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ZEITSCHRIFT
FÜE
SCHÜLGESUNDHEITSPFLEGE.
REDIGIEET
VOH
Db. med. et PHIL. L. KOTELMANN
IHHAMBUBG.
SIEBENTEE BAND.
1894.
HAMBURG miD LEIPZIG,
1894.
?>"IU)H. 9.^
Druck
der Veriagsanstalt und Druckerei Acti^Q-p^U|chAft
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Inhalt.
Original abhandlangeu.
Seit»
Znr Myopiefraflns. Von H. Schmidt-Bimflbr 1
Über geistige Ermüdung beim Schulunterrichte. Von Hüqo Laber 2
Die Schulbank „KolumbuB** von Raxnminger & Stetter in Tauber-
bischoÜBheim (Baden). Von Gustav Wallbaff 22
Eingabe der Kommission für Schulgesundheitspflege in Nürnberg an
den dortigen Hagistrat wegen Einrichtung von Heilkursen für
Stotterer. Mitgeteilt von Paul Schubert 65
Die Sehschärfe der Schüler des Gymnasium Ghristianeum in Altona.
Von L. KoTEUf ANN 74
Über die Beform der Gymnastik. Bericht der italienischen Kom-
mission far physische Erziehung an den Unterrichtsminister.
Von Anoblo Cblli 129
Zur Hyopiefrage. Von J. Stillino 146
Zur Hyopiefirage. Von H. Schmidt-Bimplbr 198
Die finthche und hygienische Inspektion der Schulen in Paris. Von
Pbbbachon 194
Über geistige Ermüdung bei Schulkindern. Von Lbo Bubobbbtbin 207
Schulhygienisohe Untersuchungen in Norweg^en. Von M. K. HIkonson-
Hansen 210
Die Gesundheitspflege an der k. k. Theresianischen Akademie in
Wien. Von Jabo Pawel 257
Znr Hygiene der Schüler in der elterlichen Wohnung. Von Oswald
Mbtbioh 264
Berücksichtigung der Schulhygiene bei den Lehrerprüfungen. Von
0. Jambe 267
Programm sur Erforschung des hyflrienischen Zustandes der Lehr-
anstalten, des Unterrichts und oer Lernenden. Von Alexandbb
VON WlBENIUS 321
Zur Myopiefrage. Von Ebnbt Pflüoeb 846
Die Sohulbider in Zürich. Von H. Naef. (Mit 1 Figur im Text). 885
Schnlbankansstellung in Wien. Von Mabla.nne Nioo. (Mit 2 Figuren
imTwrt) 895
IV
Seit*
Drei Gutachten über die Nachteile von Schiefertafel rmd Griffel.
Von Max Grubeb, August Rittbb ton Rbubs und Leopold
EöNIOSTBlK 449
Die Staabplage in der Schule und Vorschläge zu ihrer Beseitigung.
Aus dem hygienischen Institute der Universität Leipzig. Von
Oswald Meybich 452
Zur Schulbankfrage. Von Fbux Sobenk. (Mit 5 Figuren und 3 Ab-
bildungen) 529
Beitrag zur Beleuchtung des Elrankheitsverhaltens im Kindesalter.
Von Axel Hebtel 546
Über die Aufgaben und Pflichten des Schularztes. Von Alexandeb
VON WlBENIUS 593
Zur rationellen Ausnutzung der ünterrichtspausen in den Schulen.
Von Kebsebitbb 602
Eine neue Steh- und Sitzschulbank. Von W. Götze. (Mit 4 Figuren) 667
Die diesjährige Schülerreise des Königlichen Gymnasiums zu Danzig.
Von H. Kanteb 670
Aus Yersammlungen und Vereinen.
Physiologie und Pädagogik. Autoreferat über einen auf der Natur-
forscherversammlung zu Nürnberg gehaltenen Vortrag. Von
Joseph Stimpfl 26
Eine Boteinepidemie in einem Pariser Gymnasium. Verhandlungen
des ärztlichen Krankenhausvereins zu Paris 28
Leitsätze, angenommen in der Hauptversammlung württembergischer
Turnlehrer zu Stuttgart 29
Aus der Vereinigung für Schulgesundheitspflege des Berliner Lehrer-
vereins. Von £. Hebtel 82
Hysterische Epidemie in einer Baseler Mädchenschule. Bericht,
erstattet der medizinischen Gesellschaft der Stadt Basel 85
Über den Einflufs körperlicher Übungen auf die Verhütung der
Schulkurzsichtiffkeit. Vom ü. &anzösischen Kongrefs für
physische Erziehung 87
Zur Hygiene der Schultreppen. Vortrag, gehalten in der LXV^.Ver-
sammlnng der Gesellschaft deutseher Naturforscher und Arzte
in Nürnberg 88
Über Steilschriitversuche in Dänemark. Aus der pädagogischen
Gesellschaft zu Kopenhagen. Von Axel Hebtel 151
Lichtverhältnisse in Breslauer Schulen. Vortrag, gehalten in der
hygienischen Sektion der schlesischen Gesellschaft ftir vater-
ländische Kultur 153
Zur Verantwortlichkeit der Lehrer bei Unglücksfällen auf Schul-
ausflügen. Beschlufs des Vereins akademisch gebildeter Lehrer
in Elsafs-Lothringen 157
Beheizung der städtischen Schulen Wiens. Vom V^iener Stadtrat . 158
Die Sitzungen der Kommission für Schulgesundheitspflege in Nürnberg.
Von G. AUTENBIBTH 213
Über die körperliche Entwickelung der Ferienkoloniekinder. Von
SCHMID-MONKABD 216
Zur Augenentzündung in Schulen. Aus der ophthalmologischen
Gesellschaft Englands 219
Belt«
LeitBatse, angenommen von der vierzigsten sohweizerisohen Tum-
lehrerversammlang in Zürich 221
Die Sitzungen derKomroisBion für Scholgesundheitspflege in Nürnberg.
Von G. AuTENRiBTH. (Fortsetzung) 269
Über die Schulausstellung in Chicago. Nach einem im Berliner
Lehrenrerein gehaltenen Vortrag des Direktor Dr. Stephak
Wabtzoldt 272
Herz- und Magenleiden infolge der üblichen Schulhaltung. Aus der
Pariser AJkademie der Medizin 279
Bemerkungen in der YU. Generalversammlung der Badegesellschaft zu
Stuttgart über die Benutzung des dortigen Schwimmbades durch
Schüler 280
Die Sitzungen der Kommission für Schulgesundheitspflege in Nürnberg,
Von G. AüTEVRiETB. (Fortsetzung) 852
Krankheiten der behaarten Kopfhaut in französischen Schulen. Aus
dem Pariser Verein für Ö£fentliche Medizin und Gesundheits-
pflege 35f
Die Sterblichkeit unter den Schulkindern Berlins. Mitteilung in der
Berliner medizinischen Gesellschaft 358
Die Sitzungen der Kommission für Schulgesundheitspflege in Nürnberg.
Von G. AuTENRiETH. (Schlufs ) .„ 403
Petition der Turnvereine des Turnkreises Deutsch- Ost erreich an das
Haus der Abgeordneten in Wien betreffs Einführung des Turnens
als obligatorischen Lehrgegenstandes an den Mittelschulen,
Madchenschulen, Staatsgewerbeschulen, Handelsschulen etc 405
Die hygienischen Einrichtungen in amerikanischen Schulen. Vortrag
in der deutschen Geselkchaft für öffentliche Gesundheitspflege
zu Berlin 409
Zur Überbürdungsfrage. Thesen, aufgestellt im ärztlich kollegialen
Verein der Friedrich-Wilhelmstadt zu Berlin 410
Aus dem letzten Jahresbericht des Centralvereins für Schulschwimmen
in Berlin. Von Kbbsebiteb 473
Der Xn. deutsche Kongrefs für erziehliche Knabenhandarbeit 475
Stellung der Schule zu den Schülerselbstmorden. Verhandlung der
IX. Generalversammlung des Landesvereins von Lehrern höherer
Lehranstalten im Grofsherzogtum Hessen 480
Vorübergehende Sehschwache bei Schülern. Aus der ophthalmologi-
sohen Gesellschaft Englands :, 482
Antrag der Sektion W&hring-Döbling des Vereins der Ärzte in
Niederösterreich, betreffend hygienischen Unterricht der Schüler
und Anstellung von Schulärzten 482
Die Schulhygiene. Vortrag von Gustav Hebgbl 554
Die erste Versammlung des Berliner Vereins für gesundheitsgemäfse
Erziehung der Jugend. Von 0. Janke 561
Über die Verbreitung der Impfung und Wiederimpfung unter den
französischen Schulkindern. Bericht, erstattet in der Pariser '
Akademie der Medizin 563
Bericht über die Thätigkeit der schulhygienischen Sektion des
Vm. internationalen Kongresses für Hygiene und Demographie
in Budapest Von Hbivbioh Sohusohvy 607
Die Schulhygiene. Vortrag von Gustav Hbrobl. (Fortsetzung) . . . 613
Inkubationsdauer bei akuten Infektionskrankheiten. Aus der Lon-
doner klinischen Gesellf chafb 617
VI
Bellt
Bericht über die Thätigkeit der BchnlhygieniBohen Sektion des
VUI. internationalen Kongresses für Hygiene und Demographie
in Budapest. Von Hbikbioh ScHrrscHirr. (Schlnüi) 673
Die Schulhygiene. Vortrag von Gustav Hebgbl. (Schluls) 678
Kleinere Mitteilnngen.
Antike Gesundheitspflege 31
Die Häufigkeit der Skrofulöse im Kindes- und Schulalter 93
Hygienische Inspektion der Internate in England 34
Lang- und kurzköpfige Schüler 35
Über die Ernährung in den fransösischen Lyceen 36
Einfluis des Bauchens auf die physische Entwickelung der Jugend . 36
Stuttgarter Knabenhorte 37
Fünfzigjähriges Bestehen einer Schuldampfheizung 37
Über die Bedeutung des Baumwinkels zur Beurteilung der Helligkeit
in Schulzimmem 90
Sollen Schüler mit Mumps von der Schule ausgeschlossen werden? 92
Die Anwendung der hypnotischen Suggestion in der Pädagogik. ... 92
Grundzüge der Gesundheitspflege fClr Schüler 93
Chirurgische oder medizinisch-pädagogische Behandlung idiotischer
und zurückgebliebener Kinder? 94
Über die physische Erziehung in Hamburg vor 100 Jahren 95
Augenverletzungen von Kindern durch explodierende Zündhütchen. 96
Duschebäder für die Pariser Schulen 97
Hygienische Seminarkurse 159
Sc^iftproben von schwachsinnigen, bezw. idiotischen Kindern 162
Über Schulluft 162
Todesfalle junger Leute, verursacht durch Ohrfeigen 163
Badfahrerkrankheiten 163
Eine Schulbank mit fester Distanz 167
Aus den Urteilen der Königlich sächsischen Bezirksärzte über die
von ihnen revidierten Schulen 222
Für die obligatorische Einführung der Steilschrift 225
Schulgesundheitspflege in Berlin 225
Über die Beeinflussung einfacher psychischer Vorgänge durch Alkohol
und Thee • 225
Vergiftung eines Schulknaben mit Stechapfelsamen 227
Das Budem an den höheren Schulen Deutschlands 228
Die italienischen Seehospize für skrofulöse Kinder 228
Über Kohlensäurebestimmungen in Schulzimmem 229
Das AiTEBsche Gasglühlicht in Schulen 230
Stigmcffraphisches Leinen für Handarbeiten der Schülerinnen 230
Ü W £e Gesundheitspflege in den katholischen Volksschulen Breslaus 281
Durchschnittszahl der Schüler pro Klasse in den verschiedenen
deutschen Staaten 283
Die Auffen von Münchener Schulkindern 284
Die Mädchengymnasien und die Gesundheit ihrer Schülerinnen .... 284
Vierzig Sohulwochen für Württemberg ein Mythus 286
Lehrer^esundheitspflege 286
Die Wiederimpfung in der Schule 287
Über die medizinisoh-pSdagogitdie Behandlung idiotischer Kinder . . 289
vn
8«tto
Ein aohiüinäiuiisches Urteil über das Turnen aus dem Jahre 1814 . 290
Badfahrertrainiening im Zimmer 290
Saprol als Mittel zur Wahrnehmung fökalischer Verunreinigungen
Yon Schulbrunnen 291
Gegen aufsteigende Bodenfeuchtigkeit in Schulmauem 291
Alter und Familienstand der in den preuXsischen Volksschulen
amtierenden Lehrer und Lehrerinnen 359
Die wichtigsten Baderegeln für Schüler 360
Gegen Ereuzottembisse 361
Wettkampfe englischer Studenten 362
Zur Beleuchtungsfrage 362
Centralapparat rar elektrische Warmesignalisierung in Schulen. (Mit
Tafel I) 364
Die landlichen Volksschulen des Kreises Franzburg in hygienischer
Beziehung 412
Zahl der schulfreien Tage in den preufsischen Provinzen 416
Über den Gehörumfang der Kinder 416
Gelbsucht als Folge einer Schulstrafe 417
Statistik der Taul^tummen- und Blindenanstalten in Österreich.... 417
Über das Schulfirühstück mancher Kinder 418
Die Hennsche Centralheizuog für Unterrichtsräume 418
Der Karten- und Bilderstander des Gymnasialdirektor Jükgels .... 420
LooKEs Gedanken über physische Erziehung 483
Die Sterblichkeit der Schulkinder im Königreich Sachsen 485
Zur Gesundheitspflege in japanischen Schulen 488
Eine Schulepideraie von Scharlach, unterdrückt durch Desinfektion 489
Adenoide Vegetationen und das Wachstum der Kinder 489
Ein Urteil über die methodischen Hörübuugen ftir Taubstumme von
Ubbaxtschitsoh 490
Bettung beim Baden verunglückter Schüler 492
Die Gefahren des Fufsballspiels 492
Der Atmungsmodus während des Turnens und Badfahrens 493
Stadien über indirekte Beleuchtung 493
Tor6treu als Desinfektionsmittel für Schulaborte 495
Pädagogischpsychometrische Messungen 564
Die Korrektürlast der Lehrer 566
Über die Gesundheitspflege in der k.k. Staatsoberrealschule zu Teschen 567
Kinderschutzgesellschaft in England 568
Hygienischer Unterricht in einem Lehrerseminar vor 100 Jahren . . 569
Die Augen der indianischen Schulkinder 569
Zar Ätiologie der Idiotie 570
Continuous blackboard 570
Daten über die Zeiteinteilung und die Lemmethode der Schüler. . . 618
Diphtherie in den Elementarschulen Londons 624
Über die Ansteckungsfähigkeit der ägyptischen Augenkrankheit, be-
sonders bei Kindern 624
Tod eines Schulmadchens durch Griffelverletzung 625
Das Horrermögen taubstummer Kinder 626
Die Baum- und Fläohenmafse für Schüler in den nordamerikanischen
Schulen ., . 626
Über die Hygiene des Ohres im Sohulalter , . 685
Masern als Sohulkrankheit 688
Das Gehimgewicht der Kinder 690
vni
8«it«
Zur Examenüberbürdaiiff 691
Der EinflafB des FaisbaflspielB aaf die Körperentwickeluug 691
Über Empfangliohkeit der Kinder für Impfung mit animaler Vaccine 692
Die Handels- und Gärtnerschule zu Bakos-Pälota in Ungarn 693
Doppeltreppen der Volksschulen Boms 694
Tagesgesohichtliclies.
Elfter internationaler medizinischer Eongrefs in Rom 37
Der Berliner Verein für gesundheitsgemalse Erziehung der Jugend. 37
Professor Ebb über Nervosität, besonders der Schu]|jugend 38
' Die schulhygienische Abteilung der Berliner Gewerbeausstellung 1896 40
Steilschriftyersuche in Norwegen 40
Schulhjgienische Vorträge in Berlin . 41
Die Augen der kalifornischen Studenten 41
Diphtherie in österreichischen und französischen Schulen 42
Der Verein zur Pflege kranker Studierender der Universität
Wien 42
Körperliche Überbürdung von Seminaristen in Küsnacht 43
Schulbrausebad in Leipzig 43
Der Vni. internationale Eongrefs für Hygiene und Demographie in
Budapest 98
Französische Heilanstalt für tuberkulöse Kinder 99
Prüfung der Nase, des Ohres und der Stimmorgane bei 415 jungen
Taubstummen , 99
Batschläge für die Schüler des Falkrealgymnasiums zu Berlin in
betreff des Eislaufes 104
Eine schulhygienische Preisaufgabe 105
Kinderspielplätze in München 105
Die Desinfektion von Briefen, Büchern und Schreibhefben 105
Das Unterrichtsprogramm der Lehrerbildungsanstalt des deutschen
Vereins für Knabenhandarbeit auf das Jahr 1894 166
Die Gesundheitsverhältnisse der Dorfschüler des Kreises Isenhagen
in Hannover 167
Fulsballwettstreit zwischen den Studenten von Oxford und Cambridge 170
Mäfsigkeitsunterricht in den Schulen des Auslandes 170
Eiskämpfe für Schüler 174
Der Verein zur Speisung armer Schulkinder in Budapest 175
Der erste deutsche Kongrefs für Jugend- und Volksspiele in Berlin 231
Die allgemeine Landesausstellung in Lemberg . . » 233
Ein Verein für neuere pädagogische Psychologie und Pathologie . . . 233
Greifswalder Ferienkursus für Lehrer und Lehrerinnen des Fran-
zösischen, verbunden mit Erholungs- und Badekuren 234
Die englische Gesellschaft für physische Erziehung in London 234
Die Zähne der Kinder des Hamburgischen Staatswaisenhauses 235
Hygienische Untersuchungen von Schülerinnen in Birmingham 235
Vom Verein für Schulgesundheitspflege in Frankfurt a. if. 235
Zur Orientierung der Schulzimmer 236
Heilkurse für stotternde Schüler in Celle 237
Ferienkolonie Granadas 237
Sohulküohen in Norwegen 238
Kindergärten für taubstumme Kinder Berlins 238
IX
8«it«
Vin. mieniationaler Kongrels für Hygiene and Demographie in
Budapest 292
Zur Anstellung von Schulärzten 292
über Rückgrats Verkrümmungen von Schulkindern 292
Zur Verhütung der Weiterverbreitung der Diphtherie durch Schulen 2%
Die Schwerhörigkeit im schulpflichtigen Alter 296
Schulhjgienische Vorträge in Moskau 297
Ein Gutachten über die Steilschrift und deren Einführung in die
Volksschulen 297
Unterricht englischer Schülerinnen in der Krankenpflege 298
Gründung eines Hygienemuseums in München 299
Ägyptische Augenentzündung in russischen Volksschulen 299
Kurse für stotternde Schulkinder in England dOO
Das Kinderbewahrwesen in Ungarn 300
Pariser Pockenepidemie, besonders unter der Schu^ ugend 301
Norwegische Ferienkolonien 801
Der Arbeitsunterricht in England 801
Oasheizung in Münchener Schulen 302
Hygienischer Unterricht in den Volksschulen und Seminaren 365
Epidemie hystero-epileptischer Krämpfe unter den Schulmädchen zu
Valle in Österreich 365
Übertragung von Syphilis auf französische Schüler 367
Die Zähne von 500 Knaben der Volksschule zu Freiburg i. B 368
Fürsorge für Schwachbegabte Kinder in Pennsylvanien 368
Entwickelung der Stuaentenherbergen in Böhmen, Mähren und
Schlesien 368
Der erste Jugendspielkursus in Budapest 369
Schulhygienische Vorträge auf dem VlII. internationalen Kongrefs
für Hygiene und Demographie in Budapest 421
Ferienkurse für akademisch gebildete Lehrer in Jena 422
Die Hygiene auf der Berliner Gewerbeausstellung 1896 423
Infektionskrankheiten in österreichischen Internaten 423
Zur ärztlichen Schulaufsicht in Preulsen 424
Ein hygienischer Mifsstand für die ecole Monge in Paris 424
Unterweisung von Schülern in der ersten Hilfeleistung bei Unglücks-
fällen 425
Zur SteüschriftfhHje 425
Die Augen der Kinder der Edmontonschulen in London 426
Nochmals Masern und Konfession 426
Spielkurse für die Berliner Studenten 427
Ein norwegisches Kinderseehospiz 427
Der Handfertigkeitsunterricht in Italien 428
Londoner Ferienkolonien 428
Vm. internationaler Kongrefs für Hygiene und Demographie in
Budapest 496
Schulhygienisches von der Weltausstellung in Chicago 497
Die Anämie bei Schulkindern 499
Hygienische Milsstände in den Londoner Distriktsarmenschulen .... 500
Musterung der schulpflichtigen Kinder in Berlin 501
Was kann die Schule und besonders der Lehrer zur Förderung der
Malsigkeitssache thun? 502
Kassenerlminkungen im Waisenhause zu Bunzlau 602
Zalinantliche Untersuchungen in badisch.en Schulen 502
X
Seit«
Der zweite Lehrgang für Lehreriimen der Hadchenspiele in Bonn . 50B
JahreBberioht des Vereins zur Heilung stotternder Yolkssohüler in
Hamburg 503
Das nene Volksscholhaus zu Bostock 505
Der Vlll. internationale Eongrefs für Hygiene und Demographie in
Budapest 571
Abstimmung Aber geteilte oder ungeteilte Schulzeit in Frankfurt a. M . 573
Aus dem Berichte des Komitees für die Untersuchung von Schul-
kindern an die britische medizinische (Gesellschaft 574
Steilschriftyersuche in Moskau 575
Die Zunahme der Epidemien in den TJnterrichtsanstalten Nord-
schottlands 576
Eörpergebrechen der Würzburger Schulkinder 576
Ein Plagiat der von der Vereinigung für Schulgesundheitspflege des
Berliner Lehrervereins verfaulten Gesundheitsregeln fär die
Schuljugend 576
Norwegische Enabenhandarbeit 577
Die hygienischen Resultate der Braunschweiger Ferienkolonien .... 577
Pariser skrofulöse Kinder im Süden 577
Einflufs der Jahreszeit und der Schule auf das Wachstum der
Kinder ., 626
Über die Schulhygiene in Osterreich 628
Unterricht und Gesundheit 629
Zur Abänderung der Bestimmungen über die Strafbarkeit jugend-
licher Personen in Preufsen 629
Internationaler Kongreis für Kinderschutz 630
Aus dem Sanitätsberichte der Stadt Beichenberg über die dortigen
Schulen 630
Neue olympische Spiele 631
Panik in einer Dortmunder Schule infolge von Erdbeben 631
Berliner Kindervolksküchen 632
Krankenhausschule für Kinder mit Kopfgrind in Paris 632
Eingabe der ungarischen Schulärzte an den dortigen Unterrichts-
minister, betreffend die schulärztliche Institution 694
Schulhygienische Gegenstände auf der Ausstellung der 66. Versamm-
lung deutscher Naturforscher und Ärzte in Wien 698
Die Versammlung des Centralausschusses für Jugend- und Volksspiele
in Leipzig 700
Kleptomanie bei einem achtjährigen Schulknaben 700
Förderung des Rudems der Jugend durch den deutschen Kaiser. . . 701
Ferienkolonien in Prag 701
Die neue Turnhalle der Römerschule in Stuttgart 701
Der Verein zur Errichtung und Förderung von Seehospizen und
Asylen für skrofulöse und rhachitische Kinder in Wien 702
Schulbrausebad, zugleich zur Benutzung fOr die Bürgerschaft 702
Amtliche Yerfügnngen.
Brlals des Königlich preuTsischen Ministers der geistlichen, Unter-
richts- und Medizinalangelegenheiten, betreffend den Beginn des
Schulunterrichts infolge der durch die Einfährung der mittel-
europäischen Zeit als Einheitszeit fiir Deutschland geänderten
Verhältnisse * , . . . 4^
XI
8«it«
lCittei]iin|f des Soniglicli preuX^isohen ünterrichtsministen an die
ProTinzialBehiilkollegien wegen der Einrichtung von bygienisohen
Ennen an den hygienischen UniversitatBinstitnien 45
Ghitachten des Wiener Stadtphysikates Ober die Verfögang des nieder-
österreichischen Landesschulrates, betreffend die Schaffang von
Spiel-, Eis- nnd Schwimmplätzen für die Schaljugend 46
Erlais des k. k. österreichischen Unterrichtsministeriums über die
Jagendspiele an den Mittelschulen 106
Verordnung des Königlich preuTsischen Kultusministers wesen der
Vorbedingung für die Übernahme von Tomunterricht an Mädchen-
schulen 107
VerfBgung der k. k. niederösterreichischen Statthalterei an den
Wiener Magistrat über das sanitfttspolizeiliche Vorgehen beim
Auftreten der Diphtheritis in Schalen 108
Beglement für den von der Neuenburgischen Gemeinde Chaux de
Fonds angestellten Schularzt 111
ErlaTs des Königlich prenlsischen Ministers der geistlichen etc. An-
gelegenheiten wegen Wegfalls der öffentlichen Prüfungen an den
höheren Schulen 175
Verordnung des k. k. niederösterreichischen Landesschulrates vom
15. Juni 1893, Z. 4293, enthaltend eine teilweise Abänderung
der Verordnung vom 6. Juni 1888, Z. 8776, betreffend Mafs-
regeln zur Verhütung der Weiterverbreitung übertragbarer
Krankheiten durch Schalen, Lehr- und Erziehungsanstalten . . . 176
Verfugung der Königlichen Regierung zu Schleswig, betreffend den
Beginn des Schulunterrichtes infolge der durch die Einführung
der mitteleuropäischen Zeit als Einheitszeit für Deutschland
J geänderten Verhältnisse in der Provinz Schleswig- Holstein 177
schreiben des Ortsschalrates für den VI. Wiener Bezirk be-
züglich der Impfung und Wiederimpfung der Schulkinder 178
OeschSftsanweisang der städtischen Schuldeputation in Breslau für
die Rektoren und Lehrer der städtischen Volksschulen, betreffend
die Schulgesandheitspflege 239
Verfügung des Waadtländisohen Staatsrats, den Ausschlufs infektiös
erkrankter Kinder von der Schule anlangend 244
Randschreiben des Erziehungsdepartements in London an die Schul-
behörden bezüglich des Alters für die Befreiung vom Schul-
unterrichte 245
Verfügung des französischen Unterrichtsministers bezüglich der
bei Infektionskrankheiten in Schulen zu treffenden Mafs-
nahmen ' . . 802
Empfehlnng des Wirtshaasverbotes für schulpflichtige Kinder durch
den Königlich ungarischen Kultus- und Unterrichtsminister .... 308
Anweisung des Bezirksschulrates in Wien wegen Beschaffung einer
Statistik der im schulpflichtigen Alter stehenden epileptischen
Kinder 304
Erlafs des k. k. österreichischen Ministeriums des Innern vom
10. Februar 1894, Z. 1710, an die k. k. Statthalterei in Prag,
betreffend die Einfuhr und den Vertrieb des Kinderspielzeuges
„Kraterschlangen" 306
Brlafs des Königlich preufsischen Ministers der geistlichen etc. An-
)legenheiten, beti^ffend Heilkurse für stammelnde und stotternde
Inder 370
fä
xn
0«lto
Aus der Verordnung der k. k. Statthalterei in Böhmen Yom 25. Februar
1894, Z. 18872, über Vorkehrungen gegen ägyptische Augen-
entzündung, besonders in Schulen 371
Mitteilungen an das Elternhaus bei Schulreisen der Gymnasiasten in
Aussig a. E 372
ErlaDs des EönigUch preufsisohen Unterrichtsministers, betreffend
Haushaltungsunterricht für Mädchen 428
BandverfQgung der Königlichen Regierung zu Kassel, Abteilung für
Kirchen- und Schulrachen, die Revision von Schulhäusem an-
langend 430
Aus der Verordnung der Bukowinaer k. k. Landesregierung vom
13. April 1894, Z. 6134, an alle unterstehenden politischen Be-
hörden wegen Durchführung der Impfungen 432
Auszug aus dem Protokolle der Hamburgischen Oberschulbehörde,
246. Sitzung, in betreff des Unterrichtsschlusses bei grofser
Hitze 433
Verfügung des Wiener Bezirksschulrates bezüglich dos Auftretens der
Influenza in Schulen 434
Rundschreiben des Bezirksschulrates der k. k. Reichshaupt- und
Residenzstadt Wien, J. 2036, an sämtliche Schulleitungen wegen
Durchführung *der Schülerimpfungen 508
Erlafs des Königlich preufsisohen Unterrichtsministers, betreffend das
Ausfallen ron Unterrichtsstunden wegen grofser Hitze 513
Verfugung der k. k. mährischen Statthalterei vom 26. März 1894,
Z. 10986, an alle unterstehenden politischen Behörden in betreff
der Hintanhaltung hygienischer Mifsstände in den Volks-
schulen 514
Erlafs des Königlich ungarischen Kultus- und Unterrichtsministers,
No. 61622 vom Jahre 1893, bezüglich der Überbürdung der
Schüler während der Ferien 515
Aus den neuen Bestimmungen des Königlich preufsisohen Ministers
der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten über
das Mädchenschulwesen, die Lehrerinnenbildung und die Lehre-
rinnenprüfungen 578
Erlafs des Königlich preufsisohen Unterrichtsministers wegen Förde-
rung der Turn- und Jugendspiele, sowie Bereitstellung von
Spiäplätzen 581
Aus der Verfügung der k. k. Statthalterei in Mähren vom 1. Juli
1894, Z. 18269, an alle politischen Unterbehörden, betreffend
Mafsnahmen gegen Trachom 583
Anweisung der Königlichen Lokalschulkommission in München für
die Bedienung, Instandhaltung und Benutzung der Brausebad-
einrichtungen in den städtischen Schulgebäuden 633
Aus der neuen preulsischen Prüfungsordnung für Turn- und Schwimm-
lehrer 639
Verordnung des Regierungsrates des Kantons Zug, betreffend Schul-
gesun&eitsjpflege 641
Erlafs des Kömglich preufsisohen Ministers der geistlichen, Unter-
richts- und Medizinalangelegenheiten bezüglich der Mitteilungen
über den Betrieb des Turnens u. s. w. in den Schulnachriohten
der höheren Lehranstalten 703
Schuleinrichtungen für Schwachbegabte Kinder. Rundschreiben des
Königlich preufsisohen Unterrichtsministers 705
XIII
S«ile
lütfceaimg des Medizinalrates in Hamburg an die dortigen Ärzte
wegen Haisnahmen gegen die Weiterverbreitung ansteckender
Krankheiten in Schulen 708
Personalien.
49. 112. 179. 245. 306. 375. 435. 515. 583. 644. 709.
Litteratur.
1. Besprechungen.
Otto JjlKke, Die Hygiene der Knabenhandarbeit. Von Woldbmar
Götze 51
Maxgbkot, La dödaration obligatoire des maladies contagieuBes et
rinspection mödicale des 6<^les. Von Combb 59
Seventh Annual Report of the State Board of Health of the State
of Maine. Von Hbbmanb Schillbr 114
LuDwio Stbüm PBLL, Die pädagogische Pathologie oder die Lehre von
den Fehlem der Kinder. Von Mobitz Gaüstbb 118
Etdam, Gesnndheitslehre für Haus und Schule. Von Wilhelm
Lobwbnthal 123
Abthttr Nbwsholmb, School hygiene. Von Karl Hinträgeb 181
Lbo Buboebstbih, Hygienische Fortschritte der österreichischen Mittel-
schulen seit September 1890. Von H. Baybt 188
F. Tbüfbb, Psychopaihische Minderwertigkeiten im Kindesalter. Von
Fbzedbich Koldbwet 186
P. Klaube, Gesundheitslehre für Schulen. Von C. Stböhmbbbo . . . . 247
Clbmbns NohLi Wie kann der Überbürdung unserer Jugend auf
höheren Lehranstalten mit Erfolg entgegengewirkt werden? Von
P. B. Sepp 249
Kbibtbllbb, Gustav Hbhocbdikobb, Fbanz Hebtbl, Güstay Görnbb,
WoLDBXAB Götzb: Aus der Lehrerbildungsanstalt des deutschen
Vereins für Knabenhandarbeit. Vorträge über den Arbeits-
unterricht. Von E. Höhn 250
ExBMÄXV ScHiLLEB, Die schulhygienischen Bestrebungen der Neuzeit.
Von J. KOLLMAKK 308
E. TON ScHBKCKEVDOBFF uud F. A. SoHMiDT, Über Jugend- und Volks-
spiele. Von Kabl Febdikand Kummbb 311
Ludwig und HOlssveb, Neue Schulhäuser. Von Kabl HintbIobb.. 315
Lapfok, Hygiene et salubrit6 de l'öcole. Von L. Kotblmann 317
F. C. NoLL, Die Naturgeschichte des Menschen nebst Hinweisen auf
die Pflege der Gesundheit Von Fb. Dobnblüth 378
Ludwig Höpfnzb, Über die geistige Ermüdung von Schulkindern.
Von Leo Bubgbbsteik 379
Gustav SiEOBBT, Das Problem der Kinderselbstmorde. VonA. Boembr 380
C. Dblvaille, Une mission en Espagne. L'hygidne scolaire et les
exercices physiques. Von A. Goxbr 437
Mabgabete Pobhlmak5, Die Gesundheitslehre in der höheren
Mädchenschule. Von 0. Somvbb 439
Pallisbb's Common sense sohool architecture. Von Kabl HintbIgbb 441
XIV
Btito
Mobitz Wkkiobb, Nioht geistig, sondern sprachlich zorückgebliebene
Kinder. Von H. Outzmanit 444
SbaL Kbaspelin, Über geistige Arbeit. Von HsBMAinir Sghillbb . . . 518
Ahoblo Gblli, La scuoTa e l'igiene sociale. Von G. Lbithäüsbb... 622
St. Blattkeb, Neue Schalbauten. Von Kabl Hinträobb 523
Qxnhhit, On the instruction and amusements of the blind. Von
L. LfOEBMAKK 525
W. Fbxlghbnfeij), Der Arzt in der Schule. Von B. yok Sallwübk 585
Gustav Wolffhüobl, Zur Lehre vom Luftwechsel. Von J. Kbattbb 587
GüSTAY Siboebt, Die Periodicität in der Entwickelung der Kindes-
natur. Von A. BoBMEB 588
C. A. DuiTHAM, Model schoolhouse designs. Von Kabl Hintbägeb . 589
Otto Wilhblx Bbtbb, Deutsche Ferienwanderungen. Von Th. Bach 646
M. J. Kbakzfbld, Überblick der sanitär-hygienischen Verhältnisse in
75 Lehranstalten der Stadt Odessa, welche unter der Leitung
der Direktion der Volksschulen stehen. Von C. Stböhmbebg . . 649
Johann Woldbich und Alfbed Bubobbstein, Leitfaden der Somato*
logie des Menschen für Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten.
Nebst einem Anhange : Schulhygiene, von Leo Bübgebstein.
Von Hebmann Süssmann 650
YON Nb Ulf ANN, Antrag und Bericht des Stadtrates, betreffend die
Heizungs- und Lüftungsanlagen in den städtischen Schulen. Von
H. Chb. NUSSBAUM 651
Otto Bbtzlaff, Über den Unterricht in der G^esundheitspflege an
Gymnasien. Von P. B. Sepp 711
A. Hebmann, Ballübungen. Das Ballwerfen und Ballfiangen als not-
wendige Fertigkeiten für die Ballspiele und als Turnnbungsstoffl
Nebst einem Ballreigen. Von Alfbed Böttgheb ,. 712
JoH. Fb. Gottlob Közle, Die pädagogische Pathologie in der Er^
ziehungskunde des 19. Jahrhunderts. Von Kolbewet 714
Gilbebt B. Mobbison, The Ycntilation and warming of school-
buildings. Von Kabl Hintbägeb 715
2. Bibliographie.
61. 125. 188. 253. 317. 381. 445. 526. 590. 653. 717.
3. Bei der Bedaktion eingegangene Schriften.
63. 127. 191. 255. 319. 383. 447. 527. 591. 655. 719.
Verzeichnis der Herren Mitarbeiter,
welche im Jahre 1894 Beiträge geliefert haben.
Bektor des alten Oymnaainms Dr. G. Aütehrieth in Nürnberg. —
Direktor des Falkrealg^ymnasimns Dr. Th. Bach in Berlin. — Direktor
ExAKtTEL Bayb in Wien. — Stadttuminspektor Alfred Böttcher in
Hannover. — Oberrealschulprofessor Dr. Leo Burgerstbin in Wien. —
Professor der Hygiene nnd Direktor des hygienischen Institutes der
Universität Dr. Akgelo Gelu in Born. — Schularzt Dr. Combb in Lau-
sanne. — Praktischer Arzt Dr. Fr. Dorhblüth in Bestock. — Direktor
der Landesirrenanstalt k. k. Begierungsrat Dr. Moritz Gaubter in Wien.
— Direktor der Lehrerbildungsanstalt für Enabenhandarbeit Dr. Woldehar
Götze in Leipzig. — E. k. Obersanitätsrat Professor der Hygiene Dr.
Max Grubbr in Wien. — Arzt für Sprachstörungen Dr. H. GurzMANy
in Berlin. — Lehrer und Observator M. K. HIkonson-Haksen in Drontheim.
— G^ymnasialdirektor Professor Dr. Gustav Hergel in Aussig. —
Kommunaler Kreisarzt Axel Hertel in Kopenhagen. — Städtischer Lehrer
E. Hertel in Berlin. — Diplomierter Architekt Karl HiktrIger in
Wien. — Bealgymnasiallehrer Dr. B. Höhn in Eisenach. — Städtischer
Lehrer Otto Jakke in Berlin. — Professor Dr. L. Ikoermann in New York.
— Direktor des Progymnasiums Dr. H. Kanter in Pr. Friedland. — Ober-
lehrer an der 4. Bealsohule Dr. Kxesbbiter in Berlin. — Dooent der
Augenheilkunde Dr. Leopold Köniostbin in Wien. — Bektor Dr. Friedriob
KoiJ)BirET in Königslutter. — Professor der Anatomie und Entwickelungs
geschichte Dr. J. Kolucann in Basel. — Augenarzt Dr. L. Kotelmann
in Hamburg. — Professor der gerichtlichen Medizin Dr. J. Kratter in
Gras. — K. k. Landesschulinspektor Dr. Karl Fbrdivand Kümmir in
Wien. — Praktischer Arzt und Assistent am hygienischen Institute der
Universität Dr. Hugo Lasbb in Königsberg i. Pr. — Professor an der
Geiehrtensohule des Johannenms Dr. G. Lbithaüseh in Hamburg. —
Profeesor Dr. Wilhelm Loewbnthal in Berlin. — Lehrer an der 8. Be-
ztrksschule Oswald Mbtbioh in Leipzig. — Praktischer Arzt Dr. H. "Säst
in Zürich. — Lehrerin Marianne Nioo in Komeuburg. — Docent an
XVI
der technisclien Hochschule H. Chr. Nussbaüm in Hannover. — Univerritäta-
lehrer Jabo Pawbl in Wien. — Ärztlicher Schalinspektor Dr. Pbrbachok
in Paris. — Professor der Augenheilkunde Dr. Erkst Pflügbr in Bern.
— Direktor der 3. Bealschule Professor H. Batdt in Hannover. — Pro-
fessor der Augenheilkunde Dr. Auoüst Ritter vok £eü8s in Wien. —
Praktischer Arzt Dr. A. Bömer in Stuttgart. — Oberschulrat Geheimer
Hofrat Dr. E. von Sallwürk in Karlsruhe. — Orthopäde Dr. Felix
ScHEHK in Bern. — Professor der Pädagogik und Direktor des GroCa-
herzogüohen Gymnasiums Geheimer Oberschulrat Dr. Hermann Sgbillbr
in Giefsen. — Praktischer Arzt Dr. Schmid-Monnard in Halle a. S. —
Professor der Augenheilkunde Geheimer Medizinalrat Dr. Hbrmanit
Schkidt-Bdcfler in Göttingen. — Augen- und Ohrenarzt Dr. Patti>
Schübe BT in Nürnberg. — Schularzt und Professor der Hygiene Dr.
Heinrich Sohusohnt in Budapest. — Gymnasialprofessor P. B. Sepp in
Augsburg. — Direktor der städtischen höheren Mädchenschule und
Lehrerinnenbildungsanstalt Dr. 0. SomntR in Braunschweig. — Professor
der Augenheilkunde Dr. J. Stilling in Strafsburg i. E. — Lehrer am
Königlichen Schullehrerseminar Dr. Joseph Stimpfl in Bamberg. — Kreis-
arzt Dr. C. Ströhmbero in Dorpat. — Oberarzt des Hermannatädter
Komitates Dr. Hermann Süssmann in Hermannstadt. — Oberschulrat
Hofrat Gustav Wallraff in Karlsruhe. — Arzt des Wedenskisohen
klassischen Gymnasiums und Direktor des Eünderasyls der Ghx>f8füntiD
Alexandra Nicolaewska Wirklicher Staatsrat Dr Alexander von Wibeniüs
in St. Petersburg.
|eitf((infl für Si|ii(geM|eito|rf^^
Vn. Jahrgang. 1894. No. 1.
(Drt$ttial-]Xbi|anblit n$en.
Zur Myopiefrage.
Von
H. Schmidt -RiMPLBB,
Professor der Augenheilkunde in Göttingen.
Göttingen, deQ 3. Dezember 1893.
6reelirter Herr Redakteur I
Gestatten Sie mir zu der letzten Entgegnung meines
geschätzten Kollegen Stillinq noch folgende Bemerkung.
Ich mufste zur Entkräftung seiner Behauptung, ^dals die
von ihm aufgestellte Lehre von der Entstehung der Myopie
anfange durchzudringen^, naturgemäfs die Aussprüche der
Forscher, welche sich mit dieser Frage beschäftigt haben,
wörtlich mitteilen. Die Zahlenreihen über die durchschnitt-
lichen Orbitalindioes bei Emmetropen und Myopen, die Stil-
liiNG jetzt unter Fortlassung entgegengesetzter Ergebnisse zu
aeineu Gunsten anführt, beweisen nur, dafs die Differenzen zu
gering sind, um darauf hin ein Gesetz zu gründen ; im Gegenteil
sind unter Berücksichtigung sonstiger Umstände die betreffenden
Untemucher, wie ich gezeigt, hieraus zu ihrem Urteil über
die Unhaltbarkeit der STiLLiNGschen Lehre gekommen.
Selbst in den jüngst veröffentlichten, als von PflOgbr her-
rührend bezeichneten Untersuchungen — die Orbitalmessungen
bat der Assistenzarzt Herr Eissbn, die Bearbeitung Herr
SehulgMandheittpfleg« VU. 1
Jakkowski ausgefülirt — heilist pa (S. 191): ^Das bedeutet
zweifellos, dais nicht nur chamäkonohe-niedrige, sondern auch
mesokonche -mittelhohe Augenhöhlen zur Myopie disponieren^.
Was schlielslich noch Romano-Catanias 350 „albanesische^
Seminaristen betrifft, die ich als „Sicilianer^ bezeichnet habe,
so sind sie in der That geborene Sicilianer, die allerdings
aus älteren albanesischen Kolonien in Sicilien abstammen.
Mit grölster Hochachtung
Ihr ergebenster
H. ScHMIDT-BlMPLBB.
über geistige Ermüdung beim Schulunterrichte.
Von
Dr. med. Hugo Laser,
prakt. Arzt und Assistenten am hygienischen ümyersitätsinstitate
zu Königsberg i. Pr.
^Die Arbeitskurve einer Schulstunde", ein Vortrag,
den Oberrealschulprofessor Dr. phil. Leo Bürgerstein aus Wien
auf dem VII. internationalen Kongresse für Hygiene und Demo-
graphie zu London 1891 gehalten hat, gab die Anregung und
Grundlage zu meinen Untersuchungen, deren Resultate hierdurch
mitgeteilt werden sollen.
Vorher dürfte wohl eine Besprechung des BüRGERSTEi^schen
Vortrages, der in dieser Zeitschrift^ abgedruckt ist, am Platze
sein, um so mehr, als meine Versuchsanordnung von der BuBGSR*
STEINS zum Teil abweicht.
» IV. Jahrg., No. 9, S. 543—562 und No. 10, S. 607—627.
Der Q-enannte geht von der jedem Lehrer bekannten That-
saohe ans, daüs ein intensiver Unterricht schon nach kurzer
Zeit bei den Schülern Abspannung und Ermüdung heryor-
ruf);. Er versucht nun, diese Erscheinung in Zahlen auszudrücken,
welche dann, zusammengestellt, seine „Arbeitskurve^ darstellen.
Zu diesem Zwecke liefs er in 4 Klassen von elf- und zwölf-
jährigen Kindern 10 Minuten hindurch eine Anzahl einfacher
Rechenexempel, Additionen und Multiplikationen, anfertigen.
Dann folgten 5 Minuten Pause, worauf der Turnus von neuem
begann. Es zeigte sich dabei, daJs die Kinder in der dritten
Viertelstunde die geringste Zahl von Rechnungen mit den
meisten Fehlern gemacht hatten. In der vierten Viertelstunde
trat dagegen nach der vorausgegangenen Abspannung wieder
eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit ein.
BuRGBRSTEiK Stellt daher folgende Thesen auf:
1. Es ist wünschenswert, dals über die Frage der geistigen
Überbürdung weitere exakte, experimentelle Untersuchungen
angestellt werden.
2. Bis diese Frage entschieden ist, sollte der Unterricht
in der Schulstunde nicht länger als drei viertel Stunden andauern.
Nachdem in der Diskussion Dr. Glabstonb dem Redner
lebhaft beigestimmt hatte, wurden die von demselben auf-
gestellten Thesen einstimmig angenommen.
Wie BuRGEBSTBiN angibt, behandelt bisher nur eine Arbeit
von SiKORSKT diesen G-egenstand, welcher auf 1500 Diktat-
proben = 40000 Buchstaben seine Resultate stützt. Der wesent-
liche Unterschied zwischen der Leistung am Morgen und
derjenigen nach vier- bis fünfstündigem Unterrichte liegt in
einer Exaktheitsdifferenz von durchschnittlich 33%.
Auch ich habe in der Litteratur sonst keine Veröffent-
lichung gefunden, die sich mit der experimentellen Untersuchung
über die geistige Ermüdung der Kinder beim Schulunterrichte
beschäftigt.
An dieser Stelle mag zunächst die Abweichung erwähnt
werden, welche meine Yersuchsanordnung von der Burgbrstbins
uaterscheidet.
DMPselb» lielfl, wie schon oben gesagt, in einer Stunde yier
Anfgabenseiden reehnen, indem er an jeder Seide 10 Miavtan
Zeit gab und awisohen je awei Serien 5 Minuten Panee einsoliob»
um wähienddessen die Zettel mit iaa gereehnetea Stempeln
einsneaumeln und neue Zettel ftir die näohetfolgende Seria
ausamteilen. Jeder Abaolmitt bestend aus 20 yeracluedenen
Beehenanfgaben, über deren Zusammensetzung später betiobtet
WBcden soll.
lebr glaube, dals ee ala 2demlieh selbstvwstftndlicb ansusehen
18^, dafis bei dem vielen Beekuen in einw Stunde schlieifelieh
der G-eist der Kinder erlahmt. £s ist wohl auch unter natür-
lichen Yerhaltniseen kmn Sohuluntemcht denkbar, bei dem ein
8o ewige» Einerlei, wie bei Bijb0BR&tbinb Versuche^ herrscht.
Sagt doch dieser selbst: ^Die Sehnkliinde ist allerdings
im allgemeinen in praxi imdier an Abwechslung» als die hier
beotutBte' Methode. So werden z. B. beim Bechnen Diktat,
EKaknaaion der Beehnung, Aufirulen einzelner Schüler u. s. f.
Torkommen, Dinge, welche hier wegfallen.^
Ich zog es daher vor, nicht die Brmüdumg in einer Stunde
zu prttÜMi, sondern zu untersudien» ob bei dem fün&tündigen
XJntenrichte, wie er jetet an einem Vormittage abgehalten wird,
eine Abspannung der Schüler eintrete. Infolgedessen liefe ich
dieselben am Anfange jeder der 5 Stunden die yon mir auf-
geteilten Aufgaben rechnen, wozu ich ebenfstUs nur 10 Minuten
Zeit gewahrte.
Ermöglicht wurden meine Untersuchungen durch das bereit*
willige ESntgegenkommon des hiesigen Stedtschulrats, Herrn
Dr. Tbibukajt, welcher mir gestettete, in ein« Knaben- und
einer Mädchenbürgersehule an zwei korrespondierenden Klassen
dieselben «azuetellan. Hierfür sage ich ihm auch noch
an dieser Stelle meinen Dank, ebenso d«n Herren Bektoren
wid Lehrern der beiden Anstalten f)lr die Liebenswürdigkeit,
mit welcher sie mich unterstützt haben.
Die fia^empd stellte idi folgenderma&en auf:
Die zehn Ziffeni 0 — 9 wurden in willkürlich«r Beihenfolge
hintereinandergesetzt und eine zweite ebensolche willkürliche
Beule danebengestellt, ebenso wie es Büxohrstbin gethan hat.
Unter diese 20 Ziffern wurden dann 20 fernere Ziffern in
derselben Weise gesehrieben, wodurch ein Additionsexempel
entstand. Anf dieselbe Weise bildete ich 10 versohiedene
Aufgaben, jede mit anderer Kombination der Ziffern.
Ans diesen 10 Additionsexempeln wurden dann noch
10 Multiplikationsexempel konstruiert. Als Multiplikand diente
der erste, d. h. der obere Summand jeder Addition. Als Multi-
plikatoren wurden 0 und 1 selbstverständlich nicht gewählt,
sondern nur die Zahlen von 2 bis 6, da, wie Burgebstbin
schon hervorhebt, z. B. eine Multiplikation mit 2 sich bedeutend
beztLglich des Arbeitswertes unterscheidet von einer solchen
mit 9.
Um zu zeigen, wie ein Arbeitsabschnitt von 20 so
gebildeten Aufgaben sich gestaltet, mag hier die Serie I wieder-
gegeben werden:
I. Name: Alter: Klasse:
No. 1. Addiere: 28703451692740831569
+ 35869427 108215976043.
IWI H!
No. 2. MTiltipUzi«re: 28703461692740831569
2.
No. 3. Addiere: 64392806716789806214
+ 6269134078810(?275493.
No. 4. Multipliziere: 54392806716789306214
3.
No. 5. Addiere: 72680519433760514298
4- 467 13602981692430768.
No. 6. Multipliziere: 72680519433760614298
4.
6
No. 7. Addiere: 64308529178972053641
+ 25684397102150973864.
No. 8. Multipliziere: 64308529178972053641
5.
No. 9. Addiere: 38927560141579324068
+ 46829130572934058767.
No. 10. Multipliziere: 38927560141579324068
6.
No. 11. Addiere: 57289104362098135674
-H 7048356921 1482039567.
No. 12. MultipUziere: 57289104362098135674
2.
No. 13. Addiere: 91027835462986540713
+ 69704315288013649275.
No. 14. Multipliziere: 91027835462986540713
3.
No. 15. Addiere: 56210974387356802941
-4- 36945281076647903182.
No. 16. Multipliziere: 56210974387356802941
4.
No. 17. Addiere: 81203756943085976412
-H 56738124909840732516.
No. 18. MnltiplizieTe: 81203756943085976412
5.
No. 19. Addiere: 23750169481920865734
+ 24781395608452601973.
No. 20. Multipliziere: 23750169481920865734
6.
Die Aufgaben der folgenden 4 Serien entwickelte ich aus
dieser ersten folgendermaJsen:
Seriell: DieoberenSnmmanden der Additionsexempel wurden
durch Aneinanderreihen der ersten, dritten, fünften u. s. w.
Ziffer des oberen Summanden von No. 1, 3, 5 etc. der Serie I
gewonnen, während die unteren Summanden unverändert stehen
blieben. Zugleich dienten die oberen Summanden als Multi-
plikanden. Die ersten Aufgaben der II. Serie lauteten demnach:
No. 1. Addiere: 27356248168041970359
+ 35869427108215976043.
No. 2. Multipliziere: 27356248168041970359
2.
Serie HI: Der obere Summand wurde in analoger Weise
durch Aneinanderreihen der zweiten, vierten, sechsten etc. Ziffer
gewonnen, während der untere wiederum derselbe blieb. Auch
trat der obere Summand wieder als Multiplikandus ein. Also:
No. 1. Addiere: 80419703592735624816
+ 35869427108215976043.
No. 2. Multiplizsiere: 80419703592735624816
2.
Serie lY: Der obere Summand bleibt unverändert stehen,
während im unteren jede Ziffer eine Stelle nach links rückt.
8
80 dals die erste Ziffer die letzte wird. Die Multiplikation
findet mit dem unteren Summanden statt.
No. 1. Addi^e: 28703451692740831569
-f 58«94271082159760438.
No. 2. Multipliziere: 58694271082159760433
2.
Serie V: Der obere Summandus bleibt derselbe, während
der untere in umgekehrter Reihenfolge hinzugefügt wird. Multi-
pliziert wird der untere Summand. Die V. Serie beginnt daher:
No. 1. Addiere: 28703451692740831569
+ 34067951280172496853.
No. 2. Multipliziere: 34067951280172496853
2.
Jede Serie bestand demnach aus 20 derartig variierten
Ezempeln, die den Eandern gedruckt gegeben wurden. Ich
hatte darauf geachtet, dafs das Papier weifs und glatt, die
Buchstaben tief schwarz, 4 mm hoch und fett gedruckt waren.
Zwischen den einzelnen Exempeln war ein hinreichender Raum
frei gelassen zum Aufschreiben der Resultate. Jedem Zettel
wurde aufserdem ein passendes Löschblatt beigefügt.
Von Subtraktions- und Divisionsexempeln sah ich aus den-
selben Gründen, wie Burgbrstein, ab. Bei ersteren kann nämlich
zu leicht eine Yerwechselnng der Operation mit der Addition
eintreten, während bei aer Division die Komplikation der Rech-
nung viel gi'öiser ist, als bei der Addition und Multiplikation
und dadurch die Kontrolle, was Bü&gbrstein mit Recht hervor-
hebt, zu sehr erschwert wird.
Diese 20 Aufgaben sind nun so zusammengestellt, dals
man voraussehen konnte, selbst die flinksten Rechner würden
10 Minuten gebrauchen, um all« auszvreehnen. Die betreffende
Annahme wurde denn auch bestätigt, da die wenigen Kinder,
e
welche das aufgegebene Pensum absolvierten, beinahe erst in
der letzten Minute ihr Ziel erreichten.
Nachdem die Blätter verteilt waren, durfte niemand früher
rechnen, als bis ein Zeichen ssum Anfangen gegeben war. Nach
ToUen 10 Minuten, die genau mit der ühr festgesetzt wurden,
mufsten alle Kinder bei dem Rufe des Lehrers: ^Feder hin-
legen!" aufhören.
Zur Verfügung stand mir in einerMädchenschule Klasse IIB,
entsprechend dem fünften Schuljahre und Klasse HE, entsprechend
dem vierten, sowie in der korrespondierenden Knabenschule
Elasse III, entsprechend dem fünften und Klasse IV, ent-
sprechend dem vierten Schuljahre.
Der Einfachheit wegen sei später
mit 5 Mädchenschule, Klasse IIB,
»4 „ „ m.
„ V Knabenschule ^ III,
„ IV „ „ IV kurz bezeichnet.
In 5 befanden sich am 16. November 1892 53 Mädchen. Die
Bogen von 2 derselben sind zur Beurteilung nicht zu benutzen,
da eine völlig willkürlich ab und zu eine Zahl hingeschrieben,
die zweite ganz sinnlose, lange Zahlenreihen unter jede Aufgabe
gesetzt hatte.
In 4 safsen am 19. November 1892 61 Schülerinnen.
In V, wo ich am 25. November 1892 rechnen liefe, haben
von 63 Schülern 7 ganz unbrauchbare Bogen abgeliefert und
in IV von 59 Schülern 1.
Zur Beurteilung bleiben also:
von 5 51 Bogen,
» 4 61 „
» V 66 „
« IV 68 „ .
Stellen wir zuerst fest, wieviel Ziffern die Kinder in den
einzelnen Abschnitten ausgerechnet haben. Eine Zunahme der
Ziffern von einem Arbeitsstück zum anderen ist gleichbedeutend
mit einer Zunahme der Leistung, wobei zunächst von den
Fdilem ganz abgesehen werden soll.
10
Folgende Tabelle gibt liierüber Anfechlals:
Klasse
Arbeits-
stück
Verlang
Ziffern
Ziffern,
▼on allen
Kindern
zusammen
(gerechnet
Durch-
schnitt
Vo
5
I
n
ni
IV
V
414
414
412
414
415
10580
13287
14015
13802
13720
207,4
260,5
274,8
270 6
269,0
50,0
62,9
66,7
65,4
64,8
4
I
II
m
IV
V
414
414
412
414
415
11493
11919
12065
12867
14683
188,4
195,4
197,8
210,9
240,7
45,5
47,2
48,0
50,9
58,0
V
I
11
111
IV
V
414
414
412
414
415
7079
8304
8730
9243
9167
126,4
148,3
155,9
165,0
163,7
30,5
35,8
37,8
39,8
39,4
iV
I
n
III
IV
V
414
414
412
414
415
5748
7151
8314
8087
8320
99,1
123,3
143,3
139,4
143,4
23,9
29,8
34,8
33,7
34,5
Diese Tabelle zeigt uns keine völlige KoDgruenz in den
vier Klassen. Während in 4 die Leistungsfähigkeit Ton Serie I
bis Y stetig zunimmt, steigt sie in Y nur bis Serie lY, um
dann ein wenig zu sinken; in 5 wächst die Leistungsfähigkeit
nur bis Serie III, feilt dann in lY und noch mehr in Serie V,
und in lY steigt sie bis III, sinkt dann in Serie lY und steigt
wieder in Serie Y.
Zwei wichtige Punkte fallen aufserdem noch an dieser
Tabelle auf, nämlich erstens, dafs die Knaben viel weniger
11
Ziffern ausgereclinet haben, als die Mädchen der entsprechenden
Klasse, nnd zweitens, dafs in Serie I, verglichen mit den
späteren Serien, nnverhältnismäfsig wenig Zahlen gerechnet
sind. Erfahrene Schulmänner behaupten zwar, dafs in der
ersten Schulstunde immer am wenigsten geleistet werde, weil
die Kinder meistens zur Schule gestürzt kommen und noch
nicht den nötigen Ernst und die gehörige Fassung haben. Ich
glaube indes, dafs dieser Umstand in unserem Falle nicht allein
mafsgebend gewesen ist, sondern dafs auch mein Erscheinen, also
die Gegenwart einer fremden Person, die sonst noch nicht in
der Schule gesehen war, sowie das Neue und Unerwartete an
den gestellten Aufgaben dazu beigetragen haben, dafs in der ersten
Stunde die Leistungsfähigkeit bei weitem am niedrigsten war.
Untersuchen wir noch, um wieviel Ziffern die Leistungs-
&higkeit von einer zur nächsten Serie zu-, bezw. abnahm, so
erhalten wir nachstehende Tabelle:
Za- oder
Im Dmrch-
A 1
Klasse
Serie
Abnahme
der Ziffern
sohoitt
Vo
I-II
4- 2707
+ 68,1
+ 12,9
5
n-111
H- 728
+ 14,3
+ 3,8
4/
111 IV
— 213
- 4.2
- 1,3
IV V
— 82
- 1,6
- 0,6
i-n
+ 426
+ 7.0
+ 1,7
4
n-iii
+ 146
+ 2,4
+ 0,8
^E
nr— IV
+ 802
+ 13.1
+ 2,9
IV~V
+ 1816
+ 29,8
+ 7,1
i-n
-1- 1225
+ 21.9
+ 6,3
V
TT— in
-h 426
+ 7,6
+ 2,0
»
1 1 1 -IV
+ 513
+ 9,1
+ 2,0
IV— V
- 76
- 1,3
- 0,4
i-ii
+ 1403
+ 24,2
+ 5,9
IV
n-iii
4- 1163
+ 20,0
+ 6,0
^k V
ni-iv
227
— 3,9
- 1,1
IV V
+ 233
+ 4,0
+ 0,8
12
Ans dieser Tabelle sehen wir wiedemm ganz deutlich, was
vorhin schon einmal hervorgehoben wurde, dals die Leishing»-
&higkeit in der ersten Stunde am niedrigsten ist. Die Differenz
zwischen dem ersten und zweiten Arbeitsstücke ist bei allen
vier Klassen bei weitem gröfser, als die zweier anderer Ai1)eitB-
stücke.
Soviel über diejenige Leistungsfähigkeit, die ich die „quan-
titative^ nennen möchte im Gegensatz zur „qualitativen'^,
mit der wir uns jetzt beschäftigen wollen.
Eine etwaige Verschlechterung der Schrift von einem zum
anderen Arbeitsstücke wage ich nicht zu beurteilen. Ich will
mich vielmehr nur an die Fehler, resp. Korrekturen, welche
die Kinder gemacht haben, halten.
Letztere sind jedenfalls weniger verläfslich und wichtig,
als die Fehler, aber immerhin sollen sie zur Beurteilung der
Vollständigkeit halber herangezogen werden. Bemerkt sei dabei,
dafs nur dann eine Korrektur angenommen wurde, wenn sich
deutlich erkennen liefs, daüs eine Zahl umgeändert war, also
eine falsche in die richtige oder auch umgekehrt eine richtige
in eine falsche. Nicht als Korrektur angesehen wurde es da-
gegen, wenn eine schlecht oder undeutlich geschriebene Ziffer
verbessert, also nur eine kalligraphische Korrektur ausgeführt war.
Was die Fehler betrifft, so berechnete Bürgbrstein dieselben
sowohl insgesamt, als auch besonders in den Additions- und
den Multiplikationsaufgaben. Ich nahm von letzterem Abstand,
ermittelte vielmehr nur die Gesamtfehler, da mir darum zu
thun war, zu erfahren, ob die Anzahl der Fehler überhaupt
von einem zum nächsteo Arbeitsstücke zu- oder abnahm.
Öfter findet man unmittelbar hintereinander zwei oder sogar
mehr Fehler; Bürgerstein spricht dann von „Fehlerserien**.
Da oft ein Fehler die Veranlassung des folgenden ist, könnte
man bisweilen eine solche „Serie'' gleich einem Fehler setzen.
Insofern aber Burgbrstein selbst angibt, da& dadurch kaum
ein nennenswerter Unterschied im Resultate entsteht, habe ich
einfach jede falsche Ziffer als „Fehler^ bezeichnet. Besonders
wurde endlich noch beachtet, wenn Ziffern ganz ausgelassen
13
waran und in der Schluisfolganiiig jede ansgelaes^aa Zahl
eineia Fehler gkichgerechnet.
Über die Karrektareii gibt uns folgende Tabelle Aufaehlufa:
Durch-
Verhältnis
SUm«
aerie
Gesamt-
korrektnren
Darch-
schoin der
Koirek-
schnitt der
neten
der ZifferB
und Konek-
turen tn
taren
Ziffern
•/.
I
83
1,6
207,4
0,8
II
113
2,2
260,5
0,8
5
IN
140
2,7
274,8
1,0
IV
129
2,5
270,6
0,9
V
130
2,5
269,0
0,9
I
9e
1,6
188,4
0,8
II
171
2,8
195,4
1.4
4
ni
149
2,4
197,8
1,2
rv
1&8
2,6
210.9
1,2
V
186
3,0
240,7
1,2
I
111
2,0
126,4
1,6
n
125
2,2
148,3
1.5
V
UI
147
2,6
155,9
1,7
IV
215
3,8
165,0
2.2
V
191
3,4
163,7
2.1
I
67
1,1
99,1
1.1
n
100
1,7
123,3
1.4
IV
II r
143
2,5
143,3
1,7
IV
138
2,4
139,4
1,7
•
V
156
2,7
143,4
1,9
Aus den Rubriken, welche die Summe der in jeder Serie
vorgenommenen Korrekturen und den Durchschnitt davon,
wieviel Korrekturen jedes Kind gemacht hat, angeben, lassen sich
keine sicheren Schlüsse ziehen; wir sehen ganz unregelmäfsig
ein Steigen und Sinken der Zahlen. Betrachten wir dagegen
die letzte Rubrik genauer, in welcher die im Durchschnitt ge-
14
rechneten Zahlen zu den im Dorchschnitt gemachten Korrek-
turen nach Prozenten in Verhältnis gestellt sind, so finden wir
auch hier zwar keine völlige Übereinstimmung, aber doch im
allgemeinen, da£s die Anzahl der Korrekturen Yom ersten zum
fünften Zeitstücke zugenommen hat. Gauz klar ist dies bei
Klasse IV, wo die Zahl stetig anwächst. In 5 steigt sie von
0,8 bis 1 und fällt dann wieder auf 0,9, eine so kleine Di£Fe-
renz, dafs man sie wohl aufser Betracht lassen darf. In 4
steigt sie von 0,8 auf 1,4, um dann auf 1,2 zu sinken. In V
schwankt sie am unregelmäfsigsten hin und her; immerhin
finden wir in Serie I 1,6 und in Serie V 2,1% Korrekturen.
Klasse
Serie
Ans-
gelMsene
Zahlen
insi^samt
Dorch-
schnitt der
ans-
gelassenen
Zahlen
Dnrch-
schnitt der
gerechneten
Zahlen
Verh<nis
der gerech-
neten sn den
ausgelasse-
nen Zahlen
in%
5
I
II
III
IV
V
43
35
63
40
30
0.8
0,7
1.2
0,8
0,6
207,4
260,5
274,8
270,6
269,0
0,4
0,3
0,4
0,3
0,2
4
I
II
III
IV
V
11
11
14
17
9
0,2
0,2
0,2
0,3
0,1
188,4
195,4
197,8
210,9
240,7
0.1
0,1
0,1
0,1
0,04
V
I
n
ni
IV
V
11
11
17
15
16
0,2
0,2
0,3
0,3
0,3
126,4
148,3
155,9
165,0
163,7
0.1
0,1
0,2
0.2
0,2
IV
I
n
ni
IV
V
16
11
33
27
32
0,3
0,2
0,6
0,5
0,5
99,1
123,3
143,3
139,4
143,4
0,3
0.2
0,4
0,3
0,3
15
Die Mädchen haben im Verhältnis viel weniger Korrek-
turen gemacht, als die Knaben.
In derselben Weise sind die ausgelassenen Ziffern auf
Seite 14 tabellarisch angeführt worden.
Auch hier ist das An-, resp. Absteigen der ausgelassenen
Ziffern im Verhältnis zu den gerechneten in den einzelnen vier
Ellassen verschieden.
Es folgen nun noch in der nachstehenden Tabelle die Fehler:
Klas«e
Serie
6e«amt-
fehler
Durch-
sehnitt der
Fehler
Durch-
schnitt der
gerechneten
Zahlen
Verhältnis
der
gerechneten
Zahlen sä
den Fehlem
I
393
7,7
207,4
3J
TT
511
10,0
260,5
3,8
5
ITT
561
11,0
274,8
4,0
IV
616
12.1
270,6
4,5
V
519
10,2
269,0
3,8
i
I
308
»,0
188,4
2,6
n
387
6,3
195,4
8,1
4
in
391
6,4
197,8
3.2
IV
425
7,0
210,9
8,8
V
392
6,4
240,7
2,6
I
252
4,6
126,4
8,6
n
279
6,0
148,8
8,4
V
III
828
6,8
155,9
8,7
IV
848
6,1
165,0
3,7
V
874
6,7
163,7
4,1
I
194
8,8
99,1
8,8
n
288
4,9
128,8
4,0
IV
in
488
7,5
148,8
6,2
IV
412
7,1
189,4
5,1
V
888
6,6
148,4
4,6
Betrachten wir zunächst die absolute Fehlerzahl, so finden
wir in Klasse 5, 4 und Y ein stetes Ansteigen von der I. bis
16
zur IV. Serie, dann einen Abfall in der V. Serie, bei TV nur
ein Ansteigen bis zur UI. Serie, dann einen Abfall ivk der IV.
nnd einen noch weiteren Abfall in der V. Serie. Die relative
Fehlerzahl, die das Verhältnis der gemaohten Fehler zu den
gerechneten Ziffern angibt, zeigt uns fast dasselbe Verhalten.
In Klasse 5 und 4 steigt diese Zahl von Serie I bis IV und
fitllt in Serie V; in Klasse V steigt sie fast kontinnierlioh, ab-
gesehen davon, dals sie in Serie I um 0,2 höher ist, als in
Serie II, und in Klasse IV nimmt sie you Serie I bis lEE zn,
sinkt um nur 0,1 in Serie IV und dann weiter um 0,5 in
Serie V; immerhin ist hier die Zahl noch um 1,3 höher, als
in Serie I. Also wiederum können wir im allgemeinen sagen,
dals die Fehlerzahl allmählich wächst. Auffallend ist nur, dals
in Serie V meistens die Fehlerzahl sinkt. Einen G-rund hierfür
finden wir vielleicht in der Art des Stundenplanes und der
Verteilung der Pausen, auf welche ich später noch zurück-
kommen werde.
Da ich jede angelassene Zahl, wie ich schon vorhin
bemerkte, gleich einem Fehler betrachten möchte, so sollen die
beiden letzten Tabellen noch in eine auf Seite 17 zusammen-
gezogen werden.
Hier sehen wir in Klasse 5 und 4 ein allmähliches An-
steigen des prozentualen Verhältnisses der gerechneten Zahlen
zu den ausgelassenen Zahlen nebst den Fehlem von Serie I
bis Serie IV und dann in Serie V einen Abfall bis unter die
Zahl in Serie I. In Klasse V wechselt immer ein Sinken der
Fehlerzahl mit einem Ansteigen, und in Klasse IV wächst die
Fehlerzahl von Serie I bis III und nimmt dann in Serie IV
ab, noch mehr in Serie V; immerhin ist die Fehlerzahl in
Serie V noch viel höher, als die in Serie I.
Eigentlich hatte ich angenommen, dals sich ein ganz regel-
mäJsiges Ansteigen der Fehler- sowohl, wie der Korrekturenzahl
von Serie I bis Serie V herausstellen würde. Eine Erklärung
dafür, dafs dieses nicht so gleichmälsig und fortlaufend ein-
trat, findet sich wohl in der Anordnung des Stundenplahes,
wie er in den zur Untersuchung gelangten Klassen eingeführt
17
/,
ist Einmal wechselt je eine anstrengendere Stunde mit einer
weniger anstrengenden ab, z. B. [Religion, Dentsoh, Zeichnen,
Natorgeschiohte, Gesang. Zweitens aber tritt nach jeder Stunde
«ine Pause ein, so nach der ersten Stunde eine solche von 5,
naeh der zweiten Ton 15, nach der dritten von 5, nach der
Tierten von 10 Minuten in der Mädchenschule, während in
der Knabenschule 15 Minuten zwischen der vierten und fünften
Stünde firei sind.
Klasse
Serie
Summe der
aus-
gelassenen
Zahlen und
der Fehler
Durch-
schnitt der
aus-
gelassenen
Zahlen und
der Fehler
Durch-
schnitt der
gerechneten
Zahlen
Verhältnis
der
gerechneten
Zahlen zu
den ausge-
lassenen
Zahlen und
den Fehlem
in»/o
5
I
TT
lU
IV
V
486
546
624
666
549
8,5
10,7
12,2
12,8
10.8
207,4
260,5
274,8
270,6
269,0
4,1
4,1
4,4
4,7
4,0
4
I
n
ni
IV
V
319
898
405
442
401
6.2
6,5
6,6
7,2
6,6
188,4
195,4
197,8
210,9
240,7
2,8
8,3
8,8
8,4
2,7
V
I
n
m
IV
V
268
290
845
858
890
4,7
6.2
6,2
6.4
7,0
126,4
148,8
165,9
165,0
168,7
3,7
8,5
4,0
8,9
4,3
IV
I
n
III
IV
V
210
294
466
489
415
3,6
5.1
8.0
7,6
7.1
99,1
123,3
143,3
139,4
143,4
8,6
4,1
6,6
5,4
4,9
Man darf wohl nach alledem sagen, dafs sich zwar eine
gewisse geistige Ermüdung bei den Kindern einstellt, dieselbe
Scbnlgetnndhettcpfleg« YII. 2
18
kann aber nach unseren Besultaten nor eine geringfügige sein,
so daüs etwaige Vorsohläge zur Abänderung des Schulunterrichtes
nicht erforderlich sind.
unsere bisherigen Betrachtungen betrafen die Leistungen
der Schüler im Durchschnitt. Interessant ist es noch, zu e^
fahren, wie diejenigen der einzelnen Kinder waren. Sehen wir
zunächst, wieviele Ziffern die schnellsten, resp. die langsamsten
Rechner ausgerechnet haben:
HSehtte
niedrigste
Klasse
Serie
Verlanirte
Ziffern
aus-
gerechnete
Ziffemzahl
Vo
ans-
gereehnete
Zifferniahl
Vo
I
414
852
85,0
124
29,9
II
414
414
100,0
148
35,7
5
III
412
412
100,0
158
38,3
IV
414
414
100,0
161
38,9
V
415
415
100,0
173
41,7
I
414
337
81,4
1(»
24,9
n
414
333
80,4
115
27,8
4
nr
412
327
79,4
114
27,7
IV
414
368
88,9
110
26,6
V
416
415
100,0
116
27,9
I
414
193
46,6
73
17,6
n
414
223
53,9
94
22,7
V
UI
412
233
56,6
100
24,3
IV
414
245
59.2
•
102
24,6
V
415
228
54,9
84
20,2
I
414
165
39,8
43
10,4
TT
414
207
50,0
72
17,4
IV
Ili
412
208
50,5
104
26,2
IV
414
235
56,8
72
17,4
T
415
241
58,1
60
14,4
Was die höchste ausgerechnete Ziffemzahl betrifft, so sehen
wir, dafs nur in Klasse 5 in Serie 11 bis Y und in Klasse 4
19
in Serie V 100% erreicht, also alle Etsempel von einigen Kindern
ausgerechnet sind. Im ührigen erkennen wir ein Ansteigen von
Serie I He Y in Klasse 5 nnd IV, in Klasse V ein Ansteigen
bis Serie IV und einen Abfall in Serie V nnd ganz anders als
in den übrigen Klassen in Klasse 4 ein Abfallen von Serie I
bis m nnd dann ein Ansteigen bis Serie V.
BetreflGs der niedrigsten ausgerechneten Zahl schwanken
die 4 Klassen so, dsJs jede ein ganz anderes Bild gibt. In
Klasse 5 steigt die Zahl von Serie I bis V, in Klasse V yon
Serie I bis lY, nm dann in Serie Y zu sinken. In Klasse lY
Klasse
Serie
0 Fehler
%
0
Kor>
rek-
turen
•/o
0 ans<
ge-
lassen
%
0 Fehler
und
0 aus-
ge-
lassen
•/o
0 Fehler,
0 aus-
gelassen
und
0 Korrek-
turen
«/o
I
4
7,8
16
31,4
31
60,8
4
7,8
1
2,0
n
2
3,9
8
15,7
37
72,5
2
3,9
0
0,0
5
m
0
0,0
9
17,6
25
49,0
0
0,0
0
0,0
IV
2
3.9
8
15,7
29
56,9
2
3,9
1
2,0
V
1
2,0
7
13,7
35
68,6
1
2,0
0
0,0
I
5
8,2
18
29,5
51
83,6
5
8,2
3
4,9
n
2
3,3
4
6,6
55
90,2
2
3,3
1
1,6
4
m
3
4,9
14
22,9
51
83,6
3
4,9
1
1,6
IV
3
4,9
11
18,0
50
82,0
3
4,9
0
0,0
V
3
4,9
5
8,2
54
88,5
3
4,9
0
0,0
I
4
7,1
10
17,8
47
83,9
4
7,1
1
1,8
n
3
5,3
12
21,4
46
82,1
3
5,3
1
1,8
V
III
2
3,6
3
5,3
44
78,6
2
3,6
0
0,0
IV
3
5,3
4
7,1
45
80,3
3
5,3
1
1,8
V
2
3,6
3
5,3
44
78,6
2
3,6
0
0,0
I
11
19,0
25
43,1
43
74,1
8
13,8
5
8,6
11
4
6,9
20
34,5
48
82,7
4
6,9
1
1,7
fV
in
4
6,9
7
12,1
39
67,2
4
6,9
4
6,9
IV
3
5,2
9
15,5
38
65,5
3
5,2
2
3,4
V
6
10,3
9
15,5
43
74,1
6
10,3
1
1,7
2*
20
steigt sie nur bis Serie III und fUlt dann bis Serie V, und in
Klasse 4 wechselt Auf- und Absteigen yOUig nnregelmäfsig.
Fehler müssen wir uns noob die Frage vorlegen, wieviele
Kinder in den einzelnen Abschnitten keine Korrekturen maohten,
reep. fehlerfrei rechneten. Die Tabelle auf Seite 19 gibt uns
hierüber Anfisohlnls.
Aas dieser Tabelle erhellt, dals im allgemeinen die Zahl
derer, welche in einem Zeitstück 0 Fehler, resp. 0 Korrektarai
gemacht, resp. nichts ausgelassen haben, vom I. bis zum Y.
abnimmt. Dieselbe Beobachtung machte Bubgbbstbik, indem
er sagt: ^Das fehlerfreie Rechnen wird mit jedem Arbeitsstück
KUuue
Serie
H5ehsfte
Fehler-
Nie-
drigste
Fehler-
Httehtte
Korrek-
taitn-
Nie-
drigste
Konek-
Aasge-
Immo,
höohsto
Ansge-
iMten,
nie-
Fehler
und
ansge-
iMsen,
Fditor
ood
ausge*
lasMii,
aie-
salil
■ahl
labl
tnren-
Zahl
drigste
höchste
drfgsta
zahl
Zmhl
Zmhl
Zuhl
I
48
0
6
0
6
0
50
0
n
44
0
7
0
5
0
46
0
5
m
46
1
11
0
6
0
47
2
iV
48
0
9
0
7
0
51
0
V
44
0
11
0
9
0
63
0
I
16
0
5
0
2
0
18
0
n
21
0
7
0
6
0
21
0
4
m
26
0
11
0
8
0
27
0
IV
27
0
8
0
5
0
28
0
V
22
0
9
0
2
0
22
0
I
15
0
11
0
3
0
15
0
n
31
0
9
0
2
0
31
0
V
III
19
0
8
0
3
0
19
0
IV
19
0
17
0
2
0
19
0
V
83
0
12
0
4
0
37
0
I
11
0
5
0
2
0
12
0
n
14
0
11
0
2
0
14
0
iV
m
25
0
9
0
4
0
25
0
IV
23
0
11
0
3
0
25
0
V
27
0
9
0
4
0
29
0
21
seltener, während die Zahl der bereohneteii Ziffern znnimmt.''
Er ermittelte femer» bei der wievielten Ziffer jedes Individuum
in jedem Zeitstflok den ersten Fehler gemacht hatte, und zog
filr jedes Zeitstück und fbr jede Klasse den Durchschnitt. Da
er aber in dieser Zusammenstellung keinen klar hervortretenden
gemeinsamen Zug £Buid und ich auch nichts Übereinstimmendes
in dieser Hinsicht herausbekommen habe, möchte ich dem be-
treffenden Punkte keine weitere Bedeutung zumessen.
Nur die nebenstehende Tabelle auf Seite 20 mag noch
angefahrt werden, um weiteren Aufschlufs über die Leistungen
des Einzelindividuums zu geben.
Die niedrigste Zahl in allen Bubriken war also immer 0,
nur einmal 1 in Serie III bei Klasse 5. Die höchsten Zahlen
zeigen ein ganz unregelmftlsiges Schwanken.
Die letzte Tabelle bezieht sich auf das Alter der Kinder:
Klaiie
Ältestes Kind
Jttngstee Kind
DnrchsehDittsalter
Bemdrknngen
5
4
V
IV
13 Jahre 11 Mon.
U „ 7 „
13 „ 4
n
10 Jahre 0 Mon.
10 „ 0 ,
8 M 7 M
11 Jahre 9 Mon.
11 n 1
11 n 6
10 . 7
n
n
9 KlBdtr hahm tbxÄltiu
nlokt aiit*Cib«o.
4 Kind« kAbao Ihr ÄlUt
nioht aafefltban.
1 KlndMT haben Ihr ▲Itsr
nloht
Während die Knaben und Mädchen im Mittel in
Klasse 5 und Y ziemlich das gleiche Alter besitzen — die
Mädchen sind durchschnittlich 3 Monate älter — , ist die Differenz
bei Klasse 4 und IV bedeutender; hier sind die Mädchen im
Durchschnitt '/s Jahr älter, als die Knaben der entsprechenden
Klasse.
Fassen wir zum Schlüsse kurz unsere Resultate zusammen,
io finden wir im allgemeinen:
1. Die Zahl der gerechneten Ziffern, also die Leistungs-
fUugkeit ist in der ersten Stunde am niedrigsten«
2. Die Leistungs&higkeit nimmt bis zur dritten, reep
vierten Stunde zu und lä&t in der vierten, resp. fünften
Stunde wieder nach.
22
8. Die Fehlerzahl steigt bis zur yierten Stande, ftllt in
der fünften.
4. Die Eorrektorenzahl wächst bis znr fünften Stunde.
5. Die Knaben haben weniger Ziffern gerechnet, als die
Mädchen.
6. Die Knaben haben mehr Korrekturen gemacht, als die
Mädchen.
7. Die Anzahl der Fehler ist beinahe gleich grols bei
Knaben und Mädchen.
8. Die Anzahl derer, welche fehlerfr^ gerechnet haben,
nimmt von der ersten bis zur fünften Stunde ab.
Die Schulbank „Kolumbus^ von Bamminger ft Stetter
in Tanberbiachofsheim (Baden).
Von
Gustav Wallrafp,
Oberacholrat in Karlsmhd.
Eine neue Schulbank ist Tor etwa zwei Jahren yon den
Fabrikanten ßamminger & Stetter in Tauberbischofsheim, zwei
früheren Lehrern, erfunden worden und hat in unserem Lande
eine ziemliche Verbreitung gefunden.
Diese Bank hat einen beweglichen Sitz, lehnt sich aber
damit nicht an die yorhandenen Systeme an, sondern beruht
auf einer neuen, eigenen Idee.
Das wesentliche Merkmal derselben besteht in dem der
Länge nach geteilten Sitzbrett. Die hintere Hälfte des letzteren
ist mit eigens für diesen Zweck konstruierten Scharnieren und
Mutterschrauben an die Bank befestigt; die vordere Hälfte
steht durch einen ertark gewobenen, mit durdigehender Eisen-
schiene befestigten Hanfgurt mit der hinteren in gelenkartiger
TerbinduDg. Ohne Maohbilfe durch die Hand stellen die
twei Hälften sich beim Äafatehen dachförmig auf, und beim
Niedersetzen legen sie sich von selbst wieder äaoh. Anob das Ein-
trsten in die Bank, wie das Verlassen derselben vollzieht sich
^E leicht ohne besonderes Zuthnn. Die Sitze sind für jedes
ohne ijebne geliefert.
SeibstyeTstäadlioh kotm der cbaraktemtiBohe Sitz aa jeder
Art von SabseUinm angebracht werden.
Die Bank „Kolambae" besitzt den Vorzug, dals der
Scbüler beim Sitzen and Schreiben znr AnfrechthaltiiDg
des Oberkörpers veranlalst ist, dals er eine Stütze im Bflokgnt
findet nnd recht bequem stehen kann. Sie erlaabt aooh jedem
25
Sehüler das Anfbteben nnd Niedersitzen, ohne dalis der Neben-
schüler gestört wird.
Die Tauberbisohofsheimer Bänke sind dauerhaft und elegant
gefertigt, nnd der Mechanismus ist sehr einfach, so daJk Hepa-
ratoren kaum nötig fallen.
Es darf wohl anch erwfthnt werden, dafs die Fabrikanten
Bamminger & Stetter bereit sind, nnr die patentierten Sitze
zn liefern, wenn die übrigen Teile der Bank vom Ortsschreiner
hergestellt werden sollen.
Die Preise stellen sich wenig höher, als die der Bänke
mit festen Sitzen.
Für Tisch nnd Gestell ist Fichtenholz, für die Sitz-
leisten Bnchenholz gewählt; die Seitenteile werden übrigens
jetzt anch ans Eisen gegossen.
Fig. I stellt das Modell A mit eisernen Seitenteilen,
Fig. n das Modell B dar, welches ganz ans Holz gefertigt ist.
Die mit der Bank „Kolumbus^ angestellten Versuche
haben recht befiriedigende Besultate geliefert, und Schulmänner,
Techniker und Ärzte sprechen sich darüber sehr anerkennend
aus, so dafs sich ihre Einführung in niederen und höheren
Schulen empfehlen dürfte. Ja, es möchte sich diese eigen-
artige Sitzkonstruktion der JElaumerspamis wegen auch in
anderen Lokalen, z. B. in Theatern, verwenden lassen.
26
2.UB Derfammlungeti sitb ^txtintn.
Physiologie und Pt
Auioreferat über einen auf der Naturforscher-
yersammlnng zu Nürnberg gehaltenen Vortrag.
Von
Dr. phil. JosBPH Stimpfl,
Lehrer am Egl. SchullehrerBeminar in Bamberg.
Auf der 65. Versammlung der Gesellschaft deutscher
Naturforscher und Ärzte zu Nürnberg hielt Dr. J. Stimpfl
aus Bamberg in den vereinigten Abteilungen für Anatomie,
Physiologie, Hygiene und mathematisch-naturwissenschaftlichen
Unterricht einen Vortrag über ,,Physiologie und Päda-
gogik*^.
Der Genannte wies einleitend darauf hin, dafs der innige
Zusammenhang der Medizin mit der Anatomie, Physiologie
und Hygiene schon auTser Zweifel stehe. Dagegen herrsche
über die nahen Beziehungen dieser drei Wissenschaften zur
Pädagogik noch Streit.
Denselben hätten zwei Momente verursacht: die alte oder
metaphysische Psychologie und die späte Entwicklung jener
Zweige der Anatomie, Physiologie und Hygiene, welche der
Pädagogik Hilfe leisten sollten.
Nachdem aber seit der Mitte unseres Jahrhunderts die
Psychologie eine Erfahrungswissenschaft geworden sei, welche
auf physiologischer Basis ruhe, ergebe sich auch für die Päda-
gogik der physiologische Charakter. Erziehung sei die ab-
sichtliche Leitung der Entwicklung des jugendlichen Menschen.
Demzufolge bedürfe der Pädagog über diese Entwicklung der
27
Belehrung. Dieselbe empfange er von der Anatomie, Physio-
logie, Psychologie und Hygiene des Kindes.
Fast jede dieser Disciplinen zeige aber noch eine mehr
oder minder geringe Ausbildung. Die Kinderanatomie yer-
möge heute noch nicht eine fortlaufende Formenfolgenreihe von
der Gebart bis zur Erreichung eines abschliefsenden Zustandes
darzustellen. Auch die Kinderphysiologie biete bis jetzt noch
vielfache störende Lücken. Von der Kinderpsychologie hätten
wir in deutscher Sprache nicht einmal eine einheitliche und
sidbitende Darstellung in wissenschaftlicher Form. Ebenso be-
dürften in der Kinderhygienc noch yiele Dinge der Ergänzung
imd der experimentellen Prüfung.
Müsse auch die Pädagogik die Hilfe der Anatomie,
Physiologie, Psychologie und Hygiene des Kindes in Anspruch
nehmen, so thue sie dies doch in einem ganz anderen Sinne,
als die Medizin. Letztere verwende diese vier Disciplinen.
unter dem Gesichtspunkte der Verhütung, bezw. Heilung der
S[rankheiten, die Pädagogik aber stütze sich auf dieselben unter
dem Gesichtspunkte der Entwicklungsleitung des Kindes.
Dieser principielle Unterschied könne nicht stark genug betont
werden, weil das Übersehen desselben eine stete Quelle des
Irrtums für Mediziner und Pädagogen abgebe. Die Ärzte
vergäTsen ebenso oft wie die Erzieher, dals man an die Ana-
tomie, Physiologie, Psychologie und Hygiene des Kindes nicht
minder von verschiedenen Standpunkten aus herantreten könne,
wie an viele andere Wissenschaften.
Unter dem Princip der Entwicklungsleitung des Kindes
nähmen die genannten vier Disciplinen ebensowohl eine
specifische Gestaltung an, wie unter dem Princip der Heilung
und Verhütung der Krankheiten. Bei dem ersten Princip
werde die Kinderanatomie zur pädagogischen Anatomie, die
Einderphysiologie zur pädagogischen Physiologie, die Elinder*
Psychologie zur pädagogischen Psychologie und die Kinder-
hygiene zur pädagogischen Hygiene.
Anatomen, Physiologen, Psychologen und Hygieniker
flcUten der Pädagogik zwei Dienste leisten. Diese Forscher
28
mtüsten ihr Interesse der Anatomie, Physiologie, Psychologie
und Hygiene der S^inder mehr als bisher zuwenden; dieselben
hätten femer die Bearbeitung yon Lehrbüchern der pädagogischen
Anatomie, Physiologie, Psychologie und Hygiene zu übernehmen.
Die Pädagogen wären hier in derselben Lage, wie die Arzte;
beide würden durch die Vielseitigkeit ihrer Berufsbildung,
sowie durch ihre praktische Thätigkeit so sehr in Anspruch
genommen, dals sie sich in der Regel nicht in einzelne Dis-
ciplinen soweit vertiefen könnten, wie es zur Abfassung
brauchbarer Lehrbücher erforderlich sei. Die Verdienste,
welche sich Anatomen, Physiologen, Psychologen und Hygieniker
um die Pädagogik durch Förderung ihres wissenschaftlichen
Ausbaues verschaffen würden, dürften wohl kaum geringer sein,
als jene, welche sich diese Gelehrten um die Medizin bereits
erworben hätten.
Eine BStelnepidemie in einem Pariser Gymnasium.
Verhandlungen des ärztlichen Krankenhausvereins zu Paris.
Die y^SocUU de nUdecine des Mpitaux^ in Paris hielt nach
der y^Aüg. med. Centr.-Ztg." am 27. Oktober v. J. nnter dem Vor-
sitze des Herrn Fernet eine Sitznng ab.
In derselben berichtete Herr Lbgendbe über eine Anzahl von
Rötelfällen, welche er an einem Pariser Gymnasiam jüngst beob-
achtet hatte. Diese Fälle sind bemerkenswert dorch die Intensität
des Exanthems, sowie dnrch die umfangreichen Drüsenanschwellungen.
Der Verlauf der Krankheit war trotzdem bei sämtlichen Patienten
ein durchaus gntartiger.
Die Schltlsse, welche der Vortragende aas seinen Beobachtnngen
zog, sind folgende: Die Röteln bilden eine häufig verkannte Krank-
heit, welche streng unterschieden werden mufs von den Masern und
dem Scharlach, ebenso wie von der Roseola. Die Rötelnepidemie
erscheint in Schüben. Die Inkubationsperiode ist von wechselnder
Dauer, im Mittel beträgt sie etwa 15 Tage. Die Krankheit erweist
sich während ihres ganzen Verlaufes ansteckend, ebenso wie Masern.
Isolierung der Patienten hat keinen Zweck, da die Keime doch schon
in der ganzen Umgebung derselben vorhanden sind, wenn die Röteln
zuerst deutlich auftreten. Dagegen muCs man die gesunden
29
mitglieder möglichst absondern, nicht am sie selbst vor der Krankheit
SU bewahren, sondern mn eine weitere Yerbreitong der letzteren durch
sie zu Terhüten. Leider ist dies sehr schwierig, da in der Mehrzahl
der Ffille dnrchans keine Prodromalsymptome sich zeigen, so da&
Ton Yorbeugong kaum die Bede sein kann. Nach Ablanf der Krankheit,
der im allgemeinen nach 8 Tagen erfolgt, sind die Genesenden nicht
mehr ansteckend and können sofort firei gegeben werden. Herr
LBfihBNDRB ist in diesem Punkte ein Gegner Olivibrs, welcher
▼erlangt, dais nach Beendigung der sichtbaren Krankheitserscheinungen
•ine Qaarantftne Yon 20 Tagen und hierauf eine sorg<ige Desinfektion
des Patienten im antiseptischen Bade erfolgen soUe. Aufserdem
fordert OuviSK, dals die Schulen, in welchen eine Böteinepidemie
«ungebrochen ist, geschlossen und gründliche Desinfektionen und
Lflftongen der Klassenzimmer vorgenommen werden. Bei der von
dem Bedner beobachteten Epidemie blieben die SchtQer 7 — 12 Tage
im Krankenhause, worauf sie ihre Studien wieder aufnehmen durften.
Trotzdem wurde in der Folge kein einziger Fall von Ansteckung
beobachtet. Was die Desinfektion anbetrifft, so kann dieselbe wohl
unterbleiben, da der Mikrobe der Bötehi wahrscheinlich eine sehr
begrenzte Lebensdauer hat.
In der sich an den Vortrag anschiielsenden Diskussion vertrat
Herr Bsclbre gleichfalls die Meinung, dafs die Ansteckungsdauer
der Bötein nur 8 Tage nach Beginn der Krankheit währe. Eine
Quarantäne von 20 Tagen erscheint auch ihm übertrieben, ebenso
die Anordnung von Deainfektionsmalsregeln. Was die Inkubations-
dauer anlangt, so hat er eine solche von 17 Tagen, in anderen
Fällen sogar von 19 Tagen feststellen können.
Herr Jühbl Bbnoy hält es vom diagnostischen Standpunkte
aus für wichtig, die Abwesenheit von Fieber zu konstatieren.
Dadurch unterscheiden sich die Bötein von den Masern, bei welchen
stets am ersten Tage hohes Fieber auftritt.
Herr -Bbnbü bestreitet die vom Vorredner aufgestellte Be-
hauptung. Er beobachtete bei 4 BötelnfUlen in derselben Familie
zweimal Fieber, zweimal einen fieberlosen Verlauf.
LeitflStze, angenommen in der HanptTersammlnng
wftrttembergischer Tnrnlehrer zu Stuttgart«
In der letzten Versammlung württembergischer Turnlehrer hielt
der Vorsitzende, Professor Dr. Fink aus Tübingen, einen Vortrag
Ober das Thema: „Welche Fragen des öffentlichen und
Sehullebens umfafst die Interessensphäre eines Turn-
lehr erTereins?** Die „Ztschr. f. Tum- w. Jgdspl.^ entnimmt
diesem Vortrage folgende Leitsätze:
30
na. Monatlich einmal ist für Schüler oiiter 14 Jahren eia
halber Schnltag, für filtere ein ganzer Wochentag aof einen Marsch,
wo immer thnnlich, ohne Einkehr in ein Wirtshaas, dnrch die
Umgebong des Wohnortes anter Leitung des Lehrers zu verwenden
zur Aasbildong der körperlichen Tüchtigkeit and Aasdaaer, nebenbei
aach zar Förderang einiger wissenschaftlicher Unterrichtsgegenstände,
wie der Geographie, der Geschichte, der Natarwissenschaften. Biese
Märsche sollen den Anstots za gemeinsamen, mehrtägigen Fafsreisen
der Schüler während der Ferien geben. Bei allen diesen Märschen
wirkt der Gesang belebend and veredelnd; der Gesanganterricht
gehört daher in den Rahmen der tarnerischen Erziehung.
b. Der Handfertigkeitsonterricht ist als in geschlossenen und
dann und wann auch von Staub mehr oder weniger erfüllten Räumen
Tor sich gehend und den Stundenplan weiter belastend nicht als
eine Förderung turnerischer Erziehung zu betrachten.
c. Die turnerische Erziehung hat sich über den gesamt^i
Unterricht zu erstrecken durch Anstrebung einer möglichsten Be-
schränkung der Schreibübungen, einer Förderung der Gewohnheit
abwechselnden Sitzens und Stehens im ganzen Unterricht und der
Verbesserung der Methode behufs Ermöglichung einer Redaktion
der den wissenschaftlichen Fächern zufallenden Stundenzahl zu Gunsten
einer Vermehrung der Turnstunden.
m a. Im allgemeinen soll der Klassenlehrer auch der Turn-
lehrer sein.
b. Wie mit den VolksschuUehrerseminarien, so sind auch mit
den Universitäten Tumlehrerbildungs- und Musterturnanstalten unter
unmittelbarer und aktiver Leitung ordentlicher Lehrer der Hoch-
schulen zu verbinden. Die dem Lehrfache oder dem Fache der
Schulaufsicht sich zuwendenden Studenten sollen gebalten sein,
während ihrer Ausbildungszeit die turnerischen Übungen regelmäfsig
zu besuchen, in einigen für diesen Zweck besonders gestalteten Vor-
lesungen akademischer Lehrer sich über die elementarsten, auf
turnerisches Gebiet hereinspielenden Dinge der Physik, Anatomie,
Physiologie, Heilkunde, femer über Geschichte und Systematik des
Turnens näher zu unterrichten, um nach Absolvierung eines kürzeren,
einen Teil der grofsen Ferien ausfüllenden Turnkursus an der
Universitätslehrerbildungsanstalt ihre Befähigung zur Erteilung des
Turnunterrichtes nachweisen zu können.
IV a. Die turnerische Erziehung ist eine Vorschule zur Wehr-
haftigkeit. Ihr Kernpunkt liegt daher in der Ausbildung der
Marschfähigkeit. Die rein äufserliche Nachahmung militärischer
Übung und militärischen Lebens ist zu vermeiden.
31
ftUinere MiiUünn^tn.
Gesundheitspflege, so ist ein von Dr. Hbrm. Hagbn,
Professor der klassischen Philologie an der Universität Bern, gehaltener
Yortrag fiberschriehen, dem wir nachstehendes entnehmen : Zu den
Schutzmitteln des Altertums vor Krankheiten gehört in erster Linie
der Aufenthalt im Freien. Die ganze Einrichtung des antiken
Lehens ist auf diesem Grunde aufgebaut. Die Alten brachten den
grOlsten Teil ihres Lehens auf der Strafse, unter freiem Himmel zu.
Jedem Besucher yon Pompeji und Herkidanum fällt die ungemeine
Kleinheit der dortigen Wohnungen auf ; man erhält sofort den Ein-
druck, dafs diese nicht als ständige Zufluchtsstätten, sondern nur als
Yorübergehende, rasch benutzte und auch wieder rasch verlassene
Ahsteigequartiere dienten. Es hängt dieses Leben im Freien teils
ndt dem in der klassischen Zeit jede Rücksicht auf die Fanulie und
das Haus ausschliefsenden Interesse des Bürgers an den öffentlichen
Angelegenheiten, teils mit der ungeheuchelten Freude der Alten an
der Natur, mit der man sich eins wufste, und an dem bunten
Treiben der Aufsenwelt zusammen. Dies mufste kräftige, gebräunte,
biegsame, gegen jeden Wechsel der Temperatur abgehärtete Gestalten
hervorbringen, die mit den engbrüstigen, hektischen, hysterischen
Erzeugnissen unserer Zimmer- oder Wirtshausluft wenig gemein
hatten. In der That beruht die Gesundheit vornehmlich auf dem
Genuls von Luft und Licht. Mit Vorliebe werden diese beiden
Faktoren bei den Alten auch da genannt, wo es sich um geistige
Gesundheit, um die Widerhersteilung des moralischen Gleichgewichts,
um die Rückkehr zum moralischen Stand der Seele handelt. Denn
jener Zug ist eben durchaus antik, dafs Seele und Leib in voll-
endetster Harmonie, in innigster Wechselwirkung gedacht werden.
In der griechischen Tragödie ist es geradezu Stil, dafs, wenn eine
Person von schwerem unerträglichem Leid bedrückt ist, sie ins
Freie eilt und ihren Schmerz dem Lichte klagt, in der Hoffnung,
von dorther den verlorenen Seelenfrieden wieder zu erlangen. Die
ersten Worte, mit welchen Elektra in Sophokles' gleichnamigem
Drama die Bühne betritt, um ihrem geprefsten Herzen Luft zu
machen, sind gerichtet an Licht und Luft und lauten: „0 heilig
Lieht und du um die Erde gleich verbreitete Luft, wie viele Klage-
lieder vernahmst du schon aus meinem Mündel^ Der an den
32
Felsen geschmiedete, Ton der brutalen Wfllkflr des jungen GOtter-
herrschers Zeus vergewaltigte Titane Prometheus bei Aeschylos
ruft den göttlichen Äther zum Zeugen der ihm angethanen Schmach
an; bei Euripides klagt Medeens Amme demHünmel die Leideo
ihrer Herrin, und die Taurische Iphigenie glaubt nur dann Be-
ruhigung über einen ihr erschienenen schrecklichen Traum zu finden,
wenn sie denselben der Himmelsluft erzählt. Von dem segen-
spendenden EinfluDs einer klareo, reinen Luft singt endlich das be-
rühmte, zu Ehren Attikas angehobene herrliche Chorlied in Euri-
pides' Medea, wo es von den ErechthenssOhnen, den Athenern,
heilst: ^Stets schreiten sie leicht und weich dahin durch den
glänzendsten Äther, da, wo man kündet, dafs einst die blondlockige
Harmonia die neun Pierischen Musen geboren, und wo sie singen,
dafs Eypris selbst von dem schönfliefsenden Eephisos die Fluten
emporschöpfe und als gem&fsigte Hauche der Lüftchen über das
Land ausgie&e.^ Ist es ein Zufall, dafs man den sprichwörtlich
gewordenen Stumpfsinn der Böotier gerade der dicken, dumpfen
Luft zugeschrieben hat, welche, vom sumpfigen See Eopais auf-
steigend, über ihrem Lande laste? Dazu kam noch ein zweiter,
nicht minder wichtiger Faktor, die Kräftigung des Leibes durch die
unausgesetzte Pflege von körperlichen Übungen. Die edle
Tumkunst, die Gymnastik, bildete einen integrierenden Bestandteil
der Erziehung nicht nur der Knaben, sondern auch der Jünglinge.
Selbst Erwachsene nahmen an diesen Übungen thätigen Anteil, und
die zahlreich versammelte Korona der zuschauenden Greise erging
sich beim Anblick der jugendlichen Kämpfer in den frohen Er-
innerungen eigener rühmlicher Thaten. Wer denkt da nicht an
jenen kräftigen Spruch des Alkman, den er seinen spartanischen
Heldengreisen in den Mund legt: ^ Einst waren wir auch Jüng-
linge, voller Kraft und Mut'', worauf der Chor der Männer einfiel:
„Und wir, wir sind es; glaubst es nicht? Versuchs doch nur," and
der Kreis der Knaben froh antwortete: „Und wir, wir werden
einstens noch viel besser sein!" So bedeutungsvoll war die Gym-
nastik fOr die Jugenderziehung, dafs man den Jugendlehrer geradezu
Paidotribes nannte, d. h. Ejiabentummler, oder Gymnastes, d. h.
Einüber körperlicher Kraftäuüserungen. Palästren und Gymnasien,
jenes Ringschulen, in welchen gegen Bezahlung eigentlich»
Unterricht in den Finten und Künsten des Ringens und des
Faustkampfes erteilt wurde, dieses freie Yereinigungsplätze der
heranwachsenden Jugend, auf denen man sich nur um der Leibee-
übung willen tummelte, fanden sich in grober Menge in jeder
Stadt. Die Gymnasien namentlich, deren wir in der römischen
Zeit auch in der Schweiz welche hatten, wie in Moudon, dem
33
alten MmnoduDtim, waren stets Ton yielen Znsdiaaem besucht,
die sich in den um die Arena hemmlaufenden Säulenhallen
bewegten und gleich Sokrates und den Sophisten sich Aber aller-
hand ernste Gregenstände unterhielten. Aus diesen urspranglich
improvisierten Unterredungen erwuchsen später förmliche Lehr-
Tortrftge der Philosophen, wie im Gymnasium des Heros Akademos
nördlich Yon Athen oder im Lykeion südlich von der Akropolis;
dort hatte Piaton die akademische, hier Aristoteles die peri-
patetische Schule gestiftet. Die Leibesflbungen waren mit dem Volks-
leben der Alten so innig verwachsen, da(s man sich ohne deren
MitwirkuBg kein bedeutendes Fest denken konnte; ich erinnere an
die Olympischen, die Pythischen, die Isthmischen, die Nemeischen,
endlich an die Panathenäischen Spiele. Solche Übungen mufsten
der Gesundheit ganz besonders förderlich sein; dies wird noch aus-
drflddich als Zweck derselben Yon Piaton in seinen Gesetzen an-
gegeben, wo er neben der kriegerischen Tüchtigkeit und der Stärke,
welche dadurch erzielt werde, nicht vergüst, auch die Förderung der
Gesundheit zu betonen. Die Folge dieser Popularität war, daüs eine
Masse von gymnastischen Kunstausdrücken in bildlicher Anwendung
in Umlauf gesetzt wurden; hatte doch z. B. der Sophist Protagoras
semer Schrift, in welcher er die Existenz der Götter leugnete, den
Titel die Niederboxer gegeben, und unsere Zeit endlich hat von
jener Sitte den Namen ihrer edelsten Jugenderziehungsanstalten
entlehnt.
Me HinAgkeit der SkroftihMe im Kimdes- und Sehnlaiter.
Eine von Yollakb vorgenommene Untersuchung von 2506 Kindern
und Schülern ergab nach den „Wien. med. Blatt ^ gesehwollene
Halsdrüsen
im Alter von 7 bis 9 Jahren bei 96,6 Vo
ji » » 10 » 12 „ „ 91,6 „
» » » 18 „ 16 „ „ 84,0 „
» rt » 16 „ lo „ „ o9,7 „
» T» » 19 n " n n Oo,0 n
Aus diesen ZMea zieht der Genannte folgende Schlüsse: 1. dab
das Vorkommen von skrofulös geschwollenen Halsdrüsen unter der
Einderwelt ein auÜBcrodentlich verbreitetes ist; 2. dals die Infektion
mit Skrofulöse vor den Beginn der Schulzeit fiÜH, dafa die Schule
also nicfai für die Verbreitung derselben und daher eb^isowenig fttr
die Verbreitung der Tuberkulose verantwortlich gemacht werden
kann ; 3. dafe nidit alte skrofolüs geschwollenen Halsdrüsen von der
Infektion mit Tub«*kelbacillen herrühren. Eine grofse Anzahl ver-
dankt ihr Entstehen vielmehr überstandenen Rachenentzündungen,
Katarrhen, dipfatheritischen Erkrankungen, HautansBCfalftgen u. s. w.
VII. 8
34
und schwindet im Laufe der Zeit wahrscheinlich wieder vollständig.
Die bestehenbleibenden Schwellungen der Halsdrüsen müssen aber
doch der Tuberkulose für dringend verdächtig gehalten werden. Zur
Begründung dieser Ansicht weist Yolland darauf hin, dafs er unter
108 Schwindsüchtigen bei 101, also bei mehr als 92 %) ui der
Gegend von den Unterkiefern nach abwärts gegen die oberen Schlüssel-
beingruben hin mehr oder weniger harte, deutlich fühlbare Lymph-
drüsen in kleinerer oder grölserer Zahl gefunden habe.
Hygienische Inspektion der Internate in England. Die
sanitären Mifsstände, welche in Harrow und Wellington College ans
Licht gekommen sind^, veranlassten einen Mitarbeiter des „Brit med.
Joum." zu der Frage, ob nicht die vielen Internate, welche Schülern
aufser Erziehung auch Wohnung und Kost gewähren, wie so manche
andere „Geschäft«", unter hygienische Aufsicht zu stellen seien. Von
sämtlichen Instituten, so schreibt derselbe, pflegt eine öffentliche Schule,
welche stolz auf ihr Alter und von tiefer Ehrfurcht für hergebrachte
Formen und Gebräuche erfüllt ist, dem Einflufs der modernen
Gesundheitspflege am wenigsten ihre Thore zu öffnen. Es hängt hier
alles von dem Direktor ab, der in den klassischen Sprachen sicher
aufs tiefste, etwas vielleicht auch noch in der Mathematik bewandert
ist, aber von einer Wissenschaft in der Regel nicht allzuhoch denkt,
welche, wie die Hygiene, so schnell ihre Grundsätze wechselt. Mag
dem aber sein, wie ihm wolle, auf jeden Fall ist er der Herr der
Schule, wie der Kapitän der Herr seines Schiffes ist. Eine strenge
Disciplin bildet die Hegel, und nicht nur die Schüler, sondern auch
die Lehrer und Beamten stehen unter seinem Regiment, ja selbst
der Aufsichtsrat ist nicht inmier davon ausgenommen. Es ist nicht
leicht für irgend einen aus diesem Kreise, gegen gewisse Mifsstände,
mögen sie auch aUbekannt sein, Protest zu erheben. Sogar die
Eltern sind zu dem allgemeinen Stillschweigen verurteilt. Die Mütter
schelten, die Väter wüten, aber beide stimmen trotzdem darin überein,
da(s Dulden besser sei, als ihren Sohn zu einem „notierten^ zu
machen. Die Zeit dürfte daher nicht fem sein, wo die Erziehung
der Jugend, gleich allen anderen Berufezweigen, welche eine An-
häufung vieler junger Leute mit sich bringen, unter regelmäßige
sanitäre Aufsicht durch öffentliche Beamte gestellt wird. Die Lehrer
auf den unteren Stufen nehmen in England ohne Zweifel eine Stellung
von bescheidenem Ansehen und schlechter Bezahlung ein. Aber die
Direktoren, Internatsvorsteher und Männer ähnlicher Art führen ein
Leben von nicht geringem Komfort mit manchem Trost für die
Quälereien des Semesters. In zahlreichen Fällen stammen ihre Ein-
* S. diese Zeitschrift, 1892, No. 6, S, 279—281. D. Eed.
35
kfinfte nicht Yon reichen Honoraren fOr den Unterricht her, sondern
von der Erlaubnis, Pension&re zu halten. Sicherlich sind die
Pensionsgelder so hoch, dals die Yersnchong nur gering ist, die
Knaben, was die Quantität der Speisen betrifft, Not leiden zn lassen.
Aber die enormen Summen, die in einigen der Tomehmsten Schulen
fllr Extraspeisen gezahlt werden müssen, beweisen doch, dafs nicht
alle Intematsvorsteher jener Versuchung widerstehen. Solange Schul-
männer besoldet werden, zugleich aber die Erlaubnis erhalten, von
dem, was sie für Wohnung und Kost ihrer Zöglinge empfangen,
soTiel sie können, für sich zu behalten, solange ist dies gemischte
Geschäft Yon Erziehung und Verpflegung ein echt industrielles Unter-
nehmen, das, wie so viele andere, einer staatlichen Aufsicht auch
in hygienischer Beziehung unterstellt werden mufs.
Lang- und knrzköpflge Schfiler. Otto Ammon hat kürzlich
ein Buch veröffentlicht: Die natürliche Auslese beim Men-
schen, welches sich namentlich auf anthropologische Untersuchungen
der Wehrpflichtigen in Baden gründet. Verfasser kommt zu dem
interessanten Eesultate, dafis die Stadtbewohner verhältnismäfsig mehr
Langköpfe enthalten, als die Leute vom Lande. Dabei sind streng
ZQ unterscheiden die eigentlichen Städter, d. h. diejenigen Individuen^
deren Väter schon in der Stadt geboren waren, die Halbstädter,
deren Väter vom Lande in die Stadt eingewandert sind, und die
Eingewanderten, die, auf dem Lande geboren, zur Gewinnung ihres
Lebensunterhaltes die Städte aufgesucht haben. Die Einwanderer
schon sind langköpflger, als die auf dem Lande gebliebenen, und
die Zahl der Langköpfe nimmt nach den eigentlichen Städtern hin
immer mehr zu. Nun siedeln im wesentlichen die intelligenteren
Personen in die Stadt über, das städtische Leben zieht also die
Intelligenz der Landbevölkerung an sich. Es findet demnach durch
die Städte eine Auslese der geistig Befähigteren statt, und diese
sind vorwiegend Langköpfe. Die gleiche Präponderanz der Lang-
köpfe zeigt sich auch, wenn man die Schüler der oberen Gynmasial-
klassen mit den Schülern geistlicher Konvikte vergleicht. Letztere,
zu Priestern bestimmt, sind meist Bauemsöhne, erstere, welche die
eigenüicb gelehrten Berufe ergreifen, sind vorwiegend Städter; diese
sind Langköpfe, jene Rundköpfe. Verfasser gibt dann noch zahlreiche
Einzelbeweise für die Bichtigkeit seiner Behauptung, dafs die Lang-
köpfe im allgemeinen eine höhere Veranlagung besitzen und darum
auch im öffentlichen Leben die Führeirolle übernehmen, während
die Rundköpfe, denen Begabung keinenfalls abzusprechen ist, in der
Regel die untergeordneten Stellen ausfüllen. Die hervorragendsten
Gelehrten, Künstler, Feldherren u. s. w. sind Langköpfe; Rundköpfe
waren aber beispielsweise Kant und Kapoleon L
3»
36
Über die EraUiriuig in den fcanESsiseheii Lyceen be-
richtet Dr. A. Trouillbt. Derselbe betont die Wichtigkeit einer
zweckmäfsigen Yerpflegang der Schüler der höheren Lehranstalten,
namentlich aof den Altersstufen von 16 — 21 Jahren, indem er die
diesbezüglichen offiziellen Berichte seiner Betrachtung zu Grunde
legt. Die französische Regierung hatte nämlich eine eigene Kom-
mission zum Studium dieser Frage an den Lyceen eingesetzt. Bei
der genannten Klasse junger Leute kommt es nicht allein darauf
an, für die Erhaltung des Körpers oder yielmehr fiOr die Förderung des
gerade in diesem Alter schnellen Wachstums Scurge zu tragen, sondern
auch den Umstand im Auge zu behalten, dab die vorwiegend
geistige Arbeit und Entwkklnng der Jünglinge eine besondere
Em&hrungsweise verlangt. Die Nahrung derselben muis nicht nur
eine reichliche, sondern wegen des relativen Mangels an Muskel-
thfttigkeit auch eine sehr nahrhafte, möglichst wenig voluminöse und
möglichst leicht verdauliche sein. Als Mindestmaß ist 150 — 200 g
gekochtes oder noch besser geröstetes oder gebratenes Fleisch für
den Tag und Kopf zu verlangen. Im übrigen soU für schnuudL-
hafte Zubereitung und hinreichende Abwechselung Sorge getragen
werden, was in den französischen Inteniaten nicht immer der
Fall war.
lÜBfliib des Bwehens auf die physische Entiriokluig
der Jugend« Dem „New York med, Bec.'^ entnehmen wir fol-
gendes: Dr. Jat Seavjer kam an der Hand von Beobachtungen,
die er bei 187 Studenten anstellte, zu interessanten Besultaten über
die Einwirkung deis Tabaks auf die körperliche Entwicklung* Beim
Nichtraucher nahm das Körpergewicht um durchschnittlich 10,4 V^
mehr, als beim Oewohnheitsrancher und um 6,6% mehr, als beim
Qelegenbeitsrancher zu. Im Längenwachstum war der Nichtraucher
um 24 Vo gegenüber dem Grewohnheitsraucher und um 14% gegen-
über dem 6elegenheitsrau/&her in Vorsprang. Der Brustumfang
ist beim Nichtraucher um 26,7 7o stärker, als beim Gewohn-
heitsraucher, upd um 22%, als beim Gelegenheitsraucher. Der
gröfste unterschied aber fand sich bei der LungenkHiadt&t,
welche bei Nichtrauchern um 77,5% günstiger, als bei Gewohnheits-
renchera uqd um 49,6% gröiser, als bei Gelegenheitsrauchern war.
Dieser fOr das Körperwachstnm schüdliche EinfluGsi des Tabaks ist
in) ajlgen^einen unterschätzt worden. Sbaybss Mitteilungen werden
aber durch die Untersuchungen von Professor HnosccooK bestätigt.
Derselbe steUte seiue Beobachtungen ebenfalls an Studenten, und
zwar an denjenigen des Amberst College an. Bei einem bestimmten
Jabirgange wurden die Raucher von den Nichtrauchern getrennt und
konstatiert, dafs die letzteren uqn 24% schwerer, als die Baucher»
87
um 37 Vo mehr, als diese gewachsen und am 42% stärker im
Srastamfange waren. Was die Longenkapadtät anbetrifft, so war sie
ebenfalls bei den Nichtrauchern viel günstiger, als bei den Ranchem.
Danach ist der Tabak namentlich jüngeren Schülem anbedingt zn
▼erbieten.
Stvttgartef Kaabeilhorte. In Stattgart befinden sich angen«
blicklich 9 Horte mit 543 Knaben and 19 Lehrern gegen 447
Knaben mit 17 Lehrern im Yoijahre.
FGn&igjihriges Bestehen einer SchiildampflieiziiBg. Nach
der „Ztschr. d, Ver, disch. Ingen.** ist die in der Knabenschale
za Winterthar bestehende, Ton Gebrüder Salzer angelegte Dampf-
heizung bereits im Sp&therbst 1842 in Betrieb gesetzt worden. Es
ifar dies die erste von dieser Firma aasgeführte Dampfheizungs-
anlage. Sie hat sich in den 50 Jahren ihres Bestehens yortrefflich
l^ewfthrt. Selbst der Kessel fanktioniert noch hente tadellos, so
dais alle Aassicht vorhanden ist, die beregte Heizang noch Jahr-
zehnte hindurch im Betriebe zu erhalten.
9a0ej0efd|ti^tlt(^es.
Elfter internatimialer mediziniseher Kon^efs in Rom.
Das Exekntivkomitee hat in seiner Sitzung am 12. November v. J.
beschlossen, dals der darch Entscheidung vom 2. August 1892 auf
April 1894 verlegte XL internationale medizinische Kongrefs vom
29. Mftrz bis 5. April 1894 in Rom tagen soll. Die seit dem
Aufschübe des Kongresses bis heute unermüdlich fortgesetzten Ver-
anstaltungen lassen einen zufriedenstellenden Erfolg des Unternehmens
schon jetzt mit voller Zuversicht voraussehen.
Der Berliner Verein fBr gesnndheitsgemäfse Erriehnng
der Jugend, welcher kürzlich begründet worden ist,^ erläfst fol-
genden Aufruf: Die Verhflltnisse der Grofsstadt sind der Erziehung
eines geistig firischen und körperlich tüchtigen Geschlechtes wenig
günstig. Nur die gemeinsame Arbeit aller, denen das Gedeihen
der Jagend am Herzen liegt, kann hier Wandel schaffen. Eltern,
Ärzte und Lehrer müssen Hand in Hand gehen, um eine bessere
körperliche und geistige Ausbildung unserer Kinder in Haus und
Schule zu erreichen. Zu diesem Zwecke hat sich der Verein für
gesondheitsgem&fse Erziehung der Jugend gebildet, welcher alle
' Vergl. diese Zeitschrift, 1893, No. 11, S. 626-627. D. Red.
38
Stände und Berufskreise umfassen und fftr alle dasselbe Ziel Ter-
folgenden Einzelbestrebnngen der Mittelpunkt werden soll. Der
Verein will seine Aufgabe erreichen durch geeignete Verbreitung yon
Kenntnissen über die gesundheitsgemflfse Erziehung der Kinder, zu
welchem Zwecke größere, für jedermann berechnete Versammlungen
mit Yolkstümlichen Vortragen yeranstaltet, öffentliche Lehr- und
Übungskurse eingerichtet und in der Presse, in Flugblättern, in
Broschüren bezügliche Fragen erörtert werden sollen; durch Mit-
wirkung zur Verbesserung der hygienischen Zustände in der Familie
und in allen Bildungs- und Erziehungsanstalten; durch die Förderung
der Hygiene des Kindes und der Schule als Wissenschaft. Da zur
Erfüllung dieser Aufgaben die Mitarbeit aller erforderlich ist, so
richten wir an unsere Mitbürger, insbesondere auch an die Frauen
als die eigentlichen Trägerinnen der häuslichen Erziehung, die
dringende Bitte, dem Vereine beizutreten und die Mitgliedschaft
einem der unterzeichneten Vorstandsmitglieder anzuzeigen. Die
Mitgliedschaft des Vereins wird schon durch einen Jahresbeitrag von
einer Mark erworben. Wohlhabende aber bitten wir, die Ziele des
Vereins durch einen höheren Beitrag oder durch besondere Zuwen-
dungen zu fördern. Der Vorstand: Direktor Professor Dr. Schwalbb,
erster Vorsitzender, Dr. Jacusibl, Arzt, zweiter Vorsitzender,
W. SiEöEET, Lehrer, dritter Vorsitzender, 0. Janke, Lehrer,
erster Schriftführer, Dr. Sommerfeld, Arzt, zweiter Schriftführer,
A. GuTZMANN, Taubstummenlehrer, Schatzmeister, Frau Professor
Dr. Angsrstein, Frau Sanitätsrat Dr. Schwerin, Max Ross,
Buchdrucker.
Professor Erb fiber Nervositiit, besonders der Schnljagend.
Die letzte Stiftungsfeier der Universität Heidelberg gab dem der-
zeitigen Prorektor und bekannten Nervenarzt, Professor W. Erb,
Gelegenheit zu einer Hede über das Auftreten der funktioneUen
Neurosen in der Gegenwart. Derselbe äufserte dabei nach der
^Frankf, Zig,^ unter anderem folgendes: Die intensivsten und ver-
breitetsten Gruppen der Nervosität sind die Hysterie, welche auch
unter den männlichen Individuen im Zunehmen begriffen ist, die
Hypochondrie und vor allem die Neurasthenie. Eine organische
oder anatomische Veränderung des Nervensystems ist bei diesen
Krankheitszuständen nicht nachweisbar, sie stellen eine Abnormität
dar, bei den beiden ersten Formen eine solche des Gemütslebens,
bei der Neurasthenie eine solche der Himthätigkeit. Die Neurasthenie
ist eine besonders den gebildeten Klassen anhaftende Krankheit, ent-
sprungen einer Überanstrengung durch geistige Arbeit. Mit der
Entwickelung der Kultur in unserem Jahrhundert sind auch die
Bedürfnisse der Menschen aufsergewöhnlich gestiegen, und der Kampf
39
nms Dasein erfordert die äofserste Entfaltung der Kräfte. So tritt
eine Überbürdnng des Geistes schon in der Mittelschule ein und
wird noch gesteigert durch die Lehrmethode einer mehr philologisch,
als pädagogisch gebildeten Lehrerschaft. Dabei ist die zum Aus-
mhen des Geistes und zur Förderung der körperlichen Gesundheit
nötige Zeit viel zu kurz bemessen. Die Jugend wird frühzeitig
schon den Genflssen des gesellschaftlichen Lebens zugeführt, und
diese bekommen immer mehr den Charakter einer Überreizung des
Nervensjrstems. Die Dichtkunst ist krassem Materialismus verfallen,
die Musik ist tiberlaut geworden, selbst die Malerei schreckt nicht
davor zurtick, die hälslichsten Seiten des Menschenlebens uns un-
versöhnt vor Augen zu führen. Die Beschäftigung mit der Wissen-
schaft gestaltet sich immer aufreibender durch deren Verzweigung
in Spedalitäten. Der Handeltreibende und Industrielle ist den
wechselvollsten Erregungen und Erschtttterungen ausgesetzt. Zu den
Aufregungen des Berufes kommen noch die Hast des Lebens, die
Ruhelosigkeit, besonders des Beisens, hinzu, und vor allem sind die
weitesten Schichten der Bevölkerung erfaüst von politischen, socialen,
religiösen Kämpfen, welche sich, wie das tibertriebene Yereinsleben,
bis in die kleinsten Gemeinschaften fortsetzen. Alle diese Auf-
regungen müssen verletzend auf den menschlichen Geist wirken, und
da unser vielberufenes fin de si^cle so überreich an diesen „psychi-
schen Träumen** ist, so unterliegt es keinem Zweifel, dafs die
Zunahme der Neurasthenie eine Folge des modernen Lebens ist,
wenn auch die Notwendigkeit einer von den Eltern ererbten Dis-
position, die sogenannte neuropathische Belastung, zum Zustande-
kommen der Neurasthenie nicht geleugnet werden kann. Trotz
aUedem sieht Professor Erb nicht zu schwarz in die Zukunft, als
ob ein Niedergang unserer Nation zu befürchten sei. Er erblickt
vielmehr in der ländlichen Bevölkerung und dem Mittelstande den
Bodeu, von dem aus der heutigen Geseüschaft immer wieder neue
Kräfte zugeführt werden. Vor allem aber sei es nötig, dafs eine
besondere Hygiene des Nervensystems sich entwickele, welche in
erster Linie die Erziehung der Jugend ins Auge fasse. Nicht nur
die Schuhräume, auch die Lehrmethode und die Lehrer selbst müssten
den hygienischen Bedürfnissen entsprechen. Die Fürsorge des Staates
sollte sich nicht auf die industriellen Arbeiter beschränken, sondern
auch den Himarbeitem gesunde Räume und geringere Arbeitszeit,
sowie regelmäfsige Ruhepausen sichern. Überhaupt sei vor allem
darauf zu sehen, dafs die geistige Thätigkeit mit den nötigen Er-
holungspausen abwechsele und die Entwicklung und Ausbildung des
Körpers nicht vernachlässigt werde. Endlich erweise sich auch die
Anpassungsfähigkeit des Nervensystems so grofs, dafs schliefslich die
Heize des modernen Lebens an Schädlichkeit einbüfsen müfsten.
40
Die sehalhygieniselie Abtoflnn^ der Berliner Gewerhe-
ansstellmig 1896. Bekanntlich besteht der Plan, im Jahre 1896
in Berlin eine Gewerbeaasstellnng zu Teranstalten. uns interessiert
besonders die Gruppe XIX ,,£rziehung nnd Unterricht^, deren
etwa 70 Vorstandsmitglieder am 31. Oktober y. J. zusammengetreten
sind. Den Vorsitz des engeren Omppenvorstandes Mhren Geheimer
Eommerzienrat L. M. Goldbsrgeb und Professor Dr. B. Schwalbb,
Direktor des Dorotheenstftdtischen Realgymnasiums.^ Als Schrift-
fiQhrer fungieren Professor Dr. Fb. Baohmakn und Professor Dr. A.
Tbbndblbnbübg. Zur Feststellung des endgültigen Gruppenprogramms
und zur Organisation der einzelnen Abteilungen wurden Arbeits-
kommissionen mit dem Rechte der Kooptation gewählt. Der ersten
Abteilung: „Einrichtung Yon Schulen, Schulhygiene^ gehören
dls Kommissionsmitglieder an: Realgynmasialdirektor Dr. Th. Bach,^
Per Direktor des Kaiser- und Kaiserin Friedrich - Krankenhauses
Professor Dr. Baginskt,^ Oberlehrer Professor G. Egelbr, Schulrat
Arofessor Dr. C. Euler^ und Frau Sohepulsr - Lettb. Für die
abteilung: „Lehr- und Unterrichtsmittel jeder Art, physi-
kalische und chemische Apparate, Ausstattung von Lehr-
zimmern, Globen, Atlanten, Karten, Bilder, Modelle,
Naturaliensammlungen, Bücher, Hefte u. s. w.*' sind Kom-
missionsmitglieder: Geheimer Regierungsrat Bebtram, Professor
R. BoBRNSTSiN, Stadtschulrat Fürstbnau, Lehrer H. G alles.
Geheimer Regierungs- und Proyinzialschulrat Gruhl, Gymnasialober-
lehrer G. Heyne, Professor L. Kny, Gymnasialdirektor Dr. Küblbr/
Geheimer Regierungsrat Künbt, Geheimer Regierungsrat H. Lanbolt,
Geheimer Regienmgsrat K. MÖBius, Professor K. Müllbnhoff,
Dr. H. Paetel, Dr. H. Voromt, Geheimer Regierungsrat N. Prinos-
HEIM, Geheimer Regierungsrat F. Eilhardt Schultzb, Professor
K. Schümann, Direktor Professor Dr. Waetzoldt und Professor
0. Warsghaubb. Für die Abteilung: „Zeichenunterricht,
Handfertigkeitsarbeiten^ wurden zu Kommissionsmitgliedem
gewählt: Lehrer der 2. Berliner Schülerwerkstatt F. GropplBR,
Zeichenlehrer und Landschaftsmaler M. Lindemann-Frommel und
Dr. Max Weiss, Vorsitzender der Stenographischen Gesellschaft
„Gabelsberg''.
SteilBChriftversiiehe in Norwegen. Der Bericht der Bürger-
und Realschule zu Christiania wird durch einen Aufsatz des Schreib-
lehrers T. 0. Gran eingeleitet: „£in Versuch mit der Steil-
schrift". Dieser Versuch ist auf Anregung des Expeditionschefs
für das norwegische Schulwesen angestellt worden, und den Anlafii
^ unser Mitarbeiter. D. Red.
41
hat iffiederaiii eine Yerhandlnng in der p&dagogisehen Gesell-
Bchaft Yon Christiania ,,ü,ber die Rflckgratsyerkrümmnngen
der Kinder und die damit für die Schule yerbandenen
Fragen^ gegeben. Herr Gkan ist Yon den Yorzfigen der Steilschrift
TOT der Schrftgschrift fest Oberzengt. „Eine Schreibart'' , so erklArt
er, „die wie diese in den meisten Fällen yerhindert, dafs die Wirbel-
sinle eine Yerkrflmmnng, der Brustkorb nebst den innerhalb desselben
befindlichen Organen einen Druck erfährt, und welche au&erdem
bewirkt, dais die Schüler nicht an der Dinte riechen, mufs mit
Freuden begrüljst werden." Auch die übrigen Lehrer und Lehrerinnen
der genannten Schule, welche Gelegenheit hatten, die Kinder während
des Yersuches zu beobachten, stimmen dieser Äufserung bei. Zugleich
heben sie hervor, da(s die Steilschreiber eine „weit gleichartigere
und fliegendere'' Handschrift, als die Schrägschreiber zeigen. Ein
bdcannter norwegischer Schreiblehrer bereitet übrigens Yorlagehefte
mit Steilschrift Yor. M. K. HAkonson- Hansen.
Selmlhygieiiiselie Vorträge in Berlin. Unser verehrter
Mitarbeiter, Herr Professor Dr. med. Wilhelm Löwenthal, hält
während dieses Winters in der Berliner Humboldtakademie eine
Reihe zusammenhängender Yortrftge über „Erziehungskunde vom
Standpunkte der Entwicklungswissenschaft'' und über
„Hygiene des Kindesalters". Eine kurze Übersicht dessen,
was er hier vorzuführen gedenkt, hat er im Berliner Lehrerverein
gegeben, indem er in der Sitzung vom 22. September v. J. „ W e s e n
und Ziele der evolutionistischen Pädagogik*' besprach.
Die Angen der kalifornischen Studenten. Es ist interessant,
so hei&t es in dem ^Cenirhl. f. prakt. Aughlkde.*^, mit den
statistischen Angaben über deutsche und andere Hochschulen die
Zusammenstellungen zu vergleichen, welche Dr. Southhabd über die
Untersuchung von Sil Hörern an der Universität von Kalifornien
im „Jfedl. Bec.*^ veröffentlicht. Die Studierenden standen im Alter
von 16 — 27 Jahren, meistenteils waren sie 17 — 21 jährig. Stu-
dentinnen waren 62 darunter. Yon den Studenten litten ungefähr
zwd Drittel an Brechungsfehlem. Ein Drittel aller Untersuchten
war hypennetropisch, nur 4,81% myopisch und 24,49 Vo astig-
matisch. Die weiblichen Studierenden unterschieden sich hierin
nicht wesentlich von den männlichen. Im Osten Amerikas weisen
die Studenten 35,47 % Myopen auf, in Deutschland steigt die Ziffer
bis 40, ja 50% an, in Dänemark sind 32,3 Vo der Studierenden kurz-
sichtig und nur 3,8% übersichtig; in letzterem Lande liegen die
Verhältnisse also nahezu umgekehrt, wie in den westlichen Staaten
Amerikas.
42
Diphtherie in Ssterreichischen und franzSsischen Schulen.
Von der y^Neu, Fr, JV." wird unter dem 18. Norember v. J.
berichtet: Die beiden Übnngsschulen des Wiener Pädagogiums, und
zwar sowohl die für Knaben, als jene ft&r Mädchen, femer das im
Gebäude des Pädagogiums untergebrachte Mädcheng3rmnasium muisten
wegen wiederholt vorgekommener Diphtheritiserkrankungen der Schfller
und Schülerinnen bis auf weiteres geschlossen werden. In den
unteren Klassen der Mädchenschule des Pädagogiums kamen schon
zu Beginn des vorigen Monates mehrere Diphtheritisfälle vor, die
bedauerlicherweise einen tödlichen Verlauf nahmen. Es wurden
auch schon damals diese Klassen für einige Tage geschlossen und
erst nach gründlich vorgenommener Desinfizierung wieder ge-
Ofhet. In der verflossenen Woche traten aber in denselben Schul-
räumen neuerdings einzelne Erkrankungen auf, worauf am Samstag,
den 11. d. M., abermals die Schliefsung der unteren Klassen verfügt
wurde. Als nun am Dienstag, den 14., auch in einer der oberen
Klassen ein Diphtheritisfall zur Anzeige gelangte, verfügte der Direktor
MossBAüR auf eigene Verantwortung die sofortige Sperrung nicht
nur der Volks- und Bürgerschule für Mädchen, sondern auch des
im zweiten Stockwerke befindlichen Mädchengymnasiums. Das ganze
Schalgebäude wird nun in allen seinen Räumen einer gründlichen
Desinfektion unterzogen. Seit dem ersten Auftreten der Krankheit
in den erwähnten Anstalten im Monate Oktober sind 8 Kinder gestorben.
— Ähnliche Erkrankungen werden aus Frankreich berichtet. Wie
^Le Frogr. mid. " schreibt, ist dort eine gewisse Zahl von Diphtherie-
fällen unter den Kindern der Kommunalschulen im Departement
Seine-et-Oise, namentlich in den Gemeinden von Bucil und Chaton
nahe bei Saint-Germain, vorgekommen. Der Präfekt dieses Departe-
ments hat sofort dem Seinepräfekten hiervon Nachricht gegeben,
und es sind Schutzmafsregeln getroffen worden, um die weitere
Verbreitung der Krankheit zu hindern. Auch aus Nantes wurden
zahlreiche Fälle gemeldet. Die Schulen von Dannemarie im Ober-
Elsafs mufsten wegen der Verherungen, welche die Diphtherie an-
richtete, gleichfalls geschlossen werden.
Der Verein zur Pflege kranker Studierender der Uni-
versität Wien versendet seinen 32. Jahresbericht. Wir entnehmen
demselben, dais bei einem Stande von 1262 Mitgliedern in 1614
leichteren Krankheitsfällen von den zahlreichen Vereinsärzten un-
entgeltliche ambulatorische Behandlung gewährt und die Medizin auf
Rechnung des Vereins verabfolgt wurde. Andererseits erhielten 104
ernstlicher Erkrankte, welche 2012 Verpflegungstage nötig hatten, in
dem seit 2 Jahren unter Leitung des Dr. Leo Redtbnbagher be-
stehenden eigenen Vereinshospitale Verpflegung und Behandlung. Die
43
dadurch erwachsenen Spitalskosten beliefen sich in dem Berichts-
jahre aof 6893 fl.
ESrperlielie Überbfirdmig toa Seminaristen in Efisnaeht.
Die „Z. F." schreibt: Eine anerkennenswerte Marschleistang haben
die Schüler der obersten Klasse des Seminars Eüsnacht zu verzeichnen.
Auf ihrer zehn Tage dauernden Tour in die Graubündner Berge
machten sie an einem Tage vom Hotel Bosegg aus, das nachts 1 Uhr
verlassen wurde, den Weg über den Rosegggletscher, Sellapafe, Scersen-
nnd Filariagletscher, von da über den Belariapafs nach dem Pers-
ond Morteratschgletscher und zurück nach Pontresina, wo die Kolonne,
allerdings sehr ermüdet, aber doch wohlbehalten wiederum nachts um
1 Uhr ankam. Von dem ungefähr 24 Stunden weiten Weg mudsten
etwa 17 in Schnee und Gletschereis zurückgelegt werden. Die Leistung
fand selbst bei marschgewohnten Touristen grofse Bewunderung. —
Wir verwxmdem uns dagegen, dafs Lehrer ihren Schülern solche
übertriebenen Märsche zumuten; die körperlichen Übungen drohen
immer mehr in Sport auszuarten.
Schnlbraasebad in Leipzig. In einer Leipziger Volksschule
ist, wie wir dem y^Gsähtsing."^ entnehmen, neuerdings eine Bade-
anlage mit 9 Brausen geschaffen worden; auch in Plagwitz, dem
bekannten industriellen Stadtteile Leipzigs, existiert bereits ein der-
artiges Schulbad.
^müx^t Derfugnnsett«
Erlafg des KSniglich prenrsischen Ministers der geistlichen,
Unterrichts- nnd Medizinalangelegenheiten , betreffend den
Beginn des Sehnlnnterrichts infolge der durch die Einführung
der mittelenropSischen Zeit als Einheitszeit für Deutschland
geänderten Verhältnisse.
Berlin, den 15. September 1893.
Nachdem ich aus den auf meinen Runderlals Tom 29. Mai
d. J. — U. IL 1306 — mir erstatteten Berichten ersehen habe,
dals die Königlichen ProvinzialschulkoUegien die Bflckwirkungen der
seit dem 1. April d. J. zur Einführung gelangten mitteleuropäischen
Zeit auf den Unterrichtsbetrieb der höheren Schulen, soweit es nach
der Lage der einzelnen Prorinzeu erforderlich schien, teils bereits
auszugleichen bemüht gewesen sind, teils beabsichtigen, für das
Winterhalbjahr eine solche Ausgleichung herbeizuführen, will ich
Ton der ohnehin sehr schwierigen Regelung der Angelegenheit von
44
hier aas nm so mehr absehen, als aach diese nur unter Beachtong
der provinziellen Bedürfnisse erfolgen könnte. Ich beschrflnke mich
daher auf eine Empfehlung der Beachtong folgender Gesichtspuikte :
1. Wie die besonderen Schwierigkeiten, welche in den meistea
Wintermonaten in einzelnen Provinzen des Staates aas dem froheren
Beginn, in anderen aas dem späteren Schlafs des Unterrichts oder
ans beidem zugleich erwachsen, zn beheben seien, kann zwar den
Königlichen Provinzialschalkollegien flberlassen bleiben, weldie dabei
selbstredend auch die örtlichen Verhältnisse in Betracht ziehen
werden. Aus diesem Grande allein aber fOr alle höheren Schulen
einer Provinz den ganzen Unterricht auf den Vormittag za verlegen,
wie ein Königliches Provinzialscholkollegiom vorschlagt, hat seine
groben Bedenken. Eher empfiehlt es sich, in solchen Fällen, etwa
von November bis Februar, den Nachmittagsanterricht Pankt 2 Uhr
zu beginnen and ohne andere Pause, als die durch den Lehrer-
wechsel notwendige (? D. Red.) bis 3^/s Uhr fortzuführen, so zwar, dab
auf jede der beiden Lektionen 'A Stunde entfUlt. Indessen sollen
damit andere als zweckm&isig erkannte Auskonftsmittel nicht aus-
geschlossen werden.
2. Thunlichst zu vermeiden ist jeder Beginn oder jeder Schluls
des Unterrichts, der nicht mit einer ganzen oder einer halben
Stande nach der jetzigen Zeiteinteilung zusammenfällt.
3. Die Direktoren der einzelnen Anstalten werden nach Be-
nehmon mit den betreffenden Geistlichen des Orts dafür Sorge zu
tragen haben, dals durch die hier und da notwendige Verlängerung
des Schulunterrichts bis 12^/s Uhr oder durch eine sonstige Ver-
legung desselben die beiden Standen, welche nach den bestehenden
Bestimmungen fdr den Konfirmanden- oder Kommunionunterricht
freizulassen sind, nicht verkürzt werden. Die Königlichen Provinzial-
schulkollegien woUen demgemäfs die Direktoren mit Weisung versehen.
4. Notwendig ist, da(s alle Schulen an einem und demselben
Orte dieselbe Zeit wenigstens für den Beginn des Unterrichts an-
setzen und, soweit ihre Unterrichtseinrichtung es zuläfst, auch zu
derselben Zeit ihn schlielsen. Die Königlichen ProvinzialschulkoUegien
werden zu diesem Zwecke mit den Königlichen Regierungen, denen
ich Abschrift dieses Erlasses habe zugehen lassen, sich verständigen
müssen. Eine solche Verständigung ist vor allem an deigenigen
Orten nötig, wo Schüler oder Schülerinnen von auswärts sich der
Eisenbahn bedienen müssen, um nach dem Schulort zu gelangen.
Nachdem der Herr Minister der öffentlichen Arbeiten, wie die
Königlichen ProvinzialschulkoUegien aus dem abschriftlich hier bei-
gefügten an den Herrn Oberpräsidenten von Westfalen gerichteten
und den übrigen Herren Oberpräsidenten ebenfalls mitgeteilten Erlals
45
desselben vom 25. Juni d. J. — V. n. 5307 — ersehen wollen,
den Wünschen der Schnlyerwaltong thnnlichst entgegengekommen
iit, wird es Sache der Direktoren sein, ihre desMsigen Anträge bei
den betreffenden Eisenbahndirektionen rechtzeitig anzubringen.
Der Minister der geistlichen etc. Angelegenheiten.
In Vertretung: von Wbtkaugh.
An die sämtlichen Königlichen ProvinzialschulkoU^en.
Mitteilnng des KSniglieh prenfsischen Unterrichisministers an
die Pn^YÜuinlaehidkonegiei wegen der Eünrichtong von
hygieniBclieii Kursen an den bygieniachen Universitätsinatitateii«
Berlin, den 14. September 1893.
An den hygienisdien Instituten der Universitäten Breslau,
Königsberg, Kiel, Berlin und Marburg werden f&r Yerwaltnngs-
beamte hygienische Kurse, und zwar in der Weise eingerichtet
werden, daCs dieselben, soweit sich ein Bedürfiiis dazu ergibt und
die nächstgelegenen Aufgaben der erwähnten Anstalten es gestatten,
Ton Zeit zu Zeit Wiederholung finden sollen.
Diesen Kursen, welche auf 14 Tage berechnet sindj, wird vor-
behaltlich der durch die örtlichen Verhältnisse gebotenen Änderungen
folgender Plan zu Ghrunde gelegt werden.
Als Ziel wird erstrebt, den Teikiehmern durch Vorträge und
Demonstrationen einen Einblick in die ihren Wirkungskreis berührenden
Teile der Hygiene zu verschaffen. Diesem Zwecke sollen die Samm*
hmgen der Institute, sowie besonders die sanitären Einrichtungen
der betreffenden Orte und ihrer Umgebung in möglichst ausgedehntem
Maise nutzbar gemacht werden. Des näheren wird es sich dabei um
nachbenannte Gegenstände handeln:
1. Die allgemeinen Aufgaben der Hygiene; Mortalitäts- und
MorbJditätsstatiBtik, Krankheitsursachen; die krankheitserregenden
fttnunten.
2. Boden und Wasser; Wasserversorgung im groben, Füter-*
betrieb; Bmnnenanlagen, Hausfilter.
ä. Wohnongsbygiene; gesundheitsschädliche BestandteOe der
Lnft» Ventilation, Heizung, lokale und centrale Heizanlagen. Specielle
Wohnnngshygiene: Schulbauten, Krankenhäuser, Isolierbaracken;
Arbeitarwohnungen ; GefiUignisse.
4. Die Entfernung der Ab&lbtoffe; Kanalisation, Bieselwlrt-
Bckaft» KUranlageQ, Abfiibrsysteme.
5. Volksemährung, Kost in öffentlichen Anstalten; Alkoholis*
mm ; VerfUsohnng der Nahrungsmittel, Fleischschau, Marktpolizei.
6w Die wichtigsten Teile der Oewerbehygiene.
7. Bflgrftbniswesen.
46
8. Die Verhütung der ttbertragbaren Krankheiten, Desinfektions-
wesen.
Zu den einzelnen Kursen können 15 his 20 Teibiehmer, an
dem hygienischen Institut in Königsberg jedoch nur 12 bis 15
Teilnehmer zugelassen werden. Die rechtzeitige Ankündigung der
Kurse erfolgt durch die Presse. Die Meldung zur Teilnahme an
denselben ist an den Direktor des betreffenden hygienischen Instituts
zu richten. Das Honorar ist auf 30 M. neben 6 M, Institots-
gebühren bemessen.
Das Königliche ProvinzialschulkoUegium setze ich hiervon mit
dem Auftrage in Kenntnis, die Direktoren und Lehrer der höheren
Schulen und Seminare auf die getroffene Einrichtung aufinerksam zn
machen und deren gelegentliche Benutzung zu empfehlen.
An sämtliche Königliche Proyinzialschulkollegien.
Der Minister der geistlichen etc. Angelegenheiten.
In Vertretung: VON Weyrauch.
Ontachten des Wiener Stadtphysikates
Aber die Yerfügiiiig des niederSsterreiehischen
Landesschulrates, betreffend die Schaffung von Spiel-, Eis-
nnd Sch?ämmpl&t£en fBr die Schnljngend.
Mit dem Erlasse des k. k. niederösterreichischen Landesschnl-
rates wird in dreifacher Hinsicht die Vornahme von Leibesübungen
für die Schuljugend empfohlen.
Hiermit wird gewissermafsen eine Ergänzung des Turnens,
sowie die Schaffung und bessere Ausnutzung von Gelegenheiten zur
Kräftigung und Abhärtung beabsichtigt.
Vom hygienischen Standpunkte aus müssen diese Absichten auf
das wärmste unterstützt werden, da es sich doch vor allem darum
handelt, den jugendlichen Organismus widerstandsfähiger zu machen
und neben der Ausbildung des Geistes die Entwicklung des Körpers
nicht zu vernachlässigen.
Es mufs nun allerdings zugegeben werden, dafs die in Yorschlag
gebrachten Mittel, nämlich Eislaufen, Schwimmen und Pflege der
gemeinsamen Spiele, nicht ganz gleichwertig sind und dafe insbesondere
dem immer mehr verbreiteten Eissporte auch der Vorwurf gemacht
werden kann, dals hierbei mehr als sonst die Grelegenheit zur
Acquirierung von Erkältungskrankheiten und zu mancherlei chirur-
gischen Zufällen geboten ist. Diese Befürchtungen hängen jedoch
zumeist von individuellen Anschauungen und von den in den be-
treffenden Familien herrschenden Ansichten und Erziehungsmethoden
ab und werden hierdurch allein schon insofern vermindert, als es
ja bei Vermeidung jedes Zwanges den Familien selbst überlassen
bleibt, von den jeweUigen Einrichtungen Gebrauch zu machen.
47
Vom pädagogischen Standpunkte dürfte übrigens auch der Um-
stand nicht unerwähnt bleiben, dals es bisher nicht Gepflogenheit
ist, die beim Turnen Torzunehmenden Leibesübungen ohne ent-
sprechende Überwachung und ohne Vorkehrungen gegen Unglücks-
Mle ausfahren zu lassen. Es dürfte daher in dieser Beziehung
namentlich eine separate Benutzung der £islau^lätze seitens der
Schuljugend und eine entsprechende Überwachung in Erwägung zu
ziehen sein.
Im allgemeinen werden jedoch weder vom Standpunkte der
Schulbehörde, noch von dem des Hygienikers die mitunter über-
triebenen Befürchtungen, welche man hinsichtlich des Eislaufens aus-
sprechen hört, zu teilen sein, sondern es mxjSs dasselbe als ein
Mittel aufgefa&t werden, den jugendlichen Körper abzuhärten, die
Muskelkraft und Elasticität desselben zu entwickeln und das Selbst-
vertrauen zu erhöhen. In Anbetracht dieses Zieles wird es sich
somit empfehlen, alle diesbezüglichen Bestrebungen zu unterstützen,
imd es kann daher auch eine Einflufsnahme der Gemeinde auf die-
selben befürwortet werden.
In noch höherem Grade gilt dies yom Schwimmen, bezüglich
dessen sicherlich auch seitens ängstlicher Fimiilien keinerlei Ein-
wendungen gemacht werden dürften. Hier ist es nicht nur der in
allen Schichten der Gesellschaft anerkannte hygienische Wert des
Badens und der durch das Schwimmen erzielten Stärkung des
Körpers, sondern auch der Vorteil, der für allfä,llige im Leben sich
ergebenden Ereignisse gewonnen wird, welcher das Schwimmen zu
einem allseits beliebten Unterrichtsgegenstand gemacht hat, so dafs
selbst die obligatorische Einführung dieses wichtigen Teiles des
Tnmunterrichtes kaum auf eine erhebliche Opposition stolsen würde.
Die Pflege der gemeinsamen Spiele der Schuljugend nach be-
stimmten Principien kann ebenfalls als ein wichtiges Erziehungs-
moment aufgefafst werden, dessen Wert in hygienischer Hinsicht
nicht zu unterschätzen ist. Hier kann, abgesehen von der physischen
Leistung, welche beansprucht wird, dem Schüler Erholung, Anregung
tmd Erheiterung geboten werden, welche Momente viele Studierende
sonst vermissen, und die auch in wohlthätiger Wechselwirkung zur
Entfaltung der geistigen Leistungsfähigkeit stehen. Die Vorteile,
welche sich hieraus unter der Voraussetzung einer sachgemäfsen
pädagogischen Leitung für die Förderung der Kollegialität und der
Sittlichkeit ergeben, werden gewifs von niemandem unterschätzt
werden, der in dieser Hinsicht eine freudlose Jugend verlebt oder
an Spielen teilgenommen hat, die oft genug von rohen Auftritten
begleitet waren oder gar mit Balgereien geendigt hatten.
Wenn es sich nun darum handelt, die erwähnten wohlmeinenden
Absichten praktisch zu bethätigen, so müfsten zunächst gewisse Vor-
48
bedingnngen in Erwägung gezogen werden, am es zn enn(Vglichen,
da& alle Schulkinder an den zu treffenden Einrichtungen nach
hygienischen und pädagogischen Grundsätzen teUnehmen könnten.
Vor allem erscheint es daher unumgänglich notwendig, gewisse
Änderungen des Lehrplanes vorzunehmen, damit die Schn^ugmid an
körperiichen Übungen in grOfeerem Umfange ohne Schädigung der
eigentlichen UnterrichtszwcMcke sich beteiligen könne, oder ohne
bemüTsigt zu sein, nachträglich mit um so gröDserer Anstrengung
Versäumtes nachzuhol^, wodurch die Frage der Überbttrdung der
Schuljugend in ein noch ernsteres Stadium treten und die hiermit
in sanitärer Hinsicht sich ergebenden nachteiligen Konsequenzen nur
noch deutlicher als bisher sich bemerkbar machen würden.
Ein zweites Postulat wäre, die Schn^ugend bei allen Übungen
und Spielen von fremden Elementen möglichst zu trennen und daher
auf eigene Eislauf- und Spielplätze zu verweisen.
Im Hinblick auf die derzeit bestehenden Yerhältaisse dürfte es
daher als sicher angenommen werden können, dafe die besprochenen
Einrichtungen nicht schon dermalen im vollen Umfange und in ein»
allen Anforderungen entsprechenden Weise getroffen werden können
und dafs man sich wird begnügen müssen, die weitere Entwicklung
in dem angedeuteten Sinne der Zukunft zu überlassen»
Was nun zunächst die Eisplätze anbelangt, so dürfte es kaum
besonderen Schwierigkeiten unterliegen, dafür vorzusoxgen, dafe auf
den bereits bestehenden und von Privatunternehmern errichteten
Eisbahnen auf Grund eines Übereinkonmiens seitens der Schulen und
unter Mithilfe und mit Unterstützung der Gemeinde die Teilnahme
einer grölseren Anzahl von Schülern ermöglicht werde. Ein solcher
Vorgang dürfte den bestehenden Bedürfiiissen voriänfig annäherungs-
weise entsprechen, und es könnte hierbei auch den pädagogische
Anforderungen teilweise Rechnung getragen werden, wenn die Be*
nutzung seitens der Schu^ugend auf die von einem besseren Pu-
blikum besuchten Eisplätze beschränkt und auf bestimmte Stunden
festgesetzt und nach Thunlichkeit überwacht werden würde.
In ähnlicher Weise könnte bezüf^ch der 8chwimmai»talten vor-
gegangen werden, da wegen der grofsen Entfernung der kommunalen
Bäder eine öftere Benutzung derselben seitens der SchuQugead au»«
geschlossen sein dürfte.
Die Benutzung der städtischen Dus(&ebäder sotens der Schal-
jugend kann nur zun Zwecke der Reinhaltung des Körpers und als
Erfrischungsmittel empfohlen werden, während der oben angedeutete
Zweck nur in Bädern mit Vollbassins erreicht werden kann. In
dieser Beziehung werden sich günstige Aussichten für die geaamle
Bevölkerung erst daan ergeben, wenn der Donaukanal nadi Erbauung
49
der Sanunelkanftle zn beiden Seiten desselben von allen unreinen
Zoflflssen befreit nnd für die Errichtung von Yolksbädern geeignet
gemaelit werden wird.
Endlich dürfte sich anch hinsichtlich der Gröfse nnd bequemen
Lage der zu errichtenden Spielplätze erst nach der Einbeziehung
der Vororte die Gelegenheit ergeben, zweckmäfsige Einrichtungen
m treffen.
Vorderhand werden die hierfür bereits disponiblen Plätze,
eTentuell auch die Sommerturnplätze bei den Schulen in Aussicht
za nehmen sein.
yerfunalten.
Dem ordentlichen Professor an der Universität MtLnchen,
Geheimrat Dr. von Pettekkofer, ist die Funktion eines Präsi-
denten der bayerischen Akademie der Wissenschaften übertragen
worden.
Die Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Dresden und
der ärztliche Verein in München haben Geheimrat Professor VON
ESMAKCH in Kiel zum Ehrenmitgliede gewählt.
Der Herausgeber dieser Zeitschrift ist zum Ehrenmitgliede der
Association internationale pour le progr^s de Thygi^ne in Brüssel
ernannt worden.
Dem Provinzialschulrat Geheimen Regierungsrat Dr. Breiter
in Hannover wurde der Eronenorden IL Klasse, dem Direktor des
Gymnasiums zu Arnsberg, Dr. Scherer, der Kronenorden III. Klasse
verliehen.
Die Kreisschulinspektoren Kallen in Düren, Dr. Keller in
Aachen, Seemann in Braunsberg und Zillieens in Eupen haben
den Charakter als Schulrat mit dem Range der Räte IV. Klasse
eriudten.
Den gleichen Rang empfingen unser verehrter Mitarbeiter,
Herr Direktor der Realschule zu St. Johann Dr. VTingerath in
Stra&hurg i. £., sowie die Direktoren Dr. Beste am Progymnasium
in Dorsten, Boschs an der Realanstalt zu Eisleben, Dr. Führer
am Progymnasium in Wattenscheid, Dr. Tobibn am Realpro-
gymnasium in Schwelm und Waldau am Realprogymnasium in
Bocholt
Es erhielten den roten Adlerorden ID. Klasse mit der Schleife
Regierungs- und Schuhrat Dr. Breuer in Koblenz und Gymnasial-
direktor a. D. Professor Hofmann in Berlin ; den roten Adlerorden
Bduilg«randhelt«pflege YII. 4
50
lY. Klasse Regienings- and Schnlrat Dr. RoYBNHAaBK in Dttssel-
dorf, Stadtscholinspektor Dr. Jonas in Beriin, Gymnasialdirektor
Dr. SOMMBRBRODT in Lanban, Direlctor der städtischen Lehrerinnen-
bildnngsanstalt Dr. Erkelbnz in Köln, Seminardirektor Dibsnbr
in Ottweiler, Seminardirektor DoTii in Neuwied, Direktor der Real-
schnle Dr. Pbtrt in Remscheid nnd Direktor des Progynmasinms
Dr. HÜNNBEBS in Linz a. Rh. ; den HohenzoUerschen Hansorden
der nm die Heilpädagogik verdiente Lehrer Oodtfrinq in Kiel.
Zum k. k. österreichischen Unterrichtsminister ist an Stelle des
Dr. VON Gaütsch Stanislaus Rittbr von Madbtski, ein ge-
borener Galizier, ernannt worden.
Der bisherige Regiemngsrat VON Moltkb hat die Befördenmg
zum Geheimen Regiemngsrat nnd vortragenden Rat im Eöniglidi
preufsischen Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-
angelegenheiten erhalten.
Dem Oberpräsidialrat MAüBiCH zu Königsberg i. Pr. wurde ftkr
die Dauer seines Hauptamtes die Direktion des dortigen Königlichen
Provinzialschulkollegiams im Nebenamte übertragen.
Der Regierungs- und Schulrat Schöppa in Trier ist als
Regierungs- und Schulrat nach Schleswig, der Kreisschulinspektor
Dr. LORBNZ in Malheim a. R. als Stadtschnlinspektor nach Berlin
versetzt worden.
Der ordentliche Professor der Chemie, Dr. £. Fisohbr in
Berlin, wurde zum aulserordentlichen Mitgliede des Kaiserlichen
Gesundheitsamtes für die Zeit bis £nde 1896 ernannt.
Die an der Universität Freiburg i. Br. neu errichtete Professur
der Pädagogik ist dem Gymnasialprofessor Dr. Ludwig Zürn daselbst
flbertragen worden.
Zum temporären Leiter der Odessaer bakteriologischen Station
wurde an Stelle des als Professor der Hygiene nach Kasan berufenen
Dr. Büjwn) neuerdings Dr. Pbter Diatroptow bestimmt.
Der um die Einführung der Jugendspiele in Ungarn verdiente
Direktor Wilhelm SzüppXn, welcher bisher dem dortigen Unterrichts-
ministerium zugeteilt war, ist zum Direktor der höheren Staats-
mädchenschule in Budapest ernannt worden.
Der Specialist für Zahnkrankheiten bei den Mädchenschulen
der philanthropischen Gesellschaft in St. Petersburg, Dr. LniBBBa,
wurde zum Konsultanten für Zahnkrankheiten am klinischen Institute
der Grofsfürstin Helene Pawlowna, der Oberarzt des Poltawaschen
Kadettencorps, Staatsrat Dr. Mbdem, zum aniseretatsmäfsigen Kon-
sultanten fttr Augenkrankheiten beim Poltawaschen Mädcheninstitut,
Dr. Broghard an Stelle des um seinen Abschied eingekommenen
Dr. Combb zum Zahnarzt des Lyceums Lakanal gewählt.
51
Regiernngsrat Dr. Wilhelm Ohlmülleb, ordentliches Mitglied
des Kaiserlichen Gesandheitsamtes in Berlin, hat sich als Privatdocent
ftar Hygiene an der dortigen Universität, Dr. Hbrrnheiseb, bekannt
durch seine Untersnchnngen von Schülerangen, als Privatdocent fOr
Ophthalmologie an der deutschen Universität in Prag habilitiert.
Die deutsche Gesellschaft fOr öffentliche Gesundheitspflege
wfthlte an Stelle des verstorbenen Sanitätsrates Dr. A. Kalischbb
Dr. Theodor Wetl zum ersten Schriftführer.
Stabsarzt Dr. DAVIDS ist zum Assistenten am hygienischen
Institute der Universität Berlin ernannt worden.
Der Leibarzt, Professor emer. Dr. Zdeeaubr in St. Peters-
bn^, beabsichtigt von der Stellung als Präsident der russischen
Gesellschaft zur Wahrung der Yolksgesundheit in nächster Zeit
ntrfickzutreten.
Kreisschulinspektor Schmidt in Karthaus ist aus dem Amte
geschieden; bei dieser Gelegenheit wurde ihm der Charakter als
Bcholrat verliehen.
Es sind gestorben: Begierungsrat Bück in Stuttgart, Mitglied
der lünisterialabteilung ftlr Gelehrten- und Bealschulen, 48 Jahre
alt; am 29. September v. J. in Moskau Wirklicher Staatsrat Dr.
Alexander von Hippius, Arzt am Wladimirkinderhospital und
an der Bealschule daselbst; am 22. Oktober v. J. zu Neustadt in
Westpreulsen Gymnasialdirektor Professor Dr. Seemann; Dr.
Emaküel Kolisch, ein vielbeschäftigter Kinderarzt in Wien; der
issistent der Augenklinik in Palermo, Dr. Anqblo Bomano Catania,
von dem Untersuchungen über die Entstehuug der Kurzsichtigkeit
horflhren; Karl Ihmb, Turnlehrer an der 7. Bürgerschule in
Leipzig.
rxittxainx.
Besprechungen.
Orro Janeb. Die Hygiene der Knabenhandarbeit Beiträge
zur gesundheitsgemäCsen Ausgestaltung des Handarbeitsunterrichts
ftr Knaben. Hamburg und Leipzig, 1893. Leopold Voss. (X. u.
106 S. 8^ Jü 2.)
Das voliegende Werk ist sowohl ftlr die Gesundheitspflege, wie
iür die Knabenhandarbeit verdienstlich, denn die erstere tritt damit
*of ein noch im Anbau begriffenes Gebiet hinüber, wo sie sicher
sein kann, dab ihren Lehren von An&ng an Gehör geschenkt wird,
4*
52
nnd die letztere hat den Vorteil, für sich Interesse erweckt zu sehen
auch in Kreisen, die ihr bisher verschlossen waren. Ans der Yer-
dienstlichkeit des Unternehmens erwi&chst aber die Pflicht einer
sorgfältigen Prttfting dessen, was diese erste Darstellung der
Hygiene des Arbeitsnnterrichts bietet, damit von yomherein
etwaigen nnrichtigen Ansichten entgegengetreten werde. Solche ge-
wissenhafte Prafnng mnis natürlich die Förderung der Wahrheit über
alles Persönliche stellen. Dabei ist es vielleicht nicht von Übel,
wenn dem Oesnndheitspfleger eine Kritik ans dem Lager der erzieh-
lichen Handarbeit erw&chst, damit eben beide Standpunkte znr Geltang
kommen.
Da sei denn nun vorerst festgestellt, dafis die erziehliche Knaben-
handarbeit unmöglich so in der Hygiene aufgehen kann, daCs sie
einzig und allein von ihr Befehle empf&ngt, während sie doch vor
allem ein lebendiges Stück P&dagogik ist und auTserdem noch von
ganz anderen Seiten her beeinflufst wird. Der Verfasser hat zwar
selbst diesen Gedanken einmal zustimmend berührt, aber seine Thaten
bezeugen, dafs dies nur Theorie war; seine Gesundheitspflege ist
nicht die ratende Freundin der Erziehungskunde, sondern sie strebt
nach der Herrschaft. Und sodann soll gleich von vornherein gesagt
sein, dals eine fruchtbare Kritik der Bestrebungen für die Erziehung
der Jugend zur Arbeit nicht blofs darin zu bestehen braucht, jede
etwa mögliche gesundheitsschfidliche Manipulation bei den jetzt vor-
handenen Arbeitsarten festzunageln, sondern dafs sie noch fruchtbarer
wirken würde, wenn sie zugleich auch dem Arbeitsunterrichte positiv
neue, bisher von ihm noch unbetretene, aber gesundheitlich richtige
Wege zeigte und die in seiner bisherigen Praxis gebliebenen dies-
bezüglichen Lücken ihrerseits nachwiese, wie dies beispielsweise mit
dem vom Standpunkte der Gesundheitspflege so wertvollen Gartenbau
der Fall sein könnte. Leider ist vom letzteren in unserer Hygiene
der Knabenhandarbeit mit keinem Worte die Bede, weil sich der
Verfasser nur an das zufällig Gegebene, nicht auch an das Sein-
sollende halt.
Die beiden ersten Kapitel geben das Generelle: I. Ist in
hygienischer Beziehung die Einfügung der Knabenhandarbeit in die
Reihe der Bildungsmittel unserer Schulen erforderlich? und n. Die
physiologischen Wirkungen der Handarbeit im allgemeinen. Hier
sind die in den Berichten der Lehrerbildungsanstalt für Knaben-
handarbeit niedergelegten Arbeiten von Geh. Medizinalrat Professor
Dr. BiRCH-HiBSOHFELD, von Geh. Sanitätsrat Dr. Kristelleb und
von Professor Marshall wesentlich benutzt worden. Für einen
Kompositionsfehler halten wir es, wenn das erste Kapitel mit einem
Leitsatze abschlieüst, der aus dem Inhalte desselben nicht hervorgeht.
53
Der Verfasser hat in diesem Kapitel nachgewiesen, dafs der heutige
Schulunterricht in der Erziehung des Kindes sehr wesentliche Lücken
lasse, welche zn beseitigen eine unbedingte Notwendigkeit sei. Er
erwfthnt sodann, daCs sich die Knabenhandarbeit als eine ihrer Auf-
gaben gestellt habe, diesen Ausgleich herbeizuführen. Und
unmittelbar darauf schlielst er mit der These: „Weil der bisherige
Schulunterricht wichtige Partien der Muskulatur ganz ungeübt l&ist
u. 8. w., so ist die Einfügung der Knabenhandarbeit in die Reihe
der wesentlichen Bildungsmittel der Schule notwendig. "* Es ist aber
Tom Verfasser noch keineswegs nachgewiesen, dafe die Handarbeit die
Mittel zu bieten vermag, um jene Lücken auszufüllen, denn erst im
folgenden Kapitel wird über die physiologischen Wirkungen der
enteren berichtet. Im übrigen aber kann man den hier gegebenen
Ausführungen zustimmen.
Im dritten Kapitel werden die Forderungen der Hygiene an
die Knabenhandarbeit entwickelt. Sie entsprechen zunächst denen
der allgemeinen Schulgesundheitspflege und stellen das bereits über-
einstimmend Gebilligte über Reinhaltung der Luft, über Beleuchtung
TL 8. w. zusammen. Dann folgen hygienische Torschriften über die
Handarbeit im besonderen. Für einen wesentlichen Dispositionsfehler
halten wir es, wenn der Verfasser bereits hier, wo es allgemeine
Forderungen aufzustellen gilt, entschieden für die Hobelbankarbeit
Partei ergreift und seiner Eingenommenheit gegen die Holzschnitzerei
die Zügel schieben lälst. Uns erscheint dies unrichtig, weil damit
bereits der Richterspruch gefüllt ist, noch ehe eine objektive ünter-
sochnng eingeleitet wurde, zu der man dann, wenn sie nachtrfiglich
kommt, kein Vertrauen mehr hat; femer aber auch deswegen, weil
dadurch Wiederholungen verursacht werden, die den Gedanken-
foitgang aufhalten. Abgesehen hiervon aber darf man mit diesen
hygienischen Forderungen gleichfalls einverstanden sein.
Nur das Verlangen, dals auch die linke Hand zur Ausübung
aHer wichtigen Th&tigkeiten gebildet werden müsse, bedarf vielleicht
emer gewissen Einschrftnkung. Wir fürchten nämlich, dafs, wenn
jetzt, wo wir die ersten Versuche machen, die gröfete Ungeschicklich-
keit der rechten Hand zu beseitigen, mit der Forderung kategorisch
hervorgetreten wird, die Linke müsse das Gleiche leisten, bei der
geringen Übungszeit für beide Hände nichts Erhebliches heraus-
konmien wird. Nichtsdestoweniger soll die Linke immerhin soviel
ah möglich mit zur Geschicklichkeit erzogen werden. Dies geschieht
aber in der That schon jetzt in ganz erheblichem Malse, denn überall
wird de zu Hilüsdiensten herangezogen. Wie sehr die Linke in
der Werkstatt zur Mitarbeit benutzt wird, erkennt man leicht,
wenn man sich vorstellt, man sollte als Einarmiger Pappe schneiden
54
oder den Hobel ftihren oder Holz schmtzeii oder auch nur ein Stflck
Eisen in den Schraabstock spannen.
Der bei weitem wichtigste Teil des Buches ist der die einzekei
Arbeitsgebiete behandelnde vierte, denn das fOnfte nnd letzte Kapitel,
welches die erste Hilfe bei Verletzungen in der SchOlerwerkstatt
bespricht, bildet ja doch, so dankenswert es auch sein mag, za
dem Hanptthema eigentlich nur einen Anhang.
Die im vierten Hanptteil anfgef&hrten Arbeitsgebiete entsprechen
nicht völlig der Praxis der SchQlerwerkstätten. Kanm in einer
wird das an zweiter Stelle genannte HobEdrechseln als besonderes
Arbeitsfach betrieben. Ebensowenig kann man die Lanbsftgearbeit
ein besonderes Fach nennen. Die Laubsäge kommt höchstens als
Hilfswerkzeng fttr die Holzbearbeitung mit in Betracht, und so ge-
hörte der der Laubsägearbeit gewidmete Abschnitt besser zu dem
Kapitel über die leichte Holzarbeit. Dieser Abschnitt darf aber
von der Hobelbankarbeit nicht getrennt werden. Mit der Einlege-
arbeit (Intarsia) verhält es sich ähnlich, wie mit der Laubsägerei.
Sie ist kein Fach, das als solches irgendwo getrieben würde, sondern
nur eine hier oder dort vereinzelt auftretende Arbeitsübung. Endlich
gehören die Papier- und die Papparbeit so notwendig zusammen,
dafs sie nicht als zwei streng geschiedene Arbeitsfächer aufgefalst
werden können. Demgemäfs würden ans den zehn Arbeitsf&chern
des Verfassers deren fünf werden, welche am besten die folgende
Anordnung erhielten: 1. Papier- und Papparbeit, 2. leichtere Holz-
und Hobelbankarbeit, 3. Holzschnitzerei, 4. Metallarbeit, 5. Formen
in Thon, Wachs u. s. w. (Modellieren). Der Verfasser stellt dagegen
die Hobelbankarbeit an die Spitze, vermutlich weil er die Arbeits-
fächer nach ihrem hygienischen Werte ordnen vrill. Dabei aber
durfte er nicht vergessen, daüs er auf Seite 28 das Erzeugen von
feinem Staub als gesundheitsschädlich verboten hat, während doch
die Arbeit mit der Holzfeile, der Ziehklinge und dem Sandpapier
der Atemluft leichten Holzstaub zuführt. Man könnte darum fragen,
ob nicht die Metallarbeit allen hygienischen Forderungen noch besser
entspreche. Jedenfalls sind die Metallfeilspäne zu schwer, als dafs
sie in der Luft herumzufliegen vermöchten.
In dem Abschnitt über die Hobelarbeit schliefist sich Verfasser
ganz an das Werk von Mikeelsbn in Kopenhagen an, welches
die normalen Arbeitsstellungen im Bilde vorführt. Da aber die
meisten Leser der Handarbeitshygiene das genannte Werk mit seinen
Abbildungen nicht kennen werden, so geht manches von dem be-
schreibenden Texte für sie verioren. — Bei der grölsten Bereitwillig-
keit, den hygienischen Forderungen nachzukommen, wird man ea doch
nicht billigen können, wenn die Vorschriften im einzelnen so weit
J
55
gehen, daJs das technisch richtige Arbeiten dabei aufhören mnTs.
So wird auf Seite 47 fOr das Sägen gefordert, dafs sich das zu
sagende Brett genan vor der Brostmitte befinde, oder noch mehr,
dais sogar der beabsichtigte Sägeschnitt Tor der EOrpermitte liege.
Dann kann aber der Knabe nicht gerade sägen, oder, wie der Fach-
mann sagt, schneiden ; er wird yiehnehr lauter von rechts nach links
schräglaufende Schnitte erhalten. Femer soll die zu schneidende
Stelle sich immer in der Höhe der Magengrube befinden. Soll man
da etwa von 3 cm zu 3 cm das Brett jedesmal höher spannen,
oder „den Platz durch einen Untersatz entsprechend erhöhen?" Ich
fUrchte, dais, wenn fort und fort die rtthrige Arbeit durch so viele
hygienische Vorkehrungen unterbrochen wird, der Junge das Werk-
zeug lieber aus der Hand legt.
Ebenso unverträglich mit der Arbeit ist die Vorschrift für das
Hobeln, dais „um möglichst symmetrische Stellungen zu erzielen **,
dasselbe von der kurzen Seite der Hobelbank aus erstrebt werden
müsse. Der Knabe soll also hinter der Arbeit stehen und nicht
neben sich die Längsseite der Bank, sondern vor sich ihre Schmal-
seite haben. Wenn nun aber eine Leiste von einiger Länge
anszuhobeln ist? Dann kann der Arbeitende bei dem von ihm
abgekehrten £nde keine Kraft mehr anwenden, d. h. die Arbeit
wird unmöglich. Nein, da die Rechte den Hobel stöfst, der rechte
Arm vorwiegend bei der Arbeit beteiligt ist, so ist es richtig, wenn
die letztere rechts liegt und der Arbeitende links vom Arbeitsplatze
steht. Will die Hygiene streng auf dem Grundsatze beharren, dafs
beide Körperhälften auch im Arbeitsunterricht symmetrisch ausgebildet
werden, so kann sie konsequent nur so verfahren, dafs sie bei den
seitlich zu fahrenden Werkzeugen nacheinander die rechte und
die linke Körperhälfte zur Bethätigung heranzieht. So machen es
ja auch bereits Salomon in Nääs und Mikkelsen in Kopenhagen,
die man auf diesem Gebiete wohl als Autoritäten ansehen darf.
Ähnlieh, wie mit der Forderung für das Hobeln, verhält es
sich mit der Vorschrift des Verfassers fdr das Durchbohren eines
horizontal liegenden Brettes. Die Bohrwinde steht senkrecht zum
Brette, die eine Hand dreht die Winde, die andere drückt von
oben darauf. Zur Verstärkung dieses Druckes will nun der Verfasser,
dais der Knabe noch sein Kinn auf die von oben drückende Hand
setze. Er vergifist dabei aber, dafs dann derselbe nicht mehr so leicht
sieht, wohin er bohrt, und dafs die Kurbel nicht mehr im Kreise
gedreht werden kann, weil ihr der verhältnismäfsig kurze Oberkörper
des Knaben zu nahe ist. Viel natürlicher wäre es doch, zu ver-
langen, dafi9 die Stirne auf die oben haltende Hand gelegt werde;
dann können die Augen die Arbeit gut kontrollieren, und die Bohr-
winde vermag ohne Anstofs gedreht zu werden.
56
Neben der Forderong, da& die wicbtigsteD eine Eörperhftlfte
besonders in Anspruch nehmenden Thfttigkeiten, wie Hobehi und
Sägen, abwechselnd rechts- und linksseitig geflbt werden sollen,
müCste die Hygiene aber doch solche Arbeiten, welche ihrer Natar
nach mit symmetrischer Körperhaltung nnd mit dem gleichzeitigen
Gebranch beider Hände ausgeführt werden, ganz besonders bevor-
zugen. Es ist darum yerwunderlich, daGs die ländliche Holzarbeit
auf der Schnitzbank, die fast durchgehends mit beidhändigen Werk-
zeugen, wie dem Bandmesser, dem Ziehhobel, ausgefbhrt wird, und
bei der der Arbeitende, da er auf der Schnitzbank reitet, eine sym-
metrische Körperhaltung einnimmt, vom Verfasser mit keinem Worte
erwähnt wird. Auch die Holzschnitzerei ist eine zweihändige Arbeit.
Das zu beschnitzende Brett liegt festgespannt auf dem Tische, das
Schnitzeisen wird Ton der rechten und linken Hand zugleich geführt,
und zwar von der rechten oder linken Seite, Yon schräg oben oder
unten, je nachdem es der Wuchs des Holzes bedingt, so dafis beide
Hände durch die Faserrichtung gezwungen werden, mit dem Werk-
zeuge yerschiedene Stellungen einzunehmen.
Überhaupt unterschätzt der Herr Verfasser den Wert der in
den SchlÜerwerkstätten getriebenen Kerbschnitzerei. Schon an und
fär sich ist es nach dem eben Gesagten nicht richtig, wenn er
meint, es finde bei der Schnitzerei keine Mannigfaltigkeit der Hand-
griffe statt. Dazu kommt aber noch, dals die Schnitzarbeit doch
auch Yorbereitet und nach dem Schnitzen YoUendet werden muls.
Da gilt es, die Umrisse mittelst der Decoupiersäge und Feile her-
zustellen, die einzelnen Teile zu einem Ganzen zu Yerbinden, da
gilt es, zu beizen und zu wachsen, oder die geschnittenen Flächen
teilweise mit Farbe zu decken, so daiis die Ornamente nicht nur
durch Licht und Schatten, sondern auch durch koloristischen Reiz
wirken, oder es sind geschmackYoll gewählte, das Ganze bestimmende
Linien durch Vergoldung herYorzuheben. Alles das zusammen gibt
Handflbung genug. Somit können wir es nicht gelten lassen, wenn
Verfasser sagt, da& durch die Einförmigkeit der Handhaltung bei
der Schnitzarbeit eine gewisse Schwerfälligkeit und sogar Steifheit
der Hand herYorgerufen werde. Ja, da der Autor die einseitig
schweren Arbeiten Yerwirft, welche die Muskeln nur an Kraft zu-
nehmen lassen, aber ihre Beweglichkeit beeinträchtigen, da er auch
die feineren Muskeln geübt wissen und einen Wechsel im Kraft-
aufwand bei der Handarbeit herbeigeführt sehen will, so kann er
eigentlich an der Holzschnitzerei gar nicht Yorüber. Ein wichtiger
Gegengrund gegen dieselbe ist freilich die Yon ihr den Augen drohende
Gefahr. Wenn man aber den Schnitzunterricht in der richtigen
Weise betreibt, so ist gewüis keine Ursache zu Befürchtungen nach
67
dieser Richtung hin vorhanden, nnd man sollte um der reichen
Förderung willen, die er der Jugend gewährt, alle Schwarzmalerei
beiseite lassen. Wir setzen voraus, dals die Knaben, wie bei der
anderen praktischen Arbeit, so auch beim Schnitzen stehen, dab
dffl* Schnitztisch die richtige Höhe für ihre Grölse hat, dals die
Schnitte thunlichst grofs ausgeführt werden, dals die Zeichnung mit
deutlich sichtbaren, schwarzen Bleistiftstrichen aufgetragen wird, da(s
die geübteren Schüler nicht mehr die ganze Zeichnung ausführen,
BODdem nur noch die charakteristischen Richtlinien und Orientierungs-
punkte eintragen, dafs ausschüefslich normalsichtige Kinder zum
Schnitzen zugelassen, kurzsichtige aber unbedingt ferngehalten werden
and dals die Schüler im Wechsel mit dem Schnitzen auch die
anderen bei der Holzarbeit notwendigen Übungen Tomehmen. Werden
diese Bestimmungen streng durchgeführt, so kann man jeder Schüler-
werkstatt die nach anderen Richtungen hin so wichtige, den Geschmack
nnd Formensinn bildende und von den Knaben mit wahrer Begeiste-
rung getriebene Kerbschnitzerei ruhig lassen.
Dem vom Verfasser über die Papparbeit Gesagten schliefsen
wir uns im wesentlichen an. Nur möchten wir noch hervorheben,
dals sie in der Gesamtheit der Knabenhandarbeiten geradezu un-
entbehrlich ist. Ihr bildender Wert liegt vor allem darin, da& bei
ihr die Körper aus der Fläche heraus entstehen, dals sie den
Übergang vom ebenen Netz zum körperlichen Gebilde vermittelt.
Kein Arbeitsfach vermag den Gebrauch von Lineal, Winkel und
Zirkel, das geometrische Zeichnen, so praktisch zu verwerten, wie
dieses. Dazu gesellt sich noch der Reiz harmonischer Farben-
zosammenstellungen, die Bildung des Geschmackes. Und wenn
gesagt wird, dals die Muskulatur hier nicht so angestrengt werde,
wie bei der Hobelarbeit, so ist das ein geradezu unschätzbarer
Vorteil, weil wir so für das jüngere Knabenalter, dem man noch
kerne anstrengende Muskelarbeit zumuten darf, eine wahrhaft erzieh-
lidie Beschäftigung gewinnen. An die Hobelbank kann in der
Begel erst ein Knabe von 11, 12 Jahren treten, zur Papparbeit ist
aber ein solcher von 9 bis 10 Jahren vollkommen fähig. In der
Mitte zwischen den Papier- und Papparbeiten liegen die so instruk-
tiven Kartonarbeiten, so dals hier nach dem Mafse der wachsenden
Kräfte eine treffliche Steigerung in der Schwierigkeit des Materials
mög^ch ist. Der Karton ist widerstandsfthiger als das Papier, und
er braucht andererseits doch nicht, wie die Pappe, mit buntfarbigem
Stoffe überzogen zu werden, da er selbst schon gefärbt ist. Endlich
Buchten wir bei dieser Gelegenheit, die Ausführungen des Herrn
Verfassers ergänzend, noch auf das die Papparbeit erleichternde und
sie ge&hrlos machende Winkellineal hinweisen. Es bietet einen
58
imbedingten Schutz fllr die das Lineal festhaltende Hand durch d»
im rechten Winkel aufgebogenen Rand, an welchem das Messer
entlang gef&hrt wird.
Die Metallarbeit wird zumeist Ton denen, die ihr fern-
stehen, fttr zu schwer gehalten und in ihrem erziehlichen Werte
verkannt. Auch der Verfasser unseres Buches scheint dies zu thun.
Wir möchten aber auf Grund einer langjährigen Praxis erklären,
dafs, wenn wir die Knaben nach und nach mit den Elementen der
praktischen Arbeit bekannt machen wollen, die Metallarbeit dabei
unentbehrlich ist, denn kein Material ist für die Kultur, insbesondere
fQr die der Gegenwart, so wichtig, als das Metall in seinen yer-
schiedenen Formen. Wir hätten gemeint, dais die Arbeit am
Schraubstock mit der Feile und dem Meifsel, mit Hanmier und
Zange wegen der physischen Anstrengung, die sie yeranlaüst, auch
Ton der Hygiene des Arbeitsunterrichtes anerkannt werden wtkrde,
zumal da ihre Manipulationen in guter Körperhaltung ausgeffthrt
werden können, doch ist dies leider nicht der Fall. Vielmehr wird
sie vom Verfasser nur unter den erschwerendsten Bedingungen, ja
unter Einschränkungen, die sie unmöglich machen, geduldet. Er
läfst die Anfangsarbeiten mit Draht und mit den leichteren Blech-
sorten zu, aber er verbietet das Löten. »Da der Draht die ihm
einmal gegebene Form beibehält, so ist meistenteils eine weitere
feste Verbindung der Drahtenden, wie sie durch das Löten geschehen
könnte, nicht mehr erforderlich." Wie soll aber der Knabe auch
nur ein einfaches Drahtmodell, z. B. das Oktaeder, zusammenbringen,
ohne dafs er es lötet? Die Teile fallen ja auseinander! Gerade die
Verbindungen sind fdr alle Arbeitsmaterialen nicht nur das
ihnen Eigentttmliche, sondern auch das besonders Instruktive. Der
Verfasser fürchtet den heifsen Lötkolben, „die Arbeit an offenen
Flammen, mit glühendem Metall und mit ätzenden Substanzen".
Das klingt fürchteriich. Wir können aber versichern, dais während
eines Zeitraumes von 26 Semestern, in welchem die Metallarbeit in
der Leipziger Schülerwerkstatt getrieben wird, noch keine einzige Ver-
brennung vorgekommen ist. Und in anderen Schttlerwerkstätten macht
man dieselbe Erfahrung. Viel eher verletzen sich die Knaben mit
sdiarfen Schneidewerkzeugen, die sie selbst nicht geschliffen, als an
einem Lötkolben, den sie eigens vorher heiJs gemacht haben. Man
mufs doch auch berücksichtigen, dafs nur gröfsere, verständige
Knaben die Metallarbeit treiben und dafs sie über das Wesen ihrer
Beschäftigung und über die möglichen Gefahren gehörig unterrichtet
werden. Ein besseres Mittel, die letzteren zu vermeiden, ist doch
wohl, mit ihnen vorsichtig umgehen zu lernen, als jeder denkbaren
Gefahr aus dem Wege zu gehen und so die Ungeschicklichkeit grofii
wachsen zu lassen.
59
Das vom Verfasser über das Modellieren Gesagte yermag
den hohen Wert dieses Arbeitszweiges für die Erziehung von Ange
und Hand wohl nicht zu erschöpfen.
AUes in allem genommen, erachte ich es trotzdem für sehr
ferdienstlich, den Gedanken einer Hygiene des Arbeitsonterrichtes
nicht nur gefalst, sondern auch zuerst praktisch durchgeführt zu
haben, und ich hege daher trotz meiner Einwände den aufrichtigen
Wunsch, dafs das JANEEsche Buch weite Verbreitung finden möge.
Yielleicht begegnet man ihm dann einmal in einer zweiten, in
Terschiedenen Punkten berichtigten und durch Zus&tze aus anderen
Gebieten des Arbeitsunterrichtes ergänzten Auflage, die bisher dem
Herrn Verfasser femer lagen.
Direktor der Lehrerbildungsanstalt für Knabenhandarbeit
Dr. phil. WOLDBMAR GOtzb in Leipzig.
Dr. Mangbnot, M6decin inspecteur des 6coles de Paris. La
d6elaration obligatoire des midadies contagieuses et Tiii-
speetion m^dicale des icoles. Extrait de la „JRevue d'hygüne*' ,
1893. Paris. 1893. G. Massen. (12 S. 8^)
Wir haben das Vorrecht, die neueste Veröffentlichung eines
der hervorragendsten Schulärzte von Paris, des Herrn Dr. Mangbnot,
besprechen zn dürfen. Die Lektüre derselben hat uns lebhaft
interessiert, denn wir sehen, von welcher Wichtigkeit die obligatorische
Anzeige der ansteckenden Krankheiten ist.
Der Verfasser vergleicht die thatsächlichen Erfolge, welche in
den Schulen von Paris jetzt erhalten werden, wo die Anzeigepflicht
noch nicht besteht, mit deigenigen, welche dereinst zu Tage treten
dürften, wenn die Gesetze ftber die Ausübung der Medizin und den
Schutz der öffentlichen Gesundheit in Kraft gesetzt sind.
L Die nicht obligatorische Anzeige.
Augenblicklich ist es der Leiter oder die Leiterin der Schule,
welche die Natur der die Abwesenheit des Kindes begründenden
Krankheit feststellen und entscheiden müssen, ob dieselbe ansteckend
ist oder nicht. Offenbar können sie ihr Urteil nur auf die Angabe
der Eltern stützen. Diese aber verheimlichen den ansteckenden
Charakter der Krankheit nur zu oft, um die Brüder und Schwestern
des Erkrankten nicht am Schulbesuche zu yerhindem.
Da das erwähnte Mittel demnach ungenügend erscheint, so hat
man freiwillige ärztliche Zeugnisse zu erhalten gesucht; allein diese
werden fast immer verweigert, sei es, um den Eltern gefällig zn
tein, sei es, um das ärztliche Geheimnis nicht zu verletzen.
Als letzte Maisregel wurde endlich von der Verwaltung vor-
geschlagen, aUe wegen Krankheit abwesenden Kinder durch die
60
Schnl&rzte besuchen zn lassen. Jedoch so nützlich diese Einrichtimg
sein würde, so schwer l&lst sie sich durchfahren, einesteils w^en
der groben Zahl der zu untersuchenden Kinder, andemteils wegen
der Rücksicht, welche man auf die Hausärzte nehmen muis.
So folgt, dafs die Verhütung der ansteckenden Krankheiten
bisher in Paris nicht wirksam sein konnte und daCs dieselbe allein
durch die obligatorische Anzeige zu ermöglichen ist.
n. Die obligatorische Anzeige.
Die Anzeigepflicht ist daher notwendig. Aber genügt sie, um
die Gesundheit der Schüler in wirksamer Weise zu schützen?
Das wird nur unter folgenden Bedingungen der Fall sein:
1. Der Schularzt mufe noch am Erkrankungstage selbst oder
spätestens am folgenden Tage eine Liste mit dem Namen, dem
Alter, der Wohnung der von einer ansteckenden Krankheit be-
fallenen Kinder erhalten.
2. Hat der Kranke Brüder und Schwestern, so ist für jeden
Ton diesen eine gleiche Liste an den Arzt und den Vorsteher der
Schule, welche sie besuchen, zu senden. Auf diese Weise kann der
Schularzt unmittelbar die erforderlichen Maßregeln treffen und der
Direktor den Schülern, welche möglicherweise Ansteckungsstoff an
sich tragen, den Eintritt in die Schule verwehren.
3. Kein Zögling, welcher von einer anderen Lehranstalt oder
einer anderen Stadt kommt, wird in der Schule ohne ein Zeugnis
zugelassen, dafs dort keine epidemische Krankheit herrscht.
Werden diese drei Vorschriften beobachtet, so gelangt jedes
Auftreten einer ansteckenden Krankheit sofort gehörigen Ortes zur
Kenntnis, und es ist möglich, dieselbe an ihrem Herd zu ersticken
oder wenigstens ihre Ausbreitung unter der Schulbevölkemng zn
beschränken.
Die angefahrten MaTsnahmen sind indessen noch nicht genügend,
denn die Anzeigepflicht kann die Zulassung solcher Kinder zur Schule
nicht verhindern, welche sich scheinbar wohl, aber trotzdem bereits
im Inkubationsstadium der Krankheit befinden. Das einzige Mittel,
diese Gefahr zu beseitigen, ist:
4. jeden Morgen alle Schüler vor ihrem Eintritt in die Klasse
durch den Schularzt untersuchen zu lassen.
Diese Bedingung ist ohne Zweifel schwer zu erfüllen, und auch
Dr. Manobnot macht deswegen den Vorschlag, nur in Zeiten von
Epidemien den täglichen Besuch des Arztes zu fordern und auch
dann blofs die verdächtigen Schüler untersuchen zu lassen, welche
durch den Klassenlehrer bereits isoliert worden sind. Wird derart
die ärztliche Visite auf die Verdächtigen beschränkt, so lä&t sie sich
in verhältnismäisig kurzer Zeit zur Ausführung bringen.
61
Das sind die Schlflsse, zu denen der Verfasser in seiner
Arbeit gelangt.
Nach unserer Ansicht würde es nützlich sein, die Anzeige nicht
nur der ansteckenden, sondern s&mtlicher Krankheiten za verlangen.
So ist es in den Schulen der Schweiz nnd speciell in denen yon
Laosanne (rebrauch, wo jedes Kind ein ärztliches Zeugnis beibringeiv^
nmfs, sobald es länger als 4 Tage beim unterrichte fehlt. Die Yor-
zflge eines solchen Verfahrens brauchen nicht erst besonders dar-
gelegt zu werden.
Es gibt in der That eine gewisse Zahl von Krankheiten, die,
obwohl sie nicht zu den ansteckenden im gewöhnlichen Sinne ge-
hören, doch ernste Gefahren verursachen können. Um nur ein
Beispiel anzufahren, müssen Tuberkulöse selbst dann vom Schul-
besuche ausgeschlossen werden, wenn man die Schwindsucht nicht
za den ansteckenden Krankheiten zählt, welche durch die obligato-
rische Aüzeige vermieden werden soUen. Ähnlich verhält es sich
mit der Epilepsie, dem Veitstanz u. s. w.^
Schularzt Dr. med. Combb in Lausanne.
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Irttfilrift fit Si||i(lgeftiii)i|ieit0|tfle}e.
VII. Jahrgang. 1894. No. 2.
<9rt9tnal-2lb^aiiMntt0ett*
Eingabe der KommiBsion für Schxügesimdheitspflege
in Nftmberg an den dortigen Uagistrat
wegen Einrichtung von Heilkursen für Stotterer.
Mitgeteilt von
Dr. med. Paul Schubert,
Augen- and Ohrenarzt in Nürnberg.
An
den hocliyerehrliclien Stadtmagistrat
Nürnberg.
Die ganz ergebenst nnterzeiclmete Kommission für Schul-
hygiene bildet einen Zweig des hiesigen Vereins für öffentliche
Oesimdheitspflege.
Zweck und Ziele der Kommisaion sind Förderung der
Schtdgesnndheitspflege durch theoretische Arbeiten und durch
Anregung und Unterstützung aller der körperlichen Wohlfahrt
imserer Schuljugend dienenden Mafsnahmen, soweit sie ohne
miTerhftltnismäisige Opfer zur Zeit in unserem Gemeinwesen
durchfCLhrbar erscheinen. Um dieser Angabe sowohl nach der
Bichtung des Wünschenswerten, als auch nach jener des
Erreichbaren gerecht zu werden, wurden einerseits Ärzte und
technische Sachverständige, andererseits Mitglieder beider
stadtischen Kollegien, Vertreter der Schulbehörde, Rektoren
der höheren Lehranstalten und Lehrer für die Mitarbeit in
SohttlgMondheitipflege YU. 5
66
genannter Kommission gewonnen, und es haben insbesondere
Herr Medizinalrat Dr. Merkel und Herr Schulrat Dr. Glaunino
ihre Hilfe zugesagt und bethätigt. Das Verzeiclmis der Mit-
glieder der Kommission ist dieser Eingabe beigefügt.
Im Anscblufs an einen Vortrag des Herrn Dr. Deubrlsin
über Heilkurse für stotternde Schulkinder erwog unsere Kom-
mission in eingehender, zwei Sitzungen füllender Beratung
unter Berücksichtigung der aus anderen Städten vorliegenden
Berichte die Einrichtung solcher Heilkurse auch in unserer
Stadt. Es wurde der einstimmige Beschlufs gefafst, an den
hochverehrlichen Magistrat unter Vorlegung des einschlägigen
Materials die gehorsame Bitte zu richten, beschliefsen zu
wollen, dafs auch in Nürnberg baldmöglichst die erforderlichen
vorbereitenden Schritte gethan werden, um mit Heilkursen für
stotternde Schulkinder schon zu Anfang des nächsten Schul-
jahres beginnen zu können.
Begründung.
Das Stotterübel hat für die damit Behafteten schwere
Schädigung der Erwerbsthätigkeit, des geselligen Verkehrs und
der geistigen, wie der Charakterentwickelung zur Folge.
Dem Stotternden ist von vornherein jede Beamtenlaufbahn,
jede öffentliche Stellung verschlossen, jeder Beruf erschwert,
welcher vielfachen mündlichen Verkehr in sich schliefst. Fast
in jedem Gewerbe und bei jedem Erwerbe befindet sich ein
Stotterer gegenüber seinen sprachtüchtigen Genossen im Nachteil,
er unterliegt vielfach im Kampfe ums Dasein. Das Übel macht
sich um so empfindlicher fühlbar, als die Umgestaltung der
Verkehrsverhältnisse durch Eisenbahn und Elektricität, die
Erleichterung der persönlichen Zusammenkunft und die stetig
zunehmende Bedeutung des Fernsprechverkehrs, nicht minder
auch die regere Äulserung des öffentlichen Lebens in Staat,
Gemeinde und Verein dem gesprochenen Worte einen wachsen-
den Einflufs verleihen.
Wohl ebensogrofs wie diese äufseren Nachteile sind die
Rückwirkungen auf das Gemüt des Stotterers. Es haftet
67
diesem Gebrechen die bedanerliehe Nebenwirkung an, die
Spottinst der Mitmenschen zu wecken, zumal wenn Verzerrungen
des Gesichtes und allerlei zwangsweise sich einstellende Ge-
berden das Stottern begleiten. Scheues und gedrücktes Wesen,
auch wohl Verbitterung und Trübsinn gewinnen nicht selten
im Seelenleben des Stotternden die Oberhand und lassen ihn
sein Unglück noch härter empfinden, als es ohnedies ist.
Bei diesen Erwägungen erscheint die Heilung eines Teiles
der Stotternden als ein sehr erstrebenswertes Ziel.
Über die Häufigkeit des Übels sind durch zahlreiche
amtliche Zählungen zuverlässige und annähernd überein-
stimmende Prozentsätze ermittelt worden. Im Berlin befanden
sich im Jahre 1887 unter 155000 schulpflichtigen Kindern
1% stotternde. In Elberfeld zählte man unter 18000 Eandem
220 stotternde und 75 stammelnde. Der Regierungsbezirk
Breslau enthielt im Jahre 1890 2400 stotternde Kinder. In
Potsdam wurden im Jahre 1885 1,2% Stotterer in den Schulen
ermittelt. So bewegen sich die Prozentverhältnisse an allen
Orten, woZählimgen vorgenommen sind, zwischen 0,8 und 1,5%.
In Nürnberg ergaben sich nach gütiger Mitteilung des
Herrn Schulrat Dr. Glauning im Jahre 1888/89 unter
15717 Schülern 118 Stotterer und 93 Stammler.
Bemerkenswert ist, dais überall die Zahl der stotternden
Knaben überwiegt. So fand man z. B. in Potsdam unter den
Stotternden 70 Knaben und 28 Mädchen, in Bonn 31 Knaben
und 3 Mädchen, in Nürnberg 85 Knaben und 33 Mädchen.
Das Verhältnis ist also hierbei ein ähnliches, wie bei der
angeborenen Farbenblindheit, die beim mäuD liehen Geschlechte
ungleich häufiger ist, als beim weiblichen.
Da dem Manne zumeist der Erwerb obliegt, so bedeutet
das vorwiegende Ergriffensein des männlichen Geschlechtes
eine um so schwerere volkswirtschaftliche Einbuiise*
Die Ursachen des Stottems liegen auf sehr verschiedenen
Gebieten. Erblichkeit, Gehimkrankheiten, starke und plötzliche
psychische Eindrücke sind am häufigsten zu beschuldigen.
Skrofolose, Rhachitis und Krankheiten des Nasenrachenraumes
68
wirken begüuBtigead auf die Entatehnog. Ein sehr groÜBer
Teil der Stotteraden, und zwar naeh Dr. GumcAHHa Er-
mittelaogen in Berlin 38,7% decBelben, ist dorck psychische
Anstockong erkrankt.^
Berftcksichtigt man weiterhin desselben Autors statistisehe
Ergebnisse, dab zwar die Mehrzahl der stotternden Kinder
in der Zeit vom dritten bis sechsten Lebensjahre yon
dem Übel ergriffen wird, dais es aber nicht selten audi noch
im schulpflichtigen Alter auftritt, ja dals in den Unterklassen
der Berliner Volksschulen nur 0,5%, beim Schulaustritt aber
1,5% Stotterer gefinnden wurden,' so ergibt sieh hieraus die
Gefahr, welche ein stotterndes Eond far seine Mitschüler
darstellt, und es wird klar ersichtlich, dals mit der Heilung
eines solchen Schülers nicht nur diesem selbst genützt, sondera
auch der Weiterrerbreitung des Übels wirksam Torgebeugt
werden kann.
Wenn also bei Errichtung von gesonderten Schul^i fär
Taubstumme und Blinde yorwiegend humane und yolkswirt-
schaftliche Gründe malsgebend waren, so spricht fbr Schaffung
Yon Stottererheilkursen neben diesen beiden Gründen noch die
Verhütung psychischer Ansteckung schwerwiegend mit.
Es wird sich eine Gemeinde zu solchen Stottererheilkursen
um so leichter entschliersen können, als es sich hier nicht nur
um Beibringung gewisser nützlicher Fertigkeiten bei unheil-
barem Grundleiden handelt, wie in Blinden- und Taubstummen-
schulen, sondern um wirkliche und meist dauernde Heilungen,
die überdies durch ungleich geringere Aufwendungen an Qteli
und Arbeit erreicht werden können.
Die Heilung des Stotterübels galt lange Zeit fbr
überaus schwierig und zweifelhaft, und man begegnet in dieser
Hinsicht vielfachem, auf frühere ungünstige Erfahrungen be-
gründetem Miüstrauen. Es hatten sich der Behandlung dieses
Übels reisende Heilkünstler von zuweilen sehr fraglicher Be-
^ EoTBi jc ANV8 ZeUachrift /wr Sehulgesundheitspflege, 1891, No. 3, S. 182.
> Ebendas., 1892, No. 6, S. 202.
69
Mignng bemächtigt, und die Natur dieser Wandergewerbe
brachte es mit sich, dals der angenblickliche, wenn auch nur
scheinbare Erfolg zum Hauptziel, die Verhütung der Bückfälle
aber zur Nebensache wurde. Einzelne auf guter Grundlage
arbeitende Anstalten, wie jene ron Dbnnhardt in Burg-
steinfort, von Ernst in Berlin und Gbntnbr in München,
Termochten nur in engerem Kreise ersprieislich zu wirken.
Das Verdienst, die Bekämpfung des Stotterübels in richtige
Bahnen gelenkt zu haben, gebührt Dr. Bbrkhan in Braunschweig,
welcher in einer Schrift: „Über das Stottern, seine Beziehung
mir Anntä und seine Behandlung^ als erster die Anregung gab,
es möchten die Schulbehörden die Bekämpfung des Übels in
die Hand nehmen. In gleichem Sinne und mit hervorragendem
praktischen Erfolge ist seit 1884 der Taubstummenlehrer
Albert Gutzhann in Berlin thätig, dem nunmehr sein Sohn,
der Arzt für Sprachstörungen Dr. Hermann Gutzmann zur
Seite steht, so dafs sich hier Theorie und Praxis zweckdienlich
die Hand reichen. Das Wirken dieser Herren beschränkt sich
nicht auf Abhaltung von Heilkursen, sondern sucht seinen
Schwerpunkt in der Ausbildung von Lehrern, um diese zur
Errichtung und Leitung gleicher Kurse in ihrer Heimat zu
befilhigen. Im Jahre 1887 begann Potsdam, ein Jahr später
Elberfeld Stottererkurse durch Schüler Gützmanns einrichten
zu lassen. Der Erfolg war so überaus günstig, dafs sich der
Minister Dr. von Gossler yeranla&t sah, am 18. Juli 1889
eine Girkularverfügung an alle Königlichen Regierungen
Preuüsens zu erlassen, in welcher diese zu ähnlichem Vorgehen
aufgefordert wurden.
Viele Gemeinden kamen der amtlichen Mahnung nach,
imd überall traten gute Erfolge dieser Heilkurse zu Tage.
Als Beispiel sei hier auf das Schreiben des Königlichen
Begierungspräsidenten zu Düsseldorf vom 3. Dezember 1890*
hingewiesen, welches in Abschrift beiliegt. Ebenso fügen wir
einen diesbezüglichen Bericht aus den Verhandlungen des
^ S. diese Zeitschrift, 1891, No. 6, S. 384— 38B. D. Red.
70
brandenbnrgiscbeii Städtetages bei. Femer haben folgende
Städte günstige llitteilnngen über ihre Stottererheilkurse
gemacht:^ Spandau, Charlottenburg, Kiel, Schleswig, Altena,
Hamburg, Magdeburg, Breslau, Kassel, Halberstadt, Leipzig,
Görlitz und Lebe in Ostfriesland.
In Breslau ver&hrt C. Fischer unter Mitwirkung von
Professor Soltmann nach einer im wesentlichen mit Gützmanns
Lehre übereinstimmenden Methode. In Dresden scheint
Stötzner, Yizedirektor der Taubstummenlehranstalt, nach
eigenem System zu unterrichten, während in Wien Dr. CoSns
Theorie zu Grunde gelegt ist.
In allen anderen Städten wird nach der Methode tou
GüTZMANN zum grolsen Teil von dessen Schülern Unterricht
erteilt.
Mit Ausnahme von Hamburg, woselbst ein Verein mit
milden Beiträgen zu diesem Zwecke gegründet worden ist,
sind überall die Gemeinden eingetreten und haben für Aus-
bildung und Besoldung der Lehrer Sorge getragen.
Der Lehrplan gestaltete sich in der Mehrzahl der
genannten Städte, wie folgt: Ein Kursus umfEiTst 8 bis 10
Kinder; eine gröJsere Anzahl zu vereinigen, verbietet die
Eigenart des Unterrichts. Die Dauer eines Kursus wird meist
auf 3 bis 4 Monate festgesetzt und wöchentlich sechsmal je
eine Stunde erteilt, gewöhnlich nach Schluls des ortsüblichen
Volksschulunterrichtes, von dessen letzter Stunde an manchen
Orten die Teilnehmer der Stottererkurse dispensiert wurden,
um Überbürdung zu verhüten. Als sehr zweckdienlich werden
allwöchentliche Wiederholungsstunden für die als geheilt ent-
lassenen Zöglinge gerühmt, üngeheilte oder nur gebesserte
Schüler können einem zweiten und dritten Kursus überwiesen
werden. Vielfach wird empfohlen, die Lehrer der Normal-
schulen darin zu unterweisen, wie geheilte Stotterer zu behandeln
* Vergl. MediziniachrpäcUigoffische Monatsschrift für die gesamte
Sprachheilkunde mit Einschlufs der Hygiene der Lautsprache von Gutzmanx
Vater und Sohn in Berlin.
71
seien, um Rückfälle zu verhüten. Es sei gestattet, an dieser
Stelle auf den beigefügten Erlafs der Gemeinde Altendorf in
der Bheinprovinz hinzuweisen.^ Die hier von der Sohulbehörde
erlassenen Vorschriften verdienen volle Beachtung.
Die Erfolge der Stottererheilkurse sind an vielen Orten
ziffemmäfsig festgestellt worden.
Elberfeld, das neben Potsdam über die ältesten und reichsten
Erfahrungen verfügt, hat seine Berichte vervielfältigen lassen,
80 dafs einige derselben hier beigeschlossen werden konnten.
Von drei Lehrern wurden innerhalb dreier Jahre in 25 Kursen
180 Kinder unterrichtet, darunter 45 Kinder in 2 Kursen
nacheinander und 5 Kinder in 3 Kursen.
Von diesen 180 Kindern wurden geheilt 110,
gebessert 62,
es blieben ungeheilt 8.
GuTZMANN drückt seine fi.esultate in folgenden Frozent-
zahlen aus:
geheut 84 bis 87 7o,
gebessert 10%,
ungeheilt 3 bis 6%.
Ähnlich, zum Teil sogar noch günstiger lauten die Berichte
der anderen Städte.
Bückfälle sind mit Becht bei geheilten Stotterern sehr
gefürchtet und bildeten in früheren Zeiten die Begel. Nach
GüTZMANNs Methode werden dieselben auf etwa 5% herab-
gedrückt, unter der Voraussetzung, dafs durch regelmälsige
Wiederholungsstunden und durch zweckmäfsiges Verhalten der
Klassenlehrer das Mögliche zur Sicherung des Erfolges geschieht. i
! Längere Erfahrung hat dazu geführt, die Voraussage '
I der Heilbarkeit eines stotternden Kindes schon nach wenigen !
Unterrichtsstunden mit einiger Wahrscheinlichkeit bestimmen I
I zu können, so dais am Schlufs eines Kurses jene üngeheilten, !
j deren Heilbarkeit unwahrscheinlich ist, als solche erkannt
^ KoTiLMAHNs Zeitschrift für Schulgestmdheitspflege, 1891, No. 11,
8. 719.
72
werden und den WiederholnngsImrBen nicht mehr znr Last
fallen. Gutzmann hebt hervor, daüi die Vorhersage nicht
sowohl durch den Grad des Stottems getrübt werde, da auch
das stärkste Stottern häufig leicht heilbar sei, als vielmehr
durch mangelnde Begabung, erbliche Belastung, Zwerchfell-
krampf und ähnliche Faktoren.^
Die Kosten eines Kursus müssen als verhältnismälsig
gering bezeichnet werden. Görlitz gab seinem zur Ausbildung
nach Berlin geschickten Lehrer 150 Mark und sorgte für
Vertretung während des 4 Wochen dauernden Kursufi.
Frankfurt a. M. bewilligte 200 Mark. Das Honorar an
GüTZMAKK beträgt 40 Mark. Als Zulage erhielten die Lehrer
in den einzelnen Städten 1,50 Mark (Elberfeld) bis 2,50 Mark
(Dresden) für jede Stunde, welche sie den Stotterern erteilten.
Danach würden sich die laufenden Kosten selbst in einer
grölseren Stadt mit mehreren Parallelkursen nur auf wenige
Hundert Mark belaufen.
Schliefslich sei es gestattet, einen Blick auf die besonderen
Verhältnisse unserer Stadt zu werfen.
Dals auch hier die Zahl der stotternden Kinder grois
genug ist, um Heilkurse angezeigt erscheinen zu lassen, haben
die durch Herrn Schulrat Dr. Glaüning veranlaisten Zählungen
aus dem Jahre 1890 dargethan.
Die Errichtung solcher Kurse wurde seitens der städtischen
Schulbehörden schon damals ernstlich ins Auge gefalst und
dürfte von denselben heute um so mehr befürwortet werden,
als seither die Heilerfolge durch anderweitige Erfahrungen in
erhöhtem Malse gesichert erscheinen.
Der in Nürnberg zur Zeit noch fühlbare Mangel an Schal-
räumen ist in vorliegender Frage belanglos, weil die Kurse in
der schulfreien Zeit stattfinden würden.
Da ein Lehrer im Laufe eines Schuljahres nach Abzug
der Herbstferien 3 Kurse mit je 8 bis 10 Schülern besoigen
^ EoTELMANKB Zeitschrift für Schulgemndheitapflege, 1891, No. 10
S. 640.
73
könnte, so würde hierselbst dnrch Ausbildung zweier Lehrer
for die näcliste Zeit genügende Vorsorge getroffen sein.
Unter den Lehrern unserer Stadt befinden sich mehrere,
welche Unterricht in der von Herrn Gsntner in München
geleiteten Anstalt für Stotterer genossen haben. Ihr Bericht
an die Königliche Schulinspektion ist als Beilage VI beigefügt.
Die Eommission für Schulgesundheitspfiege glaubt hier auf
die Frage, ob die bei Herrn Gentnbb gewonnene Vorbildung
als genügend anzusehen ist, oder ob ein weiterer Unterrichtskursus
bei den Herren Gutzmann in Berlin für die künftigen Leiter
der hiesigen Stottererkurse wünschenswert sei, nicht eingehen,
diese Erwägung vielmehr der Königlichen Schulbehörde anheim-
geben zu sollen.
Die Kommission bittet den hochverehrlichen Magistrat,
die gemeinsinnige Absicht, welche uns bei dieser Eingabe
leitete, nicht verkennen und die dargelegten Anregungen einer
wohlwollenden Erwägung würdigen zu wollen.^
In gröJjster Hochachtung
Die Kommission für Schulgesundheitspflege.
^ Die Stadtverwaltung von Nürnberg hat die Petition inzwischen
günstig beschieden, und bereits zu Ostern d. J. sollen 3 HeUknrse für
stotternde Schulkinder daselbst errichtet werden. D. Red.
74
Sehschärfe der Schüler des Gymnasium Ohristianeiun
in Altena.
Nach einem auf dem Vn. internationalen Kongresse
für Hygiene und Demographie in London gehaltenen Vortrage.
Von
L. EOTELMANN.
Bei dem regen Weltverkehr, dessen sich Hamburg als die
erste Handelsstadt des europäischen Kontinents erfreut, habe
ich wiederholt Gelegenheit gehabt, die Augen solcher Indivi-
duen, welche Naturvölkern angehörten, zu untersuchen. Dabei
ist mir jedesmal die aulserordentlich grofse Sehkraft derselben
aufgefallen.
So hatten von 7 Lappländern 3 Erwachsene im Durch-
schnitt eine Sehschärfe von 2,25, 4 Kinder eine solche von 2,38.
Bei einem dreiundvierzigjährigen Patagonier betrug die-
selbe auf jedem Auge 2,15, bei einer siebenundzwanzigjährigen
Patagonierin 2,0, bei einem fünfjährigen patagonischen Knaben
gleichfalls 2,0.
Ähnlich fand ich bei 10 erwachsenen Nubiem eine Seh-
schärfe von 2,56, bei 3 jüngeren Nubiem eine solche von 2,67.
Von 17 Kalmücken besalsen 15, welche 17 bis 35 Jahre
alt waren, ein durchschnittliches Sehvermögen von 2,88,
2 Mädchen im Alter von 15 Jahren ein solches von 2,04.
Endlich konstatierte ich bei 18 erwachsenen Singhalesen
im Mittel eine Sehschärfe von 2,06, bei 2 siughalesischen
Eandem eine solche von 2,23, während 3 zu derselben Truppe
gehörige Hindus im Alter von 20 bis 45 Jahren eine durch-
schnittliche Sehschärfe von 2,05 hatten.
Bei der Beurteilung dieser Zahlen ist fireilich zu berück-
sichtigen, dafs die Untersuchungen unter freiem Eü.mmel, also
75
bei besonders guter Beleuohtung stattfanden und dais als
Probeobjekte die SNELLBNscben Hakenfiguren verwendet
wurden, welche unge&br um V^ weiter, als die SNELLENSchen
Probebuchstaben gesehen werden.
Es erschien nun die Beantwortung der Frage von Inter-
esse, ob nicht auch bei den Kulturvölkern wenigstens jugend-
liche Augen eine ähnliche Sehschärfe wie die Naturvölker
zeigen, vorausgesetzt, dafs sie unter gleich günstigen Yerhält-
nissen zur Untersuchung gelangen.
Eine erwünschte Gelegenheit zu einer solchen Untersuchung
bot sich mir bei den Schülern des Gymnasium Christianeum
in Altena. Hier konnte ich die Augen nicht nur während
der hellsten Tagesstunden von 127« bis 2^/« Uhr prüfen,
sondern diese Prüfung auch in der grofsen, durch 6 hohe
Fenster glänzend beleuchteten Aula mit aller Sorgfalt vor-
nehmen.
Als Probeobjekte dienten wieder die SNELLENschen Haken,
welche an der den Fenstern gegenüberliegenden Wand in
Augenhöhe befestigt waren. Die Entfernung, in welcher die-
selben erkannt wurden, ward an einer mit Kreide auf dem
FuTsboden gezeichneten, in ganze und halbe Meter eingeteilten
Skala abgelesen.
Im ganzen gelangten so 421 Gymnasiasten zur Unter-
suchung.
Von den 842 Augen derselben waren 408 oder 48,45
Prozent emmetropisch, 343 oder 40,74 Prozent myopisch, 83
oder 9,86 Prozent hypermetropisch und 8 oder 0,95 Prozent
astigmatisch. Bei den astigmatischen Augen fand sich 5 mal
susammengeeetzter hypermetropischer, 3 mal einfacher myopischer
Astigmatismus.
Die mittlere Sehschärfe der 408 emmetropischen Augen
betrug 1,25, indem die SNELLENschen Probehaken, welche auf
6,5 m gesehen werden sollen, durchschnittlich auf 8,144 m
erkannt wurden. Geringer war die Sehkraft der 343 myopischen
ß Aßß
Augen, nämUch ' ^ oder 1,05, noch geringer diejenige der
76
83 hypermetropischen, nämlich ' = 0,82. Die 8 astigma-
tiBchen Angen lasen die SNELLBNschen Haken statt auf 6,5
durohsclinittlich blofs auf 1,656 m, so dafs sie eine Sehschfirfe
von nur 0,25 der normalen hatten.
Anch die unterschiede in dem Sehvermögen des rechten
und linken Auges fanden Berücksichtigung. Als mittlere Seh-
schärfe der 210 rechten emmetropischen Augen ergab sieb
7 985
' = 1,23, als diejenige der 198 linken emmetropischen
0,0
Augen -~— -= 1,29. Die 170 rechten myopischen Augen
fi 71Q
hatten eine durchschnittliche Sehschärfe von ' = 1,03, die
o,o
6 982
173 linken myopischen Augen eine solche von ' — 1,07.
Die Sehschärfe der 38 rechten hypermetropischen Augen betrog
5 4.1 9 fS 4.94.
im Mittel ^^^ = 0,832, die der 45 linken ^^ = 0,835.
6,5 6,5
Endlich fand ich bei den 4 rechten astigmatischen Augen im
1 25
Durchschnitt eine Sehschärfe von -7^=- = 0,19, bei den 4 linken
D,0
2 062
astigmatischen Augen eine solche von ' = 0,32.
Was die Sehschärfe bei den verschiedenen Graden der
Myopie anbetrifft, so betrug dieselbe durchschnittlich:
bei den 207 Augen mit einer Myopie von 0,5 bis 1,25 D. 1,13
« » 64 „ „ „ „ „ 1,5 „ 2.76 „ 0,97
») « 46 „ „ „ „ „ 3,0 „ 3,5 „ 0,93
» « 13 „ „ „ „ „ 4.0 „ 4,5 „ 0,95
VT) 9 « n V n „ 5,0 „ 6,0 „ 0,58
V „ 7 „ „ „ „ « 7,0 „ >7,0 „ 0,67.
■ • _
Ahnlich ergab sich als mittlere Sehschärfe:
bei den 73 Aug. m. einer Hypermetropie von 0,5 bis 1,26 D. 0,90
n n ^ V 7) Ti 7) Tjl'^n 2,75 ^ 0,33
„ dem 1 Auge „ „ „ „ 3,0 „ 3,5 „ 0,31.
77
Es wurde ferner die Frage aufgeworfen, ob erblich
belastete, d. h. von kurzsichtigen Eitern abstammende Myopen
oder nieht belastete besser sehen. Dabei fand sich, daijs die
232 nicht belasteten myopischen Augen eine durchschnittliche
Sehschärfe von 1,08 hatten, die 111 belasteten eine solche von
1,01. Von den 111 belasteten myopischen Augen sahen am
schlechtesten die 10, bei denen beide Eltern kurzsichtig waren :
r=0,79; dann folgten die 81, bei denen allein der Vater
myopisch war: F= 1,02; am schärfsten sahen die 20, bei denen
anssohlieislich die Mutter an Myopie litt : V= 1,09.
Wie die belasteten Myopen bezüglich des Sehvermögens
ungünstiger, als die nicht belasteten gestellt waren, so die ab-
soluten Hypermetropen weniger günstig, als die fakultativen.
Die 14 absolut hypermetropischen Augen wiesen nämlich eine
mittlere Sehschäi-fe von 0,71 auf, die 69 fakultativ hyper-
metropischen eine solche von 0,8(i.
Bei der Bestimmung des Einflusses der Lebensjahre auf
die Sehschärfe der Emmetropen wurde konstatiert, daJs dieselbe
im Dnrchschnitt betrug:
bei den 41 emmetropischen Augen 9jähriger Schüler 0,84
. n 54
n „ 46
72
47
43
34
28
17
» j) "
« » 14
Über die Einwirkung der Lebenqahre auf die Sehkraft
der Myopen gibt die folgende Tabelle Aufschluls. Als mittlere
Sehschärfe wurde berechnet:
bei den 8 myopischen Augen 9 jähriger Schüler 1,18
n . 36 « . 10 „ „ 1,05
7J
7) 7)
V
7i
10
n
7i
1,15
11
n
7i
1,15
12
n
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1,35
13
7)
7i
1,24
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7i
7i
1,37
16
7i
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1,28
16
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1,66
18
7)
n
1,40
19
V
7)
1,40
20
J)
n
1,15.
78
bei den 30 myopisolien Augen 11 jähriger Schüler 0.98
7)
77
27
77
77
12
77
77
1.28
y)
77
32
77
77
13
77
77
0.94
71
77
37
77
7)
14
77
77
1,13
TJ
77
47
T7
77
15
77
77
1,10
77
77
39
77
77
16
77
7?
1.11
77
77
39
77
77
17
77
77
0,94
77
77
19
77
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18
77
7?
0,88
77
77
14
77
77
19
77
77
1.19
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77
9
77
77
20
77
77
0,98
77
77
4
7)
77
21
77
77
1,11
77
77
2
77
77
22
77
77
0,54.
Auch bei den Hypermetropen machte sich der Einfluß
der Lebensjahre auf die Sehschärfe geltend. Dieselbe betrag
nämlich :
bei den 21 hypermetropischen Augen 9jähriger Schüler 0,73
77
77
18
77
77
10
77
77
0,94
77
77
11
77
77
11
77
77
0,94
77
77
5
77
77
12
77
77
0,95
77
77
4
77
77
13
77
77
0,48
77
77
8
71
77
14
77
77
0,72
77
77
4
77
77
15
77
77
0,86
77
77
7
77
77
16
77
77
1,15
77
77
2
77
77
17
77
77
0,51
77
77
2
77
77
18
77
77
0,35
77
77
0
77
77
19
77
77
—
7)
dem
1
77
Auge
eines
20
77
77
0,61
Nicht viel anders, als die Lebensjahre wirkten die Schul-
jahre auf das Sehvermögen bei den verschiedenen Brech*
zuständen ein. Als durchschnittliche Sehschärfe ergab sich
nämlich :
für die 2emmetrop. Augen der Schüler mit 2 Schuljahren 0,81
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1,11.
79
für die 46 emmetrop. Augen der Schüler mit 7 Schuljahren 1,36
34
17
. r 12
7
n n ^ j)
O
Was den Einflufs der Schuljahre auf die Sehschärfe der
Myopen betrifft, so wurde festgestellt, dafs dieselbe im Mittel
betrag:
bei den 8 myopisch. Augen der Schüler mit 3 Schuljahren 1,06
-. n 29 „ „ „ , , 4 „ 1,04
7'?j3o „ j>» n n ^ « 1,09
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10 „ , „ „ , 14 „ 1,02
" » » w » » '■•*' r?
flw2„ „„„„16 „ Ü,Ö4.
Endlich gestaltete sich die Sehkraft der Hypermetropen
nach den Schuljahren folgendermalsen. Es hatten eine durch-
Bclmittliche Sehschärfe:
die 20 hypermetrop. Aug. der Schüler mit 3 Schuljahr, von 0,77
, 13
ff
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»
W
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4
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77
77
9
77
« 0,79
80
die 5 hypermetrop. Aug. der Schüler mit 10 Soboljahr. von 0,75
»5 r, „ „ „ „ 11 „ ,1.27
A 19
n^, f) 7) n 7i n ^^ n n ^»^•
Überblicken wir die gewonnenen Eesultate und ziehen
die praktischen Konseqnenzen für das SohuUeben ans denselben,
so sind folgende Pnnkte hervorzuheben.
Die gröfste Sehschärfe besalsen die emmetropischen Augen,
eine geringere die myopischen, eine noch geringere die hype^
metropischen nnd die geringste die astigmatischen. Es ist daher
wünsehenswert, dais möglichst wenige Schüleraugen auf der
firühesten Entwickelungsstufe, derjenigen der Hypermetropie,
stehffli bleiben, sondern dais sich eine möglichst grofse Zahl
zu der zweiten Stufe, derjenigen der Emmetropie, weiter bilde.
Haben doch die Emmetropen neben dem Vorzug der stärkeren
Sehkraft zugleich den Vorteil, dais die Sehschärfe bei ihnen
mit den Lebens- und Schuljahren zunimmt, während dies bei
^den Hypermetropen imd Myopen nicht der Fall ist. Je mehr
also das Wachstum der hypermetropischen Augen in die Länge
nach der Emmetropie hin erfolgt, desto besser ist dies für die
Betreffenden. Denn wie die absoluten Hypermetropen schlechter,
als die fakultativen sehen, so nimmt auch die Sehschärfe um
so mehr ab, je höher der Grad der Hjqpermetropie ist.
Andererseits darf aber die Entwickelung der Schüleraugen
nicht über die Emmetropie hinaus bis zur Myopie fortschreiten,
da wir sehr wesentliche Nachteile der letzteren kennen gelernt
haben. Denn die myopischen Gymnasiasten sahen nicht nur
überhaupt schlechter, als die emmetropischen, sondern ihre Seh-
schärfe sank auch um so mehr, je hochgradiger ihre Kurs-
sichtigkeit war. Ja, sie bilden selbst eine gewisse Gefahr fOr
ihre dereinstige Nachkommenschaft, da myopische Kinder mit
Belastung eine geringere Sehschärfe, als solche ohne Belastung
besitzen. Dafs von den belasteten myopischen Schülern die-
jenigen, deren beide Eltern kurzsichtig waren, am wenigsten
gut sahen, ist leicht zu verstehen, da sich bei diesen ein
schädlicher Einfluis von zwei Seiten her geltend machte. Die
81
geringere Sehschärfe der allein von väterlicher Seite belasteten
im Vergleich zu den ausschliefslich durch die Mutter belasteten
dürfte sich daraus erklären, dafis die Yäter yon Gymnasiasten,
weil rielfach Gelehrte, im allgemeinen hochgradiger kurzsichtig,
als die Mütter sind.
Hervorgehoben zu werden yerdient noch die interessante
Thatsache, dafs sowohl bei den Emmetropen, wie bei den
Myopen, Hypermetropen und Astigmatikem durchschnittlich
das rechte Auge das weniger sehscharfe war. Dieser Unter-
schied zwischen beiden Augen machte sich, abgesehen von den
Astigmatikem, am meisten bei den Emmetropen bemerkbar.
Den Grund f&r die verringerte Sehschärfe des rechten Auges
sehen wir darin, dafe dasselbe in der Regel den zu betrachtenden
Gegenständen mehr, als das linke zugekehrt und demnach auch
ZB stärkerer Acoommodationsanstrengung gezwungen wird. Die
grölsere Annäherung des rechten Auges an die Objekte aber
«folgt einerseits, weil die Schüler so gut wie ausnahmslos rechts-
händig sind und daher fast alles von rechts her den Augen
nähern, andemteils, weil die meisten in der Schule gelernt
haben, beim Schreiben das Heft rechts von der Körpermitte
za legen. In Übereinstimmung hiermit hat denn auch Dr.
Schubert durch eine umfassende Statistik ermittelt, dafs bei
Anisometropen das rechte Auge im allgemeinen das stärker
brechende ist.
Wollen wir also der Schuljugend eine gute Sehschärfe auf
beiden Augen erhalten, so werden wir sowohl die Myopie durch
die bekannten, in dieser Zeitschrift mehr&ch erwähnten Mittel,
als auch die von allen Hygienikern verworfene Bechtslage des
Heftes zu bekämpfen haben. Wird dadurch die Sehschwäche
in den höheren Schulen auch nicht völlig beseitigt, so läfst sie
sieh doch bis zu einem gewissen Grade einschränken. Von
dem hervorragenden Sehvermögen der Naturvölker bleiben wir
freilich auch im günstigsten Falle noch recht weit entfernt.
Seholfttmdhdtopflttffe VII
82
lAttB )Dfrfatitwlttn0en ttti) ^tttintn.
Aus der Vereinifi^ng für Schnlgesimdheitspflege
des Berliner Lehrervereins.
Von
E. Hbrtbl,
städtischem Lehrer in Berlin.
Die yereinigiiDg blickte im März v. J. auf ein zehnjähriges
Bestehen zurück. Aus diesem Anlafs wurde an Stelle der
sonst üblichen Monatsversammlung eine Jubiläumsfeier in Form
eines Herrenabends veranstaltet.
In zwei Sitzungen v. J. beschäftigte sich die Yereinigniig
wieder mit der Schriftfrage. Im Februar nämlich sprach Professor
Maas über die Physiologie des Schreibens. Sein Vortrag
war ein Auszug aus einer demnächst zur Veröffentlichung
gelangenden gröfseren Arbeit über dasselbe Thema. Im Mai
machte Herr Janke die Anforderungen geltend, welche an ein
Alphabet mit vereinfachten Schriftformen zu stellen
sind. Der Vortrag kam zunächst nur in seinem ersten Teile
zur Behandlung und wird später fortgesetzt werden. Aus dem
Besprochenen resultierten folgende Sätze:
1. Eine Einheit der Schriftformen ist notwendig und daher
erstrebenswert.
2. Im ersten Schuljahre soll die Höhe der Grundbuchstaben
nicht unter 3 mm, im zweiten nicht unter 2,5 mm herabgehen.
In der Schulschrift überhaupt dürfen die Grundbuchstaben nicht
kleiner als 2 mm sein. Das Verhältnis der Höhe der Lang-
buchstaben zur Grundstrichhöhe wird auf 5 : 1 festgesetzt.
Im Juni sprach Herr A. Lampe über Lesestücke aus
dem Gebiete der Gesundheitspflege. Nach seinen Aus-
führungen sind dabei folgende Anforderungen zu stellen:
83
1. Das Lesestück sei formvollendet.
2. Der StofF sei fafslick und berücksichtige die G-esundheits-
pflege.
3. Der Form nach kann die hygienische Belehrong im
Lesebuche sein a. eine Erzählung, b. erzählend-belehrend,
c. eine Beschreibung, d. ein Sprichwort, e. ein BÄtsel.
Es ist zu bedauern, dafs die Lesebuchlitteratur so wenig
Erzeugnisse au&uweisen hat, welche die Gesundheitspflege
betreffen. Aus der richtigen Erkenntnis von der Notwendig-
keit solcher Lesestücke veröffentlichte vor einigen Jahren
der niederrheinische Verein für öffentliche Gesundheitspflege
die den Lesern bekannten, zum Teil preisgekrönten Aufsätze.^
Leider genügen nicht alle den Anforderungen, welche an der-
artige Stücke zu stellen sind. Die Vereinigung hielt darum
eine weitere Erwägung der Sache für notwendig und betraute
damit eine besondere Kommission.
In zwei Sitzungen des Jahres kamen allgemein-hygienische
Themen zur Verhandlung. Im August sprach Herr Janee
über die Bedeutung einer vernunftgemäfsen Gesund-
heitspflege. Dieselbe liegt in der Verminderung der Krank-
heiten wie der Todesfälle, in der Verlängerung der durch-
schnittlichen Lebensdauer und in der Erhöhung der Wehrkraft.
Besonders gro& ist der Einflufs einer verbesserten Gesund-
heitspflege in wirtschaftlicher BeziehuDg, wie dies der Kedner
zahlenmäfsig nachwies. Es ergibt sich aus dem Gesagten die
Notwendigkeit hygienischer Belehrung in der Schule.
Im September hielt Dr. ßoBE-Hildesheim, Geschäftsführer
des deutschen Vereins gegen den Mifsbrauch geistiger Getränke,
einen Vortrag über das Thema: Jugenderziehung und
Uäfsigkeitssache. Der genannte Verein hat zur Zeit sein
wesentliches Augenmerk darauf gerichtet, die Lehi'erschaft
für seine Bestrebungen zu interessieren, damit auf diesem
Wege die Jugend und dadurch auch das Volk über die Schäd-
^ Verlag von Da Mont-Schanberg in Köln; vergl. diese Zeitschrift,
1888, No. 9, S. 322—323 und 1890, No. 4, S. 223—224. D. Red.
6*
u
lichkeit des Alkohols aufgeklärt werde. Wenn auqh in
Deutsohlandi so führte dcor Voiirageude ans» der AlkohoUsmns
nicht in jenen häfslichen und traurigen Formen auftritt, wie
iA England, BuTaland, Amerika und audaren I^(Lndern, so mufs
dooh das unmälsige Trinken als ein deutsches Volkataster
bezeichnet werden, das um so grölsere Gefahren in sieh birgt,
als nur zu häufig Siohon den Kindern Bier und Wem, sogar
anoh Branntwein regelmftlsig verahreieht und dadurch unsere
Jugend systematisch zum Trünke eraegeii wird. Alle geistigen
Getränke sind aber für das jugendliche Alter in gesundheitlicher
Beziehung höchst nachteilig, und auch die Pädagc^gen wisaea
nur Yon schädlichen geistigen und sittlichen Folgen bei solchen
Kindern a^u berichten, welche regalmäfsig geistige Getränke
„zur Stärkung" erhalten.
In der Debatte stimmten die anwesenden Ärzte und Lehrer
nicht nur dem Gehörten vollständig zu, sondern sie waiTan auch
in deiT Lage, durch Mitteilung eigener Beobachtungen die Bei-
spiele des durch den Alkohol hervorgerufenen körperlichen,
geistigen und sittlichen ßlends bei unserer Jugend zu ver-
n^ehren.
Einstimmig nahm man folgende Besolution au: „Die
Vereinigung für Sohulgesundheitspflege hält die Bemühungen
des deutschen Vereins gegen den Mifsbrauch geistiger Getränke,
die sich auf die Bekämpfung des Alkoholgenusses bei der
Jugend erstrecken, für durchaus anerkennenswert und empfiehlt
der Lehrerschaft eine rege Unterstützung dieser Bestrebungen."
In zwei Versammlungen wurden hygienische Apparate
besprochen, nämlich' der Bichtgüitel von Klemm und das
RuoKERT-FliBisoHERsche Schroibebrett mit Buchhalter,^ Beide
Apparate haben nach der Ansicht der Vereinigung nur einen
fraglichen Wert.
Lehrer SinGfiiiT ist augenblicklich damit beschäftigt, eine
Brläuterung zu den von der Vereinigung herauag^benen
Gesundheitsregeln zu verfassen und auch eine kurze Geschichte
der Vereinigung zusammenzustellen.
' Vergl. diese Zeitschrift, 1893, No. 5, S. 280--Sdl. D. Bed.
85
flysteriselie Efddenie i« einer Baseler Mädehensebnle.
Bericht, erstattet der medixiiiisehen Oesellsctaft
der Stadt Basel.
In einer Toriges Jahr abgehaltenen Sitzung der medizinischen
Gesellschaft der Stadt Basel berichtete Professor Hagekbaoh nach
dem „Eorrespdiihl f. Schwg. Ärzie^ über eine hysterische Epidemie,
welche in einer dortigen Sekttndarschnle fQr Mädchen aufgetreten war.
Dieselbe begann im Spätsommer 1891 und ging von einer
Schfllerin der Klaraschnle ans, welche einer nenrasthenischen Familie
angehörte. Die Betreffende machte an einem Abend spät noch einen
Ausgang, wnrde in einsamer Strafse von einem Individnnm verfolgt
nnd eilte so schnell als möglich nach Hanse, wo sie erschöpft ankam
und in heftiges Zittern von der Dauer einer Stunde verfiel. Während
der nächsten Tage trat das gleiche Zittern in der Schnle bei ihr
auf, ohne indessen weiter bemerkt zu werden. Ein Landaufenthalt
schien Genesung gebracht zn haben. Doch stellte sich bald nach
der ROckkehr in die Schule das Zittern von neuem ein, und diesmal
erfolgten anch Zitterbewegungen bei der nächsten Nachbarin nnd
nicht lange nachher bei einer zweiten Schülerin. Einen Monat
später befiel das Zittern nach einer Turnstunde schon eine gröfsere
Anzahl Mädchen und nahm nach nnd nach immer weitere Ausdeh-
nung an. Als dasselbe nach den Weihnachtsferien noch fortdauerte,
wurden die Beteiligten entfernt, aber leider zu spät. Denn Ende
März 1892 waren von den 44 Schülerinnen der Klasse I C bereits
über die HäMte erkrankt. Zn dieser Zeit griff die Epidemie anch
auf andere Klassen über, indem zitterkranke Mädchen trotz ihres
Leidens am Arbeitsnnterrichte teilgenommen hatten. So wnrde
auch I B infiziert. Nach den Frttlyahrsferien bestand die Epidemie
noch fort. Überall liefs sich Übertragung nachweisen. Im Mai
1892 hatte die Erkrankung jedoch ihren Höhepunkt mit 62 Er-
krankten erreicht. Die Sommerferien brachten ein rasches Zurück-
gehen, nnd im Oktober 1892 war die Epidemie erloschen, nachdem
ne etwa ein Jahr gedauert hatte.
Interessant ist das Abspringen von der Sekundärschule auf eine
Primarschule. Dasselbe geschah durch Geschwister zu Hause. In
der Primarschiile fand bereits Übertragung von einem Mädchen auf
ein zweites statt, ah durch den Lehrer ein scharfer Befehl erlassen
wurde, solche Thorheiten zu unterlassen. Damit war in dieser
Klasse die Epidemie abgeschnitten.
Über das Zittern teilte Professor Hagenbaoh noch mit, dafs
es bei den einzelnen Mädchen minuten-, auch stundenlang gedauert
und sich über Arme, Beine, seltener über das Gesicht erstreckt habe.
Hie und da war auch eine voraufgehende Aura bemerkbar. Nach
86
dem Anfall trat ein Gefühl yon £rschöpfiing and Madigkeit ein.
Was die Häufigkeit anbetrifiPt, so zeigten sich die Zitterbewegongen
bei den einen an einem Tage mehrmals, bei den anderen erst nach
wochenlangen Pausen. In der Regel war ein ftnikerer, oft sehr
unbedeutender Anstofs bemerkbar. Am häufigsten stellten sich die
Anfälle in den Schulstunden ein, vielfach auch zu Hanse, sogar
während des Schlafes. Meist wurden dieselben durch den Anblick
einer zitternden Mitschülerin erzeugt, hin und wieder auch durch
Angst und Aufregung. Namentlich dem Turnen gab man vielfach
schuld, während doch das Zittern auch beim Handarbeiten, Zeichneu
und Schreiben auftrat. Hatten sich einmal auf geringfügige Ursachen
hin Anfälle eingestellt, so wiederholten sie sich auch jedesmal nach
solchen.
Redner erinnerte an viele ähnliche Epidemien aus alter und
neuer Zeit, an die Einderkreuzztkge, die Tanzwut, die Prediger-
krankheit in Schweden und Baden und hob namentlich das Auftreten
solcher Epidemien in Mädchenschulen, Pensionaten und Klöstern
hervor. Eines der neuesten Beispiele hierftlr ist die von Hirt in
Breslau beschriebene Epidemie.^ Derartige Fälle werden in der
Regel als Veitstanz aufgefaCst, bei der Baseler Epidemie, sowie bei
den meist ähnlichen, anderwärts beobachteten ist jedoch Chorea
minor auszuschliefsen. Diese tritt nicht als Epidemie auf, zeigt m
anderes Krankheitsbild, ist wahrscheinlich eine Infektionskrankheit
und vielfach verwandt mit akutem Gelenkrheumatismus. Die erwähnten
Epidemien sind vielmehr als Chorea magna zu bezeichnen, insofern
man darunter eine hysterische Affektion versteht. Bei den in Basel
beobachteten Zitterkrämpfen zeigte sich die gröfste Ähnlichkeit mit
dem „tremblement hyst^rique" Chargots.
Die Epidemie kam durch Imitation zu stände ; Nachahmungstrieb,
Autosuggestion spielten hier eine Rolle. unter den befallenen
Schülerinnen waren viele anämische und neurasthenische. In ver-
schiedenen anderen Berichten über solche Epidemien wird dagegen
hervorgehoben, dafs die Mädchen vorher nach keiner Richtong
abnorm gewesen seien.
Frühzeitige Entfernung der Kranken aus der Schule und
richtige psychische Einwirkung müssen bei der Behandlung solcher
Fälle als besonders wirksam hervorgehoben werden.
^ S. diese Zeitschrift, 1893, No. 4, S. 225-229. D. Red.
87
Über den Einflnfs körperlicher Übungen anf die
Yerhfitung der Schnlknrzsichtigkeit.
Vom n. franzSsiscben Kongrefs fttr physische Erziehung.
Der zweite französische Eougrels für physische Erziehung fand,
wie der erste 1892 in Paris beschlossen hatte, vom 25. bis 28.
