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Full text of "Zeitschrift für Schulgesundheitspflege : Organ des Deutschen Vereins für Schulgesundheitsplege"

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ZEITSCHRIFT 


FÜE 


SCHÜLGESUNDHEITSPFLEGE. 


REDIGIEET 


VOH 


Db.  med.  et  PHIL.  L.  KOTELMANN 

IHHAMBUBG. 


SIEBENTEE  BAND. 
1894. 


HAMBURG  miD  LEIPZIG, 

1894. 


?>"IU)H.  9.^ 


Druck 


der  Veriagsanstalt  und  Druckerei  Acti^Q-p^U|chAft 


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Inhalt. 


Original  abhandlangeu. 

Seit» 

Znr  Myopiefraflns.    Von  H.  Schmidt-Bimflbr 1 

Über  geistige  Ermüdung  beim  Schulunterrichte.    Von  Hüqo  Laber      2 
Die  Schulbank  „KolumbuB**    von  Raxnminger  &  Stetter  in  Tauber- 

bischoÜBheim  (Baden).    Von  Gustav  Wallbaff 22 

Eingabe  der  Kommission  für  Schulgesundheitspflege  in  Nürnberg  an 
den  dortigen  Hagistrat  wegen  Einrichtung  von  Heilkursen   für 

Stotterer.    Mitgeteilt  von  Paul  Schubert 65 

Die  Sehschärfe  der  Schüler  des  Gymnasium  Ghristianeum  in  Altona. 

Von  L.  KoTEUf ANN 74 

Über  die  Beform  der  Gymnastik.    Bericht  der  italienischen  Kom- 
mission  far  physische  Erziehung  an   den  Unterrichtsminister. 

Von  Anoblo  Cblli 129 

Zur  Hyopiefrage.    Von  J.  Stillino 146 

Zur  Hyopiefirage.    Von  H.  Schmidt-Bimplbr 198 

Die  finthche  und  hygienische  Inspektion  der  Schulen  in  Paris.   Von 

Pbbbachon 194 

Über  geistige  Ermüdung  bei  Schulkindern.    Von  Lbo  Bubobbbtbin  207 
Schulhygienisohe  Untersuchungen  in  Norweg^en.  Von  M.  K.  HIkonson- 

Hansen 210 

Die  Gesundheitspflege   an   der  k.  k.  Theresianischen  Akademie  in 

Wien.    Von  Jabo  Pawel 257 

Znr  Hygiene  der  Schüler  in  der  elterlichen  Wohnung.   Von  Oswald 

Mbtbioh 264 

Berücksichtigung  der  Schulhygiene  bei  den  Lehrerprüfungen.    Von 

0.  Jambe 267 

Programm  sur  Erforschung  des  hyflrienischen  Zustandes  der  Lehr- 
anstalten, des  Unterrichts  und  oer  Lernenden.   Von  Alexandbb 

VON  WlBENIUS 321 

Zur  Myopiefrage.    Von  Ebnbt  Pflüoeb 846 

Die  Sohulbider  in  Zürich.    Von  H.  Naef.    (Mit  1  Figur  im  Text).  885 
Schnlbankansstellung  in  Wien.   Von  Mabla.nne  Nioo.  (Mit  2  Figuren 
imTwrt) 895 


IV 

Seit* 

Drei  Gutachten  über  die  Nachteile  von  Schiefertafel  rmd  Griffel. 
Von  Max  Grubeb,  August  Rittbb  ton  Rbubs  und  Leopold 
EöNIOSTBlK 449 

Die  Staabplage  in  der  Schule  und  Vorschläge  zu  ihrer  Beseitigung. 
Aus  dem  hygienischen  Institute  der  Universität  Leipzig.  Von 
Oswald  Meybich 452 

Zur  Schulbankfrage.  Von  Fbux  Sobenk.  (Mit  5  Figuren  und  3  Ab- 
bildungen)    529 

Beitrag  zur  Beleuchtung  des  Elrankheitsverhaltens  im  Kindesalter. 
Von  Axel  Hebtel 546 

Über  die  Aufgaben  und  Pflichten  des  Schularztes.    Von  Alexandeb 

VON  WlBENIUS 593 

Zur  rationellen  Ausnutzung  der  ünterrichtspausen  in  den  Schulen. 
Von  Kebsebitbb 602 

Eine  neue  Steh-  und  Sitzschulbank.   Von  W.  Götze.   (Mit  4  Figuren)  667 

Die  diesjährige  Schülerreise  des  Königlichen  Gymnasiums  zu  Danzig. 
Von  H.  Kanteb 670 

Aus  Yersammlungen  und  Vereinen. 

Physiologie  und  Pädagogik.  Autoreferat  über  einen  auf  der  Natur- 
forscherversammlung zu  Nürnberg  gehaltenen  Vortrag.  Von 
Joseph  Stimpfl 26 

Eine  Boteinepidemie  in  einem  Pariser  Gymnasium.  Verhandlungen 
des  ärztlichen  Krankenhausvereins  zu  Paris 28 

Leitsätze,  angenommen  in  der  Hauptversammlung  württembergischer 
Turnlehrer  zu  Stuttgart 29 

Aus  der  Vereinigung  für  Schulgesundheitspflege  des  Berliner  Lehrer- 
vereins.   Von  £.  Hebtel 82 

Hysterische  Epidemie  in  einer  Baseler  Mädchenschule.  Bericht, 
erstattet  der  medizinischen  Gesellschaft  der  Stadt  Basel 85 

Über  den  Einflufs  körperlicher  Übungen  auf  die  Verhütung  der 
Schulkurzsichtiffkeit.  Vom  ü.  &anzösischen  Kongrefs  für 
physische  Erziehung 87 

Zur  Hygiene  der  Schultreppen.  Vortrag,  gehalten  in  der  LXV^.Ver- 
sammlnng  der  Gesellschaft  deutseher  Naturforscher  und  Arzte 
in  Nürnberg 88 

Über  Steilschriitversuche  in  Dänemark.  Aus  der  pädagogischen 
Gesellschaft  zu  Kopenhagen.    Von  Axel  Hebtel 151 

Lichtverhältnisse  in  Breslauer  Schulen.  Vortrag,  gehalten  in  der 
hygienischen  Sektion  der  schlesischen  Gesellschaft  ftir  vater- 
ländische Kultur 153 

Zur  Verantwortlichkeit  der  Lehrer  bei  Unglücksfällen  auf  Schul- 
ausflügen. Beschlufs  des  Vereins  akademisch  gebildeter  Lehrer 
in  Elsafs-Lothringen 157 

Beheizung  der  städtischen  Schulen  Wiens.    Vom  V^iener  Stadtrat  .  158 

Die  Sitzungen  der  Kommission  für  Schulgesundheitspflege  in  Nürnberg. 

Von  G.  AUTENBIBTH 213 

Über  die  körperliche  Entwickelung  der  Ferienkoloniekinder.    Von 

SCHMID-MONKABD 216 

Zur   Augenentzündung   in   Schulen.     Aus   der    ophthalmologischen 

Gesellschaft  Englands 219 


Belt« 

LeitBatse,   angenommen  von  der  vierzigsten  sohweizerisohen  Tum- 

lehrerversammlang  in  Zürich 221 

Die  Sitzungen  derKomroisBion  für  Scholgesundheitspflege  in  Nürnberg. 

Von  G.  AuTENRiBTH.    (Fortsetzung) 269 

Über  die  Schulausstellung  in  Chicago.  Nach  einem  im  Berliner 
Lehrenrerein  gehaltenen  Vortrag  des  Direktor  Dr.  Stephak 
Wabtzoldt 272 

Herz-  und  Magenleiden  infolge  der  üblichen  Schulhaltung.    Aus  der 

Pariser  AJkademie  der  Medizin 279 

Bemerkungen  in  der  YU.  Generalversammlung  der  Badegesellschaft  zu 
Stuttgart  über  die  Benutzung  des  dortigen  Schwimmbades  durch 
Schüler 280 

Die  Sitzungen  der  Kommission  für  Schulgesundheitspflege  in  Nürnberg, 

Von  G.  AüTEVRiETB.    (Fortsetzung) 852 

Krankheiten  der  behaarten  Kopfhaut  in  französischen  Schulen.  Aus 
dem  Pariser  Verein  für  Ö£fentliche  Medizin  und  Gesundheits- 
pflege   35f 

Die  Sterblichkeit  unter  den  Schulkindern  Berlins.   Mitteilung  in  der 

Berliner  medizinischen  Gesellschaft 358 

Die  Sitzungen  der  Kommission  für  Schulgesundheitspflege  in  Nürnberg. 

Von  G.  AuTENRiETH.    (Schlufs ) .„ 403 

Petition  der  Turnvereine  des  Turnkreises  Deutsch- Ost  erreich  an  das 
Haus  der  Abgeordneten  in  Wien  betreffs  Einführung  des  Turnens 
als  obligatorischen  Lehrgegenstandes  an  den  Mittelschulen, 
Madchenschulen,  Staatsgewerbeschulen,  Handelsschulen  etc 405 

Die  hygienischen  Einrichtungen  in  amerikanischen  Schulen.  Vortrag 
in  der  deutschen  Geselkchaft  für  öffentliche  Gesundheitspflege 
zu  Berlin 409 

Zur  Überbürdungsfrage.    Thesen,  aufgestellt  im  ärztlich  kollegialen 

Verein  der  Friedrich-Wilhelmstadt  zu  Berlin 410 

Aus  dem  letzten  Jahresbericht  des  Centralvereins  für  Schulschwimmen 
in  Berlin.    Von  Kbbsebiteb 473 

Der  Xn.  deutsche  Kongrefs  für  erziehliche  Knabenhandarbeit 475 

Stellung  der  Schule  zu  den  Schülerselbstmorden.  Verhandlung  der 
IX.  Generalversammlung  des  Landesvereins  von  Lehrern  höherer 
Lehranstalten  im  Grofsherzogtum  Hessen 480 

Vorübergehende  Sehschwache  bei  Schülern.  Aus  der  ophthalmologi- 
sohen  Gesellschaft  Englands :, 482 

Antrag  der  Sektion  W&hring-Döbling  des  Vereins  der  Ärzte  in 
Niederösterreich,  betreffend  hygienischen  Unterricht  der  Schüler 
und  Anstellung  von  Schulärzten 482 

Die  Schulhygiene.    Vortrag  von  Gustav  Hebgbl 554 

Die  erste  Versammlung  des  Berliner  Vereins  für  gesundheitsgemäfse 
Erziehung  der  Jugend.    Von  0.  Janke 561 

Über  die  Verbreitung  der  Impfung  und  Wiederimpfung  unter  den 
französischen  Schulkindern.    Bericht,   erstattet  in   der  Pariser  ' 
Akademie  der  Medizin 563 

Bericht  über  die  Thätigkeit  der  schulhygienischen  Sektion  des 
Vm.  internationalen  Kongresses  für  Hygiene  und  Demographie 
in  Budapest    Von  Hbivbioh  Sohusohvy 607 

Die  Schulhygiene.    Vortrag  von  Gustav  Hbrobl.    (Fortsetzung)  . . .  613 

Inkubationsdauer  bei  akuten  Infektionskrankheiten.  Aus  der  Lon- 
doner klinischen  Gesellf chafb 617 


VI 

Bellt 

Bericht  über  die  Thätigkeit  der  BchnlhygieniBohen  Sektion  des 
VUI.  internationalen  Kongresses  für  Hygiene  und  Demographie 
in  Budapest.    Von  Hbikbioh  ScHrrscHirr.    (Schlnüi) 673 

Die  Schulhygiene.    Vortrag  von  Gustav  Hebgbl.    (Schluls) 678 

Kleinere  Mitteilnngen. 

Antike  Gesundheitspflege 31 

Die  Häufigkeit  der  Skrofulöse  im  Kindes-  und  Schulalter 93 

Hygienische  Inspektion  der  Internate  in  England 34 

Lang-  und  kurzköpfige  Schüler 35 

Über  die  Ernährung  in  den  fransösischen  Lyceen 36 

Einfluis  des  Bauchens  auf  die  physische  Entwickelung  der  Jugend .     36 

Stuttgarter  Knabenhorte 37 

Fünfzigjähriges  Bestehen  einer  Schuldampfheizung 37 

Über  die  Bedeutung  des  Baumwinkels  zur  Beurteilung  der  Helligkeit 

in  Schulzimmem 90 

Sollen  Schüler  mit  Mumps  von  der  Schule  ausgeschlossen  werden?    92 
Die  Anwendung  der  hypnotischen  Suggestion  in  der  Pädagogik. ...     92 

Grundzüge  der  Gesundheitspflege  fClr  Schüler 93 

Chirurgische  oder  medizinisch-pädagogische  Behandlung  idiotischer 

und  zurückgebliebener  Kinder? 94 

Über  die  physische  Erziehung  in  Hamburg  vor  100  Jahren 95 

Augenverletzungen  von  Kindern  durch  explodierende  Zündhütchen.     96 

Duschebäder  für  die  Pariser  Schulen 97 

Hygienische  Seminarkurse 159 

Sc^iftproben  von  schwachsinnigen,  bezw.  idiotischen  Kindern 162 

Über  Schulluft 162 

Todesfalle  junger  Leute,  verursacht  durch  Ohrfeigen 163 

Badfahrerkrankheiten 163 

Eine  Schulbank  mit  fester  Distanz 167 

Aus  den  Urteilen  der  Königlich  sächsischen  Bezirksärzte  über  die 

von  ihnen  revidierten  Schulen 222 

Für  die  obligatorische  Einführung  der  Steilschrift 225 

Schulgesundheitspflege  in  Berlin 225 

Über  die  Beeinflussung  einfacher  psychischer  Vorgänge  durch  Alkohol 

und  Thee • 225 

Vergiftung  eines  Schulknaben  mit  Stechapfelsamen 227 

Das  Budem  an  den  höheren  Schulen  Deutschlands 228 

Die  italienischen  Seehospize  für  skrofulöse  Kinder 228 

Über  Kohlensäurebestimmungen  in  Schulzimmem 229 

Das  AiTEBsche  Gasglühlicht  in  Schulen 230 

Stigmcffraphisches  Leinen  für  Handarbeiten  der  Schülerinnen 230 

Ü  W  £e  Gesundheitspflege  in  den  katholischen  Volksschulen  Breslaus  281 
Durchschnittszahl   der  Schüler   pro   Klasse   in    den    verschiedenen 

deutschen  Staaten 283 

Die  Auffen  von  Münchener  Schulkindern 284 

Die  Mädchengymnasien  und  die  Gesundheit  ihrer  Schülerinnen  ....  284 

Vierzig  Sohulwochen  für  Württemberg  ein  Mythus 286 

Lehrer^esundheitspflege 286 

Die  Wiederimpfung  in  der  Schule 287 

Über  die  medizinisoh-pSdagogitdie  Behandlung  idiotischer  Kinder . .  289 


vn 

8«tto 

Ein  aohiüinäiuiisches  Urteil  über  das  Turnen  aus  dem  Jahre  1814  .  290 

Badfahrertrainiening  im  Zimmer 290 

Saprol  als  Mittel   zur  Wahrnehmung  fökalischer  Verunreinigungen 

Yon  Schulbrunnen 291 

Gegen  aufsteigende  Bodenfeuchtigkeit  in  Schulmauem 291 

Alter   und   Familienstand    der   in    den   preuXsischen    Volksschulen 

amtierenden  Lehrer  und  Lehrerinnen 359 

Die  wichtigsten  Baderegeln  für  Schüler 360 

Gegen  Ereuzottembisse 361 

Wettkampfe  englischer  Studenten 362 

Zur  Beleuchtungsfrage 362 

Centralapparat  rar  elektrische  Warmesignalisierung  in  Schulen.    (Mit 

Tafel  I) 364 

Die  landlichen  Volksschulen  des  Kreises  Franzburg  in  hygienischer 

Beziehung 412 

Zahl  der  schulfreien  Tage  in  den  preufsischen  Provinzen 416 

Über  den  Gehörumfang  der  Kinder 416 

Gelbsucht  als  Folge  einer  Schulstrafe 417 

Statistik  der  Taul^tummen-  und  Blindenanstalten  in  Österreich....  417 

Über  das  Schulfirühstück  mancher  Kinder 418 

Die  Hennsche  Centralheizuog  für  Unterrichtsräume 418 

Der  Karten-  und  Bilderstander  des  Gymnasialdirektor  Jükgels  ....  420 

LooKEs  Gedanken  über  physische  Erziehung 483 

Die  Sterblichkeit  der  Schulkinder  im  Königreich  Sachsen 485 

Zur  Gesundheitspflege  in  japanischen  Schulen 488 

Eine  Schulepideraie  von  Scharlach,  unterdrückt  durch  Desinfektion  489 

Adenoide  Vegetationen  und  das  Wachstum  der  Kinder 489 

Ein  Urteil  über  die  methodischen  Hörübuugen  ftir  Taubstumme  von 

Ubbaxtschitsoh 490 

Bettung  beim  Baden  verunglückter  Schüler 492 

Die  Gefahren  des  Fufsballspiels 492 

Der  Atmungsmodus  während  des  Turnens  und  Badfahrens 493 

Stadien  über  indirekte  Beleuchtung 493 

Tor6treu  als  Desinfektionsmittel  für  Schulaborte 495 

Pädagogischpsychometrische  Messungen 564 

Die  Korrektürlast  der  Lehrer 566 

Über  die  Gesundheitspflege  in  der  k.k.  Staatsoberrealschule  zu  Teschen  567 

Kinderschutzgesellschaft  in  England 568 

Hygienischer  Unterricht  in  einem  Lehrerseminar  vor  100  Jahren  . .  569 

Die  Augen  der  indianischen  Schulkinder 569 

Zar  Ätiologie  der  Idiotie 570 

Continuous  blackboard 570 

Daten  über  die  Zeiteinteilung  und  die  Lemmethode  der  Schüler. . .  618 

Diphtherie  in  den  Elementarschulen  Londons 624 

Über  die  Ansteckungsfähigkeit  der  ägyptischen  Augenkrankheit,  be- 
sonders bei  Kindern 624 

Tod  eines  Schulmadchens  durch  Griffelverletzung 625 

Das  Horrermögen  taubstummer  Kinder 626 

Die  Baum-  und  Fläohenmafse  für  Schüler  in  den  nordamerikanischen 

Schulen ., .  626 

Über  die  Hygiene  des  Ohres  im  Sohulalter ,  .  685 

Masern  als  Sohulkrankheit 688 

Das  Gehimgewicht  der  Kinder 690 


vni 


8«it« 

Zur  Examenüberbürdaiiff 691 

Der  EinflafB  des  FaisbaflspielB  aaf  die  Körperentwickeluug 691 

Über  Empfangliohkeit  der  Kinder  für  Impfung  mit  animaler  Vaccine  692 

Die  Handels-  und  Gärtnerschule  zu  Bakos-Pälota  in  Ungarn 693 

Doppeltreppen  der  Volksschulen  Boms 694 

Tagesgesohichtliclies. 

Elfter  internationaler  medizinischer  Eongrefs  in  Rom 37 

Der  Berliner  Verein  für  gesundheitsgemalse  Erziehung  der  Jugend.     37 

Professor  Ebb  über  Nervosität,  besonders  der  Schu]|jugend 38 

'  Die  schulhygienische  Abteilung  der  Berliner  Gewerbeausstellung  1896    40 

Steilschriftyersuche  in  Norwegen 40 

Schulhjgienische  Vorträge  in  Berlin .     41 

Die  Augen  der  kalifornischen  Studenten 41 

Diphtherie  in  österreichischen  und  französischen  Schulen 42 

Der    Verein    zur    Pflege    kranker    Studierender    der    Universität 

Wien 42 

Körperliche  Überbürdung  von  Seminaristen  in  Küsnacht 43 

Schulbrausebad  in  Leipzig 43 

Der  Vni.  internationale  Eongrefs  für  Hygiene  und  Demographie  in 

Budapest 98 

Französische  Heilanstalt  für  tuberkulöse  Kinder 99 

Prüfung  der  Nase,  des  Ohres  und  der  Stimmorgane  bei  415  jungen 

Taubstummen , 99 

Batschläge   für   die  Schüler   des  Falkrealgymnasiums   zu  Berlin   in 

betreff  des  Eislaufes 104 

Eine  schulhygienische  Preisaufgabe 105 

Kinderspielplätze  in  München 105 

Die  Desinfektion  von  Briefen,  Büchern  und  Schreibhefben 105 

Das  Unterrichtsprogramm  der  Lehrerbildungsanstalt  des  deutschen 

Vereins  für  Knabenhandarbeit  auf  das  Jahr  1894 166 

Die  Gesundheitsverhältnisse  der  Dorfschüler  des  Kreises  Isenhagen 

in  Hannover 167 

Fulsballwettstreit  zwischen  den  Studenten  von  Oxford  und  Cambridge  170 

Mäfsigkeitsunterricht  in  den  Schulen  des  Auslandes 170 

Eiskämpfe  für  Schüler 174 

Der  Verein  zur  Speisung  armer  Schulkinder  in  Budapest 175 

Der  erste  deutsche  Kongrefs  für  Jugend-  und  Volksspiele  in  Berlin  231 

Die  allgemeine  Landesausstellung  in  Lemberg  . . » 233 

Ein  Verein  für  neuere  pädagogische  Psychologie  und  Pathologie  . . .  233 
Greifswalder  Ferienkursus   für  Lehrer   und   Lehrerinnen   des  Fran- 
zösischen, verbunden  mit  Erholungs-  und  Badekuren 234 

Die  englische  Gesellschaft  für  physische  Erziehung  in  London 234 

Die  Zähne  der  Kinder  des  Hamburgischen  Staatswaisenhauses 235 

Hygienische  Untersuchungen  von  Schülerinnen  in  Birmingham 235 

Vom  Verein  für  Schulgesundheitspflege  in  Frankfurt  a.  if. 235 

Zur  Orientierung  der  Schulzimmer 236 

Heilkurse  für  stotternde  Schüler  in  Celle 237 

Ferienkolonie  Granadas 237 

Sohulküohen  in  Norwegen 238 

Kindergärten  für  taubstumme  Kinder  Berlins 238 


IX 


8«it« 

Vin.  mieniationaler  Kongrels   für  Hygiene   and   Demographie  in 

Budapest 292 

Zur  Anstellung  von  Schulärzten 292 

über  Rückgrats  Verkrümmungen  von  Schulkindern 292 

Zur  Verhütung  der  Weiterverbreitung  der  Diphtherie  durch  Schulen  2% 

Die  Schwerhörigkeit  im  schulpflichtigen  Alter 296 

Schulhjgienische  Vorträge  in  Moskau 297 

Ein  Gutachten  über  die  Steilschrift  und  deren  Einführung   in   die 

Volksschulen 297 

Unterricht  englischer  Schülerinnen  in  der  Krankenpflege 298 

Gründung  eines  Hygienemuseums  in  München 299 

Ägyptische  Augenentzündung  in  russischen  Volksschulen 299 

Kurse  für  stotternde  Schulkinder  in  England dOO 

Das  Kinderbewahrwesen  in  Ungarn 300 

Pariser  Pockenepidemie,  besonders  unter  der  Schu^ ugend 301 

Norwegische  Ferienkolonien 801 

Der  Arbeitsunterricht  in  England 801 

Oasheizung  in  Münchener  Schulen 302 

Hygienischer  Unterricht  in  den  Volksschulen  und  Seminaren 365 

Epidemie  hystero-epileptischer  Krämpfe  unter  den  Schulmädchen  zu 

Valle  in  Österreich 365 

Übertragung  von  Syphilis  auf  französische  Schüler 367 

Die  Zähne  von  500  Knaben  der  Volksschule  zu  Freiburg  i.  B 368 

Fürsorge  für  Schwachbegabte  Kinder  in  Pennsylvanien 368 

Entwickelung    der    Stuaentenherbergen    in    Böhmen,    Mähren    und 

Schlesien 368 

Der  erste  Jugendspielkursus  in  Budapest 369 

Schulhygienische  Vorträge  auf  dem  VlII.  internationalen  Kongrefs 

für  Hygiene  und  Demographie  in  Budapest 421 

Ferienkurse  für  akademisch  gebildete  Lehrer  in  Jena 422 

Die  Hygiene  auf  der  Berliner  Gewerbeausstellung  1896 423 

Infektionskrankheiten  in  österreichischen  Internaten 423 

Zur  ärztlichen  Schulaufsicht  in  Preulsen 424 

Ein  hygienischer  Mifsstand  für  die  ecole  Monge  in  Paris 424 

Unterweisung  von  Schülern  in  der  ersten  Hilfeleistung  bei  Unglücks- 
fällen   425 

Zur  SteüschriftfhHje 425 

Die  Augen  der  Kinder  der  Edmontonschulen  in  London 426 

Nochmals  Masern  und  Konfession 426 

Spielkurse  für  die  Berliner  Studenten 427 

Ein  norwegisches  Kinderseehospiz 427 

Der  Handfertigkeitsunterricht  in  Italien 428 

Londoner  Ferienkolonien 428 

Vm.   internationaler  Kongrefs   für   Hygiene   und   Demographie   in 

Budapest 496 

Schulhygienisches  von  der  Weltausstellung  in  Chicago 497 

Die  Anämie  bei  Schulkindern 499 

Hygienische  Milsstände  in  den  Londoner  Distriktsarmenschulen  ....  500 

Musterung  der  schulpflichtigen  Kinder  in  Berlin 501 

Was  kann  die  Schule  und  besonders  der  Lehrer  zur  Förderung  der 

Malsigkeitssache  thun? 502 

Kassenerlminkungen  im  Waisenhause  zu  Bunzlau 602 

Zalinantliche  Untersuchungen  in  badisch.en  Schulen 502 


X 


Seit« 

Der  zweite  Lehrgang  für  Lehreriimen  der  Hadchenspiele  in  Bonn  .  50B 
JahreBberioht  des  Vereins  zur  Heilung  stotternder  Yolkssohüler  in 

Hamburg 503 

Das  nene  Volksscholhaus  zu  Bostock 505 

Der  Vlll.  internationale  Eongrefs  für  Hygiene  und  Demographie  in 

Budapest 571 

Abstimmung  Aber  geteilte  oder  ungeteilte  Schulzeit  in  Frankfurt  a.  M .  573 
Aus  dem  Berichte  des  Komitees  für  die  Untersuchung  von  Schul- 
kindern an  die  britische  medizinische  (Gesellschaft 574 

Steilschriftyersuche  in  Moskau 575 

Die  Zunahme  der  Epidemien  in  den  TJnterrichtsanstalten  Nord- 
schottlands    576 

Eörpergebrechen  der  Würzburger  Schulkinder 576 

Ein  Plagiat  der  von  der  Vereinigung  für  Schulgesundheitspflege  des 
Berliner    Lehrervereins    verfaulten    Gesundheitsregeln    fär    die 

Schuljugend 576 

Norwegische  Enabenhandarbeit 577 

Die  hygienischen  Resultate  der  Braunschweiger  Ferienkolonien  ....  577 

Pariser  skrofulöse  Kinder  im  Süden 577 

Einflufs   der   Jahreszeit    und    der   Schule   auf   das   Wachstum   der 

Kinder ., 626 

Über  die  Schulhygiene  in  Osterreich 628 

Unterricht  und  Gesundheit 629 

Zur  Abänderung  der  Bestimmungen  über  die  Strafbarkeit  jugend- 
licher Personen  in  Preufsen 629 

Internationaler  Kongreis  für  Kinderschutz 630 

Aus  dem  Sanitätsberichte  der  Stadt  Beichenberg  über  die  dortigen 

Schulen 630 

Neue  olympische  Spiele 631 

Panik  in  einer  Dortmunder  Schule  infolge  von  Erdbeben 631 

Berliner  Kindervolksküchen 632 

Krankenhausschule  für  Kinder  mit  Kopfgrind  in  Paris 632 

Eingabe  der   ungarischen  Schulärzte   an   den   dortigen  Unterrichts- 

minister,  betreffend  die  schulärztliche  Institution 694 

Schulhygienische  Gegenstände  auf  der  Ausstellung  der  66.  Versamm- 
lung deutscher  Naturforscher  und  Ärzte  in  Wien 698 

Die  Versammlung  des  Centralausschusses  für  Jugend-  und  Volksspiele 

in  Leipzig 700 

Kleptomanie  bei  einem  achtjährigen  Schulknaben 700 

Förderung  des  Rudems  der  Jugend  durch  den  deutschen  Kaiser. . .  701 

Ferienkolonien  in  Prag 701 

Die  neue  Turnhalle  der  Römerschule  in  Stuttgart 701 

Der  Verein   zur   Errichtung   und  Förderung   von   Seehospizen   und 

Asylen  für  skrofulöse  und  rhachitische  Kinder  in  Wien 702 

Schulbrausebad,  zugleich  zur  Benutzung  fOr  die  Bürgerschaft 702 

Amtliche  Yerfügnngen. 

Brlals  des  Königlich  preuTsischen  Ministers  der  geistlichen,  Unter- 
richts- und  Medizinalangelegenheiten,  betreffend  den  Beginn  des 
Schulunterrichts  infolge  der  durch  die  Einfährung  der  mittel- 
europäischen Zeit  als  Einheitszeit  fiir  Deutschland  geänderten 
Verhältnisse * , . . .    4^ 


XI 


8«it« 

lCittei]iin|f  des  Soniglicli  preuX^isohen  ünterrichtsministen  an  die 
ProTinzialBehiilkollegien  wegen  der  Einrichtung  von  bygienisohen 
Ennen  an  den  hygienischen  UniversitatBinstitnien 45 

Ghitachten  des  Wiener  Stadtphysikates  Ober  die  Verfögang  des  nieder- 
österreichischen  Landesschulrates,  betreffend  die  Schaffang  von 
Spiel-,  Eis-  nnd  Schwimmplätzen  für  die  Schaljugend 46 

Erlais  des  k.  k.  österreichischen  Unterrichtsministeriums  über  die 
Jagendspiele  an  den  Mittelschulen 106 

Verordnung  des  Königlich  preuTsischen  Kultusministers  wesen  der 
Vorbedingung  für  die  Übernahme  von  Tomunterricht  an  Mädchen- 
schulen   107 

VerfBgung  der  k.  k.  niederösterreichischen  Statthalterei  an  den 
Wiener  Magistrat  über  das  sanitfttspolizeiliche  Vorgehen  beim 
Auftreten  der  Diphtheritis  in  Schalen 108 

Beglement  für  den  von  der  Neuenburgischen  Gemeinde  Chaux  de 
Fonds  angestellten  Schularzt 111 

ErlaTs  des  Königlich  prenlsischen  Ministers  der  geistlichen  etc.  An- 
gelegenheiten wegen  Wegfalls  der  öffentlichen  Prüfungen  an  den 
höheren  Schulen 175 

Verordnung  des  k.  k.  niederösterreichischen  Landesschulrates  vom 
15.  Juni  1893,  Z.  4293,  enthaltend  eine  teilweise  Abänderung 
der  Verordnung  vom  6.  Juni  1888,  Z.  8776,  betreffend  Mafs- 
regeln  zur  Verhütung  der  Weiterverbreitung  übertragbarer 
Krankheiten  durch  Schalen,  Lehr-  und  Erziehungsanstalten  . . .  176 

Verfugung  der  Königlichen  Regierung  zu  Schleswig,  betreffend  den 
Beginn  des  Schulunterrichtes  infolge  der  durch  die  Einführung 
der   mitteleuropäischen    Zeit    als   Einheitszeit   für   Deutschland 

J geänderten  Verhältnisse  in  der  Provinz  Schleswig- Holstein 177 
schreiben   des  Ortsschalrates   für   den  VI.  Wiener  Bezirk   be- 
züglich der  Impfung  und  Wiederimpfung  der  Schulkinder 178 

OeschSftsanweisang  der  städtischen  Schuldeputation  in  Breslau  für 
die  Rektoren  und  Lehrer  der  städtischen  Volksschulen,  betreffend 
die  Schulgesandheitspflege 239 

Verfügung  des  Waadtländisohen  Staatsrats,  den  Ausschlufs  infektiös 

erkrankter  Kinder  von  der  Schule  anlangend 244 

Randschreiben  des  Erziehungsdepartements  in  London  an  die  Schul- 
behörden bezüglich  des  Alters  für  die  Befreiung  vom  Schul- 
unterrichte   245 

Verfügung  des  französischen  Unterrichtsministers  bezüglich  der 
bei  Infektionskrankheiten  in  Schulen  zu  treffenden  Mafs- 
nahmen ' . .  802 

Empfehlnng  des  Wirtshaasverbotes  für  schulpflichtige  Kinder  durch 

den  Königlich  ungarischen  Kultus-  und  Unterrichtsminister ....  308 

Anweisung  des  Bezirksschulrates  in  Wien  wegen  Beschaffung  einer 
Statistik  der  im  schulpflichtigen  Alter  stehenden  epileptischen 
Kinder 304 

Erlafs  des  k.  k.  österreichischen  Ministeriums  des  Innern  vom 
10.  Februar  1894,  Z.  1710,  an  die  k.  k.  Statthalterei  in  Prag, 
betreffend  die  Einfuhr  und  den  Vertrieb  des  Kinderspielzeuges 
„Kraterschlangen" 306 

Brlafs  des  Königlich  preufsischen  Ministers  der  geistlichen  etc.  An- 
)legenheiten,  beti^ffend  Heilkurse  für  stammelnde  und  stotternde 
Inder 370 


fä 


xn 

0«lto 

Aus  der  Verordnung  der  k.  k.  Statthalterei  in  Böhmen  Yom  25.  Februar 
1894,  Z.  18872,  über  Vorkehrungen  gegen  ägyptische  Augen- 
entzündung, besonders  in  Schulen 371 

Mitteilungen  an  das  Elternhaus  bei  Schulreisen  der  Gymnasiasten  in 
Aussig  a.  E 372 

ErlaDs   des   EönigUch   preufsisohen   Unterrichtsministers,   betreffend 

Haushaltungsunterricht  für  Mädchen 428 

BandverfQgung  der  Königlichen  Regierung  zu  Kassel,  Abteilung  für 
Kirchen-  und  Schulrachen,  die  Revision  von  Schulhäusem  an- 
langend   430 

Aus  der  Verordnung  der  Bukowinaer  k.  k.  Landesregierung  vom 
13.  April  1894,  Z.  6134,  an  alle  unterstehenden  politischen  Be- 
hörden wegen  Durchführung  der  Impfungen 432 

Auszug  aus  dem  Protokolle  der  Hamburgischen  Oberschulbehörde, 
246.  Sitzung,  in  betreff  des  Unterrichtsschlusses  bei  grofser 
Hitze 433 

Verfügung  des  Wiener  Bezirksschulrates  bezüglich  dos  Auftretens  der 
Influenza  in  Schulen  434 

Rundschreiben  des  Bezirksschulrates  der  k.  k.  Reichshaupt-  und 
Residenzstadt  Wien,  J.  2036,  an  sämtliche  Schulleitungen  wegen 
Durchführung  *der  Schülerimpfungen 508 

Erlafs  des  Königlich  preufsisohen  Unterrichtsministers,  betreffend  das 
Ausfallen  ron  Unterrichtsstunden  wegen  grofser  Hitze 513 

Verfugung  der  k.  k.  mährischen  Statthalterei  vom  26.  März  1894, 
Z.  10986,  an  alle  unterstehenden  politischen  Behörden  in  betreff 
der  Hintanhaltung  hygienischer  Mifsstände  in  den  Volks- 
schulen   514 

Erlafs  des  Königlich  ungarischen  Kultus-  und  Unterrichtsministers, 
No.  61622  vom  Jahre  1893,  bezüglich  der  Überbürdung  der 
Schüler  während  der  Ferien 515 

Aus  den  neuen  Bestimmungen  des  Königlich  preufsisohen  Ministers 
der  geistlichen,  Unterrichts-  und  Medizinalangelegenheiten  über 
das  Mädchenschulwesen,  die  Lehrerinnenbildung  und  die  Lehre- 
rinnenprüfungen  578 

Erlafs  des  Königlich  preufsisohen  Unterrichtsministers  wegen  Förde- 
rung der  Turn-  und  Jugendspiele,  sowie  Bereitstellung  von 
Spiäplätzen 581 

Aus  der  Verfügung  der  k.  k.  Statthalterei  in  Mähren  vom  1.  Juli 
1894,  Z.  18269,  an  alle  politischen  Unterbehörden,  betreffend 
Mafsnahmen  gegen  Trachom 583 

Anweisung  der  Königlichen  Lokalschulkommission  in  München  für 
die  Bedienung,  Instandhaltung  und  Benutzung  der  Brausebad- 
einrichtungen in  den  städtischen  Schulgebäuden 633 

Aus  der  neuen  preulsischen  Prüfungsordnung  für  Turn-  und  Schwimm- 
lehrer  639 

Verordnung  des  Regierungsrates  des  Kantons  Zug,  betreffend  Schul- 
gesun&eitsjpflege 641 

Erlafs  des  Kömglich  preufsisohen  Ministers  der  geistlichen,  Unter- 
richts- und  Medizinalangelegenheiten  bezüglich  der  Mitteilungen 
über  den  Betrieb  des  Turnens  u.  s.  w.  in  den  Schulnachriohten 
der  höheren  Lehranstalten 703 

Schuleinrichtungen  für  Schwachbegabte  Kinder.  Rundschreiben  des 
Königlich  preufsisohen  Unterrichtsministers 705 


XIII 


S«ile 
lütfceaimg  des  Medizinalrates    in  Hamburg  an  die   dortigen  Ärzte 
wegen  Haisnahmen  gegen  die  Weiterverbreitung  ansteckender 
Krankheiten  in  Schulen 708 


Personalien. 
49.    112.    179.    245.    306.    375.    435.    515.    583.    644.    709. 

Litteratur. 
1.  Besprechungen. 

Otto  JjlKke,  Die  Hygiene  der  Knabenhandarbeit.  Von  Woldbmar 
Götze 51 

Maxgbkot,  La  dödaration  obligatoire  des  maladies  contagieuBes  et 
rinspection  mödicale  des  6<^les.    Von  Combb 59 

Seventh  Annual  Report  of  the  State  Board  of  Health  of  the  State 
of  Maine.    Von  Hbbmanb  Schillbr 114 

LuDwio  Stbüm PBLL,  Die  pädagogische  Pathologie  oder  die  Lehre  von 
den  Fehlem  der  Kinder.     Von  Mobitz  Gaüstbb 118 

Etdam,  Gesnndheitslehre  für  Haus  und  Schule.  Von  Wilhelm 
Lobwbnthal 123 

Abthttr  Nbwsholmb,  School  hygiene.    Von  Karl  Hinträgeb 181 

Lbo  Buboebstbih,  Hygienische  Fortschritte  der  österreichischen  Mittel- 
schulen seit  September  1890.    Von  H.  Baybt 188 

F.  Tbüfbb,  Psychopaihische  Minderwertigkeiten  im  Kindesalter.  Von 
Fbzedbich  Koldbwet 186 

P.  Klaube,  Gesundheitslehre  für  Schulen.    Von  C.  Stböhmbbbo  . . . .  247 

Clbmbns  NohLi  Wie  kann  der  Überbürdung  unserer  Jugend  auf 
höheren  Lehranstalten  mit  Erfolg  entgegengewirkt  werden?  Von 
P.  B.  Sepp 249 

Kbibtbllbb,  Gustav  Hbhocbdikobb,  Fbanz  Hebtbl,  Güstay  Görnbb, 
WoLDBXAB  Götzb:  Aus  der  Lehrerbildungsanstalt  des  deutschen 
Vereins  für  Knabenhandarbeit.  Vorträge  über  den  Arbeits- 
unterricht.   Von  E.  Höhn 250 

ExBMÄXV  ScHiLLEB,  Die  schulhygienischen  Bestrebungen  der  Neuzeit. 

Von  J.  KOLLMAKK 308 

E.  TON  ScHBKCKEVDOBFF  uud  F.  A.  SoHMiDT,  Über  Jugend-  und  Volks- 

spiele.   Von  Kabl  Febdikand  Kummbb 311 

Ludwig  und  HOlssveb,  Neue  Schulhäuser.  Von  Kabl  HintbIobb..  315 
Lapfok,  Hygiene  et  salubrit6  de  l'öcole.    Von  L.  Kotblmann 317 

F.  C.  NoLL,  Die  Naturgeschichte  des  Menschen  nebst  Hinweisen  auf 

die  Pflege  der  Gesundheit    Von  Fb.  Dobnblüth 378 

Ludwig  Höpfnzb,   Über  die   geistige  Ermüdung   von  Schulkindern. 

Von  Leo  Bubgbbsteik 379 

Gustav  SiEOBBT,  Das  Problem  der  Kinderselbstmorde.  VonA.  Boembr  380 
C.  Dblvaille,  Une  mission  en  Espagne.    L'hygidne  scolaire  et  les 

exercices  physiques.    Von  A.  Goxbr 437 

Mabgabete    Pobhlmak5,    Die    Gesundheitslehre    in    der    höheren 

Mädchenschule.    Von  0.  Somvbb 439 

Pallisbb's  Common  sense  sohool  architecture.  Von  Kabl  HintbIgbb  441 


XIV 

Btito 

Mobitz  Wkkiobb,  Nioht  geistig,  sondern  sprachlich  zorückgebliebene 

Kinder.    Von  H.  Outzmanit 444 

SbaL  Kbaspelin,  Über  geistige  Arbeit.    Von  HsBMAinir  Sghillbb  . . .  518 
Ahoblo  Gblli,  La  scuoTa  e  l'igiene  sociale.    Von  G.  Lbithäüsbb...  622 

St.  Blattkeb,  Neue  Schalbauten.    Von  Kabl  Hinträobb 523 

Qxnhhit,   On   the   instruction   and  amusements   of  the  blind.    Von 

L.  LfOEBMAKK 525 

W.  Fbxlghbnfeij),  Der  Arzt  in  der  Schule.    Von  B.  yok  Sallwübk  585 
Gustav  Wolffhüobl,  Zur  Lehre  vom  Luftwechsel.    Von  J.  Kbattbb  587 
GüSTAY  Siboebt,  Die  Periodicität  in   der  Entwickelung  der  Kindes- 
natur.   Von  A.  BoBMEB 588 

C.  A.  DuiTHAM,  Model  schoolhouse  designs.     Von  Kabl  Hintbägeb  .  589 
Otto  Wilhblx  Bbtbb,  Deutsche  Ferienwanderungen.   Von  Th.  Bach  646 
M.  J.  Kbakzfbld,  Überblick  der  sanitär-hygienischen  Verhältnisse  in 
75  Lehranstalten   der  Stadt  Odessa,    welche   unter  der  Leitung 
der  Direktion  der  Volksschulen  stehen.    Von  C.  Stböhmbebg  . .  649 
Johann  Woldbich  und  Alfbed  Bubobbstein,  Leitfaden  der  Somato* 
logie  des  Menschen  für  Lehrer-  und  Lehrerinnenbildungsanstalten. 
Nebst   einem  Anhange :    Schulhygiene,    von   Leo  Bübgebstein. 

Von  Hebmann  Süssmann 650 

YON  Nb  Ulf  ANN,   Antrag   und  Bericht   des   Stadtrates,   betreffend    die 
Heizungs-  und  Lüftungsanlagen  in  den  städtischen  Schulen.  Von 

H.  Chb.  NUSSBAUM 651 

Otto  Bbtzlaff,   Über   den  Unterricht  in  der  G^esundheitspflege   an 

Gymnasien.    Von  P.  B.  Sepp 711 

A.  Hebmann,  Ballübungen.    Das  Ballwerfen  und  Ballfiangen  als  not- 
wendige Fertigkeiten  für  die  Ballspiele  und  als  Turnnbungsstoffl 

Nebst  einem  Ballreigen.    Von  Alfbed  Böttgheb ,.  712 

JoH.  Fb.  Gottlob  Közle,   Die  pädagogische  Pathologie   in   der  Er^ 

ziehungskunde  des  19.  Jahrhunderts.     Von  Kolbewet 714 

Gilbebt    B.  Mobbison,    The    Ycntilation    and    warming    of   school- 
buildings.    Von  Kabl  Hintbägeb 715 

2.  Bibliographie. 
61.    125.    188.    253.    317.    381.    445.    526.    590.    653.    717. 

3.  Bei  der  Bedaktion  eingegangene  Schriften. 
63.    127.    191.    255.    319.    383.    447.    527.    591.    655.    719. 


Verzeichnis  der  Herren  Mitarbeiter, 

welche  im  Jahre  1894  Beiträge  geliefert  haben. 


Bektor  des  alten  Oymnaainms  Dr.  G.  Aütehrieth  in  Nürnberg.  — 
Direktor  des  Falkrealg^ymnasimns  Dr.  Th.  Bach  in  Berlin.  —  Direktor 
ExAKtTEL  Bayb  in  Wien.  —  Stadttuminspektor  Alfred  Böttcher  in 
Hannover.  —  Oberrealschulprofessor  Dr.  Leo  Burgerstbin  in  Wien.  — 
Professor  der  Hygiene  nnd  Direktor  des  hygienischen  Institutes  der 
Universität  Dr.  Akgelo  Gelu  in  Born.  —  Schularzt  Dr.  Combb  in  Lau- 
sanne. —  Praktischer  Arzt  Dr.  Fr.  Dorhblüth  in  Bestock.  —  Direktor 
der  Landesirrenanstalt  k.  k.  Begierungsrat  Dr.  Moritz  Gaubter  in  Wien. 

—  Direktor  der  Lehrerbildungsanstalt  für  Enabenhandarbeit  Dr.  Woldehar 
Götze  in  Leipzig.  —  E.  k.  Obersanitätsrat  Professor  der  Hygiene  Dr. 
Max  Grubbr  in  Wien.  —  Arzt  für  Sprachstörungen  Dr.  H.  GurzMANy 
in  Berlin.  —  Lehrer  und  Observator  M.  K.  HIkonson-Haksen  in  Drontheim. 

—  G^ymnasialdirektor  Professor  Dr.  Gustav  Hergel  in  Aussig.  — 
Kommunaler  Kreisarzt  Axel  Hertel  in  Kopenhagen.  —  Städtischer  Lehrer 
E.  Hertel  in  Berlin.  —  Diplomierter  Architekt  Karl  HiktrIger  in 
Wien.  —  Bealgymnasiallehrer  Dr.  B.  Höhn  in  Eisenach.  —  Städtischer 
Lehrer  Otto  Jakke  in  Berlin.  —  Professor  Dr.  L.  Ikoermann  in  New  York. 

—  Direktor  des  Progymnasiums  Dr.  H.  Kanter  in  Pr.  Friedland.  —  Ober- 
lehrer an  der  4.  Bealsohule  Dr.  Kxesbbiter  in  Berlin.  —  Dooent  der 
Augenheilkunde  Dr.  Leopold  Köniostbin  in  Wien.  —  Bektor  Dr.  Friedriob 
KoiJ)BirET  in  Königslutter.  —  Professor  der  Anatomie  und  Entwickelungs 
geschichte  Dr.  J.  Kolucann  in  Basel.  —  Augenarzt  Dr.  L.  Kotelmann 
in  Hamburg.  —  Professor  der  gerichtlichen  Medizin  Dr.  J.  Kratter  in 
Gras.  —  K.  k.  Landesschulinspektor  Dr.  Karl  Fbrdivand  Kümmir  in 
Wien.  —  Praktischer  Arzt  und  Assistent  am  hygienischen  Institute  der 
Universität  Dr.  Hugo  Lasbb  in  Königsberg  i.  Pr.  —  Professor  an  der 
Geiehrtensohule  des  Johannenms  Dr.  G.  Lbithaüseh  in  Hamburg.  — 
Profeesor  Dr.  Wilhelm  Loewbnthal  in  Berlin.  —  Lehrer  an  der  8.  Be- 
ztrksschule  Oswald  Mbtbioh  in  Leipzig.  —  Praktischer  Arzt  Dr.  H.  "Säst 
in  Zürich.  —  Lehrerin  Marianne  Nioo  in  Komeuburg.   —  Docent  an 


XVI 

der  technisclien  Hochschule  H.  Chr.  Nussbaüm  in  Hannover.  —  Univerritäta- 
lehrer  Jabo  Pawbl  in  Wien.  —  Ärztlicher  Schalinspektor  Dr.  Pbrbachok 
in  Paris.  —  Professor  der  Augenheilkunde  Dr.  Erkst  Pflügbr  in  Bern. 
—  Direktor  der  3.  Bealschule  Professor  H.  Batdt  in  Hannover.  —  Pro- 
fessor der  Augenheilkunde  Dr.  Auoüst  Ritter  vok  £eü8s  in  Wien.  — 
Praktischer  Arzt  Dr.  A.  Bömer  in  Stuttgart.  —  Oberschulrat  Geheimer 
Hofrat  Dr.  E.  von  Sallwürk  in  Karlsruhe.  —  Orthopäde  Dr.  Felix 
ScHEHK  in  Bern.  —  Professor  der  Pädagogik  und  Direktor  des  GroCa- 
herzogüohen  Gymnasiums  Geheimer  Oberschulrat  Dr.  Hermann  Sgbillbr 
in  Giefsen.  —  Praktischer  Arzt  Dr.  Schmid-Monnard  in  Halle  a.  S.  — 
Professor  der  Augenheilkunde  Geheimer  Medizinalrat  Dr.  Hbrmanit 
Schkidt-Bdcfler  in  Göttingen.  —  Augen-  und  Ohrenarzt  Dr.  Patti> 
Schübe  BT  in  Nürnberg.  —  Schularzt  und  Professor  der  Hygiene  Dr. 
Heinrich  Sohusohnt  in  Budapest.  —  Gymnasialprofessor  P.  B.  Sepp  in 
Augsburg.  —  Direktor  der  städtischen  höheren  Mädchenschule  und 
Lehrerinnenbildungsanstalt  Dr.  0.  SomntR  in  Braunschweig.  —  Professor 
der  Augenheilkunde  Dr.  J.  Stilling  in  Strafsburg  i.  E.  —  Lehrer  am 
Königlichen  Schullehrerseminar  Dr.  Joseph  Stimpfl  in  Bamberg.  —  Kreis- 
arzt  Dr.  C.  Ströhmbero  in  Dorpat.  —  Oberarzt  des  Hermannatädter 
Komitates  Dr.  Hermann  Süssmann  in  Hermannstadt.  —  Oberschulrat 
Hofrat  Gustav  Wallraff  in  Karlsruhe.  —  Arzt  des  Wedenskisohen 
klassischen  Gymnasiums  und  Direktor  des  Eünderasyls  der  Ghx>f8füntiD 
Alexandra  Nicolaewska  Wirklicher  Staatsrat  Dr  Alexander  von  Wibeniüs 
in  St.  Petersburg. 


|eitf((infl  für  Si|ii(geM|eito|rf^^ 

Vn.  Jahrgang.  1894.  No.  1. 


(Drt$ttial-]Xbi|anblit  n$en. 


Zur  Myopiefrage. 

Von 

H.  Schmidt -RiMPLBB, 

Professor  der  Augenheilkunde  in  Göttingen. 

Göttingen,  deQ  3.  Dezember  1893. 

6reelirter  Herr  Redakteur  I 

Gestatten  Sie  mir  zu  der  letzten  Entgegnung  meines 
geschätzten  Kollegen  Stillinq  noch  folgende  Bemerkung. 

Ich  mufste  zur  Entkräftung  seiner  Behauptung,  ^dals  die 
von  ihm  aufgestellte  Lehre  von  der  Entstehung  der  Myopie 
anfange  durchzudringen^,  naturgemäfs  die  Aussprüche  der 
Forscher,  welche  sich  mit  dieser  Frage  beschäftigt  haben, 
wörtlich  mitteilen.  Die  Zahlenreihen  über  die  durchschnitt- 
lichen Orbitalindioes  bei  Emmetropen  und  Myopen,  die  Stil- 
liiNG  jetzt  unter  Fortlassung  entgegengesetzter  Ergebnisse  zu 
aeineu  Gunsten  anführt,  beweisen  nur,  dafs  die  Differenzen  zu 
gering  sind,  um  darauf  hin  ein  Gesetz  zu  gründen ;  im  Gegenteil 
sind  unter  Berücksichtigung  sonstiger  Umstände  die  betreffenden 
Untemucher,  wie  ich  gezeigt,  hieraus  zu  ihrem  Urteil  über 
die  Unhaltbarkeit  der  STiLLiNGschen  Lehre  gekommen. 
Selbst  in  den  jüngst  veröffentlichten,  als  von  PflOgbr  her- 
rührend bezeichneten  Untersuchungen  —  die  Orbitalmessungen 
bat   der    Assistenzarzt   Herr   Eissbn,    die    Bearbeitung    Herr 

SehulgMandheittpfleg«  VU.  1 


Jakkowski  ausgefülirt  —  heilist  pa  (S.  191):  ^Das  bedeutet 
zweifellos,  dais  nicht  nur  chamäkonohe-niedrige,  sondern  auch 
mesokonche -mittelhohe  Augenhöhlen  zur  Myopie  disponieren^. 
Was  schlielslich  noch  Romano-Catanias  350  „albanesische^ 
Seminaristen  betrifft,  die  ich  als  „Sicilianer^  bezeichnet  habe, 
so  sind  sie  in  der  That  geborene  Sicilianer,  die  allerdings 
aus  älteren  albanesischen  Kolonien  in  Sicilien  abstammen. 

Mit  grölster  Hochachtung 

Ihr  ergebenster 

H.   ScHMIDT-BlMPLBB. 


über  geistige  Ermüdung  beim  Schulunterrichte. 

Von 

Dr.  med.  Hugo  Laser, 

prakt.  Arzt  und  Assistenten  am  hygienischen  ümyersitätsinstitate 

zu  Königsberg  i.  Pr. 

^Die  Arbeitskurve  einer  Schulstunde",  ein  Vortrag, 
den  Oberrealschulprofessor  Dr.  phil.  Leo  Bürgerstein  aus  Wien 
auf  dem  VII.  internationalen  Kongresse  für  Hygiene  und  Demo- 
graphie zu  London  1891  gehalten  hat,  gab  die  Anregung  und 
Grundlage  zu  meinen  Untersuchungen,  deren  Resultate  hierdurch 
mitgeteilt  werden  sollen. 

Vorher  dürfte  wohl  eine  Besprechung  des  BüRGERSTEi^schen 
Vortrages,  der  in  dieser  Zeitschrift^  abgedruckt  ist,  am  Platze 
sein,  um  so  mehr,  als  meine  Versuchsanordnung  von  der  BuBGSR* 
STEINS  zum  Teil  abweicht. 


»  IV.  Jahrg.,  No.  9,  S.  543—562  und  No.  10,  S.  607—627. 


Der  Q-enannte  geht  von  der  jedem  Lehrer  bekannten  That- 
saohe  ans,  daüs  ein  intensiver  Unterricht  schon  nach  kurzer 
Zeit  bei  den  Schülern  Abspannung  und  Ermüdung  heryor- 
ruf);.  Er  versucht  nun,  diese  Erscheinung  in  Zahlen  auszudrücken, 
welche  dann,  zusammengestellt,  seine  „Arbeitskurve^  darstellen. 
Zu  diesem  Zwecke  liefs  er  in  4  Klassen  von  elf-  und  zwölf- 
jährigen Kindern  10  Minuten  hindurch  eine  Anzahl  einfacher 
Rechenexempel,  Additionen  und  Multiplikationen,  anfertigen. 
Dann  folgten  5  Minuten  Pause,  worauf  der  Turnus  von  neuem 
begann.  Es  zeigte  sich  dabei,  daJs  die  Kinder  in  der  dritten 
Viertelstunde  die  geringste  Zahl  von  Rechnungen  mit  den 
meisten  Fehlern  gemacht  hatten.  In  der  vierten  Viertelstunde 
trat  dagegen  nach  der  vorausgegangenen  Abspannung  wieder 
eine  Erhöhung  der  Leistungsfähigkeit  ein. 

