „Peste Camilla jacet teneris absumpta sub annis",
und von der Marescotti selbst in einem Serventese sagt:
„Acerba morte perchè 7 viso amoroso
Di quella di[v']a sì tosto impallidisti p •*
mit dem, was vorangeht und folgt?
GIORNALE STORICO VOL. XXVL I35
Ich halte es fur fast sicher, dafs auch die beiden hübschen Briefe der
Nicolosa Sanali and des Sante Bentivoglio von Bedoro geschrieben sind. Am
Schiasse druckt Frati noch nach einem cod. rice, eine „cancione** Marescottis
auf den Tod der Camilla Malvezzi ab, die der Form nach ein Serventese ist
(ABbC, CDd£ u. s. w.) mit der auch sonst vorkommenden Eigenheit, dafs in
den beiden ersten Strophen A itir C eingetreten ist, und das Gedicht durch
eine Strophe aus einem Settenario und zwei reimenden Endecasillabi abge-
schlössen wird. In diesem Gedichte, das entweder sehr fehlerhaft gedichtet
oder sehr schlecht überliefert ist, sagt Marescotti (S. 347) „ Ott' anni Pamai
io in fresca etatê**. Das spricht durchaus gegen Fratis Annahme, dafs die
Malvezzi erst 1448 gestorben ist, wo Marescotti nach seiner Angabe schon
42 Jahre alt war. Dagegen spricht auch, dafs Marescotti auf der von Antonio
Marescotti geprägten Medaille, welche auf der Rückseite eine allegorische An-
spielung auf den Tod der Malvezzi enthält, als junger Mann dargestellt ist.
P. Toldo, Se il Diderot abbia imitato il Goldoni zeigt durch eingehende
Analyse, daCis Diderot in seinem Fils naturel den Vero amico Goldonis nach-
geahmt habe, wie schon Fréron behauptete, Goldoni selbst verschleiert erklärte,
Diderot aber und die meisten seiner Biographen leugneten. Femer weist
Toldo auf eine Beziehung der Pamela nubile zum Père de famille hin.
VARIETÀ :
A. Moschetti, Una lettera inedita di Carlo Marsuppini. Als Niccolò
Niccoli 1437 gestorben war, richtete Tommaso Fontano aus Bologna einen Brief
an Marsuppini und bat ihn, den Verblichenen in seiner würdiger Weise zu feiern.
Moschetti hat die bis dahin unbekannte Antwort auf diesen Brief in einer
Sammelhandschrift in Venedig aufgefunden und bringt sie zum Abdruck. Mar-
suppini erklärt sich darin nicht imstande eine des .Niccoli würdige Schrift in
Prosa zu verfassen. Wahrscheinlich wollte er einem Vergleiche mit Poggio
aus dem Wege gehen. Der Brief ist überhaupt geeignet das Fehlen von
Prosaschriften Marsnppinis zu erklären. Der Text des Briefes ist nicht immer
hinreichend klar.
L. Dorez, Antonio Tebaldeo, les Sadolet et le cardinal Jean Du Bellay,
Tebaldeo hofite durch Vermittiung der Sadoleto von Du Bellay Unterstützung
zu erlangen. Auf sein Drängen schrieb Paolo Sadoleto am 14. Juli 1536 einen
langen Brief an den Kardinal, und fügte Jacopo einem Briefe an denselben
vom 4. Januar 1537 eine Nachschrift ähnlichen Inhaltes hinzu. Beide Schreiben
bringt Dorez nach den erhaltenen Originalen zur Kenntnis. Tebaldeo erhielt
freilich nichts als leere Versprechungen. S. 387 ist Z. 8 u. hinter la etwa
grandetta ausgelassen. S. 386 Z. 6 o. 1. 14 statt 13, Z. 13 o. 1. 4 statt 14.
Tebaldeo starb 1537, nicht 1538.
G. Rossi, Alcune rime inedite di Jacopo Corsi. Rossi fügt zu den
von V. Rossi und Flamini bekannt gegebenen Handschriften, welche Gedichte
Jacopo Corsis enthalten, 5 neue hinzu und bringt als Probe seiner Schreib-
weise II Sonette zum Abdruck, die noch unveröffentlicht waren. Sie sind
recht angeschickt, wenig originell und voll Secentismus, wie es von einem
Zeitgenossen Tebaldeos and Panfilo Sassos nicht zu verwundern ist. Rossi
hätte mit der Interpunktion im Texte nicht so kargen sollen. Im einzelnen
schlage ich einige Verbesserungen vor. 1,7 la vendetta; 8 s* non; nach io
Punkt, oder noch besser Doppelpunkt. IV, 12 reprendi, VII, 4 m*enchinando.
VIU, 1 fehlt ¿ai Zcilwat
so/a, appare"
t hai e
im Keliitìvsatz
e Silbe lu vici.
n koon unbedenklich /a slTcichm.
durchaus objektive, richtige
inediti e
rari
Disp. 17—11.
0. Ci«
, Siud
0. L
Pur
iZfTi-
spoli"
illustrala da carie
Osurvaiom
sMi Prometti
\ Punkl. XI, 4 a I' árdate; ç
RASSEGNA BIBLIOGRAFICA
Solerti, Vita di Torquato Tasst
Würdigung des Buches).
BOLLETTINO BIBLIOGRAFICO:
Passerini, Cotlaione di opuscoli danteschi
Gioda, La l'ita e le opere di Gievoitui Botti
dei Gesuiti spagnaoli Ulleraii in Italia. Bull
doni, La topografia del romamo „I promts ¡i
tipografiche, tipi e numerose vedute; Mnarici
sposi. Guenard, Conférences de la Société d' études Halìennts. Grego-
rovius, Diari romani.
ANNUNZI ANALITICI, PUBBLICAZIONI NUZIALI.
COMUNICAZIONI ED APPUNTI:
A. Ghignoni, Delfica Drità fatsl iiberieugend diesen Ausdruck in der
Slelle Par. I il — 33, der bisher keine befriedigende Erklärung gefiinden hatte,
■Is Bezeichnung fur den Lorbeerbaum seibat und zieht geschickt lur BestSti-
eung seioer Ansicht Dantes Ecd. II 86;87 an. A. Caffuro, ..Altando il
dite" nel Petrarca, Caflaro ist dei Ansicht, dais der Ausdruck .,Alaando'l
dito con la morte sckena" va Petrarcas Canzone aa Italien noch nicht lUr
Genüge erklärt sei. Er glaubt aus einem Dokument von 1377 die damalige
Sitte erscbliefseD in können, dafs, wer jemand zum Zweikampf herausforderte,
zum Zeichen der Bestätigung seiner Herausforderung den Finger erhob. Ja-
nSchit bemerke ich, dats Petrarcas Ausdruck sicher nicht bedeutet, den Fingei
zur Herausforderung erheben, sondern, wie schon Carducci richtig erklärte,
um Gnade bitten. CaUaro scheint übersehen zu haben, daft Pakschei, die
Chronologie der Gedichte Petrarcas, Berlin 1887 S. 7S Anm. z diese Deutung
gleichfalls durch ein Dokument gestützt hat, und dafs Cesareo lu ihrer Be-
stätigung im Giornale storico della letteratura italiana XIX S. 309 Anni. 1 auf
Petrarcas Canzone Solea dalla fontana hinwies. Weiter ist es aber mindesleni
xweifelhañ, ob die von CafFaro aus dem Dokumente angeführte Stelle den ihr
untergelegten Sinn hat. Sie könnte sehr wohl bedeuten: „erhebe Deinen
Finger ium Schwur, schwöre, dats Du zum Duell kommen wirst." Die Stelle
hätte eingehender cilierl werdoi mnssen und scheint zudem verderbt.
CRONACA:
Periodici, kleine Mitteilungen, neucrscbifuene Bächer, Nachruf für Rog-
gero Bonghi (C[ian]), Bekthold Wiese.
Arohivio Qlottotogioo Italiano XIII, 3. Turin, Loescher. i8q4. pi. 1. 6.50.
349—354. S. Pieri, // dialetto di Sillano. lesti.
355 — 360. C.Salvioni, L' infiuenia della Ionica nella determinatiane
dell'afona finale in gualche parlala delia -¡¡alle del Ticino. Interessante Nach'
weise einer bis jetzt meines Wissens auf romanischem Gebiete noch nirgends
beobachleten Assimilalion des -.i an den Tonvokal; lana, kadfnf. fiemne,
fili, robo, mutui, länü.
ARCHIVIO GLOTT. TFAL. XllI, ¡. I37
361—451. F. d'Ovidio, /.—///. Sceglie, magiia, Viglia e slmili;
/y. nuU. Dazu 453— 463. G.J.Ascoli, Ourrvatióni intorna ai ^ J e II
del frectdrnU lavora. Habe ¡eh mich gegen den Hauptaclikel des vorli«r-
gehendeo Heftes ìm ganíen wie in vielen Einielhcilen ablehnend verhalten
müssen, so freul eä mich um so mehr, den Auslührnngen d' Oviilios in den
Gmadgedanken wie in deo meisten Einielheilen beistimmen zu können. Der
rote Faden, der sich duTcIi die ganze Abhandlung zieht, ist dei Gedanke,
«lafs jede Sprache zahlreiche Ficmdwöiter enthalte, dafs wir also namentlich
wo uns lautliche Sthwietigkeitcn begegnen stets fragen müssen, ob die be-
IrefTeadeii Wörter nicht etwa aus einer Nachbar spräche, einem Nachbardialekt
entlehnt seien. Das ist ja nun an sich nichts Neues, schon Diez hat oder
mit Entlehnungen gerechnet, aber dk Betonung der lexikalischen Mischungen,
ihre Gleichstellang mit den anderen Faktoren , die die Verändecnngen der
Sprache bedingen, datiert noch von nicht lange her. Auf germanischem Ge-
biete ist ein Vergleich zwischen Kluges erster und vierter Auflage, auf
griechischem zwischen Prellwitz" etymologischem Wöileibuche der griechischen
Sprache und G. Meyers gelegentlichen Bemerkungen zur griechischen Etymo-
logie, die hoflentlich bald zum Ganzen vereinigt werden, in dieser Hinsicht
sehr lehrreich, auf romanischem nimmt der vorliegende Aufsatz dne hervor-
ragende Stelle ein.
Die eiste Untersuchung handelt über das Verhältnis von scoglio zu
¡copulus. giebt einr Reihe von Belegen für die Verbreitung von Marine-
ausdrücken von Genua. Venedig oder Neapel ans über grofíc Teile der
Romania, woraus ich namentlich eine ansprechende Deutung von «¡pia her-
vorheben will, nnd sucht, i. T. Gröber (Arch. lat. lei. V 461) folgend, die
Schwierigkeit so zu lösen, Jais er *scoclus (eine Art Kreuzung von axontkiic
und specula) zu Grande legt, woraus frz. ¿cueil. portg. escolho. gen. ¡ko¿¿u,
wogegen ital. ¡caglio franz. oder portg. Lehnwort sei. Dagegen ist aber doch
eintuwendcn, dafs zwar die französische Marine einen sehr grofsen Teil ihres
Wortschatzes Italien verdankt, dafs aber der umgekehrte Weg bis jetzt nicht
sicher nachgewiesen ist, auch den th.itsachlichen Verhaltoissen wenig ent-
sprechen würde. Ob Beziehungen zwischen Italien nnd Portugal bestehen,
bei (leniD Portugal der gebende Teil ist, weifs ich nicht, portg. cordame nnd
fuereña zeigen es jedenfaQs als empfangenden. So bleibt nur das genuesische,
dessen liögfu direkt aus icajtlu entstanden sein kann, vgl. du¿¿u aus duplu.
Ist es nun nicht denkbar, dafs längs der klippenreich en ligorischen Küste
stö£^u über Spezia uod Pisa nach Florenz gelangt und dabei nach dem
Muster fîggw. foglio umgestaltet worden seif Der KüstcnweR scheint mir
gerade bei diesem Worte der wahrscheinlichste. — Auch Ascoli ist von
d' Ovidios Ausführungen nicht überzeugt, will vielmehr in frz. ¿cueil den nor-
malea Vertreler von pl sehen, eine AufTassung. der beizupflichten schwer ist,
so lange nicht andere reichere Beispiele für diesen Wandel nachgewiesen sind.
Die tweite Abhandlung beschäftigt sich mit den Schicksalen von -cl-
im Italienischen und weist nach, dais fast alle diejenigen Wörter, die -gli- als
Venri^Ier von -cl- zeigen, Lehnwörter aus Spanien oder Frankreich sind. Bei
dietem Anlasse werden alle die Verbindung -echi- neben -gli- aufweisenden
und alle die Beispiele von -gli- behandeil, für deren Basis man cl ansetzen
könnt«, mit dner bewunderungswürdigen Kenntnis der italienischen Dialekt-
1 33 BESPRECHUNGEN. W. METER-LÜBKB,
formen, worín der Verf. Flechias Erbschaft angetreten zu haben scheint. Der
Abschnitt enthält eine Fülle von feinen Beobachtungen und in den meisten
Fällen wird der Leser von den mit glänzender Beredsamkeit vorgetragenen
Erklärungen ohne weiteres überzeugt sein. Nur zu einem Worte sei mir eine
Bemerkung gestattet. LMCzh. pfcchia * Schale der Kastanie', 9Xtii. pe^-lia leitet
der Veif. von pïUa ab, während ich mit Rücksicht auf prov. und sard. Formen
eher püleum zu Grunde legen möchte, s. Zs. f. vergi. Sprachf. XXXm 308 —
310. — Alle Rätsel hat freilich auch d' Ovidio nicht gelöst, es bleiben einige
Fälle, bei denen die Annahme von Entlehnung nicht einleuchtet, and so hat
denn Ascoli folgende Lösung gegeben. Wie er zu ¿y^, cu zu ¿^ {con/lare
über cufiare zu guflare und daraus gonflure), -nel' zu -is^/- {angulus aus
anclus) wird, so hat sich auch -cl- zu -gl- und im Italienischen zu -^/k- ge-
wandelt, wogegen -cui- bleibt, später zu -cl- und im Italienischen zu -cchi-
geworden ist. Danach wurde macchia ein lat. macula, maglia ein lat. magia
darstellen. Unter welchen Bedingungen nun im Vulgärlat. cl {gl) und imter
welchen cui eintrat, bleibt noch zu imtersuchen. Damit dürfte Ascolis feiner
Sinn den Weg zur Lösung gefunden haben. — In dem dritten Abschnitt zeigt
d'Ovidio, dafs -gl' im Schriftitalienischen teils durch -gghi; teils durch -gh'
vertreten wird und dafs darin zeitlich und örtlich verschiedene Strömungen
innerhalb Toskanas zu sehen sind, wobei dann bald die eine, bald die andere
die Oberhand gewonnen hat. Wenn dabei (S. 443) das 1 von frz. ¿trille auf
Einilufs von frz. germ, 'strigil' zurückgeführt wird, so ist das wenig wahr-
scheinlich, da germ. ì in der allemannischen Wörterschicht wie rom. Í behan-
delt wird, und es fraglich ist, ob zur Zeit, da strihil entlehnt wurde, einst die
Gallo-Romanen das Wort noch von den Germanen hätten empfangen können.
Man könnte allerhöchstens eine Beeinflussung im Vokal annehmen, da
strihil entweder zu es tre -il oder zu estril geworden wäre. Da nun aber that-
sächlich estrillier ebenso alt ist wie estrille, vgl. Diet, général unter étriller,
so scheint mir die Auffassung, dafs estrilU den Vokal von dem Verbum be-
zogen habe, einfacher.
Endlich aus Anlafs von melo betont d'Ovidio, dafs sowohl dieses wie
malum griechische Lehnwörter seien, das eine in dorischer, das andere in
jonischer Form, und er vermutet weiter, dafs auch andere Eigentümlichkeiten
der griechischen Wörter im Romanischen sich aus dialektischen Eigentümlich-
keiten des Griechischen erklären, so namentlich ceresus, wozu bessere Parallelen
als die S. 450 Anra. i gegebenen die von J. Schmidt Ztschr. f. vergi. Sprachf.
XXXII 393 beigebrachten Fälle der Assimilation von e — a zu b — f wären.
Für m^lo zu stimmen zögere ich um so weniger, als ich das Wort zu allen
Zeiten so gedeutet und es hoch hinauf gerückt habe (ich verstehe nicht, worauf
d'O. anspielt, wenn er sagt, ich schiene zu * vacillare in codesta persuasione'),
aufserdem scheint es bei Petronius 56 zu stehen contumelia . . . contus cum
melo (hs. malo), wie Sittl Arch. lat. lex. II 610 mit Recht annimmt, vgl. ib.
VI 438. Merkwürdig ist nun aber, dafs maletum und andere Ableitungen in
der Toponomastik leben. D'Ovidio giebt einige Beispiele, andere fìndet man
bei Unterforcher in der Ztschr. des Ferdinand. 1892 S. 386; auch lothr., wall.
male 'Apfelbaum' (Horning Ostfranz. Grenzdial. Glossar s. v., Adam Lex.
Patois Lorrains S. 362, Zéliqzon Zs. XVIII 257) ist malariu, nicht melariu,
wogegen allerdings wall. mel^9 auf melaría zurückgeht. Kann man annehmen,
ARCHIVIO GLOTT. ITAL. XIII, 3. I39
dais die Ortsnamen in eine Zeit reichen, wo das jonische melon noch nicht
um sich gegriffen hatte, so ist dagegen die Existenz des Baumnamens in dop-
pelter Form höchst auffällig, auch deshalb, weil bis jetzt weder malum noch
melum im Nordosten nachgewiesen ist (lothr. mei Rom. Gramm. I S. 230 be-
ruht auf einem Mifsverständnis). Mit der Erklärung von ceresus kann ich mich
dagegen weniger befreuden. Es bleibt doch immer auffällig, dafs Süditalien
und Sizilien die überlieferte griechische, Norditalien, Rätien, Rumänien und
Frankreich eine Form haben, die lateinischen Lautgesetzen gemäfs entstanden
sein kann. Das Verhältnis von malum zu melum denke ich mir so, dafs die
älteren Einflüsse aus Grrofsgriechenland erst dorisch, später jonisch gewesen
sind. Da nun ceresus aus cerasus, nicht aber umgekehrt cerasus aus ceresus
entstanden sein kann, also ceresus auch im Griechischen jünger ist, so müCsten
wir annehmen, dafs die jüngere griechische Form sich weiterer Verbreitung im
römischen Reiche erfreut hätte als die ältere, die wohl bemerkt in Griechen-
land allein lebte. Soweit unsere Kenntnisse der griechischen Dialekte bis
jetzt reichen , ist das Verhältnis von xiçaaoç und *xeç€OOÇ nur in der oben
angedeuteten Weise zu denken, also ganz anders als das von firjXov und fiäXov.
Nehmen wir aber in Uebereinstimmung mit der Ueberlieferung an, cerasus sei
die einzige griechische Form, ceresus die daraus entstandene lateinische, so
ist es wohl ganz erklärlich, wenn letztere die entfernteren Teile des römischen
Reiches eroberte, im Süden aber giiech. cerasus blieb und neuerdings bis nach
Toskana vordrang, wo es in aret.-sen. saragia und lucch. cerage (Sercambi 374)
seine letzten Ausläufer hat.
464 — 470. E. Cultrone, Sul valore fonetico di eh nelle antiche
scritture siciliane. Weist gegen D'Avolio nach, dafs die Schreibung eh in
altsi£ilianischen Texten nicht den Wert einer Aspirata hatte, sondern vor
i-fVok. den Laut ky, vor e» i den Laut è ausdrückt.
471 — 492. C. Salvioni, Indici del volume,
W. Meyer -LÜBKE.
Bomania No. 94, Avril 1895, T. XXIV.
P.Meyer, Anciennes gloses françaises: I. aus Hs. Harlej. 2742, I.H.
13. Jh., franz. Ursprungs, auf das letzte Blatt eines Cod. der Metamorphosen
Ovids eingetragen. Die franz. Worterklärung wechselt mit Bemerkungen in
lat. Sprache zur lat. Form- und Wortbildungslehre und mit Erklärung lat.
Ausdrücke und Konstruktionen. Vielleicht liegt, wie M. vermutet, den in
bunter Reihe aufeinanderfolgenden Glossen ein lat. Text zu Grunde, an dem
lat. Elementargrammatik eingeübt wurde, ähnlich den, jedoch nur lexikalischen
Glossen mit franz. Worterklärung zu den Briefen des Sidonius ApoUinaris (von
M. in der Uebersicht über altfrz. Glossenwerke S. i6if. nicht erwähnt), die
EUis 1885 aus einer Oxforder Hs. herausgab; sie soll dem 12. Jh. angehören
und wurde sonach die älteste franz. glossographische Arbeit, die wir besitzen,
darstellen; ich hoffe bei andrer Gelegenheit darauf zurückkommen zu können.
Die Zahl der Glossen in der Hs. Harl. beläuft sich auf 104. Die erklärten,
vom Abschreiber bisweilen mi fsverstandenen, von M. meist aufgehellten Wörter
sind solche von seltenem Gebrauch oder von bemerkenswerter Form. Mund«
t40
BESPRECHUNGEN. G. G., W. METER-LÜBKE,
artlith ¡si die Schreibung frani. Wöticr wie mmstau ^ moneti S*, aboissar
= abutisier 70, corbaille ^ corbeille 7g, empromft =^ emfrunt 95; selbst laL
slehl pulverulB.nlui für futferuUttlus. An Schreibfehlern ist übrigens im
Ittt. TeÜe kein Mangel. 12 ma¡w'ers verdruckt far masaiers 13 artfmbta
vielleicht unter EinBufs des unmittelbar folgenden Irabea mit falscher Endune
verschen 36 Da der Triton lai. triton heifsl (auch mittellat. und in den lau
GloBsarieo), ist Irtlha eher fur hìztrio verschrieben (vgl. noctus 41 fiit nethus,
pHlcilra 46 für culcitra u.a.) 66 Duette, wohl auelte; ähnlich naclua in den
Sidoniasglossen ¡J,2¡ /resaie 67 huhan deutet das bei Du Cangc anerklärt
gelassene huanus, altfrz. huant etc. 77 Eine in der frühen lat. Glossenliltnatur
des MA. geläufige Form für cUfsidra ist coJyfsidra (Vatican. Gloss. 3321),
cilipiidra (Affatim Glosa.), womit wohl die Verschrcibung de» Harl. Gloss.
ct^stdra znaammeahangt iOO „marosus = de bon affaire" ist merkwürdig
103 Ansia = achat: M. vermutet, dafs ansia Tur aiiítia stehe; emplia franiös.
ausgesprochen {vg}. J2 pu¡veru!e,ri/as gilenci- si. la.nci-) liegt aSìtei 104 Für
das novale erklärende essarl bieten die Sidoniusgl. mil ausführlicher Erklärung
dan synonyme -ofarei wie das P.iris, Gloss. B. nat. 7684. — 11. aus Bibl, nat.,
f. lat. 8146 (bei Du Gange Vetus gloss. . . , Thuani 525) mit 55 franz. Wort-
erklärnngen, darunter eitiig^ identisch mit denen des Hart. Glossar und eii%G
dunkel; andere ñnden durch M. scharfsinnige Deutung oder Verbesserung.
H. Morf, Notes four servir à l'histoire de la légende de Troie tn
Italie, suite et fin. IV. La îvrsion VênHienne, bei Gorra, Testi inediti dt
storia Troiana S.1S4. ^66, nach Hs. Laurent. Pai. 153, 15. Jh.; G. leitete sie
aus Ceffis losk. Ueberselzung von Guidos delle Colonne historia Troiana,
M. leitet sie aus einer fr.incoital. Bearbeitung des Guido her, die jedoch in
der V ene t. Version durch Interpolationen, geschöpft aus frani. Quellen, die M
nachweist oder wahrscheinlich zu machen weifs, erweitert worden wäre.
P. Meyer und N. Valois , Pohne en quatrains sur le Grand schisme
(1381). Das Gedicht steht in einer Hs. der Bibl. S. Geneviève in Paris und
drückt sehr lebendig und fafstich die Stimmung eines mit den inneren Gründen
der grofsen Spaltung wohl bekannten zeitgenössischen Verfassers aus, der, wie
M. leigt, den Vers olt merkwürdig und gan» gegen die Tradition bildet.
N. Valois fugt eine sehr sachkundige Erläuterung :u den Einzelheiten des
von M. abgeschriebenen Gedichtes. Eine von derselben Hand in die Hs.
eingetrugene Ballade, die unheilvolle Zeilun verkündigt, lügt M. mit den Les-
arten zweier anderer Hss. bei, G. G.
R.-J. Cuervo, Los easos encliticos y procliticos del fronotnbre de ter-
etra persena en castellana. Der »weite Artikel (vgl. Zs. XIX 475) bringt
die grammatischen Zeugnisse über die Verldlung von to Und le und erklärt
das Schwanken zwischen den beiden Formen teils aus dem Einfliifs von me.
Ir, te, teils daraus, dafs viele Verba, zwischen Dativ und Akkusativ schwanken.
Anhangsweise wird geneigt, dafs und weshalb in unpersönlichen Redensarten
wie se castig-a 'man straft' stets !e, ¡es erscheint, und dafs die Formen can-
tarlo fiir cantallo n. s, w. nur der Hofsprache und ihr folgenden Schriftstellern,
au keiner Zeit aber der Volkssprache angehörten. Endlich wird noch nach-
gewiesen, dafs die Umsiellaag im Imperativ cantaiäo für cantadle bis in die
Mitte des XVn. Jh. gebräuchlich ist, ohne freilich allein m herrschen.
KOMAMA NO. 94. 141
MELANGES. A. Thom.is' afr. aocbùr aus *aJoccare: arlilltr. ar-
lilleur, artiäerie volkselymologisch umgedeutet aus atilKer; goupillon 'Weih-
wedel', altee gmpühn lu dem Stamme von 'wippen', hausse-iol, richüger
AaMscüt aus 'Halsbulte' (?), fenturt aus *penditurtt-, rature nus *radUura,
■ir aus *Taditoriu, rader aus radttare; afr. rest ^ reitis, von Godefroy
res BUS ratus »erwechsell.
G. Paris: frz. dôme 'Kuppel' geht über Südfrankreich aof griech. doma
ÍbtücIe, dos die Bedeutung von 'Terrasse des Hauïes, Dach' halte, wogegen
e 'Kirche' Lehnwort aus ital. duomo ist. W. Mevbr-L<jbk£.
P. Toynbee, yean de Mrun's account of the ¡p,.ts on the moon. Zu
.1873—87: zeigt, dafs die von den Mondflecken hiuidehide Stelle des Rosen -
romans aus Albertus Magnus' de cáelo el munde stammt, was L^oglDÚ. in
seinem vetdienstlii^hen Buche entgangen war.
COMPTES RENDUS. Hervieus, Les fabulistes latins depuù U stiele
i? Auguste jusqu'à la fin du moyen âge, î« éd. (L. Sudre}. — Etienne,
'~ i de grammaire de l'ancien français (O.P.). — Schlaeger, Studien
r dal TageUod (A. Jeanroy). — Jenkins, L'espurgaloire de s. Patrit of
Arie de France (G. P.). — Sommer, The recuyeil af the Historyes of
Troje, virilten înfrenck by R. Lefevre, trans/at. ana printed by W. Caxlon . . .
miA a critical introduction ... (G. P.). — Arauja, Estudios de Fonetica
castellana (J. Saroillandy). — íiainénu, Basmele romàne in contfaratiune
cu legendele aniiee clasiee ... (G. P.).
PERIODIQUES: Zeitschr. f. rom. Phil. XVIH 3. 4; XIX I. Revue des
Ungues rom. 4, VII 7 — lì. Bulletin de la Société des anciens textes tE(|4.
Bulletin historique et philolog. 1894, i — 2.
CHRONIQUE: EmamuDg (Kawciyñüki), Ehiungen (Mussafia, Tobler),
er Bächer. G. G.
Ita luBitana, dirigida por J.Leite de Vaiconccllos. n. Band.
Porto 1890— [892.
eophilo Braga veröffentlicht den Text von 113 Vierzeilern
aos der Volkslyrik der aionschen Insel St. Georg. — J. Leite de Vascon-
cellos liefert wertvolle Beiträge zu unserer Kenntnis der Laut- und Formen-
lehre, sowie des Wortschatzes der Dialekte des Alemlejo, denen er schon
Trüher (Elvas l8Sj) eine Studie gewidmet hatte. — H. R. Lang, Sammlung
von Licbesliedern , Kioderteimen , Legenden und Wörlem aus den Dialekten
von Fayal und Pico. — In einem interessanten und lehrreichen Arlikel, be-
titelt: Transcrifäa portuguesa de nomei proprios e comuns fertencentes a
idiomas faladoi nas colonias portuguesas I Africa, dringt Gonçalves Vianna
dariiuf, dafs Portugal in dem ihm gehörenden Teile Afrikas auch seiner Sprache
die gebührende Stellung verschaSe, and befürwortet als ein wichlLges Mittel
dain die methodische Umschreibung aller afrikanischen, von den Portugiesen
aufgenommenen Namen nach portugiesischem Sprachgebrauch. Zu diesem
Zwecke lügt der Verfasser ein Alphabet bei. — In einem kurzen Arlikel
Gallegos e ingleses trill der Redaktor dem iafolgo des englischen Ultimatums
vom Februar 1890 aufgekommenen Vorschlag entg^en, das Wort Gallegn in
seiner Verwendung als Spottnamen &ia¿kíingUsz\i ersetzen. — In den Miscellanea
142 BESPRECHUNGEN. HENRY R. LANG,
trägt Frau C. M. deVasconcellos einige weitere Belege zum Vorkommen des
wandernden Juden im portugiesischen Volksglauben nach (cf. Revista ¡us, I
33 — 44) und zeigt in einem zweiten Beitrag, dafs achar menos nicht mit Gon-
çalvesVianna als Entlehnung des spanischen ec?iar menos zu fassen, sondern
echtes und rechtes Portugiesisch sei und vielmehr dem altspan. yä/Air menos
entspreche; Gonçalves Vianna spricht über den Gebrauch der Hilfsverba
estar, ir, vir in Verbindung mit dem Gerundium; FrL Cecilia Schmidt-
Bra ne o handelt von einem die Fliege betrefifenden portugiesischen Aber-
glauben; E. A. Vidal teilt Redensarten imd Wörter aus Jorge Ferreira de
Vasconcellos mit; Armando da Silva bringt einen Beitrag zur Sage von
den sieben Schneidern . In der Bibliographia bespricht GonçalvesVianna
die portugiesische Sprachlehre von C. M. Sauer und das Meisterschaftssystem
(Urteil: Unbrauchbar).
No. 2. Der Redaktor giebt, mit gewohnter Gründlichkeit, eine Dar-
stellung der Mundarten von Tras -os- Montes, Den Abschnitten über Laut-
und Formenlehre und Syntax sind Texte und Wörtersammlungen beigegeben. —
A. Thomas Pires veröffentlicht Sammlungen portugiesischer Wetterregeln
und Bauernsprüche; Gonçalvez Vianna setzt seinen Aufsatz über Tran-
scricäo portuguesa etc. in dem Abschnitt Asia a) Silabario devanágrico fort —
Frau CM. de Vasconcellos eröffnet eine Reihe lehrreicher Estudos
sobre 0 Romanceiro peninsular mit einer Besprechung von A, W. Munth^s
Schrift: Folkspoesi frän Astur ien etc. (Upsala 1888), in welcher die gelehrte
Forscherin wertvolle Winke über die Art giebt, in der sich die poetische
Ueberlieferung im Volke erhält, zeigt auf die Beobachtung welcher Grundsätze
es behufs treuer Erfassung und Darstellung derselben ankommt, und mit
vollem Recht darauf hinweist, daCs Galizien, Asturien und Tras -os- Montes
die Gebiete sind, in denen sich das alte episch-lyrische Volkslied am reinsten
erhalten und bewahrt hat. — Gonçalves Vianna leitet moleiro von
monUarium statt mol*narium {molinarium) ab, wodurch sich die Erhaltung
des / erkläre; der Redaktor führt aus Francisco Manoel de Mellows Feira
de Annexins einige volkstümliche Namen der Finger an. — Die Bibliographia
enthält eine Besprechung von U, d*Arbois de JübainvilW s Recherches sur
Vorigine de la propriété foncière . . , en France aus der Feder F. A. Coelho's.
No. 3. Fortsetzung der Estudos sobre 0 Romanceiro peninsular. —
A. Alfred Alves bringt Beiträge zur Kenntnis des Dialekts von Santa Mir-
garida (Beira'Baixa)^ A. Thomas Pires teilt ein Märchen aus dem Alem-
tejo mit und Joaquim de Castro Lopo trägt eine Sammlung von Wörtern
aus der Mundart von Valpaços (Provinz Tras -os- Montes) bei. — In den
Miscellanea finden sich Beiträge zur Volkskunde von J. Leite de Vascon-
cellos, E.A.Vidal, Joaquim de Castro Lopo und Dr. Guilherme
Stuart, sowie eine Anzahl Etymologien {abalar, assaz, endro, ilhargo,
crencha, invés, revés, través, trazer und traguer, die Suffixe -acho, -icho,
•echo, -uchú, pinto und pintar) aus der Feder des Redaktors. Wenn dieser
(Seite 270) sagt: „Na lingua archaica havia as formas trager e trouge, a cujo
g o Snr. Adolpho Coelho (Thcoria da conjug. p. 109) parece attribuir o valor
de palatal; mas eu crelo que essas formas se pr»jnunciavam traguer [tragher)
e irougue {troughe), e nào trajer e trouje, pois donde havia de vir o j'ì . , .
Para eu dizer que o g tinha o valor de guttural e nao de palatal, fundo-me
REVISTA LUSITANA, II. BAND. 1 43
em que hoje o povo, em algtios pontos da Beira-Baixa, pronuncia ainda tr agiter,
com g e nSo /; e cm que Viterbo, no Elucidario, s. v. frouguer, offerece em
docum. dos sec. Xin e ^V prougue, prouguer, prugtte, a par de aprougy",
so ist das als eine grundverkehrte Ansicht zu bezeichnen, die aber der Ver-
fasser auch dann noch nicht zurücknahm, als er (cf. ibid. S. 349) in Diez' E.W.
und Körting, Lat.-rom.W. die Form trägere angegeben fand, „que", wie er
dort sagt, „a ter-se pronunciado trajer a antiga graphia portuguesa trager,
explicaria o g**. Erstens beweist das Vorkommen von traguer in der Beira-
Baixa (und auch in Galizien) nichts für die ältere Zeit, zumal da es sich un-
schwer als von trago aus gebildet erklärt, wie die in Galizien beliebten
faguer, diguer von fago, digo (cf. C. M. de Vasconcellos, Rom. Forschungen
Vn 131). Zweitens aber hätte eine gebührende Prüfung der altportng. Denk-
mäler, wie z. B. der Urkunden und Liederbücher, den Verfasser vor diesem
Fehlgriff bewahrt. In diesen Texten vertritt g^ wie jedermann weiCs, vor ea
und I regelmäfsig den stimmhaften palatalen Reibelaut, so z. B. in veg*eu =
vej^eu (V. 55, II), deseg'^e coita = desej*e coita (ibid. 220, 9), og^eu = oi*eu =
oj*eu vibid. 1191, i). Ein Fall, wo g vor e, i die gutturale Explosiva verträte,
kommt durchaus nicht vor, während doch regelmäfsig, wo dieser vorliegt, gu
geschrieben wird, wie z. B. pague von pagar. Dasselbe gilt natürlich vom
Lautwerte des g in trager, für welches oft i (= j) steht; so trager PMtt.
Script. 186, V. 1085,7; II03»6, traier 1085,14; 1103,7, CB. 429, 28; trage
V. 4, 4, traV esnarigado = traj"' esn. CB. 416, 10 ; 429, 2; tragedes V. 950, 7,
traiedes 1086,7. Endlich zeugt noch für den palatalen Laut, wenn es der
Beweise überhaupt bedürfte, die Reimung von trage mit parage (frz. parage von
paraticum) Liederbuch des Denis v. 2585 — 6; linkage, trage, fnenageY.$6S;
cf. ibid. 823, 935 etc. Von den vom Verfasser aus dem Elucidario s. v. prouguer
angeführten Formen kann ich aprougy dort nicht fìnden; übrigens bewiese
diese vereinzelte Form, wohl ein blofser Schreibfehler für aprouguy (cf. prouge
V. 212, 18; logy =^ logu'y ibid. 1163, 13, CM. 361 ; algem = alguem PMtt.
L.C244; San ^1^^/ Inéditos V 420, aber San Miguel ibid. 421), für sich
allein doch nichts. — In der Bibliographia bespricht Epiphanio Dias eine
1886 erschienene Ausgabe der Gedichte Bernardim Ribeiro's durch Xavier
da Cunka (Urteil: Ohne Kritik und Sachkenntnis).
No. 4. Der Redaktor bringt wertvolle Notizen über die Phonologie,
Morphologie und den Wortschatz des Dialektes der azorischen Insel St. Michael.
Bei der Besprechung von ômildade «^ omildade, humildade\ omildoso etc.
(S. 294) hätte auch das Vorkommen dieser und verwandter Formen in den
ältesten Texten Beachtung verdient. Omildoso V. 205, 2, omildade ib. 559, 5,
Graall S. iii; omildar ib. S. 35; omil CM. 361,6 (vgl. Juan Roiz omil 437,
homillan, homilidat 467); ferner ouffania Graall S. 54, oufano Gil Vicente
I 256, II 251. Im Provenzalischen findet man z.B. omiiäatz Folquet de Mar-
seille, Archiv 36, 431; omeliar MW. II 96. — Antonio Maria Souto Cer-
vantes liefert einen Beitrag zur portug. Volkskunde; Gonçalves Vianna
behandelt in einem Formas converjentes beiiielien kurzen Ariikel tine Anzahl
portugiesischer Wörter verschiedener Herkunft, die infolge ihrer lautlichen
Entwicklung in einem Worte sich vereinig n, wie z.}^. fidare xmájilare in
fiar. Der Verfasser zeit^t, daCs das portugiesische févera (auch fevra, febra,
/¡ara), das nach Bluteau nicht nur i. „Fiber**, „Faser", sondern auch 2. „iett-
14+ BERICHTIGUNGEN.
und knochenfreies Fleisch" bedeute, in ilicser lelileren, im Süden ond in
Trns-os-Montes noch jeUt gebräuchlichen Anwendung nicht ~Vod ia,t. ßora
herstamme, sondcm vom valgäraribischen Fleischeransdruck kabar {htbar.
kabra, krbra), der denselhcn Sinn h«be. ^ Ftl. Cecilia Schmidl Bianco
teilt drei Märchen mit. — In einem lehrreichen BeUmf> zur historischen Laut-
lehre des PoTtDgiesischen weist Gonçalvea Vianna aus der Umschieibang
hispsniseher Eigennamen in arabischen Schrift steilem nach, da[s der henle in
einem grofsen Teile von Tras - os - Montes und in Kastilien wahriunebmcnde
Unterschied im Lautweite von ( (c-\-c, i'} nnd i eioerseils und s und s (sub-
cacuminale Laute, siehe Rom. XII 47 und 52) andererseits im 12. Jh. auch im
Süden Portugals bestanden habe (cf. Cornu im Grundríls II 766), indem ç in
den icilgenössischen arabischen Schriftstellern in der Regel durch sin oder
aad, s aber durch s'in wiedergegeben wurde. Auch andere Fälle, wie z.B.
LixbuHah, worin der Verfasser einen ReSei der Aussprache UsbUa lu eikennai
geneigt ist, zei^n. dafs eine aufmrrksame Benutzung arabischer Schriftwerke
der Zeit noch manche willkommene Auskunft über die Lautgeschichte ge-
währen dürfte. — Die Miscellanea enthallen Mitteilungen über Volksglauben
von P.A. de Azevedo, über Volksdichtung von A. Thomaz Pires, und
Beiträge des Redaktors über die Sprache Gil Vicente's (die Form inha.
die sich, wie hervorzuheben war, blofs in tonloser Stellung statt mi'uAa aeigt,
tritt schon im 1 3. Jh.. z. B. schon in Urkunden des Königs Denis auf, Man.
lusil.V gs, 314, J15, 323 etc., und findet sich auch in der Mundart von
Fayal}, übet die Einleilimg einiger romanischer Dialekte, den Atheismus der
Gallaeci, den Dialekt von Oliiieitça (Alemtejo), poucachinko und eine Zauber-
formel. Es folgen Nekrologe über den Archäologen Borges de Figueirtdo,
Prini Louis Lucien Bonaparte und Estaeia da Vciga. — Die BibliograpHia
enthält Besprechungen von Sckuchard^s kreolischen Studien, Cornu's Arbeil
über die porttigiesische Sprache und Meyer-Lübke's Grammatik der romanischen
Sprachen Bd. I. Hkkky R, Lang.
Beniohtlgiingan.
S. 3 ff. war überall Ì st. T zu setzen zur Bezeichnung des /, das u wird.
S. 3 Z. 10 wenigsten Z. 13 formulierte Z. 37 ¿lait Z. 44 =flêr Z. 48 irii
S. 4 Z. 1 „ein Z.23Von^ S. fi Z. -J inner longue Z.t6 diesem Z. 45 neuer
S. 7 Z. 9 Diphthongen Z, 42 -grenit Werden S. 8 Z. 17 oet 1602 Z. 72 pi-
kardischen Dialekt S. 9 Z. 31 walU : Z. 40 ovesP S. 1 1 Z. to Schwierig-
keit Z.ii Mouskct Z. 19 minus (melius) Z. 20 vios (voles) ; «i'oMt (veclns)
Z. 33 Dafs wir S.12 Z.13 im Cliges Z. 14 folgt dafs Z. 30 aprisment <C.
Z-3I ial — tau Z. 32 dafs in Z. 40 cu und iau S. IJ Z. 7 »voleam Z. 41
aus iiifi Z. 47 Rom. Bibl. S. 14 Z. 19 geworden war. und was er ebenda
über die Entwickelung von S+j sagt, macht es sehr wahrscheinlich, dnfs nei
in Hei (¡eworden war, welches dann über iir zu i> reduziert werden konnte.
BandgloBsen zum altportagiesisohen Liederbuch.
i.
Der Ammen-Streit
In seiner vorzüglichen Studie über die Troubadour- Dichtung
Portugals sagt Diez: ,,Vom geselligen Verkehr der Dichter
unter sich, welcher sicher vorhanden war und unter den Proven-
zalen sowohl wie unter den späteren portugiesischen Lyrikern in
reichem Mafse stattfand, bemerkt man in den gedruckten Samm-
lungen nur wenige Spuren."*
Nächst der einen Tenzone, um die er wuTste, und dem Ge-
dicht, in. welchem ein Sänger seinen Kunstgenossen die Rätselfrage:
jyAl é Al/anXf e al Sessengo^^ vorlegt, erwähnt er dann als Ausnahmen
für die Regel nur ein Liederpaar, weil davon das erstere:
„Âial vef eu aquí ama chamada*^ — Tr. ii
einer Aeufsening halber, angefochten ward, was dem Verfasser An-
lafs und Stoff zum zweiten Gedichte hergab:
^JDesmmtido nC à aquí un trohador^*' — Tr. i6.
Der folgende Versuch beabsichtigt zu zeigen, wie sehr heute,
wo das vergleichende Studium nicht blofs von 555 altportugiesischen
weltlichen Liedern, wie zur Zeit des Meisters, sondern von 1698 Cati"
itgas d* ^scarnK e d* amor möglich ist, der mitgeteilte Hauptsatz der
Einschränkung bedarf, die Reihe der Ausnahmen hingegen der Ver-
vollständigung.
Und zwar bediene ich mich dazu gleichfalls nur eines einzigen
Beispiels, doch des auffälligsten. £s besteht aus einer Gruppe von
zehn, meiner Auslegung nach, in engen Beziehungen zu einander
stehenden Gedichten (aus der Feder von sechs oder sieben ver-
schiedenen Troubadours), zu welchen ursprünglich jedoch noch
weitere Dichtungen gehörten, deren einstiges Vorhandensein mit
Sicherheit aus Andeutungen der vorhandenen hervorgeht Der erste
Ausgangspunkt für sie alle steckt aber obenein noch in eben den
beiden Liedern, welche schon Diez als zu einander gehörig heraus-
gefunden und hervorgehoben hatte. Nebenbei wird von verschie-
denen anderen Gruppenliedern, die sich um je einen Mittelpunkt
drehen, die Rede sein; und auf die Geselligkeit der dichtenden
Kreise wird manches Streiflicht fallen.
^ „Ueber die erste portug. Kunst- und Hoijpoesie" p. 104.
Zdttchr. C rom PhlL XX 10
146 CAROLINA MICHAELIS DE VASCONCELLOS,
Die Troubadours, welche ich als mit und gegen einander über
ein und denselben Gegenstand Singende und somit als Zeitgenossen
vorzuführen habe, sind sechs Höflinge: die Ricos' homes D. Joam
Soares Coelho, D. Fernam Garcia Esgaravunha, Airas
Peres Vuitorom, Martim Alvelo, der Ritter D. Joam Garcia
nebst zwei Spielleuten Lourenço und JuiSo.
Von den einschlägigen Liedern finden sich nur die, weiche
Diez kannte, im Candoneiro da Ajuda [N*** 166 und 170 = Trovas
II und 16].^ Von den übrigen, welche dem Meister unbekannt
blieben, stehen zwei im Carte, Cohen 'Brancuit [N°' 1501 und 151 1
= 374 und 384] 2 und der Rest im Cane, da Vaticana [N*** 786,
1022 bis 1025, und 1092].^ Im Gesamt-Liederbuch, wie es sich aus
der Gegenüberstellung jener drei Texte mit dem Indice Colocci er-
giebt, trugen sie wahrscheinlich die Nummern 318 (= I), 322 (III),
1180 (IV), 1413— 16 (Vm, IX, VII, X), 1480 (VI), 1501 (V) und
151 i(n).
Mit Ausschlufs der beiden ersten, die zu den höflich und
höfisch eingekleideten Liebesliedem gehören, sind sie sämtlich
Cantigas de esearnh* e maldtzer.
Was schon an und für sich wahrscheinlich war, ist damit also
bewiesen: dafs nicht die Liebeslieder, sondern die realistischen
Scherz- und Spottgedichte wie die sachlich ergiebigsten so die
eigentlich gesell igen Lieder auch jener Tage gewesen sind. Ge-
nau wie zwei bis drei Jahrhunderte später, im Palaste Emanuels,
so fahrte schon in der guten alten Zeit des Königs Alfons' HI.
gerade die sprichwörtliche Schmählust der Portugiesen — oder
sagen wir ihre berüchtigte md-tingua — die redegewandten Musen-
söhne zu gemeinsamer litterarischer Thätigkeit.
#
Ammenlieder nenne ich die von mir gestellte Gruppe, weil
das Wort ama^ dessen sich D. Joam Soares Coelho in stil-
widrigem Realismus in seinem ersten Liebeslied bediente, den An-
lafs zu dem kleinen „Sängerkrieg auf der Burg von Santarem" her-
gab, von dem ich berichte, und ama demgemäfs in allen direkten
Entgegnungen wiederkehrt.*
Des frostigen Tones der konventionellen Cantigas de amor, die
unpersönlich immer nur in eintönigem Hymnenstil, in ganz allge-
meinen Umrissen den idealen Frauentypus verherrlichten, nicht
minder satt als der schäm- und rücksichtslos verleumdenden, sich
* Sie stehen auch im CB. 318 und 322 (= 262 und 266).
* Ich citiere stets die alten Nummern des CB., wie man allgemein
thun sollte.
^ Da auch diese Lieder im CB. vertreten sind, möchte sich vielleicht
durch Kollation noch ein besserer Text gewinnen lassen.
^ D. h. in den ersten sechs Gedichten, auf die ich schon in meinem Bei-
trag zu Groebers Grundrifs §41 hinwies (p. 195 Anm. i). Die letzten vier sind
zwar auch immittelbare Wirkungen des Ammenstreites, entfernen sich jedoch
vom ursprünglichen Thema, wie weiter unten gezeigt wird.
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTUG. UBDBRBUCH. I47
am Gemeinsten barbarisch ergötzenden Schmähgedichte, versucht
der genannte Ricohomem etwas Neues, obwohl auch er sich in
beiden Gattungen vorher weidlich ergangen hatte.
Er hebt ein Frauen-Loblied an, dafs sich nicht, wie ge-
wöhnlich, direkt an die geliebte Herrin wendet, und also nicht
das stereotype ffSenhor** in die erste Strophe einflicht Statt dessen
spricht er von ihr, natürlich jedoch ohne ihren Namen anzuführen,
wie die abscheulichen Schmutz -Reimereien auf die soldadetras es
in beabsichtigtem Gegensatze zu den Cantigas de amor stets thun,^
entnimmt den Hauptzug aus der Wirklichkeit und mischt überdies
mit dem gespendeten Lobe Tadelsworte gegen die Kunstgenossen,
die für ihre nicht h of- noch welt -fraulichen, sondern rein häus-
lichen Reize keinen Sinn haben.
Sein Gedicht steht also auf der Grenzscheide zwischen Liebes-
und Rügelied.^
Möglich, dafs der wiederholte Anblick einer ganz bestimmten
jungen Mutter und Hausfrau, die mit ihrem Kinde zärtlich zu
scherzen und liebevoll für dasselbe zu sorgen pflegte, während sie
in ihrem häuslichen Reiche schaltete, den Dichter ehrlich ent-
zückt hatte.' Möglich auch, dafs er, in eigensüchtiger Absicht,
um Liebesgunst buhlend, einer nicht genügend beachteten, wenn
nicht sogar verspotteten Frau solche öffentliche Huldigung als
Zahlung versprochen hatte: jedenfalls thut er verliebt, und wagt es
(den höfischen Theorien zum Trotz, die auf portugiesischem Boden,
im Gegensatz zu Frankreich, aber im Einklang mit der einheimischen
Volkspoesie, nur Jungfrauen zu feiern befahlen),* eine Frau und
Mutter als solche zu besingen, und, was schlimmer ist, er be-
zeichnet sie, wie schon angedeutet wurde, mit realistischer Offen-
herzigkeit unverkennbar als Gebärerin und Ernährerin.
Gleich in der ersten Zeile begeht er das Ungeheuerliche und
nennt die Frau, die er preisen will, Amme! D.h. er nimmt in
^ Da das provenzalische Gesetz, den Namen der besungenen Dame zu
verschweigen, in Portugal, wo man Unvermählte zu verherrlichen pflegte,
keinen rechten Dasemsgmnd hatte, wurde es öfters übertreten. — S. Gr. Gr.
p. 192 A. I and vgl. unten A. 4 sowie p. 149 A. 5.
* Im Liederbuch hat es seinen Platz mitten imter den höfischen Can^
Hgas de amor»
' Die Mutter spielt sonst im Liederbuch nur die Rolle einer Hüterin
und Beraterin der heiratsfiUiigen Tochter (was bisweilen in einem dem Freier
günstigen Sinne geschieht). Wir müssen sie uns also, der Regel nach, als
Matrone denken.
♦ Das Volkslied hält noch heute mit unverbrüchlicher Treue an diesem
alten naturgemäTsen Brauche fest, dem auch in der Symbolik der Liebes-
sprache vielfältiger Ausdruck gegeben wird. So ist das Mädchen fast immer
eine Rose; und zwar der noch geschlossene verheifsungsvolle hotäo de rosa
(der Bursche hingegen um cravo). Eine geöffnete Rose zu verschenken gilt
nicht nur fur unzart, sondern für unschicklich, und wurde den Töchtern des
Volkes da kräftig überzeugtes ¡Pfui! entlocken. Kur sich eben erschließende
Knospen darf man bieten. Aus den darauf bezüglichen Vierzeilern wähle ich
einige aus:
10*
148
CAROLINA MICHAEUS DB VASCONCBLLOS»
die feinste, für den öffentlichen Hofverkehr bestimmte Gedicht-
Gattung jener Tage ein Wort auf, das nur im intimsten Verkehr,
am häuslichen Herd, in Kinderstube und Frauen-Gemach zu ertönen
pflegt — ein Wort, dem von Anbeginn bis heute ein eigentüm-
licher Naturhauch und Erdgeruch anhaftet, über den sich Höflings-
nasen ^ in dem Augenblick rümpfen mufsten, wo man es neuerdings
zu einem Lob- und Ehrentitel erheben wollte. Auch dafs er sie
statt „Edelfrau" (dona) einfach „Frau" [tnolher) betitelt, verstiefs
einigermafsen gegen den Palast- Brauch.
1.2
Atal vej' eu aquí ama chamada
que dé -lo dia em que eu naci,
nunca tarn desguisada cousa vi,
se por Qa d' estas cousas nom é :
5 por aver nom* assi, per bSa fé,
ou se Iho dizem porque é amada
(ou por fremosa, ou por bem - talhada).
Se por aquest' ama dev' a seer,
é o eia, podede-o crcer,
IO ou se o é pola eu muit* amar,
ca bem Ihe quer* e posso bem jurar,
poi -la eu vi, nunca vi tam amada \
I. A rosa muito aberta
Ao botSozinho fechado
II. Rosa que estás na roseira,
Assim fresca e fechadinha
Nenhuma valia tem;
Todo o mundo Ihe quer bem.
Deixa-te estar, que estás bem
A' sombra de tua m3e.
III. Oh rapaz que vendes rosas, Vem cá que eu tenho dinheiro;
Vende -me das mais fechadinhas Que as abertas nSo tem cheiro.
IV. Aqui d* onde cstou bem vejo Uma rosa por abrir ;
Deus me dera ser sereno Que n' ella fora cahir ! —
Dafs einige wenige Lieder des altportug. Liederbuches sich an Verheiratete
wenden, dürfte bekannt sein (z. B. CV. 191. 559. 957. 964). S. p. 149 Anm. 5.
* Selbstverständlich ist das Wort ama nicht völlig aus der portug. Poesie
verbannt geblieben. Schon Alfons X. benutzt es: wo er von Wundem be-
richtet, die an kleinen Kindern geschehen, schlicht berichtend (z. B. in CM. 122
und 282); und mit Anwendung auf die Jungfrau, welche er (wie Walther
von der Vogelweide im 80. Leich) Gottes Amme {da Deus ama) be-
titelt. Und in wahren Kunstdichtungen hat es später CamSes so gut ver-
wertet, wie Goethe, Schiller, Rückert das deutsche „Amme". Mir klingt in
den Ohren eine Stelle aus der ergreifenden autobiographischen Canzone
Foi minha ama uma fera, que o destino
N3o quis que mulher fosse a que tivesse
Tal nome para mim
imd aus den ebenso melancholischen, ob auch Icichifúísigeren Endechas die Copla:
Naciendo mesquino,
dolor fue mi cama;
tristeza el ama,
cuidado el padrino.
« CA. No. 166. — Varianten aus CB. 318 (= 262): 9 podede lo —
10 muyf eu — II Ihi — 12 poiia vi — 15 tam pastorinh* e.
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTUG. LIEDERBUCH. I49
£ nunca vi cousa tarn desguisada
de chamar ome ama tal molher
15 tarn pastorinhai se Iho nom disser'
por tod' esto que eu sei que Ih' avem :
porque a vej' a todos querer bem,
ou porque do mund' é a mais amada !
É o de [modo] como vus disser'^
20 que, pero me deus bem fazer quiser',
sem eia nom me pode fazer nada.
Wie man sieht, erklärt er sich eigentlich gegen die Art und
Weise, in welcher Höflinge das Wörtchen ama, mifsachtend , ver-
wendet haben, und spielt damit, um es annehmbarer zu machen.
Mit dem Zweck, es zu adeln, behauptet er: „Mit Unrecht nennt
man hier eine gewisse junge Dame ama, es sei denn, es geschehe
entweder weil sie also heifst,^ oder weil sie amada ist; geliebt um
ihrer Schönheit oder ihres Wuchses willen, geliebt besonders von
ihm, dem Dichtenden, und zwar inniger als je eine andere geliebt
ward; geliebt von allen ;3 auf der Welt die Geliebteste; so sehr
geliebt, dafs ohne sie alle Gottesgaben wertlos für ihn wären.***
Kuhn ist die Neuerung des Verfassers wahrlich nicht! Skla-
visch treu bleibt er dem nationalen Brauche, das kärgliche Ge-
danken-Quantum der ersten Strophe so viele Male abzuwandeln,
als er, den Gesetzen der Mode gemäfs, Strophen zu bauen hat.
Einzig die zwei Worte ama und molher sind es, die er als Fehde-
handschuh in den höfischen Kreis schleudert.
Doch das genügt vollständig! Der ganze Hof lacht, als plötz-
lich im Gegensatz zur „Herrin**, d.h. zum hoffähigen £del Fräu-
lein,& das in eleganter Haltung, milde blickend, hold lächelnd,
sanft redend und singend oder anmutig tanzend gesehen zu werden
pñegt, wie eine Frau, die von Luft und Liebe lebt, nun die Ge-
^ Diese Zeile ist weder tadellos noch klar, wie mein Verbesserungs-
versuch zeigt. — Das Fut. exactum {disser) kommt jedoch oft genug statt des
Fut. I vor, z.B. €8.387,15; CV. 821.
' Einen Frauennamen Ama kenne ich nicht; nur Amada und Amanda
als weibliche Gegenstücke zu Amado» Amando»
' Zeile 17 kann, im Gegensatz zur nächstfolgenden, besagen wollen, dafs
die ama allen hold ist {^porque amà\\ doch kann auch a todos Objekt des
Sehens, das Objekt des querer-bém ningegen sie {a) sein, so dafs sie also
die Geliebte und nicht die Liebende ist.
* Isidores kuriose Herleitung des lat. amma (in der übertragenen Be-
deutung Ohreule) von amare hat der portug. Troubadour sicherlich nicht
gekannt, sondern selbständig, auf die übliche laienmäCsigc Art, die beiden
gleichlautenden Stämme etymologisch mit einsmder verknüpft.
* Menina oder meninha (CV. 866) und moca (866. 351) oder auch moce-
linha (351) kommen selten vor, viel öfter donzeia (17. 37. 359. 368. 505. 553.
916. 938 etc.); selten das fremdländische dama (das D.Denis in CV. 208 an-
wendet) ; gar nicht der vornehme Ehrentitel minhana, mtana, meana (= mea
domina), den die Adelsbücher erhalten haben. Am häufigsten kehrt dona
wieder (298. 307. 344. 348. 351. 356. 361. 431. 444. 943 u. s. f.) und senhor,
das, wie gesagt, unentbehrliches Zubehör jeder Cantiga de amor ist. Dafs
150 CAROLINA inCHABLIS DB VASCONCBLLOS,
stalt der nüchternen, zuchtígen, bürgerlichen Hausfrau herauf-
beschworen wird: die molher interior (um die moderne Formel zu
brauchen) neben der molher exterior \ das Hausmûtterchen neben
der Salon -Heroine. Und lachend vervollständigt man schnell das
Bild und malt die erstere, wie sie solide und schwerfallig , das
mächtige Schlüsselbund und die schwere Geldtasche am Gürtel,
ihre alltäglichen prosaischen Pflichten erfüllt Im Frauengemach
zeichnet man sie, wie sie die Spindel dreht Sie arbeitet am Web-
stuhl, füllt die Truhen mit reichlichem Linnen und schneidet Wäsche
und Gewänder für Mann, Kind und Gesinde zurecht; im dairy ^room
rahmt sie die Milch ab und preist den Käse; im Waschzinmier
bereitet sie die Beuche, knetet in der pantry am mächtigen Back-
trog, während die Mägde das Korn schroten, züchtet im Hûhner-
hof Kapaunen, wartet der Bruthennen und beaufsichtigt den Vieh-
stall, unterstützt vom sachverständigen Hausvater, wenn es sich
darum handelt, die nutzbringenden Borstentiere zu „verschneiden"
oder am Martinstage kunstgerecht zu schlachten, damit der Schorn-
stein sich mit Räucherwaren fülle. Und auch mit medizinischen
Hausmittelchen kommt sie zur Stelle, die oft Zaubermitteln gleichen,
und schafft Rat bei Krankheit und Mifsgeschick unter Absingen
fronmier Sprüche und Beschwörungsformeln.
Im Namen und Sinne Vieler wird D. Fernam Garcia
Esgara vun ha rasch das treue Konterfei solch einer ama in Verse
gebracht haben :^
U.
Esta ama, cuj' é Joam Coelho,
per bSas manhas que soub' aprender,
cada u for* achara bom conselho,
25 ca sabe bem fìar e hem tecer,
e talha mui bem bragas e camisa,
e nunca vistes molher de sa guisa
que mais limpha vida sabba fazer
antre todas as molheres preçadas
30 que nos sabemos em nosso logar!
Ca lava bem e faz bSas queijadas
e sabe bem moer e amassar,
e sabe multo de bSa leiteira!
Esto nom digu' eu por bem que Ihi queira . . .
35 mais porque est assi, a meu cuidar!
senhor Vermählten wie Unvermählten galt, unterliegt keinem Zweifel: wann
es die einen, wann die anderen betrifft, ergiebt sich nur aus dem Inhalt, und
nicht immer mit Klarheit. Offenbar machte schon der Altportugiese so wenig
Unterschied zwischen Frau und Fräulein wie der Neuportugiese, dem jedes
kleine achtjährige Mädchen eine senhora dona X X, ist. — Dafs dona that-
sächlich oft das junge Mädchen bezeichnet, erhellt auch fur den Ungläubigsten
aus der Wendung donA virgo (CV. 508).
» CB. 1511 (=384).
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTUG. LIBDERBUCH. 151
£ seu marido de castrar verrSes
nom Ih'acham par de Burgos a Carrhom,
nem a eia de capar galiSes
fremosament', . . . assi dés mi pardom !
40 Tod' esto faz, e cata bem argxieiro,
e escanta bem per olh' e per calheiro (?)
e sabe maita bSa escantaçom!
Nom acharedes em toda Castella,
graças a dés, de que mh' agora praz,
45 melhor ventmlho nem melhor morcela
do que a ama com sa mSo faz.
E al £elz bem como diz seu mando:
faz bom sounç', e lava bem transsido (?),
e deità bem galinha choca assaz!
Hat Co e 1 ho also ein Wort aus der familiären Haussprache
vorgebracht, so wartet man ihm nun mit zwei Dutzenden da-
von auf!
Allein blieb Fernam Garcia gewifslich nicht auf dem Plane.
Andere Stimmen fielen chorweise in das angestimmte Lied von der
ama ein. Der eine verhöhnt den Troubadour, der keine bessere
muse mspirairice und Empfängerin seiner Gedichte gefunden hat
als eine „Amme". £in zweiter tadelt den populären Ausdruck
yyjunges Blut" [pastorinha) als schlecht angewandt, sowie das doppel-
sinnige ama als unehrerbietig und geschmacklos. Wieder ein anderer
meint, „ein hübsches Lärvchen habe die Besungene jedenfalls nicht,
denn davon habe ihr Verehrer nichts oder so gut wie nichts ge-
meldet**.
Das schliefse ich wenigstens aus Coelho's Rückantwort (denn
die betreifenden Spottlieder sind nicht erhalten). Darin beteuert
er: „£in Troubadour hat mich Lägen gestraft (das heifst wohl: er
hat behauptet, nicht aus den von mir angeführten Gründen, nicht
weil sie amada ist, werde die Amme ama genannt, sondern weil
sie eine hausbackene Wirtschafterin ist). Und zum Teil tadelt er
mich auch mit Recht Ich fehlte, da ich ihre Schönheit nicht ge-
nugsam pries". Und nun beginnt das stereotype hofinännische Lob :
„sie ist sanft, verständig im Reden, mafsvoll im Lachen wie in
allem Uebrigen und wohl erfahren in allem Guten. Darum bete
ich zum Himmel, er möge ihr ins Herz den Willen legen, mir
wohlzuthun, denn sie selbst wage ich nicht, darum zu bitten. Ist
sie mir aber wohlgesinnt, so möchte ich mit keinem König, noch
Köm'gssohn oder Kaiser tauschen, so mir dadurch ihre Huld ver-
loren ginge". Zum Schlüsse wiederholt er dann die Versiche-
rung des ersten Liedes: „ohne sie ist jede Gottesgabe für mich
wertlos".
152 CAROLINA MICHAELIS DE VASCONCELLOS,
m.t
50 Desmentido mh'-á 'qui um trobador
do que eu dixi da ama, sem razom;
de cottsas pero, e de cousas nom.
Mais u menti, quero mho eu dizer:
u nom dixi o meo do parecer
55 que Ihi mui bSo deu nostro senhor,
Ca, de pram, a fez melhor parecer
de quantas outras eno mundo som,
e mui mais mansa; e mais com razom
fa]ar e riir c tod' al fazer,
60 e fezo Ihe tam muito bem saber
que em todo bem é mui sabedor.
E por esto rogo nostro senhor
que ]he meta eno seu coraçom
que me faca bem, poi -lo a eia nom
65 ouso rogar; e se m' eia fazer
quisesse bem, nom querria seer
rei, nem seu filho, nem emperador,'
se per i seu bem ouvess' a perder,
ca sem eia nom poss' eu bem aver
70 eoo mundo, nem de nostro senhor!
Solches Loblied muíste er natürlich leisten, um die Dame,
welche durch ihn zum Gegenstand öffentlicher Besprechung ge-
worden war, vor weiterer Verunglimpfung zu schützen. Doch läfst
man dem Ammen -Verteidiger nun erst recht keine Ruhe. Ein
Spielmann greift ihn an, vielleicht aus eigenem Antrieb, vielleicht
im Auftrag eines Troubadours: „Ihr seid so weit in der Welt herum-
gekommen; habt die besten Stätten betreten, hättet also Gelegen-
heit gehabt, Euch unter schönen Edeldamen die „Huldin** auszu-
wählen: wie kommt es, dafs Ihr Euch trotzdem an Ammen und
Weberinnen wendet?"
Ihm wird zur Antwort: „Andere, Kundigere als Du und in
allen Troubadour -Künsten Bewanderte haben schon das Gleiche
gefragt. Ich aber entgegne Euch: wohl sah ich sehr edle Frauen
{btfas donas) weben und Schnüre drehen und Gürtel sticken, und
hörte sie auch pastores nennen".^ — Der Spielmann — er heifst
JuiSo — bedeuert jedoch: „Ich hörte nie in den Landen, durch
* CA. 170. — Varianten aus CB. 322 (= 266): i mh d acut um tro-
bador — 2 disse — 5 dix* o meyo — 9 ^ mui mais mans* e mui mais com
rcaom — 1 1 e feze Ihi — 15 rog' a N, S, — 14 Ihi — 16 mi — 16 ous* a rogar,
' Metrum und Reim verlangen diese eigenartige Rangordnung.
' Aus beiden Entgegnungsstrophen Coelho's wie auch aus dem Angriff
des Spielmanns geht hervor, dafs Lieder unserer Gruppe verloren sind. Ein
Gedicht, in welchem Coelho von der Webekunst der ama spräche, ist ebenso
wenig vorhanden wie seine erste Antwort auf die neugierigen Fragen der
Troubadours,
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTUG. LIEDERBUCH. 153
die ich kam, eine Frau Arn m e nennen, es sei denn sie habe ,,der
Ammen -Vorrechte halber" (por emparamen/), oder um Sold, einen
Monat lang wirkliche Ammendienste gethan. Auch sah ich nimmer
Edelfrauen weben; nur arme elende Geschöpfe".
„Schon einmal habe ich darum Streit begonnen mit einem
andern Troubadour (spricht Coelho), ihn aber gezwungen, sich für
besiegt zu erklären, wie ich jetzt mit Dir thun werde, denn ich
sah (wirklich) Edelfrauen sticken und weben, und Schnüre wie
Gürtel bereiten, und sah in ihren Gemächern manch schönes
„junges Blut" (== manch „Schäfermädchen") auferziehen."
„Nein, wo ich zu leben pñegte, weben Edeldamen nicht, noch
sah ich bei ehrbaren Frauen die Wiege am Herdfeuer stehen.**
Da wird der Dichter zornig und fertigt den Spielmann ab,
das letzte Wort behaltend: „Was kann auch ein Nicht-Edler wie
Du (ein mal-viläo) von edler Frauen Art und Sitte wissen?"
IV. i
„Joaro Soares, de pram, as melhores
terras aiidaste[s] que eu nunca vi:
d' averdes donas por entendedores
roui fremosas quaes sei que á i,
75 fora razom! Mais u fostes achar
de irdes por entendedores fìlhar
seropre quand' amas, quando tecedores?**
„JuiSo,' outros mais sabedores
quiserom ja esto saber de mi
80 e em todo trobar roais trobadores
que tu nom es. Mais direi • i' o que vi :
vi bOas donas teccr e lavrar
cordas e cintas, e vi Ihes críar,^
per bSa fé, mui fremosas pastores.**
85 t>Joam Soares, nunca vi chamada
molher ama ñas terras u andei,
se por emparament' ou por soldada
nom criou mez. £ mais vus eu direi:
enas terras u eu soia viver,
90 nunca mui bSa dona vi tecer,
mais vi tecer algOa lazerada.'*
* CV. 786.
* Ju-t'à-o ist viersilbig, wie in CV. 14. — Cfr. juìgar (= judicare), das
während der ersten Sprachperiode dreisilbig gesprochen ward.
* Die Vorlage bietet car, wo ich criar setze. — Es liegt nahe, anzu-
nehmen dafs über dem c die übliche Abbreviatur für r 4- Vokal fehlt, und criar
zu lesen (:^ grofsziehen). Das würde vorzüglich passen ; und tier in Z. 27
widersetzt sich nicht. Nur daCs Coelho in seinem ersten Gedicht die ama
selbst /a f/4?rmAa genannt bat, könnte dazu bestimmen, chamar zu wählen. —
Braga druckt caiar, was unannehmbar ist.
154 CAROLINA MICHAELIS DB VAS0ONCBLL06,
, JoiSo, por est' outra vegada
com outro tal trobador entramd:*
fiz Ihe dizer que nom dida nada
95 com' ora a ti d' esta rezom &rei :
vi bOas donas lavrar et tecer
cordas e cintas, e vi Ihes teer
mui fremosas pastores na pousada."
, Joam Soares, u soia viver,
100 nom tecem donas, nem ar vi tSer
berç* ant' o fog* a dona muit' onrada."
„JuiSo, tu deves entender
que o mal-vilSo nom pode saber
de fazenda de bOa dona nada."
Wann, wo und wie die Sache vor den hohen Rat der Kunst-
richter gekommen, und in welcher Form sie zum Austrag gebracht
worden ist, das wissen wir leider nicht. Auch nicht, ob die schon
mitgeteilten Gedichte gleichfalls, wie die folgenden, bei einem
Sängerfeste öffentlich wurden. Ich komme weiter unten darauf
zurück. Zunächst sei nur gesagt, dafs ich, auf Grund der nächsten
Lieder, vermute, D. Joam Soares Coelho selbst habe in Santarem,
wohin er sich bei Gelegenheit eines „Reichstages" (Cortes) begeben
muíste, in heller Freude an dem kleinen Sturm, den er entfesselt,
verlangt, man möge über sein Unterfangen in aller Form aburteilen.
Dafs es überhaupt geschehen ist, ist wenigstens kaum zweifelhaft.
Ebenso wenig dafs man sein Gesuch mit dem ironischen zwei-
deutigen Bescheid abwies: „Lieder, die für Ammen und Weberinnen
bestimmt seien, gehörten vor ein ganz anderes Forum.* Coelho,
dessen Talent man auch zu Lande wohl zu schätzen wisse, möge
seine Kunst an einem würdigeren Gegenstand zeigen und „Besseres"
erfinden."
Was für boshañe Anspielungen sich sonst in dem nun fol-
genden, nicht schönen und nicht klaren Rechtsspruch des Richters
Airas Peres Vuitorom verstecken, und welche besondere Pointe
in dem Hinweis ruht, Coelho solle sich mit Martim Alvelo
messen, auch das wird sich heute, nach sechs Jahrhunderten, nicht
mehr entscheiden lassen, da dieses Dichters Werke nicht erhalten
sind. Höchstens kann man raten, gerade Alvelo habe sich,
alles feineren Geschmackes bar, nur in niederen Sphären bewegt
^ Die Tenzone CV. 1022 kann nicht gemeint sein.
' Lieder für Ammen und Weberinnen rechnete man (wahrscheinlich) zu
jenen niederen, den Handwerkern, Soldaten und Bauern gefälligen Spielmanns-
Weisen, über welche Martim Soares spottet, wo er einem schlecht dich-
tenden Ritter zuruft:
Bemquisto sodes dos alfaiates,
dos peliteiros e dos moedores;
do vosso bando som os trompeiros
e os jograes dos atambores. (CV. 965.)
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTUG. USDERBUCH. I55
Darum, um Co e 1 ho indirekt Geschmacklosigkeit und niedere Triebe
vorzuwerfen, habe man jenen zu seinem Opponenten, und Airas
Peres Vuitorom aus ähnlichen Gründen zu seinem Richter be-
stellt Mehr vermag ich aus der seichten Reimerei nicht heraus-
zulesen, die der Genannte, natnriidi auch im Auftrag und Namen
Vieler, wohl des ganzen Co e 1 ho gegenüberstehenden Dichter-
kollegiums, (mit „wir**) vorbringt: 1
V.
105 Joam Soares, pero vos teedes
que trobades em esta terra bem,
quero vus eu conselhar fia rem:
a q u i fazed' esso que [vos] sabedes . . .,'
ca aqui têem vus por sabedor
no de trobar; mais nos trobamos melhor,
bem entendemos como o fazedes.
E se vos de trobar sabor avedes,
aqui trobad' — e faredes i sem —
em o Beote cabo Santarem,'
115 ca nossos juizes [som]^ que nos queredes,
ca bem trobamos d' escamh' e d' amor;
mais se avedes de travar sabor,
Aiàrtim Alvei* é aqui com quem travedes.*
E por travar' no que nom conhocedes,
120 nom vus dariamos nada por ém;
ca vus direi o que vus or' avem
em estes juizes que vos dizedes:''
cantar julgamos de bom trobador,
mais cantar d' ama^ nem de tecedor
125 nunca julgamos, vo-lo saberedes!
Denn aufser Coelho, Vuitorom, Martim Alvelo, Juiäo,
D. Fernam Garcia und Lourenço werden beim feierlichen Ver-
lesen dieses Urteilsspruches unbedingt noch viele andere Genossen
zugegen gewesen sein. Einzelne Stimmen sind vielleicht für den
Ammen -Freund laut geworden; oder er wird wenigstens Freunde
aufgefordert haben, für ihn einzutreten. Darunter den kecken und
* CV. 1092.
' Das kann bedeuten: thut was Ihr versteht, aber auch: thut was
Ihr wifst (=das Bewuiste).
* Warum ich Beote mit groCsem B drucke, wird später erläutert. Siehe
p. 1 70 Anm. 4.
* Vielleicht juizos = Urteilssprüche? Doch giebt auch juizes =
Richter einen Sinn.
* Die Vorlage bietet trobar und trabe des, — Travar bedeutet = Streit
anfangen, eine Tenzone beginnen.
* Hier findet sich hingegen travar, wo trobar vorzuziehen wäre.
' Auch hier vielleicht ./Wà^f? Oder com estes juizesi
" Th. Braga, der den Zusammenhang dieses Gedichtes mit den obigen
nicht erkannt lut, druckt ruhig das widersinnige Wort: dama.
156 CAROLINA MICHAEUS DB VASCONCBLLOS,
originellen D. Joam Garcia, dem er eine gewisse Selbständigkeit
zutrauen und von dem er vielleicht gerade in dieser Sache Schutz
und Hülfe erwarten durfte (s. u.). Dieser aber, der beim Beginn des
Streites nicht zugegen gewesen zu sein scheint, weigert sich, Ammen
zu verteidigen. Worauf Coelho ihn schmäht und verleumdet: er
verstehe nicht zu dichten; die Tenzonen, die Lourenço als Werke
des Joäo Garcia vortrage, seien des Spielmanns eigene Arbeit
Daraufhin mufs dann der in seiner Dichterwûrde gekränkte
D. Joam Garcia, trotz seines anfanglichen Sträubens, selbst das
Wort ergreifen. Doch spricht er nicht zu Coelho, sondern zu
Lourenço: „Ich vernehme seltsame Kunde. Man verunglimpft
meine Tenzonen; und Du sollst sie in Schutz nehmen. Und zwar
hat Joam Soares das verlangt. So sage Du ihm denn, dafs ich
nur „Edelfrauen" lobe. So lang ich lebe würde ich keine Âmmen
preisen. . . . Auch habe ich nie von Edelfrauen gesagt, dafs sie
weben; noch habe ich ihre Dienerinnen (ma/adas) besungen. . . .
Schnüre und Gürtel habe ich verschenkt und selber andere em-
pfangen, doch niemals Ammen besungen. Denen, welche in meinem
Hause Ammendienste thaten [oder: thun werden?], werde ich Woh-
nung und Kleidung geben. Lieben werde ich Edeldamen. — Sag^
es ihm, Lourenço, dafs ich immer Edelfrauen besinge und Anstofs
nehme an solchen, die Saug -Ammen feiern."
YU
Par deus, Lorenço, muí desaguisadas
novas oi agora 'qui dizer :
mhas tençSes quiseram desfazer
e que ar fossem por ti amparadas.
130 Joara Soares foi, c di-lh* assi
que louv' eu donas, mais nunca por mi
mentr' eu viver', seram amas loadas.
£ se eu fosse u foram escançadas^
aquestas novas de que ti falei,
135 Lourenço, gram verdade ti direi
toda -las novas foram acaladas:'
(mais) a mi e a ti poss' eu bem defender,
ca nunca eu donas mandei tccer*
nem Ihis trobei nunca polas matadas.
140 Cordas e cintas muitas ei eu dadas,
Lourenç', a donas, e elas a mi,
mais pero nunca com donas teci,^
> CB. I SOI (= 374).
* Escartçar = ausschenken, verzapfen? Oder escantadasì S. u.
* Vielleicht = zum Schweigen gebracht? niedergeschlagen?
* In einem jener verlorenen Gedichte hatte Coelho also den Edelfrauen
geraten, zu weben, und auch ihre leibeigenen Dienerinnen erwähnt. — Lieber
ma/adas s. u.
^ Coelho selber webend? Ein Herkules mit Spinnrocken? Und sollte
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTUG. LIEDERBUCH. I57
nero trobei nunca por amas „honradas"!
Aas que me criarem, dar-lhis-ei'
145 seropr' em que vivam, e vesti -las -ei,
e serám donas de mi sempr* amadas'
Lourenço, di-lhe que sempre trobei
por bOas donas, e sempr' estranhei
os que trobavam por amas mamadas.
Von der Wirkung, welche der rücksichtslose Urteilsspruch des
Airas Peres Vuitorom und dieser Absagebrief des D. Joam
G arci a auf Coelho ausübten, erkennen wir nur so viel, dafs er
(gleichviel ob in Wahrheit oder zum Scherz) ergrimmte und Pamphlet-
Lieder gegen D. Joam Garcia, Airas Peres Vuitorom, Martim
A Ivel o und den Spielmann Lourenço schleuderte. Blofs D. Fer-
nam Garcia und JuiSo gingen leer aus, wenn anders nicht die
ihnen gewidmeten Schmähgedichte allein für uns verloren sind.
Dem Joam Garcia wartet er mit folgenden, gegen seine Kom-
petenz und seine Blaublûtigkeit gerichteten Betrachtungen auf: „Herr
Joam Garda hat sich gerühmt und frei erfunden, er verteile Geschenke
an sehr edle Frauen und biete ihnen seine Lieder. Ich aber habe
vernommen: der Vogt klage über solches Gebahren und werde es
durchsetzen, dafs, wer nicht dazu (durch Geburt oder Talent) be-
rechtigt sei, fûrderhin auch nicht mehr neos donas noch m/ancKas
besinge. Der König selber habe zornig angeordnet, dafs nur die
adligsten (= besten) Troubadours die höchst gestellten Frauen be-
singen sollten. Der coiet/e (s. u.) aber, der zu dichten wisse und
begehre, möge immerhin dichten, doch solle er seine Herzensdame
auch wahrheitsgemäfs coteifa nennen. Und der dichtende Bauer
{piläo) ebenso die seine: viläa, Oder auch (denn die Stelle ist mir
nicht ganz klar) der coteife solle seiner coteifa, und der viläo seiner
viläa Lieder widmen, in denen er sie dann getrost „Herrin" (senhor)
anreden dürfe. So komme jeder zu seinem Rechte."^
vn.
150 Joam Garcia tal se foi loar
e enfinger que dava sas dSas
e que trobava por donas mui boas,
e oí end' o meirinho queixar
e dizer que farà, se Deus quiser,
155 que nom trobe quem trobar nom dever,
por ricas donas nem por infançSas.
er sich dessen gar gerühmt haben? So wäre es doppelt schade um das ver-
lorene Lied, auf welches D. JoSo Garcia sich bezieht !
* Vorlage: mays ^ ne criard.
* Das könnte heifsen: „und sie (die Ammen) werden von mir geliebte
Frauen sein". Doch ist das gegensätzlich gefaCste: „und Edelfrauen werden
von mir geliebt werden** wohl sach-entsprechender. Man könnte auf die Ver-
mutung kommen, die von Coelho gepriesene Ama habe im Hause des D. Joam
Garcia gelebt, doch halte ich sie för ungerechtfertigt.
» CV. 1024.
158 CAROUNA MICHAELIS DE VASCONCBLLOS,
E oí n' outro dia ém qneixar
fias coteifas e oatras cochOas,
e o meirìnho Ihis disse: „YarOas,
160 nom vus qaeixedes, ca se eu tomar',
eu vus farei que nenhum trobador
nom trobe em talho se nom de quai for*,^
nem ar trobe por mais alias pessOas;
Ca manda '1-rey, porque á ém despeito,
165 que trobem os melhores trobadores
polas mais altas donas e melhores,
e tern [o] assi por razom com proveito;
e o coteife que for trobador,
trobe, mais cham' a coteifa „senhor"*
170 e andaram os preitos com dereito.
E o vilSo que trobar souber,
que trob' e chame viläa sa molher,*
e averá cada um o seu dereito!
Doch nicht genug damit, giefst er die Schale seines Zoras
noch einmal über D. Joam Garcia aus in einem Streitgedicht mit
dem schon erwähnten Spielmann Lourenço. Die Anklagen über
die Unechtheit der dem D. Joam Garcia zugeschriebenen Tenzonen
kehrt er nun in ihr Gegenteil um und spöttelt: „Der Wahrheit die
Ehre ! Nein, nicht Du, Lourenço, machst Deinem Troubadour seine
Lieder (wie ich behauptet habe): er macht Dir die Deinen, wie
ich daraus ersehe, dafs sie in Metrum und Reim gar so fehlerhaft
sind." Und als jener entgegnet: „Immer ist Ehrlichkeit meine Ge^
nossin gewesen. Wollte Gott, ich hätte so viel Dichtergabe, als
ich von ihr (der lealdade) besitze, dann könnt' ich schöne Lieder
dichten und zwar aus Barmherzigkeit (d. h. als Almosen für andere)!
Lafs mich in Ruh* und bring* Dein Anliegen bei Joam Garcia zum
Austrag!**, da wiederholt Coelho (in Strophe 3) dieselben Unter-
stellungen noch einmal und höhnt: „So schlechte Verse hätte ich
Dir nicht zugetraut! £s mufs wahr sein, dafs Joam Garda sie
statt Deiner verfafst hat."
^ ,,Kein Troubadour soll dichten aufser nach dem Schnitt und Mafse,
von welchem er ist", d.h. der König königlich, der Bauer bäuerisch, der
Priester priesterlich? — Ueber talho s. u.
*u. * Die Vorlage bietet chama coteyfa senhor; das wäre chanC a coteyfa
„senhor** und que troò* e chame „senhor** sa molher. Das wurde also heifsen,
im Einklang mit Z. 162: „auch die kleinbürgerlichen und bäuerlichen Trouba>
dours mögen immerhin ihre Damen „senhor" anreden, wenn sie dieselben nur,
dem Erlafs des Königs gemäfs, aus den Frauen ihres Standes, ihrer Art, ihres
Schnittes wählen'*. Auch das hätte einen Sinn, und wir könnten den Text
unberührt stehen lassen.
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTUG. UBDBRBUCH. 1 59
„Quem ama Dens, Lourenç', ama verdade!
175 £ farei eh' entender por qué o digo:
orne que entençom furt* a seu amigo,
semelha ramo de deslealdade;
e tu dizes que entençôes íaes
que, pois nom rimam e som desiguaes,
180 sei m' eu que ch' as faz Joam de Guilhade.**
„Joam Soares, ora m' ascuitade:
en ouvi sempre lealdade migo:
e qnem tam gram parte ouvesse sigo
em trobar com' eu ém, par caridade
185 bem podia fazer tençSes quaes
fossem bem-feitas; e direi vus mais:
là com Joam Garcia baratade!*'
„Pero Lourenço, pero t' eu oia
tençom desigual e que nom rimava,
190 pero qu' essa entençom de ti falava,
demo lev' esso que te eu criia,
ca nom cuidei que entençom soubesses
tam desigual fazer, nem - na fezesses . . .
mais sei m' en que cha fez Joam Garcia!"
195 Joam Soares, par santa Maria,
fìz eu entençom e bem a ignava
com outro trobador que bem trobava,
e de nos' ambos bem feita seria.
£ nom volo poss' eu mais [per] jurar,
200 mais se [um] trobador migu' entençar,
defender- mi -Ih'ei mui bem todavia/'
Der Spielmann schliefst also mit dem Eidschwur: „Bei der
heiligen Jungfrau, ich habe meinen Tenzonen-Teil allein gemacht
und zwar in richtig gemessenen, der Angriffsstrophe entsprechenden
Zeilen. Und auch der andere Troubadour, mit dem ich dichtete,
hat seine Sache gut gemacht. Beide haben wir brav gearbeitet
Will aber ein Troubadour mit mir anbinden (wie Du es thust), so
werde ich mich schon verteidigen und zwar so gut, dafs ich Sieger
bleibe (wie hiermit geschehen ist)."'^
» CV. 1022.
* Vorlage: vos.
* Manchmal sagt zwar der Angreifer im Schlufssatz: „ich habe Dich
besiegt: gieb Du es zu*', wie z.B. Joam Vaasques (de Talaver a), dem
Pedr' Amigo gegenüber, wo er behauptet:
Ai Pedramigo, pois vus ja venci
d' esta tençom que vosco cometí,
nunca ar mig* afUbedes perfìa! (CB. 1559.)
Doch widerspricht der Gegner selbstverständlich in seiner unentbehrlichen
Reim -Antwort :
1 6o CAROLINA MICHAELIS DK VASCONCELLOS,
Da hätte also D. Joam Garcia den Kürzeren gezogen. Der
Spielmann behielt das letzte Wort (wie übrigens in allen Tenzonen
der angegriffene Teil)!
Dem Airas Peres Vuitorom, der sich erdreistet hat, über ihn
zu Gericht zu sitzen, leuchtet er mit anderen Grobheiten heim.
„Wer £uch zum Kunstrichter eingesetzt hat, verstand wahr-
haftig nichts von Kunst . . . oder doch ! . . . vielleicht wufste er um
die (jüngsten) zwei Gedichte, die ich auf Euch gemünzt habe, von
älteren sechs oder sieben zu schweigen.^ Geschah es darum, damit
Ihr Euch über jene Werke äufsertet (die natürlich fur Vuitorom
schimpflich waren), so bewillige auch ich Euch, dafs Ihr über midi
ein Urteil fallt*' Die letzte, dunkle Strophe geht dann scheinbar
und auflalligerweise zu einem anderen G^enstand über und redet
von einem Komthur, der herbeigerufen werden soll und der, ohne
Coelho's Mitwirkung, im Namen des Königs ernannt worden ist
Wahrscheinlich aber auch nur scheinbar. In Wirklichkeit wird
wohl ein Zusammenhang zwischen den erwähnten Liedern und dem
unbekannten Komthur bestanden haben. Vielleicht ist er sogar ein
und dieselbe Person mit Vuitorom?*
IX.Î
Dom Baytorom, o qne vos a tos dea
sobre los trobadores a jolgar,*
oa nom sabia que x' era trobar,
205 ou sabia como tus trobei en,
que [vus] trobei duas Teses mui bem,
e se vus el fe2[o] juiz por ¿m
de nos* julgardes outor^-vol' eu.
£ se vus el por esto fez juiz,
210 dom Vuytorom. devede- l'a seer,
ca vus soub* eu dous cantares £uer
(sem outrcks sex ou sete que vus fiz)
yxxï que de^'edes julgar corn razom,
215 jjul^d* os cantares que vus eu &z.
Ivviai Vaasqu«. sei que njm é assi
d* cs;i ten^x^m. ca errastes vos i,
c dùs>* eu l>em quanto dUer devia!
» \Yu keuuea Veine* dieser 5— ^ Sçvjiilieder auf Vuitorom.
* S^xUhc AttM^v.ovì.T'.JLlnu:^ eiaer Person in rrei (oder mehr) ist in dea
iH^itu^. Sivntítsiichtea hA'¿tt¿.
* i V. to:;.
* IV f^J.^t^ *ìad: Co el H o uni sein Ankancr oder noch andere
l Vhtei ■
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTUG. UEDERBUCH. l6f
£ pois jnigardes como vas trobei,
e ar- chamad' o comendador i
qae fezerom comendador sem mi
de mhas comendas, per força de rei;
220 e o que ora ñas alcas está(?)
se o eu deitei,^ entregar - mhas • á,
ca todas estas som forças de rei.
Zielscheibe des letzten und giftigsten Pfeiles ist dann M arti m
Alvelo: wir dürfen annehmen, weil er die allerplumpsten Ge-
schosse gegen den im grofsen und ganzen mafsvollen Gegner ge-
schleudert hatte.
Mehr noch als in den übrigen Fällen mufs ich an dieser Stelle
meine Dolmetscher-Fertigkeit verwerten, damit aus vaguen und ver-
derbten Andeutungen ein Sinn herausdestilliert werde — der
Stimme der Kritik gewärtig, die ihr „/r<7</f'/ör^/" spricht, und von
Unterlegungen statt Auslegungen redet. An eine eigentliche
Restauration des arg verstümmelten unsauberen Gedichtes mache
ich mich nicht. Wenn meine Mutmafsung — gewisse, dem Spott-
namen Alvelo zu Grunde liegende physische Gebrechen seien der
eigentliche Gegenstand aller sich mit dem verschollenen Trouba-
dour Martim Alvelo beschäftigenden Spottreime — den Nagel auf
den Kopf trifit, so ist damit schon etwas gewonnen. Das aufser-
gewöhnliche weifse Haar des Kakerlaken Martim Alvelo führte
meiner Deutung nach naturgemäfs dahin, dafs Spötter ihn von
Jugend an als „alten Mann" verlachten und das doppelsinnige Wort
cäo auf ihn anwendeten [= caniis und cani5\. Mit der Witz-Farpa
y^äo pastor^\ die ihm von einigen Liederdichtem ins Fleisch gebohrt
ward ,2 traf man die beiden hervorstechendsten Eigenschaften des
„Weifslings*' mit einem Schlag und hänselte ihn als „langhaarigen
Hirtenhund" und zugleich als „weifshaarigen Hirtenbuben", „alten
Jungen" oder „Verliebten-Schäfer mit weifsem Haar**.*
Darum beginnt Joam Soares Coelho:
^ Oder: se o dereit* eii Mir ist, wie gesagt, die ganze Strophe nicht ge-
nügend klar. — Vielleicht war Vuitorom nicht nur Kunstrichter, sondern
gehörte zu irgend einer der alçadas, welche von Alfons III. und D. Denis
hehufs der InquiriçSes Geraes eingesetzt wurden, um die angemafsten Vor-
rechte von Adel und Klerisei zu prüfen. S. u.
■ S. CV. 1079 und 1092. — Ueber Pastor s. unten.
* „Langhaarig'* vielleicht nur in dem Sinne, in dem das Volk den
Schwarzen ironisch JoSo „Branco" nennt? Die „siehen" Haare, von denen
Coelho redet, und der Rat, dieselben unter einer Kapuze {capello) zu verstedcen,
scheinen far relative Kahlheit des Besungenen zu sprechen. Doch wäre et
auch nicht unmöglich, dafs der Verspottete seine üppige falbe Mähne frauen-
oder künstlerhaft über die Schultern herabwallen liefs, aus seiner auflalligsten
„schwachen Seite" seine Force machend. — Wenn die in der zweiten Strophe
genannten bunten trinckeiras und transmoleiras Teilstücke einer helmartigen
Kopfbedeckung sind, d. h. wenn Alvelo statt der ihm anempfohlenen schlichten
Kapuze eine capellina trug, wie ich vermute, so ist die erste Vermutung die
begründetere.
Zettschr. £ rom. PhiL XX* II
»3S. 3nK
la&K msikàa ìl'
Heta und die sdtmQckai
Aasao-r » >asf rr jaaeg lad xme Jain nicht unter lûgne-
Dsï xrrjarañh^ie Leser mû imcäca, ob idi die obigen rehn
fi^''^»^ an: Fug iem: Recii: za einer Gnq>pe geeint habe, ob der
isc, òca Gedankengang dordi Einfâ^unir der
jx ernczes, wie ancfa, ob die von mir her-
¿¡«cdL^e Resbsdc '^ze öe iDc^Jdisl beste ist Dafs No. 4 ebenso
rt Tcc 5. znd S voc 7 «¿Lgeordnet werden kann, dafs auch die
Nznaaen: TieDescfat schon vor dem hohen Rat ab-
?c worden SÎI.C, isî kiar. doch ändert es am Verlauf des
AmiDeLsress rJcäts WesectÜches.
In àe^ Inhaiisangaboi habe ich zonächst nur das ünentbehr-
iicÄe r-erócksjchiigi . viele Einzelnheiten aber bei Seite gelassen,
\ozi desen ich nun die wichtigeren zu erledigen versuche.
Die erste Frage mufs lauten: Was verstanden die Portugiesen
im 13- Jh. unter einer aaulf
» CV. 1025.
* Mo^Ücherweis« ist das cûf^r der Vorlage gut und bietet die ältere
Form des Wortes (Koppe = Kopf), die ja im Kastilischen die übliche ist
Doch Ende ich sie sonst im Candooeiro nicht, sondern fiberaU iopeU, z.B.
CV.93Ï und Alf. X. CM. 369.
» Vidlcicht: Muäos ciu vej§ Söbefo (O que gratta entefô Em toda
mdk^ a\, oder, da die leUle Zeile zu lang ist, /«i to molher d = „Vid io
riele [Haare] sehe ich bei Dir, was grolien Ekd in jeder [Deiner] Frau hcr-
Torbringt**. Das Lied fahrt fort ^ d^ trinckeùras E das transmoUiras Ti
quero dáMtr: Veja di as veiras ... Ca a vêUUce, Pois enee. Sei mem quer
sandece ...
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTUG. LIEDERBUCH. 163
Darüber, dafs auf der Halbinsel (wie in Deutschland) jenes
I^llwort der lateinischen Kindersprache ursprünglich nur die
Säuger in benannte, kann kein Zweifel walten. Sehr früh aber
mufste die gleiche Bezeichnung auf die nicht mehr nährende
Kinderpflegerin ausgedehnt werden, da man von jeher und
allerwärts ungern die Amme von einem Kinde, an dem sie mit
Mutterliebe hing, trennte und sie daher oftmals im Hause erst zur
Kindermagd 1 und Bonne, später aber, mit wachsendem Alter, zur
lehrenden und erziehenden Gouvernante oder zur in der Fa-
milie waltenden Haushälterin und praktischen Vertreterin der
Hausfrau avancieren liefs, unter steter Beibehaltung des Namens
„Amme'S der demgemäfs manchem ergrauten Mütterchen bis an
sein Lebensende eignet Dafs die übliche Benennung fur „Haus-
hälterin" dann in dritter Linie auch auf die wirkliche Hausfrau
angewendet worden ¡st, zuerst nur wenn man ihre häuslichen Eigen-
schaften lobte — [é boa ama; è sua propria am<i\ — , ist auch nicht
eben merkwürdig. Heute bedeutet es, in vierter Linie, die Brot-
herrin. — Dem entsprechend existiert das aus ama abgezogene
männliche Gegenstück amo = der Brotherr, das früher den Er-
zieher und Nährvater benannte, zu allererst aber nichts als den
Mann der Säugerin. Der Plural os amos ist jetzt der Name der
Herrschaft ,2 sowohl den Bediensteten gegenüber, als auch in
ihrem Munde, benannte früher natürlich aber die Nähreltern, die
gemeinsam mit der Pflege eines Kindes betraut und für dieselbe
verantwortlich waren.
An welche der ersten drei Bedeutungen von ama dachten die
altportugiesischen Dichter? (Von der vierten kenne ich kein altes
Beispiel.)'^* Zweifelsohne an die erste und dritte. Bald ist es
' Wo Differenzierung nötig wird, nennt man die eigentliche Amme beute:
ama de leite oder anta de petto [span, ama de cria, ama de leche\ entsprechend
deutschem Kindamme, Saugamme; das Kindermädchen hingegen (zum
grofsen Ergötzen aller Fremden): amä secca (span, auch noch ama de óranos);
die Haushälterin bei Junggesellen, d. h. bei Studenten und Geistlichen,
blofs: ama, ohne Zusatz [span, auch ama de /laves, ama de ¿'obierno'].
^ Os senhores, os patries ist in der Stadt ebenso üblich ; auf dem Lande
ist heute noch amos die gebräuchlichere Formel.
• Die Fülle der Sprichwörter über „Herren und Diener" zeigt, dafs
am«» = Brotherr trotzdem zum alten Erbbesitz der Sprache gehören mufs.
Man höre die Volksweisheit: I. Qtmtro cousas quer 0 amo Ao moco que Ihe
serve: Deitar tarde, ergtier cedo. Comer pouco, cara alegre! 2. Mau ¿ ter
moco, mas peor é ter amo, 3. Nem zombando nem de veras com teu amo
jogues as peras, 4. Tal amo, tal creado, 5. A mau amo, mau moco und
umgekehrt A mau moco, mau amo. 6. Tarn bom ¿ Pedro como seu amo,
7. Em quanto o amo bebe, o creado espere, 8. Ao cabo de um. anno tern o
criado as man/tas do amo, 9. Anda a teu amo a sabor, se queres ser bom
servidor, 10. Aíau amo has de agradar com medo de empeorar, \\, Sé
moco bem mandado, comerás d mesa com teu amo, 12. Que chova que nao
chiva, meu amo me dará que coma, 13. Honra ¿ dos amos o que se fa%
Oes criados. Völlig gleichbedeutend mit Herr undBesitzer ist es in: O olho
dé amo engorda o cavallo, O melhor penso do cavallo ¿ o penso do amo,
ote in GtSlinha que canta de gallo, quer em breve 0 amo no adro, vom
II»
1 64 CAROLINA MICHAELIS DE VASCONCKLLOS,
die Nähramme, bald die Hausfrau, die den Augen der Dichtenden
vorschwebt Eine bestimmte Reihe von Phrasen kann sich nur auf
eine, Mutterpñichten erfüllende Ernährerin beziehen ;> andere be-
treffen nur die Regiererin eines Hausstandes;^ einige Male mögen
beide gleichzeitig gemeint sein.3
Wo aber das erste geschieht, hat man da eine gewöhnliche
Âmme im Auge? d. h. eine bedürftige Landfrau, die um des reich-
lichen Erwerbes willen ihr eigenes Kind halb oder ganz im Stiche
läfst und als Magd in einem fremden Hause dient? wenn m*cht
gar ein unglückliches, zu Fall gekommenes Mädchen, welches das
gleiche thut? Haben wir sie uns im Heim eines der Troubadours,
vielleicht des D. Joam Garcia, zu denken? Mir will es nicht so
scheinen. In diesem Falle hätten die derben Halbbarbaren, die
so gern auf der Bank der Spötter sitzen, wohl einen ganz ver-
schiedenen Ton angeschlagen! Auch wird ja zweimal der marido^
der ama erwähnt, imd was von ihrem Hauswesen erzählt wird, läfst
auf Wohlstand schliefsen. Die Amme, die im Königspalaste unter
Ricos homes in einem ernst gemeinten und würdig abgefafsten
Liebeslied höfischen Stils gefeiert wird, mufs eine relativ hohe
Stellung eingenommen haben, eine Edelfrau gewesen sein, ob auch
die Troubadours dem aggressiven ^^molher*^ und y^ma^^ des D. Joam
Scares Coelho ihr Lob und Preis der wahren rica dona und bòa
dottai gegenüberstellen, gleich als wollten sie ihm und ihr die
Volkssentenz vorhalten: Quem é ama, non ¿ dama. Wer sich dazu
hergiebt, Ammendienste zu thun, gleichviel ob im eigenen Heim
oder nicht, hört auf, Dame zu sein und als solche betrachtet zu
werden.®
portugiesischen Liedchen : „Der Herr, der schickt den Jochen aus" zu schweigen
\Manda 0 amo ao moco, 0 moco ao gato, o gato ao rato etc.). — Von der
Amme hingegen weifs der Mutterwitz der Südländer so gut wie nichts zu er-
zählen. Ich kenne nur ein portugiesisches Sprichwort über sie, das im Text ver-
wertet wird, und das spanische, auch von H all er verzeichnete (No. 387)
Ama sois, ama \mientras el niño mama. Desque no mama, ni ama niñada^;
und auf die tüchtige Hausfrau die Reihe: el ama brava, llave es de su
casa. -- Von König und Königin sagte das Hofpersonal stets und sagt
heute noch dann und wann: el rey meu amo und a rainha minha ama
(nur die Granden, vom Marschall aufwärts, sagten minha senhora),
* Z. 87 — 88, loi, 144 und 149.
■ Das ganze zweite Lied.
ö Vermutlich in Z. i und 22, 57, 77.
* In Z. 36 und 47.
» Molher, das in den höfischen Liedern nicht gerade häufig verwertet ward
(z. B. CV. 826 und 1 183), kommt mit Bezug auf die ama in Z. 14, 27 und 29 und
sonst noch in Z. 40 vor. Wo unsere 10 Lieder hingegen das Wort dona, donas
oder hdas donas, ricas donas, altas donas benutzen (Z. 82, 90, 96, IOC, 1 04,
13». '33. M». 142, 146, 147. »52, 156, 166), ist, wie angedeutet, nicht von
<ler ama dio Rede. Vielleicht wird es als Gegensatz zu ama und molher zu
faiscn sein. — Anderwärts steht es im Gegensatz zu donzella,
^ M«n dreht es auch um und sagt „Quem ¿ dama, nao ¿ ama". Die
darin zum Ausdruck kommende Auffassung, die im Süden noch heute die
horrichende iit, ward, ohne Nachdruck und ohne Eindruck, im 17. Jh. von
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTUG. LIEDERBUCH. 165
£m Drittes ist jedoch möglich. Die Âmme konnte £delfrau und
dennoch die Ernährerin eines fremden Kindes sein: Königsamme
namlichy oder Prinzenamme im Königspalaste. Denn in der alten
Zeit, die in dieser Hinsicht gut war — und sie dauerte in Bezug
auf diese £inzelnheit bis zur Geburt Johannas HL (1502)^ — wurden
portugiesische (oder allgemeiner hispanische) Königskinder nur vor-
nehmen Frauen von ausgesuchter Tüchtigkeit Leibes wie der Seele,
anvertraut^ Aus welchen Kreisen man die Königsammen wählte,
und auch wie man sie um ihres Opferdienstes willen ehrte und
lohnte, das zeigen erstens mannigfaltige Dokumente (Schenkungs-
urkunden und Grabschriften), dann die Häufigkeit und Herzlichkeit,
mit der die Ammen -Söhne als Milchbrüder (coilaços) bezeichnet
werden, vor allem aber die hohen Ehrenämter, welche einige der-
selben bekleidet haben.^
Da man Beispiele verlangen wird, so wähle ich aus der grofsen
Fülle, die sich darbietet, in Kürze, gerade aus der Troubadour-
epoche, die in Alcobaça begrabene D.Elvira Pires (t 1263), nNuirix
Domini Aìphonsi Quinti Regis Poriugalliae et Algarbii^, deren Sohn
Estevam Annes seinen königlichen coilacteus nach Paris begleitete
und später Jahrzehnte lang als Kanzler seine rechte Hand blieb ;4
sowie an die Ernährerin Sancho's IL, D. Estephania Soares, deren
Sohn D. Martim Martins (1244) zum Ordensmeister der Tempelritter
wurde ; * an D. Maria Miguéis ^ und Justa Pires,^ die Pflegerinnen
des D. Dinis; und (pflichtgemäfs nach Kastilien hinüberspringend)
an D. Ines Godinez und Urraca Peres, die für Alfons X. sorgten;
an D. Beta[n]za, die Amme Alfons' XI.; D. Urraca Gutierrez, die
Nährerin Ferdinand's IV., wie die alten Chroniken treu berichten ;8
und D. Maria Fernandez, die anfangs ama der Königin D. Maria
und später aya der Infantin D.Isabel war» — denn natürlich ge-
schah es auch im Königshause (und gerade da), dafs die Frauen,
welche die ersten Schritte eines Kindes geleitet hatten, in seiner
Nähe verblieben.
D. Francisco Manoel de Mello und im 18. von A. N. Ribeiro Sanches be-
kämpft (1760 in den Cartas sobre a Educaçao da Macidade).
' Gemeinhin wird König Sebastian als der erste portugiesische Monarch
bezeichnet, for den man eine schlichte Bauernfrau zur Amme wählte.
* D. Berenguela (die „gotische Mutter", wie die Spanier sie gern nennen),
welche es sich nicht nehmen lieis, Ferdinand „den Heiligen" selbst zu nähren
und zu pflegen, bildet eine seltene leuchtende Ausnahme.
* Ueber die hispanischen amas und amos sowie über die aias und aios
findet man trockene, doch quellenmäfsige Zusammenstellungen in Francisco
A. Martins Bastos: Nobreza Läteraria, Liss. 1854 und in Figaniere: Rainhas
de Portugal, Liss. 1859, p. LH — LXXI. — Einzelnes zerstreut in Chroniken,
Adelsbüchern und dem Urkunden -Schatze.
* Mon. Lus. XV cap. 7 und 9; XVI cap. 17.
* Elucidario II p. 245 ^ s. v. Tempreiros,
* Mon. Lus. V p. 4.
« Mem. Acad, Hist, IV p. 1 00.
* Ueber D. Betaça siehe auch Mon. Lus. XVII cap. 29.
* S. Crónicas ed. Rivadeneyra vol. I p. 75, 100, 114, 168, 198; II p. 90.
1 66 CAROLINA MICHAEUS DE VASCONCBLL05,
Diese vornehmen Prínzenammen lebten aller Wahrscheinlich-
keit nach mit samt ihrer eigenen Familie in den Palästen. Wie
die Kinder die Traut-Gespielen, so wurden die Männer oftmals
Erzieher der Knaben und führten offiziell den Namen amo und
mUrüor (s. oben).* Erst gegen Ende der Troubadour-Periode be-
gann der allmähliche Verfall dieses Brauches — zum Teil durch
die Schuld so heifsblûtiger, sittenloser Monarchen wie Peter der
Grausame von Kastilien, der auch das im Volksgemût für heilig
geltende Familien- oder Verwandtschaftsverhältnis zu den Pflege-
müttern seiner Kinder nicht achtete.^ Bezeichnend ist, wie sich
D. Ines Lassa, die Mutter des Pero Niño, als es galt, sie zur
Amme für den kastilischen Thronerben Heinrich III. (1379) zu ge-
winnen, hartnäckig sträubte, nach Kastilien floh und, als sie schliefs-
lich doch nachgab, unter anderen Bedingungen verlangte: ^^que la
tum llamasen ama como a las otras !**^
Auch die mächtigsten Granden [Laras, Haros etc.] nahmen
vornehme amas in ihr Haus. — Im allgemeinen war es jedoch
Landesbrauch des Adels, die Neugeborenen in das Haus begüterter
wackerer Bauersleute für längere Zeit [2 — 4 Jahre] zu geben. Und
ebenso verfuhren die Könige mit ihren zahlreichen aufserehelichen
Nachkommen. Beweise auch für diese Behauptung fehlen nicht
Ich erinnere an eine in der Chronik Alfons' X. gebuchte Erzählung
(s. a. 1282),* weil sie indirekt einen unserer galizischen Troubadours
betrifft (über dessen gewaltsamen Tod später einige Worte zu sagen
sind), den Flottenadmiral D. Pay Gomes Charínho (s. p. 1 89 Anm. 2).
Seine Schwester (die Frau des merino^mayor m Galicia^ Gard Perez)
verteidigt die Veste Zamora gegen die aufrührerischen Infanten
Sancho und D. Juan, übergiebt dieselbe jedoch, als man droht,
ihr acht Tage altes Kind aufzuspiefsen, das in der Nähe auf dem
Lande „bei seiner Amme" wohnte.
Vor allem aber ist der im Grunde ansprechenden, durch Mifs-
brauch aber zu Unsinn und Plage gewordenen Einrichtung der
Ammen-Privilegien zu gedenken, jener amàdigos^ und para-
* S. Nobreza Litter aria p. 55. — Statt amo war auch aio üblich. —
HerleituDg des span, ayo (durch aya) vom lat. avia ist, nebenbei gesagt, in
meinen Augen, der vorgeschlagenen baskischen und germanischen Etymologie
unbedingt vorzuziehen. — Aya von avia wie {h)aya von {h)a7ñam = habeam.
* S. Dignidades de Castilla fol. 105 v, wo über die Amme seines Sohnes
Alfons (t 1363) berichtet wird. — Nicht nur mit Bezug auf comadres und
compadres [s. Ines de Castro und D. Pedro], collaças und pupiüäs, sondern
sogar auf amas verlangt das Volk, dafs sie wie Blutsverwandte geachtet
werden. — Manche Stelle in den Adelsbüchern bezeugt, dafs diese Auffassung
alt ist. So heifst es von D. Vermuim Pirez : ,^asou com a fiiha do Conde
D. Anrique e desta Z>. Tareija . . . que elle criara em sa casa . , . e por este
pecado foi feito o tnoesteiro de Sobrado,**
3 S. Cronica de Pero Niño p. 2$.
* Crónicas Bd. I p. 61.
û Das Wort ist unbedenklich als von ama durch Anfügung des Suffixes
-atlcum gebildet aufzufassen. Cfr. montddego» achddego, ervddego, maninhd-
dego etc. Schon Diez hat erwähnt, dafs im Elticidario alle einschlägigen
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTCG. LIEDERBUCH. 167
mhoSf^ weldie schon Alfons IX. in Leon zu beschneiden begann,^
gegen die in Portugal aber noch D.Denis (von 1288 bis 90 und
später) höchst energisch einschreiten muíste.^
Das Bauerngut, in dem ein rechtmäfsiger Edelknabe grofs-
gezogen wurde, erhielt nämlich dadurch in den schon vor der
Gründung des Reiches zurückeroberten Nordprovinzen Abgaben-
freiheit dem König gegenüber, d. h. es wurde „Ä<?«rö", oder ge-
nauer tyhonra por amádigo^^\ und dieses alte, den privilegierten
Ständen und den pedes gleichwerte leonesische Gewohnheitsrecht
ging auch in südliche Foraes über (z. B. in das von Santarem).
Die Auswüchse aber, die zu Klagen und Untersuchungen führten,
bestanden darin, dafs viele Bauernsitze auch dann Immunität ver-
langten und erlangten, wenn sie statt der echten nur unechte
Adels-Spröfslinge beherbergten und zu Männern grofszogen; dafs
femer der eigentlich nur für Lebenszeit des amo gültige Freibrief für
zeitlich unbegrenzt gehalten und örtlich auch auf nicht einbegrüfene,
umliegende Gehöfte, ja auf ganze Ortschaften ausgedehnt ward;
dafs drittens den königlichen Fiskal-Beamten der Fintritt daselbst
völlig verwehrt wurde; und viertens dafs die Nährelternschaft nur
zum Schein als Vergünstigung nachgesucht und von den Feudal-
herren zugestanden, in Wahrheit aber gar nicht effektiv, oder doch
nur für ganz kurze Zeit betätigt ward.^ Kam es doch vor, dafs eine
Worte fälschlich ad^go accentuiert sind. Der Fehler wird durch alle portug.
Wörterbücher weitergeschleppt — und, da die lebenden Portugiesen acha-
dego etc. nur aus Druckwerken kennen, wird heute in der That so ge-
sprochen! — In leonesischen Denkmälern wird amatiolum verwendet. —
Dafs in Portugal amadigo wirklich gebraucht ward, bezeugt die Wendung:
Jesus, fUho de José por amadigo aus der Vita Christi.
* Wenn der häufige Ortsname Paranhos wirklich mit Paramhos identisch
ist, so wird jene im Elucidario als einzig gültig angegebene Bildung schon
im 13. Jh. als Nebenform in Gebrauch gewesen sein. In allen mir bekannten
Dokumenten steht jedoch paramhos = parámios (von parare und Suff, dmio
far ame),
* S. Cortes de Leon y de Castilla I 53 No. 7.
* S. J. P. Ribeiro, Memorias para a historia das Inquiriçdes, Liss.
1 81 5. — Mon, Lus. XVn cap. 79. — Herculano, Hist. Port, IV 480. — Elu-
cidario s.v. amadigo I 173 una paranho II 137. — Archivo de Vianna I 119 ;
vor allem aber das sehr empfehlenswerte Werk von H. da Gama Barros,
Historia da Administraçào publica em Portugal Bd. I, 1 885 (p. 450). — Die
Cortes de Lisboa vom Jahre 1285 hatten sich schon speziell mit der „Inqui^
ricüo das Honras** beschäftigt
* Mem. Inq, Doc. 24, 26, 27. Die Hauptstellen lauten : Item 0 3 artigoo
he tal que alguuns fazem honrra ali hu criamos filhos dalgo ; e nesta
guisa emparam 0 amo enquanto he vivo; e desque os amos son mortos
enparam o logar, poendo Ihy nome Paramho, e en muytos logares non
solamente CLquel logar mays quantos moram aredor delle, perqué fica hon-
rrado pera sempre, A mha corte julg ando mandou que esto non se /ezesse
e que se algum filho dalgo foy criado no devasso, que eu non perca porem
nenhua cousa do meu dereyto ; e quanto he no meu herdamento foreyro e
no meu herdamento regueengo non se crye hi nenhuum filhodalgo nem se de-
fenda nenhuum per tal criança feyta en tal herdamento (p. 68 — 69). —
E defendo da parte del Rey que nenhuum amo de cavaleiro nem de domna
nem de outro hörnern em todo o termho de Melgaço que nom seja escusado
I 68 CAROLINA MICHAELIS DE VASCONCELLOS,
ama nur einen Monat lang, ja nur 14 oder 8 Tage lang (naiürlicli
ohne Sold) ihren Pilichten nachkam und dennoch piivilegiert
sein wollte!
Auf diesen Brauch spielt der Spielmanc in der Forme! „amai
honradas"^ und auf die unehrliche Auslegung und Verwendung
des Gesetzes in den Zeilen 85 — 88 an, wo es heifst:
. . . nuDca vi chamada
tnolher ama aas Ierras u aodei
se por tmparavtent' ou por soldada
Dem kecken Dichter aber, der sich getraut hatte, die Bezeich-
nung ama, die an und für sich schon (iir so viele Ohren einen
allzu naturalistischen Klang halte, auf seine „Dame" anzuwenden,
mochte die Erfahrung, welch' ironischen Nebensinn die gottlosen
Spötter damit verknüpften, recht unliebsam sein! Man begreift,
dafs er auf dem neuen Wege, den er zu of&ien gedacht hatte,
nicht weiter ging.
Uebrigens kommen derartige Anspielungen nur das eine Mal
vor. Und auf die vornehmen Körigsammen selbst ist kein ein-
ziges böses Wort gemünzt: es scheint also durch solche unehren-
hafte Handlungsweise derer, die erst durch ihre Ammendienste zu
Ansehen kommen wollten, damals noch kein Schatten auf die «-¡rk-
lichen amas honradas gefallen zu sein.^ Es scheint aber ferner auch,
dafs D. Joam Soares Coelho an eine Prinzenamme nicht ge-
dacht hat.
Es bleibt uns daher nur übrig anzunehmen, dafs eine nährende
und pflegende Mutter als solche nebst den sonstigen „hausbackenen"
Pflichten der mittelalterlichen ama de casa, die im eigenen Heim an
der Seite des Gatten für die Familie eifrig sorgte und schafite, der
Gegenstand des Ammenstreites ist. Und dieser Spott darf uns nicht
wundem. Es wäre absurd, viel Sinn für die Poesie des häuslichen
Herdes — wie etwa ein deutscher Dichter ihn zu Ausgang des
18. Jhs. bekundet hat — im Zeitalter der Minnesänger in den west-
romanischen Landen zu suchen, woselbst IroUt einer D. Berenguela
und Santa lsabel (denen beiden übrigens Dutzende von Troubadours
per amadigoi , e fafa7H viiiança come setti leu'noi, — Cfr. J. f. Ribeito,
DîssertaçSts vol. Ill Appendice p. 173 No. ^8. Ea wird belbhIeD. dafs ia
keiaciD dem König tributpflichligcn Oite die Sitte der Nàhrellemscbafl erlaub!
sci; ' ■ - que nom críem hi nenkum ßtkadatga, e desaqui adeanle nom jeja
honrado por raiom da criança. nem leixe de entrar hi o Mordomo.
Qutrossy julgo que em nenkam lugar ku criarem ßlho de barregaam non
seja honrado por ramni da crianfa, nem leixe portnde denlrar Ai o
Mardomo (Era IJlS).
* Z. 143. Jienoralus konnte nur der nicht von Geburt Adlige werden.
* Braga druckt statt soldada : ¡¿ laida'. Die Vorlage bot sa laida.
* Dafs CS später i^eschah, ¿eigt die oben erwähnte Abneigung der D. Ines
Lassa gegen die Ammenwärde. — Im Cane, de Res. wird einem Francisco
da Cnnha höhnisch zugerufen: Ah mtu senhor backarei Com itmBa ama no
pafo (ni 619}.
RANDGLOSSEN ZUM ÂLTPORTUO. UBDBRBÜCH. 169
gegenüber gestanden haben müssen!), die Lebenssitten und die
Stellung der Frau, die ja ein Gradmesser för die Civilisation sein
soll, noch von grausigster Barbarei zeugten.
Wurde doch noch zwei Jahrhunderte später, an der Schwelle
der Renaissance, in der Hofburg Emanuels, die nährende Mutter
mit unabgeschwächtem naiven Cynismus verspottet, ungeachtet des
bedeutsamen Wandels zum Besseren, der sich unter Johann I. voll-
zogen hatte! Man lese unter den „Chusas de folgar** des Catt'
ciomiro de Resende die grobkörnigen Zerrbilder, welche jungen
Edeldamen von denselben fidalgos in die corbeille gelegt wurden,
die ihnen eben noch schmachtend und schwärmerisch gehuldigt
hatten. Unter den vielfältigen Verwünschungen, die man der-
jenigen mitgiebt, die es wagt aus dem Mädchenkranz der Serdes
auszuscheiden, um sich zu vermählen — natürlich mit einem
plumpen kastilischen Landjunker, so dafs sie nunmehr dem Kreise
der den Dichtem so teuren bellas mal' maridadas angehörte! —
wird man nebst einigen neuen Zügen (wohin ich die niedliche
Drohung rechne, sie werde ihrem alten Brummbär von Mann den
Kopf krauen müssen) genau dieselben sarkastischen Bemerkungen
finden, die D. Fernam Garcia Esgaravunha uns in Lied II
vorgetragen hat Schlüsselbund und Geldtasche fehlen selbstver-
ständlich so wenig wie der Spinnrocken und die Hühnerzucht:
. . . eu Ihe lanço mais por praga
que chaves na cinta traga
com ceitis em gram bolsam
ainda a vejam criar
galìnhas, e as lançar,
porque mais dona pareça
de meadas tome conta
e saiba quanto se monta
a noite em maçarocas etc. etc.*
Das Wort ama kommt in diesen und ähnlichen Spottgedichten
natürlich oft vor.2 Und auch hier wird es in direkten Gegensatz
zu dama gestellt. £in für die königlichen Abendgesellschaften be-
stimmtes Kartenspiel bringt z. B. einer der Hofdamen ein Orakel-
blättchen mit dem Ratschlag:
e pois manhas para dama
nam tendes, nem parecer,
casay- vos ... e pode ser
que ainda seréis ama,*
* Cane, Res, I 251. Vgl. I 410; III 576; I 176.
« Cane, Res, HL 629, 537, 637.
• lb. in 658. — Dafs die Höflinge auch derjenigen Adligen spotteten,
die auf ihren Landgütern wie gute Oekonomen arbeiteten, versteht sich von
•elbst. Ein Nuno Pereira (I 256) lacht über sich selbst, als er im Alter Ge-
fallen am Landleben findet.
170 CAROLINA BfICHAEUS DE VASOONCELLOS,
Sogar die Formel mäy e ama ist ein Scheltwort! ^
Diese Andeutungen, die sich leicht ausfuhren und vervoll-
ständigen liefsen, mögen genügen.
«
Haltbares über den Ort wo, die Gelegenheit bei welcher
und die Zeit wann die Ammenfrage erörtert ward, ist schwer oder
gar nicht festzustellen. Doch muís es versucht werden.
«
I. Ortsnamen enthalten zwei der Lieder. Das eine (No. ü:
Zeile 37 und 43) nennt: Castella, Burgos und Carrion, das
andere (No.V: Zeile 114) Santarem. — Während dies nach Por-
tugal weist, deutet jenes also nach Altkastilien.
Die blofse Erwähnung von Städten und Ländern ist nun zwar
an und für sich kein Beweis dafür, dafs die betreifenden Gedichte
eben da entstanden sind.^ In unserem Falle aber scheint er es
zu sein. Nicht in vague-übertreibender Weise, wie in den Formeln
„von Paris bis hier" (CV. 1185: des Paris aiees acá) oder „von
Rom bis zu dieser Stadt" (CV. 1189: de Roma aid ctdade)^ son-
dern mit genauer und enger Grenzsteckung sagt einer der Dichter,
indem er den Blick vermutlich über die ihm nächstliegenden, ver-
trauten Ortschaften gleiten läfst: „<¿p Burgos a Carrhon*' hat der
Ammen-Gatte nicht seinesgleichen im Eber -Verschneiden,* und die
Amme erst ist in ganz Kastilien unerreicht als Wurstfabrikantin.
Der andere Troubadour aber benutzt mit seltener Bestimmtheit
sogar die Wendung: „hier in Santarem", oder nein, er sagt:
hier im Beote bei Santarem. Er ruft dem Ammen -Verehrer zu:
hie Rhodos, hie troha\ und nachdem er viermal das hassens-
werte aqui angewendet hat (Z 108, 109, 112, 118) und einmal
em esta terra^ werden beide ausdrücklich erläutert durch: em 0
Beote cabo Santarem.^ Dafs diese völlig unbekannte Lokalität
der Solar eines hochstehenden Troubadors oder etwa eine Burg,
ein Palast, ein Landhaus des Königs von Portugal (?) gewesen ist,
müssen wir freilich wiederum erraten.
* Cane. Res. I 251: Crie seus ßlhos a leite; Antr' elUs sempre se deite
que pareça may e ama. — Das noch derbere mulher de leite, das gleich-
falls schon im Cane, da Vat. vorkommt, fehlt auch nicht.
* Von Ortsangaben, die sich in objektiver Weise auf dritte Personen
oder ihre Handlungen bezichen, sehe ich natürlich ab. Und ebenso von den
zahlreichen Stellen, wo ein blofses aqui oder em este logar, em, esta terra
uns Rätselfragen vorlegt. — In den mitgeteilten Gedichten haben wir diese
Formeln in Z. i, 30, 50, 106, 108, 109, 113, 118, 127.
* Man vergleiche: d'^Estorga ata San Fagundo (CV. 1090); des Viveiro
ata Carrhon (987); de San Fagundo ata San Felizes (I135); de Vedladolid
para Toledo (979); de Santiago ata San Fagundo (CB. 1575).
* Trotz langen Suchens habe ich wenigstens den Namen Beote (oder
Aehnliches, wie Boote, Obeote) noch nicht entdeckt, obwohl ich gerade inner-
halb Santarems und nahe dabei die Punkte Alfanx, Sesserigo, Senterigo,
Torre d^Alprä, as Omnias, Ar nado, Schlofs Vallada, Schlofs Alcanhaes und
andere, welche historische Berühmtheit erlangt haben, gesucht und gefunden habe.
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTÜG. UEDERBUCH. 1 7 I
Die Ammenfrage könnte demnach in Käst i lien aufgeworfen
und in Portugal zum Austrag gebracht worden sein, vorausgesetzt
dafs meine Liederfolge gut geordnet ist. — Und D. Joam
SoaresCoelho wird zu der Gruppe von adligen Troubadours ge-
hören, die weniger von ihrer Reise- und Lemlust oder dem Wunsche,
ihre Kunstfertigkeit an beiden Höfen zu zeigen, als durch politische
Motive veranlafst wurden, hoch zu Rofs von Portugal nach Leon
und Kastilien, oder von dort hierher und wieder zurück zu wandern. *
Thatsächlich mufs er gereist sein (wie noch weiter unten in der
Lebensskizze des Dichters zu wiederholen sein wird), denn der von
Sordello ausgesandte Spielmann Pican don sagt zu ihm (102 1, 24):
,yich verzeihe Euch Eure Schmähungen, so Ihr mich beschenkt und
mir da nützt, wohin immer Ihr wandert (e ms busquedes prol per
hu andar de sf\ Coelho selbst aber redet anderwärts (CV. 1009
oder 101 1) von Toledo (wo Sancho II. gestorben ist) und von Orgaz.
Und auch von seinen Partnern haben mehrere die Grenzen der
Heimat überschritten: So D. Joam Garcia, dem wir in Segovia be-
gegnen (s. u.); Airas Peres Vuitorom, der sich zwischen Astorga
und Sahagun aufgehalten hat; der Spielmann Lourenço, den seine
Prahlsucht und der Neid der Kunstgenossen aus Portugal vertrieb
(s. u.); und vielleicht auch Juiflo,* der Börsenfabrikant^
Wäre also die Ortsbezeichnung Santarem nicht da, so hätten
wir, auf Grund jener Thatsachen, die Corte oder Cortes^ wo über
das Ammenlied Gericht gehalten ward, nach Kastilien zu ver-
legen, trotzdem nur Portugiesen und ein Galizier daran beteiligt
sind. Da sie vorhanden ist, ist nur die bereits ausgesprochene An-
sicht berechtigt: D. Joam Soares Coelho habe sein erstes Ammen-
gedicht während eines Aufenthaltes in Spanien (also wahrscheinlich
auch über eine spanische junge Mutter) verfafst. Es sei dort,
mindestens von D. Fernam Garcia Esgaravunha, angefochten und
spöttisch verworfen, in des Dichters Augen also ungerecht beurteilt
worden, weshalb er es vor die portugiesischen „Cortes" nach
Santarem gebracht habe.^
* Gerade weil die vornehmen Troubadours nicht frei wandern durften,
sondern durch ihre Aemter und die Standeswürde an das Königshaus gefesselt
waren, ohne darum minder als die Lohndichter nach Beifall zu geizen, wird
man höfische Sängerfeste erfunden haben.
> In Burgos und Carrion treffen wir sonst noch Affonso Eannes do
Cotom (CV. 555), Pero da Ponte (1163, 1180) und Pedr' Amigo (1195),
nebst dem einheimischen Pero Garcia[Burgales] (987). — Auch D. Joam
de Aboim (1009) und Rodrigueannes Alvares (nicht Redondo: 562
und 1032) hatten Länder und Städte gesehen; desgleichen Joam Airas (534,
536, 631) und viele andere.
' Der Zuname BoUtiro kann freilich auch eine gröbere Bedeutung haben,
d. h. er kann eine Ableitung von holsar, bolçar = vomitiare sein. — Doch
hätten wir im 13. Jh« in diesem Falle noch unverkürztes hoomceiro oder hool'
ceiro (für katzenjämmerlich) zu erwarten.
* Dafs ich Zweifel an der Unverfälschtheit der Zeilen IT4 und 115 ge-
habt habe, will ich nicht verschweigen. Nao no Beote cabo Santarem gäbe
einen guten Sinn. Es spräche der seiner Heimat entfremdete Vuitorom auf
172 CAROLINA MICHAELIS DK VASCONCBLLOS,
Zur ErhäitUDg der seh un anderwärts verfochteneD Anseht,
dafs es solche „CSr!e¡^' genannte Sängerfeste überhaupt auf der
Halbinsel gegeben hat, verweise ich auf den Gallizier Joam Aiias,
der sich in erster Linie beim König von Kastilien beklagt: ,J)ic
Jungfrau, die er besungen, habe sich vermählt; nun stelle der Gatte
ihm nach und drohe, ihn zu töten, oder ihn Kam Zweikampf zu
fordern; der Monarch möge ihn schützen", zum Schlufs aber die
Drohung äufsert: „Se mi jusiiça nom val AnU ni lam justieeirii
Ir m- ei ao de Portugal" (CV. 553).
Zwar ist dies die einzige unter allen .^deutungen auf Sänger-
feste, in welcher beide Staaten genannt werden.' Doch ist kaum
daran zu zweifeln, dafs auch in diesem Punkte die Einrichlimgen
der Schwesterhöfe einander gleich und die portugiesischen erst aus
den leonesisch-kaslilischen erwachsen waren und von jenen den
Namen erhielten.^ Yàr Jocparttt zwischen D. Garcia Martins und
Pero da Ponte, worin die Frage behandelt wird, was der Lieb-
haber zu thun habe, der nicht länger sein Liebesweh verschweigen
könne {CV.1186), sowie das andere zwischen Pedr'Amigo und
Joam Baveca mit der Frage, wer verkehrter handle, ob der Niedere,
der sich um die Gunst einer hochstehenden Dame bewirbt, oder
der Hochstehende, der einer Niederen huldigt, mit dem Schlufssatz;
kastilischem Boden zu Codho: „hier amge, nicht in Sanurcm", mil vcr-
ächdichem Seitenblick aul den portDgiesischea Mnsensiti.
'Sonst heifsl es meist nur: _/WfHi-HöJ i/ ra (CV. 1186) oder anC*/
rei \_julgu^-«o¿\ (CV.1184).
* CSrte in der Einzahl wird nntargemäfs in der Hof- und Kacitpocúe
sehr bäung gebraucht und bezeichnet in den meisten Slelleu den Fürsten-
hof oder Hofstaat [z.B. in den Phrasen em corle morar (CV. 471, 1036,
136); sodei de corle (472 und 1036); d eòrti ... vem (ib.)i ca pera córte sei
que nam val rem (IXi^l); seer freçado em cSrIe anA per eSrte guarecer {Wìl)"].
Doch benennt das selbe corle auch die portugiesische SläDdpverEaninJiiDg
[CV. IIOJ e fard el rei corte este incj]. Der Pluial ci r/íj für diesen leUten Be-
griff, der im geeinten kaslUisch-leonesischen Reiche entstiDdea win mnTs, wird
erst im 14. Jh. in Portugal gang und gäbe. Vorbei ISbt das meist gebisnchte
curia der lateinischen Dokumente mit ziemlicher Sicherheit auf die Einiahl
corte schliefsen [5. F. M. H. : Legis I 1S3, 1S4, 310, âl6], dessen sich i. B.
Alfons III. Ihalsächlich bedient hat [tb. :Z9 eßgimha corte . . . en Saactaren
nod en mha corle slabtUci'\. Curial ^ corles Ende ich t. B. in límta Malia
Il 182 No. 66 v.J. t353. Der in P. M. H. Legei I p. 163 mitgeleilie, sich auf
das Parlament von 1211 beûehende poitug. Text der Certes ist eine spite
UebersetzuDg des verlorenen lat. Originals. — Cortes ^Singet ft%l kommt
nur in einem Liede des Joam Aires zweimal vor: CV. 597 „O meu amigQ
novas sabe ja d' aqueslas carles gut ¡' ara faram" und „em aquestas
corles que fat el rei". Dieser Joam Aires, der jedenfalls etwas jüngei i<t als
Coelho, blähte während der Regierung des D. Denis (wie seine Tenzone mil
Íoam Vaasques [CE. 1551 = 414] und sein Spotllied auf D. Pero Nunes
CV. 1078] beweist) und ähoclt dem dicblenden Monarchen in mehr als
einer Hinsicht. Dafs er seine Dicbterlaufbabn jedoch schon im letzten De-
zennium Alfons' III. begann und also bei den Carles de Sanlarmt bitte zu-
gegen sein können, ist selbstverständlich möglich. — In Zweifel darüber, ob
Hofstaat, S tän deverssmmlung oder Sängerfest gemeint ist, kann
man sich der Phrase burlhar córte gegenüber beünden (CV. 100I|; doch
scheint mir, dais sie einfach mil „Hof spietca" zu übersetzen ist.
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTUG. LIEDERBUCH. I73
„Ei juIguem''nos da iençon por acut", sind mit ziemlicher Gewifs-
heit an den Hof Alfons' X. zu verlegen, wo überhaupt die Mehr-
zahl aller Tenzonen, d. h. die zahlreichsten Gesellschaftsdichtungen, ^
entstanden sind. An den Hof des Königs von Portugal führt uns
hingegen das Lied, in welchem Pero Guterres, ein schlichter
Ritter, wenig wert, was Stammbaum [Itnhage) und Macht [poder)
betriñt, der aber dennoch die schönste aller Frauen mit unerreichter
Inbrunst zu lieben wagt, sich an den Herrscher des Westreiches
mit der unverblümten Frage wendet, ob er Gegenliebe oder Un-
liebe verdiene:
£, senhor rei de Portugal,
JTilgad' ora, s' eu, amand' assi,
dev* a seer desamado por ém! (CV. 509.)*
Als Richter bei den Cortes fungierten demnach Könige. Ob
nur diejenigen Könige, welche selber dichteten?
Doch übernahmen ihre Rolle auch andere Troubadours: Aufser
Airas Peres Vuitorom tritt noch Pero Garcia als Richter
auf;' und dafs dem Martim Soares nach dem Urteilsspruch
„der Troubadours", also vieler, die Krone als bester Sänger
zukam, erzählt uns eines der razdamenios des Liederbuches.^ Auf
Verwertung wirklich juridischer Formeln lassen die Worte jtäzes
(Zeile 115, 122, 206 und 208) und juizos (CV. 1034) schliefsen; und
es heifst vielleicht nicht allzuweit gehen, wenn ich annehme, die
Entscheidungen des hohen Gerichtshofes hätten eine gewisse bin-
dende Kraft gehabt, da ja Coelho in zwei Einzelnheiten thut, wie
ihm geheifsen ward: er bindet mit Martim Alvelo an, der ihm
gleichsam als Duellant zugewiesen war, und wiederholt das ver-
pönte Wort ama nicht, nachdem sein Ammen lied abgewiesen ist
^ Das Liederbuch bietet 28 (resp. 30) Streitgedichte: CV. 14 zwischen
Jtiilo und Tenoiro; 27 Vaasco Martins and AfFonso Sanches; 556 Pero da
Ponte und Affonso Eannes do Cotom ; 663 Abril Peres und D. Bemaldo ;
786 Joam Soares und JuiSo; 826 Joam Baveca und Pedr* Amigo ; 920 Stevam
da Guarda und D. Jusep; 1009 1^* Joam d' Aboim und J. Soares Coelho; loio
Lonrenço und D.Joam d' Aboim; 10 11 D. Joam Soares und D. Joam d' Aboim;
T020 Pero Martiis und D. Vaasco, als Gedicht Coelho's; 102 1 Picandon und
Coelbo; 1022 Lourenço und Coelho; 1032 Rodrigu' Eannes und Lourenço;
1034 Pero Garcia und Lourenço; 1 104 Lourenço und Joam Garcia; 1 105 id.;
1 1 58 Paaì Gomes Charinho und ein Senhor Rei [Alfons X.]; I186 D. Garcia
M¿tins und Pero da Ponte; CCBr. 144 Martim Soares und Paai Soares; 465
Garcia Peres und Rei; 477 D. Arnaldo und Rei; 1509 Pedr* Amigo und
Vaasco Peres; 15 12 Rei D.Alfonso (X.) und Vaasco Gil; 1550 Pedr* Amigo
und Joam Vaasques; 155 1 Joam Aires und Joam Vaasques. Dazu 472 und
1036 Martim Moxa und die Höflinge; 642 Rui Marques und Joam Aires
(Fragm.). — Cfr. 1198 und 1501.
> El Rei kommt überhaupt an die hundert Mal vor, und stellt uns immer
▼on neuem vor die Einzelfrage, um welchen Herrscher es sich handelt.
■ CV. 1034 „Quero que julguedes Pero Garcia D* antre mim e todolos
trotadores".
* CB. 116 „assi foi julg-ado entre os trotadores".
174 CAROLINA MICHAEUS DE VASCONCBLLOS»
Wann aber ereignete sich das? Sind die vermeintlichen Cortes^
bei denen Vuitorom in Santarem über Coelho aburteilte, die
selben, für welche der Bürgersmann Joam Aires aus Santiago ein
Frauenlied gedichtet hatte und deren ,,Adel und Reichtum" er im
voraus preist? ^ Und wurden sie gefeiert, nachdem Alfons IIL Ende
1273 seine curia nach Santarem berufen hatte, damit die Bischöfe
und Prälaten nebst den Ricos homes und ihren Vasallen sowie mit
den Ratgebern des Königs und den als Städtevertreter berufenen
h<mi homines über die Klagen der Klerisei und die Forderungen des
Papstes Beschlufs fafsten?^ Oder — mit Verallgemeinerung der
Frage — wurden die höfischen Sängerfeste im Anschlufs an die
politischen Ständeversammlungen gefeiert, zu welchen alle Erlauch-
testen beisammen zu sein pñegten,^ und denen sie obenein den
Namen entlehnten? Unmöglich ist es nicht, doch fehlt all und
jeder feste Stützpunkt für die Annahme, dafs wenigstens die ersten
und hauptsächlichsten Sängerfeste bei solcher Gelegenheit abgehalten
wurden.* Denn dafs gerade 1273 — 74 nachweislich unser D. Joam
Scares Coelho nebst dem D. Joam d'Aboim, Fernam Fer-
nandes Cogominho, dem Kanzler Stcvam Eannes, dem Burg-
herrn Martim Dade und anderen aus dem Liederbuche und den
Nobiliarios bekannten Männern zu Mitgliedern der Cortes gehört
hat, kann als solcher nicht gelten!* — Auch wird der König im
Ammenstreite gar nicht genannt^
» CV. 597.
' Herculano sagt von den Cortes de Santarem, sie seien berufen worden
„para obtemperar aos qtteixumes do clero ou antes para illudir as ameaças
do Papa'*.
8 Die Cortes de Coimbra (1228 oder 29) wurden abgehalten: episcoporum
et procer um et altor um nobüium multitudine affluenti [P. M. H.: Leges I 182],
die von Guimaräes (1250): in presencia multorum episcoporum procerum et
müitum et aliorum (ib. 185). Aehnlich lautende Phrasen, die schon Gama
Barros zusammengestellt bat {Hist. Administracäo I p. 574), charakterisieren
alle portugiesischen Cortes. — Dafs unabhängig von der Reichsversammlung
Alfons III. und D. Diuis sehr häufig das blühende Thal von Santarem auf-
suchten, ist bekannt.
* Für die Troubadourdichtung kämen in Betracht auf portugiesischer
Seite: Coimbra 1211; Coimbra 1228; Guimaräes 1250; Leiria 1254; Coimbra
1261; Santarem 1273; Lisboa 1285 und 1301; Guimaräes 1308; Evora 1325;
Santarem 1331 (oder 1334?); auf spanischer: Burgos 1274; Valladolid 1301;
Medina 1303. Cfr. P. M. H., Leges I; Visconde de Santarem, Memoria para
Hist, e Theoria das Cortes, Liss. 1828, und in Gama Barros das ganze über
die Cortes handelnde Cap. II Seccäo V.
* Der in Wahrheit oder nur zum Scheine bettlägerige König befand sich
von Dezember 1272 bis Mai 1273 in Santarem, verblieb dann bis September
in Lissabon (wohin er leichtlich liegend zu Schiffe transportiert werden konnte),
war abermals in Santircm von November 1273 bis März 1274, um hernach
den Rest seiner Lebenstage in der Hauptstadt zuzubringen. Herculano (III
p. 422) sagt bis April 1274, doch trägt ein Erlafs des Königs das Datum
Lissabon den 18. März 1274 (P. M. H., Leges I 232—233).
* P. M. H., Leges I p. 229 und 231. Zugegen waren auch die Königin
Mutter, die Königin D. Beatriz, die Infanten D. Denis und D. Affonso, die
Prinzessinnen D. Branca und D. Sancha, die Meister vom Tempel-Orden, von
Aviz und Santiago u. a. m. : kurzum die Cortes waren thatsächlich „ricas e
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTUG. LIEDERBUCH. 175
Ich lasse diesen Punkt also bei Seite und trete der Zeitfrage ^
von einer anderen Seite nahe, indem ich die wenigen Anspielungen
auf geschichtlich berühmte Persönlichkeiten oder Ereignisse, welche
unsere Liedergruppe enthält und die also eine Datierung derselben
ermöglichen, untersuche.
Sie stimmen zwar ungefähr, doch nicht vollständig zu dem bis
hierher festgestellten Datum einer Anwesenheit Coelho's in Santarem.
Das im siebenten Liede von dem Ammen -Verehrer erwähnte
königliche Dekret mit Verfügungen über Führung des Namens
Troubadour erinnert auilallig und sofort an das provenzalische
Bittgesuch des Guiraut Riquier und das pseudo-alfonsinische Edikt,
welches die Antwort darauf enthält^ Bekanntlich trägt in der ein-
zigen Handschrift, welche beide Stücke aufbewahrt hat, die Suplicaiio
das Datum 1274, während die Declaratio zweimal als 1275 (im
Juni) abgefafst bezeichnet wird (s. u. p. 178 Anm. i). Kombiniert
man damit, dafs Coelho in Kastilien gewesen war und direkt von
dort die frische Mähr mitgebracht haben konnte, und femer dafs
er das Wörtlein emperador benutzt, das sich nur bis 1275 auf
Alfons X. beziehen durfte, so mehren sich die Wahrscheinlichkeiten
fur die Richtigkeit der Datierung 1274.
Dafs der portugiesische Monarch auch hier wieder einfach
wiederholt (oder frei nachgeahmt) hätte, was sein älterer kastilischer
Bruder ihm vorgemacht, stände im schönsten Einklänge mit
Dutzenden von beglaubigten Thatsachen.^
Und doch . . .! Auch die widersprechenden Einzelpunkte
müssen erwogen werden. Einmal beweist die Phrase „ich möchte
nicht Kaiser noch König noch Königssohn sein'' rein gar
nichts. Auch andere Dichter haben sie zu anderer Zeit verwendet.*
nobres", wie Joam Airas im voraus von denen versichert, für welche er ein
Franenlied gedichtet hatte.
* Nur in Z. 214 und 220 kommt rei in der Phrase _/brf a [und ybr^aj]
de rei vor.
' Monaci ist dieser Zusammenhang nicht entgangen, den auch Lo 11 i s
bemerkte. S.: Cantigas de Amor e d^ malditer p. 55. — Dafs Lang die
gleiche Ansicht teilt, kann ich jetzt bei der Drucklegung nachtragen.
■ D. Denis, der Grunder der Landes -Universität, Einfuhrer der Vulgär-
sprache in die Verwaltung, Begünstiger der Sette Partidas und Anordner der
Inquiriçdes über die Adelsvorrechte, sowie Freund der Uebersetzer-Thätigkeit
ist zwar der Haoptnachahmer Alfons' X., doch hielten auch seine Vorgänger
die Blicke stets nach Leon und Kastilien gewandt: Alfons IIL z.B. als er
1253 alle Lebensmittel und sonstige Waaren sowie Arbeitsleistungen taxierte
(P. M. H.: Leges p. 190).
^ Affonso Paes de Braga singt uns vor, auch wenn er Kaiser oder
König wäre, werde er die Liebste lieben (CV. 442 E se eu fosse emperador ou
rei) und vor dem Kaisertum Alfons' X. hatte schon Paai Soares de Taveroos
(CB. 148) ausgerufen: wenn meine Geliebte mir hold ist, ^nom me cuidava
cambhar Por rei nem por emperador**. In anderem Sinne benutzt der Spiel-
mann Lourenço die Formel „rey nem emperador** und zwar unbedingt im
Hinblick auf Kaiser Alfons X. und einen König von Portugal. In seiner
Tenzone mit Rodrigu' Eannes [Alvares], CV. No. 1032, sagt er in prahle-
rischem Uebermut : ,,, hu meu cantar for Nom ocha rei nem [ocha'] empe-
176 CAROLINA MICHAELIS DE VASCONCELLOS,
Ja, jeder Sterliliche kann sie zu jeder Stunde äursero. Zum anaem:
so unauäbleibüch für jeden mit der provenEalischen Litteratui
einigermafsen Vertrauten die Erinnerung an die „Suplüatw" und
„Dfclaratìo" über die Rangstufen unter den verschiedenen Dich-
tem auch ist — ihr Inhalt weicht dennoch von den in den por-
tugiesischen Gedichten berührten Verordnungen ganz erheblich
ab. — Auch war Riquicr mit dem in Spanien angebHch ' üblichen
Brauche, der zwischen joglar, rcmedaAw? segni und cazurro^ nntei-
rador que 0 nom colha. ... — ■ In der 67, Zeile àer Araraenlieder köante
die genannte Dceihcil selbst ver& ländlich ganz gal auf Kaisei Alfons X.. König
AJfons HL nnd den KönigsGohD D. Dioii hindeuten, da D. Joun Soaies Coelho
allen dreien nahe gestanden bat und alle drei einen Dlchterhofuni sich hallen. —
Auf K.iiser Friedrich II. bezieht sich eine Dichtung Coelho's (CV. 1013; s. n.
p. 183 Anm. 6); auf die alleren spanischen „Kùser" die Bebauptang des Pero
da Ponte: nom foi no mund' emperador riem rei gite tal canquisln podesst
faier (die Eroberung Sevillas nämlich).
' In Wirk] ici) keìC — sowcìl die Liederbächei die Wirklichkeit dar-
Elellen — scheint trovador in Hlspaoien der bcüebleste Allgemdn-Name iìir
die Dichter des ij.Jhs. gewesen íu sein; — dafs die Volkslieder heule noch
trovas und trobos lieifscn, übersehe roan nichl; jograr bezeichnete den ge-
werbsmäfsig um Lohn einem Herrn, ndel vielen Herren, dienenden Spiel-
mann, der iremde Lieder ToizBlragen batte ; segrel den eu Rois cìnheikommen-
den, ritterlich angethanen Escudeiro, der eigene und fremde, unbekannte Lieder
mil sich brachte und um Lohn vortrug. Da sehr viele jograres sich aber
auch im Dicbm versuchten — nnd zwar oft genug mit mehr GlSck und Ver-
stand als ihre Herren — , leglen sie sich den Namen trabader bei. und der
stgrel that das gleiche. Fär segrel {legier und ¡egrer) bietet das ganze
Liederbuch nur fünf BcUgBlellen [CV. 556, 663, lOîl, 1086. 1175 und CB. 144
(= 116), 1514 (= 387). 1515 [= 388)]; fiir ¡robador über hundert.
• Remedador, von rtmedar ^ reim(i\tare, und nicht remendador vrird
man lesen müssen. Dais diese Bezeichnung üblich war, dati man aus dem
in einer portug. Urkunde auf eine Art dramaliscben Mummenschan
î8o)] i.
1 Worlt
ir-remedüha scbliefsen [5. Gr. Gr. § 19 und 1 14 (p. 172 und
293. Canliga Alfons' X. Como un lograr ... guis remedar
rfR de S. Stana , . . Darin heilst es von einem lombardischen
1 iograr remedador
mas 0
dem' a
lie crüa'
srllo, 1
ir alai,
rerned
Ilo faie
od'
Ans diesem Ltede i;ehl hervor, dafs der Nachahmer mit vnriüglith ausgebil-
deter Mimik „lebende Bilder" stellte.
' Cdturro zu lesen und an ean-iorró — ein schmähendes Augmenttti*
von cam {= canis) — zu denken, liegt nahe, ¡sl jedoch unstaltfaafL In CV. 1080
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTÜG. LIEDERBUCH. l^^
schieden hätte, ja durchaus zufrieden („^ no volem que s franha^%
so dais die auf dem Papier ausgeheckte baroke Neuordnung, nach
welcher Schlagbäume zwischen dem Gebiet der possenreifsenden
gauklenden buffos^ der vortragenden juglares^ der kunstmäfsig
schaffenden irohadores und der gelahrten doctores^ errichtet werden
sollten, in Spanien während des 13. Jhs. kaum in die Wirklichkeit
übertragen worden sein wird.
Das Dekret, von welchem Coelho spricht, betraf vielmehr
das Verhalten der Dichtenden den Frauen gegenüber, und enthielt
die Bestimmung, „es solle nur den besten adligen Minnesängern
gestattet sein, Edeldamen — ricas donas und infantas — zu be-
singen; der coieife aber solle bei seiner coteifüy der viläo bei seiner
viläa bleiben".*
Weiteres erfahren wir aus den Aeufserungen des ritterlichen
Dichters Pero Mafaldo,^ die, meiner Ansicht nach, hierher ge-
hören. Dem Spielmann Pero d'Ambroa ruft derselbe nämlich
höhnend zu: „Nimm Dich in acht! Wir Troubadours haben be-
schlossen, es sollten nicht länger so viele schlechte Lieder verfafst
werden. Niemand solle sich fûrderhin irohador nennen dürfen,
der nicht wirklich gut zu „finden" verstehe. Kein viläo dürfe un-
gestraft den fidalgo spielen und sich diesen Namen falschlich bei-
legen: sonst werde er es an seinen Zähnen merken. In seinem
Dekrete befehle es der König also.* Ein viläo^ der sich den
Titel segrel zulege und um Gaben bitte, ohne die Spielmannskunst
recht zu verstehen, solle nicht nur unbeschenkt bleiben, sondern
seiner Habe verlustig gehen."
Drittens aber begannen die politischen Cortes im Winter 1273
und endeten bereits im Frühjahr. Am 18. Dezember 1273 ist
Coelho in Santarem.^ Und vor dem 18. März 1274 hatte wenig-
stens der König diese Stadt schon wieder verlassen.* Wenn
Riquier's Gesuch daher auch möglichst zeitig, d. h. ganz im Be-
giim des Jahres 1274, erschien, so konnten Abschriften seiner
Epistel oder genaue Nachrichten über dieselbe kaum rasch genug
nach Portugal kommen, um hier sofort, bei Gelegenheit der Cortes,
ein ähnliches Dekret des Königs für seinen Dichterkreis zu ver-
steckt das gleiche Wort wahrscheinlich in den Buchstaben cuçurr der Vorlage
\cavaüo velho, caçurr* e alazarn]. Im Altspanischen kommen cazurro, cazurría
und cazorria sehr häufig vor (Fita 104, 531, 921, 1408, 1379, 869).
^ Ein einziger doutor wird im Liederbuch erwähnt, und das ist ein stu-
dierter Jurist (CV. 913).
• S. oben p. 158 A. 2 u. 3.
» CB.I5I4(=387).
* Pon ora assi em seu de gr ed* el rei (Z. il) und ca manda el rei
(Z. 17), genau wie in unserer 164. Zeile. — Von einem anderen Dekrete
Alfons' UI., welches Kleidung und Nahrung betrifiit, wird im 1103. Liede ge-
sprochen.
^ Dies Datum trägt der gröfsere Erlafs, welchen Coelho mit unterschreibt
[P. M. H.: Leges I 23 1]. Das andere erhaltene Dokument ist vom 27. Januar
1274 [ib. 2].
" S. oben p. 174 Anm. 5.
Zcitfchr. t rom. PhiL XX. 12
I 78 CAROUNA MICHAELIS DB VASCONCBLLOS»
anlassen — von der erheblich späteren in Verse gekleideten RepUk,
die Alfons X. in den Mund gelegt wird, ganz zn schweigen.^
Entweder es mufs also der gereimten Suplicatio eine andere
schlichtere Behandlung in Prosa vorangegangen sein, wie vermut-
lich doch auch ein prosaischer kurzer Antworts -Entscheid zuerst
von den Lippen des Monarchen in Wirklichkeit gesprochen sein wird,
ehe der provenzalische Meister ihn in Reime umsetzte. Oder das
Dekret, auf welches Coel ho und Pero d'Ambroa anspielen, ist
eben ein anderes, ^ d. h. kein die Riquier'schen Schriften nach-
ahmendes.
Und warum sollte das nicht möglich sein? Das uns erhaltene,
1258 niedergeschriebene Regimentó da Casa del Ret[p,Affonso III\
in welchem das zwölfte von 26 ^yDegredos^*" verfügt, wie viele
Spielleute der König halten dürfe und wie er sie zu beschenken
habe, wird ganz gewifs nicht das einzige gewesen sein, in welchem
der aus Frankreich gekommene Musenfreund sich mit seinen Hof-
dichtem und Sängern beschäftigte.^ Und auch Alfons X. hat für
seinen Dichter- und Gauklertrofs mehr als einmal Satzungen auf-
stellen müssen.^
Wofür wir uns zu entscheiden haben, ob, trotz obiger Ein-
wände, dennoch das Jahr 1273/74 anzusetzen ist, oder ob wir ein
anderes Datum anzunehmen haben, wird davon abhängen, was wir
über Leben und Sterben der am Ammenstreite beteiligten Persön-
lichkeiten festzustellen vermögen.
Immerhin mufs gleich hier bemerkt werden, dafs in Portugal
schon vor 1245 Klagen — mit Neid gemischte Klagen — der dich-
tenden Granden über den als Mifsstand empfundenen Uebermut
* Warum man die Ueberschrift : t,Aiso es suplicatio que fes Gr. Riquitr
al rey de Castela fer lo nom dels joglars Van LXXIIII** far verbessenings-
bedurftiji hält, ist mir nicht klar. Im Titel der Antwort: „Declaratio quel
senher rey N* Amfos de Castela fe par la suplicatio que Gr. Riquier fe per
lo nom de joglar V an M.CC.LXXV" kann, oder mufs, das Datum 1275,
das im Text durch Zeile 26 — 29 sicher gestellt wird, meiner Ansicht nach,
blofs zu Declaratio gehören.
* Dafs C o e 1 h o und A m b r o a ein Dekret nur erfunden und ihm belie-
bigen Inhalt gegeben haben sollten, ist nicht anzunehmen.
8 P. M. H.: Leges I 198— 200. — Vgl. Gr. Gr. § 29 (S. 172 Anm. 6). —
Der uns erhaltene portug. Text ist als eine spätere Uebersetzung anzusehen.
Inhalt und Fassung zeigen, dafs der Zweck der Verordnungen ein reformato-
rischer war: eingewurzelte Mifsbräuche sollten beschnitten werden.
* Vollständig habe ich bis heute noch nicht zusammengestellt was sich
alles aus den zwischen 1252 und 57 ausgearbeiteten Siete Partidas auf die
hispanischen Dichter, Musiker und Schauspieler beziehen läfst. Ich erinnere
nur an den (nun auch von Lang p. CVIII angeführten) Satz aus Part. VII
Tit. 6 Leg. 4 über den Unterschied zwischen niederen Gauklern und ehrbaren
Spielleuten, an die Mafsregeln gegen die Spottspiele der Kleriker in den Kirchen,
und gegen die taf ules \ Part. I Tit. 6 Leg. 34 und 36, sowie an IV, 14, 3 und
II, 5, 20. — Bemerkenswert ist, dafs Alfons III. sein kleines Regimentó gerade
1258 erliefs. — Dafs die Lebensbedingungen, der Kulturzustand, das Tempe-
rament und der Kunst geschmack der hispanischen Trovadores von dem der
provenzalischen bedeutend abwichen und daher andere Verfügungen erforderten,
ist hinreichend bekannt.
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTUG. LIEDRKBUCH. 179
und Dünkel solcher „niedrig geborener Berufs -Sänger** laut wur-
den, die sich, gegen den Brauch, erdreisteten, hochstehende Frauen
zu besingen; ^ Klagen vielleicht zu gleicher Zeit auch über die frivole
und selbst als parodistischer Scherz nicht zu billigende Laune, mit
der wirkliche Troubadours sogar soldadeiras mit der höfischen
Formel mha senhor anredeten und sie, gleichsam in Zerrbildern der
cantigas de amor, verherrlichten.^ — Undenkbar ist es nicht, dafs
sie Abhülfe für derartige „Ausartungen*', und Zwangsmafsregeln
gegen die nicht blaublûtigen, und nicht aus blofser Liebe zur
Kunst, sondern um Lohn schaffenden Dichter von ihrem Könige
erbeten und erhalten haben.
*
Ich skizziere nun die Biographien der Beteiligten und spreche von:
1. D. Joam Soares Coelho, mit kurzem Hinblick auf die drei
zu ihm in Beziehungen stehenden Dichter: Pero Garcia,
Meem Rodrigues Tenoiro und D. Estevam,
2. D. Fernam Garcia Esgaravunha,
3. D. JoSo Garcia,
4. Airas Peres Vuitorom,
5. Martim Alvelo,
6. Lourenço Jograr,
7. Juiflo Bolseiro.
L D. Joam [Soares] Coelho.^ Wer seinen Stammbaum in
den alten Adelsbûchern durch die Jahrhunderte zurück verfolgt.
* Pedramigo, der ein Lobndichter gewesen zu sein scheint, hält sich
für einen t rob ador (CB. 1550); desgleichen der Spielmann Lourenço
(CV. 1104). — Martim Soares klagt über einen Rittersmann, welcher den
trabadores und ihren Damen feindhch gegenüber stand (CV. 965). — Der 1245
gestorbene alte Gaugraf D. AbrilPires deLumiares (dessen Tochter die
Frau des D. Fernam GarciaEsgaravunha ward) greift in einer Tenzone
den gallizischen segrel Bernaldo de Bonaval an, weil dieser behauptet,
vor Liebe zu einer bda dona zu sterben, und damit dieser bda dona und allen
ihrer Race einen Schimpf anthue (CV. 663). — In dem schon im Text er-
wähnten Partimen über den raffec^ ome, der eine bda dona zu lieben wagt, und
den bdo ome, der sich zu einer raffece mother herabläfst (CV. 786), heifst es:
e o ranee' ome que sa comunal
nom quer servir, e serve senhor tal
por que o tenham por leu e por vii,
quant eP é melhor, tant' erra mais i !
Der Dichter, der hier die Partei des „Gemeinen Mannes" ergreift, ist jener
Joam, welcher seiner groben Lust am tölpelhaften „Begeifern" den Zunamen
Baveca verdanken mag, der vom Rosse des Cid her allbekannt ist. S. übrigens
baveca and bavequia bei Alfons X. CM. 238, 285, 299 und 340.
* Als Beispiele nenne ich die Lieder CV. II 6, 1125 sowie I127, 113 1.
' Im Liederbuche erscheint Coelho i. mit vollem Namen vor CV. 280
und 1012, sowie im CB. 1501 und dementsprechend im Indice; 2. als Joam
Soares in den Liedern CV. 786, 1009, loii, 1021, 1022, CB. 1501 (= 374)
(in welchen vier Fällen also Verwechselung mit Joam Soares [Someaso]
und Joam Soares [de Paiva] möglich wäre); 3. als Joam Coelho oder
COelho in CV. 1009, CA. 89 und CB. 1511 (= 384) und 466 (= 358). — Ob
der in diesem letzten Liede von König Alfons namhaft gemachte Joam Coelho
1 6o
CAROLINA UlCHABUS DE VASCONCRLLOS,
ersieht, dais er ein Nachkomme des von der Sage verherrliditen
Recken Egas Moni?, ist (dessen Mutter There^iia AfTonso übrigens
als Amme des D. AfTonso Henríques genannt wird), sich mit der
Gallizierin D. Maria Feroandes vermählte, mit den hesten Adels-
häusem des Reiches verschwägert war und zum Hofstaate Alfons' 111.
gehörte.' Von 1250 an unterzeichnet er nachweislich Urkunden -
(mufs um diese Zeit also grofsjährig gewesen sein) und fahrt damil
fort bis zum Tode seines königlichen Herrn (137g). ^ Und zwar
steht sein Name meist unmittelbar hinter dem des Kanzlers, Major-
domus und Mcirinho-mor . Nach diesem Zeitabschnitt, während
dessen er dem Hofe von Stadt zu Stadt folgt, erscheint seine
Unterschrift nicht wieder; politisch war er also in den Ruhe-
Stand getreten, als die neue Generalion ans Ruder kam. Er mofste
damals mindestens ein Fünfziger sein. Eine Tochter von ihm —
die mit Sueiro Mendes Petite vermählte D. Urraca Eannes Coelha,
von welcher die Adelsbücher Böses vermelden — stirbt 1282, wie
ihre Grabschrift in Alcobaça bezeugt.* Eine Angabe darüber, ob
der Vater zur Zeit noch zu den Lebenden oder bereits zu den
Toten gehörte, fehlt. Auch ob der Dichter Estevam Coelho ein
und dieselbe Persönlichkeit mit Jenes gleichnamigem Enkel ist, ver-
mag ich nicht zu entscheiden.*
Als Dichter gehört Coelho, wenn nicht zu den originelbten,
so doch EU den frachtbarsten Altportugiesen. Wir besitzen von
ihm mehr als ein halbes Hundert Lieder; und dafs nicht wenige
der parlugiesische Grande ndcr fin Nameosvetl
erörleit. Dafs Bragn's Auslnssuogen über den in
fehlgehen, darr jedoch nicht ungesagt bleiben
sowie der Dom-Tilel, der Coelbo >ukam, wird I
and Anlab gesctit oder roclt^assen , gerade wie
■verküriles Joam Soarcs und Joam Coelho
(CV. 1009) und Joamd'Aboim Blatt Doi
VaasGO Martins (ib. 17); Affon
r von ihm iit, lasse ich im-
CA. citimen Joam Coelho
Das Patronymikum (Soares).
1 der Dichtattg je nach Laune
im bürgerlichen Leben. Wie
90 ñnden wir Joam Peres
1 Joam Peres d' Aboim;
(ib. 17); Abril ~
(ib,663}; Stevam da Guarda (ib. 9:0), selbst im Munde von Niedriger
stehenden, besonders wenn beim Dithttn die Silbenmessung gebot, ein Wörlcben
aasiustofsen (ib. lOiD) — od« auch weil ein blofs mit dem langen Namen
einer Persönlichkeit ausgefülker Vers inhaltlich doch gar lu ännlich wire. —
Im Hohngedichle wird Dom bingegen, zum Scherx, auch den Vornamen der
Spielleute vorgcsel/t. So erscheint Peto da Ponte als Dom Pedro (CV. 1149, nj*),
LoDtenfo aU Dom Lourenço {1034), und Bernal de Bonaral als D. Bemnldo
(663, 1086}. Vgl. die beiden jiäilisihen D. Josep (Finanibeamter, 910) and
D. Beeyto (Kaufmann, 1073 — 75). — Beispiele lür doppelte Namengebung
sind noch Meem Roiz ^ Meem Rodrigues Tenoiro (CV. 14): D. Garcia =
D. G. Martins (riS6); Affonseannes := A. do Cotom (556); Pero d' Ambroa =
Pero Garda €8.73(^47); und Lourenço = Pero Lourenço (CV. I02ï).
■ P.M. H.: Scripiorts I I59und3l7.^ Herculano zählt mit vollstem
Recht die Coelhos io den 25 oder 30 älteslen Reicbs-FamiJien: „padrSes ou
troncas das primitivas iinhagens de rtino".
■ Mo«. Lus. Livro XV cap. 7 und 9. — P. M. H. : Le^ei I 65 1 — 733,
d.h. in den Forms v. J.123S bis IZ74: sowie ib. p- 2I9>
• Mon. Lus. Livro XV cap. 47.
• Era MCCCXX 17. Cat. Sept. obäl D. Urraca Joannes Coetla filia
yoannis Sngtrii Coeüo el uxor Sugtrii Mtmndi Pttiti cujus animam etc.
• CV. 331—23. — Brags identifiziert beide (p. XL VU seines Catie. Vat.).
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTUG. LIEDERBUCH. l8l
verloren sein müssen, geht aus meinen Anmerkungen zu den
Ammenliedem hervor. Es sind vorhanden: 22 höfische, recht kunst-
volle, doch eintönig sentimental klagende Cantigas de amor (CA.
158 — 179 = CB. 316 — 336),! 15 frische, anmutige Cantigas de
amigo (CV. 280 — 293 bis), worunter drei in Zweizeilern (260 — 292)^
mit Refrain, doch kein sich in eigentlichen Parallelstrophen be-
wegendes Wallfahrts- noch Tanzlied, obwohl eine Nummer (291)
sich dem Typus, und im besonderen den Weisen des D. Denis,
aufserordentlich nähert; dazu 1^ Cantigas de maldizer {QN , 10 12 — 25),
von denen einige wenige den Schleier des vornehmen Konventio-
nalismus mit derber, behaglich im Schmutze knetender Faust zer-
reifsen; zum Schlüsse 4 Tençdes (CV. 1009, loi i, 786 und 102 1).
Natürlich geben die letzten beiden Gattungen sachlich den
meisten Aufschlufs.
Zunächst ergiebt sich aus zwei Streitgedichten (CV. 1009 und
ich), dafs Coelho ein Amts- oder Würdenbruder des seit 1245
eine Hauptrolle bei Hofe spielenden, 1287 gestorbenen D. Joam
de Aboi m war (was die Doktunente der Zeit bestätigen) und zu-
gleich sein Freund und Kamerad.
In Beziehung zu den Spielleuten Pi can don und Juiflo führen
ihn die übrigen vor, doch scheint keiner von beiden zu seinem
Hauswesen gehört, d. h. dauernd in seinen Diensten gestanden zu
baben.3 Die eine Tenzone (1009) ist von hervorragendem Interesse,
weil darin der sonst völlig unbekannte (und vielleicht nicht einmal
hispanische?) Pi cando n als Diener En-Sordello*s auftritt, der ihn
als fahrenden Sänger und Vertreiber seiner Lieder an die spanischen
Höfe empfohlen und ausgesandt zu haben scheint. Falls nicht
sogar mitgenommen? Aus Coelho 's erster Entgegnungsstrophe
darf geschlossen werden, dafs En-Sordello zugegen oder wenig-
stens nicht fern war. Wie könnte jener sonst zu dem vortragenden
Spielmann, dessen Kunst er scherzend in den Staub zieht, sprechen:
nou vos ou el dad^ ende bom recado = Ihr oder er soll mir
darauf guten Bescheid geben"? Jedenfalls aber gehörte der
mantuanische prachtliebende Sänger zu den Lebenden — so dafs die
Tenzone nicht nach 1269 entstanden sein kann.^ Dafs sie vor dem
Endpunkt von Coelho^s Laufbahn entstand, und zwar in Kastilien
^ Im CB. fehlen am Anfang fünf Gedichte.
• Aach unter den Liebesliedern Coclho's ist ein Versuch in Versos
Pareados: „Em tarn grave dia senhor filhei A que nunca „senhor" chamar
ousei*' CA. 68 = CB. 319 (= 263).
' Es ist anzunehmen, dafs die dichtenden y(i7^rar^j, die, wie bemerkt,
den Titel trabador für sich in Anspruch nahmen, sich ihre Unabhängigkeit
bewahrten und bald bei diesem, bald bei jenem Grofsen vorübergehend Auf-
enthalt nahmen. — Von den bloCs ausführenden aber erfahren wir höchstens
durch die Bemerkungen der dichtenden, denen sie oft als Zielscheibe ihres
Witzes dienten. — Dafs Spielleute die Lieder der Troubadours vortrugen, steht
fest. S. CV. II 17, 1021.
* S. Zschr. VII S. 207 — 210; sowie Diez, Leben und Werke der Trou-
badours, 2. Aufl., p. 375, und vgl. Gr. Gr. p. 199 Anm. 5.
1 82 CAROLINA BflCHAELIS DB VASCONCBLLOS,
am Hofe Ferdinand's III. (12 17 — 1252), der seit 1230 auch die
Krone von Leon trug, und an dessen Hofe Sordello zwischen
1237 und 1 24 1 geweilt haben soll, ist eine schwer anfechtbare
Voraussetzung.^
Ebenda wird der portugiesische Dichter, auf dessen Wander-
reisen Picandon und Lourenço hinweisen (CV. 102 1)* und
dessen Liebeslieder fortwährend über Trennung von der verhen-
lichten Dame klagen, auch mit Áffons'Eannes do Co torn und .
Pero da Ponte, die unter Alfons X. (und früher) blühten, sowie
mit den Edelherren Ruy Gomes de Briteiros und Martim
Scares um die Wette jene Reihe derber Spottgedichte auf den
mohrenahnlichen und doch als Kreuzfahrer ostwärts gezogenen
niederen Hoibediensteten Joam Femandes verfafst haben,' welche
in die Tartarenzeit, also 1241 oder bald nachher, fallen müssen.^
Einen mittelbaren Aufschlufs über Coelho's Dichtungszeit
geben jedoch auch seine Liebeslieder. Zwei davon sind bestimmt
in denselben Jahren gesungen worden, an welchen Alfons der Ge-
lehrte und Fromme noch weltlicher Minne diente, falls nicht noch
etwas früher — und zwar standen sie in aufserordentlich hoher
Gunst bei dem Monarchen, wovon er öffentlich ein dauerndes
Zeugnis ablegte.
Er fügte nämlich einer seiner eigenen Cantigas de amor (GB.
469 — <r 361) zwei Flicken aus den Liedern des portugiesischen
Granden ein.^
In dem Augenblick, wo er von einer Geliebten Abschied nahm,
sang er ihr als Strophenschlufs zwei Kehrreime Coelho's ent-
gegen. Der erste lautet:
De mui bom grado quería ir
a am logar e nunca ar viir^
und entstammt dem im CA. als No. 160 aufbewahrten Liede: Pero
nC eu ei amigos.
* Wenn der im 466. Gedichte des CV. (= 358) von Alfons namhaft ge-
machte Joam Coelho unser Dichter wäre und Alfons IX. der betreffende König,
so müfsten wir den Beginn seines Aufenthalts in Spanien bis vor 1230 zurück-
datieren ! — S, oben p. 1 79 Anm. 3.
* S. oben p. 171.
^ Die einschlägigen Mohren - Lieder sind CV. 1149, 975, 978, CB. 1543
und 1544 und CV. 1012 und 1013. — Vgl. auch de Lollis p. 42 und 43.
* In Coelho's Gedicht heilst es kurz und klar: veemo-lo emperador le-
vantado Contra Roma e Tartaros vlir, — Dafs in CV. 1013 eine Anspielung
auf die Quindecim Signa ante Judicium steckt und demgemäfs gelesen werden
mufs : „E sempre esto foi profetizado Par dez e cinco sinaes da firn**, sei
beiläufig bemerkt
^ De Lollis hat es nicht bemerkt.
^ Leider ist das Zeilenpaar etwas verderbt. Im CA. steht geschrieben:
De mui bom grado quer ria a um logar ir e nunca m* end ar vïir; ¡m CB.
hingegen: De muy bon grado queria hir logo e nunca uyr. Der Liedertext
des alfonsinischen Gedichtes und die übrigen darein geschachtelten Kehrreime
gestatten oder gebieten jedoch, jambische Achtsilbner daraus zu machen, was
ich versucht habe.
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTUG. LIEDERBUCH. 183
Der zweite, aus dem ebenda als No. 175 und ferner im CB. 326
(= 270) vertretenen Liede Deus que mi òj* aguisou de vus veer besagt
Moir* eu e moiro por alguem
e nunca vus mais direi ém.^
Ein dritter, der aus anderer Feder stammt, wird noch weiter
unten erwähnt werden.
Ein Zweifel daran, dafs in der That Coelho's Lieder die
Vorlage sind, und die Arbeit des Königs die Nachahmung, scheint
mir imstatthaft. Drei verschiedene Refrains, mit unterschiedlichem
Reime, in ein und dem selben Gedichte charakterisieren nämlich
auch das andere Flicken lied, welches im Lieberbuche aufbewahrt
ist,2 so wie alle späteren.
Vor 1269! Bald nach 1241! In Kastilienl In der Minnezeit
Âlfons' X.! Und da noch hinzukommt, dafs Coelho dem Ver-
teidiger Sancho's IL und Feinde des Grafen von Boulogne, Airas
PeresVuitorom, im Ammenstreit grollend entgegentritt, taucht
der Gedanke auf, er habe sich mit anderen Partnern Alfons' III.
während der Unruhen, welche der Entthronung des Bruders voran-
gingen, also zwischen 1240 und 45, nach Leon und Kastilien ge-
wandt und sei dort bis nach dem Tode Sancho's ( 1 248) verblieben.
Dafs er den M arti m Al ve lo angreift, welchen auch D. Affonso
Lopes de Baiam (Verfasser der gegen Briteiros gemünzten
Ges/a de maldtzer) verhöhnt hat, steht zeitlich nicht im Wege.
Im Gegenteil!
Dabei dürften wir uns beruhigen ^ und zum Namen Coelho
die Daten „blühte zwischen 1240 und 1250, lebte bis nach 1279"
hinzusetzen, wenn nicht andere Gedichte von ihm und seinen
Genossen einer viel späteren Zeit anzugehören schienen.
Da ist z. B. ein Gíedicht des Pero Garcia Burgales (CA. 89),
das uns mitteilt, Joam Coelho habe um seine persönlichen Liebes-
geheimnisse gewufst; und ein scheinbar reicher, auffallend gut
situierter Jograr jenes Namens soll im Testament des Grafen von
Barcellos im Jahre 1350 als Lebender erwähnt worden sein!
Da sind femer zwei Gedichte Coelho*s auf einen Herrn Dom
Estevam, in dem man den Günstling, Sekretär und Testaments-
vollstrecker des D. Denis erblickt, der bis mindestens 1324, in Wahr-
heit aber bis 1335 wirkte.
Und da ist endlich das oft erwähnte Streitgedicht mit Juiäo,
jenem Spielmann, der auch mit Meem Rodrigues Tenoiro ten-
zoniert hat, d.h. (angeblich) mit einem Edeln, der erst 1360 ein
Opfer des Grimms Peters des Grausamen von Kastilien ward!
> Eine Rückbeziehung auf diese Aeufseruog enthält noch ein anderes
Lied Coelho's (CA. 162), wo es heifst: Ca dix eu ca morria por alguem
E dereif ei de lacerar por ¿m,
• c V. 454.
• Ans der Tenzone CV. 1020, in welcher nicht Coelho, sondern cm
Pero Martins als Redender eingefTihrt wird, weifs ich zunächst nichts Rechtes
zu machen.
184 CAROLINA MICHABUS DE VASCONCBLLOS,
D. Joam Soares Coelho, der bestimmt in der zweiten Periode
des portugiesischen Mincesangs. also unter AlCons 111. und nebeo
Alfons X., ja vermutlich unter dessen Vater Ferdinand 11. und bei
Sancho's U. Lebîeiten gesungen hat, wäre somit im dritten Zeit-
abschnitt unter D. Denis und gar noch bis in die Tage Peters
des Grausamen thätig gewesen.
Unmöglich! — Weil aber ein zweiter D. Joam Scares Coelho
nicht gelebt hat, müssen wir untersuchen, ob Tenoiro, Dom £ste-
vam und Pero Garda in der Thal die spälgeborenen Persön-
lichkeiten sind, für die man sie gehalten hat
Ich mufs also hier eine Parenthese eröffnen und jenen dreien
einige Worte widmen:
a) Pero Garcia Burgales. Die Nachricht „es müsse zwei
altportugiesische Dichter Namens Pero Garcia gegeben haben, einen
Zeitgenossen des Dom Joam Soares Coelho und einen anderen
nachdionysischen Spielmann", stammt von mir, ist jedoch in der
Fassung, die ich ihr im „Grundrifs" gegeben habe,' unter keiner
Bedingung, und wahrscheinlich überhaupt nicht, aufrecht zu er-
halten. Fs ist nicht wahr, dais der in Burgos ansässige Jograr
Pero García an den Sohn des Königs Dionysius eine Schuld-
forderung von 1500 Maravedís hatte. Auch nicht sein Schwieger-
vater befand sich in jener Lage, sondern Aparicio Peres, des Pero
Garda Schwiegersohn. Selbst dieser aber gehörte 1350 bereits
zu den Toten, denn das Testament des Grafen verordnet, dafs die
Summe seinen Erben ausge?,ahlt werden solle.* — Auch der Tod
des Schwiegervaters wird sich daher aller Wahrschein lichlteit nach
vor jenem Jahr ereignet haben — niemand weifs, wie lange vorher!
Der Graf braucht ihn überhaupt nicht persönlich, sondern nur dem
Rufe nach als Liederdichter gekannt zu haben, so dafs er also
mit dem Zeitgenossen des Joam Coelho identisch sein kann.l Die
einzige Thatsache, welche bis zu einem gewissen Punkte wider-
spricht, ist, dafs alle Gedichte, die uns als Werke eines Pero Garcia
Burgales erhalten sind, wie Werke eines vornehmen Herrn, und
nicht wie Werke eines Spielmanns aussehen. Auch dafs er Joam
Coelho wie seinen Vertrauten in einer Herzensangelegenheit citiert,
' Gr. Gr. p.iQO Anm. 1. Ich biue also, dxe irrige Angabe daselbst in
beiicbtif^n.
* „OiUroti confisso que devo mil e quinhintos maraveJt'i ife braneai
de dàtheiros catUIIOes em Burgos, os quaes a mi evtprestou hum hemi
que havia nome Af>arÌcio Peres genro de Pera Garcia Jogral e mando
que OS paguem a setts herdeiros." Sousa, Hist. Gen., Pronas vol. I p, I40.
' Ana diesem Gninde könnten wir also an zwei rerscbiedenen Dichtem
Pero Garcin Burgales festhalten, von denen der eine, dessen Lieder wir
kennen, ein rilleilicher Troubadour, luid der andere ein (vielleicht nur vor-
tragender) RiDBÌkalis eher /'«¿'rar gewesen ware, — Doch ist zu bedenken, ob
der GrsT nicht, wie Alfons X., d. h, wie die in höchster Hohe thronenden
Dichter, geneigt gewe.<ien sein sollte, jedem zünftigen Troubadour, dei nicbt
mindesUns ein Grande war, den Titel jogiar beirulegen. Jogiar nannte sich
selbst ja auch ein Dichter wie Gonzalo de Beiceo.
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTUG. UBDERBUCH. 185
und zwar in jener kleinen Liedergruppe, in welcher Pero Garcia
andeutungsweise gesteht, die von ihm geliebte Dame heifse Joanna,
Sancha oder Maria ^ — , spricht für eine gewisse Gleichstellung
beider Männer. Ebenso läfst Lourenço's Vorschlag, Pero Garcia
möge als Schiedsrichter in seinen Händeln mit adligen Dichtem
wie Joam Garcia [und Martim Soares?] auftreten, auf hohes An-
sehen schliefsen.^
Welche Aufklärung bieten seine Lieder?*
Wir besitzen von ihm 37 Liebesgedichte,* 2 Frauenlieder* und
14 Scherz- und Spottsachen.<^ Die Liebesgedichte zeigen ihn als
geschulten Hofmann, als Verehrer einer Joanna, Sancha oder Maria
und Genossen Coelho's, wie schon bemerkt ward; und aufserdem
als dankbaren Günstling einer Königin, deren Scheiden er beklagt.
Doch vermag ich nicht zu sagen, welche spanische oder portugie-
sische Thronbesitzerin unter der Rainha Franca zu verstehen ist.
Ob, wie ich vermute, Jeanne de Ponthieu,'' die Stiefmutter des Don
Arrigo, von der nicht feststeht, wann (nach 1259) ^^^ «^^^ Kastilien
in die Heimat zurückkehrte? oder ob Beatrix von Schwaben (f 1238),
die Gemahlin König Ferdinands? oder D. Beatriz de Castella, die
^ Das 89. Lied des CA. (CB. 193 = 179) schliefst mit dem Satze: Joam
Cdelho sabe qué ¿ ssi. Vgl. die Lieder CA. 104, 105 und 107. — Nicht un-
möglich wäre es, falls er ritterlichen Stammes war, er hätte eine der drei
Töchter Coelho's verherrlicht. Doch stimmt nur der Name Maria: die
übrigen beiden hiefsen Aldonça und Urraca (lÀnh, p. 159). Das Grafenbnch
nennt sie D. Mor, D. Aldara und Maria Urraca. — Die Grabschrift der jüng-
sten habe ich p. 180 Anm. 4 mitgeteilt. — Aus der Benennung Dom Pedro
(CV. 1034) ist nichts zu folgern.
' CV. 1034. Leider fehlen in dem interessanten Gedichte Strophe 2 u. 3.
Ob sie sich nicht im CB. fìnden?
' Der Automame Pero Garcia Burgales ist uns dreifach überliefert:
im CB. vor No. 186, im CV. vor No. 250 und vor No. 980. Im Indice fehlt
er vor der ersten Nummer, doch geht aus der Uebereinstimmung zwischen
der italienischen Abschrift und dem Ajuda-Pergament hervor, dafs die Lieder
von 186 an (De cuantos) einem anderen Verfasser als dem vorausgegangenen
Tom eoi zukommen. Vor den Nummern 649 und 1372 (welche den Zahlen
im CV. entsprechen) ist der Name hingegen richtig gebucht. Dafs in Tenzone
CV. 991 der angeredete Pero Garcia der Burgalese ist, geht daraus hervor,
dafs sie inmitten seiner Lieder steht. — Wo sonst dieser nicht gerade seltene
Name (eines Pero, dessen Vater Gar eia hiefs) ohne den Zusatz Buréales auf-
tritt wie in CV. 1034, 1^71 ^^^ CB. 472 (= 365), kann natürlich ein anderer
gemeint sein. — Auch Pero d'Ambroa hiefs Pero Gar eia, wenn wir
der Angabe vor CB. 74 (= 47) in Text und Index glauben dürfen.
* CA. 82 — iio(=CB. 186—223) und dazu CB. 185, 187 und 205 — 208,
welche eine im Ajuda-Kodex mitten in der Gruppe vorhandene Lücke ausfüllen.
^ CV. 250 — 251, wovon Eines unvollkommenen Parallelstrophenbau zeigt.
• CV. 980— 993.
^ CB. 222 (= 207) porque se foi a rainha franca (im Reim zu branca).
Sollte mit blofser Assonanz „a Franca" zu lesen sein , so wäre damit noch
ein Point mehr für Jeanne de Ponthieu gewonnen. — Das Wörtchen franca
hatte einen hübschen Doppelsinn. — Auch wird gerade dieser Fürstin noch
in einem anderen Troubadourliede gedacht (CV. 1008), worin sie selbst 1259
als Fürsprecherin für den landesverwiesenen Stiefsohn Don Arrigo einge-
fahrt wird^
1 86 CAROLINA MICHAEUS DE VASCONCBLLOS,
Tochter Alfons' X. und Gemahlin Alfons' IIL, die mehrfach von
Spanien nach Portugal ging (zwischen 1253 und 1303, besonders
aber nach 1279)?
Aus den Spottgedichten erfahren wir, dafs Pero Garcia miter
einem König Alfons in Leon des Viveiro ata Carrion gewandt
war (987)* und auch Gallizien besucht hatte (989). Dafs jedoch
der in Tenzone 991 von ihm mit ^ySenhor** angeredete und ¡hm
antwortende Hochgestellte ein ,,König Alfons" sei, ist etwas schwer
glaublich. Nicht die Formel se eu fosse do mundo senhor tönt in
eines Königs Munde unerwartet, wohl aber die Bemerkung des
Senhor^ er habe vor Liebesleid Schlaf und Appetit verloren und
sehne sich nach dem Tode,^ sowie der an ihn gerichtete Ratschlag
des Poeten, er möge durch Beten, Fasten, Almosengeben seine
Liebessehnsucht zum Schweigen bringen. — Auch dafs ein König
(Alfons) seinerseits einen Pero G arci a namhaft macht und ihm
nebst zwei anderen Bediensteten zuruft „sie würden heuer nicht
mitgenommen, sondern müfsten hübsch artig zu Hause bleiben**,^
ändert nichts daran, da wir über Stand und Art aller drei rein
gar nichts wissen. — In den spanisch -alfonsinischen Kreis weist
den Burgales jedoch zweifellos sein Einstimmen in den Spottchor
auf die üblen Eigenschaften der Hetäre Maria Balteira (CV. 981).
Und auf spezielle Beziehungen zu dem nachweislich in Burgos
gewesenen Pedramigo (CV. 1195) läfst es schliefsen, dafs beide
Dichter ein und dasselbe Ereignis (den Tod des Pero Bö o) be-
handeln:* eine übelrüchige burleske Anekdote, die auch D. Fer-
nam Garcia Esgaravunha beschäftigt hat. Auch dafs der Bur-
gales den Ruy Queimado hänselt, weil dieser vor Liebe ge-
storben, nach dreien Tagen aber wiederauferstanden sei (CV. 988),
sowie dafs er selber (vielleicht) von Joam Aires gehänselt wird
(CV. 1071), führt ihn nicht (oder nicht merklich) aus der Epoche
Alfons* X. heraus.
b) Meem Rodrigues Te no irò. Eine rationelle chrono-
logische Verknüpfung zwischen dem 1250 bereits grofsjährigen
Coelho und dem 1360 in relativ frühem Alter gefallenen Tenorio
liefse sich selbst durch die Vermutung nicht herstellen, Juiäo habe
als bartloser Jüngling mit dem schon bejahrten Coelho (etwa 1279),
und als Greis mit dem jugendfrischen Tenoiro (nach 1354) Wett-
gesänge angestimmt. Denn der landesflüchtige Spanier, welcher
dem König Peter von Kastilien von seinem gleichnamigen Bruder
* Den meirinho Fernam Diaz kenne ich ebenso wenig (CV. 983, 986) wie
Fernand Escalho, Dom Fernando und D. Femara de Meyra. Cfr. De Lollis p. 57.
' D. Denis stirbt freilich dichtend so oft vor Liebe, dafs der mit Pero
Garcia tenzonierende am Ende gar nichts Unerhörtes sagt? Und sentimental
genug klagen auch Alfons XI. und Affonso Sanches.
* CB. 472 (= 365) „Pero que ei ora mengua de companha, Netn Pero
Gar da nem Pero d* Espanha Nem Pero Galego nom irá comego! In der
dritten Strophe muís Fero Garcia sich den Scherz gefallen lassen, witzelnd
Pero Galinha = Peter Hasenfufs genannt zu werden!
* CV. 980, CB. 1575 und 1510.
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTUG. LIBDERBUCH. 187
in Portugal mit zwei anderen Leidensgenossen zum Dank dafür
ausgeliefert ward, dafs £rsterer Letzterem die Mörder der Ines
de Castro zu blutiger Rache freigab — Tenorio also, der dann
sofort in Sevilla hochpeinlich gestraft wurde, * war ja erst 1354 bei
seinem Monarchen in Ungnade gefallen 2 und somit nach Portugal
zu einer Zeit gekommen, wo auch hier die letzten Tage des Minne-
sangs bereits hereingebrochen waren und eine Hofpoesie mit derb-
lustigen Tenzonen, wie es das 14. Lied des Cane. Vat. ist, nicht
mehr existierte, wenigstens nachweislich nicht.^
Die Lieder des Mem Rodrigues Tenoiro aber, die im
Liederbuch nahe bei denen des D. Affonso Lopes de Baiam
und unseres Vuitorom, also neben portugiesisch -alfonsinischen
Dichtem, ihren Platz haben,* sind denen aus Alfons' III. Zeit völlig
ähnlich in Sprache, Geist und Form. Auch enthalten sie nicht die
leiseste Anspielung weder auf die späten Tage des D. Pedro, noch
auf die persönlichen Erlebnisse jenes Mem, der sich seines kasti-
lischen Herrn Ungnade zuzog, als er, unterstützt sowohl von zwei
Brüdern, dem Justicia mayor Juan Alfonso de Benavides, seinem
Verwandten, als auch von Pero Gonzalez de Mendoza und Affonso
Teiles de Menezes 1354, wie schon gesagt ward, in Toro Händel
mit Femam Alvarez de Toledo begann, das Messer auf ihn zückte
und verwundet ñüchten mufste.*
Nichts hindert uns somit daran, im Dichter Tenoiro einen
älteren Mem Roiz zu vermuten, so ein solcher nur überhaupt
nachweislich ist Und das ist er. Als ich den Anfangen der Don-
Juan-Sage (übrigens erfolglos) nachging, deren Held ja auf den
Namen Tenorio getauft ist, bin ich ihm auf die Spur gekommen,
weifs jedoch an Gesichertem nicht mehr als Namen wie Herkunft
und dafs er der zweiten Hälfte des 13. Jhs. angehört Der ihm
^ S. Cronica de Don Pedro, Afio 1360, cap. 14 (p. 506 der Bibl. de Aut,
Esp. Bd. 66). — Fernam Lopes, Chronica de Dom Pedro cap. 30 und 31. —
Schäfer I 407. — Mérimée p. 2S4 — 86. — Das Datam 1358, das im „Grund-
riis'* p. 190 angegeben ist, steht in zahlreichen portug. Geschichtsbüchern, darf
jedoch nur auf die Auslieferung der Portugiesen bezogen werden.
« S. S. 183.
' Bis jetzt hielt ich die Gedichte Tenoiro's, ein Lied des Joam Fer-
nandes </' ÄrdeUiro, in welchem Pero Coelho genannt wird (CV. 935), die
Dichtungen Alfons' XI. sowie des Grafen von Barcellos, die Lieder des Joam
mûrador em Leom (CV. 707 und 708), die des Joam da Garcia und Martim
Moxa fnr die jüngsten: doch ist unsere Kenntnis über die Chronologie der
Dichter und Dichtungen noch eine so höchst unvollkommene und vielfältiger
Nachhesserung bedürftige, dafs uns noch mancher neue Aufschlufs bevorsteht.
S. unten: Estevam da Guarda und Martim Moxa.
* Wir besitzen von ihm sieben Liebeslieder (CV. 7 — 13), wovon zwei
auch im CA. (226 — 227) vertreten sind, und die sich daranschliefsende Schimpf-
und Prügeltenzone No. 14. Dazu vier Frauenlieder (CV. 317 — 320) und zwei
Spottgedichte (1083 — 1084) über D. Estevam, die weiter unten berücksichtigt
werden sollen.
* Cronica de D. Pedro, Afio de 1354» cap. 29 (p. 453 der BibL de Aut,
Bsp,), — Bei Mérimée p. 155 steht nur der Name seines gleichfalls an der
Kampfscene beteiligten Bruders Alfonso Jofire de Tenorio.
MICHAELIS DE VASCOKCELLOS,
von einigen Genealogikem beigelegte Titel Adelantado mayor dt la
frontera ist, soweit ich augenblicklich sehe, durch kein amtliches
Schriftstück verbürgt.' In Geschichtswerken wird er nicht erwähnt
Auch seine Nachkommen sind unbekannt, oder gelten für Kinder
und Kindeskinder seiner berühmteren Brüder.*
Mem Rodrigues (oder Roiz, der Aeltere) war deï Sohn der
Edelfrau Teresa Paes Ponce' und des Pedro Rodrigues, welcher
einen der tapferen Bastarde Alfons' IX. von Leon seinen Vater
nannte, gleichviel ob es nun Pedro Alfonso oder Rodrigo Alfonso
war.^ Dieser Grofsvater des Mem, der mitsamt seinem bereits
erwachsenen Sohn 1236 bei Toledo, und 1248 bei Sevilla untei
dem Banner des königlichen Bruders Ferdinand DL focht, hatte
sich mit der Tochter eines Rui Tenoiro vermählt, dessen in Gal-
lizien, anderthalb Meilen von Pontevedra, gelegenes Stammschlofs
Tenoiro^ sie als Mitgift in die Ehe brachte, den Namen desselben
ihren sämtlichen fünf Kindern, den Herrensitz selbst aber der
' Unter den sich vielinci] widerspreche rtdcn, aber auch sich erginieoden
genealogiscfaen Quellen über die Tenorios sind die wichtigeren: Nobiliaria del
Conde D.Pedro, Ed. LavaBi, p. 394 (Zasätze zum Titulo 75 des Livra de
Linhagem) — Piferret, NMliario de los reiioi y señares de España, Ma-
drid 1856, Bd. n — D. M.^ig^ueQ T.\cnùria\, Cordera de Santoyo. El verda-
dero D. Juan Tenorio 0 sea Memoria to6re la procedencia, enlace y can-
Hnuucion del apellido Tenorio, Madrid iSj], Imprenta á cargo de José Aslil-
lerus, calle de Ventosa. Ich lieiine das seltene Heftchen nur aus den sorgsamen
Auszügen von Prof. Hugo Schuchardl, welche er die Gnle hntte, nur
milinteilen. — Arsole de Molina, Nobleta de Andalucía. P. II. S. S93
nod 453 dri Neuautgabe. Ini dritten Teile seines wertvollen Wetkes halte
der Verfasser sich tinychender mit den Tcnorioä beschäfti^n wollen, wis
leider unterblieb.
■ Die Mem betreibende Stelle aus LavaSa , welche als ¿usatE su den
allen , dem GraTenbnch angehörieen Aufieichnanj^n über die Ponces ond
Sorodcas aufzufassen ist, und sich in zahlreichen Abschriften des Livra de
Linkagem wortgetreu wiederfindet, lantcl: D. Fedra Rodrigues Tanoyro fay
catado eS D. Tareja Paes, filha de Payo Mendes Sorodea e de D. Srmet/nda
Nunes Matdoada e fei em ella: Gonfole Pires, Sui Pires, Mem Pires. Mem
Rodrigues, D. Ines Pires e D. Tareja Pires. — Rui Pires Tanoyro foy
cazada com D. N.e fst tm ella D. Ines Rodrigues T. ~ Mem Rodrigues
T. fay catado cam D. N. e fe% em ella . . . Dazu zwei Anroerkangen , eine
über den Ort Tenoiro und die andere über die beiden er laudi testen aus dem
Hause Tenorio; den Admiral und den Erzbiachof.
■ S. die voranstehende Anmerkung.
• Alle Gcnealogiker nennen den Stammvater der Tenorios Pedro Al-
fonso, den der Ben a vides hingegen Rodrigo Alfonso. Da der Sohn und
Erbe desjenigen leonesischen Königssobnes, welcher eine Benavides Eceite,
aber gerade Alfonso Perez, der Sohn und Erbe dessen, der eine Tenorio
freite, jedoch Pedro Ruiz heifst, ist möglicherweise gerade das Umgekehrte
das Wahre.
' Von den Selzlingen dieses halb galüiischen, halb leonesischen Stammes,
der gleich so lablieichen anderen in Spanien wie in Portugal Wurttl schlug,
nennen sich die spanischen folgerichtig Tenorio, die galliiisch-poctugicsiscben
Tenoiro nnd Tanoiro. Vgl. Qsoira neben Osorio (das von den Erklärem als
Os-auri ^ Chrysostamos gedeutet wird).
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTÜG. LIEDERBUCH. 189
ältesten Tochter vererbend, die sich mit einem anderen Enkel
Alfons' IX., ihrem Oheim Alfonso Perez de Benavides, vermählte.'
Von den Brüdern des Mem ¡st der eine freschi cht lieh bekannt
— nicht eben vorteilhaft. Zu Anfang der Regierung Ferdinands IV.,
als die Minderjährigkeit des Königs und der auf die Blutsverwandt-
schaft der Eltern gegründete Vorwurf der Illegitimitäl blutige Wirren
und Handel in Spanien hetvorrief (in welche auch D. Denis ein-
griff), erdolchte Rui Pires Tenoiro bei Ciudad-Rodrigo (1295) in
Gegenwart des Regenten Don Arrigo, der zugleich des Königs
Grofsohm und Vormund war, seinen politischen Gegner Pae Gomes
Charinho, der unter Alfons X- als Flotlenadmiral und bedeutender
Troubadour geglänzt hatte. Auf der Flucht nach Portugal ward
er jedoch vom Infanten Don Juan, der den Tod eines so machtigen
Gliedes seiner Partei rächen wollte, eingeholt und niedergemacht.'