Oktober y. J. in Bordeaux statt. Derselbe war in verschiedene
Sektionen geteilt, darunter eine pädagogische, eine technische und
eine medizinische. Aus letzterer berichtet „Le Prog, med,"' unter
anderem folgendes:
In der Sitzung am 27. Oktober sprach Dr. Geobg Martin
aas Bordeaux über den Einflnfs körperlicher Übungen
anf die Verhütung der Schulkurzsichtigkeit. Die Wirkungen
dieser Übungen erstrecken sich anf den ganzen Körper und sind
verschiedener Art. Was insbesondere die Myopie anbetrifft, so
dürfte es zu ihrer Verringerung augenblicklich kein besseres Mittel
geben, als eine gründliche und allseitige physische Ausbildung. Be-
kanntlich wird die Kurzsichtigkeit nicht angeboren, sondern erworben.
Die frühsten Fälle derselben pflegen sich im Alter von 7—8 Jahren,
die meisten in denojenigen von 8 — 12 Jahren zu entwickeln. Von
da an tritt die Myopie viel seltener auf; im allgemeinen kann man
sagen, dais sie nur vereinzelt nach dem 15., noch vereinzelter nach
dem 20. und niemals nach dem 25. Jahre entsteht.
Zahlreiche Untersuchungen in den verschiedenen Ländern haben
gezeigt, daljs ihre unmittelbare Ursache in der von der Schule ge-
forderten Nahearbeit liegt. Schlechte Schulgebäude spielen bei ihrer
Entstehung nur eine untergeordnete Rolle; denn trotz der gut ge-
lüfteten und beleuchteten „Schulpaläste", die in neuerer Zeit er-
richtet worden sind, hat die Kurzsichtigkeit nicht merklich ab-
genommen. Von weit gröfserem Einfluis ist das geringe Mafs von
körperlichen Übungen, zu dem die Mehrheit der Schüler verurteilt
ist. In Deutschland, wo die Zahl der Myopen in den höheren
Schulen durchschnittlich bis auf 36,5% steigt, sind dem Turnen
im ganzen nur 650 Stunden jährlich gewidmet. In England dienen
der physischen Ausbildung 4500 Stunden, und man trifft daher in
den dortigen Sekundärschulen nur 20% Kurzsichtige. In Frankreich
endlich, welches 1300 Turnstunden erteilen läfst, beträgt das Mittel
der Myopen in den Lyceen 24,2%.
Da die Knrzsichtigkeit durch einen Krampf des Giliarmuskels
hervorgebracht wird, so versteht man leicht, wie körperliche Übungen
dieselbe bis zu einem gewissen Grade verhindern können. Wenn
das Muskelsystem des Kindes durch Gymnastik, welche das beste
Kräftigongsmittel bildet, gestärkt worden ist, so werden Muskel-
krflmpfe nur selten auftreten. In der That hat man beobachtet,
88
dafs je schwächer die Konstitution eines Snitsiohtigen ist, desto
schneller seine Myopie höhere Grade erreicht Sohfller dagegen,
welches methodisches Tomen hetrieben, sind vor sicher drohender
Myopie vielfach bewahrt geblieben.
Dafe die letztere in den Mädchenschulen so groise Fortiohritte
macht, rührt vor aUem von der in denselben herrschenden Ver-
nachlässigung der Körperübungen her. Diese mü&ten dort in aus-
gedehntem Mafse stattfinden und gewisse Spide, die man mit Unrecht
nur für Knaben als passend ansieht, auch bei den Mädchen ein-
geführt werden.
Es genügt aber nicht, Schüler und Schülerinnen in den Lehr-
anstalten Gjnnnastik treiben zu lassen, dieselbe sollte vielmehr auoh
in dem Alter, welches der Schulpflicht vorausgeht, zu Hause reich-
liche Pflege finden. Statt dessen aber läfst man die Kinder möglichst
früh in den Elementen des Wissens unterrichten. Die Folge davon
ist, dalis, wie JavAL gezeigt hat, sich in den niederen Klassen die
meisten Myopen unter den jüngeren Schülern befinden, welche
körperlich noch nicht hinreichend erstarkt sind. Yiel richtiger wSre
es, die Kleinen vor dem 7. Lebensjahre weder Bücher noch Hefte
anrühren zu lassen, sie in den Kindergärten nur mündlich zu unterrichten
und die so gewonnene Zeit der körperlichen Erziehung au widmen.
Der Kongrefs nahm einstimmig folgende Leitsätze des Yor^-
tragenden an: 1. Es ist wünschenswert, dafs die dem Studium ge-
widmeten Stunden beträchtlich verringert und statt dessen obligato-
rische Leibesübungen betrieben werden. 2. In die höheren und
niederen Mädchenschulen ist eine rationelle physische Erziehung
einzuführen. 3. Die Kindergärten und Kinderbewahranstalten sollten
sich fast nur mit der Körperpflege beschäftigen und den Unterricht
ausschlielslich von Mund zu Ohr, ohne Bücher und Hefte erteilen
lassen. 4. Der Elementarunterricht darf erst mit dem 7. Lebens-
jahre beginnen.
Zur Hygiene d^ Schultreppen.
Vortrag, gehalten in der LXY. Versammlang der GeseUschaft
deutscher Naturforscher und Ärzte in Nfiruberg.
In der Sektion für Gesundheitspflege der letzten Naturforscher-
versammlung hielt Geheimrat Dr. VON KEB8CHENSTBINBR aus München
einen Vortrag: „Die Hygiene der Treppen und des Treppen-
hauses". Wir entnehmen demselben, was sich auch auf die Sdiul-
treppen anwenden läfst.
Die Treppen sind d^ meist benutzte Teil jedes Hauses, und
um so auffälliger ist es, dafs ihnen bisher so wenig hygiemache
Beachtung geschenkt worden ist.
89
Zuoflcbst ist der Hansflar ins Auge zu fassen. £r mtils
hinreichend Luft und Licht haben, und der Fufsboden ist zur Ver-
meidung der Ansammlung von Staub und Schmutz, die leicht durch
das ganze Treppenhans aufgewirbelt werden, regelmfifsig zu reinigen.
Ak Material für den Fufsboden empfehlen sich besonders Fliesen.
Da die natürliche Lüftung des Treppenhauses oft die einzige
Bezugsquelle für die Luft des ganzen Hauses von der Innenseite her
ist, so kann auch die Wichtigkeit dieser Ventilation nicht hoch genug
angeschlagen werden. In der Sommerzeit genügt das öffnen der
Flnrfenster. Im Winter aber ist eine geringe Erw&rmung des
Treppenhauses notwendig, die durch einen im Hausflur aufgestellten
amerikanischen Füllofcn in ausreichender Weise erreicht wird.
Der Beleuchtung d«s Treppenhauses wird ja in neuerer Zeit
infolge mannigfacher Unfälle gröfsere Aufmerksamkeit als früher
geschenkt, aber nicht nur am Abend, sondern auch am Tage mufs
die Beleuchtung eine ausreichende sein.
Hinsichtlich der Bauart und des Materials der Treppenstufen
sind folgende Gesichtspunkte mafsgebend. Die Strecke eines Stock-
werkes soU nicht in einer Tour ohne Absatz in senkrechter Richtung
durchmessen, sondern für je 30 Stufen ein Absatz (Podest) geschaffen
werden. Auf diesen Absätzen finden zweckmäfsige Spucknäpfe Auf-
stelhing, um die Verschleppung tuberkulösen Auswurfs zu verhüten.
Der wichtigste Punkt in der Treppenhygiene aber ist die Höhe der
einzelnen Stufen. Von ihr hängt die Wirkung des Treppensteigens
auf die Herzthätigkeit ab. Bei einer grofsen Beihe von Messungen
wurden sehr verschiedene Stufenhöhen von 11 — 17 cm gefunden.
Das Ersteigen hoher Treppenstufen kann man sich durch zwei Mittel
erleichtem: 1. mit möglichst wenig Luft in den Lungen und ober-
flächlicher Atmung, welche man dadurch erreicht, dafs man bei ge-
schlossenem Munde leicht durch die Nase einatmet; diese Art Atmung
kann man 10 Minuten fortsetzen, ohne dafs sich das Bedürfnis nach
tieferer Atmung geltend macht; 2. durch Ablenkung der Aufmerk-
samkeit vom Geschäft des Steigens, z. B. vermittelst Lesens, während
Sprechen die Anstrengung des Aufstiegs erhöht. Vortragender hält
15 cm für das gröfste zulässige Mafs der Höhe einer Treppen-
stufe. Die Breite der Stufen soll nicht zu gering sein, besonders
nicht bei steilen Treppen mit scharfen Wendungen, bei denen oft
an der Seite des Geländers die Stufe nur 4 — 5 cm mifst. Im
Winter, wenn Schnee oder £is an den Stiefelabsätzen hängt, ist das
Besteigen solcher Treppen sehr gefährlich. Die. Breite der Stufen
betrage daher mindestens etwas mehr, als die Länge eines grofsen
üannesfttfses. Was das Material anlangt, so geht es sich auf
Stein und Eisen viel schwerer, als auf Holz, dessen Anwendung sich
90
nur wegen seiner Fenergefährlichkeit verbietet. Der mangelnden
Elasticität der Steinstnfen ist dnrch Belag mit Linolenm abzuhelfen,
welcher noch den Yorzng der leichteren Reinigung besitzt.
Die Treppengeländer sollen nicht nur Sicherheit bieten, sondern
auch das Steigen erleichtem; sie dflrfen deshalb die Höhe yon
0,85 m nicht überschreiten.
In der Disknsion, welche sich an den Vortrag anschloß, wurde
von bantechnlscher Seite hervorgehoben, da(s sich die gestellten
hygienischen Anforderungen zumeist ohne Schwierigkeit durchführen
liefsen. Allerdings sei es unmöglich, eine für jedermann passende
Stufenhöhe der Treppen zu schaffen. Diese hänge eben von der
Gröfse des Schrittes ab.
Professor Rosenthal aus Erlangen berichtete, dafs er unlängst
in die Lage gekommen sei, die Beschaffenheit einer Treppe in einem
öffentlichen Gebäude begutachten zu müssen, weil jemand, der aof
derselben verunglückt war, vom Fiskus Entschädigung verlangte. Da
sich bisher weder in der medizinischen, noch in der bautechnischen
Litteratur Anhaltspunkte zur hygienischen Beurteilung einer Treppe
finden, so hat der Gutachter seine Zuflucht schliefslich zu der
bildenden Kunst genommen. Eine Handzeichnung Raffaels gab ihm
die erste Darstellung eines treppensteigenden Menschen, aber erst
Momentphotographien , welche für diesen Zweck von Ottomab
Aksohütz angefertigt wurden, lieferten ihm genügendes Material
zum Studium der Frage und zur Abgabe des Gutachtens, das zn
gunsten des Beschädigten ausfiel.
Jftletnert Miittünn^tn .
über die Bedeutung des Ranmwinkels zur Beurteilung
der Helligkeit in Schulzimmeru hat unser verehrter Mitarbeiter,
Herr Professor der Hygiene Dr. F. Erismann in Moskau, Unter-
suchungen angestellt und die Resultate derselben im „Arch, f. Eyg^
veröffentlicht. Professor H. CoHN in Breslau, der erste Forsdier,
welcher sich mit der Aufstellung einer Helligkeitsnorm für Schol-
ziminerplätze beschäftigt hat, kam auf Grund von photometrischen
Messungen unter gleichzeitiger Bestimmung des von dem betreffenden
Platze aus sichtbaren Himmelsteiles mittelst des WEBERschen Raum-
winkelmessers zu der Schlulsfolgerung, dafs zur Erlangung der als
Mindestmafs geltenden Helligkeit von 10 Meterkerzen ein Raumwinkel
von 50 Quadratgraden erforderlich sei. Ohne dafs gleiche Unter-
91
SQchimgen Yon anderen Forschern ausgeführt sind, hat man die
Angabe Cohns in Deutschland ziemlich allgemein als gültige Norm
angenommen. Nur Gillert wandte sich in der „Ztschr. f. Hyg.'*
gegen diese Annahme, weil erstens die Leuchtkraft eines Stückes des
Himmelsgewölbes unter dem Einflüsse des Sonnenstandes grofsen
Schwankungen unterworfen sei und zweitens die Helligkeit eines
Arbeitsplatzes nicht nur von dem unmittelbaren Himmelslichte, sondern
auch von dem zurückgestrahlten Lichte abhänge. Durch den Raum-
winkel werde aber nur das erstere gemessen, während unter Um-
ständen letzteres bei weitem überwiege. Aufserdem weist die Leucht-
kraft des Himmelsgewölbes je nach dem Klima eines Landstriches
sehr bedeutende Unterschiede auf und wird in Städten durch die in
der Luft schwebenden Staub-, Bauch- und Kufsteilchen nicht un-
erheblich beeinfluTst. Die Messungen Ekismanns wurden in vier
Schulzimmem Moskaus, von denen zwei nach S. S. 0., eines nach S. 0.
und eines nach W. gelegen sind, 0,75 bis 0,80 m über dem Fufs-
boden auf den Platten der Schultische ausgeführt. Es konnten
folgende Thatsachen festgestellt werden: 1. Mit der Entfernung yom
Fenster nimmt sehr gleichmäisig der Baumwinkel rascher ab, als die
Helligkeit. 2. Die Leuchtkraft eines und desselben Quadratgrades kann
je nach der Tageszeit eine sehr yerschiedene sein, und zwar macht
sich der Unterschied besonders an den vom Fenster entfernt liegenden
Plätzen bemerklich. 3. Unter den zur Zeit der Beobachtungen
herrschenden Umständen übertrifft die mittlere Helligkeit noch bei
einem Baumwinkel von 10 bis 20 Quadratgraden das von Gohn
geforderte Helligkeitsminimum um das drei- bis vierfache, und die
geringste bei diesem Banmwinkel beobachtete Helligkeit mufs noch
als ausreichend betrachtet werden. Dasselbe gilt sogar noch
von einem Baumwinkel von 5 bis 10 Grad; ja selbst bei voll-
ständiger Abwesenheit des unmittelbaren Himmelslichtes erreichte
die durchschnittliche Papierhelligkeit das geforderte Minimum. Es
ist daher nicht daran zu zweifeln, dafs, wenn man auch den Baum-
winkel bis zu einem gewissen Grade als Mafs der Beleuchtungs-
güte gelten lassen kann, doch die in der deutschen Fachlitteratur
allgemein angenommene Norm von 50 Quadratgraden als Minimum
desselben durchgehends einer wesentlichen Bichtigstellung für den
betreffenden Ort bedarf und keine allgemein gültige Bedeutung
beanspruchen kann. Die Forderungen an den Baumwinkel müssen
femer um so höher gestellt werden, je weniger Licht durch Bück-
sti-ahlung von Nachbargebäuden in dem betreffenden Baume zur Yer-
teflnng gelangt. Durch solches zurückgeworfenes Licht können aller-
dings unter Umständen ungünstige, das Auge blendende oder sonst
die Sehkraft störende Erscheinungen hervorgerufen werden, trotzdem
92
aber ist eine möglichst vollkommene Reflexion nnd Zentrdnnng deB
in den Ranm gelangenden Lichtes anzustreben, weil nnr hierdttreb
die von den Fenstern entfernteren Plätze eine hinreichende Hellig-
keit zn erlangen pflegen. Barch nnmittelbar aaf die Arb^itsf^Stee
gelangende Sonnenstrahlen wird die Helligkeit derselben allerdings
bedeutend vermehrt, aber die Belenchtnng zu einer äoberst nn*
angenehmen und für die Augen schädlichen gemacht. Auch betrog
die Zunahme der Helligkeit eher weniger, denn mehr, als die Ter*
ringerung derselben durch das Herablassen der aus roher Leinewand
bestehenden Vorhänge. Der Lichtverlust in letzterem Falle maebte
88 Vo AUS, was sehr genau mit den von Cohn gefundenen Gröfsen,
nämlich 87 bis 89%, tibereinstimmt. Sehr ungünstig wirken di«
zwischen den Fenstern befindlichen Wandpfeiler auf die Beleuchtimg
der hinter diesen liegenden Plätze. Ftir dieselben ^t daher ein
möglichst geringes Ausmafs zu wählen, und mtisscn Abschrägnngen
an ihnen angebracht werden, welche das Einfallen des Lichtes be-
günstigen. Für die Verbesserung der Beleuchtung in Bäumen mit
Fenstern auf einer Seite, namentlich für die gleichmäßige Verteilang
des Lichtes kann durch richtige Anordnung der Fenster und durch
einen geeigneten Anstrich der Wand- und Deckenflächen sehr wesent-
liches geleistet werden. Dieser Punkt ist von ebenso grofeer Be^
deutung, wie die Erlangung von direktem Himmelslicht und die
richtige Orientierung der Fensterwände nach den Himmelsgegenden.
Eine Grundanforderung aber für eine gleichmäfsige Belichtung aller
Teile eines Schulzimmers ist, dafs das einfallende Licht möglichst
voUkommen zerstreut wird und keine Schattenbildungen entstehen.
Sollen Schüler mit Mumps von der Schule ansgeseklossei
werden? Rendü berichtet über zwei Beobachtungen, die ihn zu der
auch von anderen geteilten Meinung geführt haben, wonach die An-
steckung bei Mumps noch in die Zeit vor der Anschwellung der
Ohrspeicheldrüse fällt, also an das Ende der Inkubation. Letztere dauert
18 bis 20 Tage. Die Ansteckung erfolgt also wenigstens 24 Stunden
eher, als es möglich ist, die Krankheit zu erkennen. Diese Beob-
achtungen lassen es folglich verkehrt erscheinen, wenn Kinder mft
noch dicker Backe vom Schulunterrichte ausgeschlossen oder gar, wie
an manchen Orten, noch 8 Wochen nach Ablauf der Krankheit van
der Schule fem gehalten werden. Auch Meroelbn ist der Ansieht,
dafs die Inkubationszeit bei Mumps zwischen dem 15. und dem 26.
Tage liege. Diese lange Inkubation erklärt, dafs manchmal trotz
aller Mafsregeln Epidemien gar nicht aufhören. Rekdu rät nach der
Heilung zu einer ebenso gründlichen Desinfektion, wie bei Diphtherie.
Die Anwemdnng der hypnotischen Snggestioii in ^t
PSdagOgik wird von L. Peetsrs - Brüssel in „Xa Bresse int^.
93
Beige" besprochen. DaTs die Suggestion zur Therapie benatat werden
kaüd, b9t der erste Kongreb fQr Hypnotismas, der 1889 unter dem
VoEsiUe der Professoren Gharcot, BROWN-StiQüARD, Brouardiu:«,
LoifBRoao und DuMONiPBLLiSR in Paris stattfand, ansdrttcklich
soierkannt Besonders die Erkrank^ngen des Nervensystems sind dieser
Art der Behandlang zugänglich. Sie empfiehlt sich auch, um
soUechte Gewohnheiten und lasterhafte Triebe bei Kindern zu be-
kämpfen. L. Peeters hat letzteren Punkt näher untersucht und
aosgezeichnete £rfolge erhalten. Nach ihm ist die hypnotische
Saggestion nicht selten im stände, böse Gewohnheiten, schwere
Charakterfehler, geistige Trägheit, nervöse Zuckungen u. dergl. bei
Kindern zu beseitigen. Auch hat er bei dieser Heilmethode niemals
schädliche Folgen zu beobachten gehabt. Wo dieselbe bei Ärzten oder
l^aien wirkungslos blieb oder gar Nachteil brachte^ da rührte dies
fast immer von Fehlem des Verfahrens, Mangel an Erfahrung oder
?twas ähnlichem her. Aus Deutschland sind Erfolge bei Kindern, wie
sie PsBTi&RS an^bt, unseres Wissens bisher nicht berichtet worden.
Bier steht man der Angelegenheit mit Becht etwas skeptischer, als
in Belgien und Frankreich gegenüber.
GnmdjEfige der Geaandheitspflege fOr Sohfiler ^ sind von
Dr. BRUeeisSER, Schularzt in Wohlen, zusammengestellt und den
„St^g. Bl. f. Qrsdkt^pflg.*^ mitgeteilt worden. Dieselben lauten:
1. Geh' früh zu Bett und steh' früh auf. Beim Verlassen des Bettes
sei dein Erstes eine tüchtige Waschung des Gesichts, der Ohren,
des Halses und des Oberkürpers. Dais die Hände geseift und die
Haare gekämmt werden, wird als selbstverständlich vorausgesetzt.
Wer zur Sommerszeit mit kalten Waschungen des ganzen Körpers
beginnt, härtet sich derart ab, daJSs er dieselben auch während des
Winters im ungeheizten Zimmer ohne Beeinträchtigung der Gesundheit
fortseien kann. Das Waschen am Brunnen taugt deswegen nichts,
ir^ü dabei gewöhnlich blols das Gesicht abgeschwenkt wird. 2. Während
4er warmen Jahreszeit bade fleifsig im offenen Wasser, jedoch nie
tber ^A Stunde und reibe nach dem Bade den Körper mit einem
Twihen Handtuche ab. Lauwarme Heinigungsbäder sollten auch während
dos Wmters nie ganz fehlen, FuTsbäder mindestens alle 8 Tage ge-
Boiomen werden. 3. Beinige morgens nach dem Aufstehen und wenn
mö^ch auch nach jeder Mahlzeit Mundhöhle und Zähne. Gurgle
frfib und abends mit frischem Wasser. Deine Fingernägel als Beher*
boiger von Krankheitsstoffen putze täglich, und zwar immer zu
Qflnse, nie in Gesellschaft. 4. Alle Bewegungen, mit Mate betrieben,
sind dem Körper zuträglich, deshalb Spiele mit Laufen und Springen,
-r»-
' Vergl. iMse Zeiiaehnft, 1893, No, 10, S. 567—571. D. Red.
94
Tarnen, Schwimmen, Schlittschuhfahren, Arbeiten in Feld nnd Garten
f&r beide Geschlechter sehr za empfehlen, ö. Zu warme Kleidnng
yerweichlicht den Menschen und ist deshalb nngesnnd. Wer den
Hals nie einhfiUt, wird sich am allerwenigsten erkälten. Der Kopf
sei im Freien nnr leicht und in geschlossenen Räumen niemals
bedeckt. Stark einengende Schnflrleiber sind ebenso verwerflich, vie
zü enge Schnhe; beide bereiten den Trägem nnr Ungemach. 6. Sei
mäfsig im Essen und Trinken. Gewöhne dich von Kindheit an
regelmäCsige Mahlzeiten nnd vermeide alles Zwischenfntter, haupt-
sächlich aber alle Leckereien, welche Zähne nnd Magen verderben.
Geniefee die Speisen nie heils. Ks langsam nnd kane gut. Lesen
während des Essens ist ungesund. 7. Frische Luft und Sonnenlicht
sind für die Erhaltung der Gesundheit ganz unentbehrlich; sorge
daftlr, dafs beide in deine Wohn- und Schlafräume oft und lange ein-
dringen können. 8. Arbeite im Sommer thunlichst bei offenen
Fenstern, aufser bei Musikübungen. Bei ungünstiger Witterang,
sowie im Winter erneuere die Zimmerlnft mehrmsds täglich dnrch
gleichzeitiges öffnen der Thürcn und Fenster. 9. Schlafen bei
offenem Fenster ist, zumal im Sonuner, nicht ungesund. 10. Ver-
meide das Aufwirbeln von Staub im Zimmer; das sogenannte Wischen
soll immer feucht geschehen. Ein anständiger Mensch spuckt nie
auf den Fufsboden des Zimmers, ebensowenig als er je eine Tbflre
zuschlägt. 11. Lies und schreibe nie in der Dämmerung, fertige
auch keine Handarbeiten im Zwielicht an. Beim Schreiben halte
den Oberkörper aufrecht, lege die Brust nicht an die Tischkante,
neige den Kopf nur wenig nach vom und setze beide FüCse mit der
ganzen Sohle auf den Boden. 12. Schlage die Beine nicht über-
einander, weder am Knie noch an den Knöcheln, und ziehe die
Füfse nicht unter den Stuhl zurück. 13. Setze dich so, dafe du,
wo immer möglich, die Fenster, bezw. die Lampe zur linken Seite
hast. Sowohl beim Schreiben, wie beim Lesen soll das Auge min-
destens 35 cm von der Schrift entfernt sein. 14. Beim Schrdben
lege die Vorderarme in der Nähe der Ellenbogen auf den Tisch,
halte mit der linken Hand das Heft fest und schiebe dasselbe während
des Schreibens mehr oder weniger auf dem Tische, je nachdem du
den unteren oder oberen Teil beschreibst; vermeide es, auf das Ab-
zuschreibende die Finger zu legen. 15. Beim Lesen und Lernen
lehne dich hinten an und halte das Buch schräg mit beiden Händen
auf dem Tische fest. 16. Da zu einem gesunden Geiste ein gesunder
Körper unerläfslich ist, so befolge obige Lehren, und du wirst an
beiden gedeihen.
Chirurgische oder medizinisch -pädaf^ogische Behandluig
idiotischer und znrfickgebliebener Kinder? Vor 3 Jahren
95 •
führte Lannelongub zum ersten Male eine Kraniektomie an einem
idiotischen Kinde ans.^ Der £rfolg war ein befriedigender. Seit
dieser Z^it sind nngef&hr 80 Fälle von Kraniektomie bei Idioten
veröffentlicht worden. Neben anzweifelhaften Besserungen haben
zahlreiche Mißerfolge, 15 Todesfälle, sowie mehrfache Lähmungen,
Krämpfe n. s. w. sich gezeigt. Das Verfahren ist also kein un-
bedenkliches. Man wird sich demnach die Frage vorlegen müssen :
1. Ist dasselbe überhaupt ein rationelles, berechtigtes? 2. Ist es
durch kein anderes weniger eingreifendes zu ersetzen? Bourneville
hat diese beiden Fragen auf Grund sehr sorgfältiger anatomischer
and klinischer Studien zu beantworten gesucht. Lankelongue
hatte als Grundursache des Leidens eine frühzeitige Yerknöcherung
der Schädelnähte bei den Idioten angenommen. Bourneville weist
nun an der Hand von 22 Präparaten der Sammlung des Kranken-
haoses Bicetres in Paris nach, dafs eine solche hilhzeitige Yer-
knöcherung fast nie bei Idioten sich findet; nur ausnahmsweise
kommen an einzelnen Stellen Yerknöcherungen vor. Yon weit
größerer Bedeutung scheinen ihm die Yerletzungen der Gehimssub-
stanz selbst zu sein, die bei den Idioten meist so tief und ein-
greifend sind, dais von einer Kraniektomie ein Nutzen nicht zu
erwarten ist. Er weist daher auf die Resultate hin, die mit einer
systematischen medizinisch -pädagogischen Behandlung zu erzielen
sind. £s werden Beobachtungen über 12 Fälle ausgesprochener
Idiotie von ihm mitgeteilt, in denen sehr erhebliche Besserungen
auf dem gedachten Wege erzielt wurden. Yielleicht sind auf diese
Weise auch die von LäNNBLONGUE und anderen mit der Kraniekto-
mie erzielten Erfolge zu erklären, da ein derartiger Eingriff natur-
gemäls eine eingehendere und liebevollere Beschäftigung mit dem
Patienten zur Folge hat.
Ober die physische Erziehnng in Hamburg vor 100 Jahren
äuÜBem sich die „Briefe aus Hamburg 1794^ folgendermafsen : Die
Erziehung der Kinder in einer grofsen Stadt hat überdies manche
gar nicht unbeträchtliche Mängel, wovon mehrere an kleinen örtern
leicht vermieden werden können oder überhaupt nicht stattfinden.
Schon ihre körperliche Erziehung ist gewöhnlich nicht die beste.
Die Kinder werden zu leicht verzärtelt und verwöhnt, man hält sie
ZQ eingeschlossen, sie kommen nicht oft an die freie Luft, sie haben
nicht Bewegung genug. Eine Folge davon ist die fast allgemeine
Korzsichtigkeit, die bei Leuten aus grolsen Städten so gewöhnlich
ist, eine andere ist Mangel an Festigkeit und Gewandtheit des
Körpers. Die Nahrungsmittel der Kinder sind ebenfalls der Be-
* Vei^l. diese Zeitschrift, 1892, No. 6, S. 226—227. D. Red
96
schaffeuheit ihres Körpers nicht so angemessen, als auf dem Lande.
Kaffee, Thee und anderes warmes Getrftnke sind die gewöhnlidie,
aber gewü^ schädliche und erschlaffende Nahrung fttr Kinder, be-
sonders der Thee, der hier so häufig genossen wird und nicht mit
Unrecht die Schuld der Blftsse auf den Gesichtern so vieler Hambmi^r
tragen mufs.
Aügenverletzmigen Ton KindeFn darcb explodierende
Zündhütchen. Die verhältnismäTsig groCse Zahl von Erblinduogea
nach Augenverletzungen durch Splitter explodierter Zündhttdien,
welche in den Berichten der Prager Universitätskliniken für die
Jahre 1887 — 91 mitgeteilt waren, veranlafsten nach „D. ösierr.
Sanitä(sice$.^ das k. k. Ministerium des Innern, durch sämtliche
politische Landesbehörden Erhebungen über die Häufigkeit derartiger
Verletzungen aufstellen zu lassen. Die Ermittelungen mufsten sich
auf die Krankenanstalten, mit welchen Augenabteilungen verbunden
sind, beschränken, weil nur bei diesen eine genauere Führung von
Krankentabellen vorauszusetzen war. Am häufigsten kamen die
Unfälle im jugendlichen Alter vor. Von 386 in den verschiedenen
Kronländem durch Zündhütchen an den Augen Verletzten standen
im Alter von 5 Jahren 10, von 6 — 10 Jahren 65, von 11 — 15
Jahren 125, von 16 — 20 Jahren 78, von 21 — 30 Jahren 67, von
31 — 40 Jahren 27, von 41—60 Jahren 9, von 51—60 Jahren 5.
Fast 52 % sämtlicher Verletzungen entfallen demnach auf die ersten
15 Leben^ahre. Die relativ hohe Ziffer der Unfälle bei Kindern
unter 10 Jahren erklärt sich daraus, daüs sich diese bei dem un-
vorsichtigen Spielen der gröfseren Kinder mit Zündhütchen beteiligen
und dabei als Zuschauer verunglücken. Unter den Ursachen der
Augenverletzungen bei jugendlichen Personen durch Zündhütchen
werden am häufigsten angeführt: Spielen mit Kapseln, ungeschickte
Handhabung schlecht konstruierter Pistolen, Aufenthalt in der
Nähe von Schützen, Explosion der Zündhütchen durch ScUagen mit
Hammer und Steinen oder durch Erhitzen derselben an einer Kerzen-
flamme. Was den Ausgang betrifft, so war derselbe unter 277
genau beobachteten Verletzungen nur bei 10,5% ein günstiger;
in 19,0 7o der Fälle erfolgte eine teilweise Schwächung des Seh-
organs, bei 70,5% ein gänzlicher Verlust der Sehkraft. In der
Regel entstand eine Iridocyclitis od^ Panophthalmitis, welche zum
Schwund des Augapfels führte und beim Auftreten von Prodromal-
erscheinungen einer sympathischen Entzündung des zweiten Auges
häufig die operative Entfernung des verletzten notwendig machte.
Diese Resultate erscheinen insofern freilich besonders ungünstig, als
nur die schweren Fälle in die Kliniken gebracht zu werden pflegen,
während die leichten Fälle mit glücklicherem Ausgange bei den
Privatärzten zur Behandlung gelangen.
97
IhischebSder f&r die Pariser Schulen. Über diesen Gegen-
stand veröffentlicht 0. Du Mesnil einen Aofsatz in den y^Ännäl.
ihyg. publ."^ Verfasser geht von der bekannten Beobachtung ans,
dafs in den Schnlzimmem die Luft, je länger der Unterricht dauert,
einen nm so anangenehmeren Geruch annimmt, und bringt diese
Erscheinung hauptsächlich mit der mangelhaften körperlichen Pflege
nnd Reinlichkeit der Schulkinder in Beziehung. Er bespricht die
Geschichte der Schulbäder in Deutschland, indem er erwähnt, dafs
Tor dem hygienischen Kongresse 1886 nur in Göttingen ein der-
artiges Bad bestand, dafs aber seit Lassars Anregung die Systeme
Roth nnd Groye vielfach eingeführt wurden, so in München, Nürn-
berg, Karlsruhe, Altena, Osnabrück, Kassel, Würzburg, Braunschweig,
Leipzig, Plagwitz, Merseburg. Auch in England weist die An-
gelegenheit der Schulbäder grofse Erfolge auf. London selbst besitzt
41 öffentliche und 25 private Bäder, in welchen Schulkinder gegen
ein sehr geringes Entgelt baden können. Die Londoner Schul-
behörde plant aber ein eigenes Bad für jede Schule und wird vor-
läufig nur durch die bedeutenden Kosten dieser Neuerung gezwungen,
die Schulkinder in die allgemeinen Bäder zu schicken. Während
in Deutschland nur Reinigungs-, bezw. Duschebäder in Verwendung
sind, wird in England den Kindern Gelegenheit zum Schwimmen
geboten. Du Mesnil ist jedoch mit der Einführung der Dusche-
bäder vollständig zufrieden. Für alte Schulgebäude, wo bei grofser
Schülerzahl Platzmangel herrscht, würde die Einführung von Schwimm-
bädern überhaupt unmöglich sein. Dagegen könnte man Duschen
im Keller, im Hofe oder einer sonstigen Bäumlichkeit der Schule
unterbringen und hierbei pro Duschkabine 1 m Länge und 0,8 m
Breite fordern, so dafs auf einem Raum von 15 m* 10 Duschen
Platz fänden. Bei einer Badezeit von 8 Minuten, das Aus- und
Ankleiden miteingerechnet, liefsen sich also 100 — 110 Bäder jeden
Tag verabfolgen Für Pariser Verhältnisse berechnen sich die
Kosten eines derartigen zehnzelligen Duschebades auf 3500 Francs.
Gelegentlich und nach Umständen könnte man Schulkindern auch
den Genufs eines Schwimmbades, eventuell gegen sehr geringe
Zahlung, verschaffen. Im Princip wäre aber die Einführung von
Duschebädem ftlr alle Schulen anzustreben. Im Interesse der socialen
Hygiene ist den Schülern die Bedeutung der Körperpflege und Rein-
Uchkeit durch Schaffung und allwöchentliche Benutzung von Dusche-
bädem möglichst vor Augen zu führen.
SehilgMondhcittpflegre VII.
98
Saj}t09tf(^i(^tltd|es*
Der Vin. internationale Kongrefs far Hygiene nnd Demo-
graphie in Budapest. ^ Das Exekutivkomitee hat in seiner letzten
Sitzung den Zeitpunkt und die Einteilung des Kongresses definitiv
festgesetzt, und zwar in folgender Weise. Der übliche Begrfiisungs-
abend fällt auf den 1. September, die Eröffnung des Kongresses
findet am 2. statt, Sektionssitzungen am 3., 4., 5., 7. und 8., die
Schlufsversammlung am 9. September. Der 6. September ist als
Ruhetag für kleine Ausflüge reserviert. Was den wissenschaftlichen
Teil des Kongresses betrifft, so hat das Exekutivkomitee für die
einzelnen Sektionen jene Fragen bestimmt, deren Erörterung es für
wünschenswert hfilt. In der VI. Sektion für Schulhygiene sollen
folgende Themata zur Behandlung gelangen: I. 1. Die Frage der
körperlichen Erziehung. 2. Geistige Überanstrengung in den Schulen,
Nervosität. 3. Die Schule und die epidemischen Krankheiten. 4.
Schulbauten und deren Hygiene. 5. Reformbestrebungen auf dem
Gebiete des Schulwesens. 6. Die heutige Unterrichtsmethode mit
Berücksichtigung physiologischer Principien. U. 1. Die Gesundheits-
resultate des Schulturnens und der Schulspiele auf Grund physika-
lischer Messungen. 2. Einteilung des Schulturnens und der Schul-
spiele in den Lehrplan. 3. Die Beurteilung der Methoden des
Schulturnens und der Schulspiele mit Hinsicht auf die Hygiene. 4.
Der Unterricht der Handarbeit in den Schulen mit Hinsicht auf die
Hygiene. 5. Zweckmäfsige Tum- und Spielanzüge für Knaben und
Madchen. 6. Sport, militärische Übungen und Fechten im Rahmen
der Schule. 7. Die Ursachen des nervösen Kopfschmerzes der Schüler.
8. Über den Selbstmord der Schüler. 9. Die Kurzsichtigkeit in der
Schule und deren Prophylaxis. 10- Die Steilschrift. 11. Chorea
und sonstige Nervenleiden in der Schule. 12. Schulärzte in ver-
schiedenen Ländern und grö&eren Städten. 13. Die Nasenkrankheiten
der Schulkinder. 14. Ventilation und Heizung der Schule. 15. Na-
türliche und künstliche Beleuchtung der Schule. 16. Die Frage der
Schulbänke. 17. Schulbäder. 18. Schulutensilien. 19. Trinkwasser
in der Schule. 20. Die Schuljugend zu Hause. 21. Die Beschäf-
tigung der Schüler während der grofsen Ferien. 22. Die hygienische
Bedeutung der Haushaltschulen. 23. Ferienkolonien und ähnliche
Institutionen im Interesse der Gesundheit der Schüler. 24. Die Yer-
* Vergl. diese Zeitschrift, 1893, No. 5, S. 291—292 ; No. 7 und 8,
S. 426 ; No. 9. S. 493. D. Red.
99
köstigong der Schfller. 25. Die Eleidnng der Schüler. 26. Der
Unterricht der Hygiene in den yerschiedenen Schalen. Für die
Verhandlung jeder Frage sind 20, hezw. 15 Minuten, für die Be-
teiligung an der Diskussion 10 Minuten festgestellt. Im Anschlufs
an den Eongrefs findet eine hygienische Ausstellung statt. Dieselbe
wird sich von den bisherigen dadurch unterscheiden, dafs sie keine
Indnstrieausstelluug bildet, sondern nur solche Gegenstände umfafst,
welche zur Erläuterung und zum Studium der in das wissenschaft-
liche Programm aufgenommenen und auf dem Kongreß zum Vortrag
ge angenden Fragen dienen. Besonders hingewiesen sei noch auf die
für den 4. Sitzungstag anberaumte grofse Diphtheritisdebatte, welche
zu den wichtigsten und interessantesten Beratungen zählen wird. Dieses
Thema gelangt bekanntlich im Sinne der Beschlüsse des Londoner
Kongresses zur Verhandlung, und es wurde dasselbe durch das
Exekutivkomitee auf breitester Grundlage derartig vorbereitet, dafe
in jedem Lande eine besondere Kommission nach gründlichem Studium
ihre Vorschläge verfalst, welche in der vereinigten Sitzung der
Sektionen für Bakteriologie, Prophylaxis und Kinderhygiene beraten
werden sollen. Das Präsidium dieser Kommissionen haben in den
verschiedenen Ländern die angesehensten Forscher übernommen.
FranzSsische Heilanstalt ffir tnberknUse Kinder. Am
10. Dezember v. J. ist eine Luftkuranstalt für tuberkulöse Kinder
in Ormesson bei Villiers-sur- Marne eröffnet worden. Diese von Dr.
L^N Petit gegründete Anstalt hat nach „Xe Brogr. m^d,"
medizinisch - pädagogischen Charakter, indem sie von Ärzten und
Werkstattvorstehem geleitet wird. Die hauptsächlichste Behandlung
besteht in „Überernährung*' und dem GenuTs von Luft und Ozon.
Beschäftigt werden die Kinder mit der Erlernung eines Handwerks,
wie Seilerei, Schneiderei u. s. w.
Prfifang der Nase^ des Ohres und der Stimmorgane bei
415 jungen Taubstummen. Dr. Arthur Ambs Bliss, Specialarzt
für Ohren-, Nasen- und Halskranke am St. Clements Hospital in
Philadelphia, hat vor einiger Zeit 415 Zöglinge der Taubstummen-
anstalt von Pennsylvanien untersucht und darüber in „Med, News^
Bericht erstattet. Die Zöglinge zerfallen in 3 Gruppen. Zu der
ersten gehören 303, welche ausschlielslich in der Zeichensprache
unterrichtet worden sind. Gruppe 2 besteht aus 91 Kindern, welche
allein die Lautsprache kennen gelernt haben. Gruppe 3 endlich
hat einen erfolglosen Versuch in der Lautsprache gemacht und ist
dann zur Zeichensprache übergegangen; hierher sind 21 Zöglinge zu
zfthl^. Was die angestellten Beobachtungen betrifft, so haben nur
ansgesprochene pathologische Veränderungen Berücksichtigung ge-
funden. Die nachstehende Tabelle enthält die Befunde:
100
Nase.
Deformitftten, bestehend in yerbogener
Nasenscheidewand, Exostosen, Hyper-
trophie der Nasenmnscheln mit teil-
weisem oder vollstSndigem Yerschlafis
einer oder beider Nasenh&lften
Hintere Muschelhypertrophien
Druck der mittleren Muscheln gegen die
Nasenscheidewand
Synechien zwischen der Nasenscheide-
wand und den unteren Muscheln . . .
Sklerose der Schleimhaut in der vorderen
Nase
Sklerose in der hinteren Nase
Atrophie der Nasenschleimhaut
Allgemeiner Katarrh, von vasomotorischer
Parese ohne Deformitäten herrührend
Adenoide Vegetationen im Nasenrachen-
raum mit teilweisem Yerschlufs des-
selben oder Druck auf die öffiiung der
Eustachischen Röhre
Zunge.
Abnorm kurzes Zungenbändchen
Hypertrophie der Zungentonsille
Gaumen.
Abnorm hoher, schmaler und gotisch
gewölbter Gaumen
Abweichung der Raphe von der Mittel-
linie, meist nach links
Gespaltenes Gaumensegel
Schlaffes, pendelndes Gaumensegel
Mandeln.
Vergröberte Mandeln, welche den Raum
zwischen den Gaumenbögen ausfüllen,
ohne indessen mit denselben zusammen-
zuhängen oder einen Verschlufs, bezw.
einen Druck auf benachbarte Teile zu
bewirken ,
Qnippe
1
Ornpp«
2
Orappe
8
Zmtm-
met
65
21
14
1
4
2
83
24
14
3
0
17
2
2
0
4
35
13
20
7
8
2
5
0
0
47
21
22
13
3
0
16
57
14
8
79
24
12
0
1
1
0
25
13
8
0
2
10
6
2
2
0
0
0
0
0
0
6
2
2
32
16
1
49
101
Stark hypertrophierte Mandeln, welche
einen Drnck auf Ganmen oder Zunge
ausüben nnd den Bachenraom ver-
schlietsen
Adhflsionen zwischen Mandel und Ganmen-
bögen, so daCs die erstere einge-
kapselt ist
Yerengernng des Rachens dnrch grofse
hintere Ganmenbögen
Rachen.
Einfache Hypertrophie der Schleimfollikel
Sklerose der Schleimhaut mit Hyper-
trophie der Follikel
Einfache Sklerose der Schleimhaut ....
Atrophie der Schleimhaut
Auffallende Erweiterung der Venen ....
Kehlkopf.
Abnorm herabgedrttckter Kehldeckel . . .
Kindlicher Kehldeckel
Stimmbänder.
Normal in Farbe und Bewegung
Grappe
Ornppe
2
Ornppe
8
Znsam-
inon
18
5
4
27
30
6
5
41
11
0
0
11
23
3
2
28
9
55
8
22
6
20
1
•
2
0
5
1
3
15
80
10
27
14
2
2
0
0
0
16
2
83
63
12
1Ö8
Die meisten Zöglinge der Gruppe 1 zeigten Stimmbänder von
mattgrauer Farbe, die an ihren freien Rändern sich umbogen oder
flottierten oder so dünn und schmal waren, dafs sie von den
falschen Stimmbändern verdeckt wurden. Sprechversuche zeigten,
dafis den Adduktionsmuskeln die nötige Kraft fehlte. Was die
Ohren anbetrifft, so besals die Mehrzahl der Kinder ein eingezogenes,
nuitt gef^btes und schwach bewegliches Trommelfell. Es werden
jedoch nicht diese, sondern nur solche Fälle von plastischer Mittel-
ohrentzündung angefahrt, bei denen eine vollständige oder teilweise
Verwachsung des Trommelfelles oder ein anderer zerstörender Prozefs
I
OhreD.
Plastische MittelohreatzOodoDg
Adh&rierendes mid unbewegliches Trom-
melfell
Sehr schvBch bewegliches Trommelfell .
Atrophisches Trommelfell ...
Tenenerweit«nmg nnd rosenfarbiges
Trommelfell
Ealkablagemngeik im Trommelfell
Beiderseitige Darchbohning mit Ohreiii]ii&
Einfache Dnrchbobrnng mit Ohrenflols. .
Vernarbte Darchbohrangen, von denen
manche mit einer aenen Membran
bedeckt waren
Ohrenph^pfe aaf beiden Seiten
Ohrenpfropf auf einer Seite
Atresie des äalseren Gehörganges
Unentwickelte Ohrmuscheln mit Fehlen
des Gehörganges
Fremdkörper im Ohre
Abschnppende änfsere Ohrentzttndnng . .
Gehör.
Eine schwache Spur von GehOr
Gehör nnr durch Eontakt
Gntes Gehör
Beginn der Tanbstum
Von Geburt an
Erworben
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76
20
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in
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24
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0
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t)
10
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0
2
0
t
105
22
10
1.17
17K
«5
11
264
20
4
0
24
sbliche Ursachen der Taabstnmmbeit
ohne Einteilung in Grnppen.,
FiUfl
. 43
tentzQndnng 29
5
mtzOndung 2
103
EäUe
Diphtherie 2
Wechselfieber 2
Pocken 1
„Erkältimg" 13
Kr&mpfe 10
Schwarzes Fieber (black fever) 3
Yerletzungen 9
Rflckenmarkshantentzflndiing 5
Darmentzündung 2
Kindercholera 1
Shock 1
Mumps 1
Loftröhrenentzündnng 1
Katarrhalisches Fieber 1
Sonnenstich l
Mittelohrentztlndnng 9
Keuchhusten 2
Zahnen 3
Krupp 1
Ekzem 1
Unbekannt (mit Ausschlufs von 137 Kindern, welche von
Geburt an taubstumm) 49
Erblichkeit
Die Eltern waren verwandt 24
Die Eltern waren taubstumm 7
Die Zöglinge hatten andere taubstumme Verwandte 94
Eine besondere Beachtung verdient noch die dritte, aus 21
Kindern bestehende Gruppe, welche mit der Lautsprache nicht zu
Stande gekommen war und sich deshalb ndt der Zeichensprache
begnügen muiste. Aus den angeführten Tabellen ersieht man, dafs
diese Gruppe an Abnormitäten des postnasalen Raumes, des Bachens
und der Mandeln besonders reich gefunden wurde. Wenn der
Baum hinter der Nase durch adenoide Vegetationen verstopft ist,
die Choanen durch hintere VergröDserung der unteren Muscheln
geschlossen und die Mandeln so hypertrophiert sind, dafs sie auf
den weichen Gaumen und die Zunge drücken, so ist es nicht zu
verwundern, dais das taubstumme Kind, welches gerne sprechen
möchte, doch zuletzt zu der Zeichensprache greifen mufs. Lehrt
die angeführte Statistik daher nichts anderes, so beweist sie wenig-
stens das eine, dafs bei allen Taubstummen, welche in der Laut-
sprache unterrichtet werden sollen, eine sorgfältige Untersuchung
des gesamten Stimmapparates vorher erforderlich ist. Auf diese Weise
104
kann anch eine Behandlung des Zöglings, welche seine Sprachorgane nnter
die gfinstigsten Bedingungen zum Sprechen setzt, erfolgreich eingeleitet
werden. Dr. Bliss ist der Ansicht, dafs die mangelhaften Erfolge
bei so manchem in der Lantsprache unterwiesenen Taubstummen
nicht sowohl von geistiger Schwäche desselben oder gar yoi
mangelndem Eifer der Lehrer, als vielmehr Ton nicht Terbesserten
anatomischen Fehlem herrflhren. Die grofee Zahl von Kindern, bei
denen eine plastische Mittelohrentzündung besteht, die aber trotzdem
etwas Gehör durch Enochenleitung besitzen, zeigt die Möglichkeit,
durch Operationen Nutzen zu stiften. Dieselbe Möglichkeit ist bei
Fällen von erworbener Taubstummheit vorhanden, in welchen die
Enochenleitung ziemlich gut ist und der Fehler in Sklerose des
Mittelohres oder einem nekrotischen Prozesse liegt. Man wird dann
das nutzlose Trommelfell samt dem Hammer ausschneiden müssen, da
sie jetzt die Schwingungen stören, statt dieselben fortzuleiten, oder
die Mobilisationsmethode von Urbantsghitsch oder Mior zur
Anwendung bringen. In einer beschränkten Zahl von Fällen ist es
auch gerechtfertigt, vorläufig eine weite Öffnung in dem Trommelfell
anzulegen und durch das erhaltene Besultat sich zu weiterem Handeln
bestimmen zu lassen. Ohne Zweifel aber zeigt der Bericht, wannn
gewisse Taubstumme von mittlerer geistiger Begabung entweder
überhaupt nicht, oder nur so undeutlich sprechen lernen, dals sie
von den meisten nicht verstanden werden. Bisweilen mag der
Grund hierfür tiefer in gewissen atrophischen Himcentren liegen, in
anderen und vielleicht ziemlich zahlreichen Fällen aber — und das
ist wichtig für den Taubstummenlehrer zu wissen — sind als die
Ursache mechanische Fehler anzusehen, welche beseitigt werden
können.
Batschläge fDr die Scbfiler des Falkrealgymnasinms zn
Berlin in betreff des Eislaufes. In dem jüngsten Programme
seiner Anstalt schreibt unser verehrter Mitarbeiter, Herr Direktor
des Falkrealgymnasiums Dr. Th. Bach in Berlin: Der Eislauf bildet
eine gesunde Übung und erfrischende Bewegung in freier Luft, Er
kann also seitens der Schule an und für sich nur gern gesehen und
gefördert werden; ja, zu Zeiten veranstaltet wohl auch eine einzebe
Klasse oder die ganze Schule eine Eislaufpartie. Aber für alle FäOe
möchte eine ernste Mahnung mit auf den Weg gegeben sein. Es
kommt vor, dafs Schüler, selbst Knaben aus den untersten Klassen,
ungebührlich mit Geld ausgestattet auf der Eisbahn erscheinen
und sich da unnötig und ungeziemend den Genüssen des Trinkens,
Essens, Rauchens hingeben, hierdurch aber den Zweck dieses frischen
und freien Tummeins verfehlen, durch Völlerei und Näscherei die
Wirkungen der gesunden Bewegung in ihr Gegenteil kehren. Das
105
Ranclieii in Offentüchen Bänmen ist den Schülern Oberhaupt verboten;
anberdem ist es gerade während des Schlittschuhlanfens der Gesund-
heit sdiädlich. Zum Essen kann man sich Vorrat von Hanse mit-
nehmen oder nach der Heimkehr mit gutem Appetit einen Imbils
einnehmen. Das Trinken unterbleibt während des Eislaufs am besten
ganz oder beschränkt sich auf eine Tasse nicht zn heiCsen Kaffees
oder Thees. Am bedenklichsten ist der Genufs kalten Bieres, durch
den sich schon mancher einen Magenkatarrh, eine Halsentzündung
oder andere Leiden zugezogen hat. Es genügt wohl, wenn ich alle
Schüler auffordere, auch auf diesem Gebiete die gute Sitte, den
mafsYoUen unä gesetzlichen Sinn zu wahren.
Eise schnlhygienische Preisanfgabe. Die hygienische Akademie
Ton Catalonien hat fünf Preisaufgaben gestellt, darunter auch eine
schulhygienische. Letztere lautet: Welche hygienischen Malsregeln sind
fikr die Yolksschulen erforderlich? Jeder Preis besteht in einer
Bübemen Medaille, auf welcher der Name und Titel des prämiierten
Autors angebracht ist. Die Arbeiten müssen an Dr. J. Qubraltö,
Ronda de San Antonial 25, Barcelona eingesandt werden.
KinderspielpUfze in Mfinehen. Die bayerische Hauptstadt
besitzt augenblicklich in den verschiedenen Stadtteilen 11 Einderspiel-
plätze mit einem Flächeninhalt von 33 400 Quadratmetern. Hierzu
kommen noch die Baumpflanzungen in der SonnenstraCse, ein Abschnitt
der Theresienwiese u.s. w., welche teils de jure, theils de facto Einder-
spielplätze sind. Damit ist nun zwar, so bemerkt der „Enabh,*^^
dem gegenwärtigen Bedürfhisse einigermafsen Rechnung getragen,
aber eine stete Vermehrung jener Plätze bleibt trotzdem dringend
geboten. Werden doch Jahr für Jahr die Gärten und freien
Flächen immer mehr überbaut und so dem Licht- und LuftbedürfQis
von jung und alt entzogen, was um so schlimmer ist, als gerade
die heranwachsende Einderschar darunter am meisten zu leiden hat.
Die Desinfektion Ton Briefen, Bflehern nnd Schreibheften.
In einer kürzlich erschienenen Mitteilung an „The Brit. Trade Jaum,'^
sagt Washikgton Lyon: Alle Briefe, welche im Asylums Board
Hospital zu Eent geschrieben sind, werden, bevor sie in den Verkehr
gelangen, einer Desinfektion mit Dampf unterzogen. Im Jahre 1884 be-
fanden sich gegen 1000 Pockenkranke daselbst, und die Postbehörde
beklagte sich, dafs ihre Beamten so oft von Blattern befallen würden.
Seit die Desinfektion der Briefe mittelst Dampf eingeführt ist, sind der-
artige Elagen nicht wieder vorgekommen. Weder die Tinte, noch
der Gummi, noch das Eouvert werden bei diesem Vorgang geschädigt.
Das Gleiche gilt von Drucksachen, und das Verfahren eignet sich
daher auch zur Desinfektion yon Schul- und sonstigen Büchern,
welche sich in den Händen infektiös erkrankter Schüler befunden
106
haben. In England werden solche Bücher meistens verbrannt, was,
wenn sich das obige VerMren bewährt, eine unnötige Yerschwendong
sein wtkrde.
J^mtix^t ^ttß^nn^tn.
Erlafs des k. k. Ssterreichischen Unterrichtsministerioms
fiber die Jugendspiele an den Mittelschulen.
Der in dem hierortigen Erlasse vom 15. September 1890 ent-
haltenen Anregong zur Einführung tou Schulspielen an den Mittel-
schulen haben die Landesschulbehörden und Lehrkörper eine rege
Teilnahme entgegengebracht, und es ist auf diesem Gebiete bereits
ein anerkennenswerter Erfolg zu verzeichnen. Die in dem erwähnten
Erlasse ausgesprochene Erwartung, dals Gemeinden und Schulfireimde
die auf die körperliche Ausbildung der Jugend abzielenden Bestre-
bungen der Unterrichtsverwaltung unterstützen werden, war nicht
unbegründet ; die letztere vermag auf das von diesen Faktoren bisher
Geleistete mit Befriedigung zurückzublicken. Wenn die Erwerbung
geeigneter Spielplätze vorzugsweise durch die thatkräftige und opfer-
willige Mitwirkung dieser Faktoren gesichert werden kann, bleibt es
der Unterrichtsverwaltung vorbehalten, die Erfüllung der übrigen
Bedingungen für einen geregelten Spielbetrieb in Erwägung zu ziehen.
In dieser Beziehung finde ich mich bestimmt, nachstehendes zu
verfügen :
Die Direktionen der Staatsmittelschulen werden zur Deckung
der mit dem schulmäfsigen Betriebe der Jugendspiele verbundenen
Auslagen, solange und soweit nicht die Gemeinden der betreffenden
Schulorte oder Lokalvereine für die Kosten solcher Spiele aufkonmien,
ermächtigt, am Anfange des Schuljahres zugleich mit den Lehr-
mittelbeiträgen von jedem Schüler einen Betrag bis zur Maximal-
höhe von 50 kr. einzuheben. Unbemittelte Schüler sind von der
Entrichtung dieses Beitrages jedenfalls zu befreien. Die Verwaltung
der eingegangenen Beiträge Ährt der Direktor; er hat darüber am
Schlüsse eines jeden Schuljahres in einem gesonderten Berichte an
den k. k. Landesschulrat Bechnung zu legen.
Anstalten mit geringerer Schülerzahl, an welchen die erwähnten
Beiträge die Auslagen für Jugendspiele nicht decken, wird auf
motiviertes Ansuchen die Bewilligung eines entsprechenden Zuschusses
aus Staatsmitteln in Aussicht gestellt.
Bei der Yerfadsung der Stundenverteilung für die obligaten und
107
freien Fftcher haben die Direktoren auf die Jagendspiele soweit
Rflcksicht zu nehmen, dals wenigstens ein oder nach Umständen für
jede Spielabteünng ein Nachmittag vom Unterrichte frei bleibt. Für
die Jiüireszeit, in welcher gespielt wird, ist von den Lehrkörpern
eine solche Verteilong der wöchentlichen Lehraufgaben in den ein-
zehien Gegenständen zu treffen, dafs für den auf einen Spieltag etwa
folgenden Schnltag keine Schularbeiten angesetzt nnd die schrift-
lichen Präparationen für den letzteren anf das nnerläfsliche Mafs
beschränkt werden.
Diese Anordnungen gelten auch für die nicht in unmittelbarer
staatlicher Verwaltung stehenden Mittelschulen, sofern an denselben
die Jngendspiele betrieben werden.
Die Spielbeiträge werden für die erste Anschaffung von Spiel-
gerftten und für die allmähliche Veryollständigung, bezw. Nach-
schaffung derselben, für die Bestreitung kleinerer Auslagen und für
eine angemessene Remunerierung der die Spiele leitenden und
beaufsichtigenden Lehrpersonen zu verwenden sein.
Insofern Behörden, Korporationen und einzelnen Personen,
welche während der letzten zwei Jahre in Angelegenheit der körper-
hchen Ausbildung der Mittelschu^ugend ein opferwilliges und för-
derndes Entgegenkonmien bewiesen haben, der Dank noch nicht
ausgesprochen worden ist, erteile ich die Ermächtigung, dies in
meinem Namen zu thun, und ersuche, künftighin bei Vorlage des
laspektions- und Jahreshauptberichtes Fälle anerkennenswerten Wirkens
anf diesem Gebiete zu meiner Kenntnis zu bringen.
Verordnung des KSniglich prenfsisehen Knltnsministers
wegen der Vorbedingung ffir die Übernahme von Turnunter-
richt an Hädohenschulen.
Berlin, den 8. August 1893.
Bereits in dem Erlasse vom 21. August 1875 — U. III. 9171 —
sind die betreffenden Schulaufsichtsbehörden veranlafst worden,
sowohl die Einführung des Turnunterrichts bei den ihnen unterstellten
MSdchenschulen möglichst zu fördern, als auch dahin zu wirken, dafs
derselbe Ton Lehrerinnen erteilt werde, die ihre Befähigung dazu
yorschriftsmälsig nachgewiesen haben.
Je erfreulicher die Fortschritte sind, die im Laufe der Jahre
bezüglich der Verbreitung des Mädchentumens und der Aufnahme
turnerischer Übungen auch in den lehrplanmäfsigen Unterricht der
weibüchen Jugend gemacht worden sind, um so dringender ist es
geboten^ dafür zu sorgen, dals zur Erteilung des Turnunterrichts nur
solche Lehrerinnen zugelassen werden, die für dessen methodisch
rifihtige Behandlung gehörig vorgebildet und im Besitze eines ord-
108
mugsm&fingen Befthigongszengnisses sind. Konnte schon im Jahre
1883 (vergl. Centralblatt ffir 1884, S. 434 ff.) gdegenüich auf die
grofse Zahl der zur Yerfagong stehenden geprfiften Tnnüehrermnea
hingewiesen werden, so haben sich, nachdem inzwisdim aoeh
in Breslau, Bonn, Königsberg i. Pr. und Magdeburg Kommission«! znr
Abhaltung von Tumlehrerinnenprttfungen eingerichtet worden smd,
die Verhältnisse aUmfthlich in der Weise weiter entwickelt, da& andi
bei dem yermehrten Bedarf von einem Mangel an staatlidi geprOften
Tumlehrerinnen füglich nicht mehr die Rede sein kann. Es genflgt,
in dieser Beziehung darauf hinzuweisen, dafs in den letzten 3 Jahren
— teils durch den Besuch des j&hrlich bei der hiesigen Königlicbea
Turnlehrerbildungsanstalt stattfindenden Kursus znr Ausbildung Ton
Turnlehrerinnen, teils durch Ablegung der Prtkfnng vor einer der
ö Kommissionen — durchschnittlich je 255 Lehrerinnen das
Zeugnis der Befähigung für Erteilung von Turnunterricht an
Mädchenschulen erworben haben.
Wenn trotzdem, wie zu meiner Kenntnis gekommen ist, auch
noch in neuester Zeit hier und da immer wieder Lehrerinnen BÜt
der Erteilung von Turnunterricht betraut werden, denen der ordnungs-
mäfsige Nachweis der Befähigung dazu fehlt, so erachte ich es ftr
angezeigt, unter Bezugnahme auf den im Eingange bezeichneten
ErlaTs die Aufimerksamkeit der Schulaufsichtsbehörden Ton neuem
auf diesen Punkt hinzulenken und ausdrücklich festzustellen, dafs
auch für die Übernahme von Turnunterricht an Mädchenschulen der
Besitz eines die Befähigung dazu staatlicherseits zuerkennendoi
Zeugnisses grundsätzlich als Vorbedingung anzusehen ist, Ton der nnr
unter ganz besonderen Verhältnissen nach dem pflichtmäfsigen Er-
messen der zuständigen SchulaufsichtsbehOrde ausnahmsweise ab-
gesehen werden darf.
Hiemach wolle die Königliche Regierung das Erforderliche
yeranlassen.
Der Minister der geistlichen etc. Angelegenheiten.
In Vertretung: von Weyrauch.
An sämtliche Königliche Regierungen und Provinzialschul-
koUegien.
Verfügung der k. k. niederSsterreichischen Statthalterei an
den Wiener Magistrat fiber das sanitStspoliceilicIie Vorgehen
beim Auftreten der Diphtheritis in Schulen.
Wien, den 4. Dezember 1893.
Im Nachhange zum h. o. Erlasse vom 28. November 1. J., Z. 84 174,
mit welchem aus Anlafs des häufigen Auftretens der Diphtheritis in
dem Schulgebäude in der Schellinggasse eine längere Unterbrechung
109
des SchnliinterricliteB angeordnet worden ist, werden dem Wiener
Hagistrate im nachfolgenden die Gesichtspnnkte bekannt gegeben,
welche nach den vom hohen k. k. Ministerium des Innern mit dem
Erlafse vom 2. Dezember 1. J., Z. 29 444, der k. k. Statthalterei
mitgeteilten weiteren Anträgen des obersten Sanitatsrates in Bezug
anf die Tilgung dieser, sowie anderer Schulepidemien im Auge zu
halten sind.
Da Erkrankungen an Diphtheritis bei Bediensteten im Komplexe
des Schulgebäudes selbst (beim Schuldiener der Gewerbeschule) vor-
gekommen sind, so ist eine ärztliche Erhebung des Gesundheitszu-
standes hinsichtlich der in dem Gebäude untergebrachten Bediensteten
erforderlich, und wäre an dem Grundsatze festzuhalten, dafs nach
dem letzten Diphtheritisfalle in einer für sich abgeschlossenen Schul-
lokalität unter Voraussetzung der Durchführung der Desinfektions-
mafenahmen noch durch 14 Tage die Wiederbenutzung der Räume
sistiert bleiben soll.
Rinder sollen auch bei Abwesenheit von Nachkrankheiten noch
14 Tage nach Ablauf des lokalen Erankheitsprozesses der Diphtherie
Ton der Schule femgehalten werden, da in diesem Zeiträume noch
eine weitere Ansteckung durch dieselben möglich ist. Hierauf sind
sowohl die Schulleitungen als auch die ärztlichen Kreise aufmerksam
ZQ machen.
Bei der Desinfektion der Schulgebäude sind der Fnfsboden
ond die Enrichtungsstttcke der Schulzimmer, Gänge, Aborte mit
einer fOn^rozentigen Karbollösung oder zweiprozentigen Lysollösung
za desinfizieren, und hierbei ist besonders darauf zu sehen, dafe die
Desinfektionsflflssigkeit in die Fugen der Bretter des Fufsbodens
reichlich eindringe ; Wände, Mauerwerk, Yentilationsschläuche werden
am besten durch Kalktflnchung desinfiziert. Die noch getlbte
Schwefelräncherung hat zu unterbleiben.
Die Desinfektion in den Schulzimmem soll der Beinigung derselben
stets vorangehen, und sind bei dieser Reinigung auch die Yentilations-
öffiiungen und Schläuche im Mauerwerke nicht zu vergessen.
Bei der Wiedereröffnung der Schule dürfen Zöglinge, welche
die Diphtheritis überstanden haben, sowie Zöglinge, welche mit
Kranken zusammen in demselben Haushalte wohnen, nur auf Grund
eines ärztlichen Zeugnisses über den vollständig unverdächtigen
Gesundheitszustand derselben zum Schulbesuche zugelassen werden.
Es empfiehlt sich, dais beim ersten Zusammentreffen der Zog-
ünge in den Schulen die Intervention von Ärzten zur Wahrnehmung
des Gesundheitszustandes der eintreffenden Zöglinge, eventuell zur
Vornahme ihrer Untersuchung im Yerdachtsfalle in Anspruch ge-
Donunen werde.
HO
Die Schulleiter sind aufmerksam zu machen, dafs sie auf Er-
krankungen der Schüler an allgemeinen Fieberzuständen, sowie an
Halsleiden besonders achten und die Schfller zur Mitteilung derartiger
Erankheitszustände Teranlassen; femer dafs sie die aus der Schule
ausbleibenden Schüler in genauer Evidenz halten und in jedem Falle
die Ursache des Ausbleibens zu ermitteln trachten, in welcher Be-
ziehung seitens der Schulbehörden die Vermittlung der betreffenden
Sanitätsbehörden in Anspruch zu nehmen ist.
Im Falle des Verdachtes, dafs an Diphtheritis erkrankte Schüler
mit dieser Krankheit schon während des Besuches der Schule be-
haftet waren, und wenn eine solche Krankheit mit vehementer
Intensität und rasch tödlich verläuft, oder wenn innerhalb einer
Woche mehrere Krankheitsfälle unter den miteinander verkehrenden
Zöglingen vorkommen, ist mit der Schliefjsung der betreffenden
Schulklasse oder Schulgemeinschaft vorzugehen.
Die durch diese Schliefsung der Schulklassen bezweckte Fem-
haltung der betreffenden Schulbesucher mufs eine vollständige sein,
und ist es nicht angängig, dafs einzelne derselben an dem für
mehrere Klassen gegebenen Unterrichte in der Beligion, dem Tnm^,
den Handarbeiten, dem Gesänge und anderen freien Gegenständen
während der Zeit der Schulsperre teilnehmen.
Schliefslich wird mit Bezug auf die Verbreitungsart der Diph-
theritis besonders hervorgehoben, dafs es überhaupt, unbedingt aber
während des Vorkommens dieser Krankheit in der Bevölkerung not*
wendig ist, dafs die Reinigung der Schullokalitäten, sowie die Rei-
nigung der Aborträume täglich erfolge, dafs bei Reinigung der Schol-
zimmer das Aufwirbeln von Staub vermieden und daher unter An-
wendung feucht gehaltener Reinigungsmittel vorgenommen werde, und
zwar zu einer Zeit, dafs die Schulbesuchenden nicht in Räumen
verweilen müssen, in welchen die Luft durch den Reinigungsvorgang
mit aufgewirbelten Staubpartikelchen versetzt ist. Auch soll für die
Aufbewahrung der Utensilien oder Handarbeiten in der Schule ftr
jeden Zögling eine gesonderte Lade zur Verfügung stehen.
Sämtliche schulhygienische Mafsnahmen in Bezug auf Lüftung,
Heizung, Temperatur, bei Luftheizung in Bezug auf die Vermeidung
zu trockener Luft u. s. w. sind zur Zeit des Bestehens der Epideoue-
gefahr auf das gewissenhafteste zu handhaben.
Zur exakten Durchführung der sanitätspolizeilichen Mafknahmen
zur Verhütung der Diphtheritis und anderer Infektionskrankheiten durch
die Schule ist das unmittelbare wechselseitige Zusammenwirken der
Schul- und Sanitätsbehörden unter Handhabe der raschesten Anzeige
und Verständigung von allen im gedachten Zwecke belangreichen
Vorkommnissen unbedingt notwendig.
111
Es wird daher Sache des Wiener Magistrates sein, im Sinne
dieser Andentangen mit den entsprechenden weiteren Verf&gmigen
Yorzngehen, nnd wird derselhe aufgefordert, während des Vorkommens
hänfigerer Diphtheritiserkranknngen in Wien Ober den Gang derselben
und die in sanitärer Beziehung getroffenen und zur Dnrchftkhmng
gdangten Maisnahmen am Schlüsse einer jeden Woche za berichten,
zu welchem Behnfe der jeden Sonntag ÄUige Wochenansweis ttber
Mektionskranke durch die betreffenden Daten Aber Mortalität, sowie
durch einen kurzen sachlichen Bericht zu ergänzen sein wird.
Bei diesem Anlasse wird endlich noch darauf aufmerksam
gemacht, dafs bei Handhabung des Sanitätsdienstes in Wien durch
die einzelnen städtischen Bezirksämter die unbedingt notwendige
fachmännische Leitung und Überwachung durch das Stadtphysikat
imerläislich erscheint.
Reglement ffir den toh der Nenenborgischen Gemeinde
Chaux de Fonds angestellten Sehnlarzt.
1. Dem Schularzt liegt ob die Untersuchung und Beaufsichtigung
der Schulhäuser und Schullokale. Er hat dem Lehrerstande
die nötigen Belehrungen zu erteilen und die Behandlung der
Schtiler nach Mafsgabe besonderer Umstände durchzufahren.
2. Im speciellen hat er folgende Verrichtungen:
a. Prüfung und Begutachtung der Pläne fttr neue Schulhäuser ;
b. Überwachung gehöriger Handhabung der Vorschriften, be-
treffend Beleuchtung, Heizung und Ventilation der Schul-
zimmer; Ratschläge hinsichtlich Verbesserungen des Mobiliars ;
c. gemeinsame Instruktionen des Lehrerpersonals über Er-
kennung und Unterscheidung der ersten Zeichen der
hauptsächlichsten Infektionskrankheiten und ttber erste Hilfe
bei Unglflcksfällen ; Belehrungen bezüglich Gesundheitspflege
und Schulkrankheiten;
d. Untersuchung der zu ihm geschickten Schüler, eventuell
Bescheinigung über Krankheiten und Genesungsanzeige;
Untersuchung schwachsinniger und für den Unterricht un-
tauglicher, Behandlung mittelloser kranker Schüler.
3. Der Schularzt soll der Untersuchung der Gemeindeschulklassen
durchschnittlich eine Stunde wöchentlich widmen. Die Schulen
der Ausgemeinden besucht er jährlich einmal.
4. Jede Woche hat er eine Konsultationsstunde für Beratungen
hinsichtlich des Schularztdienstes abzuhalten. Dazu werden
ihm zwei Zimmer im Schulhause zur Verfügung gestellt.
5. Jedes Trimester hält der Schularzt dem Lehrerpersonal einen
Vortrag über schulgesundheitliche Gegenstände.
112
6. Jede anfserordentiiche Untersachimg oder Inspektion liegt ihm
ob, welche die Scholbehörde als dringend erachten wird.
7. Der Schularzt ist verpflichtet, der Schalkommission j&hrlich
einen Bericht abzastatten.
Petfonalten.
Die medizinische Fakultät der Universität Innsbrack ernaimte
den früheren k. k. österreichischen Unterrichtsminister VON Gautsch
zum Ehrendoktor der Medizin.
Geheimrat Professor von Pettekkofer wurde in der Jahres-
versammlang des British Institute of Public Health zu Edinburg zum
Ehrenmitgliede gewählt.
Dem Direktor Dr. G. WrNDHAüS an der Realschule und dem
Progymnasium zu Friedberg i. W. ist das Ritterkreuz I. Klasse des
Verdienstordens Philipps des Groüsmütigen verliehen worden.
Es erhielten: den Eronenorden III. Klasse der Direktor der
^ Oberrealschale zu Strafsburg i. E. Dr. BENauBREL und der Direktor
des Lyceums in Metz Herrmann, den roten Adlerorden lY. Klasse
der Direktor des Progymnasiums zu Linz a. Rh. Dr. HÜNNBK^.
Der italienische Kliniker, Professor Dr. Guido Baccelli, erster
Vorsitzender des internationalen medizinischen Kongresses in Rom,
ist als Unterrichtsminister in das neue Kabinett GRI8PI berufen worden.
Derselbe bekleidete dieses Amt bereits von 1880 — 84 zur Zeit des
Ministeriums Cairoli und Deprbtis.
Unserem geschätzten Mitarbeiter, Herrn Geheimrat Professor
Dr. Birch-Hirsohpeld in Leipzig, wurde der Vorsitz der dortigen
medizinischen Gesellschaft ftlr das Jahr 1894 übertragen.
Zum Präsidenten der I. Sektion der russischen Gesellschaft zor
V^ahrung der Volksgesundheit ist der Chef der militär-medizinischen
Akademie Dr. W. W. Paschütin, zum Vicepräsidenten der Professor
der genannten Akademie Dr. Pasternazei und zum Sekretär der
Ordinator am Nicolaimilitärhospital Dr. Podanowski gewählt worden;
in der H. Sektion wurde der Privatdocent der militär-medizinischen
Akademie Dr. A. A. LiPSKi Präsident und Dr. J. A. Dmittbijew
Vicepräsident ; die HI. Sektion ernannte an Stelle Dr. Schmelbws
den Professor der Hygiene Dr. Schidlowski zum Vorsitzenden ; das
Präsidium der V. Sektion hat der Professor der militär-medizinischen
Akademie Dr. E. W. Pawlow, das Vicepräsidiura der Privatdocent
Dr. W. F. SiGRiST tibertragen erhalten.
113
Der ordentliche Professor in der medizinischen Fakoltät der
Uniyersitftt Breslau Dr. Eüstnbr ¥rarde zum Medizinalrat nnd
Mitglied des Medidnalkollegiams der Provinz Schlesien ernannt.
An Stelle des in den Rnhestand getretenen Professors Dr.
Victor Ssvbbotin ist der bisherige Pnyatdocent ftlr Hygiene in
Kasan Dr. W. Oblow als aoOserordentlicher Professor der Gesund-
heitspflege nach Kiew berufen worden.
unser verehrter Mitarbeiter, Herr Sanitfttsrat Dr. Altschül,
wurde zum Referenten fOr den HauptausschuTs der hygienischen
Sektion des deutschen Vereins fflr städtische Angelegenheiten in
Prag gewählt.
Dr. Marangbr ist an Stelle des verstorbenen Dr. Firmin
zum Arzt des Lyceums Charlemagne in Paris ernannt worden.
Am 4. Dezember v. J. feierte der Nestor der Leipziger Uni-
versität, der Philosoph und Pädagoge LuDWia Strümpell, üas Fest
seines fünfzigjährigen akademischen Docententums. Wir bringen
dem hochverdienten Jubilar, der unseren Lesern durch seine in dieser
Nummer besprochene „Pädagogische Faihologie^ bekannt ist, noch
nachträglich unsere aufrichtigen Gltlckwünsche dar.
Im November v. J. beging der Oberarzt des Moskauer Ka-
dettencorps Dr E. T. Jakübow sein fdnfundzwanzigjähriges Dienst-
jobiläum.
Dr. Adolf Karl Vogt, ordentlicher Professor der Hygiene
an der Universität Bern, legt in diesem Semester sein Lehramt
nieder.
Zu Altenburg i. S. ist der vortragende Rat im Kultusmini-
sterium Oberschulrat Runewitz, 70 Jahre alt, gestorben.
Am 21. Dezember v. J. verschied in Berlin der Geheime
Sanitätsrat Dr. S.GüTTMANN, in weiteren Kreisen bekannt als Redakteur
Aer jfDeutschenmedizinischenWochenschrifi'^ y die seit ihrer Begründung
die Gesundheitspflege besonders berQcksichtigt hat.
Aus Barmen wird der Tod des Direktors am dortigen Real-
gymnasium Dr. Emil Pfundheller gemeldet, aus Niederlöfsnitz
bei Dresden derjenige des vormaligen Rektors des Realgymnasiums
zn Dresden-Neustadt, Professor Dr. Fr. Ludw. Ed. Niembybr.
Am 7. Dezember v. J. verstarb der ehemalige Vorstand der
Königlichen öffentlichen Tumanstalt in München Anton Scheibmaibr
ün 75. Lebensjahre, gegen Ende 1893 der Lehrer und Turnlehrer
am Realgymnasium in Harburg a. E. Peter Hagelberg.
SchulgMundheitapflegeYII. 8
114
£itttratiir.
Besprechungen.
Seventh Annnal Report of the State Board of Health of the
State of Maine. For the jear ending December 31, 1891.
Augosta, 1892. Burleigh & Flynt. (XII u. 399 S. Gr. 8^)
Der Bericht des Sekretärs des Gesundheitsamtes Ton Maine
bespricht zunächst die Thätigkeit dieser Behörde im Berichtsjahre,
dann den Zuwachs zur Bibliothek, die Kosten und die Angaben der
Lokalämter Aber die GesundheitsTerhältnisse der einzehien Orte.
Man sieht aus letzteren, wie ausgedehnt und wirksam die Organisation
der Gesundheitspflege im Staate Maine ist. Die meisten dieser
Berichte enthalten nur kurze Anzeigen ; einzelne aber geben inte^
essante Mitteilungen über Bekämpfung der Diphtherie und ähnlicher
ansteckender Krankheiten.
Die eigentlich lehrreichen Partien finden sich in den folgenden
Abschnitten über Schulgesundheitspflege und Schulhäuser, die von
dem Sekretär des Gesundheitsamtes A. G. Toung in mustergültiger
Weise bearbeitet sind. Zunächst weist er auf die Ergebnisse früherer
Erhebungen hin, die wenig befriedigend waren : die Schulgeh&nde
zeigten meist ein ganz schönes Äufsere; aber an Licht und Lnft
liefsen sie viel zu wünschen übrig. Kopfweh bildete ein regel-
mäfsiges Schulübel. Darauf verwendet er die Ergebnisse der Unter-
suchungen Ton Hertel und Ket, um die Notwendigkeit energischer
hygienischer Mafsregeln daraus abzuleiten. Diese Ergebnisse werden
im wesentlichen durch einige Untersuchungen bestätigt, die in
kleinerem Umfange in Amerika gemacht worden sind. Alsdann geht
er zur Betrachtung der einzelnen Schulkrankheiten über.
1. Kurzsichtigkeit. Diese Frage wird mit besonderer Aus-
führlichkeit behandelt, und es ist dem Verfasser kaum eine wich-
tigere Publikation darüber entgangen. Er erörtert kurz und präcis
die statistischen Ergebnisse, die Nachteile und Gefahren, die Ur-
sachen, das Verhältnis der einzelnen Alterstufen und der Nationalitäten,
die Vererbung, die Schul- und Hansarbeit, die Mittel der Verhtttong
und die Folgen. Auch einige andere Augenstörungen finden Berück-
sichtigung.
2. Verkrümmungen der Wirbelsäule. 3. Veitstanz.
4. Nervenkrankheiten. 5. Kopfweh. 6. Gehörstörungen.
7. Nasen- und Rachenkrankheiten.
115
Darauf erörtert er die aDsteckenden Krankheiten (Diphtherie,
Scharlach, Masern, Keuchhusten, Eöteln, Mumps, Tuherkulose, kon-
tagiöse Augenleiden), hespricht die Inkuhations- und Invasionszeit,
die Desinfektion, Isolierung, Schlieüsung der Schulen und die Gefahren
zu früher Bttckkehr in dieselben.
£s kann sich hier nicht um neue Resultate handeln, obgleich
auch gelegentlich solche angeführt werden, sondern der Verfasser
erblickt mit Recht seine Aufgabe darin, die Ergebnisse der Wissen-
schaft auf den einzelnen Gebieten zusammenzufassen und den Be-
hörden und dem Publikum in leicht verständlicher Weise mitzuteilen.
Schwerlich werden seine Vorschläge alle Zustimmung finden. Vor
allem ist die tief einschneidende Frage des Schulschlusses etwas
leichthin behandelt, indem sie eigentlich bei allen ansteckenden
Krankheiten nach den Anschauungen des Verfassers gefordert und
in Anwendung gebracht werden könnte. Nun ist diese Angelegenheit
aber längst noch nicht spruchreif, weil einzelne hervorstechende
Erscheinungen generalisiert und die Tausende entgegenstehender
Fälle so gut wie nicht beachtet werden. Bei der ersten grofsen
Influenzaepidemie wurden z. B. hier in Giefsen die Schulen geschlossen,
obgleich man über die Frage der Verbreitung durch die Schule
noch gar keine Erfahrungen hatte. Ich schlofs damals im Ein-
ferständnis mit Ärzten das Gymnasium nicht. Das Ergebnis, das
mit der gröfsten Sorgfalt täglich und stündlich festgestellt und dem
Kreisgesundheitsbeamten mitgeteilt wurde, war so überraschend günstig,
dafg man einen Schulschlufs als verkehrt hätte betrachten müssen,
denn während die AUgemeinerkrankungen in der Stadt in ständigem
Zunehmen begriffen waren, gingen die Krankenziffem der Schule
täglich in geradezu auffälliger Weise zurück. Und so überraschend
ist dieses Ergebnis nicht. Denn wieviele Häuser zeigen so gute
hygienische Verhältnisse, wie sorgfältig überwachte und gut ein-
gerichtete Schulen? Und wo treiben sich die Schüler gröfstenteils
hemm, wenn die Schulen geschlossen sind? Auch die demoralisierende
Wirlnmg jeder Epidemie sollte man nicht ohne sehr schwerwiegende
Gründe durch so einschneidende Mafsregeln, wie ein Schulschlufs
immerhin ist, noch erhöhen.
In ähnlich vortrefflicher Weise werden im folgenden die Fragen
der ReinHchkeit, der Ernährung, der Kleidung, des Schlafes, der
Schnlbäder behandelt; man kann mit Recht sagen, dafs der Ver-
fasser geradezu ein Handbuch der Schulgesundheitspflege in seinem
Berichte gegeben hat. Die Verbreitung der Schulbäder ist übrigens
in Deutschland bereits erheblich gröfser, als dies nach der Dar-
stellung des Verfassers der Fall zu sein scheint.
Die nächsten 64 Seiten sind der Hygiene des Unterrichts
116
gewidmet Nach einer kurzen Aosfahnmg ttber die physiologischeD
Ergebnisse der üntersnchimgen betreffs der Gtehimarbeit kommen
nacheinander zur Besprechong: Seholalter, Ansdehirang der geistig«!
Arbeit, Haasarbeit, StondenplsM, Vormittags- and NachmUtags-
anterricht, Sitzstanden, Pansen, Schalaasflüge, Ferien, Gewichts-
antersachangen, Ferienkolonien, DiscipMn, Strafen, Indi?idaalit&t,
öffentliche Prüfangen, Schttlerzahl, Anfmerksamkeit, Aufeinanderfolge
and Vielheit der Unterrichtsgegenstände, Unterrichtsmethoden, Extempo-
ralien, Lesen, Orthographie, Schreiben, Rechnen, Geographie, Matter-
sprache, fremde Sprachen, Grammatik, Sinnesaasbildang, Unter-
Weisung in der Gesundheitspflege, Elemente der Landwirtschaft,
Schulgarten. Hervorgehoben seien die Erörterungen ttber Schreiben,
wobei sich der Verfasser entschieden zu Gonsten der — ohnedies
in England und den Kolonien yerbreiteten — Steilschrift ausspricht,
und Aber Lesen, worin mit Recht die Beschränkung der Bacharbeit
zu Gunsten des Unterichtsverfahrens Ton Mund zu Ohr gefordert
wird. Weniger befriedigend sind die Auseinandersetzungen Ober
die so wichtige Frage der Unterrichtsmethodik, in denen bot
allgemeine und zum Teil triviale Dinge vorgebracht werden. Aach
das Thema der Hausarbeit ist nicht so grftndlich erörtert, wie dies
sein mttfste und könnte.
Auf weiteren 24 Seiten wird die körperiiche Ausbildung be-
qarochen (aUgemeine physiologische Erörterung, Vorteile, verschiedeae
Arten der Körperpflege u. s. w.). Natürlich fehlt dabei eine ver-
ständige Betrachtung des Handfertigkeitsunterrichtes nicht Der
Verfasser tritt nur bei vorsichtiger Behandlung für denselben ein;
in der That sind wir in Deutschland zur Zeit in Gefahr, des Guten
zuviel zu thun. Man traut ihm Wirkungen zu, die er nie herbei-
fUiren kann, und schadet durch solche Übertreibungen der Sache,
die nicht zu verwerfen, sondern nur in mftfsigen Grenzen zu haiten
ist. Auch Handfertigkeitsunterricht erhöht die Zahl der Sitzstanden,
und die Überanstrengung des Auges vrird durch manche Formen
desselben herbeigeführt. Ich habe solchen Handfertig^eitsunterricht
bereits vor 40 Jahren in Pappearbeiten, Laubs&gen, Modellieren in
Holz und Gips, leichten Schreinerarbeiten in einer der froheren
badischen Gewerbeschulen erhalten und vermag deshalb seinen Nutzen,
aber auch die Übertreibungen, die heute nach dieser Richtung unter-
laufen, aus eigener Erfahrung zu beurteilen.
Sehr gelungen sind auch die nun folgenden Ausführungen ttber
Scholhausbauten. Die Frage der Reinhaltung wird nnr theoretisch
erörtert. Aber S&tze aufzustellen, reicht hier nicht aus. Es mufs
ncht werden, einen Weg zu finden, wie die Theorie ins Leben
"^.hren ist. In Deutschland und mutatis mutandis, auch in Amerika
117
gind wir praktisch noch in wenig befriedigenden Zuständen. Die
alte Norm der Beinignng war, durchgängig zweimal in der Woche
die Zimm^ and Gänge trocken zn reinigen, h^hstens bei starker
Staabbfldnng etwas anzufeuchten und zwei- bis dreimal im Jahre
eine grttndMchere nasse Reinigung Yorzunehmen. Dafür genügte
selbst in grölseren Schalen ein Schuldiener. Heute, wo jeden Tag
feQcht aufgenommen, jede Woche einmal gründlich gereinigt, wo
Wände und Fenster öfter abgewaschen werden sollen, kann für
diese gesteigerten Leistungen die Kraft eines Mannes nicht mehr
aosreichen. Nun ist es zwar gang und gäbe, auch die Familie des
Schnldieners als zor Beinigung verpflichtet anzusehen, aber dies ist
deshalb doch ein nicht minder grofses Unrecht. Dem Arbeiter, der
Fraa und Kinder hat, denkt kein Mensch eine ähnliche Zumutung
zu stellen. Und da wundert man sich, dafs diese niederen Beamten
Socialdemokraten werden. Sollen sie mit ihrer Lage etwa zu-
frieden sein? Die Mittel für Beinigung müfsten verdreifacht werden,
wenn einigermafsen genügende Zustände herbeigeführt werden sollen.
An dieser Seite, die doch den Kern der ganzen Beinigungsfrage
bildet, geht man gewöhnlich schweigend vorüber. Man erläfst Ver-
fügungen und überläfst die Ausführung den Direktoren, gibt ihnen
aber keinen Pfennig mehr. Überhaupt haben wir es in der Theorie
anf dem Gebiete der Schulhygiene schon recht hübsch weit gebracht ;
aber diese eilt der Praxis mit Siebenmeilenstiefeln voraus. Und es
wird nicht besser werden, solange man für die Schulen nicht mehr
aufwenden kann als jetzt. Dieser Satz gilt sogar für Amerika.
Ausgezeichnet ist die Besprechung der Beleuchtung und der
Sitzverhältnisse: bei der letzteren sind eine Beihe von sehr zweck-
mäfeig gewählten Konstruktionen abgebildet. Wenn der Verfasser
sich sehr energisch füi einsitzige Subsellien ausspricht, so dürfte
doch diese Frage noch nicht spruchreif sein, da die Baumverhält-
nisse dabei auch zu berücksichtigen sind. Wie sollte ein Lehrer
Klassen mit 50 — 60 Schülern bei einsitzigen Subsellien noch zu
fibersehen vermögen ? Macht dies doch schon bei zweisitzigen grofse
Schwierigkeiten. Bei Erörterung der Ventilation werden die Quellen
der Luftverderbnis auf Grund der neuesten Forschungen dargdegt
ond die Gefahren ungenügender Lufternenerung sehr eindringlich
geschildert. Man erhält durchaus den Eindruck, dafs dieser Punkt
aach in den amerikanischen Schulen noch wenig befriedigend geordnet
ist. Besonders interessant ist die Besprechung der Heizung, da
hier eine Beihe praktischer neuer Systeme auch im Bilde vorgeführt
wird. Beigegeben sind sehr wertvolle Pläne für Heizung ond
Ventilation von Schulhäusem mit 1 — 8 Unterrichtsräumen. Sehr
viel Belehrung bietet, ebenfalls durch eine Beihe von Abbildungen,
118
die Besprechung der Anlage von Aborten, Klosetts und Pissoirs;
man sieht leider nnr zu sehr, wieweit wir in den dermaligen Schul-
einrichtongen Ton befriedigenden Verhältnissen hüben and drQben
entfernt sind. Aber das ist sicher, dafs bei den vortrefflidien Kon-
struktionen, die in dem Bache mitgeteilt werden, jede Gefahr fftr
die Gesnndheit aasgeschlossen werden kann.
Endlich enthält die Schrift noch Pläne fOr Scholhäoser mit
1 — 6 and mehr Unterrichtsräamen. Wir möchten ganz besonders
den Plan Fig. 98 anseren Baameistem zam Stadiam empfehlen;
denn leider wird immer noch za oft die Hygiene der architek-
tonischen Gestaltung der Fassade untergeordnet. Hier kann man
sehen, wie auch das umgekehrte Verhältnis nicht absolut Geschmack-
losigkeit im Gefolge haben mufs.
In Sunmia : Das Buch ist eine äufserst fleüsige und respektable
Leistung, und der Verfasser hätte ihm statt eines Berichtes ruhig
den Titel geben können „Handbtich der Schulhygiene*'. Hoffentlich
wird er nicht nur viele Leser, sondern, was ihm mehr wert sein
dürfte, auch „Thäter des Worts^ finden.
Geheimer Oberschubrat Dr. phil. Hermann Schiller,
Direktor des Grofsherzoglichen Gymnasiums und o. Professor
der Pädagogik in Giefsen.
Ludwig Strümpell, Professor an der Universität zu Leipzig.
Die pädagogische Pathologie oder die Lehre von den
Fehlem der Kinder. Versuch einer Grundlegung f&r gebildete
Eltern, Studierende der Pädagogik, Lehrer, sowie für Schulbehörden
und Kinderärzte. 2. Aufl. Leipzig, 1892. E. Ungleich.
(384 S. 8^.)
Im V. Jahrgange dieser Zeitschrift^ habe ich die erste Auflage
obigen hervorragenden Werkes besprochen. Ich machte auf die Be-
deutung dieser für Lehrer, Ärzte und Väter höchst anregenden Arbeit
aufmerksam.
Nun liegt die zweite Auflage nach so kurzer Zeit vor. Was
ich damals sagte, dafs das Buch im Gegenstande grundlegend
bleiben, dafs sich aber manche rein psychologische Anschauung
desselben anthropologisch erweitem werde, findet jetzt schon seine
Bekräftigung.
Während die erste Auflage sich wesentlich auf diejenigen
psychischen Fehler der heranwachsenden Jugend beschränkte, welche
teils aus psychologischen, teils aus physiologischen Gründen als Ab-
weichungen von der Gesundheit des geistigen Lebens, aber doch
^ 1892, No. 4, S. 157—162.
119
nicht BUS wesentlich aus somatischen Ursachen entstehende Störungen
zn betrachten sind, und diese letzteren der Psychiatrie zugewiesen
wurden, sind in der zweiten Auflage, angeregt durch Dr. Kochs
Lehre von den psychopathischen Minderwertigkeiten, auch die zwischen
geistiger Gesundheit und Geisteskrankheit liegenden Abnormitäten
in übersichtlicher Weise dargestellt.
Dabei wahrt der gelehrte Autor seinen schon in der ersten
Hecension gekennzeichneten Standpunkt ganz entschieden, wobei
freilich auch der Anthropologie nicht entsprechende Anschauungen
ansgesprochei> werden. Es ist gewifs auch Tom nicht-materialistischen
Standpunkte aus ein Irrtum, wenn er sagt: „es gibt Fälle, wo das
körperliche Leben gleich von vornherein so überwiegt, dafs es zur
geistigen Entwickelung nur in den dürftigsten Zügen kommt und
das betreffende Individuum für immer ein schwach- und blödsinniges
Wesen bleibt." Dieser Satz ist wohl eine zu scharf gezogene
Eonsequenz der Grundanschauung von der gesonderten Selbständigkeit
der Seele, deren innige Verbindung und stete Wechselwirkung mit
dem Körper doch auch der geehrte Verfasser zugibt. Schwachsinn
kann durch von vornherein gesetzte schlechte Pflege und ganz un-
zweckmäfsige Erziehung, welche auf das centrale Nervensystem
einwirkt, erzeugt werden; er ist aber meistens und Blödsinn immer
das Resultat eines primär krankhaften Gehimzustandes oder der
Folgezustand eines schweren Gehirn- und Nervenleidens. Es über-
wiegt also das körperliche Leben nicht, sondern es ist krank.
Die psychopathischen Minderwertigkeiten treten bei Erwachsenen,
zum Teile auch bei der ziemlich erwachsenen Jugend deutlicher
hervor, als bei jüngeren Kindern. Das ist leicht begreiflich, denn
bei den Erwachsenen haben wir es in der Regel schon mit klareren
Erscheinungen des Gewordenen, wenn auch nicht starr Seienden
zu thun. Bei der Jugend hingegen handelt es sich noch um die
hin und her schwankende Vorstellungs- und Empfindungsthätigkeit
im Werden, unter Einflüssen, von denen uns die physischen schärfer
in die Augen fallen, als die psychischen, die sich im Kinderleben
der Beobachtung infolge eines lebhaften Innenlebens grofsenteils
entziehen, ganz abgesehen von den Beobachtungssünden und -fehlem
der erwachsenen Umgebung.
Gerade der psychiatrisch Geschulte sieht im geistigen Leben der
Erwachsenen oft Abnormitäten, sei es Schwäche, seien es Kurven
über oder unter der Durchschnittslinie psychischer Gesundheit, die
Ton der Umgebung nicht als pathologisch betrachtet, vom Fachmanne
aber doch als Zustände erkannt werden, welche sich dem Grenz-
pnnkte entschiedenen Krankseins mehr oder minder nähern, und
welche sich bis in die Jugendzeit zurück verfolgen lassen. Wir
120
gewahren dannverschwommene, abgeblafote oder ganz flüchtig skizzierte
Bilder Ton pathologischen Zuständen, welche uns auf bekannte
Krankheitsformen hinweisen. Ich erinnere an maniakalisehe, mdaa-
cholischey cirkuläre Stimmongszostände, die, nie za eigeirtüther
Psychose sich steigernd, oft von der Kindheit an ein ganzes Leben
beherrschen und kaum jemals als krankhaft erkannt zu werden
pflegen. Je eindringlicher wir das Seelenleben der Menschen vomanthropo-
logischen Standpunkte betrachten, nicht vom einseitig psychischen
oder einseitig somatischen, desto heller wird unser Auge für die
Yon der Norm abweichenden Erscheinungen bei den Individuen über-
haupt und allmählich auch bei den Kindern werden. Doch will
ich dieses anziehende Kapitel des Menschenstndiums hier nicht weiter
behandeln; ich kehre sonach zu meiner Aufgabe zurflck.
Nachdem der gelehrte und herzenswarme Verfasser die in der
ersten Auflage gegebenen Lehren über Fehler der Kinder ausem-
andergesetzt hat, geht er zur Klarstellung des Begriffes und der
Bedeutung der psychopathischen Minderwertigkeiten nach Koch Ober.
£r behandelt dieselben in drei Kapitehi, denen er weitere sechs über
die Anwendung der Lehre von den angeborenen psychopathischen
Minderwertigkeiten auf die heranwachsende Jugend folgen läTst
Diese Ijchre kann, so erklärt Strümpell, nicht ohne weiteres
Ton der Erkenntnis an Erwachsenen auf die Kinder übertragen
werden, und die pädagogische Pathologie mufs daher mit Vorsicht
und strenger Kritik zu Werke gehen. Es darf die Frage, ob ein
Kind psychopathisch minderwertig sei, nicht nach theoretischen
Principien und Hypothesen allein, auch nicht ausschliefslich nach
der psychiatrischen Lehre oder nur nach den Grundsätzen der päda-
gogischen Pathologie entschieden werden. Es sind yielmehr rationelle
Beobachtungen einer möglichst grofsen Zahl von verschiedenaJtrigen
und in verschiedenen Lebensverhältnissen aufwachsenden Kindern in
Hinsicht auf körperliche und geistige Gesundheit anzustellen, und die
so gewonnenen Erfahrungen müssen die zuerst genannten drei Grund-
lagen ergänzen. Verfasser weist dabei auf die von ihm und anderen
angeregte statistische Aufnahme der Jugend in Schulen und Erziehungs-
anstalten bezüglich ihres körperlichen und psychischen Gesundheits-
zustandes hin, deren Wichtigkeit vrohl von vielen Seiten zugegeben
ist, deren Ausführung aber gewils noch lange auf sich warten lassen
dürfte. Nach meiner Ansicht wird es Aufgabe der einstigen Schul-
ärzte sein, im Verein mit den Lehrern und Erziehern solche Erhebungen
in vorsichtigem Einzelstudium zu pflegen, wobei die Gefahr schablonen-
hafter Aufnahme ausgeschlossen bleiben mufs.
Indem Strümpell die Vorsichtsmalsregeln bei der oben gefor-
derten Kritik noch weiter erörtert, betont er in grundsätzlichen
121
Gegensatz zu der Psychiatrie, dafs die eigentlichen psychisehea
Defekte wohl dnrch krankes Gehirn oder Nervensystem Temrsacht
sein kennen, daTs aber Schädigungen nnd mangelhflites Wirken der
in des Verfassers pathologischer Pädagogik und seiner Psychologie
dargelegten frei wirkender Kausalitäten (logische, sittliche, ästhetische
and die der Selbstbestimmung) niemals unmittelbar durch ein Gehirn-
leiden herrorgebracht werden können. Es ist hier nicht der Ort,
diese grundsätzlich abweichende Meinung auf ihre volle Richtigkeit
za präfen. Festgehalten mufs aber beim Studium des höchst inter-
essanten Werkes diese Ansicht werden, weil sich auf ihr die kritische
Aaffassung und Verwertung der psychopathischen Minderwertigkeiten
ffir die pädagogische Pathologie durch den Autor aufbaut.
Die Frage, was der Pädagoge bei Anwendung dieser Lehre
aaf die heranwachsende Jugend in sittlicher Hinsicht zu bedenken
hat, beantwortet der Verfasser dahin, dafs derselbe mit der gröfsten
nnd ernstesten Vorsicht an die Feststellung gehen mufs, ob ein
Kind blofs fehlerhaft ohne Kranksein, oder aus Krankheit psychisch
minderwertig ist. Er soll sich der Bedeutung dieses Ausspruches
bewoist sein und daher auch sich gründliche Einsicht verschaffe
und auf krankhaften Zustand nicht ohne Mitbeteiligung eines Arztes
sdüielsen.
Es seien weiter die wesentlichen Unterschiede zwischen dem
Geistesleben eines Erwachsenen und den^jenigen eines Kindes wohl
za beachten. Der erstere ist ein verhältnismäfsig fertiger Mensch;
im Kinde sind die in seiner Seele beginnenden und sich fortsetzenden
Bildungen von den veränderlichen Zuständen des sich ausgestaltenden
Körpers stark beeinflulst. Der Erwachsene hat eine mehr oder
minder feststehende psychische Persönlichkeit, im Kinde ist ein fort-
wShrend labiles Gleichgewicht der psychischen Thätigkeiten und
des BewuCstseinsinhaltes vorhanden, bis es sich mit den Jahren zu
einer abgeschlossenen Persönlichkeit herausbildet. Es ist also schwieriger,
die Diagnose beim Kinde, als beim Erwachsenen zu stellen. Man
kann nicht einmal einen Normaltypus für die Altersbildung beim
Kinde konstruieren.
StrOmpbll geht hier in weiteres Detail der erforderlichen
Beobachtung ein und spricht sich dabin aus, dafs die Einteilung
der angebomen psychopathischen Minderwertigkeiten in die drei
Haaptgruppen : Disposition, Belastung und Depcavation auch auf das
jngendliche Alter angewendet werden kann. In der pädagogischen
Pathologie ist der Ausdruck angeborener psychopathischer Minder-
wertigkeit aaf psychische Zustände und Vorgänge im Kinde anzuwenden,
die wegen ihres Gegensatzes zu den Zeichen geistiger Gesundheit
keine Bestandteile einer physiologisch und psychisch normalen Bild-
122
samkeit desselben sein können, sondern als psychische Abnormitfiten
gedacht werden müssen. Sie sind in organischem Kranksein bedingt,
inhaltlich nnd formell sehr yerschieden, geringer oder stärker und
können mehr oder weniger von psychisch Normalem begleitet sem.
Verfasser setzt femer die von den Familien nnd dem öffentUchen
Leben ausgehenden Einwirkungen anf die geistige Entwickelong
der Kinder auseinander, welche auch den Körper derselben schädigen
und psychopathische Folgen haben können. Er findet die Über-
bttrdung der Jugend in . der Schule überschätzt, dagegen diejenige
durch die Familie und das öffentliche Leben von grofsem schädi-
genden Einflüsse. Durch Roheit in der Familie, Erziehungsfehler,
Einpflanzung falscher Vorstellungen, Verwöhnungen und Gewöhnungen,
unpassende Genüsse und Vergnügungen, zu frühe Einwirkung
des öffentlichen und geselligen Lebens auf die Kinder nach den
verschiedenen Richtungen, durch solche Einflüsse wird Disposition
und Belastung gesetzt.
Strümpell kommt dann zu den doppelsinnigen physiologisch-
psychischen Fehlerhaftigkeiten der Jugend, d. i. geistigen Zuständen
und Vorgängen, die mit körperlichen Organen und Ereignissen
zusammenhängen und in diesem Zusammenhange physiologisch und
psychologisch normal oder auch psychopathisch minderwertig erscheinen
können, je nachdem sie mehr oder weniger ausgereift sind. Er
weist auf die verschiedenen Illusionen hin, die namentlich bei kleinen
Kindern vorkommen, auf die maonigfachen Zustände von Angst,
Blödigkeit, Furchtsamkeit u. s. w.
Verfasser sieht die Aufgabe der Diagnostik der pädagogischen
Pathologie in Gewinnung von Kenntnissen, welche uns befähigen, die
Unterschiede zwischen der geistigen Gesundheit und den davon
abweichenden Zuständen im Kinde, sonach das in einem solche
thatsächlich vorhandene Quantum von Bildsamkeit zu bestimmen.
Dazu gehört auch ein grofses Erfahrungsmaterial und dessen
entsprechende Bearbeitung.
Die Hilfe für solche krankhaften Kinder wird, wenn dieselben
vom Arzte und Pädagogen als krank erkannt sind, wohl in einer
in medizinischer und pädagogischer Hinsicht eigenartigen Behandlung
bestehen müssen.
Hiermit schliefst das besprochene Werk, das voll tiefer Gedanken
und reicher Ausblicke und dem Pädagogen nicht blofs, sondern auch
dem Arzte von belehrender Anregung ist. Möge es viele Leser,
welche es eingehend studieren, finden, möge die Pädagogik und damit
die Menschheit reichen Nutzen aus ihm schöpfen I
K. k. Regierungsrat Dr. med. MORITZ G AUSTER,
Direktor der Landesirrenanstalt in Wien.
123
Dr. med Eydam, prakt. Arzt in Braunschweig. Oesnndheitslehre
fBr Hans und Schnle. Allgemein verständlich ausgearheitet.
Mit 7 Abhild. Braunschweig, 1891. Friedrich Yieweg & Sohn.
(VI u. 78 S. 8^ iL 0,90.)
Vergeblich habe ich mich nach Durchsicht des vorliegenden
Bflchleins gefragt, wozu und für wen es eigentlich geschrieben worden
ist? Freilich sagt der Verfasser im Vorwort, dafs er mit dieser
„gemeinverständlichen Besprechung einiger der wichtigsten Grund-
züge der privaten Gesundheitslehre" denjenigen einen kleinen
Dienst erweisen wolle, welche „in dieser Beziehung nicht mit
den nötigen Hilfswissenschaften ausgerüstet sind (I) oder dieser
Lehre, sich und anderen zum Nutzen, näher treten wollen."
Also, mit anderen Worten, medizinisch und hygienisch unwissen-
den Lesern sollen wieder einmal fertig vorgekaute wissenschaft-
liche Besultate beigebracht werden. Der alte verhängnisvolle Irrtum
jener wohlwollenden Popularisatoren, welche die Wissenschaft in
Laienkreisen verbreiten zu können glauben, indem sie dieselbe auf
die Verständnisfähigkeit Unwissender herabdrücken 1 Das kann aber
immer blols vermeintliches Wissen, Falschwissen, jene sogenannte
Halbbildung erzeugen, die dem Laien nur das wohlthätige Bewufst-
sein seiner Nichtkompetenz zu rauben, aber niemals ihm wirklich
verdautes, organisches Wissen zu vermitteln vermag.
In zweiter Linie leitete den Verfasser die Absicht, durch sein
Büchlein den gebildeten Laien zur eingehenderen Beschäftigung mit
der Gesundheitslehre anzuregen. Das wäre ein vortrefflicher Zweck;
aber diesen erreicht man nicht durch derartige Kompilationen, welche
jedes neuen, erfrischenden Gedankens bar sind und nur Allbekanntes
in verwässerter Form wiederholen. Wie soll das Interesse des
gebildeten Laien erregt werden durch Allgemeinheiten und Plattheiten,
wie die folgenden : „Die Ursachen der Krankheiten sind verschiedener
Art; teils sind es Keime oder Gifte, welche sich in schlechten
Wohnungen und in der Luft befinden und auf unseren Körper
schädlich einwirken, teils finden sich solche Krankheitserreger in
der Nahrung enthalten, welche wir zu uns nehmen" u. s. w. (S. 1).
Von der Eigenart der Krankheit überhaupt oder der Krankheits-
erreger kein Wortl Femer S. 4: „Die für jede gröfeere Stadt tief
einsdmeidende Frage, auf welche Weise der Boden durch rasche Be-
seitigung der Auswurfs- und Abfallstoffe rein zu halten ist, wird in
verschiedener Art zu lösen gesucht, teils durch Abfuhr (sog. Tonnen-
system), teils durch Kanalisierung (sog. Schwemmsystem)." Das
ist alles, das ist buchstäblich die ganze Belehrung, welche der Hy-
gieniker dem gebildeten Laien in dieser „tief einschneidenden Frage"
ZQ geben weifsl Endlich S. 7 : „In der wärmeren Jahreszeit, wo Fenster
124
und Thttren öfters geöffoet werden und der Mensch sich mehr im
Freien aufhält, ist es mit der Luft in den Wohnräomen besser
bestellt, als in der kälteren Jahreszeit, wo die Thüren und Fenster
mehr geschlossen gehalten werden." Welchen Eindmck kami der
gebildete Laie Ton dem Inhalte unserer Wissenschaft bekommen,
wenn ihm derartige Selbstverständlichkeiten, die einem Sextaner schon
zu schal erscheinen dürften, als „wichtigste Grundzflge der privaten
Gesundheitslehre'' vorgesetzt werden?
Aber nicht nur durch erschreckende Banalität verstlndigt sidi
der Verfasser an dem etwa vorhandenen Interesse des gebildeten
Laien für hygienische Fragen; weit gefährlicher noch sind die direkten
Irrtümer, von welchen das Büchlein ebenfalls sehr zahlreiche Proben
aufweist. Was soll z. B. der wissenschaftlich gebildete Hygieniker
dazu sagen, wenn der Verfasser (S. 5) behauptet: „Fäulniserregende
Stoffe, welche sich in den Zwischenräumen der Steine (in Zinuner-
wänden) ablagern können, werden durch die sich in denselben be-
wegende Luft hinweggeführt (?), und die Luft in der Wohnung wird
dadurch verbessert. *" Als ob dieses „Hin wegführen", wenn es wirk-
lich bestände, die „fäulniserregenden Stoffe*' nicht gerade so gut
ins Zimmer hinein führen könnte! Oder S. 11: „In diesem
Falle" (wenn nämlich direktes Sonnenlicht auf den Arbeitstisch ftllt)
„mufs eine Vorrichtung, welche diese Strahlen zerstreut, angebracht
werden.'' Also etwa eine Zerstreuungslinse? Charakteristisch ist
die Erklärung der Bakterienverhältnisse S. 14 und 15 in 3^/s 21eilen:
^Bakterien. Es sind dies kleine Eörperchen, welche leben und
die Eigenschaft haben, sich sehr rasch zu vermehren, und wenn sie
in den menschlichen Körper gelangen, ein Zerstömngswerk b^innen,
das sehr oft das Leben bedroht." Kann man sich eine oberflächlichere
Darstellung und falschere Auffassung denken? Hat denn Verfasser
niemals etwas gehört von unschädlichen Bakterien und von solchen,
ohne welche ein organisches Leben einfach unmöglich wäre? Bei
Besprechung der alkoholhaltigen Getränke neigt Verfasser zu der
bedenklichen Ansicht (S. 39, 42, 44), dafs das Bier ein halbes Nah-
rungsmittel sei, hält „1 bis IV2 1 Bier für den Tag im Durch-
schnitt für ausreichend und gesund", behauptet S. 45, dais durch
die allgemeine Verbreitung des Bieres die Zahl der Schnapstrinker
und Säufer sehr abgenommen habe, und schwingt sich bei Erörterung
des Branntweins (S. 47) gar zu dem folgenden Satze auf: „In geringen
Mengen genossen, ist der Branntwein dem Körper nicht nachteilig;
er regt das ganze Nervensystem, auch die Verdauung an, er belebt
und ist nach stattgehabten grofsen Anstrengungen ein gutes Stärkungs-
mittel." Jede einzelne dieser Behauptungen ist durch neuere Unter-
suchungen als grundfalsch nachgewiesen, und entschieden hat Graf
125
Haeseler, welcher letzthin den Verkauf von Branntwein in allen
Kantinen des ihm unterstellten Armeecorps ausnahmslos verbot, damit
ein grd&eres Verständnis für diese socialhygienisch so auiCserordentlich
wichtige Frage bewiesen, als der ärztliche Verfasser der vorliegenden
Schrift.
Wenn ich diese so eingehend besprach, dann geschah es ledig-
lich, nm anf die Gefahren einer derartigen „Popularisierung der
Wissenschaft" aufs neue hinzuweisen. Sicherlich ist der Verfasser
Ton besten V^Tillen beseelt gewesen, und die Verlagshandlung ist eine
unserer angesehensten. Desto mehr ist es Pflicht der ehrlichen
Kritik, gegen solche schädigenden Auswüchse gut gemeinter Bildungs-
bestrebungen ihre warnende Stimme zu erheben.
Professor Dr. med. Wilhblm Loewenthal in Berlin.
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yn. Jahrgang. 1894 No. 3.
(tx\%\na['JibifanUnn%tn.
über die Beform der Gymnastik.
Bericht
der italieniBehen Kommiflsion flkr physiBche Ersiehung
an den ünterrichtsminieter.
Von
Dr. med. Angeld Cblli,
0. ProfeiBor der Hygiene und Direktor des hygieniachen Institutes
der UniYersitat Born.
Die zur Vorbereitang eines Reformplanes der Gymnastik
in unseren Schnlen ernannte Kommission, welche ans den
Professoren Todaro, Mosbo, Gaüba, Celli, den Abgeordneten
Flaüti, Yallb, dem Senator Peoile, den Tnmlehrem Baumakn,
Abbondati nnd Ballebini bestand, wurde beim Beginn ihrer
Sitzungen von dem Minister Martini angefordert, das vor-
liegende Problem in seinem vollen Umfange nnd seiner ganzen
Wichtigkeit zu studieren. Sie beschloüs zunächst, den Titel
„Commissione per Teducazione fisioa'' anzunehmen, um
damit klarer den Zweck und die Methode ihrer Aufgabe und
ibrer Arbeiten zu bezeichnen.
Es gibt niemanden, der die Dringlichkeit einer
gründlichen Reform auf dem erwähnten Gebiete nicht zu*
gäbe und sie nicht mit den eifrigsten Wünschen beschleunigen
möchte, da es nunmehr auDserhalb der Erörterung steht, dafs
die physische Erziehung die Grundlage der intellektuellen
8cbiü(«saadhtltspll«r« VU. 9
130
tLnd moraliflchen bildet und also in keinem Programm einer
walirhaft ersiehliolieii Sehule fehlen darf. Indessen so sehr
anch die körperliche Ausbildung bei den kräftigen nnd kul-
tivierten Yölkem in EIhren gehalten wird, so findet sie gleich-
wohl bei nns von den Kindergärten bis zn den Knaben- und
Mädchenkonyikten, von den Elementarschulen bis zu den Hittel-
schulen oft in dem Mafse Vernachlässigung, dafs die schmerz-
liche Thatsache, das Heer der Dienstuntauglichen bei den
militärischen Aushebungen immer mehr anschwellen zu sehen,
nicht überraschen kann.
Den physischen^ moralischen und finanziellen Schäden,
welche hieraus entstehen, hätte wenigstens zum Teil das
Gesetz de Sanctis über die obligatorische G-ymnastik
vorbeugen sollen, aber von 1878 bis heute hat es aus y6^
schiedenen Gründen nur klägliche Früchte gezeitigt, und dies
hauptsächlich deshalb, weil die Gymnastik in Wirklichkeit
noch so wenig obligatorisch ist, wie der Volkssohuluntericht
selber, dem leider jährlich ungefthr 600000 Knaben entzogen
werden. Aulserdem haben die Lehrprogramme immer mehr
oder weniger an schweren Mängeln in Bezug auf die Körper-
übungen gelitten. Indem wir nur auf die augenfiüligsten
dieser Mäogel hinweisen, müssen wir beklagen, dals hier der
Empirismus an Stelle der Physiologie und Hygiene geherrscht
hat. Daher die Ohoreographie, die Gymnastik ohne Natfl^
lichkeit, die Übungen, welche den Oirkuskünsten sich nähern,
das lange Stillstehen bei denselben, die trotz des von der
Schularbeit ermüdeten Geistes die Aufinerksamkeit und das
Gedächtnis beanspruchenden Anstrengungen. Dazu kommt noch,
dafs auf die Verschiedenheit der Gesohlechter nicht immer
gehörig Bücksicht genommen wurde. Keiner wird sich hiemadi
wundem, dafs unsere Knaben aus Überdruis und wegen des
geringen Vorteiles, den sie aus den Leibesübungen zogen, mit
den vor irgendwelchen Gefahren besorgten Familien wetteiferten,
sich dem allen soviel als möglich zu entziehen.
Es besteht also die dringlichste Notwendigkeit, den ein-
geschlagenen Weg zu ändern, und dies schnell zu thun, dazu
131
spornt schon seit geraumer Zeit aulser den Studien und Urteilen
der Gelehrten und Praktiker aucli das gute Beispiel anderer
Nationen an.
Bekannt ist, dals in England die Schüler fast keine
anderen körperlichen Übungen erlernen, als das Spiel; einige
Spiele erfreuen sich daselbst geradezu einer nationalen
Bedeutung.
In Deutschland hatten schon Guts Mutes und Jahn
in die Turnhallen aulser der Gymnastik die Jugendspiele ein-
geführt. Diese letzteren aber wurden bis vor kurzer Zeit
nur wenig gepflegt Erst durch den Minister von Gossler
und die Görlitzer Schule ist hierin eine Änderung eingetreten
und das Turnen mit den Spielen und der Gymnastik im Freien
m bessere Harmonie gebracht worden. In Berlin besteht jetzt
ein besonderer Verein für Jugend- und Volksspiele.
Belgien hat nach 1873 aus seinen Elementar- und Mittel-
schulen die akrobatische Gynmastik verbannt und mehr als
60 Spiele in sein Programm fOr die physische Erziehung der
Schüler aufgenommen.
In Frankreich wurde von einer angesehenen Kommission
ansgesprochen, dafs die Zeit für die reine Gymnastik mit ihren
komplizierten Veranstaltungen und schwierigen Übungen ab-
gelaufen sei imd dals die letzteren durch mehr natürliche und
physiologische Bewegungen ersetzt werden müisten, unter denen
die Spiele die erste Stelle einnähmen. Besondere Ursachen,
▼ie der Mangel an tüchtigen Lehrern, erlaubten indessen noch
niehtf die Gedanken der Kommission in den neuen Lehrplänen
TGlIig ziun Ausdruck zu bringen.
Selbst Schweden führte, nachdem die Unzulänglichkeit
seiner Gymnastik, welche einzelne bei uns noch mit Unrecht
rühmen, erwiesen war, trotz des strengen KUmas die Spiele
im Freien bei der Schuljugend ein.
Bei dieser ganzen internationalen Bewegung für Beform
der Gymnastik ist Italien, welches in seiner Benaissance-
peiiode der Welt das Vorbild der Volkserziehung durch
Jngendspiele gab, leider zurückgeblieben. Deshalb ist es nötig,
132
anfs soUeunigste die yerlorene Position wieder einzunehmeD,
welche einen Damm gegen den hereinbrechenden leiblichen,
sittlichen nnd wirtschaftlichen Bückschritt bildet.
Unsere Kommission nnn definierte znm Beginne ab den
Zweck, welchen die körperliche Erziehung in der
Gegenwart habe, die Schwierigkeiten des Elampfes ums
Dasein znm Nutzen des einzelnen nnd der Gesellschaft besiegen
zn helfen, indem man Gesundheit, Kraft, Geschicklichkeit nnd
Widerstandsfähigkeit bei der Arbeit befördere, die sitzende
Lebensweise in der Stadt kompensiere und von der geringsten
Arbeitsleistung den möglichst grofsen Erfolg erzielen lehre.
Auf diese Weise würden nach und nach die physischen und
moralischen Eigenschaften befestigt werden, welche den that-
kräftigen Menschen ausmachen, d. h. den Mann, der ähig ist,
sich und seinesgleichen zu schützen, den Mann, welcher seinen
eigenen Feinden und den Feinden seines Vaterlandes furchtbar
zu werden vermag.
Einen so vielseitigen Zweck, der sich auf das körperliche,
sittliche und wirtschaftliche Gebiet erstreckt, wird man nni
mit ebenfalls vielseitigen Mitteln verfolgen können.
Für einige dieser Mittel, welche in Wahrheit fundamentale
sind, kann die Kommission heute leider nur im allgemeinen
ihre Stimme abgeben. Gleichwohl darf sie nicht verschweigen,
daJjs, wie bereits in London die Hygieniker der ganzen Welt
erklärt haben, ^ der Staat, wenn er wünscht, dals die Gtesetze
über den Schulzwang und die obligatorische Gymnastik auch
der Klasse der Enterbten, die ihrer vor allem bedarf, zu gute
kommen sollen, der Verpflichtung sich nicht entziehen darf,
die armen Schüler mit Nahrung und Kleidung zu versehen.
Solange er selbst dies nicht thut, mögen wenigstens die Pri-
vaten, die philanthropischen Gesellschaften, die frommen Stif-
tungen ihrer Pflicht soviel als möglich nachkommen. Ebenso
kann die Kommission nicht verkennen, dafs die Zeit des Volks-
schulbesuches nicht so kurz, wie jetzt, nämlich nur bis 9 Jahre,
' S. diese Zeitschrift, 1892, No. 3, S. 120—123. D. Bed.
133
dauern sollte, dals eine beschränkte Anzahl von Sohülem besser
unterrichteten nnd bezahlten Lehrern anzuvertrauen wäre und
dafe wenigstens die Sehnlgebäude und ihre Ausstattung der
Gesundheit der Schüler keinen Schaden bringen dürften.
Bezüglich anderer Mittel zur Förderung der körperlichen
Erziehung ist die Kommission dagegen erfreut, konkrete
Vorschläge machen zu können.
Vor allem hält sie für erforderlich, dafs in den Lehrplänen
des physischen Untenichtes ein breiter Baum den Jugend-
spielen eingeräumt werde, welche, wie uns die Geschichte
unserer glorreichen Bepubliken und die modernen Beispiele
groüser Nationen lehren, nachdem sie einmal in der Schule
erlernt worden sind, in das Volk eindringen und zum Heile
der Gesundheit bis zum vorgerückten Alter fortgesetzt werden.
In der That, die Spiele, wie überhaupt die Übungen im Freien,
fbrdem das leibliche Wohl ganz auiserordentlich. Denn, wenn
dabei der Wettstreit zu Grunde gelegt wird, so gewähren
sie jene natürliche und angenehme Bewegung, welche eines der
hauptsächlichsten Mittel zur Ausbildung der Kraft, Geschick-
lichkeit, Ausdauer und des Mutes ist. Übrigens passen sie
fikr beide Geschlechter, für jedes Alter und für alle Verhält-
nisse. Sie bringen auf die beste Art von geistiger Müdigkeit
Erholung, erziehen die Sinne, beleben die Fröhlichkeit,
bewahren vor Frühreife, erhalten die Gesundheit und Munterkeit
nnd verhindern die Isolierung, indem sie die Geselligkeit
fördern. Auiserdem bieten sie Gelegenheit, die eigenen Kräfte
zn erproben und ihnen zu vertrauen, gewöhnen daran, andere
nach gleichen Pflichten und Bechten zu behandeln, und er-
fordern schHefslich die geringsten Ausgaben.
Die Kommission, indem sie auf die noch hier und da in
yerochiedenen Provinzen befolgten Überlieferungen zurückging,
stellte ein kurzes beschreibendes Verzeichnis der speciell
italienischen Spiele zusammen, damit ^ sie in die neuen
Lehrpläne für physische Erziehung Aufnahme fänden. Dabei
wnide jedoch den Lehrern überlassen, mit Bewilligung der
Ortsschulvorstände auch andere in den einzelnen Gegenden
tlbliche Spiele hinzuzufügen.
^
134
Als Spielplätze würde man mit geringexL oder gar keinen
Kosten öffentliche Gitrten, Mefis- und Marktplätze, die Omnd-
stücke der Schützenvereine und mit Genehmigung des Kriegs-
ministers die Exerzierplätze benutzen können. In den groben
Städten Hessen sich auch die Baustellen wohl bisweilen yer-
wenden. Unter diesen Umständen würden die Ausgaben
zweifellos geringer sein, als diejenigen, welche die Gemeinden
tragen müisten, um Turnhallen zu erbauen und zu unterhalten.
Indem die Kommission so die Jugendspiele mit Wanne
empfiehlt, wünscht sie zugleich, dais von der bis jetzt geübten
Gymnastik erhalten bleibe, was daran Gutes ist.
Daher weist sie zunächst auf die Bewegungsübungen
hin, welche, abgesehen davon, dais sie nützlich sind, auoh
Freude bereiten. Besonders rät sie den Lauf und den Marsch
an, da diese oft mit den Spielen vereinigt werden können und
nicht nur auf die Entwickelung der Muskeln, sondern auch
auf die Yermehrung der Lungen- und Herzthätigkeit einen
günstigen Einflufs ausüben. Überdies werden sie in vielen
Lebenslagen von hervorragender Wichtigkeit, so daüs in anderen
Ländern eigene Bücher über diese Übungen ver&Ist worden
sind und der hochverdiente Minister von GoBSLBai es nicht
verschmäht hat, in einem Bundschreiben an die Schulen^ An-
weisungen für das Laufen zu geben.
Die Kommission spricht sich femer zu Gunsten- der
Spaziergänge aus, welche nicht nur Körper und Geist aufs
beste erfrischen, sondern auch gelegentUoh dazu benutzt werden
müssen, die Sinne zu erziehen und zu Lehrgegenständen die
ganze unendliche Welt der Dinge zu machen, welche in die
Schule keinen Eingang finden können und mehr als für diese
für das Leben bilden. Zu wievielen nützlichen Beobachtungen
kann der Schüler nicht angeleitet werden am Ufer eines Flusses,
auf dem Gipfel eines Berges, im Grande eines Thaies, auf
einem Acker, einer Wiese, in einem Walde, einer Werkstätte,
einem Museum I Wenn die Lehrer mehr und mehr erfahren
^ Vei^l. diese Zeitschrift, 1890, No. 9, S. 656—558. D. Bed.
135
haben werdeui welche TmvergleichlioheD, und zwar anoh in-
tellektaellen Vorteile hieraus üoh ziehen lasseni und wieviele
wertrolle Studien man hierbei über den Charakter der Kinder
anzustellen vennagy so werden sie zugestehen, dab vielleicht
kein anderes Mittel der physischen Erziehung empfehlenswerter
ist, als nach hygienischen Vorschriften ausgeführte xmd nicht in
Strapazen ausartende Spaziergänge. Deshalb sollte man von
jetzt an lieber auf Spaziergängen einige der Übungen vornehmen,
die man heute noch in Turnhallen ausführt, wie Herauf- und
Heruntersteigen, Hindemisse nehmen u. s. w.
Von anderen nützlichen Übungen, welche vermittekt des
Wettstreites die besten Spiele werden können, empfiehlt die
Kommission den Sprung in seinen verschiedenen Arten,
das Klettern, die Hängeübungen, sowie die Stütz- und
Gleichgewichtsübungen. Diese aber müssen natürlich und
einfaeh sein und mit allen den Vorsichtsmalsregeln ausgeführt
werden, welche unter Berücksichtigung der verschiedenen
Altersstufen und Verhältnisse in den Unterrichtsplänen an-
gegeben sind.
Was die übrigen gymnastischen Übungen betrifft,
so glaubte die Kommission von denselben alles entweder
ausscheiden oder auf die einfachste Form zurückführen zu
müssen, was sie etwa Akrobatisches, Choreographisches, Mi-
misches, Schwieriges oder Langweiliges enthalten. Deshalb
hat sie von den Elementarübungen diejenigen ausgeschlossen,
welche Schwierigkeiten der Nomenklatur, Kompliziertheit und
VielMtigkeit des Kommandos bieten und infolgedessen Auf-
meiksamkeit und (Gedächtnis ermüden. Das Gleiche ist mit
solchen der bisher vorgeschriebenen Übungen geschehen, die zur
Schaustellung dienen und Marionettekünsten ähneln. Ja, um
alles Theatralische besser noch fernzuhalten, hat sie auch den
sogenannten rhythmischen Schritt abgelehnt. Statt dessen gab
sie einige andere praktische Fingerzeige; beispielsweise sollen
die Schüler auf einen Alarmschrei eilig aus den Klassen und
Korridoren herauskommen, wie man es zur Verhütung von
Unglück in denjenigen Fällen thun mülste, wo an einem Ver-
sammlungsorte unter der Menge eine Panik ausbricht.
1S6
Über die G-ymnastik in den Schulbänken, wie sie
in den alten Programmen vorkommt, hielt die Kommission nicht
Air ratsam, sich besonders zn änJsem. Indem sie den gegen-
wärtigen Znstand der meisten unserer Sohnlgebäude nnd ihrer
Einrichtungen bedachte, kam sie yiehnehr überein, man müsse
jene Übungen auf solche einschränken, die pädagogisch nützUch
für die Disciplin sind, wie z. B. geordnet in den Sohulsaal
eintreten und aus ihm herausgehen, au&tehen, sidi niedersetzen,
grüfeen, die E^leider ab- und anlegen, die G-lieder strecken,
Hände und Füfse durch Bewegung erwärmen, wenn ein ge-
eigneteres Mittel nicht vorhanden ist.
Als Geräte für die Gymnastik auTserhalb der Klassen
beschränkte sich die Kommission zu empfehlen: Seile, Stangen,
Sprungvoniohtungen, Balancierschienen, welche auch als Stftt^
balken benutzt werden können, Holzstäbe, die JlQBBSchen
Stöcke, Bälle, Hanteln oder einfachere Sandsäckchen; sie setste
aber dabei die Gebrauchsweise fest, indem sie nur möglichst
nützliche und natürliche Bewegungen zuliels.
In diesem Sinne verdienen von den Mitteln der phy-
sischen Erziehung ohne Zweifel die Fechtübungen unter
Anwendung biegsamer Holzdegen mit Körben am Gbiff, als
Wettstreit und Spiel in Sammelordnung ausgeführt, einen he^
vorragenden Platz.
Eine lange und lebhafte Diskussion erhob sich über den
Gebrauch der sogenannten grofsen Geräte. E!s wurde
wieder und wieder gesagt, dals dieselben künstlichen Übungen
dienen, die, wenn sie auch fiir kräftige Schüler geeignet sein
mögen, doch den Schwachen, welche die überwiegende Mehrheit
ausmachen und der Gymnastik am bedürftigsten sind, Schaden
bringen können. Sie setzen die Kinder zu bedeutenden An-
strengungen aus und verleiten sie leicht zu akrobatischen und
theatralischen Künsten. Aus diesen und anderen Gründen hat
in der Kommission eine starke Strömung gegen die groisen
Geräte überhaupt, insbesondere gegen die Trapeze und Ringe,
vorgewaltet. Es geschah lediglich aus dem Bestreben nach
Übereinstimmung, dals man mit denjenigen, welche erklärten,
137
f&r eine gewisse Zahl von Übungen nnd Bewegungen die
groJsen Gteräte nicbt entbehren zu können, sich yerstftndigte.
Indessen wnrde einstimmig votiert, dals Pferd, Barren, Trapeze
imd Ringe fELr die Altersstafen bis zum vollendeten 14. Jahre,
also in den Elementarschnlen, den niederen Klassen der Mittel-
sehnlen, den üniergymnasien nnd den Gewerbeschulen abzn-
Bohaffen seien. Ebenso sollten sie fElr das weibliche Geschlecht,
welches auch nach der Pubertät nur die Körperkraft jüngerer
Knaben besitzt, in keinem Alter und keiner Schule Ver-
wendung finden. Sogar die Hänge- und Stützgeräte seien
bei den Mädchen auf einen sehr beschränkten Gebrauch zu
reduzieren, der die Brust nicht zum Schaden der Muskeln
des Beckens und der unteren Glieder ausbilde. Auch in den
oberen Klassen der Knabenmittelschulen, in den Lyceen,
technischen und nautischen Instituten, wo die Jugend bereits
an anstrengendere Körperübungen gewöhnt sei, widerstands-
fthigere Knochen, Gelenke und Muskeln besitze und sich einer
krftftigeren Entwickelung der unteren Extremitäten erfreue,
dürften die gproüsen Geräte nur eine mäJsige Anwendung
finden, d. h. blofs soweit, um auch den oberen Gliedmafigen
eine entsprechende Ejraft und Muskelausbildung zu verleihen;
Kunststücke, sowie nicht leichte und nicht praktische Übungen
müJisten jedenfalls dabei ausgeschlossen bleiben.
Andere Mittel der physischen Erziehung, welche
die Kommission erwogen hat, sind der Gesang, die Sand-
arbeit, das Baden und Schwimmen.
Der Gesang, sei es zur Ausbildung des Gehörsinnes und
zQi Übung der Atmung, sei es als Mittel der moralischen Er-
ziehung, wird in den Schulen sehr nützlich sein können,
besonders wenn er mit den Spielen und der Gynmastik im
Freien oder in recht luftigen Lokalen in Verbindung tritt.
In dieser Beziehung ist die Kommission der Ansicht, dals
das Unterrichtsministerium zum Chorgesang in den Schulen
zu ennuntem fortfahren solle.
Nicht minder empfiehlt es sich, die Handarbeit in den
I^bianstalten auch weiter zu betreiben. Denn falls sie keine
138
Sitzarbeit ist, bildet aie ein ausgezeichnetes Mittel für die Er-
ziehung der Sinne, trägt zur Entwicklung des Körpers bei
und beseitigt das Übel des Fembleibens der Schüler von den
Werkstätten und Feldern. Sodann würde man durch Fort*
Setzung der Handarbeit in den Gewerbe- und Fortbildungs-
schulen unter Anpassung an die örtlichen Bedür&isse jene
Sklarerei beschränken oder gar abschaffen können, die in den
Kinder- und Jugendjahren die ganze Zeit hinduroh dauert, in
welcher der Lehrling ein Gewerbe erlernt.
In Bezug auf die Beinlichkeit des Körpers ist klar, dsb
den Kindern in den Schulen nicht nur die Möglichkeit, sich
in einem einfachen Becken zu waschen, sondern auch ein
allgemeines Bad zu nehmen, soviel als möglich geboten werden
muis. Das bedeutet nichts anderes, als das gröfste Gut, die
Gesundheit, vermehren und die Gefahr von Krankheit und
Siechtum vermindern. Es wird also nötig sein, festzusetzen,
dais von jetzt an in neu zu erbauenden Schulen immw m.
Baum zum Waschen und ein anderer zum Baden vorgesehen
werde. Als Bad eignet sich am meisten die lauwarme
Dusche, welche etwa die Temperatur des Körpers besitzt In
den groügen Städten wird man die Knaben auch abteilungsweise
in die öffentlichen Bäder führen können.
Während des Sommers verbinde man, wenn man am Meer,
an einem Flu&e oder an einem See sich befindet, das Bad
mit dem Schwimmen, einer in hygienischer und gymnastischer
Beziehung sehr nützlichen Bewegung. Die Kommission
empfiehlt dasselbe deshalb so warm, damit unter Beobachtung
der nötigen Yorsichtsmalsregeln unsere Schuljugend daraus
eine Gewohnheit mache und ausser dem Schwimmen auch die
Bettung bei Ge&hr des Ertrinkens erlerne. Für die dabei zu
beobachtenden Regeln würde ein besonderes Reglement er-
forderlich sein, welches das Ministerium fdr die Schwimm*
schulen erlassen sollte.
Im übrigen hängt der Vorteil, den man den Schülern
durch die körperliche Erziehung gewähren kann, zum grofsen
Teil vom Stundepplan ab.
139
Wie num darüber auch denke» die Kommission besteht
nf der physiologiachen Thatsache, dais niobt eine wälirend
korser Zeit konzentrierte kOrpeiücbe Arbeit und Anstrengung,
solidem statt dessen mäfsige und häufige Übungen not-
wendig sind. Denn die Übel des Mangels an Bewegung
yerachlimmem sich, wenn man dieselbe sozusagen in seltenen,
aber starken Dosen gewährt. Indem die Kommission daher
dem Beehnimg trägt, was bei anderen civilisierten Nationen
geschieht, sohlägt sie vor, dafs die in den Sohulen den körper-
lichen Übungen gewidmete Zeit täglich 2 Stunden betrage.
Dayon sind für die eigentliche G^ymnastik bei Kindern unter
10 Jahren wenigstens Vs Stunde, bei denjenigen über 10 Jahren
wenigstens V^ Stunden zu reserrieren.
Es wird Sache des Ministeriums sein, diesen allerdring-
liohsten Beschlufs mit den gegenwärtigen Stundenplänen in
Einklang zu bringen, so dals in den rerschiedenen Schulen
und Klassen die physische Ausbildung einen integrierenden
nnd Yollberechtigten Teil des erziehenden Unterrichts bildet.
Sehr eingehend hat die Kommission über die Programme
der Oymnastik verhandelt.
Kaoh den Gesetzen der Physiologie sind zwei Perioden
streng auseinander zu halten, diejenige der Erziehung zu Be-
wegungen und diejenige der Anwendung derselben.
In der ersten Periode, welche bis zum 14. oder 16. Jahre
reicht, hat die Qymnastik den Hauptzweck, durch harmonische
Entwicklung der yerschiedenen Funktionen Q^undheit zu
Tsrleihen und zu erhalten, das Knochen- und Muskelsystem
mittelst Bewegungen auszubilden und so neben der intellektu-
ellen und moralischen Vervollkommnung auch die physische
herbeizuführen.
In der zweiten Periode soll man, abgesehen von der
Stärkung der in der ersten gewonnenen Kräfte, männliche
Tugenden einflöJisen und die Übxmgen praktisch anwenden
lehren, so dals sie im Leben uns selbst xmd anderen nützlich
werden können. Ebenso wie man verschiedene Stufen der
intellektuellen Erziehung hat, soll es auch verschiedene Grade
140
der physischen Ansbildtmg geben je nach dem Alter, der
organischen Konstitution und der Vorbereitung der Sohüler.
Um die individuelle Initiative zu wecken, schlägt die Kommission
vor, dafs in den oberen Klassen die Spiele, die freien Übungen
und die Wettkämpfe unter verschiedenen Schulen begünstigt
werden.
Vieles kann man in den einzelnen Fällen dem ErmeoBen
der Lehrer überlassen. Die Kommission glaubte aber kurze
Programme formulieren zu soUen, und sie xmterschied dabei für
die erste Periode der physischen Erziehung die Kinderschulen,
die Landschulen, die unteren und oberen Elementarschulen
und die unteren Mittelschulen, d. h. die üntergymnaBien und
die Grewerbeschulen, für die zweite Periode die oberen Mittel-
schulen, also die Lyceen, die technischen und nautischen In-
stitute.
Bezüglich der Kleinkinderschulen, welche tmgefl&hr
300000 Kinder jährlich au&ehmen und noch mehr aufnehmen
sollten, beklagt die Kommission, dafs sie bisher noch niclit
dem Unterrichtsministerium unterstellt sind. Und indem sie
dafür stimmt, dals diese Anomalie so bald als möglich beseitigt
werde, empfiehlt sie zugleich, den schweren Miüsbräuchen,
welche in vielen der genannten Schulen herrschen, ein Ende
zu machen. Zu diesen Mifsständen ist z. B. zu rechnen, dab
die zarten Knaben und Mädchen zum Lesen und Schreiben
gezwungen werden, dafs man sie zu lange sitzen lälst und ihre
Sinne, ihre Aufmerksamkeit und ihr G-edächtnis überanstrengt.
Während der ganzen Zeit des Verweilens in Kinderasylen und
Kindergärten sollte man die EJeinen zu keiner anderen phy-
sischen oder geistigen Beschäftigung anhalten, als die, welche
sie sich selbst beim Spielen wählen. Es ist also dringend not-
wendig, dais die Herausgabe irgend eines Handbuches der
körperlichen Erziehung kleiner Kinder mit einer vollständigen
Sammlung der für sie am besten geeigneten Spiele xmd G-esäuge
angeregt werde. Ebenso ist dem theoretisch-praktischen Sander-
erziehungsunterricht in den Seminarien der verdiente Wert
beizumessen, damit jede Lehrerin sich wenigstens mit den
Ul
Grundgedanken dieser sehr wichtigen und sehr schwierigen
Erziehnngskonst vertraut mache.
In den Elementar- und Mittelschulen werden die
Spiele, wie die gymnastischen Übungen und das Schwimmen
for jede Klasse, dem Alter und den physiologischen Gewohn-
heiten entsprechend, abzustufen sein.
Was die Yolksanstalten für physische Erziehung
angeht, so gibt es deren schon einige. Andere, viele andere
sollten, um die Vorteile dieser Erziehung auf die ganze Menge
derjenigen auszudehnen, welche die Schule zu früh verlassen,
durch lokale Initiative, besonders die der gymnastischen Ge-
sellschaften, entstehen. Der Minister des öffentlichen Unter-
richts hat blofe das Becht tmd die Pflicht, solche Anstalten zu
sdiützen und zu ermutigen. Die Kommission geht daher nicht
auf die besonderen Programme derselben ein und erörtert nicht
weiter, wie nach Ort tmd Zeit mehr die eine oder andere
nützliche Übung hier gepflegt werden müsse, z. B. die Brand-
lösehung, die Bettung, die erste Hilfe bei ünglücksfoUen,
der Transport Verwundeter, das Fechten, das Yeiocipedfahren,
das Bootsegeln, das BoUschuhlaufen, die Bergbesteigung, die
Fdswanderung, der Faustkampf, das athletische Spiel, die
seemännische Gymnastik. Sie gibt ihre Stimme nur dafür ab,
dafs derartige Anstalten überall gegründet werden mögen; denn
mit Märschen, Wettläufen, Spaziergängen, kräftigenden Spielen
imd gymnastischen Übungen verbunden, würden die Lehr-
anstalten nützlicher für das leibliche und also auch für das
sittliche und wirtschaftliche Wohl unseres Landes sein. Ist
doch ein Volk nicht stark, wenn es die Athletentruppen preist,
▼eiche in den Wettkämpfen Wunderdinge verrichten, sondern
wenn es statt dessen die körperlichen Übungen pflegt, deren
Nützen bereits in der Schulzeit beginnt und sich später auf
Millionen von Bürgern erstreckt, indem dieselben im Falle der
Not die Waffen zur Verteidigung des Vaterlandes führen können.
Besonderes Studium hat die Kommission der physischen
Erziehung der Mädchen gewidmet und zunächst ausge-
sprochen, dafs dieselbe nichts Fades, Mimisches oder Choreo-
142
graphisches enthalten dürfe, sondern statt dessen in emer
Weise yorznnehmen sei, welche, ohne der Schönheit und
Anmut zu schaden, G^nndheit, Kraft, Mut einflölse und gute
Mütter nnd Pflegerinnen schaffen helfe. Inhaltlich wird die
körperliche Erziehung in den Töchteischnlen nicht sehr ysf-
schieden Ton jener in den Schulen für Knaben sein könneii,
und sie darf daher nicht, wie bisher, gesonderte Programme
für sich beanspruchen. Doch wird man in den Plänen, welehe
für sämtliche Schulen Torgeschlagen sind, alles daqenige hinzu-
fügen oder ändern, was Bekleidung, Bsltung, Rücksicht auf
das Geschlecht und auf die anatomisch-physiologiBchen Verhfiit*
nisse für die Mädchen erfordern.
Nachdem diese Reformen verhandelt und einstimmig
gebilligt worden waren, wandte man folgerichtig die grölste
Aufinerksamkeit der wichtigen Frage zu, in welcher Weise
fehige und zur Ausführung der ßeformenwiUige Lehrkräfte
zu beschaffen seien. Vor allem war die Ansicht yertreten,
dals von jedem, welcher Lehrer der physischen Erziehung sein
woUe, gewisse pädagogische Eigenschaften und Anlagen gefordert
werden müisten. Es wurde besprochen, wie der betreffende
Unterricht in den Seminaren beschaffen sein solle, um Lehrer
xmd Lehrerinnen heranzubilden, welche die neuen Programme
auszuführen im stände seien. Falls man von 1878 bis heute
mit aller Dringlichkeit darauf Bedacht genommen hätte,
wenigstens in diesen Anstalten gute Lehrer und einen wirk*
Samen Unterricht in der körperlichen Erziehung zu besitzen,
so würde letztere bereits in weitere Kreise eingedrungen sm
und schon gegenwärtig gute Früchte für die bedürftigste Klasse,
welche die Volksschule besucht, henrorgebracht haben. Statt
dessen gewährt man auch heute noch der Gfymnastik die kärg-
lichste Unterrichtszeit von nur 1 oder 2 Stunden wöchentUdi
und das ungeeignetste Lokal, wenn überhaupt ein besonderes
für diesen Zweck vorhanden ist Überdies ninmit man auf den
Lehrer insofern geringe oder gar keine Rücksicht, als man ihm
eine elende Besoldung gewahrt. Die Kommission wünscht daher,
dais diesen betrübenden Zuständen ein Ende gemacht und in
143
dem schon firüHer yom Senate genehmigten Gesetze Martini
fiber die Seminare der Unterricht in der physischen Erziehung
den übrigen ünterrichtsftchem in Beznig anf Gehalt und
sonstige Bechte gleichgestellt werde. Sie befürwortet weiter,
dab jedes Seminar in möglichster Nfthe eine Turnhalle und
einen Spielplatz habe und dafe in jeder Klasse desselben
wenigstens 2 Stunden des Wochenplans für Spiele und
Übungen, die ersten Hilfeleistungen einbegriffen, eine 3. Stunde
aber für die Theorie und das Kommando angesetzt werde.
Anf diese Weise würden sämtliche Lehrer und Lehrerinnen nicht
nur das, was sie nachher in den Elementarschulen zu lehren
baben, erlernen, sondern auch eine so reiche Kenntnis der
Theorie und Praxis gewinnen, dals sie die Gymnastik besser
als ihre Zöglinge zu beurteilen und auszuführen im stände
wftren.
um sodann wohlverdiente Lehrer zur Beschreitung des
neuen Weges zu ermutigen, der, entsprechend der yermehrten
Wichtigkeit der physischen Erziehung, ihr Ansehen und ihre
Würde zu erhöhen verspricht, wird in Vorschlag gebracht,
mindestens zwei von ihnen sogleich ins Ausland zu
schicken, um die Einrichtung der Volksschulspiele
kennen zu lernen. Nach ihrer Rückkehr mttssten dieselben
dann im Lande herumreisen und jene Spiele teils durch
Vortrage, teils durch Vorführung populär zu machen und zu
yerbreiten suchen. Fernerhin erscheint es ratsam, jedes Jahr
regelmässig zwei junge Männer, vorzugsweise Ärzte, zu ent*
senden, die sich im Auslande auf den verschiedenen Gebieten
der physischen Erziehung zu vervollkommnen hätten. Ebenso
seUftgt die Kommission vor, die Akademien oder das Ministe-
rimn möchten die Veröffentlichung von Handbüchern über
die anempfohlenen Körperübungen und Spiele ver-
anlassen, da es nicht rühmlich ist, dafs die besseren Bücher
dieser Art, nachdem Scaiko im Jahre 1655 seine berühmte
Abhandlung über das Ballspiel geschrieben hat, in der aus-
Iftndischen Litteratur gesucht werden müssen.
Mit der gymnastischen Ausbildung von Lehrern und
144
Lehrerinnen der Normal- nnd Mittelsohalen befassen noh
bekannÜioh die „Sonola normale di ginnastioa^ in Born
und die beiden weiblichen Sohnlen desselben Namens
in Neapel nnd Tnrin. Die Kommission glanbt, dab in
diesen drei Schnlen wenig Neneningen erforderlich seien; «
wird genügen, die Programme derselben mit den für die
Elementar- imd Mittelsohnlen vorgesohlagenen in Einklang za
bringen. Die Geschichte der Oynmastik, einschlielslich der
modernen nnd interessanteren, ist in den Unterricht der theore-
tischen Gymnastik anfznnehmen, ebenso die Pädagogik nnd
Methodik. Es sollen sodann die znm Stndinm und zur Prüfung
notwendigen Mittel geliefert werden, nm jene Anstalten auf
die Höhe experimenteller Schnlen für körperliche Endehnng
zn heben. Endlich würde es auch wohlgethan sein, wenn die
Stipendien für junge Männer oder junge Mädchen aus anderen
Provinzen, welche die genannten Schulen besuchen wollen,
wiederhergestellt würden.
Das gymnastische Seminar in Rom benötigt einiger
anderer leicht auszuführender Verbesserungen. Der üntetiicht
in der Anatomie und Physiologie ist von dem in der Hygiene
zu trennen, welcher infolge seiner hohen Bedeutung und des
Interesses, das er bei jedem Erzieher err^en sollte, einen
gröiseren Umfang erbalten muis. Man stelle sodann hier den
Fechtnnterricht wieder her und höre bei der Wahl dee
betreffenden Lehrers die Ansicht des Kriegsministers. Dabei
möge man ersuchen, nicht femer mangelhaft gebildete und des
militärischen Lebens müde Unteroffiziere zu ihrer Ausbildung
abzuordnen, sondern, wie in Preufsen und Schweden, Offiziere,
welche die besten Lehrer des Turnens sein werden. Von den
Civileleyen aber fordere man für die Zulassung zum Seminar
entweder das Diplom als höherer Lehrer oder das Beifezeugnie
eines Lyceums, bezw. eines technischen Listitutes.
Hierbei wurde ein Vorschlag gemacht, dem man durch
Acclamation beistimmte, der nämlich, auf den Oniversi-
täten für die künftigen Kandidaten des Mittelschul-
amtes einen Kursus der physischen und hygienischen
145
Erziehung abzuhalten. Wenn dies geschieht, werden die
Betreffenden nicht nur das „mens sana in corpore sano^ später
besser beherzigen, sondern es werden auch unter den begabteren
derselben dereinst solche sich finden, welche, wie in England,
Deutschland und Belgien, es für eine Ehre halten, vom
Katheder der Litteratur oder der Naturwissenschaften herab-
zosteigen, um Unterricht in der Gymnastik zu erteilen. Damit
zugleich dürften aber auch die alten Vorurteile gegen die
letztere schwinden und die gewünschten Beformen zur Aus-
fUinmg kommen.
Die Kommission empfiehlt femer warm, dafs zur Vor-
meidxmg beklagenswerter MüSsbräuche von jetzt ab die zu
vergebenden Turnlehrerstellen immer unter Berück-
sichtigung der erworbenen Diplome und der abge-
legten Prüfungen besetzt' werden.
Ein letztes, das angelegentlichste Votum gibt die Kom-
mission dahin ab, dais die schädliche und schmähliche Arm-
seligkeit unseres Staatshaushaltes in Bezug auf
Ausgaben für physische Erziehung nicht mehr
Unger andaure. Solange unser Land für diesen heiligsten
Zweck noch nicht halb soviel verwendet, als allein die Stadt
Berlin dafür opfert, und solange es nicht begreift, dafs das für
denselben bewilligte G-eld hundert<ige Zinsen trägt, wird es
niemals grolser Geschicke würdig sein.
Die Einstimmigkeit der Vorschläge und Ansichten, welche
trotz der verschiedenen Studien, Heimatsländer, Altersstufen
und Tendenzen der Kommissionsmitglieder immer aus der
Dissonanz der Meinungen hervorging, möge eine glückliche
Vorbedeutung sein, daJs jedwede Zwietracht auf gymnastischem
Gebiete beschwichtigt und der edle und bewunderte Enthusi-
asmus aller, die hier die Führerrolle übernehmen, einzig und allein
anf das gemeinsame höchste Ziel gerichtet werde. Alsdann wird
die physische Erziehung eine jede Generation von der Kindheit
bis zum reifen Alter begleiten. Alsdann werden gesunde, starke
und mutige Bürger erstehen, und es wird die geringste Sorge
sein, gute Soldaten zu haben, weil man solche besitzt, welche
Sdnlfenudlieitopflege VII. XO
146
in kurzer Zeit die Handhabung der Waffen, das SehieCsen
und die militärische Diseiplin erlernen. Die Dienstseit wiid
somit auf die kürzeste Zeit beaohrftnkt werden können, zam
gröfsten Vorteil f(ir die Produktion sowohl, wie f&r den Staate*
sehatz. Die Wohlthaten, welche daraus ftir die Einzel- und
die Gesamtarbeit, fär die Volkswirtschaft, für den Charakter
und die Moral entstehen, springen so sehr in die Augen, dab
zum Heil der Humanität und des Vaterlandes jeder gute Bfirger
an seinem Teile die Durchführung der Beformen beschleunigen
sollte, welche die Kommission vertrauensToU in die Hände des
Ministen Martini niederlegt.
Zur Myopiefirage.
Zweite Erwiderung an Herrn Professor Sohhidt-Bimplsr.
Von
Dr. med. J. Stilling,
Professor der Angenheilkimde an der Universität Strasburg i. &
Mein geschätzter Kollege und Gegner kann jetzt doch
nicht umhin, zuzugeben, daTs die zahlenmäüngen EigebniBse
der Orbitalmessungen dem von mir aufgefandenen Gesetze
entsprechen.
Er hält mir nunmehr entgegen, die Unterschiede seien zu
klein, um überhaupt das G^esetz daraus abzuleiten.
Nun, wenn Pflügbr im ganzen bei Emmetropen 89,9,
bei Myopen 83,0, bei erwachsenen Gelehrten, auf die es haupt-
sächlich ankommt, sogar 90,6 gegen 81,6 gefanden hat, so
sind diese Differenzen einfach erdrückend grofs. O. OoHSir,
Somako-Catania fanden ähnliche Unterschiede, und die von
SsGOEL konstatierten sind an einer Stelle sogar noch grölser.
147
Allein auch die an Aelir sohlechtem Material — es sind dies
2a jugendliche Individuen, bei denen die Myopie sich gröfsten-
teüs auch bei vorhandener Anlage noch nicht entwickelt haben
kann — gewonnenen Differenzen, wie sie Kirchner, Weiss,
Btmsza ermittelt haben, belaufen sich häufig auf ganze Zahlen
Yon 2 — 6.
In anthropologischem Sinne ist nun ein durchgehender
Unterschied von nur 1 bei einem groisen Zahlenmaterial bereits
ein bemerkenswerter. Hier haben wir aber ohne meine eigenen
5000 etwa 10000 in den verschiedensten Gegenden angestellte
Messungen, bei welchen sich eine regelmäfsige Diffe-
renz immer in demselben Sinne findet Diese Diffe-
renz wird klein, wenn das Material der Untersuchung aus
jugendlichen Individuen bis zum Eindesalter oder aus Er-
wachsenen, die keiner Nahearbeit unterworfen sind (Seggels
Soldaten), besteht, sie wird sehr bedeutend, wenn es sich um
erwachsene Gelehrte handelt (Pflüger, Bomano-Oatania, ich),
sie hält sich in maisigen Grenzen, wenn noch nicht erwachsene
Schüler in Betracht kommen. Daher sind selbst die Zahlen
meiner erklärten Gegner, Sohmibt-Bimpler ausgenommen,
dessen Messungen viel zu hohe Durchschnittsindices ergeben
liaben, beweisend für das Gesetz. Meine Opponenten haben
ihr Material in dem für mich ungünstigsten Sinne gewählt,
sie haben auch nicht nach den anthropologischen Vorschriften
gemessen und dennoch die gesetzmäfsige Differenz überall
konstatieren müssen. Pflüger hat dies speciell Bymsza gegen-
über betonen lassen.
Herr Kollege Schmidt-Bimpler sieht auch als Gegner
Ton mir jeden Autor an, der einmal irgend etwas gegen mich
gesagt hat. Betrachten wir beispielsweise, wie es mit der
Gregnerschaft von Kirchner beschaffen ist, dessen Messungen
^ter denen meiner sogenannten Gegner die zahlreichsten sind,
und der von Schmibt-Bdipler mit einer gewissen Vorliebe
mir enigegengehalten wird.
Die wesentlichen Besultate Kirchners finden sich in
folgenden Sätzen seiner Arbeit:
10*
148
Seite 422: „Das aber ergeben meine Messungen
unzweifelhaft, dafs in der That mehr Myopen eine
niedrige Orbita haben, als Emmetropen, nicht aber,
dals sie bei jenen niedriger za sein pflegt, als bei den Hyper-
metropen.**
Das letztere habe ich bekanntlich auch nicht behauptet, da
ich Emmetropen und Hypermetropen immer zusammenrechne.
Seite 421: „Die Kurve lehrt aber ferner, dafs der
Durchschnitt der myopischen Orbitalindices in
sämtlichen Klassen niedriger ist, als der der emme-
tropischen ^
Seite 423: „. . . dafs bei einer grofsen Zahl von
Myopen der durchschnittliche Orbitalindex besonders
niedrig ist, dals ein niedriger Orbitalindex aber auch bei
Hypermetropen und Emmetropen vorkommen kann.''
Dies letztere habe ich selbst zuerst betont; natürlich mnft
es Ausnahmen geben, sie beweisen nur die Begel.
Femer Seite 423: „Stilling fand sowohl den Gesichts-
ais den Stirnindex bei Myopie im grofsen und ganzen
niedriger, als bei Emmetropie, eine Beobachtung,
die ich gleichfalls gemacht habe.''
Seite 424: „So wenig ich daher eine Erklärung
dafür weifs, so mufs ich doch auf Grund meiner
Untersuchungen Stilling darin Recht geben, dafs
sich ein im Verhältnis zur Breite niedriges Gesicht
bei Myopie häufiger findet, als bei Emmetropie.
Das Ergebnis meiner Schädelmessungen war also,
sowohl der Orbital- als der Gesichts- und Stirn*
index sind bei Myopen durchschnittlich niedriger,
als bei Emmetropen. . ."
Seite 441: „^er Knochenbau des Gesichtsschädels
steht in einem gewissen, jedoch noch näher zu er-
forschenden Verhältnisse zum Brechzustande der
Augen."
Kirchner fand demnach bei nahezu 3000 Messungen,
wenngleich an dem denkbar ungünstigsten Material, alle meine
149
Sätze bestätigt. Er ist jedoch der Meinung, der Schädel- und
Aagenhöhlenbau modifiziere sich sekondär durch die Myopie.
Eine solche Ansicht wird niemand ernstlich diskutieren wollen,
der einigermalsen in der Anthropologie bewandert ist.
Es handelt sich vor allem um die positiven Messungs-
eigebnisse, nicht nur um die Ansichten der Autoren. Dais aber
die Sesultate Kirchnjebs durchweg die meinigen bestätigen»
darüber wird bezüglich der Zahlen wie der wörtlichen Aus-
drücke niemand im Zweifel sein.
Weiter wirft mein verehrter Kollege Schmidt-Bimplbr mir
vor, ich hätte in meiner Erwiderung „die entgegengesetzten
Besultate weggelassen''. Damit meint er offenbar die erste Reihe
von SseeEL, die ich aber ausdrücklich in einer Anmerkung
erwähnt habe.
Meinem geschätzten Gegner ist es mit Seggel leider
ebenso ergangen, wie mit Kirchneb. Er hat auch Sbogels
Hauptresultat übersehen.
Sind die Di£Ferenzen in den Durchschnittszahlen klein
oder wie in Segobls erster Seihe gleich Null, so verlangt
nämlich die anthropologische Begel, dals man die Anzahl der
hohen und niedrigen Indices aufsuche, ehe man seinen Schlufs
zieht. Seggel war dies wohl bekannt, und er sagte nach
Zusammenstellung seiner Besultate auf Seite 4 seiner Arbeit:
«Das Wesentliche, was die beiden Tabellen ergeben,
ist nun, dafs allerdings Ohamäkonchie bei mehr
Myopen gefunden wurde, als bei Nichtmyopen, bei
^^>3 gegei^ 14,0 Voi tind dafs Hypsikonchie umgekehrt
bei etwas mehr Nichtmyopen als Myopen, 62,8 gegen
&4,8, gefunden wurde.**
Natürlich ist der Unterschied nur gering wegen des
sehlechten Materials — allein 400 gemeine Soldaten — , trotz-
dem ist er gesetzmäijsig. Ich habe das Gesetz an den Augen
erwachsener Gelehrter festgestellt, doch selbst bei den aller-
^geeignetsten Versuchspersonen ist es nicht zu verwischen
gewesen. Seggel wulSste ganz gut, dals sein Material nichts
taugte. Er besaüs anfangs kein anderes, und das grofse Inter-
150
eaae, welches er an der Sache hatte, veranlafste ihn, damit
fürs erste vorlieb zu nehmen. Er sachte dann nach besserem
Material, an dem sich das Gesetz denn auch vollkommen be-
stätigte.
Die weitere Bemerkung SoHMn)T-B.iMPLEB8, nach den
Messungen aus der Bemer Augenklinik „disponieren nicht nur
chamäkonche — niedrige — Augenhöhlen, sondern auch meso-
konche — mittelhohe — zur Myopie", hat keinen rechten Sinn.
Pflüger wollte lediglich meine Angabe bestätigen. Ich habe
die Mesokonchie immer mit der Ohamäkonchie zusammen-
gerechnet, von 85 abwärts die niedrigen, von 85 aufwärts die
hohen Augenhöhlen.
Gänzlich unyerständlich ist mir die Schluisbemerkang
meines verehrten Gegners. Ob man albanesische Seminaristen
in Sicilien als Sicilianer oder als Albanesen bezeichnet, ist mir
ebenso gleichgültig, wie ihm. Ich war nur gezwungen, meinem
geschätzten Kollegen einen nicht ganz unbedeutenden Irrtnm
entgegenzuhalten. „Wie klein sind seine Zahlen, ** ruft ervon
B.0MAN0S Messungen aus. „Er hat nur 350 Sicilianer ge-
messen.^ Derselbe hat aber nicht 350, sondern 750 Sicilianer
untersucht, d. h. er hat 1500 Messungen an erwachsenen oder
fast erwachsenen Gelehrten ausgeführt, während Sohhidt-
RmPLER kaum 1300 an Schulkindern anstellte.
Hiermit bin ich für diesmal zu Ende. Hoffentlich hat
diese freundschaftliche Polemik damit aber ihr Ende noch
nicht erreicht. Denn die anregende, wenngleich nur schrift-
liche Unterhaltung mit einem geistreichen Gegner hat grolse
Reize und ist mir von aufserordentlichem Werte. Auch
zweifle ich nicht daran, dafs wir uns schliefslich vortrefflich
verständigen werden.
151
litt 9trfaiitttlttii0eit ttitb Dereineit.
über SteUflohriftrerraehe in Dftnemark.
Ans der pftdagogischen Oesellschaft tu Kopenha^^n.
Von
Axel Heetbl,
kommunalem Ereisant in Kopenhagen.
Aneh in Dftnemark sind Steileohriftversncke gemacht, xmd
swar ist die Methode in 14 Klassen der Hauptstadt geprüft
worden. Sowohl ganz junge An&nger als filtere Kinder in
öffentlichen nnd privaten Schulen sind bei dieser Prttfong
beteiligt gewesen. Über die vorlftnfigen Eesnltate habe ich in
einer Sitzung der pftdagogisohen Gesellschaft Kopenhagens im
Yorigen Jahre Mitteilung gemacht.
Alle Lehrer zeigten sich darin einverstanden, dals es ftür
die Sünder leichter war, eine gute Haltung bei Steilschrift zu
bewahren, als früher, wo dieselben Schrägschrift schrieben. Den
Anftngem machte auiserdem die senkrechte Schrift geringere
Mühe, und sie lernten dieselbe schneller als die Schiefschrift.
Unbequemlichkeiten ftür die Bewegungen der rechten Hand oder
des rechten Arms entstanden nicht daraus. Die ftlteren Kinder
pngen ohne Schwierigkeit von der Schrägschrift zur Steilschrift
über, die Schriftzüge wurden fester und deutlicher, und die
ganze Handschrift gewann demgemäls an Leserlichkeit. Auch
über die groüse Wichtigkeit der richtigen Armstellung zur Be-
wahrung einer guten Körperhaltung waren alle einig. Die
Erfolge erwiesen sich also im grofsen und ganzen günstig für
die Steilschrift, und Versuche, in weiterem Umfange und mehr
methodisch angestellt, werden jetzt zur Ausführung kommen.
Der YolksschuUehrer Th. Jbksen hat eine neue Schreib-
niethode in Verbindung mit der Steilschrift ausgearbeitet und
152
durch eine Broschüre,^ sowie durch eigene Schreib vorlagen'
erklärt. Er sucht von der bisher üblichen Schönschrift los-
zukommen und eine schnellere Handschrift einzufCLhren. Nach
seinem Verfahren beginnen die Kinder sofort mit ziemlicb
kleinen Schriftzügen und einfachen Formen und lernen so früh
als möglich schnell schreiben. Auf das letztere legt er beson-
deren Wert, da er meint, dafs die Yolksschulkinder dadurch
eine wirkliche Schreibfertigkeit erlangen, die sich dalm auch
später nicht wieder verliere. In der oben erwähnten Sitzung
führte er die Resultate, die er durch seine praktischen Ver-
suche erreicht hat, vor. Seine Methode hat gewiis nicht ge-
ringes Interesse, bedarf aber noch einer weiteren Prüfung.
In einer folgenden Sitzung fand eine eingehende Dis-
kussion über die Steilschrift statt, wobei sich zeigte, dab die-
selbe nicht wenige Anhänger habe. Ein Ausschuifl wurde
gewählt, um weitere Versuche genauer zu kontrollieren und
sie, soweit als möglich, nach bestimmten Gesichtspunkten ein-
zurichten, da die bisherigen von den Lehrern ohne festen Plan
angestellt worden waren.
Auch die Schulbehörden Dänemarks verfolgen jetzt die
Steilschriftversuche mit wohlwollendem Interesse.
^ Th. Jensen, Laerer ved K0benhavn8 KommnneBkoler. Om ladrti
Hurtigshrift i de f0r8te Skoleaar. En Metodereform % vor Skoleskrift
[Über senkrechte Schnellschrift im ersten Schu^ahr. Eine Reform der
Methode in unserer SchtUschrift], E0benhayn, 1893, Jacob Erslev. EL 8*.
0re 25.
' Th. Jensen, Laerer ved E^benhavns Kommuneskoler. Hcumd^trifi^
bogen, TU Ind0velse af lodret Hurtigskrift fra Skolens nederste Klasser
af [Sehriftvorlagen, Zur Einübimg der senkrechten SckneUschrift von den
untersten Schulklassen an]. £0benhayn, 1893, Jacob Enlev. 8^. 0re 12.
153
LiehtverhUtiiisge in Breslaner Sehideii.
Vortrag, gehalten
in der liygienisclien Sektion der seUesiselien Gesellseliaft
für yaterUndisehe Knltnr.
In einer der letzten Sitzungen der hygienischen Sektion der
sdüesiflchen Gesellschaft fOr vaterländische Knltnr f&hrte nnser ge-
schätzter Mitarbeiter, Herr Professor Dr. Hbrmann Cohn, Aber seine
Lichtmessnngen im Magdalenengymnosinm nnd dem nenen Kanonen-
hofsdmlhanse Breslaus folgendes ans : Je dnnkler ein Arbeitsplatz ist,
desto mehr mnis das Ange der Schrift genfthert werden. Diese An-
Dähemng führt, namentlich bei disponierten Augen, znr Eurzsichtigkeit.
Obgleich diese Thatsachen schon längst bekannt waren, blieben doch
in den alten Schulen die schlechten lichtverhältnisse, da die Lehrer
nicht anf Abändenmg drangen nnd die Ärzte sich nm die Unterrichts-
BQstalten wenig kümmerten. Vor 28 Jahren begann der Vortragende
in Breslau Untersuchungen der Schulzimmer und machte Vorschläge
zur Verbesserung der Beleuchtung derselben, welche von der schlesischen
Gesellschaft angenommen und den Behörden in einem Promemoria 1866
zugesendet wurden. £s gab damals noch kein geeignetes Photometer,
doch hatte sich gezeigt, da(s, wenn das Verhältnis der Fenster- zur
Bodenfläche wie 1 :5 war und nicht hohe und nahe gegenüberliegende
H&oser das Licht wegnahmen, die Beleuchtung gut erschien. Daher
erklärte schon damals die Denkschrift, dafs „die Verlegung der
Schulzimmer aus engen Gassen auf freie Plätze oder breite Straüsen
dringend geboten sei und dafs zur Errichtung neuer Schulhäuser
nur solche Plätze zu wählen seien, denen früher oder später durch
angrenzende Neubauten das nötige Licht nicht entzogen werden könne".
Jayal in Paris stellte 1878 den beherzigenswerten Satz auf, dals
der Abstand eines Schulhauses von den gegenüberliegenden Häusern
doppelt so grofs sein solle, wie die Höhe dieser Häuser. Im Jahre
1882 bestinmite eine vom französischen Unterrichtsministerium ein-
gesetzte Kommission, dafs jeder Schüler ein Stück Hinmiel sehen
müsse, welches mindestens 80 Centimetem vom oberen Ende der
Glasscheibe des oberen Fensters entspreche. Professor Föbster
wünschte 1884, dals der Öffnungswinkel, d. h. der Winkel, welchen
auf dem Schultische die Dachkante des gegenüberliegenden Hauses
mit der obersten Fensterkante bildet, nicht weniger als 5^ betrage.
&st mit der Erfindung des WSBBRschen Photometers 1883 kam
die Tageslichtfrage der Schulen aus den Anfängen heraus. Jetzt erst
konnte man bestimmen, wie riel Meterkerzen Helligkeit ein Schüler-
platz habe. Der Vortragende untersuchte 1883 mit diesem Photometer
^e 70 Klassen des Magdalenen-, Elisabeth- und Johannesgynmasiums
nnd der katholischen Bürgerschule. In den erstgenannten beiden
154
Anstalten fand er in 13 Klassen, dab an einer Anzahl von Pl&tzen
die Kinder um 11 Uhr Tormittags weniger als 1 Meterkerze Licht
hatten nnd dafs 247o, bezw. 28% der Schüler überhaupt kein Stück
Himmel von ihrem Platze ans sehen konnten. Der Vortragende
teilte hierauf die Yersnche mit, die ihn veranlafsten, 10 Meterkerzea
als die geringste Beleuchtung eines Arbeitsplatzes anzunehmen, eine
Zahl, die jetzt von allen Forschem angenommen ist. Da die Helligkeit
eines Platzes wesentlich von der Gröfise des Himmelstückes abhängt,
welches den Platz beleuchtet, so ist die Messung jener Grüfie not-
wendig. Leonhard Websr hat auch diese Messung durch Erfindung
seines sinnreichen Raumwinkehnessers sehr erleichtert. Der Vor-
tragende legte Modelle Tor, welche er hatte anfertigen lassen, um
die schwierigen stereometrischen Verhältnisse des Raumwinkels nnd
seiner Quadratgrade leichter verständlich zu machen. Ifit Webers
Apparat hat er in denselben Anstalten an allen Plätzen, an denen
er bei trüben und hellen Tagen das Licht gemessen, auch die Ranm-
winkel festgestellt. Es ergab sich aus Hunderten Yon Messungen,
dafs an Plätzen, welche weniger als 50 Quadratgrade Ranmwinkel
zeigten, bei trübem Wetter weniger als 10 Meterkerzen Helligkeit
Torhanden waren. Daher wählte er als Minimum des Raumwinkds
für einen Schüler ÖO Quadratgrade ; auch dieses Minimum ist jetzt
allgemein angenommen.^
Nach diesen Erörterungen der Methodik legte Professor Gohk
zunächst die Pläne der Klassen des Magdalenäums Tor, in welchen
alle Plätze schraffiert waren, an denen er den öffiiungswinkel kleiner
als 5^ gefunden hatte. Da zeigte sich denn, dafs von den 5 Parterre-
klassen 4 unbrauchbar waren. In zwei Klassen war nur Vs — V«^
in einer nur Vs ^ind in der vierten gar nichts benutzbar; denn
selbst ganz yom am Fenster betrug der Öffnungswinkel nur 3^.
Von den 7 Klassen im ersten Stock waren 5, von den 6 Klassen
im zweiten Stock S unbrauchbar, indem '/«, Ve, V^» V* <ies Zimmers
den öffiiungswinkel kleiner als 5 ^ zeigten. Im ganzen also erwiesen
sich von 18 Klassen 12 zu finster. Dieser Fehler ist nicht in
beseitigen durch Anlegung gröfserer und breiterer Fenster, da stets
das Kirchendach, das mindestens 40 m hoch ist, und die drei-
stöckigen Häuser der engen Schuhbrücke einem dort errichteten
Schulhause das Hinunelslicht entziehen müssen. Selbst im dritten
und vierten Stock würde die Beleuchtung der nach Norden gelegenen
Zünmer nicht ausreichend sein; es fragt sich auch, ob die Fundamente
einen dritten und vierten Stock tragen könnten. Hier hat sich die
Nichtbefolgung des 1866 von der schlesischen Gesellschaft den
» Vergl. jedoch diese ^Uachrift, 1894, No. 2, S. 90—92. D. Bed.
156
Behörden erteflten Bates, Schulen nicht dicht an hohe Kirchen zu
baoen, hitter gerächt. Über dem Portale des Magdalenäoms prangen
die Worte: „An dieser Stelle Ton Grand ans neu aufgebaut 1867;"
diese Inschrift ist ein Hohn auf die moderne Schulhygiene. Der
beste Wunsch zum zweihundertfanfdgjährigen Jubiläum der Anstalt
ist der, daCs sie an eiaen heUen Platz verlegt werde. Es gibt
noch gute Plätze far Schulen in der Stadt, z. B. das Grundstock
Ton Weberbauer in der Zwingerstrafse, das Zadigsche Haus, Breite-
strabe 26, und die alte Börse am Blücherplatz. Hier ist die
Entfernung der gegenüberliegenden Häuser mehr als doppelt so grofe
wie ihre Höhe ; die Zimmer müssen also hell genug werden. In den
Vorstädten fehlt es auch keineswegs an geeigneten Plätzen. Mögen
die Stadtkinder jeden Tag vor das Thor zur Schule spazieren!
Aber an, die Magdalenen- und £lisabethkirche gehören keine Gym-
nasien.
Hierauf legte der Vortragende die Pläne des neuen Kanonenhof-
sdmlhanses an der Taschenstrafse vor. £r rühmt die grolsen und
breiten Fenster, von denen jedes 3,50 qm Fläche habe, er findet
aach eine AnziJü Zimmer vortrefflich beleuchtet, aber leider nicht
alle genügend. In dem Plane jeder Klasse wurden zwei Schraffierungen
vorgenommen, eine dunkle an den Plätzen, wo gar kein Himmel
gesehen werden konnte, und eine hellere, wo der Raumwinkel kleiner
als 50 Quadratgrade war. Die Parterreräume vorn heraus nach
der Taschenstraüse wurden verständigerweise zu Läden eingerichtet.
Zwei Klassen aber, die nach Süden gehen, sind für die Töchter-
sehnle bestimmt. Yon diesen ist der dritte Teil der einen unbrauchbar.
Zwei nach Norden gelegene Zimmer, auf dem Plane ursprünglich
als Klassen, jetzt aber als „reserviert^ bezeichnet, sind ganz zu
verwerfen, da bis 3 m von der Wand gar kein Himmel sichtbar ist.
Ins 4,5 m nicht 50 Quadratgrade vorhanden sind. Solche Reserve-
zimmer sind sehr bedenklich, da sie, wenn ÜberfUllung eintritt,
doch zu Klassen benutzt werden. Sie mttfsten ein für allemal
nicht als „reserviert/ sondern als „kassiert^, als unbrauchbar für
ünterrichtflBwecke bezeichnet werden. Im ersten Stock befinden sich
13 Klassen, darunter 7 schlechte, bei denen nur Va bis Vs zu
verwenden ist. Ein sehr helles Bibliothekzimmer könnte besser als
Klasse dienen. Schlecht sind die drei Zimmer gegenüber dem
dreistöckigen Hause Taschenstrafse No. 1 und 2 (altes Theater),
sehr gut dagegen die gegenüber dem Oebäude No.3, welches nur einen
Stock hoch ist. In letzterem hat der dunkelste Platz noch immer
81^, statt 50^ £iu Zimmer, das nach Süden, nach der Liebichs-
böhe sieht, zeigt sogar 91 Qnadratgrade am dunkelsten Platze. So
nAssen Schulzimmer beschaffen sein. Im zweiten Stock sind von den
156
14 Klassen leider anch 5 zur Hftlfte und mehr unbrauchbar. Im
dritten Stock sind von 14 Zimmern 11 sehr schön; das auf dem
Plane mit Ko. 270 bezeichnete Zimmer hat am finstersten Platze
160 Quadratiprade statt 50. Aber leider sind 3 Yorderzimmer nach
der Taschenstrabe, nnter ihnen der siebenfenstrige Zeichensaal, za
Va — Vs nngenflgend beleuchtet. Ein helles Konferenzzimmer sollte
besser als Klasse verwendet werden. Unter 45 Klassen dieses neuen
Grebändes sind also im ganzen mindestens 9 nicht hinreichend belli
d. h. der fünfte Teil. Der Vortragende meint, daTs sich dies im
▼orans berechnen liefs. Denn die Taschenstrafse ist nicht doppelt
so breit, wie das alte Theater, das drei Stockwerke nebst Dachstahl
besitzt and mindestens 25 m hoch ist; sie hat vielmehr an der
Stelle des Scholhanses nur 13,5 bis 13,8 m Breite. Wenn man den
ersten Stock benatzen wollte, so hatte die Entfemong des Scholhanses
vom gegenüberliegenden Hanse 38 statt 14 m, bei Benatzang des
zweiten Stockes 26 statt 14 m, bei Benatzang des dritten Stockes
18 statt 14 m betragen, das Schalhaas also am 24, bezw. 12 oder
4 m zarückgerUckt werden müssen. Non aber sind die 7 Zimmer,
welche dem hohen Hanse gegenüberliegen, für immer geschädigt,
das läfst sich nicht ändern. Aber dasselbe Geschick droht leider
noch 8 Zimmern, die nach der Taschenstrafse gehen, sobald das
jetzt niedrige einstöckige Haas No. 3 ebenfaUs einen Aafbaa bis
zam dritten Stock erhalten wird. Damit wenigstens diese Gefahr
abgewendet werde, mnfs das erw&hnte Hans baldigst von der Stadt
angekanft werden ; sonst werden die jetzt sehr hellen Zimmer ebenso
finster, wie ihre Nachbarn. Aach war bei der Schmalheit des
Kanonenhofes and der Höhe der Hinterhäaser der Ohlaaerstrafse
voraaszasehen, dals die diesen gegenüberliegenden 6 Zimmer, welche
nach Norden sehen, im ersten and zweiten Stock za dankel werden
würden. Es wird meist gesagt, der einjährige Anfenthalt in eiser
danklen Klasse sei nicht schädlich, wenn die anderen Jahre nnr in
hellen Räamen verbracht würden. Allein der Vortragende hat sich
bei seinen eigenen Kindern vom Gegenteil überzengt. Es ist sehr
za wünschen, dals in den Anstalten, deren früher gnte Parterre-
zimmer durch vorgezogene Nenbaaten verschlechtert worden sind,
die Rektoren ins Parterre zögen and ihre hellen Räame in den
oberen Stockwerken den Schülern überlielsen. Bedauerlich findet
der Vortragende aach die Anschaffung von lackierten Blechschirmen
für die Lampen der neaen Kanonenhofschnle. Vor 8 Jahren bat
er bereits nachgewiesen, dafs anter diesem Schinne die Helligkeit
nar 9 Meterkerzen, dagegen anter einem ebensogrolsen polierten
Blechschirme 64 Kerzen beträgt. Zndem ist letzterer noch 69 Pfennige
billiger als der lackierte. Vielleicht liefse sich diese Bestellang noch
167
rückgängig machen. Bei aller Anerkennung der baulichen Leistungen
and des offenbaren Bestrebens der Baumeister, etwas Gutes auf dem
gegebenen Platze zu liefern, scheint es doch, als wären die Pläne
Tor dem Bau nicht grandlich genug in Bezug auf das Licht geprüft
worden. In die enge Taschenstrafse gehört ein neues Schulhaus
ebensowenig, wie Tor die hohen Ejrchen der Stadt. Die Zuziehung
Ton sachverständigen Schulärzten wird in Zukunft bei Schulbauten
nnerläCaJich sein.
Zur Yerantwortlielikeit der Lehrer bei Unglficksfällen
auf Schnlansflugen.
Besehlnfs des Vereins akademisch gebildeter Lehrer
in Elsafs-Lotkringen.
In der am 14. Oktober y. J. zu Stralsburg abgehaltenen
Bevollmächtigtenversammlung des Vereins akademisch gebildeter
Lehrer in Elsafs-Lothringen wurde folgender Antrag der Ortsgruppe
Weilsenburg, betreffend die laut Artikel 1384 c und d des bürger-
lichen Gesetzbuches bestehende Verantwortlichkeit der Lehrer bei
Unglflcksfällen auf Schulausflügen, angenommen:
Um soviel als möglich unangenehmen Erfahrungen bei Unglücks-
fällen auf Schnlausflügen vorzubeugen, empfiehlt es sich, den Schul*
gesetzen folgenden Satz hinzuzufügen:
„£ltem oder deren Stellvertreter, welche gegen die Be-
teiligung ihrer Söhne oder Pfleglinge an den Schulausflügen keinen
Einspruch erhoben haben, verzichten darauf, den die Aufsicht
führenden Lehrer für einen Unfall, den ihr Sohn oder Pflegling
erleidet, oder einen Schaden, den er veranlafst, nach Artikel
1384 c and d des bürgerlichen Gesetzbuches haftbar zu machen,
da selbstverständlich vom Lehrer aUes Mögliche gethan wird,
solches zu verhindern.*^
Die Artikel 1384 c und d lauten:
1384 c. Verantwortlich sind Lehrer und Handwerker für den
Schaden, welchen ihre Zöglinge und Lehrlinge während der Zeit,
wo dieselben unter ihrer Aufsicht sind, verorsacht haben.
1384 d. Die oben bemerkte Verantwortlichkeit tritt ein, sofern
die Lehrer und Handwerker nicht beweisen, dals sie die Handlung
nicht verhindern konnten, welche diese Verantwortlichkeit veranlafst.
Zur Begründung des Antrages wurden von dem Bevollmächtigten
Weibenburgs folgende beiden Fälle angeführt.
Bei einem mit einem Fackelzug verbundenen Schulfest des
dortigen Gymnasiums warf ein Schüler seine Fackel unvorsichtig fort
und verletzte emen Knaben aus der Zuschauermenge am Auge.
^ Yater des letzteren verlangte infolgedessen von dem Direktor
158
100 Mark Schadenersatz, welche dieser anch zahlte, nm es mcht
zur Klage kommen zu lassen.
Etwas Ähnliches trug sich im Sommer 1893 bei einem Ans-
änge zn, welchen der Yolksschnllehrer des Dorfes Weüer bei
Weiisenbnrg mit seinen Schfilem unternahm. Ein Knabe rollte
einen ziemlich schweren Stein den von ihm erklommenen Abhang
herunter und verletzte dadurch einen Mitschüler an Mund, Kiim
und Brust, so dafs derselbe ohnmächtig zusammenbrach. Obgleicfa
der Yater des Verletzten selber am Ausfluge teilgenommen hatte, so
verlangte er doch die Erstattung der Kurkosten vom Lehrer, welcher
dieselben, da ihm im Weigerungsfälle ein Prozels angedroht wurde,
schlieCslich auch bezahlte.
der städtiscben Sehnlen
Vom Wiener Stadtrat.
In der Sitzung des Wiener Stadtrates vom 5. Oktober v. J.
referierte Stadtrat von Nbumajtn nach der „N. JFV. IV." über die
Bestimmungen für die Ausführung der Heizungs- und Lüftongsanlagea
in den städtischen Schulen. Der Referent legte die vom Stadtban-
amte eingeholten Berichte über die Schulheizungen in Berlin, Dresden,
München, Hamburg, Stuttgart, Hannover und Karlsruhe vor und
stellte nach eingehender Besprechung • der Frage die folgendeo
Anträge:
1. Für die Schulen mit einer gröfseren Anzahl von Lehr-
zimmem ist Gentralluftheizung mit Dampfniederdruckheizkörpera znr
Erwärmung der Luft in den Heizkammem anzuwenden.
2. Für Schulen mit einer geringeren Anzahl von Lehrzimmem
sollen regulierbare Füllöfen mit Yentüationseinrichtnng in Anwendung
kommen.
3. Versuchsweise sind in den denmächst zu erbauenden Schulen
die in Dresden, Berlin und München in Anwendung stehenden Heiz-
systeme mit in den Schulzinmiem aufgestellten Heizkörpern, und zwar
mit Warmwasseranwendung einerseits und Dampfiiiederdruck anderem
seits auszuführen.
4. Der städtische Heizinspektor ist zu beauftragen, durch eine
Studienreise nach den benannten Städten sich über die daselbst
gemachten Erfahrungen, insbesondere rücksichüich der Detail-
einrichtungen, zu informieren.
Der Stadtrat hat diese Anträge bis auf Punkt 4, über weldien
die Beschlufsfassung vertagt wurde, sämtlich genehmigt.
159
Aitintxt M\iitx[nn%tn.
le S^miBarknrsey so laatet der Titel eines Auf-
Sitzes, den Kreisphysikas Dr. Dtrxnvukth zn Bütow in der „Ztschr,
f. MedübeamL" yeröffentlicht. Nach Zeitongsmeldungen, so schreibt
derselbe, wird höheren Orts beabsichtigt, in den Schnllehrerseminaren
hygienische Korse einzuführen. Einige Vorbereitung in der Gesond-
heitsknnde erhalten die Zöglinge schon jetzt gelegentlich des an-
tiuropologischen , zoologischen and botanischen Unterrichts. Sie
werden belehrt Aber den Ban des menschlichen Körpers nnd die
Yerrichtiuig seiner Organe, über Entwickelang, Wandelangen and
Wanderungen der menschlichen Parasiten; in den Seminargärten
werden die wichtigsten einheimischen Giftpflanzen gezogen, durch
Modelle die Giftpilze yeranschaulicht, es wird beim Turnunterricht
das HüfsYerfahren bei plötzlichen UnglücksfiUlen (Scheintod bei Er^
trinken, Ersticken durch Kohlendunst, Erhängen) gelehrt und geübt.
Trotzdem erscheint das bisher Gebotene noch recht unzulänglich und
d&e beträchtliche Erweiterung des hygienischen Wissens der zu-
kOnftigen Yolksbildner sehr wünschenswert, weshalb wir die geplante
Ebuichtang nur mit Freude begrüÜBen können. Der Elementarlehrer,
unbesondere der ländliche, ist ein Sohn des Volkes und steht durch
Beruf und Verkehr mitten im Volke. Er kennt dessen Wohnstätten
and Gewohnheiten, seine Sitten und Unsitten, seine Lebensweise
uid Lebensverhältnisse. Vermöge seiner ganzen Stellung und seiner
böheren Bildung genie&t er in breiten Kreisen Ansehen und Einflufs;
sein Wort und sein Bat sind von Gewicht und Geltung. Wie ein
FVemdling jedoch und ratlos steht er, zumal im Anfang seiner Läuf-
ig gemeingefährlichen und ansteckenden Krankheiten gegenüber,
wenn sie die Schwelle des Schulhanses überschreiten. Keine Ahnung
hat der junge Lehrer von den Merkmalen, unter welchen Scharlach,
IHplitherie, Trachom u. s. w. in die Erscheinung treten. Welcher
Medizinalbeamte hat es aber nicht schon erfahren, wie oft gerade
die Schale den Herd und das Mittelglied zur Verbreitung und Ein-
lustimg gefthrlicher Epidemien bildet? Ein oder mehrere Schüler
sind krank gemeldet und fehlen Yielleicht eine Woche lang in der
Sebole. Nachdem sie während der Zeit das Zimmer oder das Bett
^ütet und wohl auch Besuche von ihren Mitschülern erhalten
^beii, erscheinen sie wieder, kaum halb genesen, aber noch voll
160
mit Anstecktmgsstoff beladen. Kurz darauf erkranken die Nadibar-
schtQer; zusehends mehrt sich die Zahl der Aasständigen, bald
ist die Schule entYölkert, das ganze Dorf verseucht. Nun endlich
wird der bekannte schwerfällige Apparat in Bewegung gesetzt, der
Landrat Yon der Sachlage benachrichtigt, der Gemeindeyorsteher —
Fristyermerk fllnf Tage — beauftragt, die Krankheit durch einen
Arzt konstatieren zu lassen. Erst wenn dieser dem Kinde den
Namen gegeben, wird der Kreisphysikus angewiesen, an Ort and
Stelle Vorkehrungen gegen die Überhandnähme der Kalamität m
treffen. Freilich ist mittlerweile schon ein halbes Dutzend Kinder
und darflber auf den Kirchhof gebracht und Haus für Haus in ein
Lazarett verwandelt. Kein Wunder, wenn jetzt die angeordneten
Ma(sregeln so herzlieh geringe FrQchte tragen! Wieviel weniger
Opfer hätte die Seuche verschlungen, wenn der Lehrer im stände
gewesen wäre, gleich die ersten Fälle sofort zu erkennen oder zu
vermuten und bei der Behörde auf Untersuchung zu dringen. Diese
Fähigkeit wird er sich aber nur nach vorheriger, im Seminar
empfangener Anleitung zu eigen machen können (? D. Red.).
Verstand es der Vortragende dort, die Ursachen und das Wesen, den
Verlauf und die Gefahren der gewöhnlichen Volkskrankheiten kun
und bündig, aber auch klar und deutlich darzulegen, so wird sein
Wort sicherlich im Ohr des Hörers haften. Mit der blofeen Kenutnis
des Feindes ist es aber nicht gethan, es muDs auch gezeigt werden,
wie er sich vermeiden oder möglichst unschädlich machen läfst durch
Reinlichkeit, Wäschewechsel, Zufuhr frischer Luft, Vernichtung der
Abgänge, Handhabung des Desinfektionsverfahrens. Mit diesen Vor-
beugungsmitteln mufs der Lehrer um so notwendiger vertraut sein,
als derselbe ja häufig genug in die Lage kommt, sie in seiner eigenen
Familie anzuwenden und dafOr Sorge zu tragen, dafs sein Hans
nicht zum Ausgangspunkt einer verheerenden Seuche werde. Selbst-
verständlich wird bei diesem Unterricht nicht von patholo^sdi-
anatomischen Belehrungen, von chemischen oder mikroskopischen
Untersuchungen die Rede sein dürfen, noch viel weniger von Be-
handlungsmethoden oder Heilmitteln. Der Unterricht bezweckt ja
nicht, den künftigen Lehrer zum Bacillenfänger oder HeilkOnstler
abzurichten, sondern vor allem ihm die Fähigkeit zum Erkennen der
charakteristischen Merkmale beizubringen, unter denen die land-
läufigen ansteckenden Volkskrankheiten sich darstellen, nflmlich
Cholera, Blattern, Scharlach, Masern, Typhus, Diphtherie, Krupp,
Genickstarre, Trachom, Krätze. An die Urheberin der letztgenannten
schliefst sich die Betrachtung der anderen Schmarotzer, besonders
der Trichine und des Bandwurms, welche mit Rücksicht auf ihre
Gemeinschädlichkeit doch noch gründlicher und ausfährlicher, als es
161
bisher im Unterricht möglich war, behandelt werden müssen. Einer
eingehenden Wiederholung bedürfen anch die wichtigsten chemischen,
pflanzlichen und tierischen Gifte, wie das der Hnndswut und das
Schlangengift, mit Angabe der in dringenden Fällen geeigneten
Hausmittel. Die HillBleistnngen des Lehrers bei plötzlichen Unglücks-
flLDen möchte ich nur auf die mit unmittelbarer Lebensgefahr yer-
bundenen beschränken, nicht aber auf die übrigen ins Samariterfach
einschhigenden ansdehnen. Die Herren haben, wie man sagt, ohnedies
zowttlen Neigong, den Ärzten ins Handwerk zu pfuschen, und es
scheint nidit rätlidi, sie auf diesen Boden noch weiter zu verlocken.
Ein höchst ergiebiges Feld zur Ausübung der Gesundheitspflege findet
der Lehrer in den ihm teils als Wohnung, teils zur Wahrnehmung
sdnes Berufs überwiesenen Räumen. Bis die Zeit des Schxdarztes
kommt, wird mutmafslich nicht nur mancher Tropfen, sondern auch
mancher Hektoliter Wasser in den Ocean fliefsen. So lange muüs
in Tiden Dingoi der Lehrer fnr ihn eintreten. Er findet in seinem
Bereich dankbare Aufgaben die Fülle. Für diese muft sein Auge
geschärft werden. Wie häufig, namentlich auf dem Lande, die
Schulzimmer und Lehrerwohnungen den hygienischen Anforderungen
ins Gesicht schlagen, wie oft in den zugigen, nafskalten Räumen
chronischer Muskel- und Gelenkrheumatismus, Kopfechmerz, Bleich-
sndit und Bmstleiden ihren Ursprung haben, weüs jeder Kollege
ans eigener Erfahrung. Wie kläglich es auf dem Lande um die
Wsflserentnahmestellen und Abortanlagen meistenteils bestellt ist, wie
oft man daselbst beide in bedenklichster Nachbarschaft findet, ist
ebenfalls männigüch bekannt. Der Lehrer, der über die schweren
Kaehtefle Terunreinigten Trinkwassers unterrichtet ist, wird auch für
Beseitigung unerträglicher Übelstände in seiner Sphäre zu wirken
wissen. Über den wichtigsten Abschnitt des Kursus, enthaltend die
Gnmdlehren der speciellen Schulhygiene mit ihrem reichen haupt-
fiftchlich dem Schutz der Augen und der Lungen dienenden Stoff, wie
Schulbänke und Schultlsche, Luftemeuerung, natürliche und künst-
Udie Beleuchtung, Heizung (Ofenklappe und Kohlendunst), Vermeidung
der Staubscbädigungen u. s. w., kann ich mich in dem engen Rahmen
dieses Aufsatzes nicht weitläufig auslassen. Sache des unterrichtenden
— da(s dieser nur ein Arzt, sei es derjenige der Anstalt, sei
es ein Medizinalbeamter, sein kann, ist selbstyerständlich — wird
^ sein, das gesamte Material in etwa 15 Yortragsstunden zu
bewältigen. Damit die erworbenen Kenntnisse sich nicht zu schnell
verfiüchtigen, sondern im Gegenteil als dauernder Besitz mit ins
Leben hinübergenommen werden, dürften zur Teilnahme an dem
Knisus nur die im letzten Halbjahr vor dem Examen stehenden
Jünglinge heranzuziehen sein. Selbst bei überhäufter Beschäftigung
8chaIttfiuidli«it8pfl«ff«Yn. 11
162
wird sich ihr einen so wichtigen Zweck noch ein Stttndchen m dar
Woche ausfindig machen lassen.
Schriftproben Yon gchwachsiniiigeiiy bezw. idiotisehei
sind Yon PiPBB yeröffenüicht worden. Nach der ^Distk,
med. Wochschr.*^ Tersncht derselbe an der Hand seiner Erfahrnngea
die nicht seltene Neigung idiotischer Kinder zu Spiegelschrift ftr
die Prognose zu verwerten. Wir wissen, dab bei rechtsseitiger
Lfthmnng der Kranke, wenn er versucht, mit der linken Hand
zu schreiben, unter Umstünden von rechts nach links in Spiegel-
Bchrift schreibt. Dasselbe wird bei rechtshändigen Kindern be-
obachtet, wenn sie sich unwillkürlich zum Schreiben der linken
Hand bedienen, obwohl sie es mit der rechten erlernt haben. Sie
entnehmen dabei unbewuist das Erinnerungsbild aus der rechten
Gehirnhälfte, wo es in einer der linken Gehirnhälfte entsprechenden,
aber umgekehrten Weise enthalten ist Piper glaubt nun, beobachtet
zu haben, dafis bei deigenigen idiotischen Zöglingen, die mit der
linken Hand unbewufst Spiegelschrift schreiben, langsamere und
geringere Fortschritte erzielt werden, als bei denen, welche keine
Spiegelschrift schreiben. Besonders häufig kommt die Spiegelschrift
dort zur Beobachtung, wo centrale Störungen vorhanden sind. Es
ist also möglich, aus dem Verhalten des Kindes der Spiegelschrift
gegenüber wenigstens ein ungefähres Urteil über seine grölsere oder
geringere Bildungs&higkeit zu gewinnen.^
Über Sehullufi; hat der verstorbene Professor Carnbllt,
unterstützt von Herrn Foggie, eine Reihe von Untersuchungen
in Internaten angesteUt, von denen einige in Aberdeen lagen, andere
in Vorstädten oder in kleinen Städten, noch andere auf dem
Lande. Seine kürzlich in dem „Jaum. of PathoL cmd Bacienol^
veröffentlichten Resultate sind folgende. Der Luftraum pro Kopf
war annähernd in allen Schulen derselbe. Trotzdem fand sich, dab
die Kohlensäure und noch deutlicher die organischen Stoffe nod
Mikroorganismen mit Ausnahme der Schimmelpilze von den Land-
nach den Stadtschulen hin zunahmen. Die Untersuchungen zeigten
im ganzen die grolse Überlegenheit der mechanischen Lüftung. In
Schulen mit dieser betrug der Kohlensäuregehalt 12,3:10000, das
Mehr an organischen Stoffen im Vergleich zur Aufsenluft 1,1 und
die Zahl der Mikroorganismen 18,5 per Liter Luft. In Lehranstalten
mit blols natürlicher Ventilation dagegen waren die entsprechenden
Ziffern 16,3, bezw. 6,0 und 27,8. Die Reinlichkeit der Kinder md
auch der Schulgebäude hatte auf die Menge der Mikroorganismen
' VergL diese Zeitschrift, 1891, No. 9, S. 682—583 ; 1892, No. i
8. 166—166; 1893, No. 6, S. 338—340. D. Red.
163
beträchtlichen EinflniB. Beine Kinder gab'en 63, schmutzige 159
Mikroben auf den Liter Lnft; in sanberen Schnlränmen wnrden 85,
in nnsanberen 139 per Liter ermittelt. Nen erbaute Schul-
hftoser enthielten weniger Mikroorganismen als alte, doch schwand
dieser Unterschied nach einigen Jahren und schlug bei Mangel an
Reinlichkeit sogar in das Gegenteil um. Das auffallendste Ergebnis
aber war, dals die 2iahl der Mikroorganismen in unzweifelhafter
Beziehung zu dem Alter der Kinder steht: je jünger die letzteren,
desto mehr Mikroben; bei den ganz Kleinen fanden sich 167, in
Klasse I 146, in U 106, in DI 76, in lY 69, in Y 68 und in
Klasse YI 51 per Liter Luft. Es mag dies daher rühren, dafs
die Kinder, je jünger, desto schmutziger und beweglicher sind. Die
Lage der Schule hat auch eine gewisse Bedeutung für die Häufigkeit
der Mikroben. Höher und freier gelegene enthalten viel weniger
Bakterien, als tiefer und geschützter gelegene. Dagegen machte
sich derEinfluls des Wetters nur wenig bemerklich; doch schien an
kalten, trockenen, ruhigen Tagen die Zahl der Mikroorganismen ihr
Maximum zu erreichen.
Todesfälle junger Lente, yernrsaclit dnrcli Ohrfeigen.
Von Th. HfliHANN in Warschau wird in der r.Z^chr. f, Ohrhlkde^
ein Fall beschrieben, in welchem es sich um einen bisher völlig
gesunden, einige Male geohrfeigten jungen Menschen handelte. Un-
mittelbar nach den Schlägen flols etwas Blut aus dem linken Ohr,
infolge von Trommelfellzerreüsung, und es trat leichter Schwindel
ein. Nach 36 Stunden bestand blutig-eiteriger, später eiteriger Aus-
iinls, schweres Schwindelgefühl, kleiner und rascher Puls. Die
Temperatur ging Ton 36,9® C. allmählich auf 36,0® herab. Einige
Tage später folgte Brechen. Der Tod trat nach Ablauf einer Woche
ein. Während die Diagnose auf eitrige Mittelohrentzündung, Gehim-
eTschflttemng und ein wahrscheinliches Leiden des Kleinhirns gestellt
war, ergab die Leichenöffnung die Unversehrtheit des letzteren und neben
TrommelfeUzerreifsung und Eiter in der entzündeten Tronmielhöhle
nur Blutflberfttllung und Bluterguis in die Hirnhaut und die Seiten-
Tentrikel des Gehirns, auiserdem linksseitige trockene Brustfellentzündung
ond Lungenhyperämie. In einem früher von demselben Autor
beobachteten ähnlichen Falle bestand chronische Mittelohr- und
Warzenfortsatzeiterung, und der Tod erfolgte gleichfalls acht Tage nach
der Ohrfeige. Man ersieht hieraus, wie gefährlich dies aus den
Schulen noch inuner nicht völlig verbannte Disdplinarmittel werden
kann.
Radfohrerkranklieiten lautet der Titel eines Aufsatzes, den
Dr. AxBL WiNCKLEK in „D. är/BÜ, Prakt,*^ veröffentlicht. Als das
Radfahren aufkam, wetteiferten die Ärzte und Hygieniker in
11*
164
seinem Lobe. Bei ubs' war es Professor Nubsbaxtm, der diesen
Sport mit begeisterten Worten empfahl, in Frankreich Dr. Tissii,
ja in England pries ein ganzer Chorus von Ärzten das Rad fast als
Panacee ; wir nennen Yon denselben nur Dr. Blacklakd, Dr. Richabd-
80N, Dr. jBNNiNas und Dr. Hammond. Der bekannte italienische
Hygieniker, Professor Mantegazza, aber schwang sich zu folg^em
Hymnus auf: „Das Zweirad ist der Triumph des menschlichen
Gedankens über die träge Materie. Zwei Rftder, die kaum den
Boden berflhren, und die man für Flügel halten künnte, tragen dich
in weite, weite Femen mit wunderbarer, berauschender Schnellig-
keit, ohne den mitleiderregenden Schweifs überanstrengter Tiere,
ohne das h&Tsliche Ächzen rauchender Maschinen. Ein Wunder des
Gleichgewichts, der Einfachheit, der Leichtigkeit! Ein Maximum der
Kraft, ein Minimum an Werkzeugen, der Inbegriff der Schnelligkeit
und Eleganz! Ein Mensch, der danach strebt, Engel zu werden,
Merkur, der aus seinem Grabe auferstanden ist und lebendig,
greifbar vor uns erscheint — das ist das Zweirad." Nflchtene
Beobachter fanden jedoch mit der Zeit, dais das Yelociped aach
seine Schattenseiten habe. Der bei Anfängern so h&ufige Sturz mit
dem Rade gab den Chirurgen reichlich zu thun. Namentlich der
Kopfsturz ist wegen seiner schweren Folgen, wie Sch&ddbruch,
Gehirnerschütterung u. dergl., berüchtigt geworden. Der Radfahrer
bleibt nämlich beim Überschlagen des Rades zunächst in seiner
aufrechten Stellung, und erst in dem Momente, wo er mit den
Füfsen den Boden berührt, reifst die Lenkstange beide Beine nach
rückwärts, so dais er auf die Hände und Kniee ftllt. Nur wenn
die Greschwindigkeit eine sehr grofse war und die Hände dem Anprsll
nicht standhalten können, schlägt auch der Kopf auf den Erd-
boden. Dementsprechend sind die häufigsten Verletzungen des
Radfahrers Hautabschürfungen an Händen und Knieen, Verstauchungen
der Handgelenke, Prellungen, bezw. Brüche der Kniescheibe. Der
berüchtigte Kopfsturz konmit in der Regel blofs dann Tor, wenn
der Radfahrer bei einer besonders scharfen Kurve seitwärts hinans-
geschleudert wird, folglich nicht im stände ist, den Hauptanprall
durch Vorstrecken der Hände abzuschwächen, vielmehr erst mit
einer Schulter und unmittelbar danach mit dem Kopfe auf die Erde
aufschlägt. Nur besonders starke Schädel halten einen solchen Stofs
aus. Fast noch bedenklicher als die gelegentlichen Verietzungen
beim Stürzen sind die Folgen des sportlichen MifSsbrauches, der
mit dem Fahrrade getrieben wird, und der bei Wettrennen seinen
Gipfel erreicht. Manche Fahrer, namentlich solche, die sich nicht
ordentlich trainiert haben, erreichen das Ziel in so erschöpftem
Zustande, dafs jeder verständige Arzt den Kopf dazu schütteln
166
maCs. Schon die schlechte Haltung Tieler Sportslente anf dem
Rade erregt Bedenken. Leider trachten nämlich manche Anfänger
den Katzenhackel einiger hertthmt gewordener Dauerfahrer nachzu-
aiunen, die, nm eine gröCaere Kraft ansähen zn können, die Lenk-
stange möglichst tief stellen nnd infolgedessen mit ganz verkrttmmtem
Racken auf der Maschine sitzen. Zu Spazierfahrten und Tages«
reisen, die nicht den Zweck hahen, möglichst viele Kilometer zurück-
znl^en, sondern die Schönheiten der Natur kennen zu lernen und
den Lungen reine Luft zuzuführeui braucht man keine tiefe Stellung
der Lenkstange. Abgesehen Ton der schlechten Körperhaltung,
kommen bei denen, welche das nfltzliche Fahrzeug zu einem Werk-
zeuge des Sports machen, häufig Herzhypertrophie, Lungenblutungen
und sonstige Folgen der Überanstrengung vor. Nach Durchnässnngen
auf weiten Touren an Begentagen werden auch rheumatische und
katarrhalische Erkrankungen beobachtet Alle die bisher aufge-
zählten Übelstände des falsch betriebenen oder flbertriebenen Rad-
fahrens können auch bei sonstigen forcierten LeibesObungen auftreten.
Wir kennen aber noch andere Folgen, welche dem Eadfahrersport
spedeU anhaften. Das Zweirad kann durch andauernde Erschütte-
mng der Wirbelsäule dem Nervensystem, insbesondere dem ROcken-
mark, nachteilig werden und geradezu eine Heizung desselben her-
vorrufen. Es ist dies jedoch nur bei weiten Fahrten auf ungttn-
stigem Terrain und bei schlecht gebauten Rädern der Fall. Seit
Einfahnmg des pneumatischen Radbelages, welcher die durch Un-
ebenheiten des Bodens hervorgerufenen Stöfse abschwächt, kommt
dieser Übelstand weniger als sonst zur Geltung. Aber Thatsache
ist, dala die vibrierenden Stöfse der Maschine den zu Nervenleiden
disponierten Personen schlecht bekommen. Eine andere Wirkung
ttbertriebenen Radfahrens ist eine eigentamliche Entzündung der
Vorsteherdrüse. Diese Krankheit der Velocipedisten ist zuerst in
England beobachtet worden, wo das Radfahren, wie jeder Sport,
oft aulserordentlich übertrieben wird. Dr. J* W. Iridin berichtete
im j^Med. (md surg. Beport.^, dafs er innerhalb 18 Monaten 5 Fälle
einer eigenartigen Entzündung der Vorsteherdrüse zu behandeln
batte, welche durch den Druck des Sattels des Zweirades auf die-
selbe verursacht worden war. Ähnlich haben Dr. Millee und
Dr. M]tNlERE in der Pariser Soci^t^ de m^decine pratique über
einige Fälle berichtet, wo nach angestrengtem Radfahren Hamröhren-
eatzflndung und Harnzwang der Blase entstand. Auch Dr. Wingklbr
selbst beobachtete, dafs ein leidenschaftlicher Radfahrer — er ist
sogar Vorsitzender eines Radfahrerbundes — lange Zeit an einem
derartigen Leiden laborierte. Zum Schlüsse bemerkt Verfasser, dafs
er weit entfernt davon sei, gegen jedes Radfahren polemisieren zu
166
wollen. Die gesundheitsfördernden Wirkungen einer milMgen
Yelocipedbenntzang seien unleugbar und augenscheinlich. Er warnt
aber davor, Kinder und junge Leute radfahren zu lassen, deren
Enochenwachstum noch nicht vollendet ist. Bei ihnen begünstigt
dieser Sport Yerkrammungen der Wirbelsäule und lälst auch Herz-
affektionen zu Stande kommen. Will man trotzdem ein Kind radfahren
lassen, so sorge man wenigstens f&r eine äufserst leicht gebaute
Maschine, deren Mafse genau für seinen Körper passen, und dulde
nicht, dafs es krumm darauf sitze. Wett- und Distanzfahrten aber
überlasse man den Sportsmen.
Eine Schulbank mit fester Distaius ist, wie wir der ^Dtsch,
med. Wochschr." entnehmen, von Marsch in Halberstadt kon-
struiert worden. Die den bisher eingeführten Schulbänken anhaftenden
M&ngel glaubt derselbe in einer absolut fest gebauten Bank vermieden
zu haben, bei welcher das gleichzeitige Yorhandensein einer Plos-
und Minusdistanz durch zusammentreffende kurvenartige Ausschnitte
sowohl an der Innenseite der Tischplatte, wie des Sitzbrettes ge-
schaffen ist. Hier kann der Schüler beliebig seine Stellung wechseb,
sitzen und stehen in ungezwungener, hygienisch richtiger Körper-
haltung. Auch soll sich die Disciplin seitens der Lehrer bei der
eigenartigen Fixierung des Schülerplatzes leichter als bisher aufrecht
erhalten lassen. Der Einwand, dafs durch die für jeden Schüler
gewissermalsen vorhandenen zwei Plätze mehr Grundfläche für die
Subsellien als sonst erforderlich sei, erweist sich als hinfällig, wenn
man berücksichtigt, da& für die Bemessung der Grundfläche nur die
Minusdistanz in Frage kommt, so dafs die Ersparnis gegenüber
Bänken mit Plusdistanz durch die Yergröfserung der Banklänge an-
nähernd ausgeglichen wird. Die Konstruktion dieser Bank hat den
besonderen Vorzug, dafs das Aptieren alter Schulbänke nach dem
neuen System mit Leichtigkeit und ohne gröCseren Kostenaufwand
vorgenommen werden kann.
Sagesgefi^ii^tlit^es*
Das Uuterrichtsprogranim der Lehrerbildungsanstalt des
deutschen Vereins fnr Knabenhandarbeit auf da« Jahr 1894
bietet den Teilnehmern folgende Fächer zur Wahl: Unterweisung in
den Arbeiten der Vorstufe des Handfertigkeitsunterrichts, Papparbeit,
Hobelbankarbeit, ländliche Holzarbeit, Holzschnitzerei, Metallarbeit,
ländliche Metallarbeit, Formen in Thon und Plastilina, Obst- und
167
Gartenbau, Unterweisung in der beim Herstellen yon physikalischen
Apparaten notwendigen Glasbearbeitnng. Die Gesamtleitnng fbhrt
der Direktor der Anstalt, Dr. W. GÖTZE, und in Steilvertretang
desselben Professor M. ZüB Strassen, Direktor des Kunstgewerbe-
maseuns in Leipzig. Genflgende Beteiligung vorausgesetzt, werden
Tier Iftnfwöchige ünterrichtskurse, und zwar vom 29. Mftrz bis
2. Mai, Tom 25. Juni bis 28. Jiüi, vom 30. Juli bis 1. September
ond vom 3. September bis 6. Oktober stattfinden. Nach Schlufs
der Kurse können Mitglieder auf Wunsch Bescheinigungen und Zeug-
nisse Aber ihre ThStigkeit und ihre Befähigung fOr den Arbeits-
nnterricht erhalten. Das Honorar, welches im voraus zu erlegen ist,
betr> 60 Mark fflr jeden fünfwöchigen Kursus und 15 Mark für
das Material, wogegen den Teilnehmern die von ihnen gefertigten
Arbeiten als Modelle fGbr ihren kflnftdgen Unterricht verbleiben. An-
meldungen, sowie Anfragen sind zu richten an Direktor Dr. W. GÖT^E
in Leipzig, Schenkendorfstrabe 61.
Die GesimdlieitsyerlüUtiiisse der Dorfscbfiler des Kreises
bealiageii in Hannover sind vor einiger Zeit von Kreisphysikus
Dr. Max Langsrhans in Hankensbflttel festgestellt worden. Nach
einem Berichte desselben in der „Ztsdir, f. Medkheamt,*' waren von
den untersuchten 2367 Kindern gesund 752 = 74,0 Vo, krank 615
= 26,0% und nach Abrechnung der Kurzsichtigen gesund 1879
= 79,4^0, krank 488 = 20,6%. Von den 1160 Knaben erwiesen
sich gesund 845 oder 72,9%, krank 315 oder 29,1 7o und, wenn
man von den Myopen absieht, gesund 907 oder 78,2%, krank 253
oder 21,8%. Unter den 1207 Mädchen endlich wurden gefunden
gesunde 907 = 75,2 7o, kranke 300 = 24,8 Vo und nach Ausschluls
der Kurzsichtigen gesunde 972 = 80,6 Vo, kranke 235 = 19,4%.
Ans diesen Zahlen geht hervor, dals die Kränklichkeit der Schulkinder
des Kreises Isenhagen verhältnismäbig gering ist, auf jeden Fall sehr
viel geringer, als sie bei den Schillern höherer Lehranstalten gefunden
whd, wo die Krankenzahl, zumal in den obersten Klassen, bekanntlich
eine aniserordentlich hohe zu sein pflegt. Doch auch den Volksschülem
anderer Gegenden, beispielsweise den dänischen ländlichen Yolks-
flchnlem gegenüber, welche 29% Kranke aufzeigen, erweist sich die
SchuQugend des Kreises Isenhagen mit 20,6% Kränklicher als
relativ recht gesund. Wie anderwärts, so ninunt auch hier das
Krankenprozent während der Zeit des Schulbesuches, wenn auch nur
in geringem Grade, zu. Diese Zunahme ist aber so wenig gleich-
nAlaig, da(s man kaum ein sich gleich bleibendes, allmählich in
Khftdlichem Sinne auf die Gesundheit der Kinder einwirkendes
Agens als die wesentliche Ursache annehmen kann. Eine eingehende
Betrachtung zeigt vielmehr, dafs es zumeist die Infektionskrankheiten
168
und ihre Folgezustfinde sind, welche gewissen örtlichkeiten und andi
gewissen Altersklassen das Geprftge einer grl^ÜMren Erftakliehkeit
anfdrftcken. Was die Erkrankungen der Schnlkinder dee Kreis«
Isenhagen im einzelnen betrifft, so wurde Kopfschmerz bei 8,6%
der Knaben und 3,2% der M&dchen beobachtet, nnd zwar zeigte
derselbe eine beachtenswerte Zunahme bei den der Pnbertit sich
nähernden beiden ältesten Jahrgängen der Mädchen mit 7^%, bezw.
7,8%. Dieselbe Erscheinnng fand sich anch beider Blutarmut,
an welcher 1,5% der Knaben und 2,6 7o der Mädchen litten. Audi
hier stieg die Zahl der Blutarmen beim letzten Jahrgang der Mädehea
Ton 2,1% auf 5,4%. Nasenbluten mit 0,3% und Nervositftt
mit 0,2% bei den Mädchen, sowie 0,3% bei den Knaben spieltoi
nur eine sehr untergeordnete Rolle. Appetitlosigkeit als solche
kam kaum je vor. unter den sämtlichen Kindern litten nur 16 danoi,
und zwar meistens Rekonvalescenten oder sonst schwächliche lodi-
Tiduen. Äufsere Krankheiten des Auges fanden sich recht
zahkeich, nämUch bei 39 Knaben = 3,3% und 41 Mädchen
= 3,2%. Meist handelte es sich um follikuläre oder sonstige
Bindehautentzündungen, Lidrand- und Homhautentzttndungen, Horn-
hauttrübungen, Augenzittern und Schielen. Als kurzsichtig erwiesen
sich Ton den 2084 Schulkindern der ältesten 7 Jahrgänge 106 oder
7,6%. Von den Mädchen waren 7,5 7o, von den Knaben 7,8 7o
myopisch. Im einzelnen yerteilte sich die Kurzsichtigkeit folgender-
maben:
Alter
Zahl der
Zahl der
Prosent der
in
nntersachten
knnaichtlgen
knruiehtigen
SU
Knaben
Knaben
Knaben
Jahren
und MAdchen
und Mädchen
und Mädchen
7
310
25
8,0
8
303
22
7,2
9
306
19
6,2
10
269
21
7,8
11
283
21
7,6
12
309
25
8,9
13
304
28
9,2
Snmi
ma 2084
160
7,6
Die Hauptursache der Myopie war offenbar Vererbung. £s wurde
in sehr vielen Fällen von dem Lehrer angegeben, dais die Eltern
oder die älteren Geschwister myopischer Kinder ebenfalls kurzsichtig
169
säen. Interessant war aachi dab unter den 5 Zwillingspaaren,
wetehe sich in den Scbnlen yor&nden, zweimal beide Zwillinge an
Knrzsichtigkeit litten. Es verdient femer Erwähnung, daTs der
Lehierstand, welcher wohl mit Becht als der brillentragende Stand
not ^|«x^y gut, eine ganz nnverbfiltnismäfsig grolse Zahl knrz-
sichtiger Kinder in die Scbnlen geliefert hatte. BQckgratsver»
krümmnng kam bei 7 Knaben = 0,6%, dagegen bei 20 Hfidchen
= 2 % znr Beobachtung, wobei zweifelsohne viele leichtere Fftlle
flb^rsehen wurden. Die Hauptschuld an der grolsen Zahl der Bück-
gratsverkrOmmungen gerade bei M&dchea scheint in dem häufigen
Trtgen jflngerer Geschwister zu liegen. Skrofulöse liels sich sehr
oft konstatieren. Dabei wurden eiternde Halsdrflsen u. s. w., sobald
sie das einzige Symptom bildeten, unter Tuberkulose und nicht unter
Skrofoloee eingetragen, andererseits aber auch nicht jedes Kind, bei
dem die sorgfiütigste Untersuchung nur eine einzelne geschwollene
Halsdräse erkennen lieb, nun gleich als skrofulös angesehen. Nach
diesem MaCsstabe gemessen, erwiesen sich 7S Knaben oder 6,2%
and 52 Mädchen oder 4,3% als unzweifelhaft skrofulös. Unter
den anderen langwierigen Krankheiten müssen zunächst die
Ohrenkrankheiten erwähnt werden, welche um so wichtiger
sind, als sie häufig den Ghrund zu unheilbarer Schwerhörigkeit legen.
Der Zahl nach am häufigsten waren eiterige Ohrenausflttsse, die bei
24 Knaben und 16 Mädchen vorkamen. Schwerhörigkeit, ohne dab
zur Zeit der Untersuchung Ausfluls vorhanden war, wurde in 15
Fällen ermittelt. Von den 40 Kindern mit Ohreneiterung hatten
26 in den beiden letzten Jahren Scharlach durchgemacht, während
bei 5 Kindern der Ohrenfluls als Folge einer schweren Masern-
epidemie zurQckgeblieben war. Auch l>ei den 15 Kindern, die, ohne
Obienfinfe zu haben, schwerhörig waren, mufste siebenmal Scharlach,
einmal Masern als Ursache der Schwerhörigkeit angesehen werden.
Yen Hautkrankheiten wurden 5 Fälle von Ekzem, 18 von
Impetigo contagiosa und 8 andere Dermatosen notiert. Interessant
ist, dafe sich unter den 18 Impetigokranken 16 Knaben befanden,
offenbar eine Folge der geringer entwickelten Beinlichkeit bei der
mSimlichen Schullugend. Herzkrankheiten kamen bei 10 Kindern
▼or, und zwar war einmal ein Klappenfehler, einmal eine Yerschie-
bung des Herzens mit Herzklopfen infolge eines schrumpfenden
Exsndates, dreimal Yergröfserung des Herzens mit Herzklopfen und
Kurzatmigkeit, einmal Unregelmäfsigkeit und Schwäche der Herz*
tbätigkdt, einmal nur Herzklopfen vorhanden. Was die Lungen-
krankheiten betrifft, so zeigte sich länger dauernder Husten
fliit Auswurf nur bei 5 Kindern» von denen eines an vorgeschrittener
Longen- und Keblkopftnberkulose litt, ein anderes der Lungen-
170
tuberkulöse mindestens sehr yerdftchtig war. Vom Schnlbesache
zurückgehalten wurde femer ein Kind mit Tuberkulose der Lungen
und der Rflckenwirbelsftule. Knochen-, bezw. Gelenktuberkn-
lose fand sich bei 3 Kindern. Wegen ähnlicher Leiden waren 2
in auswärtigen Kliniken untergebracht. Rhachitis höheren Grades
kam bei 3 Kindern vor. Defekte der psychischen Thäügkeit
von leichtem Schwachsinn bis zum ausgebildetsten Blödsinn wurden
bei 10 Knaben und 10 Mädchen festgestellt, häutig mit Schwerhörig-
keit, zuweilen auch mit körperlichen Mifsbüdungen kompliziert. Eins
dieser Kinder hatte gleichzeitig eine Hasenscharte, Mifsbüdung der
Ohren und Aphasie, ein anderes war ein ausgeprägter Mikrocephalns.
An Veitstanz litten 2 Mädchen, die derselben Schulklasse an-
gehörten, an Epilepsie 3 Knaben und 3 Mädchen. Stottern fand
sich bei 23 Kindern, und zwar bemerkenswerterweise bei 19 Knaben
und 4 Mädchen. Soweit die kleinen Ziffern einen Schluls zulassen,
schien die Zahl der Stotterer und die Heftigkeit des Stottems während
des Schulbesuches zuzunehmen. Ein Knabe litt an Incontinentia
urinae, mehrere an Bettnässen. Vier Knaben hatten Leisten-
brache, einer litt an Wasserbruch. Schließlich fanden sich
noch einige Mifsbildungen, einmal beiderseitige Klumpfftise,
einmal Defekt beider Ellenbogengelenke, einmal eine Müsbildung
des Schädels, einige geheilte Hasenscharten und zwei kleinere Gefäls-
geschwtüste. Im allgemeinen ist der Gesundheitszustand der unter-
suchten Kinder günstig zu nennen. Denn die langwierigen Krank-
heitszustände, welche sich als Folge socialen Elends, vor allem
ungenflgender Ernährung, ausbilden, spielen hier ebensowenig eine
Rolle, wie die eigentlichen Schulkrankheiten, die als Folge geistiger
Überanstrengung anzusehen sind. Es waren vielmehr fast ausschließ-
lich die Seuchen, welche die Kränklichkeit der Schüler hervorragend
beeinfluist hatten.
Farsballwettstreit zwischen den Studenten von Oxford
nnd Cambridge. Wie alljährlich ein Ruderwettkampf zwisdien den
Universitäten Oxford und Cambridge ausgefochten wird, so ist dies
auch mit einem Fufsballwettkampf der Fall. Mitte Dezember v. J.
fand er in London statt. An 10000 Personen schauten demselben
zu. Keiner Partei gelang es, ein Mal zu gewinnen ; Oxford brachte
es aber doch einmal fertig, den Ball dem gegnerischen Male gef&hriich
nahe zu bringen. Auf Grund dieses Vorkommnisses wurden die
Oxforder für Sieger erklärt.
Mifsigkeitsnnterrieht in den Schnlen des Anslandes. In
Amerika hatten 1891 24 der 38 Staaten der Union obligatorisdien
Unterricht eingeführt in Physiologie und Hygiene mit besonderer
Rücksicht auf die Einwirkungen der berauschenden Getränke anf
171
Gesimdlieit und Glück. ^ Der gleiche Unterricht wird anf Beschlnfs
des Kongresses in allen Schulen der Territorien erteilt, so dafs also
die höchste gesetzgeberische Yersammlnng der Vereinigten Staaten sich
dafllr erkl&rt hat. Dieselbe hat auch durch eine Verordnung TOm
Jahre 1886 bestimmt: „Nach dem 1. Januar 1888 soll niemand die
Berechtigung haben, in öffentlichen Schulen zu lehren, der nicht in
Physiologie und Hygiene mit specieller Berücksichtigung des Kapitels
tiber die Eigenschaften der alkoholischen Getränke, sowie der
Narkotika und deren Wirkungen auf den menschlichen Körper ein
befriedigendes Examen abgelegt hat.^ Ähnliche Bestimmungen
gelten in einigen Teilen Kanadas und anderen britischen
Kolonien. In Grofsbritannien ist mancherlei der Art versucht
worden. Am wichtigsten erscheint der private Unterricht für Schul-
kinder teils durch Redner der Mäisigkeitsvereine, die in die Schulen ge-
schickt werden, teils durch die Kindermftfsigkeitsvereine „Bands of Hope^,
„JuvenOe Temples of the Order of Good Templars", „Juvenile Sons of
the Phoenix", „Juvenile Rechabites" u.s.w. Im ganzen gab es 1891
16724 Mälsigkeitsvereine für Kinder, welche 1975696 MitgUeder
zählten. Die Mäfsigkeitsredner, die in die Schulen geschickt werden,
halten dort nach der Schulzeit kurze Vortrage von */« — 1 Stunde
fiber die Wirkungen des Alkohols, welche sie durch chemische Experi-
mente, durch statistische Zeichnungen u. dergl. eindringlich zu
machen suchen. Oft werden die Kinder aufgefordert, den Inhalt
dieser Vorträge aus dem Gedächtnis niederzuschreiben; die besten
Arbeiten erhalten Preise. So hat die ^Band of Hope Union^, nachdem
sie 10000 £ Sterling für diesen Zweck gesammelt hatte, vor einigen
Jahren neun tüchtige Redner in die Schulen des Landes entsendet;
diese haben in den ersten zehn Monaten in 2544 Schulen vor 277671
Kindern gesprochen; nicht weniger als 111832 Kinder schickten
Aufsätze über das Gehörte zur Freisbewerbung ein. Über 240 Orts-
scfaolkommissionen haben die Erlaubnis zu diesen Vorträgen erteilt.
Auch die „National Temperance League^ unterhält einen oder zwei
Wanderredner fQr die Schulen, und zwar schon gegen dreifsig Jahre.
Der Sekretär teflte 1889 mit, dafs ungefähr 100000 Aufsätze der
zuhörenden Kinder eingegangen seien, von denen 1820 Preise
erhalten hätten. Bemerkenswert ist ein Beschluls, den die Londoner
Sdmlkommission schon 1877 gefasst hat, und der noch in Kraft
besteht Sie hat nämlich verfügt, dals in Rücksicht auf die Ver-
breitung der Unmäfsigkeit und ihrer schlimmen Folgen für die
Oesdlschaft eine besondere Belehrung über die Gefahren der
* Vgl. diese Zeitschrift, 1890, No. 5, S. 297; No. 10, S. 613—614.
172
Tronksucht in allen Volksschulen der Stadt geboten werde, wo ach
Gelegenheit dazu bietet Erstens sollen die Lehrer in der enten
Stande des Tages im Anschlofs an das Lesen der heiligen Schrift,
wenn der Text eine Handhabe bietet, mir Tagend der MäUg-
keit ermahnen. Zweitens können die Lese- nnd Sefareibbücher
dem gleichen Zwecke dienstbar gemacht werden. Dritteu
empfiehlt es sich, an den Wftnden der Scholzimm^ DarsteUanges
aaf Plakaten anfzohftngen, die den Nutzen der Nüchternheit,
Sparsamkeit und Arbeitsamkeit zeigen. Viertens sollen in des
Gesangstunden Lieder zum Preise der M&feigkeit eingeflbt werden.
Fflnftens wird empfohlen, dais die Schulzimmer nach den Uoter-
richtsstonden geeigneten Rednern fOr MftfsigkeitsTortrftge zur Ter-
fügnng gestellt werden, damit sie vor den Schulkindern sprechen;
doch soll stets erst die Erlaubnis des Schulvorstandee eingeholt
werden und die Teilnahme der Lehrer und Schfiler gftnzlich frei-
willig sein. Immer wieder hat man bei diesra Vorträgen fremder
Bedner gefrmden, dab, um die Kinder zu gewinnen, es vor allem
nötig ist, zuerst die Lehrer für die Sache zu erwärmen. Wenn der
Lehrer mit yerschränkten Armen den Vortrag mit anhört und die
Kinder merken, da(s er ganz anderer Meinung ist, als der Redner,
so hat die Rede nur schwache Wirkung. Und dieser Fall ist sehr
häufig, da die Vortragenden sich ja nicht auf die Forderung strenger
Mäfsigkeit beschränken, der kein Lehrer widersprechen könnte,
sondern gänzliche Enthaltung verlangen. Deshalb geben sich die
genannten Vereine Mflhe, die Lehrer zum Glauben an die Abstinenz m
bekehren. Die „Band of Hope Union^ labt auch die Schullehrer-
seminare durch ihre Redner besachen. Die „National Temperanee
League*' schreibt allljährlich Preise für Seminaristen aus. Verlangt
werden von diesen Antworten auf bestimmte Fragen ans dem Gebiete
der Physiologie und besonders der Alkoholkunde, meist in Aaschlafe
an die Handbücher yon Dr. Riohardson, Dr. Fobstbb u. a. Die
genannte Gesellschaft hält auch jedes Jahr mehrere Versammlungen
fflr Lehrer und Lehrerinnen in den groDsen Städten ab, wobei z. B.
1890 mehr als 600 Lehrer die betreffenden Vorträge hörten. In
Schweden ist durch Königliche Verfägung yom 4. November 1892
angeordnet, daCs gemäls einem Beschlufs der Kammern vom
4. Mai 1891 die Hygiene und besonders der Unterricht aber die
Gefahren des Alkohols als obligatorisches Schulfach einzufahren ist
Auch das neue Schulgesetz Norwegens macht die Volkshygiene
zum Unterrichtsfach. In Schweden besteht übrigens seit Juli 1891
eine „schwedische Abteilung des EnthaltsamkeitsTereins nordischer
Lehrer", die nach dem Vorbilde des finnländischen „Lehrer-
yereins für Hygiene und Nüchternheit" begründet ist. Ebenso ist
178
für Nordschleswig ein solcher Verein Ton einem jungen Lehrer auf
Alsen hereits angeregt. In Schweden hat die Enthaltsamkeitssache
aneh nnter den Stndier^den viele Freunde. So besteht seit kurzem
in üpsala als Mittelpunkt fDr die Propaganda ein Studentenheim
mit Wohnungen ftr 16 Studierende und Yersammlungssälen, in denen
keine alkoholhaltigen G^trftnke yerschänkt werden. In Dänemark
hat kUrzHch das Ministerium 500 Kronen zur Herausgabe einer
Alkoholkunde für Lehrer bewilligt, die von dem Arzte Michael
Larsek und dem Reichstagsabgeordneten Kandidat Trier aus-
gearbeitet und allen Lehrern an öffentlichen Schulen zugestellt werden
soll. Wir möchten hier auch einige Äulserungen wiedergeben, die
der aus Schleswig^Holstein stammende dänische Lehrer G. Wagenkr
sof dem Mäbigkeitskongresse in Christiania über frühere Leistungen
der Schule auf diesem Gebiete gethan hat : „Ich habe zwei dänische
Lesebllcher mitgebracht und werde mir erlauben, Urnen dieselben
voTznlegen. Das eine, „Birch: Naturen, Mennesket og Borgerm^,
war in der Mitte des Jahrhunderts in allgemeinem Gebrauch; das
andere, „Matzen: Dansk Laesebog IP, ist gegenwärtig eins der
gebräuchlichsten. Ersteres hebt mit 20 Erzählungen an. Nicht
weniger ab 5 dersdben warnen vor den Gefahren des Wirtshaus-
lebens und des Branntweintrinkens. In einem der folgenden Ab-
schnitte wird die Gesundheitslehre abgehandelt und da wiederum vor
dem Branntwein gewarnt. In meiner Jugend war in den Herzog-
tfimem der schleswig-holsteinischen Ghiomon vom Oberkonsistoriälrat
Dr. Klaus Harms ein sehr beliebtes Lesebuch, in dem gleichfalls
die ünmft&igkeit getadelt wird. Von Holland ist uns nur bekannt,
dafs einige der englischen Alkoholkatechismen ins Holländische über-
setzt sind und deren Yerbreitung und Benutzung durch die obersten
Sdudbehörden empfohlen wurde. Dagegen ist man in Belgien kürzlich
sehr energisch für die Beeinflussung der Schüler zu gnnsten der
Mäßigkeit eingetreten. Im September 1887 erliefe der Oberschul-
inspektor der Provinz Limburg F. A. Kobtns ein Schreiben an
alle Sehulinspektoren der ProTinz des Inhalts, sie möchten die Lehrer
dazu ermontem, der Jugend Abscheu vor der Trunksucht ein-
znflö&en und überall unter den Schulkindern Mäfsigkeitsvereine zu
errichten. Zu diesen Vereinen seien diqenigen Kinder zuzulassen,
die das zwölfte Lebensjahr erreicht hätten und sich freiwillig ver-
pffiehten wdlten, bis zu ihrem 20. Lebensjahre sich des Branntweins
and anderer starker Getränke zu enthalten und nur einen mäfsigen
Gebrauch zu machen von Wein und Bier. Dieser Aufforderung
wurde vielerorten Folge geleistet; nadi Verlauf eines Jahres be-
standen 107 solcher Eindervereine und zu Anfang 1892 an den
237 Schulen der Provinz 209 Vereine mit ungefthr 5000 Kindern,
'4i
174
die jenes Versprechen gegeben hatten. Unter dem 26. Jannar 1892
stattete Robtns an den ünterrichtsminister de Burlbt über diese
Sache Bericht ab, widerlegte die Ton verschiedenen Seiten gegen die
Kindervereine erhobenen Einwürfe, beschrieb das Yer&hren bei ihrer
Errichtung und ersuchte das Ministerium, sich der Angelegenheit
anzunehmen. „Die Soci6t6 beige de Temp^rance" schlols sich diesem
Bestreben an> und unter dem 3. April 1892 richtete das Ministerium
des Innern und des Öffentlichen Unterrichts ein Rundschreiben an
alle Schulinspektoren des Landes, wodurch diesen die NachahmuDg
des in Limburg gegebenen Beispiels empfohlen worden ist. In der
Schweiz schlielslich ist in den letzten Jahren auf den Uniyersitftten
und Gymnasien eine sehr bemerkenswerte Bewegung gegen die
alkoholischen Getrflnke entstanden, nachdem ihre Vorkfimpfer, Professor
BUNGB in Basel und Professor Forbl in Zorich, schon einige Jahre
länger den Kampf aufgenommen hatten. Eine grolse Zahl Doceatea
und Studenten der Schweizer Universitäten sind eifrige Mitglieder
der Alkoholgegnerrereine. Eine Diskussion in der alten groisen
Vereinigung der Schweizer Studenten „Zofingia'' hat zur Anerkemumg
der Temperenz „als eüier das sociale Wohl fördernden Bewegung"
und zu dem Beschlüsse geführt, dafs auch Abstinente Mitglieder
werden können, da die Freundschaft auch bei alkoholfreiem Getiftnk
gepflegt werden könne und Kommentdifferenzen unwichtig seien. Ib
Zürich, Basel und Bern haben Uniyersitätsprofessoren f&r studentische
Zuhörer starkbesuchte Vorträge Aber die verschiedenen Teile der
Getränkefrage gehalten, von denen wir hier nur die Rede des Berner
Professors und Nationalrats Dr. C. Hilty über „die Aufgaben der
akademischen Jugend im Ejonpfe gegen die Trinksitten*' hervorfaebeD
wollen. EnthaltsamkeitSTcreine fOr Gymnasiasten bestehen in St. Gallen
und Basel. Lassen sich auch die Einrichtungen des Auslandes zur
Bekämpfong des übertriebenen Alkoholgenusses nicht ohne weiteres in
die deutschen Schulen übertragen, so sollten doch auch diese in den
Kampf gegen die für Geist und Leib gleich gefährliche Trunksucht
eintreten, und das um so mehr, als in Deutschland auch Kinder be-
reits derselben hin und wieder yerfallen sind.
Eiskämpfe für Schfiler. Der Berliner Eislaufverein von 1886,
so berichtet die ^yBisch, Twm-Ztg.^^ veranstaltet in diesem ^Hnter
unter dem Titel: „Ermunterungslaufen für Schüler^ einWettknnstJanfeo.
Die Wettflbungen, drei an der Zahl, müssen aus dem Stande und
auf emem FuTse ausgeführt werden, der andere Fuls, der „Spieliiils*,
stöfst ab. Jeder Bewerber hat die drei Übungen hintereinander
vorzuführen. Die Sieger erhalten nützliche Gebrauchsgegenstände.
Der Berliner Verein hofft dadurch, eine regere Beteiligung am
Schlittschuhlaufen überhaupt und eine Hebung des Kunstlaufens im
besonderen unter den Schülern zu bewirken.
175
Der Yerem zur Speignng armer Schulkinder in Budapest
versendet soeben seinen Jahresbericht. Wir entnehmen demselben,
dafs im vorigen SchnJljahre an 24 Stellen 101 122 Portionen warmen
MittagesseDs an 1650 Kinder, 947 Knaben und 703 Mädchen, ver-
abreicht worden sind. Anf ein Kind entfielen demnach im Dnrch-
Bdmitt 60 Mahlzeiten. Die Einnahmen betragen 12 353 fl., die
Aasgaben 8849 fl.; zn den ersteren steuerte der König ein Geschenk
Ton 1000 fl., die Stadt Budapest eine Subvention von 2000 fl. bei.
Präsident des Vereins ist Direktor Anton Berecz.
2.mUx^t lOerfustttigen.
ErlaTs des KSniglieh prenfsischen Ministers der geistlichen etc.
Angelegenheiten wegen Wegfalls der Sffentlichen Prfifangen
an den hSheren Schulen.
Berlin, den 7. Oktober 1893.
Aus den in Gemäfsheit meiner Kundverfügung vom 20. April d. Js.
— U. 11. 10870 — von sämtlichen Königlichen Provinzialschul-
kollegien erstatteten Berichten habe ich die Überzeugung gewonnen,
dals die Einrichtung der öffentlichen Prüfungen an höheren Schulen
zmn Schlüsse des Schuljahres in den Augen des Publikums fast
tiberall dasjenige Interesse verloren hat, welches ihr in früheren
Zeiten entgegengebracht wurde.
Da somit der Hauptzweck der Einrichtung, die Vermittelung
des Zusammenhangs zwischen Schule und Familie, nicht mehr
erreicht wird xmd die Prüfung vielfach zu einer leeren Schaustellung
zu werden droht, so ermächtige ich die Königlichen Provinzial-
schulkoUegien, dieselbe mit Schluis dieses Schuljahres an allen den
höheren Schulen in WegfaU zu bringen, an denen nicht, wie dies an
manchen staatlichen Anstalten nach den vorliegenden Berichten
der Fall ist, die Beibehaltung der alten Einrichtung ausdrücklich
gewünscht wird.
Die Direktoren und Lehrerkollegien aller derjenigen Anstalten,
an welchen die öffentlichen Prüfungen beseitigt werden, haben um
so elfiriger dafür Sorge zu tragen, dafs die öffentlichen Feierlich-
keiten an den hergebrachten Festtagen der Schule ein möglichst
lebhaftes Interesse für das Publikum gewinnen und der Förderung
engerer Beziehungen zwischen Schule und Elternhaus in noch höherem
Mafse als bisher dienstbar gemacht werden.
Der Minister der geistlichen etc. Angelegenheiten.
(Gez.) Bosss.
An sämtliche Königliche Provinzialscbulkollegien.
176
Ver^rdBiiig des k. k. iriedeTfeterreiehischeft Laadessekalntes
vom 15. Jui 1895, Z. 4298, enthaltend eine teflweise AV
inderans der Verordniing vom 6. Jnni 1888, Z. 8776, betreifeid
MafsreKeln zir Yerkfitvng der Weiterrerbreitnng ibertaig-
barer Krankkeiten dnrch Schalen, Lehr- and Erdehaigs-
anstalten.
Der k. k. niederOsterreichische Landesschalrat findet im Eia-
vernehmen mit der k. k. niederösterreichischen Statthalterei die
§§4, 12 nnd 14 der Yerordnang vom 6. Jani 1888, Z. 3776,
L.-G.-Bl. No. 40, in nachstehender Weise abznftndern, bezw. za
ergänzen:
§4.