BuRGBRSTEiK  Stellt  daher  folgende  Thesen  auf: 

1.  Es  ist  wünschenswert,  dals  über  die  Frage  der  geistigen 
Überbürdung  weitere  exakte,  experimentelle  Untersuchungen 
angestellt  werden. 

2.  Bis  diese  Frage  entschieden  ist,  sollte  der  Unterricht 
in  der  Schulstunde  nicht  länger  als  drei  viertel  Stunden  andauern. 

Nachdem  in  der  Diskussion  Dr.  Glabstonb  dem  Redner 
lebhaft  beigestimmt  hatte,  wurden  die  von  demselben  auf- 
gestellten Thesen  einstimmig  angenommen. 

Wie  BuRGEBSTBiN  angibt,  behandelt  bisher  nur  eine  Arbeit 
von  SiKORSKT  diesen  G-egenstand,  welcher  auf  1500  Diktat- 
proben =  40000  Buchstaben  seine  Resultate  stützt.  Der  wesent- 
liche Unterschied  zwischen  der  Leistung  am  Morgen  und 
derjenigen  nach  vier-  bis  fünfstündigem  Unterrichte  liegt  in 
einer  Exaktheitsdifferenz  von  durchschnittlich  33%. 

Auch  ich  habe  in  der  Litteratur  sonst  keine  Veröffent- 
lichung gefunden,  die  sich  mit  der  experimentellen  Untersuchung 
über  die  geistige  Ermüdung  der  Kinder  beim  Schulunterrichte 
beschäftigt. 

An  dieser  Stelle  mag  zunächst  die  Abweichung  erwähnt 
werden,  welche  meine  Yersuchsanordnung  von  der  Burgbrstbins 
uaterscheidet. 


DMPselb»  lielfl,  wie  schon  oben  gesagt,  in  einer  Stunde  yier 
Anfgabenseiden  reehnen,  indem  er  an  jeder  Seide  10  Miavtan 
Zeit  gab  und  awisohen  je  awei  Serien  5  Minuten  Panee  einsoliob» 
um  wähienddessen  die  Zettel  mit  iaa  gereehnetea  Stempeln 
einsneaumeln  und  neue  Zettel  ftir  die  näohetfolgende  Seria 
ausamteilen.  Jeder  Abaolmitt  bestend  aus  20  yeracluedenen 
Beehenanfgaben,  über  deren  Zusammensetzung  später  betiobtet 
WBcden  soll. 

lebr  glaube,  dals  ee  ala  2demlieh  selbstvwstftndlicb  ansusehen 
18^,  dafis  bei  dem  vielen  Beekuen  in  einw  Stunde  schlieifelieh 
der  G-eist  der  Kinder  erlahmt.  £s  ist  wohl  auch  unter  natür- 
lichen Yerhaltniseen  kmn  Sohuluntemcht  denkbar,  bei  dem  ein 
8o  ewige»  Einerlei,  wie  bei  Bijb0BR&tbinb  Versuche^  herrscht. 
Sagt  doch  dieser  selbst:  ^Die  Sehnkliinde  ist  allerdings 
im  allgemeinen  in  praxi  imdier  an  Abwechslung»  als  die  hier 
beotutBte'  Methode.  So  werden  z.  B.  beim  Bechnen  Diktat, 
EKaknaaion  der  Beehnung,  Aufirulen  einzelner  Schüler  u.  s.  f. 
Torkommen,  Dinge,  welche  hier  wegfallen.^ 

Ich  zog  es  daher  vor,  nicht  die  Brmüdumg  in  einer  Stunde 
zu  prttÜMi,  sondern  zu  untersudien»  ob  bei  dem  fün&tündigen 
XJntenrichte,  wie  er  jetet  an  einem  Vormittage  abgehalten  wird, 
eine  Abspannung  der  Schüler  eintrete.  Infolgedessen  liefe  ich 
dieselben  am  Anfange  jeder  der  5  Stunden  die  yon  mir  auf- 
geteilten Aufgaben  rechnen,  wozu  ich  ebenfstUs  nur  10  Minuten 
Zeit  gewahrte. 

Ermöglicht  wurden  meine  Untersuchungen  durch  das  bereit* 
willige  ESntgegenkommon  des  hiesigen  Stedtschulrats,  Herrn 
Dr.  Tbibukajt,  welcher  mir  gestettete,  in  ein«  Knaben-  und 
einer  Mädchenbürgersehule  an  zwei  korrespondierenden  Klassen 
dieselben  «azuetellan.  Hierfür  sage  ich  ihm  auch  noch 
an  dieser  Stelle  meinen  Dank,  ebenso  d«n  Herren  Bektoren 
wid  Lehrern  der  beiden  Anstalten  f)lr  die  Liebenswürdigkeit, 
mit  welcher  sie  mich  unterstützt  haben. 

Die  fia^empd  stellte  idi  folgenderma&en  auf: 

Die  zehn  Ziffeni  0 — 9  wurden  in  willkürlich«r  Beihenfolge 
hintereinandergesetzt   und  eine  zweite    ebensolche  willkürliche 


Beule  danebengestellt,  ebenso  wie  es  Büxohrstbin  gethan  hat. 
Unter  diese  20  Ziffern  wurden  dann  20  fernere  Ziffern  in 
derselben  Weise  gesehrieben,  wodurch  ein  Additionsexempel 
entstand.  Anf  dieselbe  Weise  bildete  ich  10  versohiedene 
Aufgaben,  jede  mit  anderer  Kombination  der  Ziffern. 

Ans  diesen  10  Additionsexempeln  wurden  dann  noch 
10  Multiplikationsexempel  konstruiert.  Als  Multiplikand  diente 
der  erste,  d.  h.  der  obere  Summand  jeder  Addition.  Als  Multi- 
plikatoren wurden  0  und  1  selbstverständlich  nicht  gewählt, 
sondern  nur  die  Zahlen  von  2  bis  6,  da,  wie  Burgebstbin 
schon  hervorhebt,  z.  B.  eine  Multiplikation  mit  2  sich  bedeutend 
beztLglich  des  Arbeitswertes  unterscheidet  von  einer  solchen 
mit  9. 

Um  zu  zeigen,  wie  ein  Arbeitsabschnitt  von  20  so 
gebildeten  Aufgaben  sich  gestaltet,  mag  hier  die  Serie  I  wieder- 
gegeben werden: 

I.   Name:  Alter:  Klasse: 

No.  1.     Addiere:       28703451692740831569 

+  35869427 108215976043. 


IWI  H! 


No.  2.  MTiltipUzi«re:  28703461692740831569 

2. 


No.  3.     Addiere:       64392806716789806214 

+  6269134078810(?275493. 


No.  4.  Multipliziere:  54392806716789306214 

3. 


No.  5.  Addiere:   72680519433760514298 

4-  467 13602981692430768. 


No.  6.  Multipliziere:  72680519433760614298 

4. 


6 


No.  7.  Addiere:   64308529178972053641 

+  25684397102150973864. 


No.  8.  Multipliziere:  64308529178972053641 

5. 


No.  9.  Addiere:   38927560141579324068 

+  46829130572934058767. 


No.  10.  Multipliziere:  38927560141579324068 

6. 


No.  11.  Addiere:   57289104362098135674 

-H  7048356921 1482039567. 


No.  12.  MultipUziere:  57289104362098135674 

2. 


No.  13.     Addiere:       91027835462986540713 

+  69704315288013649275. 


No.  14.  Multipliziere:  91027835462986540713 

3. 


No.  15.  Addiere:   56210974387356802941 

-4-  36945281076647903182. 


No.  16.  Multipliziere:  56210974387356802941 

4. 


No.  17.  Addiere:   81203756943085976412 

-H  56738124909840732516. 


No.  18.  MnltiplizieTe:  81203756943085976412 

5. 


No.  19.  Addiere:   23750169481920865734 

+  24781395608452601973. 


No.  20.  Multipliziere:  23750169481920865734 

6. 


Die  Aufgaben  der  folgenden  4  Serien  entwickelte  ich  aus 
dieser  ersten  folgendermaJsen: 

Seriell:  DieoberenSnmmanden  der Additionsexempel wurden 
durch  Aneinanderreihen  der  ersten,  dritten,  fünften  u.  s.  w. 
Ziffer  des  oberen  Summanden  von  No.  1,  3,  5  etc.  der  Serie  I 
gewonnen,  während  die  unteren  Summanden  unverändert  stehen 
blieben.  Zugleich  dienten  die  oberen  Summanden  als  Multi- 
plikanden.   Die  ersten  Aufgaben  der  II.  Serie  lauteten  demnach: 

No.  1.     Addiere:       27356248168041970359 

+  35869427108215976043. 


No.  2.  Multipliziere:  27356248168041970359 

2. 


Serie  HI:  Der  obere  Summand  wurde  in  analoger  Weise 
durch  Aneinanderreihen  der  zweiten,  vierten,  sechsten  etc.  Ziffer 
gewonnen,  während  der  untere  wiederum  derselbe  blieb.  Auch 
trat  der  obere  Summand  wieder  als  Multiplikandus  ein.   Also: 

No.  1.     Addiere:       80419703592735624816 

+  35869427108215976043. 


No.  2.  Multiplizsiere:  80419703592735624816 

2. 


Serie  lY:  Der  obere  Summand  bleibt  unverändert  stehen, 
während  im  unteren  jede  Ziffer  eine  Stelle  nach  links  rückt. 


8 

80  dals   die  erste  Ziffer  die  letzte   wird.     Die   Multiplikation 
findet  mit  dem  unteren  Summanden  statt. 

No.  1.  Addi^e:   28703451692740831569 

-f  58«94271082159760438. 


No.  2.  Multipliziere:  58694271082159760433 

2. 


Serie  V:  Der  obere  Summandus  bleibt  derselbe,  während 
der  untere  in  umgekehrter  Reihenfolge  hinzugefügt  wird.  Multi- 
pliziert wird  der  untere  Summand.  Die  V.  Serie  beginnt  daher: 

No.  1.     Addiere:       28703451692740831569 

+  34067951280172496853. 


No.  2.  Multipliziere:  34067951280172496853 

2. 


Jede  Serie  bestand  demnach  aus  20  derartig  variierten 
Ezempeln,  die  den  Eandern  gedruckt  gegeben  wurden.  Ich 
hatte  darauf  geachtet,  dafs  das  Papier  weifs  und  glatt,  die 
Buchstaben  tief  schwarz,  4  mm  hoch  und  fett  gedruckt  waren. 
Zwischen  den  einzelnen  Exempeln  war  ein  hinreichender  Raum 
frei  gelassen  zum  Aufschreiben  der  Resultate.  Jedem  Zettel 
wurde  aufserdem  ein  passendes  Löschblatt  beigefügt. 

Von  Subtraktions-  und  Divisionsexempeln  sah  ich  aus  den- 
selben Gründen,  wie  Burgbrstein,  ab.  Bei  ersteren  kann  nämlich 
zu  leicht  eine  Yerwechselnng  der  Operation  mit  der  Addition 
eintreten,  während  bei  aer  Division  die  Komplikation  der  Rech- 
nung viel  gi'öiser  ist,  als  bei  der  Addition  und  Multiplikation 
und  dadurch  die  Kontrolle,  was  Bü&gbrstein  mit  Recht  hervor- 
hebt, zu  sehr  erschwert  wird. 

Diese  20  Aufgaben  sind  nun  so  zusammengestellt,  dals 
man  voraussehen  konnte,  selbst  die  flinksten  Rechner  würden 
10  Minuten  gebrauchen,  um  all«  auszvreehnen.  Die  betreffende 
Annahme  wurde  denn  auch  bestätigt,  da  die  wenigen  Kinder, 


e 

welche  das  aufgegebene  Pensum  absolvierten,    beinahe   erst  in 
der  letzten  Minute  ihr  Ziel  erreichten. 

Nachdem  die  Blätter  verteilt  waren,  durfte  niemand  früher 
rechnen,  als  bis  ein  Zeichen  ssum  Anfangen  gegeben  war.  Nach 
ToUen  10  Minuten,  die  genau  mit  der  ühr  festgesetzt  wurden, 
mufsten  alle  Kinder  bei  dem  Rufe  des  Lehrers:  ^Feder  hin- 
legen!" aufhören. 

Zur  Verfügung  stand  mir  in  einerMädchenschule  Klasse  IIB, 
entsprechend  dem  fünften  Schuljahre  und  Klasse  HE,  entsprechend 
dem  vierten,  sowie  in  der  korrespondierenden  Knabenschule 
Elasse  III,  entsprechend  dem  fünften  und  Klasse  IV,  ent- 
sprechend dem  vierten  Schuljahre. 

Der  Einfachheit  wegen  sei  später 
mit  5  Mädchenschule,  Klasse  IIB, 

»4         „  „    m. 

„    V  Knabenschule  ^       III, 

„    IV  „  „      IV  kurz  bezeichnet. 

In  5  befanden  sich  am  16.  November  1892  53  Mädchen.  Die 
Bogen  von  2  derselben  sind  zur  Beurteilung  nicht  zu  benutzen, 
da  eine  völlig  willkürlich  ab  und  zu  eine  Zahl  hingeschrieben, 
die  zweite  ganz  sinnlose,  lange  Zahlenreihen  unter  jede  Aufgabe 
gesetzt  hatte. 

In  4  safsen  am  19.  November  1892  61  Schülerinnen. 
In  V,  wo  ich  am  25.  November  1892  rechnen  liefe,  haben 
von  63  Schülern  7  ganz  unbrauchbare  Bogen  abgeliefert  und 
in  IV  von  59  Schülern  1. 

Zur  Beurteilung  bleiben  also: 

von  5     51  Bogen, 
»    4     61        „ 
»    V    66        „ 
«    IV  68        „    . 
Stellen  wir  zuerst  fest,  wieviel  Ziffern  die  Kinder  in  den 
einzelnen  Abschnitten  ausgerechnet  haben.    Eine  Zunahme  der 
Ziffern  von  einem  Arbeitsstück  zum  anderen  ist  gleichbedeutend 
mit  einer  Zunahme   der   Leistung,    wobei   zunächst  von   den 
Fdilem  ganz  abgesehen  werden  soll. 


10 


Folgende  Tabelle  gibt  liierüber  Anfechlals: 


Klasse 

Arbeits- 
stück 

Verlang 
Ziffern 

Ziffern, 
▼on  allen 

Kindern 
zusammen 
(gerechnet 

Durch- 
schnitt 

Vo 

5 

I 

n 
ni 

IV 
V 

414 
414 
412 
414 
415 

10580 
13287 
14015 
13802 
13720 

207,4 
260,5 
274,8 
270  6 
269,0 

50,0 
62,9 
66,7 
65,4 
64,8 

4 

I 

II 
m 

IV 
V 

414 
414 
412 
414 
415 

11493 
11919 
12065 
12867 
14683 

188,4 
195,4 
197,8 
210,9 
240,7 

45,5 
47,2 
48,0 
50,9 
58,0 

V 

I 
11 
111 

IV 
V 

414 
414 
412 
414 
415 

7079 
8304 
8730 
9243 
9167 

126,4 
148,3 
155,9 
165,0 
163,7 

30,5 
35,8 
37,8 
39,8 
39,4 

iV 

I 
n 
III 

IV 
V 

414 
414 
412 
414 
415 

5748 
7151 
8314 
8087 
8320 

99,1 
123,3 
143,3 
139,4 
143,4 

23,9 
29,8 
34,8 
33,7 
34,5 

Diese  Tabelle  zeigt  uns  keine  völlige  KoDgruenz  in  den 
vier  Klassen.  Während  in  4  die  Leistungsfähigkeit  Ton  Serie  I 
bis  Y  stetig  zunimmt,  steigt  sie  in  Y  nur  bis  Serie  lY,  um 
dann  ein  wenig  zu  sinken;  in  5  wächst  die  Leistungsfähigkeit 
nur  bis  Serie  III,  feilt  dann  in  lY  und  noch  mehr  in  Serie  V, 
und  in  lY  steigt  sie  bis  III,  sinkt  dann  in  Serie  lY  und  steigt 
wieder  in  Serie  Y. 

Zwei  wichtige  Punkte  fallen  aufserdem  noch  an  dieser 
Tabelle   auf,    nämlich   erstens,    dafs  die  Knaben   viel  weniger 


11 


Ziffern  ausgereclinet  haben,  als  die  Mädchen  der  entsprechenden 
Klasse,  nnd  zweitens,  dafs  in  Serie  I,  verglichen  mit  den 
späteren  Serien,  nnverhältnismäfsig  wenig  Zahlen  gerechnet 
sind.  Erfahrene  Schulmänner  behaupten  zwar,  dafs  in  der 
ersten  Schulstunde  immer  am  wenigsten  geleistet  werde,  weil 
die  Kinder  meistens  zur  Schule  gestürzt  kommen  und  noch 
nicht  den  nötigen  Ernst  und  die  gehörige  Fassung  haben.  Ich 
glaube  indes,  dafs  dieser  Umstand  in  unserem  Falle  nicht  allein 
mafsgebend  gewesen  ist,  sondern  dafs  auch  mein  Erscheinen,  also 
die  Gegenwart  einer  fremden  Person,  die  sonst  noch  nicht  in 
der  Schule  gesehen  war,  sowie  das  Neue  und  Unerwartete  an 
den  gestellten  Aufgaben  dazu  beigetragen  haben,  dafs  in  der  ersten 
Stunde  die  Leistungsfähigkeit  bei  weitem  am  niedrigsten  war. 
Untersuchen  wir  noch,  um  wieviel  Ziffern  die  Leistungs- 
&higkeit  von  einer  zur  nächsten  Serie  zu-,  bezw.  abnahm,  so 
erhalten  wir  nachstehende  Tabelle: 


Za-  oder 

Im  Dmrch- 

A  1 

Klasse 

Serie 

Abnahme 
der  Ziffern 

sohoitt 

Vo 

I-II 

4-  2707 

+  68,1 

+  12,9 

5 

n-111 

H-    728 

+  14,3 

+  3,8 

4/ 

111    IV 

—    213 

-    4.2 

-   1,3 

IV    V 

—      82 

-   1,6 

-  0,6 

i-n 

+    426 

+   7.0 

+   1,7 

4 

n-iii 

+    146 

+   2,4 

+   0,8 

^E 

nr— IV 

+    802 

+  13.1 

+   2,9 

IV~V 

+  1816 

+  29,8 

+   7,1 

i-n 

-1-  1225 

+  21.9 

+  6,3 

V 

TT— in 

-h    426 

+   7,6 

+   2,0 

» 

1 1 1  -IV 

+    513 

+  9,1 

+   2,0 

IV— V 

-      76 

-   1,3 

-  0,4 

i-ii 

+   1403 

+  24,2 

+   5,9 

IV 

n-iii 

4-   1163 

+  20,0 

+   6,0 

^k     V 

ni-iv 

227 

—   3,9 

-   1,1 

IV     V 

+    233 

+   4,0 

+   0,8 

12 

Ans  dieser  Tabelle  sehen  wir  wiedemm  ganz  deutlich,  was 
vorhin  schon  einmal  hervorgehoben  wurde,  dals  die  Leishing»- 
&higkeit  in  der  ersten  Stunde  am  niedrigsten  ist.  Die  Differenz 
zwischen  dem  ersten  und  zweiten  Arbeitsstücke  ist  bei  allen 
vier  Klassen  bei  weitem  gröfser,  als  die  zweier  anderer  Ai1)eitB- 
stücke. 

Soviel  über  diejenige  Leistungsfähigkeit,  die  ich  die  „quan- 
titative^ nennen  möchte  im  Gegensatz  zur  „qualitativen'^, 
mit  der  wir  uns  jetzt  beschäftigen  wollen. 

Eine  etwaige  Verschlechterung  der  Schrift  von  einem  zum 
anderen  Arbeitsstücke  wage  ich  nicht  zu  beurteilen.  Ich  will 
mich  vielmehr  nur  an  die  Fehler,  resp.  Korrekturen,  welche 
die  Kinder  gemacht  haben,  halten. 

Letztere  sind  jedenfalls  weniger  verläfslich  und  wichtig, 
als  die  Fehler,  aber  immerhin  sollen  sie  zur  Beurteilung  der 
Vollständigkeit  halber  herangezogen  werden.  Bemerkt  sei  dabei, 
dafs  nur  dann  eine  Korrektur  angenommen  wurde,  wenn  sich 
deutlich  erkennen  liefs,  daüs  eine  Zahl  umgeändert  war,  also 
eine  falsche  in  die  richtige  oder  auch  umgekehrt  eine  richtige 
in  eine  falsche.  Nicht  als  Korrektur  angesehen  wurde  es  da- 
gegen, wenn  eine  schlecht  oder  undeutlich  geschriebene  Ziffer 
verbessert,  also  nur  eine  kalligraphische  Korrektur  ausgeführt  war. 

Was  die  Fehler  betrifft,  so  berechnete  Bürgbrstein  dieselben 
sowohl  insgesamt,  als  auch  besonders  in  den  Additions-  und 
den  Multiplikationsaufgaben.  Ich  nahm  von  letzterem  Abstand, 
ermittelte  vielmehr  nur  die  Gesamtfehler,  da  mir  darum  zu 
thun  war,  zu  erfahren,  ob  die  Anzahl  der  Fehler  überhaupt 
von  einem  zum  nächsteo  Arbeitsstücke  zu-  oder  abnahm. 

Öfter  findet  man  unmittelbar  hintereinander  zwei  oder  sogar 
mehr  Fehler;  Bürgerstein  spricht  dann  von  „Fehlerserien**. 
Da  oft  ein  Fehler  die  Veranlassung  des  folgenden  ist,  könnte 
man  bisweilen  eine  solche  „Serie''  gleich  einem  Fehler  setzen. 
Insofern  aber  Burgbrstein  selbst  angibt,  da&  dadurch  kaum 
ein  nennenswerter  Unterschied  im  Resultate  entsteht,  habe  ich 
einfach  jede  falsche  Ziffer  als  „Fehler^  bezeichnet.  Besonders 
wurde  endlich  noch  beachtet,   wenn  Ziffern  ganz   ausgelassen 


13 


waran  und    in    der  Schluisfolganiiig   jede  ansgelaes^aa  Zahl 
eineia  Fehler  gkichgerechnet. 

Über  die  Karrektareii  gibt  uns  folgende  Tabelle  Aufaehlufa: 


Durch- 

Verhältnis 

SUm« 

aerie 

Gesamt- 
korrektnren 

Darch- 

schoin  der 

Koirek- 

schnitt  der 
neten 

der  ZifferB 

und  Konek- 
turen  tn 

taren 

Ziffern 

•/. 

I 

83 

1,6 

207,4 

0,8 

II 

113 

2,2 

260,5 

0,8 

5 

IN 

140 

2,7 

274,8 

1,0 

IV 

129 

2,5 

270,6 

0,9 

V 

130 

2,5 

269,0 

0,9 

I 

9e 

1,6 

188,4 

0,8 

II 

171 

2,8 

195,4 

1.4 

4 

ni 

149 

2,4 

197,8 

1,2 

rv 

1&8 

2,6 

210.9 

1,2 

V 

186 

3,0 

240,7 

1,2 

I 

111 

2,0 

126,4 

1,6 

n 

125 

2,2 

148,3 

1.5 

V 

UI 

147 

2,6 

155,9 

1,7 

IV 

215 

3,8 

165,0 

2.2 

V 

191 

3,4 

163,7 

2.1 

I 

67 

1,1 

99,1 

1.1 

n 

100 

1,7 

123,3 

1.4 

IV 

II  r 

143 

2,5 

143,3 

1,7 

IV 

138 

2,4 

139,4 

1,7 

• 

V 

156 

2,7 

143,4 

1,9 

Aus  den  Rubriken,  welche  die  Summe  der  in  jeder  Serie 
vorgenommenen  Korrekturen  und  den  Durchschnitt  davon, 
wieviel  Korrekturen  jedes  Kind  gemacht  hat,  angeben,  lassen  sich 
keine  sicheren  Schlüsse  ziehen;  wir  sehen  ganz  unregelmäfsig 
ein  Steigen  und  Sinken  der  Zahlen.  Betrachten  wir  dagegen 
die  letzte  Rubrik  genauer,  in  welcher  die  im  Durchschnitt  ge- 


14 


rechneten  Zahlen  zu  den  im  Dorchschnitt  gemachten  Korrek- 
turen nach  Prozenten  in  Verhältnis  gestellt  sind,  so  finden  wir 
auch  hier  zwar  keine  völlige  Übereinstimmung,  aber  doch  im 
allgemeinen,  da£s  die  Anzahl  der  Korrekturen  Yom  ersten  zum 
fünften  Zeitstücke  zugenommen  hat.  Gauz  klar  ist  dies  bei 
Klasse  IV,  wo  die  Zahl  stetig  anwächst.  In  5  steigt  sie  von 
0,8  bis  1  und  fällt  dann  wieder  auf  0,9,  eine  so  kleine  Di£Fe- 
renz,  dafs  man  sie  wohl  aufser  Betracht  lassen  darf.  In  4 
steigt  sie  von  0,8  auf  1,4,  um  dann  auf  1,2  zu  sinken.  In  V 
schwankt  sie  am  unregelmäfsigsten  hin  und  her;  immerhin 
finden  wir  in  Serie  I  1,6  und  in  Serie  V  2,1%  Korrekturen. 


Klasse 

Serie 

Ans- 

gelMsene 

Zahlen 

insi^samt 

Dorch- 
schnitt der 

ans- 
gelassenen 

Zahlen 

Dnrch- 

schnitt  der 

gerechneten 

Zahlen 

Verh&ltnis 
der  gerech- 
neten sn  den 
ausgelasse- 
nen Zahlen 
in% 

5 

I 

II 
III 
IV 

V 

43 
35 
63 
40 
30 

0.8 
0,7 
1.2 
0,8 
0,6 

207,4 
260,5 
274,8 
270,6 
269,0 

0,4 
0,3 
0,4 
0,3 
0,2 

4 

I 
II 
III 

IV 
V 

11 
11 
14 
17 
9 

0,2 
0,2 
0,2 
0,3 
0,1 

188,4 
195,4 
197,8 
210,9 
240,7 

0.1 
0,1 
0,1 

0,1 
0,04 

V 

I 
n 
ni 

IV 

V 

11 
11 
17 
15 
16 

0,2 
0,2 
0,3 
0,3 
0,3 

126,4 
148,3 
155,9 
165,0 
163,7 

0.1 
0,1 
0,2 
0.2 
0,2 

IV 

I 
n 
ni 

IV 
V 

16 
11 
33 
27 
32 

0,3 
0,2 
0,6 
0,5 
0,5 

99,1 

123,3 

143,3 

139,4 

143,4 

0,3 
0.2 
0,4 
0,3 
0,3 

15 


Die  Mädchen  haben  im  Verhältnis  viel  weniger  Korrek- 
turen gemacht,  als  die  Knaben. 

In  derselben  Weise  sind  die  ausgelassenen  Ziffern  auf 
Seite  14  tabellarisch  angeführt  worden. 

Auch  hier  ist  das  An-,  resp.  Absteigen  der  ausgelassenen 
Ziffern  im  Verhältnis  zu  den  gerechneten  in  den  einzelnen  vier 
Ellassen  verschieden. 

Es  folgen  nun  noch  in  der  nachstehenden  Tabelle  die  Fehler: 


Klas«e 

Serie 

6e«amt- 
fehler 

Durch- 

sehnitt  der 

Fehler 

Durch- 
schnitt der 
gerechneten 

Zahlen 

Verhältnis 

der 
gerechneten 

Zahlen  sä 
den  Fehlem 

I 

393 

7,7 

207,4 

3J 

TT 

511 

10,0 

260,5 

3,8 

5 

ITT 

561 

11,0 

274,8 

4,0 

IV 

616 

12.1 

270,6 

4,5 

V 

519 

10,2 

269,0 

3,8 

i 

I 

308 

»,0 

188,4 

2,6 

n 

387 

6,3 

195,4 

8,1 

4 

in 

391 

6,4 

197,8 

3.2 

IV 

425 

7,0 

210,9 

8,8 

V 

392 

6,4 

240,7 

2,6 

I 

252 

4,6 

126,4 

8,6 

n 

279 

6,0 

148,8 

8,4 

V 

III 

828 

6,8 

155,9 

8,7 

IV 

848 

6,1 

165,0 

3,7 

V 

874 

6,7 

163,7 

4,1 

I 

194 

8,8 

99,1 

8,8 

n 

288 

4,9 

128,8 

4,0 

IV 

in 

488 

7,5 

148,8 

6,2 

IV 

412 

7,1 

189,4 

5,1 

V 

888 

6,6 

148,4 

4,6 

Betrachten  wir  zunächst  die  absolute  Fehlerzahl,  so  finden 
wir  in  Klasse  5,  4  und  Y  ein  stetes  Ansteigen  von  der  I.  bis 


16 

zur  IV.  Serie,  dann  einen  Abfall  in  der  V.  Serie,  bei  TV  nur 
ein  Ansteigen  bis  zur  UI.  Serie,  dann  einen  Abfall  ivk  der  IV. 
nnd  einen  noch  weiteren  Abfall  in  der  V.  Serie.  Die  relative 
Fehlerzahl,  die  das  Verhältnis  der  gemaohten  Fehler  zu  den 
gerechneten  Ziffern  angibt,  zeigt  uns  fast  dasselbe  Verhalten. 
In  Klasse  5  und  4  steigt  diese  Zahl  von  Serie  I  bis  IV  und 
fitllt  in  Serie  V;  in  Klasse  V  steigt  sie  fast  kontinnierlioh,  ab- 
gesehen davon,  dals  sie  in  Serie  I  um  0,2  höher  ist,  als  in 
Serie  II,  und  in  Klasse  IV  nimmt  sie  you  Serie  I  bis  lEE  zn, 
sinkt  um  nur  0,1  in  Serie  IV  und  dann  weiter  um  0,5  in 
Serie  V;  immerhin  ist  hier  die  Zahl  noch  um  1,3  höher,  als 
in  Serie  I.  Also  wiederum  können  wir  im  allgemeinen  sagen, 
dals  die  Fehlerzahl  allmählich  wächst.  Auffallend  ist  nur,  dals 
in  Serie  V  meistens  die  Fehlerzahl  sinkt.  Einen  G-rund  hierfür 
finden  wir  vielleicht  in  der  Art  des  Stundenplanes  und  der 
Verteilung  der  Pausen,  auf  welche  ich  später  noch  zurück- 
kommen werde. 

Da  ich  jede  angelassene  Zahl,  wie  ich  schon  vorhin 
bemerkte,  gleich  einem  Fehler  betrachten  möchte,  so  sollen  die 
beiden  letzten  Tabellen  noch  in  eine  auf  Seite  17  zusammen- 
gezogen werden. 

Hier  sehen  wir  in  Klasse  5  und  4  ein  allmähliches  An- 
steigen des  prozentualen  Verhältnisses  der  gerechneten  Zahlen 
zu  den  ausgelassenen  Zahlen  nebst  den  Fehlem  von  Serie  I 
bis  Serie  IV  und  dann  in  Serie  V  einen  Abfall  bis  unter  die 
Zahl  in  Serie  I.  In  Klasse  V  wechselt  immer  ein  Sinken  der 
Fehlerzahl  mit  einem  Ansteigen,  und  in  Klasse  IV  wächst  die 
Fehlerzahl  von  Serie  I  bis  III  und  nimmt  dann  in  Serie  IV 
ab,  noch  mehr  in  Serie  V;  immerhin  ist  die  Fehlerzahl  in 
Serie  V  noch  viel  höher,  als  die  in  Serie  I. 

Eigentlich  hatte  ich  angenommen,  dals  sich  ein  ganz  regel- 
mäJsiges  Ansteigen  der  Fehler-  sowohl,  wie  der  Korrekturenzahl 
von  Serie  I  bis  Serie  V  herausstellen  würde.  Eine  Erklärung 
dafür,  dafs  dieses  nicht  so  gleichmälsig  und  fortlaufend  ein- 
trat, findet  sich  wohl  in  der  Anordnung  des  Stundenplahes, 
wie  er  in  den  zur  Untersuchung  gelangten  Klassen  eingeführt 


17 


/, 


ist  Einmal  wechselt  je  eine  anstrengendere  Stunde  mit  einer 
weniger  anstrengenden  ab,  z.  B.  [Religion,  Dentsoh,  Zeichnen, 
Natorgeschiohte,  Gesang.  Zweitens  aber  tritt  nach  jeder  Stunde 
«ine  Pause  ein,  so  nach  der  ersten  Stunde  eine  solche  von  5, 
naeh  der  zweiten  Ton  15,  nach  der  dritten  von  5,  nach  der 
Tierten  von  10  Minuten  in  der  Mädchenschule,  während  in 
der  Knabenschule  15  Minuten  zwischen  der  vierten  und  fünften 
Stünde  firei  sind. 


Klasse 

Serie 

Summe  der 

aus- 
gelassenen 
Zahlen  und 
der  Fehler 

Durch- 
schnitt der 

aus- 
gelassenen 
Zahlen  und 
der  Fehler 

Durch- 
schnitt der 
gerechneten 

Zahlen 

Verhältnis 

der 
gerechneten 
Zahlen  zu 
den  ausge- 
lassenen 
Zahlen  und 
den  Fehlem 
in»/o 

5 

I 

TT 

lU 

IV 

V 

486 
546 
624 
666 
549 

8,5 
10,7 
12,2 
12,8 
10.8 

207,4 
260,5 
274,8 
270,6 
269,0 

4,1 
4,1 
4,4 

4,7 
4,0 

4 

I 

n 
ni 

IV 
V 

319 
898 
405 
442 
401 

6.2 
6,5 
6,6 
7,2 
6,6 

188,4 
195,4 
197,8 
210,9 
240,7 

2,8 
8,3 
8,8 
8,4 
2,7 

V 

I 

n 
m 

IV 
V 

268 
290 
845 
858 
890 

4,7 
6.2 

6,2 

6.4 

7,0 

126,4 
148,8 
165,9 
165,0 
168,7 

3,7 
8,5 
4,0 
8,9 
4,3 

IV 

I 
n 
III 

IV 
V 

210 
294 
466 
489 
415 

3,6 
5.1 
8.0 
7,6 

7.1 

99,1 
123,3 
143,3 
139,4 
143,4 

8,6 

4,1 
6,6 
5,4 
4,9 

Man  darf  wohl  nach  alledem  sagen,    dafs   sich   zwar  eine 
gewisse  geistige  Ermüdung  bei  den  Kindern  einstellt,   dieselbe 

Scbnlgetnndhettcpfleg«  YII.  2 


18 


kann  aber  nach  unseren  Besultaten  nor  eine  geringfügige  sein, 
so  daüs  etwaige  Vorsohläge  zur  Abänderung  des  Schulunterrichtes 
nicht  erforderlich  sind. 

unsere  bisherigen  Betrachtungen  betrafen  die  Leistungen 
der  Schüler  im  Durchschnitt.  Interessant  ist  es  noch,  zu  e^ 
fahren,  wie  diejenigen  der  einzelnen  Kinder  waren.  Sehen  wir 
zunächst,  wieviele  Ziffern  die  schnellsten,  resp.  die  langsamsten 
Rechner  ausgerechnet  haben: 


HSehtte 

niedrigste 

Klasse 

Serie 

Verlanirte 
Ziffern 

aus- 
gerechnete 
Ziffemzahl 

Vo 

ans- 
gereehnete 
Zifferniahl 

Vo 

I 

414 

852 

85,0 

124 

29,9 

II 

414 

414 

100,0 

148 

35,7 

5 

III 

412 

412 

100,0 

158 

38,3 

IV 

414 

414 

100,0 

161 

38,9 

V 

415 

415 

100,0 

173 

41,7 

I 

414 

337 

81,4 

1(» 

24,9 

n 

414 

333 

80,4 

115 

27,8 

4 

nr 

412 

327 

79,4 

114 

27,7 

IV 

414 

368 

88,9 

110 

26,6 

V 

416 

415 

100,0 

116 

27,9 

I 

414 

193 

46,6 

73 

17,6 

n 

414 

223 

53,9 

94 

22,7 

V 

UI 

412 

233 

56,6 

100 

24,3 

IV 

414 

245 

59.2 

• 

102 

24,6 

V 

415 

228 

54,9 

84 

20,2 

I 

414 

165 

39,8 

43 

10,4 

TT 

414 

207 

50,0 

72 

17,4 

IV 

Ili 

412 

208 

50,5 

104 

26,2 

IV 

414 

235 

56,8 

72 

17,4 

T 

415 

241 

58,1 

60 

14,4 

Was  die  höchste  ausgerechnete  Ziffemzahl  betrifft,  so  sehen 
wir,  dafs  nur  in  Klasse  5  in  Serie  11  bis  Y  und  in  Klasse  4 


19 


in  Serie  V  100%  erreicht,  also  alle  Etsempel  von  einigen  Kindern 
ausgerechnet  sind.  Im  ührigen  erkennen  wir  ein  Ansteigen  von 
Serie  I  He  Y  in  Klasse  5  nnd  IV,  in  Klasse  V  ein  Ansteigen 
bis  Serie  IV  und  einen  Abfall  in  Serie  V  nnd  ganz  anders  als 
in  den  übrigen  Klassen  in  Klasse  4  ein  Abfallen  von  Serie  I 
bis  m  nnd  dann  ein  Ansteigen  bis  Serie  V. 

BetreflGs  der  niedrigsten  ausgerechneten  Zahl  schwanken 
die  4  Klassen  so,  dsJs  jede  ein  ganz  anderes  Bild  gibt.  In 
Klasse  5  steigt  die  Zahl  von  Serie  I  bis  V,  in  Klasse  V  yon 
Serie  I  bis  lY,  nm  dann  in  Serie  Y  zu  sinken.    In  Klasse  lY 


Klasse 

Serie 

0  Fehler 

% 

0 
Kor> 
rek- 
turen 

•/o 

0  ans< 
ge- 
lassen 

% 

0  Fehler 

und 
0  aus- 
ge- 
lassen 

•/o 

0  Fehler, 
0  aus- 
gelassen 

und 
0  Korrek- 
turen 

«/o 

I 

4 

7,8 

16 

31,4 

31 

60,8 

4 

7,8 

1 

2,0 

n 

2 

3,9 

8 

15,7 

37 

72,5 

2 

3,9 

0 

0,0 

5 

m 

0 

0,0 

9 

17,6 

25 

49,0 

0 

0,0 

0 

0,0 

IV 

2 

3.9 

8 

15,7 

29 

56,9 

2 

3,9 

1 

2,0 

V 

1 

2,0 

7 

13,7 

35 

68,6 

1 

2,0 

0 

0,0 

I 

5 

8,2 

18 

29,5 

51 

83,6 

5 

8,2 

3 

4,9 

n 

2 

3,3 

4 

6,6 

55 

90,2 

2 

3,3 

1 

1,6 

4 

m 

3 

4,9 

14 

22,9 

51 

83,6 

3 

4,9 

1 

1,6 

IV 

3 

4,9 

11 

18,0 

50 

82,0 

3 

4,9 

0 

0,0 

V 

3 

4,9 

5 

8,2 

54 

88,5 

3 

4,9 

0 

0,0 

I 

4 

7,1 

10 

17,8 

47 

83,9 

4 

7,1 

1 

1,8 

n 

3 

5,3 

12 

21,4 

46 

82,1 

3 

5,3 

1 

1,8 

V 

III 

2 

3,6 

3 

5,3 

44 

78,6 

2 

3,6 

0 

0,0 

IV 

3 

5,3 

4 

7,1 

45 

80,3 

3 

5,3 

1 

1,8 

V 

2 

3,6 

3 

5,3 

44 

78,6 

2 

3,6 

0 

0,0 

I 

11 

19,0 

25 

43,1 

43 

74,1 

8 

13,8 

5 

8,6 

11 

4 

6,9 

20 

34,5 

48 

82,7 

4 

6,9 

1 

1,7 

fV 

in 

4 

6,9 

7 

12,1 

39 

67,2 

4 

6,9 

4 

6,9 

IV 

3 

5,2 

9 

15,5 

38 

65,5 

3 

5,2 

2 

3,4 

V 

6 

10,3 

9 

15,5 

43 

74,1 

6 

10,3 

1 

1,7 

2* 


20 


steigt  sie  nur  bis  Serie  III  und  fUlt  dann  bis  Serie  V,  und  in 
Klasse  4  wechselt  Auf-  und  Absteigen  yOUig  nnregelmäfsig. 

Fehler  müssen  wir  uns  noob  die  Frage  vorlegen,  wieviele 
Kinder  in  den  einzelnen  Abschnitten  keine  Korrekturen  maohten, 
reep.  fehlerfrei  rechneten.  Die  Tabelle  auf  Seite  19  gibt  uns 
hierüber  Anfisohlnls. 

Aas  dieser  Tabelle  erhellt,  dals  im  allgemeinen  die  Zahl 
derer,  welche  in  einem  Zeitstück  0  Fehler,  resp.  0  Korrektarai 
gemacht,  resp.  nichts  ausgelassen  haben,  vom  I.  bis  zum  Y. 
abnimmt.  Dieselbe  Beobachtung  machte  Bubgbbstbik,  indem 
er  sagt:  ^Das  fehlerfreie  Rechnen  wird  mit  jedem  Arbeitsstück 


KUuue 

Serie 

H5ehsfte 
Fehler- 

Nie- 
drigste 
Fehler- 

Httehtte 

Korrek- 

taitn- 

Nie- 
drigste 
Konek- 

Aasge- 
Immo, 
höohsto 

Ansge- 

iMten, 

nie- 

Fehler 

und 
ansge- 
iMsen, 

Fditor 

ood 
ausge* 
lasMii, 

aie- 

salil 

■ahl 

labl 

tnren- 

Zahl 

drigste 

höchste 

drfgsta 

zahl 

Zmhl 

Zmhl 

Zuhl 

I 

48 

0 

6 

0 

6 

0 

50 

0 

n 

44 

0 

7 

0 

5 

0 

46 

0 

5 

m 

46 

1 

11 

0 

6 

0 

47 

2 

iV 

48 

0 

9 

0 

7 

0 

51 

0 

V 

44 

0 

11 

0 

9 

0 

63 

0 

I 

16 

0 

5 

0 

2 

0 

18 

0 

n 

21 

0 

7 

0 

6 

0 

21 

0 

4 

m 

26 

0 

11 

0 

8 

0 

27 

0 

IV 

27 

0 

8 

0 

5 

0 

28 

0 

V 

22 

0 

9 

0 

2 

0 

22 

0 

I 

15 

0 

11 

0 

3 

0 

15 

0 

n 

31 

0 

9 

0 

2 

0 

31 

0 

V 

III 

19 

0 

8 

0 

3 

0 

19 

0 

IV 

19 

0 

17 

0 

2 

0 

19 

0 

V 

83 

0 

12 

0 

4 

0 

37 

0 

I 

11 

0 

5 

0 

2 

0 

12 

0 

n 

14 

0 

11 

0 

2 

0 

14 

0 

iV 

m 

25 

0 

9 

0 

4 

0 

25 

0 

IV 

23 

0 

11 

0 

3 

0 

25 

0 

V 

27 

0 

9 

0 

4 

0 

29 

0 

21 


seltener,  während  die  Zahl  der  bereohneteii  Ziffern  znnimmt.'' 
Er  ermittelte  femer»  bei  der  wievielten  Ziffer  jedes  Individuum 
in  jedem  Zeitstflok  den  ersten  Fehler  gemacht  hatte,  und  zog 
filr  jedes  Zeitstück  und  fbr  jede  Klasse  den  Durchschnitt.  Da 
er  aber  in  dieser  Zusammenstellung  keinen  klar  hervortretenden 
gemeinsamen  Zug  £Buid  und  ich  auch  nichts  Übereinstimmendes 
in  dieser  Hinsicht  herausbekommen  habe,  möchte  ich  dem  be- 
treffenden Punkte  keine  weitere  Bedeutung  zumessen. 

Nur  die  nebenstehende  Tabelle  auf  Seite  20  mag  noch 
angefahrt  werden,  um  weiteren  Aufschlufs  über  die  Leistungen 
des  Einzelindividuums  zu  geben. 

Die  niedrigste  Zahl  in  allen  Bubriken  war  also  immer  0, 
nur  einmal  1  in  Serie  III  bei  Klasse  5.  Die  höchsten  Zahlen 
zeigen  ein  ganz  unregelmftlsiges  Schwanken. 

Die  letzte  Tabelle  bezieht  sich  auf  das  Alter  der  Kinder: 


Klaiie 


Ältestes  Kind 


Jttngstee  Kind 


DnrchsehDittsalter 


Bemdrknngen 


5 
4 

V 

IV 


13  Jahre  11  Mon. 
U     „      7    „ 

13   „   4 


n 


10  Jahre  0  Mon. 
10  „  0  , 

8      M      7      M 


11  Jahre  9  Mon. 
11   n   1 

11   n    6 

10  .   7 


n 


n 


9  KlBdtr  hahm  tbxÄltiu 
nlokt  aiit*Cib«o. 

4  Kind«  kAbao  Ihr  ÄlUt 
nioht  aafefltban. 

1  KlndMT  haben  Ihr  ▲Itsr 
nloht 


Während  die  Knaben  und  Mädchen  im  Mittel  in 
Klasse  5  und  Y  ziemlich  das  gleiche  Alter  besitzen  —  die 
Mädchen  sind  durchschnittlich  3  Monate  älter  — ,  ist  die  Differenz 
bei  Klasse  4  und  IV  bedeutender;  hier  sind  die  Mädchen  im 
Durchschnitt  '/s  Jahr  älter,  als  die  Knaben  der  entsprechenden 
Klasse. 

Fassen  wir  zum  Schlüsse  kurz  unsere  Resultate  zusammen, 
io  finden  wir  im  allgemeinen: 

1.  Die  Zahl  der  gerechneten  Ziffern,  also  die  Leistungs- 
fUugkeit  ist  in  der  ersten  Stunde  am  niedrigsten« 

2.  Die  Leistungs&higkeit   nimmt   bis   zur  dritten,  reep 
vierten  Stunde  zu  und  lä&t  in  der  vierten,  resp.  fünften 
Stunde  wieder  nach. 


22 


8.  Die  Fehlerzahl   steigt  bis  zur  yierten  Stande,  ftllt  in 
der  fünften. 

4.  Die  Eorrektorenzahl  wächst  bis  znr  fünften  Stunde. 

5.  Die  Knaben  haben  weniger  Ziffern  gerechnet,  als  die 
Mädchen. 

6.  Die  Knaben  haben  mehr  Korrekturen  gemacht,  als  die 
Mädchen. 

7.  Die  Anzahl  der  Fehler  ist  beinahe   gleich  grols  bei 
Knaben  und  Mädchen. 

8.  Die  Anzahl  derer,  welche  fehlerfr^  gerechnet  haben, 
nimmt  von  der  ersten  bis  zur  fünften  Stunde  ab. 


Die  Schulbank  „Kolumbus^  von  Bamminger  ft  Stetter 

in  Tanberbiachofsheim  (Baden). 

Von 

Gustav  Wallrafp, 

Oberacholrat  in  Karlsmhd. 

Eine  neue  Schulbank  ist  Tor  etwa  zwei  Jahren  yon  den 
Fabrikanten  ßamminger  &  Stetter  in  Tauberbischofsheim,  zwei 
früheren  Lehrern,  erfunden  worden  und  hat  in  unserem  Lande 
eine  ziemliche  Verbreitung  gefunden. 

Diese  Bank  hat  einen  beweglichen  Sitz,  lehnt  sich  aber 
damit  nicht  an  die  yorhandenen  Systeme  an,  sondern  beruht 
auf  einer  neuen,  eigenen  Idee. 

Das  wesentliche  Merkmal  derselben  besteht  in  dem  der 
Länge  nach  geteilten  Sitzbrett.  Die  hintere  Hälfte  des  letzteren 
ist  mit  eigens  für  diesen  Zweck  konstruierten  Scharnieren  und 
Mutterschrauben  an  die  Bank  befestigt;  die  vordere  Hälfte 
steht  durch  einen  ertark  gewobenen,  mit  durdigehender  Eisen- 
schiene befestigten  Hanfgurt  mit  der  hinteren  in  gelenkartiger 


TerbinduDg.  Ohne  Maohbilfe  durch  die  Hand  stellen  die 
twei  Hälften  sich  beim  Äafatehen  dachförmig  auf,  und  beim 
Niedersetzen  legen  sie  sich  von  selbst  wieder  äaoh.  Anob  das  Ein- 
trsten  in  die  Bank,  wie  das  Verlassen  derselben  vollzieht  sich 
^E  leicht  ohne  besonderes  Zuthnn.     Die  Sitze  sind  für  jedes 


ohne  ijebne  geliefert. 

SeibstyeTstäadlioh  kotm  der  cbaraktemtiBohe  Sitz  aa  jeder 
Art  von  SabseUinm  angebracht  werden. 

Die  Bank  „Kolambae"  besitzt  den  Vorzug,  dals  der 
Scbüler  beim  Sitzen  and  Schreiben  znr  AnfrechthaltiiDg 
des  Oberkörpers  veranlalst  ist,  dals  er  eine  Stütze  im  Bflokgnt 
findet  nnd  recht  bequem  stehen  kann.    Sie  erlaabt  aooh  jedem 


25 

Sehüler  das  Anfbteben  nnd  Niedersitzen,  ohne  dalis  der  Neben- 
schüler gestört  wird. 

Die  Tauberbisohofsheimer  Bänke  sind  dauerhaft  und  elegant 
gefertigt,  nnd  der  Mechanismus  ist  sehr  einfach,  so  daJk  Hepa- 
ratoren  kaum  nötig  fallen. 

Es  darf  wohl  anch  erwfthnt  werden,  dafs  die  Fabrikanten 
Bamminger  &  Stetter  bereit  sind,  nnr  die  patentierten  Sitze 
zn  liefern,  wenn  die  übrigen  Teile  der  Bank  vom  Ortsschreiner 
hergestellt  werden  sollen. 

Die  Preise  stellen  sich  wenig  höher,  als  die  der  Bänke 
mit  festen  Sitzen. 

Für  Tisch  nnd  Gestell  ist  Fichtenholz,  für  die  Sitz- 
leisten Bnchenholz  gewählt;  die  Seitenteile  werden  übrigens 
jetzt  anch  ans  Eisen  gegossen. 

Fig.  I  stellt  das  Modell  A  mit  eisernen  Seitenteilen, 
Fig.  n  das  Modell  B  dar,  welches  ganz  ans  Holz  gefertigt  ist. 

Die  mit  der  Bank  „Kolumbus^  angestellten  Versuche 
haben  recht  befiriedigende  Besultate  geliefert,  und  Schulmänner, 
Techniker  und  Ärzte  sprechen  sich  darüber  sehr  anerkennend 
aus,  so  dafs  sich  ihre  Einführung  in  niederen  und  höheren 
Schulen  empfehlen  dürfte.  Ja,  es  möchte  sich  diese  eigen- 
artige Sitzkonstruktion  der  JElaumerspamis  wegen  auch  in 
anderen  Lokalen,  z.  B.  in  Theatern,  verwenden  lassen. 


26 


2.UB  Derfammlungeti  sitb  ^txtintn. 


Physiologie  und  Pt 

Auioreferat  über  einen  auf  der  Naturforscher- 
yersammlnng  zu  Nürnberg  gehaltenen  Vortrag. 

Von 
Dr.  phil.  JosBPH  Stimpfl, 

Lehrer  am  Egl.  SchullehrerBeminar  in  Bamberg. 

Auf  der  65.  Versammlung  der  Gesellschaft  deutscher 
Naturforscher  und  Ärzte  zu  Nürnberg  hielt  Dr.  J.  Stimpfl 
aus  Bamberg  in  den  vereinigten  Abteilungen  für  Anatomie, 
Physiologie,  Hygiene  und  mathematisch-naturwissenschaftlichen 
Unterricht  einen  Vortrag  über  ,,Physiologie  und  Päda- 
gogik*^. 

Der  Genannte  wies  einleitend  darauf  hin,  dafs  der  innige 
Zusammenhang  der  Medizin  mit  der  Anatomie,  Physiologie 
und  Hygiene  schon  auTser  Zweifel  stehe.  Dagegen  herrsche 
über  die  nahen  Beziehungen  dieser  drei  Wissenschaften  zur 
Pädagogik  noch  Streit. 

Denselben  hätten  zwei  Momente  verursacht:  die  alte  oder 
metaphysische  Psychologie  und  die  späte  Entwicklung  jener 
Zweige  der  Anatomie,  Physiologie  und  Hygiene,  welche  der 
Pädagogik  Hilfe  leisten  sollten. 

Nachdem  aber  seit  der  Mitte  unseres  Jahrhunderts  die 
Psychologie  eine  Erfahrungswissenschaft  geworden  sei,  welche 
auf  physiologischer  Basis  ruhe,  ergebe  sich  auch  für  die  Päda- 
gogik der  physiologische  Charakter.  Erziehung  sei  die  ab- 
sichtliche Leitung  der  Entwicklung  des  jugendlichen  Menschen. 
Demzufolge  bedürfe  der  Pädagog  über  diese  Entwicklung  der 


27 

Belehrung.     Dieselbe  empfange  er  von  der  Anatomie,  Physio- 
logie, Psychologie  und  Hygiene  des  Kindes. 

Fast  jede  dieser  Disciplinen  zeige  aber  noch  eine  mehr 
oder  minder  geringe  Ausbildung.  Die  Kinderanatomie  yer- 
möge  heute  noch  nicht  eine  fortlaufende  Formenfolgenreihe  von 
der  Gebart  bis  zur  Erreichung  eines  abschliefsenden  Zustandes 
darzustellen.  Auch  die  Kinderphysiologie  biete  bis  jetzt  noch 
vielfache  störende  Lücken.  Von  der  Kinderpsychologie  hätten 
wir  in  deutscher  Sprache  nicht  einmal  eine  einheitliche  und 
sidbitende  Darstellung  in  wissenschaftlicher  Form.  Ebenso  be- 
dürften in  der  Kinderhygienc  noch  yiele  Dinge  der  Ergänzung 
imd  der  experimentellen  Prüfung. 

Müsse  auch  die  Pädagogik  die  Hilfe  der  Anatomie, 
Physiologie,  Psychologie  und  Hygiene  des  Kindes  in  Anspruch 
nehmen,  so  thue  sie  dies  doch  in  einem  ganz  anderen  Sinne, 
als  die  Medizin.  Letztere  verwende  diese  vier  Disciplinen. 
unter  dem  Gesichtspunkte  der  Verhütung,  bezw.  Heilung  der 
S[rankheiten,  die  Pädagogik  aber  stütze  sich  auf  dieselben  unter 
dem  Gesichtspunkte  der  Entwicklungsleitung  des  Kindes. 
Dieser  principielle  Unterschied  könne  nicht  stark  genug  betont 
werden,  weil  das  Übersehen  desselben  eine  stete  Quelle  des 
Irrtums  für  Mediziner  und  Pädagogen  abgebe.  Die  Ärzte 
vergäTsen  ebenso  oft  wie  die  Erzieher,  dals  man  an  die  Ana- 
tomie, Physiologie,  Psychologie  und  Hygiene  des  Kindes  nicht 
minder  von  verschiedenen  Standpunkten  aus  herantreten  könne, 
wie  an  viele  andere  Wissenschaften. 