Er starb ohne männliche Erben.
Von dem zweiten Bruder des Mera, Gonzalo Pires, hingegen
sollen die verschiedenen Tenoiros, die im 14. Jh. Berühmtheit er-
langten, herstammen. Sein Sohn Diego Alfonso, welchem die Be-
sitztümer in Toledo und Sevilla zufielen, vermählte sich rait Aldonça
jufre Loaisa und ¡st der Vater des erlauchten, 1340 bei Algeçiras
heldenmütig gefallenen Flotten admirals Alfons' XI.,^ zu dessen Söhnen
Mem Rodrigues der Jüngere gehört.* Dieser ist also ein Ur-
■ Das F>miìÌL-n Wappen dei Tenorios ist dem dt-r Benavides gleich (und
dem dtf Ponce« ähnlich). Der leon rampante (barrado de 1res bandas) weist
denüich auT die Abkunft vom Könige von LtoD bin. Man sache es in
Aigote de Molin«, I. c.
» S. Cronica dr D. Fernando If.. Bd. 66 der SibC. de Aut. Bsp. p. 96b.
Gnade dieser Rui Petes Tenorio wird in dem spanischen Werke über
die TCDorios gar nicht gen.innt.
» S. CrûHica de D. Alfonso et Onceno, ib. p. iq], 196, 197, log, 289,
193, 303, 306, 30B, 316, 315, 434; Poema Sir. 604, 609, 1OO3.
• Zwar wird in der Chronik Peters des Grausamen von Pedro Lopei de
Ayala nur der älteste Sohn des Floltenad mitais Garcl Jufre Tenorio
ausdräcklicb und wiederholt als solcher bezeichnet (1353 Kap.15; 1359 K.li;
IJ67 K. lä), wälitend drei weitere Zeit- und Leidensgenossen; D.Juan Te-
norio, Men Rodrigues Tenorio und Alfonso Jufre, ohne Erwäh-
nung ihrts Vaters und des Gard Jufre, nur als Geschwister unter einander
aulgeführt werden (1353 K.16; 1354 K.33, Text und Variante der Ed. 177g);
docb nehmen die Genealogen ihr Sohnesvethältnis zum Admirât Mr gesichert
hin. — Garcia-Jufre, der 1331 bereits Ritter des ¿ianrfa-Ordens gewesen
sein soU, Bland tj;^ im Flottendiensi, wurde aber 1367, nachdem er zu Heinrich
von Trastamara übergegangen war, gefangen und hingerichtet. — Alfonso
Jufre (den das Wetkchen übet die Tenorios mit dem älteren gleiehnamigen
verwechselt) war Alguaeil- mayor von Toledo (135J K. 16), Melt beim Auf-
ruhr der Sladt trco mm König (1354 K.I()i nahm jedoch bald hernach an
deD blntigen Händeln in Toro thaligen Anteil , weshalb er acini's Amtes ent-
hoben und landesSüchtig wurde (1 354 K. 19). ~ Joan, des Königs Liebling
und Vertrauter in seinem Verhältnis in Maiia Padilla, in welchem man, ohne
weiteren Grund als die Namensgleichheit . das Urbild zum Don Juan der
Dichtung hat sehen wollen, diente als Repostero-mayor {¡j^i K. 4, 12, 16, 21,
23. 23), ging jedoch gleichfalls in Toro seines Postens verlustig (1354 K. 29).
Auch er entfloh wie Alfonso Jufre und Mem Rodrigues und soll sich in
Andalusien verborgen gebalten haben (vielleicht auch in Portugal, inTavttaP).
IQO CAROLINA MICHAEUS DE VASCONCBLLOS,
grofsneffe des Aelteren — ein Zeitgenosse und Opfer Peters des
Grausam -Gerechten, während jener zu den Kampf- und Spiel-
genossen Alfons' X. gehört haben möchte. Der einzige sachÜche
Einwand, den man gegen die Zurûckdatierung des Dichters er-
heben könnte, ist, dais er des späten Estevam da Guarda gespottet
habe: doch ist dieser Einwand nicht stichhaltig, wie der nach-
folgende Abschnitt zeigt.
c) Estevam da Guarda. Der Träger dieses Namens — der,
soviel ich weifs, nur einmal vorkommt — ist aus der portugiesischen
Geschichte hinreichend bekannt, und zwar als criado e vasaüo des
Königs D. Denis, dessen Vertrauen er in hohem Mafse genossen
hat. Man nennt ihn meist Geheimschreiber {escrwäo de puri-
dade oder secretario de p) dieses Monarchen, und als sein Schreiber
ist er jedenfalls eine Zeitlang thätig gewesen.^ Im Jahre 13 15
ward er eychäo mor, dann Obermundschenk {escancäo mar). 1320
vertrat er den König und handelte im Ausgleich zwischen Vater
und Sohn dXs procurador, 1322 und 1324 ward er von seinem Herrn
mit dem Ehrenamt eines Testamentsvollstreckers bedacht^ Dafs
er in jungen Jahren als Page der Königin Isabella mit ihr aus
Aragon gekommen sei,^ behauptet Brandäo, und alle späteren Ge-
schichtsschreiber wiederholen die (übrigens unerwiesene) Angabe.
Die Behauptung, er habe 1367 dasselbe Greschick wie Garci-Jufre erlitten, be-
ruht möglicherweise nur auf Verwechselung mit diesem. Auch ob er mit
D. Juan Tenorio, Comendador de Estepa y trece de la Orden de Santiago»
eins ist, den Erzbischof D. Pedro zum Sohne hat, und mit diesem, sowie
dem Admiral, in Sevilla in der Jesus-Kapelle des Orangenhofes begrabeai ward,
ist nicht ganz sicher, ob auch wahrscheinlich. — D.Pedro, der Erzbischof
von Toledo, derjenige Tenorio, über welchen am meisten geschrieben worden
ist, und zwar sehr Verschiedenartiges was seine Eltern und Geburtsstätte an-
betrifft, stand thatsächlich 1367 kämpfend, obwohl er Archidiakonus war, auf
Seiten Heinrichs (1367 K. 12), flüchtete, ward durch Guido von Bologna und
Gregor XI. beschützt, und kam nach Peters des Grausamen Fall schnell zu
hohen geistlichen Würden: 1371 Bischof von Coimbra, 1376 Erzbischof von
Toledo, als welcher er 1399, mehr als 70 jährig, starb. — S. Cronica de Don
Enrique Segundo: 1373 K. 6; 1375 K. 4; 1385 K. 8. — Cronica de D, Juan
Primero', 1389 K. 6; 1390 K. 20. — Cronica de Don Enrique Ttr cero \ 1390
K. 3 — 9. — Fernán Perez de Guzman: Generaciones y Semblamas cap. 13. —
Cane, de Baena No. 152 und Anm. — Ferreira Leitîo, Bispos de Coimbra
§64. — Dr. Eugenio Narbona, Vida del Arzobispo Tenorio, Toledo 1 624. —
Panorama, Vili 207. — Ausführliches über die zahlreichen Fragen betreffs
dieser und weiterer Tenorios, die noch zu lösen sind, verspare ich für eine
passendere Gelegenheit.
* Von 1304 bis 1321? — Gama Barros p. 590 erwähnt Dokumente vom
14. Januar 1315, i. August 131 6, 9. August 1321, in welchem Stevam da Guarda
ohne Titelangabe unterzeichnet, und eines von 1319, wo er sich secretario do
rei nennt. — Ich kenne das zweite [Mem. Inq. No. 30), das dritte (ib. No. 37)
und das vierte {Hist, Gen., Provas vol. I p. loi und 104), dazu aber, aus der
Mon. Lus, VI S. 557, eines aus dem J. 1304. — Cfr. Tiigoso, Memoria sobre
OS Escriväes de puridade in Mem. Acad. XII p. 1 58 und zweite Serie I p. 28.
* Mon, Lus. XVIII cap. 53, XIX cap. 31 und 40, sowie Bd. VI p. 557,
573, 587.
* Figanière, Rainhas de Portugal p. LVIII; Lacerda, Santa Isabel p. 50 ;
Sousa, Hist, Gen, VI 193 sowie I 10 1 und 104.
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTUG. LIEDERBUCH. ICI
Demgemäfs hätte er seit 1281 in PortugaU gelebt, und alle ihm
gewidmeten Lieder müssen nach dieser Zeit entstanden sein. An-
zunehmen ist jedoch, dafs es erst später geschah, wo er als Mann
bei Hofe eine Rolle spielte, und selber Verse machte.
In seinen Dichtungen,^ besonders in den Spottliedem, die
seine Hauptstärke sind, versucht er ofifenbar, sich D. Denis anzu-
gleichen, sowohl was die Wahl der Stoffe als was ihre Behandlung
betríñt. Wenige lassen sich mit Sicherheit datieren.^ Wenn das
Lied CV. 910, in welchem von der rainha madre del rei die Rede
ist, sich auf D. Beatriz und D. Denis bezieht, so ist es vor 1300
entstanden.^ Viel späteren Datums sind zwei Gedichte auf den
Bischof von Visen, Miguel Vivas, einen gleichfalls aus Aragon stam-
menden Herrn, welcher, allmählich auf der Staffel der geistlichen
Würden emporgestiegen, nach dem Tode des Concaio IL, d. h.
nach dem 21. Mai 1328, zum Bischof von Visen ernannt und 1330
bestätigt wurde, den Bischofsstuhl aber nur bis Juni 1335 (t) ein-
nahm.'^ Lied CV. 915, worin auf den grofsen Einflufs hingewiesen
wird, welchen der Bischof am Hofe Alfons' IV. ausübte, muís somit
zwischen 1330 und 35 entstanden sein, während CV. 927 (auf einen
reichen Bauern, welchen Alfons IV., auf Bitten seines Cünstlings,
zum Ritter machte, als er sich mit einer Nichte desselben vermählt
batte), wohl zwischen 1328 und 30 gedichtet ward, als Miguel
Vivas n^letio** war und seiner Bestätigung harrte.® Nach 1352 aber
sind die Neckereien über einen der Astrologie ergebenen Spiel-
mann Martim Vaasques zu setzen (CV. 928 — 931), da sie (gleich-
* Ein Dokument in der Mon. Lus. VI $$7 scheint zu widersprechen.
Doch trägt es irrtümlich das Datum £ra 1312, sUtt 1352; v^l. Buch XVm
cap. 17.
* CV. 220 — 225: 6 Cantigas de amor; 362: I Cantiga de amigo \
904 — 932*. 29 Cantigas de maldizer.
* Der Ruy Gonçalvyz des Liedes CV. 917 kann der Escriväo da Rainha
Santa Isabel sein, welcher im April 1 293 seines Amtes wallete. Doch ist der
Name nicht ungewöhnlich.
* S. über das Todesjahr der Königin Mon. Lus. XVIII cap. 9, und da-
gegen Figanière, Rainhas de Portugal p. 131 — 132.
* S. Mem, Acad. Hist. 1 722 : Catalogo dos Prelados da Igreja de Viseo»
composto pelo Padre Joäo Col^ No. 37; und 1726 Catalogo dos Illustrissimo s
DD. Priores da Real Collegiada de N. S. da Oliveira von D. Manoel Cae-
tano de Sousa p. 37. — Mon. Lus. XVII cap. 29 und 39; und Parte VI p. 391«
— Der Name Vivas ward später zu Vives modernisiert (vgl. Diaz und Diez).
Die Träger dieses Namens gehören zum Geschlecht derer von Vergel. Ihr
Wappen ist uma planta de sempre-vivas em meio de um vergel) ihr Sinn-
spruch: Siempre vivas.
* In dem Razdamento zu Lied CV. 927 lese man : e feze-o el rey dorn
äff anso [das ao der Vorlage auflösend], filho del rey Dom Denis, caval-
¿iro (Dies zu Gama Barros p. 400). — Wie Estevam da Guarda , so greifen
übrigens den Prälaten auch der Graf von Barcellos und Joara de Gaia an:
der erstere (gleichfalls zwischen 1328 und 1330) verlacht seine Beliebtheit
(CV. 1038), der letztere seine blaurote Nase, nach 1330 (CV. 1062). — Die
öffentliche Meinung war Miguel Vivas nicht hold: er galt für gewinnsüchtig
und ward beschuldigt, die Zwietracht zwischen D. Denis und seinem Sohne
Alfons genährt zu haben. Weiteres bei anderer Gelegenheit. S. p. 202 Anm. 4.
iga CAROLINA MICHAELIS DK VASrONCBLIXM,
wie ein Gedicht des Grafen von Barcellos auf den gleichen Sondei-
ling, und sein Umsatteln zum ordinierten und tonsunerten Priester
CV, 1042}, auf ein in jenem Jahr vero ffe nil ich tes Dekret Alfons' IV.
Bezug nehmen, das den Priestern verbietet, das Spiel ma nnsgewerbe
auszuüben.)
An Dichter, die uns bekannt wären, wendet £stevam da
Gualda sich nie, noch nennt er irgend einen davon bei Namen.
Und das ist auflällig, wenn wirklich nicht weniger als neun Cttn-
ligas dt maldistr von sechs hervorragenden Troubadours sich mit
seinen eigenen Körper- und Geistesschwächen beschäftigt haben
sollten. Dem dichtenden und die Geifsel des Spottes kräftig
schwingenden Könjgsfreund wäre es doch sicherlich ein Leichtes
gewesen, die Lacher auf seine Seile bu bringen!
Ein Zwang, die betreffenden Lieder auf ihn zu beziehen, ist
jedoch nicht vorhanden.
Zu Gunsten der Bezugnahme auf ihn spricht, dafs der Be-
sungene offenbar in grofser Gunst bei seinem König stand und an
dessen Tische speiste (CV. 1015). Dagegen, dafs der volle Name
Estevam da Guarda auch nicht ein einziges Mal genannt wird.^
Die Hauptsache, ob dieser Günstling des D. Denis — der ihrer
noch viele andere gehabt hat^ ~- kurzsichtig, ja fast blind, und
auch von heftiger Gemütsart gewesen ist, wissen wir begreiflicher-
weise nicht. Kurasichtigkeit aber nehmen sich die Angreifenden
sechs Mal zur Zielscheibe für ihre Witzpfeile,* und zählen dem
„Augenlosen" auf, was alles er nie gesehen habe, noch sehen
werde, das Zeitwort ve(r beharrlich abwandelnd, während die
übrigen drei Gedichte hochgradigen Jähzorn eines Dom Estevam
aa den Pranger stellen.'
Die Spötter sind aufser Coelho, der 127g zu den Lebenden ge-
hörte (CV. 1014 und 1015) und Tenoiro (1083, 1084), dessen Vater
1248 das Schwert geführt hatte,^ noch Rui Queimado (995, 997),
' S. Gr. Gr. 188 Anni. 5. — Abgedrucki findei sich die wertvolle Ur-
kaode in Figueiredo, Synopsis Chmnolagica (Lissabon 179O) Bd. I p. to.
' Im Liede CV.II94 kommt dreimal äas'Vian guardada und aufcetdem
¡•uardam-a vor. Das kann zufältig sein ~ und ist es, mdnei Memung
naeh — , doch raufs ich darauf aufmciksam machen, — Aach könnte dos Ge-
dicht 910, in welchem Estevam da Guarda einen auditor verlacht, der nicht
EU hören vermochte, eine Rache (5r etwelche Veiiervcrsc »ein, in denen man
ihm vorgeworfen hatte, nicht sehen zu können. - — Die Frage, ob dec Dom-
titel ihm iiikam, ist unwesentlich.
* Das GraTeobuch nennt als pri-vados de D. Dinis z.B.: Games Loa-
renco de Beja (p. 149), Pero Esleves de Beja (p. 116) und Egas Lourenço
(p. 217). — Vgl. CV. 1038, WQ Moniz Louienço de Beja dds ein Rätsel aof-
giebt, da einerseits der Name des darin besuDgenen Günstlinga auffällig an
G. L. deB. erinnerl, während sein Genoi^se Miguel Vivas uns als eolsrhie-
dcner Partei^uger Alfons' IV. bekannt ist.
' CV. 995. 997, 101+, 1015. 1084, 1194.
» CV. 1083, 1085, 1089.
• Wenn Mem Rodrigues Tcnoito der Acllerc selbst bis gegen 1300 ge-
lebt und gesungen hitte, 10 konnte er doch I3S4 (resp. 1360} schon cdoen
erwachsenen GrofsneSen in Mem Rodrigues dem Jüngeren haben.
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTUG. LIEDERBUCH. I93
der schon als Zeitgenosse des Pero García Burgales aufgetreten
ist, Pedr' Amigo, der am Hofe Alfons' X. mit Pero da Ponte
um die Wette sang (1194), und Vuitorom, der 1245 die Verräter
an Sancho IL grimmig gerichtet hatte (1085 und 1089).
Dafs alle sechs sich noch in den beiden letzten Dezennien
des 1 3. Jhs. und darüber hinaus, als grau- oder weifsbärtige Sänger,
am fröhlichen Medisieren ergötzt haben können, läfst sich nicht
leugnen. Ein Urteil darüber, ob ihre Cantigas de maldtzer (wie
alle Cantigas de maldizer) mehr wie Sünden der Jugend oder des
Alters aussehen, kommt Anderen zu. Ich meinerseits bemerke zu-
nächst nur mit Rücksicht auf den Besungenen, dafs an sonstigen
Königsgünstlingen Namens Este va m kein Mangel ist, und nenne
unter den Vertrauten Alfons' III.: Estevam Annes de Valla-
dares, Estevam Annes de Sousa und seinen Kanzler und Milch-
bruder Estevam Annes de Fermoselhe, von dem schon bei
Gelegenheit der Königsammen die Rede war.
Nur weil eben Estevam da Guarda selber Troubadour ge-
wesen ist, hat man zunächst an ihn gedacht, Braga in erster
Linie (CancVat p. LXV), dann ich selber; [PS. und jetzt auch
Henry Lang], Aber auch Estevam Annes de Valladares war
ein berühmter Dichter (P. M. H.: Scriptores I 199), dessen Werke
uns nur ein böser Zufall vorenthalten hat — und . . . nicht jeder
Besungene war eben auch ein Singender.
Das sehr wenig befriedigende Resultat, zu dem wir bis jetzt
gekommen sind, lautet, dafs weder das Leben des Pero Garcia
Burgales, noch das des Mem Rodrigues Tenoiro und Este-
vam da Guarda, noch die von ihnen ausgegangenen oder sie
betreffenden Lieder Thatsachen enthalten, die uns zwingen, die
Dichterlaufbahn des D. Joam Scares Coelho über das Ableben
Alfons' HL und Alfons' X. hinaus frank und frei in den dritten Ab-
schnitt des portugiesischen Minnesangs hinein zu verlängern. Ebenso
wenig aber haben sich Daten ergeben, die uns zwingen, jene Lauf-
bahn jäh mit dem Jahre 1279 (resp. 1284) abzubrechen. — Der
Lösung der Ammenñ-age sind wir auch keinen Schritt näher ge-
kommen.
Wenden wir uns daher den übrigen Ammendichtem zu.
♦
IL D. Fernam Garcia Esgaravunha. Hier haben wir
leichteres Spiel. Der Träger dieses Namens, dem seine langen
und scharfen Fingernägel vermutlich den Spitznamen „ELratznagel"
eintrugen , war ein Bruder sowohl des mit König Alfons III. ver-
schwägerten dichtenden Gjnde D. Gonçalo Gar eia (f vor 1286),*
als auch des Mem Garcia und eines D. Joäo Garcia, o Pinto,
d' Alégrete, der uns noch begegnen wird; — dazu ein Sohn des
* Er war mit der verwitweten D. Leonor Affonso, einer Tochter Al-
fons' ni., vermählt. S. Mon, Lus, XV cap. 9, 29 und 36, und vgL hier S. 195.
Zettachr. £ rom. Phil. XX. I^
194
CAROLINA MICHAELIS DE VASC0(ÎCSLL05,
ä D. Ga
i Me
r Ein
Troubadours 1
Grafen Mendo: kurz, er ist eiu Glied des mächtigen Geschlechts
der Sousas.i Er that sich als Mann zuerst im Jahre 1245 hervor, als
Sancho II. auf der Flucht nach Kastilien nahe bei Trancoso rastete.
Daselbst trat Fernando ihm entgegen, verlangte Entlassung des
übermächtigen Günstlings Martim Gil [de Soverosa], dem man alles
öffentliche Unheil zuschrieb, und forderte diesen, der den Monarchen
begleitete, zum entscheidenden Zweikampf. Seine Forderung ward
jedoch nicht angenommen. Vielmehr soll Martim Gil versucht haben,
den kühnen Gegner hinterrücks aus dem Wege zu schaffen.' Im
Jahre 1250 nahm D. Femara Garcia. den wir daher als Anbänger
Alfons'III, bezeichnen müssen, am Kriegszug nach Alga^^■e teil und
unterzeichnete die Urkunde über die Schenkung von Alhufeira.^
Vermählt war er mit der bereits verwitweten D. Urraca Abril, der
Tochter des alten D. Abril Peres de Lumiares (f 1245), doch waren
beide Gatten bereits 1284 tot. — Als Dichter mufs er (und zwar
zwischen IZ45 und 84) grofses Ansehen genossen haben, denn das
Livro Vclho und das Grafenbuch bezeichnen ihn als „0 gut Irobou
iem".* Erhalten sind uns von ihm 17 Minnelicder {CB. 227 — 243
doer CA. 114 — 128) und 2 Schmäh lied er (CB. 15 10 — 11), von denen
das zweite das Ammenlied (U) ist, während das erste möglicherweise
die gleiche Anekdote betrifit, welche Pero Garcia Burgales im
Liede CV. q8o und Pedro Amigo im i,575'"''" zum Gegenstande
ihrer derben Witze machten.* — Davon , dafs er in Spanien ge-
wesen ist, weifs ich nichts.
Nach 1284 kann also der Ammenslreit nicht begonnen haben.
III. [Dom] Joam Garcia. Es hat in Spanien und Portugal
viele dieses Namens gegeben,^ und wo genauere Zeitbestimmungen
und als Zusatz der Name des Ortes, zu dem sie in Herren -Verhältnis
standen, fehlt, ist es schier unnütz, erraten zu wollen, um welchen
Joam Garcia es sich handelt. Der in Portugal im 13, Jh. er-
lauchteste und bekannteste war der eben genannte Bruder des
Esgaravunha und des Conde D. Concaio Garcia. Da aber beide,
wie auch der Vater, Minnesänger gewesen sind, lag es nahe, auch
diesen Sousa oder SousSo, welcher Besitzer der Stadt Alégrete war,
und aufserdcm, um seiner Jovialität willen, den Scherznamen c fính
{= das lustige Hähnchen) führte, zum Dichter zu stempeln.' Und
da auch dem dichtenden Joam Garcia in einer Tenzone von dem
Spielmann Lourenvo vorgeworfen wird, er zahle schlechte Ration
■ Mon. Lus.
151 und 311;
vasi p. 159-
* Mm. Lus. XV cap. 9; Ruy de Pina, CArùn, cap. 9; AzenheJio p. 57
und 69. ■ Mon. Lus. XV cap. 9. ' LinJi. p. ìgi und I90.
* S. oben S. i86. Man vergleiche noch CB. 1575 von Peto d' Ambrai.
' Am Hofe Alfons' X. begegne ich 1164 einem Don Juan Garcia.
S. Argote de Molina I p. z68.
' S. Mrn. Luj.JilV cap. 19; XV cap. 9 und, dagegen, So osa, Ifitl. Gen.
XU p, J39.
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTU6. UEDERBUCH. I95
an Gerste und Wein [civada e vt'nho], so knüpfte sich daran der
Gedanke, der vornehme Troubadour habe Spielleute zum Absingen
seiner Lieder und sonstiger Kurzweil in seinem Palaste ständig be-
herbergt War er doch auch mit dem König Álfons lu. verschwägert,
und zwar durch seinen Sohn Estevam Annes, der im J. 1271 die
Prinzessin Leonor Affonso heimführte, sie jedoch schon 1273 als
ihn überlebende Witwe zurückliefsM und hatte er doch mit den
Brüdern 1249/50 in Algarve Kriegsdienste gethanl*
Trotzdem glaube ich nicht, dafs die vatikanischen Lieder
1104 und 1105 von ihm sind.^ Die Art, wie Coelho dem Ver-
fasser derselben vorwirft, er habe nicht edlen Frauen gedient,
beweist nichts, da die Vornehmen sich gern rüde Wahrheiten und
Verleumdungen zuschleuderten. Die Gründe, warum ich jener
Auslegung nicht zustimme, sind andere. Erstens würde bei einem
so hohen Würdenträger der auszeichnende Zusatz Pinfo d* AUgreie
im Liederbuche nicht gänzlich fehlen, wie auch im Adelsbuche nicht
der Vermerk „er habe gedichtet'', falls er wirklich Ruf gehabt hätte.
Zweitens aber — und das ist das Entscheidende — nennt Coelho
in seinem indirekten Angriff auf den mit Lourenço tenzonieren-
den Herrn Joam Garcia diesen bald Joam Garcia, bald J o am
de Guilhade, je nachdem er fünf oder sechs Silben braucht;
und der dichterisch hochbegabte Cavalleiro^ der diesen Namen
nach seinem gallizischen Heimatsorte trägt,^ nennt sich selbst bald
D. Joam Garcia (CV. 354 und 358), bald Dom Joam de Gui-
lhade (CV. 348 und 341), bald Joam de Guilhade (ib. 343).
Dazu kommt femer, dafs die Liedergruppe 1097 bis 11 10, von
welcher die Tenzonen des Joam Garcia mit dem Spiel-
mann Lourenço einen Teil bilden, die allgemeine üeberschrift
Joam de Guilhade führt Nur in seinem dankenswerten, doch
nicht fehlerlosen und interpretationsbedürftigen Indice hat Colocci
vor die Streitgedichte dann noch die durch Lesung derselben un-
schwer gewonnenen Namen Jo, Garcia und Lourenço jograr beson-
ders vermerkt.*
* Hist. Gen., Provas VI p. 197 — 200 und I 206. Dazu auch Figanière,
Rainhas de Port., p. LX — LXI. — Nachdem D. Leonor AfFonso zum zweiten
Male Witwe geworden war, lebte sie im Hause der Rainha Santa D. Izabel
(1286) und später zu Coimbra im Convento de S. Clara (13 17).
* Mon. Lus, XV cap. 9. — Da er unter Sancho II. 1239 Dokumente
unterzeichnet (DoaçSo de Mertola, Here. 3. Ausg. II p. 496; DoaçSo de Alfajar
de Pena, ib. p.497), so mufs er beim Tode seines Sohnes (1273) schon recht
bejahrt gewesen sein. Einen Beweis dafür, dafs er damals überhaupt noch
lebte, kenne ich nicht.
' Hat er gedichtet, so sind doch seine Lieder fur uns verloren.
* Guilhade (oder mit span. Orthographie Guülade) kommt dreimal in der
Provinz Lugo und einmal in der Provinz Pontevedra vor. Die ersten drei
Ortschaften sind ganz unbedeutende lugarejos, die letztere (San Miguel de G.)
ist eine feïigresia der Diocese Tuy. Aufserdem giebt es noch in Comfia
ein GuiUade.
B S. die Anmerkung vor 1503, sowie 1493— 1494. — Statt 1503 moiste
es 1501 heifsen. Aehnliches z. B. vor No. 1508.
13*
196 CAROUNA MICHAELIS DE VASCOMCBLLOS9
Dieser D. Joam Garcia de Guilhade, àsx em cos del rey als
cavalleiro aus- und einging, muís von „kleinem Adel" gewesen sein,
da kein Nobiliario ihn kennt Doch war er ein Meister in seinem
Fach. £r zeichnet sich durch die herzhafte und dennoch leichte
Ironie seiner Verse aus, sowie durch die weniger schablonenhaften
Gefühle seiner Liebesgestandnisse, die Mannigfaltigkeit der behan-
delten Stofife, die Zahl seiner Lieder und ihre reiche Technik. £r
vergleicht seine Liebe mit der des Flores zu Brancafrol (CV. 358); er
fugt den Gedichten seinen eigenen Namen und den des Geburtsortes
ein; er verrät den Namen der Geliebten \ßlha dt Maria]; er läfst sie
dann in Frauenliedem über diese Thorheit murren, und mode-
widrige Scheltworte gegen ihn ausstofsen (CV. 371 Cabeça de cito); er
macht zwei Schwestern Vorwürfe, weil sie den Nonnenschleier er-
grififen haben; er feiert grüne Augen (CV. 30 und 344); redet von
Ritterspielen und besonders oft in prahlerischer Weise von Liebes-
pfandem (CV. 346, 347, 348, 350), die er gegeben und empfangen
habe; er erwähnt die hübschen Melodien zu seinen Texten (361);
erfindet moralisierende Frauenlieder (344 und 370); beteuert, er
stürbe nicht vor Liebe (354); verwertet Sprichwörter (CB. 1502)
— kurz, weicht in mancher Kleinigkeit vom „Ueblichen" ab.'
Für Coelho und andere Zeitgenossen wie Martim Soares mufs
er mit seinen 55 Gedichten ein gefürchteter Gegner gewesen sein!
Zur Erschliefsung von Daten dient mir das 37. Lied des CV.
Die besungene D. Dordia Gil, welche thatsächlich in das Kloster
zu Arouca trat,^ war eine Tochter des vor 1245 hochbejahrt ge-
storbenen Gil Vasques de Soverosa, des Alten, und seiner dritten
Gemahlin; ihre Leidensgefährtin D. Guiomar ist ihre Halbschwester,^
und beide nannten jenen Martim Gil, den verhafsten Günstling
Sancho's IL, welchem Esgaravunha 1245 entgegentrat, ihren Halb-
bruder.* Drei ihrer Ganz-brüder aber waren Sevilla-Streiter: D. Vasco
' Der liebeskrankc Ruy Queimado ruft in einem seiner Lieder (CB. 249
und CA. 142 und 143) Joam Garcia den Namen der ihn tötenden Geliebten
entgegen: Guiomar Affonso Gata. — [P. M. H.: Scrtptores I 162 und 323.]
Ob der Angeredete der Pinto d* Alégrete oder Guilhade. ist? — Doch wohl
der letztere?
* P. M. H. : Scriptures I p. 293, Titulo 2. — Mon, Lus, XVI c. 52 und
XVII c. 29.
3 Der Dichter sagt, die beiden boas donzelas , , , se forom perder e
matar. Wäre er König, so liefse er sie verbrennen zur Strafe dafür, daTs sie
prender om ordim, und mund* e prez verlassen hätten. — Solche ,JCetzereien**
waren an der Tagesordnung. Die „häretischen*' Lieder zahlen nach Dutzenden!
Ganz anderes wagt noch Gil Peres, Conde, der Vasall Alfons' X. Die Art,
wie er mit dem Gottessohn rechtet (weil seine Geliebte eine Himmelsbraut ge>
worden ist), und ihn geradezu zum Teufel schickt, sucht ihresgleichen (CB. 1527
und 1527). Auf den gleichen Gegenstand, doch anderen Geistes, ist ein Nonnen-
lied von Rodrigueannes de Vasconcellos (CB. 368^).
* Gil Vasques, der Alte, dessen erste Frau D. Maria Aires de Fomellos,
eine der Freundinnen Sancho's I., wurde, war ein Streiter fur Alfons 11. (z.B. 1220
bei Varzea, wo er vom Sohne seiner Frau, Martim Sanches, besiegt w\irde),
dann eine Hauptfìgur am Hofe Sancho's IL — 1235 und 1236 unterzeichnet
er als tenens Sausam, 1238 und 1239 ohne diesen Zusatz. S. Herculano H
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTÜG. LI£DERBUCH« IQ 7
Gil, D. Manrique Gil und Joäo Gil [1248]. Und die Vermutung
ist erlaubt, dafs die Geschwister sich an Jahren ungefähr gleich
standen.
In dem Scherz-Sirventes auf den geizigen infançon^ der seinen
Mantel nur alle drei Jahr erneuerte (CV. 1 103), vermeine ich Be-
züge zu der Hausordnung Alfons' UI. vom 11. April 1258 zu ent-
decken.^
Im Norden Portugals, in der Nähe von Barcellos und Faria
wohnt die hohe Frau, die Guilhade feiert ^ — wie Coelho meint,
mit Ungebühr (CA. 236 und 238). Aber auch in Spanien treffen
wir ihn (CA. 238) und zwar in Segovia, in einem Kreise kastilischer
Sänger, wie die Erwähnung der trotadores de Portugal zeigt (CV. 379).
Santarem wird wenigstens von ihm erwähnt (CV. iioo).^
Seinem eitlen Prahlen mit den Liebespfändem, die schöne
Frauen ihm gespendet haben, tritt Pedramigo entgegen (CV. 1 1 25).
IV. Airas Peres Vuitorom.* Ich bin einem Herrn dieses
Namens zwar noch nicht begegnet, doch gedenkt Argote de Mo-
lina in seiner Nobleza de Andalucía (II p. 169 und 104) eines pen-
insularen Adelsgeschlechtes Buitrón und weifs zu berichten, dafs
ein nicht näher bezeichneter Sprosse desselben sich 1 2 1 2 bei Navas
de Tolosa ausgezeichnet hat^ Dafs wir im Munde des Spaniers
im 16. Jh. ^Q Y onsi Buitrón, im Munde des Altportugiesen hin-
gegen Vutiorom fìnden, ist nur in der Ordnung: Wie bei der Mehr-
zahl der auf Spanien und Portugal verteilten Geschlechter wird
auch in diesem Falle gallizische Herkunft wahrscheinlich. Und des
Dichters im Liede 1087 bekundetes Interesse für Vogelschau spricht
p. 344, 388 und 495, wo es heifst: Gil V, de S. nunca abandona a corte,
und Aíon. Lus, XIV e. 12 und XV e. 4. — Schon 1177 war er übrigens grofs-
jahrig. S. Archivo de Vianna I p. 71.
* P. M. H.: Leges I p. 199, 200 und 209. S. besonders § 14.
' L^ aqui vej'' eu BarceUos e Faria und Ai que de coita levei em
Faria. — Dafs die im Bergschlofs von Faria thronende filha de Maria eine
Tochter der Maria Paes Ribeirinha (d. h. auch einer Freundin Sancho's des
Alten) und des im Minho ansässigen D. Joam Fernandes de Lima gewesen
sei — also entweder D. Tareja Sanches, welche dem D. Mem Garcia de Sousa
die Hand reichte, oder D. Mariannes, die sich mit Affonso Teiles de Cordova
vermählte — ist eine bloCse Vermutung von mir, die sich darauf gründet, dafs
die Burg Faria den Nachkommen jener Dame gehört hat, welcher der König
in seinem Testament die Minho-Städtc Parada, Pousadela und Vila do Conde
vermacht hatte.
* Auf die Gedichte an den Spielmann Martim (CV. noi und 1102)
nehme ich nicht Rücksicht, weil ich nicht weifs, ob er mit Martim Vaasques,
oder etwa mit Martim Moxa identisch ist. — Mit Jo3o Garcia, Sobrinho
de Nuneannes, welcher die Gedichte CV. 431 imd 432 verfafste, hat D. J0Í0
de Guilhade nichts gemein, wie ich schon in Gr. Gr. angedeutet habe.
* Der Index schreibt vuyton^. Vor Lied 1083 steht ebenso. Vor 1085
ueito^. In No. 102 3 findet sich don buy tor om und don uuytorô. Die Lesart
Vuitorom ist also die berechtigtste, auch vom Sinne geforderte, da die Sprache
kein Appellativum veitr.,, besitzt, das in der alcunka stecken könnte, wohl
aber vuitr . . . buür . . . vom lat. vultur = Geier.
* Das Familienwappen mit den „redenden" Raubnetzen für Feldhühner
und Fische stellt die Herleitung von vultur auCser Frage.
198 CAROUNA MICHAELIS DE VASCONCELLOS,
nicht dagegen. < A ussch lagere bend aber ist, dafs die Ortschaft !
Tirso de Buituron in der Provinz Comßa liegt-
Airas Peres, naît dem Zunamen Vuitorom, der seinem Solar
entstammen oder ein charakterisierendes Beiwort gewesen sein kann,
ehe er Familienname ward, mufs, wie der Leser schon weifs, ein
treuer Parteigänger des Sancho Capello gewesen sein — sonst
würde et in dem Sirventes CV. 1088 den Verrätern, welche dem
Grafen Alfons von Boulogne ihre Burgen überantworteten, gestützt
auf die päpstliche Bulle (welche sie des Treueides entband}, nicht
gar so grimmig mitspielen.^ Für dies und das 1090. Lied, worin
Alfons III., genau wie im voranstehenden Sirventes, nur „0 Còntle"
genannt wird, ist also als Entstehungsïeil die Spanne von 1245 — 48
gesichert
Meine Meinung über seine Spöttereien, ob der Blindheit und des
Jähzorns des Dom Estevam brauche ich nicht zu wiederholen. Oder
doch ! Die Erkenntnis, dafs das zweite, bereits erwähnte, zwischen
1245 und 1248 entstandene Gedicht auf den Coniit (CV. 1090) zu
gleicher Zeit ein Spottiied auf den blinden, einen König hassen-
den und einem Grafen anhangenden Dom Estevam ist, erlaubt uns
hier endlich festzustellen, dafs der kurzsichtige, von Coelho,
Tenoiro und anderen verlachte Dom Estevam, der mit Alfons HL
aus Paris heimgekehrte Estevam Annes, sein Milchbruder und nun-
mehriger Kanzler gewesen sein mufs!'
Der Hohn über einen altersschwachen D. Bemaldo im 1086.
Liede galt vermutlich dem bei Alfons X. beliebten Bern al de
Bonaval. An den Hof dieses Fürsten versetzen uns auch die
Salyren über den zwischen Astorga und Sahagun als Adílaníudo
' Im 331. valikanischea Liedchen {von Estevam Coelho), aas mit dem
reimlosen sprichwörtlichen Saicc „Ihr habt Geier ge^ssen . . .. denn ihr walir-
Mgt" seltsam genug abschliefsl, findet sich die t'u^lorom trEfflich enUprccheiidc
Vokabel avuytor (s. die folgemle Anmerknog). ^ Das Sprichwoit erinnert
BD den Branch der (igyptiicbea) Wahrsager, die du Herx von Raben, Sper-
bern und Maulwürfen vermehrten, um der wei«sageaden Elgenwhaftcn dieser
Tiere teilhaltig lu werden.
* Ebenda findet sich noch ein gleichnamiges kleines Neslchen und ein
Büilurtira. während ich im übrigen Spacien nur ein einziges Dorf Buitrón
(in Huelva) kenne. Cfr. Bmtrago in Madrid und Soria. — In Portugal tiog
•In Ftüfschen bei Vianna áo CasteÜo den Namen Vuyturino P. M. H. : Ligtt
I 691, das sich im Lauf der Zeit in Viterinhi verändert hat; auch ein Frauen-
kiuiter, gleichfalls im Gebiete von Vianna, hiefs Voyturinko (Link, p, 334). Dnd
die Sialic heìbt heute VUorino das Donas. Ein Gut AvUoreiroi (lüi Avm-
Itrfirai) besáis Marlim Annes de Soverosa und nach ihm seine Gemahlin
D. Belara (Hon. Lus. XVII c. 291. Als noch jetzt vorbanden verieichnet
Qberiliet die Ckorograpkta i&dtma lu einem Flecken Àbitureiras drei Abi-
lurfira, ein Aväurtira, ein Landgut Abulre. zwei Abuirtira, eine Avtturära.
■ Vgl. CB. 1477 A liaidade dt Sntrra pelti Beira muüo anda.
* leb drucke das Gedicht ab und erlaube mir die Abwandlungen von
twrr lu unterstreichen und zu bcmerkcD, dafs anter el rey der entthronte
Sancho verstanden werden mufs. Die Zeile ^i> gue s' agora 0 reino far tin
wird bedeuten, dafs noch ein Teil der Schio fsb erren die Treue gewahrt hatte.
DU Formeln nuntr'rl i for ... st o ConJt reinará und menir' o Conde assi
auvtr Sanlartm machen wabrscheinlicli, dafs noch an Rest von HoShong oder
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTUG. USDERBUCH. IQQ
schaltenden Fernán Diaz (CV. 1090 und 91) sowie die bösen Spöt-
tereien über einen von dem magtster juris Joam Nicolas nach dem
foro de Leon abgeurteilten Verbrecher (CV. 1096). Dies letzte Ge-
dicht und zahlreiche lateinische Citate im Verräter -Sirventes, sowie
die dunkle Stelle im Ammenlied IX, wo von alcas (oder alçadasÎ)
die Rede ist, führen zu der Frage, ob Vuitorom vielleicht Rechte
studiert hatte (in Palenda)? Eine weitere offene Frage bleibt es,
ob er etwa den König Sancho nach Toledo begleitete und am
spanischen Hofe verblieb? *
V. Martim Âlvelo. Der Leser weifs bereits, dafs die Ge-
dichte dieses Troubadours verloren sind und dafs allein die kurzen
Andeutungen in den ihm gewidmeten Liedern des Vuitorom
(CV. 1092), Coelho (1025) undD. Affonso Lopes de Baiäo
(1079) u^s Nachricht über ihn geben. Vielleicht schliefst sich daran
noch eine Zeile Alfons' des Gelehrten — falls der vom Könige mit
Bauholz bedachte Rivelo que andou em Portugal**^ (CV. 64) der Ver-
fasser der nicht gebuchten Lieder war.^
Aassicht auf ein Unterliegen des Grafen, und Siegen des abwesenden Königs
vorhanden war, der wohl aus Kastilien mit Hülfstmppen erwartet ward.
Dom Estevam diz que desamor
á com el rei, e sei eu ca ment' i . . .
ca nunca iHu prazer, pois foi aqui
o Conde, nem veerd mentr* el i for*.
E, per quant* eu de sa fazenda sei,
porque nom vem ao reino el rei
nom vee cousa ond* aja sabor.
Com arte diz que nom quer al rei bem . . .
ca sei eu d' el ca ja nom veerd
nunca prazer se o Conde reinará,
ca bem quit' é de veer nulha rem
Dom Estevam, ond' aja gram prazer!
D* est' é ja el bem quite de veer,
mentr* o Cond' assi ouver Santarem.
Porqué vus diz el que quer al rei mal?
ca rem nom vee ¡assi dés mi perdom!
que el mais ame eno seu coraçom,
nem veerd nunca. E direi vus al:
pois que s* agora o reino partiu,
prazer pois nimca dom Estevam tHu
nem veerd jamais em Portugal!
Das heifst ungefähr: Dom Estevam behauptet, er sähe im König etwas Böses
— doch ist das eine Unwahrheit — , denn nimmer hat er früher gesehen, noch
sieht er jetzt, noch wird er in Zukunft sehen gröfsere Lust als die ist, welche
er im König sieht. — Von der Abstanomung dieses Estevam Annes (s. oben
S. 165) sagt Herculano II l^T.filho de um fidalgo de Alem-douro cuja asceti-
dencia näo é bem conhecida,
» Vgl. Braga, Cane. Vat. p. LXVI; de LoUis 39 und 42. [Und jetzt
auch Lang 33 und 40]. — Die 17 Spottgedichte des Airas Peres Vuitorom
stehen im CV. 1085 — 1096.
* Auch noch in einer anderen Familie taucht der Zuname Alvelo auf,
nämlich bei den Vasconcellos Novaes. S. Mon, Lus, X e. 29 und XV e. 3 ;
P. M. H.: Scrittore s I p. 317 und 335.
200 CAROLINA MICHAELIS DE VASCONCELLOS,
Bin ich nicht auf Irrwegen, so handelt es sich in allen vier
Fällen um einen Ururenkel des Egas Moniz — also um einen Ver-
wandten des D. Joatn Soares CocUio —, von dem die Adelsbücher
ausdrücklich melden, er sei „bom cavalleiro e muy saborosó" ge-
wesen.' Sein eigentlicher Name wäre in diesem Falle Martim
Martins; Alvelo aber (das ich schon früher durch „Weifscben"
oder „Kakerlak" verdeutscht habe) ein blofser Zusatz,* den ihm,
wie schon oben vorgebracht ward, sein heller Teint und die weifsoi
Haare eingebracht hallen. Der \'ater aber wäre der vorzügliche
Dichter Martim Soares. der Hen der Ortschaft Baguim in der
Provinz Miuho am Limaflufs [di Riha de Limha)^ von welchem das
Liederbuch (wie gleichfalls schon gelegentlich vermerkt ward) die
Mähre meldete, nach dem Urteil der übrigen Troubadours sei er
der beste Dichter [seiner Zeit?] gewesen,' In der Familie scheint
die Redegabe und Fabulierkunst überhaupt erblich gewesen zu
sein, denn auch vom Oheim Joam Eannes da Gaia heifst es: „foi
cavalleiro de boa palavra e muiio saboroso" ^- und ein Bruder, JoSo
[Soares] da Gaia, ist im Liederbuch mit Versen vertreten.'
Dafs der von seinen Genossen so boshaft geschmähte Martim
tapfer war wie die Paladine Karls des Grofsen, so zwar dafs seine
Nachkommen den Zusatz Alvelo wie einen Ehrennamen beibehielten,
erzählt der folgende heraldische Fünfzeiler:
„De Baguim Martim Soares
a Martini Martins gernu,
„Alvelo" que sc chamou —
eaforç.ido como os Pares,
donde Alvelo fifo«,"'
Damit man es mir glaube, dafs der von Vuitorom, Coelho,
D. AFfonso Lopes de Batam und vielleicht von Alfons X. gekannte
' P.M.H.: Sfriflores I p. 272.
' Dafs ein groCaer Teil iler sUporlug. FamilieoDamen ursprünglich Spitz-
namen, aliunhas, für ein einxelne^ FamiUenglied waren; dafs die aiuasroilbaie
Sitte, Jedermann solcb ein indivi dualisieiendes Beiwort aOEuhÖncen. noch
heute in üppigster Blüte steht uud besonders vom Volke und der Jugend in
Schule und Universität gepSEgt wird, habe ich schon oilers Gelegenheit ge-
nommea zn erwähnen. — In diesem Aufsali begegnen uns an solchen sobrt-
«ijinff [s. CV. 1070, 363 und Scriptorts I p. 383] ; Esgaravunha, Alvela, Kiei-
íDroni(?), Pinto, Baveca, Gata. Der CandoHeiro bietet noch viele andere:
Camela, Bodalho, Sacco, Sola, Chora, Cheira, Corpo-delgade. Im AdeUbuche
kommEn sie ftuf jeder Seite vor — oft von so barbarischer Rohheil, dab äie
Feder sich sträuben würde, sie nachzuschreiben — oft aber auch von kraftvoller
Schönheit: CabtUos d'auro. Dits cuatro mäos, MSos ^ Aguia, Bel-Pastor,
Lud/er, PBa-eenleio, Tiçoin. Ein hübsches Beispiel lese ich aus dem Livro
de lÁnhagtm p. 169 und 334 auf. Da ersi:heineD als Kinder des Ptre Soaret
Eicaldado: Jaain Firn Redondo. Pero Pires Cotlho, Martim Pirn
Zote. Pero Pires Brava und Maria Pires Brava. — Vgl. übrigens audi
Rev. Lus. I 147; Zschr. XIII a¿i-j und Lang. Denis von Portugal p. CFV.
■ CB. 116.
schun in der F.imiltc Sousa,
RANDGLOSSEN ZUM ÂLTPORTUG. LIEDERBUCH. 20I
Âlvelo eins mit dem den Namen Martím Martins Âlvelo führenden
Sohn des Martim Soares gewesen sein kann, muíste ich noch Ge-
naueres über die Lebenszeit dieses letztgenannten Troubadours
mitteilen. Ich thue es an dieser Stelle nicht, weil meine fünfte
Randglosse „lieber die Grafen -Enkelinnen (CB. 147)" sich ein-
gehend mit ihm beschäftigen wird. Hier sei nur vorweg genommen,
dafs Martim Soares, wenn meine Untersuchungen erfolgreich und
meine Resultate annehmbar sind, schon 1220 mündig war, in der
voralfonsinischen Zeit dichtete, aber auch noch in die Tage Alfons' III.
und X. hinûberreichte.i
VI. Lou renco Jograr.* Er ist einer der hervorragendsten
Spielleute, von deren Thätigkeit das altportugiesische Liederbuch
Zeugnis ablegt — einer von denen, die sich den Namen trotador
mit Recht zulegten, da sie eigene Werke im höfischen Stile schufen,
die völlig gleichwertig mit denen der adligen Dichter sind. Sein
Wissen und Können war in die Augen stechend. Dafs er des
Lesens kundig war, wird übrigens besonders erwähnt (CV. 1032).
Er besafs Zungenfertigkeit, Witz und Stirn, tenzonierte daher mit
Vorliebe, und nicht ohne Glück.' Das genügte, um den Neid und
Hafs der adligen Kunstgenossen zu erregen. Die mafslose Eitel-
keit, mit der er diese Vorzüge rühmte, sich selber pries* und den
^ Martim Soares war ein Sohn des Soeiro Pires da Maya und stammte
somit, als Urenkel, von D. Soeiro Meendes, o odo, der eine Schwester der
Königin Thérèse zur Frau gehabt hatte.
' Im 1022. Liede wird er Pero Lourenço genannt. Mit dem unglück-
lichen Häuserkäufer gleichen Namens, der im 1051. vorkommt, wird er kaum
identisch sein. — In CV. 1032 (Z. 22), wo Th. Braga Laurence Bannes druckt,
schlage ich vor Lourenço, em as terras u andei zu lesen. — S. oben
S, 179 Anm. 3.
3 Kein einziger anderer portugiesischer Dichter hat uns, wie Lourenço,
ein Erbteil von acht Streitgedichten hinterlassen. — Nach ihm kommt Coelho
mit vier Nummern (101 1, 1021, 1022, 786) und ein Ret, der wahrscheinlich
Alfons X. ist, mit ebenso vielen (465, 477, 1158, 15 12); dann mit je dreien:
D. Joam(i009, loio, lOii), Pedr* Amigo (826, 1509, 1550) und Joam Vaasques
1035, 1550» 1551); roit je zweien: Pero da Ponte (556, 1186), Joam Baveca
(826, 1198), Joam Garcia (1104, 1105), Joam Aires (iSSit 692)1 JuiSo (14, 786).
Daran schliefsen sich mit nur einem Versuch : Abril Peres (663), Bemal de
Bonaval ^663), Aifons Eannes do Cotom (558), Vaasco Martins (27^, Vaasco
Gil (1512), Vaasco Peres (1509), D. Arnaldo (477), Garda Peres (405), Martim
Soares (144)» Paai Soares (144), Garcia Martins (1186), Paai Gomes (1158),
Pero Garda (1034), Rodrigu' Eannes (1032), Picandon (1021), Pero Martins
(1020), D. Vaasco (1020), Estevam da Guarda (920), Dom Jusep (920), Mem
Rodrigues Tenoiro (14), Aifonso Sanches (27), Martim Moza (472), Pero
d'Ambroa (1198) und Rui Marques (642).
* Lourenço behauptet: eu ei mut gram sabedoria de trabar (1034) . . .,
sei bem trabar e fago cantares mui hem feitos (1032) . . ., ca nunca s' orne
défendeu melhor dos qtie vam com el entençàr und
Pero o muitos vêem cometer,
tarn bem se sab' a todos defender
em sen trobar, per bSa fé,
que nunca o trobadores vencer
poderam, tam trobador é.
Das ganze 868. Fraaenlied, dem diese Zeilen angehören und in dem er seine
202 CAROLINA MICHABUS DE VASCONCELLOS,
höfischeo ¡robadores gleichstellte, sie herausforderte und hänselte,
vornehmen Damen Gedichte widmete, und gewirslich auch Gunst
und Gaben erntete, thateu den Rest. Man machte ihm in Portugal
das Leben unleidlich, griff ihn ¡n Streitgedichten an,' verbat ihm
den Zutritt bei Hofe unter dem Verwände, er schände die edle
Sangeskunst, wisse weder zu fiedeln, noch zu singen, noch Verse
richtig zu bauen und sei aufserdem ein sittenloser Trunkenbold
(CV. loii, HO4; vgl. 1005}, ein Niedriger (m/äu, 1032), ein Auf-
schneider [^= chii/ador, 1032), Prahlhans, Liederdieb (i02z), Läster-
maul (1009) und anderes mehr. — Ob es ihm am spanischen Hofe
besser ergangen isi?^ — Ich bezweifle es,
Dafs er, meines Erachtens, nicht ständiger und bestallter
Spielmann be! D. Joam Garcia war, ward schon angedeuteL Wenig-
stens sehen wir ihn im Wortgefecht und Streit mit vielen anderen,
Grofsen wie Kleinen: erst in Portugal und dann in Spanien. Die
Beteiligten sind: D. Joam d' Aboim (t 1287; CV. loio): Coelho
(Ib. 1022 und 1501): ein Rodrigueannes (1032), in dem ich nicht
Redondo, sondern Alvares vermute, auf Grund von CV. 562;
Pero Gar eia {1034); Pedr'Amigo(i033 und iïOï); Joam Garcia
(1104 und 1 105) und Joam Vaasques [de Talavera]* (1035), d. h.
lauter Dichter, welche in die Zeit Alfons' 111. und Alfons' X. fallen,'
eigene Person durch däs Spracbrohr eiaes Frauennmndes preist, ist eine nniige
grofíarlige ..gaberit". — Die Phrase „u mcu cantar for, nom ocha rei nam
[acha\ iiHferaJor, que a nom colha" ward schon angeíñhit,
' Wiederum ist es Loutenço seJbst, dn nos von diesen, ihn chrendai
Angrifftn enähll, i. B. in CV. 103Î Radrigu' Bannes, queria sabtr ,U vos
porque m* ides sempre trovar em meus cantares und No- 1O34 Quero que
julgMedes, Pero Garda, d' antre mim e tgdolos trabadores gut de men Irobar
som desdetiäores. Man lese die Lieder CV. lojz, 1034, 103^. Erhalten sind uns
die Angriffe des Joam Garcia (1104 nnd 1105). Doch sprechen auch uideTC
trotadores ììhA jograres von den Vorwarfen, die man ihm mschle. Pedi' Amigo
t. B. ral ihm ausdrücklich abzulassen, von den drei Künsten, die er doch nicht
verstehe, d.h. vom Dichten, Fiedeln und Singen (CV. I20l).
• Wir heailïen von ihm 14 Cantigas de amor (CV. 693 — 706), 7 Can-
tigoi de amigo (CV. 865 — 871), S Ten(B)s und l Sirventes, die untei die
(antigas de escarn' e malditer Tallen (CV. loto, roiz, IOJ3, IO34, ID35, 1 104,
tl05, CB. 1501 und 1033). — Vgl. noch Anm. 4.
* Joam Vaasones de Talavera (ein Ritler, wie mir scheint) hinterliefi
uns 4 Liebeslieder (CV. 41 — 43), 8 Frauenliedei (CV. 371 — 79) und 7 Spott-
lieder (CB. 1545 — 1551). Verloren scheinen einige Stücke, in denen er sich
als Weiberfeind aurspiellc (cü. CB. 1551). Datieren ISfst sich, und xwar im»
dem Jahre 1274, eine Tenzone mit Pedi* Amigo (CB. t5;o) über die geplante,
doch oichi verwirklichte Reise Alfons' X. nach Rom ïur Kaiserweihe. Daiu
pafst, dafs er in die Skandolgedichle gegen die Kourtisane Maria Baltcira
einstiramt. Die Temone mil Joam Aires braucht nicht erheblich später ent-
standen zu sein. S. oben S. 172 Anm. 2.
' Das Sirvenies CV. 1036, von dem die begleitende alte Anmerkung sagt;
esta cantiga de cima foi fetta em tempo del rei doni Alonso a seus privados
kommt im Liederbuch einmal unter Louren^o's Namen, ein zweites Mal aber
nnter dem des Martim Moia vor (CV. 471). Diesem langlebigen, got ge-
schulten Dichlet, welchen der Spielmann A° [••Alvaro? oder Afibnso.^
Gome*, HUI dem galliiischen Städtchen Sarria, als einen Methusalem verlacht
(CV. 470}, ^ube ich, es zusprechen zu müssen, weil Moxa uns mehr&cb
RANDGLOSSEN ZUM ÂLTPORTU6. LIEDERBUCH. 203
Loorenço's Aeufserung „weder König noch Kaiser weise seinen
Liedern die Thür** ward schon verwertet, und führte zu der An-
nahme, das Gedicht, in welchem sie enthalten ist, sei zwischen
1257 und 1275 entstanden.
VII. Juiäo Bolseiro. Da dieser nicht ungewandte Spiel-
mann uns nichts als zwei Liebeslieder (CV. 667 — 668), fünfzehn
hübsche Frauenliedchen (ib. 771 — 785) und die zwei Tenzonen
mit Coelho {786) und Tenoiro (CV. 14) hinterlassen hat, die schon
in Erwägung gezogen sind, kann ich mit Bezug auf ihn weiter
nichts niederschreiben, als dafs er eben ein Zeitgenosse jener beiden
Troubadours war.
Wir sind am Ende — ohne greifbare Ergebnisse erzielt zu
haben. Ich rekapituliere daher in Kürze das Gesagte.
Ein fester Zeitpunkt ward für die Ammenfrage nicht gewonnen,
obwohl sich die Lebenszeit der daran Beteiligten ungefähr fest-
stellen liefs.
Als gesichert darf nur das eine gelten, dafs sie zwischen 1 24 1
und 1284 abgehandelt ward, d.h. zwischen dem ersten Auftreten
des D. Joam Soares Coelho und dem Todesjahr des D. Fer-
nam Garcia Esgaravunha. Innerhalb dieses Zeitraums haben die
sechs Ammendichter ihre überhaupt datierbaren Lieder verfafst,
oder anderweitig gewirkt: Coelho selbst von 1241 bis 1279;
Esgaravunha von 1245 bis höchstens 1284; Vuitorom bald nach
1245; D. JoSo Garcia um 1248 und 1258; Lourenço zwischen
1257 und 1275; Juiao während Coelho lebte. Nach Ausscheidung
des Estevam da Guarda aus dem sie umgebenden Dichterkreise,
und nach Verlegung des Mem Rodrigues Tenoiro und Pero
G arci a aus der dritten und vierten Periode des Minnesangs in
die zweite, bleibt kein einziges der von den Ammendichtem aus-
gegangenen oder auf sie bezüglichen Lieder übrig, das auf spätere
Ereignisse oder Persönlichkeiten Bezug nähme.
als ein die Laster seiner Zeit geifselnder, gern moralisierender Dichter gegen-
übertritt (CV. 473, 481 und 502), während Lourenço keinerlei Neigung zum
Sittenprediger verrät. Da es aber offenbar zu derselben Zeit und aus gleichem
Anlafs wie das 1038. Spottgedicht des Grafen von Barcellos entstanden ist,
mufs es wie dieses auf den Bischof von Visen Miguel Vivas und seine Ge-
nossen, d.h. auf die Günstlinge Alfons' IV., gemünzt und zwischen 1328 und
1335 entstanden sein. — Ja wahrscheinlich gehörte es sogar zu denjenigen
Cantares dé Aíartim Moxa, welche boshafterweise eben jenem aragonesischen
Prälaten vorgesungen werden soUten, während er den Tafelfreuden so ergiebig
fröhnte, dafs seine feurige Tomatennase — oder nein, seine zum Teil blaurote
[cärdeo) Beringellen-, Feigen-, zum Teil kräftig rote Scharlach-, Dunkelrosen-,
Arbutus-, und Himbeer-Nase davon ein leuchtendes Zeugnis ablegte (CV. 1062)!
Auf die nicht kurze Reihe von Fragen, die sich an Moxa's Lieder schliefst,
darf hier nicht weiter eingegangen werden. — Nur eines sei verzeichnet: dafs
aus dem mitgeteilten raztfamento zum Liede CV. 1036 — wenn es thatsächlich
von Alfons IV. wie von einem spricht, dessen Zeit in der Vergangenheit
liegt — geschlossen werden darf, der Cancioneiro sei nach dem Tode dieses
Königs, also nach 1357, zusammengestellt worden. In diesem Falle könnte
der âraf von Barcellos (f 1354) nicht der Sammler gewesen sein.
204 CAROLINA MICHAEUS DB VASCONCELLOS»
Und sehen wir im Verlauf jener 43 Jahre in Portugal tmd
Kastílien auch verschiedene Könige einander folgen» die sämtlidi
in Beziehungen zu spanischen Troubadours standen und Anlafs
wie Gegenstand für allerhand Dichtungen wurden, so haben unsere
Sänger und ihre Genossen sich dennoch nur mit Alfons IIL^ und
Âlfons X. beschäftigt und an ihrem Hofe geweilt Das berechtigt
uns, sie zur alfonsinischen Epoche zu rechnen, selbst wenn sidi
bei eingehenderer und besser geführter Untersuchung Beziehungen
zu D. Denis ergeben sollten (der übrigens ja selbst noch als In&nt,
während der Lebenszeit des Vaters und Grofsvaters, also in der
alfonsinischen Epoche, die Grundsteine zu dem Musenhof gelegt
haben wird, dessen Centralsonne er später ward).^
Für die Troubadours wichtige Begebnisse, an welche die
Ammenlieder anklingen, sind binnen der angegebenen Frist: die
Veröffentlichung des vielleicht durch Verfügungen der Siete Partidas
hervorgerufenen Regimentó dei Rey Alfonso III, und anfserdem die
Verbreitung des mit den Cortes von Santarem ungefähr zusammen-
fallenden Erlasses Alfons' X. über Rangordnung und Namengebung
der verschiedenen Dichtergattungen. Bei der ersten Gelegenheit
oder bei der zweiten könnte der kleine Sängerkrieg, von dem ich
erzählt habe, stattgefunden haben: das wäre 1258 oder 1275.
Fände sich jedoch ein älteres Dekret über die Troubadours aus
den Jahren 1240 — 48, so würde ich für Ansetzung dieses früheren
Zeitpunktes stimmen, weil sich fur einen damaligen Aufenthalt des
Vu it or om sowie Esgaravunha's und Coelho's in Spanien Gründe
angeben lassen, und weil die Klagen des Abril Peres über die An-
msiisung der Lohndichter, welche die Schranken durchbrachen, die
sie von den vornehmen Dilettanten trennen sollten, aus eben jener
Zeit stammen.
Welcher Ansicht der Leser zuneigen wird, vermag ich nicht
vorauszusehen.
Zu den Erörterungen über das, was ich gegen die drei Mög-
lichkeiten zu sagen wüfste, füge ich zum Schlüsse nur noch einige
allgemeinere Betrachtungen in Form von Fragen.
Gegen das Datum 1275 kann man einwenden, dafs die Haupt-
Ammendichter damals bereits Graubärte gewesen sein müfsten (ich
meine Coelho, Esgaravunha, Vuitorom). Sollte ihre relativ kleine
poetische Barschaft sich wirklich auf Zeiträume von drei Jahrzehnten
verteilen? Nehmen wir die immerhin stattlichen 51 Lieder Coelho's
zum Beispiele, so käme durchschnittlich auf jedes der 38 Jahre (von
1241 — 79) ein und ein drittel Lied, oder wenn wir den verlorenen
Teil als ebenso grofs wie den erhaltenen berechnen, zwei bis drei
Cantigas. Mir scheint das äufserst wenig, selbst wenn ich einer-
^ Vuitorom, der Anhänger Sancho's II., spricht zwar von diesem König,
doch betreffen die von ihm behandelten Ereignisse besonders den Nachfolger.
* Alfons III. starb 1279; Alfons X. 1284; seit 1271 aber hatte der junge
Thronfolger seinen eigenen Haushalt.
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTUG. LIEDERBUCH. 2O5
seits bedenke, dafs der Dichter möglicherweise ebenso viele Me-
lodien dazu verfafste, die Ausführung von Niederschriften, sowie
die Einübung des Vortrags durch einen geübten Spielmann über-
wachte; und andrerseits erwäge, dafs in einer so konventionellen
Kunst- und Hofdichtung, die wie ein Adels-sport kultiviert wurde,
das Talent des Einzelnen wie seine sonstigen gesellschaftlichen
Tugenden nur bei aufserordentlichen Gelegenheiten in Anspruch
genommen werden mochte.* — Ist es nicht geratener, wo Thatsachen
nicht ausdrücklich widersprechen, an einen kurzen, rasch verblü-
henden Liederfrühling zu glauben? — Sehr wohl! . . . Doch wissen
wir ja, dafs Alfons X. bis fast an sein Lebensende gedichtet hat,
und meine Auseinandersetzungen haben gezeigt, dafs z. B. von den
Cantigas des Estevam da Guarda eine vor 1300, eine andere nach
1330 und wieder eine nach 1352 verfafst ward, und auch den
Grafen von Barcellos liefs ich bis kurz vor seinem Tode dichten.
Was sie so spät lieferten, sind freilich keine Liebeslieder, sondern
bei Alfons X. fromme Weisen und schlicht-episch erzählende Wunder-
berichte, und in den übrigen Fällen Spott- und Scherzverse —
aber es sind doch Gedichte. Statt alle Produktionen eines Trou-
badours in seine Jugend zu verlegen, müfsten wir also eine erste
Blüte- und eine herbstliche Erntezeit ansetzen? und von den zwei
gegensätzlichen Liederkategorien, in welche die Werke der meisten
zerfallen, vielleicht die Cantigas de amor der ersten, die Cantigas de
escarnK e maldizer aber der zweiten zurechnen? Und Coelho gegen-
über, dessen erstes und zweites Ammenlied den Ton der Liebe an-
stimmt, während die übrigen eine satyrische Wendung nehmen,
müfsten wir uns helfen, indem wir bei ihm einen späten Johannis-
trieb voraussetzten, von wenig Tiefe und Dauerkraft?
♦
Vuitorom sagt zu Qielho: „wir hier verstehen uns aufs Dichten,
ca hem irobamos d* escarnK e </' amor,^^ Von den cantigas d^ amigo
spricht er nicht Noch ein anderer Zeitgenosse, der am Hofe
Alfons' X. lebende (1259 dichtende und 1280 gestorbene) Gon-
çal' Eannes do Vinhal, welchen ELastilien und Portugal für sich in
Anspruch nehmen dürfen, thut dasselbe (CV. 1007). Schwiegen
sie von den Frauenliedem, weil sie dieselben in die Cantigas de amor
miteinbegriffen, um mit möglichst wenigen Worten Erotik und Satyre,
Liebe und Spott als die beiden Gebiete zu bezeichnen, auf denen
die Fabulierkunst der Portugiesen sich betätigte? Oder kannten
beide in der That die cantigas de amigo überhaupt nicht? * Wurden
^ Dais so mancher Autor im altportug. Cancioneiro und im Cancioneiro
Gerat nur mit einem einzigen Gelegenheitsgedichte vorkommt, erklärt sich auf
diese Weise gut ,Jn der Not .... dichtet selbst ein Vasco da Gama oder
Albuquerque.*'
* Von Vuitorom besitzen wir, wie auf S. 199 Anm. i schon festgestellt
ist, nur Spottgedichte. — Gonçaleannes hingegen hat selbst Frauenlieder ge-
dichtet (CV. 307 — 313). Wo es geschehen sein mag — ob in Portugal oder
Spanien — bleibt eine offene Frage, solange nicht genau dargelegt ist, was
206 CAROLINA ÌOCHABUS DB VASC0NCELL08,
dieselben im Dichterkreise Alfons' X. nicht gepflegt? Herrschte an
den verschiedenen Höfen und unter den verschiedenen Königen,
d. h. in den verschiedenen Perioden, ein merklich anderer Ton?^
Hat eine Entwickelung des portugiesischen Minnesangs von strenger
Nachahmung der Provenzalen zu freierer Verwertung heimischer
Elemente, von der manetra de proençal zur mantira de Bernal de Bona^
V€d und der gallizischen Spielleute stattgehabt? von den höfischen
cantigas de amor, in welchen der Dichter von seiner spröden Herrin
die konventionelle Lüge verbreiten muíste, sie habe ihm nie und
nimmer die kleinste Gunst gewährt und quäle ihn zu Tode, zu
den cantigas de amigo, welche Mädchen aus dem Volke, die Spindel
in der Hand (321), am Waschteich beschäftigt, an der Quelle
Wasser schöpfend, tanzend bald unter Pinien, bald unter Granat-
bäumen, bald um Haselbüsche, oder zur Wallfahrt schreitend vor-
führen, und aus der entgegengesetzten Situation — erwiderter
Leidenschaft und vielfaltiger Gunstbezeugung von Frauenseite —
erwachsen sind? 2
Antwort auf diese Fragen kann nicht hier beiläufig, sondern
nur auf Grund ausführlicher Untersuchung des ganzen Liederbuches
gegeben werden.
Einige Bemerkungen über dunkle, seltne oder bemerkenswerte
Worte und Sachen mögen den Anhang bilden. Ich bringe sie
in der Reihenfolge, in der sie uns begegnen.
Desguisadoi Zeile 3 tam desguisada cousa^ 13 causa lam des-
guisada = „eine so unschickliche Sache, eine solche Verkehrtheit**,
cfr. CV. 26 und 177. — Z. 126 mui desaguisadas novas „sonderbare,
thörichte Nachrichten**. — Das Gegenstück heifst guisado, aguisado
„Passendes, Schickliches, Rechtes** CV. 193 und öfter.
Bem-talhado Z. 7 „schÖDgebaut, wohlgestaltet** CV. 24, 137,
153, 155, 199, 278. — Das Gegenstück mal-talhado z. B. CV. 1149.
jeder einzelne Dichter an Cantigas de amigo, de amor und de escamho ge-
liefert hat.
' Wenn man z. B. die Schmähgedichte Alfons' X. (und seiner Scharen)
mit denen des D. Denis (und Gefolge) vergleicht, entsteht die Vorstellung, es
hätte in Kastilien, bei kraftvollerem und reicherem Talent, ein zügelloserer
Ton geherrscht als in Portugal. Entspricht sie der Wahrheit? Waren Baveca,
Da Ponte, Pedramigo, Ambroa, Alfons X. selbst unbewuiste Vorläufer des
Schelmenromans und der Celestina-Litteratur? — Wenn übrigens der Verfasser
der 400 Marienlieder, dessen weises Gesetzbuch den nationalen Mifsbrauch
„verbotener Worte" so energisch bedroht, an seinem eigenen Hofe so ergiebig
schmähen liefs und selber schmähte — es entschuldigend, sobald es in ge-
bundener Rede geschah — , so wäre das ein weiterer charakteristischer Beitrag
zur Psychologie seines widerspruchsvollen Charakters — und überhaupt des
spanischen mystisch frommen, chevaleresken und doch so pikaresken Tempe-
ramentes.
' Beachtung verdient besonders das 830. Lied des CV. Vgl. auch 123,
240, 556, 1032 u. a. m.
I
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTÜG. LIEDERBUCH. 20^
Boas man ha S Z. 23. Hier, und öfter, bezeichnet es „Hand-
fertigkeit, Geschicklichkeit", was fur die Etymologie man-^a (statt
manua) spricht
Fiar Z. 25 „spinnen" {filare). Sonst kommt imi fiar „trauen"
{fidare) vor. — Ein einziges Lied (CV. 321 Sedia la f rentosa seu fuso
torcendo) spricht aufserdem noch vom Spinnen der portug. Frauen,
das die spätere Liederpoesie so haufìg als poetische Situation ver-
wertet hat. S. Crisfal 41 und Camöes, Soneto 41 (== 36).
Tecer Z. 2^, 82, 90, 91, 96, lOO, 138, 142 „weben;
Te cedo r Z. 77 und 123 „Weberin". — Sonst wird vom Weben
im Liederbuche nur noch einmal gesprochen: CV. 1185. Daselbst
höhnt ein Troubadour eine Maria Dominga, weil sie ihre Tochter
nicht nützliche und einträgliche Frauenarbeit, sondern müfsige und
galante Künste lehre. Zum Publikum gewendet, ruft er
E quem d' aver ouver* sabor,
nom ponha sa fìlh' a tecer,
nem a cordas, nem a coser,
mentr' esta roestra aqni for',
que Ihi mostrará tal mester
porque seja rica molher.
Was sie lehrt, ist „Pafsgang": yfomo sahha mui dem amòrar" =
ambulare. Ich denke, damit sei die Gangart der Südländerinnen
gemeint, die sich durch Tragen von Lasten auf dem Kopfe daran
gewöhnen, in sehr gefälliger Haltung mit steifem Nacken und
aufrechter Büste, doch auffälliger Bewegung der Hüften einherzu-
schreiten.
Talhar Z. 26 = „zuschneiden". In dieser konkreten Bedeu-
tung nur hier.
Fazer limp ha vida Z. 28 -=» wörtlich: „ein säuberliches Leben
machen oder bereiten". Noch heute sagen die Kinder des Volkes,
so oft sie vor einer mit weifser Wäsche reichlich gefüllten Truhe
oder einem Wäschschrank stehen, ein bewimdemdes: é urna lim-
peza! oder está urna limpezal
Quei jadas Z.31. Heute bezeichnet man damit eine Art „Sahn-
kuchen" ; früher benannte man wahrscheinlich den „Sahnkäse" so. —
Auch Alfons X. spricht von der Bereitung desselben und liefert bei
dieser Gelegenheit noch einen kleinen Zug zum Bilde der Hausfrau.
In ergötzlichen Spottversen auf gewisse neumodisch geputzte Herren
(CV. 75), zeichnet er sie mit schnurbesetztem engen Rocke, der
die Körperformen abzeichnet, mit breitem seidenen Leibgürtel, die
Zipfel des Mantels nach vom schlagend (wie der Ochs mit dem
Schwänze thut, wenn ihn Fliegen peinigen) und mit kurzen hoch-
gekrämpelten Aermeln gleich den Bäckerinnen
bem como se adubassem queijadas
ou se quisessem tortas amassar.^
1 Vom Backtrog = masseira ist in CV. 1068 und 1080 die Rede. Der
escu£ a colo cue foi d* üa masseira ist doch wohl der ehemalige Deckel
dnes Knettrogei?
208 CAROUNA MICHAELIS DE VASCX>NCBLLOS,
Cr as tar Z. 36. Uebergangsform zwischen castrar xxná crestar,
das heute nur das Ausnehmen des Bienenstocks bezeichnet. Cfr.
crestello neben crastello von castrum.
Ver r de s Z. 36. PI. von verräo, Augmentativ vom lat. verres \
heute nur varrdes und varrasco,
Galides Z. 38. Dafs es sich hier um Hähne handelt, die man
in Kapaunen umzüchten wollte, stellt capar sicher. — Doch kommt
das seltsame Augm. mit dem ungerechtfertigten i sonst, meines
Wissens, nicht vor. Galeirdes (P. M. H.: Leges I p. 190) benennt
Feldhühner, gallaron den grofsen Hahn, cfr. gallaron Alex. 2014.
An gavides [span, gemíanles = Gabelsperber] kann nicht gut ge-
dacht werden.
Catar hem argueiro Z, ^o; „Staubchen oder Splitter [aus
dem Auge] suchen und entfernen"? Wenigstens benennt argueiro
heutzutage nichts als den Splitter im Auge des Nächsten, und das
„Sonnenstäubchen", aus dem die vergröfsernde Phantasie einen Ele-
phanten oder einen „Ritter" macht {/azer de um a. um cavalletro).
Was für Sinn und welche abergläubischen Bräuche man mit dem
Entfernen einer Wimper verband, ist mir unbekannt Siehe die
folgenden Worte.
Es cantar Z. 41, ì Das Zeitwort bedeutet „verzaubern", aber
Escantaçom Z. 42. J auch „entzaubern, beschwören, besprechen";
das Hauptwort: „Zauberei, Verzauberung", aber auch „Entzauberung,
Beschwörung, Besprechung**. 1 Die schwierigen Zeilen lauten in der
Vorlage: Ees cata he p olhe p calheyro Essabe muita hda escantaçon.
In der ersten ist zweifelsohne vom „bösen Blick" die Rede. Noch
heute heifst die Verhexung durch ihn: escanto. Beim Besprechen
eines durch den mau'olhado Krankgewordenen sagt man:
Dois to escaniam [= zwei (Augen nämlich) verhexen Dich],
tres to tir am [= drei entzaubern Dich],
qtu säo: padrCt filho^ espirito santo»
Verschiedene obrigkeitliche Verordnungen verbieten solch „heid-
nischen** Brauch. Besonders der Lissaboner Erlafs vom J. 1385.
Darin heifst es; „daqui e deante em esta çidade, ne em seu termo, ne-
hua pessoa nd ohre de feitiços ne de legamentos, ne de chamar os diabos
ne descantaçdes ne dohra de veedeyra, ni ohre de carantullaSy ne
dagoyrosy ni de sonhos, ne dencàtamentoSy ne lance roda^ ne lance
sortes, ne ohre dadeuinhamento em algûa guisa q deßeso seja per diretto
çiuel ou canonico; ne outro sy ponha mào, ne meça cita, ne s can te
olhado'^!^ Doch fehlt es nicht an anderen Erlassen, die den Benze^
dores und Feiticeiros die Ausübung ihrer Künste gestatten, so sie
nur einen königlichen Erlaubnisschein vorzeigen könnten. Aus dem
* Altspan, escanto (z. B. Fita 683, 730; Dom. 403, 640; Duelo 91 ;
Alex. 514); escantar (Fita 684, 255); escantament (Fita 258); escantador
(Oria 105).
« S. Th. Braga, Pavo Portugués II p. 90, 93, III und öfter; Leite de
Vasconcellos, Tradiçdes p. 203. E. F. de Oliveira, Elementos para a Historia
do Municipio de Lisboa, Liss. 1885, ^^* ^ P* 275*
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTUG. LIEDERBUCH.
209
16. Jh. sind verschiedene erhalten.^ Einer davon spricht ausdrück-
lich von der graça que deus nosso senhor pos e deu a Catelina Poes
. . . acerca de benzer dos olhos e tirar arguetros, ein anderer
von benzer d* olhado?-
Im altportug. Liederschatz selbst begegnen wir der Formel
escantar olho mao wenigstens einmal.
In einem Spottlied eines Königs Alfons auf einen geizigen und
abergläubischen Granden, das ich zum besten gebe, heifst es:
Direi -vos d' um ricome
com' aprendi que come!
Mandou coser o vil orne
mdo rabo de cameiro:
assi com' o cavaleiro !
£ outro meio filhou
e peitea-lo mandou,
ao colo o atou
em tal que o nom aolhasse
quem o viss' e o calasse!
£ pois ali olhou (?)
estendeu-se e bracejou;
por Da velha enviou
que o VC esse escantar*
d* olho mao e manejar (?).
A velha diss' alai :
„d' aquesto foi, nom d' al
que comestes mui mal."
£ começou de riir
muito d' el e scamir.
Nunca vus diss' assi:
fiinda mester á i.
Dom Aifonso diss' atal
&ça xo quem faz o al.' (CB. 461 = 353.)
Vielleicht kommt es noch öfter vor. In CV. 984 kann das olho mao
wirklich ein krankes Auge sein; im lOgi.Liede wohl kaum: da
liefse es sich am besten mit „Pech" oder „Unstern" übersetzen.^
Von escantaçom erzählt uns Alfons X. drei Geschichten: erstens
von einer Wutkranken et foi tan rùviosa . . . que a nom podiam \ teer
em prifles \ nem valiam ervas \ nem escantaçdes^ (CM. 319); zwei-
tens von einem Bauersmann, der geme Bienen haben wollte,
et foi pedir a conssello
a fla velha sorteira
* S. Etv. Lus, ni p. 329 — 347: Benzedores e feiticeiros do tempo de el
rei D, Manuel, von P. d' Azevedo (besonders p. 335 und 344).
' PS. In der ausgezeichneten Studie, welche F. A. Coelho 1894 i° ^^^
Rev. de Sciencias naturaes e sociaes, Bd. III p. 117 — 124 und 169 — 185 unter
dem Titel »»Quebranto" über den bösen Blick veröffentlicht hat, wird über
die Formel escantar per calheiro kein Licht verbreitet.
* Die Vorlage bietet fllschlich escaZtar, — Dies Wort {ex-cal-entare =
erhitzen) steht mit rechten Dingen im 78. Liede des CV.
*■ Diese Doppel -^'müd verstehe ich nicht.
* £s handelt sich um einen neuernannten adeantado, dem bis zu seiner
Ernennung alle Dinge rückwärts gegangen waren. Das Lied besteht daher in
munterem Spiel mit den Worten adeante {deantança, deantado), derredo {de-
retro) und atras. Das Aufheben oder Brechen des Bösen Blick • Zaubers
wird hier (wie noch heute) quebrar oder ar quebrar genannt. Sonst wird
auch desolhar gebraucht.
* Die akad. Ausgabe druckt escantacOes,
Zdtschr. L rom. PhiL XX.
14
2 IO CAROLINA ÌOCHAELIS DE VASGONCELLOS,
que Ih' escantaçom mostrasse
et o metess' em carreira
per que abelhas ouvesse. (CM. 128);
drittens von einem Ritter, der einen Bauern hafst und ihn über-
fallen läfst, während er seinen Mais auf der Tenne drischt:
duas lançadas Ihe dea am peom,
mas nom Ih' entrarom, et escantaçom
cuidoa qae era o coteif, entom
mais bravo foi qae Jadas Macabeos. (CM. 22).
Was escantar per olìC und besonders per calhtiro ist, wird jedoch
durch keine Parallelstelle aufgeklärt. Per könnte verstärkendes Ad-
verb sein, so dafs wir per ^ escantar olho anzusetzen hätten. Ar-
escantar calheiro bliebe jedoch zu deuten. Vielleicht gelingt es
einem der portug. Folkloristen, Bezüge aufzufinden.
Ventrulho Z. 45 benennt vermutlich eine dickbäuchige Fleisch-
wurst Vgl. bandulho [span, vandullo und bandujo\f das man von
panti^^ex) herzuleiten pflegt
Morcela Z. 45. Heute ist mur cella der Name fur eine kleine
sûfse, innen und aufsen graue Mandelwurst, die ich immer im Ver-
dacht gehabt habe, eigentlich ein „Mäuschen" zu sein. S. span, more^
cilio (Fita 1403) neben murecillo. Nur wenn die altportugiesischen
Würstchen, von denen sie den Namen übernahm, dunkle Blutwürste
waren, ist Zusammenhang mit mora amora (lat morus) anzunehmen.
Souriflp] Z. 48. Diese bis heute nicht nachgewiesene Form
für chouriço {chouriça) zeigt durch ihr anlautendes j, dafs die von
Coelho im Manual und Schuchardt (Zschr. Xlll S.525) befürwortete
Stammgleichheit mit chorume (das von flor . . . herkommt) unhaltbar
ist, bietet aber auch keine Gewähr für (Dornu's Etymon scUsa isicia
(Gr. § III, 142, 144). — Sals'icium hätte sich allenfalls zu sousiça und,
mit dissimilatorischer Verdickung des einen Sibilanten, zu souchiça
oder chousiça entwickeln können — r für j zwischen Vokalen ist
jedoch nachweislich nicht eingetreten. [Gegen die Herleitung von
airô^ eira aus esox habe ich mich schon ausgesprochen. *] — Zu
sourico, chouriço vgl, sarop{e) bei Alfons X. CM. 321 neben moder-
nem xarope,
Trans s ido Z. 48. Das Wort ist nicht fremd. „Vor Kälte
starr** bedeutet es für Alfons X. (CM. 33 1 come a molher trctnssida
que niun nembro nom mece) und andere Troubadours. Lavar
dem transsido ist mir jedoch unverständlich. Da schon in Z. 3 1 da-
von die Rede war, dafs die ama gut zu waschen verstehe, hat die
Wendung hier, wo von Räucherwaren die Rede ist, vielleicht eine
* Fragmentos Etymologicos No. XXI. Heute kann ich zu meinen Be-
merkungen über eiró{z) noch hinzufügen, erstens dafs mehrere Sand- und
Stranddörfer den Namen Airó und Eirá tragen (cfr. Armido = artnatus), —
Zweitens: In rötlichen feuchten Sand gehüllt werden die betreffenden Aal«
Sorten in Lissabon zum Kaufe angeboten.
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTUG. UBDERBUCH. 2 \ I
ganz andere Bedeutung. — Die in Portugal übliche Aschenbeuche
heifst bárrela (span, barilla = Asche der Sodapflanze) ; cenrada =
cimrata\ lexia Uxia = lixivia', und decoada = de^col-aia,
D citar g a lin ha choca Z. 49. Den wichtigen ländlichen Aktus,
der Bruthenne ihr Nest zu bereiten [vulg. botar urna gallinha], be-
gleiten heute noch bestimmte symbolische Hantierungen. Im Stroh
wird ein Schlüssel (= ein Stück Eisen als Blitzableiter) versteckt;
ein Sprüchlein wird hergesagt {£m louvor Do Säo Salvador! Saia
ludo pitinhas^ Sa um gallador) etc. — Vgl. Leite de Vasconcellos,
Tradiçdes Populares p. 154.
Dona Z. 73 = „Dame, Edelfrau". S. S. 149 Anm. 5.
Entendedor Z. 73 und 76. Dies aus der Provence stammende
Hauptwort, das zweigeschlechtig ist, wie alle in ¿?r, benennt „den
erklärten Liebhaber** und „die Liebste**. Vgl. CV. 689 fremosa pon-
cela^ queredes vos mim por entendedor ... eu nom vus queria por
entendedor ... por entendedor vus quero filhar\ ib. 683 Farei eUy
filhüy que vus nom veja vosso amigo. Porqué, madr^ e senhor? Ca me
dizem que é entendedor Vosso \ ib. 821 O meu amigo nom ¿ trobador,
Pero tam grand* ¿ o bem que m* el quer Que filhará outra entendedor
E trobará pois que W o eu disser" ; ib. 999 Esta cantiga fez D. Gon^
çaleannes do Vinhal a D» Anrique (= Don Arrigo!) em nome da
rainha d* Joanna sa madrasta porque diziam que era seu entendedor.
S. noch 1008; 1200; CB. 48; CM. 59 — 64 und 130, wo der König
zur Jungfrau Maria spricht: Qtun entender quiser^ entendedor Seja da
madre da nostro senhor . . . E porén séu entendedor ser ei en quanl* eu
viva ... — Das hierher gehörige Zeitwort entender bedeutet ent-
weder „Absichten auf jem. haben** oder „ihn verstehen und kennen**,
d. h. „vertrauten Umgang mit ihm pflegen** (gerade wie conhocer).
S. CV. 938 Femam Rodrigues de Calheiros entendía em üa donzella
und CV. 943 D, Femam Paes de Tamalancös fez esta cantiga a Ha
abbadessa sa coirmäa em que entendía. — Auch das Altspan, kennt
entendedor (Fita 106, 452, 453, 1373) und entendedera ib. 501.
Lav rar Z. 82 und 96 = „Frauenarbeiten, d. i. Handarbeiten
machen**, die noch heute Javòres^' heifsen. Cfr. CV. 1 185 und 1 177.
Corda{s) Z. 83, 97, 140. Seidne und silberne oder goldne
Schnüre, die zum Schmuck der Kleidungsstücke gedient hatten
oder dienen sollten, gehörten zu den Pfandern, welche Liebende
mit einander austauschten. S. CV. 348 fez mi tirar a corda da
camisa; 309 e me membrou a corda da camisa que m* el filhou. — Die
blusenartige gestickte camisa, die aus dem bunten Mieder hervor-
quillt, wird noch heute bei mancher portug. Volkstracht durch eine
Schnur am Halse gekräuselt. — Die Preistabelle vom Jahre 1253
spricht verschiedentlich von corde de dona cum auro et argento, de
Londres oui de Momperle (= Monpellier); corda grossa tota de sirico
que fit in regno ; corda rotunda delgada de sirico Portugaliae. Dafs
Frauenhande sie fertigten, hat D. Joam Soares Coelho uns erzählt
Vgl das unter lecer angefahrte Beispiel. CV. 309 bedient sich des
Wortes baraça. (Vg^ ib. 1043).
14*
212 CAROLINA MICHABUS DB VASCONCBLLOS,
Ctnta(s) Z. 83, 97, 140. Den Gürtel oder die Schärpe — von
Seidenstoff, aus Gold oder Silber, oder goldgesticktem Linnen, mit
oder ohne Schnallen — tauschte man noch häufiger mit einander
aus als Schnüre und Ringe (CV. 507). S. CV. 75 cinias strgadas\
505 mhas cintas das fivelas eu nom vus cingirei\ 170 esta cinta
que por seu amor trago und e, e, q, p, seu amor cingo ; 309 quand* tu
vi esta cinta que m el deixou und 0 gram prazer que ¡h^ eu fi» u
mha cinta veu a cinger \ 346 guardad* a eint* e a touca; 347 /as
enfinta em cas del rei da mha cinta\ 348 dei Ih* eu entom a cinta
que tragia\ 350 u Ih* a mha cinta dei\ 359 pediu mK a cinta]
689 que vos darei boas toucas d Estela e boas cintas de Rocamador\
999 0 meu amigo que troux* a mha touca sigo und daria esta mha
cinta a quem mK as novas dissesse\ 943. Der Aebtissin eines Klosters
giebt ein vorbeiziehender Rittersmann seinen Gürtel und zwar auf
ihre Bitte. Darauf bezieht sich das Wort se a cinta nom pr esesse
und CB. 74 (= 48) um voss* entendedor viläo . ,, a quem pedir /osteria
cinta. Die schon erwähnte Preisliste (P. M. H.: Leges p. 193) er-
wähnt: cintas stictre (= stricte) de Londres \ cinta de argento', cinta
de linio de Momperle de auro; cinta magis stricte de auro de licio etc. —
Auch der Erzpriester von Fita nennt die cintas wiederholt, wo er
von Liebespfandem redet.
Emparament Z. 87 = „Schutz -Privilegium". S. S. 152 und
167 Anm. I.
Laze rada Z. 91 = „eine Arme und Elende". — Das Zeitwort
Iczerar „elenden, martern, abquälen" wird sehr häufig angewendet:
z. B. CV. 442, 558, 683, icx)3, 1005, 1102, CB. 1523.
Pastor Z. 84, (^^\ pas tor in ha Z. 15. Belege für die ursprüng-
liche Bedeutung dieses zweigeschlechtigen Wortes sind unnütz. [Der
Hirt kommt übrigens im Liederbuche nicht vor, nur die Hirtin: CV.
102, 137, 150, 278, 454, 554, Ò89, 867 und CM. 274.*] Dafs es im
Portugiesischen jedoch den [bartlosen] Jüngling und das junge
Mädchen im allgemeinen bezeichnet, und auch adjektivisch für
jung benutzt wird , ist weniger bekannt und läfsl jedenfalls — wenn
es, wie ich denke, eine portug. Eigentümlichkeit ist — auf be-
sondere Wichtigkeit und Ausdehnung des Hirtenlebens schliefsen. —
Ich zähle die Beispiele auf, die ich bei der Hand habe. Im 470.Liede
wird dem ewig -jungen Martim Moxa gesagt, er müsse ein Zauber-
kraut gegessen haben : er erinnere sich der Tage des Almançor, habe
Christi Fleischwerdung gesehen, sei dabei gewesen als Adam und
Eva geboren wurden und sei dennoch ein pastora Im 558. sagt
* Ein Mönch webt ein Gebetskleid [garnacha de oraches] für die Mutter
Gottes, vollendet es aber nicht, sondern entflieht aus dem Kloster. Da erscheint
ihm die Jungfrau und trägt die garnacha in der Hand que ademáis era bela
et de mui rico lavar se non que era mui curta come d* algüa pastor pequeña,
' Die belreífcnden Zeilen lauten:
nom vus acharei i por pecador
se nom dos tempos grandes transpassados,
que acordades — e sodes pastor.
Feinere Gedanken finden sich im allgemeinen im Cancioneiro nicht. Sonst
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTUO. LIBDERBUCH. 2 1 3
Jemand von sich, er habe wie ein Kindskopf gehandelt: „a guisa
fize de pastor^K Im 914. heifst es, einem bartlosen Knaben, der
sich weise dünke, rechne man das als Unhöflichkeit an:
ca sempre contain por endvidadc
ao pastor dar - sc por de gram sem
nem gram saber; por end' a ti convem
em quanto fores tarn pastor d* idade,
pois em tal alta razom meter te ousas,
que punhes sempre antr' as outras cousas
seeres partido de torpidade.
Im 923. ist von einem infante mouro mut pastor die Rede, der
im 922. infante mouro pasiorinho genannt wird. Im 985.: e vi-lhe
sempre^ mentre foi pastor, mui oda voz. Alfons X. erzählt (CM. 932)
von einem Manne, der bei der Jungfrau falsch geschworen hat:
esi om^ era pasiorinho entom e barvas pungentes (cfr. CM. 355), und
nennt ein ander Mal einen jungen Kleriker pasiorinho (102). In
den Adelsbûchem führt gar ein Adonis den Namen 0 bel-pasior
(P. M. H.: Scripiores I p. 171 und 364); und von einem jungen
Recken D. Femam Rodrigues de Castro heifst Qsfoio melhor pastor
d' Espanha, — Das weibliche Gegenstück kommt weniger oft vor.
Abgesehen von den Stellen aus den Amraenliedem und einer
anderen bei Alfons X. (CM. 321) nenne ich CV. 720 ali out/ eu de
mha morte pavor u eu fiquei mui coiiada pastor) 957 non quer a seu
marido òem, \ e soub* essa pastorinha \ fogir, sowie molhersinha tarn
pastor^ I saber a seu marido fogir. — Im Spanischen ist zagal in
ähnlicher Verwendung selten. — Vgl. oben S. 161.
Entramar Z. 93 = „[etwas] anzetteln", im Sinne von „Streit
anfangen", ist selten. Der gebräuchlichste Ausdruck ist
Travar Z. 117, 118, 119 „packen", besonders wo es sich um
Wortangriffe auf Dichter handelt, mit denen man anbindet, ihre
Kunstfertigkeit in Frage stellend, Einwendungen erhebend, Fehler
aufdeckend, kurz indem man ihnen „anstöfsige" Balken in den Weg
legt Hier einige Beispiele: CV. 532 Travam em mim e em meu
conhocer\ 830 ^ ora vejo que vos travam ... per que façades cantigas
d* amigo \ 917 pero vos agravece porque vos travou em vosso cantar
foam Eannes'f 1007 mais os trobadores travar vus am ja que „os
tempos** bem nom guardastes; 10 11 vejo Lourenço com mui'tos travar^
pero nom 0 vejo travar em mi] 11 17 e travar om em que era igual
[em vosso cantar^ .,. e outro trobador ar quis travar em uà cobra;
1202 que lei^ esto que nom é seu, em que Ihi vam todos travar:
1 104 ca no vosso t robar sei m* eu com* é: i á de cor reger per bda fé
könnte man glauben, Martim Moxa sei in Wahrheit ^r nicht langlebig ge-
wesen, sondern habe nur auffallend jüdisch ausgesehen. Darum sage Alvaro
Gomes za ihm: Du bist viele tausend Jahre alt und warst dabei, als Christus
geboren ward.
> Nicht cam pastor, wie Braga druckt. Cäo pastor, von dem schon die
Rede war, kommt im 1079. Liede vor .(Z. 6 und 12}.
214 CAROLINA MICHAEUS DE VASCONCELLOS,
mais que no meu em qtu nC ides travar\ 103 2 quería saber de vos
porque nû ides sempre travar em meus cantares, Man könnte trovar
em alg, c, ou em alg. wiedergeben mit „falsch Zeugnis erheben gegen";
travar com alg, „mit jemand Streit anfangen".^ — Synonyma sind
föw^/^r = angreifen 868, 556, 155, í/^í/ii«<fr — anfechten CV. 823,
II 17, das auch in den Ammenliedem vorkommt, und desloar VC
1104. Das Gegenstuck ist emparar = in Schutz nehmen (CV. 11 17,
und in unserer 137. Zeile); wenn der Dichter sich selbst verteidigt,
ist defender das Modewort. CV. 868.
Desfazer Z. 128 = „anfeinden, entgegentreten**.
Escançar Z. 133. Die Redensart escançar novas = „Nach-
richten einschenken oder ausschenken** ist mir neu. S. oben
S. 156 Anm. 2.
Acalar Z. 136 = „zum Schweigen bringen, beschwichtigen**.
Ist gleichfalls neu. S. oben S. 156 Anm. 3.
Maladas f.pl. Z. 139 = „unter irgend einem mundium stehende
Frauen, Klientinnen, Bedienstete**. — Jede Belegstelle für das kultur-
historisch und sprachlich wichtige Wort hat Wert Darum biete
ich von denen, welche ich bei der Hand habe, alle die, welche
den Historikern (Herculano, Hist, Port, IV 336 und 480 — 485;
Gama Barros Cap. U, Seccäo 4: O Povo p. 476 — 537; Muiloz y
Romero, Del estado de las personas en los reinos de Asturias y Leon
p. 41 und 45), sowie den Lexikographen bis jetzt unbekannt ge-
blieben sind.^ I. CV. 559. Joam Aires schreibt seiner spröden imd
undankbaren, übrigens verheirateten „Herrin** einen Absagebrief,
in welchem er unter anderem bemerkt, ihr Gatte brauche sie nicht
länger zu hüten ; seit jenem Tage, wo sie ihn Kehrt machen hiefs,
habe er sie nicht wiedergesehen, und auch ihre vertraute Dienerin
nicht:
nem vi a sa matada
que com eia sol bem estar,
e meu mal Ihi diría,
ca esta é sa privada.
Das Zöfchen, das ihm als ^yterceira^^ helfen sollte, hiefs Elvira, trug
also einen feinen Namen und stand in Gunst bei der Herrin. —
2. CV. ICI 3. D. Joam Scares Coelho klagt: „die Welt geht unter;
der Antichrist ist geboren; der Muselmann wird zum Jerusalem-
Pilger; der Kaiser erhebt sich gegen den Papst; E se non foss^ o
Antechristo nado Nom aver ria esto que avem^ Nem fictva o senhor no
matado, Nem o matado em o senhor rem^^\ Vertrauen zwischen Herr
und Diener galt also für etwas Unerhörtes. — 3. CV. 971. Ein
schlechter (schreihalsiger und gieriger) Spielmann fiedelt so erbärm-
^ Im konkreten Sinne packen, anfallen, handgemein werden
z.B. CV. 975 und 685. — Kämpfen, ringen, z.B. CV. 188.
^ S. Elucidario — Moraes — Vieira. — PS. Man vergleiche was mittler-
weile J. Priebsch in seinen AU spanischen Glossen über malata veröffentlicht
hat — Zschr. XIX S. 24.
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTUG. LIEDERBUCH. 215
lieh, dafs die Zuschauer ihm sofort Geschenke geben, damit er auf-
höre; darauf beginnt er zu singen — der gleiche Wunsch, ihn
rasch zum Schweigen zu bringen, entsteht, weshalb sein Knecht
das Wort ergreift: e diss^ um seu ma lado: „Ar de -/A' a/g* a quem
pesar . . . nom se cal* en ddado,*^ „Wem es laid ist, der möge ihm
etwas geben, denn unbeschenkt schweigt jener nicht" Daraus folgt,
dafs auch der Spielmann noch mehrere servos in seinem Dienste
hatte (zum Tragen seiner Habe etc.). — 4. Cß. 1543. Der rüde
Gaugraf Ruy Gomes de Briteiros erzählt, ein X. X. wolle einer
Hörigen seines Feindes die Nase abhacken, da man der seinen das
Gleiche gethan habe: mat's quer Ihe^lá malada esnartgar pola sua que
trag"* esnarigada — ein mittelalterlicher Racheakt, der nicht vereinzelt
dasteht. Cfr. P.M.H.: DipL I 324 No. 528 pro plagas e f cridas malas
que fecemus ad vestros ma I la do s, — Servò für malado entdecke ich
nur in CV. 823. — Zur Sicherung der arabischen Etymologie, die
jedenfalls mehr far sich hat als die germanische, bieten die ange-
führten Stellen nichts. Coelho's Erklärung (0 que habilava na ma^
ladiat /'. e. em couto ou solar ^ e tinha 0 titulo de cavallaro) ist unsachge-
mäfs. — Dafs malado „Höriger, glehae adscriptus^^ von malato^ malado
„Aussätziger" {Rom, da Infantina\ Cronica Rimada 560, 568, 571 etc.)
völlig zu trennen ist, kann nicht oft genug wiederholt werden. Zu
letzterem gehört die dem prov. malautia^ kat. malaltia und span, ma^
laiia entsprechende Doppelform malautia und maloutia für „Krank-
heit". Cß. 1 505 ca Ihi nom pode nulha rem prestar Se IK o maestre nom
aventurar O corpo y ca x* á mui gram mal out i a\ ib. 1577 auf einen
Doktor Eisenbart: E direi' vos eu d* outra maestria Que aprendeu
ogan* em Mompiler: Nom vem a el ome com maloutia De que nom
leve 0 mais que poder'. Dazu CM. 321 und 367 maloutia \ 333 ma-
loutia. — Auch im Poema de Alex, 24 und 13 13 lese ich m al au ti a ^
statt malantia.
Amas honradas Z. 143; s. S. 167.
Enfin g er Z. 151 „vorgeben, erfinden; sich falschlich rühmen,
prahlen". Cfr. CV. 164, 347, 354, 616, 778, 830, 882, 999, 1024.
Enfinta „Prahlerei" 164, 316, 331, 347, 909.
Dda{s) f. pl. Z. 151, span. dona{s) Fita 161, 573, 674, 1698.
Es benennt ausschliefslich die Gaben, welche der Liebende der Ge-
liebten darbringt [cordas oder haraças (s. ob.), cintas (s. ob.), toucas
(505, 689), espelho (505), anel (007), hrial (CV. 946), sapatas de hom
cordovan (Alf. X. 64). S. CV. 1125, 347, 371, 348, 505. Ein Ge-
schenk, welches der König oder die Vornehmen dem segre r und
jograr reichen, heifst dom (pl. diies)^ span. don(es), gleichviel ob es
in cavallos, armcu, freos^ sellas^ pannos, in Geld {algo) oder sonst
worin bestehe (CV. 575). Cfr. Poema de Alex. 1798.
Co tei fa Z. 158, 169, ì Mit dem schwierigen Worte haben sich
Coteife Z. 168. I bis heute weder die Historiker noch
die Sprachforscher beschäftigt; die ersteren nicht, weil es, auffaUiger-
weise, in Gesetzen und Urkunden nicht vonnikommen scheint; die
letzteren noch nichti weil es erst seit kttr^ Dortugie-
2l6 CAROUNA MICHAELIS DB VASCONCBLLOS,
síschen Liederbücher ans Licht gebracht worden ist Oder doch!
Braga 's Glossario Archaico do Cancioneiro bucht: Coieyfe = capa di
pesponto^ und das akademische Wörterbuchlein, welches die Omtigas
de S* Maria begleitet, bezeichnet ctUeif als vocablo de carcuter vt-
jurioso, trennt es von Braga*s „Stepp -Mantel" und fragt, ob es
mit dem gall, cutre ,,Knauser" und mit franz. cuistre {coquistre) oder
mit andalusisch-arab. chute aus yahudi = „Jude'' zusammenhänge!
Co te if e oder e u te i/e ^ scheint in erster Linie eine Gattung
Soldaten, vermutlich niederer Ordnung, bezeichnet und erst in
zweiter Linie als Schimpfwort gedient zu haben, für einen in Hai*
tung und Gesinnung gemeinen und feigen Mann. Alfons X.
spricht von coteife in zwei interessanten und wichtigen Kriegs- Sir-
venteses, die jedoch, leider, recht schwer zu deuten sind. Das eine
(CV. 74) hebt an: „Sobald der G^/ä^/ö- Reiter sein Rennerrofs zum
Angriff spornt, zittert und erstirbt vor Furcht der coteife. In Gold-
haut gekleidete coteifes sah ich beben vor Schrecken ; kurzgeschorene
Genetes rannten (förr/aiw) um sie her; übelzugerichtete Langbärte (?)
verloren da ihre Farbe. Die langbärtigen coteifes klapperten vor
Frost mitten im Sommer, den Mauren von Azamor gegenüber. Es
füllte sich mit ihnen ein Fluís gröfser als der Guadalquivir." ^ So
geht es noch in drei Strophen weiter.^ Der lange Bart muís ñir
den coteife charakteristisch gewesen sein, denn er wird mehrere
Male ausdrücklich hervorgehoben. Von ärmlicher Tracht ist hier
nicht die Rede: orpelados^ com arminhos und panos de razes Q)
treten sie auf, zu Pferde (denn es heifst am Schlufs ao som do
alambor os ddtavam dos arçdes ant^ os pees de seu senhor) ob auch
in Scharen {azes), — Im anderen Kriegsgedichte tritt hingegen ein
einzelner und schäbiger coteife auf,* so schlecht ausgerüstet \com
seu porpontOf mais nom d^ algodom, e com sas calcas velhas de bran*
quêtai^ dafs ihm dreimal höhnisch zugerufen wird: ai que coteife
pera a cometa Q),^ Einen verächtlichen Beigeschmack hat das Wort
also schon hier. Ebenso wo ein König Alfons den seiner nicht
würdigen Pelz {pequeña veira) einem coteife geben will (CB. 465) ;
wie ferner wo einem Fürsten oder Granden als Hülfstruppe muito
oteife vi/äo versprochen wird (CB. 464). Eitel Scheltwort ist es, wo
* Eigentlich giebt es der Schreibarten noch mehr: QM,']^^ coteyse{e),
5 und 14 coteiffo{s), 9 und 74 coteyffe{s\ 19 coteiffe{s)» CB. 464 coitefe. Die
Lesarten cotetfe 6 und cuteife 3 sind die, welche wir zu wählen haben, da
alle drei alfonsinischen Pergamente sie bieten.
* O genete Pois renute Seu alfar az corredor. Estremece E esmorece
O coteife com pavor. S. De LoUis p. 45 — 46.
' Zu vi coteifes orpelados und vi coteifes de granhom kommt: vi eu
de coteifes azes; vi coteifes com arminhos und vi coteifes e cochdes Cont
mui mais longos granhdes Que as barvas dos cabrees. Vgl. CV. 62, I.
* Er erhält die Epitheta: mau, valadl, mal -guisad'' e vil,
* Correta bietet die Vorlage. Das bedeutet nichts. Braga setzt corneta.
Doch kommen Musikinstrumente und Musiker dieses Namens im 13. Jh. nicht
vor. Mit carreta weifs ich nichts anzufangen. Cometa = Angriff, das ich
für ein Vcrbalsubst. von cometer angreifen halten möchte, ist eine blofse
Konjektur von mir.
RANDGLOSSEN ZUM ALTPORTU6. LIEDERBUCH. 2l^
Alfons X. einen habsüchtigen Raabritter, welcher einen begüterten
Jongleur erst beherbergt und dann auf offener Landstrafse plündert,
einen co tei/* ovar enh nennt (CM. 194 Z. 19)^ und wo ein peon^ der
im Auftrag des Ritters einen Bauern morden will, den gleichen
Namen erhält (CM. 22), Dazu kommt noch eine verderbte Stelle
(CV. 994), deren schmähende Absicht jedoch klar zu Tage liegt.
Wie unser Ammenlied coteifas und cochdas als ziemlich gleich-
wertig behandelt, so thut auch Alfons X. (CV. 74), der die allitte-
rierende Formel ins Maskulinum überträgt {coiei/es e cochdes).
Mehr weifs ich nicht. Vermutungen darüber, ob cotdfe etwa
von cota herkommt und einen Kittel- oder Kuttenträger bezeichnet,
sind mûfsig, da die portug. Sprache ein Suffix *cife nicht besitzt.
Talho Z. 162 = „Schnitt, Mode, Art, Sitte". Dieselbe Bedeu-
tung hat es CV. 1040: vep ora estranho talho und ib. 1 109. Sonst
bedeutet es auch, wie anderwärts, „Wuchs" (CV. 344 und 981),
„Steuer** (CV. 920 und CB. 466) und wie im Altfrz. „Strophe**. Vgl.
oben S. 158 Anm. i.
Entençom Z. 176, 178, 190, 192 = „Tenzone**. Ebenso in
CV. 134, 374, 868, 914, 966, 1104, 1198. Dazu entençar = „Wort-
streit anfangen, ein Streitgedicht beginnen** CV. 14, 868, 914, 966,
10 10. Entença t^treii, 2^nk" CV. 998, Cfr. altspan. ^«/^«n'ö, entenza
(Laur. 15, Mil. 573» Alex. 195, 321, 448, 1543).
Rimar Z. 179 — 189 = „reimen, regelrecht und ordnungs-
mäfsig reimen**. Vgl. CV. 11 17 und 1034, 965 [querem bom som e
odo de (Uzer E cantares fremosos e rimados).
Desigual Z. 179, 189, 193 = „uneben, ungleich**. So nannte
man, meiner Ansicht nach, Tenzonen und Cantares, welche den
Regeln der Kunst irgendwie zuwider liefen. Vgl. CV. 1035 mais
di'- me ^ ti, que trobas desigual. Se te deitam por ém de Portugal, Von
Einem, welcher den schweren Fehler beging, sich beim Tenzonieren
in seiner Antworts- oder Verteidigungsstrophe nicht genau dem in der
Frage- oder Angrififsstrophe gegebenen Muster anzuschmiegen, sagte
man troba desigual oder nom sabe i guar (== acquare, vgl. altsp. eguar
Mi!. 67, Juicio 24 imd oft). S. CV. 1034 mm rimades nem sabedes i guar
und nom rima nem sabe iguar und 965, 36 fazer [cantares^ des-
i guado s, — Igual hingegen, wenn auf die Dichtkunst angewendet,
bedeutet nicht etwa, wie zu erwarten wäre, „regelrecht und kunst-
gemäfs**. Es wird in tadelndem Sinne für „plan, seicht, zu durch-
scbaulich" gebraucht. S. CV. H17. Ein Lied des Sueir'Eanes wird
von allen getadelt: e trovar om em que era igual', der Verteidiger
aber entgegnet „der Dichter habe an etwas Anderes gedacht, in
seinen Worten stecke ein tieferer Sinn**; E dix' eu que cuidavades
em al, sowie: polo jograr a cantiga dizer Igual, nom dev^ ó trobador
perder und nunca cantar igual fez nem rimou. — Iguar bedeutet
^ Die betreffende Stelle, welche unter escantaçom mitgeteilt ward, hat
der Verfasser des spanischen Glossars übersehen.
21& CAROLINA MICHAELIS DE VASCONCELLOS, RANDGLOSSEN ETC.
sonst: „gleichstellen, gleichmachen, vergleichen" (CV. 156, CM. 358
und 415).
Trincheira Z. 235 1 Zur Stütze meiner Ansicht auf S. 161
Transmoleira Z. 236 J Ánm. i, dafs damit Teilstûcke einer
Kopfbedeckung gemeint sind, verweise ich auf CV. 1080, wo ein
capelo de ferro beschrieben wird, 0 anasal na trincheira e fur ad* em
roda á m o I eira und auf CM. 151 tollend* os f róeos das testas e
descobrind^ as moleiras] ib. 213 dos pes tro en a mo le ir a, — Da
moleira (von mollis) span, mollera Fita 71) „die weiche Stelle am
Schädel", d.h. den „Scheitel" bezeichnet, wird trans ' moleira der
„Hinterkopf" sein.
Nachtrag.
Obiger Aufsatz ward geschrieben, bevor ich H. R. Lang*s so
aufserordentlich dankenswertes Liederbuch des Königs Denis von
Portugal kannte (auf das ich nur nachträglich hie und da einen
Hinweis angebracht habe), also auch ehe ich die in Bd.XDC ver-
öffentlichten Besprechung schrieb (die im einzelnen bereits die Er-
gebnisse dieser Untersuchung verwertet). Von den orthographischen
Regeln, die ich dort festzustellen bemüht war, weicht die Nieder-
schrift altportugiesischer Lieder hier in Kleinigkeiten ab. Besonders
habe ich für den nasalen Auslaut, den CA. und CM. vorwiegend
durch », CV. und CB. aber durch m graphisch bezeichnen, hier,
wo Texte aus allen vier Liederbüchern verwertet sind, das moderne
m gewählt.
Alphabetise
acalar 214.
aguisado 206.
aio 165 — 168.
ama 149. 163 —
168. 214.
amadigo 166.
amo 163.
argueiro 208.
avuylor 198.
bem-talhado 206.
bCas manhas 207.
cSo (pastor) 161.
capar 208.
catar 208.
cazurro 176.
cinta 212.
copete 162.
corda 21 I.
córte 172.
coteife 215.
hes Verzeichn
crastar 208.
deitar (galinha
choca) 211.
desfazer 214.
desguisado 206.
desigual 217.
dSa 215.
dona 149. 211.
emparamento 167.
212.
enfìnger 215.
entença 217.
entençar 217.
entençom 217.
entendedor 211.
entender 211.
entramar 213.
escançar 214.
escantaçom 208.
escantar 208.
is der besproch
fiar 207.
galiSes 208.
guisado 206.
honra 167.
honradas (amas)
167. 215.
igual 217.
iguar 217.
lavrar 211.
lazerada 212.
limpha (vida) 207.
malada 214.
méana
miaña / 149.
minhana
moleira 161. 217.
morcela 210.
paramho 167.
pastor(inha) 151.
212.
enen Worte.
remedar 176.
souriço 210.
talhar 207.
talho 158. 217.
tecedor 207.
tecer 207.
topete 162.
transido 210.
transmoleira 161.
217.
travar 213.
trincheira 161.
217.
ventrulho 210.
verrSes 208.
Vitorino j
Vuytorinho } 198.
Vuytorom ]
Carolina Michaelis de Vasconcellos.
Di un medito poema tdnorono sull' assedio di Lucca
dell' anno 1430.
Il poema, che mi propongo ora di dare in luce, è tratto dal
ms. lucchese 942 (dei mss. di Bernardino Baroni 5 L.), sec. XVIII,
di ce. 14 non numerate (il verso della e. 13 e la e. 14 sono bianchi)
di cm. 37 X ^5- ^ poemetto è cosi descrìtto nel catalogo dei mss.
della Biblioteca Governativa di Lucca: ,,Cronache di Lucca scritte
in ottava rima da Alessandro di S^, Giovanni di S^, Masseo da Barga*^.
L' autore di questa Cronaca (ne dirà ampiamente Amedeo Pelle-
grini in uno studio di prossima pubblicazione) fii Alessandro Streghi,
rammentato dal Lucchesini a pag. 1 30 vol^. I® della sua Storia let'
ter aria. Dopo la Cronaca segue: „Z0 guerra dei Fiorentini et asse^
dio della città di Lucca e sua liberazione fatta da Niccolò Piccinino
descritta in ottava rima da anonimo*^ Il ms. è tutto di pugno di
B. Baroni, che al poema ha preposta la seguente annotazione:
„Notisi che il P. Marco Grossi ^ in alcune sue memorie dei fatti di
Lucca ^ ha creduto che di questa [descrizione in ottava rima] ne
sia autore Lorenzo Trenta^ e con questo nome ne ha riportate
varie ottave in dette sue Memorie; ma ciò non può stare, mentre
r Autore anonimo pare che sia sincrono e la copia ms. che tengo
sotto gli occhi è di scrittura molto più antica che non è T età di
Lorenzo Trenta, quale fìoriva ancora dopo il 1580; ha bensì scritto
pur esso la presente Guerra, et è in Prosa ricavata in buona parte
da questo Autore Anonimo".
Nella mia edizione dell' anonimo poema (del quale quattro
strofe, doè la 4% la 5% la 6* e la 7* del II Canto furono recen-
temente date in luce nella citata opera di F. Mudacela ed A. Pelle-
^ Il P. Marco Grossi» dei Chierici Regolari della Madre di Dio» nato in
Lucca nel 1594, ed entrato in quella Congregazione il 22 ottobre 1612, morì
nella sua città natale il 6 agosto 1669 (cfr. Sarteschi, De scriptoribus Congre-
gationis Clericorum Regularium Matris Dei, Romae, 1753, p. 119 e segi.).
Di lui fa pure menzione il Lucchesini, Della storia letteraria del ducato
lucchese, Lucca, 1831, p. 14 e 112, porgendone alcuni cenni bibliografici.
' Sono contenute nel ms. miscellaneo lucchese 1902 intitolato: „Notizie
storiche appartenenti alla città di Lucca raccolte dal P, Marco Grossi",
' A tal proposito, veggansi più oltre le mie considerazioni intomo
all'autore del poema, nonché Muciaccia e Pellegrini, Documenti inediti re-
lativi alla caduta di Paolo Guinigì Signore di Lucca (Studi storici. III,
229 e seg., Pisa, 1894).
220 VITTORIO FINZI,
grini) non ho creduto, per verità , attenermi scrupolosamente alla
copia del Baroni (pur troppo non mi fu dato rinvenire V originale
sul quale fu esemplata), poiché nella copia stessa, in alcuni luoghi
quasi indecifrabile, mancano bene spesso i segni d' interpunzione
(talora anche a questi ho dovuto dare un diverso collocamento,
per maggiore chiarezza del testo). Tuttavia non volli farvi emen-
damenti arbitrar!, preferendo ai luoghi dubbii far seguire una nota
dichiarativa a pie di pagina.
Vero è che il Grossi nelle accennate sue Memorie ci ha dato
del medesimo componimento alcuni saggi, corredandoli di brevi
note illustrative.^ Orbene: di codesti saggi ed annotazioni inedite
mi giovai largamente, riportandoli in appendice a ciascun canto
del poema, perchè le due lezioni procedessero parallele. G)sì, se
il testo eh' io oflfro non è sempre chiaro, né sempre è attendi-
bile, vogliasi attribuire al fatto, che V originale forse è andato smar-
rito, e non a colpa dell' editore, il quale curò almeno che sui due
manoscritti, che del poema ci rimangono, fosse condotto il testo
medesimo.
Nel rendere peraltro di pubblica ragione 1' anonimo poemetto,
nel quale sono descrìtti fedelmente, e talora con particolari che
non trovo negli altri storici, l'assedio e la liberazione di Lucca
dell' anno 1430, pure reputando conveniente una grande parsi-
monia di note, per non ripetere cose omai sapute, non omisi di
illustrare quei fatti, di cui per avventura non si è dagli storici
fatta menzione, o quando mi parve che nelle storie generali o
municipali i fatti stessi non siano sufficientemente lumeggiati.
Non diversamente, del resto, dicasi dei personaggi secondarii
che campeggiano nel gran quadro; poiché, se riguardo ai princi-
pali le informazioni che si hanno sono ampie (benché non sempre
concordi), degli altri gli storici danno qualche volta un magro
cenno, quando non ne tacciono affatto. Bene spesso ancora nelle
notizie che ne porgono essi mostransi animati dalla passione poli-
tica e dallo spirito partigiano, così che malagevole riesce allo stu-
dioso cernere la verità di mezzo alle incertezze ed agli errori.
Non ò certo mio proposito dettare qui la storia del memora-
bile assedio, chò il mio compito é ben diverso; tuttavolta non volli
astenermi dal porre queste premesse, prima di procedere nell* esame
del testo.
La prima ricerca che conviene fare vuol essere diretta a rin-
tracciarne r autore; ma devo confessare, che i miei studii al ri-
guardo non m' hanno condotto a risultati positivi e concludenti.
Vero é che il Grossi nel ms. citato fa precedere i suoi estratti
» A chi voglia raffrontare i due testi da me riprodotti apparirà evidente,
come il Baroni ed il Grossi non si siano giovati dello stesso manoscritto,
poiché, pur non volendone considerare le varianti di pura forma, è da avver-
tire che il numero progressivo delle strofe se^ue bene spesso in ciascuno di
essi un ordine diverso, e che la lezione del testo del Grossi è talora pre-
feribile a quella del ms. Baroni.
DI UN INBDTFO POEBiA SINCRONO. 22 1
del poema dalle parole: „Dalle Rime di Lorenzo Trenta"; ma
evidentemente egli non può alludere a Lorenzo di Vincenzo di
Galgano Trenta, poiché è noto, per quanto ne dicono il Baroni
al luogo sopra riferito ed il Lucchesini,^ che esso viveva ancora
dopo il 1580, mentre lo stesso poeta dice di cominciare la sua
storia a' 24 di luglio dell' a. 1430.^ In ogni caso, pure ammettendo
che un Lorenzo Trenta abbia dettato il poema, non sarebbe irra-
gionevole r ipotesi, che esso possa identificarsi con quel Lorenzo
Trenta, di cui fa menzione il Sercambi in due passi delle sue
cronache,^ e dei quali riporterò qui il più notevole: „Ai quali per
lo dicto magnifico signore [Paulo Guinigi] fu fatto honorevole cena
a tucti quelli imbasciatori [cioè agli ambasciatori mandati a Lucca
dalla comunità di Firenze, i quali giunsero in quella città (cfr.
cap. 358) adi 7 novembre 1422] e a' loro compagni. Alla quale
cena fu messer Bactista da Campo Frevoso con esser a quella
cena il consiglio del dicto signor Paulo, ciò fu: Johanni ser Cambi,
Baldassari Guinigii, Lorenzo Trenta . . .".
Infatti, poiché Fautore del poema, come egli stesso afierma,
era in ottime relazioni d' amicizia colla famiglia Guinigi, della quale
in più luoghi del suo componimento deplora la sorte infelice, la
perdita, cioè, del potere e degli averi, ed il bando dalla patria,
sembrami non improbabile che al commensale di Paolo Guinigi e
di Giovanni Sercambi debbasi attribuire la paternità del poema.
„. . . . della cultura sua [di Paolo Guinigi] ci dà buona congettura
il sapere — scrive il Bongi — come i suoi più accosti cortigiani
fossero appunto i più letterati del paese, cioè Giovanni Sercambi,
Agostino da Fivizzano, Domenico Totti, Giovanni Turchi, Antonio
da Capannori, e . . . Guido Manfredi da Pietrasanta".* Nulla, per
verità, il Bongi ne dice di Lorenzo Trenta; ma non sarebbe egli
verosimile, che di codesta eletta schiera di letterati facesse parte
anche il poeta?
Checché ne sìa di ciò, poiché mancano i documenti, dai quali
si possa argomentare in senso favorevole o contrario alla mia tesi,
nulla mi è possibile affermare in proposito.
Volendo infine accennare ai pregi letterari del poemetto, dirò
che a me paiono notevoli (né trascurai di segnalarli con osser-
vazioni crìtiche e filologiche), sìa che il componimento sì con-
sideri rispetto alla lìngua sìa che si riguardi dal lato dello
stile. Vero è, che bene spesso le leggi metriche vi sono aperta-
mente violate. Ma che perciò? Forse non sempre codesti vizi
sono imputabili all' autore, sì piuttosto ai trascrittori. £ del resto.
« Lucchesini, op, cit., lib. V, cap. V, p. 195.
* Cfr. C. I, St. 3.
' Sercambi, Le croniche pubblicate sui manoscritti originali a cura di
Salvatore Bongi, IH, 316 — 17, cap. 359, lib. II. Il Trenta è pure ricordato
dal Sercambi nel cap. 382, lib. II della sua Cronaca (cfr. Ili, 345).
^ Bongi, Di Paolo Guinigi e delle sue riccheiae, discorso colla giunta
di documenti, Lucca, Benedini-Gnidotti, 1871, p. 23.
222 VITTORIO FINZI,
ove si rinetta che il poeta più che a produrre una vera opera
d' arte, mirò verosimilmente, storico coscienzioso, a rappresentarci,
come in uno specchio, riflessa nel suo scrìtto Y imagine delle con-
dizioni infelici in cui versava Lucca durante l'assedio del 1430,
traendone cosi occasione per magnificare le gesta gloriose del
Piccinino, che avea rivendicata a libertà la sua patria, non si
potrà non riconoscere opportuno il rendere di pubblica ragione
Topera di chi fu, come non è improbabile, tanta parte degli
avvenimenti presi a descrivere.
[e I'] La Guerra de' Fiorentini, et assedio della Citta
DI Lucca e sua liberazione fatta da
Niccolò Piccinino descritta in ottava rima da
Autore Anonimo.
Canto I
I
Alta Reina del Mondo sostegno.
Di noi speranza perfetta, Fonte e Fede,
Tu fa della tua gratia ciascuno degno.
Et sarà beato qualunque ti crede.
Deh prega il tuo Figliuol, che in suo Regno
Alcuna volta, quando teco siede.
Che assottigli alquanto mia memoria,
Acciò che io possa seguitar la Storia,
2
La quale fìa questa. Madre gloriosa.
Con la tua gratia la voglio cominciare;
Ma se non m' insegni, Vergine amorosa,
Nessuna rima non saprei trovare:
Tu sola sei ove ogni ben si posa.
Donami gratia di far questo Cantare
Con rime leggiadre, e sien perfette.
Che tutta gente dica: bene stette.
3
Et nel tuo nome a i ventiquattro giorni
Di Luglio la comincio, Madre Santa.
Ora donami gratia, che io ritorni
A dir^ la bella storia tutta quanta
Del Nobil Contea et de* Baroni adorni
Et di sua Baronia, eh' ae seco tanta.
Et come egli è prudente, et è saputo,
Et quel che egli promisse V ae attenuto.
4
Nel mille quattrocento anni e trenta
Di Luglio a ventiquattro dì del Mese
' n ms. dtrg.
* Del conte Francesco Sforza.
DI UN INEDITO POSMA SINCRONO. 223
L' Gnor eh* ebbe Marzocco > ogni uomo il sente.
Per tutto il Mondo vo' che sia palese,
Perchè la fama sua rimanga spenta,
Che essendo intomo alla Città Lucchese
Con due Bastie forte bene armate
Le gran prodezze lor vi fíen contate.
5
La notte innanzi che venisse il giorno
Di San Jacopo Apostolo pretioso^
Le due Bastie che Lucca aveva intomo
Ogni uomo di loro stava pauroso,
Sentito avendo come il conte adomo
Era in Freddana pigliando riposo;
Et per la gran paura ogni uomo fuggfe,
Lasciando in abbandon' le due Bastie.
[e r] 6
Guarda se '1 conte Francisco pregiato
È uom di gran prodezze e d' alto affare.
Standosi a riposo, pur col suo ñato
Le due Bastie si hae fatto abbandonare.
Or pensa che farà, quando si armato
Con la sua gente il Mondo fa tremare.
Et savj furon quei della Bastia
Non aspettando il Conte, a fuggir via.
7
Et parve lor mille anni di fuggire:
Lascion* le Bombarde e altri fornimenti
Per la paura eh' avean di morire.
Suon' di Barili parean lor stormenti:
Tremando tutti perdono V ardire:
Usciti pareano de' sentimenti.
Per temenza del Conte ebbon sospetto,
Et van fuggendo tutti a Pontetetto^.
8
Et quelli eh' eran dentro il Ponte in Fortezza,
Veggiendoli venir cosi affannati,
Disseno a loro: ove è vostra prodezza.
Che voi fuggite non essendo cacciati!
^ „I Fiorentini solcano già far sostenere Tarma della città da un leone
sedente, qualche volta rampante, che chiamavasi Martocco, onde furono detti
da alcuni cronisti Martoccheschi . . .". Cosi scrive il CroUalanza, Enciclopedia
araldica-cavalleresca, Pisa, 1 876 — 77 {s, v,) (cfr. anche Passerini, Le armi dei
Mufticifj Toscani, p. loi). Martocco era altresì il grido di guerra delle genti
de' Fiorentini, allusivo alla loro insegna (cfr. pure C. V, str. 1 8).
' Come è noto, la festa di S. Giacomo apostolo si celebra il 25 luglio.
* n ms. Suono,
* Veggasi a questa voce il Didonario geografico del RepettL
224 VITTORIO FINZI,
Ognun di voi si pigli una cavezza,
£t a questi merli vi siate impiccati:
Che non si vidde mai tanta follia,
Senza colpo di spada fuggir via.
9
Ben potran dir li vostri Fiorentini
Per certo che noi abbiam di buon soldati!
Va: dà il mese lor cinque fiorini:
Dandone due saran sopra pagati.
Egli an fatto prova da Paladini,
Che son fuggiti non essendo cacciati
Mai non si vide gente tanto vile,
Che son fuggiti a suono d' un Barile.
IO
E '1 Campo eh' era condutto a Montuolo ^
Niccolò della Stella^ e Bernardino ^
Fuggiano via come li stomi a volo.
 Librafatta^ egli an preso il Camino,
Dicendo tra loro: il Conte ha tanto stuolo,
Che fie disfatto il Popol Fiorentino.
Per questa guerra, eh' ha fatto a i Lucchesi,
Disfatto fie Firenze e suoi PaesL
II
Fuggiti fur a Montuol per le più corte
Strade e vie, che potean trovare;
Come fa quei che va fuggendo morte.
Ogni uomo cercava la vita campare,
Non aspettando guida nò anco scorte.
Arme non bisogna adoperare,
Et nella via rimaser le Bombarde.
Deh guarda come son genti gagliarde!
12
A Librafatta si son tutti tornati
Col Potestà che v' è pe' i Fiorentini.
Appena parea loro esser campati,
Tra lor dicendo: lasso noi topini,
Che nove mesi a Lucca siamo stati,
Ed ora ci e arrivato nuovi vicini.
* Confrontisi a questa voce il Dizionario del Repelli.
' Niccolò Forlebraccio, figliuolo della sorella di Braccio, dal cognome
della madre era soprannominato Niccolò della Stella.
* Bernardino degli Ubaldini della Carda, avea sposato, come è noto,
una figlia naturale di Guid' Antonio da Montefeltro, duca d* Urbino. (Per
più ampie notizie cfr. Poggio Fiorentino e il Gamurrini.)
* Ripafi-atta, o Lipafratta, è una frazione del comune di Bagni S. Giu-
liano, in provincia di Pisa.
DI UN INEDITO POEMA SINCRONO. 225
Non credo sian di pari queste risa,
Che per aver Lucca perderemo Pisa.
Se tu sei savio, et hai intendimento,
Tu dei pensar che Dio non muta stato,
£ dà altrui e tolle il sentimento.
Quando egli è meno la merce che il peccato,
£ se tu non io sapessi io te '1 rammento.
Tu sai quel che Firenze avea pensato,
E intorno a Lucha avea posto V assedio.
Ma Iddio a ogni cosa puon rimedio.
[e. 2'] 14
Chi non sarebbe del campo fuggito,
Sentendo la novella chiaramente.
Che il Contea valoroso et ardito
Era in Freddana ^ con tutta sua gente.
De' Capitan d' Italia il più fiorito.
Cercando ben da Levante a Ponente,
Un somigliante non saria trovato.
Forte, gentile, onesto, et onorato.
Era con seco il buon signor Leone'
Il nome e infatti fue ben battezzato,
Che in battaglia è fier come un Dragone:
Par veramente un Leon iscatenato.
Non fece mai tal prova Sansone,
Come fa il Signor, quand' egli è armato.
E per divisa quel Nobil Cavalieri,
Come udirai, ha V arma a quartieri.
16
E due quartieri son onde azurre e bianche,
E li altri quartier son due Leoni d' oro
* Il conte Francesco Sforza, più sopra ricordato.
' Il Repetti (Dùionario geograficO'fisico-storico della Toscana) a questa
voce scrive: ,,Freddana nella valle del Serchio. È un torrente copioso di
acque che dà il nome alla vallecola fra Monte-Magno e il fiume Serchio ...'*.
' Il Ratti, Della famiglia Sforui, pela (Roma, Salomoni, 1794, p. 34)
coái ne scrìve : „Leone Sforza nacque da Sforza Attendoli e da Lucia da Tor-
sano r anno 1406 in Castel Fiorentino, e dal padre gli fu posto il nome di
Leone per una grata memoria a Roberto Duca di Baviera, re de' Romani,
che aveagli poc' anzi concesso il singoiar privilegio di unire alla sua arma
gentilizia del cotogno la propria del Leone palatino". E a pag. 378 : „Fu
anche all' impresa di Lucca col Conte Francesco suo fratello, dal quale fu
spedito coi figli del Tolentino ad espugnare Ghivizzano bravamente conquistato
dial valore di Leone". Morì nel 1440 per un colpo di bombarda ricevuto
air assedio di Caravaggio (cfr. sull* argomento : Ammirato, Istorie fiorentine,
par. II, p. IO, Giovio, La vita di Sforza ecc., Vinegia, Gabriel Giolito de' Fer-
rari, 1558, pp. 18—19, e Litta, Famiglie celebri rf' ItaUa, VI, Uv. i).
Zeittchr. t rom. PhU XX I3
22Ò VITTORIO FINZI,
Nel Campo rosso, et le sue genti franche
D' esser in battaglia è la brama loro:
Le persone lor non son mai stanche
Per acquistare onor, fama et tesoro.
Questo si guida lancie ben trecento,
Chiamate Giovan forte di gran valimcnto.
Del conte Antonio * non si può mai dire
Quanto egli è savio, nobile et pregiato,
Forte e gagliardo, uom di grande ardire,
Et pare un Paladín, quando egli è armato
Con la lancia in mano, il franco Sire,
Et par che in sulla sella sia murato.
Et quando egli è più stretto alla battaglia.
Gli uomini gìtta a terra come paglia.
18
Col ditto Conte v* à un Cavalier cortese.
Vago e gentil, che par che sia Absalonne:
Messer Antonio si chiama, et è Senese,^
Che di forza è simile a Sansone:
Fonte** di cortesia questo è palese;
Quando monta a cavai questo Barone,
Tutta la gente ei fa maravigliare.
Tanto sa gentilmente cavalcare.
IQ
Galeazzo Buschetta e 'l suo fratello:*
Per nome Hettorre il fratello è chiamato.
Ognun di loro è poderoso e snello:
A Hettore di Troia V uno è assomigliato,
* Cioè del conte Antonio da Pisa, detto il Pontedera.
* Di Messer Antonio di Checco Rosso Senese si può vedere, tra gli
storici più autorevoli, ciò che ne dice il Morelli, Ricordi fatti iu Firenze
{Deliue degli eruditi toscani, XIX, 92).
^ A questo luogo il ms. è quasi illeggibile.
* Della famiglia Boschetti, o Buschetta, ne porge ampie notizie il San-
sovino. Origine e fatti delle famiglie illustri d* Italia (Venezia, Combi e La
Noil, 1670, p. 56 — 77), sulla scorta del Cono, del Giovio e di altri scrittori;
ma delle imprese compiute da Galeazzo ed Ettore non fa menzione. I Boschetti,
egli dice, „fatti potenti in Modena hebbero la Trivella. Finalmente stabilirono
Tarme a liste: conciossiachè di sopra nello scudo vi è un campo turchino,
sotto al quale sono sei traverse fìno in fondo di colore, una rosa et una
bianca, con V impresa d' un Leone, eh' ha in testa un elmo con la corona,
sopra alla quale si legge Donai omnia virtus: et sopra alle dette parole si
posa un pie d' un uccello con tutta V ala distesa, et appoggiata su la corona,
con V Aquila nera aggiunta da Massimiliano I Imp. alP hora eh' egli diede
privilegio alla famiglia di crear Cavalieri, di far Notari . . .". Per maggiori
particolari rimando alle opere citate dal Sansovino, ed a ciò che ne dice il
Marchesi neUa GalUria dell* onore.
DI UN INEDITO POEMA SINCRONO. 2 27
Nella battaglia presto come uccello.
In fatti d' aime ogni uomo provato.^
Quando armati son sti due cavalieri,
Ciascun loro fa piazza più che volentieri.
20
10 non t' ho ancor conto d* un Guerrieri,
Che nella Città Senese questi è nato;
Mai si vidde il più nobil Cavalieri.
Egli è quel che, quando è bene armato.
Pare un Drago tra gli altri più fieri.
Messer Guglielmo costui è chiamato.^
Le sue prodezze dire non poterei
Né io, né altri, perchè non saperci.
21
Et male per te, o Popol Fiorentino,
Hai fatto qui questa gente assembrare.
Qua é lo franco Pier di Navarino ^
Con la sua gente il Mondo fa tremare.
Tanto è gagliardo il Barone fino,
Che non si può a* suoi colpi riparare.
Tu proverai ben, quando verrà a Fiorenza,
La sua gagliardia e la sua potenza.
[e. 2^] 22
Ancora v' é quel nobile Soprano,
£t uom saputo di gran valimento,
11 qual si chiama Stefan da Milano,^
Et hae seco lancie ben trecento.
Li colpi suoi non tira mai invano.
Alle battaglie e giostre è adornamento.
Sempre riporta a casa grand' onore.
Et la sua gente é di gran valore.
Mana barile^ e Fiasco, e M buon Rinaldo.
Questo Renaldo egli é da Borgarella:
* n verso è evidentemente corrotto.
' Non è ricordato dagli storici, se pure non si voglia identificare con
quel Guglielmo dal Reame, di cui è menzione nel Graziani, Cronaca della
città di Perugia dal 1309 a/ 1491 ... pubblicata per cura di A. Fahr etti con
annotazioni del medesimo, di F, Bonaini e F. Polidori (Archivio storico ita-
liano, tXVI, p« ja, p. 347), e nel Fabretti, Note e documenti che servono
ad illustrare le biografie dei capuani venturieri delT Umbria, Montepulciano,
Angiolo Fumi, 1842, p. 172 — 176.
' Di Pier di Navsuino è cenno in Sanuto, Vitae Ducum Venetorum ita-
lice scriptae ab origine Urbis ecc. {Rerum italicarum Scriptores, XXII) ad
a. 1431, e nel Cavalcanti, Istorie fiorentine, I, 209.
* Forse nello Stefano da Castello, citato dal Oraziani e dal Fabretti
{pp. e loc, cit,), è da riconoscere lo Stefano da Milano, ricordato dal poeta.
* Di Mana barile, detto anche Mannobarile o Mannus Barrìlis, che il
Simonetta afferma nativo di Napoli, parlano oltre al dt. Simonetta, Historia
15*
228 VITTORIO FINZIy
In fatti d' arme sempre costui sta saldo,
£t mai si lascia piegare in sulla sella.
Costui non cura né freddo né caldo
Con la sua gente valorosa e bella:
Et chi si trova a uno a uno con Fiasco
Par che per paura e' dica: io casco.
Io non t' ho contato di Michele Albanese,^
Et buon Francuccio di San Severino,^
In ogni guerra fanno gran difese,
In fatti d' arme ogni uomo é Paladino,
Stefan cortese ^ de' Tedeschi Paese,
Che suoi nemici non cura un lupino;
Accattabriga,* e Tartar da Bettona^
Come si provan ben la lor persona.
25
Non si potrà mai dir né ricontare
La nobil, ricca e magna compagnia
Del Conte Francesco d' alto affare
Et tutta quanta la sua Baronia,
Et per suo amor si fa questo cantare:
Di giorno in giorno cantato vi sia.
In rima e in canto ne farò memoria.
Perché io ho fede che noi avrem vittoria.
26
A dì ventotto del mese presente,
Et questo fu in Venerdì mattina,
Un de' Baroni adorno allegramente
Disse a i Compagni: andiam dove confina
Niccolò dalla Stella, e la sua gente.
Che penso il campo mettere a rovina.
Funno a cavai cinquanta, e quattrocento
Erano i Fanti a piò con grand' ardimento.
de rebus gesiis Francisci I Sfortiae {Rer. Ital. Scr., XXJ, 194) il Corio,
Storia di Milano, Milano, 1856, II, 574. E così dicasi di Fiasco, che il
Corio sembra confondere con Catabrica o Accattabriga, mentre si tratta di
due persone diverse.
> Di Michele Albanese non ho trovato notizie.
* Francesco da S. Severino è ricordato dal Sanato {pp. e loc. di,)
' Manca nel ms. l'interpunzione; ma forse nel Cortese è da riconoscere
il Betutius Cortesius Cotignolani, cit. dal Simonetta; nel de* Tedeschi il To-
deschino cit. dal Oraziani e dal Fabretti {pp, e loc, cit.); nell' avventuriero
Paese il Paolere ricordato da questi due ultimi storici.
* Di Antonello Cattabriga di Castelfranco nell* Emilia parla diffusamente
Vincenzo Maria Cimarelli nelle sue Istorie dello Stato d* Urbino, Brescia, per
gli heredi di Bartholameo Fontana, 1642 (lib. 3, cap. io, li e 12), e per in-
cidenza di Fiasco, Manno Barile e Rinaldo Burgarello, commilitoni dello Sforza
„nella giornata che si fé contro il Braccio all' Aquila'^
* Di Tartar da Bettona fa menzione il Fabretti, op. cit., II, 249 n., 253,
e nelle Note e documénti ecc., p. 333 — 335.
DI UN INEDITO POEMA SINCRONO. 229
Et giunti presso in lo tentoro
£t volea cominciar nuova battaglia.
Et quelli del G>nte disseno a coloro:
Venite fuori! o che fate, canaglia?
Le sbarre che avean fatto ogni lavoro^
Gittarono in terra che parean di paglia
Nel fìume presso a lor, chiamato Serchio,
Et niun di lor non usciva del cerchio.
28
Et ritornati al conte la gente sovrana,
Dicendo come siamo al campo andati
Per la via di Montuol,^ che è tutta piana,
Et che più volte gli avean chiamati,
Et come sempre stettono alla lontana
Ne' loro alloggiamenti appiattati.
E '1 Conte allor giurò per Santa Maria,
Che in pochi giorni qualche cosa iìa.
29
Elli han paura di quel che de' venire:
Io li farò di certo indivinare.
In fìne al campo gli andarò assalire;
Vedremo come saperan guerra fare.
Et se saran rinchiusi a dormire,
Io credo ben di farli risvegliare.
Però m' ho fatto un pensiero in mio avviso.
Che tutto il campo lor rimarrà conquiso.
Et a dì trentun, eh' è 1' ultimo giorno
Del bel mese di Luglio, il Conte ardito
Con la sua gente valoroso e adomo
Di festa e d' allegrezza ogni uom fornito.
Questi Baroni lo Conte aveva intomo.
Prima che a cavallo fosse salito.
Un bando fé per lo campo mandare.
Che ogni uom si metta in punto a cavalcare.
31
Non si potrà mai dir né raccontare
Le gran ricchezze e nobili ornamenti.
Signor di gentilezza e grande affare.
Per tutto il campo sonavano stormenti:
* Forse il Baroni interpretò male l' originale, che avea sott' occhio, e il
verso potrebbe allora essere emendato cosi: „le sbarre eh' avean fatte ognun
di loro*'. Come si vedrà più oltre, il verso dal Grossi è dato nella forma
seguente „Le sbarre, e' havean fatte, ogni huno". La mia lezione, parmi,
concilierebbe i due testi.
' Veggasi a questa voce il Repetti nel cit. Dizionario,
230 VITTORIO PINZI,
Á farsi belli ogni uom si vedeva armare.
Con quelle sopravestì e adornamenti,
Di più ragion divise, si vedea
Che r un più che V altro ti piacea.
Vedeansi Conti, Signori e Cavalieri,
Uomini tutti di gran valimento,
Con penne isvante^ per li cimieri,
Con sopraveste d' oro et di ariento,
Et covertati assai molti destrieri
Vi^ghe divise di gran valimento.
Il sole che risplende nelle armadure
Facea ismemorar le genti oscure.
33
Essendo tutto quanto il campo armato.
Et messo in punto le squadre e le schiere.
Il ricco Gonfalon fu dispiegato.
Tutto il tesoro appresso le bandiere.
Il buon Conte Francesco ebbe parlato
A' suoi Baroni con festa e con piacere,
Et disse a loro: regatevi a memoria.
Che noi arreghiamo a Lucha la vittoria.
34
Non credo che Re Carlo Imperadore
Avesse mai più nobile compagna.
Il Conte Adomo degli altri* il fiore,
Quando andomo a conquistar la Spagna.
Cosi il Conte Francesco pien d* onore
Mossesi^ ver Lucha con gente magna.
Come udirete neir altro Cantare,
Questo primo cammin* che prese a fare.
Commento e varianti al Canto I.
(Dal ms. 1902.)
Nel 1430 i Fiorentini erano intorno a Lucca con due bastie, d* una delle
quali resta anche la memoria
St. 4. Ch' essendo intomo alla Città lucchese
Con due Bastie forti, ben armate,
Le gran prodezze lor vi fìen contate.
La notte della vigilia di S. Jacopo Apostolo havendo havute nuove i Fioren-
tini che il conte Francesco Sforza era gionto nello Stato, e s' era fermato a
rinfrescarsi in Freddana, impauriti abbandonarono le dette Bastie.
^ Il ms. è quasi illeggibile.
' Il ms. è quasi indecifrabile.
' Il ms. mossersi,
^ Il ms. camino.
DI UN INEDITO POEMA SINCRONO. 23 1
St. 5. Sentilo ha viendo come il Conte adórno
Era in Freddana pigliando riposo,
Per la grande paura ognun fuggie,
Lasciando abbandonate le Bastie.
Fuggendo presero la via di Pontetetto, ov* era tuttavia una fortezza, e si con-
dussero a Montuolo, per passare a Ripafratta, come passarono.
St. 6. Per temenza del Conte hebben sospetto,
E von fuggendo tutti a Pomte tetto.
St. 7. Et quelli eh' eran sul ponte in fortezza,
Veggendoli venir cosi affannati,
Ov' è, dissero lor, vostra prodezza!
Cosi fuggite, e non sete cacciati!
Ogn' un di voi si pigli una cavezza,
E a questi Merli poi siate appiccati.
Che non si vidde mai tanta follia
Senza colpo di spada fuggir via.
St. 9. E '1 campo eh' era condotto a Montuolo
Niccolò della Stella, e Bernardino
Fuggian vìa come li stomi a volo,
A Ripa fratta egli han preso il camino.
St. IO. Fuggirono a Montuol per le più corte
Strade, che li riuscì di ritrovare.
St. II. A Ripafratta son tutti tornati
Col podestà che v' è pei fiorentini.
Nove mesi erano stati nel paese di Lucca i fiorentini assediando la povera
città contro ogni ragione
St. II. Tra lor dicendo lassi noi tapini
Che nove mesi a Lucca siamo stati.
Il Conte Francesco Sforza alloggiò intomo alla Freddana
St. 13. Chi non sarebbe dal campo fuggito.
Sentendo la novella chiaramente.
Che *1 Conte valoroso sempre ardito
Era in Freddaua con tutta sua gente.
Alii 28 di Luglio un capitano particolare di quelli del Conte Francesco con
cinquanta soldati a cavallo, e 400 a piedi andarono al campo de' Fiorentini a
Ripafratta passando per le loro trincee, senza alcuna difficoltà, ed offrendo a
Niccolò della Stella la battaglia: ma ninno volle uscir fuori.
St. 25. Adi 28 del mese presente
E questo fu in Venerdì mattina,
Un de' Baroni adomo allegramente
Disse a' compagni : andiam, dove confina
Nicolò della Stella, et la sua gente.
Io penso il campo mettere in rovina.
Furo in sella cinquanta, e quattrocento
Seguirò a pie, con grande ardimento.
St. 26. E gionti non molto longe dal Tentoro
Volendo cominciar nuova battaglia
Dissero quei del Conte a tutti loro
232 VITTORIO FINZT,
Venite fuori hor clie fate canaglia.
Le sbarre, e* bavean fatte, ogni huno
Gittaro in terra, che parean di paglia,
Nel fìiiroe presso lor, chiamato Serchio,
E nessuno di loro uscia del Cerchio.
St. 27. Tornata al Conte la gente sovrana
Dicendo come sono al campo andati
Per la via di Montuol eh' è tutta piana ecc.
Adi 31 luglio il Conte con tutto il Campo marciò avviandosi a Pescia, la
quale acquistò col Borgo a Buggiano, distruggendo un castello detto Agnano:
indi per mancamento di vettovaglia tornò indietro; per V avarizia del sig. Paolo
Guinìgi, e perchè haveva poco genio col Conte Francesco.
St. 29. E a di trentun, eh' è 1' ultimo giorno
Del bel mese di luglio, il Conte ardito
Con la sua gente valoroso e adorno.
Un bando fé per lo campo mandare
CW ognun si metta in punto a cavalcare.
Canto IL
I
O Figliuola verace di Sant* Anna,
Che portasti nei ventre il buon Gesue,
£t partoristi dentro alla capanna
Il dolce fìglio tra V Àsino e '1 Bue:
Gli Angeli intorno cantavano Osanna,
Vedendo nato il Re d' ogni virtue.
Joseph vecchio e Santa Nastasiai
Si ritrovonno al parto di Maria.
2
Il primo cantare ho fatto a tuo onore,
Come piccol discepol di tal arte,
Se non che a te fede et amore
Io non possi- mai penna in su carte.
Vergine e Madre, figlia del Signore,
Gratia mi fa che dica a parte a parte.
^ In margine: „Vide Serry Exercit. Theolog. pag. 200". Il Serry {Exer-
citationes historicae, criticae, poUmicae, de Christo, ejusque Virgine Afatre,
Venetiis, apud Joannem Malachinum, 1719, p. 200) oppugna l'opinione di
coloro che affermano (e in questa sentenza conviene il poeta) che al parto
della Vergine assistesse Santa Anastasia. „Audaciores sane alii, ac multo
ignorantiores, quos et Baronius pro mentis excipit in Notis ad diem 25 De-
cembris Martyrologii Romani, qui Anastasiam Virginem eo obstetricis officio
defunctam commenti sunt; eaque de causa factum putant, ut in Sacro die Na-
talitio ejusdem memoriam in Missa ad Auroram Ecclesia celebret. Vah puti-
dum Anachronismum, insulsitati conjunctum. Scilicet Anastasia tertio cadente
Ecclesiae saeculo passa sub Diocletiano Dciparae parienti pus officiis adesse
potuerit? In ea itaque Missa illius memoria fît, quod ea die Martyrìo functa
sit, et Statio ad illius tcmplum sit constituta."
^ La parola nel ms. è illeggibile.
DI UN INEDITO POEMA SINCRONO. 233
Et cosi prego il tuo fìgliuol giocondo,
Che seguir io possa il cantar secondo.
3
Siccome io dissi in nel primo cantare,
Si mosse il Conte e verso Pescia^ è andato
Con tutti i suoi Baron di grande affare.
Ognun pareva un Drago iscatenato:
Molti prigioni si vidde il di pigliare,
Il Borgo di Buziano^ si fu acquistato,
£t un Castello che si chiama Agnano^
Preso fii et arso, e rubato a mano a mano.
[e. 3l 4
A Pescia diemo la prima battaglia,
Et in poco tempo 1* ebbene acquistata.^
Ma e* mancò lor la vittovaglia,
Et ritomossi a Lucca la brigata.
Contro il Signor^ il Campo si travaglia.
Diceva il Conte alla sua Armata:
10 son venuto a guardar suo Reame:
Non è sei di, e moriam già di fame.
5
11 buon Messer Antonio* valoroso
Humilmente col Conte si parlava:
Questo Signor di Lucca è si ritroso:
Denari di cassa costui mai non cava:
Stretto, avaro più che un bisognoso.
* Così ne scrive il Cavalcanti {op, cit., I, 359—60) : „Fatto il pagamento
[al conte Sforza], Ladislao [Guinìgi] con la sua gente, col Conte insieme,
cavalcò a Pescia, e a quella terra die disperata battaglia; e se non che in
tutto la fortuna non aveva disposte le sue ire contro a noi [Fiorentini], questa
terra al tutto era perduta. Conciossia cosa che Paolo da Ghiacceto che n' era
Vicario, per brutta viltà abbandonò la terra; ma Giovanni Malavolti alle forze
del Conte fece resistenza. . . . Partiti i nemici da Pescia per le difese di Gio-
vanni Malavoltí, cavalcarono al Borgo a Buggiano e quello presero; e poi
Stigliano diedero alle fiamme del fuoco; e col conte Francesco, di là dal
Serchio, di contro alla città , Ladislao si accampò . . ." (cfr. Baldasseroni,
Istoria della città di Pescia e della Valdinievole, Pescia, Società tipografica,
1784, p. 237 e seg». e Morelli, op, cit., p. 92).
* Di Borgo a Buggiano in Valdinievole parla il Repetti nel cit. Diiionario.
^ Del castello di Agnano cosi scrive Ptolemaeus Lucensis : „Eodem anno
{1169) Tancredus Vicecomes de Pisis tradidit castrum de Agnano Lucensibus,
et fuerunt Pisani devicti milites, et pedites, et fugati usque ad Amum, et multi
submersi sunt in palude, et hoc fuit in Calendis Martij'< {Annales. Ab anno
Sa/utis 1060 usque ad 1303 nunc primo in lucem editi, Lugdimi, apud Jaco-
bum Roussin, 161 9, p. 93).
^ Cfr. nota alla strofa precedente.
* Contro l'avarizia del Conte Paolo Guinijji.
^ Il Conte Antonio da Siena, più sopra ricordato, „trattò (cfr. più oltre
ciò che ne dice il Grossi) col Conte Francesco contro il Sigi*. Paulo, et ma-
neggiò il negozio di toglier la città al tiranno, e rimetterla in libertà".
234 VITTORIO FINZI,
Et tiene la cittadinanza come schiava.^
Iddio, che stae di sopra, m' hae mostrato
Che i Cittadini rimetterò in Stato.
6
Sicché ho veduto, e sonne più che certo.
Che costui vive a mo' d' un pecorone.
Come un contadin con V uscio aperto,
£t non hae gente a sua provigione,
Sicché per avaritia e' fie deserto.
Che ci è migliaia e migliaia di persone,
Á chi ha fatto oltraggio, a chi villania.
Son malcontenti di sua Signorìa.
7
Segretamente V ordine fu dato,
£t chi die il modo fii savio e prudente:
Penso che Dio mutasse quello stato.
II popol montò suso humilemente,
Non vi fu né un ferito o innaverato.^
Il Signor e i figliuoli subitamente
In men d' un hora tosto furon presi,
£t presono lo Stato i cittadin Lucchesi.
8
Ma quel prudente e savio Cavaliere 3
Messere Antonio della Città Senese
L' ordinò, e M modo diede con sapere,
¥x hallo a tener caro ogni Lucchese,
Et sempre Lucha a mente il de* tenere,
Che in libertà ha messo il suo Paese.
Et quel Signor, che ogni cosa vede.
Al buon Messer Antonio die la fede.
9
Et disse: vanne, franco Cavaliere,
Co' Cittadini di Lucha e sta in stato:
A quel Palagio andate, e non temere,
Et viva il popolo per lui sia gridato;
Tutto il tesoro, e T arnese et l* avere
Nelle man de* Luchesi appresentato.
Et siano missi in Signorìa
In questa notte di Santa Maria.
^ n verso serba le traccie di ima precedente redazione: „et tiene i citta-
din come una schiava''.
* Voce usata in più luoghi delle sue Istorie dal Cavalcanti. A questa
parola cosi scrive il Polidori (I, 1 90, n. 4) : „Feriti, trafìtti. L' origine di questa
voce, secondo la Crusca, è da veru ; secondo il Grassi piuttosto da fer rum, . . .
Il verbo navrer dall'Accademia Francese è dichiarato : faire une grande pìaie**,
^ n ms. Cavalieri', ma si tratta evidentemente di un errore di trascrizione.
DI UN INEDITO POEMA SINCRONO. 235
10
Et dato il modOy e tempo che ritomi,
D'Agosto, a giorni quìndici del mese,
Messer Antonio Cavaliere adomo
Di notte intrò in la Città Lucchese
Su per le mura senza suon di comi:
Il Signor co' figliuoli a fura prese.
Due figlie, eh' erano, anco presi
Misse in man de' cittadin lucchesL
II
Era questo Signor ricco e possente
Di stato, di figliuoli et di tesoro.
I suoi figliuoli ognun gli era ubbidiente:
Somma allegrezza avuto avea di loro.
Con le costumi vivendo allegramente
D' ogni virtù potea portar a loro:
Di Pamasso alla fonte incoronati
D' ogni scienza lor sono ammaestrati.
[e 4'] 12
Come Fortuna f ha fatto Signore,
E non ti dice, se ti vuol disfare,
Et ogni giorno vuoi esser maggiore.
Ma non hai saputo 1' aguto conficcare.
Non creder tu che sia sofferitore
Chi è offeso, et non abbia a peccare.
Et senza colpa al torto condennati
Fortuna tien color mutando Stati.
Così è avvenuto a questa volta,
Che la fortuna hae rivolto lo Stato
Per r avaritia, quale è stata molta.
Et peso meno la merce, eh' el peccato.
Questo Signor passato fé' ricolta
D' oro e d' argento, et hallo altrui serbato.
Or vedesi preso con li suoi figliuoli:
Ognun pensi per sé, se son gran duoli.
14
Quanto duolo, et gran malanconia
Nella persona sua de' possedere.
Essendo in si alta e magna Signoria,
Et in men d' un' ora vedersi cadere.
Et levato da lui ogni Balia,
Et non ha più che dar, né che tenere.
Le gioie son perdute, oro et argento,
Drappi di seta di gran valimento.
2^6 VITTORTO FINZT,
Et oltre a questo, se nulla li manca,
Vedersi i figliuoli in prigion mandati.
Pensa come sua vita si rinfranca,
Quando ricorda li tempi passati,
Et esser rimaso come carta bianca.
Et tutti i fìumi addosso si ha versati.
Quelli eh' eran più amici gli ha più a noia.
Et par che ogni uomo dica: Muoia, muoia.
16
Quando la ruota si cominciò a volgere,
In fìn eh' altri non è di sotto mai non resta.
Prima era savio, poi non si sa correggere.
Et ogni senno perde che avea in testa.
Costui non si sapea legar, né sciolgere,
Perchè Fortuna li dava tempesta.
Et fuori d' ogni sua buona pratica
Egli stava come Umbra salvatica.
Or pensa tu che reggi in questo Mondo,
Che altro che solo Iddio non muta stato:
E tal Signor crede esser giocondo
Che in un punto si vede abbassato.
Tu hai veduto come giù nel fondo
Il Signor de' Guinigi è abbassato
Con cinque suoi figliuoli, e tre figliuole.
Fortuna dà et tolle come vuole.
18
Di quei cinque figliuoli era il maggiore
Lansilao^ per suo nome battizzato.
* Alcune note dichiarative in proposito non saranno, io credo, inutili.
„Da un volume di memorie scritte nel 1457 „da Michele di Giovanni q.
Michele di Lazzaro Guinigi" (volume che si conserva nel prezioso archivio
della famiglia Guinigi) caviamo (scrive il Bongi, Di Paolo Guinigi e delie
sue ricchezze t discorso colla giunta di documenti, Lucca, Benedini • Guidotti,
1871, p. 108, 112 e passim) quel tanto che vi si legge relativamente a Paolo
ed alla sua Ììgliuolanza. Dalla prima moglie, che fu Maria Catherina, figlia
di Johanni, detto Vallerano, Paolo Guinigi non ebbe figli. Dalla seconda
moglie Ilaria, figliuola di messer Carlo del Carretto Marchese di quello di
Gienova, ebbe Lanzilao (o Ladislao) il 24 settembre 1404, e madonna Ilaria
nel novembre 1405. Dalla terza moglie che fue madonna Piagentina figliuola
del signore Rodolfo da Chamerino . . . nacquero Augustino-Filippo, Renaldo
e Rodolfo ... e altre fìglie femine, cioè Sveva e Vangelista, morte prima che
si maritasseno. (Il B. nella nota i^ a pag. m aggiunge: „Pare che primo
frutto del matrimonio di Paolo e Piagentina fosse un maschio detto Francesco-
Angelo, nato e morto di pochi giorni, nel 1409, come scrive il Sercambi, e
che qui [cioè nel documento] è dimenticato".) £ nota che prima che avesse
la terza moglie ebbe uno figliuolo naturale d'una sua schiava, la quale poi
si moriò ; et il figliuolo ae nome Stefano . . . Item prese la quarta moglie » . .
che fue madonna Jacopa figliuola del signore Ugolino de' Trinci Signore di
DI UN INEDITO POEMA SINCRONO. 2^^
Stefano il secundo, eh* era pien d* onore:
Terzo Augusti Filippo era chiamato:
Rinaldo il quarto, Ridolfo il minore;
Di gentil sangue ciascun era nato,
Et in men tempo, che d* andar du' miglia,
Distrutta fu cosi bella famiglia.
Com* io V* ho ditto, fu il Signor mutato
Et chiamati di nuovo li Ànthiani:
Venti anni* reggevi questo Stato:
I cittadini stavan tutti umani.
Gonfalonieri di Giustitia chiamato
A questo tempo fu Petro Cenami
A voci per Terzier San Salvatore,
Com* uom prudente, savio et pien d* onore.
[e. 4^] 20
Et Landucdo Bernardi fu chiamato
Signoi, cioè Anthian, da i Cittadini,
Come uom discreto, savio e costumato:
Terzo Anzian fu Jacopo Arnolfini.
Foligno, della quale ebbe . . . Pippa." Sulla fede del Bongi {òp. cit., p. 52)
aggiungerò quanto segue: „Paolo Guinigi dopo avere stentato nella prigione
di Pavia per circa due anni, vi moriva d' inedia e di crepacuore nel 1432 . . .
I lucchesi si addettero appena della sua morte, involti com* erano nella guerra
spietata e dispettosa fatta loro da Firenze. Neil' atto che la congiura contro
di esso era scoppiata, e che veniva fatto prigione, furono presi con lui e con-
dotti egualmente a Pavia tre figliuoli, Ladislao, Agostino Filippo e Rinaldo.
Agli altri due Rodolfo e Stefano . . . era riuscito di fuggire nel tumulto.
Anche i primi furono presto dal Duca di Milano lasciati liberi; ma, né gli
uni né gli altri, poterono mai rimettere il piede in Lucca, perchè condannati
a perpetuo esilio insieme con la loro discendenza.'* La brevità impostami non
mi consente di diflfondermi in maggiori particolari.
^ A parziale rettifica e complemento di ciò che leggesi nelle str. 19, 20,
21 e 22 aggiungerò alcune notizie tratte dal „Libbro de Collegi di questa
Scrina. Repa, di Lucca, che comincia dal 1369 e finisce nel 1609 nelli mesi
Sctt«. e ottobre, 9bre e lobre" (Ms. lucchese 45) : „Nota come doppo il 1400
Paolo Guinigi si fece padrone di Lucca, e governò per anni 30 — . Anziani
per due mesi e mezzo dopo Paolo Guinigi:
S. Paolino (terziere): Lorenzo Parpaglioni, Ser Domenico Arrighi, Do-
menico di Gio. Speziale.
S. Salvatore (terziere): Pietro Cenami Gonfaloniero, Landuccio Bernardi
morto, Jacopo Prosperi eletto dalla Balia, Gio: di Pietro da Ghivizzano, Ni-
colao dello Strego e per lui durante la sua assenza Banduccio Trenta.
S. Martino (terziere): Paolo Balbani, Antonio Tegrimi, Gherardo Angiorelli.
Novembre e Décembre 1430.
S. Paolino: Stefano di Poggio, Jacopo Tomasini, Filippo Sergiusti Spe-
ziale, Ser Domenico Totti.
S. Salvatore: Battista di Nicolao Arnolfini, Forteguerra Totti, Therio di
Matteo Gentili.
S. Martino: Tomaso Testa di Gio:, Matteo di Nicolao Jo va. Giusto di
Simone Pannajolo." Per maggiori informazioni si può anche vedere Beverini,
AnnaUum ab origine Lucensis urbis, Lucae, typ. Francifci fiertioii« l8i(0a
Uh. XI, p. 345 e seg».
238 VITTORIO FINZI,
Ognun promisse aver ben consigliato,
£t far buona guardia contra i Fiorentini,
£t mantenere in libertà la terra,
Et fare alla lor posta pace e guerra.
21
Et per il Terzier del nostro San Paolino
Anthian fu Domenico Speziale,
Come solenne e caro cittadino.
Uomo discreto, prudente e leale.
Lorenzo Parpaglioni prese il domino.
Ser Domenico Arrighi uom naturale:
Anthiani fumo a quel tempo chiamati.
Di senno e di sapere ammaestrati.
22
Paulo Balbani fu Anthian chiamato
Pel Terzier San Martin con grand' onore,
Anton Tegrimi nobile e pregiato,
E Ghilardo Angiorelli ancor Signore,
Per mantener la terra in buono stato;
Montaron suso al Palazzo maggiore:
Brunetto Malisardi fu conduttieri,
Niccolò Neri con lui a tal mestieri.
Nel tempo di costoro era 1' assedio.
Et fame et morte, pestilenza e guerra:
Non si poteva aver neun rimedio,
Nò pan né vin non era nella Terra:
Et stavano i Cittadini in pena e in tedio.
Chi apre le botteghe, et chi le serra;
Piccoli e grandi ognun si nutricava,
Et con fatica ognun si lamentava.
24
Era la Terra piena di soldati,
In ogni canto gran Barattaria:
Non si giuocava più ne' luoghi usati:
Erano li giuochi in mezzo della via,
Giuocando tutti come disperati,
Chiamando spesso la vergine pia.
E gli altri Santi v* erano per niente:
Tutti eran biastimati crudelmente.
25
Era la terra fuor del suo diritto:
Né pan né vin non si polca trovare,
Et ogni cittadin parea sconfìtto,
Veggendo tante cose crudeli fare.
DI UN INEDITO POEMA SINCRONO. 239
Ognun pareva di dolore afflitto,
£ non poteano tanto riparare:
£ r un di più che V altro crescea pena,
£ molti ne vanno a letto senza cena.
26
Tutti li Cilierì^ di Lucha stavan serrati,
Non si trovava da mangiare o bere:
Crude biastime mandavano i soldati,
£rano contenti a farsi malvolere.
Uomini e donne stavano addolorati,
Non si poteva neun vero mai sapere.
£ra la terra in gran tribulazione,
£t morta era Giustizia e Ragione.
Li Contadini avean gran dolore,
£ fuor di Lucha non poteano andare:
Vedeano i Saccomanni a gran furore
Le vigne loro andare a vindemiare
Forze 2 le spese dell' altrui sudore:
Quel che era suo avere a comperare :
Pensa se questa è gran malanconia
A comperar la cosa eh* era mia.
[e 5^] 28
Neuna allegrezza in Lucca si vedea:
Ognun parea di sentimento uscito:
Un tradimento parea, se alcun ridea,
Non si facea né Festa né Convito.
Per i grandi affanni, che la terra avea.
Mai non si vide più sacro partito:
Aver r assedio, guerra e carestia,
£t oltra a questo la cruda moria.
29
Poi mi ricordo de' tempi passati
Della Città di Lucca molte cose:
Di molte ragioni di Drappi aflìgurati
Vestian le Donne vaghe et amorose:
Appresso a loro i Giovani appregiati
Andare a quelle Feste delle Spose
Con canti e balli, e suon di più stormenti.
Con pace et amor de' Cittadin contenti.
* ttG^'lüri. Per celliere, ma si usa da noi per indicare il tinaro; le
altre stanze terrene in cai si conserva il vino nelle botti si chiamano cantine
o bottari." Cosi ha lo Stefani, Vocabolario del dialetto lucchese, x. v, (Ms.
Inccheie 2792).
* Il ms. è a questo luogo poco leggibile.
240 VITTORIO PINZI,
Ora non ricordar il bel tempo passato,
£ toma pure al tempo che noi siamo,
Ch' el Mondo si è rivolto del suo stato.
Che ogni di di male in peggio andiamo.
Popol Lucchese, quanto sei afÜEumato,
Che giorno e notte mai non ci posiamo:
Le nostre terre sono abbandonate,
Et per altrui le vigne vendemiate.
La pace è morta, e carità sbandita;
Non v* è più fede, carità, né amore:
Misericordia da noi è fuggita.
Et quel che par più leale è traditore;
Et la superbia in alto è salita.
Chi più fa peggio più ave onore.
Et questo è ditto per lo buon Tolomeo
Di schiatta di Caino e di Giudeo. ^
32
A questo vedi che lealtade è morta.
Et più saper si chiama il tradimento:
Tu che hai veduto come andò la scorta:
Presi rimasi ne son più di cento;
Et quel che la fìdò con fede corta
Giurò che li merrebbe a salvamento:
Per tutto il Mondo ne sarà biasmato
Per esser lui così leale stato.
33
O cara figliuola Lucchesina bella.
Come ti veggio lassa et tribuíala!
Tu non avesti mai più ria novella
Da poi in qua che tu fusti fondata.
Perdute hai quasi tutte le Castella,
Et fame et morte et guerra accompagnata;
Et fuori et dentro t' è posto V assedio.
Altro che Iddio non ci può por rimedio.
34
Con tante fatiche e grandi affanni
Pace si vuole in ogni modo dare
* Scrive in proposito il Beverini, op. cit.. Ili, 353: „... Suspensam ex-
terno bello civitatem, domesticae insidiae insuptr cumulato mttu turba vere.
Nam Ptolomaeus Sublacensis militum praefectus, missus cum suis, ut frumento
in urbem convertendo praesidio esset: jumenta commeatumque, cives quoque
qui una erant captos in castra Florentinorum avertit: ob quam periîdiam
hostis judicatus: datumque nej^otium certis civibus, qui propositis praemiis,
capiendum necandumque curarent . . .".
DI UN INEDITO FORMA SINCRONO. 24 1
L' ingiune fatte, le tempeste e i danni,
£ tocca a Dio quella vendetta fare.
£i sa il meglio, et 1' ora, ancora gl' anni:
Á sua posta sae vendetta adoperare.
Come Signor et Govemator del Mondo
Á vostro onor è ditto il cantar secondo.
Fine del II Canto.
Dal n Canto (Commento e varianti).
St. 3. Si come io dissi nel primo cantare
Si mosse il Conte, e ver Pesda fu andato
Con tutti i suoi Baron di grande affare:
Ognun parea un drago scatenato
Molti prigion si vidde il dì pigliare.
n Borgo di Buggian vi fu acquistato,
Kd un castello che si chiama Agnano
Fu preso, arso, e rubbato a mano a mano.
St. 4. £ 'n poco tempo l' hebbero acquistato
Ma venne meno qui la vettovaglia
E ritomossi a Lucca la brigata.
Contro il signor il campo si travaglia.
Diceva il Conte alia sua cara armata:
Io son rimasto a guardar suo Reame.
Non è sei di, e già si muor di fame.
Messer Antonio da Siena trattò col Conte Francesco contro il Sigi*. Paulo, et
maneggiò il negozio di toglier la città al tiranno, e rimetterla in liberta.
St. 5. n buon messer Antonio valoroso
Humilmente col Conte ragionava:
Questo Signor di Lucca è si ritroso
Che denari di cassa mai non cava.
È stretto e avaro più che un bisognoso,
£ tien la cittadinanza come schiava.
Iddio, che sta di sopra, m' ha mostrato
Che i dttadin rimetter deve in stato.
La notte della festa dell'Assunta Lucca fu rimessa in libertà dal Conte Fran-
cesco Sforza per opera del suUodato Messer Antonio e di alcuni gentil' huo-
roini lucchesi.
St 9. Tutto il tesoro e 1' arnese e 1' bavere
Nelle man de lucchesi presentato,
£ siano messi in bella signoria
In questa notte di Santa Maria.
Entrato di notte il Conte Antonio nella Città senza romore alcuno e strepito
d' armi fu fatto prigione il Sigc. Paulo, co' figliuoli, e figlie, e posti nelle
mani de' Cittadini.
St. IO. Et dato il modo, il tempo al suo ritomo
D' Agosto a giorni quindici del mese,
Messer Antonio Cavalier a4omo
Di notte entrò nella Città lucchese
Zeitichr. t rom. Phil. XX {5
242 VITTORIO PINZI,
Su per le mura senza soon di corno
Due figlie col Signor tiirono prese,
£ i fi^i ancor restaron catturati
Nelle man de' lucchesi, o sventurati.
Il primo Collegio dopo ricuperata la libertà fu come appresso:
Per S. Sktivadore: Per S. Paulino:
Pietro Cenami Goni; Domenico Spetìali
Landuccio Bernardi Lorenzo Parpaglioni
Jacopo Amolfini S. Domenico Arrighi
Per S. Martino: Condottieri:
Paulo Balbani Brunetto Malisardi
Antonio Tegrìmi Nicolò Neri.
Gherardo Angelelli
St. 19. Gonfaloniere di Giustizia chiamato
A questo tempo fu Pietro Cenami
A voci per terzier S. Salvatore,
Com' huom prudente, savio e pien d' honore.
St. 20. Et Landuccio Bernardi fu chiamato
Signore cioè Antiano etc. etc.,
Terzo Antian fu Jacopo Arnolfini.
St. 21. Per il terzier del nostro S. Paulino
Antiano fu Domenico Spetiali,
Lorenzo Parpaglion prese il dominio
E Domenico Arrighi huom naturale.
St. 22. Paulo Balbani fue antian chiamato
Pel tertier di S. Martino,
Anton Tegrini nobile e pregiato,
E Ghilardo Angiorelli ancor signore,
Brunetto Malisardi condottiero,
Nicolò Neri seco a tal mestiero.
In questo tempo la città si trovava in cattivissimo stato, essendo assediata
da' fiorentini, travagliata dalla fame, e dalla pestilenza.
St. 23. Nel tempo di costoro era 1* assedio,
E fame, e morte, pestilenza, e guerra.
[c. 5^] Canto UL
I
Quando quel Gabriel con gesti honesti
Venne dal Cielo alla gente terrena,
£t tu, Maria, innante a te il vedesti,
11 suo parlar fu: Ave, gratia plena.
Umi le e vergognosa rispondesti
Air Imbasciata, o Reina severa:
Ecce Ancilla Domini, ecco la Madre
Del mio fìgliuol che è figlio e Padre.
2
Co^ ti prego, Madre, e te, Figliuolo,
Col Padre insieme e Spirito Santo,
DI UN INEDITO POEMA SINCRONO. 243
Che a un voler son tre et è un solo,
Che del vostro ajuto ci sia alquanto,
Che senza angoscia, o pena e duolo,
10 possa seguitare il Terzo Canto
Con rime vaghe che piacciano alle genti,
Et chi le sta a udir siene contenti.
3
Signori, io dissi nel Cantar secondo
La gran fatica eh' era nella terra:
A dir più oltra non me ne ascondo.
Diremo insino alla fin della guerra,
Sempre pregando quel Signor giocondo,
Che mai non muta stato et mai non erra,
Come fé' il Mondo, il Sole e la Luna,
Che levi a Lucha questa gran fortuna.
4
Vuoi tu veder se Lucha ha assai che fare:
£lla ha il Campo intomo de' Nemici:
In fino air uscio ei ti viene a pigliare,
£ r altro Campo ha attorno degli Amici.
L' uno e 1' altro attendono a rubare,
£t vanno al Piano attorno alle Pendici
L' uno con V altro insieme tregue fanno,
Et pure a Lucha sempre torna il danno.
5
A ventiquattro giorni del bel mese
Di Luglio venne il Conte e la sua gente,
£t e' si posaro ^ della città Lucchese
Contra i nemici molto humilmente,
In tutto il tempo suo arme non prese.
Ma per rubare egli è stato valente:
Due mesi e nove di a Lucha è stato;
Da amici e da nemici ha guadagnato.^
6
Da poi in qua che parturi Maria,
Che è anni mille trenta e quattrocento.
Non fii mai una guerra tanto ria,
£t con più inganni e doppio tradimento
11 Conte è stato, et la sua Compagnia.
Drappi di seta, oro et ariento
^ Il ms. et e si posato,
' Gli storici non sono concordi riguardo alla quantità del denaro, pagalo
allo Sforza da' Fiorentini , per indurlo a passare al loro soldo, né qui è il
luogo di diffonderci in maggiori particolari sul!' argomento : tutti però stigma-
tizzano il conte per la mancata sua fede. Esempio del resto Boa tß"*^ *
quel tempo!
244 VITTORIO FIMZI,
Da Lucha ha avuto il Baron Magno:
La rubaria si chiama oggi guadagno.
7
£gli ha i dadi del più et del meno,
£t come vuole egli sa adoperare,
£t dentro a Lucha e fuori in suo terreno
Di zarra e al sozzo ha saputo giuocare,
Et una gatta porta sempre in seno,
Che morde altrui, e lui non può sgraffiare:
Egli è prudente e savio giuocatore.
Et d' ogni giuoco riman vincitore.
[e 6^ 8
Egli è stato Maestro di schermire,
Et sa i colpi da dritto e da traverso,
Et da per se et far dal dire,^
Et con la gente sa andare a verso,
Et mostra avanti volerti servire.
Ma e' ti muta poi un altro verso,
Purché tocchi denari e sia che vuole.
Et mostrati la Luna per lo Sole.
9
Tu hai veduto quanto tempo è stato
Appresso a questa Lucca poverella.
Et una volta non si è mai armato
Contra i nemici ancor montato in sella.
Egli è stato a vagheggiare il Prato
A veder se ne vien V erba novella;
Da Lucha ae avuto un staio di fiorini.
Non contando quei de' Fiorentini.
IO
I Fiorentini mandono onestamente
Al ditto Conte imbasciaria secreta.
Dicendo che posasse allegramente
Et non temesse d* oro nò di moneta.
Et una notte il Conte ebbe un presente:
Fiaschi di fiorini e drappi di seta.
Et egli r ha ricevuti con cara vista,
Veggendo il Giglio d' oro col Battista,
II
E se tu non vedesti tanto lume,
Apri ben V occhio, e chiaro ti vo' fare
Da poi in qua chi fé questo volume
Mai non si vide scaramuccia fare.
Essi 2 posato, et ito in fino al Fiume,
* Il verso è evidentemente corrotto.
« È preferibile la leiione del Grossi: „Ê s^ è posato**.
DI UN INEDITO POEMA SINCRONO. 245
£ tutti i Contadini fatt' ha rubare»
Venduto il vino e i frutti nella terra.
Or si è partito e noi rimasi in guerra.
12
Pensava Lucca, quando il Conte venne,
Che se n' andasse a conquistar Fiorenza:
Dair uscio al Fiume questo cammin tenne,
£ in fino a Pescia mostrò sua potenza,
£t poi a Lucha sua gente ritenne,
Con Bernardin si stette in patienza.
A suo piacer stava per la strada
Di fuora senza menar colpo di spada.
Non era del terren di Lucha uscito
Il Conte, come il Campo fue tornato
A' luoghi ove il Conte era stato al sito,
£t in quel proprio di venneno in Prato.
£ tra Signori e lor fu stabilito
Che a fede e a fatti fu deliberato
Per dieci giorni buona tregua fare,
£t guerra poi di nuovo cominciare.
Alquanti giorni stettero i contadini^
Con lor bestiame fuor sicuramente:
Diceva il Commissar de' Fiorentini:
Non vi bisogna, dico, temer niente:
Fate ragion che noi siam buon vicini.
Quel che è promisse atterrem lealmente.
A ognun pareva più esser secura.
Come se fusse in Lucha entro le mura.
£ il Martedì addi diece del mese
D' ottobre non è ancor tregua fìnita
£t la gente del Campo si discese
Con furia come fa gente sbandita:
Il bestiame minuto e grosso prese,
£t in loro utilità fue convertita.
Questa è la Fede buona, eh' oggi corre:
Beato a chi più robba può riporre.
[có^^] 16
Coloro che guardavano il bestiame
Con altri tutti quanti furon presi:
Un tradimento fii questo legame:
A neun modo poteano esser offesi.
* Meglio il Grossi: „Stettero alquanti giorni i contadini".
246 VITTORIO FINZI,
Fidati eran sicuri in lor reame:
Per patti fatti ne' terren Lnchesì
Non poteano esser presi né innaverati:
II Commissario la colpa dà a' soldati.
Niccolò della Stella e Bernardino
Dice il contrario a questo se scusato :i
Al soldo Siam del Popul Fiorentino,
A ubbidientia, a quel che ha comandato
Ci conviene ubbidir sera e mattino,^
£t quel Bestiame, da noi già rubato,
Noi r abbiam fatto per comandamento,
Sicché da noi non viene il tradimento.
18
Per dare un po' di pasto a noi Lucchesi
Tennero il Bestiame, e resero i prigioni,
£t se sono stati contro noi cortesi.
Puon cura tu, se son buone ragioni:
Il patto fatto non essere ofiesi.
Questi segni non sono né bei né buoni.
Quando tu credi esser sicuro andato,
£t tu ti trovi poi preso e legato.
20
Fiorentin ciechi più non son chiamati,
Ma son Fiorentini di tutti i tradimenti.
Quei nomi di sopra si son mutati:
A far nuove impromesse non son lenti
Quando an rubato, la danno ai soldati,
£ mostrano innanti d' esser malcontenti,
Ma son contenti d' ogni rubberia,
£t non attengon mai cosa che sia.
20
Cosi si stava il Campo onestamente
Senza dare alla Terra increscimento,
Perchè sott' acqua ben sottilmente
£ra ordinato un falso tradimento:
Il buon Giovan Mattei^ secretamente
* È preferibile e più chiara la lezione del Grossi: „e questo s* è scusato",
* Il ms. mattina,
' n Beverini dopo aver parlalo del tradimento di Tolomeo Sublacense
aggiunge {pp, cu,, III, 353): „Detecta quoque sub idem tempus alterius prae-
fecti proditio : erat is Joannes Matthaeus quidam domo Bononia, qui una cum
Simone Coluccio asculano ejus scriba, ac Morello quodam, Consilia cum Flo>
rcntinis de tradenda eis urbis porta habuerat: pretio sceleris ita constituto,
ut XX aureorum millia praesenti pecunia, ac in posterura centena roilitam
stipendia in sin^^ulos menses, amplamque domum Florenliac acciperet. Judi-
cium per Àntonium Pisanum, quem Pontaderam appellabant, Florentinorum
DI UN INEDITO PO£MA SINCRONO. 247
Con Bernardino fé' ragionamento
Di voler Lucha dare ai Fiorentini,
Et quantità d' oro toccare e di fiorini.
21
Giovan Mattei di notte, e Bernardino
Furono insieme più volte a parlare
11 Commissario che v' è pel Fiorentino
La mente loro V aveano assottigliare
Che Lucha perderà tutto il domino.
Giovan Mattei proferse lor di dare
Li Borghi della Terra in lor balia.
Perchè Marzocco intrasse in Signoria.
22
Diceva Bernardino: o come fare
Si potrà questo che non sia scoperto:
Qui bisogna gran senno adoperare:
Se non venisse fatto sareste diserto.
Dice Giovan Mattei: non dubitare
Che io ho veduto, e sto con V occhio aperto,
Che voi avrete i Borghi, e poi la Terra,
£t finita sarà poi la nostra guerra.
£t praticando insieme quel trattato,
Venneno a patti, se i Borghi vuol dare,
Trentamilia fiorini li sarà dato
Kt a Giovan Mattei a lui pagare,
£t trecento paghe poi dell' altro lato,
O guerra o pace die volesse fare.
Giovan diede la fede, e fece il patto.
Che manderebbe innanti questo Tratto.
[e. 7'] 24
£t dato il tempo, il modo, 1' hçra e '1 segno
Che a quelli del Campo dovea mostrare.
La mente assottigliando con 1' ingegno.
Voleva al tutto la terra far rubare.
Di tradimento et di malitia pregno.
Il Diavol r ajutava a consigliare,
£t ordinò di romper con la scura
Quello sportello, e scalar poi le mura.
£t dice a Bernardin: 1' ultima volta
Martedi notte mi tocca a guardare
dacem emanavit: cui tam bonam mentem Superi profecto injecere, ne Luca
inexplicabili Servitute illigaretur: itaque proditores capti, quaestionibusque
confessione expressa, omnes capitali supplicio affccti: praefcctusque insuper,
ad aliorum terrorem in frusta discerptus".
248 virroRio FiNZi,
La gente mia, ne' Borghi fìa ricolta,
Et voi di fuori i vostri fate armare,
£t noi fate sapere a gente molta
Che non si sappia quel che voglio fare:
Li ponti levatoi fur puntellati,
Che noni potranno giii esser calati
26
A ventiquattro giorni fu del Mese
D' ottobre millequattrocento anni et trenta,
Che r ordine tra loro si si prese,
£t r una parte e V altra fii contenta
Per disfare e rubare ogni Lucchese,
Che la gente del Campo stesse attenta
Senza dormire, e poi all' undici ore
Il segno dovea dare il Traditore.
Tu non pensavi il fìne, tu, Giovanni
Mattei, quel che poteva intravenire,
L' angosce et le fatiche et pene et danni,
£t quanta gente facevi morire:
Molti facevi vestir di neri pannL
Come potevi questo consentire:
Voler rubar le Donne et le Donzelle,
Mandar per lo mondo fanciulle e Pulcelle.
28
In questo tradimento tenea mano
Con quel Giovan Mattei un compagnone,
Ch' era in nelP arme forte al piano,
£ '1 nome suo chiamato era Barone,
Di schiatta di Chain, o vuoi di Gano,
£ M Cavalier che avea nome Simone:
11 quarto di costoro era Morello,
Che tradi Castiglione il bel Castello.
29
Iddio, giusto Signor che tutto vede,
Molto dispiacque questo tradimento:
Al Conte Antonio da Pisa die la fede,
Perchè egli è savio, e di gran sentimento,
Dicendo a lui: tu puoi acquistar mercede
A Lucca mandar, et fa che non sie lento,
£t fa che sie un messagier segreto.
Che sia uomo prudente, savio e discreto.
£t di che vadia a Lucca agli Anthiani,
£t al Gonfalonier della Giustizia,
^ L' avv. non nel ms. è erroneamente ripetuto.
DI UN INEDITO POEMA SINCRONO. Ì49
£t prestamente passi i monti et piani,
Che tutta Lucha rìaverà gran letitiä«
Quand' egli è innanzi a que' Signor Sovrani,
Di che racunti lor la gran malizia,
Come Giovan Mattei hae ordinato
Incontra a Lucca un crudo e rio trattato.
Di al Messagier che tu manderai,
Che dica a bocca e non porti saittura.
Et d' ogni cosa tu V informerai.
Che di quei Borghi guardin ben le mura,
Se non egli avran pena et guai
Senza dormire egli abbin buona cura,
Che Martedì notte è ordinato
Air undici ore fare questo trattato.
[e. 7"] 32
Essendo il Conte spirato da Dio
Et da San Paulino, fu avvisato
Del buon amore acceso con disio;
Un suo caro valletto ebbe chiamato.
Et disse a lui: intendi, figliuol mio.
In fìne a Lucha vo' che tu sia andato»
Che tu vi sia presto, et non adagio
Dirittamente, et vattene al Palagio.
33
Et quando sei dinanti a que* Signori,
Di che sian savi et bene ammaestrati,
Perchè anno a lor soldo quattro traditori:
Con quei del Campo si son consigliati
Di metter quella Terra in grandi orrori.
Martedi notte tutti siano armati,
Perché Giovan Mattei all' undici ore
Dee metter Lucca a un gran romore.
34
£ 'I giovanetto hae inteso V imbasciata.
Et disse al Conte con dolce latino:^
Io son contento di fare questa andata.
Senza paura vo' fare il camino:
La vostra voglia sarà contentata.
Era chiamato Giovan Piccolino:
Nella città di Parma egli era nato,
Gentile, onesto, savio et costumato.
1 Dante {Parad,, XII, 144) usa la frase „discreto latino" per giudizioso
en pensato parlare.
250 VI I TOKIO FINZI,
35
Dal Conte sì paru quel giovanetto,
Et verso Lucca per la dritta strada
Senza paura va solo soletto,
Non trovando cristiano per la strada.
£t. giunto al Ponte fu in quel distretto:
Quel della Torre non istette a bada:
Quivi il sostenne^ preso, e domandollo
Se avea lettere o scritto, e ancor cercollo.
36
Parlava il giovane savio et ardito,
Dicendo: io vò a cercar altra ventura:
Dal Conte Antonio da Pisa io son fuggito,
£t sta notte passata ho con paura:
Mal calzato mi manda, et peggio vestito,
£t di miei fatti poco se ne cura,
£t in altra parte me ne voglio andare,
Come udirete in nelF altro Cantare.
Fine del Canto terzo.
Dal Terzo Canto (Commsnto b varianti).
La povera città di Lucca era e da nemici e dagli amici travagliata,
poiché i fiorentini nemici la strìngevano fieramente e rapivano quello che tro-
vavano et la gente del Conte Francesco sotto pretesto d* amicizia, e di por-
gerle aiuto, consumava quel poco che vi restava.
St. 4. Vuoi tu veder se Lucca ha assai che fare :
Ha ella intomo il campo de' nemici.
Infino air uscio la vien a pigliare,
Et r altro campo ha atomo degli amid:
Et V uno et 1' altro attendono a rubbare,
Andando al piano, al monte, alle pendici.
L' uno con 1* altro insieme tregue fanno,
E pure a Lucca sempre toma il danno.
Il conte Francesco dimorò nello stato di Lucca due mesi e nove giorni, nel
quale tempo potendo liberare la povera città totalmente dallo assedio de' fio-
rentini, noi volle fare e senza fare impresa alcuna attese a consumare questo
stato miserabile e se fece prigione il tiranno e lo levò di possesso, fu perchè
non li parve esser stato trattato da lui conforme al suo pensiero, e per parti-
colari nimicizie.
St. 5. A ventiquattro giorni del bel mese
Di Luglio venne il Conte, e la sua gente,
E si posaro alla Città lucchese
Contro i nimici molto humilmente.
In tutto questo tempo arme non prese.
Ma per mbbare egli è stato valente.
^ A questo luogo il ms. è quasi illeggibile.
DI UN INKDITO POEMA SINCRONO. 25 1
Due mesi, e nove di a Lucca è stato,
Da amici e da nimici ha guadagnato.
St. 6. Da poi in qua che partorì Maria,
Che 1' anno è mille trenta e quattrocento»
Non fìi mai una guerra tanto ria,
E con più inganni e doppio tradimento
Il Conte è stato e la sua compagnia.
Drappi di seta, d' oro e d' ariento
Ricevuto ha da Lucca il Baron Magno:
La rubharia si chiama hoggi guadagno.
Hebbe il Conte Francesco denari da' lucchesi per quel poco di bene che
fece per loro, e da* fiorentini per il male che non li fece, potendoli far di-
leggiare a fatto: da' quali li fu mandata segreta imbasccria, e fattole gran
promesse, alle quali seguirono gli effetti, inviandoli molti fiaschi pieni di
fiorini d* oro, e molte pezze di drappi.
St. 9. Tu hai veduto quanto tempo è stato
Appresso a questa Lucca poverella,
Et una volta non s' è mai armato
Contro i nimici oppur montato in sella:
Pare sia stato a vagheggiare il prato,
A veder se ne vien 1* erba novella.
Da Lucca ha avuto un staio di fiorini.
O quanti n' hebbe ancor da' fiorentini !
St. IO. Mandarono questi astuti honestamente
Al detto Conte infbasceria segreta.
Dicendo che posasse allegramente,
E non temesse d' oro o di moneta.
Gli inviaro ima notte un bel presente
Di fiaschi d' oro, e di drappi di seta:
Ei lo ricevette con allegra vista.
Mirando il giglio d' oro e il gran Battista.
Dopo il qual regalo non servi ad altro il Conte, che a farsi vedere intorno
il Serchìo : nel qual tempo furono da' suoi soldati spogliati i poveri contidini
di quel poco che havevano; e vendute le pre<le si parti da questo paese, e
lasciò la dttà più che mai afflitti dalla guerra.
St. 1 1 . E se tu non vedeste tanto lume.
Apri ben V occhio, e chiaro ti vo' fare
Da poi in qua che fé' questo volume
Non si vide mai più scaramucciare.
E' s' è posato, e andato fino al fiume,
E tutti i contadin fatto ha rubbare,
Venduto il vino, e frutti della terra.
Ei s' è partito, e noi rimasi in guerra.
Partito il Conte, i fiorentini tornarono di nuovo all' assedio della Città e
s' accamparono sul prato nel medesimo giorno, eh' egli usci dello stato. Si
fecero però tregue per dieci giorni. Nel qual tempo dando i commifMii|
Campo buone parole a' sudditi della repubblica, et assicurandoli çbê
252 VriTORIO FINZI,
bavrebbero ricevuto male alcuno, non era anco fìnita la tregua allí io d'Ottobre,
cbe predomo, et rubbomo ogni sorte di bestiame e fecero molti prigioni.
St. 12. Non era dal terren di Lucca uscito
Il Conte, come il tempo fu tornato
Ove quegli era stato, e su quel sito,
Et in quel proprio di vennero in prato.
E tra signori e lor fu stabilito
Che a fede e a patti fu deliberato
Per dieci giorni buona tregua fare,
E guerra poi di nuovo cominciare.
St. 13. Stettero alquanti giorni i contadini
Co' lor bestiami fuor segretamente:
Diceva il Commissar de' fiorentini:
Di noi non vi bisogna temer niente.
St 14. Non era il martedì dieci del mese
D* ottobre anco la tregua ben finita,
E la gente del campo si discese
Con furia come fa gente sbandita,
n bestiame minutò e grosso prese,
E in loro utilità fu convertita.
Questa è la fede buona eh* oggi corre:
Beato a chi più robba e' può riporre.
Mandati dalla Città al Campo a far querele, che contro ogni ragione, non
essendo anco terminato il tempo della tregua, havessero fatto questo insulto,
il Commissario mandò la colpa a dosso, a' soldati, et i Capitani, cioè Nicolò
della Stella, e Bernardino dalla Corda, si scusarono con dire che erano
obligati ubbidire a* fiorentini; finalmente, ritenutosi il bestiame, rimandarono
i prigioni.
St. 15. Per patti fatti, ne' terren lucchesi
Non poteau esser presi o inaverati:
Il Commissar la colpa dà a' soldati.
St. 16. Nicolò della Stella, e Bernardino
Dice il contrario, e questo s' è scusato:
Al soldo siam del popol fiorentino
Air ubbidienza, a quel eh' è comandato
Ci convien ubbidir sera e mattino:
Se quel bestiame fu da noi rubbato,
Noi r habbiam fatto per comandamento,
Sicché da noi non viene il tradimento.
St. 17. Per dar poi qualche pasto a noi lucchesi.
Tenner le bestie e rimandon prigioni:
Cosi son stati verso noi cortesi.
Puon cura tu se son buone ragioni:
n patto fatto fu non esser offesi.
In questo tempo un certo capitano forestiero per nome Gio. Matteo, il quale
con la sua gente guardava una porta de' borghi murati delia Città si convenne
con Bernardino della Corda, che stava al soldo de' fiorentini, di consegnarli
p )r ta ch'egli guardava. Li furono promessi trenta mila fiorini, e di piìi
DI UN INEDITO POEMA SINCRONO. 253
trecento paghe. Aggiustarono il tempo, che fu il Martedì notte nel quale
toccava a Gio. Matteo guardare quel posto, alli 24 d'Ottobre 1430. Complici
del tradimento erano altri tre soldati, V uno chiamato Barone, Simone V altro,
et il terzo Morello. Penetrò questo trattato il Conte Antonio da Pisa essendo
co' suoi soldati nel territorio di Camaiore, cosi piacendo a Dio, al quale,
benché fosse al servizio de' fiorentini, dispiacendo il tradimento, inviò un suo
soldato, che si chiamava Giovan Piccolino da Parma, al Gonfaloniero dentro
la città, senza darli alcuna scrittura. Questo in habito da mendico incami-
natosi , giunto al prato ov' era il campo de' fiorentini , e preso dalle guardie,
disse che veniva da Camaiore, e che andava cercando chi li desse da mangiare
e bere. Lasciato dalla guardia come persona di cui non si potesse haver
sospetto, giunse alla porta della Città, e dicendo alle guardie che voleva
entrare in Lucca, non hebbero difficoltà alcuna in lasciarlo andare, il quale
andò adirittura a palazzo, et havuta udienza dal Gonfaloniero de' Antiani,
spiegato il nome di quello che lo mandava, li diede conto qualmente Grio:
Matteo martedì notte prossima all' undici bore, essendo egli di guardia, havea
concertato di dare a' fiorentini la Porta, e fargli patroni de' Borghi murati
della Città. Sentito questo il Gonfaloniero, l' impuose silentio et ordinolli
che non ne parlasse ad alcuno, e spedì subito a far prigione Gio: Matteo
co' tre suoi complici. Alle prime interrogationi negò ogni cosa: ma posto
alla corda pregò d' esser calato del tormento, confessò d' haver voluto tradire
la Città, e dare li Borghi a' fiorentini , e la vittoria, essendogli stato offerti
cinquantamila fiorini e trecento paghe. Fatto il processo, fu condannato alla
morte, et a' venti d' ottobre a' bore 22 incirca fu decapitato e dopoi squartato.