Die schalpflichtigen Wohnimgsgenossen eines Erkrankten sind
bei Keuchhusten, sobald sich an ihnen die ersten Symptome
eines Katarrhs der Luftwege zeigen, bei allen übrigen Infektions-
krankheiten aber unbedingt vom Schulbesuche auszuschliefsen.
Der politischen Bezirksbehörde bleibt es überlassen, in be-
sonderen Fällen bei Entstehung von Lokalepidemien oder bei Bfldimg
yon Epidemieherden Veranlassung zu treffen, dals nach ümstSnden
die Kinder eines Teiles eines Hauses oder selbst eines ganzen
Hauses Yom Schulbesuche ausgeschlossen werden.
§ 12,
Ist in der im gemeinschaftlichen Haushalte lebenden Familie
eines im Schulgebäude selbst wohnenden Schulorganes eine Infektions-
krankheit ausgebrochen, so haben der betreffende Bedienstete nnd
alle Mitglieder seiner Familie, welche mit ihm in derselben Wohnung
zusammenleben, auf die Dauer der Ansteckungsgefahr sich jedes
Verkehrs mit anderen Schulorganen, mit den Schülern und mit deren
Familien gänzlich zu enthalten, und es ist daher der betreffende
Funktionär auch vom Schuldienste für so lange fem zu halten, bis
durch den Amtsarzt (§ 2) die Beseitigung der Gefahr der Weiter-
verforeitung der Krankheit, sowie die DurchftUirung der Desinfektion
konstatiert worden ist.
Bei Keuchhustenerkrankungen in der Familie eines im Schal-
gebäude wohnhaften Schulorganes hat sich derselbe, wenn sich bei
ihm die ersten Symptome eines Katarrhs der Luftwege zeigen, dem
Amtsarzte Torzustellen, welcher entscheidet, ob dies Schulorgan sich
Yom Dienste zu enthalten hat.
§ 14.
Lehrpersonen an öffentlichen und Privat-, Volks-, Bfirger-,
Mittelschulen und an Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten, ferner
177
«Q öffentlichea PriTathandelsschnlen und an den dem k. k. nieder-
^tetttreichjfichen LandesschiilTate anterstehenden gewerblichen Lebr-
aBstfllten, in deren mit ihnen in gemeinschaftlichem Haushalte lebenden
Familien eine inlä[t]oaskrankheit aufgetreten ist, haben sich insolange
der Erteihing des Unterrichtes in der Schale oder Anstalt und des
Verkehres mit derselben zn en&alteB, bis vom Amtsarzte (§ 2) die
Beseitigung der Ansteckungsgefahr konstatiert ist.
Bei EeHchhnsteiBierkrankangen in ihrer Familie haben sich die-
selben Personen, sobald sich bei ihnen die ersten Symptome eines
Katarrhs der Luftwege einstellen, dem Amtsarzte vorzustellen, welcher
entscheidet, ob die Lehrperson sich vom Schuldienste zu enthalten hat.
Verflgang der KSnigliehAB ftegierong nl Schleswig,
betrelBeAd den Beginn des Sehnlnntemchtea infolge der durch
die Einffilining der mitteleiiropSisehen Zeit als Einheitszeit
Ar Deutschland geindert^i Terhältnisae in der Provinz
Sßhleawig-Holsteiii.
Schleswig, den 9. September 1898.
In den Berichten, welche auf unsere Bundverfüguug vom
5. Juli d. J. — U. 8685 — , betreffend die allgemeine Anordnung
eines um ^/s Stunde späteren Beginnes des Vormittagsunterrichts in
allen unserem Geschäftsbereich angehörenden Volksschulen während
der dunkelsten Monate des Winterhalbjahres, erstattet worden sind,
bat sich zwar die überwiegende Mehrzahl der Schulbehörden mit
einer solchen Anordnung einverstanden erklärt, von einer Minderzahl
dieser Behörden sind jedoch verschiedene, den örtlichen Verhältnissen
ihres An£sichtsbezirkes entnommene Bedenken erhoben, welche Berück-
sichtigung verdienen, deren Berücksichtigung aber zu zahlreichen
Ausnahmen von der einzuführenden Regel für einzelne Städte und
Landesschuldistrikte führen würde.
Wir haben uns daher veranlaTst gesehen, von der beabsichtigten
allgemeinen Anordnung Abstand zu nehmen, und wollen vielmehr
nach wie vor den einzelnen Ortsschulbehörden (§§ 47 und 68 der
aUgemeinen Schuk)rdAung vom 24. August 1814) überlassen, in
Oemäfsheit der Bekanntmachung vom 7. Juni 1869, betreffend die
2ahl der wöchentlichen Unterrichtsstunden u. s. w., sowie des § 8
der Lauenburgischen Landschulordnung vom 16. Oktober 1868 auch
i^ährend des Winterhalbjahres den Beginn des Vormittagsunterrichts,
sowie die Verteilung der Unterrichtsstunden den örtlichen Yerhältnissen
entsprechend festzusetzen.
Dabei bleibt es diesen Behörden insbesondere gestattet, in
Rücksicht auf die durch das Reichsgesetz vom 12. März d. J. ein-
geflihrte einheitliche Zeitbestimmung den Beginn des Vormittags-
St]i«lKMimdlieitipfl«ge vn. 12
178
Unterrichts während der Zeit Tom 15. November bis zom 15. Febmar
— beide Tage eingeschlossen — bis zu einer halben Stande sp&ter
als bisher anzusetzen und danach den Schlaft des Yormittags-
nnterrichts, sowie Beginn and Schlab des Nachmittagsonterrichts
anderweitig zu bestimmen, jedoch sind die Pansen zwischen den
Unterrichtsstonden nicht zu beschränken, and es darf der Yormittags-
onterricht nicht später als 9 Uhr beginnen.
Beginn and Daner des Yor- and Nachmittagsnnterrichts sind
stets in dem vom Ortsschalinspektor zn genehmigenden nnd zu nnter-
schreibenden, in dem Schalzimmer aafzohängenden Stundenpläne genaa
anzugeben.
Die Schulbehörden ersuchen wir, die Ortsschulinspektoren ihres
Aufsichtsbezirkes von dieser Yerfägung in Kenntnis zu setzen.
Königliche Regierung, Abteilung üDr Kirchen- und Schulwesen.
(Gez.) KUNTZB.
An sämüiche Königliche Schulvisitatorien
und städtische Schulbehörden, sowie an
die Herren Kreisschulinspektoren.
Rundschreiben des Ortsschnlrates fttr den VI. Wiener Bezirk
bezfiglich der Impfung und Wiederimpftmg der Sehnlkinder.
Ortsschalrat
fSr den YI. Wiener Bezirk Mariahilf.
Z. 644.
Zufolge Dekretes des Wiener Magistrate vom 4. d.M., Z. 50538,
ist die Impfung der Schulkinder, und zwar die Erstimpfung der nicht
geimpften und die Revaccination der seit 10 Jahren nidit geimpften
Kinder, nach Einwilligung der Eltern hierzu, an allen Yolks- und
Bürgerschulen in der Zeit vom 1. bis 31. Mai 1893 durchzufahren.
Wegen des Tages und der Zeit der Impfung, sowie des Lokales
hierzu hat sich der städtische Arzt mit dem Ortsschulrate und der
betreffenden Schulleitung ins Einvernehmen zu setzen.
Im Sinne des Ortsschulratsitzungsbeschlusses vom 20. d. M.
ergeht nunmehr an Euer Wohlgeboren das dringende Ersuchen,
die Schulimpfnng durch
1. zweckdienliche Einwirkung auf die Eltern,
2. Unterstützung des städtischen Arztes mit Zuhilfenahme der
Lehrpersonen
a. bei Überwachung der Kinder und Aus- und Ankleiden der»
selben, sowie
b. bei Führung des Impfprotokolles und Ausfertigung der
Impfscheine
werkthätig fördern zu wollen.
179
Endlich sind die bei der Impfung notwendigen Gerätschaften,
wie Lavoir, Handtflcher etc., ans dem Schulinventar zur YerfQgung
ni stellen.
Wien, am 27. AprU 1893.
Der Vorsitzende des Ortsschnlrates des VI. Bezirkes.
(Gez.) Gbabner.
Ißtxftnaittn.
Professor Pasteür in Paris ist von der Akademie der Wissen-
schaften in St. Petersburg zum Ehrenmitgliede ernannt worden.
Die Woroneshsche Abteilung der russischen Gesellschaft zur
Wahrung der Yolksgesundheit hat unseren geschätzten Mitarbeiter,
Herrn Wirklichen Staatsrat Dr. med. Alexander von Wibenius,
welcher Präsident der Sektion für Schulgesundheitspflege in der
Centrale der genannten Gesellschaft ist, zu ihrem Ehrenmitgliede
gewählt.
Dem Professor der Hygiene Dr. E. Flügge in Breslau ist
der Charakter als Geheimer Medizinalrat yerliehen worden.
Unserem geschätzten Mitarbeiter, Herrn Privatdocenten Dr. 0.
Lassab in Berlin, wurde das Prädikat Professor erteilt.
Dem praktischen Arzte und Hausarzte am Königlichen Erziehungs-
institute für Studierende in Manchen Dr. Guido Stieleb ist der
Titel und Rang eines Königlichen Hofrats verliehen worden.
Bei Gelegenheit der Landesausstellung in Troppau hat das
Preisgericbt der Lehrerin, Fräulein Mabünne Nigg zu Komeuburg
in Niederösterreich, fär den Entwurf einer verbesserten Mädchen-
schnlbank die bronzene Medaille zuerkannt.
Es erhielten: den roten Adlerorden H. Klasse mit der Krone
und Eichenlaub der Kinderarzt Geheimrat Dr. Henooh in Berlin,
den roten Adlerorden II. Klasse mit Eichenlaub der vortragende
Rat im Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-
angelegenheiten, Geheimer Obermedizinalrat Dr. Sghönfeld in Berlin,
den roten Adlerorden lU. Klasse mit der Schleife der aufserordentliche
Professor der Hygiene, Geheimer Regierungsrat Dr. Fineelnburg
in Bonn, den roten Adlerorden IV. Klasse der Gymnasialdirektor
Dr. Ebebhabd in Sigmaringen; den Kronenorden IL Klasse der
Medizinalreferent im Ministerium des Innern, Geheimrat Dr. Battlbhkeb
in Karlsruhe, den Kronenorden III. Klasse der Mitherausgeber des
zCentrcUblaiies für allgemeine Gesundheitspflege^ , Geheimer Sanitäts-
12*
180
rat Dr. LsNX in Köln, imd der GymnasialdireiEtor Dr. Peltzbb in
Zabem; den Verdienstorden Tom heiligen Michael IT. Klasse der
Gymnasialrektor Dr. Lechner in Nflmberg; den Verdienstorden der
romanischen Krone der Direktor der Slöjdscfanle Salomob in Nftäs.
Dr. Sandras, Arst des Lycevms in Oran, ist zmn Offizier
des öffentlichen Unterrichtes ernannt worden.
Professor Dr. VOLEnsLT in Wflrzbnrg hat den an ihn ergangenen
Ruf an die Universität Leipzig als Nachfolger des verstorbenen
Professors der Pädagogik Dr. Masuts angenommen.
Der ordentliche Honorarprofessor ftr Kinderheilkunde an der
Universität Leipzig Dr. Heubnbb wurde als aulserordentlicher
Professor desselben Faches an die Universität Berlin berufen.
Dem Privatdocenten Dr. W. Prausnitz in Mflnchen ist die
auiserordentliche Professur der Hygiene an der Universität Gtu
ttbertragra worden.
Die Seminardirektoren Dr. Plath in Köpenik und W. PfAhlrr
in Petershagen, sowie der katholische Pfarrer Schbllhammxr ii
Laiz sind zu Regienmgs- und Schulräten ernannt und den Köniif^eB
Regierungen in Lflneburg, bezw. in Aurich und Sigmaringen flber-
wiesen worden.
Der Direktor des städtischen Gymnasiums zu Warburg, Professor
Dr. Hbnsb, wurde zum Gymnasialdirektor in Paderborn, der Direktor
des städtischen Realgymnasiums zu Lippstadt Dr. Schrobtbr zun
Gymnasialdir^lor in Burgsteinfnrt und der bisherige Seminarobe^
lehrer Gründler in Cammin i. P. zum Seminardirektor daselbst
befördert.
Der Assitenzarzt L Klasse Dr. Buttersaoe ist ans dem
Reichsgesundheitsamte ausgeschieden und an seine Stelle Stabsarzt
Dr. Stosser getreten.
Unser verehrter Mitarbeiter, Herr Kreisarzt Dr. C. STRÖHMBKBfl
in Dorpat, wurde zrmi Hilfssekretär der (resellschaft livländischer
Ärzte gewählt.
Geheimrat Professor Dr. von Pettbnkofer in München hat
seine Lehrthätigkeit eingeschränkt und ist auf seinen Wunsch voa
der Professur für Hygiene an der technischen Hochschule, die er
neben seinem Hauplehramte an der Univ^^ität bekleidete, entbnadea
worden.
Im ärztlichen Vereine der südlichen Bezirke Wiens wurde im
28. Dezember v. J. das fänfnndzwanzigjährige Jubiläum der Prisia^
ärzte Dr. Joseph Hbim und Dr. Hans Adlbr, die zu nnseren
Mitarbeitern zählen, festlich begangen. Wir bringen den verdienteo
Jubilaren unsere zwar verspäteten, aber darum nicht weniger aa-
gelegentlichen Glückwünsche dar.
181
Der GroMerzoglich oldenbargische Hofrat Dr. Gidionsbn,
Direktor der Domschnle in Schleswig, ist nnter Yerleihong des
Omrakters als Geheimer BegiernngBrat in den Rohest-and getreten.
Es sind gestorhen : Der Oberschnlrat Greheimer Hof rat Abmbbustbr
in Karlsruhe, der Oberrealschaldirektor a. D. Dr. Mathon in Wien,
d« Schnlrat a. D. Dr. Dürre in Brannschweig, der Direktor der
Taabstmnmenanstalt Hofrat Dr. Jbnckb in Dresden, der Seminar-
dir^tor Schnbrat VAN Sbndbn in Anrieh, der Gymnasialdirektor
i. D. Dr. TOPPEN in Elbing, der Schnldirektor Scharlach ia
Halle a. S., der Assistent am hygienischen Uniyersit&tsinstitnte nnd
Lehrer der Schulhygiene an der Lehrerinnenbildnngsanstalt des k. k.
CiTilmftdchenpensionates, Privatdocent Dr. Hbidbr in Wien, nnd
der Turnlehrer IHMB in Leipzig.
ieittetatiir.
Besprechungen.
Arthur Nbwsholhe, M. D. Sehool hygiene: The lawsofhealth
m relation to sehool lifo. London, 1891. Swan, Sonnenschien,
Lowery & Co. (143 S. Gr. 8^)
Der Verfasser hat seine langjährigen Erfahrungen auf dem
Gebiete der Schulhygiene in diesem kleinen Werke zusammengefaDst,
das eine kurze Anleitung fttr Lehrer und Schulbehörden bietet und
in zwei Hauptabschnitten das Schulhaus und die Schiller zur Be-
sprechung bringt.
Im einzelnen verteilt sich der Inhalt folgendermalsen.
Die Hygiene des Schulbaues ist in 8 Kapiteln erörtert, und
zwar werden die Wahl des Bauplatzes, die Bauweise, die innere Ein-
richtung, die Beleuchtung, die Lüftung, die Heizung, die Wasch-
einriclitungen und die Aborte behandelt.
Der Autor empfiehlt fttr grOisere Schulbauten die Anlage von
nur emseitig verbauten Korridoren und schildert die hygienischen
Kaditeile von Mittelkorridoren, an deren beiden Seiten sidi Klassen
befinden.
Bezfl^ch der Lehrzimmerdimensionen fordert das englische
Gesetz als Minimalmafse 8 Quadratfuls und 80 Kubikfnfs pro Sdliul-
kind, welche Mause allerdings zu gering angenommen sind und von
Nbwsholme mit 15, resp. 150 bestimmt werden.
Gut Iflft- und heizbare Garderoberäume sind stets anzulegen,
am besten f&r jedes Lehrzimmer gesondert; bei Anlage gemeinsamer
182
Kleiderablagen sollen dieselben höchstens für 150 Schulkinder
dienen.
Eingehend bespricht Verfasser die Wichtigkeit der Lflftong nnd
stellt an eine richtig angelegte Ventilation Tier Anforderungen:
1. Entnahme reiner Frischluft, 2. Vermeidung Ton Zugluft, 3. be-
ständige FrischluftzustrOmung und 4. Gleichgewicht zwischen Luft-
zufuhr und -abfuhr. Als musterhafte Heiz- und Lüftungsanlage wird
diejenige der High School, Bridgeport, Connecticut, erwähnt, welche
im dritten Jahresbericht des Connecticut State Board of Health im
einzelnen beschrieben ist.
NBWSHOLiiB rät von der Anlage der Aborte im Untergeschosse
ab und empfiehlt die Trennung derselben vom Hauptgebäude. Die
Forderung von je einem Sitzraum für 15 Mädchen, bezw. 25 Knab^
ist zu hoch gegriffen.
Der zweite Teil des Werkes, welcher 11 Kapitel umfafst, be-
handelt die Hygiene des Unterrichtes und die Krankheiten im
schulpflichtigen Alter.
Die Übung des Geistes und Körpers, wie selbe in richtigem
Mafse und Wechsel erfolgen soll, sowie die Nachteile eines Zuviel
in beiden Fällen werden eingehend besprochen.
Insbesondere ist der Verfasser gegen zu lange Lektionen usd
will dieselben bei 5 bis 7 jährigen Kindern auf 15 Minuten, bei
7 bis 10jährigen auf 20, bei 10 bis 12jährigen auf 25 und bei
12 bis 16jährigen auf 30 Minuten beschränkt wissen. Die Unter-
richtszeit pro Tag soll höchstens mit 7 — 8 Jahren 2^1% — 3 Stunden,
mit 8—10 Jahren 3— 3Vs, mit 10—12 Jahren 4, mit 12—15
Jahren 5 — 6 und mit 15 — 18 Jahren 8 Stunden betragen.
NflWSHOLME ist f&r eine Trennung der Geschlechter vom vier-
zehnten Jahre an.
Interessant sind die angeführten Tabellen Aber die Grölsen-
verhältnisse und die Gröisenzunahme der Kinder im schlulpflichtigen
Alter.
Über Ruhepausen, Schlaf, Diät und Kleidung spricht der Ve^
fasser ausführlich, und Schulbäder, namentlich Schwimmbäder, em-
pfiehlt er ganz besonders.
Nach allgemeinen Mitteilungen über den Bau des Auges werden
die Ursachen der Störungen in der Brechkraft und Sehschärfe er-
örtert, als welche gelten: 1. lange anhaltende Betrachtung naher
Gegenstände, 2. mangelhafte Beleuchtung, 3. schlechter und zu kleiner
Druck der Unterrichtsbücher und 4. gewisse weibliche Handarbeiten.
Die verschiedenen Infektionskrankheiten finden ausfUirliche
Berücksichtigung, und im letzten Abschnitte ist von den Vorkehrungen
der ersten Hilfe bei Unfällen die Rede.
183
AnfiEaUend ist der Mangel von schalhygienischen Mitteilungen
ttber das Gehör der Kinder.
Das kleine Werk, welches 29 Textfigaren enthält, ist gat aas-
gestattet and empfiehlt sich Yor allem darch die eingehende and
flbersichtliche Behandlang des Gegenstandes.
Diplomierter Architekt Eabl HintbIgbr in Wien»
Dr. Lbo Burgerstein in Wien. Hygienische Fortschritte der
tsterreithischen Mittelschulen seit September 1890. Separat-
abdrack aas der Festschrift „Xmia Austriaca** zar 42. Yersammlang
dentscher Philologen and Schalmflnner in Wien 1893. Wien, 1893.
Pichlexs Witwe & Sohn. (46 S. Gr. S^)
Der aaf dem Gebiete der Schalgesandheitspflege anermüdlich
thätige and segensreich wirkende Verfasser gibt ans in obiger Schrift
Eonde von dem Anfang einer sehr erfrealichen Fürsorge für die
männliche Schaljagend in Österreich. Jeder, der mit ans der Ansicht
ist, dafs die Schale mehr als bisher aaf das corpas sanam achten
mnfs, wenn die mens sana dem kommenden Geschlechte erhalten
bleiben soll, wird die kleine, aber inhaltsreiche Broschflre mit
Freaden lesen.
Dr. BüRGERSTBlN will ans in derselben eine Skizze davon
geben, was seit dem Erlasse des österreichischen Ministers für Kaltas
and Unterricht vom 15. September 1890 an sämtliche k. k. Landes-
scholbehörden, betreffend die Förderang der körperlichen Ausbildang
der Jagend an den staatlichen and den mit dem öffentlichkeitsrechte
beliebenen Mittelschalen,^ thatsächlich an diesen Anstalten geschehen
ist. Die Schrift behandelt nacheinander Baden and Schwimmen,
Eislanf, Jagendspiele, Radern, Radfahren, Aasflüge,
hygienische Belehrangen der Schüler, Fürsorge in den
Ferien and schliefst mit einem Überblick über die seit dem
erwähnten Ministerialerlafs in Österreich erschienenen scha -
hygienischen Arbeiten.
In Bezag aaf das Baden konnte an sehr vielen Stellen ein
erfreolicher Fortschritt konstatiert werden. Fast in allen Städten
haben die Schalleitangen aaf ihre Bemühangen hin Preisermäisigangen
^ ihre Schüler erhalten, and vielfach hat der Ministerialerlafs den
Anstofs gegeben, bestehende Badeeinrichtangen za erweitem oder
solche nea einzarichten. An manchen Orten sind Badefreikarten
ftr Schüler, oft mit Zahilfenahme des Schülenmterstützangsfonds,
gewährt worden. Aach fQr den Schwimmanterricht warden
^ Der sehr bemerkenswerte, von grofser pädagogischer Umsicht
zeugende Erlafs ist auf den ersten Seiten der Broschüre abgedruckt.
184
ähnliche Erleichtemngen getroffen. Hierdnrch ist es erreidit worden,
dafs die Fertigkeit des Schwimmens an den österreichischen Schales
in hetrftchtlichem Anfschwnnge begriffen ist. Die Art nnd Weise,
anf welche Baden und Schwimmen befördert sind, war nach den
lokalen Verhältnissen verschieden, es ist aber gewilis, „daDs eme
gewaltige Snmme von Möglichkeit erstrebt, geboten nnd benatzt
wurde*"'.
Auch der Eislauf hat eine grofse Zunahme erfahren. Es
sind mehr künstliche Eisbahnen als früher geschaffen, auf denselben
ist der Preis für Schüler bedeutend ermäfsigt, und eine groOse
Anzahl von Freikarten ist ausgegeben worden. An einer ganzen
Reihe von Schulen hat man einen Vorrat von Schlittschuhen fflr
unbemittelte Schüler gesanmielt, teils als Geschenke, teils ans
Schulfondsmitteln. Wir halten eine solche Einrichtung für sehr
nachahmenswert. Auch hat das Fahren mit Handschlitten an
einigen Orten Förderung gefunden, so z. B. in Trautenau, wo das
Bürgermeisteramt den Schülern eine abschüssige Stralse zu diesem
Zwecke überliefs. An mehreren Orten wurden auf dem Eise Jugend-
spiele betrieben, z. B. Eisschiefsen, schwarzer Mann, Schlangenzi^en
mit Schleudern und Barlauf. Über die Wirkung des Eislaufs auf
die Gesundheit wird folgende bemerkenswerte Äulserang einer Schale
mitgeteilt: „Der gesundheitliche Einflufs dieser körperlichen Übungen
war ein überraschender. Der Besuch des Unterrichts war im Winter
viel regelmäisiger als in den Voijahren und die Zahl der Er-
krankungen infolge von Erkältungen hat sich verhältnismälsig
bedeutend herabgemindert. Mit der physischen Stärkung nahm auch
die geistige Frische der Schüler zu."
Der umfangreichste Teil der Broschüre beschäftigt sich mit den
Jugendspielen. Bei den grofsen Schwierigkeiten, welche besonders
bezüglich der Flatzbeschaffang in vielen Städten vorhanden waren
und sind, kann der Bericht „um so freudiger der vielen und schönen
Erfolge gedenken, welche in kurzer Zeit bereits erreicht wurden*^.
In erster Linie sind es die Gemeinden, welche mit dankenswerter
Liberalität hier vorgingen. Es ist sehr erfreulich, aus den in der
Broschüre angeführten Beispielen zu erkennen, da& auch in öster*
reich, gerade wie bei uns, die meisten städtischen Verwaltungen es
als ihre Pflicht erkennen, für die Wohlfahrt der Jugend durch Be-
schaffung von Spielplätzen Sorge zu tragen. Ebenso wie in Deutsch-
land, bringen die militärischen Behörden in Österreich den Jugend-
spielen warme Sympathie entgegen und geben gern die Erlaabnis,
die Exerzierplätze für dieselben zu benutzen. Auch der Kaiser
von Österreich und der Erzherzog Albrecht begünstigen die
neue Bewegung und überwiesen der Jugend zu ihren Spielen Plfttze
185
in den kaiserlichen Parks. Nicht minder geben sich viele Behörden,
Vereine und Private Mflhe, die Jagendspide mit allen ihnen zu
Gebote stehenden Mitteln zn fördern. Durch solches mannigfache
Entgegenkommen ist sehr viel Gutes in der schwierigen Platzfrage
bewirkt worden.
Die Erwerbung der nötigen Spielgeräte scheint weniger
Schwierigkeit gemacht zn haben. Zahlreiche Schalen besitzen schon
jetzt ein reiches Inventar, welches anf verschiedene Weise, am
häufigsten dorch Zuwendungen von SchtÜem und Privaten, heschafft
worden ist. Spielleiter sind meistens die Turnlehrer gewesen,
welche in grofeer Opferfreudigkeit für die Entfaltung der Jugendspiele
gewirkt haben. Mehrere derselben haben auch an den vom Gentral-
aassdmfe zur Förderung der Jugend- und Yolksspiele in Deutschland
yeranstalteten Spielkursen, z. 6. in Berlin, Braunschweig, Dresden
und Görlitz, teflgenommen. Ziemlich viel Schwierigkeit scheint die
Zeitfrage zu machen; jedoch sieht man an manchen Versuchen,
den SchtÜem genügende Zeit zu den Jugendspielen zu schaffen, dals
adie Dinge in der Entwickelung und Klärung begriffen** sind. An
einzehien Anstalten hat man auch eine besondere Spielkleidung
emgeftkhrt, was wir aus mehreren Gründen für empfehlenswert halten.
Als beliebteste Spiele werden angeführt Schleuderball, Schlagball,
Grenzball, Fufshall und Barlauf.
Die Erfahrungen über das Benehmen der Schüler beim
Spiel sind überall dieselben guten gewesen, und es wird hervor-
gehoben, dafB die Jugendspiele nicht nur in gesimdheitlicher, sondern
andi in erziehlicher Hinsicht alles das Gute leisten, was ihnen
nachgerühmt wird.
Von anderem Jugendsport findet, wie der Bericht zeigt, wohl
das Rudern den häufigsten Betrieb, welches an Orten, wo sich
Gelegenheit dazu bietet, auch bei den Schülern während der letzten
Jahre viel in Aufiiahme gekommen ist.
Über den Radfahrsport wird nur wenig berichtet.
An einigen Orten wird Bogenschieisen und Speerwerfen
geübt, an einer Stelle werden Schiefsübungen mit Flaubert-
gewehren angestellt.
Ausflüge sind ziemlich allenthalben unternommen und durch
das Entgegenkommen der Eisenbahn- und Dampfschiffisgesellschaften,
welche billige Fahrpreise gewährten, befördert worden.
Sehr anerkennenswert und nützlich ist es, dafs man in Öster-
reich den Schülern in mannigfacher Weise hygienische Be-
lehrungen zu teil werden läfst. unter anderem erhalten in manchen
Anstalten die Zöglinge gedruckte Gesundheitsregeln, welche auch
in den Klassenzimmern als Plakate angeschlagen werden. Solche
186
finden sich auf Seite 38 und 39 der Broschüre mitgeteilt. ,Im
ganzen hat sich der Gesnndheitsznstand günstiger gestaltet, und zwar
wurde dies besonders bei den Schülern der unteren Klassen
konstatiert/
Als einen wichtigen Faktor der Schulhygiene sieht Dr. Bürger*
8TBIN auch die Fürsorge für die Schüler in den Ferien an
und berichtet von manchen Einrichtungen, die man getroffen hat,
um den ärmeren Knaben einen gesunden Ferienaufenthalt zu verschaffe.
Der letzte Teil der BURGSRSTEiNschen Schrift über die litte-
rarischen Arbeiten der jüngsten Jahre auf schulhygienischem Gebiete
zeugt ebenfalls von der reichen Thätigkeit, die man in Österreich
für das leibliche und geistige Wohl der Jugend entfaltet. Als Ver-
fasser derartiger Arbeiten werden genannt Dr. Bürgbrstein, Dr.
Gratzt, Max Güttmann, Dr. Hbrgbl, Franz Kreunz, Karl
Fechter, Julius Schmidt, Wilhelm Franz, Johann Futter,
Dr. HÜMER, F. Lang, Adalbbrt BOhm, H. Dupet, Karl Dürr,
Hans Januschke, Gustav Lukas, Simon Schiessling und
Robert Geidel.
Sicherlich werden die Arbeiten dieser Männer und das Ver-
ständnis, welches Regierende, Behörden und das Publikum der
Schulgesundheitspflege im Sinne des genannten Ministerialerlasses
entgegenbringen, mit der Zeit gute Früchte für Österreich tragen.
In besonders hohem Malse wird dies der Fall sein, wie Dr.
Burgerstbin richtig am SchluGs seiner Broschüre bemerkt, „wenn
einst die jetzigen Schüler als Mitglieder von Yertretungskörpem,
öffentliche Beamte, wohlhabende Private geneigt sein werden,
in jenem Sinne dazu beizutragen. Es ist der Segen einer guten
That, daCs sie fortzeugend Gutes mufe gebären I**
Direktor der Albinusschule
Professor H. Ratdt in Lauenburg a. E.
F. Trüper, Direktor der Anstalt für schwer erziehbare Kinder auf
der Sophienhöhe bei Jena. Psychopathische Hinderwertigkeitei
im Eindesalter. Ein Mahnwort für Eltern, Lehrer und Kinder-
ärzte. Gütersloh, 1892. C. Bertelsmann. (8®. M. 1.).
Professor Dr. Strümpell in Leipzig hat wohl grundlegend
der pädagogischen Pathologie oder der Lehre von den Fehlem der
Kinder^ eine Stellung innerhalb der Pädagogik gesichert und
zugleich eine scharfe diagnostische Scheidung zwischen dem, was nur
Produkt einer verkehrten Erziehung in Haus und Schule ist, und
den psychopathischen Minderwertigkeiten aufgestellt.
^ Vergl. die^e ZeUschnft, 1894, No. 2, S. 118—122. D. Bed.
187
Unter letzteren sind nach dem hervorragenden Psychiater
Dr. Koch in Zwiefalten alle, seien es angeborene, seien es erworbene,
den Menschen in seinem Personleben beeinflussenden psychischen
Begelwidrigkeiten zu verstehen, welche selbst in schlimmen Fällen
doch keine Geisteskrankheit darstellen, aber die damit Beschwerten
andererseits auch nicht als im Vollbesitz geistiger Normalität and
Leistungsfähigkeit stehend erscheinen lassen.
Diese scharfe Scheidung hat für die Praxis eminente Bedeutung,
denn die Zahl derartiger nervOs, wie geistig und sittlich geschwächter
Kinder ist durchaus nicht gering. Wieviel Unrecht, wieviel Fehl-
griffe werden fortan vermieden werden kOnnen, wenn Lehrer und
£)tem sich darftber klar sind, wo die eigentliche Ursache des
eigentflmlichen Wesens mancher Kinder liegt, und wenn sie dieselben
anders, als normale Kinder erziehen und unterrichten lernen.
Für solche psychopathisch minderwertigen Kinder hat Herr
Trüpeb in Jena seit einer Reihe von Jahren eine besondere
Erziehungsanstalt eingerichtet, und die Resultate seines Studiums
und seiner Erfahrungen liegen in der oben genannten sehr lesens-
werten Schrift vor.
Der Verfasser zeigt uns zunächst an einem Beispiele, wie
psychopathisch minderwertige Kinder sich von den normalen unter-
scheiden, wo die Entstehungsursachen dieser Minderwertigkeiten
Hegen, und was ftlr Mittel und Wege es gibt, dieselben zu vermeiden,
bezw. zu bessern oder zu heilen.
Leider fahrt uns der Autor aus der grofsen Reihe der nervös,
irie geistig und sittlich affizierten, ttberreizten, interesselosen,
leistnngsunfähigen oder gar entarteten und zuletzt moralisch ver-
dorbenen und verkommenen, psychopathisch minderwertigen Kinder
nur ein Krankheitsbild, das der reizbaren Schwäche mit ihren wechselnden
Symptomen vor. Er zeigt uns an diesem die gesteigerte Erregbarkeit der
Sinnesorgane, des Gefühls-, des Geschlechts- und Phantasielebens.
Weiter erfahren wir, wie das Wollen und Handeln dabei geschwächt,
bezw. reizbar gesteigert sein, ja, wie sich diese Erregbarkeit bis in
das nächtliche Traumleben erstrecken kann. Ftlr eine neue Auflage
würde es sich allerdings empfehlen, Kochs mustergültige Einteilung
der Minderwertigkeiten einer ausführlicheren Darstellung des Gegen-
standes zu Grunde zu legen.
Solche psychopathische Minderwertigkeit kommt, wie bereits
bemerkt, entweder angeboren oder erworben vor. Erworben kann sie durch
somatische Ursachen, Krankheiten, Verletzungen u. dergl., werden. Auch
die Überanstrengungen innerhalb des Gemüts- und Willenslebens, sowie
anf intellektuellem Gebiete können schuld daran sein. Die Über-
bflrdong von selten der Schule, das Jagen und Hasten der Eltern,
188
dafs ihre Kinder den B^rechtigangsschein erlangen, der didaktlsdie
Materialismos unserer Lehranstalten, welche Wissensstoff nnd technisdie
Fertigkeiten als die einzige Vorbüdong fiOr das Leben betrachten,
die hohen Forderongen der sogenannten Yorschnlen — sie alle
gefährden die Oesnndhahang des Geistes. Doch sind die Yorwflrfe,
die der Schule vielfach von ärztlicher Seite gemacht werden, in
ihrer Allgemeinheit nicht berechtigt. Mehr als die Schnle sttsdigt
das Hans, mehr als die Gegenwart ist die Yergangenhek der Kinder
nnd Eltern für deren geistige Minderwertigkeit Terantwordich za
machen. Alkohol nnd Syphilis verschnlden viel Disposition zn der-
selben. Die moderne Gennfssncht macht femer die Eltern nerrös,
nnd nervöse Eltern erzeugen psychopathisch minderwertige Kinder.
Daher hat die Prophylaxe bei den Eltern zu beginnen; die
Kinder selber sollen nur eine ihrem Lebensaller entsprecheade nator-
gemäfse Lebensweise fahren.
Bei der Behandlung der psychopathischen Minderwerti^^Eeit ist
der Arzt weniger, als der Lehrer am Platze. Am besten wird eii
solches Kind auf einige Zeit aus seiner bisherigen ümgebimg ge-
nommen und in eine Erziehungsanstalt gebracht. Die k^hperüctai
Schaden und Schwächen sind hier eventuell durch eine sehr reichliclie
Ernährung zu heilen. Zugleich vereinigen sich erziehlich-unterrieWiciie
Behandlung, Turnübungen, Spaziergänge, Bewahrung vor Affekten,
direkte Beeinflussung des Gemütes, das Vorbild der erziehenden
Persönlichkeiten, um die „Sorgenkinder" zu heilen oder wenigsteas
zu bessern; denn es ist schon viel gewonnen, „wenn ein solches
Kind fortan im gleichen Schritt seiner Nebenmänner vorwärts kommt
und die Distanz der Entwickelungshöhe nicht noch gröfeer wird''.
Der Verfasser ist seiner wissenschaftlichen Richtung nach ein An-
hänger der HERBART-ZiLLERschen Pädagogik, die nicht einseitig
die Kenntnisse ihrer Zöglinge mehren, sondern die Gesamtpersönlichkeit
derselben fördern will.
Bektor Dr. phil. Friedrich Kolbewby
in Königslutter.
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leitfditifi fitt S(|nl9(fntibl|eit0|ifl(gt
VII. Jahrgang. 1894. No, 4
(Drij^tnal-^lb^attMuitgett.
Zur Myopiefrage.
Von
H. SCHMIDT-BlMPLBR,
Professor der Augenheilkunde in Göttingen.
Göttingen, den 9. März 1894.
Geehrter Herr Eedakteorl
Leider bin ioh nicht in der Lage, die frenndschaftliche
Polemik mit meinem verehrten Kollegen Stilling so lange
hier fortzusetzen, wie er es zu wünschen scheint, da ich
färchte, da& sie trotz des ^greisen Beizes", welchen sie augen-
scheinlich uns beiden bietet, doch den weniger beteiligten
Lesern langweilig werden dürfte, zumal dieselben so ziemlich
alle unsere Hauptstichworte kennen: „schlechtes Material^ oder
schlechte anthropologische üntersuchungsmethode, wenn die
Zahlen nicht in Stillings Sinne ausfallen, auf der einen Seite,
auf der anderen Seite: zu geringe Differenzen, um darauf ein
Gesetz zu gründen, und Fehlen jedes Beweises dafür, dais,
selbst wenn ausgesprochene Chamäkonchie häufig bei Myopen
vorkäme, diese die Ursache der Kurzsichtigkeit sei.^ In dem
von Stilling in seiner letzten Entgegnung selbst citierten
^ Auch wir glauben, dafs unsere Leser mit den Gründen und
^gengründen in der streitigen Frage jetzt hinreichend vertraut sind,
uid sohliefsen daher die Diskussion. D. Bed.
Sehnlgeflimdheltipflege YII. 13
194
Satze KiRCHNEEs wird übrigens ausdiüoklich gesagt;, dals die
Orbitae bei Myopie nicht niedriger zu sein pflegen, als bei
Hypermetropie, der gerade entgegengesetzten Refraktionsanomalie
— eine Beobachtung, die wohl Kirchner mit zu seinem
absprechenden Urteil gebracht hat. Von Herrn Seggel, dessen
frühere Äulserungen zu Gunsten der SiiLLmGschen Augen-
höhlentheorie ich in meinem ersten Aufsatze angeführt habe,
bin ich inzwischen ermächtigt worden zu erklären, dals seine
neueren Messungen nicht mit denen Stillings übereinstimmen.
Ebenso hat die jüngste Theorie meines geistreichen
Gegners, wonacli die deletäre Myopie das Produkt von Yer-
wandtenehen sein soll, durch Cntersuchungen, die Dr. VBLHAesN
in meiner Klinik anstellte, keine Bestätigung gefunden.
Damit bin ich an dieser Stelle zu Ende und danke Ihnen,
sehr geehrter Herr Redakteur, filr die mir gewährte gastliche
Aufnahme in Ihrer geschätzten Zeitschrift.
Mit besonderer Hochachtung
Ihr ergebenster
H. SCHMIDT-BIHPLEB.
Die ärztliche und hygienische Inspektion der Schulen
in Paris. ^
Von
Dr. med. Perrachon,
ärztlichem Schulinspektor in Paris.
I.
Die ärztliche Beaufsichtigung der Pariser Schulen ist erst
seit ein paar Jahren nach bestimmten Vorschriften geordnet.
Sie wurde ursprünglich nicht durch ein Staatsgesetz, sondern
kraft municipaler Beschlüsse und Verfügungen eingeführt. Die
^ Ans dem Französischen von S. Jonas.
196
Stadt Paris hatte schon längst die ärztliche Inspektion in ihren
Schnlen organisiert, als das neue Gesetz vom 30. Oktober 1886,
betreffend die Regelung des Elementarunterrichts, bestimmte,
dals alle öffentlichen und privaten Anstalten für diesen
Unterricht in Zukunft einer ärztlichen Überwachung durch einen
städtischen oder Kreismedizinalinspektor unterworfen sein sollten.
Im Jahre 1836 wird in einem amtlichen Schriftstück zum
erstenmal die Notwendigkeit einer ärztlichen Aufsicht über
die Schulen von Paris erwähnt. Der CentralausschuJs für das
Volksschulwesen der Stadt unter dem Vorsitz des Herrn
Orfila erlälst eine Verfügung, wonach ein vom Lokalkomitee
des Bezirks zu ernennender Arzt jeder Gemeindeschule für
Knaben beigegeben werden soll mit der Verpflichtung, sie
mindestens zweimal im Monate zu inspizieren.
Andererseits regelt ein Erlais vom Jahre 1855 diese
Praxis in den Kleinkinderbewahranstalten.
Aber die Überwachung wurde stets, trotz des Eifers der
Arzte, nur in unvollkommener Weise ausgeführt. Die Ver-
waltung appellierte allein an die freiwillige Mitwirkung der-
selben. Aufserdem bestand keine Gleichmäisigkeit; alles hing
Ton dem guten Willen des Magistrates des betreffenden Kreises
ab. Erst im Jahre 1879 * begegnen wir einer ernstlichen
Organisation der hygienischen und ärztlichen Inspektion sämt-
licher G-emeindeschulen ohne Ausnahme.
Endlich kommt es im Jahre 1883 zu einer abermaligen
Neugestaltung dieser Thätigkeit. Die Zahl der Medizinal-
inspektoren wird auf 126 für die Stadt Paris festgesetzt. Jeder
Arzt hat die Aufsicht über 3 bis 4 Elementarschulen oder
über eine Schulgruppe, die aus einer Bewahranstalt, einer
Knaben- und einer Mädchenschule besteht und im ganzen
nnge&hr 1200 bis 1800 Kinder umfafst.*
^ In demselben Jahre dehnte der Generalrat des Seinedepartements
die ärztliche Beaufsichtigung auf alle Gemeindeschulen des Departe-
ments aus.
* Die Zahl der Ärzte ist je nach der Eröfifhung neuer Schulen ver-
mehrt worden; gegenwärtig beträgt sie 136.
13*
196
Diese Ärzte werden vom Seineprftfekten ans einer Prftsen-
tationsliste gewählt, welche in jedem Arrondissement yom
Maire und der „D^lögation cantonale^ aufgestellt wird.
n.
Um den Lesern der y^Zeüschrifl für Schtdgesundheitspfkge''
die Amtsthätigkeit der ärztliohen Schulinspektoren in Paris
verständlich zu machen, muijs ich erst ein paar Worte über die
Einrichtung der Verwaltung dieser Stadt sagen. Sie ist in
20 Bezirke geteilt. Der Seinepräfekt ist der eigentliohe
Bürgermeister von Paris. In dieser Eigenschaft hat er die
Oberleitung der städtischen Elementarschulen, die er mit Hilfe
des Direktors für den Elementarunterricht führt Er übertrfigt
seine Befagnis in Schulangelegenheiten jedem der Bezirk»-
vorsteher, welche ihre Aufsicht über die Schulen vermittelst
der y^D^Iögation cantonale^ und der „Gaisse des äcoles" ausüben.
Die y,D^lögation cantonale^ besteht aus juristischen Mit-
gliedern, dem Maire und den Amtsgehilfen, den Stadträten des
Arrondissements und aus Mitgliedern, die vom Präfekten
ernannt sind. Der Maire führt den Vorsitz. Die Aufgabe
dieses Ausschusses ist es, die gehörige Leitung der Schulen,
sowie das moralische und materielle Wohl der Schüler zu über-
wachen und der Oentralverwaltung die hygienisch und päda-
gogisch für notwendig erkannten Verbesserungen anzuzeigen.
Die „Caisse des öcoles^ bildet eine Gresellschaft mit einer
unbestimmten Anzahl von Mitgliedern, welche einen jährlichen
festen Beitrag zahlen; sie kann auCaerdem Schenkungen an-
nehmen. Der Ertrag dieser Beiträge und Schenkungen wird
dazu verwendet, die Schulküchen und Schulapotheken za
unterstützen, die Kosten für die Ferienkolonien zu bestreiten,
den armen Kindern Kleider, Schuhe und Medikamente zu ver-
schaffen. Ein Verwaltungsrat, der von sämtlichen Subskribenten
gewählt wird, und dem der Maire präsidiert, verwaltet die Kasse.
Wir werden später sehen, in welchen Beziehungen die
Medizinalinspektion zu diesen beiden Verwaltungskonmiissionen
steht.
197
Die zur Zeit geltende Yerfägung^ sohreibt vor, daüs der
Arzt jede seiner Schulen mindestens zweimal im Monat in-
spizieren soll. Im Falle einer Epidemie geht er so oft in die-
selben, wie es nötig ist. Er macht seine fiesuche zusammen
mit dem Vorsteher oder der Vorsteherin der Anstalt.
Jedesmal mnJB er sich von der Bescha£fenheit der ver-
schiedenen K&nme überzeugen, jede Klasse besichtigen, den
Zustand der Vorhalle, des Spielplatzes, der Höfe, der Aborten, s.w.
prüfen. Er untersucht die Kinder, die ihm vom Lehrer be-
zeichnet werden, besonders diejenigen, welche krank sein könnten.
Zugleich schickt er jedes erkrankte Sand den Eltern zurück
und untersagt Yorläufig denjenigen den Schulbesuch, bei denen
er eine übertragbare E[rankheit befürchtet. Der Direktor gibt
dem so ausgeschlossenen Kinde einen Bogen,* auf dem der
Arzt den Eltern die ihm notwendig erscheinenden Verhaltungs-
malsregeln mitteilt. Nach beendeter Untersuchung der Schule
trägt dieser in ein derselben gehöriges Specialregister seine Beob-
achtungen über den hygienischen Zustand des Gebäudes und die
Gesundheit der Elinder ein. Er schreibt die Namen der Schul-
kinder auf, welche er während seines Besuches wegen einer an-
steckenden Krankheit abgesondert hat, und gibt zugleich die
Natur der Krankheit an; er notiert, ob das seinen Eltern zu-
geschickte Kind sich vor dem Wiederbesuch der Schule mit
dem von der Verfügung geforderten Gesundheitsattest des
Medizinalinspektors yersehen mufs, oder nicht. In demselben
Register bemerkt der Lehrer das Datum, an welchem das
wegen Krankheit ausgeschlossene Kind die Schule zum ersten
Male wieder besucht.
Aufserdem mufs der Arzt dem Maire des Bezirkes als
Vorsitzenden der ^Däl^gation cantonale^ sobald als möglich,
spätestens aber 24 Stunden nach der Inspektion einen Bericht'
einschicken, worin er seine Beobachtungen über den hygienischen
^ Inspection nUdicale des icoles primaires et des icoles matemelles
pubkques de la viHe de Paris, Beorganisation du Service, Paris, 1883.
* S. das Formular No. 4 auf Seite 207.
" S. das Formular No. 1 auf Seite 203—205.
198
Zustand der Sohnle, über die gute oder schlechte Beschaffen-
heit der Heizvorrichtongen, über die in den Klassen vor-
handene mittlere Temperatur, über die Ventilation und die
Luftverhältnisse der Zimmer mitteilt; er kennzeichnet femer
die herrschenden oder epidemischen Krankheiten und führt die
prophylaktischen Malsregeln, die ihm notwendig erscheinen, an,
wie z. B. die Desinfektion der Lokalitäten ^ oder die zeitweise
Schliefsung einer Klasse, bezw. einer ganzen Schule; endlich
gibt er die Zahl der von ihm während seines Besuches wegen
übertragbarer Krankheit proyisorisch entlassenen Kinder nnd
die Natur der betreffenden Krankheiten an. Wünscht er die
zeitweilige Schliefsung einer Schule, so benachrichtigt er sofort
den Maire. Dieser meldet die Forderung telephonisch der
Unterrichtsdirektion, welche bisher fast immer die vom Arzte
geforderte Maisregel bewilligt hat.
Der Lehrer unterstützt den Arzt bei dessen hygienischer
Thätigkeit. Bemerkt er bei einem Kinde seiner Klasse irgend
ein Unwohlsein, so benachrichtigt er den Direktor davon, der
dasselbe sofort den Eltern mit einem vorgedruckten Scheine^
zuschickt. Das in dieser Weise ausgeschlossene Kind mufs
vor der Rückkehr zur Schule dem ärztlichen Schulinspektor
in seiner Sprechstunde vorgeführt werden. Erlaubt derselbe
den Wiederbesuch des Unterrichts, so stellt er dem Kinde ein
Attest' aus, welches von diesem dem Vorsteher oder der Vor-
steherin der Schule zu übergeben ist.
Ebenso müssen die wegen Krankheit fehlenden Kinder,
^ Dank den Einrichtungen, die vom Stadtrat auf den Vorschlag
des Hygienikers Düjasdin-Beaumbtz getroffen sind, kann der Medizinal-
inspektor die Desinfektion einer Klasse oder einer Schale, sowie der
Kleidung und der Bflcher der Schuler sehr schnell bewerkstelligen
lassen. Ein MunicipalbeschluQi ordnet an, dafs die Desinfektion der
Räumlichkeiten in Gegenwart und unter Leitung des Schularztes statt-
finden soll. Vergl. Dujardik-Beaumetz, L'hygüne prophylacHque. Paris,
1889 und Instructions sur la prophylaxie des maladies contagieuses.
Paris, 1892.
« S. das Formular No. 2 auf Seite 205—206.
* S. das Formular No. 3 auf Seite 206.
199
ehe sie den Unterricht wieder besuchen dürfen, vom Arzte
gesehen werden.
Letzterer hat überdies noch die Schule alle halbe Jahre
zusammen mit dem Stadtbaumeister zu inspizieren.
Au&er diesen schon genügend vielseitigen Pflicbten mufs
der Schularzt alljährlich im Mai oder Oktober nach dem
Wiederbeginn des Unterrichts bei allen Schülern, die über
10 Jahre alt sind, die Impfung mit Kuhlymphe vornehmen.
Ein Bericht über den Erfolg dieser Revaccinationen mit den
Rubriken „gnt**, „zweifelhaft", „gar nicht" geht an den Maire
des Arrondissements. Dieser sendet die Berichte der Ärzte an
die Direktion des Elementarunterrichts, welche sie zusammen-
Btellt.
In jedem Jahre schlägt der ärztliche Schulinspektor vor
den Ferien der „Caisse des äcoles" eine gewisse Anzahl bleich-
süchtiger, skrofulöser oder zarter Kinder, die aber kräftig
genug sind, eine ziemlich lange Reise auszuhalten, zur
Teilnahme an den Ferienkolonien vor. Die „Caisse des
Cooles" des 18. Arrondissements hat für diesen Zweck im Thal
der Oise ein grofses Landhaus angekauft, wo sie 60 bis
80 schwachen und kränklichen Kindern unter der Obhut be-
sonders dazu ernannter Lehrer vier Wochen lang Aufenthalt
gewährt. Diese Luftkur hat bis jetzt die besten Erfolge gehabt.
In einzelnen Vierteln sind den ärztlichen Schulinspektoren
auch Specialisten beigegeben. So hat die ^Caisse des öcoles''
im 18. Arrondissement, dem ich angehöre, eine Special-
behandlung der Augenkrankheiten eingerichtet; der ärztliche
Schalinspektor oder der Lehrer schickt die augenkranken
Kinder einem bestimmten Augenarzte zu. Die erforderlichen
Medikamente werden unbemittelten Schülern unentgeltlich ver-
abreicht.
In einem anderen Arrondissement verfährt man ebenso
bei Ohrenkrankheiten.
Fast in allen Arrondissements hat man sämtlichen kranken
Kindern, hauptsächlich den Schulkindern, freie ärztliche Be-
bandlung zugänglich gemacht.
200
in.
Die organisierte ärztliclie und hygienifiche Schnlinspektion
in Paris leistet unseren Kindern grofse Dienste, aber sie ist
von Vollkommenheit noch weit entfernt. Die unabhängigen
Schulen ganz besonders sind bisher der ärztlichen Überwachnng
noch nicht unterworfen. Da ihre Zahl in Paris eine recht
beträchtliche ist, wird man einsehen, dais das Ziel, welches
man sich bei der Errichtung der ärztlichen Schulaufsicht
gesteckt hat, das Umsichgreifen epidemischer und ansteckender
Krankheiten unter der Jugend zu verhüten, noch lange nicht
erreicht ist.
Andererseits ist es auch schwer, die prophylaktische
Hygiene ernst zu betreiben, wenn die Anmeldung der an-
steckenden Krankheiten nicht obligatorisch ist. Bei dem jetzt
herrschenden System wird der Arzt zu spät, um noch handeh
zu können, von den Krankheiten und den sich bildenden
Epidemien benachrichtigt; er muls den Aussagen der Eltern
glauben, die, sei es absichtlich, sei es unbewuijst, irrige Mit-
teilungen machen, wenn sie überhaupt dazu bereit sind. Sämt-
liche Hygieniker Frankreichs stimmen deshalb darin überein,
die Anzeigepflicht der übertragbaren Elrankheiten zu fordern.
Diese Anzeigepflicht findet sich in dem neuen Gesetze über die
Ausübung der Heilkunde in Frankreich, das mit dem bevor-
stehenden Frühjahr in Kraft treten wird.^ Danach mufs der
behandelnde Arzt jede ansteckende Krankheit, von der er
Kenntnis erlangt, bei den Gesundheitsbehörden anmelden.
Eine Verfügung der öffentlichen Verwaltung bestimmt, welche
Krankheiten der Anzeigepflicht unterliegen.^
Man darf also hoffen, dafs das neue Gesetz auch der ärzt-
lichen Schulinspektion zu gute kommen wird, und mein
gelehrter Kollege, Dr. Mangenot, hat kürzlich in einer
^ Dasselbe ist seit ungefähr vier Wochen bereits in Wirksamkeit
D. Red.
' Es sind dies : Unterleibstyphus, Flecktyphus, Scharlach, Diphtherie,
Cholera und Buhr. D. Bed.
201
interessanten Mitteilung an die Gesellschaft für öffentliche
Medizin und Gewerbehygiene ^ auseinandergesetzt, wie durch
diese Maisregel die ärztliche Überwachung der Schulen ge«
winnen und welcher Nutzen für die Verhütung der an-
steckenden und epidemischen Krankheiten daraus erwachsen
mub.
Um die erwähnten Lücken in der ärztlichen Schulinspektion
zu studieren, sie zu gruppieren und zur Kenntnis der Regierung
zu bringen, haben die Schulärzte von Paris vor einigen Jahren
eine freundschaftliche Vereinigung gegründet. Dieselbe besitzt
eine grofse Anzahl Mitglieder und hat sich überhaupt die Auf-
gabe gestellt, interessante Fragen der Schulhygiene zu ver-
handeln. Auf ihre Veranlassung sind bereits mehrere Arbeiten
in Form von Berichten erschienen, welche Verbesserungen in
der schulärztlichen Praxis betreffen.
Diese Veröffentlichungen entstanden infolge yon Ab-
änderungsvorschlägen für die jetzige Medizinalinspektion,
welche dem Stadtrat von Paris unterbreitet worden sind. Im
Jahre 1887 legte nämlich Dr. Navarrb* dem letzteren einen
Plan vor, wonach die bestehende Organisation fast ganz auf-
gehoben werden sollte. Die in Thätigkeit befindlichen Schul-
ärzte, damals 126 an der Zahl, sollten aus Sparsamkeits-
rücksichten durch 60 vermittelst Bewerbung zu ernennende
Arzte ersetzt werden. Auf diese Weise wären in Paris 60 ärzt-
liche üntersuchungsstellen für Schulen geschaffen worden, in
denen Schulärzte die nicht von ansteckenden Krankheiten
befdlenen, sowie die vom Vorsteher der Anstalt fortgeschickten
Kinder untersucht und einer geeigneten Behandlung unter-
worfen hätten. Der ärztliche Schulinspektor würde also dann
behandelnder Arzt geworden sein.
^ Hakoehot, La declaration obligatoire des maladies contagieuseB
et rinapection m6dicale des 6coles in der Revtie d^Hygihne, 1892, Bd. XIV,
No. 12; vergl. diese Zeitachrifty 1894, No. 1, S. 59—61.
* Nayabre, Bapport prisenU au nom de Ja commission du bttdget
9wr VinspecUon midkcde des Etablissements d'enseignement primaire de la
wöc de Paris et des Cooles privies. Paris, 1887.
202
Die ärztliohe Vereiniguiig hat voller ErreguDg eine Eom*
mission ernannt, welche ihre Ansichten üher diesen Vorschlag
znr Kenntnis der Behörde bringen sollte. Sie lieis zwei Be-
richte^ erscheinen, in denen einerseits die Verbesserungen auf-
gezählt waren, welche in der gegenwärtigen Organisation ein-
geführt werden müTsten, andererseits die Gründe angegeben
wurden, welche für die Aufrechterhaltung des Status quo in
seinen wesentlichen Teilen sprächen.
Als Einwand wurde unter anderem geltend gemacht, äah
der Schularzt einfach Hygieniker bleiben mülste und nicht
behandelnder Arzt werden dürfte, dafs nicht ihm die Pflicht
zufiele, die kranken Schüler zu behandeln, sondern dem Hans-
arzte, oder, wenn die Eltern arm wären, den verschiedenen
öffentlichen Polikliniken. Kurz, das Projekt des Herrn
Navarrb fand in keiner Weise Zustimmung.
Im Jahre 1890 bei Gelegenheit der Abstimmung über
das Budget der ärztlichen Schulaufsicht durch den Stadtrat
machte Herr Vaillakt, dessen Kompetenz auf dem Gebiete
der öffentlichen Gesundheitspflege bekannt ist, in einem sehr
klaren, sehr bestimmten Bericht auf die Änderungen auf-
merksam, welche man in dem Reglement für jene Au&icht
vornehmen könnte. Die schulärztliche Vereinigung beauftragte
Dr. ToLÄDANO* damit, den Bericht Vaillants' zu beurteilen.
Die Frage über die in Rede stehende Reorganisation ist
noch heute in der Schwebe. Infolge der verschiedenen dem
Stadtrate unterbreiteten Berichte hat der Seinepräfekt eine
' Blayac, VinspecHon hygünique et midicale des icoles. Beorgcmh
sation du service. Paris, 1888 und P. Richard, Du midecin-inspecteur des
icoles. Paris, 1888.
' ToLi^DANo, Rapport prisente au nom de kt sociiU des nUdecins-
inspecteurs de la viUe de Faris sur le prqjet de M. Vaillantde riorganir
sation de Vinspection midicale dans les icoles de Paris. France med.,
1892, No. 24.
' Vaillakt, Rapport prisenti au nom du comiU du hudget et du
controle sur les dipenses d'inspection midicale des itablissements d^instruction
primaire. Paris, 1891.
203
grofse Kommission von 25 Mitgliedern^ ernannt, welche die-
selbe studieren nnd die definitive Lösung suclien soll; vier
ärztliche Schnlinspektoren gehören dieser Kommission an.
Ohne vorherzubestimmen, was von den Mitgliedern der-
selben beschlossen werden wird, kann man schon jetzt an-
nehmen, dafs das neue Beglement eine Reihe von Verbesserungen
enthalten wird, wie z. B. die Anwendung der obligatorischen
Anmeldung der ansteckenden Krankheiten auf die Schul-
gesondheitspflege, die hygienische und ärztliche Überwachung
auch der unabhängigen Schulen, die Festlegung der Be-
dingungen, unter denen man den Greschwistem der von über-
tragbaren Elrankheiten befallenen Kinder den Zutritt zur
Schule verbieten darf u. s. w.
Sind alle diese Verbesserungen erst einmal beschlossen,
so wird Paris im Besitze einer hygienischen Prophylaxe sein,
die, wenn auch noch nicht vollkommen, so doch wenigstens
im stände ist, unseren Schulkindern und dadurch der ganzen
Pariser Bevölkerung die gröisten Dienste zu leisten.^
Formular No. 1.
Französische Republik.
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.
Ärzfliche Inspektion
der
städtischen Unterrichtsanstalten.
für*
Strafse No
^ 8. diese Zeitschnft, 1892, No. 11, S. 496.
* Die ärztliche Inspektion, wie ich sie hier beschriehen habe, findet
nur Anwendung auf die städtischen Elementar- und Wartesohulen. Da
die höheren Schulen (Lyceen und Gymnasien) fast alle Internate besitzen,
BO sind die dort angestellten Mediziner Hygieniker und behandelnde
Arzte zugleich.
' Schule oder Kinderbewahranstalt.
* Knaben oder Mädchen.
204
Herr Dr
Besach am
Hygienische BeschafTeiilieit der Anstalt.
L Instandhaltung und Reinlichkeit der Bftume.^
Vorhallen, Treppen, Korridore
Schulhöfe (Gossen, Dachrinnen u. s. w.)
Aborte
Pissoirs
Gedeckte Halle
Klassen
n. Beleuchtung, Heizung, Lüftung.'
Beleuchtung
„ . f Zustand der Heizvorrichtungen
^ \ Mittlere in den Klassen gefundene Temperatur —
Lüftung
Allgemeine Beobachtungen
Oesnndheitsznstand in der Anstalt.
Finden sich in der Anstalt Spuren von irgend einer herrschenden
oder epidemischen Krankheit?
Sind sanitäre Ma®eln zu treffen?
Ist die Schliefsung der Anstalt erforderlich?
Wieviele Blinder fehlten in der Anstalt wegen Krankheit beim
Besuche des Arztes?
Welches ist die Art der Krankheiten, welche unter diesen
Kindern zu herrschen scheinen?
^ In diese Bubrik hat der Arzt sein Urteil über die Reinliohkeit
eines jeden der bezeichneten Bäume einzutragen. Zugleich gibt er an,
welche hygienischen Verbesserungen ihm für jeden Baum notig erscheinen.
* Urteil des Arztes über die Beschaffenheit der Erlassen in Bezug
auf Beleuchtung, Heizung und Ventilation, nebst Angabe der Verbesse-
rungen, welche ihm nötig erscheinen.
205
Wie grofs ist die Zahl der Kinder, bei welchen der Arzt
während seines Besnohes das Vorhandensein ansieckender
Krankheiten festgestellt und denen er den Besnch der
Anstalt vorläufig nntersagen zu müssen geglaubt hat? . . .
Welches sind die unter diesen Kindern herrschenden Krank-
heiten?
Allgemeine Beobachtungen
Paris, den 189 .
• ••• >
ärztlicher Schulinspektor.
Dieser Bericht mufs von dem ärztlichen Schul-
inspektor sobald als möglich nach der Inspektion,
spätestens aber nach 24 Stunden an den Vorsitzenden
der kantonalen Delegation und an den Bürgermeister
des Bezirkes gesandt werden.
Formular No. 2.
Französische Bepublik.
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.
Arrondissement.
Städtische^ für«
Straf se, No
Paris, den 189 .
Der Schüler* ,
wohnhaft Stralse, No. . . ,
ist Yon Unwohlsein befallen, so daüs er nicht in der ^
bleiben kann.
Er wird in dieselbe nur dann wieder zugelassen, wenn er
ein Zeugnis des ärztlichen Schulinspektors Yorlegt, welches
seine Rückkehr in die Anstalt gestattet.
* Schule oder EinderbewahraiiBtalt.
' Knaben oder Mädchen.
' Name und Vorname.
206
um dieses Zeagnis zu erhalten, muls das Kind in die
Sprechstunde des ärztlichen Schulinspektors, Herrn Dr
, gebracht werden, welche am
von . . bis . . Uhr, Stralse, No. . . .
stattfindet.
Direktor.
Dieser Schein mufs dem ärztlichen Schulinspektor
vorgelegt werden, wenn das Kind in seine Sprech-
stunde kommt.
Formular No. ä.
Französische Republik.
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.
Arrondissement.
^ Bezirk der ärztlichen Schulinspektion.
Herr Dr.*
Ärztliche Inspektion
der
städtischen Unterriehtsanstalten.
Ich unterzeichneter ärztlicher Schulinspektor bescheinige,
dafs d. . Schüler. . der städtischen' für*
. . . , StraTse, No. . . die Erlaubnis erhält, wieder
in die Anstalt einzutreten.
Paris, den 189 .
ärztlicher Schulinspektor.
An d. . Direktor. . der städtischen'
, Stralse, No.
^ Nummer des Bezirkes.
* Name des ärztlichen Schalinspektors.
' Schule oder Kinderbewahranstalt.
^ Knaben oder Mädchen.
207
Formular No. 4.
Französische Republik.
Freiheit» Gleichheit, Brüderlichkeii
Arrondissement.
Städtische^ für«
Strafse, No. . .
Der unterzeichnete ärztliche Schulinspektor der Stadt
Paris bescheinigt, dafs d. . Schüler. . ' an
leidet. Dieser Zustand erfordert
Paris, den 189 .
ärztlicher Schulinspektor.
Über geistige Ermüdung bei Schulkindern.
Bemerkungen zu dem gleichnamigen Aufsatze
des Herrn Dr. Laser.
Von
Dr. phil. Leo Bürgerstein,
OberrealBchulprofessor in Wien.
Herr Dr. Laser hat in einer ebenso mühevollen wie
dankenswerten Studie in dieser Zeitschrift^ interessante Experi-
mente zur Frage der geistigen Ermüdung beim Schulunterrichte,
sowie deren Besultate mitgeteilt. Es sei gestattet, aus den
von ihm gefundenen Zahlen einen weiteren Schlub zu ziehen.
^ VolksBchnle oder Kinderbewahranstalt.
* Knaben oder Mädchen.
' Name und Vorname.
* Vn. Jahrgang, 1894, No. 1, S. 2 ff.
208
Berechnet man nach den auf Seite 10 und 15 mitgeteilten
Tabellen den Gresamtdurohschnitt für alle 4 untersten Klafisen,
80 hat man den Yprteil, einmal den störenden EinfluTs der
verschiedenen Stundenpläne bei den Einzelversuchen (Lasek,
S. 17) einigermafsen zu eliminieren, andererseits als Basis der
Berechnung eine statistisch weit wertvollere, grölsere Individuen-
zahl (226)y als die der einzelnen Klassen (Durchschnitt 56,5)
zu erhalten.
SämÜiche Klassm (5 + 4 + V + IV; Lasbr S. 10).
Arbeitsftfiok
Verlangte
Ziffern
Gerechnete
Ziffern
Dnrchsehnitt
•/o
I
93 564
34 900
154,4
37,30
n
93 564
40661
179,9
43,45
nx
93112
43124
190,8
46,31
IV
93 564
43 999
194,6
48,09
V
93 790
45 890
203,0
48,92.
Es wurden also gerechnet dnrohBohnitÜioh in dem
I.
164,4
Differenzen,
d.h. Zn-
nahme pro
Indlyidnnm:
n.
179,9
III.
190,8
IV. V. Zeitstock
194,6 203.0 Ziffern;
25,5
10,9
3,8
8,4
Zi£Eeni.
Die berechneten Zahlen bilden durchschnittlich in dem
bezüglichen Zeitstück Prozente der geforderten:
37,30 43,45 46,31 48,09 48,92
Difllerenzen,
nahmeVer 6,2 2,9 1,8 0,8.
Prozente
(abgerundet) :
Es Wächst sonach das Quantum der geleisteten Arbeit
Yon Lektion zu Lektion, und zwar tritt der Zuwachs von der
ersten zur zweiten Lektion am meisten hervor, wie auch Laseb
auf Seite 11, 12 hervorhebt.
Die Fehlerzahl beträgt, für alle 4 Klassen berechnet:
SämÜiche Klassen (5 + 4 + V + IV ; Lasbr, S. 15).
209
Beile
G^eiiamtfehler
Durchschnitt
der Fehler
Darchsohnitt
der gereehneten
Zahlen
Verhältnis der
iperechneten
Zahlen sn den
Fehlem in «/o
■
I
1147
5,07
154,4
3,28
n
1460
6,46
179,9
3,59
in
1713
7,57
190,8
3,79
IV
1796
7,94
194,6
4,08
V
1668
7,37
203,0
3,63.
Die FehlerzaU betrag demnach im Dorcliscliiiitt für alle
Individuen in dem
I. II. ni. IV. V. Zeitstück
5,07 6,46 7,67 7,94 7,37
Differenzen,
d.h.Za-
n ahme der 1,4 1,1
Fehler
(ahgemndet):
Die Fehler bilden Prozente der berechneten Ziffern
0,4 — 0,6.
3,28 3,59 3,97 4,08 3,63
0,4
0,1 —0,5
Differenzen,
d. h. Zu-
nahme der 0,3
Prozente
(abgerundet):
Oder es kommt je ein Fehler im
I. n. III. IV.
auf 30,4 27,8 25,2 24,5
V. Zeitstück
27,5 gerechnete Ziffern
— 2,6 —2,6 —0,7 +3,0.
Es wächst also in den aufeinanderfolgenden Unterrichts-
stunden nach Innehaltung je einer Pause die quantitative
Leistungsfähigkeit, es nimmt aber andererseits die Qualität der
Leistung ab bis auf die letzte Stunde, welche merkwürdiger-
weise nach dem vorliegenden Experiment in Bezug auf
Quantum und Quäle günstig hervorsticht; absolut und
relativ sind in dieser Stunde die meisten Ziffern gerechnet
worden, und die Qualität ist wenig schlechter, als die in der
IL Lektion — wobei die bedeuteüde Quantitätszunahme nicht
aulser acht bleiben darf — , aber ganz merklieh besser, als
die in der III. und IV. Lektion.
SehnlreaandheitspflefeVII. 14
210
Es wäre nicht ohne Interesse, die DurchschnittsreohniiDg
auch noch für beide Geschlechter auszufahren (yergl. Lasebs
Befunde); aber einerseits ist dies dem Schreiber dieser Zeilen
wegen weitgehender Überlastung mit Arbeit nicht mögUch,
andererseits würde die Gresamtzahl dann wieder ungefähr auf
je die Hälfte reduciert sein.
Vielleicht entschliefst sich Herr Dr. Laser, in Klassen von
derselben Böhe, wie die untersuchten, noch 10 Minutenproben in
der Mitte und am Schlüsse der einzelnen Lektionen anfertigen
zu lassen. Das verständnisvolle und liebenswürdige Entgegen-
kommen, welches er bei der Königsberger Schulbehörde
gelegentlich seiner für die Frage der geteilten oder un-
geteilten Unterrichtszeit so wichtigen Arbeit gefanden
hat, ladet gewifs dazu ein. Überhaupt sollten weitere Unter-
suchungen auf dem Qebiete der experimentellen Unterrichtshygiene
angestellt werden, welche, im Interesse der Schule selbst vor-
genommen, sich gegenwärtig erst in den Anfängen befinden,
aber zum Ausbau der gesamten Erziehungshygiene Bedeutendes
beizutragen versprechen.
Schulhygienische Untersuchungen in Norwegen.^
Von
M. K. HAkonson-Hansen,
Lehrer und Observator in Drontheim.
Das durch die schulhygienischen Untersuchungen in Nor-
wegen gewonnene Material befindet sich gegenwärtig in Be-
arbeitung. Diese ist jetzt so weit vorgeschritten, dafe man in
betreff einzelner Städte einen ungefähren Überblick über die
wichtigeren Resultate gewinnen kann.
So haben Dr.FAYE und der Oberarzt Hald im pädagogischen
Verein zu Christiania eine vorläufige Mitteilung über die von
^ Vergl. diese Zeitschrift, 1892, No. 4, S. 180; 1893, No. 7 u. 8,
S. 306-403.
211
ihnen in den Schalen dieser Stadt ausgeführten Untersuchungen
gemacht und ihre Hauptresultate, soweit sich dies thun liefs,
mit den entsprechenden aus anderen norwegischen Städten
verglichen. Dafs aufserdem auch die wichtigen Arbeiten von
AXEL Hbrtel in Kopenhagen und Axel Key in Stockholm
berücksichtigt worden sind, versteht sich von selbst.
Die Untersuchungen des Dr. Fayb umfafsten 245 Mädchen
und die des Oberarztes Hald 500 Knaben. Sie waren dem
Erlais des Eärchen- und Unterrichtsministeriums entsprechend
zu den in demselben bestimmten Zeiten und nach dem dort
aufgegebenen Schema ausgeführt worden.
Aus den vorläufigen Mitteilungen heben wir hervor, dafs
die norwegischen Mädchen durchschnittlich nicht nur gröfser,
sondern auch schwerer sind, als die übrigen skandinavischen
Mädchen gleichen Alters. Die Periode der Pubertät trat in
den Töchterschulen Christianias bei der groJsen Mehrzahl der
Schülerinnen, nämlich bei 68%, mit dem Alter von 14 Jahren
ein. Sie trifft übrigens auch, wie sich zeigte, in allen anderen
norwegischen Städten sehr zeitig ein, in einer Stadt sogar
noch früher, als in Christiania.
Die Krankheitsstatistik scheint annähernd dieselben Zahlen
ergeben zu wollen, welche die Untersuchungen im Auslande
an den Tag gebracht haben. So enthielt die VII. Klasse in
den Mädchenschulen Christianias nach der Maiuntersuchung
32% Kranke. In der VIII. Klasse war das Krankenprozent
etwas kleiner, wurde aber in der IX. Klasse wieder gröfser, indem
es hier mit der erschreckenden Zahl von 41 % auftrat. In der
X. Klasse gestaltete sich das Verhältnis freilich etwas günstiger;
dies hatte aber gewifs seinen wesentlichen Grund in dem Um-
stände, dafs ein nicht unbedeutender Teil kränklicher
Schülerinnen nach Absolvierung der IX. Klasse die Schule
verlaust. Denn dafs grade die Schwächeren, welche der immer
anstrengender werdenden Arbeit in der Schule nicht mehr
gewachsen sind, aus dieser abgehen, ist wohl selbstverständlich.
Aus der X. Klasse traten 13Vo der Mädchen mit gröfseren
oder kleineren Körperleiden ins Leben hinaus.
14*
212
Die bei den Mädchen am meisten sich zeigenden Krank-
lieiten sind Blutarmnt, Nervosität, Kopfschmerzen, chronische
Yerdannngsleiden nnd Rückgratsverkrümmungen. Von Kopfweh
z. B. werden wenigstens 40 % der Schülerinnen der X. Klasse
heimgesucht. Hückgratsyerkrümmungen nnd schlechte Haltnng
sind beinahe ebenso häufig, daher, wie es scheint, viel häa%er,
als man gewöhnlich annimmt.
Gleich wie die Mädchen, sind auch die norwegischen Knaben
länger und schwerer, als die dänischen und schwedischen, wenn
sie auch dem anderen Qeschlechte innerhalb ihrer eigenen
Nationalität ein wenig nachstehen, was von der früheren Eni*
Wickelung dieses Gesohlechtes herrührt; später aber überholen
die Knaben wieder die Mädchen.
Was das Kränklichkeitsverhältnis anbelangt, so steht die
y. Knabenklasse auf derselben Stufe, wie die IX. Mädchen-
klasse. Dieser nachteilige Zustand muls der durch Extraarbeit,
namentlich Musik, gerade in diesem Alter verursachten Über-
anstrengung zugeschrieben werden. Die I. Klasse des fieaL
gjrmnasiums erwies sich rücksichtlich der Kränklichkeit der
Schüler am ungünstigsten.
Während die übrigen Krankheiten eine wenig hervor-
ragende Rolle spielen, trägt der Kopfschmerz in ganz be-
sonderem Grade zu dem Krankheitsprozente der Knaben bei.
Mit Rückgratsverkrümmungen, schlechte Körperhaltung nicht
mitgerechnet, waren höchstens 8% behaftet; diese gröfste
Zahl wurde in der VI. Klasse gefunden.
Im Gegensatz zu den Mädchen, bei denen das höchste
Kränklichkeitsprozent im Mai vorkam, hatten die Knaben die
höchste Prozentzahl im Dezember. Dies ist eine ganz inter-
essante Beobachtung, die, wenn sie sich bei näherer Forschung
bewähren sollte, auf einen tiefer liegenden Unterschied deutet,
der seinen letzten Grund in den physischen und psychischen
Verschiedenheiten der Geschlechter hat.
Schlielslich sei noch erwähnt, dafs die Untersuchungen
einen Rückgang der Skrofulöse, wenigstens in Christiania,
ergeben haben.
213
2.ns Derfamtnlntijjen nnl ^txtxntn.
IHe Bitzangen der KommiBsion für Schulgesnndheitspflege
in Ntümberg.
Von
Dr. phil. G. AUTBNRIETH,
Bektor des Alten GymnasiumB in Nürnberg.
ni. Sitzung am 7. Februar 1893.
Nach Verlesung des Protokolls, welchem ein Bericht des
Bezirksschulinspektors L. Hofmann über die QBNTNERsche
Stottererschule beigelegt war, setzte der Vorsitzende Dr.
Schubert eine Anzahl Drucksachen über Schreibunterricht,
Pulte, Beleuchtung, Steilschriftalphabete, einen Artikel der
Flensburger Nachrichten und einen sehr ausführlichen Brief
von Batr in Wien in Umlauf. Auch wurden weüse Schiefer-,
ferner Papp-, Kalkstein-, Emailblech- und Glasschreibtafeln
vorgelegt. Stadtrat Rehlen beantragt, die Schiefertafelfrage
einmal technisch zu behandeln, was Bezirksschulinspektor
fiOFHANN zusagt.
Hierauf hält der Vorstand des Bezirkslehrervereins Darr
seinen Vortrag „über Errichtung von Klassen für
Schwachsinnige".^ Es ist angeborener und erst im Verlauf
der Kindheit eingetretener Schwachsinn zu unterscheiden, wie
dies auch Barthold, Direktor der Erziehungs- und Pflege-
anstatt Hephata, angibt. Die gröfste Gefahr liegt in der
Periode der Zahnentwickelung, nach dem 7. Lebensjahr ent-
steht Schwachsinn nicht mehr leicht. Eine genaue Grenze
dem Blödsinn gegenüber iit nicht möglich aufzustellen; der
Blödsinnige hat gar keine Beziehungen zu anderen Wesen in
' Vergl. diese Zeitachnft, 1893, No. 12, S. 674-676.
214
•
Beinern Bewafstsein, der Schwaohsinnige denkt und will, aber
viel langsamer, als ein geistig gesundes Kind. Die Zahl der
Schwachsinnigen ist 1 : 1000 unter normalen Verhältnissen;
in Schweden gestaltet sich dieselbe ungünstiger und noch yiel
schlimmer in London.
Nachhaltigen Anstofs zur Pflege und Bildung der Idioten
haben hauptsächlich zwei Ärzte, der Schweizer Guggenbühl
und der Franzose Seguin, gegeben; des ersteren Anstalt in
Hofwyl 1839 wurde, wie die Privatanstalt yon Kern in Möckem
und die 1846 gegründete Staatsanstalt in Hubertusburg, Master
für deutsche Idiotenanstalten. Diese vermehrten sich bald; im
Jahre 1890 wurden in 41 Anstalten Deutschlands 2400 Pfleg-
linge unterrichtet, 1850 beschäftigt und 1700 nur verpflegt. So
sorgte man für die Idioten. Die Schwachsinnigen überliefs
man überall der Volksschule, welche nicht im stände war, bei
der grojjsen Zahl ihrer Schüler die nötige strenge Individuali-
sierung anzuwenden. Deshalb war der Besuch der gewöhn-
lichen Elementarschule für schwachsinnige Kinder mehr schäd-
lich als nützlich. Es sind daher vom christlichen, humanen
und ökonomischen Standpunkte aus Hilfsschulen für solche
Kinder zu fordern, wie sie in einer Beihe von Städten, ins-
besondere Norddeutschlands, entstanden sind; das dort gegebene
Beispiel hat auch in der Schweiz, in Schweden und England
Nachahmung gefunden. Aus dem Betrieb der Kölner Hilfs-
schulen folgen nun einzelne genaue Mitteilungen. Über die
Erfolge der Braunschweiger Hilfsschule wird angeführt, dafs
daselbst von 44 bis jetzt entlassenen Kindern 43 schreiben
und lesen, 35 in kleineren Sätzen sich schriftlich ausdrücken
können; 20 davon haben Einsicht in das Zahlensystem über
100, die 15 anderen können mit Zahlen bis 100 operieren;
auiser 6 unheilbaren sind alle erwerbsfähig.
Um auch in Nürnberg eine solche Anstalt ins Leben zn
rufen, wäre, abgesehen von anderen äufseren Einrichtungen und
Anordnungen, zu fordern: 1. Die schwachsinnigen Kinder be-
suchen mindestens 1 Jahr die unterste Volksschulklasse, und
wenn kein Fortkommen mit den anderen zu hoffen ist, dann
215
werden sie ärztlich nntersuoht, in die Hilfsschale verwiesen
und daselbst nach Prüfung aufgenommen. 2. Drei übereinander
stehende Erlassen werden hier je 2 Jahre besucht, Vorrücken ist
erst nach Erledigung des yoraufgegangenen Pensums gestattet.
Letzteres wird gegenüber der Volksschule ermäfsigt; auüserdem
bestehen Unterabteilungen der Erlassen in Nebenfächern. 3. An
den siebenjährigen Besuch schlieUst sich derjenige einer Fort-
bildungsschule an. 4. Die Schülerzahl jeder Klasse beträgt
nicht über 20. 5. Die Lehrer haben vorher an einer aus-
wärtigen Hilfsschule zu praktizieren und 6. je 20 Wochenstunden
Unterricht exklusive Nebenfecher (No. 8) zu geben. 7. Ein
fester Stundenplan ist schon wegen häufiger Spaziergänge nicht
möglich. 8. Zu den Lehrgegenständen treten als Nebenfächer
besonders Turnen und Handfertigkeitsunterricht hinzu, auch
eventuell Freihandzeichnen und Singen. 9. Überhaupt ist
Rücksicht auf das praktische Leben mafsgebend.
Bei der Diskussion erwähnt Schulrat Dr. GtLAUNINO, dafs
er vor 6 Jahren die Sache bereits angeregt, im Jahre 1889
eine Umfrage bei 9 auswärtigen Anstalten, darunter Köln,
Braunschweig, Dresden, Basel, gehalten, darnach Sätze und
Vorschriften entworfen und ein Gutachten vom Bezirksarzte
zu Gunsten solcher Hilfsklassen erwirkt habe. Das Für und
Wider wurde damals in einer Kommissionssitzung erörtert; es
gab zu jener Zeit 110 — 116 Schwachsinnige in den Volks-
schulklassen, im Jahre 1891 dagegen 60. Schwierigkeit machte
die BeschafiFung eines Lokales und die Weigerung der Eltern.
Die Schulbehörde unterstütze die Sache, aber der Magistrat
müsse eben die Mittel bewilligen.
Dr. Pauschingbr glaubt, die Mittel würden durch Zu-
BaDunenlegen von schwächer besuchten Klassen der Volksschule
teilweise aufzubringen sein. Er möchte Kenntnis der lateinischen
Schrift vom Unterricht der Schwachsinnigen nicht ausgeschlossen
sehen. Das Vorurteil der Eltern werde bald schwinden.
Der Bezirksschulinspektor und der Schulrat äufsern sich
ZQstimmend, wie auch andere Mitglieder.
Magistratsrat Rehlbn erbittet sich für einen bevorstehenden
216
gelegentlichen Besnoh der Kölner Stottererschule einige Bat-
schläge nnd erhält sie.
Der Vorsitzende verspricht, mit dem Bureau detailliert
Fragebogen an auswärtige Hilfsschulen zu senden und naoli
Bearbeitung der Ergebnisse durch den Referenten eine
populäre Darstellung, etwa in der bayerischen Lehrerzeitong,
zu veranlassen, um dann die Sache beim Magistrat mit mehr
Erfolg betreiben zu können.
Einige Erörterungen über die Kosten, dann Aufstellung
eines Beferenten für Dr. Kotblmanns ^Zeitschrift ßr SM-
gesundheitspflege^ beschlossen die Sitzung.
(Fortsetzung und Schlufs in No. 5.)
Über
die körperliche Entwickelang der Ferienkoloniekinder.
Vortrag,
gehalten auf der 65. Versammlung deutscher Naturforscher und Arzte
zu Nürnberg.
Von
Dr. med. Schmid-Monnard,
praktischem Arzt in Halle a. S.
(Antoreferat.)
Dr. ScHMiD-MoNNARD gibt in seinem Vortrage das Resultat
von 2000 Beobachtungen an 1000 Halleschen Ferienkolonisten,
einmal vor, einmal nach dem Besuch der Ferienkolonien, femer
von 1300 Untersuchungen zurückgewiesener Kinder im Alter von
7 — 15 Jahren. Für die Darstellung der normalen Entwickelung
von 0 — 13 Jahren werden die Resultate von etwa 1400 auf
dieses Älter bezüglichen Beobachtungen des Redners mitgeteilt.
Das für die Halleschen Kolonisten Gesagte darf für die
Ferienkolonisten ganz Deutschlands gelten.
217
Grnind zur VeröfiEentlioIiung war der Wunsch, den Nutzen
der Ferienkolonien in wissenschaftlicher Weise darzuthun.
Zunächst wird festgestellt, dals die Ferienkolonisten
hinter der gleichalterigen Yolksschuljugend an
körperlicher Entwickelung um ein volles Jahr zu-
rückstehen.
Sodann ergibt sich aus grolsen Zahlen, dais das siebente
Lebensjahr ein besonders ungünstiges in Bezug auf
physische Entfaltung ist. In diese wenig widerstandsfähige
Periode hinein fallen nun die ersten Schuljahre. Und hier zeigt
sich ein wesentlicher gesundheitlicher Bückgang des schwächeren
Teiles der Yolksschulkinder, besonders der Mädchen.
So sind die Kolonistenmädchen im achten Jahr leichter, als
im siebenten und erlangen erst im neunten Jahre das Gewicht
wieder, das sie bereits zwei Jahre vorher besessen hatten.
Daus trotz aller schulhygienischen Verbesserungen noch ein
grofser Prozentsatz unserer Yolksschuljugend kränkelt, rührt
zum Teil von der Fabrikarbeit der Eltern her. Erfahrungs-
gemäis wird die Rüstigkeit der letzteren durch diese Arbeit
wesentlich beeinträchtigt, und dementsprechend entwickelt sich
auch ihre Nachkommenschaft schwächer. Andrerseits sind es aber
gewisse gesundheitsschädigende Einflüsse der Schule, welche
durch alle hygienischen Mafsnahmen nur unvollkommen be-
seitigt werden können.
Die Schädlichkeit der Schule besteht im wesentlichen
iu dem stundenlangen Sitzen in überfüllten Klassen. Sie
äu&ert sich in erster Linie dadurch, dafs die Atmung un-
genügend wird. Besonders kommt hier in Betracht das
Zusammensinken des ermüdeten Körpers am SchluJs des Schul-
vormittags. Aufserdem bewirkt die vielfach noch geübte
Schrägschrift schiefe Haltung des Körpers. Anfangs ist die
letztere nur angewöhnt, aber der jugendliche Körper wächst
iu sie hinein, und es entsteht schliefslich eine bleibende Ver-
krümmung des Rückgrats. Bei solchen Kindern ist die Brust-
erweiterung bei der Atmung noch nicht 1 cm grols. Vielleicht
auch wirken chemisch noch nicht näher festgestellte Bestand-
218
teile in der von den zahlreichen Schülern ansgeatmeten Luft
schädlich auf die B.espiration ein. Während normalerweise
durch die freie Atmung der Ahfluis des Blutes aus dem Kopf
und Unterleib nach dem Herzen begünstigt wird, erzeugt
mangelhafte Atmung eine Blutstauung in diesen Organen mit
allen ihren bekannten Folgen, wie blasses Aussehen, Kopf-
schmerzen, Nasenbluten, Yerstopfong, Appetitlosigkeit. Die
Zahl der Erkrankungen nimmt in der Schule mit den Jahreo,
wie dies Kotelmann gezeigt hat, zu, ja die Zahl der Todes-
fälle an Krankheiten der Atmungswerkzeuge steigt sogar am
das vierfache.
Die schwächlichen Kinder, welche durch den Unterricht
am meisten angegriffen werden, bilden zudem in höheren
Klassen den Ballast für die anderen, da sie erfahrungsgemäüs
zurückbleiben; 60% von ihnen sind zu alt geworden. Körper-
liches Deficit und geistiges Nachlassen gehen naturgemäß
Hand in Hand.
Darum aber braucht man nicht die ganze Schuleinrichtnng
zu beanstanden. Denn es ist nur ein kleiner, wenn auch be-
achtenswerter Bruchteil der Schüler, welcher den erwähnten
Rückgang aufweist. Vielmehr empfiehlt es sich, auf die
Schwächeren, besonders die Mädchen, Bücksicht zu nehmen
und sie bei Bildung von kleineren Parallelklassen in diesen
unterzubringen.
Welches ist nunderNutzen der Ferienkolonien? Es er-
scheint von vornherein klar, dafs kräftige Ernährung, körperliche
Bewegung und reine Luft während der Ferien den Kolonisten
in ganz anderem Mafse verschafft werden, als dies in den be-
schränkten und hygienisch ungenügenden Verhältnissen einer
Fabrikstadt möglich ist. In der That arbeiten die Ferien-
kolonien der vom Vortragenden nachgewiesenen Wachstumß-
hemmung mit grofsem Erfolge entgegen. Denn nach
dreiwöchentlichem Ferienaufenthalte haben die
Kolonisten etwa um ein Jahr an Körpergewicht und
Atmungsgröfse zugeüommen. Damit ist alles er-
reicht, was überhaupt zu gewinnen war, da sie dem
219
Dnrclisohnitt gerade um ein Jahr nachstanden. Anf die Zu-
nahme der AtemgröDse legt Redner besonderen Wert; denn
vor allem hierdurch wird der heryorgehobene schädliche Einfluiüs
der Schnle einigermafsen wieder gutgemacht.
Drei Tafeln veranschaulichten das Gesagte. In sieben
Tabellen fand derjenige die ziffemmäfsigen Belege, welcher
sich für die absoluten Körperverhältnisse in diesem Alter
interessiert. Diese Mafse gelten aber nur für die Halleschen
Volksschulkinder.
Zur Augenentziindnng in Schulen.
Aus der ophthalmologischen Oesellschaft Englands.
In der letzten Versammlung der ophthalmologischen Gesellschaft
Englands hielt der bekannte Londoner Augenarzt Jonathan Hutchin-
son einen Vortrag über Schulophthalmie. Die Diskussion darüber
wurde verschoben und der Redner ersucht, zuvörderst einige Defini-
tionen und Thesen aufzustellen, die der Debatte zu Grunde gelegt
werden könnten. Dieselben lauten nach ^The Brit Med. Journ.^
folgendennafsen :
1. Die ansteckende Augenentzündung, welche jüngst in gewissen
höheren Schulen Londons mehr oder weniger geherrscht hat, ist
genau dieselbe Krankheit, welche in den Armenschulen längst als
beginnendes Trachom erkannt worden ist.
2. Der Grund, weshalb nur wenige Fälle von Trachom durch
diesen Ausbruch entstanden sind, liegt darin, dafs geeignete Behand-
lung eingetreten ist.
3. Wird die Absonderung vernachlässigt, so verbreitet sich die
Schulophthalmie durch die ganze Anstalt.
4. Bei mangelnder lokaler Behandlung der Schulophthalmie
treten eine gewisse Anzahl Fälle von Trachom oder Arbeitshaus-
ophthalmie ein.
5. Einige protrahierte Trachomfälle sind bereits aus Ophthalmie-
epidemien in höheren Schulen entstanden.
6. Es beruht auf klinischer Täuschung, zwei Formen von
epidemischer follikulärer Augenentzündung zu unterscheiden, von denen
die eine, wenn vernachlässigt, keine Neigung hat, in Trachom über-
zugehen.
7. Follikuläre Bindehautentzündung oder follikuläre Ophthalmie
sind Namen für das Anfangsstadium der granulösen Entzündung.
220
Dieses Stadium ist charakterisiert dnrch Schwellung der normalen
Follikel und oft auch der Papillen.
8. Es ist aufserordenüich schwer, in leichten Fällen zu sagen,
ob vergröiserte Follikel eine individuelle Eigentümlichkeit, oder eine
offenbare Krankheit sind.
9. Schulophthalmie ist der Name für eine ansteckende und oft
sehr kurze Form der Bindehautentzündung, welche, wenn Temacb-
lässigt, in gewissen Fällen Granulationen erzeugen kann.
10. Arbeitshausophthalmie ist der Name für vorgeschrittene
Fälle von Granulationen (Trachom). Dieselben werden immer dorch
einen Anfall von Schulophthalmie eingeleitet.
11. Die gewöhnlich als katarrhalische Augenentzündung bezeich-
nete Krankheit, welche häufig ganze Familien befällt und mit Hyperämie
der Bindehaut einhergeht, ist möglicherweise identisch mit der Schnl-
ophthalmie.
12. Schulophthalmie ist selten von starker Kongestion der
Augenbindehaut begleitet.
13. Der erste Anfall ist gewöhnlich leicht und durch örtliche
Behandlung vollständig heilbar.
14. Das zweite Stadium, die follikuläre Ophthalmie, läTst sich
gleichfalls durch eine wirksame, ein oder zwei Monate fortgesetzte
Behandlung fast immer beseitigen.
15. Das dritte Stadium, das Trachom, bei dem die Bindehant
verdickt und die Follikel in ausgedehntem Mafee beteiligt sind, ist
nur sehr schwer zu heilen, neigt stark zu Bückfällen und erfordert
oft jahrelange Behandlung.
16. Die Granulationen bergen immer Ansteckungsgefahr in sich.
17. Die Gefahr der Ansteckung steht im Verhältnis zu der
schleimig-eitrigen Absonderung. Trockene Augen mit geringer oder
gar keiner Absonderung sind wahrscheinlich nur in geringem Grade
ansteckend.
18. Schulophthalmie führt nicht regelmäfsig zu Granulationen;
im Gegenteil, die meisten Fälle genesen vollkommen bei passender
Behandlung.
19. Es besteht aber immer die Gefahr, dafs aus Schulophthahnie
bei Vernachlässigung und bei gewissen Konstitutionen granulöse
Ophthalmie sich entwickelt.
20. Umgekehrt sind Fälle von Granulationen während aller
Stadien im stände, die Quelle epidemischer Schulophthalmien zu werden.
21. Es ist wahrscheinlich, dafs alle Epidemien ansteckender
Augenentztindungen in Schulen von derselben Art sind, wenn sie
sich auch, entsprechend den allgemeinen epidemischen Gesetzen, in
Bezug auf Heftigkeit weit von einander unterscheiden.
221
22. Die Neigung zu Granulationen nach einem Anfall yon
Schnlophthalmie hängt wahrscheinlich Ton der Basse, der Struktur-
anläge der Bindehaut und dem Kräftezustand des Patienten ah.
23. Allen Fällen von Trachom geht zunächst eine auf specifischer
Ansteckung heruhende Bindehautentzündung voraus.
24. Der erste Anfall von Bindehautentzündung geht schnell
Yorüher; er ist meistens leicht und dauert nur 8 his 10 Tage.
25. Nach dem ersten Anfall kann die Bindehaut des Augapfels
wieder ihr normales Verhalten annehmen, während in den Follikeln
und Papillen der Lider sich schleichend Veränderungen einstellen.
Bemerkungen für die heanfsichtigenden Schulhehörden.
Kehrt ein Schüler nach einer Augenkrankheit in die Schule
zurück, so sollte immer, ähnlich wie hei Grind und einigen anderen
Krankheiten, ein Zeugnis von ihm gefordert werden, dafs er frei von
Ophthalmie ist.
Falls irgend ein Schulkind an „schlimmen Augen*' leidet, ist es
sofort zu isolieren und der Behörde Anzeige davon zu erstatten.
Sobald ein Rückfall eintritt und sich Granulationen entwickeln,
muls die Absonderung und Behandlung verlängert werden, und der
Schüler darf nicht in die Schule zurückkehren, bevor er einige
Monate erfolgreich behandelt ist.
Keine Fälle von Granulationen, welche noch Behandlung erfordern,
sollten in eine Schule zugelassen werden, wo sich gesunde Kinder
befinden.
Bricht Ophthalmie in einem Internate aus, so hat die Behand-
lung an Ort und Stelle zu erfolgen, und die Kinder sind nicht nach
Hause zu schicken.
Die Behandlung braucht den Schulunterricht nicht zu stören.
Leitsätze, angenommen von der
vierzigsten schweizerischen Tnrnlehreryersammlnng in Zfirich.
Die vierzigste schweizerische Turnlehrerversammlung, welche
in Zürich tagte, hat nach der „Schtv/s. Tumztg.^ folgenden Sätzen
zugestimmt :
I. Das Turnen hat in allen Verhältnissen, auf dem Lande wie in
der Stadt, bei Knaben und Mädchen, durch sämtliche Schulstufen
hindurch die allseitige und gleichmäfsige Pflege der gesamten
körperlichen Kräfte und Organe zu erstreben, als Mittel zur
harmonischen Ausbildung von Körper, Geist und Gemüt.
n. Eine eingehende Prüfung des gegenwärtigen Standes unseres
Schulturnens beweist, dafs die vollständige und richtige Ein-
222
and Durchführong des Tomens im Sinne von Artikel 81 der
Militärorganisation noch keineswegs vollzogen ist, weder mit
Rücksicht anf die zugewiesene Zeit nnd die verwendeten Hilfs-
mittel, noch im Hinblick anf den Tumbetrieb nnd die turnerische
Ausbildung der Lehrkräfte.
III. Zur weiteren Förderung der Leibesübungen ist notwendig:
a. Zuweisung von mehr Zeit
1. in städtischen Verhältnissen und günstig gestellten Ge-
meinden durch vier wöchentliche Stunden zur Ermög-
lichung fleifsiger Pflege auch der Tumspiele;
2. auf dem Lande durch Einsetzung mindestens des Minimums
der vorschriftsmäfsigen Turnstunden;
b. bessere turnerische Ausbildung
1. der Lehramtskandidaten durch das Seminar und die
pädagogischen Sektionen der Gymnasien, Akademien,
Hochschulen u. s. w.,
2. der Lehrer, welche Turnunterricht erteilen, durch Ver-
anstaltung regelmä&iger Tumkurse und durch die Lehrer-
tumvereine ;
c. Berichterstattung über das Tumwesen an das schweizerische
Militärdepartement auf Grund fachmännischer Erhebungen,
für deren Kosten der Bund aufzukommen hat;
d. Übernahme eines Teiles der Herstellungskosten für Tumlokale
und Turnplätze durch den Bund bei vorschriftsmäfsiger
Ausführung;
e. Ermittelung der Tumfertigkeit unsererJugend bei Anlafs der
Eekrutenprüfungen.
kleinere Jlitteilnngett.
Aus den Urteilen der KSniglich sächsischen BezirksSrzto
fiber die von ihnen revidierten Schulen führt der 24. Jahres-
bericht des Landesmedizinalkollegiums über das Medizinal-
wesen im Königreiche Sachsen auf das Jahr 1892 unter
anderem folgendes an: Im Medizinalbezirke Kamenz wurde wiederum
der gröfste Teil der Schulen der bezirksärztlichen Besichtigung in
gesundheitlicher Beziehung unterzogen. Die dabei gefundenen l- bei-
stände betrafen meist die mangelnde Desinfektion und Reinhaltung
der Aborte, gesundheitswidrige Ltiftungs- und Heizungsverhältnisse
223
der Schulstnben und ungenügende Reinigung derselben, sowie der
Schulbänke ; hier und da war auch die Ausräumung der . Abort-
gniben unterlassen. Die bezirksärztlichen Ausstellungen wurden in
Anträge formuliert und diese Anträge teils den Lokalschulinspektoren
und Schulvorständen, teils der Bezirksschulinspektion zur Kenntnis
gebracht, worauf nach einiger Zeit die Ausführung der gewünschten
oder gesundheitlich unbedingt erforderten Verbesserungen durch den
Bezirksarzt in den einzelnen Schulen kontrolliert ward. In der
Mehrzahl der Fälle waren bei dem zweiten Besuch in diesen Schulen
die beantragten hygienischen Mafsnahmen bewirkt, einige Male jedoch
bedurfte es eines energischen Hinweises auf die Notwendigkeit der-
selben durch Intervention der Bezirksschulinspektion. — Im Medizinal-
bezirke Annaberg sind verschiedene Schulen revidiert worden, und
bemerkt der Bezirksarzt, dais kleinere hierbei gefundene Übelstände
in der Regel auf Antrag beseitigt werden, die wesentlichen aber,
wie Einbau von Aborten, nicht ausreichende oder falsche Beleuchtung
der Schulzimmer, ungenügende Gröfse derselben, mangelhafte Subsellien
und dergleichen, meist fortbestehen, weil die Gemeinde die ihr aus
der Änderung erwachsenden Kosten scheut. Besonders häufig läfst
die Reinhaltung der Aborte zu wünschen übrig. — Im Medizinal-
bezirke Schwarzenberg ergab die Besichtigung verschiedener Schulen
ein im allgemeinen befriedigendes Resultat. Wenn auch alte Bänke noch '
gefunden wurden, so waren doch in den neugebauten Schulen gröfsten-
teils moderne Subsellien angeschafft worden. Die Aborte befanden
sich meistens in gutem Zustande. — Bei den vielfach vorgenommenen
Revisionen der Schulzimmer in Hain leben hat der Bezirksarzt die
Beobachtung gemacht, dafs die Ventilation derselben durch öffnen
der Thüren und Fenster nicht gehandhabt wird. Auf die früher
wiederholt erbetene Mitwirkung der Lehrer sei nicht zu rechnen;
dieselben hätten augenscheinlich kein Verständnis für diese Mafsregel.
Auch scheine es, als wenn die leidige übertriebene Furcht vor der
Schädlichkeit der Zugluft der Durchführung der Lüftung hinderlich
sei; denn es werde allerdings nicht zu vermeiden sein, dafs, wenn
man das öffnen der Thüren und Fenster unmittelbar nach dem
Schlüsse des Unterrichts vornehme, Lehrer und Schüler hier und da
einige Augenblicke der Zugluft ausgesetzt wären. — Eine Revision
der Schule zuGroitzsch im Medizinalbezirke Borna ergab das
Vorhandensein einer Anzahl von Übelständen. Die Höhe verschiedener
Schnlzimmer blieb hinter den gesetzlichen Mindestmafsen zurück.
Der Lichteinfall war teilweise nicht geregelt. Die Dielen erschienen
ausgetreten und fugenreich, so dafs sich beim Gehen Staub entwickelte.
Die eisernen Regulieröfen befanden sich teilweise in schlechtem Zu-
stande. Die Bänke waren von ältester Konstruktion, und die Ventilations-
224
Torrichtangen genügten nicht. In den Lehreraborten waren die
Dunstableitnngs- wie die Abfallrohre nur aas Brettern gefügt, die
Grabe erwies sich darchlässig; die Aborte fdr die Eonder hatten
nicht Raam and Helligkeit genag. Es warde vom Bezirksarzte in
erster Linie der Neaban eines Schnlgebäades in Vorschlag gebracht,
für den Fall aber, dafs dieser zar Zeit nicht aasführbar sei, die
Durchführung der dringendsten Erfordernisse, namentlich Reparatur
der Dielen, Einbringung neuen Fttllmaterials unter dieselben, Her-
stellung Yon Yentilationskanälen, Anschaffung neuer Schulbänke von
Lickroth & Co., Verbesserung der Öfen und Abortanlagen zur Pflicht
gemacht. — Der Bezirksarzt im Medizinalbezirke Grimma klagt
darüber, dais in vielen Schulen seines Bezirkes noch immer die
Unsitte bestehe, die Fensterbretter mit Topfpflanzen zu besetzen,
angeblich zur Reinhaltung der Zimmerluft. Dieses Vorurteils wegen
sei eine nachhaltige Beseitigung der Blumentöpfe nicht zu erzielen
gewesen, wie z. B. in Zschoma, wo er bei jeder Revision sich dagegen
ausspreche. Vielfach seien auch die Blattpflanzen mit dicken Staab-
massen besetzt, und, um sie nicht von ihrem Standorte wegzurücken,
werde auf das öffnen der Fenster verzichtet. — Das 1891 im
Rohbau aufgeführte viergeschossige Schulgebäude zu Plauen i. Y.,
das zur Entlastung der 2. Bürgerschule und 3. Bezirksschule dringend
nötig war, ist im Berichtsjahre fertiggestellt und Michaelis in Gebranch
genommen worden. Wenn auch bei dem Bau unnötiger Loxns
vermieden worden ist, so erweist sich doch die ganze Einrichtnng
als eine sehr gute und entspricht allenthalben den in hygienischer
und pädagogischer Beziehung zu stellenden Anforderungen. Das
Schulhaus ist viergeschossig. Die ünterrichtszimmer liegen zu beiden
Seiten eines Mittelkorridors nach Nordwest und Südost und bieten
bezüglich ihrer Gröfse und Beleuchtung günstige Verhältnisse. Ihre
Beheizung und Ventilation erfolgt durch Warmwasserdruckheizong
nach Rietschel <& Henneberg. Bei der Wahl der Subsellien hat
man sich wieder für die Lickrothschen Bänke entschieden. Die
Korridore besitzen bedeutende Breite und erhalten durch grofee
Giebelfenster und vom Treppenhause her ausreichendes Licht. Die Ab-
tritte mit Tonneneinrichtung sind in das Haus an dessen beiden Giebel-
seiten eingebaut und von den Korridoren aus zugängig. Sämtliche
Stockwerke haben Gas- und Wasserleitung, sowie Feuerlöschein-
richtungen. Hinter dem Hause liegt der geräumige Spielplatz und
neben demselben die Turnhalle. — Das Brausebad in einer Schule
zu Glauchau hat sich nach dem Berichte des Bezirksarztes ausser-
ordentlich gut bewährt. Die Kinder baden gern, und es wurden,
trotzdem Störungen am Kessel vorkamen, 2000 Bäder verabfolgt;
in einer Stunde baden 40 Kinder.
225
Ffir die obligatorische Einführung der Steilschrift. Der
Wiener Stadtphysikns Dr. Emil Eammerbr beendet seinen in der
y,Bl8ch. Ztg.^ yeröflfentlichten Artikel „Über die Anforderungen,
welche in hygienischer Beziehung an eine gute Schulbank
gestellt werden müssen^, mit folgenden Worten : Zum Schlufs
möchte ich aber noch nachdrücklichst betonen, dafs auch die best-
konstruierten Schultische immer noch viel Achtsamkeit und Energie
des Lehrers erfordern, wenn die Schüler in denselben nun auch
gut sitzen sollen. In dieser Beziehung mufs die obligatorische Ein-
führung der Steilschrift in den Schulen als das wirksamste Mittel
bezeichnet werden, welches bei vorhandenen guten Schulbänken
eine befriedigende, die Gesundheit nicht benachteiligende Körper-
haltung ermöglicht, da Heftlage und Schriftrichtung auf das Auge
nnd die Körperhaltung beim Schreiben in erster Linie Ton EinfluTs
sind, die Steilschrift aber eine straffere, gerade Haltung des Körpers
Teranlalst, die Brust nicht beengt, die Atmung nicht beschränkt und
das Auge schont.
Scholgesandheitspflege in Berlin. Der 6. Gesamtbericht
über das Sanitäts- und Medizinalwesen in der Stadt Berlin
während der Jahre 1889 — 91, erstattet vom Regierungs- und
Medizinalrat Dr. Wernigh und Medizinalassessor Dr. Wehmer, enthält
auch Mitteilungen über die dortige Schulhygiene. Wir entnehmen den-
selben, dals die öffentlichen Schulen Berlins sich auf 276 mit 3911
Klassen beliefen. Bevölkert wurden diese Anstalten von 201568
Kindern, von welchen 12528 öder 6,36% im Alter von über
14 Jahren standen. Audserdem bestanden 23 Privatschulen mit 654
Klassen und 19648 Schülern. Von den Verfassern wird betont,
dals schulhygienische Untersuchungen nur dann Aussicht auf Erfolg
hätten, wenn, wie bei denjenigen von Axel Key, sich Eltern, Lehrer
imd Ärzte daran beteiligten. Statistische Erhebungen, wieviele Schüler
die Tuberkulose in der Schule erwerben, stehen für Berlin noch aus.
Nach den in dieser Zeitschnft^ veröffentlichten Tageslichtmessungen
Ton Gillebt hatten die Gemeindeidassen genügende Helligkeit bei
heiterem, sehr ungenügende bei trübem Wetter. Für Spielplätze
ist vielfach Sorge getragen. Die Anzahl der bedürftigen Kinder,
welche in Ferienkolonien entsendet wurden, betrug am Schlüsse der
Berichtszeit über 2700, für welche gegen 90000 Mark zur Veraus-
gabung gelangten.
Ober die Beeinflnssiuig einfacher psychischer Vorgänge
dnreh Alkohol und Thee hat Professor F. Kräpelin in Heidel-
herg Untersuchungen angestellt. Was zunächst die Versuche mit
» Jahrgang IV, 1891, No. 3, S. 149—156.
8eli«]g«8imdheit«pfleffe vn. 15
226
Alkohol betrifft, so haben dieselben ergeben, dab grolse l>osen
sowohl die sensorischen nnd intellektuellen, wie die motorischen
Funktionen rasch lähmen, kleinere Dosen dagegen die ersteren
sogleich herabsetzen, während sie die letzteren zunächst kflrzere oder
längere Zeit erregen, dann aber lähmen. Die Auslösung ?on
Bewegungen wird viel später durch den Alkohol geschädigt, als die
Auffassung und Verarbeitung äufserer Eindrücke. Will man die
beiden Gruppen von Funktionen an verschiedene Elemente unseres
Centralorganes geknüpft denken, so kann man sagen, dafs die Träger
unserer motorischen Prozesse eine besondere Widerstandsflüiigkeit
gegenüber dem alkoholischen Gifte besitzen, ganz ähnlich wie aach
durch den chronischen Alkoholmilsbrauch die peripheren motorischen
Nerven anscheinend später betroffen werden, als die sensiblen. Fflr
das praktische Leben haben wir aus diesen Versuchsergebnissen den
SchluCs zu ziehen, dafs wir kleine Gaben von Alkohol aus psychisdi^
Gründen in folgenden Fällen verwenden dürfen: 1. Wenn es sich
um eine einmalige stärkere motorische Leistung handelt, namenüich
dann, wenn es weniger auf einen grofsen Kraftaufwand, als viehnehr
auf die Überwindung natürlicher oder unter Umständen krankhafter
Hemmungen, auf rasche Entschlossenheit ankommt, z. B. bei d^
Befangenheit eines ungeübten Redners. 2. Wenn es gilt, innere
Spannung vorübergehend zu beseitigen oder deprimierende Eindrücke
abzustumpfen. Hierbei tritt besonders die erregende Wirkung des
Alkohols zu Tage, jedoch mufs bei dieser Indikation eine Angewöhnung,
ein Übermais sorgf^tig vermieden werden. Auf derselben Ursache
beruht auch, dafs wir Alkohol bei geselligen Zusammenkünften
reichen, um Menschen, welche einander innerlich fernstehen und
gleichgültig sind, den Verkehr zu erleichtern. Eine der gefährlichsten
Wirkungen des Alkohols bleibt aber immer, dals er die Widerstands-
fähigkeit gegenüber der Verführung verringert. Es kann deshalb
den Temperenzbestrebungen eine gewisse Berechtigung nicht ab-
gesprochen werden, denn „gäbe es keinen Alkohol, so würde die
Welt ohne Zweifel glücklicher sein, als sie jetzt ist". Der Thee
übt eine verhältnismäfsig wenig energische Wirkung auf die psychischen
Vorgänge aus. Er erleichtert die Auffassung und intellektuelle Ver-
arbeitung äufserer Eindrücke, dagegen scheint er die Umsetzung
centraler Erregungszustände in Handlungen zu erschweren. Diese
anscheinende Erschwerung der Bewegungsauslösung ist nur als eine
physiologische Folge der erhöhten Erregbarkeit im Bereiche der
Vorstellungen, als eine Hemmunpwirkung anzusehen. Das geschilderte
Bild der Theewirkung entspricht den Erfahrungen des täglichen
Lebens. Wir benutzen daher auch mit Recht Thee und Kaffee als
Gegengift gegen den Alkohol. Für Schüler wird sich nach dem
227
Gesagten bei Ausflügen, Tnrnfahrten u. s. w. der GentÜB von Thee oder
dem in seinen Wirkungen ähnlichen Kaffee weit mehr, als deijenige von
alkoholhaltigen Getränken empfehlen, wie ja auch die Militärverwaltang
auf dem Marsche an die Soldaten Kaffee verabfolgen läfst.
Aach bei geistiger Arbeit verdient der Thee vor Bier oder an-
deren Spirituosen den Vorzug, weil er die intellektuelle Thätigkeit
fördert, während der Alkohol dieselbe nach einem knrzen Stadium
der Erregung herabsetzt.
YergiftuBg eines Sohnlknaben mit Stechapfelsamen. In
dem ^Sarre^dzhl f. Schwe, Ärtste"' berichtet Dr. Strbit zu Teufen-
thal in der Schweiz den folgenden Fall. Der Genannte wurde vor
eimger Zeit zu einem achtjährigen Schulknaben gerufen, von welchem
drei Stunden vorher eine grolse Menge Stechapfelsamen genossen
war. Zwei Stunden nach dem Genüsse hatte der Knabe einen sehr
roten Kopf bekommen, war sehr aufgeregt geworden, und es hatte
ach undeutliches Sehen eingestellt; die Aufgeregtheit steigerte sich
bald bis zu völliger Raserei. Als der Arzt kam, wälzte sich der
Kranke unter heftigen klonischen und tonischen Krämpfen im Bette ;
der Rumpf war starr vornübergebeugt, die Gesichtsmuskulatur in
heftiger Bewegung, die Augen rollten umher. Patient delirierte,
schwatzte und schrie; er erkannte niemanden und reagierte auf
Anmfen nicht. Diese Erscheinungen der Aufgeregtheit waren gefolgt
von kurzen Intervallen der Ruhe, die 1 bis 2 Minuten dauerten.
Das Gesicht blieb anhaltend gerötet und heifs. Die Pupillen waren
maximal erweitert und reaktionslos. Die Augenspiegeluntersuchung
ergab starke Rötung und Gefäfsi^jektion der Sehnervenpapille. Mund
und Rachen erschienen nicht trocken, vielmehr war Speichel vor-
nanden. Die Zahl der Pulsschläge betrug 140, die der Atemzüge
30 bis 35 in der Minute. Die Haut zeigte nichts Abweichendes,
namentlich keine auffallende Trockenheit. Die Behandlung bestand
in einem starken Brechmittel von Ipecacuanha, in kalten Waschungen
ond Übergiefsungen. Durch das Brechmittel wurden neben Speise-
resten ungefähr 60 Samenkörner von Datura Stramonium heraus-
befördert. Nachher erhielt der Knabe ein Abführmittel, doch kamen
in dem nach 4 Stunden eintretenden Stuhlgang keine weiteren Samen-
körner zum Vorschein. Die Delirien und Krämpfe begannen nach
Morphium nur langsam zu weichen. Erst am Abend des nächsten
Tages hörten beide Erscheinungen auf, und Patient schlief mehrere
Stunden. Derselbe klagte von jetzt an nur noch über Kopfweh,
sowie über starken Hunger und Durst. Er erhielt Brot und Milch-
kaffee. Die Pupillen blieben, wenn auch in abnehmendem Mafse,
noch 4 Tage erweitert« Alsdann trat völlige Genesung ein.
15*
228
Das Bndern an den hSheren Schnlen DentscUands, so
ist ein Aufsatz überschrieben, den nnser geschätzter Mitarbeiter^
Herr Oberlehrer H. Wigebnhagbn, in der „Ztschr. f, Twm.
u. Jgdspl.*" yeröffentlicht. Seit nnn 12 Jahren hat der Rader-
betrieb an den höheren Schalen Deutschlands Eingang gefunden
und sich von da an über immer weitere Kreise ausgedehnt
So bestehen Rudervereine, nach der Zeit ihrer Gründung geordnet,
am Gymnasium und Realgymnasium zu Rendsburg, am Realgymnasinm
zu Frankfurt a. 0., am Gymnasium und Realprogymnasium zu Neu-
wied a. Rh., am Gynmasium in Kiel, am Gymnasium zu Frankfurt aO.,
am Friedrich -Wilhelmsgymnasium zu Berlin, am Egl. Wilhelms-
gymnasium in Stettin, am Gymnasium zu Greifenberg in Pomm., am
Gymnasium zu Garz a. 0., am Realprogymnasium zu Lauenburg a.E.,
an der Egl. Landesschule zu Pforta, am Leibnizgymnasium zu Berlin
und am Gymnasium zu Hadersleben. Von den Schulen ausgehend,
beginnt der Rudersport sich auch bereits der UniTersit&ten zu be-
mächtigen und hat in Bonn, in beschränktem MaCse auch in Breslao
und Greifswald Wurzeln geschlagen. Der Verfasser hat nun über
alle diese Bestrebungen Ermittelungen angestellt und gelangt auf
Grund derselben zu folgenden Schlüssen: 1. Die Einrichtung eines
schulgemäfsen Ruderbetriebes hat sich überall ohne erhebliche
Schwierigkeiten bewerkstelligen lassen. 2. Die Unterhaltung des
Materials und der Gesamtaufwand legt den Mitgliedern nicht zn
hohe Opfer auf. 3. Der regelmäfsige Gang des Schulunterrichts
hat keine Störung erfahren. 4. Auch sonstige ünzuträglichkeiten
sind nirgends hervorgetreten. 6. Wohl aber kann die Einrichtung
aus mancherlei erziehlichen Gründen empfohlen werden. Unter den
Vorzügen, welche beobachtet worden sind, seien herrorgehoben:
1. Das Rudern hat dem Wirtshausbesuche der Schüler grofsen
Abbruch gethan. 2. Der Ruderverein hat sich als eine yortreffliche
Schule der Selbsterziehung erwiesen. 3. Die Ruderarbeit hat Freude
an einer heüsamen körperlichen Ertüchtigung geschaffen und viel-
fach über weitere Kreise der Schule verbreitet. 4. Die Anfoahme-
bedingungen in den Ruderverein haben die Lust zum Baden und
das Verlangen, schwimmen zu lernen, erhöht. 5. Die Erhaltung
des Rudermaterials (Boothauses) hat zu mancherlei nützlichen techni*
sehen Arbeiten geführt. Es sind nicht nur Reparaturen von den
Schülern vorgenommen, sondern hie und da sogar ganze Boote voa
denselben selbständig gebaut worden.
Die italienischen Seehospijse ffir skrofiilSse Einder werden
von N. Candela im ^Qiomal, di med. ptibbL^ besprochen. Italien
besitzt zur Zeit 20 solche Anstalten. Doch gewähren sie den Eindem
nur für 4 bis 6 Wochen Aufenthalt, während mehrere französische
229
ihre Patienten erst nach erfolgter Heilung entlassen. Der Verfasser
wünscht, dals in den Hospizen seines Vaterlandes systematischer als
bisher die Wirkungen des Seeaufenthaltes auf die Kinder studiert
and genaue Wftgungen, sowie sorgfältige Untersuchungen des Blutes,
der Muskelkraft und der Respirationsgröfse an denselben vorgenommen
werden. Auch sei ein jeder Fall von Tuberkulose, wenn überhaupt
zagelassen, wenigstens streng zu isolieren.
Über KoUensäiirebestimmiuigen in Schnkimmern schreibt
Kreisphysikns Dr. Cöstbb in der „Ztschr. f. Mediebeamt.^ : Um-
ständliche, teure und sehr subtile Instrumente lassen sich f&r Luft-
nntersuchungen in Schulen um so weniger verwenden, als sie bei
öfterer Benutzung den Unterricht stören. Ich bediene mich daher
eines sehr einfachen Apparates, der sich bequem im Rock tragen
läfst. Er besteht aus einer Flasche von etwa 600 g Inhalt, die
im Halse einen durchbohrten, mittelst eines kurzen Glasstabes luftdicht
Terschlossenen Gummistöpsel trägt und dicht über dem Boden eine
zweite, gleichfalls mittelst Kautschukstopfens luftdicht gemachte
Öffnung besitzt. Auch dieser Kautschukstopfen ist durchbohrt und
in das Bohrloch ein genau schliefsendes Bohr aus Metall oder Glas
eingeschoben, welches an dem freien Ende mit einem Hahn versehen
ist. Will man nun einen Versuch anstellen, so wird die Flasche zu
Hause mit frisch abgekochtem, destilliertem Wasser gefüllt und luft-
dicht verschlossen. Dann trägt man sie in die zu untersuchende
Klasse, stellt sie in beliebiger Höhe auf und verschafft, indem man
den Pfropfen aus dem Halse ganz oder nur den Glasstab entfernt
ond zugleich den Hahn der Abflufsröhre öffnet, dem Wasser ft'eien
Anstritt. Indem dasselbe abläuft, dringt an seiner Stelle die zu unter-
suchende Luft in die Flasche ein, und zwar stets nur aus der Höhen-
lage, welche man wünscht, es sei denn, dafs man die Luft absichtlich
vorher durch Bewegung gemischt hat. In der Flasche müssen 60 g
destilliertes Wasser zum Vermischen mit der aufgefangenen Luft zurück-
bleiben; der Hahn wird daher geschlossen, sobald das Wasser einen
geätzten Strich, die Marke für diese Wassermenge, erreicht hat. Jetzt
kann die Flasche beliebig lange stehen bleiben, da die Luft in der-
selben mit der umgebenden Luft wegen gleicher Temperatur und
Dichte nicht mehr diffundiert. Man verschliefst hierauf den Hals
der Flasche mit dem Gummistopfen und bringt sie nach Hause, wo
die eigentliche Untersuchung mit Phenolphtalein- und Sodalösung
stattfindet. Dabei möchte ich auf den BiTTERschen Vorschlag hin-
weisen, möglichst dtlnne Sodalösungen, von denen 1 ccm 0,1 mg
Kohlensäure sättigen, zum Titrieren zu verwenden, damit Fehler
vermieden werden. Eine solche Lösung hält sich lange konstant.
Auf diese Weise gelingt es ohne Laboratorium in kurzer Zeit eine
230
Menge von Laftontersiichaiigen Torzuiiehmeii, wdche auf aadere Weise
liel komplizierter sind. — Wir yermögen nicht einzasehen, worin
die grOisere Einfachheit der CöSTBRschen Methode liegen soll. Die
chemische Loftontersnchong selbst wird dabei in keiner Weise be-
troffen, sie bleibt dieselbe, wie froher. Ob man aber die Luft nach
alter Weise yermittelst Blasebalgs in eine Flasche eintreibt, oder
nach CÖSTRB durch Ablanfenlassen von Wasser, dflrfte ziemUch
gleichwertig sein; anf jeden Fall ist der erstere Vorgang nicht
komplizierter, als der letztere, znmal man bei diesem noch ein
zweites Gefilfe fbr das ablanfende Wasser nötig hat.
Das Anersche GasglfihlielLt in Schulen. Während daa
prenfsische Unterrichtsministerium das Gasglühlicht von Avbb Ar
öffentliche Gebäude, Auditorien, Laboratorien u. s. w. empfohlen
hat,^ ist das Wiener Stadtbauamt zu einem entgegengesetzten Urteil
gelangt. In einem Berichte desselben an den Stadtrat Yon Wien
heilst es nach der „Dr. iV.", dafs man bei diesem Glahlichte eine
allmähliche Abnahme konstatieren könne, welcher auch durch häufiges
Auswechseln der Brennkörper nicht vorgebeugt werde, dafe ferner
die Helligkeit und Farbe des Lichtes, insbesondere bei Beginn der
Einführung, die Netzhaut des Auges stark angreife und dafs endlich
das häufige Zerspringen der Gylinder die persönliche Sicherheit n
gefährden geeignet sei. £s wurde daher seitens des Stadtbauamtes
beantragt, von der EinfOhrung der in Bede stehenden Beleuchtongsart
in Schulen abzusehen.
Stigmo^aphisches Leinen fBr Handarbeiten der Schlle-
rinnen. Fräulein Thbrbsb Drbidaz, Hauptlehrerin in Manchen,
schreibt uns: Da ich Unterricht in Handarbeit erteile, weüs ich,
wie sehr manche Technik derselben die Augen angreift. So ist
Kreuzstich zwar an sich unschwer, wird aber durch das notwendige
Abzählen der Stofffäden sehr augenanstrengend, und ich sann lange,
wie sich Erleichterung schaffen liefse. Endlich kam ich anf die
Idee, ein stigmographisches Leinen herstellen zu lassen, welches das
Abzählen der Stofffäden überflussig macht, weil Punkte den nötigen
Anhalt fOr den Stich geben. Diese Punkte sind mit blauer Farbe
auf die Leinewand aufgedruckt und lassen sich nach Vollendung der
Arbeit durch gewöhnliches Waschen leicht entfernen. Sie besitzen
bei feinerem Stoffe 2,5 mm, bei gröberem 3 mm Entfernung Yon
einander. Die feinere Marke No. 1 wird per Meter fOr 1,40 Mark,
die gröbere Marke No. 2 fttr 1,20 Mark von der Firma Bosner & Seidl
in München geliefert.
^ S. diese Zeitschrift, 1893, No. 7 u. 8, S. 438—404.
231
9i(i^tt^tf^i^tlxd^t8.
Der erste dentsehe Kongrefs fAr Jugend- und Volks-
«piele iB Berlin. Für den Erfolg der nunmehr dreijährigen
Th&tigkeit des CentralanBschusses znr Fördemng der Jugend- nnd
Yolksspiele in Deutschland hat das glückliche Gelingen des durch
den Ausschnls veranstalteten ersten deutschen Kongresses in Berlin
am 3. und 4. Februar dieses Jahres einen höchst erfreulichen Beweis
geliefert. Von allen Seiten war eine stattliche Schar Ton Freunden
and Gönnern der Spielbewegung zur Teilnahme am Kongresse
zusammengekommen. Mehr als 100 deutsche Städte oder Vereine
hatten ihre Vertreter dahin entsandt. Nicht weniger als 15 Mini-
sterien, bezw. Regierungen waren vertreten, darunter die preu&ische
die bayerische, die wttrttembergische , die Osterreichische. Der
Vorsitzende des Centralausschusses, dessen umsichtiger und uner-
müdlicher Wirksamkeit der grofee Erfolg in erster Linie zu danken
ist, durfte die zahlreich besuchte Versammlung mit besonderer
Genugthuung begrttfsen und den Erschienenen zunächst den Dank des
Ausschusses aussprechen. Nach ihm nahm Minister VON Böttighbr
das Wort im Namen der Beichsregierung und wies in kräftigen
Worten darauf hin, inwiefern unsere Thätigkeit auf dem Spiel-
platze im Dienste des Vaterlands geschähe, und wie sehr die Zukunft
des deutschen Vaterlandes von dem Heranwachsen einer körperlich
kräftigen und geistig frischen Jugend abhängig sei. Ebenso warm
sprach sich nach ihm der preuisische Kultusminister Dr. Bosse
über den hohen Wert der Spiele aus, wobei er namentlich ihre
erzieherische Seite ins Auge fafste und die Forderung stellte, dafs
die Jugend bei den Leibesübungen strenge Selbstzucht zu üben
lernen soUte. Auf diesen Gedanken kam der Hauptredner des
Kongresses, Oberbürgermeister Witting aus Posen, der sich die
Berichterstattung über die Bedeutung der Jugend- und Volks-
spiele vom Standpunkte der nationalen Wohlfahrt zur
Aufgabe gestellt hatte, später ausführlicher zurück. In unserer
Terbitterten und verhetzten Zeit, wo dem einen Teil der Bevölkerung
einseitige Geistesarbeit, dem anderen gröfseren mechanische Thätig-
keit in Werkstätte und Fabrik kaum noch die nötige innere
Befriedigong schaffe, müsse das heitere Spiel im Freien ein Geschlecht,
das an Genüssen reich, an wahren Freuden so arm sei, wieder zu
dem Znsammenhang mit der Natur zurückführen, der ihm infolge
232
des übermäßigen Anwachsens der Grolsstädte fast völlig yerlorai
gegangen sei. Als Mitberichterstatter entwickelte Professor Dr.
Angebstbin ans Berlin die innige Verbindung von Spiel und Turnen
und wies den vielfachen Nutzen der beiden Arten von Leibesübongai
im einzelnen nach. Am Vorabend hatte der Centralansschnls eine
öffentliche Versammlung, die gleichfalls sehr zahlreich besucht war,
zur Besprechung des Mädchenspiels angesetzt. Tuminspektor A.
Hebmann aus Braunschweig hielt als Berichterstatter einen mit
allseitigem Beifall aufgenommenen Vortrag über die Not-
wendigkeit und die Pflege der Jugendspiele für Mädchen.
Um dem weiblichen Geschlechte Gesundheit und wahre Schönheit, nm
ihm den frohen Sinn und den naturgemäfsen Geschmack zu wahren,
um ihm zur Erfüllung seiner Pflichten als Mutter und Hausfrau
Kraft und Mut zu verleihen, müfsten wir die weibliche Jugend nicht
weniger oft, als die männliche zu eifiriger Leibesbewegung ins
Freie hinausführen und entsprechend den schon von Spies, dem
Begründer des deutschen Mädchentumens, gestellten Forderungen
in verschiedenen Spielen und Übungen je nach den Altersstufen
tüchtig ausbilden; nur so würden die Mädchen den gerade sie
zumal bedrohenden ungünstigen Verhältnissen, welche Mode, Gewohn-
heit und verweichlichende Erziehung mit sich brächten, nicht erliegen,
sondern sich hinreichend widerstandsfähig ihnen gegenüber erhalten.
Die an die Vorträge sich anschliefsenden Besprechungen und noch
mehr der im ungezwungenen Beisammensein während der beiden
Tage erfolgte Gedankenaustausch werden für die meisten Besucher
des Kongresses aufserdem viel wertvolle Anregung und Belehrung
geboten haben. Am erfreulichsten war es zu vernehmen, an wie
vielen Orten schon sehr eifrig allgemein gespielt wird, so z. B. in
Dresden, München, Hamburg u. s. w. Allgemein hegte man aher
die Ansicht, dafs bei der Fürsorge für die Spiele eine Be-
schränkung auf die Zöglinge der höheren Schulen unbedingt Ter-
werflich sei, dafs gerade die Jugend der weniger bemittelten und
ganz armen Bevölkerungsklassen in erster Linie hinauszulocken sei
auf den Spielplatz, wo sie im Grünen bei frischer Bewegung in
reiner Luft sich köstlichen Genufs und Gewinn holen könnte, £r-
holuDg von der schweren Last des Tages und frische Kraft und
neuen Mut für die weitere Arbeit. Als des Letzten, aber nicht des
Geringsten, was in Berlin den Besuchern des Kongresses geboten
ward, ist hier der Vorführungen der Spiele im Freien zu gedenken.
Der Sonnabend Nachmittag brachte uns auf den Spielplatz des Berliner
akademischen Turnvereins und des Turnvereins Arminia hinaus nach
Schönholz. Diese beiden Vereine, die dort auch im Winter all-
wöchentlich, selbst im Schnee, zweimal eifrig spielen, lieüsen uns
233
einen Blick in ihr frisches und reges Spielleben thun, der unser
aller Herzen erquickte. Selbst der trübe Regentag klftrte sich
wenigstens zeitweise auf, so dals uns die Freude an den kräftigen
Schl&gen im Eaiserball, den mannigfachen Scherzen beim Ereisball,
dem feinen, gewandten Spiele beim Barlauf und endlich an den ge-
waltigen Wtlrfen des Gers, der Diskusscheibe und des Schleuder-
balls nicht geschmälert ward. Nach anderer Seite hin äuliserst
erfreulich war ein Wettspiel zwischen zwei aus jungen Kaufleuten
in ähnlichem Alter bestehenden Fu&ballyereinen, das am Sonntag
Morgen in aller Frflhe trotz des rauhen Windes eine grobe Anzahl
Zuschauer angezogen hatte. Die Feinheiten des Spieles, die freilich
in etwas durch den zu heftigen Wind beeinträchtigt wurden, sind
vielleicht nicht von allen, sondern nur von den Sachkennern im
vollen Malse gewürdigt worden. Aber jedem, der nur einiges
Tertändnis dafür hat, muiä ersichtlich gewesen sein, wie eifrig,
kräftig und gewandt von beiden Parteien gespielt ward, und wie
dabei doch keine Spuren irgend einer Hoheit, die man dem Fufs-
ballspiel inmier vorwirft, zu bemerken war, eine wie vorzügliche
Ordnung von dem Schiedsrichter gehalten wurde, dessen Entscheidungen
sich jeder trotz aller Erregung unbedingt ohne irgend ein Murren
unterwarf, und wie, mit einem Worte gesagt, bei dem äufserst
kräftigen Spiel durchweg eine feine, würdige Haltung beobachtet
ward. So wirkt das Spiel im hohen Grade bildend auf den
Charakter. Professor Dr. Koch.
Die allgemeine Landesansstellnng in Lemberg, welche
nnter dem Protektorate des üsterreichischen Kaisers vom 1. Juni
bis zum 1., bezw. 15. Oktober d. J. stattfindet, wird auch eine
internationale Abteilung von Apparaten für den Schulunterricht
enthalten. Mit der Ausstellung sollen verschiedene Kongresse
verbunden werden, darunter ein solcher für Pädagogen und ein
Tnmvereintag.
Ein Verein ffir neuere pädagogische Psychologie nnd
Pathologie ist nach der ^Nmzt^ in Österreich in Bildung begriffen.
Ober die Ziele desselben geben folgende Satzungen Aufschlufs:
1. Der Verein für pädagogische Psychologie und Pathologie setzt
sich sum Zwecke die Erforschung der kindlichen Seele unter
Rflcksichtnahme auTcLie neueren Fortschritte auf dem Gebiete der
pädagogischen Psychologie und Pathologie. 2. Mitglieder des Vereines
können ebenso gut Psychologen von Fach und Kinderärzte, wie
Eltern, Lehrer und Kindergärtnerinnen, überhaupt alle selbständigen
Personen werden, welche für die neuere pädagogische Psychologie
bteresse besitzen. 3. Als Organ des Vereines dient die Zeitschrift
»Die Kmdesseele^'y welche den Vereinsmitgliedem unentgeltlich zu-
234
gesendet wird. Beitrittserklänmgen sind za richten an Professor
Dr. F. M. Wbndt in Troppan, welcher bis zur konstitmerenden
Yereinsyersammlong die Geschäfte proyisorisch leitet.
Qreifswftlder Ferienknrsns fBr Lehrer und Lehrerinnei
des FranzSsischeB, yerbnnden mit Erholnngs- und BadeknreiL
In den groben Schulferien dieses Sommers, Jali 1894, wird in
Greifswald ein vierwöchentlicher Ferienknrsns f&r Lehrer imd
Lehrerinnen des Französischen abgehalten werden mit dem dreifachen
Zwecke, ihnen Gelegenheit zu geben, ihre französischen Sprach-
kenntnisse zu vertiefen, das heutige Frankreich näher kennen zu
lernen und sich fär einen Studienaufenthalt daselbst vorzuberdten.
Im ganzen sollen wöchentlich 20 Vorlesungen, nämlich täglich,
aulser Sonnabend und Sonntag, je 4 von 9 — 1 Uhr in deutscher
oder französischer Sprache stattfinden. Die Vorträge werden von
Professoren und Docenten der Universität gehalten; au&erdem wird
Professor Dr. Rousselot aus Paris sich an denselben beteiligen. Das
Honorar für den gesamten Kursus beträgt 15 Mark. Aber aach
die Körperpflege wird Bertlcksichtigung finden, so dafs der nächste
Zweck der Sommerferien nicht verloren geht. Die Nachmittage sollen
nämlich zur Erholung und zu Badekuren, die Sonnabende und Sonn-
tage zu Ausflügen nach der Insel Btigen und in die benadibarten
Badeorte verwendet werden. Anmeldungen sind an Professor
KoscHWiTZ zu richten, der es auch übernommen hat, für geeignete
Unterkunft in Greifswald selbst oder in den naheliegenden Seebädern
Wieck und Eldena Sorge zu tragen.
Die englisclie Gesellscliani fBr physiselie Erfiehnng in
London, 92 Long Acre, versendet soeben ihren Jahresbericht Wir
entnehmen demselben, da& der Zweck der Gesellschaft ist, die physische
Erziehung in England zu einem nationalen System auszubilden, das
sich auf die Kenntnis von dem Bau und den Verrichtungen des
menschlichen Körpers gründet. Das Präsidium ftOirt der Earl of
Meath, während das Vicepräsidium Männern anvertraut ist, welche
besonders geeignet erscheinen, für den Wert der körperlichen
Ausbildung Zeugnis abzulegen. Den Unterricht haben die Direk-
toren der hervorragendsten gymnastischen Anstalten des Königreichs
übernommen. Es ist ein Lehrplan für diejenigen ausgearbeitet
worden, welche Lehrer der Gymnastik zu werden beabsichtigen.
Zweimal des Jahres, im Mai und November, finden Prüfungen statt,
über deren Bestehen ein Zeugnis ausgefertigt wird. Das Institut
soll den vielen ähnlichen in Amerika nachgebildet werden und
einen Mittelpunkt für alle gymnastischen Bestrebungen Englands
bilden. Es bietet seinen Mitgliedern sämtliche VorteUe des Zusanunen-
wirkens und dem Publikum eine Garantie für tüchtige Lehrer der
235
Gymnastik. An&er den Vorlesungen über physische Erziehung
finden auch solche über yerwandte Wissenschaften statt.
Die Zibne der Kinder des Hamliirii^schen Staatswaisen-
hmses sind kürzlich zu wissenschaftlichen Zwecken von Zahnarzt
Fekghel untersucht worden. Seine Prüfung erstreckte sich auf
200 Knaben und 136 Mädchen. Es ergab sich, dafs von den 200
Knaben nur 5 und von den 135 Mädchen nur 7 Töllig gesunde
Zähne besafsen. Dies kommt einem Prozentsatz von 95 — 97,5%
erkrankter Gebisse gleich. Bei den 323 Kindern mit nicht intaktem
Gebifa wurden 2471 kranke Zähne ermittelt, also durchschnittlich
bei jedem Kinde 8. Diese Zahlen beweisen, dafs sich die Zähne
der Hamburger Waisenkinder in einem sehr schlechten Zustand
befinden.
Hygieniselie Untersncliiingen Ton Schfileriiinen in Birming-
ham. j^The Brit Med, Joum,^ Teröffentlicht ein Schreiben von
£dith £. M. Creak, Lehrerin an „King Edwards High School
for Girls" in Birmingham, wonach die Schülerinnen dieser Anstalt
sowohl bei ihrem Eintritt in dieselbe als später jeden Herbst unter-
sucht werden. Die Untersuchung erstreckt sich auf Körperlänge,
Körpergewicht, Gehör und Sehvermögen. Sie wird Yon den Lehrerinnen
ausgeführt, denen ein Arzt, Dr. Priestley Smith, die nötige An-
leitung gegeben hat. Bemerken dieselben irgend eine Störung oder
sonst etwas Auffallendes bei den Mädchen, so erhalten die Eltern
Nachricht davon. Insbesondere wird den letzteren empfohlen, den Rat
eines Augenarztes einzuholen, sobald die in der Schule befindlichen
Sehproben von den Schülerinnen nicht mehr in der normalen Ent-
fernung gelesen werden können. Die Einrichtung besteht bereits
drei Jahre und hat sich in jeder Beziehung trefflich bewährt. Miss
Creak fordert daher auf, dem gegebenen Beispiel auch in anderen
höheren Töchterschulen zu folgen.
Vom Verein Air Schulgegundheitspflege in Frankfurt
ä. M. Dem y,Frankf, Qeneralcmz.^ wird von sachkundiger Seite
geschrieben: Als dankbares Feld für den hiesigen schulhygienischen
Verein möchten wir gleich auf einiges hinweisen. Zunächst muTs
dahin gestrebt werden, dafs die Einrichtung des Stundenplanes unter
ärztiicher Mitwirkung stattfinde. Denn in den hiesigen Stunden-
pllnen ist von ärztlicher Seite sehr vieles zu beanstanden, und zwar
sind hier nur solche Dinge gemeint, welche sich leicht ändern
lassen. Sodann möchten wir auch Nachdruck darauf legen, dafs
das Tumwesen an den hiesigen Schulen eine sorgfältigere Beachtung
und Wertschätzung finden sollte. Femer ist darauf Bedacht zu
nehmen, dafs die Kinder während der Freipausen in angemessener
Weise angeleitet, bezw. angeregt werden, vor allen Dingen ihren
236
Körper zu erfrischen. Weder Toben noch Herumstehen darf als
eine zweckmäfsige Benutzung der Freipausen betrachtet werden. So
gibt es noch eine ganze Anzahl von Gegenständen, welche dem
neuen Vereine für Schulgesundheitspflege, besonders Ton den ViUern
schulpflichtiger Kinder, in seinen Versammlungen unterbreitet werden
können. Geschieht dies, so wird die Thätigkeit desselben gewifs
eine segensreiche sein.
Zur Orientierang der Schnlzimmer. In einer vor kurzem
Yom Stadtrat zu Freiburg i. 6r. an den dortigen Bfirgerausschofs
gerichteten Vorlage, den Bau einer neuen Volksschule betre&nd,
sind bezüglich der Lage der Schulzimmer nach der „Zisckr. f,
Mediebeamt"' folgende Grundsätze aufgestellt. Das beste und ge-
sundeste Schulzimmer ist entschieden das nach Süden gelegene,
und zwar zunächst vom Standpunkte der Wärme. Gerade in den
heilsesten Monaten, Mai, Juni und Juli, wird ein Südzimmer Ton
der Sonne fast gar nicht berührt und ist daher yerhältnismälsig
kühl (? D. Red.). Im Winter und Frülgahr rückt infolge des
tieferen Standes der Sonne die letztere allerdings etwas weiter in
das Zimmer vor, aber ohne dadurch zu belästigen. Aulserdem trägt
die wärmende Kraft der Sonne dazu bei, die Ventilation zu
fördern und damit eine Verbesserung der Klassenluft herbeizufüiren,
was bei einem Nordzimmer nicht der Fall ist. Aber auch mit
Rücksicht auf die Beleuchtung ist das Südzimmer vorzuziehen.
Ebensowenig, wie die Sonne in demselben als Wärmequelle m
stören in der Lage ist, kann sie es als Lichtquelle thun. Gerade
bei der Beurteilung der Lichtwirkung wird häufig übersehen, da(s
es in unseren Breitegraden verhältnismälsig wenige Sonnentage gibt,
ganz besonders im Spätherbst und Winter. Vor allem an regnerischen
und den zahlreichen bedeckten Tagen ist der Aufenthalt in einem
Südzimmer geradezu eine Wohlthat, weil man die Wirkung yon
Sonne und Licht spürt, ohne dafs sie selbst sichtbar ist. Sollte
aber wirklich beim tiefsten Stande der Sonne eine Belästigung ein-
treten, so kann durch geeignete Vorhänge mit Leichtigkeit Abhilfe
geschafft werden. Die Sonne bewirkt endlich nach wissenschaftlicher
Forschung die beste Desinfektion. Dieser hygienische Gesichtspunkt
muis aber gerade für die Schule, in welche erfahrungsgem als selur
häufig Krankheitskeime eingeschleppt werden, ausschlaggebend sein.
Auch jeder Privatmann gibt der Südlage einer Wohnung vor der
Nordlage den Vorzug und bezahlt dafür in der Regel einen höheren
Mietzins. Dazu kommt noch, dafs zahlreiche Schulkinder ihr Leben
in dumpfen Gassen zubringen und nur wenig Sonnenlicht gemessen.
Für sie ist daher der Aufenthalt in einem sonnenbestrahlten Lokale
gewifs von nicht zu unterschätzendem Vorteile. Die West- und
237
Ostzimmer stehen den Sttdzimmem gegenüber weit zurück, weil
in dieselben die Sonnenstrahlen horizontal eindringen nnd bis in
den hintersten Raum wirken. Sie sind jedoch immerhin noch
günstiger, als die Nordzimmer. Denn diese werden von der Sonne
nie beleuchtet nnd bieten deshalb einen nnfrenndlichen Aufenthalts-
ort, besonders in nebeliger und winterlicher Jahreszeit. Bei jedem
Besuche einer Schule ergibt sich, dafs das Nordzimmer von einem
unangenehmen Gerüche nicht ganz frei ist. Auch hinsichtlich der
Beleuchtung muls seine Lage als eine sehr ungünstige bezeichnet
werden. Denn abgesehen von dem Fehlen des Sonnenlichtes, hat
es unter dem von den gegenüberliegenden Grebäuden reflektierten
Lichte zu leiden. Das Nordzimmer mag für die Zwecke des
Zeichnens und Malens den Vorrang verdienen, gewifs aber nicht
für den übrigen Unterricht.
Heilknrse for stotternde Schfiler in Celle. Wie die
ytMed.-päd. Monatsschr. f. d. gsmt Sprachhlkd."^ berichtet, sind auf
Yeranlassung der Ortsschulinspektion zu CeUe im Torigen Jahre
Heilkurse für stotternde Yolksschulkinder eingerichtet worden. Das
Ergebnis ist insofern ein günstiges gewesen, als von 8 ehemaligen
Stotterern 7 geheilt entlassen werden konnten. Der achte Schüler
war V/% Monate durch Krankheit am Besuche der Unterrichts-
stunden yerhindert gewesen, so dafs seine Leistungen aufser Betracht
bleiben mufsten.
Ferienkolonie Granadas. Der Verein fELr Ferienkolonien
in Granada übersendet uns seinen 3. Jahresbericht, erstattet von
D. Catetano dbl Castillo Tejada. Danach wurden am 31. Juli
8 Knaben und 11 Mädchen an den Meeresstrand you Almun^car zur
Erholung gesandt. Dieselben litten, wie aus einer beigefügten Tabelle
ersichtlich ist, an Skrofeln, geschwollenen Drüsen, Mittelohrentzün-
dongen, Entzündungen der Hornhaut und der Lidränder des Auges,
Klappenfehlern des Herzens, Deformitäten des Brustkorbes, je einer
auch an Steifheit des rechten Ellenbogengelenks und gestörter Yer-
daaung. Die erwähnte Tabelle gibt zugleich Aufschluß über
das Alter der Kinder, sowie dasjenige ihrer Eltern zur Zeit der
Geburt, über das körperliche Verhalten der Kolonisten, ihren
Ernährungszustand, ihre Muskulatur, ihr Knochengerüst, ihre Zähne,
die Farbe ihrer Haut, ihrer Augen und ihrer Haare, ihren antero-
posterioren und transversalen Schädeldurchmesser, ihre Körperlänge
und ihr Körpergewicht, die Kraft ihres rechten und linken
Armes, die Zahl ihrer Pulsschläge und ihrer Atemzüge in der
Minute. Die meisten dieser Messungen sind sowohl vor als nach
dem Ferienaufenthalte angestellt worden und lassen den günstigen
EmfluCs desselben deutlich erkennen. Das Gewicht nahm im Durch-
238
schnitt bei den Knaben um 1375 g, bei den M&dchen nm 2204 g
zu. Das mittlere Längenwachstom betrag 13 mm; nur bei dnem
Mädchen blieb die Eörperlänge unverändert. Auch die Muskelkraft
wurde grölser, die Zahl der Pulsschläge und der Atemzüge in der Minute
verminderte sich dagegen. Aufeerdem wird noch die bedeutoidere
Körperfülle, die frischere Gesichtsfarbe, die leichtere Beweglichkeit, der
lebendigere Gesichtsausdruck und der klarere Blick der Kinder nBch
der Rückkehr aus der Kolonie gerühmt.
Sehnlkfichen in Norwegen. Es sind jetzt in folgenden
norwegischen Städten Yolksschulküchen errichtet: SandeQord mit
50 Schülerinnen, Sandeherred, Landdistrikt, mit 70, Larvik mit 80,
Moss mit 50, Fredrikshald mit 60, Stavanger mit 30, Trondbjem
mit 60; Christiania besitzt 3 Yolksschulküchen mit resp. 50, 80,
80 Teilnehmerinnen. Auiserdem sind noch Dnunmen, Fredriksstad,
Kragerö und Bergen hier zu nennen. An einzelnen Orten hat
man vorläufig kleinere „Yersuchsküchen'^ oder „Kochkurse^ ein-
gerichtet. Es wird an mehreren höheren Mädchenschulen, z. B. in
Drammen, SandeQord und Christiania, auch in der Hauswirtschaft
Unterricht erteilt. Endlich sei noch erwähnt, dafs sich in den Land-
distrikten für erwachsene Mädchen Haushaltschulen befinden, in
denen häusliche Ökonomie und Kochen den Platz beim Fortbildangs-
unterrichte erhalten, den sie zufolge ihrer Bedeutung für die Hygiene
des Yolkes verdienen. M. K. HAeonson-Hanbbn.
Kindergärten für taubstumme Kinder Berlins. Aof
Yeranlassung Dr. Th. S. Flataüs hat sich, wie die „Äüg. med.
Ceniralztg/' erfährt, in Berlin ein Ausschuls gebildet, welcher die
Begründung von Kindergärten für taubstumme Kinder zum Zwecke
hat. Der Nutzen einer solchen Einrichtung liegt auf der Hand,
da es gerade den frühesten Altersklassen bis zum Beginn eines regel-
rechten Unterrichts so oft, ja bei armen Leuten fast immer an jeder erzieh-
lichen Unterweisung und Beschäftigung fehlt. Sprachunterrichtliche Yei^
suche sollen in den geplanten Kindergärten gänzlich vermieden werden.
Trotzdem ist eine besondere Ausbildung der Kindergärtnerinnen für
die in Bede stehende Aufgabe in Aussicht genommen. Durch
Gewährung möglichst vieler Freistellen gedenkt man auch den taub-
stummen Kindern Unbemittelter die Teilnahme zu ermöglichen.
Meldungen zur Aufnahme nimmt Dr. Th. S. Flatau, Berlin W.,
Genthinerstraise 32, entgegen.
239
^mtHdie ^ttfu^nn^tn.
([«seliiftsanweisiuig der städtisebeii Sehnldepntation in Breslau
für die Rektoren snd Lehrer der stidtisehen Volkssehiden,
betreffend die Sehnlge8nndheitspfle|;e.
§ 1.
Im Schalgebände, einschliefslich der Treppen, Gänge, Flore und
Bedürfnisanstalten, nnd in den Schnlzünmem soll stets die grölste
Reinlichkeit herrschen. Die nüt den Reinignngsarbeiten betrauten
Personen sind daher in der Ausführung ihrer Aufgaben nach Mais-
gabe der fflr sie erlassenen DienstYorschriften von den Rektoren und
Lehrern (Lehrerinnen) dauernd und sorgfältig zu beaufsichtigen.
§2.
Fflr die Sauberhaltung der einzelnen Klassenzimmer der Schule
sind die Lehrer (Lehrerinnen) dem Rektor derselben, dieser dagegen
ist der Schuldeputation bezüglich der Reinhaltung aller zur Schule
gehörigen Räume, einschliefslich der Bedürfnisanstalten, verantwortlich.
Die Sorge für die Reinhaltung deijenigen Räume des Schul-
hanses und der zugehörigen Anlagen und Plätze, welche nicht einer
Schale allein zugeteilt sind, sondern dem Schulzwecke im allgemeinen,
bezw. mehreren Schulen zugleich dienen, übt der Hauskurator oder
sein Vertreter ; diesem haben die Rektoren bezügliche Beobachtungen
mitzuteilen.
§3.
In den Schulgebäuden und Schulzimmem muls jede yermeidbare
Yemnreinigung unterbleiben.
Es mufs daher die unausgesetzte Sorge der Rektoren und Lehrer
(Lehrerinnen) sein, dafe die Schulkinder beschuht zur Schule kommen ;
auch müssen Rektoren und Lehrer sie anhalten, die Vorrichtungen
an und in den Schulhäusem zur FuTsreinigung zu benutzen.
§4.
Jede Verunreinigung der Treppen, Flure und des FuTsbodens
un Schalzimmer durch Papierschnitzel, Brot- und Obstüberreste ist
strengstens zu untersagen.
240
§5.
Die EnÜeernng des Auswurfs aaf den Fafsboden ist unstatthaft;
die Kinder sind anzuhalten, sich zu diesem Zwecke der Spuckn&pfe
zu bedienen.
§6.
Die Kinder sind zu gröfster Beinlichkeit in Bezug auf ihre
Kleidung und ihren Körper anzuhalten (vergl. § 3). Es ist daher
auf reine, wenn auch geflickte Kleidung und möglichste Sauberkeit
des zu Tage tretenden Teiles der Wäsche, sowie des Taschentaches,
das jedes Kind unbedingt haben sollte, zu achten. Die Kinder
dürfen nur mit sauber gewaschenem Gesicht und Hals, sorgfUtig
gereinigten Händen und ordentlich gekämmten Haaren in der Schule
erscheinen.
Wenn nötig, sind sie zum Reinigen des Gesichts und der Hände
in der Schule selbst anzuhalten.
§ 7.
Eine hinreichende Zuführung reiner Luft bei möglichst toU-
ständiger Abführung der verdorbenen Luft ist durch Lüftong zu
erreichen, welche am besten nach dem Unterricht durch gleich-
zeitiges Öffnen der Fenster und Thflren zu bewerkstelligen ist.
Auf dieselbe Weise muls auch während der Pausen die Luft-
erneuerung vor sich gehen. Ausnahmen hiervon finden nur dann
statt, wenn zu grofse Kälte oder heftiger Wind das öffnen der
Fenster nicht ratsam erscheinen läfst. Bei der Lüftung während der
Pansen müssen alle Kinder das Schulzimmer verlassen.
§8.
Da eine Zimmerwärme von 13 bis 15 Grad den Kindern am
zuträglichsten ist, so muls, wenn sie unter 13 Grad sinkt, ohne
Bücksicht auf die Jahreszeit geheizt, wenn sie über 15 Grad steigt,
für Abführung der überschüssigen Wärme gesorgt werden. Erweist
sich in der Heizperiode eine Lüftung während der Unterrichtsstunden
als dringend notwendig, so dürfen nur die oberen Fenster zeit-
weise geöffnet werden.
Wo Luftheizungen vorhanden sind, ist die vom Magistrat ge-
gebene Anleitung zur Behandlung derselben vom 20. Oktober 1890
genau zu beachten.
§9.
Wo die entsprechenden Einrichtungen, die künftig in allen
Schulhäusern vorhanden sein werden, jetzt schon bestehen, ist streng
darauf zu achten, dafe die Mäntel, Mützen (Hüte), Schirme auf ser-
halb des Schulzimmers aufbewahrt werden.
241
§ 10.
Bei der kflnstiichen Belenchtang ist darauf zu achten,
1. dafs auf sechs his acht Kinder eine Flamme von gewöhn-
licher Leuchtkrajft kommt;
2. dafs freie Flammen nie znr Verwendung gelangen, die
Flammen vielmehr stets mit Cylindern umgeben sind.
§ 11.
Besondere Aufmerksamkeit ist den augenschwachen, den
ohrenkranken, sowie den an Wirbelsäulenverkrümmung
leidenden Kindern zuzuwenden.
§ 12.
Kurzsichtige und schwachsichtige Kinder sollen in die
vordersten Reihen auf die bestbeleuchteten Plätze gesetzt werden.
§ 13.
Da in einer Anzahl von Fällen die Verbesserung des Sehens
durch ein richtig gewähltes Glas einer weiteren Zunahme des Leidens
vorbeugt, so hat der Lehrer (die Lehrerin), bezw. der Rektor die
£ltem (Pfleger) kurz- und schwachsichtiger Kinder behufs Einholung
ärztlichen Rates über die Beschaffung einer Brille zu benachrichtigen.
§ 14.
Die Schüler (Schülerinnen) sind in geeigneter Weise auf die
Bedeutung sorgsamer und regelmäisiger Reinigung der Ohren auf-
mei^sam zu machen und zu belehren, dafs, während wirkliche Ohren-
krankheiten meist als Folgen von ansteckenden Krankheiten (Scharlach,
Diphtheritis, Masern) entstehen, sich Schwerhörigkeit häufig durch
ünreinlichkeit entwickelt^ indem sich Ohrenschmalzpfropfen im
Gebörgange festsetzen.
§ 15.
Die Lehrenden haben zu beobachten, ob das Gehör solcher
Schüler, welche dauernd unaufmerksam und zerstreut sind, fehler-
haft ist.
Ist Schwerhörigkeit vorhanden, so ist dem betreffenden Kinde
ein Platz in gröfister Nähe des (der) Lehrenden anzuweisen, auch
sind die Eltern (Pfleger) zu veranlassen, ärztliche Hilfe nachzusuchen.
§ 16.
Schüler, welche an eiterigen Ohrenflüssen leiden, sind, solange
der eiterige Ausflufs einen üblen Geruch verbreitet, vom Schulbesuch
aaszuschliefsen.
Schttlgenrndheitspfle^ VII. 16
242
§ 17.
Vier Wochen nach Beginn jedes Schaljahres hat der Rektor
unter Beihilfe der Klassenlehrer (Lehrerinnen) eine nach den Klassen
geordnete Liste der kurzsichtigen und schwerhörigen Kinder auf-
zustellen und an die Schuldeputation einzureichen.
§ 18.
Für die an WirhelsäulenTerkrümmung leidenden Kinder sind
die von der Schuldeputation festgestellten Sitzvorrichtungen zu be-
nutzen, hezw. nach Bedarf zu beantragen.
Dabei ist das angemessene Sitzen aller Kinder nach ihren
Gröisenverhältnissen zur Vermeidung der Yerkrümmung unausgesetzt
zu beachten.
§ 19.
Zu den ansteckenden Krankheiten gehören:
1. a. asiatische Cholera, Pocken, Fleck- und Rtlckfalltyphos,
Diphtherie, schwerer Scharlach;
b. leichter Scharlach, Masern, Röteln, Ruhr, Rose, Genick-
starre, modifizierte Pocken;
2. Unterleibstyphus, kontagiöse Augenentzttndung, Kr&tze
und Keuchhusten, und zwar letzterer, solange er krampf-
artig auftritt, epidemische OhrspeicheldrOsenentzOndong
(Mumps).
§ 20.
Kinder, welche an einer der im § 19 unter 1 und 2 genannten
ansteckenden Krankheiten leiden, sind vom Besuche der Schule aus-
zuschliefsen.
§ 21.
Von jeder Erkrankung eines Kindes an einer der im § 19
unter 1 a genannten Krankheiten ist der Schuldeputation seitens des
Rektors sofort Kenntnis zu geben.
§ 22.
Auch gesunde Kinder sind vom Schulbesuch auszuschliefsen,
wenn in dem Haushalte, welchem sie angehören, ein Fall der im
§ 19 unter la und b genannten ansteckenden Krankheiten vorkonunt.
Bei den unter 1 b angeführten Krankheiten kann jedoch dann
eine Ausnahme gemacht werden, wenn ärztlich bescheinigt wird, dals
das Schulkind durch ausreichende Absonderung vor der Gefahr der
Ansteckung geschützt ist.
243
§ 23.
Kinder, welche anf Grund dieser Bestimmungen vom Schul-
besuch ausgeschlossen worden sind, dürfen zu demselben erst dann
wieder zugelassen werden, wenn entweder die Gefahr der Ansteckung
nach ärztlicher Bescheinigung f^ beseitigt anzusehen, oder die für
den Verlauf der Krankheit erfahrungsgemäfs als Regel geltende Zeit
abgelaufen ist.
§ 24.
Als normale Krankheitsdauer gelten bei Diphtherie, Scharlach
und Pocken sechs Wochen, bei Masern und Röteln vier Wochen.
§ 25.
Bei den im § 19 unter la genannten Krankheiten ist der
Wiedereintritt in die Schule aulserdem von der Beibringung einer
Tom städtischen Desinfektionsamt auszustellenden Bescheinigung über
die erfolgte Wohnungsdesinfektion abhängig zu machen.
§ 26.
Wenn eine im Schulhause wohnhafte Person an einer der im
§ 19 unter 1 und 2 genannten, oder eine aufserhalb des Schul-
hauses wohnhafte, aber zum Hausstande eines Lehrers (einer Lehrerin)
der Schule gehörige Person an einer der unter 1 a und b genannten
Krankheiten erkrankt, so hat der Rektor, bezw. der Haushaltungs-
vorstand hiervon unverzüglich der Schuldeputation zu Händen
des ärztlichen Mitgliedes derselben Anzeige zu erstatten.
§ 27.
Über die Schliefsung von Schulen oder einzelnen Klassen der-
selben wegen ansteckender Krankheiten entscheidet die Schuldeputation
auf Grund eines mit dem hiesigen Königlichen Polizeipräsidium ge-
troffenen Abkommens; letzterem bleibt das Bestätigungsrecht vor-
behalten.
Ist Gefahr im Verzuge, z. B. bei Ausbruch einer Epidemie in
der Familie einer der im Schulgebäude wohnenden Personen, so kann
der Rektor ausnahmsweise die sofortige SchlielBung selbst verfügen;
er hat dann aber der Schuldeputation sofort hiervon Mitteilung zu
machen.
§ 28.
Die Wiedereröffnung einer wegen ansteckender Krankheit ge-
ßclüossenen Schule, bezw. Schulklasse ist nur nach vorangegangener
Besutfektion der Schule, bezw. des betreffenden Schulzimmers durch
die städtische Desinfektionsanstalt zulässig.
16*
244
Anträge auf Desinfektion haben die Rektoren unmittelbar
an die genannte Anstalt zu richten.
§ 29.
Von der erfolgten Desinfektion ist die Schuldeputation sofort
zu benachrichtigen, welche ihrerseits dann die Genehmigung zar
Wiedereröffnung der Schule erteilt.
Breslau, den 26. NoTember 1892.
Die städtische Schuldeputation.
(Gez.) GoETZ. Dr. Pfündtnbr. Dr. Simon.
Vorstehende Greschäftsanweisung wird hierdurch von Schnl-
aufsichtswegen mit der Mafsgabe bestätigt, dais durch die §§ 26—29
derselben die in dem Ministerialerlasse vom 14. Juli 1884 (Schneider
und von Bremen III, S. 67) fUr den Fall des Ausbruches an-
steckender Krankheiten begründeten Anzeigepflichten des Haus-
haltungsvorstandes und die Befdgnisse der Polizeibehörde hinsichtlich
der Schliefsung und Wiedereröffnung von Schulen oder Schulklassen
nicht beeinträchtigt werden.
Breslau, den 30. März 1893.
Königliche Regierung,
Abteilung für Kirchen- und Schulwesen.
(Gez.) VON Juncker, von Wallbnbbrg. Rkbp.
VerfH^ng des Waadtländischen Staatsrats,
den AnsscUnfs infektiös erkrankter Kinder von der Schule
anlangend«
Im Kanton Waadt hat der Staatsrat eine Verfügung über den
Ausschlufs infektiös erkrankter Kinder von der Schule erlassen, deren
wesentlicher Inhalt folgender ist:
Aus der Schule ist jedes Kind zurückzuschicken, welches von
Scharlach, Diphtherie, Masern, Keuchhusten, Mumps, Röteln oder
Windpocken ergriffen scheint-, dasselbe gilt von einem jeden Kinde,
das von einer parasitären Erkrankung befallen ist.
Die Dauer der Ausschliefsung beträgt vom Beginn der Krankheit
an für Scharlach und Diphtherie (Krapp) 6 Wochen, für Masern
und Mumps 3 Wochen, für Röteln und Windpocken 2, für Keuch-
husten allgemein 6 Wochen, jedenfalls aber so lange Zeit, bis die
Anfälle völlig verschwunden sind.
Bei Scharlach und Diphtherie ist zur Wiederzulassung weiter
der durch ärztliches Zeugnis zu führende Nachweis der gesetzlichen
Desinfektion erforderlich.
245
Brflder und Schwestern werden za derselben Zeit, wie der
Kranke, oder dann znrackgeschickt, wenn der Lehrer weifs, dafs bei
einem Kinde in der Familie eine ansteckende Krankheit herrscht.
Diese Maferegel erstreckt sich auch anf die Schüler, welche in ver-
dächtiger Nachbarschaft solcher Kranken leben. Über letzteren
Ponkt entscheidet die Schnlkommission.
Wiederanfhahme darf nnr erfolgen, wenn durch Bescheinigang
eines Arztes oder der Schnlkommission die üngef&hrlichkeit der
aas der Nachbarschaft hergeleiteten Beziehungen festgestellt ist.
Nicht selbst erkrankte Schüler dieser Art dürfen nicht zugelassen
werden, beyor folgender Zeitraum bei den verschiedenen Erkrankungen
verstrichen ist: bei Scharlach 12 Tage, aber auch dann nur, wenn
keine Symptome von Rachenentzündung vorhanden sind, bei Diphtherie
10 Tage mit derselben Einschränkung, bei Mumps 7 Tage, bei
Keuchhusten und Böteln 15 Tage, jedoch nur bei Abwesenheit
katarrhalischer Erscheinungen.
Parasitäre Erkrankungen, wie Krätze u. s. w., haben sofortige
EntfemuDg aus der Schule zur Folge.
Die Klasse wird geschlossen, sobald mehrere Fälle übertragbarer
Krankheiten gleichzeitig oder rasch hintereinander auftreten.
Die Eltern der Kinder oder deren Yertreter müssen der Schul-
kommission Kenntnis von jedem in ihrer Wohnung festgestellten Fall
ansteckender Krankheit geben.
Rundschreiben des Erziehnngsdepartements in London
an die SehnlbehSrden bezflglicli des Alters f&r die Befreiung
Tom Schnlnnterrichte.
In depjenigen der früheren Gesetze, welche über die gänzliche
oder teilweise Befreiung der Kinder vom Schulunterrichte Be-
stimmungen treffen, ist auf Grund der Elementarschulakte von 1893
das Alter von 11 Jahren an Stelle desjenigen von 10 oder weniger
Jahren zu setzen.
Diese Verordnung tritt mit dem 1. Januar 1894 in Kraft.
))erf0nalten.
Der König von Italien hat den Professoren Pasteür und
ViHCHOW den Orden des heiligen Mauritius und Lazarus verliehen.
Der Professor der Pädagogik Dr. Ludwig Strümpell in
Leipzig ist anläfslich seines fünfzigjährigen Docentenjubiläums zum
246
Ehrenbürger der Stadt Leipzig ernannt worden. Die philosophische
Falknltät der UniYersität Dorpat hat ihm an demselben Tage, m
welchem er vor 50 Jahren dort seine erste Vorlesung hielt, ihit
OlückwtLnsche gesandt.
Dem Vorsteher der wissenschaftlichen Abteilung des Instituts
für Infektionskrankheiten in Berlin, PriYatdocenten der Hygiene Dr.
RiCHABD Pfeiffbb, wurde das Prädikat Professor beigelegt.
Unser verehrter Mitarbeiter, Herr Lehrer und Obserrator
M. E. HIkonson-Haksbn in Drontheim, ist zum Mitgliede der
Königlich norwegischen wissenschaftlichen Gesellschaft daselbst ernannt
worden.
Es erhielten: den roten Adlerorden III. Klasse mit der Schleife
der Geheime Regierungsrat Provinzialschulrat Gruhl in Berlin,
sowie der Regierungs- und Geheime Medizinalrat Dr. Wbiss in
Kassel; den roten Adlerorden IV. Klasse der Regierungs- und
Medizinalrat Dr. Bohde in Stade, die Gymnasialdirektoren Schmelzbb
in Hamm und Dr. Adam in Patschkau, der Realgymnasialdirektor
Dr. Naumann in Osterode a. H., der Oberrealschuldirektor Dr.
Bandow in Berlin, die Seminardirektoren Schuhrat Dr. Volkmeb
in Habeischwert und Castbns in Hadersleben, der Direktor der
Taubstummenanstalt Schwarz in Ratibor ; den Adler der Ritter des
Königlichen Hausordens Ton Hohenzollem der Provinzialschulrat Hoppb
in Breslau, der Regierungs- und Schulrat Dr. Dittmar in Potsdam, der
Gymnasialdirektor Professor Dr. NiTZSOH in Bielefeld und der Seminar-
direktor Schulrat Bungbr in Lüneburg; den Verdienstorden Tom
helligen Michael IV. Klasse der Rektor des humanistischen Gymnasiums
Dreyeorn in Landau.
Die Herren Bbrthblot und Liard, Mitglieder des obersten
Rates für den öffentlichen Unterricht in Frankreich, sind fOr das
Jahr 1894 ersterer zum Vicepräsidenten, letzterer zum Sekretär
dieses Rates ernannt worden.
Professor Dr. Finkler wurde mit der Leitung des neu errichteten
hygienischen Laboratoriums der Uniyersität Bonn betraut.
Zum Vorsitzenden der Sektion für Schulhygiene der russischen
Gesellschaft zur Wahrung der Volksgesundheit ist Dr. P. D. JB5K0,
zum stellvertretenden Vorsitzenden W. P. Wolens und zum Schrift-
ftthrer Dr. W. W. Gorinbwski gewählt worden.
Dr. MiGULA in Karlsruhe wurde zum auTserordentlichen Professor
der naturwissenschaftlichen Hygiene an der technischen Hochschule
in Karlsruhe ernannt.
In Erlangen soll eine Professur der Bakteriologie begrflndet
werden, für welche der dortige Privatdocent Dr. Haüssb in
Aussicht genommen ist.
247
Dr. Akens hat sich als Privatdocent für Hygiene in Würzburg
habilitiert.
Der proTisorische Leiter des Tarnlehrerbildnngsknrsus und der
Universitfttstamanstalt in Wien G. Lukas ^arde definitiv angestellt.
Geheimrat Professor Dr. von Pettbnkofer gedenkt mit Ende
des nächsten Semesters seine Lehrthätigkeit an der Universität
München einzustellen.
Der langjährige Präsident der rassischen Gesellschaft zur Wahrung
der Yolksgesundheit, Professor Dr. Zdekauer, wird das Präsidium
derselben niederlegen.
Der Berliner Oberturnwart, Professor Dr. med. E. Angerstein,
feierte am 1. Januar d. J. den Tag seiner dreifsigjährigen turnerischen
Thätigkeit im Dienste der Stadt.
Es sind gestorben: der frühere Professor der Hygiene an der
Universität Straüsburg Dr. Strohl, der Geheime Regierungs- und
Schalrat Dr. A. Klix in Berlin, der ordentliche Honorarprofessor der
Hygiene Dr. J. üffelmann in Rostock, in dem die „Zeitschrift für
Sckiügemndheitspflege^ einen ihrer Mitarbeiter betrauert, der Direktor
der höheren Töchterschule Dr. Meter in Hannover, der Seminar-
direktor Peipbr in Koschmin, der Direktor des Realprogymnasiums
Yölcker in Schönebeck a. E. und der Assistent am Institut fUr
Infektionskrankheiten Dr. R. Zenthoefbb in Charlottenburg.
fitteratur.
Besprechungen.
P. Klaüee, Seminarlehrer. Gesnndheitslehre fBr Schulen. Leit-
faden für den Unterricht über Bau, Leben und Gesundheit des
menschlichen Körpers. Nebst einem Anhang über die erste
Hilfe bei plötzlichen Unglücksfällen. Mit 44 AbbUd.
Düsseldorf, 1892. L. Schwann. (96 S. Kl. 8®. JL 1,80.)
Ohne Zweifel wäre ein kurzer Leitfaden der Gesundheitslehre
für Schulen eine sehr erwünschte Bereicherung der Schulbibliotheken.
Es liegt auch ganz und gar im Bereiche des Möglichen, die wesent-
lichsten Elemente der Anatomie, Physiologie und Hygiene in gedrängter
Kürze und mit solcher Präcision des Ausdrucks darzustellen, dafs die
Kenntnisse des Lesers dadurch vermehrt werden und er vor mifsverständ-
hcher Auffassung der Sache bewahrt bleibt. Die Abfassung eines
solchen Abrisses kann aber nur einem Manne anvertraut werden,
der dem Gegenstande durch naturwissenschaftliche Studien und
persönliche Anschauung näher getreten ist.
248
In ßezug auf den Verfasser des Yorhegenden LeitfiEuiaiis habe
ich dagegen den Eindmck, dafs er sich nie mit medizinischen
Studien beschäftigt nnd seine Kenntnisse vielleicht ans der Lektöie
populär-medizinischer Werke geschöpft hat. Nur so lassen sich die
zahlreichen groben Irrtümer bezäglich anatomischer Thatsaehen
erklären. Als Beispiele seien folgende Äulserungen des Autors an-
gefahrt: Die Beckenknochen tragen die Eingeweide wie eine tiefe
Schflssel — die Knochen setzen sich aus Knorpeln und eingelagerter
Knochenerde zusammen — der Augenhintergrund sieht schwarz aus
— die Linse ist fest — die normale Temperatur des Körpers
erreicht bis 88^ C. — von den Öffnungen zwischen Vorkammern
und Kammern des Herzens hängen in mehrere Zipfel endigende
Klappen wie Taschen (!) in die Kammern herab — an vielen
Stellen schwellen die Lymphgefäfse zu erbsen- und bohnengroisen
Knötchen, den Lymphdrüsen, an — die Haut besteht ans Oberhaut,
Schleimhaut und Lederhaut. Anstatt der Gefä&knäuel und der sie
umgebenden BoWMANschen Kapseln Erwähnung zu thun, wird der
Vorgang der Nierensekretion folgendermalsen geschildert: „Die letzten
Verzweigungen der Nierenarterie umspinnen die geschlängelten Ham-
röhrchen und sondern in diese überschüssige Flüssigkeit, den Harn,
ab u. s. w." Es mufs unzulässig erscheinen, die Verbreitung derartiger
Irrtümer durch die Schule zu empfehlen.
Indessen, abgesehen von diesen Irrtümern, hat der Leitfaden
noch andere Mängel, welche hätten vermieden werden müssen, wenn er
als Lehrbuch in Unterrichtsanstalten dienen soll. Hierher gehört
die unglücklich gewählte Reihenfolge in der Beschreibung der Organ-
systeme. Ein Verständnis für das Nervensystem kann der Schüler
erst gewinnen, nachdem er das Geflirssystem und die Eingeweide-
lehre kennen gelernt hat; bei Klauke jedoch wird das Nerven-
system an dritter Stelle unmittelbar nach dem Knochensystem und
der Muskulatur besprochen.
Nicht minder unzweckmäßig ist die Zerstückelung der Gesundheits-
pflege in Pflege der Knochen, der Muskeln, der Nerven u, s. w. ; er-
müdende Wiederholungen sind dabei unvermeidlich. Auiserdem
hätte die Gesundheitslehre anstatt allgemeiner Phrasen strikte Vor-
schriften enthalten müssen, um einigen Wert für die Schnle
beanspruchen zu können. Es wird da z. B. von einer guten Körper-
haltung des Schülers gesprochen, aber ohne Angabe, worin diese
eigentlich zu bestehen habe. Mit dem Vorschlage des Verfassers,
während kalter Wintertage in gesunde Ohren ein wenig Watte zu
stopfen, kann ich mich nicht einverstanden erklären. Ganz nn-
verständlich ist mir endlich, zu welchem Zwecke dem Schüler die
Erholungspausen zwischen den Unterrichtsstunden dadurch gekürzt
249
werden sollen, da& er veranlafst wird, auf seiner Bank stehend,
Freiübungen auszuführen, wie es der Verfasser an zwei yerschiedenen
Stellen seines Leitfadens anrät.
Kadi allem dem scheint es mir, der Autor hätte seiner Sache
und sich mehr genützt, wenn er das alte Sprichwort „Ne sutor
ultra crepidam" einer aufmerksamen Berücksichtigung gewürdigt hätte,
anstatt sich der Mühe zu unterziehen, auf Fragen einzugehen, welche
er ebensowenig zu beantworten im stände ist, wie seine Schüler,
nachdem sie die ersten Seiten des Büchleins gelesen haben, fähig
sein dürften, die auf Seite 4 gestellte Frage zu beantworten:
^Welche Knochen beteiligen sich an der Bildung der Augenhöhlen,
der Nasen- und der Mundhöhle?"
Das KLAUEBsche Büchlein kann daher zum Schulgebrauch nicht
empfohlen werden; denn es ist weniger schädlich, mit der Gesund-
heitspflege unbekannt zu sein, als falsche Vorstellungen von der-
selben zu haben.
Kreisarzt Dr. med. C. StrOhmberg in Dorpat.
Clembns Nohl, Direktor der städtischen höheren Mädchenschule
mit Lehrerinnenseminar zu Neuwied. Wie kann der Übcr-
bfirdnng unserer Jugend anf höheren Lehranstalten mit
Erfolg entgegengewirkt werden? Ein Wort an Eltern, Lehrer
und Erzieher. Neuwied und Leipzig, 1892. Louis Heuser.
(26 S. Kl. 8°.)
Es lassen sich ge¥dchtige Autoritäten hören, welche verlangen,
dais jetzt keinen Schritt mehr weiter gegangen werden dürfe bezüglich
der Entlastung der Jugend an den höheren Lehranstalten. Aber es
fehlt auch nicht an ebenso gewichtigen Stimmen,^ welche, um der
Nervosität der Zeit entgegenzuwirken, eine noch gröfsere Reducie-
mng des Lernstoffes, besonders an höheren Mädchenschulen, fordern,
damit derselbe ohne Hetze und Hast ruhig aufgenommen, ordentlich
Yerdaut und assimiliert werden könne. Doch dieser Streit wird so
bald noch nicht von der Bildfläche verschwinden, wenn auch all-
seitig anerkannt werden mufs, dafs augenblicklich eine grofse Zahl
der wohlthätigsten Verordnungen besteht, welche jegliche Über-
bMung zu verhindern suchen.
Die oben bezeichnete Schrift, wohl eine der beachtenswertesten
Stimmen in dieser Angelegenheit, stellt besonders dasjenige in den
Vordergrund, was von oben herab geschehen sollte, um schädliche
* Über die wachsende Nervosität unserer Zeit. Von Professor Dr.
Erb, Geheimrat und Direktor der medizinischen Klinik der Universität
Heidelberg. Heidelberg, 1893, G. Köster.
250
Überbttrdung fem za nalten, ona gar manche von den dort aus-
gesprochenen Desiderien sind berücksichtigt worden. Wie mag der
Herr Verfasser z. B. sich freuen, wenn er die neueste bayerisdie
Verordnung über den naturgeschichtlichen Unterricht an den GynmasieQ
liest, wonach die Benutzung eines Lehrbuches gajiz ausg^chlossen
ist und hauptsächlich bezweckt wird, das Auge für die Beobachtung
der Natur zu schärfen und Lust und Freude an derselben zu wecken!
Es kann also gar nicht mehr yorkommen, was er auf Seite 10
schreibt, „dafs Hunderte von Pflanzen nach der Zahl der Staubfäden,
nach Gestalt und Farbe der Blaten und Blätter, nach anderen
Merkmalen, sowie nach ihrer lateinischen Benennung gedächtnismSisig
eingeprägt und immer wieder repetiert werden mflssen*^.
Eine glackliche Ergänzung der bezeichneten Darlegung finde
ich in der Schrift des verdienstvollen Herausgebers dieser Zeitschrift.^
Die vorliegende Arbeit von NOHL enthält eine Fülle von höchst
wichtigen Bemerkungen und betont unter anderem nachdrücklieb, es
sei jetzt nachgerade auch an der Zeit, daTs die Eltern zu der
Entbürdung der höheren Anstalten beitragen, dadurch, daTs sie der-
selben nur ausreichend begabte, körperlich gesunde, sittlich un-
verdorbene Schüler zuführen, welche Fähigkeit, Lust und Neigung
zu ernstem Studium haben und nicht durch falsche Erziehung und
frühzeitigen Lebensgenufs abgestumpft und aufser stände sind, die
kräftige Kost eines strengen Studiums in ihren verzärtelten oder ver-
dorbenen Magen aufzunehmen und dort zu verdauen.
Denn die Ursachen des Mifserfolges und der Nervosität sind
gar mannigfaltig, und nur zu oft wirken mehrere zusammen. Der
Irrenarzt Professor Dr. Grashkt in München hat vor einiger Zeit
öffentlich ausgesprochen, dafs bei den wenigen jugendlichen Geistes-
kranken, welche zur Beobachtung kamen, die Ursachen der nerrösen
Überreizung sich ganz anderswo zeigten, als im ernsten, andauernden
Betrieb des Studiums. Ärzte und Laien erfahren eben leider nur zu
oft die Bestätigung des Spruches: „Zu früh gelebt, zu früh
verdorben und zu früh gestorben.*'
Gymnasialprofessor P. B. Sspp
in Augsburg.
Geheimer Sanitätsrat Dr. Kristellbr, Semmarlehrer Gustav Heikeb-
DiNOEB, Bürgerschullehrer Franz Hertel, Blindeninstitutslehrer
Gustav Görner, Direktor Dr. Woldbmab Götze. Ans der
Lehrerbildnngsanstalt des deutschen Vereins fBr Enaben-
^ Ist die heutige Jugend der höheren Lehranstalten mit ScfmlairbeiUn
überbürdet? Von Dr. Eotelmakn. Hamburg, 1881, C. Boysen.
261
handarbeit. Vorträge fiber den Arbeitsnnterriclit. Leipzig,
1892. J. C. Hinrichs. (137 S. 8^.)
Ans bescheidenen Anfingen hat der Arbeitsnnterricht sich zn
einem wesentlichen Erziehnngsmittel entwickelt, dessen Bedeutung
wohl nnr noch von voreingenommenen Gegnern bestritten wird.
Mehr nnd mehr Freunde sind ihm erwachsen und einigen sich
jetzt in stattlicher Anzahl zu dem gemeinsamen Streben, Hand und
Auge der Jugend zn bilden, Geschicklichkeit und Anstelligkeit bei
derselben zu fördern und in organischer Verbindung körperlicher
Arbeit noit geistiger Th&tigkeit die Individualität des Einzelnen zu
voller Ausbildung zu bringen.
Im Dienste dieser Idee arbeitet die Leipziger Lehrerbildungs-
anstalt des deutschen Vereins für Enabenhandarbeit unablässig an
der Vervollkommnung und am Ausbau des Arbeitsunterrichtes und
bietet alljährlich den Erziehern unseres jungen Geschlechtes Gelegen-
beit, die oft mifsverstandene und darum gänzlich verkannte Sache
der erziehlichen Handarbeit aus eigener Anschauung kennen und
beurteilen zu lernen. Regelmäfsig erscheinende Berichte liefern ein
deutliches Bild dieser Thätigkeit und legen Zeugnis ab von dem
eifrigen Streben und der hingebenden Arbeit aller, welche sich in
Leipzig zur Förderung und Weiterentwickelung der guten Sache
zusammengeschlossen haben. Mit den dort betriebenen praktischen
Übungen gehen Hand in Hand theoretische Erörterungen in Gestalt
von Vorträgen, welche, von berufener Seite alljährlich gehalten, die
Vorteile des Handarbeitsunterrichtes ins hellste Licht setzen.
Eine Sammlung solcher „Vorträge über den Arbeits-
nnterricht nebst illustrierten Lehrgängen in der Metall-
arbeit, sowie einem Bericht tiber die Lehrerbildungs-
anstalt im Jahre 1891" ist von Dr. W. Götze, dem hoch-
Terdienten Leiter der letzteren, vor einiger Zeit herausgegeben worden.
Der erste dieser Vorträge, gehalten vom Geheimen Sanitätsrat
Dr. KbisteIiLEB, beleuchtet den Arbeitsunterricht als wertvolles Er-
gänzungsmittel des Turnunterrichtes in hygienischer, pädagogisch-
technischer und ethischer Beziehung und zeigt, wie derselbe auch
solcben Kindern, deren physische Konstitution das Turnen in vollem
umfange nicht gestattet, die Möglichkeit zu körperlicher Arbeit und
damit zur Übung und Entwickelung der Muskeln und zur Anregung
eines gehobenen, der Gesundheit förderlichen Stoffwechsels darbietet.
Es wird femer erörtert, wie dieser Unterricht durch Schulung der
Sinne, durch Ausbildung der Beobachtungsgabe, durch Übung der
Anschauung ein pädagogisch wertvoUes Hilfsmittel für den Schul-
nnterricht zu sein vermag; wie derselbe endlich die Willenskraft
stärkt, zur Ordnungsliebe, Sauberkeit und Sparsamkeit anregt und seine
252
Schüler den Wert menschlicher Arbeit, des Arbeiters selbst und des
Arbeitsproduktes achten und schätzen lehrt, sie also anch ethiscli
bildet und fördert.
Ein zweiter Vortrag des Seminarlehrers Heimebdinger legt
die Bedentong der Enabenhandarbeit für Erziehung nnd Schule dar.
Indem die Handarbeit durch Entlastong nnd Erholnng des Kerren-
systems das körperliche Wohlbefinden hebt, mehrt sie zugleich
Frische und Empfänglichkeit des Geistes beim Schulunterricht.
Indem sie den Thfttigkeitstrieb des Kindes in die rechte Bahn weist,
lehrt sie „arbeiten'', schützt vor MüDsiggang und dessen üblen
Folgen und kräftigt den Charakter. Durch Übung des Anschauiiiigs-
Vermögens arbeitet der Arbeitsunterricht dem Schulunterricht direkt
in die Hände und bietet reichlich Gelegenheit zur selbstthStigen
Herstellung zahlreicher Anschauungsmittel aus allen möglichen Unter-
richtszweigen, die wiederum eine weit sicherere und klarere Erkenntnis
der Dinge und Erscheinungen, welche der Schulunterricht behandelt,
erzengen.
Bürgerschullehrer Hebtel erörtert den Wert des Formens ftlr
den Unterricht, als eines Mittels, dem Schüler durch Selbstthätigkeit
zur Orientierung auf dem gesamten Gebiete der Formenwelt zu verhelfen.
Aus sachkundigstem Munde wird in dem Vortrage des Blinden-
institutslehrers Göbner die Notwendigkeit des Arbeitsunterrichtes
in den Blindenanstalten für die Beseitigung manueller Ungeschicklich-
keit, als Schutz gegen rein abstrakte Geistesthätigkeit und znr
Steigerung der Erwerbsfähigkeit der Blinden dargelegt. Zugleich
begegnen wir einer ausfdhrlichen Schilderung des Betriebes dieses
Unterrichtes, der naturgemäfs besondere Bahnen einschlagen mnis,
um das blinde Kind persönlich selbständig zu machen, es zur ziel-
bewufsten Thätigkeit anzuleiten und so zu möglichst vielseitiger
Handgeschicklichkeit in praktischen Dingen heranzubilden.
Neben diesen theoretischen Erörterungen bringt unsere Sammlnng
noch zwei rein praktische Darlegungen des Lehrers Nitzsche nnd
des Werkführers Breiting über die Metallarbeit, welche, bis ins
Einzelne gehend, eine klare Vorstellung von dem geben, was hier an-
gestrebt nnd auch erreicht wird. Mit einfachen Mitteln liefert
gerade diese Arbeit, welche bisher als am wenigsten verwendbar
für den Arbeitsunterricht galt, eine grofse Zahl im Unterricht, beim
Spiel oder im häuslichen Leben verwendbarer Gegenstände, deren
Herstellung in systematisch geordneter Folge zur Beschreibung gelangt.
Die genannten beiden der Praxis entstammenden Aufsätze sind ffir
den mit dem Arbeitsunterricht bereits Vertrauten von besonderem
Werte, zeigen aber auch dem Uneingeweihten klar und deutlich die
Vielseitigkeit dieses Unterrichtes.
253
Das Werden und Wachsen der Leipziger Schttlerwerkstatt, in
welcher der Arbeitsnnterricht jahraas, jahrein praktisch erprobt
wird, schildert deren langjähriger, hingebender Leiter Dr. Götze
in einem trefflichen Vortrage, welcher in objektiver, sachlicher Form
nicht nur die änisere Entstehung und Entwickelnng dieser in allen
Landen bekannten, zahlreich besachten Werkstatte, sondern vor allem
anch ihre Ziele and die zur Erreichung derselben eingeschlagenen
Wege erörtert. Welche Bedentang der Arbeitsonterricht erlangt
hat und wie wenig berechtigt die Ansicht ist, derselbe werde
keine dauernde Stellung auf dem Gebiete der Pädagogik behaupten,
zeigt die Übersicht der im Jahre 1891 in der Leipziger Lehrer-
bildungsanstalt unterrichteten 124 Lehrer aus den verschiedensten
Gegenden des In- und Auslandes ; sind doch im ganzen seit Bestehen
der Anstalt bereits 580 auswärtige Lehrer in Leipzig zu Pionieren
der Arbeit im edelsten Sinne des Wortes herangebildet worden,
welche die Idee des Arbeitsunterrichtes daheim in ihrem Wirkungs-
kreise getreulich weiter pflegen.
Jedem, der sich mit diesen Ideen bekannt zu machen wünscht,
seien die „Vorträge über den Arbeitsunterricht*' warm
empfohlen; nach ihrer Lektüre wird er den Bestrebungen des deutschen
Vereins fOr Knabenhandarbeit seine Anerkennung nicht versagen
können. Realgymnasiallehrer Dr. phil. E. HÖHN in Eisenach.
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ÜRBANTSCHITSCH, VICTOR, über den Wert akustischer Übungen
an Taubstummen, auch in Fällen von anscheinend vollständiger
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schulen. Monatsschr. f. d. Tamwes., 1893, XL
Webster, J. Laumtennis. Anleitung zur Erlernung des Spiels
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Weck. Zeit und Baum beim Jugendspiel. Ztschr. f. Tnm. n.
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Weiss, Leop. Demonstrationstufeln aus Glas zum Aufzeichnen.
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XII, 73.
Zettler, M. Die Bewegungsspiele. Ihr Wesen, ihre Geschichte
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Witwe & Sohn. M. 3.
Zur Schriftreform. Neues Wiener Abendbl., 1893, 18. Dezember,.
CCCXLIX, 1—2.
VII. Jahrgang. 1894. No. 5.
(Drijtnal-^biianMitngett.
Die Oesnndheitspflege
an der k. k. Theresianischen Akademie in Wien.
Von
Jaro Pawel,
üniveraitätslehrer in Wien.
Die leibliche Pflege der Zöglinge des k. k. Theresianums zu
Wien hat schon seit dessen 1747 erfolgter Gründung eine
wohlwollende Sorgfalt und Förderung gefunden, wie sie zur
Zeit nur wenigen gleichartigen Anstalten Deutschlands zu teil
wird.^ Es ist blofs eine natürliche Folge, dafs mit dieser Für-
sorge für das leibliche Wohl auch die Pflege der Gesundheit
Hand in Hand ging. Von der Überzeugung durchdrungen,
dals die Erhaltung und Kräftigung der letzteren eine der grund-
legenden Bedingungen einer gut organisierten Erziehungsanstalt
bilde, wendete die Akademie diesem so wichtigen Erziehungs-
gegenstände stets ihre regste Aufmerksamkeit und Fürsorge zu.
Die zur Zeit an derselben bestehenden Einrichtungen der
Gesundheitspflege sind so trefflicher Art, dafs sie auch
weiteren Kreisen bekannt zu werden verdienen.
„Durch ein planmäfsiges System hygienischer Vor-
schriften, durch die genaue und stetige Überwachung der
' Vergl. meinen Kurzen Ahrifs der Entwickelungsgeschichte des
deutschen Schuüumens. Hof, 188B, S. 60 ff.
SchnlfMnndhaltspfleg« VII. 17
258
Durchführong derselben und durch eine möglichst Tollkommen
eingerichtete Krankenabteilung trägt die Anstalt Sorge, die
ihr anvertrauten Zöglinge gesund zu erhalten und ihnen im
Falle einer Erkrankung die sorgfilltigste ärztliche Behandlung
und Pflege zu teil werden zu lassen."^
Zu diesem Zwecke bestehen an der Akademie eine Reihe
gesundheitlicher Vorkehrungen, die hier des näheren er5rtert
werden sollen.
Einen der wichtigsten Faktoren bildet die regelmäfsige
ärztliche Untersuchung der Zöglinge. Sie eistreokt
sich vor allem auf jeden neu Eintretenden, um dessen indi-
yidueller Körperkonstitution während seines Aufenthaltes in
der Anstalt Bechnung tragen zu können. Sie wird aber
auch periodisch, und zwar zu Beginn und am Schlüsse
jedes Schuljahres vorgenommen. Dabei finden das KöTpe^
gewicht, der Brust- und Kopfumfang Berücksichtigung, und
das Ergebnis, das in besonderen ärztlichen Grrundbuch-
blättern vermerkt wird, dient dazu, die körperliche Entwicke-
lung des einzelnen Zöglings während seines Aufenthaltes in
der Anstalt zu verfolgen.*
Die allgemeinen hygienischen Vorkehrungen be-
ziehen sich vorzugsweise auf die Pflege der Reinlichkeit,
die Kleidung, die Lüftung, die Regelung der Temperatur in
den Schlaf-, Studier- und Lehrsälen, die Kost, die körper-
lichen ÜbuDgen, das Ausmafs und die Verwendung der Er-
holungszeit und schliefslich auf die Verhütung infektiöser £j:ank-
heiten.
Was den ersten Punkt, die Pflege der Reinlichkeit,
anlangt, so sind aufser den täglichen TVaschungen, deren gründ-
liche Durchführung auf das strengste überwacht wird, auch
Bäder und Duschen in Gebrauch. Im Schlafsaal jeder Käme-
* Vergl. den jüngBten Jahresbericht des Crymncisiums der k. k. There-
sianischen Akademie in Wien, S. 38 ff.
* Derartige Messungen werden auch an der k. k. Staatsoberrealsehale
im I. Bezirke Wiens, an welcher ich definitiver Lehrer bin, von mir vor-
genommen und ihre Besultate zeitweilig verglichen.
259
rate^ ist ein Dnscheapparat aufgestellt, der alle Morgen von
emem Drittel der Zöglinge benutzt wird. Die Temperatur
des Wassers beträgt für die Scbüler des üntergymnasiums 20,
für die des Obergymnasiums 18^ B. Nach der Dusche folgt
eine gründliche Abreibung.
Die Wannenbäder finden während der kälteren Jahres-
zeit in besonders zu diesem Zwecke eingerichteten Winter-
baderäumlichkeiten statt. Letztere umfassen 20 Kabinen mit
je einer Wanne, was der Schüleranzahl einer Kamerate ent-
spricht. Die Temperatur des Badewassers beträgt 27^ R.
Unmittelbar nach dem Bade wird eine kalte Dusche genommen,
wodurch man eine systematische Abhärtung bezweckt und
erreicht.
In den Sommermonaten kommt eine im oberen Teil des
Akademieparkes gelegene, trefflich eingerichtete Schwimm-
anstalt abteilungsweise zur Verwendung, wobei die Einteilung
derart getroffen ist, dafs jeder Zögling täglich ein Bad
nehmen kann. Wann mit diesen Bädern begonnen wird, hängt
von der Witterung ab. Für die Schüler des Obergymnasiums
mnls die Wassertemperatur 15, für die des Untergymnasiums
mindestens 16^ B., die Lufttemperatur dagegen in beiden
Fällen 18^ B. betragen. Im Verlaufe der Badesaison wird
mit Bücksicht auf allmähliche Abhärtung auch bei niedrigeren
Temperaturen gebadet. Zur Erteilung des Schwimmunterrichtes
und zur Überwachung des Schwimmens ist an der Anstalt ein
eigener akademischer Schwimmmeister angestellt.
Auch die auf die Kleidung Bezug nehmenden An-
ordnungen haben neben dem Momente des Anstands und der
Sleichmäfsigkeit im besonderen die Gesundheit der Zöglinge vor
Angen. Dabei ist die Bücksieht auf Abhärtung, wie auf Be-
wahrung vor Erkältung in gleicher Weise mafsgebend. Für
den Gebrauch der Sommer- und Wintergewandung, sowie der
' Sämtliche Zöglinge der Akademie sind ihrem Alter und ihrer ^
SchnlbildiiDg nach in besondere Eameraten eingeteilt; die Zahl der
Kameraten betragt gegenwärtig 12.
260
Hans- und Paradeuniform bestehen bestimmte bindende Vor-
schriften.
Die Lüftung und Temperaturregelung in den
Schlaf-, Studier- und Lehrsälen bildet eine ganz besondere
gesundheitlich erziehliche Aufgabe der Akademieleitung. Die-
selbe wird um so strenger durchgeführt, als die Anlage des
Anstaltsgebäudes mit Ausnahme der teilweise neu errichteten
Krankenabteilung die Anbringung besonderer VentilatioDS-
▼orrichtungen nicht gestattet, und die Lüftung nur dnidi
ÖfEhen der Fenster und Thüren in der Zeit, in welcher die
Zöglinge abwesend sind, erfolgen kann. Dabei erfelhrt die
Temperatur während der kalten Jahreszeit eine derartige
Regelung, dafs sie in den Schlafsälen bei Nacht 12^ B. beträgt
und erst am Morgen, bevor die Zöglinge aufstehen, anf 15'
gebracht wird. Letztere Temperatur gilt auch während des
Tages für alle Bäume als die normale. Als Brennmaterial
wird in der Akademie ausschließlich Holz yerwendet; znr
Beheizung selbst dienen Thonöfen.
Die Beleuchtung der Arbeitssäle erfolgt ausnahmslos
mit Auerschem Gasglühlicht, doch sind bereits mit elektrischem
Lichte in einzelnen Kameraten Versuche gemacht worden, und
er&hrt dessen allgemeine Einführung seither eingehende Er-
wägung.
Einen wichtigen Gegenstand der Gesundheitspflege in der
Anstalt bildet auch die Kost der Zöglinge. Sie wird auf
Grund eines Vertrages gegen einen fär den Kopf und Tag fest-
gesetzten Betrag von einem Traiteur geliefert. Gute Qualität
und gröGäte Beinlichkeit ist dabei strenge Forderung. Die
Zöglinge erhalten zum Frühstück nach Wahl Kaffee, Thee
oder Milch mit einer Semmel, zum Nachfrühstück um 10,
bezw. 11 Uhr ein Stück Brot oder eine Semmel, zum
Mittagessen um 1 Uhr an vier Tagen der Woche Suppe,
Rindfleisch mit Gemüse und Braten mit Beilage, an drei Tagen
Suppe, gedämpftes Rindfleisch mit Gemüse und eine MeU-
speise. Als Zwischenessen wird nachmittags im Winter Kaffee,
Thee oder Milch, im Sommer frisches Obst mit Brot geboten.
261
Das Abendessen am 8 Uhr besteht ans Braten mit Beilage,
für die kleineren Zöglinge ans Suppe. Eine Abweichung von
der allgemeinen Kost ist für einzelne nur auf besondere ärzt-
liche Verordnung zulässig.
Wie in erziehlicher Richtung für alle Zöglinge bestimmte
Vorschriften bestehen, so ist auch vom gesundheitlichen Stand-
punkte die Lebensweise derselben genau geregelt.
Die für den Schlaf anberaumte Zeit beträgt im Durch-
schnitt 9 Stunden, und zwar von 9 Uhr abends bis 6 Uhr
morgens. Für die kleineren Zöglinge bis einschlielslich zur
zweiten Gymnasialklasse ist sie länger bemessen, kürzer in den
oberen Abteilungen. Zöglinge der zweiten Kamerate (7. Klasse)
dürfen bis V2IO, die der ersten Kamerate (8. Klasse) bis
11 Uhr, bezw. 12 Uhr aufbleiben.
Studium imd Erholung sind nach bestimmter Tages-
einteUung geregelt. Das Kameratstudium, welches von einem
Kameratpräfekten überwacht wird, beträgt in der Regel nicht
mehr als zwei Stunden hintereinander. Die Erholungszeit
wird während des Sommers und Winters, so oft es die Witterung
zuläfst, im Garten zugebracht. Sie dient zumeist zur Vor-
nähme von körperlichen Übungen und Spielen. Ich
habe Gelegenheit genommen, mich anderenorts über den hier
mit besonderer Fürsorge gepflegten Turnunterricht und nament-
lich über das an der Anstalt gegenwärtig in hoher Blüte
stehende Jugendspiel ausführlicher auszulassen.^
Im Winter wird das Bassin der Schwimmschule als
Eislauf platz benutzt, während auf dem Abhang zwischen
der unteren und oberen Gartenabteilung die Zöglinge aller
Klassen mit greiser Vorliebe das Schlittenfahren betreiben.
Eine ganz besondere hygienische Einrichtung ist das
Zimmerturnen. Es dient dem Zweck, die Zöglinge nach
länger andauernder geistiger Arbeit noch am Abend zu
geeigneter Bewegung zu veranlassen und gewissen Gefahren für
die Gesundheit und körperliche Entwickelung, die mit an-
* Vergl. die Jahrbücher der deutschen Tumkumty 1893, Heft 11 u. 12.
262
haltenderem Sitzen yerbunden sind, entgegenzuwirken. Die
Übungen erfolgen unter Aufsicht des diensthabenden Präfekten
und beginnen um 7 Uhr abends in allen Kameraten, die zwei
obersten ausgenommen. Sie finden im Studiersaal statt, der
vorher gründlich gelüftet und im Winter entsprechend temperiert
wird. Die hierbei zur Verwendung kommenden FreiübuDgen
sind in ein zweckmäßiges System von drei mit dem Alter
der Zöglinge fortschreitenden Abstufungen gebracht, innerhalb
deren durch planmäfsigen Wechsel alle Muskelgruppen in ent-
sprechender, mäfsig ermüdender Weise beansprucht werden.
Ihre Zeit ist bei jeder Kamerate auf 15 — 20 Minuten fest-
gesetzt. Zwischen den einzelnen Übungen erfolgen kurze
Pausen, die zur Atemgymnastik Verwendung finden. Die Leitung
wird in der Regel einem gewandten und verläfslichen Zöglinge
als Vorturner übertragen.
Besonderes Interesse bieten die Malsregeln, welche in An-
wendung kommen, um das Auftreten und die Ausbreitung von
epidemischen Krankheiten zu verhüten. Von jedem nen
eintretenden Zögling wird ein Impfzeugnis verlangt. Eine
Revaccination findet für alle Akademieangehörigen ohne Aus-
nahme jedes fünfte Jahr statt. Strenge Vorschriften bestehen
in betreff der Rückkehr in die Anstalt für Zöglinge, die bei
ihren Angehörigen an einer infektiösen Krankheit gelitten
haben. Tritt in der Akademie selbst ein solcher Fall ein, so
werden hierbei die strengsten Sicherungsvorkehrungen beob-
achtet.
Geradezu musterhaft sind die Einrichtungen an der
Krankenabteilung der Anstalt. Die Leitung der letzteren
betrachtet es als ihre ganz besondere Aufgabe, den erkrankten
Zöglingen die grölste Sorgfalt und Pflege zuzuwenden. Die
Abteilung umfaist 12 Krankenzimmer mit 74 Betten, um
selbst für den Fall einer ungewöhnlich verbreiteten Epidemie
zu genügen. Die Krankenzimmer sind sämtlich abseits vom
Straljsenlärm gegen den Garten gelegen und so grob, dafs für
je ein Bett durchschnittlich ein Raum von 36 cbm bemessen
ist. Die Lüftung und Temperaturregelung erfolgt mittelst
263
einer yoizüglichen Vorriohtung. Das dritte Stockwerk
der Krankenabteilnng ist ausschliefslich für Infektionskranke
bestimmt.
Der regelmäisige ärztliche Dienst wird von drei Ärzten,
dem Chefarzt und zwei Hausärzten, von denen stets einer in
der Anstalt anwesend sein muXs, versehen. Alle Morgen findet
ambulatorische Ordination statt, wobei bezüglich der laufenden
leichteren Krankheiten und der hierfür notwendigen Yorsichts-
mafsregeln bestimmte Weisungen gegeben werden. Jede
Eamerate hat ein Ordinationsbuch, in welches die ärztlichen
Befunde und die Verordnungen eingetragen werden. Die in die
Krankenabteilung aufgenommenen Zöglinge unterstehen hin-
sichtlich der Behandlung, Pflege und Aufsicht ausschliefslich
dem OhefiEurzte, bezw. den Hausärzten, die über eine aus-
reichende Anzahl von erprobten Krankenwärtern verfügen.
Die augenärztliche, sowie die zahnärztliche Be-
handlung der Zöglinge ist besonderen, von der Akademie
bestellten Fachärzten überwiesen. Auch nach dieser Richtung
finden regelmäisige Untersuchungen statt, über die in eigenen
Vormerkblättem eingehender Bericht erstattet wird.
Das abgelaufene Schuljahr war in Beziehung auf die
gesundheitlichen Verhältnisse der Akademie eines der
glinstigsten. Im ganzen kamen, die mit der Anstalt verbundene
Orientalische Akademie miteinbegriffen, nur 95 Krankheits-
fUle vor, gegen 167 im Vorjahre. Mit Ausnahme einer
einzigen Lungenentzündung waren es durchweg Erkrankungen
leichterer Art. Auch die Infektionskrankheiten hatten insgesamt
einen ungefährlichen und nur in einzelnen Fällen durch gering-
f^ge Komplikationen gestörten Verlauf. Die erwähnten
95 Erkrankungen betrafen unter 309 Zöglingen 73, so dafs
sich 23,6% der Gesamtheit im Krankenstande befanden.
57 ZögKnge waren einmal, 13 zweimal, 1 Zögling dreimal,
1 viermal und 1 fünfmal krank. Diese 95 Krankheits-
&lle beanspruchten 1111 Verpflegungstage, so dafs durch-
schnittlich auf einen Krankheitsfall 11,5 und auf je einen der
73 erkrankten Zöglinge 15,2 Verpflegungstage entfielen. In
264
ambulatorischer Benandlung standen 287 Sohüler, denen im
ganzen 9465 Ordinationen erteilt wurden.
Dem oben erwftbnten Jahresberichte der Anstalt ist auch
ein eingehender augenärztlicher und zahnärztlicher
Bericht beigegeben mit Tabellen und statistischen Zusammen-
stellungen, deren Genauigkeit zur Genüge beweist, welche
Sorgfalt in dieser Richtung dem Wohlbefinden der Zöglinge
von Seiten der umsichtigen Direktion zugewendet wird.
Das Jahresprogramm gibt auiserdem über die sonstige
vorzügliche Organisation der Akademie wertvollen und
interessanten Aufschlufs. Freunde und Förderer der Jugend-
erziehung werden aus demselben eine Menge pädagogisoher
Anregungen entnehmen und zu dem Schlüsse gelangen, da&
die Anstalt nicht nur in gesundheitlicher, sondern auch in
erziehlicher Richtung als eine Musteranstalt im strengsten Sinne
des Wortes bezeichnet werden kann, deren Einrichtungen auch
über die Grenzen Wiens und Österreichs hinaus alle Achtung
und Anerkennung verdienen.
Zur Hygiene der Schüler in der elterlichen Wohnung.
Von
Oswald Mbykich,
Lehrer an der III. Bezirksschule zu Leipzig.
Wenn von der Schulgesundheitslehre bisher bei der Be-
trachtung der Räume, in denen ein Schüler zu leben hat, in
erster Linie die Schulstube berücksichtigt wurde, so ist das
leicht erklärlich. Der Ort, an dem der Schüler täglich 4 bis
6 Stunden zuzubringen durch das Gesetz gezwungen wird,
muTs vor allen Dingen hygienisch mustergültig beschaffen sein.
Da aber der junge Mensch sich noch in anderen Räumen anf-
265
V
hält, so soll man, wenn es sich um sein Wohlbefinden handelt,
anch dahin streben, dafs diese den Gesetzen der Gesundheits-
pflege entsprechen. Das besteingeriohtete Sohnlzimmer kann
beispielsweise nicht wieder gut machen, was durch einen
schlechten Schlafraum verdorben wird.
Es mufs daher dem Lehrer von Wert sein, zu erfahren,
wo die Schüler seiner Klasse ihre Nachtruhe halten. Dies zu
ermitteln, ist unter Umständen nicht ganz leicht, denn die
Eltern lassen niemanden gern in die Geheimnisse ihrer Wohnungen
eindringen. Ich habe es deshalb vor einiger Zeit versucht, die
Schüler meiner II. Klasse die Gröfse ihrer Schlafräume selbst,
und zwar für den Geometrieunterricht, ausmessen zu lassen.
In der Tabelle auf Seite 266 sind die Resultate dieser Arbeit
enthalten.
Die Kinder gehören fast ausschlielslich der ärmeren Be-
völkerung an. Sie haben ein Alter von 12 — 14 Jahren. Die
Klasse ist sehr klein, indem sie nur aus 26 Köpfen besteht.
Der eine Schüler, der in der Liste fehlt, war am Ausmessen
verhindert, der andre schläft bei seinem Bruder, mit dem er
gemeinsam die Klasse besucht.
Dieser Tabelle haften noch verschiedene Mängel an. Es
ist nicht angegeben, ob die Schlafzimmer tapeziert oder aus-
geweifst sind, ob die Sonne den Schlafraum bescheinen kann
oder nicht, wie groJs die Ventilationsmöglichkeit in jedem Falle
ist, in welchem Lebensalter die zusammenschlafenden Personen
stehen u. s. f.
Indessen lälst sich doch schon mancherlei aus ihr erkennen.
Den hygienischen Anforderungen entspricht annähernd die
Gröfse des Schlafzimmers, welches der Schüler No. 6 benutzt.
In allen anderen Fällen ist es entweder die Unzulänglichkeit
des fiaumes, oder der Umstand, dafs weniger Betten als Schläfer
vorhanden sind, wodurch die Gesundheit der letzteren Schaden
leiden muJs. Betrachtet man die Kinder während der ersten
Schulstunde, so erkennt man sehr leicht, ob und wieweit die
Nachtruhe die einzelnen gestärkt hat oder nicht. Wenn die
Schüler No. 2, 3, 4, 5 uns jeden Morgen durch ihr bleiches
266
Scbfller-
Anzahl
Ansah!
Grobe
Etage
Fenster
der
der
dei
nammer
Sehlifer
Betten
Sehlafrinnt
1
4.
1 Dachfenster
1
1
9,29 cbm
2
3.
1 nach dem Hofe
3
2
11,64 ,
3
part.
1 kleines n. d. Hofe
4
3
13,47 „
4
2.
1 nach dem Garten
3
2
17,02 .
5
1.
1 nach dem Hofe
2
1
12,48 ,
6
1.
'^ » n n
1
1
18,22 „
7
4.
1 nach dem Garten
2
2
21,64 ,
8
4.
1 nach dem Hofe
4
4
22.24 .
9
1.
0 fensterlos
5
3
22,98 ,
10
4.
1 nach dem Garten
3
3
23,22 .
11
4.
1 nach dem Hofe
5
4
25,15 ,
12
3.
^ n n n
5
4
26,79 ,
13
4.
■*• » n n
5
4
26.80 ,
U
1.
1 nach dem Gkirten
3
2
25,02 ,
15
4.
1 nach dem Hofe
3
2
28,80 .
16
3.
-'• n n n
5
3
29.72 ,
17
3., DachwohDung
^ n n n
5
4
29,64 „
18
3.
*■ n n n
6
4
33,60 ,
19
3., Dachwohnung
1 nach dem Garten
5
4
35,07 ,
20
2.
1 nach dem Hofe
6
4
45,64 ,
21
4.
1 nach der Strafse
5
4
48,77 ,
22
4.
^ n n n
3
2
50,38 .
23
part.
^ n n »
2
2
89,81 „
24
3.
2 nach dem Hofe
4
2
90,50 ,
Aussehen und die bläulichen Bänder unter ihren Augen auf-
fallen, wenn sie, die zu den Befähigtsten der Klasse gehören,
der Erholung nach jeder Stunde am notwendigsten bedürfen,
so können wir diese Erscheinungen wohl dem mangelhaften
Schlafraum zuschreiben, in dem sie sich systematisch jede Nacht
8 — 10 Stunden vergiften. Schüler 3 und 4 sind denn auch
schon mehrere Male zur Teilnahme an den Ferienkolonien, für
die in der Begel aus einer Ellasse nur 2 bis 3 ausgewählt
werden können, vorgeschlagen und angenommen worden. Charak-
teristisch ist der Knabe No. 9. Derselbe schläft mit 4
^ Wohn- und Schlafraum zugleich.
267
Familienmitgliedern in einem sich an die Wohnstube an-
schhefsenden dunklen Räume. Sämtliche 5 Personen haben
nur 3 Betten zur Verfügung. Seit ich den Schüler kenue, das
ist seit Ostern vorigen Jahres, ist er körperlich mehr und mehr
herabgekommen. Er erscheint hochgradig anämisch, ist leicht
gereizt und weint, was sonst unter Jungen dieses Alters kaum
vorkommt, über Neckereien seitens seiner Elameraden, klagt
auch öfters über Kopfschmerz.
Wollte man eiumal in der angedeuteten Weise eine Unter-
suchung im grofsen anstellen, wie die Schlafzimmer unserer
Schüler und Schülerinnen beschaffen sind und welchen Einflufs
die minderwertigen Bäume auf die physische und psychische
Entwickelung derselben ausüben, man würde erkennen, dals
hier dem Lehrer und dem Arzt ein weites Gebiet offen steht,
anf dem beide durch fortgesetzte Belehrung Besserung zu
schaffen bestrebt sein müssen. Denn auch unter den ungünstigen
Verhältnissen der ärmeren Bevölkerung läfst sich in der an-
gedeuteten Richtung, z. B. durch fleifsiges Lüften, noch vieles
erreichen, sobald die Betreffenden nur ernstlich dazu bereit sind.
Where is a will, there is a way, sagt das englische Sprichwort.
Beiüeksichtigong
der Schulhygiene bei den Lehrerprtdtingen.
Von
0. Jankb,
Btädtischem Lehrer in Berlin.
Der beste Beweis, dafs das Interesse für die Schulhygiene
wachst und die Kenntnis ihrer Forderungen aLs ein wesent-
licher Bestandteil des pädagogischen Wissens gilt, sind die
Aufgaben, die bei den Lehrerprüfungen gestellt werden. Noch
vor etwa 10 Jahren wurden bei diesen Prüfungen nie oder
doch nur äuTserst selten schulhygienische Fragen berührt. In
268
der letzten Zeit findet aber die Schulgesundheitslebre mehr
und mehr Berücksiclitigung. Einzelne Beispiele mögen dies
darthun.
Erste Dienstprüfung in Saulgau (Württemberg) 1893:
Schriftliche Aufgaben aus der Pädagogik und Schulhygiene: Wie
hat der Lehrer für Lüftung des Schullokals zu sorgen? Wie ist
das Blut zu stillen bei lebensgefährlichen Blutungen (Wunden)?
Zweite Lehrerprüfung in Hadersleben 1892: Klausur-
arbeit aus der Pädagogik: Schonung und Pflege des Auges
in der Schule; in Orteisburg 1893: Klausurarbeit: Die wich-
tigsten Forderungen der Schulgesundheitspflege; in Wunstorf
1893: Klausurarbeit: Wie erwirkt der Lehrer die hochnötige
Reinlichkeit im Schulraume und bei den Kindern? Hier wurde
auch bei der mündlichen Prüfung auf Schulhygiene eingegangen
und daraus unter anderem folgende Aufgabe gestellt: Physik
im Dienste der Gesundheitspflege.
Mittelschullehrerprüfung inPosen 1893. Eegierungs-
und Schulrat Gabriel stellte bei der mündlichen Prüfung in
der Pädagogik folgende Themen : Pflege des Auges ; Steil- und
Schrägschrift; Anstrich der Schultafel.
Bektoratsprüfung in Breslau 1891. In der münd-
lichen Prüfung für Pädagogik, die Regierungs- und Schulrat
Sperber leitete, kam die Schulhygiene mit folgenden Aufgaben
vor: die Schulbank; normale Beleuchtung; Fensterschatz-
vorrichtungen; die Reinigung der Schulstube; die Einrichtung
des Schulzimmers.
Rektoratsprüfung in Hannover 1893, mündlicher
Teil: Pädagogik: Heizung; verschiedene Ofensysteme. Natur-
kunde: Was hat der Leiter einer Schule in Bezug auf Rein-
haltung der Luft und des Wassers zu beachten? Bestandteile
der Luft; Desinfektionsmittel; Wie desinfizieren Sie? Technische
Fächer: Steilschrift; Neigungswinkel der Schrift.
269
iXtts i^txfanninn^tn ititb ^tttxntn.
Die Sitnmgen der KommiBsion fUr Schnlgesnndheitspflege
in Nürnberg.
Von
Dr. phil. G. AUTENKIBTH,
Rektor des Alten Gymnasiums in Nürnberg.
(Fortsetzung.}
IV. Sitzung am 11. Juli 1893.
Von Yorstandsmitgliedem des Vereins für ö£Fentliohe
Gesundheitspflege werden in die Kommission neu aufgenommen:
Kaufmann Gallingeb, Dr. med. Goldsohmidt, Architekt Hboht.
Der Vorsitzende dankt dem Lehrerbezirksverein für seine
Beihilfe zur Herstellung der Fragebogen, betre£fend Hilfsschulen.
Er berichtet ferner, dafs die £ingabe wegen Stottererschulen ^
an den Magistrat gesandt sei. Kat Kehlen hat einen sehr
aDerkennenden Bericht über die Kölner Stottererschule (nach
GüTZMANNscher Methode) an den städtischen Schulrat abgegeben.
Die Stadtschulpflege Zürich sandte ihren ofiäziellen Bericht
über den Einflufs der Heftlage und Schriftrichtung auf die
Körperhaltung der Schüler^ ein.
Gemäfs Beschlufs der technischen Kommission des Vereins
für öffentliche Gesundheitspflege haben alle Subkommissionen
eine Geschäftsordnung auszuarbeiten, demzufolge als erster
Punkt der Tagesordnung eine solche, vom Vorsitzenden in
8 Paragraphen entworfen, nunmehr zur einstimmigen Annahme
gelangt. Hierauf wird auf 3 Jahre der Vorstand durch
Acclamation wiedergewählt. Vorsitzender ist Dr. med.
* S. diese Zeitschrift, 1894, No. 2, S. 65—73. D. Red.
* Vergl. diese Zeitschrift, 1893, No. 12, S. 6S9. D. Red.
270
SoHUBBRT, SohriftfOhrer Dr. med. Baümülleb, Kassierer
Magistratsrat Forster.
Als Hauptgegenstand der Tagesordnung gab dann Herr
Darr seinen Bericht über die 52 beantworteten
Fragebogen, betreffend Hilfsschulen für Schwach-
sinnige, aus dem folgendes von Interesse sein möchte,
l. Ordentliche Hilfisschulen besitzen 26 deutsche und 3 schweize-
rische Städte; dagegen haben Chemnitz, Halle und Karlsmhe
sogenannte Naohhilfeschulen auch für andere aus yorüber-
gehenden Anlässen zurückgebliebene Kinder. 2. In Dortmund
gibt es 3 pro mille, in Hamburg 5 pro mille schwachsinnige
Schulkinder. 3. Die erste ordentliche Hilfsschule in Deutsch-
land hatte Dresden 1867; dann folgte 1874 Gera; 1879
Elberfeld; 1881 Braunschweig, Leipzig, Basel; 1883 Dortmund,
Halberstadt; 1885 Krefeld. Königsberg; 1886 Köln; 1888
Aachen, Düsseldorf, Kassel, Karlsruhe; 1889 Bremen, Frank-
furt a. M.; 1890 Erfurt; 1891 Weimar, Chur, Zürich, Chemnitz
(vervollständigt zu 3 Klassen); 1892 Hamburg, Hannover,
Magdeburg, Mainz, Stettin, Breslau; 1893 Nordhausen, Görlitz.
4. In einer Schulklasse sitzen in der B>egel höchstens 20 — 25
Schüler, in Erfurt 12, in Halberstadt und Aachen 30. 5. Eine
Trennung nach Geschlechtem findet meistens nicht statt
6. Bei achtjähriger Schulpflicht mufs ein Kind, bevor es in
die Hilfsschule aufgenommen wird, 2 Jahre lang die Normal-
schule besucht haben. 7. Den Eltern ist gewöhnlich ein Ein-
spruchsrecht gegen Zuweisung ihrer Kinder in die Hilfeschulen
eingeräumt, doch wird selten davon Gebrauch gemacht; bei
näherer Kenntnis sind sie stets dankbar für die besondere Für-
sorge, welche man ihren Kindern zuwendet. 8. Die Zuweistmg
erfolgt überall durch die Schulbehörde, aber auffallenderweise
nicht überall auf Grund ärztlichen Gutachtens. 9. Selten werden
die schwachsinnigen Kinder auf aprosexia nasalis untersucht;
auch Ätiologie und Kraniometrie finden nur ausnahmsweise
Berücksichtigung. 10. Epileptische Kinder werden in der
Regel nicht in die Hilfsschule gewiesen, sondern in Privat-
unterricht oder in Anstalten verbracht. 11. Gebesserte kehren
271
aus der JEilfssolmle wieder in die Normalscliule znrück.
12. Idioten werden auf Kosten der Eltern oder der Gemeinde
oder des Staates in besonderen Anstalten verpfleg nnd erzogen.
13. Unterricbts&cher der Hilfsschnle sind die der Yolksschnle
mit beschränkten Zielen; häufig kommt Turnen und für
Mädchen Handarbeit dazu; auch wird für Knaben in einigen
Fällen Handfertigkeitsunterricht sehr gerühmt. 14. Eine feste
Stundenordnung existiert zwar in den meisten Fällen, kann
aber nicht genau eingehalten werden^ da diese Kinder eher
ermüden und dann gewechselt oder je nach dem Wetter ein
Gang ins Freie gemacht werden mufs. 15. Das Kind besucht
in der Kegel jede Klasse 2 Jahre, somit die vollständige
Bil&schule 6 Jahre, zuvor die Normalschule 2 Jahre. 16. Die
Zahl der Unterrichtsstunden in den Hauptfächern pro Woche
ist sehr verschieden, llVa — 14. Es empfiehlt sich, nur halb-
stundenweise anfangs zu unterrichten und den Rechenunterricht
in allen Klassen auf dieselbe Zeit zu verlegen, um ein älteres
Kind an einem tieferen Kurs teilnehmen lassen zu können,
während es andere Fächer mit seiner Klasse nimmt. 17. Be-
sondere Lehrmittel für Schwachsinnige sind nicht allgemein
vorhanden; der Anschauungsunterricht muis grundsätzlich und
allgemein angewandt werden. 18. Sämtliche Hilfsschulen sind
Gemeindeanstalten, und die Lehrer erhalten fast überall be-
sondere Zulagen für ihre mühevolle Thätigkeit. Die Kosten
pro Jahr und Kind schwanken zwischen 58 Mark in Aachen
nnd 153 Mark in Dresden. Schulgeld, wo es überhaupt noch
besteht, wird nur von Auswärtigen erhoben. Lehrmittel, in
der Schweiz frei gewährt, werden blofe an notorisch arme
Schüler geliefert. 19. Besondere Fortbildungsschulen für
Schwachsinnige schliefsen sich nirgends an Hilfsschulen an.
Ebensowenig sind andere Veranstaltungen zur Unterbringung
in geordnete Verhältnisse getroffen. Meistens sorgen die Lehrer
privatim, wie z. B. in Braunschweig, Bremen, Dresden, Elber-
feld, Frankfurt a.M., Leipzig, für passende Unterkunft, in Köln
religiöse Vereine mit den Lehrern, in Zürich freiwillige Wohl-
thater. 20. Die Erfolge sind allerseits sehr erfreuliche gewesen ;
272
nach der Entlassung erwiesen sioli als erwerbsftlliig: in Dresden
sämtliche, in Halberstadt nnd Hannover desgleichen, wenn auch
teilweise in recht bescheidenen Verhältnissen, in Gera, Dort-
mund, Elberfeld die meisten, in Brannsohweig und Krefeld
907o, in Köln 877o, in Düsseldorf 80%, in Bremen 66%,
in Aachen 60 7o.
Magistratsrat Behlek referiert über seinen Besuch der
Schule für Stotterer in Köln.
Schulrat Dr. Glauning rät, den Bericht des Herrn DiBB
dem Magistrat vorzulegen, während der Vorsitzende denselben
lieber einer Zeitung zuweisen möchte.
Hofrat Dr. Stich vermiist die lallenden Kinder, also
die Mikrocephalen, in den Schulen für Schwachsinnige.
Der Vorsitzende weist darauf hin, dafs alle 44 Städte mit
über 50000 Einwohnern und noch 14 weitere die Fragebogen
erhalten hätten, aus denen sich ergebe, dals etwas mehr als 30
dieser Städte Hilfsschulen besäfsen.
Endlich teilt derselbe mit, dals er demnächst, wie er schon
vor mehreren Jahren einmal ein Gutachten an höchste Stelle
abgegeben habe, eine Vorstellung ebendahin senden werde
über die richtige Grölse des Schulbücherdrucks, der auch
vom augenärztlichen Standpunkt zu beurteilen sei. Den
Entwurf versprach er vorzulegen. Der städtische Schulrat
machte bei dieser Gelegenheit noch auf schädliche Satiniening
des Druckpapiers aufimerksam.
(SchlulB iu No. 6.)
fiber die Schniansstellung in Chicago.
Nach einem im Berliner Lehrerverein gehaltenen Vortrag
des Direktor Dr. Stephan Waetzoldt.
In den Sitzungen des Berliner Lehrervereins am 9. nnd
20. Februar d. J. hielt der als Reichskommissar nach Chicago ent-
sandte Direktor der Königlichen Elisabethschule zu Berlin, Professor
Dr. Stephan Waetzoldt, einen Vortrag : DieSchulausstellung
273
in Chicago nnd das Schulwesen in den Vereinigten
Staaten. Wir entnehmen diesem Vortrage, der nach steno-
gn^hischen Anfzeichnongen in der „JPädag, Ztg,^ veröffentlicht ist,
das nachstehende.
Als der Oedanke eines Weltmarktes im weitesten Sinne in den
amerikanischen Gehirnen sich hildete, stand anch der Plan fest,
nicht nnr eine Ansstellung auf dem materiellen Gehiete zu unter-
nehmen, sondern alle Gehiete der Kultur, auch die geistige, in diesen
grolsen Wettbewerh hineinzuziehen. Bei der hohen Achtung, deren
in den Vereinigten Staaten . sich die Pädagogik erfreut, hei dem
tiefen und weiten Interesse, welches allen Fragen des Unterrichts
entgegengehracht wird, und bei der festen Überzeugung, dafs in der
Schule die grOüste Waffe des Fortschritts der Menschheit liegt, war
es kein Zweifel, daCs man eine ünterrichtsausstellung im gröfsten
Stile planen würde. In der That, die ersten Entwürfe, die zu uns
kamen, zeigten fast gigantische Dimensionen. Man stellte sich vor,
dafs sämtliche Kulturvölker der Erde bestrebt sein würden, alles,
was sie auf dem Gebiete des Unterrichts von der Höhe der Uni-
versitäten bis herab zu den Schulen der Idioten besitzen, in Chicago
zu vereinigen, und dafs so ein gro&es Urteil möglich sein würde,
welcher Nation in diesem Kampfe die Palme gebühre. Der Plan
war dieser : Jede Nation sollte zunächst in einer grofsen, womöglich
riesenhaften Karte die Lage ihrer verschiedenen Schulorte darstellen.
Diese Karten sollten dann verglichen werden, und daraus würde sich
ergeben, welches Land den gröfsten Fortschritt in den letzten Jahren
gemacht habe.
Es beteiligten sich an der Ausstellung sämtliche Staaten der
Union; femer waren vertreten Deutschland, Frankreich, England,
wenigstens soweit die Armenschulen Londons in Betracht kommen,
endlich Rufsland, Japan, die südamerikanischen Staaten, Mexico und
auch Spanien, letzteres freilich in sehr bescheidenem Umfange.
Leider gar nicht vertreten war das Heimatland der Universitäten,
Italien, aufserdem Österreich und wenig Schweden, Norwegen, Däne-
mark, wo bekanntlich die pädagogische Arbeit sehr rege und der
Fortschritt bedeutsam ist.
Die deutsche Ausstellung wurde versammelt zunächst auf der
oberen Galerie des ungeheuren Industriegebäudes; der Raum, den
sie hier einnahm, betrug 2200 qm. Das war eine der Aus-
stellungen. Daran reihten sich die Ausstellungen der Vereinigten
Staaten und auf der anderen Seite Deutschland gegenüber die Aus-
stellung Frankreichs. Allerdings war ein grofser Teil der Unterrichts-
ansstellung noch in anderen Gebäuden untergebracht. Bei dem
Partikularismus in allem, was ihre speciellen Kulturbestrebungen an-
SehmlgMuidheitopfleir« VII. 18
274
langt, hatten es sich die amerikanischen Einzelstaaten nicht nehmen
lassen, ihr Bestes zum Teil in den Staatsgebänden auizosteDen.
Auch die Ausstellung Frankreichs befand sich in drei Geb&nden,
dem Indnstriegebände, dem Pavillon de France und, soweit die
französischen Ackerbauschulen in Betracht kamen, in dem Geb&ude
des Ackerbaues.
Über dem Eingang zur deutschen Ausstellung stand: ,,Deutsche
Unterrichtsausstellung", wenn es auch größtenteils eine Aas-
stellung Preufsens war. Im Ausland — und je weiter Yon Beutsdi-
land fort, um so mehr gilt dies — kennt man die Namen der
Einzelstaaten kaum noch; man kennt nur Deutschland. Dafe das
Schulwesen bei uns nicht einheitlich geregelt ist, dab wir nicht
einmal eine gemeinsame Schulstatistik besitzen, dais alles Unterrichts-
wesen Sache der Einzelstaaten ist, das mufste man den Amerikanern
erst langsam klar machen. Von den deutschen Staaten beteiligte
sich mit einer eigenen Ausstellung, die zwar nicht umfangreich, aber
ausgezeichnet im ganzen wie im einzelnen war, nur Wüjrttemberg.
Diese Ausstellung war innerhalb der grolsen Ausstellung besonders
zusammengehalten. Bayern war bei der Uniyersitätsausstellung und
im Schulwesen teilweise vertreten, Sachsen leider gar nicht, die
Hansestädte fast gar nicht, das Grofsherzogtum Hessen nur mit
einigen Büchern.
Der Entschlufs, eine Schulausstellung im grofsen zu onter-
nehmen, ist sehr spät in Berlin, dann aber auch ganz gefafst nnd
mit aufserordentlicher Energie durchgeführt worden. Unter drei
Decementen, den Geheimräten Schneider, Staüder und Althof; ,
wurde im Dezember 1892 der Anfang gemacht. Es waren zahl-
lose Briefe und Aufforderangen an Buchhändler, Lehrmittelanstalten
und an Schulen zu richten, es galt, nach bestimmten Gesichtspunkten
alles das zu ordnen, was sendenswert erschien, und vor allem mufste
statistisches Material in grofsen Zügen herbeigeschafft werden. Hier
hat das statistische Bureau die Hauptarbeit gethan. Femer muCsten
in wenigen Monaten ausführliche Denkschriften über Stand und
Geschichte des Volksschulwesens, des höheren Unterrichts der Universi-
täten , der Mädchenschulen u. s. w. hergestellt werden, und so
entstanden denn in wunderbar kurzer Zeit: 1. die grofse umfassende
Denkschrift von Sohneideb und Petersilie über das Volksschol-
wesen des preufsischen Staates im weitesten Umfange; 2. die aus-
gezeichnete Geschichte des höheren Unterrichts in Deutschland im
19. Jahrhundert mit zahlreichen statistischen Beigaben von Bsthwisgh;
3. die vortreffliche Arbeit des Fräulein Helene Lange über die
Entwickelung des Mädchenschulwesens. Dazu kamen dann graphische
Darstellungen der Frequenz der höheren und niederen Schulen, der
276
Abiturienten u. s. w. Als Schmuck für die Wände waren Photo-
graphien in grolser Zahl, berühmte Schulen nach äofserer und
innerer Beschaffenheit darstellend, vorgesehen, die Büsten der grofsen
Gelehrten nnd Schnlmänner durften nicht fehlen, und aus dem
Schatze der Nationalgalerie wurden die vier berühmten grofsen
Friese, „die vier Zeitalter der Wissenschaft*' von Enille her-
gegeben, welche den vornehmsten Schmuck der deutschen Unterrichts-
aasstellung gebOdet haben. Die ersten beiden: das griechische
Zeitalter (Philosophen neben einer Gruppe ringender Jünglinge) und
das Zeitalter Weimars (Goethe und Schiller) wurden in die
Unterrichtsabteilung gebracht, die beiden anderen kamen in die
üniversitätsabteilung. Aufserdem wurden zwei Gemälde im grofsen
Stile, die von einem jungen Berliner Maler EOberstein entworfen
waren, angefertigt : ideale Darstellungen der höheren Schule und der
Volksschule Preufsens.
Schreiten wir von der Südseite her, die Ausstellung Kanadas
verlassend, durch ein Portal in einfachen griechischen Verhältnissen,
das die Inschrift: „Deutsche Unterrichtsausstellung" trägt,
so erstreckt sich vor uns, die Hauptbrüstxmg entlang, die Universi-
tfttsausstellung und links in derselben Ausdehnung diejenige der
Schulen. Darüber, denselben Baum noch einmal ausmessend, be-
finden sich die Galerien, und ganz oben erblicken wir in ungeheurer
Weite und Höhe, von dem Dunst und Staub, den Menschenmassen
immer hervorbringen, erfüUt, die riesigen Bippen des Industrie-
gebäudes mit den gelblich weifsen Glasscheiben. An die Brüstung
herantretend, sehen wir in das wilde Gewühl einer Stadt, die ihre
einzelnen Quartiere besitzt, und in der die ganze Welt, in ihrer
Industrie auf dem Grundflur unten, in ihrer Wissenschaft auf den
Galerien oben, sich vereinigt hat.
Es war bei uns zunächst ein gemeinsamer Baum, eine Art
Ehrenplatz für höheres und niederes Schulwesen, vorgesehen, und
hier hatte zuerst die Blindenausstellung ihren Platz gefunden, eine
Ausstellung, die wesentlich der Königlichen Blindenanstalt zu Steglitz
bei Berlin zu danken war, und die einer der anziehendsten
Punkte der deutschen Ausstellung überhaupt besonders durch drei
Dmge geworden ist: 1. durch die grofse Bibliothek in der Braille-
schen Blindenschrift, wie sie nirgends sonst auch nur ähnlich in der
Welt vorhanden ist, 730 Bände umfassend, von Frauen und Mädchen
des Vereins „Edelweils" um Gottes willen für die Blinden geschrieben,
mn ihnen die Schätze der deutschen Litteratur zugänglich zu machen.
Während der Blinde sonst nur Bibel, Schulbücher und einige Zeit-
schriften hatte, liest er jetzt Goethe, Schiller, Uhlakd, Gerok,
Scheffel, Frbytag u. s. w., das Beste, was unsere Litteratur
18^
276
bietet; 2. durch die sinnreich erdachten Lehrmittel fbr die Blinden
in Naturgeschichte, Physik, Greographie, Rechnen n. s. w. ; ä. durch
die Modellarbeiten, die nach der Betastung der greifbaren Objekte
¥on den Blinden selber aus dem Kopfe gemacht waren, and die so
ein Bild der Welt und ihrer Gegenstände, wie sie dem Blinden ach
darstellt, gaben.
Daneben war aof dem Ehrenplatze das ausgestellt, was die
Stadt Berlin geliefert hatte: Mappen mit den schönsten Schnlbanten
und eine Reihe von Schaukästen mit Handarbeiten der Mädchen
der 143. Gemeindeschale. Fast immer wurden diese Arbeiten für
solche einer Fachschule gehalten. Hierzu kam die vom Magistnt
gegebene graphische Darstellung der allmählichen Yermehnmg der
Schulen und Schulklassen in eigenen Gebäuden, die mit dem starken
Wachstum der Stadt Hand in Hand gegangen ist. Damit yergieicbe
man, was in Chicago zu finden ist: 60000 Kinder, die nicht da-
geschult sind, weil keine Räume und keine Lehrer Yorhanden sind.
Weiterhin folgte dann die Bibliothek der SchulYerfassnngen uid
Schulverwaltungen, in welcher für die einzelnen deutschen Staaten
ihre Organisationen dargestellt waren. Daneben be&nd sich ein
Tisch mit den pädagogischen Zeitschriften Deutschlands, eine Samm-
lung, die Ton dem Seminarlehrer Arndt hergestellt und ftbr die
ein eigenes Verzeichnis gedruckt war, das dann in hunderten yod
Exemplaren weggeschenkt wurde. Keiner Yon uns, die daran mit-
gearbeitet haben, hat gewufst, dals Deutschland 239 pädagogische
Zeitschriften und 30 Lehrerkalender regelmäfing erscheinen läfst, ohae
die im Nachtrag enthaltenen Jugendschriften. Von allen di^en
Zeitschriften waren die letzten Jahrgänge gesammelt und präsen-
tierten sich in einer Reihe Yon schön gebundenen Exemplaren.
Die Vorhalle, die sich an den Ehrenplatz schloCs, krönte das
erste der erwähnten beiden Bilder Kobbbsteins. Vor diesem Bilde
waren 10 Folianten in Leder aufgesteUt mit den schönsten und
neuesten Bauten Yon Schulen. Der geschichtliche Band über die
Volksschulbauten PreuTsens Yon 1821 — 1880 beginnt mit doi
kleinen gezeichneten Blättchen, welche die bescheidenen Schulhfiuser
auf dem Lande Yon 1821 zeigen, und endet mit den groCsartieen
Bauten, wie sie jetzt der Staat und namentlich unsere grölst
Städte für Volksschulen einrichten. Seminare, Präparandenanstalten,
Gymnasien u. s. w. wurden in auserlesenen Mustern bis ins einzehie
Yorgeführt, z. B. die Einrichtung Yon höheren Schulen an zwei
Modellen des Friedrich Wilhelmsgymnasiums und der Augosta-
schule in Berlin. Femer waren graphische Darstellungen über
höhere Schulen und 13 grolse statistische Karten Yorhanden, auf
denen der Fortschritt des preufsischen Unterrichtswesens in den
277
letzten 20 Jahren ans wenigen ganz schlagenden Zahlen zn ersehen
war. Wir fahren nnr an, dafe im Jahre 1892 von 5401566
Kindern blofs 945 dem Scholnnterrichte widerrechtlich entzogen
waren. Man mnJs sich klar machen, was es bedeutet, dals es einem
Staate gelangen ist, die allgemeine Schulpflicht so durchgreifend zu
gestalten, dals durch die Maschen dieses Netzes, aufser den Kindern
der fluktaierenden Bevölkerung, wie Flufsschiffer, Akrobaten u. s w.,
niemand mehr schlttpft. Von den übrigen Ländern ist uns Fr'ank-
reich am n&chsten auf den Fersen.