Unter  dem  Princip  der  Entwicklungsleitung  des  Kindes 
nähmen  die  genannten  vier  Disciplinen  ebensowohl  eine 
specifische  Gestaltung  an,  wie  unter  dem  Princip  der  Heilung 
und  Verhütung  der  Krankheiten.  Bei  dem  ersten  Princip 
werde  die  Kinderanatomie  zur  pädagogischen  Anatomie,  die 
Einderphysiologie  zur  pädagogischen  Physiologie,  die  Elinder* 
Psychologie  zur  pädagogischen  Psychologie  und  die  Kinder- 
hygiene zur  pädagogischen  Hygiene. 

Anatomen,  Physiologen,  Psychologen  und  Hygieniker 
flcUten  der  Pädagogik   zwei  Dienste    leisten.    Diese   Forscher 


28 

mtüsten  ihr  Interesse  der  Anatomie,  Physiologie,  Psychologie 
und  Hygiene  der  S^inder  mehr  als  bisher  zuwenden;  dieselben 
hätten  femer  die  Bearbeitung  yon  Lehrbüchern  der  pädagogischen 
Anatomie,  Physiologie,  Psychologie  und  Hygiene  zu  übernehmen. 
Die  Pädagogen  wären  hier  in  derselben  Lage,  wie  die  Arzte; 
beide  würden  durch  die  Vielseitigkeit  ihrer  Berufsbildung, 
sowie  durch  ihre  praktische  Thätigkeit  so  sehr  in  Anspruch 
genommen,  dals  sie  sich  in  der  Regel  nicht  in  einzelne  Dis- 
ciplinen  soweit  vertiefen  könnten,  wie  es  zur  Abfassung 
brauchbarer  Lehrbücher  erforderlich  sei.  Die  Verdienste, 
welche  sich  Anatomen,  Physiologen,  Psychologen  und  Hygieniker 
um  die  Pädagogik  durch  Förderung  ihres  wissenschaftlichen 
Ausbaues  verschaffen  würden,  dürften  wohl  kaum  geringer  sein, 
als  jene,  welche  sich  diese  Gelehrten  um  die  Medizin  bereits 
erworben  hätten. 


Eine  BStelnepidemie  in  einem  Pariser  Gymnasium. 
Verhandlungen  des  ärztlichen  Krankenhausvereins  zu  Paris. 

Die  y^SocUU  de  nUdecine  des  Mpitaux^  in  Paris  hielt  nach 
der  y^Aüg.  med.  Centr.-Ztg."  am  27.  Oktober  v.  J.  nnter  dem  Vor- 
sitze des  Herrn  Fernet  eine  Sitznng  ab. 

In  derselben  berichtete  Herr  Lbgendbe  über  eine  Anzahl  von 
Rötelfällen,  welche  er  an  einem  Pariser  Gymnasiam  jüngst  beob- 
achtet hatte.  Diese  Fälle  sind  bemerkenswert  dorch  die  Intensität 
des  Exanthems,  sowie  dnrch  die  umfangreichen  Drüsenanschwellungen. 
Der  Verlauf  der  Krankheit  war  trotzdem  bei  sämtlichen  Patienten 
ein  durchaus  gntartiger. 

Die  Schltlsse,  welche  der  Vortragende  aas  seinen  Beobachtnngen 
zog,  sind  folgende:  Die  Röteln  bilden  eine  häufig  verkannte  Krank- 
heit, welche  streng  unterschieden  werden  mufs  von  den  Masern  und 
dem  Scharlach,  ebenso  wie  von  der  Roseola.  Die  Rötelnepidemie 
erscheint  in  Schüben.  Die  Inkubationsperiode  ist  von  wechselnder 
Dauer,  im  Mittel  beträgt  sie  etwa  15  Tage.  Die  Krankheit  erweist 
sich  während  ihres  ganzen  Verlaufes  ansteckend,  ebenso  wie  Masern. 
Isolierung  der  Patienten  hat  keinen  Zweck,  da  die  Keime  doch  schon 
in  der  ganzen  Umgebung  derselben  vorhanden  sind,  wenn  die  Röteln 
zuerst  deutlich  auftreten.    Dagegen  muCs  man  die  gesunden 


29 

mitglieder  möglichst  absondern,  nicht  am  sie  selbst  vor  der  Krankheit 
SU  bewahren,  sondern  mn  eine  weitere  Yerbreitong  der  letzteren  durch 
sie  zu  Terhüten.  Leider  ist  dies  sehr  schwierig,  da  in  der  Mehrzahl 
der  Ffille  dnrchans  keine  Prodromalsymptome  sich  zeigen,  so  da& 
Ton  Yorbeugong  kaum  die  Bede  sein  kann.  Nach  Ablanf  der  Krankheit, 
der  im  allgemeinen  nach  8  Tagen  erfolgt,  sind  die  Genesenden  nicht 
mehr  ansteckend  and  können  sofort  firei  gegeben  werden.  Herr 
LBfihBNDRB  ist  in  diesem  Punkte  ein  Gegner  Olivibrs,  welcher 
▼erlangt,  dais  nach  Beendigung  der  sichtbaren  Krankheitserscheinungen 
•ine  Qaarantftne  Yon  20  Tagen  und  hierauf  eine  sorg&ltige  Desinfektion 
des  Patienten  im  antiseptischen  Bade  erfolgen  soUe.  Aufserdem 
fordert  OuviSK,  dals  die  Schulen,  in  welchen  eine  Böteinepidemie 
«ungebrochen  ist,  geschlossen  und  gründliche  Desinfektionen  und 
Lflftongen  der  Klassenzimmer  vorgenommen  werden.  Bei  der  von 
dem  Bedner  beobachteten  Epidemie  blieben  die  SchtQer  7 — 12  Tage 
im  Krankenhause,  worauf  sie  ihre  Studien  wieder  aufnehmen  durften. 
Trotzdem  wurde  in  der  Folge  kein  einziger  Fall  von  Ansteckung 
beobachtet.  Was  die  Desinfektion  anbetrifft,  so  kann  dieselbe  wohl 
unterbleiben,  da  der  Mikrobe  der  Bötehi  wahrscheinlich  eine  sehr 
begrenzte  Lebensdauer  hat. 

In  der  sich  an  den  Vortrag  anschiielsenden  Diskussion  vertrat 
Herr  Bsclbre  gleichfalls  die  Meinung,  dafs  die  Ansteckungsdauer 
der  Bötein  nur  8  Tage  nach  Beginn  der  Krankheit  währe.  Eine 
Quarantäne  von  20  Tagen  erscheint  auch  ihm  übertrieben,  ebenso 
die  Anordnung  von  Deainfektionsmalsregeln.  Was  die  Inkubations- 
dauer anlangt,  so  hat  er  eine  solche  von  17  Tagen,  in  anderen 
Fällen  sogar  von  19  Tagen  feststellen  können. 

Herr  Jühbl  Bbnoy  hält  es  vom  diagnostischen  Standpunkte 
aus  für  wichtig,  die  Abwesenheit  von  Fieber  zu  konstatieren. 
Dadurch  unterscheiden  sich  die  Bötein  von  den  Masern,  bei  welchen 
stets  am  ersten  Tage  hohes  Fieber  auftritt. 

Herr  -Bbnbü  bestreitet  die  vom  Vorredner  aufgestellte  Be- 
hauptung. Er  beobachtete  bei  4  BötelnfUlen  in  derselben  Familie 
zweimal  Fieber,  zweimal  einen  fieberlosen  Verlauf. 

LeitflStze,  angenommen  in  der  HanptTersammlnng 
wftrttembergischer  Tnrnlehrer  zu  Stuttgart« 

In  der  letzten  Versammlung  württembergischer  Turnlehrer  hielt 
der  Vorsitzende,  Professor  Dr.  Fink  aus  Tübingen,  einen  Vortrag 
Ober  das  Thema:  „Welche  Fragen  des  öffentlichen  und 
Sehullebens  umfafst  die  Interessensphäre  eines  Turn- 
lehr erTereins?**  Die  „Ztschr.  f.  Tum-  w.  Jgdspl.^  entnimmt 
diesem  Vortrage  folgende  Leitsätze: 


30 

na.  Monatlich  einmal  ist  für  Schüler  oiiter  14  Jahren  eia 
halber  Schnltag,  für  filtere  ein  ganzer  Wochentag  aof  einen  Marsch, 
wo  immer  thnnlich,  ohne  Einkehr  in  ein  Wirtshaas,  dnrch  die 
Umgebong  des  Wohnortes  anter  Leitung  des  Lehrers  zu  verwenden 
zur  Aasbildong  der  körperlichen  Tüchtigkeit  and  Aasdaaer,  nebenbei 
aach  zar  Förderang  einiger  wissenschaftlicher  Unterrichtsgegenstände, 
wie  der  Geographie,  der  Geschichte,  der  Natarwissenschaften.  Biese 
Märsche  sollen  den  Anstots  za  gemeinsamen,  mehrtägigen  Fafsreisen 
der  Schüler  während  der  Ferien  geben.  Bei  allen  diesen  Märschen 
wirkt  der  Gesang  belebend  and  veredelnd;  der  Gesanganterricht 
gehört  daher  in  den  Rahmen  der  tarnerischen  Erziehung. 

b.  Der  Handfertigkeitsonterricht  ist  als  in  geschlossenen  und 
dann  und  wann  auch  von  Staub  mehr  oder  weniger  erfüllten  Räumen 
Tor  sich  gehend  und  den  Stundenplan  weiter  belastend  nicht  als 
eine  Förderung  turnerischer  Erziehung  zu  betrachten. 

c.  Die  turnerische  Erziehung  hat  sich  über  den  gesamt^i 
Unterricht  zu  erstrecken  durch  Anstrebung  einer  möglichsten  Be- 
schränkung der  Schreibübungen,  einer  Förderung  der  Gewohnheit 
abwechselnden  Sitzens  und  Stehens  im  ganzen  Unterricht  und  der 
Verbesserung  der  Methode  behufs  Ermöglichung  einer  Redaktion 
der  den  wissenschaftlichen  Fächern  zufallenden  Stundenzahl  zu  Gunsten 
einer  Vermehrung  der  Turnstunden. 

m  a.  Im  allgemeinen  soll  der  Klassenlehrer  auch  der  Turn- 
lehrer sein. 

b.  Wie  mit  den  VolksschuUehrerseminarien,  so  sind  auch  mit 
den  Universitäten  Tumlehrerbildungs-  und  Musterturnanstalten  unter 
unmittelbarer  und  aktiver  Leitung  ordentlicher  Lehrer  der  Hoch- 
schulen zu  verbinden.  Die  dem  Lehrfache  oder  dem  Fache  der 
Schulaufsicht  sich  zuwendenden  Studenten  sollen  gebalten  sein, 
während  ihrer  Ausbildungszeit  die  turnerischen  Übungen  regelmäfsig 
zu  besuchen,  in  einigen  für  diesen  Zweck  besonders  gestalteten  Vor- 
lesungen akademischer  Lehrer  sich  über  die  elementarsten,  auf 
turnerisches  Gebiet  hereinspielenden  Dinge  der  Physik,  Anatomie, 
Physiologie,  Heilkunde,  femer  über  Geschichte  und  Systematik  des 
Turnens  näher  zu  unterrichten,  um  nach  Absolvierung  eines  kürzeren, 
einen  Teil  der  grofsen  Ferien  ausfüllenden  Turnkursus  an  der 
Universitätslehrerbildungsanstalt  ihre  Befähigung  zur  Erteilung  des 
Turnunterrichtes  nachweisen  zu  können. 

IV  a.  Die  turnerische  Erziehung  ist  eine  Vorschule  zur  Wehr- 
haftigkeit.  Ihr  Kernpunkt  liegt  daher  in  der  Ausbildung  der 
Marschfähigkeit.  Die  rein  äufserliche  Nachahmung  militärischer 
Übung  und  militärischen  Lebens  ist  zu  vermeiden. 


31 


ftUinere  MiiUünn^tn. 


Gesundheitspflege,  so  ist  ein  von  Dr.  Hbrm.  Hagbn, 
Professor  der  klassischen  Philologie  an  der  Universität  Bern,  gehaltener 
Yortrag  fiberschriehen,  dem  wir  nachstehendes  entnehmen :  Zu  den 
Schutzmitteln  des  Altertums  vor  Krankheiten  gehört  in  erster  Linie 
der  Aufenthalt  im  Freien.  Die  ganze  Einrichtung  des  antiken 
Lehens  ist  auf  diesem  Grunde  aufgebaut.  Die  Alten  brachten  den 
grOlsten  Teil  ihres  Lehens  auf  der  Strafse,  unter  freiem  Himmel  zu. 
Jedem  Besucher  yon  Pompeji  und  Herkidanum  fällt  die  ungemeine 
Kleinheit  der  dortigen  Wohnungen  auf ;  man  erhält  sofort  den  Ein- 
druck, dafs  diese  nicht  als  ständige  Zufluchtsstätten,  sondern  nur  als 
Yorübergehende,  rasch  benutzte  und  auch  wieder  rasch  verlassene 
Ahsteigequartiere  dienten.  Es  hängt  dieses  Leben  im  Freien  teils 
ndt  dem  in  der  klassischen  Zeit  jede  Rücksicht  auf  die  Fanulie  und 
das  Haus  ausschliefsenden  Interesse  des  Bürgers  an  den  öffentlichen 
Angelegenheiten,  teils  mit  der  ungeheuchelten  Freude  der  Alten  an 
der  Natur,  mit  der  man  sich  eins  wufste,  und  an  dem  bunten 
Treiben  der  Aufsenwelt  zusammen.  Dies  mufste  kräftige,  gebräunte, 
biegsame,  gegen  jeden  Wechsel  der  Temperatur  abgehärtete  Gestalten 
hervorbringen,  die  mit  den  engbrüstigen,  hektischen,  hysterischen 
Erzeugnissen  unserer  Zimmer-  oder  Wirtshausluft  wenig  gemein 
hatten.  In  der  That  beruht  die  Gesundheit  vornehmlich  auf  dem 
Genuls  von  Luft  und  Licht.  Mit  Vorliebe  werden  diese  beiden 
Faktoren  bei  den  Alten  auch  da  genannt,  wo  es  sich  um  geistige 
Gesundheit,  um  die  Widerhersteilung  des  moralischen  Gleichgewichts, 
um  die  Rückkehr  zum  moralischen  Stand  der  Seele  handelt.  Denn 
jener  Zug  ist  eben  durchaus  antik,  dafs  Seele  und  Leib  in  voll- 
endetster Harmonie,  in  innigster  Wechselwirkung  gedacht  werden. 
In  der  griechischen  Tragödie  ist  es  geradezu  Stil,  dafs,  wenn  eine 
Person  von  schwerem  unerträglichem  Leid  bedrückt  ist,  sie  ins 
Freie  eilt  und  ihren  Schmerz  dem  Lichte  klagt,  in  der  Hoffnung, 
von  dorther  den  verlorenen  Seelenfrieden  wieder  zu  erlangen.  Die 
ersten  Worte,  mit  welchen  Elektra  in  Sophokles'  gleichnamigem 
Drama  die  Bühne  betritt,  um  ihrem  geprefsten  Herzen  Luft  zu 
machen,  sind  gerichtet  an  Licht  und  Luft  und  lauten:  „0  heilig 
Lieht  und  du  um  die  Erde  gleich  verbreitete  Luft,  wie  viele  Klage- 
lieder vernahmst   du   schon   aus   meinem  Mündel^     Der    an    den 


32 

Felsen  geschmiedete,   Ton  der  brutalen  Wfllkflr  des  jungen  GOtter- 
herrschers  Zeus  vergewaltigte   Titane  Prometheus    bei  Aeschylos 
ruft  den  göttlichen  Äther  zum  Zeugen  der  ihm  angethanen  Schmach 
an;   bei  Euripides  klagt  Medeens  Amme  demHünmel  die  Leideo 
ihrer  Herrin,    und  die  Taurische  Iphigenie    glaubt    nur   dann   Be- 
ruhigung über  einen  ihr  erschienenen  schrecklichen  Traum  zu  finden, 
wenn   sie   denselben    der  Himmelsluft    erzählt.     Von    dem    segen- 
spendenden EinfluDs  einer  klareo,  reinen  Luft  singt  endlich  das  be- 
rühmte, zu  Ehren  Attikas  angehobene  herrliche  Chorlied  in  Euri- 
pides'   Medea,    wo   es  von  den  ErechthenssOhnen,    den  Athenern, 
heilst:    ^Stets   schreiten   sie   leicht    und   weich   dahin   durch    den 
glänzendsten  Äther,   da,  wo  man  kündet,  dafs  einst  die  blondlockige 
Harmonia  die  neun  Pierischen  Musen  geboren,   und  wo  sie  singen, 
dafs  Eypris    selbst  von   dem  schönfliefsenden  Eephisos  die   Fluten 
emporschöpfe   und  als   gem&fsigte  Hauche   der  Lüftchen  über   das 
Land  ausgie&e.^     Ist  es  ein  Zufall,    dafs   man  den  sprichwörtlich 
gewordenen  Stumpfsinn    der  Böotier    gerade    der  dicken,    dumpfen 
Luft  zugeschrieben  hat,    welche,    vom  sumpfigen  See   Eopais    auf- 
steigend,   über   ihrem  Lande   laste?    Dazu  kam  noch  ein  zweiter, 
nicht  minder  wichtiger  Faktor,  die  Kräftigung  des  Leibes  durch  die 
unausgesetzte   Pflege  von  körperlichen  Übungen.     Die    edle 
Tumkunst,    die  Gymnastik,  bildete  einen  integrierenden  Bestandteil 
der  Erziehung  nicht  nur  der  Knaben,   sondern  auch  der  Jünglinge. 
Selbst  Erwachsene  nahmen  an  diesen  Übungen  thätigen  Anteil,    und 
die   zahlreich  versammelte  Korona  der  zuschauenden  Greise  erging 
sich   beim   Anblick   der  jugendlichen  Kämpfer   in    den  frohen   Er- 
innerungen   eigener  rühmlicher  Thaten.     Wer   denkt    da   nicht  an 
jenen  kräftigen  Spruch  des  Alkman,    den    er   seinen  spartanischen 
Heldengreisen   in  den  Mund  legt:    ^ Einst  waren  wir  auch  Jüng- 
linge, voller  Kraft  und  Mut'',  worauf  der  Chor  der  Männer  einfiel: 
„Und  wir,  wir  sind  es;  glaubst  es  nicht?  Versuchs  doch   nur,"  and 
der  Kreis  der  Knaben  froh  antwortete:    „Und   wir,    wir    werden 
einstens  noch  viel  besser  sein!"     So   bedeutungsvoll  war  die  Gym- 
nastik fOr  die  Jugenderziehung,  dafs  man  den  Jugendlehrer  geradezu 
Paidotribes    nannte,   d.  h.    Ejiabentummler,   oder  Gymnastes,   d.  h. 
Einüber  körperlicher  Kraftäuüserungen.     Palästren    und  Gymnasien, 
jenes     Ringschulen,     in    welchen     gegen    Bezahlung     eigentlich» 
Unterricht    in   den   Finten    und    Künsten    des    Ringens    und     des 
Faustkampfes   erteilt    wurde,    dieses    freie   Yereinigungsplätze   der 
heranwachsenden  Jugend,   auf  denen  man  sich  nur  um  der  Leibee- 
übung   willen  tummelte,     fanden   sich  in   grober   Menge  in  jeder 
Stadt.     Die  Gymnasien   namentlich,    deren    wir    in   der   römischen 
Zeit   auch   in  der  Schweiz   welche  hatten,   wie   in   Moudon,    dem 


33 

alten  MmnoduDtim,  waren  stets  Ton  yielen  Znsdiaaem  besucht, 
die  sich  in  den  um  die  Arena  hemmlaufenden  Säulenhallen 
bewegten  und  gleich  Sokrates  und  den  Sophisten  sich  Aber  aller- 
hand ernste  Gregenstände  unterhielten.  Aus  diesen  urspranglich 
improvisierten  Unterredungen  erwuchsen  später  förmliche  Lehr- 
Tortrftge  der  Philosophen,  wie  im  Gymnasium  des  Heros  Akademos 
nördlich  Yon  Athen  oder  im  Lykeion  südlich  von  der  Akropolis; 
dort  hatte  Piaton  die  akademische,  hier  Aristoteles  die  peri- 
patetische  Schule  gestiftet.  Die  Leibesflbungen  waren  mit  dem  Volks- 
leben der  Alten  so  innig  verwachsen,  da(s  man  sich  ohne  deren 
MitwirkuBg  kein  bedeutendes  Fest  denken  konnte;  ich  erinnere  an 
die  Olympischen,  die  Pythischen,  die  Isthmischen,  die  Nemeischen, 
endlich  an  die  Panathenäischen  Spiele.  Solche  Übungen  mufsten 
der  Gesundheit  ganz  besonders  förderlich  sein;  dies  wird  noch  aus- 
drflddich  als  Zweck  derselben  Yon  Piaton  in  seinen  Gesetzen  an- 
gegeben, wo  er  neben  der  kriegerischen  Tüchtigkeit  und  der  Stärke, 
welche  dadurch  erzielt  werde,  nicht  vergüst,  auch  die  Förderung  der 
Gesundheit  zu  betonen.  Die  Folge  dieser  Popularität  war,  daüs  eine 
Masse  von  gymnastischen  Kunstausdrücken  in  bildlicher  Anwendung 
in  Umlauf  gesetzt  wurden;  hatte  doch  z.  B.  der  Sophist  Protagoras 
semer  Schrift,  in  welcher  er  die  Existenz  der  Götter  leugnete,  den 
Titel  die  Niederboxer  gegeben,  und  unsere  Zeit  endlich  hat  von 
jener  Sitte  den  Namen  ihrer  edelsten  Jugenderziehungsanstalten 
entlehnt. 

Me  HinAgkeit  der  SkroftihMe  im  Kimdes-  und  Sehnlaiter. 

Eine  von  Yollakb  vorgenommene  Untersuchung  von  2506  Kindern 
und  Schülern  ergab  nach  den  „Wien.  med.  Blatt ^  gesehwollene 
Halsdrüsen 

im  Alter  von  7  bis   9  Jahren  bei  96,6  Vo 
ji      »       »  10    »  12       „        „    91,6  „ 
»      »       »  18    „  16       „        „    84,0  „ 

»       rt        »   16     „   lo        „  „     o9,7    „ 

»  T»  »     19      n    "  n  n      Oo,0    n 

Aus  diesen  ZMea  zieht  der  Genannte  folgende  Schlüsse:  1.  dab 
das  Vorkommen  von  skrofulös  geschwollenen  Halsdrüsen  unter  der 
Einderwelt  ein  auÜBcrodentlich  verbreitetes  ist;  2.  dals  die  Infektion 
mit  Skrofulöse  vor  den  Beginn  der  Schulzeit  fiÜH,  dafa  die  Schule 
also  nicfai  für  die  Verbreitung  derselben  und  daher  eb^isowenig  fttr 
die  Verbreitung  der  Tuberkulose  verantwortlich  gemacht  werden 
kann ;  3.  dafe  nidit  alte  skrofolüs  geschwollenen  Halsdrüsen  von  der 
Infektion  mit  Tub«*kelbacillen  herrühren.  Eine  grofse  Anzahl  ver- 
dankt ihr  Entstehen  vielmehr  überstandenen  Rachenentzündungen, 
Katarrhen,   dipfatheritischen  Erkrankungen,  HautansBCfalftgen  u.  s.  w. 

VII.  8 


34 

und  schwindet  im  Laufe  der  Zeit  wahrscheinlich  wieder  vollständig. 
Die  bestehenbleibenden  Schwellungen  der  Halsdrüsen  müssen  aber 
doch  der  Tuberkulose  für  dringend  verdächtig  gehalten  werden.  Zur 
Begründung  dieser  Ansicht  weist  Yolland  darauf  hin,  dafs  er  unter 
108  Schwindsüchtigen  bei  101,  also  bei  mehr  als  92  %)  ui  der 
Gegend  von  den  Unterkiefern  nach  abwärts  gegen  die  oberen  Schlüssel- 
beingruben hin  mehr  oder  weniger  harte,  deutlich  fühlbare  Lymph- 
drüsen in  kleinerer  oder  grölserer  Zahl  gefunden  habe. 

Hygienische  Inspektion  der  Internate  in  England.  Die 
sanitären  Mifsstände,  welche  in  Harrow  und  Wellington  College  ans 
Licht  gekommen  sind^,  veranlassten  einen  Mitarbeiter  des  „Brit  med. 
Joum."  zu  der  Frage,  ob  nicht  die  vielen  Internate,  welche  Schülern 
aufser  Erziehung  auch  Wohnung  und  Kost  gewähren,  wie  so  manche 
andere  „Geschäft«",  unter  hygienische  Aufsicht  zu  stellen  seien.  Von 
sämtlichen  Instituten,  so  schreibt  derselbe,  pflegt  eine  öffentliche  Schule, 
welche  stolz  auf  ihr  Alter  und  von  tiefer  Ehrfurcht  für  hergebrachte 
Formen  und  Gebräuche  erfüllt  ist,  dem  Einflufs  der  modernen 
Gesundheitspflege  am  wenigsten  ihre  Thore  zu  öffnen.  Es  hängt  hier 
alles  von  dem  Direktor  ab,  der  in  den  klassischen  Sprachen  sicher 
aufs  tiefste,  etwas  vielleicht  auch  noch  in  der  Mathematik  bewandert 
ist,  aber  von  einer  Wissenschaft  in  der  Regel  nicht  allzuhoch  denkt, 
welche,  wie  die  Hygiene,  so  schnell  ihre  Grundsätze  wechselt.  Mag 
dem  aber  sein,  wie  ihm  wolle,  auf  jeden  Fall  ist  er  der  Herr  der 
Schule,  wie  der  Kapitän  der  Herr  seines  Schiffes  ist.  Eine  strenge 
Disciplin  bildet  die  Hegel,  und  nicht  nur  die  Schüler,  sondern  auch 
die  Lehrer  und  Beamten  stehen  unter  seinem  Regiment,  ja  selbst 
der  Aufsichtsrat  ist  nicht  inmier  davon  ausgenommen.  Es  ist  nicht 
leicht  für  irgend  einen  aus  diesem  Kreise,  gegen  gewisse  Mifsstände, 
mögen  sie  auch  aUbekannt  sein,  Protest  zu  erheben.  Sogar  die 
Eltern  sind  zu  dem  allgemeinen  Stillschweigen  verurteilt.  Die  Mütter 
schelten,  die  Väter  wüten,  aber  beide  stimmen  trotzdem  darin  überein, 
da(s  Dulden  besser  sei,  als  ihren  Sohn  zu  einem  „notierten^  zu 
machen.  Die  Zeit  dürfte  daher  nicht  fem  sein,  wo  die  Erziehung 
der  Jugend,  gleich  allen  anderen  Berufezweigen,  welche  eine  An- 
häufung vieler  junger  Leute  mit  sich  bringen,  unter  regelmäßige 
sanitäre  Aufsicht  durch  öffentliche  Beamte  gestellt  wird.  Die  Lehrer 
auf  den  unteren  Stufen  nehmen  in  England  ohne  Zweifel  eine  Stellung 
von  bescheidenem  Ansehen  und  schlechter  Bezahlung  ein.  Aber  die 
Direktoren,  Internatsvorsteher  und  Männer  ähnlicher  Art  führen  ein 
Leben  von  nicht  geringem  Komfort  mit  manchem  Trost  für  die 
Quälereien  des  Semesters.    In  zahlreichen  Fällen  stammen  ihre  Ein- 


*  S.  diese  Zeitschrift,  1892,    No.  6,  S,  279—281.    D.  Eed. 


35 

kfinfte  nicht  Yon  reichen  Honoraren  fOr  den  Unterricht  her,  sondern 
von  der  Erlaubnis,  Pension&re  zu  halten.  Sicherlich  sind  die 
Pensionsgelder  so  hoch,  dals  die  Yersnchong  nur  gering  ist,  die 
Knaben,  was  die  Quantität  der  Speisen  betrifft,  Not  leiden  zn  lassen. 
Aber  die  enormen  Summen,  die  in  einigen  der  Tomehmsten  Schulen 
fllr  Extraspeisen  gezahlt  werden  müssen,  beweisen  doch,  dafs  nicht 
alle  Intematsvorsteher  jener  Versuchung  widerstehen.  Solange  Schul- 
männer besoldet  werden,  zugleich  aber  die  Erlaubnis  erhalten,  von 
dem,  was  sie  für  Wohnung  und  Kost  ihrer  Zöglinge  empfangen, 
soTiel  sie  können,  für  sich  zu  behalten,  solange  ist  dies  gemischte 
Geschäft  Yon  Erziehung  und  Verpflegung  ein  echt  industrielles  Unter- 
nehmen, das,  wie  so  viele  andere,  einer  staatlichen  Aufsicht  auch 
in  hygienischer  Beziehung  unterstellt  werden  mufs. 

Lang-  und  knrzköpflge  Schfiler.  Otto  Ammon  hat  kürzlich 
ein  Buch  veröffentlicht:  Die  natürliche  Auslese  beim  Men- 
schen, welches  sich  namentlich  auf  anthropologische  Untersuchungen 
der  Wehrpflichtigen  in  Baden  gründet.  Verfasser  kommt  zu  dem 
interessanten  Eesultate,  dafis  die  Stadtbewohner  verhältnismäfsig  mehr 
Langköpfe  enthalten,  als  die  Leute  vom  Lande.  Dabei  sind  streng 
ZQ  unterscheiden  die  eigentlichen  Städter,  d.  h.  diejenigen  Individuen^ 
deren  Väter  schon  in  der  Stadt  geboren  waren,  die  Halbstädter, 
deren  Väter  vom  Lande  in  die  Stadt  eingewandert  sind,  und  die 
Eingewanderten,  die,  auf  dem  Lande  geboren,  zur  Gewinnung  ihres 
Lebensunterhaltes  die  Städte  aufgesucht  haben.  Die  Einwanderer 
schon  sind  langköpflger,  als  die  auf  dem  Lande  gebliebenen,  und 
die  Zahl  der  Langköpfe  nimmt  nach  den  eigentlichen  Städtern  hin 
immer  mehr  zu.  Nun  siedeln  im  wesentlichen  die  intelligenteren 
Personen  in  die  Stadt  über,  das  städtische  Leben  zieht  also  die 
Intelligenz  der  Landbevölkerung  an  sich.  Es  findet  demnach  durch 
die  Städte  eine  Auslese  der  geistig  Befähigteren  statt,  und  diese 
sind  vorwiegend  Langköpfe.  Die  gleiche  Präponderanz  der  Lang- 
köpfe zeigt  sich  auch,  wenn  man  die  Schüler  der  oberen  Gynmasial- 
klassen  mit  den  Schülern  geistlicher  Konvikte  vergleicht.  Letztere, 
zu  Priestern  bestimmt,  sind  meist  Bauemsöhne,  erstere,  welche  die 
eigenüicb  gelehrten  Berufe  ergreifen,  sind  vorwiegend  Städter;  diese 
sind  Langköpfe,  jene  Rundköpfe.  Verfasser  gibt  dann  noch  zahlreiche 
Einzelbeweise  für  die  Bichtigkeit  seiner  Behauptung,  dafs  die  Lang- 
köpfe im  allgemeinen  eine  höhere  Veranlagung  besitzen  und  darum 
auch  im  öffentlichen  Leben  die  Führeirolle  übernehmen,  während 
die  Rundköpfe,  denen  Begabung  keinenfalls  abzusprechen  ist,  in  der 
Regel  die  untergeordneten  Stellen  ausfüllen.  Die  hervorragendsten 
Gelehrten,  Künstler,  Feldherren  u.  s.  w.  sind  Langköpfe;  Rundköpfe 
waren  aber  beispielsweise  Kant  und  Kapoleon  L 

3» 


36 

Über  die  EraUiriuig  in  den  fcanESsiseheii  Lyceen  be- 
richtet Dr.  A.  Trouillbt.  Derselbe  betont  die  Wichtigkeit  einer 
zweckmäfsigen  Yerpflegang  der  Schüler  der  höheren  Lehranstalten, 
namentlich  aof  den  Altersstufen  von  16 — 21  Jahren,  indem  er  die 
diesbezüglichen  offiziellen  Berichte  seiner  Betrachtung  zu  Grunde 
legt.  Die  französische  Regierung  hatte  nämlich  eine  eigene  Kom- 
mission zum  Studium  dieser  Frage  an  den  Lyceen  eingesetzt.  Bei 
der  genannten  Klasse  junger  Leute  kommt  es  nicht  allein  darauf 
an,  für  die  Erhaltung  des  Körpers  oder  yielmehr  fiOr  die  Förderung  des 
gerade  in  diesem  Alter  schnellen  Wachstums  Scurge  zu  tragen,  sondern 
auch  den  Umstand  im  Auge  zu  behalten,  dab  die  vorwiegend 
geistige  Arbeit  und  Entwkklnng  der  Jünglinge  eine  besondere 
Em&hrungsweise  verlangt.  Die  Nahrung  derselben  muis  nicht  nur 
eine  reichliche,  sondern  wegen  des  relativen  Mangels  an  Muskel- 
thfttigkeit  auch  eine  sehr  nahrhafte,  möglichst  wenig  voluminöse  und 
möglichst  leicht  verdauliche  sein.  Als  Mindestmaß  ist  150 — 200  g 
gekochtes  oder  noch  besser  geröstetes  oder  gebratenes  Fleisch  für 
den  Tag  und  Kopf  zu  verlangen.  Im  übrigen  soU  für  schnuudL- 
hafte  Zubereitung  und  hinreichende  Abwechselung  Sorge  getragen 
werden,  was  in  den  französischen  Inteniaten  nicht  immer  der 
Fall  war. 

lÜBfliib  des  Bwehens  auf  die  physische  Entiriokluig 

der  Jugend«  Dem  „New  York  med,  Bec.'^  entnehmen  wir  fol- 
gendes: Dr.  Jat  Seavjer  kam  an  der  Hand  von  Beobachtungen, 
die  er  bei  187  Studenten  anstellte,  zu  interessanten  Besultaten  über 
die  Einwirkung  deis  Tabaks  auf  die  körperliche  Entwicklung*  Beim 
Nichtraucher  nahm  das  Körpergewicht  um  durchschnittlich  10,4  V^ 
mehr,  als  beim  Oewohnheitsrancher  und  um  6,6%  mehr,  als  beim 
Qelegenbeitsrancher  zu.  Im  Längenwachstum  war  der  Nichtraucher 
um  24  Vo  gegenüber  dem  Grewohnheitsraucher  und  um  14%  gegen- 
über dem  6elegenheitsrau/&her  in  Vorsprang.  Der  Brustumfang 
ist  beim  Nichtraucher  um  26,7  7o  stärker,  als  beim  Gewohn- 
heitsraucher, upd  um  22%,  als  beim  Gelegenheitsraucher.  Der 
gröfste  unterschied  aber  fand  sich  bei  der  LungenkHiadt&t, 
welche  bei  Nichtrauchern  um  77,5%  günstiger,  als  bei  Gewohnheits- 
renchera  uqd  um  49,6%  gröiser,  als  bei  Gelegenheitsrauchern  war. 
Dieser  fOr  das  Körperwachstnm  schüdliche  EinfluGsi  des  Tabaks  ist 
in)  ajlgen^einen  unterschätzt  worden.  Sbaybss  Mitteilungen  werden 
aber  durch  die  Untersuchungen  von  Professor  HnosccooK  bestätigt. 
Derselbe  steUte  seiue  Beobachtungen  ebenfalls  an  Studenten,  und 
zwar  an  denjenigen  des  Amberst  College  an.  Bei  einem  bestimmten 
Jabirgange  wurden  die  Raucher  von  den  Nichtrauchern  getrennt  und 
konstatiert,  dafs  die  letzteren  uqn  24%  schwerer,  als  die  Baucher» 


87 

um  37  Vo  mehr,  als  diese  gewachsen  und  am  42%  stärker  im 
Srastamfange  waren.  Was  die  Longenkapadtät  anbetrifft,  so  war  sie 
ebenfalls  bei  den  Nichtrauchern  viel  günstiger,  als  bei  den  Ranchem. 
Danach  ist  der  Tabak  namentlich  jüngeren  Schülem  anbedingt  zn 
▼erbieten. 

Stvttgartef  Kaabeilhorte.  In  Stattgart  befinden  sich  angen« 
blicklich  9  Horte  mit  543  Knaben  and  19  Lehrern  gegen  447 
Knaben  mit  17  Lehrern  im  Yoijahre. 

FGn&igjihriges  Bestehen  einer  SchiildampflieiziiBg.  Nach 

der  „Ztschr.  d,  Ver,  disch.  Ingen.**  ist  die  in  der  Knabenschale 
za  Winterthar  bestehende,  Ton  Gebrüder  Salzer  angelegte  Dampf- 
heizung bereits  im  Sp&therbst  1842  in  Betrieb  gesetzt  worden.  Es 
ifar  dies  die  erste  von  dieser  Firma  aasgeführte  Dampfheizungs- 
anlage.  Sie  hat  sich  in  den  50  Jahren  ihres  Bestehens  yortrefflich 
l^ewfthrt.  Selbst  der  Kessel  fanktioniert  noch  hente  tadellos,  so 
dais  alle  Aassicht  vorhanden  ist,  die  beregte  Heizang  noch  Jahr- 
zehnte hindurch  im  Betriebe  zu  erhalten. 


9a0ej0efd|ti^tlt(^es. 


Elfter  internatimialer  mediziniseher  Kon^efs  in  Rom. 

Das  Exekntivkomitee  hat  in  seiner  Sitzung  am  12.  November  v.  J. 
beschlossen,  dals  der  darch  Entscheidung  vom  2.  August  1892  auf 
April  1894  verlegte  XL  internationale  medizinische  Kongrefs  vom 
29.  Mftrz  bis  5.  April  1894  in  Rom  tagen  soll.  Die  seit  dem 
Aufschübe  des  Kongresses  bis  heute  unermüdlich  fortgesetzten  Ver- 
anstaltungen lassen  einen  zufriedenstellenden  Erfolg  des  Unternehmens 
schon  jetzt  mit  voller  Zuversicht  voraussehen. 

Der  Berliner  Verein  fBr  gesnndheitsgemäfse  Erriehnng 

der  Jugend,  welcher  kürzlich  begründet  worden  ist,^  erläfst  fol- 
genden Aufruf:  Die  Verhflltnisse  der  Grofsstadt  sind  der  Erziehung 
eines  geistig  firischen  und  körperlich  tüchtigen  Geschlechtes  wenig 
günstig.  Nur  die  gemeinsame  Arbeit  aller,  denen  das  Gedeihen 
der  Jagend  am  Herzen  liegt,  kann  hier  Wandel  schaffen.  Eltern, 
Ärzte  und  Lehrer  müssen  Hand  in  Hand  gehen,  um  eine  bessere 
körperliche  und  geistige  Ausbildung  unserer  Kinder  in  Haus  und 
Schule  zu  erreichen.  Zu  diesem  Zwecke  hat  sich  der  Verein  für 
gesondheitsgem&fse   Erziehung    der    Jugend    gebildet,    welcher   alle 


'  Vergl.  diese  Zeitschrift,  1893,  No.  11,  S.  626-627.    D.  Red. 


38 

Stände  und  Berufskreise  umfassen  und  fftr  alle  dasselbe  Ziel  Ter- 
folgenden  Einzelbestrebnngen  der  Mittelpunkt  werden  soll.  Der 
Verein  will  seine  Aufgabe  erreichen  durch  geeignete  Verbreitung  yon 
Kenntnissen  über  die  gesundheitsgemflfse  Erziehung  der  Kinder,  zu 
welchem  Zwecke  größere,  für  jedermann  berechnete  Versammlungen 
mit  Yolkstümlichen  Vortragen  yeranstaltet,  öffentliche  Lehr-  und 
Übungskurse  eingerichtet  und  in  der  Presse,  in  Flugblättern,  in 
Broschüren  bezügliche  Fragen  erörtert  werden  sollen;  durch  Mit- 
wirkung zur  Verbesserung  der  hygienischen  Zustände  in  der  Familie 
und  in  allen  Bildungs-  und  Erziehungsanstalten;  durch  die  Förderung 
der  Hygiene  des  Kindes  und  der  Schule  als  Wissenschaft.  Da  zur 
Erfüllung  dieser  Aufgaben  die  Mitarbeit  aller  erforderlich  ist,  so 
richten  wir  an  unsere  Mitbürger,  insbesondere  auch  an  die  Frauen 
als  die  eigentlichen  Trägerinnen  der  häuslichen  Erziehung,  die 
dringende  Bitte,  dem  Vereine  beizutreten  und  die  Mitgliedschaft 
einem  der  unterzeichneten  Vorstandsmitglieder  anzuzeigen.  Die 
Mitgliedschaft  des  Vereins  wird  schon  durch  einen  Jahresbeitrag  von 
einer  Mark  erworben.  Wohlhabende  aber  bitten  wir,  die  Ziele  des 
Vereins  durch  einen  höheren  Beitrag  oder  durch  besondere  Zuwen- 
dungen zu  fördern.  Der  Vorstand:  Direktor  Professor  Dr.  Schwalbb, 
erster  Vorsitzender,  Dr.  Jacusibl,  Arzt,  zweiter  Vorsitzender, 
W.  SiEöEET,  Lehrer,  dritter  Vorsitzender,  0.  Janke,  Lehrer, 
erster  Schriftführer,  Dr.  Sommerfeld,  Arzt,  zweiter  Schriftführer, 
A.  GuTZMANN,  Taubstummenlehrer,  Schatzmeister,  Frau  Professor 
Dr.  Angsrstein,  Frau  Sanitätsrat  Dr.  Schwerin,  Max  Ross, 
Buchdrucker. 

Professor  Erb  fiber  Nervositiit,  besonders  der  Schnljagend. 

Die  letzte  Stiftungsfeier  der  Universität  Heidelberg  gab  dem  der- 
zeitigen Prorektor  und  bekannten  Nervenarzt,  Professor  W.  Erb, 
Gelegenheit  zu  einer  Hede  über  das  Auftreten  der  funktioneUen 
Neurosen  in  der  Gegenwart.  Derselbe  äufserte  dabei  nach  der 
^Frankf,  Zig,^  unter  anderem  folgendes:  Die  intensivsten  und  ver- 
breitetsten  Gruppen  der  Nervosität  sind  die  Hysterie,  welche  auch 
unter  den  männlichen  Individuen  im  Zunehmen  begriffen  ist,  die 
Hypochondrie  und  vor  allem  die  Neurasthenie.  Eine  organische 
oder  anatomische  Veränderung  des  Nervensystems  ist  bei  diesen 
Krankheitszuständen  nicht  nachweisbar,  sie  stellen  eine  Abnormität 
dar,  bei  den  beiden  ersten  Formen  eine  solche  des  Gemütslebens, 
bei  der  Neurasthenie  eine  solche  der  Himthätigkeit.  Die  Neurasthenie 
ist  eine  besonders  den  gebildeten  Klassen  anhaftende  Krankheit,  ent- 
sprungen einer  Überanstrengung  durch  geistige  Arbeit.  Mit  der 
Entwickelung  der  Kultur  in  unserem  Jahrhundert  sind  auch  die 
Bedürfnisse  der  Menschen  aufsergewöhnlich  gestiegen,  und  der  Kampf 


39 

nms  Dasein  erfordert  die  äofserste  Entfaltung  der  Kräfte.  So  tritt 
eine  Überbürdnng  des  Geistes  schon  in  der  Mittelschule  ein  und 
wird  noch  gesteigert  durch  die  Lehrmethode  einer  mehr  philologisch, 
als  pädagogisch  gebildeten  Lehrerschaft.  Dabei  ist  die  zum  Aus- 
mhen  des  Geistes  und  zur  Förderung  der  körperlichen  Gesundheit 
nötige  Zeit  viel  zu  kurz  bemessen.  Die  Jugend  wird  frühzeitig 
schon  den  Genflssen  des  gesellschaftlichen  Lebens  zugeführt,  und 
diese  bekommen  immer  mehr  den  Charakter  einer  Überreizung  des 
Nervensjrstems.  Die  Dichtkunst  ist  krassem  Materialismus  verfallen, 
die  Musik  ist  tiberlaut  geworden,  selbst  die  Malerei  schreckt  nicht 
davor  zurtick,  die  hälslichsten  Seiten  des  Menschenlebens  uns  un- 
versöhnt vor  Augen  zu  führen.  Die  Beschäftigung  mit  der  Wissen- 
schaft gestaltet  sich  immer  aufreibender  durch  deren  Verzweigung 
in  Spedalitäten.  Der  Handeltreibende  und  Industrielle  ist  den 
wechselvollsten  Erregungen  und  Erschtttterungen  ausgesetzt.  Zu  den 
Aufregungen  des  Berufes  kommen  noch  die  Hast  des  Lebens,  die 
Ruhelosigkeit,  besonders  des  Beisens,  hinzu,  und  vor  allem  sind  die 
weitesten  Schichten  der  Bevölkerung  erfaüst  von  politischen,  socialen, 
religiösen  Kämpfen,  welche  sich,  wie  das  tibertriebene  Yereinsleben, 
bis  in  die  kleinsten  Gemeinschaften  fortsetzen.  Alle  diese  Auf- 
regungen müssen  verletzend  auf  den  menschlichen  Geist  wirken,  und 
da  unser  vielberufenes  fin  de  si^cle  so  überreich  an  diesen  „psychi- 
schen Träumen**  ist,  so  unterliegt  es  keinem  Zweifel,  dafs  die 
Zunahme  der  Neurasthenie  eine  Folge  des  modernen  Lebens  ist, 
wenn  auch  die  Notwendigkeit  einer  von  den  Eltern  ererbten  Dis- 
position, die  sogenannte  neuropathische  Belastung,  zum  Zustande- 
kommen der  Neurasthenie  nicht  geleugnet  werden  kann.  Trotz 
aUedem  sieht  Professor  Erb  nicht  zu  schwarz  in  die  Zukunft,  als 
ob  ein  Niedergang  unserer  Nation  zu  befürchten  sei.  Er  erblickt 
vielmehr  in  der  ländlichen  Bevölkerung  und  dem  Mittelstande  den 
Bodeu,  von  dem  aus  der  heutigen  Geseüschaft  immer  wieder  neue 
Kräfte  zugeführt  werden.  Vor  allem  aber  sei  es  nötig,  dafs  eine 
besondere  Hygiene  des  Nervensystems  sich  entwickele,  welche  in 
erster  Linie  die  Erziehung  der  Jugend  ins  Auge  fasse.  Nicht  nur 
die  Schuhräume,  auch  die  Lehrmethode  und  die  Lehrer  selbst  müssten 
den  hygienischen  Bedürfnissen  entsprechen.  Die  Fürsorge  des  Staates 
sollte  sich  nicht  auf  die  industriellen  Arbeiter  beschränken,  sondern 
auch  den  Himarbeitem  gesunde  Räume  und  geringere  Arbeitszeit, 
sowie  regelmäfsige  Ruhepausen  sichern.  Überhaupt  sei  vor  allem 
darauf  zu  sehen,  dafs  die  geistige  Thätigkeit  mit  den  nötigen  Er- 
holungspausen abwechsele  und  die  Entwicklung  und  Ausbildung  des 
Körpers  nicht  vernachlässigt  werde.  Endlich  erweise  sich  auch  die 
Anpassungsfähigkeit  des  Nervensystems  so  grofs,  dafs  schliefslich  die 
Heize  des  modernen  Lebens  an  Schädlichkeit  einbüfsen  müfsten. 


40 

Die  sehalhygieniselie  Abtoflnn^  der  Berliner  Gewerhe- 

ansstellmig  1896.  Bekanntlich  besteht  der  Plan,  im  Jahre  1896 
in  Berlin  eine  Gewerbeaasstellnng  zu  Teranstalten.  uns  interessiert 
besonders  die  Gruppe  XIX  ,,£rziehung  nnd  Unterricht^,  deren 
etwa  70  Vorstandsmitglieder  am  31.  Oktober  y.  J.  zusammengetreten 
sind.  Den  Vorsitz  des  engeren  Omppenvorstandes  Mhren  Geheimer 
Eommerzienrat  L.  M.  Goldbsrgeb  und  Professor  Dr.  B.  Schwalbb, 
Direktor  des  Dorotheenstftdtischen  Realgymnasiums.^  Als  Schrift- 
fiQhrer  fungieren  Professor  Dr.  Fb.  Baohmakn  und  Professor  Dr.  A. 
Tbbndblbnbübg.  Zur  Feststellung  des  endgültigen  Gruppenprogramms 
und  zur  Organisation  der  einzelnen  Abteilungen  wurden  Arbeits- 
kommissionen mit  dem  Rechte  der  Kooptation  gewählt.  Der  ersten 
Abteilung:  „Einrichtung  Yon  Schulen,  Schulhygiene^  gehören 
dls  Kommissionsmitglieder  an:  Realgynmasialdirektor  Dr.  Th.  Bach,^ 
Per  Direktor  des  Kaiser-  und  Kaiserin  Friedrich  -  Krankenhauses 
Professor  Dr.  Baginskt,^  Oberlehrer  Professor  G.  Egelbr,  Schulrat 
Arofessor  Dr.  C.  Euler^  und  Frau  Sohepulsr  -  Lettb.  Für  die 
abteilung:  „Lehr-  und  Unterrichtsmittel  jeder  Art,  physi- 
kalische und  chemische  Apparate,  Ausstattung  von  Lehr- 
zimmern, Globen,  Atlanten,  Karten,  Bilder,  Modelle, 
Naturaliensammlungen,  Bücher,  Hefte  u.  s.  w.*'  sind  Kom- 
missionsmitglieder: Geheimer  Regierungsrat  Bebtram,  Professor 
R.  BoBRNSTSiN,  Stadtschulrat  Fürstbnau,  Lehrer  H.  G alles. 
Geheimer  Regierungs-  und  Proyinzialschulrat  Gruhl,  Gymnasialober- 
lehrer G.  Heyne,  Professor  L.  Kny,  Gymnasialdirektor  Dr.  Küblbr/ 
Geheimer  Regierungsrat  Künbt,  Geheimer  Regierungsrat  H.  Lanbolt, 
Geheimer  Regienmgsrat  K.  MÖBius,  Professor  K.  Müllbnhoff, 
Dr.  H.  Paetel,  Dr.  H.  Voromt,  Geheimer  Regierungsrat  N.  Prinos- 
HEIM,  Geheimer  Regierungsrat  F.  Eilhardt  Schultzb,  Professor 
K.  Schümann,  Direktor  Professor  Dr.  Waetzoldt  und  Professor 
0.  Warsghaubb.  Für  die  Abteilung:  „Zeichenunterricht, 
Handfertigkeitsarbeiten^  wurden  zu  Kommissionsmitgliedem 
gewählt:  Lehrer  der  2.  Berliner  Schülerwerkstatt  F.  GropplBR, 
Zeichenlehrer  und  Landschaftsmaler  M.  Lindemann-Frommel  und 
Dr.  Max  Weiss,  Vorsitzender  der  Stenographischen  Gesellschaft 
„Gabelsberg''. 

SteilBChriftversiiehe  in  Norwegen.  Der  Bericht  der  Bürger- 
und Realschule  zu  Christiania  wird  durch  einen  Aufsatz  des  Schreib- 
lehrers T.  0.  Gran  eingeleitet:  „£in  Versuch  mit  der  Steil- 
schrift". Dieser  Versuch  ist  auf  Anregung  des  Expeditionschefs 
für  das  norwegische  Schulwesen   angestellt  worden,   und  den  Anlafii 


^  unser  Mitarbeiter.    D.  Red. 


41 


hat  iffiederaiii  eine  Yerhandlnng  in  der  p&dagogisehen  Gesell- 
Bchaft  Yon  Christiania  ,,ü,ber  die  Rflckgratsyerkrümmnngen 
der  Kinder  und  die  damit  für  die  Schule  yerbandenen 
Fragen^  gegeben.  Herr  Gkan  ist  Yon  den  Yorzfigen  der  Steilschrift 
TOT  der  Schrftgschrift  fest  Oberzengt.  „Eine  Schreibart'' ,  so  erklArt 
er,  „die  wie  diese  in  den  meisten  Fällen  yerhindert,  dafs  die  Wirbel- 
sinle  eine  Yerkrflmmnng,  der  Brustkorb  nebst  den  innerhalb  desselben 
befindlichen  Organen  einen  Druck  erfährt,  und  welche  au&erdem 
bewirkt,  dais  die  Schüler  nicht  an  der  Dinte  riechen,  mufs  mit 
Freuden  begrüljst  werden."  Auch  die  übrigen  Lehrer  und  Lehrerinnen 
der  genannten  Schule,  welche  Gelegenheit  hatten,  die  Kinder  während 
des  Yersuches  zu  beobachten,  stimmen  dieser  Äufserung  bei.  Zugleich 
heben  sie  hervor,  da(s  die  Steilschreiber  eine  „weit  gleichartigere 
und  fliegendere''  Handschrift,  als  die  Schrägschreiber  zeigen.  Ein 
bdcannter  norwegischer  Schreiblehrer  bereitet  übrigens  Yorlagehefte 
mit  Steilschrift  Yor.  M.  K.  HAkonson- Hansen. 

Selmlhygieiiiselie  Vorträge  in  Berlin.  Unser  verehrter 
Mitarbeiter,  Herr  Professor  Dr.  med.  Wilhelm  Löwenthal,  hält 
während  dieses  Winters  in  der  Berliner  Humboldtakademie  eine 
Reihe  zusammenhängender  Yortrftge  über  „Erziehungskunde  vom 
Standpunkte  der  Entwicklungswissenschaft''  und  über 
„Hygiene  des  Kindesalters".  Eine  kurze  Übersicht  dessen, 
was  er  hier  vorzuführen  gedenkt,  hat  er  im  Berliner  Lehrerverein 
gegeben,  indem  er  in  der  Sitzung  vom  22.  September  v.  J.  „ W  e  s  e  n 
und  Ziele  der  evolutionistischen  Pädagogik*'  besprach. 