La testa fu posta sopra la porta delta 1' imperiale. A' 27 del detto mese
furono appiccati altri due de' suoi compagni Morello e Simone, e poco dopo
fu tagliata la testa a Barone.
Canto IV.
I
Somma Poten tia, o Majestà Divina,
Altìssimo Iddio alto e profondo,
Che 'n ogni tempo da sera et da mattina
Tu dai del pane et vino a tutto il Mondo,
Et la tua Signorìa sempre raffina.
Et per la tua dementia, Signor veracìe.
Quante più gratie fai al Peccatore,
Più ne rimane a te, caro Signore.
2
Il giovane tanto seppe ben dire,
Che il Castellan gli die mangiare e bere,
Et poi chiese licentia di partire.
11 Castellan disse: al tuo piacere
Sta r andare, et se vuoi qui dormire.
Non ti bisogna di nulla temere.
Il giovinetto di ciò lo ringratiava,
Et in verso Lucca tosto se n* andava.
254 VITTORtO PINZI,
[c. 8'] 3
£t giunto appresso a Lucca, et quasi in Prato,
Da un fu preso, et nome avea Rinaldo,
£t dimandolli dov' era andato.
Egli rispose umilmente et saldo:
Da Caxnajor mi son presto mucdato:^
£t sta notte ho avuto freddo e caldo,
£t un amico penso di trovare,
Che mi darà da bere et da mangiare.
4
£t Rinaldo veggendo il giovanetto
Vestito male, et peggio ancor calzato,^
Non pensò di costui alcun sospetto,
£t da lui prese presto cumiato.
Alia porta si accostò quel valletto,
Onestamente alla guardia ha parlato,
£t disse che voleva in Lucca entrare,
Et quelle guardie Io lasciomo andare.
5
Et disse il Pater noster di San Biagio,
Quando si vidde nella terra intrato.
Et prestamente se n' andò al Palagio
Innanti agli Anthiani appresentato
Là dove non posavan molto ad agio.
Per mantener la terra in buono stato.
Disse il Gonfalonieri: o che novelle
Hai tu? Ei disse: elle son buone e belle.
6
11 Conte Antonio da Pisa, mio Signore,
Mi manda a dire a voi d' uno trattato,
Che al vostro soldo avete un Traditore,
Il qual Giovan Mattel è chiamato:
Martedì notte che viene, a undici bore.
Quando alla guardia fìa de' Borghi andato.
Quei Borghi debbe dare ai Fiorentini:
11 Conte ve lo divisa, Signori cittadini.
7
Disse il Gonfalonier savio e saputo:
Oh quanto bene il Conte e tu hai fatto:
Per mille volte tu sia il ben venuto:
Non parlar più a neun di questo fatto;
* Il verbo mucciare talor.i signiñca farsi beffe, burlare; talora è 115?=^
per ischifare; qui per fuggirsi (cfr. Vocabolario de^li Accademici della Crus^m
4^ impressione, sub voce),
* Il ms. calsato.
DI UN INEDITO PO&MA S«NCmO\XX ¿^>
A questo fatto avrem ben provedntix
Et cosi fece prestamente, et ratto
Mandò per qnel Giovanni prestamente
Con tre compagni, venne qoive presente.
8
Essendo stretto a non poter fuggire.
Et fumo cominciati a dimandare:
Diteci il fatto et non si può disdire.
Noi sappiam tutto, et non si può negare.
Disse Giovanni Mattei con molto ardire
Che non sa nulla e voleasi scusare:
Allora fu subito preso et spogliato,
Et alla corda presto fu legato.
9
Quando si vide a si fatto partito,
Chiese di grazia d' esser giù posato.
Essendo abbasso, disse: io hoe fallito,
10 credo che il demonio m* abbia tentato.
Havea pensato avere, dico, tradito
Questa Città, et abbassar lo Stato
A dar li Borghi, e far perder la Terra,
Et dar a i Florentin vinta la guemu
IO
Et io da loro avea paghe trecento,
E poi cinquanta migliaia di fiorini
Cosi fii patto et riinaM) cootctíto.
Per disfar Lucca, le Donne e í Cittadíu,
Et di tal promission molió mí ytxUk,
11 Diavol deir Inferno allor l< »f mmk.
Et missemi nella testa questo tnrrav^^
Per la qual cosa ne orò wa^xae/^.
[e S''] Il
Et confessato tutto il tEWÜntuvv.
Que' eh* eran sopa dò has&K» ^^duüA^v
Perchè nefssuno avesie aosd ardtert^nv
Venire in tal ioiiia. e 11 :» •zimav..
Femo il proceaw> íá**- a turxv: sîîtiu*--«!..
Questo Giovali Mas« ivt*»; çiucii'-^*-
Di far sfnza vigìita ia wsu i^ssia.
Che a lai foswr \^^\x¡t^ ri» ;^ïfe.
Et oltre a quesio. iaa« lü^ ^u^l-^u
In quatto pani poi K^tmruii'. vi.
Et cofd ponita ic laue tuhU^a^
Per quei tàat aveau. ia Ìvasfc ^ * wâl*-
256 VITTORIO FINZI,
De' suoi quattro quarti ne fu divitia,
Per dar esemplo a tutta gente ria,
In su le Mura posti per segnale,
La testa in sulla Porta Imperiale.^
Questo fu a* venti di del Mese
D' ottobre quasi a ore ventidue.
Era in quel punto armato ogni Lucchese:
La Piazza incatenata tutta fue,
Gli abitanti di Lucha eran palesi.
Barone in quel di fini le paghe sue,
£t come fu del Mondo trapassato.
Con gli altri nell' Inferno ne fii andato.
A' dì ventisette ancor del ditto Mese
Avea in Piazza di molte persone,
Et era Piazza il Popolo Lucchese:
Incatenato ancora ogni cantone.
Chi v' era il vidde venire palese
Morello legato, e '1 Cavalier Simone,
Et alla morte funno condannati:
Per li tradimenti lor fumo impiccati
Et per esempio di chi vuol far male
Stetteno impiccati tutto il giorno.
Et dimostra agli altri tal segnale
Furon veduti da chi v' era intorno,
Et chi nel Mondo vivera leale
Non sentirà di morte tale scorno.
Quanto fu quella co' gravi tormenti,
Et questo avvien per far li tradimenti.
16
Il nostro Santo Volto pretioso
Non vuol che '1 crudo Popul Fiorentino
Entri in Lucha palese, né nascoso ¡^
Cosi non piace al buon San Paolino.
San Martino e San Regolo glorioso.
San Benedetto, ancora San Davino
' Il Ciancili nelle sue Dissertazioni sopra la Storia Lucchese {Memoria
e documenti per servire ali* historia del Principato Lucchese, Lucca, Fran-
cesco Bertini, 1813, I, 343, n. 5) scrive: „Nomina il Mussalo (Exitium, clades-
que Lucae, et facti, et urbis magnitudine memorabilia sunt, lib. 3 de gestis
Italicor. rubric. A'apud Muralorium, Rer. Ital. Script, torn. X) la Porta vicina
alla Pelleria, chiamandola dell* Imperatore o Imperiale. L* Imperiale ... era
una fortezza tra S. Giorgio e S. Frediano fatta fabbricare da Giulio Cesare
circa gli anni del mondo 3905'*.
* Il ms. nascosto.
DI UN INEDITO POSMA SINCRONO. 257
£t Santo Agnello, e ancor la beata Sita
Guardan Lucca, che non sia tradita.
Morto e disfatto questo Traditore
Innanzi a Satanasso fu appresentato,
£t gli fu letto appresso il grande errore,
Che contro Lucca aveva egli ordinato.
Minos giunse quivi con furore:
Con diavoli eh' erano ventuno ebbel menato
A una scura, ov' era Giuda
Li nella ghiaccia per la pena suda.
18
In questa parte scura era Caino,
£t Bruto et Cassio, V antico Romano,
Et Zoffo traditore, et Rantagnino,
Et da Pontieri quivi il potente Gano.^
Minos disse lor con bel latino:
Fate, costui di voi sia Capitano,
£t reverentia et gratioso honore.
Perchè egli è fonte d* ogni Traditore.
[e. 9^ 19
Et cosi rimase con quei Traditori,
Dicendo ciascun: tu sia il ben venuto.
Perchè nel Mondo hai commisso molti errori.
Et sarai da noi ben ricevuto.
Giovan Mattei rispuose a tai tenori:
Fatto non venne quel che avrei voluto.
De' Traditori io crescerò la schiera:
Tre altri verran qui doman da sera.
20
Lasciam Giovan Mattei dentro all' Inferno,
Et ritorniamo all' altro Compagnone:
In Piazza gli fu letto il suo quaderno:
Chiamato per nome era Barone.
Per lo ditto tradimento ti discemo
Pubblicamente la sua condannazione:
Fu condannato a tagliarli la testa:
Et cosi tagliata gli fu senza resta.
21
Sicché ogni Traditor levi il pensiero.
Et contra Lucha non voglia far trattato.
* Come è noto, Dante (/«/., XXXII, 121 — 3) pone Gano o Ganellone
nell' Antenora insieme con Gianni de' Soldanierì e Tribaldello, „eh* apri
Faenza quando si dormia". Veggasi anche ciò che di Gano leggesi nella
Chanson de Roland,
Zeitschr. £ rom PhU. XX I7
258 VITTORIO FINZI,
Perchè San Paolin che conosce 1* ontero,
Come tu pensi, a lui V ha manifestato:
£t quante volte n' hai veduto il vero
Or di presente, et per lo tempo passato,
Che questo Santo scuopre i tradimenti,
Et per questo i Traditor son malcontenti
22
Et poi in Calende entrón nuovi Signori.
Stefan di Poggio ^ fu Gonfalonieri
Con gli altri suoi Compagni a grandi onori.
Come è usanza, tre ogni Terziari,
Et per salvar la Terra da i romorì,
Li Maestri di mura funno meálierí,
Che andasseno a disfar la cittadella,
Acciò che neun per forza potesse tenerla.
Fu di Novembre a' dieci di del Mese,
La vigilia del Beato San Martino,
Che la ditta fortezza si disfese.^
Andonno in terra le mura tutte a mino.
Et questo fu fatto per lo Popul Luchese,
Che neuno potesse pigliar domino,
Farsi signore, et quella a se tenere:
Però in terra fu fatta cadere.
24
Quando nel fosso cadder giù le mura
Non v* è nissun che mai creder ¡k) tesse
In su quel punto cosa tanto scura,
Che parea che dal cielo acqua piovesse:
Chi era in terra tremava di paura.
In prima che nissun se n' avvedesse,
Li nuvoli parean dal ciel mandati,
Et molti a casa tornarono bagnati.
25
Domenico Spetial, da Dio spirato.
Vide il periglio che correre potea:
Prima che il muro cadesse nel fossato,
Molti di lor scostar ne facea.
State larghi! avea già loro gridato:
Et molti facean quel che dicea«
Et se non fusse 41 suo provedimento.
Ne sariano inaverati più di cento.
^ Gir. noU a str. 19 del C. II.
* Il ras. disfece.
DI UN INEDITO POSBÍA SINCRONO. 259
26
Dice il proverbio: a questo si dia fede,
Che un uom vai cento, et cento un non vale:
Colui che è savio, et più che gli altri vede,
Riguarda a i dubbj et a cose mortale:
Il savio va squadrando il capo e '1 piede.
Cosi fece il nobil Domenico Speziale:
£gli squadrò per punto e per ragione,
Che molti eran di morte a conditione.
[C9l 27
£t cosi trapassando il ditto Mese,
Cioè Novembre, come tu hai udito.
Con grande a£^no i cittadin Lucchese,
Teneansi li cittadini a mal partito:
Il Campo va scorrendo in tutto il Paese,
Ma nondimeno aveano sentito
Che 'l Conte Antonio et Niccolò Piccino ^
In verso Lucha pigliano il Camino.
28
Il Conte Antonio da Pisa, valoroso.
Con la sua gente era a Camajore,
Et diretto a lui veniva il poderoso
Niccolò Piccinin col suo valore.
Con la sua gente ognun valoroso
Per mettere il Campo in rotta con furore;
Ma cosi tosto non potea passare.
Perchè la gente sua volea salvare.
29
£t Niccolò si venne accostando
A poco a poco, et a' passi puon cura:
Cosi le strade andava misurando.
Che la sua gente venisse sicura:
Non fé' più belli avvisi mai Orlando,
Come costui con sesta e con misura:
Da Montemagno vide la Bastia,
Che non potea passar per quella via.
Il ditto Niccolò prudente et saggio
Un' altra ne fé' far di contro a quella,
Perchè a sua posta possa aver passaggio
Con la sua gente valorosa e bella:
Spesse volte ne faceva il viaggio
Di notte a Lucca per saper novella
^ Cioè Niccolò Piccinino, delle imprese del quale credo inutile fare
menzione, perchè ampiamente descritte dagli storici.
17*
26o VITTORIO FINZIy
Di quei del Campo, se stavano armati.
Pensando sempre d' averli abbassati.
£t quei dal Campo ancor avean sentito
Di lui novella, mandando le spie,
£t poi seppeno come egli era ardito,
La sua forza, et le sue gagliardie.
Non sapean tra lor pigliar partito.
Chi dicea di nò, et 1' altro dicea sie:
Deir aspettar costoro ognun temea.
Che la sua gente gran possanza avea.
32
Niccolò della Stella e Bernardino,
£t il Signor di Faenza col fratello^
Con Gottardo consigliava, et Fomaino^
£t Andrea della Serra, e Carapello:
Con loro insieme il Conte d' Urbino.
Tutti fanno consiglio sopra quello
Quar era meglio, fuggire od aspettare.
Siccome udrete in nell' altro Cantare.
Fine del Canto Quarto.
Dal Quarto Canto (Commento b varianti).
U primo di novembre entrò Gonfaloniere Stefano di Poggio, con gli
altri Antiani, e fu disfatta la Cittadella a IO del detto mese la vigilia di
S. Martino.
^ Cioè il conte Guid' Antonio Manfredi , signor di Faenza, col fratello
Astòrre. ,Jo con non piccola ammirazione (scrive il Cavalcanti, op, cu,, I, 401)
protesto, che, essendo al nostro soldo Astorre, tenero d' età (toccava allora il
18^ anno, essendo nato V 8 settembre 14 12), tanto che le nostre leggi piuttosto
adulto che giovane il chiamavano, e' dove pericolose erano le presse, ivi più
arditamente si metteva: né mica pareano i suoi colpi d' adulto, anzi porta-
vano morte più che quelli degP indurati cavalieri; e tante maraviglie faceva,
che piuttosto le taccio che io le scriva, per non essere credute". Il fatto è
confermato da altre testimonianze autorevoli, e tra queste da quella del
Bevilacqua, che fu uno de' combattenti (dr. Balutius, Miscellanea novo ordine
digesta opera ac studio Johannis Dominici Mansi, Lucae, apud Vincentium
Junctinium, 1761, I, 487). — Di Gottardo, comandante di 40 lancie, dice il
Graziani {pp. cit., p. 347) che „se anegò'* nel Serchio ; Fomaino, afferma il
Cavalcanti {op, cit., I, 306 e passim) era da Bibbiena, e, secondo un antico
storico, dei Galli, siccome avverte il Polidori nelle sue annotazioni al C.
(I, 60). — Nulla dirò di Guidantonio da Montefeltro, Conte d' Urbino, capi-
tano de' Fiorentini, siccome personaggio notissimo ; e di Carapello del Reame
basti il ricordare ciò che scrive Neri Capponi, Commentar/ di cose seguite in
Italia dal 1419 al 1456 ecc. {Rer. /tal. Script., XVIII, p. 1172): „. . . E 'ntra-
vasi in pratica del pigliare partito. In su le ventidue ore Carapello con
circa IO cavalli passò il Serchio, et assaltò i nemici, e perde tre cavalli e
ridussesi . . ,**. Per notizie più ampie rimando il lettore a ciò che trovasi
nell' Ammirato, nel Grraziani e nel Cavalcanti, giusta il mio proposito di usare
della maggiore parsimonia nelle note storiche.
DI UN INBDITO POEMA SINCRONO. 201
St 22. E poi in calende entrón nuovi Signori
Stefan di Poggio fìi Gonfaloniero
Con gli altri suoi compagni a grandi honori
Com' è usanza tre d' ogni terzieri.
E per salvar la terra da' romori
li maestri di mura fu mestieri
Che andasseno a disfar la Cittadella
Acciò per forza niun possa tenella.
St. 23. Fu di Novembre a' dieci di del mese.
La vigilia del Beato S. Martino,
Che la detta fortezza si disfese.
Circa la fìn del mese di Novembre mentre stavano afflittissimi i Cittadini per
le cose deir assedio si sentì nuova che il Conte Antonio da Pisa e Niccolò
Piccinino venivano a soccorrere la Città; era però loro impedito 1' accostarsi
alla dttà dalla Bastia de' Fiorentini. Incontro alla quale ne fabricó un' altra
Nicolò Piccinino dall' altra banda del Serchio.
St. 27. E co^ trapassando il detto mese ec.
Ma nondimeno avevano sentito
Che '1 Conte Antonio e Nicolò Piccino
In verso Lucca pigliano il cammino.
St. 28. Et Nicolò si veniva accostando
A poco a poco ec
Da Monte Magno vidde la Bastia,
Che no potea passar per quella via.
St. 29. n detto Nicolò prudente e saggio
Un' altra ne fé' fare incontro a quella,
Perchè a sua posta possa haver passaggio
Con la sua gente valorosa e bella.
Canto V
I
Nel quinto Cantar dico: Ave Maria,
Gratia plena, di vírtude ornata,
Dominus tecum, benedetta sia,
In mulieribus sempre sia laudata.
Il Frutto che uscì da Voi Santa e Pia,
Quando dall* Angel fusti annunziata.
Ora per noi misericordia, dolce Madre,
Al tuo Figliuolo et al Sommo Padre.
[e. IO'] 2
Io vi lasciai nel quarto Canto,
Come si consigliavan li Capitani,
O si o nò pigliar di guerra il guanto:
Ma parean lor partiti strani.
Niccolò Piccinin dall' altro canto
Al fiume stava co' Baron' soprani,
Et quelli di qua si son deliberati
Guardare il Fiume, et averli aspettati.
202 VITTORIO PINZI,
3
In sulle spiagge al Fiume fé' le schiere
Armati tutti come vemagallo
Le squadre: in punto stan dardi e bandiere:
In verso 1' acqua ognun volge il cavallo.
Fomain disse: voglio esser io primiero
A cominciare oggi al Fiume il ballo.
Dice Gottardo: il Fiume vo' passare,
Perchè non paja che vogliam mucciare.^
4
Messe le squadre, et dato il tempo e modo:
Se Niccolò Piccinin vorrà passare,
Noi Siam più forti, ognun stia quivi sodo
Alle sue poste, niun si può noiare:
Oggi è quel di d' aver vergogna o lodo.
Se noi possiamo a questo riparare
Che non passin di qua, noi siam vincenti:
Ora si vederà se noi siamo valenti.
5
Noi abbiam più di loro assai vantaggio.
Che questo Fiume é quel che ci fa forti:
In su la ripa siamo, e in sul passaggio,
£t come lor noi siamo armati e forti,
£t r acqua è fredda, et non è ora dì Maggio.
Pel freddo rimarran contumaci e morti
Al passar fuor del Fiume, che faranno,
£t per non poter passare annegheranno.
6
Niccolò Piccinino e la sua gente
Era di là dal Fiume presso a un miglio:
Il Conte Antonio da Pisa era presente,
Et Niccolò Guerrier 2 con chiaro ciglio.
* Anche qui il verbo mucciare è usato nel senso di fuggire. — Fra il
verso penultimo ed ultimo sono stati interposti e poi cassati, ma in .modo da
essere leggibili, i seguenti: „Noi siam più forti, ognun stia quivi sodo | Alle
sue poste niun si può noiare j Oggi è quel di d' aver vergogna o lodo"
(cfr. str. 4).
* Niccolò Guerriero è ricordato dal Fabretti, Biografie dei capitani ven-
turieri d^W Umbria, Montepulciano, 1843, II, 257: Flavio Biondo, Histo-
riarum ab inclinatione Romanorum libri XXXI, Basileae, per Hieronymura
Frobeniura et Nicolaum Episcopium, 1559, p. 457, lo dice: „Ottonis Rufiì Par-
mensis filium". — Il conte Antonio della Pergola era figlio del prode Angelo,
morto Tu ottobre 1427. — Intorno a Niccolò de' Gambacorti veggasi ad
an. 1442 1* Historia Áfiscella Bononiensis {Rer. fiat. Script., XVIII, 666) e di
Pettorlino dal Vemio o dal Verme fa menzione il Biondo, op cit., p. 457. Nel
poema si parla ancora di Ansarino, ma verosimilmente trattasi di Arisxnino
da Trevi, ricordato dal Cavalcanti, op. cit., 1,207 (^i P^^ leggere a questo
nome 1' erudita annotazione del Polidori, ibid.). — Il ms. congüar.
DI UN INEDITO POEMA SINCRONO. 263
Et il Conte della Pergola possente,
£ Niccolò da Pisa a quel consiglio.
Insieme stretti v* era anco Petorlino:
 consigliar v* era ancora Arisurino.
7
Di là dal Fiume la nobile brigata
Armata in punto a piedi et a cavallo:
Il Conte adomo con la sua gente armata,
Arditi, et forti, e chiarì come cristallo,
Pensavan sempre di quella andata
A far le caccie in pari et non sia fallo:
Allora rìspuose Niccolò da Pisa:
Io vo' passare il fiume alla recisa.
8
Se tu hai letto nel libro d' Egeo
Di quelle genti valorose et belle,
Quando mandò il suo fìglìuol Teseo
In Amazona a quelle Donzelle.
Le schiere del buon Cesare et Pompeo
Son cose antiche, et queste son novelle:
Dico, che quelle schiere eh' erano al Fiume
Eran maggiori, et di maggior volume.
9
Se tu hai letto d' Alessandro altiero,
Quando acquistò co' suoi il ricco Dario,
Ognun neir arme valoroso et fiero
Da quelli funno e sono poco divario.
De' Greci et de' Troiani tu sai il vero:
Erano in punto, non dico il contrario.
Ma pur questi due campi eh' erano al Serchio
Saranno stati ben con loro al cerchio.
[e. 10^] IO
Et cosi stando gran parte del giorno,
Et eran già vent' ore allor sonate,
I capitani andavan sempre attorno,
Dicendo a i Cavalieri: accorti state:
Oggi è quel dì che il nostro Campo adomo
Avranno onore, se i passi ben guardate,
Et se passeranno il fiume, fìen disfatti.
Et non avran da noi tregua né patti.
II
Niccolò Piccinino e 'l Conte Antonio
Con gli altri Cavalieri forte armati
Dicean fra loro: egli han fallato il conio,
Senza colpa o ragion son qui accampati.
204 VITTORIO PINZI,
Iddio è da noi, et da loro il Demonio:
Oggi da noi a pezzi fìen tagliati:
£t Niccolò da Pisa non istette,
Con la sua gente nel fiume si mette.
12
Di qua dal Fiume il franco Carapello:
Con la sua squadra ancor v* era Gottardo,
Dicendo: questo giorno sarà quello
Che si vedrà chi sarà più gagliardo.
Niccolò giunse presto come uccello,
Ardito e destro come leopardo.
Et con le lancie basse si mettea,
£t in quella prima squadra percotea.
Al primo tratto fé' la gente aprire,
Et pareva un leone iscatenato,
Mostrando le sue forze e U grande ardire.
Li suoi Baron V ebbon ben seguitato,
Et Niccolò Guerrieri, il franco sire.
Similmente il Fiume ebbe passato:
I Fanti a pie s' andavano attaccando
Alla coda ai cavalli, V acqua passando.
I
II franco e forte Niccolò Guerrieri
Il Fiume passa, come fusse terra;
A pena si bagnavano i destrieri:
La briglia allarga, e li speroni serra.
Orlando Paladino et Olivieri
Non fer sì belle prove nella guerra.
Et il Re Marsilio nella Pagania,
Come fé' il giorno quella Compagnia.
Niccolò Piccinino il Fiume passa:
Il Conte Antonio ancor similmente:
Rompendo 1' acqua ognun ^ la lancia abbassa:
Il Conte della Pergola eh' era valente,
Et Peterlino corre oltre et trapassa.
Rosermino^ presto che parea un serpente,
Più fier che un orso di selva cacciato,
Et con Gottardo si fue iscontrato.
16
Et qui si cominciò la gran battaglia:
Le lancie rotte, et poi con le spade in mano
* Il ms. ognuno.
• Rosermino non è ricordato dagli storici.
DI UN INEDITO POEMA SINCRONO. 265
Fomaino et Carapello alla puntaglia,
Stavan forti tutti du su quel piano.
Altri colpi eran qui, che di schermaglia,
Et pochi colpi si menava invano.
Assai ne cadde in terra a capo chino,
£t prigion vi rimase il Fomaino.^
£t mescolate insieme quelle squadre,
Niccolò della Stella oltre correa,
Gridando a' suoi: che fate genti ladre?
Via su, canaglia, sempre a lor dicea.
Pennoni et sopraveste ancor leggiadre
Assai in sulla Terra ne cadea:
Parevan quei di Marzocco isbigottiti:
In terra cadeau morti e assai feriti.
[e. 11^ 18
Molto si lamentava Bernardino
Di tanta furia, di tanta tempesta:
Il Signor di Faenza, et quel di Urbino,
Ognun mostrava ben la sua podestà:
Il Conte Antonio, et Niccolò Piccino
Gridavan: muoia Marzocco et Fiorenza non resta!
Et r una et V altra parte strìda mette:
Suonan Campane, Tamburi, e trombette.
Quando si ninno insieme mescolati.
Nimico od amico non conoscea:
In oratione stavan Preti o Frati;
Pregando Jesu Cristo, ognun dicea:
Signor, tu vedi che siamo affannati
Di questa gente, che è di schiatta Giudea:
Siccome tu sei Signor delF alta gloria.
Donaci ch^ oggi abbiamo la vittoria.
20
Quei della terra avean gran paura,
Veggendo la battaglia tanto fìera:
Correndo qua et là su per le mura
In quella parte dove più gent' era
Ognun pregava la Vergine pura.
Che i nostri stesser forti, et nessun pera:
Le Donne stavan tutte in orazione,
Pregando Iddio che aiuti la ragione.
^ „Li conduttieri quali fuor prese pregioni: Fornaino conduttíere con
lance 50 . . ." (Graziani, op. cit„ p. 347).
266 VITTORIO FINZI,
21
Et fuor di Lucca molti cittadini,
£t con Fanti eh' erano in guerra usati,
Et similmente di molti contadini
Fuora delle Mura tutti armati:
Veggendo la battaglia, i Baron fini
Uscimo fuor di tutti i loro aguati,
Et percotendo i nimici pur per costa,
Che molto volentieri ognun s' accosta.
22
Eran si grandi le strida et il romore,
Che il cielo e 1' aere parea che turbasse;
I pesci eh' eran nel fiume avean tremore,
Fuggian ne' fondi, et non in acque basse;
Li uccelli dell' aere non avean valore,
Neuno ve ne fu che a quel punto volasse,
Fuggendo tutti ne' luoghi ristretti.
Nascosi tra le stipe, e ne' boschetti
Et non valeva niente a riparare
A' colpi fieri di Niccolò Piccino :
Quanti ne giunge a terra ne fa andare.
Come di guerra Mastro e Paladino:
Le strade fece tutte isbarrare.
Et i suoi centrar] non cura un lupino.
II Conte Antonio con sua franca gente
Non si può dir quanto egli sia valente.
Hai tu mai veduto le pecorelle
Fuggir dinanti al lupo volentieri,
Così facean quelle genti felle.
Quando vedean quel Niccolò Guerrieri
Con le sue genti valorose et belle.
Et Fetori ino con le sue genti fiere.
Et Niccolò Piccinino tra le schiere.
Frangendo lancie, stendardi e bandiere.
25
A Bernardino parea mala novella,
E non potendo a questo riparare,
Niccolò Braccio, o voglian della Stella,
Per lo dolore si volea disperare:
Il Conte d' Urbino perde la favella,
Et neuno di lor sapea che si fare:
In contro a lor non v* era riparo,
Et con gran doglia il conte abbandonare.
DI UN INEDITO POEMA SINCRONO. 267
[c. ir] 26
Il Signor di Faenza, et Carapello,
Fuggia Gottardo, et Andrea della Serra: ^
Per la paura ognun volta mantello,
Et non potendo sostener la guerra,
Ismarrìti parean come 1' agnello.
Quando ha perduto la madre pecorella:
Fuggian come fan V oche fuori a volo.
Et tutti fanno la via di Montuolo.
27
Et quei dei Capitani gli an seguitati.
Di lancie et spade piene eran le strade.
Et molti in fìume ne furo annegati:
Feriti e morti ne son per le contrade,
Infiniti prigioni presi e legati.
Chi di là, et qual di là il fìume guada,
Tutti fuggendo come gente matta,
Sicuri non si teneano a Lipafratta.
28
Il Campo di Marzocco fu ¡sconfitto;
Come vi dico, assai fur morti e presi:
Ognun di lor parea di ciò afllitto.
Perduto V arme, cavalli et arnesi:
Et questo avviene a far contra il diritto
Quanto anno fatto a Lucca et suoi Paesi.
In sabato Jesu Cristo mai non paga.
Ma e' ti serba al dirietro un' altra paga.
29
Se vói saper la rotta quando fue,
Nelli anni mille trenta et quattrocento
Sabbato sera presso a giorni due,
Del mese di Dicembre ti rammento.^
^ Andrea della Serra, o Serrano, è ricordato dal Biondo, op. cu.» p. 448,
e dal Cavalcanti, op. cit., I, 307.
' „La date du 2 décembre, que donnent les auteurs, n'est pas (scrive in
proposito il Perrens, Histoire de Florence defuis ses origines jusqu'à ¿a do-
mination des Médicis, Paris, Hachette et C»«., 1883, VI, 350 «.) bien sûre.
Il y eut une consulte, le 3, sur la défaite déjà connue a Florence. M. Pelle-
grini (Sulla repubblica fiorentina a tempo di Cosimo il Vecchio, Pisa, T. Nistri
e C, 1880, p.45) dit, sans citer d'autorités, qu'elle eut lieu le 29 novembre.
Ce serait alors le jour même de l'arrivée des commissaires, qui durent prendre
le temps de se reconnaître. M. Guasti, qui publie des parties de la consulte,
parait avoir vu la difficulté, car il ne donne pas de date précise, et il dit: „in
que' giorni" (Voy. Commiss, LIV Rin., Ill, 513, 514)." Neppure gli altri sto-
rici che affermarono, la rotta essere avvenuta in un' epoca diversa, dettero
prova alcuna del loro asserto. Cosi, per esempio, non la porge il Bemi,
quando scrive (Chronicon Eu^^ubinum ab anno 1350 usque ad annum 1472
in Rer, Jtal. Script,, XXI, 969) che „a^ dì il di Décembre 1430 fu fatto il
268 VITTORIO FINZI,
Niccolò Piccinin con sua virtue,
Mostrò il Conte Antonio suo ardimento,
Et tutti i suoi con lor forza e valore
Ruppeno il Campo, e n' ebben grand' onore.
I Capitani a Fiorenza fur tornati,
Usciti parean fuor della memoria:
Dicevan': i Fiorentin con li soldati
Ch' anno arregato a Lucca la vittoria
Tredici mesi, e più vi sono stati:
Or son tornati senza vanagloria,
£ promissond pigliar Lucha infra un mese.
Hanno questo perduto a nostre spese.
31
Hora che avea fatto Lucha a i Fiorentini,
Che ce gli abbiamo regali a si gran noia,
Et mai non li volemo per nostri vicini?
Ognun dicea a Lucca: muoia, muoia!
Ella ci gosta Lucca più fìorini
Che non vai Prato, Arezzo e Pistoia,
Et abbiam fatto contro ogni ragione,
Et spesi fìorini più d' un millione.
32
Essendo in Firenze i Capitan tornati
Con poco onore, et pena et dolore,
Come' da cavai fur dismontati.
Et giunse allora alquanti Imbasciatore
Che prestamente, e tosto siano andati
Al gran Palagio de' Signori Priori:
Udita r imbasciata, tosto andarono.
Del gran Palagio le scale montarono.
33
Giunti al Palagio, nella prima Sala
A poco a poco vanno, et pianamente
A seguir la seconda ognun si cala,
Et poi la terza scala ognun presente.
Salita quella, e giunti in sulla sala,
Dov' erano i Signori con molta gente,
Ognuno stava con malinconia,
Come nell' altro Canto ditto vi sia.
Fine del Canto Quinto.
fatto d'arme con Niccolò Piccinino ..."; non il Buonsignori dicendo {Storia
della repubblica di Siena esposta in compendio, Siena, G. Landi, 1856, H, 14)
che il lO di Décembre 1430 il Piccinino disfece i Fiorentini in riva su Serchio;
non quelli che attribuiscono al fatto la data del 3 dicembre. Per mio conto
seguo V opinione degli storici più autorevoli, accolta pure dal poeta (cfr. str. 29).
DI UN INBDITO PO£MA SINCRONO. ¿ÔQ
Dal 5® Canto (Commento e varianti).
Quelli del Campo fìorentino dopo qualche considerazione se dovevano
passar il fiume et attaccar il Piccinino, o pur aspettarlo, risolsero finalmente
aspettarlo, confidati nel vantaggio che havevano della gente più numerosa, e
del sito, mentre Nicolò Piccinino co^ suoi stava accampato un miglio incirca
lontano dal medesimo Serchio. Et essendo stati in questa maniera buona
parte del giorno, Nicolò da Pisa si risolse esser il primo a passar il fiume
con la sua gente restando nella prima squadra nella quale era Carapello
e Gottardo.
St. II. E Nicolò da Pisa non istette.
Con la sua gente nel fiume si mette.
St 12. Di qua dal fiume il firanco Carapello
Con la sua squadra; v' era anco Gottardo,
Dicendo: questo giorno sarà quello,
In cui vedrem chi sarà più gagliardo:
Nicolò giunse presto come uccello,
Ardito e destro come leopardo,
E con le lance basse si mettea,
£ 'n quella prima squadra percotea.
St. 13. Al primo tratto fé' la gente aprire,
E pareva un leone scatenato.
Dopo questi passò il Serchio Nicolò Guerrieri, dietro a' quali seguendo la
fanteria s' aiutava attaccandosi alla code de' cavalli.
St. 13. Et Nicolò Guerrieri il firanco sire
Similemente il fiume hebbe passato,
I fanti a pie s' andavano attaccando
Alla coda a' destrier V acqua passando.
A questi segui il Piccinino, il Conte Antonio da Pisa, il Conte della Pergola
con altri Capitali, all' arrivo de' quali s' attaccò la battaglia più fiera.
St. 15. Nicolò Piccinino il fiume passa
E '1 Conte Antonio ancora similmente.
In questo mentre gli Ecclesiastici e Religiosi et altri dentro la Città com-
battevano a favore del Piccinino con 1' orazioni e per la patria angustiata da
tante miserie, et altri correvano alle muraglie per vedere la battaglia.
St. 19. Quando si furo insieme mescolati.
Nemico o amico non si conosceva.
In oratione stavan Preti, e frati
Pregando Gesù Cristo ecc.
St. 20. Quei della terra havean gran paura,
Veggendo la battaglia tanto fiera
Correndo qua e là sopra le mura . . .
Uscirono anco dalla Città quei soldati che ci era, quali uniti a' molti con-
tadini, assalirono V essercito fiorentino per fianco.
St. 21. Fuori di Lucca molti cittadini
Con pochi fanti alle battaglie usati,
£ parimente molti contadini,
Fuor delle mura tutti ben armati
270 VITTORIO FINZI,
Veggendo la battaglia, e' baron fíni.
Escono tutti fuor de' loro a^ati,
Percotendo i nemici par per costa,
Che molto volentieri ogn' un s' accosta.
Finalmente dopo haver i fiorentini fatta qualche resistenza, rotti e sbaragliiti
voltarono le spalle e s' inviaro per la strada di Montuolo a Ripafiratta.
St. 26. Fuggiano come fanno 1' oghe a volo,
E tutti fanno la via di Montuolo.
St. 27. E quei dei Capitan gli han seguitati:
Di lance e spade piene eran le strade,
£ molti in fìume ne furo annegati.
Feriti e morti son per le contrade,
Infiniti prigion presi, e legati:
Chi di qua, chi di là il fiume guada,
Tutti fuggendo come gente matta
Non si tenner seguire a Ripafiratta.
Successe questa vittoria del Piccinino il 1430 a' due di Décembre in giorno
di Sabato.
St. 29. Se vuoi saper la rotta quando fue.
Negli anni mille trenta et quattrocento.
Sabato sera presso a giorni due.
Del mese di Décembre ti rammento.
Nicolò Piccinin con sua virtue,
Mostrò il Conte Antonio suo ardimento:
£ tutti i suoi con lor forza e valore
Ruppero il Campo, et hebber grand' honore.
[c. 12^] Canto VI
I
Vergine et Madre del tuo Figlio sposa,
Reina et Madonna del Cielo e della Terra,
Misericordia in te^ non è nascosa:
Con tua forza puoi levar la guerra.
E però ti prego, Madre pietosa,
Che preghi il tuo figliuol, che mai non erra,
Siccome il quinto Cantar fu fatto presto,
Che mi dia gratia ancora a fare il sesto.
2
10 vi lasciai, signori, al Canto quinto.
Che i Capitani del Campo sono al Palagio
In sulla Sala grande ov' è dipinto
11 reggimento del Popol malvagio r^
Et quivi stava ognun col viso tinto
Delle novelle avute et del disagio
* n ms. se,
■ Cfr. Moisè, Illustrazione storico-artistica del Palazzo de* Priori og.
Palazzo Vecchio ecc., Firenze, Le Mounier, 1830, p. 130 e seg>.
DI UN INEDrrO POBMA SINCRONO. 27 1
Del Campo, eh' era stato rotto al Serchìo:
Sopra quelle novelle erano al cerchio.
3
I Capitani da parte fumo chiamati:
Parlando un de' Signori con rimbrotto:
0 come siete voi stati avvisati.
Che cosi tosto il nostro Campo è rotto?
1 Capitani stavano addolorati,
£t non &nno risposta, né ancor motto,
Ma pur sentendo dire, a tal latino
A quei Signori rispuose Bernardino,
4
£t disse: o cari Signori, io sono stato
In molte guerre, benché poco vaglio.
Et a sconfitte ancor mi son trovato:
Nel mondo avuto vittoria et travaglio:
Et bene et male io ho assai provato.
Ma io non vidi mai maggiore abbaglio.
Quanto fu questo a quel passar del fiume,
Che neuno di noi a pena vide lume.
5
A quel passar del fiume a noi parea
Che fusser più di noi died cotanti,
£t oltra a questo infra loro si vedea
Uomini grandi che parean giganti.
Che più che '1 sole lor facde risplendea
Con sopraveste tutti o Volto Santi,
Et fìironci addosso con le spade in mano,
Et presi et morti rimanemmo al piano.
6
Non potrei mai creder che coloro
Rompesseno un Campo cosi tosto et presto.
Essendo noi più forti assai di loro:
Ma quei giganti che io manifesto
Erano arditi e forti come un toro.
Miracol non fu mai maggior di questo:
Han fatto contra ragione et contra Dio,
Che sia Signor del Cielo è '1 parer mio.
7
Ora lasciamo qui con doglia i Fiorentini,
Et della rotta ciascun si favella.
Dichiamo le donne, grandi e piccolini.
Noi non avemmo mai maggior novella.
Torniamo al Conte, e a' franchi Paladini,
Che d' allegrezza ciascun rinovella,
272 VlTrORIO FINZI,
Che rotto il Campo, Niccolò dicea,
Che il Ponte San Piero pigliar volea.
8
£ poi si misse Niccolò possente,
Dicendo al Conte: io ho fatto un pensiero
Da poi che noi abbiam rotto la gente,
Che questo Ponte chiamato San Piero
Per noi sia acquistato di presente.
Cognoscer voglio chi è bianco e nero:
£i sono genti nere et noi bianchi:
Quel passo abbiam: per noi non manchi.
[e. 12^] 9
£t r altro giorno poi andonno al Ponte
Con molta gente la battaglia dare:
Disposto era Nicolò et anco il Conte,
Se non si arrendon, di farli impiccare:
£t giunti armati con oscura fronte
11 Conte disse: che volete fare?
Se per qui a doman non vi rendete,
Poi il terzo di impiccati sarete.
IO
Quei della Torre viddeno il perìglio
£t questa gente intomo cosi presso;
Dentro della Fortezza fer consiglio
Di mandar per soccorso presto un messo.
£t r altro disse: il Gonfalon del Giglio
Non ci può attener quel che ha promesso:
Il campo è rotto, chi è morto et chi prigione
Diam la fortezza, e salviam le persone.
II
Kt così insieme si sono accordati,
£t Niccolò quella fortezza prese:
I patti fatti non funno osservati:
Lasciorno il Ponte, e isgombraro il Paese.
Niccolò Piccinin de* suoi fidati
Nella Fortezza misse, et fan difese,
£t dì et notte avrian ben guardato:
Kt la guardia fu data al Sbardellato.^
^ È ricordato dal Cavalcanti, op. cit., I, 145 — 6 e 148. „Secondo il con-
tinuatore di Bartolomeo della Pugliola: (scrive il Polidori in nota) chiamavasi
"il conte Sbardella"". Giusta quanto ne dice T Eroi i {Erasmo Gattamelata
dà Narni, suoi monumenti e sua famiglia, Roma, Salviucci, 1876, p, I «,)
„. . . Degli Sbardellati [da Narni] non si ha memoria di qualche importanza ...
Nelle croniche uarnesi trovai sopra un ili loro un* impresa militare di poco conto.
L* uno di essi chiamavasi Paolo, V altro Giovanni. Di costai ci conta la
cronica di Bologna, che venne ucciso in questa città nella rivolnaione dd
DI UN INEDITO POEMA SINCRONO. 273
12
Havuto il Ponte, andonno a Pontetetto,
£ incomÌDciorno la battaglia a dare.
Niccolò disse: io vi giuro e prometto,
Se voi volete stare a contrastare,
Io vii giuro poi al punto stretto,
A* merli vi farò tutf impiccare.
10 vi consiglio che voi vi arrendiate:
Soccorso non bisogna che aspettate.
Quella Fortezza era si ben fornita
Di pane et vino, olio, carne et formaggio,
Salsiccie assai, e facevan buona vita.
Che parea lor mal fare altro viaggio.
£t d' ogni altra armadura ben fornita,
£t d' ogni bene è piena e d' avvantaggio.
Mal parea lor cotanto ben lasciare,
£t cosi tosto la Fortezza abbandonare.
Se cosi tosto la Fortezza diamo,
£t si dirà, che noi siam trista gente:
Da viver dentro ben forniti siamo:
Che ci può fare il Conte et la sua gente?
£ in questo giunse il franco Capitano,
£t dice lor, parlando chiaramente:
Volete voi questa Fortezza a noi dare?
Non vi bisogna soccorso aspettare.
£t dissen che la volean tenere,
£t il valoroso Conte fu corucdato:
Con tutto il coraggio suo, senno e sapere.
Incitava al conflitto, come a fare è usato.
£t misse in punto, et fece li sue schiere,
£t lo fuoco intomo si vi fu cacciato:
11 ditto Conte, siccome uomo sicuro,
Con la persona sua montò sul muro.
.... Di Paolo si fa ricordo nel ms. possedato dai signori Innocenzo e
)po fratelli Cotogni miei concittadini, e che riguarda alcune cose di NamL
eggesi: — »J438. Caterina di Fabiano Arca, vedova di Paolo Sbardellato,
lottiero di Truppe, si era già rimaritata con un Capitano di Verona per
e Luigi". — Un Niccolò di Sbardellato si trovava nel secolo XV in Bor-
ia nostro castello. Non saprei decidere, per mancanza di documenti, se
anni e Paolo siano persone distìnte, o tutf una, mentre abbiamo esempi
Itri soggetti in qaell' epoca chiamati con vario nome, come avvenne anche
Grattamelata . • /<• Più pncir^ • "naato non mi venne fatto
ntncdare.
* n pron. 9i mI <
£rahfl
274 VITTORIO PINZI,
l6
Veggendo il fuoco, quei di Pontetetto
Dissero tra lor: non è tempo di stare:
Il giuoco non andrebbe per noi netto.
Non potremo col Conte contrastare,
Sicché Niccolò Piccinin, tanto perfetto,
Con la sua gente il mondo fa tremare:
Però ò meglio, che tosto ci rendiamo,
K diamci V arme e in altra parte andiamo.
[e. 13'] 17
Et cosi insieme si sono accordati.
Et fu loro attenuto tutti i patti:
Con r arme lor si partimo li soldati
De' Fiorentini, a Pisa andorno ratti.
Siccome gente matta, e spaventati
Andavan per la via, si come matti.
Et cosi Pontetetto fue acquistato:
A i Fiorentin non piacque tal trattato.
18
Et da poi Niccolò Piccinin glorioso
Col Conte Antonio parlò secretamente:
Io non intendo pigliar, dice, riposo.
Tornar farò assai il conveniente.
Di andare in Lunigiana son bramoso.
Et convertir farò di molta gente:
Io vo* veder se so ginocare a zara:
Andar voglio a La venza et a Carrara.
E tu Conte mio, nobile e gentile,
Alla città di Lucca rimarrai:
Con tua forza et ingegno, eh* hai sottile.
La Città et il Contado guarderai.
Et i nostri nemici non tenere a vile,
Che dì e notte pensan sempre mai
Di poter quella rotta vendicare:
Et tu sei savio, sappia riparare.
20
Egli è chiamato Niccolò Piccino,
Ma egli è grande, come Anteo Gigante,
Di senno e di saper più che Merlino:
Avanza al veder Virgilio e Dante,
Di cortesia e' passa il Saladino.
Cercando il mondo a ponente et levante,
Egli è Piccolin, ma egli è Magno,
Non si potria trovar miglior compagno.
DI UN INEDITO POEMA SINCRONO. 275
21
Come Niccolò grande si è partito,
Dai Conte Antonio si é accomiatato:
In verso Pietrasanta forte e ardito
Con sua gente ha presto caminato:
Perchè le sue prodezze io ho sentito,
In questo canto io V ho ribattezzato
Ad una Fonte, et di grande affare:
Però sopra Grande lo vo' chiamare.
22
Niccolò Piccinino io '1 chiamo grande:
In verso Pietrasanta fu andato;
Per tutto il mondo la sua fama spande,
£t co' suoi Cavalieri s' è consigliato.
Dicendo: qua si mangia altre vivande.
£t cosi prestamente ha cavalcato
Con la sua gente nobile et soprana.
Disposto d' acquistar la Lunigìana,'
Perchè son gente strana.
Qui faremo fìne a questa Storia:
A laude sia di Dio della Gloria.
Fine del sesto et ultimo Canto.
Dal Canto 6° (Commento e varianti).
Il giorno appresso la rotta si portò il Piccinino a togliere a' fiorentini il
Ponte S. Piero, quali conoscendo che non potevano ricever prontamente soc-
corso, diedero la fortezza a Nicolò, e sgombrarono il paese. Et egli vi pose
alla guardia uno de' suoi soldati, chiamato lo Sbardellato. Tolto questa for-
tezza a' nemici, si trasferirono a Pontetetto, il quale era tuttavia guardato
da' soldati fiorentini, i quali, dopo breve resistenza, veduto il fuoco, s' arresero,
salve le persone, et uscirono con le loro armi, e si ritirarono a Pisa.
St. 7. Che rotto il campo, Nicolò dicea
Che *1 Ponte di S. Pier pigliar volea.
St. 9. £ 1' altro giorno poi andomo al Ponte
Con molta gente la battaglia dare.
Era disposto Nicolò, et il Conte
Se non s' arrendon di farli impiccare ecc.
St. IO. Quei della Torre viddero il periglio,
E questa gente intomo cosi presso.
Dentro della fortezza fer consiglio
Di mandar per soccorso presto un messo.
E r altro disse : il Gonfalon del Giglio
Non ci può mantener quel e' ha promesso.
n campo è rotto, chi è morto, o prigione:
Diam la fortezza e salviam le persone.
* Per più ampie notizie cfr. Beverini, op, cu,, HI, 362 — 4.
I8»
276 VITTORIO PINZI, DI UN INEDITO POEMA SINCRONO.
St. II. E cosi insieme si sono accordati,
E Nicolò quella fortezza prese:
I patti fatti furono osservati ecc.
St. 12. Havuto il Pon S. Piero, a Pontetetto
Andaron presto alla battaglia dare ecc.
Tolti di mano a' nemici questi due posti, e lasciato il Conte Antonio di
Pisa alla difesa della Città, s' inviò il Piccinino verso la Lunigiana per ri-
pigliare Lavenza e Carrara ecc.
St. 18. Io vo' veder s' io so giocar a zara,
Andar voglio a Lavenza et a Carrara.
St. 19. E tu. Conte mìo nobile e gentile,
Alla città di Lucca rimarrai ecc.
Vittorio Finzi.
Zar französischen Syntax.^
(Vgl. Ztschr. XVIII, 498.)
V.
Von den infiniten Verbformen im Neufranzösischen.
Vielleicht ist kein Kapitel der neufranzösischen Grammatik von
der, das Ziel wissenschaftlicher Forschung und Darstellung bildenden,
richtigen Auffassung, Formulierung und Gruppierung der einschlä-
gigen Erscheinungen weiter entfernt als das in der Ueberschrift
durch eine zwar durchaus nicht neue, wohl aber in unverdiente
Vergessenheit und noch unverdientere Zurücksetzung gegenüber
den beliebten Benennungen „Nominalformen*' (L. 272), „Mittel-
formen" (M. 441, Holder Gramm, d. franz. Spr. 1865 P« Ö6)> «Ueber-
gangsformen", „Partizipalien" (M. ebd.) geratene Bezeichnung an-
gedeutete Kapitel vom Infìnitiv, Gerundium und den beiden Par-
tizipien.
Als Hauptmängel der üblichen Behandlung dieser Verbformen
lassen sich kurz folgende bezeichnen: i) Verkennung der völligen
Wesensverschiedenheit der „flektierten" und „unflektierten" Parti-
zipialformen , 2) ungerechtfertigte Trennung des „unflektierten" Par-
tizipiums Präsentis vom Gerundium, 3) Mangel einer zutreffenden
Charakterisierung des Bedeutungsunterschiedes zwischen Gerundium
und Infinitiv.^
Wenn ich bei dem sich nun anschlicfsenden Versuch diese
Vorwürfe zu begründen, von der bei L. gegebenen Darstellung
der Lehre von den infìniten Verbformen ausgehe, so geschieht das
gewifs nicht, weil es mich sonderlich gelüstete, diesem hochver-
dienten Grammatiker etwas am Zeuge zu flicken, sondern einmal,
1 Abkürzungen: L. =s G. Lucking, Französische Grammatik* 1883;
M. =3= £. Mätzner, Französische Grammatik' 1885; T. I, n = A. Tobler, Ver-
mischte Beiträge zur französischen Grammatik l., 2. Reihe; Gr. «s G. Gröber,
Gmndrifs der romanischen Philologie Bd. I.
* Unter Hinweis auf Ztschr. XVm, 5 1 1 bemerke ich, dafs ich sogenannte
periphrastische Verbformen nicht anerkenne, also in ayant vu, avoir vu nichts
anderes als Verbindungen des Part, ayant und des Inf. avoir mit dem Akku-
sativobjekt vu sehe, das zu seinen Regentien in genau demselben Verhält-
nisse stehe, wie etwa das Wort confiance in den Verbindungen ayant con-
fiance und avoir confiance. — Wenn übrigens L. 283 den „drei peripl¿astischen
Partizipien" eine bindere Behandlung zu teil werden íífst, so, scheint mir,
hätte die Rücksicht auf Gleichmäfsigkeit der Darstellung dasselbe fur den In-
finitiv erfordert
278 TH. KALEPKT,
weil, wie eine zweimalige Versuchsniederschrift dit Arbeit mich
lehrte, bei gebührender Berücksichtigung aller von den bedcuEen-
dereo Grammatiken gegebenen Meinungsäufserungen ein Anschwellen
derselben ins Mafslose nicht zu vermeiden gewesen wäre, sodann,
weil — und das entschied die Wahl m Gunsten L.'s (wofeni er
mir diesen Ausdruck gestatten will) — das von ihm verfarste Buch,
auch nach dem Urteile Berufenerer als ich (vgl, T. I, 174 u. ähnl.),
den Höhepunkt dessen darstellt, was innerhalb der fraïuôsiscbea
Grammatik auf dem Boden des bisher herrschenden Systems der
Sprachbehandlung — das idi, wie der Leser aus manchen Aeufse-
rungen wohl schon geschlossen haben wird , als ein endgültiges
nicht anzuerkennen vermag — geleistet worden.
Folgen wir Herrn Lacking auf seinem Gange durch das sich
vor uns ausbreitende Gebiet sprachlicher Erscheinungen, so stofseii
wir {$. 272) — unter vorläufiger Beiseitelassung der einleitenden
Behauptung: „Die Nominal form en des Verbs {ursprünglich Casus-
formen} sind: die Panici pien, das Gerundium und die Infinitive" —
auf den die Partizipien betreffenden Satz (§ 342) : „Die Participien
haben den Stamm und die Bedeutung nebst der Rections-
fähigkeit (§ 274) mit Person al form en , die Endungen und die
Beziehungsfähigkeit mit Adjectiven (§ 193 ff.) gemeinsam: sie
sind verbale Adjective", Berichtigen wir zunächst mittels Ersetzung
des bestimmten Artikels vor „Bedeutung" und „Rectionsfahigkeil"
durch das (auf „Stamm" weisende) demonstrative Pronomen „dessen"
die Ungenauigkeit, die dieser Behauptung in der hier vorliegenden
Form innewohnt, als wäre die Bedeutung des Partizips dieselbe
wie die der Personal formen , was selbstverständlich L.'s Meinung
nicht ist, so erhebt sich bei weiterer Prüfung des Gesagten die
Frage: Was heiist es, „Participien haben die Endtmgen mit Ad-
jectiven gemein", was sind „adjectivische Endungen"? Der ange-
zogene g 193, der über das, was mit dem Worte „Beziehungs-
fähigkeit" gemeint ist, hinreichende Auskunft gewährt, läfst diese
Frage ebenso unbeantwortet, wie g 100 der Formenlehre. Ver-
suchen wir nun, den Sinn des Ausdrucks aus eigenen Mitteln iu
ergründen, so werden wir nicht zweifeln können, dafs die An-
nahme, es seien mit dem Worte .KEndungen" gewisse Laut- bezhw.
Buchstabenkomplexe gemeint, hier von vornherein ausgeschlossen
ist. Warum sollte eben ,^ai" in höherem Mafse Adjektiv-, als Suli-
stanlivendung sein, oder warum sollte gerade „an/" bei der Fülle
verschiedenartiger Endungen, die das Adjektiv aufweist, als die
demselben charakteristische gelten? Bei dieser Sachlage dürfen
wir wohl annehmen, dafs das hier den Adjektiven und den Parti-
zipien als gemeinsam Zuerkannte, weniger die Endung nach ihrem
malerialen Bestände, als vielmehr die besonders geartete Flexibilität
derselben ist, ihre Fähigkeit, Unterschiede des Genus und Numerus
durch gewisse Laut- bezliw. Buchstabcnab wan dl ungen zum Aus-
druck zu bringen. Triflt indus im Falle der Richtigkeit dieser
Annahme, L.'s Behauptung noch zu, dafs die „Partioipiea den
ZUR FRANZÖSISCHEN SYNTAX. 279
Stamm und die Bedeutung nebst der Rectionsiahigkeit (desselben)
mit Personalformen, die Endungen und die Beziehungsfahigkeit
mit Adjectiven gemeinsam'' haben? Nein. Denn sobald ein Parti-
zipium „flexibel" wird, geht es bekanntlich der Fähigkeit, ein
Akkusativobjekt zu regieren — der einzigen, die als spezifisch ver-
bale Rektionsfahigkeit gelten kann — verlustig;* und L. 439 be-
zeichnet mit Recht Ausdrucke wie „Z« gens tenants la cour de par^
lement^'^ als Archaismen, d. h. als den Gesetzen der heutigen Sprache
zuwiderlaufend. Dem lateinischen immortalità tem adipiscentes^ adepti
steht im Neufranzösischen bekanntlich kein obtenants^ obtenus rim-
mortalité zur Seite. Also — entgegengesetzt dem, was L. be-
hauptet — : Kein Partizipium, weder ein solches des Präsens, noch
ein solches des Perfekts hat gleichzeitig „die Rectionsfähigkeit mit
Personal formen und die Endungen mit Adjectiven gemeinsam".
Vielmehr hat die neu französische Sprache in sauberster Weise die
Scheidung zwischen reinen Verbalformen (mit voller Rektions-, aber
ohne adjektivische Motionsfähigkeit) und reinen Nominalformen (mit
Motions-, aber ohne verbale Rektionsfahigkeit) vollzogen. Bleibt
freilich noch die „Beziehungsfahigkeit" oder, wie L. an anderen
Stellen (§§ 360, 366, 372) sagt, „Satzgliedschaft". Indes schon L.
zeigt §§ 180 und 194, dafs hinsichtlich dieser, zwischen Adjektiv und
Substantiv eine Gleichartigkeit herrscht, die dieselbe für die Fest-
stellung einer vermeintlichen spezifisch adjektivischen Natur irgend
einer Wortform als ein durchaus ungeeignetes Kriterium erscheinen
läfst (vgl. weiter unten); und ich selber nehme nicht Anstand, es als
meine Ueberzeugung auszusprechen, dafs, wenngleich naturgemäfs
gewisse Wortarten vorzugsweise in gewissen Satzgliedschaften auf-
treten, doch keine Wortart bezüglich derselben irgendwie gebunden
ist,^ dafs demnach die ganze Frage der Satzgliedschaft, der Funktion,
eine bedeutungslose ist und in der Sprachbetrachtung die ihr von
vielen, z. B. von L., eingeräumte bedeutsame Rolle zu spielen nicht
verdiente. Es mufs hiernach der Beweis für die von L. aufgestellte
Behauptung: „Participien sind verbale Adjectiva" als mifslungen
bezeichnet werden, und mit dieser obersten Behauptung dann auch
alles fallen, was im weiteren Verlaufe der Darlegung aus ihr ge-
folgert oder auf sie gegründet worden.
Eine der ablehnungsbedûrftigsten Konsequenzen der ebenso
unklaren wie unbegründeten Anschauung von den infiniten Verb-
^ Ich erachte demgemäfs die L. § 342 Anm. gesetzte und § 359 b. Anm. i
und 2 naher ausgeführte Scheidung zwischen „flexibelm Part. Präs." und
„reinem Adjectiv" fur imhaltbar. In une main fumante ist fumante „reines
Adjectiv", ganz gleich, ob de sang daneben steht, oder nicht, und ebenso ist
in une main fumant dies letzte Wort reines Verb, ganz gleich, ob ein „Rectum"
(de sang) folgt, oder nicht.
■ Vgl. le devant, mon chez moi etc. Ferner: Un tiens vaut mieux que
deux tu auras (nicht zu schreiben Un „tiens** und deux „tu auras**), — The
ups and downs of fortune. — „Doch bleib mir mit wenn und mit aber zu
Haus" (nicht blofs mit den Wörtern als Laut- bezhw. Schriftgebilden, sondern
mit dem, was sie bedeuten). — „Vorwärts ist mein Verlangen" u. s. w.
38o TR. KALEPKY,
formen als MittelfonneD , Uebeigangsformen, Paitizipalien, die va-
meintlich die Natur des Verbs mit derjenigen des Nomens in sich
vereinigten {daher auch uniulrcITend „ Nominal fortnen des Verbs"
genannt), ist nun die in mehr oder weniger modifizierter Form in
allen mir bekannten Grammatiken anzutrelTende Aufstellung, die
beiden Partizipien, das des Präsens wie das des Perfekts, seien in
gewissen Fällen „flexibel", „veränderlich", in anderen „inflexibel",
„unveränderlich". Ich lasse bei der Befehdung dieser Anschauungs-
weise, für deren thatsächliches Bestehen es bei der Umfänglichkeit
ihrer Verbreitung irgend welcher Belege wohl nicht bedarf, die an
und für sich gewifs nicht uninteressante oder erwägensun werte
Frage beiseite, inwieweit die in den erwähnten Worten „(in)flesibel.
(un) verändert ich" liegende bildliche Bezeichnung überhaupt eine
glückliche und berechtigte ist, ob dieselbe nicht vielmehr ein un-
zulänglicher Notbehelf, eine Art pi.^i aller der Grammatiker ist, unter
der sich, ähnlich wie bei den Ausdrucken „regieren", „abhängen",
ein Mangel an Wesenserfassung der betreffenden sprachlichen Er-
scheinungen notdürftig verberge,' und werfe vielmehr nur die Frage
auf, ob die Verwendung jener Termini, mögen sie nun an und
für sich gut oder schlecht gewählt sein, in dem uns vorliegendeo
Falle nach Mafsgabe des Sachverhalts überhaupt noch zulässig ist
Ich mufs diese Frage mit Entschiedenheit verneinen. Es hat allen-
falls einen Sinn, vom portugiesischen Inßnitiv zu sagen, dafs er
flexibel sei, sofern die Bedeutung des flektierten Inñnitivs, abge-
sehen von der durch die „Flexion" mit sicii gebrachten Bereiche-
rung und Vermehrung um das — sagen wir — Personalmoment,
genau dieselbe ist wie die des unñektíerten (vgl. z. B. Quam-inÀû
ierra andamos seni sabir nunca dalo fiovo ruda, sem vermos nunca
' Ich erinnere in diesem Belange nur daiaa. dafs, wäbrcDd Pleiibiliiät.
Biegsam-, Biegbarkeit im eigentlichen Sinne iloch nur einem (rcgensUnde
ptidiEicrt wird, dem man durch Biegen verschiedene Formen geben kann, ;n
der Sprache neben dea nach Worlmaterìe und •bedeutong iwar verwandten,
aber im übrigen dorchaus selbständigen Wörlem Ihatsachlich ein Gmndworl.
von dem sich die anderen als Flexionen darstellten, gor nicht eiistierL Es
ist konventionelle Willkür oder willltürliche Kaavenieaz, grande, gramdt vaA
grandes als Flexionen von grand lu bezeichnen. Mit gleichem Rechte
kannte man grand als eine Flexion von grande etc. bezeichnen. Selbst in
dem Falle des portugÍe5Ísehen Infinitivs, welcher neben der reinen Form noch
solche, die raíl Personalen dun gen versehen sind, hat, würde das Bild dei
Biegens weniger am Platte sein als das dos Erweilerns, Verstürkens ii. dergl. —
Aurserdem will mir scheinen, dafs, wenn man nun einmal ans praktischen
Gründen — ähnlich wie die Astronomie populär von einer drehenden Be-
wegung des Himmels und der Gestirne spricht — den wissenschaftlich nicht
lu recht fertigen den Ausdruck „lleiibel" beibehalten will, man ihn iwar von
einer Wortart oder einem einzelnen Worte brauchen dürfte, um antudeuten,
doTs da mehrere in einem gewissen stereotypen VerhältnisEC stehende Wott-
fonnen vorhanden sind, der Ausdruck „das Partiiip ist dann nnd dann
flexibel" jedoch entweder gar keinen oder höchstens den Sinn haben düißt.
dafs es in dem betrefTendcn Palte i;estnttel sei, es in flektieren oder nicht
Ui flektieren. L. hätte rn. F.. %li,<, u. s. w. überall „ist fielet ieri (unlleblicrll"
sagen müssen.
ZUR FK ANZÖSISCHEN SYNTAX.
281
nova Cam., Lus. V, 49, zitiert von Reinhardstoettner, Gt. d. pori.
Spr. p. 365). Ganz anders aber liegt der Fai! bei dem „flexibeln"
bezhw, „unflexibeln" Partizip im Französischen, wie sogleich eine
Prüfung der hinsichtlich der Bedeutung beider gemachten Aur-
stellungen der Grammatiker, in unserm Falle L.'s, ergeben wird.
L.§359 heifst es: „Das Pariidp des Präsens ist inflexibel, wenn
es (verbal) eine im Verlaufe begriffene Thätigkeil, aber flexibel,
wenn es (nach Art eines Adjectivs) die Fähigkeil oder Neigung
zu einer Thätigkeil, oder die Gewohnheit oder Eigentümlich-
keit etwas zu ihun, also einen Zustand ausdrückt" Was hier
hinsichtlich des „inflcxibeln" Partizips des Präsens gesagt worden,
kann als zutreffend zugestanden werden, mit der Einschränkung
höchstens, dafs, ebenso wie der XVIII, 499 d. Ztschr. bei der Be-
sprechung des Unterschiedes zwischen Imparfait und Difini gerügte
Terminus „Handlung" (L. 218), hier das Wort „Thätigkeit" nur einen
Teil der in Betracht kommenden Begriffe berücksichtigt. Hingegen
bedarf die sich ansch liefsende Definition von der Bedeutung des
„flexibeln" Partizips des Präsens der Berichtigung. Nehmen wir
z. B. den p. 287 als Beleg für das flexible Partizip gegebenen Satz:
Uhommt esl la seule créature parlante. Drückt parlante hier die
Fähigkeit des parler aus? Könnte ich in dem Satze: L'enfant
acquiert la faculte' de parler dans la dfuxiimt année de sa vit, oder
einem ähnlichen, für „faculté de parler" das Wort parlante ein-
setzen? Die Frage erscheint absurdi doch ist sie zur Nachweisung
des Irrtums nicht zu entbehren. Die Schuld trifft den , der da
■^agt, dafs ein Hektiertes Partizip des Präsens die „Fähigkeit u. s.w.
etwas zu thun" ausdrücke.' Ganz dasselbe gilt von den Ausdrücken
„Neigung", „Gewohnheit", „Eigentümlichkeit", „Zustand". Keiner
dieser Begriffe kann (mit Bezug auf parier) durch parlante ausge-
drückt werden. Wie haben dann aber die Grammatiker — L. ist
■ Ucbrigens sind nnidieiDend absurde Fragen in der Ealwickluag dei
Wiisenscha/t keine Sclleoheit. Kant wufile soine Zuhörer von der SiDolañg-
keit des auf dec BegiìfT der Vollkommenheit gi^gnindeten Beweites fUr das
Dasein Goltes, dci doch Jahrhandene hindurch für unanfechlbir gegolten halte.
bekanntlich nicht anders zu überzeugen als durch die Frage: „Wenn Sie «ich
iwanzig Tbaler in ^röfstei Vollkommenheit denken, werden dieselben dadurch
wirklich.'" — Ich verhehle mir nicht, dab die hier gegebenen Darlegungen
geeignet sind, in dem Leser das Bedenken wachz umico , ich hatte zu einer
MeinungsTerechiedeiiheit gestempelt, was nur Ungenauigkeit des Ausdrucks
sei, mil anderen Worten, es sei leeres Stroh, was ich bier dräsche. Daiaur
erwidere ich, einmal, dais, wenn diese Ansicht zuUetfend wäre, damit das
m. E. berechtigte l.ob, das L. auch von berufenster Seite ob der „Sorgfalt
leiner Darstellung" gespendet worden ist, erheliltcher Einschränkung bedürftig
würde — denn die Ungenauigkeit des Ausdrucks wäre nicht grölser, wemn
gesagt würde, ¡aiiveur drucke die „Eigentümlichkeit" des sauver ausi und
viel Schlimmeres ñndet sich auch in den dem Range njich unter L. stehenden
Grammatiken knmn — , sodann aber, dafs, selbst die Richtigkeit des obigen
Bedenkens zugegeben, eine derurtige Ausdnicksun|;enauigkeit, wenn sie so ver-
biidlel und fest eingeworzelt ist wie die in Rede stehende, doch nur durch
eingehende Piüfun»; des Sachverhalts und Aufdeckung ihrtr Quellen, wenn
úberbaupl, endgültig beseitigt werden kann.
28>
TH. KALEPKY,
keineswegs der eintige — dieser Verirrang anheimfaUen kônneni
Vielleicht giebt Folgendes eine Lösung des Rätsels.
Es ist ein durch alle mir bekannten Sprachlehren gehender
Irrtum,' dafs das Adjektiv eine Bezeichnung der Eigenschan, des
Zustandes u, dergi. laehr sei. So auch L. 13g „Die Adjecüva sind
solche Namen von Eigenschaften, welche sich , . .". Richtig
ist, dafs es sich bei Adjektiven immer um Eigenschaften handelt,
dafs, wo jemand ein Adjektiv setzt, seinem Geiste die Vorstellung
einer Eigenschaft vorschwebt. Aber was er mit dem Adjektiv be-
zeichnet, wovon dieses „der Name" ist, ist nicht jene Eigenschaft,
sondern (ein) männlicbe(s) oder weibliche(s) Seiende{s), weldie(s)
als Träger jener Eigenschaft gedacht ist (sind).' Namen von Eigen-
schaflen, z.B. honnêttU, sind stets Substantive, wie ja auch L,ii3
durchaus richtig .sagt: „Die Substantiva benennen ... 3) Eigea-
schaften und Verhältnisse, Thätigkeiten und Zustande von Dingen
oder Stoffen."' Dagegen bezeichnet honnfle ein Seiendes, das als
' von dem auch Paol, Prioiipien der Sprachgeschichte p. î^g, mir nicht
frei zu sein scheint, wie ich drim diesem grofsen SprnchphilosoptieQ auch
darin oichl beistimmen kann, data „der Versuch ein streng logisch gpgUeilritei
System (der Redeteile) aufiustellen , überhaupt undurchführbar sei" (ib.). m
sehr ich andrerseits mit seinem verwerfenden Urteil âfaec die „von den antiken
Gtanimatikem überkommene" übliche Scheidung der Redeteile in den indo-
germanischen Sprachen einverstanden bin.
* Daa ist im Franz. wie überhaupt in alten Sprachen, die das Adjektiv
stets ,Jletitiert" setzen, ohne wñteres einleuchtend. Eìnigermafsen verlübrt-
riich ist das Deutsche mit seinem „unflektierten Adjektiv" in prädikaüvischet
und appositi visch er Funldion: „Der Baum ¡st grün", „mein tapferer Ritler
wert". Hier sind aber „grün" und „wert" gar nicht Adjektive in dem ¡and'
läufigen Sinne, sondern wirkliche Substantive, Namen von Eigenschaften^ und
wie gering auch der lautmateriale Unterschied sei, die ausgedrückte Vorstellung
ist weacnsverschieden , je nachdem ich sage: „Seine Kenntnisse in dem und
dem Gegenstände sind genügend" oder „. . . sind genügende". Es ist anch
hier die Trühzeidge Erlernung der lateinischen Grammatik, die das Gefühl lÖr
diesen wichtigen Unterschied, der sich in der Orthograpliie durch Verschieden-
heit des Anrangsbuchslaben („Geoagend", aber „genügende") ausprägen toUle,
ertötet hat.
' Einem Manne von dem Schaifblidt Lückings konnte der in den hier
vorge rührten Definitionen vom Adjektiv und Substantiv liegende Widerspruch
nicht entgehen. Er sucht ihn dadurch la lösen, dats er von den Adjektiven
einschränkend aagt, sie seien „solche Namen von Eigenschaften, welche sich
auf Substantive (substantivische Pronomen, Inhnitive) beliehen". Wie mir
scheint, mit wenig Glück. Denn einmal besagt der Ausdrude „ein Wort be-
liebt sich auf ein anderes" trotz seiner Beliebtheit bei den Grammatíkeni etwas,
wofür jede tbaCaäcbliche Unterlage fehlt; sodann aber würde, selbst wenn man
ihn unbesehen hiimähme, auch durch die erwähnte Einschrinkung nicht* ge-
wonnen sein, da nach L. §180 IT. auch das „Substantiv sich, wie ein Ad-
jektiv, auf ein Substantiv (ein substantivisches Pronomen, einen Infinitiv) und
zwar entweder pridicstiv oder appoaitiv oder attributiv betieht", üso tucb
L,'e Definition ein t. B. in der Sielluny einer Apposition auftretender Natce
einer Eigenschaft wie honnttcti, der doch unbczweifeltcs Substantiv ist, da
Adjektiv wäre, d. h. „ein solcher Name einer Ei^^schafl, der sich auf tin
Substantiv (substant. Pron.. Infinit.) bezieht". — Ueberhaupt halte ich du
Bemühen, einen Unlerscliied zwischen Subsl. nnd Adjekl. aU ïweicn Rede-
teilen aufiustellen, für ein vergebliches, Tdr welche Ansicht mir T, 11, l6ot
ZUR FRANZÖSISCHEN SYNTAX. 283
Träger einer gewissen, honnêteté genannten Eigenschaft gedacht wird,
aber nicht die Eigenschaft selbst
Es ist nun leicht zu sehen, wie aus diesem Irrtum hinsichtlich
der Bedeutung des Adjektivs derjenige hinsichtlich der Bedeutung
des „flexibeln" Partizips des Präsens entspringen mufste, und zu-
gleich auch, wie derselbe zu berichtigen ist. So wie honnête nicht
eine Eigenschaft, sondern den Träger einer solchen bezeichnet, so
drückt auch parlante (vgl. das angeführte Beispiel) nicht die „Fähig-
keit oder die „Neigung** oder die „Gewohnheit** oder die „Eigen-
tümlichkeit** des parier t „also einen Zustand** aus, sondern es be-
zeichnet vielmehr ein weibliches Seiendes, dem das parier als eine
von ihm ausgeübte Thätigkeit eigentümlich ist. Und nicht nur
für das Partizipium Präsentis existiert ein solcher Bedeutungsunter-
schied zwischen „flexibler** und „inflexibler** Form, wie man nach dem
Verfahren der Grammatiker erwarten sollte, die, wie L. § 359, diesem
Unterschiede beim Partizipium Präsentis meist eine ausführliche Er-
örterung zu teil werden lassen, während sie ihn beim Partizip des
Perfekts so nebenher — L. § 345, 346 i) durch den parenthetischen,
übrigens unzulänglichen Zusatz „(als Adjektiv)** und bei § 346, 2
durch die gleichfalls parenthetische und recht problematische Be-
merkung „als substantivisches Neutrum** mit der in Fufsnote 3 ge-
gebenen Erläuterung „Abstractum der vollendeten Handlung** (wo-
rüber im Folgenden noch zu handeln sein wird) — abthun, sondern
er gilt mutatis mutandis auch für das Partizip des Perfekts. ^.Battus'*
(in L.'s Beispiel: Les ennemis furent battus) bezeichnet männliche
Seiende, an denen die Handlung des battre vollzogen worden ist;
battu in dem Satze: Nous avons battu les ennemis (also als „in-
cine ebenso wertvolle wie erfreuliche Bestätigimg gewesen ist. An der dort
gegebenen Erörterung dieses Gegenstandes hat mich nur das unbefriedigt ge-
lassen, dafs in ihr — gewifs aus guten Gründen — überhaupt nicht gesagt
wird, worauf sich die herkömmliche und auch von dem Herrn Verfasser über-
nommene Gegenüberstellung von Adjektiv und Substantiv, deren Berechtigung
doch die Voraussetzung seiner Ausführungen bildet, eigentlich gründet. Der
Leser wird belehrt i) darüber, dafs es sich als völlig unausführbar darstellt,
eine Scheidung zwischen Subst. und Adj. als zwischen zwei Wortarten zu
vollziehen, 2) dafs einzig noch möglich sei, von zweierlei Funktion innerhalb
der Rede zu sprechen. Diese Möglichkeit jedoch wird sofort durch den Satz
„obschon auch bei diesen (den Substantiven) eine Verwendung in der soge-
nannten Apposition** — warum übrigens nur in der Apposition? Wenn de
Stendhal, Le Rouge et le Noir II, 61 sagt: Que ne ferais-je pas d*un roi
homme de cœur comme Louis XIII . . . oder Une jolie femme du grand
monde est . , , ce qui étonne le plus un paysan homme d'esprit ... ib. II, 68
oder Littré, Comment j'ai fait m. d. p. 33 : ... un caractère tout spécial qui
ne lui [à son dictionnaire) laissait plus guère de ressemblance avec les dic-
tionnaires ses prédécesseurs (mit den ihm vorausgegangenen Wörterbüchern),
so liegen hier unzweifelhafte Determinationen vor — ,,eine gewisse Schwierigkeit
bereitet", wieder in Abrede gestellt, so dafs sich als Schlufsfolgerung er^be:
„Kein Unterschied zwischen Subst. und Adj." Trotzdem heilst die Ueber-
schrift des Artikels „Adjektiv in Substantivfunktion*' und legt damit dem
Leser die Frage nahe, worin der Unterschied zwischen Adjektiv- und Sub-
stantivfunktion besteht
a84 TB. KALSPKY,
ñexibles" Partizip) bezeiclinet ein vollzogeaes baltre (wobei ich nidit
einzusehen vermag, mit welchem Rechte L. dies als „substantivisches
Neutrum" aufgefaCst wissen will). Wie mit dem íiílt aufgestellten
Unterschiede die verschiedenen Falle ñektierten oder unflektierten
Partizips des Perfekts, insbesondere Verbindungen wie j( me suis
procuri CIS ¡ivres oder Je me íes sais procurés, sowie supposa ielle
chose und cel/e chose supposée u. dergl. in Einklang zu setzen sind,
wird aus den weiter unten zu gebenden Ausführungen erbellen.
Es ist in dem biiherigen Teile unserer Erörterung feslgestelll
worden, erstens, dafs sich niemals Flexibilität mit verbaler Rcklions-
Hihigkeit (den Begriff dieser auf Akkusative beschränkt) an einem
Partizipium , sei es des Präsens oder des Perfekts, vereinigt vor-
finden,' so dafs also von Mittel- oder Ue bergan gsformen o. dergL
keine Rede sein kann, sondern eine Partizipialform entweder reine
Verbalform {nämlich „unflektiert") oder reine Nominalform (näm-
lich „flektiert") ist; zweitens, dafs die sogenannten „flexiblen" Par-
tizip ial formen niemals „die Fähigkeit oder Neigung zu einer Thätig-
keit oder die Gewohnheit oder Eigentümlichkeit etwas zu thnn,
also einen Zustand" (L. § 359) oder „mehr eine anhaftende Be-
schaffenheit" (M. 459, Seeger, Lehrbuch der neu franz. Syntax 1884,
I, 142) oder „ein bleibendes Merkmal von unbeschränkter Dauer"
(Holder, Gramm, d. franz. Spr, 67) bezeichnen, sondern stets ein
Seiendes, welches zu einem Sein oder Geschehen in Beziehung
gesetzt ist, entweder so, dafs das betr. Seiende als sein Träger
(„Part. Präs."), oder so, dais es als das, woran jenes Sein oder Ge-
schehen vollzogen worden {„Part Perf."), gedacht ist. Dabei ist nun
(p. zyg Anm. i) auf eine — ich möchte sagen — kritische Hyperbel,
ein Uebermafs der Unterscheidung, hingewiesen worden, dessen sich
L. §342 Anm. und §359 dadurch schuldig gemacht hat, dafs er
aufser dem „flexibeln Partizip des Präsens" noch ein „gewöhn-
liches" oder „reines" Adjektiv ansetzt.^ Ein Seitenstuck hieran findet
sich nun in der Scheidung der „inilexiheln" Verbformen auf -ani
in „inflexible Participien" und „Gerundien". Sehen wir su, wie L.
diese Unterscheidung begründet. In § 35g heifst es vom Paitiiip
des Präsens des Aktivs (ich kurze ab: P.): „Das P. ¡st inflexibel,
wenn es (verbal) eine im Verlauf begrifl^ene Thätigkeit ausdruckt"
Vom Gerundium (G.) g 366; „Das G. ist ein verbales Substantiv,
ein Abstractum der im Verlauf begriffenen, auf ein actives logisches
Subject bezogenen Thätigkeit" und dazu: „Das logische Subject ist
in der Regel das Subject des Satzes", ein Merkmal, das sich schon
durch die Bestimmung „in der Regel" als unwesentliches charaklerisieit
Bei äufserlicher Nebeneinanderstellung beider Begriflsbestimmungen
> Dais àia der Sinii in L. § 342 i&l — dafs hier nicht etwa blofs risa
ZasammcnsIelluDg der Merkmale des Begriffs „ParticijHum" gegeben werden
soll — , schein! mir mit Notwendigkeit aus der SchUifsfalgetapg; „sk «nil
verbale AdjccliTe" sich zu ergeben.
' Wcnifilcns kann ich es anders nicht auffassen, "
„Uebergclien (des Pari.) io ein gewöhnliches Adjecliv" gp
ZUK FRANZÖSISCHEN SYNTAX. 285
erscheint der Unterschied bedeutend. Dort nur das eine Merkmal
„dne im Verlauf begriffene Thätigkeit", wozu dann noch die § 342
über das Partizip im allgemeinen gemachte Angabe : „sie sind ver-
bale Adjective" zu ziehen wäre. Hier: i) „ein verbales Substantiv",
2) „ein Abstractum der im Verlauf begriffenen Thätigkeit", 3) „einer
auf ein actives logisches Subject bezogenen Thätigkeit**.
Wir werden diese Aufstellungen in zwiefacher Hinsicht einer
Prüfung unterziehen müssen, einmal in Bezug darauf, ob thatsach-
lich alle dem G. imputierten Merkmale vorhanden sind, sodann ob
die als vorhanden zuzugestehenden ausreichen, die von L. gesetzte
Trennung der unflektierten Formen auf "an/ in Partizipial- und
Gerundialformen zu rechtfertigen?
Was die erste Frage angeht, so ist nach dem bereits Voraus-
geschickten für das „inflexible** P. die Behauptung, dafs es ein
verbales Adjektiv sei, unter allen Umständen in Abrede zu stellen,
da doch Adjektiva nicht „im Verlauf begriffene Thätigkeiten** (vgl.
L. § 359) bezeichnen. Will man mit L. an der Charakterisierung
der infiniten Verbformen, sei es als adjektivischer oder als sub-
stantivischer — wofür m. E. eine zureichende Grundlage nicht vor-
handen ist — , festhalten, so wird man das „inflexible** P., wofern
man ihm nicht etwa eine andere Bedeutung als die ihm von L.
beigelegte zuschreiben wollte, doch wohl für ein verbales Substantiv
erklären müssen, genau so, wie L. selbst dies bezüglich des G.
^^^ § 372 des Infinitivs thut.
Nun wird bezüglich des G. weiter gesagt, es sei ein Ab-
stractum der im Verlauf begriffenen Thätigkeit Hiergegen ist (ab-
gesehen von der p. 281 gemachten formalen Ausstellung bez. des
Ausdrucks Thätigkeit) nichts einzuwenden, nachdem in § 163
Eigenschaften, Verhältnisse, Thätigkeiten und Zustände von
Dingen oder Stoffen** ausdrücklich als Abstracta bezeichnet worden
sind. Nur gebührt die Bezeichnung als „Abstractum** (die L. § 372
übrigens ebenso wie die Qualifikation „verbales Substantiv** auch
vom Infinitiv braucht) dann ebenso gut dem durch das inflexible
P. Ausgedrückten, sofern dies ja auch „eine im Verlauf begriffene
Thätigkeit** (§ 359) sein soll. Im übrigen dürfte es mit Rücksicht
auf die nachfolgenden Ausführungen sowohl als auch zur Ver-
hütung von Mifsverständnissen gut sein, gleich hier darauf hinzu-
weisen, dafs das Wort „Abstractum** noch eine andere als die ihm
hier gegebene Bedeutung haben kann, nämlich die „eines allge-
meinen Begriffs, bloisen Vorstellungsinhalts an sich, losgelöst von
räumlicher und zeitlicher Begrenzung**, wie Paul, Prinzipien der
Sprachgeschichte 2 P* ^7 sie definiert, indem er mit Bezug auf sie
gleich darauf bemerkt, dafs sie gar nichts zu schaffen habe „mit
der beliebten Einteilung der Substantiva in Konkreta und Ab-
ttiakta^. L.'8 Gebrauchsweise des Wortes Abstractum an unserer
Stelle ist eben die „beliebte**.
Bedenkücber. M das dritte dem G. beigelegte Begriflsmerkmal,
hres logisches Subject bezogenen Thätigkeit*'.
a86 TH. KALEPKY,
Lassen wir auch hier die Ausdnicksfrage beiseite' nnd gehen gleich
zu der Piüftmg der suchlichen Berechtigung dieser Behau ptang
über. 1st es richtig, dafs bei dem Gebrauche eines G. dem Sprechen-
den zugleich ein Seiendes als Träger des belr, Seins oder Ge-
schehens — denn das kann doch nur der Sinn des Ausdrucks
„auf ein actives logisches Subject bezogen" sein — vorschwebt?
Zweifellos in der Mehrzahl der Fälle, wo ja auch ein solcher
Träger ausdrücklich, vorher oder nachher, genannt ist. Aber wie
in den von L. keineswegs übersehenen Wendungen, in denen es
an der Benennung eines solchen, also „an einem activen logischen
Subject" fehlt, wie in L'appétit vieni en mangtani, oder den lahl-
reichen Verbindungen von parlant mit einem Adverb (vgl. L.
§37i>4)' L. hilft sich damit, dafs er sagt, in diesem Falle sei
das Subject „eine unbestimmte und nicht angedeutete Person".
Eine befremdende Aushilfii! Denn einmal ist innerhalb des herr-
schenden Gebrauchs der Grammatik (vgl. auch L. § 157 f.) das „Sub-
ject" doch ein Salzteil, also ein WoU, nicht eine Person. Sodann
hört — um wieder von diesem rein formalen Punkte abzusehen —
in dem Falle, dafs das „active logische Subject des G." auch eine
„unbestimmte und nicht angedeutete Person" sein kann, das Merk-
mal des Bezogenseins auf ein „actives logisches Subject" auf, ein
dem G. charakteristisdies zu sein, da auch kein Partizip, ja selb&l
kein Inünitiv zu finden sein dürfte, zu dem sich nicht im Notfalle
ein Träger denken lielse, oder um mit L. zu reden, der nicht (in
Ermangelung einer bestimmten, genannten) „eine unbestimmte und
nicht angedeutete Person" zum „logischen Subject" hätte.
Also: Alles, was wir an, dem G. zugeschriebenen Merkmal«)
vorgefunden liaben, lafst sich auch beim itiflesíbeln P. nachweisen.'
' Indem wir uns an dem Hinweis dnrauf Renügen lassen, dafs der Auí-
dnick „Sichbczichen" hier von einer Tliâtigkeit gebiaucht ist, während ts
j 193 heifst; „Adjecliïa sind solche Numen von Ei(;ensch.ifien , welche sidi
auf Subätantive ... beliehen" (also von Namen), und ähnlich 4 I79: „F.jne
Penonalform bezieht sich (mitlels des Person- und Numeruszeìcnens) auf ein
Snbsluitiv .. . (also von Personal fo r m e n).
* Ein pDokt fteilich ist noch nscliiulragrn. Nachdein L. die Endung
des G. als nominale bezeichnet hat, bemerkt et in einer FuTsnole: „Dai latei'
nische Gerundium, auf welchem das ftaniösische beruht, ist ein substaolÏTieno
Neatrum". Er hat bei der Erörterung der Natur des Fartiiipiuma §341
einen en ispiecb enden Hinweis auf den lateinischen Sachverhalt nicht als FÜTs-
note beigegeben, vielleicht weil ihm die Sache hier allzu bekannt erschien.
Sollte nun in der BeiucksicbciguDg dei Sachlage de^ Lateinischen der Schlmsel
zu dem, wie wir gesehen haben, unmotivierten Verfahren L.'s bei der D»i-
stellung des ncufraozösiach en Sachverhalte in sehen sein? Ein „inlleiiblei P."
läge da vor, wo das Lateinische ein Part. Pr.ies., ein Q. da, wo das L»[M-
niscbe eine Genmdialform seti en würde. Durch diese Annahme worden
L-'s Aufstellungen sofort bei^ciflich, wübrend bei Insauge fjssung der sprach-
lichen ThalsBcben vom neafrani. Standpunkte aus gal nicht zn verliehen wäre,
warum in II ien va grondant oder généralement parlant u.ïhnl. — in Be-
ing auf welche Wendungen mir die Qualifikation als archaiiche denn doch
eine leht bedenkliche Verwendung dieses Terminus erscheint — gerade Ge-
rundia vorliegen sollten, ja, angesichts des Mangels an einem ausreichendeo
ZUR FRANZÖSISCHEN SYNTAX. 287
Demnach kann ich als wissenschaftlich haltbar im Gegensatz zu L.
nur die Ansetzung einer einzigen Klasse „inflexibler*' Formen auf
-0»/ ansehen, die man nach Belieben ebensowohl Partizipien des
Präsens wie Gerundia nennen könnte. Zu Gunsten der letzteren
Bezeichnung scheint mir indes nicht nur der Umstand zu sprechen,
dafs im Neufranzösischen bei unseren Formen des Verbums von
einem „Partizipieren", einem Anteilhaben derselben an der Natur
einer anderen Wortklasse (des Nomens), wie solches im Latei-
nischen und im älteren Französisch statt hatte, nicht mehr die
Rede sein kann, sondern auch der, dafs die Bedeutung derselben
derjenigen der im Lateinischen und Altfranzösischen als Gerundia
bezeichneten Formen, nicht aber derjenigen der Partizipien dieser
Sprachen entspricht Beim „Partizipium Perfekti" ist man, meines
Wissens, auf den Gedanken nicht verfallen, an ihm, sofern es „un-
flektiert" auftritt, zwei Arten zu unterscheiden, wohl, weil es sich
in allen Fällen seines Gebrauchs deutlicher als ein und dasselbe
oflfenbarte als das „unflektierte Partizipium Präsentis". Dafür fehlt
es nun leider an einer zutreflenden Bezeichnung des unflektierten
Partizipiums Perfekti gänzlich — ein testimonium paupertatis der
modernen Grammatik, die, in allen Stücken an der unzulänglichen
Terminologie der lateinischen krampfhaft festhaltend, nicht Initiative
genug gehabt zu haben scheint, um für eine neue Sache einen
neuen Namen einzuführen. * Ich möchte es — bis auf einen
K.rìterìam für die Uoterscheidung beider jede Behauptung darüber, ob in einem
bestimmten Falle G. oder P. vorliege, als der Begründung entbehrend be-
zeichnet werden muíste. Wäre die hier ausgesprochene Vermutung richtig,
so hätte L. sich eines der in der Darstellung der franz. Spracherscheinungen
leider nicht seltenen Latinismen schuldig gemacht, gegen den nachdrücklichst
Einspruch zu erheben wäre. — Wie weit sich übrigens auch bezüglich der
ans beschäftigenden Verbformen die modernen Sprachen von ihrem latein. Aus-
gangspunkte z.T. entfernen, wie wenig daher der latein. Sachverhalt als An-
halt fur die Beurteilung des modernen zu dienen geeignet ist, dafür bietet das
Rumänische insofern ein interessantes Beispiel, als hier in Ermangelung einer
t, forma verbale care, ca participitU prezent din alte limbi, sä atribue o lucrare
activa momentahä**, die neueren Schriftsteller „spre a umpUa acest gol, sä
sérvese adeseaorï de gerundiu, declinlndu-1 ca pe un adjectiv : lebäda murindä"
etc. H. Tiktin, Gram. Rom. II, 61. Man könnte geneigt sein, die T. 1, 46 auf-
geführten Fälle flektierten Gerundiums hiermit zusammenzustellen. Doch darf
nicht vergessen werden, dafs — zufällig? — die betr. altfrz. Formen {perdans,
paian*, portant) Verben angehören, von denen die Partt. Präs. in der p. 35 ff.
gegebenen Liste als mit passiver Bedeutung auftretend nachgewiesen sind.
^ Die rumänischen Grammatiker sind auszunehmen. Sie haben, wohl
geleitet von der auch bei Diez Gr. d. r. Spr.' II, 117 anzutreffenden, hingegen
nach Meyer-Lnbke (Gr. d. r. Spr. 137 in der „A. Die Tempora" — mit Recht? —
ûberschriebenen Uebersicht) unbegründeten Ansicht — auf die hier einzugehen
nicht der Ort ist — , dafs ihre Sprache das lateinische Supinum bewahrt habe,
sowie infolge des Umstandes, dafs bei ihnen das „unflektierte Part. Perf." eine
ausgedehntere Verwendung findet als in allen anderen romanischen Sprachen,
einer besonderen Benennung dafür in höherem Mafse bedürftig, ohne Scheu
zu der Bezeichnung Supinum gegriffen. Cipariu, Gramateca limbei Romane
II, 90 begründet dies etwas seltsamerweise durch den Hinweis auf die Ana-
logie zwischen Part. Präs. und Gerundium einerseits und zwischen Part. Perf.
288 TH. KALEPKY,
besseren Vorschlag — Gerundium Ptrfeeti oder Gestivum nennen.
Gerundium [Pratsenlis, nach Analogie von Pari. Frais.), die Form.
die das Vollziehen des Zeilseienden, Gerundium Per/eeli oder Ge-
siivum diejenige, welche das Vollzogensein bezeichnet
Unter Venvendung dieser Tennini liefse sich nun der nenfi.
Sachverhalt folgendermafsen formulieren: Was von den Grammatikeni
gemeinhin ala Partizipíum bezeichnet worden, setzt sich aus zwei
durchaus verseli i edenarli gen Gruppen von Wörtern zusanomen, erstens
aus wirklichen Nominibus, welche Seiende, sei es als Träger noch
unvollendeter, noch im Vollzuge begriffener Zeitseiender, oder als
solche, an denen ein Zeitseiendes vollzogen worden oder sich
vollzogen hat, bezeichnen, also Wörtern, die flexivisch mit dem
Verb nicht mehr noch weniger zu thuu haben als etwa die Wolter
restaurant (Speisehaus), commandant (Befehlshaber), votemi ^Wähle^)
oder auch fiatleur, couronnement u. ähnl., deren Beziehung su den
ihnen zu Grunde liegenden Verben, wenigstens nach den lur Zeil
herrschenden Anschauungen, doch nur eine der Wortbildongs-,
aber nicht der Flexionslehre angehörige ist;' zweitens au9 dienso
und Supinum andrerseila: „Er' una forma care nu are nece flesMIitatta, Heer
semnificatiunea fiasivulut, de st sHnrna cu particifiulu preleräu, fremmu
sJmena gerundivlu cu farlicifiuiu futuru fiaiivu, nu pote se fia fiartitifiu,
— ci dupa analogi'a ìimbei latine supinu". — Tiktìn, Gram. Kamlna, führt
zwar das Wotl Supinum unter den Numete verbale I, IJS nicht mit Bul',
braucht es aber ohne weitere BegtünJung 11. 114. — Barciaau, Theor.-prakl.
Gtainra. d. rumän. Spr., braucht Supiaiirn ebfach als Namen für das „Uiltel-
woit der vergangenen Zeit" (also gleichbedeutend mit Patt. Peif.), ebeaso
wie er das „Miltelwart der gegenwärtigen Zeil" Genindium nennt. — Woitko,
Gramm, d. roman. Spr. für öffentl., Privat- und Selbsluatetrichl, wean dies
Buch hier überhaupt Erwähnung verdient, gebraucht das Wort atiläfilich da
Besprechung des Inñn. Perf,, indem er sagt: „Der Inf. Ferf. wird gebildet aus
fi (sein) und dem Supinum des Zeitworts", worn er die Anm. giebl: „Du
Snp. wird auf dieselbe Weise ßcbildet wie das Patt. PerE" — Manliu endlicli,
Gram. bist, fì campar, a limbii Romane p. I)4 Anm. 1, will den Ausdruck
Sup. nur zur Erldchtecung der Schüler im Elemenlarbursus für daa unflckt.
Part. Pcrf. braucben, — Ich kann indes die Wahl der rumäni^hen Gramma-
tiker nicht glücklich ünden; denn die im Latein. „Supinum" genannte Verb-
form deck! sich iwar formell mit dem „unftekt. Patt. Perf.", aber gerade das,
was bei der Verwenduag dieser Farm in den romanischen Sprachen das
Wichtigste ist, der BegrífF des Vollmgenseins des betr. Zeitseienden, wird
dabei ^inzlich vemacblä^aigt. Höchstens dufs für Falte wie timp de jucat
u, ähnl. der Ausdruck Supinum statthnlï wSre.
' Dies ist auch wobi die Meinung Holders, wenn et p. 68, Anm. 3 sagt;
„Ob ein actives Partidp „adjectif verbat" sein kann, darüber entscheidet der
Sprachgebruucb. In zweifelhallen Fällen ist das Wörterbuch zu Rate lu
riehen." Dies scheint mir nun freilich ein allzu ingsüicbet Standpunkt.
bÖchilens für Priifungskandi daten empfehlenswert. Wer den eigentlichen Sinn
des adj. verbal erfafst hai, wird das Gängelband des Leukona schon darum
getrost von sich werfen können, als dasselbe der Sprachptoduktion hier nicht
weniger mühsam nachhinkt als in anderen Punkten. So sind mir in der gai
nicht umfangreichen Novelle Yvette von Maupassant nicht weniger als Meben
„Verbaladjektiva" antgestorsen, die das Wörlerbuch von Sachs -VilUtte níchl
verzeichnet. Vier davon: affolante p. SO. enfiévrante 53, harcelant 90, wm-
meiüante SS, finden sich, vielleicht aus dieser Novelle geschöpft, im SuDple-
meot; die anderen drei: trotlinanle l, grisante îo, nevante IflJ, autli dl
ZCK FRANZÜSISCtlBN SYNTAX. zSç
reinen Verbformen, Gerundien und Gestiven, deren Bedeutung vor-
hin dargelegt worden.'
Wenn sich nun im Vorstehenden die Unterscheidung von „un-
flektiertem Partizip des Präsens" und „Gerundium" ata für das Neu-
fraozösiscbe unhegründhar erwiesen hat, so hat sich zugleich auch
für die Bedeutung und Natur dieser Formen auf -ani und die-
jenige des Infinitivs (L) allerhand Gemeinsames herausgestellt. Wir
hahen z. B. gesehen, dafs die beiden L. g 366 dem G. beigelegten
Merkmale „verbales Substantiv" und „Abstractum der Thätigkeit",
§ 372 sieb auch dem I. Kugeschrieben finden. Freilich heifst es
beim G. nicht schlechthin (wie beim I.) „Abstractum der Thätig-
keit", sondern „Abstractum der im Verlauf begrifi'enen, auf ein
actives logisches Subject bezogenen Thätigkeit". Aber diese Er-
weiterung könnte als unterscheidende doch nur dann gelten, wenn
ihre Gültigkeit für die Definition des I. ausdrücklich in Abrede
gestellt wäre, oder wenigstens bei genauerem Zusehen als in Ab-
rede zu stellende sich ergäbe. Aber weder das eine (wie schon
erwähnt worden) noch das andere (wie gleich gezeigt werden soll)
ist der Fall. Kann man der durch den I. bezeichneten Thätigkeit
das hn-Verlaüf-t)egriiren-sein absprechen? Jedenfalls nicht, ohne
zugleich in anderer Weise das Flgentümliche seiner Bedeutung aus-
reichend zu kennzeichnen, als welche Kennzeichnung ich L.'s „un-
vollendete Handlung" § 373 nicht gelten lassen kann. Denn was
für „Handlungen" oder „Tbatigkeiten" blieben dem I. zu bezeichnen
DOih aicht. Bei accrochant — um das bei dieser Gdeeenheit gleich mil ab-
luthim — scbeint mir Dach deo sonsligen Gepflogcnheilen des Würleibucha
eÍEC Bedeutungsergäniung, etwa „anlockend", erforderlich anf Grund der
Slelle: Di grandes filUs .. . circuiaúnl, l'ail accrochant, ¡a IH're rouge . ..
Yvette p. 67. — Uebrigens setzen sich die rumänischen Grammalifeer über die
int Teile oben berührte, zwar willkärliche, aber doch durch lange Praxis be-
festigte Scheiduog von FlexioQiformen des Verbs und anderweitig voo dem
Vetbolstamme ibgeleiteten Wörtern kähn hinweg. So stellt Tikcin, Gram.
Rom. n, 6a, nachdem er Capit.VII A vom Adjekt. im allgemeinen gesprochea,
unter B. zusammen: Participiul, Adjectivul verbal, Gerundiul, und iihlt da-
bei zam Adject, verb. Fälle wie PasSre etnläleare; ackl scinteetort; un pealar
sihtor; impotüe af3i3íaarel Noch schärrer tritt die EinreihuDg dei von
Verben abgeleileten Adjeklivi auf {l)ar unter die Verblotmen bei Manliu,
Gram, istoi. ^ comparât, a limb. com. hervor, wo dieselben unter der Be-
leichnung AUj. verb, als Nr. X der Formelt verbelor in Reih und Glied mit
Praes., ¡mperj. etc, Hurgeführl werden. Das ist alteingewurielte Auffassung
der rumänischen Grammatiker. In hohem Mafse auffallend und bedauerlich
ist nur, dar» auch ein Mann wie Diez sie sich ta der HI, 358 aufgeslelllen
Behauptung anEccignet bal: ..Das siellvertrclende wal. Verbaladj. auf oriti —
(das er übrigens II, 354 ganz richtig als auf lat. Adj. auf on« j beruhend auf-
geführt hat) — hai vollkommen verbale Kraflil!) gleich dem lat. Part.
Präs., ohne zu merken, dafs dieser Behauptung das dazugeselzte Beispiel
linerul «e in/rçnatoriu po/léni sale insofern schnufilracks zuwiderläuft, aU
die Anwendung eines relalivischen Satzes linerul care nu ínfrtnS fo/lde sale
erfordern würde.
■ Mätzner rührt diesen Unterschied p. 183 und p. 455 (hier freilich schon
weniger) für die Formen auf -ani mil anerkenn ens wetter Schärfe durch, kemit
ihn aber nicht für das sogenannte Pari, des Perfckis.
Zstutu. l ton. Ptül. XK. ig
2gÚ TH. KALEPKT,
noch übrig, wenn weder „im Verlauf begriffene" noch „»ollend<â?r
Und konnte jemand für Sätze wie Je erot's It voir, l'enieitdu in
den Infinitiven nicht die Bedeutung einer ,Jni Verlauf begriffenen"
oder sich vollziehenden oder vor sich gehenden oder wie man es
sonst nennen wollte — Thätigkeit auf unzweifelhafte Weise Vorm-
unden meinen? Dafs aber Bezogenheil auf ein „actives logisches
Subject" dem 1. nicht abgeht, das zeigen Sätze wie der L. § 382, z
aufgeführte Une DumonI ipouser un ipicier de village! oder Un bour-
geois aimer une parvenue! Stendhal, Le Rouge et le Noir II, 176, in
denen ein solches Subject ausdrücklich aufgeführt wird, während
in Sätzen wie Que faire und unzähligen anderen , .selbst bei den
Ausdrücken der Verwunderung mit Dire, Oser dire. Penser ele die
Thätigkeit auf eine „unbestimmte und nicht angedeutete Person"
mindestens ebenso bezogen werden kann, wie in den L. §371 be-
sprochenen Fällen L'appifil vieni en mangeant . . . géniraUmertí par-
lant etc., in denen nach L. ein G, vorliegt
Unter solchen Umständen drängt sich unabweisbar die Frage
auf: „Welches ist denn nun der Bedeulungsunterschied zwischen
G. (bezhw. „unfiekt. Part. Präs.) und L?" Mir will scheinen, dafs
es einigermafsen befremden darf, dafs die Grammatiker dieser Frage
so wenig Beachtung geschenkt haben. Man wird vielleicht geneigt
sein, mir entgegenzuhalten, dafs durch Feststellung der „Funktionen"
beider Formen der Pflicht des Grammatikers völlig Genüge ge-
schehen sei. Das vermag ich nicht anzuerkennen. Einmal be-
trachte ich, wie schon früher angedeutet, die Funktionen (Satz-
glied Schäften) der Wörter als etwas Accidentelles, als etwas nicht
zu ihren essentiellen Merkmalen Gehöriges, mit dessen Feststellung,
gesetzt auch, dafs dieselbe jemals erschöpfend werden könnte, die
wissenschaftliche Sprachlehre ihre Aufgabe noch nicht erfüllt habe.'
> Vüt allem scheint es mii nicht ausreichend, sich bei Untcrschiedstnf-
itellungen auf FunktionsbestinunuQgen zu be schlanken. Mmcieiteiis muíste
dum die FestilPllung völliger Bedeutungsgleichheit vorangehen. Und ein
solcher Fall — vüUig gleiche Bedeutung, aber rerschtedene Fnnktioo iweier
Wörter oder Wortarten — dürfte la den groftten SeUenheiteo gehören. Ich
kann ihn mir überhaupt nicht anders als einen zeillich beschränkten, vorutiei-
gehenden vorstellen, so nàmlich, dafs bei einem Worte (bczhw. einer Wortart)
im Laufe eines Bedeutungswandels vorübergehendes ZasBmmeDtre&eD hinsicht-
lich der Bedeutung mit einem anderen Worte (Wortart) einträte, cugleicb
aber die ursprüngliche Bedeutung bezüglich der Funktion in ualers che id ender
Weise noch nachwirkte. Dieser Funktion sunt erschied morste aber in dem-
selben Ma£se schwinden, als die Frinncrung an jenen der Vergangenheit uige-
hörigen Bedeutongsunt erschied schwände, meist siso «chon in der nSchsten
Generation. Oder sollten Falle wie der, dars in einer Kirche die GlSablgec
in der Nähe des Ausgangs das Zeichen des Kreuzes machten, ohne irgend
einen Grund daTür angeben zq können, bis sich bei einer Renoviemng heraus-
stellte, dafs an jener Stelle einst ein Mültcrgottesbüd an der Wand nbertäecbl
worden ; oder der, data, wie sich infoige der Nachforsch ungen eines neuen
Befehlshahers ergab, ein seit Gedenken der Beteiligten an einem gänzlich un-
wichtigen Fanbte aufziehender Wachtposten darin seinen Grund hatte, dib
lange Zeit vorher an jener Stelle vorübergehend Munition gelagert worden war,
— sollten Fälle derartiger Beibehaltung von Gewohnheiten, auch nachdem
ZUR FRANZÖSISCHEN SYNTAX. 29 1
Aber selbst wer diesen Standpunkt, för dessen ausreichende Be-
gründung hier weder Ort noch Raum ist, nicht teilen wollte, muíste
doch immerhin die Frage als berechtigt gelten lassen: „Ist Voyez-
vous ces débris flottant vers la côte (L. 287) völlig gleichbedeutend
mit Voyez-vous ces débris flotter vers la côiei Und, wenn nicht,
worin liegt der Unterschied?" Oder // s^en va grondant mit //
s^en va gronderà wie es den Anschein gewinnt, wenn L. § 366 Anm.3
den ersten Ausdruck — doch wohl irrigerweise — mit „Er wird
gleich schelten" übersetzt. Oder, um eines der T. I, 45 f. aufge-
führten altfranz. Beispiele zu wählen: ,Jst in il le fist cancheler, et
en che canchelant Trouva deriere lui une pier e pesant BSeb. IX, 288
das an zweiter Stelle stehende Gerundium canchelant wirklich völlig
gleichwertig mit dem vorangehenden cancheleri^^, womit sich dann
sofort die Frage verbände, ob der Herr Verfasser des Artikels mit
Recht zu „<2 remanant auf die Dauer^' gefügt habe „glbd. (gleich-
bedeutend) a remanoir, Watr. 7, 186" — ich meine natürlich nicht
gleichbedeutend in dem Sinne, dafs der Zusammenhang oft oder
gar immer zuliefse, an Stelle des einen auch das andere zu setzen —
aus welcher Möglichkeit des Stellentausches das Nichtvorhandensein
eines wesentlichen Unterschiedes, entgegen Mätzner*s p. 426 mit
Bezug auf en und dans geäufserter Meinung, doch wohl ebenso-
wenig folgt, wie die T. 11, 1 88 bezûgl. der spanischen Artikelformen
et und lo als nicht recht in Abrede stellbar bezeichnete „gewisse
Unsicherheit des Sprachgebrauchs" — sondern in dem Sinne, ob
der dem Geiste vorschwebende Vorstellungsbestand, ohne dafs da-
bei eine materielle Aenderung in Frage käme, sich bei Anwendung
des einen Ausdrucks nicht in — und sei es nur ein noch so
Kleines — anderer Form präsentiert als bei Anwendung des anderen.
Ich würde nicht anstehen, jene Fragen auch ohne irgend einen
anderen Anhalt als die Kenntnis der Thatsache, dafs die in Rede
stehenden Formen, Gerundium und Infinitiv, sich in der modernen
Sprache noch ebenso neben einander vorfinden wie in der ältesten
Zeit, also gewissermafsen a priori, zu verneinen. Für die Eruierung
dieses Unterschiedes nun scheint mir der Umstand, dafs die Sprache
im Laufe ihrer Entwicklung dem Gerundium jede andere Prä-
position als en ebenso entzogen hat,^ wie diese Präposition dem
dieselben längst ihren Sinn vedoren, sich auch in der Sprache finden? Ich
kann das bei dem ausgesprochen utilitanschen Charakter der Sprache nicht
gerade for wahrscheinlich erachten — erstarrte, archaische Formeln natürlich
ausgenommen — und bin der Meinung, daCs die ganze Funktionsfirage sich
mit dem Satze erledigen lasse: „Die Bedeutung eines Wortes — das ist
seine Funktion."
^ Mit Recht bezeichnen die Grammatiker (so L. § 366) die Wendung
à son corps défendant als archaisch. Nur zweifle ich, ob dies wirklich der
einzige Ueberrest einstiger Ungebundenheit im Gebrauche des G. ist. Mir
scheint z. B., dafs auch (tirer) „à bout portant** als solcher zu betrachten ist :
(schiefsen) ,,bei Ende tragen** d.h. „unter Tragen des Endes, der Gewehr-
mondung**, so nämlich, dafs dabei ein Tragen der Mündung stattfindet, dafs
dieselbe auf dem Zielkörper aufliegt Also gleichartig mit pur mort menaçant
19*
¡0^2 TH. KALEPXY,
Infinitiv, einen sehr beachtenswerten Fingeniög zu bieten insofern,
als die Ursache dieser eigentümlichen Spracbgebrauchsregulienmg
doch nur darin liegen kann, dafs die VorstelluDgswcise eines Zeit-
seienden, die sich beim Sprechenden wie beim Hörenden mit der
sprachlichen Form des Gcrnndiams verbindet, besonders günstig
ist der AulTassung eines anderen Seienden als eines zu ihm in dem
durch m ausgedrückten VerhäUnisse stehenden, und dars auf der
anderen Seite diejenige Vorstellung, welche die Inñnitivfonn eines
Verbs von dem durch dieses benannten Zeitseienden erweckt, jenes
Verhältnis eines anderen Seienden zu ihm ausschliefst. Es wird
also a priori zu erwarten sein, dafs von der Bedeutung der Prä-
position in aus ein Licht auf diejenige des G. und I. fallen wird.
Und diese Erwartung erweist sich a posteriori als wohl begründet.
Bekanntlich bezeichnet die Präposition m das Verhältnis des Um-
gebenseins ' eioes Seienden von einem anderen zwar als ausge-
dehnt, aber doch nicht in auschaulich bestimmter Begrenzung {in
welchem Falle der Sprechende sich bekanntlich des Wortes dffns
bedient) vorgestellten Seienden: Nous allons en Framt? aber Nous
entrons dans la France (beim Uebergang über die Grenze), wobei
man das durch die sich in der Präposition dans bekundende
gröfsere Anschaulichkeit, Bestimmtheit der Vorslellung von France
hervorgerufene Auftreten des bestimmten Artikels la zum Hinweise
auf die Bekanntheit dieser Vorstellung beachten wolle (vgl. Gr. zi6
und T. II, i88 uoten).^ In der Fülle der Verwendungen von tu
„für Tod andiolien'' d. h. „um der Androhung des Todes wJUea" T. I. 46
Atiin.l. — Freilich darf Dicht unerwälml bleiben, iah porttr neufri. auch
inlrans. aaltritl und die Bedeutung „ruhen, aufliegen" hat, so daTs die Auf-
fassung von lì bout portant als „bei aufliegendem Ende", die durch ibrc
Ungezwungenheit anspricht, nicht sclilechrwpg van der Hand zu weigen sein
düiÁe. Indes erscheint es mir doch zweifelhaft, ob mari sagen würde „Lt
bout du fusil porti" fur „die Mündung de^ Gewehres li<^ auf". In den bei
Çachs-Vill, porler II, i gegebenen Fällen von intransitivem porler And« sich
immer eine adverbiale Bestimmung ä cru, d faux, à fand. — Uebiigens id
auch an T, I, 46 d'armes portant, ïuglricli abet an co/re porlanl ib. p, 39
Dud an p. 1S7 dieser Arbeit erinnert.
' Die Heranziehung des Correlatverhaltnìsses ist natürlich nur ein Not-
behelf, um unter Vermeidung einer Zirkeldefinition (Vecliällnit des ,J)anii-
seins") den in Rede siehenden Begriff soweit anzudeuten, al; der hi«r vot-
liegende Zweck erfordetlc. Bekanntlich sind zureichende direkte Definitionen
bei allen Elementarbegriffen ausgeschlossen.
' Dies Beispiel scheint mit dem eben gebrauchten Ausdruck „Uiagebcn-
teio" — oder vielmehr dieser mit unserem Beispiel — in schlechtem Ein-
klänge zo stehen. Doch ist zu bedenken, dafs aller im Gegensatz in partir
{pour]) die Fortbewegung in ihrer Ganzheit, bis zur Erreichung des Zieles
bezeichnet, somit unser Satz die Vorslellung erweckt: „Wir voUfuhien eine
Bewegung, die mit einem von Frankreich Umgebensein abschliefst."
' Es sind demnach an den meisten der von den Grammatikern gegebenen
Definitionen mehr oder weniger eingreifende Korrekturen vorzunehmen, an det
von Schroitï, welcher Franz. Gramm.' p. 1 13 sagt: „es(d,h.*n) deutet den
Ott nur Hiichtig a.a; es bezeichnet nicht ausdrücklich da« Innere", die, dab
tn als Beneimung eines Verhältnisses einen Ort überhaupt nicht, aucli nicht
Süchtig, andeutet, ein Inaercs überhaupt nicht — also auch nicht „nicht
ZUR FRANZÔSISCHBN SYNTAX. zgj
±emt mir nun, wenn man denn durchaus auf Scheidungen und
Teilungen nicht verzichten will, zwei (aber nicht, wie M. 7, Holder 14,
nachdrücklich" — bcieichnct, welche Aufyabe vielmehr dem hialer, beihw.
vor en steheoden Worle ìnlSUl; an derjenigen von Holder 1, c. p. 313 und
MätzDcr. Syntax I, 273 die, àtii en nicht den Begriff des „ Eingeschlossen -
geins" im Innern eines Raumes ausdnicbt, da von einem solchen die Voi-
steUung bestimmler Begrenzung des Raumes uozettrennlich wäie, wie denn
Mätinei, Gramm, p. 4^5 auch besser vom „Sein im Innern eines Gegenstiuides"
sprichl. Bei L. scheint es mir als Inhonseqnenz beieichnel werden zn müssen,
dafs er, nachdem er in den übrigen Teilen seiner Gramm. Bedeutungsdeüni-
lioDcn (auch von de und à) gegeben , bei en und den übrigen Präposilionea
— bei den Konjanktionen ist sein Veifahren das entsprechende — sich mit
einigen Verden tsdi un gen und Beispielen begnägl. Bezüglich einer dieser Ver-
den Isch ungen Termag ich, da hier einmal von den beiden Präpositionen en
und dans die Rede ist, der Versuchung nicht zu widerstehen, gewisse Be-
denken, die mich schon wiederholt beschifligt haben, lur Sprache zu bringen.
Ich meine L.'e Verdeutschung von // arrivera dans froií jours „nach Ver-
lauf von drei Tagen" p. 376 Anm. i itatt des zu erwartenden (übrigens von
Sachs -Villalte „dans" 11,3 ausdrücklich gegebenen, bei Holder p, 217, MStz-
ner Gr. 428 ans ihren Aufsiellimgen in entnehmenden) „binnen", „noch Inner-
halb" . . . Bei der Paradoxheit der Formnliemng würde ich mir weniger Ge-
danken über den Fall gemacht haben, wenn ein anderer als Herr L., dessen
Worte überall als an^ sorgsamste duicbdacht sich erweisen, der Urheber
wäre. So neige ich zu der Annahme, dais seine Behauptung: „i^ani trûis
fours" bedeute „nach Verlauf dreier Tage", also „zu Beginn des vierten", wahr
sein werde, aber wohl nur beding!, d.h. dafs der Ausdruck hie und da rail
dieser Bedeutung auftrete, aber doch ebenso gut in dem Sinne gebraucht
werden könne „binnen drei Tagen", d.h. „noch vor Ablauf des dritten".
So mag ja auch im Deutschen ein „Ich werde in drei Stunden zurückkehren"
von Einzelnen in dem Sinne gebraucht und verslanden werden „nach völligem
Vcrkiuf von drei Stunden", „zu Beginn der vierten", Immerhin würde ich
aufs Energischste Einspruch zn erheben mich beiechtigl erachten, wenn irgend
ein Lexikograph oder einer der Grammatiker (die ja bei der geltenden Praxis
zur Hälfte Lexikographenarbeit verrichten) dem deutschen Ausdruck diese Be-
deutung als normale zudiktieren wollte. Selbst wenn die Mehrzahl der
Sprachangehorigen ihn in diesem Sinne brauchen sollte, so müTste das Ver-
fahren als ein abusives beieichnel, und jedem, dem es belieben würde, die
Rückkehr zu der allein berechtigten gestattet werden. Augenscheinlich hat
nur Unpiinktlicbkeil , Ungenaoigkcit der Angaben, Leichtfertigkeit der Ver-
sprechungen dazu geföbrl, dem dans Irais jours jenen Sinn zu geben; denn
bei den sonstigen Bedeutungen von dans kann die hier berührte zeitliche nur
dann in einem zur Teilnahme an der französischen Sprach genossenschafi sich
Heranbildenden Wurzel fassen, wenn der Zeil be Stimmung miltels dans in der
Mehrzahl der Fälle ein erhebliches Zurückbleiben in der Ausfìibrung entspricht.
Es sei daran erinnert, dais in studentischen und den diesen nahestehenden
Krrisen eine Verabredung auf die volle Stunde gemeinhin als für ein Viertel
{manchmal wohl auch 20 Minuten) nach dieser güllig aufgefafst wird, während
in militärischen Kreisen sich mit ihr eher die Vorstellung eines einige Minuten
vor Voll liegenden Zeitpunktes verbinden würde. Hätte demnach — woran
ich aber zweifle — L-'s Ueberselzung von dans durch „nach Verlauf von"
uneingeschränkte Berechtigung, so würde von solchem Sprachvei fahren aus
ein bedenkliches Licht auf den Pünktllchkettssinn des französischen Volkes
fallen, es würde ein für dasselbe wenig ehrenvolles Vorherrachen Tailarinschcn
Geistes im Punkte der Zeilangaben bekunden. Es wäre dann dieser franz.
Ausdmcksweise übrigens der glticbfalts hyperbolische Gebrauch von en mit
dem Orr. im Spanischen zur Seite zu stellen, vermöge dessen (s. Wiggers
p. 314) En cenando yo os llevaré d vueilm C'isa bedeutet: „Sobilli ich zu
Abend gegessen haben werde . . .".
294 '^"- KALEPST,
Sachs -Vi Hatte 9, ja bei Berücksichtigung der UntergliederungeD f
Gruppen, durch weitere Teilung der einen allenfalls drei, anzusetzen
angängig: i) solche Fälle, in denen als umgebendes ein Seiendes
mit materiellem Ueberschufs über das umgebene vorliegt {eigent-
liches „Darin"-sein), z. B. (fíner en ville, tire tn pleine mer, 2) solche,
in denen (ohne Vorhandensein eines IhatsächUchen Ueberschusses
— also uneigentliche Verwendung des Wortes ai) das Verhält-
nis sei es a) eines {vorwiegend materiaUter bestimmten) Seienden
zu seiner Form, z.B. être m croix, vivre m homme de bien, oder
b) eines {vorwiegend formaliter bestimmten) zu seiner Materie, z.B.
une montre en or, maison en pierre, als dasjenige des Umgeben-
seins aufgefafsl wird. Die mit Unrecht so beliebten Schei-
dungen — dies sei bei dieser Gelegenheit auszusprechen gestattet —
je nach der Art der Gegenstände, um die es sich gerade handelt
{ï. B. Mätzner p, 426 fr.: „en steht räumlich", dann „auf die Zeit
bezogen", dann „übertragen auf die Vorstellung des Mittels", dann
„vom Zwecke und der Bestimmung zu etwas", dann „zum Ausdruck
der Angemessenheit und Gemäfsheit", dann „Oh ist darum en nichts
als Ausdruck der Art und Weise" (! ! !), schliefslich „Auch steht es
überhaupt zur Bezeichnung des Gegenstandes {? 1) mit Rücksicht auf
welchen oder in Betreff dessen etwas ausgesagt wird", oder Sachs-
Viltatte; 1. Raum (3 Unterteile), 11. Zeit (3), 111. Zweck, Bestimmung,
IV. Einteilung, V. Form. Umhüllung, Kleidung, VI. Stoff, Inhalt,
VII. Art, Weise, Mittel, Zustand, Vili. Fach, IX. als, wie (M), X. ver-
schiedene Redensarten, XI. advL), mögen in Werken, welche rein
praktische Ziele verfolgen, ihre Berechtigung haben, wissenschañlich
sind sie dämm durchaus zu verwerfen, weil sie den Umstand völlig
aufser Acht lassen, dafs für die Bedeutungsgliederung eines Wortes,
welches ein Verhältnis bezeichnet, nur Verschiedenartigkeit dieses
Verhältnisses, nicht aber eine solche der Gegenstände, mit Bezug
auf welche das Verhältnis ausgesagt wird, einen irgendwie brauch-
baren Einteilungsgrund bilden kann.
Es scheint mir daher, wo eine Präposition (die Gleichheit des
ausgedrückten Verhältnisses vorausgesetzt) ebenso wohl mit Be-
zug auf Raum als auf Zeit, auf Konkreta wie auf Abstrakta (nach
der beliebten Art des Unterschiedes: Sinnen- und Gedankendinge)
gebraucht wird, zu einer Unterscheidung räumlicher und zeitlicher,
eigentlicher und bildlicher Verwendung ein ausreichender Grund
wenigstens für die wissenschaftliche Darstellung nicht vorzuliegen.
Es ist eben menschliche Art, alles Zeitliche unter der Kategorie
des Räumlichen, alles Abstrakte (Gedankliche) unter derjenigen des
Konkreten {Sinnlich -Wahrnehmbaren) anzuschauen, die bei diesen
vorgefundenen Verhältnissen auf jene unverändert zu übertragen.
So mufs es, wofern die vorhin gesetzte Gliederung der Bedeutung
von en eine begründete ¡st, als selbstverständlich gelten, dafs die
gleiche Scheidung seiner Gebrauchsweisen auch bei seiner Ver-
wendung mit Bezug auf Zeitseiende durchführbar sein wird. So
liegt Fall 1 (Ueberschufs) vor in: // suriit di ¡a chamirt
ZUR FRANZÖSISCHEN SYNTAX. 295
Fall II (kein Ueberschufs) a) (Materie in Form): // entra en cou-
rani . . ^ b) (Form in Materie) : 11 se sauva en plongeant dans Veau,
Aus dem hier über en Gesagten scheint mir nun zu folgen,
dais das, was durch das nach ihm stehende Wort bezeichnet wird,
notwendig ein Ausgedehntes, etwas, was als ein anderes umgebend
gedacht werden kann, sein muís, so dafs, wenn sich en im Neu-
fi:anzösischen mit dem Gerundium verbunden vorfindet, für dieses
das Vorhandensein des genannten Merkmals; wenn es sich dagegen
niemals vor dem Infinitiv findet, für diesen das Nichtvorhandensein
desselben bewiesen wäre. Aus dieser negativen Folgerung im Ver-
ein mit einer eingehenden Prüfung seines Sinnes in den verschie-
denen Fällen seines Auftretens ergiebt sich mir nun far den
Infinitiv folgende Bedeutungsaufstellung: Der I. ist im Neufranz.
die Ausdrucksform für die abstrakteste Vorstellungsweise eines Zeit-
seienden, für den jeglicher weiteren Bestimmung baren Begriff
desselben; er ist die Ausdrucksform für diejenige Vorsteilungsweise,
bei der das Zeitseiende nur seiner materiellen, strukturellen, aggre-
gativen Eigentümlichkeit nach, im übrigen aber als eine unteilbare,
ohne das Moment zeitlicher Ausgedehntheit gedachte Einheit er-
scheint Je me mis à manger'. Die Bewegung des me mettre fährte
zu einem als manger erkannten Zeitseienden. — Und für das Ge-
rundium: Das G. drückt niemals eine rein abstrakte ^ Vorstellung
eines Zeitseienden aus, es bezeichnet vielmehr als dem Geiste des
Sprechenden vorschwebend eine solche Vorstellung eines Zeit-
seienden, welcher aufser den durch den Verbalstamm angedeuteten
materiell-strukturellen Eigentümlichkeiten zugleich das Moment der
Konkretheit (wieder im Sinne von Paul, vgl. p. 285) und damit
d>en einer gewissen zeitlichen Ausgedehntheit, eines Sich-durch-
die-Zeit-Erstreckens, einen -Zeitraum -Ausfüllens eignet. L appétit
vieni en mangeant heiíst demnach nicht, wie es, wenn à manger ge-
setzt wäre, heifsen würde: „Bei einem Zeitseienden, das ich seiner
materiell-strukturellen Art nach als „Essen'* bezeichne, kommt der
Appetit", etwa wie H y a du danger à trop manger heifst: „Bei(m)
Zuvielessen befindet sich Gefahr", sondern vielmehr: „Im Laufe
eines Efsaktes, einer Mahlzeit stellt sich der Appetit ein".^
' eine Behauptung, die nur scheinbar im Gegensatz zu L.'s „Abstractum
der im Verlauf begriffenen, auf ein actives logisches Subject bezogenen Thatig-
kcit" (§ 366) steht, weil L. das Wort „Abstractum" in der üblichen Bedeu-
tung (nicht sinnlich wahrnehmbares Seiende) braucht, während der obigen
Aufteilung die schon erwähnte von Paul, Prinz, d. Sprachgesch.' p. 67 ge-
gebene Definition des Wortes „ Abstraktum" als Bezeichnung eines „allgemeinen
Begriffi«*, eines blofsen Vorstellungsinhalts an sich, losgelöst von „räumlicher
und zeitlicher Begrenzung*' zu Grunde liegt.
* Sollte L. § 366 diese spezifische Bedeutungseigentumlichkeit des G. bei
den Worten „im Verlauf begriffen'* im Sinne gehabt haben? Dann befände
ich mich ja in erfireulichster Uebereinstimmung mit ihm. Ich wurde dann
nur die Ausstellung zu machen haben, dafs — zumal bei dem Abseben von
dner Kennzeichnung der spezifischen Eigentümlichkeit der Infinitivbedeutung
in ihrer Verschiedenheit von der des G. — jene Qualifizierung nicht genügt,
da maai ja, wie schon gezeigt, auch in Je crois le voir, je vous vois venir
Xg6 TH. KAI.EPKV,
Und als Unterschied zwischen den früher einander gegenüber-
gestellten Wendungen: Voyez-vous crs dibru flolUr vers la côU? und
■ ■ . flotlnnl vers i. e?, ti s'en va gronder und grondant und dem
1. und G. in (/ le ßst cancheler et en che canchelant . . . sowie zwischen
a remanoir und a remanan/ ergäbe sich nutunehr der, dafs, wo der
Infinitiv gebraucht ist, die blofse Bezeichnung des (abstrakten) Be-
griffs, unter den das betr. Zeitseiende rein seiner Natur, seiner
besonderen Art nach subsumiert wird, vorliegt, im Gerundium da-
gegen aufserdem noch Kennzeichnung des betr. Seins oder Ge-
schehens als eines sich durch einen Zeitraum erstreckenden kon-
kreten Aktes mit enthalten ist.' Bei Ansetzung dieses Unterschiedes
hat ein gelegentlicher Wech.scl der beiden Formen, ihr Auftreten
in anscheinend — aber doch nur anscheinend — gleicher Be-
deutung nicht mehr Befremdendes, wie etwa gelegentlich allemie-
lende Setzung oder Weglassung des unbestimmten Artiliels bei
Substantiven unter gleichen grammatischen Bedingungen. Idi finde
nämlich, dafs mutatis mutandis der Unterschied zwischen L und G.
im wesentlichen gleichartig ist dem zwischen dem blofsen Sub-
stantiv und dem Substantiv mit dem unbestimmten Artikel, so dafs
sich ein Les voyez-vous ftoller? zu einem lys voyez-vous ßotletnl etwa
verhielte wie Le croyet-vöus pentire? zu Le trt^-et-vous un fantre?^
Nach dem vorstehend Dargelegten glaube ich auch von den
Wohlwollendsten unter den Lesern nunmehr — neben mancher
anderen — folgender Einwendung mich versehen ïu müssen: „Ge-
setzt auch , das über das G. Gesagte tonne für die Fälle seines
Auftretens in Gemeinschaft mit der Präposition ea oder allenfalls
für Wendungen von der Art des {s'en) aller eroissani, glnéralemerU
parlant, wo selbst ein so energischer Vorkämpfer für das Partidpium
Praesentis wie Herr L. Gerundia anerkennt, freilich mit der {schwer-
lich begründeten) Einschränkung „archaisch", oder auch da, wo
von der durch den I, bcicichnelen ThSiigkeit mit Fug aussi^fTi kÖnoie, da6
de „im Verlauf b^ffco" sei, fernet die. dafs et jene Worte in einem Atcra-
KU¡^ mil dem für dco Unterschied zwischen I. und G. ganz irrclevonlen „lof
da aclives lofiisches Subject bezogen" ausspiicht, schlielsUcb die, dab et
durch die schon erwähnte unberechtigte Wiedetgabe von „It fett va gron-
dant" mit „Er wird gleich schelten" selbst Giund zu der Meinung giebt,
jenes „im Verlauf bt^fTen" sei so strenge nicht lU nehmen.
» Man vgl, I, 8, Zola, Lourdes 237: Et il camprenaü tout, dans lute
ciarli brusqut; le monsieur n'ayant pu louer gut {tile chambre, y catkanl
sa maitresse à tous les yeux, l'enfermant dans le vaste placard fmdanl
qu'on faisait le minage, la nourrissant des repas qu'on lui montait, buvant
avec eût au mhne virre; et Us bruits de ¡a nuit s'expliquaient . . . und *U
monsieur n'avoir pu louer gue cette chambre . . .!, wie es in einem Ausruf
der Verwunderung (wo nar die materiell- strukturelle Art des Zeilsdtnden he-
zeichnet werden soll) heifsen würde.
* In rein formaler Beiiebung, uämlich insofern als beim franz. G. die
Charakterimerung des Zeilseienden als eines konkreten durch die Gcstalhmg
des Wollendes vata Ausdruck gebracht witd, wird man an das eigentöni-
liehe Verfahren des Rumänischen erinnert, beim Nomen Jas Moment der Be-
kanntheit dutch Sulïigieiun|i des sogen. lieFitimmten Artikels ausiudrückeB :
ttrt4 Kumt, arla die Kunst.
ZUR FRANZÖSISCHEN SYNTAX. 297
dasselbe wie bei VoyéZ-vous ces débris flottant vers la côte prädikativ
aufgefafst und ohne erhebliche Sinnesänderung durch den Infìnitiv
ersetzt werden könnte, als richtig gelten, wie steht es mit den
Fällen, in denen es determinativ -attributiv auftritt wie etwa in
dem von L. § 359 zitierten Satze Dans la cour de la maison portoni
le n^ 44 de la rue Royale on trouva dix-sept tonneaux videsl 1st
hier die im Vorhergehenden dem Gerundium imputierte Bedeu-
tung überhaupt noch anwendbar? Giebt es einen Sinn, hier
portant als Bezeichnung eines konkret vorgestellten Zeitseienden
eines unter besonderen Umständen sich vollziehenden Tragens statt
als diejenige eines Seienden, welches trägt, zu fassen?" Auf die
Gefahr hin, zunächst Kopfschûtteln zu erregen, mufs ich hierauf
antworten, dafs ich die beanstandete Auffassung nicht nur für mög-
lich, sondern für die einzig mögliche halte, unter folgender Be-
gründung: Nach den im Französischen wirksamen Ausdrucksgesetzen
kann ein weibliches Seiendes (wie hier maison) als Träger der
Eigenschail oder Thätigkeit des Tragens (sei diese nun eine ein-
malige vorübergehende oder eine gewohnheitsmäfsige, dauernde)
nur durch portante^ porteuse etc. bezeichnet werden. Nun könnte
freilich, wie auteur in. femme auteur oder restaurant in Sätzen wie:
Cette maison^ restaurant alors, aujourd'hui hôtel, appartenait etc., das
Wort portant in unserem Falle männliches Substantiv mit der Be-
deutung „Träger" sein, das in der bekannten, nach T. II, 161,
„eine gewisse Schwierigkeit bereitenden Verwendung** als Attribut
zu maison gesetzt wäre. Dem steht indes im Wege einmal, dafs
in den zur Vergleichung herangezogenen Fällen im Falle einer
Mehrheit von Seienden auch das zweite Substantiv [^auteur, restau-
rant, hôtel) das Pluralzeichen erhalten würde — um mich dieser
recht äufserlichen und oberflächlichen Ausdrucksweise der Kürze
halber zu bedienen — , sodann, dafs die neufránz. Sprache, in
welcher Ausdrücke wie les ayants droit streng internierte Archaismen
sind, auf keine Weise erlauben würde, von derartigen Substantiven
(bezhw. Adjektiven) einen Objektsakkusativ abhängen zu lassen (wie
auch nicht, sie mit ne zu verbinden u. dergl. mehr), so dafs, wenn
portant „Träger**, „einer, der trägt** hiefse, in unserem Satze „du
n^ 44" folgen müfste. Wie befremdlich also die Behauptung, dafs
„portant le n^ 44** „ein die -Nummer -44 -Tragen" heifse, zunächst
noch klingen mag, ich vermag eine andere Bedeutung in diesen
Worten nicht zu finden. ^
Ich gebe indes die Hoffnung nicht auf, dafs es mir nicht doch
noch gelingen könnte, diese Behauptung einleuchtend und über-
zeugend zu machen durch den nunmehr zu führenden Nachweis,
dafs eine derartige Verwendung, wie sie in dem eben erörterten
1 Ob Mätzner mit seinem gewagten „gerundivischen Partizip*' (p. 455),
▼on dem er sagt, dafs es, wenn es ohne en steht, in seinem Gebrauche dem
lat Part. Präs. entspreche, nicht etwas Aehniicbes hat ausdrücken wollen?
Was könnte der Ausdruck „gerundivisches Partizip" fur einen Sinn haben
als den eines Partizips, welches im Grunde ein Gerundium (Gerundivum) ¡st?
Falle „la maison portant h n" 44" angenommea worden, innerhalb
des Neu französischen keineswegs eine singulare Erscheinung dat-
Btellen, sondern hier eine nicht geringe Anzahl analoger, im Gmude
gleichartiger Erscheinungen neben sich zu stellen haben würde.
Ich sehe nämlich das ihr Eigentümliche, sie Unterscheidende
in der Verschmähung eines sprachlichen Bindegliedes bei der
Nebeneinanderstellung der Bezeichnung eioes Seienden und der zu
ihr in attributivem oder appositivem Verhältnisse stehenden Be-
zeichnung eines von ¡hm getragenen Seins oder Gescheheos, also,
wenn man will, in asyndetischer Juxtaposition. Eine solche liegt
nun aber gleichfalls vor in der grofsen Fülle neufranzösischer Wen-
dungen, bei welchen der Bezeichnung eines Seienden die zu ihm
im Verhältnis einer näheren Bestimmung stehende eines anderen
Seienden, wie Farbe, Format, Lage, Alter, Preis, Bestandteile d. s.w.
präpositionslos angefügt ist: Elle aperçut ¡a grandi rivière couleur
de plomb fondu, comme on rêve des fltuves en des pays fantasti<pus
Maupassant, Yvette 105. — Venfant ... dei'ait voir ... la Viergi
revenir toujours et la regarder de ses yeux couleur du ciel, de ta
yeux vivants . . , Zola, Lourdes qg. Oder ¡n Ausdrücken wie wie
toilette feuille morte Scribe et Legouvé, Les Doigts de Fée U, 1
(vgl. den Gebrauch der bekannten Farben bezeich nungen, die eigent-
lich Namen der Gegenstände sind, als denen charaklenstiscb die
betr. Farben gelten, wie orange, cerise, sou/re, paille etc). Femer:
une livraison petit in-S"; — le coli nord, latitude nord. — Grande,
magnifique, mûre à point, dix-huit ans, aussi blonde, gut sa mire liail
¿rune etc. Maup. Yv. 8. — M. de Guersainl finit par acheter ¡e plus
gros bouquet ... à une très belle fille grasse et blonde, vingt ans an
plus ... Zola, Lourdes 489. — Le baron Suire ... venait de rettu-
nailre le rire bon enfant de l'ancien procureur de la ripuiliçue ib. 123.
(Dagegen: El il riait de son rire d'enfant ib. 235.) — /'avait alors
un très petit et très incommode logement, mais très bon marché, Littré,
Comment j'ai fait m. d. p. 35. — L'habitalion de campagne était à
Ménil-le-Roi, Seine et Oise, petite et vieille maison, jardin d'un
tiers d'hectare ... ib. p. 26. — Besonders erwähnenswert die so-
genannten absoluten Verbindungen eines Substantivs mit einer
Prädikats bes limmun g (Adjektiv, präpositi analem Ausdruck u. AebnL),
die sich bekanntlich in allen Satzstell ungen , die ein Adjektiv ein-
nehmen kann, antreffen lassen. So appositiv: Jean de Servigny,
petit, svelle, un peu chauve, un peu frêle, très ¿ligant, la moustache
frisée, les yeux clairs, la lèvre fine, Hait un de ces hommes Maup.
Yv. 3. — Tous les spectateurs, le nez en l'air, applaudissaient ib.
p. 152. — La jeune fille, les yeux iartaè^, faisait la morte ib. p. 152, —
Prädikativ: Ils allaient plus vite que tous ... lus à ne plus faire
qu'un et le corps droit, les jambes presque immobiles comme ti ...
ib. p. 24. — Fvette venait d'entrer, encore vitue comme dans le jour,
mais pâle maintenant et les yeux luisants comme on les a après de
grandes fatigues ¡b. p. 81. (In beiden Sätzen verdient auch das „ef
Beachtung als Zeichen für die Gleichwertigkeit des absoluten Aus*
ZUR FRANZÖSISCHEN SYNTAX. 299
drucks mit dem vorangehenden Adjektív in der AüfTassung des
Franzosen.) — Aw eile demeura les yeux fixés sur le jour qui nais^
sait ib. p. 109. — // était livide, les paupières doses, la bouche
tirée par Pagonie . . . Zola, Lourdes 53. — ... elle était nu^têie^ le
visage en larmes, ... ib. 416. — Auch in der sogen. Beziehung
auf ein Akkusativobjekt: Mais^ apercevant tous les hommes, les yeux
fixés sur Yvette étendue en son lit, une irritation jalouse le fit tres--
saillir („Als er die Augen aller Männer auf Y. gerichtet sah . . .**
Das Konama hinter hommes scheint freilich zu Gunsten appositiver
Stellung zu sprechen: „Als er all die Männer bemerkte und zwar
mit auf Y. gerichteten Blicken . . .*', doch vgl. das unten folgende
Beispiel Lourdes 478) ib. 154. — ... me faire voir une lettre à la
main, c^est servir mes ennemis („mich mit einem Briefe in der Hand
zeigen'S wobei freilich die Auffassung des me als Dativ und des
une lettre als Objektsakkusativ von voir als gleichfalls möglich —
aber doch nicht als gerade wahrscheinlich zugestanden werden
mufs). — Elle, mon Dieu, elle qu*il avait vue pendant des années, les
jambes mortes, la face couleur de plomb! Zola, Lourdes 478; merk-
würdigerweise wieder Komma! — Schliefslich, was fur unseren
Gegenstand (im Hinblick auf la maison portant le n^ 44) von be-
sonderer Wichtigkeit ist, auch de term. -at tributivi ,,, en la voyant
. . . échanger une parole rapide avec un monsieur correct, l'air distingué
(mit einem Herrn der guten Gesellschaft, von vornehmem Aus-
sehen) Zola, Lourdes 58. — , , , le sang de la maternité jaillirait,
dans . , . ce réveil d*un corps resté enfant, attardé et brisé par un si
long rêve de souffrance, tout d^un coup rendu à une santé éclatante, les
yeux vivants, la face radieuse (zu überraschender Gesundheit mit
lebhaftem Blick und glückstrahlendem Angesicht) ib. 401.
So viel von den Fällen, in denen substantivische Ausdrucke
als Attribute, Prädikate, Appositionen sich ohne die das logische
Verhältnis zum Antezedens bezeichnende Präposition, also in der-
selben asyndetischen Juxtaposition finden, in der m. K auch die
„unflektierten" Verbformen auf "ant aufzufassen sind, wenn sie nach
der Bezeichnung eines Seienden in einer der genannten Satzglied-
schaften auftreten. Noch reichlicher fällt das Material fur den
Nachweis ähnlich gearteter verbindungsloser Anfügungen in ad-
verbialer Funktion aus, für welche ja übrigens auch L., der mit
seiner Behauptung, dafs im Partizip, auch im unflektierten, überall
eine adjektivische Form zu sehen sei, den Anlafs zu so ausge-
dehnter Betrachtung gegeben, teilweise (nämlich in den Verbin-
dungen mit aller^ ^en aller, sowie denjenigen von parlant mit voran-
gehendem Adverb) „substantivische'* (also gerundiale) Natur ansetzt
(§ S^ö)' ^^ wäre hinzuweisen auf die Fälle präpositionsloser Adver-
bialien, welche die bekannten rien que (Rien qu'au Rosaire il si* en
(«B de messes) disait près de quatre cents ^ pendant ces douze heures Zola,
Lourdes 317 ; vgl, auch XX, i S. 77 dieser Ztschr.), faute de, gréUe à,
crainte de, etwas vulgär, oder dienstlich militärisch auch rapport à
(z. B. ^est rapport à lui (sc. le neveu) que j^en ai sur le coeur Maup.«
300 TH. KALEPKT,
Novellenband „Yvette" p. 258), bon train (¿<î ¡ravatix Hâtent a
bon train Zola, Lourdes 340, vgl. Sachs-Vill. train 1 u, 2), bon gri
mat gri, tnoilU - — moitié (Combien de fois . . . ri ni- je pas dit, msilil
plaisantant, moitié sérieux: lO mes amis, m faites jamais de dictioniiaire*
Littré, Comment ... p. 17. — Et ta bonne vieille de dire, Meitil
larmes, vwilié sourire: if 'ai ...» Déroulède, Le bon gîte), partie —
partie, mot pour mot, un à un, gotte à goutte (Comme l'eau gui. goulle
à goutte, perce le plus dur rocher . . . Maupassant, Sur l'eao p. 42),
faee à faee {Il espérait . , , çu'il serait baigné de la grâce, devant le
eiel ouvert, face à faee avec Dieu Zola, Lourdes 319), eSte à còte
(Tous deux descendirent la route en pente, côte à côte, sans une parale
ib. 328), cœur à cceur {ib. 41g), l'un l'autre darbieten, feraer die
Wohnungs- und Zeitbenennungea, wie demeurer place Vendôme (neben
tur la place Vend) und nicht etwa nur in Verbindung mit demeurer,
wie J'avais alors en effet, rue de l'Ouest, aujourd'hui rue d'Artas,
an tris petit et tris incommode logement Littré, Comment ... p. 35
zeigt, partir trois heures cinq (neben dem vollständigen à trois heures
et cinq minutes). Le hibou ne vole que la nuit, ferner der Gebrauch
von la veille, le lendemain, un jour, la premure fois, Van 80 in Ver-
bindung mit der Bezeichnung eines durch sie zeitlich bestimmten
Geschehens, wobei denn auch unter Hinweis auf T. U, Beilrag 1
der Zeitangaben mittels il y a (für das Allfrz. auch der mit /lir'fl
und guère n'a) ïu gedenken wäre, und insbesondere wieder auf die
auch in adverbialer Funktion sehr häufig begegnenden „absolut"
gebrauchten Verbindungen von Substantiven mit Prädibatsworten:
Si vous l'aviez vu venir vers moi les bras tendus ... A. Daudet, Les
Vieux. — Mais Yvette, sa bougie soufHée, était revenue sur son balcon
Maup., Yv. 105. — Noch freier: De tout le voyage elle n'avail pat
encore dit un mot, les lèvres murées, souffrant abominablement (sie
hatte geschwiegen mit fest zusammengeprefsten Lippen unter Turcbi-
barem Leiden) Zola, Lourdes p. 14. Und weiter Fälle wie marehtr
pieds nus (nu-pieds); il y a donné tête baissée; il ne savait pas si elle
sommeillait ou si elle revivait, paupières closes, le continuel miratie
Zola, Lourdes 113 u. s. w.' Die Meinung also, welche durch die
> Ich peisönlick wäre geneigt, auch Falle wit avMr laut ptein, reeevair
oder envoyer qeh. franc de pori, ei-joint, ci'tnctui, lauf reprise u. Aehnl. als
hierhergeh öri g anzusehen. Da ich indes, ohne weitst^weitigc Ausfähnui{;en,
mit dieger Auffassung bei der Mehrzahl der Leser auf Widerspruch lu stofsen
(ücchteo ta QiSssen glaube, so lasse ich diese FSlle aus Gründen der Zweck-
malsigkcit hier beiseite. — Uetirigeos findet sich auch präpositionate Anfoguog
solcher „absolalen VeibioduBgen" : Une fruir somnolait sur te bord du fu-
mier, le ventre ¿narine. Us mamelles gonflées, tandis qu'une (raupe de petits
pores tournaient autour, avec leur queue roolie comme ime corde Maupassant,
Miss Harriet (Le Baptême) p. 272. — ... mais Poulet (scherzbañe Umíbroiung
von Faulet) revint un sn'r avec la gorge cnroiiie Ders., Une vie ï66. — Et
ils ta laissèrent Iris Iranquilie dans son lit, l'air absorbé, avec ses grands
yeua riveurs et souriants, perdus au loin Zola, Lourdes (wo wieder dw
Komma lu beachten). Dementsprechend finden wir unter den formelartígen
Wendungen mit dem Gerundium in adverbialer Funklion bald â wie iu d sori
Corps défendant, ä bout portant, bold proposition sluse SeUung wie: chemin
ZUR FRANZÖSISCHEN SYNTAX. 30I
vorstehenden Ausführungen zu erläutern und zu stützen versucht
worden, ist: Nicht nur in der Verbindung mit der Präposition en
oder mit dem Verb {s'en) aller oder in den lur Charakterisierung
des Standpunktes der Beurteilung dienenden Ausdrücken mit parlarti
und einem Adverbium — für die auch L., wenngleich teilweise
nur unter Kennzeichnung als archaischer dies anerkennt — liegt
im Neufranz. das Gerundium vor, sondern ein solches ist auch in
den von den Grammatikern als („unfleküerte") Partizipia aufgefafsten
Verbformen auf -ani zu sehen, die, ohne irgendwelche Markierung
des Verhältnisses des durch sie ausgedrückten konkreten Aktes zu
dem ihren Träger bildenden etc. Seienden, kurz: ohne Präposition,
einem Nomen oder Verbum als nähere Bestimmungen beigegeben
werden. Ks ist dann durch Vorführung zahlreicher ähnlich ge-
arteter Erscheinungen atifserhaib des verbalen Gebiets za zeigen
versucht worden, dafs ein solches Ausdrucks ver fahren durchaus
nichts Singulares innerhalb des Neufranz. it>t, dafs, wenn dasselbe
trotzdem noch befremdlich erscheint, diese Empfindung sich aus
der fest eingewurzelten Gewohnheit erklärt, solche Formen als
gleichartig und gleichbedeutend mit den lat, Partizipien Fräsentis
auf -nj', -niis, sowie mit den auf diesen beruhenden ^ektierten Par-
tizipien der älteren französischen Sprache anzusehen. Was mag
nun wohl — diese Frage ist zu naheliegend, um nicht wenigstens
an einem Versuch ihrer Beantwortung zu locken ~ zu solcher
faisant vgL jedoch T. I, 37 Ses oraisons faisans . . .) mainUnanl. générale-
meni parlanl; imd erst rechi bei freier (d.h. mcht formelhallet) Veiwenduog
des G. ils idverbiolet Bestimmung, bald Auflreten, bald Fehlen von en, was
trotz L.'s Strättbeus, Gerundium ohne tn anders als „uchaisch" anmeikeaDcn,
mir für ?Aae wie Nous marchians doucement, non« Brrítool Ions les cent pat
pour ¿couler (L. § 362, b, uU appûailiveî Partiiip aufgcfafst), in denen ohne
weiteres en hiniugethan wenleo kannte, und erst recht lar die von Seeger,
Synt d. neofr*. Spr. I, 5 '34" Anm. 5 gegebenen G^eniiberslelliingcD des Ge-
brauchs and NicbtgebriiuEhs von en UQter völlig gleicbailigen UmständcD,
nicht geleugnet «erden zu liönneo scheint. Scegei übrigens geht in Bemg
auf wiUkârliche Gebietstrennung von Part. Pias, und Ger. noch über L. hinaus,
Indem er 1. c. ugl: „Du9 Girondif (mit en), das immer (!), und das Participium
Acti*i, das niemals (t) im Satze als adverbiale Bestimmung aaftritt, sind iwar . ..''
Ich gebe gern zu, dafs es nicht immer leicht, ja nicht immer möglich sein
wird, mit Sicherheit zu bestimmen, ob adverbiale oder prädikative Bestimmung
vorliegt, aber in Wendungen wie Construire un triangle cannaissanl trois
eSIés; Éliminant c on trouve enfin ... (dem ein En ¿timinant x entre ces
drux ¿quations on oòlienl . . . zar Seile steht) adnomìnale Bestimmungen sehen
lu wollen, scheint mir doch recht kñhn. — Dafs übrigens das Gftundium
(sogar mit en) auch als adnominale Bestimmung eines Substantivs auftreten
kann, leigen Sätze wie: Dans tous les cas ce ne serait qu'uru plaisanterie
des enfants en jouant entre eux, mil welchen Worten bei Stendhal. I-e Rouge
cl le Noir 1, 111 die verheiratete Geliebte dem in sein Versteck geleiteten
Helden ans Herz legt, bei etwaigem Klopfen nicht zu ÖlTnen. — Je voudrais
pouvoir vous décrire les pleurs de jfaequine en voyant votre frire monter
à cheval von Mälioer, Gr. p. 458 ans M™' de Sfvigné zitiert. — Si vous aviet
vu son disespoir en trouvant ¡on père mori L. § 371, 1 «w.^ . // /„ „„.
tait, celle tendresse maudite dans leur dodliti, mh' Meeur de
leurs voix en lui parlanl Afaupassant, Clair de LDn<
Wandlung im Laufe der Entwickelung des Französischen gefS
haben? Mir scheint, es ist das in dieser Sprache seit ältester Zeit
als wirksam nachweisbare Streben nach Entlastung der Wörter in
ihrer Eigenschaft als Träger von VorslellungskompleKen. So wie
die Bezeichnung eines (substantivischen) Seienden und seiner Casns-
beziehung durch ein cinïiges Wort als ein Zuviel empfunden und
daher das dem Lateinischen eigene Deklinationsverlabrcn durch
dasjenige gesonderter Bezeichnung des Seienden und seines Ver-
hältnisses zu einem anderen Seienden ersetzt wurde, so wie bei der
Komparation, im Gegensatze zu der lateinischen Ausdrucksweise, der
Vergleichungsbegriff eine von derjenigen des AdjektivbegrUfe ge-
trennte Bezeichnung erhielt, so wie an Stelle der einheidichen
Formen der Tempora der Vollendung des Aktivs und sämtlicher
Fomien des Passivs zusammengesetzte Ausdrücke traten und was
dergl, mehr — wobei überall die immer weiter fortschreitende
Schwächung der Endungen sicher ein mitwirkender, aber doch
nicht der einzige Faktor war — , so ward auch die dem Partizipium
auferlegte Aufgabe ein Seiendes unter Charakteiisierang desselben
nach Geschlecht und Zahl als Träger eines nicht etwa nur flüchtig
angedeuteten, sondern unter Umständen durch die mannigfaltigsten
Bestimmungen genau spezialisierten Seins oder Geschehens zu be-
zeichnen, ebenfalls als eine zu grofse Belastung dieser Wortklasse
empfunden, und zwar in um so steigenderem Mafse, je mehr sie
" bei der weiterschreitenden Betbätigung jenes Worten tlastungsbestre-
bens als eine Art Anachronismus, Anakoluthie innerhalb des son-
stigen Verfahrens sich herausstellte, - — so dafs es ein wirklich
Toter war, dem die Akademie durch Beschlufs vom 3, Juni 1679
ein offizielles Leichenbegängnis bereitete. Die durch Ableben des
bisherigen Inhabers vakant gewordene Stelle wurde geteilt und
zweien übertragen, dem Verbal a djektiv (Partizipium), dem die Funk-
tion zufiel, (nach Geschlecht und Zahl bestimmte) Seiende als Träger
des durch den Verbalstamra ausgedrückten Zeitseienden, (aber rein
nach seinen materiell-strukturellen Elementen, ohne jede spezifisch
verbale nähere Bestimmung) zu bezeichnen, sodann dem Gerundium,
welches wiederum die Aufgabe, konkrete Akte des durch den
Verbalslamm ausgedrückten Zeitseienden mit allen Bestimmungen,
deren ein solches teilhaft sein kann, (Objektswörtem , Adverbien,
prädikativen Wörtern u. s, w.) auszudrücken zugewiesen erhielt. Ob
nicht in dem Uebcrwiegen der asyndetischen Juxtaposition, wenig-
stens im nominalen (Attributs-, Prädikats-, Appositions-) Verhältnis eine
Nachwirkung des früheren Zustandes, bei dem, was nunmehr durch
eine Verbform ausgedrückt ist, durch ein wirkliches Nomen ausge-
drückt, eine Präposition somit ausgeschlossen war, zu sehea ist? Im
Bejahungsfalle böte dann das prä positionslos auftretende Gerundium
einen Beleg für die p. 290 zugegebene Möglichkeit, dafs infolge
voraufgegangenen abweichenden Bedeulungsbestandes die Funktion
einer Wortart einmal Züge aufweisen könne, für welche die aktuelle
Bedeutung keinen völlig befriedigenden Erklärungsgrund an die
ZUR FRANZÖSISCHEN SYNTAX. 3O3
Hand giebt Freilich nur ,,nicht völlig**, denn davon, dafs eine
solche unverbundene Anfügung etwas Unberechtigtes oder gar den
Sprachgesetzen des Neufranzösischen Zuwiderlaufendes wäre, kann,
wie wir gesehen haben, keine Rede sein. Aber dafs sich, von m
abgesehen, im adnominalen Verhältnisse eine Präposition vor dem
Gerundium nie findet, das wird als immerhin auffallend bezeichnet
werden dürfen — freilich auch nicht mehr auffallend, als, dafs der
Franzose niemals faire geh, par fauie de oder Âehniiches sagt
Stellen wir die neufranzösische Âusdrucksweise der älteren noch
einmal an einem Beispiel gegenüber, so ergiebt sich: Une main
fumante de sang war im älteren Französisch: „eine Hand, welche
Trägerin eines von Blut herrührenden Rauchens ist**. Im modernen
Französisch bedeuten dieselben Worte genau genommen: „eine
Hand, welche eine zum Blut in einem stofflichen Abhängigkeits-
verhältnisse stehende, vom Blute herrührend gedachte Trägerin des
Rauchens ist" (vgl. une main immobile de frayeur) und schliefslich
Une main fumant de sang, das sich überhaupt erst im neueren Fran-
zösisch findet: „eine Hand (mit der Eigentümlichkeit, dafs an
ihr) ein Rauchen von Blut (stattfindet)**, genau so wie une
rivière couleur de plomb fondu „ein Flufs (mit der Eigentümlichkeit,
dafs er die) Farbe von geschmolzenem Blei (aufweist)** ^ ist
Falls nach dem von Diez IIP, 256 ff. Gesagten hier noch ein
flüchtiger Seitenblick — mehr in der Absicht, Auskunft zu erbitten,
als zu erteilen — auf die verwandten Sprachen in ihrer modernen
Gestalt gestattet ist, möchte ich bemerken, dafs, so weit ich sehen
kann, das Gerundium im Italienischen, Spanischen, Portugiesischen
and Rumänischen (vom Rhätoromanischen weifs ich leider nichts
and habe auch bei Gartner nichts auf unseren Gegenstand Bezüg-
liches zu finden vermocht) im wesentlichen die gleiche Bedeutung
and Funktion wie im Neufranzösischen angenommen hat, nur dafs
bekanntlich im Italienischen in adnominalem Verhältnisse noch
eine Anzahl wirklicher Partizipien, d. h. flektiert und doch mit
voller verbaler Kraft auftretender Formen auf ante und ente,'^ dem
Gerundium Konkurrenz bereiten und, wie es scheint, dieses noch
nicht bis zu determinativ -attributivem Gebrauche haben kommen
lassen, wofern, wie nach Vockeradt's Uebersetzung zu schliefsen,
das § 320 zitierte Beispiel: Gli uomini non potendo per se stessi
acquistare la propria e V altrui stima, si studiano d* innalzarsi, . . .
thatsàchlich nicht heifsen kann: ,J)iejenigen Menschen, welche . . .*',
sondern nur: „Wenn die Menschen nicht . . .**3 Von Interesse ist
^ Ich bemerke, dafs hier, wie im Folgenden, alle interpolierenden, peri-
phrastischen Verdeutlichungsversuche nicht etwa als Uebersetzungen des franz.
Ausdrucks gemeint sind, sondern nur als — ungern angewandte — Nach-
hülfen zur Erfassung der im Französischen vorliegenden Gredankenverbindung,
deren sich zu bedienen oder nicht, natürlich völlig in das Belieben des Lesers
gestellt ist
' übrigens auch im Rumänischen die schon erwähnten Gerundialformen
Ubäda murindä etc.
* Auch für das Portugiesische ist mir determinativ-attributives Auftreten
304 TH. RALEPKT,
ferner, dafs nach Voclteradt g 319, t im Italienischen „die Verbin-
dung des Gerundiums mit den Präpositionen in oder eon beihw.
senza jetzt veraltet ist". Gilt vielleicht bezüglich der Präposition in
dasselbe auch von den beiden Sprachen der Pyrenàenhal hinsei,
wenigstens auf ihrer modernsten Entwickeiungsslufe, sowie von der
rumänischen? Meine Lektüre in diesen Sprachen ist nicht ausge-
dehnt genug, um eine Bejahung dieser Frage zu rechtfertigen.
Doch ist mir aufgefallen, dafs in ungezwungener Erzählung und
Unterhaltung unter Hunderten von Fallen, in denen sich an Stellen.
wo das Neufranz. ein Gerundium mit en gesetzt hätte, im Spanischen
und Portugiesischen präpositiousloses Gerundium, oder en, em mit
artikellosem, oder á, a mit artikelhaftem Infinitiv fanden, mir kein
einziges Beispiel der Verbindung von en, em mit dem Gerundium
entgegengetreten ist, obgleich sowohl Wiggers als auch Reinhard-
stoetmer diese Konstruktion verzeichnen und aus der älteren Zeil,
letzterer durch ein Beispiel von Castilho aus dem Jahre 1844, be>
legen und Diez p. 260 im ganzen ein Zunehmen des en vor dem
G. im Laufe der Sprachentwickdung konstatiert, was ja freilich dn
Abnehmen in neuester Zeit nicht ausschlösse. Bezüglich des Ru-
mänischen bin ich, da ich nair aus den Grammatikern bd der
Eigentümlichkeit ihrer Anlage und dem Mangel eines ordenütcben
Wort- und Sachregisters Auskunfi darüber nicht habe verschaffen
können und ein sicheres Beispiel mir nicht aufgestofsen ist, aufser
Stande zu sagen, ob diese Sprache die Verbindung von in mit dran
Gerundium überhaupt kennt. Denn wenn es Convorb. lit. XXVni,
p. 554 heifst: f>i general verbind, 0 opera de arm care s' or reduce
la forma numaì, ar fi 0 imposibilitate de /api, so ist das în hier wohl
mit general zu verbinden, (entsprechend französischem ghüralement
pariant) und demnach ebenso wie judecdnd in dem Satze : D. L. Ovary
... o publical .. . o brojurä sXer Roumains de Hongrie el ¡' Etal hon-
groiss care, judecând dupli esirasul ce' I publica -Jinue d'Orient* ...
este un mie capo-de opera de incoereufiï ib. 639 zu beurteilen-
Was das sogen. Parlicipium Perfect» anlangt, über welches noch
einige Worte zu sagen sind, so ist schon zu Anfang dieser Er-
örterung auf die Unwissenschaftlichkeit der Untcrsdieidung eines
„flesibeln" („veränderlichen") und „inflesibeln" („unveränderlichen")
hingewiesen und gezeigt worden, dafs diese vermeintlichen Modi-
fikationen einer einzigen Verbform in Wahrheit zwei gänzlich ver-
schiedene Wortarten sind, von denen nach der herrschenden An-
schauungsweise nur die eine, das sogen, in flektierte (oder in-
Ilexible etc.) Paitizip des Perfetts, welches ein vollendetes Sein
des Gerundiums nicht völlig zweifellos, da Reiabardstoetmer zwar § 364 sigi:
„Die Stelle des prisectiscben Participa hat hier gleichfalls das Gerund, ülxfi-
DonuneD. Ks steht absolut zur Umschreibung von Relativ- (hier absolat?!) und
allen übrigen Sätzen . . .", aber kein Beispiel eines atOibuL Ger. anführt, wáh-
reud für das Spanische die Zweifel durch Wiggers' : ün caminante pidiendo.
Uh eiludianle comiendo. Una santera retando § 72, ï, a behoben werden.
ZUR FRANZÖSISCHEN SYNTAX. 3OS
oder Geschehen bezeichnet, und für welches — bis auf einen
glücklicheren Namensfund — die Bezeichnungen ^Gestívum'S „Ge-
rundium Perfekti" vorgeschlagen worden, als Flexionsform des Verbs
anzusehen wäre, während die andere, das „flektierte" („flexible" etc.)
Partizip, als Bezeichnung eines Seienden, an welchem ein Sein oder
Geschehen sich vollzogen hat oder vollzogen worden ist,^ keine
Verbform, sondern vielmehr ein von einem Verbum abgeleitetes
Nomen ist, also der herrschenden Praxis gemäfs nur in der Wort-
bildungslehre in Beziehung zum Verbum gesetzt werden dürfte. £s
ist das ja in Wirklichkeit gar nichts Neues, und ich kann mir nicht
denken, dafs irgend jemand, selbst wenn ihm eine solche Betrach-
tungsweise noch fremd wäre, nicht bereitwilligst zugeben sollte,
dafs Je suis arrivé nicht Ich bin angekommen, sondern Ich bin
(ein) Angekommener, La pièce que y ai vue nicht Das Stuck, das
ich gesehen habe, sondern Das Stück, das ich (als) gesehenes
habe, und dementsprechend Je Vài vue^ Quelle pièce cís^tu vue?
Ich habe es (als) gesehenes, Welches Stück hast du (als) gesehenes?
heifst. Das hindert aber, leider, nicht, dafs in den Grammatiken
die hier vorgeführten und ähnliche Verbindungen von itre und
(iDoir mit „flektiertem" Partizip immer noch flott als Perfektformen
u. s. w. bezeichnet werden, wahrscheinlich weil durch die Nennung
des Dinges bei seinem rechten Namen die Nebeneinanderstellung
von QuiUe pièce as^tu vxiB? mit Jai VM celie pièce zu einer Unmög-
lichkeit und damit denn gar die Existenz „zusammengesetzter** oder
„umschriebener" Verbformen der „vollendeten Handlung", die sich
doch neben den einfachen disr „unvollendeten Handlung*' archi-
tektonisch so schön ausnehmen, gefährdet würde, vielleicht auch
in einem ähnlichen Gefühl der Zaghaftigkeit, wie das, welches
Dickens in seinem Christmas Carol davon zurückhält, statt des
door^nail den co/fin-nail als Ihe deadest piece of ironmongery in the
trade in Vorschlag zu bringen: The wisdom oj our ancestors is in
the simile; and my unhallowed hands shall not disturb it, or the
Country's done Jor, Wie dem auch sei, das in Rede stehende Ver-
fahren der Grammatiker angesichts eines so klaren Sachverhalts
und zu einer Zeit, da man über Ausdrucke wie Ablativ, Loca-
tiv, ja z.T. sogar über „Genitiv" und „Dativ" längst zur Tages-
ordnung übergegangen ist, scheint mir eine andere Kennzeichnung
denn die als „Schlendrian", „abime de routine" nicht zuzulassen,
höchstens dafs sich für die sehr zahlreichen unter ihnen, welche
sich eine andere Aufgabe nicht gesetzt haben als die, Anleitung
zur Vermeidung „grober Fehler" beim Uebertragen deutscher Sätze
ins Französische zu geben — womit ja in der That bei der heu-
tigen Organisation des Unterrichts- und des fur dieses leider ent-
^ wobei gelegentlich das Seiende zu dem an ihm vollzogenen Thun aach
in dem Verhältnisse des aktiven Subjekts stehen kann, wie namentlich im Alt-
franzosischen bei den T. I, 123 ff. aufgeführten „Partidpien perfecti aktiven
Sinnes" z. B. aprU einer, an dem sich das Lernen vollzogen hat, aber so,
dab er selbst der Vollzieher gewesen ; einer, der gelernt hat.
ZfitUchr. L rom. PhiL XX. 20
306 TH. KALEPKY,
scheidenden Schulprùfungswesens dem „vornehmsten" BedQrinIsse
einer ungeheuren Zahl Franzosisch Lernender Genüge geboten
wird — auf mildernde Umstände plädieren liefse.
Obgleich in dea vorhin aufgestellten Deñnitionen der Bedeu-
tungen des „flesibeln" wie des „inflesibehi" Partizips des Perfekts
ein ausreichendes Kriterium für die Beurteilung sämtlicher Fälle des
Auftretens dieser Formen gegeben ist, so scheint mir fur «wei d«-
selben eine kurze Erörterung nicht nur durch ihre nicht lu iMg-
nendc Schwierigkeit, sondern auch durch die Festgew urzeltheit der
z. T. scheinbar auf Ermittelungen der historischen Grammatik be-
gründeten uniut reffenden Ansichten über ihre Natur geboten lu
sein. Und zwar sind es: j) die Behandlung des Partizips des Per-
fekts in den sogen, umschriebenen Zeiten der reHexiven Vwba,
2) die auf bestimmte Verba beschränkte absolute Verwendung des-
selben, wie in suppose tette thote u. ähnl.'
Das „Partizip reflexiver Verba" anlangend, hat Herr A, Tobicr
V, B, U, 57 und lange vorher im N, Schweiz. Museum die, wie alles
von diesem Gelehrten Geäufserte, in hohem Mafse beacfatenswerle
Meinung ausgesprochen, „der Ausgangspunkt für das heutige je me
suis {¡oigni liege in dem afrz. esloigniez sui, welchen passiven Aus-
druck die alte Zeit nachweislich mit reflexivem Sinne gebraucht bat
(s. z Vr. An. 166}, und nur unter der Einwirkung der vom Refleidv-
pronomen begleiteten Präsens-, Präteritum-, Futur-Formen habe
auch das mit dem Participium perfecti verbundene Hülfsverbum
tssi das nämliche Pronomen (also natürlich ebenfalls im Accu-
sativ . . .) zn sich genommen." Ohne dem Werte dieser Ansicht
irgendwie zu p ràj udì zieren , wird es gestattet sein zu bemerken,
erstens, dafs, wenn auch nachweislich die alte Zeit esloignia sui
in Fällen gebraucht hat, wo der Zusammenhang deutlich ergab,
dafs der Träger des Zustandes zugleich der Hervorbringer dieses
letzteren gewesen, eine streng wissenschafüiche Sprachbetrachtung
doch Anstand nehmen mufs, esloigniez als reflexives Partizip oder
esloignüs sui als reflejuves Perfektum, ja auch nur als „mit reäexi-
vem Sinne" gebrauchtes Perfektum zu bezeichnen ,1 vielmehr darin
nur eine Aussage des Inhalts wird sehen dürfen, dafs der Sprechende
ein männliches Seiendes ist, an welchem die Thätigkeit des Ent-
femens vollzogen worden, mit anderen Worten, dafs sprachlich
— und darauf kommt es hier allein an — esloigniez sui auf keine
Weise „ich habe mich entfernt", sondern nur „ich bin Entfernter"
ausdrückt, zweitens, dafs — die Möglichkeit mechanischer Ueber-
' Dafs auch in Satlec wie Ces dispositions faites l'arntJe campa ,Ab-
aolutes Fart." vodíege. aies zu sagen ist eine zu mibbilligcDdc Anweadung
dieses Ausdrucki, lu der wohl der lat. „AbUliïus absotutus" aufser Schmili
p. 256 UDd anderen leider auch Diez III. 166 verfuhrt hat, von der sich indes
L- § 349. Seegcr p. 139 und wohl noch andere frei erhallen haben.
* ebensowenig wie: „Ich bin gerüstet", „Wir sind auf alles ^abt",
„Bist da auf deine Rede vorbereite! !" u. dergl. mehr, rein sprachlich betraclilet
anclL mu die Idteste Schattierung reSeiiver Ausdmcksweise aufweiMn.
ZUR FRANZÖSISCHEN SYNTAX 3O7
ttagOQg des reflexiven Pronomens immer noch festgehalten — der
Auffassung von neufrz. jt me suis iloignl als einer spontanen, das,
nach Kundgebung verlangende G edank engebilde in allen Stücken
adäquat wiedergebenden Ausdrucks weis e irgend welche togischen
oder grammalischen Hindernisse nicht entgegenstehen, bei welcher
Auffassung aber der wirkliche Sinn des Satzes nicht der des latein.
me ahsiuìi, sondern vielmehr der eines *me sum abialum „ich bin mich
(einen) Entfernten" wäre, so dafs — verschieden von dem durch afrz,
esloignüs sui Ausgedrückten — der nfrz. Sprechende mit den Worten
je me sui ¿loigni sich selbst (nicht als von dem Akt des Entternens,
sondern) als von dem ihn (den Sprechenden) zum Träger habenden
Entfernten-Sein betroffen, unter der Einwirkung dieses Zustandes
stehend, bezeichnen würde; drittens, dafs selbst, wenn ein Bedürf-
nis nach Herstellung äufserer Gleichförmigkeit den Anstofs zur
Setzung des reflexiven Pronomens in den „umschriebenen" Formen
gegeben haben sollte,' dennoch nach dem Satze, dafs in der Sprache
inationelle Einflüsse, falls sie nicht auf irgend eine Weise zu ratio-
nellen Sprachgebilden führen, im Satfde verlaufen: dafs irrationelle
syntaktische Bildungen eliminiert werden, werm sie sich nicht, und
sei es auch nur durch Umdeutung, in rationelle verwandeln lassen,
ein je me suis eloign/ die auf Grund analytischer Betrachtung ihm
vorhin zugewiesene Bedeutung unter allen Umständen hätte an-
nehmen müssen.' Ebensowenig wie bezüglich der Verbindung
eines reflexiven itre mit dem Partizip des Perfekts eines transitiven
Verbs, vermag ich bei der entsprechenden Verbindung mit einem
intransitven, also für Sätze wie: ji me suis nui, je me suis ri de cet
homme oder mit Verben, die neben einem refiexiven Dativpronomen
ein Akkusativobjekt zu sich nehmen können, wie je me suis par-
donni cette faute, je me suis procuré ces livres u. ähnl. zuzugeben,
dafs die Sache mit der Wahrscheinlichmachung von Analogieein-
SSasen {hier sogar doppelter), die in der alten Zeit wirksam ge-
wesen wären, abgethan sei. Selbst wenn die ungemein fesselnden
Darlegungen T. U, 57 ff. sich als in jeder Richtung zutrefi'end er-
weisen lassen soliten — obschon ich gestehen mufs, dafs ich einen
swingenden Grund nicht erkennen kann, statt eines *je sui pensez
une those, das doch in Sätzen wie: Si oscur faisait que donnis N^erl
tncor garde dou seignour RCcy 4556. — Osmons qui garde en estait
pris Fist l'enfançon malade faindre Mousk. 14516 (T. Il, 59 als se-
kundäre Ausdrucks weise hingestellt) eine beachtenswerte Stütze
' wtlchei Annabine mir nur dieses Bedenken entgegen lusl eben scheint,
dafí die AuffaiiUDg eines esloigntet sui als Perfekts von je nieslmng, wenn
sie bis EU einem estoignin me sui führen soll, ein MaCa Bdiulgemafsec Sprach-
unterweisung mit Verwcudung des bekannten KonjugaüoDsschemas als in den
an dei Sprach enlwickelun g beteiligten Volkskreisen verbreitet, zur Voraui-
Mtzang bat, wie es für jene Zeit nicht recht denkbar ertcheint.
* Da^ itubesondeie das leS. Pronomen mil dem Part. Peif. gar nicbtl
ID schaffen bal, tcheinen mir Sine wie La chair s'était comme fiindut Zola,
Lourdes 3B6 nnd . . . le vieil Hospici , . . od ette s'était pendant huit ans
habituel à ¡a retraite ib. 581 a. ahnl. zu zeigen.
10*
yiß TB. KALEPKr,
ñndet — , ein selbst erst auf Analog! e Wirkung zurückgefubttes /f
me tut tsloigniez als Vorstufe für das neufrz. je me suis pensi une
chose aozusehen, da ja doch T. I, I23 ff. der Nachweis erbracht ist,
dafs dem AltfranzosischeD der Gebrauch des Partidpium Perfecti
mit activem Sinne, d.h. zur fiezeicbnung eines Seienden, an dem
sich ein Zeitseiendes in der Weise vollzogen hat, dafs jenes selbst
der Vollzieher gewesen, gar nicht ungeläufig gewesen ¡st — aber
selbst wenn Herr A. Tobler Recht hätte, so bliebe, da seine Aos-
führungen sich nur auf Vorgänge innerhalb des Altfraniösischen
beziehen, für jene neufranz. Wendungen und alle damit zusammen-
hängenden wie Cette /mite. Je me ¡a suis pardonné! und Ces livra
je me ¡es suis procurés u, ähnl. immer noch die Aufgabe übrig, ihren
wahren Sinn im Neufranzösischen festzustellen. Der Unterscìiied
zwischen den früher erwähnten Sätzen Je me suis nui u. s. w. tmd
diesen besteht nun keineswegs darin, dafs in dem einen Falle das
„Partizip" „unverändert", im anderen „in Uebereinstimmung mit
dem vorangehenden Akkusativobjekt" gesetzt wäre, sondern darin,
dafs in jenen vier Sätzen Gestiva (vgl. p. 2S8), also Verbalfonnen,
in diesen Adjektiva {freilich von Verben gebildete), also Nominal-
formen, vorliegen, /e me suis nui heifst: ,Jch bin mir vollendetes
Schaden" (d. h. Durch mich existiert für mich vollendetes Schaden)-
— /e me suis procuré les livres: „Ich bin mir vollendetes Die-Bädier-
Verschaffen" (d. h. Durch mich existiert für mich vollendetes, die
Bücher zum passiven Gegenstande habendes Verschaffen), und
schliefäiich : Ces ¡tores. Je me les suis procurés „Jene Bücher, ich bin
sie mir (als) verschaAte" (d. h. Durch mich , durch meine (sich
aktiv bethätigende) Existenz existieren sie für mich als solche, an
denen ein Verschaffen vollzogen worden), woraus sich ohne wei-
teres auch die Beurteilung von Sätzen wie Ces livres que Je me suit
procurés ... und Quels livres me suis-Je procurés? ergiebL
Wem nun die in den hier dargebotenen Bedeutungsauf-
stellungen liegende Zumutung, die Bezeichnung eines vollendeten
Seins oder Geschehens als Prädikatswort zu einem den Vollführet
bezeichnenden Subjekt {Je me suis pracuré ces livres: Ich bin mir
vollendetes Die-Bücher-Verschaffen) oder gar, zu dem vermeintlich
stets intransitiven Verbum tire ein passives Objekt mit Prädikats-
bestimmung anzuerkennen (Je me les suis procurés: Ich bin sie mir
als verschaffte), ais eine doch zu weit gehende erscheinen sollte,
der sei bezüglich der ersteren Schwierigkeit — aufser an Wen-
dungen wie: Du warst unsere Rettung, Cette pihe fut un vrai meces,
Sa pitié deborda, il (^ Pierre) fut le pardon Zola, Lourdes 476,
sowie die, gleichfalls freiere Arten der Prädizierung darstellenden:
Sie ist mein Leben (Aennchen von Tharau), Titus amor et deliciae
generis fiumani; C'est une grande tristesse que l' ingratitude tt la ra-
pacité des hommes Zola, Lourdes 443; sowie an die deutschen Ver-
bindungen ,Jch bin gegangen, gelaufen, gereist" u. s. w. — an
die T. I, SS S. erörterte altfranzösische „Auslassung" in Sätzen wie
Jufçues a tant gui revenus serís . . . Et parlât a mon frère B. Seb.
ZUR FRANZÖSISCHBN SYNTAX. 309
XIV, 891;! Et quant se furent tant tenu Cil du caste! et enduré Ch.
n esp. 9853; Et tant vos estes traveUiés et pené^ Les nuis velliê et les
jors jeune Meyer Ree. S. 239 Ànm. u. s. w., welche beweist, dafs ein
parleit seres; furent enduré; estes veillié, jiuné u. s. w. , wenn auch
aus freien Stucken nicht gewählt, für das sprachliche Denken der
Altfranzosen keine Ungeheuerlichkeit bedeutet; besonders aber an
das Rumänische erinnert, das ohne die geringste Scheu vollendetes
Sein oder Thun dem dabei thätig gewesenen Subjekte als Teil
seines Wesens beilegt ,2 und zwar für bestimmte Verbindungen
ebenso feststehend, wie es fur bestimmte andere die Kennzeich-
nung als Besitztum wählt Es sagt bekanntlich fur „Sie hat ge-
sungen'': ea a cantal^ aber für „Sie wird gesungen haben'': eavafi
cantal (wörtlich = eile veut être chanté^ sie will sein vollendetes
Singen) und ebenso sä fie cantal {qu^elle soit chanté), sä fie f osi cantal
{=. sie sei gewesen vollendetes Singen), ar fi cantal (= sie würde
haben ^ habueraU vgl. Tiktin, Gr. rom. 1, 186) Vollendetes -Singen -
Sein, d.h. sie würde gesungen haben) und dementsprechend z.B.
bei sogen, reflexivem Verb ea (sc. cartea lui Proudhorí) ... s'a impus
aten(iunü tuluror Conv. lit. XXVIII, 545, wie es andrerseits heifsen
wurde : ^a se va fì impus (wörtlich elle se veut être imposé, nicht -/^),
oder um ein Beispiel mit dem Dativ des Reflexivs zu wählen:
. . . t^ vor fi zis de sigur cetilorii acestei noulafi (wörtlich : se veulent
tire dit les lecteurs) ib. 545 ^ — bezüglich der zweiten anscheinend
noch gröfseren Schwierigkeit an die bekannten Sätze: Êtes'vous les
s<mirs de cet enfant? Oui, nous les sommes, oder H s^en fut „Er war
(ward) sich davon", in welchem letzteren dem Sein (Werden) eine
unzweifelhaft transitive Einwirkung auf seinen Träger zugeschrie-
ben wird.
Was die Frage der Entstehung der in Rede stehenden neu-
firanzösischen Âusdrucksweisen anbelangt, so stehe ich auch hier
nicht an, die Wandlung, die sich in der Behandlung des Partizips
bei reflexivischen Ausdrücken seitens der Sprache vollzogen hat,
auf das oben schon einmal als Ursache sprachlichen Wandels be-
zeichnete Entlastungsbestreben des Französischen zurückzufahren.
Es widerstrebte dem Geiste dieser Sprache je länger desto mehr,
durch ein einziges Wort ein nach Geschlecht und Zahl bestimmtes
> Dab ich den auf diesen folgenden Satz : De mains amis ai pues estei
servis Et tschapeis de periüouse voie Bern. L. Hs. 471» l als hierhergehSng
nicht anerkennen kann, wird nach allem bisher Dargelegten wohl niemand
befremden.
> was Diez sowohl Gr.' in, 285 : „Das Transitivum d. h. jedes transitiv
gebrauchte Verbum wählt auf dem ganzen Gebiete habere^* ais auch p. 293 :
„Im Transitivum, welches nur habere oder tenere, niemals esse zu Hiilfe
ruft, . . ." übersehen hat.
* Beispiele, die för unseren Fall insofern von Interesse sind, als sie
zeigen, dais akkusat oder dativ. reflex. Pron. bei être mit folgendem Grestivnm
(unfl. Part Perf.) auch ohne jede mechanische Analogieeinwirkung, wie Herr
A. T. sie für die entsprechende franz. Âusdruckswebe annehmen mochte, zu
Stande kommen kann.
31P
TH. KALKPKT.
Seiendes ah Träger eines in un geschwächter verbaler Knvft und
Eigenart (¡n der durch Adverbialien gekennzeicbneten besonderen
Alt seines Vollzuges sowohl als in der durch Objekte und prá-
positionale Verbindungen au sgedrü citen besonderen Art der Wirk-
samkeit) aufgefafsten vollendeten Seins oder Geschehens lu be-
zeichnen, wie es im Altfranz, in Sätzen wie A í'atns fu'r¡ pol, eil
mer passée Lai de Doon 7g (T. I, 128 zitiert); // est foi menta
(ib. 130); Ja tCi serai pensés AUsc. 208 (ib. iz8 zitiert nnd bean-
standet);' vielleicht auch »tim/ ti«« or««/ trn/'r (non ausus accedere)
Dial. Gr. 79, 3 (ib. 128) und // roü iceli neiwt porveu (incautum) gäu
en chacent fuer de son reame Leg. Gir. Rouss. io (ib. 131), falls näm-
lich nieni {ntant) hier nicht adverbiale Gradbestinunung , sondern
wirklicher Objektsakkusativ ist, oder in den schon früher p. 307
ans T. n, 59 aufgeführten: 31" oscur faisail que donnes n'eri encûr
garde dou seignour und Osmons qui garde en estait pris etc., sowie
besonders in den zahlreichen ib. 58 vorgeführten Verbindungen
eines solchen Participium Perfecli mit einer von dativischem Re-
flexivpronomen begleiteten Form von estre: si me sui penséis wu
chote u. s. w„ zwar noch geschehen ist, aber doch wohl nicht mehr
unter allen Umständen als ganz angemessen empfunden wurde, wie
die Konstruktionen in den zu aktiv gebrauchtem apris T. I, izj ge-
gebenen Belegen z. B. onques n'tafu apris (also en statt eines Akkus.)
oder in eslre entendus a aucune rien oder d'auc. r. (ib. 126) oder
in Gie voldroie mieh eslre ocis Ou/orgurez de mon pats Troie 182S8
(ib. 128) zeigen. Genau so wie beim Participium Praesentis ist
dann auch hier an Stelle der prädikativisch gesetzten Bezeichnung
des Trägers des (vollendeten) Zeitseienden die Bezeichnung des
letzteren selbst getreten , sowohl in den schon p. 308 aus T, 1, 8g
vorgeführten Belegen tur Auslassung des Hülfsverbs bei zweitem
Partizip wie jusques a tant que revenus seres ...Et parieil a mon
/rere u. s. w., wie auch in Sätzen von der Art der T. U, 60 zitierten:
Lusiane sa fille s'en est pris garde Aiol 1990; Quant {Sarre) si laide
proche Si. En sa chambre s'en est foi Tob. 508, wozu ich auch aus
T. 1, 8g lu t'en es tant dementi El prié a si grant instance V. Greg.
I, 1673 und aus T. Il, 60 Que ge me soie porchacii Fors d'un tetU ani
¡a moitié Barb. u. M. II, 45, 19 setzen möchte, in welchem lettleren
Salze freilich (bezüglich des ersteren fehlt ein solcher Anhalt), nach
den beigefügten Hinweisen auf ü est ... sage, ge sui ni, et eitoil ton
ion ami zu schliefsen, Herr Tobler einen Fall von eslre mit Akkusativ
der Prädikatsbestimmung zu sehen scheint. Der weitere und letzte
Schritt: ein vor einem mit dativisc hem Reflexivpronomen verbimde-
nem ftre stehendes Akkusativobjekt mit dazugehörigem, aber nach
itre stehendem prädikativischem „flektiertem Partiz. Perf.": Us ¡ivres.
' Die neue Ausgabe von Roltn, auf die mich der Herr Hetaiugebei
freiuidlichst aunnerkGäm macht, ist mii leider uiuaginglich gewesen. Ick habe
de in dem Alphabet. Kat. der Käuigl. Bibl. zu Berlin weder nnl
noch unter „Rolio" aoTgefühit gefundeo.
ZUR FRANZÖSISCHEN SYNTAX. JII
}t mt Ui sua promris wäre nach den T. II, 6i zu Dt lui qui joie s'rtt
loiue gemachten Ausführungen dem Neu französischen vorbehalten
geblieben. Jedoch vorbereitet zeigt er sich schon im Allfranzö-
sischen duTch Sätze wie (T, 1, 89) dix am voiu estts tenus El its
graue assaus maintenus Méon II, 455, 274. — A li te sutil tourné
il lor dami oubliée Gaufr. 310, so dafs, wie mir scheint, schliefs-
lieh auch ein Lui qui ¡oit s'est lolue, wenngleich im Altfraoï. noch
ungeM-ähnUch und m'cht belegbar, auch für diese Sprachperiode
keine geradezu unerhörte Ausdrucks we i se darstellen würde.
Der zweite und letzte Punkt aus der Lehre vom Participium
Peifecli, der, wie oben angekündigt, hier noch eine kurze Erörte-
rung erfahren sollte, war die eigentümliche Zwiefachheit der Ge-
danken- und Ausdrucksfonnung, wie sie in supposé ielle chose und
ulte chose supposée und den weiteren Fällen gleicher Art gegeben
ist. Hier hat L. die sonst leider übliche, oberflächliche, nichts-
sagende Fassung, wie sie sich selbst bei Mätzner 460 findet: ,|Die
Parttcipien ailendu, compris . . . sind unveränderlich, wenn sie ihrem
Snbslantivbegriffe(?!) vorangehen, veränderlich, wenn sie ihm folgen"
dtirch eine erheblich tiefer eindringende, einen Blick in das Wesen
der Erscheinung eröffnende zu ersetzen nicht versäumt, „Die Parti-
cipien excepU ausgenommen, compris (y compris) einschliefsHch, non
compris ausschliefslich, supposé vorausgesetat, entendu, ouï nach An-
horTjng", so sagt er g 350, „stehen nicht nur prädicativ in Be-
ziehung auf ein (nach Art eines Subjects) vorangehendes absolutes
Substantiv, sondern auch selbst absolut (ah Neutra) mit einem
(nach Art eines abhängigen Subjects) nachfolgenden Substantiv",
wozu dann eine Fufsnote die Erläuterung bringt: „Une chose sup-
posée entspricht dem Satze: Une chose est supposée. — Supposé une
chose entspricht einem Satze: {H) es! supposé une chose." (Es folgt
ein Hinweis auf das § 194.3 Anm. 1 Gesagte.) So sehr ich mit
der hier gegebenen Beurteilung des Falles une chose supposée ein-
verstanden bin — der hier vorgelegten Auffassung von supposé une
chose kann ich nicht zustimmen. Zunächst sei zu fragen gestattet,
warum Herr L. in der erläuternden Fufsnote die in den Beispielen
auftretende Form supposé cette chose (cette chose supposée) durch eine
solche mit dem unbestimmten Artikel ersetzt hat? Doch augen-
scheinlich, weil man zwar sehr wohl sagt // est supposé une those,
aber nicht *// est supposé celle chose. Und damit ist der eine der
Gründe, die mir gegen seine Ansicht zu sprechen scheinen, aus-
gedrückt: Die Zurückführung auf Sätze mit „abhängigem Subject"
würde nur bei einem kleinen Teile der Fälle solcher „unverändert"
vorangestellten Partizipien möglich sein. Zweitens erregt in mir
Bedenken der Umstand, dafs sich unter allen in Betracht kommen-
den Partizipien keines von einem ausgesprochen und zweifellos in-
transitiven Verb findet, ' also niemals, einem // est arrivé des étrangers
> Passi cette épcqve, il ne sera plus Inttfis fMse ich nicht = „nach-
1 dicKT Zcitratim veritticbea ist" (also etwa wis poitag. decorrijos eito
3"
TH. KALBPKV,
entsprechend, auch Arrivi des étrangers — was doch bei L.'s ksd-
fassung nicht recht zu begreifen wäre. Drittens möchte ich die
Frage aufwerfen: „1st denn die Natur des sogen, abhängigen Sub-
jects, auf das Herr L. zur Erklärung unserer Erscheinung rekurriert,
so völlig ergründet und festgestellt, dafs ein Zweife! darüber oidit
mehr möglich ist?" Ich glaube diese Frage verneinen zu müssen, da
ich nicht zugeben kann, dais die in § 176 zusammengestellteu Fälle
vermeintlichen abhängigen Subjects durchweg gleichartiger Natur
seien. Doch sei dem wie ihm wolle. Mir scheint, daTs sich die Frage
nach der wahren Natur von supposé urte chûse auch unabhängig von
derjenigen nach dem wahren Sachverhalt in // est supposé une choie
beantworten läTst, nämlich dahin, dafs supposé, wie L. richtig sagt,
absolut gesetzt ist (doch nicht als „Neutrum", sondern als Gestivmn,
Bezeichnung eines vollendeten Zeitseienden), und das nachfolgende
Substantiv cette chose (nicht sein „abhängiges Subject", sondern) ein
ganz gewöhnliches Object (Akkusativobjekt) dazu bildet: „Vollen-
detes Diese -Sache -Voraussetzen", wobei genau ebenso wie in den
oben erörterten Fällen des Gerundiums ohne tn {généralement par-
lant etc.) die Setzung einer das Verhältnis dieses vollendeten Thuns
zu dem Rest des Ausgesagten kennzeichnende Präposition (es würde
hier wohl meist à sein) als unnötig unterblieben ist. Diese Aus-
drucksweise ist demnach an die Seite zu stellen derjenigen latd-
nischen, die uns in den bei Zumpt, LaL Gramm.'" §646 aufge-
führten Sätzen: ... quum, nondum palam facto, vivi morttâque prb-
miscue complorar entur Liv. 2^,55 oder in cujus amnis Iransgretsu
multum certato, pervicit Bardarles Tacit, Ann, ti, io oder Nam jio«
aeíate ta sum, ut non sût, peccato, mi ignosci aeguum Ter. Hecyr.
5, [, IO, entgegentritt, wobei Zumpt zugleich auf die zu „Adverbien"
gewordenen Partizipien : auspicato, composito, consulto, directo etc va-
weist, mit denen sich dann die zu „Präpositionen" (?) gewordenen
hormis und res vergleichen liefsen. Freilich darf nicht übersehen
werden, dafs in all diesen lateinischen Fällen absoluten Auftretens
von Gestiveo ihr Casusverhältnis zum übrigen Teile des Satzes
durch die Endung deutlichst bezeichnet isL Gröfser ist demnach
die Ue he reins timmung der französischen Ausdrucksweise mit der
deutschen in Wendungen wie „gesetzt den Fall", „abgesehen von
diesem Versehen" und ähnlichen.' Es sei übrigens aus AnlaTs des
uns hier beschäftigenden Falles auch der bekannten Wendungen
dias via-ie ja Danitl passar etc. J. Diniz, -
dem „nachdem man d. Z. verbracht hat",
raums" {vgL dip f^lEich folgende Erklanuig von supposi une chose).
1 Wenn C. F. Meyer, Der Schufs von der Kaniel, Kov. I, 207 sap:
„Seine verhängnisvolle Leidenschaft abgerechnet, ein verstündieei
Mann, erkannte er sofort, dafs ...", so kann man im Zweifel sein, ob hier
eine — franziisiKchem eette chose supposée entsprechende — Setzung von »b-
solulem Subst. mit ptädikativer Bestimmung, oder — analog supposé cetU
chose — absolut gesetites Gestivum mit (vorangestelllrm) Akkuaatìvobjekl
vorliege.
ZUR FRANZÖSISCHEN SYNTAX. 3 1 3
JRiçu^ de M. NN, la somme de ^000 francs en espèces. — Certifié la
présenle copie conforme à l* original (von Seeger I, 139 aufgeführt^
nnberechtígterweise mit lous droits réservés^ droit de traduction réservé
m einer Linie). — Payé cent francs (Sachs -Villate s. v, payer I, i). —
adjoint quittance. — Approuvé Vécriture ci-dessus (L. § 349, b, Ânm.)
und ähnlicher gedacht, bei denen ebenfalls Gestiva mit Akkusativ-
objekten vorliegen, aber nicht als absolut, präpositionslos gesetzte
Satzbestimmungen, also als Teile von Sätzen, sondern selbst als
Satzganze, (etwa wie Bien parley duc Seeger 1. e.) — „elliptisch", wie
gewifs manche Leser zu sagen geneigt sein werden, aber doch wohl
nicht viele, dank der energischen Aufklärungs- und Auiräumungs-
thätigkeit von T. I und II und Gr. I p. 213 — 216.
VI.
Uebersicht Über die Verbformen des NeufranzOsischen.
Nur um die leider lang geratenen Ausführungen des vorher-
gehenden Abschnitts, durch die ich die Geduld der Leser in un-
gewöhnlichem Mafse in Anspruch genommen zu haben zwar mit
Bedauern aber auch mit der durch mehrfache Versuche gewonnenen
Ueberzeugung, dafs Kürzung Unverständlichkeit zur Folge haben
würde, mir bewufst bin, nun auch nach jeder Richtung hin auszu-
nutzen, insbesondere wegen der Bequemlichkeit des Hinweisens auf
unmittelbar Vorhergegangenes, füge ich hier gleich eine Vorfahrung
des Formensystems des neufranzösischen Verbs an, wie sich das-
selbe unter Verwertung des über die infiniten Verbformen Ausein-
andergesetzten nunmehr darstellt.