Wenn wir diese statistischen Tafeln verlassen und uns zu dem
groisen Mittelgange wenden, der durch die deutsche Unterrichts-
ansstellung geht, so linden wir zahllose Modelle von Schulbauten und
Schulzimmern, Schulbädem (Göttingen), einzelnen Hallen und eine
imObersehbare Menge von Apparaten. Welchen Beichtnm Deutsch-
land an physikalischen, chemischen, geographischen, botanischen und
zoologischen Lehrmitteln besitzt und wie es die ganze Welt damit
versorgt, konnte man dort erst sehen. Die ganze linke Flucht wurde
von dem, was die Mädchenschulen, Volksschulen, Taubstummen- und
Idiotenanstalten ausgestellt hatten, eingenommen. Auf der oberen
linken Galerie befand sich die Ausstellung der Seminarien und Präpa-
randenanstalten, sowie die für den Handfertigkeitsunterricht und auf der
rechten unteren Seite die der höheren Schulen, welche nach den Unter-
richtsdisciplinen geteilt war: Mathematik, Physik, beschreibende Natur-
wissenschaft, oben alte und neue Sprachen u. s. w. In jeder der
einzeben Gruppen und Fächer war ein bestimmter Gedanke zur
Durchführung gekommen. Zunächst galt es, die geschichtliche £nt-
wickelung dieser Art von Schulen zu zeigen in alten Schulgeschichten,
Programmen, Lehrplänen, Bildern u. s. w., dann den gegenwärtigen
Standpunkt durch dieselben Gegenstände bemerkbar zu machen, der
Geschichte z. B. durch eine Keihe von eigens zu diesem Zwecke
herbeigeschafften und geordneten Bibliotheken mit Specialkatalogen.
So umfalsten unter anderem die Lern- und Lehrbücher der
preafeischen Seminarien allein 270 Bände, die Seminaristenbibliothek
des Seminars zu Oranienburg 580, die deutsche Schülerinnen-
bihliothek einer höheren Mädchenschule 420, eine Schülerbibliothek
300, die einer Berliner Gemeindeschule 256, die Bibliothek der
Gesundheitspflege und der Leibesübungen 123, die der Methodik
der Volksschulen über 300 Bände und eine Sammlung deutscher
Volksschullesebücher, von Professor Fbchner zusammengebracht und
die Zeit von 1771—1893 umfassend, 225 solche Lesebücher. Die
iiatorwissenschaftlichen Apparate einer Berliner Gemeindeschule be-
durften 5 Schaukästen von je 1 cbm Inhalt. An den Wänden und
einer Reihe von Zwischenwänden, auf einer Wandfläche von etwa
278
500 qm, befanden sich zahlreiche Abbildungen von SchnlbanteB,
auserlesene Karten, die besten unserer Anschanungsmittel, der
Bilderschmack der S&le, alles in einzelnen Proben.
Und nun schlieislich die viel berufenen Schfller- und Abi-
turientenarbeiten! Es ist in Deutschland oft darftber gespottet
worden, daCs wir ganze Berge Yon Kisten mit Heften mitgenommen
haben, und die MZukunft** hat sich sogar in einem eigenen Ar-
tikel darüber lustig gemacht. Aber es erwies sich, dals nidits in
der Ausstellung auch nur annähernd so studiert und durchgearbeitet
worden ist, als die Hefte unserer Schüler. Aus einer Reihe von
typischen Anstalten, von Gymnasien, Realgymnasien, Oberreal- und
Realschulen, Seminarien, Präparandenanstalten und Mädchenschulen
waren etwa 20 von jeder Gattung herausgesucht, und zwar so, da(s
diese Anstalten von jeder Klasse eine Gruppe besserer, mittlerer und
schlechterer Hefte gaben. S&mtliche anderen Nationen hattoi nur
Musterblfttter ausgestellt. Besonders wichtig waren die Abiturienten-
arbeiten. Die beim Abschluüs des Seminars angefertigten Arbeiten
zeigten unweigerlich: das ist es, was wir von unserem Yolksschul-
lehrer, ehe er in die Praxis tritt, verlangen. Und nun halte man
die Leistungen des amerikanischen Durchschnittslehrers dagegen, der
das Examen für Primary Education gemacht hat. Bei d^ Abitn-
rientenarbeiten der höheren Schulen sah man: das fordern wir von
jungen Leuten, ehe wir ihnen gestatten, die Universität zu besuchen.
Das gesamte Werk der ersten Universitätsjahre in Amerika ist in
Deutschland noch in die letzten Gymnasia^jahre eingeschlossen, und
mit wenigen Ausnahmen wird erst die Arbeit der Graduierten mit
der unserer Studenten in Parallele zu setzen sein. Das war das
Zeugnis, welches unseren Abiturienten der Seminare und Gymnasien
die Amerikaner, und nicht nur diese, gegeben haben. Was ist nun
das Schicksal dieser Schülerarbeiten? Man stritt darüber in Deutsch-
land und sagte schlieOslich : Wir werden sie in den Michigansee
werfen oder zu Packpapier verbrauchen. Die anderen Sachen kommen
meist aus Amerika zurück; die haben die Amerikaner nicht gewoDt.
Um die Schülerhefte haben sich die pädagogischen Museen und
die Seminare der Universitäten gerissen. Der gröCste Teil der
Hefte geht in das bedeutendste pädagogische Museum nach Phila-
delphia. Diese Stadt hat 300000 DoUars für den Bau eines Schul-
museums gesammelt, und das, was von der deutschen Unterrichts-
ausstellung nach Philadelphia gelangt, bildet mit den Grundstock der
dortigen auswärtigen Ausstellung. Ein anderer Teil der Hefte kommt
in die Staatsuniversität von New York, ein anderer nach Michigan,
und der letzte soll in Kalifornien aufbewahrt werden.
Welche Urteile sind über die deutsche Unterrichtsausstellung
279
gefWt worden? Ich mufs sagen, soweit mir dieselben zu Gesichte
oder zn Gehör gekommen sind, sind sie nur anerkennend gewesen,
sogar flbertrieben, dafs wir, die wir die Schwächen unseres ünter-
richtswesens kennen, die wir wissen, welchen Weg wir noch zurück-
zulegen haben, ehe wir zn Zuständen kommen, mit denen wir zu-
frieden sein können, manchmal etwas beklommen wurden bei dem
Lobe, das uns gespendet wurde.
Herz- und Magenleiden infolge der Ablieben Schnlhaltung.
Ans der Pariser Akademie der Medizin.
In der Sitzung der Pariser Akademie der Medizin Tom
27. Februar d. J. sprach Dr. Motais aus Angers über Herz- und
Magenleiden infolge der habituellen Schnlhaltung.
Die eigentümliche Körperhaltung, so führte derselbe nach
„La Fresse mdd, Beige*' aus, welche in den meisten Colleges geduldet,
ja selbst gefordert wird, bildet einen der wichtigsten Faktoren
für die Entstehung der Schulkurzsichtigkeit. Sie ist auch die un-
mittelbare Ursache einer gro&en Zahl von Verkrümmungen der
Wirbelsänle.
Zn diesen Leiden kommen noch Yerdauungsbeschwerden und
fanktionelle Störungen des Herzens hinzu. Denn bei der gewohnheits-
gemäfsen Schnlhaltung stützt sich der auf dem linken Sitzbein
ruhende Schüler ausschlielslich auf den linken EUenbogen, biegt sich
nach vom und links und neigt sich über sein Heft.
Wegen der seitlichen Krümmung sinken die linken falschen
Rippen bis auf den Darmbeinkamm herab; der Magen wird daher
oadi unten gegen die Milz und das Colon descendens gedrängt.
Infolge der Überbeugung nach vom aber entsteht eine Qnerfalte
auf der Bauchwand; die Vorderseite des Magens erfährt dieselbe
Einknickung, und so tritt ein mechanisches Hindernis für die Be-
wegungen dieses Organs ein.
Andererseits nähert die Ejrünunung des Brustkorbs nach vom
die Bippen einander, indem sie die Zwischenrippenräume und folglich
auch den Baum der Brusthöhle verkleinert. Durch die übertriebene
Beugung und Drehung des Halses werden die grofsen Gefäfse dieser
Gegend zusammengedrückt. Alle diese Umstände erzeugen eine
Beengung des Herzens und der Lunge mit Herzklopfen, Atem-
beschwerden u. s. w.
Die Haltung in der Schule ist demnach eine der wichtigsten
Ursachen der Verdauungsstörungen und des häufigen Herzklopfens
bei den Zöglingen unserer Colleges. Dieselbe Beobachtung macht
man bei Erwachsenen, welche sich viel mit geistiger Arbeit beschäf-
tigen, femer bei Bureaubeamten und bei Handwerkern, welche in
280
nächster Nähe zu arbeiten gezwungen sind. Die Behinderung der
regelmäßigen Thätigkeit des Herzens nnd des Magens ist sogar um
so stärker, je vorgerückter das Alter ist.
In aUen diesen Fällen konnte Dr. Motaib eine beträchtliche
Besserung der Herz- und Magenleiden durch Vorschrift gerader Haltung
bei der Arbeit feststellen. Es ist dies ein Grund mehr, schul-
hygienische Reformen, besonders solche der Subsellien, einzuführen.
Bemerknngen in der VII. OeneralYersamoiliing
der Badegesellschaft zu Stnttgart
über die Benntznng des dortigen Schwimmbades dnrch Schüler.^
Der Bericht über die YH. ordentliche Generalversammlung der
Stuttgarter Badegesellschaft fdr das Geschäftsjahr 1893 enthält
folgendes :
Professor Kessler vom Eberhard-Ludwigs-Gymnasium gibt zu,
dafs sich dasselbe am Klassenbaden sehr bescheiden beteiligt habe.
Zunächst sei ein Grund dafür darin zu suchen, dafs die Schülerzahl
dieser Anstalt nur ein Drittel deijenigeu der Schwesteranstalten be-
trage. Sodann badeten viele Schüler des Gymnasiums einzeln.
Endlich seien in den niederen Klassen 3, in den höheren 2 Turn-
stunden vorgesehen, und es mangle deshalb etwas an Zeit für das
Klassenbaden, so dafs allerdings zu wünschen sei, es möchten die
zum Baden nötigen Stunden nicht allein vom Turnunterricht, sondern
auch von anderen Fächern gekürzt werden.
Redner empfiehlt, an den gestifteten Freibädern auch Yolks-
schüler teilnehmen und denselben Schwimmunterricht erteilen zn
lassen, damit bei künftigen Schwunmfesten auch sie sich beteiligen
könnten.
Professor Yöleeb dankt im Namen der Lehrer und Schüler
des Realgymnasiums dem Gründer und Erhalter der Badeanstalt
für seine Munificenz. Zu dessen Genugthuung wolle er sagen, da(s
alle Schüler, die sich regelmäfsig am Klassenbaden beteiligt hätten,
über die Winterkrankheiten viel leichter, als andere hinweggekommen
seien. Ein Erlafs höheren Ortes, der zum Klassenbaden und
Schwimmen auffordere, liege vor; es werde deshalb Sache der
Lehrerschaft sein, demselben Durchbruch zu verschaffen.
* Vergl. diese Zeitschnft, 1893, No. 7 u. 8, S. 412.
281
kleinere illtttetlttn$en.
über die Gesundheitspflege in den katholischen Yolks-
sehnlen Breslaus enthält der Jahresbericht des dortigen Stadt-
scholinspektors Dr. Handloss für 1892/93 anter anderem folgendes.
Von besonderen baulichen Yerbessemngen in alten Schnlhäosem sind
zu erwähnen die Yerbreiternng und Erhöhung der Fenster des
Schalhauses Minoritenhof 1 — 3 auf der Ost- und Westseite. An
kalten und windigen Tagen macht sich allerdings in der Nähe dieser
Fenster ein ziemlich starker Zug fQhlbar; auch ist bei andauernder
K<e die genügende Erwärmung der Zimmer erschwert. Doch
diese kleinen Nachteile werden durch den bedeutenden Gewinn an
Licht aufgewogen. Dieselbe erhöhte Lichtzufuhr sollen 1894/95
die im £rdgeschols gelegenen Klassen Paradiesstrafse 25—27 er-
halten. Und was im Schulhause Neue Kirchstrafse 15 bei einer
Klasse des ersten Stockwerkes bereits geschehen ist, um eine bessere
natttrliche Beleuchtung zu gewinnen, wird im nächsten Jahre auch
für die Parterreräume zur Durchfahrung kommen. Wie auf diese
Weise überall bei den älteren Schulhäusem für eine umfangreichere
ZoftthruDg Ton Licht und Luft gesorgt wird, so verschwinden auch
die alten unbrauchbaren Bänke immer mehr aus den Schulen. Nur
noch wenige Jahre, und es sind alle Schulzimmer mit Subsellien
aasgestattet, die den Anforderungen der Gesundheitspflege möglichst
gerecht werden. Für die Unterbringung der Überkleider der Kinder
anlserhalb des Schulzimmers in den Korridoren sind in allen Schul-
hänsem, wo der Klassenraum es zuliefs, Vorrichtungen getroffen
worden. Allerdings wurden hie und da Kleidungsstücke entwendet,
ohne daCs immer festgestellt werden konnte, ob dies durch Personen
geschehen sei, welche sich durch die stets offenen Hauseingänge in das
Schulhaus eingeschlichen hatten. £in vollständiges Yerschliefsen dieser
Thttren wäre nur dann möglich, wenn ein besonderer Wärter für
das öffnen und Schlieisen der Pforte während der Schulstunden an-
gestellt würde; denn es muls für den Verkehr des Publikums mit
den Rektoren, der zuweilen ein sehr reger ist, und der in den
grofsen Schulhäusem sich nicht auf eine bestimmte Stunde für alle
Schulen festlegen läfst, die Stralsenpforte entweder ganz offen sein,
oder sich durch eine mechanische Vorrichtung leicht öffiien lassen.
Von allen zur Vermeidung von Kleiderdiebstählen bei offenen Eingangs-
httren vorgebrachten Vorschlägen fand den meisten Anklang der,
"ifiüli
282
die Kleider durch ein verschliefsbares Gitter zu schätzen. Die groise
Fürsorge der städtischen Schulverwaltung hinsichtlich der Hygiene
in den Schulhäusem und während des Unterrichtes spricht sich am
deutlichsten aus in einer besonderen Geschäftsanweisnng für die
Rektoren und Lehrer, bezw. Lehrerinnen der städtischen Volksschulen,
betreffend die Schulgesundheitspflege,* welche unter dem 30. März
1893 von der Egl. Regierung bestätigt worden ist; an dieselbe schlie&t
sich ein Nachtrag zur Instruktion fdr die Haushälter und Schuldiener
bei den städtischen Yolksschulhäusem an. Die wichtigsten Be-
stimmungen daraus sind nachstehende: 1. Die Reinigung der Schnl-
zimmer hat von jetzt. an täglich zu erfolgen. 2. Allmonatlich einmal sind
die Fu&böden der Schulzimmer zu scheuem und die Wände entweder
trocken oder feucht abzuwischen. 3. Alle Gänge, Treppen, Flure
sind täglich zu kehren und monatlich einmal grflndlich zu scheuern.
4. Die Fenster sind stets rein zu halten ; alle vierzehn Tage müssen
dieselben sauber geputzt werden. 5. Die BedUrfhisanstalten sind
täglich sorgsam zu reinigen. Damit ist auch die Ausstattung aller
Schulklassen mit Waschgerät und der erforderlichen Anzahl Yon
Handtüchern in Verbindung zu bringen, und als die Choleragefahr
im August und September verflossenen Jahres auch Breslau zu nahen
schien, wurde fttr sämtliche Schulen der Stadt insbesondere folgendes
bestioGimt: 1. Die Klassenzimmer sind einschliefslich der Bänke und
sonstigen Ausstattnngsstt&cke jeden Tag durch feuchtes Abreiben aufe
sorg^tigste zu säubern. Der Fulsboden ist täglich unter Benutzung
von Sägespänen zu fegen; einmal wöchentlich ist derselbe mit grän^
Seife zu scheuem. 2. Der Sauberkeit in den Klosetts ist besondere
Aufmerksamkeit zu schenken. Dieselben sind jeden Tag mit drei-
prozentiger Karbolsäurelösung zu desinfizieren, die Sitzbretter wieder-
holt mit derselben Lösung scharf abzureiben. 3. Zur Belehrung
der Schulkinder und der Angehörigen derselben kamen „Yerhaltungs-
mafsregeln bei Choleraepidemien'' an die Schüler zur Ver-
teilung. In den Klassen I — IV wurde dieses Flugblatt vor denselben
unter erläuternden Bemerkungen der Klassenlehrer verlesen. Femer
vmrden drei Schulhäuser probeweise mit je einem Berkefeldschen
Filter M I mit mechanischer Reinigungsvorrichtung ausgestattet. —
Die Umwandlung geräuschvollen Pflasters in geräuschloses vor ver-
schiedenen Schulhäusem kam leider aus Sparsamkeitsrücksichten
zum Teil in Wegfall. Doch sind immerhin durch Legung des
letzteren vor drei Schulgebäuden die dringendsten Bedürfhisse befriedigt
worden. Die Anzahl der Schulgärten wurde um- einen vermehrt.
Wegen Ausbmchs epidemischer Krankheiten mulsten die sechsten
^ Vergl. diese Zeüschnft, 1893, No. 10, S. 543. D. Red.
283
Klassen der Schulen III nnd Y auf je 8 Tage geschlossen werden.
Am yerbreitetsten waren die Masern. Im ganzen erkrankten an
Masern, Scharlach nnd Diphtheritis in den Knabenschulen gegen
400, in den M&dchenschulen gegen 550 Kinder. Gestorben sind
im Berichtsjahre 28 Knaben und 19 Mädchen.
Darehschnittszahl der Schüler pro Klasse in den ver-
sehiedenen dentschen Staaten. Die „Pädag. Zig.*' veröffentlicht
folgende auch den Schnlhygieniker interessierende Tabelle, welche für
jeden deutschen Staat die Schülerzahl, die Zahl der auf eine Schule
entMenden Einwohner und die durchschnittliche Zahl der Schiller
in jeder Klasse angibt.
Zahl
Dnroh-
BchnittSKahl
Einwohner
der Sch&ler
Soh&lersaU
pro Schule
proKlMBe
Preulsen
4916476
862
69
Bayern
827 279
776
62
Sachsen
976644
1601
73
Württemberg
314690
910
73
Baden
272690
1049
76
Hessen
163035
977
64
Mecklenburg-Schwerin
84834
486
41
Sachsen- Weimar
53540
701
61
Mecklenburg-Strelitz
15309
419
43
Oldenburg
60407
697
63
Braunschweig
68 999
984
60
Sachsen-Meiningen
39592
713
67
Sachsen-Altenburg
29625
885
66
Sachsen-Koburg-Gotha
33503
816
58
Anhalt
45222
1030
65
Schwarzburg-Sondershausen
12963
803
63
Schwarzburg-Rudolstadt
14567
655
60
Waldeck
10440
473
71
Reuls, filtere Linie
10988
1364
78
Reuls, jüngere Linie
19503
1051
67
Schaamburg-Lippe
6 758
932
95
Lippe-Detmold
22535
856
86
Lübeck
8956
1738
45
Bremen
75718
3122
47
Hamburg
66658
6300
41
Elsafs-Lothringen
223 845
577
46
Deutsches Reich
7 925688
874
66.
Danach ist die durchschnittliche Schülerzahl der
Klassen am
geringsten in Mecklenburg-Schwerin und Hamburg, wo auf jede Klasse
284
nur 41 Schüler kommen; das hamborgische Gresetz bestimmt, da&
die Volksschulklassen nicht mehr als 60 Kinder enthalten dfirfen.
Die Augen Yon Mflnchener Schulkindern sind durch Dr.
Seogel untersucht worden. Nach der „Münch. med. Wochenschir^
fand er in sechs Volksschulen Münchens normale Sehscharfe bei
60,7% der Knaben und bei 54,3% der Mädchen. Was die
Refraktion anbetrifft, so wurden ermittelt: Emmetropen 64,0 Vo*
Hypermetropen 22,4Vo, Myopen 3,6%, Astigmatiker 7,87o ond
Kinder mit sonstigen Anomalien der Augen 2,1%. In den Mittel-
schulen betrug der Prozentsatz der Kurzsichtigen:
in der I. Klasse, 5. Schuljahr, 16,5%
ml
IV 8
Vi rt "• » *'•
VI 10
„ „ V 11, „ j 1 .
„ „ VIII. „ 12.
Die Mädchengymnasien und
Schülerinnen. Unser geschätzter Mitarbeiter, Herr Direktor der
höheren Töchterschule Dr. 0. Sommeb in Braunschweig, hat soeben
eine interessante Broschüre „Zur ¥ra\Mnheweg%mg in Deutschland^
veröffentlicht, in der er unter anderem folgendes über die Mädcheu-
gymnasien schreibt: Selbstverständlich werden sich diese neuen
Unternehmungen vorläufig auf das glänzenste entwickeln; die all-
jährlich erscheinenden Berichte über die Erfolge der Gymnasiastinnen
werden nur Günstiges zu melden haben. Warum auch nicht? Was
jedes Jahr von Tausenden von Knaben bei oft recht mä&iger Be-
gabung und Ausdauer geleistet wird, das sollte nicht einigen be-
sonders talentvollen und von brennendem Ehrgeiz beseelten Mädchen,
gleichsam dem Elitecorps ihres Geschlechtes^, gelingen? Die Lehrer
werden auf das freudigste überrascht sein durch die ihnen als
Kabenlehrern ungewohnte Frische, Lebhaftigkeit und Lembegierde
ihrer Schülerinnen, sowie durch die überraschende Schnelligkeit
ihrer Fortschritte. Wir fürchten aber, dafs, wenn erst der zu be-
wältigende Lehrstoff stärker anwächst, mit den grofsen Schwierig-
keiten auch die Schattenseiten der weiblichen Beanlagung zu Tage
»
24,5 „
19
29,0,
n
35,2 „
n
40,6 „
M
46,4 „
n
52,1,
«
54,0 „
die
Gesundheit ihrer
^ Nach den uns vorliegenden Nachrichten soll das Karlsruher Gym-
nasium freilich nichts weniger als auserlesene Köpfe zu seinen Schal6^
innen zählen, da man anbegreiflicherweise nicht einmal eine Aafnalune-
Prüfung verlangt hat. Dm so gröiser wird die Zahl derer werden, die
im Laufe der Jahre abfallen.
285
treten werden : der Mangel an Tiefe, die YergeMchkeit, die Vor-
liebe für mechanisches, gedankenloses Aufnehmen des Stoffes. Und
die Schfllerinnen andererseits? Bei dem starken Reize, den das
Nene stets ausübt auf das weibliche Geschlecht, werden sie mit
wahrem Feuereifer sich dem Lateinischen, ja auch der Mathematik
zuwenden und f&r Schule und Lehrer schwärmen ; auch der Ehrgeiz
wird das Übrige thun, um sie zu neuen Anstrengungen aufzustacheln.
Aber wie es mit ihrer Gesundheit, insbesondere mit ihren
Nerven aussieht, darüber wird Sicheres wohl nicht so bald in die
Öffentlichkeit dringen. Jeder Lehrer einer Mädchenschule weifs aus
Erfahrung, dafs er an seine Zöglinge auch nicht entfernt dieselben
Anforderungen stellen darf, wie der des Gymnasiums, und trotzdem
sieht er eine nicht geringe Zahl derselben mit nervösen Zuständen
behaftet, die wenigstens teilweise durch die Arbeit der Schule, wenn
auch nicht verursacht, so doch verstärkt sind. In Bezug auf die
gesundheitlichen Verhältnisse der Gymnasiastinnen in Zürich bemerkt
Direktor Sommer noch besonders: Über dieselben stehen uns leider
verbürgte Nachrichten nicht zur Verfügung, aber die Angaben über
den Bestand der einzelnen Klassen des Züricher Mädchengymnasiums
geben doch viel zu denken: dort waren von etwa 20 eingetretenen
Schülerinnen schließlich 4 — 5 übrig geblieben. An einer anderen
Stelle heifst es: Es wird endlich von den Freunden des Frauen-
gymnasiums noch geltend gemacht, dafs letzteres seine Zöglinge nur
eme geringere Zeit für sich in Anspruch nimmt, als die höhere
Mädchenschule, erstere 3 — 4 Stunden, letztere 5 Stunden täglich.
Aber wodurch hat man das bewerkstelligt? Einfach dadurch, dafs
man diejenigen Stunden, welche nicht unmittelbar zur Vorbereitung
auf das Abiturientenexamen erforderlich sind, strich, ohne daran zu
denken, dafs das Studium auf der Universität darunter leiden könnte.
Wenn Professor von Esmargh hörte, dafs die zukünftigen Medi-
zinerinnen auf den Gymnasien keine Gelegenheit erhielten, sich in
der Kunst des Zeichnens zu üben, was würde er hierzu sagen, er,
der es gerade als besonderen Übelstand bezeichnet hat, dafs seine
aus dem humanistischen Gymnasium hervorgegangenen Zuhörer sich
80 gar ungeschickt in der Wiedergabe der einfachsten körper-
lichen Gegenstände zeigen? Aufser dem Zeichnen fehlen noch Singen
und Handarbeiten, also gerade diejenigen Lehrgegenstände, die, ab-
gesehen von ihrem anderweitigen Nutzen, von den Ärzten als ein
unentbehrliches Gegengewicht gegen die zu starke Anspannung des
Gehirns bezeichnet werden, und deren Einreihung in den Stunden-
plan jedes Tages der Schule gerade zur Pflicht gemacht wird. Die
weibUchen Gymnasien haben daher scheinbar weniger, in der That
aber mindestens ebensoviele Denkstunden, wie die höhere Mädchen-
286
schule; dafs aber dort jede dieser Standen noch weit intenslTer
ausgenutzt werden mu(s, liegt auf der Hand.
Vierzig Schulwochen fBr Württemberg ein Mythis.
Unter dieser Überschrift veröffentlicht ein wflrttembergischer Gym-
nasiallehrer in dem y^JPäd. Wochbl.*^ einen Aufsatz, welcher für die
Frage der Überbürdung von Bedeutung ist. Gewöhnlich findet man
die Ansicht vertreten, dafs die Zahl der Schulwochen etwa auf 40
jährlich zu veranschlagen sei. Verfasser kommt aber durch Be-
rechnung an der Hand der Tagebücher seiner Schule zu anderen
Schlüssen. Von den 365 Tagen des Jahres sind zuerst die 52
Sonntage und sodann die Ferien mit 68 Tagen, 14 zu Weihnachten,
15 zu Ostern und 39 im Sommer, abzuziehen. Dazu kommen die
kirchlichen Feiertage innerhalb der Schulzeit, welche an dem kon-
fessionell gemischten Gymnasium des Autors 12 betragen. Der
Geburtstag des Kaisers, des Königs und der Königin, sowie der
Schulausfiugtag machen 4 weitere Tage. Die Störungen durch die
Schlufsprüfungen und jeden letzten Tag vor den 3 Vakanzen
nehmen noch 5 Tage fort, Anberaumung der Lehrerkonferenzen in
die Schulzeit 1 Tag. Durch den seit Einfahrung der mitteleoro-
päischen Zeit verspäteten Unterrichtsanfang, der nicht durch späteren
Unterrichtsschlufs ausgeglichen wird, gehen 62 halbe Stunden oder
6 Tage verloren. Endlich wird durch mancherlei aufserordentliche
und nicht vorher zu berechnende Umstände, wie z. B. Hitzeferien,
eine auf etwa 2 Schultage zu bemessende Unterbrechung des Unter-
richts bewirkt. Dabei ist der Unterrichtsausfall wegen Krankheit
oder familiärer Anlässe des Lehrers noch gar nicht berücksichtigt.
Es sind also von den 365 Tagen des Jahres 52 Sonntage, 68
Vakanztage und 30 sonstige schulfreie Tage in Abzug zu bringen.
Das ergibt nur 215 Unterrichtstage, in abgerundetem Bruche sieben
Zwölftel der gesamten Zeit des Jahres, oder wenig mehr als die
Hälfte. Diese Thatsache darf nicht auTser acht gelassen werdoa,
wenn man den höheren Schulen den Vorwurf der Überbürdung macht.
Lehrergesundheitspflege ist ein Aufsatz betitelt, den Dr.
A. Kühner in der „Gsdht^ veröffentlicht. Für Lehrer ist die
Gefahr der Berufserkrankungen eine erhebliche, wie die grofse Zahl
akuter und chronischer Leiden der Atmungsorgane bei denselben
beweist. Man hat vielfach die Erkältung als Ursache dieser Leiden
angeschuldigt, andere haben Überanstrengung der Stimme als wesentlich
hervorgehoben. Vergleichen wir aber den Gesundheitszustand sonstiger
Stände, welche denselben Schädlichkeiten ausgesetzt sind, z. B. den-
jenigen der Unteroffiziere, so ergibt sich, dafs sich den genannten
Einflüssen gegenüber gerade die Lehrer in grobem Nachteil befinden. Es
müssen also noch besondere Schädlichkeiten einwirken, um jene
287
Erkranknugen der Atmnngsorgane bei ihnen zu stände zn bringen.
Eine nähere Betrachtung lehrt uns, dals diese Schädlichkeiten in
zwei Faktoren zn finden sind, einmal in der erhöhten Temperatur
und zweitens in der Yenmreinigung des Schulzimmers durch Staub.
Anhaltendes Sprechen in einer solchen wannen, mit Staub erfüllten
Luft bewirkt eine reichlichere Füllung der Blutgefälse in den Schleim-
häuten der Luftwege, und diese wird um so stärker, je heifser die
eingeatmete Luft ist. Mancher Katarrh des Kehlkopfes oder der
Luftröhre wird auf diese Weise erzeugt und mancher durch eine
Erkältung entstandene unterhalten oder verschlimmert. Dazu kommt,
da(s, wenn auch nur ein Schtller an Tuberkulose leidet, yertrockneter
Auswurf mit Tuberkelbacillen vom Lehrer eingeatmet werden und
bei Veranlagung zur Tuberkulose weit eher als bei dem in dieser
Beziehung widerstandsfähigeren Schüler zur Schwindsucht Anlafs
geben kann. Was soll nun diesen Gefahren gegenüber geschehen?
Yor allem ist auf peinlichste Keinlichkeit der Klassen zu halten,
damit die Einatmung von Staub möglichst verhindert wird. Die
Kinder müssen femer angewiesen werden, nicht ins Taschentuch
oder auf den Boden, sondern in besondere, mit etwas Wasser gefüllte
GefiLise etwaigen Auswurf zu entleeren.^ Als weitere Yorbeugungs-
mittel empfehlen sich für die Lehrer geregelte gymnastische
Übungen, durch welche der Brustkasten, sowie sämtliche Muskeln der
Atmungsorgane gekräftigt und letztere gegen die genannten Schädlich-
keiten widerstandsfähiger gemacht werden.
Die WiederimpfuBg in der Schule wird von Paul Baymonb
in „Le Progr. nUd," besprochen. Derselbe hat schon früher darauf
hingewiesen, dals bei einer grofsen Zahl zum ersten Male geimpfter
Kinder der Schutz gegen die Blattern mit dem 9., 8. und selbst dem
7. Jahre erlischt, und daher gefordert, daDs die Wiederimpfung vor
dem 10. Jahre erfolge. Da Pockenfälle unter den Schulkindern
von Paris vorgekommen waren, so wurden Revacdnationen angeordnet,
imd Dr. Ratmond erhielt so Gelegenheit, auch Kinder unter
10 Jahren wiederzuimpfen. Die Zahl derselben betrug 152. Bei
diesen zeigte sich 36 mal ein Erfolg, und zwar nach Impfung mit
echter Lymphe 13 mal, nach Impfung mit modifizierter Lymphe
23 mal; bei 116 Kindern blieb die Wiederimpfung resultatlos.
Demnach wurden 24% der Schulkinder unter 10 Jahren erfolg-
reich wiedergeimpft. Auf die Geschlechter verteilten sich die Resul-
tate folgendermaßen:
* Vergl. diese Zeitschrift, 1891, No. 2, S. 134—135 und 1893, No. 1,
8.46-48. D. Red.
288
G«tehlecht
Knaben.
Mädchen
wieder
^Impfte
111
41
Mit echter
Lymphe
erfolgreich
Wieder-
geimpfte
9
4
Hit uiodl-
flzierter
Lymphe
erfolgreich
Wieder-
geimpfte
18
5
Erfolglot
Wieder-
geimpfte
der Eiftilge
84
82
24
22
Die Erfolge waren also bei Knaben and Mftdchen ziemlich die
gleichen. Was den Einflofä des Alters anf das Resultat der Wieder-
impfung betrifft, so gibt darflber die nachstehende Tabelle Aufschloüs:
Alter
9—10 Jahre
8-9 „
7-8 „
6V.-7 „
Wieder-
geimpfte
56
41
40
16
Mit echter
Lymphe
erfolgreich
Wieder-
geimpfte
2
5
6
0
Mit modi-
fizierter
Lymphe
erfolgreleh
Wieder-
geimpfte
12
5
4
2
Erfolglos
Wieder-
geimpfte
42
31
30
13
derBiiblfe
25
25
25
14
Die Wirkung der ersten Impfung machte sich demnach bei den
6 Vi — 7jährigen Kindern noch am meisten geltend, indem hier mir
14% erfolgreich revacciniert wurden; bei den 7 — lOj&hrigen liefe
sie dagegen mehr nach, da unter diesen schon bei 26% ein Erfdg
nach der Wiederimpfung eintrat; bei den 10 — 13jährigen schwankte
das Resultat zwischen 22 und 25%. Aufserdem zeigt die zuletzt
angefahrte Tabelle, dafs die Revaccination mit modifizierter Lymphe
um so erfolgreicher ist, ein je höheres Alter die Kinder besitzen.
Nahm Dr. Raymond zu seiner Statistik diejenige des Dr. Lalagabb
hinzu, so ergab sich, dafs bei 419 revaccinierten Kindern im Alter
von 7 — 10 Jahren 87 oder etwas mehr als 21% Erfolge eintraten.
Dafs bei Erwachsenen der Schutz gegen die Blattern länger als
10 Jahre anhält, ist begreiflich, da sie bereits zweimal geimpft
sind. Wenn derselbe dagegen bei Kindern vielfach nur 7 Jahie
dauert, so ist zu bedenken, dafs sie nur einmal geimpft sind
und dafs aufserdem bei ihnen die Veränderung der Gewebe viel
schneller vor sich geht, als bei Erwachsenen. Dr. Ratmond
289
befindet sich also mit Herrn Hebvieux in Übereinstimmung,
der auf Grand seiner reichen Erfahrong in der Pariser Akademie
der Medizin die folgenden Sätze aufstellte: Die Ton einer oder
mehreren Impfungen herrührende Immunität ist um so weniger dauer-
haft, je jünger das betreffende Individuum ist; sie hält nur 7 bis 8
Jahre an; nach 8 — 10 Jahren beginnt die Abnahme des Schutzes.
Wenn Dr. Ratmond bei seinen Wiederimpfungen nur 22 — 25%
Erfolge hatte, so darf man dagegen nicht die bei Erwachsenen
gewöhnlichen 80% Erfolge anführen, da dieselben bei älteren Per-
sonen immer gröfser als bei jüngeren sind. Trotzdem glaubt er,
dafs von seinen Nichterfolgen noch mancher vermieden worden wäre,
wenn er statt der Impfstiche ein Abkratzen der Haut vorgenommen
hätte. Dadurch wird die Besorptionsfläche für die Lymphe ver-
grölisert, und das Resultat steigt von 22 auf 55 %. Jedenfalls aber
hftlt er die in Deutschland übliche Praxis, die Kinder erst im
13. Lebensjahre wiederzuimpfen, für unrichtig; die Revaccination
sollte vielmehr mit dem 7. Lebensjahre, ja nach Trousseaü sogar
alle 5 Jahre vorgenonmien werden.
Ober die medizinisch - pädagogische Behandlung idio-
tiseher Kinder äufsert sich Dr. Boubneville zu Paris in ^Xa
mdd. mfant^ £r gibt zunächst eine Definition der Idiotie, sowie
eine Einteilung derselben nach dem klinischen und nach dem ana-
tomischen Princip und führt uns dann in sein eigentliches Thema,
die medizinisch-pädagogische Behandlung der idiotischen Kinder in
der Anstalt von Bicetre, ein, dem er noch historische Angaben über
die dort geübte Behandlungsmethode vorausschickt. Der Aufsatz ist
in Abschnitte gegliedert, deren Überschriften lauten: 1. Gehübungen,
2. Erziehung der Hand, 3. Erziehung des Tastsinns, 4. Erziehung
der Aufmerksamkeit, 5. Erziehung des Gesichtssinnes in Verbindung
mit dem Tastsinn, 6. Erziehung des Gehörs, Geruchs und Ge-
schmacks, 7. Behandlung der Schwierigkeiten bei der Ernährung,
8. Reinhaltung, Kleidung, 9. Erster Unterricht, 10. Heranbildung
za einem bestimmten Handwerk. Die Berichte, welche die
Lehrer in bestimmten Zeitabschnitten über die Leistungen ihrer Zög-
linge liefern, die Hefte der einzelnen Schüler, der finanzielle Erfolg
der Handwerksschulen, schliefslich die Zeugnisse, welche den Ent-
lassenen Yon ihren Herren ausgestellt sind, liefern objektive Anhalts-
punkte für die trefflichen Resultate. Sehr nachahmenswert sind
«ach die Einrichtungen behufs wissenschaftlicher Ausnutzung des
Materials in Bicetre. Messungen, Wägungen, Anfertigung von Schädel-
ahgflssen und Photographien — alles geschieht dort regelmäfsig und
wird systematisch verwertet. Auf Grund der so gewonnenen
Befände konnte Bourneville und seine Schule den schon fillher
8«hu]«i>BBdb«ltapll6ffe TU. 19
290
von uns angeführten Satz ^ aufstellen, dafs die Eraniektomie bei d^
meisten Fällen von Mikrocephalie der wissenschafdichen Begrflndnng
entbehre.
Ein sehnlinSiuiisehes Urteil fiber das Turnen ans dem
Jahre 1814. Professor Th. Heinsius, Lehrer am Granen Kloster
zn Berlin und Freund des gleichfaUs an diesem Gymnasium unter-
richtenden Fr. L. Jahn, gab, wie die y^Dtsch. Ttjum-Zig.^ berichtet,
einen Schulkalender für das Jahr 1815 heraus. Der sechste
Abschnitt dieses Kalenders handelt „Über die Beförderung deutscher
Volkstümlichkeit durch unsere Schulen.** Es heifst hier: „Es
dürfen in keiner Schule die Turnübungen fehlen. Mens sana in
corpore sano ist eine alte, aber Yergessene Wahrheit. Eine
lügenhafte Mönchsmoral raubte dem Körper seine Rechte und zer-
störte dadurch die Wurzelkeime des Lebens; denn wo keine Körper-
kraft ist, ist kein Mut, und wo kein Mut ist, ist keine Freiheit
Was dazu führt, sind die Leibesübungen, die, stufenweise und künstlich
geordnet, die Tumknnst bilden, zu deren Ausübung die Tumlehre
anweiset. Das Altertum hat in diesen Übungen ein Mittel zur
Volksbildung gefunden, und Plato und Aristoteles sind ihre Lob-
preiser gewesen. Ihr Nutzen ist jedem begreiflich; sie stärken und
machen gewandt, geben wackere und arbeitsame Männer für das
bürgerliche Leben und sind eine Vorschule der Wehrkunst. Gnmd
genug für den Neudeutschen, sie zu treiben. An Anweisungen dazu
fehlt es uns nicht. Gutst-muths und ViBTHs Werke sind bekannt,
und wem sie zu umständlich sind, der findet etwas Einfacheres im
Borkemann, der nur beschrieben hat, was alle Berliner in der
Hasenheide gesehen haben und noch sehen können. Bei gutem
Willen kann jede Stadtschule etwas dem Ähnliches begründen. In
diesen Turnübungen, wenn sie allgemein werden, ist dem deutschen
Volke das Mittel zum Siege gegeben.''
Radfahrertrainiermig im Zimmer. Wir haben in unserer
Zeitschrift^ die Einrichtung eines Zimmerbootes besprochen und
darauf hingewiesen, dafs in Anbetracht der vermehrten Atem-
bewegungen das Rudern in der Regel im Freien stattfinden sollte.
Mit Bezug hierauf teilt uns ein Freund unseres Blattes mit: Es
gibt auch eine Vorrichtung, welche es ermöglicht, im Zimmer sich
für das Radfahren zu trainieren. Auch hier kann, wie bei dem
Zimmerboote, der Widerstand beliebig vergröfsert und verringert
werden. Eine Glocke markiert jeden zurückgelegten Kilometer. Fflr
* S. diese Zeitschrift, 1894, No. 2, S. 94-95; vergl. dagegen
Jahrg. 1892, No. 5, 8. 226-227.
• Jahrg. 1889, No. 7, 8. 354.
291
die Praxis stellte sich aber der Nachteil heraas, dais Wettfahrer,
welche sich in dieser Weise geübt hatten, hinter den anderen znrttck-
blieben, weil sie infolge vernachlässigter Atemgymnastik nicht im
Stande waren, den Luftwiderstand zn überwinden.
Saprol als Mittel zur Wahrnehmung fäkaUscber Yemn-
reinignngen Ton Schnlbrnnnen. Die Anwesenheit geringer Mengen
Ton Flüssigkeiten aus Dnng- oder Abortgmben im Bnmnenwasser, so
schreibt Dr. Noebblingeb in der „Pharm, CentraJMU,'' , gibt sich
gewöhnlich weder dem Geschmack noch dem Geruch zu erkennen,
und man schöpft nicht selten erst Verdacht auf solche Yerunreini-
gnngen, wenn durch den Genufs des Wassers bereits Krankheiten
hervorgerufen sind. Da nun die chemische und bakteriologische
Untersuchung von Brunnenwasser ziemlich kostspielig ist und zudem
nicht von jedem ausgeführt werden kann, so dürfte ein Hinweis auf
das Saprol als Mittel, fäkalische Verunreinigungen von Brunnen zu
erkennen, von Interesse sein. Der charakteristische leuchtgas- oder
naphthalinartige Geschmack des Saproiwassers ist nämlich noch in
einer Verdünnung von 1 : 1 000 000 so durchdringend, dafs er un-
bedingt wahrgenommen werden muls. Wird daher Saprol in die Dung-
oder Abortgrube gegossen, so steigt es auf dem allmählich hinzutretenden
Gmbeninhalt in die Höhe, bespült also Boden und Wände der Grube
nnd gelangt durch etwaige undichte Stellen in den Untergrund, sowie
weiterhin in nahegelegene Brunnen. Im Brunnenwasser wird es aber bald
dnrch den Geschmack wahrgenommen und verrät so leicht die hygienisch
an(serordentlich wichtige Thatsache, dafs der Brunnen durch Gruben-
inhalt verunreinigt ist. Die nächste Forderung ist dann natürlich
die sofortige Entleerung und ordnungsmäßige Cementierung der Grube,
damit dieselbe gegen die Umgebung vollständigen Abschlufs erhält.
Gegen aufsteigende Bodenfeuchtigkeit in Sehnlmanem.
um nachträglich ältere Bauwerke gegen Bodenfeuchtigkeit zu isolieren,
durchsagt nach der „Dtsch, Bawstg.*^ die Siebe Ische Bauartikel-
üabrik in Düsseldorf absatzweise meterlange Stücke der betreffenden
Hauer mit einer Baumsäge. In den Sägeschnitt werden Bleiisolier-
platten eingeführt und die übrigbleibenden Zwischenräume mit dünn-
flflssigem, rasch bindendem Cement ausgefüllt. Die darüber befindlichen
Wände trocknen dann in wenigen Monaten vollkommen aus, da keine
Feuchtigkeit von unten mehr nachsteigen kann.
19*
292
9a0es0ef(^t(^tH(^es.
VIII. internationaler Eongrefs fAr Hygiene nnd Demo-
graphie in Budapest. Die Vorarbeiten des vom 1. bis 9. Sep-
tember d. J. in Budapest tagenden hygienischen Kongresses schreiten
rüstig vorwärts. Bereits sind 362 hygienische und 78 demographische
Vortrage allein Yon Ausländem angemeldet worden. Die Zahl der
Sektionen wurde um eine vermehrt; unter dem Titel „Allgemeioes
Samariterwesen'' hat sich nämlich als XX. Sektion der Samariter-
kongrefi angeschlossen. Auch die deutschen Eisenbahnärzte und der
Verein für Leichenverbrennung werden ihre heurige Versammlmig
mit dem Kongresse in Budapest verbinden. Derselbe wird durch
Se. Hoheit den Erzherzog Karl Ludwig persönlich erOffiiet werden.
Der Begrttisungsabend findet im Garten und Gebäude des Museums,
dem klassischen Platze der Residenz, statt An einem Kongreistage
wird die Stadt in sämtlichen Sälen der hauptstädtischen Bedonte
einen Empfangsabend im grofsen Stil veranstalten. Der 6. September
ist für kleinere Ausflüge reserviert; hierher gehören einerseits die
systematischen Besichtigungen der öffentlichen Institute, andererseits
Ausflüge nach Balatonfüred-Siofok, auf Einladung des Grafen Nikolaus
EszterhIzy nach Tatis, femer nach dem Schwabenberg, nach der
Margareteninsel u. s. w. Der Plan der nach dem KongreCs zu ver-
anstaltenden gröiseren Touren ist erweitert worden, indem aoCser
der Heise nach Konstantinopel und Belgrad Ausflüge nach Schmecks,
nach Agram-Fiume und nach Bosnien und der Herzegowina ins Pro-
gramm Au&ahme gefunden haben.
Zur Anstellung von Schnlärzten. In der Berliner medizinischen
Gesellschaft liegt nach der ^Btsch, med, Wochschr,^ ein Antrag
des Hygienikers Dr. Th. Wbyl vor, dahin gehend, dals die Ge-
sellschaft eine Kommission wählen möge, welche die Schularztfrage
einer eingehenden Bearbeitung unterziehen soll.
Über Bfickgratsverkrfimmnngen von Schnlkindern hat
unser geschätzter Mitarbeiter, Herr Ho&at Dr. W. Kbüg in Dresden,
vor einiger Zeit Untersuchungen angestellt und seine Resultate in
dem „Jahrb. f. KindMkde.^ veröffentlicht. Derselbe prüfte, unter-
stützt von einigen Kollegen, 1418 Kinder zumeist aus verschiedenen
Dresdener Bezirksschulen im Alter von 8 bis 16^/a JfihTen, Dabei
fanden sich 357 seitliche Abweichungen der Wirbelsäule. Diese Zahl
ist zunächst zu kürzen um 13 aus der früheren Kindheit stammende
293
hochgradige rhachitische Skoliosen, 4 bei den Knaben und 9 bei den
Mftdcben, eine Ziffer, welche annähernd 1% der Beobachteten betr>.
Nach Abzog dieser 13 Fälle bleiben 344 Wirbelsänlenverkrümmangen
= 24%, nnd zwar 181 bei den Knaben = 26% und 163 bei den
Mädchen == 22,5 Vo* Auf die verschiedenen Altersklassen verteilten
sich die Skoliosen folgendennaisen:
Alter
io Jiduren
Zahl
der
Knaben
Dar-
natar
SkoUo-
tlecbe
7ö
Zahl
der
MBd-
chen
Dar-
onter
Skolio-
tlaehe
7o
Summe
der Kna-
ben und
M&d-
ehen
llir
Vo
8-9V*
10-10V4
ll-ll»/*
12 12V4
13-13V4
14-16V4
86
102
102
214
120
71
10
17
29
59
43
23
11,6
16,5
28,0
27,5
35,0
32,5
104
80
133
217
148
41
18
14
28
44
46
13
17,0
17,5
21,0
20,5
31,0
31,5
190
182
235
431
268
112
28
31
57
103
89
36
14,5
17,0
24,0
24,0
33,0
32,0
Zu-
ssminen
6d5
181
26,0
723
163
22,5
1418
844
24,0.
Betrachtet man die einzelnen Altersstufen, so ergibt sich eine
Steigerung der Frequenz der Skoliose bei den Knaben von 11,5 auf
35%, bei den Mädchen von 17 auf 31,5%. Die Steigerung ist aber
nicht ganz regelmäfsig, sondern zeigt bei beiden Geschlechtem vom
12. bis zum 13. Jahre einen StiUstand. Betont werden mufs, dafs
im Gegensatz zu den früheren Anschauungen die Knaben mehr belastet
erscheinen, als die Mädchen, und zwar im Verhältnis von 26% zu
22,5%. Am meisten prägt sich dies im 12. und 13. Jahre aus.
Die Art der Verkrümmungen geht aus der nachstehenden Tabelle hervor :
Knaben
Hld-
ehen
Knaben
ond
Madehen
Ituammen
Nach rechts irerichtete Skoliosen
27
136
15
2
1
45
95
19
3
1
72
Nach links irerichtete Skoliosen
231
Doppelakoliosen rechts oben und links unten . .
Boppelikoliosen links oben und rechts nnten . .
Dreifache Skoliosen
34
5
2
Zusammen
181
163
Otrxm
294
Am meisten ftllt hierbei die grobe Zahl der nach links gerichteten
Abweichungen in die Aogen, nnd zwar bei den Knaben in weit
höherem Grade, als bei den Mädchen. Es wurde anch auf die Torsion
der Wirbelsäule geachtet, welche sich durch Ausbiegung der Rippen
und Vor- oder Hochstehen des Schulterblattes der gleichnamigen Seite
kundgibt. Eine solche gelangte 40 mal zur Beobachtung, 21 mal
bei den Knaben und 19 mal bei den Mädchen. Vorwiegend zeigte
sie sich bei rechtsseitiger Skoliose des Brustteiles, nämlich 26 mal,
und nur 12 mal bei linksseitiger, 2 mal ohne nähere Angabe. Hoch-
stand einer HtLfte kam 51 mal vor, 7 mal ohne gleichzeitige Skoliose
und 2 mal auf der falschen Seite, nämlich links bei linksseitiger
Skoliose, wahrscheinlich infolge Ton ungleicher Länge der Beine.
Nebenbei wurde beobachtet teils bei normalen, teils bei skoliotischen
Kindern 40 mal kyphotische Haltung des oberen Brustteiles mit starker
Konvexität nach hinten und ab und zu eine Ausbiegung nach vom, femer
30 mal sehr flache Brust, alles dies ziemlich gleichmä&ig bei beiden
Geschlechtem. Die häufigsten Yerbiegungen betrafen den Bmsttefl
der Wirbelsäule, eine kleinere Zahl den Lendenteil, die wenigsten
den Halsteil nebst obersten Bmstwirbeln. Da man nicht selten die
Ansicht hört, dafs blutarme oder dürftig ernährte Kinder wegen
Schwäche der RtLckenmuskulatur am leichtesten diesen Yerbiegringen
verfallen, und ebenso der Meinung begegnet, dafs Rhachitis hierzu
besonders prädisponiere, so wurde bei sämtlichen Kindern auch auf
EmährungsstOrangen und Spuren von Rhachitis gefahndet. Es stellte
sich heraus, dals 183 Fälle von Skoliose kräftige Kinder mit ge-
sunder Farbe betrafen und nur 153 auf anämische entfielen. Anderer-
seits traten 283 Skoliosen ohne gleichzeitige Rhachitis auf und nur
61 zusanmien mit derselben. Schenk in Bem hat durch exakte
Messungen gefunden, dais von 200 Knaben 160 mit linksskoliotischer
Stellung der Wirbeläule schrieben, 34 mit rechtsskoliotischer und
6 mit unbestimmter Haltung. Dies Verhältnis bei vorübergehend
angenommenen SchreibsteUungen ist genau dasselbe, wie bei Kküos
fixierten Yerbiegungen, welcher 136 linksseitige und 27 rechtsseitige
Skoliosen bei den Knaben konstatierte. Um der Sache weiter auf
den Grund zu gehen, liefs derselbe neui\|ährige Knaben mit ent-
blößtem Rumpf 20 Minuten lang schreiben und notierte bei jedem
die Stellung. Ton 48 schrieben 9 mit linksskoliotischer, 3 mit
rechtsskoliotischer Haltung, 2 mit unbestinmibarer schiefer Stellung, 32
mit geradem Rückgrat; 2 zählten wegen fixierter Skoliose nicht mit.
Von den 9 linksgebogenen Schreibenden hatten 7 den linken Arm
weit vom auf dem Tisch liegen. Aus der zweiten Tabelle ist er-
sichtlich, dals das Verhältnis der rechtsseitigen Skoliosen zu den
linksseitigen bei den Mädchen 45 : 95 oder 1 : 2, bei den Knaben
295
27 : 136 oder 1 : 5 beträgt. Dieser Unterschied hängt wahrscheinlich
damit zusammen, dals viele Mädchen kleinere Geschwister auf dem
linken Arm tragen. Hierdurch wird der Schwerpunkt des Körpers
verschoben und die Wirbelsäule nach rechts ausgebogen, somit der
Yerbiegung nach links entgegengearbeitet. In dem gleichen Sinne
wirken schwere Büchertaschen, welche die Mädchen mit der linken
Hand tragen. Unter den Kindern befanden sich 210 im Alter von
11 bis 12 Jahren, bei welchen eine 1^/2 bis 2 Jahre vorher an-
gestellte Untersuchung keine Yerbiegung ergeben hatte. Jetzt waren
unter denselben 43 Skoliosen eingetreten. Danach kann es keinem
Zweifel unterliegen, da(s bei etwa einem Drittel aller Kinder die bei
den schriftlichen Arbeiten in Schule und Haus beliebte schiefe Haltung
der Wirbelsäule sich fixiert und am Ende der Schulzeit mit in das Leben
hinflbergenommen wird. Was kommt nun diesen Veränderungen des
Skelettes für eine praktische Bedeutung zu? Zunächst muTs ja zu-
gegeben werden, dafs man den meisten schiefen Knaben und Mädchen,
wenn sie bekleidet sind, nichts ansieht, dafs auch die Eltern sehr
dt, nichts von der Verkrümmung wissen. Es sind aber auch viele
darunter, etwa Ve bis Vt» welche schon eine so erhebliche Deformität
besitzen, daCs sie dem Beschauer auffallen. Solche Kinder werden
von wohlhabenden Eltern in die orthopädischen Institute geschickt.
Für Volksschüler ist dies nicht möglich. Hier kann nur vorbeugend
gewirkt werden. Bei der Prophylaxe aber mufs man immer wieder
auf die alten Forderungen zurückkommen: strenge Beaufsichtigung
der Haltung durch die Lehrer, sei die Schreibmethode welche sie
wolle, guter Bücherdruck, hinreichendes Licht, richtige Heftlage,
nonnale Subsellien, möglichste Anpassung derselben an die Gröfse
der Schüler und Aufstellung von 2, am besten 3 Banknummem in
jeder Klasse. Es ist femer zu verbieten, in nebenliegende Bücher hinein-
zusehen oder aus solchen abzuschreiben, dieselben müssen sich viel-
mehr vor dem Schüler befinden. Der Schreibunterricht sollte in den
untersten Klassen abgekürzt und abwechselnd mit anderen Thätigkeiten
betrieben werden. Sehr empfehlenswert ist, was viele Lehrpersoneu
schon jetzt thun, nach einiger Zeit des Schreibens die Kinder auf-
stehen und mehrere Male Armheben oder dergleichen ausführen zu
&88en. Der Lehrer müfste aufserdem dem Schularzte Schüler mit anf-
allend schlechter Körperhaltung zur Untersuchung zuweisen. Auf
diese Art könnte durch einfache Batschläge Nutzen geschafft oder
weitere Hilfe angebahnt werden ; bisweilen ist hier ein Wechsel des
Platzes rätlich, oder man schreibt eine bestimmte Armhaltung vor,
man empfiehlt einen schiefen Sitz, einen höheren Absatz, verbietet
das Tragen einer Handtasche, dispensiert von einigen Stunden n. s. w.
Grolsen Einflub hat auch das Schulturnen ; durch dasselbe wird der in un-
296
natürliche Stellongen gebannt gewesene Körper wieder gerade gerichtet
und die Rumpfmusknlatar gekräftigt. Endlich soUte an die Stelle
der Schrägschrift die Steilschrift treten. Sie wirkt nicht nur der
skoliotischen Schreibhaltong entgegen, sondern anch der kyphotischen
Yerbiegang und der übergrofsen Annähemng der Augen an das
Heft, was gerade ftlr die unteren Klassen, wo die ersten unmerk-
lichen Anfänge der Skoliose sich bilden, von Wichtigkeit ist.
Zur Yerbfitnng der Weiterverbreitnng der Diphtherie
durch Schulen. In jüngster Zeit sind in Prag mehrere Erkrankungen
von Schülern und Schülerinnen an Diphtherie mit tödlichem Aus-
gange vorgekommen. Auf Anordnung der Behörden wurden die
betreffenden Schulklassen geschlossen und eine gründliche Desinfektion
derselben vorgenommen. So zweckmäfsig auch derartige Mafsnahmen
sind, schreibt das „Prag, Taghl,**, so wenig reichen dieselben aus,
um die Schu^ugend zu schützen, da die Krankheit häufig längere
Zeit in latentem Zustande an den Schleimhäuten der Mandeln und
des Rachens haftet, ohne durch Schmerzempfindung oder anderweitige
Symptome die Aufmerksamkeit der Kinder, bezw. der Eltern zu
erregen und letztere zu energischem Eingreifen anzutreiben. Und
doch kann durch frühzeitige palliative Vorkehrungen und durch zweck-
mäfsiges ärztliches Wirken in vielen Fällen die Diphtherie verhütet
oder ein günstiger Verlauf derselben angebahnt werden. Dies ist
aber nur dann erreichbar, wenn zur Zeit einer herrschenden oder
drohenden Epidemie die Schulkinder fleifsig, d. i. täglich untergncht
und etwanige UnregelmäTsigkeiten und Beläge an den Schleimhäuten
des Halses und des Rachens sofort erkannt werden. Denn in diesem
Falle können verdächtige oder erkrankte Kinder vom Schulbesuche
ausgeschlossen und erst nach erfolgter Genesung zu demselben wieder
zugelassen werden. Zur Vornahme derartiger Untersuchungen müfsten
jedoch eigene Schulärzte angestellt werden, welche sich der ihnen
übertragenen Aufgabe mit Muüse hingeben könnten. Diese würden
nicht nur zur Verhütung und Bekämpfang von Epidemien unter der
Schu^ugend viel Erspriefsliches leisten, sondern auch sonst in der
Schule ein Feld vielseitiger segensreicher Wirksamkeit finden.
Die SchwerhSrigkeit im schulpflichtigen Alter, so betitelt
sich ein Aufsatz, den Kreisphysikus Dr. RiOHTBR zu Grefe -Warten*
borg in der „Dtsch, med, Wochschr."' veröffentlicht. Im Jahre 1885
sind auf Anregung des preuTsischen Kultusministeriums Erhebungen
über die Schwerhörigkeit unter den Schülern der höheren Schulen an-
gestellt worden. Die so gefundenen Zahlen rühren von Untersuchungen
her, welche Lehrer ohne ärztliche Mitwirkung ausgeführt haben. Sie
weichen erheblich von den Angaben fast sämtlicher Ohrenärzte ab,
deren Feststellungen vor dieser Zeit gemacht worden sind. Während
297
nämlich die Zahl der schwerhörigen Kinder nach den Ohrenärzten
sieh auf 10 bis 30% belauft, betrag dieselbe nach den Ermittelungen
der Lehrer nur 2,18%. Verfasser hat nun die Versuche wieder
aufgenommen und bei 700 Kindern der Grofs-Wartenberger Volks-
schulen, welche in je eine Land- und Stadtschule zerfallen, Hör-
versuche angestellt. Dieselben lieferten folgende Ergebnisse: 1. Für
die Zwecke des Schulunterrichts genügt eine Perzeptionsgrenze fQr
Flfistersprache bis zu 8 m abwärts, falls dieselbe entweder auf beiden
Ohren vorhanden ist oder fOr den Fall einer niedrigeren Grenze bei
einem Ohr durch eine entsprechend höhere des anderen ausgeglichen
wird. 2. Von den Schulkindern sind 3,3% infolge von Schwer-
hörigkeit au&er stände, dem Unterrichte zu folgen; diese Zahl ist
bei weitem nicht so grofs, vTie sie von Spedalisten angegeben wird.
3. Die Schwerhörigkeit der Schulkinder beeinträchtigt im allgemeinen
stark die geistigen Fortschritte derselben. 4. In der Hälfte aller
Fälle ist die eigene Schwerhörigkeit den betroffenen Schulkindern
imbekannt, in zwei Drittel der Fälle den Lehrern derselben. 5. Die
Schule ist nicht für die Häufigkeit des Vorkommens von Ohren-
erkrankungen im schulpflichtigen Alter verantwortlich zu machen.
Ätiologisch sind vielmehr zu nennen : ünreinlichkeit, Erkältungen und
Infektionskrankheiten. 6. Nur eine verschwindend kleine Anzahl
aller schwerhörigen Schulkinder kommt jemals ihres Ohrenleidens
wegen in ärztlicbe Behandlung. Man vrird daher gut thun, solange
die Anstellung von Schulärzten für uns noch ein frommer Wunsch
bleibt und die Ausbildung der Lehrer in der Schulhygiene nicht
genflgend ist, bei jeder sich bietenden Gelegenheit die letzteren auf
die oben erwähnten Umstände aufimerksam zu machen. Verdächtige
Kinder, die wenig Fortschritte zeigen und unaufmerksam erscheinen,
sollten ärztlich untersucht werden. Falls sich ergibt, dafs ihre Hör-
igkeit verringert ist, mufs Rücksicht auf sie genommen und ihnen
ein Platz in den vordersten Bankreihen eingeräumt werden.
Sehnlhygienisehe Vorträge in Moskau. Die Moskauer
hygienische Gesellschaft, deren Präsident unser verehrter Mitarbeiter,
Her Professor Dr. Erismann, ist, hat, wie die „S<. Petersh, med,
Wockschr.*^ dem Jahresberichte derselben entnimmt, im verflossenen
Jahre 10 öffentliche und 3 geschTossene Sitzungen abgehalten. Mehr
als die Hälfte der in den öffentlichen Sitzungen gehaltenen Vor-
frage bezog sich auf Fragen aus dem Gebiete der Schulhygiene.
Die Zahl der Mitglieder beträgt gegenwärtig 126.
Ein Gutachten fiber die Steilschrift und deren Ein-
führung in die Yolksschnlen ist durch das preufsische Kultus-
ministerium von dem Königlichen Provinzialschulkollegium zu
Hannover eingefordert und von dem Seminarlehrer H. W. Oppbr-
298
MANN in Alfeld a. d. Leine erstattet worden. Derselbe hat 10
Thesen aufgestellt, deren 4 letzte folgendermafsen lauten: 7. Die
gerade Mittenlage begünstigt am meisten die aufrechte und gerade
Schreibhaltung und verdient deswegen den Vorzug Yor den tlbrigen
HefÜagen. 8. Bei gerader Mittenlage des Heftes und gleichmälsiger
Armhaltung bekommen die Grundzüge der Schrift von selbst eine
annähernd oder ganz senkrechte Richtung, es entsteht also Steil-
schrift. Die Hauptsache in der ganzen Steilschriftbewegung ist dem-
nach die Verbesserung der Haltung, nicht die Steiliichtung der
Schrift; um diese handelt es sich nur insofern, als sie ein Ei^bnis
der geraden Mittenlage des Heftes ist. 9. Die Steilschrift ist kein
Universalmittel gegen jede schlechte Körperhaltung, aber sie bietet
in ihrer Ausführung eine viel gröfsere Gewähr für eine natnr-
gemäOse Haltung, als die Schrägschrift. Unter den sonstigen Vor-
zügen der Steilschrift ist besonders noch hervorzuheben, da(s sie
einfach darzustellen und leicht lesbar ist. Der Vorwurf, dals die
Steilschrift nicht so schnell zu schreiben und nicht so schön sei, wie
die Schrägschrift, ist nicht gerechtfertigt. 10. Die Einführung der
Steilschrift bedeutet keine wesentliche Neuerung und Umgestaltong
unseres Schriftwesens, sie erfordert auch keinen neuen Duktus,
sondern läfst sich im Anschluls an unsere bisherigen Schnftformeo
sehr einfach vollziehen.
Unterricht englischer Schülerinnen in der Kranken-
pflege. Die Schulbehörde von Maryhill bei Glasgow hat nach
„The Brit Med, Joum."^ eine Einrichtung getroffen, welche von
groDser Bedeutung zu werden verspricht. Auf Veranlassung Dr. Muns
in PossUpark wurde nämlich der Unterricht in der Krankenpfl^ ii
den Lehrplan der Töchterschulen eingefügt. Alle Mädchen von der
fünften und sechsten Klasse an aufwärts haben einen Kursus hierin
durchzumachen, welcher obligatorisch und kostenfrei ist. Der Unter-
richt gestaltet sich vorherrschend praktisch und besteht in Demon-
strationen, sowie in Vorführung von Modellen und Diagrammen.
Auf diese Weise sollen die Schülerinnen mit der Ernährung der
Kranken, mit der Verabreichung von Medizin an dieselben, mit ihrer
Umbettung, mit der Anlegung von Verbänden und Umschlägen, mit
der Temperaturmessung und mit den Grundzügen der Physiologie und
Hygiene bekannt gemacht werden. Die gewöhnlichen Hansarbeiten
dagegen sind ausgeschlossen. Vielleicht wird man einwenden, dafs die
Mädchen der fünften und sechsten Klasse noch zu jung sind, um
aus diesem Unterricht Nutzen zu ziehen. Allein dieselben stehen
gerade in dem Alter, wo erworbene Kenntnisse fest zu haften
pflegen, und auüserdem vollführen viel jüngere Kinder die erwähnten
Verrichtungen in den Familien der unteren Volksklassen. Auch lä&t
299
sich der Unterricht dorchans interessant und erziehlich gestalten.
Als Lehrerinnen sind in Maryhill zwei Ärztinnen, Miss M'Laben
imd Miss Page, angestellt, und wenn sich die Sache unter ihrer
Leitung bewährt, so wird dieselbe in anderen Städten ohne Zweifel
Nachahmung finden. — Ähnlicher Unterricht wird übrigens, wie wir
erfahren, in einer höheren Privattöchterschule Dresdens, und zwar mit
bestem Erfolge erteilt. Die mit Demonstrationen verbundenen Vor-
träge hält ein Arzt, und es nehmen nicht nur die älteren Schüle-
rinnen, sondern auch yiele von den Müttern daran teil.
firfindung eines Hygienemnsenms in Manchen. Dem
Projekte des polytechnischen Vereins zu München, in der bayrischen
Hauptstadt ein Hygienemuseum zu gründen, ist, wie die „Hyg.
Bundsch.^ berichtet, von selten der Staatsbehörden das wärmste
Interesse entgegengebracht worden. Das Zustandekommen erscheint
dadurch gesichert, dais der Münchener Magistrat eine Anzahl geeig-
neter Räumlichkeiten in den Gebäuden der Eohleninsel unent-
geltlich in Aussicht gestellt hat. Da die bisher bestehenden
Hygienemuseen an dem Übelstande kranken, dafs kein steter
Wechsel der Apparate und Einrichtungen stattfindet, so dafs sich
viel altes, durch neue Erfindungen wertlos gewordenes Material an-
sammelt, so soll das Münchener Hygienemuseum aus einer periodisch
wechsehiden und einer permanenten Ausstellung bestehen. In der
ersteren gedenkt man inmier nur die neuesten und besten Erfindungen
dem Publikum und den Fachmännern vorzuführen, während solche
Einrichtungen, welche als vollendet und ihrem Zweck vollkommen
entsprechend voraussichtlich lange Zeit in Gebrauch bleiben werden,
dauernde Aufstellung finden. Li der periodisch wechselnden
Ausstellung wird unter anderem auch die Schulgesundheitspflege
Berücksichtigung finden, namentlich die Hygiene des Unterrichts in
Schule und Haus, Pläne und ModeUe, welche den Schulhausbau be-
^ffen, Einrichtungsgegenstände für Unterrichtsanstalten, Lehrmittel,
Geräte zur Übung des Körpers u. s. w. Auch aus der Abteilung
für Wohnungshygiene dürfte manches in dem geplanten Museum
den Schulhygieniker interessieren, so die neuen Materialien und
Methoden des Häuserbaues, die Verhütung der Mauerfeuchtigkeit,
des Haussdiwammes, der Verunreinigung und Infektion der Z?dschen-
decken, die modernen Dachdeckungsmethoden, die Heizungs-, Venti-
lations- und Beleuchtungsapparate, die Hausdrainage umd die Klosett-
einrichtungen.
Ägyptische Angenentzfindnng in rassischen Volksschnlen.
In 13 Volksschulen des) Wjatkaschen Gouvernements wurden von
J. P. DKDJtrBnr, wie er in „Westnik ofkUm."^ berichtet, 1174
Knaben und Mädchen an den Augen untersucht. Die Bevölkerung
300
ist russisch and wotjakisch. Es fanden sich 13,5 % Trachom-
kranke. Bei den Knaben entfielen 7 % Kranke auf die Rossen
und 27,5 % auf die Woljaken. Von den Mädchen, nnr RnssiDnen,
litten 15,5 7o an Trachom. Armut, aulserordentliche Unsauberkeit
und ungenügende Wohnräume befördern dort die Ansbrdtnng des
Leidens.
Kurse fftr stotternde Schulkinder in England finden nacb
„The Brit. Med. Joum.*' bisher nur statt, wenn die Eltern ein
nicht ganz geringes Honorar an den Stottererlehrer zahlen. Unent-
geltliche Veranstaltungen dieser Art sind, wie eingezogene Erkun-
digungen lehrten, weder in London noch in Liverpool, Manchester
oder anderen englischen Grofsstädten vorhanden. Das genannte
Blatt legt daher der Londoner Schulbehörde ans Herz, stotternden
Volksschülern kostenlosen Unterricht zur Heilung ihres Gebrecbras
erteilen zu lassen. Es hofft für seinen Vorschlag um so mehr anf
Gehör, als die genannte Behörde mit so grofsem Erfolge Schalen
fttr Schwachbegabte Kinder eingerichtet hat. Zugleich wird betont,
dafs, bevor die heilpädagogische Behandlung beginnt, stotternde
Kinder ärztlich untersucht werden müssen. Dabei ist auf adenoide
Vegetationen im Nasenrachenraum, vergröCserte Mandeln, Eingeweide-
würmer, ferner auf Epilepsie, Hysterie und Veitstanz zu achten und
eventuell eine Behandlung des gefundenen Leidens vorzunehmen.
Das Kinderbewahrwesen in Ungarn. Man schreibt uns
aus Budapest: Der Königlich ungarische Unterrichtsminister GRAf
Albin von Csäkt hat dem Abgeordnetenhause über den Stand
des öffentlichen Unterrichtes Bericht erstattet. Danach weist das
Kinderbewahrwesen in Ungarn erfreuliche Fortschritte auf. Die Zahl
der auf Grund des Gesetzes vom Jahre 1891 organisierten Kindei^
bewahranstalten betrug 1256, 375 mehr als im Voijahre. Bemerkens-
wert ist, dafs die Anstalten römisch-katholischen Charakters um
17, die israelitischen Charakters um 1 abgenommen, die aller
anderen Konfessionen entsprechend zugenonunen haben. In diesen
Anstalten wurden insgesamt 102649 Kinder verpflegt, und zwar
48647 Knaben und 54002 Mädchen. Das hierbei verwoidete
Personal bestand aus 864 diplomierten und 506 nicht diplomierten
Bewahreru, sowie aus 926 Pflegerinnen. Die Erhaltungskosten b^
trugen 595514 fl. Was die für Zwecke des Kinderbewahrwes^is
zur Verfügung stehenden Gründungen betrifft, so stellen dieselben
einen Wert von 3020260 fl. dar. Zur Heranbildung von Klein-
kinderbewahrem bestehen 9 Anstalten, welche 499 Besucher zählten,
und von welchen 6 staatliche Beihilfe im Betrage von 74479 fl.
beanspruchten. Aufserdem wurden S3 Lehrkurse für Leiter von
Kinderasylen veranstaltet, an welchen 222 Personen teilnahmen.
301
Pariser Pockenepidemie, besonders nnter der Schnl-
Jugend. Über die Pockenepidemie, welche yoriges Jahr in Paris
herrschte, macht die „iSem. mM.^ beachtenswerte Mitteilungen,
wahrend in den Jahren 1891 and 1892 in Paris 41, bezw. 42
PockentodesfäUe vorkamen, zählte man deren in den ersten 46 Wochen
des Jahres 1893 bereits 202. Davon betrafen 78 Fälle Personen
unter 20 Jahren. Sehr grols war die Zahl der Erkranknngen unter
den Schulkindern trotz der obligatorischen Impfung und Wieder-
impfung. Wenn nuin die viel günstigeren Ergebnisse in Deutschland
damit vergleiche, meint die „Dtsch, med, Wochschr,'', so könne
man nur schlielsen, dafs in Frankreich gewisse Nachlässigkeiten bei
der Impfung vorgekommen sein müTsten.
Norwegische Ferienkolonien. Norwegen erfreut sich jetzt
auch des Vorzugs von Ferienkolonien. In der Hauptstadt Christiania
hat ein Teil des Lehrpersonals der Volksschulen sich der Sache an-
genommen und teils durch Sammlung freiwilliger Beiträge, teils durch
Yeranstaltnng von Abendunterhaltungen die nötigen pekuniären Hilfs-
mittel beschafft. Dieselben reichten hin, um während des letzten
Sommers über anderthalb hundert Knaben und Mädchen in die
Kolonien anfhehmen zu können. Es waren ihrer 7 zu je 25 Kindern.
Ein guter Anfang ist also gemacht, und hoffentlich nimmt die
Angelegenheit einen gtlnstigen Fortgang.
M. K. HAeonson-Hansen.
Der Arbeitsnnterrieht in England, so schreiben die ,,Blätt
f. Enabhdarht'^ , breitet sich schnell aus. Während der letzten
12 Monate sind dort über 100 neue Stätten zur Pflege desselben
errichtet worden. In derselben Zeit haben die Regierungen von 12
Grafschaften (county Councils) Mittel für die Ausbildung von Lehrern
mui den Unterricht von Schülern gewährt, während dies im Jahre
Torher nur eine Regierung gethan hatte. Der letzte Bericht des im
Jahre 1888 begründeten Handfertigkeitsvereins ftir Grofsbritannien
imd Irland weist doppelt so viel Mitglieder auf, als der vom Vor-
jahre. Daneben besteht eine jüngere Gesellschaft in den nördlichen
Distrikten Englands mit Zweigvereinen in Manchester, Sheffield,
Keighley, Bolton und Barrow-in-Fumess, die bereits ebensoviele
Mitglieder zählt, wie der ältere Verein. Endlich ist auch in
Schottland eine Gesellschaft für die Förderung des Handfertigkeits-
Unterrichts ins Leben getreten. Kurse zur Ausbildung von Lehrern
desselben fanden im vorigen Jahre in Hkley in der Grafschaft York
statt, femer in Hereford, Sheffield, Aberdeen und Edinburgh. Auch
nahmen zahlreiche englische Lehrer an den Kursen zu Leipzig und
Nääs in Schweden teil. Da aulserdem ein Gesetz die Unter-
stützung der den Handfertigkeitsunterricht einführenden Schulen
302
durch den Staat bestimmt, so kann die günstige Entwickelnng,
deren sich die Angelegenheit in England erfreut, nicht überraschen.
Oaslieiznng in Hnnchener Sehnlen. Der Magistrat tob
München hat kürzlich eine besondere Kommission nach Earlsnihe
entsendet, nm die Einrichtung der Grasheizung in den dortigen Schulen^
zu studieren. Auf Grund des Berichtes dieser Kommission hat der-
selbe nach der „D. Baue,^ beschlossen, in dem Neubau der Schule
zu Neuhausen statt der projektierten Dampfniederdruckheizung Gas-
öfen aufzustellen. Es wird dadurch eine Verminderung der Baukosten
um 42000 Mark erreicht. In einem anderen Schulgebäude, dem-
jenigen der Schrenkstralse, sollen die Versuche mit der Gasheizosg
fortgesetzt werden. Gleichzeitig wurde das hygienische Institut in
München ersucht, die Beschaffenheit der Luft in einer Anzahl ver-
schiedenartig geheizter Schulräume zu untersuchen. Der Magistrat
ist zu dem obigen Beschlüsse einerseits dadurch veranlafst worden,
dafs in den letzten Jahren eine Reihe von Städten Gasheizung in
Schulen eingerichtet haben, andererseits dadurch, dafs die Stadt
Karlsruhe bereits eine fünfjährige Erfahrung mit dieser Heizungsart
hinter sich hat und MiTsstände dort bislang nicht hervorgetreten sind.
^niix^t Derfigittigeti.
VerfBgnng des franzSsischen UnterriclitsHiiiiisters bezfiglick
der bei Infektionskrankheiten in Schulen zn ü*effende]i Kafs-
nahmen.
1. Bei Blattern bleiben die kranken Kinder 40 Tage laog
von der Schule ausgeschlossen; sämtliche Lehrer und Schüler
müssen sich revaccinieren lassen.
2. Sind die Masern ausgebrochen, so dürfen die Kranken
16 Tage lang die Schule nicht besuchen. Ihre Bücher und
Hefte werden vernichtet. Die Kinder unter 6 Jahren sind
aus der Schule zu entlassen.
3. Diphtherie zieht die Ausschliefsung der Erkrankten während
30 Tage nach sich. Die Schullokale werden desinfiziert
Der Genufs von Früchten in den Pausen ist streng untersagt
4. Bei Scharlach wird wie bei Blattern verfahren. Der
Schulschlufs findet statt, wenn mehrere Fälle in weniger
als 5 Tagen vorkommen.
* Vergl. diese Zeitschrift, 1893, No. 11, S. 618.
303
5. Zeigt sich Erbgrind und Pelade, so sind die BefaUenen
za entlassen nnd dürfen erst in den Unterricht zurückkehren,
nachdem sie mit einem regelrechten Verbände versehen sind.
Der ärztliche Schnlinspektor hat die Durchführung dieser Yer-
ordnungen zu yeranlassen.
EmpfeUimg des Wirtshausverbotes fAr schulpflichtige Kinder
darch den KSniglich nngarischen Enltns- und Unterrichts-
minister.
Budapest, den 22. Dezember 1893.
Die seitens der Municipalbehörde des Heveser Komitates in der
am 24. Juli 1893 abgehaltenen Eongregationssitzung unter Z. 406 er-
lassene Verordnung in betreff des Verbotes des Besuches von Wirtshäusern
durch Kinder im schulpflichtigen Alter — also unter 15 Jahren —
wird von mir in Abschrift dem Königlichen Schulinspektorate mit der
Aufforderung gesandt, es möge in Anbetracht der in der beigebogenen
Terordnung enthaltenen Verfügungen, welche auf die Volkserziehung,
die öffentliche Moral, die Gesundheit und indirekt auf das materielle
und sittliche Wohl des Volkes einen heilsamen fiinflufs ausüben
werden, dahin wirken, dafs das Municipium des Komitates diese
Idee zu der seinigen^ mache und eine ähnliche Verordnung erlasse.
Beilage zu dem Erlasse 54737/93 des Königlich unga-
rischen Kultus- und ünterrichtsministers.
Verordnung.
§ 1. Im Interesse der öffentlichen Ordnung, Moral und Gesundheit
ist es auf dem Gebiete des Heveser Komitates polizeilich verboten,
dals sich Kinder unter 15 Jahren in Wirtshäusern, Bier- oder Brannt-
weinschänken aufhalten oder bei Tanzunterhaltungen erscheinen.
§ 2. Die Au&erachtlassung dieses Verbotes wird auf Grund
des § 1 des Gesetzartikels XL vom Jahre 1890 als Übertretung
angesehen, und sind mit einer Geldstrafe bis zu 50 fl. ö. W. zu
GuLsten des Annenfonds zu bestrafen: a. jeder Gastwirt, Bier- oder
Brauitweinschänker, sowie jeder Veranstalter einer öffentlichen Tanz-
nnterhaltung, der einem unter 15 Jahren alten Kinde in der Gaststube,
im Bier- oder Branntweinschank oder im Tanzsaale Aufenthalt
gew&hrt; b. jene Eltern oder Vormünder, die ihrem Kinde, welches
das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erlauben, in einem
Crasthause, Bier- oder Branntweinschanke oder bei einer öffentlichen
Tanznnterhaltung zu erscheinen, oder aber die es in eins der eben
gemumten Lokale oder eine öffentliche Tanzunterhaltung mitnehmen.
§ 3. Als Übertretung wird es nicht angesehen, wenn die
Eltern oder der Vormund, die in der betreffenden Ortschaft nicht
304
ständig wohnen, ihr Kind hehofs Essens in ein Gasthaas oder eine
Biersdiänke führen, oder wenn dieselben infolge ihrer Verhältnisse
zum Essen in einem solchen Lokale genötigt sind.
§ 4. Den Gemeindevorständen wird es zur strengen Pflicht
gemacht, auf das Einhalten dieser Yerordnong zu achten und die
Zuwiderhandelnden beim Oberstuhlrichter anzuzeigen.
§ 5. Diese Verordnung ist in gewohnter Weise in jeder Ort-
schaft zu verkünden und in jedem Schanklokale an einer fär die
Gäste leicht bemerkbaren Stelle anzubringen und in leserlichen
Zustande zu erhalten. Wirte, die hiergegen verstoüsen, sind mit einer
Geldbuise bis zu 50 Gulden zu Gunsten des Armenfonds zu bestrafen.
§ 6. In Übertretungsfällen urteilt in erster Instanz der Ober-
stuhlrichter, in zweiter Instanz der Komitatsyizegespan, in dritter
Instanz der Königlich ungarische Minister des Innern.
Erlau, am 24. Juü 1893.
Die Municipalbehörde des Heveser Komitates.
An
alle Königlichen Schulinspektorate.
Der Kultus- und Unterrichtsminister.
(Gez.) Graf VON Csäkt.
•
Anweisung des Bezirksschnlrates in Wien wegen BesdudFug
einer Statistik der im schulpflichtigen Alter stehenden
epileptischen Kinder.
Bezirksschulrat
der k. k.
Beichshaupt- und Residenzstadt
Wien ad Z. 1829.
An sämtliche Schulleitungen.
Der Bezirksschulrat findet sich über Ansuchen eines Komitees zur
Beratung der Frage der Fflrsorge für den Unterricht epileptischer
Kinder bestimmt, die Schulleitung anzuweisen, in dem mitfolgenden
Ausweis die ihr bekannt gewordenen im schulpflichtigen Alter
stehenden mit Epilepsie behafteten Kinder anzufahren und hierbei
die Rubriken 1 bis 18 möglichst genau auszufüllen, die Rubriken
19 bis 31 aber leer zu lassen.
Die sohin angefertigten Ausweise oder aber das Ausweisblankett
mit einem negativen Berichte sind bis längstens 28. Februar 1894
an den Bezirksschulrat Wien (Centrale) einzusenden.
Im Falle eines Mehrbedarfes von Ausweisblanketten sind solche
im Bureau des Bezirksschulrates im kurzen Wege zu beheben.
Wien, am 29. Jänner 1894.
Der Yorsitzende-Stellverteter.
(Gez.) Dr. Sghindlbr.
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306
Erlafs des k. k. Ssterreichischen Ministeriums des luieni tob
10. Februar 1894, Z. 1710, an die k. k. StaMkaiterei in Prag,
betreffend die Einftibr nnd den Vertrieb des Kinderspielzengs
„Kraterscblangen^^
Die BeOage des Berichtes vom 18. Jänner d. J., Z. 5340, l)e-
treffend das Ansnchen des Magistrates in Prag nm Eriassung eines
Verbotes der von der Firma C. H. Giesen in Kassel erzeugten und
nach verl&Islicher fachmännischer Untersuchung Quecksilber ent-
haltenden Spielwaren ^Eraterschlangen^ oder ,,Zanberpi]len'', welche
beim Erhitzen giftige Dämpfe entwickeln, wird im Anschlösse mit
dem Bemerken zurückgestellt, dafs der Vertrieb derartiger Artikd
in Gemäfsheit der Ministerialverordnnng vom 1. Mai 1886, R. 6.
Bl. No. 54, verboten ist, dieses Verbot hinsichtlich eines ähnlichen
unter dem Namen „Pharaoschlangen^ in den Verkehr gebrachten
Artikels^ seinerzeit von den politischen LandesbehOrden in Wien ndt
der Verordnung vom 20. November 1865, Z. 42594, in Prag vom
1. Dezember 1865, Z. 65797, in Innsbruck vom 24. Jänner 1866,
Z. L. G. Bl. No. 18, in Brunn vom 20. Jnli 1889, Z. 27 346, und
endlich von den anderen Landesbehörden über h. o. Erlais vom
4. August 1889, Z. 14881, in Wirksamkeit gesetzt wurde, weshalb im
vorliegenden Falle in analoger Weise vorzugehen sein wird.
Von der erlassenen Verordnung ist anher die Anzeige zu er-
statten.
^txfonalxtn.
Die im vorigen Jahre gegründete Moskauer hygienische Gesell-
schaft hat in ihrer ersten Generalversammlung Geheimrat VON Pettsn-
EOFEB einstimmig zum Ehrenmitgliede gewählt.
Ebenso wurde der Kinderarzt, Geheimrat Professor Dr. Henoch
in Berlin, von der dortigen medizinischen Gesellschaft zum Ehren-
mitgliede ernannt.
Der Regierungs- und Geheime Medizinalrat Dr. SCHWARTZ in
Köln erhielt den roten Adlerorden III. Erlasse mit der Schleife.
Aus der gelegentlich des 70. Geburtsfestes des Geheimrats von
Petteneofer gegründeten Pettenkoferstiftung haben die Professoren
der Hygiene Dr. Emmerich in München, Dr. Lehmann in Wärz-
' Vergl. diese Zeitschrift, 1890, No. 2, S. 119 und 1889, No. 4,
S. 185—186. D. Red.
307
borg und Dr. PraüSNITZ in Graz fOr wissenschaftliche Arbeiten
Preise erhalten.
Die Pariser Akademie der Medizin hat dem Dr. Thomas in
Genf für seine Verdienste um die Einderhygiene eine Medaille zu-
erkannt.
Der bisherige Sanitätsreferent Dr. Sghmed in Bern wurde zum
Direktor des nengegrOndeten schweizerischen Gesundheitsamtes ernannt.
Dem Regienmgsrat Dr. Pbtri vom Reichsgesundheitsamt zu
Berlin ist die Leitung der deutschen KollektiTaussteUung in Rom bei
Gelegenheit des internationalen Ärztekongresses flbertragen gewesen.
Dr. Otto Roth, der bisher am hygienischen Institute der
üniyersit&t Zürich thfttig war, wurde auf den Lehrstuhl fftr Hygiene am
eidgenössischen Polytechnikum daselbst berufen.
An der Uniyersitftt Bonn hat sich als Priyatdocent f&r Hygiene
der Assistent des neugegrflndeten hygienischen Institutes Dr. Ebusb
habilitiert.
Der Professor der Hygiene Dr. J. P. Skworzow in Charkow
feierte vor einiger Zeit das dreüsigjflhrige Jubilftum seiner wissen-
scfaaftlicheii Thatigkeit.
unser yerehrter Mitarbeiter, Herr Sanitfttsrat Dr. Altbchul in
Prag, hat seine Stelle als Ausschufsmitglied des Gentralvereins deut-
scher Ärzte in Böhmen niedergelegt; aus diesem Anlab übersandte
ihm der Ausschuüs ein Dankschreiben für seine im Interesse des
Vereins geübte unermüdliche Th&tigkeit.
Der Direktor des Gymnasium Fridericianum zu Laubach Dr.
£. Ritzbbt ist in den Ruhestand getreten.
Es sind gestorben: der Geheime Medizinalrat Professor Dr.
Auoust HIB8CH in Berlin, einer der Gründer des deutschen Vereins
fllr öffentliche Gesundheitspflege, 77 Jahre alt; der Kinderarzt Dr.
August Ollivisb in Paris, Mitglied der Akademie der Medizin
und des Gesundheitsrates der Seine, 61 Jahre alt; der Direktor des
Gymnasiums in Wittstock, Professor Richard Grosser, 59 Jahre
ah; Professor Dr. Wollbnbur& am Friedrich Werderschen Gymna-
siom zu Berlin; Professor Dr. Götze am Kloster Unser Lieben
Franen in Magdeburg, 74 Jahre alt; der Obertumwart und Turn-
lehrer, Professor Michael Zsingor, 42 Jahre alt; der Benediktiaer-
ordenspriester P. HEnnaOH Schwarz in Michaelbeuren, bedeutender
Pädagog und Jugendschriftsteller, 75 Jahre alt; Dr. Karl Hein,
Arzt des Gymnasiums in Libau, 45 Jahre alt.
20»
308
£xiitxatux.
Besprechungen.
Dr. Hermann Schiller, Geheimer Oherschnlrat, Direktor des GroCs-
herzoglichen Gymnasiums und Professor an der Universität Gießen.
Die schnlhy^enisehen Bestrebniigeii der Neuzeit. Vortrag,
gehalten am 14. und 21. Oktober 1893 in der Frankfiirter all-
gemeinen Lehrerversammlnng. Frankfurt a. M., 1894. Moritz
Diesterweg. (65 S. 8^. M. 0,60.)
Schiller ist ein bekannter Pädagog, der Besten einer, Ver-
fasser mehrerer mit Beifall aufgenommener Werke, ein Mann von
unbestreitbarem Verdienst, der sich redlich bemüht, den Anforderungen
der Schulhygiene gerecht zu werden. An dem von ihm geleiteten
Grofsherzoglichen Gymnasium in Giefsen hat er ohne Zweifel so viel
erreicht, als sich heute unter den gegebenen umständen erreichen
l&fst, um die Überbürdung auf ein geringeres Mafs herabzumindern.
Von ihm rührt die vorliegende Schrift her, ein Vortrag, der in der
Frankfurter allgemeinen Lehrerversammlung im Oktober 1893 ge-
halten wurde.
Der erste Abschnitt bespricht die Überbürdung durch die Schule,
und wir müssen anerkennen, dafs der Verfasser sehr guten Willen
hat, mit den Ergebnissen der medizinischen Forschung zu rechnen.
Vortrefflich ist die Bemerkung über den Schlaf: „In allen lateinischen
Übungsbüchern lernte der Sextaner und lernt es noch: Sieben Stunden
Schlaf sind genug. Wenig Sätze sind so falsch, wie dieser. Für
den erwachsenen, normalen und gesunden Menschen mag diese Schlaf-
zeit meist ausreichen, doch fehlt es auch hier an zahlreichen Aus-
nahmen nicht; für den kränklichen, schwachen, nervösen reicht sie
ebenso sicher nicht aus. Für Kinder von 6 — 11 Jahren darf man
sie getrost auf 10 — 12 erhöhen, und man wird eher des Guten zu
wenig als zu viel thun. Aber auch 17 — 18 jährige sollten nicht
unter 9 — 10 Stunden schlafen." Diese Bemerkung verdient meine
ganze Hochachtung. Ich fürchte, wenige Pädagogen denken so, wie
Schiller.
Über manche andere Auffassungen liefse sich wohl streiten, doch
scheint es an dieser SteUe viel wichtiger, die Ausführungen des
zweiten Abschnittes hervorzuheben, welche mehr pädagogischer Nator
sind, z. B. die Frage nach der Anordnung des Unterrichts. SCHILLSR
war einer der Ersten, der in Giefsen Erfahrungen sammelte über
309
die Yerlegong der geistigen Schularbeit auf den Vormittag mit fünf
Stunden. Der Yersnch fiel günstig ans, die befürchtete SchlafQieit
in der letzten Stunde trat nirgends herror. Die Knaben und jungen
Leute konnten sich bis zum andern Tag genügend erholen und stärken.
Die Eltern aber hatten ihre Kinder nachmittags meist zu Hause.
Auch an andern Orten des Landes hat sich die gleiche Einrichtung
bewährt, zumal thatsächlich gar nicht fünf Stunden lang unterrichtet
wird, sondern nur vier, da nach jeder Stunde fünfzehn Minuten
Pause eingelegt sind. Ich will ebensowenig, wie der Verfasser,
allen Schulen diese Einrichtung empfehlen, dagegen betonen, dafs
die rier Stunden an deutschen Gymnasien ausreichend befunden werden,
am die geistige Arbeit zu bewältigen. Das scheint mir ein aufser-
ordentlich wichtiges Ergebnis und wert der weitgehendsten Beachtung.
Der übrige Tag gewährt in diesem Falle eben freie Zeit. Die Giefsener
Schüler (93 — 95%) schwammen im Sommer, im Winter liefen sie
Schlittschuh, und die Folge davon war, wie sich leicht denken läfst,
ein ausgezeichneter Gesundheitszustand bei einem solchen Betrieb der
Schule. Finden doch da die jungen Leute noch Zeit, sich im Freien
zu bewegen. Aber bei einem vierstündigen Unterricht vor- und einem
zweistündigen nachmittags ist dies geradezu ausgeschlossen, weil die
Hausaufgaben noch 2 — 3 Stunden in Anspruch nehmen. Im Winter
wird damit die Bewegung im Freien auf zwei Nachmittage beschränkt,
und das ist zu wenig. Der jugendliche Organismus braucht Muskel-
arbeit in frischer Luft alle Tage, und zwar in ausgiebiger Weise,
mindestens IV^ — 2 Stunden. Verzettelte kleine Spaziergänge nützen
nichts, weil es sich um anhaltende gesteigerte Respiration und
Herzthätigkeit handelt, wenn irgend ein hygienischer Zweck erreicht
werden soll.
Schiller hat es auf diese Weise dahin gebracht, sein Gym-
nasinm in voller Leistungsfähigkeit zu erhalten, ohne doch die An-
strengung der Schüler so weit zu treiben, wie es leider an so vielen
Hittelschulen der Fall ist. Sein Beispiel wird schon dadurch segens-
reich wirken weit über die Grenzen seiner Anstalt hinaus. Wir
wünschten nur, es ginge etwas schneller mit dem Wandel zum
Besseren.
In der letzten Zeit werden mehr und mehr Stimmen laut, welche
das Fachlehrertum für manche Gefahr verantwortlich machen, die
Geist und Körper unserer Jugend bedroht. Unser Gewährsmann
drückt sich hierüber gemäfsigt, aber doch sehr entschieden aus, und
manchmal erhebt er seine Stimme selbst bis zur Anklage. Wir freuen
nns dessen, wenn er sagt: „Man hat lange Zeit vergessen, dafs die
höheren Schulen nur die Elemente des Wissens zu überliefern
haben, und so sind aus ihnen Universitäten im Kleinen geworden.
310
Verkannt hat man die Gefahr nie, nnd dennoch ward sie bestftndig
gesteigert. Obwohl diese Überzeugung fast allgemein als richtig er-
kannt ist, hört man doch kaom von Beschränkung des Fachlehrertoms.^
Was da auf Seite 49 ff. gesagt wird, möchten wir allen Pftdagogen
wärmstens zur Berflcksichtigung empfehlen, damit man endlidi wieder
zu der Praxis der froheren Jahrhunderte zurttckkehre. Die unhefl-
Yolle H&ufiing der Hausarbeit, gegen welche der Verfasser zwar eben-
falls seine Stimme erhebt, aber nicht in dem Grade, wie es wohl
not thäte, hängt mit dem Klassenlehrertum auf das innigste zu-
sammen. Wir dürfen erst dann eine Minderung der Gesundheits-
schädigung der Jugend im Hause erwarten, wenn dasselbe auf das
geringste Mab beschränkt oder sagen wir gleich yollkomm^ be-
seitigt ist. Ich schlieOse mich der von Schiller yertretenen For-
derung an: „Ein tüchtiger Gymnasiallehrer mu(s im stände sein, den
gröfsten Teil des Unterrichts oder doch des humanistischen Unter-
richts in seiner Klasse selbst zu erteilen und also die einzelnen Fächer
im Einklang zu halten.^ Soweit müssen wir wieder kommen. Er-
höhung der theoretischen und praktischen Lehrerbildung,
das bildet jetzt die Losung. Die Hygiene hat die Schäden aufgedeckt,
der Staat hat geholfen, soweit es in seinen Kräften lag, nun kommt
die Reihe an die Pädagogen.
Wir empfehlen den ScHiLLBRschen Vortrag den Ärzten, aber
vor allem den Lehrern. Möchten die letzteren doch in jene Bahnen
einlenken, die dort vorgezeichnet sindl
In immer weitere Kreise dringt die Überzeugung, daGs der Unter-
richt an den Mittelschulen eine Fülle von Verkehrtheiten aufweist
und Schädlichkeiten häuft. Die Torliegende Schrift erzählt davon
schon genug, und noch mehr läist sie zwischen den Zeilen lesen.
So wird der Ruf nach Reform immer stärker. Sobald aber
die Bewegung einmal in Flufs geraten ist, kann niemand sagen, wo
sie ihr Ende finden wird. Das sehen yiele, welche die Zeichen der
Zeit nur etwas deuten können, dais leider die humanistische Bildung
die Kosten bezahlen wird. Die Sekundanerkultur, welche nun schon
seit fünfundzwanzig Jahren Deutschland überflutet, hat den Malsstsb
fast yergessen lassen, mit welchem eigentlich wirkliche Bildung zo
messen wäre. Alles schreit nach Naturwissenschaften. Den Götzen
der Industrie und der Börse glauben alle Opfer bringen zu müssen.
Jetzt ersteht schon das hermaphroditische Doppelwesen der Einheits-
schule, in welcher dann die Halbheit wahre Orgien feiern wird. Es
war ja der Sinn von Schulen in den guten alten Zeiten, die Jugend
mit ganzen Männern, mit Meistern, in persönliche Berührung zu
bringen und solche wiederum heranzubilden. Bald wird Lagardb völlig
recht haben mit seinem Ausspruch: „Alles Zinkgub, inwendig hohl.
311
Götzen, aber keine Götter und zar Erziehung der Nation so geeignet,
wie die ausgestopften Uniformen des Grafen von Bückebnrg zur Yer-
teidigong von Wühelmsteini.^
Professor der Anatomie und Entwickelongsgeschichte
I>r. med. J. Eollmann in Basel.
£. VON SCHENCKBNDORFF, Mitglied des Haoses der Abgeordneten,
nnd Dr. med. F. A. SOHVIDT, Mitglied des Ausschnsses der deutschen
Tumerschaft. Ober Jagend- mnd Yolksspiele. Jahrbuch des
CeninUausschusses 0ur Fl^derung der Jiigend- tmd ToUcsspide
in Deutschland. II. Jahrgang, 1893. Hannover-Linden, 1893.
Manz & Lange. (193 S. 8 \
Die auf Seite 111 des ersten Jahrganges der Schrift: Über
Jogend- und Yolksspiele ausgesprochene Hoffiiung, dafs jährlich
ein Band Mitteilungen über die Fortschritte der körperlichen Erziehung
der Jugend in Deutschland erscheinen werde, ist durch den Tor-
liegenden, um 82 Seiten stärkeren zweiten Jahrgang bestätigt und
erfüllt worden.
Der neu erschienene Band zerfiUlt in drei Teile: I. Die Jugend-
und Yolksspiele in der Praxis, 24 von verschiedenen Yerfassem
herrOhrende Aufisätze, die sich mit Ausnahme des ersten: Die ger-
manischen Yolksspiele von Professor Dr. med. £. Angerstbin,
welcher die Beste des altgermanischen Yolksspiels das Mittelalter
hindurch bis in unsere Zeit hinein verfolgt, mit der gegenwärtigen
Pflege des Jugend- und Yolksspiels an den hervorragendsten Stätten
derselben, insbesondere mit den Spielplätzen, Geräten, Kursen und
Lehrplänen, beschäftigen. Der II. Teil enthält die Ergebnisse
der Umfrage Aber das Jugend- und Yolksspiel in den
deutschen Städten im Jahre 1892 von Dr. von Woieowset-
Bdedaü und der m. die Yerhandlungen und Yorträge in den
Sitzungen des Centralausschusses am 21. und 22. Januar
1893 zu Berlin.
Wir heben aus der I. Abteüung besonders hervor No. 2:
Der Bonner Yerein für Körperpflege in Yolk und Schule
von Dr. med F. A. Schmidt mit der wertvollen Mitteilung, dafs
an der Remigiusschule in Bonn seit 1888 ein Schulbrausebad besteht,
welches binnen 15 Minuten eine ganze Schnlklasse zu baden
ermöglicht.
Die Berichte No. 3 — 8 über die Jugendspiele in Berlin,
Braunschweig, Breslau, Frankfurt a. M., München, Reichen-
bach und Strafsburg bekunden durchweg einen erfreulichen Fort-
schritt in der Entwickelung dieses wichtigen Zweiges der Jugend-
erziehung. Rflhmend hervorzuheben ist auch die namhafte Förderung
312
derselben durch die städtischen Behörden. So hat Frankfurt a. M.
z. B. für 1893 die Summe von 4200 Mk. dafflr eingestellt. Dais
auf allen Spielplätzen daselbst auch für gutes Trinkwasser gesorgt
ist und dafs in betreff des Wassertrinkens, sowie des Yerfahrens
bei Verletzungen und Unglücksfällen sich Instruktionen in den Händen
der Lehrer befinden, mufs als nachahmenswerte Einrichtung gleicb-
falls betont werden.
Der rührige Direktor H. Ratdt in Lauenburg a. E. hat auch
diesen Band des Jahrbuchs wieder mit drei gehaltvollen Aufsätzen
bereichert. Er schildert in No. 10 das Paulinum des Rauhen
Hauses in Hamburg-Horn, eine Anstalt, welche, ohne irgendwie
specifisch englischen Anstrich zu haben, die Vorzüge der deutschen
und der englischen Erziehung in sich vereinigt und als Muster-
anstalt für einen gesunden Geist in einem gesunden Körper betrachtet
werden darf.^ In der dortigen körperlichen Erziehung bilden Turnen,
Exerzieren, kleinere und grössere Wanderfahrten, Baden und Rudern
im Sommer, Schlittschuhlaufen im Winter, Spiele im Freien zu jeder
Jahreszeit, Beschäftigung im Schulgarten und die verschiedenen
Zweige der Enabenhandarbeit das erwünschte Gegengewicht gegen
die geistigen Anforderungen des Realschulunterrichts.
No. 11 ist einem Tag im Lehrerseminar zu Oranienburg
gewidmet, einer Stätte, an welcher die Gymnastik gemäis dem
Guts MUTHSschen Worte eine „Arbeit im Gewände der Freude" ist.
Man hat dort beobachtet, dafs die Seminaristen, welche bis zum
Tage der Abgangsprüfung veranlafst wurden, an den körperlichen
Spielen im Freien teilzunehmen, wesentlich frischer zur Prüfung
kamen, als früher, wo sie die freien Stunden der letzten Wochen
auch zu Examenvorbereitungen benutzen durften.
In No. 24: Gesundheit und Freude im Winter legt
der Verfasser den zur Förderung und Erhaltung des Wohlbefindens
der heranwachsenden Jugend Berufenen, nämlich den städtischen
und den Schulbehörden, die Verpflichtung nahe, für gute Eisbahnen
zu sorgen und durch Gründung von Eislauf vereinen dieses Vergnügen,
das gleichzeitig Kraft und Behagen erzielt, nach Kräften zu fördern.
Doch wir mülsten das interessante Jahrbuch ausschreiben, wollten
wir alle die anregenden und belehrenden Aufsätze namentlich an-
führen. Nur auf einige, welche besonders wichtige Fragen berühren, sei
noch kurz hingewiesen, so auf No. 12: Die Volksspiele in
Magdeburg von Stadtschulrat Platen, No. 22: Volkstümliche
Leibesübungen als Ergänzung der Schulspiele von Dr. med.
GOETz und vor allem auf No. 23: Die Leibesübungen im
Lehrplan der Fortbildungsschulen von demselben Verfasser.
* Vergl. diese Zeitschrift, 1893, No. 7 u. 8, S. 413—417. D. Bed.
313
Bekanntlich ist im April 1890 eine Anfrage an alle deutschen Städte
Ton 8000 £inwohnem aufwärts über den Umfang der Jugendspiele
ergangen, deren Ergebnisse in H. Raydts bahnbrechendem Buche:
Die deutschen Städte tmd das Jugendspiel, 1891 niedergelegt
worden sind. Die nächste Umfrage ani Grund yervollständigter und
erweiterter Fragebogen wurde von dem 1891 in Berlin gebildeten
Centralausschusse zur Förderung der Jugend- und Yolksspiele in
Deutschland im Jahre 1892 bei allen Städten von 5000 und mehr
Einwohnern gehalten. Da von den in Betracht kommenden 700
Städten bis zum 1. Dezember 1892 nur 194 Antworten eingelaufen
waren, so nahm mit Bewilligung des Ministeriums des Innern ein
Mitglied des Königlich preulsischen statistischen Bureaus die Um-
frage neuerdings in die Hand' und erzielte bis zum 26. Jänner 1893
eine Gesamtzahl von 647 Berichten, die sich auf die verschiedenen
Anstalten von 587 Städten beziehen.
Während die vollständige statistische Verarbeitung dieses umfäng-
lichen Materials. fQr den dritten Jahrgang des Jahrbuchs in Aussicht
gestellt wird, hat Dr. von Woikowsky-Biedaü in der IL Abteilung
des vorliegenden Bandes eine sehr interessante DarsteUung des
gegenwärtigen Standes der Jugendspiele an der Hand von 8 Tabellen
geUefert. Das Ergebnis fafst er auf Seite 135 folgendermafsen
zusammen: „Als die Frucht der Enquete ergibt sich trotz ihrer
nicht zu leugnenden Lückenhaftigkeit doch eine weite Ausdehnung
des Jugendspiels in Deutschland. Die Bewegung, zuerst in
schwachen Anfängen begonnen, hat in den wenigen seitdem verflossenen
Jahren weite Kreise des deutschen Volkes ergriffen. Die Staats-
regierungen unterstützen sie wohlwollend, die Schulbehörden und
emflolsreiche Pädagogen fördern sie auf allen Wegen, eine grofee
Zahl thätiger Männer wirkt unermfldet dahin, dem Gedanken der
körperlichen Yolkserziehung Freunde zu werben."^ Wir heben aus
diesem vorläufigen Berichte, der sich Ober die Zahl der Pflege-
stiltten, die Spielplätze, die beteiligten Schulen, den durchschnittlichen
Besuch, die Spielleiter, die Pflichtmäfsigkeit oder Wahlfreiheit der
Spiele, die wöchentliche Stundenzahl, die Vereinigungen zu Spiel-
übungen, die Wanderfahrten, die Eisbahnen, den Handfertigkeits-
unterricht und die Mädchenspiele übersichtlich ausspricht, zwei
bemerkenswerte Thatsachen hervor: zunächst das besondere Entgegen-
kommen der Militärbehörden durch Überlassung ganzer Exerzierplätze
oder einzelner Teile derselben zu Spielzwecken, femer die grofse
Zahl von bereits 71 ausgebildeten SpieUeitern, nicht berufsmäfsigen
Turnlehrern, eine Wirkung der jährlich wiederkehrenden Spiel-
karse in Görlitz, Brannschweig, Berlin und anderwärts.
Der m. Abteilung entnehmen wir, dafs der Centralausschufs
in seinen Sitzungen vom 21. und 22. Jänner 1893, welchen auch
814
Vertreter der prealsischexi Unterrichtsyerwaltung , des Königlichen
statistischen Amtes und des Militärerziehnngswesens beigewohnt habei,
bestimmte Gnmds&tze ftr die Jagendspiele der Knaben and ftr die
Yolksspiele beraten and angenommen hat.
Unter den Vorträgen behandelten die Berichte von Sohenokxn-
DOBFF and Dr. med. GoBTZ das Verhältnis zwischen Central-
aasschafs and deatscher Tarnerschaft and erstickten die
Keime gegenseitigen Mifstranens, die ans Abel verstandenem Eiler
von einzelnen gesät worden waren.
Die Erörterang des Vorsitzenden über die Bestrebungen des
Gentralaasschasses enthält die wichtigen Mitteilnngen, dals im
Jahre 1892 an 7 Orten in 12 Spielknrsen 396 Lehrer and 284 Lehra-
innen aasgebüdet worden sind, femer dab der Aasschals vom preaCdscheB
Kaltasministeriam, einzelnen Provinzialvertretangen and Stadtgemeinden
Beträge von mehr als 6000 Mk. erhalten hat.
Von hoher Wichtigkeit scheint ans das Referat des Geheimen
Sanitätsrates Dr. G&af and des Dr. med. Schmidt fiber den
Gegenstand: Inwiefern nützen die Jagend- and Volksspiele
der Armee? nebst der daran gekntlpften Debatte za sein. Den
fQr die körperliche Entwickelang so wichtigen Liebensalter vom 14.
bis zom 20. Jahre, d. h. vom Aastritt aas der Volksschale bis zom
Eintritt in das Heer, wnrde da ein besonderes Angenmerk zugewandt
Aaf weitere Kreise erstreckte sich der Vortrag Ratdts: Die
Bildang von Vereinen für Leibesübangen in freier Laft.
Stadtschalrat Platbn sacht in seinem Berichte : Die Sonntags-
rahe and die Volksspiele der Vergeadang der gesetzlich fest-
gelegten Sonntagsmaise in Sinnengenalis and kostspieligen Verirrongen
darch Verallgemeinerang der Spiele, welche Leib and Seele erfrischen,
za begegnen.
Dr. Koch endlich empfiehlt in seinem Vortrage: Über die
Einrichtnng von Wettspielkämpfen darch den Aasschafs
die Feier von patriotischen Gedenktagen and Schalfesten mittdst
Wettspielen als wirksames Mittel der Propaganda fOr Ansbreitong
des Interesses am Volksspiel.
Es ist ein erfreoliches Bild, welches aas diesen Verhandlangea
des Gentralaasschasses ans entgegentritt. Von den edelsten Gnmd-
sätzen beseelt, strebt derselbe anermüdlich, die körperliche ond
damit aach die sittliche Kraft des Volkes za heben, ein kräftigendes
Vergnügen immer weiter za verbreiten and dadarch der leibUehen
and geistigen Ansbildang des einzelnen, sowie dem Wohle des
Vaterlandes za dienen, getrea seinem Wahlsprache : pro patria est,
dam ladere videmar. K. K. Landesschalinspektor
Dr. phil. Karl Fbrdinand Kummbr in Wien.
315
Ludwig und Hulssneb, Architekten in Leipzig. Nene SelmlliXuser.
Eine Sammlung ansgefülirter Entwürfe öffentlicher Schnlbanten in
Berflcksichtigong der Yerhftitnisse anf dem Lande, in kleinen und
grolsen St&dten nebst übersichtlicher Znsammenstellnng der Her-
stellmigskosten. Mit 26 Taf. Stuttgart, 1893. Eonrad WiUwer.
(Folio. JH. 20.)
Die Yerfasser, welche ihre Thätigkeit fast ausschliefslich dem
Schulbaawesen widmen, beabsichtigen durch die Veröffentlichung von
40 teils ausgeführten, teils projektierten Entwürfen verschiedener
Unterrichtsgebäude den Schulgemeinden und allen hierbei beteiligten
Fachleuten praktische Beispiele an die Hand zu geben.
Die grolsen Anforderungen, welche durch die mit der wachsenden
Bevölkerung sich mehrenden Schulen an die Oemeinden gestellt werden,
bedingen gerade auf diesem Gebiete kommunaler Anlagen die gewissen-
hafteste Überlegung und das reifste Studium.
Von den Verfassern ist bei fast aUen Entwürfen ein Hauptgewicht
darauf gelegt, bei rationeller Lösung die Herstellungskosten möglichst
gering zu machen. Allerdings bleiben manche Wünsche des Schul-
hygienikers dabei unerfüllt. Es gilt dies hauptsächlich von den grofsen
Schulbauten, bei denen fast durchweg das System des beiderseits ver-
bauten Mittelkorridors zur Anwendung kommt.
In einer kurz gefaCsten Zusammenstellung werden die wichtigsten
Angaben gemacht über Baugrund und Bauplatz, Himmelsrichtung des
Gebäudes, Bauart und Konstruktion, Einteilung, Schnlzimmerdimen-
sionierung und -ausstattung, Anlage und Einrichtung der Aborte und
Pissoirs, der Schulhöfe, Schulgärten, Turnhallen und Turnplätze.
Ganz richtig ist die Bemerkung, dafe bei der Wahl eines für
Schulbauzwecke bestimmten Platzes die gröfste Rigorosität nötig ist
und Baugrund, Grundwasserverhältnisse, Umgebung u. s. w. wohl
erforscht und studiert sein müssen. Hierbei hat aber nicht, wie die
Verfasser meinen, der Bautechniker allein, sondern auch der Schul-
hygieniker ganz wesentlich mit zu entscheiden. Gewilis werden manche
sogenannten billigen Plätze dadurch verteuert, dafs dieselben erst
durch besondere Mehrkosten brauchbar hergestellt werden können.
Die Grölsenverhältnisse der Schulzimmer sind bei den Verfassern
derart, dafs auf das Schulkind 1 qm Flächenraum und 3 cbm Luft-
raum als Minimum entfallen. Als Maximalhöhe der Lehrzimmer
werden 4 m angegeben.
Bei der Ausführung der Decke findet eine praktische Konstruktion
Erwähnung, nämlich Eisenträger 1,25 m von Mittel zu Mittel, in den
unteren Flansch 8 cm dicke Gipsdielen so ausgefalzt eingelegt, dafs
der Trägerfiansch, von Rohr überzogen oder in lose Jutte eingehüllt,
nütüberputzt wird. Auf diese Gipsdielen sind dann nochmals kurze
316
Gipsdielenstücke und darauf die Fnisbodenlager znr Befestigung der
Dielung gelegt. Der Raum zwischen Fufsboden und Gipsdiele wird
mit Füllmaterial ausgeglichen und an die rauhe Gipsdiele der Decken-
putz direkt angebracht. Diese Decken können somit wesentlich dfinner,
als die bisher üblichen konstruiert werden, sind feuersicher, schalldicht
und nicht der Fäulnis ausgesetzt, wie Holzdecken; die Kosten steiles
sich nicht viel höher, als bei diesen.
An Stelle der Wandtäfelung auf 1,50 m Höhe wird Anstrich
mit sogenannter Porzellanfarbe der Firma Rosenzweig <& Bau mann
in Kassel empfohlen.
Da hohe Dachböden keine nützliche Verwendung in Schulhäosein
finden, werden der flachen Neigung wegen Holzcementdächer angeraten.
In vielen Fällen bringen die Verfasser die Garderobegegenstftnde im
Korridor unter, sehr selten sehen sie eigene Räume zur Kleiderablage Tor.
Als Maximum 10 m für die Sehweite der Kinder bei gewöhn-
licher Wandtafelschriffc festzusetzen, erscheint wohl zu hoch gegriffen;
dieses Mafs als höchste zulässige Lehrzimmerlänge anzugeben, wäre
richtiger gewesen.
Die Abortanlagen sind durchgehends aufserhalb des Schulgebändes
in eigenen Lokalen untergebracht. Der Klosetts mit Torfioiullstreii
wird besonders Erwähnung gethan.
Vor allem gelungen und nachahmenswert erscheinen folgende
vorgeführte Objekte: einklassiges Schulhaus in Sommerfeld, zwei-
klassiges zu Wildbach bei Hartenstein, fünfklassiges zu Rötha.
Unter den gröfseren Schulbauten können jene besonders em-
pfohlen werden, die nur einseitig verbaute Korridore aufweisen, wie
das dreizehnklassige neue Schulhaus zu Markranstädt, die fünfzehn-
klassige Schule zu Nossen und die zwanzigklassige zu Stötteritz-
Leipzig. Nicht mustergültig erscheinen die leider in vielen groCsen Städten
auftretenden Schulkasemen mit vier Etagen und Mittelkorridoren.
Die prämiierten Projekte für das Schulhaus in Frankfurt a. M. und
für die Gewerbeschule in Heilbronn dagegen sind vortreffliche Beispiele
für grofse Anlagen.
Bezüglich der namhaft gemachten Bausummen ergeben sich als
Mittelwerte der Baukosten pro 1 cbm umbauten Raumes bei Schul-
häusem 11,50 Mark, bei Turnhallen 9,50 Mark und bei Abort-
nebenbauten 8,50 Mark. Diese Kosten variieren in den drei Fällen
zwischen 7,50 bis 15,50, 7,20 bis 11,80 und 7,20 bis 9,80 Mark.
Herausgeber und Verleger haben auf die Ausstattung des Werkes
die gröfste Sorgfalt verwendet, und wäre nur lebhaft zu wünsdien,
dafs* solche Litteraturerscheinungen häufiger als bisher auftauchtai,
da Sammelwerke dieser Art von ganz besonderem Werte för den
Fachmann sind.
Diplomierter Architekt Kael Hinträgbr in Wien.
317
Dr. Lapfon. Hygiene et salnbrit^ de l'^cole. Paris, 1892.
Soci6t6 d'^ditions scientifiques. (112 S. 8®.)
Die kleine Schrift ist im Jahre 1891 von der Gesellschaft für
Einderhygiene mit einem Preis gekrönt worden.
Sie behandelt den Grund nnd Boden des Schnlhaoses, die
Himmelsrichtung desselben, die Banmaterialien, die Heizung, Lüftung
und Beleuchtung, die Höfe und Aborte, das Schulmobiliar u. s. w.
In dem letzten Kapitel wird erörtert, wie die Schulhygiene praktisch
durchzuführen ist, wobei namentlich die ärztliche Schulinspektion,
der Unterricht in der Gesundheitslehre und die von den Lehrern zu
bearbeitende sanitäre Statistik Berttcksichtigung finden.
Das LAPFONsche Handbuch bildet ein Gegenstück zu dem
Gnmdriüs der Schulhygiene von 0. Janee und kann daher besonders
Lehrpersonen und Scbulaufeichtsbeamten empfohlen werden.
L. KOTELMANN.
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3eitf(||rifl fit ^(jinlgefitnblieitaiif ^^
VII. Jahrgang. 1894. No. 6.
^rijjinal-^Xb^attilntijje».
Programm zur Erforschimg des hygienigohen Zustandes
der Lehranstalten, des Unterrichts und der Lernenden.
Zusammengestellt von einer Kommission der IV. Sektion
der rassischen GeseUschaft zur Währung der Volksgesundheit
nnd mitgeteilt von
Wirklichem Staatsrat Dr. med. Albxander von Wibbnius,
Arzt des Wedenskischen klassischen Gymnasiums
nnd Direktor des Sinderasyls der Grofsftirstin Alexandra Nicolaewska
in 8t. Petersburg.
Welchen Einflnis üht die Schule anf die Gesundheit der
Lernenden ans? Welche Malisregeln znr Erhaltung, zur Her-
stellung oder zur Besserung des körperlichen Wohlbefindens
der Schüler ergreift dieselbe? Welche Sicherheit bietet sie
dafär, dafe der in ihr erzogene und gebildete junge Mensch
gesund, kräftig und fähig zum Ertragen der Anstrengungen,
velehe die Oesellsehaft und der Staat Ton ihm fordern, ins
praktische Leben eintritt? Welche in der Entwickelung der
Jugend bemerkbaren Mängel sind durch die Schule, welche
durch die häuslichen Verhältnisse bedingt? Auf jede dieser
Fragen kann man nur in dem Falle eine genaue Antwort
erteilen, wenn mehr oder weniger alle wichtigen Details der
materiellen, sittlichen und geistigen Verhältnisse der Schul-
anstalt, femer die Hauptpunkte des anatomisch-physiologischen
Zustandes der Lernenden und der persönlich auf die letzteren
Bezug habenden Hygiene bekannt sind.
8ehBlg«ini<nMMipl«t« TU. 21
322
Sucht man nun irgend eine, sei es die Schule, sei es das
Leben der Schüler betreffende Frage zu erforschen, so schlieist
dieselbe, wenn auch nicht eine unendliche, so doch eine aelir
bedeutende Anzahl Einzelfragen in sich, während es zur mehr
oder weniger raschen Erreichung des angestrebten Zieles
genügend wäre, sich auf eine Gruppe von G-rundfragen zu
beschränken und schon nach den Antworten auf diese sich
die eine oder andere Meinung zu bilden.
Es labt sich nicht leugnen, daijs es in jedem Falle und
folglich auch in der von uns zu betrachtenden Sache ausreieht,
nur den Weg und die Richtung der Forschung anzudeuten,
die Auswahl und Stellung der Specialfragen aber dem Ghit-
dünken des einzelnen Forschers zu überlassen. Ziehen wir jedoch
die Verschiedenheit in den Ansichten der letzteren über den
Gegenstand und die nicht minder grofse Verschiedenheit ifl
dem Vorbereitetsein zur Lösung von schulhygienischen Au%aben
in Betracht, so gelangen wir zu dem Schlüsse, dab ein
zweckmäfsig zusammengestelltes, für alle Forscher einheitUches
Programm das beste Mittel zur Erlangung von vergleichbaren
und zum Ziele führenden Antworten bildet.
Wenn alle Fragen, welche die sanitären Verhältnisse der
Schule und der Lernenden berühren, denselben Wert hätten,
dann würde das Resultat der Untersuchung im wesentlichen
von der Anzahl dieser Fragen abhängen. AUein dieselben
können in betreff ihrer Wichtigkeit sehr verschieden sein,
woraus folgt, dab sowohl die Auswahl der Fragen, wie auch
die Fragestellung einen wichtigen Einfluis auf den Charakter
der Resultate ausüben muTs.
Überhaupt erscheint es in praktischer Hinsicht sehr nützlich,
ein genaues, den Gegenstand erschöpfendes, systematisches
Programm in Händen zu haben. Dasselbe erleichtert dem
Forscher die Arbeit und weist ihm deutlich den Kreis seiner
Thätigkeit an, indem es ihm zugleich gestattet, denselben nach
seinem Ermessen zu verengem oder zu erweitem; es bietet
den notwendigen Grundplan dar, ohne den eine entsprechende
Verwertung des Materials und eine den Zweck der Untersuchung
fördemde Zusammenfügung der Daten undenkbar ist.
323
Auf welche Weise soll ein solches Programm, welches
den von nns erwähnten Fordemngen entspricht, zusammen-
gestellt sein?
A. Dasselbe mnJs möglichst ausführlich sein, damit der
Weg, welcher bei der wissenschaftlichen Erforschung des
hygienischen Zustandes der Schule und der Schüler einzuhalten
ist, sich klar bezeichnet vorfindet.
B. Bei dem groüsen Umfange des Programms muis das-
selbe in einzelne Abschnitte geteilt sein und von verschiedenen
Autoren, die sich für den einen oder den anderen Teil be-
sonders interessieren, bearbeitet werden.
C. Das Programm soll berühren: alle äuTseren Ver-
hältnisse der Schule, die hygienischen Einzelheiten des Unter-
richts, die anatomisch-physiologische Beschaffenheit des Körpers
der Lernenden, ihr geistiges und sittliches Verhalten in der
Schule und im elterlichen Hause, biographische Daten über
die Schüler, endlich die Morbidität derselben sowohl in der
Periode vor dem Besuche der Schule, wie während desselben.
D. Auf diese Weise müssen in dem Programme wenigstens
ftlnf Kategorien enthalten sein und bei seiner Zusammen-
stellung folgende Punkte in Betracht gezogen werden:
I. a. Die hygienischen Verhältnisse der Örtlichkeit und
des Gebäudes der Lehranstalt mit allen dahingehörigen Einzel-
heiten, besonders der Zustand der Klassenzimmer und bei
Internaten auch derjenige aller anderen bewohnten Bäume.
b. Die hygienischen Verhältnisse der Lernenden: Kleidung,
Wäsche, Fuiszeug, Betten, Ernährung, Beachtung von Reinlich-
keit und Ordnung.
n. Die Hygiene des Unterrichts, insofern derselbe die
Entwickelung der Schüler beeinflulst:
a. Pflege der Sinnesorgane (Hygiene des Lesens, Schreibens,
Zeichnens, Singens, der Handarbeiten u. s. w.);
b. Pflege des Muskelsystems (Hygiene der Körperübungen).
m. Der körperliche, geistige und sittliche Zustand der
Lernenden während ihrer Schulzeit:
a. Anthropologische, resp. medizinische Untersuchung der
21*
324
Schüler, sowohl vom anatomisoh-physiologischen, wie Yom rein
anthropologischen Standpunkte ans.
Dabei ist es durchaus nötig, 1. die Methode der ünte^
suchung und die für letztere benutzten Apparate zu bezeichnen;
2. die Zeit der Untersuchung nach den Jahresabschnitten und
den Tagesstunden anzugeben und 3. bei den Mädchen die
besondere Art der Untersuchung im Auge zu behalten.
b. Die Erforschung des geistigen Regimes der Lernenden
auf G-rund der Unterrichtsprogramme, der Stundenzahl für die
wissenschaftlichen Lehrgegenstände, Künste und KOrperübungeni
wobei auch die häuslichen Schulaufgaben in Betracht zu ziehen
sind; die Ermittelung der Stundenzahl für Schlaf und Erholung,
die Feststellung der Aufmerksamkeit, des Fleilses, der Fort-
schritte, welche die Zöglinge in der Schule gezeigt haben.
c. Die Konstatierung des sittlichen Verhaltens der Ler-
nenden durch die Zeugnisse der Erzieher und Lehrer über
Aufführung, Belohnungen und Strafen, Versäumnisse, Zospftt-
kommen u. dergl.
IV. Biographische Daten über den Schüler, namentlich
betrefis seiner Erziehung vor dem Eintritt in die Schule, femer
bezüglich der ererbten und erworbenen Besonderheiten seines
körperlichen, geistigen und sittlichen Verhaltens.
Dieser Abschnitt ist sehr wichtig zur Erklärung fttr die
Abhängigkeit des Charakters und der Fortschritte des Zöglings
von den Eigenheiten seiner körperlichen und geistigen Ent-
Wickelung, indem Mängel und Fehler öfter das Resultat einer
psychischen Entartung sind.
V. Die Kränklichkeit des Lernenden, die Art seiner Er-
krankungen, ihre Häufigkeit und Dauer (Verweilen im Lazarett,
Fehlen in der Klasse).
a. Erkrankungen an akuten und chronischen, örtlichen
und allgemeinen, inneren und äu&eren Krankheiten, mit
Ausschluls der Nervenleiden.
b. Erkrankungen des Nervensystems, die mehr oder
weniger den im Schulalter Stehenden eigentümlich sind, und
unter denen die Neurasthenie die grö&te Bolle spielt.
325
Für eine genauere Darlegung dessen, was man dem
EinfloTs der Sohnle nnd was demjenigen der häusliohen Ver-
hältnisse zuzuschreiben hat, ist es notwendig, erstens dort, wo
sich die Möglichkeit bietet, Paralleluntersuchungen von nicht
lernenden £lindem, welche im Schulalter stehen, yorzunehmen
und zweitens periodische Ermittelungen an einer kleinen Gruppe
Yon Schülern im Verlaufe ihrer mehrjährigen Schulzeit an-
zustellen.
Die Mühe der ZusammenstelluDg des Programms haben
folgende Herren für die einzelnen Abschnitte übernommen:
I. a. J. A. Dmitrijbw, I. b. A. S. Wirbnius, II. a. und b.
W. W. GoRiNJBVSKY, m. a. E. Ju. Pbtri, D. P. Nikolskt
und G. A. Pbdorow, m. b. und o. A. S. Wirbnius, IV.
P. F. Kaptsrbw, V. a. N. J. Bistrow, J. J. Lbbbdinsky,
N. J. TiCHOMiRow, N. J. LuNiN, A. K. Limbbrg, V. b. N. N.
NiBOHBGORODZEW. Ergänzungen des Programms in Bezug auf
die weiblichen Erziehungsanstalten und die abendliche Be-
leuchtung der Sohulzimmer sind von P. D. Eneo geliefert
worden. Zur Übersetzung desselben in die deutsche Sprache
zum Zweck der Veröffentlichung in Kotelmanns Zeitschriß
fUr Schulgesundheitspflege erklärte sich Dr. Grimm bereit.
Aufserdem nahmen an den Arbeiten der Kommission noch
teil E. Ch. HiGHTBR und W. P. Wolbns. Die Sitzungen
fanden unter dem Präsidium yon A. S. Wirbnius statt.
Bei der Vorlegung eines solchen ausführlichen Programmes
bleibt es natürlich der Einsicht der Forscher überlassen, das-
selbe einzuschränken und die eigene Mühe durch Erlangung
Ton Daten seitens der Pädagogen zu verringern. Auiserdem
hat die Kommission es für nötig gehalten, dieses Programm
durch ein anderes verkürztes für Massenuntersuchungen der
Lernenden durch die Schulärzte zu ergänzen, dem eine kurze
Erklärung vorausgeschickt ist; die Abfassung des letzteren
röhrt von A. S. Wirbnius und J. A. Dmitrijbw her.
BT : Kleidiug,
lernen.
nig«n Fachen),
Sinnesoigue
ns, Sprechens,
üemenden b
hüler. «.All-
er Lernenden.
er.
rang, wo der
it liat
Dort Fabrik,
onveraemaiits-
riken.
lirgig, trocken
i&, einem Sm,
327
3. Welches Klima hat der genannte Ort, kaltes oder heiTses,
trockenes oder fenohtes, nnd was für ein Wetter herrscht vor,
klares, sonniges oder trübes? Bestehen vielleicht starke tägliche
Temperatorschwanknngen ?
4. Wie lange währen an dem betreffenden Orte die Jahres-
zeiten (Frühjahr, Sommer, Herbst, Winter), und in welchem
Monat beginnt jede derselben?
5. Welches ist die Beschaffenheit des Erdbodens nnd des
Trinkwassers (Härte, Weichheit)?
6. Beyölkemng des Ortes: dicht oder spärlich, reine Basse
(Angabe derselben) oder gemischt; im letzteren Falle ans
welchen Bässen?
7. Herrschender Grlanbe: Beligionen, Konfessionen und
Sekten.
8. Verbreitung der Fähigkeit, zu lesen und zu schreiben,
sowie der Bildung überhaupt. Welche Lehranstalten bestehen?
9. Hauptsächliche Beschäftigungsarten der Bewohner:
Ackerbau, Viehzucht, Handwerke, Handel, Fabrikarbeit.
b. Die Familie, in welcher der Schüler heranwuchs.
10. Bestand der Familie: Eltern, Groüseltem, Onkel,
Tanten xmd andere Verwandte. Zahl der Kinder, der Knaben
und Mädchen. Wenn einer gestorben ist, in welchem Alter
und an welcher Krankheit?
11. Allgemeiner Charakter der Familie: einträchtig, oder
bestanden häufig Streitigkeiten? Die einflufsreichsten Glieder
der Familie.
12. Die Nationalität und die Konfession der Eltern; ihre
Beschäftigung und ihr Stand. Profession der nächsten Vor*
fahren.
13. Die materiellen Verhältnisse der Eltern : genügende
oder ärmliche Existenz ? Die Wohnung der Familie : eng oder
geräumig? Zahl imd Einrichtung der Zimmer.
14. Der physische Zustand der Eltern: kräftige oder
schwache Gesundheit? Leiden sie an £[rankheiten (an welchen?)
oder nicht? Ihre Lebensweise.
15. Wieviel Jahre alt waren Vater und Mutter bei der
328
&ebart des Kindes? War die 'Ehe der Eltern die eiste,
zweite oder dritte? Sind dieselben Blntsrerwandte?
16. Psychische Eigenschaften der Eltern: Stofe nnd Art
ihrer Bildung; harter oder weicher Charakter, freundlich oder
streng? Interessieren sie sich für allgemeine Fragen? Bestellt
im Hanse irgend eine Bibliothek, werden Zeitungen mid
Journale gehalten?
17. Haben die Eltern persönlich an der Erziehung der
Kinder teilgenommen, oder haben sie dieselbe anderen Personen
überlassen, einer Wärterin, Verwandten, Gouvernante? Im
zweiten Falle, wie grofs war der EinfluTs der letzteren?
18. Liebten die Eltern ihre Kinder ganz gleich oder
nicht? Wer yon den Eltern stand den Kindern nfther, der
Vater oder die Mutter?
c. Der Schüler.
Die physische Seite desselben.
19. Wie wurde das Kind geboren: kräftig, mittelsfaiTk
oder schwach? Gewicht und Körperlänge bei der Geburt
20. Wurde das Kind von der Mutter, von einer Amme
oder künstlich genährt?
21. Verlief das Zahnen leicht oder schwer? Ereignete
sich irgend etwas Besonderes während desselben?
22. Wann fing das Kind zu gehen an?
23. An welchen mehr oder weniger schweren Krankheiien
hat dasselbe in der Zeit yor dem Schulbesuche gelitten?
24. Zeigten sich irgendwelche Hemmnisse im Wachstum
und in der physischen Entwickelung, und falls solche vorkamen,
welches waren die Ursachen derselben?
25. Die Verhältnisse, unter denen das Kind lebte: Hatte
dasselbe ein besonderes Zimmer, eventuell wie grois war dss*
selbe, und wie war es beleuchtet? Beschaffenheit der Emähning?
Zeitdauer des Schlafes? Machte das Kind täglich Spazie^
gänge in der freien Luft und während wieviel Stunden
ungefähr? War genügend Zeit vorhanden für Spiele und
körperliche Übungen?
329
26. Sind Fehler oder Mangel des G^chts, Gehörs, QemohB,
Geschmacks oder Gefühls bemerkt worden?
27. Wie war das Kind vor dem Eintritt in die Schule:
lebhaft» kräftig, interessiert fttr Leibesübungen, oder trftge, wenig
beweglich, schwach?
d. Der Schüler.
Die psychische Entwickelang desselben.
28. Wann hat das Kind zuerst sprechen gelernt? Stiefs
es bei der Erlernung der Sprache anf irgendwelche besondere
Schwierigkeiten ?
29. Hat das Eand längere Zeit mit Kameraden oder mit
Erwachsenen verbracht? Wer waren die Kameraden und wer
die Erwachsenen?
30. Wie benahm sich das Kind gegenüber den Brüdern,
Schwestern, Ge&hrten? Liebte es sie oder nicht? Zeigte es
bei den gemeinschaftlichen Spielen Neigiug zu befehlen, oder
begnügte es sich mit einer untergeordneten Bolle? Suchte es
vielleicht mit Putz zn glänzen?
31 . Besals dasKind viel Spielzeug, das ihm von Erwachsenen
geschenkt worden war, oder muTste es sich selbst Mittel zur
Zerstreunng verschaffen?
32. Erzählte man ihm Märchen und mitunter schauerliche
Oeschichten?
33. Wann fing man an, das Kind Schreiben, Lesen,
Rechnen und andere Dinge zu lehren, und mit welchem
Erfolg, nnd unter wessen Leitung fand dieser Unterricht statt ?
34. Lernte das Kind fremde Sprachen ? Wie früh begann
66 dieselben zu lernen, mit welchem Erfolge, nach welcher
Methode, mündlidi oder durch Bücher?
35. Trieb es Musik imd Gesang? Wann fing es an sich
hiermit zu beschäftigen, unter wessen Leitung und mit welchem
Erfolg ?
36. Liebte es zu lesen, und was ftir Bücher las es
Torzugsweise?
37. Konnte es sich lange ununterbrochen ohne Ermüdung
330
und eintretende Gredächtnissohwftclie geistig beschäftigen, und
wieviel Standen dieser Bescliäftigang kamen auf den Tag znr
Zeit des ersten Unterrichts und in späteren Jahren?
38. Trieb das Kind die verschiedenartigen Lehrgegenstfinde
nach eigenem Ermessen oder auf den Rat von anderen?
39. Hat es RuTsIand oder das Ausland bereist, MnfleeD,
Theater, Eremitagen besucht, und welchen Einfluß haben diese
Reisen und Besuche auf dasselbe geübt?
40. War es vor dem Eintritt in die Schule in irgend
einem Eindergarten oder einem Eindererziehungshaus unter-
gebracht, und wie war das Resultat?
41. Welche vorherrschenden Neigungen sind bei dem
Kinde bemerkt worden, solche zu Büchern oder zur Hand-
arbeit, zur Beobachtung der Natur, zur Mathematik u. s. w.?
42. Wurde vielleicht ein besonderer Starrsinn wahr-
genommen, oder war das Kind nachgiebig? Zeichnete es sieb
durch List, Böswilligkeit, Rachsucht, krankhafte EigenUebe
aus? Konnte dasselbe sich beherrschen?
43. War es zartfühlend, eindrucksfähig, weinerlich, empfind-
lich, ängstlich, exaltiert oder nicht?
44. Zeichnete sich das Kind durch Wahrheitsliebe oder
Neigung zum Lügen aus? Li letzterem Falle, welches waren
die Ursachen der sich entwickelnden Lügenhaftigkeit?
45. Zeigte das Kind sich zerstreut oder nachdenklich,
offen oder verschlossen? Liebte es die G-esellschaft von
Kameraden, oder zog es vor in der Einsamkeit zu bleiben?
Waren ihm Unternehmungslust, Energie oder Passivität eigen-
tümlich? Folgte es leicht anderen und ordnete sich ihren
Anweisungen unter?
46. Wurde von dem Kinde strenge Beachtung der Haas-
ordnung und der Familiendisciplin verlangt, oder war es in
seinen Handlungen so gut wie gar nicht beschränkt?
47. Wie benahm man sich gegen das Kind? Wurde
ihm bei dem ersten Verlangen seinerseits sofort Hilfe gewährt,
oder war dasselbe mehr den eigenen Kräften und der eigenen
Erfindungsgabe überlassen?
331
Abteilung V.
Die medizinisohe Yersorgnng der Lehranstalt.
1. Jbt ein Arzt in der Anstalt angestellt? 2. Wem ist er
nntergeben? 3. Besteht eine Instruktion für denselben?
Abteilung V. a.
Erkrankungen der Schüler vom klinischen Standpunkte aus.
Nomenklatur für den schulärztlichen Kechenschaftsbericht.
I. Ansteckende Ejrankheiten. ü. Epizootien. m. All-
gemeine Ernährungsstörungen. lY. Ejrankheiten des Blutkreis-
laufes. V. Ejrankheiten der Bespirationsorgane. VI. Ejrank-
heiten der Verdauungsorgane und der Bauchhöhle. VII. Krank-
heiten der Leber. YITL Krankheiten der Hamorgane.
IK. Krankheiten der Geschlechtsorgane. X. Krankheiten des
Auges. XI. Krankheiten des Ohres. XII. Krankheiten der
Haut und des ünterhautbindegewebes. XTTT. Krankheiten der
Lymphgef&fse, der Lymph- und anderer Drüsen. XIV. Krank-
heiten der Bewegungsorgane. XV. Verletzungen. XVI. Ver-
giftungen. XVn. Geschwülste. XVIII. Angeborene Ent-
wickelungsfehler.
Vorstehendes Programm, in welchem streng systematisch
die Haupterkrankungen der Schüler verzeichnet sind, muTs für
den Schularzt als Leitfaden bei der Elassificierung der Krank-
heiten in der Lehranstalt, besonders aber im Lazarett der
Internen betrachtet werden. Zudem soll dasselbe als Grund-
lage für den statistischen Rechenschaftsbericht über die Er-
krankungen der Lernenden dienen und dadurch die Möglichkeit
bieten, zur wünschenswerten Einheit betreffs der Einteilung
der Erkrankungen in sämtlichen Schulen zu gelangen.
Abteilung V. b.
Erkrankungen der Lernenden vom medizinisch-pädagogischen
Standpunkte aus.
Bei der Frage nach dem ursächlichen Zusammenhange
zwischen dem Unterricht und dem Gesundheitszustand der
Schüler ordnet man am besten alle bei denselben beobachteten
332
Krankheiten in yier charakteristisohe Gruppen, die in vieler
ßezielinng von den in kliniflohen Anstalten gebräuchlicben
Krankheitsgruppen abweichen.
Diese vier Gruppen seien in folgendem angeführt:
1. Krankheiten, die sich unmittelbar infolge ungünstiger
sanitärer Verhältnisse der Schule und des Unterrichts ent-
wickeln:
a. Nasenbluten, Kurzsichtigkeit, Yerkrämmungen der
Wirbelsäule, Blutarmut, Kopfschmerzen, Hysterie, vasosym-
pathische, vasomotorische, cerebrospinale Neurasthenie.
b. Chirurgische Krankheiten, die durch anormale VerhSlt-
nisse, ungenügende Hilfsmittel beim gymnastischen Unterrichte,
unzureichende Aufsicht, mangelhafte Disciplin oder dergl., ent-
stehen: Wunden, Quetschungen, Verstauchungen, Verrenkongen,
Knochenbrüche, Brüche.
2. Krankheiten, zu denen die Neigung infolge ungünstiger
Bedingungen der Schule und des Unterrichts erworben wird:
Lungentuberkulose, Verdauungsstörungen, Erkrankungen der
Mandeln, akute und chronische Bachenentzündung, Magen-
und Darmkatarrh, chronischer Schnupfen, nicht ansteckende
Lid- und Bindehautkrankheiten der Augen, Krankheiten der
Lymphgefälse und Lymphdrüsen (Lymphangitis und Lymph-
adenitis), sexuelle Verirrungen (Onanie).
3. Krankheiten, welche in der Schule einen geeigneten
Boden für ihre Entwickelung und Weiterverbreitung finden:
a. Ansteckende Krankheiten: Masern, Röteln, Scharlach,
Pocken, Wasserblattem, Flecktyphus, Unterleibstyphus, Büok-
fallsfieber, Diphtheritis, Influenza, Keuchhasten, Mumps, epi-
demische Hirn- und Bückenmarkshautentzündung (?), Böse,
ägyptische Augenkrankheit (Trachoma).
b. Parasitäre Krankheiten: Fayus, Herpes tonsurans, Krätze.
4. Krankheiten, die in der Schule günstige Bedingungen
für ihre Verschlimmerung und ihren verlängerten Verlauf an-
treffen: Konstitutionelle Leiden: Skrofulöse, Erkrankungen der
Kreislauf- und Atmungsorgane, Kropf, Wachstumskrankheiten
(Maladies de croissanoe).
333
Anhang I. Eintritt der Gesohleohtsreife bei den Sohülem.
Anhang ü. Ferienkolonien.
Abteilung V. c.
Nerven-, bezw, Geisteekrankheiten nnd Abweichungen von der
Norm in nenrös-psychischer Beziehung.
1. Erbliche Anlage: Sind bei a. dem Vater, b. der
Mutter, 0. dem Grofsvater, der Groftmutter, d. den Onkeln,
Tanten beiderseits, e. den Brüdern oder Schwestern 1. nervöse
Krankheiten, 2. Geistesstörungen, 3. Selbstmord, 4. Verbrechen,
5. Trunksucht, 6. Schwindsucht vorgekommen?
2. Anzeichen von Entartung: Anomalien des Schädels:
Spitzkopf, Asymmetrien verschiedener Art, Eindruck an der
Stelle der gro&en Fontanelle; der Augen: Albinismus, Un-
gleichheit in der Färbimg der Regenbogenhäute, Oolobom der*
selben, angeborenes Schielen; der Nase: Schiefheit derselben;
der Ohren: angewachsene Ohrlappen, nicht genügende Ab-
grenzung der Teile der Ohrmuschel, ungewöhnliche Grölse oder
Kleinheit der Ohren; der Zähne; des Mundes und Gnumens:
steiler und schmaler, flacher und breiter Gaumen, Hasenscharte,
Spaltung des Gaumens; des Skeletts und der Extremitäten;
der Geschlechtsorgane: Oryptorchia, Hypospadie, Epispadie,
Phimose ohne Hypertrophie und Verlängerung der Vorhaut u. a.
3. Häusliche Erziehung : a. vernachlässig^; das Kind war
sich selbst überlassen, b. sehr milde, verzärtelnde, c. strenge,
bezw. grausame, d. übermäfsige mit zuviel Aufsicht und Dressur,
e. vorzeitige, auf eine zu frühe Entwickelung des Geistes gerichtete.
Anhang: Fand ein Zusammenleben a. mit geisteskranken
oder stark nervösen Eltern, Verwandten, eventuell b. ein solches
auflschliefslich mit Erwachsenen statt?
4. Hat das Kind gelitten an: a. akuten Infektionskrank-
heiten (Typhus, Scharlach u. s. w.), b. akuten Gehimleiden
(Himentzündung), c. konstitutionellen Erkrankungen (Skrofulöse,
englische Krankheit, ungenügende Ernährung), d. Eingeweide-
wQrmem, e. Krankheiten der Nase und des Ohrs? Hat es
öfter längere Zeit gehungert?
'■^;iai
334
5. Erlitt dasselbe Verletzongen, namentlich des Kopfes
(Kontusionen, Wunden), und waren dieselben von groisan
Schrecken und nachfolgenden Störungen der Bewegungsoigane
begleitet?
6. War es starken Gemütsbewegungen (Affekten), seien es
a. dauernde oder b. plötzliche, in der Familie und in der
Schule (Furcht yor Strafe) unterworfen?
7. a. Hat es sich ergeben, oder ergibt es sich a. der Onanie,
(Masturbation), ß. widernatürlichen Geschlechtsvereinigniigen
(Pftderastie)?
Anmerkung: Es ist geraten, diese Fragen für dieVer
gangenheit zu stellen.
b. Wann trat die Menstruation ein, mit welchen Er-
scheinungen war dieselbe verknüpft, ist sie regelm&lkig, in
welchen Perioden stellt sie sich ein, ist sie yielleicht mit
nervösen oder psychischen Störungen verbunden?
8. Wurden von irgend welchen besonderen Erscheinnngen
nervöser oder psychischer Art (ernste Veränderungen im Charakter)
begleitet a. die Periode des stärksten Wachstums (ungefähr 10.
bis 14. Lebensjahr bei den Mädchen, 12. bis 17. Lebensjahr
bei den Knaben); b. die Periode der G^chlechtsreife?
9. Sind überhaupt Anzeichen bemerkbar a. einer neoro-
pathischen Konstitution: grofse Neigung zu Erkrankungen über-
haupt, im besonderen der Schleimhäute, und verstärkte Reaktion
nach jeder Einwirkung; Anlage zum Irrereden und zu Hallnei-
nationen bei fieberhaften Krankheiten; äuiserste Erregbarkeit
des vasomotorischen Systems (plötzliche Röte oder Blässe im
Gesicht); Herzklopfen, präkordiale Angst; vermehrte reflektori-
sche Erregung, leichtes Eintreten von Krämpfen; sehr grolse
Reizbarkeit der Gefühlsnerven, der Sinnesorgane, des Geftfr
Systems und langes Andauern der Reizwirkung; besondere
Idiosynkrasien; b. einer psychopathischen Konstitution: häufige
und grundlose Veränderungen der Gemütsstimmung, pathologische
Affekte, eigentümliche Sympathien und Antipathien, ungewöhn-
liche Erregbarkeit in der Sphäre des Gefühlslebens und der
Phantasie?
335
10. Ist Bpeoiell wahrzunelimen : a. ungewöhnliche Heftig-
keit, die mitunter bis zu Anfilllen von Wnt nnd Tobsucht sich
steigert, sowohl in der Schule, wie in der Familie? An-
merkung: Liegt in diesem Falle vielleicht Onanie vor?
b. diese oder jene Art krankhafter Furcht, z. B. Platzangst
(Agoraphobie), Furcht vor einem eingeschlossenen Baum, vor
Berührung mit gewissen Gegenständen, vor Einsamkeit; c. irgend
welche Zwangsidee oder Zwangsthätigkeit, z. B. unwidersteh-
licher Impuls zur Vergewaltigung, Zerstörung ; perverse Sexual-
empfindung; e. grolse Neigung zur Nachahmung; f. un-
genügende Entwiokelung des sittlichen Gefühls oder Ab-
stumpfung desselben (Hang zu Lüge, Diebstahl, Boheit gegen
Kameraden und Tiere)?
11. a. Wie sind die geistigen Fähigkeiten des Schülers,
g;at, mittelmäfsig oder beschränkt? b. Entsprechen dieselben
den von der Schule gestellten Anforderungen, oder c. besteht
eine Überbürdung als Folge des unrichtigen Verhältnisses
zwischen den Geistesgaben des Schülers und den Forderungen
der Schule?
12. Unterzieht derselbe sich überhaupt starken Geistesanstren-
gongen, überbürdet er sich selbst, abgesehen von dem unter 11c
Gesagten?
13. Welche mehr oder weniger beständigen Erscheinungen
seitens der Nerven- und Geistessphäre werden in der Prüfangs-
zeit und nach derselben beobachtet; zeigt sich speciell eine
nervöspsychische Herabstimmung mit nachfolgender Erregung?
14. Existiert vielleicht: a. periodisch sich wiederholende
psychische Depression und Exaltation; b. äufserst rasch ein-
tretende Ermüdung im allgemeinen und der Aufmerksamkeit
bei geistigen Beschäftigungen im besonderen, verbunden mit
Abneigung gegen letztere?
15. Welche Veränderungen in neuropsychischer Beziehung
bemerkt man im Verlauf und zu Ende des XJnterrichtsjahres
im Vergleich mit dem Anfang desselben? Wann treten die-
selben ein? Währen sie auch in der Ferienzeit oder ver-
schwinden sie?
336
Anmerknng: Es ist eine Charakteristik des ScküleTB
in nenropsychischer Hinsicht fär das erste Jahr nach dem
Eintritt in die Schnle und nach Verlauf einiger Zeit
wünschenswert.
16. Erkrankungen während des Schulalters: 1. Kopf-
schmerzen (Cephalalgie scolaire, Schulkopfweh) mit naohfolgenden
Kongestionen zum Kopf, 2. Kop&chmerzen, die durch Anomalien
der Augen veranlaist werden : a. muskuläre Asthenopie infolge
von Insufficienz der Musculi recti interni, h. accommodative
Asthenopie mit gröberer oder geringerer Anomalie des Muscoliis
ciliaris, c. nervOse Asthenopie, 3. Migräne (Hemicrania),
eventuell ob erblich?
17. a. Hartnäckige, langdauemde Schlaflosigkeit und ver-
schiedene Abweichungen vom normalen Schlaf, b. Schwindel
und Ohnmächten, c. Gastralgie, d. nervöse Dyspepsie, e. Som-
nambulismus, f. Herzpalpitationen nervösen Ursprungs.
18. Neurasthenie.
19. Hysterie (beider Geschlechter).
20. Chorea: a. kleine Sydenhams, b. chronische, ererbte
Huntingtons.
i 21. Epilepsie: a. grand mal, b. epileptischer Schwindel
(petit mal, Vertigo epileptica).
22. Neuralgien.
23. Stottern.
24. a. Gewöhnliche krampfhafte Zuckungen (Tic convnlsif
vulgaire), b. die Krankheit der krampfhaften Zuckungen
(Maladie des tics convulsifs, le grand tic convnlsif Oharoots).
Werden beobachtet: a. krankhafte Zuckungen im Gesicht, am
Rumpf, an den Extremitäten, dem Atmungs- und Sprech-
apparate, welche Ähnlichkeit mit physiologischen Bewegungen
haben, Ausstofsung von Tönen, Schreien, wiederholte krampf-
artige Gesten und Bewegungen, z. B. Kratzen, Streichen des
Schnurrbarts, der Wangen, der Leistengegend, Erheben der
Schultern, eigentümliche Bewegungen der Finger, der FfiTse;
ß, Nachahmung von Worten (Echolalie), Gesten und Bewegongen
(Echokinesie) anderer Personen; y, unwillkürlicher Gebrauch
337
Yon Schimpfw^orten (Koprolalie); d. BeBtehen gleichzeitig mit
den obenerwähnten Erscheinungen Zwangsideen und Zwangs-
impulse?
Anmerkung: Diese krampfhaften Bewegungen ganzer
Mnskelgruppen unterscheiden sich von den mehr langsamen,
abgerundeten, anhaltenden, choreatischen Bewegungen durch
Plötzlichkeit, Intensität und periodisches Auftreten. Der
Symptomenkomplex der Krämpfe, der Echolalie, der Echokinesie
nnd der Zwangsideen stellt die erst vor kurzem erkannte und
in der Wissenschaft noch nicht vollständig eingebürgerte Krank-
heit der krampfhaften Zuckungen dar. Sie hat eine hervor-
ragende ärztlich-pädagogische Bedeutung, wie auch jede der
angeffihrten pathologischen Erscheinungen, wenn sie für sich
beobachtet wird. Alle diese Symptome besitzen eine gro&e,
Aolserliche Ähnlichkeit mit dem normalen Verhalten, infolge-
dessen sie häufig für letzteres gehalten werden. Andererseits
können dieselben leicht als Unart und absichtliche Verletzung der
Schuldisciplin gelten und so Bestrafung und Oegenmafsregeln
nach sich ziehen, wodurch das Leiden nur verschlimmert und
der Kranke unnötig gepeinigt wird. Zugleich sind sie den
geistigen Beschäftigungen und den körperlichen Übungen hinder-
lich. Die Sache wird noch verwickelter einerseits durch das
Bestreben des Schülers, sein Leiden zu verheimlichen, was
auch zu Zeiten bis zu einem gewissen Grade gelingt, anderer-
seits durch das unzweifelhafte Vorhandensein sämtlicher Geistes-
gaben desselben. Diese Krankheit, eine schwere Form von
Entartung, tritt schon im frühesten Kindesalter auf, verschlim-
mert sich in der Zeit der Geschlechtsentwickelung, verläuft in
Perioden von gvö&erer oder geringerer Heftigkeit und wird
von AnfUlen starker Erregung, die mitunter sich bis zur Wut
steigern, begleitet.
25. Geisteskrankheiten: a. Lresein des jugendlichen Alters
(Hebephrenia), b. angeborene primäre Verrücktheit (Paranoia
origbaria), c. moralisches Lresein (Moral insanity, Lisania
moralis).
26. a. Selbstmord, b. Selbstmordversuch.
BehalcMvndhtltapflet« VU. 22
338
Abteilung V. d.
üntersnohnng der Zähne.
KlafisifikatioD der Verändenmgen der Zähne.
a. Fehler der Bildung und Entwickelung.
b. Erworbene Veränderungen.
Abteilung Y. e.
Programm für die Untersuchung des Sehorgans.
Abteilung V. f.
Krankheiten der Ohren, der Nase und des Kehlkopfes.
a. Krankheiten der Ohren.
b. Krankheiten der Nase und des Kehlkopfes.
Yerkfirztes Untersuchungsprogramm.
Erklärende Vorbemerkung.
Wenn man ein ausführliches Programm zur üntersaohang
des sanitären Zustandes der Schule und der Lernenden, das
nur bei einer kleinen Anzahl von Schülern anwendbar ist, sm
Verfügung hat, so ist es dennoch wünschenswert, auch ein
solches Programm zu besitzen, in welchem nur die Haupt-
fragen kurz zusammengefa&t sind. Denn damit ist die Möglioh-
keit gewährt, dasselbe bei einer viele Schüler umfassenden Lehr
anstali anzuwenden, oder, was noch wichtiger ist, die ünte^
Buchung bei einer bestimmten Gruppe Lernender im YerUufe
der ganzen Schulzeit, vom Besuche der ersten bis zu demjenigen
der letzten Ellasse hin, fortzusetzen.
Ln folgenden wird das verkürzte, von Dr. WnusNiüS ye^
faCste Programm angegeben.
L
A. Mediko-sanitäre Untersuchung betreffs der Periode
vor dem Eintritt in die Schule.
1. Vor- and FamiUenname.
2. Tag, Monat, Jahr d«r G«bart.
839
3. Glanbensbekenntnifi.
4. Ort der Gebort (Goavemement, Kreis, Stadt oder Dorf).
5. Wo lebte der Betreffende vor dem Eintritt in die Schule?
6. Alter des Vaters nnd der Mutter. (FaUs ein^ von
ihnen gestorben ist, so ist anzuführen, wann und wie alt er
gestorben.)
7. Nationalität des Vaters und der Mutter, sowie Glaubens-
bekenntnis derselben.
8. Profession der Eltern.
9. Gesundheitszustand des Vaters und der Mutter. (Wenn
einer von ihnen gestorben, so ist anzugeben, an welcher
Krankheit.)
10. Wie war der Gesundheitszustand des Kindes bis zum
Eintritt in die Schule? Woran hat es am häufigsten gelitten,
ansteckende Krankheiten nicht mitgerechnet?
11. Hat das Kind vor dem Eintritt in die Schule Krippen,
Kindergärten oder dergl. besucht?
12. Wurde der Unterricht früh begonnen? Welcher Lehr-
gegenstand Yomehmlich (Sprachen, Musik)?
13. Wozu besteht eine besondere Neigung, zu geistigen
Beschäftigungen, Künsten, Spielen?
14. Eigentümlichkeiten des Charakters (Zerstreutheit, Aus-
dauer, Verschlossenheit, Lebhaftigkeit, Trägheit, Herrschsucht).
B. Ärztliche Besichtigung.
a. Ohne den Schüler zu entkleiden.
Anmerkung: Die Besichtigung eines entkleideten Schülers
Iiat in einer Lehranstalt viele Unbequemlichkeiten, während das
Ausfragen und die Untersuchung eines angekleideten meist die
Möglichkeit bietet, weder durch Ort noch Zeit beengt zu sein,
ja sogar in jedem günstigen Augenblick, gleichsam im Vorbei-
gehen, geübt zu werden. Es sei noch bemerkt, dals viele Ant-
worten, die man bei passender Gelegenheit nebenbei erhält,
zuverlässiger sind, als solche, welche bei einer mehr oder
weniger offiziellen Untersuchung in Gegenwart der Mitschüler
als Zeugen erlangt werden.
22*
340
1. Länge des Körpers in cm (ohne Stiefel).
2. Snbmaxillardrüsen : ver^lsert oder normal, hart oder
weich, schmerzhaft, geschwollen?
3. Zähne; Zahl der kariösen: 1, 2, 3 oder mebiero?
Schmerzen sie oft nnd wann?
4. Ist Röte der Wangen vorhanden oder nicht?
5. Brechkraft der Angen.
6. Sehschärfe.
7. Krankheiten der Angen und Augenlider.
8. Das Gehör; die Hörschärfe.
9. Krankheiten des Ohrs.
10. Krankheiten der Nase: Nasenbluten, ohroDisoker
Schnupfen.
11. Rachen, Mandeln.
12. Fehler der Sprache: Stottern, Lispeln u. s. w.
13. Asymmetrie des Schädels und des Gesichts ; Anomalien
der Entwiokelung.*
b. Nach Entkleidung des zu Untersuchenden.
1. Körperbau: kräftig, mittelmäisig, schwach.
2. Haut (auf der Brust): dünn, dick, zart, anämiseh»
torpid, elastisch.
3. Die Vacjßination : Zahl der Imp&arben an der linken
und rechten Schulter.
4. Unterhautfettgewebe: keines, wenig, viel.
5. Muskelkontraktion:' Werden die Muskeln stark an-
gespannt oder nicht, d. h. sind sie kräftig, mittelstark oder
schwach?
6. Kraft der Hände und Schenkel' (mit dem Dynamometer
nach g zu bestimmen).
^ Nähere Angaben über diese nicht häafig vorkommenden AnomalieD
können auch in besonderen Anmerkungen der Tabelle, beiw. in dem
Gesundheitsatteste des Schülers gemacht werden.
' Zusammenziehung der Muskeln des Ober- und Vorderarms beim
Beugen.
' Die Untersuchung der Kraft mittelst des Dynamometers ist nur
bei Sohülem von 15 bis 16 Jahren und darüber erlaubt.
341
7. Vitale Lungenkapaoitftt (mittelst des Spirometers naoh
ocm anzageben).
8. Ban der Brust: lang, gewölbt, flach, seitlich zusammen-
gedrückt, eingeengt, Pectus carinatom et suboarinatnm (sich
der Hühnerbrnst nähernd).
9. Umfang der Bmst beim ruhigen Atmen in cm.
10. Umfang der Bmst beim tiefsten Einatmen in cm.
11. ümfiemg der Bmst beim stärksten Ausatmen in cm.
12. Unterschied zwischen den beiden letzten MaCsen (10
und 11).
13. Beschaffenheit des Herzens: Herzstofs: schwach, mäfsig,
stark; Puls: Zahl der Schläge.
14. Rücken. Abweichung seiner Teile von der Norm:
hohe Schultern, krummer Bücken, rechte oder linke Schulter
höher, mit ihrem inneren Bande vorstehende Schulterblätter,
Schulrücken.^
15. Verkrümmung des Rückgrats: Kyphosis, Scoliosis,
Lordosis.
16. Leib: groiser, mittlerer, kleiner (eingezogen) Umfang
desselben.
17. Liegt ein Bruch vor und wo? Liguinal-, Hodensack-,
Nabelbmch, links oder rechts?
18. Geschlechtsteile: grols, unentwickelt, dem Alter nicht
entsprechend, hängender Hodensack.
(Bei den Mädchen die Daten betre& der Menstruation, der
Zeit des ersten Auftretens, der Dauer.)
19. Körpergewicht in g.
C. Geistige Eigentümlichkeit des Schülers.
1. Bef^gung: gute, mittlere, schwache (wird durch die
Dnrchschnittscensur für das verflossene Jahr bezeichnet).
^ Schalracken bezeichnet eine Form des RüokenB, die zwischen dem
gekrfimmten Bücken und dem Buckel in der Mitte steht und besonders
den Lernenden in den höheren Klassen der lüttelsohalen, vor allem der
Oyiuiasien, eigen ist, und zwar im Alter von 16, 17 und mehr Jahren.
342
2. Fortsohritte (mittleres Zengnis ans allen Lelirgegen-
ständen für das abgelanfene Jahr).
3. In welchem Lehrgegenstande zeigte der Lernende den
gröfsten Fortschritt?
4. Belohnungen: nicht ausgezeichnet, erste Belohnnog,
zweite n. s. w., lobenswert.
5. Benutzt er zu Hause die Hilfe eines Repetitors? Gibt
er selbst Stunden?
6. War er, eventuell wie lange von dem ünterrricht in der
Gymnastik, dem Zeichnen, dem Singen befreit?
7. Sind Anzeichen von Überbürdung vorhanden?
D. Sittliches Verhalten des Lernenden.
1. Aufführung (Durchschnittszeugnis im Betragen für das
verflossene Jahr).
2. Zahl der Übertretungen im abgelaufenen Jahre.
3. Zahl der Bestrafungen im Jahre.
4. Versäumnisse der Stunden a. wegen Krankheit, b. aus
anderen triftigen Gründen, c. aus nicht stichhaltigen Gründen.
E. Hygienische Verhältnisse des Schülers.
1. Wann legt der Schüler sich schlafen, und wann steht
er auf? Wieviel Stunden schläft er?
2. Art des Schlafes: spät eintretend, so daijs der Be-
treffende nicht rasch einschläft, morgens unterbrochen, indem
der Schüler früher als gewöhnlich aufwacht, unruhig, anbiegt,
von beängstigenden Träumen begleitet; Mondsucht.
3. G-eht der Lernende täglich spazieren und wieviel
Stunden?
4. Wohnung, ob feucht, trocken, kalt, sehr heils.
5. Werden zu Hause die Fenster geöffnet und wann?
6. Kleidet sich der Schüler zu kühl oder zu warm? Trfigt
er ein Halstuch, Überschuhe?
7. Wäscht er sich mit kaltem Wasser, besonders den flals?
8. Geht er häufig in die Badestube?
9. Badet er sich im Freien? Nimmt er Wannenbäder?
343
10. Welche körperlichen Übxmgen treibt er im Sommer:
Budem, Segeln, Beiten, Yelooipedfahren?
11. Fährt er im Winter vom Eisberg?
12. Wieviel Mal am Tage ifst er?
13. Hungert er bisweilen, indem er kein Frühstück oder
Abendessen erhält?
14. Welchen Speisen gibt er den Yorzng: fetten, süisen,
festen (d. h. ohne Snppe), Mehl-, Fleischspeisen?
15. Welchen Geschmack hat er? Liebt er Salziges, Saures,
Pikantes, Scharfes? Gebraucht er Tabak und Spirituosen?
16. Trinkt er viel Wasser? (wieviel Glas am Tage?)
Von welcher Beschaffenheit ist dasselbe? Nimmt er es kalt
ans der WasserleituDg oder warm von Zimmertemperatur?
F. Kränklichkeit (Morbidität) des Zöglings.
1. Hat der Schüler Kopfverletzungen oder Verletzungen
anderer Körperteile erlitten?
2. Leidet er an Eingeweidewürmern, eventuell an welchen?
3. Sind Anzeichen von Onanie vorhanden?
4. Kränkelt er häufig und woran? a. Leidet er an
Schmerzen in der Herzgrube und wie oft? b. Kommt vielfach
Durchfall oder Verstopfang vor? c. Besteht Dyspepsie?
d. Sind Nervenstörungen vorhanden: Kopfschmerz, Schwindel,
Migräne (erbliche)? e. Zeigen sich Nervenkrankheiten: Neu-
ralgien, Hysterie, Epilepsie, tic convulsif vulgaire, le grand
tio convulsif u. s. w.? f. Sind konstitutionelle Krankheiten
nachweisbar: Skrofalose, Anämie, Khachitis, Inanition?
5. Anzeichen von Gemütsleiden (Gemütsverstimmung).
6. Ansteckende Krankheiten,^ welche vor dem Eintritt
m die Schule überstanden wurden.
^ Die ansteckenden Krankheiten werden folgendermaÜBen bezeichnet:
M. = Morbilli, R. = Babeola, So. = Scarlatina, V. = Variola, Vc. =
Varicellae, T. ex., T. ab., T. rec. = Typhus exanthematicus, abdominalis,
recurrens, Di. = Diphtheritis, Pn. = Pneumonia, Per. = Pertussis,
I^ftr. = Parotitis, F. = Favus, He. t. = Herpes tonsurans, Scb. = Scabies.
'.;«■
344
7. Ansteckende £[rankheiten während der Zeit des Schul-
besuches.
8. Ansteckende Hautleiden : Scabies, Favus, Herpes ton-
surans.
n.
Daten über den sanitären Zustand der Schale
in der Stadt (dem Dorfe) , Gouvernement
, Kreis
Zeit der Untersuchung: Jahr , Monat
Zahl der Schüler , darunter Halbpensionäre ,
Pensionäre
Zahl der Ellassen- und Parallelabteilungen.
Ortsbeschaffenheit: eben, abschüssig, hoch, niedrig, sumpfig.
Nächste Nachbarschaft: Berge, Wald, Fabriken, Kranken-
häuser, Markt.
Boden: Sand, Lehm u. s. w.; ist er verunreinigt, eventaell
womit?
Bezugsquelle des Wassers: Fluls, See, Teich^ Brunnen;
Beschaffenheit des Wassers: weich, hart, gut, schlecht.
Yorherrschende Nationalität der Ortsbewohner: Groisrnseen,
Kleinrussen, WeiJsrussen, Finnen, Tartaren.
Hauptsächliche Beschäftigung der Bewohner: Landbau,
Handel, Fischfang, Fabrikarbeit.
Flächenraum, der von der Lehranstalt eingenommen wird>
in Quadratfaden.
Nach welcher Himmelsrichtung liegt die Hauptfassade des
Gebäudes?
Zahl der Stockwerke, der Unterrichtsräume, der Zimmer
für sonstige Beschäftigungen.
Sind auiser der Schule im Gebäude untergebracht: Handels-i
Gewerbe-, öffentliche Anstalten, Wohnungen?
Baumaterial: Stein, Holz.
Fundament: fehlend; massiv oder nicht?
Erdgeschols (Souterrain): vorhanden oder nicht? bewohnt
oder nicht? Höhe.
345
ÄuAere Bekleidung der Wände: Putz, Bretter, Anstricli mit
Oel- oder LeirnfSeirbe. Dauerbaftigkeit der Wände.
Innere Bekleidung der Wände: Balken, Stncoatnr, Pappe,
Tapeten, Anstrioli mit Oel- oder Leimfarbe; Farbe der Wände,
der Decke.
Diele: mit Balkenunterlage oder ohne dieselbe, gut zu-
sammengefügt oder nicht, von Stein, Holz, gestrichen oder nicht?
Decke: ist sie verschmiert, hat sie eine Schüttung?
Dach: aus welchem Material, aus Brettern, Schindeln,
Eisen, Teerpappe? Dauerhaftigkeit desselben: regnet es durch?
Heizung: welcher Art sind die Oefen?
Lüftung: Klappfenster, Ventilatoren, Öfen mit Ventilation.
Vorzimmer: warm oder kalt? Wo werden die BJieider
aufbewahrt?
Ist ein Bekreationsraum vorhanden? Hat er sonst eine
Bestimmung: für Gymnastik, Gesang, Zeichnen?
Beleuchtungsmaterial: Kerosin, Gas; Lichtstärke jeder
Lampe. Auf wieviel Schüler kommt eine Lampe? Ent-
fernung der Flamme vom Tische.
Wie viel Schüler sitzen auf einer Bank? Sind die Bänke
mit den Tischen fest verbunden? Entsprechen die Subsellien
der Körpergröfse der Schüler?
Ma&e der Tische No. 1 bis 8: Höhe der Bank, Distanz,
Differenz; Zahl der Tische von jeder Nummer.
Aborte: geheizt oder nicht? im Schulgebäude oder getrennt
von demselben? besondere für Knaben und Mädchen? Von wo
werden die Abortöfen geheizt?
Erhalten die Schüler in der Schule irgend welche Be-
köstigung? Wo befindet sich die Küche? Kurze Beschreibung
der Kost.
Ist ein Lazarett vorhanden? wo befindet es sich imd unter
wessen Leitung? besteht beim Lazarett eine Abteilung für
ansteckende Krankheiten? steht dieselbe mit den übrigen
Eiankenzimmem in Verbindung, eventuell in welcher Weise?
Dauer des Lehrkursus und der Ferien.
Zahl der täglichen Stunden in den einzelnen Klassen.
346
Zahl der Zwisohenpausen und ihre Daner.
Art der Schreihutensilien, des Papiers und des DniokeB
der Lehrbücher.
Wird Gesang, Zeichnen, Handarbeit, irgend ein Handwerk
gelehrt?
Beschaffenheit der Bäume für diese Beschäftigungen and
Dauer der letzteren.
Welche Art von Gymnastik wird getrieben: Freiübungen,
Turoen an Geräten, Märsche, Spiele?
Wann wird dieselbe geübt: während der Unterrichtszeit,
in den Zwischenpausen oder nach den Stunden? Wo wird sie
betrieben: in den Klassen, im fiekreationsraume, auf dem Hofe?
Anmerkung: Bei der Auskunft über einzelne Fragen
kann das betreffende Wort unterstrichen werden; falls eine
genaue Antwort nicht möglich ist, lasse man die Frage un-
beantwortet.
Zar Myopiefrage.
Offener Brief an den Herausgeber dieser Zeitschrift.
Von
Dr. med. Ernst Pflügbr,
0. Professor der Augenheilkunde an der Universität Bern.
Bern, im Mai 1894.
Geehrter Herrl
Meine geehrten Kollegen, die Herren Professoren Stilung
und Sghm£DT-B.impler, haben in ihren Beiträgen zur Myopie-
frage, welche in Ihrer geschätzten Zeitschrift, Jahrgang VIi
7, 8, 9 und 11, sowie VII, 1 erschienen sind, mehrfach anf
die in Bern unternommenen Refraktions- und Orbitamessnngeo
sich berufen. Sie gestatten mir daher wohl eine kurze Er-
läuterung meiner persönlichen Stellung zu diesen Messungen,
347
sowie zu der Myopiefrage selbst. Die üntersnohnngen sind,
wie Herr Sohmidt-Rimplbr ans der Arbeit des Herrn
Jankowski ^Beitrag zur Myopiefrage^, Seite 9, richtig
herausgelesen hat, nicht von mir persönlich ausgeführt worden,
sondern von meinem damaligen ersten Assistenten, Herrn
Dr. EisSEN, z. Z. Augenarzt in Konstantinopel, während die
Bearbeitung des EissBNschen Materials geraume Zeit später
Ton Herrn Schwander angefangen, aber erst durch fierm
Jankowski vollendet worden ist. Mir hätte persönlich die
Zeit gemangelt sowohl zu den Messungen, die, sollen sie
wissenschaftlichen Wert beanspruchen, auJberordentlich skrupulös
ausgeführt werden müssen, als zu der Beschaffung des eigen-
artigen Materials erwachsener Personen.
Zudem schien es mir nicht zweckmäTsig, die Messungen
selbst zu imtemehmen, nachdem ich in dieser Zeitschrift, 1888,
No. 5, Seite 135—142, gegen die STiLLiNGsche Auffassung
Stellung genommen hatte, und zwar, weil es mir vorkam, dieser
Autor habe trotz seiner bahnbrechenden anatomischen Unter-
suchungen an Toten und Lebenden oder vielmehr wegen der-
selben die bisherigen klinischen Erfahrungen unterschätzt und
dadurch die eben aufgehenden schulhygienischen Bestrebungen
in G-efahr gebracht.
Der öffentlichen Einladung Stillings, in der Schweiz,
welche ihrer gemischten Bevölkerung halber sich hierfür besonders
zu eignen schien, seine Messungen zu kontrollieren, bin ich
bereitwillig nachgekommen, weil die Frage greises wissen-
schaftliches und praktisches Interesse besitzt, und weil man
einem Gegner, der mit so wuchtigem Material den Kampf
gegen die bisherigen Anschauungen aufnimmt, die Pflicht
Vorurteilsfreiester Nachprüfung schuldet. Mit Bücksicht hierauf
bielt ich es für richtiger, die Messungen durch einen Dritten,
Herrn Dr. Eissbk, welcher mit absolutester ünbe&ngenheit
seiner Aufgabe sich widmete, vornehmen zu lassen.
Das Ergebnis dieser Messungen blieb jahrelang ungehoben
und unbekannt infolge Abreise des Dr. Eissbn, bis ich in
Herrn Jankowski einen Doktoranden fand, welcher mit Be-
^Va
348
geistenmg nnd grofser Skepsis an die Bearbeitung des bis
dahin toten Materials sich machte. Die dnich diesen zn
Tage geförderten Resultate, welche die SiiLLiNGsohe Lebie
vom Einflnis des Orbitalbanes auf die Refraktion zum mindesten
so sicher stützen, wie die Messungen Stillings selbst, und
auf die Frage der Erblichkeit der Myopie ein neues Licht
werfen, setzten niemanden mehr in Ehrstaunen, als mich selbe!
Ein anderes Resultat wäre mir — ich gestehe es offen —
im Augenblicke lieber gewesen, weil mehr konform mit memen
bisherigen Anschauungen. Die aus der Forschung gewonnene
Wahrheit entschädigt aber für kleine Enttäuschungen reichlieL
Was sagt uns nun das zuverlässigste Material, dasjenige
Erwachsener (Tabelle I von Jankowski), über das Verhalten
der Orbitalindices?
Myopie Hypermetropie 4* Enunetropie«
Ohamäkonchie 33,3 7o 0 %
Index < 80
Mesokonchie 51,8 „ 7,4 „
Index > 80 < 86
Hypsikonchie 14,9 ^ 92,6 „
Index > 85
Diese Zahlen bedürfen keiner weiteren Erklärung. „Sie
bedeuten zweifellos^, wie Sohmedt-Rimplbb in dieser Zeitsohrifi;,
1894, Seite 2, citiert, ^dals nicht nur chamäkonche-niedrige,
sondern auch mesokonche-mittelhohe Augenhöhlen zur Myopie
disponieren.^ Hierin liegt kein Widerspruch mit dem Kern
der STiLLiNQschen Lehre. Fassen wir dieselbe einfcMher und
sagen : Indices von 70 — 85 disponieren hochgradig zu Myopie
(85,1 Vo), aufserordentlich wenig zu Hypermetropie und Emme-
tropie (7,4 %), Indices dagegen von 85 — 100 (106) selten «u
Myopie (14,9 %), überwiegend zu Hypermetropie und Emme-
tropie (92,6 7o).
Angesichts solcher Zahlen kann der E^ampf gegen die
STiLLiNGsche Lehre in der Hauptsache nicht aufrecht erhalten
werden und wird sich in Zukunft darauf beschränken müssen,
die Grenzen festzusetzen, innerhalb welcher schädlidie Gbl^n-
349
heitsarsaohen sich geltend maohen bei Yorhandensein der
orbitalen Disposition, sowie beim Fehlen derselben. In ver-
schiedenen hier einschlagenden Fragen befinde ich mich allerdings
nicht in Übereinstimmung mit Stilling.
Die Studie von Jankowsei über die Heredität der Myopie
hat gezeigt, dals die erbliche Disposition ihren Einflols geltend
macht auch innerhalb der Grruppe mit denselben Indices. Es
gibt also neben dem vornehmsten hereditären Momente, der
Orbitaform, noch weitere hereditäre Dispositionen. Ich erinnere
unter anderem an Gefälsbesonderheiten, an die verschiedene
Stmktor der Lederhaut und die variierenden Entfernungen
der Pupillenmitten, resp. der Bewegungscentren der Augen
voneinander — Dolichooephalie , Brachycephalie — . Über-
einstimmend mit anderen habe ich seiner Zeit gefunden, dals
trotz diametral entgegengesetzter Ausnahmen Myopen durch-
schnittlich eine etwas gröisere Pupillardistanz aufweisen, als
Emmetropen und Hypermetropen. Die SxiLLiNQsche Theorie
laboriert angenblicklich noch an Einseitigkeiten; sie bedarf
noch der Korrektur und des Ausbaues.
Schmidt-Rdcplbb stellt sich bis jetzt derselben gegenüber
auf einen Standpunkt, auf den ihm nicht viele zu folgen
vermögen. Gesetzt auch, so erklärt er, die Statistik würde
zweifellos nachweisen, dals die Myopie sich wesentlich nur in
niedrigen Augenhöhlen entwickele, so sei damit noch keines-
wegs die Abhängigkeit der Kurzsichtigkeit vom Orbitalbau
bewiesen, eher sei der entgegengesetzte Kausalnexus anzu-
nehmen.
Die Tabelle yin von Jankowsei zeigt, dais bei Myopie
der Erwachsenen die Augenhöhle durchschnittlich 1,1 mm breiter
nnd 2 mm niedriger ist, als bei den übrigen Refraktionen.
Welche Form mülsten wir den kurzsichtigen Augen vindizieren,
dafs sie im Gegensatz zu den übrigen diesen abweichenden
Orbitalbau bedingen sollten ? Liegen irgend welche Messungen
ZOT Stütze der Hypothese SohmibtRimplers vor? Und die
wohlbekannten hochgradigen Anisometropien bei hochgradiger
Asymmetrie des Schädels I Hat sich hier der G^chts* und
ä50
G^hirnsohädel hochgradig deformiert infolge der yereohiedenen
Refraktion beider Angen, oder liegt die Annahme des umgekehrten
Verhältnisses von Ursache und Wirkung nicht nflher?
Nach wie vor bin ich der Ansicht, dals Stilling die bei
der Entstehung der Myopie mit dem Orbitalbau konkurrierenden
Momente, als welche wesentlich Konyergenz und Acoommod&tion
gelten müssen, in ihrer Wirkung unterschätzt.
Die Konyergenzschädlichkeit gibt er zwar zu, ordnet die-
selbe aber der Trochleariswirkung ganz unter. Freilich kommt
bei der Naharbeit die Konvergenzwirkung allein nie zur
Greltung — resp. nur in den seltenen Fällen, wo ohne Senkung
der Blickebene gearbeitet wird — und entzieht sich daher
für gewöhnlich einer quantitativen Schätzung. Über diesen
Punkt wird daher schw^lich eine Einigung zu erreichen sein.
Wie deformierend aber doch allein die Konvergenzüber-
anstrengung auf den Bulbus wirkt, hat Schosn durch seine
interessanten Präparate (Funktionskrankheiten des Auges,
1892) nachgewiesen, welche zeigen, dais durch dieselbe Cornea
und Corpus ciliare auf der nasalen Seite nach innen verschoben
werden, während auf der temporalen Seite der Schlemmsche
Kanal gegenüber dem Corpus ciliare nach innen verzogen
wird.
Bei der Konvergenz ist femer nicht aufser acht zu lalaen
die Aufrollung des Rectus externus und die dadurch bedingte
Kompression der Vena vorticosa externa, auf welches Moment
Ablt Nachdruck gelegt hatte.
Die Accommodationsüberanstrengung hat die bekannten
klinischen Veränderungen zur Folge : Krampf des Ciliarmuskels,
Hyperämie der Sehnervenpapille und Herabsetzung der Seh-
schärfe.
Dais die Accommodation schädlich wirke allein durch
ihren innigen physiologischen Konnex mit der Konveigens,
ist keineswegs erwiesen. Ich erinnere hier an den eigentümlichen
Verlauf der Chorioidalge&fse, auf welchen Nicati in seiner
Arbeit über die glande uvöenne (Arch. cPophih, 10 und 11)
aufinerksam gemacht hat. Die besondere Anordnung der
351
arteriellen und venOsen Stämme erlaubt dem Oiliocliorioidal-
miuskel bei seiner Kontraktion die denselben direkt durchsetzenden
Venen zu komprimieren, während er auf die ihn umgehenden
Arterien keinen Einfiuis ausüben kann.
Es bedingt also die Acoommodation für sioh allein, unab-
liftngig von der Konvergenz, eine venöse Hyperämie, die unter
normalen Verhältnissen immer nur vorübergehend ist und sioh
rasch wieder ausgleicht. Der Aocommodationskrampf hingegen
lälst diesen Ausgleich nicht mehr ganz zu stände kommen;
daher die Hyperämie der Papille.
Die infolge von Aocommodation und Konvergenz wenigstens
im hinteren Augenabschnitte erzeugte physiologische Druck-
steigerung leistet der venösen Hyperämie weiteren Vorschub.
Nimmt man zuletzt noch die Cirkulationsstörungen hinzu,
welche Stilling aus der Trochleariszerrung am hinteren Pol
herleitet, so sind damit eine Reihe von Kreislaufstörungen
durch die Naharbeit gegeben, welche geeignet sein dürften,
die Erziehungsmyopie in schlimmen Fällen aus dem BAhmen
des unter Muskeldruck veränderten physiologischen Wachstums
in denjenigen pathologischer Formen übertreten zu lassen.
Der SxiLLiNGSchen Einteilung der Myopie in zwei un-
vermittelte Formen, die Schulmyopie in anderweitig ganz
normalen Augen und die hochgradige, pathologische Myopie
oder Hydrophthalmie, vermag ich bis jetzt nicht beizupflichten,
Merbei wohl anerkennend, daJs die Übergangsformen einen
relativ kleinen Bruchteil der Fälle ausmachen.
Trotz aUer Divergenzen in zugehörigen Fragen lassen die
Zahlen Eissbn- Jankowseis für mich keine andere Deutung zu,
als dab der Orbitalbau das hauptsächlichste disponierende
Moment für die Myopie im Sinne Stillinqs bildet. Die
Myopiefrage ist also in beschränktem Sinne eine B.assenfrage.
Bis jetzt hat sich aber noch keine Rasse immim gegen Kurz-
sicktigkeit erwiesen.
352
lint ^ttfanminn^tn ttttb Dtretiiett.
Die Bitsnngeii der Kommission fttr BchnlgesundheitspUfige
in Ntkmberg.
Von
Dr. phil. Gr. AUTENRIBTH,
Bektor des Alten GymnadumB in Nürnberg.
(Sehlnft.)
V. Sitzung am 7. November 1893.
Hofrat Dr. Stich referiert über die Sitzungen der Ab-
teilung XXm (Hygiene und Medizinalpolizei) der 45. Ver-
sammlung deutscher Naturforscher und Ärzte im September d. J.
dahier. Schulhygienisches Interesse bot nur der dort gehaltene
Vortrag des Stadtbaurats Marsch in Halberstadt über seine
neue Schulbank. Es lagen auch Photographien davon Tor.
Gegenüber der Nürnberger Schulbank wird dieselbe, wie von
verschiedenen Seiten bemerkt wurde, nicht wohl aufkommen
können, da sie ziemlich viel Platz erfordert, leicht zerstöit
werden kann, fGLr das Heraustreten der Schüler bei mehrsitzigen
Exemplaren unbequem ist, auch zum Teil keine Minusdistanz hat
Dr. Schubert verliest eine Eingabe an das Kultos-
ministerium, betreffend Normen für Druck und Papier
von Lehrmitteln. Nach einigen Erörterungen über amerila*
nische Schulbücher, Herstellungskosten u. s. w. wird der Ein-
gabe zugestimmt.
Über den Vortrag des Dr. GtUTZMANK in der Naturfotsdier-
Versammlung, betreffend Unterricht der Stotterer, wird von
Stadtrat Rbhlbn Mitteilung gemacht und vom Stadtschulrat
Dr. Glauning erwähnt, dals der Taubstummenlehrer Eroiss
in Würzburg nach Gbntnsrs Methode 75% seiner Stotterer
geheilt habe.
353
Die Mittel znr YeröfEentlichung der Statistik über Hilfs-
scliulen für schwachsinnige Kinder werden bewilligt; auch wird
die Absendnng der Eingaben, betreffend Errichtung von Schalen
1. fär Stotterer, 2. für Schwachsinnige, an den Magistrat be-
schlossen.
YI. Sitzung am 23. Januar 1894.
Es gelangen zur Mitteilung: 1. die Antwort des Stadt-
magistrats, dafs mit dem Sommersemester 1894 Schulen für
Stotterer eingerichtet werden sollen; 2. das Programm des
Vni. internationalen Kongreises für Hygiene und Demographie
in Budapest; 3. der Kassenbericht des Stadtrats Forster.
Auf der Tagesordnung steht ein Referat über Knaben-
handfertigkeitsunterricht. Herr DIrr, Vorstand des
mittelfränkischen Kreislehrervereins, berichtet hierüber vom
p&dagogisehen Standpunkte aus. Die Hauptdaten sind folgende:
Für die moderne Richtung wurde der Hauptanstofs gegeben
durch den dänischen Rittmeister Clauson Kaas. Die Ein-
fahnmg in Finnland erfolgte 1866, in Schweden 1877, in
Frankreich 1882, in RuTsland 1884, in Dänemark 1885; in
Frankreich ist der Handarbeitsunterricht obligatorisch für alle
Volks- und Bürgerschulen. Die deutsche Reichsregierung
hat früher einmal 5000 Mk., 1891 2500 Mk. als Beihilfe
gewährt, das preufsische Kultusministerium 14000 Mk., das
sächsische und badische ist nicht zurückgeblieben (vergl. die
Denkschrift des deutschen Vereins für Knaben-
handarbeit, 1892).
Die deutsche Lehrerversammlung in Augsburg 1889 ver-
Uelt sich hinsichtlich der Einführung des Handfertigkeits-
Unterrichts in Volksschule und Lehrerbildungsanstalten noch
zuwartend. Inzwischen hat der XI. KongreJs für erziehliche
Knabenhandarbeit zu Frankfurt a. M. durch eine geschickt ab-
gefafste Schrift auf weitere Kreise zu wirken gesucht.
Pädagogischer Zweck des in Rede stehenden ünterrichtszweiges
ist nach derselben die Selbstbethätiguug des Kindes durch
Arbeit, Beobachtung und Erfahrung — als Gegengewicht des
8«haIcctiiDdh«ltspflegt TU. 23
364
theoretisohen Unterrichts, zugleich eine bedeutende Förderung
der allgemeinen Erziehung, segensreich für Q^ist und Körper
in der mannigfaltigsten Weise und unersetzlich durch andere
Mittel; aufserdem wird die yolkswirtschaftliohe und sociale
Bedeutung der Knabenhandfertigkeit in glänzende Beleuchtung
gerücki Kein Wunder, wenn Gewerbekammem hier und da
die Einfilhrung als eine Panacee betrachten. Die erwähnte
Denkschrift hat zum Zweck, die Handarbeit bald zum obliga-
torischen Lehrgegenstand in der Schule zu machen.
Allein die Ansichten selbst der Verfechter dieser Meinung
sind noch nicht geklärt, geschweige denn einig. Die eben
wollen z. B. nur mit der Schule direkt in Verbindung stehende
Gegenstände fertigen lassen, die anderen streben eine methodische
Folge in der allgemeinen Handhabung der Werkzeuge an.
Man will femer der Schule die Pflicht zuschieben, alle Kräfte
des Kindes auszubilden, als ob die eigentliche Erziehung nicht
Sache des Hauses wäre und als ob brauchbare und arbeitsame
Männer nicht auch ohne diesen Unterrichtszweig bisher erzogen
worden wären, zumal wir durch Turnen und Spielen in fireier
Luft für die körperliche Gesundheit noch besser sorgen können.
Man rühmt endlich, dafs der Schüler beim Handarbeitsunterricht
beständig beobachten, überlegen, vergleichen und urteilen
müsse — wo bleibt da die Entlastung und das Gegengewicht?
Der in Leipzig ausgebildete Lehrer Bossteusohbb in Wfirz-
burg schreibt: „Ich behaupte, dals der Arbeitsunterrioht eben-
falls geistig anstrenge, und finde, daüs die Zöglinge des Knaben-
horts, die ich seit mehreren Jahren darin unterrichte, nach
dem Unterricht geistig matt sind und der Erholung bedürfen,
ehe man ihnen die Fertigung der Hausaufgaben zumuten kann;
diese Erfahrung wird mir auch yon meinen Kollegen in und
aufser dem Knabenhort bestätigt, so daüs die geistige Anstrengong
bei diesem Unterricht fast grölser ist, als bei dem anderen.^
Es ist überhaupt die Frage, ob ein derartiges neues Fach
ohne Überlastung der Lehrer und Schüler eingeführt werden
könne. Denn eines der bisherigen zu beschränken oder za
beseitigen, ist ganz unmöglich; ebenso die Wegnahme der beiden
355
freien Nachmittage. Weniger als 4 Stunden Handfertigkeits-
nntemcht würde man wohl nicht ansetzen dürfen; dazu dann
Zeichnen, Turnen, Konfirmandenunterricht — das gäbe für einen
Schüler der 7. Klasse wöchentlich 36 Stunden! Wo bliebe da Zeit
zum Besuch des Spielplatzes, der Eisbahn, zum Verkehr mit Eltern
und Geschwistern, zu den Hausarbeiten? Deshalb wül man
eben die jüngeren Klassen einstweilen mit diesem Unterricht
beglücken, aber da ist die physische Kraft noch nicht genug
entwickelt, und man wäre auf Arbeiten angewiesen, welche
mehr die Aufmerksamkeit, den Geist in Anspruch nehmen:
Papp-, Flechtarbeiten, Ausschneiden u. s. f. Dazu kommt, dals
auch hier die individuellen Anlagen und daher die Erfolge
verschieden sind, so dalis nicht eine Hebung des Handwerks,
sondern vielleicht Pfuscherei die Folge wäre. Wenn femer
der Lehrer auch dieses Fach übernehmen sollte, könnte das
ohne Nachteil für seine Gesundheit nicht angehen.
Demnach sind aus pädagogischen imd praktischen Er-
wfigungen alle Versuche, den Handfertigkeitsunterricht mit der
Volksschule in irgend eine Verbindung zubringen, entschieden
abzuweisen. Dagegen sei hervorgehoben, dafs ein solcher
Unterricht für geschlossene Anstalten (Internate, Seminare,
Waisenhäuser, Kuabenhorte u. s. w.) einen grolsen Wert besitzt,
wie man z. B. im hieeigen Waisenhause recht gute Erfahrungen
damit gemacht hat. Ebenso würden Schwachsinnige in dieser
Weise geeignet beschäftigt werden können, imd wenn gesunde
Sohüler an dergleichen Arbeiten Freude finden und freiwillig
einen solchen Unterricht besuchen wollen ohne Versäumnis
ibier sonstigen Pflicht, so ist selbstverständlich dagegen nichts
zu erinnern.
Korreferent Dr. Bosbnfbld hebt hervor, dafs in der Regel,
ausgenommen bei E^ristbller, die hygienische Seite dieser An-
gelegenheit vernachlässigt werde. Letzterer betrachte die Hand-
arbeit als Turnübung am Werkzeuge. Aber es kämen hier,
wie bei der Gewerbehygiene überhaupt, noch besondere sanitäre
Anforderungen hinzu: greise, luftige, gut ventilierte Arbeitsräume
Tl. dergl., die in der Volksschule schwer zu haben wären. Auch
23*
356
dürfe die G^filhrdnng der Augen und der Körperhaltung nickt
übersehen werden, die in Dänemark zur Kombinierang der
Handarbeit mit gymnastischen Übungen geführt habe. Die
Kerbschnitzarbeit schädige das Sehorgan, Säge- und Hobel-
arbeiten die Haltung und die Lungen. Die hygienischen
Bedenken seien hierbei so schwerwiegend^ dafs eine Konkurrenz
mit dem Turnen gar nicht möglich wäre, auch wenn päda-
gogische Vorteile in gröfserem Mause sich ergeben sollten.
Bei der Diskussion erwähnt Dr. Schubert zuerst das
Buch von Otto Janee über die Hygiene der Knaben-
handarbeit, dann die Schrift des Enthusiasten Woldehab
GrOETZE in Leipzig.
Rektor Füchtbaueb gibt Aufschlufs über das Hart- nnd
Weichlöten, die anstrengende Arbeit an der unhygienisctien
Hobelbank, die Staubentwickelung beim B.eiben. Er legt auch
ein Leipziger Cirkular über die Schulung von Lehrern vor.
Hofrat Dr. Stich schildert den Betrieb und die guten
Wirkungen dieses Unterrichts im Waisenhaus, wo mä&ig,
wechselnd, in kürzeren Zeiträumen gearbeitet werde. An-
gliederung an die Schule sei ein Unding. Der beste Betrieb
bestehe darin, zu Hause bei gegebener Gelegenheit zu nageln,
zu sägen, zu hobeln.
Schulrat Dr. Glauning betont die Schwierigkeit der
Lokalfrage und der Eingliederung in den Stundenplan.
Auf die Gtirtenarbeiten wird von Dr. Sghubebt hingewiesen.
Herr Darr bedauert, dais neben Schulen der Stadt schwer
Gärten anzulegen seien, denn Gartenarbeit würde auch znr
Gewöhnung an Schonung von Fluren und Wiesen fähren.
Dr. Schubert bezeichnet die FRöBELschen Kinderschulen
als Anfänge für solche Handarbeiten; aber auch da sei schon ror
dem Ausstechen wegen Schädigung der Augen gewarnt worden,
und im Winter habe die Beleuchtung Schwierigkeiten gemacht.
Eulekberg-Baghs Schulgesundheitslehre stelle den Satz auf,
die Ziele des Handfertigkeitsunterrichts seien dieselben, wie
die des Turnens, die Erfolge aber mit denen des letzteren nicht
gleichwertig.
357
Sektor FCghtbaubr bemerkt, dafs hier in Nürnberg schon
am Anfang dieses Jahrhunderts Handfertigkeitsnnterrioht in einer
Schule erteilt wurde. Es war dies die BOCHNERsche Elnaben-
industrieschule, eröfihet am 26. September 1803. Ebenso hatte man
schon am 12. August 1793 eine Mädchenindustrieschule errichtet,
wo auch Nähen, Stricken, Spinnen, Waschen und Plätten gelehrt
wurde. Beide Stiftungen rührten von der Industriegesellschaft
her.^ Gegenwärtig haben die Amerikaner an ihren Hoch-
schulen (nach BiTTLBRs Bericht), besonders in Ithaka, Lehr-
werkstätten eingerichtet.
Dr. EosBNFBLB erinnert an ähnliche Bestrebungen von
GoMEKius und Pbstalozzi, Herr Däbr an diejenigen H. A.
"SMSCKsa in Halle.
Auf Anregung des Herrn Wunderlich werden einige
Titel Yon unterweis iingsbüchem für Handfertigkeit genannt,
wie Des deutschen Knaben Handarbeit und ähnliche;
er wünscht solche für Eltern geschrieben.
Schlielslich empfiehlt Dr. Schubert die Ferienbeschäftigung
von Knaben über 10 Jahren in der Schule von Fräulein Kühl
dahier, welche auch von anderen Seiten anerkannt wird.
Krankheiten der behaarten Kopfhaut in f^anzSsischen Schnlen.
Ans dem Pariser Verein
t&v Sffentliche Medizin nnd Cfesnndheitspflege.
Der Pariser Verein für öffentliche Medizin nnd Gesnndheits-
pflege hielt am 25. April d. J. unter dem Vorsitze des Herrn Pebrin
eine Sitzung ab.
In derselben machte Herr Deshates aus Rouen Mitteilung
fiber Tinea in Schulen. In einem nicht weit von der genannten Stadt
gelegenen Borfe waren von 217 Knaben 198 damit behaftet. Es
Würden hygienische Mafsregeln getroffen und Desinfektionsmittel
' Yergl. W. E. Schültheiss, Geschichte der Schulen in Nürnberg,
1856, 4. Heft.
358
unentgeltlich yerabreicht. Infolgedessen nahm die Krankheit nadi
Verlauf eines Monats beträchtlich ab. Auch in Ronen selbst zeigte
sich eine Epidemie von Pelade bei Schfllem. Hier wurden gleidi-
falls energische Desinfektionen vorgenommen, und so sank die Er-
krankungsziffer auch hier ziemlich schnell. Redner fordert eine
prophylaktische und kurative Behandlung der Pelade, in ersterer
Beziehung insbesondere Waschung der Mützen und Httte mit Sublimatr
lösnng. Auf die Frage, ob man auch die Klassen desinfizieren solle,
erwidert er, dafs die Desinfektion der Wände und des Fulsbod^
gute Resultate ergeben habe. Die Epidemie in Ronen war von dem
Haarschneidebabinett eiaes Coiffeurs ausgegangen.
Herr Fsülard weist auf die grolse Ansteckungsf&higkeit der
Pelade hin, die noch im Auslande, besonders in Wien, so bestritten
werde. Die Krankheit nimmt in Paris seit einem Jahre bei den Er-
wachsenen zu. Bei den Kindern ist das Gleiche mit Tinea tondens
der Fall. Es wäre sehr nützlich, in der französischen Hauptstadt
noch weitere Schulen fOr Kinder, die hieran leiden, zu errichten,
da es dort nur eine einzige im Krankenhause Saint-Louis gibt.
Wie Herr Martin mitteilt, ist das Pariser Pionierregiment
aufs neue von Pelade ergriffen worden. Der Stabsarzt gibt an, dnfis
dieselbe sowohl bei den Posten, wie in der Kaserne aufgetreten
sei. Durch die städtische Desinfektionsanstalt wurde eine Desinfektion
der letzteren vorgenommen, und bald danach traten keine neuen
Fälle mehr auf.
Die Sterblichkeit nnter den Schulkindern Berlins.
Mitteilung in der Berliner medizinischen Gesellschaft.
Einem Vortrage: Berlins Gesundheit unter der Einwirkung
hygienischer Werke, den Dr. Th. Weyl vor einiger Zeit in der
Berliner medizinischen Gesellschaft hielt, entnehmen wir folgendes:
Der Bericht der Magistratskommission von Berlin für dts
Jahr 1890 enthält die Angabe, dafs bei einer Einwohnerzahl von
1570000 Personen sich in sämtlichen Berliner Schulen mehr als
200000 SchtQer befanden, von denen nur l^o über 14 Jahre alt
war. Von der Gesamtheit starben 1014 Kinder im Alter von 6 bis
14 Jahren, und zwar 150 an Diphtherie, 191 an Lungenschwind-
sucht und 33 an Lungenentzündung.
Bei dieser Gelegenheit hob Redner nach der ,tDtsch.Med,-Zig^
hervor, ein grofser Teil aller Epidemien seien Schulepidemien. Der
Ausbreitung derselben könnte man entschieden Einhalt gebieten,
wenn man die Schulräume desinfizierte und Schulärzte einführte.
Dr. Wbtl stellt sich keineswegs vor, dafs man inBerlin etwa lOOOsolche
Ärzte anstellen müJste, welche die Schulkinder ein paar Mal im
359
Semester sehen. Nach ihm soll der Schularzt auch dnrchauB nicht ein
Schnhnonarch sein, welcher plötzlich w&hrend des Unterrichts
erscheint nnd ein Kind gegen den Willen des Lehrers ans der Bank
hervorholt. Die Anfgahe desselhen wird vielmehr darin bestehen, in
Gemeinschaft mit den Pädagogen zn wirken, nnd diese Thätigkeit würde
entschieden einen grolsen Einflnls anf die Gesnndnng der Kinder
ansQben. Es wäre nicht ausgeschlossen, die Berliner Armenärzte in
der Weise auszubilden, daCs sie die Stellung als Schulärzte über-
nehmen könnten.
kleinere illiiieilttii$eti*
Alter nnd Familienstand der in den prenfsischen Yolks-
sehnlen amtierenden Lehrer nnd Lehrerinnen. Von den Lehr-
personen der preulsischen Elementarschulen standen nach dem letzten
amtlichen Berichte
im Lebensalter
Leb
rer
Lehrerinnen
von
insgesamt
Vo
insgesamt
%
unter 20 Jahren
20-30 „
30-40 ,
40-50 „
50-60 y,
über 60 „
266
24177
16 648
10176
7111
3 894
0,43
38,82
26,73
16,34
11,42
6,26
77
3604
2967
1296
479
116
0,91
41,52
35,16
15,36
5,67
1,38
Was den Familie
62 272
nstand der L
100
.ehrkräfte anl
8439
»etrifit, so wi
100.
uren von den
Lehrern
Lehrerinnen
ledig
verheiratet. . . .
verheiratet ge^
vesen
20077
40296
1899
8325
19
95
Zusammen
62 272
8 439
Die Zahl der Lehrerkinder betrug 123215; davon standen 88520
im Alter von weniger als 18 Jahren. Auf die Familie eines ver-
360
heirateten Lehrers kamen durchschnittlich 3,5 Kinder; die Lebrer-
familie wies also rnnd 5 Köpfe im Mittel auf.
Die wichtigsten Baderegeln fBr Schüler werden von Wietin6
in seiner Schrift „Die SchwimmschtUe*^ folgendermaCsen angegeb^:
1. Beim Beginn des Freihadens im Flusse oder See mufs das Wasser
eine Wärme von wenigstens 12^ R. oder lö^' C. haben. 2. Bei 12^ B.
bleibe man anfangs nnr 3 Minnten im Wasser, später 5 Minütea
und erst allmählich länger. Je wärmer das Wasser wird, desto
anhaltender kann man ohne Schaden darin zubringen; je kiltor
es ist, desto kürzer sei der Aufenthalt in demselben. Nur setze
man bei ktkhler Temperatur nicht gleich aus. 3. Magere Personen,
und dazu gehören die meisten Kinder, erreichen den zulässigen
Grad der Abkühlung weit eher als wohlgenährte Personen. 4. Kinder
thun deshalb am besten:
a. bei einer Wasserwärme von 12' R. nur 1 — 2 Minuten,
h 14.0 9 A
c. , „ „ „ 16» , „ 5— 7 .
ZU baden, ö. Das erste Bad bestehe aus Hineingehen ins Wasser,
wiederholtem Untertauchen und Heraussteigen. 6. Nicht sehr kräftige,
empfindliche Schüler mögen anfangs nur jeden zweiten oder dritten
Tag baden, aber bald täglich, denn gerade das tägliche, regelmä(sige
Bad härtet den Körper ab. 7. Wenn einem gesunden Individnnm
das Baden und Schwimmen nicht gut bekommt, so hat dies meistens
seinen Grund in zu langer Dauer des Badens. 8. Die beste Zeit
zum Freibaden ist morgens von 6 — 8 Uhr und abends von 5 — 8 Uhr.
9. Niemand bade unmittelbar nach den Mahlzeiten, also mit vollem
Magen. Der Badende kann dann leicht von Krämpfen befallen werden
oder zieht sich heftige Kopfschmerzen zu. Jedoch bade man auch
nicht mit ganz leerem Magen. Es stellt sich in diesem Falle leicht
grolle Ermattung und Übelbefinden nach dem Bade ein. 10. Wer
nicht sehr kräftig ist, esse beim Ankleiden oder nachher etwas Brod
oder dergl. 11. Solange man nicht fertig schwimmen kann, bade
man nie allein, sondern stets in Gesellschaft einiger Bekannter.
12. Besucht der Badende einen allgemeinen Badeplatz, so hüte er
sich vor scharfkantigen Steinen, Glasscherben u. s. w. Am besten
sind Stellen mit sandigem Untergrund zu Badestellen geeignet. Nur
nehme sich der Anfänger vor plötzlich abschüssigen, tiefen Stellen
des Flusses in acht. 13. Der Badende lege den Weg nach der Bade-
anstalt in mäfsiger Bewegung zurück, damit er dort nicht erhitzt an-
komme. 14. In derselben eingetroffen, rohe er 5 bis 10 Minuten
angekleidet aus, damit die Lungen und das Herz zur Ruhe kommen.
15. Dann kleide er sich rasch aus, und zwar zuerst den Oberkörper.
361
Vor dem Ablegen des Hemdes ist die Badehose anzuziehen. Die
Eleidmigsstücke werden an die Haken gehängt, damit sie auslüften.
Im Freien lege man sie auf Gebüsch oder dergl., damit sich nicht
Tiere darin verlaufen. 16. Der Nichtschwimmer gehe nach dem
Auskleiden sofort ins Wasser, tauche den ganzen Körper unter
und mache dann Schwimmbewegungen. Nie stehe er längere Zeit
imthätig und ruhig im Wasser, weil er sich in diesem FaUe der
Gefahr einer Erkältung aussetzt. 17. Der Schwimmer begebe sich
nach dem Auskleiden sofort an den Fluis und benetze Arme, Achsel-
höhlen, Brust, Kopf, Nacken, Rücken und Kniegelenke mit Wasser,
weil er sich damit gegen Krampfanfälle schützt. Ist das Wasser
* tief genug, so springe er hinein (Fufssprung, Füise geschlossen.
Arme an den Seiten, oder Kopfsprung). 18. Seife und Handtuch
werden yor dem Bade so bereit gelegt, dafs sie, wenn man ihrer
bedarf, sogleich zur Hand sind. 19. Yor Schlufs des Bades ist es
gat, Achselhohlen und Kopfhaare einzuseifen und hierauf den Körper
einige Male unterzutauchen. 20. Sind in der Badeanstalt Dusche-
Yorrichtungen vorhanden, so benutze der Badende sie ja, da sie
?on kräftigender, abhärtender Wirkung für den Körper sind. Wo
keine solche Einrichtungen bestehen, kann eine Giefskanne zu diesem
Zwecke benutzt werden. 21. Nach Verlassen des Bades trockne
man den Körper durch kräftiges Abreiben gut ab. Am besten
eignet sich dazu ein sogenanntes Frottiertuch oder grobes Haartuch.
Die Kopfhaare müssen wiederholt getrocknet werden. 22. Nach
dem Bade mache man sich Bewegung. Ist der Weg nach Hause
knrz, so empfiehlt es sich, einen Umweg zu nehmen. Der regel-
mälsig mit Beobachtung der gegebenen Regeln Badende wird die
Wirkung des Bades an seinem körperlichen Wohlbefinden spüren.
Gegen Krenzotternbisse. Bekanntlich kommen auch in
Deutschland die Kreuzottern nicht ganz selten vor. Demnach
gehören Bisse dieser Giftschlangen zu den plötzlichen Unglücks-
fällen, mit denen auch Schüler zu rechnen haben. Die „Äretl.
Bundsch.*^ weist daher auf einige auch unter den einfachsten Ver-
hältnissen und in den abgelegensten Gebirgsgegenden anwendbare
Mittel gegen die Vergiftung durch Kreuzotternbisse hin. Das erste
ist schleunige Verhinderung des Weitertransportes des Giftes Ton
der Büsstelle aus in den allgemeinen Blut- und Säftestrom. Es
geschieht dies durch möglichst schnelles festes Umschnüren des
verletzten Gliedes, wie des Fufses oder der Hand, oberhalb der
Büsstelle. Am besten bedient man sich dazu einer elastischen
Einwickelung mittelst des auch zur Blutstillung verwendeten ESMAROH-
schen Hosenträgers. In die Bilswunde werde Salmiakgeist tüchtig
eingerieben. Ist die Haut und Schleimhaut an den Lippen gänzlich
362
nnversehrt, so kann ohne Schaden aach ein grOndliches Anssaagen
des Giftes aus den kleinen Wanden vorgenommen werden. Als
innerliches Mittel haben sich grofse Dosen von Branntwein oder
Gognac bewährt. Falls dadurch anch ein Ransch erzeugt werden
sollte, wäre dies im Vergleich zu der Blntvergiftang doch dis
kleinere Übel. Selbstrerständlich darf in keinem Falle mit sdüeii-
nigster Herbeiholnng ärztlicher Hilfe nnter Angabe der Yerietzasg
gezögert werden.
Wettkämpfe englischer Studenten. Am Tage des letztei
Wettmdems zwischen den Universitäten Cambridge and Oxford fandet
zwischen den „Dunkel- und Hellblauen*^ auch turnerische Wett-
kämpfe statt. Es wurde gestritten im Hoch- und Weitspringen, im
Gewicht- und Hammerwerfen und im Wettlaufen Aber verschiedene
Strecken. Den besten Hochsprung machte der Oxforder Swanwick,
nämlich 1,78 m, den besten Weitsprung Fry von derselben Unirer-
sität, 6,79 m; beide Sprünge wurden ohne Brett ausgeführt. Eii
Gewicht von 7,2 kg warf Rivers von der Cambridger Hochsdnde
11,46m und einen ebenso schweren Hammer der Oxforder Robertson
80,88 m weit. Das Hanmierwerfen ist eine ausgezeichnete, be-
sonders auch fflr die Zuschauer berechnete Wettübung; es solHe
nach der ^Btseh. Tum-Ztg.^ auch bei uns mehr gepflegt werden.
Znr Belenchtnngsfrage veröffentlicht Dr. Sbrgius Boubnoft
einen Aufsatz im j,Arch. /*. Hyg.**" Die Tagesbeleuchtnng voi
Schulzimmem, Lehrsälen und anderen Räumen, welche in ihr«: ganza
Ausdehnung Arbeitsplätze bieten soUen, ist eine noch nicht völlig
gelöste Frage. Die bisher in dieser Beziehung angestellten Unter-
suchungen sind zu lückenhaft, um die herrschende Yerschiedenheit
der Ansichten beseitigen zu können. Allgemein wird allerdings die
Grundanforderung erhoben, dafs solche Räume ein ausreichend helles,
möglichst gleichmäfsig auf alle Arbeitsplätze verteiltes, das Auge
weder blendendes noch störendes Licht erhalten sollen, aUein die
zur DurchfDihrung dieser Anforderungen eingeschlagenen Wege weichen
weit voneinander ab. Während z. B. in Deutschland die Schid-
zimmer in der grofsen Mehrzahl nur von links einfallendes Licht
erhalten, um ungünstige Schatten der Hand auszuschliefsen, fordern
französische Autoren eine zwei-, bezw. mehrseitige Belichtung der
Lehrsäle, da bei einseitigem Lichteinfall eine gleichmfllsige Ver-
teilung der Helligkeit im Räume nicht erzielt werden kann. Bei
mehrseitiger Belichtung sind aber störende Schattenbildungen oder,
faUs Licht von links und von vom einMt, Schädigungen des Auges
schwer zu vermeiden. Die Anlage von Oberlicht wird daher viel-
fach als bestes Mittel zur Erzielung einer gleichmäfsigen Beleuchtnog
empfohlen, von anderen aber wieder gleichfalls wegen der unbequemen
363
Schatten der Hand verworfen. JedenfaUs stöfet die Dnrchffthmng
des Oberlichtes in städtischen Schalen anf grofse bauliche Schwierig-
keiten. Fast noch grOlsere Widersprüche herrschen in Hinsicht auf
die Himmelsrichtang der Fensterwande solcher R&nme. Eine leidlich
gleichmäfsige, das Ange in keiner Weise störende Beleuchtung ist
nur dann zu erwarten, wenn die Glasflächen während der Unter-
richtszeit im Schatten liegen, aber die dann meist erforderliche
nördliche Richtung (N., N.O. oder N.W.) bietet eine weitaus ge-
ringere Helligkeit a^ die südliche (S., S.O. oder S.W.). Auüser-
dem wird ans anderen gesundheitlichen Gründen eine möglichst aus-
giebige Besonnung der Lehrzimmer gefordert, welche doppelt er-
wflnscht ist, sobald sie die Räume nicht während, sondern nach der
Unterrichtszeit trifft. Um der wissenschaftlichen Lösung dieser
Fragen näher zu kommen, stellte Dr. Boubnoff in zwei Zimmern
photometrische Messungen an. Dieselben erhielten ihr Tageslicht
durch je zwei gleich grofse Fenster. Eines der Zimmer ist nach
S.W., das andere nach N.O. gelegen, so dafs sie als günstige Beob-
achtongsräume gelten dflrfen. Die Messungen wurden mit dem
WiBBRschen Photometer auf einer 0,75 m ttber dem Fulsboden
befindlichen wagerechten Fläche ausgeführt. Durch die Unter-
SQchnngen sollte festgestellt werden: 1. Wird der Mittelplatz eines
Raames im Laufe des Tages gleichmäfsig belichtet, findet eine regel-
mälsig fortschreitende Zu-, bezw. Abnahme der Helligkeit statt,
oder treten anderweitige bemerkenswerte Schwankungen auf?
2. Besteht ein unterschied, event. welcher in der Belichtung zweier sonst
gleicher Zimmer, deren Fenster nach entgegengesetzten Himmels-
richtungen liegen? 3. Wie verteilt sich das Tageslicht in horizon-
taler Ebene eines Raumes mit einseitiger Beleuchtung? 4. In
welcher Richtung und in welchem Grade tlben Höhe und Grofse
der Fenster Einflufis auf die Helligkeit des Raumes, wie auf die
gleichmälsige Verteilung des Lichtes in einer horizontalen Ebene
desselben? Die Messungen, welche an verschiedenen Tagen des
Sommers und Herbstes bei klarem, wie bei bedecktem Himmel vor-
genommen wurden, hatten nachstehendes Ergebnis: 1. Die HeUig-
keit des Mittelplatzes eines Raumes ist sehr bedeutenden Schwan-
bmgen unterworfen; sie ändert sich sprungweise nicht nur infolge
des Wechsels der Bewölkung, sondern ganz besonders mit dem
Stande der Sonne am Himmelsgewölbe« Diese Schwankungen traten
in dem nach S.W. gelegenen Zimmer weit stärker hervor, als in
dem nach N.O. gerichteten und hängen von der Länge und Dichtig-
teit der Atmosphärenschicht ab, welche die Lichtstrahlen zu durch-
ixen haben. 2. Der nach S.W« gelegene Raum ist im Mittel
1,15 bis 2,3 mal heller beleuchtet, als der nach N.O. gelegene.
364
3. Die Helligkeit nimmt vom Fenster nach dem Innern des Baomes
regelmäfsig and stark ab. 4. Werden die oberen, bezw. die nnteren
Viertel oder Hälften der Fenster mit lichtondarohlässigen Stoffen
verhängt, so sinkt die Helligkeit entsprechend der Yerringerong der
Glasflächen. Während die Verteilung des Lichtes im Raame in
ihrer Gleichmäfeigkeit wenig beeinfluDst wird, ist dieser Einflols in
der horizontalen Ebene bemerkbar. Die gemachten Feststellnngen lassen
deutlich erkennen, dafs bei einseitiger Beleuchtung eine gleichmäüsige
Verteilung des Lichtes im Zimmer nicht erzielt werden kann; ein
4 m von der Fensterwand entfernter Platz zeigte kaum ^/^ bis Vs
der Helligkeit von Plätzen, welche 1 m vom Fenster entfernt lagen.
Femer lehren Boübnoffs Beobachtungen: Eine gleichmäfsige Ver-
breitung des Lichtes im Räume kann ausschliefslich durch richtig
angelegtes Oberlicht erzielt werden. Wo man beim Baue gezwungen
ist, Seitenlicht anzuwenden, sind die Fenster möglichst nahe biszor
Decke hinaufzufahren, damit der Einfallswinkel des Lichtes für den
hinteren Teil der Bäume ein günstiger wird. Aus dem gleichen
Grunde soll die Höhe der Zimmer mit deren Tiefe wachsen. Sodann
sind die Fenster mit einem Glase zu yersehen, welches bei geringem
Lichtverlust eine kräftige Zerstreuung der Lichtstrahlen hervorraft;
rautenförmiges Rohglas und schwach mattiertes Glas haben sich in
dieser Beziehung am besten bewährt. Endlich müssen die Wand-
und Deckenflächen einen sehr hellen, matten Anstrich besitzen, damit
das auf sie fallende Licht möglichst vollkommen reflektiert und stark
zerstreut wird. Rein weifse Farbe ist zu blendend, dagegen
empfehlen sich zarte, gelblich-graue Töne. Femer ist es rätlich,
den Anstrich waschbar herzustellen, damit er gereinigt und die ver-
loren gegangene gtlnstige Lichtwirkung wiederhergestellt werden
kann. Wachsfarbe erscheint hierzu geeigneter als Ölfarbe, da sie
das Licht weit besser zerstreut und zugleich sehr haltbar ist.
Centralapparat fflr elektrische Wännesignalisieriutg ii
Schulen« (Mit Tafel I.) Um in sämtlichen Lehrzimmem m&
Schulgebäudes normale Temperatur zu erzielen, hat man seit kunem
in einigen Wiener Schulen einen von Nikolas Bastelmakn in
Wien yn, Bandgasse 30, verfertigten Apparat mit Erfolg in Anwendung
gebracht. Derselbe besteht aus drei Eontaktthermometem föi jede
Klasse, von denen Figur I eine Anschauung gibt. In dieselben sind
Platindrähte eingeschmolzen, und zwar so, dafs bei 16, bezw. 17,5
und 19 ^ C. eine Berührung derselben mit dem Quecksilber eintritt
Yon den Thermometern führen Leitungsdrähte zu dem in Figur n
dargestellten Centralapparat, der den Centralapparaten fOr Telephon-
anlagen ähnelt. Die Klappen der obersten Reihe zeigen die Minimal-
temperatur von 16^ C. an, die der mittleren Reihe diejenige von
365
17,ö^ C. und endlich die der unteren Reihe die Maximaltemperatnr
Yon 19^ C. An der Seite sind Eontaktknöpfe angebracht, welche
mit der entsprechenden Reihe korrespondieren. Wird anf den oberen
Knopf gedrückt, so bewegen sich die Klappen von sämtlichen Lehr-
ränmen, in denen die Temperatur 16^ erreicht hat, nach abwärts
und machen die Nummer dieser Räume ersichtlich. Entsprechend
läfst ein Druck auf den mittleren, bezw. unteren Knopf die Lehr-
zimmer mit einer Temperatur von 17,5 resp. 19^ C. erkennen.
Emaiojel Batr.
Sa$e5$efi^t(^tli(^e5.
Hy^^eniseherünteiTielit mdenVolkssehnlen und Seminaren.
WUhrend der letzten 10 Jahre, so schreibt die „Dtsch.med. Wochschr.",
ist wiederholt in Yersammlungen und Vereinen die Notwendigkeit
anerkannt worden, daTs in weiteren Kreisen die Kenntnis der Hygiene
verbreitet werde. Bereits im Jahre 1883 fafete die 25. allgemeine
deutsche Lehrerversammlung folgende Beschlüsse: 1. Die Gesundheits-
iehre soll einen obligatorischen Lehrgegenstand der Volksschule
bilden. 2. Die Gesundheitslehre ist in der Volksschule als ein Teil
der Naturkunde zu behandeln. 3. Die einzelnen Abschnitte der
Gesondheitslehre, namentlich der Anatomie und Physiologie des
menschlichen Körpers, dürfen in der Volksschule nur im engsten
Anschluis an praktisch-hygienische Zwecke gelehrt werden. 4. Auch
im Seminar soll die Gesundheitslehre einen obligatorischen Lehr-
gegenstand bilden. Der 7. deutsche Lehrertag sprach sich am
23. Mai 1888 in Frankfurt a. M. dahin aus, dafs eine hygienische
Überwachung der Schulen nur dann von Erfolg sei, wenn die Schul-
hygiene bei den Prüfungen für Lehrer und Schulleiter Examens-
gegenstand werde und die Gesundheitslehre den ihr gebührenden
Platz im Schulunterrichte finde. Neuerdings aber ist man im
preafsischen Kultusministerium der Frage näher getreten, ob nicht
zunächst in den Seminaren hygienische Kurse abzuhalten seien.
Epidemie hystero-epileptischer Krftmpfe unter den Sehnl-
nldeheii zu Yalle in österreieli. Nach amtlichen Berichten
^krankte, wie „D. österr. Sanitätswes,^ mitteilt, in der ersten
Hallte März y. J. ein zwöliQähriges Mädchen der 11. Volksschulklasse
ni Valle, Bezirk Pola, unter Erscheinungen von Krämpfen, die sich
öfter wiederholten. Da im Laufe eines Monates in derselben Klasse
noch ein zweites und drittes Mädchen die gleichen Symptome zeigten.
366
so wurden die BeMenen wegen Störang des Unterrichtes auf einige
Zeit ans der Schnle entfernt. Nach scheinbarer Bessemng erhielten
sie im Mai die Erlaubnis, wieder am Unterricht teilzunehmen,
bekamen die Anfälle jedoch Ton neuem, und aniser ihnen erkrankten
noch 2 Mitschülerinnen. Wegen wachsender Erregung der Beyölkenuig
wurde der Amtsarzt zur Erhebung abgeordnet, welcher bei der
Inspektion der Schule am 24. Mai Gelegenheit hatte, die AnfSDe,
von welchen die Madchen in der Schule mehrmals täglich befallen
wurden, genauer zu beobachten. Diese Anfälle boten folgendes Büd:
Die Kranken fingen an mit den Händen auisergewöhnliche Be-
wegungen zu machen, atmeten sehr rasch, wurden im Gesichte rot,
klagten über Ohrensausen, Schwindel, Einschnürungsgefühl im Halse,
verloren plötzlich das Bewuistsein und wurden dann von starken
klonischen Krämpfen ergriffen. Die Empfindung der Hautneryen
war geschwunden, die beiderseits verengten Pupillen reagierten trage
auf Licht, die stark aus ihrer Höhle hervortretenden Augen rollten,
vor dem Munde stand Schaum, der Puls war beschleunigt. Die An-
falle dauerten 5 — 15 Minuten, dann kehrte das BewuCstsein zurück.
Anfangs klagten die Kranken zwar noch über Mattigkeit, nach einer
Stunde aber waren sie wieder munter und vergnügter Dinge. Übrigens
traten die Krämpfe nicht gleichzeitig, sondern in rascher Aufeinander-
folge in der Weise ein, da(s eine Schülerin die andere ablöste. Da
sich bei dem häufig wiederkehrenden Schauspiele der Lehrerin und der
gesunden Kinder eine grolse Angst bemächtigt hatte, die Art des Auf-
tretens und des Verlaufes der Krankheit das Vorhandensein reiner Epi-
lepsie ausschlofs und vielmehr auf denEinfluis von Suggestion hindeutete,
so wurde der Unterricht in der H. Klasse auf einige Zeit eingestellt
Bei der Wiederaufiiahme desselben am 11. Juni erkrankten jedoch
gleich am ersten Tage abermals 2 bis dahin gesunde Mädchen unter
den geschilderten Symptomen, und da auch bei einer dreifsigjährigen
chlorotischen Frau im Schulhause Ohnmachtsanftlle auftraten, steigerte
sich die Aufregung unter den Schulkindern und der Bevölkenmg
derart, dais die Schule gänzlich geschlossen werden mulste und die
ärztliche Behandlung und Überwachung der Kranken eingeleitet wurde.
Mit Rücksicht auf das blutarme Aussehen und den mangelhaften
Ernährungszustand erhielten dieselben Eisenpräparate und Bromkaliion,
und diese Kur wurde durch kräftige Kost und dauernden Aufen^alt
im Freien unterstützt. Vollkommen genesen waren zur Zeit des
Berichtes 4 Schülerinnen, bei 3 stellten sich noch immer von Zeit
zu Zeit Anfälle leichteren Grades ein. Abgesehen von den 7 Mäddien
in der 11. Klasse sind weder unter den Kindern der anderen
3 Klassen, noch unter der Bevölkerung gleiche Erkrankungen beob-
achtet worden. Aufserhalb der Schule traten bei den Befallenen die
367
Anftlle ftofserst selten auf, wogegen sie w&hrend des Unterrichtes
sieb täglich wiederholten. Die gepflogenen Erhebungen ergaben hin-
sichtlich der nrsftchlichen Momente keine positiyen Anhaltspunkte.
Der Gesundheitszustand der Bewohner von Yalle war mit Ausnahme
des dort und in der ganzen Umgebung endemisch herrschenden
Wechselfiebers seit Monaten ein sehr günstiger, trotz der Wassemot,
welche infolge der wochenlang anhaltenden Dürre die Leute zwang,
stehendes Wasser aus Tümpeln zu trinken, weil die Gemeindedsteme
für die Bedür&isse nicht ausreichte. Das Schulhaus ist ein neues,
den sanitären Anforderungen in jeder Hinsicht Rechnung tragendes
Gebäude in isolierter Lage mit einer Fülle yon Luft und Licht.
Die Lehrzimmer liegen zu ebener Erde an der Sonnenseite, sind je
4 Meter hoch, haben einen Rauminhalt yon 254 Kubikmetern und 5
groüse Fenster. Wenn man yon dem Mangel eigener Yentilations-
Yorrichtungen absieht, sind die hygienischen Verhältnisse der Schul-
zimmer sehr günstige zu nennen. Die 56 Schülerinnen der n. Klasse
sitzen zu je 4 auf einer Bank, und es entfallen auf jede 1 Quadrat-
meter Flächen- und 4 Kubikmeter Luftraum. Sie stehen im Alter
Yon 10 — 12 Jahren, sehen sämtlich sehr blaüs aus und zeigen infolge
der kümmerlichen Lebensweise der Beyölkemng einen mangelhaften
Ernährungszustand und eine ihrem Alter nicht entsprechende Körper-
entwickelung. Die Familien der erkrankten Mädchen waren im
allgemeinen gesund, und nur bei einer der letzteren konnte erbliche
Belastung festgestellt werden, insofern deren Mutter seit längerer
Zeit an hysterischen und epileptoiden Krämpfen litt. Bei einer
zweiten Kranken bestand Wechselfieber mit Milztumor. Die übrigen
5 zeigten kein Symptom eines pathologischen Zustandes. Da weder eine
allgemeine, noch lokale oder indiyiduelle Ursache, noch sonst irgend
ein mit den Anfällen in Zusammenhang zu bringendes ätiologisches
Moment nachgewiesen werden konnte, so lälst sich nur annehmen,
dab die Verbreitung der hystero-epilepdschen Krämpfe unter den
durch Blutarmut und Schwäche disponierten Kindern durch Suggestion
stattgefunden hat, indem die Anfälle auf die in demselben Lokale
in nächster Nähe sitzenden Mitschülerinnen mächtigen Eindruck
niachten und gewissermafsen ansteckend wirkten.
Übertragiing tob Syphilis auf franzSsische Schftler. In
der „ Wien, med. Wochschr. yeröffentlicht Mbtnbrs d'Estret einen
Aufsatz: „Der lokale Sanitätsdienst in Paris.** Es helTst dort
in Bezug auf die Übertragung ansteckender Krankheiten: Unter
den oft nur schwer auffindbaren Ursachen der Syphilis wollen wir
erwähnen Kinderspielzeuge, die yon syphilitischen Kaufleuten verkauft
werden, welche dieselben yor dem Publikum probieren, weiter die
Gewohnheit, in Bierhäusem weibliche Personen als sogenannte
r 368
„Einladerinnen^ aufzunehmen. Mehrere Arzte hahen bereits die
Aufinerksamkeit auf diese MSdchen gelenkt, welche die Aufgabe
haben, ein Gespräch mit den Gästen anzuknüpfen und den Eonsom
zu erhöhen, indem sie selbst aus den Gläsern derselben trinken,
unter dem Yorwande, man schlage einer Frau nichts ab. Diese
Zutrinkerinnen, welche fftr gewöhnlich kein Gehalt beziehen nnd
oft noch ihr Kostttm selbst bezahlen müssen, werden schlieislich
schwere Alkoholistinnen. Man kann ohne Übertreibung sagen, dafs
die Mehrzahl der Syphilisfälle, die bei jungen Schülern vorkommen,
von diesen „Damen" herstammen, mit denen sie aus einem Glase
getrunken haben. Es ist unbedingt notwendig, so bemerkt der Ver-
fasser, alle Bierhäuser, in denen Mädchen für das Trinken mit den
Gästen angestellt sind, zu unterdrücken oder wenigstens die An-
stellung weiblicher Personen für diesen Zweck zu verbieten.
Die Zähne von 500 Knaben der Yolksschnle zu FreibwgLB.
sind von Privatdocent Dr. C. RÖSE daselbst untersucht worden.
Die Geprüften standen im Alter von 7 — 14 Jahren. £s stellte
sich nach der „Mümh. med. Wochschr.*^ heraus, dafs nur 3 von
den 500 Schülern völlig gesunde, nicht hohle Zähne besafeen. Alle
übrigen waren mehr oder weniger von Zahncaries heimgesucht. Über
die Mundpflege der betreffenden Knaben gewinnt man die beste
Vorstellung, wenn man erfährt, dafs unter den 500 nur 2 ihre
Zähne durch Füllungen vor dem Untergange gerettet hatten.
Ffirsorge f&r Schwachbegabte Kinder in FeHnsylvaDlen. In
einer kürzlich zu Elwyn abgehaltenen Versammlung des Kuratorimns
der „Pennsylvania training-school for feeble-minded children'' wurden,
wie wir einem Berichte in ,yMed. News^ entnehmen, nicht nur ein
Oberarzt mit einem männlichen und weiblichen Assistenten, sondon
auch noch eine groise Anzahl von Specialisten für diese Schule
ernannt. Unter letzteren befinden sich mehrere Nervenärzte, ver-
schiedene Ärzte für innere Krankheiten, zwei Chirurgen, ein
Orthopäde, je ein Ohren-, Augen- und Kehlkopfarzt und endlich
ein Zahnarzt — fürwahr eine weitgehende Fürsorge für die
Schwachbegabten.
Entwickelang der Stndentenherbergen in Böhmen, MUrai
nnd Schlesien.^ Im Jahre 1884 entstand in der böhmischen SUdt
Hohenelbe im Biesengebirge die erste Studentenherberge. Durch
Förderang eines stiUen Wohlthäters fafste die neue Einrichtung bald
festen Fuis und verbreitete sich allmählich über die deutschen
Gebirgsvereinsgebiete Böhmens, Mährens und Schlesiens, in den
^ Vergl. diese Zeitschrift, 1889, No. 6, 8.249-250; No.9, S. 489-490;
No. 12, S. 682-683 ; 1890, No. 5, S. 289; 1893, No. 7 n. 8, S. 436. D. Bed.
369
letzten zwei Jahren auch über die österreichische Grenze hinaas.
Aqs nachstehender Zusammenstellang ist die jährliche Znnahme der
Herbergen und deren Frequenz zu entnehmen. Es bestanden
1884 1 Herberge mit 21 Besuchern,
1886 6 „ ^ 300 „
1887 23 „ „ 980 „
1888 40 „ ^ 2067
1889 43 „ „ 1862 „
1890 47 „ „ 2664
1891 74 „ „ 2264
1892 78 „ „ 3470
1893 85 „ „ 5651 „
Das ergibt zusammen in 9 Jahren 19179 Besucher. Wenn aus
den bescheidensten Anfängen in verhältnismäfsig kurzer Zeit ein so
mächtiges Aufblühen stattfinden konnte, so berechtigt dies wohl zu
der Annahme, dalä schon die ursprüngliche Form des Gedankens,
dem Studierenden ein würdiges Ferienheim zu schaffen, glücklich
gewählt sein mufste und geeignet erschien, allseitige Zustimmung zu
finden. Waren früher, solange es noch galt, neue Gebiete zu ge-
winnen, die Delegiertenversammlungen das beste Mittel, um anregend
zu wirken, so hofft die Centralleitung you der jetzt eingefdhrten
alljährlichen Bereisung der Herbergsorte zur Zeit der Ferien durch
Mitglieder der Leitung die besten Erfolge. Die in den letzten
Ferien vorgekonmiene ÜberfQllung einzelner Herbergen Teranlafste den
Vorstand, künftig die ZusteUung von Ausweisen, welche zur Benutzung
derselben berechtigen, zu beschränken. Es sollen vorläufig jährlich
nur 1000 Legitimationsbüchlein ausgegeben und entsprechend den
aof die einzelnen Studienorte entfallenden Besuchszahlen, sowie mit
Berflcksichtigung der innerhalb der Zeit yom 15. bis 30. Juni ein-
langenden Anmeldungen verteilt werden. Ferner sind die Schul-
leitungen aufgefordert, dahin zu wirken, dafs der truppenweise
Besuch der Herbergen in Zukunft unterbleibt und der Hauptstrom
der Besucher sich nicht ausschliefslich auf das Riesengebirge, sondern
auch auf die anderen Gebirge erstreckt.
Der erste Jngendspielknrsus in Budapest In Budapest
wurde im Oktober v. J. der erste Jugendspielkurs für Lehrer ab-
gehalten. Der Königlich ungarische UnterHchtsminister hatte die
Professoren Dollinger, Otto und SzigbtyIri mit der Abhaltung
diesbezüglicher Vorträge, den Professor Otto mit der Vorführung und
Einübung der Jugendspiele betraut. Es meldeten sich sehr viele
Gymnasial- und Realschulprofessoren, sowie auch Turnlehrer; das
Unterrichtsministerium konnte jedoch, um den Erfolg des Spielkurses
nicht zu gefthrden, nur 60 Lehrkräften die Teilnahme gestatten.
8ehn]g«tiuidh«itapfl«f e YII. 24
370
Denselben wurde der Besuch des Kurses dadurch erleichtert, dab
sie entweder vom Unterrichtsminister oder von den Schulerhaltern
eine Unterstfltzung empfingen; das Ministerium gewährte eine solche
von 30 fl. um das Zustandekommen dieses Kurses, dem bald noch
andere in der Provinz folgen dürften, haben sich Staatssekretär Dr.
VON Berzbyigzt, Ministerialrat Dr. Klailarie und Direktor
SzüppIn yerdient gemacht. Den Übungen der Professoren and
der Schiller, welche letzteren die Staatsrealschule des Y. Bezirks
beistellte, folgte das zahlreiche Publikum stets mit gro&em Interesse.
Nach achttägiger Dauer wurde der Spielkursus am 14. Oktober ge-
schlossen. Zur Schlufsfeier erschienen der Unterrichtsminisier
Graf von GsIkt, verschiedene Ministeriahräte, Direktoren, Pro-
fessoren, Ärzte, Journalisten u. a.
ümiix^t Derf&9ittt0en.
Erlafs des KSniglich prenfsischen Ministers der geistlichen etc.
Angelegenheiten, betreffend Heilknrse fAr stammelnde usi
stotternde Kinder.
Berlin, den 16. November 1893.
Aus den Berichten der Königlichen Regierung vom 4. und 14.
Oktober d. J. habe ich mit Befriedigung ersehen, dais die in
verschiedenen Orten des dortigen Regierungsbezirkes seither abgehaltenen
Heilkurse für stammelnde und stotternde Kinder zu günstigen Ergeb-
nissen geführt haben.
Mit der Königlichen Regierung bin ich darin einverstanden,
dals das Halten von Vorträgen durch die Leiter der Heilknrse fUr
Kinder mit den vorgedachten Sprachgebrechen auf den Lehrer-
konferenzen im Interesse der weiteren Förderung der Sache von
besonderer Wichtigkeit ist.
Der Königlichen Regierung gebe ich in dieser Hinsicht die
erforderlichen Weisungen anheim.
An
die Königliche Regierung zu N.
Der Minister der geistlichen etc. Angelegenheiten.
(Gez.) Bosse.
371
Ais der Yerordniiiif? der k. k. Statthalterei in BShmen
Tom 25. Febmar 1894, Z. 18 872, fiber Vorkehrungen
gegen Sgyptisebe Angenentzfindnng, besonders in Scbnlen.
Das in letzter Zeit sichergestellte häufige Auftreten des Trachoms
in einzelnen Verwaltungsbezirken des Landes, und zwar sowohl unter
den Erwachsenen, als auch unter den Schulkindern, teils in der
Form der ConjunctiYitis granulosa, teils in deijenigen der Conjunctivitis
foüicnlaris, geben mir Anlafs, zur Hintanhaltung der weiteren Aus-
breitang dieser Erkrankung Nachstehendes zur strengen Danachachtung
anzuordnen.
Augenerkrankungen jeder Art, welche in die Kategorie der
obengenannten Formen gehören, nicht minder aber auch jene, bei
denen eine sichere Differentialdiagnose aus welchem Grunde immer
nicht genau festzustellen, die Übertragbarkeit jedoch sicher anzunehmen
ist, sind im Sinne der Bestimmungen des Statthaltereierlasses vom
20. Dezember 1888, Z. 117 065, und vom 9. Jänner 1889, Z. 2147,
regelmälsig zur Anzeige an die zuständige politische Behörde erster
Instanz zu bringen.
Die behandelnden Ärzte und insbesondere die ordinierenden
Arzte in öffentlichen und privaten Krankenanstalten sind zu dieser
Anzeigeerstattung verpflichtet.
Nachdem die Lokalbehandlung allein nur in seltenen Fällen
im Stande ist, dauernde Heilung herbeizuftlhren, wird es Sache des
Arztes, bezw. des Amtsarztes sein, auf die Ursache der Krankheit
näher einzugehen und die Behebung dieser Ursache, wo thunlich, zu
veranlassen. ÜberfQllung der Wohnungen, mangelhafte Lüftung und
Beleuchtung, sowie Unreinlichkeit derselben, die zur Entstehung der
Conjunctivitis follicularis (Trachoma, Arlt) besonders beitragen, sind,
wo sie angetroffen werden, wo möglich abzustellen, um so mehr, als
diese sanitären Mängel geeignet sind, auch anderen weit schwer-
wiegenderen Infektionskrankheiten den Boden zu ihrer weiteren
Verbreitung zu bereiten. Dies gilt auch von öffentlichen Anstalten,
Schulen, Werkstätten und Fabriklokalitäten.
Die Lehrer sind im Sinne der Verordnung des k. k. Landes-
schnlrates vom 9. April 1888, Z. 9481, anzuweisen, jede häufiger
vorkommende Augenerkrankung unter den Schulkindem ungesäumt
ZOT Kenntnis der Schulleitung zu bringen, der es obliegt, die Sicher-
stellung der Krankheit durch den zur Überwachung des Gesundheits-
znstandes der Schulkinder bestimmten Arzt zu verlangen.