Die  Angen  der  kalifornischen  Studenten.  Es  ist  interessant, 
so  hei&t  es  in  dem  ^Cenirhl.  f.  prakt.  Aughlkde.*^,  mit  den 
statistischen  Angaben  über  deutsche  und  andere  Hochschulen  die 
Zusammenstellungen  zu  vergleichen,  welche  Dr.  Southhabd  über  die 
Untersuchung  von  Sil  Hörern  an  der  Universität  von  Kalifornien 
im  „Jfedl.  Bec.*^  veröffentlicht.  Die  Studierenden  standen  im  Alter 
von  16 — 27  Jahren,  meistenteils  waren  sie  17 — 21  jährig.  Stu- 
dentinnen waren  62  darunter.  Yon  den  Studenten  litten  ungefähr 
zwd  Drittel  an  Brechungsfehlem.  Ein  Drittel  aller  Untersuchten 
war  hypennetropisch,  nur  4,81%  myopisch  und  24,49  Vo  astig- 
matisch. Die  weiblichen  Studierenden  unterschieden  sich  hierin 
nicht  wesentlich  von  den  männlichen.  Im  Osten  Amerikas  weisen 
die  Studenten  35,47  %  Myopen  auf,  in  Deutschland  steigt  die  Ziffer 
bis  40,  ja  50%  an,  in  Dänemark  sind  32,3  Vo  der  Studierenden  kurz- 
sichtig und  nur  3,8%  übersichtig;  in  letzterem  Lande  liegen  die 
Verhältnisse  also  nahezu  umgekehrt,  wie  in  den  westlichen  Staaten 
Amerikas. 


42 

Diphtherie  in  Ssterreichischen  und  franzSsischen  Schulen. 

Von  der  y^Neu,  Fr,  JV."  wird  unter  dem  18.  Norember  v.  J. 
berichtet:  Die  beiden  Übnngsschulen  des  Wiener  Pädagogiums,  und 
zwar  sowohl  die  für  Knaben,  als  jene  ft&r  Mädchen,  femer  das  im 
Gebäude  des  Pädagogiums  untergebrachte  Mädcheng3rmnasium  muisten 
wegen  wiederholt  vorgekommener  Diphtheritiserkrankungen  der  Schfller 
und  Schülerinnen  bis  auf  weiteres  geschlossen  werden.  In  den 
unteren  Klassen  der  Mädchenschule  des  Pädagogiums  kamen  schon 
zu  Beginn  des  vorigen  Monates  mehrere  Diphtheritisfälle  vor,  die 
bedauerlicherweise  einen  tödlichen  Verlauf  nahmen.  Es  wurden 
auch  schon  damals  diese  Klassen  für  einige  Tage  geschlossen  und 
erst  nach  gründlich  vorgenommener  Desinfizierung  wieder  ge- 
Ofhet.  In  der  verflossenen  Woche  traten  aber  in  denselben  Schul- 
räumen neuerdings  einzelne  Erkrankungen  auf,  worauf  am  Samstag, 
den  11.  d.  M.,  abermals  die  Schliefsung  der  unteren  Klassen  verfügt 
wurde.  Als  nun  am  Dienstag,  den  14.,  auch  in  einer  der  oberen 
Klassen  ein  Diphtheritisfall  zur  Anzeige  gelangte,  verfügte  der  Direktor 
MossBAüR  auf  eigene  Verantwortung  die  sofortige  Sperrung  nicht 
nur  der  Volks-  und  Bürgerschule  für  Mädchen,  sondern  auch  des 
im  zweiten  Stockwerke  befindlichen  Mädchengymnasiums.  Das  ganze 
Schalgebäude  wird  nun  in  allen  seinen  Räumen  einer  gründlichen 
Desinfektion  unterzogen.  Seit  dem  ersten  Auftreten  der  Krankheit 
in  den  erwähnten  Anstalten  im  Monate  Oktober  sind  8  Kinder  gestorben. 
—  Ähnliche  Erkrankungen  werden  aus  Frankreich  berichtet.  Wie 
^Le  Frogr.  mid. "  schreibt,  ist  dort  eine  gewisse  Zahl  von  Diphtherie- 
fällen unter  den  Kindern  der  Kommunalschulen  im  Departement 
Seine-et-Oise,  namentlich  in  den  Gemeinden  von  Bucil  und  Chaton 
nahe  bei  Saint-Germain,  vorgekommen.  Der  Präfekt  dieses  Departe- 
ments hat  sofort  dem  Seinepräfekten  hiervon  Nachricht  gegeben, 
und  es  sind  Schutzmafsregeln  getroffen  worden,  um  die  weitere 
Verbreitung  der  Krankheit  zu  hindern.  Auch  aus  Nantes  wurden 
zahlreiche  Fälle  gemeldet.  Die  Schulen  von  Dannemarie  im  Ober- 
Elsafs  mufsten  wegen  der  Verherungen,  welche  die  Diphtherie  an- 
richtete, gleichfalls  geschlossen  werden. 

Der  Verein  zur  Pflege  kranker  Studierender  der  Uni- 
versität Wien  versendet  seinen  32.  Jahresbericht.  Wir  entnehmen 
demselben,  dais  bei  einem  Stande  von  1262  Mitgliedern  in  1614 
leichteren  Krankheitsfällen  von  den  zahlreichen  Vereinsärzten  un- 
entgeltliche ambulatorische  Behandlung  gewährt  und  die  Medizin  auf 
Rechnung  des  Vereins  verabfolgt  wurde.  Andererseits  erhielten  104 
ernstlicher  Erkrankte,  welche  2012  Verpflegungstage  nötig  hatten,  in 
dem  seit  2  Jahren  unter  Leitung  des  Dr.  Leo  Redtbnbagher  be- 
stehenden eigenen  Vereinshospitale  Verpflegung  und  Behandlung.    Die 


43 

dadurch  erwachsenen  Spitalskosten  beliefen  sich  in  dem  Berichts- 
jahre aof  6893  fl. 

ESrperlielie  Überbfirdmig  toa  Seminaristen  in  Efisnaeht. 

Die  „Z.  F."  schreibt:  Eine  anerkennenswerte  Marschleistang  haben 
die  Schüler  der  obersten  Klasse  des  Seminars  Eüsnacht  zu  verzeichnen. 
Auf  ihrer  zehn  Tage  dauernden  Tour  in  die  Graubündner  Berge 
machten  sie  an  einem  Tage  vom  Hotel  Bosegg  aus,  das  nachts  1  Uhr 
verlassen  wurde,  den  Weg  über  den  Rosegggletscher,  Sellapafe,  Scersen- 
nnd  Filariagletscher,  von  da  über  den  Belariapafs  nach  dem  Pers- 
ond  Morteratschgletscher  und  zurück  nach  Pontresina,  wo  die  Kolonne, 
allerdings  sehr  ermüdet,  aber  doch  wohlbehalten  wiederum  nachts  um 
1  Uhr  ankam.  Von  dem  ungefähr  24  Stunden  weiten  Weg  mudsten 
etwa  17  in  Schnee  und  Gletschereis  zurückgelegt  werden.  Die  Leistung 
fand  selbst  bei  marschgewohnten  Touristen  grofse  Bewunderung.  — 
Wir  verwxmdem  uns  dagegen,  dafs  Lehrer  ihren  Schülern  solche 
übertriebenen  Märsche  zumuten;  die  körperlichen  Übungen  drohen 
immer  mehr  in  Sport  auszuarten. 

Schnlbraasebad  in  Leipzig.  In  einer  Leipziger  Volksschule 
ist,  wie  wir  dem  y^Gsähtsing."^  entnehmen,  neuerdings  eine  Bade- 
anlage mit  9  Brausen  geschaffen  worden;  auch  in  Plagwitz,  dem 
bekannten  industriellen  Stadtteile  Leipzigs,  existiert  bereits  ein  der- 
artiges Schulbad. 


^müx^t  Derfugnnsett« 


Erlafg  des  KSniglich  prenrsischen  Ministers  der  geistlichen, 
Unterrichts-  nnd  Medizinalangelegenheiten ,  betreffend  den 
Beginn  des  Sehnlnnterrichts  infolge  der  durch  die  Einführung 
der  mittelenropSischen  Zeit  als  Einheitszeit  für  Deutschland 

geänderten  Verhältnisse. 

Berlin,  den  15.  September  1893. 
Nachdem  ich  aus  den  auf  meinen  Runderlals  Tom  29.  Mai 
d.  J.  —  U.  IL  1306  —  mir  erstatteten  Berichten  ersehen  habe, 
dals  die  Königlichen  ProvinzialschulkoUegien  die  Bflckwirkungen  der 
seit  dem  1.  April  d.  J.  zur  Einführung  gelangten  mitteleuropäischen 
Zeit  auf  den  Unterrichtsbetrieb  der  höheren  Schulen,  soweit  es  nach 
der  Lage  der  einzelnen  Prorinzeu  erforderlich  schien,  teils  bereits 
auszugleichen  bemüht  gewesen  sind,  teils  beabsichtigen,  für  das 
Winterhalbjahr  eine  solche  Ausgleichung  herbeizuführen,  will  ich 
Ton  der  ohnehin  sehr  schwierigen  Regelung  der  Angelegenheit  von 


44 

hier  aas  nm  so  mehr  absehen,  als  aach  diese  nur  unter  Beachtong 
der  provinziellen  Bedürfnisse  erfolgen  könnte.  Ich  beschrflnke  mich 
daher  auf  eine  Empfehlung  der  Beachtong  folgender  Gesichtspuikte : 

1.  Wie  die  besonderen  Schwierigkeiten,  welche  in  den  meistea 
Wintermonaten  in  einzelnen  Provinzen  des  Staates  aas  dem  froheren 
Beginn,  in  anderen  aas  dem  späteren  Schlafs  des  Unterrichts  oder 
ans  beidem  zugleich  erwachsen,  zn  beheben  seien,  kann  zwar  den 
Königlichen  Provinzialschalkollegien  flberlassen  bleiben,  weldie  dabei 
selbstredend  auch  die  örtlichen  Verhältnisse  in  Betracht  ziehen 
werden.  Aus  diesem  Grande  allein  aber  fOr  alle  höheren  Schulen 
einer  Provinz  den  ganzen  Unterricht  auf  den  Vormittag  za  verlegen, 
wie  ein  Königliches  Provinzialscholkollegiom  vorschlagt,  hat  seine 
groben  Bedenken.  Eher  empfiehlt  es  sich,  in  solchen  Fällen,  etwa 
von  November  bis  Februar,  den  Nachmittagsanterricht  Pankt  2  Uhr 
zu  beginnen  and  ohne  andere  Pause,  als  die  durch  den  Lehrer- 
wechsel notwendige  (?  D.  Red.)  bis  3^/s  Uhr  fortzuführen,  so  zwar,  dab 
auf  jede  der  beiden  Lektionen  'A  Stunde  entfUlt.  Indessen  sollen 
damit  andere  als  zweckm&isig  erkannte  Auskonftsmittel  nicht  aus- 
geschlossen werden. 

2.  Thunlichst  zu  vermeiden  ist  jeder  Beginn  oder  jeder  Schluls 
des  Unterrichts,  der  nicht  mit  einer  ganzen  oder  einer  halben 
Stande  nach  der  jetzigen  Zeiteinteilung  zusammenfällt. 

3.  Die  Direktoren  der  einzelnen  Anstalten  werden  nach  Be- 
nehmon  mit  den  betreffenden  Geistlichen  des  Orts  dafür  Sorge  zu 
tragen  haben,  dals  durch  die  hier  und  da  notwendige  Verlängerung 
des  Schulunterrichts  bis  12^/s  Uhr  oder  durch  eine  sonstige  Ver- 
legung desselben  die  beiden  Standen,  welche  nach  den  bestehenden 
Bestimmungen  fdr  den  Konfirmanden-  oder  Kommunionunterricht 
freizulassen  sind,  nicht  verkürzt  werden.  Die  Königlichen  Provinzial- 
schulkollegien  woUen  demgemäfs  die  Direktoren  mit  Weisung  versehen. 

4.  Notwendig  ist,  da(s  alle  Schulen  an  einem  und  demselben 
Orte  dieselbe  Zeit  wenigstens  für  den  Beginn  des  Unterrichts  an- 
setzen und,  soweit  ihre  Unterrichtseinrichtung  es  zuläfst,  auch  zu 
derselben  Zeit  ihn  schlielsen.  Die  Königlichen  ProvinzialschulkoUegien 
werden  zu  diesem  Zwecke  mit  den  Königlichen  Regierungen,  denen 
ich  Abschrift  dieses  Erlasses  habe  zugehen  lassen,  sich  verständigen 
müssen.  Eine  solche  Verständigung  ist  vor  allem  an  deigenigen 
Orten  nötig,  wo  Schüler  oder  Schülerinnen  von  auswärts  sich  der 
Eisenbahn  bedienen  müssen,  um  nach  dem  Schulort  zu  gelangen. 
Nachdem  der  Herr  Minister  der  öffentlichen  Arbeiten,  wie  die 
Königlichen  ProvinzialschulkoUegien  aus  dem  abschriftlich  hier  bei- 
gefügten an  den  Herrn  Oberpräsidenten  von  Westfalen  gerichteten 
und  den  übrigen  Herren  Oberpräsidenten  ebenfalls  mitgeteilten  Erlals 


45 

desselben  vom  25.  Juni  d.  J.  —  V.  n.  5307  —  ersehen  wollen, 
den  Wünschen    der    Schnlyerwaltong    thnnlichst   entgegengekommen 
iit,  wird  es  Sache  der  Direktoren  sein,  ihre  desMsigen  Anträge  bei 
den  betreffenden  Eisenbahndirektionen  rechtzeitig  anzubringen. 
Der  Minister  der  geistlichen  etc.  Angelegenheiten. 
In  Vertretung:  von  Wbtkaugh. 
An  die  sämtlichen  Königlichen  ProvinzialschulkoU^en. 

Mitteilnng  des  KSniglieh  prenfsischen  Unterrichisministers  an 

die  Pn^YÜuinlaehidkonegiei  wegen  der  Eünrichtong  von 
hygieniBclieii  Kursen  an  den  bygieniachen  Universitätsinatitateii« 

Berlin,  den  14.  September  1893. 

An  den  hygienisdien  Instituten  der  Universitäten  Breslau, 
Königsberg,  Kiel,  Berlin  und  Marburg  werden  f&r  Yerwaltnngs- 
beamte  hygienische  Kurse,  und  zwar  in  der  Weise  eingerichtet 
werden,  daCs  dieselben,  soweit  sich  ein  Bedürfiiis  dazu  ergibt  und 
die  nächstgelegenen  Aufgaben  der  erwähnten  Anstalten  es  gestatten, 
Ton  Zeit  zu  Zeit  Wiederholung  finden  sollen. 

Diesen  Kursen,  welche  auf  14  Tage  berechnet  sindj,  wird  vor- 
behaltlich der  durch  die  örtlichen  Verhältnisse  gebotenen  Änderungen 
folgender  Plan  zu  Ghrunde  gelegt  werden. 

Als  Ziel  wird  erstrebt,  den  Teikiehmern  durch  Vorträge  und 
Demonstrationen  einen  Einblick  in  die  ihren  Wirkungskreis  berührenden 
Teile  der  Hygiene  zu  verschaffen.  Diesem  Zwecke  sollen  die  Samm* 
hmgen  der  Institute,  sowie  besonders  die  sanitären  Einrichtungen 
der  betreffenden  Orte  und  ihrer  Umgebung  in  möglichst  ausgedehntem 
Maise  nutzbar  gemacht  werden.  Des  näheren  wird  es  sich  dabei  um 
nachbenannte  Gegenstände  handeln: 

1.  Die  allgemeinen  Aufgaben  der  Hygiene;  Mortalitäts-  und 
MorbJditätsstatiBtik,  Krankheitsursachen;  die  krankheitserregenden 
fttnunten. 

2.  Boden  und  Wasser;  Wasserversorgung  im  groben,  Füter-* 
betrieb;  Bmnnenanlagen,  Hausfilter. 

ä.  Wohnongsbygiene;  gesundheitsschädliche  BestandteOe  der 
Lnft»  Ventilation,  Heizung,  lokale  und  centrale  Heizanlagen.  Specielle 
Wohnnngshygiene:  Schulbauten,  Krankenhäuser,  Isolierbaracken; 
Arbeitarwohnungen ;  GefiUignisse. 

4.  Die  Entfernung  der  Ab&lbtoffe;  Kanalisation,  Bieselwlrt- 
Bckaft»  KUranlageQ,  Abfiibrsysteme. 

5.  Volksemährung,  Kost  in  öffentlichen  Anstalten;  Alkoholis* 
mm ;  VerfUsohnng  der  Nahrungsmittel,  Fleischschau,  Marktpolizei. 

6w  Die  wichtigsten  Teile  der  Oewerbehygiene. 
7.  Bflgrftbniswesen. 


46 

8.  Die  Verhütung  der  ttbertragbaren  Krankheiten,  Desinfektions- 
wesen. 

Zu  den  einzelnen  Kursen  können  15  his  20  Teibiehmer,  an 
dem  hygienischen  Institut  in  Königsberg  jedoch  nur  12  bis  15 
Teilnehmer  zugelassen  werden.  Die  rechtzeitige  Ankündigung  der 
Kurse  erfolgt  durch  die  Presse.  Die  Meldung  zur  Teilnahme  an 
denselben  ist  an  den  Direktor  des  betreffenden  hygienischen  Instituts 
zu  richten.  Das  Honorar  ist  auf  30  M.  neben  6  M,  Institots- 
gebühren  bemessen. 

Das  Königliche  ProvinzialschulkoUegium  setze  ich  hiervon  mit 
dem  Auftrage  in  Kenntnis,  die  Direktoren  und  Lehrer  der  höheren 
Schulen  und  Seminare  auf  die  getroffene  Einrichtung  aufinerksam  zn 
machen  und  deren  gelegentliche  Benutzung  zu  empfehlen. 

An  sämtliche  Königliche  Proyinzialschulkollegien. 

Der  Minister  der  geistlichen  etc.  Angelegenheiten. 
In  Vertretung:  VON  Weyrauch. 

Ontachten  des  Wiener  Stadtphysikates 

Aber  die  Yerfügiiiig  des  niederSsterreiehischen 

Landesschulrates,  betreffend  die  Schaffung  von  Spiel-,  Eis- 

nnd  Sch?ämmpl&t£en  fBr  die  Schnljngend. 

Mit  dem  Erlasse  des  k.  k.  niederösterreichischen  Landesschnl- 
rates  wird  in  dreifacher  Hinsicht  die  Vornahme  von  Leibesübungen 
für  die  Schuljugend  empfohlen. 

Hiermit  wird  gewissermafsen  eine  Ergänzung  des  Turnens, 
sowie  die  Schaffung  und  bessere  Ausnutzung  von  Gelegenheiten  zur 
Kräftigung  und  Abhärtung  beabsichtigt. 

Vom  hygienischen  Standpunkte  aus  müssen  diese  Absichten  auf 
das  wärmste  unterstützt  werden,  da  es  sich  doch  vor  allem  darum 
handelt,  den  jugendlichen  Organismus  widerstandsfähiger  zu  machen 
und  neben  der  Ausbildung  des  Geistes  die  Entwicklung  des  Körpers 
nicht  zu  vernachlässigen. 

Es  mufs  nun  allerdings  zugegeben  werden,  dafs  die  in  Yorschlag 
gebrachten  Mittel,  nämlich  Eislaufen,  Schwimmen  und  Pflege  der 
gemeinsamen  Spiele,  nicht  ganz  gleichwertig  sind  und  dafe  insbesondere 
dem  immer  mehr  verbreiteten  Eissporte  auch  der  Vorwurf  gemacht 
werden  kann,  dals  hierbei  mehr  als  sonst  die  Grelegenheit  zur 
Acquirierung  von  Erkältungskrankheiten  und  zu  mancherlei  chirur- 
gischen Zufällen  geboten  ist.  Diese  Befürchtungen  hängen  jedoch 
zumeist  von  individuellen  Anschauungen  und  von  den  in  den  be- 
treffenden Familien  herrschenden  Ansichten  und  Erziehungsmethoden 
ab  und  werden  hierdurch  allein  schon  insofern  vermindert,  als  es 
ja  bei  Vermeidung  jedes  Zwanges  den  Familien  selbst  überlassen 
bleibt,  von  den  jeweUigen  Einrichtungen  Gebrauch  zu  machen. 


47 

Vom  pädagogischen  Standpunkte  dürfte  übrigens  auch  der  Um- 
stand nicht  unerwähnt  bleiben,  dals  es  bisher  nicht  Gepflogenheit 
ist,  die  beim  Turnen  Torzunehmenden  Leibesübungen  ohne  ent- 
sprechende Überwachung  und  ohne  Vorkehrungen  gegen  Unglücks- 
Mle  ausfahren  zu  lassen.  Es  dürfte  daher  in  dieser  Beziehung 
namentlich  eine  separate  Benutzung  der  £islau^lätze  seitens  der 
Schuljugend  und  eine  entsprechende  Überwachung  in  Erwägung  zu 
ziehen  sein. 

Im  allgemeinen  werden  jedoch  weder  vom  Standpunkte  der 
Schulbehörde,  noch  von  dem  des  Hygienikers  die  mitunter  über- 
triebenen Befürchtungen,  welche  man  hinsichtlich  des  Eislaufens  aus- 
sprechen hört,  zu  teilen  sein,  sondern  es  mxjSs  dasselbe  als  ein 
Mittel  aufgefa&t  werden,  den  jugendlichen  Körper  abzuhärten,  die 
Muskelkraft  und  Elasticität  desselben  zu  entwickeln  und  das  Selbst- 
vertrauen zu  erhöhen.  In  Anbetracht  dieses  Zieles  wird  es  sich 
somit  empfehlen,  alle  diesbezüglichen  Bestrebungen  zu  unterstützen, 
imd  es  kann  daher  auch  eine  Einflufsnahme  der  Gemeinde  auf  die- 
selben befürwortet  werden. 

In  noch  höherem  Grade  gilt  dies  yom  Schwimmen,  bezüglich 
dessen  sicherlich  auch  seitens  ängstlicher  Fimiilien  keinerlei  Ein- 
wendungen gemacht  werden  dürften.  Hier  ist  es  nicht  nur  der  in 
allen  Schichten  der  Gesellschaft  anerkannte  hygienische  Wert  des 
Badens  und  der  durch  das  Schwimmen  erzielten  Stärkung  des 
Körpers,  sondern  auch  der  Vorteil,  der  für  allfä,llige  im  Leben  sich 
ergebenden  Ereignisse  gewonnen  wird,  welcher  das  Schwimmen  zu 
einem  allseits  beliebten  Unterrichtsgegenstand  gemacht  hat,  so  dafs 
selbst  die  obligatorische  Einführung  dieses  wichtigen  Teiles  des 
Tnmunterrichtes  kaum  auf  eine  erhebliche  Opposition  stolsen  würde. 

Die  Pflege  der  gemeinsamen  Spiele  der  Schuljugend  nach  be- 
stimmten Principien  kann  ebenfalls  als  ein  wichtiges  Erziehungs- 
moment aufgefafst  werden,  dessen  Wert  in  hygienischer  Hinsicht 
nicht  zu  unterschätzen  ist.  Hier  kann,  abgesehen  von  der  physischen 
Leistung,  welche  beansprucht  wird,  dem  Schüler  Erholung,  Anregung 
tmd  Erheiterung  geboten  werden,  welche  Momente  viele  Studierende 
sonst  vermissen,  und  die  auch  in  wohlthätiger  Wechselwirkung  zur 
Entfaltung  der  geistigen  Leistungsfähigkeit  stehen.  Die  Vorteile, 
welche  sich  hieraus  unter  der  Voraussetzung  einer  sachgemäfsen 
pädagogischen  Leitung  für  die  Förderung  der  Kollegialität  und  der 
Sittlichkeit  ergeben,  werden  gewifs  von  niemandem  unterschätzt 
werden,  der  in  dieser  Hinsicht  eine  freudlose  Jugend  verlebt  oder 
an  Spielen  teilgenommen  hat,  die  oft  genug  von  rohen  Auftritten 
begleitet  waren  oder  gar  mit  Balgereien  geendigt  hatten. 

Wenn  es  sich  nun  darum  handelt,  die  erwähnten  wohlmeinenden 
Absichten  praktisch  zu  bethätigen,  so  müfsten  zunächst  gewisse  Vor- 


48 

bedingnngen  in  Erwägung  gezogen  werden,  am  es  zn  enn(Vglichen, 
da&  alle  Schulkinder  an  den  zu  treffenden  Einrichtungen  nach 
hygienischen  und  pädagogischen  Grundsätzen  teUnehmen  könnten. 

Vor  allem  erscheint  es  daher  unumgänglich  notwendig,  gewisse 
Änderungen  des  Lehrplanes  vorzunehmen,  damit  die  Schn^ugmid  an 
körperiichen  Übungen  in  grOfeerem  Umfange  ohne  Schädigung  der 
eigentlichen  UnterrichtszwcMcke  sich  beteiligen  könne,  oder  ohne 
bemüTsigt  zu  sein,  nachträglich  mit  um  so  gröDserer  Anstrengung 
Versäumtes  nachzuhol^,  wodurch  die  Frage  der  Überbttrdung  der 
Schuljugend  in  ein  noch  ernsteres  Stadium  treten  und  die  hiermit 
in  sanitärer  Hinsicht  sich  ergebenden  nachteiligen  Konsequenzen  nur 
noch  deutlicher  als  bisher  sich  bemerkbar  machen  würden. 

Ein  zweites  Postulat  wäre,  die  Schn^ugend  bei  allen  Übungen 
und  Spielen  von  fremden  Elementen  möglichst  zu  trennen  und  daher 
auf  eigene  Eislauf-  und  Spielplätze  zu  verweisen. 

Im  Hinblick  auf  die  derzeit  bestehenden  Yerhältaisse  dürfte  es 
daher  als  sicher  angenommen  werden  können,  dafe  die  besprochenen 
Einrichtungen  nicht  schon  dermalen  im  vollen  Umfange  und  in  ein» 
allen  Anforderungen  entsprechenden  Weise  getroffen  werden  können 
und  dafs  man  sich  wird  begnügen  müssen,  die  weitere  Entwicklung 
in  dem  angedeuteten  Sinne  der  Zukunft  zu  überlassen» 

Was  nun  zunächst  die  Eisplätze  anbelangt,  so  dürfte  es  kaum 
besonderen  Schwierigkeiten  unterliegen,  dafür  vorzusoxgen,  dafe  auf 
den  bereits  bestehenden  und  von  Privatunternehmern  errichteten 
Eisbahnen  auf  Grund  eines  Übereinkonmiens  seitens  der  Schulen  und 
unter  Mithilfe  und  mit  Unterstützung  der  Gemeinde  die  Teilnahme 
einer  grölseren  Anzahl  von  Schülern  ermöglicht  werde.  Ein  solcher 
Vorgang  dürfte  den  bestehenden  Bedürfiiissen  voriänfig  annäherungs- 
weise entsprechen,  und  es  könnte  hierbei  auch  den  pädagogische 
Anforderungen  teilweise  Rechnung  getragen  werden,  wenn  die  Be* 
nutzung  seitens  der  Schu^ugend  auf  die  von  einem  besseren  Pu- 
blikum besuchten  Eisplätze  beschränkt  und  auf  bestimmte  Stunden 
festgesetzt  und  nach  Thunlichkeit  überwacht  werden  würde. 

In  ähnlicher  Weise  könnte  bezüf^ch  der  8chwimmai»talten  vor- 
gegangen werden,  da  wegen  der  grofsen  Entfernung  der  kommunalen 
Bäder  eine  öftere  Benutzung  derselben  seitens  der  SchuQugead  au»« 
geschlossen  sein  dürfte. 

Die  Benutzung  der  städtischen  Dus(&ebäder  sotens  der  Schal- 
jugend kann  nur  zun  Zwecke  der  Reinhaltung  des  Körpers  und  als 
Erfrischungsmittel  empfohlen  werden,  während  der  oben  angedeutete 
Zweck  nur  in  Bädern  mit  Vollbassins  erreicht  werden  kann.  In 
dieser  Beziehung  werden  sich  günstige  Aussichten  für  die  geaamle 
Bevölkerung  erst  daan  ergeben,  wenn  der  Donaukanal  nadi  Erbauung 


49 

der  Sanunelkanftle  zn  beiden  Seiten  desselben  von  allen  unreinen 
Zoflflssen  befreit  nnd  für  die  Errichtung  von  Yolksbädern  geeignet 
gemaelit  werden  wird. 

Endlich  dürfte  sich  anch  hinsichtlich  der  Gröfse  nnd  bequemen 
Lage  der  zu  errichtenden  Spielplätze  erst  nach  der  Einbeziehung 
der  Vororte  die  Gelegenheit  ergeben,  zweckmäfsige  Einrichtungen 
m  treffen. 

Vorderhand  werden  die  hierfür  bereits  disponiblen  Plätze, 
eTentuell  auch  die  Sommerturnplätze  bei  den  Schulen  in  Aussicht 
za  nehmen  sein. 


yerfunalten. 


Dem  ordentlichen  Professor  an  der  Universität  MtLnchen, 
Geheimrat  Dr.  von  Pettekkofer,  ist  die  Funktion  eines  Präsi- 
denten der  bayerischen  Akademie  der  Wissenschaften  übertragen 
worden. 

Die  Gesellschaft  für  Natur-  und  Heilkunde  in  Dresden  und 
der  ärztliche  Verein  in  München  haben  Geheimrat  Professor  VON 
ESMAKCH  in  Kiel  zum  Ehrenmitgliede  gewählt. 

Der  Herausgeber  dieser  Zeitschrift  ist  zum  Ehrenmitgliede  der 
Association  internationale  pour  le  progr^s  de  Thygi^ne  in  Brüssel 
ernannt  worden. 

Dem  Provinzialschulrat  Geheimen  Regierungsrat  Dr.  Breiter 
in  Hannover  wurde  der  Eronenorden  IL  Klasse,  dem  Direktor  des 
Gymnasiums  zu  Arnsberg,  Dr.  Scherer,  der  Kronenorden  III.  Klasse 
verliehen. 

Die  Kreisschulinspektoren  Kallen  in  Düren,  Dr.  Keller  in 
Aachen,  Seemann  in  Braunsberg  und  Zillieens  in  Eupen  haben 
den  Charakter  als  Schulrat  mit  dem  Range  der  Räte  IV.  Klasse 
eriudten. 

Den  gleichen  Rang  empfingen  unser  verehrter  Mitarbeiter, 
Herr  Direktor  der  Realschule  zu  St.  Johann  Dr.  VTingerath  in 
Stra&hurg  i.  £.,  sowie  die  Direktoren  Dr.  Beste  am  Progymnasium 
in  Dorsten,  Boschs  an  der  Realanstalt  zu  Eisleben,  Dr.  Führer 
am  Progymnasium  in  Wattenscheid,  Dr.  Tobibn  am  Realpro- 
gymnasium in  Schwelm  und  Waldau  am  Realprogymnasium  in 
Bocholt 

Es  erhielten  den  roten  Adlerorden  ID.  Klasse  mit  der  Schleife 
Regierungs-  und  Schuhrat  Dr.  Breuer  in  Koblenz  und  Gymnasial- 
direktor a.  D.  Professor  Hofmann  in  Berlin ;  den  roten  Adlerorden 

Bduilg«randhelt«pflege  YII.  4 


50 

lY.  Klasse  Regienings-  and  Schnlrat  Dr.  RoYBNHAaBK  in  Dttssel- 
dorf,  Stadtscholinspektor  Dr.  Jonas  in  Beriin,  Gymnasialdirektor 
Dr.  SOMMBRBRODT  in  Lanban,  Direlctor  der  städtischen  Lehrerinnen- 
bildnngsanstalt  Dr.  Erkelbnz  in  Köln,  Seminardirektor  Dibsnbr 
in  Ottweiler,  Seminardirektor  DoTii  in  Neuwied,  Direktor  der  Real- 
schnle  Dr.  Pbtrt  in  Remscheid  nnd  Direktor  des  Progynmasinms 
Dr.  HÜNNBEBS  in  Linz  a.  Rh. ;  den  HohenzoUerschen  Hansorden 
der  nm  die  Heilpädagogik  verdiente  Lehrer  Oodtfrinq  in  Kiel. 

Zum  k.  k.  österreichischen  Unterrichtsminister  ist  an  Stelle  des 
Dr.  VON  Gaütsch  Stanislaus  Rittbr  von  Madbtski,  ein  ge- 
borener Galizier,  ernannt  worden. 

Der  bisherige  Regiemngsrat  VON  Moltkb  hat  die  Befördenmg 
zum  Geheimen  Regiemngsrat  nnd  vortragenden  Rat  im  Eöniglidi 
preufsischen  Ministerium  der  geistlichen,  Unterrichts-  und  Medizinal- 
angelegenheiten erhalten. 

Dem  Oberpräsidialrat  MAüBiCH  zu  Königsberg  i.  Pr.  wurde  ftkr 
die  Dauer  seines  Hauptamtes  die  Direktion  des  dortigen  Königlichen 
Provinzialschulkollegiams  im  Nebenamte  übertragen. 

Der  Regierungs-  und  Schulrat  Schöppa  in  Trier  ist  als 
Regierungs-  und  Schulrat  nach  Schleswig,  der  Kreisschulinspektor 
Dr.  LORBNZ  in  Malheim  a.  R.  als  Stadtschnlinspektor  nach  Berlin 
versetzt  worden. 

Der  ordentliche  Professor  der  Chemie,  Dr.  £.  Fisohbr  in 
Berlin,  wurde  zum  aulserordentlichen  Mitgliede  des  Kaiserlichen 
Gesundheitsamtes  für  die  Zeit  bis  £nde  1896  ernannt. 

Die  an  der  Universität  Freiburg  i.  Br.  neu  errichtete  Professur 
der  Pädagogik  ist  dem  Gymnasialprofessor  Dr.  Ludwig  Zürn  daselbst 
flbertragen  worden. 

Zum  temporären  Leiter  der  Odessaer  bakteriologischen  Station 
wurde  an  Stelle  des  als  Professor  der  Hygiene  nach  Kasan  berufenen 
Dr.  Büjwn)  neuerdings  Dr.  Pbter  Diatroptow  bestimmt. 

Der  um  die  Einführung  der  Jugendspiele  in  Ungarn  verdiente 
Direktor  Wilhelm  SzüppXn,  welcher  bisher  dem  dortigen  Unterrichts- 
ministerium zugeteilt  war,  ist  zum  Direktor  der  höheren  Staats- 
mädchenschule in  Budapest  ernannt  worden. 

Der  Specialist  für  Zahnkrankheiten  bei  den  Mädchenschulen 
der  philanthropischen  Gesellschaft  in  St.  Petersburg,  Dr.  LniBBBa, 
wurde  zum  Konsultanten  für  Zahnkrankheiten  am  klinischen  Institute 
der  Grofsfürstin  Helene  Pawlowna,  der  Oberarzt  des  Poltawaschen 
Kadettencorps,  Staatsrat  Dr.  Mbdem,  zum  aniseretatsmäfsigen  Kon- 
sultanten fttr  Augenkrankheiten  beim  Poltawaschen  Mädcheninstitut, 
Dr.  Broghard  an  Stelle  des  um  seinen  Abschied  eingekommenen 
Dr.  Combb  zum  Zahnarzt  des  Lyceums  Lakanal  gewählt. 


51 

Regiernngsrat  Dr.  Wilhelm  Ohlmülleb,  ordentliches  Mitglied 
des  Kaiserlichen  Gesandheitsamtes  in  Berlin,  hat  sich  als  Privatdocent 
ftar  Hygiene  an  der  dortigen  Universität,  Dr.  Hbrrnheiseb,  bekannt 
durch  seine  Untersnchnngen  von  Schülerangen,  als  Privatdocent  fOr 
Ophthalmologie  an  der  deutschen  Universität  in  Prag  habilitiert. 

Die  deutsche  Gesellschaft  fOr  öffentliche  Gesundheitspflege 
wfthlte  an  Stelle  des  verstorbenen  Sanitätsrates  Dr.  A.  Kalischbb 
Dr.  Theodor  Wetl  zum  ersten  Schriftführer. 

Stabsarzt  Dr.  DAVIDS  ist  zum  Assistenten  am  hygienischen 
Institute  der  Universität  Berlin  ernannt  worden. 

Der  Leibarzt,  Professor  emer.  Dr.  Zdeeaubr  in  St.  Peters- 
bn^,  beabsichtigt  von  der  Stellung  als  Präsident  der  russischen 
Gesellschaft  zur  Wahrung  der  Yolksgesundheit  in  nächster  Zeit 
ntrfickzutreten. 

Kreisschulinspektor  Schmidt  in  Karthaus  ist  aus  dem  Amte 
geschieden;  bei  dieser  Gelegenheit  wurde  ihm  der  Charakter  als 
Bcholrat  verliehen. 

Es  sind  gestorben:  Begierungsrat  Bück  in  Stuttgart,  Mitglied 
der  lünisterialabteilung  ftlr  Gelehrten-  und  Bealschulen,  48  Jahre 
alt;  am  29.  September  v.  J.  in  Moskau  Wirklicher  Staatsrat  Dr. 
Alexander  von  Hippius,  Arzt  am  Wladimirkinderhospital  und 
an  der  Bealschule  daselbst;  am  22.  Oktober  v.  J.  zu  Neustadt  in 
Westpreulsen  Gymnasialdirektor  Professor  Dr.  Seemann;  Dr. 
Emaküel  Kolisch,  ein  vielbeschäftigter  Kinderarzt  in  Wien;  der 
issistent  der  Augenklinik  in  Palermo,  Dr.  Anqblo  Bomano  Catania, 
von  dem  Untersuchungen  über  die  Entstehuug  der  Kurzsichtigkeit 
horflhren;  Karl  Ihmb,  Turnlehrer  an  der  7.  Bürgerschule  in 
Leipzig. 


rxittxainx. 


Besprechungen. 

Orro  Janeb.    Die  Hygiene  der  Knabenhandarbeit    Beiträge 

zur  gesundheitsgemäCsen  Ausgestaltung  des  Handarbeitsunterrichts 

ftr  Knaben.    Hamburg  und  Leipzig,   1893.    Leopold  Voss.  (X.  u. 

106  S.  8^  Jü  2.) 

Das  voliegende  Werk  ist  sowohl  ftlr  die  Gesundheitspflege,  wie 

iür  die  Knabenhandarbeit  verdienstlich,  denn  die  erstere  tritt  damit 

*of  ein  noch  im  Anbau  begriffenes  Gebiet  hinüber,    wo    sie    sicher 

sein  kann,  dab  ihren  Lehren  von  An&ng  an  Gehör  geschenkt  wird, 

4* 


52 

nnd  die  letztere  hat  den  Vorteil,  für  sich  Interesse  erweckt  zu  sehen 
auch  in  Kreisen,  die  ihr  bisher  verschlossen  waren.  Ans  der  Yer- 
dienstlichkeit  des  Unternehmens  erwi&chst  aber  die  Pflicht  einer 
sorgfältigen  Prttfting  dessen,  was  diese  erste  Darstellung  der 
Hygiene  des  Arbeitsnnterrichts  bietet,  damit  von  yomherein 
etwaigen  nnrichtigen  Ansichten  entgegengetreten  werde.  Solche  ge- 
wissenhafte Prafnng  mnis  natürlich  die  Förderung  der  Wahrheit  über 
alles  Persönliche  stellen.  Dabei  ist  es  vielleicht  nicht  von  Übel, 
wenn  dem  Oesnndheitspfleger  eine  Kritik  ans  dem  Lager  der  erzieh- 
lichen Handarbeit  erw&chst,  damit  eben  beide  Standpunkte  znr  Geltang 
kommen. 

Da  sei  denn  nun  vorerst  festgestellt,  dafis  die  erziehliche  Knaben- 
handarbeit unmöglich  so  in  der  Hygiene  aufgehen  kann,  daCs  sie 
einzig  und  allein  von  ihr  Befehle  empf&ngt,  während  sie  doch  vor 
allem  ein  lebendiges  Stück  P&dagogik  ist  und  auTserdem  noch  von 
ganz  anderen  Seiten  her  beeinflufst  wird.  Der  Verfasser  hat  zwar 
selbst  diesen  Gedanken  einmal  zustimmend  berührt,  aber  seine  Thaten 
bezeugen,  dafs  dies  nur  Theorie  war;  seine  Gesundheitspflege  ist 
nicht  die  ratende  Freundin  der  Erziehungskunde,  sondern  sie  strebt 
nach  der  Herrschaft.  Und  sodann  soll  gleich  von  vornherein  gesagt 
sein,  dals  eine  fruchtbare  Kritik  der  Bestrebungen  für  die  Erziehung 
der  Jugend  zur  Arbeit  nicht  blofs  darin  zu  bestehen  braucht,  jede 
etwa  mögliche  gesundheitsschfidliche  Manipulation  bei  den  jetzt  vor- 
handenen Arbeitsarten  festzunageln,  sondern  dafs  sie  noch  fruchtbarer 
wirken  würde,  wenn  sie  zugleich  auch  dem  Arbeitsunterrichte  positiv 
neue,  bisher  von  ihm  noch  unbetretene,  aber  gesundheitlich  richtige 
Wege  zeigte  und  die  in  seiner  bisherigen  Praxis  gebliebenen  dies- 
bezüglichen Lücken  ihrerseits  nachwiese,  wie  dies  beispielsweise  mit 
dem  vom  Standpunkte  der  Gesundheitspflege  so  wertvollen  Gartenbau 
der  Fall  sein  könnte.  Leider  ist  vom  letzteren  in  unserer  Hygiene 
der  Knabenhandarbeit  mit  keinem  Worte  die  Bede,  weil  sich  der 
Verfasser  nur  an  das  zufällig  Gegebene,  nicht  auch  an  das  Sein- 
sollende halt. 

Die  beiden  ersten  Kapitel  geben  das  Generelle:  I.  Ist  in 
hygienischer  Beziehung  die  Einfügung  der  Knabenhandarbeit  in  die 
Reihe  der  Bildungsmittel  unserer  Schulen  erforderlich?  und  n.  Die 
physiologischen  Wirkungen  der  Handarbeit  im  allgemeinen.  Hier 
sind  die  in  den  Berichten  der  Lehrerbildungsanstalt  für  Knaben- 
handarbeit niedergelegten  Arbeiten  von  Geh.  Medizinalrat  Professor 
Dr.  BiRCH-HiBSOHFELD,  von  Geh.  Sanitätsrat  Dr.  Kristelleb  und 
von  Professor  Marshall  wesentlich  benutzt  worden.  Für  einen 
Kompositionsfehler  halten  wir  es,  wenn  das  erste  Kapitel  mit  einem 
Leitsatze  abschlieüst,  der  aus  dem  Inhalte  desselben  nicht  hervorgeht. 


53 

Der  Verfasser  hat  in  diesem  Kapitel  nachgewiesen,  dafs  der  heutige 
Schulunterricht  in  der  Erziehung  des  Kindes  sehr  wesentliche  Lücken 
lasse,  welche  zn  beseitigen  eine  unbedingte  Notwendigkeit  sei.  Er 
erwfthnt  sodann,  daCs  sich  die  Knabenhandarbeit  als  eine  ihrer  Auf- 
gaben gestellt  habe,  diesen  Ausgleich  herbeizuführen.  Und 
unmittelbar  darauf  schlielst  er  mit  der  These:  „Weil  der  bisherige 
Schulunterricht  wichtige  Partien  der  Muskulatur  ganz  ungeübt  l&ist 
u.  8.  w.,  so  ist  die  Einfügung  der  Knabenhandarbeit  in  die  Reihe 
der  wesentlichen  Bildungsmittel  der  Schule  notwendig.  "*  Es  ist  aber 
Tom  Verfasser  noch  keineswegs  nachgewiesen,  dafe  die  Handarbeit  die 
Mittel  zu  bieten  vermag,  um  jene  Lücken  auszufüllen,  denn  erst  im 
folgenden  Kapitel  wird  über  die  physiologischen  Wirkungen  der 
enteren  berichtet.  Im  übrigen  aber  kann  man  den  hier  gegebenen 
Ausführungen  zustimmen. 

Im  dritten  Kapitel  werden  die  Forderungen  der  Hygiene  an 
die  Knabenhandarbeit  entwickelt.  Sie  entsprechen  zunächst  denen 
der  allgemeinen  Schulgesundheitspflege  und  stellen  das  bereits  über- 
einstimmend Gebilligte  über  Reinhaltung  der  Luft,  über  Beleuchtung 
TL  8.  w.  zusammen.  Dann  folgen  hygienische  Torschriften  über  die 
Handarbeit  im  besonderen.  Für  einen  wesentlichen  Dispositionsfehler 
halten  wir  es,  wenn  der  Verfasser  bereits  hier,  wo  es  allgemeine 
Forderungen  aufzustellen  gilt,  entschieden  für  die  Hobelbankarbeit 
Partei  ergreift  und  seiner  Eingenommenheit  gegen  die  Holzschnitzerei 
die  Zügel  schieben  lälst.  Uns  erscheint  dies  unrichtig,  weil  damit 
bereits  der  Richterspruch  gefüllt  ist,  noch  ehe  eine  objektive  ünter- 
sochnng  eingeleitet  wurde,  zu  der  man  dann,  wenn  sie  nachtrfiglich 
kommt,  kein  Vertrauen  mehr  hat;  femer  aber  auch  deswegen,  weil 
dadurch  Wiederholungen  verursacht  werden,  die  den  Gedanken- 
foitgang  aufhalten.  Abgesehen  hiervon  aber  darf  man  mit  diesen 
hygienischen  Forderungen  gleichfalls  einverstanden  sein. 

Nur  das  Verlangen,  dals  auch  die  linke  Hand  zur  Ausübung 
aHer  wichtigen  Th&tigkeiten  gebildet  werden  müsse,  bedarf  vielleicht 
emer  gewissen  Einschrftnkung.  Wir  fürchten  nämlich,  dafs,  wenn 
jetzt,  wo  wir  die  ersten  Versuche  machen,  die  gröfete  Ungeschicklich- 
keit der  rechten  Hand  zu  beseitigen,  mit  der  Forderung  kategorisch 
hervorgetreten  wird,  die  Linke  müsse  das  Gleiche  leisten,  bei  der 
geringen  Übungszeit  für  beide  Hände  nichts  Erhebliches  heraus- 
konmien  wird.  Nichtsdestoweniger  soll  die  Linke  immerhin  soviel 
ah  möglich  mit  zur  Geschicklichkeit  erzogen  werden.  Dies  geschieht 
aber  in  der  That  schon  jetzt  in  ganz  erheblichem  Malse,  denn  überall 
wird  de  zu  Hilüsdiensten  herangezogen.  Wie  sehr  die  Linke  in 
der  Werkstatt  zur  Mitarbeit  benutzt  wird,  erkennt  man  leicht, 
wenn  man  sich  vorstellt,  man  sollte  als  Einarmiger  Pappe  schneiden 


54 

oder  den  Hobel  ftihren  oder  Holz  schmtzeii  oder  auch  nur  ein  Stflck 
Eisen  in  den  Schraabstock  spannen. 

Der  bei  weitem  wichtigste  Teil  des  Buches  ist  der  die  einzekei 
Arbeitsgebiete  behandelnde  vierte,  denn  das  fOnfte  nnd  letzte  Kapitel, 
welches  die  erste  Hilfe  bei  Verletzungen  in  der  SchOlerwerkstatt 
bespricht,  bildet  ja  doch,  so  dankenswert  es  auch  sein  mag,  za 
dem  Hanptthema  eigentlich  nur  einen  Anhang. 

Die  im  vierten  Hanptteil  anfgef&hrten  Arbeitsgebiete  entsprechen 
nicht  völlig  der  Praxis  der  SchQlerwerkstätten.  Kanm  in  einer 
wird  das  an  zweiter  Stelle  genannte  HobEdrechseln  als  besonderes 
Arbeitsfach  betrieben.  Ebensowenig  kann  man  die  Lanbsftgearbeit 
ein  besonderes  Fach  nennen.  Die  Laubsäge  kommt  höchstens  als 
Hilfswerkzeng  fttr  die  Holzbearbeitung  mit  in  Betracht,  und  so  ge- 
hörte der  der  Laubsägearbeit  gewidmete  Abschnitt  besser  zu  dem 
Kapitel  über  die  leichte  Holzarbeit.  Dieser  Abschnitt  darf  aber 
von  der  Hobelbankarbeit  nicht  getrennt  werden.  Mit  der  Einlege- 
arbeit (Intarsia)  verhält  es  sich  ähnlich,  wie  mit  der  Laubsägerei. 
Sie  ist  kein  Fach,  das  als  solches  irgendwo  getrieben  würde,  sondern 
nur  eine  hier  oder  dort  vereinzelt  auftretende  Arbeitsübung.  Endlich 
gehören  die  Papier-  und  die  Papparbeit  so  notwendig  zusammen, 
dafs  sie  nicht  als  zwei  streng  geschiedene  Arbeitsfächer  aufgefalst 
werden  können.  Demgemäfs  würden  ans  den  zehn  Arbeitsf&chern 
des  Verfassers  deren  fünf  werden,  welche  am  besten  die  folgende 
Anordnung  erhielten:  1.  Papier-  und  Papparbeit,  2.  leichtere  Holz- 
und  Hobelbankarbeit,  3.  Holzschnitzerei,  4.  Metallarbeit,  5.  Formen 
in  Thon,  Wachs  u.  s.  w.  (Modellieren).  Der  Verfasser  stellt  dagegen 
die  Hobelbankarbeit  an  die  Spitze,  vermutlich  weil  er  die  Arbeits- 
fächer nach  ihrem  hygienischen  Werte  ordnen  vrill.  Dabei  aber 
durfte  er  nicht  vergessen,  daüs  er  auf  Seite  28  das  Erzeugen  von 
feinem  Staub  als  gesundheitsschädlich  verboten  hat,  während  doch 
die  Arbeit  mit  der  Holzfeile,  der  Ziehklinge  und  dem  Sandpapier 
der  Atemluft  leichten  Holzstaub  zuführt.  Man  könnte  darum  fragen, 
ob  nicht  die  Metallarbeit  allen  hygienischen  Forderungen  noch  besser 
entspreche.  Jedenfalls  sind  die  Metallfeilspäne  zu  schwer,  als  dafs 
sie  in  der  Luft  herumzufliegen  vermöchten. 

In  dem  Abschnitt  über  die  Hobelarbeit  schliefist  sich  Verfasser 
ganz  an  das  Werk  von  Mikeelsbn  in  Kopenhagen  an,  welches 
die  normalen  Arbeitsstellungen  im  Bilde  vorführt.  Da  aber  die 
meisten  Leser  der  Handarbeitshygiene  das  genannte  Werk  mit  seinen 
Abbildungen  nicht  kennen  werden,  so  geht  manches  von  dem  be- 
schreibenden Texte  für  sie  verioren.  —  Bei  der  grölsten  Bereitwillig- 
keit, den  hygienischen  Forderungen  nachzukommen,  wird  man  ea  doch 
nicht  billigen  können,    wenn   die   Vorschriften  im  einzelnen  so  weit 


J 


55 

gehen,  daJs  das  technisch  richtige  Arbeiten  dabei  aufhören  mnTs. 
So  wird  auf  Seite  47  fOr  das  Sägen  gefordert,  dafs  sich  das  zu 
sagende  Brett  genan  vor  der  Brostmitte  befinde,  oder  noch  mehr, 
dais  sogar  der  beabsichtigte  Sägeschnitt  Tor  der  EOrpermitte  liege. 
Dann  kann  aber  der  Knabe  nicht  gerade  sägen,  oder,  wie  der  Fach- 
mann sagt,  schneiden ;  er  wird  yiehnehr  lauter  von  rechts  nach  links 
schräglaufende  Schnitte  erhalten.  Femer  soll  die  zu  schneidende 
Stelle  sich  immer  in  der  Höhe  der  Magengrube  befinden.  Soll  man 
da  etwa  von  3  cm  zu  3  cm  das  Brett  jedesmal  höher  spannen, 
oder  „den  Platz  durch  einen  Untersatz  entsprechend  erhöhen?"  Ich 
fUrchte,  dais,  wenn  fort  und  fort  die  rtthrige  Arbeit  durch  so  viele 
hygienische  Vorkehrungen  unterbrochen  wird,  der  Junge  das  Werk- 
zeug lieber  aus  der  Hand  legt. 

Ebenso  unverträglich  mit  der  Arbeit  ist  die  Vorschrift  für  das 
Hobeln,  dais  „um  möglichst  symmetrische  Stellungen  zu  erzielen **, 
dasselbe  von  der  kurzen  Seite  der  Hobelbank  aus  erstrebt  werden 
müsse.  Der  Knabe  soll  also  hinter  der  Arbeit  stehen  und  nicht 
neben  sich  die  Längsseite  der  Bank,  sondern  vor  sich  ihre  Schmal- 
seite haben.  Wenn  nun  aber  eine  Leiste  von  einiger  Länge 
anszuhobeln  ist?  Dann  kann  der  Arbeitende  bei  dem  von  ihm 
abgekehrten  £nde  keine  Kraft  mehr  anwenden,  d.  h.  die  Arbeit 
wird  unmöglich.  Nein,  da  die  Rechte  den  Hobel  stöfst,  der  rechte 
Arm  vorwiegend  bei  der  Arbeit  beteiligt  ist,  so  ist  es  richtig,  wenn 
die  letztere  rechts  liegt  und  der  Arbeitende  links  vom  Arbeitsplatze 
steht.  Will  die  Hygiene  streng  auf  dem  Grundsatze  beharren,  dafs 
beide  Körperhälften  auch  im  Arbeitsunterricht  symmetrisch  ausgebildet 
werden,  so  kann  sie  konsequent  nur  so  verfahren,  dafs  sie  bei  den 
seitlich  zu  fahrenden  Werkzeugen  nacheinander  die  rechte  und 
die  linke  Körperhälfte  zur  Bethätigung  heranzieht.  So  machen  es 
ja  auch  bereits  Salomon  in  Nääs  und  Mikkelsen  in  Kopenhagen, 
die  man  auf  diesem  Gebiete  wohl  als  Autoritäten  ansehen  darf. 

Ähnlieh,  wie  mit  der  Forderung  für  das  Hobeln,  verhält  es 
sich  mit  der  Vorschrift  des  Verfassers  fdr  das  Durchbohren  eines 
horizontal  liegenden  Brettes.  Die  Bohrwinde  steht  senkrecht  zum 
Brette,  die  eine  Hand  dreht  die  Winde,  die  andere  drückt  von 
oben  darauf.  Zur  Verstärkung  dieses  Druckes  will  nun  der  Verfasser, 
dais  der  Knabe  noch  sein  Kinn  auf  die  von  oben  drückende  Hand 
setze.  Er  vergifist  dabei  aber,  dafs  dann  derselbe  nicht  mehr  so  leicht 
sieht,  wohin  er  bohrt,  und  dafs  die  Kurbel  nicht  mehr  im  Kreise 
gedreht  werden  kann,  weil  ihr  der  verhältnismäfsig  kurze  Oberkörper 
des  Knaben  zu  nahe  ist.  Viel  natürlicher  wäre  es  doch,  zu  ver- 
langen, dafi9  die  Stirne  auf  die  oben  haltende  Hand  gelegt  werde; 
dann  können  die  Augen  die  Arbeit  gut  kontrollieren,  und  die  Bohr- 
winde vermag  ohne  Anstofs  gedreht  zu  werden. 