£s sind ausgeschieden worden sogenannte nominale, Ueber-
gangs-, Mittel-Formen, Participialien und was dergleichen mehr ist,
als entweder reine Nominal- oder reine Verbalformen. £s würde
also — um auch hier wieder von L. auszugehen — die von ihm
aufgestellte Scheidung in Personalformen und Nominalformen (der
erläuternde Zusatz „ehemals Casusformenf' kennzeichnet dieselbe
als eine historisch-transcendente) zu ersetzen sein durch die schon
in der alten Grammatik anzutreffende in finite und infinite Verb-
formen, vielleicht noch zutreffender in bestimmungsreiche und
bestimmungsarme. Innerhalb der ersteren, denen gleichmäfsig
gemeinsam ist Bestimmtheit des durch sie ausgedruckten Seins oder
Geschehens (Zeitseienden) i) nach der Person d.h. nach dem Ver-
hältnisse des Trägers oder der Träger zum Sprechenden (lokale
Bestimmtheit), 2) nach der Zahl (einfaches oder mehrfaches Auf-
treten des Zeitseienden, numerale Bestimmtheit), 3) nach der Zeit-
lage (sei es vom Standpunkte des Sprechenden aus, oder (för das
* aus welchem reçu als bescheinigender Bezeichnung der vollführten
Tbätigkett das reçu als Bezeichnung für das diese Bescheinigung tragende
Schríñslück ebenso entstanden ist, wie un vu^ar river „Abnahmeschein'' (Sachs-
Villatte, Supplement) aus (]en mir zwar nicht belegbaren, aber doch ^
zweifellosen Bescheinigungen, die mit Vu arriver ihren Aniaag
314 'I^- KALEFKT,
Condiliotmel) von einem anderen Punkte ans (einem solchen d«
Vergangenheit nämlich) gerechnet; temporale Bestimmtheit), 4) nach
dem Verhähnisae zur Wirklichkeit (vgl. Ztschr. XVIII, 165; modale
Bestimmtheit} hehen sich von den übrigen ab als besonders be-
slimmungsreiche erstens die unter dem Namen I^ssi défini ta-
sammenge fafs ten sechs Verbformen, sofern dieselben Zeitseiende
nicht nur als der Wirklichkeit sowohl wie auch der Vergangenhwt
angehorige, femer als nach Person und Zahl so und so bestimmte,
sondern zugleich noch als in fortschreitendet Entwickelung, im Ver-
laufe, Vollzuge vorgestellte bezeichnen; sodann die drei als Imperali/-
Formen bezeichneten, insofern als in ihnen das Zeitseiende, aufser
als nach Person, Zahl, Zeit bestimmt, bezüglich seines Verhältnisses
zur Wirklichkeit nicht schlechthin als gedachtes, als nicht als Teil
der Wirklichkeit gesetztes, sondern vielmehr als ein solches gedachtes,
dessen Verwiiklichung seitens dos Sprechenden von der angeredeten
Einheit oder Mehrheit oder auch von einer Mehrheit, zu der d«
Sprechende sich selbst als angehorig bezeichnet, und zwar mit der
Ueberzeugung des Berechtigtseins zu solchem Verlangen, — gefordert
wird, kurz: das als ein „befohlenes" gekennzeichnet wird.^ Als
etwas bestimmungsärmere hingegen die Formen des Prisent du
Subjonctif und des Imparfait du Subjonclif, sofern den durch rie
ausgedrückten Zeitseienden die Kennzeichnung, ob sie als mit Be-
zug auf die Gegenwart, bezhw. einen bestimmten Zeitpunkt der
Vergangenheit gleichzeitige oder zukünftige zu denken seien, abgeht'
Unter den bestimmungsarmen sind zwei Stufen zu unterscheiden,
von denen die ärmere, durch den Infinitiv repräsentierte, weiter
nichts als den nackten Begriff des Zeitseienden, also etwas Ab-
straktem, ausdrückt, die bestimmun gsreicbere hingegen, der noch
das Moment der Konkretheit eignet, in der Weise diffetenziiert ist,
dafs die eine Form, das Gfrondif (du Prisent), ein Zeilseiendes
als ein sich vollziehendes, Aa& *Gestif [Girondif du País¿\ als schon
vollzogenes bezeichnet, wie in dem vorangehenden Artikel V des
Eingehenderen dargelegt worden.
Ich hätte gern noch ein kurzes Wort zu zwei der Aufklärung
und Berichtigung mir sehr bedürftig erscheinenden Punkten der
Lehre vom Verb gesagt, einmal zu der schon viel zu lange ge-
glaubten Legende von der vermeintlich prädikatorischen Mission
der ñniten Verbformen, der ihnen angeblich eignenden Aufgabe,
denjenigen Teil der Sätze, den man als Prädikat, Aussage -ea be-
zeichnen gewohnt ist, zu bilden, einer Legende, welche, wenn frö-
lich in gemilderter Form, sich doch auch noch in L.'s Behauptung
§279 vorfindet: „Eine Personalform bezieht sich (mittels des Pereon-
' Man konnte daher den Impératif als eine Spezifikation des Sulrfimetif
beiñchnen, wie das PasU défini als eine lalche des Imparfait {vgl. Ztschr.
xvm, S03).
* Mit anderen Worlen: insúfeni sie sowohl die £iii/Vn£A/-Fonneo inm
Prisent bezhw. Imparfait {Défini) als auch lom Futur tieshw. Conditiotaitl
dantellen.
ZUR FRANZÖSISCHEN SYNTAX. 3 1 5
und Nnmeruszeichens) auf ein Substantiv oder ein substantivisches
Pronomen und prädiciert so eine Thätigkeit von einem Wesen,
welches dieselbe ausübt oder erleidet (Subject)'S welche Behaup-
tung übrigens den Herrn Verfasser nicht nur insofern in eine mifs-
liche Lage bringt, als er nunmehr alle sogen, unpersönlichen Verb-
formen ohne ein begleitendes il als „archaisch*' gebrauchte zu
bezeichnen sich genötigt sieht — (wie würde dann übrigens die
Definition der Personalformen fur das Altfranzösische gelautet
haben?) — , sondern ihm auch bei etwaiger Interpellation bezüglich
der Impératif -Yormen^ über deren „Beziehung**, obgleich dieselben,
ohne je ein Substantiv oder substantivisches Pronomen als Be-
ziehungswort („Subject**) zu haben unter C. Modi III (p. 271) zu den
Personalformen gestellt sind, ich nirgend eine aufklärende Notiz,
auch nicht einmal die Bezeichnung als „archaische** gefunden zu
haben mich erinnere, wie mir scheint, ernstliche Ungelegenheiten be-
reiten könnte, — einer Legende, die neuerdings leider auch Delbrück
in dem mit Brugmann zusammen herausgegebenen Grundrifs der
vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen wieder
aufgefrischt hat mit der Aufstellung: „b) Aussage -Wörter. Das
eigentliche Aussagewort ist das Verbum.** ^ (Syntax p. 79). — Sodann
zu der nicht besser begründeten und nicht weniger lebenszähen
Lehre von der sogen. Kongruenz der finiten Verbformen mit dem
Subjekte, die nicht ohne ganze Seiten von Ausnahmen (z. B.
L. p. 213 — 216) — die unwillkürlich den Gedanken an die £pi-
zjklen des Ptolemäischen Sonnensystems nabelten — hat bleiben
können, und neben manchen vrundersamen Blüten als die wimder-
samste die (auch bei L. § 549 Anm. anzutreffende) Regel gezeitigt
bat, dafs (wenn ein Verb sich auf mehrere, verschiedenen Per-
sonen angehörende Subjekte bezieht) die i. Person vor der 2. und 3.,
die 2. Person vor der 3. den Vorrang (! !) habe und was dergl. mehr
ist. Indes ich sehe im Geiste den Herrn Herausgeber unter der
lebhaften Zustimmung der Leserschaft Einhalt gebieten. So lasse
ich es denn bei dem blofsen Proteste gegen die beiden erwähnten
Irrlehren bewenden, indem ich mir die Begründung desselben fur
eine andere Stelle aufspare, vielleicht fur eine „Grundlegung zu
einem wissenschaftlichen System der Grammatik**, in welche die-
selbe ohne Zweifel auch eher hineingehört ^Is in eine „Zeitschrift
für romanische Philologie**.
' Ueberhaapt ist dieser Gelehrte bei der Einteilimg der Wörter nach
ihrer Verwendung im Satze, die er fur die allein richtige ansieht, von einer
doch wohl zu weit gehenden Genügsamkeit der Ansprache an die Exklusi-
vität der Einteilnngsgiieder gewesen.
Theodor Kalepky.
Zu Wilhelm von Malmesbuiy.
Baists Aufsatz û^er die Authentizität der Arthuriana in Wilhelm
von Malmesbury's Schrift De antiquitaU Glasionünsis ecclesiae^ handelt
u. a. von der Erzählung von Glasiemg und seinen Schweinen, nach
dem, wie einige meinten, Glastonbury benannt sein und der audi
der insula Avallontae, der „Apfelinsel'', den Namen gegeben haben
sollte (Baist 333. 336). Sie hangt zwar nicht direkt mit Arthur
zusammen, ist aber insofern wohl nicht ohne Interesse, als sidi
ihre Herkunft genau nachweisen lafst und dadurch auch die Quellen,
die Wilhelm benutzt hat, deutlicher hervortreten. Die Sage stammt
der Hauptsache nach aus Irland und ist ursprünglich mit dem Iren-
apostel Patridus, dessen Grab man ja zu Glastonbury in der „alten
Kirche" zeigte, aufs engste verknüpft
Die ältesten Berichte über Patricius sind die, welche der irische
Bischof Tirechán, der Zögling des Bischofs Ultan (t 656), ex ort
vel libro seines Lehrers niedergeschrieben hat Sie sind erhalten
in der um 807 geschriebenen Handschrift von Armagh.^ Auf einer
seiner Wanderungen durch Irland begegnet dort Patricius folgendes
(P- 324):
Et uenit Patricias in Dichuil ad sepulcrum magnum magnitudinis mirae
ingentemque longuitudine, quod inuenit familia illius, et magno stupore mira-
bantur pedes traxissc CXX, et dixerünt: „Non credimus hoc negotium quod
erat homo longuitudinis huius". Et respondit Patridus et dixit: „Si uoloe*
ritis uidebitis eum". Et dixerünt: „Uolumus". Et percussit báculo suo lapî-
dem iuxta caput eins et signauit sepulcrum signáculo crucis et dixit: „Aperi
Domine sepulcrum'^ Et aperuit uir sanctus [terram, et] surrexit magnus sanos
et dixit: »,Bene sit tibi, o uir sánete, quod suscitasti me etiam ana hora a
dolorìbus multis'^ [Haec dicens] fleuit amarissime et dixit: „Ambulabo uobis-
cum". Dixerünt: „Non possimus ut nobiscum tu ambulaueris, quia non
possunt homines uidere faciem tuam prae timore tuo; sed crede Deo caeli et
babtismum Domini accipe, et non reuertcris in locum in quo fìebas. Et indici
nobis cuius es". [Et dixit homo]: „Ego sum nuicc maicc Caìs mate Glais
qui fui subulcus rlg Lugir rig Hirotœ, lugulauit mt fian maicc maicc Con
in regno Coirpri Niothfer anno .C. usque hodie". Et babtitzatus est et con-
fessionem Dei fecit, et re(s)ticuit et positus est iterum in sepulcro suo.
' Zs. 19, 326 fr.
* ed. Stokes, The tripartite life of Patrick {lucrum Britannicarum medü
àevi scriptores 1887) p. 302 flf.
Zu WILHELM VON MALMBSBURY. 317
Die Worte des subukus sind hier etwas verderbt, indem die
Wörter fnacc ^ohn*' und Hg „des Königs" zu oft wiederholt sind.
In der späteren Vita tripartita^ die aus dieser Quelle geschöpft
hat, heilst der Satz (Stokes, a. a. O. 122): „Ego sum Cass mace Glaiss
(„Cass, Sohn des Glass") qui fui suòuUus Lugair rig /ruote**. Ebenso
ist nachher: /ian maicc Cm „die Krieger schar des Mac Con" zu
lesen. Die Heimat des Riesen, lat Hirota^ ir. Hiruath Hiruad Iruat,
pflegt man — wohl mit Unrecht — mit dem Lande der HörÖar
(ags. HœreÔas) am Hardangerfjord in Norwegen zu identifizieren.^
Die Uebertragung dieser Legende von Irland nach Glastonbury
findet sich schon in Cormac's Glossar. Dieses wird von der Tra-
dition dem Bischof von Cashel und König von Munster Cormac
mac Cuilennain (f 907) zugeschrieben. Sicher ist, dafs es in dem
sog. „Psalter von Cashel" stand, einer Handschrift, die gröfstenteils
unter Cormac geschrieben war, aber noch unter Brian Boroma
(t 10 14) einige Nachträge erhielt. Den uns interessierenden Ab-
schnitt enthält auch das Bruchstück des Glossars in Laud 6 io
(Oxford, Bodleiana), das direkt aus dem „Psalter" kopiert ist^ Er
gehört also sicher zum alten Bestände. Der Anfang lautet:
àhigeme (v. 1. Mogheime) ist der Name des ersten Schoofshundes, den
es in Irland gegeben hat. Coirpri Muse brachte ihn als ersten nach Irland
aus dem Gebiet der Britten. Denn zu der Zeit, da die Macht der Galen
(«■ Iren) über die Britten grofs war, verteilten sie Albion unter sich als Land-
besitz . . . Und die Galen pflegten nicht weniger ostlich vom Meer zu wohnen
als in Irland, und Wohnsitze und Königsburgen wurden ihnen dort erbaut.
Daher (kommt der brittische Ort) Dinn Tradui d. i. (irisch) Dun Tredui d. h.
der dreifache Wall {fredue) Crimthann des Grofsen, des Sohnes Fidach's,
König von Irland und Albion bis zum Icht-Meere (= La Manche).' Und
daher (kommt) Glassdimhir (v. 1. Glasimperé)\ d. i. eine Kirche
am Ufer des Icht-Meeres.*^ Das ist der Wohnsitz, in welchem
Glass, der Sohn des Cass, der Schweinehirt des Königs von
Hiruath, weilte mit seinen Schweinen bei der Baumfrucht-Mast.
Und der ist es, den Patricius später auferweckt hat, I20 Jahre
nachdem er von den Kriegern {/tanna) des Mac Con erschlagen
worden. Und von jener Verteilung kommt weiter Dinn map Letani (v. 1.
Lgthain) im Gebiete der Com -Britten, d.i. (irisch) Dun mac Liathan, So
nahmen alle Greschlechter daran teil; denn sie besaCsen gleichviel diesseits und
jenseits. Und sie blieben in dieser Macht lange Zeit selbst nach der Ankunft
des Patricius (in Irland) n. s. w.
> Todd, Th^ war of the Gatdhü with the Gaill p. XXXIV Anm.;
Zimmer, Zs. f. d. Altertum 32, 205.
* ed. Stokes, On the Bodleian fragment of Cormac* s Glossary (The
Philological Society's Transactions 1891 — 92). Die andern, vollständigen Hand-
schriften in Three Irish Glossaries, ed. W. S[tokes] (London 1863) und Cor-
moas Glossary, translated etc by J, Ö* Donovan, ed. Stokes (Calcutta 1868).
' Crimthann regierte nach der irischen Annalistik 366—378 n. Chr.
* In einigen Hss.: G. na n-Gdidel „Glastonbury der GÜen*'.
* Irisch: for brú mará h'Icht, nach Zimmers Vermutung falsche Kor-
rektur för älteres for Brú „am Brae-Fluís*< (Nenmus Vindicatus p. 90).
3l8 R. THÜRNEYSEN UND G, BAI5T,
Es sind also hier Zeugnisse gesammelt für die einstmalige Herr-
schaft der Iren im Gebiete der südlichen Britten.' Das eine, Lía-
than's Söhne betreffend, ¡st eine alte irische Tradition, die schon
Nennius i. J. 826 der Historia Brittonum § 14 nach irischer Quelle
einverleibt hat. Die beiden andern haben irische Etymologen hin-
zugeliefert, indem sie den Ortsnamen Din Tradui durch das irische
Wort tredtie und Glastonbury {Glaidimbire) durch den Namen des
Schweinehirten in der Patri auslegende glaubten erklären (u können,
der sich in ihrer Erinnerung aus einem Cúii mac Glatis in einen
Glass mac Caiss verwandelt hatte. Stútíte sich diese Etymologie
schon auf die Legende, dafs Patricius nach Glastonbury gekommen?
Oder ist umgekehrt die Legende erst aus der Etymologie hervor-
gewachsen? Ich denke das letztere, und zwar ist auch hier der
Weg deutlich.
Der Ite Muirchu maccu-Machtheni (Ende 7. Jh.) hatte von
Palladius, welchen Papst Caelestinns 431 als ersten Bischof nach
Irland gesandt hatte, gemeldet, er sei unverrichteter Dinge von dort
heimwärts gereist, Raurientt utro to him ti primo mari Iranñle
coeploque ttrrarum itinere in Brittonum ßnibus tata functus esí.^ Da-
gegen Tirechán hatte den Palladius mit dem sog. „alten Patricius"
{Sen-Phalraic), einer Doublette des Irenapostels, identifiziert, dei
angeblich in Irland den Märtyrertod erlitten hatte.' Vereinigte
man beide Nachrichten , so war der Schlufs möglich , der „alte
Patricius" sei im Brittcnlande gestorben. Dieser an sich unwahr-
scheinliche Schlufs wurde begünstigt und der Ort seines Todes
präcisiert eben durch jene Notiz, dafs Glastonbury nach dem
später von Patricius er«eckcen Glass benannt sei.* So lesen wir
denn in dem bis 1 131 reichenden Chronicum Scotorum a. 457: Dur-
mitatio sancii senis Palridi episcopi, id est Glosdonientis tcchsiae. Also
alle wesentlichen Elemente der Sage stammen aus Irland.* In
Glastonbury wurde der „alte Patricius" ganz durch den berühm-
teren Irenapostel verdrängt. Die zwei Bestandteile, Patrick's Auf-
enthalt daselbst und die Geschiebte vom Schweinehirten, ent-
wickelten sich getrennt weiter; die letztere wurde an den „Sauweg"
(Sugnvege) zwischen Wells und Glastonbury angeknüpft, wobei sich
andere Sagen über jene Sumpfgegend und ihre Benennung ein-
gemischt haben mögen.
Ueber die Quelle seiner Erzählung (Baist 333 f.) macht nun
' Vgl. dazu Zimmer, Ninnius Vttniicatus p. 84 ff.
* Nennius \ 50 oder sein Gewähnmann hat das geändert in: perueml
ad Britlaniam et ibi de/unclus est in terra Pictarum. Dir Patricius) e^nde
von Glastonbary ist ^so oboe Zusammenhang mit Nemiius, vielmehr direkt
ans Irland imponiert.
■ 9. Swkes, Thi tripartite life etc. p. 173 und 331. Vgl. Verf., Zi. f.
deutsche Pbilol. zS, 106.
* £9 setzt dies bereits eine Vennengong des IrensposteU Patricias mit
dem „ülten Patricius" voraus.
0 Aucb die Flamme, die ROs Patricius* Grab schlügt (Ulgne p. 1690 B),
kommt aus irischer QueUe (Slokes, a. a. O. 298).
ZD WILHELM VON MALMESBÜRY. ¡iq
Wilhelm widersprechende Angaben. Im vorhergehenden Kapitel
steht, er werde auch das folgende aus einer epùtola des Mönchs
Godefridus von Glastonbury schöpfen. In dem Kapitel selber
aber schreibt er am Anfang; Ugitur in aniiquis Briionum gestis
und am Schlufs: haec dt anliquis Briionum libris sunt. Baists Fol-
gerung (p. 335), nicht Wilhelm, sondern Godefridus habe aus
alten Büchern der Britten geschöpft, scheint zunächst einleuchtend.
Prüft man jedoch auf der von uns gewonnenen Grundlage die
einzelnen Bestandteile des Kapitels näher, so kommt man zu einem
andera Ergebnis.
Vor der Geschichte des Mannes mit dem Schwein, den Wil-
helm Glasleing nennt, berichtet er, dafs zwölf Nachkommen Cuneda's
die Gegenden von Wales besetzt hatten; dem Wortlaut nach ist
die Stelle unzweifelhaft aus Nenniua g 14 (und 62) geschöpft, den
Wilhelm auch sonst als Gesta Briionum ciliert (Baist p. 343). In
derselben Quelle, sagt er, finde er in/erius die Namen jener zwölf
Brüder verzeichnet, und zählt dann sämtliche Namen des Stamm-
baums von Ludaerlh^ map Morgen in den alten welschen Genea-
logieen auf. £r hatte also eine Nenniushandschrift von der Gestalt
des Harleian 3859 (11. Jh.) vor sich, wo eben hinter der Historia
Brillonum (und den Annales Cambriae) jene Genealogieen stehen.*
DaTs er Cuneda als proavus von Glasüing und seinen Brüdern
fafste {Nennius spricht von Cuneda's Söhnen), rührt offenbar daher,
dafs er den unmittelbar folgenden Stammbaum (Loth No. XXVI)
mit hinzugezogen hat, wo als oberster Stammherr Cuneda erscheint.
Warum er aber in den Namen des Stammbaums No. XXV Brüder
sieht, ist nicht klar;* vielleicht hat er dies irgendwie aus dem ver-
derbten Schlüsse herausgelesen. Dieser lautet in Harl. 3859: . . . map
Aformayl map Glast unum sunt G/astenic cui uencruni que uûcaiur
Loykayt, vermutlich zu bessern: Glast, unäe sunt Giasleinc qui vene-
nan [a regione] guae vacatur Loyttoyt (= Letocetum, Lichfield). Wir
lernen hier also den Stammvater der Glastinger, die Glastingehry
den Namen gegeben haben, nach welscher Anschauung kennen.
So sicher diese Angaben bei Wilhelm aus einer Nennius-
handschrift stammen, so wenig kann die Geschichte vom Schwein
ans Nennius geschöpft sein, der nichts derartiges bietet. Ist also
das vorhergehende Kapitel echt, so könnte die Quellenangabe wohl
nur dahin verslanden werden, dafs Wilhelm neben den gesta Bri-
ionum {= Nennius) noch die epistola eines Mönchs Godefridus bei-
gezogen hätte. Diese hatte also keine brittisch-kellischen Sagen
enthalten (Baist 341). sondern die mit englischen Ausdrücken
durchsetzte Lokalsage vom Schwein und seinem Hirten, die im
' So verbesseil Baisi Lolhs [y^udtierlk (Mabinagion 11, 319).
> Diese Ks. ist jedoch nicht sclbei Wilhelms Quelle. Ei schreibt den
OttsDamcD vor Kedwcii Gulhir (dáther), was ans Nennins' Guhir entstanden
Ut Aber gerade Harl. 3S59 liest Guir (ed. Mammaen, p. i^6, 10).
* Die Sohne Coneda's sind in den Genealogieen aacb genannt, aber
erst in No. XXXn (Lolh. a. a. O. H, 313).
320
B. THDRNEYSEN UND t
Grunde auf iiische Legenden zurückgeht. Den Namen des Riesen
mag erst Wilhelm aus Glass, wie die irische Quelle ihn nennl, in
GlasUing geändert haben, um ihn mit seinem vermeintlichen Cuneda-
Sprofs GlasUing zu identifizieren.'
Das von Baist betonte Alter des Namens insula Avalìonia wird
natürlich durch das Obige in keiner Weise berührt,
Rudolf Thürneysen.
Mit der Erklärung des „in/erius annolantur", der gesicherten Be-
ziehung der gcs/a Brilonum auf den Wilhelm bekannten Nennias,
wird die Angabe des vorausgehenden Abschnitts „de cujus epistola
et hoc et quod subjungemus capituium assumpsimus" wesentlich gegen-
standslos, was für sie noch übrig bleiben kann ist nicht mehr „das
Kapitel". Das neben ihr stehende „/empöre Henrici abbatis" konnte
ich nur bei etwas subtiler Interpretation Wilhelm zusprechen, dem
hineingelegten Sinn hätte besser eine andere Ausdrucksweise ent-
sprochen. Da eine neue Schwierigkeit hinzu kommt, muTs von
jeder künstlichen Deutung abgesehen werden: das Kapitel „Quo-
modo monacAus" ist jünger als der Abt Heinrich, somit interpoliert,
und für et hx et quod tubjungemus ist hoc guod subjungemus zu lesen;
ich halte diese Korrektur für berechtigt, obwohl dann die mir für
diese Stelle nur teilweise bekannte handschriftliche Ueberlieferung
wahrscheinlich fordern würde, alle Hss. auf eine Kopie des inter-
polierten Exemplars statt auf dieses selbst zurückzuführen. Mit ihr
wird alles glatt, und die gleiche, nicht Wilhelmische Wendung leitet
auch weiter die gröfseren Interpolationen^ ein „sed quahttT reüquiat
Iranslalae /uerint subjungemus (Zts. 329, d), moibim Iransialionis sub-
jungemus {328, b).
Zugleich ändert sich das Urteil über die Quelle der Iderfabel,
wie ich es S. 340 und 344 mit Betonung der Bedenklichkeit vor-
trug. Die gesta regis Arturì bedeuten nicht eine schillernde An-
gabe der epistola Gode/redi, sondern eine Schrift, die Wiihelm
direkt vorlag. Die klösterliche Wendung der Sage entspricht dan
Charakter der noch von jeder französisch-romantischen Zuthat freien
Arthurlegende, die Johannes Glasloniensis 1, 77 mitteilt (Zts, 344)-
Was mich abhielt die Zusammengehörigkeit auszusprechen, kann
ich nun nicht mehr als zureichend betrachtea Es ist darauf b^m
Neuabdruck des betr. Stücks zurückzukommen.
Ob die Irläuder Patricius und Glass verbunden nach Glastön-
' Der „Geschieb tschreibtr Ist&s" (Baist 347} ist kda Biitte, sondera
Stalius, der Verrasser der Thebais. Im Brut y Tymysogion a. 1197 habt
es, Klagen ocd Jammer übet den Tod des Rbys ab Gniffud seicD sa groEt
gewesen, dafs „weder die Historien d(^ Historikers Ystas noch die Gesänge
de» Dichters Fferytl (= Vergüius) sie berichten könnten".
' Eine kleinere, die in meinem Artikel ansgefalleo ist, trage ich noch
nach : Migne 1 690 C : reguieaü auiem in vetuita ecclesia bis usque ad ctm-
òuilimum íjusdem eccltsiae. Im übrigen ist das betr. Kapitel alt, vaia TcQ
In die Gesta regum aufgenommen.
zu WILHELM VON MALMBSBURT. 32 1
bury gekommen sind oder sich dort wieder getroffen haben, scheint
mir nicht ganz aufser Frage; die letztere, auf den ersten Blick fem
liegende Möglichkeit ist zu erwägen. Von einer Beziehung zwischen
beiden scheint jedenfalls Wilhelm nichts zu wissen. Die Glasto-
niensische Patriciustradition beruht zunächst auf der Identifizierung
mit dem ebenfalls von Coelestin gesandten Palladius (Thurneysen
318), der Tod in Britonum finibus genügte, um die Annexion
zu ermöglichen, ähnlich wie die der Phaganus und Deruvianus:
Die ältesten Sendboten zur ältesten Kirche. Die weltliche Grûn-
dungsfabel aber scheint schon vor Wilhelm in Beziehung zu den
Genealogieen zu stehen. £s kann nicht wohl zufallig sein, dafs
dort die Erwähnung von Lichfield (Loytcoyt) zu dem Weg stimmt,
den der Schweinehirt gemacht haben soll, auf dem Sugewege von
Wells, an dem unklaren Escebtiome vorbei, per mediterráneos
An g los f dafs Glass schon zu Glast geworden ist. £s liegt sehr
nahe zu emendieren: unde sunt Glastoniam qui venerunt de cvoitate
quae vocatur Z. Im folgenden Kapitel Wilhelms ist Avalioc, qui
ibidem cum suis filiabus propter loci secretum fer tur inhahitûsse, wie
ich erst nachträglich bemerkte, ebenfalls eine Persönlichkeit aus
den kymrischen Geschlechtsregistem, Aballac, Aballach des Harl. Ms.,
Loth, Mabin., II, 305. 312. Sollten nicht die Glastonburger Tra-
dition und Wilhelm auf einer ausführlicheren Form der betreffenden
Genealogieen beruhen? auf einer variierten jedenfalls, wie die Ver-
bindung der Zwölf mit Cunedag zeigt (vgl. Loth 217 Anm. 3 und
bem. die Differenz zwischen Nennius und dem Harl. Ms., dort 8,
hier 9 bzw. 10 Söhne).
G. Baist.
Zeiuchr. 1* rom. PhiL XX. 21
Altôranzos. dh (t$)
in altoDglisohen und altdeutsoheii Leimworten.
I.
Ueber engl, faith und andere frz. Lehnworte des Englischen,
die ein seltsames th aufweisen, hat sich seit etwa 15 Jahren eine
kleine Littérature angesammelt. Man findet aber das Belegmaterial
nirgends beisammen, und ich glaube meinerseits dasselbe vermehren
zu können, indem ich besonders — wie schon in Gröbers Grund-
rifs der Roman. Philol. I, 397 — auch £igennamenmaterial verwerte.
Ich würde aber darauf jetzt nicht zurückkonmien, wenn die Er-
scheinung nicht für eine weit ältere Zeit einige Bedeutung hätte.
Es lassen sich nämlich sowohl im Angis. wie im Altsächs. und Ahd.
Spuren dieses selben dh (^ in solchem Umfange nachweisen, dafs
dadurch die Existenz eines afrz. dh (&) auch schon für das 8. Jahr-
hundert erwiesen wird.
Bei weitem die meisten Belege liefert die Oxforder Laudhand-
schrift der Sachsenchronik. Abgesehen von dem einen appellativen
nativitéÌ5y das zu den Jahren 1 102. 1105. 1106. 1108. 1113. 1114.
11 15. 1116 begegnet für „Weihnachten", sind es nur Eigennamen.
Um die gleiche Zeit begegnen für König Louis Lobewts 11 08.
11 16. II 24 (an der letzten Stelle liest Earle gegen die Handschrift
Lodewis) und die frz. Stadt Caen lat Cadomum^ die 1070 als Kadum
auftritt, wird 1086. 1105 Cabum genannt, und so lesen wir auch
zweimal in einem von Zupitza Anglia I, 196 mitgeteilten selbstän-
digen Chronikfragment für die Jahre 1113 — m 4. So ist Ronen
lat Roiomagus 1 1 24 Rot5em (= an. Rut5u) und Mantes lat Medante
1086 Mainante, Gerher oi bei Beauvais 1079 Gerbornéb, Aufser diesen
Ortsnamen treffen wir noch Lothringen ^ das 1126 dis Loherenge er-
scheint, 1080 als Hlotjeringa, Vereinzelt finden wir Atieiis 11 21,
GodefreiiS 1123. 1130, Gos/reitS 1127 neben Gos/r ei logö, Roibert
Peccéh 1123 für Robert Peché, — Den Abt Vitalis, der 1076 Viihele
heifst, nennt eine andere Chronikhandschrift 1077 Fipile,
* Vjîl. bes. Varnhagen AfdA 9, 179 ZfRomPhil. 10, 298; ferner Nicol
Academy 18, 581 ; Roeth, Ueber den Ausfall des d im Normann. S. 21 ; Mall
Computus Einl. S. 87; Koschwitz z. d. alt. frz. Denkm. S. 30; iBrink Chaucer
Gramm. 70; Behrens in den Frz. Stud. V Heft 2 S. 176 (Pauls Grdr. I, 831);
Pogatscher QF 64, S. 107. Aus diesen Arbeiten wie aus den me. Wörter-
büchern stammt ein Teil der unten beigebrachten Belege.
ALTFRZ. DH (&) IN ALTENGL. U. ALTDTSCH. LEHNWORTBN. 3 2^
Alle diese Chronikeintragungen, denen wir diese grammatischen
Materialien entnehmen, sind kaum beträchtlich später gemacht
worden als die betreifenden Jahresangaben anzeigen. Dabei bleibt
zunächst aufïallig, dais der Eigenname, der in Liebermanns Angio-
norm. Geschichtsquellen so oft als Radulf us erscheint (s. 5. 14. i^,
47« 53- 77- 7 S u- s. w.) im Laudms. der Sachsenchronik als Rauif
III 4. 1115. 1122 auftritt; es war der Erzbischof von Canterbury
(RadulJ Rawulf Angl. I, 196). Und schon 1055. 1075 treffen wir
einen Raul/ eorl (1076 Rawulf in einer andern Hs. bei Earle
S. 213). Und wir sahen oben, dafs neben GosfreitS 1127 Gosfrei
1096 steht. So geht das Verstummen des Lautes frühzeitig neben
den ursprünglichen Formen nebenher. Aber der eigentliche Zeit-
raum dieser Ö war das 1 1. Jahrhundert und der Anfang des 12. Jahr-
hunderts für das französische auf engl. Boden und um 11 00 mag
das Verklingen des Ö um sich gegriffen haben. Hieraus ergiebt
sich für einige erst um 1200 — 1300 auftretenden Lehnworte des
Engl, der Anhalt, dafs sie der Zeit Wilhelms des Eroberers ange-
hören müssen.
Chronologisch ist das sonstige Belegmaterial allerdings nicht
von so abgrenzender Beweiskraft. Es sind nur wenige Worte, in
denen sich das anglofrz. Ì5 zeigt, und wenn man von den schott.
assythy hountith^ daintith und poortith als unsicher zu beurteilen ab-
sieht — sie sind, von dainteth abgesehen, erst spät bezeugt, zu-
frûhst assyth bei Barbour und hountith in den York Mysteries cf.
Murray NED. s. v. — , so hat nur das einzige ne, faith eine gesicherte '.
Existenz gehabt, während alle sonst in Frage kommenden Worte
im späteren Me. kaum noch bezeugt sind. So hat das naitvittìi
der Sachsenchronik bisher keinen me. Beleg gefunden; in der Ancr.-
Rule 412 gilt dafür schon natm'ié. Bei Orrm (um 1200) treffen wir
caritép karttffp w. 3000. 3008. 10117. 10120 und das gilt auch
noch in den etwa gleichzeitigen Vices and Virtues S. 19. 21. 47.
63. 67, welcher Text aber auch fön'// 37. 39. 45 und charité i^, 41
aufweist — und charité ist herrschend in der Ancr.-Rule 2. 8. 30.
124. 224. 408 (auch OEH. p. 57, Ayenb. 79, Gen.-Exod. v. 1016);
daneben chérit^ Hom. I, 39. 63. 69. 139 und carited Chro. 1137. Zu
herrschendem //f»//(Ancr.-R. 194; Havel, v. 1729; Ayenb. 161) findet
sich plent^b Gen.-Exod. v. 3709.
Neben dainty (Ancr.-R. 412) gilt daint/th nach Mätzner in
mannigfachen Schreibungen noch Seven Sag. 606 {dayenteth), Town.-
Myst S. 245 {dayntetheX Destr. of Troy 463 {deintithé)^ Ant of Arth.
Str. 14. 15 (dayntethis). Fur /wöw^^r/ (Havel. 1128; Ayenb. 69) findet
sich maugreth^ bei Hazlitt Remains I, 171, Leg. of the Holy Rood
III v. 125 und P. Plowman ed. Skeat. Zu me. drue rie = afrz.
druerie „Liebe" gilt Wohunge of ure Loverd I, 269 druìi „Ge-
> Beachtenswert sind, worauf Varahagen hingewiesen hat» die Schreibungen
maugrff All. Poems H, 44. 54. Gawain 1565; Alexander (Skeat) 1747. 2782;
vgl. den Reim charity : l{f Hom. I, 57 (Pater noster v. 41).
21»
334 F. KLUGE UND C. BAIST,
liebter". Bei ßith faith treffen wir Schwanken mit eil
berechtigten fai; vgl. im feilh Gen.-Exod. 2187. 2678; Havel. 2852
(aber fei Havel. 255. i6û6) — fath {f<igP) Will. 275. 828. 858;
Rob.-GI. 1551.1
Im 14. Jahrhundert gilt me. asîf'lA(e) „satisfaction" aus afn.
anse/i; Belege Hamp. Pr.-Consc. 3610. 3746; Wyclif i. König. 3, 14;
i,Ezdra5,5; Markus 15, 15; Cbaucer, Rom. of the Rose 5602; Wydtf,
Sel.-Works II, 237; Langland, P.-Plowm. B XVll, 237; Rei. Pieces
p. 6. Halliw,, DicL
Vereinzelt findet sich neben ademimt — nymont auch aihemaunt
bei Chaucer, Knight's Tale 1132. — Das schwierige me. dapeit —
dahit mag hier erwähnt werden mit einem Hinweis auf die Erörte-
rung im NED, über das sicher frz. Lehnwort.
Das me. Belegmaterial ist hiermit noch nicht erschöprt. Der
Name David, der im Angls. als Dawid {Dawiti nur Sweel OET. 3 1 3.
415) und im ME. als David erscheint, zeigt im frühen Me. sehr
oft die Form Davíií. Zahlreiche Belege dafür aus Orrm s. im
Glossar von White und Holt II, 564 b ; aufserdem noch SL Margerete
ed. Cockaigne S. 18 (varia lectio); Hickes III, 170. 171; Vices and
Virtues S. 31. 5g. 81. 115; Haly Meidenh. S. 9. 1 1. 35? 39; Juliana
S.62.63. OE.Hûm, 1,91.97. 273. 11,31.33.89.91; Wicliff Math.
I, 6. 17. Der frz. Charakter dieses ft aufsert sich auch darin, dafs
das Wort auch mit verklungenem fi als Davi im ME. auftritt e. B.
St. Margarete ed. Cockaigne S. 18 (mit der Variante Datiti, Monis'
OE. Miscel. S. 231 (im Reim auf Underli); vgl. die Beteuerungs-
formel bi Sein/ Davi (im Reim auf Grimesbi) Havel. 2867; Dat<Ì
auch in der Digbjhs. v. Harrowing of Hell v. 195. 20l) u.s.w. u.s.w.
(aber auch Sein David Rob. of Glouc. 3980. 9484 etc. — Sein DamU
3977. 9179). Der frz. Charakter dieses Bibelnamens^ verträgt sich
wohl mit der Thatsache, die durch Lehnworte wie me. pr/ehi ^
frz. prlchcr dokumentiert wird, dafs auch das kircliliche Leben
Englands seit der Eroberung unter frz. Einflüssen stand. Es bleibt
uns noch eine frühme. Lautform für „Jude" anzuführen, das ge-
wöhnlich als ^itv gñv (ne. Jnv) =: afr. Gin aufltitt; nur bei Omn
II, 189. 211 treffen wir eine ft-Form fupfwess (dafür Orrm 1, 7Ó.
II, 119. 173 Jud/wess und in der Sachsenchonik a. 1137 Jttdtus)?
' Schiiddekopf, Sprache u. Dialekt doi Gedichtes Wilh. of Pal. S. 45
und andre ncliioeii sr, faith siehe unter dem Einfluts einer Analogie von engl.
Abstrakten wie wealth, length, itrength, health-, dngegen ¡si zu bemerken, difs
eine solche Annahme fär die Sprache des 13. /14. Jahrhunderts absolut unmÓg-
lich ist; áaia feüh ist immer einsilbig, welthe lengthe ttrencthr heltke \mOia
iweisilbi);.
' Gehört hierher Otrms Nop = Noeì und Mmp = Âbiasi
■ Es schönt mir bisher nicht beachtet zu sein, dafs mit der tiottnann.
Invasion der ganze Sprachgebrauch der Kirche framâsiert wurde. Dafür lengl
das anlautende di in y¿sus {ae. sagte man übrigens nur CHil, nie ytiut).
Johdn [yoh^n = yr(iH. ne. yo/in; ae. sagte man nur Jobantut). yosffi, yaeit;
hierher Behötl auch die Formel Jlum yarda». Im Ornnulum leigt ^frrmltm
(gespr. jirialfm} den richtigen angls. ¿ ^ /-Anlaui, wie et in angts. Zelt
ALTFRZ. DH (8) IN ALTENGL. Ü. ALTDTSCH. LEHNWORTEN. 325
Dieses anglofranzos. Jubeu, das im 1 2. Jahrhundert gelebt hat,
fuhrt uns zu einer Thatsache, die sich kurz so formulieren läfst:
Das Wort Judaeus hatte schon im 9. Jahrhundert auf german. Boden
eine Form mit innerem Ö. Der Heliand nämlich zeigt in der Cot-
tonianischen Handschrift * mehr als fünfzigmal eine Form Jutieo, die
aus germ.-asächs. Sprachregeln nicht zu erklären ist und für die
Kögel AfdA. 19, 22^ Anm. auch keine Erklärung kennt. Schon
Kögel bestätigt die Ö-Form durch einen Hinweis auf afries. JotJui
und ich erinnere noch an die angls. Runeninschrift, die auf dem
jetzt im Britischen Museum befindlichen Kästchen von Walrofsbein
steht — Gtupeas (Sweet OET S. 127). Alle diese zerstreuten Zeug-
nisse scheinen mir in ihrer gegenseitigen Unabhängigkeit so wichtig,
dafs ich ahd. Judeo Plur. Judeon^ das nie mit innerem / auftritt,
lieber zu asächs. Jubeo als zu asächs. Judeo stellen möchte. Dann
sollte man allerdings wohl eine Schreibung Judheo in alten Texten
noch vereinzelt antreffen , so z. B. im Isidor, wo sich oft inneres
intervokalisches dh — allerdings schon dafür d — zeigt, aber nur
Judeo schreibt So genügt denn altsächs. Juheo auch ohne das '
althochdeutsche Judeo eine {^-Aussprache für Judaeus in den dem
deutschen Sprachgebiet benachbarten frz.-roman. Gebiet etwa um
800 zu erweisen. Zu afries. Jotha^ das für den Nachbardialekt
mitbeweist, stimmt ein anderes fries. Zeugnis : dem ahd. vogât ent-
spricht nach V. Helten Altostfries. Gramm. S. 97 im Afries. öfter
Jogeih) das aus fries. Lautregeln nach v. Helten nicht deutbare ih
st ein vogâb = advocahis.
So beruhen ahd. sîda „Seide" und krîda „Kreide" auch wohl
auf d-Formen, für die wir allerdings keine graphische Gewähr
irgendwoher beibringen können. Und zwar charakterisieren sich
diese Formen als relativ jung durch die Vertretung von lat. ê durch
/: wären lat. créta sita etwa gleichzeitig mit bêta (ahd. biazza) und
mensa (ahd. mias) aufgenommen, so wären ahd. *kriazza ^stazza,
älter vor der zweiten Lautverschiebung krqta s^a zu erwarten. Da-
her gehen ahd. krtda sida auf mutmaisliche Grundformen krçtia
sêOa zurück.
auch far Johannes Jacobus u. s. w. gegolten hat. Hierher gehört me. E¿ypte
= ne. Egypt, Vom Frz. beeinflufst sind auch me. Fariséu „Pharisäer**,
Saducéu „Saducäer**; Füippe „Philippus", Herode „Herodes**, Nicodém „Ni-
codemus", auch MaZéu „3^IathÍlus*S Andren „Andreas". Für Ostern erscheint
(frz.) Päske, Ich hoffe in kurzer Zeit das frz. Lehnmatenal des Me. einer er-
neuten Prüfung zu unterziehen und werde dann auf dies Problem zurück-
kommen.
' Die Belege fur Jutíeo mit Spirans sind einschliefslich der von Kögel
für die Formel Jutíeo liudi beigebrachten zwölf Belege Hei. v. 640. 696. 766.
788. 791. 910. 1473. 2340. 4700. 481 1. 4826. 4845. 4850. 4913. 4925. 4939.
4953- 4955« 5052. 5057- 5i04- 5i09. 5112. 5i27- 5>33- 5>36. 5150. 5154- 5176.
5180. 5212. 5214. 5223. 5232. 5238. 5240. 5245. 5259. 5275. 5283. 5294. 5310.
53^6. 5345. 535«. 5379. 5387. 5409. 5413- 5470. 5481. 5525. 5721. 5749. 5800.
Eb überwiegt auch im Cottonianus die Form Judeo, die im Monacensis
•Uaiii gw*-
326 F. KLUGE UND G. BAIST,
Dieses Ö ist nämlich in der Pauls Gtdr. I, 320 behandeilen
lat. Lehn Wörterschicht, die das German, in den fünf ersten nach-
christlichen Jahrhunderten aufgenommen hat, durchaus nicht anzu-
treffen. Die german. Zeugnisse für dieses S stecken in Lehnworlen,
die sich auch durch sonstige Lautkriteria als relativ jung erweisen.
Das bei Olfrid um 870 bezeugte ahd.ßJu/a „Fiedel" beruht mit
ae. fiiiele deutlich auf einer gemeinsamen Grundform fiiiula, und
der Zusammenhang mit der roman, Sippe von frz. viole beweist
Uebergang von anlautendem lai. v in /, wie er nur jüngeren Lehn-
worten (cf. vers aus lat. versus) zukonunt: in den älteren Lehnworten
ist lat. V durch w vertreten. Auf der Grenze zwischen diesen beiden
Gruppen steht die Entlehnung von lat. paraverrdus ins Deutsche:
die mhd. Form ;J/fiyr// ist par{a)frèdus mit der _/"- Aussprach e des
laL v\ cf. ahd. pjer/rîd; die mhd, ahd. Nebenform p/tril aber scheint
für p/erirîl ^ p/iriwrfd mit Verlust von w vor r zu stehen. Uns
JBt hier wichtig, dafs dem Worte hd. d zukommt und dafs wir diesem
d, da die zweite Lautverschiebung den Anlaut betroffen hat, ein Ö
{j/aravrçtSo) zu Grunde legen müssen. Graff III, 347 kennt eine
andd. Glosse pereih ^ hd. pferld. Das / entspricht dem von ahd.
sida krìda. — So erscheint tappflun im Ahd. als trpplth lepptd,
Graff 5, 348 aus iappçiio.
Dieses ih ist durch ae. filíele dokumentiert. Noch in einem
Falle wird es durch die Ue berein stinmiun g mehrerer Dialekte er-
wiesen. Zu den christlichen Lehnworten gehört lat. synodus ^ ahd.
sinöd [senalh AdGl. 1, 247), afries. senath, ae. jíwoS.' Zwar ist es
'nicht unmöglich, dafs die Endung dieser Formen unter dem Ein-
flufs eines german. Suffixes -o¡/us steht, aber notwendig ist die An-
nahme in Bezug auf das th nicht. Noch ist an die geläufigen
ae. Pflanzennamen ce/eiíonie lat. chelidonia und satierige laL satureia
zu erinnern, auf di« Bugge hingewiesen hat. Vereinzelt ahhoiSessa
Chron. E a. 680.
Bas ae. Material läfst sicli aus kontinentalen Eigennamen ver-
mehren. Wichtig ist, weil früh überliefert. Cundo}, in zwei Hand-
schriften der Sachsen Chronik a. 883. 884? aus cùm{i)lalum ^ frz.
Gmd¿. Etwa gleichzeitig mit dem letzten Beleg steht in der Chronik
a, 885 JuiSitte {Jupylle) für Judith. In einer jüngeren Hs, der
Chronik a. 887 erscheint der langobardische König Guido als Wítia.
Unsicher ist anord. markahr „Markt" gegen rae. market zu be-
urteilen; denn sein Ô könnte auch frz. li vertreten, wie anord. .ff» !f«
„Rouen" auch keine rf-Form voraussetzen mufs. Unsicher ist natür-
lich auch die Beurteilung von frz. Lehnworten des Ndl., weil
mndl. d (im Auslaut durch / vertreten) sowohl d wie Ö repräsen-
tiert: mndl. í/ií«/ „Stadt", pianteti, prioreil „Priorat, Kloster", _/omîiÏ
„Graben", Iriniteil, magesleil u. s. w. können ebenso gut auf Ö-Formen
zurückgeführt werden wie auch nach Mafsgabe der frühme. Judeus
' TbumejrseQ criimcrl für tk 11
Idg. Foncbgn. IV Anzeiger S. 45.
k
ALTFRZ. DH (8) IN ALTENGL. Ü. ALTDTSCH. LEHNWORTBN. 327
Chro. 1 137, cariied ib. 1137, Kadum {Catiuni) ib. 1070 gedeutet
werden; und umái. piamtet „Fülle" kann sich zu früh me. p/ent/tí
«^"^^- F. Kluge.
IL
Die intervokalischen Gutturalen des Latein, sind in den ger-
manisch-romanischen Ortsnamen des gallischen Grenzlandes noch
zu Anfang des 5. Jh. unverändert übernommen, acu ist ach, Breisach,
Andernach, Kreutznach, tacu'> ich, Zûlpich, Morzig, Jülich, (Aguae
> Aachen), magu^ magen, Dormagen, Neumagen, Remagen, War-
magen. Dem entspricht es, dais die germanischen Verschlufslaute
in Nordfrankreich die Entwicklung der lateinischen zeigen, be-
schränkter die Gutturalen, bei welchen vielleicht früh besondere
Assimilationserscheinungen sich geltend machten, in gröfstem Um-
fang Dentale und Labiale, in ungefähr allen altfränkischen Ent-
lehnungen. Die bretonischen Einwanderer im 5. — 6. Jh. übernahmen,
wie Loth, Rom. Jahresber. I, 266 feststellt, noch die lat. c, t, p. Das
Latein des 7. Jh. bietet dann reichliche Belege des Wandels zu
^, ¿/, b. Dafs die lat. Media älter aspiriert war, wird fur b ziemlich
einstimmig angenommen, erklärt bei g die verschiedene Entwick-
lung von agu und acu (Dao' f. Dago^ seit 652), und wird demnach
auch bei d der Fall gewesen sein:^ die Schreibtradition hielt an d
fest , während fränk. th (entsprechend ch für K) im 5. Jh. mit Ver-
ständnis angenommen und noch lange neben / unverstanden nach-
geschrieben wurde. Im Endergebnis ist ursprünglich p und b zxil v
geworden, bzw. geschwunden, / und d geschwunden. Dafs dem
Ausfall der Dentalen ein dh vorausgegangen sei, wurde zuerst von
Paris, Alexius S. 96 ausgesprochen, und ist jetzt, der physiologischen
Wahrscheinlichkeit und der anglonormannischen Schreibung th
gegenüber, so ziemlich allgemeine Ansicht. Den Eintritt dieser
Aspiration hat man sich indessen, wenigstens so weit gedruckte
Aeufserungen vorliegen, viel zu spät gedacht, im 11. Jh. (s. z.B.
Meyer -Lübke, R. Gr. I, 363), obwohl die Strafsburger Eide inter-
vokalisch durchaus dh bieten in aiudha (zweimal), ccuthuna und den
Namen (aber /¿^/r). Koschwitz, Commentar 31 neigt dazu, hier
einen Laut zu sehen, wie es Nicol, Academy 18, 173 that, läfst
aber dann doch die Möglichkeit zu, dafs nur der fränkische Schrei-
ber eine Eigentümlichkeit seiner Sprache rein graphisch übertragen
habe. Wie seltsam, dafs dieser d und dh im Deutschen, aber nicht
im Franz. zu trermen weifs, dafs er nur bei französischen, nicht
^ Suchier schrieb Gmndrifs I, 581 : „Dafs im Französischen und Mittel-
rhonischen zuerst die Exweichung der stimmlosen Laute erfolgte, und dafs dann
mit den primären g d b auch die sekundären, aus p t c entstandenen, zu Reibe-
lauten fortschrittenc. Dem gegenüber kann auf die Grunde für vglat. b'^v
hier nicht eingegangen werden ; franz. widerspricht central aba ^ <me, apa ^
eve, clavu ^ clou, capu ^ chief. Fur acu ge^en agu mag auf Acutciacun ^
Aiguisy, jicunun'^'Soiie Dame òìAygu gegen Agusta ^ Aouste, Agusto-
dunum'^ Autun hingewiesen sein.
328 F, KLUGK UND G. BAIST,
auch bei lateiuischen Worten den Fehler macht und genau
machi, wo später der Laut lailt, dafs t-r auslautend franz. á und /
früh ÏU unterscheiden vcmiag! Da / > i^ gegeben ist (jiïi'jV). wäre
Aspiration wahrscheinlich, auch wenn sie nicht dastünde. Es kann
hier nur eine absichüiche Lautunlerscheidung vorliegen. Graphisch
allerdings ist sie auffällig, und es verlohnt sich sie einmal in dem
gebotenen Zusammenhang zu betrachten, dem mit Nithards Schrift
überhaupt.
Das Zeichen lih kann nicht aus dem G al lo fränkischen stammen,
das nur Ih kannte; es ist auf franïôsischera Boden völlig vereinzelt.
Auch th war schon im 7. Jh. unverstanden; im St. Legier wird es
(vgl. Rom. I, 286) ohne klare Absicht geselzl, eher unter dem Ein-
druck, dafs es den Doppellaut meine, und im 12. Jh. ist es rein
englisch. Die hochdeutschen Denkmäler (s, Braune, Ahd. Gramm.
2. A. S. 136) haben das dem 8. — 9. Jh. angehörige lautliche Zwischen-
glied nur teilweise geschrieben; die deutschen Eide haben inter*
vokalisch dk ebenso wie die franEÖsischen und wie überhaupt die
deutschen und französischen Eigennamen in den vier Büchern Ge-
schichten trotz der im übrigen latinisierten Form, Der Kopist, der
uns das Buch erhalten hat, war ein Romane, nach verschiedenen
Anzeigen ; 1 nach dem Zustand der Ueberlieferung in den drei
Sprachen liegt zwischen ihm und dem Original, wenn überhaupt
ein Zwischenglied, schwerlich mehr als eines. Er übernimmt die
dh da, wo sie ihm am aufßlligsten waren, in den Eiden, den
ca. 180 Lodhuuicus und Lodharius (einmal Ludovicus, einmal Lolharius).
Dabei zeigt viermal in den Eiden, dreimal im übrigen Test (11, 9.
IV, 3, 4) meist nachträglich korrigiertes h für dk, wie seltsam ihm im
Grund die Bezeichnung war. Bei den isolierteren Personennamen
versagt zum Teil seine Aufmerksamkeit; der achtmal genannte Adhtl-
härdus hat noch fünfmal dh gegen dreimal d, zwei Adhilbertut, ein
Madhtlgatuius stehen gegen zwei Adeigahut, zwei Fiudualéus, ein
Fredericus, ein Rodul/us, während unverstandenes edfiitingi bleibL
Ebenso bei den Ortsnamen: CadhtUonensis, Cadheihnica [Calaiaum's —
Chdlons) steht dreimal, Cadt/entnsis einmal, ein Nordhunuuig, dagegen
je ein Lauduneasis, Rodanus, Spedonna. Es ist mit Sicherheit anzu-
nehmen, dafs im Original hier überall dh stand, wenn auch nicht
in den anders gearteten Madasconis, Milidunttms, l'iridunensit (gegen
Werdhan, wirdhit), BiturUas, Rolomacgnsü. Fehl schrei bung, als welche
man das Zeugnis für den franz. Laut hat abstreiten wollen, ist
nirgend eingetreten, germ, ä bleibt in viermaligem Vodo, in Hildi-
gardis, Hilduinu! u. a. Ausschlicfslichem d für germ, ih in den
•baldui, -fridus, -nidiiî (neun Fälle) entspricht deutsch eid, gol, frz.
çuid, d.h. im Auslaut wird d geschrieben; im Anlaut steht / ffir
nnverschobenes Ih, nicht vom Kopisten, da in diesem Punkt der
' Nach Aldoderensis für AuHsiodortnsis geradwu ein Gallier, vihr-
■cbeinlich ebenda, wo im ij.jb. die Handschrift sich befand, in St. Magloirc
ALTFRZ. DH (8) IN ALTENGL. Ü. ALTDTSCH. LEHNWORTEN. 329
westliche Einflufs über den Rhein herüberreicht, vgl. Braune l. c. 139
Anm. 9; in Kompositen vor Konsonant th\ Mathfridus^ Niihardus,
Nithards Muttersprache war diejenige Karls d. Gr., die hoch-
deutsche. Er verbrachte seine Jugend in der Villa bei der Aachener
Pfalz, wo Angilbert etwas nach 800 die Söhnlein durch sein poe-
tisches Sendschreiben begrûfsen läfst, lebte dort jedenfalls, ebenso
wie Berta, bis zum Todesjahr seines Vaters und des Kaisers, und
wird, nach dem relativen Alter Angilberts und Bertas zu rechnen,
gegen Ende des 8. Jh. geboren sein. Der spätere Wohnort muíste
wesentlich von den Besitzungen abhängen, jene der Berta lagen
vorzugsweise auf französischem Gebiet (Simson, Jahrb. Ludwigs
d. Frommen I, 18), die des Sohnes ebenda, wie mit Bestimmt-
heit aus seiner politischen Stellung im Bruderkampf zu erschliefsen
ist. Hier muíste er notwendig auch das Französische erlernen.
Nithard war der Gesandte Karls an Lothar, der offizielle Ver-
fechter seiner Politik, der lateinischen und der beiden Vulgär-
sprachen mächtig: in den Strafsburger Heerlagern fand sich kaum
ein anderer, der, so wie er, befähigt gewesen wäre die Schwüre
zu formulieren. Ihre Aufnahme in den lateinischen Bericht bleibt
ungewöhnlich und auffallend (Mise. Caix S. 83), auch wenn man
mit Rajna Rom. XXI, 53 die momentane politische Bedeutung des
Wortlauts betont; sie ist natürlich, wenn sie von dem Bericht-
erstatter abgefafst waren. Im lateinischen, deutschen und franzö-
sischen Text ist eine deutsch eigenartige, französisch ganz isolierte
Orthographie durchgeführt: wenn Nithard die Eide nur kopierte,
wäre diese schwerlich in das Deutsche, sicher nicht in das von
ihm sonst kaum geschriebene Französisch eingedrungen. Nithard
ist also der Verfasser der Eide.
Die scheinbare Ausnahme von der Schreibregel, welche vier-
maliges fradre bietet, während die Annahme gleichlaufender Ent-
wicklung von dr mit intervokalischem d durch das oben von Kluge
erbrachte ags. saepenge (das mittlere e ist ags.), entsprechend franz.
sarriette^ bestätigt wird, ist leicht zu erklären. Nithard kannte
deutsch </r, nicht dkr^ es ist also natürlich, dais er es nicht schreibt,
auch wenn er es sprechen gelernt hatte, und auf dialektische Er-
haltung kann daraus keinenfalls geschlossen werden. Ueberhaupt
gestattet die Bestimmung des Verfassers keinen Rückschluis auf
den franz. Dialekt, da wir nicht wissen, wo N. sein Französisch
gelernt hat Eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht für die Picardie;
er selbst ist zwar, wenn überhaupt, erst am Schluis seines Lebens
Laienabt von St Riquier geworden (s. Wattenbach, Geschichtsquellen
6. Aufl. I, 214), aber sein Vater verwaltete neben der Abtei den
ducaius totius mariiimae terrae^ und Hariulfs Biographie versteht
darunter (vgl. dort III, 9) die dem Kloster nahe liegenden Küsten.
An eine derartige Stellung pflegten sich auch Erwerbungen zu
knüpfen. Diese aber können auch das Erbe Hartnids geworden
sein. Berta war bei Noyon und Angers begütert, der durch könig-
liche Ver^bong erlangte Besitz pflegte nach Zufall zerstreut zu sein.
330
F. ELOGE UND G. BAIST,
Selbst das südliche Burgund ist nicht ganz ausgeschlossen, obwS
dies wesentlich zu Lothar hielL Die Beurteilung wird noch sdiwie-
riger als sie bisher erschien: Nithard mochte mit einer germanisch
und lateinisch gefärbten persönlichen Sprache um so eher aus-
kommen, als noch keine Region und keine Stadt einen sprach-
lichen Vorrang beanspruchen durfte. Wir haben Germanismen in
der Sprache selbst, nicht nur solche des Schreibers (vgl. luletxt
Schwan, Zts. f. r. Ph. XI, 464) zu befürchten. Ein positives Resultai
ergiebl sich indessen eben aus dieser Erwägung: vol, pobló, pois
meinen o, nicht uo, ila der Deutsche dieses sprach und schrieb,
daher auch franz. gesprochen und geschrieben haben würde, selbst
bei leichler Differenz des Klanges und bei abweichendem A.ccent.
Ob freilich q noch nicht diphthongiert war oder uo nach Labial
zu 0 reduziert ist, bleibt dahingestellt. Ebenso kommen zu franz.
dreil die deutschen nohheiii, eid, Itislil und warnen, savir, podir,^ sit
als unvollkommene Schreibungen zu erklären. Mit den anders-
artigen I für p setzt N. nicht die umgekehrten Schreibungen des
Merowingerlateins fori, denn sein Latein kommt aus der Karls-
schule, aber französisch steht er unter analoger Einuirkung, in, iad,
ist erzeugt prindrai: vom Deutschen aus hätten ihm drei verschie-
dene c oder mindestens zwei (da i bald darauf ta ist) zur Ver-
fügung gestanden, í < a und ë- Die u für ç in amur, dunat (mm-
quam ist von vorne bis hinten lateinisch) lassen eher auf wirkliche
Qualität schliefsen, da der Druck des Lateinischen bei diesem Laut
erheblich schwächer ist als bei e. Die Eigennamen heifsen lateinisch
Lodkarius und Lödhuuicus,'^ letzteres entschieden traditionell gegen
die allgemeine deutsche Aussprache, deutsch Ludher und Ludhuwig,
französisch gekreuzt und bedeutungslos Ludhtr und Lodhimig; za
beachten ist französisches Fladualdus II, 10, III, 3. Ziemlich be-
deutungslos ist bei einem Eingewanderten, der vom Latein aus
FraiizÖBisch gelernt hat, die von Meyer Zts. XII, 526 hervorgehobene
Erhallung des Endvokals in poblo, nostro gegenüber fradre; senara
und fradra beweisen, dafs einfach vokalisches r, bzw. vokatïsches /
gemeint ist.
Während primär oder sekundär gedehnte / und d {soudain)
sich erhalten, ^llt die inlautende und auslautende einfache Den-
tale, nach Suchier (Reimpredigl XXI fi., Grundrifs 581) in der ersten
Hälfte des 12. Jh., wäJirend andere den Prozefs schon im aus-
gehenden II. beginnen lassen, so Paris Rom. XI, 401 und Es-
traits' 15, Neumann Zts, XIV, 563. Dafs die Nonnannen 1066 den
Inlaut noch sprachen, erhellt schon aus der insmerhin beträcht-
lichen Ausdehnung, in welcher sich die angelsächsische Schreibung
I Deaten dorthin, wo viir, seir tu Hause ist.
' Das deutsche Ludwig setit eine Form klulhu, nicht hlolha vorans,
Ludhtr Ut mhä. ebi'nso Luther; die Vorliebe fai (' and u im deulscbea Text.
von welcher Schwan Zts. XI, 464 spricht, kann ich dort nicbt naden. Die
merowingisch«D Autoren und Urliuitdeo hnben unverkennbir C/llclacharJus etc.
mil Tenuis neben Chlodovtut etc, mil Media. Eine» der vielen Namenrätsel.
ALTFRZ. DH (8) IN ALTENGL. Ü. ALTDTSCH. LEHNWORTEN. 33 1
th hier festsetzen und bis zur Mitte des 12. Jh. erhalten konnte
(Alexius, Brandan, die Glossen Jhb. XVII, 43, Cambridger Psalter,
im Oxf. Ps. zwei /ä, im Computus Arundel zwei thy ein Ö; /> oder Ö
in den Aelfrikglossen Zts. X, 297}; entsprechend ist in den Glossen
Raschis, der 1105 starb, das d erhalten (Rom. I, 156), wobei frei-
lich die Einbeziehung noch etwas älteren Materials zu berücksich-
tigen ist Einmaliges cruel im St Legier nebst korrigiertem Oste^d^un
wird noch nicht als Zeichen des begmnenden Ausfalls zu betrachten
sein ; im Domesdaybook ist er so häufig — mehr als das Doppelte
der Zts. VIII, 360 verzeichneten Fälle wäre anzumerken — dafs er
als Lautregel zu betrachten ist; regelmäfsig dort auch Rolland ^ ein-
mal Roric. Entsprechend läfst um 1200^ der festländische süd-
westliche oder südliche Schreiber des Hohenliedes ebenso oft d
weg als er es einsetzt, bei vollständiger Verwirrung im Auslaut;
auch für ihn ist bei Berücksichtigung des starken Drucks der
Ueberlieferung, unter welcher er stand, völliges Verstummen anzu-
nehmen. Die direkt oder indirekt in den Beginn des 12. Jh. zu-
rückreichende anglonormannische Schreibertradition wie die Reime
Philipps de Thaun (Mall, Computus S. 80) berechtigen zum selben
Schlufs: die d wie die ih sind antiquarische Ware, die höchstens
in der Kirche noch halb lautete. Es zeigt sich das auch darin,
dafs (in den von Roeth, Hall. Diss. 82, zusammengestellten wie in
den von ihm nicht einbezogenen Quellen) sich keinerlei Einwirkung
der Umgebung auf den Ausfall feststellen läfst Obwohl diese ge-
rade bei den Dentalen eine schwache ist, dürfte die Artikulation
sich zuerst zwischen identischen oder fast identischen Vokalen ver-
schliffen haben, wie in espedhe, medhesmei und so rasch der weitere
Verfall vor sich gegangen sein mag, würde das bei Schreibern, die
im Anfang der Bewegung stünden, noch zu bemerken sein. Damit
berührt sich im Südosten /rare, crollet^ esctuyr^ espaa des Alexander-
fragments, noch etwas südlicher in einer Urkunde aus dem Ende
des II. Jh. Aam, Oalrtc, cwaa etc. (aber Peire, Freirics), s. Meyer,
Alexandre 11,84 ^^^ ^9* 1166 hat der Ausfall die Normandie
noch nicht erreicht, um 1200 ist er überall vollzogen, und er mufs,
bei der gewaltigen Ausdehnung, im Rückland der Normandie be-
deutend früher begonnen haben, wahrscheinlich noch vor der Mitte
des II. Jh.
Auslautende Dentalis (abgesehen von den proklitischen Wört-
chen) besteht in den frühesten Denkmälern. Doch hat neben arde
tost, das durch den identischen Anlaut genügend erklärt ist, die
Eulalia perdesse sa, und da far den Schreiber z und s zweierlei
sind, liegt hier entweder ein Anzeichen des Ausfalls vor Kons, über-
haupt vor, und zwar gerade vor einem Konsonanten, bei dem die
Aussprache nicht die geringste Schwierigkeit machte, oder ein
Schreibfehler. In der Jonaspredigt ist die Lesung chérie in Z. 29
^ P. Meyer und neustens Scham (Rom. Jhsb. I, 675) stellen ihn noch ins
II. Jh., andere (vgl. Koschwitz, Kommentar S. 170) ins erste Viertel des la.
332 F. KLOGE UND G. BAIST,
nach dem Zustand der Zeile, wie sie die Photographie aeìgt, ganz
unsicher zu nennen; _/"» co in 32' ist ziemlich deutlich, würde sich
aber erklären wie oben arde tost, ¡ -\- li =^ ç. Sicher ist \^ fu ttíhi,
dabei aber zu beachten, daTs dem Geistlichen auch sonst noch ein-
zelne Buchstaben unter den Tisch gerallen sind. Der proveozalische
Schreiber des St Legier hat in seiner Vorlage das ihm &emde fud
jedenfalls vorgefunden; im Lambspringer Alexius ist der Auslaut
noch ausnahmslos geschrieben. Im Anglonormannischen bieten eine
Anzahl von Schreibungen mit Ih Brandan, Cambridger Psalter, auch
zwei die A-Hs. des Computus, eine S und eine die Aelfrikgiossen;
keine der Alexius gegenüber 40 inlautenden. Im Domesdaj'book
meint ¡k nur /, ebenso wie ch =^ c steht. Elision bei unbetontem -li
findet sich im Rolandslied in 20 unter 60 Fällen (cf. Rom. III, 39Q),
während sie der Karlsreise wahrscheinlich ganz fremd ist. Zahl-
reiche umgekehrte Schreibungen im Hohenlied sichern Abfall auch
unter dem Ton und nach Konsonant, daneben steht dort metrisch
mindestens Hial. Das Domesdayb. verhält sich gegen Abwurf im
Auslaut entschieden ablehnend (unbeL -et fehlt}, einige sichere -n
für -nd mögen dorther stammen, wo zu nd'> n vor Verschlufslaut
auch noch nil>-n vor r hinzukam, begünstigt durch die flexivische
Analogie Colebram — Colebran ^ aitz — an, arpem — arpen. Uebef
das Verhältnis des einfachen Auslauts ium Ton und zum folgenden
Anlaut geben die Schreiber keine Auskunft, -Ih sowohl als -d und -I
erscheinen von der persönlichen Tradition bestimmt. Der vollstän-
dige Mangel auslautender tk im Alexius spricht für Verschiedenheil
vom Inlaut und vergleicht sich mit dem Verhallen Nithards, wie
mit dem des Domesdajbook ; die Tendenz auf Erhaltung des Hìals
in Philipps Computus (10 gegen 3) neben seiner sicheren Aus-
sprache -ê und -/, steht in nur unwesentlichem Gegensatz zur
stärkeren Elision im Roland und dem sicher noch ins II. Jh. eu
setzenden Gormond et Isembatl: besonders die beiden letztge-
nannten verhindern einen erheblichen Zeitunterschied zwischen dem
Schwund von Inlaut und .\uslaut anzunehmen und drangen damit
auf die Annahme eines unmittelbaren Zusammenhanges hin, ebenso
wie die Identität der Bezeichnung in den obgeuannlen anglonor-
mannischen Handschriften.
Mall, Computus 8 iff. schlofs, dafs überall -/ anzunehmen sei,
das zuerst nach e und i', dann nach a, zuletzt nach u gefallen
wäre; -Ih hielt er vom Inlaut übertragen. Suchier, Reimpredigt XIX
stellt zu der von Mail nur berührten, nicht berücksichtigten Thal-
sache, dafs dreil nicht mit feid reimt, die andere, dafs feid und
feii, aber nicht drñd geschrieben wird, und kommt zu dem Ergeb-
nis, dafs amalu > amado > anud geworden, während lat -/ geblieben
sei; es nel zuerst -d, dann -//, ful, wahrscheinlich an letzter Stelle
-al. Die Sonderstellung des lat. -/ wird durch Reime wie du',
partii begründe!, die Schreibungen o'id etc. seien inkorrekt. Die
Fragestellung ¡st absichtlich auf die Slimmhaftigkeit beschränkt, von
der Bedeutung der th abgesehen, jene nach der Ursache schliefs-
ALTFRZ. J>H (8) IN ALTENGL. Ü. ALTDTSCH. LEHNWORTBN. 333
lich unzweifelhafter Scheidung von dui und fu nicht berührt. Paris,
Extraits de la Ch. de Rol. S. 1 5 der ersten , S. 1 6 der vierten Aufl.
fordert für das Gedicht -(3Î vor stimmhaftem Laut, -/ vor stimm-
losem und in pausa, gesprochen ungefähr wie engl, ih, gegenüber
-/ appuyé. Unbetont ^ei war zum Teil gefallen, -(5Î fiel später, dann
unter etwas anderen Bedingungen nicht ganz gleichzeitig -/. Sein
gestütztes -/ ist nach S. 12 zu beurteilen, wo nur rr als Doppel-
konsonant zugelassen wird. £s sind das in den Zwischenräumen
je eines Dezenniums in fortschreitender, wenn auch im einzelnen
nicht einwandfreier, doch jeweilig auf der Höhe stehender Formu-
lierung die Auffassungen derjenigen, die sich am emstlichsten mit
dem Gegenstand beschäftigt hatten, bei Mall und Suchier unter
Mitteilung des seitdem nicht wesentlich bereicherten Apparat««, wäh-
rend Paris, entsprechend dem Zweck seines Schulbüchleins, nur
Endergebnisse ausspricht; von seinem Alexius S. 97 und 271 datiert
die nähere Untersuchung, und schon dort S. 98 kam dabei auch
die vom Sanskrit her alt bekannte, trotzdem nur sehr langsam be-
griflfene Satzphonetik wenigstens für ad — habei erstmalig zur Er-
wägung. Für den speziellen festen Punkt, das Rolandslied, kann
ich seine Anschauungen nicht teilen. Zwischen unbetont ^ei oder -eih
und der Elision von -e vor Vokal stand Hiat, notwendig in derselben,
möglich auch in mehreren Generationen. Wo Elision eintritt, ist
unbetont -/ nur mehr traditionell, nach dem thatsächlichen Gebrauch
nicht einmal Hiatzeichen. Die starke Elision bezeichnet entschieden
einen vorgeschrittenen Standpunkt, der zumal im Vergleich mit
dem Verhalten des Computus durchgängigen Schwund im Aus-
und Inlaut annehmen läfst. Um so mehr als die Voraussetzung
früheren Falls des unbetonten Lauts in der Ueberlieferung keine
Stütze findet, ebenso wenig als etwa inlautend in der vorvokalisch
auslautender Stellung accentlich ungefähr gleichwertigen in bene-
dir etc.
Lateinisches -/ (nach meiner mehrfach ausgesprochenen Ansicht
in unbetonter Stellung von der betonten Auslautssilbe her restituiert)
war in pausa unzweifelhaft tonlos, das bedeutet, da die proklitischen
Wörtchen nicht in Rechnung zu ziehen sind, mehr als ein Dritteil
der Rede. Dazu kommt die Stellung vor stimmlosem Anlaut Vor
stimmhaftem ist Assimilation nicht durchaus notwendig; man hört
z.B., auch da wo sie vorvokalisch sonst eintritt, emphatisch was
Mi er gesagi neben was had er gesagij anlautend r und / setzen
nach Stimmloser ganz gewöhnlich stimmlos ein. Frühfranzösisch
mafsgebend ist hier jedenfalls -/. Da sich festes -/ dauernd davon
unterscheidet, mufs dieses, da es qualitativ nicht verschieden sein
konnte, quantitativ verschieden gewesen sein, also gedehnt. Der
Doppellaut war gegeben erstens vom Latein, aus, zweitens bei Re-
duktion eines vorausgehenden Konsonanten, einerlei ob dieser den
vorausgehenden Vokal beeinflufst oder nicht, in deiii wie in souii\
inlautend dd zuerst in cubiiuSy iepidus, dann in subiianus, captieHus.
334 P- KLÜGB UND G. BAIST, ALTWff, DH Çtf) BTC.
Einfaches inlautendes / gelehrter Worte schloft tigb wahrscheinlich
an. Der Doppellaut dauerte nachweislich, als ca'^a^ ward» da er
Position bildet, und es liegt kein Beweis vor, daft «c vor dem
II. Jh. gekürzt worden sei. Die einfachste Auflassung ist lielmehr,
dafs du/t blieb, als /ui schwand. Latein, nachtoniges / der Par-
oxytona ist, wie Suchier richtig annahm, d gewesen, die der End*
vokal fiel, wie coude und chadel zeigen, und ergab also im Satz:
in pausa -</, vor stimmhafter d, vor stimmloser /.
dagegen war lat -/:
in pausa /, vor stimmhafter d und /, vor stimmloser /.
Die partielle Gleichheit in stimmhafter Stellung muíste in dieser
rasch vollständige herbeiführen, weiterhin aber umgekehrt bewirken,
dafs in pausa durch die in gewöhnlicher Rede etwa doppelt hau*
figeren -/ die -d verdrängt wurden. Die wenig zahlreichen latei-
nischen intervokalischen d im französ. Auslaut werden sich den -/-
angeschlossen haben, auch wenn hier, wie oben vermutet wurde,
vorfiranzösisch die Aussprache dh gegeben war: der Nominativ grez
entsprach ^atus^ der Obliquus folgte.
Dafs schliefslich der Abfall der -/ von der Stellung vor Kon-
sonant ausgegangen sei, wird durch die Fortdauer der gedornten
Dentalen unwahrscheinlich gemacht. Die -M aber konnten sich
auch nicht von der Stellung vor Vokal und etwa vor Liquiden ans
verallgemeinem, da jene erheblich in der Minderzahl war. Wir
müssen vielmehr annehmen, dafs die feim'ninen "dh^ die Maskulin-
formen beeinflufsten, trotz der Gegenwirkung des Nominativs, und
dafs von hier aus der Auslaut überhaupt ins Wanken geriet Diese
Einwirkung begann vor dem Schwund des intervokalischen Lautes,
vollendete sich erst nach ihm: Den Andeutungen, welche uns die
Schreibertradilion gewährt, entspricht am besten die Annahme, dafs
um 1066 -/ zum Teil noch bestand, zu Ende des 11. Jh. -/ und
-/^ gefallen sind.
Die von Kluge erbrachten germanischen Belege bestätigen fur
den Inlaut in unwidersprechlicher Weise das Zeugnis der Eide und
zeigen für die Zeit der Normanneneroberung die starke Ausdehnung
von '/h. Die bedeutend älteren swob und Cundop dagegen dürften
aus der Suffìxangleichung zu erklären sein; denn es ist zwar nicht
uimiöglich, aber doch nicht recht wahrscheinlich, dafs die -/ des
Alexius rein graphisch sind. Das entgegenstehende t5 in *paravrâio
halte ich aus anderweitigen Gründen für byzantinisch, das franzö&
Wort für deutsch vermittelt.
G. Batst.
Die SoJBSze aoous, ioous, ooous, uous (aoous) im Bomanisolien.
(Za Ztschr. 19, 171.)
£s sollen hier zunächst Nachträge gegeben werden, wobei
neben dem Französischen auch die andern romanischen Sprachen,
insbesondere das Italienische Berücksichtigung fìnden. Zum Schlufs
soll der Versuch gemacht werden, den Ursprung und die weitere
Geschichte jener Suffixe aufzuhellend
Accus,
Das Suffix -accus, resp. -acus (s. die Schlufsbemerkungen),
liegt vor:
Im Italienischen: Qbdccola ,cibo vile, cosa senza pregio'.
Trabacca, -^lcco ,Zelt, Baracke', schon von Diez II "^ v. tref von lat
trabs abgeleitet, (zf^rna^^a neben guarnaccia, afr. garnache ,Ueber-
rock', vgl. Diez I v. guarnire. Saracco ,HandsägeS also deminutiv
wie span, serrucho = serrucculum — sardin. serracu, s. Körting
V. serra. Bushacco, saccone, saccheria ,Schelm, Betrüger', zu busbo,
busbino. Pillaccola ,cacherelli delle capre che restano attorno al
pelame', pillaccata ,cosa di poca importanza', pillàcchera »machia di
fango', calabr. pilaccu ,fango, melma', s. Körting v. pila. Lucch.
piildccoro ,sfìlacciatura delle vesti' und piláccora »giovine sciatta e
sudicia' (vgl. franz. un joli brin de fille) Archiv, glott. it KU 131,
úd^, pilaccuni SiOQX^i^ xana pilaccunusu ^s\}\o%\ì&\ von pîlus. Pisciaci
chira = piscialetto, bambino. Altbergamaskisch , venez. , mailând.
tiracca ,Sehne, Nerv, Hosenträger, u. s. w.* von tirare, Abruzz. aU'
manacche (von an im a li a) ,animalaccio, balordo, allocco^ Altbergam.
sügaco ,sudario, fazzoletto'. Gen. bûxaccu ,taube Nufs', zu ,bugio',
s. Mussafia, Zur Kunde d. Nordital. Mundart v. buso. Lucch. don^
nàccoro ,donnino' Arch. gl. it. XII 131; Petrocchi und Fanfani geben
donnacchera ,donnuccia, detto per dispregio' und donnaccola ,don-
* Ocfters dtierte Werke sind : P. Aretin's Comödien, die vier ersten nach
der Ausgabe von 1588 (ohne Angabe des Druckortes), die fÜDÍte (Il Filosofo)
nach der Ansg. der Biblioteca classica economica, Milano 1877. — £. Hübner,
Monumenta IJnguae Ibericae, Berlin 1893. — Lettere di Calmo, ed. V. Rossi,
Torino 1888. — £. Lorck, Altbergama^scbe Sprachdenkmäler, Halle 1893.
— J. Zimmerli, Die Deatsdi-Firanzösische Sprachgrenze in der Schweiz, 2. Teil,
Basel 1895. — Italienische Wertformen ohne nâefe Quellenangabe sind den
Wörterbndiem von Fanlani, Petrocchi, Tommaieo entnommen. — Mit abruzz.,
calabr., sard., sicil., venez, wild «tf àie WiSfftMMdMr von Flntmore (Vocab.
dell' nso abmzieie, a. AnA, Gtttà d& CÉgfW" Sono» Pasqua-
lino, Boerìo TerwicMn.
336 A. HORNING,
nuccia vile e trista'- Buciacehera ,buccia che ciondola',
hängende Rinde'. Mtlacchmo (vino) ,che ha sapore di mele'. Zam-
bracca ,Hure', von zambra (camera), das nach Jeanroy Rom. 24, 466
ein Lehnwort aus dem Limusinischen, der Sprache der Troubadours,
ist; zur Bedeutung vergleiche man den Ausdruck ,in Kammern and
Unzucht' der Luther'schen Bibelübersetzung, Römer 13, v. 13. Die
mit -accus gebildeten Ableitungen bezeichnen m'cht nur das Prìnu-
tivum als verkleinert oder verschlechtert, sondern beseichnen auch
Wesen, die durch das Frimitivum in unvorteilhafter Weise beein-
ñufst sind oder in ungünstiger Beziehung zu demselben stehen: so
noch lunacone Aretino, Filosofo IV, 8 S. 351 ,mondsüchtig', pigiona-
colo , Mieter, Mietsmann', zu pigione, und vielleicht sard. Urncu
.Sklave', von terra (s. Spano und Arch. gl. it. 13, 123). Saidin.
Btuddcca, bucciacca ,saccoccia, tasca', zu buscia, borsa, borsello, sp.
burjaca. Calabr. f\)rchiaeca .porcellana' mit Sufñxwechsel. MotUuone,
zu matto, auch in den Abmxzen. Venez. Busdcola, zu busa, buseta,
„piccola buca". Parpagnace, bei Calmo, Gloss,, .specie di focada'
(auch bei Boerio); vgl. pagnotta ,un piccolo pane*. Picríndco, -dcolo
, Zwerg*, zu piccino. Abruzz. vumtnacd neben vumecá .vomitare",
vummacose .ributtante', s. Finamore v. vomeche; abruzz. sbtHdraea,
sbundracá ,sventrare i polli'; abruz. vermetiachc f. ,mal dei bachi',
.l'insieme dei vermi'.'
Dafs in fratacchiott€ {neben frataccio), brulacchiollo (neben bru-
taccio), muHaccàioni (neben maltacanc), paMSocehíoan (neben pazzaccione).
pretacckime, furbacchiotlo, bolacchiola (dim. dispr. zu bota .stupida.
sciocca') -occhi- nicht -aculum, sondern -accum -|-ulum ist, er-
giebt sich aus der Bedeutung dieser Bildungen: nur hat in -acekio-
die Verschmelzung beider Suffixe früh staitge funden, während die-
selben in püdceola, donndccoia, u. s. w. getrennt geblieben sind. Das
Adjekt. durauhiont ist in ähnlicher Weise aus -ac(c)um + uluni
entstanden: durada giebt Tommaseo mit der Bemerkung, dafs m
der Umgegend von Neapel duraca üblich sei; abruzz. serrdchir m.
.piccola sega' (in der Diebessprache) kommt von dem oben er-
wähnten saracco.
Accus liegt noch vor: im Portugiesischen buraco, apg,_/i(-
raco, asmrisch furaco ,Loch' zu furacar, furar und tavàco .Hobel-
span', cavaeàr , Hollhauen' (zu cana f. ,das Behauen, Behacken").
Vielleicht im Rumänischen gtnsäc, das neben g¡nsóc auch
von Tiktin, Ztschr. ig, ißy bezeugt ist; nach Diez ist das Suffix
unlateinisch, indessen ist die Existenz einer slavischen Endung -<ik
noch kein ausreichender Beweis für diese Annahme. In Betracht
kotmnt noch rum. spande .Spinat', sofern es nicht im't Devic vom
persischen aspanakh abzuleiten ist: franz. ipinachc (neben épinoche)
Ztschr. 19, 182, sp. espinaca, cat. espinac führen auf spîna-|-accum.
> Dazu kommen noch die Ztäcbr, 19, 18z A. besprocheiicD biacca vai
Lvsignacca auA mastacco. -accent .^iissoccio', sok-m dasselbe mit masticare
zusammenbSngt. ^- yannaccane heifsl der Verfasset eines Artikels in der
MuoTB Antologia vom 15. Juli 1S95; Pelrdccah steht Zischr. 20, 17, Z. 17.
SUFFIX ACCUS, ICCÜS, OCCüS, UCüS (üCCUS) IM ROBfAN. 337
Das Rätische (s. Pallioppi, Dizion. dels Idioms Romaimtsch)
hat mazzaam »eine Kriegswaife, der Morgensterns zu mazza f. »Streit-
kolben, Keule* und fundach , Bodensatz S it fondaccio.
Im Altprovençalischen: buzac (zu fr. buse) ,6ussard, Weihe*,
verächtlich »schlechter als Habicht oder Sperber*, huzacador ,einer
der mit Bussarden jagt* (s. Bertrán de Born, ed. Stimming, in der
Rom. Bibliothek S. 175. 184 und Levy, Provençalisches Supplement-
wörterbuch, der auch buzoc giebt). Botacais ,Backenauf blasen* zu
botar ,die Backen aufblasen* (s. Levy s. v.). Im Neuprovençalischen
(s. Mistral): hrumáco f. ,brouée, bruine* zu brumo ,brouée, bruine,
brouillard*.
Im Französischen: bei Godefroy: Potdache m. junges Pferd.
A. Ledieu, Patois picard de Démuin, giebt fummaquer , fumer
beaucoup* und housaquére ,femme malpropre*; letzteres beweist, dafs
lothr. hozèque (s. Ztschr. iq, 183) mit -accus zusammengesetzt ist;
epönaiS in der Nordschweiz (s. Schindler, Mundart von Sometan
S. 53), wo -acea -^isse, -aticum -adz ist, kann nur spinacca sein.
Brisaque , brise -tout* geben auch (s. Ztschr. 19, 182) Adam, Patois
Lorrains und Ledieu. t
E ecus.
G. Michaelis de Vasconcellos bemerkt Ztschr. 16, 72 A. 2, dafs
im Portugiesischen die Endung -ecOf 'cco dem Stammworte immer
einen humoristischen oder satyrischen Beigeschmack gebe, so in
padr-eca , Rabenvater*, pil-eca , Schindmähre*, son^eca , Schläfchen',
foih-eca ,Schneeflocke*. Diese Bedeutung pafst vortrefflich zu der
scherzhaften, kosenden, ironischen, die den verwandten Suffìxen
-accus, -iccus, -occus, -uccus eigen ist, und mufs die etwa
noch vorhandenen Zweifel an der Existenz eines Suffixes -eccus
zerstreuen. Eben dort wird sp. hahieca mit vollem Rechte von baba
,Geiferschaum* abgeleitet. Wenn sp. port, -eco^ ^eca und beam, -¿f,
f. "èqtu (s. Ztschr. 19, 183) -eccus fordem, so scheint
das Italienische ein SufSx -ecus zu besitzen. Zu ver-
gleichen ist Storm's Artikel über cerhoneca. Arch. gl. it IV 389, in
dem erwähnt werden: cerbonfia^ ,verdorbener Wein*, von acerb o-
nem (nach Storm von acerbönica); moccica m. ,Rotznase, Ein-
faltspinsel* zu moccio; spízz^a (bei Diez irrtümlich spfzzeca betont)
,Knicker*, zu spizzicare ,gustare a piccoli saggi*. Storm bemerkt,
dafs ,tutti questi derivati in -¿ca fanno da soprannomi di disprezzo*;
die weibliche Endung sei in dieser Funktion charakteristisch (vgl.
sp. port, babieca, padreca, baboca u. s. w.). Zu den Belegen, die
Storm giebt, kommen noch hinzu: mov^ca ,baggeo, scioccone*,
^ Der Name Rolachon im Murtener Steuerrodel von 1428 bei Zimmerli
S. 28, Z. 16 ist wohl Weiterbildung zu häufigem Rolin, Rolet,
^ Nach Storm wäre dieses -eca »il latino -leus romanizzato, cioè accen-
tato' — eine Erklärung, die abgelehnt werden muís, besonders aus dem Grunde,
weil augenscheinlich ein Zusammenhang zwischen jenem -eca and den Suff,
•accus, -iccus, -occus besteht
Zeitachr. t rom. PhiL XX. 22
338 A. HOKNING,
gleichsam , lento a moversi'; moriiifctt, appellalivo injurioso; e&fca
,baggeo, sciocco'; paslfco m. ,cosa sciocca e grossolana'. Die beiden
letzten Worter kommen wohl von ciho und pasta: die Ausdrücke
fur schlechte, un schmackhafte Speisen dienen Kur Bezeichnung des
Abgeschmackten. Man vergleiche paslocchia .dummes Zeug*, pattaceio
jTölpel, Dummkopf, pasioecfiiala ,cosa sciocca', (erbonea (Nebeníoim
zu cerboneca) .Narren streich'.
Neben -/co' kommt im Italienischen auch -fcco vor; dottortcia
.dottoressa' Aretino, Filosofo 1, 3; io imbavcccâto (wohl der Gefoppte,
Geprellte) ibid. IV, 2; cilecca ,befíe' (ramenta celia, sagt Tommaseo);
lucches. donneccoro .donnajolo'; bustcecora .pettorina' neben batucara
,chi ha bazza, gran mento', finicora ,cosa, fina e sottile', pìoggeeora
.pioggerella' (Archiv, glott. it. Xll 171); sardin. slramheccu .strambo';
Bardili, pidrécca, pitiuriua (auch pitterácca), ptttorecca .muro d¡ cinta
di un podere' (bei Spano und Arch. gl. it, 13, 122), von pectus,
pector + ecca, vgl. das deutsche .Brustwehr*; das von Storm Le
erwähnte mailänd. buzztcca, piem. buseea ,budellame' (vgl. it. busecchia
und Diez I v. bozza); Dante's Giudtcta Infern. 34, 117, eine Ad-
jektivbildung zu Giuda, la ¡pera Gtudfcca ,die Sphäre des Judas',
die Endung ist auch hier pejorativ.i
Auf Schwierigkeiten stöfst man bei dem Versuche, die Quan-
tität des e zu bestimmen: Fur den offenen Laut spricht: sp. babuca
mit Diphthongierung des gedeckten e; feruer die Angabe Faiifani's,
der sämtliche Wörter auf -tea mit f schnibl ; dabei ¡st auflällig,
dafs sich im Italienischen keine Spur der Diphthongierung dieses e
zeigt; vielleicht gab es neben den Bildungen auf tea solche auf
-cc-, welche die ersten beeinflursten und die Diphthongierung hin-
derten; so kommt neben dem gewöhnlichen aîfca cibecche vor.
Aretino. Ipocrite V, 7. Endlich läfst sich für den offenen Laut
noch die Erwägung geltend machen, dafs -eccus eine Parallel-
bildung zu -occus zu sein scheint, dessen 0 sicher ofTen ist; frei-
lich wird man diesem Argumente kein allzu grorses Gewicht bei-
legen, wenn man bedenkt, dafs neben -yCtus -eltus steht Ander-
seits schreibt Fanfani, Vocab. della Pronunzia toscana. fanfaìHto
.atto fimciullesco e smorfioso' und cilécca mit geschlossenem e; za
venez. mo/Jca (auch bei Calmo) .granchio marino nella stagione in
cui cambia il sguscio', von laL mollis, bemerkt Boerio, dafs es
.coll e serrata' gesprochen werde. Möglicherweise hat es also neben
-fCCo ein -ÇCCO gegeben. ^
' It. liifco iShl sieht nicht mit Diez ohne wntcres von obltqaa« ab-
leiten; allzu künstlich ist die vnn D'Ovidio, Gtundrifs I 50S gegebene Er-
klStung aus einem übrigens nnbezeuglen hlacsius; wabtacheinlich bt obli-
quas unter Einwiikiing des pejorativen Sul^xea -ecus zu bifco geworden.
In Ihnlicher Weise ist solttcco, ¡olUcehi (s. Diez II') .verstohlener Weite
ans sol^ ecchie, venez, sotúchio abgeändert.
* Ob das TOD Tommaseo gegebene Gtudeeca ,isola della cittk dì Veoeiii
et contrada di Ferrara' arsprünglich .Juden vier tel' bedeutet habe, vermag ich
nicht zu entscheiden.
* Sind it. iuiiccAüi, bustcckio. die Fanfani mit f schreibt, au dem oben
SOFFIX ACCUS, ICCUS, OCCUS, UCOS (UCCUS) IM ROMAN. 339
Giebt man die Berechtigung zii, ein romanisches Suffix -¿cus
anzusetzen, so liegt es nahe, dasselbe auch in den spanischen Bil-
dungen wie andariego, mugeriego anzuerkennen. Für dieses -iego
nehmen Diez und Meyer-Lübke iberische Herkunft an, ohne in-
dessen Beweise für diese Annahme beizubringen. Comu Grund-
rirs I yzo leitet galega, -a von Gallaecus ab und findet das Suffix
-accus in Lamego, Mondego, borrigo, mnh(go wieder. Hübner leitet
S, CXXI in ansprechender Weise den sp. Eigennamen Pacheco von
inschriftlichem Paciaecusi ab; dazu ist indessen zu bemerken,
dafs sp. 'ico -aeccus voraussetzt, damit also für -¡'fgo nichts ge-
wonnen ist. Selbst mit dem Nachweise eines iberischen Suffixes
-accus wäre die Sache noch nicht entschieden, da das romanische
-accus (-acus) mit dem keltischen -acura keineswegs identisch
ist, ebensowenig roman. -îccus mit gallischem -Iccura.
Zu Gunsten der Annahme, dafs sp, -iego, port -ego das oben
besprochene -f'cus sei, spricht zunächst die Bedeutung des sp. Suf-
fixes; es scheint dem Worte jenen humo ristisch -sa tjTisch en, pejora-
tiven Beigeschmack zu geben, den nach C. Michaelis de Vascon-
cellos (s. oben S. 337) pon. /¡adreca, soiieca, u. s. w. hat: andariego
ist ein .Pflastertreter, H eru m Streicher* ; mugeriego ,ein Mensch, der
den Frauen nachstellt*; paniego .ein gjofser Brotesser'; veraniego
,einer, der die Sommerhitze nicht vertragen kann , sommermatl' ;
noekamiego , nächtlich, auch trübsinnig, menschenscheu'; esperiego
(zu asper) ,wilder Apfelbaum'; astur. (3. Rato y Hevia, Palabras y
frases Bables, Madrid iSgil/a.varii'^« (zu páxaru = pájaro) ,el que
sin fijarse habla y anda de un lado para otro', also , flatterhaft' ;
casariegu ,el amigo de la casa y de sos menesteres' (= frz. casanier).
Zweitens spricht zu Gunsten der Ansicht, dafs -iego -^cus sei, die
Art und Weise, auf welche die spanischen Wörter gebildet sind:
mugeriego deckt sich genau mit bearn, hemiilc (s. Lespy und Ray-
mond, Dictionnaire Béarnais) ,qu¡ recherche les femmes'; mit anda-
riego vergleiche man beam, eslourric .schiapñ-ig*, von eslourra .glei-
ten'; mit veraniego beam. Ink .mondsüchtig' und trufte, f. trujìque
.Spotter*, zu trufe , Spott'; wie die S. 336 besprochenen Wörter auf
-accus bezeichnen die Ableitungen mugeriego. veraniego denjenigen,
der durch das Primitivum in unvorteilhafter Weise beeinHufst ist
oder in ungünstiger Beziehung zu demselben steht In einigen
Fällen scheint eine Verwechslung von -iego mit ^ego -Iciis stattge-
funden zu haben, so in cristianiego neben cristianego.
Für das Rätische ist -ec(c)us von Ascoli, Arch. gl. it. 7. 499 A.
nachgewiesen; dazu bei Palliopi barbecha , Flechte an den Baum-
E we igen '.
Eine Berichtigung erfordert das, was Ztschr. 19, 183 über das
iösische chcvlche gesagt ist: das v des altprovenç. cacee (s. Levy,
erwäbnicD butucca ■\-
geschlossen I
' Der Name k:
zusaramepgesetit, so würde auch tur jenes bvaecea
sein, vgl. Pacius, Psccins Arcb. gl.it.g, 415.
340
A. HORNING,
Provenç. Supplcmentwôrterbucti), das neuprov. cavico lehrt, daTs an
Zusammenhang mit caput nidit zu denken ist: das Wort komml
von demselben Substrat, auf welches frz. choiutte zurückgeführt wird:
die Endung -hhe könnte allerdings auch -isca sein (vgl. altprov.
cavesca ,Kauz' bei Levy), doch bleibt -eccus für das neuprov. tavtco
gesichert. Dasselbe Sufñx scheint voriuliegen in irtintkt f. (bei
Godefroy) .traîne, espèce de fJet' (vgl. temuche, trenuche .espèce
de chiendent' Ztschr. 19, 180 A. 3), die Form mufs pikard. sein; ist
das betonte t aus a entstanden, so liegt ein Beleg für das Suffix
Im Italienischen liegt -iccus, -icca vor in folgenden Per-
sonennamen: Giaiutiixo*, Name einer der handelnden Personen in
Aretino's Marescalco; Bealrkca, Koseform zu Beatrice, Aretino,
Cortegiana, Act III, Sc. 6, S. 85 V, Z. 2 (die Ausgabe der Biblioteca
classica schreibt S. 114, Z. 21 Beatricicca) ; la signora Marlieea (eu
Martha) ibid., ActV, Sc. 17 (in der Ausgabe der Bibl. class. Sc 18),
S. laor, Z. Ó; Anichino'^ und Âitichin in Boccaccio's Decamerone
VII, 7 passim und in den Briefen Calmo's (Anichin Carangolo)
S. 160, Z. 14 V. u. ist wohl Kurzform zu Gianniccc. Dasselbe Suffix
liegt vor in Zanichelli, dem Namen einer bekannten Buchhandlung
in Bologna (vgl. damit Zani, Zanino, Zanoto, Zanardeiii, u. s. w, zu
Johannes) und Zanicoili? Nach Spano, Ortografia Sarda I S. 50
,1a desinenza in icu è esclusiva ai nomi vezzeggiativi proprii d' uomo,
Pìriiu .Pietrino', Anlonicu ,Anlonio', Johanniat .Giovannino' e molti
altri,'* -Iccus hegt vor in den Appellativen: Marlinicea ,Hemm-
scbuh', icongegno per frenare i carrozzi alla scesa'; man vergleiche
damit martincllo ,WÌnde zum Spannen' und bei Godefroy fra. mar-
tinet ,engin à contre-poids, propre à lancer de grosses pierres*; im
Sardinischen bezeichnet martiniaa den jAfTen'; vgl, wallon, marliktf
,A£Fe' Ztschr. 18, 257. Pasticai und posticce. Deiainutiva zu pasta.
Trabiccolo ,Art Gestell, Wäsche zu trocknen*, von trabem; vgl.
unter -accus irabáccolo. Murmicca ,Tôlpel, Gimpel' (neben wor-
trifca, s, oben unter -eccus); aufserdem kommt noch ein mormic<a
[= micco) .Affe' vor, das an sp. mormo , Mandrill, Affe', ital. mor-
mone ,sorta di diavolo' erinnert. Orirhlcco ,Baumharz' ist vielleicht
Deminutivum zu orichalco,^ also gleichsam , Messingslabchen', das
' In den AbruzicD bezeichnet Giaurticehc sm. fam. e per isch. den
" Damit identisch ist aHÌchia , fantoccio', bei Citmo, Glossar; der HersDi-
geber will darin das riamos, mannequin sehen: vielmehr natiuie man diï
Puppe .Hänschen'.
* Das Wort findet sich in dnem ,rút divers' aus Paris in der Strab-
burger Posi des 14. September 1S95, I.Seile, 3. Spalle.
* Auch in Appellaliven, satilite .divotello'; dasselbe Wort iat in Veglia,
Arch. gl. it. 9, iSl, santdica (} ^ à) .santissimo', womit ii. sanlotchio, sp. ja«-
lucho ta vergleichen sind.
' leb glanbe, diese EiklSrung schon irgendwo gelesen zu haben, doch
lunn ich mich nicht mehr enuionen, wo,
SUFFIX ACCUS, ICCüS, OCCÜS, UCÜS (UCCUS) IM ROMAN. 34 1
Gemeinsame wäre die gelbe Farbe. ^ Mit dem deminutiven SuiBxe
gebildet sind die Verba scalficcare (zu scalfìre, s. Diez II*) ,stacchare
poco a poco qualche parte di checchessia' und calabr. gatticcá
»maniera di scacciar via il gatto', s. Scerbo, Glossar.^
Auf ein Suffix -leus mit gleichfalls deminutiver Bedeutung
geht zurück mollica (mit betontem 1) , Brosame, Krumme*, von
mollis, dazu molliccico, molicone^ mollicume (ein Verbum mollicare
fehlt); calab. munddica ,briciolino*; abruz. mijiche ,mollica, midolla
del pane*, adj. mujicôse^ demin. mijichelle f. ,micolino'; man vergleiche
damit bei Petrocchi miccichino ,miccinino*. In abruz. vennericule
,Wiederverkäuferin*, mericulcy muricola , Maulbeerbaum und Maul-
beere* (zu m or um), curricule ,barroncíno* und wohl auch redicule
,cosa da nulla* (zu rem) ist -îcus mit spät angefügtem -ulus zu
erkennen; lat -ïculus wäre zu -ijjiy -icche ge worden. ^ Folgende
Wörter sind für -îcus weniger beweisend, da möglicherweise vor
dem Tone eine Vereinfachung der beiden -¿"f- eingetreten ist:
Panicona ,veste da camera* und panichina ,donna di cattivo nome*
(auch bei Fanfani), zu pannus: beide werden als scherzhafte Be-
nennungen bezeichnet, was zur Bedeutung des Suffixes -i(c)cus sehr
gut pafst; man vergleiche lyonn. panöussi ,torchon, personne molle,
sans énergie* und afr. panosse ,FIexe*. Pazzicone ,pazzerello*. Barbi"
cone ,grossa barba maèstra, fittone* und barbicala ,ceppo d'albero
con tutte le barbe attaccate*. Sassicheta, ^eto neben sasseto. Andere
wie barbicohy bollicola mögen gelehrt sein. Erwähnung verdienen
noch (s. Lettere di Calmo, Gloss.) nordital. bolzeghirty Dem. zu bolza
(Börse) und dolceghin^ dolceghineio zu dolce (vgl. domenighina und
boresin »venticello*, coresin ,coricino*); e kann durch Dissimilation
aus i entstanden sein.
Ein interessantes Deminutiv auf ^iccia ist pauriccia zu paura
(nach Valentini eine voce bassa).
Im Französischen kommen an Personennamen hinzu: Lori"
chon (bei Vapereau) und Loriquet (bei Sachs und Larousse), Deminutive
zu Laurent (vgl. Loriche Ztschr. 19, 171); afr. loricart (s. Godefroy)
bedeutet ,fanfaron, guilleret, qui fait le galant*; dazu ein Verbum
loricarder ,flâner, muser, traîner çà et là* ; der Name Laurent mufs
typisch geworden sein für einen prahlerischen, selbstgefälligen
Menschen; in ähnlicher Weise ist nach Godefroy Jeninot, Jenin,
Jehannot, Jehan gleichbedeutend mit sot, niais, cocu, Jaquet mit
sycophante, bouffon; une Jeanneton ist bei Lafontaine eine ,facilis
puella*, u. s. w. ; die Endung "icari liegt noch vor in (Marie) Hiri"
cart, dem Familiennamen der Frau Lafontaine's. Lobrichon (bei
* Mit -ice US gebildet sind wohl auch abruz. ùchicche m. per isch.
»personcina piccola' zu liche fam. »piccin, piccino', niche, nicche »picólo* zu
nïende »niente* und palicche m. »stecchino» stuzzicadenti* zu palus.
' Mit 'tcC' sind Wühl auch gebildet sic. diavulicchio (= diavoletto)» duU
turlcchio (dottore) und doliccicare. Dem. zu dolere, neben dolicchiare.
• Graticola »Rost* gehört vielleicht ebenfalls hierher. — Moccico, briccica
sind nach Meyer-Lûbke, R. G. II 455 postverbal nach moccicare, briccicare.
34* A. HORNIKG,
Vapereau) ist wohl Deminutiv zu Aubry mît aggtuüniertera Aidkd
(vgl, Landrìche =^ André). Wenn Rìquel (à la houppel, wie Schelec
vermutet, mit Aiberic, Aubtron zusammenhängt, so kann es nur
(^/Äi)r+icc + et[us sein. (Madame) Colliehon, zu CÌj/iV^i; (Nicolas)
in den Chansons Normandes aus einer Hs. des i6. Jahrli. in Vaint
de Vire d'Olivier Basselin, pubi. p. Jacob, 1858, S. 224, Z. 3. Das
femin. Ci>/ji"Aí begegnet nur als Kuhname' in Zola's Terre S. 4 und
passim (auch in Sachs Supplém.). Allgemein übUch, auch in Paris,
scheint Ninkhe (Demin. zu Annette, Jeannette) zu sein. Niniche
ist der Titel einer dreiakligen Vaudeville -Opérette von BouUard.
Rijbiqaet\ Demin. zu Roben, bei Vapereau und in Zola's Terre
S. 100. VahqutI (Demin. zu valet) bei Eust. Deschamps, ed. Queux
de SL Hilaire, Bd. 6, S. 54, Z. 25. HcnriqutI (vgl. damit Henriol)
in einer Anzeige der Station thermale von Vichy (Elsassisches Sonn-
tagsblatt vom 7. Juli 1895 S.215) und in der Revue Chrétienne vom
I.Januar 1894 S. 5Ó.3 (Aymonet) Amiquei in dem Freiburger Steuer-
rodel von 137g, bei Zimmerli S, 98, 2. Spalte, Z. 11. Besondere Be-
achtung verdient der Name des Dichters Walnqur/ (aus Couvin),
weil derselbe in den Texten mit Waireqiiin wechselt. Scheter, der
den Namen richtig als ein Deminutiv des deutschen Walter (fra.
Gauthier) erklärt, meint (Dits de Watriquet de Couvin, Bruxelles
1868, p. XI) ,(]ue la finale -quin du suffixe germanique -quin se
francise généralement en -quel ou -col; de là Walrtquin Wa/riqiui,
Piercot pour Pierrequin, Raniquet pour Ranekin (zu Renaat oder
Renier)'. Scheler sagt nicht, woher das i io Waln'quet slammL
Seine Erklärung hat übrigens zur Voraussetzung, dafs es im Fran-
zösischen ein Deminutivsuffix -ice- gegeben habe. Wahrscheinlicher
ist mir, dafs jenes -tquin nicht deutsch, sondern romanisch ist;
'¡quin wurde nach bekanntem Lautgesetze zu -equin, (Fierro) Gilli-
kin kommt in dem Freiburger Rodel von 1445 vor, s. Zimmerli
S. 105, Z. 16, wozu bemerkt wird, dafs der Name noch beute im
Waadtlande vorkomme.* Bonnardot, Etudes Romanes dédiées à
G. Paris, bildet S. 373, Z. I i poliquel ,Töpfcheii'; zu ,pol' gehört auch
poliche.
Für die Ztschr. 19, 172 erwähnten Fersonennamen wie Calisieu,
Andrissou finden sich auch Belege in Rousselol's Patois de Celle-
frouin Rev. d. PGall. Rom. 5, 12 [384]; Jantstou (Jeaiuiet), Gatistna
(petite Agathe), Marissou (petite Marie); -ou ist ^ frz. -on? Im
Osten findet sich Ptrisson, Pcrrissona (zu Pierre) im Freiburger
Stcuerrodel von 1379, s. Zimmerli S. 97. 99. 101 und passim. Diese
' Herr Lichtenberger, Professor an der Faculté des Lettres îd Pitík,
teilt mir mit, dars er io Biarritz einen Esel Cotiche mieti hörte.
' Aus Sadicc + spät angerügtem -it, vgl. sp. Mariquita.
' FuUiquit hejbt ein Professor in Lyon (vgl. die Revac Cbrétieon« vom
I. April 1893).
' Mamiquin (= [nanncquin, Korb) hat jBubert.
' Aehnlicli gebildet sind it. Guidiccioni und Baidicciiine, Kominia \t.
S96, Z. 5; mit letzlcrtm vergleiche man in.. Bodechon.
SUFFIX ACCUS, ICCLS, OCCU5, UCl'S (üCCUS) IM ROMAN. 34J
Bildang auf -isson ist wohl identisch mit der altlrz. auf -tfon in
Roheçon.^ AuffäUig ist freilich e statt i; könnte nicht Anbildung
an die Namen auf -tguin staltgefunden haben? ,Watrequet' hätte
man nicht gesagt, um nicht zwei c auf einander folgen zu lassen. —
An Appellativen auf -issouti finden sich bei Mistral goutissou .Tröpf-
chen' s, V, goutihoun und bei Roüsselot I. I. crapissou ,klcine Kröte*.
An Appellativen auf -ühe, -ichon sind nachzutragen: Bei Gode-
froy; moinichon .Mönchlein', pouUchoti^ , Füllen', und im Complément
baudìchoit ,pelit baudet' (zwei Belege aus dem l6. Jahrh.}; cam'chon
.Entchen' ist im Dictionnaire général aus dem Jahre 1611 belegt.
Fräulein Marguerite Berlioux, aus Versailles, teilte mir mit, dafs
eine ihrer Mitschülerinnen den Spitznamen Tordühon führte, weil
sie bei jeder Gelegenheit sagle c'est tordkhon^ (so viel als .c'est
tordant' ,'s ist zum Wälzen'). Frl. Bt-rlioux ist auch der Ausdruck
hebkhim (bébé) sehr geläufig. Pâlichon m. ,Null-Pasch im Domino'
(nach Sachs) ist wotil dasselbe Wort wie pâlichon .bleich'. Gonichon
.Kappe des Zuckerhutes' (s, Littré) mufs alt sein, da es von längst
nicht mehr üblichem afr. gone abgeleitet ist. Falicol .kleiner Fisch-
zaun mit Thflr* ist Deminutiv zu palis .Verschlufs bildende Pfahl-
reihe' (Sachs). Verniqiul heifst eine Strafse in Paris; es ist dies
wohl Demin. zu afr. veme ,Erle'; Vernes, Vernier. Vernet sind als
Familiennamen bekannt Mit dem Suffix -icc- sind wohl auch ge.
bildet die beiden Verba (bei Godefroy) aplanichier .caresser de la
main' und escobichier .escamoter, enlever avec adresse' zu escobaier
.glisser', escober .échapper*, (en) escobert (en cachette). Lardicke
(bei Sachs) .Kohlmeise' neben lardenne, lardelle, bei Littré larderon
.petite mésange bleue', forez, lardichi bei Mistral v. lardiéro. Gode-
froy hat coe/ficher .ouvrier qui fait des coiffes' (dasselbe was coifier).
daneben coi/fichier .sorte de coiffe {?)', in dem Ausdrucke .ourler
mes coeffichiers' (bezeichnet das Wort nicht vielmehr eine Tasche,
ein Säckchen, um die coiffes aufzubewahren?): coi/ßchier ¡st m. E.
von *coi/ficht abgeleitet, einem Deminutiv von coifft. Im Morvan
ist Ioniche eine .interjection familiäre aux femmes, variante adoucie
de tonnerre, considéré comme juron' (Chambure), in Montbéliard
tonitche; dafs diese Erklärung richtig und -icht auch hier das De-
minutivsuffix -iccus ist, erhellt aus der Nebenform ionneült, eben-
falls ein Deminutiv zu tonnerre. Zu boUguts vgl. boiliuqtut unter
' O. Paris niEint Romania 34, 607. dafs Jíobejon nicht in ilicscn Zu-
sammeabang gehöre (ne saurait Eue tange ici). Einstweilen, bis Pari» seine
Erkianiny roitgcteill hat, halte ich an meinet Autfassune fest, -issoH =Icc-
* Puliiäu uod feräou .Bimchea' sind auch für CellefrnuiD bezeugt, 1. c.
* Von den bereits froher etwähnlen Wörtern auf -ichon kommen mehrere
bd Zola ror: dräUchon Assommoir 5. 4S1 und Pot-Bouille 5,l6S; bennâhan
Assom. 459. 495 ; U mire Godichon ib. 4Î0; maigrichonne Tene 1S3; godiche
fem. Pol-BoiiiUe 16B. Ftau Pfarrer Roehticli in Elbeuf. eine geborene Ftan-
lösio, sagl mit, dafa lut ihr Sprachgefiihl Jie Adjekliva wie drSlichon etwas
s haben i von Substantiven wie bannichon gelte das otcht.
344
A. HOKNING,
Oeeus.
In den italienischen Mundarten ist nach Ascoli, Arch, glott iL
7, 5g8 Suffix -öiCD ein .derivatore assai frequente'.i Es werden dori
erwähnt: pfsec^ .pesante', mail, pa/oc .paturnioso*. venez, palàeo .pa-
tente', boi, sadéc .frollo, cascante', pann. arnóc .barbogio'.
Es soll im Folgenden noch eine Reihe Belege aus den íial.
Mundarten und dann auch aus der Schriftsprache beigebracht
werden: venez, balaca .voce scberíevole. che usasi fam. per batti-
tura', baloea ist auch portugies.; lomb. bacoc ,G locken schlage!', atta.
bacocca .Trommel sebi agel' (zu it bacchio); mail, bäurisch éíífoeea xa
siña ,3onnecchiare' (vgl. Lorck S, 2ia. 179); venez. pagiiJca .pane"
{daneben pagnota), sicil. pagnocca, -ceni .piccolo pane' (vgl. bei Gode-
froy panoche); sie. paghioccu , paglia assai minuta'; sic. pîloccu .fila-
mento sottilissimo*; sic ßoccu .filo per !o più spicciato da panno
rotto'; crem, bugnocca .Beule' zu mail, bugna, s. Diez I s.v.; abruze.
melóccke .morchia, feccia del olio', von mei ,Honig' (nach der Farbe);
abruzz. babbóche .avo' {¡t. babbo).
Aus der italienischen Schriftsprache: Pesoceo .pesante',
Aretin. Filosof. Ill, 1 1, 8.342, 7.. y, filastrocca, -occola .lungagnata
di nomi, ragioni, parole' (vgl. frz. défiler, filière, enfilade); merdoixû
.An Salbe', zu merda; spiríiocco .spreg. zu spirito' (s. Petrocchi);
pacioccone, -ona (^ pacione, pacifico); peloco .calvo' zu pitus (bei
Calmo, Gloss.); criocca .Bande von bösen Leuten', vielleicht ru cricca;
aniirocco, -occola (schon bei Diez); balocco ,GÌmpel. auch Spielzeug
für Kinder', das Diez. Kleinere Arbeiten und Recens, S. 179 in
ba-locco zerlegt, ist vielmehr eine Ableitung von balla, me venez.
haiôco de neve ,pallottola di neve', balacada, ¿ntbalocar .far pallottole
di neve' lehrt; sic. badJoccki ,di qualunque cosa fatta a guisa di
pallottola'; die Reihenfolge der Bedeutungen ¡st also: Ball, Spìel-
ball, Spielzeug (Hampelmann), Gimpel. Maulaffe.^ Sic. hiddocculu .bel-
loccio', Belhcora bei Sercam bi. Novelle Inedite, p. R. Renier S. 246;
Arch. gl. il. 12, 173 palloccoro .zolla di zucchero', piangioctoro .pia-
gnisteo'. Zu beachten ist auch noch bacioccolo ,beckenartiges Ton-
werkzeug' und bacioca .patera' in den Krfurther Glossen, s. Diei 1
V. bacino.
In einer Reihe von Bildungen beruht -occhio nicht auf-ucalum,
sondern auf -occus-J-ulus: venez. /ratocàio (^ hai /raldccolo bd
Petrocchi); venez, sartlochio, abruzz. sanduchiare .bigotto', bei Boc-
caccio saniotdo (vgl. auch sp. santucho ^ santucculo): — die
Endung -üculus ist hier schon durch den Sinn ausgeschlossen.*
Ci rapporta, sagt AicoH, a quel derivatole di voci che or paiono
ilive e 01 dimlnativc, ma sod propriaments dileggialive.
Zu venez, pesâco bemerkt Boerio, dafs es coll o laigo gesprocben werde.
Im ital. sciocco, von exsuccas [i, Körting. Nachträge jozj), ist ttesra
p wohl Beeinllussuag durch Suffix -occus anzunefameo.
Nach d'Ovidio, Grimdrint 1 51S hat die ganie Reihe auT •aec/uà =
m offenes p, pidçcchia, ginocchio, dieselbe soll sich çcchie, lirfteU».
SUFFIX ACCUS, ICCÜS, OCCÜS, UCUS (UCCUS) IM ROMAN. 345
Mit ital. mazzocchio vergleiche man venez, mazzóca, -ócola^ sic. maZ"
zócculu ^specie di martello^ (= sp. mazocho ,Schlägel^ bei Tolhausen),
mazzócco (Petrocchi) ; mit ital. pinnocchiata ptgnoca (bei Calmo), venez.
pignocadüy sic. pignuccaia, Aehnlich gebildet sind noch: batòcchio^
gredn. batqtl, s. Gartner, Gredner Mundart S. 1 4 (vgl. venez, batoca) ;
pastòcchia, pastocchione\ infinocchiare ,be trügen* (vgl. íxz, finoche).
Im Portugiesischen (vgl. Reinhardtstoettner's Grammatik):
dorminhoco ,schläfrig*; bichar ôco ,grofser Wurm, ekelerregendes Tier*
(auch bicharía) ; bichoca f. kleines Blutgeschwür, bichoco m. vulg. kleine
Kinderkrankheit; beiçoca fam. dicke Lippe (zu beiça, beiço); beijôca
burl. Schmatz, lauter Kufs, beijocár ,oft küssen*; moçoco (Demin. zu
moco); cavoucar (zu cavare) in den Steinbrüchen arbeiten, Subst
cavouco; dazu die schon erwähnten baíóca, babócaA Unser Suffix
liegt auch vor in folgenden Koseformen von Taufnamen, die
H. Schuchardt Ztschr. 12, 317 aus dem Kapverdischen beibringt:
Belôca (= Isabel, vgl. sp. Bélica) und Doca (Theodora), wo -^ca an
Stelle von -ora getreten ist
Im Spanischen milocha ,Papierdrache', cat miloca , Windvogel,
Papierdrache*, s. Körting v. mi Ivi us; sp. pelartucas f. ,Spinnweib'
, Lohnspinnerei* zu pelar ,ausraufen, rupfen*.
Im Rätoromanischen (vgl. Pallioppi's Dizionari dels Idioms
Romauntschs) : manuocha f. gröfserer (mit der Hand geformter) Käse;
paluoch m. ,Pflock* (zu palus); balìoch ,kleines Fuder Heu*; bajocca,
sbajocca m. f. ,Schwätzer, -in*, zu baja ,Geschwätz, Plauderei*.^ Vgl.
auch Ascoli, Arch, glott it 7, 500.
Im Altprovcnçalischen: badoc, badoca , niais, sot' zu ba-
dare, s. Raynouard und Roman. Forschungen 4, 437.
Im Französischen zu den Personennamen auf -oche-, Ninoche
(s. oben Niniche) fand ich zweimal in illustrierten Blättern als Name
von Damen der Halbwelt: In La Chronique Amusante, Grand Journal
Illustré International (Jeudi 25 Avril 1895 S. 6 „je ne comprends pas
que Ninoche reste avec ce crétin d'Abel**) und im Supplément Illustré
des Journal pour tous (Mercredi 5 Juin 1 895 S. 5 „permettez-moi de
vous présenter Mlle Ninochi^'), In der Chronique Amusante (30 Mai
1895 S. i) heifst eine junge Dame Totoche (les pneu à Toioche), als
Femin. zu dem bekannten Toto. Fannoche kommt als Nebenform
zu Fanny vor, wie mir von Frau E. Roehrich in Elbeuf und von
rocchio aogeschlüssen haben; einfacher ist die Annahme, die Reihe -^chio
= occus + ulus habe die Reihe -occhio = üculnm beinfluCst.
^ Eine Ableitung anf -occens ist ptg. caläoca ,kraftlosc, dünne Brühe'
(i^l. caldaça, calducho).
' Das Rätische besitzt zahlreiche, echt volkstümliche Bildungen auf -ó» :
tremblö* ,Zittem', sgrifflöz »Gekrätz*, barbuiöz, barbaron ,UnterkinnS bütschöz
»Russerei, Gelecke'; •oc(c)cium wäre zu -otsch geworden, während -öz auf
- o ti um weist; ein derartiges Substrat läfst sich nur gewinnen durch die An-
nahme, dais -ottus zu -ottius erweitert wurde; culiez erklärt Ascoli Arch,
gl« it 7^520 aus collocjo oder collotjo.
346 A. UOKNIKG,
Herrn Professor E. Lichtenberger mitgeteilt wird. Fiiimbochc \
der Held eines iSgj in Paris erschienenen Romans (vgl. damit Le
Tambour-Major Flambnrdin von J. Lemaire bei Dtlagrave, 1895).
Nach dem Diciionoaire Général ist Guilloche (zu Guillaume) seit dem
Ende des 15. Jahrh. nachgewiesen. Pignochard ist ¡m Journal Amu-
sant vom 22. Juni 1895 der Name eines schlechten Malers (vgl
nonn. pignocard ,qui mange brin à brin"). In Cehefrouin RdPGR
5, [383) Pinoèou, le petit de Pinas (= la petite Pinaud).
Aus Godefiroy: binoquitr^ (zu biner, binoii, instrument aratoire);
miUoque f. millet, bouillie de millet ; cabrioehe .petite chèvre* ; pimpiother
.s'altifer' (vgl. dort pimprmelU f. .futilité'): Littré s. v. pimpant hat
pimpelocher, Sachs pimprtìocher; ptndeloche .membre viril', bei Litlré
pendeloque, bei Cotgrave pendiloche, bei Chambure pendrillon;
pmgocfier .peigner* wohl dasselbe wie pignocher; apinocher .s'arrèler
aux bagatelles', dazu espinoche und espi'naeke; garoehier, warequiir
.garrotter'; vigneche ,cwaom\\W; /alivûcki, s. fallevuche xaxiex -mccus;
marroche ,dim. de marre, pioche', marrochon .petit instrument de
jardinage'; amanocquier .garnir de gouttières', amanoquemcnl .action
de garnir de gouttières' (vielleicht hatte die Dachrinne an ihrem
Ende die Form einer Hand); mamqiie .petite maison, cabane, sorte
de bateau; manoquel (de buffet) vielleicht .Handhabe'; clavmtht .clou
d'ornement'; balleuque f. .enceinte extérieure, banlieue' (wohl pikard.,
tu ^ gedeckt, a auch ostlothring.). vieil, zu baile; (im Complém.)
verloquer .mettre un tonneau en état de servir*, zu vertir (tourner).'
Aus anderen Quellen: Aus Zola: flanochtr Assommoir 191;
palotkes (zu patte .Zeugstreifu') ib. 40g, pitoche (il fallait le voir (le
vieux) toujours en petoche autour d'elle) ib. 472. caloquei (de ve-
lours), zu cale (calotte), vgl. caluehot .mauvais bonnet' (Ztschr. ig. iSo),
ib. 472. 491 ; è/filoquer. Böte humaine 32. Epinochi ,6pinard'. Patois
de Jons (Isère), RdPhilol. franc, et proven«;. ^, 230. Pinochet (bei
Littré) ,chevil!es que les tonneliers mettent pour retenir les cercles
du jable', nach der Korm der Zapfen. Bidoche (vgl. Ztschr. 19, 178 A.)
bezeichnet, wie mir Frau Roehrich mitteilt, in dem argot der Me-
diciner das dem Studenten zum Secieren zugewiesene Stück eÌDer
Leiche. Lyones. lokehes .galoches' (zu talon). Ira Dictionnaire Gé-
néral ist V. bimbelotier (qui fabrique des bi(m)belots) auch binalo-
quier aus dem Jahre 1680 verzeichnet. L0Ú11. aimairocAi .scabieuse
des champs' bei Adam, Patois Lorrains S. 2ä8 und norm, amcui-
roque f. (bei Fleuiy, Patois de !a Hague) ,nom vulgaire du chrj'-
santhemum leucanthemum et de l'anthemis arvensis. plantes tré«
ameres' ist von amarus abgeleitet, Riocher (zu rire) hat Litlré
V. riotter aus Saint-Simon. Barocker (argot der Maler) .scbmieren,
kleksen' (bei Sachs), vieil, von barrer. In Celiefrouin I. c. vinoim.
' Dasselbe Woit igt vielleicht bHaquer .umpHägen' (Sacht).
• Ableitungen auf -oeeeus sind afr. (Godefroy) barboce .masque* (nelioi
barbote), prov. {a. Mistial) cambroussa .bouge, cambuse', lyon. ckambaíii e
.chamba* Bein.
SUFFIX ACCUS, ICCUS, OCCDS,
S (üCCüs) IM ROMAN. 347
,fils qui se trouvent dans cer-
zu vinos , petit vin', fihsou,
tains légumes'.
Ùcus, b'ccus.
Im Italienischen giebt es eine grofse Zahl Bildungen auf
-acolo; diese Endung tritt an Bezeichnungen von Personen und
Sachen, an Substantiva und Adjeltiiva: frahicoh, prttucoh, patsttcolo,
Uggürurolo; sie ist nicht blofs deminutiv, sondern auch pejorativ.
Nach Diez RGr.^ II 313 hat ,bajue-o!a {von bajuca) zu dessen Ein-
führung verleitet, indem man es für baj-ucola vom gleichbed. baja
nahm". Auch wenn man die Richtigkeit dieser Erklärung zugiebt,
wird man auf ein Suffix -Qcus geführt, da bajuca nach Diez 1 von
baja abgeleitet ist: -ucolo verhält sich zu -uco wie -aecolo in cibáceoh
und -kcoio in trabiccolo zu -ateo und -Ìccb. Bis auf die eigenartige
Behandlung von -oio ' deckt sich mit der italienischen Endung die
spanische -ujo, blandujo"^ {mit sp. Maruja, Caíuja^ vgl. man it. Gian-
mico/ú*); die sp. Fonnen können nicht nach agii/'a gebildet sein,
wie Meyer-Lübke RGr, II 469 vermutet, weil diese Erklärung för
das Italienische nicht pafsL Es gab \'ielmehr in beiden Sprachen
ein deminut. und pejorat. Suffix -ucus, mit welchem acucula und
aatrOcus (asp. malas/rugo) gebildet sind. Ueber -ucus im Ital.
Span. Portug. ist noch Meyer-Lübke 1. c. S. 456 zu vergleichen, wo
indessen -ucus nicht als deminut. Suffis anerkannt wird.
Es fragt sich nun, ob das Italienische neben -ucus* auch
-nccus kennt. In einigen Wörtern bemerkt man ein Schwanken
zwischen c und cc: Petrocchi und Tommaseo geben piagttiicolarc,
während Salvioni, Dialett. d. Milan. S, 235 zweimal piagmucolare
druckt; íiJjííío/ií {Petrocchi), casuccola (Tomm. und d'Ovidio Arch. gl.
it. 13, 361 A. i); pelruccola (Petrocchi und Tomm.) neben pelrucola;
nach Tommaseo kommt neben genlucola auch gmluca vor, andere
lesen gtntueca und die Crusca habe ginitucht.
Auf -uccus weisen: ahiazz. ammarrucc/iiie .chiuso in se, taci-
turno, raggruppato, dtsch. verbittert', von amarus; ammazsuccá
.battere il lino o la canape col mazzapicchio', auch sard, masssuccare
und amm- ,baltere'; sard, «m mflMiíCf ai' .palpeggiare, toccar colle mani';
sard. ÈQciuccare ,baciare frequ en temente' (bei Spano s. v. basare);
' Io rivcndligliola ist, wie es stheint, ■ucola m -uglia ccwonlen. dann
neuerttiiigs -01*1 angelugt.
' Gleichen Urapiungs ist port, -uihii in fedregulho, das nach Cornu
Grundrifs I 717 vielleiclil auf grieih. -vXÎJOv luiöckeeht.
' Dais sp. ■'cculas xu ch wird, beweist sp. cacha, dus nach Meyer-
Läbkc lat. caccsius wiedergiebt (s. Körting, Nachtrag 1450>}.
< Der PersoneoDsme Baluchi» d' ì Ventosi (Lettere di Calmo 117 S. ibt,
Z. 7) läfst sich aU Demin. von Annibale auffassen.
* -ucus liegt noch vor in fachiuca ,intrnglio, Tnangiare mal cotto', fac-
ckàicone, sfacehiuceare, lu pachione ,VÌeiriaÌ9', pacchiare igefrärsig sein';
biaja'ucare (Petrocchi), óiasciucoiare nnd biasciucchiare, zu bìascìarc .man-
puechiare roalameoie' ; ilie letite Reibe ìal lehneich, sie »elgl, dafs die Verba
auf -ucchùirt auf eia Deminut i vsalfix -ucu9 oder -uccus zarfickgehen; strd,
iiterrujare .gettar per terra'.
3^8 A. HORNING,
it arriechiucckilo. Dem. zu arrichito; pilûceari, s. Diez 1; der Fraoen-
name Genluaa (: Lucca) in Dante's Purgatorio 24, 37, der, wie
Tonuuaseo bemerkt, von gente, gentile kommen wird; úc. puggktutca
(pagliuca).'
In dieser Ztschr. 15, 98 bespricht Schuchardt das Rumäniscbe
bulik , Klotz, Block, insbesondere Fufsblock', das zu rum. but ge-
hört (butaclú , stumpf), und ohne selbst zu einer bestimmten An-
sicht zu kommen, verwirft er die Ansichten der Gelehrten, die iur
jenes bulúc türkischen oder magyarischen Ursprung annehmen; am
einfachsten wird man in -lic das romanische SufGx -uccus sehen.
Aus dem Rälischen verdienen Erwähnung unter-engad. mûi'A
.furchtsam' (s. Palüoppi v. Unuoss) und obet-eng. haUücbel .Bastard"
, ungezogenes Kind', bastückci bastard iHurenbalg'; das Wort, das
nach Pallioppi keltisch sein soll, ¡st aus dem Stamm von bastard
und den Suffixen -uccus und -ellus gebildet.*
Aus dem Spanischen erwähnt Diez I v. baro altes baruca
,Lîst'; port, baiuca .Kneipe', zu afr. bay ,auberge' (bei Godefroy).^
Aus dem Altfranzösischen (s. Godefroy): botlluguu t (auch
boiicçues) ,tripaille', wohl pikardisch, von afr. boelle; /a/evucAe (und
falivochè) ,flammèche, parcelle de fer enflaminò', von dem weitver-
breiteten faliva st. favilla, s. Diez I v. falavesca; perntchois .chemin
pierreux' und perruchai, vieil, .terrain pierreux'. Aus Sachs: 010»-
chon ,Pflanze, roter Gauchheil', zu menu; méruchí .Bratpfanne', kann
eine scherzhafte Weiterbildung von m^ri sein: die Bratpfanne wäre
das ,(Haus)-Mütterchen' genannt worden; grt/u neben grelet .chétíf,
¿triqué' (auch in Lyon und nur im Mascul.) ist wahrscheinlich eine
Ableitung von grile mit Suffix -uccus (vgl, greluchon}.*
Aus dem Altprovengalischen (s. das Gloss, zu Bertrán de
Born in der Ausgabe von A. Thomas): a<eriuc .solide, brave', faitnu
,qui est à charge, ennuyeux'.
Aus dem Bearnesischcn: houruca .graben', hcuruc ,Loch'
(vgl sp. horacar); paluc, paluqml (zu palot , petite pelle'); taihtaa
,in Stücke schneiden', lalhuc, laikuguct .Stückchen' (zu talbá).^
Ztschr. ig, 183 wurde nachgewiesen, dafs mit der männlichen
Endung -eil auch Deminutiva von Frauennamen gebildet werden
DD ,co» vile' sehe ich eine Ableitung von pilus ,Hau'
s gebildet sind engad. madröticha .Putin' und taurtíick
% (v|;I. miantas
» Mit -u(c)ci
.KeUef, *
' Mil -u(c)cia gebildet sind port. taaun(a, von m
min u tin), nnd dentuça ,hervorsprìngen(l grofse Zähne';
cntducba.
• Neben den Persaaennimea auf -isson kommen auch solche auf -u¡toii
vor: Perrussan. bei Zimroerli S. 96, S[). 2, 2. îj, RnbusioK, Lantisson. Aümi-
son, leWleres (zu Alain) im Temps vom 22. Juli 1895, J. Seile.
^ Wie sind nprov. vinceha ,piqueite', viiuteho, bouvachaun u. ä. Uulbch
zu veriteben?
SUFFIX ACCUS, ICCUS, OCCUS, UCUS (UCCUS) IM ROMAN. 349
und umgekehrt Auch im Mailändischen (s. Salvioni, Dial. d. Milan.
S. 70 und 100) dienen die männlichen Endungen -ö {= o lus) und
-e/í zur Bildung von Frauennamen, Roso, Luznsö, Marieit. In ähn-
licher Weise sind die männlichen Personennamen im Rumänischen
Costica (zu Constantin) und Ste/anuca (zu Stephan) zu erklären.
In diesem Zusammenhange sei auch noch auf das an einen Mann
gerichtete ,on a donc la flemme, ma vieille' (Zola, Assommoir 331)
aufmerksam gemacht und auf die Bemerkung Bianchi^s Arch. gl. it.
10, 368 A. 2, dafs Birioila, Gigella (Luigi), Gigiarella (ib.) u.a. als
männliche Personennamen vorkommen ,nei quali la desinenza femi-
nile contiene in sé valore diminutivo o spregiativo di scherzo'.
Die wichtigste Thatsache, die sich aus den in diesem Artikel
zusammengestellten Materialien ergiebt, ist die, dafs verschiedene
Sprachen neben -accus, -iccus, -uccus ein Deminutiv -Suffix
-acus, -icus, -UCUS kennen, das sich in seiner Bedeutung und
Verwendung mit dem ersten vollkommen deckt Gesichert ist -ucus,
-uculus für das Italienische, Spanische, Portugiesische, Provença-
lische (beam, poürugas, poürugué ,furchtsam' neben pauruquet, paü-
rucas); -acus liegt wahrscheinlich it picinaco u. ä, zu Grunde, aufser-
dem frz. Bildungen wie moussaillon ,Schiífsjunge' (Darmesteter, De
la Création actuelle des Mots Nouveaux S. 114) criailler ^ tirailler
und port, bestiaga (bei Michaelis) m. u. f. ,armseliges Tier, Dumm-
kopf; -leus ist bezeugt durch it, mollica u.a., durch prov. -ig' in
fouliga (follichon), fouliguet neben fouliquet (s. Mistral), sp. vestiglo
(zu bestia) ,scheufsliches Gespenst', quexigo, zu quercus, port.
hestigo = bestiaga, rapariga zu rapaz\ nur für -ocus neben - o ecu s
liegen keine Anhaltspunkte vor.
Die Verbreitung dieser Suffixe über einen grofsen Teil des
romanischen Gebietes legt die Vermutung nahe, dafs dieselben
lateinischen Ursprungs sind und bereits im Vulgärlateinischen vor-
handen waren: £s wird auch nicht allzu kühn sein, in der Form
mit einem c die ältere zu sehen (was Ztschr. 19, 188 A. über einen
jüngeren Ursprung von -uculus gemutmafst wurde, nehme ich
hiermit zurück) und demgemäfs bei der Frage nach der Herkunft
jener Endungen zunächst von der Bildung mit 'CC' abzusehen.
Was -acus betrifft, so hatte bereits Diez RGr.* II 305 auf
ebriacus, meracus, lingulaca, portulaca, pastinaca, verbe-
naca, arboraca hingewiesen. Von besonderer Wichtigkeit sind
meraculus, meraclus, das bereits die im Romanischen so be-
liebte Verbindung des Suffixes mit -ulus zeigt, und lingulaca
,geschwätzig', das pejorative Bedeutung besitzt und häufige Ver-
wendung des Suffixes bezeugt, da das Wort auch einen Fisch und
eine Pflanze bezeichnete. Mit den Wörtern auf -acus^ sind die
^ Von saevacQs und v e r a c n s werden prov. savai und fi'z. vrai ab«
geleitet (s. Diez und Gröber Arch, i, 1. Lexic 5, 455).
35»
A. HORKING,
auf -ax' und auf -ago verwandt {a. Iwan Mailer's Handbuch der
klassischen Altertumswissenschaft, Bd. II S. i8S).
Suffix -ucus liegt vor in caducus und besonders in mand-
uc-are (von mandere) mit pejorativer Bedeutung: vgl. auch L c,
ferrugo aus 'ferruco-^ Ein Suffis -ucus wird auch vorausgesetzt
durch lat. pannQceus, Verrucius, dem falschen Namen, unter
dem sich Verres verbarg {s. Cicero, Verr. 2, 188 und passim), Al-
bucius, MInucius (beachte auch cadticia , Epilepsie' bei Georges).
Das Lat. hat schon die Verbindung -ütula (vgl. it. -ucoh) in feslu-
cula, lactucula, verrucula, inducula, s. G. Ebeling, Auberee
S. 139-
Lat. -ÎCUS liegt vor in nasica, das auch romanisch ¡st (nprov.
»asico, febre nazicardo, RdLang.Rom. 16, 175). Als Paral ¡elbil dang
lum derotn. -Tcus* (ssiâ. puridérígu Jiühncheo', maUsìgu .cattivello',
zu malesa ^ malizia, Spano, Ortogr. Sarda I 51} konnte sich ans
-iculus* ein Suffix -Icus ablösen; Anhaltspunkte gewähren lat
cunica , kleine Rinne' zu cuniculus und trabica {= carina)
neben tiabicula, Arch. f. 1, Lexic. i, 583; q, 439.
Lat. babaecalus .Lebemann, roué', im Gastmahle des Tri-
malchio, s. Körting s.v., bietet vielleicht einen alten Beleg für
Suffix -ecus.
Was endlich -ocus* betrifft, so verdient batioca (bei Plautus)
,grorse Trinkschale* Erwähnung (s. Georges, Wörterbuch und Wort-
formen und Loewe, Prodr. Gloss. S, 276, 280); es kommen als Va-
rianten auch batiochis und pattiocas vor; einige wollen in dem
Worte das griech. ßartaxT/ wiederfinden; dafs -oca thatsächlich in
dem Worte als Suffix gefühlt wurde, lehren die Nebenformen ba-
tióla, valióla, auch vatillum, batillum.
Alle diese liilduugen brauchen übrigens keineswegs gleich all
zu sein; die jüngeren, z.B. -ecus, können durch „einfache Ab-
änderung eines Vokals entstanden sein, wodurch man eine Ab-
stufung des Begriffes erzielte" (Diez, RGr. II 286); man vergleiche
auch -attus, -ottus neben -ittus.
Ich komme nun zu der wichtigen Frage nach dem mutmafs-
lichen Grunde der Verdoppelung des f in -accus, -iccus, -uccus,
U.S.W. Ich finde denselben darin, dafs, wenn Deminutiv- resp.
Pejorativsuffixe mit besonderem Affekte" gesprochen wurden, der
(= fort
' VrI. He
0 4), laL
1 neben I!r
( (M.-Lübke Gt. 11 23). abruzz. fumacKi f.
aculus neben bctftceus
1 Pflaoiennamen bHat, Arch. f. l. Lex. 4, 186;
1 Pusiuca bei Hübner S. CXXII kann Deroin. zu pnsia ittn, doch
sieht die Lesnrt nicht gunz fesl.
3 Dafs in MajoTica, Minorica (Mallorca, McDotca) -Ten Deminulit
ist, bewei&l üaE daneben varkommende Majorela, Minoreta, %. Dici.
< Dafí -¡cuius auch an Personen bezeichnungen angefügt wurde, U£Íebl
sich am puericellus, n epoti cula. Arch. f. 1. Lex. 3, $00; 8, 168.
" Anaoca bei Hühner S. CXXU köimte mit lat. Aniciui. Annini
zasammeubangen.
° In einem Feuilleton voD Fr. Sarce; Im Temps (Montag, den 1. Sept. iSqSl
Tinde ich folgende Steile: .D'après M. Chabert (professeur à la Faculté de Gn-
SDFFTX ACCDS, ICCUS. OCCDS, OCUS (uCCOs) IM HOUAN. 35I
Consonant unwillkürlich geschärft und infolge dessen verdoppelt'
wurde. Da der Affekt sehr verschiedener Stärkegrade fähig, ander-
seits die Wirkung desselben vorübergehend ist, so kann jene
Verdoppelung eintreten, mufs aber nicht notwendigerweise er-
folgen: dies erklärt, weshalb die älteren Fonnen mit einem c sich
neben den jüngeren behaupten konnten. In der Grammatik der
Oskisch-Umbrischen Dialekte von R. v. Planta, Strafsburg 1892, wird
I S. 540 die im Griechischen und Germanischen öfters vorkommende
Konsonanlcnvetdoppehmg in Kosenamen be.sprochen , z.B. griech,
Sfvvm, ahd. Uta, Sicco. Planta fügt hinzu, dafs eine ähnliche
VerdoppeluDg auch im Italischen bestanden au haben scheint, und
weist auf Varrò neben Varus; dahin gehören wohl auch Veran-
nius. Verannia, Veranniolus neben Veranus, Veranius und
Spurinna neben Spurinus. Bei Fick und Bechtel, Die Griechi-
schen Personennamen, 2. Aufl., 1894 findet sich S. 30 die Bemer-
kung, „dafs die einstämmigen Kosenamen wie die zweislämmigt^n
die Neigung zeigen, inlautende Konsonanten ïu verdoppeln. £s
scheint, dafs man darauf bedacht war, den oft im Verhältnis ku
den Vollnamen gar sehr verkürzten Kosenamen durch energische
Aussprache wiederum einen gewissen Halt zu geben", so z. B. auf
S. 18 Seoxxw zu GtóxXeia, S^voxxm zu SsvoxQÚrfta, "ïl^nfiio«
za "Ej^éXaos u, s. w. Diese griechischen Kurzformen geben ein
Mittel an die Hand, die romanischen Endungen -acca, -icca
Q. s. w. in einer von der oben angegebenen etwas verschiedenen
Weise zu erklären: -icca, -ucea können Kurzformen zu -îcula,
-ñcula sein: die Verdoppelung des c wäre eine Art Ersatzdehnung
für den Wegfall der beiden letzten Silben.
Die Frage, ob eine Verdoppelung des nachtonigen Konsonanten
inshesoadere in Deminutivsuffìxen stattfínden könne, ist von grofser
prinzipieller Bedeutung: bejaht man dieselbe, so eröffnet sich die
Aussicht, über den dunkeln Ursprung des Suffixes -ittus Licht zu
verbreiten. Das Lateinische besitzt die Bildungen avi tu s ,vom
Grofsvater abslammend' und patritus ,väterlich, vom Vater her-
kommend': nahe lag dann die Weiterbildung von -itus zu einem
Suffixe, welches ,das Junge' bezeichnete, wie in dem nachher ge-
nauer zu besprechenden capri tus und in dem sabin. hirqui-
tallus, zu hirquita Wölfin {zu hircua in der Bedeutung von
lupus), s. Arch. f. 1. Lex, 9, 461. Daraus konnte dann wieder die
mot d'une (¡icon plus ínei-
nítiale; le magïster, furìeii«
a: Ik peuple dit veui (oui),
s une attentiun parlJculiiie'.
gesprochen als bei ruhiger
viwù
Dm
les les fois <¡n'i
DD ta double inslini
un écolier, lui cije //oUssod avec deux
s'il dit de saiig-rroid: c'est un petit polisse
(huit), quand il piiteoil appeler sur ces moi
" iche ,Lump' wird im Aífckt gañí "
Gemñlsverfassung. Da bei bcstiminleii SulHiea die affektische Aussprache
häufig vorkommt, so begreift rnao, dafs auf diesem Wege die I^utgestalt dec-
iclben dauerad moJifiiierl werden kann.
> A^i. huchier kommt nach Diez, Gröber and Körting vom Adv. hue;
die Verdoppelung des 1- mufs durch den Affekt beim Rufen bedingt sein.
352 A. HORNING»
deminutive und kosende Bedeutung des Suffixes hervorgehen; auch
ein Wort wie mellitus »honigsûfs* lanute die kosende Bedeutung
entwickeln; mellitus wird bei Catull 3, 7 der Sperling der Lesbia
genannt Nach Verdoppelung des / wäre -Itus zu -Ittus ge-
worden, das im Spanisch-Portugiesischen fortlebt (sp. cabrito); im
Französischen und Italienischen wurde vor der Doppelkonsonanz I
zu 1 gekürzt, aus -Ittus wurde -Ittus, dann -ittus (vgl. clppus
HB clpus llttera = litera), z.B. in ciuvretU, Mejer-Lûbke RGr.
II 547 hält zwar -ittu für die ältere "Form, während ihm sp. -ito
als eine Verschränkung des iberischen -iccu mit einem aus Frank-
reich eingedrungenen -ittu erscheint Da indessen Meyer -Lûbke
über den Ursprung des Suffixes weiter nichts bemerkt, als dais es
unlateinisch ist, so ist jene Annahme nicht viel mehr als eine Ver-
mutung. Der hier gegebene Erklärungsversuch stützt sich beson-
ders auf capri tu s (in der Lex Salica), dessen Wichtigkeit bereits
Diez Gr. II 371 erkannt hatte (es fehlt bei M.-Lûbke und Körting):
es wird bezeugt durch altprov. cabridet (Levy, Prov. Supplemente
Wörterbuch), neuprov. cahrido f. , junge Ziege', cabrtdoulo, cabridä^
cahridtto^ in der Franche-Comté (von mir selbst gehört) tèfvri (wäh-
rend Su£f. -ittus dort in der Regel zu a\o wird); über afir, cheori
vgl. Cohn, Suffixwandlungen S. 43 Â. ; das Poitevinische (s. Laianne)
hat achehrüi ,Junge werfen' (von der Ziege), wie denn im West-
französischen sich mehrfach Spuren von -Ittus ^ nachweisen lassen,
besonders poitevin, agnite , agneau femelle', das von Rousselot
RdPGR 5, 363. 385 [13] auch in Cellefirouin nachgewiesen ist'
Interessant ist, dafs Mistral neben cahridoun auch cabriioun und
cabreiaun verzeichnet Span, bellido ^ aptg. vellido = lat belli tus
steht auf derselben Stufe lautlicher Entwickelung wie prov. cabrido.
In analoger Weise kann sich -at tus aus lat bei la tul us (za
bel lu s) entwickelt haben; man beachte auch bei Hühner den Per-
sonennamen Lupatus; -çttus mag nach -qccus gebildet sein;
denn die Reihe -accus, -iccus u. s. w. scheint älter als -ittus
U.S.W, zu sein, einmal weil letztere dem Rumänischen fehlt, und
dann, weil im Französischen und Spanischen (z. B. Mariquita) -ittus
in der Regel auf -iccus folgt
Es fiagt sich endlich, ob sich nicht ebenfalls durch Ver-
doppelung del / von -eoi us ein Deminutivsuffix -oll us bildete.
* Z.B. bei Jaubcrt menitte »Händeben* neben menotte und manette;
souritte (Maus); boulite »kleine Oeffnung*; loubüe »cahute, pauvre chaumières
gleichsam Wolfshöhle; Charliton» Dem. zu Charles; Mariton, s. v. Marienne;
gormiter »sich erbrechen* (zu gourme) ; bei Laianne neben pequiot, -otte »klein*
auch pequit, -üe; bei Jonain chaudrit, -ite »sensible au chaud*; bei Orain
mizeritte f. »Feldmaus*. Dazu im Patois Lyonnais (s. Puitspelu) chambUa neben
chambetta; couita (zu cauda); Iní, fouitó »werfen* (fouetter); salita neben
saleta »oseille sauvage*; sengUta »petite seringue de sureau» jouet d'enfant*;
chaplt (auch in Forez» Dauphiné) von cappa »chappe» abri* ; altprov. ataeiät
(Levy, Prov. Supplementwörterb.).
' Rousselot meint» añit »doit appartenir à la langue des pauvres*; ans
Spanien kann es nicht eingeführt sein, da agnus dem Span.-Portug. fremd ist
SUFFIX ACCUS, ICCÜS, OCCüS, UCÜS (UCCÜS) IM ROMAN. 353
Aus Lalanne und Jaubert liegen mir eine grofse Zahl Wörter auf
{-o/e), 'olle vor, die man weder als gelehrte Bildungen noch als
Nachbildungen eines italienischen Sufñxes auffassen kann: ich nenne
nur /aver olle , jouet d'enfant*, longuerolle , bande de terrain' neben
longuerelle, péirolle ,bougie de résine* neben pélrelle, ravenoUe, teterolle
,biberon*: bei Godefroy venter olle, ver der olle, barbolles , parties natu-
relles de la femme*; in Vionnaz rädola »Schwalbe* neben fedeula
, filleule*; der Ortsname Nozer olles (Hte-Loire), älteste Form No-
zariolas (15. Jahrhundert), s. Romania 6, 263. 4; ähnlich sind viel-
leicht portug. Bildungen wie aldeola zu erklären, vgl. Meyer-Lübke
Gr. II 476; vgl. auch ital. -olle Arch. gl. it. 12, 173 ,aggiunto qualche
volta, per vezzo o scherno, a nomi personali, Geppolle, Teresolle\
A. Horning.
In der Besprechung des ersten Artikels Romania 24, 607 neigt G. Paris
zu der Ansicht »qu'il y a eu (en français) propagation récente de terminaisons
d'origine incertaine et sans doute multiple'. £r beruft sich darauf, dafs ,ces
formations sont à peu près toutes inconnues à Tane, français* und dais ,1a
formation mascuL "ic, 'OC, -uc qu'on devrait rencontrer en abondance, est
presque tout à fait absente^ Auf den ersten Einwand ist zu antworten, dafs
jene Endungen im Altfrz. zahlreicher sind, als es auf den ersten Blick scheint
{Hoàicàon, 'Onnet, Perrichon, Perruchot, yanicot, cornichet, cornucket, balo-
chier, lorùart, die hier S. 346 erwähnten Wörter auf 'oche, boiUuques, fate-
vuche, u. s. w.) und dafs ihr verbal tnismäfsi g spärliches Vorkommen sich aus
dem Umstände erklärt, dafs sie als plebejisch, als unlitterarisch galten wie
auch noch heute: man kann tausend und abertausend französische Bücher
lesen, ehe man bei Zola auf ein drolichon oder maigrichon stöfst. Dazu
kommt, dafs in zahlreichen Fällen altfrz. -ache, -iche, -oche» -uche nicht be-
weisend sind (z. B. bavache = bavard in God. Complém.), da sie auf pikard.
-accus, -oceus U.S.W, zurückgehen können. Was den zweiten Einwand
betrifft, so ist es Thatsache, dafs auch im Rumänischen -ica das Mase, ver-
drängte, desgl. im Portugiesischen (paäreca), und dafs umgekehrt im Walden-
sischen das Mase, sich gegen das Femin. behauptete. Auikerdem ist aber zu
bemerken, dafs seit dem Verstummen der Endkonsonanten -oc mit -ot, -ic
mit -f aus -îculum, -uc mit -utus zusammengefallen sind, die Verfasser von
Patoisschriften schreiben -ot für 'OC (vgl. Rivot bei Jonain statt Rvuoc zu
Rivochon), so dafs fast alle männlichen Formen, die etwa beigebracht würden,
von der Kritik sofort als nichtbe weisend zurückgewtesen würden (so z. B. die
vieldeutigen Formen bei Jaubert Jeanni (zu Jean), Glaudi u. s. w.). Die Ein-
wände G.Paris' gegen die Existenz von -iccus, -occus im Französischen
scheinen mir also nicht entscheidend. Dagegen fallt zu Grünsten dieser An-
nahme die Thatsache sehr ins Gewicht, dafs auch die anderen romanischen
Sprachen ähnliche Bildungen kennen. ^. H.
Berichtigungen.
Ztschr. 19, 171, A. I ist lilik , Angélique*, s. RdPGR 2, 211.
Ztschr. 19, 181, Z. 4. Die zu barbuquet gegebene Erklärung ist hinfällig,
da das Wort afr. «Schlag unter das Kinn* bedeutete.
Ebd. S. 188, Z. 5 ist Giovacchino zu streichen.
ZettKhr. L rom. Phfl. XX. 23
Neue Beiträge zur Kenntnia einiger romaniaoher Wörter
deutscher Herkunft
FortseUUDg (s. Zischr. XIX, 348I.
Crône (crone) fr. (m.) Hebezeug für Waren in den Hafen,
kann nicht, wie Diez angiebt, vom nd. krân = hd, kranich stammen,
sondern nur von einer Nebenform zu hrän, wie mnd. krSn (Lûbben,
Mad. Handwb.) Krahn und Kranich, auf die schon Hiidebrand
(Grimm, Wb. V, 2018) mit den Worten 'fr. crom Krahn ist entlehnt
(nd, heifst der Kranich auch itrôriÇ hinweist.'
Crotte fr., pr. croia Gassenkot aus Staub und Regen, Mist
der Schafe, Ziegen etc.
Diez bemerkt unter Ablehnung der Herleitung aus críala, das
lu der pr. Form nicht stimme, vielleicht wäre das Wort aus nd.
Bchwed. klSt, hd. khsz kugelförmige Masse entstanden. Das Wort
entspricht aber genau dem mnid. fliim, krotU lutum vesUbus baerens
=i engl, crote a clod of earth, schott. croie, md. rhein. (?) kroiz in
'vUcke Vil croi' bei Dîefenbach 571", auf das schon Hildebrand bei
Grimm V, 2424 hinweist Vgl. auch westmd. kratze Kernhaus des
Obstes, Kehlkopf, vetschrumpftes, verwachsenes Obst, etwas Klei-
nes, auch von Menschen und Tieren, z.B. ein kleiner krotu kleines
verschrumpftes Kind (in Coblenz irais), Schweiz. cAros infans par-
vae staturae, nid. cen Urin krol von Kindern, nordengl. crut, scholt
crool Knirps. Verwandt ist damit, wie es scheint, goL krSlûK (m
ga-kr atari) zermalmen.
Eschiele afr., pr. escala, altcat eschala Schar, halt man für
eine Entstellung aus dem afr. eschiere c= germ. *skara (ahd. scara
Schar), die vielleicht unter Anlehnung an das lat scala entstanden
wäre. Es scheint ihm aber eine germ. Bildung mit stammhaftem /
zu Grunde zu liegen (vgl. Körting Wb. No. 7280). Wenigstens
kennt das Ags. noch ein st. Fem. scalu^ Schar. Abteilung, Menge
das zu dem Stamm sitai spalten gehört. Auch Kluge führt unter schar
' MiD Vßl, BQch ai-ngl. crone Kranich neben aengl, engl, cram, »(¡s,
(Tanfi), sowie ironsbierí (bei Grimm) Preiaelbiere, dai n»ch HiJdebrand dg.
nd. ist und von nd. krön Kranich slammt, engl, crottcbtrry neben engl, ctaa-
berry, dt. kranbeere, kranichheere Moosbeere, Sumpfbeere.
* Es findet sich bei Schade versleckt neben ags. ¡coUi unter dem glridi-
bedeatenden aa, seeia.
j
BEITRÄGE ZUR KENNTNIS ROM. WÖRTER,
355
I
ein ags. jTca/u ' (neben sctalu, engl, ihoa/) an. Da scealu auch in
der Bed. 'Hülse' ('Sich Trennendes') überliefert ist, so erscheint
es identisch mit dem ahd. scala, engl, shalt = genn. *scalß, und wir
werden für dieses ebenfalls die Bed. 'Schar' ansetzen dürfen. Aus
dem Ags. selbst kann das afr. eschielt nicht stammen, da es dann
escale, fcale gelautet haben würde. Wir dürfen es aber auf das
germ, "¡kalô'^ zurückführen, während das pr. escala, altcat. achala
m einem entsprechenden got. scala stimmen würde.
Eschirer afr., pr. esquirar zerkratzen, leitet Diez auf das ahd,
H.Vh. skerran schaben, kratzen, abkratzen, scharren, Waltemath
auf fränk. *skirran zurück. Gegen letztere Ableitung spricht der
Umstand, dafs in so früher Zeit nebentoniges / wohl e ergeben
hätte. Mackel setzt ein andfränk. 'sierran an und meint, das fol-
gende r hätte wie im afr. Iirer die Erhöhung des e zu (* herbei-
geführt. Jedoch erscheint ihm die Etymologie des zum Vergleich
angezogenen tirer (^ gerra. *leran oder "¡erran ^ ahd. ztrran, aus
larjan) selbst unsicher, wenn auch mehr aus dem Grunde, weil
alle loman. Formen dieses Verbs ausnahmslos i haben und die germ.
Wörter mehr 'zerreifsen" als 'reifsen' bedeuteten. Wir werden des-
halb auch hinsichtlich des Ursprungs von eschirer aus ski r ran
Zweifel hegen dürfen.
Das ahd. skïrran gehört mit mhd. scharren scharren, kratzen
za einem Schallstamm skarr {rr nach Schade aus älterem rs oder
rni), der eine Erweiterung zu dem reinen Stamm skar (vgl. ahd.
scarda) Pflugeisen, ahd. scara Heeresabteilung, Menge, Haufe etc.)
bildet. Neben skar erscheint sh'r und skur.^ Wie nun neben skar
auch gesteigertes skar (vgl. mnd. nd. nid. ostfries. schdr, mnid.
schcier[e) neben mnd. schare = ahd. scara; ahd. scâr(a), mhd. schaere
Schere, Schwert, mhd. schar Einschnitt, Ausschnitt, Lücke), iieben
skur auch skûr (ostfries. schüre» und schúrsen neben schur{r)eH) auf-
tritt, so zeigt sich neben dem Stamme skir* (in ahd. sc'eran ab-
schneiden, scheren, an. skëra schneiden, ab- und zerschneiden, ags.
scëran^ scheren, zerschneiden, zerhauen, nhd. mdartl. schirre =
teharre vom Boden des Kochgefäfses Abzuscharrendes oder Abge-
scharrtes, ahd. skerran) auch ein gesteigerter Stamm skir, z. B. im
it, skeirs^ klar, deutlich, mnd. sehtr rein, klar, hell, glatt, eben,
indel sich im Ags. schwaukend ¿
> Vor einfBchem /, i
Grimm, Gr. I, 237.
* Du fr. /ealt Schale ist jüngfrcr Herkunft.
* Vgl. mnd. nd. schurrtti, ostfries. schur(r)tn scharren, kratzen, abschaben.
* Der Stamm hat, da ei auf SdiallDachahmuDg berulil, aucli noch eine
Bedeutung 'schnarcLea' im ahd. scerSn icírSn neben mhd, icAarrtn
■chnarchen, vgl auch nd. scharen räuspern.
> Hierher gehört wohl aacb ags. scire Beziik, Gau. engl, ihire Graf-
achall, ahd. scira BesorgUDC. Geschäft {vgl. ahd. scara HeeresabteíluDg,
der Reihe nach umgehende Dienstbarkeit).
" Vgl. auch got, siríreini [¡kêreins) Erklärung, Auslegung, cig. Lauter-
Buchung, Klarmachaug, go\. ga-skeirjan erklären.
23*
356 TH. BRAUNE,
geordnet, sail, wangel. aeogl. md. schh- lauter, glänzend, ^
mbd. xckir{t), as. ¡kSr{ì) rein, klar, lauter, hell, ags. scîr klar, rein,
hell, lauter, an. skirr klar, rein, lauter, hell, glänzend, deutlich,
schuldlos, verständig (skîrs/{a) Reinigung), norw. schwed. skir (= liiri),
afties. J¿j>í blank, glatt,' hell, klar, lauter, ostfries, «Â/r schier,
rein, blank, sauber, hübsch, glatt, eben, recht, in Richtigkeit, Ord-
nung,* zu denen Job. Schmidt auch das lit skìrti scheiden, trennen
stellt. Daneben zeigt das Dan. skjaer, dessen jai aus älterem i i
entstanden scheint.
Dafs diese Wörter ku dem Stamm skir, resp. sktr in âhnlichet
Bed. wie skar, skdr und skur, gehören, das beweisen einige zu den
letztgenannten Stämmen gehörige Bildungen, die dieselbe Bedeu-
tung wie jene zeigen, z. B. an. skaerr {ae =^ Umlaut des organischen
<f ^ mhd. ae, got. r, vgl. got. sktrtiní neben skei'reins), auch skyrr
(vom Stamme skur) hell, klar und schwed. siär {â Umlaut des a
oder e).
Die am meisten der Grundbedeutung nahekommende Bed.
scheint 'glatt, blank' zu sein, welche noch im Mnd. Afries. Ostfnes.
(s. auch schier 2 bei Grimm; en schier feil, en schier bred glatt ge-
hobeltes Brett etc.) erhalten ist Noch genauer aber tritt sie in
den zugehörigen schwachen Verben auf, wie afries. skìrìa skîrja
(daneben sklria sklrja, vg!. %q\., skireins'^, aeng\. sehíren, an. skíra,
norw. schwed. skira {1 oder Í?), denen mil kurzem Stammvokal nd.
mnd. ichiren (Adj. schir\) reinigen, klären, ausgleichen, in Ordnung
bringen, klarwerden, nord fries. jA/Vr»'«. ostfrìtìs. schiren rein, blank,
sauber, nett und in Ordnung machen, reinigen, abkratzen, glätten'
{de baike schiren sie reinigen, abkratzen oder glätten, behobeln,
'« hörn schirm ihn reinigen und abkratzen), zurecht machen, ord-
nen etc. gegenüberstehen.
Dem afries. skiria entspridit lautlich genau das got. steirjan,
das uns nur in dem Kompositum ga-skeirjan (fur biblische Aus-
legung) erklären, verdolmetschen erhalten ist, für das wir aber ähn-
liche Bedeutungen ansetzen dürfen, um so mehr, da auch das
schwed. skira (in skira ägg) und ostfries. nd. schiren ('« ei schirtn)
ähnlich wie das gotVb. auch 'etwas auf seine Reinheit oder Richtig-
keit untersuchen und besehen, scharf und genau nachsehen, ob
etwas rein und lauter ist', bedeutet
Als Grundbedeutung scheint für das germ, skir, got ikeîrs
' Vgl. das min Stamm stir gebìirìge ihd. sciran scheren, welches
Wdgand mit 'bU zur Kablheil absctmeidea' erklSrt.
* Vgl. ïHf Bedeutung 'in Ordnung' das iu skar gehörige ahd. serrjan
einordnen, einstellen, luleilen, bestimracn, gcrm. *skarjan ^ afr. etçharir xu-
teilen, absondern.
' Arríes. Í ^ got. Í, alid. â (in mhd. jcMr Einschnitt, Aossctuiitt, Lockt,
ahd. scârla), mhd. ¡chatre, md. schere Schere).
* Vgl. oatfries. schur[r)en gcharren, kialien, scharf über etwas Un-
iahreo, so daf* die Farbe oder Epidermis abgeschabt und fiuuerlich abge-
Khleibt wird.
BEITRÂGB ZUR KENNTNIS ROM. WÖRTER. 357
wie bei an. skaerr skyrr, schwed. skär 'abgekratzt, abgeschoren' an-
zusetzen, aus der sich dann 'glatt, rein^ lauter' etc. ergeben hätte.
Auf das schwache Verbum *skîrjan lassen sich nun das fr. eschirtr
und pr. esquirar nicht zurückführen. Wohl aber läfst sich, wie es
schon Grimm Gr. II, 45 No. 497 gethan , ein altes got. Vb. skeiran
(ahd. /) : skáir (ahd. ei) : skairun (ahd. 1'), also germ, skîran etc auf
Grund der mit et (/) und 1 bezeugten Bildungen ansetzen, und auf
dieses wäre das roman, eschirer esquirar zurückzuführen.
Esneque esneche altfr. geschnäbeltes Schiff leiten Diez und
Mackel vom altn. sneckia (dan. snekke, ahd. snagâ, mhd. snecke) ab.
Diez erwähnt nur beiläufig ein nd. snik (auch ostfries.).
Diesem snik steht aber ein feminines mnd. mnld. nd. nid.
ostfries. snicke leichtes, langes und spitz zulaufendes Fahrboot für
Binnenkanäle zur Seite, welches ein älteres andfrk. *snikka vermuten
läfst, dem wenigstens esneche genau entspräche.
Zu dem pr. estone, bei dem es Diez zweifelhaft läfst, ob es
•KLnittel' oder *Stofs' bedeute, vergleicht er ahd. stung punctum,
mhd. siungen stechen; und doch läfst sich ein Wort nachweisen,
welches jenem lautlich näher steht, nämlich das got siugqs shiggqs
Stofs in bi'Siugqs Anstofs, dem ein starkes got Vb. siigkan stiggquan
stofsen, ga-^ hi-stigkan anstofsen, sowie schw. ga-stagkjan anstofsen,^
zur Seite steht. Ist nun aber das got. siugqs Quelle des pr. estone,
dann werden wir auch diesem die gleiche Bedeutung zusprechen;
es wird wie jenes 'Stofs' bedeuten.
Neben afr. esiurman erwähnt Diez auch estirman (Wace, Brut
U, 226) und stier esman (G. Gaimar s. Chron. anglonorm. p. p. Michel
p. ^T^. Während jenes wohl auf das mnld. stuerman {ue = ü, Grimm,
Gr. I, 483) = nid. stuurman, mnd. stûrman zurückgeht, scheinen diese
ältere Herkunft zu verraten. Sie stellen sich im ersten Kompositions-
gliede zum germ. *stiur (mhd. stiur, ags. steór^ an. styri, mnld. nid.
stier).^ Das germ, iu wurde, wie eine Reihe afr. pr. Eigennamen
zeigen, zu /, e, ie. Vgl. afr. Thi-hal^ Thed-bait (im Rol.), pr. Ti-halt
= Piud'bald Peod-bait, afr. Tie-bert (Aubery), pr. Ti-bert = Piud-bert,
afr. Tie-rri == Piud-riko, fr. T[h)iers = Piud-hari, pr. Ti-borc =
Piud'burg, Peod'burg, afr. Uenars = Liunhard (für Liud-hardi) und
afr. ti'eis, tied^eis (RoL), ti-ois = piudisk.
Aehnlich wird auch das bei Marie de France I, 462 vorkom-
mende estiere nicht zum ags. steör stior zu stellen sein, sondern
direkt zu einem germ. fem. *stiura = ahd. stiura, mhd. stiure, welches
neben 'Stütze, Stab' auch 'Steuerruder' bedeutet
* Vgl bret skarza vider, nettoyer, ramoner, skarz vide, net, nettoyé, ir.
diu-scartaim entferne, cymr. ysgarthu purgare, dyscarthu reinigen etc., die
mit dem ahd. scarti, an. skardk Einschnitt, Scharte, ahd. scart, an. skardkr
verstümmelt, beschnitten etc. verwandt erscheinen und zum erweiterten Stamm
skardh gehören.
' Vgl. auch mnd. stank in dem Sinne von * Anstofs, Verdrufs'.
> Vgl. auch neben mnld. nid. sturen das mnld. nid. stieren, ags. stieran
stioran, ahd« stiuran steuern.
358 TH. BRAUME,
Palise ^r., nh. falaite, ii\\!A. /elisia, bei dem Mackel wie bei
afr. garant, garoul, branur das a aus nebentonigem e entstehen läfal,
kann nicht, wie er angiebt, von einem as. /e/is, ahd./¿/Ísa stammen.
Das Wort heifst mciit /i/isa, sondern /f/rs{ay (s. Schade und Kluge),
und dieses setzt ein älteres nicht umgelautetes got (s. Kluge), fiánk.
(s. Waltetnath) *f alisa voraus.' Dies mufste /d/mj« ^ nfr. falaise er-
geben. Die älteste Fonn ist also nicht, wie Mackel angiebt, faiite,
sondern das früher belegte faloist, das nach ihm erst daraus ent-
stellt sein soll.
Gal {df m<r) afr. eiti Stein, nfr. gakl ein vom Meere ausge-
worfener Stein, beil. galine kleiner Stein und pic. gater rollen sind
bisher unbekannter Herkunft, wenigstens weifs Diez kein entsprechen-
des laL oder getm. Wort anzuführen; Thumeysen Keltorom. S. loo
erwähnt ir, ga/l Steinpfeiler, ohne sich bü entscheiden. Dem Vb,
galir entspricht aber genau das mnid. wa/en uiailcn drehen, vertere,
mutare etc. (nid. walen schwanken, wechseln), mnd. ostfríes. uuütH
drehen, wälzen, rollen und bair. wi/en^ wälzen, waizen, die ein
altes germ. *'walôn vermuten lassen.
Das sbst. gal erinnert an das adj. zum selben Stamme ge-
hörige an. valr rund, oval, in àvtilr halbrund, rundlich, und sîvulr
rund (vgl. 1ÌL waliis sich rollend, rund in apwaliis um und um rund,
kugelrund), dem im Ahd. wël in sina-wël rund, kugel- und walzen-
förmig rund zur Seite steht, welches zu ahd. wè'ìlan walzen, rollen
gehört Vielleicht bestand neben dem an. valr ein Substantiv in
der Bedeutung ' abgeschlifTener, runder Stein' {vgl. bair. wal-slain
bei Schmeller II, 884). Eine sbst. Bildung liegt uns auch vor im
got. valus st. m. Slock, Rute, ags. valu vibex, afries. walu, an. vï'lr
baculus, eig. runder, cylinder förmiger Gegenstand, von dem Diez
das fr. gaule grofse Gerte, henneg. waule ableitet.
Zu dem pr. afr. ganchir guencbir ausweichen, von denen
ganehir nach Rlackel von einem alten andfrk. *wankjan, guatthir
von einem beteits umgelautelen ^wenkjan (ahd. wmkan werukm
wetiken eine Bewegung vor-, rück- oder seitwärts machen, weichen,
wanken ; sich wenden) zu stammen scheint, erwähnt Dies auch das
chw. guinchir in gleicher Bedeutung, aber ohne eine Erklärung
der lautlichen Form zu geben. Dieses letztere geht aber sicher
auf ein schwaches Verb winkjan zurück, wie das mhd. winktn, dem
ein starkes ahd. wimhan wincken, mhd. winken* sich seitwärts be-
wegen, wanken zur Seite stand. Gleicher Abkunft ist auch das
1 Macke) (uhrl mit ebenso wenig Berechtigung ein ahd. /nitro bds Schade
an, welches ich bei ilies^m aiclit finden kann.
* Das wa.fjall Berg täfat ein got._/Ìàa- vermuten, zu dem ein mnd. veU
FcListäck, Stein (neben ttls) im Ablaut steht.
' Benecke-Müller führt ein mhd. leäUn spielen an und sagl; 'Gcimtn 1,'
p. 168 giebt dem Worte & und scheidet es dadurch von iBalen wälien, Wire
du Wort kurz, so könnte man das Wort tur ursprünglich einerlei mit dicïcm
halten, vgl. kugil walin Schmeller 4, 52 (H, 884).'
' Vgl, zur Bedeutung des ahd. onncAnn und ags. vincjan das oslpr. trüiiei
s gehen und die Augen schliefsen, beim Veisleckspíelen der KiiwiTf.
BETTRAGE ZUR KENNTNIS ROM. WÖRTER. 35g
âgs. vincjan neben vincan connivere, annulare, aengl. winkjtn win-
kin nielare.
Was das unter ganchir erwähnte comask. guanch Fehler, dem
lautlich das ahd, wank Tvane(h) Bewegung zur Seite oder rückwärts,
Rückkehr, Umwendung, Untreue, Zweifel etc. zu entsprechen scheint,
anbelangt, so sei bezüglich der Bedeutung darauf hingewiesen, dafs
die deutsche Bildung schon die Bedeutung 'Fehler' kennt. Man vgl.
das mná. wank 'Wanken, Schwanken, Wandel, Veränderung', dann
'Fehler, Leichtsinn, Bedenken, Zweifel ', maà. wankeia/iieh fehler-
haft, schwed. wank Gebrechen, bair. abwanktn (Schmeller II, 959)
fehlen, einen Fehlei begehen, das abwänkeririn (ib.) kleiner Fehler,
Fehltritt, Gebrechen, wankelbar (ib.) fehlerhaft, schadhaft.
Glapir fr. kläffen (vgl. daïu den Artikel bei Körting Wtb.
No. 4543) stellt Diez mit n!d. klappai crepare, garrire, ahd. daphàn
claffän zusammenschlagen oder stolsen und dadurch ein Geräusch
verursachen, klappen, klappern, krachen, schwatzen etc. zusammen.
Die Endung des fr. Wortes weist aber auf ein schwaches Verbum
nach der i. Konjugation auf -jan. Für die Esiatenz eines solchen
in älterer Zeit spncht das ahd. chlapkda intonabat (s. darüber Grimm
Wb.V, 8q8), ¡-/i/a/anJ/quassans (Grafr4, 556), ahd. ¿i-cÄ/iTyaa oppri-
mere, mhd. be-kiepftn confringere, ignominia afficere, afries. kleppa
\== ostfries, nd. mnd. nid. kttppen) neben k/appa, dmbr. kUpftn,
welches wie das hd. kläffen kUffm auch direkt 'bellen' bedeutet,
und wohl auch ags. dappjan (neben clappan), aengl. clappin.
Der Stamm klap ist aber ein sogenannter Schallstamm, wie die
mannigfattige Beden tun gsenttvickelung bezeugt, die sich je aus der
Situation, in der das nachgeahmte Getäusch auftritt, ergiebt, und
solche Stämme zeigen, da sie auf individueller Auffassung und ver-
schiedener Wiedergabe des in der Natur vernommenen Geräusches
beruhen, vielfach Wechsel des Konsonanien im Antaul.i So findet
sich denn auch hier ein Nebenstamm glap,"^ z. B, im hd, glafftrn
Schwallen (= klaffern Grimm V, 898 f.), gleffm 1= "gtapion ib. 8q8 f.),
gle/tin klaffen, gleffeln schwatzen (bei Keiseriibcrg , Narrensch. zg),
mhd. {md.) glopperdescke {klapptrUsche)^ F lau der tausche etc., schwed.
djai. glä'pa glapa klaffen, schwatzen, giappa Öffnen, gläppa platzen,
■ Man vgl. t. B. den Stamm f;nar neben kn-3r und tiar in engl, to gnarr
knaiTCD, knuncB, iax¡A. gnarren, hd. knarritt (bei Grimm V, 13S4, 3) knurren
eli., road, narren knurren, ferner hä. gnappen neben knappen, granmtn
neben krimmt», nd. gaassen kairsclien nel)en knaschrln, glitschen glittalH
(henneb.) neben ililseàen ele. Vgl. auch weitet unten S. 367, fernet Hilde-
brand bei Grinun V S. z unten g, der den Wechsel im Aolaul zwischen t
und g berührt, and ib. S. 4. 4. a. c. und S, 5. 6.
' Daneben besieht ein Stamm galp, lu dem Schmeller I, qoi unter
gtlfen gUfen ichrcien, singen, heulen, auch nus Vilmai, kuthess. Idiotikon,
ein galftn galpen bellen anführt.
■ Der Slamm Uaf hat auch die SeJeulung 'Ri(s, Spalte' entwickelt
(s. Grimm V, 89: antet klaff). Auch hier finden sich Nebenformen mit g im
mnd. gUpe glippt. nid. glip gluip glop, »chott. glupt Ritic, Spalte, old.
glipptn eine achreibíedei spalten etc.
360 TH. BRAUNE,
schwatzen (im Aschwed. auch ' Ungiïhôriges reden"), glt
pern, glafsa bellen, blaffen, già/sa, norw. gUfsa kläffen,
schwätzen' (/voriaus^ entstanden). Wir werden daher ^¿i/(>
eher auf eine zu diesem Nebenstamm glap gehörige Bildung, wie
genn. "ghpjan (^ hd. gkfftn, schwed. giäpa) in der Bedeutung
'bellen' zurückfuhren dürfen.
Das sbst. fr. clabaud Kläffer, zu dem schon Diez das nid.
klahhaerd Klapper anfiihrle, scheint hingegen von einem deutschen
Nebenstatnme mit b, wie klab, zu stammen, der vorliegt in mnd.
klaffen} (neben klappen) laut und viel reden, si^hoH. g labte r gUb6ir
plappern und lallen, k/ábern (bei Schm. 1, 1320) klappern, einen
klimpenden Ton haben, mnd. kiefferl (= klapper) Schwätzer, norw.
klaffe} Klatsch und Knallen und mnd. kUb kUf kleff Klippe. Fels,
schwed. dial, klabb Klippe, norw. klubb Felsspitzc, ktub (Schmeller
I, 1323) Spalt, Sprung, langes gespaltenes Holz, as. ih/ {gen. klibhís)
Fels etc., zu deren Bedeutung man vorige Seile Anm. 3 vergleiche,
Der Stamm klap oder glap liegt aber noch in einer Reibe
anderer roman. Wörter, wie mir scheint, zu Tage, so ina il. calef-
fare galeffare verspotten, für das Bugge (Rom. Ill, 161) j^Jltoagiir
als wenig wahrscheinliches Etymon in Vorschlag brachte und wo-
rüber Körting unler No. 1505 und 1844 sich ausläfst. Diex fuhrt
das ahd. ga-Uffan (Graff 1, 205) haurire, lamberé an, wies es aber
wegen der nicht passenden Bedeutung ab. Hildebrand (Grimm
V, 898) bemerkt wohl nach einer früheren Ausgabe von Diez,
dieser vermute das deutsche kläffen anch im it. taleffare\ dieses setze
eine ahd. Aussprache (alaphian voraus, wie thohchöt für kJochSI (Graff
4i 554) "'id ehulupi für chluphfi (ib. 547) stehe, und verweist dazu
auf Weinhold, Alemannische Cirararaaiik 24.
Der eingeschobene I^ut in caieffare (= *ikalephan) erklärt sich,
wie mir scheint, bei unserem Stamme, wie bei anderen Schall-
stämmen, daraus, dafs dem vorklingenden Nebengeräusch, welches
dem Hauptgeräusch vorangeht, noch , um die längere Dauer jenes
zu bezeichnen, nach individueller Auffassung ein vokalisches Ele-
ment hinzugefügt wurde.
Was die Bedeutung 'verspotten' anbelangt, so wäre zu ver-
weisen auf nhd. kläffen in der Bedeutung 'schwatzen', klaffen dass.
im bösen Sinne (Grimm V, 895 oben b c d), lästig viel reden, un-
' Vgl. femer t.chvieä.A\a\. glaptr Schwätzet, glapp klafl'end, glap SpaJl,
glipa (St. Vb.) klaffen, Tyarvi. glip^i, an. gieipa glaHpsa schwiuen. aschwid.
glapran Geschwäli, schwed. ^/a/j Gekläff, Bellen, d\a\. glaßs (ìescfawìU,
gläfs Mund.
■ Vgl. auch ahd. ckaiama füi chiava KUae (Grafl' 4, 541), (heitim
Kleiaheit (ib. 561), %úiift\i. galaffen {=^ glaffen gaffen, eigentlich einen Bili,
Spalt machen, ebenfalls vom Slamm glap), nrhein. gelafler (anna 1491) =
kla/ter, wie denn echtes gl- Öfter in niedeirh. nid. Formen in gti lerdduil
erscheint, i. B. ia gelat = glas, mnid. bis ins 17. Jhd. ^Ai&u, ghtlinittrm
neben gUnstern (s. Giinim V, 9O4, c nnd Tgl. weiter unten S. 367 Amn. »).
Solche Zerdchttung liegt auch aus oeuercr Zeit io kalabusttm vor.
BEITRÄGE ZUR KENNTNIS ROM. WÖRTER. 36 1
nütz, anmafsend) selbstgefällig, scheltend reden, in bösen Worten
eifern, tirol. unehrbar, ausgelassen reden, aschwed. gläppa Unge-
höriges reden, Schweiz, kleffeln^ aus^^ ver^khffeln verklatschen, gleffeln
(bei Keisersberg, Narrensch. 2g) dass., glaffern (Grimm V, 901. 3) aus-
schwatzen und besonders ^mí klafferei kläff er ei {^€\ Dief. 108**. 36g**)
cavillatio, schwed. glàpa sticheln, cimbr. kleffeln berteggiare,
kleffel berta, burla von Hohnreden, Fopperei und de ff er bei Dief.
257^ 'ganeo ri ff chin vel cleffer\ wonach 'schmarotzende Spafs-
macher' so benannt sind.
Ein drittes Wort ist it calappio galappio Falle, Fallstrick.
Diesem wäre nach Diez ein ahd. *klapjo gemäfs. Das ahd. Wort
würde aber aller Wahrscheinlichkeit nach *chlaphjo gelautet haben,
von dem calappio wegen der Tenuis nicht stammen kann. Dieses
setzt vielmehr ein got.-langob. neutr. *k[a)lapjô oder *k{a)lappi vor-
aus, welches formell und begrifflich dem mnld. kleppe decipulum,
transenna, clev. kleppe^ (= klappe) entspricht. Galappio ging ver-
mutlich wie fr. glapir auf eine dialektische Nebenform mit anlau-
tendem g zurück.^
Mit calappio vei-wandt ist it. chiappare erhaschen, zu dem
Diez ein ahd. klappa anführt, das aber im Ahd. in der Bedeutung
'Falle' nicht zu belegen ist.3 Er stellte neben diesem auch unser
happen zur Wahl, indem er den Anlaut mit it. chiurlare (= urlare)
entschuldigte,^ entschied sich aber wegen des comask. ciapà für
klappa. Baist (Ztschr. VI, 425) stellte ebenfalls das Wort zum deut-
schen Schallwort klapp, liefs aber Einmischung von copulare, worauf
Flechia das Wort zurückleitete, zu. Jch möchte mich mit Hilde-
brand (Grinmi V, 964. 5) der Ansicht zuneigen, dafs chiappare direkt
auf ein got.-langob. *k{a)lappôn zurückzuführen sei, das sich noch
im nd. dtdven klappen (fremde) Tauben im Taubenschlage fangen
(in Osnabrück) und im sächs. einen klappen erwischen, ertappen
(erklapper^^ nachweisen lâfst.
Zum selben Stamm gehört wohl auch das fr. se clapir sich
* Vgl. zur Bedeutung die ebenfalls vom Stamme klap stammenden Wörter
wie ostfries. klappe auch Falle, norw. glefsa, dial, schwed. gläfs Falle, Fuchs-
falle, Klappe, Deckel, nid. kUp Falle, mnld. klippe vagelklippe, auch ostfries.,
mit der Nebenform nd. glippe (Schütz, Hollstein. Idioticon), nid. gluip, mnld.
gloepe, gluype,
' Vgl. aufser den Anm. i angeführten Wörtern mit g auch Schweiz, ga-
laffen (Grimm V, 1050) = hd. glaffen gaffen (Frank, Chron. 296^), gleffe Lippe
(= schwed. glafs Mund) und über ihre Bedeutung vorige Seite Anm. i und
Grimm V, 898 kläjfen 4.
' Graff 4, 547 hat klappa nur in der Bed. forcipula nebst chluppa forceps,
forcipola, welchem letzteren allerdings die Bedeutung decipulum zuzukommen
scheint (Grimm 1304, i c. 2d. e). Beide gehören zum Seitenstamm klah : klyb,
* Ueber chiurlare siehe aber einen Artikel von mir in Ztschr. XVIII, 528.
* Man vgl. auch ahd. bichUpfan opprimere, mhd. hekUpfen confringere,
nid. hekUppen deprehendere, illaqueare, clev. kUppen erwischen, die ein altes
*klapjan neben *klappân voraussetzen, sowie ablautend idd. hekUppen, waldeck.
kuppen ein&ngen, und zur Bed. auch unser beschlagen (Crrimm I, 15 73) vom
Fangen im Netze.
362 TH. KRAUNE,
verkriechen (von Kaninchen), das kaum vom lat. ckper
cUpere sich verbergen (bei Sen, poet) stammen kann. DC. fuhrt es
auf mlat. dappa Falte zurück. Es scheint aber ebenfalls auf ein
altes deutsches "khpjan zu weisen, das aus dem germ. *khp, ahd.
chiaph, nhd. tíaff Spalte, Rifs, Ritze {vgl it schiappo Ritze) in der
Bedeutung 'eine Spalte, eine Ritze, ein Loch machen' und dann
■sich verkriechen'' abgeleitet war. Man konnte aber auch bd
*ktapian an die ursprünglichere Bedeutung 'einen Klapp machen'
denken, weil die Kaninchen, wenn sie überrascht werden und sidi
auf die Flucht begeben,^ hörbar mit den Pfoten aufklappen, auf-
schlagen.
Im Italienischen ¡st unser Starara, der so mannigfache Beden-
tungen zeigt, auch mit anlautendem s vertreten, z. B. im it. schiaffo
Maulschelle, ven. veron. slepa, mail, sleppa. Und dais dies nicht
erst auf romanischem Boden durch Prothese eines í gewonnene
Bildungen sind, das beweisen deutsche entsprechende Wörter wie
das mhd. (oder nach Schade nd.) slappe slape ^ f. klappenformig
herunterhängender Teil der Kopfbedeckung, Kopfbedeckung, Art
Kappe, das aber nach dem hd. schlappt f., schlappe m., nd. slappe
{Brem. Wb. 4, 816), j/a^i^ (Danneil 194''), mengl, f/u/i/i, engV tlapp
(Klaps, Schlag, Geplanische), bair. schlappen (auch bei Luther) auch
wohl wie diese die Bedeutung 'Maulschelle, Ohrfeige' gehabt
haben wird.
Das it. schiaro setzt ein dem nd. Worte entsprechendes mase
ahd. *slapf slaff voraus, das ven. veron. slepa und mail, slippa könnten
von einem langob. *s{c)lapja s{c)lfppa stammen,' oder sollten hier
uns Nebenforroen zu s{c)lafipt wie i[c)Uppa slepa (vgl. unser schieß,
mnd. slipe) vorliegen?
Hierher gehört auch das it. schiappo Ritze, schiappare klein
spalten, intr. platzen, nprov. tsclafá schlagen, Happen, sowie in
brescian. Mundart s'ciapada Spalt, Kerbe,* s'ciapar platzen ^ macheu.
Lassen sich hier auch nur wenige deutsche Bildungen mil ähnlicher
Bedeutung noch nachweisen, wie engl. j¿i^ klopfen, schlagen und
ablautend mnd, mnid. slippm einschneiden ^ schlitzen {s. oben S.359
Anm. 3), zerreifsen, so läfst sieb doch kaum bezweifeln, dafs jene
' Vgl. Huppen iwischen eine Kluppe,
kluppe Hnlegen, klappen (Grimm V. 964) in eil
abd. bichlep/an opprimere.
< Vgl. mbd. klupßc) in ilcr Be<l. Schreck <Griiiini V, ijoi) und »lup/en
In Schreck geraten und schwed. tläct klatk Schreck, Uäkka schrecken, p.
ixTli-mtiv, das lu 7llT¡y^ Schlag gehört.
* Nach dem Mhd. Wb, 2, 2, 391' schon ahd. bezeugt.
' Vgl. Bildungen ohne anlant. .1 wie gchweix. ¿£i^ Schlag, dafs n ichalU,
b«. mit der Mand, kandklapf, ud. sehwed. klapp Klaps.
' Man vgl. dam das schweii. ktäpft, welches allerdings out noch in àti
Bedeutung 'kupferne Schelle, Feilsche' auftritL
• Vgl. schwelt, klaffen Spalt, Kerbe, Dem. kläffli.
' Vgl. klappen schallend platzen (Grimm V, 9S6, 3) und klaffen (ib, 89^
" Vgl. scbweii. klaffen Eioschnilt machen (Grimm V, S97) uad üba die
Bed. 'mit klalïcDdem Schalle aufspringen' ib. S98 e.
BEirRaRE ZUR KENNTNIS ROM. WÖRTER. 363
Wörter auf ältere, vielleicht got.-langob. zum gena. Stamm s/ap^
gehörige Bildungen zurückgehen.
Da der Stamm kiap diese Nebenform mit t im Anlaut zeigt,
so könnte nach Hildebrand (Grimm V, 255 e) wohl auch in dem
mlat, sciupare der Lex Sal. 17, 2, welches vom Pfeilschusse ge-
braucht wird, ebenso gut unser Stamm wie das onomalopocL lat.
stioppus (bei Persius 5, 15, Variante schpus) Schall, den ein Schlag
auf aufgeblasene Backen macht, enthalten sein, oder es könnte
vielmehr, da nicht von einem Knallen, den das lat. Wort bezeichne,
sondern von dem klappenden Auftreffen des Pfeiles' die Rede sei,
im ¡t. schioppo, scoppio Krach, Knal!, Feuergewehr (seoppiart knallen,
platzen, zerspringen) das deutsche und lat. Wort zusammengenossen
sein. Schliefslich fügt Hildebrand fragend hinzu: '1st aber scloput
selbst nicht urverwandt?'
Zu der Bedeutung von schioppo vergleiche man nd. nid. mnid.
khp ictus pulsus, klop bei Fischart von einem gewissen Gang der
Pferde, klopf in der älteren Sprache für klapf fragor, 2. B. donner-
klopf, das vermutlich schon im Mhd. (Grimm V, 1222) vorkorami.
Schwab, kläpftl Knallbüchse der Kinder, nebst klopfen, ahd, clophôn
schallen wie ein Schlag, Knall u. ä. mit der Nebenform klopfen
(ib. 1228) schlagen, knallen (noch in der Schweiz und in Schwaben,
wo man z. B. bei einem Kinderspiel fiasche Baumblâtter so stark
ansaugt, dafs sie zerknallen, was man eben mit klopfen bezeichnet).
Scoppiare könnte somit einer Nebenform zu klopfen mit anlautendem
s wie *s{k)lepjan t{k)lupjan entstammen.
Ich erwähnte soeben, dafs ilop bei Fischart, Garg, 132'' einen
gewissen Gang der Pferde bezeichne. Dazu stimmt auch das deutsche
tíopftr klüpfcr klöpptr kUpper^ (md.), auch kläpper kläpfer, welches
ein kleines Pferd, Reitpferd im Geschäflsleben , einen tellner, der
im stapf gaht, ein 'Rofs, das im Zelt geht, asturco, graduarías equus,
veretus, tolutarius', auch ein 'schlechtes Pferd' bezeichnet. Der
Name verdankt, wie es scheint, dem Klange, dem Klappen der
Hufe, seinen Ursprung.' Es konnten diese Bildungen einerseits
dazu dienen, ein schnell trabendes kleines Pferd, bei dem das Auf-
' Vgl. slappern von den Kädeni der Mäble b^i Hugo von Tnmberg,
KenniT 7S87 (auch ¡labern bei Maupl 4, 513), schlitpfern (Schmeller II, ^30)
klappern, schlottern, Schleppern (ib. 53t) ichlultern, schloltemd zittern, Idappern,
há. Schleppern klappern, und andere Büdungcn bei Grimm IX, 48I — 4qo.
' Htldebranrf vergleicht klaffen in diesem Siene bei Behaim (Wiener
84, ÎI : wann einer (d. i. ein fi/eii) niderklafte, prach das eisin vai» schn/Ze),
Vgl. auch klappen 4 bei Grinun V, 964.
• Vgl. auch böhm. tleperUi (auch schlechtes Pferd), russ. tlefier. dän.
klepper. schwed. klippare, isl. klepphestr kleines Ffeid und andre indog. Bil-
dungen vom selben Stamm bei Grimm V, 954.
• Vgl, auch klappern (Grimm V, 975, 1 b) klappernd laufen , vom tra-
benden Pferde, besonders vom langsamen Trappen , wo die einielnen Klappe
der Hufe barbar werden, auch von Menschen, wie das ^s\. klepper : Wer
mode ist, klappert, vgl. klepperfusi als Personeaname am Obeirhein anno I471,
der wohl einen Hinkendeo bezeichncL
364 TH. aKAUNE,
setzen der Hufe schaell hinter einander erfolgt, andrerseits aber
auch ein elendes, stolperndes, hinkendes Pferd bezeichnen, wie
denn das lit klùpli direkt 'stolpern'' bedeutet.
An kloppen klopfen erinnert schon Diez bei dem afr. pr. clop
hinkend, sbst. fr. ciopin dopimi, engl, doping, vb. eloper clopiner,
nfr. idope, lehnte aber die Deutung daraus ab, da klop/cn nur 'mit
einem stumpfen Werkzeuge schlagen' bedeute.
Wenn wir aber nun den Begriff 'hinken' nicht nur in klSpper
klepper, sondern auch in dem zum gleichen Stamme gehörigen lit.
kliipti, sowie in kltpperfuss (s. vorige Seite Anm. 4) wiederfinden,
dann dürfte man doch wieder auf den deutschen Stamm klup für
die genannten roman. Wörter zurückkommen. Für deutschen Ur-
sprung sprechen auch die Nebenformen wie docker, pic. doqutr, die
an den nahe verwandten Schallstarom kliik : ktuk erinnern, mit ahd.
ehloechô chlokiín, oberd. Schweiz, klocken {chhck Schlag}, unter dem
Hildebrand bemerkt, es werde einmal bei einem LauBitzer J. Franke
vom Pferd etrappeln erwähnt. Clodter würde dann mit dem it. ehioe-
eare prügeln, an die Thür anschlagen und chiocciare von einem
lockern Hufeisen (— "klokjan, vgl. in Kärnten klScken knallen, zu
klock Knall, oder ^ klukjan. vgl. Alacien {klüggen) klopfen bei
Grimm, zu kämt, kluck Schlag, Slofs) direkt verwandt sein.
Das pr. dohchar stellt dann vielleicht eine Vermischung beider
Wörter dar,- und das afr. dopier könnte die Nebenform zu klopfen
kloppen, nämlich *klopjan ^ hd. klopfen, wiedergeben.
Vielleicht gehört hierher in die Reihe der auf Schallnach-
ahmung beruhenden Wörter auch noch it. galoppare, líp. pg. gale^
par, pr. galaupar. fr. galoptr sich in Sprüngen fortbewegen, die man
bisher auf got. ga-hlaupan zurückführte, nebst sp. galopo, it. galuppo
Beiläufer, fr. galopin, die dem ahd. Moufo nachgebildet sein sollen.
Schon Wackemagel nahm Anstofs daran, die roman. Wörter auf
obige deutsche mit der hier so zufälligen und bedeutungslosen
Vorsilbe zurückzuführen, und schlug deshalb gäho hloufan vor, doch
fehlt es an einem subst. Kompositum gâhlouf. Sollte galoppare nicht
ein in alter Zeit übernommenes schallnachahmendes germ. 'kloppSn
oder *gloppÔn oder noch älteres *ga!oppùn sein, das mit dem ersten
Bestandteil das Aufsetzen der Hinterfüfse mit hellerem Ton, mit dem
zweiten das Niedersetzen der Vorderfüfse mit dumpferem Ton mall?
Diez erwähnt auch mnld. ivalop walopeeren, mhd. walap wato-
pieren (vgl, auch engl, wallop), die er aus den nordfranz. Mund-
arten, wo g sich manchmal in w verirre, erklärt. Aber gerade
diese den unbestimmten Anlaut in andrer Weise darstellenden
Wörter scheinen mir für den lautmalenden Charakter der ganzen
Bildung zu sprechen.
' Vgl. vorige Sfite Anm, 4 und knappt» (Iwi Grimm V, 1 J46). welches
neben klappen, Idatachen anch 'hinken' bedeutet, und knapp binkend (ib. 1 J41).
' Man könnte aber auch an fine Bildung wie *klofgtn denken , woiu
mail Schwab, gloigen bei Grlmni V, 1309 unter klutun vergleiche.
A
BEITRÄGE ZUR KENNTNIS ROM. WÖRTER. 365
Ich will schliefslich noch auf eine andere wohl ebenfalls zu
denselben indog.^ Schallstämmen gehörige Bildung aufmerksam
machen, auf das pr. clap Haufe, Masse, afr. clapier achpar aufhäufen.
Diez vergleicht dazu nach Laut und Begriff das kymr. ciap clamp
Masse. Es tritt hier aber in Mitbewerb ein germanisches Wort auf,
wie Schweiz. Vorarlberg, klapf Masse, Menge (Grimm V, 954, 3, 2),
welches ein got-fränk. *klap vermuten liefse.^
Glisser fr., afr. glicier gleiten.