Ein ähnliches Verhalten ist in den Kindergärten, Kinderasylen,
Erziehungsanstalten etc. zu beachten.
An
aUe unterstehenden Bezirkshauptmannschaften.
^ 24»
1
372
Mitteilnngen an das Elternhaus bei Scliiilreisen
der Gymnasiasten in Anssig a. E.
Die Schtilerreisen, welche stets unter Aufsicht eines Lehrers
unternommen werden, dienen hauptsächlich der Eriiolung und
Erfrischung des Geistes und der Kräftigung des zu entwickelnden
Körpers bei sorgfältiger Vermeidung jeder Überanstrengung. Doch
soll hierbei auch der geistige Horizont des Zöglings erweitert werden,
insbesondere auf dem Gebiete der Geographie und Geschichte, der
Yaterlandskunde und Ethnographie, der Astronomie, Physik und
Technologie. Auf dem ganzen Wege muTs aber ein frischer, froher
Greist die gesamte Schar beseelen, auf dafs jeder Teilnehmer an
einer derartigen Wanderung noch in späteren Jahren sich dieser
froh durchlebten Stunden gern und wiederholt erinnere.
Zur Teilnahme an einer Schttlerreise wird jeder Zögling zu-
gelassen, der ein- fttr allemal diese Verständigung „An das Eltern-
haus I^ und in jedem besonderen Falle den detaiDiert vorgelegten
„Reiseplan'', zum Zeichen der Zustimmung seiner Eltern mit der
eigenhändigen Unterschrift des Vaters (der Mutter, des Vormundes)
▼ersehen, sowie das jeweilig im voraus festgesetzte Reisegeld zur
bestimmten Zeit dem Leiter der Schülerreise übergibt. Die genannte
Verständigung, welche auch die allgemein giltigen Vorschriften ftr
Schfilerreisen enthält, hat jeder Teilnehmer während der Reise bd
sich zu führen.
Die Angehörigen eines jeden Schülers räumen durch üure Unter-
schrift dem Lehrer für die ganze Dauer der Reise das Recht ein,
unbedingten, augenblicklichen, widerspruchslosen Gehorsam gegen
seine Anordnungen von dem Zöglinge fordern zu können und im
Falle einer Weigerung denselben auf der kürzesten Strecke aof ihre
Kosten nach Hause schicken zu dürfen. Andererseits übernimmt der
Lehrer die Verpflichtung, im Erkrankungsfalle den Schüler nnter
Herbeischaffung der nötigen Unterstützung thunlichst rasch nach
Hause bringen zu lassen.
Einzelbestimmungen.
Jeder Zögling hat sein Betragen sowohl gegen den Lehrer und
seine Genossen, als auch gegen Fremde so einzurichten, dafe er
seiner Anstalt Ehre mache. Die Wahrnehmungen von Gharakte^
eigentümlichkeiten des Volkslebens der fremden Gegend hinsichdiefa
der Sprache, Beschäftigung und Kleidung ihrer Bewohner benntie
jeder nur zur Bereicherung seines Wissens, er mache sie aber nicht
zum Gegenstande des Spottes oder schlechter Witze.
Jeder Zögling erhält innerhalb einer Abteilung von 8 — 10 Mann
seinen bestimmten Platz, den er beim Antreten und geordneten
373
Marsche streng einzuhalten hat ; jede solche Abteilung büdet zugleich
eine Fahr-, Tisch- und Schlafgenossenschaft. Den Anordnungen des
▼om Lehrer bestellten Führers einer solchen Abteilung hat jeder
einzelne ans derselben unbedingt Folge zu leisten.
In allen Fällen körperlichen Unbehagens oder wirklichen
Unwohlseins, ob sich nun dergleichen im Kopf, Magen, Unterleib,
an den Funsen oder sonstwo zeigt, ist dem leitenden Lehrer un-
Terzflglich Meldung abzustatten, damit zur rechten Zeit Abhilfe
geschaffen werde und die frohe Stimmung erhalten bleibe.
Manche Unpälslichkeit wird unseren jungen Freunden erspart
bleiben, wenn sie folgendes beherzigen: Man singe nicht, wenn man
gegen den Wind oder bergauf geht; wird man von einem Begen
überrascht, so trockne man möglichst bald die Kleider, wechsle die
Strümpfe und reibe den Körper in einem nicht allzu kühlen Zimmer
tüchtig ab ; dann nehme man, wenn möglich, etwas Warmes zu sich
nnd hüte sich namentlich yor Zugluft. Nach grösseren Märschen warte
man ungefähr eine halbe Stunde, bevor man sich sättigt.
Am Morgen hat jeder auf das gegebene Zeichen aufzustehen
imd sich mit dem Waschen, Frühstücken und der Befriedigung
anderer Bedürfnisse so zu beeilen, dafs er pünktlich zur Abmarsch-
zeit zur Stelle ist.
Auch den sonstigen Zeichen zum Sammeln, Halten, Ab-
niarschieren, Lagern, Finsteigen u. s. w. hat jeder sofort Folge
zu leisten.
Durch Ortschaften wird in Beih und Glied marschiert, aufser-
halb derselben im aufgelösten Zuge, doch ist ein Entfernen von der
Gesellschaft (Umkehren, Zurückbleiben, Voraneilen) nicht zulässig.
Ebenso ist auf dem Marsche yerboten: das Bauchen, Wassertrinken,
die Beschaffung von Lebensmitteln, das Baden und Einkehren.
Letztere vier Dinge sind auch während der Bast nur mit Erlaubnis
des Lehrers zulässig.
Gänzlich untersagt ist der Genufs von Branntwein.
Während der Bast darf sich niemand ausschliefsen, wenn die
Weisungen zur Sammlung von Notizen, zur Zeichnung einer Zone,^
znr Berichterstattung in die Heimat und dergl. ausgegeben wird.
^ Diese Übung ist sehr empfehlenswert. Man trägt von einem
hoher gelegenen Punkte ans alle wichtigeren Gesichtsobjekte in die
Torher gezeichneten Kreise, welche den Abstand yom Standpunkte aus
markieren. Meist läfst man vier Kreise zeichnen; in die erste Zone
kommen die Orte von Vi Heile Entfemnng, in die zweite die von 1, in
die dritte die von 2 Meilen Entfernung und in die vierte die weiter
gelegenen Punkte zu liegen.
374
Aach hat ein jeder nach Fähigkeit dnrch Deklamation, Vortrag,
Bede, Gesang, Veranstaltung von Gesellschaftsspielen zur Unterhaltong
beizutragen.
Abends darf niemand länger aufbleiben, als die anderen.
Vor dem Schlafengehen und beim Aufstehen hat ein jeder die
Füfse in der Art zu waschen, dafs er sie rasch in kaltes Wasser
taucht, sofort wieder herauszieht und grOndlich abtrocknet. Ist einmal
kein Wasser zu haben, so wische man vor dem Schlafengehen die
Ftlfse wenigstens mit den Strümpfen grflndlich, hauptsächlich aach
zwischen den Zehen, ab.
In Massenquartieren wü:d angezogen geschlafen, nur die Stiefel
werden ausgezogen und zusanmiengebunden an das Fulsende des
Lagers gestellt, die Brust- und Halskleidungsstücke gelöst.
Der Tornister, zugleich der geeignetste Aufbewahrungsort von
Wertgegenständen, dient als Kopfkissen, der Plaid als Zudecke.
Ausrüstung.
Der Anzug sei folgendermafsen beschaffen: Wollhemd, Twem-
anzug (Bock oben und unten schliefsbar), Tumerhut, schafwollene,
nicht gestopfte Strümpfe (auf der Kehrseite zu tragen), gnt aas-
getretene, feste Stiefel, bis zum stärksten Teil der Wade reichend,
die bei feuchter Witterung blofs geschmiert werden. Schnürschuhe
empfehlen sich weniger; am wenigsten geeignet sind Stiefeletten;
in Turnschuhen wird nicht marschiert.
Zur weiteren Ausrüstung gehört ein Tornister mit mindestens
3 cm breiten Tragriemen (eine Feldflasche, ein Femrohr), ein Plaid,
der auf diesen aufgeschnallt wird, ein Taschenmesser, ein lederner
Trinkbecher (ein Kompafs).
Der Tornister hat aufser einer Taschenapotheke, einem Lieder-
buche („Liederbuch für deutsche Turner"), einem Notizenbuche (mit
steifen Deckeln) und einer Specialkarte noch zu enthalten: 1 Paar
Turnschuhe (lederne Pantoffeln), 1 WoUhemd, 3 Paar Strümpfe,
1 Paar Unterhosen, mehrere Taschentücher, 1 Handtuch; Kamm,
Seife, Zahn- und Kleiderbürste, Biemen, Nähzeug und womö^ch
täglich den Mundvorrat für das zweite Frühstück und die Jause.
Die Taschenapotheke, wie sie z. B. als „Internationale Sanitas-
taschenapotheke" Ton Aug. Schwarz, Berlin SW. 12, oder als
„Taschenapotheke für Beise und Haus" tou Bob. Baditz erhältlich
ist, soll enthalten: Doppeltkohlensaures Natron, Tannin, Cholera-
tropfen (Opiumtinktur), Hoffmannstropfen, einige Stückchen Zucker,
Heftpflaster und englisches Pflaster, Hirschtalg, Karbolwatte, Verband-
gaze, eine Pincette, eine Schere und einige Nadeln.
Als Mittel gegen Fufsschweifs vrtrd empfohlen : 3 Teile Salicyl-
375
sftnre, 10 TeUe Stärke, 87 Tefle Talcnm; damit sind die Fttfse
jeden zweiten oder dritten Tag nach vorangehender Waschung ein-
znpndem.
Dies gelesen und mit voDer Zustimmung die Befolgung der hier
gegebenen Vorschriften meinem Sohne (Mündel) warm ans Herz gelegt
zu haben, bestätigt
als Vater (Matter, Vormond).
, den 18 ... .
Jßttfonaixtn.
Die Warschauer Militärsanitätsgesellschaft hat den Geheimrat
Professor Dr. VON Pettenkopkr in Mtlnchen zu ihrem Ehren-
mitgliede gewählt.
Von der Sektion für Hygiene des Kongresses russischer Ärzte
wurde unserem verehrten Mitarbeiter, Herrn Professor Dr. Erismann
IQ Moskau, das Ehrenpräsidium übertragen.
Der Begierungs- und Schulrat Hielschbb in Eöslin und der
Direktor der Oberrealschule Dr. Ad. Wbrniokb in Gleiwitz haben
den Charakter als Geheimer Begierungsrat erhalten.
Schulrat Eress in Meiningen und Dr. Weygoldt in Earls-
mhe wurden zu Oberschulräten befördert.
Gynmasialdirektor Dr. Ostbr in Rastatt ist zum Ereisschulrat
ernannt worden.
Die Seminardirektoren Dr. Weiss in Heiligenstadt, Dr. Hirt
in Halberstadt, Dr. Erass in Münster i. W., Dr. Verbeck in
Wittlich, sowie die Ereisschulinspektoren EscH und Schröder in
Trier und Spohn in AUenstein erhielten den Charakter als Schul-
räte mit dem Rang der Bäte IV. Elasse.
Unserem geschätzten Mitarbeiter, Herrn Privatdocenten Dr.
Lassar in Berlin, ist das Prädikat Professor beigelegt worden.
Dem Inspektor der höheren Mädchenschule der Franckeschen
Stiftungen in Halle a. S. Otto Dammann wurde die Amtsbezeichnung
Direktor verliehen.
Es erhielten: den Grofskordon des Eöniglich italienischen
Mauritius- und Lazarusordens Geheimrat Professor Dr. B. ViRCHOW
in Berlin ; den Adler der Eomthure des Eöniglichen Hausordens von
HohenzoUem der Geheime Oberregierungsrat und vortragende Bat
376
im Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangdegen-
heiten Dr. Wbhrenpfbnnig in Berlin, den Adler der Ritter des-
selben Ordens Gymnasialdirektor Professor Dr. NiTSCH in Bidefdd
nnd Gymnasialoberlehrer a. D. Professor Dr. Hirschfblder in Eiseo-
berg ; das Ritterkreuz I. Klasse des Königlich sächsischen Albrechts-
ordens der Konrektor der Dreikönigsschule Professor J. B. Haas in
Dresden und der Oberlehrer am Realgymnasium Professor Th. W.
Schubert in Zittau, das Ritterkreuz n. Klasse desselben Ordens
der Oberlehrer H. A. JünghAnbl am Realgymnasium zu Döbeln; den
roten Adlerorden DI. Klasse mit der Schleife der Regierungs- und
Schulrat a. D. Geheimer Regierungsrat Hasse in Kassel, den roten
Adlerorden IV. Klasse die Regierungs- und Schulräte Cremer in
Trier und Schieffer in Osnabrück, der Direktor des Gymnasium
Christianeum Genz in Altena, der Kreisschulinspektor Dr. Schabfe
in Danzig, der Direktor des Realprogymnasiums Dr. Ritter in
Nienburg a. W., der Direktor der städtischen höheren Töchterschnle
ELaiser in Mittelbannen, der Direktor der Taubstummenanstsif
Schwarz in Ratibor, die Gymnasialoberlehrer a. D. Professor Otto
in Wiesbaden, Professor Orth in Burgsteinfurt, Professor Oheim in
Hersfeld und Leber in Bonn.
Der k. k. Sanitätskoncipist der Statthalterei Dr. Franz Rittkr
VON Haberlbr in Wien wurde zur Dienstleistung in das öster-
reichische Ministerium des Innern berufen.
Der Medizinalassessor beim Polizeipräsidium in Berlin Dr.
Richard Wehmer ist als Nachfolger des in den Ruhestand ge-
tretenen Geheimen Medizinalrates VON Massenbach in das Medizinal-
kollegium der Rheinprovinz eingetreten.
Der Direktor der Landeskrankenanstalt in Brttnn Dr. Moritz
Nedopil wurde als ordentliches Mitglied in den k. k. Landessanitfttsnt
für Mähren entsendet.
Professor Dr. Th. Escherich in Graz geht als Nachfolge des
Professors der Kinderheilkunde Dr. Heübner nach Leipzig.
In Helsingfors ist eine Professur für Hygiene errichtet und dm
Inspektor des finnländischen Gesundheitswesens Dr. Sucesdorff über-
tragen worden.
Privatdocent Dr. L. Pfeiffer in München wurde auf den durch
den Tod Professor Uffblmanns erledigten Lehrstuhl der Hygiene
nach Rostock berufen.
Der Privatdocent an der technischen Hochschule zu Karlsrolie
Dr. Alexander Riffel hat die Professur für Hygiene daselbst
erhalten.
Die Seminardirektoren K. Kloesel in Rawitsch und £d>
Trieschmann in Köslin sind zu Regierungs- und Schulräten befördert
377
nnd ersterer der Regierang in Königsberg i. Pr., letzterer derjenigen
in Eöslin zugewiesen worden.
£s wurden ernannt: der Direktor des Realprogymnasinms in
Oberhansen Dr. AüLBK zum Direktor des Realgymnasiums in Dort-
mnnd, der Oberlehrer an der Oberrealschale in Gleiwitz Professor
Dr. Haüssknecht zum Direktor dieser Anstalt, der Direktor der
Realschule in Bockenheim Walter zum Direktor der Musterschule
in Frankfurt a. M., der Ereisschulinspektor Eramm zu St. Margarethen
im Regierungsbezirk Schleswig zum Seminardirektor in Tondem, der
Realprogymnasiallefarer Ewald und der Seminarlehrer EUEAT zu
Ereisschulinspektoren, der Oberlehrer am Domgymnasium in Verden
KUHNS zum Direktor des Realprogymnasiums in Nienburg a. W.,
der Oberlehrer Dr. Harnisch in Berlin zum Direktor der Real-
schule in Quedlinbui^.
Als Privatdocenten für Hygiene und Bakteriologie haben sich
habilitiert Dr. £uaEN Gzaplewski an der Universität Eönigs-
berg i. Pr. und Dr. Earl Abens, erster Assistent des hygienischen
Institutes, an der Universität Würzburg.
Der Professor der Hygiene Dr. Südaeow ist um seine Ent-
lassung als Rektor der Universität Tomsk eingekommen.
Oberschulrat Dr. Hartwig in Schwerin beging am 2. April sein
ftnfandzwanzigjähriges Jubiläum als Schulrat.
Der Regiemngs- und Geheime Medizinalrat Dr. Freiherr
VON Massbnbaoh in Eoblenz hat sein Amt niedergelegt; bei dieser
Gelegenheit vmrde ihm der Eronenorden H. Elasse verliehen.
Gymnasialdirektor D. Dr. HOFMANK zu Berlin trat unter Yer-
leihnng des roten Adlerordens HI. Elasse mit der Schleife in den
Rahestand, ebenso Realschuldirektor Langhoff zu Potsdam unter
Verleihung des Eronenordens HI. Elasse.
Unser geschätzter Mitarbeiter, Herr Direktor der Musterschule
Dr. Fr. von Eiselen in Franlcfurt a. M., hat sich pensionieren
lassen und aus diesem AnlaTs den Titel eines Geheimen Regierungs-
rates erhalten.
Es sind gestorben: der Sektionschef im k. k. österreichischen
Ministerium fttr Eultus und Unterricht Dr. Benno Ritter von David,
54 Jahre alt, in Wien; Geheimer Medizinalrat Dr. Sarrazin, das
Sheste Mitglied des Medizinalkollegiums der Provinz Westfalen, in
Httnster; der Professor der Hygiene Dr. Arnould in Lille, welcher
^el zur Verbreitung deutscher hygienischer Arbeiten in Frank-
reich beigetragen hat; Schulrat yan Senden, Seminardirektor in
Anrieh; Gymnasialdirektor Dr. Moormeister in Hagenau, 49 Jahre
<^t; Dr. Beheim-Soh WARZBACH, frflher Direktor des Gymnasiums
Ostrowo, in Filehne, 87 Jahre alt ; Schuldirektor a. D. Dr. Stein-
378
HAüS in Breslau ; Direktor Dr. Winter in Harburg a. £. ; Professor
Dr. Hoppe in Berlin, früher Oberlehrer am Gymnasinm zoin graaen
Kloster daselbst; Kreisschnlinspektor Albbrs in Bitbarg; Scholftnl
Nikolai Albxbjew in Ssndsha, Gonvemement Enrsk.
fitteratttr*
Besprechungen.
Professor Dr. F. C. Noll, Oberlehrer am städtischen Gymnasimn
zu Frankfurt a. M. Die Naturgeschichte des Menschen lebst
Hinweisen auf die Pflege der Gesundheit. For Gymnasien,
Realgymnasien, Realschulen und Seminarien bearbeitet. 2. Ani
Mit 107 Holzschnitt, u. 1 Farbentaf. Breslau, 1893. Ferdinand
Hirt. (109 S. 8«. Gbd. M. 1,36.)
Nach einer kurzen Einleitung Aber die Stellung des Mensches
auf der Erde, bespricht der Verfasser die Teile und Stoffe des mensch-
lichen Körpers, die Elementarorgane, das Skelett, die Muskeln, das
Nervensystem, femer die Ernährung, den Blutkreislauf, die Atmoog
und die Ausscheidungen, indem er an passenden Stellen Hinweise
auf die Pflege der Gesundheit einfQgt. In den folgenden fftnf Ab-
schnitten werden die wichtigsten Krankheiten, die erste Hufe bei
Unglücksfällen (nach Esmabgh), die Lebensalter, die Rassen des
Menschengeschlechtes, der Mensch der vorgeschichtlichen Zeit ab-
gehandelt.
Die Darstellungen sind bei aller Knappheit durchaus klar und
durch gut gewählte und gut wiedergegebene Abbildungen erläutert,
so dafs das kleine Buch sowohl als Leitfaden beim Unterricht selbst,
als auch zur Einprägung und Wiederholung des Gelernten die besten
Dienste leisten kann. Was es gibt, gibt es gründlich und genflgend,
vermeidet aber verständig das Zuviel, wodurch nur Yerwirrong uui
Unklarheit hervorgerufen wird.
Da die erste Auflage mir nicht bekannt ist, so vermag icb
nicht zu ermessen, was die in der Vorrede des Sohnes, der nach
dem Tode des Verfassers die neue Ausgabe fertiggestellt hat, an-
gedeuteten Veränderungen und Zusätze zu bedeuten haben ; jeden&Us
erscheint die Schrift wie in einem Gusse gearbeitet.
Ich beglückwünsche die Schulen, welche nach dieser Anleitung
die Anthropologie in ihren Lehrplan aufgenommen haben, und die
Lehrer, die mit solchem Leitfaden verständnisvoll Unterricht erteilen.
Denn die freudige Teilname ihrer Schüler wird ihnen gewils nicbt
379
fehlen. Die letzteren aber erhalten darin eine feste Gnmdlage der
Gesundheitspflege, deren Bedeutang für das Wohl der Einzelnen,
der Familien, der Gemeinden, Staaten nnd Völker mehr und mehr
die verdiente Anerkemmng findet.
Die Ausstattung des Buches ist in jeder Beziehung lobenswert.
Praktischer Arzt Dr. med. Fe. Dobnblüth in Bostock.
Ludwig Höpfner. Über die geistige Ennfidnng Ton Schiil-
kindern. Beobachtungen nach statistischer Methode als Beitrag
zur experimentellen Psychologie. Inauguraldissertation. Hamburg
nnd Leipzig, 1893. Leopold Voss. (39 S. 8^ M, 1,0.)
Verfasser fand beim Korrigieren eines zweistündigen Diktats
Ton 46 neuigährigen Knaben in der zweiten Stunde eine beträchliche
Hänfang der Fehler. Dies yeranlafste ihn, jene zu Prflfnngszwecken
Yorgenommenen Diktate näher zu studieren, weshalb er auch hinterher
die Ermüdungserscheinungen nicht als Funktion der Arbeitszeit zu
erforschen versuchen konnte. Immerhin bildeten die 19 diktierten
Sätze eine gut verwertbare Folge von Arbeitsstücken. Jeder Satz
wurde vorgelesen, dann mehrmals von einzelnen Schülern und schliefslich
von der ganzen Klasse wiederholt, hierauf aus dem Gedächtnis
niedergeschrieben. Die 19 Sätze enthielten fOr alle Schüler zu-
sammen 26 772 Buchstaben.
Rechnet Verfasser alle Fehler ohne Ausscheidung besonderer
Fehlerklassen zusammen, so kommen durchschnittlich auf 100
Bnchstaben je 2,7 Fehler. Bei den ersten 5 Sätzen nun, d. h. bei
der innerhalb etwa der ersten halben Stunde geleisteten Arbeit,
betrag jenes Fehlerprozent, das zunächst eine fallende Tendenz zeigt,
weniger als 1 ; beim 6. Satz schnellt es über 2 empor und behält
mit einigen Schwankungen die steigende Richtung bei. Das anfängliche
Fallen der Fehlerkurve erklärt Höpfner durch eine anf^glich
wachsende Erregung oder innere Sammlung, welcher später Ermüdung
folgt. Nimmt man die Mittel aus den Fehlerprozenten von Satz 1 , 2,
3 nnd 4 u. s. w. und dann die Mittel je zweier solcher Art gewonnener
aufeinanderfolgender Gruppen, d. h. verwischt man kleinere
Schwankungen, so wird die Fehlerkurve in der Hauptsache eine
aufsteigende gerade Linie. Auch auf eine andere Weise wird die
Annftherung der Fehlerkurve an jene Grade nachgewiesen.
Der Autor führt die Fehler auf 4 Gruppen zurück, teilt das
Diktat in Stücke von 4 zu 4 Sätzen und bestimmt die Zahl der
Fehler pro 100 geschriebene Buchstaben in jeder Gruppe. Besonders
interressant ist der Ausfall der Buchstaben, wobei unter anderem
beobachtet wird, dals Endbuchstaben am häufigsten ausbleiben.
Nach dem Verfasser ist die Erklärung hierfür entweder in dem
380
„laatlichen Verfall der Sprache" (öfterem Wegfall der EndkoDSonaDtctt
in der Umgangssprache) oder darin zn Sachen, dafe die Anfioieilaam-
keit schon dem folgenden Worte zugewendet wird, ehe das Tono-
gehende vollends fertig geschrieben ist. Unter den ansgefaUeneD
inneren Buchstaben erweisen sich die meisten als Konsonanten,
und läist sich ans dem Charakter der Auslassungen schlieCsen, dals
schlechte Aussprache eine wichtige Rolle dabei mitspielt. Das
Schreiben der Kinder wird durch Yorbuchstabieren, unter Umstftnto
auch durch Vorstellung der Schriftbilder unterstützt; wenn letztere
infolge Yon Ermfldung nicht mehr ausreichend deutlich yorgestellt
werden können und die Klangbilder (Lautfolgen) dafür eintreten
müssen, so werden diese der Umgangssprache entnommen.
HOPFNER bespricht ferner die Fehler des Einschiebens, Er-
Setzens und Umstellens von Buchstaben.
Wir sind dem Autor für seine Studie zu vielem Danke verpflichtet.
Wohl sind die spedellen Ziffemresultate nicht direkt zur experimenteDoi
Lösung der Überbürdungsfrage verwendbar, die Länge der Arbeitszeit-
stücke bleibt unberücksichtigt, dies ist jedoch mit Rücksicht auf
die Entstehungsart der Abhandlung von vornherein nicht andeis
möglich. Jedenfalls hat Höpfner zum Ausbau der experimentenen
Unterrichtshygiene einen wertvollen Beitrag geliefert, besonders aber
sich dadurch ein Verdienst erworben, dais er nützliche Winke
für die Fortbildung des Arbeitsplanes gibt. Die vorliegende^ Studie
kann daher jedem, der sich für eine rationelle Ausgestaltung der
Unterrichtshygiene mit ihren voraussichtlich bedeutsamen Folgen inter-
essiert, bestens empfohlen werden.
Oberrealschulprofessor Dr. phil. Lbo Burqbrstein
in Wien.
Gustav Sibgert. Das Problem der Kinderselbstmorde.
Leipzig, 1893. R. VoigtlÄnder. (96 S. Kl. S^)
Der Verfasser beginnt mit dem Motto:
„Opfer fallen hier,
weder Lamm noch Btier,
aber Menschenopfer unerh5rt!*
Und in der That mufs die „Mitteilung der statistisch tbat-
sächlichen Belege^ auf jeden, «der noch ein MitgefQhl mit seinei
Nebenmenschen hat, den Eindruck machen, dals diese jugendlichea
Menschenopfer etwas Unerhörtes sind. Nicht weniger als 49 FUle
hat der Verfasser selbst gesammelt und gesichtet; daneben stellt er
die officielle Statistik, aus der nur angeführt sei, dafs in Prealseii
von 1883—1888 289 Schttlerselbstmorde gezählt wurden.
Alsdann geht der Autor zu den Ursachen dieser traurigen Er-
scheinungen über und bespricht die individuellen und die socialea
381
Motive in emgehender Weise. Besonders anzuerkennen ist hier die
Unparteilichkeit nnd Umsicht desselben, indem er anf der einen
Seite die psychiatrischen Ergebnisse in ToUem Mause würdigt nnd
dabei doch nicht in den Fehler verfällt, daraus alles erklären zn
wollen. Vielmehr kommt gerade bei seinen „Vorschlägen zor Be-
kSmpfimg dieses Übels'' die Anschannng deutlich zum Ausdruck,
dais ohne sittlich religiöse Kräfte keine wirksame Verhütung
desselben möglich ist.
Die Schrift ist für alle, denen das Wohl der Jugend am Herzen
t, von nicht geringem Interesse.
Praktischer Arzt Dr. med. A. BOEMBR in Stuttgart.
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leitfdirifl fit S(||ttl||efnn)l|eit0|if ^^^^
VII. Jahrgang! 1894 No. 7.
(Drtginai-^b^ntibltittgen.
Die Schülbäder in Zürich.
Von
Dr. med. H. Naef,
praktischem Arzt in Zürich.
(Mit 1 Figur im Text.)
Der Schuljugend der Stadt Zürich hat es nie an Bade-
gelegenheit gefehlt. Zur Sommerzeit sind die Badeanstalten
in See and Ijimmat stets der Tummelplatz einer fröhlichen
Kinderschar gewesen. Auch die Schüler derjenigen Aus-
gemeinden, welche ihrer geographischen oder ökonomischen
Lage wegen nicht im stände waren, geschlossene Badeanstalten
im Freien zu errichten, hatten Zutritt zu den neun Schwimm-
bädern Ton Zürich-Altstadt, Riesbach, Enge und Wollishofen.
Fünf davon waren den Kindern zu gewissen Stunden unent-
geltlich gedffoet. Immerhin erwies sich der Besuch, zum Teil
der grofsen Entfernung wegen, als ein relativ schwacher. Er
beschiilnkte sich auTserdem naturgem&fe auf die warmen Sommer-
monate.
So kam es, dafs nicht einmal die Hälfte der Schuljugend
schwimmen lernte. Eine vom Schulvorstand im Frühling 1893
▼eianlaCrte Statistik ergab nämlich folgende Zahlen: Die
Sekundärschulen (13. — 16. Lebensjahr) wurden von 2338 Kindern,
1209 Knaben und 1124 Mädchen, besucht; davon können
schwimmen 928, nämlich 473 Knaben und 465 Mädchen,
= 40%.
8ehQic«MndiMtt0pfl«r« vn. 25
386
Die am 1. Januar 1893 erfolgte Yerschmelzimg der Stadt
Zürioli mit den 11 Ansgemeinden wird auch auf dieBom
Gebiete eine Mehrleistung ermöglichen. In den SeklUlda^
schulen werden einzelne Turnstunden im Stundenplan so an-
gesetzt werden, dals daf^ im Sommer Sohwimmuntemdit
eintreten kann. Herrn Stadtrat Grob, Vorsteher des st&dtischen
Schulwesens, gelang es, den Schwimmunterricht schon Torigen
Sommer für die erste Sekundarklasse einzuführen und den-
selben während der Sommerferien auch den übrigen Klassen
jeuer Stufe zugänglich zu machen ; in je 15 — 25 viertel-
stündigen Lektionen lernten etwa 400 Schüler schwimmen.
Mit der Sorge für ausreichenden Schwimmunterricht yer-
bindet sich bei unseren Schulbehörden die Bemühung, der
Jugend auch während der kühlen Jahreszeit Badegelegenheit
zu verschaffen. Die von Deutschland ausgehende Bewegong
für Schulbrausebäder fand bei uns lebhaften Anklang.
Von den sieben Schulhäusem, welche seit 1890 auf dem
Gebiete von Grols-Zürich erstellt wurden, ist nur eines ohne
Brausebäder. Nach Beziehen des neuen Schuleebäudes am
Hirschengraben werden von unseren 263 Schulabteilungen 77
Gelegenheit haben, Brausebäder zu frequentieren.
Die bisherigen Anlagen wurden unabhängig voneinander
errichtet, drei davon von Gebrüder Snlzer in Winterthnr,
welche auch die betreffenden Niederdruckdampfheizungen
geliefert haben.
Die Bäder sind in den 3 — 4 m hohen Kellergeschossen
untergebracht. Die eigentlichen Baderäume besitzen eine
Grundfläche von 19,5 — 40 m*. In drei Schulhäusem findet
man je zwei Ankleideräume von 8,6 — 18 m', in den übrigen
dreien je einen solchen Baum von 15 — ^35 m*. Zwei Ankleide-
räume sind weitaus vorzuziehen; jeder derselben sollte einen
Flächenraum von mindestens 10 m' haben. Wenn hundert und
mehr Kinder innerhalb zwei Stunden ihre Kleider ablegen, so
wird die Luft in dem Grade verunreinigt, dab eine ausgiebige
Ventilation der betreffenden Bäume nicht entbehrt werden
kann. Im Schulhause der Karthausstraüse hat man deshalb mit
387
gfutem Erfolge einen besonderen, von Wasserkraft getriebenen
Ventilator angebracht. Der Fufsboden der Baderänme ist mit
leicht abhebbaren tannenen Lattenrosten, derjenige der Ankleide-
rftume mit demselben Material oder mit Kokosmatten belegt.
Das Sulzersche System hat sich so vorteilhaft erwiesen,
d&ls eine genaue Beschreibung desselben gerechtfertigt sein
dürfte.
Das Wasser wird in einem besonderen Badeofen er-
wärmt, im Winter yod der Gentralheizung aus, zur übrigen
Zeit durch Kohlenfeuerung. Die beiden gut verschlossenen
und eingewandeten B.eservoirs befinden sich in den Vorräumen
der Aborte der ersten Etage. Dasjenige für kaltes Wasser hält
ca. 60 1, dasjenige für Warmwasser 1000 1. Die zwölf bis
achtzehn Brausen sind in zwei parallele Reihen und schief
gestellt. Sie stehen 1,8 m über dem Fufsboden und 0,7 — 0,8 m
Yoneinander entfernt.
Der Apparat wird von der städtischen Leitung aus durch
die Röhre a (siehe die Figur auf Seite 388) gefüllt. Das
Wasser gelangt erst in das Kaltwasserreservoir (KM),
flieJst durch die Röhre h in den Badeofen (0) und steigt
dnreh das Rohr c in das Warmwasserreservoir (WR).
Von hier gelangt es durch das Rohr d wieder zum Bade-
ofen. Sobald das Niveau des Wassers in beiden Reser-
voirs das gleiche ist, schliefst sich die zuführende städtische
Leitung durch einen Schwimmer (8) automatisch. Wird nun
die Feuerung in Gang gesetzt, so findet eine beständige Cirku-
lation des Wassers zwischen Ofen und Warmwasserreservoir
statt Ein im Baderaum in diese Leitung eingesetztes Thermo-
meter (t) ermöglicht die genaue Kontrolle der Temperatur des
eirkulierenden Wassers. Beginnt das Baden, d. h. wird der
die Brausen speisende Mischhahn (m) so gestellt, daJs das
Thermometer (V) 36 ® C. anzeigt, so fliefst aus dem Warmwasser-
reservoir durch die Leitung e Wasser von beispielsweise 50^ C.
zu xmd mischt sich im Hahn mit dem aus dem E^twasser-
TQservoir durch die Röhre f zuströmenden Wasser. Sofort
wird das Niveau des Wassers im Kaltwasserreservoir und
26*
388
damit die Sohwimmkugel sinken, woduroh sich das Ventil an
der städtischen Leitung öffnet und frisches Wasser zufliebt
Schalbad (System Stilzrb).
Durch Verbrauch von warmem Wasser sinkt auch der Stand
desselben im Warmwasserreservoir, wird aber sofort auf die
889
{rühere Höhe gebracht, weil infolge dee Überdrackee nnn Wasser
ans dem Kaltwasserreservoir durch den Badeofen in das Warm-
waaserreservoir einströmt und dort den gleichen Wasserstand,
wie im Kaltwasserreservoir, herbeiführt. Schlieüst man den
Mischhahn, so schlieJst sich mittelst des Schwimmers anch die
städtische Leitung. Sollte diese Selbstregulierung einmal den
Dienst yersagen, so wtlrde eine Überschwemmung durch die
Überlaufröhre x vermieden. Das Baden kann so lange be-
trieben werden, bis die Temperatur des Wassers im Warm-
waaserreservoir, an Thermometer t abgelesen, unter 36® C. sinkt.
Dieses System hat folgende wichtige Vorzüge:
1. Weder Ofen noch Brause stehen unter dem vollen
Druck der städtischen Wasserleitung. Die Druckhöhe beträgt
3,5 m, birgt demnach keinerlei Oefahr in sich.
2. Ebt die Temperatur des Warmwassers 50® C. erreicht,
so kann das Baden beginnen und die Heizung sistiert werden,
da die vorhandene Menge Warmwasser erfahrungsgemäls gentigt,
um tber 100 Kinder abzubrausen. Selbst bei ungeschicktester
Anwendung des Mischhahnes ist demnach eine Verbrühung der
Kinder unmöglich. Der Wärter hat sich nicht weiter um
die Heizung zu kümmern, er kann seine ganze Aufmerksam-
keit dem eigentlichen Baden zuwenden.
3. Man hat die Temperatur des der Brause entströmenden
Wassers jederzeit in der Hand. Nach gemachter Erfahrung
steht dieselbe höchstens 2® C. unter der Zahl, welche das
Misohhahnthermometet anzeigt.
Die mancherorts beliebten Zinkteller von 1 m Durch-
messer finden sich bloüs im Schulgebäude an der Karthaus-
stralse. Die jeweilige Leerung und Reinigung derselben seitens
des Wärters scheint mir ziemlich zeitraubend und ständiger
Kontrolle bedtürftig zu sein. Werden 2 — 3 Kinder in einem
solchen Teller unter eine einzige Brause gestellt, so spart man
allerdings Wasser und Brennmaterialien; die Badenden sind
jedoch in ihren Bewegungen gehemmt. Der Zweck, die Fufs-
waschung zu erleichtern, könnte ebensogut erreicht werden durch
kleine, flache, 30 cm breite und ebenso hoch über dem Boden
390
befindliche Zinkteller, welche an den Seitenwänden beihstigi;
und aufklappbar sind; dieselben lassen sich zugleich Eom
Sitzen benutzen.
Die Badeeinrichtong im Schalhans an der Karttiaiisstrarse
besitzt kein Reservoir; sie entspricht den bekannten Anlagen
in Frivathänsem. Nachteile infolge des hohen Wasserdnuto
oder hoher Wassertemperatnren scheinen bis jetzt nie beob-
achtet worden zu sein, offenbar dank der umsichtigen Hand-
habung des Apparates.
Originell dürfte das Brausebad im Schulhaus in der
NordstraCse sein. Dort sind die Begenduschen durch sechzehn
in drei Reihen gestellte, senkrecht stehende Röhren eisetst
Dieselben sind bis auf eine Höhe von 1,35 m durchlOdiert,
so dafs jedes der zehn Kinder von etwa f&nfzehn feinen
horizontalen Wasserstrahlen getroffen wird. Zehn an die seit-
lichen Röhren befestigte Zinkteller von V> ^ Durchmesser
und y$ m flöhe über dem Boden können aufgeklappt werden
und dienen zum Sitzen oder Waschen der Fülse. Der übrige
Teil des Apparates hat etliche Mängel, so data die ganxe
Anlage noch nicht mustergültig isi Solte es gelingen, durob
höheren Druck eine reichlichere Wasserspende zu ermöglichen
und die starke Abkühlung des Wassers in dem verzweigten
Röhrennetz zu vermeiden, so dürfte das System eine Zukunft
haben. Zu demselben hat offenbar die Erwägung gefobrt,
es möchte die Brause f^ den Kopf eliminiert werden. Bei
unseren in den übrigen Schulbädem schief gestellten Dusohen
haben sich nun aber keine Nachteile in dieser Richtung er-
geben, so daüs schräge Duschen ohne Bedenken empfohlen
werden können.
In Bezug auf Anlage- und Betriebskosten vermag
ich nur über die Brausebäder im Schulhause an der Weinbeig-
straTse (Quartier ünterstrafs) genau zu berichten. Hier wurden
verausgabt :
a. für Einrichtung der Bade- und Ankleide-
räume (Maurer-, Schreiner- und Maler-
arbeiten) 1095 Francs
891
b. für die eigentliche Bade^nrichtimg (Ofen,
BeBerroir, Leitungen, 12 Brausen eto.) 3055 Francs
Summa 4150 Francs.
Die Anlage im Quartier Hottingen mit 18 Brausen kostete
4481 Francs.
Die Betriebskosten stellen sich f olgendermalsen pro Jahr :
30 Francs für Wasser, 20 1 pro Bad,
85 „ „ Kohlen, ungefUir 22 kg für jeden Badetag,
15 „ „ Seife,
30 „ „ Abgang an Bade wasche (Vorrat: 100 Schürzen,
60 Handtücher und 48 Hauben)
160 Francs.
Werden sämtliche in Betracht kommenden Auslagen ge-
lechnet, so ergeben sich:
160 Francs, wie vorstehend,
415 „ = 10% Verzinsung und Abschreibung,
200 „ Entschädigung an den Wärter, zusammen
775 Francs == 1,3 % der jährlichen Schulausgaben der
früheren Gemeinde ünterstrals.
Nehmen wir pro Jahr 40 Badewochen mit je 2 Bade-
tagen für jedesmal 90 Kinder an, so ergeben sich in runder
Summe 7000 Bäder im Jahr. Es entfallen also nach der ersten,
bezw. zweiten Berechnung:
BetriebskoBten QeBamtkosten
auf ein einzelnes Bad 2,3 Cts. 11 Cts.
auf jeden der 600 Schüler jährlich 27 Cts. 1 Franc 30 Cts.
Von den übrigen Zürcherischen Brausebädern läist sich
sagen, dalis obige Zahlen in Bezug auf die Anlage nicht
flberall erreicht werden, dafs dagegen die Betriebskosten
mancherorts mehr betragen. Je grölser das Schulhaus, resp.
die Frequenz der Bäder ist, um so billiger stellt sich natürlich
das einzelne Bad.
Um Erkältungen zu yerhüten, halten wir an dem Grund-
satze fest, dals die Kinder im Winter mindestens 1 Stunde,
im Sonmier V« Stunde nach dem Bade noch im Schulhause
392
bleiben sollen. Das Baden mulfi deshalb vonnittags vor sich
gehen; nor ausnahmsweise und in der wannen Jahreszeit wird
auch nachmittags gebadet. In den Quartieren, die keine Bade-
anstalten im See oder in der Limmat besitzen, wurden die
Sohulbrausebäder bis jetzt auch in den Sommermonaten be-
nutzt. Sobald der Schwimmunterricht allgemein durchgefährt
ist, wird man hiervon abstehen.
Jedes Kind erhält alle 14 Tage Gelegenheit, zu baden.
Ein achttägiger Turnus wäre erwünscht, aber leider nidit
leicht durchzuführen. Da nämlich in der Begel die eine
Woche die Knaben, die andere Woche die Mädchen an die
Beihe kommen und die G-eschlechter nur in der Altstadt ge-
trennt sind, so tritt eine Unterbrechung des Unterrichtes schon
jetzt jede Woche einmal ein. Noch häufigere Störungen
dürften bei manchem Lehrer, der jetzt der Sache gewogen ist,
Unwillen erregen. Damit wäre das Schicksal der Schulbftder
aber besiegelt, denn sie können nur gedeihen, wenn die
Lehrenden sie unterstützen und in Anbetracht der grolsen
Wohlthat, welche das regelmäisige Baden für die Schuljugend
darstellt, eine kleine Unbequemlichkeit gerne in den Kauf
nehmen. Erfreulicherweise ist dies bei uns bis jetzt voll-
ständig der Fall.
Auf Einzelheiten unserer Badeordnung brauche ich nicht
einzugehen, da diejenige der früheren Gemeinde Unteistrafs
in No. 7 dieser Zeitschrift, Jahrgang 1893, abgedruckt ist
Bemerkt sei nur, dafs die grofsstädtischen YerhältniBse es
nicht mehr gestatten, dafs die Mitglieder des Damenkomitees
beim Baden der kleinen Schüler behilflich sind. Auch darf
die Temperatur des Wassers im Warmwasserreservoir nicht
wie früher blols 40^ C, sondern sie muijs 50^ C. betragen.
Erhebungen über die Frequenz der Brausebäder
liegen aus drei Schulhäusem vor und sind in der Tabelle anf
Seite 393 zusanmiengestellt.
Die dort mitgeteilten Zahlen bedürfen einiger Bemerkungen.
1. Im Schulhaus Biesbach, das die gröüste Beteiligung
aufweist, baden nur Schüler des betreffenden Hauses seihet»
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und zwar 6 Klassen ; in Unteistrab waren zur Zeit der Auf-
nahme der Statistik 2 von 11 Erlassen in einem anderen
Schnlgebäude untergebracht; in Hottingen mit der geringsten
Frequenz mnÜBten von 23 Klassen 9 aus einem zweiten, ungeftk
100 m entfernten Schulhause zum Baden kommen.
2. Von den 16,6% = Ve sämtlicher Schüler, welche
grundsätzlich fem bleiben, haben manche Gelegenheit, in
eigenen Badezimmern zu Hause zu baden.
3. Am zahlreichsten erscheinen die Realschüler (10. bifl
12. Lebensjahr); in Bezug auf die kleinen Elementarschüler
sind die Eltern ängstlich; manchen Schülern der Sekundär-
schule dürfte die Sache zu wenig „standesgemäfia" sein.
Leider haben wir beobachten müssen, dafis ni<dit' selten
Kinder sich dem Baden entziehen, die dasselbe am nötigsten
hätten. Ihre Eltern sind zu arm oder zu gleichgültig, um
für unzerrissene oder wenigstens reine Unterkleider bei ihnen
zu sorgen. Die Wohlthätigkeit könnte hier bis zu einem ge-
wissen Grade Abhilfe schaffen.
Ln allgemeinen lassen sich die Erfiahrungen über die
Schulbrausebäder in Zürich folgendermalsen zusammenfassen.
Sie sind unerwartet rasch beliebt geworden. Den Kindern
ist das Baden ein festlicher Anlals. Die Lehrer lassen sich die
kleine Störung gerne gefallen, da sie die wohlthätige Wirkung
der Bäder auf die Jugend immer wieder beobachten. Die
Eltern haben eingesehen, daÜB keine Erkältungsgefahr besteht,
wenn die Badeordnung streng befolgt wird. Die Behörden
endlich nehmen die Verantwortung für die verhältnismälkig
geringen Kosten gerne auf sich, da sie sich überzeugen, dab
die Schulbäder den Beinlichkeitssinn fördern, die Klassenlnfi
verbessern und die Kinder gegen die schädlichen Einflüsse der
Schule widerstandsfähiger machen.
Für die neu zu erbauenden Schulhäuser gilt die Ein-
richtung von Brausebädern sozusagen als selbstverständlich.
Im Sommer Schwimmunterricht in See oder Limmat,
während der übrigen Jahreszeit Brausebäder in den Schulhäusem,
diese Kombination dürfte daher in wenigen Jahren ein Gkmein-
885
gut der SohtdjugeDd Zünohs sein. Wem die Gesnndheit des
heranwachsenden Geschleohtes am Herzen liegt» der wird mit
mir wünschen, dals sich die gehegte Erwartung bald erfWen
mOge.
SchülbankaiuiBtelliiiig in Wien.
Von
Marianne Nigg,
Lehrerin in Komeabui^ in Niedereiterreicb.
(Mit 2 Fifforeik im Text.)
In der Yolkshalle des Wiener Bathanses fand vom
16. — 23. Jänner 1. Js. eine Schnlbankansstellong statt, welche
in den schönen gotischen Bäumen die 49 Objekte geordnet
seigte, die infolge der im Sommer y. Js. ansgeschriebenen
Schxdbankkonknrrenz^ eingelaufen waren.
Den ersten Anstofs zn dieser Konkurrenz hatte die am
5. Oktober 1887 einberufene Schulbankexpertise' gegeben,
welche aus Ärzten, Architekten, Lehrern und anderen Personen
zusammengesetzt war und Vorschläge ftür eine Beform der
Subsellien erstattete.
Am 15. September 1892 wurde abermals eine Sitzimg
dieses Komitees abgehalten, das in der Zwischenzeit nicht
müling gewesen war, und schlieüslich die auf Seite 396 mitge-
teilte Dimensionstabelle von demselben aufgestellt, nachdem
68 fär jede BankgröiSse Messungen an je 10 Kindern vor-
genommen hatte.
Eine dritte Sitzung der Expertise bestimmte, dals Wien
mit seinen 162 978 Schulkindern entsprechende Subsellien
' S. diese Zeitschrift, 1893, No. 2, S. 106—109. D. Bed.
* S. diese Zeitschrift, 1889, No. 7, 8. 360 and No. 10, S. 546 bis
548 D. Bed.
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398
erlialten solle, und wirklich gelangten jfthrliok 4000—6000
Schulbänke zur Auswechselung.
Nach dem Ausspruch der Preisrichter boten die 49 Aus-
stellungsobjekte nichts Neues dar. Die GröisenverhältnisBe der
Bänke waren gegeben, es handelte sich also nur um die Art
und Weise, in welcher Minus- und Plusdistanz ermögUdit
werden sollten. Hier aber hatte man teils zur Pultbewegung,
teils zur Pendelbewegung, teils zu Klappvorrichtungen
seine Zuflucht genommen. Gegen letztere sprachen sich zwar
nicht die Ärzte, wohl aber die Lehrer wegen des leichten
Einklemmens aus.
Als Norm war aufgestellt worden, die Bank müsse das
Sitzen des Kindes in der Beklinationslage mit gehörig
unterstütztem Rücken ermöglichen, damit dasselbe nicht er-
müde. Namentlich für das Schreiben sei die Beklinationslsge
nötig. Das Pult müsse daher in Minusdistanz, aber auch
zum bequemen Aufstehen in ausreichende Plusdistanz
gebracht werden können. Alle diese Pult-, bezw. Siti-
yeränderungen dürften jedoch weder Geräusch erzeugen, noch
sich mit Schwierigkeit handhaben lassen.
Obwohl drei Preise ausgeschrieben waren, der erste mit
1000, der zweite mit 500 und der dritte mit 300 Gkdden,
so kamen doch nur die beiden letzteren zur Verteilung. Von
einem Zerlegen des ersten Preises in mehrere kleinere wurde
Umgang genommen, obwohl yerschiedene wirklich preiswürdige
Subsellien vorhanden waren, für deren Nichtprämiierung man
nur den einen Grund geltend machte, dals dieselben an einem
toten Räume litten. Es ist dies ein Baum von 2 cm Breite,
der sich zwischen TintenfaXs und Pult herausstellte xmd rom
hygienischen Standpunkte insofern yerworfen wurde, als die
Let^itzenden bei acht hintereinander stehenden Bftnken
dadurch um 16 cm weiter, als nötig, von der Wandtafel
entfernt wären.
Übrigens lassen sich auch gegen die Prämiierung Ein-
wände erheben. Meines Erachtens würde es sich dämm
gehandelt haben, eine gute Schulbank einfachster Eon-
399
strnktion bei mögliohfit geriogem KoBtenanfwande aus-
fiodig zu machen, die keinerlei tenren Beparatnren unterworfen
wäre. Gterade die beiden prämiierten Schulbänke aber sind
sehr kostspielig und so komplizierter Art, dals nicht nur die
Herstellung, sondern auch die Erhaltung derselben gro&e
Summen erfordern wird, welche nützlicher zur Verbesserung
anderer unhygienischer Verhältnisse verwendet werden könnten.
So verwickelte Einrichtungen passen nicht für die Schule.
Aulserdem sind beide prämiierten Objekte schwer rein zu
halten, indem sie dem Schulstaube und den Bakterien manchen
Buheplatz gönnen. Da femer die mit dem zweiten Preise
bedachte Bank schon seit Jahren in den Wiener Schulen ein-
geführt ist, so lielsen sich Hunderte von Fällen nachweisen,
wo Kinder sich Finger oder Kleider in derselben eingeklemmt
haben. Auch hat dieselbe, abgesehen davon, dab sie keines-
wegs geräuschlos fanktioniert, eine zu kleine Plus-
distanz, welche längeres Stehen unmöglich macht und be-
sonders für den Handarbeitsunterricht zu eng ist.
Wir lassen nun eine Beschreibung und Beurteilung der
einzelnen ausgestellten Subsellien folgen.
No. 1. Aus der Schule für die Schule. Fixer Sitz
mit Klappvorrichtung des Pultes. Nichts Neues.
No. 2. Kinderschutz. Mit ähnlicher Einrichtung. Gleich-
falls nicht neu.
No. 3. Grofs Wien hoch I Schiebepult mit totem Baume.
No. 4. Universalschulbank. Klappvorrichtung, die
arge Beschädigung der Kinder zuläJst. Auch ist die Beinigung
schwer zu erzielen.
No. 5. Wissen ist Macht. Eine gute Konstruktion,
welche allen von der Expertise gestellten Anforderungen
entspricht, doch für die Schule nicht solid genug ist, da das
Rollpult aus Leinewand besteht, auf welcher Stäbe angeklebt
sind.
No. 6. Das Einfache ist das Beste. Klapptisch. Nicht
praktisch.
No. 7. Grofs-Wien. Ähnliche Einrichtung, wie die vorige.
400
No. 8. Hygiene. Sohwingepnlt mit 2 Teilen. Erzeugt
starkes Greräosch beim Öffnen.
No. 9. Hygiene. Schwingepnlt mit totem Banm.
No. 10. Chiffre N. P. Schiebepult mit teil weiser EJapp-
Yorriohtang. Einfetoh in der Konstroktion, doch ist ein leerer
Baum Yorbanden.
No. 11. Ohne Beschreibung, daher nicht beachtet.
No. 12. Desgleichen.
No. 13. Chicago. Klapppult auf Eisengestell. Zum
Schreiben ungeeignet.
No. 14. Hungaria in zwei Ausführungen: a. Klappsitz
mit Schwingepult als Schreibyorrichtung. Die Idee erscheint
wohl neu, doch haften ihr viele Mängel und alle Übelstände
des toten Baumes an. Auch kann man sich leicht daran ver-
letzen, b. Columbus.
No. 15. Sorget für die Kinderl Hängesitz mit Klapp-
pult. ÄuTserst ge&hrlich.
No. 16. Pestalozzi. Fester Sitz. Schiebepult mitPendel-
Vorrichtung, aus welchem sich automatisch eine Leseleiste
hervorhebt. Von dem Ingenieur Alfbed Gbehi und dem
Architekten Max von Schinbleb. Die Bank wurde mit
300 Gulden prämiiert und gelangt probeweise in einigen
Schulen Wiens zur Einfühmng. Doch funktioniert dieselbe
durchaus nicht geräuschlos. Auch läfst sich die Pult-
bewegung wegen ihrer komplizierten Einrichtung nur dorcb
bedeutende Kraftanstrengung erzielen, die man nicht allen
Schulkindern zumuten kann..
No. 17. Exakt. Fester, ausgeschnittener Sitz, aus-
geschnittenes Pult mit Klappen. Ist sehr schwer zu bewegen.
No. 18. Arbeit ist des Menschen Zierde. Schiebe- und
Rollpult. Beim Öffnen und Schliefsen pelotonartiges OeräuseL
No. 19. Wiener Normalschulbank. Die gewünschten
Mause werden mit einem Schlüssel hergestellt und die Bankteile
nach der Gröfse der Kinder festgesohroben. Das Subsellimn
ist ein Pendelsitz mit Klapppult, bei welchem arge Beschädi-
gungen möglich sind.
401
No. 20. Labor omnia vinoit assidutis. Auch hier
können beim Gebrauche sehr leicht Verletzungen vorkommen.
No. 21. Die praktische Schulbank. Ein Klapppult
mit allen Fehlem des Eingeklemmtwerdens, auch an der Stirn-
seite.
No. 22. Die richtige Schulbank. Ein sehr geräusch-
volles Pendelpult.
No. 23. Kinderschutz. Ein Pendelpult, welches durch
das Überschwingen eines Parallelogramms bewegt wird. Vom
Tischler ScHiiiMP angefertigt, der filr die Kommune Wien
schon 23000 solche Bänke geliefert hat. An derselben wurden
alljährlich von der Schulbankexpertise Verbesserungen vor-
genommen. Sie erhielt den ersten Preis von 500 Gulden, ob-
wohl auch sie nicht allen gestellten Forderungen entspricht.
No. 24. Zweite Ausführung desselben Subselliums, mit
Lesepult variiert.
No. 25. Wien. Pult mit Sohiebevorrichtung, doch sind
die vorgeschriebenen Mafse nicht eingehalten.
No. 26 und 27. Fixes schmales Pult zum Aufklappen
und nach oben überzuschwingender Sitz, wodurch eine Art
Stehpult erzeugt wird. Sehr gefährlich.
No. 28. Ebenfalls ein Klapppult, also nicht empfehlens-
wert.
No. 29. Modell eines Schiebepultes, nichts Neues bietend.
No. 30. Schiebesitz, frei zu bewegen, doch leidet das
Snbsellium an einem toten Räume.
No. 31. Schwingepult mit geräuschvoll arbeitendem
Elappsitz.
No. 32. Alma. Ein Klapppult, nach vor- und rückwärts
durch Pendelbewegung zu stellen, doch nicht empfehlenswert.
No. 33. Mobile. Schwingepult mit einer Vorrichtung
aus starkem Draht, über die Bücher zu legen. Zu beweglich
xmd geräuschvoll.
No. 34. Normalschulbank. Klapppult mit Pendel-
sitz. Nicht zu empfehlen.
No. 35. Ebenfalls ein Klapppult.
8elial«tma«itfpfl«fe VU. 26
402
No. 36. Normalschnlbank mit Pendelsitz.
No. 37. Von demselben Anssteller in yeränderter Ans-
fahnmg, doeh nicht anzuraten.
No. 38. Ein Ellapppnlt mit Fedem nnd yeistellbarer Fob-
bank. LäiSst sich schwer reinigen.
No. 39. Bank mit Pendelsitz. Nichts Neues.
No. 40. Bank mit festem Sitz, bei dem eine Veränderong
nicht möglich ist.
No. 41. Fester Sitz mit festem Pult.
No. 42. Eine Bank nach Art eines Kindersessels znm
Vorklappen mit Handstützen. Diese Idee ist zwar nen
doch haften ihr allerlei Mängel an.
No. 43. Sitz mit FuTsbank.
No. 44. Ein Klapppult. Nicht neu.
No. 45, 46, 47, 48, 49 wurden nicht berücksichtigt, weil
ihnen die nötige Beschreibung und Zeichnung fehlte.
So bot denn diese interessante Ausstellung ein Bild desseQ,
was die Schulbank sein soll, und was sie nicht sein soll.
Auiser manchem Guten waren auch manche Müsgriffe in Bezng
auf die Hygiene zu yerzeichnen. Einzelne Bänke erschienen
mit schwarzer, andere wieder mit gl&nzenden Farben gestrioheii,
so dafs der Beflex des Lichtes den Augen Schaden bringen
konnte; nur wenige hatten einen matten Anstrich. Viele
Subsellien luden zu Spiel und Zerstreuung ein. Andere wieder
bewegten sich so geräuschyoll, dals der Unterricht dadnrd
gestört werden muiste. Auch die Verschlüsse der Tintenftoer
liefsen manches zu wünschen übrig.
Zu bedauern ist, dals die Ausstellung nicht zahlreicher be-
sucht war und dafs nicht mehr Pädagogen ihre Erfahrungen
kundgaben, um endlich ein fehlerfreies Modell, das Ideal
einer Schulbank, konstruieren zu können.
403
^»B ^trfammlnn^tn titib Deretneti.
Die Sitnmgen der KomnuBsion für SchulgeBundheitspflege
in
Von
Dr. phil. Gt. Aütbnribth,
Bektor des Alten Gymnadums in Nürnberg.
(Schilift.)
Vn. Sitzung am 27. Februar 1894.
In Gegenwart des auf Einladung erschienenen ersten rechts-
kimdigen Bürgermeisters Dr. von Schuh verliest Herr DIrr
die Eingabe betreffs Errichtung von Hilfsschulen für
Schwachbegahte an den Magistrat der Stadt. Der Bürger-
meister, welcher selbst vor 1867 deutscher Volksschullehrer
gewesen ist, gibt zunächst, nachdem seitens der Kommission
dem Entwürfe der Eingabe zugestimmt war, die Erklärung
ab: G^en die frühere Art von „Hilfsschulen", in denen nicht
Schwachbegabte, sondern zurückgebliebene und träge Schüler,
überhaupt schlechte Elemente Au&ahme fanden, würde er sich
natürlich erklären müssen, dagegen die in der Eingabe skizzierten
HiUbschulen halte er für eine zweckmäisige, ja in einem ge-
ordneten Schulwesen unentbehrliche Einrichtung. Es frage
sich nur, in welcher Weise sie sich im Bahmen unserer
städtischen Schulen eingliedern lassen. Jedenfalls sei hierorts
die erbetene Institution eines Versuches wert, und er werde
einen solchen gerne befürworten. Finanzielle Bücksichten seien
hier nicht maisgebend, sondern nur die Sicherung einer richtigen
Durchführung des Planes. Sobald diese erreicht, wäre er
sogar für Verleihung eines gewissen Zwangsrechtes der Schul-
behörde gegen die Eltern.
26*
404
Magistratsrat Rehlbn verweist wiederum anf die Ein-
richtungen in Köln. Dort bestehen 10 Schulklassen und in jeder
2 Abteilungen der Geschlechter. Das ünterrichtspensum ist das
der Volksschule mit Artikulations- und Handfertigkeits-
unterricht. Das Zwangsrecht gegen den Widerstand der Eltern
kam wenig zur Anwendung, da derselbe bald gebrochen war.
Die Mädchen werden durch Lehrerinnen unterrichtet. Lehr-
mittel und Disciplin sind vorzüglich. Auch der Erfolg war
sehr erfreulich. Die Elinder ftlhlten sich glücklich unter-
einander, unter geistig gleichbegabten ; bis zu 87%, mindestens
66% werden dort erwerbsfähig.
Medizinalrat Dr. Merkbl stimmt überhaupt den Vor-
schlägen bei, insbesondere aber hält er es für eine Forderung
der Gerechtigkeit, dafs auch den Minderbegabten Gelegenheit
zu einer entsprechenden Ausbildung geboten werde, da sie olme
solche Pflege geistig zu Grunde gehen. Zu erwägen wfire
noch, ob alle einschlägigen Fragen, z. B. die Bedingungen der
Aufnahme, schon genug geklärt seien.
Bei didr Specialdiskussion gibt zuerst Stadtachulrat Pro-
fessor Dr. Glaüning statistische Erhebungen bekannt, die
letzten vom Mai 1893, wo in den Klassen I — VI 39 schwach-
sinnige Knaben und 26 schwachsinnige Mädchen, in Summa
65 solche Kinder vorhanden waren, darunter etwa 6 blöde,
nicht bildungsfähige. Auf Anfrage des Medizinalrats Dr. Merkel
erwidert derselbe, dafs in der Regel 74 % der Schulkinder die
sämtlichen Klassen der Volksschule durchmachen; unter den
übrigen sind freilich auch diejenigen einbegriffen, welche w^n
ELrankheit oder aus anderen Ursachen erst nach dem sechsten
Lebensjahre in die Schule eintraten.
Dr. ScHTTBERT macht betreffs der Aufnahmezeit darauf auf-
merksam, dals wir in unserer Eingabe nur ein Jahr Besofk
der gewöhnlichen Schule, andere Städte aber zwei Jahre ver-
langen.
Bürgermeister Dr. von Schuh glaubt, da(s in der Begel
eine einjährige Beobachtung hinreiche, um über die Hinüber-
gabe an die Hilfsschule zu entscheiden, welche möglichst
405
fröhzeitig erfolgen sollte. Aus den etwa 69 Schülern hier
werde man zunächst trotz Verschiedenheit des Alters nur zwei
Klassen bilden können, die eine mehr im Osten, die andere
im Westen der Stadt; später müsse eine dritte Klasse hinzu-
treten.
Letztere wünscht der Referent Däkr dann im Centrum
der Stadt und überhaupt keine Trennung der Geschlechter,
wogegen auch Schulrat Dr. Glaüning keine pädagogischen
Bedenken hat.
Weiter in Einzelheiten einzugehen, hält der Bürgermeister
nicht fär nötig, die Schulyerwaltung werde auf G-rund der
Emgabe und Beilagen wohl ein Programm aufstellen und dies
der Kommission zur Begutachtung zustellen.
Nach dem günstigen Prognostikon der Sache wird von
weiteren Details abgesehen, die Frage nach Zuziehung des
Hausarztes und Auüstellung von Schulärzten von Hofrat
Dr. SncH und Medizinalrat D. Merkel nur gestreift.
Nachdem Herrn Bürgermeister für sein Erscheinen und
seine Unterstützung der Angelegenheit der Dank der Kom-
mission ausgesprochen war, schloXs der Vorsitzende die Sitzung.
Petition der Tnrnyereüie des Tnrnkrelses Deutsch-Österreicli
an das Haus der Abgeordneten in Wien
betreffs EinfBlirung des Turnens als obligatorischen Lebr-
gegenstandes an den Mittelschulen, Mädchenschulen, Staats-
gewerbeschulen, Handelsschulen u. s. w.
Mit Freude und hober Befriedigung haben die Turner Österreichs
die im November 1868 abgegebene Erklärung des damaligen Unter-
richtsministers Freiherm von Hte, „das Turnen als obligatorischen
Gegenstand in den Lehrplan der Schulen aufnehmen zu wollen'',
uid darauf das Zustandekommen des Reichsvolksschulgesetzes vom
14. Mai 1869, worin die Leibesflbungen unter die allgemein
Terbindlichen Lehrgegenstände eingereiht werden, begrttlst.
Denn das Turnen ist, abgesehen von seiner erziehlichen Be-
deutung, von hervorragendem Werte für die körperliche Entwickelung
406
der männlichen und weiblichen Jagend, sohin des gesamten Volkes.
Andererseits sind die Erfolge des Turnens von ganz besoBderem
Einflüsse anf die Wehrhaftigkeit und Wehrtflchtigkeit der mSimlicheii
Jugend. Denn es unterliegt wohl keinem Zweifel, da(s durch das-
selbe die Zahl der Diensttauglichen erheblich vergröfsert wird und
turnerisch vorgebildete Leute mit viel geringerer Mflhe milit&risch
geschult werden können.
Der Staat hat daher in zweifacher Hinsicht ein grobes Interesse,
das Turnen zu yerallgemeinem und den Turnunterricht mö^chst
intensiv zu gestalten.
Was ist nun bisher in dieser Beziehung geschehen? Was ist
zur Pflege des Turnens wirklich gethan worden?
Auf diese Frage muls leider geantwortet werden, da(s das
bis jetzt Verfügte weit hinter den Anforderungen des Bedfirfoisses
zurückbleibt und dafs die Erwartungen, die an das Reichsvolkssdnü-
gesetz geknüpft wurden, bisher^ obwohl seit dessen Geltung bereits
ein Yierteljahrhundert verflossen ist, nicht in Erfüllung gegangen
sind. Denn es ist bekannt, dais die gesetzlichen Anordmmgen
hinsichtlich des Turnens an den Volksschulen nur zum Teile, am
wenigsten an den Schulen auf dem Lande durchgeführt worden
sind.
Was aber die Mittelschulen betrifft, so ist zwar das Tomen
an fast allen Oberrealschulen, Lehrer- und Lehrerinnenbildnogs-
anstalten des Reiches als allgemein verbindlicher Lehrgegenstand
eingefohrt worden, aber an den Gymnasien ist es bei den ersten
Anfängen geblieben. Denn das im Jahre 1849 erschienene Organisations-
statut für die letzteren hat die Gymnastik nur als freien Lehrgegenstand
eingeführt und es den Lehrkörpern der einzelnen Anstalten anheim-
gegeben, diesen Gegenstand für obligatorisch zu erklären. Von dieser
Ermächtignng haben bisher nur die Gymnasien in Oberösterreich
und Salzburg Gebrauch gemacht ; die daselbst erzielten Erfolge sind
als sehr günstige zu bezeichnen.
Der Unterrichtsminister Freiherr von Gautsoh erklftrte im
hohen Abgeordnetenhause, dais er bereit sei, nach und nach den
obligatorischen Turnunterricht an den Gymnasien Österreichs ein-
zuführen, was bei einigen Anstalten auch bereits geschehen ist
um die angestrebten Erfolge baldigst zu erreichen, erscheint
es dringend geboten, daCs innerhalb eines bestimmten, nicht zn
lange bemessenen Zeitraumes das Turnen an allen Gymnasial des
Staates als obligatorischer Unterrichtsgegenstand erklärt werde.
Es genügt jedoch bei den Mittelschulen das bisherige Ansmals
der Turnstunden nicht, denn bei der grofeen Inanspruchnahme der
geistigen Thätigkeit der Schüler an allen Lehranstalten ist es not-
407
wendig, auch der körperlichen Ausbildung im YerhftltnisBe zur
geistigen die erforderliche Zeit einzuräumen.
Die bisher üblichen zwei Turnstunden in der Woche gestatten
keinesfalls die Erreichung des angestrebten Zieles, und wie man es
in den Ländern des deutschen Reiches für notwendig erkannt hat,
die Zahl der wöchentlichen Turnstunden auf drei, beziehungsweise
Tier zu erhöhen, so wird man auch in Österreich dieser Forderung
Bechnung tragen müssen.
Das Gleiche gilt von den Lehrer- und Lehrerinnenbildungs-
aoBtalten. Hier fUlt besonders ins Grewicht, dafs den Lehrkräften,
die aus diesen Anstalten hervorgehen, die Leitung des Turnens an
den Volks- und Bürgerschulen übertragen wird. Diese Lehrpersonen
werden nur dann die volle Tüchtigkeit und Berulsfreudigkeit für den
Gegenstand bethätigen können, wenn sie eine möglichst weitgehende
Befiihigung und damit die erforderliche Begeisterung für das Turnen
sich erworben haben.
Eine Vermehrung der Turnstunden überhaupt und ganz besonders
in den beiden Oberklassen erscheint daher auch hier unabweislich.
2^hlreiche junge Leute im Alter von 14 bis 20 Jahren
besuchen andere Schulen; es seien hier nur die Staatsgewerbe-
schnlen, die gewerblichen Fachschulen, die Handelsakademien und
die Handelsschulen erwähnt. Für Schüler dieser Anstalten ist bisher
wenig oder keine Gelegenheit zum Betriebe geregelter Leibesübungen
geboten worden.
Es liegt sicherlich im Interesse des Staates, dafs auch an
diesen Schulen das Turnen in gleicher Weise, wie an den Mittel-
schulen, gepflegt werde.
um den vollen Erfolg desselben für die Heranbildung eines
gesunden Volkes zu erreichen, ist es unbedingt nötig, dafe auch der
weiblichen Jugend die Wohlthat geregelter Leibesübungen durch
Emfühnmg des obligatorischen Turnunterrichts an sämtlichen für
dieselbe bestimmten Schulen zugänglich gemacht werde.
Wenn auch die für den vermehrten Tumbetrieb benötigten
B¨ichkeiten derzeit teilweise mangeln, so dürften die an und für
sich nicht grofsen Ausgaben für die Schaffung und Einrichtung der-
selben durch das Zusammenwirken von Staat, Land und Gemeinde
leicht aufzubringen sein; die erforderlichen Mittel werden reichlich
dnrch die erzielte Hebung der Volkskraft aufgewogen.
Um die für den Betrieb des Turnens an den Mittelschulen
notwendigen Lehrkräfte zu erhalten und neue zu gewinnen, um
denselben die nötige Freudigkeit und Aufopferungsfähigkeit zu be-
wahren, ist es gewils eine billige und gerechte Forderung, da& ihnen
eine definitive und pensionsberechtige Stellung eingeräumt werde.
408
Als selbstverständlich darf wohl anch gefordert werden, dais
die zur Ergftnzting des Tnmbetriebes angeordneten Spielständen
den Tomlehrem als ordentliche Unterrichtsstunden angerechnet werden.
Zur Erzielnng eines gleichartigen, strammen nnd dem Zwecke
entsprechenden Turnunterrichtes an allen Lehranstalten w&re die
Emennimg von fachmännischen Inspektoren fOr denselben von greisem
Werte, wie dies kürzlich bezüglich des Zeichenunterrichtes gesdiehen ist
Die Ausführung der erwähnten Wünsche bedingt die Heran-
bildung tüchtiger Tumlehrkräfte; diese kann am besten eirdcht
werden, wenn man eigene Tumlehrerbildungsanstalten errichtet, wie
solche in den meisten Staaten Deutschlands mit äulserst günstigen
Erfolgen wirken.
Gestützt auf vorstehende AusfOhnmgen und im Bewu&tsein,
damit eine patriotische Pflicht zu erfOllen, stellen die Gefertigten
an das hohe Abgeordnetenhaus des Reichsrates die Bitte, hochdasselbe
wolle in geeigneter und nachdrücklicher Weise dahin wirken:
1. dab der Turnunterricht an allen Volksschulen des Beidies
den gesetzlichen Bestimmungen gemäfs durchgeführt, beziehnngs-
weise auch das Turnen an den Mädchenschulen als allgemein
verbindlicher Gegenstand eingeführt werde;
2. dafs die Zahl der Turnstunden an den Lehrer- nnd
Lehrerinnenbildungsanstalten, insbesondere in den zwei obersten
Jahrgängen, vermehrt werde;
3. dafe an allen Gymnasien innerhalb eines bestimmten, knn
bemessenen Zeitraumes das Turnen obligatorischer Unterrichtsgegenstand
werde;
4. dafs an den Staatsgewerbeschulen und gewerblichen Fach-
schulen, an den Handelsakademien und Handelsschulen und an anderen
ähnlichen Lehranstalten für alle Schüler, welche das 20. Leben^ahr
noch nicht erreicht haben, das Turnen als verbindlicher Lehrgegenstand
eingeführt werde;
5. dafs die Zahl der Turnstunden an den Mittelschulen nnd |
an den diesen gleichgestellten Lehranstalten auf mindestens drei in I
der Woche festgesetzt, beziehungsweise erhöht werde und dafs die !
behördlicherseits angeordneten Spielstunden den Turnlehrern ds
ordentliche Lehrstunden angerechnet werden;
6. dafs den Turnlehrern, wenigstens an allen vollständigen
Mittelschulen, eine deiinitive und pensionsberechtigte Stellung ein-
geräumt werde;
7. dafs zur Überwachung eines zweckentsprechenden Turn-
unterrichtes vom Staate eigene Tuminspektoren ernannt werden;
8. dafe Tumlehrerbildungsanstalten zur Heranbildung von Turn-
lehrern in Österreich errichtet werden.
409
Die hygienischen Einriehtnngen in amerikanischen Schulen.
Vortrag in der deutschen fiesellschirft
ffir Sffenfliche Gesundheitspflege zu Berlin.
Die deutsche Gesellschaft für öffentliche Gesundheitspflege hielt
nach der „Dtsch, med, Wochschr.*^ am 27. April d. Js. eine
Sitzung ab, in welcher Stadtschnlrat Dr. Bertram über die
hygienischen Yorkehrongen in amerikamschen Schulen sprach.
In den Vereinigten Staaten besitzt die oberste Regierang den
Emrichtongen des Schulwesens gegenüber keinerlei Befugnisse. Da-
gegen besteht seit 1867 daselbst das vorzüglich geleitete „Bnrean
of edncation'^, welches nur nebenher Yerwaltnngszwecke erfüllt , im
wesentlichen aber durch Bearbeitung der wichtigsten Themata auf
dem Gebiete des ünterrichtswesens der ganzen Welt die Entwickelung
der Schule fördert.
An den meisten Anstalten, mit Ausnahme derer von zehn
Staaten, ist der Unterricht in der Hygiene obligatorisch bis
in die untersten Klassen hinein. Meist wurde derselbe yon Vereinen
eingeführt, welche mit diesem Unterricht Temperenzzwecke ver-
binden, indem sie schon in der Jugend Abscheu gegen Alkohol,
Tabak und andere Reizmittel grofs ziehen und als wirksamstes Mittel
völlige Abstinenz lehren. Abgesehen von diesem mit dem Unterrichte
verknüpften Zweck wirkt derselbe segensreich durch Verbreitung von
Kenntnissen über den Bau des Körpers, über Gesundheitspflege und
durch die Vermehrung naturwissenschaftlicher Erfahrung. Für die
Ausbildung der Lehrer auf diesem Gebiete bestehen vorzüglich
ausgerüstete Laboratorien, indessen fehlt es trotzdem teilweise an
genügend vorbereiteten Lehrkräften.
Die Pflege der Leibesübungen in den Schulen besteht seit
kürzerer Zeit als bei uns, etwa seit 1861. In den verschiedenen
Colleges sind die Übungen obligatorisch ; sie beschränken sich jedoch
nidit blofe auf das Turnen in unserem Sinne, sondern umfassen jegliche
irt der Gymnastik, einschliefslich Übungen des schwedischen Turnens.
Es sind grofsartige Lehranstalten für diesen Zweck vorhanden, welche im
Erdgeschofs Bäder und eine Kegelbahn, im ersten und zweiten Stock-
werk gymnastische Geräte, eine als Rennbahn benutzte Galerie,
Emrichtungen zum Rudern, aufserdem Apparate zu anthropometrischen
Messungen für die Individualisierung der Übungen enthalten. Die
Ergebnisse dieser Messungen werden registriert und alljährlich in den
Berichten veröffentlicht. Besonders gut sind diese Einrichtungen in
den höheren Mädchenschulen, wo die Leitung derselben einer Ärztin
untersteht. Weniger trefflich erscheint der Betrieb der Leibes-
übungen an den Anstalten, die unseren Gymnasien und Realgymnasien
410
entsprechen; und ToUends an den Elementarschiilen bescbiftnken sich
dieselben auf schwedische Körperbewegungen, welche in der Klasse
selbst nach einem Leitfaden ansgefohrt werden.
Die Schnlhänser sind sehr solide gebaut, nach hygienischen
Grundsätzen eingerichtet, doch fehlt es meist an einem Hofe zum
Aufenthalt während der Pausen. Die Subsellien erscheinen zweck-
m&isig, verhindern aber nicht durchweg eine schlechte Körpertialtong.
Einen groben Vorzug bildet die geringe Stundenzahl; nur an
f&nf Tagen ist je fOnüstOndiger Unterricht, doch wird Ton diesem täglich
eine Stunde för die selbständige Beschäftigung der Schüler in der
Bibliothek freigegeben; der Sonnabend fällt ganz aus. Die geringere
Stundenzahl ist auüser durch GrOnde pädagogischer Art audi dadurch
yeranlabt, dals der Religionsunterricht nicht in der Schule erteilt wird.
Charakteristisch nach jeder Richtung erscheint die besondere
Begünstigung des Mädchensdiulwesens.
Im ganzen lehren die Ergebnisse, dals in den Amerikanern ein
mächtiges, einer bedeutenden Zukunft entgegengehendes Kulturvolk
heranwächst.
An den Vortrag kflpft;e sich eine sehr weitgehende Besprechung,
welche eine grolse Zahl hygienischer und pädagogischer Fragen
streifte, und in welcher vide interessante Einzelheiten vorgebracht
wurden. Aus denselben sei hervorgehoben, dafs die in Deutschland
mit so guten Gründen geforderte Einrichtung der Schulärzte,
denen ja auch der hygienische Unterricht überwiesen werden konnte,
anscheinend auch in Amerika nicht existiert.
Von besonderem Interesse waren die Ausführungen des Geheim-
rat Baeb über die Aufgaben der Schule im Kampfe gegen
den Alkoholismus. Thatsächlich habe sich nicht blofs in Amerika,
sondern auch in verschiedenen europäischen Staaten die Belehrung
der Schüler über die Entbehrlichkeit des Alkohols als Nahrungs-
und Gonulsmittels, sowie über die grolsen Gefahren, die sein Wis-
brauch herbeiführe, als ein äuiserst wertvolles Mittel zur Bekämpfimg
der Trunksucht erwiesen. Von der deutschen Vereinigung gegen den
Mifsbranch geistiger Getränke seien daher Schritte gethan worden,
dals man auch in den Schulen Deutschlands in demselben Sinne
aufklärend wirken mOge.
Zar OberbflrdungsCrage.
Thesen, aufgestellt im ärztlich koUegialen Verein
der Friedrich- Wilhelmstadt zu Berlin.
Wie wir der ^BerL Mm, Wochschr.*' entnehmen, hielt Dr.
Alexander Edel vor einiger Zeit in dem genannten Verein einen
Vortrag über „die Überbürdung in den Schulen^.
411
Im ersten hygienischen Teü gab Redner die Definition des
Wortes nnd besprach die Überbflrdungskrankheiten, die Schnhnyopie
n. 8. w., und deren Abhilfe. Im zweiten mehr p&dagogischen Teile
wurde auf die von den Schnlmftnnem gemachte;: Yerbessemngs-
▼orschlAge nnd auf die Aber die Überbflrdnng seitens derselben Ter-
öffentlichte Litterator eingegangen.
Gemeinschattlich mit der vom Verein niedergesetzten Kommission
stellte der Vortragende folgende Thesen auf:
1. £ine Überbfirdung dnrch den Unterrichtsplan ist nicht mehr
zn konstatieren; die noch beobachtete Überbflrdnng kommt
dnrch andere Ursachen zn stände (Lehrstoff, Lehrmethode).
2. Das beste Mittel gegen Überbtlrdnng sind Pflege der körper-
lichen Übungen, Spiele, Turnen, Freiübungen, angemessene
Pausen. Zu Ende der täglichen Unterrichtszeit sind die geistig
am wenigsten anstrengenden Fächer zu legen.
3. Die Turnstunde am Anfange des Unterrichts ist zu verbieten.
Zwischen den Unterrichtsstunden soll das Turnen den Schüler
nicht ermüden, sondern erfrischen. Wenn möglich, zwischen
den wissenschi^lichen Stunden nur Freiübungen ; das eigentliche
Turnen außerhalb der Unterrichtszeit.
4. Für die untersten Klassen beginnt der Unterricht erst um
9 Uhr.
6. In der untersten Klasse dauert die Unterrichtszeit nur zwei
Stunden.
6. Für diese Klasse ist von jeder Art häuslicher Arbeiten abzusehen.
7. Sonst sind Hansarbeiten, deren Zeitdauer dem Alter der
Schüler entsprechend zu bestimmen ist, im Unterrichtsbetriebe
nicht zu entbehren. Die im Stundenplan dafür vorgesehene
Zeit darf aber vom Lehrer nicht überschritten werden.
8. Es ist in allen Schulen, namentlich Privatschulen, durch
ärztliche Revisionen zu konstatieren, ob in Bezug auf Sauberkeit,
Heizung, Beleuchtung, Ventilation und Anzahl der Klosetts den
hygienischen Anforderungen entsprochen wird.
9. Das Tragen von Pincenez ist zu verbieten, das Tragen von
BriUen nur auf ärztliches Attest erlaubt^.
10. Korsetts sind womöglich ganz, jedenfalls beim Turnunterricht,
zu verbieten.
11. Durch Einführung der Steilschrift wird die Kurzsichtigkeit
und Rückgratsverkrümmung beschränkt (passende Subsellien,
die Kurzsichtigen vorn).
12. Schwächlichen Kindern soll der Schulbesuch möglichst er-
^ Beide Bestimmungen gehen zu weit. D. Red.
412
leichtert werden dadurch, dafe dieselben anf Srztliches Attest
Tom Tom-, Handarbeits-, Glesaag- nnd Zeichenonterricht Dis-
pensation erhalten können. Erkrankt gewesene Kinder scXim
nicht gezwungen sein, sofort alles Versäumte nachznholen.
13. In den Pansen zwischen den Stunden soU den Kindern, soweit
es geht, freie Bewegung gestattet werden.
14. Der Nachmittagsunterricht im Winter bei Gaslicht ist möglichst
zu vermeiden.
15. Zwei Nachmittage in der Woche sind fQr Spiele im Fraen,
resp. Schlittschuhlaufen u. dergl. frei zu lassen.
ületnere Ütitteiltiitjeti.
Die l&ndlichen Volksschnlen des Kreises Fraiubnrg ii
liy^eiiiselier Beziehung, so lautet ein Aufsatz von Dr. Debckjcakit
in der y^Disch. Yieridjdhirsschr. /*. öffü. Qsdhtspflg.'' , dem wir nach-
stehendes entnehmen. Die 67 Schulgemeinden besitzen 76 Schol-
gebäude mit 83 Schulzimmem. Yon den letzteren liegen nach
Norden 17, Nordosten 3, Osten 17, Sfldosten 6, Süden 22, Sftd-
westen 3, Westen 6, Nordwesten 2. Demnach haben 17 Klasseo
die wenig günstige Richtung nach Norden, 5 nach Nordosten und
Nordwesten. Die Bauart der Häuser ist in 32 Fällen ganz massiv,
4 sind halb massiv nnd halb Stein&chwerk, 24 sind in Stein-
fachwerk bebaut, und 16 haben Lehmfachwerk. Die D&cher besitzen
noch vielfach Stroh- und Rohrdeckung, was, abgesehen von der
erhöhten Feuersgefahr, hygienisch unbedenklich genannt werden kann.
Die Wände waren in 29 Fällen feucht, in 47 trocken. Das von der
königlichen technischen Baudeputation des preuüsischen Ministedmns
festgesetzte höchste Längenmafs von 9,416 m wird in 7 Klassen
überstiegen; die gröfsten Längen sind 10,0 und 9,5 m in 7 Klassen.
Die der höchstzulässigen Länge entsprechende Breite von 7 m er-
reichen nur 4 Klassenzimmer. Die kleinsten Längenmaße finden
sich in Klassen mit 4,23 und 4,30 m; ebendieselben haben auch die
geringsten Breitenmafse, nämlich 3,19 und 3,60 m. Die grolse
Mehrzahl aller Schulklassen hält sich in Bezug auf die Länge
zwischen 5,5 und 8 m und in Bezug auf die Breite zwischen 4,5
und 6 m. Die Höhe der einzelnen Klassenzimmer entspricht in
keiner Weise der in dem neuesten ErlaTs des preufsischen Knltns-
ministers angegebenen Norm von 3,2 m. Diese Norm erreichen nur
5 und übersteigen nur 3 Zimmer. Die überwiegende Mehrzahl hat
413
ein Höhenmafs von blofs 2,5 bis 3 m. Zwölf Schulzimmer besitzen sogar
nicht die Höhe von 2,5 m; eins, dessen Schliefsung bevorsteht, ist
nur 2 m hoch. Was den Luftraum im Verhältnis zur Schfllerzahl
betrifft, so gibt darüber die folgende Tabelle Ao&chlnfs:
■
Zahl der Schüler in Bäumen mit ungenügendem Luftkubus
(unter 2,368 cbm pro Kopf).
Schülerzahl
30
40
50
60
70
80
90
100
Klassenzahl
4
6
7
3
3
6
1
1
Die Gesamtsunmie dieser Kinder beträgt mehr als 1750,
fOrwahr ein dringender Mahnruf zu baldiger Abhilfe. Das Licht
Mt ein von links in 40 Klassen, von hinten in 1, von hinten und
links in 25, von links und rechts in 4, von links und vom in 10,
von links, vom und hinten in 2, von links, rechts und hinten in 1.
Das Verhältnis der Fenster zur Grundfläche ist in 2 Klassen
1:3, in 8 Klassen 1 : 4, in 8 Klassen 1:5, in 10 Klassen 1 : 6,
in 28 Klassen 1:7, in 13 Klassen 1:8, in 10 Klassen 1:9, in
3 Klassen 1 : 10 und in 1 Klasse 1:11. Dasselbe bleibt also in
bei weitem den meisten Klassen hinter der gesetzlichen Forderung
zurück, wonach die Fensterfläche ^/s der Grundfläche betragen soll.
Viele Fenster sind aufserdem noch mit Rebenspalieren umgeben,
oder es stehen schattenspendende Bäume vor denselben. Von Be-
deutong für die Beleuchtung ist auch die Höhe der Fensterbrüstung,
da das Licht bei zu niedriger Brüstung zum Teil von unten auf
den Tisch föllt, bei zu hoher unnötigerweise verdrängt wird.
EmsMANN verlangt deswegen eine nicht unter 0,90 m hohe Fenster-
brOstong. Dieses Mafs wird aber in 2 Klassenzimmern mit weniger
als 0,70 m nicht erreicht, während 26 die Höhe von 0,80 bis 0,90 m
besitzen. Nicht minder wichtig ist die Frage nach der Entfernung
des oberen Fensterrandes von der Zimmerdecke, die nach Baginsky
0,45 m nicht übersteigen soll, damit recht viel direktes Himmelslicht
emfallen kann. Diese Entfernung betrug aber in 14 Zimmern mehr
als 0,5 m, indem sich 6 Klassen fanden mit einer Distanz von
0,5 bis 0,6 m, 5 mit 0,6 bis 0,7 m, 2 mit 0,7 bis 0,8 m und
eine sogar mit 1,25 m. Fenstervorhänge zum Schutze gegen blen-
dendes Sonnenlicht sind sehr wenig vorhanden. Wo man sie trifft,
bestehen sie aus grauer Leinewand oder rotem, bezw. grünem Zeuge ;
blaae Bouleaux finden sich selten. Den Fufsboden bilden in der
414
Regel nngestrichene Holzdielen von Tannenholz, deren Fngen weit
klaffen nnd eine Menge von Stanb nnd Schmntz in sich beherbergen.
In einigen wenigen Fällen ist er mit Steinen ausgelegt oder cementiert
Ein Schenem des FuDsbodens findet wöchentlich einmal, dann aber
mit so viel Wasser statt, dafs das ganze Zimmer noch nach 24 Stunden
feucht riecht. Ausgekehrt soll täglich werden, was auch msofeni
nötig ist, als oft genug nicht einmal Kratzeisen und Decken znr
Reinigung der Fulsbekleidung vorhanden sind. Von einem Wechsd
der letzteren vor dem Betreten der Klasse ist nur ausnahmsweise die
Rede trotz der 1 bis 3 Kilometer weiten und oft recht nassen
Schulwege der Kinder. Die Wände der Lehrzimmer sind ÜEist aus-
nahmslos mit weifser oder blänlichweüser Kalktflnche gestrichen,
was gewöhnlich alle 1 bis 3 Jahre von neuem geschieht In
3 Klassen ist ein brauner ölanstrich bis zur Schulterhöhe vorhanden.
Ein einziges Zinuner rühmt sich des Vorzugs einer grauen Tapete.
Die Heizvorrichtungen bestehen in den landesflblichen Kachelöfen,
deren Stelle häufig noch ein Backsteinofen einnimmt. Die Thtkien
dieser Öfen besitzen nur ausnahmsweise einen luftdichten Verschloß
meist sind es offene eiserne Thüren, und es finden sich, um d£
Entweichen der Wärme zu verhindern, im Luftschachte eiserne
Schieber angebracht. In einigen wenigen Zimmern ist die Heis-
öffhung nach aufsen, in den Flur oder in ein Nebenzimmer, verleg
Einen eisernen Ofen hat nur ein Zimmer. In 9 Klassen sitzei
Schtder in unmittelbarer Nähe des Ofens. Ein Ofenschirm ist nirgoids
vorhanden. Ebenso sind Thermometer eine Seltenheit. Doch dürften
die Zimmer, da auskömmlich Holz oder noch öfter Torf znr Hazang
geliefert wird, in der Regel hinreichend warm sein. Die Ventilatioifö-
vorrichtungen bestehen, wenn sie überhaupt existieren, aus Klappen
in den Fenstern oder Luftlöchern unter der Zimm^ilecke. ho
Sommer sind fast unausgesetzt die Fenster geöffnet; im Winter gibt
es keine Lufterneuerung. Wie beschaffen die Luft in soldien
Lokalen sein muls, läfst sich ermessen, wenn man an die häufig
durchnäfsten Kleider und Schuhe denkt, deren Aufbewahmngsoit
in vielen Fällen das Schulzimmer selbst ist. Denn 52 Klassen
haben Holzpflöcke zum Aufhängen der Tücher und Mützen, für 25
sind gleiche Pflöcke im Flur angebracht, 6 Zimmer entbehren übe^
haupt dieses Luxus. Für die Wasserversorgung dient meistens der
Dorfbrunnen, der vorwiegend ein offener und somit allem Straben-
schmutze und sonstigem Unräte zugängig ist. Doch sind auch
besondere Schulbmnnen vorhanden, namentlich da, wo das SchuUmas
ganz isoliert liegt. Nur 5 Schulen haben besondere Pissoirs, ftt
beide Geschlechter nicht gesonderte Abtritte besitzen 18, keinen
Abtritt und kein Pissoir haben 8. Zweimal ist der Ab^
415
unmittelbar am Hanse, meistens jedoch 5 bis 10 m, sechsmal sogar
mehr als 20 m von demselben entfernt. Die Senkgruben sind in
der Mehrzahl nicht cementiert. Sie werden jährlich etwa ein- bis
zweimal enüeert. Hftnfig aber nnterbleibt die Reinignng anch, d.h.
sie wird nur dann vorgenommen, wenn die Grube Oberfllllt ist.
Eine regelmälsige Desinfektion aller Pissoire nnd Abtritte findet
zwar in einigen Ortschaften statt, die meisten jedoch ftthren dieselbe
nur bei Epidemien infolge behördlicher Anordnung ans. Besondere
Spielpl&tze zur Benutzung in den Freiviertelstunden sind nirgends
vorhanden. Die Kinder spielen vor dem Schulgebäude auf der
breiten Dorfstrabe. Turnplätze wurden in dem letzten Jahrzehnt
Tiel&ch neu errichtet, doch entbehren sie meist noch des nötigen
Schattens. Die Schulbänke sind überall die altherkömmlichen,
onhygienischen mit Plusdistanz. Der verschiedenen Eörpergrölse
der Kinder entsprechend finden sie sich in 39 Schulzimmem, meist
in 2 Abstufungen mit einem Höhenunterschiede von 17 bis 69 cm,
nur ein Zimmer hat 12 Abstufungen jeglicher Form. Die grobe
Mehrheit der Tische zeigt Platten mit der normalen Breite von
30 bis 40 cm, nur das eine Schulzimmer hat bei seinen 12 ver-
schiedenen Formen Platten von blois 17 bis 23 cm. Eine Neigung
der Tischplatte wurde in 7 Fällen nicht gefunden, die übrigen
besitzen eine solche von 5 bis 10 cm. Die überwiegende Mehrzahl
der Sitzbänke hat eine Breite von 20 bis 30 cm; in 25 Klassen
beträgt die letztere weniger als 20 cm bis zu 17 cm herab, in
2 Klassen 30 bis 35 cm. Die meisten, nämlich 61 Klassen, besitzen
Bänke mit einer Höhe zwischen 30 und 45 cm, wie sie den
hjgienischen Anforderungen entspricht. Auf der anderen Seite finden
sich jedoch Bankhöhen von 26 cm, aber auch von 59, 60 und
sogar 69 cm, also viel zu kleine und viel zu gro(se. Eine besondere
Rflckenlehne, die an der Bank selbst befestigt ist, existiert nur in
einer Klasse, und auch dort nur bei freistehenden Bänken. Überall
sonst bildet die hintere Wand des nächstfolgenden Tisches die
Lehne, welche nie der Rflckenkrümmung der Kinder entspricht.
Fuisbretter sind nur in 6 Klassen angebracht. Fassen wir das
ganze Bfld, welches wir von unseren ponmierschen Landschulen
erhalten haben, zusammen, so finden wir gegenüber der Zusammen-
stellung des Dr. Olbitsmann über die Schulen der Mark Branden-
burg^ nichts Besseres, wohl aber, namentlich in Bezug auf die
Binmüchkeiten und Lichtverhältnisse, manches Schlechtere. Rasche
nnd ausgiebige Hilfe ist daher dringend erforderlich. Denn so
nützlich auch Turnen und Jugendspiele sein mögen, in erster Linie
' 8. diese Zeiteehnft, 1888, No. 11, S. 451—4^. D. Bed.
416
müssen jedem Eande doch reine Luft, hinreichendes Licht und ein
zweckmäfsiger Sitz gewährleistet werden.
Zahl der schulfreien Tage in den preofsischen Previuei.
Im ersten Teile von Kunzes Kalender ffir das höhere Schulwesen
Prenlisens findet sich eine Zusammenstellung der in den verschiedenoi
preufsischenProvinzen geltenden Ferienordnungen fOr das Jahr 1894—95.
Danach gestalten sich die freien Tage an den höheren Scbolen
folgendermaCsen :
Festtage
Sebnlfreie
Werktage
ZosanmeD
20
61
81
18
63
81
18
57
75
18
56
74
20
60
80
19
61
80
20
61
81
20
58
78
18
58
76
18
56
74
21
60
81
19
57
76
20
60
80.
Westpreufsen
Pommern
Schlesien
Posen
Brandenburg, aufser Berlin. . . .
Berlin
Sachsen
Hannover
Westfalen
Rheinprovinz
Regierungsbezirk Kassel nebst Frank-
furt a. M. und Homburg. . . .
Regierungsbezirk Wiesbaden . . .
Schleswig-Holstein
Dazu kommen noch die Sonntage, soweit sie nicht mit mm
Festtag zusammenfallen, so dafs mehr als ein Viertel des Jahres
schulfrei ist. Bei dem Vorwurfe der Überbürdung, den man so
h&nfig den Schulen macht, wird dieser Umstand nicht immer gehörig
in Rechnung gezogen.
Über den OehSrnmfang der Kinder. In der „Zädbr. f.
Fsychoh u. Physiol d. Svnmsorg,'' veröffentlicht Dr. H.Zwaardsmakeb
einen Aufsatz: „Der Umfang des Gehörs in den verschiedenea
Lebensaltern.'^ Der Verfasser bediente sich zur Bestimmung der
oberen Tongrenze des Galtonpfeifchens, weil man mit ihm am leichtesten
eine gleiche Intensität f&r alle Töne erreicht. Bekanntlich ist dies
Pfeifchen eine gedackte Orgelpfeife, deren Länge durch eine Mikro-
meterschraube verkürzt werden kann. Von dem Autor wurden so
200 Gehörorgane untersucht und von einem seiner Mitarbeiter,
Dr. GUPERUS, noch 190 andere; alle diese Gehörorgane waren voll-
ständig normal. In Bezug auf die obere Tongrenze fand sich, dftls
dieselbe für das Alter von 7 Jahren bei e^ liegt. Bei ganz jungen
Kindern reicht dieselbe noch etwas höher hinauf. Zur Zdt des
» »
417
Pabert&tseintritts ist der Grenzten bereits um einen Viertelton niedriger
als im 7. Lebensjahre. In den Jahren der adolescentia bleibt die
obere Grenze ungefähr auf derselben Höhe. Erst wenn das Knochen-
Wachstum beendigt ist, beginnt ein Sinken, welches gleichmäfsig
durch das spätere Leben fortdauert. Im ganzen verliert die Perceptions-
fthigkeit des menschlichen Gehörs bis zum 75. Jahre nicht weniger
als 8 Halbtöne oder Vs einer Oktave nach oben hin. Dr. Zwaardemakbb
berichtet dann weiter über die Bestimmung der unteren Tongrenze
welche Dr. CuPEBüS mittelst der APPUNNschen Lamelle bei 190
Personen ausführte. Dieselbe ist eine Metalllamelle von 420 mm
Lange, 12 mm Breite und 1 mm Dicke, welche mit einer Holzschraube
am Tische befestigt wird. Auf der Lamelle ist eine Skala angebracht.
Letztere gibt die Zahl der Pendelschwingungen an, welche die Lamelle
ausführt, indem sie an einem Punkte der Skala festgeschraubt und
dann in Bewegung gesetzt wird. Es wurde bei diesen Versuchen
gefunden, dab unsere Gehörf&higkeit während des Lebens auch am
unteren Ende der Tonleiter einen kleinen Teil, ungefthr ein Sext-
intenrall, einbOfet. Im 13. Lebensjahre ist die Lage der unteren
Grenze bei E^, im 21. bei F,, im 65. bis 70. Lebensjahre dagegen
bei GiSg. Zur Zeit der Jugend umfa&t unser Gehör 11 Oktaven,
zur Zeit des Alters nur noch 10. Während der Verlust der obersten
Töne auf einer Veränderung der Knochenleitung beruht, sind für
den Ausfall der unteren Töne Änderungen im Trommelfell oder in
der Kette der Gehörknöchelchen verantwortlich zu machen.
Gelbsneht als Folge einer Schnlstrafe. In „Xa nUd. infant'^
berichtet CJOULON über drei Fälle, in welchen bei Kindern von
nervöser Anlage kurze Zeit nach einer starken Erregung Gelbsucht
eintrat. In dem ersten Falle handelte es sich um ein neunjähriges
Mädchen, das einen heftigen Schrecken gehabt hatte, in den beiden
anderen um Mädchen von IOV2, bezw. 13 Vs Jahren, welche in der
Schule bestraft worden waren. Abgesehen von der ikterischen
Färbung bestanden die Symptome in Verlust des Appetites und fa.st
farblosen Stühlen. Die Efslust trat schnell wieder ein, und auch
im übrigen erfolgte völlige Genesung. Eine Dosis Kalomel schien
diese unterstützt zu haben.
Statistik der Taubstummen- und Blindenanstalten in
Ost^rreieh. Über das Sanitätswesen Österreichs im Jahre 1890
werden in dem 2. Hefte des 37. Bandes der „Österreich. Staust^
interessante Angaben gemacht. Wir entnehmen demselben, dafs
17 Taubstummeninstitute in dem genannten Jahre 1482 Indi-
Tiduen verpflegten; von den letzteren waren 38% taubstumm
geboren. Außerhalb dieser Anstalten befanden sich noch 27244
Taubstumme. Eine stetige Zunahme der Taubstummheit weisen die
8«hiilgefiindh«itspflege TU. 27
418
Länder Niederösterreich, Kärnten, Krain, Tyrol, Salzburg, Vorariberg,
Böhmen, Mähren und Dalmatien auf. Die 10 Blindenanstalten
besafsen 741 Pfleglinge, von welchen 12,8% die Blindheit mit auf
die Welt gebracht hatten. Hierzu kamen noch 16054 Blinde, welche
keine Anstaltspflege genossen. Kretinen gab es 17 890, deren
Hauptkontingent in den Alpenländem zu finden war.
Ober das SchnlMhatfick mancher Kinder äuisert die
^Dtsch, Ztg,^ : Es hat sich die Gepflogenheit eingebürgert, daf3
die Schuldiener Efswaren an Kinder feilhalten. Wir betrachten dies
an und für sich nicht als Übelstand; wir sind auch überzeugt, daüs
diese Männer zumeist ehrliche Leute sind, die keine gesundheits-
schädlichen Efswaren an Schüler abgeben werden. Aber man denke
nur, mit wie ängstlicher Sorgfalt die meisten Stadtkinder im
Eltemhause in Bezug auf ihre Diät beobachtet werden. Da kommt
nun so ein Knabe mittags nach Hause, schneidet vor dem wohl-
besetzten Tische Gesichter, nascht von dem und jenem und läfst
schlielslich sein Essen stehen. Die Mutter, voll Angst, fragt und
forscht: „Was fehlt dir? Bist du krank?'' Hinterher stellt sich
heraus, dafs der Kleine drei, vier Paar Würstchen oder eine
grofse Portion Käse vormittags in sich hineingestopft hat. Krank
wird er nicht gleich davon, aber wohlbekommen wird es ihm auch
nicht, namentlich nicht auf die Dauer. Es wäre zu wünschen, dafs
die Schulleiter diesem Punkte ihr Augenmerk zuwendeten. Man
sollte beispielsweise nur eine beschränkte Anzahl von Nahrungs-
mitteln, deren Herkunft man genau kennt, in der Schule zulassen
und die in den Zwischenstunden inspizierenden Lehrer verpflichten,
bei der Austeilung des Frühstücks zugegen zu sein. Dann erhielte
man eine gewisse Garantie für die Zuträglichkeit des letzteren, und
Unmäfsigkeiten würden nicht so leicht bei den Schülern vor-
kommen.
Die Hennsche Centralheijsnng fBr ünterriehtsräume, welche
im „Grsdhtsing.^ beschrieben wird, ist eine Warmluftheizung und
unterscheidet sich von fast allen anderen Systemen dadurch, dais
in der Heizkammer nicht ein grofser, sondern zwei oder mehrere
kleinere Öfen Aufstellung finden. Klagen, wie sie allgemein gegen
die Luftheizungen laut werden, lassen sich durch diese Anordnung
meist vermeiden. Haben wir nämlich nur einen gröfseren Ofen in
der Heizkammer, so ist es gar nicht zu umgehen, dafs bei geringem
Wärmebedürfiois eine Überhitzung in den zu heizenden Räumen eintritt
Bei recht kaltem Wetter mufs dagegen auf dem einen Rost ein so
intensives Feuer erhalten werden, um allen Räumen die gehörige
Temperatur zu verleihen, dafs der Apparat überhitzt wird; dadurch
aber gelangen die in der Luft enthaltenen organischen Bestandteile
419
zur Yerbreimang und bringen einen unangenehmen Geruch hervor.
Dieser Mi&stand ist bei dem System von E. Henn in Eaiserslaatem
beseitigt. Sobald wenig Wärme erforderlich ist, wird nur ein Ofen
in Verwendung genommen, bei starker Kälte dagegen sämtliche.
Zugleich ist die Luftbefeuchtung sehr einfach und zweckmäfsig. Die
Rückseite der Heizkammer, aus rauh behauenen Steinen hergestellt
und mit rauhem Cementputz bekleidet, wird mit frischem Wasser
tropfenweise berieselt und letzteres durch die Wärme verdunstet.
Die Vorrichtung ist regulierbar, somit auch die Befeuchtung der
Luft. Wo sich die Berieselung nicht anbringen läfst, werden über
den Öfen grolse emaillierte Wasserbehälter aufgestellt, die nach
anfsen mit Wasserstandsglas und Füllvorrichtung versehen sind. Es
ist für die Luftbefeuchtung dadurch in so ausgiebiger Weise gesorgt,
dafs Klagen über zu trockene Luft absolut ausgeschlossen sind.
Die HENNsche Heizung ist aufserdem mit Rauchverbrennung versehen.
In der Mitte des Ofens befindet sich eine starke Zunge aus Chamotte-
steinen. Aller Rauch, welcher sich bildet, kommt an den glühenden
Chamotteplatten zur Verbrennung. Was den Brennmaterialverbrauch
anbelangt, so werden die Heizgase in starken Blechröhren wiederholt
in der Heizkammer hin und her geleitet, ehe sie in den Schornstein
gelangen, und dadurch aufs höchste ausgenutzt. Dabei ist die
Dichtung aber eine so einfache und sichere, dafs Rauchgase nie in
die Heizkammer gelangen können. In Pirmasens kostete die Be-
heizung eines 280 cbm grofsen Schulsaales pro Tag nach HENKschem
System 31 /^, mit Niederdruckdampfheizung 45 /^, mit gewöhnlichen
Öfen 50 /^, mit einer anderen Warmluftheizung 87 /^, Zugleich
ist die Heizvorrichtung von Henn hinsichtlich des Brennmateriales
sehr anspruchslos; jede Kohlensorte kann dabei benutzt werden.
Von Interesse dürfte auch das Gutachten des Professors Ferd.
Rhien sein, welcher über die Beschaffenheit der Luft in den Sälen
einer Schule zu Pirmasens bei verschiedenen Heizungsarten Unter-
suchungen angestellt hat. Während in dem mit HENNscher Heizung
erwärmten Schulzimmer bei 76 Kindern und 280 cbm Luftraum der
Kohlensäuregehalt nach zweieinviertelstündigem Unterrichte von
0,91 Vw) nur auf l,00%o stieg, also eine Zunahme von nur 0,09 %o
erfuhr, zeigte eine zweite gleich grofse, mit eisernem Regulierofen
ohne Ventilationsvorrichtung geheizte Klasse nach zweidreiviertel-
stündigem Unterrichte unter sonst gleichen Verhältnissen eine Er-
höhung des Kohlensäuregehaltes um 2,77 Voo, d. h. von 0,91 Voo
im Freien auf 3,687 Voo. Zum Schlüsse sei noch des Henn-
schen Patentschachtofens Erwähnung gethan. Derselbe wird vor-
derhand nur für gröfsere Räume in einfacher Form hergestellt.
Wo in Schulen z. B. die Einführung einer Centralheizung an den
27*
420
zur Verfagong stehenden Geldmitteln scheitert, empfiehlt E. Herv
seinen Ofen zur Beheizung* vom Korridor ans. Es ist dabei die
Einrichtnng getroffen, daCs der Schalsaal sowohl mit Ventilation wie mit
Cirknlation geheizt werden kann, und der Erbauer garantiert hezflglich
Luftreinheit, Luftbefenchtung nnd Ventilation die gleichen Leistongen,
wie sie von seiner Centralheizong erzielt werden.
Der Karten- nnd Bilderstihider des G^ymnasialdirektor
Jnngels (Deutsches Reichspatent No. 65177) zeichnet sich, wie
Stadtschulinspektor Dr. Handlosb in den „Päd. Blatt, für Lehrer-
büdg. u. Lehrerbüdgsanst^ yersichert, durch sinnreiche nnd prak-
tische Konstruktion aus und hat sich Überall, wo er bis jetzt in
Gebrauch ist, als sehr zweckmäfsig erwiesen. Derselbe besrtieht ans
Ständer, Kartenträger und Schrägsteller. Der Kartenträger wird in
dem eisernen Ständerrohr mittelst einer Knopfschraube in bequemster
Weise hoch und niedrig gestellt. Die Arme, an denen die Karten
an verschiebbaren Haken aufgehängt werden, sind mit dem Kopf-
teil des Trägers durch eine eigenartige, höchst sinnreiche Gelenk-
vorrichtung verbunden. Durch diese vermag man sie mit einem
einzigen Handgriff wagerecht zu stellen und wieder heronter-
zii>chlagen, so dafe der Apparat in den kleinsten ViTinkel beiseite
gestellt werden kann. Eine ebenso wichtige Neuerung an demselben
ist der Schrägsteller. Während die Karte an Apparaten ähnlicher
Art stets senkrecht hängt und nur lose durch das Gewicht des
unteren Kartenstabes gestreckt wird, kann sie an dem Jukosls-
scheu Ständer durch die genannte Vorrichtung nicht nur in senk-
rechter Lage glatt gespannt, sondern auch in eine glatte Schräglage
gebracht werden. Durch letztere erhält die Karte eine wesentlich bessere
Beleuchtung, wird schon bei mäfsiger Hochstellung auch denSchfllem
der letzten Bänke vollständig und deutlich sichtbar und gelangt zn
richtiger Anschauung, indem die Schrägstellung die bekannte optische
Täuschung, wonach senkrechte G^enstände und Linien verkürzt er-
scheinen, berichtigt. Seinen Vorzügen entsprechend hat der Apparat
ebenso bei bekannten Schulmännern, wie bei hervorragenden
Geographen Anerkennung gefunden. Der Preis beträgt 20 Mark,
wofür er von dem kartographischen Institut von Kabl FLEinfiKO
in Glogau zu beziehen ist.
421
Sa9e«$ef4li4!tli(^es*
Scbnlhygieiiiflclie Vorträge auf dem VIII. iiternationalen
Kongrefs fflr Hygiene und Demographie in Budapest waren
bis zum 31. März 1894 folgende angemeldet: VI. Sektion.
Schulhygiene. 1. A. BAOINSKT-Berlin : Die Frage der körper-
lichen Erziehung. 2. Gyula BXNÖCZT-Oyör : IQns&gi jät^kok 6s
jatszoszerek (Üher Jagendspiele nnd Spielgeräte). 3. Geoeges
BOGDAN-Jassy: L'hygi^ne et les maladies des öcoliers en Moldavie.
4. MAXiiiiLiAN BBESGBN-Frankfart a. M.: Die Nasenkrankheiten
der Schulkinder. 5. Derselbe: Die Ursachen des nervösen Kopf-
schmerzes . der Schüler. 6. Leo BURGBBSTEIN-Wien: Die Frage
der körperlichen Erziehung. 7. Antonio CARiNi-Palermo: Edifici
scolastici e loro igiene nei paesi meridionali. 8. Herüann Gohn-
Breslaa: Was kann die Schnle gegen die Onanie der Kinder thnn?
9. Derselbe: Über Fenstervorhänge in Schnlen. 10. Dblvaille-
Bayonne : Les colonies de yacances et les institntions analognes dans
Tint^ret de la sant^ des ^coliers. 11. Gtula DoLUNOER-Budapest :
A testi neyel^s k^rdöse (Die Frage der körperlichen Erziehung).
12. F. EniSMANN-Moskau : Die künstliche Beleuchtung der Schul-
zimmer. 13. D. EULENBERG-Berlin : Geistige Überanstrengung in
den Schulen, Nervosität. 14. P. 0. FLOOB-Heimdal: Von dem
Unterricht der Hygiene in den verschiedenen Schulen, speciell was
die alkoholischen Getränke anbelangt. 15. Rev. C. Gillespie-
Colchester: The Claims of sanitary science on religious teachers.
16. SXBNio GOEPEL-Frankfurt a. 0.: Über den dauernden Nutzen
der Ferienkolonien. 17. 0. GREARD-Paris: Le Systeme actuel
d'instruction au point de vue des principes physiologiques. 18. Max
GuTTMANN-Wien : Die Frage der körperlichen Erziehung. 19. H.
GUTZMANN-Berlin : Über den Einfluls des Schulturnens auf die
körperliche Entwickelung taubstummer Kinder auf Grund physika-
lischer Messungen. 20. MÖR KlRicÄN-Budapest: A mai tan-
rendszer tekintettel physiologiai elvekre (Das heutige Unterrichts-
system in Bezug auf physiologische Principien). 21. L. Kotelmann-
Hamburg: Reformbestrebungen auf dem Gebiete des Schulwesens.
22. H. KUBOBN-Seraing-Li^ge: B^formes ä poursuivre dans Thygi^ne
scolaire. 23. Gustave LAGNEAü-Paris : Le surmenage intellectuel
dans les ^coles et la nervositä. 24. Larra t CERBSO-Madrid :
Hygiene p^dagogique. 25. C. MagA - Cremona: Le surmenage
422
iutellectuel dans les 6coles. 26. MANGENOT-Paris : L'^cole et les
maladies öpid^miqaes. 27. Chr. NusSBAUM-HannoTer: Schnlbanten
und deren Hygiene. 28. A. PALMBBRG-Helsingfors : Die Schule und
die epidemischen Krankheiten. 29. WiLH. PBBYER-Berlin: Die
heutige Unterrichtsmethode mit Berücksichtigung physiologischer
Principien. 30. Paul RBDARD-Paris : Mobilier scolaire. Des bancs
d'ecole. 31. John RocHE-Dublin: The teaching of sanitation in
schools of various Orders. 32. Ottomar RosENBAOH-Breslan: Die
Ursachen des nervösen Kopfschmerzes der Schüler. 33. Paül
ScHUBEBT-Nümberg: Über Steüschrift. 34. Heinrich Schüschky-
Budapest: Beiträge zur Nervosität der Schuljugend. 35. Alfred
SPITZNBR-Leipzig : Geistige Überanstrengung in den Schulen, Ner-
vosität. 36. JÖSZEF SüMEOi: Az iskoläba jaro gyenge avagy beteges
testalkatü gyermekek tomaztatasa (Über das Turnen schwacher
Schulkinder und solcher mit kränklicher Konstitution). 37. YiLMOS
SuppiN-Budapest: A testi nevel6s k^rd^se (Die Frage der körper-
lichen Erziehung). 38. DB ToLOSA LATOüE-Madrid : L'^cole et les
maladies 6pid^miques. 39. ÖDÖN TüSZK AI-Budapest: A leinyok
testi neveles6röl (Die körperliche Erziehung der Mädchen).
XV. Sektion. Hygiene des Sportes (Abhärtung und
Körperpflege). 1. George HERSCHELL-London: Heart-strain.
A study of the effect of cycling in the production of disease ofthe
heart. 2. Gyula ISTVÄNPFr-Budapest: A ker^kpdr a tudomany
szolgalataban (Das Zweirad im Dienste der Wissenschaft). 3. RUDOLF
KNOLL-Hamburg: Über Tanz in sanitärer Beziehung. Wie man
aus den gleichlautenden Themen mancher Vorträge sieht, sind die-
selben den Vortragenden von dem Komitee gestellt worden. Unter
den Vortragssprachen befindet sich auch die ungarische, die von den
fremden« Kongrefsmitgliedem jedenfalls sehr selten verstanden wird.
Wir möchten daher den Wunsch aussprechen, dafe von den
ungarischen Vorträgen wenigstens ein kurzes Resum^ in deutscher
oder französischer Sprache gegeben werde.
Ferienkurse für akademisch gebildete .Lehrer in Jena.
Es wird beabsichtigt, wie in den Jahren 1889 bis 1893, so auch
in diesem Jahre zn Jena vom 1. bis 16. August eine Reihe zwei-
wöchentlicher Fortbildungskurse abzuhalten, welche fOr akademisch
gebildete Lehrer und Lehrer an Seminaren, nicht für Volksschnl-
lehrer bemessen sind, unter den angekündigten Vorlesungen befindet
sich auch eine solche von Hofrat Professor Dr. GlRTNBB tlber
Schulhygiene und von Professor Dr. Ziehen über physiologische
Psychologie. Die übrigen beziehen sich meist auf Physik, Chemie,
Zoologie oder Botanik. Das Honorar für jeden Kursus beträgt
15 Mk. Anmeldungen nehmen die Professoren Dbther und R£ü^
entgegen, welche auch jede gewünschte Auskunft erteilen.
423
Die Hygiene auf der Berliner Gewerbeansstellnng 1896.
Die für das Jahr 1896 geplante Berliner Gewerbeaasstellnng wird
auch eine Reihe anf die Gesundheitspflege bezüglicher Gruppen ent-
halten. Gmppe 18 (I. Vorsitzender Emil Jacob, IL Vorsitzender
Professor Dr. VntGHOw) nmfafst die ^Gesundheitspflege und
Wohlfahrtseinrichtungen" und enthält nachstehende Unter-
abteilungen: 1. Wissenschaftliche Hygiene, Bakteriologie u. s. w.
(I. Vorsitzender Regierungsrat Dr. Petri, II. Vorsitzender Professor
Dr. Brieoeb); 2. Medizinalwesen und Sanitatspolizei (I.Vorsitzender
Regierungsrat Dr. Wernich, U. Vorsitzender Geheimer Sanitätsrat
Dr. Babr); 3. Krankenhäuser und Krankenpflege (I. Vorsitzender
Geheimer Oberregierungsrat Direktor Spinola, II. Vorsitzender Dr.
Msnger); 4. Militärgesundheits- und Krankenpflege (I. Vorsitzender
Oberstabsarzt Dr. Krogeer, II. Vorsitzender Dr. Wrcjbbl);
5. Städtehygiene und Bauwesen (Vorsitzender Sanitätsrat Dr. Strass-
kann); 6. Ernährung und Bekleidung (Vorsitzender Privatdocent
Dr. Münk); 7. Badewesen (Vorsitzender Professor Dr. Lassar);
8. Gewerbehygiene und Unfallschutz (Vorsitzender Geheimer Re-
gierungsrat Pfarritts); 9. Wohlfahrtseinrichtungen (Vorsitzender
Dr. Albreght). Die Schulhygiene wird in der 19. Gruppe
^Unterricht und Erziehung" vertreten sein. Eine besondere
Gmppe 11 ist für wissenschaftliche Instrumente vorgesehen (Vor-
sitzender Kommerzienrat P. Dörffel). Nachdem eine Einigung
Aber die Platzirage zu stände gekommen ist, schreiten die weiteren
Vorbereitungen für die Ausstellung rüstig vorwärts.
Infektionskrankheiten in Ssterreichischen Internaten.
Nach der „Wien, Ztg.^ hat die k. k. niederösterreichische Statt-
halterei die Bezirkshauptmannschaften auf den Umstand aufmerksam
gemacht, dals in Konvikten, Internaten, Waisenhäusern u. s. w. noch
immer den Infektionskrankheiten nicht jene Aufmerksamkeit zu-
gewendet wird, welche unbedingt erforderlich ist. Es kamen Fälle
vor, daüs anscheinend gesunde Kinder, welche aber im Stadium der
Abschuppung nach Scharlacherkrankungen sich befanden, nach den
Ferien in ihre Anstalten zurtlckkehrten und so Anlafs zur Weiter-
verbreitung der Krankheit gaben. Aus diesem Grunde sind ver-
schärfte Mafsregeln angeordnet worden. Die in solche Institute
Eintretenden müssen mittelst ärztlicher Zeugnisse nachweisen, dafe
weder sie selbst, noch irgend einer ihrer Angehörigen, mit
welchen sie in Gemeinschaft lebten, in den vorhergegangenen
vier Wochen an einer ansteckenden Krankheit gelitten haben. Femer
soll durch die vorhandenen oder von jetzt an zu bestellenden Haus-
ärzte der Gesundheitszustand der neu Aufzunehmenden genau unter-
sucht werden.
424
Znr ftrjEtlichen Sehnlanfsieht in Prenfsen. Die wissen-
schaftliche Deputation f&r das prenfeische Medizinalwesen hatte tot
einiger Zeit Aber die Schnlarztfrage verhandelt nnd dann, nnter
Aufstellung besonderer Vorschriften für die ärztliche Schnlauüsidit,
beschlossen, dafe zur- Sicherung einer ausreichenden Beachtung der
seitens der Schulhygiene zu stellenden Forderungen es notwendig
sei, ärztliche Sachverständige in gröCserem Malse als bisher an der
Schulaufsicht teilnehmen zu lassen. Der hierüber erstattete Bericht
dieser Deputation wurde auf Anordnung des Kultusministers dei
oberen Verwaltungsbehörden mitgeteilt. Infolgedessen suchen nun
die letzteren, wie die „Voss. Zig." erfährt, dahin zu wirken, daft
thunlichst jeder städtischen Schuldeputation als Mitglied ein Aizt
angehöre, der die gesundheitliche Pflege der Schule als besonderes
Decemat bearbeitet und die hierauf bezüglichen Angelegenheiten m
Kollegium vorträgt. Auch die Kreis- und Stadtphysici haben znfdge
Anweisung der Bezirksregierungen nach vorherigem Benehmen mit
den zuständigen Kreis- und Ortsschulbehörden nicht nur die Schulen
ihres Wohnsitzes, sondern auch andere städtische und ländliche
Schulen gelegentlich ihrer Dienstreisen in gesundheitlicher Hinsicht
zu untersuchen und über die hierbei gemachten Wahrnehmungen n
berichten. Endlich werden die für den Bau neuer Schulen ent-
worfenen Pläne, sowie die Pläne für den um- und Erweiterungsban
bestehender Schulen und Schulklassen eingehend geprüft, und diese
Prüfung erstreckt sich auf den Bauplatz und seine Umgebungen, auf
das Trinkwasser, die Luft und die Beleuchtung in den Schulzunmem,
die Heizung und Ventilation, die SubseUien und die Lehrmittel, die
allgemeine Keinlichkeit, die Beschaffenheit der Abtritte und auf die
Spiel- und Turnplätze.
Ein hygienisclier Mifsstond f&r die toole Monge in Paris.
„Xß Progr. mSd.^ enthält die Beschwerde eines Vaters, der jeden
Donnerstag Morgen seinen Sohn in der 6cole Monge au&ucht und,
von dort zurückkehrend, den Park Monceau und die Strafee gleichen
Namens passiert. Er begegnet dann regelmäCsig einer Reihe offener
Wagen, welche die schmutzige Wäsche eines Krankenhauses fort-
schaffen. Bei etwas stärkerem Winde erhebt sich von den Leinen-
hanfen eine übelriechende Staubwolke, welche Epidermisschuppen,
Eiterteilchen und dergl. enthält. Ist die Wäsche mit tuberkulösem
Auswurf oder mit dem Inhalt von Pockenbläschen verunreinigt, so
findet geradezu eine Aussaat infektiöser Keime statt. Da sich um
dieselbe Zeit auch viele Schüler in der genannten Strafse befinden,
so fordert der Beschwerdeführer mit Recht, dafs der Transport
schmutziger Krankenwäsche in geschlossenen Wagen stattfinde. Noch
besser ist es, wenn sie in den Hospitälern sofort desinfiziert wird.
425
In deo neaeren ErankenhAusem sind zu diesem Zwecke senkrechte
Schachte angelegt, welche durch alle Stockwerke gehen und mit
einem Dampfkessel in direkter Verbindung stehen. Durch die
Schachte gelangt die schmutzige Wäsche sofort in den Kessel, wo
sie einer Desinfektion mit Dampf unterzogen wird.
ÜAterweisnng Yon Sehfilem in der ersten Hilfeleistnng
bei ünglficksfällen. „D. ösierr. Samiätswes.'' schreibt: Das k. k.
Unterrichtsministerium hat in Würdigung des Umstandes, da£9 die
Zöglinge der Gewerbeschulen nach ihrem Austritte aus denselben ihr
ganzes Leben in den Werkstätten der verschiedensten Grewerbe zu
ifirkea berufen sind und in die Lage konunen können, bei Unfällen
ihren Mitarbeitern Hilfe leisten zu mtlssen, die Einrichtung je eines
praktischen Übungskurses in der ersten Hilfeleistung bei Unglücks-
fiJlen für die Schüler der mechanischen und bautechnischen Ab-
teilmig der Werkmeisterschule und der vier Jahrgänge an der
deatschen Staatsgewerbeschule in Pilsen genehmigt und mit der Er-
teilung dieses Unterrichtes den Dr. HsiNiaoH Hahn in Pilsen
betraut.
Znr Steilselirijfifrage. Man schreibt uns aus Wien: In
einzelnen österreichischen Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten
wird die Steilschrift bereits gelehrt und in den Übungsschulen von
den Kindern geschrieben. In malisgebenden Kreisen spricht man sich
folgendermalsen aus: Angenommen, die Steilschrift und die Schräg-
schrift wären gleichberechtigt, so hätte doch die erstere die leichter
innezuhaltende gerade Heftlage voraus, was insbesondere für den
Elementarunterricht von Wichtigkeit ist. Bei dem k. k. obersten
Sanitätsrat ist eine Eingabe eingelaufen, welche das erneute Studium
der allgemeinen Einführung der senkrechten Schrift in Schulen empfiehlt.
Zq diesem Zwecke soll die in jenem Kollegium bestehende Steilschrift-
kommission durch mehrere Fachmänner verstärkt werden. Auch
die im Herbste d. Js. in Wien tagende Versammlung deutscher Natur-
forscher und Ärzte wird sich mit der Steilschriftfrage beschäftigen,
da Direktor Emakttel Bayr für die hygienische Sektion einen
Vortrag über dieselbe angemeldet hat. Was das Ausland betrifft,
80 haben einige Ärzte in Stockholm Gelegenheit gehabt, den Bücken
der Kinder beim Senkrechtschreiben zu untersuchen, und von einem
dersdben, Dr. A. Lbyertin, Vorsteher von Ostermalms gynmastischem
Institate, liegt uns nachstehendes schriftliche Zeugnis über den
hygienischen Nutzen der Steilschrift vor: „Eine schlechte Haltung
beim Schreiben kann unter gewissen Umständen erst eine vor-
tlbergehende, später eine dauernde Seitenverkrttmmung der Wirbel-
säule verusachen. Die Steilschrift, welche der Schreibende bei gerader
Körperhaltung ausführt, mufs unbedingt von gro&em Vorteil sein
426
und dürfte keine Veranlassung zu Yerbiegnngen der WirbelsSiüe
geben. In den Schreibstunden, denen ich beigewohnt habe, und die nadi
dieser Methode unter Leitung des Fräulein EMlfY Meyer erteilt
wurden, habe ich durch direkte Untersuchungen des Rflckens der
Kinder mich davon überzeugen können, dafs derselbe beim Schreibe!
absolut gerade, ohne die geringste Tendenz zur SeitenkrOmmnng
gehalten wird. Infolgedessen halte ich mich für berechtigt, die
allgemeine EinftQirung dieser Schreibmethode in unseren Schulen wh
wärmste zu befürworten, da ich fest überzeugt bin, dafs dadurdi
eine der Veranlassungen zu Skoliosen wegfallen wird.'^
Die Augen der Kinder der Edmontonschnlen in Lonioi
sind, wie „2%^ Brit med. Joum,*^ berichtet, vor einiger Zeit mit
den SNELLENschen Probebuchstaben untersucht worden. Dabei
ergab sich, dafs von 4384 Schülern und Schülerinnen 464 m
mangelhaftes Sehvermögen besafsen. Auf die einzelnen Schulen ver-
teilen sich die Ziffern folgendermafsen:
Zahl der Kiaäm
BÜt
Zahl der Schal- mtLngtShdUm
kinder SehYennAffa
Brettenham Road-Knabenschule 704 96
„ „ -Mädchenschule 562 56
„ „ -Kleinkinderschule ....... 702 5
Croyland Road-Knabenschule 695 73
„ „ -Mädchenschule 480 129
„ „ -Kleinkinderschule 550 27
Garfield Road-Knabenschule 250 38
„ -Mädchenschule 209 30
„ -Kleinkinderschule '. 232 10
Zusammen 4384 464.
Den Eltern oder Vormündern der betreffenden Kinder wurde über den
Befund Mitteilung gemacht und ihnen zugleich der Rat erteilt, sidi
nach geeigneter ärztlicher Hilfe umzusehen. Die Folge hiervon war,
dafs nach den grofsen Sonmierferien viele Kinder, mit Brillen ver-
sehen, in die Schule zurückkehrten.
Nochmals Masern nnd Konfession. Dr. Gbtglewicz in
Jutroschin schreibt der „Dtsch. Med.-Ztg,*^: Auch hier^ herrscht
seit ungefähr 3 Wochen eine bedeutende Masemepidemie, und ich
habe bis jetzt nur bei katholischen Kmdem die Krankheit kon-
statiert. Einige EQassen der katholischen Schule mulsten geschlossen
werden, da bis 80 Vo der Schüler krank sind. Auf eine diesbezüg-
liche Anfrage bei den Leitern der evangelischen Schule erhielt ich
^ Vergl. diese Zeitschrift, 1892, No. 6, S. 282. D. Eed.
427
die Antwort, dals kein einziges Kind in der Schnle fehlt, nnd auch
in meiner Behandlang befindet sich bis jetzt kein evangelisches
Kind. Die 2000 Einwohner von Jntroschin bestehen fast znr Hälfte
ans Katholiken nnd Protestanten. Unter den Jnden, deren Zahl hier
imgef^r 150 beträgt, ist nur ein einziger Masernfall vorgekommen.
Spielknrse ffir die Berliner Studenten. Die von dem
Gentralaosschnfs znr Förderung der Jugend- und Yolksspiele in
Deutschland fttr die Stndenten der Universität Berlin eingerichteten
Spielkurse haben grofsen Anklang gefunden, indem etwa 120
Studierende aller Fakultäten und aus den verschiedensten Ver-
bindungen daran teilnehmen werden. Vor kurzem fand im Universitäts-
gebäude eine Versammlung statt, in welcher der Vorsitzende des
Gentralausschusses, Abgeordneter von Schengeendokff, auf die
Bedeutung dieses Vorgehens hinwies und einen warmen Appell an
die Studenten richtete, sich im eigenen und im vaterländischen
Interesse dieser Bewegung anzuschliefsen. Darauf sprach Schulrat
Professor Dr. Eulbr über die geschichtliche Entwickelung der
Spiele in Deutschland unter besonderer Betonung, inwieweit die
akademische Jugend hieran mitgewirkt habe und noch gegenwärtig
mitwirke. Endlich äufserten sich die beiden Leiter der Kurse,
Privatdocent Dr. Reinhardt und Oberlehrer Heinrich, über die
Wirkung der Spiele aus der Erfahrung heraus, sowie über die Ein-
richtung der Kurse selbst. Jedem dieser Leiter werden drei Herren
helfend zur Seite stehen, die den Lehrerkollegien von Berliner
höheren Lehranstalten angehören und nach dem Wunsche des Eultus-
ministers vom ProvinzialschulkoUegium für die Übungszeit vom
Unterrichte Dispens erhalten. Sämtliche Teilnehmer üben in vierzehn
Tagen dreimal wöchentlich von 5 bis 8 Uhr auf dem Platze zu
Schönholdt bei Berlin. Vorgenonmien werden die Laufspiele Frei-
lauf, Schlagball, Schleuderball und Fulsball, die Ruhespiele Greifball,
Jagdball und die volkstümlichen Übungen Diskoswerfen, Speerwerfen
tmd Stemmstofsen.
Ein norwegisches KinderseehospiE. Das in dieser Zeitschrift,
1891, No. 6, Seite 368 ff. erwähnte, damals beabsichtigte Seehospiz
im westlichen Norwegen ist am 24. August v. J. in Gegenwart ein-
geladener Gäste offiziell eröffnet worden. Dasselbe, zunächst für
skrofidöse Kinder bestimmt, steht mit einem Bekonvalescentenheim
ftr Frauen in Verbindung. Es ist in Hagevik im Kirchspiele Os,
3 norwegische Meilen von Bergen, am KorsQord gelegen. Der Ort
ist überaus schön, hat die See gerade vor sich und grüne, wald-
bewachsene Felsenabhänge hinter sich. Die Zimmer sind hell und
geräumig. Es werden sowohl See- als Süfswasserbäder im Hospiz ver-
abfolgt. Das Seewasser wird vermittelst einer Turbine aufgepumpt, das
428
Süfswasser von einem vorttberfiielsenden Bach geliefert. Das Trinkwasser
stammt ans einem grö&eren Brnnnen. Wie in dem Anschlag yoransgesetzt,
hat die Anstalt 50000 Kronen^ gekostet, was als eine geringe Somme
bezeichnet werden mols, wenn man berücksichtigt, dais das Seehoepiz
in FredriksYoem* mit 50 Pl&tzen 100000 Ejronen erfordert hat
Das Hospiz in Hagevik besitzt Raum für 40 Patienten. Die Somme
für die Anlage ist teils dnrch private Beitrüge, teils dorch sddie
Yon öffentlichen Institationen, wie der Branntweingesellschaft und der
Sparkasse, beschafft worden. Zum Betriebe trägt der Staat mit 6000
Kronen jährlich bei. Jeder Patient hat 1 Krone pro Tag ib
zahlen. M. K. HAeonson-Han8EH.
Der Handfertigkeitsnnterriclit in Italien, so schreibea die
jfBlätt. f. Enäbhdarbi.*^ , erfährt erfrenlicherweise immer weitoe
Verbreitung. Unter den Auspiden des italienischen Untenichts-
ministerinms wird im laufenden Jahre vom 26. August bis zum
25. September bereits der sechste Kursus- zur Ausbildung vun
Lehrern für den Handfertigkeitsunterricht abgehalten. Er findet ia
dem Städtchen Ripatransone in den Marken unter der Leitung tob
Gay. Consorti statt. Die praktischen Unterweisungen umfassea
Fröbelarbeiten, Modellieren, Gartonnage, Metall- und Holzarbeiten je
nach der Wahl der Teilnehmer.
Londoner Ferienkolonien. Der „Children's Gountiy HoHdayB
Fund" sandte nach „The Brit. Med. Joum.*' im yergangenen Jäte
25568 Kinder zu einem vierzehntägigen Aufenthalte aufs Land.
Die Zahl zeigt gegen das Yoijahr eine Abnahme, da in London
die Diphtherie stark herrschte. Aus dem Mile £nd-Distrikt konstea
z. B. statt sonst 1200 Kinder nur 44 fortgeschickt werden. Die
Kosten für einen yierzehntägigen Aufenthalt betragen durdischnittlich
10 Rh. pro Kopf.
2.mtix^t )Derfttj;tin$eii.
Eriafs des Königlich prenfsisehen Unterrichtaministen,
betreffend Hanshaltangsnnterriclit fBr MKdclieii.
Berlin, den 9. März 1894.
Auf den Bericht vom 20. Januar d. Js. und vom 2. d. Mts.
erwidere ich der Königlichen Regierung, dals ich die neuerdings
' 1 Krone = 1 Mark 12,5 P%.
' S. diese Zeitschrift, 1891, No. 5, S. 311 ff.
429
mehrfach hervorgetretenen Bestrebungen, der weiblichen Jagend der
niederen Volksklassen durch Einrichtung von Haushaltungsschulen
Anleitung zu einer geordneten und praktischen Wirtschaftsführung
zo bieten, mit besonderem Interesse verfolge und ihren günstigen
Fortgang schon wegen ihrer hohen erziehlichen Bedeutung lebhaft
wünsche. Insbesondere liegt ein dringendes Bedürfiiis vor, dals diese
anerkennenswerten Bemühungen den jugendlichen Arbeiterinnen in
den Industriebezirken zugewendet werden, welche meist ohne Anschlufis
an eine Familie in ihrer isolierten Lage der Gefahr ausgesetzt sind,
dem häuslichen Leben und dadurch auch jeder haushälterischen
Thätigkeit völlig entfremdet zu werden. Wenn es gelingt, solche
Arbeiterinnen durch einen geeigneten Haushaltungsunterricht mit den
ftr eine geordnete und praktische Wirtschaftsführung erforderlichen
Kenntnissen und Fertigkeiten auszurüsten und in ihnen den Sinn für
häusliche Tugenden zu wecken und zu pflegen, so würde dies ohne
Zweifel zur Gesundung des Familienlebens der niederen Yolksklassen
wesentlich beitragen und sie gegen mancherlei Verführungen wider-
standsfiLhiger machen.
Zur Gewinnung durchgreifender und wirksamer Ergebnisse auf
diesem Gebiete wird zur Zeit in erster Linie die Errichtung obliga-
torischer Fortbildungschulen ins Auge zu fassen sein, in welchen
für die Mädchen der Haushaltungsunterricht eine hervorragende
Stelle einzunehmen hätte. Abgesehen davon, daTs bei der derzeitigen
Gestaltung unserer Schulverhältnisse nur in solchen Anstalten dem
fraglichen Unterrichte die nötige Ausdehnung gegeben werden könnte,
so würden zugleich die Zöglinge einer Fortbildungsschule bei ihrer vor-
geschrittenen geistigen und körperlichen Entwickelung dem Unterrichte
nicht nur ein leichteres Verständnis und eine gröfsere Gewandtheit
entgegenbringen, sondern seine besonderen Aufgaben auch mit dem
tieferen Ernste erfassen, der ihre erfolgreiche Lösung verbürgt.
Unbeschadet dieses principiellen Standpunktes erkenne ich an,
dals bei dem Mangel an obligatorischen Fortbildungsschulen, in denen
der Haushaltungsunterricht eine nachhaltige Pflege finden könnte,
und bei der Schwierigkeit, die Kinder der arbeitenden Bevölkerung
nadi ihrer Entlassung aus der Schule zu fakultativem Haushaltungs-
unterrichte heranzuziehen, es zum Segen dieser Volkskreise gereichen
kann, wenn körperlich ausreichend entwickelte Schülerinnen im letzten
Sehu^ahre einen Haushaltungsunterricht empfangen; dieser Unterricht
wird aber, wie der Handfertigkeitsunterricht für Knaben, bis auf
weiteres eine selbständige Stellung neben der Schule einnehmen
müssen. Denn, wenn ich auch die erziehliche Bedeutung solcher
Bestrebungen, wie sie sich in dem Handfertigkeits- und Haushaltungs-
unterrichte darstellen, und die darauf gerichtet sind, den Sinn und
430
das Geschick der Jugend für praktische Thätigkeit anzuregen mid
zu entwickeln, voll anerkenne und gern bereit bin, die zu diesem
Zwecke ins Leben gerufenen Einrichtungen durch Gewahrung von
Mitteln nach Ma&gabe der verfügbaren Fonds zu fördern, so mnfe
ich doch daran festhalten, dafs die Volksschule durch solche Be-
strebungen keine Einbufse erleidet und die ihr zugemessene Zeit
unverkürzt dazu verwendet, der Jugend auf der Grundlage wert-
voller Kenntnisse eine sittliche und religiöse Bildung zu vermitteln^
welche die gedeihliche Ausübung ihrer späteren praktischen Benifs-
thätigkeit wesentlich bedingt.
Ich kann mich hiemach, solange sich die ganze Angelegenheit
noch im Stadium des Versuches befindet und umfassende £rfahrongen
auf diesem Gebiete noch ausstehen, nicht damit einverstanden
erklären, daüs der von dem dortigen Vaterländischen Frauenvereine
in Aussicht genommene Haushaltungsunterricht in den Lehrplan der
ersten Klasse der Mädchenvolksschule daselbst eingefügt und zn
seinen Gunsten eine Verkürzung der schulplanmäfsigen Unterrichtszeit
bei einigen Lehrgegenständen vorgenonmien wird.
Die schulfreien Nachmittage werden unter den dortigen Ver-
hältnissen, wie ich annehme, für den geplanten Haushaltungsunterricbt
ausreichende Zeit gewähren, zumal wenn die theoretischen Unter-
weisungen, wie naturkundliche Belehrungen, Preisberechnung u. a.,
von ihm ausgeschlossen und dem Unterrichte in den entsprechenden
Disdplinen der Volksschule, in welchen sie nach den Allgemeinen
Bestimmungen vom 15. Oktober 1872 gehören, überlassen werden.
Der Minister der geistlichen etc. Angdegenheiten.
(Gez.) Bosse.
RnndverfBgnng der KSniglichen Regierung zu Kassel,
Abteilnng ffir Kirchen- nnd Seholsaehen,
die Revision von Sehnlhänsem anlangend.
Kassel, den 26. November 1893.
Im Interesse der Schulhygiene ersuchen wir, bei allen sich dt^
bietenden Gelegenheiten die Schulhäuser einer Revision darauf zo
unterziehen, ob sie nach Anlage, Unterhaltung, innerer Einrichtong,
Reinigung, Lüftung u. s. w. den im sanitären Interesse erlassenen
Vorschriften entsprechen. Sobald sich irgendwie Mängel in dieser
Richtung vorfinden, ersuchen wir auf das nachdrücklichste, fBr
deren Beseitigung Sorge zu tragen. In zweifelhaften Fällen ist der
Kreisphysikus zu den Untersuchungen der Schulhäuser hinzuzuziehen
und ein Gutachten von ihm einzufordern. Auch wollen die Herren
Landräte den Gesundheitszustand der Schulkinder stets im Aoge
behalten und zu diesem Zweck unter anderem möglichst oft Einsicht
431
TOD den SchalYersännmisregistern nehmen. Sobald hierbei sich
AnlaÜB zü Bedenken ergibt, ersuchen wir gleichfalls, den Medizinal-
beamten zn einer Untersnchnng der sanitären Verhältnisse in der
betreffenden Schnle zn veranlassen und mit demselben gemeinsam
die zur Unterdrückung yon Krankheiten oder die sonst erforderlichen
Malsregeln zu leiten.
Schema zum Physikatsbericht
über die ärztliche Revision der . . . Schule zu am
(Yerfftgung Königlicher Regierung vom 19. April 1874, 10. Mai 1878
und 26. November 1893.)
A. Gesundheitszustand der Kinder^.
a. Allgemeiner Eindruck (Gesichtsfarbe, Haltung, Reinlichkeit).
b. Ansteckende Krankheiten.
1. Hautkrankheiten (Ekzem, Krätze, Kopfgrind u. s. w.).
2. Ansteckende Augenkrankheiten.
3. Infektionskrankheiten (Diphtherie, Keuchhusten, Tuber-
kulose etc.).
4. Sonstige Krankheiten.
B. Gesundheitsverhältnisse der Schule.
1. Lage.
2. Gebäude (ob massiv, oder in Fachwerk, Dach, ob unter-
kellert, Wohnung des Lehrers getrennt?).
3. Treppen (hölzerne, steinerne, Geländer, ob überhaupt
gefahrlos?).
4. Schulzimmer.
a. Grö&e (Höhe, Länge, Breite, Zahl der Kinder, es vraren
wegen Krankheit abwesend, Bodenfläche für jedes Kind).
b. Fu&boden (ob dicht und gestrichen).
c. Wände und Decken (Anstrich).
d. Reinlichkeit im allgemeinen.
e. Fenster (GröJGse, Zahl und Lage, Verhältnis der Fläche der
Fensteröffnungen zur Bodenfläche, Schutz vor direkten oder
reflektierten Sonnenstrahlen).
f. Schultische, Bänke (ob solid, zweckmäfsig, Sitzraum).
g. Lichtverhältnis im allgemeinen.
^ Die eingeklammerten Zusätze dienen als Anhalt bei der Revision,
ohne andere Befunde auszuschlielsen. Die Nummern B. 1. 2. 8. sind
nur im nächstfolgenden Berichte zu beantworten, ingleichen bei jeder
ersten Revision.
432
h. Heizang (Art derselben, Öfen, ob genflgender Sehnte gegei
Verbrennung und Wärmestrahlung, Temperatur, Thermometer).
i. Ventilation (Einrichtung der Oberlichter der Fenster, Elapp-
scheiben, Glasjalousien, centrale Ventilation etc.).
k. Stand des Katheders und der Wandtafel.
5. Abtrittsanlage (Lage, ob in genflgender Entfernung Tom
Schulgebäude, Ausdünstung, Reinlichkeit der Sitze, Anzahl
derselben im Verhältnis zur Kinderzahl).
6. Spiel- und Turnplatz (Gröfse, Lage, ob Turngeräte solid
und ungefährlich, ob der Boden unter Barren und Beck
fest oder mit Sägemehl bedeckt etc.).
7. Wasserversorgung (Trinkgefäfs, Entfernung der Bnumen
von den Abtritten).
8. Sonstige Bemerkungen.
den 18. .
Der Königliche Kreisphysikus.
Was ist zur Beseitigung der erwähnten Mängel angeordnet
worden?
Der Bfirgenneister.
Ans der Verordnung der Bnkowinaer k. k. Landesregieniig
vom 13. April 1894, Z. 6134,
an alle unterstehenden poutischen Behörden wegen Dirck*
f&hrnng der Impftingen.
Die Schulleitungen der Yolksschulen sind im Grunde Erlasses
des hohen Ministeriums fQr Kultus und Unterricht yom 9. Juni 1891,
Z. 9043, intimiert mit dem Landesschulratserlasse vom 20. Juni 1891,
Z. 1214, aufzufordern, die Ausweise der nichtgeimpften und der
Yor länger als 10 Jiüiren geimpften Schulkinder zeitgerecht der
k. k. Bezirkshauptmannschaft (dem Stadtmagistrate) zu erstatten und
den Impfarzt hei Durchführung der Impfung, beziehungsweise Wieder-
impfung der Schulkinder wirksam zu unterstfltzen.
Die betreffenden Schulkinder sind anläßlich der öffentlichen
Impfungen im Sinne des hohen Ministerialerlasses vom 12. Juli 1891,
Z. 8509, intimiert mit dem hieramtlichen Normalerlasse vom 26. M
1891, Z. 10279, abgesondert von den anderen Impflingen der
Impfung zuzufahren.
Es wird sich als zweckmäfsig empfehlen, die Impfung, beziebiuigs-
weise die Wiederimpfung der Schulkinder im Schulhause vorzunehmcD,
wo dieselben unter Aufsicht der Schullehrer am festgesetzten Impf-
termine zu versammeln sind.
4SS
Da die animale Vaccine beim Herrschen greiser Hitze an
Wii^samkeit leicht veriiert, nnd da zu dieser Zeit ani^ heftige
entzflndliche Reaktionen bei den Geimpften hftnfiger als sonst vor-
kommen, so tot in der Zeit Tom 15. Juli bis zun 30. Angnst die
Imp6mg SU nnterbrechMi, da anch za dieser Zeit die so wOnschenswerte
Dnpfiuig und Revaccination der Schulkinder, velcfae wegen der Schul-
ferien die Schnle nicht besnchen, nicht Torgenommen werden kann.
Zorn Berichte aber die Impfnng, bezw. Wiederimpfting der
Schaler di«it folgendes Schema:
Ausweis
aber die Impfnag der Schulkinder.
der Sohnlkinder
l-i
■äj
au den Protokoll« der HMi1>nr|;iBoh«B Oberschnlbehfirde,
246. SitziDg, in betreff des UnterrichtsBchlnsses
bei grefser Hitze.
Auf Anfange des Herrn Prfisea, ob es sich empfehle, den
Herren Direktoren der höheren Staatsschulen eine allgemeine An-
weisung daraber zu erteilen, ob and wann etwa bei grofser Hitze
der Unterricht aosznsetzen sei, wird nach kurzer Besprechnng
beschlossen, dieselben zu beauftragen, den Unterricht in den h&heren
BtaatsBchnlen ohne weiteres ahznbrochen, sobald das Thermometer
im Schatten eine Erwärmnng der ftufseren Luft tob 22' R. anzeigt
aad davon dntretendoi Falls dem Herrn PrSaes nachtrft^ch Anzeige
(Oe>.) Dr. Ad. Hiooloi.
§ghii|«i*diktftip<«c* yo.
434
Auszug
aus dem Protokolle der Hamburgischen Oberschul-
behOrde, zweite Sektion, 2&0. Sitzung.
Der Herr Präses resflmiert die zuletzt unter dem 30. Mai d. Js.
besprochene Angelegenheit des SchlieCsens der Schulen bei ataiker
Hitze und bezieht sich dabei namentlich auf sein ümlaufeschreilien
vom 7. Juli Y. Js., sowie auf die demselben beigelegte gutachtliche
Äufserung des Herrn Dr. Voller tou demselben Tage.
Nach Beratung wird beschlossen, behufs HerbeifQhmng einer
thunlichst flbereinstimmenden Handhabung der unterm 30. Mai d. Js.
diesseits getroffenen Bestimmung, nach welcher die Schulen bei
einer Temperatur der äufseren Luft Yon 22® R. zu schlielBen sind,
die Herren Direktoren der höheren Staatsschulen zu beanftxagen,
für die betreffende Schule ein Thermometer, welches zum Schatze
gegen Strahlung mit einem geeigneten, aus Blech oder Holz her-
gestellten Gehäuse yersehen ist, zu beschaffen; dasselbe vor seiner
Aufstellung seitens des ph3rsikalischen Staatslaboratoriums prflfen und
diese Prüfung nach Ablauf einiger Monate wiederholen zu lassen;
das fOr gut befondene Thermometer an einem passendoi, leidit
zugänglichen Platze im Bereiche der Schule, welcher yon dem
Direktor des physikalischen Staatslaboratoriums gemeinsam mit dem
Verwalter der physikalischen Sammlung der Schule auszuwählen ist,
anbringen und dann behufs Vervollständigung der Kontrolle seinen
Gang einige Zeit hindurch regelmäfsig beobachten zu lassen ; endlich,
wenn der Ausfall des Unterrichts wegen grofser Hitze in Frage
kommen könnte, den je mit der Verwaltung der physikalischen
Sammlung der Schule beauftragten Lehrer mit der Ablesung des
nach vorstehenden Bedingungen ausgewählten und aufgestellten
Thermometers zu betrauen.
(Gez.) Dr. ÄD, MiooLCi.
VerfBj^ng des Wiener Bezirksschulrates bezüglich des Anf-
tretena der Influenza in Sehnlen.
BezirksBchulrat
der k. k.
Reichshaupt- und Residensstadt
Wien.
An sämtliche Schulleitungen.
Zufolge Erlasses der hochlöblichen k. k. niederösterreichischen
Statthalterei vom 16. Dezember 1893, Z. 89 069, ist dem Auftreten
der Influenza in Schulen die sorgsamste Aufinerksamkeit zuzuwenden,
und werden die Schulleitungen angewiesen, der Gesundheitspflege die
vollste Beachtung zu. schenken und insbesondere daf&r Sorge zu
435
tragen, dals die Schallokalitftten in der nnterricbtsfreien Zeit häufig
gehlftet, der Fotsboden and alle Einrichtongsstflcke t&glich gründlich,
und zwar durch Aufwischen mit feuchten Lappen, gereinigt werden.
Auch werden alle SchuUeitungen angewiesen, der gleichmäfsigen
Temperierung der SchuUokalitftten in der Zeit des Unterrichtes die
w&nnste Fürsorge zu widmen.
Hierron wird die Schulleitung in Kenntnis gesetzt.
Wien, am 30. Dezember 1893.
Der Yorsitzende-StellTertreter.
(Gez.) Dr. Schindler.
Pttfiualxtn.
Geheimer Hofrat Dr. G. Wsnbt, Gymnasialdirektor und Mitr
glied des Oberschulrats in Karlsruhe, wurde zum Geheimen Rat
m. Klasse, unsere yerehrten Mitarbeiter, die Herren Oberschulr&te
G. Wallbapf und Dr. £. von Sallwürk daselbst, zu Geheimen
Hofräten ernannt.
Der znm Direktor der Kinderklinik in der Berliner Charit6
gewählte Professor Dr. Hbübner hat den Titel eines Greheimen
Medizinahrates erhalten.
Die Gesellschaft der St. Petersburger Kinderärzte ernannte
den Professor der Pädiatrie N. F. Filatow in Moskau zum Ehren-
mitgliede.
Den Regierungs- und Schulräten Florschütz in KOhi, Dr.
LaübR in Stade, Seladny in Posen und dem Oberrealschuldirektor
WlERKiCKS in Gleiwitz ist der Charakter als Geheimer Regierungs-
rat, dem Kreisschulinspektor £lsner in Leobschtttz der Charakter
als Sdiulrat mit dem Rang der Räte lY. Klasse verliehen worden.
Es erhielten: den Kronenorden I. Klasse der Ministerial-
direktor im preuDsischen Kultusministerium, Wirklicher Geheimer
Rat Dr. de la Croix, den Kronenorden III. Klasse der Direktor
der städtischen höheren Mädchenschule Professor Dr. Haupt in
Stettin, den Kronenorden lY. Klasse der Mittelschuldirektor a. D.
NiBSEN in Heide und der Institutsvorsteher Dr. Künklbr in
Biebrich; das Ritterkreuz I. Klasse des Ordens vom Zähringer
Löwen der R^erungsrat beim badischen Oberschuhrat Franz
Schmidt in Karlsrahe, der Progymnasialdirektor K. Bissinoer
in Donaueschingen, der Realschuldirektor J. Heim in Konstanz und
der Yorstand der Realschule, Professor Rüd. Oster in Waldshut;
28*
436
den roten Adlerorden lY. Klasse die Gymnasialdirektoren Dr.
RiCHTEB in SchOneberg und Sohmblzeb in Hamm, die Realschid-
direktoren Dr. Yehse in Dortmund and Dr. Petby in Bemschäd ;
das Ritterkreuz des mecklenburg-schwerinschen Greifenordens der
Konrektor Professor Dr. Diestel, und der Oberlehrer Professor
Dr. Klein am Yitzthnmschen Gymnasium in Dresden.
G&AF BaüiLET de Latoub ist zum Sektionschef, Dr. Aüo.
Ritteb yok Kleeman zum Ministerialrat im k. k. österreiduselien
Ministerium fttr Kultus und Unterricht ernannt worden.
Professor Dr. Joseph von Fodob wurde zum Präsidenten,
Professor Dr. Julius Dollinoeb zum Yicepräsidenten des unga-
rischen hygienischen Landesvereins gewählt; Yorsitzender der sdiol-
hygienischen Sektion wurde Ministerialrat Alexandeb von LBÖYEr^
Sekretär unser geschätzter Mitarbeiter, Schularzt Dr. Heinbich
SCHUSOHNT.
Der Direktor des hygienischen Institutes der üniyersitftt Halle,
Professor Dr. Renk, ist als Professor der Hygiene an das Poly-
technikum in Dresden berufen worden; derselbe wird zu^eidi die
Leitung der Gentralstelle f&r öffentliche Gesundheitspflege dasdbst
übernehmen.
Der aulserordentliche Professor der Kinderheilkunde Dr. Th.
EsCHEBiCH in Graz, der die Berufung nach Leipzig abgelehnt hat,
wurde zum ordentlichen Professor befördert; an seiner Stelle hat
Professor Dr. Otto Soltmann in Breslau einen Ruf auf den Leiir-
stuhl der Pädiatrie in Leipzig erhalten und angenommen.
Kreisphysikus Dr. Meyhoefeb in Görlitz ist zum BegiemagB-
und Medizinalrat in Köln ernannt worden.
Dem Kollegienrat Dr. Lunin wurde die Stdlung als älterer
Ordinator des Elisabethkinderhospitals in St. Petersburg flbertragoi.
Kreisschulinspektor LÜNENBona in Remagen ist zum Begie-
rungs- und Schulrat gewählt und der Regierung in Dflsseldorf an-
gewiesen worden.
Dr. Abmand Delpeuch wurde zum Arzt des Lyceums Saint-
Louis in Paris ernannt.
Als PriTatdocent der Kinderheilkunde in Basel hat sich Dr.
E. Feeb habilitiert.
Am 4. April d. Js. b^ing der Professor der Pädiatrie aa der
üniTersität Moskau Dr. N. F. Filatow das fanfundzwanzigjihrige
Jubiläum seiner ärztlichen Thätigkeit.
Der Realschuldirektor Dr. Behbe in Dortmund ist in den
Ruhestand getreten; bei dieser Gelegenheit wurde ihm der rote
Adlerorden lY. Klasse verliehen.
Dem Arzt am Blindeninstitute in St. Petersboiig Nikolai
487
SchüIjQOWSKi ist auf seine Bitte der Abschied erteilt worden; zn-
gleich erhielt er den Bang als Wirklicher Staatsrat.
Die Zeitschrift f&r Schalgesnndheitspfiege hat den im 45.
Lebenswahre erfolgten Tod eines ihrer Mitarbeiter, des ehemaligen
Professors der Hygiene an der Universitftt Lausanne Dr. Wilhelm
LöwEiirrHAL in Berlin, zu beklagen ; der Verstorbene ist namentlich
durch seine schulhygienischen Arbeiten und seine Forschungen auf
dem Gebiete der Cholera bekannt geworden; sein Hauptwerk flthrt
den Titel „Grundzüge einer Hygiene des Unterrichts."
Es sind gestorben: Gymnasialdirektor Professor Dr. theol. et
jur. MABTBN8 in Elbing, 63 Jahre alt, Gymnasialdirektor Pfautsch
in Spandau, Bealgynmasialdirektor Dr. Winteb in Quakenbrflck und
Realprogymnasiald^ektor Dr. Yölckeb in Schönebeck.
£itteratttr.
Besprechungen.
Dr. G. Dblvaillb. Une miasion eii Espagne« L'hygitae
acolaire et les exereices physiques. Paris, 1892. Gh. Delagrave.
(38 8. 8^)
^Die Geschichte der Schulhygiene ist fär die meisten Lftnder
Europas mehr oder weniger bekannt. Der sanitftre Zustand der
ünterrichtsanstalten Frankreichs, Deutschlands, Belgiens, Schwedens,
der Schweiz u. s. w. wurde eingehend studiert, durch zahlreiche
Berichte zur öffentlichen Kenntnis gebracht, und oft haben die in
den verschiedenen L&ndem gemachten Fortschritte den Nachbar-
ländern zur Aneiferung und zum Vorbild gedient.
Nur Spanien ist von dieser Bewegung unberührt geblieben.
Und doch mufs das Land, das infolge seiner geographischen Lage
so yerschiedene Klimate besitzt, dessen Bewohner so abweichende
Sitten und Gewohnheiten haben, interessante und origineUe Eigen-
tftmlichkeiten bieten. So hat Dr. Delvaillb gedacht, als er sich
die Aufgabe stellte, diese Frage im Lande selbst zu erforschen.
Obgleich die Resultate nicht seinen Erwartungen entsprachen,
und obgleich er uns nirgends besondere Fortschritte mitzuteilen vermag,
ftllt die interessante Schrift des Autors doch eine Lttcke aus und
verdient gekannt und gelesen zu werden.
Die spanische Erziehungsmethode weicht von der unsrigen ab.
1 Aus dem FranzÖBischen. D. Bed.
438
man findet dort noch die Einrichtung, dab der Unterricht durch
Lehrer an Schüler erteilt wird, die dann ihrerseits wieder ihre
Kameraden onterrichten. Dieses System ist oft mit demjenigen des
gemeinsamen Unterrichtes verbunden, bei dem der Lehrer selbst sämtliche
Schaler einer Klasse zu gleicher Zeit unterrichtet. Man spricht
dann von dem gemischten System, das in Spanien sehr beliebt ist.
Ans der Anwendung des letzteren erklärt sich, warum die spanischeji
Schulen meist nur aus einer einzigen grofsen Klasse bestehen, welche
gewöhnlich 18 m lang und 6 m breit ist und 100 bis l&O Kinder
enthält.
Der Lehrer wird bei seiner Arbeit durch eine oder zwei Bllfe-
kräfte, je nach der Zahl der Schiller, unterstatzt; er hat dieselben
aber auch zu besolden.
Im allgemeinen rechnet man eine Volksschule auf 100 Familien
und eine Mittelschule auf 1200 Familien.
Die meisten spanischen Städte besitzen keine eigenen Scfanl-
gebäude. Viele Kommunen wollen far dieselben nichts ausgeben, ja
manche bezahlen nicht einmal regelmäfsig das Grehalt ihrer Lehrer.
Im Jahre 1891 betrug die Summe, welche spanische Städte an
Lehrer schuldeten, 8184465 Francs. Diese Thatsache wirft ein
eigentttmliches Licht auf den Wert, welchen man in Spanien dem
Unterrichte beilegt.
Der Luftraum, der den Kindern gewährt wird, wechselt nach
den verschiedenen Schulen. Das Gesetz fordert 3 cbm pro Kc^f.
Die meisten Lehranstalten bieten jedoch nur 2,50 oder gar mir
2,30 cbm. Die Höhe der Klassen soll nach den Verordnungen
3,10 m betragen, sie ist aber aberall geringer, die neuen Sehnlen
ausgenommen.
Die Beleuchtung erfolgt sehr oft von zwei Seiten her, wobei
diejenige von rechts aberwiegt. Häufig erhalten die Kinder das
Licht auch Ton vier Seiten, in einigen Fällen selbst von vom nnd
von hinten.
Die Heizungsvorrichtungen sind ungefthr dieselbe, wie in
unseren Schulen, in manchen Orten jedoch wendet man noch Kohlen-
pfannen, diese abscheuliche und gefährliche Heizungsart, an.
Kanstliche Ventilation existiert blofs in ganz neuen Sdiid-
häusem.
Das Mobiliar besteht fast immer nach alter Art aus langen
Bänken und Tischen 3 nur in einigen groüsstädtisdien Schulen finden
sich zweisitzige Subsellien.
Auch die Einrichtung der Aborte ist noch ziemlich mangelhaft;
in einzelnen Schulen fehlen dieselben ganz.
Selten findet man, dafs die Lehranstalten einen Hof oder eine
439
gedeckte Halle besitzen, denn Zwischenpausen kennt man in Spanien
nicht. Die drei Unterrichtsstunden am Vormittage werden durch
gymnastische Übungen in der Klasse unterbrochen, und ebenso
yerhfilt es sich mit den drei Stunden am Nachmittage. Zwischen
dem Tor- und Nachmittagsunterricht liegt eine Freizeit von mindestens
zwei, höchstens vier Stunden. Die Gymnastik, die, wie bemerkt,
in der Klasse stattfindet, beschränkt sich auf Beugungen des
Kopfes, der Arme und der Beine, die von verschiedenen Gre-
sftngen begleitet werden. Jugendspiele im Freien kommen nur an
einigen besonderen Schulen vor. unter diesen Spielen sind am
beliebtesten das Ball* und das Stierspiel, sowie eine Art von Tanz,
der den Namen „Seguedille*' führt; bei dem Stierspiel werden die
Sprünge eines Stiers nachgeahmt.
Die Gerechtigkeit erfordert übrigens, zu bemerken, dafs man
in einigen Grofsstftdten günstigeren hygienischen Yerhftltnissen der
Schulen begegnet.
Was die ärztliche Inspektion der letzteren betrifft, so ist
dieselbe zwar durch Erlafs des ünterrichtsministers empfohlen, jedoch
keineswegs überall durchgefohrt; selbst einige der hauptsächlichsten
Städte entbehren dieselbe.
Eine Verfügung bestimmt, dafe jedes Kind mit einem Impf-
schein versehen sein soll, trotzdem aber wird die Impfung oft
unterlassen. Die Wiederimpfung ist nicht obligatorisch; eine Aus-
nahme bildet nur Madrid, wo sie für alle neuiyährigen Kinder
gefordert wird.
In Fällen von Epidemien findet Schliefsung der Schulen statt,
allein die Klassen werden selten desinfiziert; auch ist die Anzeige
epidemischer Krankheiten nicht durch Gesetz vorgeschrieben.
Zum Schlufs spricht der Verfasser von den vor kurzem in Spanien
begrfindeten Ferienkolonien; es sind ihrer zwei, die eine in Madrid
für 18, die andere in Granada^ gleichfalls für 18 Kinder. Die
Sache ist erst im Entstehen begriffen, wird aber sicherlich schnelle
Fortschritte machen.
Das ist in Kürze der Inhalt der interessanten Arbeit des
Dr. Dblvaille, deren Lektüre wir allen dei^enigen empfehlen, die
sich für schulhygienische Fragen interessieren.
Schularzt Dr. med. A. CoifBE in Lausanne.
Mabgabete Poehlmann, Schulvorsteherin. Die Gesnndheitslelire
in der hSheren Mädchenschule. 5. Jahresbericht der höheren
Privatmädchenschule zu Tilsit. Ostern 1893. Tilsit, 1893. H.
Post (16 S. 8^)
* 8. diese Zeitschrift, 1893, No. 5, S. 271—275. D. Red.
440
Es ist eine erfireoltche Thateache, dab die Schule die ?oii
ärztlicher Seite an sie ergangene Mahnung zu einer sorgfidtigea
Pflege der Oesondheit ihrer Zöglinge neuerdings immer mehr sa
beherzigen sich bemüht. Insbesondere der höheren Mftdchenschide
Deutschlands darf die Anerkennung nicht versagt werden, dals sie
es ernst nimmt mit dem Bestreben, den Forderungen der Gesnnd-
heitslehre gerecht zu werden. Beweis dafür ist unter anderen
Thatsachen auch die, dab die Jahresberichte dieser Schulen sich
häufig mit der genannten Frage beschäftigen. Auch FrSidäii
PoRHTiMANK, Vorsteherin der höheren Privatmädchenschule zu Tikit,
hat ihrem fünften Jahresberichte eine Abhandlung Aber die Ge-
sundheitslehre in der höheren Mädchenschule vor-
angestellt.
Die Verfasserin geht davon aus, dab die höhere Töchtersdmle,
wenn sie auch im allgemeinen den Forderungen der Schulhygiene
gerecht werde, doch einem wichtigen Punkte, der grflndliGhen
Unterweisung der weiblichen Jugend in der Gesund-
heitslehre, noch nicht die genfkgende Beachtung schenke. Die
beste Zeit fflr diese Unterweisung sei das letzte Schu^ahr. Aber nur
dann könne sie recht fruchtbringend gemacht werden, wenn die
Schule zweierlei nicht versäume, einerseits ihre Zöglinge bereits vom
ersten Unterricht^ahre ab zu einer gesunden LebensweiBe zu erziehen,
andererseits alle Unterrichtsgegenstände möglichst in den Dienst der
Gesundheitslehre zu stellen. Nach ihr soll der Beligionslehrer die
Kinder darauf hinweisen, dab der Mensch seinen Körper als da
Tempel Gottes, als den Wohnsitz seiner unsterblichen Seele rein zn
halten und vor Schädigungen zu bewahren hat, die ihn binden
könnten, seinen Pflichten gegen Familie und Staat nachzukommen.
Ohne solche religiös-ethische Unterlage schweben doch alle Belehrungen
über die Gesundheitspflege in der Luft. Jedes Mädchen weib jetzt
z. B. ganz genau, me schädlich das Einschnüren des Brnstkastois
wirkt, und doch ist diese Unsitte nicht auszurotten; das Wissen aUein
thut's nicht.
Der fruchtbringendste Unterrichtsgegenstand für den gedachtoi
Zweck sei die Naturkunde; sie habe fast alles, was zum Gebiete
der Gesundheitslehre gehöre, zur Besprechung zu bringen. Da aber
derartige Belehrungen im Laufe der Schuljahre nach und nach, also
zerstreut und zusammenhanglos erfolgen, so sei für das letzte Schuljahr
eine systematische Zusammenfassung des gesamten hierher gehörigen
Lehrstoffes dringend geboten. Derselbe müsse aber der gesteigerten
Fassungskraft der Schülerinnen entsprechend vertieft und auch hier
und da erweitert werden, letzteres hauptsächlich nach der Richtimg
hin, dab die Belehrungen über die Gesundheitspflege die Verhältnisse
441
des zartesten Kindesalters berflcksichtigen, da ja doch die Mehr-
zahl unserer M&dchen später mit der Pflege ond Erziehung von
Kindern, eignen oder fremden, zu thun habe. Wir halten das
far einen sehr glflcklichen Gedanken, znnuü wenn auch einige Stflcke
ans der Psychologie nnd Erziehongslehre, seibstyerstftndlich in elemen-
tarster Form unter steter Beziehung auf das praktische Leben, hin-
zngefftgt werden.
Wenn wir bis dahin den AnsfUiningen der Verfasserin, in
denen sich aDenthalben die erfahrene Lehrerin nnd besonnene Er-
zieherin yerrftt, voll nnd ganz beipflichten konnten, so müssen wir
doch der letzten Behauptung derselben entgegentreten, da(s der
Unterricht in der Gesundheitslehre, wenn er in einer
der beiden letzten Klassen erteilt werde, in den Händen
einer Lehrerin liegen solle und dafs, wenn eine solche
nicht zu haben sei, er lieber ganz unterbleibe. Da, wie
Frftulein Poshlmakn selbst ausfahrt, der naturwissenschaftliche
Unterricht mit der Gesundheitslehre an& engste zusammenhängt, so
mllssen auch beide Unterrichtsgegenstände in derselben Hand liegen.
Anf jeden Fall könnte die Unterweisung in der Gesundheitspflege
doch nur von einer solchen Persönlichkeit Obemommen werden, die
mit den natnrgeschichtlichen, physikalischen und chemischen Ver-
hältnissen genau betraut ist. Vorläufig haben die Damen sich aber
den Naturwissenschaften gegenflber ziemlich spröde verhalten, und
solange das nicht anders wird, bliebe daher schon nichts anderes übrig,
als aus der Not eine Tugend zu machen und den bezeichneten
Unterrichtsgegenstand einem Lehrer anzuvertrauen, wenn man ihn
nicht überhaupt auf der Oberstufe fiallen lassen will, was doch sehr
za beklagen wäre. Da sexuelle Verhältnisse selbstverständlich vom
Unterricht ausgeschlossen sind, so vermögen wir nicht einzusehen,
warum ein erfahrener und taktvoller Lehrer nicht im stände sein
sollte, fün&ehn- bis sechzehigährige Mädchen in unbefangener
Weise über die wichtigsten Regeln zur Erhaltung ihrer Gesundheit
zu belehren, ohne dabei ihr Zartgefühl zu verletzen.
Direktor der städtischen höheren Mädchenschule und
Lehrerinnenbildungsanstalt Dr. phil. 0. Sommer in Braunschweig.
Pallibsr's. Common sense sehool architeeture. New York, 1892.
J. 8. Ogüvie, 57 Rose Street. (110 S. Fol. I 1,0.)
Die Firma Pallisbr, Pallisbr & Co., Architekten in New
York, veröffentlicht in Form einer echt amerikanischen Reklameschrift
zahlreiche ausgefährte Schulbauten. Wenn auch der Zweck dieser
Schrift vor allem die Propaganda fär die genannte Firma ist, so
erhalten wir doch ein gutes Bild der Schulbauverhältnisse in einzelnen
442
Teflen der Yerdnigten Staaten, da den mitgeteilten 40 Sdialhausplaaen
ausführliche Banbeschreibiingen beigegeben sind nnd andaerdem in
mehreren selbständigen Kapitebi die wichtigsten Punkte* der Schnl-
banhygiene erörtert werden.
Mit dem kleinsten einklassigen Schnlhanse beginnend, fiQireii
nns die Verfasser die verschiedensten T3rpen von Land- nnd Stadt-
schulen Yor, teils in Holz, teils in Holz nnd Stein oder in Holz und
Ziegel, teils ganz in Ziegel ansgeflQirt.
Selbst das kleinste Schnlhaos enthftlt getrennte GarderobenrSnme
für Knaben nnd Mädchen.
Die Anlage der linksseitigen Beleuchtung durch Fenster mit
schmalen Zwischenpfeilem entspricht den Anforderungen, um so
mehr, als die Verfasser fOr die Fensterfl&che ^/^ der Fuisbodenflftche
annehmen. Die Fensterparapete sind mindestens 1,0 m hoch, und
die Fenster reichen bis knapp unter die Decke.
Für jedes Schulkind werden 1,35 m^ FlAchenraum und 5,40 m'
Luftraum gerechnet; die Schulzimmer sind demgem&Ts sehr geräumig
angelegt. Sie erhalten in der Regel 4,20 m Lichth5he. Das
Verhältnis der Tiefe des Lehrzimmers zur Länge desselben ist
meistens wie 3 : 4. Die Schülerzahl beträgt im höchsten Falle 60.
In den Anleitungen Aber die richtige V^Tahl des Bauplatzes für
ein Schulgebäude sind besonders rücksichtlich der Grundwassenrer-
hältnisse lehrreiche Angaben enthalten.
Die gröiseren Schulgebäude besitzen ein oder zwei Obe^
geschosse. ^
Der Charakter im Äulseren der Schulhäuser ist ein&ch und
würdig und entspricht in der Mehrzahl der Fälle vollkommen dem
Zwecke.
Vfas die Baukosten anbetrifft, so betragen dieselben pro Schüler:
bei den kleinsten Schulhäusem in Holz 12 bis 15 $,
„ „ gröiseren „ „ „ 20 bis 25 $,
„ „ Ziegelbauten ohne Unterkellerung und ohne Heizung 30 $t
„ „ Ziegelbauten mit Unterkellerung und Heizung 35 bis 50 1,
„ „ Ziegelbauten mit feuersicheren Stiegen u. Dampfheizung 60 1,
„ „ Ziegelbauten, die vollkommen feuersicher und mit Central-
heizung, sowie mit aUen hygienischen Vorrichtungen versehen
sind, 75 $.
Unter den vorgeführten Objekten verdient die sechzehnklassige,
1000 Schulkinder fassende Schule in Cleveland, Ohio, besondere
Beachtung.
Die Lehrzimmer liegen hier an einem 8,60 m breiten Mittel-
raum (hall), welcher teils direkt durch Fenster an den Stimenden,
teils indirekt durch hochliegende Fenster in den Klassenwänden
443
erhellt wird. Sie haben 7,8 m Tiefe, 10,5 m Länge und 4,2 m
Hohe und sind für 60 Schfller bestimmt, die auf ElnzelsnbseDien
sitzen.
Jeder Lehrsaal besitzt einen besonderen Ankleideranm, der in
der breiten Mittelhalle angelegt ist. Diese Ankleideräame werden
durch 2,40 m hohe Holzw&nde an drei Seiten nnd durch die an-
stoisende Lehrzimmerwand an der vierten Seite begrenzt.
Zwei Doppeltreppen verbinden die Stockwerke.
Das üntergeschois wird von den Spielplätzen eingenommen;
anberdem befinden sich daselbst das Kesselhans, das Kohlendepot
nnd die beiden Abortgmppen. Die zwei Obergeschosse enthalten
je 8 Schnlzimmer nnd 2 Räume für Lehrer, bezw. Lehrmittel.
Besondere Sorgfalt wurde der Heizung und Lüftung zugewendet.
Als System kam die kombinierte Dampfluftheizung zur Ausführung,
wobei zwei grolse Kessel für die Heizperiode in Verwendung stehen
und ein kleiner Kessel ausschlielslich zum Betrieb der Ventilation
während der übrigen Jahreszeit benutzt wird. Jeder Baum hat für
die Erwärmung einen besonderen Heizkörper, der im Souterrain
angeordnet ist. Dem Heizkörper wird direkt firische AuCsenluft
zugeführt, die sich an demselben erwärmt und durch ein eisernes
Rohr nach dem betreffenden Baume strömt. Diese Warmluftrohre
sind in vier geräumigen Vertikalschächten gruppenweise zusammen-
gefa&t, und münden alle Abzugsschläuche für die verdorbene
Zimmerluft in diese VertikaLschächte. Die höhere Temperatur in
denselben, die noch durch die Bauchrohre, welche gleichfalls hier
liegen, erhöht wird, bewirkt die Absaugung der verunreinigten
Klassenluft. Die Einströmungsö&ung für die warme Luft ist dicht
unter der Decke, die Abluft;öffiiung nahe am Fufsboden, und zwar
in direkter Nähe der ersteren Öffnung, wodurch die richtige Lüftung
gefördert wird. Die Warmluftöffnungen für die Mittelhalle befinden
sich am Boden.
Die Aborte sind mit Wasserspülung und Kanalisierung versehen.
Die einzelnen Sitzräume haben bloüs Seitenwände, aber keine vorderen
Abschlnfswände mit Thüren.
Von den Verfassern wird in eingehender Weise die Notwendigkeit
der Herstellung von Normalschulplänen für die einzelnen Staaten be-
gründet. Diesen Zweck verfolgte auch ein Wettbewerb, welcher vom De-
partement of Public Instruction des Staates New York im Jahre 1887
ausgeschrieben wurde, dessen Erfolg aber nach Aussage der Autoren
kein besonderer war. Die Konkurrenz umfafste sechs Gruppen, und
zwar ein- bis vierklassige Schulgebäude im Kostenbetrage von 600,
1000, 1600, 2500, 5000 und 10000 $.
Mit Satire und Humor führen die Verfasser zum Schlüsse einige
444
abschreckende Beispiele von Schnlbanten vor, die, teilweise in jOngster
Zeit ausgeführt, znm Beweis daftr dienen, dafe der Begriff „Sdlml-
hygiene*' an vielen Orten noch Tollkommen unbekannt ist.
Ein mit guten Augen begabter Leser durfte in der Lage sein,
sich durch den klein gedruckten Text durchzuarbeiten, und, fehlt es
ihm nicht an der nötigen Geduld, auch die sachlichen Stellen toh
den geschäftlichen Rekiamenotizen zu trennen wissen. Jeder Fachmann
aber wird mit Interesse die zahlreichen Illustrationen betrachten nnd
besonders in Bezug auf Grundriüsdispositionen manches Lehrreiche
finden.
Diplomierter Architekt Kabl HiNTBÄaSB in Wien.
Mobitz WJEBNiaBR, Lehrer an der städtischen Abteilung für schwacli-
befähigte Kinder und Leiter der städtischen Heilkorse für
sprachleidende Schulkinder zu Gera. Nicht geistig, aonden
spraehUeh curflekgebliebene Kinder. Gera, 1894. KarlBaneh.
(82 S. 8^ Jü 0,60.)
Das Schriftchen ist in der wohlbegrflndeten Absicht geschrieben,
dem allgemeinen Vorurteil entgegenzutreten, nach dem Kinder,
welche spät sprechen lernen und in ihrer spradüichen Entwickelnng
zurfickbleiben, auch geistig schwach seien.
Verfasser bespricht die Terschiedenen Sprachstörungen und
Sprachhindemisse mit Sachkenntnis, wenn auch einzelne Behauptungen
nicht ganz unangefochten bleiben können. Dafs während des
Sprechens das Atmen durch den Mund, nicht durch die Nase,
wie der Autor behauptet, geschieht, davon kann . sich jeder bei
Yorurteilsfreier Betrachtung seiner redenden Mitmenschen leicht aber-
zeugen. Ebensowenig glauben wir daran, dab sich viele nur sprachlich
zurflckgebliebene Kinder in Idiotenanstalten befinden und als Idioten
behandelt werden.
GefaUen hat dem Referenten aber besonders, dab der Ver-
fasser auf die oft vorhandenen anatomischen Veränderungen
(Rachenmandelanschwellung) aufmerksam macht und die Wichtigkeit
des ärztlichen Eingreifens in dieser Hinsicht betont.
Dafs er am Schluls die Eltern auffordert, sich brieflich an ihn
zu wenden, um Aber ihre Kinder Aulschluls zu erhalten, ist dagegen
tadelnswert. Eltern schildern schon mflndlich derartige Kinder
so oft fEdsch und mit übertriebener Beschreibung ihres angeblichen
Talentes, dafs die Beantwortung eines Fragebogens mit noch viel
weniger Sicherheit ein richtiges Urteil verbürgen würde. Warum
fdgt Verfasser diesen Fragebogen seinem Schriftchen nicht bei?
Trotz dieser Ausstellungen wünschen wir dem kleinen Werke
eine recht grobe Verbreitung, weil es mannigfache, besonders
445
aach unter Ärzten verbreitete Yorarteile zerstören und vielen Eltern
ein reicher Trost sein kann.
Arzt fOr Sprachstöningen Dr. med. H. Gutzmakn
in Berlin.
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Jeitfilirifl fit ^ilinlgefnnb|ieit0|if ^^^^
VII. Jahrgang. 1894. No. 8 u. 9.
(Drtgtital-^b^aitMttnQett*
Drei Ontachten
über die Nachteile von Schiefertafel und OrifTel.
Von
k. k. Obersanitätsrat Professor der Hygiene Dr. Max Geubeb,
Professor der Augenheilkunde Dr. August Rittee von Reuss
und Docent der Augenheilkunde Dr. Leopold Königstein,
sämtlich an der Universität Wien.
I.
Gutachten
des Obersanitätsrats Professor Dr. Max Geubee.
Herrn Ludwig Jettl, städtischem Lehrer in Wien,
VI. Bezirk.
Euer Wohlgeboren 1
Ich halte Ihren Antrag, Schiefertafel und Griffel aus der
Elementarklasse zu entfernen und die Kinder sogleich mit
Tinte und Feder in Heften schreiben zu lassen, für voll-
berechtigt.
Für die Deutlichkeit des Sehens und damit für die
Leichtigkeit der Wahrnehmung von Geschriebenem kommt es
in hohem Malse auf den Helligkeitsunterschied zwischen den
Schriftzeichen und dem Untergründe an. Dieser ist grofs,
8ehtilgcfiuidheltapfl«ge VII. 29
450
wenn mit schwarzer Tinte auf weiTsem Papier geschrieben
wird, klein, wenn auf der nicht 8chwai;?en, sondem dunkel-
grauen Schiefertafel mit dem Griffel nicht weiCs, sondern grau
geschrieben wird.
Dem Kinde, das ohnehin mit der groisem Schwierigkeit
zu ringen hat, die ihm ganz neuen Sohriftzeichen zu erkennen
und zu malen, wird also die Angabe noch bedeutend er-
schwert, wenn man ihm die letztgenannten Schreibmaterialien
in die Hand gibt. Es wird trachten, möglichst groise Bilder
der zu beobachtenden Dinge auf seiner Netzhaut zu entwerfen,
daher Augen und Kopf so viel als möglich der Tafel annfihem.
Hiermit aber ist Veranlassung zu schlechter Körperhaltung und
zur Entstehung von Kurzsiohtigkeit gegeben.
n.
Aus dem Gutachten des Professors
der Augenheilkunde Dr. August Bitteb von R^uss.
Viel wichtiger als die Naturfarbe von Schieferstift und
Schiefertafel ist die, welche durch den Schieferstaub des
Griffels entsteht. Mit einem feuchten Lappen oder Schwamm
wird der Tafel zuerst ein glänzendes Aussehen gegeben, von
dem sich die frisch geschriebenen Striche nicht abheben, und
nach dem Trocknen ist häufig die ganze Tafel mit einer weiüs-
grauen Tünche überdeckt, die das Geschriebene nur mit Mühe
erkennen lälst. Dasselbe gilt mutatis mutandis von der
weiüsen Tafel. Reinlichkeit kann wohl manches von dem
Übelstande benehmen, aber bei vielen sechsjährigen Eändem
selbst aus guten Häusern fehlt es daran. Ich wUl nicht von
den schmutzigen Händen reden, welche durch das Verwischen
der Buchstaben erzeugt werden, denn diese interessieren den
Augenarzt wenig.
Der Hauptgrund, warum ich gegen die Schiefertafel bin,
aber ist folgender: Nach meiner Meinung kann ein Schuld»
der mit einem Stifte leidlich schreiben gelernt h«^, doch nicht
mit der Feder schreiben und umgekehrt. Er muJs also das
451
Schreib«]! eigentlich zweimal lernen, muTs seinen Kopf nnd
seine Angen gerade doppelt soviel anstrengen, als wenn er
das Sehreiben von vornherein mit der Feder erlernt hätte.
Gregenüber dieser Belastung des Kindes mit eiüer ganz un-
nützen Arbeit darf man doch nicht die Tintenklexe und die
schwarzen Finger ins Feld führen, die beim ersten G-ebrauch
der Tinte, oft auch noch später entstehen. Ich kenne nicht
die sonstigen Momente, die der Lehrer für den Beginn des
Schreibunterrichtes auf der Tafel geltend macht, dals sie aber
weniger schwer wiegen, als die ärztlichen Bedenken, dessen
bin ich gewüs.
m.
Gutachten des Docenten der Augenheilkunde
Dr. Leopold Königstein.
Herrn Lehrer Ludwig Jettl in Wien,
Auf Ihre Anfrage, ob in der Schule während des ersten
Schuljahres Schiefertafeln gebraucht werden sollen, oder ob
sofort die später üblichen Schreibmittel, Feder, Tinte und Papier,
zur Anwendung gelangen mögen, habe ich vom augenärztlichen
Standpunkte zu erwidern, dafs die Okulisten die Benutzung
von Schiefertafel und Griffel schon lange bekämpfen.
Genaue Untersuchungen haben ergeben, dais die Schrift mit
Griffel auf der Tafel in einer viel geringeren Distanz erkannt
wird, als diejenige mit Tinte auf Papier. Die Kinder müssen
sich daher mit ihrem Kopfe dem zu erkennenden Objekte
stärker annähern, was eine bedeutende Kontraktion ihres
Accommodationsmuskels verlangt, dtus Auge demnach rascher
ermüden laust und Veranlassung zur Erwerbung von Kurz-
siehtigkeit gibt.
Aber auch die Haltung wird durch das stärkere Vomüber-
beugen des Kopfes eine schlechte und infolge dessen die Wirbel-
säule beeinträchtigt.
Ich hoffe, dafs auch die Herren Lehrer vom pädagogischen
Standpunkte gegen die sofortige Benutzung von Tinte und
29*
452
Feder nichts Erhebliclies einzuwenden haben. Gehen Lehrer
und Ärzte einig zusammen und Icussen beide sich stets von
hygienischen Gesichtspunkten leiten, dann ist nicht zu zweifeln,
dafs die Resultate gute sein werden.
Die Staubplage in der Schule und Vorschläge
zu ihrer Beseitigung.
Aus dem hygienischen Institute der Universität Leipzig.
Von
Oswald Mbtkich,
Lehrer ao der 3. Bezirksschale in Leipzig.
Der Schulstauh ist infolge seiner Menge und Beschaffenheit
eine Plage für Lehrer und Schüler. Jedes Lehrbuch der
Hygiene enthält deshalb die Forderung, dals die Schulräume
möglichst sauber gehalten werden sollen. In welcher Weise
aber am besten eine ausreichende Reinigung derselben sich
durchführen läfst, so dab die Staubkalamität nach Kräften aus
der Welt geschaffl; wird, ist eine sehr heikle Frage, da hierbei
der Kostenpunkt eine groüse Rolle spielt.
Ich habe es nun unternommen, etwas eingehender, als
dies bisher geschehen ist, quantitativ und qualitativ den Staub,
und zwar aus einer Leipziger Volksschule zu untersuchen. Es
wurde dazu die Schule gewählt, an der ich selbst thätig bin,
die am Flofsplatz und der Hohen Strafse gelegene 3. Bezirks-
schule.
Die Schulgebäude Leipzigs werden unter Berücksichtigung
der Forderungen der Hygiene erbaut. Es sind zumeist grolse
Gebäude mit drei Stockwerken. Die Treppen sind breit und
bequem angelegt, die Gänge hoch und luftig, die Klassen*
zimmer hell und freundlich. Die Stadt scheut keine Opfer,
um den Kindern ihrer Bürger möglichst gesunde Schulräume
453
zu schaffen. Dennoch werden wir im Yerlanfe unserer Aus-
führungen sehen, daJs gerade in Beziehung auf die Staub-
frage einiges zu wünschen übrig bleibt.
Ich war in der günstigen Lage, meine Untersuchungen
im hygienischen Institute der hiesigen Universität ausführen
zu können, und fühle mich gedrungen, Herrn Geheimrat Pro-
fessor Dr. Hofmann für seine mir in liebenswürdigster Weise
gewährte Unterstützung durch Rat und That an dieser Stelle
au& angelegentlichste zu danken.
Es entsteht zunächst die Frage: Wie ist die 3. Bezirks-
schule beschaffen, und welche Mafsregeln sind getroffen, um
das Hineinschleppen von Staub und Schmutz in dieselbe
so viel als möglich einzuschränken?
Unsere Schule stammt aus dem Jahre 1872. Sie steht
nach allen Seiten hin frei. Die Haupt&ont ist nach Norden,
nach der Hohen Strafse, gerichtet, während in den zwei Flügeln
die Schulzimmer nach Westen bezw. nach Süden gelegen sind.
Das Grebäude hat fdnf Eingänge, die sämtlich als Zugänge für
die Eander dienen. Die beiden Haupteingänge liegen nach
der Hohen Strasse zu, während die drei übrigen nach dem
von den beiden Flügeln umschlossenen, mit Sand bestreuten
und mit Platanen bepflanzten Hofe führen. Durch den Eingang des
Ostflügels gelangt man nicht nur in den Hof, sondern auch zu
der durch einen kurzen, überdeckten Gang mit dem Schulgebäude
verbundenen Turnhalle. Während der östlich gelegene Haupt-
eingang für die Knaben bestimmt ist, • betreten die Mädchen durch
das westliche Hausthor die Schule. Die beiden anderen Aus-
gänge, die über steinerne Freitreppen nach dem Hofe führen,
werden in den Pausen benutzt, in denen die Schüler auf den
Schulhof gehen. Der nach Westen gerichtete Flügel steht
unmittelbar an der um den FloJsplatz führenden Strafse, die
Vorderfront hingegen weicht um 5 m zurück. Der Raum bis
zur Straise ist mit Sträuchem bepflanzt und durch ein eisernes
Gitter abgegrenzt. Die Strafsen sind mit Bruchsteinen gepflastert.
Treten wir in den Hausflur, so müssen wir über eiserne
Roste gehen, die auf muldenförmigen Yertiefangen ruhen, 1,5 m
454
lang und 0,56 m breit sind. Auch vor den naoh dem
Hofe führenden Ausgängen befinden sich solohe Roste. Damit
sie fleüsig benutzt werden, sind an Regentagen Knaben oder
Mädohen bestimmt, die keinen Mitschüler passieren lassen,
bevor er die Ftllse abgestrichen hat. Vor den beiden Auf-
gängen zur ersten Etage liegen sodann noch Abtreter ans
Lederabfällen. Sie sind 1,4 m lang, 50 cm breit und kosten
pro Quadratmeter 17 M. In jeder Etage steht endlich auf
dem Podest ein mit Sägespänen gefällter Spuoknapf. In den
Klassenzimmern dagegen fehlen Spuoknäpfe bis jetzt.
Den Kindern ist das Wegwerfen irgendwelcher Abfiüle
streng untersagt.
Trotz der vorhandenen Schutzvorrichtungen gelangt aber
viel Staub in die Schule, und wir kommen daher za der
weiteren Frage: Was geschieht, um denselben zu entfernen?
An jeder Schule ist ein y, Hausmann" angestellt, zu dessen
wichtigsten Obliegenheiten die Reinigung der Schulräome
gehört. Er und seine Familienmitglieder oder auch besondere
Kehr- und Scheuerfrauen besorgen diese Arbeit. Seitens des
Schulaussohusses ist für alle Hausmänner eine Instruktion aus-
gearbeitet worden, die das Reinigungsgeschäft regelt. Die
betreffenden Paragraphen lauten:
§ 4. Alle zu Schulzwecken bestimmten Säle und Zimmer
hat der Aufwärter mindestens zweimal, Mittwoch und Sonn-
abend, in besonderen Fällen auf Verlangen des Direktors
auch öfter. Treppen und Korridore und das Zimmer des
Direktors aber täglich sorgfältig zu kehren. Die Turnhalle
ist täglich nach Beendigung des Turnunterrichtes zu f^n und
den anderen Morgen darauf feucht auszuwischen.
Dabei ist folgendes zu beachten:
a. Um das Aufwirbeln des Staubes thunlichst zu ver-
meiden, ist beim Kehren eine reichliche Menge feuchter
Sägespäne zu verwenden.
b. Auch unter den Subsellien, welche zu diesem Zwecke
jedesmal zu heben sind, ist Schmutz und Staub sorg-
fältig wegzukehren.
455
c. Die Subsellien sind einige Standen naoli dem Kehren
der Schalzimmer mit fenchtem Lappen abzawischen,
Ofen, Schränke, Gesimse and Tafeln abzostänben.
§ 5. Der Aufw^ärter hat sämtliche Scholräame mit Ein-
schlols der Korridore and Treppen jährlich mindestens fünfmal,
in den Oster-, Pfingst-, Handstags-, Michaelis- xmd Weih-
nachtsferien, die Tnmhalle aber anter Aufsicht eines Tam-
lehrers jährlich siebenmal, and zwar aaJBer an den vorgenannten
Terminen zwischen Michaelis und Weihnachten and zwischen
Weihnachten and Ostern gründlich aaszascheaem. Hierbei
sind E^atheder and Podiam jedesmal za entfernen. Mit dem
Soheaem ist das Waschen sämtlicher Fenster and Thüren zu
verbinden. Aafserdem sind die Fenster jährlich siebenmal,
and zwar zn Ostern and Pfingsten, in den Hnndstagsferien,
zu Michaelis and za Weihnachten, zwischen Michaelis and
Weihnachten and zwischen Weihnachten and Ostern za patzen,
Schlösser and Thüren sind, so oft nötig, einzuölen.
In § 6, der von der Heizung handelt, heifst es zum
Schlufs, dafj9 der Aufwärter die Abtritte täglich zu besichtigen,
von etwaigen XTnsauberkeiten zu reinigen und wöchentlich
einmal zu scheuem hat. Die Spucknäpfe sind mindestens
einmal wöchentlich zu entleeren.
um die Art und Weise kennen zu lernen, in welcher
der Aufwärter das Kehren besorgt, habe ich im Juni und
Juli des vorigen Jahres an den Kehrtagen die mit der Reinigung
beauftragten Leute beobachtet. Sobald am Mittwoch oder
Sonnabend die Schüler die Klassen verlassen haben, beginnen
ein oder zwei Personen mit dem Auskehren. Da einzelne
Ellassen schon um zehn oder auch noch eher leer stehen, so
werden diese oft schon gereinigt, während die anderen Räume
noch besetzt sind. Nach seinem Ermessen streut der Kehrende
dabei feuchte Sägespäne in die Gänge und hin und wieder
auch unter die Bänke. Dieselben werden von der Stadt nach
Bedarf geliefert und in der 3. Bezirksschule in einem trockenen
Kellerraume aufbewahrt. Laut Haushaltplan der Stadt Leipzig
sind fiir 43 Schulen insgesamt 1075 M., für jede Schule also
456
25 M. für Sägespäne pro Jahr berechnet. Die ans Borsten
bestehenden Besen mufs der Auf Wärter selbst kaufen. Das
Stück kostet 2 M. Es erwächst ihm hieraus nach seiner
Angabe an unserer Schule eine jährliche Ausgabe von cro. 40 M«
Das Kehren selbst erfolgt in der Weise, dafe die Bänke auf
der einen Seite emporgehoben werden und der Staub unter
denselben in die Gänge gefegt wird. Bei diesem Verfahren
bleibt auf der Seite der Bank, die nicht emporgehoben wird,
immer etwas Staub liegen, da der Besen nicht dorthin gelangen
kann. Ist das Kehricht einer Klasse zusammengebracht, so
wird es auf den Yorsaal geschüttet und von dort durch den
Aufwärter in die Müllgrube des Hofes gebracht. Die Reinigung
einer Klasse durch zwei Kehrfrauen erfordert etwa zehn
Minuten. Trotz Anwendung der Sägespäne wird noch yiel
Staub durch das Kehren aufgewirbelt, der sich an Wänden,
Subsellien und natürlich auch wieder auf dem Fuisboden
niedersetzt.
Das Kehren der Korridore und Treppen ist viel leichter
zu bewerkstelligen, als das der Klassenzimmer, in denen die
Bänke eine gründliche Reinigung sehr erschweren. Es erfolgt
täglich nach SchluGs des Nachmittagsunterrichtes.
Wie grofs ist nun die Menge des Staubes, die sich von
Kehrtag zu Kehrtag in einer Klasse ansammelt?
Um diese Menge in den Klassenzimmern bestimmen za
können, wurde eine Zeit lang, vom 10. Juni bis 8. Juli 1893,
an den Kehrtagen in bestimmten Zimmern des Parterres, der
ersten und zweiten Etage ohne Anwendung von Sägespänen
der Staub zusammengekehrt und gewogen. Selbstverständlich
liefs ich stets nach dem Kehren in meiner Gegenwart gehörig
lüften. G-röfsere Papierfetzen, Brotreste u. s. w. gelangten vorher
zur Auslese. Die beobachteten Zimmer wurden sodann ausge-
messen, ihr Kubik- und Quadratinhalt berechnet, die Zahl der
Schüler festgestellt, welche dieselben besuchten, sowie die
Zeit berücksichtigt, während der sie besetzt waren. Die
Resultate dieser Arbeit sind in der folgenden Tabelle zn-
sammengestellt.
Eehrtabelle.
457
-:3
5ä
U
i^'
5«
■s ^
Mädchenkl
Ko. 88, 2.
Klasse
^6
31
i'-"
s'^-
Sg
1^
Bemerkungen
Grolse der Klasse
nach qm
62
59
62
56
62
62
55
cbm
288
206
239
204
230
230
208
Sohülerzahl
46
44
48
44
48
41
40
Wievielmal kom-
men die Schüler?
a) bis Mittwoch
6 X
4 X
4 X
3 X
4 X
5 X
5 X
b) bis Sonnabend
8 X
4 X
3 X
4 X
4 X
4 X
4 X
Wie lange sind sie
in der Klasse?
a) yon Montag bis
Mittwoch
10 8U.
10 SU.
lOSid.
12Std.
13 8td.
16Std.
15 Std.
b) vonDonnerstag
bis Sonnabend
12 „
11 ,,
12 „
14 „
15 „
13 „
13 „
Kehrichtmengen
in g(lafitrocken)
Sonnabend, 10. 6.
-^
_
127
258*
117
80**
236*
* Mit Säge.
1.— 3. Tag
Spänen gekehrt
n. daher ausser
Berechnung
gelassen.
** Flflchtig
trocken ge-
kehrt.
Mittwoch, 14. 6.
860
167
475
385
330
350
225
Dienstag Oe-
4.-6. Tag
Sonnabend, 17. 6.
—
70
115
90
110
82
110
Donnerstag
7. 8. Tag
schulfrei.
Mittwoch, 21. 6.
— —
82
175
98
105
150
70
Sehr trooken
9.— 11. Tag
und windig.
Mittwoch, 28. 6.
413
170
340
365
268
385
170
Freitag und
12.--16. Tag
Sonnabend
sohulftrei.
Sonnabend, 1. 7.
230
264
819
325
270
270
220
Sehr trooken.
16.—18. Tag
Mittwoch, 5. 7.
180
165
—
140
106
160
110
19.— 21. Tag
Sonnabend, 8. 7.
87
95
140
170
83
100
85
Sehr trocken.
22.-24. Tag
Zimmer No. 10
Bu flüchtig ge-
kehrt.
Summa
1220
1013
1691
1573
1389
15771
990
in 16
in 21
in 21
in 21
in 24
in 24
in 21
Tgn.
Tgn.
Tgn.
Tgn.
Tgn.
Tgn.
Tgn.
Im Mittel pro Tag
76
49
80
75
58
66
43
458
Als mittleres Qnantam ergab sich ans dem achtmaligen
Kehren von Kehrtag zu Kehrtag 191 g Kehrieht auf die
Klasse. Die Zeit, in der beobachtet wnrde, zeichnete sicli
dnroh grolse Trockenheit ans, war also insofern sehr günstig,
als eine möglichst geringe Menge Sohmntz in die Schnle gebracht
wurde. Sobald die Stralsen infolge eines Gewitterregens nals
geworden waren, stieg die Kehrichtmenge ganz bedeutend, so
dafs dann im Mittel 327 g Staub auf die Klasse kamen. (Siehe in
der Tabelle 4. — 6. Tag.) Berechnet man die durchschnittliche
Schmutz- und Staubmenge, die von einem Schüler in die
Klasse hineingetragen wurde, so ergibt sich 4,1 g innerhalb
3 Tagen oder pro Tag 1,4 g. Auf das Quadratmeter kommen
durchschnittlich 3,21 g von Kehrtag zu Kehrtag oder 1,07 g
pro Tag.
Die Menge des Staubes und Schmutzes läCst sich bei der
angewendeten Methode des Kehrens nicht genau bestimmen.
Es gelingt dem Kehrenden, der die zweisitzigen Bänke aufkippt,
wie bereits erwähnt wurde, nur unvollkommen, den Staob
unter denselben zu entfernen. Viel besser wäre es, wenn die
Subsellien jedesmal vom Platze gehoben würden. Ich habe
mehrfach nach dem Kehren mittelst der zuerst angewendeten
Methode nochmals gekehrt, aber die Bänke abheben lassen.
Jedesmal ergab sich, dafs sich noch 25 bis 30 g Staub unter
denselben bequem zusammenfegen lieisen.
Ein Versuch, auch den in der Luft befindlichen Staub
seinem Gewichte nach zu bestimmen, unterblieb. Ein unge-
fähres Bild über die Quantität desselben erhält man, wenn
man von Kehrtag zu Kehrtag mit Wasser gefüllte Schüsseln
aufstellt. In dem Wasser ist teils schwebend, teils schwimmend,
teils zu Boden gesunken der auf die entsprechende Quadrat-
fläche niedergefallene Staub wahrzunehmen.
Der am Fufsboden gesammelte Staub setzt sich zusammen
aus organischen und anorganischen Stofien. Dm zu bestimmen,
wieviel yon jeder Art vorhanden sei, wurden mehrere Glüh-
versuche angestellt. Die gröfseren Bestandteile, wie Läppchen,
Papierstücke, Brotreste u. s. w., waren vorher entfernt, ßöi
459
swei BeetiiDmungen, die mit lufttrockenem Staub vom 14. Juni
gQS Zimmer No. 16 vorgenommen wurden, ergab sich:
Probe I. Probe IL
Staub 8,397 g 2,684 g
Glühyerlust 4,382 „ 1,429 „
Asche 47,69% 44,697o.
Die anorganiscben Bestandteile setzen sich zumeist zu-
sammen aus Sandkömohen, die von der Straise oder vom Hofe
her in die Zimmer gelangen, aus feinem Strafsenstaub, sowie
ans Partikeln von Stahlfedern, Nadeln, aus kleinsten Teilen
YOQ Ejreide u. dergl. Die organischen Staubteile bestehen aus
Fasern der Kleider, aus Papierfiragmenten, Frühstücksresten,
Pflanzenteilen, Haaren, Hautschuppen und ähnlichen Dingen.
Da alle diese organischen Stoffe längere Zeit, nämlich bis
zu drei oder vier Tagen, im Schulzimmer verweilen, da sie
infolgedessen trocken und durch die Fülse der Schüler und
Lehrer recht felQ zerrieben werden, so ist es begreiflich, dafs
der ganze Unrat äuiserst beweglich wird und dafs ein leichter
Luftzug, Ortsveränderungen der Schüler und des Lehrers schon
eme Staubwolke hervorzurufen im stände sind.
Der organische wie der anorgamsohe Staub wird nun zum
Trfiger einer gewaltigen Anzahl der verschiedensten Mikro-
organismen. Von der Straise her kommen, durch die Fülse
herbeigetragen, zahlreiche Pilzsporen, sowie Bakterien und
Kokken. Auch die Keime, welche in den Wohnungen der
Kinder zufällig vorhanden sind, werden mit den Kleidern in
die Schule gebracht. Jedem Lehrer filUt es ferner auf, wie
häufig Schüler mit schlecht verbundenen, eiternden G-eschwüren
oder mit offenen Wunden die Schule besuchen und so zur
Vermehrung der Mikroorgauismen beitragen. Diese Fälle
treten aber in den Hintergrund gegenüber den Keimmengen,
welche aus der Mundhöhle, beziehungsweise aus der Lunge
von Schülern und Lehrern in die Schule gelangen. Bekannt
ist, wie zahlreiche pathogene Keime in der Mundhöhle ganz
460
gesunder Personen vorkommen, die sich natürlich im Schal-
staube vorfinden müssen, zumal wenn in den Klassensdmmem
Spucknäpfe fehlen. Es kann auch nicht auffallen, dals Kinder
mit Husten, der sogar den Unterricht zu stören geeignet ist,
eine reiche Aussaat virulenter Keime bewirken.
Eine grofee Anzahl der im Schulstaub befindlichen Keime
stirbt bald ab, da ja ihre Lebensdauer nicht unbeschränkt ist
Es hat für uns daher Interesse zu sehen, wie häufig die
lebensfähigen Keime desselben sind. Zu diesem Zwecke
wurden einerseits die in der Luft schwebenden Staubteile auf-
gefangen und auf ihren Keimgehalt untersucht, andrerseits die
Mengen der im Staub des Fuiüsbodens sich findenden Mikro-
organismen bestimmt und drittens der feine Staub, der sich
infolge von Luftbewegungen beim Kehren und aus anderen
Ursachen fortgesetzt auf den Subsellien niederläfst, ebenfalls
auf die Keimmenge geprüft.
Da es bei der Bestimmung des Keimgehaltes der Luft in
den Klassenzimmern weniger auf die absolute Menge der
Keime im Kubikmeter cmkam, als vielmehr darauf, möglichst
rasch und ohne irgendwie den Fortgang des Unterrichts zn
stören, ein Bild über den relativen Keimgehalt zu erhalten,
so kam weder die HESSBsche Methode zur Anwendung, noch die
Methode Petbis (Sandfilter). Beide Methoden sind mit greisen
Umständlichkeiten verbunden. Auiserdem ermöglichen sie auch
nicht, die absolute Keimmenge der Luft sicher zu ermitteln,
denn es wird ja immer nur die Anzahl von Staubpartikeln,
welche Träger von lebens&higen Keimen sind und welche bei
einer bestimmten Temperatur auf einem bestimmten Nährboden
wachsen, gefunden. Ich exponierte vielmehr einfach die be-
kannten SALOMONSENschen Doppelschälchen eine bestimmte
Zeitlang im Zimmer. Bei der reichlich vorhandenen Staab-
menge war auf diese Weise am leichtesten ein Bild von dem
Keimgehalt der Luft des Schulzimmers zu erhalten. Die
Schälchen haben eine Oberfläche von 63 qcm. Als Nähr-
boden wurde Fleischwasserpepton mit 5% Leimzusatz und
neutralisiert verwendet.
461
Bereits im Jahre 1892 waren die ersten Versuche von
mir angestellt worden. Herr Dr. Flaut hatte die Liebens*
Würdigkeit, für die Durchführung derselben sein Laboratorium
zur Verfügung zu stellen. Zur Aufstellung gelangten kreis-
runde Doppelschälchen von 63 qcm Oberfläche. Dieselben
wurden mit sterilisiertem Fleischwasserpepton, dem 10% Leim
zugesetzt war, beschickt.
Der erste Versuch fand am 27. Juni 1892 statt. 4 Platten
wurden in 4 Lehrzimmem je 5 Minuten lang in der Pause
zwischen den Unterrichtsstunden exponiert. Die Kinder blieben
in der Klasse.
Nach 72 Stunden entwickelten sich bei Zimmertemperatur
auf Platte 1 158 Kolonien,
„ „ 2 78 „ (Die Gelatine war etwas eingetrocknet.)
r, „ 3 130 „
„ « 4 130 „ .
Zur Entwickelung gelangten nur Bakterien und Kokken.
Platten, die 5 Minuten lang in meinem Wohnzimmer,
sowie im Schlafzimmer und im Laboratorium des Dr. Plaut
aufgestellt wurden, ergaben folgendes Resultat:
Nach 72 Stunden bei Zimmertemperatur fanden sich
auf der 1. Platte im Wohnzimmer 5 Keime,
„ „ 2. ^ ^ Schlafzimmer 1 „
„ „ 3. ^ „ Laboratorium 6 ^ .
Bei den Versuchen im Sommer 1893 handelte es sich
zunächst darum, die günstigste Expositionsdauer für die Platten
zu ermitteln. Zu dem Zwecke wurden 6 im hygienischen
Institute sterilisierte Schalen in Glasbüchsen auf sterilisiertem
Blechgestell am 5. Juni in die Schule gebracht und in dem
im Parterre gelegenen Physikzimmer um 10 Uhr aufgestellt.
3 Platten standen 5, 2 andere 10 und die letzte 15 Minuten
lang. Die Deckel wurden bei allen Versuchen während der
Expositionsdauer in der Büchse auf dem Gestell aufbewahrt.
Die Beobachtung erstreckte sich auf 2—4 Tage, die Ent-
Wickelung fand bei Zimmertemperatur statt, über das Er-
gebnis gibt die umstehende Tabelle Aufschlufs:
462
Ptott«
Expositioniseit
in Minnten
Kolonien
nach 2 Tagen
Kolonion
nach 8 Tagen
1
5
39
90
2
5
38
102
3
5
39
— , verflilsaigt
4
10
46
D
5
10
60
77
6
16
87
178,z.T.verflflÄrigi
Als günstigste Zeitdauer der Aufstellang sind demnadi
5 Minnten anzunehmen, da bei einer längeren Zeit die rasek
wachsenden verflüssigenden Kolonien die Platten verderben. Atis
dem Versuche ergibt sich weiter, dals auch schon bei den Pbtten,
die nur 5 Minuten aufgestellt waren, die Beobachtung höchstens
auf 3-~4 Tage ausgedehnt werden darf. Da aber erwiesen
ist, daJs auch nach dieser Zeit noch Keime sich zu Kolonien
entwickeln, so folgt, dais in Wirklichkeit die Summe der auf
die Platte gesunkenen Keime eine wesentlich höhere sein muls,
als sich aus den entwickelten Kolonien ersehen Iftfst. Eine
noch kürzere Zeit als 5 Minuten zu wählen, erscheint deshalb
nicht angezeigt, weil dann die Zeit^ die den Keimen zum Ab-
setzen gelassen ist, nicht hinreicht, um aus der über der Schale
befindlichen Luftsäule möglichst viele derselben au&ufangen.
Am 6. Juli wurde der Versuch in dem Zimmer der im
Parterre gelegenen IIa Knabenklasse wiederholt, um zu sehen,
ob sich hier dieselben Resultate ergeben würden. Es gelangten
wieder 6 Platten zur Aufstellung, je 2 derselben 5, 10 und
20 Minuten lang. Nach 48 Stunden hatten sich entwickelt anf
Platte 1 mit 5 Minuten Expositionszeit 35 Kolonien,
77 87 „
57 „
61 „
100 ,
118 „ .
Die Zahl der verflüssigenden Kolonien betrug durch-
schnittlich 10%. Die Übereinstimmung zwischen beiden Ver-
suchen ist sehr grofs.
2
r, 5
3
. 10
4
„ 10
5
n 20
6
- 20
77 ^ 77 -^ 77
46S
Weiter wurden Experimente angestellt, die darthun sollten,
ob die Keimmenge an yersckiedenen Stellen eines Zimmers
wesentlich yersclxieden sei, denn bei den vorher beschriebenen
Versuchen waren die Platten horizootal auf einer xmd derselben
Bank an%estellt. Es kamen 6 Platten in Mädchenklasse IIa,
3. Etage, von 7,55 — 8 ühr auf verschiedenen Bänken zur
Exposition. Die Fenster blieben, wie bei allen Versuchen,
geschlossen. Als Zimmertemperatur ergab sich 25^. Die Bänke,
auf welche die Platten gestellt wurden, waren zur Zeit des
Versuches unbesetzt. Dabei wurde folgendes beobachtet:
Nach
KaAh
Nach
Ort, wo lieh die FUttten befimdMi
24 Stimdeii
48 Stunden
72 Standen
Platte 1, vordere Banic, Fensierreihe
7 Eolunien
28 Kolonien
37 Kolonien
» *> »
»»
Mittelreihe
5 „
verflässigt
~" n
„ 8, vierte
»
Fensterreihe
ß «
22 Kolonien,
zum Teil
verflüssigt
verflüssigt
„ 4, hintere
»
Mittelreihe
5 r,
17 Kolonien,
32 Kolonien
„ b, dritte
n
Thürreihe
3 „
28 „
36 „
„ 6, hintere
n
Fensterreihe
6 „
22 „
28 „ .
Hin wesentlicher Unterschied in der Keimmenge herrscht
also an verschiedenen Orten eines und desselben Zimmers
nicht» da bereits auf einer so kleinen Mäche, wie 63 qcm, die
Zahl der Kulturen recht gleichmälsig erscheint.
Durch einen weiteren Versuch sollte ermittelt werden,
wie grofs die Keimzahl zu Beginn, während der Dauer und
am Schlüsse des Unterrichts sei. 3 Platten wurden daher am
10. Juni 1893 in Schulzinuner No. 3 und 2 in Zimmer No. 6 je
5 Minuten lang exponiert. Die Zimmertemperatur betrug 23^.
Das Resultat ist aus der Tabelle auf Seite 464 ersichtlich.
Der Schulstaub enthält demnach, soweit er in der Luft
suspendiert ist, eine sehr grofse Menge von Keimen. Die
Anzahl derselben nimmt während des Unterrichts zu, ist aber
schon zu Anfang desselben eine hohe. Am gröisten jedoch
464
erscheint sie, sobald die Schüler die Klasse verlassen, nnd während
der Pansen, offenbar, weil dann sehr viel Stanb anfgewirbelt wird.'
Zeit und Ort
der Anfstellimg
Nach
48 Stunden
entwickelt
Nach
72 Standen
Kaeh
96 StondcD
Zimmer No. 3.
(I. Mädchenklasse)
1. Platte, 7—7,5 Uhr, Beginn
des Unterrichts
2. Platte, 8,8—8,13 Uhr,
Unterricht
3. Platte, 8,68—8,58 Uhr,
Panse, Schülerinnen im
Hausflur
Zimmer No. 6.
(Enabenklasse IIa)
4. Platte, 9,49—9,54 Uhr,
Unterricht
5. Platte, 11-11,5 Uhr,
beimVeriassen des Zimmers
20 Kolonien
19
45
>»
t»
73 Kolonien,
darunter 12 Pilze
103 Kolonien,
darunter 8 Pilze
118 Kolonien,
darunter 5 Pilze
17
60
»>
}}
76 Kolonien,
darunter 1 Pilz
124 Kolonien,
darunter 3 Pilze
Die milcrotkoplsche
Untersnchnng: er-
gibt 117 Kolonien
Kokken nnd nur
2 Kolonien Stäb-
chen.
94 Kolonien
127
140 „
«
)}
ineinander
geflossen
— Kolonie
ineinander
Durchschnittlich pro qcm
50 Kolonien
160 Kolonien
200 Kolonien.
Zn demselben Ergebnisse kam auch Hesse ^ bei Versuchen
in einer Berliner Gemeindeschule. Er fand in 2 1 Luft
vor dem Unterricht 4 Keime,
während des Unterrichts 33 „
nach dem Unterricht 70 „
Die zur Entwickelung gelangenden Organismen sind zu-
meist Bakterien; die Pilze erscheinen sehr in der Minderheit,
wie dies auch Hesse angibt.
* Vergl. diese Zeitschrift, 1888, No. 11, S. 403.
* W. Hesse, Über quantitative Bestimmung der in der
Luft enthaltenen Mikroorganismen. Mitteilungen aus demKaiserl
Gesundheitsamt, 1884, Bd. II.
465
Es kam femer darauf an, zu erfahren, wie groüs der
Eeimgehalt des Bodenstaubes sei.
Das zur Untersuchung gelangende Material wurde dem in
einzelnen Klassenzimmern durch Zusammenkehren gesammelten
und in Glasbüchsen aufbewahrten lufttrockenen Staube ent-
nommen. Ich bestimmte zunächst durch mehrfache Versuche
das Gewicht der durch eine geglühte Flatinöse festgehaltenen
Staubmenge. Dasselbe betrug im Durchschnitt 1 mg. Hierauf
wurde eine Öse voll Staub in 5 ccm sterilisiertes Wasser gebracht,
dnrch Schütteln in einem sterilisierten Tropfglase verteilt und
hienron 1 ccm mit verflüssigter Gelatine zur Platte ausgebreitet.
Das Ergebnis war nachstehendes:
Nach 48 Stunden fanden sich 234 Kolonien, davon 12
die Gelatine verflüssigende und 1 Schimmelpilz. Die gröfste
Zahl der Kolonien bestand aus Kokken. Nach 72 Stunden
war alles verflüssigt.
Auf 1 g Staub kamen 1 170000 Keime.
Nachdem der Versuch ergeben hatte, dafs die Keimzahl
für unsere Nährböden eine zu groüse sei, wurde beim zweiten
Versuche 1 mg lufttrockner Staub aus Zimmer No. 10 vom
28. Juni in 250 g sterilisiertes Wasser gebracht imd um-
geschüttelt, hierauf ein Teil der Mischung in ein sterilisiertes
Trop^las gegossen und schlieüslich 6 Platten mit einer je
3 Tropfen ä 0,072 ccm der Mischung enthaltenden Gelatine
beschickt. Als Gelatinerückstand im Reagensglase kamen 5 %
zur Berechnung.
Nach 48 Stunden hatten sich entwickelt
auf der 1. Platte 342 Kolonien, die Platte zum Teil verflüssigt.
» 2.
n
404
r?
„ 3.
T)
381
75
» 4.
n
357
7J
r, 5.
n
451
n
« 6.
7»
365
7J
Zusammen 2300 Kolonien in 1,296 com, oder in 1 g Staub
447 562 Keime.
8«hB]f Miindli«ltapfleg« VU. 30
466
Da sich bei diesem Versuolie die Platten aucli nur 48
Standen unverflüssigt hielten, so stellte ich beim folgenden
VeTSuche am 5. Juli znnächst die Mischung in gleicher Weise
wie vorher, nnd zwar mit Staub ans Zimmer No. 16 her. Sodann
wurden 5 Platten mit nnr je 1 Tropfen zu 0,077 ocm imd
1 Platte mit 2 Tropfen beschickt.
Nach 48 Stunden zeigten sich
auf der 1. Platte 444 Kolonien,
n
2. „ 518
1)
3. „ 526
n
4. „ 504
n
5. „ 496
n
6. „ 1261
n
(2 Tropfen.)
L Staub waren
also
durchschnitÜich
In einem Gram
1824375 Keime enthalten.
Diese beiden Versuche lassen bereits erkennen, dals der
Keimgehalt des Bodenstaubes sehr schwankend ist. Es rfihit
das, wie leicht ersichtlich, von der gröDaeren oder geringeren
Menge mineralischer Beimengungen her. Länger als 48 Stunden
lieüsen sich auch diesmal die Platten nicht beobachten, d»
nach dieser Zeit die Verflüssigung mit rapider Schnelligkeit
vor sich ging.
Von den weiteren Versuchen sei einer hervorgehoben, bei
dem es gelang, eine Zählung der verflüssigenden Kolonien
vorzunehmen. *
Am 12. Juli wurden 0,5 g Staub aus Zimmer No. 16 in
250 com physiologische Kochsalzlösung gebracht, 6 Platten
mit je 1 Tropfen zu 0,077 com und 6 andere mit je 1 Tropfen
zu 0,072 com beschickt.
Nach 48 Stunden hatten sich entwickelt
auf der 1. Platte mit 0,072 ccmMischnng 149 Kolon., davon 41 verfloBOgezid,
„ „ 2. „ „ 0,072 „ „ 113 „ „26
„ „ 3. „ „ 0,072 „ „ 146 „ „ 27 „
„ „ 4. „ „ 0,072 „ „ 109 „ „27
„ „ 5. „ „ 0,072 „ „ 105 „ „ 28
„ „ 6. „ „ 0,072 „ „ 161 „ „15
„ „ 7. „ „ 0,077 „ „ 112 „ „20
467
auf der 8. Platte mit 0,077 ccmMiachmig 122 Kolon., davon 12Terfla88ig«nd,
» n "•
»
n 0,077
»
w
116
n
» 18
, n 10.
n
, 0,077
n
n
135
r*
« 16
, ,11.
»
„ 0,077
n
n
190
>»
» 8
n » 12.
»
« 0,077
n
n
—
»
yerflÜBsigrt.
n
n
Ein Gramm Staub enthielt demnach 940275 Keime.
Da infolge der beginnenden Sommerferien eine Unter,
breohong der Stanbnntersnohungen eintreten mniste, so wnrde
eine weitergehende Verdünnung nicht vorgenommen. Die
Versuche thun aber zur Q-enttge kund, wie grofs die Menge der
Mikroorganismen im Schulstaube ist. Nehmen wir als mittlere
Eeimmenge pro Grramm Staub nur 1 Million an, so ergibt
sich, dais mit den 60 — 70 Gramm Staub, die durchschnittlich
jeden Tag in ein Schulzimmer gelangen, 60 — 70 Millionen
Keime eingeschleppt werden.
Eine ganz besondere Beachtung verdient noch der feine
Staub, der sich durch das Kehren, durch lebhaftere Bewe-
gungen der Schüler und Lehrer, durch das Abstäuben der
Subsellien in die Luft erhebt, um dann bald wieder auf Tische
und Bänke niederzusinken. Er setzt sich an Kleider, Gesicht
und Hände fest und kann am ehesten die direkte Ursache
einer Infektion werden, sobald er schädliche Mikroorganismen
enthält. Um daher die in ihm enthaltene Keimmenge zu
bestimmen, wurden am 13. September 55 mg Staub in einem
geglühten Platinschälchen gewogen, in 100 ccm physiologische
Kochsalzlösung gethan und 10 Minuten lang geschüttelt. Von
dieser Mischung brachte ich 10 ccm mit sterilisierter Pipette
in ein sterilisiertes Tropfglas und beschickte 9 Platten mit je
einem Tropfen zu 0,072 ccm.
Nach 48 Stunden zählte ich auf
Platte 1 112 Kolonien,
» 2 174 „
« 3 177 „
„ 4 112 „ ein Teil der Platte durch Kondens-
Wasser verwaschen.
5 141
6 92
Tf
30*
468
Platte 7 — Kolonien, durcli Kondenswasser verdorben,
„ 8 131 „ wie Platte 4,
9 — „ wie Platte 7.
Nach 72 Stunden war das Ergebnis folgendes:
Platte 1, 4, 6 überwuchert,
„ 2 192 Kolonien,
n 3 183
„ 4 152 „ .
Auf das Gramm ergibt sich also die sehr hohe Zahl yon
4354635 Keimen. Hierzu ist noch zu bemerken, dals auf
allen Platten die Anzahl der Pilze überwog.. Es fanden sich
durchschnittlich 60 7o Schimmelpilzkolonien auf jeder derselben.
Nicht minder wichtig dürfte es sein, darauf hinzuweisen/
dals der Luftstaub und die in ihm enthaltenen Keime keines-
wegs nur auf die Luftwege von schädlichem Einfluls sind,
sondern, wie auch Professor Sghbodt-Bjmpleb' betont, zugleich
der Bindehaut des Auges nachteilig werden.
Da die gegenwärtige Art der Reinigung unserer Schulen
nicht genügt, die Staubkalamitftt zu beseitigen, und da man
in Lehrerkreisen wohl einstimmig der Meinung ist, dals
Besserungen sehr wünschenswert seien, so handelt es sich
darum: Welche Malisregeln sind zu trefiFen, um zunächst die
Ansammlung von Staub in den Schulräumen so viel als
möglich zu verhindern?
Ein grolser Teil desselben gelangt von der Stralse and
vom Hofe her in die Schule. Dals die bessere oder schlechtere
Beschaffenheit des Strafsenpflasters hierbei eine grofse Bolle
spielt, ist ja selbstverständlich. Die zur Beseitigung dieser
Art Schmutz vorhandenen Ejratzeisen genügen allein nicht
Beobachtungen ergaben, dals sich innerhalb 14 Tagen, von
denen 6 Regentage waren, unter einem solchen Bost 3,5 kg
Schmutz angesammelt hatten. Dieser war von etwa 600
Kindern, die täglich ein- bis zweimal zur Schule kamen,
abgestrichen worden. Auf den Tag kommen also 50 g, auf
* Graefes Archw, 1889, Bd. XXV, Abt. 4, S. 249 ff.
469
das Eind täglich 0,08 g. Es wird doroh die erwähnte Ein-
richtuig nur der gröbste Schmatz teilweise entfernt, die feineren
Teile desselben breiten sich auf den Unebenheiten der Stiefel-
sohlen ans. Znr Beseitigung der letzteren Art von Unreinlich-
keit dienen meist Abtreter ans Lederab&llen, noch häufiger
Stroh-, Binsen- oder Kokosmatten. Sehr unpraktisch, wenn
auch sehr haltbar sind die erstgenannten. Bei trockenem Wetter
eifolgt auf dem harten Leder nur eine Zerreibung, aber keine
Entfernung der Staubteilchen, bei Nässe dagegen verschmieren
sich die Öfi&iungen der Abtreter, und ihr Nutzen ist ebenfalls
gleich Null. Viel zweckentsprechender sind die Strohmatten.
Ist ihre Haltbarkeit auch keine groJse, so sind sie dafür
wesentlich billiger, als die Abtreter aus Leder, und eine öftere
Erneuerung muJGs bei einer Matte eher als vorteilhafit gelten.
Am praktischten erweisen sich jedenfalls die Kokosmatten.
Sie sind sehr dauerhaft, kosten beträchtlich weniger, als die
Lederabtreter — die erste Qualität 10 M. pro Quadratmeter —
und entfernen auch die feineren Staubteile am gründlichsten.
Selbstyerständlich darf es ihnen an einer gentLgenden Gröfse
nicht fehlen. Jedes Kind soll sie betreten, sie müssen also
mehrere Quadratmeter grois sein und dürfen nicht schmale
Streifen bilden, über welche die Schüler Springübungen anstellen.
Eine arge Quelle des Staubes ist der Schulhof. Zwar
wird derselbe bei trockenem Wetter besprengt, aber dennoch
wirbeln die Schüler in der Pause ganze Wolken Staub auf,
so daÜB es als zweifelhafter Genufs erscheint, auf demselben zu
promenieren und dabei das Frühstück zu yerzehren. Wenn
man erwägt, dafs in Leipzig sogar Straisen und Fuiswege mit
geringem Verkehr gepflasert werden müssen, so dürfte wohl
der Vorschlag, die Schulhöfe ebenfalls zu pflastern, Beachtung
yerdienen. Bewegen sich doch beispielsweise auf unserem
1500 qm groJsen Hofe 1000 — 1200 Kinder in den Pausen.
Sehr geeignet für die Pflasterung sind jedenfalls Thonplatten.
Übrigens ist das Verlangen nach gepflasterten Schulhöfen nicht
Ben. HAkonson-Hansen ^ stellte diese Forderung vor einigen
^ 8. diese Zeitschrift, 1890, No. 11, S. 645.
470
Jahren auch für norwegische Schulen. Als ein wesenÜioher
Vorzug derart befestigter Sohulhöfe muis noch die MOgUchkeit
ihrer leichteren Reinigung hervorgehoben werden.
Wird so alles gethan, um den Straisenstaub von den
Schulräumen fernzuhalten, so ist natürlich weiter erforderlich,
dais die Schüler fortgesetzt zur gröfstmöglichen ReinhaltuBg
ihres Körpers und ihrer Kleidung angehalten werden. Sehr
Yorteilhaft ist es auch, wenn die Oberkleider der Kinder nicht
mit im Klassenzimmer aufbewahrt werden, sondern wenn
hierfür besondere Räume auiserhalb desselben Torhanden sind.
Da sich anderwärts diese Malsregel als zweckmälsig erwiesen
hat, so dürfte es sich empfehlen, dafis man auch in Leipzig
bei Anlegung von neuen Schulen derselben Rechnung trüge.
Bestimmt doch auch § 13 der ministeriellen Verordnung vom
3. April 1873, die Anlage von Schulgebäuden betreffend, dals
sich in jedem derselben die erforderlichen Räumlichkeiten zum
Aufbewahren der Kopf bedeckungen u. s. w. aufs er den Schul-
zimmern befinden sollen.
Weil aber die Ansammlung von Staub trotz der pein-
lichsten Vorbeugungsma®eln nie gänzlich zu verhindern
sein wird, so fragt es sich weiter, welche Maisnahmen zn
treffen sind, um den angehäuften Staub aus der Schule gründlich
zu entfernen.
Da die Dnterrichtsanstalten die erzieherische Aufgabe haben,
die Schüler an Reinlichkeit zu gewöhnen, und da dies am
wirksamsten durch das gute Beispiel geschieht, so ist es schon
aus diesem G-runde notwendig, dals das Schulzimmer, in welchem
40 — 50 Kinder täglich 4 — 6 Stunden sich aufhalten, hierin wie
eine Wohnstube behandelt wird. In jeder auf Reinlichkeit
haltenden Familie gilt es aber für selbstverständlich, dals das
Wohnzimmer täglich gekehrt oder je nach der Beschaffenheit
des Fufsbodens auch feucht aufgenommen wird. Die Forderung,
dalis die Schulstube täglich gereinigt werde, ist also schon
aus pädagogischen Gründen immer und immer wieder zn
stellen. Die oben citierte Verordnung vom 3. April 1873
bestimmt denn auch: „Schulzimmer, Treppen und Gänge sollen
471
in der Begel täglich von Staub und Schmutz sorgfältig ge-
reinigt werden.**
Das Kehren selbst erfolgt nach meinen Erfedimngen am
besten so, dais durch die Kehrenden, deren immer zwei ein
Zimmer zu reinigen haben, zunächst in genügender Menge
Sägespäne gestreut werden, welche vor der Benutzung mit
etwa gleichen Teilen Wasser zu befeuchten sind. In G-egenden,
in denen sich Torflager befinden, dürfte es sich sehr empfehlen,
anstatt der Sägespäne Torfmull zu verwenden, da dieser viel
mehr Wasser bindet als jene imd infolge seiner braunen Farbe
leichter zu kontrollieren gestattet, ob die Kehrenden ihre Arbeit
gründlich besorgt haben, oder nicht. Wiederholte Versuche
ergaben, dals man dabei am besten drei Gewichtsteile Wasser
nnd einen Gkwichtsteil Mull nimmt. Für 100 qm zu kehrende
Fläche sind 500 g trockener Torfmull nötig. Eine Leipziger
Schule erfordert also pro Kehrtag 14 — 15 kg Mull. Da
10000 kg desselben franko Leipzig 275 M. kosten, so würde
sieb pro Kehrtag eine Ausgabe von 40 Pf. ergeben.
Sägespäne werden jetzt, wie erwähnt, pro Schule durch-
schnittlich für 25 M. jährlich verbraucht; auf den Kehrtag
berechnet, belaufen sich also die Ausgaben hierfür auf 28 Pf.
Ein Hauptaugenmerk ist darauf zu richten, dals die Teile
des Fulsbodens unter der Bank, namentlich unter den Tritt-
brettern, gehörig mit abgekehrt werden. So nützlich diese
für die Füise der Kinder sein mögen, so sehr erschweren sie
eme gründliche Reinigung. Das Abwischen mit feuchten,
nicht nassen Lappen hat ebenfalls möglichst sorgfältig zu
geschehen, und zwar ist damit IV* bis 2 Stunden nach dem
Kehren zu beginnen, da sich bis zu dieser Zeit auch die
feineren Staubteilchen zu Boden gesenkt haben. Von Wichtig-
keit ist weiter ein öfteres Abstäuben der Wände. Wenn auf
dem Staub derselben Schreibübungen gemacht werden können,
wie es jetzt der Fall zu sein pflegt, so ist damit verständlich
genug gesagt, dafs eine Säuberung der Wände notwendig
erscheint.
Die gründlichste Entfernung von Staub und Schmutz
472
geschieht natürlich durch Scheuem und Waschen, und es
dürfte sich deshalb empfehlen, da ja das ganze Schulgeb&ude
wegen seiner Gröise nicht wöchentlich gescheuert werden kann,
wenigstens jeden Mittwoch und Sonnabend nachmittags einige
Zimmer zu scheuem, so dafs die Schule etwa jeden Monat
einmal auf diese Weise gereinigt würde. Man erreichte dann
das, was die neue Breslauer Reinigungsordnung für Schulen,
die leider noch der Einführung harrt, yerlangt: ^Allmonatlich
einmal sind die Fulsböden der Schulzimmer zu scheuem und
die Wände, ihrem Anstrich entsprechend, entweder trocken
oder feucht abzuwischen.^
Daus die Beschaffenheit des Fufsbodens auf die Reinigung
desselben einen gewissen Einfluis ausübt, dafs sich ein glatter,
geölter oder gestrichener Fufsboden besser reinigen läist, als
ein ungestrichener, braucht nicht erst hervorgehoben zu werden.
Die Art seiner Herstellung ändert aber an der Fordemng der
täglichen Reinigung nichts.
Ohne Zweifel ist jede Behörde und auch unsere Stadtr
Verwaltung im Princip damit einverstanden, dafs eine gründliche
Reinigung der Schulräume öfter als bisher stattfinden muTs. Man
scheut aber, wie wir es an Breslau sehen, die dadurch entstehenden
Kosten. Dieselben sind aber in Wirklichkeit durchaus keine
hohen. Sie belaufen sich nämlich jetzt pro Leipziger Schulkind
auf netto 75 Ff. jährlich. Würde man sich nun entschlieisen, der
ausgesprochenen Forderung der täglichen Reinigung Rechnung zu
tragen, so würde sich die Ausgabe pro Kind nur wenig erhöhen.
Da die oben angeführte Instruktion für Hausmänner bestinnnt,
dais alle Säle und Zimmer wöchentlich mindestens zweimal,
in besonderen Fällen auf Verlangen des Direktors auch öfter
zu kehren sind, so könnte schon ohne weiteres eine häufigere
Reinigung angeordnet werden. Es würde aber den flans-
männem gegenüber unbillig erscheinen, wenn man ihnen nicht
für die Arbeitskräfte, die sie einstellen müfsten, sobald sie
täglich fegen sollten, eine finanzielle Entschädigung gewähren
wollte. Das Kehren einer gröiseren Schule erfordert etwa
vier Stunden Zeit, wenn es von vier Leuten besorgt wird.
473
Die HausmftDiier mtÜBten sich also, wenn ihre Familie nicht
zahlreich genug ist, statt jetzt zweimal, die Woche sechsmal
zwei Leute zum Kehren halten. Berechnen wir die Mehr-
ausgabe hierfür mit 8 M. pro Woche und Schule, so ergibt
sich pro Schulkind eine Erhöhung der Jahreskosten ftir die
Beinigung um 25 Pf.
Wenn man erwägt, dais durch die tägliche Entfernung
des Staubes aus sämtlichen Schulräumen das Wohlbefinden
der Schüler und Lehrer wesentlich erhöht, die Gefahr, Li-
fektionskrankheiten durch Verschleppung von Mikroorganismen
zu verbreiten, aber bedeutend verringert wird, so ist sicherlich
eine solche geringe Erhöhung der Ausgaben kein zu grolses
Opfer.
iXits \^txfamminn^tn nitb ^titxntn.
Aus dem lotsten Jahresbericht des Oentralvereins
in Berlin.
Von
Dr. phil. Ejbbsebitbr,
Oberlehrer an der 4. Bealschule zu. Berlin.
Der Verein suchte seine Bestrebungen, „das Schwimmen
unter der Schuljugend zu fördem*", zunächst durch weiteste
Bekanntmachung mittelst der Presse zu verbreiten. So ist es
ihm gelungen, 77 Mitglieder, darunter 5 aufserhalb Berlins, zu
gewinnen.
In der Sitzung am 23. März 1893 hielt Herr Janeb einen
Vortrag über die hohe Bedeutung des Sonnenlichtes fiir
Gesundheit und Wohlbefinden.
In 10 Yorstandssitzungen wurden die Geschäfte des Vereins
erledigt.
Die von demselben geplante Petition an den Berliner
Magistrat um Beibehaltung der Badeanstalt in der August-
474
Btralse als Schulbad der dort zu errichtenden 10. ELealacIinle
gelangte nicht znr Absendung, da sich ergab, dais das ins
Ange gefaJjste Grundstück fiir die Schule zu klein und deshalb
für ein städtisches Volksbai in Aussicht genommen sei,
während die 10. Realschule anderswo erbaut werden solle.
T7m mit der deutschen Tumerschaft Fühlung zu gewinnen,
wandte sich der Vorsitzende zunächst an den Verein der
Berliner Turnlehrer, in welchem er am 21. Februar 1893 über
die Stellung des Schwimmens zum Turnen sprach, und er-
langte von den Professoren Eulbr und Angebstein die Ver-
sicherung, dals sie als Turner und Pädagogen dem Schwimmen
hohen Wert beilegten und die Bestrebungen des Vereins
daher fördern würden. Nach lebhafter Besprechung einigte
man sich über die Annahme folgender Sätze: 1. Schwimmen
ist eine wünschenswerte Ergänzung des Turnens (also nicht
etwa Schwimmen an Stelle des Turnens, sondern neben dem-
selben). 2. Die Turnlehrer erklären sich bereit, die Be-
strebungen des Oentralyereins für Schulschwimmen durch
Verbreitung der Idee und Gewinnung von Mitgliedern zu
unterstützen. 3. Der Tumlehrerverein spricht den Wunsch
aus, dais möglichst jede Schule ihren Schülern billigen
Zutritt (10 Pf.) zu einer nahegelegenen Schwimmanstalt ver-
mittele und einen besonderen Schwimmnaohmittag ansetze.
Sodann stellte der Vorsitzende des Centralvereins für Schul-
schwimmen bei Dr. Goetz, dem Vorstand der deutschen Tumer-
schaft, folgende Anträge: Die Tumerschaft wolle beschlielsen
1. die Emennung eines Schwimmwarts für jeden Turnverein,
2. die Ansetzung eines Abends oder des Sonntagvormittags
zum gemeinsamen Schwimmen für die Mitglieder der Turn-
vereine.
Femer hat der Verein aulserhalb Berlins einen Schritt
vorwärts gethan. Auf seine Aufforderung hin haben sich bis
jetzt folgende Herren bereit erklärt, in ihrer Stadt, bezw. an
ihrer Schule als Vertrauensmänner desselben zu wirken:
1. Direktor Bier in Dresden, 2. Direktor Katdt in Lauen-
bürg, 3. Tuminspektor Weidenbusoh in Frankfurt a. If.,
476
4. Lehrer Ktnast in Breelan, 5. Dr. HAMifEK, 6. Ober-
tnmwart SchrObb, 7. Obertumwart Hopfe, letztere drei in
Berlin. Von den Genannten ist versproohen worden, den
Schülern für das Baden Freisermäisignngen zn verschaffen, in
den Städten für Anlage yon Bädern thätig zn sein und über ihre
Wirksamkeit Berichte einzusenden. Für letztere, die in Form
einer Statistik des Schwimmens erschienen sind,^ wie für die
übernommene Arbeit sei den Herren bester Dank gesagt.