56 

Neben  der  Forderong,  da&  die  wicbtigsteD  eine  Eörperhftlfte 
besonders  in  Anspruch  nehmenden  Thfttigkeiten,  wie  Hobehi  und 
Sägen,  abwechselnd  rechts-  und  linksseitig  geflbt  werden  sollen, 
müCste  die  Hygiene  aber  doch  solche  Arbeiten,  welche  ihrer  Natar 
nach  mit  symmetrischer  Körperhaltung  nnd  mit  dem  gleichzeitigen 
Gebranch  beider  Hände  ausgeführt  werden,  ganz  besonders  bevor- 
zugen. Es  ist  darum  yerwunderlich,  daGs  die  ländliche  Holzarbeit 
auf  der  Schnitzbank,  die  fast  durchgehends  mit  beidhändigen  Werk- 
zeugen, wie  dem  Bandmesser,  dem  Ziehhobel,  ausgefbhrt  wird,  und 
bei  der  der  Arbeitende,  da  er  auf  der  Schnitzbank  reitet,  eine  sym- 
metrische Körperhaltung  einnimmt,  vom  Verfasser  mit  keinem  Worte 
erwähnt  wird.  Auch  die  Holzschnitzerei  ist  eine  zweihändige  Arbeit. 
Das  zu  beschnitzende  Brett  liegt  festgespannt  auf  dem  Tische,  das 
Schnitzeisen  wird  Ton  der  rechten  und  linken  Hand  zugleich  geführt, 
und  zwar  von  der  rechten  oder  linken  Seite,  Yon  schräg  oben  oder 
unten,  je  nachdem  es  der  Wuchs  des  Holzes  bedingt,  so  dafis  beide 
Hände  durch  die  Faserrichtung  gezwungen  werden,  mit  dem  Werk- 
zeuge yerschiedene  Stellungen  einzunehmen. 

Überhaupt  unterschätzt  der  Herr  Verfasser  den  Wert  der  in 
den  SchlÜerwerkstätten  getriebenen  Kerbschnitzerei.  Schon  an  und 
fär  sich  ist  es  nach  dem  eben  Gesagten  nicht  richtig,  wenn  er 
meint,  es  finde  bei  der  Schnitzerei  keine  Mannigfaltigkeit  der  Hand- 
griffe statt.  Dazu  kommt  aber  noch,  dals  die  Schnitzarbeit  doch 
auch  Yorbereitet  und  nach  dem  Schnitzen  YoUendet  werden  muls. 
Da  gilt  es,  die  Umrisse  mittelst  der  Decoupiersäge  und  Feile  her- 
zustellen, die  einzelnen  Teile  zu  einem  Ganzen  zu  Yerbinden,  da 
gilt  es,  zu  beizen  und  zu  wachsen,  oder  die  geschnittenen  Flächen 
teilweise  mit  Farbe  zu  decken,  so  daiis  die  Ornamente  nicht  nur 
durch  Licht  und  Schatten,  sondern  auch  durch  koloristischen  Reiz 
wirken,  oder  es  sind  geschmackYoll  gewählte,  das  Ganze  bestimmende 
Linien  durch  Vergoldung  herYorzuheben.  Alles  das  zusammen  gibt 
Handflbung  genug.  Somit  können  wir  es  nicht  gelten  lassen,  wenn 
Verfasser  sagt,  da&  durch  die  Einförmigkeit  der  Handhaltung  bei 
der  Schnitzarbeit  eine  gewisse  Schwerfälligkeit  und  sogar  Steifheit 
der  Hand  herYorgerufen  werde.  Ja,  da  der  Autor  die  einseitig 
schweren  Arbeiten  Yerwirft,  welche  die  Muskeln  nur  an  Kraft  zu- 
nehmen lassen,  aber  ihre  Beweglichkeit  beeinträchtigen,  da  er  auch 
die  feineren  Muskeln  geübt  wissen  und  einen  Wechsel  im  Kraft- 
aufwand bei  der  Handarbeit  herbeigeführt  sehen  will,  so  kann  er 
eigentlich  an  der  Holzschnitzerei  gar  nicht  Yorüber.  Ein  wichtiger 
Gegengrund  gegen  dieselbe  ist  freilich  die  Yon  ihr  den  Augen  drohende 
Gefahr.  Wenn  man  aber  den  Schnitzunterricht  in  der  richtigen 
Weise  betreibt,   so  ist  gewüis  keine  Ursache  zu  Befürchtungen  nach 


67 

dieser  Richtung  hin  vorhanden,  nnd  man  sollte  um  der  reichen 
Förderung  willen,  die  er  der  Jugend  gewährt,  alle  Schwarzmalerei 
beiseite  lassen.  Wir  setzen  voraus,  dals  die  Knaben,  wie  bei  der 
anderen  praktischen  Arbeit,  so  auch  beim  Schnitzen  stehen,  dab 
dffl*  Schnitztisch  die  richtige  Höhe  für  ihre  Grölse  hat,  dals  die 
Schnitte  thunlichst  grofs  ausgeführt  werden,  dals  die  Zeichnung  mit 
deutlich  sichtbaren,  schwarzen  Bleistiftstrichen  aufgetragen  wird,  da(s 
die  geübteren  Schüler  nicht  mehr  die  ganze  Zeichnung  ausführen, 
BODdem  nur  noch  die  charakteristischen  Richtlinien  und  Orientierungs- 
punkte eintragen,  dafs  ausschüefslich  normalsichtige  Kinder  zum 
Schnitzen  zugelassen,  kurzsichtige  aber  unbedingt  ferngehalten  werden 
and  dals  die  Schüler  im  Wechsel  mit  dem  Schnitzen  auch  die 
anderen  bei  der  Holzarbeit  notwendigen  Übungen  Tomehmen.  Werden 
diese  Bestimmungen  streng  durchgeführt,  so  kann  man  jeder  Schüler- 
werkstatt die  nach  anderen  Richtungen  hin  so  wichtige,  den  Geschmack 
nnd  Formensinn  bildende  und  von  den  Knaben  mit  wahrer  Begeiste- 
rung getriebene  Kerbschnitzerei  ruhig  lassen. 

Dem  vom  Verfasser  über  die  Papparbeit  Gesagten  schliefsen 
wir  uns  im  wesentlichen  an.  Nur  möchten  wir  noch  hervorheben, 
dals  sie  in  der  Gesamtheit  der  Knabenhandarbeiten  geradezu  un- 
entbehrlich ist.  Ihr  bildender  Wert  liegt  vor  allem  darin,  da&  bei 
ihr  die  Körper  aus  der  Fläche  heraus  entstehen,  dals  sie  den 
Übergang  vom  ebenen  Netz  zum  körperlichen  Gebilde  vermittelt. 
Kein  Arbeitsfach  vermag  den  Gebrauch  von  Lineal,  Winkel  und 
Zirkel,  das  geometrische  Zeichnen,  so  praktisch  zu  verwerten,  wie 
dieses.  Dazu  gesellt  sich  noch  der  Reiz  harmonischer  Farben- 
zosammenstellungen,  die  Bildung  des  Geschmackes.  Und  wenn 
gesagt  wird,  dals  die  Muskulatur  hier  nicht  so  angestrengt  werde, 
wie  bei  der  Hobelarbeit,  so  ist  das  ein  geradezu  unschätzbarer 
Vorteil,  weil  wir  so  für  das  jüngere  Knabenalter,  dem  man  noch 
kerne  anstrengende  Muskelarbeit  zumuten  darf,  eine  wahrhaft  erzieh- 
lidie  Beschäftigung  gewinnen.  An  die  Hobelbank  kann  in  der 
Begel  erst  ein  Knabe  von  11,  12  Jahren  treten,  zur  Papparbeit  ist 
aber  ein  solcher  von  9  bis  10  Jahren  vollkommen  fähig.  In  der 
Mitte  zwischen  den  Papier-  und  Papparbeiten  liegen  die  so  instruk- 
tiven Kartonarbeiten,  so  dals  hier  nach  dem  Mafse  der  wachsenden 
Kräfte  eine  treffliche  Steigerung  in  der  Schwierigkeit  des  Materials 
mög^ch  ist.  Der  Karton  ist  widerstandsfthiger  als  das  Papier,  und 
er  braucht  andererseits  doch  nicht,  wie  die  Pappe,  mit  buntfarbigem 
Stoffe  überzogen  zu  werden,  da  er  selbst  schon  gefärbt  ist.  Endlich 
Buchten  wir  bei  dieser  Gelegenheit,  die  Ausführungen  des  Herrn 
Verfassers  ergänzend,  noch  auf  das  die  Papparbeit  erleichternde  und 
sie  ge&hrlos   machende  Winkellineal   hinweisen.     Es   bietet   einen 


58 

imbedingten  Schutz  fllr  die  das  Lineal  festhaltende  Hand  durch  d» 
im  rechten  Winkel  aufgebogenen  Rand,  an  welchem  das  Messer 
entlang  gef&hrt  wird. 

Die  Metallarbeit  wird  zumeist  Ton  denen,  die  ihr  fern- 
stehen, fttr  zu  schwer  gehalten  und  in  ihrem  erziehlichen  Werte 
verkannt.  Auch  der  Verfasser  unseres  Buches  scheint  dies  zu  thun. 
Wir  möchten  aber  auf  Grund  einer  langjährigen  Praxis  erklären, 
dafs,  wenn  wir  die  Knaben  nach  und  nach  mit  den  Elementen  der 
praktischen  Arbeit  bekannt  machen  wollen,  die  Metallarbeit  dabei 
unentbehrlich  ist,  denn  kein  Material  ist  für  die  Kultur,  insbesondere 
fQr  die  der  Gegenwart,  so  wichtig,  als  das  Metall  in  seinen  yer- 
schiedenen  Formen.  Wir  hätten  gemeint,  dais  die  Arbeit  am 
Schraubstock  mit  der  Feile  und  dem  Meifsel,  mit  Hanmier  und 
Zange  wegen  der  physischen  Anstrengung,  die  sie  yeranlaüst,  auch 
Ton  der  Hygiene  des  Arbeitsunterrichtes  anerkannt  werden  wtkrde, 
zumal  da  ihre  Manipulationen  in  guter  Körperhaltung  ausgeffthrt 
werden  können,  doch  ist  dies  leider  nicht  der  Fall.  Vielmehr  wird 
sie  vom  Verfasser  nur  unter  den  erschwerendsten  Bedingungen,  ja 
unter  Einschränkungen,  die  sie  unmöglich  machen,  geduldet.  Er 
läfst  die  Anfangsarbeiten  mit  Draht  und  mit  den  leichteren  Blech- 
sorten zu,  aber  er  verbietet  das  Löten.  »Da  der  Draht  die  ihm 
einmal  gegebene  Form  beibehält,  so  ist  meistenteils  eine  weitere 
feste  Verbindung  der  Drahtenden,  wie  sie  durch  das  Löten  geschehen 
könnte,  nicht  mehr  erforderlich."  Wie  soll  aber  der  Knabe  auch 
nur  ein  einfaches  Drahtmodell,  z.  B.  das  Oktaeder,  zusammenbringen, 
ohne  dafs  er  es  lötet?  Die  Teile  fallen  ja  auseinander!  Gerade  die 
Verbindungen  sind  fdr  alle  Arbeitsmaterialen  nicht  nur  das 
ihnen  Eigentttmliche,  sondern  auch  das  besonders  Instruktive.  Der 
Verfasser  fürchtet  den  heifsen  Lötkolben,  „die  Arbeit  an  offenen 
Flammen,  mit  glühendem  Metall  und  mit  ätzenden  Substanzen". 
Das  klingt  fürchteriich.  Wir  können  aber  versichern,  dais  während 
eines  Zeitraumes  von  26  Semestern,  in  welchem  die  Metallarbeit  in 
der  Leipziger  Schülerwerkstatt  getrieben  wird,  noch  keine  einzige  Ver- 
brennung vorgekommen  ist.  Und  in  anderen  Schttlerwerkstätten  macht 
man  dieselbe  Erfahrung.  Viel  eher  verletzen  sich  die  Knaben  mit 
sdiarfen  Schneidewerkzeugen,  die  sie  selbst  nicht  geschliffen,  als  an 
einem  Lötkolben,  den  sie  eigens  vorher  heiJs  gemacht  haben.  Man 
mufs  doch  auch  berücksichtigen,  dafs  nur  gröfsere,  verständige 
Knaben  die  Metallarbeit  treiben  und  dafs  sie  über  das  Wesen  ihrer 
Beschäftigung  und  über  die  möglichen  Gefahren  gehörig  unterrichtet 
werden.  Ein  besseres  Mittel,  die  letzteren  zu  vermeiden,  ist  doch 
wohl,  mit  ihnen  vorsichtig  umgehen  zu  lernen,  als  jeder  denkbaren 
Gefahr  aus  dem  Wege  zu  gehen  und  so  die  Ungeschicklichkeit  grofii 
wachsen  zu  lassen. 


59 

Das  vom  Verfasser  über  das  Modellieren  Gesagte  yermag 
den  hohen  Wert  dieses  Arbeitszweiges  für  die  Erziehung  von  Ange 
und  Hand  wohl  nicht  zu  erschöpfen. 

AUes  in  allem  genommen,  erachte  ich  es  trotzdem  für  sehr 
ferdienstlich,  den  Gedanken  einer  Hygiene  des  Arbeitsonterrichtes 
nicht  nur  gefalst,  sondern  auch  zuerst  praktisch  durchgeführt  zu 
haben,  und  ich  hege  daher  trotz  meiner  Einwände  den  aufrichtigen 
Wunsch,  dafs  das  JANEEsche  Buch  weite  Verbreitung  finden  möge. 
Yielleicht  begegnet  man  ihm  dann  einmal  in  einer  zweiten,  in 
Terschiedenen  Punkten  berichtigten  und  durch  Zus&tze  aus  anderen 
Gebieten  des  Arbeitsunterrichtes  ergänzten  Auflage,  die  bisher  dem 
Herrn  Verfasser  femer  lagen. 

Direktor  der  Lehrerbildungsanstalt  für  Knabenhandarbeit 
Dr.  phil.  WOLDBMAR  GOtzb  in  Leipzig. 

Dr.  Mangbnot,  M6decin  inspecteur  des  6coles  de  Paris.  La 
d6elaration  obligatoire  des  midadies  contagieuses  et  Tiii- 
speetion  m^dicale  des  icoles.  Extrait  de  la  „JRevue  d'hygüne*' , 
1893.     Paris.  1893.     G.  Massen.     (12  S.    8^) 

Wir  haben  das  Vorrecht,  die  neueste  Veröffentlichung  eines 
der  hervorragendsten  Schulärzte  von  Paris,  des  Herrn  Dr.  Mangbnot, 
besprechen  zn  dürfen.  Die  Lektüre  derselben  hat  uns  lebhaft 
interessiert,  denn  wir  sehen,  von  welcher  Wichtigkeit  die  obligatorische 
Anzeige  der  ansteckenden  Krankheiten  ist. 

Der  Verfasser  vergleicht  die  thatsächlichen  Erfolge,  welche  in 
den  Schulen  von  Paris  jetzt  erhalten  werden,  wo  die  Anzeigepflicht 
noch  nicht  besteht,  mit  deigenigen,  welche  dereinst  zu  Tage  treten 
dürften,  wenn  die  Gesetze  ftber  die  Ausübung  der  Medizin  und  den 
Schutz   der    öffentlichen  Gesundheit   in  Kraft    gesetzt    sind. 

L    Die  nicht  obligatorische  Anzeige. 

Augenblicklich  ist  es  der  Leiter  oder  die  Leiterin  der  Schule, 
welche  die  Natur  der  die  Abwesenheit  des  Kindes  begründenden 
Krankheit  feststellen  und  entscheiden  müssen,  ob  dieselbe  ansteckend 
ist  oder  nicht.  Offenbar  können  sie  ihr  Urteil  nur  auf  die  Angabe 
der  Eltern  stützen.  Diese  aber  verheimlichen  den  ansteckenden 
Charakter  der  Krankheit  nur  zu  oft,  um  die  Brüder  und  Schwestern 
des  Erkrankten  nicht  am  Schulbesuche  zu  yerhindem. 

Da  das  erwähnte  Mittel  demnach  ungenügend  erscheint,  so  hat 
man  freiwillige  ärztliche  Zeugnisse  zu  erhalten  gesucht;  allein  diese 
werden  fast  immer  verweigert,  sei  es,  um  den  Eltern  gefällig  zn 
tein,  sei  es,  um  das  ärztliche  Geheimnis  nicht  zu  verletzen. 

Als  letzte  Maisregel  wurde  endlich  von  der  Verwaltung  vor- 
geschlagen,   aUe  wegen  Krankheit   abwesenden   Kinder   durch    die 


60 

Schnl&rzte  besuchen  zn  lassen.  Jedoch  so  nützlich  diese  Einrichtimg 
sein  würde,  so  schwer  l&lst  sie  sich  durchfahren,  einesteils  w^en 
der  groben  Zahl  der  zu  untersuchenden  Kinder,  andemteils  wegen 
der  Rücksicht,  welche  man  auf  die  Hausärzte  nehmen  muis. 

So  folgt,  dafs  die  Verhütung  der  ansteckenden  Krankheiten 
bisher  in  Paris  nicht  wirksam  sein  konnte  und  daCs  dieselbe  allein 
durch  die  obligatorische  Anzeige  zu  ermöglichen  ist. 

n.    Die  obligatorische  Anzeige. 

Die  Anzeigepflicht  ist  daher  notwendig.  Aber  genügt  sie,  um 
die  Gesundheit  der  Schüler  in  wirksamer  Weise  zu  schützen? 

Das  wird  nur  unter  folgenden  Bedingungen  der  Fall  sein: 

1.  Der  Schularzt  mufe  noch  am  Erkrankungstage  selbst  oder 
spätestens  am  folgenden  Tage  eine  Liste  mit  dem  Namen,  dem 
Alter,  der  Wohnung  der  von  einer  ansteckenden  Krankheit  be- 
fallenen Kinder  erhalten. 

2.  Hat  der  Kranke  Brüder  und  Schwestern,  so  ist  für  jeden 
Ton  diesen  eine  gleiche  Liste  an  den  Arzt  und  den  Vorsteher  der 
Schule,  welche  sie  besuchen,  zu  senden.  Auf  diese  Weise  kann  der 
Schularzt  unmittelbar  die  erforderlichen  Maßregeln  treffen  und  der 
Direktor  den  Schülern,  welche  möglicherweise  Ansteckungsstoff  an 
sich  tragen,  den  Eintritt  in  die  Schule  verwehren. 

3.  Kein  Zögling,  welcher  von  einer  anderen  Lehranstalt  oder 
einer  anderen  Stadt  kommt,  wird  in  der  Schule  ohne  ein  Zeugnis 
zugelassen,  dafs  dort  keine  epidemische  Krankheit  herrscht. 

Werden  diese  drei  Vorschriften  beobachtet,  so  gelangt  jedes 
Auftreten  einer  ansteckenden  Krankheit  sofort  gehörigen  Ortes  zur 
Kenntnis,  und  es  ist  möglich,  dieselbe  an  ihrem  Herd  zu  ersticken 
oder  wenigstens  ihre  Ausbreitung  unter  der  Schulbevölkemng  zn 
beschränken. 

Die  angefahrten  MaTsnahmen  sind  indessen  noch  nicht  genügend, 
denn  die  Anzeigepflicht  kann  die  Zulassung  solcher  Kinder  zur  Schule 
nicht  verhindern,  welche  sich  scheinbar  wohl,  aber  trotzdem  bereits 
im  Inkubationsstadium  der  Krankheit  befinden.  Das  einzige  Mittel, 
diese  Gefahr  zu  beseitigen,  ist: 

4.  jeden  Morgen  alle  Schüler  vor  ihrem  Eintritt  in  die  Klasse 
durch  den  Schularzt  untersuchen  zu  lassen. 

Diese  Bedingung  ist  ohne  Zweifel  schwer  zu  erfüllen,  und  auch 
Dr.  Manobnot  macht  deswegen  den  Vorschlag,  nur  in  Zeiten  von 
Epidemien  den  täglichen  Besuch  des  Arztes  zu  fordern  und  auch 
dann  blofs  die  verdächtigen  Schüler  untersuchen  zu  lassen,  welche 
durch  den  Klassenlehrer  bereits  isoliert  worden  sind.  Wird  derart 
die  ärztliche  Visite  auf  die  Verdächtigen  beschränkt,  so  lä&t  sie  sich 
in  verhältnismäisig  kurzer  Zeit  zur  Ausführung  bringen. 


61 

Das  sind  die  Schlflsse,  zu  denen  der  Verfasser  in  seiner 
Arbeit  gelangt. 

Nach  unserer  Ansicht  würde  es  nützlich  sein,  die  Anzeige  nicht 
nur  der  ansteckenden,  sondern  s&mtlicher  Krankheiten  za  verlangen. 
So  ist  es  in  den  Schulen  der  Schweiz  nnd  speciell  in  denen  yon 
Laosanne  (rebrauch,  wo  jedes  Kind  ein  ärztliches  Zeugnis  beibringeiv^ 
nmfs,  sobald  es  länger  als  4  Tage  beim  unterrichte  fehlt.  Die  Yor- 
zflge  eines  solchen  Verfahrens  brauchen  nicht  erst  besonders  dar- 
gelegt zu  werden. 

Es  gibt  in  der  That  eine  gewisse  Zahl  von  Krankheiten,  die, 
obwohl  sie  nicht  zu  den  ansteckenden  im  gewöhnlichen  Sinne  ge- 
hören, doch  ernste  Gefahren  verursachen  können.  Um  nur  ein 
Beispiel  anzufahren,  müssen  Tuberkulöse  selbst  dann  vom  Schul- 
besuche ausgeschlossen  werden,  wenn  man  die  Schwindsucht  nicht 
za  den  ansteckenden  Krankheiten  zählt,  welche  durch  die  obligato- 
rische Aüzeige  vermieden  werden  soUen.  Ähnlich  verhält  es  sich 
mit  der  Epilepsie,  dem  Veitstanz  u.  s.  w.^ 

Schularzt  Dr.  med.  Combb  in  Lausanne. 


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und  wie  er  es  wird.     Ztscbr.  f.  Tom.   a.  JgdspL,    1893,   XY, 

226-229. 
GüTZMANN,  H.     Die  öffentliche  Fürsorge  für  stotternde  und  stam^ 

mdnde  Schulkinder,     Beferat,  erstattet  anf  der  65.  Yersammlnng 

deutscher    Naturforscher    und    Ärzte    zu    Nflrnberg.     Med.-pftd. 

Monatsschr.  f.  d.  gsmt.   Sprachhlkde.,   1893,   XI,  333 — 340  ff. 
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the  Osaka  High  School  students.]     Osaka  Igaku  Kenkukwai  Zashi, 

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KOBiLmSKi,  G.  VON.     Zur  Berücksichtigung  militärischer  Übungen 

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Koch,  E.     Die  Entwicklung  des  Jugend^piels  in  Deutschland.  Bia^ 

herige  Erfolge   und   weitere   Ziele.     Vortrag.     Hannover-Linden, 

1893,  Manz  &  Lange.     Gr.  8<^.     A  0,60. 
Erampb.     Bericht  über  den  Tumunterrichtsbetrieh  in  den  Breslauer 

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Veduccufione  fisica  in  parlamento.     La  Palestr.  marz.,   1893,   VII. 
LlON,  J.  G.      Das    Turnen   in   der  Volksschule,    das    Jugendspiel 

und  der  Handfertigkeitsunterricht.     Hof,  1893,  R.  Lion.  JM.  0,40. 
Loi  sur  le  travaU  des  enfawts,  des  fxües  mineures  et  des  femmes 

dans   les   itäblissements  industrids  du  2.  navembre  1892.  VorOff. 

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Unterrichts.     Langensalza,  1893,  H.  Beyer  und  Söhne.  M.  1,30. 
LuNBBüRG.     Leitfaden  für  den   Unterricht  an  Koch-   und  HauS" 

hcUtungsschulen.       Eberswalde,     1893,     A.    Lenune.     Gr.    8^. 

M.  0,50. 


63 

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Vn.  internat.   congr.  hyg.  and   demogr.    1891,    London,    1892, 

IV,  27—29. 
Matbr,  Hans.      Unterrichtspläne    für   den    Tnmhetrieb    an    den 

bayerischen  Mittelschulen,     Kaiserslautern,  1893. 
Mosso,  A.     La  educacidn  flsica  de  la  mt^er  [Die  körperliche  Er- 

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Bei  der  Redaktion  eingegangene  Schriften. 

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mamuües  en  la  escueia  primaria  [Studie  über  den  HandfertigkeitS" 

Unterricht  in  der  Primarschule.]     Bolet.  de  ensenz.  prim.,  Monte- 
video, 1893,  L,  65—68. 
BoUeitino  offufiale  deU  Minisiero  del(  istnmene  pubbUca.   Bekufione 

sui  carso  di  lavoro  manuale  educativo  in  Bipatransane,     Roma, 

1893. 
BOBSINNO  nnd   Hörn.     Der   Samariter,     Ein  Handbuch   für   die 

erste  Eüfe  bei  Krankheit  und  UnglücJcsfäUen,    Nebst  AnleUung 

fetr   häusliche   Krankenpflege.     Mit   39    Abbüd.    Berlin,    1893, 

8.  Frankl.  16^     M,  1,60. 
GOHN,  Herm.     Transparente  Sehproben,     Sonderabdr.    a.  d.  Berl. 

klin.  Wochschr.,  1893,  XLVÜ,  8^ 
Beutsehe   und   englische   SpiOe.      Dtsch.    Tnm-Ztg.,    1893,  XLV, 

Beflg.  925—926. 
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1893,  XVI,  241—243. 
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6  Abbüd.  Mflnchen,  1892,  H.  Entzner. 
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ridd  und  Lehrerstand,     Päd.  Ztg.,  1893,  XXVffl,   393—395; 

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fragen, YII,    9.      Beilag.    z.    „Internat,    klin.  Bnndsch.^,  Wien, 

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—  Beilage  ßum  15.  Jahresbericht  über  das  Schulsanatorium  Dride- 

ricianum   gu  Davos.  Ärztlicher  Bericht  (Krankengeschichten)  für 

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MüLLRR  -  YöLEBR  *  Funk.     Deutsche    Schreiblesefibel,     Ausgabe  in 

Steilschrift.     17.  Aufl.  Giefeen,    1893,  Roth.     Gr.  8^  M.  0,40. 
Muscular  devdopment  and  use  the  conditions  of  health.     Med.  News, 

Philadelphia,  1893,  Novemb.  18,  XXI,  581—582. 
Napias,  H.     La  d6svnfection  des  locaux  et  du  mobiUer    des  eccks 

en  cas  d'^pidSmie.     Rev.   d'hyg.,   Paris,    1893,   XV,   682—695. 
Nattress,  William.     Public  school  physiology   and   tempercmce. 

Toronto,  1893,  William  Briggs. 
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Tumwes.,  1893,  IX. 


Irttfilrift  fit  Si||i(lgeftiii)i|ieit0|tfle}e. 

VII.  Jahrgang.  1894.  No.  2. 


<9rt9tnal-2lb^aiiMntt0ett* 


Eingabe  der  KommiBsion  für  Schxügesimdheitspflege 

in  Nftmberg  an  den  dortigen  Uagistrat 

wegen  Einrichtung  von  Heilkursen  für  Stotterer. 

Mitgeteilt  von 

Dr.  med.  Paul  Schubert, 

Augen-  and  Ohrenarzt  in  Nürnberg. 

An 
den  hocliyerehrliclien  Stadtmagistrat 

Nürnberg. 

Die  ganz  ergebenst  nnterzeiclmete  Kommission  für  Schul- 
hygiene bildet  einen  Zweig  des  hiesigen  Vereins  für  öffentliche 
Oesimdheitspflege. 

Zweck  und  Ziele  der  Kommisaion  sind  Förderung  der 
Schtdgesnndheitspflege  durch  theoretische  Arbeiten  und  durch 
Anregung  und  Unterstützung  aller  der  körperlichen  Wohlfahrt 
imserer  Schuljugend  dienenden  Mafsnahmen,  soweit  sie  ohne 
miTerhftltnismäisige  Opfer  zur  Zeit  in  unserem  Gemeinwesen 
durchfCLhrbar  erscheinen.  Um  dieser  Angabe  sowohl  nach  der 
Bichtung  des  Wünschenswerten,  als  auch  nach  jener  des 
Erreichbaren  gerecht  zu  werden,  wurden  einerseits  Ärzte  und 
technische  Sachverständige,  andererseits  Mitglieder  beider 
stadtischen  Kollegien,  Vertreter  der  Schulbehörde,  Rektoren 
der  höheren  Lehranstalten    und  Lehrer   für   die  Mitarbeit    in 

SohttlgMondheitipflege  YU.  5 


66 

genannter  Kommission  gewonnen,  und  es  haben  insbesondere 
Herr  Medizinalrat  Dr.  Merkel  und  Herr  Schulrat  Dr.  Glaunino 
ihre  Hilfe  zugesagt  und  bethätigt.  Das  Verzeiclmis  der  Mit- 
glieder der  Kommission  ist  dieser  Eingabe  beigefügt. 

Im  Anscblufs  an  einen  Vortrag  des  Herrn  Dr.  Deubrlsin 
über  Heilkurse  für  stotternde  Schulkinder  erwog  unsere  Kom- 
mission in  eingehender,  zwei  Sitzungen  füllender  Beratung 
unter  Berücksichtigung  der  aus  anderen  Städten  vorliegenden 
Berichte  die  Einrichtung  solcher  Heilkurse  auch  in  unserer 
Stadt.  Es  wurde  der  einstimmige  Beschlufs  gefafst,  an  den 
hochverehrlichen  Magistrat  unter  Vorlegung  des  einschlägigen 
Materials  die  gehorsame  Bitte  zu  richten,  beschliefsen  zu 
wollen,  dafs  auch  in  Nürnberg  baldmöglichst  die  erforderlichen 
vorbereitenden  Schritte  gethan  werden,  um  mit  Heilkursen  für 
stotternde  Schulkinder  schon  zu  Anfang  des  nächsten  Schul- 
jahres beginnen  zu  können. 

Begründung. 

Das  Stotterübel  hat  für  die  damit  Behafteten  schwere 
Schädigung  der  Erwerbsthätigkeit,  des  geselligen  Verkehrs  und 
der  geistigen,  wie  der  Charakterentwickelung  zur  Folge. 

Dem  Stotternden  ist  von  vornherein  jede  Beamtenlaufbahn, 
jede  öffentliche  Stellung  verschlossen,  jeder  Beruf  erschwert, 
welcher  vielfachen  mündlichen  Verkehr  in  sich  schliefst.  Fast 
in  jedem  Gewerbe  und  bei  jedem  Erwerbe  befindet  sich  ein 
Stotterer  gegenüber  seinen  sprachtüchtigen  Genossen  im  Nachteil, 
er  unterliegt  vielfach  im  Kampfe  ums  Dasein.  Das  Übel  macht 
sich  um  so  empfindlicher  fühlbar,  als  die  Umgestaltung  der 
Verkehrsverhältnisse  durch  Eisenbahn  und  Elektricität,  die 
Erleichterung  der  persönlichen  Zusammenkunft  und  die  stetig 
zunehmende  Bedeutung  des  Fernsprechverkehrs,  nicht  minder 
auch  die  regere  Äulserung  des  öffentlichen  Lebens  in  Staat, 
Gemeinde  und  Verein  dem  gesprochenen  Worte  einen  wachsen- 
den Einflufs  verleihen. 

Wohl  ebensogrofs  wie  diese  äufseren  Nachteile  sind  die 
Rückwirkungen    auf    das    Gemüt    des    Stotterers.     Es    haftet 


67 

diesem  Gebrechen  die  bedanerliehe  Nebenwirkung  an,  die 
Spottinst  der  Mitmenschen  zu  wecken,  zumal  wenn  Verzerrungen 
des  Gesichtes  und  allerlei  zwangsweise  sich  einstellende  Ge- 
berden das  Stottern  begleiten.  Scheues  und  gedrücktes  Wesen, 
auch  wohl  Verbitterung  und  Trübsinn  gewinnen  nicht  selten 
im  Seelenleben  des  Stotternden  die  Oberhand  und  lassen  ihn 
sein  Unglück  noch  härter  empfinden,  als  es  ohnedies  ist. 

Bei  diesen  Erwägungen  erscheint  die  Heilung  eines  Teiles 
der  Stotternden  als  ein  sehr  erstrebenswertes  Ziel. 

Über  die  Häufigkeit  des  Übels  sind  durch  zahlreiche 
amtliche  Zählungen  zuverlässige  und  annähernd  überein- 
stimmende Prozentsätze  ermittelt  worden.  Im  Berlin  befanden 
sich  im  Jahre  1887  unter  155000  schulpflichtigen  Kindern 
1%  stotternde.  In  Elberfeld  zählte  man  unter  18000  Eandem 
220  stotternde  und  75  stammelnde.  Der  Regierungsbezirk 
Breslau  enthielt  im  Jahre  1890  2400  stotternde  Kinder.  In 
Potsdam  wurden  im  Jahre  1885  1,2%  Stotterer  in  den  Schulen 
ermittelt.  So  bewegen  sich  die  Prozentverhältnisse  an  allen 
Orten,  woZählimgen  vorgenommen  sind,  zwischen  0,8  und  1,5%. 

In  Nürnberg  ergaben  sich  nach  gütiger  Mitteilung  des 
Herrn  Schulrat  Dr.  Glauning  im  Jahre  1888/89  unter 
15717  Schülern  118  Stotterer  und  93  Stammler. 

Bemerkenswert  ist,  dais  überall  die  Zahl  der  stotternden 
Knaben  überwiegt.  So  fand  man  z.  B.  in  Potsdam  unter  den 
Stotternden  70  Knaben  und  28  Mädchen,  in  Bonn  31  Knaben 
und  3  Mädchen,    in  Nürnberg  85  Knaben   und  33  Mädchen. 

Das  Verhältnis  ist  also  hierbei  ein  ähnliches,  wie  bei  der 
angeborenen  Farbenblindheit,  die  beim  mäuD  liehen  Geschlechte 
ungleich  häufiger  ist,  als  beim  weiblichen. 

Da  dem  Manne  zumeist  der  Erwerb  obliegt,  so  bedeutet 
das  vorwiegende  Ergriffensein  des  männlichen  Geschlechtes 
eine  um  so  schwerere  volkswirtschaftliche  Einbuiise* 

Die  Ursachen  des  Stottems  liegen  auf  sehr  verschiedenen 
Gebieten.  Erblichkeit,  Gehimkrankheiten,  starke  und  plötzliche 
psychische  Eindrücke  sind  am  häufigsten  zu  beschuldigen. 
Skrofolose,  Rhachitis  und  Krankheiten  des  Nasenrachenraumes 


68 


wirken  begüuBtigead  auf  die  Entatehnog.  Ein  sehr  groÜBer 
Teil  der  Stotteraden,  und  zwar  naeh  Dr.  GumcAHHa  Er- 
mittelaogen  in  Berlin  38,7%  decBelben,  ist  dorck  psychische 
Anstockong  erkrankt.^ 

Berftcksichtigt  man  weiterhin  desselben  Autors  statistisehe 
Ergebnisse,  dab  zwar  die  Mehrzahl  der  stotternden  Kinder 
in  der  Zeit  vom  dritten  bis  sechsten  Lebensjahre  yon 
dem  Übel  ergriffen  wird,  dais  es  aber  nicht  selten  audi  noch 
im  schulpflichtigen  Alter  auftritt,  ja  dals  in  den  Unterklassen 
der  Berliner  Volksschulen  nur  0,5%,  beim  Schulaustritt  aber 
1,5%  Stotterer  gefinnden  wurden,'  so  ergibt  sieh  hieraus  die 
Gefahr,  welche  ein  stotterndes  Eond  far  seine  Mitschüler 
darstellt,  und  es  wird  klar  ersichtlich,  dals  mit  der  Heilung 
eines  solchen  Schülers  nicht  nur  diesem  selbst  genützt,  sondera 
auch  der  Weiterrerbreitung  des  Übels  wirksam  Torgebeugt 
werden  kann. 

Wenn  also  bei  Errichtung  von  gesonderten  Schul^i  fär 
Taubstumme  und  Blinde  yorwiegend  humane  und  yolkswirt- 
schaftliche  Gründe  malsgebend  waren,  so  spricht  fbr  Schaffung 
Yon  Stottererheilkursen  neben  diesen  beiden  Gründen  noch  die 
Verhütung  psychischer  Ansteckung  schwerwiegend  mit. 

Es  wird  sich  eine  Gemeinde  zu  solchen  Stottererheilkursen 
um  so  leichter  entschliersen  können,  als  es  sich  hier  nicht  nur 
um  Beibringung  gewisser  nützlicher  Fertigkeiten  bei  unheil- 
barem Grundleiden  handelt,  wie  in  Blinden-  und  Taubstummen- 
schulen, sondern  um  wirkliche  und  meist  dauernde  Heilungen, 
die  überdies  durch  ungleich  geringere  Aufwendungen  an  Qteli 
und  Arbeit  erreicht  werden  können. 

Die  Heilung  des  Stotterübels  galt  lange  Zeit  fbr 
überaus  schwierig  und  zweifelhaft,  und  man  begegnet  in  dieser 
Hinsicht  vielfachem,  auf  frühere  ungünstige  Erfahrungen  be- 
gründetem Miüstrauen.  Es  hatten  sich  der  Behandlung  dieses 
Übels  reisende  Heilkünstler  von  zuweilen  sehr  fraglicher  Be- 


^  EoTBi jc ANV8  ZeUachrift  /wr  Sehulgesundheitspflege,  1891,  No.  3,  S.  182. 
>  Ebendas.,  1892,  No.  6,  S.  202. 


69 

Mignng  bemächtigt,  und  die  Natur  dieser  Wandergewerbe 
brachte  es  mit  sich,  dals  der  angenblickliche,  wenn  auch  nur 
scheinbare  Erfolg  zum  Hauptziel,  die  Verhütung  der  Bückfälle 
aber  zur  Nebensache  wurde.  Einzelne  auf  guter  Grundlage 
arbeitende  Anstalten,  wie  jene  ron  Dbnnhardt  in  Burg- 
steinfort,  von  Ernst  in  Berlin  und  Gbntnbr  in  München, 
Termochten  nur  in  engerem  Kreise  ersprieislich  zu  wirken. 

Das  Verdienst,  die  Bekämpfung  des  Stotterübels  in  richtige 
Bahnen  gelenkt  zu  haben,  gebührt  Dr.  Bbrkhan  in  Braunschweig, 
welcher  in  einer  Schrift:  „Über  das  Stottern,  seine  Beziehung 
mir  Anntä  und  seine  Behandlung^  als  erster  die  Anregung  gab, 
es  möchten  die  Schulbehörden  die  Bekämpfung  des  Übels  in 
die  Hand  nehmen.  In  gleichem  Sinne  und  mit  hervorragendem 
praktischen  Erfolge  ist  seit  1884  der  Taubstummenlehrer 
Albert  Gutzhann  in  Berlin  thätig,  dem  nunmehr  sein  Sohn, 
der  Arzt  für  Sprachstörungen  Dr.  Hermann  Gutzmann  zur 
Seite  steht,  so  dafs  sich  hier  Theorie  und  Praxis  zweckdienlich 
die  Hand  reichen.  Das  Wirken  dieser  Herren  beschränkt  sich 
nicht  auf  Abhaltung  von  Heilkursen,  sondern  sucht  seinen 
Schwerpunkt  in  der  Ausbildung  von  Lehrern,  um  diese  zur 
Errichtung  und  Leitung  gleicher  Kurse  in  ihrer  Heimat  zu 
befilhigen.  Im  Jahre  1887  begann  Potsdam,  ein  Jahr  später 
Elberfeld  Stottererkurse  durch  Schüler  Gützmanns  einrichten 
zu  lassen.  Der  Erfolg  war  so  überaus  günstig,  dafs  sich  der 
Minister  Dr.  von  Gossler  yeranla&t  sah,  am  18.  Juli  1889 
eine  Girkularverfügung  an  alle  Königlichen  Regierungen 
Preuüsens  zu  erlassen,  in  welcher  diese  zu  ähnlichem  Vorgehen 
aufgefordert  wurden. 

Viele  Gemeinden  kamen  der  amtlichen  Mahnung  nach, 
imd  überall  traten  gute  Erfolge  dieser  Heilkurse  zu  Tage. 
Als  Beispiel  sei  hier  auf  das  Schreiben  des  Königlichen 
Begierungspräsidenten  zu  Düsseldorf  vom  3.  Dezember  1890* 
hingewiesen,  welches  in  Abschrift  beiliegt.  Ebenso  fügen  wir 
einen    diesbezüglichen    Bericht    aus    den    Verhandlungen    des 


^  S.  diese  Zeitschrift,  1891,  No.  6,  S.  384— 38B.    D.  Red. 


70 

brandenbnrgiscbeii  Städtetages  bei.  Femer  haben  folgende 
Städte  günstige  llitteilnngen  über  ihre  Stottererheilkurse 
gemacht:^  Spandau,  Charlottenburg,  Kiel,  Schleswig,  Altena, 
Hamburg,  Magdeburg,  Breslau,  Kassel,  Halberstadt,  Leipzig, 
Görlitz  und  Lebe  in  Ostfriesland. 

In  Breslau  ver&hrt  C.  Fischer  unter  Mitwirkung  von 
Professor  Soltmann  nach  einer  im  wesentlichen  mit  Gützmanns 
Lehre  übereinstimmenden  Methode.  In  Dresden  scheint 
Stötzner,  Yizedirektor  der  Taubstummenlehranstalt,  nach 
eigenem  System  zu  unterrichten,  während  in  Wien  Dr.  CoSns 
Theorie  zu  Grunde  gelegt  ist. 

In  allen  anderen  Städten  wird  nach  der  Methode  tou 
GüTZMANN  zum  grolsen  Teil  von  dessen  Schülern  Unterricht 
erteilt. 

Mit  Ausnahme  von  Hamburg,  woselbst  ein  Verein  mit 
milden  Beiträgen  zu  diesem  Zwecke  gegründet  worden  ist, 
sind  überall  die  Gemeinden  eingetreten  und  haben  für  Aus- 
bildung und  Besoldung  der  Lehrer  Sorge  getragen. 

Der  Lehrplan  gestaltete  sich  in  der  Mehrzahl  der 
genannten  Städte,  wie  folgt:  Ein  Kursus  umfEiTst  8  bis  10 
Kinder;  eine  gröJsere  Anzahl  zu  vereinigen,  verbietet  die 
Eigenart  des  Unterrichts.  Die  Dauer  eines  Kursus  wird  meist 
auf  3  bis  4  Monate  festgesetzt  und  wöchentlich  sechsmal  je 
eine  Stunde  erteilt,  gewöhnlich  nach  Schluls  des  ortsüblichen 
Volksschulunterrichtes,  von  dessen  letzter  Stunde  an  manchen 
Orten  die  Teilnehmer  der  Stottererkurse  dispensiert  wurden, 
um  Überbürdung  zu  verhüten.  Als  sehr  zweckdienlich  werden 
allwöchentliche  Wiederholungsstunden  für  die  als  geheilt  ent- 
lassenen Zöglinge  gerühmt,  üngeheilte  oder  nur  gebesserte 
Schüler  können  einem  zweiten  und  dritten  Kursus  überwiesen 
werden.  Vielfach  wird  empfohlen,  die  Lehrer  der  Normal- 
schulen  darin  zu  unterweisen,  wie  geheilte  Stotterer  zu  behandeln 


*  Vergl.  MediziniachrpäcUigoffische  Monatsschrift  für  die  gesamte 
Sprachheilkunde  mit  Einschlufs  der  Hygiene  der  Lautsprache  von  Gutzmanx 
Vater  und  Sohn  in  Berlin. 


71 

seien,  um  Rückfälle  zu  verhüten.  Es  sei  gestattet,  an  dieser 
Stelle  auf  den  beigefügten  Erlafs  der  Gemeinde  Altendorf  in 
der  Bheinprovinz  hinzuweisen.^  Die  hier  von  der  Sohulbehörde 
erlassenen  Vorschriften  verdienen  volle  Beachtung. 

Die  Erfolge  der  Stottererheilkurse  sind  an  vielen  Orten 
ziffemmäfsig  festgestellt  worden. 

Elberfeld,  das  neben  Potsdam  über  die  ältesten  und  reichsten 
Erfahrungen  verfügt,  hat  seine  Berichte  vervielfältigen  lassen, 
80  dafs  einige  derselben  hier  beigeschlossen  werden  konnten. 
Von  drei  Lehrern  wurden  innerhalb  dreier  Jahre  in  25  Kursen 
180  Kinder  unterrichtet,  darunter  45  Kinder  in  2  Kursen 
nacheinander  und  5  Kinder  in  3  Kursen. 

Von  diesen  180  Kindern  wurden  geheilt  110, 

gebessert    62, 
es  blieben  ungeheilt       8. 
GuTZMANN  drückt  seine  fi.esultate  in  folgenden  Frozent- 
zahlen  aus: 

geheut      84  bis  87  7o, 
gebessert  10%, 

ungeheilt    3  bis     6%. 
Ähnlich,  zum  Teil  sogar  noch  günstiger  lauten  die  Berichte 
der  anderen  Städte. 

Bückfälle  sind  mit  Becht  bei  geheilten  Stotterern  sehr 
gefürchtet  und  bildeten  in  früheren  Zeiten  die  Begel.  Nach 
GüTZMANNs  Methode  werden  dieselben  auf  etwa  5%  herab- 
gedrückt, unter  der  Voraussetzung,  dafs  durch  regelmälsige 
Wiederholungsstunden  und  durch  zweckmäfsiges  Verhalten  der 
Klassenlehrer  das  Mögliche  zur  Sicherung  des  Erfolges  geschieht.  i 

!  Längere   Erfahrung   hat  dazu  geführt,   die  Voraussage  ' 

I         der  Heilbarkeit  eines  stotternden  Kindes  schon  nach  wenigen  ! 

Unterrichtsstunden   mit   einiger  Wahrscheinlichkeit  bestimmen  I 

I         zu  können,  so  dais  am  Schlufs  eines  Kurses  jene  üngeheilten,  ! 

j         deren   Heilbarkeit    unwahrscheinlich   ist,    als   solche    erkannt 


^  KoTiLMAHNs  Zeitschrift  für  Schulgestmdheitspflege,  1891,  No.  11, 
8.  719. 


72 

werden  und  den  WiederholnngsImrBen  nicht  mehr  znr  Last 
fallen.  Gutzmann  hebt  hervor,  daüi  die  Vorhersage  nicht 
sowohl  durch  den  Grad  des  Stottems  getrübt  werde,  da  auch 
das  stärkste  Stottern  häufig  leicht  heilbar  sei,  als  vielmehr 
durch  mangelnde  Begabung,  erbliche  Belastung,  Zwerchfell- 
krampf und  ähnliche  Faktoren.^ 

Die  Kosten  eines  Kursus  müssen  als  verhältnismälsig 
gering  bezeichnet  werden.  Görlitz  gab  seinem  zur  Ausbildung 
nach  Berlin  geschickten  Lehrer  150  Mark  und  sorgte  für 
Vertretung  während  des  4  Wochen  dauernden  Kursufi. 
Frankfurt  a.  M.  bewilligte  200  Mark.  Das  Honorar  an 
GüTZMAKK  beträgt  40  Mark.  Als  Zulage  erhielten  die  Lehrer 
in  den  einzelnen  Städten  1,50  Mark  (Elberfeld)  bis  2,50  Mark 
(Dresden)  für  jede  Stunde,  welche  sie  den  Stotterern  erteilten. 
Danach  würden  sich  die  laufenden  Kosten  selbst  in  einer 
grölseren  Stadt  mit  mehreren  Parallelkursen  nur  auf  wenige 
Hundert  Mark  belaufen. 

Schliefslich  sei  es  gestattet,  einen  Blick  auf  die  besonderen 
Verhältnisse  unserer  Stadt  zu  werfen. 

Dals  auch  hier  die  Zahl  der  stotternden  Kinder  grois 
genug  ist,  um  Heilkurse  angezeigt  erscheinen  zu  lassen,  haben 
die  durch  Herrn  Schulrat  Dr.  Glaüning  veranlaisten  Zählungen 
aus  dem  Jahre  1890  dargethan. 

Die  Errichtung  solcher  Kurse  wurde  seitens  der  städtischen 
Schulbehörden  schon  damals  ernstlich  ins  Auge  gefalst  und 
dürfte  von  denselben  heute  um  so  mehr  befürwortet  werden, 
als  seither  die  Heilerfolge  durch  anderweitige  Erfahrungen  in 
erhöhtem  Malse  gesichert  erscheinen. 

Der  in  Nürnberg  zur  Zeit  noch  fühlbare  Mangel  an  Schal- 
räumen ist  in  vorliegender  Frage  belanglos,  weil  die  Kurse  in 
der  schulfreien  Zeit  stattfinden  würden. 

Da  ein  Lehrer  im  Laufe  eines  Schuljahres  nach  Abzug 
der  Herbstferien  3  Kurse  mit  je  8  bis  10  Schülern  besoigen 


^  EoTELMANKB  Zeitschrift  für  Schulgemndheitapflege,   1891,   No.  10 
S.  640. 


73 

könnte,  so  würde  hierselbst  dnrch  Ausbildung  zweier  Lehrer 
for  die  näcliste  Zeit  genügende  Vorsorge  getroffen  sein. 

Unter  den  Lehrern  unserer  Stadt  befinden  sich  mehrere, 
welche  Unterricht  in  der  von  Herrn  Gsntner  in  München 
geleiteten  Anstalt  für  Stotterer  genossen  haben.  Ihr  Bericht 
an  die  Königliche  Schulinspektion  ist  als  Beilage  VI  beigefügt. 
Die  Eommission  für  Schulgesundheitspfiege  glaubt  hier  auf 
die  Frage,  ob  die  bei  Herrn  Gentnbb  gewonnene  Vorbildung 
als  genügend  anzusehen  ist,  oder  ob  ein  weiterer  Unterrichtskursus 
bei  den  Herren  Gutzmann  in  Berlin  für  die  künftigen  Leiter 
der  hiesigen  Stottererkurse  wünschenswert  sei,  nicht  eingehen, 
diese  Erwägung  vielmehr  der  Königlichen  Schulbehörde  anheim- 
geben zu  sollen. 

Die  Kommission  bittet  den  hochverehrlichen  Magistrat, 
die  gemeinsinnige  Absicht,  welche  uns  bei  dieser  Eingabe 
leitete,  nicht  verkennen  und  die  dargelegten  Anregungen  einer 
wohlwollenden  Erwägung  würdigen  zu  wollen.^ 

In  gröJjster  Hochachtung 

Die  Kommission  für  Schulgesundheitspflege. 


^  Die  Stadtverwaltung  von  Nürnberg  hat  die  Petition  inzwischen 
günstig  beschieden,  und  bereits  zu  Ostern  d.  J.  sollen  3  HeUknrse  für 
stotternde  Schulkinder  daselbst  errichtet  werden.    D.  Red. 


74 


Sehschärfe  der  Schüler  des  Gymnasium  Ohristianeiun 

in  Altena. 

Nach  einem  auf  dem  Vn.  internationalen  Kongresse 
für  Hygiene  und  Demographie  in  London  gehaltenen  Vortrage. 

Von 

L.   EOTELMANN. 

Bei  dem  regen  Weltverkehr,  dessen  sich  Hamburg  als  die 
erste  Handelsstadt  des  europäischen  Kontinents  erfreut,  habe 
ich  wiederholt  Gelegenheit  gehabt,  die  Augen  solcher  Indivi- 
duen, welche  Naturvölkern  angehörten,  zu  untersuchen.  Dabei 
ist  mir  jedesmal  die  aulserordentlich  grofse  Sehkraft  derselben 
aufgefallen. 

So  hatten  von  7  Lappländern  3  Erwachsene  im  Durch- 
schnitt eine  Sehschärfe  von  2,25,  4  Kinder  eine  solche  von  2,38. 

Bei  einem  dreiundvierzigjährigen  Patagonier  betrug  die- 
selbe auf  jedem  Auge  2,15,  bei  einer  siebenundzwanzigjährigen 
Patagonierin  2,0,  bei  einem  fünfjährigen  patagonischen  Knaben 
gleichfalls  2,0. 

Ähnlich  fand  ich  bei  10  erwachsenen  Nubiem  eine  Seh- 
schärfe von  2,56,  bei  3  jüngeren  Nubiem  eine  solche  von  2,67. 

Von  17  Kalmücken  besalsen  15,  welche  17  bis  35  Jahre 
alt  waren,  ein  durchschnittliches  Sehvermögen  von  2,88, 
2  Mädchen  im  Alter  von  15  Jahren  ein  solches  von  2,04. 

Endlich  konstatierte  ich  bei  18  erwachsenen  Singhalesen 
im  Mittel  eine  Sehschärfe  von  2,06,  bei  2  siughalesischen 
Eandem  eine  solche  von  2,23,  während  3  zu  derselben  Truppe 
gehörige  Hindus  im  Alter  von  20  bis  45  Jahren  eine  durch- 
schnittliche Sehschärfe  von  2,05  hatten. 

Bei  der  Beurteilung  dieser  Zahlen  ist  fireilich  zu  berück- 
sichtigen, dafs  die  Untersuchungen  unter  freiem  Eü.mmel,  also 


75 

bei  besonders  guter  Beleuohtung  stattfanden  und  dais  als 
Probeobjekte  die  SNELLBNscben  Hakenfiguren  verwendet 
wurden,  welche  unge&br  um  V^  weiter,  als  die  SNELLENSchen 
Probebuchstaben  gesehen  werden. 

Es  erschien  nun  die  Beantwortung  der  Frage  von  Inter- 
esse, ob  nicht  auch  bei  den  Kulturvölkern  wenigstens  jugend- 
liche Augen  eine  ähnliche  Sehschärfe  wie  die  Naturvölker 
zeigen,  vorausgesetzt,  dafs  sie  unter  gleich  günstigen  Yerhält- 
nissen  zur  Untersuchung  gelangen. 

Eine  erwünschte  Gelegenheit  zu  einer  solchen  Untersuchung 
bot  sich  mir  bei  den  Schülern  des  Gymnasium  Christianeum 
in  Altena.  Hier  konnte  ich  die  Augen  nicht  nur  während 
der  hellsten  Tagesstunden  von  127«  bis  2^/«  Uhr  prüfen, 
sondern  diese  Prüfung  auch  in  der  grofsen,  durch  6  hohe 
Fenster  glänzend  beleuchteten  Aula  mit  aller  Sorgfalt  vor- 
nehmen. 

Als  Probeobjekte  dienten  wieder  die  SNELLENschen  Haken, 
welche  an  der  den  Fenstern  gegenüberliegenden  Wand  in 
Augenhöhe  befestigt  waren.  Die  Entfernung,  in  welcher  die- 
selben erkannt  wurden,  ward  an  einer  mit  Kreide  auf  dem 
FuTsboden  gezeichneten,  in  ganze  und  halbe  Meter  eingeteilten 
Skala  abgelesen. 

Im  ganzen  gelangten  so  421  Gymnasiasten  zur  Unter- 
suchung. 

Von  den  842  Augen  derselben  waren  408  oder  48,45 
Prozent  emmetropisch,  343  oder  40,74  Prozent  myopisch,  83 
oder  9,86  Prozent  hypermetropisch  und  8  oder  0,95  Prozent 
astigmatisch.  Bei  den  astigmatischen  Augen  fand  sich  5  mal 
susammengeeetzter  hypermetropischer,  3  mal  einfacher  myopischer 
Astigmatismus. 