Diez bemerkt dazu: *vom há. glüsen, giitscheriy n\á. gltiseriy auch
glissen, von welcher Form es aber nicht kommen kann, da das
pic. eh in glicher nicht mit ss übereinstimmt*. Er führt dann noch
it mdartl. glisciare, afr. glinsery npr. Unsay burg, linzer an, aber ohne
eine Erklärung dieser Bildungen zu geben, die doch andre Her-
kunft verraten. Wir haben es hier mit Wörtern deutscher Herkunft
zu thun, die von mehreren Stämmen, welche im Auslaut variieren,
welche aber alle ähnlicher Bedeutung sind, stammen.
Was zunächst afr. glicier anbelangt, so meint Mackel, es be-
ruhe auf ahd. *glitzan, einem Iterativ zu ahd. glïlan^, got glìdan
(Stamm gltd) und vergleicht nhd. glitschen. Da aber im Mhd. ein
gliizen glänzen (= an. glittà glitzern , got *gliíjan , s. Schade), wel-
ches mit ahd. mhd. gliz, an. glil und ahd. mhd. glîz Glanz zu dem
st ahd. Vb. glîzan, as. glitan gleifsen , glänzen (Stamm glii) gehört,
bezeugt ist, so werden wir glicier eher auf ein ahd. *glizjan^ zu-
rückfuhren dürfen.
Mackel scheint auf ein Iterativ zu ahd. glitan geführt zu sein,
weil glitan direkt 'gleiten' bedeutet Aber auch das vciaa. glitzen
hat ursprünglich diese Bedeutung gehabt Die augenscheinlich
übertragene Bedeutung 'Glanz' scheint bei dem Stamme glit^ wie
bei den verwandten, erst aus 'Glätte' hervorgegangen zu sein
(s. Kluge unter glatt\ wie denn das nid. ¿^//*/ 'Glätte' und 'Glanz'
bedeutet^ Der Stamm ist ein Schallstamm, der das Aufschlagen
und Gleiten eines Körpers auf einer glatten Fläche malt.
Das nfr. glisser könnte direkt auf eine Nebenbildung wie nid.
^ Hildebrand bemerkt bei Grimm V, S. 3 : * Wo ein lauter Ton bezeich-
net ist, entging — Itr* kl- deshalb der Lautverschiebung, um im Einklang mit
dem darin einmal niedergelegten Naturlaut zu bleiben'.
' Man vgl. zur Bedeutung auch das zum Stamm klup gehörige kluppe
in der Bedeutung * Bündel' (Gr. 1306), hess. klopp Bund, thür. kloppe Bändel,
Schweiz, klûpfel Menge.
' Bezeugt ist nur mhd. glîUn,
^ Vgl. zur Bildung afr. esclicier = ahd. slixzen *slizjan, mhd. slünen,
Denorain. zu säz,
^ Wie diese Bedeutungen wechseln, zeigt 2¡há. glat clat glänzend, zum
Gleiten, eben, neben ahd. ^/¡/an gleiten; zfncs. £" lisa glänzen, glänzend, glatt
sein, as. gUsian, ostfries. glise Gleise, ags. glissjan, acngL glissen glitzern,
nid. glissen gleiten, glitschen ; an. glan Glanz, ostfries. glennen glänzen, hess.
glaner Glitschbahn, glânern glitschen ; mhd. glander Glanz, Schimmer, nhd.
md. nd. Gleitbahn, o^xSneA, gktndern hin- und hergleiten; mhd. ostfries. glins
Glanz, osXMts, ghns(s)e helle, besonders glatte Stelle im Eise, etc. etc.
366 TH. BRAUNB.
glissett gleiten, glitschen (ags. g/ùsjan , aRiig\. gluten gliUem) «ir-
riickgehen.
Verwandten Ursprungs wie afr. gUcür ist das afr, glacier
gleiten, das wohl nicht zum ahd. *^/ij//ii« i glatten gehört, sondern
zu einero im Ablaut zu guisen stehenden ahd. *g!aejaH, einer Ab-
leitung aus adj. "¿■/aa = achwed. glalt glatt, eben, dän. glal schlüpf-
rig, glatt, oder sbst. *glaz = nahd. gJas glala Kahlkopf, Glatze, eig.
glatte Stelle (vgl. glilte Glatio und Glanz und s. Kluge unter giatu).
Das mdartl. it. glisciare setzt ein altes *gliikjan voraas, das
im mila, gtüchen , nd. g/isten (auch gläsken) glitschen, gleiten, vom
erweiterten Stamm gütk^ (vgl. den Stamm giù in mnd. glù{s)en
gleifsen, glänzen, ags.g/üian, aíñes. g/àû glänzen, glänzend, glatt
sein, ostfries. ^/wi Gleite) fortlebt.
Neben dem zu g^i'st erweiterten Stamm finden wir auch gli'ti
im engt. gUslen glister glänzen, glitzern, strahlen, nid. glütrren
schimmern, funkeln. Dazu besteht auch eine sbsl. Bildung engl
glister Glanz, Schimmer, auf die Schade das afr. esclistre mrück-
führt. In der That würde dieses Wort, wenn man ein ags. *gliiler
voraussetzt, der Bedeutung nach entsprechen, wie denn das mhd.
Ostfries, ntd. glinster neben 'blendender plötzlich aufleuchtender
Glanz' auch direkt 'Blitz' und nhd. nd, nid. ostfries. ^/mí/ín» neben
'glänzen, funkeln' auch 'blitzen' bedeuteL Vielleicht aber hat da-
neben eine durch í im Anlaut verstärkte Bildung "s-güster bestanden,
wie denn das Engl, und die nord. Mundarten besonders bäa&g
Nebenformen mit anlautendem j zeigen, vgl. siraggle in engl. Mund-
arten scramble, klettern, scriggle struggle, schwed. skragga rait Mühe
gehen, neben deutschem kragein strampeln, klettern, &xyg\. scrabtlt
scraffle klettern, wimmeln, krabbeln {nid. schrabben kratzen) neben
nd. krabbein, an. krafia, engl, era/ße kriechen, engl, scrawi Kiabben-
art, scrawl krabbeln und engl. dial, scraffish Flufskrcbs, neben emW'
fish crayfish, das von dem aengl. erevise, einem entlehnten fr, &«-
visse, stammen soll, sowie engl, scramble neben crambU etc.*
Die afr. Nebenform icliste sowie das henneg. ichtrt scheinen
ähnlicher Herkunft. Man könnte aber bezüglich icliste an due
sbsL Form wie *{s)gliste^ (vgl. engl g/isten) denken, die nach Ana-
logie des mhd. g/este Glanz (glesten glänzen) erschlossen werden
' Ein ahd. glaljati selbst ist auch nicht bezengt, es wird allerdings durch
da« nhd. glätlen vurausgcacttt.
' Vgl. das im Ablaut dazu stehende bair. oítí.glvscliiit glitnmCD, schwib.
gteschgen, neben mhd. tanA. glosen , aA. glasen glühen, nortt. ghsa glinien.
funkeln, blinken.
* Vgl. daiu auch tlildebruid (Grimm V, 1199. Sgl), der geneigt ist, in
dem \i. sgram/o Haken, Klammer (neben grampa Kfalle}, einen langobar-
dischen Bruder des ahd. chramph{ei) Haken (obeid, käniln. krampe auch Kralle),
und in dem \f.. scltianlù Spalt, Sprung, Schtiti eine got. -langob. Nebenform
abd. ilinte, engl. dial, elint, achwed. glänta Spalt, gtänt kleine OeHnong,
, ahd. clast-
BEITRÄGE ZUK KENNTNIS t
367
darf, und ebenso bei icHtrt an eine zum engl, ¡a glilter, aw. giura,
mhd, glitztm gehörige Subslanlivbildung *{s)glilkr.
Das afr. glinser sUramt lautlich zu einem ahd. *g/insân =
mhá. glinsen,^ das wieder nur in der Bedeutung 'glimmen' bezeugt
ist, das aber jedenfalls auch wie das ostfries. gU'ruen glmsstn glänzen,
glitschen, gleiten die Bed. des afr, Wortes gehabt haben wird.
Das gebräuchlichere mhd. Wort ist glinzen, auf welches das
bürg, linzer zurückzugehen scheint. Es wäre aber nicht unmög-
lich, dafs diesem eine kürzere Bildung wie *limen zu Grunde liegt.
Wenigsti-ns ist uns ein im Ablaut dazu stehendes sbsL lata Glanz
bei Graf)' 11, 241 erhalten. GraüT ist geneigt, ¡anz aus einem in
gi-lanz zerdehnten ahd. *gliinz (= mhd. glans sbsL Glanz, adj. ahd.
mhd. hell, glänzend) zu erklären. Eine solche Zerdehnung scheint
in der That häufiger, z. B. im Niederrhein, und Elsäss, (s, Grimm,
Buchstabe^ S. i6oj) einzutreten.' Aber wunderbar bliebe der Fort-
fall des mifsveiständlich als Vorsilbe aufgefafsten Elementes immer-
bin. Die Sache scheint sich anders zu verhalten.
Die hier angeführten deutschen Wörter sind ganz augenschein-
lich Schall stamm en entsprungen, die das Aufschlagen und Gleiten
auf einer ebenen, glänzenden Fläche bezeichnen, deren verschiedener
Auslaut aber die verschiedenen dabei zu Gehör kommenden Ge-
räusche wiedergiebt. Solche Schall stanarne zeigen aber auch im
Anlaut eigenartige Variationen. So steht z. B. dem engl, gnarr
knarren, knurren, mnd. gnarren, hd. knarren (Grimm V, 1354, 3)
knurren ein mnd. narren, dem schwed. knarga ein narga, dem
schles. knergeln knirgeln, lausitz, posen. ¿'>»>yi/n, ein mrgeln, dem
henneb. gnänge(r)n (s. Grimm unter knenken) ein sächs. nengern,
dem ^gs. fneosan, mengl. /rusen und snesen, a\á. /niesen ein ahd.
niosan, nid. niesen, dem mnd. glupen ein lupen, dem oberd. knagen
gnageii ein nagen (ahd. bi-gnagan und nagatC)? dem mhd. klâflcr
ein bair. laßer etc. zur Seite, in denen selbständige Nebenformen
(s. Grimm V unter knagen) anzuerkennen sind.* Wir werden hier-
nach neben Bildungen wie mhd. glänz, glinseii, glinseu, glinden, ags.
' Vgl. glins und giinse S. 365 Anm. 5.
•Vgl. bei Grimm ge-üntmin =. glimmen . ge-lcst = gìasl, ge-ìhen =
gtlsm, gi-loyt =^ glut; sowie gelitte bei Schade utitet mbd. litte, ghe-limtem
neben gliHsleren bei Kilian. Vgl. auch die Anm. 2 auf S. 360.
' S. auch Grimm V unlet knappen II, 1, 6, knuffen, kneipen etc.
' Die verschiedene Gestaltung im Aolaut wiid man nicht daraaa ei-
klären können, dais 1. B. der Stamm nar aus gnar oder knar verkürzt wäre,
vielmehr nur %o, dais dem NaturgeräuEch nar oh ein NebengeTausch voraus-
(¡ehi, dessen apracblicher Aasdruck eben das vorgeschlagene g oder k war
(vgl. meine Abbtndlung in der Ztschr. lür dealsche Philologie 1S96 übet narr
and ein Programm 'Ueber einige schallnachahmenile Stimme in den getmun.
Sptacben.' Berlin 1S9Ú). Wir werden die kärieien Stämme als die uisprûag-
lîcheren anerkennen müssen, da das Ohr erst mit der Zeit imstande gewesen
ist. das Ncbengeräuscli , welches dem Hauplgeiäusch voiangegangen ist, zu
vernehmen. Dafür spricht anch der Umstand, dafs in den kürzeren Stimmen
die ursptünglicbc Bedeutung nur noch sehr selten klar za Tage liegt und dafs
tie meist scliou übertragenere Bedeutungen zeigen.
^68 TH. BRAUNE,
as. gliiian, denen ja noch anders im Anlaut gestaltete Bildungen
wie ags. sltdan, mhd. slHen gleiten (vgl. [it. siiiiüs glatt, schlüpfrig),
got sünda tt m fra-slindan verschlÌDgen , eigll. gleiten machen, ahd.
slintan schlingen, schlucken, verschlingen, verschwinden machen etc
zQr Seite stehen,' auch andre Wörter ohne g oder s im Anlaut
vermuten dürfen.
Eine solche Spur liegt nun, wie ich meine, vor in dem bei
GrafT bezeugten ahd. ¡ans Glanz und wohl auch im mhd. läit
Glanz, Leuchten und liistn leuchten (in himellttst fiilgur, kimei-
wíltrlilzín , vgl, daneben mhd. glilze Glanz, glilzen glänzen).' abd.
Uni Schlange, eigll. die Gleitende, an. iinnr (vgl. mhd. gUaden
gleiten), ahd. linst Linse, eigtl. die Glänzende, dessen Entlehnung
aus dem laL Uns auch nach Kluge unsicher ist (vgl, mhd, glinsai
glimmen, oslfries, glänzen), got. ¡tipan gehen, fahren, wandern,'
ahd. lidan einen Weg nehmen, gehen, fahren, vergehen, Trübsal
erfahren, leiden, as. ags. ììdhan, an. lidha gehen, weggehen, vergehen,
dahinschwinden, nebst ahd. Hd ¡Uh Udii Glied, Gelenk, got. lithus,
an. lidhr, as. lìihi ¡ìdfii, a^s.lìdke* (== ahd. //Wi' ^ Íat.¡ínius. Grund-
bedeutung nach Fick 'nachgebend', vgl. goL ¡irtitan, aflirman weichen,
fortgehen, tat. Unis) weich, zart, nachgiebig, deren Grundbedeutung
ebenfalls 'gleiten, gleitend und glänzend' zu sein scheint^
Zu dem zuletzt genannten Vb., vielleicht ags. iîdlian, an. Iid¡ia,
in ursprünglichster Bedeutung, würde sich das bei Diez unter afr.
esUder erwähnte norm, líder gleiten und das bürg, linzer zu einem
neben ahd. ¡an% zu e rsch liefsenden "limùn, sowie npr. linsa zu
"linsen (sbst. ahd. Unsi Linse) stellen.
Unter afr. eslider erwähnt Diez auch das norm, ¿linder gleiten,
hingleiten, das er mit diesem Worte ohne weiteres gleichKUSteilen
scheint und vom ags. sltdan ableitet. Aber éltnder stammt wohl von
' Vgl. »uch Wörlcr mit noch andetem Anlaut wk ahd. blic Glaoi, Bliu,
Blick, an. */i* Glanz, mhd. Winiin blinicn, ahd. Mrfi; as. Ä/«Ai heiler, frob.
ao. bliähr sanft, mild (daneben ags. Ildhi weich, uri, ahd. glal glatt, gl^uend,
fräblich), aiaa.blätt Blitï, miiá. blilien, i\iä..ßini, ags. flint Kiesel, Meteor-
stein (der Glänzende !P) etc.
* Schade stellt litie und litun altcidings lu gol. *v¡ilja uod *tilü}an,
vgl. gol. vlits Angesicht, Gestall, Aussehen , as. viUti Glaai, Angesicht, Gé-
stale, ags. vlüi dass., an. litr Aussehen, Farbe, bes. auch der liebte Schein
bei XagesBohruch, Glanz des Angesichts, ags. vlttan, an. Uta blicken, schauen,
aeben, eigtl. gläaien. Nach J. Grimm, G. Spr. 412 steht got. *v/eiltm vielleicbl
Fäi ^leiiiin, vgl. 3^a.v. glfdali blicken, sehen; nach Leo Meyer, Die goL Spr.
ist asiav. glfdati, gr. ßl.enftv, aind. lakih (aus glaksh) in vergleicheo.
' Vgl. auch mhd. litte Weg, auf dem gefahren wird, ahd. ítiieitu Unter-
halt (das in den Schlund Gleitenden), ahd. leisa GeleU, Spur (mhd. nñiwñi leiie
frische Spar, bes. von frisch gefallenem Schnee), ahd. lito pedeletltinl, leniter,
got. laisj'au docere, i.e. sequi faceré, in mm ducere, s. Giimm, Gr. 11,46.
Zur Bedemung 'Spur' vgl. asiav. MJìi Spur und an. siSi/h lan^eiogene Spor
eines Wageas, Scblitlcns im Schnee, die mit gol. slauthjan gleiten machen
verwandt sind.
• Vgl. ksl. ¡tdn. Hl. ¡¿das Eis = XiSo^ eigtl. da? Glatte, GUnicndc.
' Vgl. gol. slauthj'an gleiten machen in afslauthjan. Ut, sUdüs glalt uiw
Ausgleiten (Eit), ichlüpfrig, leit. tliJi dass., siid¿l rul^cben, gleiten.
BEITRAGS Z(7R KENNTNIS ROM. WÖRTER. 369
einem an. *slt'ndan = got. slindan in fra^sUndan xarajclvsiv, ver-
schlingen, ahd. sltntan, mnd. mnld. nid. ostfries. sltnden schlingen,
schlucken, verschlingen, verschwinden machen, dessen Grundbedeu-
tung 'gleiten oder schlüpfen lassen oder machen'* ist, wie sie auch
im nid. slinder eine Schlangenart, slinderen serpere zu Tage tritt
Man hat hier von der refl. und intrans. Bedeutung auszugehen,
wie sie sich bei der verwandten Bildung ahd. slingan hin- und her-
ziehend winden, schlingen, refl. sich schlingend kriechen, dan. sìynge
schlingen, schleudern, refl. sich schlängeln (vgl. lit sliñkti schleichen)
zeigt.2 Wie sich hier die Bedeutung 'schleudern' entwickelt, so
scheint auch das germ, ^slindan diese gehabt zu haben, wie das afr.
eslinder (G. Guiart II, 337) beweist, das sich neben pic. élinguer
schleudern (= ahd. slingan schwingen, ags. slingan werfen, schleu-
dern, vgl. an. slyngva, schwed. slunga schleudern, dän. sfynge) findet
Zum fr. grommeler murmeln verweist Diez auf deutsches
grumeln grumen, engl, grumble. Formell stimmt aber dazu direkt
das mnld. grommelen murmurare, grunnire, mutire, ostfries. grünt"
mel(è)n^ nd. grummeln ^ ein dumpfes Getöse machen, knurren, don-
nern, das Frequent, zu mnld. nid. grommm, mnd. grummen grumen
ein dumpfes Getöse machen, murren, brummen, bair. sich grumen
sich abhärmen, mürrisch und verdriefslich sein (vgl. engl, grum
brummig, grämlich etc.), das wieder im Ablaut zu mhd, grimmen
vor Zorn oder Schmerz wüten, tobend lärmen, as. grimman steht.
Zum afr. halt Aufenthalt, Wohnung verweist Diez auf das
deutsche halt Festigkeit, feste Stütze und vergleicht aengl. liold
Festung, mhd. he-halt sicherer Platz. Es erscheint nicht unange-
bracht zu bemerken, dais das mnd. halt (holt) m. und n. speziell
auch die Bedeutung *Halt, Hinterhalt, Versteck', wie sie in der
ältesten fr. Stelle, im Parton. v. 5739: il est venuz él halt des hors
{ors) et des lions^ vorliegt, neben *dias Halten, Abhalten' (= ahd. halta
Hemmung, Hindernis, nfr. halte Stillstand auf dem Marsch) zeigt
Hanebane henebane fr. Bilsenkraut, führt Diez auf das engl.
henbane d. L Hühnertod zurück. Dem entspricht aber wenigstens
hanebane lautlich nicht genau. Diese Form weist vielmehr mit
seinem a direkt auf ein ags. ^hana-bana (ags. hana = ahd. hano^
mhd. hane han, got hana\ ags. bana Töter = as. baño der Töter,
Tod, engl, bane Verderben).
Man vgl. die vielfachen Zusammensetzungen mit hano wie ahd.
hane-fuoZf ostfries. hane-fot Hahnenfufs, Ranunkel, ostfries. hane-kam,
Name mehrerer Pflanzen.
Hellequin afr. Luftgebilde rauschender Geister, Geisterkampf,
wüder Jäger, soll aus dem nid. helleken hellekîn (Höllchen, dann
wegen des Höllenlärms so viel als 'wilder Jäger, wütendes Heer'),
dem Demin. zu dtsch. helle stammen (s. Grimm, Mythol. 894, Sim-
' Schade sagt, näcbstverwandt ist slttan gleiten etc.
' Vgl. auch ags. sUncan kriechen, schleichen, slincend reptile.
* Schon Scheler iîUirt ein ^Bm, ^am$nélen an.
Zdtschr. t rom. PhiL XX. 24
370
TH. BRAUNE,
rocks Mythol, 199, 5, Ausg. Weigand), Das nid. Wort wäre aber m>-
gewöhnlich genug persönlich aufgefafst. Zudem erscheint es wunder-
bar, wenn man zur Beieichnung einer so furchterregenden Vor-
stellung sich eines Demiiiutivs bedient hätte. Sollte helieguin nicht
direkt von einem Worte wie das mnd. hellekint Bewohner der Hölle,
etwa ahd. *Ai//f -/&/«/, uia\á. *heUe-kind {kini) stammen? Man denke
daran, dafs sich htüe in unzähligen deutschen Zusammensetzungen
{ich zähle deren im Ahd. und Mhd. bei Schade nicht weniger als
dreifsig bis vierzig, alle in der Bedeutung 'Teufel') findet.
Zum sp. lapo Schlag mit flacher Klinge, bemerkt Diez, es
stamme vom ahd. lappa (f.!), nhd, lappai Lappen, und vergleicht
das deutsche ;/ö/, welches zugleich 'Lappen' und "Schlag mit etwas
Flachem' bedeute. Er hätte auch auf das näher stehende schlappt,
in Appenzell Lappen, Ost- und westpr. Latz, Serviette für Kinder,
das nach Grimm Di, 485 auch 'alapa, colaphus' bedeutet, verweisen
können.
Dieselbe Bedeutung ist aber auch im nid. lap Schlag, Klaps
(íií;« vliegen mei teñen laf) nachweisbar, und es wäre denkbar, däfs
gerade dieses nid. Wort von den in die Heimat zurückgekehrten
Spaniern mitgebracht worden wäre.
Dafs aber der in lap vorliegende Stamm auch sonst in ähn-
licher Bedeutung vorkommt, beweisen das ostfries. laps, sowie die
Vb- ostfries. /a/^ klatschen, klopfen, schlagen, einen Klapps, dne
Ohrfeige versetzen, ranid. pangere, figere, impingere, impellere,
illidere, quatere, mßäm. faire impulsion, frapper par force, nid.
stofsen, treiben, klappen, klatschen,' wie denn auch das comask.
lapina Ohrfeige darauf deutet, dafs der Stamm auch auf südlichem
Sprachgebiet diese Bedeutung aufzuweisen hatte,
Wir haben es hier mit BÜdungen zu thun, die augenschein-
lich ein vernommenes Geräusch malen.
Dasselbe ist der Fall in Wörtern wie mnld. lapm lapping nid.
läppen abligurire, heluari, mnd. lapen, ags. lapjan la^jan lamberé,
läpian kpian kppan lecken lassen, an. lepja, ahd. Itfpken in gt-
hpphtn schlürfen, trinken, mhd. leff'en lecken, schlürfen, denen ein
St. ahd. laffan, mhd. laffen lamberé, lecken, schlürfen, schlappen
zur Seite steht. Das Geräusch, welches das Schlecken, Schlürfen
von Flüssigkeiten hervorruft, gab Verlassung zu dieser Bedeutung.
Auch in das Romanische ist das Wort übergegangen in dem
it. lappare, afr. nfr. laper, pr. lepar, cat. lUpar auflecken. Mackcl
fuhrt das fr. und pr. Wort auf das an. lappa, ags. ¡apjait zurück.
Aber das an. Wort ist nur in der Bedeutung 'flicken, ausbessern',
auf die wir noch kommen, bezeugt, und das ags. lapjan hätte wohl
lapir ergeben. Wir werden daher das fr. laper eher zu einem
geim. *lapdH lappSu (vgl. mnld, lap[p)en) oder *1^h (vgl. ahd. ¿affan)
' Vgl. auch engl, lap-stane Sdilagstcin , KJopfslein des SchusteTi, nid.
lip Slofä mit dem Fufs, leppen FufBCritt versetzeo.
■ Vgl. schlappen geriuBchvoll lecken (Giimm 49$).
BEITRÄGE ZUR KENNTNIS ROM. WÖRTER,
371
stellen dürfen. Was das pr. lepar, cat. ¡¡¡par anbelangt, bei dem
die von Mackel angesetzte unorganische Verwandlung eines a zu «
Bedenken erregt, so könnte es auf einem allen *Iipp6n (vgl. fíppíit
bei Grimm schlürfen, lecken, nebst lippeln und Upper» und mnd.
ostfries. ¡ip€n eine dicke Unterlippe, ein schiefes Maul machen,
schwed. Upa die Lippen hängen lassen , maulen) beruhen wie fr.
liper behaglich speisen, das aber jüngere Herkunft verrät
Das letztgenannte Vb. ist aüfs nächste verwandt mit nd. mnd.
«fries. Upe, norw. ¡epe, nid. engl. Up, mnid. nd. mnd. Uppt, ags. afries.
^Hppa, aengl, Uppe, norw. Uppa, dän. Uppe,^ denen im ahd. Itfs (auch
Itps wie nd.) gegenübersteht und die das Organ, mit dem man
leckt, bezeichnen. Zu einem andfrk. *Uppa stellt Mackel das afr.
iept, das afr. iipe, nfr. Uppe hingegen zu einem altd. Uppa. Da aber
Uppe erst später ins Hochd. übernommen ist und das Wort im
Ahd. *Up/e gelautet haben müfste, so würde das afr. Upe besser
dem ags. Uppa (aengl. Uppe) entsprechen.
Ltppe ist aus allem *Up-ja {s. Grimm) hervorgegangen. Und
dafs dieses auch im Ahd. als *U/ja^ bestanden, dafür zeugt das
diesem genau entsprechende comask. Uffia Mund, während das
comask. Uff Lippe, das man gewähnlich zum ahd. mhd. U/s stellt,
eine kürzere Bildung ahd. *U/ ^ Uff n. (bei Grimm 515) Lippe,
Schweiz, hf ¡äf Maul zu repräsentieren scheint
Wie nun schlappe (s. oben) 'Lappen' und schlappen, oherd. sclilap/en
auch 'schlaff sein, lose hängen, lose, schleppend gehen' bedeutet, so
bezeichnet die kürzere deutsche Bildung 'herabhängendes Stück
Zeug, Lappen, Flicken", vgl. ags. lepfia lappa (m.) Saum, Franse,
aengl. läppe, ranid. nid. lap Lappen, Fetzen, nd. mnd. läppe, afries.
lappa, an. isl. lappi leppi lap, denen sich auch ein ahd. lappa^ (f.)
lacinia, mhd. läppe (m, und f.) anschliefst, das die gleiche Lautstufe
zeigt, aber wohl von dem Nebenstamm ¡ab (vgl. nid. labbere?! flattern,
sanft wehen, md, labern langsam und einfaltig reden, in Schlesien
leckend trinken, Schweiz, labben läppen lecken, nid. mnld. nd. ost-
fries. labèen, ags. labjan, nd. md. tabbe Hängelippe, Lippe, Mund)
mit gleicher Bedeutung stammt- Die Bedeutung 'Lappen, Fetzen'
scheint an das Geräusch, das von einer im Winde flatternden und
klatschenden Fahne, von nassem Zeuge etc. (vgl. läppen 3 bei Grimm
^ Gam, Netz, 4 ^ Segel, 5 ^ hangende Haut) hervorgerufen wird,
anzuknüpfen.*
Zu den genannten Wörtern stellt sich das fr. lapigne Lumpen
(in Herr}'), ohne dafs sich eine genau entsprechende deutsche Bil-
dung nachweisen Uefse.
' Vgl. schlappt in Posen Mund, Maul.
• Im AbUm daîu sieht laffe Uppe, Muad (Grimm VI, 56).
' Kluge, dem die Unregelmärsigkeit in dei Entsprechung von ags.
tappa und hd. lappiti unklar erscheint, hält ahd. läppe fiir ind.
' Vgl. TÜa.ßappin. engl. ;ti/ klatschen, osüiisi. flappen schlauen, klal-
uben, sich bewegen, Sattem, von schlaff hängenden Segeln, und bait, lapptn
Bcbaukeln, nass. tapptrn hin- und beifabreD etc.
I
372 TH. HRAUNE, BEITRÄGE ZVR KENNTNIS ROM. WÖRTER.
An diu hier entwickelten Bedeutungen knüpft dann an das
deutsche ¡afpe ¡app homo stolidus, ¡neplus, nid. lap Lump, Tha-
nichtgut, unredlicher Mensch, auch Säufer (mit Anlehnung an läppen
lecken, schlürfen), ostfries. ¡up läppe laps, nordd. was(h-lappe{B), nhd.
iaffe, rahd. (md.?) lape tappe Laffe, einfältiger Mensch, Bösewicht,
die ursprünglich wohl einen ilallerhaflen Menschen' bezeichneiL
Hierher gehört auch das fr. lâpeau träger Mensch, chw. lapi
Wicht, Pinsel, bei denen Diez auf das nhd, läpp schlaff verweist.
Dem ïr. lâpeau entspricht lautlich das bei Schmeller I, 1496 ange-
führte lappel.
Loup-garou Mensch, der Wolfsgestalt annehmen kann, pic.
garffu Hexenmeister, gehört zu den wenigen Wörtern, in denen
fur nebentoniges e ein a stehen soll. Wie wir aber zu afr. bramer
(Ztschr. XIX, 355) auf eine deutsche im Ablaut zu ahd. brè'man ste-
hende Bildung wie mnd. brammen und zu afr. /aloise falise oben
S. 358 auf *faUsa = a-hd./flùa verweisen konnten, so werden wir
auch hier als Etymon eine Form mit a ansetzen dürfen. Und in
der That bieten sich dafür ein schwed. var-ulf, dän. var-uiv und
mnd. war-wulf (neben ■wer-wul/).'^ Kluge setzt auch nicht wie
Schade' ein rahd. wtr-wolf, ags. vërtvulf (ahd. *zvêrav.-olf, goL
vairavulfs) mit ê, sondern mhd. Wfrwalf entsprechend ags. lefrt'
Wulf mit ; an. Aus dem Ahd. führt er den Eigennamen Wfri-wolf
an, dessen f, wie ich hinzufüge, der nicht umgelautete frankisdie
Eigenname Vuari-ulfo (s. Waltemalh p. 37) sichert. Für aus a um-
gelauteles / spricht auch die nhd. Schreibung Wärwolf und Währ-
wolf neben Werwolf. Da hiernach das mhd. utërwolf und damit
auch das von Mackel angesetzte andfränk. wfrewulf unsicher er-
scheint, so werden wir auch garou auf ein dem &änL Eigennamen
V»ari-4dfo entsprechendes andfränk. *ícid''/-wu//'zurückruhFen dürfen.
' Heyne ¡Grimm VI, 191) geht lür diese Wörter überhaupt von dem Ge-
räusch aus, das ein leckendes, naschendes Kbd heiïotbtingt.
* Vgl. auch altmärk.-plaLtd. ■aaorviutf.
* Schade kommt lu der Schreibung -aêrmolf. weil er die» auf das ahd.
ags. as. w/r, an. vërr Mann, Meoscb (vgl. ì.vxàv^Qotnoiii larñckfñhrt, KJoge
hingegen seilt als erstes Kompositionsglied auf Grund der weslfàl.-lipp.-bess,
Beueniiimg des Werwolfs als Bükscnwolf 'Hoscnwoli' das ahd. *:0fri' ^ ags.
■a(Te Kleid, an. verja Oberldeid (tu got. vasjan kleiden ^ engl, fu war
Kleider tragen, aus ags, vifriait, vgl. an. verja, ahd. vjerjan kleiden) ao.
(FortietxuDg folgt.)
Tm. Bkaune.
BESPRECHUNGEN.
Angelo Solerti, Vita di Torquato Tasso. Tre volumi in 8^. Torino-
Roma, E. Loescher, 1895.
Gran copia di pubblicazioni provocó il terzo centenario della morte di
Torquato Tasso, celebrato solennemente il 25 aprile 1895. Pubblicazioni varie
di contenuto, di forma, di valore: dall'insulso discorso d'occasione destinato
a porre in vista, più che i meriti del commemorato, la vanità del commemo-
rante, dal banale articolo di divulgazione, alla sintesi garbata, agli studietti
ammodo, utili senza pretesa, ai volumi chiacchieroni ed alle opere benemerite
di critica storica. Un pò di tutto, insomma, come sempre: cose buone,
mediocri, meno che mediocri, cattive, insignificanti; le insignificanti in maggior
numero che le altre ^.
n primo posto in mezzo a questa produzione esuberante vuoisi senza
dubbio assegnare a due opere di Angelo Solerti : V edizione critica della
GerusaUmme liberata e la Vita di Torquato Tasso. Dare un' edizione vera-
mente crìtica della Liberata non era cosa agevole davvero, chi sappia come
quel poema fosse, a dir cosi, in un continuo divenire, finché non giunse alla
redazione o deformazione ultima miseranda, che il suo autore tenne come de-
finitiva, la Conquistata, Ci troviamo, quindi, d'innanzi ad un quesito nuovo
per la storia d' un testo : anziché attenerci alla redazione ultima voluta dal-
l' autore, dobbiamo sorprendere il frutto del^ ingegno suo ancor sano e lim-
pido, prima che gli scrupoli propri e la pedanteria altrui e la travagliosa
arrovellante malattia dello spinto costringessero il povero Tasso a farne
scempio. Sinora 1' edizione moderna migliore e più sicura era quella modesta
di Severino Ferrari, nella quale leggevamo riprodotte le due stampe ferraresi
consentite, benché a malincuore, dall' autore, vale a dire la Gerusalemme
quale il Tasso la voleva nel 1582. Ma al Solerti, dopo lunghe ricerche,
venne fatto di rintracciare nel Musco Soane di Londra 1' autografo del poema
e su di esso, corredandolo delle varianti che recano altri manoscritti e le
stampe antiche, condusse il suo testo*. Abbiamo perciò in questo libro,
' n Solerti offerse al pubblico l'elenco bibliografico delle pubblicazioni
che si fecero pel centenario tassesco nella Rivista delle biblioteche e degU
archivi, an. VI, ni. 9 — io e discorse criticamente delle più rilevanti fra quelle
pubblicazioni nel Giorn, storico della letteratura italiana, XXVH, 391 sgg.
* Sono due volumi editi dalla Casa Barbèra di Firenze. Precede un
volume introduttivo, che dà ampia ragione dell' opera, segue la fortuna del
poema ofi'rendone la bibliografia compiuta, termina col rimario e con l' indice
dei nomi e delle cose notabili.
374
BESPRECHUNGEN.
)I.FO BENIER,
¿rc del lesto tr» il 1574 e il 1576,
revisione successiva", vale a din
L poema che Ìa dal suo medesiaio
voglia qui irai leu ermi , t open di
loi slndl lunghi e padenti per piìi
□eli' archivio dì Modena gli
come il Solerli medesimo scrisse', „il llut
„durante il compimenlo dell' opera e I.
quanto di meglio ci è dato sperare d' 1
autore cosi miseramente guastalo.
La Vita di T. Tasse, sulla quale i(
maggior lena, a cui il Solerti consocrù i
di un decennio. Le prime ricerche i
fecero ben presto intravvedere che la biografia di Torquato scritta dal Scrassi,
buona arni ottima pei tempi in cui fu dettata, mirabile addirittura per iolnila,
se ai consideri il materiale manchevole di cui egli dispose, poteva essete in
molte parti completata, in altre corretta col sussidio del materiale archivistico.
Ond' è che, ubbedendo ad un amore per la ricerca erudita che lo rende in-
stancabile, il giovane critico, continuò a frugare per inni ed anni, sema co-
noscer riposo, dovunque gli sembrava di poter raccogliere nuovi indizi per
lumeggiare la vita del suo poeta prediletto. E ben presto di queste ricerche
si videro i fruiti. Sin dal 1S37 comiuciarono a comparire in gioruili e rívisle
i suoi primi saggi di studi tassesclii; per lo più documenti nuovi illustrati
ovvero questioncine laterali proposte o risolte. Crebbero questi saggi di
mole e d' importanza nell' anno successivo, che vide pur uscire in un volume
medesimo i due studi del compianto marchese Camporí su Luigi e Lucreiia
d' Este accompagnali da uno del Solerti su Leonora. Cosi sin dal 1888 egli
veniva a presentare nella sua giusta luce la figura di quella principessa, che
secondo la tradizione avrebbe avuto tanta parte nelle sventure e nella poesia
immortale del povero vale. Né lardò molto ad caser pubblicalo un bel vo-
lume del Solerli
e dotta prefai
sec. XVI* El
Tasso: buona
i Discorsi di Annibale Romei, preceduti da una long«
Firrarii e la corti tstense nella teeonda metà del
.1 gran quadro in cui egli collocava idealmente il suo
! d' ambiente storico, frullo di ricerca onnu pro-
In quel medesimo anno 1891 tniiiava il Solerti con la
casa Zanichelli i Bologna la serie delle Opere minori in versi di Torqnalo,
edizione critica su[;1i autografi e sulle antiche slampe, di cui sìnora tà son
veduti tre tomi, ciÙ sono i poemi minori ed il teatro, quest' ultimo pure pel
centenario. Altri selle, che recheranno le rime, sono ormai pronti nel mano-
scritta. Nel 189! usci pei tipi Le Monnier na' Appendice alle opere tm prosa
di r. Tasso curata dal Colerli.
Ora, io non dirò certo che in questa abbondante produsione crilica del
Solerti, specie nei primi lavori, non appaia molte volle la fretta, la quale tal-
ora gli fa commettere delle sviste non sempre scusabili. Ma giustiiìa vuole
si aggiunga aver egli mostrato di sapersi correggere e specialmente di sap«
accogliere (virlii rara davvero) le osservazioni altrui, anche non dolcìsamc,
con animo franco, sema rancori, facendone anzi tesoro. La presente Vila iti
Tasso, come organismo di libro, è veramente pregevolissima. Mira dritto al
suo scopo, scnia inutili digressioni; segue il poeta mese per mese, quando
può giorno per giorno, tien conto di tutto, paziente, insistente, anzi scrupo-
losa, senza pedanteria. Chiarezza non vi difella mai; eleganza talvolta. Ma
' Viia del T.. I. 341.
' Citti di CastcUo, Lapi. 1B91.
ANGELO SOLERTI, VITA DI TORQUATO TASSO.
375
'■ il SoUrÜ Don è un bello scrittore, n« ha la pretesa dì esserlo. Anche io
questa parte peraltro egli fece dei progressi ina^ahili; più d'una pagina del
suo libro è scritta con quel calore e con quella vivacitù, che se non sono
addirittura arte, la rasentano', E in discussioni anche intricale, su questioni
ardue, egli ha sapulo essere perspicuo, di quella bella petspkuili che pro-
viene dall' assoluta padronanza del soggetto, e che è la migliore e la più de-
siderabile eleganza della critica.
Il primo volume dell' opera, il qoale raggiunge quasi le 900 pagine, con-
tiene la biografia del poeta. Il secondo volume é di documenti, divisi cosi:
Piirtr I, lettere inedite e disperse di Torquato Tasso, in lutto 117, che Com-
pletano l'epistolario edito dal Guasti'; Parte II, lettere di diversi a docu-
mento ed a illustraiione della vita e dglle opere del T., in' tutto piii di 530 do-
cumenti in mssüma patte inediti, pei quali l'A. ricorre sempre, polendolo,
agli originali; Apptndict, una sessantina di lettere di vari eraditi intomo a
Torquato ed a' suoi scritti'. Nel ten
oltre un' altra serie di documenti che 1
storielle e biblii^ralichc. Notevolissima
lativi al Tasso editi fino al centenario, 1
Qui pure hanno luogo le riproduzit
apocriñ. Tra questi io ho quasi
Solerti si mostri della medesima opinione (III, 104 — 5), nel bel ritratto attri-
buito ad Alessandro Allori, che è nella galleria degli Uffizi. Aníílutto a
me sembra innegabile la somiglianza fondamentale di quell' elSgie con la
maschera calcata sul cadavere, conservala a S. Onofrio, che, bene o male, ci
rappresenta i Iratli veri del volto di Torquato deformato dalle sofferenze. In
secondo luogo essa effigie risponde assû bene alia minuta ed amorosa descri-
ïione fisica di Torquato che ci lasdä I' amico suo Giambaltisla Manso (rife-
rila dal Solerti in 1, Sio). E poi l'esecuzione garbata e une del dipinto, che
rivela un'artista non mediacre ed abitualo a far ritratti, ci riproduce la ñso-
nomia del Tasso in modo conforme all' idea che gli ultimi studi ce ne fan
concepire, È un volto dai tialti regolari, dalla fronte ampia, dagli occhi pen-
sosi e mesti e quasi smanili; un volto d'uomo che medila e soQre'.
Vedendosi costretto ad ogni pie sospinto a rettiScare o completare o
nbatlere asserzioni altrui, it Solerti, nel narrare la Vila del Tasso, ha
olume, complementare,
sono lettere, parecchie
la la bibliografìa degli stud! crìtid
ove si registrano ben 491; pubblicazii
dei molti ritratti di Torquato, veti
fiducia, e godo che
ome esempio quella sulla libera;
luglio 15S6 (1,494—95). Bello assai anche l'
5. riß la storia della leggenda tassesca.
' Tre figuravano già nell' epistolario guasliano, e qui furono riprodotte
per equivoco, come avvetlc il S. in II, Xl.
' Il ti volume vuol essere tma specie di «codice diplomalicu tassiano».
Vi regna un po' di disordine per un difetto di origine. Esso era già stampalo
nel 1889. onde si fecero necras-irie in slçuito, per le ricerche progredite dell' A,,
numerose giunte e correzioni. Di ciò il Solerti si scusa.
' n ritratto dell'Allori é riprodotto nell'opera del Soletti due volte: in
tesU al voi. I e fra i ritratti del voi. lU al n«. vili. Oltre la ricca iconografia,
r opera reca buon numero d' illustrazioni d' altro genere: vedóle dei luoghi
ove il Tasso dimorò, piante, riproduzioni d' ault^afi. Sulla scelta e sull' ese-
cuzione ci sarebbe patecchìo da ridire; m« in ogni modo va data la debita
lode alla Casa Loescher, la quale non risparmiò cure nÈ spese affinchè il
libro riuscisse degno della loteanilà centenaria, non solo italiana ma europea.
à
376
seguilo 1
rNGEN. RODOLFO RENIER,
ha rifatto, t
„Io. dice
r faciliUto il cai
(I,K
icnri e le notiiic diiclle, come se altri nuj
:ntaDdomi di allegare in nota citi m* ha
e rarìssimameote ne' caä dubbi disputando
a.) DifRcoliì grandi «eo/a dubbio porlan
ne: massima fia tutte I' avece un cosi copioso ejnslD-
: moltissime volle, anziché essere, come di salito accade. Dna
: Ctanitica sa mi poggiare la biografia dell' autore, í Infido al
punto da fuorviare, come (pä fece molle volte, il lavoro ricostnittivo del critico.
Il Solerti, pertanto, procedette con ogni cautela, servendosi dell' epìstolaiio
solo nei limili consenliligli dai risultamenli delle sue ricerche archivistìdie.
Tale procedimento coniluaie ad ottimo une. Fu detto che la „cronaca in-
dustre e palíente" iutcssuta dui Solerti „afTanna e pesa come un tormento
monotono" ', ed è questo il migliore eloj^o che si palcssc farne. Essa riflette
obbieltivameute, serenamente, l' aria greve dei tempi . il (ravaglio incessane.
monotono, noioso, pauroso di quella povera anima di Torquato, sensitiva e
malata. Raro i che uo autore riesca, come il Soletti seppe fare, a Ducon-
derc cosi si medesimo, ad essere un narratore cosi passivo. E questa pasti-
viti appunto, che non i apatia, perché dissimula un lungo e sottile lavorio
critico, questa passività appQoto é la dote più bella del libro. Saper riimn-
ciare alle volale di fantasìa, alle congetture attraenti, alle digressioni piace-
voli; coblringeisi a stare sempre tra le quinte perchè l'azione si svolga come
da si agli occhi dello spettatore; non reagire in modo alcuno contro la pe-
santezza e 1' uggia che dì la compagnia d' un maialo quando dura acmi ed
anni: tuttociò ha bisogno d'una somma disciplinatezza, e, diciamolo pure,
d' una non mediocre abnegazione. Ad una ricostruzione simile della viti di
Torquato, adulterata da tanti ed in tante guise, non poteva giungere se non
una rigorosa e sana applicazione del metodo storico, onde a buon diritto
questo libro del Solerli lu proclamalo uno dei migliori, fra i unii buoni,
ftulli del metodo storico. Questo Tasso, che ora d vien presentalo, non pla-
cera ot ai sognatori uè ai relori: essi gridarono gii, e più grìdetanao, alla
profanazione. Ma chi si cura di loroi Uffìcìo della storia è di svelare il
veto, ed il Tasso che ci présenla il Solerli sari povero, infermo, instabile,
moralmente poco corretto, poco simpatico anche, lutto, insomma, quotilo vi
può essere di più disforme dal cavalleresco amante di Leonora, dall' idealiz-
zato caniote d' Aminia e di Silvia, d'Olindo e di Sofronia, di Tancredi e di
Clorinda...; ma é il Tasso vero. Un giovane scrìttuce d'ingegno, che noti
pecca certamente di poca fantasia uè di tepido amore per l' arie, ha dello
or non i molto a Mantova: „Gli uomini grandi appartengono alla storia dei-
„l'umanili. di
„bisogno di I
„anche bnilto. Ira
„sarebbe da stolti
■4« ri
a del V
< le geniture più elette, e 1' umamli ha d' istinlo il
si medesima: il veto importi per si siesao, attrae
I profanare 1' idealità; e imprecare alla critica stoiica
itacia di essa essendo necessaria pcreht Í n
Più d' uno rimprovereri al Solerli d' av
I V.Crescini. Torguaro Tasio. Padova. 1895, p. 36.
• A. Albertazzi, Torquato Tasia, Mantova, I895, p. 5.
troppo, nello
ANGELO SOLERTI, VITA DI TORQUATO TASSO. 377
scrivere la vita del Tasso uomo, il Tasso scrittore. Non già eh* egli trascurì
le opere, delle quali, come documento storico, sa trarre così prezioso pro-
fìtto. La storia esterna, anzi, deUe opere medesime egli rifa ottimamente e i
suoi risultati suUa composizione della Gerusalemme, sulla prima recita del-
l' Aminta fìssata definitivamente nella primavera del 1573, ^^^^ cronologia,
suir elaborazione, sulla fortuna di tutte le altre opere, resteranno. Ma nel-
r esame intemo degli scritti tasseschi egli non s' addentra quasi mai, e quando
v' entra, riesce inferiore a sé medesimo. Appena del Torrismondo s' arrischia
a pronunciare un giudizio motivato (I, 556 — 59): del valore del Rinaldo tocca
appena e s' appoggia ad altri. Della Gerusalemme, che pure segue con tanta
chiarezza nel labirinto del suo formarsi e svilupparsi, non indaga le fonti né
svela la compagine intima'. La Conquistata giudica con le parole del Cher-
buliez; pel Mondo creato segue il Mazzoni. Delle relazioni di pensiero fra
il Tasso ed altri poeti e scrittori non fìata. Il tema attraente di ciò che
vale r opera tassiana per rispetto al secentismo intravvede, ma lascia ad altri
da svolgere (I, 692). Del valore filosofico del Tasso si spiccia in poche righe
(I, 396-97).
Molti, ripeto, vi saranno pronti a muovere appunto al Solerti per questa
deficienza: me ne dà sentore anche il fatto che udii biasimare più d'uno la
sua abitudine di affìdare al terzo ed al quarto l' illustrazione intema delle
opere minori in versi di Torquato, eh' egli vien pubblicando. H Solerti, dicesi,
ha consacrato buona parte della sua ancor giovane e fiorente vita al Tasso;
egli è, sa mi si passa il termine, uno specialista del Tasso; quindi in ogni
argomento tassesco deve avere piena, indiscutibile competenza. M' ingannerò,
ma a me sembra questa una pretesa fuori del ragionevole. È una vecchia
abitudine questa di volere che la gente faccia ciò che non sa, o non può, o
non vuol fare; una abitudine che nella vita privata si giudicherebbe petulanza
e deficienza di galateo elementare, nella cosidetta repubblica letteraria vale
invece come argomento di critica buona e dotta. A me pare che un gran
requisito, inapprezzabile requisito d' uno scrittore, è quello di saper misurare
le proprie forze. Al Solerti sembra di non aver attitudini all' esame dell' opera
d* arte, e noi fa. Io lo trovo lodevole. Non lo troverei invece lodevole se,
come forse più d' un paio de' suoi critici farebbero, si lasciasse tentare dal-
l' estetica e finisse con un volo d' Icaro. Non è colpa V ommettere ciò che
non si crede di poter far bene : è colpa l' acdngervisi impreparati o mal dis-
posti. Non è colpa specialmente nel Solerti, che nel campo storico ha saputo
far tanto e cosi bene, egli che ha sovratutto tempra di storico. £ d'altra
parte un giovane appena trentenne, che pel Tasso ha compulsato quel pò pò
di roba che si può vedere rassegnata ntW* Indice delle ricerche metodiche
eseguite nei R, Archivi di Stato\ che ha già messo in luce tante monografie
e testi, coronando ora 1' edifìcio con questa Vita del Tasso monumentale,
sarebbe indiscreto, anzi direi persino inurbano, il pretendere che avesse fatto
1 Neil' occasione del centenario le più belle pagine sintetiche sulla Libe-
rata e sulla Conquistata furono scritte dal Del Lungo, Torquato Tasso,
pp. 32 sgg., estr. dalla N, Antologia, 1° maggio '95.
' III, 141 sgg. Nel solo Archivio di Stato in Modena il Solerti ha esa-
minato circa 5700 documenti.
BESPRECHUNGEN, RODOLFO RENIER,
richiedenle altiludÍDÍ in Wtlo diverse da ^
Premesse queste considerazioni, è troppo naturale domandarsi: quali
novilï arreca olla biografia del poeta sorrentino 1' opera presente ?
loDunierevoU. I^ vita del Scrassi, edita nel 17SJ, fu documento di crì-
tica sana ed acuta. Ma per quanto il Seraaai intravvedeEse il vera in motlì
particolari, troppo deficiente ern il materiale di cui disponeva perch' egli
potesse seguire i! poeta, non pure nelle peregrin aii oui della sua irrequieta per-
sona, ma anche nel travaglioso e continu« peregrinare del suo spirito infenoo.
Troppo dovette il Serassi affiliarsi alle parole medesime dell' autore, e questa,
come vedemmo, era ingannevole strada. Il Solerti ci dichiara sia da) prin-
cipio che non una pagina sola del Serassi ha potuto ripetere tal quale, in
questa sua narraziODe. E dovunque non ripetè, innova, recando alla biografia
un immenso contributo di rettifiche, di notiiie, di complemeoti, dì accerta-
menti nuovi, poggiati sulla base incrollabile dei documenli. CHiì avrà l'agio,
eh' io qui non ho, di confrontare specificatamente le due biografie, del Seraso
e del Solerti, comparse a disLinza di poco più d'un secolo, potrà rtleran
uno ad una tutte le cose malnate ed ignote, che t' ultimo biografo fu in grado
di assodare e
Il concetto complessivo che possiamo formarci dell' infelice Torquato
non è certo vantaggioso per lui, 0 a meglio dire, l' aureola poetica dì coi lo
aveva circonfuso la leggenda i scomparsa per sempre. I dnbbl non sodo
ormai più possibili: non la crudele vendetta d'un principe per un amore col-
locato troppo in alto, non la persecuzione degli invidiosi furono le caute
dell' infelicitì insanabile del poeta; ma una lipemania sconfortante, una Ingubre
„pazzia alternante", che lo trovagtiä per metí della vita. Pur coriservandû
abbastanza limpido ed equilibrato l'intelletto quando poetava e filosofava',
ed anche negli intervalli lucidi, sempre meno frequenti, della vita pratica,
egli era il più delle volle pauo e la sai pania sì manifestava con una de-
pressione morale continua, che Io rendeva ipocondriaco, eternamente m*l-
e dì tutti, mani:
Da questo s
o della petseCDliotie,
maniaco della fede che temeva perduta. Da questo stato dì mortale abbatti-
mento, nel quale erano frequenti le alhidnaiioni e le insonnie tormentose, lo
toglievano spesso certe crisi violente e terribili, che lo conducevanò ad alti
di frenesia pericolosi per lui e per 0i altri. Furono appunto questi aiti che
costrinsero il duca di Ferrara, nonostante la longaiumità saa, a rìnchiudeilo
nello spedale di S.Anna, ove fu trattato umanamente ed ove si cercò di
curarlo con gli scarsi mexzi, coi mezzi, anzi, talora stravaganti, che la medi-
cina del tempo suggeriva. Con l'indebolitsi progressivo del corpo per allr*
disturbi non lievi, gli accesai furiosi scemarono, ed egli potè uscire un giorno
e girare l' Italia. Ma lo squilibrio mentale dura sempre, fìno a ridurlo n^
ultimi anni „In uno stato febbrile quasi permanente, >;enza forza, senza volonli".
Le bellissime indagini mediche del Corradi snlle infermiti del Tasso trovanú
' Questo fenomeno, noto ormai per non pochi esempi agli psichiatri, non
esclude punto la condizione pazzesca. 11 Del Lungo (Op. eil., p. 10) ékt
cosa non esalta quando chiama lo stato del Tasso „parziale perturbamento
„più affettivo che iotellettuale". Altro che affellivol
ANGELO SOLERTI, VITA DI TORQUATO TASSO. 379
nella grande opera del Solerti una conferma storica esplicita e decisiva. £
chiaro vediamo qui anche un altro fatto : che V opera artistica del poeta im-
pazzito andò sempre più indebolendosi ed oscurandosi, mentre i frutti più
soavi e più eletti del suo ingegno, V Aminta e la prima Gerusalemme, si
debbono alla sua mente ancor sana.
Della malattia intellettuale di Torquato quali saranno state le cause?
Io ho esaminato con avida curiosità i documenti editi dal Solerti per cercarvi
r appiglio a qualche plausibile congettura; ma vi ho trovato poco di utile a
questo scopo. È certo peraltro che il Tasso sorti da natura una complessione
delicata, sensitiva, nevrotica. L' aveva probabilmente dalla madre, da quella
gentile Porzia de* Rossi , il cui leggiadro visino, incorniciato da un enorme
collare di pizzo nel ritratto della galleria degli Ufiizi, ci rammenta Torquato
nella bocca, nel mento, nel naso, negli occhi grandi soavissimi^. Di quella
dolcissima creatura, spenta improvvisamente e ancor giovine nel 1556, non
senza sospetto di veleno, si sa ben poco. „Una rara e virtuosa giovane", la
disse sempre il marito Bernardo, che V adorò : „una delle idealità più belle
„del cinquecento" la proclama oggi l'ottimo Pasolini'. Né io farò obiezioni;
né contesterò che nelP anima fervida e mite del piccolo Tassino possa essere
passata molta della dolce e mesta e severa indole materna. Ma chi ci dice
che non passassero anche nelle vene di lui, da Porzia appunto, le predis-
posizioni al suo male? Chi ci dice, che nato terzo figlio da un connubio di
coniugi disuguali per età, da una donna di fibra delicata, non ricevesse da
lei quella funesta predisposizione, come dall' onesto e travagliato genitore ri-
trasse innegabilmente l' inclinazione alla poesia, certa ossequiosità cortigiana
quasi servile, e certi fumi di nobillà?^ In una complessione cosi fragile e in
un temperamento cosi sensitivo come quello del giovane Tasso ebbero
fors' anche sinistro influsso gli amori. Rispetto agli amori di Torquato le
nostre idee sono oggi radicalmente mutate, per merito in ispecie del Solerti.
L' amore per Leonora è tutto leggenda, destituita d' ogni serio fondamento.
Quella principessa estense, scialba e infermicela figura di donna, non si curò
mai del Tasso, neppure nei periodi più acuti dell' infermità di lui , ed a lei
il poeta bruciò solo l'incenso cortigiano, di cui aveva sempre dovizia. Più
curante del Tasso fu Lucrezia ; ma essa ben presto s' impelagò in altre, più
volgari passioni amorose. La leggenda, come il Solerti egregiamente dimostra,
si fonda tutta su equivoci e su d' un procedimento di idealizzazione incessante
che fini col travisare del tutto Torquato agli occhi dei posteri. Spuntata in
Francia, quando il Tasso era ancor vivo, con una lirica di Bartolomeo Del
Bene (I, 378), accreditata in Italia particolarmente dal Manso (I, 848), andò
in seguito crescendo e sviluppandosi con V entrare nel dominio dell' arte per
mezzo del Goldoni e del Goethe e nel dominio della vuota fantasticheria per
opera di quel solenne guastamestieri che fu Giovanni Rosini. Né valsero ad
impedirne il cammino trionfale i dubbi del Tiraboschi e le caute e gravi con-
siderazioni del Serassi; come non varrà a sopprimerla compiutamente, almeno
> Vedasi riprodotto bellamente il ritratto di Porzia nel volume di P. D.
Pasolini, I genitori di Torquato Tasso, Roma, 189$.
" Op. ca., p. 165.
» Cfr. Pasolini, Op, cit„ pp. 30, 109 — io e 83.
38o BESPRECHUNGEN. RODOLFO RENIER,
per ora, neppure la prova schiacciante, che offre il Solerti^. Bfa ciò non
monta: la dimostrazione è sicura e piena: essa non può che trionfare. Delle
principesse adunque non si discorra; ma furono ben altri gli amori del Tasso!
Non do peso agli amori in rima, i meno sentiti. Scrivendo lìriche passionate
per Lucrezia Bendidio e per Laura Peperara, egli ubbidiva, più che al cuore,
al capriccio galante e alla moda; tanto è vero che con quella gran civetta
della Bendidio mantenne ottime relazioni anche dopo che contaminò il talamo
maritale cedendo alle principesche libidini del card. Luigi d' Este (I, 176).
La lirica amorosa di Torquato come egregiamente scrisse il Del Lungo „è
„nella preziosità del suo addobbo, una delle più superficiali che il Cinque-
„cento, abbondante non meno di canzonieri che di epistolari!, abbia dato alla
„poesia italiana, e delle più aliene, per levità instabile di sentimento, da
„quella fissità patetica (a quanti furono petrarchisti affatto ignota) che nella
„lucida, sobria, insinuante parola del Petrarca conferisce alla storia intima
„d'una passione il prestigio d'una storia di fatti esteriori, e talvolta quasi
„l'interesse scientifico d'una analisi critica di essi"'. Ma all' infuori degu
amori cantati, il giovane Tasso dovette averne molti altri, non certo platonici.
Lo confessa, in bei versi, egli stesso:
Spinto da quel desio, che per natura
Gli animi muove a i lieti e dolci amori.
Molte donne tentai, di molte i cori
Molli trovai, rado alma a me fu dura.
Pur non fermai giammai la stabil cura
In saldo oggetto, ed incostanti amori
Furo i miei sempre, e non cocenti ardori.
Ora, alla pazzia può aver contribuito non poco anche V erotismo. Cause occasio-
nali poterono poi essere e la bastonati sul capo che gl' inflisse Ercole Fucci,
e le febbri intermittenti, che lo colpirono, le quali, al dir del Corradi, pos-
sono predisporre alle alienazioni mentili, e il soverchio lavoro intellettivo del
decennio che precedette il 1575 — 76. Un cumulo insomma di ragioni e di
fatti, che data la predisposizione dovevano sviluppare la malattia: a cui certo
non servirono di lenimento né la settenne reclusione in S. Anna, ove il povero
Tasso troppo spesso si trovava solo con sé medesimo, né le polemiche per
la GerusaUmme.
^ Infatti in molti fra gli scritti usciti pel centenario si rimastica la leg-
genda con indecente noncuranza dei risultati più sicuri. E quel che è peggio,
anche taluno fra coloro che meno meritano d' esser confusi col volgo dei cri-
tici non riesce a spogliarsi del tutto dagli antichi preconcetti. Al Del
Lungo, spirito eminentemente conservativo, sembra di dover ammettere, senza
nessun argomento valevole, una certa „simpatia affettuosa" per le principesse,
di cui sarebbe rimasta traccia nelP Atninta e noli' episodio d' Olindo e Sofronia
(Op. cit„ pp. 16 — 18 e 30). Il Pasolini, preludendo alla ristampa del Trat-
tato dell* amore humano di Flaminio Nobili, rappresenta con quella incisiva
vivacità che è tutta propria dell* autore di Caterina Sforza» la vita della corte
estense quando vi si recò il Tasso giovane, e dice tra P altro che „lo specchio
„nel quale egli \^rorquato\ potè finalmente rassicurarsi [non vorrà dire raf'
fjigurarsi}'] e misurare la grandezza del suo genio furono le care anime di
„Lucrezia e di Leonora". Rimasugli di idealizzazione, che spariranno.
« Op» cit„ p. 12.
ti
ANGELO SOLERTI, VITA DI TORQUATO TASSO. 38 1
L'opera del Solerti prova, del resto, luminosamente come rispetto al
Tasso intuisse il vero il D' Ovidio in un suo saggio che è tra le cose più acute
scritte sul grande ed infelice poetai Egli asserì che il Tasso „non fu né
un grande intelletto, né un grande carattere" e che per ciò „i suoi dolori e
le sue sventure ci muovono bensì a compassione vivissima, ma non ci attrag-
„gono come i dolori e le sventure invidiabili dei caratteri grandi ed eroici".
£ in fine si chiedeva „fino a che punto le morali debolezze del Tasso sieno
„effetto della malattia, e fino a che punto invece sieno affiure di carattere".
Contro tutto ciò la critica del centenario, naturalmente apologetica, trovò più
o meno a ridire, e a parer mio usci di strada. Non è certamente agevole,
sarà fors' anche impossibile, lo stabilire esattamente i confini , in un pazzo
alternante, fra le debolezze morbose e le debolezze morali; ma è indiscuti-
bile, provato ad ogni pagina del libro del Solerti, che le debolezze morali
del Tasso furono molte e gravi. Ed è tanto più necessario avvertirlo perchè
nessun poeta fu più di lui stranamente idealizzato. U Torquato della realtà
era moralmente una gran povera creatura: fiacco, instabile, capriccioso, secca-
tore degli amici, mancante di dignità nel prostituire la musa ad ogni potente
che potesse stendergli la mano. All' abituale pitoccheria e scroccheria accop-
piava il grave difetto di essere ingrato. Con la medesima facilità con cui
incensava qualunque benefattore vivo, dimenticava i benefattori morti. Slanci
di generosità vera in quello spirito se ne trovano ben pochi. In lui s'im-
persona, a dir cosi, la dissoluzione del carattere italiano, che doveva pro-
durre, politicamente, il servaggio allo straniero, letterariamente, il secentismo.
Quale differenza dalla retta e serena e schiva e simpatica anima di Ludovico
Ariosto !
Al lavoro poderoso del Solerti, tra l'approvazione dei migliori fra i
letterati italiani, giunse l'oltralpe il plauso incondizionato di Vittorio Cher-
buliez^ Certo nessun elogio deve riuscirgli più grato di quello dell'uomo
che sin dal 1863, col suo ingegnoso romanzo Zr frince Vitale, si studiò di
mettere in canzonatura la leggenda tassesca e di sostituirle una interpretazione
storica e psicologica, se non del tutto rigorosa, almeno ragionevole. Ma non
per questo vorrei che sdegnasse le parole di lode e d'incoraggiamento che
gli vengono da queste pagine, d' onde io, lieto di deporre, chiudendo, la veste
del crìtico, gli mando un saluto ed un augurio amichevole. M' è dolce sod-
disfazione ed orgoglio l' averlo avuto discepolo nelle aule dell' università tori-
nese e l' aver aperto a lui ancor giovanissimo la palestra del Giornale sto-
rico della letteratura italiana, ov* egli fece le sue prime prove nella critica
letteraria.
*■ Il carattere, gli amori, le sventure di T, Tasso, nei Saggi critici,
Napoli, 1879.
' Il suo articolo Le Tasse, son centenaire et sa légende, inserito nella
Revue des deux mondes del 15 maggio 1895, ^> s^°<> ^ momento in cui scrivo,
il miglior lavoro provocato atùì* opera del Siolertì.
Rodolfo Renibs..
3»'
BESPRECHUNGEN. C. APPEL,
Vlnoen«) CreBelnl, Maniialelto Proveniate per uso degli alDiuú delle
facoltà di kuere. Verona-Padova 1892. CLXV. 259 pp.
V. Crescinì bat die vottrefTlicbc Idee gehabt mit diesem, von 1892 di-
lierten, aber eist 1S94 ausgegebenen Büchlein die Manualetti d' loDoduiioDC
sgli studi neolatini fortzusetzen, deren Reihe Monaci und D'Ovidio mit einem
Handbuch des Spanischen, 1879, und des Fortngiesiscfacn , 188I, begannen,
ohne dafs seitdem von Seiten jener Herausgeber neue Bändchen erschienen
sind, und, um hier das Bedauern auch darüber auszudrüclcen , ohne dafa von
jenen langst vergriffene a zwei Bändchen eine neue Auflage heraosgekom-
Der Absicht entsprechend, Studenten in das Stadium altprov, Sprache
und Litteratui einEnfiihren, ierlällt Crescini's Manuflletfo in cinc grammadscbt
Kinleitung, eine Chrestomathie und ein Glossar. Die grammatische Einleitang
verdient, trotz mancherlei Ausstellungen im Einielnen, unseren Dank. Mehr alt
lur einp andere roman. Sprache fehlte et für das Provenzali sehe an einer Ein-
lührung in die Grammatik. Crescini giebl hier eine gewissenhafte Zusammen-
stellung dessen, was über die einzelnen Pnnlcte der Laut- und Formmlehre
crsehieticn ist, und anderer Kritik gegenüber ist es anerkennend herrorru-
hehen, dufs er in diesem Manualetto (Cr. nennt sein Buch nicht Crestomvii)
sich nicht auf die in den folgenden Lesestücken bei^egncnden Beispiele be-
sehiänkt und so nicht nur zufällige Notizen tur Laut- und Formenlehre, son-
dern den Versuch eines vollständigen Abrisses gegeben hat.
Einer gänzlichen IJingeslaltnng dagegen schein! mir das Glossar lu be-
dürfen. Nach der Vorbemerkung S. 177 wurden die Wörter im allgcmetnen
ausgeschlossen, die in der grammatischen Einleitung vorkommen, nnd die,
welche sich leicht durch die offenbare Aehulichkeit mit ilalienischen cul-
sprechenden Wörtern erklären. Der erste Grundsatz ist glücklicherweise keines-
wegs streng durchgeführt und durfte es um so weniger werden , als die Wônei
in der grammatischen Einleitung selbst nicht seilen einer Ueberselzung ent-
behren. Der andere Grundsalz aber acheint mir pädagogisch sehr bedenklich.
Gerade wenn zwei Sprachen sich so nahe stehen, wie das Italienische und
das Proven zalis che, isl der Anfänger nur zu geneigt die fremde nach dem
ähnlichen Klan^; der Muttersprache zu errnten. Diesem verräterischen Triebe
sollte man nicht Vorschub leisten, indem man gewiss e niiaftea Machsuchen im
Glossar zu einer vergeblichen Mühe macht Ein fernerer Mangel, den freilich
dieses mit fast allen proven zaliscbea imd alt franzosischen (am nur von diesen
zu sprechen) Glossaren und Wörterbüchern teilt, ist, dafs die Vokale nicht
ihrer Qualität nach im Druck vintcrscliieden werden. Es ist gcwifs an der
Zeit, dafs das von Foerster im Aiol- und im Cligesglossar, freilich nicht mit
voller Konsequenz, (^^ebeoc Beispiel allgemeine Nacliahmung ñndeL Nor
würde ich wünschen, dais, wenn dies bei Crescini in einer iweiten Auflage
geschieht, vor der Ascolischen Bezeichnung die mit Recht weiter verbreitete Be-
zeichnung durch 0 und 0 etc. den Vorzug erhielte. Femer werden von Crescini
die provenzalischen und die nichtprovenzalischen Wörter im Glossar oiigt-
_ trennt aufgeführt und die letzteren nicht einmal immer als genuesisdi elc. bc-
a dafi, dem Glossar nach, traile z. B, als noe prov. Form oicheint,
■ gewils besser gewesen die Wörter nach Sprachen zu sondern. Vtbs
V, CRESCINI, MANOALETTO PROVENZALE. 383
aodere Debelstäadc des Glossars, wie die höchst unbequeme Art des Ver-
weisens, hai mit Recht P. Meyer, Romania XXIV 134, í;eaptocheD. Endlich
hatten die in der Chrest. begegnenden Eigennamen wohl vollständig aufgezählt
werden sollen, wenn auch ohne eingehendere Diskussion, wo die geacbicht-
liche oder gcojyaphische Idenlifiaerung Schwicrigiceiten macht.
Was nun die Chrestomathie augelli, 5U ist liier ^sdi überwiegend Loben-
des zu sagen. Die Auswahl ist knapp: 64 Stucke werden gegeben; aber alles,
was mitgeteilt wird, ist von Interesse. Schlecht kommt die epische Litlernlur
weg; 187 vv. vom Girart, 118 von der Flamenca, gar nut 8ï vom Albigeuser-
kri^ sind auch (ür die einzelnen Werke zu ungenügende Fragmente. Auch die
didaktische gereimte und die ganze Prosalitteratur sind aafserordenllich schwach
ventelen. Dagegen erhält der Student von der Lyrik ein ausreiehcadcs Bild,
nnd das ist ja das Wichtigste. Auf die Gestalt der Texte ist Sorgfalt ver-
wendet. Viete Stücke sind von Crescini, gewöhnlich nicht nach allen, aber
doch nach einer grölseren Zahl von Hantischriften , hier zum ersten Male
kritisch hergestellt. Bei den schon von anderen kritisch herausgegebenen
Stücken ist der Teit doch nach Rezensionen und nach eigenem Urteil oft
geändert, wobei freilich Crcsdni bisweilen hätte noch weit« 4^hcn könneu,
als er geihan hat.
Es war unvermeidlich, dais zwei prov. Chrestomathien, die zu gleicher
Zeit entstanden, bei der Auswahl ihrer Stücke hier und da zusammentrafen.
So wird man manches Stück, das Crescini gitbt, in meiner Chrestomathie
wíederñnden. Es ist natürlich, dafs imsetc Teilte dann nicht immer genaa
übereinstimmen. Einige solche Abweichungen will ich im folgenden be-
sprechen.
Nicht übergangen werden konnte selbsiv erstand lieh das Boeihius-
fragmeut, dessen erste 137 vv. von Crescini mitgeteilt werden, im wesentlichen
□ach F. Meyers Abdruck im Recueil des anciens textes. — V. 1 scheint mir
Tobler (mündlich) mit Recht tu trennen juV nos islam „so lange wir in uns
stehen", d. h. so lange wir auf uns und nicht auf Gott gestellt sind. Es ¡st
dann Nos totx Jovt omni hier ebensowenig za tri-nnen. wie dies in v. 7 mög-
lich ist. — V. 13 druckt Crescini wie Meyer e ni vers Dtu, ohne eine Kor-
rektur voiiuschUgen. Die von Hoßmann, nach ihm von Meyer, vorgeschlagene
Lesung ni tvers entspricht wohl der Syntax (besser ab Bartsch's t invert),
aber nicht der Handschrift. Vielleicht kann man doch bei dem vom Msc.
ungeciennten enivers bleiben und in seinem Anfang, mit entsprechender Bil-
dung wie bei fianz. dtdtns, dedesoi. ein doppeltes in erkennen. Man sollte
dann freilich tnevers erwarten (%. evers 1. 113), denn in v. 17 ist wohl latini-
sierende Schreibung; es heifst aber v. 3 uuch viutV, und zwischen den beiden
anderen e mag wühl das mittlere im Klang dem 1 nahe gestanden haben. —
Zu V, 1; ist dem Glossar, vaui /ar/aire. gegenüber auf die Inlroduiione
p. CXXX Antn. 2 zu verweisen. — V. 17 liest Crescini mit Meyer und Stengel;
iti mori et viu für das h and schriftliche kil mort ^ iiius, Gewifs darf Sing.
Hiarl neben Plur. viui nicht geduldet werden. Es fragt sich nut, ob mart
Singular ist oder ob nicht auch im Bocthius, wie Tobiei geneigt ist anzu-
nehmen, auslaut. / fût ft, s stehen kann (vgl. v. 95, 17S, 244 viit ^ visl3,
183 M itías ^= Im Jias [s. ». 82], v. 199 gut la Jomii'a vestii = visti»; in-
amgekeluter Schreibung dann v. 187 meh^moU und vielleicht Auch
384
I9t «
BESPRECHUNGEN. C APPEL,
It = «íiíBÍ).
a til il
kits z
indcni und M t
1 verstehen.
der Artikel, so murs ei :iucb '
entweder zu lesen ki-ls mori e'i
einiiger Uatetdriickung des /.
Ei OQch nicht gelhan. Steht vor mori
iui stehen; man hat mitbin die Wahl,
I, oder, vielleicht besser, ii mort e viui
- V. 10 liest Crescini mit P, Me)-ei &•
ant, en dui, das doch sicher anmöglich ist. Eber dürfte noch niit Bartsch
Enaia en dies gelesen werden ; aber die Hs. bat vor uni einen dentlicben
Pimltt. Ob in der Hs. £chs amt siebt, wie P.Meyer, Hândgen, Crescini
sagen, ist nicht ^wifs. Was als Emi gelesen wird, scbeint mir nur ein
Schnürlicl des E und ein znlalliger Strich unten an demselben Buchstaben n
sein, SD dafs dieses i wegñcle. Aber auch dann ist nach nicht viel (¡eholfcD.
dies würde Lfltiniätnus sein, sotiäi lautet das Wort dis 176, von der Assonam
verlangt, oder dias 139. Am und dits dürfen aber auch schwerlich neben
einander bestehen bleiben. Ob nicht etwa ursprünglich Eus um antics ge-
standen hat, entsprechend dem eut dias an/ix v. 139?^ Das eigentömliche it
des Boetbius, wie es in estant v. 1 , farliam 2, esferam 3 begegnet, kann in
seinem Ende wohl zu e verlesen worden sein, so dafs die Entfernung bddci
Lesungen doch nicht so weil wäre, wie es auf den eisten Blick den Anschein
haL — V. 40 hat Boebracr schon geirigl, dafs eine nene Tirade, von noi
drei Versen, beginnt. Die Handschrift versäumt auch nicht ciaen grafsen Ad-
fangsbuchstnben zu schreiben.* Dagegen wird man, der Ha. entsprechend,
eine neue Laisse v. 49 nicht anxDseticii braueben. — V. 38. Wenn Ciesdoi
V. 66 volia, wie ich glaube mit Recht, unbeanstandet läfst, kann hier auch ».
V. 60, 8ï dia, dial. 1. 70 sûlieHt bestehen bleiben. — V. 66. Der Doppelpunkt
hat eher seine Stelle nach v. 65. Hier Semikolon oder Punkt. ^ V. 67 fesal
in pesar za ändern (mit Boehmer und Meyer) erscheint unnötig, denn streng
durchgeführt wird der Rdm ja nicht im Boethius, — Ans Ende von v. 77
seilt Crescini keine Interpunktion und es wird nicht klar, wie er übersetit.
Das Wahrscheinlichste ist wohl, dafa hintei diesem Verse etwas fehlt, vst
das Prädikat aum Subjekt Las tnias musas brachte. — V. t IO ist in der Hs.
iana meni in zwei Wörtern tieschrieben, eine Schieibung, die Crescini lonsl
mit Recht beibehält. — In der Wiedergabe der Accent« der Hs. ist Oesdni
nicht ganz genau. V. 1 19 ist dei über en zu streichen, dagegen sind Accenle
hintuiuiunen bei mä IÎ3, mé 130, nIbUs (auch bei Meyer, Händsen und in
meinem eigenen Abdruck Cbr. lo^ fehlt der Accent; er steht aber in der Hs.).
Mit V. 137 bricht der Teit bei Crescini ab. Ich benutze aber die Gelegeo-
heii einiges über den Boclhius hinzuzufügen. — V. 165 zeigt in der Hs. im
ersten Versteil fünf Silben statt vier; veder ent p6t Votn per quaranta ciflii-
Hoffmann wollte hier ent streichen, Stengel Vom und pot dafìir in potx ändern.
Meyer fragt, ob per zu unteldrücken sei, will also einen cäsurtosen Ven an-
nehmen. Möglich wäre es ja auch, dafs l'am, in seiner pronominalen Citi-
tuog, als tonlos behandelt wnrde (weshalb dann auf das vor hergebende /«(
ein Accent gesetzt worden wäre) und dufs der Vers beizubehallen wäre, *k
er in dei Hs. lautet. Alles das entspricht aber kaum dem Sinne. Ulf die
Helligkeit, welche die Dame ausstrahlt, noch so hell sein, so wäide der
s giofsen steht v. 43, 109, 1
V. CRESCINI, MANUALETTO PROVENZALE. 385
Mensch doch nicht mit seinen menschlichen Augen über 40 Städte hin sehen
können. Die wunderbare Scharfsichtigkeit kommt offenbar der Dame Philo-
sophie zu, und von ihr sagt sie auch der lat. Text an der der unseren ent-
sprechenden Stelle aus: mulür reverendi admodum vultus, oculis ardentibus
et ultra communem hominum valentiam perspicacious^ Es ist demnach nur
Pam zu streichen. Nun fehlt aber noch das vorhergehende oculis ardentibus,
auf welches doch ent hindeuten könnte. Hier scheint nun eine Lücke vor-
zuliegen, auf die die Hs. selbst, in freilich ungewöhnlicher Art, hinweist. In
V. 164 werden óbs und fox, wie die Anmerkung meines Druckes sagt, durch
drei Punkte getrennt. So scheint fox i sia alumnaz dem ardentibus zu ent-
sprechen, die Worte, in denen von den Augen die Rede war (etwa B sos
olz par), sind ausgefallen ebenso wie das, was nach ia no es óbs ursprünglich
folgte; der Schreiber war auf die Lücke aber doch irgendwie aufmerksam ge-
worden und hat sie durch die Punkte angezeigt. So glaubte ich. Ich darf
aber jetzt diesen meinen Glauben nur noch anführen, um zu zeigen, wie leicht
auch photographische Reproduktionen irre fuhren können. Auf das Vorhanden-
sein der drei Punkte machte mich Oscar Schultz aufmerksam, der, da mir in
Breslau Monaci's Facsimili nicht zur Verfügung stehen, auf meine Bitte den
Text mit dem berliner Exemplar der Facsimili kollationierte. Ihr Dasein
wurde mir von einem anderen zuverlässigen Freunde, nach demselben Werke,
bestätigt. Im vorigen Frühjahr, leider erst nach dem Druck jenes Stückes in
meiner Chrest., konnte ich das Manuskript selbst in Orléans kollationieren,
und da zeigte es sich, dafs die Punkte in der Hs. nicht stehen. Das Perga-
ment ist hier sehr dünn. Es ist wegen dieses Fehlers eine ziemlich breite
Lücke zwischen obs und fox gelassen und in ihr schimmern die Buchstaben
von der anderen Seite des Pergaments {dolent v. 126) etwas durch, was sich
auf der Photographie als Punkte darstellt. Meine Anmerkungen in der Chrest.
zu V. 164, 165 sind daher zu streichen. Immerhin scheint mir doch sicher,
dafs das Sehen durch 40 Städte auf die Dame gehen soll , und scheint mir
auch sicher, dafs fox i sia alumnaz dem ardentibus entspricht, vielleicht
ist auch noch erwägenswert, ob nicht in dem obs etwa ein olz des ur-
sprünglichen, verstümmelten Textes zu suchen ist. Der Anfang des Verses
müfste natürlich anders gelautet haben. — V. 175 ist in der Hs. von ef
fast nichts mehr zu sehen und auch das vorhergehende noi ist sehr undeut-
lich. — V. 177 haben alle Drucke, auch meiner, hom; die Hs. hat om,
— V. 1 84 ist das las, das über der Linie steht, sicher nicht zu streichen ;
es ist dem Sinne nach unentbehrlich; aufserdem ist es vom Schreiber nicht
nur übergeschrieben, sondern auch noch durch Punkte an seine Stelle ver-
wiesen (wie om V. 191). Die Drucke geben kein richtiges Bild vom Zustand
.la/
der Hs. an dieser Stelle. Es steht : ellaf mét éffwnawten . clduf deparadif
Zwischen éjf und ma und ten ist zweimal etwas ausradiert und zwar je ein
niedriger Buchstabe. Das an sich unwahrscheinliche smetessma wird durch
die Hs. also in keiner Weise gestützt. Als zweiter Versteil scheint laf
clauf de paradif sicher. Für den ersten Versteil bleiben sechs Silben der
> Wenn im prov. Text in der nächsten Laisse ähnliches gesagt wird, so
liegt dieselbe Wiederholung vor wie v. 166 — 169 und v. 243 oder wie v. i86flf.
durch drei Laissen von der Kleidung der Dame gesprochen wird.
Zdttchr. t, rom. Pbü. XX. 25
386
BESPRECHLKGEN. C. APPEL,
Ks., so diEs also zwei gcstñchco werden müssen. Wie der
ioU, bleibe dähiogesleQt: eÍn<:D befrìedigcnden SÌDn gíebt. weun maxi rlia/ m¿l
ganz aaberucksiclitigt lärst (als veisebentlUii nicht getilgt) und das folgend«
crgSoil £□ t isa ma ten. — V. [99. Stilla nach Hüadgen im Misc.; es suad
vielmehr Billa, aber la ist getilgt. — V.zil ánd aval and armata dutch
einen weiten ZwìscbeDTaum gcitrnnt, den aber nur dn Bmcb im PergKmcnt
vctanlafat. — V. 231. Nach Meyer zeigt die Hs. sìgnifació, nach Hündgen
dasselbe mit eiaem Strich unter ifa. Der Strich ist in der Hs. Torhanden,
scheint mir aber modern zu sein. — V. 23$. Es scheint urspiñnglicb »étjl ge-
standen zu haben; daseist dann n»di ol>cn verlängert worden. — V. 141 ist
immerhio bemerken 9 wert, Aak fai lacupar durch das Zeitenende von doanda
getrennt sind, so dais der Schreiber da« tonlose Pronomen zum Inñnítiv ge-
zogen hat. — Zwischenräume rt guarda v. 255, 256 El ma uod sritttlr e
veranialst durch die fehlerhafte BeschaETenheit des Fetgamenls.
Gral von Voiton, Comfanko, faray un vert tot covintn (Manual, p. 5,
bei mir Stück 59). Bezeichnet man den Wechsel der Versmafse durch Meroii-
und Herausrücken der Zeilenanfäage. so darf man nicht bei den AnfangsieilcD
der Strophen durch Einrücken den Anschein wecken, ali wären sie käner
als sie thatsächlich sind. — V. I. Die Variantenangabc veranlafsl zu glauben,
dais toi in der Hs. E stehe; das ist aber idcht der Fall; es JsE Ergfininng des
Herausgebers. Ebenso steht es mit gts v. 5. ^ V. 9 fehlt die Valiiuilc mai\
E C und da Crescioi der Lcsimg von C folgen will, war E aufzonehmeD. das
schwerlich für ein Mas der Vorlage eingetreten ¡st, eher diesca für jenes. —
V. 15. Was Crescini unter iatlar versieht, sagt das Glossar nicht. Hs. E hat
bailar (was die Varianten nicht angeben), und da Luuel de Montcch S. 39
V. (40 von einem baylador spricht, den man bei der Behandlung des Pferdes
gebraucht, wird man bei bailar bleiben, wenngleich die Bedeutung des Wortes
mir nicht klar ist („striegeln"?).
Msrcabru, Pax in ninnine Dentini (CrescíDÍ 5.9, bei roîi Stück 73).
wird nach Hs. A milgeteìlt, aber verbessert nach Meyers Text im Recaeü I 74.
Der Text Crescinis deckt sich fast durchaus mit dem von Meyer. — V. 9
wird aus A vas statt nss aufgenommen (nach Meyers Variantenangabe Hdil
rtas in CKRW, nach MG 720, 721 in CI vos, nach Mila y Fontanal: iws
in KR). Da v. 4, 6 Mas steht, wird es auch hier beizubehalten sein. Eher
ist V. 43 vos zu lesen neben tornati v. 44; andererseits aber steht v. 41 veirtm,
und da das ganie Gedidjt die I.pers. plur. verwendet, wird auch hier nas,
das in CR steht, aufzunehmen sein. — V. i£ folgt Ciescini der Lesung Ueytn
d'aul, eu cug, aurem albere bas, die im wesentlichen auf W Dotü m erri
gu'aurem Palberc bas beruht. Dafs das Flickwort eu crei oder eu cug schwer-
lich in der Vorlage gestanden hat, zeigt schon das Verhältnis d«t Vuianten
zu einander. Ob aber das von Meyer (Kom.VI[2[) übersetzte „notre de-
meure au lieu d'être lì haut, sera en bas" proventalisch darch jene Worte
aasgedrückt werden konnte, scheint mir auch noch zweifelhaft. — V. J4 hil
Crescini die Konjektur Meyers l'eslela guari-naus angenommen tmd äbersetzl
„Stella che guida le navi" (Glossar) wie Meyer: „l'étoile qui gttide lei na-
vires". Indes, wenn auch guarir „guider" heifsen würde, welcher Stern ist
denn hi» gemeint? Der Nordstern, der als Leitstern lieieichnet werden
könnte, kann c
, denn es mub «ch um e
V. CRESCINI, MANUALETl'O PROVENZALE. 387
Stem hindtln. So möchie etwa dn giorse BKr duich den Singular í¡i</a m-
süDunengcfalst sein? Die Uebereioaliminung allei Hss. zeigt jedoch, dafs die
erste Silbe durchaus au, nicht ua, enthält. Auch gausdgnaus oder gaurinaus
lium ith als SternDamen nicht finden. Wie darf m an aber einen unbekannten,
jedoch gm äberlieferten Namen willkürlich so ilrehen, dafs <t den Anschein von
etwas Bekanntem erhall? — V. 49 hat Ciescml wenigslens nicht das von Meyer
vorgeschlagene sapider, oder gar joj/il/ar (von sospesi s. Rom, VI 122) aufge-
nommen. Er läfst im Glossar folpidor unübersetzl. Ob es vielleicht mit afri.
faupir „friper, flétrir, chifTonet" (Godefroy unter ßafir) iusammen hängt? —
In V. 61 haben AIK versit statt de» von Meyer aus CW aurgenommenen
v*nra. Es liegt keine Veranlassung vor hier von der Lesung der Grappe
■ffaiagehen, der Cresdni io der Regel folgt.
I Marcabru, íí/u fontana del vtrgier (Manual, p. 17, Chresl. Stück 61).
CDF aiumenl v. 4, das Cresc. mit „recesso, luogo gradevole" übersetzt, i^1. jetzt
Levys Supplemenlwbch. — Muís man v. 14 nicht Sndera tost raí fon mos
afars camiattì Marcabru sieht das Mädchen ao der Quelle sitzen, das Ge-
sicht von ¡hm abgewandL Er nähert sich in der HolTnung sie seini^m l.iebes-
lânglicli zu finden. Da sieht er ihr Gesicht und sein afar findet
schnell verändert, nicht das ihre.
et nari de Ventad orn, Qan l'tròa frtsc'eil fuoäla par (Man, p. 15,
St. iS}. Dieses Gedicht hatte Crescini schon in seinem hübachea Büch-
lein Per gli Studj romanzi znm Gegenstand einer kleinen Arbeit gemacht
(p. 19 — 31). Vor dem Erscheinen dieses Baches wiir der Bogen mtiner Chrest.
schon gedruckt, der das Lied gleichrails c^tbiUl. Während die beiden Teitc
im einzelnen fast genau ubere instimiii en , ist die Reihenfolge der Strophen ¡n
beiden eine andere. Darin stimmen wir überein, dafs wir sowohl die An-
ordnung Raynouards wie die aller Hss. verwerfen. Während aber Crescini
sich im grofsen und ganzen doch an die Folge von A anschliefst, glaube ich,
dafs man hier besser ihut, die doch verwirrte Strophenfolge der Hss. ganz
beiseile zu lassen und aus den Strophen selbst ihre Anordnung io erschliefsen.
Wenn Crescini erklärt (Per gli Smdj rom. p. 16) zu der Bemerkung Toblcrs:
die Strophen, in denen der Dichter die Dame direkt anredet, dürfen nicht
anderen gefolgt sein, in denen er von der Geliebten in dritter Person
rieht, mit seinem Text des Liedes einen Kommentar geben zu wollen, so
Kommentar der These widersprechen, denn er stellt die Anrede
(Str. 4} in die Mitte des Liedes. In Verfoljjiuig des genannten, im allgemeinen,
wie ich glaube, richtigen Grundsatzes werden wir vielmehr Str. 3 und 6 vor 4
ihren Platz anweisen müssen. Nicht zulässig ist weiter Crcscinis Folge z, ].
In 2 sagt Beraart, er liebe und furchte seine Dame so sehr, dab er nie wagte
noch wagl sie um etwas zu bitten. Darauf kann der Dichter nicht fortfahren:
Ich wundere mich, dafs ich ihr meinen Sinn nicht zeige. Die beiden
Sljophen müssen vielmehr ofíeobar umgekehrt auf einander folgen. An den
Sehlufs der Slr.ï bei Crescini: „ich begnüge mich mit dem mindesten, was
sie mir geben will, damit ùe nicht Tadel treffe", schlieist sich dann sehr
natürlich Cresdnis Str. 5: „Wenn ich die Leute zu Kindern verzaubern könnte,
■o dafs sie nichts tms Schädliches zu sagen vermöchten, dann würde ich
Schöne sehen und küssen". Es bleibt dann noch Str. 6 (b« Cresc.) ein-
rdnen und lor diese schcioi mir die zweite Stelle am besten ta pusen^
BESl-RBCHUm
:N. C. /
.*PBL,
Drt Gedkokci^uie des Ganieo wäre dann der folgende: i (Ci
BlnmcD, d¡e Nachtigal, ich selbst and mïiiie Dame, alles ist mir AnUb au
Freude; überall bin ich von Freude umschlossen; die von meiacT Geliebten
her aber siegt übet alle ¡mdcren." Auf das Himmel bothjaueluen folgt so-
gleich das inm Tode beliübt: — 1 (Cresc. 6). „Wehe, wie sterbe ich vor Sorge!
So tief bin ich oft in Sorge verslrickt, dsfs Diebe mich stehlen könnten, ohne
dats ich es m^kte, Lifbe, wohl findest Du mich leicht lU belegen, ohni
Hilfe ïon Freunden oder einem ainiercn Herrn (da Du allein mein Herr bist).
Weshalb zwingst' Du nicht einmal meine Dame, ehe ich vor Sehnsucht ver-
gehe?" — 3 (Cresc. 3). „Wie kann ich nur leben, ohne dafä ich ihr meiaeD
Sinn darlege? Wenn ich ihre Augen schaue, kano ich mich kaum entliallen
lu ihr EU laufen; und ich würde es thun, hätte ich nicht Furcht vor ihr,
denn oie sah ich, dats ein so zur Liebe geschaffener Körper der Liebe so
abgeneigt war." — 4 (Cresc. i). „So liebe und fSrchte ich meine Dame, difs
ich nie wagte ihr von mir zu sprechen , und nicht bitte ich sie um irgrad
etwas, Sie aber kennt mein Leid, und weon es ihr gefSUt, thai sie mix
Gutes ani wenn sie aber will, bin ich auch ohne dies lufrieden, damit kein
Tadel sie treffe." — 5 (Cresc. 5). „Wenn ich die Leute (von denen her dei
Tadel etwa käme) veriaabem könnte, so würden sie Kinder werden, die
nichts uns Schädliches uateruehmen könnten. Dann würde ich det Geliebten
den Mund so küssen, dafs einen Monat lang das Zeichen' m sehen wire." —
6 (Cresc. 4). „[Da dem aber nicht so 1st,:] würde ich sie allein und schlafend
Enden, so würde ich ihr einen Kufs rauben. Frau, wir verlieren nnscre Zeil.
Da Kühnheit uos nicht helfen kann, helfe uns List." — 7. „Eine Dame, die
ihren Freund gar zu lange hinhält, ist zu tadeln. Durch Lisi können wir
lum Genuft unserer Liebe kommen, indem wir sie lügend verbergen. Frau,
wenn Du bereit bist mich zu lieben, wird mich das Lügen (dafs Du mich
nicht liebest) nicht verletzen [oder: werde ich durch Lügen, d.h. im Ugen,
nicht erreicht werden?]." — Die bedeutendsten Abweichungen ira Tcit sind
im Votbeigeheu schon erwähnt; geringere Verschiedenheiten bedingt das Ver-
hältnis der Handschtiflen.
Raimbaut d'Aurenga, Escolali. mas no sai qus s'ts (Manual, p.19.
Chresti St. ¡6). Dieses Lied hat Creacini nnch Meyers Text im Recueil ab-
gedruckt. Er hätte besser gethan es aus Bartschs Chrestomathie zu eal-
nehmen. Die Abweichungen beider Drucke sind gering; wo sie aber begegnen,
ist Battichs Lesung fast durchweg vorzuziehen, — Z. 23 soll profer' doch wohl
Konjunktiv sein? Bartsch hat mit Recht den Indikativ, denn es handelt sich
ja um ein ihatsäcblich erfolgtes Anerbieten, Die Zeilen ig— 22 werden nls
ironisch aufzufassen sein, — Ob in Z, 43 CR in der TbA platt haben, wie
man nach Meyers Text und Vatiantenangabe denken mufs. weifs ich nicbl.
Raynouatd hat p>ac; Bartsch ebenfalls plac. ohne Vatiantenangabe : ¡n M
fehlt das Wort; in a, das Bartsch und Meyer nicht benutzt haben, fehlt die
ganze Strophe. Sollte aber auch piati in CR sieben, so wird es neben dem
Prät. tsttigtt in plac zu andern sein. — Die wesentlichste Abweichung &ndel
' destrens l. pets., nicht 1,, wie Cresc. Studj p, 3I sagt.
* paregra ¡0 sens ist .-lUiunehmen, nicht das derbere paregron las dtnl,
welches in A steht. IK haben paregra lo dens, aber das nahe verwandle D
Vt h ten*, entsprechend CMORV.
V. CRESCmi, MANUALETTO PROVENZALE. 389
in der letzten Prosa statt. Meyer hat sich fur den Text von M entschieden:
Vat s^s nom, e qui't demanda qui t*a fag, digas li d*En Rambaut que sap
ben far una balìa de foudat, quan si voi gegenüber dem von CR : e si horn
li demanda qui l^a fach, pot dire que eel que sap ben far tota fazenda, quan
se vol. Die Lesung von M tritt durch ihr ses nom zunächst in Gegensatz za
V. 44, 45, durch die Raimbaut seinem Gedicht einen Namen gegeben hat.
Das Folgende aber kann doch schwerlich anders übersetzt werden als ,»sage
von (= über) Herrn Raimbaut, dafs er ..." Es scheint evident, daCs diese
Worte von einem anderen als dem Verfasser herrühren, gerade im Gegensatz
zu dessen Worten, in denen sich das bekannte Selbstbewufstsein des Prinzen
ausgedrückt hatte.
Für die berühmte Satire Peire d'Alvernhe's (Crcsc. p. 20, Chrest
St. 80) hat Cresdni den Text von ADIN* zu Grunde gelegt, die in dieser
Gruppe interpolierte S.Strophe aber aus a eingesetzt; im ganzen gewifs der
richtige Weg, wenn auch dort, wo CR und a gegen ADIN* übereinstimmen,
ihre Lesart den Vorzug verdienen wird.* Mit Unrecht ist Crescini v. 30 von
seinem Prinzip abgegangen und liest gegenüber dem einwandsfreien pietatt no
m* en pren aller Hss. /. de lui nom p, ; pietat ist dreisilbig zu rechnen. —
Auf die in jüngerer Zeit so viel behandelte 8. Strophe würde sich hier nun
Gelegenheit finden, wiederum zurückzukommen. Im Archiv für das Studium
der neueren Sprachen 1893 ^* ^^^ neigt sich O. Schultz der Ansicht Zenkers
zu und hält die Strophe auch in den Gestalten der Hss. CR und a für inter-
poliert, „wenn der Name in CR der ursprüngliche ist". Das gerade aber
glauben Crescini und ich nicht. Ich gehe auf die Frage nicht ausführlich
noch einmal ein, da ich Neues nicht zu sagen habe. Wenn ich aber Zenkers
Ansicht resümiere, ist es, habe ich recht verstanden, die folgende:
Aus Version i wäre Str. 7 und 8 frühzeitig verloren gegangen. Str. 7
wäre in
2 ergänzt durch eine Strophe aus der Satire des Mönchs von Montaudon,
die freilich so ungenau wiedergegeben wird, dafs kaum etwas von der Vor-
lage übrig bleibt Insbesondere wird der Name des verspotteten Dichters ans
Guillem Ademar zu Elias oder Grimoart oder Gramoart Ganmar oder Gaus-
mar verlesen.
3. Gruppe A interpoliert zu 2 wiederum eine Strophe aus dem Gedicht
des Mönchs, aber in ganz anderer Art als Str. 7 (also offenbar unabhängig
von jener Interpolation), denn diesmal wird der Text des Mönchs ziemlich
getreu herübergenommen.
4. Gruppe C dagegen dichtet eine ganz neue Strophe auf den Trobador
Peire Bremon. Diese Version kann aller Wahrschdnlichkeit nach erst ans
dem zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts stammen.
5. Version 3 hat einer entfernten Vorlage der Hs. a vorgelegen. Vor
1199 ist die 10. Strophe auf Folquet de Marselha (und vermutlich auch die
anderen in dieser Fassung hinzugekommenen Strophen) interpolierL Die
Str. 8 lautete hier wie in Gruppe A.
6. Ein Abschreiber um die Mitte des 13. Jahrhunderts hat 5 und 4 vor
sich gehabt. Er bemerkte, da& Str. 8 der Gruppe A identisch war mit der
^ Erwägung verdient auch aus a Z. 24: rl gars amassava'l sienment*
390
BFSPRECHÜNGEN.
Strophe lies Wöoclis von Monwmlon und folgte daher C, Tcrlas aber hier de«
wohlbekannten Namen Part J/reman [sé) va P. dt manza.
Wer an solchem Aufbau seine Freude hai, mag diese, gewib mit Schatf-
änn hcrgpstellte, Hypothesenreihe annehmen. Ich siehe vor, aach ferner m
glauben, dafs dort, wo Gruppe C nnd A im wesentlichen übereínstiniinen.
der Teil uns Ton ihnen veihältnismäfsig gut überliefen wird. Sir. 8 war ver-
derbt. A hat sie durch eine Strophe des Mönchs crsem; C und das von A
und C unabhängige a schliefsen sich an die Vorlage an, C aber, indem es
den unbekannten Namen, der von a als P. de Monzo vielleicht (?) rícbc^
überliefert wird, in den Nnmcn eines bekannten Trobadors »erlas oder will-
kütlich veriiuilcrte (vielleicht weil dem Aenderer die Beziehungen Peiie Bre-
mons zum Grafen von Toulouse bekannl wacen; eher aber noch darf man
hier an ein Spiel des Zufalls glauben).'
Das Fragment aus dem Girart de Rossillon (Cresc. p. l6) bringt
einen Teil der Episode der Verbannung, welche auch Bartsch und Meyer in
ihie Sammlungen aufgenommen haben. In der That darf dieses nihreade Bild
vom Unglück des Helden und von der Treue seiner Gattin in einer proveni.
Chrestomathie kaum reblen. Auch ich habe es unter die von mir milgeleillen
Bruchstücke des Epos aufgenommen (St. i). Crescini» Teit folgt wieder &it
durchaus dem Meyers. — V. 19. parlen/ steht nur in P; O und L haben
passent {hez. passe), welches also in den Teit zu setzen sein wird. — V.43:
c'a feinesse muUer, e el mau-va:,; es mürste doch wohl wenigstens gt^nderl
werden e es mauvat. Aber L und P stimmen darin Sberein , dais ftletitsst
am Eingang der Zeile sieht. Es ist nur in L felanesse ferne a / (/ n. for
feme aus OP vmller einzusetzen und stalt e il (bez. O e W) cil (hex. iti) zu
lesen. — V, 50. ni] n'í. — V. 5ï. /' mit LP zu streichen, ebenso 65 m'. —
Y,J¡. ¡le fuH /eivie cause, de car estañe. Wie versteht Crescini? Meyer
übersetzt: eile ¿tail faible et épuisée; Cresc. überselzt ear an dieser Stelle im
Glossar mit „carne". Soll tstanc ital. stanco semî Aber das scheint das
Wort im Prov. nicht ku bedeulcti, utid überdies ist ear fem. Ich fasse esianc
als Verbalsubsl. zu estancar „arrSler, mettre obstacle, Player" (dies die Be-
deutungen des npr. Wortes, b. Mistral) und car als „(leuer, selten), nniu-
länglich", also „sie war von unzulänglicher Stütze, von unzulänglichem Halt,
hiniSltig". Dats ich d.imit die Meinung von P, das die im Original gewi^
anders lautenden Worte allein enthalt, getroffen habe, ist mir freilich nicht
sicher. — V. 95. ders „erse, sollevò" hat geschlossenes e, wahrend die Asso-
nanz ( verlangt. Wichmann, Ueber die Aussprache des provenz. E p. 19 und
K. F. T. Meyer, Die Prov. Gestaltung der mit dem PcrfectstHimn gebildeten
lat. Tempora S. 46 haben vorgeschlagen ters zu lesen. — V. 13Ö. Ich ziehe
vor sirvent zu schreiben, nicht sirvenf, „Diener" nämlich für Gtiart, tkai»-
berere (ur seine Gattin; vgL auch v. 50. — V. 147. esgardat la beUat t'a cor-
banere. Carbanere kann natürlich des Artikels nicht entbehren. Man wird
lesen müssen la bellal ça carliarttre „dieser Köhleiin". — V. 179. Auch hier
' Inhaltliche Uebereiuslimmungen ignoriere ich keineswegs „ge&issent-
lieh", wie mir Zenker Zischr. XVI 444 zumutet; aber es scheint mir unerUubt
auf Grund der Uebereinsliramungen, die er beibringt, so mit der Ueberlictereng
unuuspringen, wie a es tbut,
V. CRESCINI, MANU ALETTO PROVENZALE. 39 1
hätte Meyer bei O bleiben können: Care, fen vais en France, mit Indikativ-
form in Imperativfunktion.
In der Sestine Arnaut Daniels (Manual, p. 42, Chrest. St. 26) haben
V. 12 sowohl Bartsch wie Canello die Lesart von nur drei Hss. tal paor ai
no'l sia prop de Parma gegen das trop aller anderen bevorzugt. Canello
abersetzt: „tal pauro ho di non esserle vicino all' anima''. Kann man nicht
bei dem so viel besser bezeugten trop bleiben? „Ich zittere, wenn ich an
die Kammer denke, wo — wie ich weifs — kein Mann eintritt ; solche Furcht
habe ich, dais ihr zuviel um die Seele sei (mit der ich in jener Kammer
bin)." Der Dichter fahrt dann fort: „Möchte ich (ihr) doch dort (/'i. oder
laii) mit dem Körper sein, nicht mit der Seele." — V. 28. non eis"] besser
wohl ni es (mit AUVc).
Die berühmte Baiada A Ventrade del tens ciar (Manual, p. 43, Chrest.
St. 48) sollte nicht mehr in der von Bartsch normalisierten Sprachform abge-
druckt werden, sondern so wie die Hs. sie überliefert hat. V. 21 schreibt
Cresc. aurilloza und übersetzt im Glossar: „brioso, gaio, pazzarello". Die
meines Erachtens richtige Uebersetzung s. jetzt bei Levy, Supplementwbch.
avrilhos.
Für die Alba Guirauts von Bornelh (Manual, p. 48; Chrest. St. 56)
folgt Crescini wieder dem Text Meyers im Recueil. Er hätte aber wenigstens
nicht, wie dort, die Refrainzeile der 3. Strophe anders lauten lassen sollen
als in Str. i, 2, 4—6. Nur in der 7. Str. ist eine andere Gestalt dieser Zeile
gerechtfertigt.
Mönch von Montaudon, L'autrier /ui en paradis {Manual, p, ^^;
Chrest. St. 93). Wie Crescini v. 30 versteht, wird aus dem Glossar nicht klar.
Wie jetzt bei Levy, Supplwbch. unter äinar zu sehen ist, fasse ich äis als
I. Sgl. Imperf. Conj. von äir. Ich übersetze „damit ich mich um der Welt
willen nicht hassen möchte, kehrte ich ... zurück". Für „sich hassen" kann
man sich berufen z. B. auf Bartsch , Dkm. 62, 22, wo die Weisheit spricht :
Naturalment cascus hom mi dezira ; Si non o fa, el si meteyssh aura, oder
auf eliges V. 476: Oel! vos nCavez trate I Par vos m* a mes cuers anhaïe.
Qui me soloit estre de foi,
Gaucelm Faidit, Del gran golfe de mar (Manual, p. $5; Chrest.
St. 75). — V. 8 zeigt meine Kopie qeu torn statt que /. — V. 16. urC\ uns, —
V. 47. Hs. // laissa tot es lanza, Chabaneau schlägt vor: „corr. enP Lanza
serait une forme féminine de lanz, jet, coup de dé, hasard", und Crescini
folgt diesem Vorschlag. Es ist aber unnötig zu ändern; man lese // laissa
tot e * slama, — V. 48. cori ^o^^*^
Raimbaut de Vaqueiras, Aras cant vei verdejar (Manual, p. 71;
Chrest. St. 37). Für den wichtigen mehrsprachigen Descort Raimbauts ist als
Prinzip aufzustellen: Diejenige Hs. ist dem Text zu Grunde zu legen, welche
den verschiedenen vom Dichter angewendeten Sprachen gleichzeitig am besten
gerecht wird (falls dies bei einer Hs. zutrifft). Es wäre wohl möglich, dafs in
einer der Strophen ein Kopist etwas dem Dialekt besser Entsprechendes ein-
geführt hätte als das vom Dichter Gesagte. Schwerlich aber wird dasselbe
* Z. 28 meines Textes ist zu lesen, wie schon mein Glossar zu verstehen
giebt, vostr*acort3, als Lesart der Hs. in der Variante anmf&hren: vostra çariM,
392
BESPRBCHUNGKK.
[. SPSINGKR,
in melireten Slru]]h(^a zugleich geschehen sein; jedenfalls wüide Jana die Möglich'
keit, den Tcit des Dichters kritisch hmíustcüen , für un^ nicbl mehr votlundcn
sein. Die Ils., welche die genannte Forderung erfSlU, hat Meyer, dem Ciescini
auch hier wieder folgt, nicht herausgefunden, und es ist erslaunlich, dab
Cresdni, der Raímbnuls Tenzone mit der Cenaeserin so trefTHch hergestellt
bal, hier nicht gleich bei der ersten, genuesischen. Strophe gesehen hat, dafi
Meyers Tent unbelricdigend ist. — V. tj bieten CEf unverständliches: C Et
entendo Sun lenguaie, Ef Enlcinho (Entenho f) son Itngaio {lengatta i).
Meyer bat daher ein s' eingeschoben, das in keiner Hs. stebl: E s'entende. Das
in M stehende Woii nisun halle ihn schon darauf aufmerksam machen seilen,
dafs M vermutlich dem Richtigen am nächsten kommt; jedenfalls aber hätte
V. t; Chtt (das in der Tenzone g2, 35 wiederkehrt) statt Plus, /Vi der
anderen Hts. ftiT M entscheiden müssen. Es ist also mil diesem Msc. au lesea:
certo (wohl besser nls ctrt' S) qe 'h nisun Ungaio
sa gran heutà dir non si,
chu fresca qe flor de gtaie,
per qe no me-n partirò.
— V. ìo ist das erste vos betontes Pronomen, Es ist kl.ir, daCt e* nicht
zwischen ne und dem Verbum sieben kann und dab M (und R) hier wieda
das korrekte Afri, zeigen: si ie n'ai vos e vos moi. — V. 14 ist Hont nicht
atn. Es mufs ne-m geschrieben werden, weruiglc-ìdi nom auch in M sieht
(V. 18 rfdn] dain [M hat rfoin/]; V. ig n'aurai] n'afraí). — V. 26. Caar es
la mas bon' e bera'] Wenn M allein ¡ett stati des provenzali sehen, fteilìcb
auch gaskonischen, es hat, wie Meyers Variante angieht, so hätte diese Form
aufgenommen werden mössen, Sic ¡st noch heut eine gaskonische Form.
Nach meiner Kopie bat M sott. Auch diese Form, mit 0 aus i.sgh nnd
3. plur., ist wohl möglich. Statt mas hat M wieder das gut goskonisdie mei,
statt nuera V. JO die ebenfalls gaskoniscbe Form nauera. -— V. Jl. Stall Bas
m'aòeti hat M Boilre so, R, welches vielfach mit M gegen CEf geht, Boslt
soy. Baste ist gaskonische Form, welche vermutlich auch in der Voilage
von M gestanden bat und einzurühren sein wird. — V. 32 hat Meyer tofrai-
sera aus Ei in seinen Text aufgenommen. C hat sofrankera, R lofrangtuta,
diesen gt^enübet M: deslregera. Dafs auch hier M dem Ursprünglichen am
nächsten steht, geht aus der Endung -ora hervor (vgl. Lespy, Grammaire b^r-
naisc S. 375, § 592). Ob freilich ein deslregera möglich ist, weils ich nicht. —
V. 35. Für ai ist mit M ei einmset/en. — V. 38 isl der richtige Plural statt
veli einr.ulîibren und im Anschlufa an M zu lesen veses penado {VI puado;
am nächsten stehl wieder R: /es espessado). — Für v. 42—51 fehlt uns leider
M, so dafs wir hier auf die weniger zuverlässigen Hss. angewiesen sind.
Der Kontrast Raimbauis mit der Genueserin (Manual, p, 77:
ehrest. St. 91) ¡et vou Crescini schon in Per gli studi romanzi in sorefaltig
hergeslelltem Text mitgeteilt worden. Mein Text, früher als Crescinii Druck
erschien festgestellt, aber später gedruckt, stimmt mit jenem fast genau ñber-
dn. Nur in dem acaviüar v, 77 möchte ich etwas anderes sehen als Cieicini.
Nicht accapigliarsi will Raimbaut mit der Genueserin, sondern mit caviglia
scheint mir das Wort zusammengebracht werden zu müssen, dessen DeuIaDf
dann sehr nahe liegt. — V. 57 hat nach meiner Kopie auch O «M», dai
G. SCHLAEGER, STUDIEN ÜBER DAS TAGELIED. 393
mithin in den Text zu stellen ist. — V. 92 ziehe ich vor zu trennen posa sì
statt pos asi.
Im Text der Tenzone zwischen Albert Marques und Raimbaut
von Vaqueiras (Cresc. p. 80 ; Chrest. St. 90) stimmen wir ebenfalls fast genau
überein; nur ist offenbar auch in v. 57 der Text von ADIM anzunehmen:
a mon dan get de trobar vos é'n Pier, Diesen Pier hat O. Schultz (Briefe
des Raimbaut S. 119) seitdem mit Peire Vidal identifizieren wollen.
Diese Besprechung hat naturgemäfs dort verweilen müssen, wo mir in
Crescinis Buch Besserungen als möglich erschienen. Ich will aber nicht ver-
säumen schliefslich noch einmal hervorzuheben, dafs, abgesehen vom Glossar,
das Anzuerkennende durchaus überwiegt. Die italienischen Studenten haben
in diesem Manualetto eine treffliche Grundlage für die Beschäftigung mit dem
Provenzalischen erhalten. P Appkl
Gheorg Schlager, Stadien über das Tagelied. Ein Beitrag zur Litte-
raturgeschichte des Mittelalters. Jena, Verlag von Hermann Pohle, 1895.
(Auch als Dissertation erschienen.) 89 S.
Verf. schickt seiner Abhandlung, welche „das Tagelied in der Provence
und in Nordfrankreich" und „die Herkunft des Tageliedes" zum Gegenstande
hat, eine Untersuchung über die altfranz. Aube „Gaite de la tor" voraus. Er
überrascht durch eine neue und originelle Deutung dieses schwierigen Textes,
der eine ausführliche Interpretation bisher noch nicht gefunden hat. Das
Ganze faEst er als ein Zwiegespräch zwischen Ritter und Dame, eingeleitet
und beschlossen durch Reden des Ritters. In den ersten beiden Strophen
sieht er Worte desselben an den Wächter und an die Dame; mit Str. 3 ent-
spinnt sich nach seiner Auffassung folgender Dialog zwischen den Liebenden :
Der Ritter ist in Aufregung und Angst und wünscht, das Wagstück gär nicht
unternommen zu haben (Vers 23 — 25). Seine Dame sucht ihm Mut einzu-
sprechen (26 — 28), doch ohne Erfolg ; er bittet sie ängstlich, sich still zu ver-
halten (29 — 31). Seine Dame erwidert ihm mit einem Hinweis auf die Freude
über ihr Zusammensein (32 — 33). In dieser Weise wird das Gespräch von
dem Liebespaare in Str. 4 und 5 weitergeführt, und es fügt sich, dafs der
Ritter konsequent Angst und Besorgnis an den Tag legt, im Gegensatz zu
seiner Dame, die heiter und beherzt auftritt. Die Schlufsstrophen enthalten
die Worte des Heimkehrenden an den Wächter. — Auffallend ist bei dieser
Auflassung natürlich besonders die Gestalt des Ritters; er zeigt sich nicht als
frohgemuten Liebhaber, sondern als einen Hasenfufs, der dem munteren Zu-
reden seiner Dame jedesmal nichts weiter als ein stereotypes „still, still" ent-
gegenzusetzen weifs, zuletzt jedoch, als er in Sicherheit ist, um so mehr mit
seinem Abenteuer prahlt. Eine solche Charakterisierung befremdet, wenn
man bedenkt, dafs der hönsche Liebhaber sonst nirgends eine lächerliche
Rolle spielt, wie es hier der Fall sein würde. Sicher muíste man bei der
vorgeschlagenen Deutung eine ironisierende, satirische Tendenz des Liedes
annehmen. Dafs eine solche vorliege, könnte man ja bei dem auch sonst
ziemlich eigenartigen Gepräge des Ganzen an sich wohl für möglich halten,
aber sicher ist in solchem Falle doppelte Vorsicht am Platze. Der Verf,
394
BBSPRECHONGEN. H. SPRINGER,
scheint id diesem Punkte iibeihaupt keine Seh wie rifili ci t lu sehen. Et sprich!
sich nicht daiöbcr aus, ob dem Ganzen eine satiiUche Abeicht eu Gmnde
liege; nach seinen Beraerkungen auf S. 7 scheint er dies nicht ajjiunehnien.
Hier wäre eine ausrdhrlichere Rechlfcrtignng seiner AutTassun}; erwünscht.
Hat die letitere schon im allgemeinen ihr Bedenkliches, so spricht auch im
einielntn Epcziell in der Ausdruckswei se vieles gegen sie; so die Worte von
Vers 4 und 5 iin Munde des a.nkommenden Rillers, die ungewöhnliche An-
rede compaim, weiter der Anfang von Str. J. Sollte der Ritter wirklich so
unhöflich sein, zu seiner Dame zu sagen; „Ich wünschte, ich wäre zu Hanse
geblieben and läge in friedlichem Schlafe"? Das könnte der Dichter seinem
Ritter doch nur in satirischer Absicht io den Mund Relcgt haben; selbst dun
wäre der Ausdruck noch recht dunkel nnd ongeschickl. Auch Ver» 45— 50
muten durchaus nicht wie eine Anrede der Dame an den Geliebten an. —
Solange man mit einer anderen, näherlicgenden Erklärung durchkommen kann,
wird diese sicher vorzuziehen sein. Meiner Meinung nach kommt man in
einer im ganzen befriedi|;cnden lote rpre talion, wenn man den Hauptlcil Str. t— J
als E>ialog zweier Wächter belraclilct, wie Leroux de Lincy, allerdings ohne
auf die Einzelheiten einzugehen, zuerst angedeutet hat. Die Stelle in Stt. 1,
welche der Verf. S. 9 als eben Beweis gegen diese Auffassung anführt, i$t
dann als Rede des einen Wächters, dem Sir. 1 und i ganz lufallen, so m
verstehen: „Ich würde an Lied singen, wenn ich nicht wegen des drohenden
Verräters besorgt wate"; er fürchlet, über dem Singen seine Pflicht la »et-
nachlässigen und den fur die Liebenden gefährlichen Iraiiar zu úberseben.
Auch im weiteren Verlaufe begegnet nichts Anstöfsiges, Was bei der Deu-
tung des Verf. sonderbar wirkt und die abweichende Charakteristik der Fi^
herbeiführt, hat dann nichts Auffälliges weiter. So ist in Vers £3—15 <x>
dem Wächter der Unmut und der Wunsch, Ruhe zu haben, ohne weiter«
versiandtich. Der Anfang von Str. 4, den ich ebenfalls als eine schalkhafte
Beziehung auf den Ritter auffasse, ist auch im Munde eines Wächters nicht
anpassend ; dieser weist seinen unmutigen und ängstlichen Genossen meni
auf die za erwartende Belohnung; hin und bedeutet ihm dann durch jene sehen-
hafte Bemerkung, dafs überhaupt keine Gefahr drohe. Schon vorher, Vers ï6 — j8,
erwidert er jenem: „wir brauchen uns nicht zu beunnihijieD und köonen die
Leule ruhig ihres Weges gehen lassen"; d, h. es droht kein Verräter, auf den
wir achthaben müfsten. Der Anfang von Stt. 5 läfst sich ohne Bedenken
dem einen der Wachler zDerteilen. Die Worte des Ritters in den beiden
letzten Strophen bilden einen natürlichen und ungezwungenen Abschlob dt>
G.mzen. Folgt man der Auffassung des Verf., so slehl die selbstgetSUige
Rede des Ritters in einem aogenfälligen Kontrast zu dem Vorh ergeben den.
Auffallend ist die Art, wie der Verf. das in allen Strophen wiederkebrcndeii
Au et hu erklärt; er bestreitet, dafs datin eine Beziehung auf den Horastofi
liege, und fafsl es als „Ausruf des jeweils Redenden zur Bezeichnung äa
verschiedensten Sliramungen". Das Natürlichste ¡st doch, hu als öne Aa
Schall de* Homes nachahmende Interjektioo lu fassen. Es brauchl ja doch
nicht jedesmal einen wirklichen Ilornstofs zu markieren, sondera ist als Re-
frain ohne weitere reale Bedeutung verwandt, was in einem Gespi^h iwisthen
zwei Wächtern ja nicht auffallen kann. Derselbe giebt soiasagen den Gnnil-
toD an und verleiht dem Ganzen ein wirkungsvolles Kolorit; dais tt tat nun
G. SCHLAEGER, STUDIEN ÜUHR DAS TAGELIED, 3g5
%nde feilgehalten wird, ist eine lechnische Nolwendigkeil und kann dem
Dichter nicht als Geschmacklosigkeit angerechnet werden, wie es der Verf.
S. g ihut.
Seine sorgsamen UntetsuchuDgen über die DichtgatluDg im allf^emcinen
giündet der Verf. auf eine breite und solide Basis und versäumt es nicht,
die besonders von germanistischer Seile unlernorameneB Forschungen gehöhrend
lu Terwerteo. Aufser Barisch und Schercr kommen besonders De Gruytu'r's
Dissertation über das deutsche Tagclied und Roethe's Besprechung derselben
in Betracht. Der Verf. gcwitmt einen festen Boden für seine UntetEuehung
durch die vor ihm noch nicht streng dntchgefnhtle Scheidung zwischen dem
allen Litleraturen gemeinsiimen Lie de vom Scheid i-n zweier Liebenden bei
Tagesanbruch, dessen Züge ohne konventionelle Zulhaien aus der Situation
erwachsen, imd das rein volksmäfsig entstehen oder auch voo einem Kunst-
dichler herröhren kann, und der ritterlichen, konventionellen Alba, welche der
Wirklichkeil widersprechende, typische Züge aufweist und, in der Trobador-
dichlung erwachsen, in andere Otteratiiren eingewandert ist. So schränkt der
Verf. die Namen „Alba, Tagelied" auf die konventionellen, ritterlichen Lieder
ein, wodurch die mifsversländliche und oft mifsbrauchle Bezeichnung „volks-
tümliches Tagelicd" beseiti|{t wird. Nach dieser wertvollen grundl^enden Be-
Irachtnng werden zur weiteren FeststeUang der Gnttung die einzelnen provenz.
Alhfn besonders im Hinblick auf die iur den Typus charakteristischen Züge
untersucht. Was die S. 26 vorgetragene Auffassung von B, G. 461, 1 13 an-
geht, so ist es sehr gewagt, in einem provenz. Liede eine so lebhafte, unserem
modernen Empfinden allerdings geläufige Phantasieerregung anzunehmen. So
komplizierte seelische Zustände vorzuführen, lag den Trobadors fem; der Verf.
traut ihrem psychologischen Feingefühl hier gar zu viel zu. Im allgemciDcn
erhebt steh die provenz. Poesie kaum über scliücbteme Ansätze zu jener sug-
gestiven Gefühlswirkung, die wir Stimmung nennen. In Stellen wie dem be-
rühmten „Quan ill dousi'iura venia" liegt die Sache doch noch ganz anders;
der Veif. hat sicher selbst gefühlt, daCs sie seine Auffassuiig der Alba nicht
slützen können. S. 46 — 57 beschäftigt sich der Verf. mit den sog. geistlichen
Wächterliedein. Bartsch war der erste, der sie als geistliche Umdichtungen
weltlicher Alben bezeichnete. Schon Scheret hat dagegen ihren wesentlichen
Grund als kirchlich und religiös hingestellt und auf die Hyinncnpoesic hin-
gewiesen; nach ihm bringt besonders Koethe wichtiges Material bei. Der
Verf. zeigt speziell an den einzelnen provenz. I-iedern, dafs die Elemente der-
selben sich aus der biblischen resp. kirchlichen Tradition erklären lassen, und
dafs eine Beziehung zur Grundsituation der Alba nicht zu erkennen ist, und
kommt zu dem Residtat, dafs das „prov. geistliche Wächierüed mit der Alba
innerlich nicht das mindeste zu schaffen hat" (S. 57). Zu betonen ist dabei,
dafs zwar nicht in Bezug auf den Ursprung, aber in der Anlage und Aus-
fiihmnf;, speziell natürlich im Refrain, eine BecinHussung durch die Alba nicht
ZU leugnen ist, die der Verf. denn auch nach S. 47 nicht in Abrede stellt.
Die Begriffe,^mit denen es die ritterliche Alba zu thun hat, decken sich eben
zum Teil mit den Elementen der geistlichen Morgenhymnen. Nur war die
AoCfassung in den beiden Gattungen eine verschiedene; in den gastlichen
Stücken wurde im Gegensatze zni Alba die Nacht als das Verderbliche und
Gefifarliche dem heilbringenden Tage entgegengesetzt. Dìeiea Uoutuid fuhrt
396
BESPRBCHDSGEfí,
, SCHULZE,
dei Vvií. S. So mit Recht gegen Roethc an, welcher die Alba aus dem geot-
Ijchen Morgenhymnas herleiten möchte.
Die inte [cssanle Sic, aber zugleich die schwierigste Frage der gaszeti
Untersuchung ist die nneh dem Ursprünge der Alba. Ist man doch anT
solchem Gebiete im allgemeinen allenlhalhen auf blofse Hypothesen ai^t-
wicsen. Dafs die scigeainnte „älteste Alba" hier nicht in Betracht kommt
erötlert der Vetf. in einer EusammenfasBenden Besprechung der Teischicdenen
Theoricen (S. 71— 78), Der Wächter, der das charakteristische Element dei
Tagcliedes bildet, ist, so wie er in den provenz. Liedcm auftritt, eine fiktivt,
den realen Verhältnissen nicht entsprechende Gestalt. Mit Recht «klärt d«
Verf. die bisher geiufserten Ansichten über den ürsprang des Wächters und
somit der Galtung selbst lor wenig befriedigend. Er entscheidet sich für die
Entlehnung des fertigen Tagelicdstofles von aufsen, und twar ans dem klassi-
schen Altertum durch Vermittlung der Vaga aten poesie, und weist auf âa:
Stelle in dem pseudoovidianischen Briefe Leanders an Hero als unmittelbaren
Ausgangspunkt hin. Hier nnden wir die Klage über die Kürze der Liebei-
nacht, auch die Aurora erwähnt, fetner anstatt des Wächters die Amnw,
welche die Liebenden lur Trennung fliiffordert. Die sich aofserdem noch
bietende Möglichkeit, dafs die Gestalt der ¿■aita durch Umbildung dner realen
Figur eolsfanden sei, fatst der Verf. nicht ernstlich ins Ange. Sieht man
nach dieser Seile hin etwas genauer zu, so liefse sich als Grundlage ein ver-
trauter Warner denken, aus dem sich dann die Gestalt des ins Vertraiien sx-
zogcncD Wächters, weiter des Wächters überhaupt entwickelt haben kann.
Dafs der Verf. gelegentlich (S. 40) eine umgekehrte Entwicklung (,. Wicht»
lediglich als Verkünder des Tages — Wächter in B'^tiehung cu den Lieben-
den") als „psychologisch ganz einleachtend" bezeichnet, ist nicht recht ver-
ständlich. Ein Freund erscheint hei Guir.iut von Bomeih wie audi in mbil.
Tageliedern. Diese Figur, die bei Guiraut konventionell behandelt ist, tala
der Verf. S. 31 als etwas Sekundäres auf; doch giebt er S. S8 atidem»iti
die Möglichkeit lu, dafs man es hier mit einet älteren Stufe des Tageliedu
zu thun habe. So könnte man als reale Grundbge annehmen, dafs der Ritter
einen vertrauten Diener oder Freund Wächter- und Wamerdienste habe thun
lassen. Vielleicht dürfte es abet den Ihatsächlichen Verhältnissen mehr ent-
sprechen , die Figur der in Liebessachen beratenden Freundin hetbeiiiuiehen.
Bekanntlich ist in der airz. Poesie das Gesprich einer Dame mit ihrer Ver-
trauten ober LLebcETragen nicht selten. Oeßers erscheint die Beraterin als eme
ältere und auf diesem Gebiete wohlerfahrene Person, so bei Bartsch, Rom. u.
PBEit, I 39, 47. Ebenda I 36 spricht eine junge „femme mal marUe" einer
älteren Freundin gegenüber ihr I.iebcsveilangen aus. Als sich beim Heran-
nahen des Ritters dct Dame Gelegenheit bietet, ihren Wunsch zu be&iedigen,
entfernt sich die Alte disktet (Celie qui los les biens javoü Petil tt fttä
s'eslûignait) und etscheint dann nuch dem Weggange des Liebhaben wieder.
Es liegt non nicht fern, dies auf die Situation der Alba zu übertrafen: bei
einer rechtlichen Zusammenkunft spielte eine solche Vertraute naturgemifs
die Rolle der Wamerin, die in den übetlieferten Tageliedern der gaäa in-
fallt. Dafs das Thema der mal mariie in enget Beziehung iut AlhenutiutiaD
steht, scheint in der Natur der Sache zu liegen, auch der Verf. betont an
uiderer Stelle (S. 36) dieses Zusammenhar^;. Wenn du Motiv im Süden nidii die
B. ÉTIBNNB, ESSAI DE GRAMMAIRE DE L'ANCISN FRANÇAIS. 397
poetische Ausbildung empfangen hat wie in Nordfrankreich, so kommt dies dabei
nicht in Betracht. — Der Verf. begiebt sich mit seiner Annahme der Entlehnung
aus dem klassischen Altertum auf ein sehr unsicheres Gebiet. An sich ist die
von ihm angeführte Parallele sicherlich interessant. Im Grunde aber bietet
die Heroidenstelle doch zu wenig Charakteristisches und Auffallendes, das der
Albensituation entsprechende Moment tritt im Rahmen der langen Epistel doch
zu gelegentlich und vorübergehend auf, als dafs man annehmen sollte, gerade
diese Verse seien im Mittelalter aus dem Zusammenhange herausgegriffen und
nachgeahmt und so schliefslich zum Ausgangspunkt einer weitverbreiteten
Dichtgattung gemacht worden. Es dürfte sich am Ende eine Entwicklung
der Alba aus realen Verhältnissen vielleicht auf dem oben angedeuteten Wege
denken lassen. Eine poetische Umbildung der ursprünglichen Figur zur gaita
ist in jedem Falle notwendig anzusetzen, ob man nun eine reale Persönlich-
keit oder mit dem Verf. die nutrix der Heroidenstelle als Urbild ansieht
Ueberblickt man die Arbeit im ganzen, so gebührt dem Verf. das Ver-
dienst, eine schon von so vielen Seiten und stellenweise mit wenig Glück er-
örterte Frage sachkundig und umsichtig untersucht und in verschiedenen
Punkten abschliefsend behandelt zu haben.
Hermann Springer.
£. Etienne, Essai de grammaire de l'ancien français (IX« — XIV«
siècles). Berger - Levrault et C»c, Éditeurs. Paris et Nancy 1895. VIII,
521 S. 8«.
Mit dem Gefühl freudiger Ueberraschung wird mancher Freund altfran-
zösischer Studien den ansehnlichen, schön ausgestatteten Band zur Hand ge-
nommen haben, dessen bescheiden gefafster Titel ein günstiges Vorurteil gegen
den, der sich der mühevollen Aufgabe unterzogen, ein langjähriges Desiderat
der Romanischen Sprachwissenschaft den Fachgenossen darzubieten, nur ver-
stärken konnte. Die Bescheidenheit des Titels barg gleichwohl einen gewifs
nicht unerwünschten Anspruch des Verfassers : da man Anfängern einen Essai
nicht als Führer in die Hand zu geben pflegt, so besagte der Titel anstelle
des fehlenden Vorwortes, dafs sich hier ein streng wissenschaftliches Werk an
die selbständigen Forscher wende, dafs es versuchen wolle, diesen ein Bild des
heutigen Standes unserer Kenntnis der alten französischen Sprache zu entrollen.
Wer mit solchen Erwartungen an das Studium der neuen altfrz. Grammatik
geht, wird sehr enttäuscht werden. Denn leider entspricht sie keineswegs
den Anforderungen, die man an eine wissenschaftliche I^eistung zu stellen be-
rechtigt ist. So sehr man den Fleifs anerkennen mag, dessen es bedurfte, um
eine so umfangreiche Arbeit zu Ende zu führen, so wenig ist zu bestreiten,
dais der Verf. seiner Aufgabe nicht gewachsen war. Abgesehen davon, dafs
die Spezialforschung ganz ungenügend berücksichtigt ist, so fehlt es ihm durch-
aas an derjenigen philologischen Schulung, deren ein Autor einer altfrz. Gram-
matik heutzutage nicht entraten kann. Ein auffallender Mangel an Vermögen,
zwischen Wichtigem und Nebensächlichem die rechte Auswahl zu treffen, an
Befähigung, das Eigenartige grammatischer Erscheinungen zu erkennen und
zu beurteilen, tritt zu Tage. Der Verf. hat keinen Begriff davon, wie wesent-
398 BESPRECHUNGEN. A. SCHULZE,
lieh es ist, überall iluich sorgfältiges Belegen der vorgetragenen ThaUicben
dem Leser die NacbprüfuDg zu er mogi ich en , dafs blorsn Aussprechen ion
Behauptungen Tiit den wertlos ist, dem es iuf volle Erkenntnis tier Wahifaeit
ankommt.
Der Absehaitl über da! Vnlgärlaleinische bietet eine mehr wort- >]i
inhaltreiclie und sich durcliaus auf der Obeifläche haltende Darstellnng da
bekanntesten Thatsachen. Dem schon ol\ gerügten Verrühren, rekoostniiene
Formen ohne weiteres als vulgärlatcinische tu proklamicrdi , begegnet nun
auch hier wieder, und was für Sprünge die Konstiuktioniluit d« VetC ácb
erlaubt, zeigen ganze vulgärlat. Sätie wie S. 13: ,^0 lertirabeo si (1/)/« lemipiíi
est bellui" und ,^0 lortirtval^) li {ä)la lempvs erat bellut". S. 10 wird be-
hauptet, das Vulgärlat- zeige Perfekt» wie intendivi, ftrdivi, tnordiw, rtspen-
divi etc., S. 14 werden wir belehrt: „faceré, feiere, mais aossï /art en laün
vulgaire, d'ob le ixMxx /araj'a et le conditionnelyària"; auf derselbm Scile
erfahrt man, dafs posse im Vulgärlat, sein Präsens abwnndelle: fosee, felis,
pota etc. etc.
In der Lautlehre vcrroifst man die leiseste Andeutung aber die Ensteni
von Dialekten in der alten Sprache, und b^egncte nicht hin und wieder inr
Erklärung unbequemer Formen die Bemerkung, sie seien diaUclaUs el oriew-
lales{^:\ (z.B. SS. 32, 35, 40 etc.), so könnte man an die Uagebenerliciikeil
glauben, daJs zu der selben Zeit, wo 90 viele nach dem Worte eines herror-
lagenden Romanisten „das Gras der altfranz. Mundarien wachsen höieo",
der Verf. einer altfram. Giammatik noch nichts von ihnen ahiilE. Im übrigrn
mag den Standpunkt, den Herr Ë. in lautlichen Dingen einntmrol, folgende
Probe kennzeichnen: S. 15 (§6) „Lea voyelles latines sont, en tenant compte
de la quantité: à, à — ê, i — i — à, b — u (= au); de plas ¿+Ó — <r¡
i-\-à = à; l'+B = Ü. Zut Etläutetung dessen dient dann die Figur:
S. y, heifst es: „chien (= canem) est one graphie simplifie pour ckùtin. De
mSme, sima doute, man^itm {= manJucamus, maudgamus). frochien (=. pro-
pjanum) etc." Während man bisher im Altfrz. drei verschiedene e unterschied,
belehrt uns Herr Ë. (S. 42), dafs es itcr<:n vier gab. Zuweilen gelingt es dem
besten Willen nicht :eu erraten, was der Verf. sagen will. Man höre, was S. j9
von ( mit folgendem Palatal zu lesen ist: „L'on ne trouve pas, croyons noni.
■ìiing^, ting (= vËnio, lénio); mais la forme vigne (= vcniam) n'est pat rife.
Igne est-il TÎgulier ou ümplement(!) dialectal? Est-il analo^quc de formes tell»
■ Vgl. I. B. Equ,
ju ting cesi leu (= d
Ausgabe. Freilich win
gelten lassen.
JU vig (^ Ecce veniö) p. 31, I44 und tant m«'
hune occupo locum) p. 270. il meiner Bemhard-
rr Ë. diese Belege als „simplement dialectal" aìchl
i
K. ETIENNE, ESSAI DE GRAMMAIKE DE l'aNOEN FRANÇAIS. 399
qae fiffne{'.) (= pcctinat, pec'nal)? Ou bien iií(so) +n mouillée csl-il dtì A
l'analogie de certaines fonneG fortes vîeni, lìmi tyéml, lenii), oii IV D'est pas
sous l'influence d'nn /? C'est ce qu'il n'est pis facile de dire."
Auch die Formenlehre bietet vieles Mangelhafle und Unrìchlige. Der
Abschaitt über die Kccnpaniion (§ 76) begnügt sich nach der Konstalierung,
dafs im gHiazta das Verfahren der allen mit dem der neueren Sprache über-
einstimme, als „synthetische" Komparation aoziilühren: mirldre, meillor —
maire, maior — craindre, graignor undyorior. Der nächste, die Zahlwörter
behandelnde Paragraph lehrt unter i": „Ordinaux. — Prins, prim, fémin.
frùat {prtmírains, firemerain; (era. fremirà ine): — afíre (autre); tiers —
guari" etc Die §§ 78 ff. behandeln die Pronoms. Als einziges pronom
réflíchi rührt § 79 an: sai, lei, se; \ 81 behauptet, die Form 0 (= hoc)
ßnde man nur in Verbindung mil por. In der Lehre von der Kjinjugation
(§$ 91 ff.) sind die Listen von Veibalformen mit Angabc des Fundort^^s als
Sammlungen oichl ohne Werl, die sonstigen Aufstellungen aber auch hier
oft unzutreffend; Die 1. Sing. Praes. Ind. von mui/oi'r lautet (p. lOJ): mui; von
cuire seilt É. die Formen cuist, coisons (anal, cuisens), coisiet (anal, cuisiei)
xas Paradigma des Praes. Ind.; vod lolre bildet er p. 106 die 3. Plur. Praes.
lod. tueitlenl mit der Bemerkung, diese Form sei ebenso wie lueil (I.Sing.)
der Analogie zu iixiiV (volio) zu danken. § 142 lautet: „Parfait faible en iil,
d'après les parfaits latins en dtdi: chadeir, chrdiir, cheoir \^= lat, cadére;
parfait cadëdi, comme si ce mot itait un composé de dSre): \'^ pers. cheáifí
(cadédi); l* chedUs (rare); 3« chidiét. Les autres personnes sont inusitées, on
trouve cependant quelques exemples de la ji^ pers. en iétent." Daiu § I46;
„Parfait faible en r: Chedeir, cheoir: chedi, eheï (lat. cadivi), ehedis {cheîs) etc.
mit der Bemerkung: D'apiès le participe passé ehidul, ektû (cadûtum), il y
a aussi (1) un parfait en ui, eus, ut , qui restera seul."
Das Besondere der Arbeit des Heim Etienne, das was ihr in der That
elwelchcn Anspruch auf Beachtung sichert, liegt nun allerdings erst in der
Behandlung der Syntax. Es liegt hier der erste Versuch vor, eine eingehendere
Darstellung der gesamten altfrz. Syntax zu geben, und dafs Herr Ë. die Wichtig-
keit dieses Teiles der Grammatik nicht verkannt nnd gerade hier Eigenes nicht
selten beigesteuert hat, soll ihm unvergessen bleiben. Auch bat er sich be-
müht, die Resultate der Forschungen Tobi e rs, soweit sie im ersten Bande der
V. B. niedergelegt sind, seinem Werke ciuiu verleiben. Wenn ihm dabei recht
erhebliche MifcverstBndnisse untergelaufen sind, so mag das i.T. in mangelhafter
Kenntnis des Deutschen seine Erklärung und damit eine gewisse Entschuldigung
ünden. Z.T. freilich kann man auch hier nicht umhin, mangelnde Sorgfalt
XU erkennen. Zu beklagen ist, dais der Verf. im Teile selbst nur in weni^^cn
Ausnahme lallen auf die V. B, verwiesen, im übrigen sich aber damit bej^ägt
hat, in seiner am Schlüsse beigcgei>enen „Lisle des textes cités et des princi-
paux ouvrages consultés" denjenigen Texten, aus denen die Beispiele Tobler
entnommen sind, ein Sternchen vorzusetzen. Das würde, selbst wenn die Liste
vollständig wäre, was durchaus nicht der Fall ist,' nur auf sehr unbequeme
Weise ermi^tichen zu erfahren, worüber man etwa in den V. B. gründlichere
inft erhalten könne, ganz abgesehen davon, dafs natürlich die meisten
■ Ich habe nicht weniger als 3J Texte in der Lisle vermifsl.
400
BBSPRECHCNGEN. A. SCHULZE,
der von Herrn Ë. selbst geleseoCD nnd daher ohne Stern gelasseaen l
(voD denen káacr tu TehleD scheint!) auch in dea V. B. vorkororaen.'
Vor d« „Syntaxe des mots vuiables" überschriebe ne n 5, partie lindel sich
eine 4., deren Benecnun^: „Les mots inganables" im '¿veifeì láfst. ob ât ut
Syntax gerechnet werden oder nicht. Auch die Ausführung dieses Ab-
schnittes klärt den Zweifel nicbt, da sie teils eine blofse Aufühlang der niMi
invariables bietet, teils auch ihre Anwendung erorterl, AcUIs tu Aoi-
stellun^-eu bietet jcdenralU auch die 4. partie la rcichliehem Mafse. Den Be-
griff Adverb hat der Verf. viel zu weit uiQgrenit; non vm¡, ehalt pas, grant
aliure sind nicht schlechtweg als Adverbien zu bezeichnen (§ 16}). sondern
da ÎU bcltaclitcn, wo von der Vf-rwendung des íiIísoUiIiji Casus obliquas da
Substantivs die Rede ist ytiiqu'a pou (^ löä) hat antcr den , .principaux ad-
verbes de temps tiles du latin" nichts zu suchen. Zu manois, ¡Utmantù ist
ebendii in Parenthese hinzugefügt: „{anal, de aneéis, ancois ^ roantns, ou =
mane id ipsum? =: aussitôt)"; gleich darauf liest man: „nuifantre (ouitanunenl
= noctem inlei)": in demselben Para^raphen: „Alant, adilant, aUaitt [ad lu-
tum, ad iUi tantum = en ce moment, voici)". Von tant wird § 169 gelehrt, <»
könne auch Adjektiv sein „et se décliner mËme après un nom de nombre ri
sans Stre suivi d'un subsl.: et tenuti ... bien troii tant de terre que H
rùit m tenait Men. Reims 6". Das Beispiel stammt ebenso wie dos Tolgendc aot
V. B. I 151, wo der Verf. hätte lernen können, dafs lant Substantivum isL
Besser als die Lehre vom Adverb ist der Ahsclinitt über die Präposi-
tionen ausgefaLen, der eine Reihe brauchbarer Bel<^ bringt und das Be-
streben zeigt, der Bede mungsent Wickelung nachiugcheo. 5179, 5" weiden
mit Unrecht die beiden Beispiele secoures a ce besoin (Joinv. 216) und yV jw
a mort livrés (Alise. 1620) neben einander gestellt, um zu erweisen, a hezdchltc
„t'itttrihulion". Die Stelle aus Joinv. hätte denen zugesellt werden sollen, in
denen a zeitliche Nabe zum Ausdruck bringt: „HclA bd dieser Not". Gau
verschieden geartet sind die Beispiele, die \ 180 a vor einem Infinitiv xeigcn:
ìengtie a parler (Leg. 39a); il me trairunt a perdre (Alex. 4te); a ce ßan
passer envoia li soudais . . . (Joínv. 184). Die Funktion der Präposidoo wird
darum keine eigenartige, weil cinlnrmiiiv ihr folgt; die Fälle tdnd den übrigen
einzuordnen: a druckt I) den Zweck, 3) die Richtung Im Orte, 3) die zeit-
liche Nähe aus. — § 181 will erweisen, dafs xuweilen a nach Form und Be-
deutung lat. ab entspreche, da es die Entfernung, den Ausgangspunkt einlñhre.
Dagegen ist zu bemerken, dafs erstens lat. »A selbständig nirgends ins Romi-
ntsche übergegangen ist, und zweitens, dafs wenigstens die von Ë. angelührlea
Bele^ sämtlich eini? iindre Auffassimg nicht nur zulassen, sondern giradciu
fordern: /of-min/ l'enguierl a lot ses ménestrels (Alei. 65 d); 1/ demanda con-
seil a tota nos e/uvalitrs (Joinv. 116); ele prent congiet a Aucassin (Ane.
Nie. XVII 6) zeigen a in der Verwendung, die § 179, J* durch ai sutn
seignor ii lor seil bons pleidis erläutert wird: es bringt durch Erweckung dec
Vorstellung räumlicher Nähe zur Anschauung, dafi ein Vorgang, einZiutandía
Anwesenheit eines Seienden zu denken sei; durch „bei" konnte denn ROch in
' Bei dieser Gelegenheit sei erwähnt, dafs in der im etslen Bande der
V. B. gegebenen Liste der altfrz, Texte mir folgende vier als fehlend auf^-
stofsen sind : Bari. u. Jos. (z. B. S. S6) — Gaufr. (z. B. S. 25) — Jenis. (z. B.
S.4S)-Oe.D»u. (z.B. S.45).
E. ¿TIENNB, ESSAI DE GltAMMAtRB DE L'ANQBN FRANÇAIS. 40I
allen drei Füllen a wìe<IergegebeD Verden. Uad diese GcDiidbedeutung der
Präposition a ist auch in sii conuí . .. al fier visagi et al C9rs qu'il aut
geni (Rol. 159SI und in gardtí que ne soie ^rise a beste cuivertt (Berle 895)
anscliwer niederzuerkennen: im ersteri^n Salze scheint es gao x angemessen, das
Erkennen von der Gegenwart des fier i'isage und dea con gent abbängig
denken zu lassen; im letittiren handelt die Sprache, wenn sie, stntl wie die
neue durch far die teste cuiverle aasdrucklicb als Vermittlerin des pris estrt
hinzustellen, den mit diesen Worten bezeichneten Vorgang iu Anwesenheit
einer beste euiverle vorslellcö heifst, mil Recht in dem guten Veilranen, der
Hörende werde die Art der Einwirkung des durch u eingeführtea Seienden
ohne Mühe herausñnden.
Von den Verwendungen, die Heyne in seinem Wörterbuch für deutsch
„bei" belegt, führe ich zum Vergleich an: ,J>ei Gott ist kein Ding unmäg-
lick" oder seim sun . , , den er bei künig Agalhokles tochler flieh eruorbe»
het (Aventin I 401).
5 igt, wo ïom parliliïen Genitiv die Rede ist, wird gelehrt, es sei bis-
weilen in der alten Sprache das Nomen oder Pronomen, von welchem de
abhänge, nicht ausgedrückt, be&ondera bei oír und iieoir: Avei -vëu de ces
ribausF Dafs de ces ribaus ein part. Gen. sei, ist eine ganz irrige Auffassung.
Man findet dos von Ë. angeführte und eine gtofse Zahl weiterer Belege für
die ThatsBche, dafs „nach zum Hören oder Sehen auiforjemdeu Ausdrücken
der Accasativ dessen, worauf der Sinn la richten ¡st, durch de mit dem Cas.
obi. ersetzt wird" bei Tobler, V. B. I16— 18. Tobler sieht die Erklärung
der auffälligen Erscheinung d:irin, dafs „nicht das zu der pripasilionalen Be-
stimmang Verwendete selbst Ge[;i;nstand der geforderten Aufmerksamkeit sein
solle, sondern ein Thun. eine Rede oder Aehnliches, was von jenem ausge-
gangen oder in jenem wahrnehmbar .sei", und man mufs in der That lu-
geben, dafs b(-i näherem Zusehen in kaum einem der vielen bei Tobler a. a. O.
zu lesenden Belize der Accasativ an die Stelle der präpositionalen Bestimmung
treten könnte, ohne eine erhebliche Sinn esverao de rung hervorzurufen. Selbst
Rieh. 713; Voiiis, dame, de chel enfant! Con le voi biel et avenant, könnte
anstelle von de eh. e. keineswegs chel enf, treten, da, wie der Zusammenhang
ergiebt, der mit eh. e. bezeichnete Richart gar nicht anwesend iat. Nur bleibt
bei der Toblerbcbcn Auffassung unerklärt, weshalb denn (¡eradc solche Stell-
veitretimg des Accasalivs durch eine präpositionale Bestimmung nuf auf-
Tordernde und Tragende Satzgefüge beschränkt ist, warum es nicht möglich
ist, auf die Frage: Avet veu de ces ribausP zu antworten: O je, veu ai de
ces räaus. Und das scheint ganz ausgeschlossen. Vielleicht darf man an-
nehmen, dafs ursprünglich hinter der Aufforderung oder der Frage eine Pause
in der Rede eingetreten sei, und das dann Folgende dem Hörer begieittich
machen sollte, woher fur den Redenden selbst Ver.inlassimg zu seinen Worten
gekommen sei; „Habt ihr gesehen? Von jenen Schuften her (sc, ist mein
Fragen zu erklären)". Grammatisch gesprochen wurde die präpositionale Be-
stimmung nicht lu dem Verhum finitum, sondern zu dem ganzen Satze, zu
der TbatsBche der Aufforderung, der Fragestellung gehören, wie gleiches bei
den sog. P'ragep arti kein und bei den die AulTorderung begleitenden Partikeln so
oft iix beobachten ist. Die Verwendung von de tut Einfiihrung dessen, was An-
lafc ID reden bietet, ist ja sehr beliebt in der allen Sprache; vgl. Tobler,
V. B. I 17 und meinen Fragesatz p. 19z Anm. Ich weile fiir dieselbe noch
ZcJtKhr. L mm. PhO. XX. 36
40<
BESFRECBÜNGBN. A. SCUULZS,
bin auf MMqoeBSîc i: Jüarqiie¡, disi li emfercris, ¡itigis esiti, mut dt mm
longe, savrùt U vas espondreP and et. 36'» J; Des prestrei, dût h tmfe-
reres, noi leiies tster. So Ul vielleicht auch de beim Ausraf aulïnfassea:
Fût Alexis, de ta dolenti medre (Al.Saa); eb.giH; Fus Alexis, d* la tte
char tendre! \saA eb. 96a: O chiers amis, de ta jovente belt! Hier wird
die Thatsache des schmerzlichen Ausrufs \FÍ¡t Alexis. O chiert amù) io
ihrem Ursprünge begründet. Vgl. Diez ITI' 124. Dub die Kanstroklion
direkt aas dem lateinischen Übernommen sei, wie G.Paris zu AI. qta mEint.
falli mir schwer 2U glauben. Jt^iccralls nutsett Etienne 5 '93. 4° B«»» Unin-
treflendes über diesen Punkt-
So auch § [97 über le las de euer nnd ihnliche Wendungen. Tobia
warnt in den V. B. 1 1 13 davor, diesen Genitiv mit dem sog. appositiveD in
la coquine de Toinelte, la vüle de Paris lu verwecliseln. N ich tsdfato weniger
begeht É., der doch seine drti Belege für die Erscheinung Tobler verdankt.
den Irrtum und meint, es scheine für die appositive Natur der UmsUnd ni
sprechen, AaH das von de abhängige Nomen luwcilen im Nominaüv aoTtreli:
mes las de cuers statt euer. Es ist aber klar genug, dafs das Aulbreteit eines
Nominativs nach einer Piäposilion weder durch die Annahme einet Appoñcíoa
noch durch die eines partitiven Verhältnisses verständlich wird, somit auch
die Art der Erklärung dea Genilivs nicht beeinflussen kann. Mui hat in dem
Nominativ nur eine sehr begreifliche Attraktion an den Casus des i
Nomens zu sebea. Es könnte eher jemand auf den Gedanken b
cuers liege der Acc. plur. vor: „von Herzen meine ich mein müdes". Dah
damit wieder nicht das Rechte getroffen wäre, würden Belege wie li feien
d'anemi (statt d'anemis) erweisen, wo ein Zweifel darüber, dafs es sich um
einen Nominativ nach de bandelt, nicht aufkommen kann.
Auf den Abschnitt Präposition, der noch viele unhaltbare Ding« Ichll,
folgt (5§ 227 — 243): La Conjonction. Deber die Konjunktion ei weifs der
Verf. nur zu berichten, sie hohe aufser den Verwcndimgen, die sie in da-
modernen Sprache zeige, afrz. bisweilen den Sinn von aussitSt: guani mms
fumes Parti d'iUc, et li assaus me commença de laut/s pars (Join*. 430),
Schon aus Diez III' 34; hätte Herr Ë. lernen können, dafs die EinfühninE
des Nachsatzes durch et eine ganz geläufige Erscheinung in der alten Sprache
ist. Wie et zu dieser Funktion kam, darüber kann man vielleicht andrer
Meinung ala Diez sein, der es „alsdann" übersetzt, was schon (ür die tod
ihm selbst gegebenen Bel^e nicht überall zuttiS^ (z. B. nicht (är das prov. Per
so car li nominatili son flus saliiatge, et darai vas en semblant G, Prov. 77).
Aber jedenfalls ist Dickens Beobachtung zutreffend, dafs das deri Nachsatz
einleitende et nur dann sich zeigt, wenn beide Sätze verschiedene Subjekte
haben; dafs indes, wie Diez forifähtt, et zur Hervorhebung des zweiten Sub-
jekts bestimmt scheine, ist wieder nicht zuzugeben und geht aus keimm
seiner Beispiele hervor. Warum und mit welcher Wirkung sollte in dem
Satze et quant ce vint as lances baissier, et li Greu lar tornerent Ut its
(Villeh. 101 Z. 19) H Greu hervorgehoben sein? Die eigenartige Verwendnag
von et erklärt sich m. E. vielmehr aus dem Bedürfnis der Sprache, auf irgend
eine Weise cnr Anschauung zu bringen, dafs die beiden Satze quant et vini
a. 1. b. und li G. 1. t. l. d. ein zusammengehöriges Satzgefüge bilden. Ei
könnte diese Absicht ja auch dodurcli errdcht werden, dafs der VorUeruU
die lavetsion des Subjektes im Nachsalze bewirkte. Bediente deh aber die
E. ËTŒHNE, ESSAI DE
IRE DE l'ancien FRANÇAIS. 4O3
Sprache dieses Mittels nicht, sondera stellte sie Haupt- und Nebensatz ein-
fach nebeneinander, so empfand sie doch das Bedürfnis, irgendwie nachin-
holen, was sie dvirch VerDachlassÌ(;unK der korrekten Wortslellnng ïersâumt
hatte, und da ^b es in der That kein einfacheres Mittel als die farblose Ver-
bindung der beiden Sätze durch et.
Was ober die Konjunktion gue vorgetragen wird {§§131 — 741), ist
wieder recht oniulinglich : in dem Satze f s print mei que ma fin tant demore!
(Alex. 91e) soli que im Sinne von de ce que stehen, während es doch nur
die nähere Ausiahrung des in formaler Weise schon durch co iura Ausdruck
Gebrachten einleitet. Und dieselbe syntaktische Stellung nimmt es in mielt
me veniit . . . gue morte fusse lAlei. 97e) du , nur dafs hier die vorläufige
Hinweisung auf den Subjektssatz fehlt. Etienne erklärt dagegen, que bedeute
an letzteier Stelle si, welche Bedeutung mit der „«uppressioa d'une proposition
conditionnelle" zu begreifen sei: mieu-i Taudraii ju'i/(so!) /Hi morí = mieux
vaudroä [s'il ¿tait arrivé) qu'il fût mort.
Dais que in parenthetischen Satïen der Form qtu je saehi nicht die
Konj. ist und wie es auCíufaEscn sei, hat Tobler V. B. I 103 gründlich erörtert.
Aber Herr Ë. hat auch hier wieder nur die Belege Tobler entnommen. „Ré-
péli, hcifst es dann § 135, il a aussi le sens de „tint . . . que": et i avait
que evesques que arcevesgues ." Auch das gehört nicht hierher, wie aus
V. B. n 148 Anm. hervorgeht.
Um die schon über Gebühr angeschwollene Anzeige nicht gar zu sehr
über ein dem Wert des Baches entsprechendes Mafs hinausgehen zn lassen,
gräftn wir nur noch wenige Punkte aus der S.Partie; Syntaxe des mots va-
riable* heraus. — Dafs § 296 die Niehtaussetiiing des pronominalen Subjekts
zum Gegenstand ausführlicher Erörterung gemacht wird, verdient Anerkennung,
da dieser Punkt der allfrz. Grammatik wirklich bisher nicht die Ihm zukom-
mende Beachtung gefunden hat. Abet wie fast immer, erweitert Herrn Étiennes
Betrachlnng nnserc Kenntnis auch hier nicht. Viel Lehrreicheres hatte schon
Morf in seiner Arbeil über die Wortstellung im Rolaodsliede (Roman. Studien
in 201 ff.) gcboieij. Morí beobachtete, dafs im Rolandsliedc ;o% der asserie-
renden Hauptsätze kein ausgesetztes pronom. Subjekt aufweisen. Für die
Aussetiang desselben bei der andern Hälfte ist ein bestimmter Gmnd nicht
ersichtlich. Selbst wenn die Verbalform ohne ausgcsetites Subjekt an hin-
länglicher Klarheit lu wünschen übrig läfst, ist die alte Sprache keineswegs,
wie Morf meint, gezwungen das Subjekt auszusprechen: Aue. Nie. 10, 11: Se
or ne me deffent for li, onques dix ne li ait, se ja mais m'aimel Der Zu-
sammenhang wird in di;ii allermeisten Fällen ein Mifsverständnis ausschliefsen ;
bei Frage und AulTordening thut es der Ton der Rede, obschon allerdings in
der Bcslätiguogsfrage eine Vorliebe fiir das Aussellen des pron, Subjektes
nicht zu verkennen ist; vgl. m. Fragesatz p. 1S9 Anm. Man kann auch darin
Morf nicht beipBichten, dafs zuweilen das Bedürfnis des Verses die Aus-
setzung, die andernfalls zur Deuilichkeit nicht wenig beigetragen hätte, ver-
hindert haben sollte (Morf a.a.O. p. lolb): Rol. 1277—78 Li bons asieres ne
¡i (äc. l'Almaçur) est guarani prud; Le eeer li IrencheC (se. Samsun), le firie e
le puemon. Offenbar würde die gleiche Unklarheit bestehen, wenn 1278 lautete:
// ¡i trenchtt le coer. Dafs es ebenso wenig zuliifft, wenn Ë. (p. 2Q0) behauptet,
ea liege fasi immer, wenn das Subjekt ausgesetzt ist, eine „intention d'insister"
', «geben mr Genige die zahlreichen Belege pleonastischen Gehrauche*, die
404
BBSPKKCHUNGEN. A. SCHULZE,
Morí p. 103 unter a gtsammelt bat (Rol. 31 j Mais saives hum, il d^il fairem
sage ele). Auch die weitere Aufstelluiig E.s, diTs die Auslassung bEMudss
bäung uod fast „de ñgaeut" nach Ji [= sie) und vor einem ReQexiTum sei, ist
nicht haltbar. Beispiele wie SSBeni. [ed. Foerster) 116, 37 Et par ceu ie ¡i tum
et li maliits dis poTSittors seit lan* de nos, si uas frei ju . ..; Anc. Nie. 2, 10
5'i7 le vaienl entr'ex, si difenátront il mix lor cors bietet jeder altfiz. Tat ìl
Menge, und dils ein Refleiivurn sehr wohl mit ausgesetztem pron. Snbjekl ferlrig-
lieh ist, bedi»f des Beweises nicht. É. hat in dem Satie: Dist a ses hamií-
Seigiior, vos en irei (Rol. 79), der ihm zur Aufstellung jener Behauplong
nebst einem weiteren (AI. Sie) eine ausieichende Stütze schien, in ves du
ReHeiivum gesehen, wahrend es thatsächlich der Nominativ ist, da llün.
intrans. en alier so gut wie reflex, seien aller vorkommt; vgL Marques 35* l:
Moni en ! Dagegen scheint die alle Sprache in eioetn Falle allerdings betreu der
Aussetzung des pron. Subjelites eine bestimmte Regel befolgt zu haben. Wenn
nämlicb si oder non in Verbindung mil einem veibum vicarium (faire, avoir,
estre) die Erwiderung auf eine vorangehende Aeulserung bilden, so bringen
die Formen mit ausgtsetztem pron, Subjekt das Einverstandois des Redenden
mit der vorangehenden Rede (si fat je ^ „das tbue ich auch"; non fta ¡1
^ „das thue ich auch nicht") /um Ausdruck, während die selben KUie ohne
persoailpion. Subjekt entweder zur Antwort auf BestätigungsfrageD dienern, oder,
faits die vorangehende Aeufserung eine Aussage oder Aoffordening ist, die
gegenteilige Meinung des Redenden kund thun (ri'_/iis = „dennoch": <•"■
fat ^ „keineswegs"). Unter den 13 Belegen, die ich § 399 meines altfra. Frage-
salzes für die auf die oben angegebene Art zu stände kommende Anlwoil auf
Betta tlgungsf ragen mitlel&t st g^ebea habe, ñn<Iet sich nur einer, der ein aiu-
geseiltes pton. Subjekt aufweist; Ne sui je Merau.gisr' Oü, Si sui je; mesne
sui pai cil Qui oraint vi les noifs (Mer. 186). Hier bringt eine gane gering-
fügige Aendernng das Beispie! in Einklang mit dem sonst üblichen Verfahicn:
man hat zu lesen: Oïl, Si sui: mes je ne sui pas cil etc. Ohne auf die hier Ìd
Rede stehende Besonderheit zu achten, halle idi von dieser Art der Antwort
auf Beslätiguogsfragen in § 301 und § 304 solche Antworten gesondert, die
dazu dienen, das Einverständnis des Redenden mit einer voraagt^tingenea
Aeufscrung darzulhun; prüft man die dafür gegebenen Beispiele, so findel
sich kein einziges ohne pronom. Subjekt; z.B. Délivra m'eni. — Si ferons
nous, sire, brüment (MirND VI 1155). § joi findet man auch daföi Belege
gesammelt, daCs ,11 in Verbindung mit faire, avoir oder estre lur Erwiderung
auf Satzgefüge dient, welche nicht Fragen sind, also „doch" bedeutet, 5 3^4
entspiechende für non -^ faire ^ „keineswegs". Beide Male ist regelmafsig
das pron. Subjekt nicht ausgesetit: Jlfors n'est il encore pas ... Si est, car
tout veraiement le sai (Ch, II esp. J617) oder Tu ris. ribaut, ííon fach
(Th. fr. tig). Nur eines der angerührten Beispiele ist besonderer Art; Nt le
congnois. — Et je si fas (MirND XVI 1666). Hier ist aas dem Znranmitn-
bange klar ersichtlich, dafs /<- betontes Pronomen ist, also neufn. n« ent-
spräche. Man hat hinler je eine Pause eintreten lassen. Ich gebe lui Be-
kräftigung des Gesagten noch eine Reihe von Belegen, die ich mir au» dem
Marques de Rome notiert habe: 1} ohne pronominales Subjekt: Sjd 4 .S^,
dist ele, done* moi ./, don, et ge It vas dirai! — Dame, ditt il. non ferai
(keineswegs). — 40c 3 Dame, dist Marques, gram mercit, mes gt nt te tufü
encor pas estri (sc. chevaliers). — Par foi, dis! U empererts, ti ttrmt ...
E. ETIENNE, ESSAI DE GRAMMAIRE DB L'ANCIEN FRANÇAIS. 4O5
(dennoch). — 41^3 ¡^"i mangeroìt avute mot . , . Damt, dùnt il. neri ferons,
nos ne savons eslre entre dames. — Si ferait, disi li empereres. — 43 d 3 mts
gè irai e tnes armn. — Marques, dist eie, nan ferai* fors soUmenl vostre
esfee ... — 46a l Alet ves en tost ... Damt, dist J&rgues, non ferai;
Cerner 54d 4, 57a 1, 39a 3 etc.; 1) mit pronominatem Subjekt: 29c 4 Sire,
vos ne me dei-et pas hair for et, se ge ai fille, guar apres íes filles vient tí
des fili ... ~ Dame, disi ¡i empereres, non fai ge (das ihu ich anch nicht).
— 29d 3 (Es handelt sich um die Gewährung einer noch unbekannlen Bitte:)
El ge i'alroi, dit il, par lei (das Komma binler tel ist za streichen) ¡i que,
se ¡a mere requiert chose, dont ele me cuide ne ne doie corocier, ja par moi
mes n'avra don. — Sire, disi la dame {^ la mere), non ferai ge,- — 3OC 6
Sire, dient il, nos vos loons, que vostre feme, qui arse doit eslre, ne saiche
riens de cet choses. — Non sovra ele, dist il, par moi. — 30d I Apres,
sire, si vos loons que vostre fille quant elle viendra en aaige, qu'ele soit si
gardée que nus hom ne hant entor li. — Non sera (1. fera) il, dist ti empe-
reres. — 37^4 Ne vos fin j'a en ¡a feme ... Seignor, dist Marques, non
ferai ge; ferner 40d i, ^-¡A 1, S7d4, 60b 4, 6ïa3, 71a 1 etc. Ich hofte,
an anderer Stelle auf die ErscheÍBung zaiückkoniineii zu konneru
Mit grofser Aualuhrlichkeit ist in der Ëtienneschen Grammatik die Worl-
slcll ungi lehre behandelt. Sie umfufst die ganze 6. partie (§§ 429 — 534). Wenn
auch dieser Umfang vielleicht nicht im rechten Verhillnis zu dem des ganzen
Buches steht, so soll doch dem Verf. kein Vorwurf daraus gemacht werden,
dafs er lum ersten Male den Veraucli gemacht hat, eine eingehendere Dar-
stellung der allfri. Wortstellung zu geben. Der Wert seiner Leistung wird
leider aber auch hier durch die schon früher getñgten Mängel hceintrSchtigi
Ein Grundpriniip der all fri. Wortstellung herausiulinden hat sich Herr É.
nicht bemüht; er arbeitet vielmehr mit so völlig schwankenden Begriffen wie
tele, milieu, fin de la proposition, während er doch aus Morfs musterhafter
Arbeit hätte lernen könneti, dafs das Verbum finitum der feste Punkt im Saiic
ist und es sich bei den verbalen Satigliederii nur darum handeln kann, zu
ermitteln, welche Stellung sie zu diesem eiaaehmen.
Die neue alirranzösiiche Grammatik wird in der Hand Kundiger hie
und da nicht ohne Nutzen bleiben; Unkundigen sollte man dringend abraten
aie zu befraeen. Alfred ScHin.ZB.
Oetmaro Fituuuore, Vocabolario dell'uso abruzzese. Seconda edi-
zione. Citta di Castello 1893.
Wahrend in froheren Jahren die süditaUenische Dialektforschung sich
meistens mit Sicilien beschäftigte,' hat sie sich neuerdings in grofserem Mafse
dem Festlande zugewandt. Neben den im Ardi, glott. erschienenen gramma-
tischen Arbeiten de Loi lis' über dea EìnfluEs des i und/ auf den Hauptvokal
im A brunesischen und der Skizze Patodi's über den Dialekt von Arpiño,"
' et die Arbeiten von AvoUo 1B7S. Guastella 1876, Wentrup
iSSo, Avolio 1882, Pariselle 1SS3, Hallen 1S84, de Gregorio 1886,
Rezens. 1S88, de Gregorio 1890, Pirandello iSçi.
" De LoUis: Dell'influsso dell' -Ì o del j postonico sulla voc. accent-
in qualche dialetto abruzzese. Arch, gl Ott. n. — Parodi: U dialetto d' Ar-
iano. Arch, gloit. 13.
4o6
BSSFRBCHDNGBN. H. SCHNSEGAI^
sind in leUler Zeit inch ctoige wectvoUe Arbeiten lexikalischer Art enchieDCD.
so CremoDese's Lexikon der Mundart von Agncme,' Rocco'« noch im Er-
scheinen begiifTenes Lexikon des neapolitanischen Dialekts* and vor alleii
Diagen Fînamorc's Vocabolario dell'uso abruzEeae. Bereits iro Jafare iSSa
halte Finatnore ein Leiikon des ibtuiziachen Dialekts,' ingleich mit einet
Sprüchwätlersammlang ond VolksUedcni herausgegeben. Damals bezrìchnelt
et sein Werk als „anlicîpaàone" oder „proßlo" einer Arbeit, die er spiler
machen wolle. Diese Arbeit liegt nunmehr vor ; sie iat abet nìcbt blob, wit
der Titel bescheiden angiebl, eine „stconda tdiiione" der ersten Arbeit, soo-
dern eine völlig umgearbeitete Nenschopfang, die man mit Freuden bcgtäTun
darf. Schon in sofern ragt Finamore's Werk vor den andern dialektischen
WÖtlerbiichcni hervor, als es die lexikalische Arbeit mit der grammatischen
vereinigt. Nachdem er schon in seinem „avuirtenta" betitelten ersten Kapitel
in wenig Zügen ein Bild der Speualmundart von Lanciano, von der ci aus-
geht, entworfen hat (in der ersten Ausgabe ging er von der Mundart Gesso-
palena's aus), giebl er im iweiten „Pronunsia e ortografia" betitelten Kapitel
dne inhaltreichc und eingebende Studie der Phonetik derselben. Die enle
Ansgabc Ixji nur sehr dürftige Vorarbeiten dazu. Im Vokalismus ist die
grolse Wandelbarkeit der Vokale und die Untersuchung der Grande der-
selben von besonderer Bedeutung. Mit Recht sucht Finamore da, no pho-
netiache Erklärungen nicht ausreichen, den Grund der Vokaländerung in der
gesellschaftlichen Stellung des Sprechers. So lautet f im Munde der Gebil-
deten ia, im Munde des Volkes jia (wohl aus Diphthoogiemng cntstanden):
das aus lai. ae entstandene i^ der Gebildeten wird zum deallichen at im Himde
des Volkes. ï wird vom Volke lu ei diphthongiert {ftUice, iKaine)^ ^ m w
(fBU0rfe, luoiät); sogar » diphthongiert xu ud [bruotif, tuotte) und Finamore
bemerkt ausdrücklich: riceve sfeiio dai piiá plebei uno tchiacciaMenío (ame
di uüB (p. II). Mit der besonders starken Diphthongierung beim niediigeii
Volke in ideellem Zusammenhange steht die von Finamore p, 17 hcrvorgebabene
Thatsache, dafs in den ..piccali communi", also auf dem Lande, in den von
der Kultur am entferateslcn Orten die Diphthongierung oder, wie F. steh aus-
drückt, die „incrementi vocali" noch stärker sind ali in den Städten, wie
I. B. Lanciano und Ortooa. Es ist dies dieselt>e von Rez. lür dos Sixihaiûsche
festgestellte Thatsache, die ihren Grund in dem beim Volke stärker anttreles-
den AfTekt hat. Da(s sie auch sonst noch an vielen Orten des romaniscbea
Sprachgebietes auf dem I^nde auftritt, wahrend sie in der Stadt HDterbleìbi.
hob ich bereits in der Besprechung von De Gregoiio's Arbeit über den siiiL
Dialekt in dieser Zeitschrift (Bd. 17 p. 589 ff.) hervor.
Uniibhingig von dieser Erscheinung steht der Ein/lub des nachtonigen i
auf den Tonvokal, der anch in der Mundart von Lanciano eine Rolle spielt.
So wird a infolge dieses Einflusses lu e: per aria — fed' erte; tu mangi —
/h »ligne; freilich fügt Finamore hiniu: „In molti casi cuesto rifieita manca:
denare pi. denare, e spessa nella serie dei part. pass, in alo", e vita in
diesem Fail lu 1: /i mette, aber tu mitte; o lu u: /(' copre, aber tu euprt. —
Eine Erklärung wünschten wir za der halb zum Vokalismus, halb taxa Koo-
' Cremonese G.; Vocabolario del dialetto agnonese 153 p. Agnonc
Vol
G. PIKAMORE, VOCABOLARIO DELL' USO ABRUZZESE. 407
geboiendeti Hricbeiniin^ , daCs die Anfaagsvohale, wenn das vor-
■gehcnde Wart »uf eÌDen Vokal endigt, tine „asfiraàone gutturale (h).
fatÌHii ijì Oder labiaU (ti) annehmen. Wohl je nachdem der auslautende
Vokal palatal oder labial ist?
Mit Recht geht Finamore aach bei Besprechung des KoDsonanlismus
die Unterschiede zwischen der Aussprache des Volkes und der Gebildelen
Ob aber die Aussprache ea als qua im Volke eioe konsoniuilisch«^ Er-
ichejnung Ut und nicht eher eine vokalische, a = ua, ebenso wie zu 110 im
Volke? Im Si li lianisch en findet sich eine ähnliche Erscheinung in der Mund-
art von CaUanisetta und S. Cataldo. Wie im Sizilianiscben entwickeln sich
die KoDsonantengruppen b!, pl, fl verschieden beim Volke und beim Ctbitdeten.
Doch werden sie nicht zu ghj, chj. i, sondern lu br, pr, fr beim Volke, lU
bi, pi, fi bei den Gebildeteren. In den Bergen findet «ich »ogar die älteste
Fotm^/.
Sehr reichhaltig ist das auf die Phonetik (olgende Kapitel über die
Formenlehre, welches auch syntaktische Erscheinungen in Betracht zieht. Am
eigenlSmlichsIen durfte dabei die Bildung des Plurals sein. Bei den stummen
Eudungen im Singul. und Plm. kann der Unterschied der beiden Numeri nur
durch dcD Aitikel bezeichnet werden. Ira „pretto indgare". d.h. wohl in
dem vom Einñuís der Schriftsprache gani anbcrährt gcbiiebenen Dialekt, dient
zur Bezeichnung des Plurals noch die durch den Einflub des nachtonigen i
hervorgerufene Aendemng des Hauptvokals: Latre — litre; mese — mise;
fiori — fivre. Aber viele Wörter, gewöhnlich auch die Partizipien auf -ati
entliehen sich der Wirkung der Regel. Warum, wird leider nicht unter-
sacht. Dafs die Acndening des Tonvokals nicht mehr blofs auf Einflufs des
nachtonigen i zurückzuführen iit, sondern ein moiphotogischEr Vorgang ge-
worden ist. zeigt der Umstand, dafs beim Adj. auf -0, -a im Fem. Flur, die
Aenderung des Tonvokals auch vorkommt: muñeca làrehe, pi. maneche threht',
f emmena bbiUe. p\. femmene biAIle; mana gròise. pi. maw grùsie. In die
Syntax und nicht mehr in die Formenlehre yohöten manche, sehr wertvolle
Bcroerkungen über den Gebrauch des Artikels, die Verschiedenheit der Genera,
die Stellung des Adjektivs n. 3. w., wobei auch auf die Unterschiede in der
Rede des Volkes imd der Gebildeten hingewiesen wird.
Während diese Kapitel speiiell die Mundart von Lanciano im Auge
haben, bietet Finnm ore im darauffolgenden {eiementi per lo studio della /¡»le-
tica delle parlale] wertvolles Material zum Studium der Mundarten von Gesso-
palena. Ari, Vasto, Atessa, Fagliela, Ortona und Patena. Wte mannigfachen
Wandlungen der betonte Vokal auch je nach den Ortschaften ausgesetil ist,
mag aus dem Beispiel des e hervorgehen, das z.B. in pepe lauten kann:
félpe, pàaipe. pòipe, pape; bei ffpido: tepete, t&pele, impele. ¡ìepede, tipete,
tttpele. tópete.
Auf diese grammatischen Studien, die aicbt weniger als 52 enggedruckte
Seiten einnehmen, folgt der in zwei besondere Abschnitte zerfallende lexikalische
TeiL Das italienische dialektische Lexikon (p. SS — '06) ist nicht streng alpha-
betifch, sondera nach Zambaldi's Voc. etiraol. ital. nach WottstSjnmen ge-
ordnet, und soU Material zur Bestimmung der Etyma der einzelnen mundart-
lichen Wörter liefern. Auch dieser Ted bedeutet einen grofsen Fortschtili
gegen die in der ersten Ausgabe angestellten etymologischen Versuche Fina-
morc's. Nicht nùodct ibis eigestlioh dialektische I^xikoo (p>Iii — 311), das
408 BESPRECHUNG 8 ^f. A. TOBLER,
mit dem der ersten Ausgabe DÍchl za vergleicheo isL Wie sehr du Lexikon
an AusrüliTUclikeit gfwotmpn bat, möge das Beispiel der mit b beginDendai
Wörter xeigen. Hier sind sie 182 an dei Zahl, währeod de üüllcr 6j läUten.
Auch wird hier nicht blofs eine ein/.ige Mundatt beräckscbtigt- das Lexikon
bringt die Ausdrücke von nicht weniger dpnn toS verschiedenen Ortschiflen.
Es sliitit sich nicht btors auf muodliche, sondern auch »uf schiiftliehe
Quellen, namentlich auf die statuti mttnidfaü eiozelaer Stldte. Neben jedem
dialektischen Ausdruck wird gewissenhaft bemetkl, in welcher Ortschaft o
gebräuchlich ist. Wir erhalten somit in diesem Lexikon ein sehr rdchhalliget
rnid zuverlässiges Material, das mit eminentem Fleifs zusammengetragen ist
und jedem Forscher auf dem Gebiete der abiuztischea Dialekte unentbehrlich
sein wird. Als Ganzes betrachtet ist aber Finamorc's Werk eine der besten
Duf dem Gebiete der sud italienisch en Dialektforschung gelieferten Arbeiten.
Rühmenswert ist auch die handliche Form ritn Lexikons, das sehr vorleiDuíl
gegen so viele andere voluminöse Mundartenleiika absticht (so z. B. Traina's
^°^- •«"■l- H. serai»»«».
lie livre et mietere du glorieux seigneur et m&rtLr saint Aârien,
publié, d'apr¿s un manuscrit de Chantilly aux frais de S. A. R. Mgr. le duc
d'Aumale, avec introduction, table et gloss.tÍre, par Emile Picot. Impriné
pour le Roiburghe Club. MScon, imprimerie Ptolat frères. M.DCCC.XCV.
XXXIV, 206 S. 4. (Ein DoppelbUtt Facsimile).
Zu den Veto ITentlì chu n gen, die in den letzten Jahrzehnten die Möglich-
keit gewährt haben mit den pvfsen Heiligenleben in dramatischer Form, wie
sie im fSnizchnlen Jahrhundert den Norden und den Süden Frankreichs erbaute»
und ergötzten, sich genauer vertraut zu machen, gesellt sich unter Toivtehen-
dem Titel eine glänzend ausgestattete und durch kundige Hand fertig gesleHle
neue. Lernen wir durch üe nicht ein Werk kennen, das als dichtetiiclie
Leistung sich irgend über die Mitlei mafsigk ei t erhöbe, ermüdet vielmehr du
Mysterium von dem rittcrticfaen Märtyrer den beutigen Leser durch selten
unlerbrochene Eintönigkeit der Ausdruck s weise, durch breite Umständlichkeit,
die aber auch gar nichts von den Vorgängen hinter der Bühne lafst, etwa durch
knappe Berichterstattung eiacs Auftretenden dem Zuschauer lur Kermtais tn
bringen weìfs. emplindet der Verfasser nicht, wie ganz auiscr ZasammenhaDg
mit seinem eigentlichen Gegenstände wohl ein Drittel dessen ist, was er vor
Augen fährt, so ist doch elien auch all dies Unvermögen kenn zeichnend tör
das Beginnen einer neuen Kunstübung und dürfen wir sicher sein, dais die
Zuschauer über der Buntheit und Merkwürdigkeit der an ihren Aogen vor-
überziehend en Dinge der Gebrechen des Dichterwerkes nicht gewahr wurden.
Morgen lau di s che und abendländische Fürsten und Heere. Berittene, Teufel in
der Tracht ihres Standes oder in Verldcidung, Frauen in Mannsgewand trelöi
auf, ein Seesturm geht vor sich , Adrian und seine Genossen sieht man Dnlct
scheufsiichen Martern vom Leben zum Tode bringen, eine abgeschnittene Hand
wachst vor aller Augen mit dem Stumpfe wieder zusammen. Daneben mag
mit Späfsen, deren Eründung man vielleicht ¡hm überliels, der Jtuslieut.
dessen Auftreten an manchen Stellen angegeben ist, ohne dafs man fiber lèn
ThuD und Heden etwas erlSbrt, das Publikum erheitert haben, moglicherweiw,
é. PICOT, LE LIVRE ET MlSTßRH DE SAINT ADRIEN. 409
wenn das Stück wirklich um die Mitte des fünfzeliBlen Jahrhunderts im bel-
gischen Geertsbergen (Grammonl), einer allen Stätte de Verehrung des h. Adrian,
aufgeführt wurde, flämisch redend, wie der Herausgeber vennulet. Auch sonst
mag mit manchem komische Wirkung beabsichligt und erreicht worden sein, 50
mit den Personen niedrigen Standes, die verschiedentlich in Tbätigkeit treten,
Kriegsknechten, Bootsleulen, groben Tölpeln, die nm den Weg ¡¡efrsgt werden,
mit den Gevatterinnen, die bei Adrians Witwe ein gutes Wort für den Richter
Tribunns einlegen, vielleicht auch mit einigen Teufeln.
Die metrische Form ¡st natürlich im ganzen die der paarweise gereimten
achlsilbigen Verse, zumeist so eingerichtet, dafs die einzelne Rede mit dem
ersten Verse des Paares schhebt. An manchen Stellen treten viersilbige
einieln zwischen den achlsilbigen auf und zwar jeweilen so, da(s der folgende
achlsilbige mit dem küneren reimt; aber ein bestimmtes Gesell für die
"Wiederkehr des letzteren wird nicht eingehalten, und er findet sich keines-
wegs blofs am Schlüsse der einzelnen Rede. An manchen Stellen reimen
nicht je zwei aufeinander folgende Zeilen, sondern scheint eine Art strophischen
Baues versucht: abab, bebe, cdcd 2588—95, 4105— tí, 6I76— 83, 7868—83;
kommt es zu deutlich erkennbarer Gesetzmäfsigkeil in 2664— Sl. 6097 — lOJ,
7907—27 nicht, so treffen wir dagegen 6112^35 xwei Strophen der altbe-
kannten Form aab aab bba bba, und 6138 — 75 wiederum ein gröfseies regel-
mäCsiges Gebilde. Ob an den nicht ganz seltenen Stellen, wo drei aufeinander
folgende Verse reimen (i. B. 6588 ff., 6807 fl.), oder wo ein Vers reimlos auf-
tritt (z.B. 6458, 6443, 6916, 703s), man mit Fehlem der Überlieferung zu
thun hat, stellt dahin. Aber auch andere Verse treten auf: viersilbige in
längerer Reihe 7884, mit achtsilhigen in strophischer Verbindung 7894, weniger
legelmäfsig 41571 sechssitbige in einer Strophe 596S, in einer andern 4618;
zehn (4-I-6} -sihige In vierzeiligcn Strophen ig — 40, in einer mächtigen sechs-
lehnzeiligcn Strophe (aaab bbba aaab bbba) 6081 — 96, in ut^leich en Gruppen
4573—4617, mit acht- und mit viersilbigen untermischt 6385 — 6414; Aleian-
driner in vierzeiligen Strophen 3726^45 {zwei zehnsilbigc Verse darunter
werden zu bessern sein) und 4950—66, wo gleichfalls einige Störung des r^el-
rechlen Verlaufes erkennbar wird. Rechnet man die Eingangsballade und die
zahlreichen TrioIeCte hinzu, die schon der Herausgeber S. 206 aufgezahlt hat,
so ergiebi sich ein ansehnlicher Reichtum an verwendeten Formen, bedeutend
genug om an die Gepflogenheiten des späteren spanischen Theaters zu erinnern.
In Versbau und Reim herrscht starkes Schwanken. Das dumpfe e nach
lautem Vokal ist bisweilen noch silbenbtldend wie in der älteren Dichtung,
häufiger aber ist es dies nicht mehr; dampneis, plaies, abbayes, aies, parties,
envolerai, salueras, -oient, -aient u. dgl. sind meist um eine Silbe kürzer als
im Allfranzösischcn, Auch das dumpfe e, das im Wortinncm vor einem
lauten Vokal steht, ist schon sehr oft von diesem verschlungen oder mit ihm
Dl neuer einsilbiger Artikulation verbunden: die Parlicìpia auf -eu haben ge-
wöhnlich eine Silbe weniger als früher, desgleichen die entsprechenden Imper-
fecta auf -eusse. Auch sonst werden manche Wörter bald so bald anders
gemessen, so deable, crestitn, brief, grief, heaume, eeaas, aarer (5306, 5499).
Beim Zusammenl reifen tonloser Endsilben mit anlautendem Vokal sind die
entgegengesetztesten Dinge möglich: während das ( am Ende im Hiatus steht,
nicht blofs in O« par grestè ou par gelee 39g, Bl le vesirë habandennet 633,
r 2019, faire Commt ¡''autre eu toy retraire 4018, sondern
410
BËSPRRCHUNGEN. A. TOBLER,
■ueh in tntreprimë tt affaire 781, Domm<tigë ou aucung meffait 169a. j
sienne indignación 2404, Quanqit'il Ireuvë, ksmmë et femm
in près de Yndes 750, De abrir 888, Di' avoir vastrt o^nvSH 3895,
më esbäii 1711, lé aloni demander 8180, findet man anderwätiB untei den-
SElbcn UroBländcn die Elisicm vollzogen, ja sie hat auch statt ñba Lauti
hinweg, die in älterer Zeit dei Regel nach sie duicbaus verhindern: D'amaiter
rie/tessei ri trésors 199, Que toutes ne soient misée a Monte l80, S lei
Jtray chiche^ et eschars 410, Amasser gens d'armeB a foison 906, Que Js
dois sur tous autrea amer lOoS; S'ils n'en rtfoivent aucune amande 20J.
^oui dieux vous vueiüeDt icelle part Conduire 3034, Taus nos dieuj vtui
maint ienneat e» j'aie 33771 dais auch du sonst und noch heute aspirierte k
die Elision nicht verwehrt, hat schon der Herausgeber hervorgehoben S. XXV,
Alle diese Eigen tiimlichk eilen, ioïbesondere die MögUchlicit dar Nichtelison
des dumpren e vor Vokal bat Herr Picol meines Erachtens etwas tu wenig
berücksichtigt ; sie machen die gröfste Zurückhaltung beim Ändern des Oba-
lieferlcn lur Pflicht, und ein grofser Teil namentlich der zahlreichen ja und
bien und tres, die er cingelübit hat (und bisweilen recht wenig ansprechend)
am vermeintlich lu kutie Verse aoi das richtige Mals iu bringen, werden
wohl den Platz wieder räumen müssen. Für den Reim und far die Schreibnng
auch aulseihalb desselben ist von weitgehendem Einflufa der Umstand, dab
für den Dichter eine grÖrscTc Zahl sonst hörbarer Laute am Wortende tmlei-
gegangen sind: da über s und nt hinweg, wie wir sahen. Elision des ç mög-
lich ist, kann es nicht überraschen, dars nach f diese Laute (oder viclmeht
Buchstaben) auch lür den Reim nicht in Betracht kommen, daís puiisancr :
mille lance, convoyent : voye, grevance : avancent, muent : mues gerdml wird.
Aber auch r am Wortende, s n.-ich lauten Vokalen, /, / desgleichen nsd
stumm {%. Einleitung S, XXIII und Glossar unter Rimes). Aber auch mit
Konsonanten, die schwerlich verstummt waren, nimmt es das Mysterium wenig
genau: eitre : secrete, e¡tre : moleste, ckarlres \ ydolalres, vostre : remorse,
faute : autre, meuble . peuple mufs man sich gefalleu lassen, und mit den
Vokalen wird nicht sorgfältiger umgegangen: der Unterschied der beiden •>
und e scheint verloren, mit e reimt der Diphthong ie\ das offene e wild mit
a gepaart, nicht allein vor r {Parthes : acertei), sondern auch sonst: lUsse :
espasse, rebellent : parlent, requeste : haste, metre : batre, tiesse '.groee; aocb
ai und a gelten gleich; mais : pas, ¡a ; plait, mais : bas, jamait ; clocJkeraii
andererseits ^/«i {faire) : titre.
Zum Wortlaute cíes Tentes erlaube ich mir ein paar Änderungen Torzu-
schlagen oder auch nur Bedenken auszusprechen: 87 hostel kann mit ¡iast(
nicht reimen; vielleicht en ceste hotte. 174? 413 Douter n'en fauU. 411 re-
■oenaige eiistiert schwerlich; i. renovaige, das ich sonst nicht kenne, aber
mit Rücksicht auf pr. renov .Wucher", renovier, miat. renovarius glaube an-
nehmen zu dürfen; auch im Joufroi 3714 wird man revevier mit rtmnHer va-
lauschen müssen. 727 mesckains, nach dem Glossar méchancetés, ist Mcher
in meshains zu verwandeln. 822 cam de im Sinne von que de findet sich to
der alten Zeit: com tu as de borné! Bast. 1051; Mes esgardés cam de denier¡
Ont usurier en lar greniers! Rose 12462; man braucht sich also Ton del
Handschrift nicht im entfernen. 840 Da Saturne 831 schon als .Gott der
Himmel' genannt ist, wird nicht neben ibm ein Saturnus als .Gott der Felder'
aufiietai dürfen; etwa Satiriauii 885 Mit der Handschrift vaut em tyrét.
É. PICOT, L8 LIVRE ET MÍSTESE DE SAINT
vgl. 1056, 1400. 1036 L. Santé vous donnent tt (mit Elision von enf).
ii6i L. Vaas sauvent et gaTgtnt, messaigier mil Elision des ersten -tnt.
113É L. Mesuy, danach das Glossat zu berichtigen. 1391 Arrant ist Mer
nicht Eigenname. IJ25 Mit Qua ist Qui gemeíat, wie an lahlreichen andere
Stellen. IJ95 Eine Silbe fehlt; etwa mau nach Onques. tó88 Qu' zn
tilgen. 70ï6 L. Ei fenser de. lloS L. De monslrer. Nacti im Komma.
2164 Keine Änderung, am wenigsten aber ein ja nach ne. Zig6 L. Äncitngi
y pòUrroÙHt desfUsir Franare a mon conseil, lìgi L. Et pour ce cy ne
vous troubler. 330] te (=^ tu) brauchte nicht geädert zu werden; die vom
Herausgeber bisweilen weniger gut ti geschriebene Form kommt in dem Werlie
öfter Tor. 1498 Ist hart wirklich auch männlich? 2662 Schreibe /> vous
créant Qu'il ìious en mescherrait. 1668 Das Komma soll nach dieux statt nach
Alis stehn. 1786 Schreibe ¡ans losengier ne me faindri. 2902 Schreibe
Jeune a guerroyer, wie nachher a bataHlier ouliraigeux. 2919 Die Form
sauvrain (für souverain) macht auch ]9;6, 3046, 33:24 richtig; umgekehrt er-
halten einige Verse richtige Länge, wenn man veray für vray einiührt.
3005 ist mit nnveratandüch. 3009 serai als Fnlurnm von savoir begegnet
hier ait, 5273. 53:7 und sonst, [st mir aber vetdichtig; hat die Handschrift:
etwa ¡orai e und o scheinen mir auch in dem hänng auftretenden con/oriné
verwechselt, das confermi bedeutet (7279, 858 1, 81)65), und in en/orgier für
en/ergür 4540, 5196, 60,0. 3056 L. sou (d. h. fou) viendroil. 3412 L.
eitaiehe, wonach auch das Glossar la berichtigen ist. 3601 wird schwerlich
so lauten dutfeo. 3678 ist mir un versi and beh. 3695 Der Name des guartus
terriens wird wohl Tourct-fauveaul d. h. Torche-fauvel sein, vgl. Verm. Beilr.
n IM. 3711 Was mag derotie sein? 3726 ist vun dem handschriftlichen
tromfoil nicht abzugehn; es ist dei Konjunktiv von tromper, in jener Bil-
dung, die Mussafia in einer beaondem Abhandlung erörtert hat, derselbe, der
33^4 begegnet: voulons .. Qu'avec nous tous/ours demeurait ocicr 41 14 Si
gue par iio(/)j ne par cosies Jl ne demeurotl peaut entière. In dem Verse
selbst wird man oyes wiederholen müssen. 3730 Der Vers ist um eine Silbe
zu kuri; auch 3735 wird irgendwie zu verlängern sein. 4095 ist mir unver-
ständlich, 4191 Schreibe Et toute la court monseigneur. 4I93 Die Ein-
schaltung des ne ist vom Obcl. 4x5° Das a der Handschiill ist unentbehr-
lich, und an Raum da(ur fehlt es nicht, wenn die Endung von amei elidiert
wird, 4296 Nach pourriaiu ist mieux einzuschalten. 4321 L. Qiu il, wie
denn die Anwendnng der Fonn gue vor Vokal noch öfler, z.B. 5261, 5348,
sich eher empfahl als andere Mittel der Versdehnung. 4459 L. 1res teure-
meat. 4537 L. àom et segul/Js. 4546 Keine Änderung am überlieferten.
5030 Hier scheint eine Lücke zu bestebn. S066 Den erforderten Reim würde
deiroi for erreur ergeben. 5162 Darf man que vous als einsilbig gesprochen
annehmen (Verm. Beitr. I lll)? Auch 6270 würde bei solcher Aussprache
korrekt werden, 5473 Was mag en ceste vie heífsenP SS34 Der Reim scheint
véir zu fordern. 561a und 5613 sind beide reimlos. S598 L. de la venir,
5623 Schreibe /o Hi- ^«íí-. Auch bier scheint etwas zu fehlen. 5845 L. des-
trie für descrie, das auch im Glosur zu tilgen sein wird. 6079 Schreibe
infrangible. 6103 Schreibe viengne ceans, welches letilcrc einsilbig wie
3^53- 7505. 6107 wird paroler durch escauler zu ersetzen sein. 6117 ¡st
mir un ver« ländlich. 6136 L. commencer (d. h. commende) ai. 614O wird
lauten müssen en luy mener ne voi. 6311 Schreibe tout íür tant. 6377 L.
BESPRECHUNGEN. C, VORETZCH,
I d.h. i
r Sihreibe Pleu
6561 Arnés. 6912 SdinaM
etwa l'aulrier. 7030 Schreibe eu de Uur •tiischanee.
wohl oíifíj gemeint. 70S1 dankel. 7208 Schreibe eitreperís d.h. rxtirfírti.
7819 Schreibe iant demrnticr. 7961 Schreibe Vostri. %\-j-j Schrribe /oui
temps ont honnoré Ton nota tt en terre porté, vgl. 8144. 8jlo Etwi Dfnt
ou monde stra memoire, 83I] L. ohne ÂndetUQg Dame, kostet (d. k. hebt
euch weg). 8424 Wahrscheinlich ìodì traiHontaine. Nach 8454 keine Inter-
puoklion. In babelee S765 möchtE ich keineo Eigennamen sehen. SS39 Schreibt
UR compaing. 8876 Schieibe A oder Com cotnpaigne. 8930 Setie ein Konimi
nach mercy. 9173 Vielleicht Aüthenedon ïu lesen mit Diärese des lateinischen
Diphthongs, wodurch le Überflüssig wird. 91S3 L. perir Färjtrur. 9109 Die
Deutung des Glossata ¡st schwer annehmbar. Solile faire fer nìchi eher
„schmieden" heifsen können? 9Î7S Etwa /ir* a autre contrée Teitir.
Dafs für die Geslaltung des Textes minches noch nacbzuholea bHeb,
ist bei der Beschaffenheit der Handschrift nicht zu verwundern; noch daiu
lasse ich hier, um nicht gar zu bieit zu werden, nicht wenige Stellen anbe-
rührt, wo es sich vielleicht nur um Druckíehier baodelt und eia kundiger
Leset das Richtige ohne Hülfe fìnden wìtd. Dct Heiausgeber hai in der
Einleitung auch iiber die andctweiligen Bcarbeilungen der l..egende von Adiiia
mit einer Umsicht und Kenntnis gehandelt, die wenigstens mir nichts nach-
zutragen títíst, auch eine genaue Inhaltsangabe i\i dem Mystetium nicht vor-
enlholteo, in der ich hoehslcn» die Erwähnung der üblichen Predigt (mch
Z. 40) vetmisse. Den Schluis bildet hinter einem ausfuhrlichen Sachxegislct
ein Gtosaat, zu dem ich einige Berichiiguogen hier gebe, soweit sie nicht
schon oben erledig sind.
galer 284O heifst nicht /totler; den richtigen Sinn ^ebt Schelen
Glossar zu Froissatt. altainer 2308, 5860 hat mit atteindre nichts zu ihnn,
sondern ist spätere Form des af2. atäinir. hastie steht dem Sinne nach hitt
Ewar ziemlich nahe, ist jedoch durchaus nicht mit ihm verwandt, sondern
gleich afz. aatie. assoiUier 4ZJ6, das oboe Erklärung bleibt, ist eine vom
KoDJUDktiv assoUle {absolvat) aus gewonnene späte Form, s. Godefroy onler
assoler, laceaul 4902 ist ^= afz. laieel „Milchspeise". remancier 5399 Ist
übergangen; solile romancier damit gemeint sein, das in ersterer Form auch
aufCiiltP Aber sein gewohnter Sinn befriedigt wenig, aniarrison S431 darf
man mit amarus nicht in Verbindung bringen; es wird = esmarriion sein.
sott¿ 5637 (unerklärt) scheint tu loule ^= abri zn gehören, also abriti zu
heiCsen. urision ist nicht horitoa, sondern hérisson, von welchem Littrf hen-
tige mundartliche Formen mit u in der ersten Silbe nachweist, vereitlx wU
6541 modeste bedeuten. Das ist nicht denkbar. L. vert eulx. Laye 6S96
ist keineswegs Femininum zu einem Adjektiv, welclies large bedeutet (also lu
afz. U), sondern zu laid; s. darüber Foerstei in Ztg. f. rom. Phil, t ijl, fernet
Salveida de Grave Eneas S. XVIIL Wegen bigard s. bigardie bei Godefroy
und vgl. begard in Batb. u. M. I 320, 1515. risois 8446 (Plural von retori
„Zuflucht'-), debout („Ende"?) 8447, dessorte 9378 (vielleicht äessout* ,^bge-
löst") habe ich im Glossar vergeblich gesucht.