Endlich ist aktiv ein kleiner An£ang gemacht worden:
Drei Freischüler der 4. Berliner Realschule haben auf Kosten
des Vereins schwimmen gelernt. Diese Thätigkeit desselben
wird in dem jetzigen Sommer viel gröfseren Umfang an-
nehmen. Am 12. Januar 1894 nämlich verband sich unser
Verein mit der Schwimmsektion des Vereins für gesundheits-
gemäfse Erziehung der Jugend, welche ebenfalls die Förderung
des Schwimmens an den Schulen bezweckt, und der eine
Anzahl Mitglieder des Schwimmklubs „Poseidon^ angehören.
Letztere haben sich bereit erklärt, die Schwimmabteilungen
zu leiten, welche in den einzelnen Stadtvierteln aus Schülern
gebildet werden sollen.
Am 10. Februar d. Js. sprach der Vorsitzende, Dr. Keese-
BiTER, im Verein der Berliner Rektoren über die Einrichtung
von Schülerschwimmabteilungen zunächst an den Gemeinde-
schulen und versuchte die Sympathien der Herren für den
Plan zu gewinnen.
Möchte auch in anderen Städten von den Schwimmklubs
die Ausbildung der Schüler im Schwimmen mittelst ähnlicher
Organisation in die Hand genommen werden 1
Der Xn. deutsche Kongrefs fBr erziehliche Knabenhandarbeit.
Am 16. und 17. Jmii d. Js. fand in Danzig der XU. deutsche
Kongreß fttr erziehliche Knabenhandarbeii statt.
^ Teilweise im Jcihrbuch 1893 des CentrcUausschusses für Jugend-
«id VoUsstpieJe.
476
Nach dem üblichen BegrttDsnngsabeiid am Freitag Tersammelten
sich am Sonnabend, morgens 10 Uhr, die anwesenden Werkstatt-
leiter und Lehrer nnter dem Vorsitze unseres verehrten Mitarbeit^s,
Herrn Direktor Dr. GrOETZE, nm znnftchst die mit dem Eongreis Ter-
bnndene Ansstellnng einer Besprechung zn unterziehen. Dieselbe, eine
der bedeutendsten, welche der deutsche Verein üQr Enabenhandarbeit bis
jetzt veranstaltet hat, war in den Rftnmen des ehemaligen Franzis-
kanerklosters untergebracht und von Jugendwerkstfitten aus allen
Teilen Deutschlands, insbesondere ans den östlichen Provinzen, sowie
aus Schweden beschickt. Der Beschauer erhielt ein klares Bild von
den in den einzelnen Schulen befolgten Lehrgängen und von den
bedeutenden Fortschritten, welche Methode und Lehrgang in den
letzten Jahren erfahren haben.
Um 12 Uhr begann der Vereinstag. Der Vorsitzende,
Abgeordneter von ScHENCEEin)OBFF, hiefs die erschienenen Gäste
willkommen und der Schatzmeister, Oberrealschuldirektor Nobggerath,
erstattete über die wirtschaftliche Lage des Vereins Bericht
Darauf erörterte Direktor Dr. Goetzb in seinem Vortrage
über den Handfertigkeitsunterricht an Lehrerseminaren
die aus dem Intematsleben sich ergebenden Gründe für die Ein-
führung dieses Faches, ebenso die hierfdr sprechenden allgemeinen
erziehlichen, unterrichtlichen und praktischen Gründe. Im Anschlüsse
hieran wies Redner die weite Verbreitung, welche der Handfertigkeits-
unterricht bereits in den Seminaren einer Anzahl europäischer und
aulsereuropSischer Länder erlangt hat, nach. Insbesondere zeigte er
die Stellung des Arbeitsunterrichtes an den französischen, belgischen,
norwegischen, schwedischen, finnischen, russischen, rumänischen und
den Schweizer Seminaren, sowie an den Lehrerbildungsanstalten
einiger deutscher Staaten^ wie Lübeck, Anhalt, Sachsen- Weimar,
Königreich Sachsen, Hessen, Württemberg und Baden. Nachdem
der Vortragende die DurchfOhrbarkeit dieses Unterrichtes an den
Seminaren dargelegt und nachgewiesen hatte, wie sich die seiner
EinfOhrung entgegenstehenden Schwierigkeiten, namentlich der Zeit-
mangel, würden beseitigen lassen, gab er einen Überblick über die
wichtigsten Bedingungen, unter denen sich eine fruchtbare praktische
Bethätigung der Seminaristen herbeiführen lieCse. Es sind im
wesentlichen folgende: fakultative Einführung des reinen Hand-
fertigkeitsunterrichtes an den Präparandenanstalten, des im Dienste
der theoretischen Unterrichtsdisciplinen stehenden Handfertigkeits-
Unterrichts an den Seminaren, zwei- bis vierstündige Unterrichtszeit
in der Woche, Unterweisung durch Pädagogen in Räumlichkeiten,
welche im Bereich der Anstalten liegen, allmähliches Vorgehen bei
der Einrichtung der Werkstätten, Verteilung der Kosten auf längere
477
Zeitr&mne, UnterstQtziing der den Arbeitsonterricht einführenden
Seminare dnrch den Staat zn diesem Zwecke.
In der nachfolgenden Besprechung betonte Geheimer Schulrat
BÜHSLIK-Dessan, dafis sich die Einfühmng des Handfertigkeits-
unterrichtes in dem Seminar zn Köthen durchaus bewährt und
insbesondere fOr die ergiebige Gestaltung anderer Unterrichtsftcher
greise Dienste geleistet habe. Geheimer Regierungsrat Brandt ans
dem preuijsischen Kultusministerium erklärte, dafs der Einführung
des Unterrichtes in den Seminaren zur Zeit noch groise Schwierig-
keiten entgegenständen, daüs aber die Unterrichtsverwaltung die
Torzflge und die Bedeutung desselben durchaus nicht verkenne und
es keinem Seminar verbiete, einen Versuch mit der Einführung zu
machen, falls die Verhältnisse es gestatten.
Auf Antrag von Lehrer GBOPPLER-Berlin stimmten die
Anwesenden folgender Besolution zu: „Die Versammlung erklärt
sich im ganzen mit den Ausführungen des Dr. Goetzb einverstanden
und hält die Einführung des Handfertigkeitsunterrichts an den
Seminaren für durchaus wünschenswert."
Es sprach sodann Lehrer Gropplsr über die Frage: Wie
l&fst sich eine gröfsere Schülerzahl imHandfertigkeits-
nnterrichte mit Nutzen unterweisen? Nachdem er die
Notwendigkeit der Beschäftigung einer ganzen Schulklasse durch
einen Lehrer auch im Handfertigkeitsunterrichte, besonders mit
Hinweis auf die wünschenswerte Verallgemeinerung der Bestrebungen,
nachgewiesen hatte, forderte er, dafs auch in den Jugendwerkstätten
gleichaltrige und gleichartig vorbereitete Knaben zu einer Arbeits-
abteilung vereinigt würden und in Form des Elassenunterrichtes
gemeinsame Anleitung zur Ausführung der gleichen Arbeitsaufgaben
empfingen. Eine strenge Durchführung des gemeinschaftlichen Unter-
richtes hielt er besonders bei den jüngeren Altersstufen für notwendig,
während er bei den Lehriächem für ältere Schüler nur die neu
aoftretenden Grund- und Vorübungen gleichzeitig und einheitlich
betrieben wissen will, für die Anwendungsarbeiten aber eine gröfsere
Mannigfaltigkeit in Form, Gröfse und Ausstattung der Gegenstände
zulassen möchte, damit hierdurch der Eigenart des einzelnen
Schülers Rechnung getragen werde. Um die Individualität desselben
auch hei dem Elassenunterrichte genügend berücksichtigen zu können,
verlangte er endlich, da(s von vorne herein auf Anleitung zur
möglichsten Selbständigkeit und zum Arbeiten nach Vorlagen,
Zeichnungen und Modellen Bedacht zu nehmen sei.
Der öffentliche Kongrefs, welcher am 17. Juni um 12 Uhr
begann, war zahlreich aus Danzig und Westpreulsen, sowie den
Nachbaiprovinzen besucht; auch aus anderen Teilen Deutschlands
478
hatten sich Abgesandte von staatlichen und stfidtiachen Behörden, sowie
von Vereinen eingefiinden. Der Oberprftsident der Provinz West-
prenTsen, Staatsminister von Gossleb, der Kommandant General-
lientenant VON Treskow, der Oberbflrgermeister Dr. Baumbach ans
Danzig, Vertreter des preolsischen Kultusministeriums, des anhalti-
schen Staatsministerioms, des preolsischen Kriegsministerinms, der
Königlichen Regierungen zu Danzig und Königsberg, sowie mehrerer
Landratsämter westpreuDsischer Kreise waren anwesend. Von den
Magistraten, welche sich auf dem Kongrefs vertreten lieben, heben
wir nur die von Danzig, Königsberg, Breslau, Altena, Posen,
Magdeburg, Görlitz, Hirschberg, Hildesheim und Kattowitz hervor.
Auch der westpreuisische Provinziallehrerverein, sowie eine bedeutende
Anzahl von Handarbeits- und Gewerbevereinen hatten Abgeordnete
geschickt.
In der Eröfi&iungsrede wies der Vorsitzende, Herr VOK
SCHBNCKBNDORFF, darauf hin, dals der Verein seinen Kongreis
zum ersten Male im Osten des Vaterlandes abhalte. Er gab dann
einen kurzen Überblick über die Thfttigkeit desselben, weiche in
den letzten beiden Jahren erfreuliche Fortschritte erzielt habe.
Zwar folgten wir in Deutschland gegenüber anderen Staaten, vras
die staatliche oder gesetzliche Förderung betreffe, erst an zwölfter
Stelle, jedoch sei zu hoffen, dals durch gemeinsame Arbeit aller
Faktoren im Staats- und Volksleben auch bei uns der Fortschritt
ein zwar allmählicher, jedoch stetiger sein werde.
Sodann hiefs der Oberpräsident, Staatsminister Dr. von GO88LEB,
die Versammlung im Osten des Vaterlandes willkommen. Man
betrachte die Handfertigkeit hier nicht mehr als blo&en Zeitvertreib,
sondern als ernste Arbeit zum Wohle des gesamten Volkes. Fflr
die Ostprovinzen sei insbesondere die beabsichtigte Ausdehnung det
Bestrebungen auf das Land von grober Wichtigkeit.
Oberbürgermeister Dr. Baumbach bevnllkonmiente die Ver-
sammlung namens der Stadt und der Bflrgerschaft Danzigs. Er
wies unter anderem auf die Bedeutung des Arbeitsunterrichtes Ar
die Schüler höherer Lehranstalten als eines sehr wichtigen Er-
gänzungsmittels der seitherigen Ausbildung hin.
Im Auftrage des preufsischen Unterrichtsministers wünschte
Geheimer Regiemngsrat Brandi der Versammlung zum Heile der
Jugend segensreichen Verlauf. Er versicherte, dafs die Unterrichts-
verwaltung die Bestrebungen unterstützen und fördern werde, wo
und wie weit sie könne, dals ihr aber, besonders in materieller
Hinsicht, Grenzen gesteckt seien. Hier mülsten in erster Beihe die
Provinzial-, Kreis- und Eommnnalbehörden kräftig eintreten.
Geheimer Schulrat Bümblin als Vertreter der anhaltischen
479
Staatsregiernng führte an, dals dieselbe den Handfertigkeitsanterricht
in den Mittelschulen and dem Lehrerseminar eingeführt habe.
Hierauf sprach Landtagsabgeordneter Bergrat GOTHEIN-Breslan
Aber den deutschen Arbeitsnnterricht in seiner volks-
erziehlichen Bedentang. Unser Erziehongssystem habe ans
den Beinamen des Volkes der Denker eingetragen, der ein Ehren-
nnd ein Spottname zugleich sei, letzteres wegen onserer unpraktischen
Eigenschaften. Dieser Übelstand habe sich freilich jetzt gebessert.
Aber eine gro&e Gefahr bestehe doch in dem Zerwürfnis zwischen
Geistes- und Handarbeitern, die sich gegenseitig unterschätzten. Hier
sei der Handfertigkeitsunterricht berufen, ausgleichend zu wirken.
Er werde Achtung Yor der Handarbeit in den gebildeten Ständen her-
vormfen, aber auch die Handarbeiter dahin fähren, ihre Thätigkeit
nicht mehr ausschlieMich als Arbeit anzusehen. In Deutschland
erweise sich aber die Erziehung der Jugend zur Handfertigkeit noch
viel notwendiger, als in anderen Ländern, da die Gresetzgebung die
gewerbliche Beschäftigung der Kinder verbiete, die der jungen Leute
sehr erschwere, wodurch die Ausbildung der Hand in eine Zeit
verlegt werde, wo dieselbe nicht mehr die groise Anpassungsfähig-
keit wie im früheren Lebensalter besitze. Dadurch würde einerseits
die Leistung des Arbeiters beeinträchtigt, andererseits im Fabrik-
betriebe, wo sofort für Bezahlung entsprechende Leistung gefordert
werde, die Unfallziffer gesteigert. Beides lasse sich bei einem
systematischen Handfertigkeitsunterrichte wesentlich mildem. Letzterer
bezwecke auch die Bildung des Geschmackes. Bei gleicher Güte
gebe man dem Gegenstande von schönerer Form den Vorzug, was
für unseren Export und unser Kunstgewerbe sehr wichtig sei.
Durch gefälligen Hausrat werde aufserdem die Liebe zur Häuslichkeit
gesteigert und der Ordnungssinn erhöht. Bedner schloüs damit, dais
sich das Volk am besten behaupten werde, das nicht einseitig allein
den Geist ausbilde, sondern alle Anlagen harmonisch entwickele.
Anknüpfend an die von dem deutschen Kaiser in der Berliner
Schulkonferenz gestellte Forderung: „Die Schule hat nicht den
Hanptnachdruck auf die Aneignung des Lernstoffes, sondern auf die
Bildung des Charakters und die Bedürfnisse des praktischen Lebens
zu legen^, wies der Korreferent, Landesrat SoHMBDDiNa ans
Münster i.W., nach, wie der Knabenhandfertigkeitsunterricht, methodisch
betrieben, dieser Forderung mehr als der sonstige Schulunterricht
nachkomme. Der leitende Gedanke bei den Ausführungen des Vor-
tragenden war, dafs die Knabenhandarbeit ein vortreffliches Übungs-
feld der Kräfte und des Willens sei, eine Schutzwehr gegen den
Anfang alles Lasters, den MüTsiggang, eine Quelle edler Freude,
eine zvreckmäTsige Vorbereitung fdr das Leben, endlich eine Weckerin
480
des Eanstsinnes und eine Gehflfin des Kunstgewerbes. Besonderen
Wert erhielten diese AnsfQhningen durch verschiedene Mitteilungen
aus solchen Schulen und Anstalten, in denen seit längerer Zeit der
Handarbeitsunterricht mit gutem Erfolge erteilt wird.
Über die Enabenhandarbeit in ihrer Anpassung an
ländliche Verhältnisse sprach Lehrer Kalb aus Gera. Die
erziehliche Enabenhandarbeit, so führte Redner aus, nimmt in
dem Erziehungsplane für die Jugend eine wichtige Stelle ein^
da sie bestrebt ist, die Ausbildung derselben nach der Seite
der körperlichen Schulung zu ergänzen. Die EinfQhrung der
Maschine in den Betrieb der Landwirtschaft, die Anwendung
zusammengesetzter Werkzeuge, die ganze Art des Arbeitens setzt
heutzutage eine gröfsere technische Greschicklichkeit voraus, als sie
froher erforderlich war. Mit der Au&ahme eines ausgedehnteren
Wissensstoffes mufs daher zugleich das EOnnen zunehmen, auch in
den Ereisen der Landbewohner. Bezüglich des Unterrichtes in
weiblichen Handarbeiten hat man der Anforderung der Zeit schon
Rechnung getragen. Neben der erziehlichen Bedeutung hat der
Unterricht in Enabenhandarbeit aber auch noch eine praktische
Seite, indem er zur Anfertigung mancher Gebrauchsgegenstände an-
leitet, zur Ordnung und Sparsamkeit hinführt und für die Zeiten, wo d^
Landmann durch die Ungunst der Witterung in das Zimmer gebannt
ist, ihm Veranlassung zu nützlicher und anregender Beschäftigung
bietet. Der Vortragende machte sodann eingehende Vorschläge bezüglich
der (jestaltung des Handfertigkeitsbetriebes auf dem Lande. Je
nach der Jahreszeit werde der Schulgarten oder die Werkstatt
Gelegenheit zu nutzbringender Thätigkeit bieten. Auch für land-
wirtschaftliche Winter- und Fortbildungsschulen sei der Hand-
arbeitsunterricht zu empfehlen.
In einem kurzen Schlußworte warf Direktor Dr. GOETZE einen
Rückblick auf die Arbeit des Eongresses, dankte der Stadt Danzig
für ihre Gastfreundlichkeit und schlofs mit einem von der Ver-
sammlung lebhaft aufgenommenen Hoch auf dieselbe.
Stellung der Schnle zn den Schftlerselbstmorden«
Verhandlnng der IX. Generalyersammlnng des LandesYereins
Yon Lehrern höherer Lehranstalten
im Grofsherzogtnm Hessen.
Die die^ährige Generalversammlung des hessischen Landes-
Vereins höherer Lehrer wurde, vne wir den j^Südwestdeutsd^-
SchtUbl** entnehmen, am 31. März in Frankfurt a. M. abgehalten.
Den fünften Punkt der Tagesordnung bildete das Thema:
Stellung der Schule zu der bedauerlichen Erscheinnag
der Schülerselbstmorde.
481
Der Beferent, Dr. Ihm ehb Mainz, wies zDBftchst darauf hin,
wie heikel diese Frage fttr die Bchnle aei. Die ganze, neaerdings
in einzdnen besonders charakteristischen Fallen hervorgetretene
Sinnearichtong der Schüler sei ein Produkt der verschiedaiartigsten
Faktoren, die ihrerseits in der modernen Lebensweise, in der
Konstitution des einzelnen, in den Famillenyerh<nissen nnd in noch
vielen anderen Dingen gesocht werden mttlsten.
Biete es schcm Schwierigkeiten, die Ursachen der Schüler-
seibstmorde zn ergründen, so sei es gewüs nicht weniger leicht, die
rechten Mittel zur Abwehr zu finden und in Anwendung zu bringen.
Soviel scheine unzweifelhuft, dafs Schule und Elternhaus hierin
ziuammenwirken mflisten.
Nachdem einzelne besonders bemerkenswerte Fälle Ton ver-
schiedeaen Rednern mitgeteilt waren, wurden die über den Gegen-
stand Yon dem Referenten aufgestellten Thesen im ganzen
angenommen. Dieselben lauten :
1. Ebenso wie die sich mehrenden Fälle von Selbstmorden
flberhaupt und wie das h&ufigere Auftreten von Geisteskrankheiten
und verwandten Erscheinungen, so haben auch die Schülerselbst-
morde in eigenartigen Verhältnissen der modernen Gesellschaft und
in dem für das menschliche Auge meist unkontrollierbaren Zusammen-
wirken der Tcrschiedensten Faktoren ihre Ursache.
2. Daher stehen der Schule gegenüber dieser Erscheinung
keine besonderen Mittel zu Gebote, sondern nur diejenigen, mit
denen sie ohnehin operiert, nämlich das Streben, die Schüler
religiös-sittlich zn erziehen, nnd ein rationeller, die Individualität
des Schülers nach Kräften berücksichtigender Unterrichtsbetrieb.
Dagegen erscheint eine Beschränkung der Anforderungen an Disciplin
nnd Leistungen nidit angezeigt, da gerade eine straffe Zucht und
gleichmäfsige Arbeit ein wirksames Gegengewicht gegen die verderb-
hchen Wirkungen des Zeitgeistes abgeben.
3. Die Eltern, bei denen der Schwerpunkt der Erziehung
liegt, müssen mit besonderer Sorgfalt ihre Kinder Tor allen yerderb-
Uchen Einflüssen zu schützen suchen und in vertrauensvoUer Weise
solche Beziehungen zur Schule unterhalten, dals sie selbst imstande
sind, die Mafsregeln derselben und die Beurteilung der Schüler-
leistungen durch die Schulorgane richtig zu verstehen, die Lehrer
aber in ausreichender Weise über alles das orientiert werden, was
zu einer zweckentsprechenden Behandlung und Beurteilung des
Schülers erforderlich ist, wie es auch Sache der Schule ist, die
Fühlung mit dem Eltemhause zu pflegen.
Sehnigerandheltapflege YII . 31
482
Vorfibergehende Sehsebwiche bei Scbfilem.
Ans der opbtbalmologiscbeii Oesellscbaft Englands.
Die „Ophthalmological Society of the United Kingdom*^ hielt
nach j^The Btit Med, Jowm,^ vor einiger Zeit eine Sitzung ab,
welcher Dr. D. Arqyll Robertson präsidierte.
In derselben erteilte zunächst Herr Charles Wsat „Ratschläge
fttr die Angen der Schüler*'. £r wies auf die bekannte That-
sache hin, dals längere Arbeit das Sehorgan ermüde, nnd emp&hl
daher, die Lehrer zu öfteren Pansen beim Unterricht zn veranlasseiL
Indem er sodann auf die Lektionen bei künstlicher BelenchtoBg
einging, gab er seiner Frende Ansdrack, daCs die Lehrpersonen
dieselben soyiel als möglich einzuschränken suchten. Wo sich da
Unterricht bei Licht nicht yermeiden lasse, da werde man gut Ünm,
statt der Bücher öfter die Wandtafel benutzen zu lassen, um so das
Sehen in der Nähe und damit die Accommodation der Augen ans-
zaschlieCsen. Durch diese Yorsichtsmalsregeln lasse sich die Zu-
nahme der Myopie und die schnelle Abnahme der Hypermetrc^ie
bei der Schu^ugend wenigstens einigermafsen verringern.
Herr Henrt Powbr hat, wie er berichtet, kürzlich einen
Knaben gesehen, welcher vom Marinedienst wegen numgelhafter Seh-
schärfe zurückgewiesen war. Derselbe hatte sehr lange und anhaltend
für das Eintrittsexamen gearbeitet und dasselbe mit gutem Erfolge
bestanden. Sechs Wochen nach der Prüfung war seine Sehkraft
wieder völlig normal. Er erhielt ein ärztliches Zeugnis hierQber
und wurde jetzt bedingungsweise zugelassen. Nur mit Mühe war
er der allein durch einen vorübergehenden Accommodationskrampf
veranlaCsten Abweisung entgangen.
Herr Critchett gab der Ansicht Ausdruck, dafs der Gegen-
stand von nationaler Bedeutung sei. Er hat im letzten Jahre drei
ähnliche Fälle, wie die von Herrn Power beschriebenen, gesehen.
In einem dieser Fälle hatte ein Knabe sich um eine Stipendiaten-
stelle bei der Marine beworben, dieselbe aber nicht erhalten, weO
sein eines Auge nicht völlig normal war. Mit der Zeit aber hörte
auch hier der Accommodationskrampf auf, die Sehschärfe erreidite
das erforderliche Mab, und so erfolgte der Eintritt in die Flotte
ohne Beanstandung.
Antrag der Sektion Währing-DSbling des Vereins der Ante
in NiederSsterrelch, betreffend hygienisehen Unterriekt
der SchUer nnd Anstellung von Schnlirzten.
Auf der Tagesordnung des X. österreichischen Ärztevereiss-
tages stand unter anderem folgende These der Sektion Wähiing-
Döbling bei Wien:
483
Es ist dringend nötig, dals der Jngend in der Schule die
Erfahnmgsthatsachen der Hygiene nicht mechanisch eingeprägt
werden, sondern dafs ihr dieselben in Fleisch nnd Blut übergehen.
Za diesem Zwecke ist es erforderlich, dafs die Mittelschollehrer
(Professoren an Gymnasien nnd Realschulen) einen regelrechten
Unterricht in der Hygiene Ton fachmännischer Seite erhalten und
dafs kein Professor, insbesondere nicht deijenige, der naturwissen-
schaftliche Fächer lehrt, früher approbiert wird, bevor er in einer
Prflfong seine Kenntnisse in der Gesundheitspflege dargethan hat.
Nur dann, wenn hygienisch gebüdete Lehrer unterrichten, wird
der Schüler bei passender Gelegenheit auf diese oder jene in
gesundheitlicher Beziehung wichtige Thatsache aufmerksam gemacht,
und es können hierbei Ratschläge und Warnungen erteilt werden,
welche derselbe zeitlebens behalten wird.
Es sollten aber auch die Schulen und die Schüler unter
beständiger ärztlicher Au&icht stehen, damit einerseits die
sogenannten Schulkrankheiten, wie Rückgratsyerkrünmiungen, Eurz-
sichtigkeit n. s. w., möglichst eingeschränkt, andererseits dia
Schulen nicht Hauptherde der Infektionskrankheiten werden. Der
Antrag der Sektion geht deshalb dahin, der Ärztevereinstag erkläre
es für eine unabweisbare Notwendigkeit, ehestens Schulärzte
anzostellen.
Aitintxt iKitteilnngen.
Loekes Gedanken Aber physische Erriehang. Im Jahre
1693, so schreibt Dr. Lorenz in der ^Ztechr. /. Tum, u. Jgdspl^y
erschienen John Logebs ^Some ihaughts concermng educatian^.
Mens sana in corpore sano, der alte Juvenalspruch , steht als
bezeichnendes Motto an der Spitze des Buches. Wer die in diesem
Sprache genannten zwei Güter besitzt, dem bleibt nur wenig noch
m wünschen übrig. Vorwärts zu kommen wird ninmier der im
Stande sein, dessen Körper schwach und kränklich ist. LOOEB
beginnt daher mit dem „Grehäuse des Geistes*' und betrachtet zuerst
(üe Gesundheit des Leibes. Die allgemeinen Gresundheitsregeln für
Kinder werden im ersten der drei Hauptabschnitte grundlegend
behandelt, insbesondere wird jeder Yerzärtlichung und Verweichlichung
der Krieg erklärt. Am Schluis sind die dahin gehenden Ratschläge
in folgende Worte zusammengefafst : „Viel frische Luft, körperliche
Bewegung, Schlaf auf einfacher Lagerstatt, einfaches Essen, kein
81»
484
Wein oder starke Getrftnke, wenig Arznei, keine zn warme und zu
enge Kleidung, den Kopf kühl halten, die Ftlfse an kaltes Wssaet
gewöhnen!" Übung der Kraft und Gewandtheit wird nächst der
allgemeinen Gresnndheitspflege mit gleicher Entschiedenheit geordert.
Da es anf diesem Gebiete damals an der nötigen Erfahrung mangelte,
ist LoOKB selbstverst&ndlich nicht in der Lage, eine planmSisige
Reihe von ausgebildeten Leibesübungen zn bieten, doch streift «r
offenbar mit richtigem Gefühl die Aufgabe des Turnens an der Stdie,
wo er Yom Tanzen spricht: „Das Tanzen verleiht anmutige Bew^mig,
vor allem aber eine mAnnlidie Haltung und wohlanstehende Gehest-
heit; man mufs darauf sehen, einen guten Lehrer zu bekommen,
der weils, was anmutig und anständig ist, und allen Bewegungen
des Leibes Freiheit und Ungezwungenheit gibt." Sehr warm wird
das Schwimmen empfohlen und an den Spruch erinnert: nee litteras
didicit nee natare, mit welchem bekanntlich die Römer einen on-
gebildeten und ungewandten Menschen kennzeichneten. Das Schol-
reiten sei besonders Yon Söhnen vornehmer Abkunft zu üben. Das
Fechten wird als gute Körperfertigkeit anerkannt; nur bef&rdere es
vielleicht die Zweikampfsucht. In Ermangelung weiteren Übungs-
stoffes werden als Beschäftigungen, „welche den Geist zerstreuen
und den Leib in zweckmälsige Thätigkeit setzen", Handfertigk^tai,
wie Gartenbau, Drechseln, Tischlern, Zimmern, angeraten. Gam
besonders hervorzuheben ist die Wertschätzung, die Logeb dem
Jugendspiel entgegenbringt. Er zuerst hat nachgewiesen, dals die
Kinder weniger um des Müfsiggangs willen spielen, als aus
Lust an Bewegung und Thätigkeitstrieb; deshalb „lieben die Kinder
besonders Spiele, die mit Strapazen verbunden sind, zu denen Kräfte
gefordert werden". Man solle diesem Drange schon um der Gesund-
heit willen die nötige Freiheit lassen. Wenn man die richtige Ab-
wechslung zwischen Spiel und Arbeit erstrebe, werde das Lernen
zur Erholung vom Spiel und umgekehrt. Überhaupt ist LOCKS als
der Pädagog zu rühmen, der den hohen sittlichen Wert des Jugend-
spiels wie der Leibesübungen zuerst recht gewürdigt und dargestdlt
hat. Er weist darauf hin, wie der Erzieher beim frei sich bewegenden
Spiele die Charaktereigentümlichkeiten des Zöglings am leichtesten
studieren, ihm Tugenden, wie Verträglichkeit, Anteilnahme, Sanftmut
u. a., vor allem aber auch Selbstbeherrschung und Selbstverleugnung
angewöhnen könne. Es wird geraten, den Kindern möglichst wenig
Spielzeug zu kaufen, um Eitelkeit und Begehrlichkeit fernzuhalten;
sie möchten es sich lieber selbst anfertigen und ihre körperliche Geschick-
lichkeit dabei üben. Sittliches Ziel der Leibesübungen sind nach
LocKB Mut und Entschlossenheit. Tapferkeit ist die Hut und Stütze
anderer Tugenden, ohne Mut wird ein Mann kaum standhaft seine
485
Pflicht thnn. Man mub die Kinder an körperlichen Schmerz ge-
wOhneDi da(s sie stolz werden, Zeichen der Männlichkeit abzulegen.
Man mnis sie vor ktthne Wagnisse führen, ihnen beistehen, Hindere
nisse zn besiegen, die sie bei nötigem Mnte überwinden können.
Wenn sie so stufenweise Entschlossenheit genng gewonnen haben,
dafs die Furcht bei plötzlichen Vorkommnissen ihren Geist nicht
Terwirrt, dann haben sie den Mut vernünftiger Wesen. Eine solche
Abhärtong müssen wir uns bemühen den Kindern durch Gewohnheit
imd Übung zu eigen zu machen. — Mögen uns Heutigen auch manche
Yorschlftge Lockbs als selbstverständliche Gemeinplätze erscheinen,
f&r die Zeit Ludwigs XIY waren sie alle neu und bahnbrechend.
In einer erzieherisch so unfruchtbaren Periode war Loceb der
Prophet unserer neuzeitlichen, aufs praktische Leben, auf Gesundheit
imd Gewandtheit zielenden Ausbildung.
Die Sterblielikeit der Schulkinder im KSnigreich SaehseH
ist von unserem geschätzten Mitarbeiter, Herrn Medizinah^t Dr.
Geissleb in Dresden, zum Gegenstande einer Untersuchung gemacht
worden, über deren Besultate derselbe in „D.stat Jahrb. f.d. Sönigr.
Sachsen für 1895** folgendes mitteilt. Die Zahl der gestorbenen
Schalkinder in den einzelnen Jahren von 1880 bis 1891 betrug:
Jahre
Ver-
storbene
Sehnl-
kinder
Aber-
hAiipt
Im Alter von 6 bis
10 Jahren
verstorben
Im Alter von 10 bis
14 Jahren
verstorben
Knaben
Mäd-
chen
Zu-
sammen
Knaben
Mad-
chen
Zu-
sammen
1880
1881
1882
1883
1884
1885
1886
1887
1888
1889
1890
1891
2325
2272
2936
3187
3478
3015
3017
2409
2372
2148
2268
2269
807
789
1088
1151
1227
1068
1067
752
784
658
754
738
829
781
1067
1187
1353
1090
1091
910
799
781
793
810
1636
1570
2155
2338
2580
2143
2158
1662
1583
1439
1547
1548
316
333
356
372
408
415
410
362
359
331
354
339
373
369
425
477
490
457
449
385
430
378
867
382
689
702
781
849
898
872
859
747
789
709
721
721
Samme
31696
10868
11491
22359
4355
4982
9337.
486
Die gröiste Zahl der Sterbefälle w&hrend der Schulzeit wurde hier-
nach im Jahre 1884, die geringste im Jahre 1889 beobachtet. Seit
dem zuletzt genannten Jahre ist die Sterblichkeit wieder in der
Znnahme begriffen. Stets starben mehr M&dchen als Knaben. Die
einzige Ausnahme bilden die Jahrgänge 1881 und 1882, wo im
Alter von 6 bis 10 Jahren die Anzahl der Yerstorbenen Knaben
eine etwas höhere war. Die Unterschiede zu Ungunsten der Mädchen
nehmen mit den Schuljahren zu. Diese übrigens nicht nur in
Sachsen, sondern allerwärts zu konstatierende Thatsache widerspricht
ebenso wie die zweite feststehende Thatsache, dafe die Sterbens-
wahrscheinlichkeit von Jahr zu Jahr während der Schulzeit abnimmt
und am Schlüsse derselben die günstigste während der ganzen
Lebenszeit ist, jener häufig gehörten Behauptung, dals die Sdude
als solche die Quelle einer Unsumme von Schädlichkeiten sei. Wemi
dies wirklich so wäre, so würde voraussichtlich die Sterbenswalu^
scheinlichkeit während der Schu^'ahre im Zunehmen begriffen sein,
sie würde bei den Knaben, an welche doch höhere Anforderungen
gestellt werden, eher gröfser sein, als bei den Mädchen. Den
Anteil, den die ansteckenden Krankheiten und die Lungenschwindsucht
während der Schulzeit an der Sterblichkeit haben, zeigt die nach-
stehende summarische Übersicht in doppelter Berechnungsweise.
Unter
je 100 Todesfällen
entfielen auf
nebenstehende
Ursachen
bei den Schulkindem
im Alter von
Todesursachen
ab«r
SblfllO
Jahren
Ob«r
10biil4j
Jahren
SU-
Auf je 10000 Lebende
der betreffenden
Altersgruppen kamen
jährlich SterfoefiQle
durch nebenstehende
Ursachen
Aber
6biBlO
Jahren
aber
10 Ua 1411
Jahren
sa>
Diphtherie
Scharlach
Masern
Keuchhusten
Typhus
Ansteckende Krankheiten zu-
sammen
Lungenschwindsucht
Alle übrigen Krankheiten ..
Zusammen
36,M
13,17
2,16
0,T»
l,t
53,90
5,M
40,65
100,00
15,
11
7,44
0,67
0,11
5,86
28,60
14,16
57,16
29,76
11,46
1,7»
0,68
2,08
46,46
8,06
45,44
22,76
8,86
1,48
0,44
1,«
84,u
3,68
25,76
100,00
100,00
63,61
4,»
2.11
0,19
0,08
1,61
8,14
4,01
16,11
28,86
13,84
5^
21,a
3,T.
21,14
46,si.
487
Unter den ansteckenden E^rankheiten ist nnr die Diphtherie nnd
der Scharlach von erheblichem Einflols anf die Sterblichkeit der
Kinder während der Schulzeit. Erstere bedingte in der der Rech-
Bimg zu Gnmde liegenden zwölQährigen Periode fast den dritten,
der Scharlach über den zehnten Teil sämtlicher Todesfälle. Ganz
unerheblich ist d^ Einflnüs der Masern nnd des Eenchhnstens,
wiewohl diese bej|en Erankheiten als eigentliche Schnlkrankheiten
angesehen zn werden pflegen. Die genannten vier Erankheiten
nehmen während der Schaljahre ab, so dafs z. B. bei der Diphtherie
die Sterbenswahrscheinlichkeit in der zweiten Hälfte der Schulzeit
UD das Fünffache geringer ist, als in der ersten Hälfte. Anders
verhält es sich mit dem Typhns. Dieser gehört nicht zn den
Kinderkrankheiten im eigentlichen Sinne, was sich auch darin zeigt,
dafe er während der zweiten Hälfiie der Schn]|jahre etwas stärker
vertreten ist, als während der ersten Hälfte. Unter den übrigen
Krankheiten ist nnr noch die Lnngenschwindsncht erwähnt.
Auch diese nimmt während der Schuljahre etwas zu, so dafs jährlich
von 10000 SchnUdndem 3 bis 4 an Schwindsucht zu sterben
pflegen, eine immerhin sehr geringe Ziffer, wenn man an ihre Zu-
nahme im 3. bis 6. Lebensjahrzehnt erinnert. Alles in allem genommen,
darf man wohl sagen, dafs die Schulzeit unserer Einder die ge-
sundeste ihres ganzen Lebens ist, in welcher die meisten
ansteckenden Erankheiten immer seltener oder weniger gefährlich
werden, andere Erankheiten nur in ihren ersten Andeutungen auf-
treten. Mit dem Austritt aus dem schulpflichtigen Alter bewegt
sich alsbald die bisher vom ersten Lebensjahre an absteigende Linie
der Lebensbedrohung langsam wieder nach aufwärts, um bald
nach dem 30. Lebensjahre auf demselben Punkt angelangt zu
sein, den sie im ersten Schu^ahre erreicht hatte. Zum Schlüsse
sei noch die Absterbeordnung der sächsischen Schulkinder angefahrt.
Von 10000 am Anfang des 6. Lebensjahres stehenden Eindem
erreichten die neben verzeichneten Altersjahre:
Alter^ahre Knaben Mädchen Altenjahre Knaben Mädchen
6
10000
10000
11
9728
9719
7
9909
9911
12
9700
9690
8
9841
9841
13
9678
9665
9
9793
9792
14
9655
9637
10
9768
9752
15
9627
9607.
Diese Absterbeordnung ist nicht unerheblich günstiger, als eine aus
der deutschen Sterbetafel berechnete Reihe ergeben wtirde. Man
wird nicht weit von der Wirklichkeit abirren, wenn man annimmt,
488
dafs in günstigen Jahren von 1000 in die Scbnle eingetretenen
Kindern beim Anstritt ans derselben noch 970 am Leben sind, in
nngttnstigen Jahren dagegen 956. Da nnn im Lanfe einer lAageren
Periode gflnstige nnd nngOnstige Jahre miteinander wechsehi, so
dürfte die mitgeteilte Reihe dem dnrchschnittlidien Ablaufe ent-
sprechen.
Zur fieanndlieitspflege in jajmiaehem Bekukiu In den
,iPäd. Bl. f. Lehrerbüdg. u. Lehrerbüdgsamt.*^ ist ein Anlnti Ton
J. BOLUAHN, Lehrer an der Kriegs- nnd Kadettenanstalt in Tokio,
„Über modernes japanisches Schulwesen*' enthalten, dem
wir folgendes über den Besach einer Yolksechnle in der genannten
Stadt entnehmen. Besondere Aufmerksamkeit, so schreibt der Ver-
fasser, schenkte ich dem Tnmnnterrichte. Die kleineren Knaben waren
mit Hantelübungen beschftftigt, wobei nicht nur die Arme und Hftnde,
sondern auch die Beine und FttCse, ja sogar Brust und Mund thitig
waren, indem alle laut zahlten. Ähnliche Übungen wurden auch
von den kleinen Mädchen ansgeftlhrt. Die grO&eren Knaben maditea
Stab-, Marsch- und Gewehrübungen. Die groCsen MUdchen nr-
gnttgten sich mit Spielen, wobei auch manchmal einzelne Lieder
gesungen wurden, und ich war nicht wenig erstaunt, als die lieb-
lichen Weisen: „AUes neu**, „Alle Yögel^ u. s. w. an mein Ohr
drangen. S&mÜiche Kinder machten einen gesunden, frischai nnd
fröhlichen Eindruck, wie ja überhaupt Japan „das Paradies der
Kinder*" ist. Körperliche Züchtigungen in der Schule sind nkfat
gestattet. Hat ein Kind wirklich Strafe verdient, so werd^ die
Eltern davon benachrichtigt, in den meisten F&llen genügen aber
nach Aussage des Rektors Ermahnungen und Zurechtweisungen seitens
der Lehrer. Der Unterricht beginnt im Sommer um 7, im Wwtat
um 8 Uhr. Nach jeder Stunde ist eine Pause von 15 Minuten,
die Schülern und Lehrern gut bekommt. Die eigentliche Schnlpflicht
ist auf 3 Jahre festgesetzt, so dafs auch das Kind des tanstea
Wagenziehers wenigstens die japanischen Schriftzeichen (Hirakaaa
und Katakana) lesen und mit Hilfe der kleinen hier allgemein be-
nutzten Bechenmaschine, Soroban genannt, sicher operieren lernt
Jedoch besuchen die meisten Kinder die Schule bis zum 14. Jahre.
Aus dem Schülerverzeichnis der von mir besuchten Schule ging
hervor, daCs kein Schüler je dieselbe vor dem 14. Leben^ahre ver-
lassen hatte. Knaben, die sich dem Studium widmen wollen, treten
mit dem 12. Jahre nach bestandenem Examen in eine Mittelfidmle
über. Ist diese Schule absolviert, so müssen sie sich dem Eintritts-
examen der höheren Mittelschulen unterwerfen, woselbst sie 4, resp.
5 Jahre tüchtig zu arbeiten haben. Dann erdt dürfen sie nach
absolvierter Maturitätsprüfung die Universität beziehen. Mit te
489
in Rede stehenden Yolksschnle ist auch ein Eindergarten yerbnnden,
der Yon ongefähr 50 Kindern, Knaben nnd Mädchen im Alter von
3 ins 6 Jahren, besacht wird. Drei Kindergärtnerinnen waren mit
den Kleinen beschäftigt. Die eine spielte auf einem Harmoninm
einen Marsch, nnd die Kinder bewegten sich danach. Dann wnrden
allerhand Spiele vorgeführt, z. B. „Der Sperling im Neste^, „Der
Schmetterling^, „Das Häschen'' u. s. w., wozu stets ein Lied,
meistens nach deutschen Melodien, gesnngen wurde. Die Kinder-
gärten in Japan sind ganz nach FRöBELschem Muster eingerichtet.
Eine Sehnlepidemie yon Scharlach, nnterdrfiekt durch
Desinfektion. In „The San, Insp^ lesen wir: Dr. J. N. MbrriIiL,
Gesnndheitsbeamter zu Skowhegan in den Vereinigten Staaten, teilt
in seinem Berichte an die Stadt mit, wie vollständig die Anstecknngs-
qaelle, welche eine Zeitlang eine Schulepidemie von Scharlachfieber
nnteihielt, durch folgende Desinfektionsmafsregel vernichtet wurde.
Alle in der Schule gebrauchten Bflcher wurden auf Subsellien und
improvisierte Gestelle so aufgelegt, daCs sie geöffnet waren und
Schwefeldampfe überall zwischen den Blättern eindringen konnten.
Nachdem auch die Karten und sonstigen ünterrichtsutensilien für die
Bäocherung hergerichtet waren, fCÜlte man eine Anzahl grober
eiserner Kessel, die etwas mit Kerosin getränktes Brennholz ent-
hielten, mit Schwefel, stellte sie in KObel, in denen sich Wasser
befand, und setzte sie in die einzelnen Lehrzimmer. Die Fenster
ond Ventilatoren wurden darauf dicht geschlossen nnd die Feuer
zunächst in den oberen Räumen, dann auch in den unteren an-
gezündet. Hatte sich der Dampf nach 24 Stunden so weit verzogen,
dafs man die Zimmer gefahrlos betreten konnte, so erhielten die
Kessel eine abermalige Füllung mit Schwefel, die für die gleiche Zeit
ausreichte. Dann wurden die Thüren und Fenster weit geüffioet und
80 die Klassen einer gründlichen Lüftung unterzogen. Hierauf wusch
man alle Schulgeräte, Subsellien, Schränke u. dergl. mit einer
Lösong von Karbolsäure und Sublimat ab, tauchte sämtliche Bücher
und Schiefertafeln der jüngeren Schulkinder, bei denen die Krankheit
angefangen hatte, in eine ähnliche Lösung und stellte sie wieder auf
die Tische und Gestelle, damit sie hier ohne Schaden trockneten. Im
ganzen wurden 75 Pfimd Schwefel, 1 Pfund Karbolsäure und V^ Pfund
Sublimat verbraucht Nach dieser Desinfektion hörte die Epidemie
gflnzlich auf, und es gelangten keine neuen Fälle von Scharlach zur
Anmeldung.
Adenoide Vegetationen und daa Waehstnm der Kinder«
Castbx und Malbbbbe veröffentlichen in „2k» Pr. mid.^ ihre
Beobachtungen über das Wachstum von Kindern nach Entfernung
adenoider Vegetationen im Nasenrachenräume. Es wurden Messungen
490
vor der Operation und in verschiedenen Zwiscbenräomen nach der-
selben vorgenommen. Im ganzen konnten 35 Fälle 3, 6, 9 oder
12 Monate hindurch genau verfolgt werden. Der allgemeine Schlnfs,
welchen die Verfasser ziehen, ist, dals die Wachstnmsst&rke, wie
sie durch die Zunahme an Länge, Gewicht und Brustumfang aos-
gedrtlckt wird, einige Monate nach der Operation dreimal so grojs
ist, als das mittlere Wachstum, welches Qü6tbl£t ftir Länge und
Gewicht, Pagliani für die Brustperipherie angibt. Dieser Schlnis
wurde durch eine Berechnung von Mittelwerten gewonnen, bei der
die üntersucher von der Annahme ausgingen, dafs die Wachstoms-
ziffer für ein halbes Jahr die Hälfte deijenigen für ein ganzes Jahr
betrage. Eine unbefangene BeurteOung der von Gastbx und
Malherbb mitgeteilten Tabellen lehrt, da£s in den yerschiedeaen
Fällen sehr grofee Ziffemdifferenzen bestanden. So wurden zwei
Knaben im Alter von 12, bezw. 13 Jahren nach einem Jahre unter-
sucht. . Bei dem ersteren betrug die Zunahme des Brustumfanges
ein wenig mehr als der Durchschnitt, das Längenwachstum war das
mittlere, und die Gewichtsvermehrung blieb sogar etwas hinter dem
Mittel zurück. Bei dem anderen Knaben dagegen hatte das Gewicht
bedeutend mehr als im Durchschnitt, die Länge dreimal so viel als
im Mittel zugenommen. Bei drei Mädchen trat ein verstärktes
Wachstum nach der Operation sehr deutlich hervor: eine elij^^li^
hatte eine dreimal gröfisere Zunahme an Gewicht und Brustam&ngp
als sie durchschnittlich sich findet, obgleich das Längenwachstum
das mittlere Mafe nicht erreichte ; bei einem zwölQährigen Mädchen
übertraf das Wachstum nach allen drei Dimensionen die Durchschnitts-
zahl um mehr als das dreifache; bei einer fÜnfzehneinhalbjährigeD
überstieg die Brustumfangszunahme das gewöhnliche Mals um reidihcfa
das fünffache, die Zunahme an Länge und Gewicht den Durchschnitt
um mehr als das doppelte. Danach hat die Entfernung €Mlenoidff
Vegetationen bei Kindern den Vorteil, dafs nicht nur der Kopfdmck
und die Aprosexia nasalis aufhören, sondern auch das allgemebe
Wachstum in der Regel einen bedeutenden Aufschwung nimmt
Ein Urteil Ober die methodischen HSr&bnngen fBr Taub-
stumme von Urbantschitsch. Betreffs der kürzlich von Professor
ÜRBANTSOHrrsGH in der Wiener Gesellschaft der Ärzte vor-
geschlagenen methodischen Hörübungen für Taubstumme und ihrer
Wertschätzung seitens der Autoritäten der Ohrenheilkunde ist der
Originalbericht der „Intern, klin, Rimdsch.^ von Bedeutung, aas
dem Professor Politzers Schlufswort hier folgen möge. Letet^er
stimmte der Bemerkung des Professor übbaittschitsch bei, wonach
die Beobachtungsdauer der vorgestellten Fälle aus der Wiener
Taubstummenanstalt zu kurz sei, um über das Endresultat dieser
491
HörQbangen entscheiden zu können. Dafs die Sprechübungen bei
Taubstummen zur Verbesserung des Gehörs schon von den älteren
Ohrenärzten Torgeschlagen und geflbt wurden, hat der Vor-
tragende selber hervorgehoben. Demselben scheint aber die
Methode des Abb6 Ybrrier in Bourg la Reine, die im
Principe mit der seinigen gleich ist, früher nicht bekannt
gewesen zu sein. Professor Politzer hat seit einer Reihe von
Jahren eine Anzahl taubstummer Kinder gesehen, die nach
der Methode von Vsrrier geübt waren, ohne da(s ein wesentlicher
Erfolg eintrat. Desgleichen wurde nach Mitteilungen von Kollegen
diese Methode in Frankreich und Deutschland wegen unbefriedigender
Resultate aufgegeben. Von derartigen Übungen kann ja bei jenen
dorchaus nicht seltenen Taubstummen keine Rede sein, bei
denen, wie die pathologische Anatomie zeigt, grobe Veränderungen
im Labyrinthe, Bindegewebs- und Knochenneubildungen, Steigbügel-
ankylose und Nervenatrophie bestehen. Es kommen daher nur
jene meist von Geburt an Taubstummen in Betracht, die noch
einen fnnktions&higen Rest der Gehörsnervenausbreitung, also
einen Hörrest besitzen. Da zeigt nun die Erfahrung, da^ bei
solchen nicht selten während ihres Aufenthaltes in den Taub-
stummenanstalten spontan eine Hörzunahme für die Sprache bis
auf Vs oder ^1% m, meist auf einem Ohre, eintritt. Am günstigsten
ist die Prognose, wo, wie in den vorletzten drei vorgefahrten Fällen,
Yokalgehör besteht. Der letzte der vorgestellten Fälle ist nach
Politzer nicht einwandfrei, da es sich um eine kurz vorher
abgelaufene Hirnhautentzündung handelt, nach welcher ja Seh- und
Hörvermögen durch Resorption der Ausschwitzungen ganz oder teil-
weise wiederkehren können. In den von ihm nach der Methode Verrieb
behandelten Fällen ging mit wenigen Ausnahmen die gewonnene
Hörzunahme nach einiger Zeit wieder verloren. Politzer kann
daher die optimistischen Anschauungen über die zu erwartenden
gro&en Erfolge der Hörübungen bei Taubstummen nicht teilen ; die
Resoltate derselben sind auf ein bescheidenes Mais zurückzuführen;
er glaubt, dais Professor Urbantschitsoh im Verfolge seiner
weiteren Beobachtungen zu denselben Ergebnissen gelangen wird.
Mit Rücksicht auf die nicht genügende Methode der Demonstration
in einer öffentlichen Versammlung bemerkt Politzer, dafs eine
genaue Prüfung einer Anzahl von Fällen durch ein fachmännisches
Komitee vor dem Anfange und nach Beendigung der Behandlung
der Beurteilung der Resultate förderlich wäre. Der praktische
Wert der Hörzunahme, die selten über ^Z, oder ^1% m hinausgeht,
beschränkt sich auf die Besserung in der Modulation der Aussprache.
Im Sprachverkehre kommt sie deshalb nicht in Betracht, weil es
492
die Tanbstammen der Leichtigkeit und Bequemlichkeit halber yor-
ziehen, die Sprache vom Mnnde abzulesen.
Bettung beim Baden yernnglftckter Schfiler. Erste Pflicht
einem als Scheintodter ans dem Wasser Heransgezogenen gegenflber
ist selbstverständlich die sofortige Einleitung kräftiger nnd beharr-
licher Wiederbelebnngsversnche. Am verbreitetsten ist das Y^bhieB
von Mabshall Hall und Sylvbsteb, die Lnnge kflnstlich zu
dnrchlttften, indem man im Rhythmus der gewöhnlichen Atem-
bewegnngen die Arme ttber den Kopf des Scheintodten nach oben
zieht, um so durch Erweiterung des Brustkorbes Luft in die Longen
einzusaugen, dann die Arme wieder senkt und gleichzeitig bdder-
seits den Brustkorb über den unteren Rippenbogen zusammendrftdct,
wodurch eine kflnstliche Ausatmung herbeigeftkhrt wird. In der
Pariser Akademie der Medizin hat nun nach den ^Industr.-BlätL*
kürzlich Professor Laborde ein noch einfacheres Verfahren an-
gegeben, das sich ihm aufs beste bewährt hat, und das besonden
deshalb, weil es auch von schwächeren Personen, wie Schulen und
Schülerinnen, ausgeführt werden kann, mitteilenswert erscheint
Professor Laborbes Verfahren besteht darin, dals man mit einem
Taschentuch die Zunge des Verunglückten fa&t, sie kräftig nadi
vom zieht und dann wieder nach hinten drängt. Diese Bewegungen
sind mehrfach hintereinander und in einem gewissen Takte aus-
zuführen; es wird dadurch namentlich auf das Zungenbein ein Zog
nach oben ausgeübt. Hat der Handgriff Erfolg, so stellt sich ein
inspiratorisches Schlucken ein, sodann öfteres Erbrechen von ve^
schlncktem Wasser, und die Atmung kommt sofort in Gang.
Labobbe erwähnt, dafs in einem seiner Fälle, wo die künsüicbe
Atmung in herkömmlicher Weise eine Stunde lang vergebens ein-
geleitet war, durch dieses neue Verfahren sich noch die Bettosg
eines Menschen bewirken liels. Man wird also gut thun, andi
dieses Verfahren bei im Wasser verunglückten Schülern in
Anwendung zu bringen. Die Ausführung der künstlichen Atmung
nach Mabshall Hall und Sylvbsteb darf aber darüber nidit
vergessen werden.
Die Oefahren des Fnfsballspiels, wie es im Auslande öfter
betrieben wird, sind wiederholt in dieser Zeitschrift hervorgehoben
worden. Dem alten Satze gemäls: abusus non tollit usum haben
wir selbstverständlich damit nicht das Fu&ballspiel als solches,
sondern nur die rohen Auswüchse desselben bekämpfen wollen.
Wir geben daher gerne einen Abschnitt aus der „Lancet^ wieder,
den ein Mitarbeiter unseres Blattes uns zugehen läfst: „Es ist nicht m
leugnen, daüs ein Spiel, bei dem so viele Unglücksfälle vorkommen,
gefährlich ist. Doch, indem wir dies sagen, verurteilen wir damit
493
einen herrlichen nnd männlichen Sport nicht ohne weiteres nnd
verschliefisen auch unsere Augen nicht für die zahlreichen Umstände,
die zusammenwirken, um in Wirklichkeit die Gefahr weit geringer
zu machen, alfi sie nach den frflher mitgeteilten Einzelheiten er-
scheinen möchte. Es empfiehlt sich diese Art der Leibesübung
vmnöge ihrer glänzenden Vorzüge ftlr die Ausbildung des Körpers,
wie vermöge der Mäßigkeit ihrer Ansprüche an die Zeit und den
Geldbeutel der Spielenden. Ihren Wert kann man vom ge-
sundheitlichen Standpunkte aus einfach nicht hoch genug
schätzen, und die Liste der Unglücksfälle yerliert ihre Bedeutung
in Anbetracht der gro&en Spielerzahl. ^ Im folgenden wird dann
die Frage aufgeworfen, ob und inwieweit durch geeignete Maß-
regeln die Gefahr beim FuüsbaUspiele Terringert werden könne.
Der Atmnngsmodis während des Turnens und Badüahrens
ist nach der y^M(mat&schr, f. Ohrhlkäe."' Ton Conbtoux studiert
worden. Bis jetzt existiert noch keine Hygiene des Atmens beim
Turnen nnd Velocipedfiihren. Die früher angeratene kombinierte
Mond- und Kasenatmung ist als nicht durchführbar und physiologisch
fast unmöglich yon vornherein zu verwerfen. Es kann sich also
sur um Mund- oder Nasenatmung handeln. Das Mundatmen ist
allein als Hilfeatmen zu betrachten. Es tritt ein, wenn grofee
Ansprüche an die Lungen und indirekt an das Herz gestellt werden,
es kann aber das Atmen nicht regulieren und gestattet keine
Reserveluft in den Lungen. Das Nasenatmen ist das einzig normale
und auch das einzig unbewuist automatische Atmen. Verfasser hat
den Atmungsmodus auf dem Zweirad, als dem seiner Ansicht nach
Merzu geeignetsten Mittel, studiert. Atmet man beim Radfahren
nur durch die Nase, so kommt ein Moment, wo die anfangs er-
weiterten Nasenflügel infolge der durch die Lage des Gaumen-
segels geschaffenen Luftverdünnung sich an die Nasenscheidewand
andrücken, wo also Atemnot eintritt, und wo der Radfahrer, wenn
er weiter fahren will, die Mundatmung zu Hilfe nehmen mufs. Das
Gaomensegel und indirekt die Nasenflügel zeigen demnach recht-
zeitig die Atemnot an und bewahren das Herz vor Asystolie. An
dieser Grenze soll der Radfahrer ausruhen und nicht die Mund-
atmong durch Weiterfahren zu Hilfe nehmen, da sonst das Herz
überanstrengt wird.
Studien fiber indirekte Belenchtnng sind von F. Pelzer
angestellt und in seiner Halleschen Inauguraldissertation 1893
veröffentlicht worden. Die Arbeit des Verfassers bildet nach der
nByg. Bundsch.^ eine Ergänzung der Untersuchungen, welche früher
von Dr. Mennig im Hörsaal des hygienischen Institutes zu Halle
ausgeführt und im yfQesdhtsing." publiziert sind. Zur Herstellung
494
der indirekten Beleuchtung wurden unter den 4 den Hörsaal er-
leuchtenden Regenerativbrennem Beflektoren aus Metall und ans
Milchglas angebracht. Mennig hatte gefunden, dafs bei den
Metallschirmen 60,2 Voj bei den Milchglasschinnen 35,4 % an
Helligkeit gegenüber der direkten Beleuchtung verloren gehen.
Pelzer stellte sich nun die Aufgabe, zu untersuchen, ob sich dieser
Helligkeitsverlust nicht herabmindern lasse, etwa durch
Höher- oder Tieferstellen der Beleuchtungskörper.
Er maus deshalb mittelst des WEBERschen Photometers die Hellig-
keit einer Beihe von Plätzen bei verschiedenem Hochstand der
Lampen. Dabei fand sich, dafs Tieferstellung der Lampen bei
direkter und bei indirekter mittelst Milchglasreflektoren hergestellter
Beleuchtung eine Verbesserung der Helligkeit, dagegen bei indirekter
Beleuchtung mit Metallreflektoren eine Verschlechterung der Helligkeit
bewirkte. Dies Ergebnis erklärt sich ohne weiteres daraus, daCs bei
direkter Beleuchtung durch Tieferstellen der Beleuchtungskörper der
Weg, den die Lichtstrahlen bis zu den Plätzen zurücklegen müssen,
verringert, mithin die Lichtintensität vergrölsert wird, während bei
reiner indirekter Beleuchtung, wie sie durch die für Lichtstrahlen
ganz undurchlässigen Metallschirme zu stände kommt, der Weg, den
die Strahlen vom Reflektor bis zur Decke durchwandern müssen,
durch Tieferstellen der Lampe verlängert wird, die Strecke von der
Decke bis zu den Subsellien aber die gleiche bleibt. Die Beleuchtung
mit Milchglasreflektoren stellt ein Gemisch von direkter und indirekter
Beleuchtung dar, ein Teil der Strahlen geht durch das Milchglas
hindurch, ein Teil wird reflektiert. Der Einflufs der direkten
Strahlen überwiegt hier. Die Verteilung des Lichtes ist bei
direkter, wie bei gemischter durch Milchglasschirme hergestellter
Beleuchtung bei Hochstand gleichmäfsiger, als bei Tiefstand der
Lampen, d. h. die Differenz zwischen dunkelstem und hellstem
Platze ist bei Hochstand geringer. Bei der Beleuchtung mit Metall-
reflektoren dagegen ist die Verteilung des Lichtes gleichmäßiger bei
Tiefstand. Die Intensität der Schattenbildung untersuchte
Pelzer bei den drei verschiedenen Beleuchtungsarten, indem er als
schattenwerfenden Körper eine quadratförmige in geeigneter Weise
über dem zu messenden Platze aufgestellte Pappscheibe benutzte
und den Lichtverlust im Schatten feststellte. Durch Hochstand der
Lampen wurden die Lichtverluste im Schatten bei direkter und bei
gemischter Beleuchtung deutlich herabgemindert, bei reiner indirekter
durch MetaUschirme hergestellter Beleuchtung aber etwas erhöht. Auf-
fällig war, daCs die Lichtverluste bei direkter und gemischtet
Beleuchtung ungefähr gleich waren, während das Auge bei direkter
Beleuchtung zweifellos intensivere Schatten beobachtete. Das erklärt
495
sich ans der Beschaffenheit der Schattenränder, die bei direkter
Belenchtong scharf, bei indirekter yerschwommen sind. Für das
Ange ist der allmähliche Übergang von hell erleuchteten zu
dunkleren Partien entschieden wohlthnender , als der schroffe.
Hierin ist mithin die indirekte Beleuchtung der direkten überlegen.
Torfstren als Desinfektionsmittel für Sehnlaborte ver-
dient nach den neuesten Untersuchungen besondere Empfehlung.
C. Frasnkel und E. Elipstein haben nämlich Experimente über das
Verhalten der Cholera- und Typhusbakterien im Tor£amll angestellt und
ihre dem letzteren günstigen Resultate in der „Ztschr. f. Hyg, u. In-
fektskrkhin,^ veröffentlicht. Infolge einer Aufforderung von landwirt-
schaftlicher Seite beschäftigten sich dieselben speciell mit der Frage, ob
die Zwischenstreu von Torfinull im stände ist, die in den Eotmassen
enthaltenen Keime ansteckender Krankheiten, insbesondere von
Cholera und Typhus, sicher zu töten, und ob dieser Abtötung durch
Zusätze eine gröfsere Sicherheit und Beschleunigung verliehen werden
kann. Womöglich sollten die Zusätze dem Wachstum der Kultur-
pflanzen nützlich sein, und es wurden als solche Kainit und Super-
phosphat besonders erwähnt. Die Genannten fanden zunächst, dalls
die Zahl der im TorfinuU enthaltenen Mikroorganismen auffällig
gering ist. Da dasselbe von der Oberfläche dpr Torfmoore ge-
wonnen wird, so steht dieser Befund zu dem sonstigen Beichtum
der oberflächlichen Bodenschichten an Keimen in bemerkenswertem
Gegensatz. Sie ermittelten femer, dais das Torfmull eine nicht
unbedeutende bakterientötende Wirkung ausübt und dafs die Stärke
dieser Wirkung vom Säuregehalt abhängt, durch Vermehrung der
Säure erhöht, durch Verminderung derselben erniedrigt wird. Kainit
äufserte keinen beschränkenden Einfluis auf das Bakterienwachstum,
wohl aber erhöhten Salzsäure, Schwefelsäure und saure Salze, wie
das Superphosphat, die desinfizierende Kraft des Torfmulls in sehr
ausgesprochener Weise. Die Versuchsanordnung war derartig, dafs
zuerst der EinfluÜB des letzteren auf Aufschwemmungen von Cholera-
und Typhusbakterien, dann auf Mischungen derselben mit Harn oder
mit Stuhl oder mit Harn und Stuhl zugleich geprüft und zuletzt auch
die Wirkung von Zusätzen zum Torfinull erprobt wurde. Entsprechend
der gröiseren Empfindlichkeit der Cholerabakterien gegen Säuren
wurden diese durch Torfoiull weit deutlicher beeinfluist, als die
TyphusbaciUen, aber bei beiden hing die keimtötende Kraft des
Mulls ausschliefslich von der Reaktion der entstandenen Gemische
ab. Cholerabakterien, welche in einer Mischung von saurem Harn
und saurem Stuhl nach 20 Tagen noch am Leben waren, wurden
durch Torfmnllzusatz in weniger als 24 Stunden vernichtet. Wenn
aber der Stuhl alkalisch war, so blieben sie je nach der wechselnden
496
Reaktion auch beim Zusatz von Torfmull eine yerschieden lange Reihe
von Tagen am Leben« Torfmull mit Hinzoflkgnng von Snperpho^hat im
Verhältnis von 5 : 1 oder 2 : 1 yemichtete dag^en die im Kot, ancfa
wenn er aLkaliflch reagierte, enthaltenen Cholerabacillen in 1 bis
4 Stunden. Typhnsbadllen wurden in saurem Harn und saniem
Stuhl durch Torfimnll in spätestens 24 Stunden getötet, in alkaüschem
Hani und Stuhl waren sie aber nach 6 Tagen noch nicht ab-
gestorben, indessen konnte diese Zeit durch Superphosphatznsati
auf 24 bis 48 Stunden herabgesetzt werden. Die bisherige MeinnBg,
dals Torfinnll nur desodoriere, nicht desinfiziere, wird nach diesei
Yersuchsergebnissen aufgegeben werden müssen. Dasselbe besitzt
Tielmehr eine betr&chtliche keimtötende Kraft, welche durch passende
Zusätze, z. B. von Superphosphat noch vermehrt werden kann. Di,
wo keine Schwemmkanalisation besteht, empfiehlt sich daher das
Einstrenen von Torfinull in Schulaborte als ein sehr brauchbares
Verfahren, zumal wenn keine groCsen Gruben, sondern kleine, hftofig
gewechselte Tonnen zur Anwendung kommen. In den Grofsherzog^ch
Braunschweigischen Schulen wird dies Verfahren schon seit Hagerer
Zeit erfolgreich geübt.
Vin. internationaler Kongrers für Hygiene und Den«-
graphie in Budapest. In der hygienischen Gruppe dieses Kongresses
sind bis jetzt 593, in der demographischen Gruppe 132, scMnit im
ganzen 725 Vorträge angemeldet worden. Femer werden 26 Regie-
rungen, 91 Behörden, 41 Universitäten, 132 Gesellschaften und Vereise
zusammen 620 Delegierte entsenden. Unter den letzteren befinden
sich solche der argentinischen Regierung, der Regierung der Ve^
einigten Staaten, der japanischen Regierung, des Staates Michigan,
der Kolonie des Kaps der guten Hoffnung. Von den Städten lassen
sich unter anderen Alexandrien, Bnnnah, Howrah, Rangoon nnd
Mexico vertreten. Femer schicken Abgesandte Golumbia-GoUege 2a
New York, die Universität in Michigan, sowie die geographische
und statistische Gesellschaft zu Mexico. Der Kongreis gewinnt ein
besonderes Interesse durch die mit ihm verbundene Aussteünng,
namentlich durch jenen Teil derselben, welcher die Assanierung der
grofsen Städte vorführen wird, und haben schon verschiedene dff
letzteren, wie Berlin, Hamburg, Brttnn, Paris, Montpellier, Venedig,
Odessa, Alexandrien, St. Louis Potosi ihre Teilnahme zugesagt. Von
497
denVortrftgen der allgemeinen Sitzungen sind folgende hervorzuheben:
1. Geheimer Medizinalrat Professor Dr. E. LETDBN-Berlin: Über
die Fürsorge der grofeen Städte für die Schwindsüchtigen. 2. Pro-
fessor Dr. Gborg von MAYR-Strafsburg : Statistik nnd Gesellschafts-
lehre. 3. Baorat nnd Civilingenieur HERZBBRa-Berlin : Die Aufgaben
des Ingenieurs in der Hygiene. 4. Professor E. LEVASSEUR-Paris :
Histoire de la d^mographie. 5. Professor Dr. ERiSMANN-Moskau:
Der Kampf mit dem Tode. 6. Dr. Erhebt HART-London:
Protection against cholera in the Orient and the hypothesis of its
epidemic diffnsion; the propagation of cholera by river communication
and by long railway lines, the direct connection between the
propagation of cholera and of typhoid fever by water, milk and
food; together with the proved connections between the suppression
of cholera and of typhoid fever and the improvements in the System
of drainage etc. 7. Professor Dr. C. LoMBROSO-Turin: Le
criminel. Mit der Ausfolgung der auf Grund der Fahrpreis-
enn&fsigongen zusammengestellten Fahrkarten wurde die inter-
nationale Schlafwagen- und europäische Exprefszügegesellschaft
betraut. Diese ErmäTsigungen können jedoch nur gegen Aufweisung
der Mitgliedskarte genossen werden. Die Teilnehmer werden daher
ersucht, ihren Beitrag von 10 fl. sobald als möglich an das General-
sekretariat (Budapest, Rochusspital) einsenden zu wollen.
Sehnlhygienisches Ton der Weltausstellung in Chgicao.
In der y^lUinois-Staatsetg.^ stellt Dr. FiCK einen Vergleich zwischen
dem deutschen und dem amerikanischen Schulwesen auf Grund der
beiderseitigen Ausstellungen an und schreibt dabei unter anderem
nachstehendes: Dais es in hohem Grade verwerflich sei, die heran-
wachsende, nach jeder Richtung hin empfängliche Jugend in luft-
knappen und lichtarmen Schulhöhlen festzuhalten, ist schon von vielen
Sexten zur Genüge betont worden. Sowohl diesseits wie jenseits des
Atlantischen Oceans zeigt sich denn auch ein löbliches Bestreben,
die Neubauten der Unterrichtsanstalten zweckentsprechend
aufzuführen. Die Überzeugung bricht sich immer mehr Bahn, daTs
vor allem die Schulhäuser den Forderungen der Gesundheitspflege
genügen müssen. Bei einer vorurteilsfreien Prüfung der ausgestellten
Modelle und Bilder von neu errichteten deutschen und amerikanischen
Schulhäusem wird man nicht umhin können, den Fortschritt an-
zuerkennen. Freilich ist es verhältnismäfsig wenigen Städten ver-
gönnt, die Schulen mitten auf groDse offene Plätze zu stellen, wie
es in Denver in Colorado zu geschehen vermochte. Aber überall
kann Abstand genommen werden von der Anlage neuer Schulbauten mit
hölzernen, engen Treppen, dunkeln Gängen und solcher ohne Wasser-
leitung, ja selbst ohne künstliche Beleuchtung. Die Winke, welche der
Beliiil««aiindheitopflef e VH. 32
498
bekannte, von deutscher Wissenschaft genährte amerikanische P&dagog
G. Stanlbt Hall in seinem Werkchen „Health of School
children as affected by School baildings'' gab, werden noch
gelegentlich anüser acht gelassen, wenn man nicht neben dem Ban-
meister auch den Schulmann bei der Konstruktion der Schulbantea
und der Einrichtung der Schulräume zu Worte kommen Ifiist. Was
helfen femer die prächtigen Pulte und Bänke, wenn sie vernunftwidrig
in der Klasse aufgestellt werden, was nützt selbst die geeignete Anf-
stellung derselben, wenn die Schüler beispielsweise beim Schrdb^
zu unpassendem Sitzen angehalten werden? Wie nötig es ist, der
Schulhygiene Aufmerksamkeit zuzuwenden, davon zeugen die Be-
strebungen, welche hüben und drüben seit einigen Jahren gemacht
worden sind, ein besseres, der Gesundheit zuträglicheres Sitzen der
Schüler beim Schreiben zu erzielen. Ob die Einführung der Steil-
schrift das erreichen wird, sei dahingestellt — die Versuche sind
noch nicht abgeschlossen — , immerhin aber verdient die Angelegen-
heit, der hier in Amerika besonders deutsche Schulmänner, wie
die Leiter der Workingmen's School in New York und der Jewish
Training School in Chicago, Beachtung geschenkt haben, und welche
neuerdings einen Gegenstand der Untersuchung in der Universit&t
der Stadt New York bildet, die Erwägung aller Beteiligten. Wenig
ist hier in Amerika für die treffliche Neuerung, das Schulbad,
geschehen. Die vorhin erwähnte Jewish Training School allerdings
hat demselben Aufoahme gewährt, leider aber entbehrt es die
amerikanische Volksschule. Den Behörden ist das Modell der Volks-
schulbäder, wie sie in Göttingen und an anderen Orten vorgesehen
sind, eine Mahnung, dafs noch manches bei uns zu thun übrig
bleibt. Als praktisch scheint man die Verwendung von Brausen
und die Benutzung eines Desinfektors, in welchem die Kleider der
badenden Schüler desinfiziert werden, erkannt zu haben. Die hohe
Bedeutung von gemeinsamen Spaziergängen und Ausflügen ist in
Deutschland längst zugestanden worden, und ganz jüngst hat man
dem Jugendspiel als Mittel zur Erziehung Förderung angedeihen
lassen. Es liegen auf der Ausstellung detaillierte Schilderungen der-
artiger geordneter Jugendspiele vor. Ob die Einführung derselben
für die amerikanische Jugend zweckdienlich wäre, bedarf weiterer
Erwägung, ist ja gerade hier das endlose Systematisieren und
Schablonenwesen ein Krebsschaden gedeihlicher Entwickelnng. Auf-
fallend erschien, daCs bei den ausgestellten Spielkursen die Leistungen
der Teilnehmer, wie bei anderen Fächern, beurteilt und censiert
waren. Es mu£s als ein erfreuliches Zeichen gelten, dals dem
Schulturnen immer mehr Freunde und BefELrworter erstehen.
Thatsächlich hat es ja auch neuerdings in amerikanischen Volks-
499
schulen wieder mehr Boden gewonnen, ohschon Chicagos Vorgehen
in der Beschränkung des Turnunterrichtes einen Rttckschritt bezeichnet.
Fängt man auch hier an, Tumsäle für vorgerücktere Schttler zu
erbauen, so läfst doch das einzig auf Freiübungen sich beschränkende
Turnen in den Elementarklassen manches zu wünschen übrig. Be-
zeichnend ist die Verfügung des früheren Ministers Gossler an-
läfslich des Turnens. Er sagt: ^Leider ist die Einsicht noch nicht
allgemein geworden, dafs mit der leiblichen Ertüchtigung und Er-
frischung auch die Kraft und Freudigkeit zu geistiger Arbeit wächst.
Manche Klage wegen Überbürdung und Überanstrengung der Jugend
würde nicht laut werden, wenn diese Wahrheit mehr erlebt und
erfahren würde. Darum müssen Schule und Haus, und wer immer
an der Jugendbildung mitzuarbeiten Beruf und Pflicht hat, Raum
schaffen und Raum lassen für jene Übungen, in welchen Körper
und Geist Kräftigung und Erholung finden. Der Gewinn davon
kommt nicht der Jugend allein zu gute, sondern unserem ganzen
Volke und Vaterlande. " Wenn so die Urteile von oben lauten,
die nebenher noch in der Anbringung des herrlichen Gemäldes von
KoBERSTBiN, preufsische Gynmasialschüler beim Turnen und Lernen
darstellend, Bekräftigung finden, so vermag man nur zu hoffen, dafs
auch hier über kurz oder lang die gleiche Einsicht sich Babn brechen
wird. Was auTserhalb der Schule durch einfache, aber gut aus-
geführte Turnübungen erzielt werden kann, davon zeugten die
geradezu überwältigenden Leistungen der von dem Milwaukeeer
Turnfest heimkehrenden Turner in der Arena auf dem Welt-
aosstellungsplatze. Auf dem Gebiete des Handfertigkeits-
unterrichtes kann man getrost der Neuen Welt den ersten Rang
zusprechen, sowohl was die Leistungen auf den unteren Stufen in
Schulen, welche der Handthätigkeit Raum gönnen, als auch die
in den Klassen der Manual Training Schools betrifft. Auch der
Kindergarten, dessen Zukunft in der westlichen Erdhälfte sein
genialer Schöpfer ahnte, hat Grossartiges daselbst zuwege gebracht.
Die Anämie bei Schnlkindern. unser verehrter Mitarbeiter
Dr, GoMBE, Schularzt in Lausanne, teilt in seinem neusten Berichte
über den ärztlichen Dienst an den dortigen Schulen mit, dafs im
Jahre 1891 114, 1892 83 und 1893 91 Fälle von Blutarmut
unter den Schulldndem notiert wurden. Die wirkliche Zahl der
Anämischen war jedoch beträchtlich grölser; denn die angeführten
Ziffern beziehen sich nur auf diejenigen, welche wegen Blutarmut
den Unterricht unterbrechen mufsten, während die meisten Anämischen
denselben weiter besuchten, dabei aber gleichzeitig eine ärztliche
Kur durchmachten. Im Jahre 1890 waren sämtliche anämische
Kinder ermittelt worden; die Zahl derselben betrug 24%, nämlich
32*
600
548 bei 2205 Schulkindern überhaupt. Unter den 740 Knaben
befanden sich 184 = 24%, unter den 924 Mädchen 286 == 29 Vo;
das Leiden kam also bei den Mädchen etwas häufiger als bei den
Knaben vor. Auch der Wohnort hatte auf dasselbe Einfluls. Von
den 1714 Stadtkindern litten 470 oder 27 7o an Blutarmut, von
den 491 Kindern in Dorfschulen dagegen nur 105 oder 21%;
dieselbe tritt demnach in der Stadt entschieden öfter als auf dem
Lande auf. Nur in dem Dorfe Ouchy fand sich eine hohe Frequenz,
einmal seines städtischen Charakters wegen und sodann, weil die
dortige Schule alt und auiserordentlich unhygienisch eingerichtet ist
Ouchy hatte unter 123 Schulkindern 33, d. i. 27 % anämische,
wogegen sich bei den übrigen 368 Landkindem nur 71 = 19%
fanden. Über die Verteilung nach Klassen gibt folgende, aus-
schliefslich auf die Stadtkinder bezügliche Tabelle Aufschluß:
Städtische
Zahl der
Zahl der
0/
'0
Klassen
Kinder
Anämischen
V.
310
74
23
IV.
302
93
30
m.
366
109
32
II.
196
71
36
I.
216
64
30.
Die Anämie nimmt also, von einer Ausnahme abgesehen, nach
den oberen Klassen hin zu, so daCs die Schule dieselbe zu be-
günstigen scheint. Für das letztere spricht besonders auch der
Umstand, dafs die Lehranstalten mit ungünstigen hygienischen
Verhältnissen mehr Anämische, als diejenigen mit günstigen Ver-
hältnissen hatten. In Villamont befanden sich nämlich unter 200
Knaben 48 oder 24% blutarme, in Chemin-Neuf unter 177 Knaben
52 = 29%, in Villamont unter 209 Mädchen 39 oder 18%,
in Madelaine unter 229 Mädchen 63 oder 28%, in Mus6e Arland
unter 140 Mädchen 53 oder 38%. Die Schule in Ghemin-Nenf
ist aber bereits verlassen und nach Beaulieu in ein nach allen R^ete
der modernen Hygiene errichtetes Gebäude yerlegt, und mit Madelaine
und dem Mus^e Arlaud wird yoraussichtlich bald dasselbe geschehen,
da auch hier in gesundheitlicher Beziehung sehr viel zu wünschen
übrig bleibt.
Hygienisehe HiTsstände in den Londoner Distriktsamei-
selinlen. In dem englischen Hause der Gemeinen richtete am
4. Juni d. Js. Herr Bartlby in Vertretung für Sir John Gobst
an den Vorsitzenden der lokalen Regierungsbehörde die Frage, ob
er eine Auskunft veranlassen wolle über die Zahl und den Verlauf
501
der Epidemien von Angenentzündnng, Scharlachfieber, Masern,
Diphtherie und anderen infektiösen Krankheiten, welche während der
letzten zehn Jahre in den zn den hauptstädtischen Yereinigongen
gehörigen Distriktsannenschnlen Yorgekommen seien. Zugleich
wünschte er die Ziffer der bei jeder Epidemie ergriffenen Kinder
zu wissen, die durchschnittliche Dauer der Behandlung, die Mortalität,
die Zahl der Fälle, in denen dauernde Schwäche zurückgeblieben
sei, und die Gesamtsumme der Extrakosten, welche den Steuer-
zahlern der Hauptstadt durch den Ausbruch verursacht seien. In
Erwiderung auf diese Anfrage bemerkte Herr Shaw Lbebvre,
er habe eine Untersuchung angestellt, halte es jedoch' fOr
unthunlich, die geforderte Auskunft zu erteilen. Höchstens könne
er zustimmen, dafs eine Statistik der innerhalb eines bestimmten
Zeitraumes, z. B. dreier Jahre, bei den betreffenden Kindern vor-
gekommenen Todesfälle aufgestellt werde. Aus dieser Antwort folgt,
so bemerkt „T^e Brit Med. Jaum.*^, dafs die lokale Begierungs-
behörde keine Aufzeichnungen über das Auftreten von Infektions-
krankheiten in den Distriktsschnlen gemacht hat, eine Unter-
lassong, die nicht tief genug bedauert werden kann, und die in
Zukunft ein- fQr allemal beseitigt werden sollte. Die Krankheiten,
die bei jenen unglücklichen, in Baracken angehäuften Kindern
hauptsächlich entstehen, sind keine tödlichen, aber sie tragen nicht
wenig zur Entkräftung derselben bei. Diese Krankheiten rühren
von schlechter Ernährung und ungünstigen Lebensbedingungen her,
da das Barackensystem für Kinder das allerschädlichste ist. Es
sind besonders Augenentzündungen, chronische Bachenleiden, mangel-
haftes Gehör, -nächtliches Bettnässen, Entwickelung oder Yer-
schlimmerung von Skroftdose, Erkrankungen der behaarten Kopfhaut
und der übrigen Haut. Durch dieselben werden die betreffenden
Kinder nicht nur gequält, sondern auch an ihrem Fortschritt in der
Schule gehindert, so dafs sie später im Leben nicht weiter
kommen können. Aufserdem sind die Ausgaben fär die elenden
Verhältnisse in jenen Schulen sehr bedeutende, indem sie jährlich
£ 25 pro Kopf betragen. Die überfüllten Barackenschulen sollten
daher abgebrochen und die Kinder fortan aufs Land geschickt
werden, wo sie firische Luft, körperliche Beschäftigung und häusliches
Leben in Internaten geniefsen könnten.
Hnsterimg der schulpflichtigen Kinder in Berlin. Wie die
„BerL kUn. Wochschr,**' berichtet, sind dem Verein fOr gesundheits-
gemäfse Erziehung der Jugend die nachstehenden, einstimmig ge-
faTsten Beschlüsse des Standesvereins der Ärzte der Friedrichstadt
in Berlin mitgeteilt worden: 1. zu erklären, dafs die Musterung
der schulpflichtigen Kinder in Berlin notwendig ist; sie allein
602
erscheint geeignet, den Boden zu schaffen, anf welchem erspriefsliche
Mafsregehi für Gesundong der Schüler und der Schalen sich ent-
wickeln können; 2. seinen Mitgliedern zu empfehlen, sich an den
Musterungen schulpflichtiger Kinder, sohald dieselben ins Leben
treten, nach Maisgabe ihrer Kräfte und des Bedarfs zu beteiUgen.
Was kann die Schnle und besonders der Lehrer zur
FSrdernng der Mäfsigkeitssache thnn ? Für die beste Arbeit ober
diese Frage hatte der deutsche Verein gegen den Mi&brauch geistiger
Getränke im Juni vorigen Jahres einen Preis ausgeschrieben. Es sind
daraufhin 112 Arbeiten eingegangen. Der Preis, welcher 300 Mark
beträgt, ist dem Lehrer Heinrich Brosts in Meschede zugefallen.
Der Genaimte erhält aufserdem den von der MäisigkeitskommissioD
des westfälischen Städtetages für die beste westfWsche Arbdt
gestifteten Nebenpreis von 100 Mark.
Massenerkranknngen im Waisenbanse zn Bnnzlan. Der
jyReichsanz."^ schreibt: Im Laufe des 13. und 14. Juni erkrankten
im Waisenhause zu Bunzlau 24 Alumnatszöglinge, welche ver-
schiedenen Knabenfamilien und verschiedenen Lehranstalten angehören,
an Brechdurchfall, verbunden mit Fieber und heftigen Leibschmerzen.
Bis zum 17. stieg die Zahl der Erkrankungen auf 56. Da so viele
Kranke in den Anstaltsräumen nicht untergebracht werden können,
vmrden 26 Zöglinge in das Kreiskrankenhaus zur Pflege überwiesen.
£s lag der Gedanke nahe, dais der gemeinschaftliche GenuTs eines
gesundheitsschädlichen Nahrungsmittels die Erkrankungen herbei-
geführt habe, und so sind von dem Anstaltsarzt, dem Kreisphjsikas
Dr. Adelt, eingehende darauf bezügliche Untersuchungen angestellt
worden. Ebenso haben fortgesetzte Nachforschungen stattgefunden,
ob besondere Umstände in den Wohnräumen, der Küche u. s. w.
die Krankheit veranlafst haben könnten. Es ist aber über den
Grund der Erkrankungen nichts Sicheres ermittelt worden« Der
Verlauf ist bisher durchweg ein günstiger gewesen. Nach dem
letzten Bericht des Anstaltsdirektors vom 17. Juni hat die £[rankheit
im Laufe dieses Tages wesentlich abgenommen. Vier Zöglinge konnten
bereits aus der ärztlichen Pflege entlassen werden. Kranke, deren
Zustand Besorgnis erregt, sind nicht mehr vorhanden. Trotzdem hat
der Kultusminister einen besonderen Kommissar zur Untersuchung
der Angelegenheit nach Bunzlau gesandt.
Zahnärztliche Untersnchnngen in badischen Sehnlen. In
der „Q-sdht"' schreibt Zahnarzt Marguse zu Heidelberg: Die
Kadettenanstalten, welche im Gleichmafs der körperlichen und
geistigen Ausbildung die besten Bildungsanstalten sind, haben schon
vor Jahren die Notwendigkeit regelmäfsiger zahnärztlicher Unter-
suchungen ihrer Zöglinge anerkannt. Der Grofsherzoglich badische
603
Oberschiürat ist jetzt dem Beispiele dieser Anstalten gefolgt und hat
fOr das Jahr 1894 zahnärztliche Untersnchnngen an einigen
Schalen angeordnet. Die Eltern sollen jedes halbe Jahr von dem
Zustande des Mondes ihrer Kinder unterrichtet werden. Nach dem
Ergebnisse des Versuches wird es sich entscheiden, ob die Unter-
suchungen auf alle Schulen Badens ausgedehnt werden.
Der zweite Lehrgang fBr Lehrerinnen der Mädchenspiele
in Bonn fand vom 15. bis 18. Mai d. Js. statt. An demselben nahmen
31 Lehrerinnen, sämtlich aus der Bheinpro7inz, teil. Die Spiel-
standen waren am 15., 16. und 17. Mai täglich von 8 bis 12 Uhr
moi^ns und 3 bis 5 Uhr nachmittags. Unter Leitung des Ober-
tumlehrers Fb. Sghboedeb wurden die fdr den Spielbetrieb der
Mädchen auf den yerschiedenen Altersstufen empfehlenswertetsen
Spiele erläutert und sofort praktisch geübt. An die Spielstnnden
schloCs sich täglich ein Spaziergang in die Umgebung von Bonn an,
am Mittwoch, den 17., auf den Drachenfels. Die Yorträge waren auf
den 18. yerlegt, und zwar sprach Obertumlehrer Fb. Sghboedeb
„Über die Einrichtung des Spielbetriebes für Mädchen** und Dr. F. A.
Schmidt „Über den Wert der Leibesübungen und Spiele für
Mädchen**, sowie fernerhin „Über zweckmäfsige Spiel- und Tum-
kleidung fär Mädchen**, wobei namentlich die Korsett-, sowie die
Foisbekleidungsfrage beleuchtet wurde. Die Spiele fanden, wie
auch bei früheren Kursen, auf dem grofsen Platze des Bonner
Eisklubs statt. Das Wetter war recht günstig. Wenn auch die
starke Hitze auf dem schattenlosen Platze die Glieder etwas er-
schlaffen machte und zarte Gesichter und Hände in kurzer Frist
bräunte, so hielten doch alle Teilnehmerinnen die Anstrengung tapfer
und, wie die fröhliche Stimmung bei den Ausflügen zeigte, zum
Vorteil auch für ihre geistige Frische ans. Möge es den Damen
gelingen, so schliefst die „Dtsch. Turmstg,*^ diesen ihren Bericht, den
hier bekundeten Spieleifer und die hier gezeigte Spielfreude auch
auf ihre Schülerinnen zu übertragen.
Jahresberielit des Vereins zur Heilung stotternder Volks-
sehfiler in Hamburg. Im verflossenen Arbeitsjahre, so berichtet
der Vorstand des genannten Vereins, wurden von 7 Lehrern
14 Heilkurse abgehalten. 160 Schüler besuchten dieselben regel-
mäßig bis zum Schiulis und zeigten bei der Prüfung, dafs der
Unterricht Ton gutem Erfolge gekrönt war. Das erzielte Resultat
spiegelt sich in folgenden Zahlen ab : Es wurden geheilt 92 Schüler
= 67Vj%, sehr gebessert 35 = 227o, gebessert 31 = 19%,
nicht gebessert 2 = V/i^o. Erhöhte Prozentsätze von Heilung
oder Besserung gegen früher zu erreichen, ist nicht gelungen.
Wohl aber sind im letzten Jahre verschiedene Mafsnahmen ge-
604
troffen worden, die als wertvolle Verbessenmgen in der Fflisoi^ge
für die sprachleidenden Yolksschüler betrachtet werden müssen. Es
konnte sich den Beobachtungen des Vorstandes nicht entziehen, dafs
die oft yemommene Klage über Rttckfälligkeit geheilter Kinder nicht
unbegründet sei. Die Natur des Sprachgebrechens läist einen solchen
Rückfall begreiflich erscheinen, zumal wenn man in Erwägung
zieht, dals manche unserer Schüler weder selber über hinreichende
Geistesreife und Selbstzucht verfügen, noch auch von selten da
nächsten Angehörigen die nötige Au&nunterung und Unterstützung
finden. Drei Mittel kamen hiergegen zur Anwendung. 1. Die
Kinder wurden in einem früheren Lebensalter aufgenommen, durchweg
mit 10 bis 12 Jahren. So bleibt nach erfolgter Heilung noch
Zeit und Gelegenheit, die Entlassenen in der Schule zu übw-
wachen und ihnen hier die Möglichkeit zu bieten, die neugewonnene
Sprachfertigkeit besser auszunutzen, als bei sofortigem Eintritt in
das öffentliche Leben. 2. Zwischen den einzelnen Kursen fand nicht
mehr eine Unterbrechung statt. Dadurch soll dem RückfaU der in
einem Heilkursus gebesserten und in den folgenden Kursus wieder
eintretenden Schüler vorgebeugt werden. 3. Am Schlüsse des Kursus
wurden die Geheilten nicht endgültig entlassen, sondern sie traten
sofort in einen Nachhilfekursus ein, der sich durch 20 Wochen mit
wöchentlich einer Stunde erstreckte. Da in Fachkreisen die Ansicht
laut geworden ist, dafs das Stottern oft mit krankhaften Erscheinungen
des Nasen- und Rachenraumes in ursächlichem Zusammenhange stehe,
so war es längst der Wunsch des Vorstandes, hierüber einmal bei
den Schülern Authentisches zu erfahren. Dr. med. Pludbr, Spedal-
arzt für Ohren-, Nasen- und Halskrankhäiten hierselbst, hat bd
den 102 Stotterern der yor Ostern beendeten 7 HeiUrurse eine
Untersuchung der oberen Luftwege und bei 3 Schülern auch eine
Operation vorgenommen. Derselbe berichtete dem Vorstände über
seine Ermittelungen. Hypertrophien der Rachenmandel oder adenoide
Vegetationen wurden bei ca. 30% der Kinder gefunden, und Ton
diesen waren 7 % mit starken, den Nasenraum ziemlich ausfiülendea
Vegetationen behaftet. AuTser den vielen Fällen chronischen Schnupfens,
fanden sich 2 Fälle atrophierender Rhinitis. Ferner wurden bemerkt
6 Fälle mit deutlichen Leisten der Nasenscheidewand und 2 Fülle
von Verkrümmung der letzteren. Entsprechend dem greisen Prozent-
satze hypertrophierter Rachenmandeln zeigten sich auf&Uende
Gestaltungsformen des harten Gaumens (Dachziegelform, Schi&-
kielform, Muldenform) und damit verbundene SchiefiBtellung, hezw.
unregelmäfsige Stellung der Zähne in 25 Fällen. Die sonstigen
Verhältnisse der Mund- und Rachenhöhle boten wenig Besonderes.
Einmal kam zu kurzes Zungenbändchen, viermal bemerkenswerte
505
Mandelhypertrophie und einmal auffallender granulöser Rachenkatarrh
Yor. Wenn auch eine allgemeine Körperuntersuchung nicht statt-
gefunden hat, so kann doch gesagt werden, dafs der Prozentsatz
früherer oder gegenwärtiger Skrofulöse kein sehr grofser war und
daXs der Verdacht überstandener Rhachitis nur in vereinzelten FäUen
bestand. Kariöse Zähne, bezw. verwitterter Zahnschmelz fanden
sich allerdings öfter. Im Gegensatze zu den Stammlern, bei denen
sehr häufig Skrofulöse und Rhachitis als ätiologische Momente
ermittelt wurden, während starke Entwickelung der Rachenmandel
hier selten war, fanden sich bei Stotterern, wie bereits bemerkt, auf-
fallende Hypertrophien der letzteren durchaus nicht vereinzelt, und
zwar bei Kindern, deren allgemeiner Körperzustand keine der beiden
genannten Entwickelungskrankheiten erkennen liefs. Im AnschluTs
an den letzten Punkt sei ans den von den Lehrern der Heilkurse
zosammengesteUten Ermittelungen noch hinzugefügt, dafs als wahr-
scheinliche Entstehungsursache des Stottems festgesteUt wurde:
Erblichkeit und Nachahmung bei 15%, Fall und heftiger Schreck
bei 13Vo, Nervositilt und Krämpfe bei 10%, mangelhafte körper-
liche Entwickelung im allgemeinen bei 10%. Unter den 102
untersuchten Yolksschttlem befanden sich 2, welche ausschliefslich
Stammler waren. Die Ursache des Stammeins war bei einem Schüler
Gaumenspalte und Hasenscharte. Letztere war schon früher operiert,
während der noch bestehende Gaumendefekt mit einem Obturator
versehen wurde. In dem zweiten Falle war das Stammeln eine
Folge von Schwerhörigkeit mittleren Grades.
Das neue Volkssclinlhaiis zn Rostock wird von Professor
J. Uffelmann in dem 10. Jahresberichte über die Fort-
schritte und Leistungen auf dem Gebiete der Hygiene
nach der j,Eo8tock. Zig,"' sehr eingehend geschildert. Auf einem
Platze von 6100 qm erbaut, ist es ein Doppelschulhaus, dessen eine
Hälfte fEbr Knaben, dessen andere für Mädchen bestimmt ist, und
vor dem ein ebenfalls in zwei Teile geteilter Spielplatz sich befindet.
Die Klassenzimmer sind jedes für 60 Schulkinder berechnet und
haben eine Ausdehnung in der Länge von 8,59 m, in der Breite
von 6,50 m, in der Höhe von 4,25 m, demnach eine Bodenfläche
von 56 qm und einen Kubikinhalt von reichlich 238 cbm. Es
kommen also auf jeden Schüler ungefähr 0,93 qm Bodenfläche und
fast 4 cbm Luftraum. Die Wände sind bis zur Fensterhöhe mit
Ölfarbe, im übrigen mit Leimfarbe gestrichen. Drei 2,5 m hohe
und 1,60 m breite dreiteilige Fenster, die in ihrer Unterabteilung
noch mit Doppelfenstern versehen sind, erhellen die Zimmer. Im oberen
Fenster befindet sich ein nach innen fallender und in zwei Scheren
laufender Kippflügel, der durch eine Stellstange reguliert wird. Die
506
Fensterfiftche beträgt 12 qm, also mehr als Vs der Fuisbodenflftche.
Jedes Kind hat an seinem Platze direktes Tageslicht. Die Fenster
an der Südseite sind mit versteUbaren Bonleanx yersdhen. Die
Korridore, das Souterrain, das Direktorats- nnd die Lehrerzimmer,
femer der Zeichensaal nnd im Mädchenschnlhaose 9 Klassen, im
Knabenschnlhause 2 Klassen können mit Gas erleuchtet werdeo.
Vom Fuifiboden jeder Klasse führt innerhalb der Innenmauer ein
zur Ventilation dienender 50 cm breiter und 42 cm tiefer Luftechacht
auf den Bodenraum des Hauses, wo er durch ein Gitter geschlossei
ist. Im Zimmer hat der Luftkanal zwei Öffnungen, die eine un-
mittelbar am Boden, welche durch ein Eisengitter in der Klassen-
wand ihren Abschlufs findet. Im Innern liegt eine wagerechte Klappe^
die untere Abluftklappe, durch welche die Winterlttftung erfolgt Die
andere ö&ung ist unter der Zimmerdecke angebracht und durch eine
eiserne Klappe, die obere Abluftklappe, verschliefsbar. Dieselbe bleibt
im Winter in der Regel geschlossen, wird aber im Sommer und sonst
geöffinet, sobald das Thermometer der Klasse 20^ G. zeigt, um die
überflüssige Wärme nach oben entweichen zu lassen. Eine dritte
Öffnung an einer anderen Stelle und in der Mitte der Wand bringt
warme Luft der Luftheizungsanlage ins Zimmer. Letztere befindet
sich im Souterrain. Daselbst sind 6 Feuerungen aufigestellt Zo
jeder gehören zwei Kaltluftkammem, Ton denen die eine in der
Süd-, die andere in der Nord wand des Gebäudes liegt. Dieselben
sind von aulsen durch ein Drahtgitter, sodann durch eiserne Jolousien
gegen Schnee und endlich im Innern durch ein vorgespanntes Hnar-
tuch gegen Verunreinigung der Frischluft geschützt. Das ö&en der
Kammer geschieht durch die am Boden befindliche untere Lnft-
zufQhrungsklappe, welche auiserhalb der Kammer reguliert wird.
Durch einen breiten unterirdischen Kanal dringt die einströmende
kalte, frische Luft in die Heizkammer, sobald die oben erwähnte
Klappe geö&et ist. Hier kann die Luft auf ungefähr 120^ C.
erwärmt werden. Die heifsen Kohlengase, die dies bewirken, werden
durch 12 grofse, wagerecht in der Heizkammer liegende eiserne
Röhren getrieben und sind auch bei der strengsten Kälte im stände,
so viel frische Luft zu erwärmen, dafs 6 Klassenräume genügend
geheizt werden. Um der Luft aber auch den nötigen Feuchtigkeits-
gehalt zu verschaffen, ist vor jeder Heizkammer ein eiserner Kessd
angebracht, der im Winter beständig bis oben hin mit Wasser gefUlt
sein mufs. Dieses fliefst in flache, eiserne Pfannen, welche sich in
der Heizkammer oberhalb der Röhren befinden. Von der Heiz-
kammer führt in die 6 Klassen je ein Kanal. Derselbe ist am
Boden der Kammer offen, unter der Decke derselben aber durch
eine Klappe, die Mischklappe, die von draufsen geregelt wird, zn
507
öffiaen. Ist die Luft in der Heizkammer auf 65^ C. gebracht, so
öffoet der Heizer die Mischklappen ganz, nnd zwar diejenigen zuerst,
welche die heilse Loft in die schwerer zn heizenden Klassen ein-
strömen lassen. Dadurch wird der Heizungskanal nach unten ge-
schlossen, und die mit Wasserdampf geschwängerte, heifse Luft steigt
in die Kanäle. Durch die aus der Luftkammer beständig in die
Heizkammer nachrückende kalte Luft wird die heüse Luft stark
nach oben getrieben und tritt durch die mit einem Eisen-
gitter verkleidete Öffnung, noch auf ungefähr 45^ G. erwärmt, in
die Klasse, wenn die dort befindliche Klappe im Heifsluftkanal
geöffnet ist. Nach der Instruktion des Heizers soll die Klassen-
temperatur auf 18^ 0. gebracht werden. Ist dies geschehen, so
hebt er die Mischklappe halb, so dals aus dem oberen Teile der
Heizkammer noch heifse Luft, aus dem unteren durch die am Boden
befindliche Öffnung des Heizkanals kalte Luft emporgetrieben wird, welche
letztere sich mit der ersteren mischt. Wird die Mischklappe ganz
geschlossen, so kann nur kalte Luft durch den Heizungskanal in die
Klasse gelangen, welche folgenden Weg zurückgelegt hat: sie dringt
Ton aulsen in die Luftkammer, durch die geöffnete untere Luft-
zoführungsklappe und den unterirdischen, kurzen Kanal in die Heiz-
kammer und durch die untere öffiiung des Heizungskanals in diesen
und in die Klasse. Auf solche Weise ist auch die Temperatur der
Klasse schnell abzukühlen. Sämtliche Klappen für die Winter- und
Sommerlüftung und für die Heizung, welche sich in der Wand der
Klasse befinden, werden vom Flure aus durch den Heizer reguliert.
Damit derselbe nun die Temperatur in der Klasse beobachten kann,
ohne ins Zinmier zu treten, ist ein hundertteiliges Thermometer
angebracht, das mit einer doppelten Skala versehen ist, deren eine
von aulÄen durch ein die Wand durchquerendes Schaurohr, deren
andere von innen abgelesen wird. Der Fufsboden der Klassenzimmer
ist aus dem harten Holze der nordamerikanischen Fichte ohne Fugen
hergestellt. In jeder Klasse befindet sich ein mit feuchten Säge-
spänen gefüUter Spucknapf. Die Subsellien nach Hippaufs System
sind Yiersitzig, in zwei Reihen aufgestellt und in drei verschiedenen
Grö&en vorhanden, von denen No. 1 für die Klassen YI und Y,
No. 2 für die Klassen lY und III, No. 3 für die Klassen II und I
bestimmt ist. Die Treppen bestehen ans Granit, ihre Stufen sind
2,5 m lang und sehr bequem zu steigen, weil einem Auftritt von
31,5 cm Breite eine Steigung von nur 18 cm folgt. Zu beiden
Seiten ist ein kräftiger Handläufer vermittelst eiserner Träger im
Mauerwerke befestigt. Im zweiten Stockwerke befindet sich nach
Korden der geräumige Zeichensaal, der sich durch den ganzen
Mittelbau beider Häuser erstreckt, also die doppelte Länge einer
508
Klasse besitzt. £r wird durch 6 groise Fenster erhellt, die mit
verstellbaren Rouleaax versehen sind. Für die Belenchtong im
Winter sorgen 3 SiBMENSsche Intensivbrenner von 7 und
9 Kerzen Stärke. Im Sonterrain befindet sich eine Schnlbade-
einrichtung. Dieselbe besteht ans einem Ankleideraom und einem
Badezimmer. Letzteres hat zwei Abteilungen. In jeder befinden
sich 6 für 12 bis 18 Kinder berechnete Brausen, welche paarweise
an einem unter der Decke befestigten Wasserrohre angebracht sind.
Durch zwei grofse eiserne Öfen, von denen einer im Ankleideranme
aufgestellt ist und zugleich diesen heizt, wird das Wasser erwftrmL
In einem Mischgefäfse mischt sich kaltes und warmes Wasser, de^en
Temperatur durch ein Thermometer angezeigt und durch einen Heb^
geregelt wird. Es baden zur Zeit etwa 60 Prozent der Schulkinder.
^tntlt^ie ^DerfSgungen.
Rundschreiben des Bezirksschulrates der k. k. Beichshaupt-
und Residenzstadt Wien, J. 2036, an sSmtliche Sdinl-
leitnngen wegen DnrchüBhrong der Schfilerimpftingen.
Laut Erlasses der hochlöblichen k. k. niederösterreichischen
Statthalterei vom 12. Juli 1893, Z. 71375, wurde bei der Prflfang
der Impfresultate, welche seitens der Bezirksbehörden im Jahre 1892
erzielt worden sind, im Vergleiche zu den bezüglichen Erfolgen des
Jahres 1891 eine ansehnliche Zunahme der absoluten Zahl der
Impfungen und eine weitere Erhöhung des Impfprozentes fiir die
Mehrzahl der Bezirke konstatiert, bezüglich einiger Bezirke aber
ein bedauerlicher Rückgang der Impfung wahrgenommen.
Nach beiden Richtungen war erweislich, da& die mit dem
Erlasse des hohen k. k. Ministeriums des Innern vom 12. Juli 1891,
Z. 8509, (ErlaTs der k. k. Statthalterei vom 30. JuU 1891, Z. 44660)
angeordnete Durchführung der Schulkinderimpfung auf das erzielte
Gesamtergebnis der Yaccination einen sehr wesentlichen Einflnfs
ausgeübt hat, insofern jene Bezirke, in welchen sich der Sdinl-
kinderimpfnng planmälsig und eifrig angenommen wurde, sich eines
sehr günstigen Gesamterfolges zu erfreuen haben, während andere
Bezirke, welche der Schulkinderimpfung eine mangelhafte Fürsorge
zugewendet hatten, teils von den ersteren überflügelt wurden, teils
die Impfbilanz für das Jahr 1892 mit einem empfindlichen Rfick*
Stande abschliefsen lieüsen, dessen Rückwirkung auf den allgemeinen
Imp£zustand der Bevölkerung sich folgenschwer gestalten kann.
509
Die wichtige Rolle, welche die Schnlkinderimpfang im Impf-
geschftfte zu flbernehmen geeignet ist und trotz ihres kurzen Be-
standes thatsftchlich schon ühemommen hat, wird am besten durch
den bedeutenden Aufschwung der Revaccination illustriert, welcher
sich in den Landbezirken mit wenigen Ausnahmen im Jahre 1892
Tollzogen hat, indem in Niederösterreich mit Ausschluß von Wien
33717 Individuen, darunter 30085 Schulkinder und blofs 3322 Er-
wachsene, mit einem durchschnittlichen Erfolge von 75% Haftung
revacdniert worden sind.
Obgleich dieses Revaccinationsergebnis noch lange nicht in dem
wünschenswerten Verhältnisse zur Einwohnerzahl steht, so darf es
doch als ein bahnbrechendes angesehen werden, indem es erkennen
läfet, dab auf dem Wege der Schulkinderimpfnng auch die Re-
vaccination der Bevölkerung sich binnen wenigen Jahren mindestens
in dem gleichen Mafse wie die Erstimpfung als ein unerläüslicher
Schutz gegen die Blattemerkrankung eingelebt haben kann.
Auch von der för das Jahr 1892 ausgewiesenen Gesamtzahl
der Erstimpfungen entfallen über 28?/o auf die Impfung von bis dahin
ungeimpffc gebliebenen Schulkindern» wodurch ein weiterer gewichtiger
Schutz gegen Blattemausbrüche jener Schulgemcinden geschaffen
wurde, in welchen die betreffenden Schulvorstände die ihnen an-
vertraute Mitwirkung bei der Impfung mit Einsicht und Entgegen-
kommen besorgt haben.
Indem den Bezirksbehörden die vorstehenden Daten aus dem
Landesberichte über die Impferfolge des Jahres 1892 bekannt ge-
geben werden, wird von denselben erwartet, dafs die Erst- und
Wiederimpfung der Schulkinder in allen Schulgemeinden mit der
erforderlichen Vorsorge, Umsicht und mit kräftiger Einfluisnahme
auf die bei denselben beteiligten Faktoren eingerichtet, gepflegt und
überwacht werden wird, in welcher Beziehung die leitenden Gesichts-
punkte bereits in dem hierortigen Erlasse vom 28. Juni 1892,
Z. 17346, angegeben wurden. Auf Grund desselben ist im Em-
vemehmen mit dem Bezirksschulrate nachfolgendes durchzuführen:
1. Der Impfzustand aller Schulkinder einer Schulklasse ist von
dem Klassenlehrer zu Beginn eines jeden SchuJijahres in der Rubrik
„Anmerkung'' des Elassenkataloges nach den Kategorien „geimpft
mit Impfzeugnis'', „angeblich geimpft", „angeblich geblättert", „un-
geimpft" vorzumerken; bei den Geimpften ist überdies das ImpQahr
einzutragen.
2. Auf Grund dieser Eintragungen sind Namensverzeichnisse
jener Schulkinder anzufertigen, welche kein Impfzeugnis beigebracht
oder angeblich die echten Blattern überstanden haben, sowie jener,
welche als revaccinationsbedürftig anzusehen sind.
510
In diese letzte Kategorie von Schulkindern sind diejenigen auf-
zunehmen, welche nachweislich vor 10 Jahren und darQber die
Impfung flberstanden haben, oder welche, ohne diesen umstand er-
weisen zu können, in das letzte Jahr ihrer Schulpflicht getreten sind,
so dais jeder Schüler, wenn nicht schon früher, so jedenfalls in semem
letzten SchuJijahre als revaccinationsbedürftig zu behandeln sein wird.
3. Die sub 2 bezeichneten Namensverzeichnisse sind innerhalb
der ersten zwei Monate jedes neuen Schuljahres Ton den Schulleitern
und Schuldirektoren im Wege der Gemeindevorstehung an den be-
treffenden öffentlichen Impfarzt zu leiten, welchem dieselben als
Grundlage seiner impfärztlichen Thätigkeit zu dienen haben.
4. Diese Thätigkeit besteht:
a. in der unmittelbaren Kontrolle jener Schüler, welche an-
geblich die Schutzpockenimpfung oder die natürlichen Blattano
überstanden haben, auf das Yorhandensein deutlicher Impf-
oder Blatternarben, sowie in der Yermerkung des bezüglichen
Befundes in dem von der SchuUeitung gelieferten Namens-
verzeichnisse. Diese Kontrolle tritt an die Stelle des snb IL 1.
des Statthaltereierlasses vom 10. Mai 1883, Z. 13505, er-
wähnten impfftrztlichen Geschäftes der Yorimpfung, das infolge
der eingeführten allgemeinen Yerwendung animaler Yaccine
von selbst entfällt;
b. in der Erstimpfung der als ungeimpft ausgewiesenen oder als
impfbedürftig vom Impfarzte bezeichneten, sowie in der Re-
yaccination der sub 2 angeführten Schulkinder.
5. Die Impftage sind den Schulleitungen derartig rechtzeitig
Yoa den Gemeindevorstehern bekannt zu geben, dafs seitens d^
Lehrer das erforderliche direkte, mündliche oder schriftliche Ein-
vemehmen mit den Schulparteien (Eltern oder deren Stellvertreter)
gepflogen werden kann, da eine blo&e an die Schulkinder gerichtete
Impferinnerung ihren Zweck zu verfehlen pflegt.
6. Sowohl bei der sub 4 a erwähnten Kontrolle, als auch bei
der Yomahme des Impfaktes und der impfärztlichen Nachrevision in
der Schule soU eine der an derselben bestellten Lehrpersonen durch
Aufiruf und Yorführung der Schulkinder persönlich intervenieren.
7. Dem Impfarzte obliegt unbeschadet der in der Impf-
instruktion und m den Statthaltereierlassen vom 13. August 1891,
Z. 42561, und vom 1. Jänner 1892, Z. 81479 ex 1891, vor-
geschriebenen Berichterstattung die Yermerkung des Revisions- nnd
Impfbefundes f(ir jedes Schulkind in den ihm von den Schulvorstfindoi
zugegangenen Yerzeichnissen, welche denselben nach Abschluls dar
Schulkinderimpfung behufs Ergänzung der sub 1 angeordneten Ein-
tragungen in den Klassenkatalog zurückzumitteln sind.
511
8. Gegen jene Lehrpersonen, welche durch Beemfinssnng der
Schnlparteien im Sinne einer Impfrenitenz oder durch unzulängliche
Mitwirkung hei der Schulkinderimpfung oder durch öffentliche
Äofserungen anderer Art eine Impfgegnerschaft an den Tag legen,
ist eine entsprechende Amtshandlung im Wege des Bezirksschulrates
einzuleiten.
Hingegen sind die Namen und Dienstorte jener Lehrpersonen
in dem hezirksärztlichen Impfberichte anzufilhren, welche sich durch
eine besonders erfolgreiche Mitwirkung bei der Erst- und Wieder-
impfung ihrer Schulkinder heryorgethan und dadurch einen Anspruch
auf Anerkennung erworben haben.
Auf Grund dieser seitens der hochlöblichen k. k. niederöster-
reichischen Statthalterei im £inyemehmen mit dem hochlöblichen
k. k. niederösterreichischen Landesschulrate in betreff der Durch-
führung der Schulkinderimpfimg getroffenen Anordnungen, welche
der Wiener Magistrat mit Note Tom 10. August 1893, Z. 116580,
anher mit dem Beifügen bekannt gegeben hat, dafs rttcksichtlich der
letzten Schtüerimpfung von einigen Ärzten darüber Klage geführt
wurde, dals seitens einzelner Lehrer die Mitwirkung am Impf-
gesch&fte der Schulkinder durch Führung des Impfprotokolles ver-
weigert wird, hat sich der Bezirksschulrat bestimmt gefunden, vor-
erst beim hochlöblichen k. k. niederösterreichischen Landesschulrate
im Hinblicke auf den hohen Ministerialerlais vom 12. Februar 1884,
Z. 23122, betreffend die Vereinfachung der Schreibgesch&fte, eine
entsprechende Ergänzung der im Gebrauche stehenden Formulare
des Elassenkataloges, sowie der Schulnachrichten zu beantragen.
Der hochlöbliche k. k. niederösterreichische Landesschulrat hat
diesem Antrage mit Erlafs vom 31. März 1894, Z. 11530, ge-
währende Folge gegeben, und wurde bereits mit Note vom 3. April
1 894, Z. 2045, Vorsorge getroffen, daCs die neuen Formulare obiger
Sdiuldmcksorten an die Schulleitungen durch den Wiener Magistrat
hinausgegeben werden.
Femer hat der Bezirksschulrat beschlossen:
Für die im Punkte 2 der „Anordnungen*' geforderten Ver-
zeichnisse sollen zweckmäfsig eingerichtete, d. i. den Punkten 4
und 7, bezw. dem Schluisabsatze des angezogenen Statthalterei-
erlasses entsprechende Formulare ausgegeben werden.
Zur Ausfährung der im Punkt 5 der „Anordnungen'' gesteUten
Forderung, dals seitens der Lehrer das erforderliche direkte, münd-
liche oder schriftliche Einvernehmen mit den Schulparteien gepflogen
werde, sind an die Schulen Drucksorten zu verabfolgen, welche die
bezflgÜche Kundmachung über die Schulimpfung mit Ausnahme der
Angabe des Impfnngstages enthalten. Diese Drucksorten sind nach
f
512
erfolgter Einsetzung des Datums im knrzenWege (durch die Schul-
kinder) den Schnlparteien zn dbermitteln.
Die Schulleitungen sollen von dem angesetzten Impfiongstage
mindestens 14 Tage vorher durch den Ortsschulrat verständigt
werden.
Dem in der Note des Wiener Magistrates vom 10. August 1893,
Z. 116580, mitgeteilten Wunsche mehrerer Imp&'zte wird insofern
entsprochen, als der Bezirksschulrat die Schulleitungen anweist, dais
die bei der Impfung intervenierenden Lehrpersonen neben ,,AiifrQf
und Vorführung der Schulkinder^ auch den etwa erforderlicbeB
Vermerk über die stattgehabte Impfung in den vorliegenden Original-
verzeichnissen vorzunehmen haben.
Der Wiener Magistrat hat nun mit Note vom 31. März 1894,
Z. 44758/Vin., die zur Durchführung der obigen Beschlüsse not-
wendigen Formulare anher übermittelt, und werden der Schulleitong \
in der Anlage ein „Formularverzeichnis der ungeimpften oder re-
vaccinationsbedürftigen Schulkinder", sowie eine für den Verkehr mit
den Eltern bestimmte Drucksorte mit nachfolgenden Auftragen za-
gemittelt:
1. Die Verzeichnisse der nicht geimpften, der angeblich geimpften
und der angeblich geblätterten Schulkinder sind seitens der Herren
SchuUeiter bis längstens zum 20. April 1. Js. den städtischen Ärzten
bei den magistratischen Bezirksämtern im Wege der letzteren a
übermitteln.
2. Bezüglich des Tages und der Stunde der vorzunehmenden
Schulkinderimpfung, welche in einer der Schullokalitäten stattzufinden
hat, wird der städtische Arzt mit den betreffenden Schulleitem,
bezw. mit dem Ortsschulrate sich ins Einvernehmen setzen.
3. Die Herren Schulleiter haben bis dahin mit den Eltern der
nicht geimpften, bezw. revaccinationsbedürftigen Schulkinder behnfs
Vornahme der Impfung das schriftliche Einvernehmen unter Be-
nutzung der bezüglichen Drucksorte zu pflegen.
Ein eventueller Mehrbedarf von Drucksorten ist in Depar-
tement Vni des Wiener Magistrates im kurzen Wege zu decken.
Durch die vorstehenden Verfügungen werden die Bestimmungen
des hieramtlichen Dekretes vom 16. Juni 1893, Z. 2462, selbst-
verständlich nicht alteriert, sondern haben dieselben entsprechend
Anwendung zu finden.
Hiervon wird die Schulleitung in Kenntnis gesetzt.
Wien, am 4. April 1894.
Der Vorsitzende-Stellvertreter. •
(Gez.) Dr. Schindlbr.
513
ErlaTs des KSniglieli prenfsiselieii Unterricbtsiiiiiiisters,
betreffend das Ausfallen von Unterrichtsstnnden
wegen grofser Hitze.
Berlin, den 10. September 1892.
Der Bericbt des Oymnasialdirektors N. zu N. vom 23. Angast
d. Js., welchen das Königliche Provinzialscbolkollegiom mir nnterm
27. AngQst d. Js. mitgeteilt hat, veranlafst mich zn bemerken,
was folgt:
Ich will vertranen, dals meine YerfQgong vom 16. Juni d. Js.
— U. n. No. 11 723 — von den Leitern der höheren Schulen
nicht dahin miCsverstanden werden wird, als dürften dieselben bei
der Erwfignng, ob der Nachmittagsunterricht Hitze halber aos-
zuiallen habe, sich auf das mechanische Verfahren der Ablesung des
Thermometers zurückziehen. Wenn festgesetzt worden, dafs bei
einer Temperatur von 2ö^ C. um 10 Uhr vormittags der Nach-
mittagsunterricht und unter Umständen auch die letzte Stunde des
Yonnittagsunterrichtes fortfallen sollen, so ist dies geschehen einmal,
um die Direktoren auf rechtzeitige Beobachtung der Temperatur,
woran es oft gefehlt hat, hinzuweisen, sodann aber, um jede
Unsicherheit betreffs der Grenze auszuschlielsen, mit deren Erreichung
jedes persönliche Befinden bezüglich der zu treffenden Mafsnahme
anfoihören hat. Selbstverständlich haben die Leiter der höheren
Schulen nicht der pflichtmäGsigen Prüfung überhoben werden sollen,
ob ungewöhnliche Temperaturverhältnisse mit Rücksicht auf ab-
spannende Hitze der vorangegangenen Tage, auf fortbestehende
Schwüle in den Klassen, auf die Länge des von den Schülern
zurückzulegenden Weges zur Schule u. s. w. nicht den Ausfall
eines Teiles des Unterrichtes rätlich erscheinen lassen, auch ohne
daCs firüh um 10 Uhr die am angegebenen Orte bezeichnete
Temperatur erreicht worden ist. Die Verfügung vom 16. Juni d. Js.
ist darauf berechnet, groben Mifsgriffen, wie sie zu Anfang dieses
Sonuners vorgekommen, für die Zukunft nach Möglichkeit vor-
zubeugen; aber eine erziehlich und gesundheitlich die Jugend
schonende und fördernde Behandlung der Angelegenheit bleibt
selbstverständlich von der aufmerksamen Fürsorge und der taktvollen
Beurteilung der Männer abhängig, denen die Leitung unserer höheren
Schulen anvertraut ist.
Die allgemein bekannt gewordene Thatsache, dafs in neuester
Zeit auch von Allerhöchster Stelle eine verständige Einschränkung
des Unterrichtes bei ungewöhnlicher Hitze empfohlen worden ist,
steigert die Verpflichtung, die in dieser Hinsicht den Leitern unserer
SehnlfMimdheltfpfltge VII. 33
514
höheren Lehranstalten obliegt. Dab dieselben dies anerkennen
werden, erwarte ich auf das bestimmteste.
Der Minister der geistlichen etc. Angelegenheiten.
(Gez.) BosSB.
An das Königliche ProvinzialschnlkoUegium za N.
Verfügiiiig der k. k. mihrisehen Statikalterei tom
26. März 1894, Z. 10986. an alle unterstehenden Bolitisehei
BehSrden in betreff der mntanhaltnng hygienischer Mifsatibide
in den Yolksschäen.
Der inspizierende Amtsarzt hat bei Gelegenheit der Tor-
genommenen Schnlvisitationen mehrfach die Wahmehmnng gemadit,
dafs in den Lokalitäten der Volksschnlen, in den Schnlzimmeni imd
Aborten f&r Kinder, sowie anch in den Gängen nnd Hofränmen,
ttberhanpt in den Schnlhänsem nicht jene Ordnung nnd Reinlichkeit
herrscht, wie sie einerseits den hierfür erlassenen Anordnimgen
entspricht, andererseits die Sorge fBr die Erhaltung der Gesundheit
und insbesondere die Erziehung der Kinder zur Ordnungs- nnd
Reinlichkeitsliebe erfordert.
In gleicher Weise werden auch die Bestimmungen der Ver-
ordnung des hohen k. k. Ministeriums f&r Kultus und Unterricht
Yom 17. Juli 1875, Z. 6525, betreffend die Gesundheitspflege ii
den Schulen, soweit dieselben die Beheizung und regelmälsige Lttftung
der Schulzimmer betreffen, häufig nicht beachtet.
Indem die k. k. Statthalterei unter Einem den k. k. Landes-
schulrat ersucht, dem Lehrpersonal die Vorschriften über Reinlich-
keit, Ordnung und Pflege der Gesundheit in den Schulen in
Erinnerung zu bringen,^ werden der Herr k. k. Bezirkshanptmann,
bezw. der Gemeinderat aufgefordert, den Amtsarzt anzuweisen, bd
den sanitäüichen Schnlvisitationen, welche nicht allein bei der
alljährlich vorzunehmenden Inspizierung der sanitär belangreichen
Objekte in den Gemeinden, sondern auch gelegentlich anderer
Dienstreisen vorzunehmen sind, den Vollzug der zum Schutze
der Gesundheit der Jugend erlassenen Anordnungen zu fibe^
wachen und ihre in Bezug auf Nichtbeachtung der Gesundheits-
pflege gemachten V^Tahmehmungen unter Stellung der geeigneten
^ Der Landesschnlrat hat mit dem an die Bezirksschulrite, die
OrtsBchalräte und Schalleitongen gerichteten Erlasse vom 16. April d. Jsn
Z. 3679, dem Lehrerpersonale die Vorschriften über Reinlichkeit,
Ordnung und Pflege der Gesundheit in den Schulen in Erinneninff
gebracht und gleichzeitig aach die k. k. Bezirkssohulinspektoren beanf
tragt, bei dep Schulvisitationen auf die Befolgung dieser Vorschriften
ein strenges Augenmerk zu richten.
515
Anträge zur Behebung der wahrgenommenen Müsstftnde sofort im
dortamtlichen Wege zur Kenntnis des k. k. Bezirksschuhrates
zu bringen.
Erlafs des Königlich lugarisclien Knltns- und
Untemchtsministers, No. 61622 vom Jahre 1893, bezfij^lieh
d«r Überbflrdnng der Schnler während der Ferien.
Budapest, den 19. Dezember 1893.
In den Schulen herrscht aligemein die Gepflogenheit, dals
Lehrer und Professoren die Schüler Aber die Weihnachts- und
Osterferien und anläfslich sonstiger Feiertage mit allerlei Hansarbeiten,
Zeichnungen, schriftlichen Aufgaben, Handarbeiten, massenhaften
Wiederholungen und Aufgaben zum Auswendiglernen überhäufen.
Da es jedoch nicht Zweck der Ferialtage ist, da(s die SchuJIjugend
während dieser Zeit sich fortwährend mit Studien und Anfertigen
schriftlicher Aufgaben befasse, zumal der Schüler, ohne Anleitung
und allein thäüg, eine schwierigere Arbeit Terrichtet, als sonst
zur Schulzeit, da die Ferialtage Tiehnehr den Zweck haben, dals
sich die Jugend zerstreue und erhole, um nach den Ferien
körperlich und geistig erfrischt wieder an die Arbeit zu gehen, so
ersuche ich hiermit das Königliche Schulinspektorat, dasselbe möge
die Lehrer und Professoren der unter seiner Aufsicht stehenden
ünterrichtsanstalten auffordern, die oben erwähnte Gepflogenheit
einzustellen und zum Auswendiglernen nur so viel au&ugeben, als
eben zum Abhalten einer gewöhnlichen Unterrichtsstunde nötig ist.
An
alle Königlichen Schulinspektorate.
Der Kultus- und Unterrichtsminister.
(Gez.) Graf von Csäkt.
yerfonalien.
Der bisherige Begierungs- und Geheime Medizinalrat Dr.
Wolfe in Breslau ist zum Ehrenmitgliede des Medizinalkollegiums
der Provinz Schlesien ernannt worden.
Der Direktor des Gymnasiums zu Rastatt Dr. H. E. Osteb
und der Kreisschulrat Dr. G. P. Wetoolbt erhielten den
Charakter als Oberschulräte, der Kreisschulinspektor Dr. Bbanden-
BUBO in Köhi und der Direktor des Schullehrerseminars in Weifsen-
fels Seeligeb deigenigen als Schulräte.
33*
616
Herr k. k. Begienmgsrat Dr. Mobitz Gaüsteb und Herr
Dr. Joseph Heim, Primararzt am St. Josephkinderspital imd Qief-
arzt der k. k. Theresianischen Akademie, welche beide zn unseren
Mitarbeitern zählen, worden ersterer zum Vorsitzenden, letzterer
zum Mitgliede der Ärztekammer in Wien gewfihlt.
unsere verehrten Mitarbeiter, die Herren Professor der Augen-
heilkunde Dr. Hebmann Cohn in Breslau, Oberrealschulprofessor
Dr. Leo BuBaEBSTEiN in Wien, Augen- und Ohrenarzt Dr. Paul
SoHüBBRT in Ntbmberg, sowie der Herausgeber dieser Zeitschrift sind
zu Ehrenpräsidenten der schulhygienischen Sektion des YHL inter-
nationalen Kongresses fOr Hygiene und Demographie in Budapest
ernannt worden; Professor Cohn ist zugleich offizieller Vertreter
der Universität Breslau.
Zu demselben Kongresse hat die Königlich belgische Begiening
unsere geschätzten Mitarbeiter, die Herren Professor Dr. HTAcnrrH
KüBOBN in Seraing und Professor Felix Putzeys in Lflttich, delegiert.
Es erhielten : das Ritterkreuz des Ordens der wflrttembergischeB
Krone der Professor Dr. Landebeb in Stuttgart ; das Ritterkrem
n. Klasse des Verdienstordens der Schuldirektor a. D. Mabtin in
Würzen; den roten Adlerorden lY. Klasse der Rektor Schubig u
der mittleren und höheren Mädchenschule in Wernigerode, soiüe
der Oberlehrer Professor Dr. KBua am Realgymnasium in Barmen;
den Kronenorden HI. Klasse der Kreisschulinspektor, Pastor emer.
Rottmann in Lfldenscheid; den Kronenorden lY. Klasse der
Seminarlehrer Gbassneb in Weiisenfels; den St. Stanishuisorden
n. Klasse der Docent fQr Hygiene Schlipps in St. Petersburg.
Unserem geschätzten Mitarbeiter, Herrn diplomierten Architektan
Kabl Hintbägeb in Wien, der soeben seinen fOnfzigsten Schnlbaa
vollendet hat, ist fär ausgestellte Schulhauspläne von der Jury der
internationalen Ausstellung fOr Yolksemährung u. s. w. in Wien
die goldene Medaille zuerkannt worden.
Der bisherige ordentliche Professor der Physik an der
Universität Budapest Roland Fbeihebb von Eötyös wurde zmn
ungarischen Minister fär Kultus und Unterricht ernannt; da de^
selbe Präsident des „Ungarischen Touristenvereins" ist, wird er
ohne Zweifel auch der körperlichen Ausbildung der Schuljugend sein
besonderes Interesse zuwenden.
Unser verehrter Mitarbeiter, Herr Professor der Hygiene Dr.
Joseph yon Fodob, ist zum Rector magnificus der Budapester
Hochschule ernannt worden.
liic. Dr. Ledcbach, Direktor des Gymnasiums und Real-
gymnasiums in Goslar, hat das Amt eines Provinzialschulrates bei
dem Provinzialschulkollegium zu Breslau erhalten.
617
Der anlBerordentliche Professor der Hygiene, Dr. E. B.
Lehmann in Wflrzbnrg, wurde zum Ordinarius befördert.
Die zur Dienstleistung beim Kaiserlichen Gesundheitsamte
kommandierten Königlich preußischen Stabs&rzte Dr. Wutzdobff
und Dr. Kübleb sind zu Kaiserlichen Begierungsräten und Mit-
gliedern der genannten Behörde gewählt worden.
Dem Ministerialsekretär im Sanitätsdepartement des k. k.
österreichischen Ministeriums des Innern, Dr. Joseph Daimeb,
wurde die Stellung als Sektionsrat, dem MinisterialTicesekretär,
Dr. Leopold Melichab, diejenige als Ministerialsekretär Obertragen.
Professor Dr. Engel in Mosbach ist zum Kreisschulrat
ernannt worden.
Unser geschätzter Mitarbeiter, Herr Direktor der Albinusschule
Professor H. Baydt in Lauenburg a. £., siedelt zum 1. Oktober
d. Js. als Direktor der Bealschule in nach Hannover Ober.
Dr. Lancelin wurde zum ärztlichen Inspektor der Schulen
des X. Arrondissements von Paris an Stelle des verstorbenen Dr.
Sohweich, Dr. Jacqüsb Agostin]6 zum Hilfsarzt des Lyceums in
Bastia an Stelle von Dr. Ramaesin gewählt.
Dr. WiLM und Dr. Wolpebt sind an die hygienischen Lehr-
anstalten in Berlin berufen worden.
Geheimer Hofrat Fb. Blatz in Karlsruhe, Mitglied des Ober-
scholrates, ist unter Verleihung des Charakters als Geheimer Rat
m. Klasse in den Ruhestand getreten.
Auch die Realschuldirektoren Dr. Behse in Dortmund und
Langhoff in Potsdam haben ihre Pensionierung nachgesucht und
erbalten; ersterer empfing aus diesem Anlafs den roten Adlerorden
IV. Klasse.
Dr. Davids vom hygienischen Institute zu Berlin ist aus dem
Amte geschieden.
Es sind gestorben: der Geheime Regierungs- und Schulrat,
Konsistorialrat Riesch in Wiesbaden, der Staatsrat Dr. Stübmeb
in Nishni-Nowgorod, Direktor eines dortigen Kinderhospitals und
Arzt an der geistlichen Schule daselbst, die Gymnasialdirektoren
Dr. MooBMEiSTEB in Hagenau und Büsgen in Rinteln, der Direktor
der Realschule mit Progymnasium, Professor Gesell in Grimma, und
der emeritierte Schuldirektor Dr. Meieb in Ltlbeck.
518
i(itterattir.
Besprechungen.
Dr. Emil Kbaepblin, Professor der Psychiatrie in Heidelberg.
Über geistij^e Arbeit. Jena, 1894. Gnstav Fischer. (26 S.
8^ M, 0,60.)
Das Schriftchen ist die Wiede^abe eines Vortrages, den der
Verfasser am 11. Dezember 1893 zum Besten des Heidelberger
Franenvereins gehalten hat. Seine wissenschaftliche Grandlage büden
Tor allem eigene, langjährige und ausgedehnte, nur zum Teil Te^
öffentlichte Untersuchtmgen über die geistige Leistungsfähigkeit zahl-
reicher Personen.
Der Autor konstatiert zunächst, dals einer wirklich brauchbaren
Messung der geistigen Befähigung schier unüberwindliche Hindernisse
entgegenstehen. Trotzdem gibt es auch heute schon die Möglichkeit,
innerhalb ganz enger, bescheidener Grenzen mit Leichtigkeit gewisse
beachtenswerte Aufschlüsse über die geistige Leistungsfähigkeit za
erhalten; insbesondere können wir mit sehr grober Genauigkeit die
Arbeitskraft des einzelnen bei einfachen geistigen Thätagkeiten
bestimmen. Von diesen letzteren berücksichtigt der Verfasser nur
das Addieren einstelliger Zahlen. Die Versuchspersonen waren
lauter Leute annähernd gleichen Bildungsgrades, Studenten und
Assistenten. Bei den Versuchen ergab sich: 1. dafs die Ge-
schwindigkeit des Arbeitens sehr Terschieden ist bei ver-
schiedenen Personen, dafs aber auch bei derselben Person die
Arbeitsgeschwindigkeit für verschiedene Aufgaben eine sehr Ter-
schiedene Stelle einnehmen kann. Vielleicht lassen sich bei weiterer
Fortbildung der Arbeitsmethoden aus dem Versuche genauere Auf-
schlüsse über die eigenartige Begabung der einzelnen Persönlichkeit
ableiten. Freilich erhebt sich hier eine bedeutende Schwierigkeit,
der EinfluTs der Übung, der nicht erlaubt, die Höhe der jeweiligen
Leistung ohne weiteres als Ausdruck der persönlichen Eigenart zu
betrachten, da man nicht das Mab von Übung kennt, mit dem der
einzelne infolge zufälliger früherer Einflüsse an die Lösung der
gestellten Aufgabe herantritt. Die Übungsfähigkeit hat jedoch
ihre Grenzen, und man gelangt bei jedem Menschen an eine solche,
jenseits deren eine Steigerung der Arbeitsgeschwindigkeit
durch die Übung nicht mehr erzielt werden kann; an diesem Punkte
sind die einzelnen Personen untereinander recht wohl vergleichbar,
519
und wir gewinnen die Möglichkeit, die Übangsfähigkeit direkt zu
messen. Sie wird nm so gröber sein, je rascher nnd ausgiebiger
die Arbeitsleistung bei gleicher Anzahl von Wiederholungen derselben
Aufgabe auswächst. Bei den von Ebaepelin angestellten Versuchen
wechselte bei den Versuchspersonen der Übungszuwachs vom ersten bis
zum zweiten Versuche zwischen 4 und 25 %. Wer sich auf einem
Gebiete als sehr übungsfähig erweist, pflegt auch bei anderen
Aufgaben eine rasche Zunahme der Arbeitsgeschwindigkeit darzubieten,
und umgekehrt. Ähnliches dürfte bezüglich der bis jetzt noch wenig
untersuchten Festigkeit der Übung gelten; im allgemeinen gilt
hier, dafs sich die Übung recht langsam verliert.
Die Steigerung der Arbeitsfähigkeit findet eine Gegnerin in
den noch weit rascher anwachsenden Wirkungen der Ermüdung,
die stets eine Abnahme der Arbeitsleistung herbeiführt. Der
Grad, in dem diese erfolgt, hängt ab von der bereits erlangten
Übung, von der persönlichen Eigenart und von zufälligen Einflüssen.
Die Ermüdbarkeit stellt eine Grundeigenschaft der einzelnen
Persönlichkeit dar, die sich zwar innerhalb gewisser Grenzen
beeinflussen läCst, im grofsen und ganzen aber die Leistungsfähigkeit
des Menschen malsgebend bestimmt.
Das Bild der letzteren läfst sich vervollständigen durch die
Feststellung seiner Ablenkbarkeit, d. h. der Abhängigkeit seiner
Arbeitsgeschwindigkeit von äuiseren und inneren störenden Einflüssen,
femer durch die Ermittelung seiner Elasticität, d. h. der
Schnelligkeit, mit der sich die Wirkungen der Ermüdung, Ablenkung
u. 8. w. wieder ausgleichen; ebenso wird die Abhängigkeit der
geistigen Arbeitskraft von der Nahrungsaufnahme, der Schlaf-
daaer, der körperlichen Anstrengung gemessen und ihr
Ergebnis für die wissenschaftliche Menschenkenntnis verwendet werden
können. Ein gleichfalls noch wenig erforschtes Gebiet bildet das
Verhalten des qualitativen Arbeitswertes nach allen den auf-
gezählten Richtungen hin.
Der Verfasser verwertet nun diese allgemeinen Erwägungen für
die Frage nach der geistigen Tragkraft der Schuljugend.
Zunächst, wie verhält es sich mit der Ermüdbarkeit der Schul-
kinder? Hier gelangt der Autor zu dem Schlüsse, dals nach allen
bisher vorliegenden Untersuchungen die Thatsache unbestreitbar ist,
dafs die Anforderungen, welche die Schule an die geistige Leistungs-
fihigkeit ihrer Zöglinge stellt, sehr weit über das Zulässige hinaus-
gehen. Freilich zieht er selber von den ungünstigen Ergebnissen
einiges ab; es sind hauptsächlich die Wirkungen der Unauf-
merksamkeit, die von selbst ermäfsigend eintreten. Ich vermag
den BüBGEBSTElNschen und ähnlichen Versuchen nicht den Wert
520
beizDlegen, den sie beanspruchen, nnd der ihnen hftofig zngestandM
wird. Man mnfs dabei verschiedene Momente in Abzng bringes,
die bei dem gewöhnlichen Schnlnnterricht nicht wirksam werden,
die psychisch spannende nnd abspannende Wirkung der besonderen
Thatigkeit, die jede abnorme, besonders jede kontrollierte Arbeit in
der Schule nach sich zieht, die Eintönigkeit der gleichen, längere
Zeit hindurch in ganz scharfer Richtung auf ein vorgestedctes Ziel
fortgesetzten Thätigkeit, wie sie in einer normalen, zahlreiche
Abwechselung — beabsichtigte oder nicht beabsichtigte — herbei-
führenden Schulstunde nie vorhanden ist, endlich die lange Dauer
dieser Thätigkeit, die in Wirklichkeit ebenfalls in der normalen
Schulstunde nicht eintritt. Ich wttrde daraus nur die Folgenmg
ableiten, Thfttigkeiten, die eine intensive einförmige Besch&ftigong
erfordern, z. B. Extemporalienschreiben, nur kurze Zeit und nor
einmal am Tage, womöglich in der ersten Stunde zuzulassen, wie
ich dies in meinem ^Handbuch der praktischen Pädagogik'
ausftthrlich entwickelt habe.
Kraepblin betont sodann die Bedeutung der Erholungs-
pausen, deren Dauer er erheblich länger bemessen sehen will, als
das jetzt in den Schulen der Fall ist, die in kürzeren Abständen
aufeinander folgen und, je länger der Unterricht gewährt hat, fort-
schreitend wachsen sollen. Körperliche Anstrengungen in d^
Pausen seien nicht als Erholung zu betrachten. Ich glaube, dab
auch hier der Autor zu weit geht, wenn er verlangt, nach Lanf-
spielen dürfe an den Schüler für längere Zeit nicht die Anfordemog
geistiger Thätigkeit gestellt werden. Dies mag richtig sein bei
Erwachsenen, die das Spiel ganz anders körperlich und geistig
intensiv betreiben. Wir haben seit einigen Jahren in der Vorschule
und den unteren Gymnasialklassen selbständige Spiel- und Tom-
stunden zwischen die Lehrstanden eingeschoben, und die Wirkung
ist auffallend günstig gewesen.
Sehr hoch schlägt der Verfasser die Bedeutung eines tiefen
Schlafes an. Er verlangt mit Recht genauere Untersuchungen über
die Schlafdauer. Ich lasse solche seit Jahren am hiesigen Gymnasiain
machen, und es wird den Herrn Verfasser sicherlich freuen, wenn
ich ihm sage, dafs wir unendlich weit von schwedischen Verhältnissen
entfernt sind. Aber man mufs hier auch den Unverstand rieler
Eltern in Betracht ziehen; als ich im vorigen Jahre den Unterricht
erst in der heifsen Zeit um 7Vs Uhr beginnen lieis, erhielt idi
wiederholt Zuschriften aus Elternkreisen, die es rügten, dals das
Gymnasium die Knaben verzärtele, da doch die Mädchen der höheren
Mädchenschule schon seit Monaten — es waren manchmal früh nm
7 Uhr —1 bis 4<>R., vielleicht + 2 bis 5®R. — um 7 Uhr zor
521
Schale müfsten. Aach die Frage der Nahrangsaafnahme mals
sorgfiütig erwogen werden.
SchlieMch formoliert der Verfasser seine Fordenmgen bezüglich
der Einrichtangen anserer Schalen. 1. Yerminderang der
Arbeitszeit. Wir treten dem Aator darchaas bei, wenn er sagt:
„In einer halben Stande scharfer Arbeit anf der Höhe der geistigen
Leistongs&higkeit wird mehr and vor allem besseres geschafft, als in
der doppelten Zeit bei vorgeschrittener Ermfldang'', wollen aber
nicht vergessen, dafs diese Forderong nar realisierbar ist, wenn wir
lanter ideale Lehrer and Schüler haben werden. 2. Eürzang der
einzelnen Lehrstanden, anfangs kürzere, später längere Pansen; die
geistig anstrengenden Standen dnrch Singen, Zeichnen, Handfertigkeits-
Unterricht anterbrechen. Teils hat man diese Forderangen schon mehrfach
durchgeführt — so sind im Grofsherzogtnm Hessen anf 5 Lehrstanden
60 Minnten Erholangszeit vorgeschrieben, am hiesigen Gymnasium
daaert die letzte Lehrstande nar 40 Minnten — teils sind sie nicht
ganz anbedenklich. Beispielsweise kann ich nicht einsehen, wie der
Handfertigkeitsanterricht, der im Zimmer vor sich geht, Anfinerksam-
keit, zielbewnistes Nachdenken, genaues Sehen und Beherrschung
der Hand verlangt, eine besondere Erholung herbeifOhren soll, so
oft das auch behauptet wird. Ich habe solchen Unterricht
3Vt Jahre in meiner Schulzeit genossen, von derartigen Wirkungen
aber nichts verspürt, wohl aber oft genug Kopfweh und Anstrengung
der Augen empfanden. 3. Verteilung der Unterrichtszeit
auf 2 Abschnitte, eine Stunde nach dem Frühstück und
2 — 3 Stunden nach der Mittagsmahlzeit, Beschränkung
der Hausarbeit. Mit letzterer Forderung durchaus einverstanden,
wie ich in meiner Schrift „Schularbeit und Hausarbeit*' dar-
gethan habe, halte ich die erstere für schwer durchftüirbar ohne
eine Änderung unserer Lebensgewohnheiten. Die französische Zeit-
verteilung scheint mir weit richtiger, als die von dem Verfasser vor-
geschlagene. 4. Sicherstellung der nötigen Schlaf zeit.
Bei Durchftohrung dieser Forderangen wird eine Ermäfsigung
des allgemeinen Unterrichtszieles notwendig. Der Verfasser
wird mir zustimmen, wenn ich schon seit Jahren dafär eintrete, dab
unser höherer Unterricht wieder auf die Elemente des Wissens
beschränkt werden müsse und dab das Beste am Unterrichte die
Erzielung der Selbstthätigkeit sei. Ich bin ganz mit ihm ein-
verstanden, dab gedankenloses Auswendiglernen leider immer noch
eine zu grobe Rolle in unseren Schulen spielt, ohne dabei den
Wert des Memorierens an der rechten Stelle zu verkennen. Leider
wird die von dem Autor gewünschte Trennung der Schüler
nach ihrer Arbeitsfähigkeit, so ideal dieser Zustand wäre.
522
noch lange, vielleicht stets frommer Wnnsch bleiben. Wo sollen
die Mittel dazu herkommen, nnd wo sollen die Kriterien gefunden
werden, um zweifeis- nnd einspmchsfrele Feststellungen imd
Entscheidungen hier zu treffen? Grobe Differenzen werden j«
auch heute schon berücksichtigt; freilich müssen sie schon recht
derb sein.
Möchte doch die gehaltvolle Schrift in den Händen jedes Arztes
und jedes Lehrers sein, denn beide werden Hand in Hand gehen
müssen, wenn auch nur einiges von dem vielen verwirklicht werden
soll, was der Verfasser fordert.
Geheimer Oberschulrat Dr. phil. Hermann Schiller,
0. Professor der Pädagogik und Direktor
des Grolsherzoglichen Gymnasiums in Gielsen.
Professore Anoelo Celli. La scnola e Figiene soeiale. f^tratto
dal „G-iamale di meäidna ptibhlica" , anno XXIV, n. 4 e 5.
Napoli, 1893. Stabilimento tipografico deir unione. (43 S. 8^.)
Die öffentliche Gesundheitspflege ist ein sociales und inter-
nationales Problem. Insbesondere wendet sich die Aufinerksamkeit
der Hygieniker dem heranwachsenden Geschlechte zu, und die Zu-
stände in den Schulen, gleichviel, ob es sich um öffentliche oder
private, um höhere oder niedere handelt, stehen im Mittelpunke da
wissenschaftlichen Diskussion.
Die Schrift des Professor Angelo Celli : „Die Schule mä
die sociale Oesundheitspflege*' steUt ein Glied in der Kette der die
Zeit bewegenden Fragen dar. Von der Untersuchung der sanitfii^
Verhältnisse seines Vaterlandes ausgehend, erörtert der Verfasser
eingehend die in den italienischen Schulen bestehenden Einrichtungen,
wobei er zu traurigen Wahrnehmungen kommt und Zustände enthüllt,
deren Beseitigung nicht länger hinausgeschoben werden sollte. DaCs
es in Italien mit der öffentlichen Gesundheitspflege kläglich bestellt
und das Land ein wahrer Herd epidemischer Krankheiten ist, bildet
eine bekannte Thatsache. Während nach Cellis Angabe das Lebens-
alter eines Menschen in England durchschnittlich 46 Jahre betrftgt,
sinkt dasselbe in Italien auf 35 Jahre herab. Von selten der
Regierung geschieht zu wenig, um die hygienische Lage zu bessern
oder die Bevölkerung aufzuklären. Diese verharrt in einer Art
^mohammedanischer Apathie^ und ist in Unwissenheit und Vorurteflen
befangen. Der Zustand der menschlichen Wohnungen auf dem Lande,
namentlich in den von der Hauptstadt abgelegenen Distrikten, mofs
als ein überaus trauriger bezeichnet werden und wirkt mit der
ungenügenden Ernährung zusammen, um eine Bevölkerung heran-
wachsen zu lassen, über deren körperliche Beschaffenheit die jährlichen
523
Anshebnngslisten eine gar bedenkliche Aasknnft geben. Am schlimmsten
soll es in Sardinien und Calabrien aussehen.
Gblli verlangt nnn yor allem die Grflndnng hygienischer In-
stitute, und zwar in den Orten, wo sich Universitäten befinden,
damit von diesen Mittelpunkten aus eine Überwachung der sanitären
Verhältnisse unter besonderer Berücksichtigung der Schulen und
Konvikte eingeleitet werde und organisatorische Malsregeln zur
DurchfQhrung gelangen. Der Vergleich, welchen er zwischen den
Schuleinrichtungen seines Landes und denen von Frankreich, England
und Deutschland anstellt, Mt sehr zu Ungunsten Italiens aus. Für
die Pflege des Körpers — die obligatorische Einführung des Turn-
unterrichtes stammt erst aus dem Jahre 1878 — geschieht noch
recht wenig, und namentlich wird die Erziehung des weiblichen
Geschlechtes in dieser Beziehung vernachlässigt. Die Schulen verfügen
nur zum kleinen Teil über gesunde, Luft und Licht in genügendem
MaCse spendende Räume; es fehlt allerorten an freien, mit dem
Schulhanse verbundenen Spielplätzen, nicht minder an guten Bade-
einrichtungen, die in dem warmen Süden, der Heimat der „römischen
Bäder^, unentbehrlich sind.
Die von dem Verfasser beigebrachten Zahlen beweisen, wie
wenig Geldmittel im Vergleich zu den übrigen Kulturstaaten Europas
staatlicherseits den italienischen Unterrichtsanstalten zugewendet werden.
Und bei der Armut der Bevölkerung erscheint die Hilfe des Staates
erst recht unabweislich. Wo aber könnte, wenn man sich auf den
volkswirtschaftlichen Standpunkt stellt, ein Kapital besser angelegt
werden, als zum Heil der jungen Generation, zur Hebung der
Schuleinrichtungen, zur Änderung der Organisation des Unterrichtes,
zur Beschaffung zweckdienlicher Räume und sanitärer Zustände,
welche etwa drei Millionen Zöglingen zu gute kommen würden?
Die Schrift Cellis ist ein ernster Mahnruf an die italienische
Regierung, die Hände nicht in den Schols zu legen; sie ist ein
Appell an die einsichtigen und vaterländisch gesinnten Kreise seiner
Heimat, und erscheint auf Grund der beigebrachten statistischen
Angaben geeignet, auch die letzten Zweifel an der Notwendigkeit
einer Schulreform in Italien zu heben.
Professor an der Gelehrtenschule des Johanneums
Dr. phil. G. Leithäuser in Hamburg.
St. Blattnes, Architekt. Nene Sehnlbanten. Ansichten mit
Grundrissen in Lichtdruck nebst beschreibendem Text. Mit 27 Taf.
Frankfurt a. M., 1893. Selbstverlag. (Fol.)
In vortrefflicher Ausstattung führt der Verfasser 25 in jüngster
Zeit erbaute Schulgebäude vor, und dürfte diesem interessanten und
524
wertvollen Sammelwerke bald eine weitere Serie folgen, wobei der
Autor gewifs auch eine gröfsere Tafelzahl den wichtigsten Detaü-
konstmktionen, wie Heizung, Lüftung, Klosettanlagen u. s. w., widmen
wird.
Die Auswahl der „neuen Schulbauten'^ ist eine sehr glück-
liche. Architekt Blattnbr hat haupts&chlich grolse Centralanlagen
zur Anschauung gebracht; das kleine Schulhaus ist nur durch diä
Beispiele vertreten.
Der Verfasser behauptet mit Recht, da(s sich der entwerfende
Techniker und der st&dtische Banbeamte nur durch mflhsames Zu-
sammensuchen aus einzelnen Veröffentlichungen einen Überblick aber
die neueren Leistungen auf dem Gebiete des Schulbanes, Aber dies-
bezfigliche Konstruktionen, über Fassadenanordnung, Fenster-
systeme etc. verschaffen können.
Mit der zweckmäßigsten und gediegensten BanausfQhrung, mit
der Verwendung der besten Materialien soll auch eine gewisse
künstlerische Behandlung des Äulseren und Inneren vereinigt werdoD,
ohne die Grenzen einer weisen Sparsamkeit zu überschreiten. Der
Verfasser erblickt in der Betonung der ästhetischen Anforderongoi
an Schulgebäude ein wesentliches erziehliches und bildendes Moment
für die Jugend. Betrachtet man die vorgeführten Schulbauten, von
denen manche einen monumentalen Charakter an sich tragen, so
muls man allerdings eingestehen, dafs in diesen Fällen weit üto
das hinausgegangen ist, was man gemeinhin unter Nützlichkeitsbanten
zu verstehen pflegt.
In mehreren Beispielen findet sich die Anlage von Kleide^
ablagen entweder in der Weise eines Doppelkorridores, dessen eine
Hälfte die Kleidungsstücke aufnimmt (Tafel 1, 16 und 20), oder
als besonderer Garderoberaum (Tafel 18) neben dem Lehrzimmei
angegeben.
Die Anzahl der Erlassen schwankt in den vorgeführten Schnl-
bauten zwischen 9 und 46.
Die Beleuchtungsverhältnisse der Lehrzimmer sind in allen
Fallen gute, indem drei oder vier Fenster mit kleinen Zwischen-
pfeilem an einer Längswand angeordnet sind.
Die Abortanlagen erscheinen nur in fünf Fällen im Hanse
selbst untergebracht, in allen anderen aufserhalb des Gebäudes in
eigenen Nebenbauten vorgesehen.
Die Turnhallen liegen durchweg als besondere, mit dem Haupt-
gebäude durch gedeckte Korridore verbundene Nebenbauten im
Hofe.
So gleichartig alle Male das gestellte Bauprogramm auch war,
so verschieden sind trotzdem die einzelnen Losungen infolge der
525
wechselnden Sitnations- und Niveaaverhfiltnisse, sowie anderer
Einflösse.
Die Sammlang „nener Schnlbauten^ kann jedem Fachmanne,
der mit dem Baue von Schnlgebänden beschäftigt ist, bestens em-
pfohlen werden.
Diplomierter Architekt Karl HintrAgbb
in Wien.
Dr. GuiLLlfi, Physidan to the Eoyal Institution for the Blind, Paris.
On fhe instrnction and amnsements of the blind. Pnblished
in 1819. Translated into english and reprinted in 1894. With
21 engravins. London, 1894. SampsonLow. (170 S. El. 8^ Sh. 8.)
Das kleine, von Blinden selbst gedruckte Bach ist anf Kosten
eines Philanthropen herausgegeben worden, welcher glaubt, dafs das-
selbe auch heute noch von Wert und Interesse sein dürfte. Man
kann dieser Auffassung nur beistimmen trotz der 75 Jahre, die seit
dem ersten Erscheinen des Werkes verflossen sind.
In der Einleitung stellt der Verfasser Betrachtungen über den
Charakter der Blinden an, wobei er die Lebensgeschichte einzelner
blinder Gelehrter und Künstler einflicht, welche sich in ihrem Fache
aasgezeichnet haben. Die dann folgenden 25 Kapitel behandeln die
Beschäftigungen, Gewerbe und Spiele des Blinden, von deren
Mannigfaltigkeit man überrascht sein wird. Zahlreiche und künstlerisch
vollendete Illustrationen dienen dabei dem Text zur Erläuterung.
Namentlich die Abschnitte über das Schreiben, sowie das Zeichnen
von Landkarten und mathematischen Figuren durch Blinde zeigen,
wie weit Dr. GuiLLlii seiner Zeit vorausgeeilt war. Ebenso sind
die Ausführungen über das Stricken, Mattenflechten, Spinnen und
Weben der Blinden, sowie über die Anfertigung von Schuhen,
Teppichen, Geldbörsen, Seilen, Peitschen durch dieselben noch
heute brauchbar, und das Gleiche gilt von dem, was der Autor
über das Schach-, das Damen- und das Kartenspiel der Blinden
mitteilt.
In einzelnen Punkten sind seine Anschauungen freilich überholt.
So ist statt der von ihm empfohlenen Schreibmethode die BBAlLLBsche
Punktschrift Jetzt wohl allgemein angenommen. .Auch kann es nicht
verwundem, dafs der Verfasser manche neueren Apparate, z. B.
Thermometer und Barometer für Blinde, nicht kennt.
Nichtsdestoweniger verdient sein Buch noch jetzt einen Platz
in den Bibliotheken der Blindenanstalten, indem es, abgesehen von
seiner historischen Bedeutung, zur Erziehung, Belehrung und Unter-
haltung blinder Kinder vieles beitragen kann.
Professor Dr. med. L. Ingeemann in New York.
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(f^ristttal-^b^ttblttn^eit*
Zur Schulbankfraf e.
Von
Dr. med. Felix Schenk,
Orthopäden in Bern.
(mt 5 Figur«!! and 8 Abbildangan.)
Wer sich mit Stadien über die Haltang der Schüler be-
fassen will, der muls, um sich einigermaJjien in dem Chaos
von Körperverbiegungs-, Verschiebungs- nnd Yerdrehungsformen
in einer Schalklasse zarechtzafinden, zwei Haaptkategorien
schlechter Körperhaitangen wohl nnterscheiden : die Er-
müdangshaltnngen and die Schreibhaitangen. Beide
sind nicht nnr ihrer Ätiologie, sondern aach ihrer Foi:m nach
Toneinander yerschieden, and beide bedürfen deshalb aach ver-
schiedener prophylaktischer Vorkehrungen.
Die Er müdangshaltnngen entspringen dem physio-
logischen Bedürfnisse, die ermüdete Mnskulatar aasruhen zu
lassen, und haben, da dies auf sehr mannigfache Weise be-
werkstelligt werden kann, sehr verschiedene Formen. Die
Sehreibhaltnngen dagegen sind, weil es eben zur Aus-
fbhrang einer bestimmten Thätigkeit nur eine Körperhaltung
gibt, in welcher dieselbe am besten vorgenommen werden kann,
in der Form einander alle auffallend ähnlich.
Beide Arten können auf die Dauer mehr oder weniger
gesundheitsschädlich wirken, sei es infolge der damit ver-
Sehulgwandhettapflege VII. 34
630
biiiidenen einseitigen Belastung des nooli im Wachstum be-
findlichen Skelettes, sei es wegen anhaltender Kompression
von Brust- und Bauchhöhle und der in ihnen gelagerten
Respirations-, Oirkulations- und Digestionsorgane, sei es dnreh
zu groise Annäherung der Augen an die Tischflftche, oder sei
es deshalb, weil überhaupt durch zu langes Sitzen der
ganze kindliche, sehr bewegungsbedürftige Organismus ge-
schwächt wird. .
Was läist sich dagegen thun?
Als sicherstes und wirksamstes Mittel gegen die Er-
müdungshaltungen würde sich gewils eine gehörige Reduktion
der Sitzzeit und eine energische Vermehrung der körperlichen
Übungen empfehlen. Solange aber in den malsgebenden
Kreisen noch nicht die Einsicht herrscht, dafs man bei kürzerer
Sitzdauer ebenso Gutes, ja Besseres leisten könnte, dafs Feld
und Wald das schönste Schulhaus und der Bascu die besten
Schulbänke zu ersetzen im stände wären, solange können wir
der körperlichen Schädigung der Jugend durch die Schule
nicht müfsig zusehen und müssen wenigstens palliativ das
Beste dagegen zu leisten suchen, wenn die Radikalkur znr
Zeit noch nicht anwendbar erscheint.
Als ein solches sehr wirksames Palliatiymittel habe ioli
Schulbänke mit hoher, etwas rückwärts gerichteter Lehne und
leicht nach hinten geneigtem Sitze kennen gelernt. In solohen
lehnen sich die Kinder bei eintretender Ermüdung hinten an
und bleiben aus rein statischen Gründen ruhend aufrechi
Gleichwohl ist das damit erreichte Resultat nur ein halbes,
denn, was sich trotz der Reklination des Sitzes nicht in dem
gewünschten Mafse gebessert hat, das sind die schlechten
Schreibhaltungen. Warum wohl nicht? Hier treten die
Ursachen nicht so klar und allgemeinyerständlich zu Tage, und
deshalb sei mir gestattet, darüber etwas ausführlicher zu be-
richten.
Der Weg, den ich eingeschlagen habe, um das Wesen
der Schreibhaltungen, deren Formen und Ursachen zu studieren,
war der, dafs ich zunächst eine groise Anzahl solcher Haltungen
i
I
531
bei Schülern veisohiedenen Alters in der Weise anfzeichnete,
wie die Figuren 1, 2, 3 und 4 auf Seite 531 — 534 es darstellen.
Es enthalt eine derartige Figur nebst der direkten Aufzeichnung
der Heftr und Vorderarmlage, der Lage und Richtung der
dem Körper zugekehrten Tischkante noch die Horizontal-
FJgnr 1,
Projektionen gewisser durch den Körper gedachter Linien,
deren Lage unter sich sowohl, als in ihrer Beziehung zu
Schreibheft, Tisch und Arm mir eine Schreibhaltung am besten
zu charakterisieren schien. Als solche Linien dachte ich mir
die Verbindungslinie der vorderen oberen Stacheln des Darm-
beins (Spinae anteriores superiores ossis ilei) und die Ver-
bindungslinie beider Gträtenecken (acromia) des Schulterblattes,
34»
:;.-' .1; -
532
die wir in der Folge kurzweg als „Beokenlinie^ und ab
„Sohulterlinie^ bezeichnen wollen. Außerdem enthält anfler
Projektionfibild noch einige punktierte Hilfslinien, deren Be-
deutung ohne weiteres ersichtlich iet. Sie stehen entweder
parallel oder senkrecht zu den oben erwähnten Hauptlinieu,
a
der sind Verbindungslinien ihrer Mittelpunkte und wurden
eingezeichnet, um die Drehungs- und Veiecdiiebungswinkel,
welche die Hauptlinien miteinander bilden, besser ablesen zu
können.
Detaillierte Angaben über die Art und Weise der Auf-
nähme solcher Figuren samt der Beschreibung und bildlichen
Darstellung der dazu verwendeten Apparate und Instrumente
593
finden sioh in meiner Schrift: y^Zwr Ätiologie der Skoliose'^,
Berlin, 1885. Hier kann nns nur das Resultat interessieren.
Es ist folgendes: Wenn ABC die Beokenlinie, DJEF die
Sohnlterlinie, GJ? die Tisohkante, IK die Yorderarmlinie,
LMNO das Schreibheft, femer ÄF\\ GH, DQ nnd LK\\
J)
£:
■s-
Figur 8.
ABC^JBRJLäBC, endlioh BE die Yerbindnngslinie zwischen
Mitte von Schlüter- und Beckenlinie und JB S diejenige zwischen
Mitte Ton Schnftzeile nnd Beckenlinie ist, so ergibt z. PA C
die Beckendrehnng, zl FD Q die Sohulterdrehnng, z. M LK
die Heftdrehung, z. EBB die Heftyerschiebung, z. IKL den
YorderarmbeckenUnienwinkel.
So wichtig auch der Schriftvorderarmwinkel zur Be-
534
urteilang der Frage: Steil- oder Sohrägschrift? sein mag, so
wenig Bedeutung ist ihm in Bezug auf die Sohulbankfrage
beizumessen; deshalb bleibt er hier unberüokstchtigt.
Ausgeführt wurden meine Messungen an 156 Knaben,
und zwar bei allen in dem Momente» wo sie die oberste Heft>
4
B
zl
I •
ABC
Flgar 4.
zeile ganz, die zweite bis zur Hälfte ToUgeschrieben hatten.
Das Ergebnis in allen seinen Einzelheiten ist veröfienÜicht in der
zu Ehren von Professor Koghbr 1891 erschienenen Jubiläums-
schrift unter dem Titel: y^Beitrag ewr Losung der Frage: Skär
Schrift oder Schrägschrift?^ Für unseren Zweck genügt es,
das Wesentlichste daraus mitzuteilen.
Ich fand damals:
536
1. Drehung des Beckens nach rechts bei 102 Schülern, also
bei 65%,
Drehung des Beckens nach links bei 24 Schülern, also
bei 157o,
keine Drehung bei 30 Schülern, also bei 20 7o;
2. Verschiebung des Oberkörpers nach rechts bei 9 Schülern,
also bei 6%,
Verschiebung des Oberkörpers nach links bei 144 Schülern,
also bei 927a,
keine Verschiebung bei 3 Schülern, also bei 2%;
3. Drehung des Oberkörpers nach rechts bei 102 Schülern,
also bei 65%,
Drehung des Oberkörpers nach links bei 24 Schülern,
also bei 15 7o,
keine Drehung bei 30 Schülern, also bei 20%;
4. Drehung des Papiers nach rechts bei 2 Schülern, also
bei 1,5%,
Drehung des Papiers nach links bei 152 Schülern, also
bei 97%,
keine Drehung bei 2 Schülern, also bei 1,5 7o;
5. Verschiebung des Papiers nach rechts bei 91 Schülern,
also bei 60%,
Verschiebung des Papiers nach links bei 62 Schülern,
also bei 38 7o,
keine Verschiebung bei 3 Schülern, also bei 27o;
6. der Vorderarmbeckenlinienwinkel variierte
zwischen 5^ bis 73®. Je gröfser die Abduktion
des Oberarms vom Körper war, desto kleiner
erschien dieser Winkel;
7. ohne Abduktion des Oberarms schrieben 4 Schüler, also 2%,
mit „ „ „ „ 152 ^ ^98%.
Stellen wir die Hauptresultate zusammen, so ergibt sich:
65 % der Schüler sausen mit rechtsgedrehtem Becken,
92 jf jf „ rt rt liinksverschiebung des Oberkörpers,
65 ^ ^ n n n Rechtsdrehung des Oberkörpers,
97 „ „ „ 7) n Linksdrehung des Papiers,
&36
60%derSehüler safeenmitReehtsTerschiebnxig des Papien^
98 9) n if 7) I) Abduktion des Oberanns.
Wurden alle Ergebnisse naeh der Gröfte des VorderBim-
beokenlinienwinkels IKL geordnet, in 3 gleich grolse Groppen
geteilt nnd von jeder dieser 3 Grappen die DnrehischmtfBwerte
-ß-
D
B
Fisror 6.
aller Rnbriken ausgerechnet, so ergab sich nebenstehende
Tabelle, deren graphische Darstellung wir in den Figuren 1,
2 und 3 vor uns haben. Figur 4 zeigt das Bild einer Schreib-
haltung, wie sie sein sollte und sein könnte auch bei SohrSg-
Schrift, wenn die aufseren Bedingungen hierzu Torhanden wMn,
und Figur 5 die richtige Schreibhaltung bei Steilsobrifl
Davon später.
o
'S
1
i
1
lii
II«
I
n
m
+ 6,8'
-o,e'
-8,9'
+ 36»
+ 27,2"
+ 16,3'
+ 27,3''
+ 24,9»
+ 19,4«
+ 10,6'
+ 1,3'
+ l.C
- 10,4'
- w
+ 27,4"
+ 39,1"
+ 62,4"
Plus b«dentet
VertchiebuDg
Drehnng naoh
linke.
Minus Ver-
Bchjebnng odar
Drehung
nach recbta.
Ans den Figuren 1, 2 ond 3 erhellt mit grO&ter Deatlioh-
keit, dab alle Kinder beim Schreiben mehr oder weniger
krumm zu sitzen pflegen, aber daa Interessanteste an dem Er-
gebnisse ist, dafs damit der Naebweie von einem ganz be-
stimmten kausalen Zusammenhange aller Haltangsanomalien
geführt wird. Es zeigt sieh n&mlieh, dals je grOfser der
Vorderarmbeokenlioieawiakel IKL, desto gröfaer die Ver-
Bcbiebung des Schreibheftes nach rechts, desto kleiner die
Drehnng des Sohreibheftee, desto kleiner die Versobiebung
das Oberkörpers, desto kleiner die Drehung des Oberkörpers,
desto kleiner die Drehung des Beckens ist.
Da es sieh auch erwiesen bat, da& die Grölse des Vorder-
armbeckenUnienwinkels bestimmt wird durch die G-rftlse der
Abdnktion des Oberarmes vom Körper, so kommen wir zu
dem Schiasse: Je gröfser die Abduktion des Ober«
armes, desto schlechter, verkrämmter, rersohobener
snd verdrehter die Körperhaltung. Am besten ist die
Sohreihhaltung dann, wenn die Abdnktioii des schreibenden
Armes gleich Null ist, d. h. dann, wenn der Oberarm dem
Körper leicht anliegt.
Dieser besten Körperhaltung hat sich die Schulbank an-
zupassen, indem sie das Papier so vor den Körper bringt, dafa
zum Schreiben einer Zeile nur Elotation, nicht Abduktion des
Oberarmes im Sobultergelenke nötig wird.
Dies kann nur dann der Fall sein, wenn der horizoDtale
538
Abstand zwischen Rückenlehne und Tisch, den wir hier, aller-
dings in Abweichung vom bisherigen Spraohgebrauche, ^Distanz^
nennen wollen, gleich ist der Yorderarmlänge des Schreibenden
(Oleoranon bis Handgelenk) und wenn der vertikale Abstand
von Tisch und Sitz, die sogenannte „Differenz", gleich ist der
Entfernung des herabhängenden Ellenbogens vom Sitz. Da
diese letztere Entfernung nun zu&Uigerweise auch der Yorder-
armlänge entspricht, so ergibt sich für die Konstruktion der
Schulbänke die sehr einfache und wichtige Formel: Distanz
== Differenz = Yorderarmlänge des Schreibenden,
wobei, wie gesagt, der Ausdruck „Distanz'' den Abstand
zwischen Tisch und Tjehne bezeichnet.
Wenn ich nun auch die aufrechte Körperhaltung als die
beste, der Gesundheit zuträglichste erachte und sie deshalb
einerseits durch Bückwärtsneigung von Sitz und Lehne,
andererseits durch richtige Anpassung von Distanz und DifEerenz
an die Körpergröise thunlichst begünstigen möchte, so bin ich
doch weit entfernt, zu glauben und zu hoffen, dafs damit
krumme Haltungen gänzlich ausgeschlossen werden. Nein, sie
sollen und dürfen nicht ausgeschlossen werden. Eine Schul-
bank, die eine aufrechte Haltung nur auf Kosten der körper-
lichen Bewegungsfreiheit erzwingen wollte, wäre unter allen
Umständen zu verwerfen. Lieber noch eine solche ohne Lehne
mit Plusdistanz, als eine solche, bei welcher der Körper von
hinten, vom und unten in einer Weise gestützt wird, dafis er
sich weder biegen noch drehen kann. So gut wie ein e^
müdeter Muskel Buhe verlangt, so gut verlangt ein ausgeruhter
Muskel Bewegung. Selbst die denkbar beste Buhelage, die
Bückenlage im Bett, wird ja auf die Dauer zur Qual, und
wir empfinden eine Seitendrehung sogar im Schlafe als eine
wahre Wohlthat.
Krumme Haltungen sollen also auch fernerhin möglich
bleiben. Die aufrechte Haltung muls nur in einer Weise be-
günstigt werden, dafs sie dem Kinde zur Buhe wie zur Arbeit
die bequemste ist. Damit wird sie auch diejenige werden^ die
es mit Yorliebe einnimmt. Krumme Haltungen dürften dann
539
seltenery nnr vorübergehend und in häufig wechselnden Formen
vorkommen, dem Kinde jedenfalls nicht zur Gewohnheit werden
und auf diese Weise auch ihren gesundheitsschädlichen Einfiufs
verlieren.
Mit allem dem ist aber erst gesagt, was wir in hygie-
nischer Beziehung von einer Schulbank verlangen müssen.
Nun kommen dazu noch eine ganze Reihe pädagogischer
und technischer Forderungen, die nicht minder Beachtung
verdienen.
Es mufs Vorsorge getroffen werden für eine zweckmäfsige
Unterbringung der Schulutensilien ; es muls ferner jeder einzelne
Schüler von seinem Nachbarn so unabhängig sein, dafs er
ein- und austreten, sich setzen oder aufstehen, ruhen oder
arbeiten kann, ohne diesen zu belästigen ; es mufs die Schul-
bank zu allen vorkommenden Schularbeiten, wie Schreiben,
Zeichnen, Handarbeiten, gleich gut geeignet sein; sie muls
eine leichte, tägliche Reinigung des Fuisbodens gestatten, darf
nicht zu niedrig sein, damit Lehrer und Lehrerinnen nicht
am Ende vor lauter Bücken selbst buckelig werden ; es müssen
femer die beweglichen Teile derselben geräuschlos und so
funktionieren, dafs weder Finger noch Kleider sich einklemmen
können, und endlich darf eine Schulbank nicht zu viel Platz
beanspruchen, mufis sehr solid sein und sollte möglichst wenig
kosten.
Das sind sämtlich alte und gewifs sehr berechtigte For-
derungen. Obschon deren Zahl nicht gering ist, so mufs ich
ihnen doch noch eine neue hinzufügen, die mir von aller-
grölster hygienischer wie pädagogischer Wichtigkeit zu sein
scheint, die Forderung nämlich, dafs jeder Sitzplatz samt
Tisch für jede beliebige Körpergröfse passe.
Die Körperlänge im schulpflichtigen Alter bewegt sich
zwischen 90 und 175 cm. Dementsprechend werden die
meisten bisherigen Schulbanksysteme in 5 — 8 Gröfsen her-
gestellt, so dafs im günstigsten Falle auf 10 cm Unterschied
in der Körpergröfse eine Banknummer kommt. Da wir nun
in jeder Klasse solche Unterschiede von 20 — 30 cm antreffen,
540
80 finden in der Regel drei Terschiedene Schnlbankgrölsen dann
Aufstellung. Damit glaubt man das Notwendige geleistet
zu haben.
In Wirklichkeit verhält es sich aber ganz anders. Nicht
sehr selten sitzen gerade die kleinsten Schüler auf den grölsten
Bänken. Von einer sorgfältigen Anpassung ist meistenteils
keine Rede. Wo werden die Kinder halbjährlich gemessen
und ihnen die entsprechenden Banknummem nach MaJsgabe
des Wachstums neu zugewiesen? Wo werden Bänke um-
getauscht, wenn einmal grofse, mittlere und kleine Schüler
nicht in derselben Proportion auf eine Schulklasse yerteilt sind,
wie die hier aufgestellten Bankgröfsen? Wo finden wir übe^
haupt das nötige hygienische Verständnis und den guten Willen
der Lehrerschaft mit der Möglichkeit einer richtigen Anpaasong
der Subsellien in einer Schule vereinigt? GewiTs in höchst
seltenen Fällen. Es geht damit, wie mit vielem anderen auch.
Die Theorie wird als richtig anerkannt, und dabei bleibt's.
Die Durchführung in praxi ist zu umständlich und begegnet
zu vielen Schwierigkeiten aller Art. Das wird so lange so
bleiben, bis wir eine Schulbank besitzen, welche die Bang*
Ordnung der Schüler von der Aufstellung der Tische völlig
unabhängig macht, welche dem Lehrer gestattet, seine SohtÜer
so zu setzen, wie es der Unterrichtszweck erheischt, und wie
er beispielsweise Kurzsichtige, Schwerhörige oder auch nur
Unachtsame setzen mufs, wenn dieselben von seinem Untenicht
Nutzen haben sollen. Kurz, wir brauchen eine Schulbank,
die sich ganz automatisch jeder Körpergröfse anpafst.
Das sind die Grundsätze, nach welchen meine Schulbank
^Simplex^ (D. B. P.) konstruiert wurde, und es erübrigt jetit
nur noch zu zeigen, inwieweit es mir gelungen ist, denselben
gerecht zu werden.
Als solideste und gleichzeitig auch billigste Form, in
welcher sich alle Vorzüge einer Schulbank am besten ve^
einigen liefsen, erwies sich diejenige, welche in den Abbil-
dungen auf Seite 541 — 543 dargestellt ist.
Die Seitenteile sind aus T-Eisen, Bücherkasten, Rücken*
541
lehn«, Tisct und Sitz d^egen aus Holz angefertigt. Daa
Ganze vird dnroh Sobraaben zosammeDgehalten, die in dem
Eisen festsitzen und sich nicht lookern können. Dnroli diese
Kombination entsteht ein änfsenit solides und stabilee GiefUge.
Fnkschwellen fallen dsbei weg, was für die Klassenreimgnng
Bowobl, wie für den freien Verkehr von grofaem Vorteil ist.
Beweglich sind Tisch-, Sitz- nnd Fntsbrett, und zwar Tiech-
nod Sitzbrett fUr jeden einzelnen Schüler nnabhäDgig tod dem
Tisch- und Sitzbrett des Naohham, das Fnfsbrett dagegen dient
beiden Insassen eines Tisches gemeinsam. Alle Drehpunkte
sind niet- nnd nagelfest mit den eisernen Seitenteilen verbunden,
in ihrer gegenseitigen Lage also absolot unveränderlich, so dafs
ein anfälliges „Arbeiten" der Holzbestandteile ohne jeglichen
543
Eioflnls anf den BewegtuigsmecliBiiismiu Ton Tisch-, Sitz- und
Fufsbrett bleiben mii&.
Das Sitzbrett kann zaräokgelegt werden, eineiseits um
dos Stehen and G«ben zwischen Tisch und Bank eil er-
leichtern, andererseits damit die Zimmerreioigiuig ohne Dis-
lokation der Tische tot sich gehen kann, und drittens wol
damit Platz erspart wird.
Das FoTsbrett ist am seine Längsachse bis za ISO" dreh-
bar und kann, wie ans den Abbildungen ersicbtliofa, durch
einfaches Umklappen von einer extremen Stetlnag znr anderen
in zwei verschiedene Höhenlagen gebracht werden. Id der
oberen Lage dient es den kleinen Sobülem, in der unteren den
543
mittleren, w&hrand die ^oJsen Schüler zn dem {gleichen Zwecke
den Fafeboden benutzen.
Die wiohtigate Neaernng, welche meine Sohalbank aufzu-
weisen hat, liegt aber in der Bew^liohkeit des Tisoh-
brettea. Diese hat einen doppelten Zweck. Bs soll damit der
Bficherkasten gefif&iet oder gesohloBsen, dann aber auch, was die
HanptBaohe ist, die Bank für jede beliebige KörpergrOfse
ohne weiteres verwendbar gemacht werden. Ersteres
geschieht, indem das Brett vom gehoben oder gesenkt wird,
letzteres dadarofa, dafe sich das Tischbrett beim Heranziehen
desselben gegen den Körper des Schülers, dank der hinteren
Führung darch einen f übrungsstab und der vorderen durch
einen Stützbogen, in gleichem Malse senkt, wie es sich der
Bttckenlehne nähert, ohne dabei seine Neigung von 15° zu
verlieren. Das Anpassen von „Distanz" uud „Differenz" geschieht
hier ein&ch so, dafs der Schreibende das Tischbrett vom
544
etwas hebt, so weit gegen sich zieht, bis er mit den Ellenbogen
hinten an der Rückenlehne anstölst nnd es dann wieder auf
den Bücherkasten niederlüTst, wodnrch es sich von selbst in
der gegebenen Lage fixiert. So ist in einfachster Weise du
erreicht, was wir oben gefordert haben, dais die „Distanz''
immer gleich der „Differenz^ and beide gleich der Vorderarm-
lange des Schreibenden sein müssen.
Damit nun auch Lehne und Sitz eines jeden Tisches f&r
jede Körpergröfse passen, mache ich erstere so hoch, dals sie
dem kleinsten Schüler noch die Schulterblätter deckt, und den
Sitz so breit, dafs er ihm beinahe bis in die Ejiiekehle reicht-
Dem Erwachsenen wird in der gleichen Bank dann immer
noch Vs des Rückens und Vs der Oberschenkel gestützt, and
das geaügt Yollständig. Infolge dieser Konstruktion können
Lehrer und Schüler nebeneinander in der gleichen Bank sitzen;
beiden wird sie sehr gut passen, auch wenn der Lehrer 50 cm
dicker, 60 cm langer und 50 kg schwerer sein sollte, als sein
Zögling. In Schulen, wo abteilungsweiser Unterricht erteilt
wird und yielleicht das gleiche Schulzimmer für verschiedene
Altersklassen dienen muls, hat diese leichte Accommodations-
fUiigkeit der Subsellien doppelten Wert.
Ich glaube nicht, daCs man den Ruf nach Steilschrift je-
mals hätte ertönen lassen, wenn unsere Schulzimmer mit de^
artigen Subsellien ausgerüstet gewesen wären, aber nichtsdesto-
weniger halte ich dafür, man sollte das eine thun und das
andere nicht lassen; denn die Macht der Gewohnheit an
schlechte Schreibhaltungen ist so gewaltig, dafs kein Mittel
unbenutzt gelassen werden darf, welches dieselbe zu bekämpfen
geeignet erscheint. Als ein solches muTs die Steilschrift un-
bedingt anerkannt werden.
Nun noch die Frage, ob die hier für Schrägschrift ab
richtig bezeichneten Dimensionen der Schultische auch ftir
Steilschrift passen. Ich glaube, dieselbe nach meinen bisherigen
Erfahrungen bejahen zu dürfen. Die Steilschrift kommt ledig"
lieh dadurch zu stände, dals bei gerader Mittenlage des
Schreibheftes der Oberarm mehr nach innen rotiert, der
545
Vorderarm snpiniert, das Handgelenk mehr einwärts jElektiert
nnd so den beim Schreibakt thätigen Fingergelenken eine der
senkrechten Schrift entsprechende Bewegungsrichtnng gegeben
wird. Das alles geschieht ohne Abdnktion des Oberarmes,
und deswegen sind meine Subsellien für beide Schriftarten
gleich gut yerwendbar.
Wenn wir eine Regel anfstellen wollten für die Heft-
lage, so müiste sie lauten: Gerade Heftlage ist für
Steil- nnd Schrägschrift erforderlich. Bei Steil-
schrift soll die Mitte, bei Schrägschrift der Anfang
der Schriftzeile vor der Eörpermitte liegen. Ich
halte aber anch diese Regel für überflüssig, denn bei richtiger
Dimensioniening der Schultische werden die Schüler die
richtige Heftlage mit der Zeit ganz von selbst wählen.
Die ganze Anleitung, die der Lehrer bei Be-
nutzung der Schulbank „Simplex^ zu geben hat,
um die schlechten Schreibhaltungen zu korrigieren,
ist also die: Man erfasse das Tischbrett vorn und
ziehe es so weit gegen sich, bis man mit den Ellen-
bogen an der Rückenlehne anstöfst. Durch diese leichte
und einfache Anpassung der neuen Schulbank an die Eörper-
grölse ihrer Insassen werden wir die schlechten Schreibhaltungen
ebenso erfolgreich bekämpfen, wie es uns gelungen ist, durch
die „Reklination^ von Lehne und Sitz den schlechten Er-
müdungshaltungen vorzubeugen.
SehalretundheitspäegeVTI 35
546
Beitrag cur Belenchtnng des Krankheitsyerhaltens
im Kindesalter.
Von
Axel Hebtel,
kommunalem Kreisarzt in Kopenhagen.
Die ausführlichen Untersuchungen über den Gesundheits-
zustand der Schulkinder, welche früher in Dänemark und
Schweden angestellt wurden, sind den Lesern dieser ZeUsdiriß
durch ein Referat in Jahrgang 1888, N. 6, S. 167 ff., bekannt
Es war besonders das Verhältnis zwischen gesunden und kranken
Kindern, das damals erörtert wurde. Dabei hatten jedoch nur
einige der am häufigsten vorkommenden chronischen Leiden
Berücksichtigung gefunden, die akuten Krankheiten waren
ganz und gar übergangen, und ebenso fehlten yollständig Er-
läuterungen der Krankheitsverhältnisse aus der Zeit, bevor die
Kinder in die Schule eintraten.
Um diese Lücke auszufüllen, habe ich eine Zusammenstellung
sämtlicher Kinder unter 14 Jahren, die ich innerhalb eines
zwanzigjährigen Zeitraumes als Kommunalarzt zu Kopenhagen
in Behandlung gehabt habe, unternommen. Es handelt sich im
ganzen um 3650 Individuen, 1729 Knaben und 1921 Mädchen,
alle zu dem ärmsten Teile der Arbeiterbevölkerung gehörend.^
Eine ähnliche Untersuchung hat Dr. Adsebsen in der Poliklinik
des Marthaheims in Kopenhagen ausgeführt und in y^TJgeskrifi
for Idßger^ 1893, 4 R., No. 17, unter dem Titel: „Beitrag zu
einer Kränklichkeitsstatistik des Kindesalters''
veröffentlicht.
Ein kurzer Auszug aus den von uns gefundenen B-esul-
taten, mit den Ergebnissen der früheren Untersuchungen in
^ Die vollständige Arbeit über diesen Gegenstand mit dasu ge-
hörenden Tabellen findet sich in der medizinischen Zeitschrift „ ügeskrift
for lAßger"* 1893, 4 K., XXVIH, No. 25 und 26.
647
Dänemark und Schweden yerglichen, dürfte in sohnlhygie-
nisohen Kreisen Interesse erregen.
Die Anzahl der Kranken in den einzelnen Altersklassen
war folgende:
Geeamtsabl
Kranke
Kranke
der
Lttben^abr
Knaben
•/o
Mädchen
%
kranken
Kinder
0-1
248
52,2
227
47,8
476
1-2
204
51,0
195
49,0
399
2-3
145
47,7
159
52,3
304
3—4
140
50,0
140
50,0
280
4-5
117
45,3
141
54,7
258
5-6
110
50,0
111
50,0
221
6-7
96
48,0
104
52,0
200
7-8
110
50,0
109
50,0
219
8-9
106
48,0
115
52,0
221
9-10
105
46,7
120
53,3
225
10-11
95
42,5
114
57,5
209
11—12
74
39,6
113
60,4
187
12-13
71
39,4
108
60,6
179
13—14
63
37,3
105
62,7
168
14—15
45
42,9
60
57,1
105
Die gröfste Zahl kranker Eander fisind sich demnach, wie
die letzte Kolnmne zeigt, im ersten Lebensjahre. Darauf nimmt
die ZiJBPer alljährlich bis zum zurückgelegten 6. Jahre ab, in
welchem das Minimum mit 200 erreicht wird ; diese Abnahme
igt bei weitem stärker als die natürliche jährliche Abnahme
der Kinder in der Bevölkerung. Mit dem Alter von 7 Jahren
tntt eine Steigerung der Morbidität ein. Die Anzahl der
Kranken hält sich dann ziemlich unverändert um 220 herum
bis zum 10. Lebensjahre, wo wiederum ein Sinken der Ejränk-
li^hkeit, und zwar bis zu 187 im 12. Lebensjahre, stattfindet.
In den dann folgenden Jahren ist die Abnahme gering; sie
entspridkt ungefähr der alljährlich stattfindenden natürlichen
y'enüadenmg der Kinder durch Absterben. Am tieften
35*
548
sinkt die Morbiditätsknrve im 14. Lebensjahre, offenbar aus
dem Grande, weil alsdann die Kinder ans der Schule aus-
treten und znm Teil unter veränderten Verhältnissen zu leben
anfangen.
Das erwähnte Minimum bei den Sechsjährigen, das auch
Dr. Adsebsen bei seinen Untersuchungen fand, ist so ent-
schieden und scharf ausgeprägt, daJs an der verhältnismälsig
geringen Kränklichkeit um diese Zeit kein Zweifel sein kann.
Die in dem folgenden Jahre beträchtlich ansteigende Morbidität
fkllt mit dem Eintritte der Kinder in die Schule zusammen,
da bei uns die Schulpflicht für die Volksschüler mit dem
zurückgelegten 7. Jahre beginnt. Das Fallen der Erkrankungs-
ziffer, das um das 10. Lebensjahr eintritt, wurde auch bei
den firüheren Untersuchungen konstatiert und beruht auf be-
sonderen Entwickelungsverhältnissen. Steigen und Fallen der
Krankheitsziffer kann übrigens hier nur in grolsen Zügen dar-
gestellt werden, da wir die Anzahl der gesunden Kinder in
den entsprechenden Altersklassen nicht kennen.
Dagegen können wir die Morbidität der Geschlechter auf
den verschiedenen Altersstufen genau vergleichen. Ln ersten
Lebensjahre ist die Zahl der kranken Knaben ein wenig
gröfser als die der kranken Mädchen. In den folgenden Jahren
wechselt sie, doch erscheint die Kränklichkeit der Mädchen
jetzt etwas höher als diejenige der Knaben. Erst nach dem
7. Lebensjahre finden wir ein völlig regelmäfsiges Übergewioht
in der Anzahl kranker Mädchen, so dafs nach dem 11. Jahre
die Mädchen 60%, die Knaben 40% der Kranken ausmachen.
Ln allgemeinen kann man also sagen, dais bis zum Alter von
7 Jahren nur ein sehr geringer Kränklichkeitsuntersohied
zwischen den Knaben und Mädchen besteht; in den höheren
Altersklassen tritt dagegen dieser Unterschied zu Ungunsten
der Mädchen sehr deutlich hervor.
Was die einzelnen sowohl akuten als chronischen Krank-
heiten jeder Altersstufe betrifft, so sind dieselben bis zum
7« Lebensjahre bei Knaben und Mädchen unge&hr die gleichen.
Brust- und Darmkatarrhe nebst den ansteckenden Kinder-
549
kraobheiten, wie Masern, Scharlaoh, KenchliTiateD ii. s. w.,
spielen die H&optrolle. Von den chronischen Krankheiten
tritt die Skrofulöse besonders herror, bei den Knaben ein
wenig hAnfiger als bei den Mädchen. Die Anämie erscheint
in diesen Jahren nnr selten. Nach dem 7. Lehensjahre fängt
aber ein merklicher Unterschied zwischen den beiden Ge-
sohlechtem sich zn zeigen an, indem die Blntarmut jetzt in
grösserer Hänfigkeit anter den Mädchen vorkommt. Mit jedem
zmilokgelegten Jahre tritt der Unterschied stärker herror. E!b
ergibt sich dann, dalä die Verschiedenheit in der Zahl kranker
£nahen und Mädchen so gut wie aossohliefslich auf der Anämie
und den damit in Verbindung atehenden Leiden, den Kopf-
schmerzen und der Kardialgie, beruht. Dies wird durch eine
Vergleichnng sowohl der jüngeren als der älteren Altersklassen
der beiden Gresohlechter besonders deutlich:
Alle ährigen Krankheiten, namentlich Brost- nnd Darm-
katarrhe, Keaohhosten, Masern, Scharlach, bedingen keinen
wesentlichen Unterschied zwischen den G-eschlochtem, weder in
den jQngeren noch in den alteren Lehensjahren ; dabei ist
jedoch zn bemerken, dafs eine besondere üntersachnng der
ftackgratarerkrttmmnngen und der Knrzsichtigkeit nicht vor-
genonunen wurde. Nur kleine chirurgische Leiden kommen
häufiger hei den Knaben als hei den Mädchen vor.
Durch unsere Untersuchung scheint demnach zum ersten
Male festgestellt zu sein, dals der Kräuklichkeitsunterschied
zwischen Knaben und Mädchen, der auch hei den firUheren
550
Untersuchungen gefunden wurde, erst mit dem 7. Lebensjahre
beginnt und von der Anämie und den damit verwandten patho-
logischen Zuständen herrührt. Es beruht dies ohne Zweifel anf
einer physiologischen Verschiedenheit der beiden Geschlechter,
die mit dem 7. Jahre noch gering erscheint, aber je näher dem
Pubertätsalter, desto deutlicher hervortritt. Der Nachweis diessB
Faktums ist für eine rationelle Erziehung der Mädchen von hoher
Bedeutung, da er eine verringerte Widerstandsfähigkeit der-
selben denjenigen Einflüssen gegenüber zeigt, welche erfahrungs-
gemäis die Entwickelung anämischer Zustände begünstigeiL
Diese verminderte Resistenz kann um so weniger angezweifelt
werden, als es sich in unserem Falle um Kinder der Volks-
schule handelt, in welcher der Unterricht für Knaben und
Mädchen derselbe ist.
Es dürfte nun von Interesse sein, die Krankheitsverhftlt-
nisse der Jugend mit dem physiologischen Entwiokelungsgange
derselben zu vergleichen, wie er sich in der Längen- und
Gewichtszunahme während der verschiedenen Altersperioden zu
erkennen gibt.^
Das erste Lebensjahr ist bekanntlich durch eine aufser-
ordentlich starke Zunahme des Körpergewichtes und ebenso der
Körperlänge gekennzeichnet. In den folgenden Jahren nimmt
dieses Wachstum alljährlich an Stärke ab, die Entwickelung bleibt
aber dennoch lebhaft und kräftig. Nach dem 6. Lebensjahre
ist der jährliche Zuwachs an Länge und Gewicht ziemlich der
gleiche; er beträgt für die dänischen Kinder jedes Jahr 2 Zoll,
bezw. 3 Pfund. Im 11. Lebensjahre erscheint das Wachstum
verhältnismäfsig gering; die dänischen Kinder nehmen am
diese Zeit nur 1 Zoll an Körperlänge zu. Mit dem 12. Jahre
aber gewinnt die Entwickelung wieder einen mächtigen
Aufschwung und erreicht ihre gröfste Stärke im Alter von
14 — 16 Jahren. Nach dem 17. Lebensjahre ist das Längen-
* Vergl. Axel Key, Die Pubertätsentwickelung und das
Verhalten derselben zu den Krankheitserscheinungen der
Schuljugend. Vortrag, gehalten auf dem internationalen Ärztekongrefs
in Berlin.
551
Wachstum nur nnbeträohtlioli, aber die Gewiclitsvennehrang
bis zum 19. Jahre bedeutend.
Während dieses Verhalten für die Knaben gilt, ist es ein
wenig anders bei den Mädchen. Nnr bis znm 10. Jahre er-
weist sich das Wachstum beider Geschlechter wesentlich gleich.
Während dagegen das Minimum der Entwickelung sich bei
den Knaben um das 11. Lebensjahr findet, tritt dasselbe bei
den Mädchen durchschnittlich ein Jahr früher ein. Danach
&Dgt aber bei diesen eine sehr intensive Entwickelung an, die
ihr Maximum schon im 12. — 14. Jahre erreicht und weit
stärker als bei den Knaben ist. Die Mädchen übertreffen die
letzteren jetzt sowohl an Körperlänge als an Körpergewicht,
wogegen bis zu diesem Zeitpunkte die Knaben durchgehends
den Mädchen überlegen waren. Das Längenwachstum ist bei
den letzteren nach dem 15. Jahre gering, die Zunahme an
Grewicht dagegen dauert bis zum 19. Jahre fort. Kurz, die
Entwickelung der Mädchen in den Pubertätsjahren zeigt sich
weit intensiver als diejenige der Knaben, fängt eher an, hört
aber dafür auch früher auf.
Vergleichen wir jetzt die Krankheits- und die physio-
logischen Entwickelungsverhältnisse, so ergibt sich, dals be-
stimmte, einander entsprechende Perioden in beiden nach-
gewiesen werden können.
Dem ersten Lebensjahre ist ein sehr starkes Körper-
wachstum und ein verhältnismäfsig sehr hohes Krankenprozent
eigentümlich. Die zweite Periode vom 1. — 6. Jahre zeigt
eine gleichmäfsig abnehmende Kränklichkeit, bis das Minimum
mit dem 6. Jahre erreicht wird. Auch in der physischen Ent-
wickelung gibt sich eine dauernde Abnahme des jährlichen
Wachstums zu erkennen. Es besteht kein wesentlicher unter-
schied zwischen beiden Geschlechtern hinsichtlich der Kränk-
lichkeit. In der dritten Periode vom 7. — 10. Lebensjahre
ist das jährliche Wachstum ziemlich konstant und erreicht mit
dem 10. — 11. Jahre sein Minimum. Diese Periode fängt mit
plötzlich stark zunehmender Kränklichkeit an, die von Jahr
zu Jahr steigt, aber beim Übergang in die nächste Periode
562
mit einem Minimum endet. Zugleich beginnt ein unterschied
zwischen den Geschlechtern hervorzutreten, indem die Krftnk-
lichkeit bei den Mädcben jedes Jahr grölser wird. Unter den
Krankheiten fängt die Anämie an, einen hervorragenden Platz
einzunehmen. Die vierte Periode vom 11. — 16. Lebensjahre
ist durch eine starke körperliche Entwickelung charakterisieii
Gleich zu Anfang steigt die Kränklichkeit in derselben,
erreicht ihr Maximum mit dem 12. — 13. Jahre und nimmt als-
dann bis zum Schluis der Periode wieder etwas ab. Hier ist
der Unterschied zwischen den Geschlechtem stark ausgesprochen,
indem die Mädchen eine viel lebhaftere körperliche Entwicke-
lung und gleichzeitig ein weit höheres Krankenprozent als die
Knaben aufweisen. Diese grölsere Kränklichkeit rührt haupt-
sächlich von anämischen Zuständen her. Nach dem Ab-
schlufs der Pubertät steigt die Kränklichkeit, welche in
den letzten Jahren etwas vermindert war, wieder, sowohl bei
den Knaben als bei den Mädchen, allein die Mädchen behalten
fortdauernd die höchsten Krankenprozente.
Der Nachweis, dafs den verschiedenen Entwickelungs-
perioden im Kindesalter mehr oder minder bestimmte Krfink-
lichkeitsperioden entsprechen, ist gewiis von nicht geringer
Bedeutung. Es zeigt sich in den verschiedenen Perioden nicht
nur ein Steigen und Fallen der Krankenziffer, sondern die
einzelnen Krankheiten treten auch mit verschiedener Häufigkeit
auf und drücken dadurch der Periode ein bestimmtes Gepräge
auf. Auiserdem macht sich der Einflufs des Geschlechtes auf
die Kränklichkeit immer mehr geltend, je älter die Kinder
werden. Dals dieselbe in gewissen Perioden stärker ist, rührt
von einer gröfseren Neigung zu krankhaften Zuständen her,
diese Neigung aber beruht wieder auf den schädlichen Faktoren^
die auf die Kinder einwirken. In den ärmeren Klassen sind
es ungünstige hygienische Verhältnisse und mangelhafte Er-
nährung, welche dabei die Hauptrolle spielen ; bei den Kindern
der besser situierten Stände kommen andere nachteilige Ver-
hältnisse in Betracht, wie eine verzärtelnde, weichliche Er-
ziehung, übertriebene Ansprüche an die geistige Thätigkeit,
von den Eltern ererbte nervöse Konstitution u. s. w.
553
Unsere Aufgabe wird daher sein, durch eine yernünftige
Erziehung der natürlichen Disposition entgegenzuarbeiten und
die Momente, deren nachteiligen Einfluis wir kennen, so viel
als möglich yon dem Kinde fem zu halten. Da die Schule in
dem Leben desselben eine so bedeutsame Rolle spielt, so ist klar,
welchen hervorragenden EinfluTs die Verteilung und Anord-
nung des Unterrichts, die Ansprüche, welche an die Schüler
gestellt werden, und der ganze äufsere Apparat der Schul-
einrichtungen auf die Gesundheit und körperliche Entwickelung
der Jugend haben müssen. Leibesübungen, Spiele, Aufenthalt
in freier Luffc, körperliche Arbeit sollten einen yiel breiteren
Raum in der Erziehung einnehmen, als es bis jetzt der Fall
ist, wenn man eine gesunde physische Entwickelung herbei-
führen will. Dais die Kränklichkeit mit jedem Jahre abnimmt,
bis das Kind in die Schule eintritt, die Blutarmut dagegen
von diesem Zeitpunkte an immer mehr zunimmt, sind That-
Sachen, welche volle Beachtung verdienen. Andererseits liegt
in dem Nachweise des engen Zusammenhanges zwischen den
Bntwickelungsperioden und der Kränklichkeit eine Warnung
davor, der Schule alle Schuld an der greisen Morbidität ihrer
Zöglinge, besonders in den Pubertätsjahren, beizumessen. Hier
machen sich viele Einflüsse geltend, trotzdem aber mufs ein
rationeller Lehrplan auf die für die verschiedenen Perioden
konstatierte Kränklichkeit Rücksicht nehmen.
An dieser Stelle darf wohl auf die von Amerika aus-
gehende und jetzt auch über die alte Welt sich verbreitende
Bewegung hingewiesen werden, £[naben und Mädchen nicht
nur in den unteren, sondern auch in den oberen Klassen ge-
meinschaftlich zu unterrichten. Die weit grölsere Kränklichkeit
der Mädchen aber, die hauptsächlich den Charakter der Anämie
trägt, beweist, dais diese eine geringere Widerstandsfilhigkeit
gegen diejenigen Momente besitzen, welche erfahrungsgemäüs
die Entstehung von Blutmangel begünstigen, und hierzu gehört
in erster Reihe intensive geistige Arbeit. Das Verlangen
nach einem für beide Greschlechter gemeinsamen Unterricht ruht
daher auf einer irrationellen Grundlage, jedenfalls so lange.
554
als die ADsprüohe so grois sind, . wie in den jetzigen Gym-
nasien.
Obgleich mein Untersuohnngsmaterial nnr Kinder aus den
ärmsten Klassen nmfaist, können die Resultate doch gewüs aaeh
auf die Kindei der höheren Stände übertragen werden. Die
früher mitgeteilten dänischen Untersuchungen umfalsten nämlich
Kinder aus allen Gresellschaftsklassen, Kinder aus den Städten
und Elinder yom Lande, trotzdem aber wurde bei allen gsni
dieselbe Bewegung in der Kränklichkeit, dasselbe Steigen und
Fallen gefunden, wie denn auch die Feststellung von Länge
und Gewicht dieselbe Kurve ergab. Kleinere Verschieden-
heiten können freilich yorkommen, das Steigen kann etwas
früher oder später eintreten, die Hauptzüge aber bleiben die
gleichen. Ich glaube daher, dafs die Perioden, die in der
Entwickelung und Ejränklichkeit der Kinder yon mir nach-
gewiesen sind, allgemeine Gültigkeit für sämtliche Kinder besitzen.
2.UB Derfatrtmlnngen itnb Vereinen.
Die Schulhygiene.
Vortrag,
gehalten auf dem V. deutach-österreiohischen Mittelschultage in Wien.
Von
Professor Dr. phil. Gustav Hbrqbl,
Gymnasialdirektor in Aussig.
Meine Herren I Es kann nicht meine Aufgabe sein, hier
mit neuen Vorschlägen aufzutreten, einmal, weil das Gebiet
der Schulhygiene viel zu grofs ist, um die einschlägigen
Punkte in der uns zur Verfügung stehenden Zeit im Detail
zu behandeln, dann aber auch deshalb, weil die zahlreicheB
Neuerungen erst einer billigenden Bestätigung durch die
Praxis bedürfen, bevor dieselben als Verbesserungen angesehen
565
werden können. loh will mich daher darauf beschränken,
hlots einen Überblick über den gegenwärtigen Stand dieser
für die Zukunft unseres Volkes so wichtigen Wissenschaft,
die ich als einen integrierenden Bestandteil der Nationalökonomie
bezeichnen möchte, zu bieten, und zwar in der Weise, daüs
ich versuche, im Geiste das durchzuführen, dessen praktische
Bethätigung Professor Burgerstein in seiner Gesundheitslehre
(1887, S. 84) empfiehlt. Demnach schildere ich Ihnen ein
ideales Schulgebäude und einen idealen Unterrichtsbetrieb, wie
ihn die gegenwärtigen Bestrebungen unserem geistigen Auge
m nicht allzu femer Zeit erscheinen lassen, und bitte Sie,
mir auf diesem Gange freundlichst zu folgen, stets die jetzigen
Verhältnisse zum Vergleiche heranziehend.
In der Absicht also, aus eigener Anschauung ein den
hygienischen Anforderungen vollkommen entsprechendes Schul-
gebäude kennen zu lernen, besuchen wir einen Freund, dessen
Sohn einer nach diesen Principien eingerichteten Anstalt als
Schüler angehört, und tragen ihm die Bitte vor, uns mit dem
Leiter derselben bekannt zu machen. Erfreut über die Sym-
pathien, die wir allen Neuerungen auf dem Gebiete der Schul-
hygiene entgegenbringen, reicht uns unser Freund, währenofer
8eine Vorbereitungen für unsere Begleitung trifft, ein Büchlein zur
Durchsicht, über das wir nicht wenig erstaunt sind. Es ist betitelt:
„Grundzüge der Gesundheitspflege für Schule und
Hau 8*^ und repräsentiert sich schon durch sein Aufseres als
ein oft zur Hand genommenes Nachschlagebuch. Auf unsere
Frage, wie solch ein Büchlein auf den Familientisch komme,
wird uns die Auskunft zu teil, dafs die Eltern eines jeden
Schülers zugleich mit dessen Eintritt in die Anstalt das-
selbe käuflich erwerben müssen. Übrigens könne nunmehr,
seitdem die richtige Erkenntnis unter den Eltern der studierenden
Jünglinge platzgegriffen habe, bezüglich der Anschaffung eines
derartigen Buches von einem Zwange nicht mehr die Bede
Bein, da man in jeder Familie das ausgesprochene Bedürfnis
hege, einen wohlfeilen Ratgeber für die gesundheitlichen Ver-
hältnisse der Mitglieder zur Hand zu haben statt der bisher
556
vielfach quacksalbernden „populären*' Darstellnngsweisen der
medizinisclien Wissenschaft in der Grestalt eines „Hausarztes"',
einer „Naturheilmethode" u. dgl.
Wir schlagen das Büchlein auf und finden daselbst inter-
essante, aufklärende und leicht fafsliche Mitteilungen über die Be-
dingungen einer gesunden Wohnung (Lage, Lüftung, Heizuog,
Beleuchtung, Schlafräume) und weiter über die Voraussetzungen
einer gedeihlichen Entwickelung des zarten Organismus eines
Kindes. Wir durchfliegen die Kapitel:
1. Ernährung: einfache, kräftige Kost zu beatimmteD
Stunden des Tages, keine Leckerbissen; gutes Trinkwasser,
keine geistigen Getränke, yon Bier und Wein wird selbst als
Stärkungsmitteln in Krankheitsfällen abgeraten.
2. Kleidung: nicht zu warm, nicht beengend, fireier Hals,
passendes Schuhwerk, kein Korsett; auf trockene FdlGse mnis
stets gesehen werden; auch der altmodische, aber praktische
Schulranzen kommt hier gegenüber dem nicht empfehlenswerten
modernen Bücherträger zu Ehren.
3. Beinlichkeit am Körper und in der Kleidung:
häufiges Baden und Schwimmen wird empfohlen ; fbr beides
finden wir genaue Yerhaltungsmafsregeln nebst speciellen Yor-
Schriften für das Baden in ofiener See und endlich für die
Bettung Ertrinkender. Besondere Aufmerksamkeit muls der
Pflege des Haares, der Ohren (Schwerhörigkeit, Ohrenflofs) und
der Zähne gewidmet werden; gesunde Zähne sind nicht blois
ein Schmuck, sie sind eine der Grundbedingungen für gute
Verdauung und Ernährung; die speciellen Vorschriften zur
Pflege der Zähne enthalten auch ein Rezept für ein gutes
Mundwasser.
4. Krankheiten. Eingeleitet wird dieses Kapitel mit
einem Hinweis auf die mannigfachen Gefahren, welche den
Kindern im gewöhnlichen Leben drohen durch unyorsichtiges
Hantieren mit Feuer, Schufswaffen, giftigen Farben, farbigen
Griffeln, giftigem Spielzeug, selbst giftigen Christbaum-
kerzen, mit gesundheitsschädliche Dämpfe erzeugendem Feue^
werk, durch den GenuTs giftiger Schwämme oder der Früchte
557
giftiger Pflanzen, durch Fliegenstiche und Schlangenbisse,
durch das Trinken ungekochter Milch (Typhus, Scharlach,
Tuberkulose), durch die bei Mädchen öfter zu beobachtende
Unsitte, Kreide, Haare, Kaffeebohnen, Zwiro, Gummi, Blei-
stifte, Papier, Zahnpasta zu kauen und dann hinabzuschlucken,
durch das Lesen von infizierten Büchern, das Spielen mit
Tieren (Wurmkrankheiten), durch die Besichtigung von an-
steckenden Leichen und die Beteiligung an Begräbnissen
solcher. Gewamt wird auch vor dem Einschläfern kleiner
Kinder durch Verabreichung eines Abgusses von Mohnsamen.
Ein besonderer Abschnitt ist der Behandlung der
Infektionskrankheiten gewidmet: Masern, Scharlach,
Typhus, Blattern, Schutzkraft des Impfens und Wiederimpfens,
Schonung bei letzterem, Diphtheritis, Tuberkulose, ägyptische
Augenentzündung, gewisse Haarkrankheiten. Die Vorsichts-
und Verhaltungsmafsregeln bei diesen fi[rankheiten (Isolierung des
Kranken, Desinfektion der Kleider und Gebrauchsgegenstände,
der Wohnung u. s. w.) sind wieder in übersichtlicher Form
zusammengestellt.
Eine Fülle lehrreichen Materials enthält weiterhin das
Kapitel über nicht vollsinnige Kinder und über solche,
welche in ihrer körperlichen oder geistigen Entwickelung zurück-
geblieben sind. Zu Beginn desselben wird darauf aufmerksam
gemacht, bei den häuslichen Beschäftigungen der Jugend stets
auf Schonung der Augen und gerade Haltung des Köi-pers zu
sehen. Vernachlässigung der hier gestellten Bedingungen
(ruhiges, nicht grelles Licht; nicht bei Dämmerung, nicht
liegend lesen; Vorsicht in der Wahl der Augengläser) hat
leicht Entwickelung von Myopie, Skoliose, Kropfbildung u. a. m.
zur Folge. Femer wird auf die mannigfachen Ursachen der
schwachen Auäassungsgabe der Kinder hingewiesen. Es wird
hier nicht nur der schöne Spruch: „Gott straft die Missethaten
der Väter an den Kindern bis in das dritte und vierte Glied **
(Trunksucht) erläutert, sondern auch die irrige Ansicht bekämpft,
dftfs alle derartigen Gebrechen unheilbar seien. Abgesehen
davon, dals vielfach eine solche schwache Auffassungsgabe
558
durch operative Eingriffe beseitigt werden kann, wobei wir
z. B. an die ausgedehnten nachteiligen Folgen einer durch
adenoide Wucherungen behinderten Nasenatmung, an einzebe
Operationen im Gehörgange denken und die Kraniektomie eben
nur erwähnen, wird auch nachgewiesen, wieviel in mancher Be-
ziehung Geduld und Energie bei Stotterern und Stammlern, wieviel
eine liebevolle Beschäftigung mit dem Einzelnen (Individualisie-
rung) zu bessern vermag. Bei dieser Gelegenheit ist zugleich
auf die glänzenden Resultate, welche durch den Aufenthalt in
Ferienkolonien im allgemeinen und in Seehospizen
insbesondere (Khachitis, Tuberkulose, Blutarmut) erzielt wurden,
hingewiesen und die Bedeutung von Winterkuren in letzteren
hervorgehoben. Endlich wird den Eltern warm ans Herz
gelegt, verkrüppelte, nicht vollsinnige (blinde, taubstumme),
epileptische und schwachsinnige Kinder nicht sich selbst zu
überlassen, sondern einer der für solche eigens geschaffenen
Anstalten und Hilfsschulen anzuvertrauen, indem wir auch
einem Hinweise auf die hohe sociale Gefahr begegnen, die durch
die Vernachlässigung derartiger Kinder dem Staate droht
5. Vergnügungen. Mit Betonung des Grundsatzes:
„Spiele, nicht Genüsse erhalten Kinder heiter^ wird gewarnt
vor dem frühzeitigen Besuche von Theatern, Konzerten, Tanz-
gesellschaften, vor Veranstaltung von Kinderbällen und ähn-
lichen Hausunterhaltungen, vor dem Rauchen und dem über-
mäfsigen Biergenusse. Auch über die Schülerverbindungen und
das Verbindungswesen überhaupt findet sich hier der Stab
gebrochen. Gewissenhafte BeauiGsichtigung der Lektüre der
Kinder wird den Eltern zur Pflicht gemacht. Es wird da^
gethan, wie mächtig die letzteren die gesunde Entwickelung
ihrer Kinder zu fördern vermögen durch strenge Gewöhnnng
an eine richtige Zeiteinteilung (ausgiebige Nachtruhe) nnd
Zeitausnutzung (Beschränkung des Privat- und Nachstnnden-
unterrichtes, der Quelle der viel erörterten Überbürdung) imd
durch eine vernünftige Wahl der Vergnügungen für die Jugend,
welche vom Elternhaus aus getroffen werden mois. Die Ver
nachlässigung dieser Pflichten äufsert sich zunächst und im
569
allgemeinen in dem, was man mit dem Schlagworte des
19. Jahrhunderts als „Nervosität'' bezeichnet, und führt leider
sogar öfter zu Selbstmorden, welche dann ebenso gern wie
unbegründet auf einen ungünstigen Einfluis von Seiten der
Schule zurückgeführt werden. Als die trefflichsten Ver-
gnügungen der jungen Welt sind nebst den Spielen das Turnen,
Schlittschuhlaufen und Baden, sowie anderweitige ausgiebige
Bewegung im Freien bezeichnet.
Alles das finden wir in einfache Lebensregeln kurz zu-
sammengefaist in den beigeschlossenen „Gesundheitsregeln''.
Gerne würden wir bei dem Buche länger yerweilen, doch
da erscheint unser Freund, und wir machen uns auf, um zu
gehen. Eine kleine Überraschung wird uns aber noch bereitet.
In aller Eile holt unser Freund aus seinem Schreibtische drei
gleiche Büchlein hervor, von denen jedes den Namen eines
seiner drei Kinder trägt. Ein solches Heft ist gewissermafsen
ein Gesundheitsbuch, das einem jeden Schüler beim Eintritt
in den Kindergarten, bezw. in die Schule mitgegeben wird und
von den Schulbehörden von amtswegen fortgeführt werden
muis bis zum Austritte aus der Schule. Keine Privat- oder
öffentliche Lehranstalt welcher Kategorie immer darf einen
Zögling ohne Beibringung dieses Gesundheitsbüchleins auf-
nehmen. Hier finden wir Aufschlüsse über die körperliche und
geistige Entwickelung des Kindes zugleich mit Kücksichtnahme
auf eine etwaige erbliche Belastung. Daher bildet die erste
Seite dieses Büchleins der Tauf-, bezw. Geburtsschein und das
Impfzeugnis. Auf den folgeuden Seiten werden unter Bestäti-
gung des Schularztes und des Leiters der jeweiligen Anstalt
die Resultate einer jedes Halbjahr vorgenommenen Unter-
suchung in eine Tabelle mit bestimmten Rubriken eingetragen;
auch die psychischen Zustände finden Berücksichtigung und
entsprechende Würdigung. Ferner sind hier alle Krankheiten,
die der Inhaber des Büchleins durchgemacht hat, mit allen für
die spätere Zeit etwa wissenswerten Erscheinungen zuverlässig
verzeichnet nach den Angaben des den Patienten zur Zeit be-
handelnden Privatarztes. Mit hoher Befriedigung legen wir
560
dieses herrliche curricnlum yitae, aas dem wir auch ersehen,
dafs das schulpflichtige Alter erst mit dem siehenten Lebens-
jahre beginnt, aus der Hand und machen uns auf den Weg
zur Schule.
Wir entfliehen dem geräuschvollen Treiben der Haupt-
straisen und sind noch in lebhaftem Gespräche über die vor-
gelegten Musterbüchlein vertieft, da bietet sich uns ein über-
raschender Anblick. Auf einer sanften Höhe liegt in einem
wohlgepflegten Garten ein grofsfenstriges zweistöckiges
Gebäude, kein Schulpalast, aber, wie wir auf den ersten
Blick sehen, reichlich ausgestattet mit Luft und Licht. Über
eine leicht ansteigende gedeckte Kampe treten wir in ein
luftiges, wohl durchwärmtes Vestibül; doch wir
empfinden nicht die Trockenheit einer Luftheizung und freuen
uns, die Richtigkeit unseres subjektiven Gefühles bestätigt zu
finden durch die Mitteilung, dais das ganze Gebäude mit einer
Niederdruckdampf warm Wasser Inf th ei zung ausgestattet
sei. Unsere Frage, ob die auch an schulfreien Tagen in Ver-
wendung stehenden Lokalitäten nebenbei noch eine Ofen-
heizung besitzen, wird mit der Begründung verneint, da£s an
solchen Tagen auch die alsdann von den Schülern unbenutzten
Räumlichkeiten der besseren Ventilation halber und damit sie
nicht allzu sehr auskühlen, von der Centralstelle aus geheizt
werden. Wir drücken nun unsere Verwunderung aus über die
Raumverschwendung in der Anlage des Vestibüls, werden aber
dahin aufgeklärt, dais ja von hier aus die Treppen und Gänge
den grölsten Teil ihrer Luft erhielten und dafs überdies
dieser Raum bei ungünstigem Wetter ein Zufluchtsort für jene
Schüler sei, die, aus entfernteren Stadtteilen kommend, hier
warten müssen, bis die Klassen geöffnet werden.
Von hier aus führen auf beiden Seiten breite, niedrige,
sanft ansteigende, hell beleuchtete Steintreppen,
deren Wangen bis zur Höhe von 1,2 m mit emaillierten Platten
verkleidet sind, in die beiden oberen Stockwerke und mehrere
nach aufsen aufschlagende Thüren in die Parterre-
lokalitäten. Der mangelnden Elasticität der Steinstufen ist
561
doroh Belag mit Linoleum abgeholfen, jede Winkel-
st ufe ist vermieden, auf je dreifsig Stufen entfällt ein
Buheplatz (Podest), und auf beiden Seiten sind in der
Höhe von nicht ganz einem Meter Geländer derart angebracht,
dafs die Schüler auf denselben nicht herabgleiten können.
Das Vestibül ist, so wie die Gänge, mit Steinfliesen belegt,
die Zimmer selbst haben einen Fufsboden aus hartem
Holz, welcher jährlich einmal mit heiisem FimiTsöl getränkt wird.
(Fortsetzung in No. 11.)
Die erste Versammlnng des Berliner Vereins
ftr gesundheitsgem&fse Erziehung der Jugend.
Von
0. Jank£,
stadtischem Lehrer in Berlin.
Der „Verein für gesundheitsgemälse Erziehung der
Jugend^ begann seine Thätigkeit mit einer öffentlichen Ver-
sammlung, welche im Bürgersaale des Bathauses stattfand und
von etwa 150 Damen und Herren besucht war.
Der erste Vorsitzende, Direktor Professor Dr. Schwalbe,^
eröffnete die Versammlung mit einer kurzen Darlegung der
Bestrebungen des Vereins, betonend, dals es Aufgabe aller
derjenigen sei, denen das Gedeihen der Jugend am Herzen
liege, an dem begonnenen Werke mitzuarbeiten; Eltern, Ärzte
und Lehrer müfsten in erster Beibe sich beteiligen. Der
Verein gedenke sein Augenmerk zunächst auf die Hygiene
des Kindes im Torschulpflichtigen Alter zu richten, weil er der
Meinung sei, dafs das, was in dieser Zeit in der Familien-
erziehung gesündigt werde, den gröfsten Schaden für Schule
und Unterricht bringen müsse. Während der Schulzeit werde
es darauf ankommen, alle Einrichtungen der Schule zu ver-
* Unser Mitarbeiter. D. Red.
Schmlgeiimdheitspflege VII. 36
562
ToUkommnen. Aufgabe der Baumeister, Ingenieure u. 6. w. sei es,
für technische Verbesserungen zu sorgen ; Sache der Lehrer werde
es sein, die hygienischen Forderungen zu beachten, bezw. deieii
Erfüllung zu überwachen ; den Ärzten werde die wichtige Auf-
gabe zufallen, die Verbindung zwischen Haus und Schule he^
zustellen und zu pflegen.
Nach diesen mit Beifall aufgenommenen AusfühmngeD
nahm Professor Dr. Angerstein das Wort zu seinem Vor-
trage: „Über Schäden und Mängel in der Erziehung
unserer Jugend*'. Er führte aus, dab das lichte Hellss,
in welchem man nicht ein schönes Gesicht, sondern eise
schöne Gestalt, einen gesunden, kräftigen Körper und Greist
verlangte, unser Ideal werden müsse. Am meisten wird ge-
sündigt in der Ernährung, in der Kleidung, in der Haut-
pflege und in der zweckmäisigen Muskelbethätigung. Während
in der Schule die hygienischen Verhältnisse sich ziemUch
günstig gestaltet haben, lassen diese Zustände in der Familie
noch vieles zu wünschen übrig. Hiergegen hilft nichts weiter
als Aufklärung, als eine oflFene Darlegung der Mifsstände und
sodann die frische Arbeit zur Beseitigung der letzteren. Der
Redner empfiehlt dem neuen Vereine, vor allen Dingen auf
die Pflege des Badens, Schwimmens, Turnens, Spielens im
Freien und des Schlittschuhlaufens hinzuwirken. (Lebhafter
Beifall.)
Lehrer Siegert^ teilte sodann mit, dalis der Verein seine
Arbeit sogleich mit der Förderung des Eislaufes bei der
Jugend beginnen werde. Dazu seien vor allen Dingen ScUitt-
schuhe für unsere ärmeren Kinder nötig. Der Verein gedenke
in nächster Zeit einen Aufruf zu erlassen, in welchem um Über-
lassung von solchen gebeten werde; auch werde er Mittel zn
beschaffen suchen, um möglichst vielen Kindern freien oder
ermäfsigten Eintritt auf den Eisbahnen zu verschaffen.
Der Verein zählte in den ersten drei Monaten seines
Bestehens bereits über 150 Mitglieder.
^ Unser Mitarbeiter. D. B.
563
Über die Verbreitmig der Impfting und Wiederimpfung
unter den franzSsisehen Schnlkindern.
Berieht, erstattet in der Pariser Akademie der Medizin.
In einer der letzten Sitzungen der Pariser Akademie der
Medizin führte, wie „La iV. nUd, Beige"" mitteilt, Herr Heryieux
die öffentlichen und privaten Lehrer and Lehrerinnen an, die am
meisten zur Yerhreitnng der Yaccination in den Schulen heigetragen
hatten. Sein Bericht umfafste 1. die Resultate, welche durch die
erste Anwendung des Ministerialerlasses, betreffend die ftlr die
Förderung der Impfung angesetzten Belohnungen, gewonnen waren;
2. die Desiderata dieser Anwendung ; 3. die beträchtlichen Vorteile,
welche man aus einer strengen Durchführung der ministeriellen
Yerfftguiig zu ziehen vermöchte.
Was zunächst die Resultate betrifft, so hatten eine grofse Zahl
von Lehrern und Lehrerinnen bedeutende Anstrengungen gemacht,
um den Widerstand zu besiegen, den die Gleichgttltigkeit, die
Unwissenheit, die Sorglosigkeit, die Vorurteile u. s. w. den Impfungen
und besonders den Wiederimpfungen entgegenstellten.
Was die Desiderata anlangt, so ist die zu geringe Zahl von
Yaccinationen anzufahren, die dem Minister durch die Präfekten
gemeldet wurden. Einige Departements haben überhaupt keine
Meldung eingeschickt. Mit Ausnahme eines einzigen, welcher
sowohl öffentliche wie private Lehrer und Lehrerinnen für die aus-
gesetzten Belohnungen vorschlug, erwähnen alle übrigen Departements
nur diejenigen ünterrichtskräfte, die an öffentlichen Schulen
angestellt sind, oder, wenn sie auch die übrigen anfahren, so unter-
lassen sie, dieselben als Privatlehrer zu bezeichnen.
Trotzdem hat das Cirkular des Ministers manchen Nutzen
gestiftet. Durch seine Anwendung ist festgestellt worden, 1. dafs
in der gro&en Mehrzahl der Eommunalschulen die Kinder weder
geimpft noch wiedergeimpft sind ; 2. dafs die Anzahl der ärztlichen
Schulinspektoren nicht genügt; 3. dafs, da auf dem Lande die
Unentgeltlichkeit der Impfung unabweislich gefordert werden mufs,
will man anders jeden Widerstand gegen diese überwinden, die
Impfkosten auf die Gemeindekassen zu übernehmen sind; 4. dafs die
ministeriellen Verordnungen, insofern sie die Überwachung der
öffentlichen und der Privatschulen fordern, zur DurchftQirung der
hygienischen Forderungen in denselben beitragen werden.
36*
564
ftleittere Jttttetlniisen*
P&dagogisck-psychometrische Hessungen sind voiiR.Kellsr
in Winterthar an einem vierzehigährigen Schttler angestellt and
die Resultate im „Biolog, CentralbL^ veröffentlicht worden. Die
Ermüdung ist die Folge eines chemischen Vorganges, dnrch welchen
die Zusammensetzung des Blutes beeinflulst wird. Daher macht
sich dieselbe nicht blofs an demjenigen Organen geltend, dnrch deren
Thätigkeit sie hervorgerufen wird, sondern sie ist allgemeiner Katar
und betrifft auch diejenigen Körperteile, welche nicht gearbeitet
haben. Aus diesem Grunde l&fst sich die infolge psychischer
Th&tigkeit entstandene Ermüdung durch die Ermüdungskurve der
Muskeln nachweisen. Der Verfasser hat diesen Nachweis mit dem
Mossoschen Ergographen geführt. Letzterer besteht aus zwei
Teilen, einem, welcher die Hand vermittelst Schienen in einer
bestünmten Lage festhält, und einem anderen, welcher die Kon-
traktionen des Mittelfingers, die der zu Untersuchende, solange er
kann, hintereinander ausführen muls, auf einem rotierenden ranch-
geschwärzten Gylinder aufzeichnet. Bei den ersten Experimentreiheo
Kellers bestand die geistige Th&tigkeit des Versuchsschülers m den
psychischen Prozessen, welche sich beim möglichst schnellen Lesen
deutscher, in Antiqua gedruckter Wörter abq)ielen. Am
zweiten Gliede des rechten Mittelfingers wurde demselben nach dem
Lesen eine Schnur mit Gewicht befestigt, und der Finger hatte, indem
er sich nach dem Takte eines Metronoms jede Sekunde beugte.
2 Kilogramm zu heben. Beim ersten Versuche waren die Mnskeh
nach 63 Kontraktionen vollständig ermüdet. Die 63 auf dem
rotierenden Cylinder aufgezeichneten Mafsstriche, welche angeben,
wie hoch das Gewicht gehoben wurde, besafsen zusammen eine Höhe
von 488,8 mm. Die Beugemuskeln des Fingers hatten also bis
zur Erschöpfung eine Arbeit von 0,9776 Kilogramnmietem geleistet.
Nun wurden in acht rasch aufeinanderfolgenden Serien 1386
Wörter gelesen. Die Zeit, welche im Mittel für die Erkennung
und Benennung eines Wortes nötig war, betrug 0,3515 Sekunden,
für die Silbe 0,184 Sekunden. Eine Ermüdung, die sich in einer
Verlangsamung der psychischen Vorgänge verraten hätte, war
während dieser acht Versuchsreihen nicht wahrzunehmen. Nach
dieser zweiten Leseprobe wurde in gleicher Weise wie vorher die
Ermüdungskurve der Annmuskeln bestimmt. Nunmehr leisteten die
565
Benger des rechten Mittelfingers bis znr Erschöpfung eine Arbeit
Ton 1,491 Küogrammmetem. Nach kurzer Zeit begann eine dritte
Leseprobe; es wurden in drei Serien 1257 Wörter gelesen. Auch
jetzt war von einer Yerlangsamnng der psychischen Thätigkeit
nichts zn bemerken. Die darauf vorgenommene ergographische
Messung ergab eine Arbeitsleistung von 1,8632 Eilogranunmetem.
Letztere war also gegenüber der beim ersten Versuche gefundenen
fast verdoppelt. Nach kurzer Pause las der Schüler zum vierten
Male, und zwar 425 Wörter nebst 150 ein- und zweistelligen
Zahlen. Auch hierbei war noch keine Ermüdung des Gehirns nach-
zuweisen. Bei der jetzt vorgenommenen ergographischen Bestimmung
erwies sich die Zahl der ausgelösten Eontraktionen grö&er, als bei
den vorangegangenen Aufzeichnungen, aber die Gesamtlänge der
Mafsstriche betrug nur noch 0,6495 Meter und die geleistete Arbeit
somit blofs 1,299 Eilogrammmeter. Nach einer fünfviertelstündigen
Pause wurde wieder eine Ermüdungskurve aufgeschrieben. Nunmehr
zeigte sich die Zahl der Kontraktionen erheblich vermindert, und
die bis zur Erschöpfong geleistete Arbeit betrug nur noch 0,817
Eilogrammmeter; sie war also kleiner als vor zwei Stunden zu
Beginn der Versuche. Das Resultat der ergographischen Messungen
ist also folgendes: Die geistige Arbeit vermehrt zunächst
die Leistungsfähigkeit der Muskeln bis auf das Doppelte.
Dieser Zeitpunkt war nach 50 Minuten erreicht. Dann
sank die Leistungsfähigkeit, und zwar verriet sich
der Zustand der Ermüdung sehr deutlich trotz einer
mehr als einstündigen Pause. Eine Heihe weiterer Versuche
zeigten im Princip denselben Verlauf wie die ersten: Steigen und
Fallen der Leistungsfähigkeit während der Arbeit, starke Nach-
wirkung der Ermüdung während der Ruhe. Femer ergab sich,
dafs die anhaltende, wenn auch nur relativ kurz
dauernde Arbeit des Gehirns den Zustand starker
Ermüdung viel schneller herbeiführt, als die gleiche
Arbeit von gleicher Dauer, sobald sie durch kurze
Momente der Ruhe unterbrochen wird. Durch eine weitere
Versuchsreihe, wobei der Versuchsschüler Sätze in lateinischer
Sprache zu lesen hatte, suchte Dr. Eelleb nachzuweisen, dals
es anf ergographischem Wege möglich ist, nicht blofs quantitative
Unterschiede der Belastung durch eine bestimmte geistige Arbeit,
sondern auch qualitative Differenzen nachzuweisen. Hierbei fand
sich zunächst, dafs die Zeit zum Erkennen und Wiedergeben des
Lateinischen für das Wort um 54 Prozent, für die Silbe um
30 Prozent gröCser war im Verhältnis zu den gleichen psychischen
Vorgängen bei dem Lesen von deutschen Sätzen. Offenbar wurden
566
die lateinischen Worte langsamer and mtthevoller apperzipiert. Diese
schwierigere Apperception aber bewirkt eine stärkere Ermüdimg.
Daher erreichte die ErmttdnngskarTe beim Lesen des
Lateinischen schneller ihren Gipfel and fiel steiler ab.
Verfasser hat dann in einer weiteren Reihe yon Yersachen sein
Angenmerk aaf ein anderes Gebiet der Schnlthätigkeit gerichtet, auf
das Singen. Ans seinen ergographischen Kurven geht hervor, dafe
diese Thätigkeit mit einer starken Yerminderang der Leistungs-
fähigkeit einhergeht. Aach der EinfluCs des Tnrnens anf die
Ermüdang wnrde ergographisch festgestellt. Die tamerische Übung
bestand in Bewegangen des Rampfes and der anteren Extremitfttea
and danerte jedesmal 20 Minaten, nnterbrochen von kleinen Pansen
znr Erläaterung der Übnng. Der SchtQer tarnte zanächst
20 Minuten and hatte dann eine einstflndige Pause, auf welche
wieder 20 Minuten lang Tumübangen folgten. Unmittelbar daran
schlofs sich geistige Arbeit, bestehend in schnellem Lesen dentscher
Wörter. Die Zeitwerte pro Wort and Silbe waren hierbei um
15 Prozent, bezw. 14 Prozent grölser, als die früher bestimmten
Mittelwerte für das Lesen eines deutschen Wortes. Die Ermüdungs-
korve nach Beendigang der tnmerischen Übnngen gestaltete sich in
nachstehender Weise: Bis znr Leistungsanföhigkeit der Beager des
Mittelfingers konnten nar 55 Eontraktionen ausgeführt werden.
Die geleistete Arbeit betrug blofs 0,3016 Kilogrammmeter. Durch
das Lesen wurde zanächst eine Erregang bewirkt, und die Kurve
zeigte eine Vermehrung der Arbeitsleistung. Bald aber trat ebe
bedeutende Abspannung ein, welche anch nach einst&ndiger Pause
noch so stark war, dafs die Leistnngsfähigkeit nar 0,2808 Kilo-
grammmeter betrug. Es bedarfte einer weiteren Stande völliger
Rahe, um den Zustand wieder za erzielen, der vor den Turn-
übungen nachgewiesen war. In nnserem Falle wnrde also
die geistige Arbeit darch die vorangegangene körper-
liche Thätigkeit bedeutend beeinträchtigt.
Die Eorrektnrlast der Lehrer. In dem „i%ü2. WoMV
teilt ein Gymnasiallehrer die Summe der von ihm im Lanfe eines
Jahres gelieferten Korrekturarbeit mit. Derselbe anterrichtete im
letzten Schu^ahre aofser in einigen Nebenfächern, die hier nicht in
Betracht kommen, Dentsch in Prima, Deutsch und Lateinisch in
Untersekunda, Dentsch, Lateinisch, sowie Gesciiichte und Geographie
in Obertertia. Die Prima nmfaiste 45, die ünterseknnda 24, bezw.
23, die Obertertia 15 Schüler. Das Schülermaterial stand an Be-
gabung and namentlich an Förderang durch das Eitemhans nicht
ganz unbeträchtlich hinter denjenigen anderer Anstalten zurück, an
Fleifs and gatem Willen wohl etwas über dem Darchschnitt. Die
567
Folge davon war nicht selten eine mehr extensive als intensive Arbeit,
welche durch Quantität die Qualität zu ersetzen suchte. Das Gros
aber lieferte im Vergleich mit den Schülern normaler Gymnasien
2. B. in den deutschen Aufsätzen der Oberstufe eher kürzere als
längere Arbeiten. Trotzdem ergab eine Zusammenstellung der ge-
leisteten Korrekturen folgende Zahlen. Obertertia: Deutsch (9 Auf-
sätze, worunter 2 Klassenarbeiten) 1136 Seiten; Latein (9 Exer-
citien, 9 Extemporalien und 2 Klassenübersetzungen) 1099 Seiten;
kleine Ausarbeitungen (eigentlich je 4 in Geschichte, Geographie,
Deutsch und Latein, doch in Wirklichkeit, da 5 von einem Probe-
kandidaten übernommen wurden, zusammen nur 11) 330 Seiten, in
Summa 2565 Seiten. Untersekunda: Deutsch (10 Aufsätze,
worunter 2 Klassenarbeiten und 1 Probearbeit für die Abschlufe-
prüfnng) 2448 Seiten; Latein (8 Exercitien, 9 Extemporalien,
2 Klassenübersetzungen und 1 Probearbeit) 1756 Seiten; kleine
Ausarbeitungen (je 3 in Latein und Deutsch) 276 Seiten, in Summa
4480 Seiten. Prima: Deutsch (6 häusliche und 2 Klassenaufsätze,
sowie eine freiere metrische Arbeit) 579 Seiten. Das ergibt als
Summa Summarum 7624 Seiten. Hierzu kam noch die Durchsicht
der Prüfungsarbeiten bei der Abschlufsprüfung in 3 anderen Fächern
— ein Abiturientenexamen fand in dem Schuljahre ausnahmsweise
nicht statt — , femer die Korrektur der Arbeiten eines schon zu
Michaelis abgegangenen Sekundaners, die mit etwa 88 Seiten zu
▼eranschlagen sind, Probearbeiten in Geschichte und Geographie, sowie
anderes, was hier unberücksichtigt blieb, weil es sich nicht zahlen-
BAäfsig mit Genauigkeit feststellen lieüs. Aber auch davon abgesehen,
repräsentieren jene 7624 Seiten, wovon 2855 auf Latein, 4769 auf
Deutsch und kleine Ausarbeitungen fielen, wahrlich eine höchst re-
spektable Summe von Arbeit, die, auf 40 Schulwochen verteilt, für
«ine jede über 190 Seiten, also mehr als 27 täglich, die Sonntage
eingerechnet, ausmacht. Dabei gehörte der Verfasser noch keineswegs
2U den am meisten belasteten Lehrern, wenngleich er wegen des
dreifachen Unterrichts im Deutschen bezüglich der Korrekturen viel-
leicht etwas über dem Durchschnitt stand. Es scheint also, dafs man
eher von einer Überbürdung der Lehrer als der Schüler sprechen darf.
Über die Gesimdheitspflege in der k. k. Staatsoberreal-
selrale zu Teschen schreibt der Direktor Hans Janüsohke im
21. Jahresberichte der Anstalt für 1893—94: Zur Fufsreinigung
im Gebäude dienen ein gro&er Fulsreiniger aus Holzstäben, zwei
Scharreisen beim Thoreingange, Bastmatten vor den Zimmern im
Erdgeschosse und ein ausgespannter Kokosteppich auf der Plattform
der ersten Treppenwendung. Die Füllung der Spucknäpfe
geschieht mit einer Lösung von Kaliumpermanganat. Die Zimmer-
568
temperataren wurden regelmäfeig an Thennometern abgeleaen;
dieselben waren während der Zeit des Heizens ziemlich konstant
18^ C. nnd stiegen anch im Sommer nicht yiel Aber 20^ C. Neben
der regelmäfeigen Ventilation anfser der Schulzeit fand anch
jedesmal in der Zwischenpause nm JO nnd nm 11 ühr, während
welcher sich die Schüler im Hofranme aufhielten und spieltea,
eine Lüftung sämtlicher Zimmer statt. In der warmen Jahresseit
konnte der Unterricht zumeist bei geöffoeten Fenstern erteüt
werden. In der II. Klasse unterrichtete Professor Rosenfbld
Botanik so oft als möglich im Freien; die betreffenden Lehrstnndeo
waren zu diesem Zwecke im Stundenplane als Eckstunden angesetzt
Der Brunnen im Schulhofe wurde gründlich gereinigt, nnd es
konnte danach das Wasser wieder zum Trinken benutzt werden.
Jugendspiele fanden seit Anfang Mai an jedem regenlosea
Samstag zwischen 5 und 7 Uhr nachmittags statt. Dieselben wurden
regelmäfsig von zwei Professoren und dem Berichterstatter beauf-
sichtigt. Am 5. Juni unternahmen die SchtQer unter Führung von
8 Professoren und dem Direktor Ausflüge in die Gebirge der Um-
gebung von Teschen. Der Eislau fyerein spendete für Realschfiler
30 Freikarten zur Benutzung der Eisbahn und ermäfsigte tCii Stu-
dierende die Saisonkarten auf 2 fl. und die einzelnen Eintrittakaiten
von 10 kr. auf 5 kr. Die Stadtgemeinde bewilligte 42 Schülern
Freikarten und den übrigen den mäfsigen Preis von 2 kr. filr die
Benutzung der städtischen Schwimm- und Badeanstalt
Als Weisungen für die Gesundheitspflege wurden den Schülern die
„Q^stmdheitsregeln für die Schuljugend*^ ,^ herausgegeben von der
Hjgienesektion des Berliner Lehrervereins, empfohlen.
Kindersehntzj^esellschaft in Eugland. Unter Benjakih
Waughs Leitung, so schreibt der y,En(ibh,*^y bildete sich in London
die „Nationale Kinderschutzgesellschaft^S welche während weniger
Jahre in England, Schottland und Irland über 100 Hilfikomitees
gegründet und ebensoyiele Inspektoren angestellt, femer zahhreiche
Schutzhäuser fEkr arme, durch schlechte Behandlung entkräftete
Kinder eingerichtet hat. Infolge ihrer Bemühungen ist seitdem ein
wichtiges Doppelgesetz von dem englischen Parlamente genehmigt
worden, welches die Eltern eines yerbrecherischen Kindes, nicht
dieses selbst strenger Ahndung unterwirft und jedem Kinde ein Becfat
auf Ernährung nnd Erziehung seitens seiner Erzeuger oder Pfleger
zuerkennt. Die Mitglieder der Gesellschafit genielsen gröbere Frei-
heiten als die Polizisten und sind geachteter und gefürchteter als
1 S. diese Zeitschrift, 1890, No. 3, S. 163-164, und 1890, No. 6,
S. 351—352. D. Bed.
669
diese. Was keine Polizei durchzusetzen vermöchte, gelingt ihnen
daher: durch klage, freondliche Überredung machen sie ans besser
gesinnten Nachbarn wohlwollende Httter der schutzlosen, mifshandelten
Kinder ihres Kreises. In Wirtshftnsem, Läden und Fabriken legen
sie zahlreiche Postkarten mit der Adresse der betreffenden Schntz-
komitees auf, damit die Hilfe der letzteren angemfen werden kann.