Die  mittlere  Sehschärfe  der  408  emmetropischen  Augen 
betrug  1,25,  indem  die  SNELLENschen  Probehaken,  welche  auf 
6,5  m  gesehen   werden   sollen,   durchschnittlich   auf  8,144  m 

erkannt  wurden.   Geringer  war  die  Sehkraft  der  343  myopischen 

ß  Aßß 
Augen,  nämUch     '  ^     oder  1,05,  noch  geringer  diejenige  der 


76 

83  hypermetropischen,  nämlich   '        =  0,82.     Die   8   astigma- 

tiBchen  Angen  lasen  die  SNELLBNschen  Haken  statt  auf  6,5 
durohsclinittlich  blofs  auf  1,656  m,  so  dafs  sie  eine  Sehschfirfe 
von  nur  0,25  der  normalen  hatten. 

Anch  die  unterschiede  in  dem  Sehvermögen  des  rechten 
und  linken  Auges  fanden  Berücksichtigung.  Als  mittlere  Seh- 
schärfe   der    210  rechten   emmetropischen  Augen  ergab  sieb 

7  985 
'        =  1,23,   als   diejenige  der   198   linken  emmetropischen 

0,0 

Augen  -~— -=  1,29.     Die    170    rechten   myopischen    Augen 

fi  71Q 
hatten  eine  durchschnittliche  Sehschärfe  von     '       =  1,03,  die 

o,o 

6  982 
173  linken  myopischen  Augen  eine  solche  von     '        —  1,07. 

Die  Sehschärfe  der  38  rechten  hypermetropischen  Augen  betrog 

5  4.1 9  fS  4.94. 

im  Mittel  ^^^  =  0,832,   die  der  45  linken  ^^  =  0,835. 
6,5  6,5 

Endlich  fand  ich  bei  den  4  rechten  astigmatischen  Augen  im 

1  25 

Durchschnitt  eine  Sehschärfe  von  -7^=-  =  0,19,  bei  den  4  linken 

D,0 

2  062 

astigmatischen  Augen  eine  solche  von     '        =  0,32. 

Was  die   Sehschärfe  bei   den   verschiedenen  Graden  der 
Myopie  anbetrifft,  so  betrug  dieselbe  durchschnittlich: 
bei  den  207  Augen  mit  einer  Myopie  von  0,5  bis  1,25  D.  1,13 
«     »      64      „       „       „  „         „    1,5    „    2.76  „  0,97 

»)     «     46      „        „      „  „        „    3,0    „      3,5  „  0,93 

»     «      13      „        „      „  „        „    4.0    „      4,5  „  0,95 

VT)        9      «        n       V  n         „    5,0    „       6,0  „   0,58 

V     „       7      „        „       „  „        «    7,0    „  >7,0  „  0,67. 

■  •  _ 

Ahnlich  ergab  sich  als  mittlere  Sehschärfe: 
bei  den  73  Aug.  m.  einer  Hypermetropie  von  0,5  bis  1,26  D.  0,90 

n      n      ^     V       7)       Ti  7)  Tjl'^n   2,75  ^  0,33 

„   dem  1  Auge  „      „  „  „    3,0  „     3,5  „  0,31. 


77 

Es  wurde  ferner  die  Frage  aufgeworfen,  ob  erblich 
belastete,  d.  h.  von  kurzsichtigen  Eitern  abstammende  Myopen 
oder  nieht  belastete  besser  sehen.  Dabei  fand  sich,  daijs  die 
232  nicht  belasteten  myopischen  Augen  eine  durchschnittliche 
Sehschärfe  von  1,08  hatten,  die  111  belasteten  eine  solche  von 
1,01.  Von  den  111  belasteten  myopischen  Augen  sahen  am 
schlechtesten  die  10,  bei  denen  beide  Eltern  kurzsichtig  waren : 
r=0,79;  dann  folgten  die  81,  bei  denen  allein  der  Vater 
myopisch  war:  F=  1,02;  am  schärfsten  sahen  die  20,  bei  denen 
anssohlieislich  die  Mutter  an  Myopie  litt :   V=  1,09. 

Wie  die  belasteten  Myopen  bezüglich  des  Sehvermögens 
ungünstiger,  als  die  nicht  belasteten  gestellt  waren,  so  die  ab- 
soluten Hypermetropen  weniger  günstig,  als  die  fakultativen. 
Die  14  absolut  hypermetropischen  Augen  wiesen  nämlich  eine 
mittlere  Sehschäi-fe  von  0,71  auf,  die  69  fakultativ  hyper- 
metropischen eine  solche  von  0,8(i. 

Bei   der  Bestimmung  des  Einflusses  der  Lebensjahre  auf 
die  Sehschärfe  der  Emmetropen  wurde  konstatiert,  daJs  dieselbe 
im  Dnrchschnitt  betrug: 
bei  den  41  emmetropischen  Augen     9jähriger  Schüler  0,84 

.       n     54 

n       „    46 

72 
47 
43 
34 
28 
17 

»      j)      " 
«      »    14 

Über  die  Einwirkung  der  Lebenqahre  auf  die  Sehkraft 
der  Myopen  gibt  die  folgende  Tabelle  Aufschluls.  Als  mittlere 
Sehschärfe  wurde  berechnet: 

bei  den    8  myopischen  Augen     9 jähriger  Schüler  1,18 

n      .    36  «  .       10      „  „        1,05 


7J 


7)  7) 


V 


7i 


10 

n 

7i 

1,15 

11 

n 

7i 

1,15 

12 

n 

7) 

1,35 

13 

7) 

7i 

1,24 

14 

7i 

7i 

1,37 

16 

7i 

w 

1,28 

16 

n 

T» 

1,48 

17 

7) 

n 

1,66 

18 

7) 

n 

1,40 

19 

V 

7) 

1,40 

20 

J) 

n 

1,15. 

78 


bei  den  30  myopisolien  Augen  11  jähriger  Schüler  0.98 


7) 

77 

27 

77 

77 

12 

77 

77 

1.28 

y) 

77 

32 

77 

77 

13 

77 

77 

0.94 

71 

77 

37 

77 

7) 

14 

77 

77 

1,13 

TJ 

77 

47 

T7 

77 

15 

77 

77 

1,10 

77 

77 

39 

77 

77 

16 

77 

7? 

1.11 

77 

77 

39 

77 

77 

17 

77 

77 

0,94 

77 

77 

19 

77 

n 

18 

77 

7? 

0,88 

77 

77 

14 

77 

77 

19 

77 

77 

1.19 

77 

77 

9 

77 

77 

20 

77 

77 

0,98 

77 

77 

4 

7) 

77 

21 

77 

77 

1,11 

77 

77 

2 

77 

77 

22 

77 

77 

0,54. 

Auch   bei    den  Hypermetropen  machte   sich  der  Einfluß 
der  Lebensjahre   auf  die  Sehschärfe  geltend.     Dieselbe  betrag 
nämlich : 
bei  den  21  hypermetropischen  Augen     9jähriger  Schüler  0,73 


77 

77 

18 

77 

77 

10 

77 

77 

0,94 

77 

77 

11 

77 

77 

11 

77 

77 

0,94 

77 

77 

5 

77 

77 

12 

77 

77 

0,95 

77 

77 

4 

77 

77 

13 

77 

77 

0,48 

77 

77 

8 

71 

77 

14 

77 

77 

0,72 

77 

77 

4 

77 

77 

15 

77 

77 

0,86 

77 

77 

7 

77 

77 

16 

77 

77 

1,15 

77 

77 

2 

77 

77 

17 

77 

77 

0,51 

77 

77 

2 

77 

77 

18 

77 

77 

0,35 

77 

77 

0 

77 

77 

19 

77 

77 

— 

7) 

dem 

1 

77 

Auge 

eines 

20 

77 

77 

0,61 

Nicht  viel  anders,  als  die  Lebensjahre  wirkten  die  Schul- 
jahre   auf    das    Sehvermögen    bei    den    verschiedenen  Brech* 
zuständen    ein.     Als    durchschnittliche  Sehschärfe   ergab   sich 
nämlich : 
für  die    2emmetrop.  Augen  der  Schüler  mit    2  Schuljahren  0,81 

»»42  „  y9  V  rt  Jjö  77  ^»"* 

40  4  1 12 

77         »      ^^  »  »  »  »  77  *  n  -^l** 

»»ÖO^  77»»  »5  „  1,10 

»         »      *^^  »  »  »  77  »  ^  »  1,^* 


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n 


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n       8 

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1,29 

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V 

»     9 

n 

1,36 

n 

n 

,   10 

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1,39 

n 

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„   11 

V 

1,47 

y* 

» 

„   12 

n 

1,64 

rt 

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„  13 

V 

1,41 

n 

w 

„   14 

» 

1,23 

n 

w 

„  16 

» 

1,11. 

79 

für  die  46  emmetrop.  Augen  der  Schüler  mit   7  Schuljahren  1,36 

34 

17 

.      r     12 

7 

n      n       ^  j) 

O 

Was  den  Einflufs  der  Schuljahre  auf  die  Sehschärfe  der 
Myopen  betrifft,  so  wurde  festgestellt,   dafs  dieselbe  im  Mittel 
betrag: 
bei  den   8  myopisch.  Augen  der  Schüler  mit   3  Schuljahren  1,06 

-.    n    29        „  „       „        ,        ,      4  „  1,04 

7'?j3o  „  j>»  n  n         ^  «  1,09 

'»»38         „  »»»j»6  „  l,lo 

»n31  „  ?»wn»7  „  1,52 

9      I»     ^^  n  »  w  w  »         O  „  l,Ui 

AA  Q  1    17 

»    «   47         „  „       „        „        „    10  „  1,03 

24        ,  „       „        „        „    12  „  1,06 

14        „  „       ,        „        ,    13  ,         0,93 

10        „  ,       „        „        ,    14  „  1,02 


"  »  »  w  »  »      '■•*'  r? 


flw2„  „„„„16  „  Ü,Ö4. 

Endlich   gestaltete  sich  die  Sehkraft  der  Hypermetropen 
nach  den  Schuljahren  folgendermalsen.     Es  hatten  eine  durch- 
Bclmittliche  Sehschärfe: 
die  20  hypermetrop.  Aug.  der  Schüler  mit   3  Schuljahr,  von  0,77 


,  13 

ff 

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W 

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4 

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„    0,92 

.  16 

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„    1.00 

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6 

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„    0,77 

,    9 

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7 

77 

„    0,84 

.    7 

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77 

77 

8 

77 

„    0,60 

,    3 

7J 

« 

77 

77 

77 

9 

77 

«    0,79 

80 

die   5  hypermetrop.  Aug.  der  Schüler  mit  10  Soboljahr.  von  0,75 
»5  r,  „      „         „         „    11         „  ,1.27 

A  19  

n^,  f)  7)       n  7i  n    ^^  n  n    ^»^• 

Überblicken   wir    die   gewonnenen  Eesultate    und  ziehen 

die  praktischen  Konseqnenzen  für  das  SohuUeben  ans  denselben, 

so  sind  folgende  Pnnkte  hervorzuheben. 

Die  gröfste  Sehschärfe  besalsen  die  emmetropischen  Augen, 
eine  geringere  die  myopischen,  eine  noch  geringere  die  hype^ 
metropischen  nnd  die  geringste  die  astigmatischen.  Es  ist  daher 
wünsehenswert,  dais  möglichst  wenige  Schüleraugen  auf  der 
firühesten  Entwickelungsstufe,  derjenigen  der  Hypermetropie, 
stehffli  bleiben,  sondern  dais  sich  eine  möglichst  grofse  Zahl 
zu  der  zweiten  Stufe,  derjenigen  der  Emmetropie,  weiter  bilde. 
Haben  doch  die  Emmetropen  neben  dem  Vorzug  der  stärkeren 
Sehkraft  zugleich  den  Vorteil,  dais  die  Sehschärfe  bei  ihnen 
mit  den  Lebens-  und  Schuljahren  zunimmt,  während  dies  bei 
^den  Hypermetropen  imd  Myopen  nicht  der  Fall  ist.  Je  mehr 
also  das  Wachstum  der  hypermetropischen  Augen  in  die  Länge 
nach  der  Emmetropie  hin  erfolgt,  desto  besser  ist  dies  für  die 
Betreffenden.  Denn  wie  die  absoluten  Hypermetropen  schlechter, 
als  die  fakultativen  sehen,  so  nimmt  auch  die  Sehschärfe  um 
so  mehr  ab,  je  höher  der  Grad  der  Hjqpermetropie  ist. 

Andererseits  darf  aber  die  Entwickelung  der  Schüleraugen 
nicht  über  die  Emmetropie  hinaus  bis  zur  Myopie  fortschreiten, 
da  wir  sehr  wesentliche  Nachteile  der  letzteren  kennen  gelernt 
haben.  Denn  die  myopischen  Gymnasiasten  sahen  nicht  nur 
überhaupt  schlechter,  als  die  emmetropischen,  sondern  ihre  Seh- 
schärfe sank  auch  um  so  mehr,  je  hochgradiger  ihre  Kurs- 
sichtigkeit  war.  Ja,  sie  bilden  selbst  eine  gewisse  Gefahr  fOr 
ihre  dereinstige  Nachkommenschaft,  da  myopische  Kinder  mit 
Belastung  eine  geringere  Sehschärfe,  als  solche  ohne  Belastung 
besitzen.  Dafs  von  den  belasteten  myopischen  Schülern  die- 
jenigen, deren  beide  Eltern  kurzsichtig  waren,  am  wenigsten 
gut  sahen,  ist  leicht  zu  verstehen,  da  sich  bei  diesen  ein 
schädlicher  Einfluis  von  zwei  Seiten  her  geltend  machte.    Die 


81 

geringere  Sehschärfe  der  allein  von  väterlicher  Seite  belasteten 
im  Vergleich  zu  den  ausschliefslich  durch  die  Mutter  belasteten 
dürfte  sich  daraus  erklären,  dafis  die  Yäter  yon  Gymnasiasten, 
weil  rielfach  Gelehrte,  im  allgemeinen  hochgradiger  kurzsichtig, 
als  die  Mütter  sind. 

Hervorgehoben  zu  werden  yerdient  noch  die  interessante 
Thatsache,  dafs  sowohl  bei  den  Emmetropen,  wie  bei  den 
Myopen,  Hypermetropen  und  Astigmatikem  durchschnittlich 
das  rechte  Auge  das  weniger  sehscharfe  war.  Dieser  Unter- 
schied  zwischen  beiden  Augen  machte  sich,  abgesehen  von  den 
Astigmatikem,  am  meisten  bei  den  Emmetropen  bemerkbar. 
Den  Grund  f&r  die  verringerte  Sehschärfe  des  rechten  Auges 
sehen  wir  darin,  dafe  dasselbe  in  der  Regel  den  zu  betrachtenden 
Gegenständen  mehr,  als  das  linke  zugekehrt  und  demnach  auch 
ZB  stärkerer  Acoommodationsanstrengung  gezwungen  wird.  Die 
grölsere  Annäherung  des  rechten  Auges  an  die  Objekte  aber 
«folgt  einerseits,  weil  die  Schüler  so  gut  wie  ausnahmslos  rechts- 
händig sind  und  daher  fast  alles  von  rechts  her  den  Augen 
nähern,  andemteils,  weil  die  meisten  in  der  Schule  gelernt 
haben,  beim  Schreiben  das  Heft  rechts  von  der  Körpermitte 
za  legen.  In  Übereinstimmung  hiermit  hat  denn  auch  Dr. 
Schubert  durch  eine  umfassende  Statistik  ermittelt,  dafs  bei 
Anisometropen  das  rechte  Auge  im  allgemeinen  das  stärker 
brechende  ist. 

Wollen  wir  also  der  Schuljugend  eine  gute  Sehschärfe  auf 
beiden  Augen  erhalten,  so  werden  wir  sowohl  die  Myopie  durch 
die  bekannten,  in  dieser  Zeitschrift  mehr&ch  erwähnten  Mittel, 
als  auch  die  von  allen  Hygienikern  verworfene  Bechtslage  des 
Heftes  zu  bekämpfen  haben.  Wird  dadurch  die  Sehschwäche 
in  den  höheren  Schulen  auch  nicht  völlig  beseitigt,  so  läfst  sie 
sieh  doch  bis  zu  einem  gewissen  Grade  einschränken.  Von 
dem  hervorragenden  Sehvermögen  der  Naturvölker  bleiben  wir 
freilich  auch  im  günstigsten  Falle  noch  recht  weit  entfernt. 


Seholfttmdhdtopflttffe  VII 


82 


lAttB  )Dfrfatitwlttn0en  ttti)  ^tttintn. 


Aus  der  Vereinifi^ng  für  Schnlgesimdheitspflege 
des  Berliner  Lehrervereins. 

Von 

E.  Hbrtbl, 

städtischem  Lehrer  in  Berlin. 

Die  yereinigiiDg  blickte  im  März  v.  J.  auf  ein  zehnjähriges 
Bestehen  zurück.  Aus  diesem  Anlafs  wurde  an  Stelle  der 
sonst  üblichen  Monatsversammlung  eine  Jubiläumsfeier  in  Form 
eines  Herrenabends  veranstaltet. 

In  zwei  Sitzungen  v.  J.  beschäftigte  sich  die  Yereinigniig 
wieder  mit  der  Schriftfrage.  Im  Februar  nämlich  sprach  Professor 
Maas  über  die  Physiologie  des  Schreibens.  Sein  Vortrag 
war  ein  Auszug  aus  einer  demnächst  zur  Veröffentlichung 
gelangenden  gröfseren  Arbeit  über  dasselbe  Thema.  Im  Mai 
machte  Herr  Janke  die  Anforderungen  geltend,  welche  an  ein 
Alphabet  mit  vereinfachten  Schriftformen  zu  stellen 
sind.  Der  Vortrag  kam  zunächst  nur  in  seinem  ersten  Teile 
zur  Behandlung  und  wird  später  fortgesetzt  werden.  Aus  dem 
Besprochenen  resultierten  folgende  Sätze: 

1.  Eine  Einheit  der  Schriftformen  ist  notwendig  und  daher 
erstrebenswert. 

2.  Im  ersten  Schuljahre  soll  die  Höhe  der  Grundbuchstaben 
nicht  unter  3  mm,  im  zweiten  nicht  unter  2,5  mm  herabgehen. 
In  der  Schulschrift  überhaupt  dürfen  die  Grundbuchstaben  nicht 
kleiner  als  2  mm  sein.  Das  Verhältnis  der  Höhe  der  Lang- 
buchstaben zur  Grundstrichhöhe  wird  auf  5 : 1  festgesetzt. 

Im  Juni  sprach  Herr  A.  Lampe  über  Lesestücke  aus 
dem  Gebiete  der  Gesundheitspflege.  Nach  seinen  Aus- 
führungen sind  dabei  folgende  Anforderungen  zu  stellen: 


83 

1.  Das  Lesestück  sei  formvollendet. 

2.  Der  StofF  sei  fafslick  und  berücksichtige  die  G-esundheits- 
pflege. 

3.  Der  Form  nach  kann  die  hygienische  Belehrong  im 
Lesebuche  sein  a.  eine  Erzählung,  b.  erzählend-belehrend, 
c.  eine  Beschreibung,  d.  ein  Sprichwort,  e.  ein  BÄtsel. 

Es  ist  zu  bedauern,  dafs  die  Lesebuchlitteratur  so  wenig 
Erzeugnisse  au&uweisen  hat,  welche  die  Gesundheitspflege 
betreffen.  Aus  der  richtigen  Erkenntnis  von  der  Notwendig- 
keit solcher  Lesestücke  veröffentlichte  vor  einigen  Jahren 
der  niederrheinische  Verein  für  öffentliche  Gesundheitspflege 
die  den  Lesern  bekannten,  zum  Teil  preisgekrönten  Aufsätze.^ 
Leider  genügen  nicht  alle  den  Anforderungen,  welche  an  der- 
artige Stücke  zu  stellen  sind.  Die  Vereinigung  hielt  darum 
eine  weitere  Erwägung  der  Sache  für  notwendig  und  betraute 
damit  eine  besondere  Kommission. 

In  zwei  Sitzungen  des  Jahres  kamen  allgemein-hygienische 
Themen  zur  Verhandlung.  Im  August  sprach  Herr  Janee 
über  die  Bedeutung  einer  vernunftgemäfsen  Gesund- 
heitspflege. Dieselbe  liegt  in  der  Verminderung  der  Krank- 
heiten wie  der  Todesfälle,  in  der  Verlängerung  der  durch- 
schnittlichen Lebensdauer  und  in  der  Erhöhung  der  Wehrkraft. 
Besonders  gro&  ist  der  Einflufs  einer  verbesserten  Gesund- 
heitspflege in  wirtschaftlicher  BeziehuDg,  wie  dies  der  Kedner 
zahlenmäfsig  nachwies.  Es  ergibt  sich  aus  dem  Gesagten  die 
Notwendigkeit  hygienischer  Belehrung  in  der  Schule. 

Im  September  hielt  Dr.  ßoBE-Hildesheim,  Geschäftsführer 
des  deutschen  Vereins  gegen  den  Mifsbrauch  geistiger  Getränke, 
einen  Vortrag  über  das  Thema:  Jugenderziehung  und 
Uäfsigkeitssache.  Der  genannte  Verein  hat  zur  Zeit  sein 
wesentliches  Augenmerk  darauf  gerichtet,  die  Lehi'erschaft 
für  seine  Bestrebungen  zu  interessieren,  damit  auf  diesem 
Wege  die  Jugend  und  dadurch  auch  das  Volk  über  die  Schäd- 


^  Verlag  von  Da  Mont-Schanberg  in  Köln;  vergl.  diese  Zeitschrift, 
1888,  No.  9,  S.  322—323  und  1890,  No.  4,  S.  223—224.    D.  Red. 

6* 


u 

lichkeit  des  Alkohols  aufgeklärt  werde.  Wenn  auqh  in 
Deutsohlandi  so  führte  dcor  Voiirageude  ans»  der  AlkohoUsmns 
nicht  in  jenen  häfslichen  und  traurigen  Formen  auftritt,  wie 
iA  England,  BuTaland,  Amerika  und  audaren  I^(Lndern,  so  mufs 
dooh  das  unmälsige  Trinken  als  ein  deutsches  Volkataster 
bezeichnet  werden,  das  um  so  grölsere  Gefahren  in  sieh  birgt, 
als  nur  zu  häufig  Siohon  den  Kindern  Bier  und  Wem,  sogar 
anoh  Branntwein  regelmftlsig  verahreieht  und  dadurch  unsere 
Jugend  systematisch  zum  Trünke  eraegeii  wird.  Alle  geistigen 
Getränke  sind  aber  für  das  jugendliche  Alter  in  gesundheitlicher 
Beziehung  höchst  nachteilig,  und  auch  die  Pädagc^gen  wisaea 
nur  Yon  schädlichen  geistigen  und  sittlichen  Folgen  bei  solchen 
Kindern  a^u  berichten,  welche  regalmäfsig  geistige  Getränke 
„zur  Stärkung"   erhalten. 

In  der  Debatte  stimmten  die  anwesenden  Ärzte  und  Lehrer 
nicht  nur  dem  Gehörten  vollständig  zu,  sondern  sie  waiTan  auch 
in  deiT  Lage,  durch  Mitteilung  eigener  Beobachtungen  die  Bei- 
spiele des  durch  den  Alkohol  hervorgerufenen  körperlichen, 
geistigen  und  sittlichen  ßlends  bei  unserer  Jugend  zu  ver- 
n^ehren. 

Einstimmig  nahm  man  folgende  Besolution  au:  „Die 
Vereinigung  für  Sohulgesundheitspflege  hält  die  Bemühungen 
des  deutschen  Vereins  gegen  den  Mifsbrauch  geistiger  Getränke, 
die  sich  auf  die  Bekämpfung  des  Alkoholgenusses  bei  der 
Jugend  erstrecken,  für  durchaus  anerkennenswert  und  empfiehlt 
der  Lehrerschaft  eine  rege  Unterstützung  dieser  Bestrebungen." 

In  zwei  Versammlungen  wurden  hygienische  Apparate 
besprochen,  nämlich'  der  Bichtgüitel  von  Klemm  und  das 
RuoKERT-FliBisoHERsche  Schroibebrett  mit  Buchhalter,^  Beide 
Apparate  haben  nach  der  Ansicht  der  Vereinigung  nur  einen 
fraglichen  Wert. 

Lehrer  SinGfiiiT  ist  augenblicklich  damit  beschäftigt,  eine 
Brläuterung  zu  den  von  der  Vereinigung  herauag^benen 
Gesundheitsregeln  zu  verfassen  und  auch  eine  kurze  Geschichte 
der  Vereinigung  zusammenzustellen. 

'  Vergl.  diese  Zeitschrift,  1893,  No.  5,  S.  280--Sdl.    D.  Bed. 


85 

flysteriselie  Efddenie  i«  einer  Baseler  Mädehensebnle. 
Bericht,  erstattet  der  medixiiiisehen  Oesellsctaft 

der  Stadt  Basel. 

In  einer  Toriges  Jahr  abgehaltenen  Sitzung  der  medizinischen 
Gesellschaft  der  Stadt  Basel  berichtete  Professor  Hagekbaoh  nach 
dem  „Eorrespdiihl  f.  Schwg.  Ärzie^  über  eine  hysterische  Epidemie, 
welche  in  einer  dortigen  Sekttndarschnle  fQr  Mädchen  aufgetreten  war. 

Dieselbe  begann  im  Spätsommer  1891  und  ging  von  einer 
Schfllerin  der  Klaraschnle  ans,  welche  einer  nenrasthenischen  Familie 
angehörte.  Die  Betreffende  machte  an  einem  Abend  spät  noch  einen 
Ausgang,  wnrde  in  einsamer  Strafse  von  einem  Individnnm  verfolgt 
nnd  eilte  so  schnell  als  möglich  nach  Hanse,  wo  sie  erschöpft  ankam 
und  in  heftiges  Zittern  von  der  Dauer  einer  Stunde  verfiel.  Während 
der  nächsten  Tage  trat  das  gleiche  Zittern  in  der  Schnle  bei  ihr 
auf,  ohne  indessen  weiter  bemerkt  zu  werden.  Ein  Landaufenthalt 
schien  Genesung  gebracht  zn  haben.  Doch  stellte  sich  bald  nach 
der  ROckkehr  in  die  Schule  das  Zittern  von  neuem  ein,  und  diesmal 
erfolgten  anch  Zitterbewegungen  bei  der  nächsten  Nachbarin  nnd 
nicht  lange  nachher  bei  einer  zweiten  Schülerin.  Einen  Monat 
später  befiel  das  Zittern  nach  einer  Turnstunde  schon  eine  gröfsere 
Anzahl  Mädchen  und  nahm  nach  nnd  nach  immer  weitere  Ausdeh- 
nung an.  Als  dasselbe  nach  den  Weihnachtsferien  noch  fortdauerte, 
wurden  die  Beteiligten  entfernt,  aber  leider  zu  spät.  Denn  Ende 
März  1892  waren  von  den  44  Schülerinnen  der  Klasse  I  C  bereits 
über  die  HäMte  erkrankt.  Zn  dieser  Zeit  griff  die  Epidemie  anch 
auf  andere  Klassen  über,  indem  zitterkranke  Mädchen  trotz  ihres 
Leidens  am  Arbeitsnnterrichte  teilgenommen  hatten.  So  wnrde 
auch  I  B  infiziert.  Nach  den  Frttlyahrsferien  bestand  die  Epidemie 
noch  fort.  Überall  liefs  sich  Übertragung  nachweisen.  Im  Mai 
1892  hatte  die  Erkrankung  jedoch  ihren  Höhepunkt  mit  62  Er- 
krankten erreicht.  Die  Sommerferien  brachten  ein  rasches  Zurück- 
gehen, nnd  im  Oktober  1892  war  die  Epidemie  erloschen,  nachdem 
ne  etwa  ein  Jahr  gedauert  hatte. 

Interessant  ist  das  Abspringen  von  der  Sekundärschule  auf  eine 
Primarschule.  Dasselbe  geschah  durch  Geschwister  zu  Hause.  In 
der  Primarschiile  fand  bereits  Übertragung  von  einem  Mädchen  auf 
ein  zweites  statt,  ah  durch  den  Lehrer  ein  scharfer  Befehl  erlassen 
wurde,  solche  Thorheiten  zu  unterlassen.  Damit  war  in  dieser 
Klasse  die  Epidemie  abgeschnitten. 

Über  das  Zittern  teilte  Professor  Hagenbaoh  noch  mit,  dafs 
es  bei  den  einzelnen  Mädchen  minuten-,  auch  stundenlang  gedauert 
und  sich  über  Arme,  Beine,  seltener  über  das  Gesicht  erstreckt  habe. 
Hie  und  da  war  auch    eine  voraufgehende  Aura  bemerkbar.     Nach 


86 

dem  Anfall  trat  ein  Gefühl  yon  £rschöpfiing  and  Madigkeit  ein. 
Was  die  Häufigkeit  anbetrifiPt,  so  zeigten  sich  die  Zitterbewegongen 
bei  den  einen  an  einem  Tage  mehrmals,  bei  den  anderen  erst  nach 
wochenlangen  Pausen.  In  der  Regel  war  ein  ftnikerer,  oft  sehr 
unbedeutender  Anstofs  bemerkbar.  Am  häufigsten  stellten  sich  die 
Anfälle  in  den  Schulstunden  ein,  vielfach  auch  zu  Hanse,  sogar 
während  des  Schlafes.  Meist  wurden  dieselben  durch  den  Anblick 
einer  zitternden  Mitschülerin  erzeugt,  hin  und  wieder  auch  durch 
Angst  und  Aufregung.  Namentlich  dem  Turnen  gab  man  vielfach 
schuld,  während  doch  das  Zittern  auch  beim  Handarbeiten,  Zeichneu 
und  Schreiben  auftrat.  Hatten  sich  einmal  auf  geringfügige  Ursachen 
hin  Anfälle  eingestellt,  so  wiederholten  sie  sich  auch  jedesmal  nach 
solchen. 

Redner  erinnerte  an  viele  ähnliche  Epidemien  aus  alter  und 
neuer  Zeit,  an  die  Einderkreuzztkge,  die  Tanzwut,  die  Prediger- 
krankheit in  Schweden  und  Baden  und  hob  namentlich  das  Auftreten 
solcher  Epidemien  in  Mädchenschulen,  Pensionaten  und  Klöstern 
hervor.  Eines  der  neuesten  Beispiele  hierftlr  ist  die  von  Hirt  in 
Breslau  beschriebene  Epidemie.^  Derartige  Fälle  werden  in  der 
Regel  als  Veitstanz  aufgefaCst,  bei  der  Baseler  Epidemie,  sowie  bei 
den  meist  ähnlichen,  anderwärts  beobachteten  ist  jedoch  Chorea 
minor  auszuschliefsen.  Diese  tritt  nicht  als  Epidemie  auf,  zeigt  m 
anderes  Krankheitsbild,  ist  wahrscheinlich  eine  Infektionskrankheit 
und  vielfach  verwandt  mit  akutem  Gelenkrheumatismus.  Die  erwähnten 
Epidemien  sind  vielmehr  als  Chorea  magna  zu  bezeichnen,  insofern 
man  darunter  eine  hysterische  Affektion  versteht.  Bei  den  in  Basel 
beobachteten  Zitterkrämpfen  zeigte  sich  die  gröfste  Ähnlichkeit  mit 
dem  „tremblement  hyst^rique"  Chargots. 

Die  Epidemie  kam  durch  Imitation  zu  stände ;  Nachahmungstrieb, 
Autosuggestion  spielten  hier  eine  Rolle.  unter  den  befallenen 
Schülerinnen  waren  viele  anämische  und  neurasthenische.  In  ver- 
schiedenen anderen  Berichten  über  solche  Epidemien  wird  dagegen 
hervorgehoben,  dafs  die  Mädchen  vorher  nach  keiner  Richtong 
abnorm  gewesen  seien. 

Frühzeitige  Entfernung  der  Kranken  aus  der  Schule  und 
richtige  psychische  Einwirkung  müssen  bei  der  Behandlung  solcher 
Fälle  als  besonders  wirksam  hervorgehoben  werden. 


^  S.  diese  Zeitschrift,  1893,  No.  4,  S.  225-229.    D.  Red. 


87 

Über  den  Einflnfs  körperlicher  Übungen  anf  die 

Yerhfitung  der  Schnlknrzsichtigkeit. 

Vom  n.  franzSsiscben  Kongrefs  fttr  physische  Erziehung. 

Der  zweite  französische  Eougrels  für  physische  Erziehung  fand, 
wie  der  erste  1892  in  Paris  beschlossen  hatte,  vom  25.  bis  28. 
Oktober  y.  J.  in  Bordeaux  statt.  Derselbe  war  in  verschiedene 
Sektionen  geteilt,  darunter  eine  pädagogische,  eine  technische  und 
eine  medizinische.  Aus  letzterer  berichtet  „Le  Prog,  med,"'  unter 
anderem  folgendes: 

In  der  Sitzung  am  27.  Oktober  sprach  Dr.  Geobg  Martin 
aas  Bordeaux  über  den  Einflnfs  körperlicher  Übungen 
anf  die  Verhütung  der  Schulkurzsichtigkeit.  Die  Wirkungen 
dieser  Übungen  erstrecken  sich  anf  den  ganzen  Körper  und  sind 
verschiedener  Art.  Was  insbesondere  die  Myopie  anbetrifft,  so 
dürfte  es  zu  ihrer  Verringerung  augenblicklich  kein  besseres  Mittel 
geben,  als  eine  gründliche  und  allseitige  physische  Ausbildung.  Be- 
kanntlich wird  die  Kurzsichtigkeit  nicht  angeboren,  sondern  erworben. 
Die  frühsten  Fälle  derselben  pflegen  sich  im  Alter  von  7—8  Jahren, 
die  meisten  in  denojenigen  von  8 — 12  Jahren  zu  entwickeln.  Von 
da  an  tritt  die  Myopie  viel  seltener  auf;  im  allgemeinen  kann  man 
sagen,  dais  sie  nur  vereinzelt  nach  dem  15.,  noch  vereinzelter  nach 
dem  20.  und  niemals  nach  dem  25.  Jahre  entsteht. 

Zahlreiche  Untersuchungen  in  den  verschiedenen  Ländern  haben 
gezeigt,  daljs  ihre  unmittelbare  Ursache  in  der  von  der  Schule  ge- 
forderten Nahearbeit  liegt.  Schlechte  Schulgebäude  spielen  bei  ihrer 
Entstehung  nur  eine  untergeordnete  Rolle;  denn  trotz  der  gut  ge- 
lüfteten und  beleuchteten  „Schulpaläste",  die  in  neuerer  Zeit  er- 
richtet worden  sind,  hat  die  Kurzsichtigkeit  nicht  merklich  ab- 
genommen. Von  weit  gröfserem  Einfluis  ist  das  geringe  Mafs  von 
körperlichen  Übungen,  zu  dem  die  Mehrheit  der  Schüler  verurteilt 
ist.  In  Deutschland,  wo  die  Zahl  der  Myopen  in  den  höheren 
Schulen  durchschnittlich  bis  auf  36,5%  steigt,  sind  dem  Turnen 
im  ganzen  nur  650  Stunden  jährlich  gewidmet.  In  England  dienen 
der  physischen  Ausbildung  4500  Stunden,  und  man  trifft  daher  in 
den  dortigen  Sekundärschulen  nur  20%  Kurzsichtige.  In  Frankreich 
endlich,  welches  1300  Turnstunden  erteilen  läfst,  beträgt  das  Mittel 
der  Myopen  in  den  Lyceen  24,2%. 

Da  die  Knrzsichtigkeit  durch  einen  Krampf  des  Giliarmuskels 
hervorgebracht  wird,  so  versteht  man  leicht,  wie  körperliche  Übungen 
dieselbe  bis  zu  einem  gewissen  Grade  verhindern  können.  Wenn 
das  Muskelsystem  des  Kindes  durch  Gymnastik,  welche  das  beste 
Kräftigongsmittel  bildet,  gestärkt  worden  ist,  so  werden  Muskel- 
krflmpfe  nur   selten  auftreten.     In   der  That  hat   man   beobachtet, 


88 

dafs  je  schwächer  die  Konstitution  eines  Snitsiohtigen  ist,  desto 
schneller  seine  Myopie  höhere  Grade  erreicht  Sohfller  dagegen, 
welches  methodisches  Tomen  hetrieben,  sind  vor  sicher  drohender 
Myopie  vielfach  bewahrt  geblieben. 

Dafe  die  letztere  in  den  Mädchenschulen  so  groise  Fortiohritte 
macht,  rührt  vor  aUem  von  der  in  denselben  herrschenden  Ver- 
nachlässigung der  Körperübungen  her.  Diese  mü&ten  dort  in  aus- 
gedehntem Mafse  stattfinden  und  gewisse  Spide,  die  man  mit  Unrecht 
nur  für  Knaben  als  passend  ansieht,  auch  bei  den  Mädchen  ein- 
geführt werden. 

Es  genügt  aber  nicht,  Schüler  und  Schülerinnen  in  den  Lehr- 
anstalten Gjnnnastik  treiben  zu  lassen,  dieselbe  sollte  vielmehr  auoh 
in  dem  Alter,  welches  der  Schulpflicht  vorausgeht,  zu  Hause  reich- 
liche Pflege  finden.  Statt  dessen  aber  läfst  man  die  Kinder  möglichst 
früh  in  den  Elementen  des  Wissens  unterrichten.  Die  Folge  davon 
ist,  dalis,  wie  JavAL  gezeigt  hat,  sich  in  den  niederen  Klassen  die 
meisten  Myopen  unter  den  jüngeren  Schülern  befinden,  welche 
körperlich  noch  nicht  hinreichend  erstarkt  sind.  Yiel  richtiger  wSre 
es,  die  Kleinen  vor  dem  7.  Lebensjahre  weder  Bücher  noch  Hefte 
anrühren  zu  lassen,  sie  in  den  Kindergärten  nur  mündlich  zu  unterrichten 
und  die  so  gewonnene  Zeit  der  körperlichen  Erziehung  au  widmen. 

Der  Kongrefs  nahm  einstimmig  folgende  Leitsätze  des  Yor^- 
tragenden  an:  1.  Es  ist  wünschenswert,  dafs  die  dem  Studium  ge- 
widmeten Stunden  beträchtlich  verringert  und  statt  dessen  obligato- 
rische Leibesübungen  betrieben  werden.  2.  In  die  höheren  und 
niederen  Mädchenschulen  ist  eine  rationelle  physische  Erziehung 
einzuführen.  3.  Die  Kindergärten  und  Kinderbewahranstalten  sollten 
sich  fast  nur  mit  der  Körperpflege  beschäftigen  und  den  Unterricht 
ausschlielslich  von  Mund  zu  Ohr,  ohne  Bücher  und  Hefte  erteilen 
lassen.  4.  Der  Elementarunterricht  darf  erst  mit  dem  7.  Lebens- 
jahre beginnen. 

Zur  Hygiene  d^  Schultreppen. 

Vortrag,  gehalten  in  der  LXY.  Versammlang  der  GeseUschaft 

deutscher  Naturforscher  und  Ärzte  in  Nfiruberg. 

In  der  Sektion  für  Gesundheitspflege  der  letzten  Naturforscher- 
versammlung  hielt  Geheimrat  Dr.  VON  KEB8CHENSTBINBR  aus  München 
einen  Vortrag:  „Die  Hygiene  der  Treppen  und  des  Treppen- 
hauses". Wir  entnehmen  demselben,  was  sich  auch  auf  die  Sdiul- 
treppen  anwenden  läfst. 

Die  Treppen  sind  d^  meist  benutzte  Teil  jedes  Hauses,  und 
um  so  auffälliger  ist  es,  dafs  ihnen  bisher  so  wenig  hygiemache 
Beachtung  geschenkt  worden  ist. 


89 

Zuoflcbst  ist  der  Hansflar  ins  Auge  zu  fassen.  £r  mtils 
hinreichend  Luft  und  Licht  haben,  und  der  Fufsboden  ist  zur  Ver- 
meidung der  Ansammlung  von  Staub  und  Schmutz,  die  leicht  durch 
das  ganze  Treppenhans  aufgewirbelt  werden,  regelmfifsig  zu  reinigen. 
Ak  Material  für  den  Fufsboden  empfehlen  sich  besonders  Fliesen. 

Da  die  natürliche  Lüftung  des  Treppenhauses  oft  die  einzige 
Bezugsquelle  für  die  Luft  des  ganzen  Hauses  von  der  Innenseite  her 
ist,  so  kann  auch  die  Wichtigkeit  dieser  Ventilation  nicht  hoch  genug 
angeschlagen  werden.  In  der  Sommerzeit  genügt  das  öffnen  der 
Flnrfenster.  Im  Winter  aber  ist  eine  geringe  Erw&rmung  des 
Treppenhauses  notwendig,  die  durch  einen  im  Hausflur  aufgestellten 
amerikanischen  Füllofcn  in  ausreichender  Weise  erreicht  wird. 

Der  Beleuchtung  d«s  Treppenhauses  wird  ja  in  neuerer  Zeit 
infolge  mannigfacher  Unfälle  gröfsere  Aufmerksamkeit  als  früher 
geschenkt,  aber  nicht  nur  am  Abend,  sondern  auch  am  Tage  mufs 
die  Beleuchtung  eine  ausreichende  sein. 

Hinsichtlich  der  Bauart  und  des  Materials  der  Treppenstufen 
sind  folgende  Gesichtspunkte  mafsgebend.  Die  Strecke  eines  Stock- 
werkes soU  nicht  in  einer  Tour  ohne  Absatz  in  senkrechter  Richtung 
durchmessen,  sondern  für  je  30  Stufen  ein  Absatz  (Podest)  geschaffen 
werden.  Auf  diesen  Absätzen  finden  zweckmäfsige  Spucknäpfe  Auf- 
stelhing,  um  die  Verschleppung  tuberkulösen  Auswurfs  zu  verhüten. 
Der  wichtigste  Punkt  in  der  Treppenhygiene  aber  ist  die  Höhe  der 
einzelnen  Stufen.  Von  ihr  hängt  die  Wirkung  des  Treppensteigens 
auf  die  Herzthätigkeit  ab.  Bei  einer  grofsen  Beihe  von  Messungen 
wurden  sehr  verschiedene  Stufenhöhen  von  11 — 17  cm  gefunden. 
Das  Ersteigen  hoher  Treppenstufen  kann  man  sich  durch  zwei  Mittel 
erleichtem:  1.  mit  möglichst  wenig  Luft  in  den  Lungen  und  ober- 
flächlicher Atmung,  welche  man  dadurch  erreicht,  dafs  man  bei  ge- 
schlossenem Munde  leicht  durch  die  Nase  einatmet;  diese  Art  Atmung 
kann  man  10  Minuten  fortsetzen,  ohne  dafs  sich  das  Bedürfnis  nach 
tieferer  Atmung  geltend  macht;  2.  durch  Ablenkung  der  Aufmerk- 
samkeit vom  Geschäft  des  Steigens,  z.  B.  vermittelst  Lesens,  während 
Sprechen  die  Anstrengung  des  Aufstiegs  erhöht.  Vortragender  hält 
15  cm  für  das  gröfste  zulässige  Mafs  der  Höhe  einer  Treppen- 
stufe. Die  Breite  der  Stufen  soll  nicht  zu  gering  sein,  besonders 
nicht  bei  steilen  Treppen  mit  scharfen  Wendungen,  bei  denen  oft 
an  der  Seite  des  Geländers  die  Stufe  nur  4 — 5  cm  mifst.  Im 
Winter,  wenn  Schnee  oder  £is  an  den  Stiefelabsätzen  hängt,  ist  das 
Besteigen  solcher  Treppen  sehr  gefährlich.  Die. Breite  der  Stufen 
betrage  daher  mindestens  etwas  mehr,  als  die  Länge  eines  grofsen 
üannesfttfses.  Was  das  Material  anlangt,  so  geht  es  sich  auf 
Stein  und  Eisen  viel  schwerer,  als  auf  Holz,  dessen  Anwendung  sich 


90 

nur  wegen  seiner  Fenergefährlichkeit  verbietet.  Der  mangelnden 
Elasticität  der  Steinstnfen  ist  dnrch  Belag  mit  Linolenm  abzuhelfen, 
welcher  noch  den  Yorzng  der  leichteren  Reinigung  besitzt. 

Die  Treppengeländer  sollen  nicht  nur  Sicherheit  bieten,  sondern 
auch  das  Steigen  erleichtem;  sie  dflrfen  deshalb  die  Höhe  yon 
0,85  m  nicht  überschreiten. 

In  der  Disknsion,  welche  sich  an  den  Vortrag  anschloß,  wurde 
von  bantechnlscher  Seite  hervorgehoben,  da(s  sich  die  gestellten 
hygienischen  Anforderungen  zumeist  ohne  Schwierigkeit  durchführen 
liefsen.  Allerdings  sei  es  unmöglich,  eine  für  jedermann  passende 
Stufenhöhe  der  Treppen  zu  schaffen.  Diese  hänge  eben  von  der 
Gröfse  des  Schrittes  ab. 

Professor  Rosenthal  aus  Erlangen  berichtete,  dafs  er  unlängst 
in  die  Lage  gekommen  sei,  die  Beschaffenheit  einer  Treppe  in  einem 
öffentlichen  Gebäude  begutachten  zu  müssen,  weil  jemand,  der  aof 
derselben  verunglückt  war,  vom  Fiskus  Entschädigung  verlangte.  Da 
sich  bisher  weder  in  der  medizinischen,  noch  in  der  bautechnischen 
Litteratur  Anhaltspunkte  zur  hygienischen  Beurteilung  einer  Treppe 
finden,  so  hat  der  Gutachter  seine  Zuflucht  schliefslich  zu  der 
bildenden  Kunst  genommen.  Eine  Handzeichnung  Raffaels  gab  ihm 
die  erste  Darstellung  eines  treppensteigenden  Menschen,  aber  erst 
Momentphotographien ,  welche  für  diesen  Zweck  von  Ottomab 
Aksohütz  angefertigt  wurden,  lieferten  ihm  genügendes  Material 
zum  Studium  der  Frage  und  zur  Abgabe  des  Gutachtens,  das  zn 
gunsten  des  Beschädigten  ausfiel. 


Jftletnert  Miittünn^tn . 


über  die  Bedeutung  des  Ranmwinkels  zur  Beurteilung 
der  Helligkeit  in  Schulzimmeru  hat  unser  verehrter  Mitarbeiter, 
Herr  Professor  der  Hygiene  Dr.  F.  Erismann  in  Moskau,  Unter- 
suchungen angestellt  und  die  Resultate  derselben  im  „Arch,  f.  Eyg^ 
veröffentlicht.  Professor  H.  CoHN  in  Breslau,  der  erste  Forsdier, 
welcher  sich  mit  der  Aufstellung  einer  Helligkeitsnorm  für  Schol- 
ziminerplätze  beschäftigt  hat,  kam  auf  Grund  von  photometrischen 
Messungen  unter  gleichzeitiger  Bestimmung  des  von  dem  betreffenden 
Platze  aus  sichtbaren  Himmelsteiles  mittelst  des  WEBERschen  Raum- 
winkelmessers zu  der  Schlulsfolgerung,  dafs  zur  Erlangung  der  als 
Mindestmafs  geltenden  Helligkeit  von  10  Meterkerzen  ein  Raumwinkel 
von  50  Quadratgraden  erforderlich  sei.      Ohne    dafs  gleiche  Unter- 


91 

SQchimgen  Yon  anderen  Forschern  ausgeführt  sind,  hat  man  die 
Angabe  Cohns  in  Deutschland  ziemlich  allgemein  als  gültige  Norm 
angenommen.  Nur  Gillert  wandte  sich  in  der  „Ztschr.  f.  Hyg.'* 
gegen  diese  Annahme,  weil  erstens  die  Leuchtkraft  eines  Stückes  des 
Himmelsgewölbes  unter  dem  Einflüsse  des  Sonnenstandes  grofsen 
Schwankungen  unterworfen  sei  und  zweitens  die  Helligkeit  eines 
Arbeitsplatzes  nicht  nur  von  dem  unmittelbaren  Himmelslichte,  sondern 
auch  von  dem  zurückgestrahlten  Lichte  abhänge.  Durch  den  Raum- 
winkel werde  aber  nur  das  erstere  gemessen,  während  unter  Um- 
ständen letzteres  bei  weitem  überwiege.  Aufserdem  weist  die  Leucht- 
kraft des  Himmelsgewölbes  je  nach  dem  Klima  eines  Landstriches 
sehr  bedeutende  Unterschiede  auf  und  wird  in  Städten  durch  die  in 
der  Luft  schwebenden  Staub-,  Bauch-  und  Kufsteilchen  nicht  un- 
erheblich beeinfluTst.  Die  Messungen  Ekismanns  wurden  in  vier 
Schulzimmem  Moskaus,  von  denen  zwei  nach  S.  S.  0.,  eines  nach  S.  0. 
und  eines  nach  W.  gelegen  sind,  0,75  bis  0,80  m  über  dem  Fufs- 
boden  auf  den  Platten  der  Schultische  ausgeführt.  Es  konnten 
folgende  Thatsachen  festgestellt  werden:  1.  Mit  der  Entfernung  yom 
Fenster  nimmt  sehr  gleichmäisig  der  Baumwinkel  rascher  ab,  als  die 
Helligkeit.  2.  Die  Leuchtkraft  eines  und  desselben  Quadratgrades  kann 
je  nach  der  Tageszeit  eine  sehr  yerschiedene  sein,  und  zwar  macht 
sich  der  Unterschied  besonders  an  den  vom  Fenster  entfernt  liegenden 
Plätzen  bemerklich.  3.  Unter  den  zur  Zeit  der  Beobachtungen 
herrschenden  Umständen  übertrifft  die  mittlere  Helligkeit  noch  bei 
einem  Baumwinkel  von  10  bis  20  Quadratgraden  das  von  Gohn 
geforderte  Helligkeitsminimum  um  das  drei-  bis  vierfache,  und  die 
geringste  bei  diesem  Banmwinkel  beobachtete  Helligkeit  mufs  noch 
als  ausreichend  betrachtet  werden.  Dasselbe  gilt  sogar  noch 
von  einem  Baumwinkel  von  5  bis  10  Grad;  ja  selbst  bei  voll- 
ständiger Abwesenheit  des  unmittelbaren  Himmelslichtes  erreichte 
die  durchschnittliche  Papierhelligkeit  das  geforderte  Minimum.  Es 
ist  daher  nicht  daran  zu  zweifeln,  dafs,  wenn  man  auch  den  Baum- 
winkel bis  zu  einem  gewissen  Grade  als  Mafs  der  Beleuchtungs- 
güte gelten  lassen  kann,  doch  die  in  der  deutschen  Fachlitteratur 
allgemein  angenommene  Norm  von  50  Quadratgraden  als  Minimum 
desselben  durchgehends  einer  wesentlichen  Bichtigstellung  für  den 
betreffenden  Ort  bedarf  und  keine  allgemein  gültige  Bedeutung 
beanspruchen  kann.  Die  Forderungen  an  den  Baumwinkel  müssen 
femer  um  so  höher  gestellt  werden,  je  weniger  Licht  durch  Bück- 
sti-ahlung  von  Nachbargebäuden  in  dem  betreffenden  Baume  zur  Yer- 
teflnng  gelangt.  Durch  solches  zurückgeworfenes  Licht  können  aller- 
dings unter  Umständen  ungünstige,  das  Auge  blendende  oder  sonst 
die  Sehkraft  störende  Erscheinungen  hervorgerufen  werden,  trotzdem 


92 

aber  ist  eine  möglichst  vollkommene  Reflexion  nnd  Zentrdnnng  deB 
in  den  Ranm  gelangenden  Lichtes  anzustreben,  weil  nnr  hierdttreb 
die  von  den  Fenstern  entfernteren  Plätze  eine  hinreichende  Hellig- 
keit zn  erlangen  pflegen.  Barch  nnmittelbar  aaf  die  Arb^itsf^Stee 
gelangende  Sonnenstrahlen  wird  die  Helligkeit  derselben  allerdings 
bedeutend  vermehrt,  aber  die  Belenchtnng  zu  einer  äoberst  nn* 
angenehmen  und  für  die  Augen  schädlichen  gemacht.  Auch  betrog 
die  Zunahme  der  Helligkeit  eher  weniger,  denn  mehr,  als  die  Ter* 
ringerung  derselben  durch  das  Herablassen  der  aus  roher  Leinewand 
bestehenden  Vorhänge.  Der  Lichtverlust  in  letzterem  Falle  maebte 
88  Vo  AUS,  was  sehr  genau  mit  den  von  Cohn  gefundenen  Gröfsen, 
nämlich  87  bis  89%,  tibereinstimmt.  Sehr  ungünstig  wirken  di« 
zwischen  den  Fenstern  befindlichen  Wandpfeiler  auf  die  Beleuchtimg 
der  hinter  diesen  liegenden  Plätze.  Ftir  dieselben  ^t  daher  ein 
möglichst  geringes  Ausmafs  zu  wählen,  und  mtisscn  Abschrägnngen 
an  ihnen  angebracht  werden,  welche  das  Einfallen  des  Lichtes  be- 
günstigen. Für  die  Verbesserung  der  Beleuchtung  in  Bäumen  mit 
Fenstern  auf  einer  Seite,  namentlich  für  die  gleichmäßige  Verteilang 
des  Lichtes  kann  durch  richtige  Anordnung  der  Fenster  und  durch 
einen  geeigneten  Anstrich  der  Wand-  und  Deckenflächen  sehr  wesent- 
liches geleistet  werden.  Dieser  Punkt  ist  von  ebenso  grofeer  Be^ 
deutung,  wie  die  Erlangung  von  direktem  Himmelslicht  und  die 
richtige  Orientierung  der  Fensterwände  nach  den  Himmelsgegenden. 
Eine  Grundanforderung  aber  für  eine  gleichmäfsige  Belichtung  aller 
Teile  eines  Schulzimmers  ist,  dafs  das  einfallende  Licht  möglichst 
voUkommen  zerstreut  wird  und  keine  Schattenbildungen  entstehen. 

Sollen  Schüler  mit  Mumps  von  der  Schule  ansgeseklossei 

werden?  Rendü  berichtet  über  zwei  Beobachtungen,  die  ihn  zu  der 
auch  von  anderen  geteilten  Meinung  geführt  haben,  wonach  die  An- 
steckung bei  Mumps  noch  in  die  Zeit  vor  der  Anschwellung  der 
Ohrspeicheldrüse  fällt,  also  an  das  Ende  der  Inkubation.  Letztere  dauert 
18  bis  20  Tage.  Die  Ansteckung  erfolgt  also  wenigstens  24  Stunden 
eher,  als  es  möglich  ist,  die  Krankheit  zu  erkennen.  Diese  Beob- 
achtungen lassen  es  folglich  verkehrt  erscheinen,  wenn  Kinder  mft 
noch  dicker  Backe  vom  Schulunterrichte  ausgeschlossen  oder  gar,  wie 
an  manchen  Orten,  noch  8  Wochen  nach  Ablauf  der  Krankheit  van 
der  Schule  fem  gehalten  werden.  Auch  Meroelbn  ist  der  Ansieht, 
dafs  die  Inkubationszeit  bei  Mumps  zwischen  dem  15.  und  dem  26. 
Tage  liege.  Diese  lange  Inkubation  erklärt,  dafs  manchmal  trotz 
aller  Mafsregeln  Epidemien  gar  nicht  aufhören.  Rekdu  rät  nach  der 
Heilung  zu  einer  ebenso  gründlichen  Desinfektion,  wie  bei  Diphtherie. 