Adolf Toblkk.
i
L. WILLSMS, ÉTUDE SDR L'
lÁoDKTd WlUeniB, Élude sur l'Yseogiions. (Univeralé de Gand; Re-
cucii de travaux p. p. U fscDlti de philosophie et lettres, iS° fucicnle).
Gand 1895. VI, 167 S.
Seitdem Ernst Voigt seine Nenausgabc des Ysengritnas geliefert hat, ist
dies Gedicht nichl wieder Gcgenstund von SpeiiaUludien gewesen, soviel man
sich auch mit dem mittelalterlichen Tierepos und seiner Geschichte beschäftigt
hat. Der Verfasser ist durchaus im Recht, wenn er hierin eine ungerecht-
fertigte Vemachlässigimg erbUckt und gerade (ür den Ysengrimns als das älteste
vorhandene Tierepos mehr Beachtung als bisher verlangt. Waren auch die
zunächst Ucgenden Fragen vom neuesten Herausgeber des Yscogrirous auf das
sorgfShigsIe untersucht und meist betüedigend gelöst warden, so war doch
Dach den neuen Forschungen über die Quellen des Roman de Renart die
litterarhislorische Stellung des Ysengrimus von neuem ^\l untersuchen und
festzustellen. Verfasser hat sich mit dieser Generalfrage nicht begnügt, er hat
auch eine Reibe weiterei Fragen, die sich an den Ysengrimus knüpfen und
die man bbhcr erledigt glaubte, von neuem anfgeworfen ond hierüber neue,
wenn auch vielfach lum Widerspruch herausfordernde Ansichten aufgestellt.
Verfasser giebt zunächst eine kurze Einleitung, in welcher er in chrono-
logischer Folge die Ausgaben des Ysengrimus Und die demselben gewidmeten
Abhandlungen bespricht, ond behandelt dann seinen Gegenstand in sechs Kapiteln:
I. Datum: Der Ys. ist nicht, wie Voigt angenommen, in den Jahren ll.|6 — 4S,
sondern erst etwa 1151—53, ¡edenfalls nicht vor I151 gedichtet. — 11. Die
Quellen; französische Branchen, die schon damals existierten und sich von
den öberliefetten teils mehr, teils weniger uti terse hi e den. — VI. Herkunft
des Gedichtes: Verfasser ist freilich, wie man bisher glaubte, ein Ftamländer.
aber nicht aus dem deutschen, sondern aus dem französischen Flandern, etwa
Btls Lille. — IV. Tendenz: ist gegen die Orden überhaupt (nicht gegeu bt--
slimmte Orden), sowie gegen den Papst gerichtet. — V. Verfasser; heifsl
in der That Nivardus. Im An^clilufs hieran weist W. den Ysengrimus seine
Stelle in der Geschichte des Tierepos an und giebt seine Ansicht über Ent-
stehen des Tierepos überhaupt: Anfänge in den geistlichen Kreisen zu suchen,
wichtig dabei die scenischen Darstellungen, hier zuerst die Eigennamen ange-
wendet, Entslehungaort Frankreich. — VI. Test: Titel des Werkes Ysen-
grinus, nicht Ysengrimus, nebst einigen weiteren Bemerliungen. — Den Be-
schlofs bilden einige Notizen zum Ysengrimus abbreviatus, dessen Herausgabe
der Verf. ursprünglich geplant hatte (lliDweis anf eine nene, nicht unwichtige
Handschrift des eine Aniahl Verse des Ysengr. abbr. enthaltenden Poleticon;
die VOD Voigt angenommene Abfassung des Werkes in Deutschland ist nach
Ansicht des Verf. nicht hinreichend erwiesen).
Die Ausführungen des Verf. laufen, wie roan sieht, fast überall herge-
brachten Ansichten zuwider und nicht immer wird er anf Zustimmung rechnen
dürfen. Am überzeugendsten scheint mir, was über die geschichtlichen An-
spielungen des Gedichtes vorgebracht wird, wie Verf. sich überhaupt auf
historischem Boden am sichersten bewegt. So wird über verschiedene im Ge-
dicht genanute Persönlichkeiten neues Licht verbreitet, eine Reihe bisher falsch
oder gar nicht verstandener Stellen werden auf historische Vorkommnisse und
Verhältnisse bezogen und ansprechend erklärt: man vergleiche nameollich, was
ähcr Bliterou (S. 19 ¡f.), über Graf Wilhelm von Ypem ond über die Gegen-
414
BESPRECHUNGEN. C. VORZTZSCH,
abtrilcllunE Brabas — Aaglus (33 ff.) gesagt wird.' Am wichüetten tcd
den hier behandellen Anspielaagen ist die Stelle, wo die Belvafi pnrahot
werden, weil hieidurcb, wenn die Deutung richtig: ¡st, ein sidieiei TVnaumu
a quo tat die Datierung des GedichlcB gegeben wird: nämlicli Ende II50 oder
Anfang ils>i wahrend Voigt die Entstehung des Gedichtes io die J*lm
1 146 — 4S seilte. Für letzteren waten liauptsSchlich die Anspielungen aof den
11 H glück lieh e a Ausgang des zweiten Kreuzzuges (1 147 — 49) maßgebend, die
Dich ihm den frischen Eindruck jener Ereignisse widerspiegeln. Auch hierföi
findet W. eine genügende Erklärung, in&ori:tn Bernhard von Clairvaux inch
in den nächsten Jahren seine Bemühungen um einen neuen Kieoung foit-
setzle und die Polemik gegen ihn als den „magisttr hiandi" noch cbetuo im
Platze war. Die Anspielung, auf welche W. seine Datierang gründet, findet
sich in der Erzählung von der Bculcteilung (VI, 190), wo der Fuchs dem
Löwen die Erklärung giebt, weshalb Ysengrimus, der ihn recht teileii gelehn,
es selbst nicht verstanden habe: Propter Bellovacos non fuit auiui idem.
Dafs hierin eine historische Anspielung liegt, ist schon froher vermutet worden,
aber erst Willems hat in den Streitigkeiten zwischen Kschof Heinrich von
Beauvais und König Ludwig Vn., seinem Bruder, die Vorkommnisse entdedtl,
welche der Verfasser des Ysengrimus vermutlich im Sinne halte. So lange
nichts Besseres gefunden ¡st, wird man diese Erklärung der Stelle' und damit
auch die neue Datierung des Gedichtes annehmen dürfen, die äbiigeos die
litlerarhistorische Stellung desselben kaum moJilîzieit.
Auch die gleichfalls in das historische Gebiet einschlagenden Erörternngen
Über die Tendenz des Werkes fördern im einielncn manches neue lu Tage,
wenngleich das Endresultat den Ergebnissen Voigts ziemlich nahe steht. Antb
dieser hat bereits, im Gegensatz zu Grimm, die Tendenz als eine allgemeine,
nicht speziell gegen die Cisterzieoser gerichtete erklärt und nur insofern xuviel
behauptet, dafs er Mìvordus cinc Reform speziell auf BcitediktiBischer Grund-
läge anstreben läfsL
In der von Voigt erschlossenen Biographie des Dichters wird nun.
' Interessant ist auch die, wie es scheint bisher nicht beachtele Panllde
zwischen den Vina Botma und der Sciava patio des Ysengrimus (H, 678 —
I, 4S) im Sinne von „Schläge" — und der Stelle des mhd. Reinhart, wo der
mit Böhmen belehnte Elefant von seinen Unterthanen vertrieben wird (V. 209g ff.).
Jedoch braucht man die beiden Anspielungen nicht notwendig mil dem Verf.
auf dasselbe Faktum zu beziehen. Wenn Verf. hierbei gi^cn Reifsenberger
nnd Martin polemisiert und seinerseits die Anschauung vertnlt, dass es sich
hier nicht um einen bestimmten Fall, sondern überhaupt um die Schwierigkeit
Böhmen zu regieren handelt, so hat er Übersehen, rc<!p. nicht gewufst (falls er
Reikenbcrgcrs Ansicht, nie es scheint, nur aus Marlin kennt), dafs Rcifseu-
berger an der citierten Stelle seiner Etnleìtacg zum mhd. Reinbart bereits die
gleiche Meinung geäufsert hat.
^ Das eigentliche Tertinm comparationis in der Antwort des Fochses
seheint mir nicht richtig erkannt, wenn W. sagt; „Si Isengtìn n'est pa« par-
venu à diviser convenablement le bulin, c'est qu'il crMnt le sort des habitants
de Beauvais." Die Furcht vor dem Schicksal der Bellovacenser halle ihn
doch gerade vor einer falschen Teilung bewahren müssen, und wenn ihn der
Zorn des Königs Ihatsächlich ebenso trifft wie jene, so kann der Grund aar
der sein, dafs er sich desselben Fehlers schuldig gemacht hat wie die Ein-
wohner von Beauvais. Man mufs Voigts Erklärung lu der Stelle lu Hilfe
nehmen: „(ränmlicb oder geistig) nahe den Bürgern von Beauvais, als ihr Nach-
bar nsd Gcsinnungigenosse".
L.WILLEMS, ÉTUDE SDR L'VSENGRDJüS. 415
manche» als unsicher bettachleii müssen, ohne dämm jedoch aie von 'Willems
g^ebencn neuen Aufítellungcn «aht«chemlìc!i lu ÜDden. Es handelt sich
vor »Uem darum, ob Nirardus nach dem DeuUrhcn oder nach dem Franiij-
sischen Flandern, nach Gent oder nach Lille gehört. Vetf. wendet vielen
FleiTs and Eifer aof, um das lelitere iu beweisen. Er bringt io der Thal
manche Punkte vor, die roan bisher als irrelevant aafíer Acht gelassen haL
Aber im ganzen scheinen sie mir nicht genüeead, nm des Verfassers Ansicht
in bewdsec, und er scheint mir umgekehrt das Gewicht ¿er fSr die bisherige
Ansicht gehend gemachten Gründe lu unterschatien. Er dtiert eine ganie
Aniahl Sprichwörter und Redcwcniiungeo des Yscngrimus , die er durch
Parallelen aus altfraniösi sehen Dichtungen belegt und demgemäfs (ur Prnniö-
sisdi hält. Was sollen aber Parallelen beweisen wie: Tundelur /erram, dum
«DIÍUJ igiis inest — Quant ¡i /rrs ist chaus, ferir lo doit on; Vespert lau-
dari debet amoena dies — A vespri loe Von le j'or, a mastín son este oder
gar Redewendungen wie Non verbis sed credo oculis — En croire ¡es yeux.
Quid /aciHs itultif Unde venistis — Â ¡a, d'où venet-vousl Que /ailes-
vous donc lap Etwas speziñsch Französisches hañet diesen Ausdrücken nicht
an. Das Verlangen des Autors, die enisprechcnden Flämischen Wendangen
als Flämisch aus den mitlelalte ruchen Texten nachzuweisen, ist doch hier
wenig berechtigt, wo zur Zeit des Ysengrimus eine solche niederländ. Lille-
ratur noch gar nicht existiert, und dann, als sie auftritt, eine weitgehende
Abhängigkeit von der Französischen zeigi. Selbst die aufgelûhrteo „Galli-
cismen" sind von zweifelhallet Beweiskraft: mm gröfsten Teil sind es doch
Ausdrücke, die, wenn auch nach entsprechenden Französischen gebildet, doch
nun einmal dem Wonschatz des mittelalterlichen Latein überhaupt zugehorcn
und auf die Nationalität dessen, der sie anwendet, keinen Rückschiurs zu-
lassen. Und wenn auch einige Ausdrücke verbleiben, die vielleicht unserem
Gedicht eigentümlich sind (z.B. exptumare belegt Du Gange nnr aus der ein-
zigen Stelle des Ysengriiuus), so wäre das docli bei einem gelehrten, an der
Französischen Sprachgrenze lebenden ond vermutlich mit dem Französischen
nicht anvertrauten, Lateinisch dichtenden Autor nicht verwunderlich. Das
meiste Gewicht von allen Gründen könnte vielleicht die dem lalein. Dichter
zugesprochene Form Ysengrinus beanspruchen, die entweder für franz. Her-
kunft des Verfnssers oder doch wenigstens lür franz. Herkunft der Quelle be-
weisen würde. Aber die Richtigkeit der von Voigt vorgezogenen Form
scheint mit noch nicht genügend widerlegt durch des Verfassers Bemerkung,
dafs nnr iwei Hss. das m zeigen und diese wahrscheinlich brabantischcn Ur-
sprungs seien. Die Anlorität der Hs. A — welche Ysengrimus bietet — tastet
auch W. nicht an, und es wird sich nicht beweisen lassen, dafs das m wirk-
lich erst vom Schreiber stammt. Ferner finden sich unter den übrigen Hss,
nicht wenige Französischer oder vermutlich Französischer Herkunft, die natür-
lich den aus den Französischen Dichtungen geläufigen Yscngrin einsetzen, und
selbst die von Niederlindem geschriebenen Handschriften sind nicht unver-
dächtig, da sie ihrerseits unter dem Einflufs des schon Mitte des ij.Jahrhs.
verfafslen Reioaert stehen. Für diesen Prozefs ist z.B. die Hs. D recht In-
stinktiv, welche den Ysengrimus dorchgängif; durch die an den Reinaert an-
gelehnte Form Ysengrinus ersetzt, aber die abgeleitete Form Yscngrimigcne,
die im Reinaert keine Parallele findet, stehen labt. Wären Ysengrinus und
Yiengrinigene die ursprünglichen Formen, so wäre e» doch unerfindlich, wei-
4l6 BESPRECHUNGEH. C VORETZSCH,
hilb der Kopist die eine Form in Ysengtimigene amgeMndett, gleidueilig
aber die ándete mit n bewahit bâtie.'
DemgeEEnSber bat äcb Vetf. die Widerlegung der gegenteiligen Aiudcht
etwas zu leiclit gemacbt. Man kann lugeben, dafs die wenigen sich findenden
FlámÍBcben Worte nichts beweisen. Schwerer wird man schon begreifen.
weshalb ein Französischer Dichter den ganzen Schsuplati der HlDdlang nach
Deutschland verlegt hätte. Des Verfasseis Erkläruag „Pour introdnire quelque
couleur locale dans son renvie, le poète a donc été amené ï germanîsrr
aataot que possible les situations" ist doch wenig befriedigend, ebenso WEm)>
all seine weiter folgende fiemerkui^, dafs der Dichter „a iíé poossé daña li
Tie de la gtrmanisation par les noms mCmes de Ysengrin et de Renart, qnc
I la tradition". Wenn der Dichtet FraoíO!e wat, wenn et. wit
., nach Franiösischen Dichtungen arbeitete, so muTsten ihm audi
lotgedruDgcn als Französische erschtinen. Oder sollte er da-
Verf. a
diese Namen i
durch, dafs er
Sprache gehörte -
luruhrent' Ut;d i
3 diesen Französischen Namen etymologisch Deutsche Bestaail-
- woiu doch schon eine gewisse Vertrautheit mil der fiemden
— vcranlafst worden sein, noch mehr Deutsche Namen eia-
i überhaupt denkbar, dafs ein Fianzösischet Dichlci
jener Zeit solche Namen nicht etwa blofs eingelührt, sondern selbständig nich
Deutschen Wurzeln eine ganze Reihe neuer Namen — Gripo, Worgrun,
Larveldus etc. — erfunden hätte?
Für mif&lungen halte ich die Untersuchnng Über die Quelle des Dichters,
Veif. kennt das Sudiesche Buch über die gueUcn des Roman de Rcnail,
macht aber von dessen Resultat, dafs die mündliche Ueberliefecung als Haupt-
quelle zu betrachten sei, eini: ganz falsche Auwendung, íodem er es nor Cbi
den Französischen Renan gelten läfst, für den Ysengrimus aber die Frage
einer mündlichen Quelle von vornherein abweist und zum Renart blofs rein
litteraiiscbe Beziehungen annimmt. Wo sich Uebereiustimm ungen zwischen
Renart und Ysengrimus fìnden, werden dieselben durchweg als EntlehDimgeo
des Latein. Dichlerü aus den Französ. Branchen erklärt. Man ist erstaunt
über die Art der Beweisführung: Verf. begnügt sich, die — sachlichen oder
formellen ^ Uebe reins Li mm un gen hervoriuheben und hieraus die Unutsprüng-
lichkelt des Ysengrimus abzuleiten: „les analogies sont trop nombreuse pour
que nous ne supposions pas que Nivardus ait eu sous les yeux un telle (rut-
çais". Charakteristisch lût das ganze Verfahren des Verf. ist gleich die Be-
sprechung der die Einleitung des Ysengrimu» bildenden Erlahlung vom Banei,
den der Fuchs mit List um den Schinken bringt. Im R. d. R. beanspmcht
der Fuchs ein Drittel, im Ys. nur ein Viertel der Beute: „Pourquoi te troa-
vère franijsis aurait-il introduit ce changement?" Im Ys. übeilegl der Bauer.
' Die uTsprüngliche Form des Namens mufs natürlich, wie auch von
Willems (5. 151) und Gaston Paris (Le Roman du Renard. París 1885. & II).
welche die Namen^biing auf FTaniösischem Boden entstehen lassen, bereit-
willig zugegcbi
Meinung, dafs di
ursprüngliche war,
nicht ausgemacht,
rufen, da dieser ii
reimt y. 773 f,: ba
Ysengrimus gewesen sein, und G, Paris ist sogar der
e Forra auch in der Französischen Dichtung selbst die
Warum sie hier durch die Form mit n erstut wutde, ist
Aber aof den GllchczSte darf man sich hierbei nicht be-
iciner Mundart auslautendes m überhaupt nicht kennt (er
: klein, vgl. dazu auch Retfsenbeiger S. IJ) and demnach
Ysengrim der Quelle getreu seinem Adaptionsverfahten in ein Ysen-
randelt hatte.
L. WnXBMS, ÉTUDE SUR lVseNGRINüS. 417
1 et den Fuchspeh schenken soll, im Ren. will er ihn (ür sich selbst ver-
weaden: „Ic vilain du Romin de Renart est od paríaíl egoiste; celui de
rYsengrinus est plein de générosité. Pourquoi celle modification?" — Im
¥s. hat der Bauer den Fuchs schon beim Schwann und zieht das Messer,
ihni den Gaiaus zu machen: „Rien de toul cela eu rrançnis. Pourquoi un
traducteur auraii-il fait telle suppression?" Es braucht kaum eeaagi lU werden,
dais alle diese Momente úzh ebenso gut za Gunsten der Originalität des
Ysengrimus verwenden liersen: so gut wie Nivardus für àa Dtillel ein Viertel,
so got konnte doch auch ein FtaniBs. Dichlei für ein Vierlei ein Drittel Be-
setzt haben u. s. f. Die Beweisführung für die übrigen Episoden bewegt sich
auf demselben Boden, Zuweilen verlanTl die Vergleichnng resultados, wie
beim Fischfang, wo der Verf. selbst lUgìebi, dafs sich seíoe Ausführungen
weder pro noch contiu verwenden lassen. Auf diesem Wege wird man über-
haupt lu keinem einigermafscn wahrscheinlichen Resultate kommen. Die
Unlersuchung leidet an demselben methodischen Fehlet wie diejenige Büttners
über den Deutschen Reinhart: sie verzichtet ganz auf die objektiven Kriterien,
welche ihr die zahlreichen Parallelen lu den einzelnen Erzählungen in der
schriftlichen und mündlichen Ueberlieferung bieten konnten, sie vetläfst sich
durchaus auf die subjektiven Schlüsse, die sich aus der Vergleichung dci
beiden Dichtungen — bäung ebenso gut in diesem wie in jenem Sinne —
machen lassen, und lüfst sich dabei allzu sehr von einer vorgefafsten Meinung
leiten. Wo sich Differenzen, Auslassungen, Zusätze in der einen Version ñnden,
über deren Ursprünglichkeil die Quelle keinen Aofschlufs zu geben vermag,
sollte untersucht werden, welche Version die wahrscheinlichere ist, ob nicht
eine Zasatistelle deplaciert erscheint, oder ob das Fehlen dner Stelle eine
wirkliche Lücke in der Erzählung îUr Folge hat. So würden auch die sub-
jektiven Kriterien zu einem Wahrscheirdichkeitstesaltate führen können.
Die Französischen Branchen, welche als Parallelen zu den Episoden des
Ysengrimus in Betracht kommen, teilen sich in solche, die wit. wie z.B. die
Beuleteilung, in der vorliegenden Gestalt als Original dicht un gen heltachten.
und in solche — das ist die Mehrzahl ~ die nur als Ueb erar beitun gen älterer
Branchen gelten können. Fût die Branchen der ersten Kategorie braucht nur
die Frage entschieden zu werden, ob sie dem um so viel älteren Ysengtimus
nachgebildet sind oder mit diesem aus gemeinsamer Quelle schöpfen. Im zweiten
Fall aber ¡st die Frage viel komplizierter, als sie nach Willems' Darstellung
scheint: einmal handelt es sich darum, ob die gegenwärtigen , verhält nisraälsig
jungen Branchen einen Einflufs von seilen des Ysengtimus eifahten haben, wie
ich das in meiner Untersuchung über den Reinhitl {in dieset Ztschr. Bd. XV
nnd XVI) für das Bache nahen leu er, Buhlschan und Friedensfahel wahrscheinlich
zu machen gesucht habe; die zweite Aufgabe aber besteht darin, aus der jetzigen
Ueberlieferung mit Hilfe der fremden Bearbeitungen sowie der Anspielungen
in .-indeten Branchen das Ftaniösische Original herauszuschälen und dessen
Beziehungen zum Ysengrimus festzustellen. Hierbei sind a priori alle Möglich-
keilen gegeben, und es ist gar nicht einmal nötig, dats für alle Episoden eine
einheitliche Etkläniog gefunden wird; die beiden Versionen einer Erzählung
können auf eine gemeinsame Quelle — ein Tietmätchen. eine antike Fabel —
zutückgehen, die Französische kann der Lateinischen, die Lateinische der
Französischen nachgebildet sein. Nehmen wit z.B. das Bachenaben leu et: der
Vergleich der mhd., aft. und lat. Bearbeitung zeigt meines Erachlens unwider-
Z<¡iKhc. t tom. Phil. XX. 27
4i8
BBSPRECHUNGEN. C V0RET2SCH,
Itglich, dab die jeuige Branche imlcr dem Einflüsse des Ysenerimns steht,
»ußleich aber auch, dnTs eine ältere Dichtung eiisiiert hat, welche diese Ein-
flösse nicht aufwies, sondern der Euählung des Deutschen Reinhart nalic
Bland. "Wie sich dies gemeinsame Original von RF. und Ren. tum Ysenp.
verhält, bleibt ooch zu untersuchen, und ähnlich verhält es sich mit den abrigen
Branchen. Hierbei sind ältere schcirtllche sowie die mündlichen Paralld-
erzählungen aus alter imd neuer Zeit heran lu ziehen, nimentlich aber der mhd.
Reinhart Fuchs, den W. nur aus dem Buch von Sudrc zu kennen idieiiit.
Eist so wird sich feststellen lassen, ob die Lat. und die Frani. Version clwi
gemeinsame Neuerungen gegenüber der Quelle zeigen oder ob eine jede selb-
ständig und unabhängig von der anderen aus der Qnelle schöplL Und wenn
das erstcre der F.il!, bleibt immer noch die schwierige Frage lu lösen, ob dk
NeuerunE dem Franz. oder dem Lat. Dichter gehört. Ich beiweide fteillcli.
ob eine derart geführte Untersuchung überall zu reinlichen Resallaten gelugn
wird, des öfteren wird man sich mit einem „Non liqaet" begnägen mössea,
aber es ist die einzige Methode, welche im stände ist, ihren Resoltatea die
Stütze ¿CI Wahrscheinlichlieit zu gewähren. Einzelne Ansätze sind übrigens
■chon gemacht: so hat Kaailc Krohn gcze^, dafs die Verschiedenheiten in
der LaleiniscbcD und Französischen Darstellung des Fischrangs — ita Ys.:
Fischen mit dem Schwanz, im Reoart mit einem daran gebundenen Eimer —
ihre Vorbilder schon in den VErachicdenen Versionen der mündlichen Ueber-
lieferung haben (Bar und Fuchs, eine Nordische Tieimärchcoktlte, Deutsch tob
Oskar Hackmann, Helsingfors 1889, S. 29, 35 f.), wieder anderes hai Sudie in
verschiedenen Stellen seines obengenannten Buches beigebracht.
Was schliefalich die allgemeinen Erörterungen des %'erf. über das Ent-
stehen des Tierepos anlangt, so ist es jetzt, nachdem über die Quellen des
Tierepos neuerdings genügendes Licht verbreitet worden, nicht mehr lu früh,
auch diese Frage einer erneuten Betrachtung za unterwerfen. Das, was die
Tierepen des 12. Jahrhunderts gegenübet den frilhercn Tieidichtungen, inmal
den Fabeln, chaiaklerisiert, ist das Fehlen des didaktiscb-moialischeD Eléments,
der rein epische Charakter der Erzählung, die Verknüpfung von Episoden
ZU Episodenketten, zn kleineren oder grötseren Epen, die Benennung der Tien
mit Eigennamen und die damit verbundene stärkere XndividualisieTang dn-
selben. Die Frage ist, wo, wann und unter welchen Kinfliissen sich diese
EntWickelung vollzogen hat. Willems, welcher als mafagebendes Charakle-
ristikum nnr die Namengebung, die „Personifikation der Tiere", gellen Klsl.
erwidert: nicht in der individuellen Schöpfung eines Dichters, sondern in ,leD
Klöstern, und zwar in den Dramatisierungen äsopischer Fabeln, sei der Ur-
sprung der Namengebung zu suchen, „Sans doute, ces re prise ntations four-
nirent l'occasion de se moquer des travers d'un membre de la communaiili,
de censurer certains de ses actes, de ses paroles, de critiquer son ambition ou
son manque d'energie. De lì ì pergoniñer les animaux, il n'y ■ qu'on pas:
On leur prêtait des travers humains, on fut «meni i leur prîtet de» ooms
d'hommes." Im weiteren Verfolg dieser Anschauungen gelangt der Verf. zu
der Behauptung, dafs — gegen Sudre — die Salire von Haus aus dem Tiei-
epos eitlen, dafs der Wolfmönch die „Mutteridee" des Tiercyklus sei, dib
dieser uns Erinnerungen nn die inneren Streitigkeiten der Klöster des 11. Jahr-
hunderts — wie das Menschenepos die Vorfälle der politischen GucUchle —
bewahre, dais die FersoniSkation der Tiere in Frankreich entstanden und dieses
iomii als eigentliche Heimat des Tierepos zu betrachten sei.
má
L. WILLEMS, ÉTUDE SUR L'YSBNORINUS. 419
Der Verfasser verläTst hier den sicheren Boden der Thatsachen mehr
als sonstwo in seinem Buche. Man kann fast sagen: so viele Behauptungen,
so wenige Beweise, und desto mehr Widersprüche. Was wissen wir denn von
den dramatischen Tierstiicken in den Klöstern? Verf. selbst vermag nicht
mehr beizubringen als andere vor ihm auch, nämlich die einzige Stelle des
Froumund von Tegemsec. Ich gebe die Wahrscheinlichkeit zu, dafs die Auf-
fahrung solcher Tierscenen häufiger war, als uns ein zufälliges Citat beweisen
kann; ich gebe ferner zu, dafs auch dieser Zweig der Tierdichtung seine Stelle
in der Entwickelung der Tierdichtung beanspruchen darf — aber woher wissen
wir, dafs hier überhaupt Eigennamen angewendet wurden, oder gar, dafs sie
hier zuerst gebraucht und von da erst in das Tierepos abertragen wurden?
Und was wissen wir vollends von den Tierspielen in Französischen
Klöstern? Und wie steht es mit dem Verhältnis des Tierepos zu diesem
Tierdrama? Ist jenes erst aus diesem erwachsen, oder hat es schon früher
ein Tierepos, ohne Eigennamen für die Tiere, gegeben, das dann blofs die
Namengebung aus dem Tierdrama entlehnt hat? Mufste erst ein Tierdrama
vorausgehen, um ein wahres Tierepos entstehen zu lassen?
Mit der Bemerkung, dafs das Tierepos, als cinc Parallele zum Helden-
epos, „nous conserve le souvenir des compétitions, des querelles intestines
qui divisèrent les cloîtres au XI« siècle*' ist wenig anzufangen, sie entbehrt
der thatsächlichen Unterlage. Ebenso wenig stichhaltig ist die gegen Sudre
gerichtete Polemik, die dessen Ansicht, das Tierepos sei von Haus aus nicht
satirisch, sondern unterhaltend, widerlegen soll. Die Stelle Guiberts von
Nogent beweist in Wirklichkeit nicht, dafs Isengrin „une epithète satirique"
war, sondern dafs ein populärer Tiername, der an sich so wenig satirisch zu
sein braucht als irgend ein tierischer Gattungsname, gelegentlich einmal in
satirischem , richtiger vielleicht in humoristischem Sinne auf einen Menschen an-
gewendet wurde: Teudegald hätte ebenso gut: dominus lupus anstatt dominus
Isengrinus sagen können. Die hierauf bezüglichen Ausführungen des Verf.
sind um so weniger verständlich, als er selbst am SchluCs derselben zugeben
mufs „que dans les premiers monuments du Roman de Renart la satire
ne jouait assurément qu*un rôle restreint. Le conte en lui-même attirait la
plus grande part de l'attention." Man fragt unwillkürlich: wozu der Lärm?
Und ähnliches begegnet noch mehr. Im Eingang seiner Darlegung (S. 123 fif.)
citiert Verf. Sudres Buch, um seine ungeteilte Zustimmung zu dessen These
auszusprechen, dafs die mündliche Ueberlieferung — worunter Sudre bekannt-
lich sowohl die eigentlichen Tiermärchen als die mündlich umgehenden klas-
sischen Fabeln begreifl — die Quelle der Tierdichtungen sei. Man ist über-
rascht, einige Seiten darauf zu lesen: „Le fond des récits du Renart est évi-
demment constitué par les apologues ésopiques", eine Behauptung, mit welcher
des Verfassers Gewährsmann wohl kaum harmonieren dürfte. Willems pole-
misiert gegen MüUenhoff und die deutschen Gelehrten, die nicht müde ge-
worden seien, die Bedeutung der bekannten Stelle im Matthäusevangelium
VII, 15* von den lupi rapaces in vestimentis ovium hervorzuheben, aber die
Erklärung, die er selbst für die Entstehung der Figur des Wolfmönchs giebt,
ist doch recht wenig befriedigend: „II semble que, parmi les apologues éso-
' Irrtümlich nennt W. Matthäus X, 16, was sich wohl ans miCsverständ-
licher Anfiassung von Voigt, Einl. S. 91 erklärt.
27*
420
BESPRECHUNGEN. C. VORETZSCH,
piques, il en ful qui jouirent d'une (aveur particnliéte. Citaient pifcU
CEUi où le loop se tiouvaiC en scène; on s'habilUB ï TepristWrt tou« too
masque l'abbi ou le moÏDe, qui se distmgunil par la dissimulation, la rspacilt,
Il gloutonnerie." Man möchte doch wistea, «esbalb eben diese Eriählnngec
bevorzugt uud weshalb gerade der Wolf für die Figur des Heuchlers an^
ersehen wurde. Ich bin allerdings der MeiDUDg, dits die Bedentnng Jena
Bibelstelle für das Tieiepoa übeibaupt stark überschätzt worden ist, »ber (hi
die Ausbildung der Idee vom Wolrmöach und der geislUch-lateiniscben Tiei-
dicbtnng scheint sie mir doch wesentlich lu scio. Auf der anelerà Seite 6bet-
treibt Verf. widerum die Beilcitlung der Wolfmönchli^r, die ihm die „idée-
mire" des Tiercyktus ist, in Opposition gegen Sudre, der den eigentlichea
Kern in der Verbe itlichung des Fuchses und seiner Schlauheit erbllckL Die
Wolfmönchidce hat ihre ticrgchcnde Bedeutung für die lateinische, gelehrte
DichluBg; hingc(;en ist sie für die weltliche, nation alsprachlicfa e Dichtung tob
geringem Belai^, selbst den Schwank von der Wolfslonsui wird man kaum
hierher rechnen dürfen. Es zeigt sich hier gerade, welche Kluft zwischea
geistlich -lateinisch er und weltlich- nation al er Tierdichtung besteht, ein Unlei-
schied, der sich nicht einfach als chronologische Entwichlung vom Wollmöncb-
epos zum Fudiscpos erklären läfst. Die Lieblingsfigur der lateinischen Dich-
tung war, wenn nicht von Anfang an, so doch schon froh, und jedenfalls
schon eine Weile vor dem Ysengrimus, der Wolfmönch. Die weltliche Tier-
dichlung kennt von Haus aus keinen bestimmttji Helden, sie accepliert als
Helden alle jene Tiere, welche in den mundlichen wie den schrifUicbco Quelkn
ihre Rolte spielen. Da bat nun freilich der Fuchs sehr bald du Haupt-
interesse in Anspruch genommen, schon dattim, weil er am häufigsten in jenen
Quellen auftrat. Aber es wäre irrig, wollte man darum — bierin mats ich
Willems wenn auch nicht beipflichten, so doch entgegenkommen — alle jene
Branchen des Rom. de Ren., welche den Fuchs nicht aufweisen, sondern den
Wolf mit andern Tieren auf die Scene bringen, als unursptüngtich betrachten.
Die Untersuchung von Willems führt uns somit in die allgeroeinsteD
nnd schwierigsten Fragen über die Entwickelung des Tierepos hinein. Ich
glaube nicht, dsfs W. mit seinen diesbezüglichen Darlegungen auf der rich-
tigen Fährte ist. wie ich soeben zu zeigen versucht habe. Wie sich nach
meiner eigi-'nen Anschauung das mittelalterliche Tierepos aus den Quellen oil-
wickelt hat. habe ich tn meinem im Juniheft 1S93 der „PreuCstschca Jthr-
bücher" erschienenen Aufsatz über Jacob Grimms Deutsche Tiersage ausge-
lührl. Wir haben, entsprechend der Zweiheit der Quellen, zwei pitallele
Entwickelungcn vor uns, die sich schliefslich im Tierepos des 12. Jahrhuadeiis
vereinigen: auf der einen Seite ein stuftnmäfsiges Fortschreiten von der kunen,
lehrhaften Fabel zum umfänglicheren, mehr und mehr episch werdenden Ge-
dicht, eine Entwickelung, die sich in den lateinischen Tiergedichten von der
Zeit Karls des Grofsen bis in den Anfang des 12. Jahthnndeits verfolgen
läfst, die namentlich die Idee des Wolfmünchs ausprïgt, aber nicht bis zur
Individualisierung der Helden durch Namengebung gelangt; auf der andno
Seite die Ausgestaltung des Tiermärchens in Nordfrankreich und den Nieder-
landen zur „Tiersage", dadurch, dafs die Helden dieser Märchen — wie noch
heutzutage in den verschiedensten Gegenden und Weltteilen üblich — im Volke
ihre bestimmten menschlichen Namen bekommen, wodurch diese von Hans
aus epischen, lut Bildung von EpisodenkeLten neigenden Ertfihlungen den
L. WILLEMS, ÉTUDE SUR L'YSBNGRINÜS.
421
Wahlen Epos so nahe treten, dafs de in der Thät. um mit Giimm zu reden,
„nnr von den Dichtern aufgefafsl und in Reime gebracht zu werden brauditcn".
Bisher hat man fast ausächliefslich — ich sehe nalüilich von Grimm ab —
die erste EnlwicketuDg, die in den liltcrarischen Denkmälern klar zu Tnge
Irin, verfolgt und ist so notwendig iu einaeiliütn Schlüsstn über das Entstehen
des Tierepos fielingt; auch in neuerer Zeil, wo der mündlichen Uebeilieferung
mehr und mehr ihr Recht geworden ist, liat man ihr doch nur eine stoff-
liche Bedeutung luerkannt, während sie such als Gattung ilirc weitgehende
Bedeutung besitzt und in dieser Hinsicht in höherem Mafse denn die Fabel
als Vorstufe zum eigentlichen Epos betrachtet werden kann.
Das ist die Ansicht, zu weichet mich eine unbefatigene Betrachtung dei
Thatsachen geführt hat, und diese Ansicht möchte ich selbst gegenül>er den
tieffiehendea und scharfsianigen Ausführungen feslhnllcn, welche Gaston Paris
im Journal des Savants (Sept. 1S94 — Febr. 1895, auch separat Paris, Impr.
Nat. 1S95} der hier berührten Frage gewidmet hat. Auch Gaston Paris sieht
wie Willems den Kardinalpunkt in der Benamsung der Tiere, erblickt atitr
hierin eine rein individuelle Schöpfnug: ein mich Lothringen gehötiger Dichter
des to. Jahrhunderts habe dieselbe in einem heutzutage verlorenen lateinischen
Gedicht eingeführt. Schritt vor Schrill, mit vorsichtiger Erwägung nsderer
Möglichkeiten ist Gasion Paris zu diesem überraschenden Schlufs gekommen,
und doch, glaube ich, lafsl sich derselbe nicht aufrecht erhalten, weil er auf
Voiausselzungen nibt, die nicht als die einzig möglicheu gelten dürfen. Er
weist die Möglichkeit populärer Entstehung der Tieinamcn ab, weil solche im
Volke nur an Haustiere oder gezähmte Tiere (wie Papagei, Rabe, Bar) ver-
liehen würden und weil in den Volksmärchen, selbst da, wo sie sich am
lahlieichslen finden, die Tiergattungen keine Eigennamen rührten. Darum mufs
die Namengebung auf die Eründung eines einzelnen Dichters zurückgehen, und
da weder Ysengrimus noch Renart hierfür in Betracht kommen — die Namen,
iura mindesten der Isen(^s, waren schon vorher bekannt — so mufc es ein
verlorenes Werk gewesen sein, und zwar eia lateinisches, well es erheblich
vor ni2 anzusetzen ist, wo der Name Isengrin (bei Guibcrt von Nogent) zum
ersteomalc erscheint. Das Verschwinden eines solchen Werkes würde allerdings
nichts besonders auflälliges sein. Aber seine Existenz beruht doch ganz auf
Rückschlüssen und wird durch Sufsere Zeugnisse oder sonstige Spuren nur wenig
oder gar nicht gestutzt. Auf die Lothringische Herkuoft des lateiii. Gedichts
schliefst G. Paris daraus, dafs gewisse Namen, vor allen aber der Isengrins, in
Französischen Quellen nur aus Lothringen iU belegen sind, was zu der Bedeutung
ilimmen würde, die nach seiaei Meinung Lothringen für das Tierepos (Ecbasis!)
wie für die lalein. Poesie des 10. und 1 1. Jahrhunderts (Waltharius, Ruodlieb etcj
besitzt. Die Voraussetzung für diese Annahme ist, dafa nur auf Fionzosischem
Boden die Namengebung der Tiere erfolgt sein kÖunc. Ein zwingender Gmnd
für diese Annahme liegt jedoch nicht vor, nicht einmal die dem Ysengrùnus
eigentümliche Namensfotm Reinardus kann für Französische Herkunft des Namens
beweisen: der Dichter liefs in seinem Gedicht das h des Namens weg, weil nh
mitten in emem nicht komponierten Wort eine gani unUteinische Verbindung
war, vielleicht auch ia Anlehuimg an die ihm aus dem benachbarten Grenz-
land geläufigen Renard, Bernard etc. Zudem hat G, Paris wohl übersehen,
dafs die von ihm citiertcn lateinischen Werke aus Lolhiingea fast alle von
Deutschen Verfusem herrühren, die EctasU captivi eingeschlossen. Alle
422
BESPRECHUNGEN. C. VORETZSCH,
Scbwiengkeitea, eine allen AnlordcniiiRen entsprecheode Heimat dei 1
zn linden, entfallen, wenn man die Möglichkeit zuläfsl, dab die Namengebmig
auch nnf DeoUcIieni Boden tifolgen lionntc, woîu wir nicht einmal ein ver-
lorenes deuticheî Epos »oîunehmen brauchen.
Ea koante weiterhin in der Paris'schen Deduktion wunderbat erscheinen.
dafs die Popularität des Namens laengrin auf einem lateinischea Gedicht be-
ruhen soll, und darum uimmt G. Paris eine frühzeitige Uebcrseliung desselbeo
in das franiôsische an, wodurch in lie-de-France nnd Picardie die Kesnluii
der Tiemamen und der Geschmack an Tie raben leuern verbreitet watdeD sei
Aber diese Uebcrsetiung ist doch noch problematischer ah dat Utdnischc
Werk selbst, und auch für sie mäfsten wir noch ein bedeaklích hohes Aller
annehmen, das sie neben eine rein geistliche Litteralur und noch vor die
ällBslen überlieferten DenknuLler der Hcldenepik stellen wurde. Das Ver-
gnügen an Tierschwänken bratichte doch nicht erst durch die E)úk ingcr^
zu werden, die ihre Stoffe selber erst aus der mündlichen Ueberliefcmng hollt.
Und das alles wegen der Erwähnung des Namens Isengrin in der Epiíodc
von II 12 bei Guibeit von Nogent, welche nach G. Paris die E.xistenz ein»
Tierepos voraussetzt. Die Thitsachen liegen aber doch so, dab wir om iii:
den Namen Isengrin in der Gegend von Laon als populate Beieichnung de»
Wolfes kennen lernen' und dah wir erst 40 Jubre später das erste mil Tier-
namen ausgestattete Tierepos ñnden: da fuhrt uns doch die nächstliegende
Annahme darauf, dafs die Dichter des Tierepos ebenso wie etat Uniahl El-
zahlungastoffe so auch die ersten Namen und die Anregung weitere selbftändif;
lU bilden aus der mündlichen Ueberliefeiung geschöpft haben.
Weist uns somit schon die tnilielalierliche Ueberlieferung auf diese Eni-
Wickelung hin, so fmden wir in den modernen Verhältnissen nichts, wli
dieser Aimahme widerspräche, im Gegenteil, sie vermögen dieselbe nur in
unterstützen. Die für G. Paris' ganze Anschauung mafsgebenden Voraus-
Setzungen von Vorkommen und Gelirauch der Tieieigennamen im VoUismimd
entsprechen nicht völlig den Thatsacben. Freilich sind diese Tiernamen kein in-
tegrierendes BUemcnl der mündlichen Ueberlieferung. Aber sie ûnden neh doch
weit häufiger, als Gaston Paris zugeben will: in Frankreich (vgl. Roland, Li
Faune populaire de la France. Paris 1877 IT.). in Deutschland (vgl. Adolf
Btehm, lUustiierle» Tieileben, an versch. Stellen — Lübben, Die Tiernamen
im Reineke de vos, Piogr. Oldenburg 1863 — GlöJe, Ueber Tiernamen im
Volksmund und in der Dichtung, Zeilschr. f. deutschen Unlerr. V, 741—49,
VII, 11; — 16), in Norwegen, Schweden, Finnland (vgl. Kaarle Krohn, Bär und
Fuchs S. 71 f.), in Rufsland (vgl. Gerber, Great Russian Animal Tales. Balti-
more 1S91 S. 3 f.), vereinzelt namentlich für Fuchs und Schakal, wie der Name
Marja in Griechisch- Albanesischen Märchen (Ucbers. v. Hahn, I.eipiig 1864).
Abu'l Hossein im Aseptischen Sudan (Marno, Reise in der SgyptischeB
Aeqnatorialprovinz. Wien 1S79}. Zuslmmenstellungen ad hac sind überluupl
noch wenige gemacht, vermutlich würde sich das Haterial bei genauaicm Zo-
' Dafs die Rede Teudegalds Hiccine est dominus Jsengrinus ripesUia
eine Anspielung auf den Schwank vom Wolf im Klosterkellcr enthält — da
Bischof wird von den Verfoi^ern im Keller in einem Weinfafs verborgen ft-
funden — glaube ich auch jetzt noch. Die Beobachtung stammt Sbiigeo!
air, wie G. Paris anzunehmen scheint (Separaldrueh S. ao, Aoai. 1)1
1 Voigt (Ysei^. EioL S. 81).
lODdem V
L. WUXSMS, ÉTÜDB ST7R L'TSBNGRINDS. 423
sehen noch vermehren lassen. Es zeigt sich nun, dafs diese Namen durchaus
nicht allein dem Tiermärchen eignen, sondern dafs sie häung genug bei Tieren
begegnen, die im Märchen überhaupt keine Rolle spielen, wie namentlich die
von Glöde citierten Beispiele zeigen. Hieraus geht hervor, dafs die Neigung,
den Tieren Eigennamen zu verleihen, von Haus aus nicht mit einer littera-
rischen Gattung, weder mit Märchen noch mit Epos zusammenhängt, sondern
viel tiefer wurzelt. Es zeigt sich aber auch femer — was G. Paris merk-
würdigerweise bestreitet — dafs solche Namen nicht blofs bei den Haustieren
und ähnlichen Tieren begegnen, sondern auch bei den wilden Tieren. Gaston
Paris selbst mufs schon den Kreis der Tiere „avec lesquels Thomme est dans
une familiarité affectueuse et qu'il éprouve le besoin d'interpeller'* etwas weit
ziehen : auch der Sperling gehört dahinein, und selbst der Bär, für den G. Paris
die Erklärung in seinem häufigen Zustande der Grefangenschaft sucht. Aber
in Niederdeutschland tragen auch Fink, Häher, Storch, Zaunkönig, Hase etc.
ihre Namen, im Skandinavischen und Finnischen Norden Fuchs, Hase, Wolf,
in Rufsland Kater, Katze, Bär, Wolf, Fuchs, auf der Balkanhalbinsel und im
Sudan Fuchs und Schakal. Und zwar sind es gerade wie bei den ältesten
Namen des Tierepos vorwiegend menschliche Personennamen, die hier auf-
treten. Diese Thatsachen sprechen meines Erachtens so deutlich für die popu-
läre Herkunft der Namengebung, dafs mir daneben jede andere Theorie, so
scharfsinnig und geistreich sie sein mag, überflussig erscheint. Und diese po-
puläre Herkunft wird weiter, wie oben gezeigt worden, durch die mittelalter-
liche Ueberlieferung, namentlich durch die Stelle Guiberts von Nogent, nur
bestätigt. Und schliefslich macht diese Erklärung alle jene komplizierten
Vermutungen unmöglich, zu denen G. Paris durch seine leitende Idee gedrängt
worden ist.
In dieser ganzen Entwickelung des Tierepos nimmt der Ysengrimus, dem
Willems seine Studie gewidmet, eine hervorragende Stelle ein. Es ist das
Verdienst des Verfassers, nachdrücklich auf die Bedeutung des lateinischen
Werkes hingewiesen und eine Menge Fragen aufgerollt und von einem selb-
ständigen Gesichtspunkt aus betrachtet zu haben, die man bisher nva von der
anderen Seite gesehen, und gegen die bisherige Betrachtungsweise Einwurfe
vorgebracht zu haben, die man sich bisher nicht vorgelegt hatte und deren
Erörterung der Ermittelung der wahren Verhältnisse nur dienlich sein kann.
Man wird den Ergebnissen seiner Untersuchung nicht überall beistimmen
können, aber sein Buch jedenfalls nicht ungelesen lassen dürfen.
Carl Voretzsch.
Qiomale Storico della Iietteratura Italiana. Anno XIV, Vol. XX VU,
fase. I.
A. Farinelli, JDon Giovanni, Note critiche. Der Verfasser dieser
kritischen Beiträge zu Don Juan ist in der einschlägigen Litteratur gründlich
zu Hause. Nachdem er die Specialarbeilen über den Gegenstand mit kurzen
Bemerkungen nach Ländern geordnet vorgeführt hat, setzt er mit seiner Kritik
ein. Er beweist zunächst, dafs Don Juan keine historische Persönlichkeit ist.
Weiter bezweifelt er, dafs die Sage in Spanien ihren Ursprung habe, sondern
glaubt vielmehr, dafs sie vor dem 1 5. Jahrhundert bereits vom Norden her
eingedrungen und erst nach dem Erscheinen des »»Burlador" in Sevilla loka-
lisiert sei Dafür kann er freilich keinen direkten Beweis beibringen, doch
ist seine Annahme sehr wahrscheinlich. Er unterscheidet in der Don Juan-
: sichi den daokbatcD SioiT dn
solile, wean er id seiner Zeit
e Druck dt'& Burlador, den vii
interpoliert and verderbt. FariDcIIi
n Tirso de Molina verfalsl i
424 BESPRECHUNGEN. B. WIESE,
liegende zwei urepTÜnglich getrennte Bestandteile, c
des HelilcD. andrmeitl die Einladung der Statue und das Gsslmabl. FSr
beide Teile wird eine Menge mehr oder weniger zur Don Juan-Sage itimoicii-
der Parallelen aus verschiedenen LiHernturen angerührt und für den eisten
Teil eine besondere E io Wirkung der Sage von Roben dem Teufel ange-
nommen. Nach S. zS scheint es faXi, als ob Farinelli glauben und dui nicht
aussprechen möchte, dafs auch die Don Juan-Sage, wie so viele andere Stoffe,
erst von Italien nach Spanien gewandert sei, wenngleich sich jetil nur noch
das Umgekehrte nachweisen läfsl, uod er selbst S. 31 ein direktes Eindringen
BUS dem Norden aU wahrscheinlich hinstellt. Der Burlador setzt bercili
eine bisher nicht nachweisbare Vorlage voraus, welche die iwei verschiedenen
Sagenteile in sich vereinigte. Seine Komposition erinncrl femcr an den /h-
/amador des Juan de Cneva, einij^e Dramen Lopes und einige andere allen
Schriften. Zu verwundern ist, dais ers - ~ .
Don Juün aufgegiißen und bearbeitet I
bereits in Sevilla volkstümlich war. Der e
kennen, vom Jabre [630, ist verstümmelt,
ist überi^eugt, daís die Komödie nicht v
er S. 37 ff. für seine Ansicht anfuhrt, ist sehr beachtenswert, reicht ab« Inr
dnen endgiltigen Schiuís noch nicht aus; es fehlt vor allem noch die gensae
atiliatísche Vergleichung des Burlador mit den uncweifelhaft echten Komödien
Tirsos. In der Ssthetischen Würdigung des Stückes weicht Farinelli, ich
meine doch mit Unrecht, nicht unbedeutend von Gasparyi bekanntem Urteile
ab (Miscellanea Caix- Can ello), vor allem spricht er dem Verfasser das Em-
pünden Inr die Giüísarlígkeil des Stoffes, den er behandelt, ab. Im weiteren
VerUiife der Arbeit geht Farinelli auf die Nachahmungen des Stückes nach
Ländern geordnet über. Die unbekannte Bearbeitung Gilibeitos hat auch et
nicht aufSnden können. Er irrt aber, wenn er S, 44 behauptet, Gaspary habe
dieses Stück ganz beseitigen wollen; let/tel<r leugnet nur mit tnlt^^en Grundes,
dais es De Villiers als Vorlage gedient haben könne. S. 4$ glanbe ich des
Verfassers Ansicht durchleuchten zu sehen, es sñ gamicht onmögUcb, dafí
der unter Cicogninis Namen gehende Convitalo di Pietra mit dem Gilíbertos
identisch sei, dafs nur eine Buchhandlerspekulation ihn Cicognini beigelegt
habe. Dies wäre natürlich einstweilen eine blofse Vermutung, der Goldanis
Acufseiung, welche freilich nicht sehr ernst lu nehmen ist, widerspräche. Mit
Farinelli glaube ich, dats das Scenario nur auf italienische Quellen tuiück-
gcht. Bei Beurteilung des Quell e nv erbai miss es der ersten französischen Be-
arbeitungen steht Farinelli auf G asp iryí Standpunkte. Nachdem er dann den
Don Juan in England, Holland, Deutschland, Spanien und Portugal berötut
hat, kehrt ci nach Italien zurück, um noch von der Popularität des Scenario
daselbst und von Goldoois Versnchc zu sprechen. Bringt die Arl>eit demnach
nicht gerade viele neue Gesichlsponktc und Ergebnisse, so ist sie doch recht
anregend. Ihr wird eine Fortseliung folgen. Da sie wahrscheinlich n»ch
Vollendung als Buch erscheinen wird, mache ich hier auf einige Drockfehlet
anfmerksam. S. 15 Z. 7 u. I. non si trova; S. 16 Anm. I leute Zeile L Hen
valere; S. 15 Z. 17 1. "hoc logen; S, 58 Anm. 2 Z, l 1. Munlon's — FleUktr'i;
S. 66 fehlt wohl Anm. 4, und hat Anm. 4 zu Anm, 5 zu werden; S, 67 Z. 7
I. Aug ¡burgo statt jihsburgo.
VARIETÀ:
G. B. Marchesi, I „Ragguagli di Parnasa" t la critica Utlrrarix
nel secolo XVII. Eine Aufzählung von sieben Nachahmern Boccaltnìi, welche
durch ihre satirische Beurteilung der zeitgenössischen Litteratui auf de bessein-
den Einflufs zu gewinnen suchten. Ihre Schriften werden durch Anführung
von Proben kurz gekennzeichnet. Vid Geist ist danach zu urteilen in dea
meisten nicht zu ÜQden. Den Schlufs des Aufsatzes bildet der Abdruck von
kritischen Urteilen in Dialogform aus einem 1650 erschienenen, V anima di
Ferrante Pallavicino betitelten Buche.
P. Ercole, Caläinii e I' Innominalo. Obgleich der Charakter des Man -
zonischen Ungenannten weit von dem des Salluslischen Kstilina vetschiedrn
ist, wie Ercole durch eine sorgfallige Analyse klar stellt, so zagen sie bdilc
doch in der Darstellung einiger Einielbeiten so nahe innere und äuüete B^
GIORNALE STORICO VOL. XXVII.
425
nchongs punkte, welche uns vorgefShrl werdea, dais man zu dem Schlüsse
gedrängt wird, Manioni habe bei der Zeichnung seiner Gestalt die Sallnstische
Figur vorgeschwebt, der er einige Farben enllich, aber nicht, ohne ihnen eine
seinen Zwecken entsprechende N'üancierting zu geben.
G. A, Martinetti, Della BtlUaa. Una minuta rfí üi/era di Uga
FqscbIo. Otlandioi hai einen Entwurf lu einem Widmungsbriefe in einem
Buche, welches Foscolo einer Tochter der Chailolle Campbell, wahrscheinlich
der Miss Eleonora, überreichte, im IV. Bande der Frase letterarie als lum
Gattetlina del Bel Mando gehörig mit vielen Fehlem, Auslassungen und
Willhürlich keilen abgedruckL Martinetti verpflichtet una durch einen genauen
Abdruck des schönen Briefes nach der auf der Labronica befìadlichea Hand-
schrift XU grofsem Danke.
RASSEGNA BIBUOGRAFICA :
Cesareo, La poesìa siciliana soltó gli Svevi (De I.ollis, scharf, aber
gerecht). — Zumbini, Sluäi lul Petrarca (Cotronei, mit Übcrf1ässij;er Pole-
mik). — Della Giovanna, Le frase morali di G. Leopardi (Martini).
BOLLETTINO BIBLIOGRAFICO;
Torraca, Biblioteca critica della letteratura italiana. Lovarini,
Antichi tetti di letteratura pavana. MazzfttÌnti, Andrea Bernardi, Cro-
nache Forii-veii del 1476 àt 1517 Voi. i Parte I. De Marchi, V influenza
dilla lirica italiana sulla lirica inglese nel tee. XVI (Sir Tommaso Wyat),
Romizt, Le fonti latine dell' „Orlando furioso". Scherilto, Ossian.
. Guardione, Di Giovan Battuta Niccolini. de' suoi tempi e delU sue opere.
ßosolli, Tommaso Grossi e le lue novelle. Lampcrtico, Giacomo Za-
nella. Nigra e Orsi, La passione in Canadese pubblicala e commentata.
ANNUNZI ANALITICI, PUBBLICAZIONI NUZIALL
COMUNICAZIONI ED APPUNTI:
R. Sabadini, Gergo furbesco weist einige der von Rossi in seinem
Aufs-itze über Squarzöla als der Diebssprache angehörig nufgciählten Warte
als noch heute im Vicentini sehen in der Spreche des täglichen Lebens vor-
handen nach. Derselbe, Una satira contra Battista Pia giebt Nachricht von
einer handschiiftUch erhaltenen Salire in Dialogform gegen Bnttista Pio, von
welcher er bisher einen Druck vergebens gesucht hatte. Die Handschrill be-
kennt sich als Abschrift eines Druckes von 151Î. P, L. Rambaldi , Un
cancelliere maleatttento. Ein Ungeschick les, unbedeutendes Sonetto caudato
eines Schreibers, der im Dienste der Republik ^'enedig stand, aus dem Jahre
1438, worin er sich über schlechten Lohn beklagt and den Entschtufs mitteilt,
seine Stellung aufeugehen. F, Foffano, Ancora del Floridanle di B. Tasso
weist daraaf hin, dafs der von ihm vergebens gesuchte Brief BenLirdos an
Torquato, worin er seinem Sohne ülier den im Floridante lu behandelnden
Stoff Au^kuntl giebt, von Ravelli gcTunden und veiöfTenllicht ist und geht
dann auf seinen Inhalt ein.
CRONACA :
Periodici, kleine Mitteilungen, neueischienene Bacher.
Berthold Wiese.
flomaniA No. 95, Juillet 1895, T. XXIV.
F. Loi, Celtica. Zuriickführnng einer Reihe von Namen der frani,
Anusepik auf Flj^ircn und Bezeichnungen der keltischen Ucberlieferung und
Toponomastik, wogegen Einsprach zu erbeben nicht leicht sein wird. 1. Ali-
bonagrain (im Ercc Neffe Evrains) ^ Mabon -)- Evrain (I>eidc Zauberer ¡m
Bei Inconnu), richtiger Euuain d. i. gall. Ywen, gespr. Owen, der im Mabinogi
von Geraini Gcraint bei sich autnimmt; die Form Evrain beruhe auf Ver-
lesung lür Esiuain (aber sowohl Crestien wie Renaud v. Beaujeu haben
Evrain!); Mabonagrain sei gewissetmafsen tinc Doppelung des Euuain,
Mabon vielleicht derjenige, der im Original Ovien zu kämpfen iwang. —
1. Château de Lis in der ersten Fortsetzung zu Crcsliens Perceval, eine Tauto-
logie, die den keltischen Ursprung der bei. Erzählung bewiese: Lit ^ llys =
frz. chiteao nahm der fiz. Dichter föi einen Eigennamen. — 3. Lts n
426
BESP RECHUNGEN.
i. GRÖUEK,
áí bait j'etis au ruisseau; dec List mit dtn schwimmeDdrn Ho]islückea, die
Ttísud nnwcndel, uni Isolden seine Aawc^enheÎl kund lu tbun, ist vervandt
diejenige, deren sieb Blalhiiat im irí&clien Âidtd Conroi licdienL — \- ¡^
Force de Gauvain et de Peredur. Dit nbnebmende Krafl Gauvuas bei Ab-
nahme des Tages in der ersten Fortsetzung des Perceval hat ein Seileniluck
im walis. HereduT (in Crestiens Perceval nichts Entiprechcndes), det sich, je
länger er bei seiner Milchscb wester verweilt, je weniger fähig weils, ilie itot-
wendige Rache zu vollstrecken. — 5. Meraugis dt PottlesgMt,. b) dem Tani-
5chli>rs im M. de P. steht in der keltischen Seefahtt von Mael-Duin (7. Jb.
nach Zimmer, 9. Jh. nach Lot) die Insel der Weinenden und die Insel der
Lnchenden zar Seite; b) der Name des M. de P. Gervain Cadrul ¡st tiüi-
àic\n^^ Cadrod {Cadrawd] -^Giervan; c) da roi Amargón ist in der inscfam
Epik =: dem Vater des Gegners Cucbulainn's, Cenali Ccroach. — 6. Jáefvaí,
rei des maris, ti i'íie dt vtrre, Melvas. dec in der vita s. Gildae (am li6o|
die Königin Guenièvre entfuhtt und nach Glastonbocy, der Glasstadt, bringt,
enlapiichl im Erec dem liahaioas, Henn der Glasinsel, dem Jt&itaguanl im
Cbev. de la Cbarretie; Malvas-ius (so bei Galfrld von Monmoutli) ist ^ olt-
walis. rnaet-vas d.i. Fürst det Tolen; sein Reich, die Glasinsel, ist der Clai-
lurm im Ocean det irischen Lt^cnde, wurde durch falsche Etymologie mit
der Stadt Glastonbury in Verbindung gebracht und steht = Avalen, d. i. Iniel
des Gottes Avaüae; er weilt dort mit seinen Töchtern; vgl. die Juagfranee-
inael der Artusepen. Da die Hölle brelonisch auch Land des Sonuneti ge-
nannt wird, so wurde Motivas zum König von Somerset {Via s. Glldie)
mit der Hauptstadt Bade, der Stadt des Meleaguant und seines Vaters Badc-
magut im Chev. de la Charr. ; — alles das sind Anzeigen (ür die Heimat jener An-
schauungen vom Tolengott im kellischen Südwesten Grofsbritatmieiu, wo schon
der Priester Hermann von Tournai (1113), seinem Bericht über die für Lai>n
er norben en Reliquien zufolge, Artusfabeln kcmien gelernt halte; {>ht:T Britoius an
den beiden ausgeschriebenen Stellen kaiui doch nicht auf die Coruwaliser geben,
wie L. annimmt; an der ersten Stelle wird vielmehr der Artor der fabolie
Britaonorum als derselbe Artur wiedererkannt, der Danavexeria besafs, und von
dem man daselbst die cathedra und áen /umus zeigte; und an der zweiten,
wonach, nie die Brilonts mit den Franzi wegen Artur sich zu zanken pflegen,
so sich auch der quidam vir in Danavtxetia mît einem Begleiter Hermanni
aus der Verwandtschaft des Acchidiakonus von Laon zankte, ist derselbe
Gegensatz zwischen den Britoneu in Frankreich und den nobeieichneten Be-
wohnern von Danavexería gemacht). — 7. Lìmori (Stadt im Erec) vielleicht
tiys-mavr, grolses Scblofs. — 8. Gennnis, Reich des Paat, Lanzelots Vitti
bei Ulrich von Zalzikhoven, = walls. Gwynedd in Nordwales; danach wird
das noverstündlicbe Benoic im Prosalristan und Bans (von Gomerel) im Erec
tu berichtigen empfolileu. -^ q. Le duc de Haut-òais (Erec), hei^enonuDcn
von U-wch Caet „bois d'en haut" in Wales. ~ io. Lt fils de Pereeval — in
niederl. Lancelot Aloriatn genannt — eriimert an M>r. Sohn des Peredut hn
Black book of Carmartheo (J.Viertel des 13. Jhs.); i&riatn wän> aat JUirgtn
=^ Meergeboren herzuleiten. — ¡l. Li sénichal Dinas tt la viüt dt Lidán;
bei Beroul im Tristan ist Dinas ein Freund Tristans, bei Eilhan Lidan gc-
heifsen, welchen Namen Beroul an andrer Stelle nennt; dinas lútatt ist walu.
= grofsc Festung; aus einem pennleu/u (oder ähnl.) djinas fydan in einci
Vorlage, d. i. Seneschal det gtofsen Festung, konnte das MÜsverständnis Seae-
schal ,J)ÍDas (von) Lidan" erwachsen.
A. Thomas, Les noms composés et la dëriiialian en français et n
froviHçal, berichtigt und etgänil durch zahlreiche interessante weitere Falk
die Liste derjenigen von DamiestEter, Mols composés S. ï80, aufgelñbrtcn ai-
sammengesetzteo Wärter, die sich als detivationsfñhig erweisen, onta Bei-
fügung einer Sammlung solcher Derivate im Provenzaliscben. Es handelt sii
um den Ableitungslypus orfèvre ; orfèvrerie; plafond -.fiafonner plafonnagti
deren Derivate bisweilen den Eiodrnck des Gezwungenen machen, wie meftH'
âg-eux (vgl. das ungezwungen sich einstellende dtsch. „mi itela) 1er lieh"). Tlu
Ergänzungen sind nicht einartig und bczeui;en nicht in gleichem Grade die Be-
fähigung des Fratuäsischen zu Ableitungen solcher Art, die schon Dotmeslcler
als beschränkt erkannte. In Frage kommen nur AbleitDogeti von denjaii|Cii
ROMANIA NO. 95. 427
"IConiposUU, die aU sokhe gefühlt werden, nicht ven salchea, bei denen be-
grifFIiche Einbptl besteht, was nicbt nnr der Fill ist bei den von Tb. aufge-
nommenen charlemaneigui, don quichollisme (trotz der Schreibung), sondern
auch bei d^boHHairemenl äebonnairutt, depatairiU etc. von heule dui fur
Gelehrte analysierbaren débonnaire, deputairr. 3. entfallen Komposita, zu
deren zweitem Bestandteil schon das Derivat vorhanden war, wie bei den
Ordnangszablcn von 17 an, denn für dix-sepl-iime tM dix-iept schlug die
Brücke septHme von ¡tpt (fur ein uniime wai neben jtr^miVr kein Bedürfnis;
aber es mufsle cent-tt-uniimt faeifsen, weil es ctnt-tt-un bcifsl, und premUr
als Komposilionsglied überhaupt nicht auftritt); ebenso lind in beurteilen
dix-huitain etc. an der Seile von huüain u. dgl., und auf gleicher Linie stehen
aubtsfineltt. dean es gicbt iipinettí, die Derivate von Kompositis mit bon,
mal etc. {z.B. bon-amnturûs, mal-, denn es giebt ai-eniuroi; bon-, mat-iuri,
•èìirté, •tures, denn es ^bt ¿ut/, ¿urte, ¿uros-, mai-aisance hat neben sieb
aisance, mal-artos : artas, mau-lalenttf : íaleali/, und ebenso mainltnement :
lenrmrnl u, s. L). 3. entfallen blofsc Uebersetiungen aus dem lateinischen,
wie chascunjournal ^ quotidianns in Gregoires Dial, und im Vaterunser ;
4. Bildungen ad boc, die keine Lebenskraft besafseo, well sich ihrer niemand
weiter 10 bedienen hatte, als etwa ein Rhetoriker cxier ein om den Reim ver-
legener Dichter, wie Evrart, der in seiner Bible allrtsimenl bildete. Für
iuncmvefontr in sancmutfon (Blutwallnng) nimmt Tb. mit Recht aus laut-
lichen Gründen Anstand, auf ein *môvilio luräckxugreift'O, tind vermutet eher
Zusammenhang mil ü muet wegen tu in vortaniger Silbe. Dafür läfst sich
auch auf boieaon neben il boit hinweisen, nnchdem ein *(bi)biiio nur s ergeben
konnte. Vielleicht 1311t von hier Lieht auf das bisher nur als gelehrter Aus-
druck bekannte mue/, das ich fortfahre von modus zu trennen, da sich daraus
der Begriff Beweggrund bei muef nicht ableiten läfst, wahrend mit moveir
auch die mit muef verbundene musikalische und (gammati kaiisch e Bedeutung
vereinbar ¡st. Dafs es prññxlose Verbalsnbslanliva von starken Verben der
2. — 4. Konjngation gäbe, isl iwar in Abrede gestellt worden, vgl. aber abge-
Hhen TOD vueil, dueil, failli: main, críeme, offre, choix, hé (Aai'r).
P. Meyer, La descente de S. Paul en enfer, fohne composé in Angli-
terre. Unter Ergänzung der Bibliographie der Visio Pauli bei Brandes, Visio
Pauli (iSSs) und Balîouchkof (Rom. XX), sowie unter Hinweis auf seine
eignen Uiltcilungen über die sechs fri. Bearbeitungen der Visio in den Notices
et Extr. 35, l, 155, veröffentlicht P. M. hier eine neu?, von Miniaturen begleitete
Version derselben Legende, vielleicht aus dem Anfang des 14.JI1S. stammend,
midi der Toulouser Hs. des 14. Jbs., mit Beigabe eines Facsimiles, der lat.
Grundlage und einer Beschreibung der Miniaturen sowie Be sserungs vorschlagen
m den 382 Versen, die erballen blieben, und die die Entartung von Vers und
Sprachfonn leigen, die mau in jöngeien anglofri. Werken anzutreffen gewöhnt
ist. Beabsichtigl waren 8-Silbner. V. ïS : citevus 24 mil oies 15 vertauschtí So
ergäbe sich au 16 pendut st. pendit wenigstens einen Augenreim. Eine Aende-
niDg in V. 76 ist vielleicht nicht nötig, da lendrenl zur Not auch das Verbum
im Ad versati vsalE v. 76 bilden kann. Inzwischen bal M. den Text auch in
einer Cambridger Hb. angetroffen, deren abweichende Lesarten er in Rom.
No.QS, sgi ff. verzeichnet; nur die einfachsten Konjekturen M.s werden durch
diese Lesarten bisweilen, die übrigen nicht bestätigt. — Es folgen eine Reibe
höchst gelehrter Nachforschungen und Nachweisnngen über von Dante ge-
kannte Dnd benutzte gelehrte Autoren und Werke des Mittelalters oder des
Altertums von
P. Toynbee, Dante's references la Pythagtras; sie sind im Convivio
und Monarchia aas Aristoteles' Metaphysik, aus Cicero de ofttciis und Tnscu-
lanen, ans Augustin de civilate det und Albertus Magnus de meteoris geflossen;
Dante's obligations to Orosius: O. mehrmals von D. selbst genannt, ist häufig
und gelegentlich wörtlich benutzt, so dafs sich durch O. die Lesart succedette
st. sugger dette Inf. 3, 39 sicher stellen läfst; Same unacknoteledged obligations
of D. to Albertus Âlagnus, begegnend in Div. Com., Conv. und Briefen, be-
treffen die Schriften de meteoris, de juventute et scnectule, de cocio cl de
mundo, de natura locorum; Dantes obligations la Alfraganus in the Vila
luova and Convivio (A. g. 1 142 von Johannes Hispalensis ins Lat. übersetzt) ;
' ■ ■ ' ; wichtige Etläutettmg zura Todestag Beatricens, V. nuov. e. 30.
428 R- J, CUERVO,
MELANGES. A. Mussafia, Francese vals, vaU, valent; tab, iúH;
ehielt, chalí, Das verscbicdenllicb erkUitc a in diesen Fonnen denlet U. im
Anschlufs an Comii, Rom. 7, 354, ans dem Zablcnverhaltnis der Formen dies»
Zcitwötlec mit a gegmiìbei denjcn^n, bei denen e zu erwattea «ar (noi in
2. 3. Sgt., 3. PI, Pias. Ind.}; der besonders hiuBge Gebrauch der 3. SgL bei
ckaioir werde dem rc^bnSlsigen ehielt den laogeTen Bestand gesichert haben
(cbetuo erklSrtc ich von jehef, und Andere wohl gleichfalls, die An^ogiaEniDg
von amer und den übrigen cndungsbptonten Formen durch die nnr 8 Fornii
des Präs. mit ai: aime ele aus dem häufigeren Vorkommen dieser siaoini-
helonlen Piaseosforaien im praktischen Leben, — ebenso \kí prier, veoir 11.a. — ,
und die umgekehrte Analogisierung bei clamer: claim, -ei, -e, -ent u.s.«.
nach endungsbelontem clamer u. s. w. lU clame, -es, -e, -enl aus dem Nichl-
übetwiegcn der bet, Präsens formen im läglichen Gebrauch; ebenso verhält tj
sich mil laver trouver jover, courir ouvrir souffrir a. a.). Die Frage nacb
der mchifach behaupteten Einwirkung cines / auf die Eihallung von TorloDÎgem
a hinter c lelinl M. ab so entscheiden.
E. LaDglois, Interfelaliûits du Jeu de Robin et Jltirùin; es sind
V. 588 — 757 und 783—800, beide nur in einer Hs, überliefert und in den
iwei von einander unabhängigen andern Hss. fehlend, beide störende Ein-
schaUungen und reich gereimt, wihrend bei A. de 1a Haie der reiche Reim
nur zufällig erscheint, und beide in der Kcimweisc, sowie in Wort and Wen-
duDgen übereinstimmend mit dem yiu du fitertn. dessen Verfasser die Per-
sonen der interpolierten Stellen im Robin et Marion sogar benutEt, daher ei
auch diese verfnist haben wird und zwar zur Zeil, als er das yeu da pilerai
als Prolog, vielleiclit znm Zwecke einer neuen AittlÜhnmg des altem Stückes,
dem Robin tt Marion vordichiete. L,, der soeben auch ane sehr cmpfeblcni-
werte neue Ausgabe von R. et M. mit gegenüberslehender frz. UebersetiuDg
veranstaltet hat (bei Thorin et ÜU, Paris 1896), vertritt diese Auffassung ia
überzeugendster Weise.
G. Raynaud, ¿e dit du cheval à vendre, in einer wertvollen Hs. von
Chantilly, 14. Jh., deren Inhalt R. vollslàndig (mit bibliographischen NoükbI
verzeichnet; die kurze Vcrkaufsnnkändigung eines mit allen Mängeln behafteten
Pferdes in 51 8-5Ìlbnem enthält etliche nur selten anderwärts atlzutreffelide
Vokabeln und ist nicht ohne Witz.
COMPTES RENDUS. Abhandlungen Herrn Prof. Dr. A. Tabler ...
dargebracht (G.P.; P.M.; G. Raynaud); Gorra, Delie origini deüa foeii-t
Urica del Medio evo (Jeanroy); Springer, Dai aitfrov. Klagelied mit Si-
rüctiichligung der veraanäten Lilt, (JetoToy); Cesareo, La poesia sîciliaiu
lullt) gli Suevi (Jeanroy): Wechssler, Ueber die verichiedenen Rcdaciitiuii
des Robert von Barron ¡Mgeschrieb. Graat-Lancelol-Cykltis (G. P.).
PÉRIODIQUES: Giornale storico deUa IcU. ital. No. 67. 68. — D Pro-
pugnatore, t. VI, parte i, Januar-April (1893).
CHRONIQUE: Verschiedene Nachrichten, darunter die Mitteilung ñber
einen Recneil des idiomes de 1a région gasconne, der von Bourciez ins Lebea
gerufen, die Uebcrsctzung des Gleichnisses vom verlorenen Sohn ans 414) Ge-
meinden enthält, von Schullehrern der einzelnen Orte ausgeführt, und im voiigea
Jahr im Ms. in Bordeaux in 17 Bänden ausgestellt worden ist. Kune An-
zeigen neuer Bücher und Schriften ,
G. G.
Brief an den Herauegeber,
Paris 17 de Diciembre
Muy Señor mío y de mi mayor respelo:
Por ijescuido de la libreria
de i89S-
1 principio me ha sumiDlslrailo
el Zeilsehrift für romanische Philologie, no llegú á mis manos hasU hwa
tres ó cuatro días la entrega linai del ano de 1894, en la cual se halla od
articulo en espi^ol sobre mi Diccionario Je conslruccióit y régimen áe ¡*
lengua castellana, que puede contribuir á que fiHtnen concepto ísexaclo lie
BRIEF AN DEN RKRACSCKBER. 429
1 obra las personas que no hiyaa tísIo d prosperto distribuido con los
pnnicros àia pliegos, ó que no tengan tiempo para leer ta introducción y
vcriJîcar en los dos lomoa las afìimationes contenidas en aqatl escrito.
Desde la primera línea del prospecto mencionado adveid qne mi obra
no er» on diccionario general de la lengua castellana, y que no contendría
sino tas palabras qae crrecen algún interés sinticti^o, ya liiesc por so rígimen
especial, ja por las combinaciones i qae se prestan; en seguida eipliqni con
la nayor claridad que supe, cuáles ersn las palabras que podían encontrarse
allí. Lo mismo y más atensamenlc hice en la inlroduccion, siempre en el
supuesto de que la base era la lengua literaria ; clásica del si)>lo XVI acá.
No tiene pues rai¿n algnaa el censor para cebar menos en mi Diccionario
voces que no están caraclrriíadas por ana sintaiis especial, ó que solo apa-
recen en obras anteciáticas, como islas que ii alega: aies, aviliar {bütitr),
abueslat, adeUnar, adílinnho, etc.; cabaso, contra, catiMínt, etc. Por lo
mismo tampoco tiene razón para exigir que yo traiga inSexion« ó acepciones
asiarianas, pues que mi olirt se refiere al castellano literario, y solo inciden-
talmente cito Us formas provinciales y dialfcticas, si dan liu al castellano, ó
en el caso de haber sido usadas por algún escritor coincido.
Asienta el censor que en los amcalos que realmente forman y deben
formar mi Diccionario, fallan cosas sustanciales. Vamos á verlo.
En la prep. A dice fallan sus equivalencias con otras prepoúciones: en,
de, tegún. con ó en, Imí-ia. por, al; y en la prep. De las equivalencias yue,
can, en; citando para cada caso nao ó más pasajes del Poema del Cid. El
empleo de d para signiñcar situación é indicar el Ingar donde se hace a1i^
{,yA la torte de don Vrrsca elle las deio". Cid, 1811), aparece largamente
explicado en el ardcnlo correspondiente de mi Diccionario, párrafo 12, a, y en
la p. iS^ eslá citada un pasaje igual á aquél del Cid; su empleo en la frase
alter a con infinitivo [Cid, 219, etc.) está explicado en la p. 26>, e; su empleo
para signiñcar eonfomûdad esti en el párrafo 14 (p. 19), y en la p. 2B* cito
el v. l¡7 del Cid {la cita del censor está errada); la significación modal
(„a alias aozcs taman". Cid, 35) se halla dilucidada cu el pátrafo 16, y el
mismo lugar del Cid se lee en la p. 28''; el significado de mera dirección,
semejante al de hacia („La cara del cauallo lomo a Santa Maria", Cid, 215)
se explica cd el párr. 3, a; de cu sentido instrumental („A los primeros colpes
dos moros mataua de la lan(3". Cid. 33S6; no 2JS5, como dice el censor),
está abundantemente comprobado en el articulo de esta prep., párr. 12, a; su
nso con verbos como pensar, resol-ver, etc. se halla ahi mi>mo, párr. IJ. A
(p. 789>>), y se <Ian en su logar ejemplos antiguos, fuera de que va advertido
en cada verbo que admitía esta conslmcciún. Si no escribiera yo en caste-
llano, tuviera por ocioso apuntar los inconvenientes del mítodo empirico de
explicar una particola por otra, ann en los casos más divenos, solo porque
se emplean en dos frases de significación pareciila, ya pertenecientes á una
misma época de la lengua, ya á distintas: sucede que óbjetinaatenti pueden
dos términos expresar nna relación semejante, ó si se quiere idéntica; roas
sujetivamente, en el terreno de la sintaxis, aqnellos términos y relaciones
son diferentes, y al gramática cumple deslindarlas y dasificarlas según su
desenvolvimienlo ideológico. Haré palpable la importancia de esta doctrina
en las siguientes locuciones cuya equivalencia me acusa el censor de haber
omitido: á en lugar de fcr, en .¡A los indios le deieste prender do dizen
monte Caluario" (Cid, 347): las dos preposiciones no son equivalentes ni la
Diia subroga á la otra, porque cada una es signo de una fórmula ¡deoli^;íca
peculiar: en „se dejó prender á los judíos", á designa nn dativo, y en „se
dejó prender p«r ó d« los judias", por, de seSalan el agente de un verbo
pasivo. Todo esto se halla eiplícado en el verbo dejar, párr. 1 1, d, q, y ei
mismo pasaje del Cid está copiada á la p. 867 h (otro igual de la Crùfoca
general, p. 866"). Decir si ¡ó no), decir gue ti, decir de sí íc diferencian
en que lo primero representa el si en estilo directo, lo segundo es frase
elíptica de estilo indirecto, lo tercero representa la afirmación como materia
de que se tr.iti: ya se ve que no hay equivalencia gramatical; las tres cons-
trucciones están explicadas en decir, p. S14''. SidK Salta sobre todo á los
ojos lo vicioso de este sistema de equivalencias cuando el censor afirma que
' AN DKK BERAUSGBBSR.
„Non viene a
a la bast a cuba de, i
por el agna a
pasüsdo" {Cid, 150), â signiSci
a al. solo por la. raion de qa«
ui tradoce él, f i so modo, Uà eipresiones referidos. Cosa parecida <3 _
del mi de la misma preposicÍ¿lt con el verbo entrar („enlTando a Baigos".
Cid. ti y atra« pasajes qoe el censor olvida): según lo indico en su lugar.
I, p. as*, ™ cartellano reúne d los dos scnüdos del Ut. ad i in, de modo
qne se dice „»oy d casa", „lo llevaron d la cárcel", „retiraise d Asturìis"
(p. l^). y por consignienle la construccióo de mirar es tan correcta con esti
prcpoticiän como eon m; soto que el censor no repara aa ello sino porque
■caHí rsít acostumbrado al uso de Castilla, donde es exclusivo ei áltima
r^men; en ouas parles y sobre todo en la América espaflola predomina el
del Cid. que también emplean otros escrilort^ célebres poíteriores; de modo
que con semrjanle criterio podrían pretender mis paisanas que cuando Icn
madrileños dicen mirar en Madrid, tn es equivalencia de d. Sea de ello lo
qne se Taere, ésta iko es aplicación espedal de d, y por tinto no se encontruä
sino en el verbo entrar, ai Dios quiere que publiqne el tomo ni.
Antes de pasar í los demis articulo», forzoso es advertir qne en oca-
sÍDoes esiá la censara concebida en términos tan oscuros ú CitraBos, que do
es ficil atinar con su verdadero sentido: el primero por su orden lo pmebí
bastantemente: en arranear dice el censor qne faltan sns „may disüaloi
significados"; para lo cual seria menester que eslnviesen eu blanco las trece
columnas largas que ocupa este verbo. También echa menos „el astnriano
caya {Od. J13. 1629)": cstn inQeiión está comprobada como casiellana. par»
la época clásica, con muchos pasajes de Erdlla. Fr. Luis de Granada, ^nla
Teresa, etc., y para la ¡interior con otros de Lópci de Ayala, de las Corles
de Alcalá (1348). de las de Madrid (1539I, de D.Juan Manuel, de las Parti-
das, del Apolonio y, lo que bace más singular la acusación, con los dos
mismísimas pasajes del Cid qoe él me alega. Igualmente echa menos „ru
calane cl còlane actual en sentido de meterse": en los dot verbos eaitr
(párr. 3, a: p. 33>) y ciliar (1, e: p. lS3l>) se halla cumplidamente comprobada
la acepción mencionada. Ademis; ,^ûgeT, asluríano . - - v. £t, "do mr (o^
en la cabeía";" como puede vcrïe en el tomo C, p. iSl', este Uso inlransitiio
de cogtr DO es peculiar de Asturias y figura ya en el Diccionario de la
Academia. Tampoco es peculiar de A<iturias cudiar por cuidar, como qne
se usa en Andalucía {Zeilschr.f. ram. Phil. V, p. 31 1): es vulgaridad antigua
cuyo uso en el siglo XVI comprueba á la p. fiSb^, No encontró tampoco el
censor cumplir por bastar, ser suGciente, que está registrado en la p. '•95'' y
comprobado con mucbos ejemplos; ni cuntir, que, como (orma primitiva de
acontecer, se halla atestiguado en este verbo <I, 137—8); ni deläerar. delibrar.
de los cuates el primero tiene articulo especial, en cuya etimologia se diieni
largamente sobre el último. Echa menos ,^nde {Cuervo, I. 441 [dende afora]
y II, S96 [supongo que se reñere al uso propio de de esta vo^) en reUciúD
con dent y desde, que el pueblo confunde con h y s"', si con esto se quien
decir que yo no he hablado de la confusiún de drude y desde, remito al lector
á los dos arliculos (II, pp. 894b, 1034"). donde bnllnrá tratado este pumo
extensamente (añadiré que deiend, desi, ò sea des end. des y. se hallan ea U
prep. antigua des. ut fm de desde. Además echa menos derecho por latis'
facción \Cid, 3139}. á pesar de esbr defmido en la p. 918^ y de haber en
la p. 910 a entre los ejemplos antcclisicos varios lomados igualmente del CU;
también „dichoso en el sentido irónico que no trae el diccionario académico.
de verwünscht, verdammt, con la [citai] de la pig. 1225 (í/n drama nntvof;
pues ese dichaso es la acepción señalada con la letra c en este adjelito "j
aulorlïada con cuatro ejemplos. Aunque irato al principio del articulo dotít-
quitra. doquiera sobre el uso de las formas apocopadas dondeguitr, dagaf-
escribe el censor: „[Echo de meaos] doquier aunque trae citas (la Acadcmii
no admite el Un usado por doquier, überall)." Mis eitraDo todavía es i]ii'
«1 daca eche menos „las citas de Valdés y Cervantes ó del asturiano y main*
leBo": una cita hay de Valdés y tres de Cervantes: ¿cuáles son esas ottM
tan importantes equivalentes al asturiano y madrileno? Si para el nio *
Madrid no basta el testimonio de Lope, Quevedo y Moralin (de quienes *7
ocho ejemplos), no sé cuál otro pueda buscarse más respetable.
p. DE MUGICA, ANTWORT AN DEN HERAUSGEBER. 43 1
Por este y otros reparos del censor llego á figurarme que en su con-
cepto una obra como la mia ha de copiar en cada articulo todos los pasajes
de todos los autores que han usado la palabra: lo que él exige ahora para el
Cid, otro dia lo exigirá para Bcrceo, otro para la Celestina» otro para Cer-
vantes, Lope y demás autores renombrados; y como los gustos son varios,
en otras ocasiones querrá lo mismo para obras de menor fama, y el Diccionario
no cabria en millares de volúmenes.
En materia de etimologías solo diré que en mi Diccionario nunca he
dado á doctus como origen de ducho, y por tanto era excusado que se me
citara la autoridad del sefior Comu, que con razón reprueba tal derivación.
Tampoco he dicho que agimitar tenga otro origen que el germánico, de
todos reconocido, para que el censor me remita á ima obra suya, donde re-
sulta estar conforme con lo i^ue yo he afirmado. No siendo mi objeto entrar
en polémicas sino rectificar aserciones erróneas, no me extiendo sobre otras
opiniones del censor, ya relativas á esta materia, ya á otras. Por lo que hace
á las cuestiones gramaticales, como si el adjetivo docto puede sustantivarse,
si varias partes y lugares es concordancia vizcaíno (sic), si á mi Diccionario
no conviene el titulo de construcción y régimen, porque estas últimas palabras
significan de flexiones» basta mencionarlas para que salte á los ojos la respuesta.
De las tres erratas que me apunta el censor, las dos he sacado al margen
con agradecimiento; en cuanto á la otra llega el aviso un poco tarde, según
puede verse en la p. xlviii de la introducción, nota 2: turbadas por trabadas
en la p. 273 s tomo I, no es errata mía sino lección viciada de las ediciones
de Fr. Luis de León, en la estrofa 12 de la oda á Santiago; así lo advierto
diciendo que la lección verdadera es trabadas, y que esta corrección la hizo
ya Coli y Vehí copiando el pasaje en sus Lecciones de Literatura^ y p. 178.
De insensatez me culparía yo mismo si presumiese de que en mi obra
DO pueden descubrirse descuidos, errores é ignorancias; pero por lo mismo
no debo consentir que aparezca con tachas solo existentes en la imaginación
de otro. Confiando en el espíritu de justicia y en el amor de la exactitud
científica que siempre han caracterizado la Revista que U. tan sabiamente
dirige, espero que se sirva publicar en la misma esta rectificación; sin que
roe disuada de tal empeño el pensar que sea ya muy tarde, pues que la Re-
vista de U. es de imi>ortancia permanente, y conservándola los doctos como
repertorio precioso de filología romance, la distancia de un año entre el error
y la corrección no es de mayor monta que si solo mediaran 1res ó cuatro
meses.
Me honro en suscribirme de U. respetuoso y obsecuente servidor q. b. s. m.
R. J. Cuervo.
Antwort an den Herausgeber.
Muy Sr. mío y de mi mayor consideración: De labios autorizados he
tenido el gusto de escuchar que en la critica del „Diccionario de Construcción
y Régimen" y en mi „Maraña del Idioma*' en que la completaba, traté á su
autor con suma ponderación, merecidisima bajo todos conceptos. De ahí que
me haya causado extrañeza, en su réplica á mi crítica, el tono un tanto agrio
en que está redactada. Voy á contestar á ella lo más brevemente que me
sea posible, solo por deferencia al autor y á los ilustrados lectores de esta
revista, en la cual soy el último colaborador, considerándome muy honrado
con tal titulo.
£1 autor, como los lectores de su obra, han de concederme lo siguiente:
I o que es difícil distinguir todos los puntos tratados en cada articulo del dic-
cionario, por una falta material, la de no exponer con mayor claridad los
varios sub-grupos, dejando en blanco solo parte de un renglón entre ellos,
lo cual no haría abultar el libro en muchas más páginas : 2^ que bastaba haber
citado los ejemplos más característicos, en obsequio también á la claridad,
además de á la brevedad. Merced á la confusión, defecto capital en una
▼olmninosa obra de consulta, dejé de ver lo que el recensor me recuerda.
432 icmviLUNG.
Hacen mal este y la Academia en considerar como castellana la finse
„no me coje en la cabeza". Es asturiana. La he leído en El Impardal solo
una vez, en un articolo esento por Genaro Alas, asturiano, y figura en d
vocabulario bable. Como „no cojo** por „no piepo^*, es dialectaL
Quien haya vivido algún tiempo en Castilla, sabe que „concordancia
vtMcaino** (sic, sí seftor) significa mala concordancia. Yo no hice mis qoe
notar la de varias . . . lugares, parecida á la académica de diversas lugartu
El sistema de equivalencias que empleé no es mío: lo he aprencUÍdo en
el diccionario de la Academia, y á falta de otro más breve y práctico, no
hay más remedio que seguir usándolo, para que el lector pueda comparar la
preposición actual con la empleada antiguamente. Que es vicioso, no teoíi
necesidad de apuntármelo el autor. Por el sistema de traducir preposiciones
no he pedido ni pido privilegio de invención; los honores todos corresponden
á la „sabia corporación" que nos rige.
Es muy particular que el censor de la crítica me eche en cara el fijanne
para las equivalencias en el uso de Castilla. Que emplean mejor las pre-
posiciones en la América espafiola que en Espafia. Enhorabuena. Pero eso
no constituirá norma para el idioma, sino para el dialecto, ó los dialectos,
de allí. Nosotros nada tenemos que ver con ello, en el caso presente. Por
allí dirán también la tan repetida frase echar menos» Nunca la he oído en
Castilla, donde se dice echar de menos. Ya sé que la escribió sin de Jove-
llanos, y Cervantes en el Coloquio de los Perros, y que se lee en Fray Ge-
rundio, libro III, capítulo V, párrafo 22, y en Don Juan Tenorio, acto m,
escena II. Pero con seguridad que aquí Zorrilla la usó por necesidad dd
metro. Hoy la frase es asturiana, no castellana. Tenga el censor tamMéa
esta advertencia en cuenta para el tomo III, que Dios quiera publique, como
deseaba yo, sinceramente, en los últimos renglones de mi crítica.
De V., sefior Gröber, afectísimo y atento s. s. q. a. m. b.
P. DE Mugica.
Mitteiliixiff.
Herr Prof. John E. Matzke, Stanford Univ. in Californien, 1^ Wert
darauf, dafs vom Herausgeber der Zts. erklärt werde, daCs nicht er fur die
Druckberichtigungen Zts. XX S. 144 zu seiner Abhandlung in demselben Heft
S. I ff. verantwortlich , der Probedruck derselben vielmehr zu spät in seine
Hände gelangt sei, als dafs er eine Korrektur rechtzeitig hätte erledigen könneD.
In der That muíste der Reindruck des belr. Bogeos der Zts. früher erfdgeOt
ehe die Korrektur des vom Druckort so weit entfernt wohnenden Verfassen
eintraf, so dafs ihn keine Verantwortung für die mangelhafte Fchlerberich*
tigung des Probedruckes trifft. D. H.
Zu S. 372 louP'garou ist noch hinzuweisen auf Kögel in Pauls Grdr.
I 1017 und Goldschmidt in den Tobi er- Ab Handlungen S. 164.
ZEITSCHRIFT FÜR OELTISOHE PHILOLOGIE.
Prospekt.
Das Erscheinen einer Zeitsclirift, die sich die Pflege der
celtischen Philologie zur Aufgabe stellt, bedarf bei den
Fivunden dieses Zweiges der Spracli Wissenschaft kaum einer
Rechtfertigung, da es offenbar an einem dem Zwecke aus-
schliesslich gewidmeten Organe fehlt. Obwohl die in Paris er-
scheinende Bcvuc celtique der Wissenschaft seit 25 Jalu'en die
vorzüglichsten Dienste leistet imd allen Fachgenossen unentbehr-
lich ist. so sind doch gleichwohl nicht wenige Arbeiten auf
diesem Gebiete in Zeitschriften allgemeinern (Imrakteins leider
weit vei-sti^eut und nicht immer leicht zugänglich. Diesem Uebel-
stande sucht unsere Zeitschrift einigermassen abzuhelfen. Sie
soll daher international sein und wird ausser der deutschen auch
die englische, ftanzösische und italienische Sprache zulassen. Sie
soll wissenschaftlich gehalten sein und wird auf dem festen
(rrunde fortbauen, den J. C. Zeuss in seiner Grammatica cèltica
gelegt hat. Ihre Aufgabe nmfasst demnach sowohl die gälischen
als auch die britannischen Sprachen, und nicht nur die alten
Formen, die in Inschriften und Handschriften überliefert sind,
sondern auch die neuen, die in Mand, in den schottischen Hoch-
landen, auf den brittischen Inseln, in Wales und in der Bretagne
noch fortleben.
Ueber die Anforderungen, die an eine philologische Zeit-
schrift gestellt w^erden müssen, ist man heutzutage im wesent-
lichen einig. Es braucht daher bloss angedeutet zu werden, dass
mit den grammatischen und lexikalischen Studien, denen wir
Raum geben, der Inhalt der Zeitschrift für celtische Philologie
nicht erschöpft sein soll. Von der Sprache sind Litteratui'-
^esehiclite, Haiid>ídinftenknii(ie, Textkritik untreniihar. So wirf
denn die Zeitschrift aucli miediei-tf Texte in celtlschen Sprachen
and kritißclte Ausgaben von Texten bringen; doch sollen sie in
der Hegel nicht ohne üebersetzung und Bearbeitung veröffent-
licht werden, Dagegvn ti'eten üslhetische Betrarhtuii^eii oder
Würdigongen aus dem Bahmen einer philologùchen Z^tschiift
Altertümer, Sitten und das weite Feld d^ FolUtoiatco
sollen von der Zeitschrift nicht ausgesdilosseii sein, insofern da*
(jegenstand durch die Sprache erläutert werden kann oder n
deren Erläuterung dient Aber Denkmäler ohne Inschriften oda*
Märchen ohne ihren Urtext, wie verdioistlich immer ihre Be-
kanntmachung sein mag, haben ffir die Philol<^e keinen W^
ebenso wie geographische oder historische Abhandlungen, wens
sie nicht etwa die vorliegenden Quellen kommentieren.
Ton den erschienenen Schriften wird die Zeitscluift aUes
Wichtige aus dem Bereiche der celtischen Sprachen znr Anzeige
bringen, sei es mit kurzen Inhalteangaben, sei es in aosführlichen,
kritischen Bespredinngen. Doch liegt es nicht in der Afasidt
der Herausgeber eine vollständige celtische Bibliographie n
liefern.
Das vorliegende erste Heft wird den mannigfaltigen Inhalt,
den die Zeitschrift für celtische Philologie haben soll, gieichsem
im Auszuge veranschaulichen; und nir dOrfen die Zuversicht
hegen, dass wir das Unternehmen iu der begonnenen \\"eise, alle
Sprachen und Litteraturen umfassend, fortsetzen können, denn
die hervorragendsten Fachgelehrten haben diych die Zusage
ihrer Mitwirkung die Herausgeber geehrt und zu aufrichtigem
Danke verbimden. AA'ir sind ermächtigt die folgenden Namen
zu nennen:
E. Anwjl in Aberystwyth,
H. D'Arbois de JubainviUe in Paris,
Ö. I. Ascoli in Mailand,
E. Barry in Rathcormack in Irland,
G. Dottin in Rennes,
L. Duvau in Paris,
E. Ernault in Poitiers,
J. Fleming in Dublin,
H. Gaidoz in Paris,
F, Haverfield in Oxford,
H. Henebry in Manchester,
E. Hogan in Dublin,
P. M. C. Kermode in Ramsey auf der Insel Man,
H. Kern in Leiden,
E. Lid en in Upsala,
W. M. Lindsay in Oxford,
J. Loth in Rennes,
I). Mackinnon in Edinburg,
J. MacNeill in Malahide in Irland,
A. Nutt in London,
D.O' Follarla in Calla, Ballyconneely, in Irland,
E. 0' Grown ey in Tucson, Arizona, U. 8.,
Th. Powel in Cardiff,
J. Rh^s in Oxford,
Wih Stokes in London,
J. Straclian in Manchester,
R. Thurneysen in Freiburg i. B.,
E.W indisch in Leipzig,
H. Zimmer in Greifswald.
Die Zeitsclirift für celtische Philologie wird mit möglichster
Regelmassigkeit vorläufig in halbjährlichen Heften erscheinen.
Beiträge werden unter der Adresse eines der Herausgeber erbeten.
Im Januar 1896.
Die Herausgeber :
Kuno Meyer^ Ludw. Chr. Stern,
57, Hope Street, Liverpool. Berlin W., Cnlmstrasse 37.
Die Veriagsbuchhandlung:
Max Niemeyer,
Halle a. S.
Die Eonjugation im Béamisohen.
Arch. raun. = Archives municipales de Bordeaux, 1867 íF.
Bourciez, La conjugaison gasconne cC après des documents bordelais, in
Annales de la faculté de lettres de Bordeaux 1890, S. 196 ff.
Dejeanne, Contes de la Bigorre, Romania XII S. 566 flP.
Grateloup, Grammaire gasconne, R. d. 1. r. XXX 5, XXXI 15.
Le spy, Grammaire béarnaise, 2« éd. Paris 1880.
Lespy et Raymond, Dictionnaire béarnais ancien et moderne, Paris 1878,
2 Bdd. (L.-R.)
Lespy et Raymond, Récits d* Histoire sainte en béarnais, 2 Bdd. (H. S.)
Luc h ai re, Études sur les idiomes pyrénéens de la region française, Paris
1879. (Et)
Luchaire, Recueil de textes de V ancien dialecte gascon, Paris 1881. (Rcc.)
Meyer, P., Romania III 433, V 369.
Musée des archives départementales, Paris 1878.
Puymaigre, Romania lu 89.
Revue des patois gallo-romans I 142 (Lectoure), 284 (Pau), 285 (B.-Pyrénées),
II 109 (St.-Sever), 286 (Boast, Boueilh), III 103 (Pau), 130 (Mon-
taner), 131 (Garlin), 166 (Eaux-Bonnes), IV 229 (Arréns).
Romania XII 571 (Bagnères-de-Bigorre), 577 (Aste).
Die vorliegende Abhandlung versucht eine Darstellung der
béamischen Konjugation zu geben; die andern gascognischen Dia-
lekte werden indes dabei nach Möglichkeit zum Vergleich heran-
gezogen.
I. Die Zahl der Verbalformen ist im Béamischen dieselbe wie
im Prov.; auch in der Bildung derselben stimmen beide Sprachen
meist überein, nur Imperfektum (und Kondizionale) und das Per-
fektum nehmen im Gase, zum Teile eigenartige Gestalten an.
Charakteristisch für das Gase, ist, dafs es dem Verbum stets
die Partikel ke oder ^, auch be als Begleiter giebt — Ke geht dem
Verbum in allen Tempora des Indikativs und Konjunktivs voraus,
das Subjekt steht vor dem ke, die Negation und die enklitischen
Pronomina nach demselben: ke dizi (je dis), yu ke dizi^ yu ke nu
dizi, yu ke-u dt'zl; Pçmi ke dils. Im subordinierten Satze aber fehlt
es {Lespy, Gr. § 499). — Die alten Denkmäler wenden que selten
an, was sich wohl durch £influfs des Lat. erklärt; einige Beispiele
finden sich aber doch: Perartiaut que s^en es exit de Postau Q. 1387)
Lespy, Gr. § 498. (Lespy, 1. c; Luchaire, Et. p. 234, führen noch
andere Beispiele an, die teils sicher nicht hieher gehören, teils, aus
dem Zusanmienhang gerissen, nicht zu kontrollieren sind). — Heut-
Zettschr. L rom. PhiL XX. 28
fir Gebieee »41 ■mili I. wit Ai
j
I, áaít ma^ ■■ Ar <fie Konjotktíoo f«(«tf en er-
nr ■ JBB0 abgaehwithten Bedeatang. die
alca ~^**-'****' "■* mmaamcbBK Sfmdhcn, m der neueren Znt
biwiliii d^ %a.2aas |,iri«Í|, ist; au áa fcxnsdea Bedeutang
eanñ^ck ñók mit Íbh^ itiiketB Vabfassnig deiselben die
FlAlion des f«r ab UtA auakcnder, aalzveibmdender Koa-
imktiaa. la Gaac itt dM>e Absdwâdmig so wtít gegangen,
dab Ar »■■ Mâodigen Begkíier des Vertxims gewordeo ist; dafs
das Sobjcb vor tí triti, hat oboe Zweifd seaneo Gnind dann, dars
die alle Sprache das Sabj. nach dem Verbmn setzen konnte; als
eraterea nach ureDgercr Wortfolge an die Spitze des Satzes treten
mafste, war ie bereits mit dem V'ertmin venrachsen.
Die eben gegebene AafTassong des Jte als einer Abschwächung
des verbindenden cue wird bestätigt durch die Venrendang von e
(in Oloron 2/ ^ et) in derselben Funktion; < wird mit Vorliebe in
Fragesätzen gebraucht (Lespy, Gr. % Ö32].
Se endlich dient zur Verstàrknng der Aussage; es ist wohl
lat Òene; der Verlast des -e for Vokal und die Form St (statt et)
in Arrena erklären sich aus der proklitischen Verwendung (vgL in
Anéns auch /f/ ^ frz. tiens!).
Im folgenden bedeutet I die a-, 11 die i- und l-, III die
I- Konjugation, l — 6 die Personen.
a) Endungen.
2. Präs. Ind. Die i. solite lau (gesetzlich endungslos sein,
aufser nach Muta + Liquida. — Doch ist dieser Zustand schon in
den ahcn Texten selten; dan Ree 67 (a) (doni 67 b), reni 2, reeo-
noch log, prec H. S. 1, 1 ; am häufigsten noch bei den Inchoativen:
insliluisc Kec, Öq, eslablisc 89, subsliluisc qo. Meist ist in der alten
Sprache die nach Muta -f- Liqu. berechtigte Endung -i {-e) auf alle
Verba übertragen worden: doni Rcc. 8, prmi, rfrai* 39, ^.jrf/ 40, ¿out,
douf 07, fiouMt 90 etc.; — iniro wäre eigentlich streng lautgeselz-
Hell tnlt (t aus r), vgl, benU (venire), nutle (nostre) etc., doch hat
selbstverständlich Analogie frûliieilig platigegriíTen. — So hat auch
die moderne Sprache durchgebends -1 {-t)\ ausgenommen sind nur
die -i-Vcrt>«, sofern sie sich nicht cbcnlalls der allgemeinen Ten-
dern filgeii (S 16), dann Verl« wie dau, bau etc.. endlich geben
L.-K, dik nelwn diav, nus Arrena giebi Casteig deziSit (je dédis) mit
der Itczeichiienden Bi-merkung: „les jeunes diraient dettiti: —
Sonst «ber: fifdl, drlt, fr/gt, strUii etc
Die (ìmalt dea Kndungsvokala ist fast durchwegs -i; -e findet
»kb 1. B. in Arrena; g^ [0")"*«]. »ÌT'. h« Graieloup: parie (aber
doch hitit ^ Ht 11«), — Auch in alien Denkmälern: man* H. S.
I 11; nmt II q8 neben tmtxi I, 6, «n I 34 etc
a. IVnon, Dei der 1. Kot^fugatìoii ist die lauljgasetilìche Endang
DIE KONJUGATION IM BéARNISCHBN. 435
-CS mit den entsprechenden Modifikationen des ç^ stets bewahrt
worden. In der U. III. Konj. sollte die Endung -s lauten; dies
fìndet man in älterer Zeit: serbe x s H. S. I 54, ferexs II 116, conexs
(cognoscis) n 98, retz (reddis) I 8, dttz (dicis) II 100, respons II 1 14,
poiz II 114, bols II 32 etc. — In Modalverben hat sich diese £ndung
bis heute erhalten, doch macht ihr die analogische -es starke Kon-
kurrenz: deus und debes^ saps und sabes^ pos und podes^ dos (kein
bo/es); [batis, Gironde, sonst ba/es, kann durch das Frz. gehalten
sein. Grateloup giebt noch mehr dergleichen: respons, en/ens, dits,
kauis (cadis) etc. (Rev. d. l. r. XXX 34 ff.). — Bei der Mehrzahl der
Verba II, III aber ist die Endung -^x, die nach Muta -|- Liqu. laut-
gesetzlich stehen mufste, in der 2. durchgedrungen; man darf an-
nehmen, dafs die Verba, deren Stamm auf Sibilans endete, zuerst
-es annahmen, vor allen die Inchoativen; daher modern: benes
(vendis), audeèis (audis), sentes, kreèes etc
3. Person. 1. -ç, II. III. endungslos; beides in alter und neuer
Zeit unverändert erhalten: laxa Ree. 13, pod 22, deu 12, jasz 19,
auct 64 (a), arcep 65 etc.; modern: //Sff, pot, deu, arsep, dits etc. —
Cort Ree 9 ist blofs graphisch, da eben / nach r stumm war ; deut
(debet) in Orthez (L.-R.) kann ich nicht erklären, wenn -/ nicht
etwa ebenfalls blofse Schreibung ist.
4. Person. I. ^am, IL -ém. III. -im. Den Abfall des -s teilt
das Gase, mit dem Gemeinprov. — Das auslautende -m wird auf
einem noch zu bestimmenden Teile des gase. Gebietes zu -/i, so
in Bordeaux seit dem 14. Jh. Bourciez p. 202; in Lectoure: rizfn,
kucä (nous couchons), kuntâ^; vgl. die umgekehrten Schreibungen:
forim Ree. 1 8, merbilhim (6.) H. S. I 1 20 u. dgl. ; auen (: kumben) C.-M.
289; maridan ib. 304; ebenso in Auch. — Meist hält wenigstens
die Schrift am -m fest: auem Ree. 23, dizem 24, autrejam 22, esta-
blim 52; Lespy, Luchaire, Grateloup geben nur -m. Die Gironde
und die Landes haben I. 4. -em^ 5. -ets also eine Uebertragung
von U. auf I. (Bourciez 203). Vgl. das Impf.
5. Person, -o/x, -//x, -//x; die Aussprache des -/x variiert nach
den Dialekten: -/x, -x und -c erklären sich nach den Lautgesetzen.
Áufserdem aber findet sich Verstummen des -x auf ziemlich weitem
Gebiete. Lespy, Gr. § 164 bemerkt: „Cette désinence verbale, où
X, 2, en sonnant doucement, affaiblissent plus ou moins le /, se
fait entendre dans le plus grand nombre des communes apparte-
^ Der Laut, den ich mit ^ bezeichue, ist in verschiedenen Gegenden ver-
schieden. Das tonlose a wird in der Regel geschwächt; als a findet es sich
nur in Bigorre und Hoch - Comminges , doch schwankt es auch hier meist
gegen ^, so in Arréns, Aste, Gerde. Auch aus Garlin wird 2 gegeben. In
Boast soll nach R. d. p. g.-r. II 286 nach p, t» k d, sonst S gesprochen werden
(dies stimmt aber nicht zu den dort gegebenen Beispielen, vgl. kukä, dinkä).
In Campan (Bigorre), Gèdre und Aragnouet nähert es sich sehr dem e, — In
Pau hat es nach Lespy, Gr. § 26 „le son d'un o très-adouci" ; nach Luchaire,
Et. 219 ist es in Beam ein Mittellaut zwischen 0 und dem frz. ^e muet'; in
den Landes hat es den Laut ö; in Armagnac und in der Gironde wiegt 0 vor.
28»
436 A. z&uKEft,
nant am cantonB (arr. de Pau) de Montaner, de Lembeye,
Garün, de Mortaas et dans une partie du canton de Naj' vers la
montagne. Même prononciation à Orthez, Aithez et Salies. Presigue
partout ailleurs, on n'entend que le / fort" Die Telle der R. d,
p. g.-r. aus Garlin geben übrigens -i neben -/s: bulet, kuntgel, bat
(vaditis) neben hals, feéals; -l haben ferner Eaux-Bonnes; Aft, hai,
bedel; Bagnètes de Bigone: u^n/, tabf'ufl (Impf); Aste: fifi, dnel,
sabfi (Impf.), abft (Impf): Airéns: purlal, bultl. -Is bei betonter,
-/ bei tonloser Endsilbe zeigen Beispiele in R. d. p. g.-r. Ill 103. -tt
haben Rayonne: espiali, serials, Iruberals; Grateloup: òeJs, par/ais.
Uzils, resptmels etc.; Bordeaux: krtdels; Haute-Garonne: ayeU C.-M.
2Q2, prengtls 294, prengtrals 289; Bigoire: ouetels (vous ennuyiez,
Konj.) C.-M. 476, surlels ib. 480. — Die alten Texte, die mir ror
Verfügung stehen, haben nur -Is oder dessen Vertreter, nie -i;
abelz Ree. 2, uulhadz, fazadz (Konj.) ji, negáis H. S. I 44, demanals
(Prat.) H. S. 11 92; audilz (Prat.) H. S. 1 72, 11 122; es/egos (Prài.)
H. S. I 24; di.vosi (d. h. dixos aus dixols, i nach s war stumm, daher
die umgekehrte Schreibung) 1 36 etc.
Der Abfall des -s ist schwerlich lautlich zu erklären, vielmehr
wird man anzunehmen haben, dafs die 5. nach dem Vorbilde der
4.6., die ebenfalls des Plur.-Zeichens entbehrten, ihr -^ aufgegeben
habe, oder Uebertragung des Imperativs.
6. Person. 1. -pn, li. 111. -in oder -çn, in ersterem ist das ton-
lose t durch den Eindufs der Nasalis ku / erhöht worden, — 6, I.
lautet in Lectoure, wo tonloses a (f) gegen 3 klingt: -3; äp^iJ, iurnli;
6. II. III. erscheint dort als -«, was auf älteres -on weist; vgl. depoit
Mus. d. arch. dép. 225, eishon 226, vimon, Òoloniìi. Diese Form er-
scheint aiso in den an das Prov. grenzenden gase. Dialekten ; aeapieron
Ree. 16, ascarnirgn, turerò» Ree, 16 (beide l'rät.) in Bigorre können
daher wohl durch prov, Einflufs erklärt werden (in demselben Texte
stehen podrin, gardarriti, comensarin etc. daneben). — {Nach P. Meyer.
Rom. IX igj ff. ist -0» proven zaiisch , -en limousinisch und gase.)
Die rein gase Texlf kennen wohl nur -en oder -in, und zwar
scheint in den älteren Texten -r« votzu herrsch en: deuen Ree 23,
preñen 25, podm .30, aperlenen 38, saben 49, salen 61; — debin Ree
56, 63, anarin 15, pleuirin 18, gardarrin 17, eommsarin 17, po-
drin 1Ó. — H. S. II 112 stehen disin und disen nebeneinander.
3. Präs. Konj, Hei der I- Konjug. entspricht er dem Präa.
Ind. II, IIIt also: -I, -es. -em, -eis, -en (-Ò1); für die 2. kommt auch
-is vor, gardis H. S. li 1 24, Ihel^il ib. U 96 neben atüreges H. S. 1 78,
adoris 1 112. Die lau tge^et« liehe endungslose Form der 3, ist nar
aus alten Texten zu belegen: don Ree 57. 64, 67, do 58 (a), 63 (a)
{doni 58 b, 63 b, 64 b), dof 66 b. dam 58 a (dame 58 b), Dius le sanò
H-S. II108; modem kommt sie nur sjuiradiseh vor in du (donet),
wo wohl der vokalische Aaslaut die Fonn bewalm hat, vgl. <¿t
neben aimfs in Arnins. Diu m'aiüi Grateloup, Dieu m'azüd (Mistral,
gase), wo die lautgesetx lidie Gestalt in der formeihafien Wendung
erstarrt ist; Casteig bringt aus Artéiis àigiim tm Muude einer Alteo
DIE KONJUGATION IM BÉARNISCHKN. 437
Frau mit der Bemerkung: „on dirait aujourd'hui ê/iganê", — In
der Regel hat die 3. nach dem Vorbilde der übrigen Personen -e
{auch -)■) angenommen: äone Ree. 23, 25, abtrgue zb, clame 58 (b),
pague 65, demande 128; erompi ^b, í/íwj 58 (b), /üg'Ki' 64 (b), erompi,
porli H. S. 11 104. So immer in den modernen Mundarten. — Für
die I. kann ich die lautgesetzliche endungslose Form nicht belegen;
mani Ree. 66, Ubi H. S. 1 4, trobi I 6. — Moderne Dialekte kennen
für diese Person auEser -) und -e auch -ti und -pi*, -p, so: /VÄf Ba-
relous, l'ebçi Aspe, vgl. das Paradigma bei Lucbaire, Et. p. 239;
-ei wird wohl aus -i, das nach dem Musler der 4. 5. {und 2. 3. 6.?)
angefügt wurde, vermt;hrt mit der Endung der i. -i zu erklären
sein; in -f(* hat miin eine Uebertragung der Endung der II. HI. Konj.
auf die I, ïu erblicken. Ueber ähnliche Ue ber tragungen s, u. —
Belege für die andern Personen: 4. säubern Ree. 51, aiudem 52,
awm H. S. U 28, 6. bedm Ree. 18, pausen, eUaqum 26, porten iig,
mtrhilkin H. S. I 120, 5. torbetz H. S. II 72.
Der Konj. Präs. II. III. zeigt zunächst die zu erwartenden
Formen: i. ienga Ree. 108; z, credei H. S. I 1 12; 3. lengua Ree. 24,
prtnga 24, gesqua 25, 27, trega 26, aje 23, face 18, crede H. S.
II98; 4. aûm Ree. 23, 25, yiixfa»! 24, wí/ííw Ree, 51; ¿. uu/Aade ¡1,
/asads 51; 6. metan Ree. 22, aian g, letiguen 24, 42, benen 26,
vulhen 58, corren 66. — Für die i. kommt auch -ci vor, wo die
gewöhnliche Endung der i. an die lautgesetzliche Form angefügt
ist: prenquey H. S. II lOz, aueiguiy II 128, siey II g8, vebey (bibaiu)
H HO, diguey II 2Ò, /assay II 50, vegey ib.
r Neben dieser im ganzen lautgesetzlichen Form des Konj. II. III.
Lgeht nun eine andere her, die zwischen Stamm und Endung ein -i"
^aufweist. Lespy giebt als einzige Form: heniçi, beniçs, bem'ç, be-
niam, beniats, beniçn. (Das ;' ist tonlos, Lespy-Rayinond: dibie^
Auch in den alten Denkmälern erscheint dieses / bereits, jedoch
wie es scheint im allgemeinen seltener als die lautgesetzliche Form:
3, seruia Ree. 95, 4. seguiam 51, compliam 51, 6. siguian 58 {a),
tguien 58 {b), ajerian 95. Es findet sich sogar Uebertragung dieser
'.onjünktiv-Endung auf Verba der I. Konjug., wovon die heutigen
tekte, soviel ich sehe, nur wenige Spuren zeigen (vgl. unten),
3. adabie Ree. 50, enfrie 85, dania 92, pagie 92; 6, bailhien 95,
liurian 95; vgl. turiiiam neben únem in Eaux-Bonnes, i. i'ebiç, ant§
in Gèdre. — Beispiele aus Urkunden von Bordeaux giebt Bourciez
p. 220. Ebendort versucht Bourciez auch eine Erklärung dieser
Forra; er weist die Annahme zurück, dafs -if/ eine Nachahmung
des lat Konj. auf -iam sei, dies könnte man glauben, wenn sich
die Endung nur bei /-Verben lande, wo dann die Form zweifellos
gelehrt wäre; Bourciez nimmt wegen der grofsen Anzahl der Bei-
spiele lieber Analogie nach siam an. Gegen diese Annahme Bour-
ciez' spricht aber der Umstand, dafs die Endung -)f tonlos isL
Man wird also doch vom Konjunktiv der /-Verba auszugehen haben,
tpif {das nicht, wie Bourciez a. a. 0. meint, „une forme ... à
latine", sotidem vollkommen lautgesetzlich ist; sabiam ist
43B ^ ZAtJNBK,
analogisch}, arscpiç, de{u)yç, wohl auch b0/ç (videat), kayç etc Hin
erschien als Konj.-Endung -if, und so bildete man dann vom
Indik.-Stamm aus mittels dieser Endung einen neuen Konj. btdif,
kadiç, dtii'ç etc Der charakteristische Ausgang tç wurde dann
auch auf die andiira Verba 11. 111., schliefslich sporadisch seJbet
auf I. übertragen.
Eine dritte Eorm des Konj. giebt Grateloup, nämlich -i, -u, -i,
'im, -Hl, -in für alle drei Konjugationen. Dieselbe Form fiiidet
sich in Andon (Landes), R. d, p- g.-r. 111 103. Auch aus Bardeau
giebt Mistral z. B. azi, azis, azi, áiim, ázils, ázin (habeam), ángí,
angis, -i, -im, -ils, -in (que j'aille) etc Es ist also îtn Konjunktiv
der I. Konjugation in der 4. 5. Person nach dem Vorbilde der
übrigen der Accent auf die Stammsilbe gezogen worden, wobei
der nun tonlos gewordene Endungsvokal sich gleichfalls denen der
andern Personen anglich; der so entstandene Typus wurde dann
auch auf U. llf. übertragen; bei Grateloup mufste die Konjunktiv-
Endung II. III.; I. iç, 3. ;f und wohl auch 2. ö. ihr -p nach be-
tontem Vokal verlieren, so dafs I. mit 11. III. im Konj. Präs. in
I. — 3. 6. zusammen fiel en, 4. 5. konnten dann leicht mitgehen. Ob
diese Erklärung auch für Bordeaux pafst, weifs ich nicht
Wie sich die drei Konjunktiv-Formen auf die verschiedenen
Mundarten verteilen, ist noch festzustellen. Im allgemeinen gebort
-ici dem Beam, -i den Landes und der Gironde, -ci dem Armagnac
und Comminges; Bigorre hat teils -ci (z. B. Bagnères de Big.), teils
-ifi' (z.B. Ast¿). — Zu bemerken ist noch, dafs nach Lespy, der
sonst nur die )*f;-Foim kennt, bei den Inchoativverbell die laut-
gesetzliche Form besteht: audeskp, -çs, -f etc
4. Im Imperativ zeigt die z. Person die laulgeseHtlicben
Formen: L -f , II. III. endungslos: ny/ifi H. S. 1 120, e rucifiçut 11 ì n,
¡tèe 1 i; mosira 16, íseriu 18; modern: aimç, btn, dram, kr»p
(co^v,,).
4. sollte die Konjunktiv- Form aufweisen, diese findet sich in
der That in der alten Sprache: merbilhcm H. S. I 84, entran, pausai
I 132, gí/tw U 140, bcyam I 116, II 128, faeam II 132, parttscam
II 80. Für die moderne Sprache giebt I-espy I. -tm. II. -tm, IlL -im,
wo also bei II. III. der Indik. an Stelle des Konj. getreten ist,
ohne Zweifel nach dem Muster der ¿,, aber warum nicht auch
bei I.? Dialektisch findet der Ersatz übrigens auch in der 1. statt;
minyan in Lavardac und ähnlich in Sauveterre, Mimizan, St. Vivien,
Anglet, Bastide -CI ai rence, Bordeaux; die Mehrzahl der Mundaiten
aber bleibt bei minyem. Auch l>ei IL III. hallen viele Patois am
Konj. fest: digäni oder diziäm Arréns, ka%iam Campan und ähnlich
Montaner, Juillan, Aucun, Aspet, Daumazan, Auch.
5, 1. -als, II. -eis. III. -ils, also Indica li vformen, alt auch -al ele
œil den Varianten des -Is, vgl, besonders amiau (amenez), nulau
(tuez), melfu, also catalanJsche Tonnen in Senteio.
daiz H. S. I 80, anals 11 62, aparclhal II 62, judyal 11 1 26, ¿«üi
(venez) II 18, iielt U 28, coelheU 11 52, preneta U 64, udelt 11 100,
DIB KONJUGATION IM BÉARNISCHBN. 439
prenet II 126, umplitz II 46, partit II 66, dormitz II 104, crobitz 11 138.
Konjunktivformen treten ein bei esse, habere, sapere, im Áltbéam.
auch bei anderen: siatSy ajats, sapiats\ — ajatz H. S. II 94, sapiatz
I 84, II 58, beyatz II 62, diguatz II 62, digatz II 158, {benedtsetz I 98).
Für die 3. 6. treten stets für alle Personen im negierten Satze
die Konj.-Formen ein: no ns Ihebes H. S. I 6, no talhem II 140, no
ptoretz II 138; no Vausigues I 80, no tematz I 64.
5. Das Imperfektum zeigt in der 4. 5. I. UI. wie im Span.
Zurückziehung des Accents; die i. zeigt als Endung entweder -3i,
also die gewöhnliche Endung dieser Person, oder -^7, wo dieselbe
£ndung an die lautgesetzliche angefügt ist (wie im Konj. Präs.
II. III.). I. I. anabi H. S. II 88, estremabey I 52, erey II 88. — 3. por-
taba H. S. I 14, tor ñaua Ree. 104, amenaue 22^ robatu 2"^^ anaue 24,
tntraue 24, datu 25. — 4. estabem H. S. I 78, trobavem H. S. II 40. —
5. anabetz H. S. I 32, sercabetz H. S. II 40. — 6. gastauan Ree. 17,
¡ababan H. S. I 86, anaben, trobaben H. S. I 28, denhaben I 38, estaben
I 124. — IV. ^.feriva Ree. 63, f entée 24, 26, compirne ^^^ exive
H. S. I 28, falibe I 58, guardibe I 86, bestiba II 112. — 4. compttuem
Ree. 47. — 6. descobriuen 33, crobiben H. S. I 40, escarniben II 142.
Das älteste Beispiel der Aeeentverschiebung in der 4., das ich
belegen kann, ist complixum^ Orthez 1246, wo die Schwächung des
a zeigt, dafs es tonlos war. Modern: L -abU -abçs^ -abç, -abçm^
-abçts, -abçn (Lespy). i. -a^^/ Armagnac und Comminges: gardauçi
C.-M. 301, destrigauçt 477; in Bordeaux scheint der lat Accent zu
bleiben, Bourdez 211.
Das Impf, der I. ist also lautgesetzlich entwickelt; IH. eine
Neubildung nach I., morta Ree. 91,92 ist indes wohl keine Be-
wahrung der älteren Gestalt (*-iö), sondern eine provenz. Form.
Modern: -/'¿/, -ib^Sj -tbc, -ibçm^ -ibçts^ -tbçn Lespy.
Die dialektischen Unterschiede betreffen zunächst die Gestalt
des intervok. v {b oder u) ; die Ausdehnung der Aeeentverschiebung
in 4. 5. ist noch zu bestimmen. Clamaun Ree. 102 gehört zu den
Formen, die P. Meyer, Rom. IX 192 besprochen hat; mingan in
La Réole ist vielleicht eine Fortsetzung derselben; kantaçi (i.) aus
Comminges, Luch. Et 239, bedarf noch näherer Nachricht
Endlich hat in einem Teile der Landes und der Gironde das
Impf. I. als Tonvokal e statt a, nämlich in Chalosse, St. Sever und
den angrenzenden Teilen der Landes (L.-R.): aimçbç, admirpbÇt
Mimìzan: minzfuön, dôzir^uç, im Bordelais (Bordeaux, Langon, la
Réole): kantebi (Luch. Et 255), mingèun (6.), baléuç^ aprtièéiéÇ (la
Réole), Bouglon: kantebç (Luch. Et 255); bei Grateloup: parlebì^
'ÇS etc., in Guienne (Mistral): dunfyt\ -es etc., in Médoc dagegen
ist a bewahrt: kanta^i (Luchaire). In den alten Texten findet sich
e noch nicht, Bordeaux hat noch im 14. Jh. a (Bourciez p. 210)
(jetzt soll es nach der citierten Stelle bei Luchaire e haben, vgl.
aber countaby Sehnakenburg 207, cridaben 207, raougeaby 208 etc).
Es ist also auf dem bezeichneten Gebiete das Impf. II. auf I. über-
tragen worden.
6. Am merkwürdigsten ist das Impf, der /-Konjugation. Es
tritt in drei Gestalten auf, nämlich: (3. Fers.) -ia, -i und -ib^
Die erste dieser drei Formen gehört den Grenzgebieten gegen
das Prov. an: dem Coraminges, dann der östlichen Gascogne längs
des Laufs der Garonne, bis zum girondtnischen Dialekte, der die
beiden andern Formen aufweist. Vgl.: iijiif Aspet, Oust, Sentein,
ahiç Daumazan, a%ûç Maoleon de Barouase, huli^, kaliç St. Girons,
ayiç Luchon, preniâ, lûzisiô Agen (Jasmin). — In allen Texten:
I. fazia Reo. 8, auia 8; — 3. auie Ree. 5, deute g, fasie 5, dima 9.
— 6. auien 7, lUtii &, fazian q, autan El 318, alle aus dem Com-
minges. — Auch in den alttn Denkmälern anderer Gegenden findet
sich -íií, so in Bigorre: auie Ree. 29, deuü ig, /azù 15, rmdia 15,
podia ly; — Armagnac; auia 103, Mus. d.arch. dép,22Ç; — Gironde:
desya Bordeaux, Rev. des Soc. sav, 422, und andere Beispiele bd
Bourciez 210. Da aber überall daneben Impf.- und Kondis.-Formen
mit -c vorkommen, so mnfs man darin provenzalischen EinfluTs
erblicken.
Auch aus einigen modernen Dialekten aufserhalb des oben
bezeichneten Gebietes werden Formen mit -ia gegeben, doch bilden
sie immer die Ausnahme und sind wohl ebenfalls nicht auf dem
betreffenden Gebiete heimisch; so: si sabia Eaux-Bonnes {in einem
Liede!), si Cabiìi Asie, karièi (je ferais) ib.
Die Formen des eigentlichen Béarnischen sind nun folgende:
I. -i, 2. -/Ï, 3. ./, 4. -/«, 5. .//j, 6. -fit oder 1. -/if, -föcs, -f3ft
-¿bçm, -/bç./s, 'ßcn. Von diesen beiden Formen ¡st die zweite
selbstverständlich nicht die Fortsetzung des lat. -ebam, sondern
ist aus der ersten nach dem Muster des Impf. I. UL gebildet
worden. Die alten Texte kennen sie noch nicht; die fmhesteu
Beispiele, die ich finde, stehen in der H. S.; 3. lieba I 82, 6. i-itban
I 60, lieban I 8z, 104, II 14; aber auch in der H. S. sind dies die
einzigen Beispiele, sonst zeigt dieses Denkmal stets -i\ so auch ti£»
(tenebant) II 44 etc.
In Lnchaires Recueil ist -e die einzige Endung: 3. haue J2,
pritie 2/Í,, Jaze 25, bole 2$, escriue 104, /ie 3Ó, /ase Arch. dép. 235,
preñe H. S. I 40, /rtge ib,; — 4. jazein H. S. I 78; — 5. velielz,
voUelz H. S. I 36; — 6. anen Ree 16, poden 25, lien 16, /asen 20,
fosen H. S. I 22, preñen ib., bien (veniebant) 1 tio, thien I 112,
tien II 44.
Die Verteilung von -é nnd -¿bç tn den modernen Mundartoi
mufs noch bestimmt werden; das Béamísche zieht im allgemeiiten
die kürzere Form vor. Armagnac und die Gironde die längere.
Vielfach bestehen beide nebeneinander; Grateloup giebt -ébç, auch
abébg, aber in der peri ph rastisch en Konjugation abé; ähnllcb in
Bagneres-de-Bigorre, gewiihnlich -^p: sabfjiç, kalfgç, pudftff, sa-
*/»f/ (5-)i ^ffui (je voulais), aber an¿n, bl^ (il voulait), ap/j (l.);
hier hat wohl die auxiliare Natur der letztgenannten Verba die
ältere Form bewahrt, vgl. auch Bourciez 211. — Doch wird ans
Aste angegeben: ab^, hatf, bul^, half, beh4, sabfm, abfl, sabfi neben
DIE KONJUGATION IM BEARNISCHEN. 44 1
áisfiá, prenibS, hfbä (faisait), wo eine derartige Erklärung also nicht
zutrifit
Der erste, der auf diese Impf.-F.ndung' aufmerksam gemacht
hat, ist m. W. Paul Meyer (Rom. 111 438); eine Erklärung giebt er
nicht. Bourciez hält es für wahrscheinlich, dafs man von der
Endung -ia auszugehen habe, die in der Gascogne frühzeitig zu
-ie geschwächt worden sei, „dont on a de vieux exemples, comme
Montsaunès 1179 avie [Roc. 5], Lézat 1232 avien [Ree 7]". Er
giebt zu, es sei schwierig anzunehmen, dafs -ie sich durch Atifall
eines früher betonten i zu -e reduciert habe, sieht aber nicht ein,
warum man sich dieser Hypothese entziehen soile. Diese Ansicht
¡st indes, eben weil sie lautlich unmöglich ist, zu verwerfen; warum
hätte die Verbalendung -ia sich anders entwickelt als die Subst.-
Endung -ia und als siat? warum findet sich -/ als Impf.-Endung
auch dort, wo nachtoniges a nur zu -ä geschwächt wird, wie in
Arréns, Garlin u.a.? — Die Beispiele mit -jí, die Bourciez für die
nach ihm altere Stufe des -é anführt, sind beide aus einer Gegend
(Comminges), die noch heute die Endung -if hat, beweisen also
gar nichts. Die gase. Impf.-Endung -/ hat also mit der vi. -eat,
prov. -ia etc, wie man mit Gewifsheit behaupten kann, nichts zu
thun; der Ursprung mufs anderswo gesucht werden, eine Erklärung
ist § II versucht
7. Perieklum. Das Gase, kennt drei Formen des schwachen
Perfekts, von denen die für die I. und III. Konjugation dem laL
Typus entspricht, während das Perf. der II. selbständig entwickelt
ist Bevor die Endungen besprochen werden, mögen einige Be-
merkungen über dialektische Eigentümlichkeiten vorausgeschickt
werden.
Die 3. Person solile lau (gesetzlich auf Vokal auslauten, da das
auslautende -/ fallen mufs. Die Bewahrung oder Störung dieses
lautgeselzliclien /Auslandes bildet ein wichtiges Merkmal zur Unter-
scheidung der gascognischen Dialekte. Die Erhaltung des voka-
lischen Auslautes ist charakteristisch für diejenigen Dialekte, die
sich dem span. Typus nähern, also für Beam, Bigorre und die
Landes; so z.B. in Pau: parló, benú, parli. Die Dialekte, die an
das prov. Gebiet grenzen, haben auch dieselbe Endung wie diese
Sprache, nämlich -k, so in Armagnac und Comminges, vgl. Auch;
anek. kurruk. Für den girondin i seh en Dialekt endlich ist die
Endung -/ charakteristisch; so in Bordeaux: parici, benül, partit. —
Dies sind die Verhältnisse der modernen Mundarten ; die alten
Texte zeigen vielfach andere Zustände. Zwar im Béarnischen ist
zwischen alter und neuer Sprache kein Unterschied zu bemerken;
dagegen liest man z. B, in der Urkunde aus Montsaunès (Com-
minges) Ree. 5: deg, asolbeg, ahci p,irla, aiuJa; — aus Casteljaloux
(Landes) Ree. 78: renuncìed, confessed, aber tingo, reeonogo ìì. &. Der
Widerspruch mit den modernen Patois erklärt sich teils durch
Dialektim'schung (Einflufs des Prov. oder Béarn.), teils aus dem
Umstände, dafs die lantgesetzlichen Formen eben erst allmählich
442
1. ZAUNER,
durch die andern ersetzt wurden. Den Weg zu verfolgen, deo t
Ersetzung genommen hat, mufs ich aus Mangel an hiiireichendeo
Belegen unterlassen. Perfekta auf -Í sind, aufser den eben er-
wähnten dig, aso/beg, ferner voloc Ree. i8, in Luchaires Ree. nicht
m finden. Auch das -/ der Gironde ist jung, vg!. ^uüe Ree 117,
jure 117, 124 {jurel 123, 128), Hure 124 etc. Die ersten Beispiele
des -/ finden sich Anfangs des 13- Jh. und zwar zunächst bei darf,
dei Ree 117 (J. IZ34), aber quite, umdo, so auch Ree. 123 (J. 1237),
dann dehnt es sich auf Verba der I. Konj. aus: jurel 123 (aller-
dings guile im selben Denkmale), aber noch conuingc ; um 1 480
finden sich noch ßeispiele mit -e, aber -el ist viel häutiger (Bour-
ciez 212); bei dem ui-Perfeklum ist noch ïu Regían des 15-Jh.
die Form -& die gewöhnliche, -ul findet sich erst vereinzelt (Bour-
ciez 216). Danach scheint es, dafs man als Ausgangspunkt dieser
Endung etwa esUl (stetuit) anzusehen habe, das ich allerdings aus
alten Testen der Gironde nicht zu belegen vermag (modern Luch.
Et 236); nach eslel richtete sich zunächst das nahe verwandte del
[dedit hätte de ergeben müssen, da auslautendes -d fällt], diesem
folgten die Verba der a-Konjugation und späterhin auch die der
II. III. — Bezüglich des -¿-Perfekts möchte ich noch darauf auf-
merksam machen, dafs in Aste einerseits an^, au (habuit), kurra,
andererseits parligu, surligu stehen; da die beiden letzteren doch
nur aus älterem *parlik, *surlik hervorgegangen sein können, so
würde daraus folgen, dafs das •li-Perfekt cin^t ein weiteres Ge-
biet umfafsle als heute; mit diesem Hinweise mufs ich mich be-
gnügen.
Die 6. Person sollte auf -ren {-rin, -ron, je nach Zeit und
Ort) ausgehen. Diese Endung findet sich in Commingea, in der
Gironde (von St. Vivien bis Agen) und den nördlichen Landes
(Mimizan). Dagegen ist in Béarn, Bigorre, Armagnac [wohl mit
Ausnahme der gegen die Garonne zu liegenden Teile, vgl. Jt/ùi-
çutren etc. Mus. d. arch. dép. 204) und den südlichen Landes {Bajonne,
Anglet, La Bastide Clairence) eine Neubildung geschaffen worden,
indem an den charakteristischen Perfekt-Vokal einfach das Zeichen
der 6., nämlich -n gefugt wurde, so in Pau: parlan, betiún, purlin.
Alle Belege: aulreieren Ree. lig, quîleren, manderai 126, jureren 126,
arcorderen GIosS-, conuingoren II 9, conogurren I26, dichuren Gloss.
(alle aus der Gironde); — juran Ree. 37, alhegon 37 (Bigorre); —
quitan, laizsan 83, anan 84, receben 83, Iramelon 85, uolon 88, ahm
11 (Landes); — peccan H. S. I 18, Jemanan ¡b. 20, lexan ib. 2, exiit
ib. 20, 24, Serbin ib. id8, asponon Kec. 49 (Béarn). — Podaren H. S.
1 40, acapieron Ree. 16 u.a. sind vielleicht Ueberbleibsel des älteren
Zustandes, latssan Ree. 6, aßdan 7 etc. (Comminges) wohl nicht
echte Formen dieser Landschaft.
Die Dialekte der Gironde, des östlichen Armagnac {in der
Gegend von Toulouse) und von Comminges bewahren nun nicht
nur, wie gesagt, die Endung -ren, sondern übertragen sogar das r
derselben auf die andern Personen mit Ausnahme der 3., ao in
k
DIB KONJUGATION IM BÉARNISCHKN. 443
Bordeaux: kantéri^ kantéres^ kantet ^ kanteréniy kanteréts^ kantien.
Ebenso in G)mminges, nur 3. kanték; und so bei den anderen
Konjugationen: óenürt, benüres, benutz benurenty benüretSy benüren; —
parttn, partires^ partit^ partiremo parttrets^ partiren (Bordeaux) (Mistral
giebt für 3. in Bordeaux : püni [ohne /], Luchaire Et. 24 1 für die
Gironde 3. -/*r/, 4. -irçm, 5. irçts). Man hat sich die Ausbreitung
der r-Form so vorzustellen, dafs zuerst 4. 5. der 6. folgten (vgl
das Rumänische), hierauf 2., zuletzt i. Die r-Formen für die erste
Person sollen sich nicht vor dem Ende des 15. Jh. finden (Bour-
dez 212). Merkwürdig ist, dafs die 3. Person den andern nicht
folgte.
Diese Erklärung des r durch Uebertragung aus der 6. scheint
die einzig mögliche zu sein; doch ist zu beachten, was Luchaire,
Et p. 225 sagt „Les patois de la région girondine et toulousaine
se servent, au parfait des trois conjugaisons, d'un r doux qui
n* existe pas dans les autres dialectes^ et dont le son varie entre g etl:
canteri (cantey), benouri [benouy).^^ Die Ausdrucksweise Luchaires
ist hier allerdings etwas unklar. — Einige Gegenden von Comminges
und Couserans bedienen sich endlich nach Luchaire, Et 225, eines
Perfekts auf -egei {benegeji); hier hat die 3. Person dieselbe Rolle
gespielt wie in den eben erwähnten Formen die 6.
8. Das ö-Perfektum. Die Endungen des Altbéarnischen
sind: -e(y)f ^est^ -0, -ö/w, -jA, -0«; die Formen stimmen zu den
anderen rom. Sprachen, die 2. Person hat ihr e von den ersten be-
zogen, in der -^' regelregt aus -ji' entstanden ist Belege: i, pausai
Ree. 2Q, pausei ^2^ pause 36, 39, prege 112, autreie 112; — matey
H. S. I 52 ; enfantey H. S. II 30, ane II 58, labe ib., demane II 132 etc
— 2. dtsemparest H. S. I 52, orredest I 74, demanest I 78, trobest I 6,
U 4, ameSy manif estest II 98 etc. — 3. mana Ree. 48, goadanha 55,
pecca H. S. I i, apera I 4 etc. — 4. ser cam H. S. I 36 [die Heraus-
geber fassen es als Schreibfehler für sercabem (Impf.) auf]. — S - ne-
gáis H. S. I 44; demanatz il 92. — 6. peccan H. S. I 18, demanan
1 20, lexan I 2 etc.
In diesem Paradigma waren nun 4. 5. gleich den entsprechen-
den Personen des Präsens; dem Bestreben diese Gleichheit aufzu-
heben kam die Aehnlichkeit der Flexion des a-Per. mit der des
Perf. von dare entgegen:
trobei ¡^ dei (neben di)
trobest = desi (neben dist)
troba 00 de
trobam lt. dem
trobats Lr> dels
troban 00 den^
ferner die Gleichheit im Präs. Ind. und Konj. 4. 5^ Impf. Ind., Inf.,
Part. etc. Es ergab sich daher für 4. 5. Perf. leicht -em, -eis. Der
Einflufs von dedi zeigt sich auch in der i. Person, indem für ^ey
im Altbéam. auch, wenngleich nur sporadisch, -/ eintrat (wie dei
neben di) : pecqui H. S. I 70, II 1 20 (vgl. das Catal.; Mussafìa, 7 Meister
g 7). — Auf diese Weise erklärt sich das Paradigma Lespjrs: -^
-ot, -u, -rm, -its, -an; 2. ist hier wieder an 3. 6. angeblichen worden.
Während sich das Beam, damit begnügte, die Gleichheit von 4. 5.
Präs. und Ferf. bei Seite geschafft zu haben, gingen andere Dia-
lekte noch weiter: 3. 6. (und 2.?) wiesen allein a auf und konnlea
daher dem Uebergewichte der andern Personen nicht widerstehen;
so entwickelte sich das Schema: -et, -es, -e, -em, -ils, -en; nach Lespy
sowohl mit e als f, vgl. dedi § 14 c.
Was die dialektische Verteilung anbelangt, so giebt Grateioap
noch -ei, -Oí, -a, -am, -als, -an, also selbst 4. 5, noch unversehrt;
d in der 3. hat Beam (jedoch mit Ausnahme von Nay, das be-
reits f aufweist), dann die Landes; im Bigorre gehören Gèdte,
Aragnouet noch zum a-Gebiete. Im übrigen haben Bigorre, Com-
minges. Armagnac und Gironde f, daher z.B. Bordeaux; -en\ -eres
etc., Aste: anp, Aurignac: anek, Irubek, leyek etc. — In aller Zeit
war möglicherweise die Verteilung etwas anders, indem das «-Gebiet
gröfser war; vgl. Ree. No. 13, 14 aus Bigorre, wo e und a gemischt
auftreten, No. 15 aus Lourdes, wo a allein herrscht, während nach
Lespy-Raymond im Lavedan, in dem Lourdes liegt, heutzutage /
gesprochen wird. Es ist sehr wohl denkbar, dafs a allmählich vor
t zurückwich.
Q. Das i'-Perfektum entwickelt sich ganz regelmäfsig: i. -i,
2. -is{f), 3. -i*, 4. -im, 5. -its, 6. -in. Vgl. 1. audi H. S. I l%, feri
1 42, pari I 78. — 2. exist H. S. II 92. — 3. audi H. S. I 2, 1 22,
apari II IO, seguì II 50. — (4. nicht betegbar). — 5, audií% RS.
I 7a, II 122. — 6. txin H. S. I 20,42, Serbin I Ï08, aparin II 8 elc
Bordeaux: serhiri, serbires, serbii, serbirem, serbirtls, serhirtn.
Wo die Inchoativ -Endung in das Perf, verschleppt wird, nimmt
dieses die Flexion der II. Konjugation an: Armagnac: partii,
Coraminges: partiSei etc. Aehnlich siirügu, parligli (3) in Aste ans
älterem *parlik, *surUk, also wie die starken Verba behandelt.
-(*«!*, das Luchaire, Et. p. 241, als Endung der 1. in der (ii-
ronde giebt, wird wohl ein Versehen sein,
10. Die Verba II, haben im Gase etn eigenes Perfekt cnl-
wickelt, das folgende Formen zeigt. Allbéam. i. -«(1), 2. tut, 3. -fl,
4. -om, 5. -o/j, 6. -Oll. Vgl. x.orthimcu Ree. 63, 66, 67, jrmfw Ûg.
volu Ò2, me/u 107, /regu H. S. I 22, aueigu II 30 etc. — 3. perguil
H. S. I 30, dixust 11 62, Iremelusl II 134, agusi 11 qS, cotugusi U l6fi
etc. — 3. trámelo Ree. 48, eseriuo 52, plago 53, auzigo 76, cado
H. S. I 38, sabo I 50, visco I 74, cerro B 160 etc — (4. — ). -
5. eslegos H. S. I 24, dixost (umgekehrte Schreibung für oh, ds -¡I
= /j 1= j) I 36, tremelos II 13Z. — arcnoit Ree 49, vienain J4i
biencon H. S. 1 18, armaiicon I 20, dixon I 22, melon ! 38, lemon I So,
magon II 28 {moveniul) etc. — Beispiele für 1. -uy s. Bourciei2[J>
Später tritt durch Eiuilufs der 3. — 6. in der 2. und noch späier
in der 1. Person 0 für 11 ein; man hat daher für das NeuWani-
das Paradigma, wie es Lespy giebt; i. -ui, 2. -us, 3. -«, 4. -<«■
5. -uls, 6. -un. Für i. geben L.-R. neben digui auch diSä, es wärt
DIE KONJUGATION IM BÉARNISCHEN. 445
also die alie Form bewahrt geblieben. — Die anderen Dialekte, mit
Ausnahme des Comminges (§ ii), zeigen ganz dieselbe Entwicklung
(Armagnac 3. 'uA), Die Gironde bietet in den alten Texten die
zu erwartenden Formen: i. -uy (ort), 2. -ores, 3. -0, 4. -orem^ 5. -oretZy
6. 'Oren'i ungefähr mit dem 15. Jh. aber zeigt sich in den Urkunden
aus Bordeaux statt 0 der Vokal u (d. h. »), daher die moderne
Form: -¿rJf, -üres, -«/, -ûrem^ -ürets^ -üren (Bourciez 216); dichuren
giebt schon Luchaire Ree. (Gloss. J. 1276). Ü ist aus dem Part
Perf. in das Perf. eingeführt worden; den Anstofs gab wohl die
I. Pers. (-¿V). Uebrigens hat nach dem Paradigma bei Luchaire,
Et 240 nicht die ganze Gironde daran teilgenommen.
1 1. Wenn man nun nach dem Ursprünge dieser eigentüm-
lichen Perf.-Form fragt, so ist es augenscheinlich, dafs man es mit
einer Uebertragung des Ausgangs von fui zu thun hat, denn von
einer Accentverschiebung etwa *cáduit zu *caduit kann nicht
die Rede sein und auch ein lautlicher Uebergang von ''^caduisti
zu ^cadusti ist nicht zu rechtfertigen. £s bleibt nur zu unter-
suchen, warum und auf welchem Wege die Uebertragung vor sich
gegangen sei. Da fällt denn zunächst auf, dafs das Gase, das
doch mit dem Prov. trotz mancher Verschiedenheiten aufs innigste
verwandt ist, das dedi-Perfektum gerade dort, wo man es am
ehesten erwarten würde, nämlich bei den Kompositis von dare,
und weiterhin bei den Verben II. überhaupt, in der historischen
Zeit nicht kennt Sobald man nun annimmt, wozu man eben wegen
der Verwandtschaft des Gase mit dem Prov. berechtigt ist — dafs
jenes auch das de di -Perfekt einst in derselben Ausdehnung be-
sessen habe wie dieses, so darf man als vorhistorische Konjugation
fur das Gase, ansetzen:
Impf. Perf.
I. parlaba etc. parici^ -est, -0, -jiw, -a/f, -a«,
II. *metta ) wie im me/(ijt\ -esiy -^, -^/«, -^/x, en (d. h, dedi),
III. *audia \ Prov. audi^ -isty -/, -i/w, -i/i, -i«.
£s wurde nun das Impf. III. nach dem Impf. I. zu audiba
erweitert; daher war in diesen beiden Konjugationen der Vokal des
Impf, gleich dem der 4. 5. Präs. Ind., man suchte nun auch für
die II. diese Gleichheit herzustellen; ''^metia und noch mehr ein
*metiba zeigten eben einen Vokal, der in der IL ganz ungewohnt
war. Dagegen wies das Perf. II. die gewünschte Uebereinstimmung
mit der 4. 5. Präs. auf und rückte daher an die Stelle des Impf. IL,
das verloren ging; die Funktionsverschiebung konnte um so eher
eintreten, als das Perf. IL i^ei) in einigen Formen mit dem Perf. I.
zusammenfiel, was nun vermieden wurde. Um für das Perf. II. Er-
satz zu schaffen, griff man zur Endung -1//'; warum man gerade
diese wählte, ist schwer zu sagen; vielleicht war das Perf. estui
(nach dem Muster hui = fui gebildet und zu *essere gezogen)
schon vorhanden (belegen kann ich es nicht), so dafs sich die
Proportion ergab: éste : estui = méte : metili.
In Comminges, wo das Impf, -ia verblieb (§ 6), konnte auch
446 A. ZAÜNSR,
das dedi-Perfekt in seiner ursprünglichen Funktion wi
daher bat man dort asolbeg Ree 5, areeberen 6, hengeren g nnd ino-
deni: Aurígnac: kurrek^ aptrstbtk, digík; hxiáxon: èengeren; Rieumes:
auík (habuit), bengek, beeek, haskek (il fit) etc. Da dort auch die
Inchoativ-Konjugation dieselben Endungen annimmt (§ g), so et-
giebt sich, dafs in Comminges -trei, -tres, -ek etc. die einiige
Endung für alle drei Konjugationen ist, eine Einförmigkeit, die für
den Dialekt dieser Landschaft charakteristisch ist.
Es mufs erwähnt werden, dafs sich das ui-Perfekt schon ia
den ältesten Denkmälern des Gase, findet; doch ßtit dies bei dem
verhältnismäfsig jungen Datum (Ende des 1 2. Jh.) derselben nicht
sehr stark ins Gewicht. Im Konj. Impf, scheint sich die dedi-
Form etwas länger gehalten zu haben, s. § iz.
12. Der Konjunktiv Impf, zeigt als betonten Vokal dea
Vokal des Perf., also für I. a resp. f, IL ü, Gironde ä, Comminges f.
III. (■. Indes sind ein paar Abweichungen zu konstatieren. Für
den Konj. Impf. I giebt Luchaire, Et. p. 23g für den Dialekt von
Armagnac neben -essi auch -uiii', ebenso Mistral unter aimù:
aimoussri etc. Diese Uebertragung der Endungen des Konj. Impf. IL
ist vielleicht durch dare hervorgerufen, das neben detti auch dimi
bildet (§ 14c).
In der U. kommt, wie schon bemerkt, e statt 0 in den alten
Texten einigeraal vor; podesen Ree. 35, plagues (* plovuisset) ILS,
1 62, deguts H.S. t 156, pogues Arch. dép. 229; doch ist überall 0
häufiger, so dafs es zweifelhaft ist, ob man es mit Uebeiresten der
dedi-Form oder mit Schreib- oder Druckfehlern zu thnn habe.
Ueber ü für 0 in der Gironde vgl. Bourcici 222.
Wie im Impf, Ind. ist auch Im Impf. Konj. der Accent in der
4. 5. zurückgezogen worden; 4. amdsçm, biHÚSfm, 5. amdsçis. ViìS
die Endungen betrifft, so erscheinen in der allen Sprache die bot-
gesetzliehen Formen, nämlich 1. — 3. endungslos, 4. -fm, 5. -di,
b, -en: I. ¡hebas H. S. II 54, agot Ree. 2, Imgos 28, nrredo! 40, _/m,
agot H. S. 11 86; — (2. nicht belegbar); — 3. oi/riw Reo. 6, em-
paras 15, bedas 15, ¡robas 21, anas ¡^, ¡mat 48, manat H.S. I2^
amias II 130, ogas Reo 15, 17, podos 23, ba/os 50, prengüt 40,
préñeos H.S. I 50, endos I 62, paros li löo etc; — 4. agotem Ree.
109; — s./oWa Ree. 51, Òo/osse/e H. S. 1 3t, /ssselg ì 36, II84; —
6. Irobasen Ree. 35, domanaisen 38, cambiissen 7g, bolosen 31, vtn-
dossen 58 etc
Diese lau [gesetzlich en Verhältnisse werden nun dadurch gf-
slört, dafs der Sing, gleich dem Sing, des Präs. Konj, I, durch An-
fügen der Endungen -li -es {~jí), -í (-í) erweitert wird: i. fosu
(Herausg. /owi") H.S. II 128, fosti etc. BourcieK 221; vgl. in Bor-
deaux: auOsi, -is, -i, -im, -iii, -in (Mistral), Luchaire giebt diese Form
für die Gironde und die Landes neben der gleich zu erwähnendeO'
Meist aber hat der Konj. Impf, die viel charakteristiseherep
Endungen des Konj. Präs. IL IIL angenommen: {-1), -ßi, -p, -f*
-çls, -çn (also die ursprünglichen Endungen, nicht -ig); 3. biJtft
DIE KONJUGATION IM BÉARNISCHEN. 447
Ree. 14, tornassa 17, èolossa 17, podossa 22, fossa 16, 54, 65, 68; —
6. coselhassan Ree. 17, aiudassan 17, 18, emparessan 79, anassàn H. S.
II 22y miassan 108, agossan Ree. 16, arcebossan ló, podossan 22^
conogossan 33, ualosan 88 etc. (bei Sehreibweisen mit -e', salasse
Ree. 53, crompasse 56, fosse 34, viencosse 57, anasen ^}^^ sàbossen
H. S. II 14 ete. ist meht zu entseheiden, ob -e oder -^ gemeint
sei). Vgl. Boureiez 221 und Lespy:
-asl, -asçs -asç -dsçm -dsçts "asçn;
'USI 'usçs -usç "tisçm -usçis -usçn;
'tst 't'sçs "isç "isçm -isçis -t'sçn.
Diese Form des Konj. Impf, ist in der Gironde und den Landes
als Nebenform, in den übrigen Landschaften aussehliefslich ge-
bräuehlieh.
13. Vom Plusquamperfektum in der Funktion des Konj.
Impf, finden sieh nur wenige Spuren: sofraisera Ree. 2, fora 16;
entrare (könnte auch Kondiz. sein) 16, 17; dixoray H. S. U 72; Lespy,
Gr. p. 386 führt als noch gebräuchlich an: abur^^ ptidun^ hurí (fue-
ram), -^j, -ç etc, esturl^ esteri. Dort sind auch alte Belege ange-
führt; in seinen Beispielen giebt Lespy auch bastir ç, destrûzirç, so
dafs die Form doch nicht ganz erloschen zu sein seheint.
14. Das starke Perfektum ist im Gase, bedeutend in seiner
Ausdehnung eingeschränkt worden. Es giebt im Béamischen eigent-
lich nur fünf Verba, die ein stammbetontes Perf. bilden: fui, vidi,
dedi, feci, stetui, bei diesen ist die Betonung auf dem Stamme
aber auch vollständig durchgeführt, flexionsbetonte Formen der
2. 4. 5. auch in alten Texten nicht zu belegen, ähnlieh auch im
Konj. Impf. — Uebrigens ist die Tendenz, die starken Perfekta zur
schwachen Flexion überzuführen, so ausgeprägt, dafs sieh ihr selbst
die eben genannten Verba nicht überall zu entziehen vermögen.
a) fui. — Alt: I. fu Ree. 112, H. S. II 74. — 2. fusi H. S.
I 12. — Z- /^ R^c. 6 etc., foo Ree. 35. — (4. — ). — 5. fos Ree 50
(Hs.: fas)j H. S. I 16. — 6. foron Ree. 17, 108, forint 18, fon 36,
37» 7^1 /^^ (=fd=sfonl) 77, foren 78, 120. — In Bordeaux:
fui, fores, fo^forem^foretZy foren, später u («) statt 0 (Boureiez 214).
Neubéam.: hui, hus, hu, hum, huis, hun, ebenso Landes und
Bi gorre; im Comminges ebenso, nur 3. huk, daneben aber auch:
hei, hes, he, hem, hets, hen, also Substitution der gewöhnliehen Perf.-
Endung; femer sind im Comminges die Formen hüskéi, -¿s, -/^ etc.,
die an die Inehoativa angelehnt zu sein scheinen, und haurei, haures,
'ek, die mir ganz unerklärlich sind, im Gebrauche; beide sind
schwach gebildet. Dasselbe zeigt 3. huruk, das nach Mistral beam,
sein soll. — 3. hü, 4. hüm bei Lespy sind nach der alten i. ge-
bildet, vielleicht aber eher aus der proklitischen Verwendung zu
erklären.
Der Konj. Impf, ist entsprechend dem der IL Konjug. gebildet
b) vidi. — Alt: i. bi H. S. II 58, vi II 118, bi Arch. mun. 1 407.
— (2. — ). — 3. bi Ree. 14, bic 14, ¿2 (Bordeaux 1262) Ree. Gloss.,
vi H. S. I 8, I 46. — 4. bim H. S. U 18. — (5. — ). — 6. vin H. S.
A. ZÄUNER,
I 14, 7î, 132. — Bordeaux: hi, bins, bil, birtn, birett, hire» (Bov^
dez 214).
Neubéam.: hi, bis, bi, bìm, bits, bin; so auch z.T. ¡n Bigone
{ï. B. Aragnouet, Arréns) und Comminges {Mauléon de Barousse:
3. bìk). Meist ist das Ferf. schwach geworden mit Zugrandetegang
verschiedener Formen des Stammes: Fräs.-Stamm : btdui, -«i etc.
giebt auch Lespy, ebenso Landes, ArmagDac, Comminges {btderti,
3. bedek; Präs .-Konj.- Stamm; Bigorre; beyú (Pouyastnic, Campan,
Juillan}; von der 3. Perf. aus: begtk Comminges {bigii Daumazaa); —
Inchoativp): iwiui" Armagnac; vom Partie: iif/ün" Gironde, z. B.
St. Vivien (während Bordeaux die starke Fonn bin, biret, 6H Oc
bewahrt).
I. ¿y in Arréns zeigt Ueberlragung des -/ der I. schwachen
Konjug. (i. par/fi, 3, par/f) zur Differenzierung gegen 3. et.
Der Konj. Impf, entspricht natürlich überall dem Perf.: bùi.
-fi, -f etc., 3. IM H. S. II 2Ó.
c) dedi. ~ Alt: i. /it Ree. 8, di 106, ify 67 (¡m Gloss, fälsch-
lich als Präs. aufgeführt. — 2. ¡iis/ H. S. ! 22, II 94, di/s (^ dis =
disi) RS.1I 106.— 3. deg Kec.5, rftf (-/) 15, dt (-¿i) 18, at 30, 54,
de/ 117, 118, de 119 {da Ree. 9, das Lnchaire im Glossar als Perl,
bezeichnet, ist Präs.). — 4. dtm Ree. 109. — (5. — ). — 6. deit
Ree Gloss., H. S, II 11 4. Il 1 36, deron Ree 1 9, turen Ree. 1 26, Ardi,
mun. Ill 39.
I. di ist nach dem Vorbilde anderer Verba mit i'in i., ¿in 3.
gebildet, vor allem nach feci; den Anknüpfungspunkt gab die
2. 4. 5. Das e mufs in der 3. (und z.T. 6.) offen, in den andern
Personen geschlossen sein, ina Neubéam. erfolgt Ausgleichung nach
beiden Richtungen; nach Lespy lautet das Perf.: dq, des, de, dm,
dets. den mit e oder f. Man bemerkt die Umíonnung der i, 2.
nach den übrigen Personen. — Dieselbe Form findet sich, abge-
sehen von den üblichen Umgestaltungen, auch in Armagnac und
Comminges. Bordeaux hat in alter Zeit denselben Typus: dey,
deres, de/, deren, dere/s, deren (Bourciez 213), das moderne Patois
sagt dauert, daueres, daué/, bildet also das Perf. von der i, Präs. Ini
aus. — In B^am Sndet sich als Nebeuform auch dui, dus, du etc.,
das sich offenbar nach es/ui gerichtet hat, dieselbe Form giebl
Grateloup.
Konj. Impf.: desi und dusi, Bordeaux: daiusi.
d) feci. — i.fi Ree. 28, H. S. II 30, /y Ree. 69, 106. — i.pl
H.S.I70. /fis/ U 132. — y/els Ree. 16, /es 17, H. S. 1 38, >
Ree. 6, 7. 14, 49. 54. H. S. I iB, 52, /et Ree. 1 27. — (4. — ). -
5. /ts H. S. 1 1Ò. — 6, /en Ree. 49, 94, /em Luchaire, Él 176,
/eren Ree 15, 10 1, /eran 17, /fra« Gloss.
Die lautgesetzliche Form der i. *fi/s ist nicht zu belegen, aba
aus der y/e/s zu erschlicfsen; der spätere Verlust des -ts in beiden
Personen erklärt sieh durch fünflufs von dedi. Neubéam.: lui, ^>
he, hem, he/s, hen, wobei i. 2. nach den andern Personen umge-
staltet sind; dieselbe Form in Bigorre (z. B. Aragnouet, Asie), Con-
DIE KONJUGATION IM BÉARNISCHBN. 449
minges {i. hei oder herí, 3. ?uk). — Bordeaux hat in den alten
Texten (fi), /eres, fei, ferem, fereiz, feren (Bourdez 213), das jetzige
Patois verwendet hirl, -çs, hit etc., es mufs also die i. längere Zeit
bestanden haben, Einflufs von biri (vidi) und frz. Einflufs hat wohl
auch mitgewirkt; St,- Vivien zeigt dieselbe Form, auf béarnischem
Gebiete fìndet sie sich in Montaner und Accous.
Neben diesen starken Formen sind auch zahlreiche schwache
Bildungen zu bemerken, und zwar entweder vom Slamme haz- oder
hask' (letzteres wieder inchoativ?) aus; so 3. hazú Campan, Gèdre,
Aste, Bagnères-de-Bigorre, hezú Ârzacq, Bastide-Clairence, hadú (aus
*hazu, intervok. z wird dort d) Mimizan, Juillan, Galan, hedú Pouyas-
truc, hadek Sentein; — haskú Lavardac, Masseube, haskek Rieumes.
Für Armagnac giebt Luchaire, Et. 244 nur schwache Formen hazut,
hezui, haskuu
Konj. Impf.: hesi^ hazusi, haskusl. Alt: i,/es H. S. 1186, fessey
II 128, 3. fes H. S. II 148, Ree. 14, 15 etc.
e) *stetui. 3. este H. S. I 86, 118, 6. estén H. S. I 100. Die
übrigen Fers, kann ich leider nicht belegen. — Modem: Beam:
est^i, est^s, est^, estém, est/ts, est/n [3. est¿ Aste, Bagnères-de-Bigorre].
Ebenso mit den bekannten Varianten in den andem Dialekten.
Die Anlehnung an de di ist unverkennbar. In Comminges kommt
neben esterez 3. estek auch eskérei 3. eskék vor, womit wieder die be-
liebte Inchoativ-Flexion erreicht ist.
Die Form mit e, die in den alten Texten, soweit ich sehe,
die einzige ist, ist in den modernen Patois zwar erhalten, viel ge-
bräuchlicher ist aber das «i-Perf.: estui, estas, estu etc. Gironde:
esiûri etc. Man hat darin eine Uebertragung des sinnverwandten
fui zu erblicken; esttä hat seinerseits, wie schon unter c) bemerkt
wurde, das Perfekt des formell nahestehenden dare nach sich
gezogen.
Konj. Impf.: 3. estes H. S. I 86; 6. estessen H. S. I 76, II 148. —
Modem: estesi^ estusì, Gironde: estûsi.
15. Diese Verba sind, wie schon erwähnt, die einzigen, die
im Béamischen ein starkes Perf. bewahrt haben; alle andem starken
Perf. sind schwach geworden, doch mufs das Alt-Gasa eine ziem-
lich grofse Anzahl starker Perfekta besçssen haben, wie aus Stamm-
formen der Verba der modernen Sprache hervorgeht. Die Ueber-
führung der starken zur schwachen Flexion geschah nämlich in
der Weise, dafs an die starke Form die Endungen des schwachen
Perf. II. angefügt wurden, so wurde aus der vorauszusetzenden
Flexion i. "^ak (wie im Gemeinprovenz.), 2. agust, 3. ak, 4. agom,
5. agots, 6. *ágr<m später i. agui, 2. agmt, 3. agó^ 4. agom^ 5. agots,
6. agón. — Wenn Suchier, Grundrifs p. 615 als urgasc. i. águ,
3. ago annimmt, aus denen dann die modemen Formen durch
Accentverschiebung entstanden seien, so ist einzuwenden, dafs sich
das nachtonige u nicht hätte erhalten können (* sangue = sank)\
aadi 6. agon kann nicht mit Suchier als älteste gase. Form ange-
setzt werden, da der Ausfall des r von habuerunt unerklärlich
imi, PUL XX 29
450
A. ZAUNER,
wäre. Die 6. mufs vielmehr ursprünglich 'dgron gelautet haben
(vgl, podrin Ree. i6), das allerdings später unter dem Einflüsse des
schwachen Perf. II. durch agón ersetzt wurde. Man darf daher
auch nicht mit Suchier, Grundrifs p. 6i6 agóren als jüngere Form
von agon bezeichnen: beide stehen auf gleicher Stufe.
Als Stamm des Perf. der modernen Dialekte gilt also, wie ge-
sagt, meist der des alten starken Perf-, doch kommt es auch vor,
dafs die Verba vollständig schwach werden, also den Präs.-Stainm
zu Grunde legen; insbesondere ist dies im Béarnischen der Fall,
wahrend in Armagnac i. B. der Perf. -Stamm (häufig unterstützt vom
Konj. Präs.) selbst in den Inf. dringt (g 24).
Die Verba, welche Reste starker Perf. aufweisen, sind unge-
fähr folgende:
a) Sigmatisches Perfekt
dixi, I. dixs H.S. I I, z etc. (Herausg.: dixu); 3. diu Rea 15,
dtihs 85, dixs RS. I 2, 50; 6. düinQ) H.S. I 112.— Nach Luchaire,
£(. p. 243 soll 3. dits (?) noch neubéam, sein, Lespy kennt nur die
schwache Form l. digái, digiis etc., die vom Stamme des Konj. Präs.
ausgeht. Schon im Altbéarn. findet sich neben der starken Flexion
die schwache und zwar mit dem starken Stamm: dixo H. S. I 14,
16 etc.; 6. dixon 11 130 etc., vgl, dichurtn Ree. Gloss., so auch im
Neubéam. gelegentlich, i. dieü L.-R., 3. disu Aucun; in der Gi-
ronde: disiiri (z, B. St.- Vivien, La Réole); auch in Bigorre und
Comminges, dièuk Haute-Garonne (C-M.). — Vom Stamme des
Präs. Konj. gebildet sind beam. (3.) aigu (Pau, Aramits, Accous,
Bielle); Landes: digú (la Bastide-Ctairence) ; Bigorre: digú (Galan,
Juillan, Pouyaslruc, Aragnouet, Campan, Asie); Armagnac: diguk
(Masseube, Auch); Gironde; digut (Lavardac). Vom Stamme des
Präs. Ind. sind abgeleitet: Béarn: dizú (Sauvetene, Arzacq, Mon-
taner); Bigorre: dizü (Gèdre); Landes: dita (Mimizan); Comminges:
dittk (Oust, St Girons], didtk (Aspet, Mauleon, Sentein). Endlich
disgü in Bagneres-de-Bigorre zeigt wieder inchoative Bildung {?).
prCsi, %■ prêt Ree. 15. Modern: priri, príres, prit etc. in
Bordeaux, das von der ersten *prii aus gebildet ist, wohl unter franz.
Einflüsse. Sonst hat sich das Verbum wohl überall den -w-Verben
zugesellt. So auch in den alten Texten aus Bordeaux (s. u.). —
Dasselbe gilt von:
misi. 3. nus Ree. 77, Gloss, (der Vokal ist an den von prts
angelehnt); Bordeaux (mod.): miri, 3. mit\ La Rt;ole: 3. mit, sonst
schwach: meiú.
-fraxL so/raisera Ree. 2 (Descort). Scheint jetzt verloren
zu sein.
-masi? Vielleicht gehört dazu Impf, armaze Ree. 23. ^i, Inf.
armase 2^, Impf, armadi 25. Verb.-Adj. armaaíi/ír 33. — -manebat
hätte -ma¿ ergeben, zur Tilgung des Hiatus zog man das s des
Perf. heran. — Gewöhnlich schliefst sich auch dieses Verb der
-»i'-Klasse an, b. u.
DIE KONJUGATION IM BÉARNISCHBN. 45 1
risi, arriskú Bagnères-de-Big. ; meist schwach: örr/V/ii (Lespy)
oder nach der -i^/-Klasse, s. u.
b) Die -«/-Klasse, worunter jene Verba verstanden sind,
die im Prov. ein Perf. mit g bilden. Im Alt-Gasc. müssen diese
Verba ebenso zahlreich gewesen sein wie im Prov.
habui. 3. hac Rea 14, ag 14, 15; ago 14 etc. Modern:
agú in Béarn (wenig gebräuchUch) ; Bigorre (Campan, Pouyastruc,
Aucun, Bagnères-de-Big.) agût Gironde. In der Regel liegt der
Präs.-Stamm zu Grunde: abú Beam (Pau [Lespy], Sauveterre, Ar-
zacq, Aramits, Accous, Bielle, Garlin); Landes (Anglet, la Bastide-
Qairence, Grateloup), a¡íú (Juillan); au Beam (Montaner), Bigorre
(Aragnouet, Aste), Landes (Mimizan), Comminges (Luchon), auk
Armagnac (Masseube), vgl. ao Ree 76, 77, ahon 77, aon 71, aui
Bigorre (Galan, wieso -/?), Gironde (St.-Vivien, warum nicht ¿*?,
Lavardac), a^ek Comminges (Aurignac etc). In La Réole (Gironde)
steht agni neben au. Femer findet man auguk in Auch, Haute-
Garonne (C-M. p. 300), augût neben agût in Bordeaux , augüt in
Bayonne (Schnakenburg), es scheint ein altes aguk mit Einmischung
des Präs. zu sein. In der Gironde kommt noch auzüt vor (auch
Mistral giebt auzft als „gascon"), das vom Konj. Präs. ausgeht
Kontrahierte Formen wie 3. und 6. «», Konj. Impf, usi etc. (Lespy)
(vgl. abut aber in der Konjug. periphr. ut bei Grateloup), dann q
(aus *aú, *du) in Gèdre und Arréns erklären sich aus der auxiliaren
Verwendung des Verbums.
de bui. Konj. Impf, degos Ree. 127 etc. {des, dessen Luchairc
im Ree. Gloss, als Konj. Impf, von debere anführt, ist wohl ein Irr-
tum?). Modern: debtii und degtit L.-R.; dieugéri „gase" Mistral;
diburi und dtsküri Gironde (Luchaire, Et p. 243); in alten Texten
aus Bordeaux dego (B. 2 1 5).
bibuL 3. veguo H. S. II 136, begore (Plusqu.) II 166. Jetzt
schwach: bebui etc. Aber vgl. das Partie, begüi in Bagnères-de-Big.
'*'pl9vuit 3. Konj. Impf, plagues H.S. I62; jetzt schwach:
plabú.
^mçvuit 6. magon H. S. II 28; magossan Ree. Gloss. Mod.:
mahui,
*cogn9vuit conogo Ree. 54, 79, reconego 79, 6. conogueren
126, reconogueren 126 etc., 2. ¿-¿>»^^2^/ H. S. II 168. Mod.: kunegui,
♦caduit, sehwach: cado H. S. I 38, cados (Konj. Impf.) H. S.
I 62. Mod.: kaduù
♦séduit, vgl. das Part segui Lespy.
♦creduit, vgl. rr^-^^«/ (Part.) Ree. 121; schwach: credoren H. S.
II 94, credo ^xxxcÌQZ 216. Mod.: kredui, kregui, kreyut ÇL.'R,), letz-
teres nach dem Konj. Präs.
♦riduit 3. arrtgo H. S. II 48; jetzt arrida^ vgl. a).
occid-. 3. auzigo Ree. 76; Y^ovì). atuigos 33. \, aucigul^.^.
n 30. Mod.: auzidui und -già (Mistral).
elaud-. 6. enclagoren Bourciez 215. [Mod.: klaudf],
ard-. argo Bourciez 215.
29*
45«
perd-. Koaj. fergta, pcrgossan Ree, Gloss.; 2. pergusí H. S
I 30, yPfrg9 188, Ò.pergon I 88; Kon]. pergossen li 142. Mod,:
peráui und ptrguL
*potait 6. >«J!rm Rea 16. Konj. S./tifwac ^.pogmt\ 6. ft-
guoten Ree 105 etc; daneben potcot Ree. 93 aadpedn Ree. 23 el&;
^0^ H. S. I 66, poÁ» I 82, podarem I 40. Mod.: /mAs' Bonn; Ai-
magnac futkm, Conuninges putierì, Ginmde putìtBri vaca Kod).
PiàB. ans.
placnL ì. plagû Rec53,63, H.S.I64, ò.p/agoM H.S.I78.
ÌSod,: pitauii, Bagnères-de-Bìg.: ^A« von 3.PiSa. ans. K<»^In^
gase: plagiti nsd plaaûti (KUstial), Partie, plaga und píaaSi.
jacui, vgl Part, yt^ Ree 58; nuxL: yaiU.
coqa-. Cingilo Bonrcies 215.
vine-. 3. veiKO H.S.I90; mod. btiuúi.
'^trag-. Konj. 6. iragottn Ree. 34; i. trtgu H. S. I 22, 3. /n^
1 18; 6. Irtgon I 84; Ptusqn. (rigore H. S. I 4a
leg-. 3. Ihego R S. 1 38, 6. lÀegM R 14; I. etl^u II 6S;
S- akgoi I 24. [Mod.: l^t, ¡^u£l.
fng-. l-ßtgo H. S. 1 100, fotgo» n 30, n [IO, Mod.: hmfii.
*desting-. 3. äettmgo RS. I 88, I 118.
volaL 3. Bo^t Ree. 10, uo^ 14, òo^ 13, volee 18, bongo Gian.
Daneben schon i. voUt 62 (a), 6. wlon 88, volom H. S. I 24; Konj,
3. Mot H. S, I 38, s. òo^te^ I 36. Mod.: iuba.
valui, vgl. Part. ¿ai|g^/, òargiU „gBO/c" Q) Mistral; sonst inunei
sehwacfa: Konj.: 3. Òaiot Ree. 50, 6. atlottaii 18, uaiotta* 88.
Hod.: iaiui.
*tollnL 3. Av£ Ree Glosa, (also lel&tiv jnng, da sonst B
nicht r geworden wäre, oder mindestens vom Präs. beeinfluTst).
Sonst schwach: Konj. 3. ieres Ree 34. Mod.: íorui.
col'-. 6. (W^DM H. s. n 52 ; arcctigûssa» I 134. Mod.: kutttä.
Cütr-, nur schwach 3, corro H. S. II 160. Mod.: ¡turnu,
tenui. 3. Une Ree 15, — 1. arlhümu Ree 63 ete, 3. arlmgo
29, tenco 50, tengo 79 ete Mod: Beam: tienui, liengui, Üenkui^ aadi
iengui; Landes: tienui, auch tiengu (Anglet); Bigoire: íengui; Ar-
magnac: tengui; Carnai.: ¡engerí; Gironde; ^^>i' (Bordeaux, St-Ví-
vien), tengíiri (La Réole). Der Wechsel zwischen g und * bedarf
keiner Erläuterung; das ie im Stamme ist aus dem Präs. Ind 4. 5.
{liem, tieis), dem Infinitiv (tie) etc. genommen; )' ist vielleicht eine
Reduktion von ie, kann aber auch aus der i. {*tinè) übertragen
sein, die Analogie anderer Perfekta läTst die leUtere Annahme als
wahrscheinlicher erscheinen.
*venui. 3. òine (also nach i. gerichtet) Ree 14, i. vimeu
H.S. II 92; 3. ueneo 14, òieeo (L bience) 50, cenuingo 117, t2o etc,
viento H.S.I82; 6. MMfon Ree 54, 63, ¿liinfon 54, conumgortH W),
biencon R S. II 14, 18; Plusq. 3. biengore H. S. Û 44 ete Modem:
wie tenui.
prend-. I. prmcui Ree Gloss.; prence Ree Gloss., RS. 1 4,
prengo Ree 74, prencot H. S. I 50, prengoi Ree 40, prauottt» H. ¿
DIB KONJUGATION IM BÉARNISCHBN. 453
Il 108; 6. pringuòren Bourdez 215, pringuessen Ree. Gloss. Mod.:
prenui, prenkut, prengm. Die Angleichung an tenere liegt klar zu
Tage. Siehe a).
rend- bildet nach Mistral im Beam, eyi Part, rmgüt^ sonst
finde ich nichts Aehnliches.
respond-. 3. respongo Arch. mun. ID 29. Jetzt schwach: ar-
respunui.
reman-. 3. armanco H. S. I 58, 6. armancon I 20, Plusqu.
3. armancora 11 142. Siehe a).
atting-. 3. ateneo H. S. I 100. Mod.: atenu,
*and- (and) ist an das begriflflich nahestehende venire an-
gelehnt worden. Alte Belege davon fehlen, die alten Texte bieten
nur schwache Formen: and etc. s. Ree. Gloss. In modernen Dia-
lekten aber findet sich die Umgestaltung, so in Armagnac (Mas-
seube: anguk und aruK)^ Comminges (Rieumes: angek; aber Oust,
Sentein, Aspet, Mauleon, Daumazan: anek)^ Gironde (Lavardac:
3. angui, La Réole, Bordeaux: angui).
c) Vereinzelte Verba.
Die »1*- Verba, deren Stamm im Lat auf/ endet, sind im Gase,
schwach geworden: 6. recthon Ree. 83, rezeboron Ree. 104; 3. recebo
H. S. I 4. — 3. sabo Ree. Gloss., H. S. I 50, sabossen H. S. II 14.
Doch stellt das Part, receubud (neben recebud) Ree. Gloss, einen
Rest einer älteren Flexion dar, die der des Provenz. gleich war.
Mod. nur sabm\ arsebut.
S cri bere bildete in älterer Zeit das Perf. i. escriscui Ree, 29
etc., escriscu H. S. II 140, scrtscu 69; 3. escrtsco Ree. 86, 89, H. S,
I 14; 6. escrtscon H. S. II 130. Auch das ¿^-Perfekt findet sich:
3. escrtgc Ree. Gloss.; und auch schwache Formen mit Präs.-Stamm
kommen schon vor: 3. escriuo Ree. 52, 118 etc., scribo H. S. II 140.
Die erste der angeführten Formen {escriscui) ist wohl in Anlehnung
an die Inchoativa gebildet. Modem lautet das Perf. meist eskribui
(Beam); aber eskrigui in Bagneres-de-Bigorre.
Benedieere: alt 3. benedisco H. S. I 28, ebenso maladisco II 32,
wohl gelehrte Formen; mod. benadU maledi (nach der i'-Konj.).
Par es cere: 3. aparesco H. S. I 76, II 6; 6. aparesson II 148
[parere: paros II 160, Konj.]; crescere: 3. cresco H. S. I 84;
nascere: 3. »¿w¿^£> H. S. I 104, 122; nascunl 18; vivere: visco Yi.S,
I 74, viscos I 72.1 Mod.: pareskui und pareèui\ kreskui und kreéui;
naskui und naèui; bibui und biskui.
16. Das schwache Participium Prät. hat die lautgesetzliehen
Endungen -0/, -¿7, -1/, Fem. -adç, 'üdCt ^idç: parlai, beniU, audii.
Wo die Inchoativ-Endung in das Part III. dringt, nimmt es den
Ausgang der II. an: zuisküi (frz. joui).
Stammbetonte Partieipien giebt es nur mehr wenige: diu Ree. 9,
dei (Subst) 83, deiia 128, 117, mod.: dii, Bordeaux (Mistral): dfii\
feii Ree. 9 etc., mod. hfii\ alheits Ree. 37, eslheiis 37, mod. est eii^
^ viusan Ree. 126 KoDJ. Impf, steht wohl for vtuosan.
454
A. ZAÜMER,
eslígüt, esìezii; ¡riti', iueil; eonstrtil'Rec.yy, xaoâ. kutíreiú unú kutlrt-
Mi (Mistral); enfranU Ree. 81, 83; ahert Ree. 63, iibirU 85. mod.
über, über, Arréns : uhrit; kubir, küber, Arréns : irufii/-, auftritt
Ree. 20, mod. aiiftr (frz. Lebwort) neben auheril; sofftrt B. 202:
soUa Ree. 23 (Subst.), soutz 15, sotita 59, asolt 110, mod. arresuíül;
coules (Adj.) Ree. 30; mot Mistral; L.-R. mu/üí; mori Bec. 25, mod.
mur; dadis Ree. 31, dad 8 etc., mod. dai; nads Ree 31 ele, mod
Hal = „kein"; nasküi (L.-R.), neèiH ^ „geboren"; buts Ree. 27 eU^
mod. bit, auch bedäl, besül nach dem Perf.; eskâs, ticos/ H, S, U 1 16;
arruí (ntptu); ese^riui Ree. 8, io, jcí-yV R. d. 1. r. VL68 (ausNay), escriit
H. S. Il 140, ersteres mit £iiimschung des Pias. -Stammes, mod.
eskribül (L.); près Ree. 15, prees bb, prue 39 (frz.), mod. pns und
prengül, preniüt {L.-R.), Bordeaux: pris (Mist); wj« Ree, 31, 34. I2i,
promis 79, I IO, tremes 93, solzmes qo, aber meíud z$, 34 etc, mod.
mtiiii; notas H. S. Il 112, ars Bourciez 202.
Der Stamm des Part, der übrigen Verba ist in der Regel gleich
dem Pcrfdktslamm : ÒiikiiI und iibii/; abül, agül; dehäl, degül; behüU
begül; plabül; mabüt {mogui, inagul Bourciez 201); bencui (vaineu)
Ree. 15, mod. bensiü etc.; vgl. g 15.
Hervorgehoben seien nur noeh btSt (*venutu), lìgi in Arreos
(» statt ü infolge der Accent Verschiebung, vgl. Perf. i. hlui, miul
minutu, deyua disjejunare) und die Redensart ilçs e bHçs (aller et
venir) ¡n Aspe, wo bitç aus dem Inf, bi nach dem Vorbilde der
Verba III. gebildet ist.'
Das Partie. Präs. und Gerundium bieten in der 1 11. nichts
Bemerkenswertes (-an, -en), die 111. hat die Neubildung -in nach
dem Inf., der 4. 5. Präs. etc.: parlan, meléti, audin. Dort, vfo das
Paru 111, mit dem Inchoativsufüx erweitert wird, nimmt es wiedei
die Endungen des Part U. an: partissin.
17. Futurum und Kondizionale werden «le in den andern
Sprachen aus dem Inf. mit dem Präs. resp. Impf, von habere
gebildet. Für das Futur ergeben sich also die Endungen -({i),
-OS, -a, -am, -als, -an. Für 4. scheint auch -em, für 5. -eis vorm-
kommen, sereni Arch. mun. 1 442; pagaren C-M. 385; poyretB H, S.
11 70; vcyrüz U 88.
Im Kondizionale hat man die Endungen -i, -es, -e, -em, -ets.
-en; daneben finden sich wie beim Impf. Reste der Bildung mit
-(a; I. paseria Eaux-Bonnes {in einem Lied, sonst die obigen
Endungen); hari^i {je ferais) Aste.
Trennung des Inf. vom Auxiliar durch ein Pronomen ñndet
sieh in den alten Texten sehr häufig, besonders die H.S. bietet
auf Schritt und Tritt Bebpiele: baxar vos alz I 16, melir vos ha,
distr vos he I 22, dar l'am I 28, esiahlir l'has I 28, diser /'e I 30, diser
l'an I 32, far m'en I 60, poder Ci tomar I 72, perder t'es I 52 etc.
' Inlervok. Tennis scheint dort í
richlen, vgl. farlite. bendate, .
Raymond.
bleiben ; leider fehlcD gtnaue Nicb*
hete, kale, nata u. v. a. bei Leípjr-
DIE KONJUGATION IM BÉARNISCHHN. 455
Was die Gestalt des Inf. in der Verbindung mit dem Auxiliare
anbelangt, so bleibt bei der I. das a im Beam, meist erhalten; in
der Gironde und den Landes wird es wohl ziemlich durchgängig
ÏU e geschwächt, die übrigen Dialekte schwanken. Vgl. mynyaralz
H. S. I 12; aportara, ammara Ree, 26, pranaren 35; trobtrai 50,
gardtran, iureran Luchaire, Et. 267. Modem: anerfi, ¿ii/'iri{Garlin);
tumerf (Kond. j), antrat (Bagnares-de-Big.), trubtrals, bramera, ti-
rcram (Bayonne), pariere etc. (Grateloup), pensaran neben opéreras
(Aste). Gänzlidie Synkope des a findet sich heutzutage wohl nir-
gends; im Ree. findet sich ein einïiges Beispiel: durra go, das
eben deshalb verdächtig ist. Ana bildet antrei oder anirei, in letz-
terem hat man vielleicht Einmischung des Fut. von ire zu sehen.
Bei der Ul. Konjugation ist die volle Form des Inf, durchge-
führt: audirfi, audi'ri elc, vgl, audtran Ree. 32, ferirà 63, ueslira 87,
siguiratt H. S. n 7 z etc. Requerrait Ree 96 steht in einer Ur-
kunde, die vom Frz. beeinflufsl ist; bmdra Arch, mmi, I 415 wird
wohl ebenfalls frz. sein.
Die IL Konj. schwankt, teils findet man Synkope, teils unter-
bleibt sie, oder besser, Ful. und Kond. werden nach dem Inf. um-
gestaltet, So geben Lespy- Raymond: 3. bibtra und biura, deberá
deura, abera und aura, mabera und maura, kadera und kaira, bedera
und beira, pudera und piiira, kalera und {¡n Orthcz) karra, hulera
und (in Bayonne und gascogn.) burra. Reseura, saura neben re-
sebtra, sabera sind analogisch nach den Verben, deren Stamm auf
-b ^ lat. b, V ausgeht. Der Dialekt von Pau und das Btiarnische
überhaupt ziehen im allgemeinen die längeren Formen vor, die
übrigen Dialekte die synkopierten, doch ist besonders bei den
Verben mit -d, -1, -v auch in Béarn die Synkope nicht seilen. Vgl.
deura Ree. 21, aura 21 etc., betran 32, aure 33 (Bigorre) neben
beneran 23, Hera 24, boleri 17, podere 33, de/enere 34, preneran 35,
btztran 38,39,41, prmeram 50 (Bigorre). Béarn: plaira 52, 53,
auren 55, Ireyra 60, 63 und hederán 52, valera 56, bentra 56,
abera 58, tregera Ó3, bâtera 63; auralz H.S, I 16, aures I 52, aurate
II 92, auras II I20 neben abtras II 64; viurals I 44, beure H 66;
poyrem I 44, poyri I 82, poyrelz II 70, poyres II 72 neben poderi 1 54,
podera II 56; btyras I 50, II 44, vtyras {5.) II 78, veyrets U 88 neben
vederalt 11 114; caderen {4.) II 28, crederam II 142, saberi 1 54, bol-
Urats I 130; armaira (rem anere -f- habet) ÉL 267; scmoira Ree. 95.
Aus modernen Patois: saterei, buitres (Arréns); bedtra (Boast);
briräm (Boueilh); dira {aber maledizerat), puira, beira, bulerem, meterá
(Garlin); dijeren (Eaux- Bonnes); puderas (Bagnòres-de-Big.); beires,
puderam, saberi, dizeras, kalera (Aste); bibera, aber burrd, karrä
(Bayonne), dturei, burra, kairei, saurei, direi (Grateloup). In Ar-
magnac und in der Gironde scheinen die synkopierten Formen
ausscbliefslich oder doch vorwiegend gebräuchlich zu sein.
Infinitiv. Die Endungen sind L -«; IL -t oder -e, -re;
-Ì (alt -ar; -er oder -re; -ir).
456
A. ZACXZK,
a) Die L KoDJagatx»i hat im gznzen deiuelben Urning «ie
I in Lai.; fan Nesgase konnneii noch nete Necbíldongen dazu, die
I iídi dardi fix. Einflars rar I. schlagen, wahrend die alte Spradie
(wie das Spanische) sie der DI. stnries, so raläüa, kemtrihüa, ^arrta
ebi, alt retlituir, (onlr&mr, txtrrir. Ans anderen Klassen aber-
getnrten sind noch far^ mod. ha (oeben ftr, hf, s. % 36} ^ faccfc.
nnd tuflra füi sabslemere, letzteres vom Peri, aas (v;g1. spao-^M^/rw^;
kauhá 'calfare wie im Frz.-Prov,
b) Bei der IL Konj. ist der Unterschied zwischen der ?- und
^'KoIlj. des Lateioischen dahin aosgeglicbea, daTs die ergere fost
völlig ZQ Gunsten der andern verdrängt worden ist. Lespf (SS?^)
giebt als die einzigen Infinitive, die auf betontes t enden : $ahf, Ud
(venire, s. u.), dazu noch ab¿ und lié (tenere). Bei buie und pude
ist die Betonang weder in Lespys Gramm, noch bei Lespy-Ray-
mond etsichtlicfa, vgl. aber in .Xiréns bulfyak and Utltgak (le vou-
loir), s. u. Dialektisch wird seitist in den wenigen angegebenen
Infinitiven die Ojxtonierung z. T. aufgegeben: so abééi and akéáe
(S 31); hün€, ¡Une (auch in Beam, Anlehnung an prette % 23) and
binge^ linge (Armagnac, Comminges; vom Perfekt und Konj- Präs.
aus). In substantivierten Infinitiven, deren verbale Natur nicht mebr
gefehlt wird, bleibt die alte Betonung: piasi, leni, pudi. Sonst aber
hat man: kdde, bédt, debt, yáze, retíbe etc
Was das Verhältnis zwischen den Endungen -e (alt -er) and
-re betrifft, so stimmen nicht alle Dialekte ùberein. Das Béamische
kennt ausschliefstich -t\ vgl. zu den schon angeführten Infinitiven:
arride, dise, bène (vendere), b/be, biÒe, kd/e, birre, pèrde, estribe, òd/e,
méie, kuél'e etc So auch schon die alten Texte: distr H. S, I 14, 44.
bebir II 136, prener I 50, audder I 58 etc. Auch die andern Dia-
lekte verhalten sich so: due, hfni (Arréns); dise, ¡órse (Aste); béu
(Lecloure); dise (Beaumont de Lorn,); ah: aueide Ree 25, bene 26,
mixer 31, recele 29 (Bigoire). In der Gironde aber zeigt sich
Schwanken zwischen -e(f) und -re: meure (movere) Arch. mun. 1 44 1,
daure ib. 367, coire ib. HI 14; aber beser I 395, heder 111 86, vgl.
Bourciez p. 198 ff. Modern: perde, aprene, entende neben entendre
heire. Vgl. noch die bei Luchaire, Et, p. 243 f. angeführten Infini-
tive: beire (neben besi), diure (debere), dire (neben dite), kreire. Es
scheint also nach Vok., d, t, v, k (g) die Synkope eingetreten za
sein, während sonst das e der Mittelsilbe blieb, resp. r vokalisch
wurde. Uebrigens stehen nicht alle erwähnten Fälle auf gleicher
Stufe: diure, meure, beire müssen jünger sein und sind wohl erst
aus der 1. oder 3. Präs. Ind. gebildi;t. Die Infinitive bei (videre),
ifi (cadere), irei in Arréns sind aus dem Futur nach da: da[rfi]
gebildet: ÍH/<;v-{aA) [„infinitif en iy" Camelal, R. d. p. g.-r. IV p. 232],
wohl daran angelehnt, um den Ausgang -¿ zu vermeiden [oder be-
ruht irei auf älterem *ireire (vgl. f-ai ^ patrc)?], Aste und Ba-
gnires-de-Big. haben die Inf. beie, kaie, die als hei+e. kai-^e {bei,
kai wie in Arréns) oder einfach als Neubildung aus dem Stamm
der Formen mit -x zu fassen sind. Bei den synkopierten Infinitiven
DIE KONJUGATION IM BÉARNISCHEN. 457
der Gironde wäre ebenfalls Bildung aus dem Futurum und die
Möglichkeit französischen Einflusses zu erwägen, doch gestattet das
vorliegende Material keinen genügenden Einblick in die echt volks-
tümlichen Formen.
Der Besitzstand der H. Konj. ist durch Uebertritt einiger Verba
aus der i-Klasse vergröfsert worden. Vor allem ist venire zu be-
merken, das in Ângleichung an tenere = tié zu hié geworden
ist; die lautgesetzliche Form hi unterschied sich eben gar zu stark
vom Präs. Ind. i. — 3. 6., Präs. Konj., Perf. etc. Gehalten hat sich
die lautgesetzliche Form in Bayonne {bin¿)^ Accous (¿/*), Arréns (vgl.
5. suhit^ Futur 3. hirá, Perf. i. hiui^ Part hiui\ dann in der Gironde
(¿fwi*), in diesen Gegenden richtet sich z. T. tenere umgekehrt
nach venire [siehe unter c)]. Bii und biéne finden sich in Béarn,
Bigorre und den Landes; Armagnac, Comminges und teilweise Bi-
gorre (z. B. Bagnères) haben hengey bienge, Bie ist auch schon die
Form der alten Denkmäler, vgl. hur Ree. 22^ endehie 33, hier H. S.
I 136, Fut. hiera I 16; venir Ree. 80, 117 ist die girond. Form,
henir H. S. I 16 Latinismus oder Provinzialismus.
Femer treten zur IL Konj. über htUye (*fugire), y^. foeger
H. S. II 6 (fugir H. S. I 58 ist die ältere Gestalt des Inf., wenn
nicht vielleicht Lehnwort); yéèe (exire), hade (*fodire), prOdt (prurire).
Der Konjugationswechsel erklärt sich bei allen diesen Verben daraus,
dafs sie nicht inchoativ flektierten, somit aus dem Schema der
2-Konj. herausfielen. Ebenso erklärt sich drqme (dormire) in Lectoure
(beam, drumf), Murehi^ sentehen (Impf.), parten (Imper. 4) in Bor-
deaux weisen ebenfalls Uebertritt in die ^-Konj. auf, allerdings aber
nicht im Inf. {senii^ partí). Im Agenais und in der Lomagne be-
steht neben tené^ sorti auch tene, sórtre, vgl. Rev. d. 1. r. XXIV 265.
c) Die /-Konjugation erhält Zuwachs zunächst durch gelehrte
und Neubildungen: corregir H. S. II 126, possedesquen Ree. 21, legir
32, 52 (auch mod. leyi und léye)^ queri Ree. 104, arqueri 14, en'
queri Ree. 15, Arch. mun. I 415 (aber Perf. requero Arch. mun. I 447);
emhadihe Ree. 58 (mod. emhadi), apari H. S. II io (Perf.) (mod. apart,
indem Konj. aparesca als Inchoativ-Bildung aufgefafst wurde; alt
auch paro Perf.), klaudi (wohl gelehrt, alt claudir und clauder), kuete
{coelher H. S. I 46) neben küti (frz.) ; apruhedi (versorgen), zemi\ fall
(und da es nicht inchoativ flektiert, auch fáíe), akizi (acquàrir),
indäzij instrüi (neben instrüize) etc., alles Lehnwörter.
Femer selbstverständlich diejenigen Verba, die gemeinroman.
oder wenigstens in Gallien zur /-Konj. übergetreten sind: muri^
segi, kumpit {fompliue Ree ^2!)ì ptití'S (se repentir), seguti (secouer),
sufriy tradì.
Weiter gehören hieher pûdi, das sich wohl an das verwandte
ptuiri angelehnt hat, ebenso wie hedi (aber im Aspe -Thal hede,
foetere).
Aucir Ree. 17 ist vielleicht der lautgesetzliehe Reflex von
occidere (beam. ausside\ vgl. oben S. 456 u., darnach Partie aussit;
ioteressant ist aree (il rit) in Arréns: ridere mufste dort arri er-
OWb teaei« z.T. wmíMa^ ^"^ wde wboa amer b) er-
wifct, K> ft' in Piyo— c JMtf M A^e-Tlal; vgL da' Ree. 69 (a),
«r«»- Mb. d. adi. dép. 236 faelm £âr 153, abo enteres vielleicfat
SelmAfcJJe^ » mama m da Gñonde: Anw- Rea So. lOj. i2j.