Die der Mifshandlnng verdächtigen Eltern oder Pfleger lassen sie
fohlen, dafs dieselben von wachsamen Hütern nnd strengen Rächern
umgeben sind. Dnrch sie sieht sich der Missethäter bedroht von
empfindlicher, resp. schwerer Freiheitsstrafe, die sich in Wieder-
holnngsföllen immer mehr verschärft. Über 6000 Anklagefällo dieser
Art werden jährlich vor Gericht verhandelt ; wenigstens 12000 ent-
gehen bis jetzt in demselben Zeiträume der Kontrolle, da es trotz
aller Opferfrendigkeit noch sehr an Arbeitern auf diesem Gebiete
fehlt. Das Hanptstreben der Gesellschaft geht nicht darauf, brutale
Eltern gänzlich von ihren Kindern zu trennen, was nur in den
schwersten Fällen geschieht, sondern vielmehr dahin, dieselben zu
einer vernünftigen, christlichen Erziehung ihrer Kinder anzuleiten.
Hygienischer Untemclit in einem Lehrerseminar vor
100 Jahren. In den ^Fäd, Bl. f, LehrbUdg, u. Lehrhüdgscmt^
veröffentlicht Dr. Rückebt einen Aufsatz: „Einrichtung und
Lehrplan eines Lehrerseminars vor 100 Jahren*'. Das
betreffende Seminar ist dasjenige zu Hildburghausen, welches 1796
eröffnet wurde. In dem von dem Hofprediger und Vikar der
Generalsuperintendentur JoH. Andbeas Genssleb verfaTsten Unter-
richtsplane für dasselbe heifst es unter anderem: „Einen weiteren
Lehrgegenstand soll die Gesundheitslehre bilden, welche dazu dient,
dem Bflrger eine vernünftige Sorgfalt fttr die Erhaltung seiner Leibes-
kräfte beizubringen. Fausts Gesundheitskatechismus gibt hlerflber
treffliche Anweisungen. Es ist zu hoffen, dafs dnrch die Vorschriften
dieses menschenfreundlichen Mannes vielleicht mancher bösen und
sdiädlichen Angewohnheit des Landmannes, zum Exempel der fiber-
mftfidgen Trunkliebe, besonders des Branteweins, dem Tabakrauchen,
dem Kaffeetrinken, gesteuert werden könnte". Es sollen femer Ver-
haltongsmalsregeln bei epidemischen Krankheiten, den Kinderblattem,
dem Fleckfieber, dem Friesel und der Ruhr, gegeben werden, welche
damals nicht selten im Lande herrschten.
Die Augen der indianischen Schnlkinder. ^^The Qirlsf
Mistress*^ schreibt: Eine gewöhnliche Klage in den nordamerika-
nisehen Schulen fär indianische Kinder ist, dafs, sobald dieselben
einige Zeit am Unterrichte teilgenommen haben, eine Verschlechterung
ihrer Sehkraft eintritt. Wenn diese Kinder aus den Pndrien kommen,
um erzogen zu werden, können sie in der Kegel weit besser als ihre
570
weiüsen Kameraden sehen. Die fortgesetzte Beschäftignng mit nahen
Gregenstftnden aber erzengt bald Unbequemlichkeit bei ihnen, nnd sie
beginnen über Angenschmerzen zu klagen. Man sandte daher kfin-
Mch 30 indianische Kinder mit solchen Klagen nach Philadelphia,
um sich von Angenflrzten untersuchen zu lassen. Das Resultat war,
dafe 20 derselben mit Brillen bewaffiiet nach ihren Schulen im
Westen zurückkehrten.
Zur Ätiologie der Idiotie betitelt sich eine Schrift des päda-
gogischen Leiters der Berliner Idiotenanstalt zu Dalidorf, H. Pipsb,
die auf 416 selbst beobachteten Fällen beruht. Das Verhältnis der
idiotischen Knaben zu den Mädchen betrug 2:1, das der an-
geborenen zu der erworbenen Idiotie 3:1. Die meisten Elteni
der Anstaltszöglinge gehörten dem Arbeiterstande an (30%). b
133 Fällen (32%) handelte es sich um Erstgeborene. Von
unehelicher Herkunft waren 41 (10%). Unter den Ursachen bei
angeborener Idiotie, die 310 mal vorkam, steht an erster SteQe
Schwindsucht bei den Eltern, bezw. nächsten Verwandten (23%),
dann folgt Geisteskrankheit der Eltern (14%) und Trunksucht des
Vaters mit 10%. Bei der erworbenen Idiotie, die 106 mal zur
Beobachtung gelangte, tritt besonders der Einfluls der Infektions-
krankheiten hervor (ca. 38%). Die Ansicht des Verfassers, dafe im
allgemeinen die Idiotie mit Krämpfen eine Folge der letzteren sei,
dürfte yielfachem Widerspruche begegnen.
Continnous blackboard, so nennt sich eine von Professor
Dr. Hausknecht in seiner Programmabhandlung „Amerika-
nisches Bildungswesen*' beschriebene Einrichtung, welche in
den Vereinigten Staaten ziemliche Verbreitung besitzt. Es ist dies eine
fest in die Wand eingelassene Schultafel, die um alle vier Wände
herumläuft, soweit sie nicht durch Thflr und Fenster unterbrochen
sind. „Da ist," so schreibt der Verfasser, „natürlich stets Ranm
an der Tafel zu jeglicher Benutzung. In der Mathematik, der
Geographie, der Naturgeschichte können Figuren, Skizzen etc. tage-
lang an der Tafel stehen bleiben; es ist auch noch Raum übrig fttr
merkenswerte Schriftstellercitate, fOr allwöchentlich durch neue za
ersetzende goldene Lebensregeln etc." Wir verstehen nur nicht,
wie die Schüler das an der Fensterwand oder gar das hinter ihrem
Rücken Geschriebene sollen lesen können.
671
^ia^ts^t^d^xiftix^ti.
Der yni. internationale Kongrers ffir Hygiene nnd
Demographie in Bndapest liegt hinter uns. Im grofsen nnd
ganzen dürfen die Ungarn eines Erfolges sich rühmen. Zwar die
äniseren Veranstaltungen blieben hinter denjenigen des Londoner
Kongresses zurück. Weder der Empfang bei Hofe, noch die Soiree
bei dem Ministerpräsidenten Wbckbrle, noch der Begrülisangsabend
der Hanpt- nnd Residenzstadt Bndapest konnten mit den grofsartigen
Festen bei dem Lordmayor Londons, in den Parks der Baronin
BuBDBTT CouTT's nnd des Dr. Langdon Down, sowie in dem
Sontb Eensington Mnsenm sich messen. Ja, der Ausflug zu der
Bitterquelle „Hunyadi Jdnos^ war trotz der Gastfreundschaft der
Frau Saxlbhner ein entschiedener Mifsklang. Hier hatten sich
Elemente eingeschlichen, welche nicht zu den Eongrefsmitgliedern,
sogar nicht einmal zu den Gebildeten gehörten. Andererseits aber
wurden von allen Teilnehmern die angenehmen Stunden im Parke
und Schlosse des Grafen Nikolaus EszterhIzt zu Totis gerühmt,
der seine Gaste unter anderem auch durch eine Theatervorstellung
erfireute. Ebenso wird uns Schulhygienikern ein in der Villa unseres
Präsidenten, des Herrn Professor Dollinoeb, auf dem Schwaben-
berge verlebter Nachmittag unvergefslich bleiben. Schon der herr-
liche Femblick — rechts das glänzende Pest mit seinen Palästen
und Quais, links ein wildes, waldbewachsenes Felsthal — regte zu
festlicher Stimmung an. Ihren Höhenpunkt aber erreichte dieselbe
bei dem Diner mit seinen zahlreichen zündenden Toasten und bei
der sich daran anschlielBenden Plauderstunde, in der die Vertreter
der verschiedenen Nationen sich wie eine grofse Familie fühlten.
Jedoch nicht nur von unseren Gastgebern, auch von den Budapester
Kollegen, namentlich den Sekretären der schulhygienischen Sektion,
wurde uns die grOfste Freundlichkeit erwiesen. Vor allem müssen
wir hier unseres liebenswürdigen Mitarbeiters, des Herrn Schularztes
nnd Professors der Hygiene Dr. H. Schuschnt, gedenken. Aber
auch sonst hat es uns an Entgegenkommen nicht gefehlt. Ganz
Budapest stand unter dem Zeichen des Kongresses, und es bedurfte
nur einer Frage unsererseits, um Auskunft durch Bat und That selbst
von Unbekannten zu erhalten. — Die Verhandlungen der Sektion
flkr Schulgesundheitspflege gestalteten sich zum Teil aufserordentlich
anregend. Waren im Durchschnitt auch blofs 50 Mitglieder an-
572
vesend, so dürften wir uns dafür rühmen, die angesehensten Sdiul-
hygieniker in nnserer Mitte zn haben. Wir nennen nur die Professoren
EBiSMANN-Moskan, von FODOB-Bndapest, PAiiMBEBG-Helsingfors,
CoHN-Breslan, DoLLiNOEB-Badapest, GiBAED-Bem, EuBOBK-Lflttich,
BüBGBBSTEiN-Wien, den Sanit&tsrat ALTSCHUL-Prag, die Dok-
toren MANGENOT-Paris, SCHüBEBT-Nümberg, HEBTEii-Kopenhagen,
WABKEB-London, CoKBE-Lansanne, GüTZMAKN-Berlin, Stch^po-
TiEW-Konstantinopel, GB^ABD-Paris und den diplomierten Architekten
HiNTBÄGEB-Wien. Auch der Förderer der physischen Erziehung
in Ungarn, Staatssekretär von BEBZEYiczT-Budapest, der unermfid-
liche Vorkämpfer der Volks- und Jugendspiele, Landtagsabgeordneter
VON ScHENCK£Ni>OBFF-Görlitz, der Slojddirektor Meekelseh-
Kopenhagen und der begeisterte Anhänger der Steilschrift, Direktor
BAYB-Wien, waren anwesend. Von Schulmännem bemerkte wir
die Herren Oberstudiendirektor EBÖDi-Budapest, Gymnasialdirektor
SALiGEB-Znaim, Direktor des höheren Töchterschulwesens Szueeah-
Budapest. Nachdem am Montag und Dienstag, den 3. und 4. Sep-
tember, die Ton dem Komitee veranlalsten Referate über die
„Frage der körperlichen Erziehung*" und aber „Reform-
bestrebungen auf dem Gebiete des Schulwesens*^ durch
Redner der verschiedenen Nationen erstattet worden waren, gelangten
in den folgenden Tagen sehr yerschiedenartige Themata zur Ver-
handlung. Als neu heben wir aus denselben die Vorträge des
Professors Hebmann Cohn über „Tageslichtdurchgang durch
Fenstervorhänge in Schulen", sowie über die Frage: »Was
kann die Schule gegen die Masturbation der Kinder
thun?" hervor. Der letztere Gegenstand ist wohl zum ersten Male
in einer hygienischen Versammlung öffentlich verhandelt worden.
Neu waren auch die Beiträge zur Statistik der Infektionskrankheiten,
besonders der Masern und des Scharlachs, welche Professor Palmbsbo
in seinem Referate „Die Schule und die epidemischen Krank-
heiten" brachte. Aus dem Vortrage des Dr. Gutzmann Ȇber
den Einflufs des Schulturnens auf die körperliche Ent-
wickelung taubstummer Kinder auf Grund physikalischer
Messungen" erfuhren wir, wie zart und schwächlich vielfach die
jungen Taubstummen sind, so dafs einzelne derselben mit dem
6. Leben^ahre nocb nicht ordentlich gehen können. Professor
GiBABD wies in seinen Ausführungen „Über die Steilschriff^
darauf hin, welche hohe Bedeutung der „Schreibwinkel" f&r die
Frage, ob Steilschrift oder Schrägschrift, habe. Das rege Interesse,
welches manche Vorträge erregten, gab sich auch in der lebhaften
Diskussion, die sich an dieselben anschlols, zu erkennen. So kim
es am Dienstag zu bewegten Verhandlungen zwischen Frau Gräfin
678
Dr. YiLMA HtJOONNAT nnd dem Herausgeber dieser Zeitschrift, am
Mittwoch zwischen Professor Cohk nnd Professor EwALD-Berlin,
von denen letzterer die Sittlichkeit der Schuljugend weniger ungünstig
als der erstere ansah, am Sonnabend zwischen Professor PaIiMBERG
and Sanitätsrat Altschul, sowie zwischen Dr. Gützmann nnd
dem Direktor der Budapester Taubstummenanstalt. Auch an ver-
schiedenen Yorführungen fehlte es uns nicht, indem wir Jugendspiele,
Wettschwimmen, Ferienkolonisten und steil schreibende Schulkinder
sahen. Kurz, sds am Sonnabend, den 8. September, mittags 12 Uhr
die Sektion für Schulhygiene ihre Sitzungen schlofs, da konnten wir
auf einen wohlbefriedigenden Verlauf derselben zurückblicken nnd
mit einem frohen „Auf Wiedersehen in Madrid!^ voneinander scheiden.
Abstimmung Aber geteilte* oder ungeteilte Schnlzeit ii
Frankfart a. M« Das Kuratorium der höheren und die 'Schul-
deputation für die niederen Schulen zu Frankfurt a. M. teilen das
Ei^ebnis der Abstimmung über die von den Eltern gewünschte Schulzeit
fOr das Sommerhalbjahr 1894 mit: 1. Von 19 237 Abstimmenden haben
8886 für und 10 351 gegen Zusammenlegung des Unterrichts votiert,
von den erstgenannten 8886 für die Schulzeit von 7 — 12 Uhr
7891, für diejenige von 8 — 1 Uhr 995. Im einzelnen stellt sich
das Besultat bei den höheren Knabenschulen 1603 für und. 1268
gegen, bei den höheren Mädchenschulen 702 für und 721 gegen,
bei den Mittelschulen 1164 für und 1832 gegen, bei den Yolks-
Bchulen 5417 für und 6530 gegen Zusammenlegung. 2. Yon
14458 Abstimmenden — 4779 haben leider diese zweite Frage
nicht beantwortet — stimmten 9088 für den Yormittagsunterricht
von 7—11 Uhr, 2000 für 7V2— IIV2 Uhr uud 3870 für 8—12
Uhr, und zwar bei den höheren Knabenschulen 1517, bezw. 400,
bezw. 502, bei den höheren Mädchenschulen 532, bezw. 248, bezw.
406, bei den Mittelschulen 1328, bezw. 415, bezw. 757, bei den
Yolksschulen 5711, bezw. 937, bezw. 2205. Bezüglich des Nach-
mittagsunterrichtes haben an den höheren Schulen 2699 sich für die
jetzt bestehende Schulzeit von 3 — 5 Uhr und 1043 für die von
2 — 4 Uhr entschieden, an den Mittel- und Yolksschulen 9481 für
die jetztige Schulzeit von 2 — 4 Uhr und 1906 für diejenige von
3 — 5 Uhr. An der Abstimmung sind nicht beteiligt gewesen das
Staatsgymnasium, die beiden Realschulen israelitischen Patronates
und sämtliche höheren Schulen privaten Charakters. Obige Zahlen
haben somit nur relative Gültigkeit. Immerhin dürfte sich für die
höheren Schulen Frankfurts, so bemerkt das „Pädag. Wochbl.*^
hierzu, die Zusammenlegung des Unterrichts auf den Yormittag
empfehlen. Auf jeden Fall aber müfste dann derselbe um 7 Uhr
beginnen. Fraglich bleibt es, ob man bei getrenntem Unterrichte
674
nicht den niederen Schulen nachgeben und den Beginn des Nach-
mittagsonterrichts auf 2 ühr verlegen sollte; unseres Erachtens
wäre eine solche Nachgiebigkeit sehr am Platze.
Aus dem Beriehte des Komitees fBr die üntersnctaiig
Ton Schnlkinderii an die britisehe medizinische Gesellschaft.
Vom 31. Jnli bis 3. Angnst d. Js. tagte in Bristol die „British Medictl
Association''. Einem Komitee derselben war gemeinschaftlidi mit
einem Ansschafs des YU. internationalen Kongresses fOr Hygiene und
Demographie der Auftrag erteilt worden, das körperliche und geistige
Verhalten der Schulkinder zu prflfen. Infolgedessen wurden Ton
Juni 1892 bis zum Mai 1894 ÖOOOO Kinder, 26287 Knaben und
23 713 M&dchen, in 63 Schulen durch Dr. Francis Wabnxr
untersucht. Von den Resultaten heben wir folgende hervor. Es
waren :
idiotisch
sehr schwach begabt
sonst geistig anormal
epileptisch
stamm
hüftleidend
rttckgratskrank
an den oberen Extremitäten leidend
an den unteren Extremitftten leidend
an der Hand gelahmt
an der Htlfte ampntiert
an der oberen ExtremitU von Oebort an verstOmmelt
ohne Hand geboren
ohne Fnfs geboren
halbseitig gelähmt
an der oberen Extremität gelähmt
an der nnteren Extremität gelähmt
an Schiefhals leidend
blind oder fast bUnd
mit Veitstanz behaftet
dnrch Verbrennung verkrAppelt
herzkrank
3
60
4
20
4
11
11
7
11
2
5
2
1
7
1
11
4
2
1
2
51
3
35
3
»
3
5
1
1
3
2
11
3
10
5
3
1
4
Eine besondere Berttcksichtignng wurde des Augen zu teil
Es litten an:
■B
den Angen flberhaapt
Schielen
Hypennetropie (mit Konvexgläsern)
Myopie (nüt Eonkaygläsern)
Myopie (ohne Gläser, nur durch Befragen konstatiert)
Erkrankungen der Hornhaut
Verlust des Auges durch emen Unglücksfall
Verlust des Auges durch Krankheit
Augenzittern (Nystagmus)
Herabhängen des oberen Lides (Ptosis)
ungleichen Pupillen
Star, angeboren oder traumatisch
Terschiedenen angeborenen Augenmängehi, wie Albi-
nismus u. s. w
Knabtn
774
470
141
39
12
52
33
10
20
24
4
8
8
575
MSdcheB
715
345
226
55
11
46
16
18
11
5
2
5
8
In Deutschland steht man diesen Prflfangen etwas skeptisch
gegenflber, da sich 50000 Kinder durch einen einzigen kanm
gründlich untersuchen lassen. Auch in Budapest, wo Dr. Francis
Wabneb seine Untersuchungsmethode vor dem Kongresse demon-
strierte, wurden Zweifei an der Zuverlässigkeit derselben laut.
SteilscluriftTersache in Moskau. Dr. Sace^ hat als Mit-
glied der hygienischen Cresellschaft zu Moskau im Oktober vorigen
Jahres* in derselben einen Vortrag Aber die Schriftfrage gehalten,
welcher, auf die vorliegende Litteratur fhlsend, durch Demonstration
der Resultate mittelst eines Skioptikons unterstützt wurde. Seine Au5-
fUmmgen riefen eine sehr lebhafte Debatte hervor und sind auch
im Drucke erschienen. Als weitere Folge derselben ist eine Kom-
mission der genannten Gesellschaft unter Vorsitz von Professor
GBiSHAini* ernannt worden, welche einen Plan für Versuche mit
Steilschrift einerseits und BEBLiN-REHBOLDscher Schrägschrift
andererseits in russischen Elementarschulen ausarbeitet. Wir begrttlsen
diese Untersuchung aufs wärmste, zumal dieselbe auch dadurch
interessant ist, dafs sie die in Bezug auf Steil- und Schrägschrift
bisher nicht geprüfte russische Schrift betrifft. Inzwischen ist, wie
wir erfahren, in einigen Elementar- und Realschulen Moskaus
die Steilschrift probeweise mit gutem Erfolge eingeführt worden,
nnd die Kommission zur Prüfung und Vergleichung der erzielten
Resultate wird in kurzem ihre Thätigkeit beginnen.
Leo BTTReBRSTBiN.
' unser Hitarbeiter. D. Bed.
676
Die Znnahme der Epidemen in den ünterrichtsaiistaltei
Nordsehottlands. Nach „The Brit Med. Joum,*' macht der Sdinl-
Inspektor Dr. T. A. Stewabt in seinem Jahresberichte über das
Unterrichtswesen des nördlichen Schottlands darauf anfioierksain, wie
schlecht die Schnlen infolge von Krankheit der Schüler besacht waren.
Während der letzten 5 Jahre kamen n&mlich Epidenuen unter dea
Kindern viel häufiger als sonst vor. In derselben Zeit wurden manciie
grolisen Schulen auf dem Lande errichtet, weil die alten die Scfaflla
nicht mehr zu fassen vermochten. Zwischen diesen beiden Tfaat-
sachen besteht nach Dr. Stewart ein Zusammenhang. Die Land-
bevölkerung hat nicht zu-, sondern abgenommen, indem sie vidbch
in die Städte gezogen ist, und doch besuchen mehr Kinder als
früher die Schule. Die Erklärung hierfür liegt darin, daCs, seitd^n
der Unterricht unentgeltlich geworden ist, gerade die ärmisten SchQler,
welche unter den ungünstigsten sanitären Verhältnissen leben, die
Schulen anfüllen. Unter diesen aber brechen am leichtesten Epidemi^i
aus. Dr. Stewart fordert daher, dafs die Lehrer auf grdCste
Beinlichkeit, gute, keimfreie Luft und überhaupt auf strenge Be-
folgung der hygienischen Vorschriften halten, da nur so die Zahl
der Infektionskrankheiten vermindert werden kann.
ESrpergebrechen der Würzburger Schulkinder. Nach
dem „Enahh,*^ litten im Schu^ahre 1893 — 94 zu Würzburg ins-
gesamt 1336 Kinder gegen 1321 im Vorjahre an körperlichen Ge-
brechen, und zwar 528 an Kurzsichtigkeit, 173 an Schwerhörigkeit,
131 an Skrofeln, 126 an chronischer Augenentzündung, 76 aji Ver-
krümmung von Gliedmafsen, 70 an OhrenausfluTs, 52 an Brost-
krankheiten, 49 an Nervenleiden, 37 an Unterleibsbrüchen, 20 an
Verstümmelung, 16 an Knochenkrankheiten und 30 an Herzleiden.
Ein Plagiat der von der Vereinigung ffir Schnlgesund-
heitspflege des Berliner Lehrervereins verfarsten Gesnndheits-
regeln für die Schuljugend. Wir erhalten aus Berlin die folgende
Zuschrift: In der „Zeitschrift für SchiUgesundheitspflege^, 1893, No.lO,
vrird mitgeteilt, dafs der Chef fllr die Angelegenheiten des öffentlichen
Unterrichts im Haag, Dr. J. Th. Motjton, Gesundheitsregeln für die
Schuljugend, die von den Doktoren der Medizin M. J. Bouvik, C.
J. L. Feith, J. H. M. Gerabds und J. G. J. van Oppenbaat
verfafst seien, an die Leiter der städtischen Schulen versandt habe.
Diese Haager Gesundheitsregeln stimmen in dem ganzen Plane, in
der Anordnung und im Inhalte mit den von uns herausgegebenen
Gesundheitsregeln ^ vollkommen überein, während in der Zahl der
1 S. diese Zeitschrift, 1890, No. 3, S. 162-164, und 1890, No. 6,
3. 351-352. D. Red.
677
Regeln und in der Form derselben nur ganz geringe Abweichungen
Torhanden sind, so dafs jedermann anf den ersten Blick sieht, wie
hier ein Plagiat schlimmster Art Torliegt. Wir verzichten daranf,
Schritte znr Geltendmachung unserer Hechte zu unternehmen, aber
wir halten es fOr notwendig, ein derartiges Verfahren dem Urteile
der Öffentlichkeit zu unterbreiten. Vereinigung far Schulgesundheits-
pflege des Berliner Lehrervereins. 0. Janke, Vorsitzender, E. Hebtel,
Schriftführer.
Norwe^sche Koabenhandarbeit« Den ersten Schimmer einer
Hygiene auf dem Gebiete der Knabenhandarbeit in Norwegen hat
man im letzten Frül^ahr gesehen. Ein norwegischer YolksschuUehrer,
Henbik Solheim, der zugleich Lehrer des Slöjd ist, hat eine Schrift
y^ModeUreihe für Handarbeitsschulen*^ herausgegeben. Dieselbe enthält
ein Verzeichnis der zu fertigenden Gegenstande, der dazu nötigen
Arbeits- und Zeichenübungen, alles systematisch geordnet. Der
hygienische Fortschritt liegt darin, dals das Werk mit einer Reihe
Ton Abbildungen guter Körperstellungen versehen ist, die w&hrend
des Gebrauchs der wichtigeren Arbeitsgeräte einzunehmen sind.
M. E. HIkokson-Hansbn.
Die hygienischen Resultate der Brannsehweiger Ferien-
kolonien sind von unserem verehrten Mitarbeiter, Herrn Professor
Dr. R. Blasius, in dem „Monaishl f. öffü. Crsähtspflg^ veröffentlicht
worden. Wie in früheren Jahren, so wurden auch im Sommer 1893
Tom Brannsehweiger Vereine f&r Sommerpflegen kränklicher, armer
Schulkinder zwei Ferienkolonien nach Hahnenklee und Wildemann
im Harze entsandt und aufserdem zahlreiche skrofidöse Kinder nach
Harzburg zum Gebrauche der dortigen Solbäder geschickt. Professor
Blasios unterzog sich der Mtthe, sämtliche Pfleglinge vor der
Abreise und nach der Rückkehr auf derselben Wage bei genau der
gleichen Kleidung zu wägen. Dabei ergab sich, dafs die 25 Ferien-
kolonisten in Hahnenklee durchschnittlich um 1184 g, die 22 in
Wildemann durchschnittlich um 1159 g zugenommen hatten. Die*
höchste Gewichtszunahme betrug bei den Knaben 2150 g, bei den
Mädchen 2450 g, die geringste Gewichtszunahme bei den Knaben
400 g, bei den Mädchen 250 g.
Pariser skroftilSse Kinder im Süden. „Xe Progr. med,''
schreibt: Die Behandlung der skrofulösen Kinder von Paris findet
augenblicklich in Berck sur Her, Dax und Salies-de-B6am statt.
Es sind jetzt mehr Stationen nötig. Bereits wurden 500 Kinder
nach Arcachon gesandt. Einige Stadträte von Paris sind daher
für die Errichtung neuer Seehospize, die Mehrzahl dagegen be-
gflnstigt die Unterbringung der Kinder in Familien.
SehnlgMimdheitopaeg« VII. 37
678
2,ni{x^t ^ttß%nn^tn.
Ans den neneii Bestimmiuigen des
KSnislich prenfsisehen Ministers der geistlieken, ünterriekts-
nnd Medifinalangelegenheiten fiber &s Mädehensehilwesei,
die Lehrerinnenbildnng nnd die LebrerinnenprUAmgeo.
Berlin, den 31. Mai 1894.
Allgemeine Vorschriften für die Aber das Ziel der
Volksschule hinansgehenden Mädchenschalen.
1.
DVB Zahl der Schfllerinnen darf in einer Klasse nicht mehr ah
40 betragen.
2.
Die Schalzimmer müssen so ger&omig sein, dafs bei entsprechender
Höhe auf jede Schülerin mindestens 0,8 qm Bodenflfiche kommt, nnd
dürfen anch bei kleiner Schülerinnenzahl nicht anter 24 qm Bodes-
fläche herabgehen. Aach ist dafür zu sorgen, dafs jedes Schnl-
zimmer eine aasreichende Helligkeit habe, genügende Lüitang zulasse,
Schntz gegen die Witterang gewähre nnd mit Fenstervorhängen zur
Abblendang der Sonne aasgestattet sei ; das Licht mufs von der linken
Seite der Schülerin in das Zimmer fallen. Die Schaltische and
Schalbänke müssen der Gröfse der Schülerinnen angepaGst and so
eingerichtet nnd aufgestellt sein, da(s alle Schülerinnen ohne Schades
ftor ihre Gesundheit daran sitzen und arbeiten können.
Die Riegel für die Hüte, Tücher und Mäntel sind in den Korri-
doren au&erhalb der Lehrzimmer anzubringen.
3.
Bei Schulen mit 7 und mehr aufsteigenden Klassen sind ftr
den Zeichen-, Gesang- und Turnunterricht besondere Bäume bereit
zu stellen und zweckentsprechend auszustatten.
Ebenso ist für Zimmer zu sorgen, welche den Lehrern and
Lehrerinnen während der Pausen und freien Stunden zum Aufenthalte
zu dienen haben.
4.
Bei jeder Schule mufs ein genügend groDser Garten, Hofraun
oder sonstiger Platz Torhanden sein, wo sich die Schülerinnen
während der Pausen frei bewegen können. —
579
9.
Es ist eine Einrichtung zn treffen, welche es den Schülerinnen
ennöglicht, Doppelexemplare ihrer Lernbflcher und sonstige Bücher
und Unterrichtsmittel, deren sie zn Hanse nicht bedürfen, in der Schnle
in sicherem Gewahrsam zn lassen. Die Schultaschen, Mappen n. s. w.
der Schülerinnen sind unter Aufsicht zu halten, damit jede Über-
lastung yerhütet werden kann.
10.
Die Höchstzahl sämtlicher Unterrichtsstunden einer Woche beträgt
ftlr das erste Schu^ahr 18, für das zweite 20, für das dritte 22,
ftr das vierte 28, für die folgenden Schu^ahre 30. Alle Lehr-
gegenstände der Mädchenschule sind allgemein verbindlich.
Wo die Befreiung von der Teilnahme am Unterrichte in einem
technischen Lehrfache aus Gesundheitsrücksichten nötig erscheint, ist
ein ärztliches Zeugnis beizubringen.
11.
Bei Aufstellung des Stundenplanes ist darauf zu achten, dals
die Stunden, in welchen die Augen der Schülerinnen besonders in
Anspruch genommen werden müssen (Lesen, Schreiben, Zeichnen,
Geographie, Handarbeiten), in die helle Tageszeit fallen,
dab die Religionsstunden möglichst an den Anfang der Unter-
richtszeit gelegt werden,
dafs die unmittelbare Aufeinanderiolge von Lehrstunden, welche
das Nachdenken der Kinder vorzugsweise erfordern, vermieden werde.
12.
Nach der zweiten Unterrichtsstunde findet eine Pause von
15 Minaten, sonst zwischen je zwei Unterrichtsstunden eine solche
von 10 Minuten statt. Machen es die Verhältnisse nötig, dafs
5 Stunden hintereinander unterrichtet wird, so mufs die Pause
zwischen der vierten und fünften Stunde wieder 16 Minuten dauern.
13.
Wenigstens während der grölseren Pausen haben die Schülerinnen
die Klassen zu verlassen, damit gelüftet werden kann. Wenn es die
Witterung irgend zuläbt, haben sie sich während der Pausen im
Freien zu bewegen.
14.
Der Schwerpunkt der Schularbeit ist in den Unterricht zu:
legen. Zu häuslichen Arbeiten dürfen nur Aufgaben gestellt werden,
die in der Schuie so weit vorbereitet sind, dafs sie von den Schüler-
innen selbständig gelöst werden können.
37*
680
Die hftnsliche Arbeitszeit soll
fttr die ünterstafe höchstens 1 Stande tAglich,
fOr die Mittelstafe höchstens IVt Stande tfiglich,
für die Oberstufe höchstens 2 Stunden tftglich
betragen.
Durch Umfirage in den Klassen und in den Eltemkreisen ist
Ton Zeit zu Zeit festzustellen, ob dieses Mab eingehalten wird. Für
eine entsprechende Verteilung der h&uslichen Arbeit auf die einzehei
Lehrgegenstftnde haben die Ordinarien Sorge zu tragen.
16.
Vom Vormittage auf den Nachmittag dtlrfen häusliche Arbeitea
nicht aui^egeben werden.
16.
Ferienarbeiten sind auch als freiwillige Leistungen
17.
Der Memorierstoff ist sorgfi<ig zu wählen, knapp zu bemessen
und, soweit das irgend angängig ist, bereits in der PensenTerteüang
fftr das ganze Schu^ahr von vornherein festzustellen.
18.
Bei den deutschen Aufsätzen hat der Lehrer ein Höchstnub
fOr den Umfang vorzuschreiben. Es sollen im allgemeinen Ueber
häufigere als zu lange Arbeiten geliefert werden.
19.
Extemporalien und Klausurarbeiten sind als Übung zulftssig,
nicht aber als Mafsstab für die Beurteilung, insbesondere nicht bei
Versetzung der Schülerinnen.
20.
Alle schriftlichen Arbeiten sind sorgfältig zu korrigieren. Sie
müssen das Datum der Abgabe und der Korrektur tragen.
21.
Zeichnungen, auch Kartenzeichnungen, dürfen nicht zum Gegen-
stände häuslicher Aufgaben gemacht werden.
22.
StrafEurbeiten irgend welcher Art sind unzulässig.
23.
Handarbeits-, Zeichen- und Schreibstunden dürfen nicht von
fremdsprachlicher Unterhaltung oder von Vorlesen begleitet sein.
681
24.
Wiederholungen der durchgenommenen Lehrstoffe müssen täglich
Yori[ommen, so dafe das Aufgehen hesonderer zosammenhftngender
Wiederholungen ganzer Lehrabschnitte entbehrlich wird.
26.
Sollte eine Bestrafung durch Nachbleiben erforderlich werden,
80 sind die Eltern vorher davon zu benachrichtigen. Die Schülerin
darf während des Nachbleibens weder unbeaufsichtigt noch unbeschäf-
tigt sein.
In keinem Falle ditrfen SchtÜerinnen zwischen dem Yormittags-
imd dem Nachmittagsunterrichte in der Schule zurflckgehalten werden.
26.
Die Schülerinnen erhalten mindestens aUe Halbjahre ein schrift-
liches Zeugnis über Führung, Fleiüs und die Leistungen in den
einzelnen Fachet n.
27.
öffentliche Schulprüfnngen finden nicht satt.
Der Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten.
(Gez.) Bosse.
Erlafs des KSniglich preufsisehen Untemchtsministers
wegen Förderung der Tum- und Jngendspiele, sowie Bereit-
stellnng von Spielplitzen.
Berlin, den 28. Mai 1894.
Die Anregungen, weiche von meinem Herrn Amtsvorgänger in
dem Erlasse an die ProvinzialschulkoUegien und Regierungen vom
27. Oktober 1882 — U. m. 6. 7146 — bezüglich einer zielbewufsten
Förderung der Leibesübungen überhaupt und der Tumspiele im be-
sonderen gegeben worden sind, haben sich, wie in erfreulicher Weise
zu Tage tritt, in weiteren Kreisen wirksam enriesen. Das Ver-
ständnis dafllr, dads es sich dabei nicht nur um eine Malsregel der
ünterrichtsverwaltung zur Hebung des Schulturnens, sondern vielmehr
um ein wichtiges Gebiet der Yolkserziehung überhaupt handelt, ist
allgemeiner geworden, und dankbar ist anzuerkennen, dals durch die
Bemühungen der Behörden, durch thatkräftiges Vorgehen von Privat-
personen und Vereinen und durch die Opferwilligkeit zahlreicher
Gemeinden auf diesem Gebiete, besonders was die Ermöglichung des
Turnens und Spielens in freier Luft anlangt, inzwischen erhebliche
Fortschritte gemacht worden sind.
Erreicht ist aber das Ziel noch keineswegs. Namentlich in den
gröiseren Städten stöfst die Pflege der Bewegungsspiele, vor allem
682
wegen des Mangels an zweckm&fsig belegenen und eingerichteten
Spielplätzen, noch vielfach auf erhebliche Schwierigkeiten, an derea
wenn auch allmählich, aber doch stetig fortschreitender Überwindnng
thatkräftig weiter gearbeitet werden mnfs. Die Unterrichtsverwalbiiig
allein ist dieser Aufgabe nicht gewachsen; sie bedarf dazu der ent-
gegenkommenden Mitwirkung aller derer, denen die kOrperlidie
Gesundheit, die geistige Frische und die sittliche Er&ftignng der
Jugend am Herzen liegt, um die vor Opfern nicht zurackscheiiende
Überzeugung, dafs hierbei die ErfOllung ernster Forderungen der
Gesundheitspflege und der Erziehung in Frage steht, in immer
weiteren Kreisen zu sichern.
Einen sehr willkommenen und nach den erzielten Erfolgei
bewährten Beistand auf diesem Gebiete erblicke ich in den Be-
strebungen des Gentralausschusses zur Förderung der Jugend- und
Yolksspiele in Deutschland, denen ich eben deshalb, wie schon
anderweit bethätigt worden ist, thunlichste Unterstützung gewährt zu
sehen wflnsche.
Nach Lage der Verhältnisse wird es vor allem darauf ankomme
die StadtTerwaltungen, soweit sie nicht schon zu dem Gentral-
ausschusse in freundliche Beziehungen getreten sind, fftr dessen Ziele
und Unternehmungen zu interessieren, wie sie unter anderem in dem
3. Jahrgange des Jahrbuches für Jugend- undYolksspiele, heraus-
gegeben Ton £. VON ScHBNGEENDORFF und Dr. F. A. Schmidt,
Leipzig, Yoigtländers Verlag, dargestellt sind. Namentlich ist dabei
für die grOlseren Städte, in denen es der Jugend nur zu oft an
Gelegenheit fehlt, sich in freier Luft fröhlich zu tummeln, die An-
legung und Unterhaltung geeigneter Spielplätze dringend zu eBq)feh1eQ,
und ich ersuche Ew. Excellenz ganz ergebenst, in dieser Richtnng
je nach den Ortlichen Verhältnissen Ihren Einflufs dahin geltend za
machen, da(s dem heranwachsenden Geschlechte ftr die Bewegimgs-
^ele, deren Wert nicht hoch genug geschätzt werden kann, der
erforderliche Raum gewährt oder nicht genommen werde.
Von dem Inhalte des Vorstehenden woUen Ew. Exoeilenz anch
das Königliche ProrinzialschulkoUegium und die nachgeordnetn
Begierungsbehörden unter Hinweis auf den oben genannten Erlaft
gefftlligst in Kenntnis setzen.
Der Minister der geistlichen etc. Angel^enheiten.
(Gez.) B088B.
An
sämtliche Herren Oberpräsidenten.
U. III. B. 1497.
583
Ans der VerfBgnDg der k. k. Statthalterei in Häbren
vem 1. Juli 1894, Z. 18 269, an alle politischen UnterbehSrden,
betreffend Mafsnalinien gegen Traehom.
Da das Trachom (ägyptische Augenkrankheit) erfahnmgsgemäls
Torzngsweise anter den in einem grölseren Komplexe zusammen-
lebenden Personen, also in Ge&ngniBsen, Arbeits- and Armenhäasem,
Massenqoartieren, Fabriken, Schalen etc., anftritt and eine Über-
tragang überdies in solchen Lokalitäten am so leichter vermittelt
wird, als eine dorch Staab und körperliche Aasdünstangen ver-
noreinigte Laft an and für sich eine anhaltende Reiznng der Aagen
bedingt and die letzteren zar Entwickelang der Krankheit disponiert,
so sind zar möglichste Yerhütang schwerer Folgen and der Weiter-
Terbreitang dieser Krankheit die Vorstände dieser Anstalten an-
zuweisen, die von einer Aagenentzttndang befallenen Personen sobald
als möglich der ärztlichen Behandlung za überweisen und im Falle
des begründeten Verdachtes einer trachomatösen Erkrankung unter
gleichzeitiger Einleitung der zur Infektionstügung notwendigen MaTs-
nahmen hiervon der zuständigen politischen Behörde die Anzeige zu
erstatten.
))erfDnalteit.
Herr Königlicher Rat G. H. Wbbbk in München hat sich zur
Mitarbeit an unserer Zeitschrift bereit erklärt.
Es erhielten: das Grofskreuz des Verdienstordens vom heiligen
Michael der Geheimrat Professor Dr. von Petten&ofbr in München;
das Ritterkreuz des Leopoldordens unser verehrter Mitarbeiter, Herr
Hofrat und Professor der gerichtlichen Medizin Dr. Ed. Rittbb
VOM Hofmann, Vorsitzender des obersten Sanitätsrates in Wien;
das Ritterkreuz I. Klasse des Königlich sächsischen Albrechlsordens
der Konrektor am Gymnasium zu Bautzen, Professor Dr. Kloss,
und der Professor am Kadettencorps in Lichterfelde Dr. Stbnzlbr;
den 8t. Annenorden 11. Klasse der Staatsrat Dr. Mandelstamm,
Ehrenmitglied des Poltawaschen Gouvemementskuratoriums derKiader-
asyle; das Ritterkreuz H. Klasse der Oberrealschuldirektor Dr. Krumme
in Braunschweig; den Kronenorden III. Klasse der a.o. Professor
Dr. FiNESLNBUBe in Bonn, früher Mitglied des Reichsgesundheitsamtes,
und der Gymnasialdirektor Kern in Frankfurt a. M. ; den Kronen-
orden IV. Klasse unser geschätzter Mitarbeiter, Herr Professor
Dr. SoHWALBB, Direktor des Dorotheenstädtischen Realgymnasiums
zu Berlin.
584
Dem Seminardirektor Hbrm. Rübte in Frankfurt a. 0. und
dem Kreisscholinspektor GÄRTNBB in Posen ist der Charakter ib
Schalrat, dem technischen Hilfsarheiter im Kaiserlichen Gesandheits-
amt Dr. L. Bbühl der Charakter als Sanitätsrat verliehen worden.
Der Direktor des Gymnasiams za Altona, Professor Dr. GiNZ,
worde zam Provinzialscholrat hei dem Provinzialscholkollegiam m
Berlin ernannt.
Die Regierangsmedizinahräte Dr. Schmidtmann and Dr. Roth
sind in gleicher Eigenschaft der erstere von Oppeln nach Bredaii,
der letztere von Eöslin nach Oppeln versetzt worden.
Zn Regierangs- and Schalrftten warden befördert der Direktor
der Elisabethschale za Berlin, Professor Dr. Stbphan Wabtzoldt,
and der Seminardirektor Dr. Albert OttO; dieselben sind der
Königlichen Regierang in Magdebarg, bezw. in Kassel zogeteilt
worden.
Nachdem Geheimer Medizinalrat Professor Dr. Flügge in Breslai
die an ihn ergangene Berafiing zam Direktor des hygienischen
Institates in Halle abgelehnt hat, ist nanmehr Professor Dr. C. Fraenkbl
in Marbarg dorthin berafen worden.
Der a. o. Professor Dr. H. Yaihingbr in Halle, Yerfasser der
Schrift „Naturfarschtmg und Schule"^ warde zam o. Professor der
Philosophie befördert.
Professor Dr. Hans Büchner in München flbemimmt als Nach-
folger Geheimrat VON Pbtteneofers die o. Professur der Hygiene
and das Direktorat des hygienischen Institates daselbst.
Dr. des Turebaüx in Suresnes ist zam ärztlichen Inspektor
der Schalen des Kreises Saresnes-Nanterre an Stelle des verzogenen
Dr. FOüGAULT ernannt worden.
Es habilitierten sich Dr. G. Alessi als Privatdocent f&r Hygiene
in Palermo and Dr. A. GrORiNl in gleicher Eigenschaft in Pavia.
Der Obertamlehrer am Nikolaigjrmnasiam Richard Schütz za
Leipzig beging am 1. Aagast d. Js. den Tag, an welchem er vor
25 Jahren als Tamlehrer angestellt wurde.
Der langjährige Leiter des Grofsherzoglich hessischen Medizinal-
wesens Dr. B. Jaüp ist von seinem Amte zarückgetreten ; ans
diesem Anlais wurde ihm das Komthurkreuz I. Klasse des Yerdienstp
Ordens Philipps des Groüsmtttigen verliehen.
Es sind gestorben : zu Charlottenburg im 73. Lebenswahre der all-
bekannte Physiologe und Physiker, Wirklicher Geheimrat H. VON Helm-
HOLTZ, der sich durch die Erfindung des Augenspiegels aach am
die Schulhygiene unsterbliche Verdienste erworben hat; in Paris,
91 Jahre alt, Dr. Maillot, Präsident des französischen Gesondheits-
rates; in Giefsen, 83 Jahre alt, der Senior der dortigen medizinischeD
585
Fakülät, Geheimer Medizinalrat Dr. WiLBRAND, früher Professor
der gerichtlichen Medizin nnd Hygiene daselhst; in Rndolstadt,
75 Jahre alt, Gymnasialdirektor Oberschnlrat Dr. £. KlüSBMANN;
in Wien der Reichstagsabgeordnete Dr. med. et jnr. J. A. Heils-
BBRO, der auf dem Gebiete des Unterrichtswesens grofse Verdienste
besafs; in Hildesheim der Direktor des Gymnasium Josephinmn
Eirghneb; in Bern der Adjunkt des schweizerischen Gesundheits-
amtes Dr. JuL. £i>. BOBNANB in seinem Berufe als Schularzt.
Citttratttr
Besprechungen.
Dr. med. W. Feilghenfbld in Charlottenburg. Der Arzt in der
Schule« Sammlung klinischer Vorträge, begründet von R. VON
Volkmann. Neue Folge, herausgegeben von E. von Bergmann,
W. Erb und Fr. von Winckbl, No. 76. Leipzig, 1893. Breit-
kopf und Härtel. (20 S. Gr. 8<>. Ä 0,75.)
Die Schularztfrage, welche bis vor kmrzem yon den beiden be-
teiligten Seiten etwas leichthin behandelt worden ist, beginnt jetzt
sich endlich zu klären. Während die Ärzte vielfach flbersehen haben,
da(s die Schulhygiene in letzter Linie doch auch nur der geistigen
Bildung dienen soll, und die Schulmänner, zum Teil infolge der etwas
stttrmischen Angriffe von jener Seite, es sich zur Pflicht gemacht
haben, etwaigen Übergriffen der Ärzte zuvorzukommen, ohne ihre
berechtigten Forderungen ernstlich zu erwägen, so daJGs auch eine
ganze Reihe gut gemeinter Verfügungen der Behörden zum Schutze
der Gesundheit der Schu^ugend erfolglos blieb (S. 5), so ist doch
jetzt durch die Wirksamkeit tüchtiger Schulärzte das Verhältnis
wesentlich besser geworden. Die Schulmänner zeigen mehr Entgegen-
kommen und Verständnis für die hygienische Frage, und in vielen
Ländern ist nach den ausführlichen Darlegungen Feilohenfblds
f(kr die sanitäre Beaufsichtigung der Schulen nun der richtige Weg
gefunden, nicht blofs in demjenigen Staaten, welche durch die Ein-
führung des Schulzwanges, wie unser VerÜEusser ausführt, die zvnngende
Verpflichtung auf sich genommen haben, die Schulen ärztlich über-
wachen zu lassen.
Sehen wir nun, was unsere Schrift in dieser Beziehung fordert.
Sie verlangt: 1. Die Einsetzung von „Kommissionen, bestehend aus
Architekten, Ärzten und dem Leiter der in Frage kommenden
Schule''. Diese sollen zunächst einmal aufnehmen, wie die Schulräume
686
in hygienischer Beziehnng beschaffen sind. (Referent hat in frflheien
Veröffentlichungen derartige Besichtigangen durch Ärzte nnd Bsn-
verstftndige unter Zuziehung des Schulleiters mehrfach befdrwortet, ab&
auch für die Yorbüdung der Lehrer die Beihilfe des Arztes und da
Architekten als notwendig erkannt.) 2. Alle Lehrer sollen hygiausch
geschult sein. (Bas wollte der eben erwähnte Vorschlag des Referentea
erreichen.) Der Ver&sser hat vollständig recht, auch von ziemlich
häufigen Besuchen des Schularztes, wenn der Lehrer ihm nidit in
die Hand arbeitet, wenig zu erwarten. Aus dieser Forderung ergibt
sich von selbst die 3., welche auf die Einführung regelmäfsiger Vor-
lesungen über Schulhygiene für Mediziner und Philologen an aQe&
Universitäten und Seminarien gerichtet ist. Ebenso einverstanden
sind wir mit dem Verlangen, dafe Schulärzte bestellt werden, welche
die Schulen von Zeit zu Zeit zu besichtigen und statistische Berichte in
Form von ausgefüllten Fragebogen mit weiteren Darlegungen zo
bestimmten Fristen den Behörden vorzulegen haben. Auf welche
Dinge der Schularzt dabei seine Aufmerksamkeit richten soll, gibt
der Verfasser genau an. Wir heben die Untersuchung der Nen-
aulgenommenen hervor. Auf alle Schüler soll sich die Untersuchong
nur hinsichtlich der Hautkrankheiten und des Trachoms erstredken,
hinsichtlich sämtlicher Organe blols dann, wenn besondere Veranlassmig
dazu vorliegt. Hier tragen wir die wichtige Bestimmung nach, daß
die Untersuchung besonderer Fälle nicht abhängig sein darf von der
Veranlassung des Schulvorstandes, dafs es aber anderersdts dessen
Pflicht ist, den Schularzt zu rufen, wo irgendwelches hygienische
Bedenken sich einstellt; vielmehr mufs es dem Schularzte £reisteh«i,
die Veranlassung zu seinen Besuchen selbst wahrzunehmen. Wenn
er, was durch die Natur der Sache gegeben ist, nicht ohne weiteres
selbständige Anordnungen trifft, so ist ja jedes Bedenken gegen sein
Erscheinen ausgeschlossen. Über Zeit und sonstige Äufserlichkeiten
dieser Besuche wird die Erfahrung leicht das Zweckmä(sige finden
lassen. Selbstverständlich scheinen uns die beiden weiteren For-
derungen des Verfassers, dafe in der Ministerialinstanz ein Schularzt
sich befinden und in jeder SchulbehOrde überhaupt ^ein Arzt, event
der Schularzt" Sitz und Stimme haben müsse.
Fbilghbnfblds Erörterungen schlieben sich an Bübgerstsiks
Aufsatz über den Schularzt vom Jahre 1887 an [Zeiischr, f. d.
BealschUhvesen, XIII. Jahrg., 1. Heft) und werden, zu SCHlLUiBS
neulichem Vortrage über die schulhygienischen Bestrebungen
der Neuzeit (Frankfurt a. M., 1894, Diester weg) hinzugenommen^
der wichtigen Frage, mit der sie sich beschäftigen, eine erirenlidie
Förderung bringen.
Geheimer Hofrat Dr. phil. £. von Sallwube,
Oberschulrat in Karlsruhe.
587
Dr. Gustav Wolffhügel, o. Professor nnd Direktor des hygienischen
Instituts an der Universität Göttingen. Zu* Lehre YOm Laft-
weehseL München, 1893. R. Oldenbonrg. (75 S. Gr. 8^)
Das Jahr 1893 war das Jubeljahr des Altmeisters der Hygiene
Max von Pbttsneofbb; der Schöpfer der modernen wissenschaft-
lichen und praktischen Gresnndheitspflege feierte in demselben sein
fttüfägstes Doktoijubiläom. Ans diesem Anlasse widmeten seine zahl-
reichen Schüler Arbeiten, die einen stattlichen „Jnbelband" aus-
machen. WoLFFHüGBL, der zu den ältesten und verdienstvollsten
derselben zählt und wohl am treusten die Forschungsrichtung der
Mfknchener hygienischen Schule beibehalten hat, ist bei dieser Ge-
legenheit mit der vorliegenden Arbeit hervorgetreten.
Die Lehre vom Luftwechsel ist vor 35 Jahren von Pettbn-
KOFBR wissenschaftlich begründet und der Standpunkt desselben in
dem klassischen Buche „Über den Luftwechsel in Wohnräumen*^
(München, 1858) niedergelegt worden. Die Gesundheitstechnik, deren
Aufgabe die praktische Durchführung der von der wissenschaftlichen
Hygiene anfgestellten Forderungen ist, hat sich im Laufe der letztoi
Jahrzehnte bemüht, durch die verschiedensten Systeme der Yentilations-
eiorichtungeB den Aufgaben der Luftemeuerung in geschlossenen Räumen
gerecht zu werden. Vielfach ist hierbei aber ein falscher Weg ein-
geschlagen uod über das Ziel hinausgeschossen worden. Man glaubte,
je mehr Luftschlote und Klappen in einem Räume vorhanden seien,
desto besser werde der Zweck der Luftemeuerung erfüllt Und als
die hierdurch bewirkten Unannehmlichkeiten in manchen neuen Ge-
bäuden, wie Krankenhäuser, Schulen u. dergl., nicht ausblieben und
die Insassen Klage führten über die störenden Nebenwirkungen der
Ventilation, vornehmlich über Entstehung von Zugluft, da trat der
Rückschlag ein: man war fast geneigt, künstliche Yentilationseinrich-
tcmgen überhaupt für schädlich zu erklären.
Man bezeichnete, insbesondere von technischer Seite, auch das
von Pbttenkofer angegebene Princip der Berechnung des Luft-
bedarfes als falsch. Der Genannte hat bekanntlich den Kohlensäure-
gehalt der Luft als Indikator für die jeweilige Luftverschlechterung
in einem geschlossenen Räume benutzt und den Yentilationsbedarf
danach bestimmt. Dabei wurde der Berechnung nur der Kohlen-
Bftaregehalt der Respirationsluft zu Grunde gelegt, die anderen Kohlen-
säurequellen, Heizung und Beleuchtung, jedoch als irrelevant ver-
nachlässigt. Es war namentlich Ribtsohel, welcher das Pbtten-
KOFBRsche Princip bekämpfte und die Berechnung des erforderlichen
Luftwechsels nach Mafsgabe der Wärmeabgabe an dessen SteUe zu
setzen in Vorschlag brachte.
WOLFFHüeBL hat es in der vorliegenden Schrift nun unter-
588
nommen, die im Yerlaafe der Kontroversen zom Teil yerzerrten
Anschauungen Pbttbnkofers klarznlegen, nnd dabei zugleich dea
Beweis erbracht, dafs die Wissenschaft bis heute nicht in der Lage
ist, der Berechnung des Ventilationsbedarfes einen besseren Mafsstab
zu Grunde zu legen, als den Eohlensäuregehalt der Luft. Semea
pietätvollen Zweck, „die Aufinerksamkeit der beteiligten Kreise neoer-
dings auf die grundlegenden Arbeiten Pettbnkofbbs zu lenkea"^,
hat der getreue Schüler mit dieser Schrift allerdings in hohem Mabe
erreicht.
In ausgezeichnet klarer, fafislicher und vornehm mhigor Dar-
stellung fafet WOLFFHÜaEL in seiner Arbeit alles zusammen, was
seit dem Erscheinen des erwähnten PsTTENEOFSKschen Buches Aber
diesen Gegenstand geforscht, geschrieben und polemisiert worden ist.
Er gliedert seine Abhandlung in vier Teile: 1. Hygiene und Gesund-
heitstechnik, 2. Aufgaben und Ziele des Luftwechsels, 3. Beur-
teilung der Luft bewohnter Räume, 4. Berechnung des YentiktioDS-
bedarfes. Den reichen Inhalt auch nur flüchtig zu skizzieren, ist
im Rahmen einer Besprechung unmöglich. Wer ihn kennen lemea
will, der muis die nur 75 Seiten starke Schrift selbst zur Hand
nehmen. Er wird sie nach dem Durchlesen gewifs mit derselben
Befriedigung aus der Hand legen, wie der Referent, und zweifels-
ohne in dessen UrteU einstimmen, das dahin lautet: Wie Pbttbh-
KOFBSs Buch über den Luftwechsel grundlegend ist, so Ist YfOJJt-
HüGBLs Schrift unentbehrlich für jeden, der in der Lehre vom
Luftwechsel den heutigen Standpunkt kennen lernen will.
Professor der gerichtlichen Medizin Dr. med. J. Krattib
in Graz.
Gustav Sibgbrt. Die Periodicitit in der Entwiekelnng der
Kindesnatnr. Neue Gesichtspunkte ftbr Kinderforschung nnd
Jugenderziehung. Leipzig, 1891. R. Yoigtländer. (93 S. Kl. 8*.
iL 1,20.)
Unter Periodidtät versteht der Verfasser die Thatsache, welche
er festgesteUt zu haben glaubt, dafs die Entwickeiung der Kind^
natur nach Körper und Geist nicht einer gerade ansteigenden Linie
gleiche, sondern sich in Wellenbewegungen vollziehe. Einer auf-
steigenden Linie mit ihrer Aktion folge mit Naturnotwendigkeit wieder
eine rückläufige Bewegung als Reaktion. Dieser Wechsel soll sich
aus inneren Gründen nicht nur täglich wiederholen, d. h. abgesehen
vom Wechsel von Arbeit und Ruhezeit, sondern auch in den be*
deutungsvolleren Entwickelungsabschnitten besonders zum Ausdrocfc
kommen.
Auf dieses „Grundgesetz der Periodidtät^ sucht der Autor non
589
eine Menge Thatsachen in der kindlichen Entwickelnng znrück-
znführen, und dementsprechend fordert derselbe auch eine besondere
Behandlung der Kindesnatur. Die Fordeningen, zu denen er auf diesem
Wege geführt wird, sind durchaus dieselben, die von der Hygiene
erhoben, aber oft tauben Ohren gepredigt werden. Hierfür nur ein
Beispiel: ,,Das System gesunder Wechselwirtschaft zwischen an-
gemessener körperlicher und geistiger Anstrengung entspricht den
Vorschriften der periodischen Entwickelungsbewegung, und die Schul-
organisation und Schulerziehung, welche diese Naturvorschriften zu
sittlichen Geboten erhebt, ist die zweckmftfsigste und beste''.
Solche erfreulichen Sätze finden sich in der vorliegenden Schrift
in grofser Zahl, und wir Ärzte dttrfen sie gewifs mit Freuden be-
grflfsen, zumal sie lediglich von pädagogischem Standpunkt aus geltend
gemacht werden.
Trotzdem können wir nicht umhin, einige Bedenken gegen
dieses vermeintliche Grundgesetz auszusprechen. Das erste richtet
sich gegen die Allgemeingültigkeit desselben, indem wir glauben,
dafs doch verschiedene Schüler so geringe Schwankungen zeigen,
dafe zur Erklärung derselben äufsere Gründe hinreichen und innere
nur künstlich herbeigezogen werden können. Andererseits sind die
ansgesprochenen Schwankungen, wie sie vom Verfasser angeführt
werden, im voraus höchst verdächtig darauf, dafe sie auf wirklich
krankhafter Verfassung beruhen. Wenn „der herbeigerufene Arzt
eine solche Vermutung nicht bestätigte", so können wir diesen
Einwand so lange nicht anerkennen, bis auch die sorgfältige Unter-
suchung eines Sachverständigen zu negativem Ergebnis geführt
hat. Die Psychiatrie hält ein solches „impulsives^ Wesen für ein
deutliches Erankheitszeichen, und wir selbst konnten jederzeit bei solcher
aasgesprochenen „Periodicität" des Verhaltens den krankhaften Unter-
grund mühelos nachweisen. Endlich soU nicht verschwiegen werden,
dafs der Begriff der Periodicität beim Verfasser in anderem, oder
mindestens viel weiterem Sinne als gewöhnlich gebraucht wird, was
leider zu Müsverständnissen reichlich AnlalE bieten dürfte.
Vorstehende Bemerkungen woUen jedoch keineswegs von der
höchst fesselnden Lektüre dieses Schriftchens abhalten, vielmehr nach
des Verfassers eigenem Wunsche zu weiteren Studien auf diesem
dunklen Gebiete anregen.
Praktischer Arzt Dr. med. A. Roemer in Stuttgart.
C. A. DUNHAM, Architekt in Burlington, Jowa. Model schoolhonse
designs. Burlington, 1894. Selbstverlag. (35 S. Gr. 4<^.
$ 1,0.)
Obwohl diese Broschüre zu Reklamezwecken verfabt ist, bietet
MO
sie doch einen lehrreichen Beitrag zur Entwickelnng des Sebnl-
banwesens in den Vereinigten Staaten, indem der Verfasser 26 ver-
schiedene, teils nor projektierte, teils aasgeführte Schnlbantea mit
bisweilen sehr Inxnriöser Ansstattong znr Ansohannng bringt.
Als Einleitung gibt der Antor die allgemeinen Regeln ib,
welche beim Baue yon Schnlgebänden zn berflcksichtigen sind, und
citiert femer die Gnmdzfige fOr die Verfassung der ScfanlbanplAiie
nach dem Girkular No. 65 des State Board of Health of Maine.
TortrefQich sind die Abbildungen von ein- und zweiklasaigoi
Schulbauten für das Land, und mustergültig erscheinen auch mehrere
grO&ere Stadtschulen, insbesondere No. 33, 34 und 35, bei welchen
gut disponierte Lehrzimmer, geräumige Korridore, zweckm&lsige
Kleiderablagen und Schulbftder yoricommen.
Die Abortanlagen finden sich teils innerhalb, teils auIaerbaUi
der Geb&ude.
Diplomierter Architekt Kabl Hintkä0BB in Wien.
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Idtfdirifl fit ^(linlgrfnitblidtapflrgt
VIL Jahrffanff. 1894. No. 11.
0*«"n
Orijittal-Zb^anMttnjje«.
über die Aufgaben und Pflichten des Schularztes.
Von
Wirklichem Staatsrat Dr. med. Alexander von Wibenius,
Arzt des Wedenskischen klassischen Gymnasiums
and Direktor des Einderasyls der Grofsfürstin Alexandra Nicolaewska
in St. Petersburg.
Die Frage Dach der BestimmnDg und den Pflichten des
Schularztes ist nicht schwer zu beantworten. Seine Aufgabe
b<^teht darin, über der Gesundheit der Schulkinder zu wachen,
und infolgedessen gehört, alles, was die köi-perliche, geistige und
' moralische Hygiene der letzteren betrifft, in das Bereich
seiner Thätigkeit.
Der Schularzt sollte in jeder Lehranstalt ebenso unent-
behrlich sein, wie der Pädagog. Erhält er keinen Zutritt in
die Schulräume, und wird ihm die Möglichkeit genommen, •
seine Thätigkeit im Kreise der Schüler auszuüben, so müssen
andere seine Rolle übernehmen. Denn da ohne Berück-
»
sichtigung der Hygiene keine vemünftige Erziehung möglich
ist, so ' hat irgend etwas nach dieser Richtung zu geschehen.
Und in der That gehört die Pflicht, für die Gesundheit der
Schüler Sorge zu trägen, zu d^ Obliegenheiten der Schul*
administration. Indessen fragt es sich, ob diese Einrichtung
berechtigt ist.
SehulgMimdheltipflege YU. 28
594
In einigen Städten Europas finden wir zur Zeit bereÜB
Schulärzte, jedoch sind die Aufgaben derselben, soviel uns
bekannt ist, noch keineswegs genau festgestellt. Da es
wünschenswert wäre, die Überzeugung von der Notwendigkeit
eines ärztlichen Hygienikers für jedes Schulwesen sobald als
möglich durch die That zu verwirklichen, so mufs man vor
allem klarlegen, wodurch der Arzt der Schule und den
Schülern, und zwar in einer solchen Weise dienlich sein kann,
dais ihn kein anderer in dieser Beziehung zu ersetzen vermag.
Vor allem sei darauf hingewiesen, dais derselbe fiär
die Einrichtung des Schulgebäudes und aller seiner Bäume
mehr oder weniger verantwortlich sein soll. Beheizung, Venti-
lation und Beleuchtung gehören zu seiner Kompetenz, gleich-
wie auch die Beschaffenheit und Aufstellung der Subsellien.
Die Pädagogen sind nun der Meinung, dais freilich em
Schularzt dieses alles gewiCs sehr gut überwachen, bezw. znr
Ausführung bringen würde, dafs man aber seine Arbeit eben-
sogut einem tüchtigen Schulmanne anvertrauen könnte, besonders
dann, wenn derselbe einige Kenntnisse in irgend einer Disciplin
der Naturwissenschaften besitzt. Als Beispiel werden Anstalten
angeführt, wo sämtliche bezeichneten Pflichten eines Sohularztas
zu vollkommener Zufriedenheit durch den Direktor oder In-
spektor der Schule zur Ausführung kommen.
Allein die Obliegenheiten eines Schularztes beschränken
sich nicht auf die Sorge für den hygienischen Zustand des
Schulgebäudes. Er hat eine viel wichtigere Aufgabe zu erfüllen,
indem er auch über der Hygiene des Unterrichts namentlich
in denjenigen Fächern wachen mufs, in denen die Sinnes- und
Bewegungsorgane in Thätigkeit versetzt werden, also beim
Lesen, Schreiben, Zeichnen, Singen und bei den körperlichen
Übungen.
Indessen auch dagegen kann man einwenden, dats es
durchaus nicht notwendig erscheine, einen besonderen Arzt als
beständigen Kontrolleur hierfür an der Schule anzustellen,
sobald der Unterricht in den angeführten Fächern geregelt sei,
d. h. sobald eine Summe von Vorschriften bestehe, die von
595
Fftdagogen und Ärzten ausgearbeitet seien, und deren Be-
stimianngen seitens der Lehrer und Schüler gleich gewissen-
haft befolgt würden. Es genüge in diesem Falle yollkommen,
wenn ein Speoialist für Schulhygiene nur ab und zu die
Klassen besuche, um sich davon zu überzeugen, dafs der
Unterricht gemäb den angestellten Regeln erteilt werde.
Gehen wir nun zu der medizinisch*sanitären Beaufisich-
ügung der Schüler über. Hier ist der Arzt unumgänglich
erforderlich und kann weder durch einen Philologen, noch durch
einen Mathematiker oder Naturwissenschaftler ersetzt werden.
Für eine solche sanitäre Prüfung sind vielseitige medizinische
Kenntnisse nötig. Die Untersuchung eines beliebigen Organs
erfordert anatomisch-physiologische Vorkenntnisse, und was die
Darlegung der Beziehungen der anatomisch physiologischen
Details des Körpers zu einander einerseits und zum Alter,
Geschlecht und Gesundheitszustande des Beobachteten anderer-
seits betriffi, so kann eine solche Darlegung nur dann von
Erfolg begleitet sein, wenn der Schularzt nicht nur theoretisAes
Wissen, sondern auch gehörige Übung im Untersuchen besitzt.
Allein trotzdem die medizinisch-sanitäre Untersuchung der
Schulkinder eine groise Bedeutung besitzt, da sie auf die
Mittel hinweist, durch welche die Gesundheit der Kinder
gewahrt und dem Schaden vorgebeugt werden kann, den der
Unterricht durch den schlechten Gesundheitszustand der Schulet
erleidet, so können die Pädagogen dennoch die Entbehrlichkeit
eines Schularztes darthun, indem sie darauf hinweisen — und
in gewisser Beziehung vielleicht mit Recht — , dals bei guten
hygienischen Verhältnissen die Kinder auch ohne medizinisch-
sanitäre Beaufsichtigung gesund sein werden, im entgegen-
gesetzten Falle aber selbst eine solche keinen Nutzen bringen
wird. Unter letzteren Umständen beschränkt sich die Bolle
des Schularztes auf die Behandlung der Kinder in Krankheits-
&llen, an denen mittel- oder unmittelbar die Schule schuld
ist. Damit aber hört derselbe auf, Schularzt zu sein, und wird
einfach Therapeut.
Im allgemeinen bezieht sich bis jetzt die Thätigkeit des
38*
696
Schnlarztes auf die oben genannten Funktionen» und da m.
Teil derselben von jedem tüchtigen Pädagogen ausgeübt werden
kann, ein anderer Teil unter gewissen Umständen gftnzlidi
wegMlt, so ist es sehr begreiflich, dals die Schulyerwaltungen
nicht nur in BuJsland, sondern auch im Westen eifrig gegsn
die schulärztliche Institution ankämpfen, während die Ante
sie vergeblich einzuführen suchen.
Erst in der letzten Zeit lernte man einen Zweig der
Thätigkeit des Schularztes kennen, kraft dessen derselbe for
den Unterricht und die Schüler unumgänglich nötig wird und
durch niemanden ersetzt werden kann. Eß ist dieses die
medizinisch-pädagogische Wirksamkeit desselben.
Man darf nicht vergessen, dafis der Unterricht in unseren
Lehranstalten bis jetzt fast ein rein intellektueller gewesen ist,
d. h. beinahe ausschlieJslich der geistigen Ausbildung des
Schülers gedient hat. Dabei wurde diese Ausbildung als
exklusives Vorrecht der Pädagogen betrachtet und jeder Yer-
sudi von anderer Seite, in dieses Gebiet einzudringen, geradezu
als rechtswidriger Eingriff in fremdes Besitztum abgewiesen.
Diese Ansicht muis jedoch als unrichtig bezeichnet werden.
Aufser der Pädagogik des Geistes gibt es auch noclL
eine Hygiene desselben, die alle Rechte der Existenz be-
sitzt, und es erweist sich sogar, dab die erstere auf die
Principien der letzteren sich gründen, ja dals die geistige
Pädagogik den Weisungen der geistigen Hygiene folgen moft
und desto mehr Erfolg hoffen läist, je mehr sie den An>
forderungen derselben entspricht. . Mit einem Worte, die
Pädagogik des Geistes muIs sich der Hygiene des G^isteB
unterordnen.
Die Wissenschaft hat nun bereits endgültig festgestellt, dals
einem jeden geistigen Vorgange ein. physiologischer Prozeis im
Gehirne entspricht, d. h. dafe die geistige Arbeit Hand in
Hand mit der physiologischen Thätigkeit des Gehirnes geht
Die Einheit der Gehirnteile ist eine unumgängliche Bedingong
fbr die geistige Thätigkeit; hindert oder zerstört man die
anatomisch-physiologischen Beziehungen der Teile zu einanderi
597
80 zerstört man damit auch die geistige Thätigkeit. DarauB
folgt, dais der Pädagog bei der geistigen Erziehung des Kindes
nnonterbroohen die Unyerletzliohkeit der Funktionen des Ge-
hirns im Ange zn behalten hat und dafs er im entgegen-
gesetzten Falle nicht nur dem Körper, sondern auch den
geistigen Fähigkeiten des Kindes Schaden bringen kann.
Zu dem genannten Zwecke aber muls derselbe umfassende
Kenntnisse in der Physiologie besitzen, besonders in derjenigen
des Nervensjrstems, femer in der Psychophysiologie, in der
Hygiene im allgemeinen und der Hygiene des Geistes im
besonderen. Kurz, ein tüchtiger Pädagog muis biologisch
gebildet sein, folglich, da es keine specielle biologische Fakultät
gibt, in der medizinischen Fakultät Vorlesungen gehört haben.
Indessen eine solche Reform dürfte wohl schwerlich in nächster
Zeit durchgeführt werden.
Auf diese Weise leiten uns alle unsere Betrachtungen zu
dem Schlüsse, dafs aulser den Lehrern auch Specialisten für
Schulhygiene in den Lehranstalten anzustellen sind, wenn auch
nicht für alle Gebiete, so doch wenigstens für die Hygiene
des Geistes. Ohne Mithilfe des Schularztes können die Einzel-
heiten des Lehrplanes, sowie die Zeiteinteilung für Beschäf-
tigung, Erholung, Essen und Schlafen weder festgestellt, noch
beau&ichtigt werden, und kein gewissenhafter Pädagog darf
irgend einen Punkt betrefEs der geistigen * Hygiene des Kindes
ohne Herbeiziehung des Schularztes erledigen. Auf solche
Fragen, wie die: Wieviel Minuten dürfen dem Klassen-
nnterrichte in diesem oder jenem Fache gewidmet, wieviel
Unterrichtsstunden überhaupt pro Tag gegeben werden? Wie-
viel Zeit mufs für die Zwischenpausen, wieviel Stunden für
Spiel, Erholung, Schlaf u. s. w. bleiben? Auf welche Weise
sollen die Unterrichtsfächer gemäls dem Alter, den E^räfiien
und Fähigkeiten der Schüler verteilt werden? In welchem
Mafse dürfen die Kinder in einer gewissen Periode ihres
Wachstums und ihrer Entwickelung geistige Beschäftigung
treiben? In welchem Verhältnisse zu der geistigen Arbeit
sollen ihre körperlichen Übungen stehen? Wie soll ihre Nahrung
698
beschaffen sein? unter welchen Umständen sind sie anf gewisse
Zeit von den obligatorischen Arbeiten zu befreien? — auf
alle diese Fragen kann und darf niemand anders antwortm,
als allein der Schularzt.
Wenden wir uns der moralischen Elrziehnng zn. Ist
eine solche ohne Schularzt möglich? Man schlage ein be-
liebiges neueres Werk über sittliche Grebreohen der Jugend
auf, wie z. B. Strümpell, Scholz, J. Koch, Kötzlb, und
man wird finden, dafs der gröfste Teil dieser Gebrechen in
fehlerhafter Körperbesohaffenheit seinen Grund hat, also
einem Gebiete angehört, dessen Pflege ausschließlich dem
Arzte zukommt. Überhaupt überzeugt man sich von Jahr zn
Jahr immer mehr davon, einen wie greisen und heilsamen
Einfluls auf sittlich yerdorbene Kinder eine regelreohtB
hygienische Behandlung des Körpers ausübt. Ohne Zweifel
verspricht die letztere in Zukunft bessere Resultate, als die-
jenigen, welche bis jetzt mit sogenannten moralischen Mab-
regeln erreicht worden sind. Einige Beispiele mögen diee
nfther erläutern.
Ein jeder, welcher mit dem Kampf gegen die gesohleoht^
liehen Verirrungen der Jugend in den Internaten bekannt ist,
wird wissen, wie wenig man in dieser Angelegenheit mit an»-
sohliefslich ethischer Einwirkung, ohne den körperliobsD
Zustand des Kindes von Grund aus umzugestalten, erreidit
Die moralischen Mafsregeln können nur als Hilfsmittel neben
den physischen betrachtet werden, und nur der Arzt ist im
Stande, den Körper im Kampf gegen die geschlechtlichen Ano-
malien zu stählen.
Ein anderes Beispiel. Wie behandelt man Elinder in
Internaten, die an nächtlichem unwillkürlichen Hamen leiden?
Man trennt sie von ihren Kameraden, man bettet sie anf
Bretter, Stroh oder gespannte Leinewand, man gibt ihneB
vor dem Schlafengehen wenig zu essen und zu trinken, man
weckt sie des Nachts, man ermahnt, man bedroht, man scblfigt
sie sogar zuweilen und nennt dieses pädagogische Malsregeln,
obgleich dieselben eigentlich der Inquisition angehören.
599
Was ist da vielmehr zu thun? Vor allem mnfs das
Kind Yollkommen hygienisch behandelt werden. Es muJb
bessere Nahrang erhalten, mehr Milch, Eier, Fleisch. Es mufs
öfters an die frische Lnft kommen, tind zwar stundenlang.
Man muls es an körperliche Übungen gewöhnen und ihm
dieselben in Formen bieten, welche sie ihm angenehm machen,
wie gewisse Spiele, Rudern, Schwimmen, Schlittschuhlaufen u. s.w.
Femer mufs für Tollkommene Sauberkeit des Körpers gesorgt
werden und das Kind täglich allgemeine kühle Bäder und
örtliche kalte Abwaschungen erhalten. Kurz, Nerven und
Muskeln desselben müssen gestählt werden, und wenn alles
das nicht hilft, so hat man sich an den Arzt zu wenden,
welcher stärkende und kräftigende Mittel, oder — und wohl
mit gröfstem Erfolge — Elektricität in lokaler Anwendung
gebrauchen wird. Weshalb aber thut man dieses alles nicht?
Erstens deshalb, weil man an die Wirkung solcher Mafsregeln
nicht glaubt und nur zu einer Behandlnng Zutrauen hat,
welche moralisch auf den Kranken einzuwirken sucht. Zweitens
aber deshalb, weil eine hygienische Behandlung in der Praxis
schwer durchzuführen ist, namentlich dann, wenn die Geld«
mittel fehlen, um eine specielle Pflege des Kranken ein-
zarichten. Der Arzt wird gewöhnlich gar nicht konsultiert,
und wenn solches geschieht, so nur mit der Absicht, das
Bezept für ein Medikament zu erhalten, das specifisch gegen
die betreffende Krankheit wirken soll, das aber in Wirklichkeit
gar nicht existiert.
Bin drittes Beispiel. Der Vater eines Schülers ist psycho-
•
pathisch, die Mutter neurasthenisch. Der Jüngling weist alle
Merkmale moralischer Haltlosigkeit auf und beunruhigt fort-
während seine Umgebung. Er wird auf alle mögliche Weise
bestraft, indessen die Strafen haben keinen Einflufs auf ihn.
In einem Zomparoxysmus, der durch eine harte Äufserung
seines Lehrers herrorgerufen wurde, macht er einen Selbstmord-
versuch. Da endlich reifst die Greduld der Erzieher, und er
wird aus der Anstalt entfernt.
Wie ist es aber möglich, dafs dieser Jüngling ohne Rat
600
und Hilfe eines Psyoliiaters oder Neuropathologen erzogen
wnrde, dais man ihn ohne specielle Untersuchung seineB
psychischen Zustandes bestrafte und endlich ausschlolis? Sehr
einfach deshalb, weil es niemandem einfällt, dafe in solchen
Fällen der Arzt am Platze ist. Ist das Kind in die Anstalt
eingetreten, so ist es verpflichtet, alle Vorschriften der Schul-
ordnung zu befolgen, und mufs für jede Übertretung einer Strafe
gewärtig sein. Der Pädagog ist weder willens, noch im stände,
zu beurteilen, wieweit die Handlungen des Schülers auf patho-
logische Momente zurückzuführen sind. Seine Taktik ist höchst
einfach: es ist eine unerlaubte That vollführt worden, und so
untersucht er nur, unter welchen Paragraphen der Schulordnung
dieselbe fällt. Da nun Ungesetzlichkeit sich sowohl bei einem
geistig gesunden als auch bei einem psycliopathischen Schüler
zeigen kann und die Pädagogen traditionellerweise vielfach daran
gewöhnt sind, die Schulkinder jeder nur erdenklichen Unart
fähig zu halten, so ist es leicht zu erklären, dafa bei der
ersten besten unmoralischen Handlung eines Schülers der
Lehrer das volle Recht zu haben glaubt, nur die richtige An-
wendung dieser oder jener Bestimmung der Schulordnung im
Auge zu behalten.
Einzig und allein der ärztliche Specialist vermag, indem
er alle Merkmale eines anormalen Zustandes zusammenhält
und den Kranken systematisch beobachtet, die wahre Natur
des Jünglings zu erweisen. Die Ergebnisse der neusten For
schungen über Psychopathien, Neuropathien, psychopathisohe
Minderwertigkeiten u. dergl. sind selbst den nicht psychiatrisch
gebildeten Ärzten in der Regel, unbekannt. Wie kann man
dann fordern, daJB sie den Pädagogen vertraut und verstand-
lieh sein sollen? So sehen wir, dals infolge vollkommenen
Mangels an Sachkenntnis bei den Beteiligten die Zahl der Fälle,
in denen wir geistige und moralische Anomalien der Schul-
jugend beobachten, sich von Jahr zu Jahr vermehrt. Bei den
Pädagogen erregt dies Bedenken, und dennoch ruft man den
Beistand der Ärzte nicht an, die ungerechterweise ihres Anteils an
einer rationellen Erziehung der Jugend beraubt worden sind.
601
Auf unsere Ausführangen könnte , man erwidern, wir
wünschten also, daß der Schularzt Psychiater, Neuropathologe
und Hygieniker sei. Ja wir sind der Meinung, dals derselbe
mit den Principien dieser Wissenscliaften vertraut sein muis
und dals, wenn. er auch nicht alle Einzelheiten auf dem ge-
nannten Grebiete beherrscht, er doch wenigstens zu beurteilen
im stände sein soll, bei welchen Anomalien der Schuljugend
ein Psychiater von Fach zu Rate zu ziehen ist.
Hat man dem Schularzte seine Stellung als Specialist für
geistige und moralische Hygiene zuerkannt, so wäre es natür-
lich angemessen, ihm gleichzeitig auch die Pflichten eines
Specialisten für körperliche Hygiene der Schuljugend auf-
zuerlegen. Der Pädagog kann noch so genau mit den For-
derungen der Gesundheitspflege vertraut sein, so wird doch
die sanitäre Wirksamkeit eines Arztes, der gründliche bio-
logische Kenntnisse besitzt, fruchtbringender sein. Wie der
Arzt der rein pädagogischen Seite des Schulwesens fem bleiben
soll, so darf sich auch der Pädagog nicht in ärztliche Fragen
mischen. Das ist eine Forderung, die für den Erfolg der
ganzen Erziehung von grofser Wichtigkeit ist.
Nur durch Mangel an Geldmitteln ist die Langsamkeit,
mit welcher die Reform des Schulwesens in der angedeuteten
Richtung vor sich geht, zu erklären und zu entschuldigen.
Die Schaffung der Stelle eines Schularztes in unserem Sinne
ist für die Schulverwaltung der leichteste und billigste Aus-
weg aus der anormalen Lage, in welcher das Schulwesen sich
zur Zeit befindet. So gut man für die Ausbildung tüchtiger
Pädagogen Sorge trägt, so gut sollte man die Dienste von
Schulärzten in Anspruch nehmen und sie gemeinschaftlich mit
den Repräsentanten des Schulfaches an der Erziehung und
Bildung der Jugend arbeiten lassen.
Zu dieser Überzeugung kommt man bereits allmählich
im Westen, wo hier und da in pädagogischen Kommissionen
und auf Schulkonferenzen Ärzte mit Stimmrecht und der Voll-
macht auftreten, alles geltend zu machen, was sie vom Stand-
punkte ihrer Wissenschaft zum Nutzen der Schuljugend bei-
602
tragen können. Die Beteiligung des Dr. Kkr8CHENSTEIKBR an
dem pädagogischen Conseil für die Reform der Mittelschulen
in Bayern, die Anwesenheit der Professoren Hblmholtz und
YiBGHOW anf der Berliner Schalkonferenz des Jahres 1890,
der Anteil des Professors Axbl Kbt an den Arbeiten der
medizinisch-pädagogischen Kommission in Stockholm dienen
als Beispiele daftir, daüs man die Überzeagung gewinnt, wie
unentbehrlich ärztliches Wissen bei Lösung der wichtigsten
Fragen der modernen Pädagogik ist.
Es bleibt also nur zu wünschen übrig, dais die schwachen
Anftnge dieser Erkenntnis sich unter den Pädf^gen mehr
und mehr verbreiten und mit der Zeit zu der festen Über-
zeugung führen, deren Resultat nicht nur das ersehnte Institat
der Schulärzte, sondern auch die längst erwartete Schulreform
sein wird.
Zur rationellen Ansnatzung der ünterrichtspausen
in den Schulen.
Von
Dr. phil. E!£ES£BIT£B,
Oberlehrer an der 4. BeaUchale zu Berlin.
Ein in Nummer 12 des V. Jahrganges der ZeitsArip
für Schulgesundheitspflege mitgeteilter Au&atz von HIkonbov-
Hansen, den Professor Dr. Bubgebsteik durch seine dankens-
werte Übersetzung zugänglicher gemacht hat, bringt eine MeDge
Material über die Ünterrichtspausen und macht für deren An-
ordnung durchaus zu billigende Vorschläge, bespricht dagegen
die Ausnutzung der Pausen nur auf knapp zwei Seiten. Letzterer
Punkt ist indessen, da Pausen ja fast überall vorhanden sind,
ihre Bedeutung aber viel zu wenig gewürdigt wird, ebenso
wichtig, verdient daher näher beleuchtet zu werden.
Im Sommer ist es wohl an den meisten Schulen Sitte,
609
dafe alle Schüler die Zwischenpatise in freier Luft verbringen.
Dagegen wird während der ungünstigen Jahreszeit in den
EVeiviertelstnnden schwer gegen die Gesundheit der Kinder
gesündigt. Nachdem der Lehrer die Klasse verlassen hat,
bleiben die Schüler in derselben meist sich selbst überlasseh,
bis der Inspizient kommt. Inzwischen ist aber vielleicht schon
der Staub, der sich bei der häufig ungenügenden Reinigung
der Klassen angesammelt hat, durch das Hin- und Herlaufen
der Schüler aufgewirbelt worden. Der Inspizient beiiehlt nun
der Ordnung wegen : Ein jeder, der nicht hinuntergeht, hat in der
Pause auf seinem Platze zu bleiben. Dies widerspricht aber
vollständig dem Zweck der Respirien, ^die durch das Sitzen
ermüdeten Muskelgruppen wieder zu bethätigen und den Unter-
leib von der Pressung zu befreien, welche der Oberkörper bei
sitzender Haltung auf ihn ausgeübt hat^.
Auch für die Luftemeuerung in der Klasse wird unter
diesen Verhältnissen wenig oder nichts gethan, da die Thür
offen bleiben mufs und nicht gleichzeitig die Fenster geöffnet
werden können. Die Folge davon ist, dafs Lehrer und Lernende
während der nächsten Stunde verbrauchte Luft atmen.
Wichtiger als alle Verfügungen über die Länge der Pausen
erscheint daher die rationelle Ausnutzung derselben. Eine
solche kann nur eintreten, wenn jeder Lehrer am Schlufs
der Stunde, bevor er hinausgeht, dafür sorgt, dafs
erstens sämtliche Schüler die Klasse verlassen und
zweitens die Fenster geöffnet werden.
Letzteres ist durchaus nötig, da in den Klassen meisten-
teils noch keine saugenden Ventilationsvorrichtungen angebracht
sind, die bei 50 oder mehr Schülern die Luft während der
Unterrichtsstunden genügend erneuern, ohne dafs Zug entsteht.
Baurat Haesbkb sagt in seinem Buch^: Die SchtUfieijnmg, ihre
Mängel und deren Beseitigung: „Die beste Lüftung bleibt noch
immer die durch Öffnen der Fenster. Mit dem Schlieisen der-
selben braucht man nicht zu ängstlich zu sein, da die Tempe-
ratur, auch wenn sie etwas stark gesunken ist, in der Stunde
nur zu schnell wieder sieigt.''
604
Aallserdem sollte jedes Fenster oben eine Lüftonga-
klappe haben. Die letzteren müssen auf alle Fenster yerteilt
sein, da eine einzige Klappe so stark wirkt, daCs der Zug
auf bestimmten Plätzen Iftstig empfanden wird, was gewöhnlioli
yeranlaCst, daCs dieselbe einfach geschlossen wird nnd somit die
Klasse ohne Lüftung bleibt.
Besonders empfiehlt es sich, Glasjalousien in den Fenstern
anzubringen oder die oberen Scheiben nach unten drehbar zu
befestigen, so dafs dieselben mittelst Kette mehr oder weniger
weit geöffnet werden können. Letzteres wird auch durch eine
Vorrichtung erzielt, bei der die Fenster seitwärts drehbar ein-
gesetzt sind. Auf jeden Fall aber müssen die Fensterflügel in
der offenen Stellung zu befestigen sein, denn sonst kann man
sie häufig nicht aufmachen, weil sie vom Winde fortwährend
auf- und zugeklappt werden.
Trotz aller Ventilationsklappen jedoch lälst sich eine voll-
ständige Lufterneuerung erst in der Pause vornehmen. Ea
muis daher durchaus die Ansicht durchdringen, da(s die
Pausen ebensosehr zur Lüftung der Klassen, wie
zur Erholung der Schüler und Lehrer da sind. Zn
Anfang jedes Respiriums haben alle Kinder, wie bereits
bemerkt, die Klasse zu verlassen.
Diejenigen, welche krankheitshalber nicht auf den Hof
gehen dürfen, werden, solange in den Schulen kein besonderes
Zimmer vorhanden ist, in welchem sie die Freiviertelstunden
zubringen können, von einem Lehrer am zweckmälsigsten in der
Aula vereinigt, wenn diese nicht etwa als Gresangssaal dient
Im letzteren Falle bleibt nichts anderes übrig, als sie in eine
Klasse zu schicken, deren Inhaber in der nächsten Stunde znm
Singen, Turnen, physikalischen oder chemischen Unterricht
gehen, so dsSs die Lüftung dieses Klassenzimmers während der
nächsten Stunde erfolgen kann. Haben erst die Schulen ein
besonderes Zimmer, in dem die unpäßlichen Schüler eich
während der Pausen aufhalten können, so wird ein Lehrer die
Au&icht übernehmen, die Schüler werden hier still sitzen müssen
und deshalb vorziehen, sich auf dem Hofe frei zu tummeln.
605
Die gesunden Schüler sind zn jeder Jahres^it anzuhalten,
am Schlu£s der Stunde hinunterzugehen. Natürlich dürfen sie
ihre Überzieher anziehen, sich auf dem Hofe Bewegung machen,
und bei ungünstiger Witterung kann ihnen auch erlaubt werden,
in die Klassen zurückzukehren. Schon die Unterbrechung der
sitzenden Haltung nämlich wirkt wohlthätig. Gegen das häufige
Hinunter- und Hinauflaufen darf nach meiner Ansicht der
Verbrauch von Muskelkraft beim Treppensteigen, der dreizehn-
mal gröiser ist als auf ebener Erde, nicht angeführt werden,
da malBvoUe Bethätigung der Maskulatur für Kinder immer
zuträglich ist. Betont man aber die Staubaufwirbelung auf
Flur und Treppen, so liegt es doch näher, den Staub zu be-
seitigen. Damit dies oft genug zu geschehen vermag, würde es
sich empfehlen, die Korridore als etwas geneigte £benen anzulegen
und bis zur Höhe der Scheuerleisten mit Oement auszugiefsen, so
data der Schuldiener mittelst Schlauches, den er an die Wasser-
leitung schraubt, Schmutz und Staub, so oft es nötig ist, weg-
spritzen kann. Die Neigung des Bodens müfste derartig
hergestellt werden, dals zum Abfliefsen des unreinen Wassers
die Abzugsröhren der Wasserleitung auf den Fluren dienten.
So gereinigt, können die Korridore an sehr kalten oder windigen
Tagen auch den Schülern während der Pausen als Aufenthalts-
ort dienen, bis die Klassen hinreichend gelüftet sind.
Um aber an den vielen Regentagen, wo die Luft, weil
staubfrei, um so gesunder ist, den Schülern den Aufenthalt
im Freien zu ermöglichen, sollte rings um jeden Schulhof ein
gedeckter Rundgang zum Spazierengehen angelegt werden.
Dieser würde an heifsen Sommertagen auch Schutz gegen die
Sonne bieten und aufserdem es möglich machen, die Turnhalle,
falls sie vom Schulhause getrennt ist, bei Schmutzwetter
trockenen Fuises zu erreichen, so dafs die Turner den Sand
des Hofes nicht an den Schuhen mit in die Halle schleppen.
Femer muls auf die Anlage und Instandhaltung
des Hofes grö&ere Sorgfalt verwandt werden. Schon bei
der Wahl des Platzes für eine neue Schule ist darauf Rücksicht
zu nehmen, dais die umgebende Luft und also auch diejenige
606
des SchulhofoB nioht duroh SohomBteine benaohbarter Fabriken
oder Brennerei^i mit Rufs, Rauch und schftdliohen Gasen erMt
wird. Ebenso hat man auf ruhige Lage zu sehen, damit an
günstigen Tagen bei offenen Fenstern unterrichtet werden kann.
Zweitens mulis der Hof grofs genug sein, um den jüngeren
Schülern als Spielplatz, den älteren, die am Spiel keine Freude
mehr haben, als Promenade zu dienen. Für letztere wird sich
noch mehr der Rundgang empfehlen, denn wir müssen die
Spielenden absondern, um ihnen auf dem Spielplatze das
Laufen gestatten zu können. Ist letzterer nur klein, so mag
er den einzelnen Klassen für bestimmte Pausen abwechselnd
reserviert werden.
Auf dem Hofe ist weiter für guten Baumschatten za
sorgen. Bei neuen Schulen sollten daher von yomherein etwas
gröGsere Bäume angepflanzt werden. Die Schüler können weder
während der Pause, noch beim Turnen auf dem Hofe geneia-
tionenlang, bis die Bäume grols und belaubt sind, den
Schatten entbehren.
Wichtig ist auch, die Kiesschüttung auf dem Hofe hin-
reichend oft; zu erneuern.
An trockenen, windigen und heilsen Tagen endlich müh
der Hof vor jeder Pause mit Wasser besprengt werden, damit
der Aufenthalt daselbst erfrischend wirkt. Der Schuldiener
darf diese Mühe nicht scheuen.
AuJberdem verdient aber noch ein anderer letzter Punkt
Beachtung. Während der unterrichtsfreien Zeit, also nach
Schluls der Schulstunden, müssen sämtliche Fenster und Thüiea
offen stehen, damit der Durchzug die verbrauchte Schulluft ent-
ferne. Zugleich sind die Vorhänge zurück-, die Rouleaux in die
Höhe zu ziehen, so dafs das Sonnenlicht mit seiner desinfizierenden
Ejraft hereindringen kann. Der Heizer darf im Winter nicht
blols ängstlich besorgt sein, die Wärme zusammenzuhalten;
er mufs lernen, daCs wir nioht allein Wärme, sondern vor allem
auch gute, frische Luft nötig haben. Nur so ist es möglich,
die mit dem Schulleben verbundenen Schädlichkeiten wenigstenB
zum Teile herabzumindern.
607
Zum Schlosse sei es mir gestattet, meine Ansfülmmgen
in folgende Thesen zusammenzufassen:
L Bei der Anlage von Schulen sollte darauf Büoksicht
genommen werden, dais folgendes vorhanden ist:
1. ein grofser, schattiger, mit Eäes beschütteter, von
einem bedeckten Rundgang umgebener Hof;
2. geräumige, cementierte, etwas geneigte Flure, die
durch Absprengen leicht zu reinigen sind;
3. eine Ventilationsvorrichtung in jedem oberen Fenster;
4. falls die Aula als Oesangssaal dient, ein besonderes
Zimmer, wo erkältete oder sonst nnpäfsliche Schüler
die Pause zubringen können.
IL Seitens der Verwaltung der Schulen ist darauf zu
halten, dais
1. die Lehrer am Schlufs jeder Stunde, bevor sie die
Klasse verlassen, alle Schüler hiuausschicken und die
Fenster öffnen lassen;
2. die Schuldiener und Heizer für Luftemeuerung
während der unterrichtsfreien Zeit sorgen.
^UB Derfammlttngen itnb ^tttxntn.
Bericht ttber die Tbätigkeit der sctaulhygienischen
Sektion des VIII. internationalen EongreBses fttr Hygiene
nnd Demographie in Budapest.
Von
Dr. med. Heinbich Schuschny,
Schularzt und Professor der Hygiene in Budapest.
Von den 26 Sektionen des Kongresses haben wenige eine
80 rege Tbätigkeit entfaltet, wie die sohnlhygienische. Anoh
der Besnch derselben war ein yerbältnismäTsig starker; es
fanden Sitzungen statt, an denen nngef&br 70 Mitglieder teil-
nahmen. Freilich lichteten sich gegen Mittag — die Versamm-
608
langen nahmen stets um 9 Uhr vonnittags ihren An&ng — die
Reihen, nnd die Zahl der Znhörer schrumpfte nm 2 Uhr nach-
mittags manchmal auf 10 zusammen.
I.
Die erste Sitzung wurde am 3. September von dem
UniversitätsprofBSSor Dr. Julius DoLUNGsa-Budapeet eröfihet,
der in einem lichtvollen Vortrage die Ziele der Schulhygiene
darlegte.
Darauf sprach Staatssekretär a. D. Dr. AiiBEBT von
BEBZETiczY-Budapest y,über die körperliche Erziehung*^,
indem er der bisherigen Bestrebungen auf diesem Gebiete ge-
dachte. Redner entwarf ein ganzes Programm der physischen
Ausbildung, in welchem er den Jugendspielen den ersten
Platz einräumte.
Professor Dr. Leo BuBaEBSXEiN-Wien behandelte dasselbe
Thema. Er wünschte, dais die Schule die körperliche Er-
ziehung der Jugend ebenso fördere, wie sie die zwangsweise
geistige Erziehung des Volkes besorge ; auf diese Weise würden die
Vorteile einer gesunden physischen Ausbildung auch später
dem Volke erhalten bleiben.
Dh Francis WABNBB-London berichtete im Auftrage des
vom VH. internationalen hygienischen Kongresse berufenen
Komitees über die Resultate der an 50000 Schulkindern an-
gestellten ärztlichen Untersuchungen^.
Schularzt Dr. Julius BlKÖczY-Raab sprach über „die
Methodik des Schulturnens und der Jugendspiele*.
Der Turnunterricht entspreche weder den Ansprüchen der
Jugend noch denen der Hygiene. Die Jugendspiele sollten
in den Vordergrund treten, die gröfseren Ferien während des
Schuljahres zu militärischen Übungen ausgenutzt werden.
Zuletzt erörterte Professor Paul Guttenbebo- Budapest»
der bekannte ungarische Vorkämpfer des Slöjd, ^Die hygie-
nische Bedeutung der Knabenhandarbeiten und das
MiKKELSENsche Slöjdsystem^.
* Vergl. diese Zeitschrift, 1894, No. 10, S. 574-675. D. Eed.
609
n.
Die zweite Sitzung wurde mit einem Vortrage Dr.
Ludwig Kotelmanns eröffnet, der „über Reformbestre-
bungen auf dem Gebiete des Schulwesens^ sprach.
Redner erkennt die zahlreichen Verbesserungen auf diesem Ge-
biete an, die in den letzten Jahren in Deutschland eingeführt
seien, trotzdem aber gebe es noch verschiedene Punkte, die
Berücksichtigung verdienten. Die wöchentliche Unterrichtszeit
in dem ersten Schuljahre der Volksschule dürfe 18 und für
jedes folgende Jahr 2 weitere Stunden nicht überschreiten,
bis das Maximum von 30 Stunden erreicht sei; dabei müfsten
jedoch von jeder Schulstunde 15 Minuten für die Pause ab-
gezogen werden. In den höheren Töchterschulen seien die
Prüfungen zu vereinfachen, da diese leicht Überbürdung
verursachten. Beim Unterrichte in den Gymnasien und Real-
gymnasien solle man die Anschauung mehr zu Hilfe nehmen
und zu diesem Zwecke archäologische, historische und geo-
graphische Sammlungen anlegen.
Über dasselbe Thema sprach Professor Dr. Htacinth Kubobn
aus LüttichSeraing mit besonderer Berücksichtigung Belgiens.
Er erwähnte unter anderem jene Schritte, welche im sanitären
Interesse der Schuljugend seitens der Verwaltung oder ver-
schiedener Vereine gethan worden seien. Es würden ärmere
Schüler mit Kleidern beschenkt, es beständen Ferienkolonien
und Schulbäder, jüngere Kinder erhielten in der Schule zu
essen. Au&erdem gebe es Gratisverteilung von Medikamenten
(Eisenpräparate, Leberthran, Chinin u. s. w.), sowie Behandlung
skrofulöser und rhachitischer Kinder in Seehospizen. Schliefslich
wünschte der Vortragende neben der pädagogischen Beaufsich-
tigung der Schüler auch eine hygienische.
Primararzt Dr. Wladimir Stchepotiew aus Konstantinopel
behandelte „die Reformen, deren das heutige Unterrichts-
system bedürfe**.
Hierauf folgte der Vortrag des Rev. 0. Gillespie-
Colchester „Die Anforderungen der Gesundheits-
wissenschaft an Religionslehrer" und weiter derjenige
BetanlffMaadheitspflege VII . 39
610
Dr. Maximilian BBESGENS-Frankfart a. M. ,Über die ür-
sachen des nervösen Kopfsohmerzes der Sohüler".
ni.
Die dritte Sitzung begann mit einem Vortrage Ton
Professor Dr. F. Esismann aus Moskau, dessen Gegeufitand
„Die künstliche Beleuchtung der Sohulzimmer'
bildete. Redner führte aus, dafs bei direkter Beleuchtung der
Lehrsäle eine gleichmälsige Verteilung des Lichtes auf den
einzelnen Plätzen und eine Vermeidung störender Schatten
unmöglich sei. Selbst bei Abwesenheit der Schüler ist die
Helligkeitsdiffereuz der verschiedenen Plätze schon bedeutend.
In Anwesenheit derselben aber wird durch die beim Schreiben
eDistehenden Schatten ein sehr beträchtlicher Lichtverlnst
hervorgerufen. Bei der indirekten Beleuchtung dagegen Ifilst
sich eine annähernd gleichmäfsige Verteilung des Lichtes auf
den einzelnen Plätzen leicht erreichen. Der beim Schreiben
durch den Schatten des vornüber gebeugten Körpers entstehende
Lichtverlust ist verhältnismäfsig gering, der Schatten selbst nicht
scharf begrenzt und nicht störend. Vortragender gelangte zu dem
Schlüsse, dafs ceteris paribus die indirekte Beleuchtung der Schnl-
zimmer der direkten in hygienischer Beziehung vorzuziehen sei.
Sodann trägt diplomierter Architekt Kakl Hint&ager ans
Wien „Über das moderne Volksschulhaus" vor. Er
wünscht, dafs für die Landgemeinden Musterpläne ein- und
mehrklassiger Volksschulbauten herausgegeben werden. Die
Zahl der Lehrzimmer eines ächulhauses soll 20, die Zahl der
Geschosse in Städten 3, auf dem Lande 2 nicht übersteigen.
Das Schülermaximum einer Klasse betrage 50. Redner befür-
wortet ferner die Bestimmung von MinimalmaCsen für die Grofse
der Lehrzimmer und Korridore, die Anlage von Wartelokalen
in der Nähe der Eingänge, von Kleiderablagen, Wascheinricb-
tungen und Baderäumen.
Dr. R. RiGNiEB-Paris beschäftigte sich in seinem Vortrage
mit den „sanitären Einrichtungen der grofsen Pariser
Lyceen^. Er bedauert, daüs die älteren Schulgebäude vom
611
liygieDischen Standpunkte vieles zn wünschen übrig lassen,
die neueren Gebäude hingegen entsprechen schon den An-
forderungen. Seine Wünsche formuliert er folgendermafsen :
Es sollen nur so viel Schüler aufgenommen werden, als Platz
Torhanden ist. Man lasse dieselben in vorher von anderen
Zöglingen benutzte Zimmer nur nach einviertelstündiger Lüftung
eintreten. Das Maximum der Arbeitsdauer betrage bei grö&eren
Schülern 10, bei mittleren und kleineren 6 — 8 Stunden;
Vt Stunde diene für Toilette, 2 Stunden für körperliche Übungen,
3 Stunden für Spiele und Spaziergänge. Für die Kranken-
stuben wünscht Redner einen Fufsboden, der leicht gewaschen
nnd desinfiziert werden kann.
Daran schlois sich ein Vortrag des Professors Dr. Hebmann
CoHN-Breslau „Über Fenstervorhänge in Schulen". Der
GFenannte berichtete über seine Untersuchungen, die er bezüglich
des Tageslichtdurchganges durch Fenstervorhänge angestellt hatte.
Eine interessante Tabelle gab über den Lichtverlust, den die
verschiedenen Stoffe erzeugen, Aufschlufs.
Sodann folgten die Vorträge und Demonstrationen des
Direktors Emanuel Batb aus Wien, des üniversitätsprofessors
Oh. Gtibabd aus Bern, des Augenarztes Dr. Paul Schubert
aus Nürnberg und des Bürgerschulprofessors B^la KIbpIti
aus Budapest. Dieselben bezogen sich auf die Steilschrift.
Von den Vortragenden wurde folgende These gemeinsam auf-
gestellt: Die gerade Mitten läge des Heftes mit senkrechter
Schrift bewirkt eine wesentlich bessere Körperhaltung, als die
schräge Mittenlage und die gerade oder schräge Rechtslage
mit Schrägschrift. Es ist daher dringend wünschenswert, die
gerade Mittenlage mit senkrechter Schrift obligatorisch in die
Schulen einzuführen.
Nach der Demonstration, bei welcher unge&hr 25 Schüler
teils Schräg-, teils Steilschrift schrieben, folgte noch die Vor-
führung derjenigen Kinder, welche in diesem Jahre die Wohl-
that des Budapester Ferialkolonienvereines genossen
hatten. Der Verein, der seit dem Jahre 1881 besteht, hat
heuer 647 Knaben und Mädchen mit einem Kostenaufwande
39»
612
von 12000 fl. ö. W. in Ferienkolonien entsendet. Die Daiuir
des Anfenthaltes variierte zwischen 4 nnd 6 Wochen.
Die Vorträge wurden mit einem Berichte Dr. Heino
GoEPELS-Frankfart a. O. „Über den dauernden Nutzen
der Ferienkolonien^ geschlossen. Vermittelst graphisoher
Darstellung der Gewichtsbewegung suchte derselbe nachzuweisen,
dafs bei einer Anzahl Ferienkolonisten die Entwiokelung eine
nachhaltige Anregung erhält, selbst in den Jahren des Ton
Aytüt. Key festgestellten relativen Stillstandes derselben. Vom
klinischen Gesichtspunkte aus war der Einfluls auf Ejftfitignng
der Atmung und Heilung von Spitzenkatarrhen am meisten
in die Augen fieillend.
Am Nachmittage fand sich ein Teil der Mitglieder der
schulhygienischen Sektion im Protestantischen Waisenhause ein,
um die dortige Slöjdwerkstätte kennen zu lernen. ProfesBor
Paul Gtjttenbebg, der dieselbe seit 2 Jahren leitet, war der
Führer und diente nebst Axel Mikkelsen aus Kopenhagen
mit Aufklärungen.
Eine noch gröfsere Anzahl von Mitgliedern besichtigte
unter Führung Professor Leo Bubgebsteins in der Siaat»-
oberrealschule des V. Bezirkes die von den dortigen Schülern
geübten Jugendspiele. Die Herren wurden vom Direktor der
Anstalt, Oberstudiendirektor Kabl Hofeb, xmd dem Sehnl-
arzte Dr. Sghüschny empfangen und in den grofsen Hof der
Anstalt geführt. Bald darauf begannen die Knaben in gröÜBeren
und kleineren Abteilungen verschiedene Spiele zu spielen, wobei
die Gewandtheit und Sicherheit, sowie das lebhafte Temperament
der Spieler den besten Eindruck auf die Zuschauer machten.
Professor Dr. Bübgebstein verfehlte nicht, im Namen der
Sektion dem Tumprofessor der Schule Dr. Joseph von Otto
seine Anerkennung auszusprechen, und wandte sich dann an
die Schüler, um diese aufzufordern, nicht nur in der Jngend
zu spielen, sondern auch, wenn sie die Schule verlassen hfitten,
den Jugendspielen treu zu bleiben. Hierauf wurde das SchvI-
gebäude, eines der schönsten Budapests, eingehend besichtigt.
(Fortsetzung in No. 12.)
613
ie Schulhygiene.
Vortrag,
gellalten anf dem V. deutsch-osterreichiBchen Mittelscbolta ge in Wien
Von
Professor Dr. phil. Gustav Hbröbl,
Oymnasialdirektor in Aussig.
(Fortsetznng.)
Rechts vom Eingange treten wir in das Direktoratszimmer,
wo wir dem Direktor der Anstalt vorgestellt werden, einem
rüstigen Manne von blühendem Aussehen, frischer Gesichts-
farbe nnd klar blickenden Angen, ans denen Milde nnd Lebens-
frende lenchtet. Der Händedruck, mit dem wir begrüfst werden,
läfst uns ahnen, daJs dieser Schulmann nicht blofs mit der
Feder zu arbeiten pflegt. Erwartungsvoll vertrauen wir uns
seiner freundlichen Führung an und folgen mit Interesse seinen
lichtvollen Auseinandersetzungen über die Gesichtspunkte, welche
bei der Aufführung des Gebäudes mafsgebend waren. „Sehen
Sie,'' so schliefst er seinen kleinen meisterhaften Vortrag mit
wohltönender, kräftiger Stimme, „endlich sind wir Gott sei
Dank soweit, dalSs wir nicht nur Gefangen- und Strafanstalten,
Irren- und Krankenhäuser haben, welche vom hygienischen
Standpunkte aus als Mustergebäude gelten können, sondern
da6 auch einmal die Schulen an die Reihe kommen. Freilich
ist die Aufführung solcher Gebäude ihrer grolsen Zahl wegen
mit bedeutenderen Kosten verbunden, aber handelt es sich
denn hier nicht um das Wohl und Wehe des gesamten Volkes,
um die Zukunft unseres Staates, um die Erziehtmg eines an
Leib und Seele kräftigen Geschlechtes? Ja, schliefst der
Schulzwang nicht überhaupt die Verpflichtung für den Staat
ein, für gesunde Schulgebäude zu sorgen, um so mehr, als
614
gerade das jugendliche Alter für krankmaohende Einflüsse am
empfänglichsten ist?^
Damit sind wir in dem ersten sehenswerten Ranme des
Parterres im linken Teile des Gebäudes, das aus einem Mittel-
trakt und zwei parallel sich hinziehenden Hofflligeln besteht,
angekommen, in einer der Garderoben. Hier müssen die
Schüler ihre Oberkleider, Mützen, Hüte und Schirme ablegen,
sei es, dals sie zum unterrichte oder zum Turnen, zum Baden
oder zum Spielen in die Anstalt kommen; die, welche Tom
weiten Schulwege nasse Füise bekommen haben, müssen hier
auch ihr Schuhwerk wechseln, indem sie für die Dauer ihres
Aufenthaltes in der Anstalt ihre Turnschuhe anziehen. Selbst-
yerständlich ist an dieser Stelle auch für eine Wasch toilette
gesorgt, da ja das ganze Gebäude mit einer trefflichen Wasser-
leitung versehen ist, welche zugleich die Schulbäder imd
mehrere Hydranten in verschiedenen Teilen des Gebäudes mit
gutem Wasser speist. Von der Elleiderablage gelangt man rechte
in den geräumigen Turnsaal, welchem sich noch ein luftig«
Spiels aal anreiht. In ersterem ist der Boden aus folgender
Mischung hergestellt: 3 Kubikmeter Sägespäne von weichem
Fichtenholz, 0,5 Kubikmeter feiner Fluis-, sogenannter Schwemm-
sand, 25 Kilogramm rohes Viehsalz. Die Verbindung mit Sand
verleiht den Sägespänen eine gewisse Schwere, während die
hygroskopische Eigenschaft des Salzes denselben Feuchtigkeit
gibt und Ungeziefer fernhält.
Links von der Schülergarderobe schlieist sich die vom Vestibfil
aus zugängliche Garderobe der Lehrer an, aus welcher man in
das Konferenzzimmer und in das Zimmer für die Lehrer-
bibliothek gelangt. Indem wir in derselben ein wenig
Umschau halten, finden wir alte Bekannte, die Werke Yon
BAaiNSKY, EüLENB£Ba-BAGH, Rehbold, Flügqe, Uffelmask,
Axel Key, Büboebstein, Janke, Bighteb. Wir begegnen femer
einzelnen Specialarbeiten, so von Cohn, Bbesoen, Gützmaiih,
und aufser der Zeitschrift für SchtUgesundheüspflege von KoxEir
MANN-Hamburg noch mehreren anderen Zeitschriften fbr Hygiene.
Auch die bedeutendsten Werke über das Turnen, über die
615
Jngendspiele n. dergl. sind hier aufgestellt. Doch nicht nnr
das, sie werden, wie uns versichert wird, auch eifrig gelesen,
da sämtliche Lehrer, welche an der Anstalt wirken, nicht nnr
theoretischen Unterricht in der Schulhygiene während
ihrer Yorhereitungszeit zum Lehrerexamen genossen haben,
sondern auch so weit die körperlichen Übungen pflegen^
dais ein jeder seine Klasse im Turnen zu unterrichten
vermag. Das Literesse fdr dieses so bedeutungsvolle Gebiet
der modernen Pädagogik geht so weit, dais die einzelnen
Lehrer eine der verschiedenen Zeitschriften für Schulhygiene,
Turnen, Jugendspiele aus ihren Privatmitteln sich halten und
dann dieselbe in die Lehrerbibliothek einreihen.
Doch die Kürze der Zeit drängt, und wir betreten daher
rasch ein Klassenzimmer. Kerzengrade schnellen die rot-
wangigen jugendlichen Gestalten, deren Blick weder Abspannung
noch Teilnahmlosigkeit verrät, empor; ihre Zahl beträgt un-
gefähr 40. Während im Unterrichte fortgefahren wird, wenden
wir unsere Aufmerksamkeit der Einrichtung des Klassenzimmers
zu. Da sitzen die Schüler in zweisitzigen Bänken,
welche bewegliche Sitzplatten mit Minusdistanz
haben, nicht quer, nicht schief, ohne Augengläser^ das Buch
in gemessener Entfernung haltend. In jeder Klasse sind Bänke
in dreierlei Gröfsen aufgestellt. Das Licht fkUt von der
linken Seite durch hohe viereckige Doppelfenster mit
grolsen Scheiben ein. Die Fenster beginnen ungefähr 1 m über
dem Boden und reichen bis SO cm unter die Decke; letzteres
wird ermöglicht durch ausgiebige Ausnutzung der Eisen-
konstruktion. Die grauen Vorhänge sind derart angebracht,
dais jedes beliebige Feld der Fensterfläche für sich verdeckt
werden kann und dais sie im ungebrauchten Zustande keinen
Teil des Lichtes rauben. Die Mauerpfeiler sind schmal
und nach innen abgeschrägt. Kein Schulzimmer hat
eine gröfsere Tiefe als 7 m. Die Einrichtungsstücke
weisen, wie die Wände, durchgehends einen lichten
Anstrich auf. So kommt es, dafs alle Klassen mit der
von der Gesundheitslehre geforderten Lichtmenge (Ver-
616
hältois der Fensterfläche zur Bodenflftche wie 1:5)
in reichlichem Ma&e versehen sind, auch jene, welche gegm
den Schulhof zu liegen. Da nämlich die EntfernuDg der
beiden Seiteugebäude youeinander so viel beträgt,
als die Höhe der beiden Flügel zusammengenommen,
so ist es möglich, dafs auch in diesen Klassen jeder Schüler
von seinem Platze aus einen Teil des Himmels
sieht. Nur eine Klasse, deren Fenster durch das Neben-
gebäude, in welchem die Bedürfnisräume untergebracht
sind, einen Teil des direkten Himmelslichtes einbüiseD, würde
etwas weniger licht sein, wenn hier nicht durch Anwendung
Yon Tageslichtreflektoren die natürliche Beleuchtung auch
auf 10 Meterkerzen, das geforderte Minimum, gebracht
worden wäre.
Für die Wintermonate ist in allen Klassen auch for
eine künstliche Beleuchtung gesorgt, und zwar finden
wir hier nicht Gas, auch nicht in der Form von Gas-
glühlicht, sondern diffuses elektrisches Licht. Diesen
günstigen umständen ist es zu verdanken, dais die Anstalt
nur wenig Brillenträger zählt, meist solche, welche erst später
in dieselbe übergetreten sind, und namentlich einen äulseist
niedrigen Prozentsatz von Kurzsichtigen aufweist.
Die senkrecht angebrachten Wandtafeln sind teils
aus Holz, teils aus Glas und durchgehends mit einem matten
schwarzen Anstrich versehen; zum Reinigen derselben
bedient man sich ausschliefslich feuchter Lappen, wodurch
der Übertragung der etwa an der Hand haftenden Ansteckungs-
keime (ägyptische Augenentzündung) vorgebeugt werden soll
Die Kreide steckt in Sönneckenschen Kreidehaltern.
Auch Spucknäpfe mit feuchter Füllung finden wir
überall aufgestellt.
Der Druck in den Schulbüchern ist grob und deutlich
(nicht mehr als 50 Buchstaben in der Zeile, die Zeile nicht
länger als 10 cm), das Papier holzfaserfrei, nicht glänzend,
stark, mit einem Stich ins Graue oder Gelbe. Linienblätter
und quadrierte Hefte sind nicht vorhanden. Die in Yer-
617
Wendung stehenden Hefte haben die richtigen Dimensionen
(21x16 cm), die Federstiele und Bleistifte sind nicht zu
dünn und doch leicht. Auch die Landkarten und sonstigen
Lehrmittel entsprechen vollkommen den Forderungen der
Hygiene.
(Fortsetzang in No. 12.)
Inknbationsdaner bei akuten Infektionskrankheiten.
Ans der Londoner klinischen Gesellschaft.
Die Londoner klinische Gesellschaft hat, wie „2>. öst Sanitäiswes.^
berichtet, eine Kommission zur Feststellung der auch fdr die Schul-
hygiene wichtigen Inknbationsdauer der akuten Infektionskrankheiten
eingesetzt. Dieser Feststellung sollten hauptsächlich die während der
letzten 15 Jahre gesammelten amtlichen Berichte als Grandlage
dienen. Die Kommission giht nun als Inknbationsdaner an bei
Diphtheritis 2 — 8, am häufigsten 2 Tage,
Influenza 1 — 4, meist 3 oder 4 Tage,
Masern 8 — 14, in der Regel 14 Tage,
Mumps 2- - 3, meist 3 Wochen,
Röteln 2— 3 Wochen,
Scharlach 1 — 8, am gewöhnlichsten 2 — 4 Tage,
Typhus 8 — 14, bisweilen 23 Tage,
Yariolois 9 — 14, am häufigsten 12 Tage.
Auiserdem wurde von der Kommission nachgewiesen, dafs die
Diphtheritis nicht nur während der Inkubationsperiode, sondern auch
während des Anfalles und der Rekonvalescenz infektiöse Eigen-
schaften besitzt, dafs bei Mumps und Röteln diese Eigenschaften
schon 3 — 4 Tage vor dem Auftreten der Krankheitserscheinungen
vorhanden sind und dafs bei Masern die Ansteckungsfähigkeit schnell
schwindet und höchstens 3 Wochen andauert. Bei Typhus erhält
sich der infektiöse Charakter von seinem Beginn bis 14 Tage nach
Ablauf des fieberhaften Zustandes, bei Scharlach aber bis nach Ab-
schluls des Abschuppungsprozesses, mitunter 8 Wochen lang.
fileintre Miittiinn^tn.
Dateo fiber die Zeiteioleilnng nnd die Lernrarfhode der
Scfafiler. VoD mafsgebender BedeatoDg für die geisti^te and körper-
liche Entwickelung der Schaler ist ihre Zeiteinteilung nnd die Art
ihrer Beschäftigung. Um hierQber bestimmte Daten zu erhallen,
wurde Jedem Schüler der k, k. Staatsoberrealschnle in Tescheo eine
gedmckte ZeiteinteilnngstabeDe UbergebeD, in welcher er vom 1. bis
30. April d. Jb. die Arbeitszeit for jeden ünterrichtsgegenstand, die
Zeit des SpEuierengehens, des Schlafens, des Badens, des UdwoU-
soins o. s. w. notiert« nnd damit ein Bild seiner Lebensweise eotwarf.
Ans den Anfscbreibnngen ergibt sich folgende Znaammenstellang Ober
die hänsUche Arbeitszeit je eines Schülers für die einzelnen Lehr-
gegenstftnde, wobei die Zeit in Uinnten mitgeteilt ist.
Die TorBtehenden Zahlen geben die Tagesmittel der hänslicbei
Arbeitszeit fQr einen Schüler, wenn dieselbe auf die 6 Wocheutige
verteilt and der Sonntag frei gehalten wird. Danach beträgt die
Arbeitsdaner für die SchOler der unteren 4 Klassen täglich nngefthr
2—3 Standen, für diejenigen der oberen Klassen 3—5 Stanilen.
Der Ministerialerlai^ vom 28. Mai 1882, Z. 20416, gestattet jedoch
in den oberen Klassen nnr eine Arbeitszeit von 3 — 4 Stunden. Vom
hygienischen Standpunkt aus betrachtet, ist diese Grenze schon hoch
gesetzt; aber auch sie wnrde in den beiden letzten Klassen über-
619
schritten. In der YII. Klasse erklärt sich die Erscheinung teilweise
aus dem Umstände, dafs die Schüler zur Zeit der Aufschreihnngen
unmittelbar vor den schriftlichen Maturitätsprttfangen standen nnd
daher in mehreren Gegenständen aufeer den Aufgaben für den fort-
laufenden Unterricht auch noch Wiederholungsstoffe zu bewältigen
hatten. Ein Hauptgrund scheint jedoch in unzweckmäTsiger Zeit-
einteilung und in ungleichmälsigem Arbeiten der Schüler in einzelnen
Gegenständen zu liegen. In der VI. Klasse hatten z. B. mehrere
Schaler die im März versäumten Aufgaben aus der darstellenden
Geometrie im April nachzutragen und aufserdem selbstverständlich
den laufenden Stoff fttr den Monat April sich anzueignen, und daher
kommt die lange tägliche Arbeitszeit von 61 Minuten in dem
genannten Fache. Mehrere Schüler der VI. Klasse und die meisten
der YII. Klasse studierten in der Regel bis Mitternacht und darüber
hinaus. Ein solcher Zeitzuschufs, welcher der Nacht entliehen ist,
erweist sich aber geradezu als eine wucherische Anleihe: diese Zeit
ist schon an und für sich wegen der Müdigkeit der Schüler nicht
nutzbringend, sie hindert aber aufserdem die unbedingt notwendige
Erholung des Geistes durch den Schlaf, so da& die Schüler auch
für den Unterricht am nächsten Tage unfähig gemacht werden.
Hätten die Zöglinge der obersten Klassen täglich statt 5 oder 6
mindestens 8 Stunden geschlafen, so hätten sie durch erhöhte geistige
Thätigkeit bessere Erfolge erreichen und überdies einen grofsen Teil der
aufgewandten Zeit ersparen können. Über die aus den Zeiteinteilungs-
tabellen gefolgerten Zustände wurde in einer Konferenz verhandelt,
und die Klassenvorstände klärten danach die Schüler auf und suchten
sie zu einer besseren Zeiteinteilung und zu gesundheit^emäfser
Lebensweise anzuleiten. — Die Zeiteinteilungstabellen konnten auch
dazu benutzt werden, die Lemzeiten für den Stoff einiger Lehr-
bücher festzustellen. Eine Reihe diesbezüglicher Kontrollversuche in
der Schule bestätigte das gewonnene Resultat. Danach beträgt die
durchschnittliche Lernzeit eines mittelguten Schülers für eine Seite
von circa 40 Zeilen in
katholischer Religion der I. Klasse 50 Minuten,
» n » ■"•• r» ^" n
» » „V.U. VI. „ OD „
Welt- und biblischer Geschichte 20 „
Geographie 40 „
Zoologie der I. und Y. Klasse 10 „ .
Nach Beobachtungen des suppl. liChrers E. Kalleb ist die
Lemdauer für ein Gedicht („Friedl mit der leeren Tasche^ von
Seidl) 3 — 4 mal so grofs, als fttr Geschichte, wenn in beiden Fällen
gleich viele Worfe in Betracht kommen. Yerschiedene Beobachtungs-
620
methoden (Professor EBiiifK notierte in der Klasse I A die znr Er^
lemung einer bestimmten Anzahl von Vokabeln notwendige Zeit, imd
Professor Thienel in I B die in einer bestimmten Zeit erlernten
Vokabeln) ergaben übereinstimmend, dals im Durchschnitte zur Er-
lernung einer französischen Vokabel 0,8 Minuten erforderlich sind;
diese Zahl hat bis zu etwa 24 Vokabeln Gültigkeit. Gefibte und
begabte Schfller brauchten nur die Hälfte der Zeit, ungeübte und
minder begabte aber längere Zeit. Die Beobachtung der Schüler
bei diesen Versuchen ergab gleichzeitig einige wichtige Anhaltsponkte
zum Studium der Lemmethode. Jene Schüler, welche die zn
lernenden Vokabeln nur mit den Augen auffafsten oder wiederholt
die ganze Reihe derselben zusammenhängend ablasen, waren zumeist
nicht im stände, alle Vokabeln auszuschreiben, wenn sie auch meinten,
dieselben erlernt zu haben. Am sichersten behielten die Vokabdn
jene Schüler, welche sich eine gröfsere Reihe derselben in mehrere
kleinere Gruppen teilten, sprechend lernten und sich fortwährend
selbst prüften. Da beim nachherigen Niederschreiben der Vokabeln
yiele orthographische Fehler gemacht wurden, so ist dringend zn
empfehlen, dafs die Vokabeln beim Lernen zugleich geschrieben werdoi.
Lehrreich sind auch die einzelnen Daten über das Erlernen des
obgenannten Gedichtes von den Schülern der I. Klasse. Zur E^
lernung und Aufschreibung der aufeinanderfolgenden Absätze, welche
je 3 Strophen enthielten, brauchten
Minaten
2 Schüler je 37, 27, 24
6 „ „29, 26, 23, 21
10 , „ 20, 20, 18, 17, 17
6 „ „ 19, 18, 15, 12, 13, 18
3 „ .,15, 17, 11, 14, 11, 17, 14
6 „ „ 14, 17, 12, 13, 9, 11, 13, 12
2 „ , 8, 14, 11, 11, 16, 8, 11, 13, 8
2 „ „10, 11, 9, 10, 10, 8, 9, 8, 11, 12.
Die ersten 4 Gruppen, bestehend aus 24 Schülern, hatten
ungefähr die Hälfte oder weniger als die Hälfte des Gedichtes
erlernt, während die 13 Schüler der 4 übrigen Gruppen in der-
selben Zeit mehr als die Hälfte oder das ganze Gedicht dem
Gedächtnis eingeprägt hatten. Die einzelnen Zahlen weisen auf eine
Ursache der verschiedenen Lerngeschwindigkeiten hin, indem bei
den langsameren Schülern der ersten 4 Reihen die Zeiten zur £^
lemung der aufeinanderfolgenden Absätze des Gedichtes immer kürzer
werden, während dieses bei den übrigen Schülern nicht der Fall ist
Es ist offenbar die Aufmerksamkeit, welche bei den ersteren Schülern
anfangs noch mangelhaft ist, dieselbe wird erst allmählich gesammelt
621
und hat dann ein rascheres £rlemen zur Folge. Mit Bezng auf
die Indi?idnalität der Schüler läfst sich angeben, dafs zu den lang-
sameren Gmppen minder fleilsige und minder begabte Schüler ge-
boren. Die vorletzte Gruppe wird aus zwei Schülern gebildet,
welche in den mathematischen Fächern nur geringere Leistungen an
den Tag legen, aber sehr ileifsig sind ; die zwei Schüler der letzten
Gruppe, welche das ganze Gedicht erlernten, sind gut begabt und
sehr fleifsig. In den Daten sprechen sich daher deutlich die Er-
folge aus, welche durch Fleifs, d. i. durch Übung erreicht sind.
Die vorstehend aus gelegentlichen Beobachtungen gezogenen Schlüsse
werden unmittelbar durch folgende Versuche bestätigt und ergänzt.
Es wurden in der Klasse JA vom suppl. Lehrer Kalleb, femer
vom Direktor JanüSCHke in der YII. Klasse Reihen unzusammen-
h&ngender Worte den Schülern zum Merken vorgeführt. Eine solche
Wortreihe lautete: „Gesetz, dieser, lesen, rot, durch, und, heute,
ach, eine, viel, dürfen, Mütze''. Die Vorführung geschah so, dafs
die Schüler eine solche Wortreihe hörten, eine ähnliche Reihe mit
den Augen von der Tafel lasen, eine weitere Reihe sprechend lasen
und endlich eine vorgelesene Reihe schrieben. Bei jeder der 3 ersten
Reihen dauerte die Vorführung IS Sekunden; zum ersten Schreiben
der letzten Reihe brauchten die Schüler 28 Sekunden. Nach jeder
Vorführung schrieben dieselben auf, was sie sich gemerkt hatten.
Die verschiedenen Reihen wurden in beiden Klassen relativ gleich
gut behalten, weshalb die Zahlen zusammengezogen werden mögen.
64 Schüler merkten von 64 X 12 = 768 Worten beim
Hören Sehen Sprechen Schreiben
445 471 492 587
oder587o 617o 64% 767o.
Es wur(]^en also beim Sprechen 6% und beim Schreiben 18%
Worte mehr gemerkt, als beim blofsen Hören. Mit Rücksicht auf
die beim Schreiben notwendige längere Zeit darf daraus der Schlufs
gezogen werden, dafs Sprechstoffe sprechend und Schreibstoffe
schreibend geübt werden sollen. Die hiermit angedeuteten Lem-
methoden werden sich auch der Kontrolle wegen empfehlen, weil der
Schüler sonst nicht beurteilen kann, ob er seine Lektion bereits
erlernt hat. Bemerkenswert ist, dafs manche Schüler auch solche
Worte aufschrieben, die gar nicht vorgeführt worden waren. In
dieser Erscheinung zeigt sich deutlich die Unaufmerksamkeit, die
übrigens eine unfreiwillige war; sie kam meist bei schwerfällig
lernenden und wenig geübten Knaben vor. Dafs für die Auffassung
die Verbindung der Begriffe von gröfstem Einflüsse ist, dokumen-
tierte sich anf mehrfache Weise. Von den angegebenen 12 un-
zusammenhängenden Worten wurden beim Lesen derselben von
622
21 Schülern der Vn. Klasse zusammen 151 Worte gemerkt, tob
einer ähnlichen Reihe, in welcher jedoch die Worte möglichst sinn-
gemäis zusammengestellt waren, nämlich: „He, das können Tide
grüne Kleider mittags; dennoch schreibe gegen dieses Recht^, wurden
beim Lesen in ungefähr 9 Sekunden 244 Worte gemerkt. Es merkten
also die Schüler von einer Reihe von 12 Worten ohne Zusammenhang
59%! mit Zusammenhang 97%. Auch bei Sätzen aus Lehrbüchern,
die den Schülern vorgelesen und dann yon ihnen nachgeschrieben
wurden, zeigte es sich, dafs klare, kurze Sätze am besten aufgefalst
und dafii zusammenhängende Begriffe, wie z. B. Subjekt und Prädikat,
Prädikat und Objekt, Attribut und Substantiv u. s. w., immer in Ver-
bindung gemerkt und wiedergegeben ¥nirden. Die innere Yerknüpfong
des Stoffes ist demnach für die Auffassung und für das Lernen v<mi
gröfster Bedeutung. Für die Lemmethode folgt daraus, dafs der
Schüler lückenlos studieren, dals er jede Lektion erst in leicht fib^-
sehbaren Absätzen und dann im ganzen lernen soll. Diese Rück-
sicht auf die Verbindung der Lernstoffe ist aber nicht blols f&r eine
Lektion, sondern auch für die aufeinanderfolgenden Lektionen
erforderlich ; denn es ist auf die Auffassung und das Merken im
kleinen und im grofsen Umfange nur zu rechnen, wenn dieselben
gut miteinander verbunden sind. Jede Lücke im Wissen stellt alle
Erfolge der nachfolgenden Bemühungen in Frage. Damit findet die
Erfahrungsthatsache ihre Begründung, dafe lückenhaftes und ungleicfa-
mäfsiges Lernen eine der Hauptursachen der schlechten Erfolge und
auch der Überbürdung der Schüler ist. Mit welchem Vorteile im
Gegensatze hierzu der Zusammenhang der zu merkenden Dinge aas-
genutzt werden kann, beweist das mnemotechnische Verfahren znm
Zwecke des Zahlenmerkens. — Wie lange die Schüler ohne ünt«"-
brechung lernen sollen, lälst sich durch die verfügbare^i Daten nodi
nicht entscheiden. Doch weisen dieselben bereits auf Ermüdung
hin. Die obige Zusammenstellung über die Erlernung eines Gedichtes
zeigt bei den Schülern der letzten 5 Reihen jedesmal nach 70 bis
80 Minuten eine merkbare Erhöhung der Zeit, welche zur Erlernung
eines Absatzes notwendig war. Es scheint also bei den betreffenden
19 Schülern nach circa Vi Stunden eine Ermüdung eingetreten zn
sein. Die Schüler brauchten zur Erlernung eines Absatzes in diesem
Zustande 4 — 6 Minuten mehr, als zur Erlernung jenes Absatzes, den
sie am schnellsten innehatten. Es wäre hygienisch gewifs vorteil-
haft, die Zeit dieser Lemverzögerung zu einer zweckmäßigen Erholung
zu benutzen; die Lernzeit der Lektion würde dadurch nicht verlängert,
wegen der nachherigen geistigen Frische eher vermindert werdöi.
Die übrigen 18 Schüler hatten im ganzen nicht eine solche Arbeit
geleistet, die sie ermüdet hätte; sie kommen daher nicht in Betracht
623
l^ach einer Zählung der Schlüsse, die Professor F. John gelegentlich
einer mathematischen Schularbeit in der II. Klasse vornahm, tritt
ein deutlicher Rtlckgang der Leistungen bereits nach V^ Stunden
ein; in den 4 aufeinanderfolgenden Viertelstunden betrug die Anzahl
der von 29 Schülern gezogenen Schlüsse bezw. 493, 576, 566,
511. Danach ist die Arbeit in der ersten Viertelstunde infolge mangel-
hafter Aufmerksamkeit die geringste; aber auch in der letzten Viertel-
stunde wurden 55 Schlüsse weniger gezogen, als in der vorher-
gehenden. Demnach dürfte wohl nach einstündiger intensiver geistiger
Arbeit ein Erholungsbedürfnis begründet sein. — Inwiefern im Falle
der Ermüdung das Turnen eine Erholung gewährt, wurde dadurch
darzuthun versucht, daüs sowohl in der 11. wie in der m. Klasse
eine Reihe von 15, zwischen 1 — 30 gelegenen Zahlen vor dem
Turnen und eine ähnliche Reihe nach demselben den Schülern zum
Merken vorgelesen wurde. 31 Schüler der ü. Klasse behielten bei
den aufeinander folgenden wiederholten Vorlesungen der Zahlenreihen
vor dem Turnen 59,87o, 82,47o, 91,8%, 98,37o,
nach „ „ 67,17o, 90,37o, 98,3%, — ;
46 Schüler der III. Klasse merkten von den gelesenen Zahlen
vor dem Turnen 64,8%, 87,7%, 95,77o, 99,77o,
nach „ „ 67,27o, 91,7%, 98,27o, — .
Die Auffassung war also in allen Fällen nach dem Turnen
besser, in der III. Klasse um etwa 37» in der II. Klasse um
circa 7%. Es mag bemerkt werden, dafs zwischen dem Schlüsse
der Turnühnn^en und den angegebenen Versuchen nach dem Turnen
eine kurze Zeit verstrich, indem sich die Schüler wieder in ihren
Lehrzimmern versammelten. Unmittelbar nach dem Turnen auf dem
Turnplätze dürfte die Aufmerksamkeit nicht sobald gesammelt sein. —
Als Ergebnis sämtlicher Daten können folgende Sätze über eine gute
Lemmethode aufgestellt werden: 1. Die notwendigste Bedingung
beim Lernen ist gespannte Aufmerksamkeit; der Schüler darf an
nichts anderes, als an seinen Lernstoff denken. Aufmerksamkeit und
Auffassnug können an passenden Stoffen eingeübt werden. 2. Sprech^
Stoffe soll der Schüler laut oder halblaut sprechend, Schreibstoffe
schreibend üben. Die Übung muls so erfolgen, dafs er den zu
lernenden Stoff vollkommen beherrscht und geläufig hat. 3. Es mufs
lückenlos gelernt werden; der Schüler darf zu dem folgenden Satz,
bezw. Absatz erst dann übergehen, wenn er den vorhergehenden
verstanden und innehat. Dieselbe Forderung der Lückenlosigkeit
gilt auch für die aufeinanderfolgenden Lektionen jedes Unterrichts-
gegenstandes. 4. Nach eingetretener geistiger Ermüdung soll eine
Erholung stattfinden. Es dürfte sich empfehlen, jedesmal nach ein-
stündiger intensiver geistiger Thätigkeit eine kurze Ruhepause ein-
624
treten za lassen and dieselbe etwa mit leichten Tarnfibongen am-
znfQllen. 5. Znr Stfirkung der Geisteskräfte sind ebenso, wie die
regelmäfsige Übung derselben, täglich mindestens 8 — 10 Standea
Schlaf fdr die Schüler erforderlich.
Diphtherie in den Elementarsehnlen Londons. Nach „Hie
Brit Med. Joum.*^ hat Herr Shibley Müephy dem Londoner
„County Council^ einen Bericht abgestattet, in welchem er nadi-
weist, dafs die Sterblichkeit an Diphtherie in London seit emiger
Zeit bedenklich zunimmt. Besonders ist dies bei den Kindern im
Alter von 3 — 10 Jahren, also in derjenigen Lebensperiode derFftD,
in welcher dieselben die Schule besuchen. Es scheint, als ob das
Elementarschulgesetz, welches den Unterricht obligatorisch madit, za
der Vermehrung der Diphtherie nicht wenig beiträgt. Auch die
Untersuchungen von Dr. Thobne Thobne und Herrn Poweb
zeigen deutlich den Einflufs des Schulbesuches auf die Terbreitimg
Yon Diphtherieepidemien. In dieser Beziehung ist es sehr zu be-
grttfsen, dafs man auch in den übrigen Teilen Englands ähnliche
Untersuchungen, wie Herr Shibley Murphy, anstellen will und dals
namentlich Dr. LONaSTAFF seine Statistik über die Verbreitung der
Diphtherie fortzusetzen gedenkt.
Über die Ansteeknnfi^sfähif^keit der Ägyptischen Angea-
krankheit, besonders bei Kindern, macht H. Trug in der
„Semaine m4d,^ Mitteilung. Die Übertragung durch die Luft ist
wenig wahrscheinlich. Vielmehr erfolgt dieselbe fast stets durch die
schleimigen oder eitrigen Absonderungen des Auges, die bekanntlich
in manchen Fällen sehr reichlich sind. Au£serdem besteht eine
gewisse Prädisposition für die Krankheit; skrofulöse Personen neigea
besonders dazu. Der Verfasser hat seine Untersuchungen in Mont-
pellier und Umgebung angestellt, indem er die Kranken in ilir^
Wohnung aufsuchte und sich Kenntnis von ihrem Beruf, ihres
Wohnräumen, ihren Waschvorrichtungen, ihren Gewohnheiten oad
Antecedentien, ihrer Ernährung, ihrem Allgemeinbefinden und dem
Zustand ihrer Augen, namentlich aber von dem wahrscheinlich«!
Ursprung ihres Leidens verschaffte. Unter 531 Personen, welche
zu 123 Familien gehörten, fand er 257 Granulöse. Es waren also
nur 48% der Mitglieder von granulösen Familien frei von ägyptischer
Augenkrankheit. Besonders leicht werden die Kinder angesteckt,
und zwar in der Stadt mehr als auf dem Lande. Oft wissen die
Kranken gar nichts von ihrem Leiden. Die Ansteckung zwischea
Mann und Frau wurde 24 mal, zwischen Eltern und Kindern
48 mal, zwischen Brüdern und Schwestern 20 mal gefunden. Am
häufigsten vermittelten die Übertragung das Bett, die WaschschtJsseln
und Handtücher, das Spielzeug und Küsse. Tbuc sieht die granulöse
620
Ophthalmie, die follikuläre Bindehatitentzfindung and den Frttlgahrs-
katarrh als vollständig verschiedene Affektionen an; doch können
nach ihm Beziehungen zwischen denselben bestehen. Er fordert die
unbedingte Absonderung der Granulösen in Schulen und Pensionaten,
namentlich dann, wenn die Sekretion der Augen eine reichliche ist.
Tod eines Schnlmädchens durch Griffelverletzniig. Ein
Mädchen von 7 Jahren fiel, wie die „Dtsch, med. Wochschr.*' be-
richtet, auf dem Schulhofe in einen Griffel, welcher so fest in die
Augenhöhle eindrang, dafs die verschiedensten Versuche, ihn heraus-
zuziehen, mifslangen. Selbst nach Freilegung der Eintrittsstelle in
dem Knochen folgte der Fremdkörper nicht dem stärksten Zuge. Da
die Richtung des Griffels nicht himwärts, sondern nach dem Eeil-
beinkörper zu verlaufen schien, so wurde zunächst abgewartet, um
dem Fremdkörper Zeit zur Lockerung zu lassen. Nach einem völlig
reaktionslosen Verlaufe von 2 Monaten traten jedoch plötzlich hsdb-
seitige epileptiforme Anfälle auf, denen unter Erscheinungen von
Himentzttndnng nach 11 Tagen der Tod folgte.
Das HSrvermSgen tanbstammer Kinder. Loye hat 175
taubstumme Kinder untersucht und fafst seine Resultate im „Ärch.
of OM."^ folgendermafsen zusammen: 1. Totale Taubheit ist sehr
selten unter Taubstummen; für den durch die Luft fortgepflanzten
Schall beträgt dieselbe nicht mehr als 7 oder 8%, für Knochen-
leituDg noch weniger. 2. Das Hören von Gesprochenem ist ziemlich
gewöhnlich; es besteht in benutzbarer Weise bei 25 oder 27%
der taubstummen Kinder, und 10 bis 15% derselben sind nur halb
stumm. Unterrichtet man diese Halbstummen in der Zeichensprache,
so werden sie schnell tauber und erscheinen total stumm. Die Laut-
sprache kann dies einigermafsen verhüten, doch ist die beste Be-
handlungsmethode die akustische. 3. Knochenleitung ist in fast
allen Fällen vorhanden, und eine grofse Stimmgabel wird auf diesem
V^ege fast immer gehört. In der Mehrzahl der Fälle kommt die
letztere auch durch Luftleitung zu Gehör. Nur ausnahmsweise
kann eine Uhr oder Politzers Gehörmesser mit dem Ohre wahr-
genommen werden.
Die Raum- und FUchenmafse für Schüler in den nord-
amerikanischen Schulen sind den amtlichen Angaben zufolge sehr
verschieden. Im allgemeinen ist, wie das j^Centralbl. d, Bauw.^
mitteilt, die Raumeinheit pro Kopf sehr hoch bemessen, in den
Schulen von Minneapolis z. B. auf 5,4 cbm, in Baltimore auf 5,6 cbm,
in Washington sogar auf 6,8 cbm. Nur New York bildet eine
Ausnahme. Dort gelten als Mindestmafse für Elementarschulen
0,46 qm Flächen- und 1,96 cbm Baumgehalt, fOir höhere Schulen
0,65—0,84 qm Flächen- und 2,52—2,80 cbm Luftraum für einen
Sehalgesondheltapfleg« VII. 40
626
Schüler. An der knappen Ranmzateilung in den New Yorker Sdinlen
tragen die teoren Bodenpreise der Stadt die Schuld.
Sa^essefi^tc^tliities*
Einflofg der Jahreszeit nnd der Schule auf das Waehs-
tum der Kinder. Einem von unserem verehrten Mitarheiter, Herrn
Dr. ScHMiB-MoNNARi) in Halle a. S., über das vorstehende Thema
auf der Naturforscherversammlung zu Wien gehaltenen Vortrage ent-
nehmen wir folgende Angaben. Dänische und schwedische Forsdier
hatten in den siebziger und Anfang der achtziger Jahre festgestellt,
dafs in ihrer Heimat die Kinder fast nur zur Zeit der dreimonat-
lichen Sommerferien an Gewicht zunehmen. Man schrieb das dem
Einflufs der Ferien zu und schlofs indirekt auf eine schädliche Wirkimg
der Schule. Um zu entscheiden, inwieweit jene Ansicht richtig
sei und inwieweit obige Beobachtung auch für unsere mitteldentsdie
Bevölkerung Geltung habe, beobachtete Dr. Schmed-Monnasd das
Wachstum von etwa 190 Halleschen Kindern im Alter von 1 bis
13 Jahren über 12 Monate lang. Das interessante Ergebnis be-
stätigt zunächst die früheren Angaben von Jahresperioden im Wachstum
der Jugend. Aber diese weichen, wohl infolge der in Mitteldeutschland
anders gearteten Jahreszeiten, von den dänischen Perioden ab.
Jedenfalls wurde festgestellt, dsSs vom Februar bis Juni inklusive
kein Kind auch nur um ein Gramm schwerer wird; die alleinige
Gewichtszi^nahme findet sich in der Zeit von Juli bis Januar ein-
schliefslich, besonders im September. Dieses periodenhafte Wachstum,
welches in anderer Weise auch an der Längenzunahme beobachtet
wurde, findet sich bei Knaben und Mädchen vom zweiten Lebens-
jahre ab. Die Schule übt dabei keinen wesentlichen Einfluls, denn
das Hauptwachstum findet weder in noch unmittelbar nach den
Ferien statt, sondern während der Schulzeit und verläuft ebenso
bei Schülern wie bei Nichtschülem. Nur das Gewicht der Mädchen
wird in der nächsten Zeit nach ihrem Eintritt in die Schule um
fast ^/s kg gedrückt, ja, wie schon früher gezeigt vrurde,^ die
schwächeren kommen noch im zweiten Schu^ahre so weit körperlich
'zurück, dafs sie erst im neunten Jahre ihr altes Gewicht vom
siebenten Jahre wieder erreichen. Dies ist ein mahnender Hinweis,
besonders die Mädchen, die zukünftigen Mütter des kommenden
' S. diese Zeitschrift, 1894, No. 4, S. 217. D. Bed.
627
Geschlechts, in der Schule noch mehr zu schonen, als dies his jetzt
geschieht, wenn man nicht einen immer gröfseren Rückgang der
Yolkskraft verschnlden will ; bringen doch schwache Mütter schwächere
Kinder hervor,^ als starke. An den Ferien selbst zu ändern,
liegt kein Grund vor. Denn ihr Einflufs auf das Wachstum ist
gering, und sollen sie zur Erholung dienen, so müssen sie schon
in der guten Jahreszeit liegen. Zweckmäfsig dagegen erscheint es,
die Schularbeit in der ersten Jahreshälfte auf das bescheidenste
Mafs zu beschränken, um nicht in dieser Zeit, wo der Körper
nichts für Gewichtsansatz übrig behält, sondern alles für Längen-
wachstum braucht und noch dazu mit häufigeren Krankheiten zu
kämpfen hat, den Gesundheitszustand noch mehr in Frage zu stellen.
Dagegen zeigt sich eine auffallende Abhängigkeit des Wachstums
von der Jahreszeit und von deren Faktoren, Witterung und Tem-
peratur. Unser Autor konnte nachweisen, dafs Schwankungen des
Gewichts gleichartig verlaufen mit Schwankungen der Wärme in
Halle a. S. ; bei steigender Wärme nimmt das Gewicht zu, bei Kälte ab.
Ebenso beeinflufst eine ungünstige Witterung das Wachstum dadurch,
dafs sie Krankheiten erzeugt, durch welche die Nahrungsaufnahme
des Kindes und somit seine Gewichtszunahme verringert wird.
Jahreszeit, Krankheit, Nahrungsaufoahme und Körpergewicht zeigen
allesamt entsprechende Perioden. Dafs gerade die Jahreszeit es ist,
welcher der Haupteinfluls auf das kindliche Wachstum zugeschrieben
werden mufs, geht daraus hervor, dafs dieser Einflufs sich erst im
zweiten Jahre zeigt, wo die Kinder anfangen selbständig zu laufen und
dadurch mit der Witterung mehr in Berührung zu kommen. Im ersten
Lebensjahre dagegen, wo dieselben noch vorherrschend im Hause,
fem von Einflüssen des Wetters gehalten werden, geht das Wachstum
ohne periodenartige Schwankungen vor sich. Praktisch ergibt sich
für die Beurteilung des kindlichen Körpergewichtes folgendes: Kinder
sind morgens höchstens V^ kg, meist nur V^ ^S leichter als abends;
das Körpergewicht schwankt in diesen Grenzen am Tage. Will
man also ein Kind mehrfach wiegen, so mufs dies stets zur gleichen
Tageszeit, nur vormittags oder nur nachmittags, geschehen. Von
einem Tag zum anderen kann ein gesundes Kind im äufsersten Falle
*/« kg, im Durchschnitt 100 — 200 g abnehmen. Wenn eine der-
artige Abnahme sich nicht stetig wiederholt, sondern mit Zunahmen
wechselt, so ist sie nicht als krankhaft anzusehen. Während der ersten
Jahreshälfte, vom Februar bis Juni einschlielslich, bleibt das Gewicht
des Kindes im aUgemeinen stehen; selbst eine Abnahme von Vs kg
im ganzen ist nicht pathologisch. Die Hauptgewichtszunahme ist zu
erwarte Q in der zweiten Jahreshälfte, vom Juli bis Januar inklusive.
Eine Gewichtsabnahme in dieser Zeit, die über die mögliche Tages-
40*
628
Schwankung von ^k kg hinausgeht, mufs zum Weiterwiegen Anlals
geben and den Verdacht auf Krankheit erregen.
Über die Schulhygiene in Österreich schreibt Turnlehrer
Max Guttüann in der „Zeitschr. f. Tum- u. IgdspL*": In üast
allen Anstalten sind die Schfller belehrt worden über^ die Pflege des
Körpers, besonders der Atmungswerkzeuge, Augen, Ohren, Zahne, und
über das Sitzen beim Schreiben und Lesen in Schule und Haus. Mehrere
Anstalten haben einige kurzgefafste Gesetze in die Programme auf-
genommen, so besonders die Realschule in Mfthrisch-Ostrau und die
tschechische Staatsrealschule in Königgrätz. Zumeist aber wurden
die „Wichtigen Gesu/ndhdtsregeln^ von P. R. Sepp, 3. Auflage,
Kranzfeldersche Buchhandlung in Augsburg,^ empfohlen und auch viel-
fach angeschafft. Die Schulräumlichkeiten lassen am Staatsgymnasium
in Görz gerade so viel zu wünschen übrig, wie an der Staatsonter-
realschule im IL Bezirke Wiens, da beide Anstalten schlechte Aborte
und offene, dem Wind und Wetter preisgegebene Gänge besitzen.
Dagegen werden bei den neu errichteten Schulgebäuden die Errungen-
schaften der fortschreitenden Wissenschaft verwertet, und auch dem
Tumsaal und Turnplatz wird möglichste Sorgfalt zugewendet. Lietzteres
aber so, dafs der Turnlehrer erst zur Beratung fär die Ausstattui^
des übrig gebliebenen Raumes beigezogen wird, nicht aber zum ersten
Entwurf, bei welchem die Räume verteilt werden; in Schweden,
das bekanntlich musterhafte Schulbauten besitzt, gebührt dem Turn-
lehrer in dieser Richtung ein gewichtiges Wort. An der Staats-
realschule in Teschen wurde im abgelaufenen Jahre das Trinkwasser
aus dem Brunnen der Anstalt von Professor Rosenfbld untersucht
und ergab eine Menge von Chloriden und Nitraten. „Die Zuflüsse
gehen daher durch Schichten, in welchen Abfallstoffe verwesen.
Auf Grund dieser fachmännisdien Feststellung wurde das Trinken
aus dem Brunnen verboten und den Schülern ein unschädliches Trink-
wasser aus dem Röhrenbrunnen in Kannen zur Verfügung gestdlt.""
Auch einzelne Rufe nach dem Schularzt lassen sich vernehmen. In
Linz hat Sanitätsrat Dr. Stogkhammer an Sonntagen über das
Rettungsverfahren bei Scheintoten und in plötzliche Lebensgefahr
Geratenen vorgetragen, wobei sich 54 Schüler des Staatsgymnasinms
beteiligten. Die Vorträge über Gesundheitspflege und Schalhygiene
am städtischen Pädagogium in Wien wurden mittelst Stadtratbeschlusses
dem bekannten Professor Dr. Leo Buroerstsik übertragen. Hier
wollen wir noch erwähnen, dafs die Schüler an vielen Anstalten an-
gehalten wurden, die Respirien im Freien zu verbringen; an der
Staatsunterrealschule in Wien 11 geschah dies auch bei ziemlich
niedriger Temperatur.
^ Vergl. diese Zeitschrift, 1S92, No. 8 u. 9, 8. 402—403. D. Bed.
629
Unterricht und Gesundheit« Bei der Eröffhong des laufenden
üniversitfttsschuljahres in Budapest hielt der neue Rektor, Professor
Dr. Joseph von Fodor, eine Rede über die Frage der geistigen
Überbflrdung in den Lehranstalten, aus der das y,Neue P^t. Jowm.**
folgende Sätze hervorhebt: Als Hygieniker und Arzt hege ich die
Besorgnis, dafs wir den fortwährend anwachsenden geistigen An-
sprüchen, ohne unsere körperliche Gesundheit aufs Spiel zu setzen,
kaum entsprechen können, und man mufs bereits ernst darüber nach-
denken, auf welche Weise der durch die Kultur überaus angestrengten
Seele Hilfe zu leisten ist. Die Frage der geistigen Überbürdung
in den Schulen steht auf der Tagesordnung, und ich befürchte,
dafs unsere Gesellschaft diese bedeutsame Angelegenheit nicht ernst
genug nimmt und deren ganzen Umfang nicht überblickt. Die
Nervenärzte kennen die durch eine solche Überbürdung verursachten
Geisteskrankheiten, welche stets häufiger auftreten, genau. Und diese
werden heraufbeschworen, weil wir auf unrechte Weise, bald hastend,
bald lässig, lernen und weil wir Unrichtiges in unser Gehirn auf-
nehmen. Übrigens ist unser heutiges Prüfungssystem auf dem Gebiete
des gesamten Unterrichtswesens der gröfste Feind der Hygiene
der Seele und des Verstandes. Der Kreis der Wissenschaften dehnt
sich beinahe grenzenlos aus, doch der menschliche Verstand bleibt
der nämliche. Aus hygienischen Gründen ist daher die Reform der
geistigen Arbeit, insbesondere die Unterrichtsreform, ein unauf-
schiebbares Postulat.
Zur Ablndernng der Bestimmnnf^en fiber die Strafbarkeit
jugendlicher Personen in Prenfsen. Der Landesverein preußischer
Yolksschullehrer hat den Justizminister von Schelling in einer
Eingabe ersucht, dahin zu wirken, 1. dafs die §§ 55, 56 und 57
des Strafgesetzbuches für das deutsche Reich in folgender Weise ab-
geändert werden, a. Das Alter der Strafmündigkeit ist auf das yoU-
endete 14. Lebensjahr hinaufzurücken, b. Die Bestimmung, wonach
die strafrechtliche Verantwortlichkeit eines Jugendlichen davon ab-
hängig ist, dafs er bei Begehung der That die zur Erkenntnis ihrer
Strafbarkeit erforderliche Einsicht besessen hat, soll beseitigt werden,
c. Gegen Personen, welche bei Begehung der strafbaren Handlung
das 14., aber nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben, kann der
Richter entweder auf Strafe oder auf staatlich überwachte Erziehung
oder auf beides erkennen; im letzteren Falle möge das Urteil be-
stimmen, ob die Strafe oder die Erziehung vorausgehen soll; wird
auf Erziehung und eine Freiheitsstrafe erkannt, so möge die Voll-
streckung der Strafe vom Erfolg der Erziehung abhängig gemacht
werden, d. Die staatlich überwachte Erziehung mufs auch ohne das
Vorliegen einer strafbaren Handlung bei Kindern erfolgen, welche
630
das 14. Lebensjahr noch nicht voUendet haben and in der Erziehung
80 sehr vernachlässigt sind, dafs sittliche Verwahrlosung eingetreten
oder zn befürchten ist, mit der Mafsgabe, dafs die Jugendlich»,
welche nach vollendetem 14. Lebensjahr der staatlichen Erziehung
überwiesen sind, in den Anstalten von denjenigen getrennt gehalten
werden, die vor diesem Zeitpunkte überwiesen sind. Der Justiz-
minister wird femer gebeten, seinen Einflujs geltend zn machen, dafs
2. die Zwangserziehung verwahrloster Kinder im Zusammenhang mit
der Zwangserziehung und Bestrafung kindlicher und jugendlicher Ver-
brecher durch ein besonderes Gresetz geregelt werde, welches den
Schwerpunkt auf die Erziehung legt. — Die Schulhygiene kann
diesen Vorschlägen nur beistimmen, da einerseits Gefängnisstrafen
auf die Gesundheit jugendlicher Personen sehr nachteilig einwirken,
andererseits sittliche Verwahrlosung fast immer mit körperliche
Depravation einhergeht und Besserungsanstalten daher auch dem leib-
lichen Wohle ihrer Zöglinge zu gute kommen.
Internationaler Eon^efs far Kinderschnts. Wie ^1>
'Broqr, rndd.*" berichtet, hat sich das Organisationskomitee des inter-
nationalen Kongresses für Kinderschutz soeben konstituiert. Dasselbe
beschlofs, den ersten Kongrefs am 22. Juli 1895 in Bordeaux ab-
zuhalten. Derselbe soll in S Sektionen zerfallen: 1. Sektion ftr
körperlichen Schutz, die sich mit den Schutzgesellschaften, den
Krippen, den Hospitälern und Sanatorien für Kinder beschäftigen
wird. 2. Sektion für sittlichen Schutz; hier sollen besonders die
Fragen, welche sich auf die verwahrloste Jugend, die Waisenhäuser,
die ländlichen Kinderkolonien beziehen, studiert werden. H. Sektion
für administrativen Schutz, in der das Gesetz Roussel, die ärztliche
Schulinspektion u. s. w. zur Verhandlung gelangen.
Ans dem Sanitätsbericlite der Stadt Reichenberg fiber die
dortigen Schulen. Der Stadtphysikus von Reichenberg Dr. Aloib
Hanisch teilt über die Schulhygiene in seinem Bezirke nach der
„Prag, med, Wochsckr.^ folgendes mit. Was die Gebäude zur Unter-
bringung der Volks- und Bürgerschulen betrifft, so sind dieselben
durchgehends als Neubauten zu bezeichnen, welche innerhalb der
letzten 25 Jahre zur Ausführung gelangten. Auch die Altstädter
Volksschule darf mit Fug und Recht als ein den modernen An-
sprüchen Rechnung tragender Neubau angesehen werden, da infolge
eines vor wenigen Jahren vorgenommenen Umbaues von diesem
Hause kaum mehr als die Umfassungsmauern übrig geblieben sind.
Die Lage der Schulgebäude und ihre Umgebung entspricht den An-
forderungen der modernen Schulgesundheitspilege nicht in vollem
Umfange, da diese sehr weitgehende Ansprüche stellt, denen in einer
gröfseren Stadt selbst beim besten Willen nicht immer voUständig
631
Rechnung getragen werden kann. Doch mufs hervorgehohen werden,
dafe bei der Auswahl der Bansteilen die Nachbarschaft von stehenden
Gewässern mit schädlichen Ausdünstangen, sowie von gesundheits-
widrigen oder ruhestörenden Gewerben vermieden worden ist. Die
Schulbanplätze sind gesund gelegen, von hinreichender Grö&e und
zumeist mit einem anstofsenden Garten verbunden. In sämtlichen
ünterrichtsanstalten ist für reichliche Beleuchtung der Klassen gesorgt.
Die Beheizung erfolgt teils durch Öfen, teils durch centrale Heiz-
anlagen. Die Lufterneuerung der Schulzimmer wird nicht nur durch
Offnen der Thüren und Fenster nach den Unterrichtsstunden bewerk-
stelligt, sondern es ist in dieser Beziehung auch durch eigene
Ventilationsanlagen Vorsorge getroffen. Fast alle Schulen sind mit
Hausbrunnen, welche gutes Trinkwasser liefern, versehen. Die
Aborte, durchweg nach dem Senkgrubensystem eingerichtet, sind
gehörig ventiliert, geräumig, mit einem Vorräume versehen und in
aasreichender Zahl vorhanden. Aufserdem sind richtig angelegte
Pissoirs angebracht. Die Schulbänke entsprechen in ihren Mafsen
dem Alter der Schiller und gestatten ebensowohl bequemes Schreiben,
wie unbehindertes Stehen. Die Schulzimmer, Säle, Stiegen und Gänge
werden mehrmals wöchentlich, nach Bedarf auch täglich von Staub
and Schmutz gereinigt und während des Schuljahres dreimal gründlich
gescheuert. In den Korridoren sind zum Aufhängen der Ober-
kleider Rechen angebracht, oder es sind, wie in der Kaiser Franz
Josephs- Schule, besondere Garderobenräume vortianden.
Nene olympische Spiele. Unter dem Vorsitze des Senators
DE CouRCBL, ehemaligen französischen Botschafters in Berlin, ist am
16. Juni d. Js. der internationale Kongreis für olympische Spiele im
Festsaale der Sorbonne in Paris zusammengetreten. Auf diesem Kon-
gresse haben Delegierte aller Länder Europas, Deutschland aus-
genommen, ein Reglement für sämtliche Sports ausgearbeitet und ein
periodisch wiederkehrendes Fest athletischer Spiele einzuführen be-
schlossen. Die Feste sind gleich den olympischen Spielen im alten
Griechenland in Zwischenräumen von je vier Jahren geplant und
sollen jedesmal in einer der greisen Hauptstädte Europas stattfinden.
Da Paris den Zeitpunkt 1900 für seine nächste Weltausstellung
gewählt hat, so werden die ersten Spiele im Jahre 1896 zu London,
die zweiten im Jahre 1900 in der französischen Hauptstadt zur Aus-
ffthrung kommen.
Panik in einer Dortmunder Schnle infolge von Erdbeben.
Über das Erdbeben, welches am 2. Oktober d. Js. die Stadt Dortmund
heimgesucht hat, wird von dort berichtet: Es war kurz nach 9 Uhr,
als namentlich im westlichen Stadtteile erhebliche sekundenlang an-
haltende Schwankungen bemerkt wurden. Diese zeigten sich recht
632
bedeatend in der katholischen Schule in der Amsdienstrasse. Die
Kinder, welche von den Lehrern und Lehrerinnen nicht mehr znr&ck-
gehalten werden konnten, gerieten in eine Panik, sie stürzten aas
den Klassenzimmern und suchten so schleunig wie möglich ans dem
Gebäude zu kommen. Hierbei kamen viele zu Fall, über sie
stürmten die Nachdrängenden hinweg, kurz, es war ein erschreckendes
Bild, die stark erregten, schreienden Kinder zu sehen. Viele der-
selben sind verletzt worden, darunter sechs schwer, so dals sie in
das Krankenhaus gebracht werden mufsten. Mehrere hatten ans
Furcht und Schrecken die Besinnung verloren. An dem Schulgebände
selbst sind Zerstörungen nicht zu bemerken, in der übrigen Stadt
geben auch nur einige eingestürzte Schornsteine Kunde von dem Erd-
beben, dem ersten seit dem Jahre 1876.
Berliner Kindervolksküchen. Von dem Verein für Kinder-
volksküchen zu Berlin ist die erste Speiseanstalt in der Stralsunder
StraTse eröffnet worden. Eine zweite Anstalt für das Centrum be-
findet sich in der Klosterstrafse, und eine dritte soll sobald als
möglich im Osten der Stadt, wo ebenfalls ein dringendes Bedür&b
hierfür vorliegt, errichtet werden. Nur solche Kinder finden Be-
rücksichtigung, welche nachweislich zu Hause kein warmes Mittags-
essen erhalten können. Diese Kinder werden von den Bektoren
der Gemeindeschulen oder von den mit den Verhältnissen des engeren
Bezirks vertrauten Kommunalbeamten vorgeschlagen, so dafe ein
MiCsbrauch der Einrichtung nicht zu befürchten ist. In jeder
Kindervolksküche erhalten täglich etwa 500 Knaben und Mädchen
ein warmes Mittagsessen mit einer Semmel oder einem Stücke Brot,
und etwa 300 holen in mitgebrachten Gefällen dasselbe ab, um es
nach Hause zu tragen. Während die ersteren ihr Mittagsbrüt
umsonst erhalten, bezahlen die letzteren, deren Eltern nicht ganz
so bedürftig sind, 5 Pfennige für die Portion.
Krankenhansscbiile fnr Kinder mit Kopfgrind in Paris.
Die ärztliche Behandlung der Kinder mit Tinea soll, wie „2> Frogr,
• mid.^ erfährt, im Hospital Saint-Louis centralisiert werden, sobald
die Krankenhausschule Lailler eingerichtet ist. Dieses neue Institnt
wird zwei Abteilungen umfassen, die eine in der rue Bichat, die
andere in der rue Grange-aux-Belles. In der ersteren finden die
Kinder mit Tinea tondens Aufnahme, in der letzteren diejenigen mit
Pelade und Favus. Mit der zweiten Abteilung beabsichtigt man
eine allgemeine Poliklinik zu verbinden.
633
;Xnttii(^e Derfüsttngen.
AnweisuBg der KSnigliehen Lokalschnlkommisgion in Manchen
fnr die Bedienung, Instandhaltung und Benutzung der
Brausebadeinrichtungen in den städtischen Schulgebäuden.
I. Beschreibung der Einrichtungen.
Die Bransebadeinrichtungen bestehen ans: 1. dem Aus- nnd
Ankleideranm; 2. dem nebenanliegenden Baderanm; 8. dem Heiz-,
bezw. Kesselraum; 4. der Waschküche (Hanswaschkttche) ; 5. dem
Wäschetrockenranm ; 6. dem Raum für das Badepersonal, zugleich
Requisiten- und Wftscheraum.
Zu 1. Der Ans- und Ankleideraum mit auf Eisenschienen
gewölbter Decke, glattem Kalkmörtelverputz nnd fichtenem, hohl-
gelegtem Fufsboden, unter welchem die Zimmerluft durchstreicht,
enthält die 20 bis 30 Aus- nnd Ankleidezellen, welche ans 0,70 m
breiten nnd 1,90 m hohen Holzwänden in 0,70 m Entfemnng von-
emander gebildet nnd mit selbstschliefsenden Stoffvorhängen, Sitzbrett
und Kleiderrechen versehen werden; femer findet sich hier eine
genügende Anzahl von Sitzbänken mit Kleiderrechen, desgleichen
verteilt im Ranm: Spiegel, Stiefelzieher, ein Tisch zur Austeilung
der Badewäsche, Kämme, Bürsten. Der Fnfsboden ist, insoweit
derselbe zum Verkehr benutzt wird, nebst den Zellen mit abnehm-
baren Teppichen oder Kokoslänfem belegt.
Für ausreichende Beheizung nnd Lüftung ist durch Aufstellung
eines Füllreguliermantelofens mit Frischluftznfühmng nnd Abführung
der verdorbenen Luft in einen Yentilationsschacht über Dach gesorgt.
Im übrigen müssen auch die Fensterflügel zu leichtem Öfiben und
Schliefsen eingerichtet sein. Ein Zimmerthermometer wird an geeig-
neter Stelle angebracht.
Zu 2. Der Baderaum hat Asphalt- oder Cementpflaster auf
starker Betonunterlage mit znsammenschliefsendem Gefälle nach den
das verbrauchte Wasser abführenden Gullys hin und in Cement
geputzte, mit Emaillefarbe gestrichene Wandflächen, femer auf Eisen-
schieneu gewölbte Decke. Auf dem vertieften Pflaster liegt hohl ein
zerlegbarer Holzlattenrost, welcher sich auch auf die Badezellen
erstreckt. Letztere werden gebildet aus 0,70 m breiten, 1,90 m
hohen und 0,70 m voneinander entfernten, nach vorne offenen,
verzinkten Wellblechwänden mit obenliegender Querstange zum Über-
634
hängen des Handtuches; eine Anzahl derselben — zum Gebranche
fQr gröfsere Mädchen — kann mit Vorhängen ans Gummituch
geschlossen werden. In ca. 1,90 m Höhe Aber dem Lattenrost und
in der Mitte der Badezelle befindet sich, ungefähr 1 m fiber dem
Kopfe des Badenden, die senkrecht nach abwärts gerichtete Branse,
welche das Wasser in einem dichten Regen so ergiefst, dafe der
Körper des Badenden gleichmäfsig ringsum vom Wasser benetzt
wird. Jede Badezelle enthält in geeigneter Höhe noch eine durch-
lochte Seifenschüssel und einen Haken zum Aufhängen des Bade-
mantels der gröfseren Mädchen.
Die Brausen erhalten das Badewasser durch eine Yerteilangs-
leitung, welche an einen mit Thermometer versehenen sogenannten
Mischapparat, bezw. an eine Mischreserve anschliefst. In diesen
Mischapparat, bezw. in die Mischreserve wird warmes Wasser ans
der daraberliegenden Warmwasserreserve, sowie kaltes Wasser ans
der Wasserleitung oder einer Kaltwasserreserve geleitet und durch
am Mischapparat vorgesehene entsprechende Yentilstellung auf die
vorgeschriebene Badetemperatur gebracht. Die Yerteilungsleitimg
vom Mischapparat nach den Brausen kann durch eingesetzte
Ventile in 2 bis 3 Unterabteilungen abgesperrt, aulserdem kann
noch jede Brause für sich selbst durch Hahn geregelt oder anch
abgesperrt werden.
Jede Brause ist auf durchschnittlich 10 1 Wasserliefemng
in der Minute eingestellt.
Die Warmwasserreserve steht mit dem Waimwasserheizkessel
durch Umlauf- oder Druckleitung in Verbindung. Vermittelst eines
am Kessel oder der Leitung angebrachten Thermometers kann die
Temperatur des warmen Wassers abgelesen werden.
.In der Längsrichtung zwischen den Badezellenreihen liegen
unmittelbar auf dem Lattenrost in genügender Ausdehnung die Fofs-
badewannen, welche ihr Wasser ebenfalls aus der gemeinsamen
Verteilungsleitung erhalten. Dieselben sind mit Kippvorrichtung und
Thermometer versehen.
Der Baderaum ist ähnlich wie der Aus- und Ankleideraum mit
ausreichender Heiz- und Lüftungsvorrichtung, Fensterlüftung und
Thermometer ausgestattet.
Zu 3. Im Heizraume, womöglich getrennt vom Baderanme,
befindet sich die Heizanlage für das warme Wasser (Warmwasser-
heizkessel) nebst den dazugehörigen Feuerungsgerätschaften; die
Warmwasserreserve liegt gleichfalls aufserhalb des Baderaumes.
Zu 4. Die Waschküche enthält aufser dem Herd und den
notwendigen Waschgerätschaften noch eine Handauswindmaschine.
Zu 5. Der Wäschetrockenraum ist ein neben oder nidit weit
635
von der Waschküche gelegener, mit Steinfufsboden, Gestellen, Auf-
hänge-, sowie Heiz- und Lüftongsvorrichtangen ausgestatteter Baum ;
Yom Fufsboden des Trockenraumes führt ein Dunstschlot über Dach
ins Freie.
Zu 6. Den Raum für das Badepersonal bildet eine zwischen
dem Bade- und dem Aus- und Ankleideraume oder in letzteren ein-
gebaute Abteilung, welche mit Ofen, Wäscheschrank, Wäschemangel etc.
versehen ist.
n. Anweisung zur Bedienung, Reinigung und Instand-
haltung der Badeeinrichtung.
a. Bedienung.
1. Die Bedienung der Feueranlagen, Hähne, Ventile, überhaupt
aller technischen Vorrichtungen geschieht einzig und allein durch das
hierfür angestellte Bedienungspersonal.
2. Vor dem Anfeuern des Warmwasserheizkessels müssen die
Wasserreserven gefüllt sein, was bei geöffneten Wasserleitnngshähnen
selbstthätig durch die Schwimmkugelhähne erfolgt.
3. Das Anheizen des Warmwasserkessels und im Winter der
Heizöfen hat längstens 2 Stunden vor Beginn der Badezeit, nur bei
grüiserer Kälte früher, und zwar mit dem vorgeschriebenen Brenn-
material zu geschehen. Jede Überheizung des Kessels und der
Öfen ist denselben schädlich und deswegen unstatthaft.
Vor dem jedesmaligen Anzünden sind die Roste von Asche und
Schlacke gründlich zu reinigen.
4. Die Temperatur des Wassers im Kessel, bezw. in der
Reserve darf höchstens +50®R., bezw. +60^0. betragen.
5. Die Temperatur des laufenden Brausewassers muis durch
den Mischapparat vor Eintritt der Kinder in die Badezellen genau
auf +26*^R. = 32,6® C. eingestellt werden. Mit dieser Temperatur
wird ungefähr iVs Minute lang gebraust; hierauf läfst man während
der zweiten Minute die Temperatur des Brausewassers allmählich
sinken, und zwar bei den unteren und mittleren Klassen auf -|- 16
bis + 17 <* R. = + 20 bis + 21°C., bei den oberen auf+lö^R.
=== + 19® C. Endtemperatur.
6. Das Wasser in den Fufsbadewannen ist schon vor Beginn
des Badens einer Klasse vorzurichten, und zwar mit -f'^^ ^>8
-f 24® R. = -f 28 bis + 30 ® C. Das Fufsbadewasser wird für
jede badende Klasse erneuert.
7. Die jeweilen zu badende Kinderanzahl einer Klasse soll so
in die 2 bis 3 Brauseabteilungen verteilt werden, dais keine laufende
Brause unbenutzt bleibt.
636
8. Die Temperatur während der Badezeit im Aas- and Ankleide-
ranm sowohl, als auch im Baderanm soll zwischen -|- 15 bis 4-18^ ^
= -\- 19 bis + 22,5® C. betragen; gleichzeitig sind die vorbaa-
denen Ltiftangseinrichtungen in Gang zu setzen. Das Öftnen der
Fenster in den beiden Bäomen ist aafserhalb der Badezeit gestaUet
nnd auch notwendig, nie jedoch während des Badens, aasgenommen
an warmen Sommertagen.
9. Für den Trockenraom genügt eine Temperatur Yon ungefäbr
+ 30® R. = + 37,5® C. bei entsprechend geöffneter Frischluft-
zuführungs- und unterer Abzugsklappe. Die obere Abluftklappe ist
nur bei feuchtwarmer Witterung zu öffiien.
Es ist in Bezug auf den Brennmaterialverbrauch möglichste
Sparsamkeit geboten durch richtige und rechtzeitige Regelung äet
Feuerungseinrichtungen, Warmwasserhähne, Luftverschlüsse etc.
b. Reinigung und Instandhaltung.
10. Der Warmwasserkessel, die Reserven und, soweit notwendig,
auch die Leitungen müssen bei stetem Betriebe alle 8 bis 10 Wochen
vom Kessel- und Wasserstein gründlich gereinigt werden ; desgleichen
die gesamten Heizvorrichtungen, wie Kessel, Öfen, Rauchzüge und
Rohre, alle 4 Wochen von Rufs und Asche. Diese Arbeiten werde«
mit Ausnahme der eigentlichen Kaminkehrerarbeiten durch Arbeiter
des Stadtbauamtes besorgt.
11. Aufser diesen Hauptreinigungsarbeiten sind wöehentlidi
einmal durch das Badepersonal die Holzroste herauszunehmen, abzu-
bürsten und zu waschen, besonders an der dem Pflaster zugewandten
Seite, sowie zwischen den Latten selbst. Nach der Reinigung werden
die Roste langsam getrocknet.
12. Ehe die bereits trockenen Reserveroste eingelegt werden,
ist der Boden des Baderaumes zu bürsten und zu schwemmt;
die vorhandenen Gullys sind zu entleeren und gründlich zu reinigen.
13. Desgleichen müssen vom Badepersonal die Armaturteile der
Einrichtung, wie Ventile, Hähne, Brausen etc., wöchentlich einmal
mit Putzmaterial gereinigt und auf ihre Brauchbarkeit geprüft
werden.
14. Während der allwöchentlichen Reinigung sind die gesamten
Räume des Bades durch Fensteröffnen gründlichst zu lüften, die
Fufsbodenteppiche und Läufer im Hofe auszuklopfen und zu bürsten,
die Fufsböden selbst aufzuwischen und erst nach Trockenwerden
wieder zu belegen.
15. Die Instandhaltung der technischen Einrichtungen obliegt
dem Stadtbauamte. Es sind deshalb alle entstandenen Schäden und
Mängel, soweit dieselben bautechnischer Natur sind, demselben sn
637
melden. Desgleichen obliegt dem Stadtbauamte im Einvernehmen
mit dem Oberlehrer die bautechnische Überwachung des Betriebes
und der Einrichtungen unter Zugrundelegung vorliegender Anweisung,
and hat sich das Badepersonal in dieser Beziehung den Anordnungen
der hierfür angestellten Organe des Stadtbauamtes zu fügen. Die
schnltechnische Leitung und Überwachung des Betriebes in gesund-
heitlicher, unterrichtlicher und erziehlicher Hinsicht ist ausschliefslich
Sache des Oberlehrers, bezw. der demselben vorgesetzten Schul-
behörden.
16. Das Badepersonal hat genaue Aufschreibungen über die
abgegebene Bransenzahl und den Brennmaterialverbrauch in die
hierfür vorhandenen Listen zu machen und dem Stadtbauamte (Heiz-
bareau) monatlich einzuliefern, desgleichen alle 14 Tage mündlichen
Bericht über den Zustand und Betrieb der technischen Einrichtungen
an die gleiche Stelle zu erstatten.
UI. Badebetrieb.
1. Die Beteiligung der Kinder ist eine freiwillige.
2. Kindern mit Neigung zum Nesselausschlag oder anderen
Hautentzündungen, sowie sehr erregbaren Kindern ist die Beteiligung
am Baden zu widerraten.
Mit Kopf- oder Hautausschlägen oder mit Ungeziefer Behaftete
sind nur dann zum Baden zuzulassen, wenn Sicherheit gegeben ist,
dafis die von ihnen benutzte Wäsche nicht auch von anderen Kindern
benutzt vrird, bezw. mit derjenigen anderer Kinder nicht in Berührung
kommt; wo es durchführbar ist, können dieselben auch in den
Zwischenzeiten zum Baden zugelassen werden.
3. Die Badezeiten sind so einzurichten, dals jedes Kind stets
an einem bestimmten oder an einem 2 Tage vorher bekannt
gegebenen Tage zu baden Gelegenheit hat.
4. Als Badezeiten eignen sich die Vormittagsstunden und die
späteren Nachmittagsstunden, während die Stunden nach der Mittags-
mahlzeit zu vermeiden sind.
5. Die Reihenfolge der Klassen beim Baden wird durch den
Oberlehrer bestimmt.
6. Die Bildung der Badegruppen innerhalb einer Badeklasse
bemiist sich unter Berücksichtigung der oben unter Ziffer II, Absatz 7
gegebenen Weisung nach der Zahl der vorhandenen Brausen und
bezw. der Auskleidezellen.
7. Die gesamte Badezeit für eine Badegruppe beträgt im
Durchschnitt 22 Minuten, nämlich 10 Minuten für Auskleiden,
2 Minuten unter der Brause, 10 Minuten für Ankleiden, und auch
638
bei sechs- bis siebepjährigen EiDdern jedenfalls nicht über
30 Minuten.
8. Länger als 2 Minuten sollen die Kinder nicht unter den
Brausen bleiben; hiervon soll ungefähr ein Drittel zum Einseifen
und Abreiben, ein Drittel zum Abspülen mit Warmwasser und du
letzte Drittel zur Abkühlung unter der Brause verwendet werden.
Die Abspülung der Füfse ist in möglichst kurzer Zeit zu vollziehen.
Bei den kleineren Kindern und im Winter genügt indes ungefthr
die Hälfte der Zeit.
9. Es gilt als Regel, dafs die Kinder die Badewäsche osd
Badebekleidung selbst mitbringen; doch wird seitens der Schule
dafür gesorgt werden, dafs für unbemittelte Kinder die erforder-
lichen Gegenstände in genügender Anzahl vorhanden sind.
10. Erforderlich sind:
a. für Knaben eine Badehose, für Mädchen entweder eil
Röckchen, welches von den Hüften abwärts bis gegen die
Kniee den Körper bedeckt, oder eine vollständig und nach
hinten geschlossene Badeschürze von gleicher Länge ;
b. ein Trockentuch;
c. für Mädchen mit langen Haaren eine wasserdichte Kopf-
bedeckung.
d. Die gröfseren Mädchen welche die mit Gummivorh&ngei
verschliefsbaren Badezellen zu benutzen haben, verwenden
ferner zum Ein- und Austritt leinene oder baumwollene Bade-
mäntel, welche während des Badens selbst abgenonunai
werden.
11. Stiefelzieher, Kämme u. dergl. werden von der Schule ii
genügender Anzahl zur Verfügung gestellt.
12. Während der ganzen Badezeit einer Klasse ist eine Lehr-
kraft, bei Knaben eine männliche, bei Mädchen eine weibliche, wr
Beaufsichtigung und zur Aufrechthaltung der Ordnung in den Bad^
räumen anwesend; von derselben ist namentlich auch darauf za
achten, dafs die Kinder die Brause nicht verlassen, bis die Abkühlung
beendet ist, da gerade in dieser Abkühlung und der damit ver
bundenen Zusammenziehung der HautgefäTse die beste Sicheriieit
gegen Erkältung gegeben ist.
Es ist durchaus unstatthaft, die Kinder dem Badediener oder
der Badedienerin zur Beaufsichtigung zu überlassen.
13. Die beaufsichtigende Lehrkraft, in der Regel die Klassen-
lehrkraft, hat die Badeklasse in die Baderäume zu führen und aus
denselben wieder in das Klassenzimmer zurückzngeleiten.
14. Auf die Badezeit hat stets noch eine Unterrichtszeit von
mindestens halbstündiger Dauer zu folgen.
639
15. Damit der Unterricht möglichst geringe Beeinträchtigung
erfährt, werden geeignete Unterrichtsfächer, z. B. Lesen, Schreiben,
Handarbeiten, in die Badezeit verlegt.
Es besteht jedoch kein Hindernis, in den auf die Badezeit
verlegten Unterrichtsfächern einen Wechsel eintreten zu lassen.
16. Jene Kinder, welche am Baden nicht teOnehmen, sind
während der Badezeit im Klassenzimmer entsprechend zu beschäftigen
und zu beaufsichtigen, oder auch einer Zweigklasse zuzuteilen.
Beschlossen München, den 22. Juni 1893.
Königliche Lokalschulkommission.
(Gez.) Ph. Bbünneb, (Gez.) Dr. Wilh. Rohmedeb,
II. Bflrgermeister. Kgl. Stadtschulenkommissar.
Zugestimmt München, den 28. Juni 1893.
Magistrat.
(Gez.) W. BoBSCHT, I. Bürgermeister.
Ans der neuen prenfsisehen PrSfangsordniuig Ar Tnm-
nnd Schwimmlehrer.
§5.
Die Prüfung ist eine theoretische — schriftliche und mündliche —
und eine praktische.
§ 6.
Die schriftliche Prüfung besteht in Anfertigung einer Klausur-
arbeit über dn Thema aus dem Bereiche des Schulturnens und je
nach dem Ermessen der Kommission auch in Beantwortung einzelner
Fragen ans dem Gesamtgebiete der Prüfungsgegenstände.
§7.
Die mündliche Prüfung erstreckt sich
1. auf die Kenntnis der wichtigsten Erscheinungen aus der
Geschichte des Turnwesens, namentlich der neueren Zeit,
auf die Aufgabe und Methode des Turnunterrichtes, auf
die Beschreibung und Entwickelung yon Turnübungen, auf
die Bestimmung, Begrenzung und Gruppierung des Übungs-
stoffes für die verschiedenen Alters- und Klassenstufen,
auf die durch das Studium von Fachschriften gewonnene
Kenntnis der Tumlitteratur und der Tumsprache;
2. auf die Beschreibung der für das Schulturnen geeigneten
Übungsgeräte . und die Art ihrer Verwendung, auf die
Anlage und Einrichtung der Turnräume;
3. auf die Kenntnis des menschlichen Körpers nach seinem
Bau und nach seinen Lebensäulserungen (s. Anlage a.),
640
des Einünsses der tamerischen Übungen auf diese, sowie
der beim Turnen zn beobachtenden Gesnndheitsregein und
auf die ersten notwendigen Hilfeleistungen bei etwa yor-
kommenden Unfällen;
4. bei denjenigen Bewerbern, welche eine Lehrerprflfung nicht
abgelegt haben, auf die Kenntnis der wichtigsten Erziehnngs-
und Unterrichtsgrundsätze.
§8.
Die praktische Prüfung erstreckt sich
1. auf die Darlegung der körperlichen Fertigkeit in den
Obungen des Schulturnens;
2. auf den Nachweis des erforderlichen Lehrgesdiii^es in
besonderen Lehrproben.
§9.
Bewerber, welche zugleich die Befähigung für Erteilung des
Focht- oder Schwimmunterrichtes (s. Anlage b.) nachzuweisen wünschen,
werden in diesen Fächern besonders geprüft.
Anlage a.
Kenntnis des menschlichen Körpers.
Übersicht über die Organe des menschlichen Körpers, über
ihre Lage und ihre Funktionen.
Das Knochengerüst als Grundlage des Bewegungsiqpparates.
Die Schädelknochen nur im allgemeinen, die Wirbelsäule nach Form
und Zusammensetzung, der Brustkorb, der Schulter- und Beckengflrtel,
die Gliedmafsen. Von einer ins einzelne gehenden Beschreibung
der Knochen wird abgesehen. Die Yerbindungsweisen der Knochen,
namentlich die Gelenkverbindungen.
Die Muskeln des Knochengerüstes: Bau und Thätigkeit der
Muskeln im allgemeinen, die wichtigeren oberflächlichen Muskeln
und Muskelgruppen, ihre Lage und die Bewegungen, welche sie zn
Stande bringen.
Die äufsere Haut, ihr Bau und ihre Fanktionen.
Das Herz und der Blutkreislauf, die verschiedenen Arten der
Blutgeföfse, der Verlauf der gröfseren GeMse ; Kenntnis der Stellen,
an denen gröisere Pulsadern äufserlich zu fühlen sind. Das Blnt
als Emährungsflüssigkeit. Die Lymphgefäfse (Saugadem) und die
Lymphe.
Die Lunge und die Atmungsmuskeln, der Atmungsvorgang,
die Bedeutung des Atmens für die Blutbildung.
641
Das Nervensystem im aUgemeinen; Gehirn, Rackenmark,
Nervenknoten (Ganglien). Bewegnngs- nnd Empfindnngsnerven.
Verlauf der größeren Nervenstränge.
Die Yerdaunngsorgane: Die einzelnen Teile derselben nach
Form, Lage nnd Thätigkeit.
Anlage b.
Die Schwimmlehrerprttfnng
besteht ans
1. einer praktischen Prüfung, umfassend das Schulschwimmen
als Dauerschwimmen, die Wassersprttnge (Fuls- und Kopf-
sprünge), das Wassertreten, Tauchen, Schwimmen unter
dem Wasser, das Retten im Wasser Verunglückter und
ihre Behandlung bis zur Ankunft; eines Arztes; dazu eine
Lehrprobe behufs Nachweises des erforderlichen Lehr-
geschickes;
2. einer theoretischen Prüfung, die sich erstreckt auf die
Beschreibung und Zergliederung der Schwimmbewegungen,
die Methode des Schwimmunterrichtes, die Einrichtung,
Ausstattung und Leitung von Schwimmanstalten.
Berlin, den 15. Mai 1894.
Der Minister der geistlichen u. s. w. Angelegenheiten.
(Gez.) Bosse.
U. in. B. 1477 ^•
Verordnimg des Regierungsrates des Kantons Zng,
betreffend SchnlgesnndJheitspflege«
Zug, den 25. Juli 1894.
L Schüler.
§ 1.
Schuleintritt. Die Schulkommissionen haben dafür zu sorgen,
dab alle Kinder der ersten Klasse 14 Tage nach Beginn der Schule
durch einen Arzt untersucht werden. Derselbe bezeichnet in einem
schriftlichen Bericht an die Schulbehörde erstens diejenigen Kinder,
welche infolge mangelhafter körperlicher oder geistiger Entwickelung
noch ein Jahr zurückzustellen sind, zweitens diejenigen, welche körper-
licher oder geistiger Fehler wegen aus der Schule gänzlich entlassen
werden sollten.
Die Entscheidung in allen diesen Fällen ist Sache der Schul-
kommission.
Sehnlfttimdhtittpflege vn. 41
642
§2.
Ansteckende Krankheiten. Erkrankt ein Kind an Pocken,
Scharlach, Krapp oder Diphtherie, so müssen sowohl dieses Kind,
als anch Kinder, welche in einer Haushaltung oder in R&umMch-
keiten wohnen, wo solche Krankheiten herrschen, vom Schul- und
Kirchenbesuch so lange femgehalten werden, bis durch ein ärzt-
liches Zeugnis die Erlaubnis zum Wiederbesuch nachgewiesen wird.
Für Masern kommt diese Bestimmung nur bei bösartigen
Epidemien zur Anwendung.
Eander mit ekelhaften Hautkrankheiten, Läusen oder Krfttze
dürfen bis zu ihrer Heilung die Schule nicht mehr besuchen.
Kinder, deren Eltern für richtige Behandlung nicht sorgen
wollen oder können, sind dem Präsidenten der Schulkonunission
anzuzeigen, welcher fdr die Behandlung zu sorgen hat.
II. Unterricht.
§3.
Stundenplan. Die ünterrichtsächer sollen so aufeinander-
folgen, dafs zwischen anstrengendem und weniger anstrengenden
Unterrichte eine geeignete Abwechselung stattfindet. Fächer, welche
das Denkvermögen mehr beanspruchen, müssen auf die ersten Stunden
angesetzt werden.
Mehr als 3 Stunden ununterbrochenen Unterrichtes, auch warn
Pausen dazwischentreten, sind auf der Stufe der Primär- und
Sekundärschule thunlichst zu vermeiden.
An den Knaben-, wie Mädchenprimarschulen sollen wöchentlich
zwei halbe Tage frei gegeben werden.
§ 4.
Schreiben und Lesen. Es ist schon vom ersten Unterrichte
an darauf zu halten, dafs die Entfernung des Auges von der Schrift
nicht weniger als 30 cm betrage. Beim Schreiben sind spätestens
von der zweiten Klasse an Papier, Feder und schwarze Tinte zn
gebrauchen.
Die Schul wandtafeln sollen einen matten, schwarzen Anstrich haben.
Die Schüler sind nach ihrer Gröfee auf die ihnen passenden
Bänke zu verteilen.
Kurzsichtige und schwerhörige Schüler sollen auf die vordeisten
Plätze gesetzt werden.
§5.
Die Turnstunden müssen regelmäßig durchgeführt und, wenn
immer möglich, im Freien gehalten werden.
643
§6.
Pausen nndVentilation. Entweder soll nach jeder Schul-
stunde eine Pause von 10 Minuten oder in det Mitte eines Schul-
halbtages eine solche von 15 Minuten eintreten. Während derselben
sind die Schüler durch den Lehrer zu überwachen.
Die Pause hat ftlr alle im gleichen Schulhause befindlichen
Klassen gleichzeitig stattzufinden.
Wenn die Witterung es irgendwie erlaubt, müssen sich die
Schüler ins Freie begeben.
Während der Pausen sind die Zimmer durch ÖSnen der Fenster
mit frischer Luft zu versehen.
Nach Schlufs der Schule und vor Wiederbeginn derselben ist
fleUsig für gute Lüftung der Schulzimmer zu sorgen.
§ 7.
Hitzferien. Wenn im Sommer während des Vormittags die
Temperatur in den Schulzimmem im Schatten auf 27^ C. steigt und
über Mittag anhält, so sollen an den Primarschulen nachmittags
Ferien sein oder Spaziergänge gemacht werden.
nL Unterrichtslokale.
§8.
Den am zahlreichsten besuchten Klassen sind die geräumigsten
Schulzimmer anzuweisen.
§9.
Die Unterrichtslokale sollen wöchentlich mindestens zweimal auf
nassem Wege, z. B. mit nassem Sägemehl, gereinigt werden. Im
Frühling und Herbst sind dieselben einer gründlichen Hauptreinigung
zu unterwerfen.
In jedem Schulzimmer soll an geeigneter Stelle ein Thermo-
meter nach Celsius angebracht werden.
Erhebliche Abweichungen von der normalen Zimmertemperatur
von 15^ C. sind von der Lehrerschaft in der Schulchronik zu be-
merken.
§ 10.
Für die sanitäre Einrichtung der Aborte, die Entleerung der
Abtrittgruben und die Reinhaltung der Abtritte haben die Schul-
behörden und die Lehrerschaft besondere Sorge zu tragen.
4r
644
JßtxfonaVxtn.
Dem Generalsekretär des YIII. internationalen Kongresses für
Hygiene nnd Demographie, Professor Dr. Eolomak Mülleb in
Budapest, wnrde am ersten Kongrefstage das Diplom eines Ehren-
mitgliedes des britischen Instituts fttr öffentliche Gesundheitspflege
überreicht.
Die philosophische Fakultät der Uniyersit&t Jena hat dem
Direktor des Gymnasiums zu Hildburghausen, Geheimem Hofrat
Ernst Rittwegeb, die Doktorwürde honoris causa verliehen.
Kreisschulinspektor Rudolf Scheüebmann erhielt den CSiarakter
als Schulrat, Dr. Geobg Cobnet, bekannt durch seine Studien
über Tuberkulose, das Prädikat Professor.
Unser verehrter Mitarbeiter, Herr Dr. Haks Adleb, Vorstand
der okolistischen Abteilung am k. k. Wiedener Krankenhause, ist
zum wirklichen Primarärzte ernannt worden.
Es erhielten: den St. Stanislausorden II. Klasse Staatsrat
Dr. Pbeusfbeund, Ehrenmitglied des Mohilewschen Gouvernements-
kuratoriums der Kiaderasyle; den Adler der Ritter des Königlichen
Hausordens von HohenzoUem Provinzialschulrat Bode zu Königs-
berg i. Pr. und Kreisschulinspektor Schulrat SCHBÖDEB in Gropischken;
den Kronenorden IE. Klasse Kreisschulinspektor Dr. KalIiER in
Saarlouis; den roten Adlerorden lY. Klasse der Regierungs- und
Schulrat Schellong zu Königsberg i. Pr., der Direktor der König-
lichen Elisabethschule Dr. Stephan Waetzoldt in Berlin, jetzt
Regierungs- und Schulrat in Magdeburg, der Gymnasialdirektor
Dr. EiCHHOBN in Wehlau, der Realschuldirektor Ebdhanv eben-
daselbst, der Gymnasialdirektor Dr. Angeb in Graudenz, der Di-
rektor des Realgymnasiums Bobnstedt in Jenkau, der Seminardirektor
Dr. SCHANDAU in Braunsberg, der Kreisschulinspektor Lange in
Neumark, der Gymnasialdirektor Dr. Petebs in Hadamar, der
Seminardirektor Jablonski in Tuchel und der Direktor des König-
städtischen Realgymnasiums Dr. Yogel in Berlin.
Zum Kommandeur der Ehrenlegion wurde ernannt Dr. Monob,
Direktor des Gesundheitswesens in Paris, zu Rittern der Ehrenlegion
Dr. Labbieb, Mitglied des obersten G^esundheitsrates von Frank-
reich in Rambervillers, Dr. Lacombe, Arzt der Schulen von Montbrcm
und Eymoutiers, Dr. Rüault, Arzt der Taubstummenanstalt in
Paris, und Dr. Felix Despagnet, Augenarzt des College Rollin
und der Stadtschulen von Paris.
645
Unsere geschätzten Mitarbeiter, die Herren Professor der
gerichtlichen Medizin Hofrat Dr. Edüabd Ritteb von Hofmank
und Professor der Hygiene Dr. Max Gbüber in Wien, sind zu
ordentlichen Mitgliedern des k. k. obersten Sanitätsrates für das
Triennium 1894—1897 gewählt worden.
Der gleichfalls zn unseren Mitarbeitern zählende Herr Gymnasial-
direktor Dr. Robert Paehleb in Wiesbaden wnrde zum Proyinzial-
schulrat in Kassel, der Gymnasialdirektor Dr. Joseph Buschmann
in Bonn zum Provinzialschuhrat in Koblenz befördert.
Der Regierungs- und Schulrat Sandeb in Bunzlau geht als
Schulrat nach Bremen.
Unser yerehrter Mitarbeiter, Herr Professor der Chirurgie
Dr. Th. Kogheb in Bern, hat die Berufung nach Strafsburg
abgelehnt.
Gymnasialdirektor Hofmann in Bayreuth wurde zum Direktor
des Gymnasiums St. Anna in Augsburg, Gymnasialdirektor Keppel
in Hof zum Direktor des Gymnasiums in Bayreuth, Oberlehrer Brandt
an der Realschule in Grimma zum Direktor derselben und Ober-
lehrer Dr. Franz Hummel am Realgymnasium in Magdeburg zum
Direktor der Realschule daselbst ernannt.
Privatdocent Dr. L. Pfeiffer in Manchen ist als Professor
der Hygiene nach Rostock berufen worden.
An Stelle des nach Leipzig übersiedehdden Professors Dr. Solt-
MANN wurde Dr. A. Gzerny, Privatdocent an der deutschen
medizinischen Fakultät in Prag, zum aufserordentlichen Professor
der KinderheOkunde in Breslau ernannt.
Die aufserordentliche Professur für Pädiatrie in Charkow erhielt
Professor L. Bartenew in Tomsk.
Stabsarzt Professor Dr. Behring in Berlin, von dem die jetzt
so Tiel besprochene Diphtheriebehandlung mit Heilserum herrührt,
hat den Auftrag erhalten, während des Wintersemesters den hygie-
nischen Unterricht an der Universität Halle vertretungsweise zu
ftbemehmen, da Professor Dr. K. Fraenkel in Marburg erst zu
Ostern k. Js. dort eintreten kann.
Der k. k. österreichische Unterrichtsminister bestätigte die Zu-
lassung des Prosektors Dr. Hans Hammer als Privatdocent fQr
Hygiene und Bakteriologie an der technischen Hochschule in Brfinn.
Am 14. September vollendete unser verehrter Mitarbeiter,
der schon erst erwähnte Herr Hofrat Professor Dr. Eduard Ritter
von Hofmann in Wien, das fQnfnndzwanzigste Jahr seiner akademi-
schen Thätigkeit als Professor der gerichtlichen Medizin; bei dieser
Gelegenheit wurden ihm zahlreiche Ovationen, besonders von seinen
Assistenten und Schtdern, dargebracht.
646
Der Direktor des Lnisengymnasinms in Berlin , Professor
Dr. ScHWABTZ, der Direktor des Realgymnasinms zum heiligen
Geist in Breslan, Professor Dr. Reucann, and der Rektor des
Gymnasium Albertinam zn Freiberg i. S., Professor Franke, sind in
den Rahestand getreten; ans diesem Anlasse erhielten die ersteren
beiden den Charakter als Geheimer Regierangsrat, der letztere den-
jenigen als Oberschalrat.
Es sind gestorben: Geheimrat Dr. Petzoldt, Direktor im
Königlich sächsischen Ealtasministerinm za Dresden; Geheimer
Sanitätsrat Dr. H. Hoffmann, nicht nar als dirigierender Arzt der
Frankfurter Irrenanstalt, sondern in noch weiteren Kreisen als Ver-
fasser des in 180 Anflagen and anzähligen Übersetzangen erschienenen
„Strawwelpeters'' bekannt; Medizinalrat Dr. Kuby in Augsborg,
Verfasser zahlreicher Arbeiten anf dem Gebiete der öffentlichen
Gesandheitspflege, anter anderem des Baches „Das Volkss(Milhaus
auf dem Lande und in kleinen Städten^ ; Professor der Hygiene
Dr. Rollet in Lyon; Professor Dr. Ch. Lehcehb, Direktor der
otiatrischen Poliklinik in Rostock, am die Erforschang der Tanb-
stammheit in Mecklenbarg verdient ; Schalrat Kabl Fbjedb. Schmidt,
Seminardirektor in Pirna; Dr. Wilh. Theod. Paul, Direktor des
Sophiengymnasiams in Berlin; Dr. Wilh. Kbumme, Direktor der
Oberrealschale in Braanschweig; Dr. Pintzgeb, Realgymnasialdirektor
in Meiningen; Robebt Gelinik, ehemaliger Direktor der MflUer-
Gelinikschen Realschale in Dresden; Dr. Wilh. Pabow, Orthopäde
in Weimar, von dem eine wertvolle Stadie „Ü&er die normalen
Erummfwngen der WirhelsävUe*^ and die nach ihm genannte Scholbank
herrfthrt.
I^itteratnr.
Besprechangen.
Otto Wilhelm Beteb. Deutsche Ferienwandernngen. Schoier-
reisen als Anschaaangsgänge in deatscher Landes- and Volkskunde.
Leipzig, 1894. Georg Reichardt. (73 S. 8®. il 1,20.)
Als der von Geheimrat Waetzoldt verfafste GossLSBsche
Erlafs zar Neabelebang der tamerischen Übnngen, Spiele and
Wanderfahrten am 27. Oktober 1882 erschienen war, da nahmen
sich die Leiter and Lehrer der prealsischen Schalen in wohlgemeintoa
Eifer der Wanderangen und Reisen der Schiller an. Aber an vielen
Orten übertrieb man die Sache, an anderen verstand man sie über-
647
hanpt nicht in ihrer pädagogischen Bedentung und praktischen Aus-
fOhrharkeit, an noch anderen Stellen wurden die Ausflüge und Tarn-
fahrten gar zn Bierreisen, also in ihr Gegenteil gewandelt. Auf
Grand der ungünstigen Berichte, die von verschiedenen ProTinzial-
behörden einliefen, sah sich das Ministerium yeranla&t, eine neue
Verordnung unter dem 17. Juni 1886 hekannt zu geben, die freilich
das Kind mit dem Bade ausschüttet, jedenfalls im Widerspruch mit
dem Geiste des oben angezogenen berühmten Erlasses steht. Sonn-
ond Feiertage sind danach von Schülerausflügen ganz ausgeschlossen.
Was die Wochentage betrifft, so ist der Direktor ermächtigt, „für
dieselbe Klasse innerhalb eines Schuljahres zweimal den
Nachmittagsunterricht oder einmal den Unterricht eines
ganzen Schultages ausfallen zu lassen''. Bei so knapp be-
messener Zeit kann der Lehrer seine Schüler nicht ans Wandern
gewöhnen, nicht den richtigen Geist pflegen und üben, nicht die
erwünschte Erfrischung und Kräftigung während der Schulzeit bieten.
Es bleiben ihm nur die Ferien für derartige Unternehmungen übrig,
and erfreulicherweise werden dieselben von manchen Lehrern auch
so benutzt.
Der Verfasser der vorliegenden Schrift will diese deutschen
Ferienwanderungen in der Weise gestaltet wissen, dafs sie zu
„Anschauungsgängen in deutscher Landes- und Yolkskunde*^ werden,
dafs sie ein lebendiges Mittel darstellen, um den Sinn und das Ver-
ständnis der Schüler für deutsches Volkstum zu erweitem und zu
vertiefen. Die Vorschläge, die er zu diesem Zwecke macht, sind
entschieden sachverständig und wohlgemeint; aber ich fürchte, sie
sind zu sehr im Sinne der HEBBABT-ZiLLEBschen Erziehungsschule
gestaltet: man merkt die Absicht, und man wird verstimmt. Unsere
offenen und öffentlichen neunklassigen Lehranstalten sind unmöglich im
Stande, die erziehlichen Aufgaben auf sich zu nehmen, welche die in sich
geschlossenen Erziehungsanstalten, die zugleich für Familie und Haus
eintreten, verfolgen. Die Gynmasien, Realgymnasien, Oberrealschulen
können nicht dasselbe wollen und leisten, wie die Ritterakademien
und Kadettenanstalten, die Fürstenschulen, Philanthropine und andere
Pädagogien. So scheint mir, als habe Beyeb das Ziel für unsere
höheren Lehranstalten zu weit gesteckt, wenigstens in der Theorie.
In praxi weifs er sich indes weise zu bescheiden und gibt daher
eine Menge von dankenswerten Winken, Weisungen und Ratschlägen,
von denen jeder Lehrer, welcher solche Ferienwanderungen unter-
nimmt oder in Aussicht hat, den ergiebigsten Gebrauch machen
kann. Auch wird jeden die wohlthuende Wärme des Tones, welche
in dem Schriftchen waltet, angenehm berühren und womöglich zur
Nacheiferung anfeuern.
648
Der YerfiBSser zeigt zunächst, warum gerade Deutschland, das
Herz Europas, ein vorzügliches Wanderfeld sei und wie in solcher
Taterlftndischen Wanderung jedem deutschen Knahen und Jönglinge
der Geist sich erweitem und festigen, die Brust sich gesund haden
müsse in patriotischem Denken und Empfinden. Die unterrichtliche
Unterweisung in der Klasse, auch die Veranstaltung von wieder-
kehrenden patriotischen Schulfesten, die nicht einer gewissen Ein-
förmigkeit ermangeln, reichen dazu nicht aus; erst Gresellschaftsreisen
Yon Schülern bewirken solches, wie schon L. Jahn sagt, dafs nichts
so sicher als Wandern, Zusanmienwandem schlummernde Tugenden
erweckt, Mitgefühl, Teilnahme, Gemeingeist und Menschenliebe, da£5
aus dem fröhlichen Zusammenleben der Jugend der Geist der Leut-
seligkeit in die Welt getragen wird. Neben diesen Übungen socialer
und patriotischer Tugenden hat aber das Waodem, wie es von
Beyer geschildert wird, auch hervorragende hygienische Wirkungen,
Yor allem das Wandern im Gebirge, das dengenigen im Flachlande
gegenüber geradezu als „gesteigerter Natur" bezeichnet werden kann.
Man lese besonders S. 14 — 18 nach, wo von dem Einflufs der
Gebirgsluft und des Bergsteigens auf die körperliche Entwickelung
die Rede ist.
Die pädagogischen und didaktischen Ziele und Zwecke der
Ferienreisen liegen der Tendenz dieser 2kitschnft femer, als da&
deren Darlegung iq der BEYEBschen Schrift hier einer eingehenderen
Besprechung bedürfte. Doch kurz sei erwähnt, dafs Beyer das
Land und die Landschaft 1. als Gegenstand ästhetischer Beurteilung.
2. als Gegenstand der Geologie und physikalischen Geographie, 3. als
Gegenstand des materiellen Nutzens (Industrie), 4. als Schauplatz
denkwürdiger Begebenheiten, 5. als Gegenstand politischer Geographie,
6. als Standort für Kunst- und Kulturschönes betrachtet wissen will,
während das Volk 1. nach Stammeszugehörigkeit, wie sie sich äuTseit,
in körperlichen Merkmalen, in Sprache, Sitte, Nahrung, Kleidung,
Wohnung, Siedelungsformen u. s. w., 2. nach Beschäftigung und
ständischer Gliederung, 3. nach Bekenntnis und seinen ta&er^
Formen beobachtet und den Schülern nahegeführt werden soll. Das
eigentlich SchulmäCsige aber will der Verfasser von einer solchen
Reise yerbannt wissen.
Er gibt dann noch einen übersichtlichen Plan für Schülerreisen
in die deutschen Lande während der 9 Schuljahre und einen ein-
gehenden Entwurf zu einer sechzehntägigen Ferienreise nach
Thüringen für sächsische Schüler. Unter vielen anderen beachtens-
werten Vorschlägen ist deijenige besonders hervorzuheben, welcher
auf die Begründung einer Oentralstelle für die Ferienreisen dentscber
Schüler hinausgeht ; vielleicht gründet Beyer selbst eine solche.
649
Wir schlie&en mit dem Wunsche, welchen der Verfasser
am Ende seines Vorwortes ausspricht: „Und so mag die Schrift
hinausgehen als eine Einladung an die höheren Schulen Deutsch-
lands, das unvergleichliche Erziehungsmittel gemeinsamer und päda-
gogisch geleiteter vaterländischer Wanderungen von Schülern recht
liehevoll auszugestalten. Das deutsche Vaterland wird ihnen das
jedenfalls dereinst danken.^
Direktor des Falkrealgymnasiums Dr. phil. Th. Bach
in Berlin.
Dr. M. J. Kbanzfeld. Überblick der sanitär -hygienischen
Verhältnisse in 75 Lehranstalten der Stadt Odessa, welche
nnter der Leitnng der Direktion der Volksschnlen stehen.
Vortrag, gehalten in der Sitzung der Gesellschaft Odessascher
Ärzte. (Russisch.) Odessa, 1893. Issakowitsch. (51 S. 8^.)
Die kleine Broschüre stellt sich die Aufgabe, zu ermitteln, in
welchem Mafse die Forderungen der Hygiene im russischen Schul-
leben berücksichtigt werden. Der Verfasser suchte im Auftrage der
Direktion der Odessaer Volksschulen die angedeutete Aufgabe zu
losen, indem er sich an die Leiter von 135 Odessaer Schulen mit
der Bitte wandte, die in seinem ausführlichen Programme gestellten
Fragen zu beantworten. Mehr oder minder vollständige Antworten
erhielt er aus 75 Lehranstalten.
Die Stadt Odessa besitzt bei gesunder Lage auf teils lehmigem,
teils sandigem Untergrunde ein Schwemmsystem und eine Wasser-
leitung aus dem Flusse Dnjester. Andererseits aber ist das Klima
unbeständig und windig, und die ärmeren Stadtteile entbehren der
Wasserleitung und Kanalisation. In diesen ungünstig situierten
Stadtvierteln mit gröfserer Sterblichkeit sind 16 der Schulen be-
legen.
Trotzdem ist die Sterblichkeit unter den im Schulalter stehenden
Kindern mäfsig; sie beträgt 5,28% der allgemeinen Sterblichkeit.
Über die Morbidität und Mortalität in den Schulen selbst hat der
Verfasser zu seinem Bedauern durch seine Fragebogen nichts er-
mitteln können.
Die übrigen Fragen beziehen sich auf die Umgebung der Lehr-
anstalten, auf Bauart, Wände, Fufsböden, Beheizung, Ventilation,
auf die Lokale zum Ablegen der Kleider, die Erholungsräume, die
Aborte, femer auf die natürliche und künstliche Beleuchtung, die
Dimensionen und das Mobiliar der Klassen, die Beschaffenheit der
Schulbücher, die Anzahl der Unterrichtsstunden, die Dauer der
Ferien, die Kost und Bekleidung in den Internaten, den HausfleiCs,
das Turnen u. s. w.
650
Da die Antworten in der knappen Form von Zahlentabellen
mitgeteilt sind, so ist eine auszugsweise Wiedergabe derselben nicht
thnnlich. Im grofsen und ganzen zeigen die Tabellen, da(s wohl
in allen Schulen Odessas diese oder jene Seite der Hygiene Be-
rücksichtigung findet, dafs aber keine Lehranstalt auf hygienische
YoUkonunenheit Anspruch erheben darf.
Die vorliegende Arbeit bietet wertvolles Material f&r die
Unterrichtsbehörden bei Beurteilung des sanitären Zustandes ihrer
Schulen in der Form eines statistischen Überblickes.
Kreisarzt Dr. med C. Stböhmbebg in Dorpat.
Dr. Johann Wolbbich und Dr. Alfred BuBaERSTEiN. Leit-
Men der Somatolo^e des Menschen fBr Lehrer- und
Lehrerinnenbildnngsanstalten. Nebst einem Anhange: Seknl-
hygiene von Dr. Leo Bubgerstein. Mit 71 Abbild. 8. Aufl.
Wien, 1894. Alfred Holder. (104 S. Gr. 8®. Kr. 60.)
Noch vor wenigen Decennien wäre vorliegendes Büchlein als
entbehrliche Rarit&t angesehen worden, weil in den mafsgebenden
Kreisen die Einsicht, dafs die Erwerbung von Kenntnissen in der
Anatomie und Physiologie des menschlichen Körpers für Yolks-
schuUehrer notwendig sei, gfinzlich mangelte. Und doch bildet
gerade die Vertrautheit mit diesen Wissenschaften die Vorbedingung der
Wertschätzung der Gesundheit und aUes dessen, was dieselbe zn
erhalten und zu fördern geeignet ist.
Seither haben sich die Zeiten geändert. Wohl in keinen
Lehrplane einer VolksschuUehrerpräparandie vermissen wir jetzt die
genannten Disciplinen mehr. Diesem Umstände ist es sicherlich zu-
zuschreiben, dafs der heutige Büchermarkt an derartigen Werken
keinen Mangel leidet.
Dais die in Rede stehende Arbeit sich auf ihrem Platze mit Ehrea
behauptet hat und einem thatsächlichen Bedürfnisse entspricht, beweist
der Umstand, dafs dieselbe schon in achter Auflage erschienen ist
Das Buch zerfällt in zwei Teile.
Der erste, von den Doktoren Woldbigh und Alfbed Bübo-
EBSTEIN verfafet, behandelt, nach Vorausschickung der Lebens-
eigenschaften der Zelle als Grundlage aller organischen Gebilde, dai
anatomischen Bau und die physiologischen Funktionen der Oigane,
welche der Bewegung, Ernährung und Empfindung vorstehen, und
gibt am Schlüsse beherzigenswerte Winke über die erste Hilfe bei
Körperverletzungen.
Zahlreiche, teilweise farbige Bilder erleichtem das Verständnis
des Textes, der trotz der gedrängten Darstellung der Über-
sichtlichkeit und Klarheit nicht ermangelt.
651
Eine schätzenswerte Bereicherung hat das Büchlein in dem
Anhange, dem zweiten Teile der Arbeit, gefanden. Professor Dr. Leo
BuBOEBSTEiN schildert hier nach Abhandlung der allgemeinen
Grundsätze der Hygiene und ihrer Anwendung auf die Errichtung
eines zweckentsprechenden Schulhauses in anziehender, den Leser
fesselnder Weise das Lehrzimmer und dessen Einrichtung, berührt
dann mit Vermeidung aller Weitschweifigkeit die Zeichen- und Turn-
säle, die Anlage der Aborte, die Erholungsplätze, den Schulgarten,
die Schulbäder u. s. w. und geht schlielslich auf die Hygiene des
Unterrichts und die sogenannten Schulkrankheiten über.
Auf Schritt und Tritt leuchtet hervor, dafe Leo Buboebstein
mit den Fortschritten auf dem Gebiete der Schulhygiene gründlich
vertraut ist und diese Disciplin vollkommen beherrscht. Es wäre
nur zu wünschen, dafs das Büchlein sich nicht blofs in der Schule,
sondern auch in der Familie eine Stelle eroberte.
Oberarzt des Hermaunstädter Komitates
Dr. med. Hebmank Süssmann in Hermanustadt.
Stadtrat von Neumann. Vom Gemeinderat der k. k. Reichs-
haupt- und Residenzstadt Wien. Antrag und Bericht des
Stadtrates, betreffend die Heiznngs- nnd Lfiftiingsanlagen
in den städtischen Schulen. Beschlufs vom 4. Oktober 1893.
Wien, 1893. (14 S. 4^)
Die Verwaltung der Stadt Wien hat sich der dankenswerten
Aufgabe unterzogen, Untersuchungen darüber anzustellen, welche
Beheizungsarten für Schulgebäude zur Zeit als die günstigsten be-
zeichnet werden dürfen. Zu diesem Ende sind verschiedene ältere
und neuere Heizanlagen der städtischen Schulen eingehenden Beob-
achtungen unterworfen, es sind zu Versuchszwecken Neuanlagen in
diesen hergestellt, Berichte der Schulleiter eingefordert und endlich
sowohl Mitteilungen deutscher Städte über die in diesen gesammelten
bezüglichen Erfahrungen erbeten, als auch eine Studienreise des
Heiz- und Lüftungsinspektors H. Bebanegk zu ähnlichen Ermitte-
lungen angeordnet worden.
Die Schrift, welche die Ergebnisse dieser Thätigkeit zusammen-
faist, enthält den Bericht des Stadtrates nnd dessen Anträge, die
Auszüge aus den Antworten deutscher Städte, die hauptsächlichsten
Punkte aus den Mitteilungen der Leiter von mit Dampfluftheizung
ausgestatteten Schulen, ein Vergleichsschema bezüglich verschiedener
Heizeinrichtungen in wirtschaftlicher Hinsicht und endlich das Referat
des Stadtbauamtes.
In den Städten Deutschlands sind augenblicklich alle Arten von
Keizanlagen in Schulen im Betriebe und haben sich bei sachlich
652
guter und richtiger Herstellnngsweise im allgemeinen bewfihrt. An
einzelnen Orten besteht hier Vorliebe für Warmwasser- oder Nieder-
dmckdampfheizong unter Aufstellung Yon Heizkörpern in den
Aufenthaltsrftumen, an anderen fOr Feuerluftheizung. In Wien
dagegen sind hiervon völlig abweichende Erfahrungen gesammelt
worden, welche sich kurz, wie folgt, zusanmienfassen lassen:
Einzelofenheizungen sind ausschliefslich fdr kleine An-
stalten mit wenig Lehrsälen verwendbar ; es empfiehlt sich fdr diese
die Aufstellung von YentüationsfQllöfen.
Heifswasserheizungen mit und ohne Yorw&nnung der
VentDationsluft haben sich nach keiner Richtung bewShrt.
Warmwasserheizungen erweisen sich, richtige Anlage nod
beste Ausführung vorausgesetzt, als gut, stellen sich jedoch in da
Anlage sehr teuer.
Die Dampfniederdruckheizung mit Aufstellung von Heiz-
körpern in den Lehrsfilen und sonstigen Aufenthaltsräumen besitzt
nicht alle Yorzflge einer Heizanlage, bei welcher sowohl die Feaer-
stellen, als auch die Wärmeabgeber centralisiert sind. Yomehmli«^
ist die Bedienung einer derartigen Anlage so umständlich, da(s sie
der von Einzelöfen nahe kommt.
Die Centralfeuerluftheizung ist in der Anlage wirt-
schaftlich die vorteilhafteste, zeigt aber in der Ausführung viel&ch
Mängel. Yomehmlich ist das Eintreten von Undichtigkeiten der
Kaloriferen häufig beobachtet worden, wodurch eine Yerunreiniguig
der Frischluft mit Yerbrennungsprodukten eintritt. Femer ist m
Überhitzen der Kaloriferen zeitweilig nicht zu vermeiden, worunter
ebenfalls die Güte der Frischluft zu leiden pflegt. Immerhin lassea
sich die angefahrten Mängel so weit herabsetzen, dafs diese Heizungsait
dort empfohlen werden kann, wo die Anlage mit geringstem Kosten-
auf wände durchgeführt werden mufe.
Ist letzteres nicht der Fall, dann empfiehlt es sich, an Stelle
der Kaloriferen Niederdruckdampfheizkörper in den Loft-
kammern aufstellen zu lassen. Hierdurch wird die Anlage
zwar um 50 bis 60 Vo verteuert, die Betriebskosten lassen sich da*
gegen wesentlich verringern, da solche Heizkörper eine weitaus
gröfsere Haltbarkeit zeigen und der Brennstoffverbrauch dnrcb die
automatisch geregelte Luftzufuhr zu den Rosten bedeutend herab-
gemindert wird. Ferner werden die angeführten Nachteile der
Kaloriferen aufgehoben-, der Eintritt von Yerbrennungsprodukten fn
die Luftkammem ist ausgeschlossen, und eine Temperatursteigerang
der Röhrenwandungen über 100^ C. kann nicht stattfinden, da die
Selbstregelung der Luftzuführung ein Überhitzen verhindert.
Diese letztere Art der Luftheizung hat sich in den Wienff
653
Schulen nach jeder Richtnng anf das heste bewährt nnd wird künftig
dort znr ausschliefslichen Verwendung kommen. Bei richtiger An-
lage, sachgemäfser Ansführnng und sorgfältiger Bedienung durch
einen geschulten Heizer können irgend welche Mißstände da^ei nicht
hervortreten. Die Erfüllung dieser Grundbedingungen ist aber f&r
jede Heizanlage durchaus erforderlich.
Wenn das Stadtbauamt neben solchen Anlagen die Central-
fenerluftheizung bislang noch in Vorschlag gebracht hat, so geschah
dieses nur, um dem Gemeinderat die Entscheidung über die Geld-
frage zu überlassen. Das Stadtbauamt ist sich jedoch vollkommen
darüber klar, dafs die Niederdruckdampfluftheizung zur
Zeit als die für Schulgebftude geeignetste Heizanlage
betrachtet werden mufs.
Docent an der technischen Hochschule H. Chr. Nussbaüm
in Hannover.
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|eitf(l|ri|) fit S(l|iilgeMI|dt0p|legt
VII. Jahrgang. 1894. No. 12.
(Drijjtttftl-Jlb^anblttiijeti.
Eine neue Steh- und Sitischnlbank.
Von
Dr. phil. "W. Götze,
Direktor der Lehrerbildungsanstalt für Enabenhandarbeit in Leipzig.
(Mtt 4 Figuren.)
Die yielfaoh berechtigten Klagen über die durch die
Schule auf das heranwachsende Geschlecht geübten gesandheita-
Bchädlichen Einflüsse haben häufig genug Veranlassung gegeben,
da(s durch behördliche Verordnungen, ärztliche Ratschläge,
schulhygienische Einrichtungen u. s. w. auf die Beseitigung
jener Schäden hingearbeitet worden ist. Letztere trennen sich in
vermeidbare und unvermeidliche. Während man die unver-
meidbaren Schulübel als Äquivalent für die absolut notwendige
Heranbildung der Jugend in Kauf nehmen muTs, wird der
Kampf gegen die vermeidlichen im Interesse der Einzelnen
wie der Gesamtheit mit aller Energie zu führen sein.
Und es ist offenbar schon vieles Segensreiche auf diesem
Gebiete geschaffen worden. Durch gute Ventilationseinrichtungen
verbessert man die Atemluft in den Schulzimmem, die Er-
wärmung und Beleuchtung der Klassen ist Gegenstand sorg-
fältiger Bemühungen, gesundheitswidrige Schulbauten werden
durch andere, den hygienischen Anforderungen entsprechende
ersetzt. Aufserdem sucht man durch Bewegungsspiele im
Freien, Schulbäder, Ferienkolonien, durch rüstige Körperarbeit
SctanlgMoodheltapflege VII. 42
658
in Schulwerkstätten den Gesundheitszustand der Schüler zu
heben und sie widerstandi^fähig gegen die ihnen drohendeo
sanitären Gefahren zu machen.
Und dennoch hat mun dem schwersten, mit dem Schal-
leben verbundenen Eingriff in das Wohlbefinden und die ge-
deihliche körperliche Entwicklung der Jugend noch nicht ssu
wehren versucht, einem Eingriff, der um so bedrohlicher wird,
je länger man die Kinder infolge der mit dem wach^^enden
Lernstoff sich steigernden Zahl der Unterrichtsstunden in das
Schulzimmer bannt, und je mehr die Schüler durch die eben-
falls zunehmenden häuslichen Aufgaben gezwungen werden, in
gleicher Weise wie in der Schule auch im Hause thätig zu
sein. Dieser gröfste Schade, welcher der Jugend durch das
Schulleben zugefügt wird, beruht in der ihrem ganzen Wesen
völlig fremden, sitzenden Lebens Kreise. Hervorragende französische
Ärzte bezeichnen in ihren Schritten das viele Sitzen, la vie
s^dentaire, als die bedeutsamste Schädlichkeit, welche die
Kinder während ihrer Schulzeit trifft, und dasselbe Urteil kann
man oft genug aus dem Munde deutscher Ärzte vernehmen.
Die Schulhygiene vermag gegen schlechte Lult, gegen
Staub und falsche Beleuchtung, gegen Verbreitung ansteckender
Elrankheiten anzukämpfen, gegen die Beeinträchtigung der
Gesundheit durch das übermäisig lange Sitzen aber glaubt sie
machtlos zu sein.
Und dennoch wäre es im höchsten Grade wünschenswert,
die dadurch herbeigeführten Störungen der Unterleibsorgane
und des Blutumlaufes, sowie die drohende Gefahr der Rückgrats-
verkrümmungen beseitigen zu können. Man beobachte doch
nur die Haltung und das ganze Aussehen einer Klasse, welche
mehrere Siti^tunden über sich hat ergehen lassen müssen!
Viele der Kinder haben bei schlechtem Wetter und weitem Schul-
wege nasses Schuhwerk, das sie hier nicht mit trockenem ver-
tauschen können; die Folge davon ist, dals sie zunächst kalte
Füfse und dadurch Blutandrang nach dem Kopfe bekommen.
Und nun sitzen sie mehrere Stunden lang mit nur kurzen
Unterbrechungen in den „Normalschulbänken^ mit zusammen-
669
geprefstem Unterleib. Durch den ünterricbt werden dauernd
die Sinne, vornehmlich Auge und Ohr, in Anspruch genommen
und die Hirnzellen zu unablässiger Thätigkeit gezwungen.
Ist es da ein Wunder, wenn durch Cirkulationsstörungen ver-
anlagte KoDgestioDSzustände sich entwickeln, wenn der nun
schon mit technischem Ausdruck benannte ^ Schulkopfschmerz ^
mit seinen Folgeerscheinungen sich einstellt? Nein, es ist
kein Wunder, sondern eine Naturnotwendigkeit.
£in sehr wichtiger Grund gegen das anhaltende Sitzen
ist aber auch in der Thatsache gegeben, dafs die Kinder, je
länger sie sitzen, um so geneigter werden, eine krumme Haltung
einzunehmen. Darin liegt ohne Zweifel eine grofse Gefahr
Air bleibende Rückgratsverkrümmungen. Man vergönne, hierfür
das Zeugnis eines Arztes, des Privatdocenten Dr. W. Schxjlt-
HESS in Zürich, anzuführen, der in einer Abhandlung „Über
die Wirbelsäulenkrümmung sitzender Kinder^ sagt:
„Es bestätigt unsere Dntersuchungsreihe die schon oft
ausgesprochene Ansicht, dafs das Sitzen an und für sich
Kindern mit Anlage zu Rückgratsverkrümmungen gefährlich
sei, eben deshalb, weil jede vorhandene Asymmetrie der Wirbel-
säule im Sitzen stärker hervortritt und etwa vorhandene Seiten-
abweichungen verstärkt werden. Das ist für uns eine neue
Aufforderung, das Schulsitzen für solche Kinder
möglichst zu beschränken und zweckmäfsig zu unter-
brechen."
Die Sache hat aber aufser höchst bedauerlichen hygienischen
vielleicht noch schwerer wiegende Folgen für die sittliche Ent-
wicklung der Jugend. Das stundenlange Zubringen auf dem
heiiSs gewordenen Sitze in warmer Kleidung und mit wechsel-
weise übereinandergeschlagenen Beinen verführt die Jugend
bei eintretender Geschlechtsreife zu der so tief beklagenswerten
Selbstbefieckung, zu der es ja auch sonst leider nicht an Ver-
suchungen fehlt, und die unsagbar viele frische, blühende
Jugendkraft zum Opfer fordert.
^ Korrespondewfblatt für Schweiger Ärzte, 1890, No. 1.
42*
660
Infolge dieser während einer dreiundzwanzigjährigen Lehrer-
thätigkeit festgelegten Erfahrangen habe ich mich entschlossen,
gegen das Übel des anhaltenden Sitzens in der Schale den
Kampf aufzunehmen, zumal da ich überzeugt bin, dals die
Erreichung der Schulziele davon ganz unabhängig ist, dab es
also zu den vermeidbaren, und zwar zu den bei einigem guten
Willen sehr leicht vermeidbaren Schulübeln gehört. Man
braucht nur mit einem durch lange Gewohnheit eingebüigerten
Vorurteile zu brechen und eine ganz einfache Einrichtung, die
ich später beschreiben werde, zu treffen, und alle yon der so
unnatürlichen sitzenden Lebensweise der Jugend herrührenden
schweren Oesundheitsschädigungen nehmen ein Ende.
Das Vorurteil, das es zu beseitigen gilt, besteht in der
durch langjährige Tradition geheiligten Annahme, dals sich
das Kind beim Empfangen jedweden Schulunterrichts in sitzen-
der Stellung befinden müsse. Alle mir bekannten, in Deutsch-
land eingeführten Schulbanksysteme gehen von dieser Annahme,
als von einer ein für allemal gegebenen und unabänderlichen
Thatsache aus, und es wird daher bei der Schulbankfrage
immer nur auf die Schaffung einer rationellen Sitzgelegenheit
Rücksicht genommen.^
Ja, dieses nur durch das Gesetz der vis inertiae erklärbare
Festhalten an der einmal verbreiteten Anschauung hat sogar
dahin geführt, dafs auch das in der Familie verwendete Hans-
subsellium einzig und allein die im Sitzen verrichtete Arbeit
der Kinder kennt, während es doch so leicht angängig gewesen
wäre, wenigstens bei der häuslichen Beschäftigung die Jugend,
schon um einmal zu wechseln, eine andere Körperstellung ein-
nehmen zu lassen. Statt dessen schmiedet man dieselben auch im
Hause wieder auf eine Sitzbank, nachdem sie bereits 6 bis 7
Stunden des Tages auf einer solchen zugebracht haben, und
setzt so die schon in der Schule leicht vermeidbaren, im Hanse
^ Baoivsky, Hemdbuch der Schulhygiene, Stattgart, 1883, F. Enke,
bespricht in dem Kapitel über die Sehulbank aof Seite 252—337 alle
vorhandenen Systeme; es sind einzig und allein Sitsbanke.
661
aber ganz und gar UDnötigen Pressungen der Unterleibsorgane
and Hemmungen des Blntamlanfes einfach fort.
Demgegenüber gebe icb yon dem Grundgedanken aus,
dals das Kind bei einem grolsen Teile des ünterriobts, z. B. beim
Kopfirecbnen, in den geographischen, geschichtlichen, natur-
kundlichen Lehrstunden, beim Anschauungs- und Leseunterrichte
ebensogut stehen als sitzen könne. Das Singen muls sogar im
Stehen geübt werden. Selbst das Schreiben würde, namentlich
bei Anwendung der Steilschrift, genau ebensogut im Stehen,
wie im Sitzen, ausgeführt werden können; das beweisen die
am Stehpult arbeitenden Gelehrten und Beamten. Aber auch
wenn man das Schreiben im Sitzen für notwendig hielte, würde
aller andere ohne Schreiben vor sich gehende Unterricht —
und dieser erstreckt sich über einen grolsen Teil der Schul-
sseit — übrig bleiben, während dessen es möglich wäre, den
Kindern eine gesundere Körperhaltung und vor allem auch
den so dringend wünschenswerten Wechsel in der Stellung des
Körpers zu gestatten. Auf diese Weise wäre die Gesamtheit
der durch das Sitzen bewirkten G^sundheitsschädigungen be-
seitigt und dafür sogar ein Gewinn für die körperliche Aus-
bildung der Jugend, die Elräftigung ihrer Beinmuskulatur,
eingetauscht.
Der hygienisch so äufserst dienlichen Maisregel des Stehens
während des Unterrichtes wird man aber auch vom pädagogischen
Standpunkte ohne weiteres beistimmen müssen. Lidem dieselbe
das nach anhaltendem Sitzen eintretende schlaffe, apathische
Wesen der Kinder beseitigt und statt dessen die Spannkraft
und Au&ahmefähigkeit derselben für den Unterricht erhöht,
tritt sie sogar unmittelbar in den Dienst der Pädagogik, gemäfs
dem anerkannten Grundsatze der letzteren, dafs die Erziehung
erst dann ihr Werk beginnen könne, wenn vorher alle physio-
logLBcben Bedürfnisse des Zöglings befriedigt sind.
Da aber bei einem lange Zeit hindurch ausgedehnten
Stehunterricht die Ermüdung der Kinder nicht weniger zu
fürchten wäre, als jetzt bei dem anhaltenden Sitzen, da das
Absehen vielmehr auf einen erfrischenden Wechsel, auf Yer-
662
hütung einseitiger Anspannung gerichtet sein muis, so habe
ich einen Bau der Schalbank zu finden gesucht, bei welchem
dieselbe ohne Schwierigkeit und rasch sowohl für das Stehen
wie für das Sitzen zurechtgemacht werden kann.
Ferner muTs, wenn das neue Subsellium auch den mit
geringen Mitteln arbeitenden Schulen der niederen Stände zu
gute kommen soll, die Konstruktioa zwar passend und fest,
aber zugleich so einfach und wohlfeil als möglich sein; die An-
wendung kostspieliger und künstlicher Mechanismen ist also
Yon vornherein ausgeschlossen. Die Konstruktion darf ja auch
schon deswegen nicht kompliziert sein, weil, sollen anders die
Bänke zu regem Gebrauche kommen, die Kinder selbst die Um-
wandlung derselben für den Steh- oder Sitzunterricht schnell
und leicht müssen bewerkstelligen können. Endlich habe ich
noch den Umstand berücksichtigt, dals die Einrichtung ohne
Schwierigkeit und ohne Aufwand grofser Kosten sich an
bereits vorhandenen Schulbänken anbringen läfst.
Bei der schlechthin geforderten Einfachheit war es
natürlich, dafs auch die meinen Zwecken dienenden Hil&
konstruktionen schlichtester Art sein mufsten, ja, dals ich es
nicht verschmähen durfte, anderwärts hier oder dort angewendete,
praktisch bewährte Einzelheiten meiner Absicht dienstbar zn
machen. Ich erhebe daher nicht den Anspruch, für die Aus-
führung meiner Idee neue Konstruktionsteile erfunden zu haben.
Meine Thätigkeit beruht vielmehr in der noch nicht vor-
handenen Kombination verschiedener technischer Elemente zu
dem einen Zwecke, eine beliebig für den Steh- und Sitz-
unterricht verwendbare Schulbank zu erhalten, welche alle die
oben erwähnten Eigenschaften besitzt.
Dieses Ziel glaube ich nun durch die in den Zeichnungen
auf Seite 664 und 6(^5 dargestellte Konstruktion erreicht zu
haben. Ich wähle als Beispiel die am meisten eingebürgerte
Form der zweisitzigen Schulbank mit Nulldistanz.
Die Figuren 3 und 4 geben die zum Sitzunterricht
gestellte Bank im Vertikalquerschnitt und in der Längsansioht
wieder. Sie ist von der gewöhnlichen Schulbank nur durch den
663
im Querschnitt sichtbaren, bei a h geführten Trennungsschnitt
durch den Pufs der Tischplatte, sowie durch die an den Seiten-
wänden derselben angebrachten Knöpfe c^ und c^ unterschieden,
mittfls deren man eine an ihnen sitzende, senkrecht stehende
Metall feder nach auf^en ziehen kann.
Die Figuren 1 und 2 zeigen die Bank ebenfalls im
Veitikalquerschnitt und in der Längsansicht, jedoch für den
Stehunterricht umgeändert. In Figar 1 sieht man das Sitzbrett,
welches bei d seiner Länge nach durchgeschnitten und dessen
vorderer Teil de um zwei starke, in die Holzfläche eingelassene
Scharniere drehbar gemacht ist, mit diesem Vorderteil de an
die Rücklehne zurückgeklappt, so dails die Schüler nun un-
gehindert in der Bank stehen können. Die Tischplatte ist
hier bis zur Standhöhe emporgezogen. Man erkennt aus dieser
Stellung, dafs der leichteren Beweglichkeit wegen nur die
Tischplatte emporgehoben wird, während das unter ihr befind-
liche, etwas schräg stehende Brett zur Aufbewahrung der
Schultaschen und Bücher in seiner Lage verbleibt.
Um die Hebung der Tischplatte bewirken zu können,
sind die beiden dieselbe tragenden seitlichen Ständer nicht
massiv, sondern bestehen aus einem äufseren, mit einer Nut
versehenen und einem inneren Teil, der mit einer Feder so
in die Nut des äufseren Stückes eingreift (s. den Querschnitt
hiervon in Figur 1). dafs der innere Teil leicht innerhalb des
anderen auf- und abgeschoben werden kann. Die beiden äufseren
Teile bilden die eigentlichen Ständer, sie sind mit dem Fufs-
gestell direkt und untereinander durch die Rückwand des
Tisches, sowie durch das Bücherbrett fest verbunden. Die
inneren Teile stehen dagegen mit der Tischplatte in Verbindung
und machen dieselbe, da sie selbst verschiebbar sind, auf und
ab beweglich. So dienen die äufseren Teile dem Ganzen als
Führung, und wenn die inneren Teile breit genug genommen
werden, etwa 10 cm, so ist diese Führung völlig sicher Die
beiden seitlichen Ständer haben übrigens unten die volle Stärke
von 4,2 cm, die Trennung in einen äufseren führenden und
nen inneren geführten Teil beginnt erst etwa 13 cm über
i4^
P
Ph
1
Ul^
666
dem Falsboden; bei der Stellung der Bank far den Sitz-
unterrioht stofsen die inneren Teile mit den äaJBeren znsammen,
so dais dann die Ständer völlig massiv sind.
In dem auf- und absohiebbaren Teile sind nun in ent-
sprechender Höhe rechtwinklige Stücke harten Holzes ein-
gelassen, in welche drei zahnartige, 4 cm breite Vertiefungen
eingearbeitet sind, wie man sie in Figur 2 bei c^ und c^ sieht.
In diese Vertiefungen schnappt die Feder, welche durch die
Knöpfe c^ und c* nach aufsen gezogen werden kann, sich
selbst überlassen, bei der Aufwärtsbewegung der Tafel der
Reihe nach ein. Der mittlere Zahn entspricht der Stellung
der Tischplatte bei normaler Gröfse des Kindes. Diese flöhe
wird berechnet proportional der Länge der Unterschenkel, diese
selbst ist aber wieder maßgebend für die Höhe des Sitzbrettes
über dem Fufeboden. So hängt also die normale Höhe der
Tischplatte beim Stehunterricht von der Höhe des Sitzbrettes
beim Sitzunterrioht ab. Der Zahn über und unter der mittleren
Vertiefung ist für etwaige Abweichungen von der normalen
Gröfse bestimmt. Die Feder ist ziemlich stark, 3 cm breit
und an ihrem unteren Ende mit Schrauben in die äufseren,
feststehenden Teile der Ständer innen eingeschraubt; das obere
Ende der Federn ist beweglich. Beim Aufwärtsbewegen der
Tischplatte werden die Federn von selbst beiseite gedrückt,
bis sie Gelegenheit erhalten, in die erste, zweite oder dritte
Vertiefung einzuschnappen. Um eine Abnutzung der Zähne
zu vermeiden, sind sie, wie schon gesagt, in ein Stück hartes
Holz gearbeitet, und dieses ist in das weiche Holz der Ständer
eingelassen. Will man die Tischplatte abwärts gleiten lassen,
so braucht man nur die Federn mittels der Knöpfe nach aufsen
zu ziehen und sie so auszulösen; durch ihre Schwere senkt
dich dann die Platte von selbst. Um ein zu rasches Nieder-
gehen zu vermeiden, hemmt man dieselbe passend mit der
unter sie gelegten Hand. Gegen etwaiges Geräusch beim Auf-
schlagen schützt ein Stück Gummi oder Filz, das unter
der Tischplatte dort aufgenagelt ist, wo der bewegliche Teil
mit dem feststehenden unteren Gestell zusammentriffl;.
667
Damit ist der ganze einfache Slechanismus erschöpfend
dargestellt. Die Handgriffe zur Umwandlung der Bänke für
die eine oder andere Form des Unterrichts sind so leicht, die
Tisch- und die Sitzplatte so beweglich, dals binnen kürzester
Zeit der Wechsel vor sich geht und die Kinder während einer
und derselben Lektion teils sitzen, teils stehen können.