Die   Anwemdnng  der  hypnotischen   Snggestioii  in   ^t 

PSdagOgik  wird    von   L.   Peetsrs  -  Brüssel  in   „Xa  Bresse  int^. 


93 

Beige"  besprochen.  DaTs  die  Suggestion  zur  Therapie  benatat  werden 
kaüd,  b9t  der  erste  Kongreb  fQr  Hypnotismas,  der  1889  unter  dem 
VoEsiUe  der  Professoren  Gharcot,  BROWN-StiQüARD,  Brouardiu:«, 
LoifBRoao  und  DuMONiPBLLiSR  in  Paris  stattfand,  ansdrttcklich 
soierkannt  Besonders  die  Erkrank^ngen  des  Nervensystems  sind  dieser 
Art  der  Behandlang  zugänglich.  Sie  empfiehlt  sich  auch,  um 
soUechte  Gewohnheiten  und  lasterhafte  Triebe  bei  Kindern  zu  be- 
kämpfen. L.  Peeters  hat  letzteren  Punkt  näher  untersucht  und 
aosgezeichnete  £rfolge  erhalten.  Nach  ihm  ist  die  hypnotische 
Saggestion  nicht  selten  im  stände,  böse  Gewohnheiten,  schwere 
Charakterfehler,  geistige  Trägheit,  nervöse  Zuckungen  u.  dergl.  bei 
Kindern  zu  beseitigen.  Auch  hat  er  bei  dieser  Heilmethode  niemals 
schädliche  Folgen  zu  beobachten  gehabt.  Wo  dieselbe  bei  Ärzten  oder 
l^aien  wirkungslos  blieb  oder  gar  Nachteil  brachte^  da  rührte  dies 
fast  immer  von  Fehlem  des  Verfahrens,  Mangel  an  Erfahrung  oder 
?twas  ähnlichem  her.  Aus  Deutschland  sind  Erfolge  bei  Kindern,  wie 
sie  PsBTi&RS  an^bt,  unseres  Wissens  bisher  nicht  berichtet  worden. 
Bier  steht  man  der  Angelegenheit  mit  Becht  etwas  skeptischer,  als 
in  Belgien  und  Frankreich  gegenüber. 

GnmdjEfige  der  Geaandheitspflege  fOr  Sohfiler  ^  sind  von 

Dr.  BRUeeisSER,  Schularzt  in  Wohlen,  zusammengestellt  und  den 
„St^g.  Bl.  f.  Qrsdkt^pflg.*^  mitgeteilt  worden.  Dieselben  lauten: 
1.  Geh'  früh  zu  Bett  und  steh'  früh  auf.  Beim  Verlassen  des  Bettes 
sei  dein  Erstes  eine  tüchtige  Waschung  des  Gesichts,  der  Ohren, 
des  Halses  und  des  Oberkürpers.  Dais  die  Hände  geseift  und  die 
Haare  gekämmt  werden,  wird  als  selbstverständlich  vorausgesetzt. 
Wer  zur  Sommerszeit  mit  kalten  Waschungen  des  ganzen  Körpers 
beginnt,  härtet  sich  derart  ab,  daJSs  er  dieselben  auch  während  des 
Winters  im  ungeheizten  Zimmer  ohne  Beeinträchtigung  der  Gesundheit 
fortseien  kann.  Das  Waschen  am  Brunnen  taugt  deswegen  nichts, 
ir^ü  dabei  gewöhnlich  blols  das  Gesicht  abgeschwenkt  wird.  2.  Während 
4er  warmen  Jahreszeit  bade  fleifsig  im  offenen  Wasser,  jedoch  nie 
tber  ^A  Stunde  und  reibe  nach  dem  Bade  den  Körper  mit  einem 
Twihen  Handtuche  ab.  Lauwarme  Heinigungsbäder  sollten  auch  während 
dos  Wmters  nie  ganz  fehlen,  FuTsbäder  mindestens  alle  8  Tage  ge- 
Boiomen  werden.  3.  Beinige  morgens  nach  dem  Aufstehen  und  wenn 
mö^ch  auch  nach  jeder  Mahlzeit  Mundhöhle  und  Zähne.  Gurgle 
frfib  und  abends  mit  frischem  Wasser.  Deine  Fingernägel  als  Beher* 
boiger  von  Krankheitsstoffen  putze  täglich,  und  zwar  immer  zu 
Qflnse,  nie  in  Gesellschaft.  4.  Alle  Bewegungen,  mit  Mate  betrieben, 
sind  dem  Körper  zuträglich,  deshalb  Spiele  mit  Laufen  und  Springen, 


-r»- 


'  Vergl.  iMse  Zeiiaehnft,  1893,  No,  10,  S.  567—571.    D.  Red. 


94 

Tarnen,  Schwimmen,  Schlittschuhfahren,  Arbeiten  in  Feld  nnd  Garten 
f&r  beide  Geschlechter  sehr  za  empfehlen,  ö.  Zu  warme  Kleidnng 
yerweichlicht  den  Menschen  und  ist  deshalb  nngesnnd.  Wer  den 
Hals  nie  einhfiUt,  wird  sich  am  allerwenigsten  erkälten.  Der  Kopf 
sei  im  Freien  nnr  leicht  und  in  geschlossenen  Räumen  niemals 
bedeckt.  Stark  einengende  Schnflrleiber  sind  ebenso  verwerflich,  vie 
zü  enge  Schnhe;  beide  bereiten  den  Trägem  nnr  Ungemach.  6.  Sei 
mäfsig  im  Essen  und  Trinken.  Gewöhne  dich  von  Kindheit  an 
regelmäCsige  Mahlzeiten  nnd  vermeide  alles  Zwischenfntter,  haupt- 
sächlich aber  alle  Leckereien,  welche  Zähne  nnd  Magen  verderben. 
Geniefee  die  Speisen  nie  heils.  Ks  langsam  nnd  kane  gut.  Lesen 
während  des  Essens  ist  ungesund.  7.  Frische  Luft  und  Sonnenlicht 
sind  für  die  Erhaltung  der  Gesundheit  ganz  unentbehrlich;  sorge 
daftlr,  dafs  beide  in  deine  Wohn-  und  Schlafräume  oft  und  lange  ein- 
dringen können.  8.  Arbeite  im  Sommer  thunlichst  bei  offenen 
Fenstern,  aufser  bei  Musikübungen.  Bei  ungünstiger  Witterang, 
sowie  im  Winter  erneuere  die  Zimmerlnft  mehrmsds  täglich  dnrch 
gleichzeitiges  öffnen  der  Thürcn  und  Fenster.  9.  Schlafen  bei 
offenem  Fenster  ist,  zumal  im  Sonuner,  nicht  ungesund.  10.  Ver- 
meide das  Aufwirbeln  von  Staub  im  Zimmer;  das  sogenannte  Wischen 
soll  immer  feucht  geschehen.  Ein  anständiger  Mensch  spuckt  nie 
auf  den  Fufsboden  des  Zimmers,  ebensowenig  als  er  je  eine  Tbflre 
zuschlägt.  11.  Lies  und  schreibe  nie  in  der  Dämmerung,  fertige 
auch  keine  Handarbeiten  im  Zwielicht  an.  Beim  Schreiben  halte 
den  Oberkörper  aufrecht,  lege  die  Brust  nicht  an  die  Tischkante, 
neige  den  Kopf  nur  wenig  nach  vom  und  setze  beide  FüCse  mit  der 
ganzen  Sohle  auf  den  Boden.  12.  Schlage  die  Beine  nicht  über- 
einander, weder  am  Knie  noch  an  den  Knöcheln,  und  ziehe  die 
Füfse  nicht  unter  den  Stuhl  zurück.  13.  Setze  dich  so,  dafe  du, 
wo  immer  möglich,  die  Fenster,  bezw.  die  Lampe  zur  linken  Seite 
hast.  Sowohl  beim  Schreiben,  wie  beim  Lesen  soll  das  Auge  min- 
destens 35  cm  von  der  Schrift  entfernt  sein.  14.  Beim  Schrdben 
lege  die  Vorderarme  in  der  Nähe  der  Ellenbogen  auf  den  Tisch, 
halte  mit  der  linken  Hand  das  Heft  fest  und  schiebe  dasselbe  während 
des  Schreibens  mehr  oder  weniger  auf  dem  Tische,  je  nachdem  du 
den  unteren  oder  oberen  Teil  beschreibst;  vermeide  es,  auf  das  Ab- 
zuschreibende die  Finger  zu  legen.  15.  Beim  Lesen  und  Lernen 
lehne  dich  hinten  an  und  halte  das  Buch  schräg  mit  beiden  Händen 
auf  dem  Tische  fest.  16.  Da  zu  einem  gesunden  Geiste  ein  gesunder 
Körper  unerläfslich  ist,  so  befolge  obige  Lehren,  und  du  wirst  an 
beiden  gedeihen. 

Chirurgische  oder  medizinisch -pädaf^ogische  Behandluig 
idiotischer   und  znrfickgebliebener  Kinder?     Vor   3    Jahren 


95  • 


führte  Lannelongub  zum  ersten  Male  eine  Kraniektomie  an  einem 
idiotischen  Kinde  ans.^  Der  £rfolg  war  ein  befriedigender.  Seit 
dieser  Z^it  sind  nngef&hr  80  Fälle  von  Kraniektomie  bei  Idioten 
veröffentlicht  worden.  Neben  anzweifelhaften  Besserungen  haben 
zahlreiche  Mißerfolge,  15  Todesfälle,  sowie  mehrfache  Lähmungen, 
Krämpfe  n.  s.  w.  sich  gezeigt.  Das  Verfahren  ist  also  kein  un- 
bedenkliches. Man  wird  sich  demnach  die  Frage  vorlegen  müssen : 
1.  Ist  dasselbe  überhaupt  ein  rationelles,  berechtigtes?  2.  Ist  es 
durch  kein  anderes  weniger  eingreifendes  zu  ersetzen?  Bourneville 
hat  diese  beiden  Fragen  auf  Grund  sehr  sorgfältiger  anatomischer 
and  klinischer  Studien  zu  beantworten  gesucht.  Lankelongue 
hatte  als  Grundursache  des  Leidens  eine  frühzeitige  Yerknöcherung 
der  Schädelnähte  bei  den  Idioten  angenommen.  Bourneville  weist 
nun  an  der  Hand  von  22  Präparaten  der  Sammlung  des  Kranken- 
haoses  Bicetres  in  Paris  nach,  dafs  eine  solche  hilhzeitige  Yer- 
knöcherung fast  nie  bei  Idioten  sich  findet;  nur  ausnahmsweise 
kommen  an  einzelnen  Stellen  Yerknöcherungen  vor.  Yon  weit 
größerer  Bedeutung  scheinen  ihm  die  Yerletzungen  der  Gehimssub- 
stanz  selbst  zu  sein,  die  bei  den  Idioten  meist  so  tief  und  ein- 
greifend sind,  dais  von  einer  Kraniektomie  ein  Nutzen  nicht  zu 
erwarten  ist.  Er  weist  daher  auf  die  Resultate  hin,  die  mit  einer 
systematischen  medizinisch -pädagogischen  Behandlung  zu  erzielen 
sind.  £s  werden  Beobachtungen  über  12  Fälle  ausgesprochener 
Idiotie  von  ihm  mitgeteilt,  in  denen  sehr  erhebliche  Besserungen 
auf  dem  gedachten  Wege  erzielt  wurden.  Yielleicht  sind  auf  diese 
Weise  auch  die  von  LäNNBLONGUE  und  anderen  mit  der  Kraniekto- 
mie erzielten  Erfolge  zu  erklären,  da  ein  derartiger  Eingriff  natur- 
gemäls  eine  eingehendere  und  liebevollere  Beschäftigung  mit  dem 
Patienten  zur  Folge  hat. 

Ober  die  physische  Erziehnng  in  Hamburg  vor  100  Jahren 

äuÜBem  sich  die  „Briefe  aus  Hamburg  1794^  folgendermafsen :  Die 
Erziehung  der  Kinder  in  einer  grofsen  Stadt  hat  überdies  manche 
gar  nicht  unbeträchtliche  Mängel,  wovon  mehrere  an  kleinen  örtern 
leicht  vermieden  werden  können  oder  überhaupt  nicht  stattfinden. 
Schon  ihre  körperliche  Erziehung  ist  gewöhnlich  nicht  die  beste. 
Die  Kinder  werden  zu  leicht  verzärtelt  und  verwöhnt,  man  hält  sie 
ZQ  eingeschlossen,  sie  kommen  nicht  oft  an  die  freie  Luft,  sie  haben 
nicht  Bewegung  genug.  Eine  Folge  davon  ist  die  fast  allgemeine 
Korzsichtigkeit,  die  bei  Leuten  aus  grolsen  Städten  so  gewöhnlich 
ist,  eine  andere  ist  Mangel  an  Festigkeit  und  Gewandtheit  des 
Körpers.    Die  Nahrungsmittel    der  Kinder    sind    ebenfalls    der  Be- 


*  Vei^l.  diese  Zeitschrift,  1892,  No.  6,  S.  226—227.    D.  Red 


96 

schaffeuheit  ihres  Körpers  nicht  so  angemessen,  als  auf  dem  Lande. 
Kaffee,  Thee  und  anderes  warmes  Getrftnke  sind  die  gewöhnlidie, 
aber  gewü^  schädliche  und  erschlaffende  Nahrung  fttr  Kinder,  be- 
sonders der  Thee,  der  hier  so  häufig  genossen  wird  und  nicht  mit 
Unrecht  die  Schuld  der  Blftsse  auf  den  Gesichtern  so  vieler  Hambmi^r 
tragen  mufs. 

Aügenverletzmigen   Ton   KindeFn    darcb  explodierende 

Zündhütchen.  Die  verhältnismäTsig  groCse  Zahl  von  Erblinduogea 
nach  Augenverletzungen  durch  Splitter  explodierter  Zündhttdien, 
welche  in  den  Berichten  der  Prager  Universitätskliniken  für  die 
Jahre  1887 — 91  mitgeteilt  waren,  veranlafsten  nach  „D.  ösierr. 
Sanitä(sice$.^  das  k.  k.  Ministerium  des  Innern,  durch  sämtliche 
politische  Landesbehörden  Erhebungen  über  die  Häufigkeit  derartiger 
Verletzungen  aufstellen  zu  lassen.  Die  Ermittelungen  mufsten  sich 
auf  die  Krankenanstalten,  mit  welchen  Augenabteilungen  verbunden 
sind,  beschränken,  weil  nur  bei  diesen  eine  genauere  Führung  von 
Krankentabellen  vorauszusetzen  war.  Am  häufigsten  kamen  die 
Unfälle  im  jugendlichen  Alter  vor.  Von  386  in  den  verschiedenen 
Kronländem  durch  Zündhütchen  an  den  Augen  Verletzten  standen 
im  Alter  von  5  Jahren  10,  von  6 — 10  Jahren  65,  von  11 — 15 
Jahren  125,  von  16 — 20  Jahren  78,  von  21 — 30  Jahren  67,  von 
31 — 40  Jahren  27,  von  41—60  Jahren  9,  von  51—60  Jahren  5. 
Fast  52  %  sämtlicher  Verletzungen  entfallen  demnach  auf  die  ersten 
15  Leben^ahre.  Die  relativ  hohe  Ziffer  der  Unfälle  bei  Kindern 
unter  10  Jahren  erklärt  sich  daraus,  daüs  sich  diese  bei  dem  un- 
vorsichtigen Spielen  der  gröfseren  Kinder  mit  Zündhütchen  beteiligen 
und  dabei  als  Zuschauer  verunglücken.  Unter  den  Ursachen  der 
Augenverletzungen  bei  jugendlichen  Personen  durch  Zündhütchen 
werden  am  häufigsten  angeführt:  Spielen  mit  Kapseln,  ungeschickte 
Handhabung  schlecht  konstruierter  Pistolen,  Aufenthalt  in  der 
Nähe  von  Schützen,  Explosion  der  Zündhütchen  durch  ScUagen  mit 
Hammer  und  Steinen  oder  durch  Erhitzen  derselben  an  einer  Kerzen- 
flamme. Was  den  Ausgang  betrifft,  so  war  derselbe  unter  277 
genau  beobachteten  Verletzungen  nur  bei  10,5%  ein  günstiger; 
in  19,0  7o  der  Fälle  erfolgte  eine  teilweise  Schwächung  des  Seh- 
organs, bei  70,5%  ein  gänzlicher  Verlust  der  Sehkraft.  In  der 
Regel  entstand  eine  Iridocyclitis  od^  Panophthalmitis,  welche  zum 
Schwund  des  Augapfels  führte  und  beim  Auftreten  von  Prodromal- 
erscheinungen  einer  sympathischen  Entzündung  des  zweiten  Auges 
häufig  die  operative  Entfernung  des  verletzten  notwendig  machte. 
Diese  Resultate  erscheinen  insofern  freilich  besonders  ungünstig,  als 
nur  die  schweren  Fälle  in  die  Kliniken  gebracht  zu  werden  pflegen, 
während  die  leichten  Fälle  mit  glücklicherem  Ausgange  bei  den 
Privatärzten  zur  Behandlung  gelangen. 


97 

IhischebSder  f&r  die  Pariser  Schulen.  Über  diesen  Gegen- 
stand veröffentlicht  0.  Du  Mesnil  einen  Aofsatz  in  den  y^Ännäl. 
ihyg.  publ."^  Verfasser  geht  von  der  bekannten  Beobachtung  ans, 
dafs  in  den  Schnlzimmem  die  Luft,  je  länger  der  Unterricht  dauert, 
einen  nm  so  anangenehmeren  Geruch  annimmt,  und  bringt  diese 
Erscheinung  hauptsächlich  mit  der  mangelhaften  körperlichen  Pflege 
nnd  Reinlichkeit  der  Schulkinder  in  Beziehung.  Er  bespricht  die 
Geschichte  der  Schulbäder  in  Deutschland,  indem  er  erwähnt,  dafs 
Tor  dem  hygienischen  Kongresse  1886  nur  in  Göttingen  ein  der- 
artiges Bad  bestand,  dafs  aber  seit  Lassars  Anregung  die  Systeme 
Roth  nnd  Groye  vielfach  eingeführt  wurden,  so  in  München,  Nürn- 
berg, Karlsruhe,  Altena,  Osnabrück,  Kassel,  Würzburg,  Braunschweig, 
Leipzig,  Plagwitz,  Merseburg.  Auch  in  England  weist  die  An- 
gelegenheit der  Schulbäder  grofse  Erfolge  auf.  London  selbst  besitzt 
41  öffentliche  und  25  private  Bäder,  in  welchen  Schulkinder  gegen 
ein  sehr  geringes  Entgelt  baden  können.  Die  Londoner  Schul- 
behörde plant  aber  ein  eigenes  Bad  für  jede  Schule  und  wird  vor- 
läufig nur  durch  die  bedeutenden  Kosten  dieser  Neuerung  gezwungen, 
die  Schulkinder  in  die  allgemeinen  Bäder  zu  schicken.  Während 
in  Deutschland  nur  Reinigungs-,  bezw.  Duschebäder  in  Verwendung 
sind,  wird  in  England  den  Kindern  Gelegenheit  zum  Schwimmen 
geboten.  Du  Mesnil  ist  jedoch  mit  der  Einführung  der  Dusche- 
bäder vollständig  zufrieden.  Für  alte  Schulgebäude,  wo  bei  grofser 
Schülerzahl  Platzmangel  herrscht,  würde  die  Einführung  von  Schwimm- 
bädern überhaupt  unmöglich  sein.  Dagegen  könnte  man  Duschen 
im  Keller,  im  Hofe  oder  einer  sonstigen  Bäumlichkeit  der  Schule 
unterbringen  und  hierbei  pro  Duschkabine  1  m  Länge  und  0,8  m 
Breite  fordern,  so  dafs  auf  einem  Raum  von  15  m*  10  Duschen 
Platz  fänden.  Bei  einer  Badezeit  von  8  Minuten,  das  Aus-  und 
Ankleiden  miteingerechnet,  liefsen  sich  also  100 — 110  Bäder  jeden 
Tag  verabfolgen  Für  Pariser  Verhältnisse  berechnen  sich  die 
Kosten  eines  derartigen  zehnzelligen  Duschebades  auf  3500  Francs. 
Gelegentlich  und  nach  Umständen  könnte  man  Schulkindern  auch 
den  Genufs  eines  Schwimmbades,  eventuell  gegen  sehr  geringe 
Zahlung,  verschaffen.  Im  Princip  wäre  aber  die  Einführung  von 
Duschebädem  ftlr  alle  Schulen  anzustreben.  Im  Interesse  der  socialen 
Hygiene  ist  den  Schülern  die  Bedeutung  der  Körperpflege  und  Rein- 
Uchkeit  durch  Schaffung  und  allwöchentliche  Benutzung  von  Dusche- 
bädem möglichst  vor  Augen  zu  führen. 


SehilgMondhcittpflegre  VII. 


98 


Saj}t09tf(^i(^tltd|es* 


Der  Vin.  internationale  Kongrefs  far  Hygiene  nnd  Demo- 
graphie in  Budapest.  ^  Das  Exekutivkomitee  hat  in  seiner  letzten 
Sitzung  den  Zeitpunkt  und  die  Einteilung  des  Kongresses  definitiv 
festgesetzt,  und  zwar  in  folgender  Weise.  Der  übliche  Begrfiisungs- 
abend  fällt  auf  den  1.  September,  die  Eröffnung  des  Kongresses 
findet  am  2.  statt,  Sektionssitzungen  am  3.,  4.,  5.,  7.  und  8.,  die 
Schlufsversammlung  am  9.  September.  Der  6.  September  ist  als 
Ruhetag  für  kleine  Ausflüge  reserviert.  Was  den  wissenschaftlichen 
Teil  des  Kongresses  betrifft,  so  hat  das  Exekutivkomitee  für  die 
einzelnen  Sektionen  jene  Fragen  bestimmt,  deren  Erörterung  es  für 
wünschenswert  hfilt.  In  der  VI.  Sektion  für  Schulhygiene  sollen 
folgende  Themata  zur  Behandlung  gelangen:  I.  1.  Die  Frage  der 
körperlichen  Erziehung.  2.  Geistige  Überanstrengung  in  den  Schulen, 
Nervosität.  3.  Die  Schule  und  die  epidemischen  Krankheiten.  4. 
Schulbauten  und  deren  Hygiene.  5.  Reformbestrebungen  auf  dem 
Gebiete  des  Schulwesens.  6.  Die  heutige  Unterrichtsmethode  mit 
Berücksichtigung  physiologischer  Principien.  U.  1.  Die  Gesundheits- 
resultate des  Schulturnens  und  der  Schulspiele  auf  Grund  physika- 
lischer Messungen.  2.  Einteilung  des  Schulturnens  und  der  Schul- 
spiele in  den  Lehrplan.  3.  Die  Beurteilung  der  Methoden  des 
Schulturnens  und  der  Schulspiele  mit  Hinsicht  auf  die  Hygiene.  4. 
Der  Unterricht  der  Handarbeit  in  den  Schulen  mit  Hinsicht  auf  die 
Hygiene.  5.  Zweckmäfsige  Tum-  und  Spielanzüge  für  Knaben  und 
Madchen.  6.  Sport,  militärische  Übungen  und  Fechten  im  Rahmen 
der  Schule.  7.  Die  Ursachen  des  nervösen  Kopfschmerzes  der  Schüler. 
8.  Über  den  Selbstmord  der  Schüler.  9.  Die  Kurzsichtigkeit  in  der 
Schule  und  deren  Prophylaxis.  10-  Die  Steilschrift.  11.  Chorea 
und  sonstige  Nervenleiden  in  der  Schule.  12.  Schulärzte  in  ver- 
schiedenen Ländern  und  grö&eren  Städten.  13.  Die  Nasenkrankheiten 
der  Schulkinder.  14.  Ventilation  und  Heizung  der  Schule.  15.  Na- 
türliche und  künstliche  Beleuchtung  der  Schule.  16.  Die  Frage  der 
Schulbänke.  17.  Schulbäder.  18.  Schulutensilien.  19.  Trinkwasser 
in  der  Schule.  20.  Die  Schuljugend  zu  Hause.  21.  Die  Beschäf- 
tigung der  Schüler  während  der  grofsen  Ferien.  22.  Die  hygienische 
Bedeutung  der  Haushaltschulen.  23.  Ferienkolonien  und  ähnliche 
Institutionen  im  Interesse  der  Gesundheit  der  Schüler.    24.  Die  Yer- 


*  Vergl.  diese  Zeitschrift,  1893,  No.  5,  S.  291—292 ;  No.  7  und  8, 
S.  426 ;  No.  9.  S.  493.    D.  Red. 


99 

köstigong  der  Schfller.  25.  Die  Eleidnng  der  Schüler.  26.  Der 
Unterricht  der  Hygiene  in  den  yerschiedenen  Schalen.  Für  die 
Verhandlung  jeder  Frage  sind  20,  hezw.  15  Minuten,  für  die  Be- 
teiligung an  der  Diskussion  10  Minuten  festgestellt.  Im  Anschlufs 
an  den  Eongrefs  findet  eine  hygienische  Ausstellung  statt.  Dieselbe 
wird  sich  von  den  bisherigen  dadurch  unterscheiden,  dafs  sie  keine 
Indnstrieausstelluug  bildet,  sondern  nur  solche  Gegenstände  umfafst, 
welche  zur  Erläuterung  und  zum  Studium  der  in  das  wissenschaft- 
liche Programm  aufgenommenen  und  auf  dem  Kongreß  zum  Vortrag 
ge  angenden  Fragen  dienen.  Besonders  hingewiesen  sei  noch  auf  die 
für  den  4.  Sitzungstag  anberaumte  grofse  Diphtheritisdebatte,  welche 
zu  den  wichtigsten  und  interessantesten  Beratungen  zählen  wird.  Dieses 
Thema  gelangt  bekanntlich  im  Sinne  der  Beschlüsse  des  Londoner 
Kongresses  zur  Verhandlung,  und  es  wurde  dasselbe  durch  das 
Exekutivkomitee  auf  breitester  Grundlage  derartig  vorbereitet,  dafe 
in  jedem  Lande  eine  besondere  Kommission  nach  gründlichem  Studium 
ihre  Vorschläge  verfalst,  welche  in  der  vereinigten  Sitzung  der 
Sektionen  für  Bakteriologie,  Prophylaxis  und  Kinderhygiene  beraten 
werden  sollen.  Das  Präsidium  dieser  Kommissionen  haben  in  den 
verschiedenen  Ländern  die  angesehensten  Forscher  übernommen. 

FranzSsische   Heilanstalt  ffir  tnberknUse  Kinder.    Am 

10.  Dezember  v.  J.  ist  eine  Luftkuranstalt  für  tuberkulöse  Kinder 
in  Ormesson  bei  Villiers-sur- Marne  eröffnet  worden.  Diese  von  Dr. 
L^N  Petit  gegründete  Anstalt  hat  nach  „Xe  Brogr.  m^d," 
medizinisch  -  pädagogischen  Charakter,  indem  sie  von  Ärzten  und 
Werkstattvorstehem  geleitet  wird.  Die  hauptsächlichste  Behandlung 
besteht  in  „Überernährung*'  und  dem  GenuTs  von  Luft  und  Ozon. 
Beschäftigt  werden  die  Kinder  mit  der  Erlernung  eines  Handwerks, 
wie  Seilerei,  Schneiderei  u.  s.  w. 

Prfifang  der  Nase^  des  Ohres  und  der  Stimmorgane  bei 
415  jungen  Taubstummen.  Dr.  Arthur  Ambs  Bliss,  Specialarzt 
für  Ohren-,  Nasen-  und  Halskranke  am  St.  Clements  Hospital  in 
Philadelphia,  hat  vor  einiger  Zeit  415  Zöglinge  der  Taubstummen- 
anstalt von  Pennsylvanien  untersucht  und  darüber  in  „Med,  News^ 
Bericht  erstattet.  Die  Zöglinge  zerfallen  in  3  Gruppen.  Zu  der 
ersten  gehören  303,  welche  ausschlielslich  in  der  Zeichensprache 
unterrichtet  worden  sind.  Gruppe  2  besteht  aus  91  Kindern,  welche 
allein  die  Lautsprache  kennen  gelernt  haben.  Gruppe  3  endlich 
hat  einen  erfolglosen  Versuch  in  der  Lautsprache  gemacht  und  ist 
dann  zur  Zeichensprache  übergegangen;  hierher  sind  21  Zöglinge  zu 
zfthl^.  Was  die  angestellten  Beobachtungen  betrifft,  so  haben  nur 
ansgesprochene  pathologische  Veränderungen  Berücksichtigung  ge- 
funden.   Die  nachstehende  Tabelle  enthält  die  Befunde: 


100 


Nase. 

Deformitftten,  bestehend  in  yerbogener 
Nasenscheidewand,  Exostosen,  Hyper- 
trophie der  Nasenmnscheln  mit  teil- 
weisem oder  vollstSndigem  Yerschlafis 
einer  oder  beider  Nasenh&lften 

Hintere  Muschelhypertrophien 

Druck  der  mittleren  Muscheln  gegen  die 
Nasenscheidewand 

Synechien  zwischen  der  Nasenscheide- 
wand und  den  unteren  Muscheln  .  .  . 

Sklerose  der  Schleimhaut  in  der  vorderen 
Nase 

Sklerose  in  der  hinteren  Nase 

Atrophie  der  Nasenschleimhaut 

Allgemeiner  Katarrh,  von  vasomotorischer 
Parese  ohne  Deformitäten  herrührend 

Adenoide  Vegetationen  im  Nasenrachen- 
raum mit  teilweisem  Yerschlufs  des- 
selben oder  Druck  auf  die  öffiiung  der 
Eustachischen  Röhre 

Zunge. 

Abnorm  kurzes  Zungenbändchen 

Hypertrophie  der  Zungentonsille 

Gaumen. 

Abnorm  hoher,  schmaler  und  gotisch 
gewölbter  Gaumen 

Abweichung  der  Raphe  von  der  Mittel- 
linie, meist  nach  links 

Gespaltenes  Gaumensegel 

Schlaffes,  pendelndes  Gaumensegel 

Mandeln. 

Vergröberte  Mandeln,  welche  den  Raum 
zwischen  den  Gaumenbögen  ausfüllen, 
ohne  indessen  mit  denselben  zusammen- 
zuhängen oder  einen  Verschlufs,  bezw. 
einen  Druck  auf  benachbarte  Teile  zu 
bewirken , 


Qnippe 
1 

Ornpp« 
2 

Orappe 
8 

Zmtm- 
met 

65 
21 

14 
1 

4 

2 

83 
24 

14 

3 

0 

17 

2 

2 

0 

4 

35 
13 
20 

7 
8 
2 

5 
0 
0 

47 
21 
22 

13 

3 

0 

16 

57 

14 

8 

79 

24 
12 

0 
1 

1 
0 

25 
13 

8 

0 

2 

10 

6 
2 
2 

0 
0 
0 

0 
0 
0 

6 
2 
2 

32 

16 

1 

49 

101 


Stark  hypertrophierte  Mandeln,  welche 
einen  Drnck  auf  Ganmen  oder  Zunge 
ausüben  nnd  den  Bachenraom  ver- 
schlietsen 

Adhflsionen  zwischen  Mandel  und  Ganmen- 
bögen,  so  daCs  die  erstere  einge- 
kapselt ist 

Yerengernng  des  Rachens  dnrch  grofse 
hintere  Ganmenbögen 

Rachen. 

Einfache  Hypertrophie  der  Schleimfollikel 
Sklerose    der    Schleimhaut   mit    Hyper- 
trophie der  Follikel 

Einfache  Sklerose  der  Schleimhaut  .... 

Atrophie  der  Schleimhaut 

Auffallende  Erweiterung  der  Venen .... 

Kehlkopf. 

Abnorm  herabgedrttckter  Kehldeckel  .  . . 
Kindlicher  Kehldeckel 


Stimmbänder. 
Normal  in  Farbe  und  Bewegung 


Grappe 

Ornppe 
2 

Ornppe 
8 

Znsam- 
inon 

18 

5 

4 

27 

30 

6 

5 

41 

11 

0 

0 

11 

23 

3 

2 

28 

9 
55 

8 
22 

6 

20 

1 

• 

2 

0 
5 
1 
3 

15 
80 
10 
27 

14 
2 

2 
0 

0 
0 

16 
2 

83 

63 

12 

1Ö8 

Die  meisten  Zöglinge  der  Gruppe  1  zeigten  Stimmbänder  von 
mattgrauer  Farbe,  die  an  ihren  freien  Rändern  sich  umbogen  oder 
flottierten  oder  so  dünn  und  schmal  waren,  dafs  sie  von  den 
falschen  Stimmbändern  verdeckt  wurden.  Sprechversuche  zeigten, 
dafis  den  Adduktionsmuskeln  die  nötige  Kraft  fehlte.  Was  die 
Ohren  anbetrifft,  so  besals  die  Mehrzahl  der  Kinder  ein  eingezogenes, 
nuitt  gef^btes  und  schwach  bewegliches  Trommelfell.  Es  werden 
jedoch  nicht  diese,  sondern  nur  solche  Fälle  von  plastischer  Mittel- 
ohrentzündung angefahrt,  bei  denen  eine  vollständige  oder  teilweise 
Verwachsung  des  Trommelfelles  oder  ein  anderer  zerstörender  Prozefs 


I 


OhreD. 

Plastische  MittelohreatzOodoDg 

Adh&rierendes  mid  unbewegliches  Trom- 
melfell  

Sehr  schvBch  bewegliches  Trommelfell  . 

Atrophisches  Trommelfell  ...    

Tenenerweit«nmg  nnd  rosenfarbiges 
Trommelfell 

Ealkablagemngeik  im  Trommelfell 

Beiderseitige  Darchbohning  mit  Ohreiii]ii& 

Einfache  Dnrchbobrnng  mit  Ohrenflols. . 

Vernarbte  Darchbohrangen,  von  denen 
manche  mit  einer  aenen  Membran 
bedeckt  waren 

Ohrenph^pfe  aaf  beiden  Seiten 

Ohrenpfropf  auf  einer  Seite 

Atresie  des  äalseren  Gehörganges 

Unentwickelte  Ohrmuscheln  mit  Fehlen 
des  Gehörganges 

Fremdkörper  im  Ohre 

Abschnppende  änfsere  Ohrentzttndnng  .  . 

Gehör. 

Eine  schwache  Spur  von  GehOr 

Gehör  nnr  durch  Eontakt 

Gntes  Gehör 


Beginn  der  Tanbstum 

Von  Geburt  an 

Erworben 

mmt 


(Jrnppe 

o™„. 

°'- 

';"■ 

76 

20 

16 

in 

M 

2« 

.1 

125 

M 

12 

4 

59 

'i 

0 

0 

a 

6 

3 

1 

10 

14 

2 

0 

1f> 

9 

5 

.1 

17 

10 

6 

1 

16 

32 

LS 

.H 

48 

14 

6 

0 

19 

15 

7 

2 

24 

2 

0 

0 

2 

1 

0 

0 

1 

6 

0 

0 

6 

4 

0 

0 

4 

6 

17 

2 

25 

62 

t) 

10 

7» 

0 

2 

0 

t 

105 

22 

10 

1.17 

17K 

«5 

11 

264 

20 

4 

0 

24 

sbliche  Ursachen    der  Taabstnmmbeit 
ohne  Einteilung  in  Grnppen., 


FiUfl 
.  43 


tentzQndnng 29 

5 

mtzOndung 2 


103 

EäUe 
Diphtherie 2 

Wechselfieber 2 

Pocken 1 

„Erkältimg" 13 

Kr&mpfe   10 

Schwarzes  Fieber  (black  fever) 3 

Yerletzungen 9 

Rflckenmarkshantentzflndiing 5 

Darmentzündung 2 

Kindercholera 1 

Shock 1 

Mumps   1 

Loftröhrenentzündnng 1 

Katarrhalisches  Fieber 1 

Sonnenstich l 

Mittelohrentztlndnng 9 

Keuchhusten 2 

Zahnen 3 

Krupp 1 

Ekzem 1 

Unbekannt    (mit   Ausschlufs    von    137  Kindern,    welche  von 

Geburt  an  taubstumm) 49 

Erblichkeit 

Die  Eltern  waren  verwandt 24 

Die  Eltern  waren  taubstumm 7 

Die  Zöglinge  hatten  andere  taubstumme  Verwandte 94 

Eine  besondere  Beachtung  verdient  noch  die  dritte,  aus  21 
Kindern  bestehende  Gruppe,  welche  mit  der  Lautsprache  nicht  zu 
Stande  gekommen  war  und  sich  deshalb  ndt  der  Zeichensprache 
begnügen  muiste.  Aus  den  angeführten  Tabellen  ersieht  man,  dafs 
diese  Gruppe  an  Abnormitäten  des  postnasalen  Raumes,  des  Bachens 
und  der  Mandeln  besonders  reich  gefunden  wurde.  Wenn  der 
Baum  hinter  der  Nase  durch  adenoide  Vegetationen  verstopft  ist, 
die  Choanen  durch  hintere  VergröDserung  der  unteren  Muscheln 
geschlossen  und  die  Mandeln  so  hypertrophiert  sind,  dafs  sie  auf 
den  weichen  Gaumen  und  die  Zunge  drücken,  so  ist  es  nicht  zu 
verwundern,  dais  das  taubstumme  Kind,  welches  gerne  sprechen 
möchte,  doch  zuletzt  zu  der  Zeichensprache  greifen  mufs.  Lehrt 
die  angeführte  Statistik  daher  nichts  anderes,  so  beweist  sie  wenig- 
stens das  eine,  dafs  bei  allen  Taubstummen,  welche  in  der  Laut- 
sprache unterrichtet  werden  sollen,  eine  sorgfältige  Untersuchung 
des  gesamten  Stimmapparates  vorher  erforderlich  ist.     Auf  diese  Weise 


104 

kann  anch  eine  Behandlung  des  Zöglings,  welche  seine  Sprachorgane  nnter 
die  gfinstigsten  Bedingungen  zum  Sprechen  setzt,  erfolgreich  eingeleitet 
werden.  Dr.  Bliss  ist  der  Ansicht,  dafs  die  mangelhaften  Erfolge 
bei  so  manchem  in  der  Lantsprache  unterwiesenen  Taubstummen 
nicht  sowohl  von  geistiger  Schwäche  desselben  oder  gar  yoi 
mangelndem  Eifer  der  Lehrer,  als  vielmehr  Ton  nicht  Terbesserten 
anatomischen  Fehlem  herrflhren.  Die  grofee  Zahl  von  Kindern,  bei 
denen  eine  plastische  Mittelohrentzündung  besteht,  die  aber  trotzdem 
etwas  Gehör  durch  Enochenleitung  besitzen,  zeigt  die  Möglichkeit, 
durch  Operationen  Nutzen  zu  stiften.  Dieselbe  Möglichkeit  ist  bei 
Fällen  von  erworbener  Taubstummheit  vorhanden,  in  welchen  die 
Enochenleitung  ziemlich  gut  ist  und  der  Fehler  in  Sklerose  des 
Mittelohres  oder  einem  nekrotischen  Prozesse  liegt.  Man  wird  dann 
das  nutzlose  Trommelfell  samt  dem  Hammer  ausschneiden  müssen,  da 
sie  jetzt  die  Schwingungen  stören,  statt  dieselben  fortzuleiten,  oder 
die  Mobilisationsmethode  von  Urbantsghitsch  oder  Mior  zur 
Anwendung  bringen.  In  einer  beschränkten  Zahl  von  Fällen  ist  es 
auch  gerechtfertigt,  vorläufig  eine  weite  Öffnung  in  dem  Trommelfell 
anzulegen  und  durch  das  erhaltene  Besultat  sich  zu  weiterem  Handeln 
bestimmen  zu  lassen.  Ohne  Zweifel  aber  zeigt  der  Bericht,  wannn 
gewisse  Taubstumme  von  mittlerer  geistiger  Begabung  entweder 
überhaupt  nicht,  oder  nur  so  undeutlich  sprechen  lernen,  dals  sie 
von  den  meisten  nicht  verstanden  werden.  Bisweilen  mag  der 
Grund  hierfür  tiefer  in  gewissen  atrophischen  Himcentren  liegen,  in 
anderen  und  vielleicht  ziemlich  zahlreichen  Fällen  aber  —  und  das 
ist  wichtig  für  den  Taubstummenlehrer  zu  wissen  —  sind  als  die 
Ursache  mechanische  Fehler  anzusehen,  welche  beseitigt  werden 
können. 

Batschläge  fDr  die  Scbfiler  des  Falkrealgymnasinms  zn 
Berlin  in  betreff  des  Eislaufes.  In  dem  jüngsten  Programme 
seiner  Anstalt  schreibt  unser  verehrter  Mitarbeiter,  Herr  Direktor 
des  Falkrealgymnasiums  Dr.  Th.  Bach  in  Berlin:  Der  Eislauf  bildet 
eine  gesunde  Übung  und  erfrischende  Bewegung  in  freier  Luft,  Er 
kann  also  seitens  der  Schule  an  und  für  sich  nur  gern  gesehen  und 
gefördert  werden;  ja,  zu  Zeiten  veranstaltet  wohl  auch  eine  einzebe 
Klasse  oder  die  ganze  Schule  eine  Eislaufpartie.  Aber  für  alle  FäOe 
möchte  eine  ernste  Mahnung  mit  auf  den  Weg  gegeben  sein.  Es 
kommt  vor,  dafs  Schüler,  selbst  Knaben  aus  den  untersten  Klassen, 
ungebührlich  mit  Geld  ausgestattet  auf  der  Eisbahn  erscheinen 
und  sich  da  unnötig  und  ungeziemend  den  Genüssen  des  Trinkens, 
Essens,  Rauchens  hingeben,  hierdurch  aber  den  Zweck  dieses  frischen 
und  freien  Tummeins  verfehlen,  durch  Völlerei  und  Näscherei  die 
Wirkungen  der  gesunden  Bewegung  in  ihr  Gegenteil  kehren.     Das 


105 

Ranclieii  in  Offentüchen  Bänmen  ist  den  Schülern  Oberhaupt  verboten; 
anberdem  ist  es  gerade  während  des  Schlittschuhlanfens  der  Gesund- 
heit sdiädlich.  Zum  Essen  kann  man  sich  Vorrat  von  Hanse  mit- 
nehmen oder  nach  der  Heimkehr  mit  gutem  Appetit  einen  Imbils 
einnehmen.  Das  Trinken  unterbleibt  während  des  Eislaufs  am  besten 
ganz  oder  beschränkt  sich  auf  eine  Tasse  nicht  zn  heiCsen  Kaffees 
oder  Thees.  Am  bedenklichsten  ist  der  Genufs  kalten  Bieres,  durch 
den  sich  schon  mancher  einen  Magenkatarrh,  eine  Halsentzündung 
oder  andere  Leiden  zugezogen  hat.  Es  genügt  wohl,  wenn  ich  alle 
Schüler  auffordere,  auch  auf  diesem  Gebiete  die  gute  Sitte,  den 
mafsYoUen  unä  gesetzlichen  Sinn  zu  wahren. 

Eise  schnlhygienische  Preisanfgabe.  Die  hygienische  Akademie 
Ton  Catalonien  hat  fünf  Preisaufgaben  gestellt,  darunter  auch  eine 
schulhygienische.  Letztere  lautet:  Welche  hygienischen  Malsregeln  sind 
fikr  die  Yolksschulen  erforderlich?  Jeder  Preis  besteht  in  einer 
Bübemen  Medaille,  auf  welcher  der  Name  und  Titel  des  prämiierten 
Autors  angebracht  ist.  Die  Arbeiten  müssen  an  Dr.  J.  Qubraltö, 
Ronda  de  San  Antonial  25,  Barcelona  eingesandt  werden. 

KinderspielpUfze  in  Mfinehen.  Die  bayerische  Hauptstadt 
besitzt  augenblicklich  in  den  verschiedenen  Stadtteilen  11  Einderspiel- 
plätze mit  einem  Flächeninhalt  von  33  400  Quadratmetern.  Hierzu 
kommen  noch  die  Baumpflanzungen  in  der  SonnenstraCse,  ein  Abschnitt 
der  Theresienwiese  u.s.  w.,  welche  teils  de  jure,  theils  de  facto  Einder- 
spielplätze sind.  Damit  ist  nun  zwar,  so  bemerkt  der  „Enabh,*^^ 
dem  gegenwärtigen  Bedürfhisse  einigermafsen  Rechnung  getragen, 
aber  eine  stete  Vermehrung  jener  Plätze  bleibt  trotzdem  dringend 
geboten.  Werden  doch  Jahr  für  Jahr  die  Gärten  und  freien 
Flächen  immer  mehr  überbaut  und  so  dem  Licht-  und  LuftbedürfQis 
von  jung  und  alt  entzogen,  was  um  so  schlimmer  ist,  als  gerade 
die  heranwachsende  Einderschar  darunter  am  meisten  zu  leiden  hat. 

Die  Desinfektion  Ton  Briefen,  Bflehern  nnd  Schreibheften. 

In  einer  kürzlich  erschienenen  Mitteilung  an  „The  Brit.  Trade  Jaum,'^ 
sagt  Washikgton  Lyon:  Alle  Briefe,  welche  im  Asylums  Board 
Hospital  zu  Eent  geschrieben  sind,  werden,  bevor  sie  in  den  Verkehr 
gelangen,  einer  Desinfektion  mit  Dampf  unterzogen.  Im  Jahre  1884  be- 
fanden sich  gegen  1000  Pockenkranke  daselbst,  und  die  Postbehörde 
beklagte  sich,  dafs  ihre  Beamten  so  oft  von  Blattern  befallen  würden. 
Seit  die  Desinfektion  der  Briefe  mittelst  Dampf  eingeführt  ist,  sind  der- 
artige Elagen  nicht  wieder  vorgekommen.  Weder  die  Tinte,  noch 
der  Gummi,  noch  das  Eouvert  werden  bei  diesem  Vorgang  geschädigt. 
Das  Gleiche  gilt  von  Drucksachen,  und  das  Verfahren  eignet  sich 
daher  auch  zur  Desinfektion  yon  Schul-  und  sonstigen  Büchern, 
welche   sich   in   den  Händen  infektiös  erkrankter  Schüler  befunden 


106 

haben.  In  England  werden  solche  Bücher  meistens  verbrannt,  was, 
wenn  sich  das  obige  VerMren  bewährt,  eine  unnötige  Yerschwendong 
sein  wtkrde. 


J^mtix^t  ^ttß^nn^tn. 


Erlafs  des  k.  k.  Ssterreichischen  Unterrichtsministerioms 
fiber  die  Jugendspiele  an  den  Mittelschulen. 

Der  in  dem  hierortigen  Erlasse  vom  15.  September  1890  ent- 
haltenen Anregong  zur  Einführung  tou  Schulspielen  an  den  Mittel- 
schulen haben  die  Landesschulbehörden  und  Lehrkörper  eine  rege 
Teilnahme  entgegengebracht,  und  es  ist  auf  diesem  Gebiete  bereits 
ein  anerkennenswerter  Erfolg  zu  verzeichnen.  Die  in  dem  erwähnten 
Erlasse  ausgesprochene  Erwartung,  dals  Gemeinden  und  Schulfireimde 
die  auf  die  körperliche  Ausbildung  der  Jugend  abzielenden  Bestre- 
bungen der  Unterrichtsverwaltung  unterstützen  werden,  war  nicht 
unbegründet ;  die  letztere  vermag  auf  das  von  diesen  Faktoren  bisher 
Geleistete  mit  Befriedigung  zurückzublicken.  Wenn  die  Erwerbung 
geeigneter  Spielplätze  vorzugsweise  durch  die  thatkräftige  und  opfer- 
willige Mitwirkung  dieser  Faktoren  gesichert  werden  kann,  bleibt  es 
der  Unterrichtsverwaltung  vorbehalten,  die  Erfüllung  der  übrigen 
Bedingungen  für  einen  geregelten  Spielbetrieb  in  Erwägung  zu  ziehen. 
In  dieser  Beziehung  finde  ich  mich  bestimmt,  nachstehendes  zu 
verfügen : 

Die  Direktionen  der  Staatsmittelschulen  werden  zur  Deckung 
der  mit  dem  schulmäfsigen  Betriebe  der  Jugendspiele  verbundenen 
Auslagen,  solange  und  soweit  nicht  die  Gemeinden  der  betreffenden 
Schulorte  oder  Lokalvereine  für  die  Kosten  solcher  Spiele  aufkonmien, 
ermächtigt,  am  Anfange  des  Schuljahres  zugleich  mit  den  Lehr- 
mittelbeiträgen von  jedem  Schüler  einen  Betrag  bis  zur  Maximal- 
höhe von  50  kr.  einzuheben.  Unbemittelte  Schüler  sind  von  der 
Entrichtung  dieses  Beitrages  jedenfalls  zu  befreien.  Die  Verwaltung 
der  eingegangenen  Beiträge  Ährt  der  Direktor;  er  hat  darüber  am 
Schlüsse  eines  jeden  Schuljahres  in  einem  gesonderten  Berichte  an 
den  k.  k.  Landesschulrat  Bechnung  zu  legen. 

Anstalten  mit  geringerer  Schülerzahl,  an  welchen  die  erwähnten 
Beiträge  die  Auslagen  für  Jugendspiele  nicht  decken,  wird  auf 
motiviertes  Ansuchen  die  Bewilligung  eines  entsprechenden  Zuschusses 
aus  Staatsmitteln  in  Aussicht  gestellt. 

Bei  der  Yerfadsung  der  Stundenverteilung  für  die  obligaten  und 


107 

freien  Fftcher  haben  die  Direktoren  auf  die  Jagendspiele  soweit 
Rflcksicht  zu  nehmen,  dals  wenigstens  ein  oder  nach  Umständen  für 
jede  Spielabteünng  ein  Nachmittag  vom  Unterrichte  frei  bleibt.  Für 
die  Jiüireszeit,  in  welcher  gespielt  wird,  ist  von  den  Lehrkörpern 
eine  solche  Verteilong  der  wöchentlichen  Lehraufgaben  in  den  ein- 
zehien  Gegenständen  zu  treffen,  dafs  für  den  auf  einen  Spieltag  etwa 
folgenden  Schnltag  keine  Schularbeiten  angesetzt  nnd  die  schrift- 
lichen Präparationen  für  den  letzteren  anf  das  nnerläfsliche  Mafs 
beschränkt  werden. 

Diese  Anordnungen  gelten  auch  für  die  nicht  in  unmittelbarer 
staatlicher  Verwaltung  stehenden  Mittelschulen,  sofern  an  denselben 
die  Jngendspiele  betrieben  werden. 

Die  Spielbeiträge  werden  für  die  erste  Anschaffung  von  Spiel- 
gerftten  und  für  die  allmähliche  Veryollständigung,  bezw.  Nach- 
schaffung derselben,  für  die  Bestreitung  kleinerer  Auslagen  und  für 
eine  angemessene  Remunerierung  der  die  Spiele  leitenden  und 
beaufsichtigenden  Lehrpersonen  zu  verwenden  sein. 

Insofern  Behörden,  Korporationen  und  einzelnen  Personen, 
welche  während  der  letzten  zwei  Jahre  in  Angelegenheit  der  körper- 
hchen  Ausbildung  der  Mittelschu^ugend  ein  opferwilliges  und  för- 
derndes Entgegenkonmien  bewiesen  haben,  der  Dank  noch  nicht 
ausgesprochen  worden  ist,  erteile  ich  die  Ermächtigung,  dies  in 
meinem  Namen  zu  thun,  und  ersuche,  künftighin  bei  Vorlage  des 
laspektions-  und  Jahreshauptberichtes  Fälle  anerkennenswerten  Wirkens 
anf  diesem  Gebiete  zu  meiner  Kenntnis  zu  bringen. 

Verordnung  des  KSniglich  prenfsisehen  Knltnsministers 
wegen  der  Vorbedingung  ffir  die  Übernahme  von  Turnunter- 
richt an  Hädohenschulen. 

Berlin,  den  8.  August  1893. 

Bereits  in  dem  Erlasse  vom  21.  August  1875  —  U.  III.  9171  — 
sind  die  betreffenden  Schulaufsichtsbehörden  veranlafst  worden, 
sowohl  die  Einführung  des  Turnunterrichts  bei  den  ihnen  unterstellten 
MSdchenschulen  möglichst  zu  fördern,  als  auch  dahin  zu  wirken,  dafs 
derselbe  Ton  Lehrerinnen  erteilt  werde,  die  ihre  Befähigung  dazu 
yorschriftsmälsig  nachgewiesen  haben. 

Je  erfreulicher  die  Fortschritte  sind,  die  im  Laufe  der  Jahre 
bezüglich  der  Verbreitung  des  Mädchentumens  und  der  Aufnahme 
turnerischer  Übungen  auch  in  den  lehrplanmäfsigen  Unterricht  der 
weibüchen  Jugend  gemacht  worden  sind,  um  so  dringender  ist  es 
geboten^  dafür  zu  sorgen,  dals  zur  Erteilung  des  Turnunterrichts  nur 
solche  Lehrerinnen  zugelassen  werden,  die  für  dessen  methodisch 
rifihtige  Behandlung   gehörig  vorgebildet  und  im  Besitze  eines  ord- 


108 

mugsm&fingen  Befthigongszengnisses  sind.  Konnte  schon  im  Jahre 
1883  (vergl.  Centralblatt  ffir  1884,  S.  434  ff.)  gdegenüich  auf  die 
grofse  Zahl  der  zur  Yerfagong  stehenden  geprfiften  Tnnüehrermnea 
hingewiesen  werden,  so  haben  sich,  nachdem  inzwisdim  aoeh 
in  Breslau,  Bonn,  Königsberg  i.  Pr.  und  Magdeburg  Kommission«!  znr 
Abhaltung  von  Tumlehrerinnenprttfungen  eingerichtet  worden  smd, 
die  Verhältnisse  aUmfthlich  in  der  Weise  weiter  entwickelt,  da&  andi 
bei  dem  yermehrten  Bedarf  von  einem  Mangel  an  staatlidi  geprOften 
Tumlehrerinnen  füglich  nicht  mehr  die  Rede  sein  kann.  Es  genflgt, 
in  dieser  Beziehung  darauf  hinzuweisen,  dafs  in  den  letzten  3  Jahren 
—  teils  durch  den  Besuch  des  j&hrlich  bei  der  hiesigen  Königlicbea 
Turnlehrerbildungsanstalt  stattfindenden  Kursus  znr  Ausbildung  Ton 
Turnlehrerinnen,  teils  durch  Ablegung  der  Prtkfnng  vor  einer  der 
ö  Kommissionen  —  durchschnittlich  je  255  Lehrerinnen  das 
Zeugnis  der  Befähigung  für  Erteilung  von  Turnunterricht  an 
Mädchenschulen  erworben  haben. 