198.
A Die GesUlt des Stanmes.
■9. Das GasoognÍKte and speziell du Béarmdte sejgt das
'1 den VettaUónen die mög&dnte RegebnaTsi^kett
dorduafñlii^ In Ne^iniii. ist dafaer too vendMcdenen Stammen,
die liiilgi'K.nliLli bei eñacsB nod demselben Veriiam aartreten
mafslwi, in der Regel nor ein eiasigeT beibdiaken und aadb auf
jene Fonnen ñbaiiagcn «orden, in denen er nrsprüogltch nidit
berechtigt «ar. Heist ist es der Soanm der 4. Pias. Ind., der ja
in der HebsaU der Fonaen auftrat; andcie Dialekte geben dem
Stamm der mit / abgeleiteten Fonnen (Bígorre), noch andere (Ar-
magnac) dem ^-Stamme den VoTzng.
2a Der Vokal des Stammes mufs vor allem bei t and 0
je nach dei Acceotstelle rerscbiedeu sein: betont e f. anbetont e u.
Die alten Texte geben darüber selbstverständlich keine Ansknnft.
Nach Lespj wechselt f and e je nach der Tonstelle m den Verben
auf -ira (-ellare), i. B. aperd, apfrç, dann in ttgá, segt Csequire),
airemá, need, die beiden letiten also analogisch. Tonloses w und
betontes ^ haben nach ihm: adubá, adurd, aunurd, buia, iugd, nutd,
purid, luAd, ¡rubd, dann urbi ('operire, auch aubri, dann flektiert
es inchoativ), turti, [aber drumi immer mit u wegen der Nasalis],
krubi (*copeiire); ferner hqu aber bidlm, p^ aber pudim (InC buie,
pude scheint im Beam, auf der ersten Silbe betont ïq sein, hätte
also dann den ursprünglichen Vokal trotz der Accentverschiebung
bewahrt). Dialektisch kommen dazu noch iugd — ^^gí (>■ B- in
Bordeaux); dann dem^ri C-M., krjpç (il coupe) Mistral, sogar ab^
(j'avoue) — abud (Mistral). Moleré, •morire u. à, kommen fur
das Beam, nicht in Betracht, da hier wegen der vorausgehenden
Nasalis immer u erscheint: 3. «» (vgl. mür mortu, mu/ molle, maU
nostra etc.).
Weiter ist zu erwähnen der Wechsel zwischen i'e unter dem
Ton, t (i) vor dem Ton, wenn ein laL / zu Grande liegt, dem
Palatal oder JJibial folgt, so wäre lautgeselzlich tfbç aber Uba, dcxji
hat hier die stammbetonte Form den Sieg davongetragen, so schon
H. S. 1 30: libd neben ¡heòd; ¡kevat Ree 64, mod. nur (eba in Pau,
doch z. B, leul (i.) und leufk (Perf. 3.) in Masseabe u. a. O.; gtsqua
Ree. 25, 27, cixir 2^, mod. yièt, itsir, leye L.-R., aber Part, teyäl
in Arríns. Üesát in Arrena (laissé) ist analogisch nach íeba etc
Vielleicht erklärt sich ähnlich das merkwürdige dine (debere), das
sich verschiedentlich findet (Et, p. 243), k. B, Bordean : 3. diu, 6. dâen
(Schnakenburg), vgl. diu Musée des Arch. dép. 29a Zu den flexions-
! KONJUGATION :
[ BÉARNISCHEN.
459
betonten Formen mit <r (debtm etc.) wurden stammbetonte mit i'e
(nach /ruam — *lieul] gebildet: V¿ru etc., woraus dann diu wurde,'
das nun auch auf die flexionsbetonten Formen übergrifl"; 3. ilieu,
Perf. dieugf'ri. Fut. HieuTfi bei Mistral bestätigen diese Auffassung
vielleicht.
Tritt e durch Schwund eines n ¡n den Hiatus, so ergiebt es
unter dem Tone f, vor demselben ;'; daher wäre lautgesetzlich
(fi/f (*minat) aber wrrf, jedoch hat die flexi on sbelonte Fonn die
Stammbetonte verdrängt; miç. Anders verhalten sich tenere und
venire. Die lautgesetzlichen Entsprechungen wären: i. Un, 2. ¡es
{lern), 3. ie {Un), 4. tum, 5. Hels, b. Im (?); Impf. 3. Iif, Inf. li/,
Part Pr. Iien{l), Imper. U {ten), litis; — bei venire Präs. 4. bim,
5. bils die stammbetonten Formen wie tenere. Von tenere sind
alle diese Formen belegbar oder doch mit Gewifsheil 2U erschliefscn:
1. tmg Ree. 40, 3, ten Ree. 8; Gloss,; Rev. des soc. sav. 423, lee
Ree, Gloss., 4. iïem Ree, Gloss., 5. lids (Imper.) H. S. II z8, 6. [tenm
Ree. 22]. Impf. [/(««■ Ree, Gloss, (d.h. ir«?)], 6. ihieti H.S.I112,
Inf. lier Ree. 28, soslit 33. lienl 78. Für venire vgl. 3, Òie H. S.
Il 92, ¿y H. S. U 80 (die Herausgeber bessern biey, wa3 unnötig
isl; ey für auslautendes / ist dialektisch); in den flexionsbetonten
Formen hat es sich, wie schon g 18 b) erwähnt wurde, z.T. nach
tenere gerichtet; 4. viim H. S. I 132. 5. büls H. S. U 18 u. a. Das
Ueberwiegcn der flexionsbetonten Formen bewirkte nun die Ueber-
tragang des Diphthongs ie, der durch Verschleifung der ursprüng-
lich getrennten Vokale entstanden war, auch auf die stammbetonten;
so schon in aller Zeit; 3. lie Ree. Gloss., lieng ib., Ihiei Ree. 49,
2. vieys H. S. II 42, 3. vit II 88, vom Präs. ging der Diphthong dann
auch ins Präteritum über: biencui etc., s. § 15 b). Daher im Nen-
béamischen: i. bieni, 2. bienes, 3. bif, 4. bietn, 5. bitls, 6. bienm;
Konj. biertgf. Impf, biebi, Ger. bien, Perf, bienkui, Part, bienküt, Int
bie{ae). Der Imperativ 2. lautet bi, das aus 5. biels abstrahiert ist
(Ueber das intervok. n s. § 2^.) In Baj'onne lautet Präs. 3. hin, litt,
das Impf, binfii nach dem Inf. bi(rte), li(ne).
Eine weitere Gruppe bilden die Verba mit a im Stamme vor i,
wo unter dem Tone f, vor demselben a berechtigt ist;' auch
hier treten Ausgleichungen ein. Nascere hcifst im Beam, naie,
a ist durch das Perf. nasiü und das Part naskül, alt nal, gehallen;
in Armagnac bleibt die laut gesetzliche Form des Inf. mse und da-
nach das Part, netkül, nesül etc.
Endlich erklären sich aus Verschleppung des Vokals der flexions-
betonten Formen in die stammbetonteu die Stamme von lüul (levo)
Mimizan, püyc ("podiat), krüb^. (coperit), mtnyç {menya Ree. 65,
minge 65 (a), mynye H. S. I 1 1 2, modem auch mamlukç, das ein
Lehnwort sein mufs; aidç (neben ayude; aiudar Ree. 24, 32, aiudem
52, aida 6), parlç, parla Ree. 7; kunige, kunehe; i. coneg H. S. II 54,
' Vg!, diu Deu, hiuri febri.
' Vyl. r(iu fraxiou, i/ip capsa, gr(ì grasseu, h(i fasce; — dag'^™
maifrf auxilia, taiú taxone, bai(l vascellu u. dgl.
■nrh wo V beiiahrt ist. hat der Stamm der flexion sbelonten f
Fmgin^ gefoDden, dahei béarn. óo/íí, girond. Òaut, béant, tata
«Dd tafit (statt 'tau) etc
Bei den Verben, deren Stamm auf c oder g aasgebt, soPte je
■»cfa d«m daraafFolgenden Vokale bald g (i), bald s reap. j> {:)
erscbonen ; der Unterscbted ist l:>eí den Verben der I. Kooj. n
Gunsten des enteren, bei IT. III. zu Gunsten der letzteren ansge-
gftcben «Forden. So schon Konj. 3. pagui Ree 64, abtrgtu 26 and
EDodera imniCT págt, ifrke elc Etwas länger scheint die laotgeseti-
\vA»t Form bei der U. III. gebUeben zu sein : alhiga Ree. 2Ó, Irtga 2b
(xrenn g oidit etwa ¿ vorstellen soll); bis heute geblieben ist der
Wedud bei diu: i. Ai neben d/a, Konj. digfi (Bordeaux Jal},
«ber fVâs. Ind. 4. di'sem. Sonst aber /¿yi (lego) — /^cn etc.; das
alle interni, Konj. 3, bengu^ H. S. 1 48 (vaÍQCu) ist durch btnsüi cr-
sclat M'ordcD «, a. m. Eigentütnlich ist Irtser Ree. 22, eslreu 13
neben dem regelmäisigen inger 61 (mod. íréye). Da dem g vor a,
« wr d<^n palatalen Vokalen bald y (Ì), bald s entsprach, so griff
imn hier irrtümlich üu «; Perf. und Part, waren indifferent [Perf.
•fr^, ttegu; Part. Irfií\, gestaltetea also die Verwechslung. Oder
»oli > eine Graphie für i sein?
Hicher gehören auch die Verba, deren Stamm auf sc endet;
In diesen steht ji resp. tk uud zwar bleibt im ganzen das laut-
KeNutilidie Verhältnis bis heule bewahrt, nur die 1. (und 6.) Präs.
lud, nehmen unter dem Drucke der übrigen Personen dieses Tempus
itiirchgehends ¿; also \n{, pariée, Präs. Ind. partsl, pareéts, parts tACL,
Prit». Konj. parííipi, partskçs, 4. pareskam u. s. w., desgleichen im
Perf, paresiui. Part pareskûl. Ebenso kmitér, i. hiueèi, Konj. kmies-
*r' (Mistral), ferner die Inchoativ -Verba, worüber Näheres im §27.
Den letzteren schliefst sich yeít (oder i«/, ¡ statt é dtircb Dis-
•Imllation) an, da die Formen, wo x vor palatalem Vokal steht, in
DIB KONJUGATION IM BÉARNISCHBN. 46 1
ihrem Ausgang mit der Inchoativ-Endung identisch sind; so gesqua
(3. Konj.) Rea 25, 27; aber eixir 23; ob noch modern yeè- und
y€sk- wechseln, ist aus L.-R. nicht ersichtlich.
Inwieweit die schon §§ 14, 15 angeführten Perf.-Formen arrisku,
escrùca, disgu (dixit), diskärt (debui), btsku (vidit) mit der Inchoativ-
Endung in Zusammenhang stehen, und wie sie sich erklären, ver-
mag ich nicht zu sagen; beachtenswert ist, dais der Vokal der
Inchoativ-Endung im Beam, e ist, die erwähnten Verba aber / haben.
Btsku (vixit) ist wie die prov. Form gelehrt; hasku^ puskçt (*possiam)
sind för sich zu betrachten (§ 36. 37).
23. Venire und tenere sind auch hier zu erwähnen. Bei
beiden ist ;i, abgesehen von dem mit c erweiterten Stanmi, ent-
weder gar nicht oder, wo auslautendes n bleibt, im Auslaut be-
rechtigt Der Inf. zeigt indes in Beam, Bigorre und den Landes
neben bi\ hie auch hiene^ und entsprechend auch tiene (§ 20). Es
ist eine Anlehnung an prene. Prene übernahm zunächst von dem
begrififlich nahestehenden tie die Formen mit^: Vexi.prengo (§ 14),
Konj. Präs. prenga (§ 24) ; als nun somit die beiden Verba in den
^-Formen übereinstimmten, konnte umgekehrt tié sich im Inf. an
prene anlehnen, wodiu'ch die unbeliebte Oxytonierang des Inf. ver-
mieden wurde (§18 b).
24. Die ^-Stämme. Eine Anzahl von Verben hat im Präs.
Konj. und im Perf. ein unorganisches g entwickelt, das sich dann
auch in andere Formen, namentlich den Infinitiv einschleicht Die
Entwicklungsgeschichte dieses g lasse ich bei Seite, sie ist identisch
mit der des g {c) in den entsprechenden prov. Formen (vgl. Grund-
rifs p. 6i5f. und p. 618). Auch die Verba, die hier zu erwähnen
sind, sind dieselben wie im Prov. Von den modernen gase Dia-
lekten räumt der von Beam den ^-Formen den kleinsten, der von
Armagnac den gröfsten Platz ein. In den älteren Texten stehen
alle Dialekte so ziemlich auf derselben Stufe wie das Prov. Die
Perf.-Formen dieser Verba sind schon § 15 b) angeführt worden;
hier sollen einige Konjunktiv- und Infinitiv-Formen gegeben werden.
venire: hengua Bourdez 219, mod. biengçi und bienk(í. Inf.
tó, hiene (§ 23), aber in Vic-Bilh (Beam): bienge, benge; Armagnac,
Comminges: benge,
tenere: tengua Ree 24, tiencham 51, mod. wie venire; Präs.
Ind. I. tengl Bagneres-de-Big.
prehendere: prenga Ree. 24, 95, prencham 51, mod. prenkçi^
prengçi. Inf. prenge gase. (Mistral).
donare wurde an das begrififliche Gegenteil prehendere
angelehnt: im Konj. dongua Mus. d. arch. dép. 238, Bourciez 217,
dónki bei Grateloup; Ind. Präs. i. donch Ree. 105.
stare bildet in der Gironde estonga Bourciez 217, es ist eine
Angleichung an dónga^ das falschlich zu dare gezogen wurde;
mod. Präs. Ind. i. estun{k) gase. (Mistral).
responderé: respongua Arch. mun. I 513 und
remanere: remangue Ree. 90, armangue Et 367, haben sich
462 A. ZAUKER,
den geoaonten Verben angeglichen, weil der Stammanslaut der
gleiche war. Dasselbe gilt von
•andare: úagua 'Ree. 1 28, Bourciezaiy, mod. a;^ Armagnac,
Comminges, Gironde (neben ani), in Beam, Landes, Bigorre er-
scheint an7, 2. anis H. S, I 6. Ein Inf. ange mufs wohl auch vor-
kommen, vgl. FuL angtrei etc. Lt. 242, Dafs sich dieses Verbum
der Analogie der oben genannten n-Stamme fugte, trotzdem e^
einer andern Konj. angehört, erklärt sich ebenso wie bei donar«
dtiTch Anlehnung an ein begrifflich verbtmdenes: venire,
cognosccre hat vom Perf. aus einen Inf. kuiuge gebildet,
vgl. auch das Präs. Ind. con/g H. S. II 54, Konj. 3. eontgut U 80.
credere bildet gleichfalls vom Perf. aus den Konj. kreg^t
{neben dem regelmäfsigen krediçf). Auch ein Inf. "krJge ist ge-
schaffen worden in Arréns: krtgak (le croire) neben kreyak, s. u.
*voIere; Arréns buh¿ak (und bulryak).
ardere: atgç Bagnères-de-Big., Aste.
perdere: pcrga Mus. d. arch, dé p. 23g; Inf. ^rÄ (Beam), pfrg/
gase. (Mistral).
occidere: auagua Mus. d. arch. d¿p. 241; i. aiidguty H. S.
II 128, amigáis U 128.
prudere (prurire): prügc 1_-R. neben prüdic.
25. Formen mit y. Das>' stammt teils aus dem Infinitiv
resp. FuL Kond., teils aus den Foraien mit ableitendem i (s, über
die letzteren § 26). Für das Bëarnische ¡st die zweite Auffassung
wahrscheinlicher; für rf/ (dicit) Arch. mun. I 368, crty ib., jay (jacet)
ib. 398, play, coyan (coquant) BourciezztS, u.dgl., in Bordeaux
pafst nur die erste; aber auch béarn, kai neben iai (cadit) erklärt
sich vielleicht aus dem Inf. kayre (neben kaJe), freilich mögen die
Formen mit -/ die Bildung begünstigt haben. Die Inf. 6éye, kiíyt
in Bagnères-de-Big. u. a. wurden schon § 18 b) erwähnt. Auch das
Impf, puyfn ('potebant) in Arréns geht wohl von einem aus dem
Fut puirti gebildeten Inf. pai{rt) (vgl, bii, kr/i eta § 18 b) aus.
Für das Béarnische kommen fast nur Ue her tragungen der mit
/ abgeleiteten Formen auf das Perfekt in Betracht; diese wurden
schon § 15 b) angeführt. Hinzuzufügen wäre noch bayu zu bade
(*vadeam). Vgl. aüch den folgenden §.
26, Das ableitende 1 macht in mehreren Verben seinen
Einflufs auf den vorangehenden Kons, geltend, und zwar fast nur
im Konj. Präs., seltener auch in der t. Ind. Präs. Von den mit
/ b endenden Stammen aus ist -iç, wie schon g 3 bemerkt wurde,
auf alle Verba II. III. verallgemeinert worden.
sapere: Konj. 3, sapie Ree. 40. Mod. sàpiç (Ind. g 34).
recipere: Konj. reccpìa Ree. 8g, 95, areepia 95. Mod. Konj.
reiepiç, i. Ind. Präs. rtsébt.
habere: s. § 31.
debere: Konj. 3. (/<ni^<i Ree. 125, í/í^í H. S. II 124. Modem
dibiç, I. Ind. Präs. Mi.
DIE KONJUGATION IM BÉARNISCHEN. 463
videre: Konj. 6. vegen H. S. I 10; i. vegey 11 50, 5. beyatz H 62.
Mod. I. Ind. Präs. he¿ und bedi\ Konj. beyt und bediçi] Perf. beyú
(Aste).
cadere: i.Präs. Ind.: i. kayixmá kadi; (3. kuj[uná kat). Konj.
kayi und kadtçi, Perf. kayui und kaduif Part kagiit, kadüt,
credere: i. Ind. Präs. kreixxna kredí, Konj. {kredtçt und kregçi
in Béarn), krezi Gironde; Inf. kr eie Ariège; Veitî, kreyui xxna kredui.
a udire: Konj. 6. augen H. S. I 16. Mod. nur audeskçi etc.;
aber auzù (audit) Haute-Gar. (C.-M. 300). Mistral (gase.) : Ind. Präs.
áuzty auzes, auè etc.; Perf. <mzi etc.
va der e : bade ist an cadere und die andern mit ^ angelehnt
worden: Konj. Präs. báyi\ Perf. bayú^ Part bayuL
faceré: s. § 36.
venire: Ind. i. sui^ in Arréns {bì/nì in Beam, bengì Arma-
gnac, beni Gir.). Im Konj. ist überall ng oder nk durchgeführt, in
der Gironde lautet er beni, bents etc. Dasselbe gilt für tenere.
valere: Konj. batç; (Ind. bali).
calere: Konj. kaiç,
volere: s. § 38.
27. Die Inchoativ-Verba. Der Vokal der Inchoativ-Endung
¡st bald ey bald j, und zwar haben e Beam, die Landes und Bigorre
(wie im Catal. [und Span.]), t dagegen Comminges, Armagnac und
Gironde (Luch., Et p. 241). Genauere Angaben wären erwünscht
Die Trennung zeigt sich schon in den alten Texten: serbexs H. S.
I 54, pariescam ib. II 80 (Beam); possedesquen Ree. 21, fenesquan 27
(Bigorre); imtituisc Ree. 8g, possedisqua 94 (Armagnac); minuisca
Arch. mun. I 518, possedissan I 405, partisqua I 398 (Gir.).
Was die Konsonanten anbelangt, so ist der lautgesetzliche
Wechsel zwischen / und sky je nach dem folgenden Vokal, mit
Ausnahme der Gironde und der Landes überall bewahrt Nur
die I. und 6. Ind. Präs. nehmen nach dem Vorbilde der andern
Personen dieses /: parieeh 6. parieiin, doch sind bei der i. Bei-
spiele mit sc in alten Denkmälern häufig, s. die Belege § 2. Da
also im Ind. ¿, im Konj. sk durchgeführt war, so wurde in Arma-
gnac auch dem Perf. mit è (s. u.) ein Impf. Konj. mit sk entgegen-
gestellt: pariiii\ partiskçi = partièui: pariiskúsi. In den älteren
Texten aus der Gironde findet man im Ind. ss, im Konj. sc: ^,pos»
sedts Rev. d. soc. sav. 423 u. s. w., Bourciez 207 und 218; heutzutage
ist SS auch im Konj. durchgedmngen, Beispiele dieser Uebetragung
finden sich schon in den alten Denkmälern (Bourciez, 1. c). Die
3. Ind. Fräs, lautet im heutigen Girondinischen auf -/'/ aus (Luch.,
Et p. 241), dessen -/ in Nachahmung des Frz. angetreten sein
mufs. Also: Ind.: partisi, pariises, partit; Konj.: partisi, par tisis,
partisi etc.
28. Die Verbal-Formen, die die Inchoativ-Endung annehmen,
sind in den verschiedenen Dialekten verschieden. Das Béamische
nähert sich am meisten dem ursprünglichen Zustande. Nach Lespy
«ndieint die Inchoativ-Endung im Ind. Präs. i. — 3. 6., Konj. Präs.
464 A. ZA0NER,
I. — J, 6., Imp. 2; also Ind.: auJtsi (von audi), audeses, auJfé, audim,
audilt, audesin; Konj.: audeskçi, audtskes, audesif, audiam, audiaís,
audesken; Iyoç. 2. audeè, ^.audits. Dasselbe Paradigma giebt Lucbaire,
Ét. P-Z41 für Beam, Landes und Bigorrc. Jedocb tìndet sich in
der H. S. die Inchoativ-Endung auch auf Konj, Präs. 4. 5, über-
tragen: parttseam II 80, parUsqualz I 80. Für die andern Personen
vgl.: 2. scrbixs 1 ¡4, /enxs II 116; 3. englotexs I116; 4. establim
I 52; 6. encoroltxin II 86; Konj.: 2. oferescas 1 34; i. pe risque II 96,
ebtdtsque II 96, Die Uebertragung der Inchoativñexion auf 4. 5.
Konj. giebt auch Rousselot (R. d. p. g.-r. 111 103) für Fau, Lembeye,
Garlin: I. feneskl, 2. feneskas, /meska, ftniskem, fmiskef, fcrütkín
(mit Accentverschiebung). Ferner in Andon (Landes) : ymiiii', -li, -i,
feneèim, -il, 'in, dasselbe Paradigma giebt Grateloup. (Mit é statt tk
aus dem Ind.) Bemerkenswert ist, dafs in Andon die 4. lad. neben
/ailra fast ebenso häufig fenfèm lautet; die Inchoativ- Ei dung dringt
also bereits in den Indikativ ein. In noch höherem Mafse ist dies
der Fall in Lourdes, wo nicht nur die 4. {finliem), sondern auch
die 5. {finiéci), Präs. Ind. und das Impf, fmist'u' davon erfafst werden.
In Armagnac, Comminges ergreift sie auch das Perf., Konj. Impf.,
Imper. g; Perf -isku auch in Campan (Bigorre); in der Gironde
bleibt das Perf. und der Konj. Impf, bei der ursprünglichen Form,
dagegen nimmt das Part Präs. die Inchoativ-Endung an, woh! durch
frz. Ëinâufs.
2q. Die Inchoativ -Fl ex ion hat heulzufage im Beatnischen fast
alle i"-Verba ergriffen. Nach Lespy ^ 608 entziehen sich ihr nur
folgende: drum!, urb! {während es in der Form aubri inchoativ
flektiert), parli („abreisen"; in der Bedeutung von „teilen" inchoa-
tiv)! ifgi't stnii, serbi, surli. Dazu kommt noch muri, das sowohl
inchoativ (z.B. in Fau, Bielle, Campan, Juillan, Gèdre, Auch etc.)
als nicht inchoativ (z. B. in Sauveterre, Aramils, Mimizan, Aucun,
dann in Comminges} flektiert Auch stgi, senil, serbi können nach
Lespy die Erweiterung annehmen, vgl. serbexs {2.) H. S, 1 54 neben
Serbin (6.) H. S. I 76. Die Scheidung, die Lespy zwischen urbi und
auiri sowie zwischen den beiden parli macht, ist wohl künstlich,
vgl. in Anéns parlée „er reist ab", uireé „er öfl'net", in Eaui-
Bonnes parleéi. Sporadisch finden sich auch noch von andern
Verben Reste der stammbetonlen Flexion: 3. aui H. S. II 128 jetzt
audeé; 6. tutniin H. S. 1 108 jetzt menltsin. i. auffn giebt Lespy;
seguii (secouer) hat nach ihm in der 3. neben seguite auch segui;
krt^p (cöperit) steht R. d. 1. r. VI 243, aber krubeéin IV 8g; sen
(sentit) giebt Mistral als béarnisch. SeÍbstverslándlich ist, dafs sich
hueye (*fugire), das eben durch die Stammbetonung in die IL Konj.
hinübergeführt wurde, nun der Inchoativflesion nicht mehr unterwirft
30. Vereinzelte Verba.
essere. Präs. Ind. sui, fs, ei, sum, fis, sun (Lespy). Die laut-
gesetzliche Gestalt der I. findet sich in Aramits; tu; Bayonne: tun;
Bordeaux: son (Bourdez); alt: Auch: soh Ree 105, Bourcieí 20y,
so H. S. 1 30; vielleicht auch in Couserans: Oust, Daumazan: suh,
DIB KONJUGATION DI BÉARNISCHEN. 465
Sentein suñ; doch ist za beachten, dafs hier auslautendes -» fallt
(Luchaire, Et. p. 251), so dafs man es möglicherweise mit einer
Uebertragung der 4. auf die i. zu thun hat Sonst ist die ver-
breiteste Form sut\ das sein -1' vor allem von fi (habeo) bezogen
hat Daneben findet sich nun aber auch g: so in Aspet, sgi in
ganz Bigorre und in Aurignac. Man wird darin Einflufs von * voleo
zu erblicken haben, wie denn dieses sich z.T. umgekehrt nach sum
gerichtet hat. Freilich stehen z. B. in Arréns, Bagnères-de-Bigorre,
Aste out und sci neben einander. Sui in La Réole ist wohl frz.
Die 2. Pers. lautet überall fs, nur in der Gironde findet sich da-
neben auch ses in der Gegend von Médoc, sus und sus in Bor-
deaux; beide Formen haben das s- der i. 4. — 6., die 2. aufser-
dem den Vokal der 5. resp. i. angenommen. Die 3. sollte fs lauten,
diese Form ist in den Lajides und der Gironde, hie und da auch
in den andern Dialekten (z. B. Lectoure, Aspe-Thal) bewahrt; meist
aber ist an ihre Stelle <|' getreten, das nach Analogie von 2. hfs
3. Ä^(i), 2. OS 3. a, 2. das 3. da etc. aus der 2. gebildet wurde, um
das Zusammenfallen der beiden Personen zu vermeiden. In der 4.
ist sum gröfstenteils durch *e(s)mus ersetzt, vgl. em Ree 47, 51,
52, III; mod. fm; sum weist die Gironde auf, aber in Bordeaux
nicht vor 1400 (Bourciez 210), auch Graleloup giebt som; nach
Lespy ist sum (in Beam) häufiger als fm. Die 5. lautet durchwegs
//r resp. ff, in Arréns tffs, in der Gironde su/s (Bordeaux), seis
(Médoc), ohne Zusammenhang mit dem span. pg. sots. Die 6. heifst
überall sun. Das Gebiet von Médoc hat den Vokal e überall durch-
geführt (ausg. 6.?), ebenso wie das auslautende s (ausg. 3): i.set\
2. seSf 4. semt 5. sefs,
Präs. Konj. Lespy: f/i, sfçs, sic, sídm, stdfs, st'çn. Die alten
Texte zeigen dieselben Formen, nur Ree. 103, 104 steht 3. seta, das
nicht ganz klar ist, vielleicht nur graphisch. Grateloup hat si\ sis,
st\ sim, säSj sin, von denen 1.3., wohl auch 2. 6. in dieser Gegend
lautgesetzlich,^ die 4. 5. danach gebildet sind (oder aus s/cm, siçts
mit Accentverschiebung?). i. si^i in Bagneres-de-Big. zeigt Accent-
verschiebung (2. stös etc.); ähnlich erklärt sich 2. stoskçs etc., das
Mistral als gase. (Imper.) anführt, die Endung ist an den Konj.
von *potere angelehnt. Endlich die Gironde weist neben dem
regehrechten (§ 3) stt\ stt's, stt\ sitm, st't/s, sith auch stgt\ sigçs^ sigç,
s^en, sigetSj sîgçn auf, das an neuprov. Formen erinnert
Impf. I. erey H. S. II 88, 100; 3. era Ree. 5 etc.; 4. erem Ree.
24, 31; 6. eran Ree. 16, erem H. S. I 30 etc. Entsprechend in den
mod. Dialekten: Lespy: ^n, frçs, frç^ frçm, frçis, frçn. In Gèdre
I. >//-?, in Arréns ¿fra. In der Gironde tritt auch stabam für
tram ein.
Das Perfekt s. § 14 a). Uebrigens ist es heutzutage meist
durch das Pert von stare ersetzt Bemerkenswert ist noch das
sonderbeve Pcr£ fafir in Galan und Pouyastruc, in letzterem kommt
I "^ ""^Tftl raga fur ü^ etc.
30
466 A. ZAUNRR,
auch aste vor, danach scheint es, dafs das i- der ersteren Foim
überhaupt nicht zum Verbum gehört, sondern die g 2 erwähnte
Partikel be ist.
Das Futurum heirst überall serii, in Armagnac auch surtí,
eine Angleichung an stare, dare, faceré. Vast, estai, Ger. ettam,
Infinitiv. AU: ester Ree. 21, 22, 81; ettre g, 32, 80, 94, 117;
aie 24; esse 35, esser 52,66,85; also mit verschiedener tleband-
lung des Mittelvokals. Heutzutage ist esse ganz erloschen, fite
findet sich nur in Armagnac und Comminges als reguläre Form,
auf dem übrigen Gebiete nur sporadisch, z. B. in Aucun. Aragnouet,
Arréns, Oust, überhaupt im Gebirge; sonst ist es durch esta er-
setzt worden,
31. habere. Präs. Ind. i. «t' Ree. 3g, e 105 etc., 2.1», 3. .1,
4. auem, 5. /lòets Ree. 2, ò. an g etc. Mod. Lespy: p, as, a, abem,
abets, an. Von dialektischen Abweichungen sind zu bemerken:
4- ("1, 5. fis in ArrUns, wohl durch eine proklitische Verkürzung
entstanden, e kann aus i. genommen sein oder als betonter Vokal
einem tonlosen f {em, p/s) entgegengestellt sein. 6. en in Campan
ist danach gebildet. Für die Gironde sind charakteristisch: 4. am,
5. als, die indes in den alten Testen noch nicht vorkommen und
die vollen Formen auch heute noch nicht ganz verdrängt haben.
Präs. Konj. 3. aje Ree. 23, au 24 etc., 4. aiam 23, 25,
6. atan 9. So -luch modern: àyi, ayçs, ayç, ayam, ayals, ayçn bei
Lcspy und so fast überall, abgesehen von lautlichen Varianten.
Neben diesem auf *hajam zurückgehenden Typus kommt auch
ein dem klass.-IaL habeam entsprechender vor: duifi etc. Er ist
vorzugsweise dem Dialekte von Armagnac und Comminges eigen,
findet sich indes auch z. B. in St. Sever: áuyi. Ein altes Beispiet
ist auge Ree. 83 (Armagnac).
Das Imperfekt ¡st rcgelmäfsig nach dem Typus der II. KoDJ..
also (3.) ifjiCf, abe, abf'bç etc. je nach <Ien Dialekten, Zu bemerken
sind (3.) ayc[bç) in Aucun, aye^e in Aragnouet, 5. ayet in Arréns,
die auf dem Stamme des Präs. Konj. aufgebaut sind. 2. auçs, 3. offp
in Haute-Garoune erklären sicli aus der proklitiscben Stellung, sind
wohl auch vom Präs. Ind. aus nach dare gebildet. Auch 3. v/ va
den Landes (pa/ im Mimizan), d in Gèdre sind tonlose Formen,
Das Perfekt s. § 15 b). Das Part. Perf. lautet dem Perf. ent-
sprechend abül, agül etc., in Arrcns (¡il, durch Accent Verschiebung
aus *aut, *eul (vgl. /Tut % 16) entstanden.
Das Futur heifst nur«' und aíírn; das Part. Präs. ú¿t^, girond,
auch auzen (Mistral: azea). Das Kondiz. I. airi in Aucun, 5. air/t
in Arréns beruhen auf einem Ind. "Jye (s. u,).
Der Infinitiv ist gröfsenteils ab¿, in der Gironde auch aie.
auìe (Bordeaux, Lavardac), aye (Sl- Vivien), aber in Bordeaux um
1400 noch aber Bourciex 198. Denselben vom Konj. Präs. aus ge-
bildeten Infinitiv dye hat man auch für e in Gèdre, fi in Arréns
vorauszusetzen, der Abfall des auslautenden -e erklärt sich ans dem
Einflüsse des Fut Kond.: ursprünglich war der Inf. *aye. Fut 'aytrâ
DIE KONJUGATION IM BÉARNISCHEN. 467
= airet, nach letzterem wurde der Inf. zu *át umgestaltet, das dann
çij e wurde, während das tonlose ai des Fut. verblieb. Im Armagnac
findet sich auch der Inf. aube^ dessen au dem Konj. Präs. entnommen
ist; tibe in den Landes ist ähnlichen Ursprungs, vielleicht hat das
Perf. mitgewirkt Am seltsamsten sind die Inf.-Formen abeèe in Beam
und den Landes und {a)bede in den Landes, Bigorre und Comminges.
Es ist offenbar der ursprüngliche Inf. abé um ein Element vermehrt
worden, wodurch die beliebte Paroxytonierung (§ 18 b) herbeigeführt
wurde; welches aber dieses Element ist, entzieht sich vorläufig jeder
Vermutung. Hier mögen die Inf. bule^ak (le vouloir), ä/täg[ak hp
(aller le faire) in Arréns erwähnt werden, in welchen der ursprüng-
liche Inf., wie es scheint, mit -^, d. h. dem Pronomen -0^, erweitert
wurde, das dann intervokalisch zu g (g) wurde.
Das Kompositum mentäbe hat im Inf. wie alle ? -Verba den
Accent verrückt und flektiert als schwaches Verbum IL: Präs. men-
iäbi, Perf. mentabuit Part, mentabüt und auch menia{g)üi\ mentaugudz
Ree. 31, mentahuds 84, mentauds 88, mentagudes 125.
32. dare. Präs. Ind. dau^ das, da, dam, dais, dan in alter
und neuer Zeit Wo au monophthongiert wird, lautet die i. natür-
lich d(f (Ossau) oder mit Anfügung des -/ von fi (habeo) etc. dt^i
(Nay, Betharram). Auch der Konj. Präs.: dei, des, de, dem, dets,
den, das Impf, dabi, dabçs etc. geben zu keiner Bemerkung Anlafs.
Das Futurum erscheint bald als darci, bald als der ci, letzteres
entweder auf lautlichem Wege entstanden, wie in den Landes, oder
an ser fi u. ä. angeglichen. Das Perf. s. § 14 c). Alle Dialekte
sind diesem Paradigma treu geblieben, nur der girondinische hat
eine durchgreifende Umgestaltung vorgenommen, indem die i. Präs.
Ind. zur Grundlage für alle Formen gewählt wurde. So das Präs.
Ind.: da^i, daus^ dau, dauern, dduets, dd^en; Konj. Präs.: däui, ddfiis,
däui etc.; Perf.: daueri, da^éres, dauét etc., sogar der Inf. lautet daure\
das Impf, data, Part dan, dai haben sich dem Einflufs der i. ent-
zogen, der jedoch in alter Zeit noch nicht auftritt (vgl. Bourciez 205).
Der Imperativ 2. heifst auch im Béamischen dau statt da, das
übrigens in alten Texten noch vorkommt: H. S. II ^2\ den Grund
der Ersetzung vermag ich nicht anzugeben.
33. Stare flektiert wie dare: esiau, esiás, está, estám, estáis,
están] Gironde: estaul, estaus^ estau etc. Imper.: 2. esta, Konj. § 24.
34. sapere. Präs. Ind.: s fi, saps^ sap, sabem, sabéis, saben)
vgl. I. j^ H. S. I 52, II 58; 2. saps I 52. Die i. ist nach fi = habeo
gebildet, wobei 4. 5., der Inf., das Impf. etc. Anknüpfungspunkte
gaben; übrigens ist für i. auch sábi, für 2. auch sabes gebräuchlich,
also analogische Formen. Perf. s. § 15 c), Fut § 17.
35. vadere, ire. Präs. Ind.: bau, bas, ba, barn, bats, ban
(Lespy); i. — 3. 6. entsprechen dem vi. Typus, 4. 5. sind nach dare
dazu gebildet, doch haben die alten Texte noch 4. anam, 5. anatz
H. S. U 62, Bourciez 204; letztere haben sich in Armagnac erhalten.
In Arréns lautet i. natürlich b(^i = b(^ -{- 1 son ^1 etc.; i. bai m
Eaux -Bonnes ist wohl von 2. — 6. aus geschaffen (^dac, '^stao
408 A, ZAUNBR,
werden von dort nicht angegeben). Imperativ z. lautet bf : ht RS.
I I, II 56 = vi. 'vai {Ztschr. IX 226). In Annagnac auch ben mil
Einmischung von veni, Ztschr. IX 241. (Ist aaäf, das r _ '
als Verbura II. flektiert « „devenir, naître" das lat. vadere?)
Alle anderen Fonnen entlehnt das Verbum von <inii 'andare,
von dem im Ind. Präs. aufser den oben angeführten 4. 5, auch
6. anan, antn bei Luchaire, Ree. Gloss, belegt ist (?). Konj. Pris,
s. § 24. Das Perf. lautet in Beam, in den Landes, in Bigorre,
z. T. auch in den andern Dialekten 3. and resp. an/ etc. In Ar-
magnac, Comminges und der Gironde ist vora Konj. Präs. aus und
unter Einflurs von bengú ^ venit der g-Stamm ¡n das Perf, ein-
gedrungen; so in Bordeaux; auguri. Auch; angui etc., doch zeigen
die Texte aus Bordeaux um 1400 noch ausschhefslich aney etc,
Bourciez 203. In dtiu Thälern Aspe und Baretous, z, B. in Accous,
findet sich ein Perf. ba¿, das wohl zum Stamme vad< gehört, dessen
Bildung ich aber nicht deuten kann. Das Futur ist anirei, antra
(oiit Einmischung von ire), resp. angerei, angrci; in der Gironde
auch airei, tirti, das mir dunkel isL Part. Präs. anan, angen (Mistr.).
Von ire wird das Fut. gebildet, das in alter Zeit, vne es
scheint, allein gebräuchhch war: i. ire H. S. I 2, 3. ira Ree. 112,
4. iram H. S. I 28, 6. tran I 30 {von anarei finde ich in alteo
Texten kein Beispiel), jetzt fast überall durch anarei ersetzt ist, nur
sporadisch kommt es noch vor. In den Thälern Aspe und Bare-
tous kommen aufser dem Fut. irei und dem Kond. ¡r( noch eine
Reihe anderer Formen von ire vor, nämlich der Inf. / (in allen
Texten ir). Impf, ibi, Part il. Der Imperativ i ist auch an andern
Orten gebräuchlich, vgl. auch sa-i „viens" Lespy, Gr. § 593. End-
lich der Konj. Präs. heifst in den genannten Thälem: ze\f), zet, if,
iam, zais, zen, vielleicht gehört auch 3. Se in Arreos {R. p. g.-r,
IV p. 237 unten) dazu; 4. 5. gehen auf eamus, eatis zurück, die
übrigen sind danach gebildet.
36. faceré. Präs. Ind.: hfi, hfs, hf, kfm, kftt, h^n (Lespy).
Die alten Denkmäler bieten i./az Ree 104, ffaí H. S. Il 64: 2 /et
H. S. II 70; Z./a Ree. Gloss., fe Ree. 66, H. S. Il ^2, 74, ^e H.&
13,114; 4./íí'i as. n 28; 5./r/« (Imper.) H. s. U 18, 64, /iKft
II 68; b./en Ree. 13 (?), 63, H. S. I 22, ü 140. Von diesen Formen
sind 4. fem, 5. fetz vielleicht lautgesetzlich aus */aim (fac'mus),
*fails (fae'tis) entstanden, die übrigen Personen folgten nach, wo-
bei der Inf hf für / entschied; das Vorbild von da, bei welchen
der Inf, und das Präs. Ind. gleichen Vokal halten, war malsgebend.
$, /a und b. fan (Bourciez 205) sind nach habere gebildet;
4. fadem in Bordeaux, 5. faselz (s. o.) ; fadelz in Bordeaux (Bour-
ciez 1, c), hazel neben h^l in Garlin sind wohl nicht die ursprüng-
lichen Fonnen, wie Bourciez meint, sondern im Gegenteil jünger
und erst aus dem Impf, gebildet. 1. hedi in der Gironde hat das
d (aus i') auch in die i. hinübergenommen.
Der Konj. Präs. hat in den alten Denkmälern drei Stamme:
fast-, fass; fas-\ und zwar finden sich häufig zwei verschiedene
DIE KONJUGATION IM BÉARNISCHEN,
469
Formen in einem und demselben Teste nebeneinander, so dafs eine
Trennung nach Dialekten nicht möglich ist; j.yáíca Ree. 21,/ajja 38,
fassam 24, fassalz Bourciez 217, vgl. Ree. Gloss.; i, f assay H. S,
U 50; i.fassis H. S. I IO, faza Ree 58, fazi Ree. 106, fasam H. S.
I 36, fazam I 132, fede Bordeaux 1790. Von diesen drei Stämmen
ist fasc' vermutlich nach pose- gebildet; fas- geht vom schwachen
Stamme aus, fass- von den Formen mit /. Die modernen Dia-
lekte kennen ebenfalls diese drei Formen , z. B. häsl Tau, Arreos,
Aste etc.; hat! Montaner, Campan; haskçi Auch. Hie und da tritt
statt a durch Einflufs des Ind. e ein: hfski in Bayonne, hesi Orthez,
hrdi Bordeaux. Daneben erscheint noch eine 4. Form: kfi, hfs, he,
hem, hfls, hen, sie ist dort, wo det Inf. ha lautet, eingetreten, und
«war gab da das Vorbild dazu; ob diese Form in alter Zeit vor-
kommt, ist mir nicht bekannt, doch ist yÎTi Ree. p. 13 (Zeile 15)
gewifs eher als Konj, denn als Ind. {wie Luchaire es ihut) aufzurassen.
Das Imperfekt ergiebt die lautgesetz liehen Formen; bemer-
kenswert sind 3. hmç in Bagiieres-de-Bigorre, hfbä (neben haz{)
in Asti, die nach dem Vorbilde aller übrigen Formen des Verbums
den zweisilbigen Stamm aufgegeben haben. Vgl. aven. lomb. etc.
Der Imperativ ist ah dtf^ft H. S. U 34, mod. h{, hat also gleieh-
fells den Vokal des Ind. angenommen, Perf. s. § 14 d).
Der Infinitiv lautet in alter Zeit _/¿r Ree. 6, 7 (Comminges),
16 (Bigorre) u. a. und_/iír Ree. 63, H. S, I 60 etc. Id den modernen
Mundarten herrscht ha in Bèarn und den Landes, hç in Bigorre
und Armagnac vor; in der Gironde ist von den fiexionabetonten
Formen aus ein neuer Inf. hade, hide geschaffen worden. Als laut-
gesetzlich ist hf aus *fair-, *feir, fer zu betrachten, ha geht wahr-
scheinlich vom Futur aus, das zunächst *fairex ergab, woraus sich
daim farei entwickelte, sei es durch Anlehnung an die Verba I.,
besonders dare, sei es auf lautlichem Wege, indem vortoniges ai
nicht zu fi wurde, sondern erhallen blieb und erst später sein i
verlor. Durch Einflufs des Inf. wurde dann harfi zu herti umge-
staltet, oder es wurde umgekehrt aus dem FuL ein neuer Inf. ha
erschlossen, wobei wieder die Verba I. das Vorbild geben. In
Aste, Arréns und wohl auch noch an andern Orten stehen Inf.
hf. Fut. harçi einander in der lautgesetzlichen Verteilung zur Seite.
In den alten Texten scheint yì/rrt bei weitem vorzuwiegen, in der
H.S. findet es sieh aussehliefslich : i¡. faratz H. S. II 66; Kond.:
l.fari Í 60; b.faren I lO, femer /cira Ree 24 (Bagnères-de-Big,,
wo heutzutage htra gesagt wird), 50 etc. Auch die Beispiele mît e
erklären sieh z.T. als lautliche Varianten, %o feram aus Bayonne
(Ree. Gloss.) (dort wird vortoniges a zu ¿).
Das Gerundium /fljiTi/, mod. hazm, heten (Bayonne) ist nadi
dem Inf. gröfstenteils zu han umgestaltet worden. Part. Pcrf. ■■ % \b.
37. »potere. Präs. Ind.: i. ^<- H.S. I 60, II 72, ' ""■"
schon podi Ree. 40, 108; x. potz R S. I 8, 114: l- pod Rflf.
H.S.18; is,.podem Rec47, H.S.16; 5. (/üíA/í); b.ptdtr
Mod.: i. pai, fmdt, pqdi; z.p^et.pos. Gironde iV
470 A. ZAUNBR, DIE KONJUGATION IM BÉARNISCHEN.
^, pudeis \ ò.podtn. Die i, puse ist nicht klar; das moderne pt^ ist
daraus entstanden vom Konj. Präs. puskçi aus nach dem Master von
audeèif) : audeskçi etc. ; der Vokal ist dunkel : das alte « = « kann
wohl aus ue entstanden sein; das moderne u verdankt seinen Ur-
sprung vielleicht dem Vokal der flexionsbetonten Formen. Die
zweite Form, die Lespy giebt, pudz könnte *poteo sein, abgesehen
vom betonten Vokal.
Der Konj. Präs.: i. poseha Ree. io8; 3. pasqua Ree. 23, pos'
que 81, pusque Ree. 90, H. S. II 94; 6. pusquan Reo. 85, 94. Mod:
puskçt, in der Gironde pûskv, nach Mistral ist gase, pgski, pgskç
oder P^gtf letzteres vom starken Perf.-Stamm; die übrigen Formai
den prov. entsprechend; u {0) ist vielleicht aus den flexionsbetonten
in die stammbetonten gedrungen, wobei darauf hingewiesen werden
kann, dafs das Perf. vielfach vom Konj. -Stamme gebildet wird
{§ 15 b); in alter Zeit, wo das Perf. vom Präs.-Stamme ausging,
lautet daher der Konj. pusque d. h. püskc, wo ü wohl aus u€ (vgl.
prov.) hervorgegangen ist, oder pasque, d. h. vermutlich pçskç.
Imp erf. regelmäfsig, s. noch § 25; Fut. § 17; Inf. pude, Mistral
puíre vom Futur.
38. ♦volere, i. uulh Ree. 90 ñl, H. S. I 60; 2. òa/s H. S. II 32,
va/ks II 34; 3. ual Ree. 24, òal H. S. I 32; 4. uolem Ree. m, zw^
H. S. I 22; 5. {boletz)\ 6. ualen Ree. 107. i. uulh (hûf) statt buef
kann vom Konj. ausgehen, wo ü in den flexionsbetonten Formen
berechtigt war; aber die moderne Form bui ist schwer zu erklären,
vielleicht ist das u aus den flexionsbetonten Formen herüber-
genommen; die Reduktion von /' zu /' scheint darauf hinzudeuten,
dafs sut (= sum) mitgewirkt hat. Uebrigens ist der Parallelismus
mit dem Präs. Ind. i. und Konj. von potere zu beachten. In der
Gironde und in Coraminges ist die i. b(flt. Die zweite lautet ziem-
lich allgemein bos, die Einsilbigkeit erklärt sich aus der proklitischen
Verwendung und der Einsilbigkeit von i. 3., pqs = potes mag mit
im Spiele gewesen sein; H.-Garonne 2. boles', 3. bou, in .\iTéns und
H.-Garonne boy das vielleicht aus 2. erschlossen ist 4. buhm,
Gironde bolern", 5. bnlets, Gironde bolem und bois^ letzteres nach
dem Sing, einsilbig; 6. bçliti\ in Lavardac bi^un aus der 3., in Bi-
gorre und in Comminges b(^n nach dem Sing.
Konj. Präs. 2. rul/its H. S. I 10.; 3. z^ié/ha Ree. 57, bo/h¿, bobina
Ree. Gloss.; 4. {bulham)\ 5. uulhadz Ree. 51, vuìhaiz H. S. I 22;
6. vulhcrt H. S. 1 22, Mod.: buit\ buÎçs etc., über dessen Vokal
s. Präs. Ind. i., die Gironde hat b(fh\ bqlis etc. Das Im perf. ver-
liert in Bagncres-de-Big. durch eine leicht verstandliche Verkürzung
den Stammvokal: i. blfui, blf, sonst bietet es nichts Aufïalliges.
Das Perf. s. § 15 b, Fut. § 17. Der Inf. ist bule, gase, bolge (Mistral):
Arréns § 18 b).
39. videre. Präs. Ind. lautet in .\rrens: 4. bim^ 5. biU 6. lin\
4. 5. Ò. sind also nach dem Vorbilde des Sing, und Inf., wohl auch
von faceré verkürzt. Im übrigen hat das Verbum die zu erw^-
tenden Formen, vgl. §§ 26, 14 b), 17, i8b), 16. ^¡^j;^^^^, Zauner.
Die poetásclien Vergleiche in Fetrarkas África.
i.
Der Vergleich, oft nur in wenig Worten ausgesprochen, oft
in vielen Versen ausgeführt und bis in kleine Einzelnheiten aus-
gemalt, erscheint in den Dichtungen aller Zeiten als ein wichtiger
Teil der poetischen Ausdrucksweise und wird als ein unvergleich-
lich schöner Schmuck eines dichterischen Kunstwerkes empfunden.
Wenn die blofse Erzählung eines Vorganges seiner Bedeutung nicht
zu entsprechen scheint, so bemüht sich der Dichter, ihn unsrer
Anschauung näher zu bringen, unser Interesse für ihn zu steigern,
durch längeres Verweilen bei demselben ihn uns tiefer einzuprägen,
indem er diesen Vorgang mit anderen uns bekannten in Ver-
gleichung setzt. Der Dichter schildert die Handlungen seiner
Helden dadurch , dafs er sie mit solchen Vorgängen im Menschen-
leben oder in der Natur vergleicht, welche seinen Hörern oder
Lesern geläufig sind; er vergegenwärtigt Erscheinung und Wesen
seiner Personen dadurch, dafs er ihnen Erscheinung und Wesen
anderer bekannter Geschöpfe gegenüberstellt.
Aber nicht allein bekannt müssen die zur Vergleichung ver-
wendeten Vorgänge, Wesen, Dinge sein; sie müssen vor allem
auch mit demjenigen Momente des erzählten Vorganges, welcher
fur den Zweck des Dichters der wichtigste ist, sich möglichst nahe
berühren, sich in Verlauf und Inhalt möglichst vollkommen decken.
Wenn diese Rücksichten aufser acht gelassen werden, wenn der
Vergleich Handlugen herbeizieht, die uns unbekannt oder nicht
vollkommen deutlich sind, oder wenn er Wesen and Dinge vor-
führt, von denen wir eine Anschauung nicht besitzen, so erreicht
er nicht den Zweck der gröfseren Anschaulichkeit und der Steige-
rung des Interesses, sondern führt das Gegenteil herbei, — die
Vorstellung, welche der Dichter erwecken wollte, wird unklar, das
Interesse nimmt ab; der Vergleich ist als verfehlt zu bezeichnen.
Je einfacher die von dem Dichter erzählten Vorgänge sind,
um so weniger besteht die Gefahr, dafs durch Herbeiführung eines
Vergleiches die in uns erweckte Vorstellung verdunkelt werden
könnte; alsdann dient der Vergleich weit mehr dem Schmucke des
Gedichtes und der Belebung des Interesses als der Veranschau-
lichung; oder er brmgt nur die Empfindungen zum Ausdrucke,
von welchen der Dichter selbst bei Erzählung des Vorganges (z. B.
k
E and Tiin,li^,i . ñc Bd ■
t nMillMj.iB ihs âi^kka Ldm, dea oK
riefc wiedalula^m FrirtitiiigeD der ttev rwáinmmni
Aaf der Büne der Handing awrk>ä>*» i» kn—rÎM-h^n ^m»
Gatter, Kao^ HeUea, VfiO^, ^mt Ise «fW-y" «erdcD mk
des cn&ldHlen Vemthlaiiy u «oi Aibcilani ibmI Handwakcm
wr^dMa; Htanrr fñiditet nicfa^ di& aeftnt xa den gn>G»it%ea
Kañple «or Troja so allTägKfhr Yu^hiLLMugaotifüae einen m
•larkai g«««»^*«« abgeben kotmten. In der Dias finden wñ die
Vemdtfmgen des Seefahrers', des Jägers^, des Tauchers*,
de* Hirten*, der Schnitter^ der Spionerin*, des Wagen-
baaers^ des Zimmerers', des Knoslreileis*, des Maurers*",
des FÍBcbers'', des Holtbaoers'^ des Gerbers'*, des
Topfers'*, des Kanalbaaers" zd Vergleidrangen \-erwendet;
ja « fohlt sogar nicht der Sanbobe'*! Die an Vergleichen be-
deutend ärmere Odjssee bietet weniger Bebpiele da Verwendung
solcher Verriditungen von Handwerkern; aber sie fehlen doch
keineswegs. Wir Gnden dort za Vergleichen benutzt die Thätig-
keit des Schiffbauers", des Schmiedes'*, des Goldschmie-
des'», des Tanchers», des Pflügersi'. des Sängers", der
Arbeiterin am Backofen^', des Hirten**. Anzunehmen, dafs
in der etwa zwischen der Abfa!.sung von llias und Odyssee liegen-
den Zeit die Zahl der Handwerker und der arbeitenden Bevölke-
rung abgenommen hätte, ist kein Grund vorhanden; finden wir
doch sogar einen neuen Stand, den des Sängers, welchen die
lliax nicht kennt, als Gegenstand der Vergleichung verwendet Wir
werden vielmehr auch sonst finden, dafs die Sprache des zweiten
homerischen Epos weniger bilderreich ist.
Einen bemerkenswerten Gegensatz bilden zu Homer in diesem
Funkte die epischen Dichter der Lateiner. Auch bei ihnen fehlt
es keineswegs an poetischen Vergleichen, ja mancher Darstdier
' VII, 4—7. XIX. 375. • Xr, ïgi— 295. XV. 170.
' XVI, 74a. * XII, 451-453. XIII, 492. " XI. 67—71.
< XII, 433-4J6 vgl. IV. .41-146. ' IV. 481-487- " XV. 4.0 ff.
»XV.679ir, "XVI.îiiff. "XVI,406ff. " XVI, 63Î.
"XVll. 3B9. "XVIII, 600. " XXI. 25g. » XXI. 282.
" S, S49 und 9r 384- " 1. 39'- '* 6, 23Í. » 11- J13-
" 'Î. 3'- " '7. 518 und II, 406. " 18, 27.
DIE POETISCHEN VBRGLEICHE IN PETRARKAS AFRICA. 473
beweist in der Anwendung dieses Schmuckes bedeutendes dichte-
risches Talent; aber sie lieben es, ihre Vergici chungsobjekte anderen
Gebieten za entlehnen. Bei Virgil ñndet nur ein Arbeiter', ein
Landmann^, ein Jäger* in je einem Vergleiche Verwendung,
bei Lucanus ein Steuermann*, ein Wagenlenkcr*, ein Jäger*;
in derTbebais ein Scliiffer^ einJägerS, ein Hirt» und (aller-
dings neu) ein Bergmann'*, bei Ovid in den Metamorphosen
ein Schiffer" und ein Schmied", — endlich, um der Voll-
ständigkeit willen sei es erwähnt — bei dem bilderreichen Tra-
giker Seneca ein |Steuermann", — meistens nur in je einem
Vergleiche. Zu dieser Art von Beschränkung sieht aber bei den
meisten römischen Dichtem in starkem Gegensatze die I^IäuSgkeit
ihrer poeüschen Vergleiche, an deren Menge sie z. T. Homer weit
übertreffen.
Schon diese kurze Zusammenstellung zeigt deutlich, dafs die
Vorstcllungskreise, aus denen Homer seine Gleichnisse
entlehnt, einfachere sind als diejenigen, welche die la-
teinischen Dichter zu gleichem Zwecke benutzen. Horaer ¡st
der Sohn eines freien Volkes, erwachsen zu Zeiten, da bei diesem
Volke noch Freie körperliche Arbeit ausüben, zu welcher die Be-
dürfnisse des täglichen Lebens Anlafs geben, wohl von Unfreien
dabei unterstützt, aber ohne die Vorstellung, dafs solche Arbeit
eines Helden unwürdig sei. Darum liegt es ihm völlig fern, zu
überlegen, ob es einem Könige und Helden auch wohl anstehe,
wenn man ihn mit einem Hirten, einem Fischer, einem Kunstreiter
vergleiche. Ihn beherrscht die Freude am Schildern und das
Streben nach Anschaulichkeit; fern liegt ihm der Gedanke an
standesgemäfse Ausstattung seiner Helden durch prunkvolle Bilder.
Anders der Lateiner. In einer reflektierenden Zeit lebend,
ohne den Besitz einer selbsterzeugten Kunst und mit mehr oder
weniger Glück anderen den Weg zum Pamafs nachwandelnd, kann
er zu dieser homerischen Naivetät sich nicht erheben. Als selbst-
bewufstes Glied des wellgebietenden Volkes fühlt er sich über per-
.sönliche, körperliche Arbeit hoch erhaben, und die Scharen von
Sklaven, welche ihn umgeben, erweitern nicht, sondern verengem
seinen Blick. Für ihn verrichten Unfreie alle Arbeit und dieses
servile ministerium in einer poetischen Form zur Veranschaulichung
der Thalen und des Wesens seiner Heroen zu verwenden, würde
seinen Zeitgenossen keine Verschönerung einer Dichtung erschienen
sein. Daher ist es bezuichnend, dafs die wenigen Vergleiche, welche
er der menschlichen Thätigkeit entnimmt, meistens solche Verrich-
tungen zum Gegenstande haben, wie sie wohl auch der stolze
Römer gelegentlich in seiner Villegiatur vornehmen mochte, sei es
• Theb. Vn, ì<)ì. X, 313 ff.
10, 803. > Aer
» Phar. IV, 4
■ Theb. I. 370 ff. ni, 3
749-
i
hä der Jagd (Honz, cçîbL. 1. 18, 49 Jttmmù ttlemme virù «/m, MUb
fmmat Mtaefw ti ■f<rw) od» den Dtdiieüen xiavt Floren (mm
" ~ ' I riET* tmkmih narre Horaz. saL L 6,
}8 — 5g) bei OBCT S|niic9U>t nf dem See oder dem Meere.
~ ' ~ ~ , «ie scbon banott, die latdoischen Dichter
1 Ted rocker an BOdcm and Voj^eidien vie Ilozner. Aber
s aBe gUiriMwJicig Virgil ist durchaus nicht
bcaoDdos racb an Ofeidmisscn; i&xt er weodet sie offenbar mit
gnfser üebeiiegmg. mit gatem Gesdunacke an und l-s gelingt
fioB, «iBe DaisteUnng dadarch aoiiebeiid und schön lu gesiallen.
Aadi Ovid wcsdet sie in matnoller Weise an und bt dabei offen-
bar bcmfihi, odgiadl ^ sein, aodk bringt er ans neuen Vor-
■teünagiaieisen manrfira sehr bezeichnende Bildnis. Lncanns
wQI erst recht selbständig seño, aber seine Gleichnisse bleiben \fs-
■dnrommen tmd tmdentlich, Siatius [and auch Seneca] ist sdir
fraditbar an Gleichnissen, aber an tiberladenen and schwülstigen.
Ais QUO nach langen Jahrhunderten wieder Frans Fetrarca
ein kimsUnärsiges Heldengedicht in lateinischer Sprache veifaTsle,
konnte er von diesen zahlreichen Vorbildern das älteste und vollen-
detste nicht b^iatzen, da er Griechisch kaum verstand. Man sollte
daher meinen, dafs er um so fleìTsiger und getreuer sich den La-
teinern, insbesondere dem Virgi) angeschlossen hatte. Wenn dies
auch bis KU einem gewissen Grade der Fall ist, so lag ihm doch
auch blofse Nachahmung völlig fem. Er gleicht in der Hinsicht
dem Virgi!, dafs er Vergleiche mit weiser MäTsignng anwendet, um
nicht durch Schwulst lästig oder zu weitschweißg eu werden; er
gleicht auch ¡n der Hinsicht dem Virgi I, dafs er nicht eben viele
der gewerblichen Tbätigkeilen in den Kreis seiner Betrachtungen
ziehL Wir ñnden in Gleichnissen benutzt den Kaufmann, den
Arzt, den Vogelfänger, den Hirten, den Seefahrer, den
Landmann. Die grofse Fülle der homerischen Gleichnisfigaren
ist also auf ein bescheidenes MaTs zurückgeführt und doch ist ein
neues Gewerbe, das des Arztes, mil hinzugekommen. Ganz natür-
lich. Denn Petrarka, der Büchergelehrte, welcher über dem Sammeln
von HandschrifteQ alles vergessen konnte, der schwärmerische Hu-
manist, welcher an die grofsen Tolen wie Gcero und Virgil Briefe
richtete, der philosophische Schriftsteller, der Moralist und Histo-
riker, lebte in einer selbstgeschaffenen, geistigen Welt, und die
Dinge des äufseren Lebens, insbesondere die unscheinbaren Ver-
richtungen körperlicher Thätigkeit, lagen seiner Betrachtung fero,
ja wir dürfen annehmen, dafs er manche derselben viel zq wenig
kannte, um sie zu Gleichnissen verwenden zu können. Dagegen,
was er in Vaucluse sah und selbst betrieb, den Landbau, ond
andere Seilen des Landlebens, damit schmückte er gern seine
poetische Darstellung,
I£in grofser Gegensatz jedoch gegen alle früheren Epiker liegt
darin, dafs Petrarkas Gleichnisse vielfach nicht einen äufseren
Vorgang, nicht eine Handlung einer Person seines Epos veran-
DIE POETISCHEN VERGLEICHE IN PETRARKAS AFRICA. 475
schaulichen sollen, sondern daXb sie der Elarlegong und Schil-
dening eines Zustandes der Seele» einer Gemûtsstimmiing
dienen. £s liegt auf der Hand, dafs dadurch der poetische Ver-
gleich einen ganz anderen Zweck bekommt, dafs er sich seinem
Inhalte nach vertiefen, dafs er in seinen Vergleichsgegenständen
sich ändern, dafs er an sinnlicher Anschauung verlieren muís.
Freilich auch ältere Dichter und schon Homer wenden Gleich-
nisse zur Ausmalung eines Gemütszustandes an; aber sie lassen
alsdann diesen Gemütszustand sich in einer Handlung kundgeben
und diese Handlung setzen sie darauf mit einem anderen Vor-
gange in Vergleichung. Patroklos sieht mit Gram die Niederlage
der Achäer, sein Kummer prefst ihm Thränen aus, bittend eilt er
zum Peliden (Ilias XVI, 7 ff.). Dieser spottet seiner Thränen, er
vergleicht ihn mit einem kleinen Mädchen, welches weinend zur
Mutter kommt und auf den Arm genommen sein will. Man sieht,
nicht der Gemütszustand des Patroklos wird psychologisch unter-
sucht und durch einen Vergleich uns näher gerückt, sondern seine
Handlung, seine weinenden Augen, seine bittende Haltung.
Dem Zurufe des Aineias (Ilias XIII, 492 — 495) folgen die
Troer, wie die Herde dem Leitbock, und wie der Hirt sich dieses
Anblickes freut, so freut sich Aineias. Damit ist die Freude des
Aineias mit der eines Hirten in Parallele gesetzt, aber keineswegs
dient das Gleichnis der Ausmalung seines Seelenzustandes; die
Freude ist nur eine Folge des geschilderten Vorganges und keines-
wegs Zweck der Darstellung.
Wenn die Achäer Ilias II, 289. ü, 337. VII, 236 sich nach
der Heimat sehnend klagen wie kleine Kinder oder Witwen, wenn
Ilias VII, 4 — 7 Hektor und Paris den Troern ersehnt erscheinen
wie den Schiffern der Fahrwind, so wird Hilflosigkeit, Besorgnis
und Kummer an einem bekannten Beispiele erläutert und gewisser-
mafsen angegeben, bis zu welchem Grade Sehnsucht und Schmerz
sich gesteigert haben, aber in eine Betrachtung des Seelenzustandes
der Personen wird nicht eingetreten.
Ebenso, wenn Ilias XXIII, 222 ñ, Achilleus den Patroklos be-
weint wie ein Vater seinen als Neuvermählter gestorbenen Sohn, so
wird dabei nicht die bitter schmerzliche Empfindung des Trauern-
den näher erörtert, sondern der Grad des Schmerzes bezeichnet,
und einerseits das jugendliche Alter, die glücklichen Umstände
beider Toten, andererseits die gebeugte Haltung des trauernden
Achilleus {hçjrv^œv) und des trauernden Vaters in Parallele gesetzt
Berühmt ist die Schilderung, welche Virgil von dem Seelen-
zustande der liebenden und dann verlassenen Dido giebt Sie
findet im Gemache keine Ruhe mehr, sie eilt zu den Altären, sie
eilt durch die ganze Stadt, der Hindin gleich, die zum Tode ge-
troffen durch die Wälder flieht, aber immer das todbringende Ge-
schofs mit sich trägt; Aeneis VI, 68 ff. Die Ruhelosigkeit des er-
regten Gemütes, der vergebliche Versuch den vom eigenen Herzen
ausgehenden Qualen zu entrinnen, wird in höchst wirkungsvoller
476 F. FRIEDERSDORFF,
Weise durch diese Parallele vera nschau lieh t ; aber welcher Art diese
Qualen selbst sind, das zeigt der Dichter nicht an Gleichnissen,
sondern durch Worte und Handlungen der liebenden und der
sterbenden Dido selbst.
Anders der „moderne" Dichter Frana Petrarka. Wie
et seiner ganzen Beanlagung nach Lyriker ist und eben diese
lyrische Begabung ihn hindert, im Epos die Stufe der VolienduDg
zu erreichen, so bildet auch in den Gleich niasen bei ihm
das lyrische Moment, die Erörterung der subjelctivea
Empfindung, den Hauptgegenstand. Nicht die That, die
aus der Empfindung hervorgeht und für den Grad und die Art
derselben bezeichnend ist, sondern diese Empfindung an sich wird
Gegenstand des Vergleiches.
Africa V, 500 ff. Scipio hat viele Gefangene und reiche
Beule nach Rom zu senden, aber wie er die Sendung ausfahreo,
wen er damit beauftragen soll, beunruhigt ihn. Dieser rein inner-
liche Vorgang, der obendrein in einer schlaflosen Nacht den Scipio
in Anspruch nimmt, ist Gegenstand eines Vergleiches. Der nach-
denkende Scipio wird dem glücklichen Kaufmanne verglichen,
der überlegt, wie er seinen reichen Erlös am sichersten in die
Heimat befördern solle. Irgend eine äufsere Handlung ist über-
haupt nicht erwähnt, irgend ein anschauliches Bild gar nicht an-
gestrebt.*
Africa VI, 284 iï. Syphax sitzt weinend auf dem Verdecke
des Schiffes, welches ihn in die römische Gefangenschaft lubit, so
tief in seine Trauer versunken, dafs er die Gefahren der Schiflahrt
nicht achtet In diesem Gemütszustände verflucht er seine GattiQ
und ihren Buhlen. Seine Stinsmung wird veranschaulicht durch
den Vergleich mit einem Landmanne, der, weil seine eigene
Ernte verhagelt ist, wünscht, dafs auch andere das gleiche Unglück
treffen möchte — gewifs recht bezeichnend, wenn man bedenkt,
wie bitter dem Landmann der Verlust sein mufs, und wie kräftig
Verdrufs und Mifsgunst gerade bei ihm sich zu äufsem pflegt —
aber von irgend einem deutlichen , vorstelibaren Bilde ist keine
Rede.»
Der König Masinissa (Africa VI, I94fif.), voll Kuutiiet
über seine rasch gewonnene und wieder verlorene Sophonisbe, wird
von Scipio durch Verleihung von Auszeichnungen getröstet, und
in seiner Seele verdrängt Ehrbegierde den Liebeskummer, v. 1S9II
■ Sic anxius haeret
MeroAtOT, cui vota viae ceiseie secunda
Et lucri fortuna fuit; nilDC cogitai, aurum
Ac gemmas qua puppe vehat prelíositque renit
Quique ratis cusios placeat. —
' Invidus hand aliter tenuis regnator agelli,
Annua cui messis perii! spes, optât ìnìqunm
Ver alus imbresque fetos et giandiuE mixto»
Frugibus atboribtisque graves iocumbere veotoi
DIE POETISCHEN VERGLEICHE IN PETRARKAS AFRICA. 477
Spes ingens addita regi — Ahstulit aniiquas aliatnqiu in viscera curam
— IniuliL
Diesen rein seelischen Vorgang veranschaulicht der Dichter
der Africa durch das Bild eines Vogelfängers, der, nachdem
ihm ein kleinerer Vogel entwischt ist, sich mit der Hoffnung auf
eine gröfsere Beute tröstet. In diesem Vergleiche wird das Ab-
und Zufliegen der Vögel nur eben erwähnt als Veranlassung der
Vorgänge, aber der eigentliche Kernpunkt des Vergleiches, der in
den Vordergrund treten soll, sind des Jägers wechselnde Stim-
mungen bei Gewinn und Verlust, die mit denen des Masinissa in
seinem Glûckswechsel verglichen werden.^
Africa VI, 465 ff. Hannibal und Scipio kehren nach ver-
geblich gehaltener Zwiesprache zu ihren Lagern zurück; schnell
entbrennen Herzen und Augen der Krieger in Kampfeslust Dieser
Vorgang ist mit dem Verfahren zweier Landleute in Parallele
gesetzt, welche in einer Unterredung übereinkommen, ihre Stoppel-
felder gleichzeitig in Brand zu setzen, und nach Beendigung der
Unterredung sich zur Ausführung ihres Vorhabens von einander
trennen. Hier könnte es scheinen, als sei das Zusammenkommen,
das Verabreden und das Auseinandergehen der Personen Gegen-
stand des Vergleiches, doch ist dies vielmehr das Feuer des Mutes
und das Feuer des Brandes, und die Seelenstimmung beider Heere
soll uns klar gemacht werden.^
Africa VIII, 398 ff. Scipio überlegt, wie er am besten
einen Angriff auf Karthago ins Werk setzen könne, indem er die
Stadt von allen Seiten betrachtet — er gleicht dem Landmann
der, um einen Felsblock von seinem Acker zu entfernen, oder eine
Eiche, dieselben ringsum beschaut und alle Möglichkeiten er-
wägt*
Africa VIII, 409 ff. Scipio, welcher die Mauern Karthagos
besichtigt, wird von den verzagenden Frauen erblickt, — so
Ceu retibus auceps
Aspiciens volacrem subito discedere parvam
Conqueritar, movet exigiii spes perdita lucri;
Maior inopina mox et generosior ales
Parte poli tensis si forsitan advolat alis,
Erigitur recipitque ánimos, spesque ampia futuri
Praeteritì meminisse vetat; sic etc.
Tum vero urgentes stimulos virtutís et aestus
Irarumque /a^^j graviterque minantia verba
Flammantesf\X3i^ oculos ardentiaf^c ora videres:
Haud aliter quam quum stipulis imm\\X.tre flammäm
Forte ex composito late distantibus arvis
Discedunt gemini agricolae; dispersus in agros
Horridus altemos nunc hinc, nunc cemitur illinc
Et crepitante sono subitus micat ignis utrimque,
Invisum veluti cupiens prostemere rupem
Cultor agri aut segeti damnosam avellere quercum.
It circum, temptatque modos facilemque ruinam
Cogitat innocuamque aliis campoque sibique.
47S F- FRIEDBRSDORPF,
erblickt der Vogel, der für sein Nest fürchtet, den herannahen-
den Hirten.'
Africa VI, 86 — 8q. Scipio tröstet den Masinissa, wie der
Arzt den Kranken tröstet, wenn er auch die GeFäbrlichkeit des
Leidens wohl erkennt Hier ist die Bemühung, eine Aendemng
des Seebnzustandcs hervorzurufen, Inhalt des Vergleiches.'
Damit sind die wichtigsten Gleichnisse, welche Peirarka aus
der gewerblichen oder landwirtschaftlichen Thätigkeit entlehnt, an-
geführt; zwei andere, dem gleichen iCreise enlrommene, aber nicht
unbedingt hierher zu zählende, sollen an anderer Stelle betrachtet
werden.
Es überwiegt also in der Mehrzahl der Vergleiche die Be-
mühung, seelische Stimmungen und Vorgänge auszumalen,
was um so merkwürdiger ist, als ja diese Vergleiche selbst aus
einer durchaus realistischen Sphäre stammen, Petrarka, der Lyriker,
bleibt sich hierin selbst treu, wie ja denn auch sonst in seinem
Epos die Stimmungen, Empfindungen und Betrachtungen der Per-
sonen auCserlialb des Vergleiches einen breiten Raum einnehmen.
Diesem Zuge entspricht es, dafs Petrarka gewisse Situationen
des menschlichen Lebens, in denen die Seele sozusagen
eine Krisis durchmacht, in denen Empfindungen jäh und
unvermittelt wechseln, in denen das Gemüt sich in tiefer
Erschütterung und Erregung befindet, mit Vorliebe zu
Vergleichungen verwendet. Hierher gehört namentb'ch die
Einführung derjenigen Vergleiche und Bilder, die von den Em-
pfindungen zum Tode verurteilter Menschen entlehnt sind.
Es will in dieser Hinsicht nichts besagen, wenn er die zu einer
verbrecherischen Verschwörung Versammelten mit ihren bleichen
Gesichtern und gesenkten Stirnen zum Tode verurteilten Ge-
fangenen vergleicht, Africa IV, 2 18 it Aber auch Masinissa,
dem angekündigt worden ist, dafs er seiner Sophonisbe beraubt
werden soll, gleicht einem zum Tode Verurteilten, Africa V.
452 ff., und seine Seelenqualen werden in eingehender Schilderung
denen eines Manne-S verglichen, welcher den Tod durch Henkers-
hand zu erwarten hat — gewifs ein einzig dastehender Vergleich
und ohne Vorbild in der Antike.
Sic audita teum poslquam seoiemía morti
Addili! gravilerque lubBC vox runlia fati
Intonuit, trcmit ìlle pavtns et buxtus ori
Pallor inesl; iam mors oculis manifesta videtur,
' Allonitae gemunt maires ac multa prtcantur.
Anxia sic volucris temptantem prendere nidos
Pastore m aspi e i cas trepidis se verberat alia
Multa querens.
Ac monet et proprii
i
DIB POETISCHEN VERGLEICHE IN PETRARKAS AFRICA. 479
Et lictor praebere iubens iam colla securi;
Nam ventura quidem velati praesentia cemit;
Iam iacet exanimis, iamqne omnia trístia secum
Versât et avulsum trunca cervice cadaver. —
Noch weiter aber führt er dieselbe Vorstellung in Folgendem aus.
Sophonisbe kommt in die Unterwelt. Rhadamanthus ^vîll sie an
einen Schreckensort verweisen, Minos stimmt ihm zu; aber Aeacus
urteilt günstiger und bestimmt sie für einen besseren Aufenthalt
Hierüber zeigt sich Sophonisbe erfreut, und diese Empfindung
einer Freude vergleicht der Dichter mit derjenigen Freude, welche
ein zu entehrender Todesstrafe Verurteilter empfindet, wenn
er zu einer ehrenvolleren Hinrichtung begnadigt wird; er
beschreibt den veränderten Gesichtsausdruck eines also Begnadigten,
seine Freudenthränen u. s. w., Africa VI, 27 ff.
Haud aliter quam quum sententia captum
Turpibus addixit laqueis crucibusque vel igni,
Mens bona, quae non supplicio, sed sorte movetur
Infami, trépidât; tum si gencrosior illi
Conditio mortis subito datur, altera frontis
Effigies vultusque alius formatur, et extra
Pectoris apparent lacrimis nova gaudia fusis —
Die Ausführung einer ähnlichen Vorstellung dürfte bei früheren
Dichtern nicht zu finden sein.
Seine Vorliebe für Seelenmalerei führt den Dichter femer
dazu, zahlreiche Gleichnisse aus der Lage und den Empfindungen
Schiffbrüchiger zu verwenden* Ihre verzweifelte Lage, ihre
Todesfurcht, ihre tiefe, seelische Erregung erwecken offenbar Pe-
trarkas besonderes Interesse.
Vorausbemerkt sei dabei, dafs Homer, der Dichter einer zur
See so besonders ausgezeichneten Nation, dafs die Odyssee, die
zum gröfsten Teil an und auf der See spielt und in der Odysseus
mehrere Schiffbrüche erleidet, diese böse Lage der Seefahrer wenig
zu Vergleichen benutzt hat. Wenn man bedenkt, wie viele Gleich-
nisse bei Homer von der See, den Wolken, dem Sturmwind und
Wetter herstammen, wie genau und aûschaulich er in diesen die
See schildert, so ist dieses Unterlassen um so mehr zu bemerken.
Auch llias XV, 624 ff. sind Sturzseeen, doch kein Schiffsuntergang
geschildert.
Allerdings sagt er llias XK, 375 ff., dafs der Schild des
Achilleus leuchtet wie ein Hirtenfeuer, welches weit über die See
hin den Schiffern sichtbar wird, und man könnte annehmen, dafs
diese Schiffer sich in irgend einer Gefahr befinden; doch von einem
Schiffbruch und Ausmalung der Lage Schiffbrüchiger ist jedenfalls
keine Rede. Auch wenn in der Odyssee 23, 226 ff. der Anblick
des heimkehrenden Odysseus der Penelope so angenehm ist, wie
dem Ertrinkenden der Anblick des Landes, so ist das sehnsüchtige
Verlangen nach Rettung und die Freude über Erlösung hinsieht-
480 F. FK1EDERSD0RFP,
lieh des Grades vortrefTlich bezeichnet, eine Betrachtung der
Seelenstimmung jedoch nicht versucht
Hiermit stimmt das Verfahren des Virgil überein , der so
manches Gleichnis von brandender See, von Stürmen und Un-
wetter entlehnt, auch so manches Schiffes Untergang eriählt, aber
den Schiffbruch selbst lu einer Vergleichung nicht verwendet.
Jedoch bei anderen römischen Dichtem finden wir ein al>-
weichendes Verfahren. Hier ist Ovid der erste, welcher Metam.
II, 184 ff. den unglücklichen Phaethon, dem die Zügel der Sonaen-
rosse entgleiten, einem Seefahrer vergleicht, welcher im Sturme
das Ruder den Winden und Wellen preisgegeben hat — gewifs
für die Situation sehr bezeichnend.
Nach diesem Vorgange wird der Schiffer in der Not des
Sturmes eine beliebte Gleichnisfigur, So vergleicht Lucanus II, 187 ff.
die Hinraordung des Calulus mit der Zerschmeltening durch einen
Schiffbruch; so vergleicht er VII, 125 ff. den Verzweifelnden einem
Schiffer, der sein Fahrzeug den Winden preisgiebt; so vergleicht
er 1, 498 ff, die Flucht aus einer eroberten Sladt dem Entweichen
Schiffbrüchiger aus dem sinkenden Schiffe.
Statius verwendet das gleiche Motiv noch häufiger; es giebt
ein unbestreitbar anschauliches Bild, wenn er VII, 793 ff. den in
die Erde versinkenden Wagen des Amphiaraus mit einem unter-
sinkenden Schiffe vergleicht; oder wenn er ratlose Menschen SchiSen
vergleicht, die ihren Führer verloren haben. Auch die feindlichen
Brüder Eleokles und Polyneikes XI, 520 ff. gehen unter in furcht-
barem Zu sammen prall , wie zwei Schiffe, welche im Sturme aufein-
anderstofsen ; bei grofsem Unglück erheben die Weiber ein Geschrei,
wie bei dem Untergang eines Schiffes, III, 57 ff.
Es ist nicht za verwundem, dafs nach solchen Mustern auch
Petrarka diese Situation für seine Gleichnisse benutzt. Konnte
et doch hierbei aus Erfahrung reden , da er mehrere Seereisen
gemacht hatte, und um von der Gefahr des Ertrinkens zu
schweigen, die ihm als Säugling schon im Flufse gedroht hatte,
später mit genauer Not der Gefahr des Schiffbruchs auf dem
Meere von MassÜia entging. Aber auch hier sind es die psycho-
logischen Momente, welche er im Gegensatze zu den Allen hervor-
hebt Africa IV, 184 ff. wird das rumische Volk nach den ersten
Niederlagen durch Hannibal mit einer schiffbrüchigen Mannschaft
verglichen; aber es ist nicht etwa das ängstliche Hin- und Her-
laufen, die Bemühung um Kettung u. s. w, beschrieben, was ja
auch zu den römischen Zuständen keinen rechten Vergleich ab-
gegeben hätte, sondern die sorgenvollen' Erwägungen bilden den
Vcluli cum HuctibuB alnus
Succubuit cadique graves pflagtquc Inmultus
Non tulit, horrescunt Daulae /n/^rquc per ora
Fundìtui, ac trépidos augii nova cura root^lros -
Talis erat nostrae status urbis, lalìa nobis
Coiuilia.
i
À
DIS POSnSCHEN VERGLEICHE IN PETRÂRKAS AFRICA. 48 1
Gegenstand der Vergleichung und erfahren eine eingehende Be-
schreibung.
Africa V, 175 ff. Der Kummer des Masinissa um Sophonisbes
Verlust ist mit besonderer Vorliebe behandelt; es sind die Em-
pfindungen des unglücklich Liebenden, die genau zu schildern den
lyrischen Dichter reizte, die er selbst mitempfand.
Masinissa in seiner ratlosen Verzweiflung kommt ihm vor wie
ein Schiffer, der im Sturm, ohne das Ruder gebrauchen zu können,
auf starre Felsen und wilde Brandung zutreibt, und nur noch
weinend seiner Vernichtung entgegensieht. Irgend eine Handlung
ist überhaupt nicht erwähnt, es werden lediglich die Empfindungen
des Kummers, der Verzweifelung unter genauer Erörterung in Par-
allele gesetzt^
África VI, 377 ff. Die Punier, von Scipio in die Enge ge-
trieben, suchen Friedensverhandlungen anzuknüpfen, in der betrü-
gerischen Absicht, sie sofort wieder abzubrechen, wenn Hannibal
erscheinen sollte. Dadurch kommen sie dem Dichter vor, wie
Schiffer, welche in der Not allen Göttern des Meeres Opfer und
Geschenke geloben, aber sobald das Wetter wieder schön wird,
die Gelübde vergessen. Auch hier zweifellos eine Schilderung nach
dem Leben, in der an Stelle italienischer Heiligen nur des heroischen
Stiles halber heidnische Götter gesetzt sind, aber auch hier ein
Vergleich, der ausschliefslich der Verdeutlichung seelischer Vor-
gänge dient^
Africa Vin, 253 ff. Die Punier, in verzweifelter Lage, beraten
sich, bevor sie sich dem Sdpio unterwerfen, so beraten sich
Schiffer in der Not des Schiffbruches über die zu ergreifenden
Mafsregeln.
Doch mit diesen Vergleichen erschien dem Dichter das Bild
des Schiffbrüchigen, mit seiner Verzweifelung, seinem Weinen,
1 Ceu victus in alto
Navita, qui moestos scopnlos syrtesque vadosas
Ante ocoles videt ipse saos nee flectere proram
Arte Valens solita, ventoque impulsus et undis
Omnia desperans, fortunae mandat iniqnae
Et clavum et remos et vela flaentia nimbo,
Ac ¡acrimans in puppe sedet: sie naufraga regis
Mens kaeret compulsa qnidem nee flectere quoquam
Orsa Valens, gemitu sie longam concitus horam
Exegit varío . . .
' Hand secos ancipiti periurus navita mortem
Tempestate timens, obi iam spes nolla relicta est,
Vota deis cumulât pelagi tremulaque tumentem
Neptonum ter voce ciet Thetidisque mannae
Nomen et iratom compellat Nerea ponto;
Dona dabit templis, omnem feret ille laborem;
Si redeat tranquilla dies portusque videri
Comminus incipiat, sensim mens perfida tuto
Atque inconsulti subeimt oblivia voli:
Sic stimolante metu deducimt tempora
Poeni . . .
Zdttdir. L rom. PhiL XX, 31
482 s. FKIEDERSDORFF,
seiner Ratlosigkeit, seinen Gebeten und Gelübden, binrelcbend s
genutzt; sollte es noch einmal verwendet werden, so bedurfte es
einer stärkeren Färbung. Diese findet sich denn auch in kaum
noch zu steigernder Weise Africa VIII, 45 1 ff. Die Punier, bereit5
von vernichtenden Schlägen getroffen, erfahren von der Niederlage
des Vermina, die natürlich ihren Schmerz noch steigert. Der
Dichter vergleicht sie einem schiffbrüchigen Seemanne, der auf dem
Wrack an das Steuerruder geklammert, nur noch geringe Aussicht
auf Rettung hat; — da entreifst ihm der Sturm auch seine letzte
Stütze und nun bejammert er den sicheren Tod und erleidet gleich-
sam zum zweiten Male Schiffbruch. Zweifellos ist das Gleichnis
sehr geeignet, uns mit der Vorstellung höchster Furcht und Sorge
zu erfüllen, aber völlig von der Natur des epischen Vergleiches
abweichend, wandelt der Dichter mit diesen psychologischen Ana-
lysen seine eigenen Wege.'
IL
Aber nicht der psychologischen Analysierung und Vertiefung
allein dient das Gleichnis bei Petrarka, wenn auch dieser Zweck
überwiegt; bisweilen unterstützt es auch die sinnliche Vorstellung.
Die Schönheit und Stattlichkeit der Iletdea, die gewaltige, wenn
auch abschreckende Erscheinung der Gegner können nicht mit lu
glänzenden, nicht mit zu kräftigen Farben gemalt werden. Je mehr
sich die dichterische Phantasie mit ihren Lieblingsheldea beschäftigt,
um so mehr wachsen diese über menschliches Mals hinaus and
können nicht mehr mit den Wesen auf der Erde, sondern nur
noch mit U eberirdischen verglichen werden.
Von diesem Verfahren ist Homer zwar noch weit entfernt,
aber den Weg dazu hat er dennoch betreten. Wenn eine nidil
seltene Bezeichnung der Helden ist: „gl eich wiegend dem schnellen
Ares", wenn Aineias llias VII, 208 — 211 zum Kampfe stürmt wie
Ares, wenn Hektor llias VIII, 349 die Augen der Gorgo oder des
Ares hat, wenn Meriones und Idomeneus llias XIU, 295 und 298
dem Ares und Phobos verglichen werden, und A cht Ileus llias
XXIII, 139 dem Enyalios, ja wenn es in llias und Odyssee mehr-
fach heifst, dafs ein Held „gleich einem Gölte" im Volke gechn
werde, so ist damit auch bei Homer das Bestreben klar, seine
Helden in eine höhere Sphäre als die gewöhnliche, menschliche
zu rücken und den Unsterblichen za vergleichen, — Und wie von
Heroen so heifst es auch von den Heroinen in der llias und
Odyssee, dafs sie „Göttinnen" gleichen. Nicht nur der kluge
Schmeichler Odysseus vergleicht Od. 6, lo2 die Nansikaa der Af-
Fuppe velut fracia lemo quum tristU adhacsjl
Navita iactalnrque vadls, cui litoca longe,
Spes fuste exiguo ülubnt; sí fotte malignas
Fluctus el himc rapiat, mortem gemit alqoe aecuní
NauTragium: tanta ei parvis momenta supremura
Tempus h»beL —
DIB POSnSCHEN VERGLEICHE IN PSTRARKAS AFRICA. 483
temis nnd ihr Gefolge den N)maphen; auch Penelope wird Od.
19, 54 der Artemis oder Aphrodite verglichen, und unbestimmter
heifst es von Âlkinoos Od. 6, 30 if., dafs er wie ein Unsterblicher
auf dem Throne sitze (vgl. Od. 7, 10. 7, 71) u. a.
Indessen der Abstand der homerischen Helden und Heldinnen
von den Göttern ist kein unermefslicher; waren sie doch vielfach
Göttersöhne oder wenigstens Abkömmlinge von Göttern, findet doch
zwischen beiden Teilen vielfach ein ganz menschlicher Verkehr
statt, erscheinen doch die Götter oft freundlich auf der £rde, sich
den Sterblichen gesellend, und gelingt es doch einzelnen Heroen,
zum hohen Olymp emporzusteigen. Dennoch aber werden die Ge-
stalten der himmlischen Götter nicht in einem ausführlichen Ver-
gleich verwendet, so dafs sie den Sterblichen zur Folie dienen
mûfsten; Homer begnügt sich zu sagen, dafs Erscheinung oder
einzelne Eigenschaften von Göttern sich in einem gewissen Grade
bei Menschen wiederfanden. Diese Vorstellung entsprach dem
naiven Volksglauben, nach welchem ja die Götter alle Eigenschaften
der Menschen in gesteigertem Grade neben ihren göttlichen Eigen-
schaften besitzen.
Als aber jener Glaube aufgehört hatte, allgemein und unbe-
fangen zu sein, da hörte jenes Vergleichen der Helden mit den
Göttern bei den epischen Dichtern nicht etwa gleichfalls auf, son-
dern nahm erst recht seinen Anfang. Je weniger religiöse Scheu
sich noch mit dem Begriffe der Götter verband, um so leichter
verwendete man ihre Erscheinung, ihre Attribute und Eigenschaften
und Handlungen zu poetischen Vergleichen. Daher ist bei den
lateinischen Dichtem des Epos und des Dramas kaum eine andere
Gattung von Vergleichen beliebter und häufiger verwendet, als die
von den Gottheiten hergenommenen. Diese boten dem Dichter
den Vorteil, die Gestalten seines Liedes so glänzend, so erhaben,
so gewaltig erscheinen zu lassen, wie sie seinen Hörern oder Lesern
nur irgend erscheinen konnten; er berief sich auf die allen Zeit-
genossen geläufigen Vorstellungen gewaltigster und bedeutendster
Art, um von diesen einen höheren Glanz auf seine eigenen Gebilde
zu übertragen. Je mehr es ihm an wahrhafter eigener dichterischer
Kraft gebrach, um durch diese aus sich selbst heraus seine Figuren
grofsartig zu gestalten, um so mehr griff er nach gewaltigen Bil-
dern; eine grofsartige Kostumierung sollte die wahre Gröfse er-
setzen. So bekommen die Vergleiche zuletzt den Wert rhetorischer
Figuren, die auch in der Prosa da am leichtesten sich einstellen,
wo Gedanken und Gründe versagen.
Auch kam noch anderes hinzu. Der römische Epiker und
Dramatiker der Kaiserzeit überschaute ein ungeheures Material an
Bildwerken, in Gruppen, Statuen, Reliefs, Gemälden, von denen
die grofse Mehrzahl der Darstellung göttlicher Gestalten diente.
Was war natürlicher, als dafs er bei seinem Bestreben, sein Werk
herrlich auszuschmücken, sich dieses ihm so oft entgegengetretenen
Schmuckes der Tempel, Fora, Basiliken, Bäder, Strafsen erinnerte,
31*
484 F. FRIEDBRSDORFF,
daTs die Anschauung der herrlichsten Kunstwerke ^iechisc
Plastik seine Phantasie anregte und sich in Vergleichen, die von
eben diesen Göttern handelten, aussprach? Auch hatte der römische
Dichter aus der Mythologie ein Studium gemacht und sich bedea-
tende Kenntnisse auf diesem Gebiete erworben nnd auch dieser
Umstand lieferte ihm in derselben Richtung vielfache Anregung.
Er hatte ferner viele Vorgänger, und auch an deren Werke er-
innerte er sich, indem er ihnen Bilder entnahm, dieselben weiter
bildete und umgestaltete.
So finden wir denn bei Virgil zuerst einen ausfùhrlìcheo Ver-
gleich des Aeneas mit dem Apollo, der uns anmutet, wie die
Beschreibung eines Gemäldes. Aen. IV, 143 ft:
Qualis ubi hibemam Lyctam Xanthique ñuenta
Deaerít ic Delum matemani ¡Dvisit Apollo
InstBUriitque choros, miilique altaría circum
CretEsque Dryopcsque fremum pictique Agalhyrsì,
Ipse iiigis Cynthi graditur, niolliqne ñaentem
Fronde premil crinem fingens atqnc implicai auro,
Tela sonant humeñü: hand ilio segnior íbat
Aeneas; lantum egregio decus enitet ote.
In seiner grofsen Ausführlichkeit, in der Schönheit der Vor-
stellungen, die OS erweckt, wird dieses Bild von wenigen bei
Virgil erreicht; wäre nicht die männliche Begleitung des Apollo,
man könnte die Verse unter Guido Renis farbenprächtiges Bild im
Palazzo Rospigliosi setzen. Aehnliches gilt von dem Vergleiche
der Dido mit einer rasenden Bakchantin Aen. IV, 301 ff.
Ebendahin gehört es, dafs Aen. VI, 784 — 788 die Roma mit der
Berekjnthischen magna mater verglichen wird, dafs Aeo.
VU, Ó74— 677 die Stammheroen vonTibur mit einer Groppe
Centauren, dafs Aeneas selbst Aen. X, 565 — 570 im Kampfe
dem Aegäon, dafs Mezentius femer AeiL X, 764^ — ^768 dem
Orion verglichen wird, der den Flufs durchwatet, oder mit dem
Haupte in die Wolken ragend eine gewaltige Esche auf den Schul-
tern schleppt Bei allen diesen Vergleichen fühlt man sich un-
willkürlich an irgend welche plastischen Büdwerke des Alter-
tums erinnert und in weit höherem Grade noch empfand der
Zeitgenosse des Virgil diesen Eindruck.
Ebenso, wenn Camilla mit der Schar ihrer Begleiterinnen
der Penthesilea oder Hippolyte verglichen ward, um welche
die Amazonen sich tummeln (Aen. XI, 659—664), oder wenn
Turnus auf dem Streitwagen dem Mavors und seinem Gefolge
gleichgestellt wird {Aen. Xll, 331 — 337), so erkennen wir leicht in
dem ersten Bilde eine Reminiscenz sei es an ältere griechische
Schriftsteller, sei es an Bildwerke, wie sie in Athens Stoa
poikile und dem Theseion zu sehen waren, in dem leisten eioe
Anlehnung an Homer, die vermutlich infolge der Betrachtung
plastischer Darstellungen sich weiter ausgebildet hat
J
DIE POETISCHEN VERGLEICHE IN PETRARKAS AFRICA. 485
Wenn aber Dido in Aen. IV, 469 — 473 in ihrer Raserei einer-
seits mit dem Pentheua, andererseits mit dem von Furien ver-
folgten Orestes verglichen wird, so giebt uns der Dichter selbst
die Quelle dieses Vergleiches an, der darum so eigentümlich ist,
weil eine Frau mit Männern in Parallele gesetzt wird; es sind die
Eindrücke der Bühne seiner Zeit, welche sich in diesen Büdern
wiederspiegeln, vgl. A14I Agamemnonius scaenis agitatus Orestes
V. 47 1, wozu schon Servius auf eine Tragödie des Pacuvius verweist.
Dafs Ovid, seinem realistischen Charakter entsprechend, nicht
allzu häufig Vergleiche aus der Mythologie anwendet, könnte als
selbstverständlich erscheinen; aber abgesehen von ihrer Anschau-
lichkeit und Originalität sind seine Vergleiche für uns dadurch so
interessant, dafs wir sie vielfach ohne Schwierigkeit auf ihre Quellen
hin verfolgen können. Wenn er Metam. X, 515 den Adonis den
gemalten Amores (Liebesgöttern) vergleicht, wenn er Met I, 415
die aus Steinen entstehenden Menschen unfertigen Bild-
säulen vergleicht, wenn Met. III, m ff. die aus der Erde empor-
steigenden Sparten allmählich Sichtbarwerden, wie die auf dem
(von unten nach oben hinaufgezogenen) Theatervorhang ge-
malten Figuren, so sehen wir, dafs er seine Vergleiche aus den
Kunst! erwerks tat ten, aus den öffentlichen Theatern, den Tempeln
hernimmt, Orte, an denen auch andere Dichter ihre Studien machten,
ohne dafs es immer so leicht wäre diese nachzuweisen.
Die späteren lateinischen Epiker bei ihrem Geschmacke für das
Uebergrofse und Gewaltige bilden nun diesen Gebrauch der aus
der Götterwelt entlehnten Vergleiche immer weiter aus. Hatte Virgil
die Vorstellung von gewissen Gottheiten benutzt, um die
Erscheinung seiner Helden in das Gebiet des Aufserordent-
lichen zu rücken, so begnügen sie sich damit nicht mehr, sondern
sie lieben es, manche in ihren Epen vorkommende Handlung mit
solchen Vorgängen in Vergleichung zu setzen, die in der
Mythologie berichtet werden. Dabei bedenken sie nicht, dafs
eine Veranschaulichung der erwähnten Handlung nicht erreicht
werden kann durch Vergleichung mit einem sagenhaften Ereignis,
welches nie jemand gesehen hat.
Dafs Lucanus Phars. U, 674 eine römische Unheil prophe-
zeiende Matrone mit einer Edonerin vergleicht, fällt weiter nicht
auf; das griechische Vorbild verrät sich ohnebin in ihren sämtlichen
Worten; aber dafs er Phars. II, 715 ff. das Entweichen des Pom-
pejus aus dem Hafen von Brundisium, wobei ihm zwei Schiffe
verloren gehen, mit der Fahrt der Argo durch die Symple-
gaden vergleicht, kann keinem anderen Zwecke als dem einer
Ausschmückung dienen. Phars. IV, 543 ff. Volteius und seine
Schar, denen ein Entkommen nicht möglich ist, töten sich nach
freiwilliger Uebereinkunft untereinander; diese Blutthat wird mit
dem brudermörderischen Kampfe der Sparten verglichen;
wie wenig passend oder anschaulich, bedarf keiner Erörterung.
Der Sturm, Phars. V, 620 fr., welchem Caesar allein Trotz zu
F. FRIEDER 5D0IIFF,
t der deukaltonischeo Flut verglichen (ä
bieten wagt, wird i
mare eonvohiií genti
Schlacht vorbereiten, Phars. VII, 144 ff., da gleichen sie nach Ln-
canus deQ Gottern und Titanen, welche sich zum Kampfe
rüsten [si ¡iceal suptn's hominum con/erre labores). Aber auch die
römische Göttersage dient gelegentlich zur Vergleichung. Pbars,
IX, 478 ff. entführt ein Sturm den marschierenden Soldaten ihre
Waffen und trägt dieselben weithin durch die Luft, bis sie zum
Entsetzen der Menschen scheinbar vom Himmel herabfallen, -
1 Rom dit
1 Hit
l herab-
fielen U.S. w.
Statius in seiner Thebaia geht bei seinen Vergleichen aus der
Götterwelt weniger in das Ungeheure, aber er macht von denselben
den ausgiebigsten Gebrauch. Dais er Th. II, 81 erregte Frauen
mit Bacchantinnen vergleicht, oder Th. II, 235 jonge Braute mit
Pallas und Artemis, oder Th, U, 675 den Tydeus dem Riesen
Briareus, oder Th. IV, 139 den Hìppomedon mit dem Hylaeus,
oder Th. V, 262 die ihre Männer mordenden Lemnieriimeii mit
trunkenen I.apithen, oder Th. VI, 665 den Diskus des Phlegyas mit
dem Schilde des Mars, oder Th. VI, 79Ó den Kapaneus mit dem
Titj-os, oder Th. VI, 8go den Tydeus mit dem Herakles, ist nichts
Neues mehr, ist seinen Gestalten entsprechend und nur insofern
bemerkenswert, als er diese Vergleiche in staunenswerter Menge an-
wendet.'
Aber er zieht auch solche mythologischen Erzählungen lu
Vergleichen herbei, welche durch spatere Dichter geschaffen sind
und nicht eigentlich der antiken Götterlehre angehören, und man
kann ihm in diesen Fällen leicht seine Quellen nachweisen. So
steht Theb. V, 704 ff., wo Adrastus, welcher Streitende beruhigt, mit
dem Neptun verglichen wird, weichet den Wellen Hall gebietet,
ihm ohne Zweifel die berühmte Scene des Virgil Aeneis 1, 124 ff
vor der Seele; ja, wenn er VI, 715 ff. schildert, dafs der den Disbis
werfende Ilippomedon dem Polyphem gleiche, der dem Odysseus
Felsen nachschleudert, so erinnert er sich des Q.Buches der Odyssee;
wenn er die in Lemnos landenden Argonauten Th. V, 4í6ff. den
' Die wichtigsten Stellen sind Th. U, 563 Tyiieus = Pholu», dem Coi-
taurcn; IV, 782 fF. Hypsipyles zurückgelassenes Kind schreit wie Zeus bei
den Kureten; es gleicht dem Mars. Merkur, Apollo: V, 515 ff. die Schlange,
welche dieses Kind tötet, gleicht dem Sternbild der ScblnD[>e oder dem DracbcD
Fytho! VI, 310 Adiast unterwdst den Polyneikes im Wagenlenken, wie Apollo
den Phaethon; VIH, ili Tiphya und dicMJnyei; VITI. 255 Oidipns = Phinnisi
vm, 749 Kapuneus = Herakles mit dem Eber; IX, 4DI B. eine Flo&gôttiit
klagend = der Leukothca; X, 164 Thiodamos = Idaeus; X, 640 — 643 Juan
= Herakles in Weiberkleideni ; X,843 Kapanens = den Titanen; XI, II
Kapaneus vom Blitze getroffen = dem Tilyos in der Unterwelt; XI, jiS
Jokasle = der Mutier des Penthens; XI, 44! Adtastos voll Enlsctien =
Pluto, als ihm die Unterwelt iofiel; XI, 58 f. Oidipus = Charon; XI, 644
Ismene = Erigane; Xn, 66 Mcnoikcus aaf dem Scheiterhaufen = Hetikles
auf dem Oeta u. s. w. d. s, w.
DIB POBTISCHBN VBR6LEICHB IN PBTRARKAS AFRICA. 487
Himmlischen vergleicht, die zu den Aethiopen kommen, so folgt er
auch hier dem homerischen Vorbilde u. s. w. Wenn Adrast den
Polyneikes im Wagenlenken unterweist, wie Apoll den Phaethon
(Th. VI, 320 ÍF.), so dürfte ihn vielleicht sogar Ovid in seinen Meta-
morphosen dazu angeregt haben. Wäre die griechische Litteratur
der späteren Jahrhunderte uns ebenso wohl erhalten, wie dem
Statins selber, so würden wir diese Anlehnung an ältere Vorbilder
jedenfalls in weitem Umfange feststellen können.
Vielleicht der auffallendste von allen Vergleichen ist aber doch
der, in welchem Theb. III, 432 er ausführlich das Herannahen des
Ares auf seinem Streitwagen schildert, welchem Fama voraneilt,
und dann diese Handlung in Vergleichung setzt mit dem Heran-
nahen des Neptunus, wenn er die entfesselten Winde auf die See
hinausführt Hier soll also eine mythologische Vorstellung
zur Anschauung der anderen dienen. Wollte er in der Be-
schreibung des heranziehenden Neptunus ein Gegenstück liefern
zu dem berühmten Bilde Ilias XIII, 10 — 39, welches den Poseidon
als friedlichen Herrn der See schildert? Oder hatte er irgend
eine malerische Darstellung vor Augen? (vgl. Th. VIII, 255 fF. Oidi-
pus, der wieder Speise und Trank zu sich nimmt = Phineus, von
dem die Harpjen gewichen sind).
Man könnte nun leicht der Meinung sein, dafs Petrarka, der
Christ, der Kleriker, eine Ausschmückung seines Epos mit mytho-
logischen Zuthaten durchaus verschmäht habe, und zwar um so
mehr als ja die von ihm erzählten Begebenheiten lediglich der Ge-
schichte angehören. Und wirklich vermeidet er es, in homerischer
Weise neben der Handlung auf der Erde eine zweite Handlung
im Himmel hergehen zu lassen und so seinem Epos einen völlig
heidnischen Charakter zu geben. Aber er meint doch die Mit-
wirkung der Himmelsmächte und das Uebernatûrliche überhaupt
nicht völlig entbehren zu können, und da ihn einerseits heidnische
Reminiscenzen ebenso erfüllen, wie andererseits die christlich reli-
giösen Vorstellungen, so gelangt er dazu, sie in einer eigentüm-
lichen Weise zu vermischen. In dem mit ungemeiner Ausführlich-
keit erzählten Traum des Scipio führt er uns in die Wohnungen
der Seligen, und wenn es auch lauter heidnische Männer sind, die
sich dort bewegen, so hat doch der Leser den Eindruck, dafs es
der christliche Himmel ist, in welchem sich diese Römer befinden,
denen zwar noch nicht Engel zur Seite stehen, wie auf Fiesoles
Bildern, die aber Engeln jedenfalls ähnlicher sind (oder auch Hei-
ligen) als Menschen, und von den „Schatten" des Homer, des
Virgil u. a. himmelweit verschieden. Africa I, 219
Ulte pura dus, quam lux aeterna serenai.
Quam nee luctus edax, nee tristia murmura turbant
Non odia incendunt, *
Africa I, 337
O quanta miseri sub nube iacetis!
Hnmannmque genus quanta caligine veri
p. FRIEDEBSDORFP,
Volvilut! Hace, iaqnit, halt: ill cerlissima trita.
Vesba Hutem mors est, qnam vilain dicitiä. At lu
Aspicc gcrmanum; video' ut contemptor iccihae
Mottis eal? t'iáen' inánmUurn suo peclart rtbar
El vi'vuHi decus et flammantia lumina frontìP
Quin eliam a ¡ergo gtnerosum rtspicii agwttnf
Has mihi áe/unclos audibil dictre guùguamP
Cer«
Pir pu
litida Tintientia cantra
II laeta agmtna vu/tuP
1, 445. Dem Scipio wird i
1 Traume za teil:
Arcana videre
Gaelica, venturos longe praenoseere casus,
Et falum pracsdre sunm, spedare beatas
Has animas sublergue pedís radûintia so/ù
Lumina et adversos lam iiastis Iraetibus axes.
I, 500. Beschreibung von Scharen seliger Römer:
Ecce aulem tnterea venìeotum turba nec illi
Nota fuit facies; habitus tamen omnibus unus
Sidereogue leiiis fulgebat lumine amìctus, u. s^ W.
Andererseits führt uns der Dichter in die Unterwelt; die Seele
der SophonJsbe wandert dorthin, die heidnischen Toteoriclitet
Minos, Aeacus und Rhadamaitthys urteilen über sie; aber man bat
von dieser Unterwelt nicht den Eindruck, dafs sie einem Fegefeuer
oder einer Bulge des Dante ähnlich sei; sie wird in anschaulicbsier
Weise beschrieben, der Dichter zählt eine Menge von berühmten
Toten, besonders von unglücklich Liebenden auf, zu denen Sopho-
□Isbe sich nun gesellt (merkwürdigerweise ist Dido nicht erwähnt,
wohl aber Lavinia und Turnus), Terminologie und Ortsangaben
sind durchaus antik heidnisch; nur wo die Richter von drei ver-
schiedenen cárteres reden, denen die Seelen zugewiesen werden
sollen, kann man vielleicht an Dante denken; Africa VI, 1 — 80.
Aber nicht nur im Traum des Scipio, sondern in der eigent-
lich erzählenden Darstellung versetzt uns der Dichter in den Himmel.
Bevor die Entscheidung der Waffen in der Schlacht bei Zama Gilt,
wird der epische Bericht unterbrochen, um dieses Ereignis würdig
vorzubereiten, Rom und Karthago personifiziert, aber nicht eigent-
lich als Göttinnen gedacht, sondern als halbmenschliche Wdber,
erscheinen vor dem Throne des Himmelsherm, fur ihre Sohne
Scipio und Hannibal das Wort führend. Africa VU, 500 ft Die Lage
dieses Ortes ist am Firmament genau bestimmt VII, 517,
Ambae simul alta lenebant;
Quaque rubens Mariis metuendi lutnicis Aitrum
Scorpio eh darum ampleiu caudaque tcgebat,
Uirsqae caelestes pariter tentpusque sub uDum est
Introgressa forea.
DIE POETISCHEN VERGLEICHE IS PETRARKAS AFRICA. 489
Diesen Ort bewohnen superi^ caelüolae, deren Namen nicht genannt
werden, die aber den redenden Himmelsherm wie Engel um-
schweben. VII, 725 — 26:
Talla narrantem cuncti ¿raudentünis alts
Cuelicolae umbrabant atque agmina nuncia pacts.
Der Herr des Himmels selbst erhält manche Attribute des römischen
Jupiter; er heifst tonans, superumque iiominumque sator, rerumque
creator i dann wieder rector Olympic und ebenso wiederum in christ-
licher Weise 0 magni suprema potentia mundi\ — Dafs derselbe eine
sehr lange Rede hält und sich vor sich selbst wegen der vielen
Worte entschuldigt, die er macht (Africa VII, 706 — 707
Longior in verbis solito sum, maxima namque res agitur), ist eine
Naivetât, deren erheiternde Wirkung von dem Dichter keineswegs
beabsichtigt worden ist Aber was verkündet er? In der That
nichts Geringeres, als dafs er auf die Erde hinabsteigen, Menschen-
gestalt annehmen und die Menschheit erlösen werde, und zwar in
einer ganz bestimmten Frist! Africa VII, 710:
Est mihi propositum, quia caligantia mundo
Limiina sunt, propios vestris accedere terris,
Et, pondas nexusque hominum, mortalia membra
SponU subire mea vestrosque levare labores
(Quantus amor !) mortemque etiam tolerare pudendam.
V. 720:
Neve diu dilata nimia spes vestra putetur,
Cuneta prius cuncti mortales ista videbunt
Quam decies latum Satumus cinxerit orbem
Limite retrogrado: placüa sic virgine captus.
Jam raptor, sacri sic mulcent ubera lactis.
In der That eine eigentümliche Vermischung des Jupiter tonans
mit dem christlichen Welterlöser. — Diese eigentümliche Ver-
mischung heidnischer und christlicher Vorstellungen findet sich
aber auch in den Vergleichen von Petrarka angewendet
Africa VIU, 960 if. kommt der punische Gesandte Hasdrubal
nach Rom und erhält Gelegenheit, die karthagischen Gefangenen
zu besuchen. Die traurige Lage, in welcher er diese abgehärmten,
mit Ketten belasteten Unglücklichen findet, ihr tiefer Schmerz bei
seinem Anblicke, ihre wehmütigen Worte und ungeduldigen Fragen
geben dem Dichter Veranlassung, sie mit Seelen zu vergleichen,
die in der Unterwelt weilen und zu denen nun eine neue, soeben
von der Oberwelt geschiedene Seele hinabsteigt. Es sind infemae
Manes ^ aber nicht jene wesenlosen Schatten des Homer, auch
nicht Geister im Zustande seliger Ruhe, sondern im Zustande der
Strafe, daher heifsen sie anxia turba, auch die zu ihnen hinab-
steigende Seele heifst suppliciis onerata suis, — sie soll die gleiche
Strafe leiden an diesem Orte, den wir uns mehr als eine Art „Vor-
hölle'S wie als das „Schattenreich" denken müssen. Natürlich bleibt
der Dichter seinem meistens beobachteten Grundsatze darin treu,
490 F. FRIEDBRSDOSir,
daTs er Stiinmiingen, Seelenzostânde durch dieses poetische llittid
verdeutlicht; und zwar werden einseitig die trüben Empfindungen
der Eingekerkerten, ihre schmerzliche Prende beim Anblicke des
Nenangekonmienen, ihre Wifsbegierde» ihre Sdmsncfat nach glück-
lieberem Znstande betrachtet; von den Eindrücken des eben in
Unterwelt hinabgestiegenen Geistes ist nidit die Rede.
Aber heidnische Vorstellungen mischen sidi dodi in
Büd, denn diese Geister der Unterwelt haben Körper, mit denen
sie seufzen und klagen, fragen und sehen*; sie haben ara soäkaü
exsangma rictffms v. 878 und erinnern vielfach an die Sed«i in
Aen. lib. VL
Dagegen völlig von der Antike fort wendet sidi der Voglcidi
Africa VIII, 999 iL Hasdrubal erhält die Erlaubnis, von den eben
besuchten Gefangenen 200 in Freiheit zu setzen und nach Kar-
thago mitzunehmen. Der Dichter bleibt in dem Bilde von der
kurz vorher erwähnten Vorhölle oder Unterwelt; er vergleidit diese
Befreiung mit nichts Geringerem als der Erlösung der Verdammten
durch Christi Höllenfahrt:
Liceat terrestria cado
Acquare, aetemis mortalia, maxima parvis:
Sie propê dtsctndtns catlo sua vincla resoivü
CapHvis, antigua potins et Tartara /regit
Voce Deus seeum in patriam miseranda reducens
Agmina et exhaustas longis cruciatiòus umbras.
Unter Deus ist doch schwerlich ein anderer zu verstdien ab
Christus; aber der Dichter vermeidet den Namen zu nennen, redet
aber andererseits von antiqua Tarta ra /regit, so dafs eine heid-
nische Vorstellung sich sofort der christlichen zugesellt
War in diesem Vergleiche das Einzige, was an antike Vor-
stellungen erinnerte, das Wort Tartara, so ist der Dichter sonst
mit derartigen Ausdrucken keineswegs sparsam. Hasdrubal (Africa
VIII, 858) kommt nach Rom, und diese Stadt, welcher der Dichter
schon zur Zelt des zweiten punischen Krieges einen Glanz zu-
schreibt, den sie etwa zur Kaiserzeit hatte, macht auf ihn einen
überwältigenden Eindruck. Dieses Staunen, dieser Gemütszustand
ist Gegenstand eines Vergleiches. So staunte Ganymedes, sagt der
Dichter, als er ganz unerwartet vom Ida in den Hinmiel versetzt
wurde; v. 858:
Non aliter stupuit, nisi /alsa est /dbula, caelum
Ingrediensi viridi subito translatus ab Ida
Laomedonteus puer, ut vaga sidéra circum
Haesit et Iliacas despexit ab aethere silvas.
Aber da er diesen Himmel doch sonst als einen christlichen, von
Engeln bewohnten geschildert hat, versäumt er nicht seinen christ-
lichen Standpunkt zu wahren, indem er hinzusetzt: nisi falsa at
/aínda.
DIE PORTISCHBN VBR6LSICHE IS PBTRARKÂS AFRICA. 49 1
Afìrìca Vn, 1 64 if. Scipio und Laelius kommen vor der Schlacht
bei Zama mit Hannibal und seinem Gefolge zusammen zur Unter-
redung. Die Römer vertreten in den Augen des Dichters die
Bildung, die Tugend, die Kunst, alles Edle und Schöne; sie
werden daher mit den Göttern verglichen, Scipio etwa mit Jupiter,
Laelius etwa mit Mercurius. Hannibal und die Punier dagegen
vertreten die Mächte der Finsternis, sie gleichen daher den Gi-
ganten. Charakteristisch ist dabei, dafs nicht etwa Handlungen
verglichen werden, sondern es sollen lediglich die mit den Göttern
verbundenen Vorstellungen des Erhabenen und Schönen auf die
Römer, die mit den Giganten verbundenen Vorstellungen des Un-
geheuren, Bösen, Häfslichen auf die Punier übertragen werden.
Und dabei wahrt der Dichter seinen christlichen Standpunkt, indem
er nicht sagt: so war es, als die Götter mit den Giganten kämpften,
sondern so könnte es sein, wenn ein solcher Kampf wieder ein-
treten sollte. Für den Vergleich selbst s. Lucanus Phar. VII, 144 if.
Dais Africa VIU, 835 der einäugige Hannibal, der in einem
kritischen Augenblicke die Schlachtreihe ordnet, mit dem Polyphem
und sein wild blickendes Auge mit dem Kometen {tristts nunttus
cometa) verglichen wird, mufs als heidnische Vorstellung angesehen
werden, wenigstens soweit Polyphem in Betracht kommt; der Ver-
gleich mit dem Unheil bringenden Sterne ist zwar auch homerisch
(Uias XI, 62 — 65. XXII, 26 — 32), findet sich auch bei Statins und
Lucanus, doch ist er auch der modernen, volkstümlichen Vorstellung
nicht fremd.
Völlig zusammengesetzt endlich aus antikmythologischen Vor-
stellungen ist die ausführliche Beschreibung der Schönheit Sopho-
nisbes (Africa V, 20 — 64). Jupiter, Juno, Phöbus, die Medusen
werden zur Verherrlichung herbeigezogen, und den Schlufs der
ganzen Beschreibung macht ein schöner Vergleich: wie Venus aus
der Wolke vor Jupiter hintritt, so Sophonisbe vor Masinissa; v. 59:
Sic nube corusca
Obsita magnanimum Venus est affata Tonantem
Naufragio nati, seu morte impulsa nepotis
Dulcís opem sperare patris, dum Troia per undas,
Dum subterraneo tremuit pia Roma tumultu.
Zugleich leitet ihn dabei eine Erinnerung an Aeneis I, 229 ff. und
Ovid, Metam. 15, 762 ff. (vgl. Corradini).
F. Friedersdorff.
Die Sohreie der Verkäufer.
Eia hochinlerfsa.'uites, aber auch in manchen BedcliuligcD scbwicrigei
Kapitel der vctschieilcnen Volkssprachtn bilden die Schreie der Veiklufer,
welche man in den Sirafsea der Grofastadte vemimml und die iwar lum Teil
wechseln, im ^oCseo Ganzen aber mit geringen, durch besondere UmsläBdc
bedingten Ausnahmen sich Jahrhunderte lang fast in gleicher Weise erhalten.
Leider hat man früher, wie so vieles andere für den Sprach Inrscher hoch-
wichtige, auch diese Sachen wenig beachtet, und wie das Volkslied, Spiûch-
wörler, Ktndeneime n. a. als unwichtig und der Beachtung eines Gelehitea
unwürdig angesehen, bis besonders die Falklore -Forschung aufkam und von
Jahr zu Jahr «neu breiteten Boden gewann. Glücklicherweise besitzen «ìf
aber einzelne Aufieichnutigcn franiödscher Autoien, die íchon aus tehi
früher Zeit stammen, und wenn sie auch in poelischer Beziehung nur sehr
elende Machwerke sind, dach für die Kenntnis des Volkslebens and die Vet-
gleichung mit anderen Sprachen grofse Bedeutung haben. Ein fr.uuösischet
neuerer Schriftsteller, der den berühmten Namen des grofsen amctikaDÌscbcii
Buchdruckers und Staatsmannes und des unglücklichen englischen Nordpol-
fahrers trägt, Alfred Franklin hat ¡d seinem Sammelwerke La vü fripét
d'aulre/ois. Arts el rrUtìers, modes, inccurs, usages des Parisiens du Xll'
au XVIIl' Slide d'afiris des documents originaux ou inJJiti (Paris, Flou,
1887. 8°) im ersten Teile L'Annonce el la Reclame. Les Crii dt Paris ciot
ganze Anzahl derartiger Machwerke zusammengestellt. Es sind dies l. aas
dem dreizehnten Jahrhunderte ; Les Crieurs de Paris, Verse von GuilUaDie
de la Villeneuve (pag. 133. 145), woiu man Guillot, Le diet dts mei it
Paris aus dem Jahre 1270 vergleichen kann (ediert vom Abbi Fleury 1757I-
2. aus dem sechzehnten: Les cris des marchandises gur l'on crie parmy Paris
(hinter Corroie t, Antiquités de Paris zuerst abgedruckt) bei Franklin 143 — ijS;
Les cent et seft cris que Von crie j'ournellemenl à Paris (J.Mai IJ4J von
Anthoine Truquet, painctre) bis 203; Les cris gui ant esté adjtuslet Je nm-
veau outre les ceni et sept (li nene, vom Jahre 1545) bis 109; Les Cris il
Paris, 1550 von dem damals berühmten Komponisten Qémcnt JanucqDia in-
sammen gestellt, der wegen seines Schlachtslückes „La défaite des Suisses i
Marignan" sehr beliebt war (309 — 115); eine Chanson nouvelle de tous ¡ti
cris de Paris (von 1572; nach einer Note zu Noël du Fail ed. von Aaéial),
3. aus dem siehiehnlen folgt p. îîl ein Ausiug aus La Ville de Paris tu
vers burlesques par Berthaud vom Jahre 1Ó3Z. Nachdem sich Boileta
in seiner sechsten Satire 1660 über die Unannehmlichkeiten von Puis; qni
frappe l'air, bon Dieni de ces lugnbres cris — beschwert hatte, obne itKf
von dem Schreien der Verkänfer zu reden, handelte im folgenden Mercier
DIE SCHREIE DER VERKÄUFER. 493
im Tableau de Paris davon an verschiedenen Stellen, ebenso wie später
Privat d'Anglemont in Parts Inconnu; Mainzer in Les Français ^nis
par eux-mêmes; Jacob le Bibliophile, Fournel, Du Camp, Zola im
Ventre de Paris und E. Forest, Paris musical in „Petits albums pour rire"
No. 31 liefern einzelne Notizen, während G. Kastner in Les voix de Paris.
jBssai d'une histoire littéraire et musicale des cris populaires de la capitale
(Paris 1857) ^^ wissenschaftliche Untersuchung „sur l'origine et le caractère
des cris en général" versuchte und dieselben zu einer „grande symphonie
humoristique, vocale et instrumentale" zusammenstellte. — Von anderen Städten
behandelt Clément Janin Les cris de Dijon (Paris 1880). — Ueber London
gab Hindley eine teuere und ziemlich dürftige Studie A history of the cries
of London (London 1884) heraus, woneben A. Certeux, Les cris de Londres
au i8e siècle (l vol. 12^ avec ¿pigrammes, préface, notes bibliographiques des
principaux ouvrages sur les cris de Paris, description sur la ville de Londres
suivie de: Le Pont'Neuf, poème héroïque et badin zu vergleichen ist
Für Italien ist meines Wissens eine ähnliche Zusammenstellung noch
nicht versucht, und daher glaube ich, dais die nachfolgenden Notizen, welche
eine mir befreundete deutsche Dame, die schon über acht Jahre in und bei
Neapel lebt, Fräulein Babette Arn on s, auf meine Bitte mir übersandt hat,
den Kennern italienischer Sprache willkommen sein wird. Tritt doch gerade
in Neapel, wo das Klima noch mehr als in Paris das Leben auf den
Stralsen begünstigt, diese Seite des Volkslebens mehr als anderswo zu Tage,
und dem Ohre des Fremden bieten sich unzählige Töne dar, welche bei dem
gewaltig schnellen Sprechen der Leute und ihrem Dialekte häufig nur schwer
yerständlich sind. (Man vergleiche übrigens F. de Boucard, Usi e costumi
di Napoli 1853; La vera cucina napoletana und // ventre di Napoli von
Mastriani). Wir setzen die Uebersetzung in Schrift-Italienisch in Paren-
these daneben.
1. Accattateve a Maronna da Carmene! N' abetine e bone
na sorde! Na medaglia doie centè! Accattateve a devozione da
la festa! ((Comprate la Madonna del Carmine! mi abitino bene-
detto [Skapulier] e buono un soldo! Una medaglia due cente-
simi! (Compratevi la devozione della festa!
2. acqua frisca! oder T acquaio! ru/t der acquaiolo. Die
schone acquajola ut oft in Volksliedern besungen, 2. B, in Scelta di
canzoni popolari {Firenu 1877 bei Salani), wo es p.t% heifst: quanno
te veco spremmere | co grazia no limone | lo core me sta a sbat-
tere I proprio comm* a frullone. Auch in Paris rief man im 1 6. fahr'
hundert: qui veut de belle eau? à quatre deniers la peinte!
3. sta pure V acquavita ... re!
4. Signori u commodo della famiglia! Pigliatevi sti aghe
ringrese! (Signorina, una comodità per la famiglia! Prendete
questi aghi inglesi!)
5. ali . . . ce! che belP alice! Va à du mammete e li che
te rice! (che belle alici! Va dalla madre tua e sente che ti dice!)
Schon bei Villeneuve finden wir: sor et blanc härene fres poudré . . .
und im 18. fahrhundert: des harengs qui glacent, des harengs
nouveaux!
494 ^- SACHS,
6. anguille: robba vi ... va a 32!
7. Arena, 'nchiostro! S' hanno scordale e scrivere! (. , . ri
sono dimenticali à scrivere!) l/eèrigeiu silztn heule noch in dttt Vor'
hallen des Teatro San Carlo Schreiber, welche für die des Schreibtns
Unkundigen Briefe abfassen.
8. Palelle co a pomarola baccalà e stocco! Palelle co o
limone sti codinielle! (Fa questo baccalare [firovcm. bacalao, tf»in.
bacalao] e stocco col pomidoro I Fa questi codini col limone I)
9. Beli' o, vene ca (beli' uomo, vieni qua), beila femina,
bella gualiona isi der Ruf, um die Verkäufer herbeizuholen.
10. O caffete...re, cV è iurne. Teoghe u latte da a pac-
chianella. Vene à de vedé! (II caffetiere, perchè è giorno. Ho
del laite della contadinella. Veni a vedere!) Dahinter folgt dann
noch oft No. 3. .
11. Tenghe a calandaio de l'anno nove. Tenghc a nota
pe' panni e 35 anni d' estrazione! (Ho il calendario dell' anno
nuovo. Ho la nota per la biancheria e trenta cinque anni d' cs-
12. Tre campane sette lire! Sette lire tre campane!
13. Panare e panarìellc! chi bo cane...stel (Paniere e pa-
gnerinil chi vuole canestre!
14. Nu sordo na capa di morte, nu sordo nu bello campo-
santicllol Gualio abbuscateve i morte, due cascettielle nu sordo!
(Un soldo il capo di morto, un s. un bello piccolo camposanto! Ra-
gazzo, comperatevi i morti! Due cascette un s.!) Ruf der Ver-
käufer am ersten November, Allerseelen. Die Kinder kaufen eine Art
Sparbüchse mit weifsem oder buntem Papier bekltbt und mit tintín
schwarzen Kreu». Damit laufen sie zu Eltern, Verwandten und
Freunden und bitten: (per) i morti. Für das Geld kaufen sie Grcmat-
äpfel oder Süfsigkeiten.
15. O capeHa..re fem .. mi. ..ne! (Il comperatore di ca-
pelli donne).
16. Fa matterazza a stoppa. Chi bo capizze? (Stoppa pei
le materasse. Chi vuole capecchio?)
17. Caramelle! rui cenlè! (CI due centesimi!)
t8. Carne! fate a zuppa opè.., tenghe a vitella u féchete!
(Fate la zuppa. Io ho carne di vitello e fegato!) — Aggio uccise
u puorche. DoÌe sorde a sacicce e tre a costatella! (Ho ucciso
il porco. Due soldi la salciccia e ire la costata!) — Carne cotta
di majalel Gualiò! nu sorde a cotene e a fresellel (Ragazzo, un
soldo la cotenna e lo scottino!) — Nu sorde na mezza capa ca
arecchie e nu spirito sante otte sorde! (Un soldo una mezza testa
coir orecchio e uno spirito santo (/. e. una lingua) otto soldi!)
19. Carta, Avete voglia i scrìvere! 15 fogliette no sordo!
{Potete ben scrivere! 15 foglie un soldo!)
20. I castagne. Monte Vergene! Nu sorde a 'nserte! (La
castagne di Monte Vergine ! Un soldo la fìla!) — Tenghe e palle
pe allesse. Nu sorde 20 palle. Di eheste tenghe u lucchero dint
DIE SCHREIB DER VERKÄUFER. 495
allesse. (Ho le palle per le castagne a lesso. Un soldo venti
palle. Di queste ho lo zucchero nelle castagne a lesso!) — Na
misura cinche sorde i rosse! (Una misura delle grande cinque
soldi!) — Castatagne infornate! Mo t' aggio sfumate nu furnielle
dei sosannelle. So meglie d' u pasticciere! (Adesso te li ho tosto
dal forno dei biscotti. Sono meglio che dal pasticciere!) In Paris
ivurden im dreizehnten Jahrhundert chastaingnes ëe Lombardie, im
sechzehnten marrons de Lyon, chastaignes rôties angepriesen,
21. Der cenciaiuolo, von dessen vielseitiger Thätigkeit Mas^
striani in I Vermi {Napoli 1877, IV. 56 etc) handelt, ruft: Salatielle!
Date mi i pezze e ve darghe i salatielle! (Lupini! Date mi pezzi
e in cambio vi do lupini) — oder U sapona...re! (¡1 cenciaiuolo),
vgl. saponaro.
22. I cense annevate! Aggio mire a neve dinte! (Gelse
annevate! ho messo la neve dentro!)
23. A che belle cerase! a duie i benghe! (A che belle
drìegiel Le vendo a due!) Von ihnen redet Cinquegrana in seinem
hübschen, jetzt sehr beliebten Liede „'^ Luntananza*\ das E. di Capua
komponiert hat: Fravole fresche, fravole! Majateche (duracine) e
cerase! Segno e' abbrìle trase ....
24. Gente cerini un sordo! Gerini di Moncaliè!
25. cetro le pe becchie prene! (Gedriuoli per le vecchie
gravide!)
26. ciabattino, ai è, ai è!
27. Tenghe e cipolle da a Rocca! — Maiè, seccatelle, hanno
¿atte e cape rosse! (Padrona, seccatelle, hanno fatto i capi grossi!)
28. Sciure cocoz..ziè (fìori di zucche, die in Teig gewälzt
und in Fett gebacken werden) — Ghiste maghava a pacchiane! la
mia; cocozelle, case e ove! (questo mangiava la mia contadinella:
zucche con formaggio e uova!)
29. Gettone! facitevi i cazetto, nu sordo a 1' onze, maiè!
(Fatevi le calze, un soldo V once, maestra!)
3a GrisomerL Ti faccio pure rompere 1' osse . . Oi vec-
chiarìella! (So ti fa pure rompere gli ossi. Oi vecchietta!)
31. Oggetti di cristalli, robba fina, robba beli... a!
^2. Dolci, sfogliatelle cavere caverei Nu sorde a pasticiotta,
so chine d' ammari.. na! Panzarotte, cinche nu sorde! chine de case
e pe..pe, e mozzeche in punte e vide ch'esce a dinte! (Sfoglia-
telle calde..! Un soldo un grande pasticcio pieno di driegie.
Frìtte di pasta di pane, 5 al soldo! pieni di formaggio e di pepe.
Da un morso alla punta e vedi ciò eh' è dentro!)
33. Dolciume. Ginche colori, cinche sapori e cc.senze
de . .e nocelle. Franfel . . liè! cinche caramelle nu sor . . de ! Gualiò . .,
a nu centè! (Di cinque colori e di cinque sapori. Franfelliè (Art
Bonbon aus Zucker und Honig) cinque caramelle un soldo! Ra-
gazzo! a un centesimo!) In Paris wurden schon im dreizehnten Jahr»
hundert gaietés chaudes, gastiaus rastis, gaste! à feve, chaudes tartes
496 K. SACHS,
ì ausgtru/m; in neuerer Zeil: la bell' Madeleine, elle a
des gâteaux, qui sont tout chauds — und: voilà le plaisir!
34. Fagioli: si maio, so mazzarielle mo covete! (Mastra,
sono in pacchi, adesso collii)
35. Sta notte so nate i fasulille. (In questa notte i fagio-
lini sono nati!) — Donna Rosi! accalate u panare; che so fasu-
lille e vrocchele'e rape! (Donna Rosina! scendete il paniero [in
den koken Häusern läfst man einen Korb an einem Strick herualtr,
um die Einkäufe Ivqueiner zu besorgen] ; perchè sono fagiolini e broc-
coli di rape!)
36. I che fave! te ,. schiattano o liane! (..la pentola!) —
U spassatiempe ! Fave, nocelle 'nfumate; chi bo u grasso!
37. Fichi e truiane d' a giardiniello mio! (Fichi trojani . .).
— Nel giardinello mio non ha chioppcte. A tre i benghe! (Nel
mio giardino non ha piovuto. A due soldi li vendo).
38. Fichi d' Indie. 'Nanasse! 'Nanassel tenghe ì frutti pei
cavalieri. (Ananasse! . .) Im Milielalter gab es in Paris figues de
Mélite, im sechsehnten Jahrhundert figues de Marseille; do(h warm
sie, wie Villon bezeugt, tu seiner Zeit noch sehr teuer.
39. Fravole v. 21. Man vergleiche Franklin 209 aus dem Jahre
1545: fraize, fraizc, douce fraizc! approchez, petite bouche, gardez
bien qu'on ne les froisse, et gardez qu'on ne vous touche.
40. Fritte. Gualiò! a cinche nu sorde., e zeppole e chine
di pepe! Molegna..ne! e pasta cresciuta! Tenghe pure o sciu-
rìllo fatto! (Ragazzo! cinque per un soldo e zeppole piene di
pepe! Melangane! . . .)
41. Frutti. Chiste magnavaro i muorte! (Questi mangiavano
i morti!) Pere e Massa (Or/ bei Sorrento), so vere (aorbe) e nespere
(nespoli).
42. Na bona garzella! chi bo fa spese? (Un buon lume.
Chi vuole fare spese?)
43. Gelse selvatiche! £ mo vera a panella. Un túrnese u
piattietlo (piatta). Túrnese ist ein alter Name einer kleinen GeU-
münze, vom französischen (livre, sou) tournois, in Tours geprägt Das
Volk hält gern an alten Namen fest; so kSrt man in SüdilaÍitn oft
noch bajoc(co), in Genua palanca für soldo {vgl. 49).
44. Generi diversL Sottecazune, maglie di lana, basti di filo!
chi bo fa spese? (sottecalzoni . . .).
45. Giornali. A Follia! avete voglia e ridere? (La FolUal
Potete ben ridere se volete); so ruft der vennetore di giornali.
46. Giocattoli. Divertite ì ragazzi! nu sordo a paparella
(1' anitra).
47. Patella u ata zuppa di 'sti granogne (fatte un' altra zuppa
di questo rane, vgl. franz. grenouille).
48. Un grano p' a pastiera e a festa pei giudei! (Il grano
(Getreide tum Osterkuchen) per la pastiera , . .).
49. Granate. Nere, ne... a nu sordo e nu grano {kleine
alte Mùnse, vgl. 43).
DIE SCHREIE DER VERKÄUFER. 497
50. £ grannelle e fuoco! fem .. mine ! (I carboni di legno
per il fuoco. Donne!)
51. Impagliatore di sedie. 'Mpaglia..sè!
52. Insalate. Scarola, scarola! {eine Ari Salai), Chi non
ne mange, muore — Tenghe insalata fresca! fìnucchie (fìnocchi).
53. Avete voglia e scrivere i debite vostre. Nu sordo u lapis!
fallenza di magazzino! Un libretto de cento pagine nu sorde.
Non pagate manche (nemmeno) a legatura.
54. A limonata fredda! chi vo vevere (bere).
55. Limoni! e bò are o roce? (Li vuoi agri o dolci?) —
Limone! a pe..trosi (pretosemolo). — I che puortecalle! Limone,
facite a limonata. {Das arabisch" spanische arance isl beim Volke
sellen; vgl, Palermo, 70.)
56. Lupi.., lupi..! U pazzarielle i tene rosse! (Lupini! il
piccolo pazzo ha dei grandi); vgl. Nuova scella delle migliori canzo-
nelle {Firenze^ Salani) p» S7' son salati i miei lupini, son salati dalla
dama. Lupinaio, chi mi chiama? chi mi vuole, eccomi qua.
57. Lustrastivali. Signò, feccimme sti paie di mezzecape?
(mezze teste, SpoUname für schlechte Slie/el), I polizzamme o no?
Signò mi date stu birzaliè (bersagliere, mozzicone), quante faccie
quatte botte (affinchè possa sputare quattro volte), vgl. Scelta di
canzoni popolari in dialetto napolitano {Firenze 1877/. 77): lo poliz-
zastivale und Mastriam\ I Vermi JV, 52.
58. Maccheroni cotti. Mò t* aggie cacciate a cotte e
vierde! princepa, datteme nu doie allattante e nu tre ca.. a pim-
marola! (Adesso te li ho tolti cotti e pronti! Principale, date mi
per due soldi riscaldati con formaggio e per tre con pomidoro!);
vgl. Scelta 18: lo maccaronaro, der vermicielle und maccarune
anpreist
59. Mar uzze. Quante so belle! tiravano a carro queste {so
grofs sind die lumache {Schmckeri) gewesen, dafs sie den Karren ge*
zogen haben). So nate rinte e rose (nelle rose). Sient a.. do.. re,
siè (senta V odore!) — U maruz..zare ra festa.. te ne passa e non
siente adore. l 'sti ma..ruze!
60. Mele cotte, chine e zuchere!
61. Meloni d' acqua. Signò Eccellenza na pittura venghe.
Non si trove chi la vince e vai tutte sei ducati. Chi s' u maguia
cà (che la mangia qui) . . dece lire e chi s' u porta, casa na lira.
(Che se la porta à casa). — So russe e mollune e chine e fuoco. —
Mollune belle! chi appen..ne! — Venite, venite! Per nu sorde
magni ate, bevite e vi lavate a faccia! — U fuoco! Tenghe u fuoco!
62. Vulite a micciarella? (fiammiferi ordinari?) cinche nu
sorde.
63. O mola fi:o..bice! (L'arrotino delle forbice!)
64. A che belle monacelle! a doie i benghe (monache
Schneckenari).
65. A ventiquatre grane a can. .nal U mussoline rin-
grese, e quatre sorde no belle &siolette e setal Temdie e maglie
r. L KMo. Phfl. XX
K, SACHS,
e sottacazune da.. a fiance.. sel (Canna isl ein alles, Jeíei tatgt-
bräuckliches Aîa/s.)
66. Noci americani, belle caldi cà.
67. Nocelle! roppe magnate e vippete, ruppiteve a 1' uccella!
(. . dopo che voi avete mangiato e bevuto rompetevi la uccella?)
68. Chi bo fa spese? na bone 'rabretle (ombrelle) i seta fina
va. lira.
6g. Signò, s' e caoiate 1' orario. Pigliatevi n nove orario
della ferrovial
70. 0..va cot. .te! m' ha fatta a paparella 'ste o..va! —
beli' 0..0! — ova fres..ca! vgl. Scella 98: l'ovajola: ova frese' ova
71. Palermo, Palermo! nu sorde tre, nu sorde quatto!
72. Pane di granone. I tenghe cavere, cave e chine e pepe
Un casatiello (pagnottine) nu sorde, chine i passe.
73. Quatlre lire nu belle pappanallo (papagallo) americano
mange da sèi
74. Fatane (patate), patane! so falle a zizze (petti) e mo-
nache. — Patane, pata.. song è porci e manche e son! (. . non li
vogliono nemmeno).
75. Pere, tenghe e cosce e ronne (cosce delle donne), tenghe!
7Ó. Na bona persiana; s' ò infucato u sole (il sole s' è in-
focato).
77. Pesce vi (vivi).
78. Pettine e pettinesse (piccole pettine), dii bo piettene?
79. Vo ammazz' o piecore (pecora)! Sehläehler gehen um
Ostern umher, um in din Häusern Lämmer tu schlachten, wie dai
auch in Kor/u am Sonnabend vor Ostern geschieht.
80. Pieri (piedi) e pecurielle! capoz..;!e! (teste).
81. Mullice! (morbide) accattateve i pigne!
82. Piselli. Pe. .sie, pe. .sie! fatella n' ata magniatella (fatti
una altra piccola mangiata).
83. Pizzicagnoli. Sie rufen zu Oskm: A ricottella (ricotta)
fina, a mantegate [wei/ser Käse in Körben) d'Avella, u sale pe
benere (benedire), uzogne (sugna), lardiciella (lardo), sasiere (sal-
siere), saprissate (presciutto) 1 chi ria. .le? (chi vuole fare regali?)
84. Pizze! [Kuchen aus Brodleig) facile mareme (collazione),
una rui sorde.
85. Politore, pò. .li,.! (lustrasti va li).
86. Poltiere. Vo' rialà capune rosse!
87. Pomidoro. Si maiè, fate a consevere (la conserva)! a
nu sordo u ruotolo {ftwas weniger als ein Pfund).
88. Portogalli v. timoni.
89. A pariglia e posate doie sordo!
90. A, che belle purpetielle (polipi) e scogliere, mo pigliale!
gì. Quaglia, qua..! tenghe e cosce e quaglie!
92. Raffanielle (ravanelli)! quatto fascie a due centèl so
confiet..te!
93. O la.. mare! chi bo stagna? (stagnare).
d
DIB SCHREIE DER VERKÄUFER. 499
94. ricotta.., rico! {^eifser Kcise),
95. La riffa! {Art Lotterie auf der Stra/se), Nere. Mengheme
nu sordo. Pè chine tarde te u donghe (Giovinetta, gettami un
soldo. Più tardi te lo restituisco).
96. So beir e rose, e rose e maggio.
97. Saponaro. Rateme i pezze e ve donghe i micciariellel
(Datemi pezzi e vi do dei fiammiferi); vgl, cenciaiuolo.
98. Sceriatevel Nu sordo nu pezze di sapunette! (Lava-
tevi, un soldo il pezzo di sapone!
99. Scope! scupille! e che belle scope!
100. Si maiè, come fai e bona sta s caro la!
IDI. Segatura! a seca. .tu..!
102. Semenze. U spassatiempe! Fave, nocelle 'nfumate. Chi
bo u spasso? (Il passatempo! Fave, nocelli infornate. Chi vuole
il passatempo?)
103. No bono setaceo (setaccio) pe a consevere! {um das im
August für das ganze Jahr wr rätige Tomatenmufs zu machen).
104. Sorgo per sacchi. I sbreglie po' sacco!
105. Spiche arrostite. Pollan..chè e' o tutero d'oro! (pol-
lastrini col torso d' oro). Mò m' ha portate a pacchianclla mia.
Arrostitevelle! — auch kurzer: Pollanche . . arrostitevelle !
106. Spille! cente nu sorde!
107. A teletta! a can..na e mezza na lì..ra! {etwa zwei
Meter BaumwoHenstoff),
108. Terracotte. CaccuoL.le! Doie ate tiane di Sessa! Na
bona scafiaria di Marsi..gla! (Pentole! Due altre pignatte! Un
buono scodellino di Marsiglia!)
109. Tinta per le scarpe! Doie scatole e tenta nu sordo!
no. Che bell'arte m' ha 'mparate manune! un sorde l'uc-
cello! (Che beli' arte m' ha imparate la madre d,h, die Kunst des
Vogelfangens)
111. Uva. Marroccal Marrocca! Tu t' e mange e i face o
locco (stupido).
112. Veleno per insetti. Tenghe a morte pei surice, scara-
fune (scaraboni e pei femmine!)
113. Verdura. Friariè.., friariè (friarielli, specie di broccoli)!
o che vricocchele (broccoli) e rape!
K« Sachs.
321
I codici Jacoponici luccheBÍ descritti ed illustrati.
Contributo alla edizione critica.
Quattro sono i codici di rime Jacopooiche, che si conservano
nella Biblioteca Pubblica di Lucca. Il primo, segnato col n°. 1291
(dei mss. Lucchesini, 21), iti-41, sec. XVI, di ce. 66 (manca, come
si vedrà più oltre, di alcune carte intermedie, ed è mutilo ìd fine)
contiene non poche laudi di Fr. Jacopone da Todi, delle quali io
darò {e cosi dicasi di quelle contenute negli altri mss.) il titolo,
r incipil e r explicit, col confronto delle principali stampe da me
esaminate. Il codice „da quanto può conoscersi è — a detta, dei
compilatore del catalogo dei mss, che si custodiscono ¡n quella
Biblioteca — copia dell' antica stampa fatta in Firenze dal Baonac-
corsi il 1490".
Il secondo, di n*. i486 (Moücke, i), ¡n-foL, de! sea XVIU, di
ce. 140, comprende rime varie di antichi poeti, tratte da antichi
codici, alcune delle quali appartenenti a incerti, altre agli autori
che trovansi notati nell' indice n. n. che vi è posto in principio, e
cioè di Benuccio Salimbeni, Bruzzi Visconti da Milano, Busone da
Gubbio, Castruccio Castracani, Cino da Pistoia, Dante Alighieri,
Franco Sacchetti, Federigo di M'. Gerì d' Arezzo, Francesco di
M'. Simone Peruzzi, Fcrrantìno di S'. Niccolò, Guido Cavalcanti,
Giovanni Boccaccio, Giannozzo Sacchetti, Giovanni Lambertini, Gio-
vanni da Pistoia, Fra Jacopone da Todi, etc.
Nel terzo, di n". 1493 (Moucke, 8), in-4'', sec. XVII, di ce, 262,
scritto in gran parte da Anton Maria Salvini, si leggono time dei
seguenti poeti: Gìo: Rosselli, Sigismondo M al atesta, Giusto de' Conti
di Valmontone, Giovanni Boccaccio, Francesco Petrarca, Feo Bei-
cari, Fra Jacopone da Todi, etc
Infine nel ms. 1496 {Moucke, 11), in-fol., sec. X Vili, pure mis-
cellaneo, e solo parzialmente numerato {cioè da a 139 a e, 340)
con due carte in fine bianche, si trovano rime per la più parte
di autori dei secoli XIV e XV (alcune sono anonime), ed altre
dei seguenti: Giovanni Boccaccio, Feo Belcari, Bianco da Siena,
Fr. Jacopone da Todi , etc.
Per dire ora delle stampe, avvertirò solo come, pure omettendo
di citare particolarmente le non poche raccolte di laudi, dove si
hanno rime del poeta lodino (non essendo mio proposilo il dare
una compiuta bibliografia di ciascuna di esse) devo ricordare quelle,
J
I GODia JAGOPONia LUCCHESI DESCRITTI ED ILLUSTRATI. 5OI
di cui più specialmente mi giovai per il raffi-onto coi mss. lucchesL
Esse sono:
a) I cantici del Beato Jacopone da Todi, con diligenza ristam-
pati, con la gionta di alcuni discorsi sopra di essi. Et con la
vita sua. Nuovamente posta in luce. In Roma appresso Hipp. Sal-
viano. Nel M.DLVIIL {M).
b) Le poesie spirituali del B. Jacopone da Todi Frate Minore
con le scholie, et annotatìoni di Fra Francesco Tresatti da
Lugnano, Minor Osservante della Provincia di S. Francesco. . . . Con
privilegio. In Venetia, Appresso Nicolò Misserini. MDCXVIL (T).
e) Laude de Io contemplatiuo z estatico B. F. Jacopone de lo
ordine de lo Seraphico . S. Francesco: deuote i utele a coso —
latione de le persone deuote e spirituale : . . . . Cum gratia et priui-
legio. H Venetiis per Bemardinü Benalîum Bergomensem Anno
Dfii . 1514 . Die qnto mensis Decembris. {Ben).
d) Rime e prose del buon secolo della lingua, tratte da mano-
scritti e in parte inedite. Lucca, Giusti, 1852 {B).
e) .... libro delle laude di Jesu Christo e della Madonna e
di diversi santi e sante. Composto da diverse persone spirituali a
consolatione e salute de tutte le divote anime Christiane Nuova-
mente restampato, Et agiontovi alcune belle cosette necessarie di
saperle ad ogni fedel Christiano. In Bologna per Anselmo Giacca-
rello, 1551, a di 12 de Marzo. (G).
f) Laude spirituali di Gesù Cristo, della Madonna et di di-
versi santi & sante del Paradiso. Bologna, appresso Pellegrino
Bonardo, s. a. (1580 circa). {Bo)A
Ma. 1291.
C, I r. Laude j di Frate Jacopone da Todi.
C. i^ — 2r. Proemio | Al nome et honore â la santissima trinità, et
della glorijosa aergine Maria .... {Fimsce:) all' intelligentia di qoanto bisogna
alla I sainte de l'aie loro.
d 2v. Incominciano li cantichi o nero laude dì \ Beato frate Jacopone
de Benedetto da Todi | di ordine d frati minori | De la bta Vergine Maria et di
peccatore | I | O Regina cortese. Finisce a <;. 3': non aia que mostrare,
(r. 468— 471, M. I, Ben, 16—17).
C 3 r. De la beata j Vergine, ij. | O Vergen più che femena. Fin, a
^.4': La gente desperata. {T. 276—282, M 2—3, Ben. 5 — 6).
C 4'. Contentione infra | V anima e '1 corpo | . iij | Audite una 'ntenzone.
Fin. a <:. 5': En 'sto loco lassare. (i£3 — 5, Ben.gs — 97).
C. 5 r. De la penitentia | iiij | . C. 5^. O alta penitentia. Fin, à cor;
A Dio, molt' è grato. (T. 482—485, Ai. 5—6, Ben. 8 — 9).
C.6r, De cinque sentii menti, y. Cinque sensi messon pegno. Fin. a
e. 6v. Ch' e etemo el deiettare. (T. 112— 113, Af. 6—7, Ben. 28—29).
^ Di un' ampia ed accurata descrizione ed illustrazione delle edizioni e
e / sono debitore alla cortesia del d'. Lodovico Frati, sotto bibliotecario
nell' Universitaria di Bologna.
jM ■ V. FINZl,
CS*. D« U gutdft de | EentimEDd. vj. Gnarda cbe nS c*ggi s
.fini..* La tua alna eu malsaiilre { Guarda. {T. il j — us. if. 7, Bfit,b2 — (>6),
Cl 6*. De pericoli cK Internëgono | à 1' hnomo elle dd gottrda | bene el
idao, et altri len-ItliiientL tI}. Cj'. 0 Frate guaida al uUo. i%>. a c. 7>;
Non ce »tare a domdie. (T. 115—1 19, M. 7—8, ^«i. 83— 84}.
Cj^. De r onBinciilo dUe | DoBc diBoso viij. O Femcne guardate.
ÄW. a C.8». De morte angnitiau. (7".i3— 26, JÍ9— 10, J^in.71— 73).
C. 8'. Condglki tf l' amico | a 1' altro amica che |. uc^ia tomaie í dio | .
b. O Frate mio briga de tomaie. Firn, a e. 9'. IM quel fuoco accBlnrata.
(JKiO— II, Bm-ii—Sit.
C. 9 1. Como Dio fadoce el | peccatof t pcsltesn. | s. ] Feoeator (U
t'bafidato. /^ a e. 9T, Cnd siandc KOnoueuM. (7'.4Sa— 454, jr.II— t3)i
C. 9*. De l' incma cStiita, | i l' oSeaa de IHo :d. Stgnore damae k
morte. Fin. a 1. 10 '. Et de te non gir cnrido. (71 471—473. M. 11, Jk«. 16).
C, 101. Como lanemB dnenl ta morta p el pecca Ito. zQ. I Slcome la molte
&ce. Fùt, a e. 10*. Hanenl colai pacato. [T. 446—449, M 13—14. Ant. 33}.
C IO*. Como r anima nitiosa, e, [ Infénui : et p Inme de U sntia ú &
paiadiao. iHj. !•' anima di', e, nltloaa. J%t. ««.III. Om la sita angtfi»
cata. {T. 139—133, M 14—15, ^"i. 39).
C. II '. Como li nltii deacendo | no da la tnjiUa x^ La aaperiiU de
TnltDra. JKti. a e. 13'. Et l'enienia ha redetato. (T. lao— 133, JC 15— 1(,
A«. 36—17).
C 13 ', Como l' anima letocna | al oaqm g andare al | lodttloi. zr. O
corpo ciifiawriato. .Mi. Hor che banen gudapiata ? (7:430— 433, JC16— 17,
BtH. 81—83).
C. il>'. Como l'appetito â laude | fa opeiare molte cose | scnia tratto.
ITI. Que fai anima piedataP Fin. a e. 13'. Et con dio icandalluta. (7*.
49S— 495. Ä 17— '8, Al». 14— IS).
C. 13'. De Frale Ranaldo [ qaale eia morto, xtìj. Frate Ranaldo dose
■ei adato? Fin. a e. 14^ Se fon del suo giudagtuto. (7! 70 — 73, M. 18 — 19).
C 141. De r homo che non satii f fece in uita sua de] | mal' acquistalo,
lii. Figli, nepoti et frati. R'n. Che prouarite che i5 li mei Eoai. (7'. 444
—445. M 19— W).
C.H'. Del scelerato peccatore | penitente, ix. O me lauo dolente.
Fi», a £. 14T. DoOa O gran nalore. (7*. 454— 456, ^.30—31).
C. 14'. De qoello che domanda | Perdonanza da poi la | Morte, ug.
O Christo pietoso. Fin. a e. 15". Esciti faore «1 cSdeDato. (7*. 416 — 430,
J/. 31-13, Ä«.7S— 7Í).
C. 15'. De la Dita del | Homo redatta | alla neccldez|za. xiij. Andite
□na en tentone. Fin. a e. 16». Che m' anddi si tardo. (7". 14— 18, Jf. 13— 14,
Btn. 74—75).
C. 16'. De la nittà de l'homo, ] uiij. Homo mettete i pensare. Fin.
Nella 6n leco portare. (7*. 2 1—33, Ji 14— 35, ¿m. iG).
C. i?'. Como la uita de l'homo | è penosa, uiiij. O aita penosa cos-
tinua battaglia. Fin. a e. iS r. Ch' en affrantnra n5 ria nostra andata. (T*. 8—13,
¿Í. 35— IS).
I CODia JACOPONICI LUCCHESI DESCRITTI ED ILLUSTRATI. 503
C,iZ^. De la contemplatíone | â la morte et incine- 1 ratione contra la |
•aperbia xzv. Qoando t'allegri homo de altura. Fin, Tu serai messo en
grande strettura. (71408 — 411, if. 28—30).
C. i8v. Como Christo se lamenta | tf l'homo peccatore, zxyj. Homo
de te me lamento. Fìitt. a e, ig^. Cha sempre me noi contrastare. (T, 377
—379» J^' 30—31» -^^«- 7—8).
C 19V. Como lanima domanda | aiuto contra la batta | glia deli sensi
corporali I zxTij. Amor diletto. Fin, De la tnstanza. (7*. 457 — 459, if. 31
—32, Ben. 18).
C. 20>'. De la impacientia che fa | tutti li beni perdere xzviij. Assai
me sforzo a guadagnare. Fin, Ch' apena posso perdonare. (7*. 45 — 46, JSf, 32
—33» ^^' i6)«
C, 20 ^ De la hipocnsia. xxix. Molto me so delongato. Fin. La noce
che sia allecerata. (7*. 46—48, M, 33 — 34, Ben, 13—14).
C, 20 V. De la iustitia et | falsità zxx. Solo eh' a Dio ne possa piacere.
Fin. Lo santo orare, che ne potea guarire. {T, 53 — 55, M, 34).
C. 20 V. Como la curiosa scientia | et la ambitione sofio de | struttiue de
la purità xxxj. Tal e qual e tale. Fin, a e, 21 r. Co fio de l'emperadore.
{T. 43—44» -W'. 35).
C. 21 r. Como e da guardarse | da lupi che uengono | sotto uesta de
pecora. | zzxij. O Anema fedel e. Fin. Non possa trauagliare. (71 96— 98,
-i^. 35—3^» -^^- 76—77).
C. 21 r. De l' amore falso | che offende | le uirtu | zzziij. Amore contra-
fatto. Fin, a e, 21'', Ensemor'ha à penare. (71 513 — 517, M, 36—37, Ben. 92).
C, 21 V. De la dria intra el | nero et falso amo | re et intra la scia
acqsita et infusa. | zxziiij. C. 22'. O Liberta gloriosa. Fin. a e, 22^. Tutte
suoi operate. {M, 37 — 38, T. 522 — 532, Ben. 92 — 93). A'". B, In queste edi^
noni com,: O liberta subiecta.
C22V. Esortatione à lanima | propria che considerai ta la sua nobi-
lita I non tardi la uia | à l' amor diuino | xxxv. O Ajiima mia creata gentile.
Fin, a e, 23 r. Che è si esmesurata en suo dominato. (T. 580 — 585, M, 38 — 40,
J9^. 90— 91).
C, 23 r. Como lanima uestita | de uirtu passa a | la gloria | zzzyj. Anima
che desideri. Fin. a e. 24 r. Nel fuoco à tormentare. {T, 144 — 148, M, 40—42).
C, 24 r. De la castità la quale | non basta à l' anima | senza l' altre |
uirtute I zuvij. O CastiUte fiore. Fin, a c,2^\ Et ette traditore. (T, 149
— 151, if. 42, Ben.7j),
C, 24 ▼. Como e difficile | passare per el | megio uir|tuo80 | zzzviij. O
meggio uirtuoso. Fin, a e, 25 ▼. En 'sto loco finare. (T. 140 — 144, M. 43 — 44,
Ben, 15—16).
(7.25V. Como la ulta | di Jesu e spec-|chio <I l'la-|nima | mix. O
uita de Jesu Christo. Fin. a c.26r, del dolce mio sire. (7*. 152 — 155,
if. 44 — 45, ^^ff. 91^2).
C. 26 r. Como li angioli diman | dano à XQO la cagione | de la sua
peregrinatione | nel mondo, xl. Cam. a e. 26 v. O Christo omnipotente. Fin,
a c,2jr. Et laino ce pò pedonare. (71391—394, if. 46— 47).
504 ▼. FINZI,
¿T. 27'. Como li angeli si mara-|nigHano de !m peregri- |iiAtioiie de
Christo nel | mondo, xli. O Christo omnipotente. /%pi. a c^y. On' hai
Christ* empiccato ? ( T. 395—398» Ai- 47—48).
C, 27 V. Como lanima prega | li angeli che l'inse-jgnino à tronar | Jesu
Xfo. xlij. Ensegnateme Jesu Christo. i^W. a c.2S^, Et morir teoo abbrK-
ciato. (T. 399—402, Af, 48—49, Ben. 5).
C. 28v. De la misericordia et | Jnstitìa, et como fa | l'homo repumto:|
Et parlano dinersi | xlii}. L' huomo fa creato nirtuoao. Mt, a «. 31 r. Che
ne perdoni le nostre peccata. {T, 82 — 96, JSf, 49 — 58, Ben, 29^33).
¿?. 31 r. De le petition! eh sofio | nel pater nostro zliiij. En sette modi
co' a me pare. Fin. a e, 31 ▼. Loco si sta camolata. (7*. 156 — 158, M. 58 — 59,
Ben. 25—26).
C. 31V. Como Dio appare ne lani|ma en cinque modi zly. 'En dnqae
modi appareme. Fm. a e. ^2^. En mirabel' unitate. (71 564 — 567, Mi 60,
Ben. 96—98).
C. 32 r. Como lanima p fede | alene ale cose inai- 1 sibile. xlyj. Con gli
occhi eh' haggio nel capo. Fin. a e. 32 ▼. Ch' io ami la tna redetata. (7133a
—335, Ai. 60—62).
N. B. Mancano le ec. 33 — 40.
C, 41 '. Troppo so de ail coraggio. Fin. a e. 41 v. En spirito de libér-
tate. (Onne si vede, per la accennata lacuna, è un frammento di una laude
che com.: O amor de pouertate (T. 172 — 181, if. 77 — 78): mancano pertanto
le prune otto strofe.)
C 41 V. De san Francesco et | de sette apparitione | de croce à lai et
<I I Ini fatte. Iz. O Francesco ponero. Fin, a f . 42 r. Al fonte ennamorata
(71342—346, i£78— 80, ^^.60—61).
C. 42 V. De san Francesco | e delle battaglie | di nemico contra | loj. Ixj.
O Francesco da Dio amato. Fin, a e. 43 v. Et d' onne ben sira ditato.
(3^.355— 359i 3/: 80— 82, ^^«.99—100).
C, 43 V. Epla consolatoria à Frate | Joanni da Fermo ditto | da la ucma
p la stantia | doue anco si riposa : trans- 1 ferita en uolgare la parte | letterale,
quale è prosa Ixij. A fra Janne da la uema. Fin, a e. 44 ^ Non se scusan
tal derrate. (7*. 18 1— 183, Ai, 82—83, ^^' lOO)-
C, 44 r. Cantico d la natiuita | d Jesu Christo. Ixiij. O Nuovo canto.
Fin, a <:. 44V. Che '1 core ha bramato. (7*. 268 — 270, ^.83 — 84, Ben, 6 — 7).
C. 44 V. Cantico secondo d la | Natiuita de Christo | Ixiiij. Ad V amor
eh* e uenuto. Fin, a <:. 47^. Non gusta p sapore. (7'. 771 — 780, Af . 84 — 89).
C. 47 V. Pianto eh fa la I nima p la occul | tatione d la gra | tia Ixv.
Hor chi hauera cordoglio. Fin, a e, 48«". Che me se si encarato? (T, 780—783,
3/. 89— 91, Ben, 17).
C, 48 r. Como lanima se la | menta d lamore di | nino partito. Ixvj.
Amor diletto amore. Fin, a r. 49«". De lo legale amore. (7*. 783 — 788, Ai, gì
— 93, Ben, 18 — 20).
C, 49 r. Como r anima piange | la partita di suo amore | . Ixvij. Piangi
dolente anima predata. Fin. a e, 49 v. Da eh' ho pduto lo mio redétore.
(T; 789— 791, M.9S, Ben. ij-'iS).
I coDia jACOPONia lucchesi descritti ed illustrati. 505
e. 49 V. Arbore tf hierarchia | »mile à 1' Sgelica, fó | data sopra la fede,
spe I ranza et caritate | Ixviij. Fede, spene et caritate. Fin, a r. 5 1 r. Che te
possiam sequitare. (7*. 206 — 209, M» 93 — 96).
C. 51'. De le quatto nirtu | Cardinale. Ixix. Alte quattro uirtute. Fin,
d <:. 51V. L* a' uè lamor beato. {T, 184—188, J/. 96— 97, Ben. io — 11).
C. 52 r. Como Christo se reposa | ne 1' anima ornata | de uirtu corno
spo I so c9 la sposa | Ixx. Homo che uol parlare. Fin, d f. 52V. Farla grande
fracasso. (T. 667 — 672, ü/. 97 — 98, Ben,^ — io).
C 52^. Como el nero amo | re del prossimo | in pochi se troua. | Ixxi.
Vorrìa trouar chi ama. Fin, Che solo nero ama. (7*. 538 — 539, M, 98).
C, 52 V. Del gran prezzo dato | p uil derrata, cioè | Christo p l'homo. |
Ixxij. O derrata guarda al prezo. Fin, a r. 53 '. Quel che sente en qllo
stare. (7*. 792 — 795, M. 98—99, Ben, 85 — 86).
6". 53^. La bontà diuina | se lamenta de l'af- | fetto creato. Ixxiij. La
boutade se lamenta. Fin, a r. S4<^. D'onde uita possan trare. (7^. 188 — 195,
il£99— lOl, Ben, 22 — 23).
C, 54 r. De la diuersita de | cotemplatíone di | Croce. Ixxiiij. Fuggo la
croce eh me deuora. Fin, a e, 54 v. Che la Tortura no faccia allentare. {T, 597
— 599» -^ lOi — 102, Ben, 24 — 25).
C. 54 ▼. Del iubilo del core che | esce in noce. Izxv. O Jubilo del core.
Fin, Non se sente de fuore. (7". 618 — 620, M. 102, Ben, 21),
C. 54V. De V amor muto Izxyj. O Amore muto. Fin, a r. 55^. De lei
et di suo tributo. {T, S3S--537» ^' 102, Ben, io).
C 55 r. De l' amor nero et discftion falsa | Izxvij. L' amor Io cor si uol
regnare. Fin, a f. 5$^. La notte tu no poi mucciare. (7^.545 — $50, Ài, 103,
Ben. 21 — 22) — {NeW editfi, Benaüo „lo cor si uol pigliare").
C. 55^. De la bontà diuina | et uolota efata | Ixxviij. La bontate en-
finita. Fin, a e, 56 r. Lassandote otiato. (T, 540 — 545, M, 103— 104, Ben, 21).
61 56 r. De 1' amor diuino | distinto in tre stati. | Ixxix. Sapete uoi
nouelle di' amore. Fin, a cSJ', Che ne salulno. Amen. (7! 517 — 522,
Ai. 104 — 106, Ben, 20 — 21).
C 57 r. De l' amor diuino | et sua laude. Ixxx. O amor diuino amore.
Fin, a c,$yy. Tro várese affogato. (T. 799— 805, ü/. 106— 1 07, Ben,S7 — 88).
C, 58 r. Como lanima troua Dio | in tutte le creature p | mezo de sensi |
Ixzxj. O Amor diuino amore. Fin, Per uolerme sanare. (7*. 805 — 807, M. 108,
Ben. 23).
C, 58 r. De l' amor tf Christo | en croce, et como | 1' anima desidera | d
morir con luj. | Ixxzij. O dolce amore. Fin, a r. 58^. De gire empazatò
d'amore. (7:814 — 816, J/. 108— 109, Ä«. 23— 24).
C. 58V. Como e soma sapientia | essere reputato pazo p | T amor de
Christo I Ixxziij. Senno me pare et cortesia. Fin, A 'mparar altra mastria.
(^. 795—798, M 109, Ben. 64).
C, 59 >*. Como si deue amar | Christo liberalmète | corno esso amo noi |
Ixxxiiij. Amor che m'ami. Fin. a f. 59^. Semper in idem stato. (T. 818
— 822, 3f. 109 — no. Ben. S6 — 87).
C, 59 V. Como l' anima dima | da pdonanza de 1' of- | fensione et gusto |
d' amore. Izxzv. Amor dolce senza pare. Fin, a c.6o'. Non me fior tanto
aspettare. (7*. 822 — 824, Ài, no— in).
506 V« FlNZIi
¿r. 60 r. De 1' amor diaino la | nisnim del quale e | incognita hnv].
Amor che ami tanto. Fin, a c, óo^. Nell' amore tranalormato. (7*. 987-^998,
if. II, An. 77— 78).
C, 60 ▼. Como in V homo pfettb | sono figurate le tre | hiérarchie con H |
noni chori <I an | gèli Izzxyij, U homo cK pno la ma l^goa domar. Fim^ «
C.61V. Campene noi la Yergene Ilaria. AnT. (71 659 — 667, Jf. 112 — 116,
Ben, Il — 12).
C, 61 V. Arbore de l' amore dinino. | bouviij. Un' arbor* e da Dio plan-
Uto. Fin. a C.62''. Serai en perfetto stato. (7*. 586 — 596, JV. 116 — 117,
Ben. 80 — 81).
C, 62^. Como l' anima se lamenta | con Dio de la carita su | perardente
in lei infusa | Ixudx. Amor de caritate. Fin. a tf. 64 '. Abissa me en amore.
(7.826 — 840, if. 117— 122, J9!ra. 44— 46).
C. 64 r. Como l' anima p santa | mchilìta et carita puiene | à stato in-
cognito et indi I cibile, zc. Sopr* onne lengua amore. Fin, a e. 66^. Dd
nostro póuer core. (7. 967 — 968, M, 122 — 127, Ben,^^ — ^50).
C, 66 ▼. Como per la ferma fede | et speranaa se per | nene à triplice
sta I to de nichilita | . zcL {Qmßnisce il ms, È la laude che cam. La lede
et la speranaa, e Jin, Non voi pensar peccato ne operare. É la 92 >^ deW edtL,
Mfdio, a ce, 127 — 129).
MB. 1486.1
IC 104V] Proverbi di fra Giacopone da Todi
Chi vuol cor sicuro parli la veritate
Chi yuol essere amato mostri stabilitate
Se vogli ch'io ti creda di sempre veritate*
Che molto vero è in dubbio per poca ûdsitate.
Se vuoi salire 'n gloria aggi umiliate
E da peccare guardati se vogli securitate'
Sia buono e non dicere parole avvelenate
E non aver con femina molta iamiliaritate.
In ogni cosa al prossimo ti mostra mansueto
Se odi dime male non te ne far lieto
Questo dell' avversario fa V uomo indiscreto
Da nimistade guardati se vogli star quieto.
Soccorri all' avversario se '1 truovi in ripresa
Se ti domanda venia perdonagli 1' offesa
Che bene chi la vendica dal Ciel vien la difesa
Della Misericordia sempre fa larga spesa.
Procura buon compagno se dei far lunga via
' A proposito del predetto componimento cosi mi scriveva il eh. proC
Annibale Tenneroni: ,,In veruno dei moltissimi codici umbri, toscani, abruuesi
da me esaminati ho trovato ascritto a Jacopone il ritmo " Chi vuol cor àcoro
parli la veritate"; né certo è alle stampe sotto il suo nome." Siccome inedito
io dunque lo pubblico (senza alterarne l' ortografia, e solo emendando g^
errori evidenti del trascrittore, che riporto nelle note a pie di pagina) poiché
le mie ricerche in proposito riuscirono infruttuose. Né sotto altro nome com-
pare nelle numerose raccolte a stampa da me studiate,
* Il ms. verità, • n ms, securilare.
I coDia jACOPONia lucchesi descritti ed illustrati. 507
Sia dolce, e amabile alla sua compagnia
Comportalo onoralo, che è gran cortesia
E di lui mal non dire che è gran villania.
Del ben che t' è in dubbio non far grandi le spese:
Al povero, e afflitto fa risposta cortese
[e, 105 r] Al mondo conformati come truovi paese
Fiorentino in Fiorenza in Genova Genovese.
Non affliggere i sudditi se ai signorìa
Mostrati amorevole sempre 'n te questo sia
Ogni mal tí dispiaccia vanne per questa via
Non lievemente credere che ti menan follia.
Quando puoi essere umile non ti mostrar forte
Non romper lo muro se aperte son le porte.
Che Dio dite voglia non domandar per sorte
Che gran fìlosafì non sepon la lor morte.
Pensati se se' suddito non tí dimenticare
Giudica sempre te, altri non giudicare
Non offendere il prossimo se vuoi vita campare.
Se odi dime male deh^ noUo reportare.
Non tí levare in gloria per molto laudamento
Perchè 1' umana laude è piena di van vento
Quel che tí piace dicoti non quel eh' i' sento
Perdo s' inganna 1' uomo per dolce parlamento
M0IÜ uomini son laudati Dio sa quel che sono.
Ma. 1498.
(7. 229r. Lauda della santa stultítia. C. 229^. Mosso da santa pazzia.
{/n mar¿^ine: Questa lauda è | del B. Jacopone | stampata.) Fin, a e, 231 ▼.
Che ciascun a te dia Laude | £ a tua madre Maria | Deo Gratias. (T, 500 — 504,
Ben, 2 — 3).
Ma. 1496.
C. 219 r. Laude di Fra Jacopone. Com, Poiché se' fatto Frate, caro
amico. Fin. a e, 222 v. Per gratia ci conduca alla sua corte | gloriosa.
(B. 77—79).
C, 279 r. Laude del Giudicio, | usasi di dire alle Compagnie. Fece fra
Giacopone. | in d. Cod. a 91 {cioè nel cod. Venturi'], Com, Ecco il nostro
Signore. Fin, a e. 280 v. Trarranno pianti e strida di dolore. (G, 27, Bo„ 24.
In quesf ultima edisUme è attribuita al Bianco gesuato),
A e. 169^ dello stesso codice leggesi (attribuito nell'indice a incerto):
Incomincia il Contrasto | del Vivo e del Morto, | Il quale si è p nostro
assemplo, considerando | quello, che noi siamo in questo mondo, e 'n vita
brieve. — | fatto dal Cod. Venturi a 56. Com, a e, i69r. Quando t' allegri,
o uomo d'altura. Fin, a e, 171'. Con noi stia sempre in nostra compagnia,
{ß. 76-77).
1 n ms. <^.
V. FINZI,
^W
Tavola alfabetica delle
^^^
1. Ad l'amor cV e venuto
2. A ili Janne da la verna
3. Alte qnaltro vii tuie
4. Amor che ami lauto
5. Amor che m' aioi
6. Amore conlrafacto
7. Amor dp caritate
S. Amor díleno | De la trìslaoia
9. Amor diletto amore | De lo legale amon
10. Amor dolce senza pare
11. Amma che desideri
13. Aadllc una ententonc | Che m' «nidi ri tax
14. Andìte niw 'ntenione | En cto loco laanre
15. Chi TDol cor dcnro parli la veritate
16. Cinque tenii meuan pegao
17. Con gH occU eh' hagglo nel capo
18. Ecco 0 noatto rifiune
19. En dnqne modi appareme
30. Eniecnateme Jetn Cbriato
11. En Mtte modi co' a me pare
22. Fede, ipene et caritate
33. FìkU, Depod et fiati,
14. Frate Ranaldo dare id andato?
35, Fuggo la croce che me devota
36. Guarda che noa caggl amico
17. Homo che voi parlate
38. Homo de te me lamento
39. Homo mettete a pensare
30. Hor chi havera cordoglio
31. L' amor lo cor ti voi regnare
33. V anima eh' è vitiou
33. La bontate eniinita
34. La boutade m lamenta
35. La fede et la sperani»
36. La saperbia de l' altura
37. L' hnomo che pai la sna lengua domare
38. U hnomo fu creato virtuoso
39. Molto me lon delongato
40. MoMo da unta pania
41. O alta penitentia
41. O amor de povertate
43. O amor divino amore | Per volerme sanare
44. O amor divino amore | Trovarese affogato
45. O amore muto
46. O anima fedele
47. O anima mìa creata gentile
I CODia JACOPONia LUCCH&SI descritti SD ILLUSTRATI. 509
^8. O castitate fiore
^9. O Christo omnipotente | Et V alno ce pò pedonare
;o. O Christo omnipotente | Ov' hai Christ' empiccato?
,1. O Christo pietoso
\2. O corpo enfiracedato
;3. O derrata guarda al prezo
;4. O dolce amore
;5. O Femene guardate
;6. O Francesco da dio amato
17. O Francesco povero
;8. O Frate guarda al viso
;9. O Frate mio briga de tornare
60. O jubilo del core
61. O liberta gloriosa (subiecta)
62. O me lasso dolente
63. O meggio virtuoso
64. O nuovo canto
65. O Regina cortese
66. O Vergen più che femena
67. O vita de Jesu Christo
68. O vita penosa continua battaglia
69. Peccator chi t' ha fidato
70. Piangi dolente anima predata
71. Poiché se' fatto frate, caro amico | alla sua corte gloriosa
72. Quando t' allegri, o uomo d' altura | Con noi stia sempre in nostra
compagnia.
73. Quando t' allegri homo de altura | Tu serai messo en grande strettura.
74. Que fai anima predata?
75. Sapete voi novelle de 1' amore
76. Senno me pare et cortesia
77. Sicome la. morte face.
78. Çignore damme la morte
79. Solo eh' a Dio ne possa piacere
80. Sopra onne lengua amore
81. Tal e qual e tal e
82. Un' arbor' e da Dio piantato
83. Vorria trovar chi ama.
Vittorio Fmzi.
VERMISCHTES.
L Zur Dlálekikuide.
Sur le dialecte de rjBulali^.
On a hésité jusqu'à maintenant pour savoir s'il iallait faire de
VEuIalte un texte wallon ou un texte picard. VL Sadtàet (dans
cette revue, II, 300) ne se prononce pas et &it valoir la difificolti
qu'il y a d'admettre déjà à une aussi haute époque une 8^)aratkm
entre les dialectes. Il reconnaît toutefois un caractère wallon anx
phénomènes / + i>m' et o-\'i>oi de ranäet^ lei^ cmst^ mais 3
dit que c et es devant e^ t (celle^ cMOf etc.; auxquds il fimt ajouter
ic de manaiee) peuvent se lire également is on tí. ÌJL Koscfawiti
dit qu'on peut assigner la séquence »,mit ziemlicher Sidieifaeit" â
la région où a été trouvé le ms. (c'est-à-dire aux environs de
St Ámand, d'où provient le ms, maintenant à Valenciennes). Ce
serait un texte picard plus ou moins francisé par la main des
moines de St. Âmand. Diez, G. Paris et Lucking, ajoute-t-il, auraient
donc atteint la vérité (p. 89). Mais conmie le lui fait remarqaer
M. Paris dans la Romama (KV, 445), son explication de raïuieU
coist par l'influence de formes faibles {cotsant^ nèier) ne tient pas,
puisqu'on a ieù II résulte pourtant du compte rendu que M. Paris
a fait du Commentar {Romania, XV, 445 ss.) que lui aussi aoit
avoir à faire à un texte picard. Il donne à r 4~ ^ l^ valeur de k
et k c + e^ i celle de /x, en admettant que le picard t¡ a été pré-
cédé d'une étape is^ Mais alors M. Paris admet donc des formes
picardes raneitt, lei, coist Dans la suite de l'article, il n'en est pins
question; visiblement gênantes, elles sont adroitement négligées.
Je ne crois pas qu'il faille hésiter un seul instant à faire de
la plus ancienne poésie française un texte wallon. Voici quels sont
mes arguments:
i^ Le plus-que-parfait latin (auret non avret conmie écrit
M. Koschwitz, voldrent qui peut bien être aussi voluerunt, pourei,
' phénomènes, dit-il, qui n'ont pas encore été trouvés en picard (Kosch-
witz, Commentar zu den alt, fran%, SpnuhdenknuUern, p. SS).
* p. 446: ,,Poar moi, je pense de plus en plus que le picard a commencé
par dire ts tout comme le français et que tch est un développement postérieur,"
p. MARCHOT, SUR LB DIALECTE DE L'EULAUE. 5 1 1
furet, voldrett raverei) qu'on croit ne plus être vivant nulle part
dans le domaine roman au sens du parfait (voy. la Gramm, de
Meyer-Lûbke, II, § 309) est encore courant en wallon pour avoir
et ¿ire: ôrt% ouriU turii = habuerat; furit, fourù = fü(e)iat
Les versions wallonnes de la Parabole de V enfant prodigue en ofifrent
de nombreux exemples (Hot ton, Neufchâteau, Limerlé près Houf-
falize, Ouffet, Huy, Stavelot, Liège, Montegnée les Liège). A Neuf-
château, j'ai même relevé vôri = voluerat (Versions walL de la
Parabole, Liège, 1870, p. ii2, verset 28). Voy. du reste Delaite,
Essai de gramm, wall,, I, pp. 27 et 29, où sont donnés les para-
digmes complets pour ces parfaits dì avoir et être. Le pays de Liège
a encore dèri = dixeram, -as, etc. UEulalie a aussi les formes
dérivées du parfait latin, mais le wall, moderne continue à les
posséder également. L'abondance des plus-que-parfaits dans VEulalie
qui constituent presque la règle, parfaits qui n'existent qu'à l'état
d'exception dans VAlexis et la Passion (fréquents aussi dans le
Léger), est un indice qui reporte au territoire wallon.^
2® L'a initial de raneiet, manatee, sans être caractéristique du
wallon, concorde avec ce qu'on trouve chez celui-ci. Le lieg, mo-
derne a mancî\ Jacques de Hemricourt (XIV® siècle), manechiet, ma^
nacht (Doutrepont, Et, linguist, sur J,deHemr,, p. 42); le Poème moral^
manace iiß*^, 364*. Correspondant à re- latin, on a ordinairement
m-: à St Hubert, rafwadi, radrpsp, rasprsf (re -*sar tiare), rawayp
(réveiller), rapvoazf (d'après ma Phonol, d^ un pat. walL^ § 127); dans
la Geste de Liège, rafrongnu refrogné, se ramuchier se cacher, ra-
prochier reprocher en justice, rasongne = resongne crainte, raverdir
(Scheler, Gloss, philoL de la G, de Z.); dans le Poème moral (p. 84),
ramembrance, racordeir, radrecier, raturner. Le passage de e initial
à a est du reste un phénomène familier au wallon, voy. les chartes
Romania, XVII, p. 23; Doutrepont, Et. linguist,, pp. 38 et 42; Poème
moral, p. 84 ; ma Phonologie, § 1 2^.
30 6b2>/<coxit n'existe plus en wall, mod., mais le traitement
de coxa > coisse dans les Dialogues Grégoire (ap. Poème mor., p. 40),
mod. coche ou cohe, montre bien que nous avons affaire à un trait
wallon. Tel est aussi le caractère de raneiet et de lei,^
^ Je n'ignore pas qne jusqu'ici on a expliqué ces formes du wall. mod.
en partant des 3. pi. orent = habuerunt, furent = fuerunt, disrent =
dixerunt, qui auraient envahi d'abord tout le pluriel, ensuite tout le sing.
(Stûrzinger, Remarks on the conjugation of the Wallonian dialect), Mais
c'^est une explication que je ne saurais admettre, parce qu'elle ne peut s'ap-
pliquer à disrent. Celui-ci en a. wall, est devenu disent, en vertu de la même
loi qui a àonnè fisent, prisent, misent', il s*agit là d'une chute de IV abso-
lument normale. En partant du plus-que-parfait latin an contraire, la con-
servation de IV à toutes les personnes de dixeram, -as, etc., s'explique très
bien par l'influence des i. et 2. pi. dixeramus, dixeratis. J'avoue qu'une
objection, qui n'est pas péremptoire d'ailleurs, est qu'on ne trouve plus le
plus-que-parfaît lat. dans les textes wallons après VEulalie; mais ces textes
sont profondément contaminés par l'influence littéraire,
' Je puis aiHrmer, après enquête, que, en ce qui concerne li, il com-
mence juste à la frontière picarde, à la hauteur de Thuin. Coche =a co 1,%
r
k
512 VERMISCHTES. I. ZUR UlALEKTKUNDE.
," A propos d'unt spedi, je remarque que l'absence de pro»-
devant j impure est un caractère distinctif du dialecte wallon.
Ce phénomène est si connu et si général que je suis dispensé de
donner des exemples appuyés par des renvois: tous les anciens
textes wallons sans exception l'accusent (voy. Doutrepont, El. ting.,
p. 89) et tous les patois modernes l'ont conservé. Le dialecte picard
au contraire a toujours la prosth^se.
5" Seule reflète un traitement régulier en wallon de -ecul-,
avant toutefois que \t n'ait subi la diphtongaison (comp, du reste
indz)-. regula, legula par une étape ieu deviennent en a. wall.
riule. Utile dont nous offrent des exemples les Dialoguts du papt
Grégoire (ap. Doutrepont, op. cil., p. 80), mod. rtìle et iûU. Le main-
tien de la pénultième atone u dans -ecul-, -egul- est une carac-
téristique du dialecte wallon.'
6" Pour oram. je vais le discuter en note et j'espère arriver á
montrer que c'est un ancêtre fort vénérable de la terminaison
wallonne-lorraine -à de la i. pi. ind. pr.*
diborde dans le domaine picard et est connu dans le nord du Hainaul; U
figure i la ríme dans Gilles U Muisis (voy, au Gloís.) Le wall, seul possède
¡ei à càlk de caisse.
' C'est ce procès qu'admet M. Cloetla dons le Poime maral, pp. 71 — 3,
pour le seule de VEulalie et les formes retile, leule: la chute ï une haute
¿poque de o, g inlervocal (il rappelle le leularum des Gt. de Reichcnau) «1 le
maintien d'u péoallième. D'autres ont consideré Cet u comme g'étaat d^agé
de la gullutalc. On pouriaït encore y voir un u ameni par l'hialus: saectilu,
sae-u-ulu, seulu. Seule en tout cas n'est pas essentiellement populaire,
comme le prouve \'e final (orìgine cléricale), et il peut en t\xe ain« de mie
(la règle), peut-être de teule i la rigueur. Quoi qu'il en soit, il reste que ce
sont là des ronues qu'on retiouve dans le wallon postérieur,
» Dans sn Gram, des langues rom., Xt. fr.. Il, p. 195, M, Meyer-Lñbk«
dit: „Une place spéciale rcïieot i la région orientale qui s'étend depnis le
Ballon d'Alsace jusqu'i la Trontière allemande de l'Est et du Nord, et &
l'Ouest jusqu'au deli de Naniur, mais cite n'englobe pas Douai, Nivelles ni
ChSlelineau ; dons celle région, la tinale est S (et non -S), qui n'esl pas le
correspondant phonétique du franc. S, mais plutôt le représentant d'un f en-
travé. La transformation parallèle de minus en mS dans ce domaine y atteste
donc encore une fois la présence du type -emus." Cette explication de U
I. pi. ind. en -a du wall.-iorr. ne peut se soutenir. Le développement de
minus eu wall, est comme dans l'Est moins devenu ì l'époque actuelle mon
et man tout ä fait exceptionnellement d'une manure sporadique, la où les en
passent soit en totalité soit en partie à an. Quant ä -emus, traité comme
s'il »vait un e entravé, il aurait tout bonnement donné -l, jamais -a. Ced
est de la phonilique wallonne élémentaire; en ne se résout jamais en S
Auiii M. Meyer-Lübke a-i-it retiré son explication aux AJJiiioni et car-
rections(p.7lb): „Selon J. Slurîinger, Zs., XVI, 51 1, le lon-.-wall. -ä mUcr-
merait l'-indenne désinence du parfait, opinion que A. Horning, 2s„ XVII, 316,
réfute avec des arguments convaincants" (c'était Ü une idée bizarre, en vérité);
„en même temps, U repousse l'eiptication donnée ici, sans avoir lai-mtme
d'interprétation & proposer. Non liquet." M. Meyer-Lûbke est ineiacl quand
il dit que M. Homing n'a pas proposé d'interprélalion. Le philologue de
Strasbourg a proposé ï l'endroit dté deui explications, et c'est la première
qu'il regarde iui-cDême comme la plus vraiscmbbble: On pourrait pour un
■ubsttatum de •3, dit-lt, penser i la finale souvent attestée -ammus, dont
p. marChot, sur le dialecte de l*eülaue. 513
7<* ttuuisset qu'il faut lire awisset est une forme normale de
Ta. wall, répondant à habuisset: dans le Poème mor. awtst 2 fois,
awùseni (p. 114); dans les chartes autsi-isseni, owisi'isseni^ etvissent
{Rom,^ XVII, 568 et XIX, 84); dans J. de Hemr. awiesiy awist, sa^
wùsetii = sapuissent, awymes (Doutrepont, pp. 30 et 80).* C'est
une forme inconnue au picard.
8^ Dans souue^ qu'il faut lire souve (Koschwitz, p. 60), on a
un V servant à boucher l'hiatus; le wallon se sert pour cela in-
distinctement, de V et de w^ plus souvent de w (Doutrepont, p. 57)^:
awoveiSy saltiveii, voveiL
A la présente thèse on pourra faire certaines objections. Com-
ment expliquer cose kose qui semble avoir la gutturale (non la chuin-
tante), volaren/ 2 fois voldrei sostendreiet (avec le d intercalaire), la
pronom et article au lieu de /nf, sa au lieu de sel Pour kose^ je
répondrai qu'on pourrait le lire ¡Cose comme on lit k^arlot cadhuna^
c'osa^ k^arUf k^arlo, ¡Carlus dans les Serments? Pour l'insertion du d
dans voldrentt etc., on n'a pu l'expliquer jusqu'ici que par une in-
fluence centrale (il serait hasardé de dire littéraire à une époque
aussi reculée)* et elle fait difficulté également, qu'on assigne la
séquence au picard ou au wallon. M. Suchier dans Aticassin pense
qu'il ne faut pas lui attribuer une importance exagérée (ap. Kosch-
witz, Comm., p. 88). Enfin, en ce qui concerne l'objection de /a,
sa, elle est toute spécieuse II ne manque pas encore à l'heure
actuelle de patois wallons dans le Sud qui disent la et non le
(dans les environs de Saint-Hubert, par exemple, j'en connais bon
nombre). Le Jonas qui est incontestablement un texte wallon a
la et non le. Enfin, c'est une constatation qui a déjà été faite, à
mesure qu'on se rapproche du XV* siècle, le au lieu de la au cas
Paris dit qu'„on sera porté à penser qu'elle représentait une prononciation
réelle." Puis, comme argument, M. Horning rapelle Voram de VEulaliet où
il s'agit d'un a entravé, puisqu'on a à côté tnaent. De cet -a mm us, ajoute-
t-il, on n'a pas encore tenté d'explication. L'explication de M. Horning me
paraît parfaitement exacte et je m'y rallie complètement.
1 La transformation de habuisset '^ awist est conforme aux lois de la
phonétique wallonne, au en hiatus donnant aw: awe auca, trawer traugare.
Ce n'est pas le lieu de discuter ici Ve de awisset qu'on retrouve dans degneP,
raneitt, perdesse (celui-ci sans / comme arde)» mais non dans amast ni laist.
Je renvoie pour cette question au Commentar, p. 58. On serait tenté d'y voir
im simple phénomène orthographique provenant d'un scribe latiniste.
' On sait que les Wallons introduisent ce phénomène de leur dialecte
dans le français qu'ils parlent: ils prononcent /i/z&^r, cruwauté. Naturellement
les très anciens mss. ont uu et u qui égalent phonét. w {auardevet dans le
yonas); w ti v sont des interprétations, peut-être abusives, d'éditeurs.
' Mais il vaut peut-être mieux y voir (comparez eskoitet) la gutturale;
alors, je localiserais VEulatie sur les connus extrêmes du domaine wallon
près de la frontière picarde, peut-être à l'abbaye de Lobbcs près Thuin.
Par exemple, si l'on veut examiner la carte linguistique du pays de Thuin -
Charleroi (de J. Simon dans les Mélanges wallons)^ on verra qu'il y a là, à
cette frontière, des régions qui présentent à des degrés divers et selon des
combinaisons variées le mélange des traits considérés comme spécifiques du
wallon et du picard.
* Le Jonas a également distrent au lieu de disrent, disent,
ZdtKhr. t rom. PhiL XX 32
514 VERMISCHTßS. II. ZUR LAUTGESCHICHTR.
régime devient plus abondant dans le pa}'S de Liège {Romania^
XVI, I2i). Il se peut bien qu'au IX^ siècle le wallon n'ait encore
connu que la. Du reste, on pourrait voir aussi dans ¡a un trait
central^ comme pour volaren/,^
En résumé, les caractères exposés sous 3®, 4®, 7<> récusent la
Picardie; l'ensemble indique la Wallonie.
Paul Marcuot.
II. Zur Lautgeschichte.
X. Zur romanischen Vokaldehnung in betonter freier Silbe.
1. Lat. vinum ergiebt got. wetrit ahd. win, ae. wtn\ volkslat
strata, ahd. strùgga, ae. strœt. Aus lat. pälus wird ahd. p/äl, ae. päl,
aus lat. mdrum — ahd. mür{'beri) u. s. f. — Lateinische lange Vo-
kale werden im Germanischen durch lange wiedergegeben, wenn
der Accent in beiden Sprachen derselbe ist
2. Lat. /ira (Plur. von pirum) ergiebt ahd. //ra, òira, ae. p^ru;
lat. piper ahd. pfiff ar^ ae. pipor\ lat picem ahd. ^pf'ih, mhd. pflch,
ahd. /?Ä, ae. pic. Aus lat rigula (für regula) wird ahd. rigula,
ae. rigol', aus lat bütyrnii ahd. bütra, ae. büire, aus mlat mönüus
(für mdnachus) ahd. münich, ae. münuc u. s. f. Lateinische kurze Vo-
kale werden im Germanischen durch kurze wiedergegeben, wenn
der Accent in beiden Sprachen derselbe ist
3. Lat. orifvü ergiebt im Ahd. òrta/, flhris — fiehar^ ag^fe/or,
Petrus — Pittar, speculum — spiagai, mlat. cerìsia — alem. chriesi.
Aus lat schöla wird im Ahd. scuola, ags. scoi, aus crdcum — chruogo,
aus dömus — duom, aus mlat. alimosina ahd. alamuosan. Den ahd.
Diphthongen ea^ oa — ìW, un — ?V, uo liegen die langen Vokale ì
und ¿»2 zu Grunde. Es entspricht also in den Wörtern dieser
Klasse, bei gleichem Accent im Lat. und Genn., den lateinischen
kurzen Vokalen im Germ, ein langer Vokal.
Es ist nun früher allgemein angenommen worden, dafs diese
Längung auf ahd. Boden, oder wenn man Wörter wie ae. fefor
und sedi heranzieht, auf germ. Boden sich vollzogen habe. Diese
Ansicht läfst sich als vollkommen unhaltbar erweisen. Dem Ahd.
wie dem Ae. standen e und ö, auch in freier Silbe, in reichem
Mafse zu Gebote: vergi, ahd. degan Krieger, gëba Gabe, nëmaH\
hdto Bote, kdron versuchen u. s. f.; ae. stilan, heran, sprican\ hdda,
hdren (getragen). Wenn man sich vergegenwärtigt, mit welcher
überraschenden Genauigkeit sonst bei Lehnwörtern die Laute der
abgebenden Sprache nach Quantität und Qualität wiedergegeben
werden, so ist klar, dafs lat-rom. ? und ¿J, wenn es noch erhalten
* La forme la fait bien plus difficulté pour le picard que pour le wallon.
Lo getterent ne peut pas être interprété comme égalant U getterent, le fera.
= ill am et non illum; or a posttonique est toujours écrit e» C'est une
faute pour la getterent (Koschwitz, p. 83).
* Und zwar, wie ich als gesichert annehme, 2 und p, nicht ? und ö,
wie vielfach angenommen wird. Vergi. Zs. f. d. A. 40,*^ S. I ff. und S. 254 ff.
MACKEL, ROM. VOKALDEUNUNG IN BETONTER FRBIER SILBE. 515
war, in germ. ? und ö seine naturgemäfsen Vertreter gefunden
hätte. Wirklich wird auch lat rigula^y das ich in der Bedeutung
„Richtscheit" mit Pogatscher §44 frühzeitig entlehnt sein lasse, im
Ahd. zu régula (mhd. regele). Ganz unmöglich ist aber die An-
nahme, dafs die betreffenden Lehnwörter im Germ, zunächst auch
Ì und d gehabt hätten, dafs diese ? und d aber auf germ. Boden
nicht lange nach der Aufnahme gelängt worden wären. Lautgesetze
wirken allgemein, und nicht biofs auf einzelne Wörter. Es hätten
zu gleicher Zeit auch in rein germ. Wörtern alle betonten ë und d
in freier Silbe gelängt werden müssen. Nun wissen wir aber, dafs
man noch in mhd. Zeit säge, libe, lige, bdte, stübe sprach. Die
Dehnung dieser und ähnlicher Vokale vollzog sich erst im Spätmhd.
(Behaghel, Pauls Gr. 1 S. 558 f.). Ja, in einem grofsen (dem süd-
lichen) Teile des Alemannischen ist noch jetzt die alte Kürze in
der offenen Silbe bewahrt. Durch das Alemannische hindurch aber
sind uns wohl sicher ein Teil dieser lat-rom. Lehnwörter , über-
kommen. Und auch auf englischem Boden werden die alten ¿f, ?, ¿J
in freier Silbe erst in m e. Zeit gedehnt. Um 1 200 bestanden noch
die alten Kürzen (Kluge, Pauls Gr. I, 867). Es ist also gar kein
Zweifel : In den unter 3 aufgezählten Lehnwörtern waren lat. ? und ¿i
schon auf romanischem Boden zu Ç und ^ gedehnt gewesen und
wurden nun regelrecht durch germ. Ç und ^ (ahd. ia und uo)
wiedergegeben. Diese Wörter sind also erst entlehnt worden, nach-
dem die lateinischen kurzen betonten Vokale in freier Silbe schon
Dehnung erfahren hatten.