Die disciplinierte Handhabung des Umwandlungsdienstes
dürfte sich folgendermafsen gestalten. Die Klasse hat Sitz-
untei rieht gehabt und das Pensum ist bis zu einem gewissen
Abschnitt geführt worden. Auf ein kurzes Kommando des
Lehrers: Auf! erheben sich die Schüler, erfassen beim Auf-
stehen die Vorderkante des Sitzbrettes und klappen dasselbe
zurück an die Lehne des Sitzes. Auf ein zweites Zeichen
treten dieselben mit dem der äufseren Seite der Bank benach-
barten Fuise, also die rechtssitzenden mit dem rechten, die
linkssitzenden mit dem linken Fufse, aus dieser heraus, legen
die beiden Hände unter die aufwärts zu bewegende Tisch-
platte und heben sie gemeinsam hoch, bis die Federn in die
erste, zweite oder dritte Vertiefung, je nach der Körpergröfse
der Betreffenden, einschnappen.
Damit ist die Umwandlung der Bank für den Steh-
unterricht vollendet. Die Schüler stehen in der Regel mit
gestreckten Beinen und in halber Grätschstellung in den Bänken
so, dais sie die Mitte der beiden Unterarme auf die Vorder-
kante der Tischplatte stützend auflegen und eine gerade, auf-
rechte Körperhaltung einnehmen. Doch ist ihnen unverwehrt,
auch einmal den Rücken an die hinter ihnen stehende Bank
zu lehnen und mit dem Stand der FüTse zu wechseln.
Natürlich vermag der Lehrer auch einzelne, am besten
dann vom aufzustellende Bänke, auf denen Schüler sitzen
sollen, welche aus besonderen Gründen nicht stehen dürfen, in
der Stellung für den Sitzunterricht zu belassen.
Will man später die Tischplatten wieder niedrig stellen,
so treten die Schüler auf das Zeichen des Lehrers mit dem
äulseren Fufse aus der Bank heraus, legen die innere Hand
zur Hemmung unter die niedergehende Platte, ziehen mit der
668
äaDseren Hand den Knopf der Feder nach aufsen und lassen
so die Tischplatte allmählich heranter. Damach klappen sie
den vorderen Teil der Sitzplatte geräuschlos vor, und die
Sitzanordnung ist wiederum fertig.
Es unterliegt keinem Zweifel, dafs nach nur kurzer Ein-
ühung alle diese Manipulationen völlig glatt vor sich gehen.
Endlich sei noch gestattet, den unterschied der von mir
in Anregung gebrachten Steh- und Sitzschulbank von anderen
Versuchen dieser Art festzustellen.
Soweit mir bekannt ist, hat man in Deutschland überhaupt
noch nicht den Versuch gemacht, ein Schulbanksystem sn
schaffen, wie ich es im Sinne habe. Hierbei sei bemerkt, dafs
ich mir ein meiner Idee entsprechendes Modell bereits im
Jahre 1887/88 habe herstellen lassen und daJs dasselbe seit
jener Zeit von meinen Kindern als Hausschulbank gebraucht
wird. Seitdem ich für diese Angelegenheit Interesse hege
und die Schulbankfrage in der pädagogisclien Presse verfolge,
habe ich in Erfahrung gebracht, dafs auf der Pariser Welt-
ausstellung von 1889 ein Schultisch von F^ret^ ausgestellt
war, bei dem die Tischplatte in beliebige Höhe gestellt werden
konnte. Der Sitz ist aber hier vom Tisch ganz getrennt, er
besteht nur aus einem kleinen, lehnenlosen Bänkchen, das dem
Umwerfen leicht ausgesetzt ist, mit horizontalem Sitzbrett
Auf dem Sitz ohne Lehne können jedoch die Schüler nicht
genügend ausruhen, und so läuft das Ganze eigentlich auf die
Anwendung des längst bekannten Stehpultes hinaus.
Ebensowenig ist der durch das deutsche Reiohspatent
No. 53545 geschützte verstellbare Zeichentisch eine Steh- und
Sitzschulbank, da ein organisch mit ihm verbundener SitK
ganz fehlt.
Ferner habe ich auf brieflichem Wege von Dr. Veil,
Rektor am protestantischen Grymnasium zu Stra&burg i. E.,
in Erfahrung gebracht, dafs derselbe bereits An&ng der seht-
^ Eine Beschreihung und Abbildung des F^RKTschen SubteUiums
findet sich in dieser Zeitschrift, 1890, No. 11, S. 649—652. D. Bed.
669
ziger Jahre eine Steh- und Sitzschnlbank konstruiert habe, welche
in der That als Element eines ganzen Schulbanksystems dienen
könne. Später hat man dann am Seminar zu Hofwyl Stehsitz-
pulte eingeführt, welche im wesentlichen mit dem von Veil
Yorgeschlagenen übereinstimmen und es nur, da es zu teuer
war, in vereinfachter und verbilligter Weise wiederholen. Die
Grundidee der VEiLSchen und der Hofwyler Schulbank beruht
darin, dafs die Tischplatte unbeweglich ist und sich von vorn-
herein in einer für das Stehen geeigneten Höhe befindet.
Demgemäils sind der Sitz und das schräge Fuisbrett in ent-
sprechender Höhe zur Tischplatte angebrachti so dals die Füfse
des Schülers beim Sitzen den Boden nicht berühren können.
Um das Pult beim Stehen zu benutzen, klappt man nur das
Sitzbrett an die Rückenlehne zurück. Will der Schüler da-
gegen sitzen, so wird der Klappsitz heruntergelegt, und der
erstere muJB nun vom Fuisbrett aus den Sitz besteigen.
Charakteristisch für dieses Pult ist es also, dafs die Eopfhöhe
des Schülers annähernd dieselbe bleibt, möge er sitzen oder
stehen. Als Einwände gegen die Einrichtung werden geltend
gemacht ihre grofsen Kosten, — eine zweisitzige Bank kommt
auf 42 Mark zu stehen, — sodann das beträchtliche Gewicht
und die Schwerbeweglichkeit der Subsellien, die das Reinigen
der Zimmer sehr beeinträchtigt, und endlich der schmale Ein-
gang in die hohen Bänke; da nämlich die feste Tischplatte
und der Sitz Nulldistanz zwischen sich haben, so ist das Ein-
und Austreten der Schüler zwar möglich, aber doch ziemlich
erschwert. Alle diese Einwürfe fallen bei der von mir vor-
geschlagenen Konstruktion hinweg.
Endlich ist neuerdings in der Schweiz eine Steh- und
Sitzschulbank von Maughot aufgetaucht. Das Heben der
Tischplatte geschieht hier nicht so, dafs sie parallel mit sich
selbst hoohgeführt wird, sondern in der Weise, dals wechsel-
seitig die vordere und die hintere Längskante der Tischplatte
durch eiserne Ejreisbögen gehoben und in beliebiger Stellung
fixiert wird. Die Einrichtung erscheint kompliziert und dürfte
wohl auch häufige Reparaturen erfordern. Überdies ist sie
670
teuer, und die Gefahr, daCs bei dem wechselseitigen Hochhebea
der Vorder- und Hinterkante der Tischplatte die Tinte ans den
Fässern geschüttet wird, liegt sehr nahe.
Nach dem Gesagten konkurriert meine Steh- and Sits-
Schulbank allein mit denen von Dr. Vbil und von Maughot.
Im Ziel mit ihnen übereinstimmend, schlägt sie zur Er-
reichung desselben andere, wesentlich einfachere und darum
den Kindern, die sie benutzen sollen, gemäCsere Wege ein.
Zudem ist sie wohlfeiler und dürfte deshalb leichter zur Ein-
fährung gelangen. Die zum Teil stichhaltigen Einwendungen,
welche gegen jene anderen Konstruktionen gemacht werden,
fallen bei ihr hinweg, und so zweifle ich nicht, dals sie der
Schule einen wesentlichen Dienst leisten kann.
Zum Schlüsse habe ich nur noch hinzuzufügen, dafii
meine Steh- und Sitzschulbank den Schutz des Gesetzes vom
1. Juni 1891 geniefst und unter No. 26889 in die Bolle der
Gebrauchsmuster eingetragen ist. unbemittelten Schulgemeinden
würde ich nach besonderer Vereinbarung das Recht, Steh- und
Sitzschulbänke meiner Konstruktion einzuführen, zu Gunsten
des jungen Geschlechtes kostenlos einräumen.
Die diesjährige Schülerreise des Königlichen Gymnasiums
zu Dansig.
Von
Dr. phil. H. Kanter,
Direktor des Progymnasiums in Pr. Friedland,
vorher Oberlehrer am Königlichen Gymnasium in Danzig.
Als ich gleich nach den Pfingstferien in vertraulicher Mit-
teilung an das Elternhaus zu einer Ferienreise nach dem
Riesengehirge aufforderte, machte ich, um die Teilnehmerzahl
zu beschränken, zur Bedingung, dafs nur solche Schüler der
671
Oberklassen unserer Ansialt mitgehen sollten, die bisher noch
keinen Ferienaosflag mitgemacht hätten. Dies hatte zur Folge,
dafs die Sekunda diesmal stärker vertreten war als die Prima.
Für diejenigen, welche im Vorjahre in der hohen Tatra gewesen
waren und die Schlagendorfer-und Meeraugspitze bestiegen hatten,
hätte auch das Riesengebirge eine Steigerung der Eindrücke
oder höhere Anforderungen an die Leistungs&higkeit nicht
zu bringen vermocht.
Die gröfseren Schülerausflüge nach dem Riesengebirge,
der sächsischen Schweiz, dem Harz und jetzt auch nach der
hohen Tatra, die ich seit dem Jahre 1886, wo ich von
GraudenzzumerstenMaleauszog, fast alljährlich veranstaltet habe,
erfreuen sich in hiesigen Kreisen greiser Beliebtheit. Lehrer
wie Schüler, die bei aller äuiseren Form im vertraulichsten
Verkehr die Freuden und Strapazen einer solchen Reise teilen,
sehen mit von Jahr zu Jahr sich steigerndem Interesse dem
Tage entgeipen, wo der auf dem hiesigen Legethorbahnhofe
bereitgestellte Wagen sie nach den Bergen entfülirt. Bisher
ist auch noch keiner unbefriedigt heimgekehrt, weil jedesmal
vieles, wie gutes Wetter, kräftige und ausreichende Verpflegung,
treffl eher Gesundheitszustand u. dergl., zusammentraf, das den
normalen Verlauf der Wanderungen begünstigte und die Stim-
mung auf denselben hob und belebte.
Zum Gesundheitszustand will ich gleich vorweg bemerken,
AblÜs auf meinen vielen Reisen, an denen sich bis 30 und zu-*
meist mehr Schüler beteiligten, nie ein solcher einer ün-
päfslichkeit halber auch nur einen Tag hat pausieren müssen
und dafs meine wohl assortierte Reiseapotheke verhältnismälsig
selten in Anspruch genommen wurde. Sporadische Magen-
verstimmungen infolge leichtfertigen Genusses zu kalter Ge-
tränke sind vorgekommen, und Nasenbluten bei groiser Hitze
hat manchmal kleine Verzögerungen auf den Märschen herbei-
geführt, doch dies hat nie hemmend auf das Ganze gewirkt.
Namentlich haben die Füfse der einzelnen Teilnehmer, die ich
allerdings tagelang vor Antritt der Reise in Pflege nehmen
lasse und auch während der Reise sorgfältig beobachte, niemals
672
Kummer bereitet. Schon dieser gute G-esundheitsznstand allein
müJste hier im Osten Kollegen^ die Liebe znr Jagend und
Lust zu solchen Reisen haben, aber, wie mir oft versichert
wurde, die grolse Verantwortung nicht tragen wollen, anspornen,
derartige Ferienausilüge nach den deutschen Mittelgebirgen
oder anderen Zielen zu veranstalten. Eltern und Schüler
werden es ihnen danken. Dazu kommt noch die Billigkeit einer
solchen Reise (Eisenbahnfahrpreis in der dritten Wagenklasse
zu den Sätzen der Militärbillets), sowie die reiche Belehmng
und Ejräftigung, welche der Jugend dabei geboten wird.
Diesmal hatte ich für die Grofsstadt Breslau und ihre
Sehenswürdigkeiten nur wenig Zeit gelassen, um volle sechs
Tage im Riesengebirge selbst zubringen zu können. In Warm-
brunn entstiegen wir in der Frühe des 1. Juli der Eisenbahn,
nachdem die schlesische Gebirgsbahn schon viele Natnr-
schönheiten gezeigt hatte. Das Gebirge selbst fanden wir
noch verhältnismäfsig leer, weil die schlesischen und branden-
burgischen Anstalten erst später den Unterricht schliefen, was
der Verpflegung der stattlichen Schar nicht wenig zu gute
kam. Von Warmbrunn aus ging die Fu&wanderung über
Giersdorf, Hain, Saalberg, Kynast, Hermsdorf, Petersdorf,
Kochelfall, Schreiberhau, Zackelfall, neue schlesische Baude,
Mummelfälle, Neuwelt, Harrachsdorf, Hofbauden, Kesselkappe,
Pantschefall, Eibbrunnen, Schneegruben, Eibfall, Spindelmühle
(St. Peter), Ziegenrücken, Schneekoppe, Melzergrund, Krumm-
hübel, Brückenberg, Kirche Wang, Grofeer Teich, Prinz
Heinrich-Baude, Riesengrund, Petzer, Dunkelthal, Johannisbad,
Freiheit, Trautenau nach Weckelsdorf; dann folgte die Rück-
fahrt nach Breslau und von da am folgenden Tage nach
Danzig.
Wenngleich sich keine Tour über 30 km ausdehnte, so
brachte doch auch diese Reise einen viermaligen Kammau&tieg
und stellte schon darum beträchtliche Anforderungen an die
Kraft und Ausdauer unserer Wanderer. Ich kann jedoch
auch diesen jungen Danzigem das Zeugnis nicht versagen,
dafs sie sich wacker mit allen Strapazen abgefunden haben.
673
Im Yoijalire gefiel im schönen Ungarlande allgemein die
stramme fialtang unserer weither gereisten, musterhaft ge-
ordneten Schülersohar. Das wnrde uns des öfteren bekundet
imd auch im „Pester Uoyd*^ ausgesprochen, der in der Nummer
vom 13. Juli eine Schilderung dieser Reise mit der für uns
schmeichelhaften Bemerkung schlofs: „Vielleicht wird sich
dadurch eine ungarische Schulleitung angeregt fühlen, dem
Beispiele eines ausländischen Institutes zu folgen und unseren
Kindern die Schönheiten ihres eigenen Vaterlandes zu zeigen.
Dafs ein solcher Versuch bisher gemacht worden wäre, davon
haben wir nichts gehört, und doch wäre dieser Zweck im
Inlande selbst noch viel wohlfeiler zu erreichen, als von —
Danzig aus.'^ Auch diesmal bev^fthrten die in Rübezahls Aeich
schon fast heimischen und überall gern gesehenen und freudig
begrülsten Danziger ihren alten Ruf
Alle sind mit dem Gefühle heimgekehrt, dals ihnen für
die verhältnismäßig niedrige Summe von 46 Mark, mit welcher
Eisenbahnfahrt, Nachtquartier (Betten) und volle Verpflegung
einschlieislich der Getränke bestritten wurden, ein seltener
Genuis bereitet worden sei.
^U!^ Derfammlittiseti tmb Vereinen*
Bericht ftber die Thätigkeit der schalhygienischen
Sektion des VIII. internationalen Kongresses flir Hygiene
und Demographie in Budapest.
Von
Dr. med. Heinbich Schuschny,
Schularzt and Professor der Hygiene in Budapest.
(SehlnXli.)
IV.
Die vierte Sitzung wurde mit einem Vortrage des Pro-
fessor Dr. Moritz KiBMlK-Budapest eröffiiet, der eine „Kritik
der gegenwärtigen Schulorganisation mit Berück-
Scbulgwnndhcitspfleg« YII. 43
674
sichtignng physiologischer Grundsätze^ gab. Die land-
läufige OrganisatioQ des öffentlichen Schulwesens, welche es foi
mAgUoh erachtet, den Abschiuis der allgemeinen Bildung und des
erziehenden Unterrichts in den verschiedenen Lehranstalten auf
▼erschiedeae Lebensalter zu verlegen, scheint keineswegs der Ge-
setZTuäisigkeit physiologischer Eotwickelung zu entsprechen. Sie
zwingt dem jugendlichen Geiste Vorstellungen, Begriffe und Em-
pfinduDgen auf, welche derselbe kaum aufzufassen und uaohza-
fahlen, viel weniger werkthätig zu benutzen vermag. Die Er-
gänzung des üblichen Schulunterrichtes durch systematische
Betreibung der Natur wissenschatten kann der Einseitigkeit unseres
Bildungs Wesens keineswegs abhelfen. Aus physiologisch-psycho-
logischen Gründen ist vielmehr dahin zu streben, daTs dem auf
Begriffs- und Gedankenbildung gerichteten Unterrichte eine su
künstlerischer und technischer Fertigkeit befähigende Bildung
zur Seite trete. Neben Sprachschulen bedürfen wir echter Eunst-
und Werkschulen. Die übliche Lehrweise läfst die physio-
logischen Gesetze der Übung und G^wohnheitsbildung vielfach
aufser acht; diese fordern mehr Konzentration der Geistes-
thätigkeit, andauernde Beschäftigung in gleichem Sinne.
Dann folgte der Vortrag des Schularztes Dr. Heinbigh
ScHUBCHNY aus Budapest: „Beiträge zur Nervosität der
Schuljugend^. Eledner teilte zunächst die Resultate mit,
die sich bei seinen an den Schülern der Staatsoberrealschaie
im V. Bezirke zu Budapest angestellten Untersuchungen ergeben
haben. Ein grofser Teil der Knaben kommt mit nervöser
Disposition in die Schule. Auf dieser Grundlage stellen sich
später nervöse Symptome ein. Je länger der Schulbesuch
dauert, um so mehr nimmt die Zahl der Schüler zu, welche an
Nervosität leiden. Nervöse Erscheinungen stellen sich aber
auch bei solchen ein, die mit gesundem Nervensystem in die
Schule eingetreten sind. Den Kampf gegen die Nervositfti
müssen EUernhaus und Schule gemeinsam führen.
Dr. Alfbed Spitzneb- Leipzig sprach über „Geistige
Überanstrengung in den Schulen und Nervosität".
Vortragender weist die von der Medizin vertretene Ansicht,
676
die Nervosität der Schnlkinder entspringe zumeist der Über-
anstrengang derselben in der Schule, als unbegründet zurück.
Es werden nicht wenige psychische Eigentümlichkeiten der
Kinder, welche unter den thatsächlichen Umständen des jugend-
lichen Lebensalters naturgemäfs auftreten , von Seiten der
materialistisch urteilenden Ärzte &lsohlich für krankhafte,
durch die Schule verursachte Zustände gehalten.
Fräulein Luise Leistneb aus Gablenz-Chemnitz behandelte
das Thema: „Was kann gegen die Nervenüberreizung
der heranwachsenden Jugend gethan werden?^ und
kam zu dem Schlüsse, dafs man mit rationeller Ernährung und
Erziehung der Nervosität am besten beizukommen vermöge.
Professor Dr. JSbbmann CoHN-Breslau sprach darauf über
die Frage: „Was kann die Schule gegen die Mastur-
bation der Kinder thun?" und gab praktische Vor-
schläge, wie diesem Übel am besten zu steuern sei.
Privatdocent Dr. Joseph H. NsuMAi^N-Budapest trug über
„Nasenkrankheiten der Kinder und Gesangunterricht*^
vor. Das Singen, so führte er aus, ist nie der Lunge eines Kindes
schädlich, da der Kehlkopf früher ermüdet als die Brust und
letztere daher nicht überanstrengt werden kann ; die Blasticität
der Lungen nimmt keinen Schaden davon. Abgesehen von der
Übung aber, die diese erfahren, erheitert das Singen auch das
kindliche Gemüt, was bei unserer nervösen Generation sehr
not thut.
Dann kam das Referat des Dr. MANaEKOT aus Paris:
yfDie Schule und die epidemischen Krankheiten^ an
die Reihe. Der Vortragende hob in seinen Thesen die Not-
wendigkeit der Reinlichkeit und Desinfektion der Schulen
hervor und wünschte die Erteilung eines Unterrichtes in der
öffentlichen und privaten Hygiene an die Schüler.
V.
Die fünfte und letzte Sitzung begann mit dem Referate
des Professor Dr. Albebt PaXiMBebg - Helsingfors. Dasselbe
behandelte das Thema : „Die Schule und die epidemischen
43*
676
Krankheiten^. Palmbebg fand durch seine statistisohen
üntersachnngen, dafs die ünterriohtsanstalten sehr hftnfig die
epidemischen Krankheiten verbreiten. E!r empfiehlt dagegen
Anzeigepflicht, Isolierung nnd Desinfektion nnd gibt bezüglich
der letzteren Ratschläge. Gesunde Kinder aus infizierten
Familien dürfen die Schule nicht eher wieder besuchen, alB
bis die vorgeschriebene Desinfektion ihrer Wohnung durch-
geführt ist.
Dr. H. GuTZMANN aus Berlin sprach „Über die körpe^
liehe Erziehung taubstummer Kinder^. Er führte aus,
dals das taubstumme EAnA sich in einem erheblichen, die
spatere Erwerbsfähigkeit ge&hrdenden körperlichen Rückstande
befinde, um diesen auszugleichen, zum Teil auch ganz zu be-
seitigen, ist möglichst frühzeitig auf die physische Erziehung
desselben in Familie und Schule Bedacht zu nehmen und diese
auch über die Schulzeit hinaus noch planmäfsig fortzusetzen.
In und nach dieser Zeit geschieht dies am besten durch Laut-
sprachübungen und Turnen. Vor der Schulzeit sind die taub-
stummen Kinder vom 3. Lebensjahre an womöglich einem
zweckmäßig eingerichteten Kindergarten zu übergeben, in
welchem den Bewegungsspielen die Hauptrolle bei den körper-
lichen Übungen zu&llt.
Dr. Max Roth aus Wien hatte sich das Thema gewählt:
„Über die Prophylaxis der Skoliose^. Er hält die ständige
Kontrolle der Wirbelsäule bei den Schulkindern wenigstens einmal
im Quartal für die sicherste Schutzmalisregel, indem auf diese
Weise jede Rückgiatsverkrümmong im Beginne erkannt wird
und eine orthopädische Behandlung erfahren kann. Verbreitung
hygienischer Kenntnisse, gesundheitsgemälse Einrichtung der
Schule und eine systematisch durchzuführende körperliche ESr-
ziehung der Jugend werden weiter von ihm befürwortet.
Darauf besprach Dr. Joseph SüMEGi-Budapest „Das
Turnen der Kinder mit schwachem oder kränklichem
Körperbau^. Heutzutage sind riele Schüler, die das
Turnen notwendig brauchen, mit Rücksicht auf ihren körper-
lichen Zustand (Blutarmut, Skoliose, Kyphose, nach Grelenk-
677
entzündongen zurückgebliebene fdcktionelle StörnBgen, Maskel-
atrophie nach Kinderläkmnng n. s. w.) davon dispensiert. Zum
Beeten solcher sollten öffentliche Anstalten errichtet werden, in
welchen für schwedische Heilgymnastik, Spielübnngen nnd
Brausebäder gesorgt wäre. Daneben sei eine unter ärztlicher
Leitung stehende orthopädische Abteilung in jeder Anstalt zu
errichten.
Sodann berichtete der Präsident, dalB mehrere AntrSge
gestellt seien: L Dr. Francis Wabneb wünscht, das vom
Londoner hygienischen Kongresse behufs UntersuchuDg von
Kindern gebildete Komitee möge aufgefordert werden, seine
Arbeit fortzusetzen und die Resultate derselben dem oächsten
Kongresse vorzulegen. 2. Dr. AüBBY-Saint Brieuc empfiehlt,
dals der Unterricht in den Elementen der G-esundheitslehre
nicht nur auf Lehrer und Eindergärtnerinnen, sondern auch
auf jene Personen ausgedehnt werde, deren Beruf sie in fort-
währende Berührung mit Kindern bringe. 3. Dr. Tauffeb
aus Temesvar stellt den Antrag, die Sektion möge aussprechen,
dafs nur solche Wohnungen, bezw. Zimmer an Schüler von
auswärts vermietet werden dürfen, gegen welche der beamtete
Arzt keinen Einwand erhebe; die Wohnungskontrolle möge
auJserdem auch im Laufe des Schuljahres erfolgen. 4. Die
auf die obligatorische Einführung der Steilschrift in die Schulen
bezügliche These der Herren Dr. Paul ScHUBERT-Nürnberg,
Professor Kabl GiBABD-Bern, Direktor Emanuel BATR-Wien
und Professor Bela KlBPlTi-Budapest (s. diese Zeitschrift^
1894, No. 11, S. 611) wurde einstimmig angenommen. 6. Pro-
fessor Dr. Julius DoLLiKOEB-Budapest erwähnte anläfslich
der Debatte über epidemische Krankheiten, daCs gesunde Kinder,
deren Eltern oder Geschwister an einer Infektionskrankheit
erkrankt seien, durch das Verbot des Schulbesuches in dem
Fortsetzen ihrer Studien gestört wären; manmüfste dafür Sorge
ragen, dafe solche Kinder in „Isolierschulen^ UDterricht er-
hielten. Die Sache wäre noch nicht spruchreif, aber der Er>
wägung wert. Die Sektion beschlofs einhellig, den Wunsch
Professor Dollingebs als selbständigen Antrag anzunehmen und
678
denselben nebst den übrigen Anträgen behuCs Beacbliilsfassnng
der permanenten Kommission des Kongresses vorzalegen.
Dr. KoTELMANiff-SLamba]^, der an diesem Tage das Ehren-
präsidium fährte, ergri£P hierauf das Wort, nm auf die erfren-
liohen Ergebnisse der Sektionsverhandlnngen einen Rückblick
zu werfen und die Mitglieder zu ermahnen, das hier Angeregte
nun auch in der Heimat nach Möglichkeit zu yerwirklichen.
(Lebhafter Beifall.)
Architekt Kabl Hiktbages aus Wien hob die grolsen
Verdienste des Präsidiums um die Vorbereitung und Leitung
der Beratungen hervor. Er beantragte ein Dankesvotum fbr
den Präsidenten Professor Dr. Dollingeb. (Beifall.)
Landtagsabgeordneter von Schenckbndobff- (Görlitz ge-
dachte der Liebenswürdigkeit und Gastfreundschaft, welche den
Kongrelsmitgliedem allerseits in Budapest entgegengebracht
worden sei. Er schlug zugleich ein Dankesvotum an die Sohrifi-
führer vor. (Beifall.)
Zuletzt dankte Professor Dr. Dollingeb für die ihm
gewordene freundliche Anerkennung, worauf die Sitzung ge-
schlossen wurde.
Die Schulhygiene.
Vortrag,
gehalten auf dem V. deutBch-österreichischen Mittelsohidtage in Wien.
Von
Professor Dr. phil. Gustav Hergbl,
Gymnasialdirektor in Aassig.
(Schloik.)
Oerne würden wir die Klasse verlassen, um uns weiter
umzusehen, müfsten wir nicht fürchten, den Unterricht su
stören, denn es ist erst 8 V« Dhr. Da ertönt das Glockenzeichen.
Schon glauben wir, dafs dies ein Feuersignal sei, da wir
679
eben die Yerhaltangemafsregeln für Schüler bei Feuers- und
sonstigen plötzlich eintretenden Gefahren darchflogeo haben;
doch mit nihigem Lächeln begegnet nnser Begleiter unseren
angsterfüllten Mienen, indem er uns bedeutet, dais hier der
Unterricht nicht nach Stunden zu 60 Minuten erteilt
werde, sondern dafs einzelnen Gegenständen eine halbe, anderen
eine Dreiviertelstunde, was als das Maximum einer uDunter-
brochenen Unterrichtszeit gelte, zugewiesen sei. Die dadurch
gewonnene freie Zeit wird teils den körperlichen Übungen
gewidmet, indem zwischen je zwei Unterrichtsstunden eine
Pause von mindestens einer Viertelstunde eingeschoben ist,
teils hat man so, und zwar namentlich in den unteren Klassen,
die Möglichkeit geschaffen, den Unterricht in den den Geist
anstrengenden Gegenständen trotz seines späteren Beginnes
im Winter als um 8 Uhr auf den Vormittag zu be-
schränken, während die Nachmittage für das Turnen,
den Handfertigkeitsunterricht, die Spiele, die
Spaziergänge, das Schlittschuhlaufen, das Baden
je nach Jahreszeit und Witterung frei bleiben. Überdies wird
an dieser Anstalt nicht nur ein ausgiebiger und dem Studium
trotzdem keineswegs nachteiliger Gebrauch von den Hitz-
ferien gemacht, sondern für besonders schöne Tage im Winter
auch der Schulunterricht zu Gunsten des Schlittschublaufens
aufgelassen. Kaum sind wir im stände, uns alles dies zu-
sammenzureimen, da zu unserer Zeit es durchaus nicht gern
gesehen wurde, wenn wir Schlittschuhlaufen gingen, von anderen
körperlichen Übungen gar nicht zu reden, die uns, wie z. B.
das Rudern , geradezu verboten waren. Selbst des einzigen
Ausfluges im Jahre an dem ersehnten dies maialis erinnern
wir uns mit recht gemischten Gefühlen.
Als wir nun unsere Freude darüber aussprechen, dafs wir
nirgends die im wahrsten Sinne des Wortes in üblem Gerüche
stehende „SchuUuft^ zu atmen gezwungen waren, andererseits
aber verwundert erklären, in den Schulzimmern Thermometer
vermiüst zu haben, da doch das subjektive Wärmegefühl ein
viel zu unzuverlässiger Gradmesser sei, führt uns der Direktor
680
in das Souterrain, das aber keineswegs dampfe, düstere
Käume birgt, sondern uns abermals Worte der BewuDdenmg
und des Staunens entlockt. Hier steht ein Druckluftmotor,
der Sommer und Winter hindurch allen Räumlichkeiten die
nötige frische Luft, nicht Gang-, Keller- oder Hofluft zufährt,
hier befindet sich die Feuerung der obenerwähnten Central-
heizung und in Verbindung mit derselben die Distaziz-
thermometer von Bonnbsen, nach denen der Wärmegrad
in den einzelnen Räumen reguliert werden kann. Hier sind
auch die Brausebäder untergebracht, die, wie uns der
Direktor versichert, einen wahren Segen für die Gesundheit
der Schüler bilden. Schwache Bedenken, die wir gegen diese
Einrichtung erheben (Störung des Unterrichtes u. dgl.), werden
von ihm mit Berufung auf seine diesbezüglichen langjährigen
Erfahrungen widerlegt. Der Boden ist mit einem Lattenrost
belegt, an der Wand hängt eine Badeordnung, nach welcher
sich die Schüler genau zu richten haben. Im Souterrain be-
findet sich aber auch noch die Schuldienerwohnung und
ein freundliches Zimmer, in welchem jenen Schülern, die
über Mittag nicht nach Hause gehen können, ein billiges,
kräftiges Mittagsmahl vorgesetzt wird. Endlich ist hier noch
in einem abgesonderten Räume ein Dampfdesinfektions-
apparat aufgestellt.
Voll Freude und Genugthuung, soviel Belehrung aus
unserem Besuche geschöpft zu haben, steigen wir wieder in
das* Parterre hinauf und gehen über den Hof, der, wohldrainiert,
planiert und mit feinem Kies bestreut, als Sommer turnplatz
verwendet, im Winter dagegen als Platz zum Schlittschuh-
laufen hergerichtet wird. Auf der dem Eingange entgegen-
gesetzten Seite desselben befinden sich zwei Gebäude. Das eine
ist eine luftige, gedeckte Regen- und Spielhalle. Im
Winter tummeln sich die Schüler während der Pausen in der«
selben herum, im Sommer dient sie bei Regen und allzu groiser
Hitze als Turn- und Spielplatz. Das andere Gebäude bildet einen
vollständig geschlossenen Raum mit hohen Fenstern, über dem
sich die Wohnung des Direktors befindet. Das ist der Saal
681
für den Handfertigkeitsunterricfat, der als nicht obli-
gatorischer, aber nahezu von allen Schülern besuchter unter-
richi^egenstand von einzelnen Handwerksmeistern unter steter
Aufsicht eines Lehrers erteilt wird und sich auf die Tischlerei,
besonders Hobelarbeiten, das Modellieren, die Buchbinderei
und das Anfertigen leichter Metallarbeiten erstreckt. Dem-
entsprechend erscheint der Saal auch eingerichtet.
Die nach Osten gelegene Schmaiwand dieses für Knaben-
handarbeit bestimmten Gebäudes ist durchbrochen. Es ragt
hier ein mittelgrofses, kreisrundes Aquarium zur Hälfte
herein, welches mit der anderen Hälfte in einem freundlichen
Treibhaus liegt. Letzteres weist auch noch als Neben-
abteilungen ein Terrarium und einen Zwinger zur Insekten-
zucht auf. Alles dies wird, sowie der das ganze Schulgebäude
umgebende Schulgarten, welcher eigene Abteilungen für
eine Baumschule, für medizinische, Oift-, Nutz- und Zier-
pflanzen aufweist, von einem Diener der Anstalt unter Leitung
des Professors der Naturgeschichte in stand gehalten. Doch
nicht nur im Gartenbau, in der Obstbaumzucht, im Feldbau
und in der Waldkultur können sich die Schüler hier elementare
Kenntnisse erwerben, sondern auch in der Bienenzucht
und im Seidenbau, da auch hierauf in dem wohlgepflegten
Garten Rücksicht genommen ist.
Den Spielplatz zu besichtigen, ist uns nicht mehr
möglich, da er in Anbetracht seiner greisen Ausdehnung auCser-
halb der Stadt angelegt werden muiste. Wir hören nur, dafs
er fleifsig benutzt wird, ohne dals ein direkter Zwang auf die
Schüler zur Ausübung gelangt. Der Platz selbst ist an den Seiten
mit schattenspendenden Bäumen bepflanzt. Auch steht daselbst
ein verschliefsbarer Schuppen zur Aufnahme der Spielgeräte
und der Oberkleider der Spieler. Daran schliefsen sich sauber
gehaltene Bedürfnisräume. Der Boden ist streckenweise mit
Teerbeton versehen, der sich durch seine zähe und doch zu-
gleich weiche Konsistenz, durch seine Haltbarkeit und Wohl-
feilht^it besser eignet als Makadamisierung, ja selbst als
gewöhnliche Asphaltpflasterung, die leicht glatt und hart wird.
682
Schon fürchten wir, unseren liebeDS würdigen Führer zu
lange in Ansprach genommen zu haben, aber trotzdem können
wir uns, in das Direktorat zurückkehrend, die Frage nicht
versagen, ob denn die Schüler Zeit genug finden, allen
diesen Beschäftigungen nachzugehen. Da wird uns nun an
der Hand des Stundenplanes nachgewiesen, dals durch die
oben angedeutete Beschränkung der Unterrichtszeit, durch
richtige Verteilung von körperlicher und geistiger Arbeit, durch
ein verständnisvolles Entgegenkommen der Eltern, indem sie
der Anstalt die Schüler auch für jene Stunden zuschicken,
welche früher dem verwerflichen Nachsitzen, oder dem zweck-
und meist auch erfolglosen Privatunterrichte gewidmet waren,
endlich durch das Aufgeben der irrigen Meinung, dafSs das
Kind nicht ausruhe, wenn es täglich nicht stundenlang durch
die Gassen schlendere oder durch aufregende Romanlekture
sich zerstreue, vollkommen hinreichende Zeit gewonnen werde,
um Körper, Geist und Gemüt der Schüler entsprechend aus-
zubilden. Dispensationen von einzelnen Unterrichts-
gegenständen kommen höchst selten vor und werden nur gewahrt
auf Befürwortung des Schularztes und unter der Voraus-
setzung, dats die freie Zeit nicht durch Privatunterricht in
Anspruch genommen wird. „Nur vor einem," scblois der
aohtungeinflö&ende, erfahrungsreiche Mann, „möchte ich
warnen, nie auiser acht zu lassen, dafs die Familienbande
durch eine derartige vielseitige Inanspruchnahme des Kindee
von selten der Schule nicht gelöst, auch nicht gelockert werden
dürfen, eine traurige Erfahrung, die man in Frankreich und
England vielfach mit den Internaten gemacht hat. Danzin
müssen die Schüler den Abend im Kreise ihrer Lieben zu-
bringen, und diese Zeit darf ihnen auch nicht verkürzt werden
durch schriftliche Hausaufgaben; die mündliche häusliche Vor-
bereitung ist gleichfalls auf das denkbar bescheidenste Mafs
einzuschränken, und zwar durch eine entsprechende Lehr-
methode. ^
Bevor wir uns zum Gehen wenden, werden wir noch in
ein an das Direktorat anstofsendes Zimmer geführt. Es ist
683
das Arbeitazimtner des Schularztes nnd des OesuDdheits-
iogeniears, die beide vollberechtigte Mitglieder des Lehr-
körpers sind. Während der Gesnndheitsingenienr monatlich
einmal sich von dem Znslande sämtlicher Lokalitäten nnd
Einrichtungsstücke zu überzeugen und auf die Beseitigung
etwa gefundener hygienischer Mängel zu dringen hat, ist der
Schularzt nach einer eigenen Instruktion verpflichtet, auf den
Gesundheitszustand der Schüler sein Augenmerk zu richten,
wozu auch eine ständige Überwachung der häuslichen Verbältnisse
derselben gehört. Im besonderen sind die Schüler alljährlich
zweimal gewissenhaft von ihm zu untersuchen und die Re-
sultate dieser Untersuchungen in das eingangs erwähnte
Gesundheitsbüchlein bei jedem Schüler, sowie in ein eigens
aufzunehmendes Protokoll einzutragen, überdies in übersicht-
licher Weise dem Direktor zur Veröffentlichung in dem Pro-
gramm zur Verfügung zu stellen. Femer mufs er gemeinschaftlich
mit dem Gesundheitsingenieur alljährlich einen Bericht für
die Sanitätssektion im Unterrichtsministerium ausarbeiten,
welcher, vom Direktor mit den von ihm für notwendig erach-
teten Erläuterungen versehen, derselben vorgelegt wird. Die
Kompetenz dieser beiden Fachmänner ist durch genaue Be-
stimmungen so umschrieben, dals sich, weder unter ihnen selbst,
noch zwischen ihnen und dem Direktor, dessen selbständiges
Verfügungsrecht als des Leiters der Anstalt gewahrt bleiben
mufs, ein diesbezüglicher Konflikt ergeben kann.
Von Behelfen, die dem Schularzte zur Ausübung
seines Berufes zur Verfügung gestellt werden, finden wir hier
Webbbs Photometer, Lambbeghts Polymeter zur Messung
der Luftfeuchtigkeit, den WoLPEETschen Apparat zur Be-
stimmung des Kohlensäuregehaltes der Luft, die OoHNschen
flakentafeln, die SNELLENschen Probebuchstaben, die Tafeln
von Magnus zur Untersuchung des Farbensinnes u. a. m.,
endlich eine Schulapotheke zur ersten Hilfeleistung bei
plötzlichen Erkrankungen oder Unglücksfällen.
Zum Schlufs gewährt uns der Direktor noch einen Ein-
blick in seine Amtsschriften. Da sehen wir nun, welche
684
gewissenhaften nnd sorgfältigen Berichte über den hygienischen
Zustand der Schule und über die Gesundheitsverhältnisse der
Schüler verfafst werden. Wir finden in dem Klassenbuche
bei jeder Absenz genau die Krankheit verzeichuet, welche den
Schüler vom Besuche des Unterrichtes fernhielt, wir finden in
dem Anstaltsprogramme einen übersichtlichen Bericht über die
vielseitige Thätigkeit des Schularztes, wir finden Blankette,
die, vom Direktor ausgefüllt, den Schülern und Lehrern bei
ihren Ausflügen Preisermäßigungen auf den Bahnen und in
den Gasthäusern sichern, wir finden eine vom Schularzte aus-
gearbeitete Desinfektionsvorschrift und endlich auch eine Dienst-
ordnung für das Dienstpersonal der Anstalt. Welche eingehenden
Bestimmungen lesen wir hier über die häufige und gründliche
Reinigung der Schulräume und Einrichtungsstücke! Kopf-
schüttelnd wagen wir unsern Zweifel auszusprechen, dafe alle
diese Leistungen von einer einzigen Kraft gewissenhaft erfüllt
werden können. Daraufhin erfahren wir aber, daCs eben nicht
einer, sondern mehrere Diener der Anstalt zugewiesen sind.
Ihnen liegt nicht nur die Reinigung, Lüftung und Heilung
der Erlassen ob, sondern auch die Au&icht bei den Bädern der
Schüler, die Instandhaltung des Schulgartens, ja, sie gehen —
und dieser Umstand ist ausschlaggebend bei der Besetzung der
betrefifenden Stellen — den Schülern auch bei dem Handfertigkeits-
unterrichte, bei den Gartenarbeiten und sonst an die Hand.
Voll Dankes scheiden wir von unserem lieben Berafe-
genossen und, diesem idealen Zukunftebilde entrückt und in
die verbesserungsbedürftige und verbesserungsfähige Gegenwart
zurückversetzt, zuckt uns ein Gedanke durch den Kopf:
„Könnte nicht einmal Österreich- Ungarn mit einer
Reform der Schule als Erziehungsanstalt entschieden
vorangehen, da doch diese Reform nur eine Frage
der Zeit ist?^ (Bobgbbstbin.)
686
fiUiittre Mitttünn^tn»
90
Über die Hygiene des Ohres im Sehnlalter entnehmen wir
einem in der „Internat, klin, Bundsch,^ mitgeteilten Aufsätze von
Dr. S. ToMKA das folgende. Die Ohrenkrankheiten treten be-
kanntlich am h&afigsten im jugendlichen Alter auf. Der Grund
hierffir liegt darin, dafe gerade zu dieser Zeit Leiden der Atmungs-
organe, akute Infektionskrankheiten und Erkrankungen des Central-
oervensystems in sehr grofser Zahl vorkommen. Da die Affektionen
des GtehOrorganes meist als Folgezustftnde dieser Krankheiten auf-
treten, so bietet sich zur Verhütung derselben ein weiter Spielraum.
Von den Erkrankungen, welche Ohrenleiden nach sich ziehen können,
sind vor allem die Nasenrachenkrankheiten zu erwähnen.
Dieselben verursachen Leiden des Ohres erstens insofern, als sie
sich durch die Eustachische Trompete auf das Mittelohr fortpflanzen.
Zweitens führen sie zum Verschlufs der im Rachen gelegenen Öffnung
der Trompete, als dessen Folge sich Mittelohrkatarrh entwickelt.
Endlich bildet die erkrankte Nasenrachenschleimhaut für die Ent-
wickelung pathogener Mikroorganismen einen günstigen Boden. Wo
daher Kinder mit offenem Munde atmen, nftselnd sprechen, einen
charakteristisch stupiden Gesichtsausdruck zeigen, ist das Gehörorgan
wiederholt, womöglich von einem Specialarzt, zu untersuchen und
eine bestehende Nasenrachenkrankheit so früh als möglich zu be-
handeln; denn es läfst sich nur dann ein sicherer Erfolg erwarten,
wenn im Mittelohre noch keine sekundären Veränderungen aufgetreten
sind. Das ärztliche Eingreifen wird nicht nur dadurch belohnt,
da(s wir das Grehörorgan vor schwerer Erkrankung beschützen,
sondern wir wirken auch moralisch günstig auf diese Kinder ein, die
in der Schule ihres schlechten Gehörs wegen meist zurückbleiben
und deswegen vielfach getadelt werden. Was die akuten In-
fektionskrankheiten, Scharlach, Diphtherie, Masern, Pocken,
Influenza und Typhus, betrifft, so ist bekannt, dafs kein Sinnesorgan
im Verlauf derselben so häufig erkrankt, wie das Ohr. Es wird
dies leicht begreiflich, wenn wir bedenken, da|s die bei diesen
Krankheiten in grofser Zahl sich entwickelnden Mikroorganismen
auf der Nasenrachenschleimhaut eine eiterige Entzündung verursachen,
welche sich durch die Ohrtrompete auf die Tronunelhöhle fortpflanzt.
Hier kann die Eiterung Durchbruch des Trommelfells, Zerstörung
der Gehörknöchelchen und so Schwerhörigkeit, durch Weitergreifen
686
des Leidens aaf das Labyrinth sogar totale Taubheit yerarsachen.
Aus prophylaktischen Gründen ist es deshalb empfehlenswert, im
Verlaufe der genannten Infektionskrankheiten den Mund und Nasen-
rachenraum mehrmals des Tages mit schwachen antiseptischen Lö-
sungen ausspülen zu lassen. Bei den chronischen Allgemein-
erkrankungen, wie Skrofulöse, Rhachitis, Tuberkulose, Anämie,
angeborene Syphilis, die mit Erkrankungen des Gehörorgans eiiiber-
gehen können, vermag eine rationelle Vorbeugung auch vieles zu
erreichen. Durch nahrhafte, kräftigende Kost, gesunde Wohnung,
Aufenthalt in frischer Luft und durch entsprechende ärztliche Be-
handlung vermögen wir nicht nur zu verhindern, daCs sich ein Ohren-
leiden bilde, sondern wir können auch ein schon bestehendes in
seinem Fortschritt beschränken. Von den äufseren Schädlich-
keit en für das Ohr ist in erster Reihe das beimWaschen, Baden,
Duschen so häufig in den äufseren Gehörgang eindringende
kalte Wasser zu erwähnen. In vielen Fällen bleibt dasselbe
ohne weitere Folgen, wohl deshalb, weil die Flüssigkeit infolge der
Krümmung des Gehörgangf^s nicht leicht bis zum Trommelfelle
gelangt. Bei zahlreichen Menschen entsteht jedoch eine Entzündung
des letzteren und der Trommelhöhlenschleimhaut, hauptsächlich wenn
der Gehörgang gerade ist, da der Druck und die niedrige Temperatur
als mechanische und thermische Reize wirken. Obwohl viele dieser
Fälle heilen, bleibt doch häufig Trommelfellperforation, Ohrenflnfe
und Hörstörung danach zurück. Beim Baden müssen deshalb die
Schüler den Kopf so in die Höhe halten, dafs in ihren Mund, ihre
Nase und ihren Gehörgang keine Flüssigkeit eindringen kann, da
dieselbe von der Nase und vom Rachen aus durch die Ohrtrompete
leicht in das Mittelohr gelangt. Aus diesem Grunde empfiehlt es
sich nicht, beim Baden den Kopf unter Wasser zu tauchen, noch
weniger in das Wasser zu springen, weil in letzterem Falle durch
die plötzliche Luftverdichtung eine Trommelfellzerrei&ung eintreten
kann. Will man jedoch beides nicht entbehren, so ist es zweck-
mäfsig, die Ohren mit in öl getauchter Watte zu verstopfen, eventuell
darüber noch eine Schwimmhaube zu ziehen. Es wirken ferner auf
das Ohr nachteilig die kalten Luftströme, heftiger Luftzug,
feuchtes, windiges Wetter, Erkältung, indem sie eine akute Ent-
zündung des Trommelfells und des Mittelohrs zu verursachen im
Stande sind. Bei vielen Schülern schaden Wind, Kälte und Nässe
dem Ohre nicht, während bei anderen nach diesen Einflüssen im
Ohre Empfindlichkeit, Druck, ein Gefühl der Völle und Schmerz als
Vorboten einer beginnenden akuten Entzündung auftreten. Am besten
wird die Erkältung dadurch vermieden, dafe man der Schuljugend
dem Wetter entsprechende Kleidung gibt und die nassen Kleider und
687
Schahe mit trockenen vertauschen läfst. Ohrenkranke Kinder sollen
bei schlechtem Wetter im Ohre Watte tragen, während dies bei
gotem Wetter und zu Hause nicht nötig ist. Weiter sind die
heftigen Schallerschtltterungen und der dauernde Auf-
enthalt in geräuschvollen Lokalitäten fflr das Ohr sehr
schädlich. Von Explosionen, Gewehrschüssen, Maschinenhäusern,
Lokomotiven und deren Pfiffen ist namentlich die jüngere Schul--
Jugend möglichst fem zu halten. Öftßr fügen sich auch die Kinder
selbst Schaden am Ohre zu, indem sie beim Spielen mit schrill
tönenden Pfeifen einander ins Ohr blasen; den Gebrauch dieser
Pfeifen sollte man streng untersagen. £benso wäre es wünschenswert,
die hoheo Pfiffe der Lokomotive tiefer zu stimmen oder das Pfeifen
derselben, wie in England, ganz abzuschaffen. Durch diese Schädlich-
keiten kann heftiges Ohrensausen, ja vorüberziehende oder bleibende
Hörstörung entstehen, da dieselben wahrscheinlich eine starke Er*
schütterung der Labyrinthflüssigkeit verursachen, wodurch die End-
ansbreitungen des Hörnerven eine plötzliche Lageveränderung erleiden
und auf diese Weise gereizt oder sogar gelähmt werden. Kuis
aufs Ohr, Schlag auf die Schläfengegend, Ziehen der Ohrmuschel,
starkes Zusammenschlagen der Hände in der Nähe des Ohres können
eine TrommelfeUruptur und eine Blutung im Mittelohre und Laby-
rinthe nach sich ziehen. Auch Ohrfeigen^ vermögen Ohrenleiden
verschiedenen Grades zu erzeugen. Bei dieser Strafmethode tritt
leicht durch die plötzliche Luftverdichtnng eine Zerreifsung des
Trommelfells ein. welche jedoch zumeist ohne Folgen in kurzer Zeit
heilt. Manchmal bleiben indessen nach Ohrfeigen Ohrensausen und
Schwerhörigkeit zurück, hauptsächlich dann, wenn keine TrommelfeU-
ruptur entstand. In diesem Falle nämlich wirkt die lebendige Kraft
uogeschwächt vom Trommelfell auf den Steigbügel und von hier auf
das Labyrinth, so dafs Labyrintherschütterung, Hörnervenlähmung
und totale Taubheit entstehen kann. Ebenso wird durch die Ent-
fernung des Ohrenschmalzes bei manchen Schulkindern eine
Ohrenkrankheit bedingt. Dasselbe fällt gewöhnlich in halb vertrocknetem
Zustande von selbst aus dem Ohre dadurch, dafs die Kieferbewegungen
sich auf den knorpeligen Gehörgang fortpflanzen. Da jedoch dieser
Umstand nicht bekannt zu sein scheint, trachten viele, das Ohren-»
schmalz mittelst Ohrschwämmchen, Ohrlöffel, zusammengerollter
Haudtuchzipfel unter gleichzeitigem Eingiefsen von Flüssigkeit ans
dem Gehörgange zu entfernen. Hierdurch wird jedoch das Ohren-
schmalz nur aufgeweicht und noch tiefer in den Gehörgang geschoben.
Wir sehen auch thatsächlich zumeist bei jenen Personen Ohrenschmalz»
* Vergl. diese Zeitschnft, 1894, No. 3, S. 163. D. Red.
688
anhänfungen, die der Reinhaltung ihrer Gehörgänge besondere Sorgfalt
widmen, da sie das Ohrenschmalz in den knöchernen Gehörgang
hineindrücken, anf welchen sich die Eieferbewegungen nicht mehr
fortpflanzen. Diese Reinignngsmethoden sind daher nicht zweck-
mäfsig; es genügt vielmehr, wenn die Ohrmuschel and die Gegend
der äofseren Ohröffnnng mit einem in lauwarmes Wasser getauchten
Handtuche abgewischt werden. Unter den die Oiirenkrankheiten der
Kinder yerursachenden Schädlichkeiten spielen ferner die Fremd-
kör per eine wesentliche Rolle, Bohnen, Erbsen, Weizenkömer,
Kieselsteine, welche namentlich von den jüngeren beim Spielen gern ins
Ohr gesteckt werden. Auch der Volksgebrauch, gegen Zahnschmerz
Zwiebeln ins Ohr zu legen, ist hier zu nennen. Aufserdem kommt es vor,
dafs zum Kratzen verwendete Zahnstocher, Zündhölzchen u. dergi.
abbrechen und im Ohr stecken bleiben. Die Fremdkörper sind in
der Regel leicht zu entfernen, wenn von unberufener Hand keine
Extraktionsversuche vorgenommen wurden. Durch diese Versuche,
vor denen nicht genug gewarnt werden kann, werden die Fremd-
körper noch tiefer ins Olur hineingeschoben, so dafs sie das Trommel-
fell verletzen, ja sogar nach dessen Perforation bisweilen in die
Trommelhöhle gelangen, wo sie Eiterung und deren Folgen, Gehör-
nervenlähmung u. s. w., verursachen können. Solche von Laien
unternommenen Extraktionsversuche erschweren die fachmäfsige Ent-
fernung der Fremdkörper, ja, es wird dadurch öfter eine gröfsere
Operation erforderlich. Schliefslich sei noch erwähnt, dals wegen
Juckens und Gefühls der Völle im Ohre viele Kinder mit dem ins
Ohr luftdicht gesteckten Finger dasselbe schütteln
oder es mit einem harten Gegenstande kratzen. Diese Manipulationen
sind für das Gehörorgan gleichfalls sehr schädlich, da durch
erstere Luftdruckschwankung und Labyrinthhyperämie, durch
letztere schmerzhafte eiterige Entzündung des Gehörganges ent-
stehen kann.
Masern als Schnlkrankheit. Es ist bereits wiederholt hervor-
gehoben worden, dafs die Masern in hohem Grade durch die Schulen ver-
breitet werden. So lenkte z. B. Föbsteb schon vor mehreren Jahren die
Aufmerksamkeit der Fachkreise auf diesen Punkt und wies zugleich
darauf hin, wie bedeutungsvoll zur Konstatierung dieses Zusammen-
hanges die Beobachtung des Einflusses wäre, welchen die grofsen
Schulferien auf einen Rückgang der Masern etwa ausüben könnten.
Der bekannte Statistiker, Direktor Joseph KökOsi in Budapest,
erteilt nun auf obige Fragen auf Grund umfangreicher Unter-
suchungen eine exakte Antwort, und zwar sowohl hinsichtlich der
fördernden Einwirkung des Schulbesuches als der hindernden der
Schulferien. In seinem soeben erschienenen Werke : „Statistik der
689
infektiösen Erkrankungen in den Jahren 1881 — 1891 u.8.w."
führt er folgende Tahelle an:
Masernerkranknngen Ton Schulkindern in Budapest.
V 1
Eluflufs der Ferien
Einflafs des Schnlbesuohes
Jahr
Angntt
September
Oktober
Aognat bla
Oktober
NoTember
bis Janoar
Febniar
bii April
Mal bli
JqU
1881-82
1882-83
1883—84
83
40
90
29
30
97
135
29
155
197
99
342
778
201
551
1459
450
2471
990
809
1712
Somma
168
156
819
688
1580
4880
8511
1884—86
1885-86
1886-87
20
13
81
7
36
66
13
215
41
40
264
178
200
4070
119
172
1868
144
198
847
664
SnmiDa
lU
99
269
482
4889
2182
1609
1887—88
1888-89
1889-90
96
91
39
150
34
34
558
48
102
804
173
175
2636
498
971
1037
314
2037
1020
277
1867
Summa
226
218
708
1152
4182
8888
8164
1890-91
1891-92
1892-93
61
118
98
38
58
70
75
117
147
174
293
315
502
1012
300
377
2154
772
1008
1681
2174
Samma
277
166
889
782 1
1814
8808
4868
Summa
Somraarum
780
689
1685
8054
11865
18258
18147
Während also in die 9 Monate des Schulbesuches durch-
schnittlich 4000 bis 4400 Erkrankungen per Monat fallen, weist
der Ferialmonat August nur 780, der erste Schnlmonat September,
in welchem noch die Ferien nachwirken, nur 639 Erkrankungen auf.
Mit der Fortdauer des Unterrichts steigt daun im Oktober die Zahl
der Masemfälle schon auf 1635. Aber selbst mit Hinzurechnung
dieses Monats zeigt das Ferialtrimester folgende eklatante Ab-
weichung:
Ferialtrimester 3054 Masemerkrankungen
I. Schultrimester 1 1 865 „
n. „ 13258 „
in. „ 13147
Ein weiterer Beweis für die Richtigkeit des zwischen Schul-
besuch und Masemepidemien bestehenden ursächlichen Zusammen-
Sehalgesiindheltcpfleffe YII. 44
690
Jiianges wird anch dadurch erbracht, dais sich mit einer Yerschiebong
der Ferienzeit zugleich eine Verschiebung der Erkrankungsminima
nachweisen liefs. Andererseits sei noch angeftlhrt, dafs in den Jahren
1886 und 1892 die Eröffnung des Unterrichts in den Volksschulen
wegen der in jener Zeit herrschenden Cholera eine Verftndenmg
erfuhr, und zwar wurden im Jahre 1886 die Volksschulen am
15. September gesperrt, im Jahre 1892 aber die Eröffnung yom
1. September auf den 1. Oktober verschoben. Die Folge hiervon
war, dals die sonst schon im November bemerkbare Steigerung der
Masemfälle, die dann im Dezember bereits epidemische Dimensionen
anzunehmen pflegte, in diesen zwei Jahren, in welchen die Schulen
später eröffnet wurden, eine Verzögerung erfuhr.
Das Gehirngewicht der Kinder. Schon wiederholt ist der
Versuch gemacht worden, einen Zusammenhang zwischen geistigen
Fähigkeiten und Gehirngewicht beim Menschen aufzufinden. Dieser
Versuch ist aber insofern miüslungen, als geistig hochstehende Indi-
viduen nicht immer auch grofse Gehirne haben. Der Einflufs des
Körpers spielt eben bei dem nervösen Centralorgan nicht minder als
deijenige der Seele eine Rolle. Trotzdem dürfte es interessant sein,
das durchschnittliche Himgewicht der Kinder auf den verschiedenen
Altersstufen kennen zu lernen. Professor Bioshoff gibt daftkr nach-
stehende teils auf eigenen, teils auf fremden Wägungen beruhende
Tabelle an:
Alter
Gehinifewleht
Alter
Odilia(«rMrt
in Jahren
in Orammen
In JahnD
in Onmaw
1
885
8
1045
2
909
10
1315
3
1071
11
1168
4
1099
12
1286
5
1033
13
1505
6
1147
14
1336
7
1201
15
1414.
Aus dieser und ähnlichen^ von anderen üntersuchem her-
rührenden Zusammenstellungen ergibt sich übereinstimmend, da(s das
Himgewicht gegenüber dem Körpergewicht und im Gegensatz zn
anderen Organen schon in frühester Jugend ein sehr hohes ist
und bereits nach längstens einem Jahr die Hftlfte seines zukünfUgen
Durchschnittswertes erreicht. Auch während der ganzen übrigen
Jugendzeit bleibt das Gehirn relativ schwerer als in späteren
Jahren, wächst also nicht proportional mit dem übrigen Körper,
sondern wird im Verhältnis zu ihm immer leichter. Etwa vom 18.
bis 20. Leben^ahre an setzt es sich mit dem Körpergewicht in ein
konstantes Verhältnis, das es bis ins Alter mit geringen Schwan-
691
kuDgen festzuhalten scheint. Für die Schulhygiene dttrfte daraus
der Schlufs zu ziehen sein, dafs man, namentlich in jüngeren Jahren,
seines starken Wachstums wegen an das Gehirn nicht zu hohe An-
forderungen stellen darf.
Zur ExameDfiberbfijdnng schreibt „Le 'Brogr. imMJ^ Wenn
man von geistiger Überbürdung gesprochen und sich dabei auf die
Lehrpläne und die Hausaufgaben der Schüler in den Colleges
bezogen hat, so ist vielleicht eine Täuschung sowohl über die That-
sache selbst, wie über ihre Ursachen untergelaufen. Der haupt-
sächlichste Grund der Überbürdung scheint vielmehr in der Vor-
bereitung auf die Prüfungen und in der Art und Weise zu liegen,
wie diese Prüfungen beim Eintritt in gewisse Schulen und Lauf-
bahnen eingerichtet sind. Sie fordern jedes Jahr ihre Opfer. Bei
dem Examen in der Geschichte und Geographie z. B., welches dieses
Jahr an der Pariser Fakultät stattfand, mufste sich einer der Exa-
minanden, dessen Erfolg mehr als wahrscheinlich war, schon nach
dem ersten Abschnitte ins Bett begeben; die übermäisige, zu lange
anhaltende Vorbereitung hatte ihn krank gemacht. Ein anderer
wurde in dem Augenblicke von Schwindel ergriffen, wo er im
Begriffe stand, seine Probearbeit zu schreiben, und mufste daher
gleichfalls von der Prüfung zurücktreten. „Alle Kandidaten,^ so
heifist es in einem offiziellen Berichte, „zeigten auf ihren Gesichtern
die Zeichen einer außerordentlichen Ermüdung." Der „TempB^
bemerkt hierzu : Ist diese Überbürdung nötig, und vor allen Dingen
ist sie für die Zukunft fruchtbar? Sämtliche kompetenten Beurteiler
versichern das Gegenteil.
Der Einflnfs des Fnfsballspiels auf die Körperestwickelnng
ist von Dr. Beyeb untersucht worden, der darüber in dem „Ämer.
Joum. of the med. scienc.^ berichtet. Er verglich die Fufsball-
spieler unter den Kadetten der Marineakademie mit nicht spielenden
Studenten und fand, dals erstere durchschnittlich zwar 2 Monate
älter, dafür aber auch um 4% länger und um 28% schwerer
waren; aufserdem besafsen sie 21% mehr Lungenkapacität und
49% mehr allgemeine Körperkraft. Zwischen nicht spielenden
Talestndenten und amerikanischen Fufsballspielern bestand folgender
Unterschied. Die Spieler waren im Mittel 1 Jahr und 1 Monat
älter, hatten aber eine um 2,8 7o gröläere Körperlänge, um 20%
mehr Körpergewicht, um 10% mehr Lungenkapacität und um 40%
mehr Körperkraft. Endlich übertrafen amerikanische FuGsballspieler
die nicht spielenden Amherststudenten durchschnittlich um 2 Jahre an
Alter, zugleich aber um 3% an Länge, um 23 ^/o an Gewicht,
um 20% an Lungenkapacität und um 37% an Körperkraft. Bei
25 Fuisballspielern hatte im Jahre 1892 nach zweimonatlichem Spiel
44*
692
das Körpergewicht um 3,6 kg oder 4,9%, im Jahre 1893 am
3,28 kg oder 4,7% ihres ursprünglichen (xewichts zugenommen.
Das Wachstum der Lungenkapacitftt betrug 3.9%, dasjenige der
Körperkraft 1892 16,4%, 1893 14,2%. Um zu ermitteln, ob
der rapide Kraftzuwachs hei den Spielern yielleicht ebensoschnell,
wie er gekommen, wieder schwinde, wurSen Vergleiche zwischen den
Resultaten nach dem Spiele im Jahre 1892 und denjenigen vor dem
Spiele im Jahre 1893 angestellt. Dabei ergab sich, dafs von den
16% Kraftvermehrung noch nicht 1% während der Nichtspid-
periode yerloren gegangen war. Bemerkenswert ist übrigens, dals
der „Titale Index*", der durch Division der Lungenkapacit&t mit
dem Körpergewicht gewonnen wird, unter dem Eiufluls des Fußball-
spieles nicht zunimmt, indem die Lungenkapacität nicht in dem
gleichen Malse, wie das Gewicht, ansteigt. Überhaupt ist es fraglich,
ob das Fu&ballspiel die beste Methode zur Ausbildung des Körpers
bildet. In dieser Beziehung ist folgende Tabelle von Dr. Beysb
interessant :
Art der körparliehan
Übimg
Alter
a
I
Zanahme
an
LtnfT«
in •/©
Zonahme
an
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in«/.
Zauahme
der
Lanven-
kapaeittt
.n«/o
Zauahme
der all-
fr^m einen
Körper-
kralt <n */«
Daaer
dar
Körper^
flhaitf ia
M'^nataa
FafsbaU 1892
„ 1893
Rudern 1898
Gymnastik von
Kadetten 1892—93 .
1898-94 .
19 6
19 11
19 3
18 0
18 0
0,0
0,0
0,2
0,5
0,8
4,9
4,7
1,3
1,0
0,0
3,9
7,3
3,8
6,5
16,4
14,2
28,0
32.0
25,0
2
2
2
6
6
Danach scheint Rudern und systematische Gymnastik dem
Fußballspiel in Bezug auf KOrperausbildung überlegen zu sein. Wie
sehr die Lungenkapacität durch das Rudern vermehrt wird, ist
ohnebin bekannt.
Über Erapf&nglichkeit der Kinder fBr Impfang alt
animaler Vaccine. Als Vorsteher einer öffentlichen Impfanstalt in
Kopenhagen hat Dr. Adbersen die Resultate der Impfung mit
animaler Lymphe an 2500 Kindern studiert und in y^ügeskr. f.
Lceg,*^ veröffentlicht. Alle Yaccinierten waren mit 6 Schnitten geimpt.
In den verschiedenen Altersklassen entwickelten sich Pusteln aus den
6 Schnitten:
Leben ^ahr Prozent der Schnitte
0—1 76,4
1—2 84,4
693
Lebensjahr Prozent der Sohnitte
2—3 84,3
3—4 87,6
4—5 89,0
6—6 90,5
6—7 88,9
7—8 89,5.
Im ersten Lebensjahre ist hiernach die Empfönglichkeit für
animale Vaccine am geringsten, sie steigt ziemlich schnell für das
zweite Jahr nnd dann langsam weiter bis zum sechsten Jahre, um
später wieder ein wenig abzunehmen. Dr. Adsersen vergleicht
diese Empfänglichkeit für animale Vaccine mit der Neigung zu
Krankheiten im allgemeinen, wie sie bei den entsprechenden Alters-
stufen in den ärmsten Volksklassen Kopenhagens hervortritt.^ Er
konstatiert, dafs erstere sich ganz entgegengesetzt wie letztere
verhält. Die gröfste Morbidität findet man im ersten Lebensjahre,
wo die geringste Anzahl von Pusteln sich entwickeln, und die
meisten Pusteln im sechsten Lebensjahre, wo ein Minimum von
Kränklichkeit gefunden wird. Als ein kleiner Beitrag zur Be-
leuchtung der periodischen biologischen und pathologischen Ver-
hältnisse in den einzelnen Lebensjahren, die wir bis jetzt nur
in geringem Grade kennen, ist diese MitteDung gewifs von Interesse.
Von Fehlerquellen, wie mögliche Verschiedenheiten in der benutzten
Vaccine u. s. w., meint der Verfasser nach sorgfältiger Prüfung ab-
sehen zu dürfen.
Die Handels- und Oärtnerschnle zu R&kos-Pilota in
Ungarn. Diese Schule, so schreibt unser Mitarbeiter, Herr Dr.
H. GüTZMANN, in „D. ärztL Prakt.^^ ist an sich eine gewöhnliche
Volksschule. Die Knaben — nur um solche handelt es sich —
finden im Alter von 6 Jahren dort Aufnahme und bleiben bis zur
vollendeten Ausbildung in der Anstalt. Die kleineren werden mit
leichteren Gärtnerarbeiten beschäftigt, die gröfseren lernen auch die
schwierigeren dieser Arbeiten ausführen. Wenn die Kinder das
Alter von 15 Jahren erreicht haben, so handelt es sich darum, was
sie werden wollen. Die meisten von ihnen bleiben bei der Gärtnerei,
andere werden Schmiede, Schlosser, * Schuster. Für diese drei
Berufsarten hat man dort eigene Werkstätten errichtet, die von vor-
trefflichen Meistern geleitet werden. Die jungen Lehrlinge stehen
gröfsteoteils bis zum Alter von 20 Jahren noch unter der Aufsicht
der Anstalt und treten erst dann in das Leben hinaus. Diese eigen-
tümliche Verbindung von Schulunterricht nnd Gartenarbeit bewirkt
* S. diese Zeitschrift 1894, No. li), S. 647. D. Red.
694
jedenfalls eine anfserordenüich hygienische Lebensweise, und die
jungen Leute erfreuen sich denn auch einer ausgezeichneten Gresondheit.
Die Anstalt besteht jetzt bereits seit 11 Jahren. Die Kosten für
dieselbe werden zum gröfseren Teile von der Gräfin Alexander
Earoly aufgebracht, die auch das gesamte Terrain und die Ein-
richtungen ihrer Zeit gestiftet hat.
Doppeltreppen der Volksschnlen Roms. Nach „The Sanii,
Inspect"' besitzen die Elementarschulen Roms stets zwei bequeme
und geräumige Treppen, die eine zum Hinauf-, die andere zum
Heruntergehen. Dadurch wird vermieden, dafs die Kinder, indem
sie in entgegengesetzter Richtung gehen, sich stofsen und drängen.
Auch die Staubentwickelung soll auf diese Weise verringert werden.
9a$es$eff^td|tli(l^eB.
Einf^abe der nnfi^arisclien Schulärzte an den dortigen
Unterrichtsminister, betreffend die schnl?irztliche Institution.
Budapest, im Mai 1894. Ew. Excellenz habeu bei zahlreichen Gelegen-
heiten bewiesen, wie sehr Ihnen an der körperlichen Erziehung unserer
studierenden Jugend gelegen ist, und daraus schöpften wir Schulärzte
und Hygieneprofessoren den Mut, uns auf Grund unserer Beratnngen
an Ew. Excellenz zu wenden und Ihre Aufmerksamkeit auf eine
Frage zu lenken, welche mit den sanitären Verhältnissen der Schul-
jugend auf das engste zusammenhängt. Der Vorgänger Ew. Excellenz
hat den Grund zu der Institution der Schulärzte und Hygiene-
professoren gelegt, und wenn diese bisher nicht so erfolgreich war,
wie es bei ihrer Bedeutung zu erwarten stand, so gebrach es nicht
an unserem guten Willen, die wir trotz unserer geringen Honorierung
weder Mühe noch Zeit scheuend, unverdrossen wirkten. Wir können
es mit gutem Gewissen sagen, dafs, wenn das thatsächliche Resultat
hinter den allgemeinen Erwartungen znrückblieb, die Ursache hier-
von in jenen eigentümlichen Verhältnissen zu suchen ist, welche
infolge des jetzigen Lehrplanes und der derzeit gültigen Instruk-
tionen bestehen. Gelegentlich unserer Beratungen, welche wir unter
Vorsitz des Professor Julius Dollingeb abhielten, machten wir
die Institution der Schulärzte und Hygieneprofessoren zum Gegen-
stände einer gründlichen Diskussion, und sind wir nun auf Grund
derselben so frei, unsere Vorschläge betreffs dieser so wichtigen
Angelegenheit ergebenst zu unterbreiten Über die Agenden des
Schularztes besitzen wir ein Regulatiy, welches das hohe Unterrichts-
69Ö
ministerinm im Jahre 1 887 erlassen hat. Die Erfahrung aber zeigte,
dafs dieses Regulativ, das auch im Anslande gewürdigt wurde, einer
Erg&nznng bedarf. Die heutige Organisation der Schulärzteinstitution
entspricht nicht, weil sie nicht systemisiert, nicht stabilisiert ist.
Sicherlich entging der auf alles gerichteten Aufmerksamkeit Ew.
Excellenz auch jene auffallende Erscheinung nicht, dafs, während
heute nur yerhältnismäläig wenige Schulen Schulärzte besitzen, unter
diesen wenigen in mehreren, selbst in staatlichen Anstalten solche
Ärzte angestellt sind, die keine specielle Qualifikation besitzen. Und
wenn die schulärztliche Institution ein wirkliches Bedür&is ist, was
zu beweisen heute doch nicht mehr nötig erscheint, dann mülste
dieselbe nicht nur in den Gymnasien und Realschulen allgemein ein-
geffthrt, sondern auch auf alle ähnlichen Anstalten ausgedehnt werden,
also auf die Handels-, Industrie-, höheren Mädchenschulen, Priester-
seminare und hauptsächlich auf alle Internate. Darum halten wir
die Sy>temisierung der Schulärzteinstitution und ihre Ausdehnung
auf sämtliche Schulen, sowie die ausschliefsliche Anstellung von
qualifizierten Schulärzten fttr sehr wichtig. Die auf die ganze Linie
sich erstreckende Systemisierung aber müfste mit der Ausarbeitung
einer Ergänzung des Regulativs beginnen, welche einerseits die
Agenden des Schularztes präcis festzusetzen, andererseits dem fach-
männischen Gutachten desselben ein gehöriges Gewicht zuzusichern
hätte, ünerläfslich ist es auch, die Stellung des Schularztes im
Professorenkollegium zu bestimmen. Der Schularzt braucht ein
Lokal für seine Untersuchungen, Instrumente zu denselben, wie z. B.
zu Augenuntersuchungen, einen Kasten mit Verbandzeug für die
erste Hilfe, namentlich in Provinzialschulen. Wir müssen auch den
Umstand hervorheben, dafs das jetzt in Kraft stehende Regulativ
vom Schularzte die pünktliche und gewissenhafte Erfüllung zahl-
reicher solcher Aufgaben fordert, deren Ausführung sehr viel Zeit
in Anspruch nimmt. Nach unserer Überzeugung aber kann sich
selbst der eifrigste Schularzt diesen vielseitigen Agenden nur dann
ganz hingeben, wenn er für das, was ihm durch Vernachlässigung
seiner Privatpraxis entgeht, als Gegenwert eine entsprechende Be*
Zahlung erhält. Was ist natürlicher, als dafs derselbe bei dem
heutigen geringfügigen Honorar selbst mit dem besten Willen nicht
im Stande ist, seiner viel einträglicheren Privatpraxis so viel Zeit zu
entziehen? Und ist es noch nötig, zu sagen, wie dringend es wäre,
dais der Schularzt wenigstens einen guten Teil seiner Zeit zum
Nutzen der Schuljugend verwendete? Wie sehr man dies im Auslande
zu würdigen beginnt, illustrieren folgende Beispiele. In London
werden für Bezahlung der Schulärzte jährlich mehr als 100000 Pfund
Sterling ^verausgabt; in Paris wirken seit 1889 schon 126 Schul-
696
ftrzte und erhalten ein Jahreshonorar von 108000 Francs, d. i.
800 Francs pro Kopf; die Leipziger Schulärzte, deren Zahl 15 be-
trägt, empfange je 500 Mark jährlich. Aufserdem würden wir es
für sehr heilsam halten, wenn die Elementar- und Bürgerschulen in
den Städten — etwa hezirks weise — kumulativ der Aufsicht je
eines Schularztes unterstellt würden. In den Volksschulen ist nicht
nur die Anzahl der Schüler eine grofse, sondern diese stammen auch
aus den verschiedensten Volksschichten, was an und für sich eine
hohe Gefahr in betreff der Infektionskrankheiten in sich birgt, so
dafs hier die eifrigste Fürsorge zur Pflicht wird. In dieser Rich-
tung aber würden des Schularztes sehr zahlreiche Agenden harren,
die der hehördliche Arzt neben seinen vielen sonstigen Obliegen-
heiten nicht bewältigen kann. Paris und die Städte Belgiens geben
in dieser Beziehung mit einem nicht nur guten, sondern auch lehr-
reichen Beispiele voran. Und damit das Verständnis für Hygiene
auf dem ganzen Gebiete des Volksunterricbts frachtbringend werde,
wäre es zweckmäfsig, den Schulinspektoren Sanitätsratgeber als Facb-
gehilfen an die Seite zu stellen. Der Schalinspektor hat in hygie-
nischer Hinsicht viele und wichtige Aufgaben, und dafs diese Auf-
gaben in vielen Fällen auch dort ungelöst bleiben, wo für die Sa-
nierung der Übelstände genug guter Wille vorhanden ist, bierfür
liegt die Ursache nur darin, dafs der Schalinspektor nicht die ge-
nügende hygienisch-technische Orientierung besitzt, was man ihm
übrigens bei seiner Fachbildung nicht einmal als Mangel anrechnen
darf. In dieser Richtung wäre der sachverständige Rat des Schul-
arztes von unschätzbarem Nutzen, welcher alljährlich die Schulen
untersuchen und die hygienischen Teile der Berichterstattung des
Schulinspektorats anfertigen müfste, was die Arbeit des letzteren
entlasten würde. Ebenso vieles gibt es in betreff des zweiten Teiles
der Institution, nämlich des Unterrichtes in der Hygiene, zu ver-
bessern und zu ändern. Das heute in Geltung stehende RegulatiT
macht dem in Mittelschulen wirkenden Schularzte den Unterricht der
Hygiene zur Pflicht. Bisher wird die Gesundheitslehre jedoch nur
in etwa 30 Mittelschulen vorgetragen, und zwar als aufserordent-
licher Lehrgegenstand. Wir haben auch diesen Teil der Frage zum
Gegenstande unserer Diskussion gemacht und halten es für interessant,
die Erfahrungen jener Kollegen zu skizzieren, welche die Hygiene
teils in Mittelschulen als fakultatives, teils in Präparandenanstalten
und Bürgerschulen als obligatorisches Fach lehren. Das
Resultat des Unterrichtes ist dort viel besser, wo der Gegen-
stand obligatorisch ist, was nicht verwundem kann. Ist doch der
Erfolg im Unterrichte der fakultativen Gegenstände überall gering.
Es^müfste aber in ^der Schule der allgemeinen Bildung, in der
697
Mittelschule, die Yerbreitnng hygienischer Kenntnisse viel intensiver,
als bisher geschehen. Wir sind der festen Überzeugung, dafs sich
auch die Pädagogen uns anschliefsen werden, wenn wir um den
obligaten Unterricht in der Hygiene petitionieren, wobei wir nament-
lich den jetzigen Zeitpunkt f&r passend halten, wo über den Lehr-
plan der einheitlichen Mittelschule Beratungen gepflogen werden.
Der Zweck der modernen Mittelschule ist, den Jflngling in jenen
Gedankenkreisen zu orientieren, welche im Bewuistsein der Gebildeten
unserer Nation und unserer Zeit einen Platz einnehmen. In diesem
Kreise aber dürfen die hygienischen Kenntnisse nicht fehlen. Sie
dürfen nicht fehlen sowohl im Interesse der Gesundheit der einzelnen,
als zur Förderung des Sanitätswesens der Nation. Ist es doch
eigentümlich, dafs der Jüngling die grofsen und kleinen Ereignisse
der Weltgeschichte kennt — er weifs z. B. ganz genau, wie viele bei
Marathon gefallen sind — , aber er befindet sich über die Teile seines
eigenen Organismus und deren Funktion im unklaren ; er zeigt einen
grofsen Fortschritt in den alten und modernen Sprachen, aber er weife
nicht, wie man vernünftigerweise sein tägliches Leben einrichten mufs ;
er lernt Pflanzen und Mineralien klassifizieren, kennt aber nicht
den Wert der verschiedenen Nahrungsmittel; er erlernt die Bahnen
der Gestirne, nicht aber die Errettung seines Nebenmenschen aus
Lebensgefahr oder den eigenen Schutz gegen ansteckende Krank-
heiten. Wenn der Unterricht der Hygiene in sämtlichen Schulen
des Landes obligatorisch sein wird, dann werden die so notwendigen
hygienischen Kenntnisse sich zugleich in allen Schichten der Bevölkerung
verbreiten; wir werden dann von Jahr zu Jahr zahlreiche Apostel ge-
winnen, welche die Lehren der Hygiene unter das Volk hinaustragen.
Wir wollen auch das nicht aufser acht lassen, daHs die Bezahlung
der Hygieneprofessoren das Unterrichtsbudget belasten würde. Es
ist aber zweifellos, dafs dies eine fruchtbare Ausgabe wäre, denn
wir würden damit erreichen, dafs eine der Hauptursachen der Zurück-
gebliebenheit unseres Sanitätswesens, die Unwissenheit des Volkes
und ihrer Führer in sanitären Sachen, aufhörte. Eine wichtige
Frage ist es ferner, was in dem Fache der Gesundheitslehre unter-
richtet werden soll. Das einstimmige Resultat unserer diesbezüg-
lichen Beratung ist, dafs aufser dem bisherigen Lehrstoffe noch einzelne
Kapitel aus der Anatomie und Physiologie des Menschen gelehrt
werden müfsten. Diese werden zwar heute in den Naturgeschichts-
stunden vorgetragen, wir fallen aber hoffentlich nicht in den
Verdacht der Befangenheit, wenn wir unsere diesbezügliche Ansicht
offen darlegen, dafs dieser Lehrstoff sich besser in den Händen des
Hygieneprofessors befinden würde, welcher denselben im Rahmen der
Hygiene mit Erfolg docieren könnte, wobei aber natürlich die Dauer
698
des Unterrichtes verlängert werden mflfste. Es gibt unter uns eine
Meinungsverschiedenheit auch in der Richtung nicht, dais der Unter-
richt die Vorweisung einzelner Experimente nicht entbehren darf.
Und weil wir dies wissen, haben wir mit Freude vernommen, dals
Herr Ministerialrat Dr. Johann Klamarik einen unserer Kollegen
mit der Zusammenstellung der notwendigen Mittel ftlr Experimente
beauftragt hat; derselbe ist dem Auftrage bereits nachgekommen.
Zum Schlüsse ist in betreff des Lehrplanes unsere Ansicht die, dafs die
Gesundheitspflege in den oberen Klassen der Mittelschule, und zwar in
der YII. Klasse in wöchentlich zwei Stunden unterrichtet werden mflsste;
denn die Schüler besitzen hier schon die zum Verständnis der
Hygiene nötigen naturwissenschaftlichen Kenntnisse. Nur wenn höhere
pädagogische Rücksichten, wie z. B. Anhäufung mehrerer neuer
Lehrgegenstände, gegen die VIL Klasse sprächen, so würden wir die
Aufnahme der Hygiene in den Lehrplan der VI. Klasse wünschen.
Ew. Excellenz, Herr Minister! Es sei uns erlaubt, auf Grund des
Angeführten unsere Wünsche in folgendem zusammenzufassen: 1. Die
Institution der Schulärzte ist zu systemisieren; es soll jede Schale
unter ärztlicher Aufsicht stehen; an die Seite der Schulinspektoren
mögen Schulärzte als Fachgehilfen gestellt werden. 2. Die l&r
Untersuchungen nötigen Lokale und Instrumente sind dem Schul-
ärzte zur Verfügung zu stellen. 3. Der Unterricht der Hygi^e
soll in allen Schulen des Landes obligatorisch sein. 4. Anstatt des
bisherigen Honorars möge ein anständiges Gehalt fixiert werden.
Indem wir für diese unsere ergebene Eingabe die wohlwollende und
gnädige Aufmerksamkeit Ew. Excellenz erbitten, verharren wir als
Ihre ergebensten Redaktionskomiteemitglieder der Konferenz der
Schulärzte und Hygieneprofessoren: Dr. Adolf Juba, Dr. Kabl
PIkozdi, Dr. Heinbich ScHuscHNr.
Schnlhygienisch« Clegenstände auf der Ansstelloiig der
66. Versammlnng deutscher Natnrforscher und Ärzte in Wien.
„D. österr, Sanitätswes.*^ bringt ein Verzeichnis der bei Gelegenheit
der Wiener Naturforscherversammlung von den Behörden für die ^Aus-
stellung von Gegenständen aus dem Gebiete der öffent-
lichen Gesundheitspflege in Österreich'* eingesendeten Objekte.
Danach hatten ausgestellt: die Landeshauptstadt Graz Pläne der städti-
schen Volksschule in der Hirtengasse ; die Bezirksschulräte Graz Umgebung,
Friedau, Luttenberg, Pettau, Rottenmann, Voitsberg Zeichnungen Ton
Volksschulgebäuden; die erste k. k. privilegierte Donaudampfschiffahrts-
gesellschaft zwei Pläne der Volksschule der Knappschaftsbruderlade
der Fünfkirchener Kohlen werke; die k.k. Statthalterei in Triest Pläne
des städtischen Gymnasiums, der städtischen Realschule, des städti-
schen weiblichen Lyceums, der städtischen Volksschule, der städtischen
699
Kindergärten und der Schalbank Pich ; der politische Bezirk Gottschee
in Krain Pläne des Gymnasinms und der Volksschule der Gemeinde
Gottschee; der Verein zur Unterstützung dürftiger Gymnasialschüler
daselbst seinen Jahresbericht und seine Statuten; der politische Bezirk
Stein photographische Ansichten von Volksschulf2:ebäuden; die Bezirks-
hauptmannschaft Tschemembl Pläne der Volksschule in Möttling; die
Bezirkshauptmannschaft Gurkfeld eine Schulbank; die Stadt Laibach
Pläne und Ansichten der städtischen Enabenvolksschule ; Adalbebt
RiBNiKAB die Modelle der Volksschule in Unterloitsch und in
Wippach, sowie eine Schulbank, System Weixl; die Stadt Schärding
in Oberösterreich Pläne von Schulen; die Stadt Aussig in Böhmen
photographische Ansichten von Lehranstalten ; die Stadt £ger Schul-
pläne; die Stadt Kaaden Zeichnungen einer Schule mit Plänen der
RELiiiNGschen Heizungs- nnd Lüftungsanlagen; die Stadt Friedek
in Schlesien zwei Pläne der Heizanlage in der Franz Joseph-Knaben-
Yolks- und Bürgerschule und einen Plan der Klosettanlage einer
Schule ; die Stadt Jägemdorf je zwei Pläne der Webeschule und der
Enabenvolksschule; Professor Kolbenueyeb den Plan für eine
Volksschule in Blockbau, Planskizzen für eine einklassige und für
eine zweiklassige Volksschule, ausgearbeitet im technischen Departe-
ment der k. k. Landesregierung zu Troppau, sowie einen Plan und
zwei Photographien des Knabenschulgebäudes in Würbenthai; unser
verehrter Mitarbeiter, Herr Sanitätsrat Dr. B. Fizia, k. k. Bezirksarzt
in Teschen, Originalpläne samt Bericht über die Schulen und die
Schulgesundheitspflege in dem politischen Bezirke Teschen in den
letzten 10 Jahren ; der k. k. mährische Landessanitätsrat vier Pläne
des Taubstummeninstitutes in Leipnik, Planskizzen für Volksschulen
der k. k. mährischen Statthalterei, drei Pläne und einen Bericht über
die Bürgerschule in Grofs-Meseritsch, sowie je sechs Pläne der
Landesrealschule und Knabenbürgerschule, der Mädchenschule, der
k. k. Weberschule, sämtlich in NeutitscLein ; der Gemeinderat der
Landeshauptstadt Brunn Typenpläne der 22 städtischen deutschen
Eindergärten, Pläne der Kaiser Franz Joseph- und Kronprinzessin-
Erzherzogin Stephanie-Schule; die k. k. Bezirkshauptmannschaft Mistek
Projekte für eine Bürgerschule und eine doppelklassige Volksschule;
das k. k. Ministerium des Innern vier Karten über die Verbreitung
der Kretins, Taubstummen, Irrsinnigen und Blinden in den im
Beichsrate vertretenen Königreichen und Ländern nach den Ergeb-
nissen der Volkszählung vom 31. Dezember 1890, entworfen von
Dr. H. Rauchbebg; der niederösterreichische Landesausschub
Pläne des Landestaubstummeninstitutes in Oberdöbling, der Landes-
blindenschule in Purkersdorf, der Landeslehrerseminare in St. Polten
und Wiener Neustadt; die Stadt Wien Pläne der Schule in der
700
Anastasius Grün-Gasse im XVin. Bezirke, der Schule am Bacher-
platze im V. Bezirke, des Waisenhauses in der Laxenborgerstrafee
im X. Bezirke, des Asyls für verlassene Kinder in der Lanrenzgasse
im V. Bezirke, Tabelle der städtischen Waisenhäuser, sowie Schul-
bänke ; die k. k. Bezirkshauptmaanschaft Baden Pläne von Master-
schnlbauten; die Gemeinde Floridsdorf Zeichnungen von Schulen;
endlich die Gemeinde Donaufeld Projekte eines Schulhauses und ver-
schiedener Bürgerschulen.
Die Versammlung des Centralansschnsses für Jugend- und
Volksspiele in Leipzig. Am 6. und 7. Oktober d. Js. waren,
wie wir der „NaL-Ztg."^ entnehmen, der Vorstand des deutschen
Centralausschusses für Jugend- und Volksspiele und der technische
Ausschafs desselben in Leipzig versammelt. Es wurde zunächst
mitgeteilt, dafs in kurzem „Allgemein unterrichtende Mitteilungen**
über die Spiele, herausgegeben von dem Abgeordneten von Schenckek-
DOEFF und Dr. med. F. A. Schmidt, erscheinen werden. Sodann
beschlols die Versammlung, Wanderredner für die Verbreitung der
Bewegung wirken zu lassen.. Um Erfahrungen auf diesem Gebiete
zu sammeln, soll die Einrichtung vorerst in der Rheinprovinz, in
der Provinz Westpreufsen und im Herzogtum Braunschweig ins
Leben treten. Auch im Jahre 1895 werden wiederum kostenfreie
Kurse zur Ausbildung von Lehrern und Lehrerinnen in den Jugend-
spielen gehalten werden. Als Orte dafür sind in Aussicht genommen :
Berlin, Braunschweig, Breslau, Frankfurt a. M., Barmen, Bonn, Görhtz,
Hadersleben, Karlsruhe, Königsberg i. Pr., Magdeburg, München,
Osnabrück, Posen, Rendsburg und Stuttgart. Hierauf trat der
Vorstand angesichts des guten Ergebnisses seines Vorgehens an der
Berliner Universität in eine Beratung darüber ein, wie die deutsche
Studentenschaft für die Mitarbeit an der vaterländischen Aufgahe des
Centralausschusses zu gewinnen sei; der Plan wurde im einzehien
festgestellt. Schliefslich gelangte die Ausschreibung einer Preisfrage
zur Besprechung: Wie sind die öffentlichen Feste des
deutschen Volkes zeitgemäfs zu reformieren und zn
wahren Volksfesten zu gestalten?
Kleptomanie bei einem achtjährigen Schnlknaben. Ein
merkwürdiger Fall von Kleptomanie wurde nach der „N, Fr. iV.*
durch das Polizeikommissariat der Josephstadt in Wien konstatiert.
Ein achtjähriger Knabe, Sohn einer unbemittelten Witwe, führte
seit einiger Zeit ein Vagabondenleben, bettelte auf der Strafse und
in den Häusern und eignete sich hierbei verschiedene Gegenstände,
unter anderem eine goldene Uhr, an. Das Gestohlene verschenkte
er; oft warf er auch Geld und Wertsachen, so die erwähnte goldene
Uhr, in irgend eine Wohnung zur Thür hinein. Die Polizei übjr-
701
gab den juDgen Kleptomanen der psychiatrischen Klinik des allge-
meinen Krankenhauses. Ein dreizehi^ahriger Brnder desselben
beimdet sich bereits in der niederösterreichischen Landesirrenanstalt,
während ein anderer Bruder tanbstumm ist.
Förderung des Rnderns der Jugend darch den deutschen
Kaiser. Um den fflr die körperliche Ausbildung der Jugend
wichtigen Rudersport zu fördern, hat Kaiser Wilhelm zwei
Preise gestiftet, einen silbernen Pokal für die Knabenschulen Berlins
und eine silberne Kanne für die Universitäten Deutschlands und
Englands, und zwar als Wanderpreise, die in Grünau auszurudern
sind. Mit dem Wettbewerb um diese Preise soU im Jahre 1895
begonnen werden. Die näheren Bedingungen werden noch erlassen
werden, und der Kultusminister ist beauftragt worden, hierüber Vor-
schläge zu machen.
Ferienkolonien in Prag. Der Yerein für böhmische Ferien-
kolonien in Prag hat auch heuer 282 Kinder zur Erholung in
ländliche Kolonien geschickt. Zu diesem Zwecke sind 8 meist un-
bewohnte Landschlösser gewonnen worden. Der Verein besteht schon
13 Jahre und ist stets nur auf freiwillige Beiträge angewiesen.
Dennoch gelingt es ihm, jährlich gegen 300 Schulkinder unterzubringen.
Es werden dazu nach ärztlicher Untersuchung schwache und arme
Kinder nicht nur ans Volksschulen, sondern auch aus Mittel-»
schulen ausgewählt; letztere schickt man gewöhnlich in kleineren
Gruppen nach entfernteren Badeorten. Im verflossenen Jahre be^
fanden sich in 7 Kolonien, darunter 2 mit doppelter Frequenz, zu-
sammen 221 Kinder; aufserdem wurde noch 16 Mittelschülern Auf-
enthalt in Badeorten verschafft. Die Kolonisten standen im Alter
von 8 --17 Jahren, und es fanden sich 33 blutarme unter ihnen,
denen mehr als 7 kg am Normalgewicht fehlten. Der Gewichts-
Zuwachs betrug, wie nach der Rückkehr konstatiert wurde, 3,05 — 3,24 %,
Die Kosten beliefen sich auf insgesamt 4468 Gulden für das Jahr,
Anton Jandl.
Die neue Tarnhalle der RSmerschnle in Stuttgart. Die
Zahl der Stuttgarter Schultumhallen ist, wie die „Dtsch, Tumzig/'
mitteilt, in diesem Sommer um eine weitere, die Halle der Römerschule,
vermehrt worden. Das Gebäude, ein Massivbau, macht von aufsen
und innen den besten Eindruck. Der innere Raum ist unj^eteilt;
lästige Säulen sind nicht vorhanden. Der Fufsboden besteht aus
Tannendielen, welche mit öl getränkt sind; an Stelle des Lohbodens
findet sich eine Mischung von Sand, Sägespänen und Salz.^ Die
Decke ist, um das rasche Entweichen der Wärme zu verhindern,
» Vergl. diese Zeitschrift, 1893, No. 5, S. 289—290. D. Red.
702
mit einer Korkmasse belegt und gegipst. Znr Heizung dienen zwei
Dauerbrandöfen. Auch fQr reichliche Lüftung ist Sorge getragen.
An den beiden Langseiten besteht nämlich das obere Drittel jedes
Fensters aus einem sich selbstthätig schliefsenden grofsen Klapp-
flügel; das öffnen erfolgt mittelst Zug von unten. Ebenso können
die Fenster der beiden Giebelseiten, je drei, nüttelst eines einfachen,
aber sinnreichen Triebwerkes von unten leicht geöffnet und geschlossen
werden. Die Ausstattung und innere Einrichtung erfolgte nach den
Angaben Professor Kesslers. Die Geräte wurden von verschiedenen
Firmen bezogen.
Der Verein zur Errichtung und FSrderang Ton See-
hospizen nnd Asylen für skrofnlSse nnd rhachitische Kinder
in Wien versendet seinen 8. Jahresbericht. Danach wurden im
Seehospiz Pelagio bei Rovigno im Jahre 1893 insgesamt 377 Kinder
verpflegt und von diesen 145 geheilt und 47 gebessert, während 16
ungeheilt blieben und 22 verstarben. Die Zahl der Operationen
belief sich auf 514, die der Gipsverbände auf 78. Im Hospiz
Sulzbach bei Ischl betrug die Zahl der verpflegten Kinder 95, wovon
42 geheilt und 5 gebessert entlassen wurden; 1 Kind starb. Als
vorherrschende Krankheiten waren zu verzeichnen Knochenfrafs an
verschiedenen Stellen des Körpers, Drfisenschwellungen des Halses
und Bindehautentzündungen der Augen.
Schnlbransebad, zn^leich znr Benntznng für die Bfirger-
Schaft. Unter dieser Überschrift berichtet der „Gsdhtsmg.*^ ^
1894, No. 3, dafs die Fabrik fOr Heizungs- und Ventüationsanlagen
Raten in Leipzig zu Burgstädt in Sachsen im neuen Schulgebaade
ein Brausebad eingerichtet hat, welches seit der Eröffiiung auch der
Bürgerschaft zum Gebrauch offen steht. Da dasselbe einen besonderen
Zugang besitzt, so sind duj*ch das Kommen und Gehen der Badenden,
wie Oberhaupt durch die Mitbenutzung des Bades seitens des Publi-
kums, bisher keinerlei Unannehmlichkeiten entstanden; das Bade-
publikum rekrutiert sich aus allen Ständen
703
^mtlidie ^lerfä^ttn^en.
£rlaf8 des KSniglich prenfsischen Ministers der geistlichen
Unterrichts- nnd Medizinalangelegenheiten bezfiglich
der Mitteilungen fiber den Betrieb des Tnrnens n. s. w. in den
Schnlnachrichten der hSheren Lehranstalten.
• Berlin, den 7. Juni 1894.
Durch den Runderlafs vom 7. Januar 1883 — U. 11. 2941 —
ist angeordnet worden, dafs in den Schulnachrichten, welche von den
höheren Lehranstalten jährlich yeröffentiicht werden, an die Über-
sicht über die während des abgelaufenen Schuljahres erledigten Lehr-
anfgaben unter besonderer Überschrift unter anderem Mitteilungen
über den Unterricht im Turnen (Bezeichnung der Abteilungen und
der Stundenzahl jeder Abteilung, Zahl der dispensierten Schüler,
Namen der Lehrer) angeschlossen werden.
Mit Rücksicht darauf, dafs durch die Lehrpläne vom 6. Januar
1892 wöchentlich drei Turnstunden für jeden Schüler allgemein
verbindlich gemacht worden sind, ist fortan eine Angabe betreffs der
für die einzelnen Abteilungen Torgesehenen Zahl von Turnstunden
nur in den seltenen Ausnahmefällen erforderlich, wo diese Zahl aus
irgend welchen besonderen Grtlnden, die darzulegen sein würden,
auf längere Zeit, sei es für alle Schüler, sei es für einzelne Ab-
teilungen, hinter der Vorschrift hat zurückbleiben müssen.
Im übrigen haben sich die betreffenden Mitteilungen nur für
einen yerhältnismärsig kleinen Teil der Anstalten als ausreichend
erwiesen, um ein klares Bild von dem Turnbetriebe an ihnen zu
geben und das statistische Material zu yervollständigen, welches
durch die Erhebungen auf Grund des Runderlasses vom 28. Mai
1892 — ü. n. 971 ü. in. B. — gewonnen werden konnte.
Es erscheint yielmehr angezeigt, ohne dadurch die dankenswerte
Ausführlichkeit irgendwie beschränken zu wollen, mit der dieser
Abschnitt in den Schulnachrichten einer Anzahl von Anstalten be-
handelt zu werden pflegt, dasjenige Mafs von Auskunft genau zu
bezeichnen, welches durch die Jahresberichte betreffs des Turnens
mindestens gegeben werden mufs.
Genügen wird es, wenn über die verschiedenen dabei gleich-
m&firig in Frage kommenden Punkte etwa unter Zugrundelegung
folgender Form berichtet wird:
704
„Die Anstalt besuchten (mit Ansschlafs der YorsdiuMassen)
im Sommer . . . ., im Winter .... Schüler. Yon diesen waren
befreit
aaf Orand ärztlichen
ZengniBses
aofl ao deren Gründen
vom TurDunterricht
überhaupt
im 8. . • ., im W. . • .
im S. . > ., im W. . . .
▼on einzelnen Übong»-
arten
im S.
im 8.
Zusammen
also von der Gesamt-
sahl der Sohüler
im 8 . . ., im W* • • .
im 8 %, im W 7o
im 8.
imS. .
• .y im iV. ■ • •
. ., im W. . .
. ., im wi. • • .
.7o, im W •/»
Es bestanden bei . . . getrennt zn unterrichtenden Klassen
.... Tnmabteilungen; znr kleinsten von diesen gehörten . . . .,
znr gröfsten .... Schüler. (Einzufügen sind hier etwaige Bemer-
kungen über das Turnen der Yorschüler.)
Yon .... besonderen Yortumerstunden abgesehen, waren
für den Turnunterricht wöchentlich insgesamt .... Standen an*
gesetzt. Ihn erteilten (Namen der Lehrer mit Angabe ihrer amtlichen
Stellung und Bezeichnung der Abteilung, welche sie zu unter-
richten haben).''
Daran anzuschließen sind genauere Angaben über die für das
Turnen im Freien und im geschlossenen Räume bei der Anstalt
vorhandene Gelegenheit ; insbesondere ist ausdrücklich anzugeben, ob
ihr ein Turnplatz und eine Turnhalle zur Yerfügung stehen, ob di^e
in der Nähe der Schule liegen, und ob sie als zu ihr gehörig un-
eingeschränkt benutzt werden können. Die den besonderen örtlichen
Yerhältnissen entsprechenden Angaben werden hier unschwer ein-
zuschalten sein.
Hinzuzufügen sind alsdann Mitteilungen über den Betrieb der
Tumspiele bei der Anstalt und die Beteiligung der Schüler an ihnen,
sowie über etwa bestehende Yereioigungen von Schülern zur Pflege
von Bewegungsspielen und Leibesübungen.
Endlich ist auch festzustellen, wie viele Schüler bereits Frei-
schwimmer sind und wie viele von diesen das Schwimmen erst im
Berichtjahre erlernt haben. Der Zahl der Freischwimmer ist die
Angabe beizufügen, welchem Prozentsatze von der Gesamtzahl der
Schule sie entspricht.
Das Königliche Provinzialschulkollegium woDe die Direktoren
der höheren Lehranstalten seines Aufsichtsbezirkes mit entsprechenden
705
Weisungen versehen und rechtzeitig dafür Sorge tragen, dafs schon
in den nächsten Jahresberichten durchweg nach Mafsgabe des Vor-
stehenden verfahren wird.
Schliefslich nehme ich auch diesen Anlafs wahr, nra die Förderung
der Leibesübungen bei den Schulen der ferneren Fürsorge des König-
lichen Provinzialschulkollegiums dringend zu empfehlen. Nament-
lich werden dessen Kommissarien nicht verabsäumen dürfen, bei
ihren Besuchen und Revisionen der einzelnen Anstalten auch von
dem Turnunterrichte und allem, was damit zusammenhängt, eingehend
Kenntnis zu nehmen. Wo Mifsstände wahrgenommen werden, ist
auf deren baldigste Beseitigung hinzuwirken, erforderlichenfalls auch
alsbald an mich zu berichten. Jedenfalls erwarte ich, dafs in den
Verwaltungaberichten die hier in Frage kommenden Dinge überall
die ihnen gebührende Berücksichtigung finden werden.
Der Minister der geistlichen etc. Angelegenheiten.
(Gez.) Bosse.
An
sämtliche Königliche Provinzial-
schulkollegien.
U. U. 1389. U. III. B.
Schnleinrichtnngeii für Schwachbegabte Kinder.
Rundschreiben des Königlich prenfsischeu Unterrichtsministers.
Berlin, den 16. Juni 1894.
Zufolge der Berichte, welche die Königlichen Regierungen auf
den Erlafs vom 14. November 1892 — ü. III. A. No. B018 —
über die zur Beschulung Schwachbegabter Kinder schulpflichtigen
Alters eingerichteten Anstalten eingereicht haben, bestehen solche
Anstalten zur Zeit bereits in 18 Städten, wie sich des näheren
aus der anliegenden Übersicht ergibt. Während im vorigen Jahre
in manchen Klassen noch häuslich vernachlässigte Kinder mit den
schwachsinnigen vereinigt waren, befinden sich gegenwärtig nach
Ausscheidung der ersteren nur noch solche Kinder in den hier in
Rede stehenden Klassen, die während eines ein- bis zweijährigen
Besuches der Volksschule gezeigt haben, dafs sie zwar unterrichts-
föhig, aber zur erfolgreichen Mitarbeit mit den normal beanlagten
Kindern nicht genügend begabt sind. Die bisherigen Erfahrungen
haben herausgestellt, dafs so beschaffene, auf besondere Schuleinrich-
tangen angewiesene Kinder überall vorhanden sind und des weiteren
dafs solche Kinder in zweckmäfsig eingerichteten Schulklassen über-
raschend weit gefördert werden. Von wesentlicher Bedeutung für
die Überweisung der in diese Klassen gehörenden Kinder Ut die
SehulgesandbeltipfleKe VII. 45
706
Beteiligung des Arztes, indem körperliche Gebrechen oder ftber*
standene Krankheiten mit der zurückgebliebenen geistigen Entwicke-
lung im Zusammenhange zu stehen pflegen. Besonders wichtig sind
daher auch die schon jetzt mit anerkennenswerter Sorgfalt gelehrten
Entwickelungsgeschichten der einzelnen Kinder. Andererseits gibt
die ärztliche Mitwirkung Gewähr dafür, dafs die Oberweisung auf
Kinder beschränkt bleibt, welche geistig nicht genflgend entwickelt
sind, uro den normalen Unterricht zu empfangen.
Das Urteil über diese Klassen lautet fast einstimmig gflnstig,
und in manchen gröfseren Städten sind Schul- und Gemeindebehdrden
schon jetzt mit lebhafter Teilnahme fördernd eingetreten.
Infolgedessen sind an den meisten Stellen nicht nur die
wünschenswerten Erweiterungen der Anstalten durch neue Klassen
als gesichert anzusehen, sondern es werden auch die Mittel bereit
gestellt, damit die Klassenfrequenz nicht über 25 Schulkinder za
steigen braucht und damit aufserdem durch angemessene Bemane-
rationen — neben dem etatsmäfsigen Gehalt — besonders tüchtige
Volksschullehrer und Lehrerinnen filr diese Hilfsklassen herangezogen
werden können. Die letztere Bezeichnung, oft in der Zusammen-
stellung: ^ Hilfsklassen für Schwachbegabte Kinder", scheint als die
mit Rücksicht auf die betreffenden Eltern geeignetste angesehen und
am meisten gebraucht zu werden.
In vielen dieser Klassen wird der Unterricht halbstündig erCdt.
Wo ein mehrstufiges Schulsystem besteht, ist selbstverständlich das
Lehrziel für alle einzelnen Klassen erheblich niedriger gesteckt als
bei den entsprechenden Volksschulklassen, und es geht auch bei der
obersten Klasse wohl an keiner Stelle über das für die Mittelstufe
einer normalen Volksschule yorgeschriebene Mafs hinaus. Eine nicht
geringe Zahl vollständig durchgearbeiteter Lehrpläne zeigt eine wohl*
überlegte Rücksichtnahme auf die besonderen Zwecke dieser An-
stalten, sowohl nach dem Mafse, wie nach der Wahl der T<Mr-
zunehmenden Lehrstoffe. Die Gegenstände, welche vorzugsweise
geistige Anstrengung erfordern, treten zu Gunsten der auf die Knt-
Wickelung körperlicher Geschicklichkeit und praktischer Befthigong
gerichteten zurück.
Von der Stadt Berlin abgesehen, sind die Klassen für schwach-
begabte Kinder in aUen in der beifolgenden Übersicht aufgefUurten
Städten öffentliche städtische Einrichtungen.
Der Minister der geistlichen etc. Angelegenheiten.
(Gez.) Im Auftrage: KüaLBB.
An
sämtliche Königliche Regierungen.
U. HI. A. 1030.
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708
Mitteilung des MediziBalrates in Hamburg an die dortigen
Ärcte wegen Mafsnahmen g<y;en die Weiterverbreitnng an-
steckender Krankheiten in Sehnten.
Hamburg, den 24. Oktober 1894.
In gegebener Veranlassung verfehle ich nicht, die Herren
Kollegen von den folgenden Vorgängen ergebenst in Kenntnis zn setzen.
Die Hamburgische Verordnung vom 20. Juni 1873, betreffend
Maisnahmen gegen die Weiterverbreitung ansteckender Krankheiten
in den Schulen, geht von der Voraussetzung aus, dafs die in Frage
kommenden Kranldieiten (Krätze, kontagiöse Augenentzündaog,
Pocken, Scharlach, Masern und Diphtherie) nur sehr selten darch
Gesunde übertragen werden. Im Verfolg dieses Grundgedankens
verlangt die Verordnung nur für Ausnahmefälle, dafs die gesunden
Geschwister kranker Kinder vom Schulbesuche fem gehalten werden.
Selbst dann, wenn das Medizinalinspektorat eine Bekanntmachiing
erlassen hat, „dafis eine mit bedeutender Gefahr für das Leben nnd
die Gesundheit der Kinder verbundene Epidemie herrscht*" (§ 3),
können solche Kinder zum Schulbesuch zugelassen werden, wenn
eine ärztliche Bescheinigung darüber vorgelegt wird, „da(s entweder
die Ansteckungsfähigkeit der Kranken gänzlich erloschen ist, oder
dafe durch eine genau durchgeführte Trennung der Kranken and
der mit diesen in Berührung kommenden Personen von den Schul-
kindern die Weiterverbreitung der Krankheit unmöglich erscheint" (§^)'
Ist in dem Schulhause ein Fall von Erkrankung an einer der
oben genannten Krankheiten aufgetreten, so soll von Fall zu Fall
nach Anordnung eines Physikus oder Distriktsarztes gehandelt
werden (§ 2).
Auf eine Anregung der Oberschulbehörde hat das Medizinal-
koUegium sich mit dieser Frage aufs neue beschäftigt. Dabei ist
dasselbe nach eingehender Beratung zu dem Beschlüsse gelangt, sich
für Aufrechterhaltung des früheren Standpunktes, der in der Praxis
vielfach verlassen war, auszusprechen.
Es ist dabei unter Hinweis auf den bekannten in Berlin ge-
haltenen Vortrag von Kebsgheksteinbb: Die Verbreitung von
Masern, Scharlach und Blattern. Ein Stück Schulgesnnd-
heitspflege, 1883, bei Max Pasch ausgeführt worden, dafs es
vor allem darauf ankomme, verdächtige Kranke schon in den ersten
Anfängen des Unwohlseins von der Schule fem zu halten, um so
mehr, als dann oft die Ansteckungsgefahr am gröfsten sei. Nach
dieser Richtung hin könnten die Herren Lehrer nicht genug than.
Dagegen sprächen viele Gründe gegen die Ausschliefsung der gesunden
Geschwister. Zur Zeit bösartiger Epidemien müsse von Fall zo
Fall entschieden werden.
709
Auf Grund dieses Berichtes wird zur Zeit von der Oberschnl-
behörde yorgegangen.
Wenn indessen von einigen Herren Kollegen, welche anderen
theoretischen Anschauungen huldigen, Atteste ausgestellt werden,
dafs gesunde Kinder wegen Erkrankung eines ihrer Geschwister
an einer ansteckenden Krankheit die Schule nicht besuchen dürfen,
werden diese Atteste nicht etwa ignoriert, sondern dem Medizinalrat
mitgeteilt, der dann von Fall zu Fall entscheidet.
Angesichts dieser Sachlage empfehle ich den Herren Kollegen,
Yon der Ausstellung von Schnlbefreiungsattesten fOr gesunde Kinder
oder gesunde Lehrer abzusehen, sofern solche nicht von der Schule
ausdrücklich verlangt werden, oder Umstände vorliegen, welche zu
einer gröfeeren Vorsicht auffordern.
Durch diese jetzt eingeführte Handhabung der genannten Ver-
ordnung soll übrigens den Vorständen von nicht öffentlichen Schulen
nicht die Berechtigung abgesprochen werden, auch zur Zeit gutartiger
Epidemien ihrerseits die gesunden Geschwister kranker Kinder vom
Schulbesuch auszuschliefsen.
Der Medizinalrat.
(Gez.) Dr. Reincke.
^txfonalitn.
Der Vicepräsident des obersten Sanitätsrates, Hofrat Dr. Aug.
VoGL in Wien, ist durch Verleihung der internationalen Flückiger-
medaille ausgezeichnet worden.
Dem Direktor des Luisenstädtischen Realgymnasiums, Dr. Rud.
Foss in Berlin, wurde der Charakter als Geheimer Regierungsrat
verliehen.
Es erhielten: den roten Adlerorden H. Klasse mit Eichenlaub
der Direktor des ProvinzialschulkoUegiums zu Breslau Dr. Wildenow;
den roten Adlerorden HI. Klasse mit der Schleife Gymnasialdirektor
a. D. Dr. RbüSCHEB in Stolp und Gymnasialdirektor Professor Dr.
Abicht in Oels; den roten Adlerorden IV. Klasse die Gymnasial-
direktoren Dr. Möllees in Diedenhofen und Petebs in Hadamar,
sowie der Direktor des Realprogymnasiums Kabl Schmidt in
Spremberg; den Kronenorden HI. Klasse der Direktor des Marien-
stiftsgymnasiums Dr. Weigker in Stettin und der Gynmasialdirektor
a. D. Dr. Klapp in Wandsbeck.
710
Der Realschuldirektor Dr. Wildericakn in Bappoltsweüer geht
als Gymnasialdirektor nach Saargemflnd.
In gleicher Eigenschaft sind versetzt worden der Direktor des
Gymnasiams za Essen Dr. Leop. Gontzbn an das Gymnasinm in
Bonn, der Direktor des Gynmasiams zu Marienborg Dr. Gronau
an das Gymnasium in Elbing, der Direktor des Gymnasiams za
SaargemOnd Dr. Har&b an das Gymnasium in Gebweiler.
Kreisschulinspektor Dr. Ed. Geis in Altenkirchen wurde zum
Direktor des Schullehrerseminars in Aurich ernannt, der Direktor
des Progymnasiums in Preufsisch Friedland Dr. Brenneckb zum
Direktor des Gymnasiums in Marienburg, Oberlehrer am Wilhelms-
gymnasium zu Berlin, Professor Dr. Konb. Rethwisch, zum
Direktor des Friedrichsgymnasiums in Frankfurt a. 0., Gymnasial-
professor DIET8GH in Hof zum Direktor des dortigen Gymnasiums,
Oberlehrer Professor Dr. Boss am KöUnischen Gymnasium in Berlm
zum Direktor des Luisenst&dtischen Bealgynmasiums daselbst, Pro-
rektor Goethe am evangelischen Gymnasium in Glogan zum Durektor
des Gymnasiums in Stolp i. P., Oberlehrer am Gymnasium in Bannen,
Professor Dr. Emil Stutzer, zum Direktor des städtischen Beal-
gymnasiums in Halberstadt, Professor an der Nikolaischule in Leipzig
Dr. Preübs zum Rektor des Gymnasiums in Freiberg i. S., Ober-
lehrer am Andreasrealgymnasium in Berlin, Professor Hamann, zum
Direktor dieser Anstalt, Professor Wernigke an der Oberrealschule
in Braunschweig zum Direktor derselben, Oberlehrer Professor
FiEHN am Leibnizrealgymnasium in Hannover zum Direktor des
Realgymnasiums I daselbst.
Dr. Saütineau in Paris hat die Stelle als Augenarzt des
Erziehungshauses der Ehrenlegion erhalten, nachdem sein Vorgänger
Dr. Gillet de Grandmont verstorben ist.
Am 13. Oktober d. Js. feierte die Karlsruher Tumlehrer-
bildungsanstalt das Fest ihres fänfundzwanzigjährigen Bestehens und
damit Direktor Alfred Maul sein fünfundzwanzigjfthriges Jubfläum
als Leiter dieser Anstalt.
Der Direktor des Gymnasiums in GebweUer Dr. Yolmsb und
der Rektor des Gymnasiums in Augsburg Fries sind in den Ruhe-
stand getreten.
Aus Brooklyn kommt die Nachricht, von dem Tode des Dr.
Jerome Allen, Dekans und Gründers der pädagogischen Schale
an der University of the City of New York, aus Elsterberg in Sachse
diejenige des Schuldirektors Fischer.
Der selbst erblindete Erfinder der nach ihm genannten Blinden-
schrift Dr. William Moon ist im Alter von 75 Jahren in Bir-
mingham gestorben.
i
711
Den Assistenten am hygienischen Institute in Hamburg Dr.
Oebteii traf das Unglück, sich mit Laboratorinmscholera zn infizieren,
welcher er in wenigen Tagen erlegen ist.
In den Tiroler Alpen verunglückte Jon. HÖFXBEBaER, Turn-
lehrer an mehreren Mittelschulen Wiens.
txtttxatnt.
Besprechungen.
Oberlehrer Otto Retzlaff. Über den Unterricht in der
Gesfimdheitspflege an Gymnasien. Programm des Königlichen
Bismarckgymnasiums zn Pyritz, Ostern 1894. Pyritz, 1):594. Backe.
(13 S. 4^.)
Es kann nur als ein erfreuliches Zeichen begrüfst werden, dafs
in letzterer Zeit mehrfach die Gesundheitspflege an den höheren Schulen
znm Gegenstande von Programmabhandlungen gemacht worden ist.
Zn diesen zählt auch die bezeichnete Schrift, welche nicht nur das
grofse Interesse des Herrn Verfassers für diesen Gegenstand bekundet,
sondern auch einen sehr beachtenswerten Inhalt bietet.
Es wird unter anderem das Bedauern ausgesprochen, dafs die
Ijehrpläne nicht gestatten, den Schülern höherer Klassen ausführ-
lichere Belehrung über Vorschriften der Gesnndheitslehre angedeihen
zn lassen und auf die Motivierung solcher genauer einzugehen.
Doch sind nach der Ansicht des Verfassers kurze gelegent-
liche Bemerkungen über derartige Dinge, besonders beim natur-
geschichtlichen Unterrichte, möglich und von hohem VV^erte. Für
jüngere Schüler sei eine nähere Begründung hygienischer Regeln
auch nicht am Platze, sondern für diese empfehle sich nur die kurze
Mitteilung derselben, womöglich in Memorial versen. Das Anbringen
von Tabellen mit Gesundheitsregeln an den Wänden der Schule, auf
Heftnmschlägen u. s. w. wird nicht fdr zweckmäDsig erklärt, dagegen
biete es Vorteil, wenn den Schülern kurze Gesundheitsregeln gedruckt
übergeben würden, damit sie nach einer diesbezüglichen Bemerkung
des Lehrers den V^Tortlant derselben sich einprägen und sich zu
Hause darüber besprechen könnten.
Das Zusammenwirken von Schule und Hans auch auf diesem
Gebiete hält der Autor mit vollem Rechte für höchst wichtig, und
um dieses Zusammenwirken nicht zu stören, warnt er nachdrücklich
davor, den Kindern solche Gesnndheitsregeln in die Hand zu geben,
welche mit Rücksicht auf V^ohnungs-, Vermögens- und andere Ver-
712
hältnisse nicht leicht durchführhar seien. Es hleihe ja noch eine
ganze Anzahl solcher Dinge übrig, welche sich in jeder Familie gut
und leicht ins Leben umsetzen liefsen, deren Mitteilung in der Schule
erfahrungsgemäfs auch von den Kltem m^ist freudig begrOfst und
dankbar aufgenommen werde.
Hierin befindet sich der Herr Verfasser in Übereinstimmung
mit den bewährtesten Pädagogen. Dieselbe Ansicht wird z. B. aus-
gesprochen in den Blättern für das bayerische GymnasialsfMdwesen^
1891, No. 2, wo Professor NiCKLAS-München sich also vernehmen
läfst: „Es dürfte sich empfehlen, den Schülern gedruckte
Gesundheitsregeln in die Hand zu geben und auf diese Weise
durch die Schule auf die Eltern und die häuslichen Verhältnisse
einzuwirke^i. Dieselben würden sich zu beziehen haben auf die Pflege
des Körpers durch Waschen und Baden, auf Kleidung, auf Bewegung
und Ruhe, auf die Pflege der Atmungswerkzenge, der Augen und
Ohren und auf die Art, wie man sich zu Hause beim Schreiben
und Lesen zu setzen hat. — Die unserer Obhut anvertraute Jugend
vrürde sehen und fühlen, dafs wir auch far ihr körperliches Wohl-
befinden besorgt sind."
Königlicher Gymnasialprofessor P. B. Sepp in Augsburg.
A. Hermann, Turninspektor in Braunschweig. Ballfibnn^eil. Das
Ballwerfen niid Ballfan^en als notwendi/>:e Fertigkeiten
ffir die Ballspiele nnd als Tnrnfibnngsütoff. Nebst einem
Ballreigen. Mit 21 Fig. 2. Aufl. Berlin, 1894. R. Gaertner.
(78 S. Kl. 8^)
Die Neuherausgahe der vor zehn Jahren in erster Auflage er-
schienenen Schrift Hebmanns wird von allen denen mit grofser
Freude hegrüfst werden, welche den Ballühungen sowohl als hervor-
ragender Spielbeschäftigung, wie als nutzbringendem Übungsstoffe im
Turnunterrichte Berechtigung zugestehen.
Wenn auch dem Balle, ganz gleichgültig, in welcher Form er
auftritt, von alters her bis auf den heutigen Tag eine solche Beachtung
geschenkt ist, dafs er die Krone der Spielgeräte genannt zu werden
verdient, und von niemandem der gesundheitliche Nutzen, welchen
ein frisches Ballspiel, vor allem in freier Luft, aber auch je nach
seiner Beschaffenheit im abgeschlossenen Baume zu stiften vermag, in
Frage gestellt wird, so ist doch die Benutzung des kleinen Balles als
Übungsgerät zur gemeinschaftlichen Beschäftigung ganzer Schulklassen
neueren Datums und bedarf gegenwärtig noch der besonderen Em-
pfehlung. Ich erteile dieselbe aber um so lieber, weil ich mich in
eigener Praxis überzeugt habe, wie sehr die rechte Betreibung solcher
Übungen dazu beiträgt, Ordnungssinn, Taktgefühl, Aufmerksamkeit,
713
schnellen Entschlufs, Behendigkeit und Gewandtheit zu fördern.
Andererseits entspriefst unzweifelhaft auch ein gesundheitlicher Nutzen
aus derartigen Ballübungen, da das Werfen des Balles in die Höhe
und das Fangen aus derselben in seinen so verschiedenen Arten
eine gerade, aufgerichtete Körperhaltung verlangt und die Ausführung
an und für sich eine Anspannung der Nerven, die wohlthätig auf
das Befinden einwirkt, veranlafist.
Hermann verfolgt in seinem Werke, welches er dem bekannten
Förderer der deutschen Jugend- und Volksspiele E. von Schenckbn-
BOBFF in Görlitz gewidmet hat, den doppelten Zweck, einmal durch
geeignete Wurf- und Fangübungen zu den eigentlichen Ballspielen
vorzubereiten und sodann in methodischer Entwickelung zu zeigen,
wie sich die Übungen in den Turnstunden, ganz besonders in den-
jenigen der Madchen, zweckentsprechend verwenden lassen und wie
sie in Verbindung mit geeigneten Schritt- und Hüpfarten, bezw.
Ordnungsübungen ein dankbares Übungsfeld bieten.
Die zweite Auflage hat gegen die erste wesentliche Verbesse-
rungen und Erweiterungen aufzuweisen, und in dieser Beziehung bin
ich mit dem Verfasser der y.nsicht, dafs der Versuch, an Übungs-
beispielen zu zeigen, wie sich die Ballspiele entwickeln lassen, als
eine sehr bedeutsame Vervollkommnung anzusehen ist. Sie wird ohne
Zweifel dazu beitragen, dem Buche neue Freunde zuzuführen. Ebenso
ist die Bereicherung der dem Texte eingefügten Figuren ganz dazu
angethan, in so manchen Fällen das Verständnis sehr zu erleichtern.
Die den Ausführungen vorausgeschickte geschichtliche Einleitung
über das Ballwerfen und Ballfangen führt uns von den Ballspielen
der alten Ägypter, sowie der Griechen und Römer auf jene Zeit,
wo auch in Deutschland durch Vieth, Guts Müths und Jahn
das Werfen mit Bällen und Steinen Beachtung fand und in den
Kreis der körperlichen Übungen gezogen wurde. Auf den Beschrei-
bungen der angeführten Schriftsteller fuTsend und eigene Erfahrungen
des praktischen Betriebes hinzufügend, erklärt und ^schildert der
Verfasser die einzelnen Wurfarten genau und steUt des weitereu den
allgemeinen Wert der Ballübungen in das rechte Licht.
Dann behandelt er im ersten Abschnitte seines Werkes „die
verschiedenen Wurf arten im besonderen ^^ und zwar 1. den Schwung-
wurf, 2. den Hebe- oder Schockwurf (das Schocken), 3. den Stofs«
Wurf, 4. den Schleuderwurf.
Im zweiten Abschnitt, der die Fang- und Wurfarten in ihren
hauptsächlichsten Formen und in ihren Verbindungen mit anderen
Übungen, systematisch geordnet, aufzählt , wird Rücksicht genommen
1. auf die verschiedenen Formen des Fäiigens mit beiden Händen
und mit einer Hand, 2. auf das Werfen des kleinen und grofsen
714
Balles sowohl mit beiden Händen, wie mit einer Hand. In diesem
Abschnitte verdient ganz besonders die ungemein sorgfältige Bear-
beitung der Übungen des Werfeos mit dem kleinen Balle, die in
vier Gruppen recht eigentlich den praktischen Betrieb der Ball-
flbungen im Rahmen der gewöhnlichen Turnstunden schildert, die
Beachtung der Turnlehrer und Turnlehrennnen.
Im dritten Teile findet sich die für die Förderung der Ge-
schicklichkeit und die Ausbildung des Auges so wichtige Übung des
Zielwerfens eingehend besprochen und zugleich ein Übungsgerät be-
schrieben und durch Zeichnungen erläutert, welches nicht nur Ar
die Einübung gute Dienste leisten wird, sondern auch ganz dazu an-
gethan ist, die Lust am Zielwerfen selbst zu erhöhen.
Zum Schlub zeigt uns Hebmann an einem Beispiele, wie die
Übungen des Werfens und Fangens mit dem kleinen Balle in ihrem
Endziele zu wohlgefälligen reigenartigen Zusammenstellungen hin-
fahren, die bei Vorführungen des Eindruckes nicht entbehren werden.
Ein kurzer Anhang weist auf die in Verwendung zu nehmenden
BäUe hin. Die hier gemachten Angaben lehnen sich an das Preis-
yerzeichnis der Schulspielmittelhandlung von Dolffs & Helle in
Braunschweig an.
Mit gutem Gewissen kann ich die treffliche Arbeit Hermanns
meinen Berufsgenossen und allen denen, welche sich für Ballspiel
und Ballflbungen der Jugend interessieren, empfehlen.
Stadtturninspektor Alfred Böttcheb in Hannover.
JoH. Fr. Gottlob Közle. Die pftda^oeische Pathologie ii
der Erziehnngsknnde des 19. Jahrhunderts. Gekrönte Preis-
schrift der pädagogischen Gesellschaft zu Leipzig. Gütersloh, 1893.
G. Bertelsmann. (494 S. 8^ JL 6.)
Im Jahre 1891 hatte die pädagogische Gesellschaft zu Leipzig
folgende Preisaufgabe gestellt: „Mit Berücksichtigung der vom Pro-
fessor LuDWia Strümpell veröffentlichten Schrift „Die Pädagogische
Baihologie^ soll die deutsche pädagogische Litteratur seit Anfang
unseres Jahrhunderts durchsucht werden, um festzustellen, 1. weiche
pädagogischen Kinderfehler von den betreffenden Schriftstellern genannt
und beachtet sind, 2. was über die Natur und Eigenartigkeit, 3. was
über die Veranlassungen und Ursachen derselben gesagt wird.**
Unter den eingesandten Arbeiten hat die mit grofsem Fleils
und ungemeiner Sorgfalt zusammengestellte Arbeit des Herrn Közle,
dessen Schriften schon mehrfach gekrönt worden sind, den Sieg
davongetragen.
Dieselbe zerfällt in zwei Teile. Der erste enthält das bezüg-
liche Material, welches sich in den Werken der pädagogischen
715
Schriftsteller des neuDzehnten Jahrhanderts findet. Wir begegnen
da M&nnern, wie Pestalozzi, Kant, Niemeyer, Schwabz,
Fichte, ScHELLiNa, Gbaseb, Wagneb, Schleiebmagheb, Hegel,
BoBBNKBANZ, Hebbart, Waitz, Zilleb, Stoy, Beneke, Salz-
MANN, Jban Paul, Lotzb, Dintbb, Diesterweg, Dittes, Brandt,
V. Peeil, Denzel, Riecke, Pfistebrr, Beckh, Palmeb,
Bobmann, Zblleb und verschiedenen Mitarbeitern an Schmlds
Encyklopädie.
Im zweiten Teile wird dann das gewonnene Material verarbeitet,
and zwar nach folgenden Gesichtspunkten: 1. Alphabetisches Ver-
zeichnis der Kinderfehler, 2. Klassifikation derselben, 3. Ätiologie
der Fehler.
Indem wir die KözLEsche Schrift allen denen, welche sich für
pädagogische Pathologie interessieren, zn eingehendem Studium
empfehlen, fügen wir noch hinzu, dafs durch dieselbe die Ansicht
Professor Stbümpells bestätigt wird, wonach die frühere Zeit sich
mehr als die letzte Vergangenheit mit der Frage von den Kinder-
fehlem beschäftigt hat. Ob aber hieran die veränderte Stellung der
Gegenwart zu der alten theologischen Lehre von der Erbsflnde
schuld ist, wie der Verfasser meint, ist doch recht zweifelhaft.
Rektor der Stadtschule
Dr. phil. KoLDEWEY in Königslutter.
Gilbebt B. Morbibon, Teacher of physics and chemistry in Kansas
city high-school. The Tentilation and warming of school-
bnildiugs. New York, 1892. D. Appleton and Comp. (173 S. 4^
75 Cents.)
Als vierter Band der von William T. Habbis herausgegebenen
„International Educatian Series'' gibt das kleine Werk einen klaren
Überblick über das wichtige Gebiet der Heizung und Ventilation
von Schulgebäuden.
In 19 Kapitdn ist der Stoff übersichtlich geordnet, und 32 ein-
fache in den Text gedruckte Figuren erörtern die Beschreibungen.
Der Verfasser bedauert, dafs die meisten Schulbauten in den
Vereinigten Staaten ohne Rücksicht auf entsprechende Lüftung an-
gelegt sind, und schildert die Nachteile eines solchen Zustandes. Der
New York Board of Health schreibt 40% aller Todesfälle dem
Einflüsse der Einatmung schlechter Luft zu.
Nach einer eingehenden Beschreibung der normalen Zusammen-
setzung der Luft, der vorkommenden Verunreinigung durch Kohlen-
säure und Ammoniak, des nötigen Feuchtigkeitsgehaltes (75%) und
der diesbezüglichen mikroskopischen und chemischen Untersuchungen
werden die Berechnungen über den Luftbedarf pro Schüler
716
und Stunde zusammengestellt. Ein Kind erzeugt durch den
Atmungsprozefe 0,4 Kubikfufs (0,0112 m') Kohlensäure pro Stunde,
was einem verbrauchten liUftquantum von 2000 Kubikfufs (56 m')
entspricht. Ein normal dimensioniertes Schulzimmer wflrde somit
bei dem Mangel jeglicher Ventilation nur für 7 Minuten gute
Luft bieten.
Um die verbrauchte Luft durch frische Auisenluft zu ersetzen,
dienen die verschiedenen Lüftungsarten: die natürliche Ventilation,
basiert auf der Luftbewegung infolge von Temperaturdifferenzen, die
künstliche Ventilation in Form der Aspiration oder Absaugung darch
Lockfeuerung und die mechanische Ventilation durch Ventilatoren und
Gebläse für Aspiration und Impulsion.
Die Ein- und Ausströmungsgeschwindigkeit ist mit höchstens
8 Fufs (2,44 m) pro Sekunde und die Querschnittfläche der Ein-
und Ausströmungsöffnung mit je 10 Quadratfufs (0,93 m*) ftbr ein
normales Lehrzimmer angenommen.
Besonderen Wert legt Morbi80K auf die Frischluftentnahme
von einem hochgelegenen Punkte aus, um die Verunreinigungen
durch Bodenluft zu vermeiden.
Die künstliche Lüftung durch Saugschlote, die entsprechend
erwärmt werden, wobei insbesondere die Rauchrohre der Heizanlagen
zu verwerten sind, reicht in der Regel aus und wird nur bei un-
günstigen Windverhältnissen ungenügend; in diesen Fällen soll die
mechanische Ventilation nachhelfen. Als die beste Anordnung wird
stets die kombinierte Impulsion und Aspiration gelten ; bei Anwendung
nur eines Systems ist ersterer der Vorrang zu geben.
Von hervorragender Bedeutung sind die Zusammenstellungen deJ
Lüftungskosteu, welche für ein zehnklassiges Schulhaus pro Jahr
512 Dollar oder ungefähr 1850 Mark betragen. Der Kohlenbedarf
bei Aspirationsanlagen mit Lockfeuerung ohne Verwendung der
Rauchrohrwärme beläuft sich pro Lehrzimmer und Stunde auf 21 Pfond
(9,5 kg), bei mechanischer Lüftung jedoch nur auf 5 bis 8 Pfund
(2,3 bis 3,6 kg), was circa einer Pferdekraft entspricht. Zur besseren
Ausnutzung der Rauchrohrwärme für die Zwecke der Aspiration
empfiehlt der Verfasser die Anwendung zahlreicher kleiner Rauchrohre
statt eines einzigen grofsen, um die Oberfläche zu vergröfsem.
Die Aspirationsschachte, welche am besten gruppenweise an-
gelegt werden und nicht mehr als sechs Räume entlüften sollen, sind
derart zu bemessen, dafs auf jedes Lehrzimmer 6 Quadratfiiis
(0,56 m*) entfallen.
Es ist besonders anerkennenswert, dals der Autor gerade auf
die Lüftung das Hauptgewicht legt und die hieraus resultierenden
Betriebskosten als ebenso notwendig hinstellt, wie jene der Heizung.
717
Dieses letztere Kapitel ist übrigens nur kurz behandelt. Es
enthält eine allgemeine Definition der strahlenden und leitenden
Wärme, sowie eine Vorführung der verschiedenen Ofen- und Central-
heizsysteme.
Zum Schlüsse gibt Morrison einen Idealplan für eine
Heiz- und Ltlftungs anläge, der von dem Schlagwort „Warme
Füfse, kalter Kopf" diktiert ist. Diesem Plane gemäfs wird ent-
sprechend vorgewärmte Luft an vielen Stellen des Fufsbodens in
das Lehrzimmer geleitet und die verdorbene Zimmerluft, die mit
der aufsteigenden warmen Luft mitgerissen wird, an zahlreichen
Öffnungen der Decke abgeführt. Durch die Verteilung der Ein-
und Ausströmungsöffnungen vermeidet man allerdings die sonst schwer
zu verhindernden toten Punkte, wo geringer Luftwechsel stattfindet,
aber konstruktiv dürfte diese verteilte Anordnung schwierig aus-
zuführen sein, und hygienisch sind die leicht verstaubten Fuf^boden-
öffnungen nicht empfehlenswert.
Die Schulhausskizzen in Figur 28 und 29 sind schlecht
gewählt und könnten bei einer neuen Ausgabe durch bessere Vor-
bilder ersetzt werden.
Zum Schlüsse finden wir mehrere Tabellen angefügt, welche
ErfahruDgszahlen aus dem Gebiete der Heizung und Lüftung bringen.
Das Buch dient hauptsächlich zur Belehrung für Schulbehörden
und Schulmänner und ist daher allgemein verständlich und kurz
abgefafst; der Heiztechniker wird darin nichts Neues finden.
Diplomierter Architekt Karl Hintbäger in Wien.
Bibliographie.
Achtzehnter Bericht und Rechnung über die Ferienkolonien und
Milchkuren erholungsbedürftiger Schulkinder aus Zürich Neue
Zürich. Ztg., 1894.
Anacker. Das neue französische G-esetz zum Schutze der Schule
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in Elsafs-Lothr., 1894, XV, 4, 163—167.
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von 1894. Neu. Korrspdzbl. f. d. Gelehrt.- u. Realschul. Württemb.,
1894, L
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Spandau. Med.-päd. Monatsschr. f. d. gsmt. Sprchblkde., 1894,
V, 151—156.
Bei der Redaktion eingegangene Schriften.
Becher, C. und Bode, A. Der Schuld und Hausgarten, Znr
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KonUktthemioiE
Verl*B VM LeOF*!'' *'
CantralippuM.
a Hamburf (and Lelpil^).
Sachregister.
Ablenkbarkeit bei geistiger Arbeit
519.
Aborte amerikanischer Schalen 443.
— der ländlichen Volksschulen des
Kreises Franzburg 414—415.
— in Schalen 182, 316, 643.
— , Torfstreu als Desinfektions-
mittel für dieselben 495-^496.
Abtritte, s. Aborte.
Accommodation als Ursache von
Myopie 350—351.
Achter internationaler Eongrefs für
Hygiene und Demographie in
Budapest, Bericht über dieThätig-
keit der schalhygienischen Sek-
tion desselben 673—678.
Adenoide Vegetationen und das
.. Wachstum der Kinder 489—490.
Ägyptische Augenentzündung, An-
steckungsfähigkeit derselben 624
bis 625.
— , aus der Verordnung der Statt-
halterei in Böhmen über Vor-
kehrungen gegen dieselbe, be-
sonders in Schulen 371.
-^ in russischen Volksschulen 299
bis 300.
— vgl. Trachom.
~ Tgl. Augenentzündungen.
Ärztlicher Dienst in der k. k. The-
resianischen Akademie in Wien
.. 263.
Ärztliche Inspektion der Schulen,
Formular für dieselbe 203-205.
— in Paris 194—207.
— in Preufsen 424.
— in Spanien 439.
Sehalgesniidheitspflcge YII.
Arztliche Inspektion vgl. bezirks-
ärztliche Schulinspektionen.
— vgl. Schulärzte.
— Schulaufsicht, s. ärztliche In-
spektion der Schulen.
— Untersuchung der Zöglinge der
k. k. Theresianischen Akademie
in Wien 268.
Alkohol, Einflufs desselben auf psy-
chische Vorgänge 225 — 226.
Alkoholismus, Kampf der Schule
gegen denselben 410.
Alkohol vgl. Mäikigkeitssache.
Allgemeinerkrankungen, Einflulis
der chronischen auf das Ohr 686.
Alter der preufsischen Lehrer und
Lehrerinnen an Volksschulen 359.
Anämie bei Schulkindern 499 — 500.
549.
Ankleideraum in amerikanischen
Schulen 443.
— vgl. Kleiderablagen.
Ansteckende Krankheiten der Schü-
ler, obligatorische Anzeige der-
selben 59—61.
— Erlafs des niederösterreichischen
Landesschulrates zur Verhütung
der Weiterverbreitung derselben
durch Schulen 176—177.
— in Schulen 642.
— MitteiluDg des Medizinalrates
in Hamburg an die dortigen
Ärzte , betreffend Mafsnahmen
gegen die Weiterverbreitung der-
selben in Schulen 708—709.
— vgl. Anzeigepflicht.
— vgl. Infektionskrankheiten.
46
722
Ansteckende Krankheiten, zur Ver-
hütang derselben in Schulen
242—244.
Anstrich der Schulwände 316.
Anthropologie, s. Naturgeschichte
des Menschen.
Anxeigepflicht für ansteckende
Krankheiten in Frankreich 200
bis 201.
Apparate für den Schularzt 683.
Aquarium für Schulen 681.
Arbeiten, häusliche der Schülerinnen
579-580.
Arbeitsunterricht, Bedeutung des-
selben 251—252.
— der Knaben 250-258.
— in Blindenanstalten 252.
— in Enffland 301—302.
— vgl. Handfertigkeitsunterricht.
Arbeitszeit derSchüler 521 ,618—620.
Atmungsmodus während des Bad-
fahrens 493.
— während des Turnens 493.
Auersches Gasglühlicht 230.
Augen, äufsere Krankheiten der-
selben bei den Dorfschülem des
Kreises Isenhagen 168.
— der indianischen Schulkinder
569-570.
— der kalifornischen Studenten 41.
— der Kinder der Edmontonschulen
in London 426.
Augenentzündungen in Schulen 219
bis 221.
— vgl. ägyptische Augenentzün-
dun ff.
Augenhöhle, Höhe derselben bei
Myopie, Hypermetropie und Em-
metropie 348—349.
— vgl. Orbitalindices.
Augenkrankheit vgl. ägyptische
Augenentzündng.
Augen vgl. Kurzsichtigkeit.
— vgl. Myopie.
— vgl. Sehschwäche.
Augenverletzungen von Kindern
durch Zündhütchen 96.
Augen von Münchener Schulkindern
284.
Ausstellung in Lemberg 233.
Baden der Oberrealschüler in
Teschen 568.
Baden der österreichischen Mittel-
schüler 183.
— der Schüler 138.
— , Rettung dabei verunglückter
Schüler 492.
— vgl. Schulbäder.
— vgl. Schwimmen der Schüler.
— vgl. Schwimmplätze für die
Schuljugend.
Badeordnung fSr die Schulbäder
in Zürich 391—392.
Baderegeln für Schüler 360 bis
361.
Bäder in der k. k. Theresianischen
Akademie in Wien 258—259.
— vgl. Brausebäder.
— vgl. Schul bäder.
Bakterien, s. Mikroorganiamen.
Ballübungen 712—714.
Baukosten amerikanischer Schnl>
häuser 442.
Befreiung vom Schulunterrichte,
Bundschreiben des Londoner
Erziehungsdepartements bezüg-
lich derselben 245.
Beginn des Schulunterrichts infolge
der durch Einführung der mittel-
europäischen Zeit geänderten
Verhältnisse, Erlais des preniÜ-
sehen ünterrichtsminiaterB des-
wegen 43 — 45.
— vffl. mitteleuropäische Zeit.
Beheizung der städtischen Schulen
Wiens 158.
— vgl. Heizung.
Beleuchtung, indirekte 493—495.
— , künstliche der k. k. Theresia-
nischen Akademie in Wien 260.
— , künstliche der Schubdmmer 241,
610, 616.
— , natürliche amerikanischer Schul-
häuser 442.
— , natürliche der ländlichen Volks-
schulen des Kreises Franzbnnr'
413. *
— , natürliche der spanischen
Schulen 438.
— natürliche in Schulen 615 —616.
— , Verbesserung der natürlichen
in den kathoUschen Volksschulen
Breslaus 281.
— vgl. Lichtverhältnisse.
— zur Frage der natürlichen 363
bis 864.
r
723
Bestrafung von Sohalerinnen darch
Nachbleiben 581.
Bezirksärztliche Schulinspektionen
in Sachsen 222—224.
— vgl. ärztliche Inspektion der
Schulen.
Bilderständer von Junoels 420.
Biographische Daten über die
Schiüer, Sammlung yon solchen
326 -328.
Blattern, s. Pockenepidemie.
Blindenanstalten, Statistik der
österreichischen 418.
Blinde, Untericht und Unterhaltung
derselben 525.
Blutarmut bei den Dorfschülem
des Kreises Isenhagen 168.
Brausebäder der neuen Volksschule
in Rostock 508.
— in den städtischen Schulgebäuden
Münchens, Atfweisung der Lokal-
schulkommission zur Benutzung
derselben 633-639.
— in den städtischen Schulgeb&uden
Münchens, Bedienung derselben
635—636.
— in den städtischen Schulgebäuden
Münchens, Betrieb derselben 637
bis 639.
— in den städtischen Schulgebäuden
Münchens, Einrichtung derselben
633-635.
— in den städtischen Schul gebäuden
Münchens, Beinigung und In-
standhaltung derselben 636—637.
— in Schulen 680.
— mit horizontalen Wasserstrahlen
390.
— nach System Sulzer 387—389.
— Tgl. Bäder.
— vgl. Schulbäder.
— vgl. Schulbrausebad.
Brunnen der ländlichenVolksschulen
des Kreises Franzburg 414.
— in Schulen, Saprol ein Mittel
um fäkalische Verunreinigung
derselben zu erkennen 291.
Caisse des ^coles in Paris 196.
Centralheizung, Hennsche418— 419.
— vgl. Heizung.
Chorea, s. Veitstanz.
Dampfheizung, fünfzigjähriges Be-
stehen einer solchen in einer
Schule 37.
Decken von Schulzimmem 315 bis
316.
Ddl^gation cantonale in Paris 196.
Desinfektion einer Schule bei einer
Scharlachepidemie 489.
— von Briefen, Büchern und
Schreibheften 105—106.
Diphtherie in den Elementarschulen
Londons 624.
— in österreichischen und franzö-
sischen Schulen 42.
— in Schulen, Verfügung der k. k.
niederösterreichischen Statthai-
terei über das sanitätspolizei-
liche Vorgeben beim Auftreten
derselben 108—111.
— zur Verhütung der Weiterver-
breituüg derselben durch Schulen
296.
Dispensationen, ärztliche von einzel-
nen Unterrichtsgegenständen682.
Duschebäder für die Pariser Schulen
97.
— vgl. Schulbäder.
Eisbahnen für die Jugend 312.
Eiskämpfe vgl. Eislauf.
— von Schülern 174.
Eislauf der Oberrealschüler in
Teschen 568.
— der österreichischen Mittel-
schüler 184.
— der Zöglinge der k. k. Theresia-
nischen Akademie in Wien 261.
— , Förderung desselben bei der
Jugend 562.
Eislaufplätze für die Schuljugend
46-49.
Eislauf, Ratschläge für die Schüler
des Falkrealgymnasiums zu Berlin
in betreff desselben 104—105.
— vgl. Eiskämpfe.
Epidemie hystero - epileptisch o
Krämpfe unter den Schulmädche
zu Valle in Österreich 365—367
— vgl. Infektionskrankheiten.
Epidemische Krankheiten in der
Schule 675-676, 677-678.
■\
■:*
724
Epideroisobe Krankheiten, Ver-
hütung derselben in der k. k.
Theresianiscben Akademie in
Wien 262.
— vgl. Infektionskrankheiten.
Epileptische Schulkinder, Anwei-
sung des Bezirksschulrates in
Wien wegen Beschaffung einer
Statistik deraelben 304—305.
Erdbeben,Panikin einerDortmunder
Schule infolge eines solchen 631
bis 632.
Erkrankungen der Schüler, Formu-
lare für dieselben 205^207.
— , Nomenklatur für den schul-
ärztlichen Bericht über dieselben
331.
— der Zöglinge in der k. k. The-
resianischen Akademie in Wien
263—264.
— , massenhafte im Waisenhause
zu Bunzlau 502.
— norwegischer Schulkinder 211 bis
212.
— vgl. Krankheiten.
Ermüdung bei geistiger Arbeit 519.
— des Geistes beim Schulunterrichte
2—22.
— durch Turnen 566.
— , geistige von Schulkindern 207
bis 210, 379—380, 519—620, 564
bis 566.
Ermüdungshaltungen der Schüler,
Mittel dagegen 529-530.
— Tgl. Haltungen.
Ernährung der Schüler in den
französischen Lyceen 36.
— der Schulkinder 556.
Erziehung, hygienische der Jugend
553.
— , Schäden und Mängel der heu-
tigen 562.
Examenüberbürdung 691.
— vgl. Überbürdung.
Examina, s. Prüfungen.
xachlehrertum und Klassenlehrer-
tum 309—310.
Familienstand der preufsischen Leh-
rer und Lehrerinnen an Volks-
schulen 35f).
Fechtübungen für Schüler 136.
Fehler der Kinder, s. pädagogische
Pathologie.
Fenster der neuen Volksschule in
Rostock 505—506.
— in Schulen 615—616.
— , Lüftungsklappen in denselben
604.
— , Öffnung derselben wahrend der
Pausen 603,
Fenstervorbänge in Schulen 611.
— vgl. Vorhänge.
Ferienkolonien, dauernder Nutzen
derselben 612.
— der Pariser Schulkinder 199.
— , die hygienischen Resultate der
Braunschweiger 577.
— für Londoner Schulkinder 428.
— Granadas 237—288.
— in Budapest 611 — 612.
— in Norwegen 301.
— in Prag 701.
— in Spanien 439.
Ferienkoloniekinder, die körperliche
Entwickelung derselben 216 bis
219.
Ferienkurse für akademisch gebil-
dete Lehrer in Jena 422.
— Greifswalder für Lehrer und
Lehrerinnen des Französischen,
verbunden mit Badekuren 234.
Ferien, s. schulfreie Tage.
Ferienwanderungen 646 — 649.
— vgl. Schülerreisen.
Feuchtigkeit, ein Mittel gegen auf-
steigende in Schulmauem 291.
Feuersignal in Schulen 678—679.
Freiviertelstunden, s. Pausen.
Frühstück der Schulkinder 418.
Fufsballspiel, Einflufs desselben auf
die Körperentwickelung 691 bis
692.
— Gefahren desselben 492—493.
Fufsballwettstreit zwischen den
Studenten von Oxford und Cam-
bridge 170.
Fufsboden der ländlichen Volks-
schulen des Kreises Franzburg
413-414.
— der Schulzimmer 472.
Garderobenräume in Schalen 614.
— vgl. Kleiderablagen.
725
Gasglühlicht, 8. Aaersches Gasglüh-
licht.
GnsheizuDg in Münchener Schalen
302.
— Tgl. Heizung.
Gebäade fürSchulen, s.Schulgebäude.
Gebrechen, 9 Eörpergebrechen.
Gehimgewicht der Kinder 690 bis
691.
Gehörumfang der Kinder 416 —417.
Gehör, vgl. Schwerhörigkeit.
Geistesschwäche, scheinbare bei
Kindern 444 — 445.
— vgl. Schwachbegabte Kinder.
Geistes- und Nervenkrankheiten der
Schüler 333—337.
Geistige Arbeit 518—523.
— Schnelligkeit derselben 518 bis
519.
Geistige Eigentümlichkeiten der
Schüler, Untersuchung derselben
341-342.
Gelbsucht als Folge einer Schul-
strafe 417.
Gesang in der Schule 137.
Gesangunterricht und Nasenkrank-
heiten der Kinder 675.
Gesellschaft für Kinderschutz in
England 568-569.
Gesundheit, Beeinflussung derselben
durch den Unterricht 629.
Gesundheitsbuch für die einzelnen
Schüler 559—560.
Gesundheitsgemäfse Erziehung der
Jugend, Berliner Verein für die-
selbe 37—38, 561—562.
Gesundheitsingenieur für die Schule
683.
Gesundheitslehre für Haus und
Schule 123—126.
— für Schulen 247—249.
— in der höheren Mädchenschule
439—441.
Gesundheitspflege an der k. k. The-
resianischen Akademie in Wien
257—264.
— antike 31—33.
— Bedeutung derselben 83.
— GrondzOge derselben für Schüler
93—94.
— in den katholischen Volksschulen
Breslaus 281—283.
— in der k. k. Staatsoberrealschule
zu Teschen 567—568.
Gesundheitspflege in japanischen
Schulen 488—489.
— ungenügende in Italien 522 bis
523.
— Unterricht in derselben an
Gymnasien 711—712.
— vgl. Hygiene.
— vgl. Lehrergesundheitspflege.
Gesundheitsregeln für Schule und
Haus 555—559.
Gesundheitsverhältnisse der Dorf-
schüler des Krebes Isenhagen
167—170.
Geteilte oder ungeteilte Schulzeit
in Frankfurt a. M. 573—574.
Glasjalousien in den Fenstern 604.
Granulöse Augenentzündung, s.
ägyptische Augenentzündung.
Griffel Verletzung , tödliche eines
Schulmädchens 625.
Gymnastik an grofsen Geräten 136
bis 137.
— Geräte für dieselbe 136.
— Gesetz über die obligatorische
in Italien 130.
— in der Klasse 136.
— in spanischen Schulen 489.
— Mängel der bisherigen 130.
— Programm derselben für die
verschiedenen Altersstufen 139
bis 140.
— Reform derselben 129—146.
— Seminare für dieselbe in Rom,
Neapel und Turin 144.
— soll täglich 2 Stunden in der
Schule getrieben werden 139.
— vgl. gymnastische Übungen.
— vgl. körperliche Erziehung.
— vgl. Turnen.
Gymnastische Übungen» vgl. Gym-
nastik.
— welche für Schüler auszu-
schliefsen sind 135.
Häusliche Arbeiten, vgl. Arbeits-
zeit der Schüler.
Haltungen, krumme der Schüler
538—539.
— vgl. Ermüdungshaltungen der
Schüler.
— vgl. Schreibhaltungen der
Schüler.
726
Handarbeitsunterrioht, Saal for
denselben 680—681.
Handarbeit, 8. Enabenhandarbeit.
Handels- und Gärtnerschule zu
R&kos-PAlota in Ungarn 693 bis
694.
Handfertigkeitsseminar in Leipzig
253.
Handfertigkeitsunterrichtan Lebrer*
Seminaren 476 — 477.
— Beurteilung desselben 116.
— bildet keine Förderung turne-
rischer Erziehung 30.
— der Schüler 137—138.
— in den Vereinigten Staaten 499.
— in Italien 428.
— Unterweisung einer grölseren
Schülerzahl in demselben 477.
— vgl. Arbeitsunterricht.
— vgl. Enabenhandarbeit.
— Tolkserziehliche Bedeutung des-
selben 479—480.
Hausarbeiten, s. Arbeiten, hausliche.
Hausaufgaben, vgl. Arbeitszeit.
Haushaltungsunterricht für Mäd-
chen, Erlafs des preuTsischen
Unterrichtsministers in betreff
desselben 428—430.
Hautkrankheiten bei den Dorf-
schülern des Kreises Isenhagen
169.
Heizung amerikanischer Schulen
443.
— der k. k. Theresianischen Aka-
demie in Wien 260.
— der landlichen Volksschulen des
Kreises Franzburg 414.
— der neuen Volksschule in Ro-
stock 506—507.
— der spanischen Schulen 438.
Heizungsanlagen in den städtischen
Schulen Wiens 651—653.
Heizung vgl. Beheizung.
— vgl. Centralheizung.
— vgl. Gasheizung.
— vgl. Temperatur.
— vgl. Wärmesignalisier ung.
— von Schulen 560, 717.
Helligkeit der Schulzimmer 90 bis
92.
Heredität, s. Vererbung.
Herzkrankheiten bei den Dorf-
schülem des Kreises Isenhagen
169.
Herzkrankheiten infolge der üb-
lichen Körperhaltung der Schüler
279-280.
Hilfeleistung bei UnglücksflLllen,
Unterweisung von Schülern in
derselben 425.
Hilfsschulen für schwachsinnige
Kinder 270—272.
— vgl. schwachsinnige Kinder.
Hitzeferien 643.
— Erlafs des preufsiscdien Unter-
richtsministers, betrefiend die-
selben 513—514.
— Verordnung der hamburgisehen
Oberschulbehörde in betreff der-
selben 433—434.
HÖrübuDgen, methodische für Taub-
stumme 490—492.
Hörvermögen taubstummer Kinder
625.
Hof, s. Schulhof.
Hygiene auf der Berliner Gewerbe-
austellung 1896 423.
— der Schüler in der elterlichen
Wohnung 264—267.
— des Geistes 696—598.
— des Ohres im Schulaiter 6^ bis
688
— des Unterrichts 115—116, 182.
Hygienemuseum, Gründung eines
solchen in München 299.
Hygiene, vgl. Gesundheitspflege.
— vgl. Schulhygiene.
Hygienische Ausbildung der Lehrer
586.
— Einrichtungen in amerikanbchen
Schulen 409—410.
— Inspektion der Internate in Eng-
land 34—36.
— vgl, Schularzt.
— Kurse für Verwaltungsbeamte
und Lehrer, Mitteilung des preu-
fsischen Unterrichtsministers dar-
ifber 45 — 46.
— in Lehrerseminaren 159 — 162.
— vgl. hygienischer Unterricht.
Hygienischer Milsstand für die
6cole Monge in Paris 424.
— in den Londoner Distriktsarmen-
schulen 500—501.
— in Volksschulen, Verfugung der
mährischen Statthalterei in betreff
der Hintanhaltung derselben 514
bis 515.
727
Hyfl^oi^üoherTJnterricht der Schüler,
Antrag auf Einfahrang dea-
sdlben 482—483.
— in amerikanisoben Schulen 409.
— in einem Lehrerseminar vor 100
Jahren 569.
— in Volksschulen nnd Seminaren
365.
— vgl. hygienische Kurse.
Hygienischer Zustand der Lehr-
anstalten, des Unterrichts und
der Lernenden, Programm zur
Erforschung desselben 321 bis
346.
— der Schulen in Beichenberg 630
bis 631.
— der Schulen, Programm zur Er-
forschung desselben 344 — 346.
Hygienische Untersuchungen von
Schülerinnen in Birmingham 235.
— Verhältnisse der Schüler, Pro-
gramm für die Feststellung der-
selben 342—343.
— in 75 Odessaer Volksschulen
649—650.
Hypnose, s. Suggestion.
Hysterische Epidemie in einer Ba-
seler Mädchenschule 85.
Jahresbericht, siebenter des Ge-
sundheitsrates von Maine 114 bis
118.
Jahreszeit, Einfluls derselben auf
das Wachstum der Kinder 626
bis 628.
Jalousien, s. Qlasjalousien.
Icterus, s. (Gelbsucht.
Idiotie, Ursachen derselben 570.
Idiotische Kinder, chirurgische oder
medizinisch - pädagogische Be-
handlung derselben? 94 — 95.
— medizinisch • pädagogische Be-
handlung derselben 289—290.
— vgl. schwachsinnige Kinder.
Impning, aus der Verordnung der
Bukowiner Landesregierung we-
Sen Durchführung derselben 432
is 433.
— der Schüler, Bundschreiben des
Bezirksschulrates von Wien wegen
Durchführung derselben 608 bis
512.
Impfung, Empfänglichkeit der
Kinder für dieselbe 692—693.
— spanischer Schulkinder 439.
— und Wiederimpfung der Schul-
kinder, Rundschreiben des Orts-
schulrates für den VL Wiener
Bezirk bezüglich derselben 178
bis 179.
— unter den französischen Schul-
kindern 663.
— Tgl. Wiederimpfung.
Infektiös erkrankte Kinder, Ver-
fügung des Waadtländischen
Staatsrats, betreffend den Aus-
schlufs derselben von der Schule
244-246.
Infektionskrankheiten bei Schul-
kindern 557.
— Einflufs der akuten auf das Ohr
685—686.
— in den katholischen Volkschulen
Breslaus 282—283.
— Inkubationsdauer derakuten 617.
— in österreichischen Internaten
423.
— in Schulen 115.
— Verfügung des französischen
Unterrichtsministers bezüglich der
bei denselben in Schulen zu
treffenden Mafsnahmen 302 bis
303.
— vgl. ansteckende Krankheiten.
— vgl. epidemische Krankheiten.
— Zunahme derselben unter den
Schulkindern NordschotÜands
576.
Influenza, Verfügung des Wiener
Bezirksschulrates bezüglich des
Auftretens derselben in Schulen
434-435.
Inkubationsdauer bei akuten Infek-
tionskrankheiten 617.
Jugendspiele an den Mittelschulen,
Erlafs des k. k. österreichischen
Unterrichtsministeriums in betreff
derselben 106—107.
— an der k. k. Staatsoberrealschule
in Teschen 568.
— an österreichischen Mittelschulen
184—185.
— Bedeutung derselben für die
nationale Wohlfahrt 231—232.
— Einführung derselben in den
Vereinigten Staaten 498.
728
Jagendspiele, Enquete über die
Verbreitung derselben in den
deutschen Städten 313.
— Erlafs des preufsischen unter-
riohtsministers wegen Förderung
derselben 581—582.
— för Mädofaen 232.
— , Handbücher für dieselben 143.
— im Lehrerseminar zu Oranien-
burg 812.
— in Belgien 131.
— in Deutschland 131.
— in England 131.
— in Frankreich 181.
— in Italien 131—182.
— in Schweden 131.
— in spanischen Schulen 489.
— , Nutzen derselben 138.
— und Schulturnen 608.
— vgl. Mädchenspiele.
— Tgl. Spielkämpfe.
— vgl. Spielkurse.
— vgl. Spielplätze.
— von Staatsoberrealschülem in
Wien 612.
Jugendspielknrsus in Budapest 369
bis 370.
Jugend* und Volksspiele, Jahrbuch
des Centralansschusses zur Förde-
rung derselben für 1893 311—314.
— , Versammlung des Centralans-
schusses für dieselben in Leipzig
700.
Kartenständer von Jünoels 420.
Kehrichtmengen in der 3. Bezirks-
schule Leipzigs 466—458.
Kehricht vgl. Reinigung.
— vgl. Staub.
Kinderbewahrwesen in Ungarn 300.
Kindergärten für taubstumme
Kinder in Berlin 238.
Kinderschutzgesellschaft in England
568—569.
Einderspielzeug, s. „Kraterschlan-
gen".
Kindervolksküchen in Berlin 682.
Klassenlehrertum und Faohlehrer-
tum 309—310.
Kleiderablagen in den katholischen
Volksschulen Breslaus 281^282.
— in Schulen 470, 524.
Kleiderablagen, vgl. Ankleideraiim.
— vgl. Gaiderobenraome.
Kleidung der Schulkinder 556.
— der Zöglinge der k. k. Tberesift-
nischen Akiäemie in Wien 259
bis 260.
Kleinkinderschulen in Italien 140 bis
141.
Kleptomanie bei einem Schulknaben
700—701.
Knabenhandarbeit, Hygiene der-
selben 51 — 69.
^ in ihrer Anpassung an landliche
Verhältnisse 580.
— in Norwegen 577.
— , ünterrichtsprogramm des Leip-
ziger Seminars für dieselbe auf
das Jahr 1894 166—167.
— vgl. Handarbeitsunterricht.
— vgl. Handfertigkeitsunterricht.
— , XII. deutscher Kongreis far
dieselbe 475—480.
Knabenhandfertigkeitsunterricht,
Beurteilung desselben vom padai-
gogischen Standpunkte 353 — 857.
Knabenhorte in Stuttgart 37.
Körperentwickelung der Knaben
650—551.
— der Mädehen 551.
Körpergebrechen der Schulkinder
in Würzburg 576.
Körperhaltung der Schüler, Herz-
und Magenleiden infolge ge-
krümmter 279—280.
Körper, Kenntnis des menschlichen
seitens der Turnlehrer 640 — 641.
Körperliche Ausbildung, vgl. physi-
sche Erziehung.
Körperliche Erziehung der Jugend
608.
— taubstummer Kinder 676.
— vgl. Gymnastik.
— vgl. physische Erziehung.
— , Zweck derselben 132.
Körperliche Überbürdung von Se-
minaristen, in Küsnaofat 43.
Körperliche Übungen der Schüler
679.
— Einfluls derselben auf die Ver-
hütung der Schulkurzsichtigkeit
87—88.
— im Altertum 32—33.
-- vgl. Leibesübungen.
— vgl. Turnen.
729
Körperliche üntersachung der
Schaler 339—341.
Körpermessungen der Schüler zar
Bestimmang der för sie passenden
Bankgröfse 540.
EohleQsänrebestimmnngen in Schul-
zimmern 229.
Kommission für Schulgesnndheits-
Sflege in Nürnberg, Bericht über
ie Sitzungen derselben 269—279.
Kongrels, VIII. internationaler für
Hygiene und Demographie in
Budapest 98—99, 292, 421—422,
496---497, 571-673.
— Bericht über die schulhygie-
nische Thätigkeit desselben 607
bis 612, 673—678.
— I. deutscher für Jugend- und
Volksspiele in Berlin 231—233.
— XI. internationaler medizinischer
in Rom 87.
Konvergenz der Augen als Ursache
von Myopie 350.
Kopfgrind, Krankenhausschule für
Kinder mit solchem in Paris 632.
— vgl. Tinea tondens.
Kopfschmerz bei den Dorfschülern
des Kreises Isenhagen 168.
Korrekturlast der Lehrer 566—567.
Kost der Zöglinge der k. k. The-
sianischen Akademie in Wien
260—261.
Krämpfe, Epidemie hystero* epilep-
tischer unter den Schulmädchen
zu Valle in Österreich 365-367.
Kränklichkeit der Schüler, Pro-
gramm für die AuBseichnung der-
selben 343—344.
Kränklichkeitsperioden im Kindes-
alter 551—552.
Kränklichkeit, Vergleichung der-
jenigen bei Knaben und Mädchen
548—550.
Krankenabteilung in der k. k. The-
resianischen Akademie in Wien
262—263.
Krankenhausschule für Kinder mit
Kopfgrind in Paris 682.
Krankenpflege, Untericht englischer
Schülerinnen in derselben 298 bis
299.
Krankheiten der Schüler, vgl.
Nerven- und Geisteskrankheiten
der Schüler.
Krankheiten, vgl. Schulkrankheiten.
— der Schulkinder 556—557.
— vgl. Erkrankungen der Schüler.
Krankheitsverhalten im Kindesalter
546—554.
„Kraterschlangen'', Verbot ihrer
Einführung in Osterreich 306.
Kratzeisen zur FuDsreinigung in
Schulen 468—469.
Kreuzottembisse, gegen dieselben
361—362.
Kurzsichtigkeit bei den Dorfschülern
des Kreises Isenliagen 168 — 169.
— der Schüler 114, 204.
— vgl. Augen.
— vgl. Myopie.
— vgl. Schulkurzsichtigkeit.
Lang- und kurzköpfige Schüler 35.
Laufübungen der Jugend 134.
Lehrer, biologische Ausbildung der-
selben 597.
Lehrergesundheitspflege 286 — 287.
— vgl. Gesundheitspflege.
Lehrer, schulhygienische Ausbildung
derselben 614—615.
Leibesübungen in amerikanischen
Schulen 409—410..
— vgl. körperliche Übungen.
Leistungsfähigkeit der einzelnen
Schulkinder in geistiger Beziehung
18—22.
— , qualitative der Schulkinder in
geistiger Beziehung 12 — 18.
— , quantitative der Schulkinder in
geistiger Beziehung 9 — 12.
Lemmethode der Schüler 620—623.
Lesen in der Schule 642.
Lesestücke, hygienische für Schulen
82—83.
Lichtverhältnisse in Breslauer
Schulen 153—157.
— vgl. Beleuchtung.
Locke über physische Erziehung
483-485.
Lüftung amerikanischer Schulen 443.
— der k. k. Theresianischen Aka-
demie in Wien 260.
— der ländlichen Volksschulen des
Kreises Franiburg 414.
— der Schulräume während der
unterrichtsfreien Zeit 606.
730
Lüftung in Schulen 182, 240, &68,
643.
Lüftungsftnlagen in den städtischen
Schulen Wiens 651--653.
Lüftungsjalousien in den Fenstern
604.
Lüftungsklappen der Fenster 604.
Lüftung yermittelst der Fenster 603.
— vgl. Ventilation.
Luft in Schulen 162—163.
Luftraum in amerikanischen Schulen
442.
— in den ländlichen Schulen des
Kreises Franzhurg 413.
— in spanischen Schulen 438.
Luft und Licht, Oenufs derselben
im Altertum Sl.
Luftwechsel in bewohnten Räumen
687—588.
Lungenkrankheiten bei den Dorf-
schülern des Kreises Isenhagen
169-170.
— vgL Tuberkulöse Kinder.
Lyceen, sanitäre Einrichtungen der
Pariser 610-611.
Mädchengymnasien, Einflufs der^
selben auf die Gesundheit ihrer
Schülerinnen 284—286.
Mädchenschulwesen, aus den neuen
Bestimmungen des preulsischen
ünterrichtsministers über das-
selbe 678—581.
liädchenspiele, vgl. Jugendspiele.
— , sweiter Lehrgang f ürLehrerinnen
derselben in Bonn 603.
Mäfsigkeitsbestrebungen an den
üniyersitäten der Schweiz 174.
HäTsigkeitssache, Förderung der-
selben durch die Schule 602.
— imd Jugenderziehung 83 — 84.
— vgl. Alkohol.
Häfsigkeitsunterricht in den belgi-
schen Schulen 178—174.
— in den dänischen Schulen 172.
— in den englischen Schulen 171
bis 172.
— in den holländischen Schulen 173.
— in den norwegischen Schulen
172.
' — in den Schulen der Vereinigten
Staaten 170—171.
ICälsigkeitsanterricht in den Schalen
des Auslandes 170—174.
— in den schwedischen Schalen 172.
MM(enleiden infolge der üblichen
Körperhaltung der Schüler 279
bis 280.
Marschübnngen der Jagend 134.
Masern als Schulkrankheit 688—690.
— und Konfession 426—427.
Masturbation der Schulkinder 675.
— vgl. Onanie.
Matten zur Fufsreinigung in Schalen
469.
Mauern der Schulen, ein Mittel
g^egen aufsteigende Bodenfeach-
ti^^eit in denselben 291.
Mikroorganismen des in der Laft
suspendierten Schulstaubes 459 bis
464.
— im Bodenstaube der Schalen 465
bis 466.
Milsbildungen bei den DorfiBchülem
des Kreises Isenhagen 170.
Mitteleuropäische Zeit, Verfogung
der Begierung zu Schleswig, be-
treffend den Besinn des Schul-
unterrichtes infolge der Ein-
führung derselben 177—178.
— Tgl. Beginn des Schulnnterichtes.
Morbidität der Schüler, s. Kränk-
lichkeit der Schüler.
Mumps, sollen Schüler deswegen
▼on der Schule ausgeschlossen
werden? 92.
Musterung der schulpflichtigen
Kinder in Berlin 501—502.
— vgl. Untersachung.
Myopen, Höhe der Augenhöhle bei
denselben 146—147.
Myopie, Accommodation als Ursache
derselben 350—351.
— , Konvergenz als Ursache der-
selben 850.
— , Vererbung derselben 349.
— vgl. Augen.
— vgl. Kurzsichtigkeii
— , zur Frage derselben 1 — 2, 146
bis 150, 193—194, 346—361,
Nasenbluten bei den Dorfsohülem
des Kreises Isenhagen 168.
Nasenkrankheiten der Kinder and
G^angunterricht 675.
731
Nasenrachenkrankheiten der Schul-
kinder 685.
Nase, Prafunff derselbe!^ bei 415
jungen Taubstummen 99—100.
Naturj^eschichte des Menschen nebst
Hinweisen auf die Pflege der
Gesundheit 378—379.
Nerven- und Geisteskrankheiten der
Schüler 383-337.
— vgl. Krankheiten der Schüler.
Nervosität bei den Dorfschulem des
Kreises Isenhagen 168.
— der Schuljugend 38—39, 674 bis
675.
Ofen, s. Schachtofen.
Ohrenkrankheiten bei den Dorf-
schulem des Kreises Isenhagen
169.
Ohrenpflege der Schüler 241.
Ohrenschmalz, Gefahren bei seiner
Entfernung 687—688.
Ohrfeigen, dadurch veranlafste
TodesfäUe 163.
— Gefährlichkeit derselben 687.
Ohr, Fremdkörper in demselben 688.
— Hygiene desselben im Schul«
alter 685—688.
— Prüfung desselben bei 415
jungen Taubstummen 101 — 104.
— Schädigungen desselben durch
heftige Schallerschütterungen 687.
— Schädigungen desselben durch
kalte Luftströme 686—687.
— Schädigungen desselben durch
kaltes Wasser 686.
— vgl. Schwerhörigkeit.
Olympische Spiele, neue 631.
— vgl. Spiele.
Onanie der Schuljugend 659.
— vgl. Masturbation.
Orbitalindices bei Myopie, Hyper-
metropie und Emmetropie 348
bis 349.
Orbita, s. Augenhohle.
Orientierung der ländlichen Volks-
schulen des Kreises Franzburg
412.
— der Schulzimmer 236—287.
Pädagogische Pathologie 118—122.
— vgl. Pathologie.
Panik in einer Dortmunder Schule
infolge von Erdbeben 631 bis
632.
Parotitis, s. Mumps.
Pathologie, die pädagogische in der
Erziehungskunde des 19. Jahr-
hunderts 714—715.
Paulinum des Rauhen Hauses in
Hamburg-Hom 312.
Pausen in Mädchenschulen 579.
— rationelle Ausnutzung derselben
602—607.
— vgl. Schulpausen.
— während der Schulzeit 520 bis
521.
Pelade bei französischen Schülern
367—358.
Periodicität in der Entwickelung
der Kindesnatur 588 — 589.
Pflaster, geräuschloses bei Schulen
282.
Phthisische Kinder, s. Tuberkulöse
Kinder.
Physiologie und Pädagogik 26 bis
28.
Physische Ausbildung, vgl. Körper-
liche Übungen.
— vgl. physische Erziehung.
Physische Entwickelung der Schüler,
Sammlung von Daten über die-
selbe 328—329.
Physische Erziehung der Mädchen
141—142.
— englische Gesellschaft für die-
selbe 234—235.
— in Hamburg vor 100 Jahren 95
bis 96.
— Lehrkräfte für dieselbe 142 bis
143.
— LooKEs Gedanken darüber 483
bis 485.
— Universitätskurse für dieselbe
144—145.
— vgl. körperliche Erziehung.
— "^Iksanstalten für dieseloe in
Italien 141.
Plätze für Schulbauten 315.
Plagiat der von der Vereinigung
für Schulgesundheitspflege des
Berliner Lehrervereins verfafsten
Gesundheitsregeln für Schüler 576
bis 577.
Pockenepidemie unter den Pariser
Schulkindern 301.
732
Programm für die Aufzeichnung
der Kränklichkeit der Schüler
343—343.
— für die Aufzeichnung über das
sitiliohe Verhalten der Schüler
842.
— für die Erforschung des hygie-
nischen Zustandes der Schulen
344—346.
— für die Erforschung des hygie-
nischen Zustandes der Lehran-
stalten, des Unterrichts und der
Lernenden, Anforderungen an das-
selbe 323—325.
— für die Feststellung der hygie-
nischen Verhältnisse der Schüler
342—343.
— für die körperliche Untersuchung
der Schüler 339—341.
— für die mediko-sanitäre Unter-
suchung betreffs der Periode vor
dem Eintritt in die Schule 338
bis 339.
— für die Sammlung biographischer
Daten über die Schüler 326—328.
— für die Sammlung von Daten
über die physische Entwickelung
der Schüler 328-329.
— für die Sammlung von Daten
über die psychische Entwickelung
der Schüler 329—330.
— für die Untersuchung der gei-
stigen Eigentümlichkeiten der
Schüler 341—342.
— verkürztes zur Erforschung des
hygienischen Zustandes der Lehr-
anstalten, des Unterrichts und
der Lernenden 338—346.
Prüfungen, Erlafs des preufsischen
Unterrichtsministers wegen Weg-
fall der öffentlichen an den
höheren Schulen 175.
— vgl. Examenüberbürdung.
Prüfungsordnung, neue preufsische
für Turn- und Schwimmlehrer
639—641.
Psychische Entwickelung der Schü-
ler, Sammlung von Daten fiber
dieselbe 329-330.
— Vorgänge, Beeinflussung der-
selben dunsh Alkohol und Thee
225-227.
PsychometrischeMessungen an einem
Schüler 564—566.
PsychopathischeMinderwertigkeitea
J20 122.
— im Eindesalter 186— 18a
Radfahren, Atmungsmodus bei dem-
selben 493.
Radfahrerkrankheiten 163—166.
Badfahrertrainierung im Zimmer
290—291.
Bauchen, Einflufs desselben auf die
physische Entwickelung der Schü-
ler 36-37.
Baum- und Flftchenmalse für Schü-
ler in den nordamerikanischen
Schulen 625—626.
Baumwinkel, Bedeutung desselben
zur Beurteilung der Helligkeit in
Schulzimmem 90 — 92.
Beformbestrebungen auf dem Ge-
biete des Schulwesens 609.
Beinhaltung der Schulen 116—117,
239—240.
— vgl. Beinigung.
Beinigung der Breslauer Volks-
schulen 282.
— der 3. Bezirksschule in Leipzig
455-456.
— der ländlichen Volksschulen
des Kreises Franzburg 414.
— der Schulen 643.
— der Schulzimmer 470—473-
— Kosten derselben for Schulen
472—473.
— Ordnung derselben für die Leip-
ziger Schulen 454 455.
— vgl. Kehrichtmengen.
— vgl. Beinhaltung.
Bespirien, s. Pausen.
Bettung beim Baden verunglückter
Schüler 492.
Bevaocination, s. Wiederimpfung.
Böteinepidemie in einem Pariser
Gymnasium 28—29.
Budem an den höheren Schulen
Deutschlands 228.
— Förderung desselben durch den
deutschen Kaiser 701.
— österreichischer Mittelschüler
185.
Bückgratsverkrümmungen bei den
DoHschülern des Kreises Isen-
hagen 169.
733
JEtäokgratBverkrümmangen, EinfloXs
des langen Sitzens auf die Ent-
stehung derselben 669.
— Yg]. Skoliosen.
^ von Schulkindern 292—296.
Hnndgang, gedeckter zum Spazieren-
gehen der Schüler während der
Pausen 605.
Sägespäne zum Kehren der SchuL
zimmer 471.
Sanitäre Einrichtungen der Pariser
Lyceen 610-611.
Saprol als Mittel zur Wahrnehmung
fökalischer Verunreinigungen von
Schulbrunnen 291.
Schachtofen, patentierter von Henn
419—420.
Scharlachepidemie in einer Schule,
unterdrückt durch Desinfektion
489.
Scheuem der Schulzimmer 471 bis
472.
Schiefertafel und Griffel, Nachteile
derselben 449—452.
Schlafdauer der Schfller 520-521.
— der Zöglinge der k. k. Theresia-
nischen Akademie in Wien 261.
Schlafräume der Schuljugend 265
bis 267.
Schlittschuhlaufen, s. Eislauf.
— vgl. Eislaufplätze für die Schul-
jugend.
Schreiben in der Schule 642.
— Physiologie desselben 82.
— vgl. Schriftformen.
Schreibhaltungen der Schüler, Mes-
sungen derselben 530—537.
— vgl. Haltungen.
Schrifbformen, Anforderungen an
ein Alphabet mit verein&chten
82.
— vgl. Schreiben.
Schüler, Durchschnittszahl derselben
pro Klasse in den verschiedenen
deutschen Staaten 283-284.
Schnlerreise des Königlichen Gym-
nasiums in Danzig 670—673.
— vgl. Ferienwanderungen.
— vgl. Schulausflüge.
Sohülerwanderungen, s. Schüler-
reisen.
Schülerwanderungen , vgl. Schul-
reisen.
— Vffl. Studentenherbergen.
Schulärzte, Antrag auf Einfüh-
rung derselben 483.
— Aufgaben derselben in Paris
197-199.
— Eingabe der ungarischen an den
ünterrichtsminister 694—698.
— Verein derselben in Paris 201
bis 203.
— vgl. ärztliche Inspektion der
Schulen.
— vgl. hygienische Inspektion der
Internate.
— zur Ausstellung von solchen 292.
Schulärztliche Institution in Ungarn
694—698.
Schularzt 585-586, 682—683.
— Apparate für denselben 683.
— Aufgaben und Pflichten des-
selben 593—602.
— medizinisch-pädagogische Wirk-
samkeit desselben 596 — 601.
— medizinisch-sanitäre Beaufsichti-
gung der Schüler durch denselben
596, 601.
— Beglement für den in Chaux de
Fonds angestellten 111—112.
I — Teilnahme desselben an der
geistigen Erziehung der Jugend
596—598.
— Teilnahme desselben an der mo-
ralischen Erziehung der Jugend
598—601.
Sohulausflüge 30.
— vgl. Schalerreisen.
— vgl. Spaziergänge.
— zur Verantwortlichkeit der
Lehrer bei Unglücksfällen auf
denselben 157—158.
Schulausstellung in Chicago 272 bis
279.
Schulbad, Anlage- und Betriebs-
kosten eines solchen 390 — 391.
Schulbäder, Frequenz derselben in
Zürich 392-394.
— in den Vereinigten Staaten 498.
— in ZQrich 385—395.
— vgl. Baden.
— vgl. Bäder.
— vgl. Brausebäder.
— vgl. Duschebäder.
Schulbänke 615.
734
Schulbänke, Dimensionstabelle der
Wiener Expertise für dieselben
396-398.
— hygienische Anforderungen an
dieselben 538—589.
— in den ländlichen Volksschulen
des Kreises Franzburg 415.
— pädagogische und technische
Anforderungen an dieselben 639
bis 540.
— vffl. Subsellien.
SchuTbankausstellung in Wien 395
bis 402.
Schulbank, die neue Schenksche
629—645.
— „Kolumbus*' von Bamminger &
Stetter in Tauberbischofeheim
22—26.
— vgl. Steh- und Sitzschulbank.
— von Greil k Schindler 400.
— von Marsch 166, 352.
— von Schlimp 401.
Schulbauten 181—182.
— , Entwürfe für öffentliche 315 bis
316.
— in den Vereinigten Staaten 589
bis 690.
— , neue 523—525.
— Tgl. Schulgebäude.
— vgl. Sohulhäuser.
— vgl. Volksschulhausbauten.
Schulbrausebad in Bonn 311.
— in Burgstädt 702.
— in Leipzig 43.
— Vffl. Brausebäder.
Schule, Einflufs derselben auf das
Wachstum der Kinder 626—628.
Schuleintritt 641.
Schulen der Stadt Reichenberg in
hygienischer Beziehung 630 — 631.
Schulfreie Tage in den preuüsischen
Provinzen 416.
Schulgarten 681.
Schulgebäude 497—498.
— der 3. Bezirksschule in Leipzig
453-454.
— vgl. Sohulbauten.
— vgl. Schulhäuser.
SchuTgesundheitspflege, Geschäfts-
anweisung der städtischen Schul-
deputation in Breslau für die
Bektoren und Lehrer der Volks-
schulen betreffend dieselbe 239
bis 244.
Schulgesundheitspflege in Berlin
225.
— , Sitzungen der Kommission far
dieselbe in Nürnberg 213—216.
Schulhäuser der ländHdien Volks-
schulen des Kreises Franzbnrg
412—413.
— in den Vereinigten Staaten 410,
441-444.
— Verfügung der Regierung zu
Kassel, betreffend die Revision
derselben 430—432.
— vgl. Schulbauten.
— vgl. Schulgebäude.
— vgl. Volksschulhaus.
Schulhof 680.
— Anlage und Instandhaltung de^
selben 605—606.
— Benutzung desselben durch die
Schüler während der Pausen
605.
— Pflasterung desselben 469—470.
Schulhygiene, Berücksichtigung der^
selben bei den Lehrerprüfungen
267—268.
— für Seminare 651.
— Grnndrifs derselben 317.
— in Osterreich 628.
— in Spanien 437—439.
— mangelhafte in Italien 523.
— vgl. Hygiene.
Schulbygienische Abteilung der
Berliner Gewerbeausstellung 1896
— Bestrebungen der Neuzeit 308
bis 311.
— Gegenstände auf der Ausstellung
der 66. Versammlung deutscher
Naturforscher und Ante in Wien
698—700.
— Preisaufgabe 105.
— Berichte von der Weltausstellung
in Chicago 497—499.
— Untersuchungen in Norwegen
210-212.
— — norwegischer Mädchen 211.
— Verordnung des Regierungsrates
des Kantons Zug 641—643.
— Vorträge auf dem VIH. inter
nationalen Kongresse fiir Hygiene
und Demographie in Budapest
421—422.
— in Berlin 41.
— in Moskau 297.
735
Schulkrankheiten, Einteilung der-
eelben 331—333.
— vgl. Krankheiten der Scbnl-
kinder.
Schulküchen in Norwegen 238.
Schulknrzsichtigkeit, Einflulis der
körperlichen Übungen auf die
Verhütung derselben 87—88.
— vgl. Kurzsichtigkeit.
SchuTorganisation, Kritik der gegen-
wärtigen mit Berücksichtigung
physiologischer Grundsätze 678
bis 674.
Schulpausen 643.
— vgl. Paasen.
Schulreisen der Gymnasiasten in
Aussig a. E., Mitteilungen an das
Elternhaus in betreff derselben
372-375.
Schulstrafen, s. Bestrafung.
Schulstunden, Dauer derselben 679.
Schnltreppen, hygienische Anfor-
derungen an dieselben 88 — 90.
— vgl. Treppen.
Schulturnen und Jugendspiele 608.
— vgl. Turnen.
Schulwochen, 40 für Württemberg
ein Mythus 286.
Schulzeit für die verschiedenen
Altersstufen in Mädchenschulen
579.
— geteilte oder ungeteilte, Ab-
stimmung darüber in Frankfurt
a. M. 573-574.
Schulzimmer 578.
— Gröfsenverhältnisse derselben 815.
— vgl. Orientierung.
Schwachbegabte Kinder 557 — 558.
— Fürsorge für dieselben in Penn-
sylvanien 368.
— Hilfsschulen für solche 403— 405.
— Eundschreiben des preufsischen
Unterrichtsministers , betreffend
Schuleinrichtungen für dieselben
705-- 707.
— vgl. Geistesschwäche.
— vgl. schwachsinnige Kinder.
Schwachsinnige Dorfschüler des
Kreises Isenhagen 170.
Schwachsinnige Kinder, Errichtung
besonderer Klassen für dieselben
213-216.
— Schriftproben von solchen 162.
— vgl. Hilfsschulen.
Schwachsinnige Kinder, vgl. idio-
tische Kinder.
— vgl. Schwachbegabte Kinder.
Schwerhörigkeit im schulpflichtigen
Alter 296-297.
— vgl. Ohr.
— vgl. Ohrenkrankheiten.
Schwimmanstalt in der k. k.
Theresianischen Akademie in
Wien 259.
Schwimmbad, Benutzung des Stutt-
garter durch Schüler 280.
Schwimmen der Oberrealschüler in
Teschen 568.
— der österreichischen Mittel-
schüler 183—184
— der Schüler 138.
— Central verein zur Förderung
desselben in Berlin 473—475.
— vgl. Baden.
Schwimmer, Prozentsatz derselben
unter den SchulkindemZürich8385.
Schwimmlehrer, neue preufsische
Prüfungsordnung für dieselben
641.
Schwimmplätze für die Schuljugend
46-49.
— vgl. Baden.
Schwimmunterricht der Schüler in,
Zürich 386.
Schwindsüchtige Kinder, s. tuber-
kulöse Kinder.
Seehospize, die italienischen für
skrofulöse Kinder 228—229.
— für Kinder in Norwegen 427 bis
428.
— für Pariser skrofulöse Kinder 57 7.
— für skrofulöse und rhachitische
Kinder, Wiener Verein zur Föiv
derung derselben 702.
Sehschärfe bei verschied engradig
kurzsichtigen Gymnasiasten Al-
tenas 76.
— bei versohiedengradig weitsich-
tigen Gymnasiasten Altenas 76.
— der absolut und fakultativ hyper-
metropischen Gymnasiasten Al-
tenas 77.
— der emmetropischen Gymna^
siastenAltonas, Einflufs derLebens-
jähre auf dieselbe 77.
— deremmetropischenGymnasiasten,
Altenas, Einflufs der Schuljahre,
auf dieselbe 78—79.
736
Sehschärfe der erblich belasteten
myopischen Gymnasiasten Al-
tenas 77.
— der Gymnasiasten in Altona 74
bis 81.
— der hypermetropischen G^ym-
nasiasten Altenas, Einflufs der
Lebensjahre auf dieselbe 78.
— der hypermetropischen G^ym-
nasiasten Altonas, Einflufs der
Schuljahre auf dieselbe 79—80.
— der myopischen Gymnasiasten
Altenas, Einflufs der Lebensjahre
auf dieselbe 77—78.
— der myopischen Gymnasiasten
Altenas, Einflufs der Schuljahre
aut dieselbe 79.
— der Naturvölker 74.
— des rechten und linken Auges
bei den Altenaer Gymnasiasten 76.
— vgl. Augen.
Sehschwache, vgl. Augen.
— vorübergehende bei Schülern 482.
Selbstmorde von Kindern, das
Problem derselben 380—381.
— von Schülern , Stellung der Schule
zu denselben 480—481.
Sittliches Verhalten der Schüler,
Programm für die Aufzeichnung
über dasselbe 342.
Sitzende Lebensweise der Schüler,
Nachteile derselben 658—659.
Sitzen der Schüler beim Unterricht
660-661.
Sitzzeit der Schüler, Verkürzung
derselben 530.
Skoliosen, Verhütung derselben
676—677.
— vgl. Bückgratsverkrümmungen.
Skrofulöse bei den Dorfschülem
des Kreises Isenhagen 169.
— Häufigkeit derselben im Kindes-
alter 33— .34.
Somatologie des Menschen, Leit-
faden derselben für Seminare 650.
Spaziergänge der Schuljugend 134
bis 135.
— vgl. Schulausflüge.
Speisung armer Schulkhider in
Budapest 175.
Spiele, vgl. Ballübungen.
— 8. Jugendspiele.
— vgl. olympische Spiele.
Spielhalle 680.
Spielkämpfe 314.
— vgl. Jngendspiele.
— vgl. Wettkämpfe.
Spielkurse für die Studenten Ber-
lins 427.
— vgl. Jugendspiele.
Spielplätze für die Jugend, Erlafs
des preufsischen ünterrichts-
ministers, betreffend dieselben 581
bis 582.
— für die Schuljugend 46—49, 134.
— für Kinder in München 105.
— für Schüler 681.
— vgl. Jugendspiele.
Spielzeug, s. „Kraterschlangen".
Sprachlich zurückgebliebene Kinder
444-445.
Spucknäpfe in Schulen 567.
Staub in Korridoren, Beseitigung
desselben 605.
— Mafsregeln zur Beseitigung des-
selben in Schulen 468-473.
Staubplage in der Schule 452—473.
Staub, vgl. Kehrichtmengen.
— Zusammensetzung desselben in
Schulen 458—459.
Stechapfelsamen, Vergiftung eines
Schulknaben damit 227.
Stehen der Schüler beim Unterricht
661.
Steh- und Sitzschulbank von F^kt
668.
— von Götze 667—670.
— von GöTZB, Umwandlung der
einen in die andere 667 — 668.
— von Mauohot 669—670.
— von Veil 668—669.
SteUschria 611.
— für die obligatorische Einführung
derselben 225.
— Gutachten über dieselbe 297 bis
298.
Steilschriftversuche in Dänemark
151-152.
— in Moskau 575.
— in Norwegen 40 — 41.
Sieilschrift, zur Frage derselben
425—426.
Sterblichkeit der Schulkinder im
Königreich Sachsen 485—488.
— unter den Schulkindem Berlins
358-359.
Stigmographisches Leinen für Hand-
arbeiten der Schülerinnen 230.
737
Stimmorgane, Prüfung derselben
bei 415 jungen Tanbstammen
lOÖ-lOl.
Stottererheilknrse, Erfolge derselben
71.
— Xosten derselben 72.
— Lehrplan derselben 70—71.
Stottern bei den Dorfschülem des
Kreises Isenhagen 170.
Stotternde Schüler, Eingabe der
Kommission für Schalgesundheits-
pflege in Nürnberg an den dor-
tigen Magistrat wegen Einrichtung
von Heilkursen ftir solche 65 — 73.
— Heilkurse für solche in Celle
287.
— Kurse für solohe in England
300.
— und stammelnde Kinder, Erlafs
des preufsischen Unterrichts-
ministers , betreffend Heilkurse
für dieselben 370.
— Volksschüler, Verein zur Hei-
lung derselben in Hamburg 503
bis 605.
Stottern, Häufigkeit desselben 67.
— Heilung desselben 68—70.
— Nachteile desselben 66 — 67.
^ Rückfall in dasselbe 71.
— Ursachen desselben 67 — 68.
— Voraussage seiner Heilbariceit
71—72.
Strafbarkeit jugendlicher Personen
in Preulsen, Abänderung der Be-
stimmungen darüber 6^ — 630.
Stadentenherbergen, Bntwickelung
derselben in Böhmen. Mähren
und Schlesien 368—369.
— vgl. Schülerreisen.
Studium und Erholung der Zöglinge
der k. k. Theresianisohen Aka-
demie in Wien 261.
Stundenplan 642.
Stundeneahl, geringe in den ameri-
kanischen Schulen 410.
Subsellien der neuen Volksschule
in Rostock 507.
— einsitzige 117.
— in spanischen Schulen 488.
— vgl. Schulbänke.
Suggestion, hypnotische in der
Pädagc^k 92—93.
Syphilis, Übertragung derselben auf
französische Schüler 867—868.
8«ha1ff«tniidli«Kspfleg« Vn.
Tabakrauchen, s. Rauchen.
Tafeln, s. Wandtafeln.
Tagesbeleuchtung der Schulzimmer,
vgl. Helligkeit der Schulzimmer.
Taubstumme Kinder, Hörvermögen
derselben 625.
— Kindergärten für dieselben in
Berlin 238.
— körperliche Erziehung derselben
676.
— methodische Hörnbungen für
dieselben 490-492.
Taubstummenanstalten, Statistik der
österreichischen 417—418,
Taubstumme, Prüfung von 415
jungen 99—104.
Taubstummheit, Erblichkeit der-
selben 103.
— Ursachen derselben 102 — 103.
Temperatur der Schulzimmer 240,
567—568, 643.
— vgl. Heizung.
Thee, Einfiuls desselben auf psychi-
sche Vorgänge 226—227.
Tinea tondens bei französischen
Schülern 357-368.
— vgl. Kopfgrind.
Tod eines Schulmädchens durch
Qriffelverletzung 625.
TorfinuU zum Kehren der Schul-
zimmer 471.
Torfstreu als Desinfektionsmittel
für Schulaborte 495—496.
Trachom, Verfügung der k. k. Statt-
halterei in Mä&en, betreffend
Mafsnahmen gegen dasselbe 583.
— vgl. ägyptische Augenentzün*
düng*
Treibhaus für Schulen 681.
Treppen der neuen Volksschule in
Rostock 507.
— der Volksschulen Roms 694.
— vgl. Schultreppen.
— von Schulen 560—561.
Tuberkulöse Kinder, französische
Heilanstalt för solohe 99.
— vgl. Lungenkrankheiten.
Turnen, Atmungsmodus bei dem-
selben 493.
— der Schuljugend in den Verei-
nigten Staaten 498—499.
— EinfluTs desselben auf die Er-
müdung 566.
47
738
Turnen, ein sohulmänniscbes Urteil
über dasselbe aus dem Jahre 1814
290.
— Erlafs des prenfsiscben Unter-
ricbtsministers, betreffend Mit-
teilungen über den Betrieb des-
selben in den Schulnaohrichten
der höheren Lehranstalten 708
bis 706.
— gewährt dasselbe Erholung von
geistiger Arbeit? 623.
— Leitsätze der schweiEerischen
Tumlehrerversanunlung über das-
selbe 221—222.
— Tgl. Oymnastik.
— vgl. körperliche Übungen.
— vgl. Schulturnen.
— vgl. Zimmertumen.
— Petition der deutsch-österreichi-
schen Turnvereine betreffs obli-
gatorischer Einführung desselben
an den Mittel-, Mädchen-, Staats-
fewerbe-, Andelsschulen u. s.w.
05—408.
Tum&hrten, vgl. Schülerreisen.
Turnhalle der fiömerschule in Stutt-
gart 701—702.
Tiunlehrerbildungsanstalten an Uni-
versitäten 80.
Turnlehrer, neue preufsische Prü-
fiumordnung für dieselben 689
bis 641.
— vgl. physische Erziehung.
Tumsaal 614.
Tumspiele, s. Jugendspiele.
Turnunterricht an Mädchenschulen,
Erlafs des Königlich preufinschen
Kultusministers wegen der Vor-
bedingungen für die Übernahme
desselben 107—108.
— Vermehrung desselben 80.
Überbürdnng der Jugend auf höhe-
ren Lehranstalten, Bekämpfung
derselben 249—250.
— *der Schüler während der Ferien,
Erlais des ungarischen Unter-
richtsministers bezüglich der-
selben 515.
— durch die Schule 308, 674—675.
— Thesen über dieselbe 410 — 412.
— vgl. Examenüberbürdung.
Unterricht, Einflu/s desselben auf
die Gesundheit ^29.
— gemeinsamer ^on Knaben und
Mädchen in höheren Schulen ist
unhygienisch 563 — 554.
Unterrichtszeit, geteilte oder unge-
teilte? 521.
— ungeteilte 308—309.
Untersuchungen, zahnärztliche in
badischen Schulen 502—503.
— vgl. Musterung.
— von Schulldnaem in England
574-575.
Yeitstanz bei den Dor&ohülem des
Kreises Isenhagen 170.
Velodpedisten, vgL Radfahrer.
Velociped, vgl. Radfahren.
Ventilation der neuen Volksschule
in Rostock 506—607.
— vgl. Lüftung.
— von Schulgebäuden 715—717.
Verein für neuere pädagogische
Psychologie und Palhologie 28S
bis 234.
— für Schulgesundheitspflege in
Frankfurt a. M. 285—336.
— zur Pflege kranker Studierender
in Wien 42—48.
Vererbung der Myopie 849.
Vergiftung eines Scnnlknaben mit
Stechapfelsamen 227.
Vergnügungen der Schulkinder 558
bu 559.
Versammlung des Centrslausschusse»
zur Förderung der Jugend- und
Volksspiele in Leipzig 700.
Vestibül in Schulen 560.
Volksküchen, s. Kindervolksküchen.
Volksschulen, die ländlichen des
Kreises Fnmzbnrg in hygienischer
Beziehung 412—416.
Volks8chul£iusbauten 610.
— vgl Schulbauten.
Volkssohulhaus, das neue in Rostock
505-508.
— vgl. Schulhaus.
Volksschullehrer und Volksschul-
lehrerinnen, Alter und Familien-
stand der preulnschen 359 — 360.
Vorhänge für Fenster in Schulen 615.
— vgl. Fenstervorhänge.
Vorhalle, s. Vestibül.
741
n, A. 650.
3. 4. 5. 8. 12.
J. 186. 207. 380.
516. 519. 555.
575. 586. 602.
. 612. 614. 628
J. 651. 684.
iet, de 174.
Mhmann 645.
tftte 717.
JlatU
0. 719.
ia, C. del
Ca]
7.
i5. 129. 522 f.
.. y. 421.
. 719.
m 719.
/t 86. 93. 386.
a 592.
nino, B. 127.
n 70. 189.
esfeld, H. 127.
jster 229. 230. 255.
Johen, 0. 146.
Cohn, H. 61. 63. 90. 91.
92. 153 ff. 189. 421.
516. 572. 573. 611.
614. 675. 683. 719.
CoUet, A. 319.
Colozza, G. N. 317.
Combe 50. 61. 439. 499.
572.
Comenias 357.
Conetoux 493.
Consorti, C. 428.
Contzen 710.
Coplin, W. M. L. 191.
Cornet 644.
Cotman, J. S. £. 319.
Ooulon 417.
Courcel, de 631.
Coutffl 571.
Cowham 189.
Grandmont, de 710.
Greak, E. E. M. 235.
Gremer 376.
Griapi 112.
Gritchett 482.
Groix, de la 435.
Grookes, W. 447.
Grotty 690.
Gs&ky, A. V. 300. 304.
370. 515.
GuperuB 416. 417.
Gare 445.
Namenregister.
Abbondati 129.
Abicht 655. 709.
Achorn, J. W. 319.
Adam 246.
Adelt 502.
Adler, H. 180. 644.
Adsersen 546. 548. 692.
693.
Aemmer, F. 383.
Aesohylot 32.
Agostind, J. 517.
Alben 378.
AlberU, C. 381.
Albrecht 423.
Aldricb, A. R 126.
Aleasi 584.
Alexetjew, N. 378.
Allen, J. 710.
AUen Fay, E. 319.
AlthauB, J. 447.
Althoff 274.
Altschal, Th. 113. 188.
307. 445. 572. 573.
Amelnngk 445.
Ammon, 0. 35.
Anacker 717.
Anderson, 0. M. 61.
Anderton, H. A. 319.
Anger 644.
Angerstein 38. 232. 247.
311. 474. 562.
Ansohütz, 0. 90.
Apponn 417.
Arens 247. 377.
Aristoteles 33. 290.
Arlt 371.
Armbruster 181.
Arndt 276.
Arnold 188.
- C. 447.
Amonld 377.
Arthaud, G. 61.
Ashwell 591.
Aubry 677.
Auer 230. 260.
Auler 377.
Autenrieth, G. 213. 269.
352. 403.
AuTard 125.
Axmann, C. 319.
Ayres, S. C. 189.
Baas, J. H. 255.
Baccelli 112.
Bach, Th. 40. 104. 356.
614. 649.
Baohmann, Fr. 40.
Baer 410. 423.
Baginsky, A. 40. 413.
421. 614. 660.
Bali 127.
Balaguer, J. y Oronie
445.
Ballerini 129.
Bandow 246.
B&nöczy 421. 608.
Bartenew 645.
Barth, E. 191.
Barthold 213.
Bartley 500.
Basaldua, C. 63.
Bass, J. 125.
Bastelmann, N. 364.
Batten, £. D. 192.
Battlehner 179.
BaUy Tuke 643.
Baudouin 655.
Baumann 129. 191. 317.
Baumbach 478.
Baumüller 270.
Bause, J. 255.
Bayr, E. 213. 319. 365.
425. 572. 611, 677.
Becher, C. 719.
Bechler 381.
Beckh 715.
B6cldre ^. 590.
Beheim • Schwarzbach
877.
Behnke, E. 319.
Behring 645.
Behse 436. 517.
Beielstein, W. 125.
Belese 719.
Belt, £. 0. 61.
Benedikt 591.
Benguerel 112.
Beneke 715.
Beraneck 651.
Berecz, A. 175.
Berger, G. 591.
Bergmann, v. 585.
Berkhan 69.
Berlin 575.
Bertheaa, J. 381.
Berthier de la Ghunda
189.
741
Berthelot 246.
Bertram 40. 409. 626.
Berzeviczy, v. 370. 572.
608.
Beste 49.
Betz 719.
Bevan, D. 191.
Beyer 691. 692.
— H. Q. 719.
— H. 0. 527.
— 0. W. 319. 445.
526. 646. fr.
Bezold 445.
Biaggi 61.
Bier 474.
Birch 173.
Birch - Hirsohfeld 52.
112.
Bischoff 690.
Bishop, B. J. 189.
Bissinger, K. 435.
Bistrow, N. J. 325.
Bitter 229.
Blackland 164.
Blandot 255.
Blasius 445. 577.
Blattner, St. 523 f.
Bl&tz 517.
Blayac 202.
Bliss, A. A. 99. 104.
Blum, A. 655.
Blumberger 590.
Boas, F. 719.
Bode 88. 644.
— , A. 719.
—, W. 692. 719.
Böckel, E. 191.
Böhm 186. 690.
Boemstein 40.
Bosche 49.
Böttcher, A. 255. 526.
714.
Bötticher, v. 231.
Boflrdan 421.
Bohde 246.
BoUjahn 488.
Bonnesen 680.
Bono, de 383.
Bormann 715.
Bomand 585.
Bomemann 290.
Bomstedt 644.
Borsinao 63.
Borscht 639.
Bosse 175. 281. 370.
430. 514. 581. 582.
641. 705.
Bostwick 719.
Bonbnoff, S. 362 ff.
Bourneville 95. 289.
717. 719.
Bonvin, M. J. 576.
Braidwood 627.
BraiUe 275. 525.
Brandenburg 515.
Brandi 477. 478.
Brandt 645. 715.
Breiter 49.
Breiting 252.
Bremen, v. 244.
Brennecke 710.
Bresgen, M. 421. 610.
614.
Breuer 49.
Brieger 423.
Brochard 50.
Broesike 592.
Bronardel 93.
Brown, R. P. 590.
Brown-S6qaard 93.
Browne 61. .
Brühl 684.
Brünnert, G. 445.
Bruggisser 93.
Brunner 446. 639.
Buchner 684.
Bück 51.
Büchner 357.
Büsgen 617.
Bujwid 50.
Buley 653.
Bunge 174.
Bunger 246.
Burgerstein, A. 650.
— L. 2. 3. 4. 5. 8. 12.
20. 183. 186. 207. 380.
421. 616. 519. 555.
672. 575. 586. 602.
608. 612. 614. 628
650. 661. 684.
Burlet, de 174.
Buschmann 645.
Butte 717.
Buttersack 180.
Gabezas, J. 192. 317.
Cahen-Brach 819.
CairoH 112.
Camerer, W. 381.
Gancalon 383.
Candela, N. 228.
Carini, A. 421.
Carnelley, T. 319.
Camelly 162.
Castens 246.
Castex 489. 490. 719.
Castillo Tejada, C. del
237.
Gatania 61.
Celli, A. 125. 129. 522 f.
Cereso, L. y. 421.
Chabreul 719.
Ghamplin 719.
Charcot 86. 93. 336.
Cheval 592.
Cimmino, E. 127.
Coen 70. 189.
Coesfeld, H. 127.
Cöster 229. 230. 255.
Cohen, 0. 146.
Cohn, H. 61. 63. 90. 91.
92. 153 ff. 189. 421.
516. 572. 573. 611.
614. 675. 683. 719.
CoUet, A. 319.
Colozza, G. N. 317.
Combe 50. 61. 439. 499.
572.
Comenius 367.
Conetoux 493.
Consorti, C. 428.
Contzen 710.
Coplin, W. M. L. 191.
Comet 644.
Cotman, J. S. E. 319.
Coulon 417.
Courcel, de 631.
Coutfs 671.
Cowham 189.
Crandmont, de 710.
Creak, E. E. M. 235.
Cremer 376.
Crispi 112.
Gritchett 482.
Croix, de la 436.
Crookes, W. 447.
Crotty 690.
Cs&ky, A. V. 300. 304.
370. 516.
Cuperus 41«. 417.
Cure 445.
742
Currier, C. G. 191.
Cnplewski, £. 377.
Czemy, A. 645.
Dabb 191.
Darr 213. 270. 272. 353.
356. 357. 403. 405.
445.
Daimer, J. 517.
Dammanu, 0. 375.
David, T. 377.
Davids 51. 517.
Davis, S. T. 445.
De^jarin 299. 817.
Dellin, J. 527.
Delobel 447-
Delpench 436.
DelvaiUe 421. 437. 439.
Demeny, G. 125.
De Mets 717.
Dennhardt 69.
Dent, C. T. 447.
Denzel 715.
Depretds 112.
Deshayes 357.
Despagnet 644.
Detmer 422.
Deuerlein 66.
Dewald 590. 718.
Diatroptow 50.
Dieokmaiin 412.
Diederichs, 0. 718.
Diesner 50.
Diesiel 436.
Diesterweg 715.
Dietsch 710.
Dinter 715.
Dittes 715.
Dittmar 246.
Dmittrgew, J. A. 112.
325.
Doox 653.
Dörffel 423.
Dolffs &; Helle 714.
DolUnger 369. 421. 436.
571. 572. 608. 677.
678. 694.
Dornblüth, Fr. 379.
Dotto 383.
Douglas-Hogg, W. 125.
Dowling 590.
Down 571.
Doy« 50.
Draidax 230.
Drevkorn 246.
Droixhe 255.
Droste 502. 720.
Dürr, K. 186.
Dürre 181.
Digardin-BeaumetK 198.
Dukes, Cl. 189.
Da Mesnü, 0. 97. 125.
Damontpellier 93.
Dunham 589.
Danker 318.
Dapky, fi. 186. 448.
526. 592.
Dupuy, L. E. 526.
Darm, J. 253.
Dyrenfurth 159.
Eberhard 179.
Eckler, G. 40.
Edel, A. 255. 410.
Edwards 653.
Eiohhom 644.
Eiselen, F. v. 377.
Eissen 1. 347. 351.
Eitner 61.
Ekkert 718.
Elliot, H. 655.
Eloy, Gh. 381.
Eisner 435.
Emmerich 191. 306.
Ende, H. 253.
Ende, P. am 720.
Enebuske, C. J. 63.
Engel 517.
Enko, P. D. 325.
EötvÖB, V. 516.
Epstein, A. 527.
Erb 38. 89. 249. 585.
Erbe, £. 381.
Erdmann 644.
Erismann, F. 62. 90. 91.
297. 375. 413. 421.
497. 572. 575. 610.
Erkelenz 50.
Ernst 69.
Erödi 572.
Esch 875.
Esoherioh 125. 376. 436.
Esmarch v. 49. 128. 285.
361. 378.
Estrey, d' 367.
Eszterh&zy, N. 292. 571.
Eulenberg 356. 421. 614.
Euler, K. 40. 318. 4S7.
474.
Euripides 32.
Eveleth 191.
Eversbuech, 0. 191.
Ewald 377. 573.
Eydam 123.
Fack 653.
FaralU, G. 383.
Faries, R. 381.
Faust 569.
Fay, A. E. 319.
Faye 210. 211.
Fechner 277.
Fechter, E. 186.
Feddeler 655.
Fedorow, G. A. 325.
Feer, E. 436.
Feilchenfeld, W. 585.
586.
Feith, C. J. L. 576.
Fenchel 235.
F6ret 668.
Femet 28.
Fetzer, H. 320.
Feulard 358.
Fichte 715.
Fick 497.
— A. 720.
Fiedler 655.
Fiehn 710.
FUatow, N. F. 435. 436.
Fink 29. 62. 191. 383.
Finkehiburg 179. 583.
Finkler 246.
Firmin 113.
Fischer 710.
— , C. 70. 654.
— , B. 50.
— , H. 191.
Fizia 699.
Flatau, Th. S. 238.
Flauti 129.
Fleet, van 654.
Fleischer 84.
Flemming 420.
Flood 421.
Florschütz 435.
Flügge 179. 584. 614.
720.
743
Fodor, y. 436. 516. 672.
629.
Förster 153. 688.
Foggie 162.
Forel 174.
Forster 172. 270. 358.
Foss 709.
Foacault 584.
Fraenkel 495. 584. 645.
Francke 357.
Franke 646. 655.
Franz, W. 186.
Frenkel, B. 63.
Fressel 447.
Freytag 275.
Fries 710.
Fröbel 356. 489.
Frohberg, W. 189.
Fry 362.
Füchtbaner 356. 357.
Führer 49.
Furstenau 40.
Fank 64. 190.
Fatter, J. 186.
Gabriel 268.
Gärtner 422. 584. 720.
Gallavardin 383.
GaUee 40.
Gallinger 269.
Galton 654.
Gamba 129.
Garbini, A. 527.
Gardner, E. 0. 125.
Gand, E. 526.
Gauster, M. 122. 516.
Gautsch, ▼. 50. 112. 406.
Geidel, B. 186.
Geis 710.
Geissler 485.
Getinik, B. 646.
Gendre, Le 719.
Genssler 569.
Gentner 69. 73. 213.
352.
Genz 376. 584.
Gerards, J. H. M. 576.
Gerok 275.
Gescber 381.
Gesell 517.
Giardina, A. 265.
Giaxa, de 255.
Gidionsen 181.
Gieseking, E. 318.
Giesen, C. H. 306.
Giggel 192.
Gilbert, J. A. 189.
Gülert 91. 225.
GiUespie 421. 609.
Gillet de Crandmont 710.
Gilson 447.
Gindler 720.
Girard 572. 611. 677.
Gladstone 3.
Glas, L. 253. 718.
Glauning 66. 67. 72. 215.
272. 352. 356. 404.
405.
Gleitsmann 415.
Godtfring 50.
Göbelbeoker, L. F. 189.
Goepel 421. 612.
Gömer, G. 260. 252.
Goethe 275.
— (Stolp) 710.
Goetz 244. 312. 314.
474.
Götze, W. 69. 126. 167.
260. 261. 253. 255.
366. 476. 477. 480.
657.
— (Magdeburg) 307.
Goldberger 40.
Goldschmidt 269.
Gorham, A. 191.
Gorinewski, W. W. 246.
325.
Gorini 584.
Gorst, J. 600.
Gossler, ▼. 69. 131 . 478.
499. 646.
Gothein 479.
Graberg, F. 253.
Grabner 179.
Grassner 516.
Graf 314.
Gramberg, G. 320.
Gran, T. 0. 40. 41 .
Graser 715.
Grashey 250.
Gratzy 186.
GrSard 421. 672.
Green 381.
Grell, A. 400.
Griesinger 720.
Grimm 325.
Grob 386.
Gronaa 710.
Groppler, F. 40. 477.
Grosse, H. 127. 253.
527.
Grosser 307.
Grove 97.
Gruber, H. 449. 645.
Gründler 180.
Gruhl 40. 246.
Gryglewicz 426.
Gschwtud 381.
Guaita, B. 318.
Gaggenbühl 214.
Guilliö -525.
Guillot 720.
Guts Muts 131. 290. 312.
713.
Guttenberg, P. 608. 612.
Guttmann, M. 63. 186.
421. 528. 628. 718.
720.
— , S. 113.
Guttzeit 718.
Gutzmann, A. 38. 68 E
269.
Gutzmann, H. 62. 68.
69. 269. 352. 421. 445.
447. 572. 573. 614.
676. 693.
Haas, J. B. 376.
Haberler, F. v. 376.
Haeseke 603.
Haeseler 125.
Hagelberg, P. 113.
Hagen, H. 31.
Hagenbach 85.
Haggenmnller, H. 63.
Hahn, H. 425.
H&konson-Hansen, M. K.
41. 210. 238. 246. 301.
428. 469. 577. 602.
Hald 210. 211.
HaU, M. 492.
— , St. 498.
Hamann 710.
Hamm 447.
Hammer 475. 645.
Hammerschmidt 320.
Hammond 164.
Hampe 189.
Hanausek 62.
744
HandloBs 281. 420.
Hanisch 6d0.
Harms, K. 173.
Hamisoh 377.
Harre 710.
Harris, W. T. 715.
Harrison, A. 318.
Hart 497.
Hartwell 718.
Hartwig 377.
Hasse 376.
Haupt 435.
Haaser 246.
Hausknecht 570.
HausmauD, J. 318.
Haossknecht 377.
Heath, C. 62.
Heoht 269.
Heeger, B. 189.
Hegel 715.
äeider 181.
Heilsberg 585.
Heim, J. 180. 485. 516.
Heimann, Tfa. 163.
Heimerdinger 250. 252.
Hein, K. 307.
Heincken 317.
Heineken, Ph. 381.
Heinrich 427.
Heinsius, Th. 290.
HeUing 699.
Heimholt«, v. 684. 602.
Hendley, H. 526.
Henn 418 ff.
Henoch 179. 806.
Hense 180.
H6raud 526
Herbart 188. 647. 715.
Hergel 186. 528. 554.
613. 678.
Hermann, A. 232. 712 ff.
Herrmann 112.
Herrnheiser 51.
Herschell 422.
Hertel 114.
— , A. 151. 211. 255.
546. 572.
— , E. 82, 577.
— , P. 250. 253.
Hervieux 289. 563. 718.
Herzberg 497.
Hess, C. 718.
— , H. 447.
Hesse 460. 464.
Hessling, E. 189.
Heubner 180. 876. 435.
Heydner, G. 383. 528.
Heyne 40.
Hielscher 375.
Hüty 174.
Hintrager, E. 183. 444.
516. 525. 572. 590.
610. 678. 717.
Hippauf 507.
Hippel, y. 383.
Hippius, A. Y. 51.
Hirsch 807. 381.
Hirschfelder 376.
Hirt 86. 375.
Hitchcock 86.
Höftberger 711.
Höhn, £. 258.
Höpfner, L. 379. 380.
Hofer 612.
Hoffmann, H. 646.
-- J. 189.
Hofmann 49. 377. 453.
645.
— B. V. 583. 645.
— . L. 213.
Hohnes 718.
Holletschek 128.
Hopfe 475.
Hopgood 382.
Hoppe 246. 878.
Hom 63.
Hülssner 315.
Hümer 186.
Hünnekes 50. 112.
Hugonnay 573.
Hammel 645. 718. 720.
Huntington 336.
Hutchinson, J. 219. 382.
Hye, V. 406.
Jablonski 644.
Jacob 423. 654.
Jacusiel 38.
Jäger, F. 127.
Jaeger, H. 718.
Jahn 131. 290. 648. 713.
Jahne, H. 720.
Jakubow, E. T. 113.
Jandl 701.
Janke, 0. 38. 61. 69.
63. 82. 83. 267. 317.
856. 473. 561. 577.
614.
Jankowski 2. 126. 254.
347 ff.
Janusohke 186. 567. 621.
Jaup 584.
Javal 88. 163.
Jencke 181.
Jenko, P. D. 246.
Jennings 164.
Jensen, Tb. 151. 152.
JetÜ 449. 451.
Ihm 481.
Ihme, K. 51. 181.
Imairu, J. 62.
Ingermann, L. 525.
Johansson 192.
John, F. 623.
Jonas 50.
— S. 194.
Iridin, J. W. 166.
Istyänffy 422.
Juba 698.
Juhel-Eönoy 29.
Jancker, y. 244-
Jungeis 420.
Junghänel 376.
Kaas, G. 353.
Eafemann 265.
Eahl, W. 628.
Eaiser 376.
Ealb 480.
Ealischer, A. 51.
Eallen 49.
Ealler 619. 621. 644.
Eammerer, E. 225.
Eant 35. 715.
Eanter 670.
Eapterew, P. F. 325.
Earl Ludwig 292.
E&rm&n, M. 421. 673.
Earoly 694.
E&rpati, B. 611. 677.
Easten, H. 718.
Eatz 191.
— R. 382.
Eaye, J. B. 528.
Eayser, B. 720.
Eeen 528.
Eeesebiter 383. 473. 475.
602.
746
Keiper, G. F. 127.
KeUer 49. 254. 526.
564 f.
Eeppel 645.
Kern 214. 583.
Eersohenstemer, y. 88.
602 708.
Ee8sler280. 320. 383. 702.
Key, A. 114. 211. 225.
550. 602. 612. 614.
Kingzett 447.
Kirchner 147 fiF. 194.
585.
Klamarik 370. 698.
Klapp 709.
Klauke, P. 247 fiF.
Klaussner 446.
Kleeman, A. v. 436.
Klein 320. 486.
Klemm 84.
Klipstein, E. 495.
Klix 247.
Kloesel, K. 376.
KlosB 583.
KluBsmann 585.
Knille 275.
Knöpfler 254.
KnoU 422.
Kny 40.
Koberstein 275. 276. 499.
Kobilinski, G. v. 62. 447.
Koch 120. 187.
— J. 598.
— K. 62. 233. 314. 383.
720.
Kocher 534. 645.
Koehler 718.
Königstein, L. 449. 451 .
Körösi 688.
Kötzle 598.
Közle, J. R G. 714. 715.
Kolilrausch, Chr. 528.
Kohn, E. 528.
Kolb, G. 64.
Kolbenheyer 699.
Koldewey, F. 188. 715.
Kolisch, E. 51.
Kollmann, J. 311.
Koscbwitz 234.
Kotehnann, L. 49. 68.
71. 72. 74. 216. 2ia
250. 317. 325. 382.
421. 516. 573. 609.
614. 678.
Kraepelin, E. 518 fif.
KrapeUn, F. 225.
Kr&lik 620.
Kramm 377.
Krampe 62.
Kranzfeld 528. 649.
Krass 375.
Kratter 588.
Krause, A. 526.
Kress 375.
Kreunz 186.
KnsteUer 52. 250. 251.
355.
Krocker 423.
Krötke, H. 320.
KroisB 352.
Krag, W. 254. 292. 516.
Kramme 583. 646.
Krase 307.
Kubora, H. 255. 421.
516. 572. 609.
Kuby 646.
Kubier 40. 517.
Kügler 706.
Kühl 357.
Kühner, A. 286. 382.
Kübns 377.
Künkler 435.
Küppers, J. 382.
Küstner 118.
KüUel 526.
Kukat 377.
Kummer, K. F. 314.
Kundt 40.
Kuntze 178.
Kunze 416.
Kupferschmid, A. 127.
Kynast 475.
Laborde 492.
Lacombe 644.
Laffon 317.
Lagarde 310.
Lage, B. y. d. 382.
Lagerstedt 718.
Lagnean 421.
Lala^ade 288.
Lambrecht 683.
Lampe, A. 82.
Lancelin 517.
Landerer 516.
Landolt, H. 40.
Lang, F. 186.
— J. 127.
Lange 644.
— H. 274.
— W. 718.
Langerhans, H. 167.
Langhoff 377. 517.
Langlois, M. 64.
Lannelongue 95.
Lardier ^4.
Largiaddr 448.
Larra y Cereso 421.
Larsen. M. 173.
Laser 2. 207 ff.
Lasius 127.
Lassar 97. 179. 375. 423.
Latour, B. de 436.
Lauer 435.
Layet 254.
Lebedinsky 325.
Leber 376.
Lecbner 180.
Ledere, M 528.
Ledbetter 719.
Leersum, van 719.
Lefert 191.
Lefevre 501.
Legendre 28. 29. 719.
Lehmann 306.
— K. B. 517.
— R M. 447.
Leimbacb 516.
Leistner 675.
Leithäuser 523.
Lemcke 646.
Lent 180.
Lenz 719.
Leövey, A. v. 436.
Leon, A. 64.
Lesshaft, P. 64.
Leuch 526.
Leuf 654.
Levasseur 497.
Levertin 425.
Leyden 497.
Liard 246.
Lickrotb & Co. 224.
Liebhardt, L. L. 127.
Limberg 50. 325.
Lincoln, D. F. 254.
Lindemann-Frommel 40.
Lion, J. C. 62. 191.
Lipski 112.
Lisotti 447.
746
Locke 483 ff.
Löwenthal, W. 41. 125.
437.
Loewy, L. 64.
Lomberg, A. 62.
Lombroso 93. 497.
LoDgstaff 624.
Lorenz 50. 483.
Lotze 715.
Love 447. 625.
Ludwig 315.
Laddeoke, G. 382.
Lünenborg 436.
Lukas, G. 186. 247. 254.
383.
Lüneburg 62. 64.
Lunin 325. 436.
Lyon, W. 105.
Maas 82.
Haeö, C. 421.
Mackenzie, V. 382.
Madeyski, y. 50.
Hagendie, A. 447.
Maglieri, G. 447.
Magnus 683.
Maillot 584.
Major, H. 126.
Malherbe 489. 490.
Maisch 664.
Mandelstamm 583.
Mangenot 59. 60. 200.
201. 422. 572. 675.
Mangin 191.
Manley 384.
Mann 653.
Mantegazza, P. 64. 164.
Maranger 113.
Marcnse 502. 654.
Marsch 166. 352.
Marshall 52.
Martens 487.
Martin 358. 516.
- G. 87. 654.
MarUni 129. 143. 146.
Martins, W. 384.
Marx 719.
Masius 180.
Massenbaoh, t. 376. 377.
Mathon 181.
Matzen 173.
Maubach 50.
Mauchot 669. 670.
Maul, A. 710.
Mayer 126.
-^ H. 63.
Mayr, v. 497.
Mc Gregor, J. A. 447.
Meath, Earl of 234.
Medem 50.
Meier 517.
Melichar, L. 517.
Menger 423.
M^niöre 165.
Menniff 493. 494.
Mercklen 92.
Merkel 66. 404. 405.
Merrill 489.
du Mesnil, 0. 97. 125.
Mets, de 717.
Meyer (Hannover) 247.
— B. 126.
— Emmy 426.
Meyer-Markau 447. 528.
655.
Meyhoefer 436.
Meyners d'Estrey 367.
Meyrich, 0. 264. 452.
Michaelis 447.
Micold 433. 434.
Mielecke, A. 719.
Migula 246.
Mikkeken 54. 55. 572.
608. 612.
Mildner 192.
Milicent Washbum
Shinn 64.
Mill6e 165.
Miot 104.
M'Laren 299.
Möbius 40.
Möllers 709.
Moltke, V. 50.
Monin 192.
Monod 644.
MontmoUin, H. de 320.
Moon 710.
Moormeister 377. 517.
Morris, M. 63.
Morrison, G. B. 715 ff.
Mortillaro, D. 382.
Mosso, A. 63. 64. 126.
129. 382.
Motai's 279. 280.
Mouton, J. Th. 576.
Mühlhäuser, H. 64.
Miillenhoff 40.
MflUer, E. W. 384.
•— , H. K. 384.
— , P. 64. 190.
Munchesang, R. BIS.
Muir 298.
Mund 127.
Munk 423.
Murphy 624.
Mygind 655.
Nae^ H. 385.
Napias, H. 64.
Napoleon L 35.
Nasmyth 192.
Nattress, W. 64.
Naumann 246.
Navarre 201. 202.
Nedopü, M. 376.
Neuraann, v. 158. 651.
— A. 190. 192.
— J. H. 675.
Newsholme, A. 181. 182.
Nioati 350.
Nioklas 712.
Niederley, W. 191.
Niemeyer 113. 715.
Nigg, M. 179. 395. 527.
Nikolski, D. P. 128.192.
325.
Nischegorodzew, N. N.
326.
Nissen 435.
Nitsch 376.
Nitsche 655.
Nitzsoh 246.
Nitzsche 252.
Noegfferath 476.
Noeralinger 291.
Nohl, G. 249. 260.
NoU, F. G. 378.
Nordendahl 192.
NuTsbaum, y. 164.
— EL Ghr. 422. 663.
Nuttal, G. H. F. 64.
Obst, K. 64.
Oeller 446.
Oertel 711.
Oheim 376.
747
Ohlmfiller 51.
OUivier 29. 307.
Oppenraay, J. G. J. van
676.
Oppermann, H. W. 297.
Orfila 195.
Orlüw, W. 113.
Orth 376.
Oster 375. 435. 515.
Otto 369. 376. 584.
- V. 612.
Pace 299.
Paehler 645.
Paetel, H. 40.
Pagliani 490.
P4kozdi 698.
Palliser 441.
Palmberg 422. 572. 573.
675. 676.
Palmer 715.
Parow 646.
Paschutin, W. W. 112.
Pastemazki 112.
Pasteor 179. 245.
Paul, J. 715.
— W. T. 646.
Pauschinger 215.
Pawel 190. 257. 665.
Pawlow 112.
PecUe 129.
Peeters 92. 93.
Peiper 247.
Pelli, M. 127.
Peltzer 180.
Pelzer, F. 493. 494.
Perrachon 194.
Perrin 357.
Pestalozzi 357. 715.
Peters 644. 709.
Petersüie 274.
Petit, L, 99.
Petri 307. 325. 423. 460.
Petry 50. 436.
Pettenkofer, v. 49. 112.
180. 247. 306. 375.
583. 684. 587. 588.
Petzoldt 646.
Pezzer, de 656.
Pfähler 180.
PfarriuB 423.
Pfautsch 437.
Pfeiffenberger, E. 190.
Pfeiffer, L. 376. 645.
— E. 246.
— W. 382.
Pfeil, V. 715.
Pfisterer 715.
Pfläger 1. 146 ff. 346.
PfundheUer, E. 113.
Pfondtner 244.
Pich 699.
Pietravalle, M. 882.
Pingat 125.
PiDtzger 646.
Piper 162. 382. 570.
Platen 312. 314.
Plath 180.
Piaton 33. 290.
Plaat 461.
Plader 504.
Podanowski 112.
Poehlmann, M. 439 ff.
Politzer 490. 491. 625.
Potoni6 40.
Power 482. 624.
Prausnitz 180. 307.
Prendel, B. 189.
Preonfreand 644.
Preoss 710.
Preyer 422.
Pringsheim 40.
Protagoras 83.
Proust, A. 192.
Puttkamer, H. v. 656.
Putzeys, P. 516.
Queralto, J. 105.
Qu6telet 490.
Baffael 90.
Bamarsin 517.
Bamminger & Stetter
22. 25.
Bändel, E. 384.
Baucbberg 699.
Baven 702.
Baydt, H. 186. 312. 313.
314. 474. 517.
Baymond 287 ff. 656.
Bayner D. Batten 192.
Bedard 422.
Beddersen 656.
Bedtenbacher 42.
Beep 244.
Begel, B. 192.
B6gnier 610.
Behlen 218. 215. 269.
272. 352. 404.
Beid 384.
Beimann 646.
Bein 422.
Beincke 709.
Beinhardt 427.
Beissert 656.
Bembold 575. 614.
Bemsen Bishop, J. 189.
Bendu 29. 92. 192.
Benk 384. 436.
Benoy 29.
Bethwisch 274. 710.
Betzlaff 591. 711.
Beuscher 709.
Beuss, y. 449. 450.
— L. 318.
Beyher 656.
Beymond 656.
Bhien, F. 419.
Bibnikar 699.
Bichard, P. 202.
Bichardson 164. 172.
192.
Bichter 190. 296. 436.
614.
— , B. Ch. 325.
— , E. 190. 318.
Bieoke 715.
Biesch 517.
Bietschel 587. 656.
Bietschel & Henneberg
224.
Biffel, A. 376.
Bissmann 818.
Bitter 376.
Bittier 357.
Bittweger 644.
Bitzert 807.
Bitzmann, K 190. 254.
Bivers 362.
Bobertson 362. 482.
Bobyns, F. A. 173. 174.
Boche 422.
Boder 656.
Boemer, A. 381. 589.
Böse, G. 868.
Bohmeder 446. 639.
Bolff 254.
748
RoUet 646.
Bomano-Gatania 2. 51.
146 ff.
Boos, G. A. 190.
BoBe 710.
Bosenbaoh 192. 422.
Bosenfeld 355. 357. 568.
628.
Boaenkranz 715.
Bosenthal 90.
BoMnzweig k Baumann
316.
BoBmini, G. B. 190.
Bomer & Seidl 230.
Boas 38.
BossteuBcher 354.
BoBter 656.
Both 97. 307. 584. 676.
Bottmann 516.
BouBBel 630.
BouBselet 384.
BoQBselot 234.
BoTenhagen 50.
Bowald 591. 592.
Baaolt 644.
Bubis, B. 126.
Bubner 384.
Buckert 84. 190.
Budin, V. V. 126.
Buckert 569.
Bühl, H. 192.
BümeUn 477. 478.
Buete 584.
Buff 592.
Bunkwitz 113.
Bymsza 147.
8aok 575.
Saliger 572.
Sallwürk, ▼. 435. 586.
Salomon 55. 126. 180.
192. 592.
Salomonsen 460.
Salzmann 715.
Sander 645.
Sandoz, G. 320.
Sandras 180.
San Martin. A. 126.
Sarrazin 377.
Sauvineau 710.
Saxlehner 571.
Scaino 143.
Schacht 591.
Schäppi 254.
Schandau 644.
Scharf 592.
Scharfe 376.
Scharlach 181.
Scharr, J. 254.
Scheffel 275.
Scheibmaier, A. 113.
Schellhammer 180.
Schelling 715.
~ V. 629.
Schellong 644.
Schenck, W. L. 656.
Schenckendorff, E.y.811.
314. 427. 476. 478.
572. 682. 678. 700.
713.
Schenk, F. 294. 529.
Schepeler^Lette 40.
Soherer 49.
— H. 126.
Scheuermann 644.
SchidlowBki 112.
Schieffer 376.
Schieasling, S. 186.
Schiller 275.
— H. 118. 808 ff. 382.
522. 586.
Schimpf, £. 591.
Schimpfky, B. 192.
Schindler 304. 435. 512.
— M. V. 400.
Schirmer 592.
Schleiermacher 715.
Schlemm 350.
Schlimp 401.
Schlipps 516.
Schmedding 479.
Schmelew 112.
Schmelzer 246. 486.
Schmid 307. 715.
Schmid-Monnard 216.
384. 626.
Schmidt 51.
— F. 436.
— F. A. 254. 311.
314. 508. 582. 591.
592. 700.
— G. A. 126. 192.
~ K. 709.
— K. F. 646.
— Th. 656.
Schmidt-Bimpler 1. 2.
146 ff. 193. 194. 346 ff:
468.
Schmidtmann 584.
Schmitt, E. 258.
Schneider (Berlin) 274.
— (BresUu) 244.
Schnell, H. 384. 691.
Schoen 350.
Schönfeld 179.
SchÖppa 50.
Schramke 720.
Scholz 598.
Schrevens 126.
Schröder 375. 644.
Schroeder, Fr. 503. 592.
Schröer, H. 126. 884.
475.
Schroeter 180.
Schtscherbakow, A. 8.
126.
Schubert, P. 65. 81. 213.
270. 852. 856. 357.
404. 422. 616. 572.
611. 677.
— Th. W. 376.
Schütz, B. 584.
Schuh, y. 408. 404.
Schulgowski 437.
Schultheiss 357.
Schulthess, W. 254. 659.
Schnitze, W. 447.
— F. E. 40.
Schulze 192.
— F. 446.
Schumann, K. 40.
Sohurig 516.
Schuschny, H. 422. 436.
571. 607. 612. 673.
674. 698.
Schuster, A. 446.
Schuttleworth 591.
Schwalbe 38. 40. 561.
688.
Schwander 347.
Schwartz 306. 648.
Schwarz 246. 876. 715.
— P. H. 307.
Schweich 517.
Schweninger 128.
Schwerin 38.
Seager 592.
Seaver 86.
749
Seok 255.
Seeliger 515.
Seemann 49. 51.
Seggel 126. 146 ff. 194.
284. 446.
Seguin 214.
Senden, yan 181. 377.
Sepp, P. B. 260. 446.
• g28. 712.
Sergi/ G. 384. 446.
Seydel 446.
Siebel 291.
Siegert, G. 380. 588.
— W. 38. 84. 662.
Siemena 508.
Sigrist, W. F. 112.
SiKorsky 3.
Simon 244.
Sinani, B. 528.
Skladny 435.
Skworzow 307.
Smith, F. 384.
— P. 235.
Smoluchowski, v. 447.
Snellen 61. 76. 76. 426.
683.
Solheim 677.
Solüer, A. 127.
Soltmann 70. 436. 645.
Sommer 128.
— 0. 284, 285. 441.
528.
Sommerbrodt 60.
Sommerfeld 88.
Sophokles 31.
Southhard 41.
Spencer 446.
Sperber 268.
Spielmann, N. 128.
Spies 232.
Spiess 655.
Spinola 423.
Spitzner, A. 422. 674.
Spohn 375.
Spreer, L. 526.
Springer, M. 128.
Sprockhoff, A. 128.
Squire, J. £. 384.
SBubbotin 113.
Stander 274.
StchSpotiew 572. 609.
Steckel, B. 446.
Steinhans 377.
Stelz 127.
Stenzler 583.
Stewart 576.
Stich 272. 352. 356.
405.
Stieler, G. 179.
StilUng, J. 1. 146 ff.
193. 194. 318. 846 ff.
446. 528.
Stimpfl, J. 26. 518.
Stockhammer 628.
Stötzner 70.
Stosser 180.
Stoy 716.
Strassen, znr 167.
Strassmann 423.
Streit 227.
Ströhmberg 180. 249.
650.
Strohl 247.
Strohm 318.
Strümpell, L. 113. 118.
120. 121. 122. 186.
245. 526. 598. 714.
715.
Stürmer 517.
Sturm, P. 383.
Stntzer 710.
Sucksdorff 376.
Sudakow 377.
Sümegi 422. 676.
Süfsmann 651.
Sulzer 386 ff.
Supp&n 422.
Swanwick 362.
Swatek, W. 128.
Sydenham 336.
Sylvester 492.
SzigetY&ri 369. 448.
Szuff&n 572.
Szupp&n 60. 370. 422.
Tattersall 318.
Tauffer 677.
Taylor, W. 448.
Thaer 127.
Thayer, W. H. 448.
Thienel 620.
Thomas 307.
Thormöhlen, E. 528.
ThorneThome 624.
Thomton, J. S. 62.
Tichomirow, N. J. 325.
Tisch, F. 448.
Ti8si6 164. 527.
Tissot 528.
Tobien 49.
Todaro 129.
Toppen 181.
Tofedano 202.
Tolosa Latour, de 422.
Tomka 685.
Treitel 446. 448.
Trendelenburg 40.
Treskow, v. 478.
Tribuk^jt 4.
Trier 173.
Trieschmann 376.
Trillich, H. 191.
Trouillet 36. 527.
Trousseau 289.
Tmc 624.
Trüper, F. 186 ff.
Tuke 653.
Turreaux, des 584.
Tuszkai 422.
Uffehnann 247.376. 505.
614.
Uhland 275.
Ullrich, £. 256.
Unberath, J. 527.
Urbantschitsch 104. 448.
490. 491.
— , V. 256.
Urbka 654.
Taihinger 584.
Vaillant 202.
Valdarnini 446.
Valle 129.
ValleUi, F. 266.
Vandenesch, H. 527.
Vehse 436.
Veil 668 ff
Velhagen 194. 448.
Verbeck 875.
Verrier 491.
Vetter, L. 320.
Vieth 290. 713.
Vinton, M. M. 266.
Virchow, B. 128. 245.
376. 423. 602.
750
Völcker 247. 487.
Völker 64. 190. 280.
Vogel 320. 644.
Vogl 709.
Vogt, A. K. 118.
VoiBin, J. 320.
Voit, K. V. 446.
Voit, £. 256.
Volkelt 180.
Volkmann, v. 585.
Volkmer 246.
VoUand 83. 34.
VoUer 434.
VoUert, J. 320. 627.
Volmer 710.
Waetzoldt, St. 40. 272.
584. 644. 646.
Wagener 173.
Wagner 715.
— H. 253.
Waitz 715.
Waldau 49.
Walker Overend 446.
Wallenberg, v. 244.
Wallrafi. G. 22. 435.
Walter 877.
Walther, Th. 318.
Warlioh, fl. 318.
Warner 256. 448. 572.
574. 575. 608. 677.
Warschauer 40.
Wanerzieher, B. 820.
Waugh 568.
Weber, G. H. 256. 583.
— L. 90. 153. 154. 363.
494. 683.
Webster, J. 256.
Wechsler, Th. 320.
Weck 256. 448.
Weckerle 571.
Wegener, L. 320.
Wehmer 225. 876.
Wehrenpfennig 876.
Weichert, J. 448.
Weioker 709.
Weidenbosoh 474.
Weigel, L. A. 256.
Weiss 40. 147. 246. 256.
375.
Weitsei 654.
Weizl 699.
Weller 654.
Wendt, F. M. 234.
— G. 435.
Weniger 444.
Wentzel, A. 446.
Werder, J. 128.
Wernich 225. 423.
Wemicke 710.
— A. 375. 435.
Weygoldt 875. 515.
Weyl 51. 128. 292. 358.
Weyrauch, v. 45. 46.
108.
Whitelegge, A. 128.
Whitford, W. C. 527.
Wickenhagen, H. 228.
Wiokham 654.
Wicking, H. D. 319.
Wieland 819.
Wiethoff 256.
Wieting 860.
Wilbrand 585.
Wildenow 709.
Wildermann 710.
Wilheim 320.
Wilhelm H. 701.
Wilkelmann 420.
Wibn 517.
Willard, F. de 128.
Willottghby, B. F. 128.
Wilsdorf 664.
Winckel, v. 585.
Winckler, A. 163. 165.
Windhaas, G. 112.
Wingerath 49.
Winter 378. 437.
Wipf, H. 254.
Wireniiu, A. v. 179. 821.
593.
— A. S. 325. 338.
— N. S. 128.
Witting 231.
Woikowsky-Biedan 311.
318
Woldrich 660.
Wolens, W. P. 246. 325.
Wolff 516. 655.
Wolfflifigel 687. 588.
Wollenbarg 307.
Wolpert 517. 683.
Woodbridge, S. H. 320.
Wortmann, H. 190.
Wosaidlo 319.
Wray 819. 482.
Wrabel 428.
Wunderlich 357.
Wutzdorff 617.
Foung, A. G. 114.
Zahn, Th. 190. 448.
Zander 665.
Zdekauer 51. 247.
ZeUer 715.
Zenthoefer 247.
ZetUer 190. 256.
Ziehen 422.
Ziller 188. 647. 715.
ZiUikens 49.
Zimmerman, Ph. 446.
Zinck, A. 128.
Zona, T. 527.
Zoubek, £. 128.
Zsingor, M. 317.
Zum 60.
Zwaardemaker 416. 417.
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