Diesen Sachverhalt hat z. T. zuerst Franz erkannt in seinem
Werke über die lat.-rom. Elemente im Ahd. (S. 56 f.). Franz aber
bleibt auf halbem Wege stehen. Er sieht wohl noch, dafs auch
ursprünglich unbetonte Kürzen, welche im Deutschen hochtonig
werden, ihre (kurze) Quantität bewahren (z. B. scütella — scaglila]
calina — chilina\ cìkìna (für coquina) — ahd. chühhinüy ae. cycene;
tndnêla — ahd. mûnigga, ae. mynet u. s. f. Aber er sieht nicht, dafs
auch bei solchen lat.-rom. Wörtern, bei denen der lat. und der
germ. Hochton zusammenfielen, die kurzen betonten Vokale in
freier Silbe im Germ, beibehalten wurden, wenn diese Wörter nur
zu einer Zeit übernommen wurden, als die betreffenden lat Vokale
noch nicht gedehnt waren (s. Beispiele unter 2). So findet er es
denn S. 45 auffällig, dafs in chdh = cöcus (für cdquus), in chöhhtn
= cdcere (für cdquere) d erhalten ist, statt zu uo wie in duom {di>mus\
chruogo (crdcuni) zu werden , und er wundert sich S. 43, dafs lat. /
sich nirgends als rom. ^ in den Lehnwörtern vorfindet, dafs also
z.B. lai, fura im Ahd. pira, bìra ergiebt, und nicht pira, das aus
rom. pira (frz. poire) entstanden wäre wie ahd. krida aus rom. crÇda,
sida aus sfda (lat. crita^ sdla).
Wir sagen ganz einfach, Wörter wie ahd. chsA; ahd. pira, bìra.
* r'ëgula fur régula wird durch afrz. rieule, ital. rçgola sicher gestellt.
S. Pogatsäer a. a. O. nnd § 103.
32
-»
5l6 VERMISCHTES. H. ZUR LAUTGBSCHICHTB.
ae. péru\ ahd. ^pf^K mhd. p/ich^ ahd. pih^ ae. pic u. s. f. (s. u. 2)
wurden entlehnt, bevor die kurzen betonten freien Vokale in den
abgebenden rom. Dialekten gedehnt waren, Wörter wie brtaf^ duom^
chrüzi^ (aus rom. cròie = lat. crüceni) aber, nachdem die betreffen-
den Vokale gedehnt waren. Ja, wir haben ein Wort, welches, vor
der romanischen Vokaldehnung entlehnt, als volkstümliches Lehn-
wort im Ahd., als gelehrtes, christliches Lehnwort und nach der
romanischen Vokaldehnung entlehnt, aber im Ae. erhalten ist: das
mlat. cXtcus ist ahd. köh^ ae. eòe.
Den ganzen Sachverhalt hat schon richtig erkannt Pogat-
scher in seinem ausgezeichneten Buche: Zur Lautlehre der griech.,
lat und rom. Lehnworte im Altengl. Ich verweise besonders auf
die §§42 — 55. Und Pogatscher geht noch einen Schritt weiter.
Indem er die Aufnahmezeit einzelner der einschlägigen Lehnwörter
nach sachlichen oder lautlichen '^ Kriterien genauer feststellt, kommt
er zu dem Ergebnis, dafs die Längung der lat kurzen betonten
Vokale in freier Silbe nicht vor dem 6. Jahrh. n. Chr. stattgefunden
haben kann. Mir scheint Pogatschers Beweisführung zwingend zu
sein, doch noch nicht die gebührende Beachtung gefunden zu
haben. Es ist klar, dafs wir auf diese Weise ein neues, ausge-
zeichnetes Kriterium für die Entlehnungszeit einer grofsen Reihe
von Lehnwörtern gewonnen haben, mögen sie nun von den rom.
Sprachen abgegeben oder in die rom. Sprachen aufgenonomen sein.
Die unter 2. aufgezählten Lehnwörter z. B. müssen vor der Vokal-
dehnung, die unter 3. nach der Vokaldehnung aufgenommen sein,
eine Annahme, für die noch eine Reihe innerer und sprachlicher
Gründe sprechen. Es ist auch klar, dafs wir mit Hülfe dieses
Kriteriums einen guten Schritt vorwärts gethan haben für die ab-
solute Zeitbestimmung gewisser germ, oder rom. Lautbewegungen.
Die Diphthongierung von freiem / und é auf einem grofsen Gebiete
der rom. Sprachen kann z. B. erst begonnen haben, nachdem die
Vokaldehnung vollzogen war. Diphtliongierung setzt zweigipflige
Aussprache voraus, und diese kann sich nur bei langen Vokalen
entwickeln.
Bei der Wichtigkeit aber der zeitlichen Festlegung der rom.
Vokaldehnung mufs jeder weitere Umstand, der die Annahme Po-
gatschers bestätigen könnte, von grofsem Interesse sein. Ich glaube
nun in der Lage zu sein, einen weiteren Beweisgrund für die
Richtigkeit der Ergebnisse Pogatschers beibringen zu können. Das
rom. Problem empfängt auch Licht durch die Lehnwörter, die das
Romanische aus dem Germanischen übernommen hat. Lehnwörter
sind ja wie Petrefakte, die den Lautstand einer Sprache zu einer
bestimmten Zeit, der Zeit der Entlehnung, genau wiederspiegeln.
1 chruzi aus croci wie ahd. Iura Lauer, Nachwein aus lat. lora, ahd.
mür-beri (Maul-bcerc) aus lat. mdrum, ahd. üla Topf aus mlat. ala.
2 Er weist z. B. darauf hin, dafs die ahd. /Ira una pe h die hochd. Laut-
verschiebung von p zu Pf nicht mehr mitgemacht haben, in p7h aber noch h
zu h verschoben ist.
MACKBL, ROM. VOKALDEHNUNG IN BETONTER FREIER SILBE. 517
Darum sind sie wie nichts geeignet, dem erstrebenswerten Ziele
einer absoluten Chronologie von Lautbewegungen entgegenzuführen.
Gehen wir von einem bestimmten Beispiele aus. Der germ.
Eigenname Landfflp^ LandffìÌ5 erscheint im Afranz. als Lauf roi
über Lanfrei{d), Germ, t in freier Silbe ist also hier behandelt
worden wie das entsprechende lat 7, z. B. in plper^ das poivre über
peivre ergiebt. Wie die nächste Vorstufe von peivre pÇvre ist, so
ist die unmittelbare Grundlage von Lanfrei(d) volkslat. LanfrÇto,
LanfrÇdo^ Formen, die sich in mer ovin gischen Urkunden ja auch
finden. Ein solches Lan/rÇdo hat sich natürlich erst auf romanischem
Boden entwickelt. Wie ist es zu erklären? Ist LanfrÇdus das
unmittelbare Abbild von Landfrit^l Das wäre nur in einem Falle
denkbar: Ç wäre durch Lautsubstitution für / eingetreten, weil zur
Zeit der Aufnahme dieses Wortes lat. 1 nicht mehr erhalten, schon
zu Ç gedehnt war. Aber lag, wenn denn schon für den kurzen
Vokal in freier betonter Silbe ein langer eintreten mufste, nicht ì
näher? Dafs es näher lag, beweisen uns die zahlreichen Lehnwörter
germ. Herkunft, die sicher ihren Weg ins Romanische erst gefunden
haben, als längst rom. Ç für lat. 7 eingetreten war. In ihnen allen
schlagt sich germ. / zu rom. /' aus lat. 2. Es handelt sich um ahd.
ae. anord. Lehnwörter. Ahd. crelii^ ergiebt a frz. crevice, an. vigr —
afrz. wigre, an. kriki — afrz. crique^ ae. brice — afrz. brique^ ae. sclp
— afrz. eskip. So dürfen wir denn behaupten, dafs zu der Zeit,
als 'friiS ins Romanische eintrat, hier / noch erhalten war. Mit
den andern lat. ì wandelt sich dann das / von -fridus zu f, und
so erhalten wir "frÇdus,
Wir können noch eine Probe auf die Richtigkeit unserer Lösung
machen. Lat. 7 wird auch in gedeckter Silbe zu e. Es müfste
also auch germ. ? in Position bald durch f, bald durch / wieder-
gegeben worden sein, je nachdem die Wörter früher oder später
entlehnt sind. Und so ist es auch wirklich. Wir können eine
ältere Schicht von Lehnwörtern unterscheiden, die aufgenommen
wurden, bevor lat ? zu f geworden war, also vor der romanischen
Vokaldehnung, die also den Wandel von ? zu f auf romanischem
Boden mitmachen mufsten, und eine jüngere Schicht, die erst nach
der romanischen Vokaldehnung, nach dem Wandel von / zu Ç
entlehnt ist: bei dieser wurde germ. ? nicht mehr durch rom. f,
sondern durch rom. /' wiedergegeben. Zur ersten Schicht gehören
z. B. afränk. hilti — afrz. hell, heul\ afränk. yin*/ f. — ^{xz, feste\
germ, binda = afrz. bende; zur zweiten Schicht aber z. B. ahd. s/inga
— es/ingue; ahd. mi/za — afrz. (marti.) milza; anord. timbr —
afrz. timbre u. s. f.
Ganz ähnlich, nur noch klarer, verhält es sich mit germ. /
und d in freier betonter Silbe. Sie werden behandelt wie germ. Ç
und (Í, und rechtzeitig entlehnt wie lat / und o in freier Silbe:
afränk. medu ergiebt afrz. miez, wie germ, bi^ra — afrz. biere und
wie lat brive — afrz. brief; und germ, hdsa ergiebt afrz. huese^ wie
geim. fçdr — dSxz. fuerre und wie lat vdlei — afrz. vuelL Dem
5l8 VERMISCHTES. II. ZUR LAUT6BSCHICHTI.
afrz. ital. ;>, uo liegt gedehntes Ç und Ç zu Grunde. So mafs auch
mtez auf f»c¿/i^ und huese auf ^^x<2 beruhen. Die Dehnung kann
erst auf romanischem Boden stattgefunden haben: mëdu und hòsa
sind erst im Romanischen zu mi^us und hÇsa geworden. Sie
haben aber auch im Volkslateinischen zunächst noch midiu und
hdsa gelautet. Wären mëdu und hdsa erst aufgenommen worden,
als lat. Ì und d in betonter freier Silbe schon zu Ç und Ç gelängt
waren, so hätten sie sich einfach den vielen Wörtern angeschlossen,
in denen lat. ì und d in Position stand: Dort blieben lat. "ê und d
ja erhalten [ipsia — iiste, hpllo — hltl\ porta — porte, corpus —
cìirs). Es liegt also die Sache bei ? und d noch einfacher als
bei 7. Lat ì war thatsächlich verloren gegangen, da auch í in
Position zu Ç geworden war: Ç hätte also immerhin germ. ì auf
dem Wege der Lautsubstitution ersetzen können.
Der ?-Laut und der (?-Laut erklangen aber noch weiter im
Romanischen, auch nachdem ì und ö in freier betonter Silbe za
^ und Ç gedehnt waren. So weisen denn auch die germ. Lehn-
wörter, die sicher nach der rom. Vokaldehnung aufgenommen sind,
ganz einfach e und o auf. Ahd. speh ist afrz. espeche^ ahd. brecha —
frz. brèche \ anord. fluii oder ^^^fldta ergiebt 2Sxz,floie, andd. irog —
afrz. iroc^ andd. skoi — afrz. escoi. Bei den Personennamen mit 'bddo
im zweiten Gliede können wir zwei Schichten unterscheiden. Je
nachdem sie vor oder nach der romanischen Vokaldehnung her-
übergenommen sind, erscheint "bddo als -bue oder ^-bodi Maginbòdo
ergiebt Mainbue^ Markbddo — Marbue; Gerbödo aber Gerbod, Räd-
bddo — Radbod,
Nach den bisherigen Ausführungen sind vor Eintritt der rom.
Vokaldchnung aufgenommen:
a) germ, spìi — afrz. cspoit\ afränk. iXber Opfertier — afrz. toivrr,
der germ. Stamm frlptiy frìÌ5u, sowohl in berc/rib — afrz. berfroù
im volkslat. Zeitw. ex/ridare^ wenn man aus dem Afrz. die stamm-
beton t(*u Formen es fr ei, cs/reies, es/r eie, esf reietti heranzieht, als
auch in den zahlreichen Pursoiu^nnamen, deren zweites Namenglied
'fr ih war, z. B. HariJriìS — Herfroi, Land/rib — Latt/roi, Rogin-
frìÌ5 — Rainfroiy Gaud/riíj — Geoff roi u. s. f.
b) afränk. mëdu — afrz. miez ; germ, hrekaiiy wenn man das aus
einer stammbetonten Form des Zeitw. broiier gebildete Verbalsub-
stantiv brie Streit, Tumult berücksichtigt.
c) germ. hXìsa — afrz. huese \ afränk. kdkar — afrz. cutvre, cuivre
und coivre\ die Personcinianicn, deren zweites (ilied -hodo war, wie
Markbodo — ^larbue, ISIaginbddo — Mainbue, Gundilbodo — Gondtl-
lue, Aííalbodo — Aubue u. s. w.
Hierzu treten mit hoher Wahrscheinlichkeit noch die Personen-
namen mit dem germ. Stamm härja im zweiten Gliede, da -hÁri
behandelt wird wie das lat. Suffix -ärius. Beide werden (über
'(¿riusi) zu 'ier: War in hü ri ergiebt Garnier , Gunphüri — G entier
u. s.w. wie Primarius — premier. Dann aber auch diejenigen Lehn-
wörter, bei denen germ, freies ä in der Stammsilbe sich im Afrz.
MÂCKEL, ROM. VOKALDBHNUNG IN BETONTER FREIER SILBE. 5 IQ
ZU e gewandelt hat Dieses ä wäre mit lat. ä in gleicher Stellung
zu 5 gedehnt worden und dann mit ursprüngl. 5, das wohl schon
an und für sich mit engem Kiefernwinkel, also sehr hell gesprochen
wurde, über c^', Ç zu f (XII. Jahrh.) geworden. Es wären demnach
noch aufzuzählen germ, brasa — afrz. brese^ nfrz. braise\ afränk. häi
— afrz. he\ afränk. hätjan — afrz. hairt wenn man die stamm-
betonten Formen hes, Ar/, heeni heranzieht; ferner noch germ, skära
— afrz. eschiere.
Wenn man erwägt, welche altgerm. Lautbewegungen noch nicht
vollzogen waren, als diese Wörter entlehnt wurden, welche Laut-
bewegungen sie aber noch auf romanischem Boden mitmachten, so
läfst sich feststellen, dafs alle diese Wörter vor dem 7. Jahrh. auf-
genommen worden sein müssen. £s ist ja nun möglich, dafs ein
Teil von ihnen, namentlich soweit sie gemeinromanisch sind, in-
folge der vielfachen Beziehungen von Germanen und Romanen
schon vor der Völkerwanderung abgegeben sind. Wir müssen aber
daran festhalten, dafs der Hauptstrom germ. Wörter den Romanen
erst während und nach der Völkerwanderung zugeflossen ist, als
sich die einzelnen germ. Stämme auf fremdem Boden angesiedelt
und eine neue Heimat gegründet hatten. Namentlich werden die
Gallien eigentümlichen Lehnwörter und dann auch vor allem die
Eigennamen von den Eroberern Galliens herstammen. Und wenn
wir nun bedenken, dafs Chlodwig, der Gründer des Merowinger-
reiches in Gallien, 48 1 — 5 1 1 regierte, so erscheint uns das 6. Jahrh.
als der Zeitabschnitt, in dem die romanische Vokaldehnung, auf
gallischem Boden wenigstens, sich vollzog. Das ist aber dieselbe
iZeit, auf die Pogatscher auf Grund sehr eindringlicher Unter-
suchungen durch die lateinischen Lehnwörter im Altenglischen ge-
führt worden war. So würde denn auch die romanische Dehnung
der freien betonten Kürzen in die 5^it fallen, die sowohl für die
germanischen wie die romanischen Sprachen eine Reihe wichtiger
Lautbewegungen gebracht hat, in der diese Sprachen in einem
merkwürdigen Flusse und Wandel gewesen zu sein scheinen.
Mackel.
2. Zu den vulgärlateinisch-romanischen Accentgesetzen.
Ein bekanntes und in jeder Beziehung gesichertes Accentgesetz
des Vulgärlateins ist die Verschiebung des Accents von der dritt-
letzten auf die vorletzte Silbe bei lateinischen Proparoxy tonen, deren
letzte Silbe mit Muta + Liquida (gewöhnlich /) anlautet. Die Bei-
spiele sind zu bekannt, als dafs es nötig wäre, das gesamte Material
hier aufzuzählen; ich erinnere nur ^xi pàlpebra'^ palpebra bezw./a/-
pétra (frz. paupière u. s. w.) ; cátedra 7> caiédra (afrz. chaiere, prov. ca~
^ œ bezeichnet die Länge des Lautes, der kurz und mittellang im engl.
fat und and vorliegt; ein Laut, der nicht viel anders ist als das heutige
portug. a in Wörtern wie Id, chd, c^pitäo.
520
%eira o. s.w.); ÍHtegrum> inUgrum (afrz. mlir, it entero, sp. entan
a.s.w.); áiaerem^ alécrem ivp. alegre u.s.w.); cfilahram^ colôbram
(ft*. coiUtáürt o. s. w.)¡ man vgl Gröber in Wölföina Archiv I, S. îiy,
Meyer-Lûbtce, Grammatik der rom. Sprachen I, §594; Seelmann,
Die AnsBprache des Latein 8.52; Lindsay, The latin Language
S. 164 und sonst — Während nun für andere Accenlwandiungen
wie -iolum^ -iâlutiL, •(tUm'> -tilim, -itrem> -icrem bereits Erklà-
rangea verïudit and z.T^ wie ich glaul^e, befriedigend gegeben
WKden sind — 8. Meyer-Lübkc, a. a. O. g 598 and meine Austïïh-
fiingeD in dieser Zeitschrift XIY, S. 547 f.; anders Horning, Ztschr,
•VII, 8.572 und Mirisch, Gesch. des Suff, -olns S. 27 ff. — , sind
jene obigen Fälle in ihrem Wesen nodi iddit ecUbt, IMs d«
Gnmd far diese Accentverschiebmig in d«n ChaiaktO' dea Ardsati
derllltlina, In jenen Verbindnngcn vcm Explosifs + Liquida m sndien
ist, das nnterliegt wohl kdnäa Zwdfd. Die fai Frage stebendea
Konsonantengntppen geUhren nun so der Klasse deijenlgeii, bd
doien überall in allen Spradien vom Sanskrit bis sa den modem-
■teo europäischen Mandarten Svarabhakti -Eredidmmgen sdi «^
anstellen pBegen. In den Gmppen tr ér gr er hrv^K-w. kann
der Stimmton des r — besonders bei langsamerem Tempo
der Rede — Silbenwert gewinnu, so dais jräe Vertrindongen in
tfr dfT gfr (fr bfr sich wandeln. Dieses f nun kann dann in
seiner weitem Entwicklung une bestimmtere VokalflUbmig eriiallcn
— das nächstliegende ist t — , so dafs Ur tkr ger etr htr ent-
stehen. Zur Illnstmtion dIeAs Vorgangs wird goafigm auf ein
paar romanische, speziell Ihinsösische Beispiele an VETweiacm: so
erscheint zSit. sovram in Amis und Amfles v. 3120 sweisübig, nnd
ganz nahe dabei im gleichen Texte v. 3084 finden wir dasselbe
Wort in der Gestaltung jcverai« dreisilbig verwendet; an dieser
zweiten Stelle zählt demnach jene Konsonantengmppe vr als vfr
oder vir ebenso silbig im Verse, wie gewisse Konsonanten Verbin-
dungen des Sanskrit in der vedischen Dichtung metrisch den Wert
einer Silbe haben (vgl. J. Wackernagel, Altindisclie Grammatik § 55).
Sovrain mit dem regulären Schwund des Vortonvokals wäre die
Form der gewöhnliühen, alltäglichen Rede und ihres schnelleren
Tempos, soveiain die Form der getragenen Rede mit ihrem lang-
Tempo,' das die Entwicklung des Stimmtons von r m
' Brugmínn schlâgl für solche auf dem nach Umsiândcn vcrschiectcacn
Tempo der Rede bemhcndeii Doppelformeo die E"ni passenden Termini I*iito-
und Atleeroformcn vor und hai sie ößentlich lucrst im I-it. Ccntralbl. 189S
Sp. 1726 (No. 48 vom 30. Nov.) angewendet, — Das Beispiel sovrain — sovcrain
ist Übrigens besonders instruktiv um zu leigen, wie bei Svarabbakli-ErscheinnngcB
{und so auch sonst noch bei Erscheinungen in der EntwickLung der Vokale)
Aas Tempil der Rede eine hervorragende Rolle spielt. Als Beieichnung für
„Gott" kam das in Frage stehende Wort grade in der getraüenereo Rede da'
Predigt, des Gebeis u. s. w. oft vor und wird hier jene lïogeie Lentofotm be-
sonders ausgebildet haben. Die aftz. Dichter wie der von Amis and Amilei
maebten sich die Existenz solcher Doppelformen zu Nutze und verwenden sie,
je nachdem die Silbenzahl des Verses es heischt, bald mit eiiier Siltic man.
FR, NEUMANN, VULGÄRLAT.-ROM. ACCENTO ESETZE. $21
Silben wert begünstigte. Weitere Belege für sovrain und soveram
s. bei Darmesteter, Romania V, S. 148, wo auch die in gleicher
Weise entstandenen Doppel formen bevrage und beverage, ovrer und
averer u. s. w. belegt sind. £benso, meine ich, mufs man auch die
bekannten Doppelgestaltungen der Futura 3. Konj. vendrai — ven-
dera/, perdrai — perderai u. s. w. beurteilen: venderai verhält sich
als Lentoform zu der Allegroform vendrai genau wie saverain :
sovrain. Ich halte es daher für durchaus unzulässig diese Futura
von jenen andern doch durchaus gleich charakterisierten Beispielen
doppelter Gestaltung zu trennen und eine besondere Erklärung für
sie aufzustellen, wie Meyer -Lübke, Gram. 11, S. 357 und Körting,
Der Formenbau des franz. Verbums S. 271 thun. Die Erklärungen
beider passen ausschliefslich nur für die Futura und lassen jene
andern verwandten Fälle ganz aufser Betracht.
Ich denke mir nun, dafs in gleicher Weise, wie in den vor-
stehenden Beispielen bei Muta + Liquida eine Nebensilbe sich ent-
wickelt, so auch im Vulgärlatein ein integrum zu einem integfrum
integerum^ ein côlubra^ côlubfra^ cólubera u. s. w. werden können.
Diese neuen Gestaltungen nun standen aber als auf der viertletzten
Silbe betont mit dem lateinischen Accentuationsprinzip, das den
Accent nur bis zur drittletzten Silbe gestattet, im Widerspruch. Es
war daher naheliegend, dafs sie sich durch Anpassung an das
lateinische Betonungsprinzip zu Proparoxytonen wandelten und so
iniegfrum^iniégfrum^ cólubfra'>colúbfra entwickelten. Betonungs-
weisen, die dann in der vulgären Rede Fufs fafsten, während im
Hochlatein unter dem dort stärker wirkenden Einflufs der Tradition
die ältere Betonung beharrte, abgesehen von jenen gelegentlichen
Fällen, in denen Dichter sich eine Verwendung der vulgären Be-
tonungsweise im Verse gestatteten. Die angenommene Accentver-
schiebung durch Anpassung ist nichts anderes, als wenn z. B. latei-
nische Lehnwörter mit proparoxy tonischer Betonung, ins Französische
aufgenommen, zu Paroxytonen sich wandeln {fdcilis \ facile).
Gewisse Erscheinungen in modernen französischen Dialekten
sind, wie ich glaube, geeignet meine hier vorgetragene Auffassung
in aller nur wünschenswerten Weise zu stützen. In wallonischen
Mundarten (Liege, Verviers, Dolhain, Bilstain, Saint Hubert) fìnden
wir Formen wie foOvéure (= ouvre), f inteure (= entre), ji livéure
(= livre) ; ebenso troubéle (== trouble) , accabéle (= accable) u. s. w. ;
vgl. G. Doutrepont, Tableau et théorie de la conjugaison dans
le wallon liégeois (Liège 1894) S. 43 flf. Zu vergleichen ist auch
A. Homings Die ostfranzösischen Grenzdialekte (Franz. Stud.V) S. 92.
Die Entstehung dieser Formen haben wir uns folgendermafsen zu
erklären. Zunächst ist zu beachten, dafs wir diese eigentümlichen
Verbalformen nur bei Zeitwörtern antrefifen, deren Stanmi auf
bald mit einer Silbe weniger, genau wie unsere deutschen Dichter die gleich-
gearteten Doppelformen wie z. B. gerade und grade je nach dem Bedürfnis
des Verses brauchen.
Mata+Lìquida (r /): vr ir bl pi ß v¡ cl il auslauten. Zuvörderst
entwickela auch faier die Konsonantengruppen vr ir 61 u. s. w. ans
dem SthnnitoD de» r l eine Nebensilbe, also vrr /fr ill>ivr ter
M, and so eatstehen hier auf französischem Boden aus den Par-
oxytonen Proparoxjtona: áuvere, ìnltrt, iròubeU. Diese stehen nun
hier ihrerseits mit das französischen Betonungsprinzip, das keinen
Ton über die Penultima hinaus duldet, ganz ebenso im Widerspruch,
wie jene vnlgàrlat Gebilde ¡nUgeium, ¿.'Jubem u. s. «■. mit der latei-
nischen AccentuBtionaweise in I>ishanDODÌe standen. Und wie dort
so erfolgt auch hier eine Anpassung an <Ue gdäofige BetoiHuig»<
weise, deigestalt dafa wie in dem oben angexogeitea Bei^Meie
fdcäit ^/acil* so hier oivere > ouvin, Mtrt > àUére, irímUe > jErav
iíle xt. s. w. werden. Kne Entwicklnngsreihe
taire > íitiere > intírt
wflrde sich demnadi mit der vL Reibe
integrum > iniegerum > mUgerum
ginzlich und genan decken. Fflr die durch Anpassung an die
jeweite geläufige Betonnngswelse bewirkte Accentversdûebuog wäre
noch EU erinnern an die Entwicklung von chánle-je, p6rte~jt, däat-je,
puisse-je n. s. w, su ehantí-je, portí-je, itiut¿-Je, Jmiaf-/e. Das ang»
lehnte Pronomen je bildet ja mit der Verbalform nisammen eines
Lantkomplez, soEusagen ein Wort Da dieses nun aber ein dre^
silbi^B mit Betonung auf der drittletzten Silbe ist {cidMUfe)^ so
fällt es wiedermn aus der gewöhnlichen Betontmgs weise baaas nnd
ändert sich daher, indem es sich an diese anpafst, m cAam/J-Je.
Einer ähnlichen Benrtdlung wie die hier voTgefBhrten FSlle
unterliegt wohl aucli prov. ireraâla ¡= trimulat im Gegensatz zu fra.
Irémblt {vgl. Suchier im Grundrifs der roman. Philologie I S. 608).
Trémula/ ergab zunächst regulär iremla; aus dem Sümmton des /
entwickelte sich wieder eine Nebensilbe (rimila, und dieses silbige l
ergab dann dem /-Timbre entsprechend nicht e (wie in obigen Bei-
spielen f>e), sondern c: ir¿mota. Dieses pafste sich mit seiner
isolierteren Betonung nun an die provenzali seh en Paroxylona an
und wird zu tremóla. Vielleicht weist dieses Beispiel auch den Weg
zur Erklärung von Fallen wie prov. discipol neben ditdple. Letztares
entwickelt nach obiger AufTassung eine Nebenform disciplle'> disci-
pole, und während man in tremola >- tremóla die Anpassung an die
gewöhnliche Betonunga weise durch Accentverschiebung vollzog, wird
sie in discipoW^ discipcl durch Abwerfen der Ultima herbeigefühlt
Für dies doppelte Verhalten kann wieder auf die Geschichte der
Lohnwörier aus dem Latein im Französischen verwiesen werden,
auf jene doppelte Behandlung, die ich Zlschr. XIV S. 550 an Bei-
spielen wie rútiicus '> rüste nnd rustique (0=1 discipol und iremàla),
Spiritus >■ espir und esprit u. s. w, erläutert habe.
Fr. Neumann.
F. D'OVIDIO, DI UNA INTERESSANTE FORMA DI PRONOME. 523
in. Zar Orammatik.
I. Di una interessante forma di pronome in un antico
testo volgare inedito.
Neil' estate del '92, a Montecassino, il padre Priore don Am-
brogio Amelli ebbe la cortesia di mostrarmi e lasciarmi trascrivere
una formula volgare simile a quella contenuta nella carta capuana
del 960, e più affìne ancora, per qualche rispetto, a quella della
carta teanese del 964.1 Si proponeva egli di pubblicare pochi
mesi appresso, in una nuova Rivista Benedettina Cassinese, il docu-
mento tutto nel quale la formula ricorre; come io volevo, col suo
pieno consentimento, additar questa nello stesso torno di tempo
ad un' altra categoria di dotti, in ispecie per una preziosa forma
pronominale che vi si legge. Poi siamo stati distolti, e lui ed io,
da altre cure. Ora sembra imminente la stampa del documento, e
la ristampa delle altre due carte congeneri, in una Miscellanea
Cassinese che il valente monaco lombardo va preparando; e per
questa ragione, come altresì per non più persistere in un indugio
che ha già recato qualche danno, quantunque lieve e parziale, alla
grammatica neolatina, mi risolvo finalmente a scioglier da parte
mia la reciproca promessa. Lascio, s' intende, a lui V onore e la
cura di pubblicare e illustrare sott' ogni rispetto 1* intero docu-
mento, restringendomi a dar fuori la semplice formula e ad illu-
strare il solo pronome.
Il placito è del 963, onde viene a collocarsi tra mezzo ai
due già più o meno conosciuti e a confermare la generica aspet-
tazione del Rajna (p. 401 sg.). Concerne una causa dello stesso
Monastero di Sanüt Alaria a cui si riferisce la carta del 964 e
che in quest' ultima è detto S, M, in Cengia o Cingla o, con giusta
riduzione volgare, Cegna, mentre nella nostra è de Cengia, Che la
nostra sia inedita non sembra potersi dubitare, e in tutti i casi
e' sarebbe come se la fosse inedita. Dice cosi: kella terra per kelle
fini qi bobe mostrai Sonde Mariée ei trenta anni la posset parte
Sánete Alarle,
Lascio stare il posset in cambio del solito possettex se non è
una mera svista, sarà forse un indizio di quel turbamento dell' atona
finale che è cosi caratteristico di questa regione, ed è anche oggi
causa di simili oscillazioni ortografiche in quanti si provano a metter
giù alla buona le parole dei nostri dialetti. Certo quel turbamento
è antico, esteso com' è per larghissima zona, e per me ha tutta
r aria d' un' eredità osco-sabellica. Lascio stare anche il ^/, e per
la vocale mi limiterò a citare il Mussafìa (Regimen sanitatis, spe-
cialmente a p. 43). Ognun vede che ciò che veramente qui importa
è il bobe, che viene a ingrossare il manipolo delle reliquie dativali,
di cui dissertai neir Archivio Glottologico (IX, 55 — 59), e a mettersi
in bella connessione coi meve teve seve di parecchi antichi testi
^ Su entrambe codeste cfr. Rajna nella Romania» XX, 385 — 402.
VERMISCHTES. III. ZUR GRAMMATIK.
I particolamieDte c
524
meridioni
Ritmo Cassinese. Di questo vebe analogico i
ancora tralignato. Ha riscontro nei logudoresi non bou e nei
rumeni aoao vom. Veramente il Meyer-Lübke, che pure ba fatta
cosi buona accogliensa alle mie ricerche prooomiDali, nega al
Miklosich ed a me che anche le forme rumene rimontino a nobis
Vobis, e pensa ad una composizione con ad posposto; ad un
*n('{s]-ad\ come fosse sul tipo di nobis-cum^. Ma, senia fer-
marci a indagare quanto possa tornar verosimile una tal com-
posizione^ la ragione per cui egli vi ricorre è certamente questa:
che gli ripugna 1' abbreviazione dell' i di nobis posta dal Miklo-
sich, senza la quale questi medesimo confessa che il rumeno
avrebbe da nobis tratto *noi, non già nono. A render verosimile
quella abbreviazione io invocai due ragioni (p.56 n.), cioè 1' influsso
analogico di tibi e sira., e il completo isolamento di nobis e
vobis nella flessione latina, il quale doveva renderli raen capaci
di resistere alle seduzioni analogiche; ed oggi n' additerei forse
un' altra di tali seduzioni nello stesso -bus di tutta la tena de-
clinazione. Del resto, secondo 1' ipotesi del Merguet che oggi pre-
vale e contro cui non possono ormai parere se non fiacche e anti-
quale le obiezioni del Corssen*, la misura classica nobis ecc.
dovrebb' essere essa medesima un' alterazione analogica, per effello
dell' -Is delle due prime declinazioni, e la forma originaria sarebbe
stata nobis (cfr. 1' ¡strumentale sanscrito asmabhìs); onde il nobis
dell' ultima fase della latinità parlata non sarebbe che un ritorno
alla misura della latinità preistorica, e 1' analogia avrebbe qui (atto
come la lancia d'Achille, prima piagando e poi risanando.
Checché sia di ci¿, ¡1 cimelio cassinese potrà giovare a ricon-
ciliare col nobis dell' ultima fase del latino, e con la etimologia
dal Miklosich voluta delle forme rumene, il Meyer-Lùbke; come
certo gl' impone di non piti considerare come isolate le forme
dativali logudoresi. Al suo acume non può sfuggire l' importanza
di questo bobe, col quale la Campania dà la mano da una parte
alla Sardegna, dall' altra alla Dacia, e che, quando non si voglia
fare la supposizione ben inverosimile eh' ei sia una forma semi-
dotta, postula di necessità, in buona fonetica meridionale, un vöbls.
Che qui vöbls avrebbe dovuto dare un *bube vuòe vuvc. Quanto
alle forme sarde, ognun sa che, per le particolari condizioni del
vocalismo locale, possono egualmente adattarsi cosi al -bis come
al -bis, sicché per questa parte non danno né aiuto n¿ impaccio;
senza dire che, dato e non conces^^o che esigessero per sé il -bis,
ci resterebbe sempre, stante la precocità della romanizzanoDe della
Sardegna e la segregazione insulare di ossa, da poter argomen-
' Grami
' Ibid..
" Petù
' Auispracke
; II, toj.
.-Z. JL FJ^ v»^ ^ ¿a 1
K ziis- J. saroT;. .^ ::ziBÉt tl islSC hjzi c&s. rnzuzkesse kosüí
isas: "JMHt-fc Tufara ç^dcscï en cìcrfciiESS£a ziíL -pcùpir }&Âi>
tt*r JSiÙL -£- f ùre prr^TCaâe. Comí- il isnî £Jic cas per?.
^TlCIgHTITirtT 2ZÛZZ::1C* ÂP atTiT^ie- ÇlILJC£ii *li/Âr TjCSJTÏ *LÎH^ o
F. itOnr'3a
2. A. £r. qiâ = si rana.
^ .». Agnosia
« «a, iiT>rrf!T -sscoxurL esc 'r*ipr. c:îlziZ. i.¿^ ct¿ ä- litriî: :d:c::$ -,
Il iDt iemciri- qx'î! ift ji«i: j sr:^ ôf ár*iní sir jt î*«» jcarjer
<it et fSK. jŒ es ^Dfexi ç:s"- fréç^iH: «. i. r*. te focrrrt tsscsc «a
de ^jf.riii gir^ ar-:-i pt jÄsaw &z sc:¿ óe «sc . :c:"^r Tc»a: sànç»»**
lar .tífítc d as2í^^x^I:ÌÄ&. ç:=, cicrnD* :c sail, r* îoc;: jar
ndée ei are &-ir£ TZßS.
Qm le ien. ai^ jûàer i ana «2 j am\.
on CDOore
Qxd ie iesa. icaxs kôen siKa resôcL.
L'oD voit qne (îb oo^ ìe r^aTgen>e^ de cc*ri5aiick
f» le sests de .^ qociqn'cr^^ ^ Toc.
Pao. Marchot.
IT. Zar Wwteeschkhie.
Wall- iTf- = ace on-.
On Honre dasts la CLn»Jqiie de kan de Siareîcc cul Bûr^net,
p. 226): M z>« acukki l'atnret vaxre iemme a bcà- en sa táreme.**
An glossaire» Borgiiet dit que aaickL arûrer, exisîe e&oofe en va.k>n.
Pour la oompoaâiic-D de œ XDOt. dais ^aquelìe ei^ne êndemmmi
comme second eléiDnit }e tLêsne saccare. on p«ei3: comparer
acliver^ élever, ¿doqxxr; aciî^i, leztseigccr, xzidîqcer; azcûrt^ zmetser;
xaf/ attemére, ae teste poiai de Umaàx sac npftrarirffl.
526 VERMISCHTES. IV, ZUR WORTGKSCHICHT«.
aciürt (avec iavers. oscuri), alternare; acmoiát, habituer; acmigneltr,
racmìgntter, ramasser des objets épars; racmincî, recommencer. L'en-
semble de ces verbes fait voir clairement que le préfiie verbal
wallon ae- représente adcon-, ce qu'on n'avait pas encore dit
jusqu'ici, si je ne me trompe. Le simple con- donne du reste ke-
à l'étape ancienne, ki- A l'étape moderne, avec ¿Usion k', Atmeide
représente accomodare, voy. Meyer-Lübke, Gramm., trad, franv".,
II, p. 167; acmìgneler et racmìgntUr doivent se rattacher à l'ali.
Mtngt, comp, pour la composition le fr. amasstr.
wall, da K
, da tin.
da 1
i tien, le
, da K
: le
En wallon, le rapport de possession est souvent exprimé non
pas par une forme spéciale du pronom, mais par une périphrase:
à moi, à toi, à lui (da mi, da ti, da li ou lu, etc). Mais les formes
ordinaires le mien, le lien, le sien sont aussi très répandues. Ainsi
à Liège, ,Ji meune", „li langue", ,Ji ionçue", ,Ji notst", ,/i* twss^'
(Delaite, Essui de gr. wall., U, p. 72 — 3), „Meune est parfois, mais
rarement, remplacé par mine ... ou minçue"; „tonque l'est parfois
par ¡eune et souque par seun^', iè. p. 73. Afeune, latne, seune, on le
voit, qu'on retrouve sous une variété infinie de formes dans la pro-
vince de Liège (wf», m^n, min, min, etc., voy. Mélanges wallont,
p. 34) sont les continuateurs de l'a. wall, men, ten, sen, qu'on con-
stale dans les chartes de la région namuroise (Rem., XIX, 83) cl
déjà dans le Jonai [sem, sen).
Je veux signaler ici une autre forme inirieuse du pronom
possessif eu wallon, qui appartient à Sl Hubert (prov. de Luxera-
bourg). Cest une juxtaposition remarquable des deux formes, de
la forme périphrastique da mi, da li et de la forme ordinaire // men,
¡i lin, etc. Le mélange des deux fanions de dire, coexistantes sans
doute à un moment donné, a donné lieu à da min, da lin, etc.*
wall, glèler, baver.
Ce mot que Grandgagnago rapproche de ^/u/î« 0 ?) n'est autre
chose qu'un vcrhd formé sur l'ancien gtslel ^ gueule (enregistré
par Godefroy, moderne goulet). Dans goleier, Xo s'est obscurci en
e {golile, guclile puis glète :^=; *gulittat) comme dans l'a. wall, ti-
reur, apprepier ^ ad-*propiare, ke ^ con (mod. ¿('ou k'\ dtnam
ou mieux encore il a été purement et simplement élidé comme dans
pif ^ poloit, vif ^ voulait, via — = voilà (voia).
' Lk 3. pi. est formée en wallon par
comme Ì St. Hubert et ï Liège, où l'on n'i
perionncs.
Paul Marcuot.
i
p. MARCHOT, CH. DOÜTREPONT, ETYMOLOGIEN. 527
2. Etymologies picardes.
I. Rouchi bislqkç,
verbe transitif, présenter un bouquet à quelqu'un, le lui mettre à
son côté, s'en parer (Hécart). Selon M. March o t (R. P. G. R.
III, 270), ce vocable existe également à Cou vin avec le sens de
souhaiter la fête à qqn. Tout en n'apportant pas de solution,
l'auteur se refuse à bon droit à considérer le mot couvinois conmie
une déformation de la forme liégeoise b^sk^tp (voy. Grandgagnage,
1, 86). Schei er (ibid. II, 403, sous stoker) rapporte le terme roudii
à l'allemand stock dans une de ses acceptions multiples, òistgkf
se laisse ramener sans nul doute à la forme flamande bestookm^
donner un bouquet, faire un cadeau à qq. à l'occasion de sa fête.
2. bruekiauSf
pluriel de ^brtukiel, petite prairie, pâturage. Cette forme se trouve
dans une charte toumaisienne inédite datée de janvier 1303, con-
cernant la location de biens ruraux. C'est un diminutif de bruec
(broecq), courant d'eau, marais, bourbier, dont Godefroy cite
plusieurs exemples empruntés à des écrivains du Nord. La sup-
position de M. Bos (Gloss, d. 1. langue d'oïl) d'après laquelle bruec
serait le même mot que brat, boue (germ, bracum) avec conser-
vation du c comme en provençal et en italien, est inadmissible.
bruec remonte au flamand broeck (moy-bas-all. broec, ail. mod. bruch),
marais, prairie humide. Le toum. bruekiel serait donc un composé
de broeck -{-e/Ium.
Le simple brouke avec le sens de pâturage se rencontre en
anc-wallon (voy. J. de Hemricourt, Miroir des nobles de Hesbaye,
mss. de Liège, 753, fo 52, v.).
3. kor dus til,
usité dans le patois de Tournai, désigne un portefaix. Le mot qui
se laisse décomposer en: corps du stil {stil, métier, occupation, voy.
ene. estil, Edmont, Lex. St. Polois, R. P. G. R. V, 75), littéralement
sigm'fìe: homme appartenant au corps des métiers. Cette dénomi-
nation, par une confusion plaisante, a été donnée aux portefaix
parce qu'ils font tous les métiers. Une composition analogue se
retrouve dans le tourn. balqttl, bonnetier, litt, celui qui fait des bas
à l'outil, c. a. d. au métier mécanique.
4. Tournaisien s^çstqkf,
se tenir raide en marchant, faire l'important, se rattache sans nul
doute au flam, stokken (moy.-ht-all. stocken), devenir roide, se figer.
5. Tourn. faéwf^
tête de bœuf cuite qu'on veni en détail à la triperie. L'étymo-!
logie du mot est ^factam'bcvem (lat dass. faciem bovis). On s'atten-
drait à la forme régulière fai^p (9 tonique libre donne «e^ wfp
528 TBBHISCBTIS. IV. ZUR 1
we: ekurSwe, nwe, pnrç^ kulwff, etc.). 11 est à remarquer qae le
simple èwf n'est pins nsité dans le patois actuel qui l'a remplacé
par tor (taurum); aussi l'on a dû perdre facilement conscience de
la compositioa. L'expression a été considérée comme un mot simple;
le b initial devenant média! interlocal est passé à v en venu des
lois phonétiques, de là fachauf, -vuiç; dans la prononciation popu-
laire, i muet est tombé et le groupe vw s'est tout naturellement
réduit à If: Jaiwf.
Les locutions patoises çlrevar (antre part; nne duute tonn,
inédite de mai 1311 a atärt vari), nähar (nulle part) oSaxi db
cas analogue.
On dit à Totimai, en pariant de qqn. qo! a l'air /achi ^^
a mangé du faiwe". C'est un jeu de mots populaire se rap-
prochant de ceux que M. Tobler a recueillis dans son article:
Verblümter Ansdrudc und Wortspiel in altfr. Rede (Vom. Beitr. i.
fr. Gr. IL 1894).
6. fourlouehier.
Ce verbe se rencontre dans un passage des Poilus de Gillion
ie Muisit (édit. Kervyn de Lettenbove^ oft il est question de la
conduite des gounnands et des ivrognes:
,ßt'i» Toient qu'on lea vocile naUenwilt fmrlmckier
Au mengier et «u boire, monlt tort en Tont erancUer."
Li EitM <le« Mcnlen. O, 93, 11—11.
L'éditeur, dans son glossaire, attribue an mot ta significatk« de
i*> regarder de travers et 2^ par extension de sens, regarder
d'un mauvais œil. Gadefroy admet cette interprétation á laquelle
Scheler (Etude lexicol. sur les Poésies de G, 1. M., Mém. de l'Acad.
d. Belgique, coll. in 8", XXXVIl, 71) finit par se rallier „après
avoir penché un instant pour *ß)rulocare, déplacer, déranger, ex-
clure", qui aurait donné *fourlouer. La premiòre solution indique
clairement que ses auteurs ont eu en vue un thème fSr is-* lascan
(de lüscus, anc.-fr. losche, fr.-mod. louche). Cette interprétatioD
admissible à première vue, ne résiste pas à l'examen. Régu-
lièrement *lüscare devait en picard passer à lousker, cmp. se ^ sk:
eskielle, eskamiaus, busque, etc.; pat mod. dçkit, bûk, muk, etc.
On prétendra peut-être que fourlouehier : grouchitr constituent une
rime analogue à franche : Franche (Tobîer: Dis à. v. aniel): les
œuvres du Mujsit renferment un nombre relativement considé*
rabie de ces rimes. Cette objection ne résout pas la difficulté.
Le verbe loucher à lui seul signifie regarder de travers, comment
expliquer alors la présence du préfixe four qui, dans la langue
littéraire et dans les patois, s'adjoint seulement aux mots mar-
quant des actions simples, ordinaires quand on veut en indiqua
un excès ou une déviation, cmp. Meyer-Lûbke, II, S. 606; pour
le wallon et le rouchi, Grandgagnage et Hécart, sous for-. Il est
encore à remarquer que certains parlers modernes (toum., ronchi,
fit.-polois) ne possèdent pas le correspondant du fr. louche; ib
CH. DOUTRBPONT, ETYMOLOGIEN. 529
emploient dans ce sens bigomier^ -teux, et confondent louche avec
borgne dans Texpression òcmtòus a ka/* grfi' (Hécart; £dmont.
Lex. S. Pol.).
On arrive à une solution qui satisfait à la fois pour la lettre
et le sens en considérant fourlouchier comme un composé de four
et de louchier\ ce second élément se rattache à louchiez contenu
d'une yJouche'S cuiller à pot, cmp. pat. mod. brachie^ brassée, biçkie^
becquée, etc. Le sens de ce verbe serait iittér. prendre une
*louchée de trop, par ext. frustrer les autres convives de la part
d'aliments qui leur est due en se servant soi même trop bien.
Que Ton se reporte au passage signalé plus haut et Ton recon-
naîtra aisément que le réalisme du mot ainsi compris fait image
dans le tableau du poète. Enfin, d'après Sigari (Diet montois),
fourchier serait resté en usage jusqu'à la fin du XVIII® siècle dans
le patois des environs de Mons.
7. To urn. platçlçt\
marchand de plats et *içlfl\ terrines pour le lait, en terre cuite.
grà platçlçt\ homme qui a une mauvaise tournure, est une épithète
très employée à Tournai, tçlpt* est un diminutif de ///' (on trouve
encore t§lfV0y fiv ^=- ellum^ écuelle, assiette). içV existe aussi en
wallon liégeois. M. Marcho t, Zeitschrift für rom. Phil., XVI, 386,
le fait venir de lêsiula, tesson, terre cuite. M. G. Paris, Romania,
XXII, 315, fait observer que têstula, en latin vulgaire a donné
tesela ; il propose l'ail, ttegel, poêle, mha. tëgeL On admettrait plus
volontiers le flamand ieil {feel dans le dialecte de la Flandre occi-
dentale), vase en terre cuite, terrine pour le lait, qui doit remonter
au moy.-bas-all. lele, léele, leyle, gabata figlina (Schiller u. Lûbben,
Mittelniederd. Worterb.).
Charles Doutrepont.
3. Etjnnologien,
Lomb. bori.
In den reichen, z. T. sprachwissenschafllich sehr interessantes
Material in durchweg richtiger Beleuchtung bringenden Nachträgen
Salvionis zum zweiten Bande meiner romanischen Granmiatik (Studj
di filologia romanza Vn 183 — 239) findet sich S. 214 'partie, ¿örj
all. inf. bori scovare, levar la lepre'. Das Verbum, ein Ausdruck der
Jägersprache, ist weit verbreitet in Oberitalien, für Bergamo, Brescia,
Maoitua, Ferrare, Venedig, Piacenza, Parma, Reggio, Bologna geben
es die Wörterbücher, z. T. nach der 3. Konjugation, auch ins Friau-
lische ist es gedrungen, scheint dagegen dem Piemontesischen und
Genuesischen zu fehlen. Die Bedeutung ist fast überall dieselbe:
'Wild oder Vögel aufjagen'. Nur Mattioli giebt für romagn. buri
an 'garrire, sgridare, riprendere quasi minacciando', Ferri fïir Fer-
rara 'slanciarsi, avventarsi'; dafs es sich aber um dasselbe Wort
Zeitschr. £ rom. Phfl. XX. xa
53o VÄRMISCHtES. IV. ZUR W0KT6SSCHICHT&
handelt, geht aus Coronedi- Berti deutlich hervor, wo hurtr erklärt
wird als * sgridare, garrire, rampognare, riprendere; assalire, correr
contro. £ dicesi del cane quando va per assalire persone che non
conosce'. Was die Etymologie betrifft, so ist sie nicht schwer zil
fìnden, ahd. bürtan bedeutet * erheben', daraus oder vielleicht aus
dessen iongobardischen Entsprechung konnte romanisch nichts
anderes als borir entstehen und wie in der Form borir und bärian
sich decken, so berühren sich auch ihre Bedeutungen sehr nahe.
Nor di tal. fruda.
Fur die Bestimmung des Einflusses, den das Gallische auf das
Lateinisch-Romanische geübt haben kann, ist es in erster Linie von
Wichtigkeit zu wissen, ob sämtliche lateinischen Laute im Gallischen
vorhanden gewesen sind. Bei den Konsonanten kann man nament-
lich in Betreff des / im Zweifel sein. Denn die idg. aspirierten
Medien, aus denen griech. ç) und lat.y entstanden sind, erscheinen
in den keltischen Sprachen als tönende Verschlufslaute, und von
den zwei Lauten, auf die das germanische/ zurückgeht, ist der
eine, /, schon im Urkeltischen geschwunden, vgl. gall, rüu =.furt^
der andere, ^, im Irischen zu k^ im Gallischen und Brittannischen
zu /geworden, \g\, fünf ^ms penqe und gs^\, xefUiéôovXov quinqué-
folium. Ein neues / entsteht im Brittannischen aus anlautend s
vor r, vgl. kymr. ffröen *Nase*, irisch srdn.
Lafst sich nun nachweisen, dafs auch im Gallischen sr zu fr
geworden sei, so ist nicht nur fur diese Sprache das / gesichert,
sondern es bekommt ihre engere Verwandtschaft mit dem Brittan-
nischen dadurch eine neue und wie mir scheinen möchte sehr kräftige
Stütze, da der Wandel von sr zu fr nicht zu den gewöhnlichen,
sich auf verschiedenen Gebieten spontan vollziehenden gehört
Zuerst hat H. Schuchardt ital. frage 'Nüstern' zu air. srôn
*Nase', \iymx. ff roen ^ hxei, fron ^i^üstei' = *f rogna, körn, frig, fry
(im Vok./r/>r) *Nüster', bret./r/ *Nase' gestellt, s. Zs. IV 126. Da
eine unmittelbare Entlehnung aus dem Kymrischen ausgeschlossen
ist, so wäre damit ein gallisches yr¿?^«<2 gesichert. Allein ich
habe mancherlei Bedenken gegen die Richtigkeit der Zusammen-
stellung. Einmal besteht zwischen *f rogna und froge ein morpho-
logischer Unterschied, der durch den Hinweis 2lvá frig nicht ge-
hoben wird, da dessen Vokal mit dem 0 der andern keltischen
Wörter und des romanischen nicht vereinbar ist. Dafs *frognä
aus einem kürzeren frog- verlängert sei, ist wohl nicht gerade un-
möglich , aber aus srön, froen einerseits, froge andrerseits ein gall.
frog'y urkelt. srog- zu erschliefsen, übersteigt doch wohl die Grenzen
des Erlaubten. Aber auch das Verbreitungsgebiet von froge spricht
gegen gallische Herkunft. Keines der von mir nachgesehenen nord-
itahenischen Glossare ^ nämlich kennt das Wort, und wenn damit
* Kossowitz (Triest), Boerio (Venedig), Melcbiori (Brescia), Tiraboscbi
(Bergamo), Cherubini (Mantua, Mailand), Gambini (Pavia), Monti (Como), To-
W. MEYER-LÜBKB, BTTMOLOGISK. 53 t
auch nicht sein ganzlicher Mangel bewiesen ist, so doch seine
grofse Seltenheit gerade da, wo man es am ehesten erwarten sollte.
Erst Mattioli bringt in seinem romagnolischen Wörterbuch fros
V. nariz, die Toskaner und die Crusca kennen es, ebenso Finamore
für Abruzzen, D'Ambra für Neapel und die Crusca bezeichnet es
auch als sizilianisch. Wir haben es somit mit einem in Mittel-
und Sûditalien heimischen, im Norden aber fremden Worte zu thun
und damit dürfte gallischer Ursprung nicht vereinbar sein. Frei-
lich für Caix' Herleitung aus fauces (Studi di etimologia nr. 327)
möchte ich, solange das r unerklärt ist, auch nicht ohne weiteres
eintreten.
Bei Ptolemaeus findet sich ^çovâioç als Name der heutigen
Somme. Schon Glück hat ^çovriç gelesen und kymr. />«/, air.
sru/h verglichen, man sehe das Nähere bei A. Holder, Altceltischer
Sprachschatz I 1500. Dagegen läfst sich kaum etwas einwenden.
Zwar gehört der Flufs in ein Gebiet, in dem Kelten und Germanen
nahe beisammen waren, aber eine Deutung aus dem Germanischen
scheint sich nicht zu bieten, wogegen die gegebene aus dem Gal-
lischen begrifflich wohl pafst. Aber freilich bleibt es immer be-
denklich, auf die zwar mögliche, aber doch nicht beweisbare
Deutung eines einzigen Namens hin einen Charakterzug der Sprache
zeichnen zu wollen. Was A. Holder a. a. O. sonst noch von nnt/r
anlautenden Wörtern anführt, ist teils lateinisch oder germanisch,
teils dunkel.
Neben den von A. Holder mit grofsem Fleifse ausgebeuteten
Quellen für den gallischen Wortschatz giebt es nun aber noch eine,
die galloromanischen Mundarten. Ich habe schon früher zu zeigen
versucht, dafs sie uns mancherlei Aufschlüsse geben können, s. Zs.
XDC, 96. 273, und ich glaube, dafs sie auch in der berührten Frage
die Entscheidung ermöglichen. Vielleicht kann ich später einmal
eine systematische Untersuchung darüber liefern, heute möchte ich
nur e i n Wort besprechen, das zugleich eine Bestätigung der Deu-
tung von ^Qovâioç ist.
In dem Glossario del dialetto d' Arbedo per V. Pellandini
(Bellinzona 1895) findet sich folgender Artikel: fruda cascata di
ruscello, roggia, torrente' und dazu bemerkt C. Salvioni 'nelle forme
di fróda^ fróat fruva, /rúa, fódra (cod a Ravecchia) è voce ben
diÁisa nelle Alpi tra il Rosa e lo Spinga. Ne derivan più nomi
locali, tra cui p. es. quello della Val Furva (u =^ 0 chiuso) che è
nel bacino del Frodolfo'. Und Biondelli, Saggio sui dialetti gallo-
italid S. 66, auf den Salvioni verweist, giebt den Artikel froda Tic.
cascata di fiume, di torrente e simili. V. hiiz,/rola. V. Y or. frua^
frut. Onde chiamasi An der Frut il villaggio situato presso la
netti (Vals^sia), Casaccia (Genua), Sant'Albino (Piémont), Meschieri (Miran-
dola), Foresti (Piacenza), Marranesi (Modena), Anonymus von 1832 (Reggio),
Coronedi-Berti (Bologna), dann Lorcks altbergam. Glossar, Seìffert zu Bon-
vetin, Salvioni za GiÌK>stomo.
34»
532
VERMISCHTES. IV. ZUR WORTGESCHICHTB.
cascata Toce'. Weitere Belege fur Fruii als 'Namen von Gegenden
und Grundstücken, meist im Hochgebirg, Felspartien, etwa mit
einem Sturabach, auch geradezu der Wasserfall selber' verzeichnet
das Schweizerische Idiotikon 1 1339 mwX&z fruii, doch ist die da-
selbst vertretene Annahme, das Wort sei identisch mit fruit "läng-
licher Einschnitt an Bäumen' und gehöre zu frdUn abzuweisen,
da die Können der romanischen Mundarten, die fruda al Appella-
tivum, nicht blofs als Name besitzen, Kweifellos ursprünglicher sind
und auf i, nicht auf // weisen.
Wir haben also ein frälu, fruta, bezw. frölu, fröla 'Sturz-
bacb, Wasserfall', das weder lateinisch noch germanisch ist, dem
aber kjTur./ro*/, coTn.fral, breL /ryW torrent' (Stokes altkettischer
Sprachschatz 38) lauthch und bugrifflich entspricht Da nun auch
hier eine unmittelbare Vermittlung zwischen den romanischen und
den brittanoischen Wörtern unmöglich ist, so bleibt nur die eine
Lösung, dafs die romanischen auf ein gallisches yVw/a zurückgehen,
das mit den brit tannisch en und mit irisch sruth 'Fluís' ein ur-
keltisches srulu sichert.
Auch die Bedeutung des Wortes pafst gut zu gallischer Her-
kunft, wofür ich der Kürze halber auf Roman. Gramm. I S. 43
I
Noch bleibt eine Bemerkung über das Verhältnis des gaUo-
romaniüchen zu dem deutschen Worte. Bei all diesen den Grenx-
gebieteu angehörigen Ausdrücken ist es von Wichtigkeit zu wissen,
wann sie aufgenommen sind, ob in romanischer oder in römischer
Zeit, und ganz besonders interessant ist diese Frage solchen Be-
griffen gegenüber, die am Boden festgewachsen sind, da sie uns
eine Auskunft über das Alter der Germanisierung geben. Bei fruit
giebt es nun zwei Möglichkeiten. Entweder die Deutschen sind
erst nach der zweiten Lautverschiebung gekommen, haben y>i(ia
vorgefunden und behatten oder sie sind Wher erschienen, kötmen
dann aber nicht mehr fruía gehört haben, da sich dieses in ihrem
Munde unfehlbar zu fruze umgestaltet hatte, vgl. Zürich aus Titri-
cum, haben vielmehr /riii/a übernommen, das za frvll wurde wie
gal lo -römisches Stdunutn zu Siliert. Von diesen zwei Annahmen
scheint mir die letztere die richtigere. Wissen wir auch nicht genau,
wann der romanische Wandel von / zu d, wann der oberdeutsche
von d ZV. t vor sich gegangen ist, so beweist doch ahd. chitina,
nhd. kelle aus cadena^, dafs die deutsche Umgestaltung jünger ist
als die romanische. Somit würde die liesiedelung der Gegenden,
in denen fruì vorkommt, durch Germanen in eine sehr alte Zeit
hinaufreichen, ohne dafs man aber daraus auf sofortigen Unter-
gang des Lateinisch-Komanischen schüefsen dürfte. Die Doppel-
entwickelung von Sedunum zu Sion und SilUn, das eine nach roma-
nischen, das andere nach germanischen Lautgesetzen, zeigt, dafs
hier von Anfang an beide Nationen nebeneinander wohnten, und
' eattna häLlc itU alles Lebowott t lix tt gewaadelt.
W. IdETBR-LÜBKB, BTTMOLOGIBN. 533
SO mögen die Deutschen schon lange vonfruiien gesprochen haben,
deren Umwohner noch ganz romanisch sprachen.
Wer einmal den Aufsatz fortsetzen wird, mit dem G. Paris vor
einem Vierteljahrhundert die Romania so glänzend eröflhet hat,
wird das hier aufgeworfene Problem in einer Weise zu vertiefen
und erweitem haben, die ich jetzt nicht einmal andeuten kann.
Lomb. ¿uva.
Das eben erwähnte Glossar von Arbedo giebt dem Etymo-
logen noch manches schwere Problem, auch nachdem C. Salvioni
mit gewohnter Sachkenntnis in den beigegebenen Anmerkungen
eine Anzahl schwieriger Fragen gelöst oder der Lösung nahe ge-
bracht hat. Ich wähle noch ein Wort aus, das in mehrfacher
Hinsicht interessant ist
Gttiva 'molle di legno per raccogliere i ricci delle castagne',
dazu die Anmerkung *v. Schneller 1. e. 148, dove però non è dato
r etimo giusto (jugum)' und der Nachtrag Ma costanza, con cui i
dialetti oñrono qui gt (mentre s' ha gtof e zo/) e il friul. giove
sembreu dar ragione alle Schneller, che propone una base comin-
ciante per r/- e più ancora a chiunque ne proponesse una movente
da gr.
Dann also der Artikel von Schneller Romanische Volksmund-
arten S. 148:
Gtoa s. f. eine gegabelte Stange zum Pflücken gröfserer Baum-
frûchte, auch überhaupt andere ähnliche Instrumente. Bol. ferr.
giova id., venez, gioa, giova id., dann wie mant gioa ein gegabeltes
Tischlerwerkzeug, welches zur Befestigung von zu hobelnden Brettern
dient Lomb. gida eine Art Zange, welche dient die Kastanien aus
der grünen stacheligen Hülle loszuschälen. Friaul. glove Punkt, wo
ein Stamm oder Ast sich teilt; gegabelter Baum; Strunk, welcher
in der Erde befestigt wird, um daran die Ochsen während des
Beschlagens der Hufe festzuhalten; daher sglovà v. das Holz an
der Stelle eines Astes spalten. Sämtlich von ahd. chlawa, auch
ciâat chlôa Klaue, etwas Gespaltenes, Kralle, Haken.
Ich habe dazu nur Weniges zu bemerken. Der Vokal ist
überall q oder u, d.h. derselbe wie in Jugum, nur bologn. ¿ova,
romg. ¿ovia zeigen das o, das sonst iai, ö entspricht, sind aber
vielleicht erst aus dem Norden eingedrungen. Giova als Wort der
Schriftsprache kennen einzelne Dialektwörterbücher, z. B. Mattioli
und Azzi, aber weder Petrocchi noch Rigutini- Bulle führen es an
und ofienbar ist es nicht toskanisch. Das eigentliche Verbreitungs-
gebiet ist somit Friaul, Venezien, die Lombardei und die nördliche
Emilia, westlich fehlt das Wort in Piémont und Genua.
Wir haben also eine Grundform giova oder gicòa anzusetzen
und damit ist Schnellers Deutung als hinfallig erwiesen, da die
von ihm angeführten Wörter im Romanischen ç zeigen müfsten.
Trotzdem glaube ich germanischen Ursprung annehmen zu dürfen
ynd zwar denke ich an d^en longobardischen Vertreter des nhd.
J34 TSRMISCBTSS. TT. ZUK.
«klobeu'. Mbd. ¡Mm heiTst «g«qMiltonei HobMek MmFarfbritefip
gespaltener Stock zum Vogelñíag'; afad. ÌM$ hit 4ie kliMe Be-
detttcmg und dafs das Wort zur BesaidmiRig ^venoUedeaiat ge*
gabelter Werkzeuge .dient, kann man %.%. an d^na AitiM «Mb
in Sdiweizeriaclien Idiotikon sehen« Dia Tfaytenlnng pafit. ätaa
recht gut zu dem romaniadieii gk^^a*
Ntin aber die Form. Genn. 9 wird cfandi vom. ^ besw. m
wiedergegeben: afr. hunt ans kñsa^ airfseidem ist VUkm ein min»»
lidier »-Stamm, ^/ot« verlangt einen weMidien ««Staannu Dfe
lettiere Sdiwierigkeit hebt sidi «rfoi^ wenn man koU» Umrf^ be-
rflcksiditigt, das die geforderte Stammfcmn hsl» also godft. Utiê^
ahd. i(/a^ lantén wirde. Bfit der gothbdien .Porta wSie «ndi dsr
Vckal von giqoa erklärt nnd wenn man sidi mdH woU an der
Annahnu» entsdüiefsen kann, dafs die Gothen bei ihrer Wandttrug
dmrdi die Podiene das Wort dagelassen haben, so Mirt mm du
VoMltnis von goih. undft^ ahd. wolf und longobardisdìffì Eige»*
namen anf -a^ (Kluge;, Grobes GrvrndriTs I 389)1 dab daa \¡m!g>^
bardische u ebensowenig gebrochen wurde wie das goädsdi^ da&
also das fragliche Wort auch im Longobardisdien u («s iicHn. #)
im Stamme hatte. Also lomb. ¡uva stammt von )aiu¿ck^ *íMe.
Der Wechsel von ki und gl ist allerdings nodi unerklärt, begeg*
net aber in mandien anderen Wörtern, ist also kein weaentUdies
Hindernis.
Sind diese Ausf&hrungen riditig, so ergiebt sidi, dab Hal
t0ta auf anderen Wegeint entvreder von anderen gemaidsdMn
Timmen oder wie giardina durdi französisdie Vermitteluag aol^
genommen, ist Hofiœuich erbarmt sich bald jemand, der mit den
notígen Kenntnissen in altgennanischen und in italienischen Mund-
arten ausgerüstet ist, der germanischen Elemente im Italienischen
und löst diese und alle damit zusammenhängenden Fragen.
pruma für pruna.
In der französischen Schweiz und Savoyen reimt der Vertreter
von pruna nicht mit luna, sondern mit pluma. Die nördlichstoi
Ausläufer dieser Form finden sich, wie aus Tabelle 8 bei Zimmerli
die deutsch-fianzösische Sprachgrenze in der Schweiz I ersichtlich
ist, im Berner Jura und zwar wahrscheinlich nicht erst in Mont-
sevelier, wo man noch heute prSm spricht, sondern einst in Bou-
rignon, Movelier imd Soyhière, wo heutiges prön neben ¿Sn aus luna
sich wohl als Umgestaltung des schriftsprachlichen prune erweist
Die Ȕ-Form zieht sich dann durch Neuenburg, Waat, Wallis bis
Savoyen, wo sie von Brachet für Albertville noch verzeichnet wird,
wogegen mehr nach Westen die Wörterbücher far Lyon und Dau-
phiné sie nicht erwähnen. ^
Woher das mi Ich habe mit grofser Reserve die Möglichkeit
einer lautlichen Erklärung, Wandel des n za m unter Einflufs des
labialen Vokals angedeutet (Rom. Gramm. I § 452), doch ist ein
derartiger Vorgang gerade diesen Mundarten sonst fremd und hätte
H. SCHUCHAKDT, ETYMOLOGIEN. 535
doch auch in luna eintreten müssen. Auch an assimilierenden £in-
Einñufs des /- ist natürlich nicht zu denken. Eher könnte man
annehmen y dafs nicht pruna sondern jtQovfiVOV zu Grunde liege,
sei es dafs die Gallier es vermittelt hätten, sei es dafs von Mar-
silia noch in gallo-römischer Zeit ein Einñufs stattgefunden hätte.
Da somnu in den meisten dieser Mundarten m zeigt, so wäre vom
Standpunkt der Laute nichts dagegen einzuwenden. Bedenken
erregt allerdings savoy, prdma neben sdne^ noch mehr der Um-
stand, dafs man schwer begreift, wie XQOVfiVOV gerade nur in
dieses Gebiet gedrungen sein sollte.
Der Zusammenhang dieses *pruma mit deutschem pflaume^ ahd.
pfrüma liegt auf der Hand, konnte aber so lange nicht zur Er-
klärung benutzt werden, als das Verhältnis von pfruma zu pruna
unaufgehellt war. Die Annahme nämlich, dafs das deutsche Wort
dem Südostfranzösischen entstamme, scheitert daran, dafs auch die
Angelsachsen plume kennen. Nun äufsert sich J. Schmidt, Kritik
der Sonantentheorie S. iii, indem er zugleich Kluges Auffassung
eines p~n zu p^m mit durchschlagenden Gründen ablehnt 'man hat
mit der Möglichkeit zu rechnen, dafs ahd. phrüma, Ortsn. Phru'
mari, nhd. pf räume nicht aus lat. prunum umgestaltet ist, sondern
durch thrakische oder illyrische Vermittelung auf ngovfivov zurück-
geht; sind doch die nördlichen Gegenden der Balkanhalbinsel
Hauptsitz der Pflaumenkultur. Diese Entlehnung würde geschehen
sein, ehe die Slawen sich als Keil zwischen die Germanen und
das oströmische Reich schoben'. Daraus ergiebt sich, dafs pruma
im Germanischen sehr alt sein mufs, und die Möglidikeit ist ge-
geben, dafs die Burgunden bei der bekannten Güterteilung mit
den Galloromanen in Savoyen und der Westschweiz dem roma-
nischen pruna ein pruma gegenüberstellten und in diesem Falle
mit ihrem Worte Sieger blieben. Das Verhältnis von dem sûdostfrz.
*pruma zu pruna wäre also annähernd dasselbe wie das zwischen
frz. gué und lat. vadun^. ^_ Meyer-Lübke.
4. Etymologien.
Span, sabio u. s. w.
Diez sagt: „entwickelt sich leichter aus sapius als aus sapidus^
wohin man es gewöhnlich stellt". Ist hier nicht ausnahmsweise das
Aeltere das Bessere? Das Bedenken wegen sabio aus sapius liegt
auf der Hand (Meyer-Lûbke, Gr. I § 508).^ Sabio, sabi, sarve aus
sapidus hingegen stimmt gut zu tibiOf tebi, lieve aus tepidus.
Afflare,
Dafs afflare „anblasen", „anwehen" auf dem von Diez ange-
gebenen Wege zur Bedeutung „finden" gekommen sei, hat mir nie
1 Vgl. hieriu »och WöIiBins Archiv V 458. [Hrsg.]
530 VKRMISCHTBS. W. ZUR WORTGESCHICHTE.
recht einleuchten wollen. Wenn ich mir vorhalte, in wie manchen
und wie oft auch in unsern Sprachen „ich finde" durch ein In-
transitiv (Passiv, Reflexiv) mit dem Dativ oder einem präpositio-
nalen Kasus wiedergegeben wird: „es begegnet mir", „es stöfst mir
auf", „es kommt mir zu Gesicht", „es zeigt sich mir" u. 5. w., m»
möchte ich glauben, dafs man damit begonnen hat z\i sagen: (mihi)
affiatar „es wird mir zugeweht", „zugetragen" (s, Georges), und
daTs dies in (a me) a/ßalur umgedeutet und umgebildet worden
isL Aus einem afflalum habeo ^ mihi afflatum est konnte leicht
ein Präsens off h abgezogen werden, aus « afflai =^ afflatur leicht
ein Transitiv afflai nach Analogie von ¡rova: si trova, incontra:
s'incontra u. ä., wie umgekehrt aus einem olvido ein se me oh'ida u. ä.
Will man lieber von einem intransitiven mihi afflai „es vreht mit
zu" ausgehen, so würden sich hinlänglich Analogien darbieten, wie
riesco: mi riesce, convengo: mi conviene u. s. w.; es könnte insbeson-
dere auch jene Auffassung der Gegenseitigkeit sich geltend ge-
macht haben, die vorliegt in: „es stöfst mir etwas auf" ^ „ich
stofse auf etwas", „es begegnet mir jemand" ^ „ich begegne
jemandem" u. ä.
Bei dieser Gelegenheit will ich auch des andern Verbs für
„finden" gedenken. Von den neuerdings vorgebrachten Herleilungcn
desselben reicht an Wahrscheinlichkeit keine auch nur entfernt an
die Diez'sehe heran. Von lautlichen Bedenken fallt fur midi nur
das wegen des gaskognischen b fiQr lat. b in prov. trabar ins Ge-
wicht; dafs „auch ein Stamm mit ú zulässig ist", hatte Diei nicht
ohne Grund gesagt. Die Bedeutungsentwickelung gewährt mir
keinen Anstofs: „stöbern" wird leicht zu „aufstöbern". Hierzu die
abgerissene Bemerkung, dafs kymr. cynhyrfu aus lat. conturbare auch
die Bedeutung „anregen", „in Bewegung setzen" hat, während
eythryfiu aus conlurbiilare, "contr abalar e der ursprünglichen Bedeu-
tung treu geblieben ist.
Zu mauvais = malifatius.
G. Paris Rom. XXV, 335 sagt von mir in Bezug auf meine Be-
merkung Ztschr. XIX, 577: „je ne comprends pas pourquoi il n'ad-
met pas qu'on lui oppose le traitement de \f dans ehalfir chauffer
calefare". Ich antworte darauf: ich lasse diesen Einwand des-
halb nicht gelten , weil das franz. Wort nicht von lat calefaccre,
sondern, wie schon Diez angiebt, von einem lat. und zwar schon
früh bezeugten calfacere herkommt. Oder man kann auch gani
im allgemeinen sagen : das e von calef acere schwand lange vor dem
Wandel des intervokalischen f in v, das i in malifatius aber erst
später. Ich erkläre sodann meinerseits, dafs ich nicht verstehe,
wie G. Paris angesichts der für v aus f beigebrachten Zeugnisse
diesen Wandel Rom. XIX, 619 — er verweist hierauf an der an-
gegebenen Stelle — als „tros peu probable" bezeichnen kann. Ich
glaube mich zu entsinnen, dafs an einer dritten Stelle der Ro-
mania, die ich indessen augenblicklich nicht wieder entdecken kann
J. X7LRICH, ETTMOLOGIBN. 537
(wie sehr fehlt uns eine neue „Table analytique" zur Romania!), er
selbst icrotulles auf scrofellae bezieht, was doch nicht ohne die An-
nahme einer Mittelform *scr<wellae möglich ist j^ Schüchardt
5. Etymologien.
fr. brûler, it bruciare etc.
Beim Verbrennungsprozefs kommen verschiedene Erscheinungen
in Betracht: Wärme, Licht, Geruch, Geräusch. Als Knistern ist das
Brennen aufgefafst worden in dem altfranz. bruire^ das neben der
nfr. auch die Bedeutung von brûler hat Neben der Form bruire
kommt auch bruir vor, wie schon Burguy notierte; weist ersteres
auf brügere^ so letzteres auf brügire. Wir dürfen also eine Wurzel
brüg' ansetzen, die selbstverständlich nicht ein vorgeschlagenes b
hat (zu rug'\ sondern die sich verhält wie z. B. crac' zu rar-.
Körting wird nicht fehl gehen, wenn er in brug^ einen Ablaut
zu brag' sieht, einer Wurzel, die ähnliche Bedeutungen aufweist
(brennen, schreien).
Vergleicht man die Partizipien von Verben, die mit einem
Guttural enden, so sehen wir beispielsweise:
frigo — /ricium — frixum
fingo — fictum — fixum,
d.h. die Form -/«w, ursprünglich die ältere, weicht der Form auf
'sum^ ohne immer unterzugehen. Das fr. bruit repräsentiert brüctum,
neben dem sich brüxum einstellt Dem engadin. brûschêr, oberi.
barschar genügt die Form brßxare; geht es im Ital. nicht in ë
über, wie Meyer-Lübke annimmt, so wird bruxiare dem it brusciare
••— bruciare (cf. bascio — bacio) genügen. Das frz. brusler endlich
stellt brüxuiare dar, während vielleicht it brustolare Deminutiv zu
einem nicht belegten brustare = bruxitare ist, das sich zu *brugere
verhalten würde wie taxitare zu tangere.
bassus.
Dafs battffere zu battere geworden sei, wird allgemein ange-
nommen, cf. Gröber AflL I 249, Meyer-Lübke Rom. Gramm. I 422.
So konnte dann battere in die Analogie von mittere eintreten und
ein Part. perf. bassum erzeugen, wie mittere missum; bassus verblieb
in der Funktion des Adjektivs, während für das eigentliche Part
battutum funktioniert, von dem nicht sicher ist, dafs es noch nach
baituere gebildet wurde wie minütum : minuere; es wird eher Neu-
bildung sein nach vendere — vendutum. Dafs bassare, bez. bassiare
sich oft mit der Bedeutung von' battere streift, braucht nicht weiter
ausgeführt zu werden; interessant ist, dafs im Oberländischen das
Part zu better bess heifst, d. h. dafs die gleiche Erscheinung, die
wir im vulgärl. battere — bassus haben, sich in einer Einzelsprache
von neuem wiederholt. j \5vBica,
Frans Rfumlnger, Ueber die Allilteration bei den Gallai
nern des 4., 5. und 6, Jahrhunderts. (ProBramm des Kgl. hnnli
Gymnasium Landau far dns Schuljahr 16^4%.}
Eine ungemein fleifiige Arbeit. Der Verfasser hat die geiamte i^lo-
]ateinische Litleralur dreier Jahrhunderte sorglallig durchforscht, das ^undene
Material in zweckentsprechender Weise verwertet und nicht wenige Beweise
Klbatändigen Dcnki^ns gesehen. Der Hauptverdienst seiner Arbeit beruht aber
darin, dafs er die Entwicklung der latrinischen Allitterndon bis ios Alilrsn-
zösische hinäber verfolgend den ersttn Schritt gelhan hat zur Lösung der
seiner Zeit von Wölfllin aufgeworfenen Frage nach dem Zusammenhang laldn.
and roman. Allilteration. Der Begriff der Allitteration ist früher nicht diu
in Frankreich, sondern auch bei ans ein sehr schwankender gewesen. Becq
de Fouquières in seincin Traili général de U versification française (Parii 1879)
handelt im elften Kapitel (pag. 117 — 238) von der Allitternlion. In den Bei-
spielen aus Iclasstscben und romantischen Dichtern, die er anfuhrt, lilit er
nicht blofs anlautende, sonitorn auch in- und auslautende Konsonanten sllitte-
rieren, ohne Rücksicht darauf, ob die Wörter koordiniert sind oder nicht,
Aach bei uns hat Naekc (De alt ¡Itera Cionc sennonis latini, im rheinischen
Museum für Philologie 3. 324— 4rS. Bonn 1S19) den Begriff der Alhttermlion
■ehr weit gefafst, indem er eine dreifache Altttleration annimmt, am An£u^,
in der Mitte und am Ende der Wörter. Aehnlich verfährt Ebrard, der in
seinem Programm „Die Allitlerütion in der lateinischen Sprache" (Bayrenth
1882) auch inlautende Konsonanten allitteriercn läfst und auch bd nicht ko-
ordmierten Redeteilen beabsichtigte Allitteration annimmL WölfSia betrachtet
die Allitteration nor dann als beabsichtigt, wenn sie zur Verbindung koordi-
nierter Redeteile dient und der Verfasser hat sich nach dem Vorgänge Riese'*
(Allilteriercnder Gleichklang in der französischen Sprache alter und neoci
Zeit. Dissertation. Halle 1888) und Köhler's (Ueber atlillerierendc Verbin-
dungen in der all französischen Litteratur. Zcilschr. f. nfii. Sprache n. Litte-
ratur Bd. XII pag. 90 — 110) dieser Definition angeschlossen. Doch íñhit er
auf Seite 12 auch einige interessante Fälle von allitterierenden Vcibindni^en
nicht koordinierter Redeteile an.
Aus den Sammlungen des Verfassers ergeben sich in gewissen Fällen,
wie es scheint, interessante Schlüsse auf die Aussprache des gallischen Lateins.
Sind auctorUas opinio, audilus ¡»¡oratui, audilus ol/actus, augto omo, aurii
oculus, auris os, aurum opes, aurum ornamenta, aurum esirum etc. wirk-
F. RANNINOBR, ALLITTERATION BBI DBN GALLOLATEINERN. 539
lieh allittenerende Verbindangen, so wäre anzanehmen, da(s au, wenigstens in
einigen Gegenden, schon froh zu d monophthongiert worden ist. Dürfen wir
annehmen, dafs Verbindungen wie caeiestis secularis, caeUsHs sempiternus,
caenum sordes, caelum solum, caerula sulphurea, cibus somnus, cito sero,
sedit cessavit, seg-nis celer, statua caementum wirklich allitterieren? In diesem
Falle müfsten wir zu der Annahme gelangen, dafs bereits in der lateinischen
Schriibprache Galliens die Entwicklung des stimmlosen Mediopalatals W* durch
ts zu s sich vollzogen habe. Zur Annahme einer schwachen AUitteration
zwischen stimmhafter und stimmloser Explosiva à und /, sowie zwischen /
und V, erscheinen die vom Verfasser beigebrachten, nicht allzu zahlreichen
Verbindungen freilich nicht ganz ausreichend; im Altfranzosischen ist die
schwache AUitteration, wie der Recensent durch eigene Nachforschung sich
überzeugt zu haben glaubt, wohl nicht zu leugnen. Wenn wir nur die
Chansons de geste heranziehen, fìnden wir schon eine grofse Anzahl solcher
Verbindungen, z.B.:
banières penon Chevalerie Ogier 6466 (p. p. Barrois, P. 1842).
barbacanes postiz Bucves de Commarchis 495 (p. p. Scheler, Bruxelles 1874).
baron per Aubry le Bourgoing 51, 6 (p. p. Tarbé, Reims 1849).
baron prince Jérusalem 843 (p. p. Hippeau, P. 1868).
barres postiz Mort Garin (p. p. Du Méril, P. 1846) 56, 6. 160, 14.
batre paumoiier Aubri 102, 4.
bêle parée Vie de Saint Thomas 157 (p. p. P. Meyer Recueil II 303—321).
bêlement et en peis Alexandre 82, 13 (herausgcg. v. Michelant, Stuttgart 1846).
beles plesant ibid. 134, l. Bueves 73. 3681.
biaus preus Alex. 123, 12.
biés pies ibid. 389, II.
blanche polie Enfances Ogier 1470 (p. p. Scheler, Bruxelles 1874).
blois per s Gay don 7186 (p. p. Guessard et S. Luce, A. P. d. 1. F. VII).
boisdie ponee Aubry 75, 9.
bois plaigne ibid. 55, 24.
bois plessié ibid. 52, II.
bore pont Ch. O. 4604.
enbracii enpdgnie Bueves 2726.
brandir pamoiier Girart de Viane 83, 20 (p. p. Tarbé, Reims 1850).
bras pis Bueves 514« Mort Garin 112, 15.
bras poins Chev. Og. 128 18.
pains bUs Huon de Bordeaux 5875 (p. p. Guessard et Grandmaison, A. P.
d. 1. F. V).
plains bos Chev. Og. 1224. Coronemcnz Looïs 23 (p. p. Langlois, P. 1888,
S. d. a. t.).
pUsans bonne Bueves 3362.
piorer braire Jérus. 522.
point broce Chev. Og. 1802. 1839. Alex. 34, 9. Jérus. 1528.
porte baille Chev. Og. 3020.
preu bel Bueves 585.
preus ber Chev. Og. 9612. Macaire 1476 (p. p. Guessard, A. P. d. 1. F. IX).
prince baron Bueves 177. Jérus. 139. Aubry 51,4. 58,3.
prœce barnaiges Alex. 193, 8.
54^ HBSFSBCSBUlKUEIi» fffAlJUWIimj
prœcê honte ibid. 159, 15.
fnms väaäle ibid. 316, 10.
JSgrs vigoTuus ibid. 34, 19.
ßers voUntüi Cbev. Og. 7023.
fiers voUntriu Bnevei 1329.
fi$it vrak ibid. 46.
fent vaiie Alex. 301, 8.
farce valor Aiibry X09» 21.
y^r^ tvf/M Cbev. Og. 1862, 3005. 6542. 6606. 11365. Baevct 905. Mort
Garin 245, 4. Alex. 90, 32. 400,20. Aquis 2337 (p. p. Jonon des Loa-
grais, Nantes 1880).
force Vigor Aabry i, 17. 35, 18. 56, 14.
twi forment Alex. 224, 8.
vùasfrailes Chev. Og. 3573.
Gewöhnlich macht sich hier dnrch Setsimg des entbehriichea sweitea
^Wortes die Absicht sn allitterieren bemerkbar. So Uegt bIsweEea w^^farig
oder Gegensats anch vor in Verbindungen yon d und t^ von tonender mid
tonloser Spirans i nnd 1, von il und g, s. B.:
dient sunt taisant Alex. 57, 28.
doel torment Anbry 81, 10. Chev. Og. 3074.
dot trister Alex. 321,23.
dotant trist Prise de Pampelnne 2670 (heransg. ▼. Mnssafia» Wien 186^
droit tort Gaydon 3063.
dammaige tempeste Jonrddn de Blaivies 1526 (heransg. ynm K. Hofinann,
Erlangen 1882).
tables dés Joìr as tables e as dés Girart de Viane 162, 18.
temple donjon Jérns. 15.
tesmoinst die Alex. 380, 19.
tonnent dampnacion Vie de St. Thomas 106.
tors drois Alex. 122, 28. Girart de Viane 24, 2.
tour donjon Aabry 58, il.
triste dolente Bueves 1362. Aabry 91,20.
jone chenu Mort Aymeri 3847. Prise de Pampelone 2239.
jort champs Aye d'Avignon 827 (p! p. Guessard et Meyer, A. P. d. L F. VI).
jovencel chenu Gayd. 6844.
chante joé Renaus de Montauban 47, 2 (heraasg. v. Michelant, Stuttgart 1882).
chevaliers gens Mort Garin 213,3.
chiis genous Gai de Bourgogne 5 14 (p. p. Guessard et Michelant, A. P. d. 1. F. I).
caiaus greis Chev. Og. 2344.
caiele guie Chev. Og. 12582. Alex. 96, 1.
conduire guter Chev. Og. 914. 5042. Alex. 169, 19.
confundi gasta Alex. 231, 34.
conrees garnis Mort Garin 49, 17. Alex. 237, 23.
cors graisles Jérus. 1359. 1857.
corsu grant Chev. Og. 8423.
eras gros Alex. 233, 28. Gaufrey 2052 (p. p. Guessard et ChabaôUe, A. P.
d. 1. F. m).
F. RANNINGBR, ALUTTERATION BEI DEN GALLOLATEINSRN. 54 1
garnis conraés Aubry 1 16, 1. Prise de P. 1479. Floovant 2374 (p. p. Gues-
sard et Michelant, A. P. d. 1. F. I).
gcLstie conf undue Girart de Viane 160, 19. Alex. 12, 32.
gastie conquis Alex. 73, 24.
graues cors ibid. 402, 15.
grans quarr ees Chev. Og. 8418.
grans cor sus ibid. lOOIó.
grans créu Gayd. 3916. Aubry 52, 18.
grant parcréu Alex. 289, 32. 222, 23.
grant cruel Chev. Og. 3844.
gros eras ibid. 10483.
grose parcrêue Alex. 290, 23.
gros quarre Gui de Bourgogne 1 806.
guerredon covent Chev. Og. 10925 (Par guerredon et par iteil covent).
In der Chanson des Sai sues (p. p. Francisque Michel) findet sich Bd. II
pag. 46, V. 17 sogar eine schwache Allitteration zwischen zwei Personennamen
»,£t Caanis fu morz, Guiteclins tsaiziez**^ ebenda pag. 51, v. 5 die Verbindung
prou baron und 39, 1 1 jou chançon. Aus Alexandre le Grand au Moyen- Age
(p. p. P. Meyer, P. 1886) haben wir mehrere solche Verbindungen notiert, z. B.:
im Albenc de Besançon : poyn braz v. 72.
Manuscrit de l'Arsenal: conte gonfanoner 83,55.
Manuscr. de la Bibl. Imp. No. 789: blandir prüer 44.
pers barons 437.
torment destrucción 873.
Thomas von Kent : fort vigorous 32.
Manuscr. de Venise: bor s palet 937.
Auch auf anderen Gebieten der altfranzösischen Litteratur finden sich
solche Verbindungen, z.B.:
bonté puissance Mystère d'Adam v. 76 (Constans, Chrestomathie p. 222).
eras gros Marie de Franee, Fable du leu et du kien v. 12 (Constans, Chresto-
mathie pag. 194).
afubli vestu Wace's Roman de Rou, herausg. v. Andresen, Heilbronn 1879,
Band H, v. 535.
dolens trespenset Marie de France, Chiévrefoil v. 23, herausg. v. Wamke,
Halle 1885.
torment douleur Mystère de la Passion d'Amoul Gréban v. 25367 (p. p.
Gaston Paris et Gaston Reynaud, P. 1878).
Aus diesen Beispielen, die sich noch ins Unendliche vermehren lieisen,
dürfte das Vorhandensein einer schwachen Allitteration, d. h. einer Allitteration
zwischen stimmhafter und stimmloser Explosiva und Spirans im Altfranzö-
sischen zu entnehmen und zu schliefsen sein, dais in der alten Sprache im
Anlaut stimmhafte und stimmlose Explosiva und Spirans, wenn auch nicht
geradezu verwechselt, so doch wenigstens »icht so scharf auseinandergehalten
wurden wie in der neufranzösi$chen Aussprache und dafs dem Allitterations-
bedürfnis auch Genüge bei Anwendung von gleichem Lautgenufs geschah.
Spielt hier vielleicht germanischer Einflufs mit? Was aber für das Altfran-
zösische gilt, dürfte auch für das Gallolatein zutreffen und Ranninger mit
seiner Annahme einer schwachen Allitteration im Gallischen wohl recht haben.
541 ■
Zu UntcndUnuC tanta *"**■"" ffihit er àm Drtfg voft «
.^ («V«') u>; « Utte noch maf vycMta — fiin *\Mwúmií kfinMm. FIr da
nebergang tod f ta t kaben wir wc^pteni efa Btl^piel te ifaiMrf^, jpniK
««rfú, «lt. ifuiifa, d. /^Ai, gr. nn£ic. ZaUnkto iia4 hftwflkh Ac Sti-
licele für den UebertMig von k n g. Wir habas d* ¿-»afUr gvmd jn^nr
f ownir (afri. ^ emrdr) — vlL V*«!''^' V"*** V*!'^ V*'»*''**' — «L'mw
^rf cmU!« xdjliïy eaettroäam; ferner ^v^b( friBr /rMMr /4b« — «rmuam
eratieMlam, liL griffa au gc, x^vhti; cAtMuanw. Meae Bd^tieie ri»d ja
wohl la wenig aablrdch, aU dab «Ich «ine boatJOTHa Tliearie aaf ^ grfadM
Hebe, jedenblb rind tie noch nicht gcnSgead eAUM «ad bu mnb jede»
&llt der VemcbnAg wldentehfiir aAnnehtaeft» da£h etwa eialge Dialdit*
gebiete die Tendenz gdubt hltten, fi and k (bnooden tot • wnd d« Li-
qnideii r und t) vx t bezw. f n awdchen and v tot f taf tn voUrtea.
b Bezog avf dSe Laat- und Beloinm^Tcrbiltiiifie der allitterieTeiida
VerUndongBi, lowle die Ait Ihrer ZniaioiDeiiaetxDiig bondt due bedcntode
Uebereliutlnuinisg mit dem AUfranaWicben. Anch hier beachdnkt rieh Ot
AllitteradoD nicht Imnar anf den Aalaiit, tie kann AA ridatdir Ibcr wàuen
Laute cTitm±cn, i.B. fonar Ieri Gajd. 5^79, ^"iortní jüm^gmtnt Rid.3711,
porte fottìi Ganftay 5358, ponte porta Aqaiu aij, Tabttte Taatf IMd. ttjfi
[die orale« Vokale rrimen mil den enttpredendoi Naaalen]. An^ àie ak-
fianiÖilBclie Allitlcratitm wnndt idcht in der metriacben CHledemng da
Venea. In AltfraiuSiitchen kann rich die Allltteration d>c9&Ih Iber nrri
Ventellen etatredtai, t,B.:
St JUàUurt *t MÊtiart tt Maltt
Bt MnAd, JArriaui tt Banua
Aliwwiz 6365. 6366 (p. p. Gnettard et Hontaiglon, A. P. d, I. P. X).
£i fei cue je dot la saintùnu coretu
Et les saùti clans et la crois Chev. Og. 879S. 8799.
Chevatiehtttí far vaus, far fuis et far fra
Par fluies, far orn Gui de Bourg. 186. 187.
Bel dici oder mehr koordinierten Gliedern haben wir anch im Alltran-
xöslschen künstliche EntgegensteUnngen wie bei der Keimvertchlingting, i.B.
aab, abb, aba, aaa, abba, abab, aabb:
I. qui euer a et earage et eiert dt baran Alex. 131, 18.
Î. civaus, diners, drais Prite de Pampelune J78.
3. äset safari et javenet et f reis Alexandre le Grand, Hannaci. del'Ar-
tenal 33, 169 (p. p. P. Meyer, P. 188&).
4. fvls fels forstnai Girart de RonttiUon 347, 31 (p. p. Ft, Michel, P. i8sQ.
5. mais ne somers, eevalt ne missadtr Chev. Og. 666$.
6. Jiert et hardis tt fors et adurés Knlancei Ogiei 1894 (p. p. Schelci,
Bnixellet 1874).
7. sane et eervele tsfdndre tt fuins tt fies trancier Alex. 116, 4.
duel sor dolor, ne Joie sor j'mr Moit Garin 57, 9,
ne ti grani ne si grot, st fitr ne ti fourmi Doon de Mayeacc 4991
(p.p.Pey, A.P.d.l.E.n).
Verbindnngen wie fortis infirmus, firmare cof^dert etc. entapreden im
Alt&aniöii»chen I.B.:
F. RANNINOSR, ALLITT£RATION BEI DEN OALLOLATSINBRN. 543
fürt desfie Alex. 130, 12.
semondre mander Gaufrey 1524. Mort Garin 9, li. 129, 2. Ch. Ogier 4837.
morir desmend^rer Chcv. Og, 9520;
doch kann auch nur das Präfix oder auch Präfix und Stammwort des Kom-
positums anreimen; z.B.:
apieU araüonna Huon de Bordeaux 4388 (p. p. Guessard et Grandmaison,
A. P. d. 1. F. V).
mort maUtaüU Chev. Og. 7774. Gayd. 3746. Prise de Pamp. 5003.
pechóte pourfent Aiol 8375 (p. p. Normand et Raynaud, P. 1878, S. d. a. t)
und
mors malmenés Chev. Og. 8955.
mors malmis Alex. 20, 5.
Verbindungen von allitterierenden Personen- und Völkemamen sind im
Altfranzosischen wohl noch häufiger als im Gallolatein und insbesondere aus
den vaterländischen Epen zu belegen:
Aerans Aemi Alise. ICI 8.
Aimes Aimeri Girart de Roussillon 292, 25.
Aquin Atenas Alise. 4224.
Buevon BeUssant Amis et Amiles 1820 (herausgeg. von K. Hofmann, Er-
langen 1882).
Cremu» Cor salz Coronemenz Looïs 464 (p. p. Langlois, P. 1888, S. d. a. t.).
Gtuines Gondelbuef Prise de Pampelune 1 792.
Ingresain Ingrani Ingemars Aiol 4972.
Et Màlatours et Malars et Maures
Et Miraidiaus et Morgans li fais Alise. 4394. 4395*
Rvbestheue Richart Renier ibid. 7770.
Samuel Samul Salmuant ibid. 5447.
Tautolf Tautoifler ibid. 7772.
Yve Yvoire Coronemenz Looïs 565.
Avignon Albe Renaus de Montauban 98, 32 (herausg. v. Michelant, Stutt-
gart 1862).
Babiloine Barhaire Aye d'Avignon 1373 (P* P- Guessard et Meyer, A. P.
d. 1. F. VI).
Berruiers Braibençons Renaus de Mont 142, 12.
Borgoignon Baivier Girart de Roussillon 336, 27.
Calabre Constantinoble Aye 1284.
Flandres Frise Gui de Nanteuil 1873 (p. p. Meyer, A. P. d. 1. F. VI).
François Piamene Frison ibid. 176.
Mons Mabeuge Hugues Capet 224 (p. p. Marquis de la Grrange, A. P. d.
1. F. vni).
Valence Vascler Gui de Nanteuil 366.
Ohne Zweifel müssen wir auch bei nicht koordinierten Redeteilen beab-
sichtigte Allitteration annehmen, wo drei oder mehrere Worte durch den-
selben Anlaut verbunden sind. Auch im Altfranzösischen fehlen solche Ver-
bindungen keineswegs; z.B.:
amont es murs montent li mescrêu Aquin 1254.
Parmi la presse des paiens est passée Chev. Og. 2512.
544
BESPRECHUNGEN. HAMUERICH,
fact franchtmtat figui
k
e de U Passion d'Arnoul Greban v. 2S4JS
(p. p. GnstoD Paris et Gaslou Raynaud, P. 1S78).
Wo nur ïwei nicht koordinierte Redeteile denselben Anlaul icigcn, ist
die Sache iweifelfaaa. Unseres Erachtens kann candido in corpore (Sid. ApoU.
epist. 4, 3) nur dann als beab5ichtij;;te Allittecatioa gesetzt werden, wean der
eigonlUche Ausdruck, der termi: propre, welcher fiir die darzustellende Sache
zu wählen war, geoueden ist, um eine allitteriereade Wirkung hervorzubringen.
So ist es denn auch zweifelhaft, oli wir beabsichtigte AUitteralion aDiuDehmen
haben in altfranzösischen Verbindungen wie bianchi barbe (Rol. 4001), bon
branc (Alei. 273,7. Girart de Viane 138,7. Jérus. 745). daitu droilurifrt
(Bueves 407), Dieu le droiturier (Chcv. Oy. 9636, 10125), •i"^' départie (Vie
de Si. Thomas 3), dure destinée (AubryS, 31. 9,7), lance levée (Chcï. Og.
1163S}, rice roy (Chev.Og.u3S). Eber ist all ¡tterie rende Absiebt vielleicht
aninnelimen in den ungemein häungen Verbindimgeo von mie Etait potril (oder
pas) mit Substantiv, Adverb oder Verb gleichen Atilauts, z.B.:
riesi mit merveille Alei. 273, Jo.
ne se lint mie mus Girart de Viane 74, 19.
mander mie Alex. 416, 13,
mintir mie Alex. 390, 24. J£rus. 1099.
meicroire mie Alex. 4, 20. 401, 27. Mort Garin 'fi, 15. Jiros. 60. 490.
Aber die Gegenprobe ist hier noch za machen. Gesucht sieht auch die
iehr häufig wiederkehrende, fast formelhafte Verbindung von palaii roil dnem
Adjektiv gleichen Anlauts aus, , wie:
palais pavé Aubry pag. 109, Zeile 4 von unten.
Palais plenier Girart de Viane 9, 4. Chev. Og, 9467.
palais principal Alex. 174, 7.
Palais prindpier Aubry 38, 5.
Femer vielleicht auch wo maistre vor einem Hauptwort gleichen An-
lauts Gir das bäaügere principal eintritt 1 z.B.:
maistre maison Girart de Viane 69, 19.
maistre mirmande Guy de Bourg. 1066.
Ferner in sprücbwörtlichen Redensarten wie
ne pas valoir une poire porrie Mort Garin 99, I.
pome porne Alex. 130, 4. Jírus, 2060.
pome parée Aubry 68, 5. Bueves 875,
pome pelée Girart de Viane 9, 24.
la force paist lo pré Chev. Og. 9184.
Wahrscbeinlich auch in Verbindungen wie
sa main ä sa maissele Girart de Viane 137,10. Alex. 252,23. JÌrui. 213.
sa main d son menton Bueves lúg. 8O4.
mur de marbre Chev. Og, 307. Girart de Viane pag. lo, letzte Zeile.
pats plenier Aubry 8â, Zeile 4 von unten.
parler en pardon Gìiatt de Viane 63, 2. Alex. 102, 10.
de Male mort morir Alex. 44, 29.
morir de mal martire Gormont et Isembail 159 (herausg. v. HeiÜgbrodt in
Roro. Smd. III. SOI).
Hàulig und jedenblli beabsichtigt ist auch die AUilteralioo EwiKhcn
dnem PersoDcneamen und seinem Genetivurtibnl, welch' leutcrei, e^
F. RAMNINGER, ALLITTERATION BEI D£N GALLOLATEINBRN. 545
ein Personen- oder anch ein Ländername, Abstammung oder Herkunft aus-
druckt; z.B.:
Ahn U fil% Ansei Gbrart de Roussillon 345, 8.
Asclin le filz Aschier ibid. 316, 14.
Bernart de Brebant G)ronemenz Loois 821.
Garin, le fil Gondree Gayd. 6918.
Richart de Ruen ibid. 5362.
Segurans de Surie Girart de Rouss. 297, 15.
In dem letzten Abschnitt, den wir als den Schwerpunkt der Arbeit be-
zeichnen möchten, handelt der Verfasser mit grofser Sachkenntnis und ebenso
grofser Belesenheit von der Weiterbildung der lateinischen Allitteration im
Altfranzösischen und giebt zuletzt ein reichhaltiges Verzeichnis von lateinischen
Allitterationen, die sich ins Altfranzösische hinübergerettet haben, mit der
entsprechenden altfranzösischen Form. Seine Ausführungen über die Allitte-
rationen auf c (Seite 539 oben) treffen für den normannischen Dialekt nicht
völlig zu. Da im Norden dieser Mundart c vor a nicht zu i wurde, sondern
als k erhalten blieb, konnte eine Verbindung wie coria carnem sich fortsetzen
{cuir car Alex. 144, 26). Die Affrikata kw verliert im Französischen zwar den
labialen Laut, behält aber den palatalen, so dafs die Allitteration nicht ver-
loren geht (z. B. quart quint AJisc. 1033. Gaufr. 3096. Fierabrás 103) und neue
Verbindungen mit ursprünglichem k entstehen können (z. B. cauc quariel Alex.
419,16. cor SU quarre Alise. 321 1. aconduis aquis Prise d'Orange 1627, herausg.
von Jonckbloet in Guillaume d'Orange, La Haye 1854).
Zum Schlufs noch einige Bemerkungen. Dafs die vokalische Allitteration,
wie Verfasser auf Seite 7 in der Fuisnote bemerkt, auch Assonanz genannt
werde, ist doch wohl ein Irrtum; Assonanz kann sich nur auf den Endreim
beziehen. In der Verbindung humilitate honéstate können das u imd das o
des Anlautes nicht mit einander allitterieren, falls nun das h in beiden Wör-
tern stumm war, können wir das Vorhandensein einer rein graphischen und
— wie im Neuenglischen häung der Endreim — blofs für das Auge berech-
neten Allitteration annehmen. Eine solche können wir wohl auch erblicken
in Verbindungen wie honor har dement (Jourdain de Blaivies 1761), honoré
herber gii (Aiol 3696), huee hahais (Hugues Capet 115, Zeile 24), Hardri
Hervi (Renaus de Montauban 39, 13), Hermenfrois Hue (ibid. 149, 14).
Hammskich.
Ii'AficeDBion, mystère provençal du XVe aleóle, publié pour la première
fois, avec un glossaire par A. Jeanroy et H. Teulié. Toulouse, £. Privat
1895. Prix : 2 francs. 35 S.
Das Drama befindet sich in einer Sammelhandschrift von provenzalischen
Mysterien, deren übrige Stücke bereits 1893 ^^^ denselben beiden Gelehrten
herausgegeben worden sind (vgl. Ztschr. 18, 546^52). Es hat dort seine Stelle
zwischen dem „Joseph von Arimathia" und dem „Jüngsten Gericht", zählt
851 meist nicht gereimte Verse ungleicher Länge und behandelt die Himmel-
fahrt, wobei allerdings eine Predigt Christi vor und eine solche des Petrus
nach jenem Ereignisse den gröfsten Raum einnehmen. Eigenartig ist der von
Zdttchr. £ rom PhiL XX 3^
546 BSSPRECHtTNGBN. A. STIMMINO,
dem Verfasser am ScbloTs unternommene Versuch , die den Aposteln dnrdi
den heiligen Geist verliehene Gabe, in fremden Zungen zu sprechen, den Zu-
hörern vor Augen zu führen, indem er ihnen bei ihrer Anrede an die Capa-
docier, Phrygier, Egypter u. s. w. willkürlich erfundene Worte von möglichst
fremdartigem Klang in den Mund legt. Da die Herausgeber die Fragen be-
treffend die Sprache der Handschrift und die Quellen der Stücke bereits in
ihrer ersten Veröffentlichung besprochen haben, so geben sie hier nur den
Text und eine Aufzählung aller der Wörter, welche in Ra3moaard's Lenque
roman, so wie der Verbformen, welche in dem Glossar zu den „Mystères
provençaux" fehlen.
Die Ueberlieferung ist bei diesem Stucke eine recht gute, so dafs die
Herausgeber sich damit begnügen konnten, einige offenbare Schreibfehler zu
verbessern. Dies hätte vielleicht noch in einzelnen weiteren Fällen geschehen
können, so
V. 13 — 14 de ginhols \, ginolhs oàtx ginoihos, vgl. v. 245 — 6, 261 — 2, 335.
V. 148 blatfemot 1. blasfemo, vgl. blasfemai v. 596.
V. 211 Toses 1. Tot ses (so immer).
V. 261 — 2 quant s'en monte, 1. monta; der Konj. ist unmöglich, der
Fehler ist vermutlich durch das vorangehende se apareihe hervorgerufen.
ib. Parodi 1. Paradis, vgl. 290, 406, 409, 415 u. ö.
V. 457 en infern pruou, 1. pruon (wohl nur Druckfehler).
V. 500 en ta pensa, 1. pansa,
V. 505 Vurgolhos 1. urgolhos.
Umgekehrt hätten einige der vorgenommenen Aenderungen unterbleiben
können. So die von y\fñ\pne v. 245 — 6, 338 und 356 — 7, da m vor pn mdur-
fach ausgefallen ist, z. B. dapnatio v. 209; dapnat v. 221, 559, 613, 795;
nopnätn v. 803 — 4. Ebenso die in usuriel/] , da auslautendes r sehr oft ab-
fällt, nicht nur in Infinitiven, sondern auch sonst, z. B. servido v, 47, 58, 62,
69, 75 u. s. w. Desgleichen in co^nlfessio v. 689 gegenüber von coffessar v. 772,
cosiensa v. 701 u. a.
Von den wenigen durch den Sinn erforderten Emendationen war die in
V. 781 quant venra\j\ a ton trespasamen unnötig, da venra (unpersönlich
gebraucht) einen guten Sinn giebt. Dagegen scheinen mir folgende Stellen
noch besserungsbedürfiig zu sein. In La segonda (sc. partida de man sermo)
sera la medesina v. 478 ist wohl de vor la einzuschieben , genau so wie vor-
her und nachher. — In v. 524 Fay las entretant que vives muCs la statt las
gelesen werden, denn gemeint ist restetucio aus dem vorangehenden Verse. — In
Per las grosas viandas» pecador. Que lo metge te deveda, So los malvatz pecati
V. 754 sq. ist per schwer erklärlich. Sollte es etwa „was anbetrifft** bedeuten,
so erwartete man So so „das sind" in v. 756 ; vielleicht ist quar statt per zu
lesen. — Interessant ist v. 288 ¿a poisansa del demoni, La quai lo premier
home Avia subgugada, wo also ein mit habere verbundenes Part. Prat.
sich nach dem Subjekt richtet, gerade als wäre es mit esse konjugiert. Der-
selbe Brauch findet sich einzeln auch im Französischen, vgl. tout ranui Qu*eU
a eüe . . , Li est venus par le cheval Cleom. 12899; ebenso Q.L.d.R. S. 361 ;
Henri de Valenciennes §609; Froiss. XI, 448 u. ö., ja er begegnet noch bei
Ronsard, Pascal, Boileau, Molière und andern Autoren.
Albs&t Stimminq.
JBANROY ST TBULIE, L'ASCBNSION, MTSTÈRB PROVENÇAL. 547
Joseph Texte, De Antonio Saxano (Antoine Du Saix) 1505— 1579,
írancogallico carmìnum scrìptore, thés, fac litt. Paris, proponebat Paris,
Hachette, 1895. 125 S.
Antoine du Saix, Sprosse eines seit dem 12. Jahrhundert in der Bresse
ansässigen Geschlechtes, wurde 1504 oder 1505 in Bourg geboren. Die 1500
geschlossene Ehe seiner Eltern, Claude du Saix und Alis de Girardières,
war mit 22 Kindern gesegnet; vier Söhne traten in franzosische Dienste, zwei
fielen bei Pavia, einer in Neapel; ein fünfter, François, war Doktor der
Theologie und Propst in der Lyoner Kirche; drei Tochter nahmen den
Schleier.
Antoine, der den Grad eines Doktors beider Rechte erwarb, körperlich
eine stattliche Erscheinimg, gehörte dem Hospitaliterorden des h. Antonius an
und wurde noch jung (vor 1532) Komthur des Ordenshauses in Bourg; auf
ihn zielt eine Bemerkung Rabelais' (Garguntua I, 17), der ihn seinen Freund
nennt. Am 9. Juni 1532 wurde er beauftragt bei der Bestattung Margaretas
von Oesterreich in Brou die Trauerrede zu halten; in der französischen Aus-
gabe dieser Rede nennt er sich Almosynar des Herzogs Karl von Savoyen.
In seiner Jugend hatte er sich dem Bruder des Herzogs, Philipp, der 1528
von Franz dem I., seinem Neffen, das Herzogtum Nemours erhielt, ange-
schlossen und befand sich 1533 bei der Zusammenkunft zwischen Franz und
Klemens dem VII. in Marseille, wo Philipp vom Tode weggerafft wurde.
Als 1536 Franz die Bresse überfiel und in Beschlag nahm, überbrachte ihm
Du Saix die Schlüssel der Hauptstadt im Namen der Burgerschaft, was er
vermutlich bei der Vergangenheit seiner Familie ohne Abneigung that 1551
wurde er nach Paris delegiert, um einen Nachlafs der druckenden Steuern
zu erwirken, und abermals 1552, da die gegebene Zusage zuerst nicht ge-
halten wurde. In den folgenden Jahren vertrat Du Saix in Chambery die
Sache des Kapitels der Liebirauenkirche, das sich sträubte zu den Ausgaben
für die neue Stadtbefestigung beizutragen. Bei Erledigung einer Domherm-
pfrunde in seiner Vaterstadt hatte er sich mit Erfolg darum beworben und
war Vorsteher des Kapitels geworden. In seiner letzten Veröffentlichung
(1559) nennt er sich auch Abt von Cheysery; ich denke, dafs er diese in
der Landvogtei Gex gelegene Abtei erst damals nach dem Ruckfall der Bresse
an Savoyen, also nach dem Frieden von Cateau-Cambresis, erhielt Trotz
der Podagra, die ihn heimsuchte, erreichte Du Saix ein hohes Alter, da ihm
erst 1579 ein Nachfolger bestellt wurde. Sein Wahlspruch war: Quoy qua
iiduünne,
Antoine du Saix' Werke sind: L* Esperon de Discipline, 1532, ein Lehr-
gedicht in paarweis gereimten Zehnsilbem, in zwei Teilen, 1531 verfaist Le
blason de Brou, Lyon o. J., vor dem Tode Margaretas begonnen, ebenfalls
gepaarte Zehnsilber. Oraison funebre faide et prononcée aux obsecques et
enterrement , , , de tres illustre princesse Marguerite Dautriche [1532]» am
9. Juni gehalten und in lat. und franz. Sprache gedruckt. La touche naifve
pour esprouuer lamy et leßateur, inventée par Plutarque, taillée par Erasme.
Avec lart de soy aider et par bon moyen faire son proffict de ses ennemys,
Paris 1537, Uebersetzung von Plutarchs Moralien de discrimine adulatoria et
amici , de utüitate capienda ex inimicis, nach der lat Ausgabe von Erasmus
35*
548
bespkbchungeM. ph. á
G, BBCfiLKR,
(1518). Pítíít fatras dung apprentis surnamm/ Uiperantàer de düeipänt,
Paris ISÌ7> <^>°c SamiDlmig lateinischer und framötischn Gedichte, un
19. Mai 1536 abgeschlossen. L' Opiate de Sobriété. LyoD tJJJ oder 15SJ,
wiedetabged nickt im ro])?;ndcji : Marguelis dt pieces diverses, Lyon lS59i
ein ïhntiches Sanunelwetk wie der Fctitz fatras, voiwicgend heiteren Inbails,
am 15. Oktober 1549 abgeschlossen.
In dem Lehrgedicht l'Esperon de Discipline pieist der Dichter die Vot-
zage der Wissenschaft und der Bucher, am der sie âielst. rorzôglich der
heiligen Schrift, und bespricht die Erziehung der Kinder, Du Saii, dei sich
in seiner hohen kirchlichen Stellung als einen eifrigen Widersacher der ora
sich greifenden lutherÎBchen Neuerung hervorthat, macht den Sittenverfill der
Geistlichkeit und ihren Mangel an PQichttreue Inr den traurigen Zustand dei
Kiiche verantwortlich und erblickt im «Trigen Studium das beste Mittel tur
Abwehr der Ketzerei: er hofft, dats die Kirche Bus den über sie vcrhängtei
Prüfungen geläutert hervorgehen wird. Unter diesem Gesichtspunkt legt Da
Sail hohen Wert auf die Erziehung der Kinder, die er nach Plnlarcb, Qnin-
tilian, Filelfo, Sadolet und Erasmus behandelt Wie er in der Bildung era
den wjhren Adel erbtickt, wünscht er, dafs die Lehrer mehr Anschen ge-
niefsen sollen. Das Kind möchte er mil Milde und nur von Männem ia
öffentlicbeu Schulen erzogen wissen; als Zweck setzt er die Abwendung von
weltlichem Tand tmd empfiehlt Grammatik, Geometrie, lateinische and gñe-
chiache Sprache, Musik und daneben Handarbeit.
Von Du Saix' kleineren Dichtungen gicbt uns J. Teile kein sehr Uares
Bild. Bei der Beschreibung von Brou macht er dem Dichter zum Vorwnri,
d»b Et Jean Perreal und Michel Colombe nicht erwähnt; es ist aber gat
nicht sicher, dafs Perreal am Bau der Kirche beteiligt war. Er hat die Eut-
wätfe ium Grabdenkmal Philiberts gemacht, an dem Colombe die Bildhauer-
arbeilen ausführen sollte. Er arbeitete auch an den Planen für die Kirche,
als Lemaire die Reise nach Touts antrat; abei bald darjuf erfolgte sein Zer-
würfnis mit Margarets. Unter Le maires Bauleitung war nur das [ñr die
Mönche bestimmte Gebäude neben der Kirche errichtet worden.
Im Petit fatras finden wir Kcistlirhe Gedichte und abermals satirische
Aasfälle. Im Marquetis übt sich Du Saii in der durch AIciat aufgebrachtes
emblematischcn Poesie und widmet ein längeres launiges Gedicht der Podagr".
die ihn quali. Selbstverständlich finden wir bei ihm die von den Rheto-
rikem gepflegten Reimspielereien und ibie künstliche Reimgruppierungen;
bemerkenswert und ein Zeichen der Zeit ist die Vorliebe för die gepaarteB
Zchnsilber. Aufgefallen ¡st mir auch unter den angelührlen Beispielen eine
Sechssi Ibeivierzeile (p. lOS). Die Sprache macht den Eindrucli einer ttockenen
Korrcktheil, manchmal gehoben und häufig mit Sprichwöttem gcwüizt
Antoine Du Sail gehört lU jener Gruppe von SchriftsleUern ohne aas-
gesprochenen Charakter, die auf Grund ihrer humanistischen Vorbildung die
Lillern tur werke des Miuelallets (selbst Villon und Rosenroin.iD) verachten,
ohne sich von der Formenstairheil und Sc b wer fallì gk eil der Rhetorik« ka-
machen zu können. Er ist Rabelais' Freund wie Jean Boucbet, der Staais-
anwalt von Poitiers, auch GoQtoÍ Tory gehöit zu seinen Bekannten. Lille-
rarisch sind seine Ideale Saint Gelais, Reñí Mací, Herret und Uautice Seve,
„esqtult oAtiU invention, ricAesie dt termes, metap/mrts tien sujrvùi (vor
J. TRXTB, DE ANTONIO SAXANO. 549
Théophile Gantier!), et doulceur de langage exquis et commun délivrent le
preis de per faire ouvrages immortelz en langue françoise" ; und zwar zollt
er ihnen seine Bewnndemng, bevor sie mit ihren Werken vor die Oeffent-
Uchkeit getreten sind. Vergeblich bemüht sich J. Texte auch Marot in den
Freundeskreis einzuführen; von seiner spielenden Anmut ist kein Hauch zu
verspüren. Wenn zum Schlufs Du Saix mit Rabelais' frère Jean verglichen
wird, so ist das ein schlechter Spafs ; ebenso, wenn Karl der V. zum Kaiser
von Oesterreich gemacht wird.
Bedeutender durch ihren Gegenstand und von wahrhaft gediegener Aus-
fuhrung ist die französische Dissertation des gleichen Verfassers: Jean- Jacques
Rousseau et les origines du cosmopolitisme littéraire, étude sur les relations
littéraires de la France et de l'Angleterre au XVIIIe siècle. Paris, Hachette.
Sie zeigt uns die Emigranten und die damals aufkommenden litterarischen
Zeitschriften als erste Vermittler der Kenntnis Englands, verweilt bei Muralt,
Prévost und Voltaire und untersucht eingehend die vielen Fäden, die Rousseau
mit der englischen Geistesbewegung verbinden. Dieses Buch ist ein sehr
wertvoller Beitrag zur Kenntnis des 18. Jahrhunderts.
Ph. Auo. Becker.
Rudolf Zenker, Das Epos von Isembard und Gormund. Sein Inhalt
und seine historische Grundlage nebst einer metrischen Uebersetzung des
Brüsseler Fragmentes. Halle a. S., Max Niemeyer, 1896. M. 5,50.
Theodor Fluri, Isembart et Gormont, Entwicklung der Sage und
historische Grundlage. Basel 1895. (Züricher Diss., nicht im Buch-
handel.)
Selbst ein Epos, dessen historischer Untergrund im wesentlichen so klar-
liegt, wie das Lied von Gormocd und Isembard, birgt eine Brut von Pro-
blemen, deren endgültige Losung kaum zu erhoffen steht Gegenstand des
Liedes ist der Sieg, den der Westfrankenkon ig Ludwig der III. 881 bei
Saucourt über die Normannen davontrug. Allein weder Isembard, dessen
tragisches Schicksal den Kern des Epos bildet, noch Gormund, dessen Ein-
greifen zum Hebel der Handlung wird, sind geschichtlich nachzuweisen.
Augenscheinlich flieist der Bericht des Chronicon Centulense sowie der eng-
verwandte des Guido von Bazoches bei Alberich von Troisfontaines , was
Isembard und Gormund betrifft, bereits aus epischer Ueberlieferung. Es liegt
darum die Vermutung nicht fem, daCs Beide auf dem Wege der epischen
Uebertragung in unser Epos hineingeraten sind, und es entspricht auch der
herrschenden Ansicht, wenn wir die auf uns gekommene Chanson de geste
als das Ergebnis des fortdauernden Verschmelzungsprozesses einer Reihe von
Siteren Liedern betrachten.
Zenker, der in das geheimnisvolle Dunkel der Entstehungsgeschichte
unseres Epos am kühnsten vorgedrungen ist, huldigt ruckhaltlos der Lieder-
▼erquickungstheorie. Nach ihm (S. 174) wäre die Chanson von Gormund und
Isembard aus der Verschmelzung eines Isembardliedes und eines Saucourt-
Uedes hervorgegangen. Dem Isembardliede lägen mittelitalische Begebenheiten
so Grunde, nämlich die Empörung gegen Ludwig den II. im J. 860, speziell
550
BESPRECHUNGEN. PH. AUG. BECKER,
die Belagerung des GasUldcD Iscmbaid m S. Agaia áfi Goti, und der i
folgende Feldiug des pcnannlcn Kaiser? gegen die Saraicncn. speiiell der
Sieg bei Capua im J. 871. Das Saucourtlird berohle auf dem berüliinlen
Siege Ludwigs des III. bei Saacourt mit Eiatieïiehiaig vcrsclii edener rrcmder
Elemente, insbesondere sagenhifter Ueberlieferungeii aber den Nonnannen-
h erzog Rollo.
Die Aimahme, dafs der Castalde Isembard zar Bildung der Sage beitrug,
stütit sich auf den Beinamen ti margará, den Iscmbard im frant. Epos führt,
und auf die angebliche Aehnlichkeit der Erlebnisse des historischen und des
epischen laembard (S. 113 fr.).
Das Wort margari ist von Byzani hergekommen; ¡taytiçC^nir hejfíl
2atn saraxenischen Unglauben abfallen, fiayaçitrji; der Abitünnige. Diese
Aasdiöckc scheinen speziell im 9, Jahrhundert üblich gewesen zu sein, als
mit dem siegreichen Vordringen der Sarazenen die Zahl der Apostnsien bc-
dlohlich lunahm; solche Ausdrücke pflegen ja im Gefolge bestimmter Zeit-
erscheinuDgen aufzukommen und sich zu verbreiten, vgl. i. B. Apostat, Rene-
gat. In Frankreich scheial das Wort nicht populär geworden zu sein, wenig-
stens wird es weder von Mouskel noch vom Vcifasscr des I.ohcT und Maller
verstanden. Allein es ist nicht erwiesen, dafs es hier von jeher unbekanot
war. Zumal im g. Jahrhundert, als der Normanne nanslurm im Norden ühn-
liche Gefahren heraul beschwor wie der Saraienenanlauf im Süden, mag wohl
ein nordfr.'mzosischer Ueberläufer als magariles bezeichnet worden sein, nod
diese später unverständliche Bezeichnung konnte sich irgendwie in der Tra-
dition festsetzen und erhallen. Aber auch am Ende des II. Jahrhunderts war
der Ausdruck margari (vielleicht mit verschobener Bedeutung) in NordfraiUt-
reich nicht unbekannt, wie der Eigenname Margarit dt Sibilìi im Rolands-
liede (ed. Uüller v. 955) zeigt. Das Wort allein beweist also nicht, dafs die
Isembardsage aus Itilien stammen mufs.
Den Gaslalden Isembard kennen wir nut aus der Chronik von Monte-
cassino (MGh. Set. rer. Lang. 475). Die Grafen Lambert und Hildebert
haben sich gegen den Kaiser erhoben, mnssen aber vor ihm Qñchten; Hilde-
beri gehl zum Sultan von Baii über. Ludwig kommt siegreich bis »ot
5. Agata, dessen starke Befestigimg einen längeren Widerstand möglich macht.
Schtiefslich erbarmt sich der Abi von Montecassino seines Verwandten Isem-
bard, des Gaslalden der be lagetlen Stadt; dank seiner Vermittlung wird dieser
vom Kaiser in Gnaden aufgenommen, and die Stadt erhält einen Wafienstül-
iland. wahrend dessen sie kapituüerl.' Das Ist alles, was wir von diesem
Isembard wissen; dafs er später zu den Heiden überging und in den folgen-
den Kämpfen eine Rolle spielte, ist eitel Vermutung; es ist nicht einzusehen,
warum et die Thalen und Erlebnisse der Hauptanlührei der Empörung an
lieh gezogen hätte; es ist auch nicht zuzugeben, dafs die Sage ihn am
«genem Antrieb lum Renegalen stempeln konnte oder mufste. Allerdings
finden wir die Züge der belagerten Stadt und der Fürsprache der Grofsen in
■ Tandem Berlhari abbai condoluit super Hisembardum , consanguineura
sibi et gaslaldium obsesse civitatis, et inlervenit pro eo apud imperatorcm
augustum. Cuius et pTomeruit graliam et pactum dedit dviuti, ac illios ¡mi
protinus urbs mancípala est.
ZENKER, FLÜRI, ISBMBARD UND GORMUND. 55 1
der franz. Isembardsage wieder, aber nur in einer Episode des Loher -tind
Maller, deren Ursprünglichkeit keineswegs verbürgt ist: Vor seiner Verbannung
wird Isembard von Ludwig in Saint-Riquier belagert; als nun Hungersnot
eintritt, reitet er ohne Waffen ins Lager und fleht den König um Gnade an;
dieser will ihn ergreifen lassen, auf den Rat der Grofsen begnügt er sich
aber mit Isembards Gelöbnis, Frankreich fortan zu meiden. Die Aehnlichkeit
zwischen dieser Erzählung und dem obigen Vorfall besteht in so allgemeinen
Zügen — Belagerung einer Stadt und vermittelnde Fürsprache der den König
umgebenden Grofsen — , dafs ein genetischer Zusammenhang nicht als er-
wiesen zu betrachten ist.
Entbehrt nun der Versuch den epischen Isembard mit dem Gastalden
von S. Agata gleichzusetzen einer festen Basis, so wird auch die Einbeziehung
der Schlacht bei Capua (oder von San Martino) in die Bildungsgeschichte der
Isembardsage erschüttert (cf. S. 141 ff.); sie beruht ohnedies nur auf einem
Namen und auf der m. E. irrigen Auslegung einer Stelle. Als in der Schlacht
Huon zusammenbricht, stürzt sich sein Neffe Gontier auf Gormund, wird aber
von diesem verächtlich abgewiesen : er kämpfe an dem Tage nicht mit Knappen.
Eben in diesem Augenblick greift Ludwig persönlich in den Kampf ein, und
Gormund erliegt seinem Schwerte. Zenker nimmt mit Unrecht eine Lücke
nach V. 359 an ; ^ denn v. 548 heifst es nicht, dafs Gontier als Leiche neben
seinem Herrn lag, sondern er war — so verstehe ich die Stelle — als treuer
Hüter neben dem Todwunden geblieben oder hatte ihn zuerst aufgefunden,
als Ludwig die vornehmsten unter den Gefallenen in seinem Zelte bergen
liefs.' Wenn aber Gontier in der Schlacht nicht nel, so fehlt jeder Anhalts-
punkt, um den jugendlichen Schildknappen mit Cuntart, dem bei Capua als
Sieger gefallenen Neffen Kaiser Ludwigs, zu identifizieren.
Das Mifsliche ist übrigens, dafs das Isembard-Guntarilied zur Erklärung
unseres Epos nicht ausreicht. Die Verschmelzung dieses Liedes mit dem
Saucourtliede wird erst begreiflich, wenn man im letzteren eine dem Rene-
gaten des ersteren entsprechende Figur annimmt. Diese glaubt Zenker (S. 154 ff.)
im Normannen fnrsten Rollo, über dessen Vertreibung aus Dänemark und
Flucht nach England Dudo von Saint-Qucntin berichtet, gefunden zu haben.
Uebereinstimmende Züge zwischen den Schicksalen Rollos und des epischen
Isembard kann man wohl fìnden, aber nur in der durch Mousket und Loher
und Maller vertretenen Fassung unseres Epos, in Partien , deren Altertümlich-
keit mir fraglich erscheint. Aber wie sollen überhaupt die Schicksale des
Wikingers zum Gregenstand eines französischen Volksliedes geworden sein?
Wie können Vorkomnmisse unter den heidnischen Dänen solchen Widerhall
in Frankreich geweckt haben? Oder wenn die Rollosage erst später über-
^ Zenker S. 9. 195 n. i. Fluri S. 34 vertritt die gleiche Ansicht
* Dafs Huon noch lebte, als Ludwig ihn auffand, geht aus dem Zu-
sammenhang nicht mit Bestimmtheit hervor. Der Bluterguß (v. 322 ss.) kann
sein Ende herbeigeführt haben, während er schwerlich noch vier Tage (cf.
V. 514) lebend in dem Zustande auf dem Felde hätte liegen bleiben können.
É» häSst auch nicht v. 551 f., man habe ihn aufs Pferd gesetzt, sondern blob
gdxiben; das Halten des Steigbügels von Seiten des Königs ist ein sym-
bolisier Akt, der auch als Ehrung eines Toten denkbar ist Cf. Zenker S. 75.
— Es iit auf don Brftndcr Fragment nicht zu erschliefsen, dais Hugo ein
Venfmdlar dei ÌCftnigi war*
552
flESPRECHUNGEN. PH. AUG. BECKER,
n ursprün glichen Saucoartliede c
e Uifigur als Vetmitlierin der Vet-
bt; IsemLi.-ud det Mar-
ti Kj CUI Wege und »litbl
nommcn wurde, müsieu vît dann aicht îi
dem späteren Rol!o-Isembard entsprechend
Schmelzung ancehmen, und so fort ad inünitum?
Dds Problem dcT Entsteh ungsj^csch ich le unserer Chanson de geste ist
anC diesem Wege trotz der Gelehrsamkeit und der bewundernswerten Kom-
binalionsgiibe, die Zenker cotfahet bat, meines Erachten* nicht lu loîen.
Obwohl sie nicht lu so glänzenden Ergebnissen gelangt, scheint mir Flurii
Arbeil in ihrer vorsichtigen Zurückhaltung dem Wahren näher zu kommen,'
Sehen wir aber von dem ungelösten und, wie t-.t den Anschein hat, auch un-
lösbaren Problem der Entstehungsgeschichte ab, so sind die beiden Unter-
suchungen, jede mit ibren ogenen Verdiensien, als wertvolle Beiträge im
Geschichte des allfranz. Epos dunkbar in begrüfsen. Ich will nun versncben,
auf beide gestütit, die sichergtehenden Ergebnisse der Porachnng zutammen-
znfaSBen.
Das Epos von Gomurtä und Isembard* hat zwei Bearbeitungen erlebt.
Die ältere ist uns durch das Brüsseler Fragment und die Anspielungco des
Chronikon Cenlulense, Alberichs von Troisfontaincs und Galfrids von Mon-
moutli bekannt: Meister Isembard, der Sohn des alten Bernhard, ist tum
Heidenkönig Gormund nach Cirencester in England geHohen und hat ihn be-
stimmt in Frankreich einzubrechen; bei Cayeui kommt es zur Schlacht, Gor-
mund fällt nach heldenmutigem Kampfe von Ludwigs Hand, der sich dabei
verstreckt, eo dafs er nachher keine 30 Tage n
gatit sammelt nbermals die Heiden, lallt aber a:
renmûtig.
Die jüngere Fassung unseres Epos wird vortreten durch Philippe Mousket,
den Prosaroman von I^her und Maller und eine Anspielung bei Nikolaus
von Amiens: Isembard, Neffe dea Königs [in der älteren Fassung nicht gant
sicher] und Vetter Raouh von Cambrai [charakteristiscb !] , ist der Sohn des
Grafen Garin von Ponthieu; die vom Könige begiinstigtcD Schälke {"rf) ver-
anlassen seine Sendung zum Dancnkonig und ermorden seinen Bruder; Ludwig
will die Fehde durch eine Heirat schlichten, scheitert abet an Iscmbardl
Trotze; dieser muís mit seinem Knappen Ludemarl ins Elend, begiebt lich
über England nach dem Orient zu Gormund, schwort seinen Glauben ab [im
allen Licdc unbestimmt] und heiratet Garmunds Tochter Margot: nach vor-
übergehender Ungnade lieht Isembard mil Gormnod gegen Frankreich; Ludwig
versöhnt sich angesichts der Gefahr mit seinen Baronen, indem er auf die
Lchensgeb Uhren verzichtet, die er von den Witwen zu erheben pflegtej bei
' Fluris Arbeil hat folgende Disposition: A. Entwicklung der Sage.
I. Die Sage in der vulgären Literatur; aï Mousket, b) Loher und Maller,
c) Brüsseler Fragment, d) Anspielungen. lì. Die Sage in der laleinischea
Literatur. IH. Die Sage in EngUnd. IV. Die Sage in IrUnd. (S. 9— iOl).
B. Geschichtliche Grundlage (S. 102— 131). Flnris Schlufseigebnii ist nicht
richtig, weil er die Stelle von GelTrei Gaimar nicht kannte.
' Zenker wie Fluri verwerfen die von G. Paris vorgeschlagene Beneanung
Le roi Louis und entscheiden sich mit P. Meyer für Isembarl tt Germani,
Ich halle Gormont et Isembarl Tur richtiger, weil Gotmund als HeidenkÖDIg
im Vordergrund steht; die alten Anspielungen nennen fast durchweg Gorm und
vor Isembard. Wollte man das Lied nach Isembard nennen, was gewüs be-
rechtigt ist, so ücfse man am besten Goimund vom Titel weg und nannte die
Chanson elwa: iioislre Isembart.
ZKNKBR, FLÜRI, ISSBCBARD UND GORMUND. 553
Amiens kommt es znm Zusammenstofs, Gormnnd nnd Isembard fallen von
des Königs Hand, den Sieg entscheiden aber die Frauen von Amiens, die
seither das Vorrecht haben in der Kirche rechts zn sitzen.
Zahlreiche Anspielungen, zumeist ganz allgemein gehalten, finden sich
aufserdem bei französischen und provenzalischen Dichtern und lateinischen
Chronisten. Eigentumlich entstellt ist die Sage bei Wilhelm von Malmesbury;
interessant ist die hier, im Loher und Maller und im Epos Huon Chapet an-
gedeutete Beziehung zwischen Ludwigs frühem Tode und dem Dynastien-
Wechsel; erwähnenswert ist die Verbindung Grormunds mit der Tristansage bei
Gottfried von Strafsburg (cf. Lambert von Ardre). Sonst haben diese Zeug-
nisse alle wenig Wert fur die Geschichte der Sage.
Wichtig ist aber die Anspielung bei Galfried von Monmouth, weil er
die Gormundsage mit der fabelhaften Brittengeschichte verquickt hat: Die
Sachsen verbunden sich mit Gormund, dem König der Afrikaner, der in Irland
eingefallen ist, besiegen Careticus, den König der Britten, und schliefsen ihn
in Cirencester ein; hier kommt Isembard, von seinem Oheim Ludwig unge-
rechterweise vertrieben, zu Gormund und schwört ab unter der Bedingung,
dafs er gegen Frankreich ziehen werde; der Zug dorthin wird aber nicht
mehr erzählt. — Galfrieds Nachahmer, Brut Tysylio, Wace und nach ihm
Layamon, und Vita Merlini, erzählen übereinstimmend, wie das belagerte
Cirencester (Gloucester oder Silchcster, der Name wechselt) dadurch einge-
nommen wird, dafs eingefangene Sperlinge mit Feuer in Nufsschalen an den
Fûdsen angebunden losgelassen werden und die Häuser in Brand stecken.
Die Uebereinstimmung der Bearbeiter Galfrids in der Erzählung der
Sperlingslist macht eine gemeinsame Quelle wahrscheinlich, sei es eine von
allen benutzte Quellenschrift, oder eine jüngere Zuthat in der von ihnen be-
arbeiteten Hist. reg. Britt. [oder gar ein ursprünglicher Bestandteil, der nur
durch Zufall in der Ausgabe fehlt??], sei es eine englische Lokalsage. Denn
eine Entlehnung aus dem französischen Epos scheint ausgeschlossen, weil sonst
der eine oder andere den Versuch gemacht hätte Galfrids Bericht über Gor-
mund irgendwie zu ergänzen, was nicht einmal Wace thut.*
Uebrigens scheint die Sperlingslist dem französischen Epos fremd zu
sein. Nichts deutet an, dafs im alten Gormundliede von einer Einnahme
Cirencesters die Rede war ; es heifst im Brüsseler Fragment v. 472 à Ctren'
cestre à voz cuntrees. Im Loher und Maller findet sich die List, indes sie
sie hier schwerlich alt: Die zweite Landung in England fehlt bei Mousket;
sie ist unbegründet, da Isembard das erste Mal auf seiner Flucht freundlich
aufgenommen worden war. Es hat ganz den Anschein, als hätte der Ver-
fasser des Loher und Maller zwei Ueberlieferungen mit einander verschmolzen,
den Bericht des Gormundepos jüngerer Fassung, das Isembard vor seiner Flucht
zu Gormund nach England kommen liefs, und die englische Umgestaltung der
älteren Gormundsage, welche einen gemeinsamen Aufenthalt Isembards und
Gormunds in England und die Einäscherung Cirencesters durch Sperlinge er-
wähnte. Diese letztere war ja durch Wace nach dem Kontinent gebracht worden.
I Wace hat den Bericht Galfrids durch freie Erfindung erweitert; erst
ein jüngerer Abschreiber hat einen knappen Abrifs des Einfalls in Frankreich
(nach der älteren Fassung) in den Text eingefügt (cf. Fluri S. 83 f.).
554
BBSPRECHÖNGEN. G. G., W. METER-LÜBCK,
la Blngland hingtgea scheint die Sperlingslisl aile UeberliefeTUDg ge-
wesen lu sein. Sic wird von Geffrci Gnimar aU due Ldsiung des läehsiichen
FüratfD Cerdig (Caretìcus) eizählt, ohne Anh Gormund and Iscmbird dabei
erwähnt würden. Vgl. die votirefflichen Auslahningeo Zenkers S. (04 — loq.
Offenbar folgt hiec Gcffrei Gaimsr einer besoaderea Quelle; ofTcnbar liegt hier
eine englische Lokaltage vor, die erst Infolge der Verquickung det Goimund-
sage mit der fabelhaften Britten geschieh te auf Gormund übertragen wurde. Die
Sperlingslist ist nicht mit dem franz. Epos nach England gekommen, sie ist
der Goimundsage eigentlich fremd, wurde erst in England in dieselbe einge-
fügt und ñadet sich deshalb auf dem Kontinent nur in einem spaten Denkmal
(Lofaer und Maller) als jüngere Zulbat.
Die alle Gormundsage hat demnach ihren Ausgangspunkt nicht in einer
englischen Lokalsage. Cirencester in unserem Epos ist nur ein lafallig über-
nommenei Ortsname. Mit anderen Worten, das Epos von Gormund und
Isembnrd ist ein rein kontinentales Produkt, mit det Besonderheit, dafs ein
Teil (nur ein geringer!) England, speziell Cirencester, iura Schauplati hat.
Im äbrigen batte der alte Dichter von den englischen Verhältnissen so ver-
worrene Vorstellungen, dafs für ihn Gormund nicht nur König det Iren,
sondern auch König von Afrika, Kaiser der Lausitzen und Herrscher der
Araber, Türken und Perser ist.
Hier stünden wir abermals vor der Frage nach der geschichtlichen Gmiid-
lage unseres Epos, d. h. vor dem eigentlichen Problem. Im Ludvig unseres
Liedes erblickt man mit Recht Ludwig den UI., den Sohn des Stammlers;
auf ihn pafst der Normannensieg und das frühe Ende; freilich verletzte er
sich erst Jahrs darauf zu Touis unter einem Thorbogen, ils er zu Pferd der
Tochter eines gewissen Germund nachselite. Wieviel Gormund den Danen
Guthorm oder Wurm verdanken kann, ist schwer auszumachen; die Nameni-
form bestimmte vielleicht der eben eiwälinle Germund? Gewifs ist, dafs man
in Frankreicli von den inneren Verhältnissen lier Dänen in England nur tin-
klare und unvollständige Kenntnis gehibt haben kaon. Die wichtigste Figur
bleibt Isembard; sie ist die rätselhafteste. Ist sie geschichtlich í ist sie ent-
lehnt? ist sie crfundeor Jedes ist denkbar, keines zu erweisen. Es können
LokflUraditionen bestanden haben. Ist aber nicht auch Ganelon erfunden?
Für die Nebenfiguren verzichte ich am liebsten von vornherein auf geschicht-
lichen Nachweis. Bekanntlich ist kein Epos ohne Helden und ohne Handlung
denkbar; sind sie geschichtlich nicht gegeben, so mufs sie der Dichter erfinden.
Ph. Aug. Bbckkr.
Hosunlft No. 96, Octobre 1895, T. XXIV.
F. Lot, £litde lur ta provenanct du cycle Arthurien. I, Le sens du
mot Brelan au XII' siicle. Gegenüber Zimmers einseitiger Auffassung von
Stellen der lai. Chronik etc., in denen Brilones, BrÜannia, Sritanniea immer
nur auf Armorica gehen soll, weist L., gestützt auf eine gröfscre Aniohl
von Stellen namenlUch lateinisch schreibender Waliser des II. Jhs., eine Ver-
wendung jener Worte auch im weiteren Sinne nach. Man erkennt, dais, wie
auf dem KontiDcnl Gallia Galli etc neben Praneia und Pranei eiaher^t,
ROMANIA NO. 96. 555
und die Bedentnng der jüngeren Namen je nach dem Standpunkt nnd
der Nationalität der Histonographen eine verschiedene ist (s. Hoefft, France
Franceis Franc, 1891), so anch Britones, Britànnica im antiquarischen Sinne,
neben WalUnses nnd Armorici, in England nnd Frankreich in Gebrauch
bleiben konnten, der Franzose (wenn er nicht Bücher englischer Autoren
übersetzt) also Britones ohne weiteren Zusatz für die Bewohner der Bretagne
ebenso gut wie der Engländer oder Waliser fiir die Britones seines Landes
sagen konnte; — Franzose und Engländer waren dagegen gehalten, jener wenn
er von den Britones Englands, dieser wenn er von denen Frankreichs sprach,
durch einen Zusatz zur Gattungsbezeichnung Britones, wie Wallenses, Armorici,
oder zu Britannia durch ein Wort wie minor gegenüber „Britannia'* u. s. w. be-
merkbar zu machen, dafs er nicht im zunächstgelegenen Sinne (seines Landes) von
Britones und Britannia spräche, sondern von den gleichbenannten Bewohnern
des andern Landes. — L. hätte dies noch kbrer hervorheben können. —
//. De la provenance des lais dits bretons. Die Prüfung des Grebrauchs von
breton in den Lais ergiebt dasselbe Resultat; breton meint armorikanisch,
wenn der Lai in der Bretagne spielt, walisisch, wenn in Grofsbritannien, —
beides ereignet sich in den Lais eines und desselben Verfassers, also bei Marie
de France. Zimmer beschränkte die Verbreitimg und Entstehung der Lais
daher mit Unrecht auf die Bretagne. Im Lai Milon werden Bretons d'Ar-
m ori que genannt, weil darin auch von Engleis (Bewohnern Englands) die
Rede ist. In Folie Tristan (Hs. Douce) erfahrt Tristan von den an der bre-
tonischen Küste gelandeten Schiffern, dafs sie nach „England*' zurückkehren
(sie stellen sich auf den Standpunkt des kontinentalen Fragers), und er fordert
sie auf nach Br etaine, d.i. England, zu segeln (er stellt sich auf den Stand-
punkt der aus England gekommenen Matrosen, die ihre Heimat Bretaine
nennen) u. s. w.
P. Meyer, C et G suivis d*A en provençal; étude de géographie Un»
guistique (mit Karte). Genauer als es durch Suchier im „Grundriís" und
durch W. Meyer - Lübke in der Gram. d. rom. Spr. geschehen , zieht M. hier
die Grenze für das Gebiet des ^A(a) und ^(a), /(a) und ^(a), und zwar stützt
er sich dabei, aufser auf Patoistexte und Urkunden, vornehmlich auf Orts-
namen, bei denen im Etymon ^(a) ^(a) vorhanden war oder wahrscheinlich zu
machen ist, verfährt also ebenso wie Kölscher in seinem Versuch über „die
mit dem Suffix -acum, -iacum gebildeten frz. Ortsnamen" (1890), der der Be-
stimmung des Gebietes der verschiedenen prov. und franz. Reflexe des ver-
breitetsten keltischen Ortsnamensuffixes galt. Die beigegebene Karte 'des süd-
lichen Teiles Frankreichs, in die die in Frage kommenden Ortsnamen in der
heutigen Form, soweit sie feststellbar war, eingetragen sind, ermöglicht einen
schnellen Ueberblick über die gefundene Grenze, die im allgemeinen zwischen
dem 45. und 44. Breitengrade zieht und merkwürdigerweise jenseits der Rhone
ungefähr mit der Grenze zusammenfallt, die man für das Iberergebiet gegen
Norden ermittelt zu haben glaubt, während diesseits der Rhone das Gebiet
der ehemaligen ligurischen Salluvier (Provence) ein Ai-Gebiet gewesen m
sein scheint, in dessen mittlerem Teil (Basses Alpes) nur jetzt auch ch auf-
tritt. Dais M. sein vielfältiges Material sorgfältig gesichtet hat, iit adbat-
verständlich; ebenso dafs er in dem Ergebnis der Untennchimg due Bcttití»
gung für seine Theorie vom Nichtyorhandemeiii v«o DIakkIv* *»^'ifc« olh
äj6
|Mdl Ac topognpblKhcn und die Verkehrs Verhältnisse der Greazgebicte in
uch biet aufsei Belracfal gela^ae
oad IBr élue Strecke ìdi Weslen zur Erklärung einer aufläUigen EcscheiaDog
am eine Hjrpotbei« aneenifen wird.
lf£LAN(ÏES. F. Bonnaidot, A gui Jaiques de Longuyim a-t-ü ü-
m Ì* feèwit 4m „Vmifx du j/aon-. Es ist niclit Herzog Tbiebant 11. tml
LotliriiiKtn, Bodi Onf TUebaut n. voii Bar, wie von Verschiedäien biskn
UgeDammon wvide, Kmäera dessen Sohn Thiebaut, der i30j^ijii Biscliof
TOB Uttkh war. B. «tdlt dc-s fest mit Hilfe eiaes Gedichts einer Metía
Htq Ton llim im Jahrb. f. lotbr. Geschichte u. AlterthumskunJe (1895) gedrucbi,
das, «ble NaeUAdanf der Vaux du pao», die PetsoD jenes Biichofs kriuit-
Hch macht. Cr. G.
A. Thomas, Btymatagiat frmn^ùfi. Càêvtmt, Wsrìiiìaiw, fiAt mt
pro*, caòtdt, itsl. «at«<nw anf *eafäait statt eafititit mrflck; kamt» 'le «otps
d'une ipingle avant qoe la tète 7 soit mÍM' Cmgettaltong mn àmmtt; hafm
in do- RedeoMit Martift à la kofut, ptksrdische Form n awMrr {¡tértear^;
ffmilmr, Tolkietymoloiiach UT Uteres ÂarfaiUair; . ^gmy. ronü 'Geatr^p'
ans *nul*H von ruHum. Sind alle diese DentanfCB swdiellaa lichtlc, 10
glebt doch die erste in denkoL Wie lumunt es, dsb da etfntdogbd so
dnrchiiditiKes Wort wie eafilo ca/Mmi. gäOidti aas cánem ateta gèbiia^
Uchen Stamm« mittelst eines iteu tebiiachlldten Snffizes, dieses StíBm. vb>
tanaeht gegen dn viel sdienereaP Liegt der Grand in der Betonong, widlte
Bsa sn edfä» nicht eafiOnt bilden? Non Uqnet
O. Densnsiann, Fr. fciUfVM. vettddlgt mit K«dt die Diessdw Ber-
Utnng von baJUuz mit glftekUchem Hinweis anf nun. VStftt, nm: wird msa,
wie G. Paris in efaier Not« berroAebt, In dem SnSze gtni. -iitg an sehn
haben, da du Wort tanicht afr. fct&mf lautet. W. MzTxi.-LflBEK.
G. A. Naata, La Dann macabri; der von G. P. in der Rom. 14, 119
erkantite Zosainnienhang voti (dame) Macabre oder vielmehr Macabri mit dem
Namen Mtcciuthattti wird als sehr wahrscheinlich durch den Namen J&Ua-
beusdanj erwiese», den ein niederUndischet, IfSl gestorbener Dichter, Anllio-
nii de Rovere, anwendet.
P. Meyer, La DisetnU de S. Paul en enfer, . . . ntU compUmentaire
B. Ztschr. XX. 417.
A. Moiel-Fatio, &ip. Yogar, ati iwei Stellen im Don Quidiole im
Sinne von jacere, wortipielend mit jocare, gebraucht, wird als =:jacere nul
HiUe der im Fuero Juzgo vorkommeoden Perfekt form ^iff« ^ jacuit featgestdlt,
SU der, infolge der Aehnlichkeit des Ferf. von yogar : yegò, ein analogischei
Infinitiv nach der l . Konj. yugar gebildet worden ist.
COMPTES RENDUS. Marchot, Les glasés de Caesel (G. P.); Kri-
dscher Jahresbericht über die Fortschritte der rom. Philologie, hrsg. v, Voll-
möller u. Otto etc. i . Jahrg. (G. P.) ; '^iWtms, Etude sur i'Yiengriimu
(L. Sudre).
PÉRIODIQUES: Ztschr. f. rom. Philologie XIX 2. 3 (G. P.). — Reme
hispanique 1894. 1S95 (Morel -Patio). — Revue des Longues Romanes 1S94
(P. M.]. — Revue de Philologie Française et Provençale t. VII (1S93}. —
Bnllettìn lilst. et philol. (Corniti des travani hiitoriqnes) 1894, No. 3. 4.
GIORNALE STORICO VOL. XXVII. 557
CHRONIQUE: Nekrolog for A. de Montaiglon und Clair Tisseur.
Nachricht über eine in Cambridge aufgefundene Hs. von Gowers Speculum
hominis und über andere wiedergefimdene oder bisher unbekannte altfrz. Hss.
Notiz über Mommsens Abhandlung über die Interpolationen im gromatischen
Corpus, über eine neue Herleitung von mcUelot aus niederl. mattennoot «=
Matten- (Pritschen)genosse, in einem niederL Gedicht belegt, von matta, und
über neue Bücher. q^ q^
Oiomale Storico della Iietteratara Italiana. Anno XIV, Vol. XXVn,
fase. 2 — 3. .
G. Rua, L* epopea savoina alla corte di Carlo Emanuele /. Parte II,
V Epopea di Carlo Emanuele I, In diesem zweiten Teile des Aufsatzes (vgl.
Ztschr. XIX S. 147) giebt Rua eine gedrängte, aber anschauliche Uebersicht
über die hauptsachlichsten Gedichte, welche Karl Emanuel selbst und seine
Thaten zum Gegenstand haben : seinen Charakter, seine Talente, seine wissen-
schaftlichen und künstlerischen Bestrebungen, seine Anspräche auf die Krone
Frankreichs und Deutschlands, seine Feldzüge gegen Saluzzo, Genf und die
Provence, seine Pläne zu einem Kriege gegen die Türken, seine Kämpfe
gegen die Spanier. Bei Besprechung der letzteren wird auch der Mahnungen
zum Frieden und der Gegner des Herzogs gedacht. S. 235 Z. 1 8 ist das crie
durchaus richtig: „dais man nur noch Totenlieder . . . erschallen lasse".
A. Farinelli, Don Giovanni, Note critiche (Fortsetzung von Gsli
XXVn S. I ff.; vgl. Ztschr. XX S. 423). F. behandelt in dem Schlüsse seiner
sorgfaltigen und interessanten Studie die Don Juansage in der Musik und die
Bearbeitung des Stoffes im neunzehnten Jahrhundert In ersterem Teile erfreut
mich besonders die feine Würdigung der Oper Mozarts, im zweiten Teile
zeigt sich, wie im neunzehnten Jahrhundert oft das Don Juan- und das Faust-
motiv vermischt werden. S. 262 roufs es in Anm. i letzte Zeile wohl dein
Mörder heifsen, und S. 279 fehlt in Anm. i viertletzte Zeile zu Anfang es,
S. 308 Anm. letzte Zeile 1. Fontane,
R. Sabbadini, Briciole umanistiche, VI, Francesco Fontano, Eine
estensische Handschrift enthält drei unbedeutende Elegien des Francesco Fon-
tano, aus welchen man aber einige Nachrichten entnehmen kann. Er war
von Bologna nach Florenz gekommen, wo er bereits das Epiphaniasfest 1429
verlebte. Seit 1424 mindestens war er in Bologna; in Florenz blieb er bis
1430. VIL Per la morte della moglie di Gasparino BanuiMa. Von den
Trostschreiben, welche Barzizza beim Tode seiner Gattin erhielt, sind ims nur
zwei erhalten : ein Gedicht Antonio Baratellas und ein sehr warmer Brief des
Guarino Veronese. Aus der jämmerlichen Dichtung des ersteren giebt S. nur
eine Stelle, welche inhaltlich interessiert, da es mit ihrer Hilfe und in Ver-
bindung mit Guarinos Brief möglich ist, den Tod der Gemahlin Barzizzas
ziemlich sicher in das Jahr 14 18 zu setzen. Der Brief Guarinos wird ganz
abgedruckt.
VARIEtX :
E. Bertana, Gü sciolti „Sulla Guerra" di G. Patini zeigt durch eine
Menge Belege, dafs am Ende des 18. Jhd. eine ganze Reihe italienischer
358 BBSPKECHUNGEN. B. WISSE.
SehrílUteller ihre Stimme Regen dec Krieg erhobco. Ich kann aicht zugebei,
da/s iwischen der Epistel Parinis und seiner Ausführung im Giorno ein
Gegensatz boleht. In ersKret verwirft er den Krieg, in lelilercm Iñhrl a
KÍne Salire ^egcn deo jungen Adligen, der zwar ein Schwert trägt, abet au
Feigheit niemals seine Waffe gebrauchen wird, nicht, weil er sich elm
Bftch Parinis Vorschriften richtet; ob der Krieg »erweHTich ial oder nidil,
spielt dabei gar keine Rolle und wird hier nicht beurteilt. Damit filli die
Entgegnung, welche Benana S. 361 — 361 dem jungen Herrn in den Mund legt.
G. Rossi, La coUtûane Giordani deUn Bibbatcca Comunali di Bologna.
Diese Sammlung enthalt eine ganze Reihe Schriften über die Frau. R. be-
schreibt daraus die Werke, welche im 16. Jhd, erschienen (nicht hiofs jt-
schrieben wurden), mit Vorweisen auf die Bibliographie des ouvrages relalifs
% l'amour, Brunei und Giaesse. Der Aufzählung folgt ein Anhang uül don
ftlph abelischen Verzeichnis der Anfangsverse der Gedichte, welche in Jen
Werken trwühnt sind.
RASSEGNA BIBLIOGRAFICA:
// terio cenlrnario di Torquato Tasso (Solerti berichtet mit der bc-
kimnten Sachkennlnis über dne Anzahl Scbiiften, welciie zur Feier des drei-
hundertjährigen TodcBliges Tasaos erschienen sind. Manche wichtigen ì>IÌl-
leilnngen finden sich in dem langen Aufsalie). — Wesselofiky, Boccacci»,
la sua sédela e i suoi conlemforanei (La Dirciione. zunächst fast nur Inhalts-
angäbe, der eine eingehende Recension folgen soll, sobald die ilatienische
Uebersetzung des Buches erschienen ist). — Mariano L. Patrizi, Saggiê
psico-antropologico su Giacomo Ltopardi e la sua famiglia (Renier, wird
dem Buche gerecht).
BOLLETTINO BIBUOGRAFICO:
Faiícrini, CeUniaru di oftiseeh ianttiehi mediti e rari. IXip.2¡ — 18.
Tracbsel, Laurea Noves Fetrarc amata; Midaäle original du XiV'siieU
jusqu'à présent ¡»¿dite, Gabotto e Confalonìeii, Vita di Giorgio Me-
rlila. Ongania, Varíe della stampa itti Rinascimento italiano. Vèneiio.
Varnbagen, nLauIrecho", eine italienische Dichtung des Francesco Minto-
vano aus den fahren 1511 — 23 nebst einer Geschichte des Jrantösisckrs
FeUtuges gegen Mailand 1.^.1533. Toldo, Contributo alla storia dello
novella francese del XV e XVI secolo considerala specialmente nelle sue
attinente con la letteratura italiana, Mazzoni, Epigrammi itaUaiii scelti
t ordinati.
CRONACA;
Periodid, Idwie MitteilanKeD , netienchienene Bücher, Nekioli^ lui
Luigi Tommaso Belgrauo nod Carlo Negroni,
Bbktbold Wiese.
ERKLÄRUNG. 559
Brklamxi^.
Je tiens à déclarer que le reproche que m'adresse M. Stârzinger (re-
proche que M. Paris a reproduit sans discernement, Romania, XXV, 336),
dans son compte rendu de mes Gloses de Cassel, d'avoir parlé de Diez en
termes désobligeants, n'est aucunement fondé. Les passages que M. St. cite
en note, si on les entoure de leur contexte, n'ont pas du tout le sens qu'il
semble y attacher. En maint endroit au contraire, j'ai parlé de Diez avec
admiration, comme il était naturel et comme on devait s'y attendre. Il est
même singulier que la pensée qu'on pût attaquer Diez soit venue à quelqu'un.
Dans cette affaire, c'est moi qui aurais à me plaindre d'avoir subi de la part
de M. St. une attaque injuste et d'une malveillance évidente.
Je reprendrai la question de la langue des Gloses ultérieurement. M. St.
a élucidé un certain nombre de difficultés (par ex. carisa), corrigé plus d'une
erreur de mon étude, mais il en a commis lui-même bon nombre et en tous
cas est loin d'avoir rencontré tous mes arguments qui sont éparpillés un peu
dans toutes les parties du travail Dirai-je qu'il ne m'a pas convaincu et rap-
pellerai-je que se sont prononcés en faveur d'une provenance rhétique du
texte MM. Monad, Morf et Bourciez?
Paul Ma&chot.
Sachregister.
i,
•V î »
Aires Joam, portng. Dlchtor 174*
Allitteration, Uébor dis A. bd
den Gallolateüisni desju — Ó.Jalirli.
538 ff., A. in den Caansons de
geste 539 £
Altportngiesisches Liederbitcli,
Zum A. L. 14$ ff.
Alvei o Martim, portng. Dichter 154,
161, 199 ff.
Aretino Pietro 130 ff.
Aromnnen, Ueber die A. 88£ •
Bearnisch s. ProvensaUsch.
Bedoro de' Preti, Lettere amorose
134 f.
Casseler Crlossen, Zn den C. G.
8a ff., 118 ff
Chansons de geste, AlHtteratloa
In den C 539^
Charinho Pay Gomes, galisischer
Tronbadonr 166, 189.
Coelho Estevam, portng. Diditer
180.
Coelho Joam Scares, portug. Trou-
badour 146 f., 161, 171, 179 ff., 192*
Dante, II nome di Dante 1 5 ff.
Du Sa ix Antoine, franz. Dichter
547 ff.
Englisch s. Germanisch.
Estevam da Guarda, port. Dich-
ter 190 ff.
Eulalia, Ueber den Dialekt der Eu-
lalia 510 ff.
Französisch: Ueber AlUtteration
im Afz. 539 ff.; Tagclied 393 ff.
Hss, 'Nachweise: Perles vaus Soff.
Lautlehre: Ueber die Aussprache des
altfrz. ue von lat. 5 i ff.; Ascolis
Theorie 2 ; Einwände gegen dieselbe
4 f.; altfrz. oi (= j^/) und altfrz. ue
<^5 6 — 7; j^/ zu f reduziert 7, 9;
afz. ^r+ Flexionszeichen 7 ff.; lieu,
jeu, peu 13; Entwicklung von ^'
>i« 13 f.; rf- Vorschlag in dartre
87; r-Epenthese nach t 87; afz. dh
{fi) in altenglischen und altdeutschen
Lehnworten 322 ff.; german. Ver-
schluislaute und Gutturale, Labiale
und Dentale in Nordfrankreich zeigen
^tte BiAviddiing dar lalninliilMii
327; AiftotloB der litferfokakn
DcntBkn {ßk, tìk) yejU Aitwidi-
hnig von JSr 3S9; Taiflidies an den
StralUmrste ESden (tCI, d» 0, n, i
fax f» u ^ p0 Eriiahnng des End-
vokals in ^aàiû etc) 328 ff.; Zeit-
punkt des Fallens der Inlañtenden
nnd andantenden Dentalb 330 ff.;
afik ¿r, ü« Kegt gsdckatei ^f f n
Grande $1$; Eriârang der Doppd-
jGDrmen Mnredm nnd Mswrtsm^ hev^
rage — hentragë» 99rêr — onerar
Saof. AlUtteration im AJEe. 541;
a&. Ucbergang von v m /, > an à^
Ir an ^ 542. Yjg^ aoch Rooianisck»
FmrmmàUhrê: Die TorvokaHschen For-
men mom. Uh» son beim Femhdnmn
84 ff.; Suffis "úccus 337: 'íeeus 341;
'ìemrt 341; Eigennamen anf ^^ftieí,
ickf 342; anf '■üiou, Hston 342;
Appellativa auf -iche, -ichon 343;
Personennamen auf -oche 345 ; Ap-
pellativa auf "oche 346 ; Ableitungen
auf 'oceus 346 A. 2 ; Personennamen
SLuf'Usson 348 A.4; Bildungen mit
-acus 349; 'Itus, -ittus 352; Wörter
auf -^äe i-ole) 353 ; Gründe für das
spärliche Vorkommen der Endungen
'ache, 'iche u. s. w. 353 A. ; über
franz. Wortkomposition und -ablei-
tung 426 £; präfixlose Verbalsub-
stantivs von starken Verben der
2. — 4. KoDJug. 427; Analogisierung
der endungsbetonten Formen von
amer durdi die Formen mit at
gegenüber Nichtanalogisierung der
entsprechenden Formen clamer u. ä.
428; die Doppelgestalt des Fu-
turums in vendrai neben venderai
u.a. 52 X ; chant é'je, por té'je, puisse'
Je 522.
Syntax: Zur subjektlosen Kon-
struktion im Altfranzösi-
schen 27 ff. L Vorbemerkungen
über Begriff und Arten der unper-
sönl. Verba 27; das »logische Sub-
SACHRBOISTBR.
56»
jekt" 28; das ,,grammat. Subjekt"
ü 28; que in chou qu*il aiHent 31.
IL Die einzelnen subjektlosen in-
transitiven Verba, die das, was
Träger des durch sie ausgedrückten
Seins ist, im Akkusativ zu sich
nehmen: i. covünt 32; 2. estuet
34; ö/iur/ 34; 4. /a«/35; 5.^1?-
sogne 37; 6. apartient 37; 7. apent
Z7; 8. Ä>i.r/ 37; 9. avUnt 38; 10.
piaist 39 ; II. sambU, est (a) viJ 40 ;
\2. prent 40; l^» passe 40; 14. ^j/
41; 15. Vereinzelte Fälle 42. III.
Subjektlose Konstruktion
beim Passivum transitiver
Verba mit dem Akkusativ
des leidenden Gegenstandes
42 fF. I. II fait cher vivre à Paris
44; 2. Neutrales Partizip mit der
Flexion des Maskulinums 44; 3.
laissier convenir 44 f. ; Doppel-
relativsatze im Altfrz. 45 ff. ; das
relative Adverbium que 48; peu,
asez ohne de \%\ a paine {ne) se
oioit nuls amonstrer 48; que und
si „ohne dafs** 49; — pour mit
Substantivum als Mengebe-
stimmung 50 ff. Präposit. Ver-
bindung anstelle unmittelbarer Be-
zeichnung eines Seienden 51; six
mois de vivres 53. — aussitôt,
sitôt , une fo is 53 ff. ; aussitôt
cette lettre reçue 53; aussitôt leur
arrivée 54; une fois le départ 55.
Relativsatz als prädikative
Bestimmung 55 ff. J€ Vai vu
qui passait en fiacre ; Us seraient
là tous qui attendraient V arrivée
des fidèles 56; das Verfahren des
Altfrz. 57; veschi le roi ou il vient
57 f. — ne , . se , . non, mais,
fors, que 58 ff. Verfahren des
Lateinischen: amicitia esse non
potest nisi in bonis ; artem non odit
nisi ignarus 58 f. ; afz. se . ,ne und
se . . non 59 ; avoir se bien non 59 ;
senon de „entblöist von" 60; ne
veient borde ne maison se bois non
60; autre in la le loierent (Jesus)
con un autre larron 61 ; se non ^=.
se ce non 62 ; se , . ne mit ein-
schränkender Kraft bei positivem
Hauptsatze 62 f. ; sinon 63 ; si ce
rCest 64; mais afz. „mehr" 64; ne
. . mais (que) 65 ; frz. car ; sp. pues,
pr. pus, it. poi in ihrer Bedeutungs-
entwickelung 66 ; ne , , ne mais
{que) 67; die Negation in tonloser
Form afz. auch ohne nachfolgendes
Verbum (neportant, neporuec etc.)
Zeitschr. t rom. Pbfl. XX.
67; ne mais „sondern" 68; Ein-
schränkung durch mais, ne mais,
mais que, ne mais que nach posi-
tivem Satze 68; mais „aber" 68;
einschränkendes mais und ne mais
im Altfrz. 69; mes que „nur dafs"
69; {ne) mais {que) „wofern" 70;
fors 70ff. ; fors tant 72; ne ,.
que 73 ff. ; ne fait que rire, nefet
se rire non 73; „nur" beim Sub-
jekt afz. und nfz. 74 ; ne , , que mit
einem Komparativ 75 ; il ne fait
que de sortir 75; einschränkendes
que ohne ne 76; rien que 77; afz.
sanz plus yy; ne , . pas que 78. —
Von den infiniten Verbformen im
Neufranzösischen 277 ff.; Uebersicht
über die Verbformen des Neufran-
zösischen 313 ff. ; ma vieille als An-
rede an einen Mann 349; Bedeu-
tung der Präposition a im Altfrz.
400 f. ; de in Sätzen wie ave» vëu
de ces ribausP 401 ; de beim Aus-
ruf 402; le las de euer 402; et
zur Einleitung des Nachsatzes 402 ;
Aussetzung des pronominalen Sub-
jekts im Altfrz. 403 ff. ; com de im
Sinne von que de 410; Gebrauch
von mie statt point 544; ein mit
avoir verbundenes Part. Prät. richtet
sich nach dem Subjekt 546; qui =
si l'on 525.
Dialekte : Ueber den Dialekt der Eula-
lia 510 ff.; Plusquamperfektum von
avoir und être im Wallonischen
5 1 1 ; -ecul; 'egul' im Wallonischen
512; i.pl. ind. auf -ä im Wallon.-
Lothr. 512 A. 2 ; hiatustilgendes v
{w) im Wallonischen 513 A. 3;
Wallonisch j*oûvéure (= ouvre),
jHntéure {=s entre) u.a. 52 1; Ver-
balpräfix ac = adcon 525 ; wall, da
min, da tin, da sBn, da nçs*, da
VÇS* s=s le mien, le tien, le sien
etc. 526.
Gallisch, Einfluís des Gallischen
auf das Leteinisch-Romanische 530;
sr gallisch zu.fr 530.
Gallolateinisch s. Lateinisch.
Gar eia Gonçalo, port Dichter 193.
Garcia Joam, port. Troubadour 1 56 f.,
194 ff.
GarciaBurgales Pero, port. Dich-
ter 184 ff.
Garcia Esgaravunha Femam,
port. Troubadour 150, 193 f.
Germanisch: Diphongierung des ç
german. Wörter beim Uebergang ins
Französii che u. Ital. 4 ; Einfluís der
normann. Invasion auf den Sprach-
36
^^H 562 ^^^^H
^^^B gebrauch der engliscben Kirche 324
\a nobis, vebii 524; AIüKeration bi^^^^
^^H A. 3 ; germ. S 321 fT. ; gcrm.-ronisn.
^^H OrtsDamin 3I7; 4 nnd äA in dco
spräche des gallischen Laieini 538 f.
^^^H Strarsburgcr Eiden 318; germ, lu
I.e livre et miste.e du glorieux
^^^H »ii. und prav. la t, ù 3S7: vi-
seigneur el mártir sainl
^^H riicTcnder AnUul bei Schallslämmen
A d ri e o éd. Picot 40S ff. (M<rlrisclie
^^^H 367; Behandlung von t, í, f germ.
Form. Vcr,b.iu u. Reim dra Denk-
^^^^H Lehnwoiter beim ITebeVgaiig ins
mals).
^^^H Fraaiösische ^\-¡Í.
Lourença Jograr, pori. Spitlmann
^^^B GouçbI' EauuFs do Vinhal, port.
155 ff., 171, 101 ff.
^^^1 Dichter 205.
^^B Gormund s. Uembard.
'77-
^^^H Toitm BavecB, pori. Dirbtcr 179
Marescotli Gaicano, Lellere amo-
^H
rose 134.
^^^H Joim de Guilhade, port. Dichter
Moxa Martim, porlug. Dichter 301
^H
A4.
^^P Isembard und Gormund. Zu I.
Pcdramigo, portag. Dichter 179
^^ u. G. 5*9 ff.
A. 1, 193.
J Itilienisch. Laut- u. Fermttüehrí :
Petes Vuilorom Airas, porlug.
AbltürzuDgeti der Personen naraeii
Dichter I54f.. 160, 171, :93. I97ff.
l6ff.; PialojesJscher Dialekt 110 ff.,
Petrarca, Die poelischco Vergleicht-
115 ff.; pist. lieiia, iteva, anana
in Petrarcas Africa 471 ff.
' 113; averebbe, awtdtrai, iafrrrà.
PicandoQ, portug. Spielmann 181.
arriltritare 1 13; Syniiopcn a. Aphi-
Poema sull'assedio di Lucca deU"
rcscD BUS Vorausgehenden Ijiut-
aooo 1430 219 ff.
gruppen erklärlich 114; Endung -ira
PortugÍBSiscli.íi//íTaíiir^«íAicA/í.-
114; ue'^6 114^.: -enle likr -ante
Randglossen îuni allportug. Liedci-
116; florent, -a/í>-aí A -ado '>^
buclie i4Sff. I. DerAmmen-Strcii
■ado 1 171 Schicksïle von -cl- 137 f. ;
■gl- 138: Suffix -acco 3J5; -aeihi-
gtdidite (Ti^nionen) 173: Zeilpunkt
in fratacekiem u. S. 336; Suffix
des Ammenslreites I74ff.; dich-
-tea. -ICO 337 f.: -ceco 338: -¿í»
lend e jograres 181 À.j,
340; sard, -irii an Eigennamen ib.;
¿ani- und Formenlehre; G vertritl
Ableitungen VDalit.-ifM.[ 341: -oeeo
vor ea und i im Altport den sümm-
344 ¡ -eííAíd = -aecut + u/iií 344 ;
haften palai. Rcibelatil 143: Laul-
■acola 347; .ufco 347; Verba auf
wert des g in apg. träger I43T
•ttechiart lí,j K.%: die mànnUcheii
Endungen -ö (= olus) und ttt die-
äOQ A.I; Suff. <.rcu, IIb: Soff.
nen im Mailand. lur Bildung von
^co. -eca 337: -cga 339; -ko 345 i
Fraaennamen 349; Bertatla, Gi-
•ulhe 347 A. 2; -itccus 348; Bil-
gella u.». als männliche Per-
dungen auf -oU 353.
CuUur geschickte u. Folklore: Ammen
■oUe 353 : &)4i (= vobis) 513 lï. ;
der Königikinder, Milchbrüder (col-
Eioflurs des Daclitooigen i auf den
Tonvokal ¡q der Mundarl von I.an-
Ciano 406; longob. u wird nicht
A.4.
1 gebrochen 534.
Provenialisch: Suffix -accus im
Lexikograph«: Die Schreie de. Ver.
P'ov. 337: -occKr 34S; -uccut 348 ;
käufer 429 ff.
Konjugation im Bcarmsthen 433 ff.;
Hss.-NachTBcise: I codici Jacopanici
ein mit habere verbundene» Pa«.
lucchesi 500 ff.
Prat. kann sich Dach dem SnbjckI
Jniïo Bolseiro, portug. Spielmann
richten 546; Erklärung der Formen
183, 103.
tremola (= Iremulat), discipal DCben
Konsonantenvcrdoppelung al;
diicipU 513. — Ueber dai Tagelied
Folge »ffektiïcher Ausipiache 350 f.
393 ff.
Lateinisch; Gebrauch von nisi 58,
Queimado Rui, port Dichter 192.
vgl- Franiösisch, Syntai; Suffii
Rabelais 124.
350 ; Wandel von c. t. p lU g. d.
■"dj crgiebt dl. i oder * lH); Suflii
b im 7. Jahrh. 3I7; Quantiiat des i'
1
■accus im R. 337; ■€({')•" JJ9;
STELLBNREGISTER.
563
•accus 345 ; Bildangen auf 'ös 345
A. 2 ; 'ûch 348.
Ri q nier Guirant 175, 176, 177, 178.
Rodrigues Mem , portug. Dichter
188, 192 À. 6.
R o i z Mem, portug. Dichter 1 87.
Romanisch: Diphthongierung von
ö 4 ; die Verbindung ^-\- et 4 f. ;
die Sufñxe accus, iccus, accus,
ucus {uccus) im Romanischen 335 ff.;
Sufííx -^cus (?) 339; -acus, -icus,
-ucus 349; Grund der Verdopplung
des c in -accus, -iccus, -uccus, -accus
350 f.; Suffix -ütus 351; -attus 352;
-oäus 352; Romanische Wörter
deutscher Herkunft 354 ff. ; zur ro-
manischen Vokaldehnung in betonter
freier Silbe 514 ff.; zu den Vulgär-
latein. - romanischen Accentgesetzen
519 ff.; Erklärung des Wandels von
pàlpebra^ vìgìsii. paip/bra, cátedra
"^cátedra etc.; Einfluís des Galli-
schen auf das Lateinisch-Romanische
530.
Rota Bernardino 130.
Rumänisch: Bedeutung der Konj.
di 89; Hinweis auf das Pron. reí.
durch ein persönl. Fürwort 92 ; Suf-
fix -accus im Rumän. 336; -uccus
348.
Satire, Zur Geschichte der grotes-
ken S. 123 ff.
Saxanus Antonius s. Du Saix.
S o a r e s Martim , port. Dichter 200.
Soares Coelho Joam s. Coelho.
Bordello 181.
Spanisch: Suffix ^^co 337; -iega
339; Verwechslung von 'iega mit
'^go 339; Suffix -accus 345; -ujo
347; vccuius wird zu eh 347 A. 3;
Suffix -uccus 348; über den Bable-
Dialekt 105 ff.
Strafsburger Eide von Nithard
verfafst 329 ; a, ei, i in den Str. E.
330.
Tagelied, Ursprung desT.es 395 f.
Tasso 373 ff-
T e n o i r o Meem Rodrigues, portug.
Dichter 186 ff.
Tierepos, üeber Entstehung desT.
418 ff.
Trenta Lorenzo 221.
Vaasques de Talavera Joam,
portug. Dichter 202 A. 3.
Vuitorom Airas Peres s. Peres.
Vulgärlateinisch vgl. Romanisch.
Wilhelm von Malmesbury, Zu
W. v.M. 316 ff.
Ysengrimus. Zum Y. 41 3 ff. (Ueber
Verfasser, Quelle des Y.)
Stellenregister.
nauisiscu.
AI. IIa — 28; Ben. Chr. 4616 — 38;
ib. 10936 — 29 ; Froiss. Poes. III,
72, 657 — 35 ; Ch. cygne 33356 —
37; Yvain 3952 — 40; ib. 5985
— 41; El. SGille 188 — 43; ib.
241 — - 43; Aiol 5103 — 43;
SThom. 989 — 43; MFce Milun
170 ff. — 43; Rencl. Mis. 196, 4 —
35; Jonas 29 — 331; Mistere de
Saint Adrien 87, 413, 421, 727, 840,
885 — 410; ib. 1036, I162, 1236,
1292, 1325, 1395, 1688, 2026, 2108,
2121, 2164, 2196, 2292, 2303, 2662,
2668, 2786, 2902, 3009, 3056, 3422,
3695, 3726, 4191, 4193, 4250, 4296.
4321, 4459» 4537. 454^, 5030» 5066,
5162, 5534, 5598, 5623, 5845, 6079,
6103, 6107, 6136, 6240, 6312, 6377
— 411; ib. 6501, 6561, 6922, 7030,
7051, 7208, 7819, 7961, 8177, 8310,
«313» 8424, 8454, 8839, 8876, 8920,
9^73» 9183, 9209, 9275 — 412;
Joufroi 3714 — 410; Meraugis 186
— 404; Marques de Rome 29 d 2,
ib. 30 d I — 405.
Proyemliseli.
Boethius I, 12, 17 — 383; ib. 20, 38,
67, HO, 165 — 384; ib. 175, 177,
184 — 385; ib. 199. 212, 231, 235,
241 — 386; weitere Bessenmgen
zu Crescini, Manualetto Provenzale
386 ff. ; Besserungen zu L'Ascension
546.
Italíeiiiscli.
Dante Purg. XXX 55 — 24 f. — Pe-
trarca, Canzone an Italien 136.
Fortusiesiscli.
CA. 166, 19 — 149; CV. 786, 13 —
'53; CV. 927, razSamento — 191
A.6,
36*
564
WORTREGISTER.
Wortregister.
Lateiiiscli.
aiBare (= finden)
535.
ansio 140.
bassus (vlglt.) 537.
batioca 350.
capritus (Lex Sal.)
352.
capsedra 140.
céresQs 139.
felisia (mlat.) 358.
huanus 140.
pruma für pruna
534-
sciupare (mlat.) 363.
Romaniscli.
(Cassel. Gloss.)
caldaru 83.
cava 83.
cannella 83.
cinge 82.
dolea 83.
esilos 82, 119.
ferrât 82.
figido 120.
fomeras 83.
gall us 121.
gulvium 84.
humerus 82.
lippus 84.
mallei 84, I2I.
mansione 121.
moi 121.
pulcins 121.
pulii 82.
scapulas 82, 121.
stabulum 121.
uuanz 121.
Italieniscli.
abis 113.
aguaito (pist.) 114.
Alevalio (pist.)
114 A. 8.
anichin 340 A. 2.
balocco 344.
Baluchin 347 A. 4.
biçco 338 A. I.
bolzeghin (nordit.)
341-
bori (lomb.) 529.
bruciare 537.
brustolare 537.
buri (romagn.) 529.
busecchia ì «
busecchio I "^^
buzzeffe (pist.) 113.
calappio 361.
caleflfare 360.
carizia (pist.) 114.
carubinieri 1 113
cladrubinieri 1 A. 4.
cendere «pist.) 114
A. 2.
cerage (lucch.) 139.
chiappare 361.
chioccare \ ,
chiocciare I ^ ^*
cocina (pist.) 113.
cofaccia (tosk.) 113.
coresto (pist.) 114.
culizione (pist.) 113.
curricule 341.
deranno (pist.) 114.
dérbeda (mail.) 86.
derbga (piac.) 86.
derbi (piem.) 86.
diavulicchio 341
A. 2.
dolceghin(eto)
(nordit) 341.
doliccicare 341
A. 2.
Dolovio 113.
drento 113.
duracchione 336.
dutturicchio 341
si } «^-
falzoletto (pist.)
1 16.
forbottare 1 1 5
A. 5.
fosforo (pist.) 113.
fravola (pist.) 113.
frebbe 113.
froge 530.
fruda (nordit.) 530.
i^alappio 361.
gal effare 360.
galoppare j
galuppo I "^ ^
Gentucca 348.
Riandarmi (pist.)
113.
Giannicche (abr.)
340.
gieografia 116.
j^òa (lomb. mant.),
giova (boll, fcrr.)
533.
Giudecca 338.
ji;lisciare 366.
graticola 341 A. 3.
grostmi I ^
guancb (comask.)
359.
guva (lomb.) 533.
inghilese 114 A. i.
innunistante 113.
interpetre 113.
lagorare (pist.) 113.
lapa 117.
lappare 370.
leff (com.) 371-
liffia (com.) 371.
liguori (pist.) 113.
malésigu (sard.)
350.
roandorlino (pist.)
113.
medico (pist.) 114
A. 3.
melo 138.
mericule 1
muricola 1 ^*
metafero 113.
mollica I
molliccio I ^.|
molicone j ^^ *
mollicume I
mucciare 254 A.,
262 A.I.
niche Ì ^j^. a t
nicche i ^^
orichicco 340.
padule 113.
palicche 341 A. i.
pauriccia 341.
pçcchia (lucch.)
138.
pcglia (aret.) 138.
pelacucchino 348
A. I.
petlorecca 338.
piolare (pist.) 1 16.
porchiacca (cal.)
336.
puddérigu (sard.)
350-
redícule 341.
rivendìigliola 347
A. I.
saggio 535.
sanguinente 116.
sappiente (pist.)
113.
saragia (aret.-sen.)
139.
sarvietta, salvietta
(pist.) 113.
scandolo (pist)
113.
scarpione (pist.)
113.
schiaffo 362.
schiansimo (pist)
113.
schiappe, schiap-
pare 362.
schioppo 363.
s'ciapada, s*ciapar
(bresc) 362.
SCÌ9CC0 344 A. 3.
scoglio 137.
scoppio 363.
sennato (pbt.)
113-
serrácchie
(abnizz.) 336.
sgorbia 84.
sieda (pist.) 1 13.
skolgu (gen.) 137.
slepa (veh. veron.),
sleppa (mail.)
362.
smenso (pist) 113.
tevoli 113.
trovare 536.
uosa 534.
veloSifero 113
A. 4.
vennericnle
(abruzz.) 341.
ventolazione
(pist.) 113.
vemerdi ^
vemcddi i ^'
visi Metta 1 1 3
A. 4.
visivetta 1 1 3
A. 4.
zambracca 336.
zichicche
(abruzz.) 341
A. I.
Französisch.
aboissier 140.
aimairoche(lolhr.)
346.
amarrison 412.
amoueroque
(norm.) 346.
assoillier 412.
attainer 412.
autre 61.
balçtil (Tournai)
527-
WORTRXOISTBR.
565
barbaquet 353 A.
barocher 346.
bidocbe 346.
bigard 412.
bistçkç (rouchi)
527.
boilluques (afz.)
348.
boisson 427.
bozèque (lotbr.)
337-
brouke (awallon.)
527.
bniekiaus (Tournai)
527.
bruire \ , r \ ^^^
bruir } <^^ ) 537.
bruit S37-
brûler 537.
Caen 322.
car 66.
chauffer 536.
chevêche 339.
chevène 556.
clabaud 360.
clapier (afz.) 365.
s£ clapir 361.
clocher 364.
clop (afz.) 364.
dopier (afz.) 364.
clopin
364.
clopinel
eloper
clopiner
cloquer (pic.) 364.
coifHchier 343.
Collichon 342.
convenir, convenant
(afz.) 45.
corbaìlle 140.
crône 354.
crotte 354.
dartre 86.
debout 412.
dessorte 412.
dorn (Leod. 198)
121 À.
écale 355 A. 2.
éclitre (henneg.) 366.
éclope (nfz.) 364.
écrouelles 537.
écueil 137.
élinder (norm.) 368.
élinguer (pic.) 369.
emprompt 140.
endarde (poitev.)
87.
épinache 336.
escbiele (aS.) 354.
Mchirer (afik) }S5«
esclistre ì / / % ,/-/:
escUste } («fc) 366.
eslinder (afz.) 369.
esneque, esneche
(afz.) 357.
essart 140.
estiere (afz.) 357.
estirman (afz.) 357.
s'^tçkç (Tournai)
527.
esturman (afz.) 357.
étrille 138.
falevuche (afz.) 348.
faloise (afz.) }
falise (afz.) } 358.
falaise (nfz.) |
Fannoche 345.
faSwç (Tournai)
527.
fors (afz.) 71.
fourlouchier (afz.)
528.
gai (de mer) (afz.)
358.
galer (pic.) 358.
gai er (afz.) 412.
galet (nfz.) 358.
galine (berr.) 358.
8»1°P?' 1 364.
galopin I '' ^
guenchir 1 ^^
garou (pic.) 372.
glacier (afz.) 366.
glapir 359.
glètcr (wall.) 526.
glinser (afz.) 367.
glisser j ,
gUder (afz.) Í ^^5-
gonichon 343.
gouge 84.
grelu 348.
grommeler 369.
hait (afz.) 369.
hanebane i ^
henebane J ^ ^*
hastie 412.
hellequin (afz.) 369.
huchier (afz.) 351
A. I.
htthan \ ,^^
huant } '*"•
kçrdûstil (Tournai)
527-
laceaul 412.
l&peau 372.
laper 370.
lapigne 371.
lider (norm.) 368.
linzer (burg.) 367 f.
liper 371.
lippe 371-
Lobrichon 341 f.
loricart (afz.) 341.
Lorichon 1
Loriquct I ^^ '
loucher 528.
loup-garou 372.
mais (afz. ,,mchr'*)
64.
male (lothr. wall.)
138.
margari (afz.) 550.
mauvais 536.
melÇd (wall.) 138.
méruche 348.
mossiau 140.
muef 427.
nûlvar (= nulle part
pat) 528.
otrevar (= autre
{)art pat.) 528.
, ichon 343.
platçlçt* (toum.)
529.
remancier 412.
renovaige (afz.) 410.
resors 412.
Riquet 342.
Robeçon (afz.) 343.
Robiquet 342.
saive (afz.) 535.
sancmueçon 427.
sarriette 329.
senon de 60.
sotte 412.
stieresman (afz.)
357.
tçl' (toum. wall.)
529.
*tçlçt' (toum.) 529.
toniche 343.
treinekc (afz.) 340.
trouver 536.
Urisson 412.
Veraiquet 343.
Watriquet 1
Watrequin Í 3'»^-
FToyenzaliscli.
acavillar 392.
aclapar 365.
bérbi (nprov.) 87.
bruzar 537.
cabridet (aprov.), ca-
brido (npr.) 352.
cavee (aprov.) 339.
caTeco (npr.) 340.
clap 365.
clop 364.
clopchar 364.
crota 354.
darbóun 87.
dérti I ..
dérbi i <°PJ->
derbese | ''
enderbi 1 (npr.)
endervi J 87.
enivers 383.
escala 354.
esclafá (npr.) 362.
esquirar 355.
estañe 390.
estone 357.
folpidor 387.
galaupar 364.
guenchir J •^•'
lepar 370.
linsa (npr.) 368.
omilitatz 143.
omeliar 143.
satge } 5^5-
trobar 536.
Franco-proyeiualiscli.
cabridoulo |
cabridié > 352.
cabrideto )
darto (Dauphiné)
87.
prOma (savoy.)
535.
sflne (savoy.) 535.
tarpon (Val Sa-
ona) 87.
çponata (Nord-
Schweiz) 337.
"y° } 166.
aya 1
blandujo 347.
cacho 347 A. 3.
carduza 348 A. 3.
cazurro ,^,
170
cazurría > a -,
A. 3.
cazoma J "^
entendedor, enten-
dedera (aspan.)
211.
escanto, escantar,
escantament,
escantador
(aspan.) 208.
espinaca 336.
566
{▼alopo J ^ ^'
lapo 370.
moreciilo \ ^,^
... } 210.
murecillo I
Pacheco 339.
remedador 176
A. 2.
sabio 535.
trovador 176 A. I.
Catalaniscli.
bcrbol 87.
eschala(altcat.)354.
espinac 336.
Hepar 370.
trobar 536.
Fortii£ie8iscL
acalar 214.
ama 148 A. I, 162 f.
amádigos 166.
amas honradas 167.
amo s. m. 163.
argueiro, catar
bem a. 208.
arremedilho 176
A. 2.
avuytor 198 A. i.
bárrela 211.
bem-talhado 206.
Ideóte (Ortsname)
170 A. 4.
Bolseiro 171 A. 3.
caKloça 345 A. i.
ccnrada 21 i.
cinta(>.) 211.
♦cometa 216 A. 5.
copete 162 A. 2.
cord;i(s) 211.
côrtc(s) 172 A. 2.
Tf } 2.5.
crasiar 208.
dama 149 A. 5.
decoada 211.
deitar galinha clioca
211.
dcntuça 348 A. 3.
dcsfa/er 214.
desguisado 2ü6.
desigual 217.
dona 149 A. 5,
164 A. 5.
donzela 149 A. 5.
döa{s) 215.
doutor 177 A. l.
eiró 210 A.
emparament 212.
enfìnger 215.
WORTREGISTER.
entençom 217.
entendedor ì ^..
entender J ^"•
entramar 213.
escançar 156 A. 2.
214.
escantaçom 1 «
escantar f *
escolho 137.
fiar 207.
galiOes I
galeirOes j 208.
gallaron |
galopar 364.
í«"^^ } 217.
iguar I '
jograr 176 A. i.
j"!*° } 153 A. 2.
juigar I •'•^
lavrar 211.
lazerada 1 ^.^
1 } 212.
lazerar 1
lixia I
maladas 214.
mal-talhado 206.
manhas, bSas 207.
masseira 207 A.
maunça 348 A. 3.
menina ì . ,« a c
meninha Ì ^" *^'
minhana |
mlana > 149 A. 5.
meana )
moça Ì 149
mocclinha J A. 5.
molher 164 A. 5.
morcela 210.
omildoso I
omildade ( , ._
omildar | ^^'
omil J
oufTania \
Gufano i '^^'
parámhos 1 66 f.
pastor ì j^
pastorinha I
pedre^niUio 347.
qucijadas 207.
remedar 176 A. 2.
rimar 217.
sabio 535.
segrel 176 A. I.
senhor 149 A. 5.
servo 215.
souriç[o] 210.
talhar 207.
talho 217.
tecer 1
teccdor J '*
topete (apg.) 162
A, 2.
transmoleira 218.
transsido 210.
travar 213.
trincheira 218.
trobador 176 A. I.
ventrulho 210.
verröes 208.
vida, fazer limpha
V. 207.
R&toromaïiscL
aschigl 83.
S } «3.
barschar (oberi) 537,
bastüchel (ober-
eng.) 348-
bess (oberi.) 537.
briischêr (engad.)
537.
éavéglo 83.
cavrin (obw.) 120.
çhaldir ]
çhaldêr \ 83.
çhaldèir
çhavèli (friaul.) 83.
çhàvri (friaul.) 83.
dert (obereng.) 86.
diervet (sûrselv.) 86.
dischöl 86.
figa (berg.)
fió (obeng.)
fía (fass.)
fujád (gred.)
fié (bad.)
fi<^á (buch.)
fidyél (Krto)
fijad (friaul.)
giàvri (friaul.) 83.
glove (friaul.) 533.
guinchir (chw.) 358.
gii vé (engad.) 120.
ischill 1 «
ischigl I ^'
!?!\' I (tvrol.) 83.
lapi (chw.) 372.
larpus 84.
maigl (untereng.) 84.
moii^n (obereng.) 84.
pegna (obw.) 120.
pul 82.
radir (obw.) 1 19 A.
schàble, schale
'(friaul.)* 82.
schegn 82.
schuví (obw.) 120.
seia (oberhalbst.) 83.
120.
8glovà(inaiiL)533.
sglúvia 84.
tmûch (nntereng.)
348.
ualè<r) (obw.) 120.
vasa (oberhalbst)
83.
viro, vim 82.
RU&ÍSC|.
ama 1 __
am } ^7.
butác 348.
Costica 349.
ginsác 336,
kokot 105.
ma 98.
ncpói 90.
spanác 336.
sprima 103.
Stefanúca 349.
omiailsel.
ademant(me.)324.
assQth(e) (mengl.)
3^-
athemaunt (me.)
3H-
Ad^elis 322.
carit^p \ (mengl.)
carited / 323.
Cadum 322.
celeOonie (ae.)
326.
chanté \ (mengl.)
cherilé 1 323.
Cundo}> (asachs.)
326.
dainlé(tb) (mcn^l.)
323.
Davift (me.) | .
Dawi^ (angls.)jN
Davi (me.) |
drum (allem.) 66
A. I.
druò (monjil.) 323.
fai(th) (enj^d.) 322,
S'i^ 324-
fidula (ahd.) 326.
fil^ele (ae.) 326.
Fifiéle 322.
fogeth (afries.)32y
frutt (schwei¿.)
. 532.
Stamm galp 359
359 A. 2.
Gcrbornéi^ 322.
Giupeas (angls.)
325-
Stamm glap 359.
WORTREGISTER.
567
^"""^ ^^^ } 366.
Stamm glit 365.
glitze (mhd.) 368.
Stamm gnar 359
A. I.
Godefreid
GosfreiÔ ^322.
Gosfrei
HloÖennga 322.
Jotha (africs.) 325.
Judeo (ahd.) 325.
Judeo (asächs.) 325.
JuÖitte (asächs.)
326.
Jupéwcss \ (mengl.)
Judçwess J 324.
Kadum 322.
kette (nhd.) 532.
Stamm klab 360.
Stamm klap ij),
klappa (ahd.) 36 1.
kloof (holl.) 534.
klop
klopfer I
klöpfer >
klöpper I
klepper '
Stamm knar
A. I.
(hd.) 363.
359
krlda (ahd.) 325.
krotôn (got.) 354.
Stamm lab 371.
laffe (nhd.) 372.
lanz (ahd.) 368.
Stamm lap 370.
läppe 372.
♦lef (ahd.) 371.
leifan (got.) 368.
lldh <*^^-) l 368.
lidhe (ags.) |
lldan (ahd.) |
lidhan (as. ags.) I 00
lîdha ^an.) | "ft
lidhr (an.) I
linsl (ahd.) 368.
lint (ahd.) j ^g
hnnr (an.) I *^
Stamm Hp 371.
lippe (hd.) 371.
lith (ahd.) Ì
Ulhus (got.) } 368.
lithi (as.) J
litze (mhd.) 368.
LoÖcwis 322.
Ludwig 330 A.
roarkaÖr (anord.),
market (me.) 326.
maugré(th) (me.) 323.
MaÒante 322.
Stamm nar 359
A. I.
nativited 322.
PeccéO 322.
pferfrìt |
pferìt [ (hd.) 326.
pferld J
pflaume (nhd.) 535.
pfruma (ahd.) 535.
proche (mengl.) 324.
Rodem 332.
sceÌÌu}<''8*)354f.
senath (afries.) 326.
sìda (ahd.) 325.
sinoÖ (ae.) 326.
Stamm skar
skir [355.
skur )
Stamm slap 362.
''^slindan 369.
sa;Öerige (ae.)
326.
tçppîd í 3^*'-
vogaÖ 325.
♦walôn 358.
walop (mnld.)ì ^
walap (mhd.) i <o
wank (ahd.) 359.
werwolf 372.
winchan (ahd.) ì 00
winken (mhd.)i «o
WiÖa (asächs.) 326
KelUscli.
cynhyrfu (kymr.)
536.
cylhryflu (kymr.)
536.
diu-scartaim (ir.)
357 A.l.
dusius 86.
dyscarthu (kymr.)
357 A. I.
ffrcüd (kymr.) 532.
frot (com.) 532.
froud (bret.) 532.
♦frutu (gall.) 532.
skarza 1 (bret.)
skarz /357A. i.
ysgarthu (kymr.)
357 A.I.
Einzelne snraclieL
klupli (lit.) 364.
nçovfivov 535.
Druck von Ehrhardt Karras. Halle a. S.
ZEITSCHRIFT
EOIMISCHE PHILOLOaiE
HERAUSGEGEBEN
Dr. GUSTAV «RObEE,
1896.
XX BAND. 1. HEFT.
HALLE
UAX NIEMEYEH.
1896.
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(S. 13. 95) lÌT
W. Meyer- LLBKE. Archivio Glottologico lialiano XIII. 3 (4.6.95) . . 136
G.Gk5brr und W. Meyer- Lübkb, RomHniaNr.94 Avril [895. T. XXIV
(10,6., 4. 6. 95.) I»
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J. 8irachan, Some notes un the Milan glosses — W. Stokes, A Celtic
lueohbonk. — W. M. Lindsay, Bretou and old French glusses in the Har-
leian NoniiiB. — H.Gaidoz, I ji cosmologie celtique. — H. Gaidoz, Annwn.
— H. Gaidoz, QnolqneB mots gallois d'origflne latine. — E. Ernsnlt. Sor
la mutation fiiible de lí après n va bretou. — J. Loth. Une forme archaliinfr
du nom de Dien cu breton. — P. M.C. Kermode, A Welsh inscription in
the laie of Man. - J. lïhys, Note un Onriat. — J. Strachao, A Hau
folksong. — W, Stokes, Cuimmin'a poem on the Sidnts of Ireland. —
11, Zimmer, Beitrüge zur Erklärung irischer Ssgentexte. — K. Heyer,
tioire CnniLill Chumaig i Cniachain ocns aided Ailella ouus Conalll Chemaig.
— K. Meyer, Two middle-Irish pueius. ~ R. llenebry, Cunach. —
L. Ohr. Slern, Die irische Handschrift in Stockholm. — L. Chr. Stern, Ein
Irisches Leben der heiligen Margarete. — R, Uenobry, An unpablbhed
poem by W. English. — D. O'Foharta, Cii ban an [«leibhe. — Erschienene
Sohrifte»,
I
11