Wenn  trotzdem,  wie  zu  meiner  Kenntnis  gekommen  ist,  auch 
noch  in  neuester  Zeit  hier  und  da  immer  wieder  Lehrerinnen  BÜt 
der  Erteilung  von  Turnunterricht  betraut  werden,  denen  der  ordnungs- 
mäfsige  Nachweis  der  Befähigung  dazu  fehlt,  so  erachte  ich  es  ftr 
angezeigt,  unter  Bezugnahme  auf  den  im  Eingange  bezeichneten 
ErlaTs  die  Aufimerksamkeit  der  Schulaufsichtsbehörden  Ton  neuem 
auf  diesen  Punkt  hinzulenken  und  ausdrücklich  festzustellen,  dafs 
auch  für  die  Übernahme  von  Turnunterricht  an  Mädchenschulen  der 
Besitz  eines  die  Befähigung  dazu  staatlicherseits  zuerkennendoi 
Zeugnisses  grundsätzlich  als  Vorbedingung  anzusehen  ist,  Ton  der  nnr 
unter  ganz  besonderen  Verhältnissen  nach  dem  pflichtmäfsigen  Er- 
messen der  zuständigen  SchulaufsichtsbehOrde  ausnahmsweise  ab- 
gesehen werden  darf. 

Hiemach  wolle  die  Königliche  Regierung  das  Erforderliche 
yeranlassen. 

Der  Minister  der  geistlichen  etc.  Angelegenheiten. 
In  Vertretung:  von  Weyrauch. 

An  sämtliche  Königliche  Regierungen  und  Provinzialschul- 
koUegien. 

Verfügung  der  k.  k.  niederSsterreichischen  Statthalterei  an 

den  Wiener  Magistrat  fiber  das  sanitStspoliceilicIie  Vorgehen 

beim  Auftreten  der  Diphtheritis  in  Schulen. 

Wien,  den  4.  Dezember  1893. 
Im  Nachhange  zum  h.  o.  Erlasse  vom  28.  November  1.  J.,  Z.  84 174, 
mit  welchem  aus  Anlafs  des  häufigen  Auftretens  der  Diphtheritis  in 
dem  Schulgebäude  in  der  Schellinggasse  eine  längere  Unterbrechung 


109 

des  SchnliinterricliteB  angeordnet  worden  ist,  werden  dem  Wiener 
Hagistrate  im  nachfolgenden  die  Gesichtspnnkte  bekannt  gegeben, 
welche  nach  den  vom  hohen  k.  k.  Ministerium  des  Innern  mit  dem 
Erlafse  vom  2.  Dezember  1.  J.,  Z.  29  444,  der  k.  k.  Statthalterei 
mitgeteilten  weiteren  Anträgen  des  obersten  Sanitatsrates  in  Bezug 
anf  die  Tilgung  dieser,  sowie  anderer  Schulepidemien  im  Auge  zu 
halten  sind. 

Da  Erkrankungen  an  Diphtheritis  bei  Bediensteten  im  Komplexe 
des  Schulgebäudes  selbst  (beim  Schuldiener  der  Gewerbeschule)  vor- 
gekommen sind,  so  ist  eine  ärztliche  Erhebung  des  Gesundheitszu- 
standes hinsichtlich  der  in  dem  Gebäude  untergebrachten  Bediensteten 
erforderlich,  und  wäre  an  dem  Grundsatze  festzuhalten,  dafs  nach 
dem  letzten  Diphtheritisfalle  in  einer  für  sich  abgeschlossenen  Schul- 
lokalität unter  Voraussetzung  der  Durchführung  der  Desinfektions- 
mafenahmen  noch  durch  14  Tage  die  Wiederbenutzung  der  Räume 
sistiert  bleiben  soll. 

Rinder  sollen  auch  bei  Abwesenheit  von  Nachkrankheiten  noch 
14  Tage  nach  Ablauf  des  lokalen  Erankheitsprozesses  der  Diphtherie 
Ton  der  Schule  femgehalten  werden,  da  in  diesem  Zeiträume  noch 
eine  weitere  Ansteckung  durch  dieselben  möglich  ist.  Hierauf  sind 
sowohl  die  Schulleitungen  als  auch  die  ärztlichen  Kreise  aufmerksam 
ZQ  machen. 

Bei  der  Desinfektion  der  Schulgebäude  sind  der  Fnfsboden 
ond  die  Enrichtungsstttcke  der  Schulzimmer,  Gänge,  Aborte  mit 
einer  fOn^rozentigen  Karbollösung  oder  zweiprozentigen  Lysollösung 
za  desinfizieren,  und  hierbei  ist  besonders  darauf  zu  sehen,  dafe  die 
Desinfektionsflflssigkeit  in  die  Fugen  der  Bretter  des  Fufsbodens 
reichlich  eindringe ;  Wände,  Mauerwerk,  Yentilationsschläuche  werden 
am  besten  durch  Kalktflnchung  desinfiziert.  Die  noch  getlbte 
Schwefelräncherung  hat  zu  unterbleiben. 

Die  Desinfektion  in  den  Schulzimmem  soll  der  Beinigung  derselben 
stets  vorangehen,  und  sind  bei  dieser  Reinigung  auch  die  Yentilations- 
öffiiungen  und  Schläuche  im  Mauerwerke  nicht  zu  vergessen. 

Bei  der  Wiedereröffnung  der  Schule  dürfen  Zöglinge,  welche 
die  Diphtheritis  überstanden  haben,  sowie  Zöglinge,  welche  mit 
Kranken  zusammen  in  demselben  Haushalte  wohnen,  nur  auf  Grund 
eines  ärztlichen  Zeugnisses  über  den  vollständig  unverdächtigen 
Gesundheitszustand  derselben  zum  Schulbesuche  zugelassen  werden. 

Es  empfiehlt  sich,  dais  beim  ersten  Zusammentreffen  der  Zog- 
ünge  in  den  Schulen  die  Intervention  von  Ärzten  zur  Wahrnehmung 
des  Gesundheitszustandes  der  eintreffenden  Zöglinge,  eventuell  zur 
Vornahme  ihrer  Untersuchung  im  Yerdachtsfalle  in  Anspruch  ge- 
Donunen  werde. 


HO 

Die  Schulleiter  sind  aufmerksam  zu  machen,  dafs  sie  auf  Er- 
krankungen der  Schüler  an  allgemeinen  Fieberzuständen,  sowie  an 
Halsleiden  besonders  achten  und  die  Schfller  zur  Mitteilung  derartiger 
Erankheitszustände  Teranlassen;  femer  dafs  sie  die  aus  der  Schule 
ausbleibenden  Schüler  in  genauer  Evidenz  halten  und  in  jedem  Falle 
die  Ursache  des  Ausbleibens  zu  ermitteln  trachten,  in  welcher  Be- 
ziehung seitens  der  Schulbehörden  die  Vermittlung  der  betreffenden 
Sanitätsbehörden  in  Anspruch  zu  nehmen  ist. 

Im  Falle  des  Verdachtes,  dafs  an  Diphtheritis  erkrankte  Schüler 
mit  dieser  Krankheit  schon  während  des  Besuches  der  Schule  be- 
haftet waren,  und  wenn  eine  solche  Krankheit  mit  vehementer 
Intensität  und  rasch  tödlich  verläuft,  oder  wenn  innerhalb  einer 
Woche  mehrere  Krankheitsfälle  unter  den  miteinander  verkehrenden 
Zöglingen  vorkommen,  ist  mit  der  Schliefjsung  der  betreffenden 
Schulklasse  oder  Schulgemeinschaft  vorzugehen. 

Die  durch  diese  Schliefsung  der  Schulklassen  bezweckte  Fem- 
haltung der  betreffenden  Schulbesucher  mufs  eine  vollständige  sein, 
und  ist  es  nicht  angängig,  dafs  einzelne  derselben  an  dem  für 
mehrere  Klassen  gegebenen  Unterrichte  in  der  Beligion,  dem  Tnm^, 
den  Handarbeiten,  dem  Gesänge  und  anderen  freien  Gegenständen 
während  der  Zeit  der  Schulsperre  teilnehmen. 

Schliefslich  wird  mit  Bezug  auf  die  Verbreitungsart  der  Diph- 
theritis besonders  hervorgehoben,  dafs  es  überhaupt,  unbedingt  aber 
während  des  Vorkommens  dieser  Krankheit  in  der  Bevölkerung  not* 
wendig  ist,  dafs  die  Reinigung  der  Schullokalitäten,  sowie  die  Rei- 
nigung der  Aborträume  täglich  erfolge,  dafs  bei  Reinigung  der  Schol- 
zimmer  das  Aufwirbeln  von  Staub  vermieden  und  daher  unter  An- 
wendung feucht  gehaltener  Reinigungsmittel  vorgenommen  werde,  und 
zwar  zu  einer  Zeit,  dafs  die  Schulbesuchenden  nicht  in  Räumen 
verweilen  müssen,  in  welchen  die  Luft  durch  den  Reinigungsvorgang 
mit  aufgewirbelten  Staubpartikelchen  versetzt  ist.  Auch  soll  für  die 
Aufbewahrung  der  Utensilien  oder  Handarbeiten  in  der  Schule  ftr 
jeden  Zögling  eine  gesonderte  Lade  zur  Verfügung  stehen. 

Sämtliche  schulhygienische  Mafsnahmen  in  Bezug  auf  Lüftung, 
Heizung,  Temperatur,  bei  Luftheizung  in  Bezug  auf  die  Vermeidung 
zu  trockener  Luft  u.  s.  w.  sind  zur  Zeit  des  Bestehens  der  Epideoue- 
gefahr  auf  das  gewissenhafteste  zu  handhaben. 

Zur  exakten  Durchführung  der  sanitätspolizeilichen  Mafknahmen 
zur  Verhütung  der  Diphtheritis  und  anderer  Infektionskrankheiten  durch 
die  Schule  ist  das  unmittelbare  wechselseitige  Zusammenwirken  der 
Schul-  und  Sanitätsbehörden  unter  Handhabe  der  raschesten  Anzeige 
und  Verständigung  von  allen  im  gedachten  Zwecke  belangreichen 
Vorkommnissen  unbedingt  notwendig. 


111 


Es  wird  daher  Sache  des  Wiener  Magistrates  sein,  im  Sinne 
dieser  Andentangen  mit  den  entsprechenden  weiteren  Verf&gmigen 
Yorzngehen,  nnd  wird  derselhe  aufgefordert,  während  des  Vorkommens 
hänfigerer  Diphtheritiserkranknngen  in  Wien  Ober  den  Gang  derselben 
und  die  in  sanitärer  Beziehung  getroffenen  und  zur  Dnrchftkhmng 
gdangten  Maisnahmen  am  Schlüsse  einer  jeden  Woche  za  berichten, 
zu  welchem  Behnfe  der  jeden  Sonntag  ÄUige  Wochenansweis  ttber 
Mektionskranke  durch  die  betreffenden  Daten  Aber  Mortalität,  sowie 
durch  einen  kurzen  sachlichen  Bericht  zu  ergänzen  sein  wird. 

Bei  diesem  Anlasse  wird  endlich  noch  darauf  aufmerksam 
gemacht,  dafs  bei  Handhabung  des  Sanitätsdienstes  in  Wien  durch 
die  einzelnen  städtischen  Bezirksämter  die  unbedingt  notwendige 
fachmännische  Leitung  und  Überwachung  durch  das  Stadtphysikat 
imerläislich  erscheint. 

Reglement  ffir  den  toh  der  Nenenborgischen  Gemeinde 
Chaux  de  Fonds  angestellten  Sehnlarzt. 

1.  Dem  Schularzt  liegt  ob  die  Untersuchung  und  Beaufsichtigung 
der  Schulhäuser  und  Schullokale.  Er  hat  dem  Lehrerstande 
die  nötigen  Belehrungen  zu  erteilen  und  die  Behandlung  der 
Schtiler  nach  Mafsgabe  besonderer  Umstände  durchzufahren. 

2.  Im  speciellen  hat  er  folgende  Verrichtungen: 

a.  Prüfung  und  Begutachtung  der  Pläne  fttr  neue  Schulhäuser ; 

b.  Überwachung  gehöriger  Handhabung  der  Vorschriften,  be- 
treffend Beleuchtung,  Heizung  und  Ventilation  der  Schul- 
zimmer; Ratschläge  hinsichtlich  Verbesserungen  des  Mobiliars ; 

c.  gemeinsame  Instruktionen  des  Lehrerpersonals  über  Er- 
kennung und  Unterscheidung  der  ersten  Zeichen  der 
hauptsächlichsten  Infektionskrankheiten  und  ttber  erste  Hilfe 
bei  Unglflcksfällen ;  Belehrungen  bezüglich  Gesundheitspflege 
und  Schulkrankheiten; 

d.  Untersuchung  der  zu  ihm  geschickten  Schüler,  eventuell 
Bescheinigung  über  Krankheiten  und  Genesungsanzeige; 
Untersuchung  schwachsinniger  und  für  den  Unterricht  un- 
tauglicher, Behandlung  mittelloser  kranker  Schüler. 

3.  Der  Schularzt  soll  der  Untersuchung  der  Gemeindeschulklassen 
durchschnittlich  eine  Stunde  wöchentlich  widmen.  Die  Schulen 
der  Ausgemeinden  besucht  er  jährlich  einmal. 

4.  Jede  Woche  hat  er  eine  Konsultationsstunde  für  Beratungen 
hinsichtlich  des  Schularztdienstes  abzuhalten.  Dazu  werden 
ihm  zwei  Zimmer  im  Schulhause  zur  Verfügung  gestellt. 

5.  Jedes  Trimester  hält  der  Schularzt  dem  Lehrerpersonal  einen 
Vortrag  über  schulgesundheitliche  Gegenstände. 


112 


6.  Jede  anfserordentiiche  Untersachimg  oder  Inspektion  liegt  ihm 
ob,  welche  die  Scholbehörde  als  dringend  erachten  wird. 

7.  Der  Schularzt    ist  verpflichtet,    der   Schalkommission  j&hrlich 
einen  Bericht  abzastatten. 


Petfonalten. 


Die  medizinische  Fakultät  der  Universität  Innsbrack  ernaimte 
den  früheren  k.  k.  österreichischen  Unterrichtsminister  VON  Gautsch 
zum  Ehrendoktor  der  Medizin. 

Geheimrat  Professor  von  Pettekkofer  wurde  in  der  Jahres- 
versammlang  des  British  Institute  of  Public  Health  zu  Edinburg  zum 
Ehrenmitgliede  gewählt. 

Dem  Direktor  Dr.  G.  WrNDHAüS  an  der  Realschule  und  dem 
Progymnasium  zu  Friedberg  i.  W.  ist  das  Ritterkreuz  I.  Klasse  des 
Verdienstordens  Philipps  des  Groüsmütigen  verliehen  worden. 

Es  erhielten:  den  Eronenorden    III.  Klasse   der  Direktor  der 
^  Oberrealschale  zu  Strafsburg  i.  E.  Dr.  BENauBREL  und  der  Direktor 
des  Lyceums  in  Metz  Herrmann,  den  roten  Adlerorden  lY.  Klasse 
der  Direktor  des  Progymnasiums  zu  Linz  a.  Rh.  Dr.  HÜNNBK^. 

Der  italienische  Kliniker,  Professor  Dr.  Guido  Baccelli,  erster 
Vorsitzender  des  internationalen  medizinischen  Kongresses  in  Rom, 
ist  als  Unterrichtsminister  in  das  neue  Kabinett  GRI8PI  berufen  worden. 
Derselbe  bekleidete  dieses  Amt  bereits  von  1880 — 84  zur  Zeit  des 
Ministeriums  Cairoli  und  Deprbtis. 

Unserem  geschätzten  Mitarbeiter,  Herrn  Geheimrat  Professor 
Dr.  Birch-Hirsohpeld  in  Leipzig,  wurde  der  Vorsitz  der  dortigen 
medizinischen  Gesellschaft  ftlr  das  Jahr  1894  übertragen. 

Zum  Präsidenten  der  I.  Sektion  der  russischen  Gesellschaft  zor 
V^ahrung  der  Volksgesundheit  ist  der  Chef  der  militär-medizinischen 
Akademie  Dr.  W.  W.  Paschütin,  zum  Vicepräsidenten  der  Professor 
der  genannten  Akademie  Dr.  Pasternazei  und  zum  Sekretär  der 
Ordinator  am  Nicolaimilitärhospital  Dr.  Podanowski  gewählt  worden; 
in  der  H.  Sektion  wurde  der  Privatdocent  der  militär-medizinischen 
Akademie  Dr.  A.  A.  LiPSKi  Präsident  und  Dr.  J.  A.  Dmittbijew 
Vicepräsident ;  die  HI.  Sektion  ernannte  an  Stelle  Dr.  Schmelbws 
den  Professor  der  Hygiene  Dr.  Schidlowski  zum  Vorsitzenden ;  das 
Präsidium  der  V.  Sektion  hat  der  Professor  der  militär-medizinischen 
Akademie  Dr.  E.  W.  Pawlow,  das  Vicepräsidiura  der  Privatdocent 
Dr.  W.  F.  SiGRiST  tibertragen  erhalten. 


113 


Der  ordentliche  Professor  in  der  medizinischen  Fakoltät  der 
Uniyersitftt  Breslau  Dr.  Eüstnbr  ¥rarde  zum  Medizinalrat  nnd 
Mitglied  des  Medidnalkollegiams  der  Provinz  Schlesien  ernannt. 

An  Stelle  des  in  den  Rnhestand  getretenen  Professors  Dr. 
Victor  Ssvbbotin  ist  der  bisherige  Pnyatdocent  ftlr  Hygiene  in 
Kasan  Dr.  W.  Oblow  als  aoOserordentlicher  Professor  der  Gesund- 
heitspflege nach  Kiew  berufen  worden. 

unser  verehrter  Mitarbeiter,  Herr  Sanitfttsrat  Dr.  Altschül, 
wurde  zum  Referenten  fOr  den  HauptausschuTs  der  hygienischen 
Sektion  des  deutschen  Vereins  fflr  städtische  Angelegenheiten  in 
Prag  gewählt. 

Dr.  Marangbr  ist  an  Stelle  des  verstorbenen  Dr.  Firmin 
zum  Arzt  des  Lyceums  Charlemagne  in  Paris  ernannt  worden. 

Am  4.  Dezember  v.  J.  feierte  der  Nestor  der  Leipziger  Uni- 
versität, der  Philosoph  und  Pädagoge  LuDWia  Strümpell,  üas  Fest 
seines  fünfzigjährigen  akademischen  Docententums.  Wir  bringen 
dem  hochverdienten  Jubilar,  der  unseren  Lesern  durch  seine  in  dieser 
Nummer  besprochene  „Pädagogische  Faihologie^  bekannt  ist,  noch 
nachträglich  unsere  aufrichtigen  Gltlckwünsche  dar. 

Im  November  v.  J.  beging  der  Oberarzt  des  Moskauer  Ka- 
dettencorps Dr  E.  T.  Jakübow  sein  fdnfundzwanzigjähriges  Dienst- 
jobiläum. 

Dr.  Adolf  Karl  Vogt,  ordentlicher  Professor  der  Hygiene 
an  der  Universität  Bern,  legt  in  diesem  Semester  sein  Lehramt 
nieder. 

Zu  Altenburg  i.  S.  ist  der  vortragende  Rat  im  Kultusmini- 
sterium Oberschulrat  Runewitz,  70  Jahre  alt,  gestorben. 

Am  21.  Dezember  v.  J.  verschied  in  Berlin  der  Geheime 
Sanitätsrat  Dr.  S.GüTTMANN,  in  weiteren  Kreisen  bekannt  als  Redakteur 
Aer  jfDeutschenmedizinischenWochenschrifi'^ y  die  seit  ihrer  Begründung 
die  Gesundheitspflege  besonders  berQcksichtigt  hat. 

Aus  Barmen  wird  der  Tod  des  Direktors  am  dortigen  Real- 
gymnasium Dr.  Emil  Pfundheller  gemeldet,  aus  Niederlöfsnitz 
bei  Dresden  derjenige  des  vormaligen  Rektors  des  Realgymnasiums 
zn  Dresden-Neustadt,  Professor  Dr.  Fr.  Ludw.  Ed.  Niembybr. 

Am  7.  Dezember  v.  J.  verstarb  der  ehemalige  Vorstand  der 
Königlichen  öffentlichen  Tumanstalt  in  München  Anton  Scheibmaibr 
ün  75.  Lebensjahre,  gegen  Ende  1893  der  Lehrer  und  Turnlehrer 
am  Realgymnasium  in  Harburg  a.  E.  Peter  Hagelberg. 


SchulgMundheitapflegeYII.  8 


114 


£itttratiir. 


Besprechungen. 

Seventh  Annnal  Report  of  the  State  Board  of  Health  of  the 

State  of  Maine.     For    the  jear  ending  December   31,   1891. 

Augosta,  1892.  Burleigh  &  Flynt.     (XII  u.  399  S.  Gr.  8^) 

Der  Bericht    des  Sekretärs    des   Gesundheitsamtes   Ton  Maine 

bespricht  zunächst   die  Thätigkeit    dieser  Behörde  im  Berichtsjahre, 

dann  den  Zuwachs  zur  Bibliothek,  die  Kosten  und  die  Angaben  der 

Lokalämter    Aber   die    GesundheitsTerhältnisse    der    einzehien  Orte. 

Man  sieht  aus  letzteren,  wie  ausgedehnt  und  wirksam  die  Organisation 

der    Gesundheitspflege    im    Staate    Maine    ist.     Die    meisten   dieser 

Berichte  enthalten  nur  kurze  Anzeigen ;   einzelne  aber  geben  inte^ 

essante  Mitteilungen  über  Bekämpfung  der  Diphtherie  und  ähnlicher 

ansteckender  Krankheiten. 

Die  eigentlich  lehrreichen  Partien  finden  sich  in  den  folgenden 
Abschnitten  über  Schulgesundheitspflege  und  Schulhäuser,  die  von 
dem  Sekretär  des  Gesundheitsamtes  A.  G.  Toung  in  mustergültiger 
Weise  bearbeitet  sind.  Zunächst  weist  er  auf  die  Ergebnisse  früherer 
Erhebungen  hin,  die  wenig  befriedigend  waren :  die  Schulgeh&nde 
zeigten  meist  ein  ganz  schönes  Äufsere;  aber  an  Licht  und  Lnft 
liefsen  sie  viel  zu  wünschen  übrig.  Kopfweh  bildete  ein  regel- 
mäfsiges  Schulübel.  Darauf  verwendet  er  die  Ergebnisse  der  Unter- 
suchungen Ton  Hertel  und  Ket,  um  die  Notwendigkeit  energischer 
hygienischer  Mafsregeln  daraus  abzuleiten.  Diese  Ergebnisse  werden 
im  wesentlichen  durch  einige  Untersuchungen  bestätigt,  die  in 
kleinerem  Umfange  in  Amerika  gemacht  worden  sind.  Alsdann  geht 
er  zur  Betrachtung  der  einzelnen  Schulkrankheiten  über. 

1.  Kurzsichtigkeit.  Diese  Frage  wird  mit  besonderer  Aus- 
führlichkeit behandelt,  und  es  ist  dem  Verfasser  kaum  eine  wich- 
tigere Publikation  darüber  entgangen.  Er  erörtert  kurz  und  präcis 
die  statistischen  Ergebnisse,  die  Nachteile  und  Gefahren,  die  Ur- 
sachen, das  Verhältnis  der  einzelnen  Alterstufen  und  der  Nationalitäten, 
die  Vererbung,  die  Schul-  und  Hansarbeit,  die  Mittel  der  Verhtttong 
und  die  Folgen.  Auch  einige  andere  Augenstörungen  finden  Berück- 
sichtigung. 

2.  Verkrümmungen  der  Wirbelsäule.  3.  Veitstanz. 
4.  Nervenkrankheiten.  5.  Kopfweh.  6.  Gehörstörungen. 
7.  Nasen-  und  Rachenkrankheiten. 


115 

Darauf  erörtert  er  die  aDsteckenden  Krankheiten  (Diphtherie, 
Scharlach,  Masern,  Keuchhusten,  Eöteln,  Mumps,  Tuherkulose,  kon- 
tagiöse  Augenleiden),  hespricht  die  Inkuhations-  und  Invasionszeit, 
die  Desinfektion,  Isolierung,  Schlieüsung  der  Schulen  und  die  Gefahren 
zu  früher  Bttckkehr  in  dieselben. 

£s  kann  sich  hier  nicht  um  neue  Resultate  handeln,  obgleich 
auch  gelegentlich  solche  angeführt  werden,  sondern  der  Verfasser 
erblickt  mit  Recht  seine  Aufgabe  darin,  die  Ergebnisse  der  Wissen- 
schaft auf  den  einzelnen  Gebieten  zusammenzufassen  und  den  Be- 
hörden und  dem  Publikum  in  leicht  verständlicher  Weise  mitzuteilen. 
Schwerlich  werden  seine  Vorschläge  alle  Zustimmung  finden.  Vor 
allem  ist  die  tief  einschneidende  Frage  des  Schulschlusses  etwas 
leichthin  behandelt,  indem  sie  eigentlich  bei  allen  ansteckenden 
Krankheiten  nach  den  Anschauungen  des  Verfassers  gefordert  und 
in  Anwendung  gebracht  werden  könnte.  Nun  ist  diese  Angelegenheit 
aber  längst  noch  nicht  spruchreif,  weil  einzelne  hervorstechende 
Erscheinungen  generalisiert  und  die  Tausende  entgegenstehender 
Fälle  so  gut  wie  nicht  beachtet  werden.  Bei  der  ersten  grofsen 
Influenzaepidemie  wurden  z.  B.  hier  in  Giefsen  die  Schulen  geschlossen, 
obgleich  man  über  die  Frage  der  Verbreitung  durch  die  Schule 
noch  gar  keine  Erfahrungen  hatte.  Ich  schlofs  damals  im  Ein- 
ferständnis  mit  Ärzten  das  Gymnasium  nicht.  Das  Ergebnis,  das 
mit  der  gröfsten  Sorgfalt  täglich  und  stündlich  festgestellt  und  dem 
Kreisgesundheitsbeamten  mitgeteilt  wurde,  war  so  überraschend  günstig, 
dafg  man  einen  Schulschlufs  als  verkehrt  hätte  betrachten  müssen, 
denn  während  die  AUgemeinerkrankungen  in  der  Stadt  in  ständigem 
Zunehmen  begriffen  waren,  gingen  die  Krankenziffem  der  Schule 
täglich  in  geradezu  auffälliger  Weise  zurück.  Und  so  überraschend 
ist  dieses  Ergebnis  nicht.  Denn  wieviele  Häuser  zeigen  so  gute 
hygienische  Verhältnisse,  wie  sorgfältig  überwachte  und  gut  ein- 
gerichtete Schulen?  Und  wo  treiben  sich  die  Schüler  gröfstenteils 
hemm,  wenn  die  Schulen  geschlossen  sind?  Auch  die  demoralisierende 
Wirlnmg  jeder  Epidemie  sollte  man  nicht  ohne  sehr  schwerwiegende 
Gründe  durch  so  einschneidende  Mafsregeln,  wie  ein  Schulschlufs 
immerhin  ist,  noch  erhöhen. 

In  ähnlich  vortrefflicher  Weise  werden  im  folgenden  die  Fragen 
der  ReinHchkeit,  der  Ernährung,  der  Kleidung,  des  Schlafes,  der 
Schnlbäder  behandelt;  man  kann  mit  Recht  sagen,  dafs  der  Ver- 
fasser geradezu  ein  Handbuch  der  Schulgesundheitspflege  in  seinem 
Berichte  gegeben  hat.  Die  Verbreitung  der  Schulbäder  ist  übrigens 
in  Deutschland  bereits  erheblich  gröfser,  als  dies  nach  der  Dar- 
stellung des  Verfassers  der  Fall  zu  sein  scheint. 

Die   nächsten    64   Seiten    sind    der   Hygiene    des    Unterrichts 


116 

gewidmet  Nach  einer  kurzen  Aosfahnmg  ttber  die  physiologischeD 
Ergebnisse  der  üntersnchimgen  betreffs  der  Gtehimarbeit  kommen 
nacheinander  zur  Besprechong:  Seholalter,  Ansdehirang  der  geistig«! 
Arbeit,  Haasarbeit,  StondenplsM,  Vormittags-  and  NachmUtags- 
anterricht,  Sitzstanden,  Pansen,  Schalaasflüge,  Ferien,  Gewichts- 
antersachangen,  Ferienkolonien,  DiscipMn,  Strafen,  Indi?idaalit&t, 
öffentliche  Prüfangen,  Schttlerzahl,  Anfmerksamkeit,  Aufeinanderfolge 
and  Vielheit  der  Unterrichtsgegenstände,  Unterrichtsmethoden,  Extempo- 
ralien, Lesen,  Orthographie,  Schreiben,  Rechnen,  Geographie,  Matter- 
sprache, fremde  Sprachen,  Grammatik,  Sinnesaasbildang,  Unter- 
Weisung  in  der  Gesundheitspflege,  Elemente  der  Landwirtschaft, 
Schulgarten.  Hervorgehoben  seien  die  Erörterungen  ttber  Schreiben, 
wobei  sich  der  Verfasser  entschieden  zu  Gonsten  der  —  ohnedies 
in  England  und  den  Kolonien  yerbreiteten  —  Steilschrift  ausspricht, 
und  Aber  Lesen,  worin  mit  Recht  die  Beschränkung  der  Bacharbeit 
zu  Gunsten  des  Unterichtsverfahrens  Ton  Mund  zu  Ohr  gefordert 
wird.  Weniger  befriedigend  sind  die  Auseinandersetzungen  Ober 
die  so  wichtige  Frage  der  Unterrichtsmethodik,  in  denen  bot 
allgemeine  und  zum  Teil  triviale  Dinge  vorgebracht  werden.  Aach 
das  Thema  der  Hausarbeit  ist  nicht  so  grftndlich  erörtert,  wie  dies 
sein  mttfste  und  könnte. 

Auf  weiteren  24  Seiten  wird  die  körperiiche  Ausbildung  be- 
qarochen  (aUgemeine  physiologische  Erörterung,  Vorteile,  verschiedeae 
Arten  der  Körperpflege  u.  s.  w.).  Natürlich  fehlt  dabei  eine  ver- 
ständige Betrachtung  des  Handfertigkeitsunterrichtes  nicht  Der 
Verfasser  tritt  nur  bei  vorsichtiger  Behandlung  für  denselben  ein; 
in  der  That  sind  wir  in  Deutschland  zur  Zeit  in  Gefahr,  des  Guten 
zuviel  zu  thun.  Man  traut  ihm  Wirkungen  zu,  die  er  nie  herbei- 
fUiren  kann,  und  schadet  durch  solche  Übertreibungen  der  Sache, 
die  nicht  zu  verwerfen,  sondern  nur  in  mftfsigen  Grenzen  zu  haiten 
ist.  Auch  Handfertigkeitsunterricht  erhöht  die  Zahl  der  Sitzstanden, 
und  die  Überanstrengung  des  Auges  vrird  durch  manche  Formen 
desselben  herbeigeführt.  Ich  habe  solchen  Handfertig^eitsunterricht 
bereits  vor  40  Jahren  in  Pappearbeiten,  Laubs&gen,  Modellieren  in 
Holz  und  Gips,  leichten  Schreinerarbeiten  in  einer  der  froheren 
badischen  Gewerbeschulen  erhalten  und  vermag  deshalb  seinen  Nutzen, 
aber  auch  die  Übertreibungen,  die  heute  nach  dieser  Richtung  unter- 
laufen, aus  eigener  Erfahrung  zu  beurteilen. 

Sehr  gelungen  sind  auch  die  nun  folgenden  Ausführungen  ttber 
Scholhausbauten.  Die  Frage  der  Reinhaltung  wird  nnr  theoretisch 
erörtert.  Aber  S&tze  aufzustellen,  reicht  hier  nicht  aus.  Es  mufs 
ncht  werden,  einen  Weg  zu  finden,  wie  die  Theorie  ins  Leben 

"^.hren  ist.  In  Deutschland  und  mutatis  mutandis,  auch  in  Amerika 


117 

gind  wir  praktisch  noch  in  wenig  befriedigenden  Zuständen.  Die 
alte  Norm  der  Beinignng  war,  durchgängig  zweimal  in  der  Woche 
die  Zimm^  and  Gänge  trocken  zn  reinigen,  h^hstens  bei  starker 
Staabbfldnng  etwas  anzufeuchten  und  zwei-  bis  dreimal  im  Jahre 
eine  grttndMchere  nasse  Reinigung  Yorzunehmen.  Dafür  genügte 
selbst  in  grölseren  Schalen  ein  Schuldiener.  Heute,  wo  jeden  Tag 
feQcht  aufgenommen,  jede  Woche  einmal  gründlich  gereinigt,  wo 
Wände  und  Fenster  öfter  abgewaschen  werden  sollen,  kann  für 
diese  gesteigerten  Leistungen  die  Kraft  eines  Mannes  nicht  mehr 
aosreichen.  Nun  ist  es  zwar  gang  und  gäbe,  auch  die  Familie  des 
Schnldieners  als  zor  Beinigung  verpflichtet  anzusehen,  aber  dies  ist 
deshalb  doch  ein  nicht  minder  grofses  Unrecht.  Dem  Arbeiter,  der 
Fraa  und  Kinder  hat,  denkt  kein  Mensch  eine  ähnliche  Zumutung 
zu  stellen.  Und  da  wundert  man  sich,  dafs  diese  niederen  Beamten 
Socialdemokraten  werden.  Sollen  sie  mit  ihrer  Lage  etwa  zu- 
frieden sein?  Die  Mittel  für  Beinigung  müfsten  verdreifacht  werden, 
wenn  einigermafsen  genügende  Zustände  herbeigeführt  werden  sollen. 
An  dieser  Seite,  die  doch  den  Kern  der  ganzen  Beinigungsfrage 
bildet,  geht  man  gewöhnlich  schweigend  vorüber.  Man  erläfst  Ver- 
fügungen und  überläfst  die  Ausführung  den  Direktoren,  gibt  ihnen 
aber  keinen  Pfennig  mehr.  Überhaupt  haben  wir  es  in  der  Theorie 
anf  dem  Gebiete  der  Schulhygiene  schon  recht  hübsch  weit  gebracht ; 
aber  diese  eilt  der  Praxis  mit  Siebenmeilenstiefeln  voraus.  Und  es 
wird  nicht  besser  werden,  solange  man  für  die  Schulen  nicht  mehr 
aufwenden  kann  als  jetzt.     Dieser  Satz  gilt  sogar  für  Amerika. 

Ausgezeichnet  ist  die  Besprechung  der  Beleuchtung  und  der 
Sitzverhältnisse:  bei  der  letzteren  sind  eine  Beihe  von  sehr  zweck- 
mäfeig  gewählten  Konstruktionen  abgebildet.  Wenn  der  Verfasser 
sich  sehr  energisch  füi  einsitzige  Subsellien  ausspricht,  so  dürfte 
doch  diese  Frage  noch  nicht  spruchreif  sein,  da  die  Baumverhält- 
nisse dabei  auch  zu  berücksichtigen  sind.  Wie  sollte  ein  Lehrer 
Klassen  mit  50 — 60  Schülern  bei  einsitzigen  Subsellien  noch  zu 
fibersehen  vermögen  ?  Macht  dies  doch  schon  bei  zweisitzigen  grofse 
Schwierigkeiten.  Bei  Erörterung  der  Ventilation  werden  die  Quellen 
der  Luftverderbnis  auf  Grund  der  neuesten  Forschungen  dargdegt 
ond  die  Gefahren  ungenügender  Lufternenerung  sehr  eindringlich 
geschildert.  Man  erhält  durchaus  den  Eindruck,  dafs  dieser  Punkt 
aach  in  den  amerikanischen  Schulen  noch  wenig  befriedigend  geordnet 
ist.  Besonders  interessant  ist  die  Besprechung  der  Heizung,  da 
hier  eine  Beihe  praktischer  neuer  Systeme  auch  im  Bilde  vorgeführt 
wird.  Beigegeben  sind  sehr  wertvolle  Pläne  für  Heizung  ond 
Ventilation  von  Schulhäusem  mit  1 — 8  Unterrichtsräumen.  Sehr 
viel  Belehrung  bietet,  ebenfalls  durch  eine  Beihe   von  Abbildungen, 


118 

die  Besprechung  der  Anlage  von  Aborten,  Klosetts  und  Pissoirs; 
man  sieht  leider  nnr  zu  sehr,  wieweit  wir  in  den  dermaligen  Schul- 
einrichtongen  Ton  befriedigenden  Verhältnissen  hüben  and  drQben 
entfernt  sind.  Aber  das  ist  sicher,  dafs  bei  den  vortrefflidien  Kon- 
struktionen, die  in  dem  Bache  mitgeteilt  werden,  jede  Gefahr  fftr 
die  Gesnndheit  aasgeschlossen  werden  kann. 

Endlich  enthält  die  Schrift  noch  Pläne  fOr  Scholhäoser  mit 
1 — 6  and  mehr  Unterrichtsräamen.  Wir  möchten  ganz  besonders 
den  Plan  Fig.  98  anseren  Baameistem  zam  Stadiam  empfehlen; 
denn  leider  wird  immer  noch  za  oft  die  Hygiene  der  architek- 
tonischen Gestaltung  der  Fassade  untergeordnet.  Hier  kann  man 
sehen,  wie  auch  das  umgekehrte  Verhältnis  nicht  absolut  Geschmack- 
losigkeit im  Gefolge  haben  mufs. 

In  Sunmia :  Das  Buch  ist  eine  äufserst  fleüsige  und  respektable 
Leistung,  und  der  Verfasser  hätte  ihm  statt  eines  Berichtes  ruhig 
den  Titel  geben  können  „Handbtich  der  Schulhygiene*'.  Hoffentlich 
wird  er  nicht  nur  viele  Leser,  sondern,  was  ihm  mehr  wert  sein 
dürfte,  auch  „Thäter  des  Worts^  finden. 

Geheimer  Oberschubrat  Dr.  phil.  Hermann  Schiller, 
Direktor  des  Grofsherzoglichen  Gymnasiums  und  o.  Professor 

der  Pädagogik  in  Giefsen. 

Ludwig  Strümpell,    Professor    an    der  Universität   zu   Leipzig. 
Die    pädagogische    Pathologie    oder   die   Lehre    von    den 
Fehlem  der  Kinder.     Versuch  einer  Grundlegung  f&r  gebildete 
Eltern,  Studierende  der  Pädagogik,  Lehrer,  sowie  für  Schulbehörden 
und     Kinderärzte.      2.    Aufl.      Leipzig,     1892.      E.    Ungleich. 
(384  S.  8^.) 
Im  V.  Jahrgange  dieser  Zeitschrift^  habe  ich  die  erste  Auflage 
obigen  hervorragenden  Werkes  besprochen.     Ich  machte  auf  die  Be- 
deutung dieser  für  Lehrer,  Ärzte  und  Väter  höchst  anregenden  Arbeit 
aufmerksam. 

Nun  liegt  die  zweite  Auflage  nach  so  kurzer  Zeit  vor.  Was 
ich  damals  sagte,  dafs  das  Buch  im  Gegenstande  grundlegend 
bleiben,  dafs  sich  aber  manche  rein  psychologische  Anschauung 
desselben  anthropologisch  erweitem  werde,  findet  jetzt  schon  seine 
Bekräftigung. 

Während  die  erste  Auflage  sich  wesentlich  auf  diejenigen 
psychischen  Fehler  der  heranwachsenden  Jugend  beschränkte,  welche 
teils  aus  psychologischen,  teils  aus  physiologischen  Gründen  als  Ab- 
weichungen   von    der  Gesundheit    des    geistigen  Lebens,    aber   doch 


^  1892,  No.  4,  S.  157—162. 


119 

nicht  BUS  wesentlich  aus  somatischen  Ursachen  entstehende  Störungen 
zn  betrachten  sind,  und  diese  letzteren  der  Psychiatrie  zugewiesen 
wurden,  sind  in  der  zweiten  Auflage,  angeregt  durch  Dr.  Kochs 
Lehre  von  den  psychopathischen  Minderwertigkeiten,  auch  die  zwischen 
geistiger  Gesundheit  und  Geisteskrankheit  liegenden  Abnormitäten 
in  übersichtlicher  Weise  dargestellt. 

Dabei  wahrt  der  gelehrte  Autor  seinen  schon  in  der  ersten 
Hecension  gekennzeichneten  Standpunkt  ganz  entschieden,  wobei 
freilich  auch  der  Anthropologie  nicht  entsprechende  Anschauungen 
ansgesprochei>  werden.  Es  ist  gewifs  auch  Tom  nicht-materialistischen 
Standpunkte  aus  ein  Irrtum,  wenn  er  sagt:  „es  gibt  Fälle,  wo  das 
körperliche  Leben  gleich  von  vornherein  so  überwiegt,  dafs  es  zur 
geistigen  Entwickelung  nur  in  den  dürftigsten  Zügen  kommt  und 
das  betreffende  Individuum  für  immer  ein  schwach-  und  blödsinniges 
Wesen  bleibt."  Dieser  Satz  ist  wohl  eine  zu  scharf  gezogene 
Eonsequenz  der  Grundanschauung  von  der  gesonderten  Selbständigkeit 
der  Seele,  deren  innige  Verbindung  und  stete  Wechselwirkung  mit 
dem  Körper  doch  auch  der  geehrte  Verfasser  zugibt.  Schwachsinn 
kann  durch  von  vornherein  gesetzte  schlechte  Pflege  und  ganz  un- 
zweckmäfsige  Erziehung,  welche  auf  das  centrale  Nervensystem 
einwirkt,  erzeugt  werden;  er  ist  aber  meistens  und  Blödsinn  immer 
das  Resultat  eines  primär  krankhaften  Gehimzustandes  oder  der 
Folgezustand  eines  schweren  Gehirn-  und  Nervenleidens.  Es  über- 
wiegt also  das  körperliche  Leben  nicht,  sondern  es  ist  krank. 

Die  psychopathischen  Minderwertigkeiten  treten  bei  Erwachsenen, 
zum  Teile  auch  bei  der  ziemlich  erwachsenen  Jugend  deutlicher 
hervor,  als  bei  jüngeren  Kindern.  Das  ist  leicht  begreiflich,  denn 
bei  den  Erwachsenen  haben  wir  es  in  der  Regel  schon  mit  klareren 
Erscheinungen  des  Gewordenen,  wenn  auch  nicht  starr  Seienden 
zu  thun.  Bei  der  Jugend  hingegen  handelt  es  sich  noch  um  die 
hin  und  her  schwankende  Vorstellungs-  und  Empfindungsthätigkeit 
im  Werden,  unter  Einflüssen,  von  denen  uns  die  physischen  schärfer 
in  die  Augen  fallen,  als  die  psychischen,  die  sich  im  Kinderleben 
der  Beobachtung  infolge  eines  lebhaften  Innenlebens  grofsenteils 
entziehen,  ganz  abgesehen  von  den  Beobachtungssünden  und  -fehlem 
der  erwachsenen  Umgebung. 

Gerade  der  psychiatrisch  Geschulte  sieht  im  geistigen  Leben  der 
Erwachsenen  oft  Abnormitäten,  sei  es  Schwäche,  seien  es  Kurven 
über  oder  unter  der  Durchschnittslinie  psychischer  Gesundheit,  die 
Ton  der  Umgebung  nicht  als  pathologisch  betrachtet,  vom  Fachmanne 
aber  doch  als  Zustände  erkannt  werden,  welche  sich  dem  Grenz- 
pnnkte  entschiedenen  Krankseins  mehr  oder  minder  nähern,  und 
welche   sich   bis  in    die   Jugendzeit    zurück   verfolgen  lassen.     Wir 


120 

gewahren  dannverschwommene,  abgeblafote  oder  ganz  flüchtig  skizzierte 
Bilder  Ton  pathologischen  Zuständen,  welche  uns  auf  bekannte 
Krankheitsformen  hinweisen.  Ich  erinnere  an  maniakalisehe,  mdaa- 
cholischey  cirkuläre  Stimmongszostände,  die,  nie  za  eigeirtüther 
Psychose  sich  steigernd,  oft  von  der  Kindheit  an  ein  ganzes  Leben 
beherrschen  und  kaum  jemals  als  krankhaft  erkannt  zu  werden 
pflegen.  Je  eindringlicher  wir  das  Seelenleben  der  Menschen  vomanthropo- 
logischen  Standpunkte  betrachten,  nicht  vom  einseitig  psychischen 
oder  einseitig  somatischen,  desto  heller  wird  unser  Auge  für  die 
Yon  der  Norm  abweichenden  Erscheinungen  bei  den  Individuen  über- 
haupt und  allmählich  auch  bei  den  Kindern  werden.  Doch  will 
ich  dieses  anziehende  Kapitel  des  Menschenstndiums  hier  nicht  weiter 
behandeln;  ich  kehre  sonach  zu  meiner  Aufgabe  zurflck. 

Nachdem  der  gelehrte  und  herzenswarme  Verfasser  die  in  der 
ersten  Auflage  gegebenen  Lehren  über  Fehler  der  Kinder  ausem- 
andergesetzt  hat,  geht  er  zur  Klarstellung  des  Begriffes  und  der 
Bedeutung  der  psychopathischen  Minderwertigkeiten  nach  Koch  Ober. 
£r  behandelt  dieselben  in  drei  Kapitehi,  denen  er  weitere  sechs  über 
die  Anwendung  der  Lehre  von  den  angeborenen  psychopathischen 
Minderwertigkeiten  auf  die  heranwachsende  Jugend  folgen  läTst 

Diese  Ijchre  kann,  so  erklärt  Strümpell,  nicht  ohne  weiteres 
Ton  der  Erkenntnis  an  Erwachsenen  auf  die  Kinder  übertragen 
werden,  und  die  pädagogische  Pathologie  mufs  daher  mit  Vorsicht 
und  strenger  Kritik  zu  Werke  gehen.  Es  darf  die  Frage,  ob  ein 
Kind  psychopathisch  minderwertig  sei,  nicht  nach  theoretischen 
Principien  und  Hypothesen  allein,  auch  nicht  ausschliefslich  nach 
der  psychiatrischen  Lehre  oder  nur  nach  den  Grundsätzen  der  päda- 
gogischen Pathologie  entschieden  werden.  Es  sind  yielmehr  rationelle 
Beobachtungen  einer  möglichst  grofsen  Zahl  von  verschiedenaJtrigen 
und  in  verschiedenen  Lebensverhältnissen  aufwachsenden  Kindern  in 
Hinsicht  auf  körperliche  und  geistige  Gesundheit  anzustellen,  und  die 
so  gewonnenen  Erfahrungen  müssen  die  zuerst  genannten  drei  Grund- 
lagen ergänzen.  Verfasser  weist  dabei  auf  die  von  ihm  und  anderen 
angeregte  statistische  Aufnahme  der  Jugend  in  Schulen  und  Erziehungs- 
anstalten bezüglich  ihres  körperlichen  und  psychischen  Gesundheits- 
zustandes hin,  deren  Wichtigkeit  vrohl  von  vielen  Seiten  zugegeben 
ist,  deren  Ausführung  aber  gewils  noch  lange  auf  sich  warten  lassen 
dürfte.  Nach  meiner  Ansicht  wird  es  Aufgabe  der  einstigen  Schul- 
ärzte sein,  im  Verein  mit  den  Lehrern  und  Erziehern  solche  Erhebungen 
in  vorsichtigem  Einzelstudium  zu  pflegen,  wobei  die  Gefahr  schablonen- 
hafter Aufnahme  ausgeschlossen  bleiben  mufs. 

Indem  Strümpell  die  Vorsichtsmalsregeln  bei  der  oben  gefor- 
derten   Kritik    noch  weiter  erörtert,   betont   er    in  grundsätzlichen 


121 

Gegensatz  zu  der  Psychiatrie,  dafs  die  eigentlichen  psychisehea 
Defekte  wohl  dnrch  krankes  Gehirn  oder  Nervensystem  Temrsacht 
sein  kennen,  daTs  aber  Schädigungen  nnd  mangelhflites  Wirken  der 
in  des  Verfassers  pathologischer  Pädagogik  und  seiner  Psychologie 
dargelegten  frei  wirkender  Kausalitäten  (logische,  sittliche,  ästhetische 
and  die  der  Selbstbestimmung)  niemals  unmittelbar  durch  ein  Gehirn- 
leiden  herrorgebracht  werden  können.  Es  ist  hier  nicht  der  Ort, 
diese  grundsätzlich  abweichende  Meinung  auf  ihre  volle  Richtigkeit 
za  präfen.  Festgehalten  mufs  aber  beim  Studium  des  höchst  inter- 
essanten Werkes  diese  Ansicht  werden,  weil  sich  auf  ihr  die  kritische 
Aaffassung  und  Verwertung  der  psychopathischen  Minderwertigkeiten 
ffir  die  pädagogische  Pathologie  durch  den  Autor  aufbaut. 

Die  Frage,  was  der  Pädagoge  bei  Anwendung  dieser  Lehre 
aaf  die  heranwachsende  Jugend  in  sittlicher  Hinsicht  zu  bedenken 
hat,  beantwortet  der  Verfasser  dahin,  dafs  derselbe  mit  der  gröfsten 
nnd  ernstesten  Vorsicht  an  die  Feststellung  gehen  mufs,  ob  ein 
Kind  blofs  fehlerhaft  ohne  Kranksein,  oder  aus  Krankheit  psychisch 
minderwertig  ist.  Er  soll  sich  der  Bedeutung  dieses  Ausspruches 
bewoist  sein  und  daher  auch  sich  gründliche  Einsicht  verschaffe 
und  auf  krankhaften  Zustand  nicht  ohne  Mitbeteiligung  eines  Arztes 
sdüielsen. 

Es  seien  weiter  die  wesentlichen  Unterschiede  zwischen  dem 
Geistesleben  eines  Erwachsenen  und  den^jenigen  eines  Kindes  wohl 
za  beachten.  Der  erstere  ist  ein  verhältnismäfsig  fertiger  Mensch; 
im  Kinde  sind  die  in  seiner  Seele  beginnenden  und  sich  fortsetzenden 
Bildungen  von  den  veränderlichen  Zuständen  des  sich  ausgestaltenden 
Körpers  stark  beeinflulst.  Der  Erwachsene  hat  eine  mehr  oder 
minder  feststehende  psychische  Persönlichkeit,  im  Kinde  ist  ein  fort- 
wShrend  labiles  Gleichgewicht  der  psychischen  Thätigkeiten  und 
des  BewuCstseinsinhaltes  vorhanden,  bis  es  sich  mit  den  Jahren  zu 
einer  abgeschlossenen  Persönlichkeit  herausbildet.  Es  ist  also  schwieriger, 
die  Diagnose  beim  Kinde,  als  beim  Erwachsenen  zu  stellen.  Man 
kann  nicht  einmal  einen  Normaltypus  für  die  Altersbildung  beim 
Kinde  konstruieren. 

StrOmpbll  geht  hier  in  weiteres  Detail  der  erforderlichen 
Beobachtung  ein  und  spricht  sich  dabin  aus,  dafs  die  Einteilung 
der  angebomen  psychopathischen  Minderwertigkeiten  in  die  drei 
Haaptgruppen :  Disposition,  Belastung  und  Depcavation  auch  auf  das 
jngendliche  Alter  angewendet  werden  kann.  In  der  pädagogischen 
Pathologie  ist  der  Ausdruck  angeborener  psychopathischer  Minder- 
wertigkeit aaf  psychische  Zustände  und  Vorgänge  im  Kinde  anzuwenden, 
die  wegen  ihres  Gegensatzes  zu  den  Zeichen  geistiger  Gesundheit 
keine  Bestandteile  einer  physiologisch  und  psychisch  normalen  Bild- 


122 

samkeit  desselben  sein  können,  sondern  als  psychische  Abnormitfiten 
gedacht  werden  müssen.  Sie  sind  in  organischem  Kranksein  bedingt, 
inhaltlich  nnd  formell  sehr  yerschieden,  geringer  oder  stärker  und 
können   mehr  oder  weniger  von  psychisch  Normalem  begleitet  sem. 

Verfasser  setzt  femer  die  von  den  Familien  nnd  dem  öffentUchen 
Leben  ausgehenden  Einwirkungen  anf  die  geistige  Entwickelong 
der  Kinder  auseinander,  welche  auch  den  Körper  derselben  schädigen 
und  psychopathische  Folgen  haben  können.  Er  findet  die  Über- 
bttrdung  der  Jugend  in  .  der  Schule  überschätzt,  dagegen  diejenige 
durch  die  Familie  und  das  öffentliche  Leben  von  grofsem  schädi- 
genden Einflüsse.  Durch  Roheit  in  der  Familie,  Erziehungsfehler, 
Einpflanzung  falscher  Vorstellungen,  Verwöhnungen  und  Gewöhnungen, 
unpassende  Genüsse  und  Vergnügungen,  zu  frühe  Einwirkung 
des  öffentlichen  und  geselligen  Lebens  auf  die  Kinder  nach  den 
verschiedenen  Richtungen,  durch  solche  Einflüsse  wird  Disposition 
und  Belastung  gesetzt. 

Strümpell  kommt  dann  zu  den  doppelsinnigen  physiologisch- 
psychischen Fehlerhaftigkeiten  der  Jugend,  d.  i.  geistigen  Zuständen 
und  Vorgängen,  die  mit  körperlichen  Organen  und  Ereignissen 
zusammenhängen  und  in  diesem  Zusammenhange  physiologisch  und 
psychologisch  normal  oder  auch  psychopathisch  minderwertig  erscheinen 
können,  je  nachdem  sie  mehr  oder  weniger  ausgereift  sind.  Er 
weist  auf  die  verschiedenen  Illusionen  hin,  die  namentlich  bei  kleinen 
Kindern  vorkommen,  auf  die  maonigfachen  Zustände  von  Angst, 
Blödigkeit,  Furchtsamkeit  u.  s.  w. 

Verfasser  sieht  die  Aufgabe  der  Diagnostik  der  pädagogischen 
Pathologie  in  Gewinnung  von  Kenntnissen,  welche  uns  befähigen,  die 
Unterschiede  zwischen  der  geistigen  Gesundheit  und  den  davon 
abweichenden  Zuständen  im  Kinde,  sonach  das  in  einem  solche 
thatsächlich  vorhandene  Quantum  von  Bildsamkeit  zu  bestimmen. 
Dazu  gehört  auch  ein  grofses  Erfahrungsmaterial  und  dessen 
entsprechende  Bearbeitung. 

Die  Hilfe  für  solche  krankhaften  Kinder  wird,  wenn  dieselben 
vom  Arzte  und  Pädagogen  als  krank  erkannt  sind,  wohl  in  einer 
in  medizinischer  und  pädagogischer  Hinsicht  eigenartigen  Behandlung 
bestehen  müssen. 

Hiermit  schliefst  das  besprochene  Werk,  das  voll  tiefer  Gedanken 
und  reicher  Ausblicke  und  dem  Pädagogen  nicht  blofs,  sondern  auch 
dem  Arzte  von  belehrender  Anregung  ist.  Möge  es  viele  Leser, 
welche  es  eingehend  studieren,  finden,  möge  die  Pädagogik  und  damit 
die  Menschheit  reichen  Nutzen  aus  ihm  schöpfen  I 

K.  k.  Regierungsrat  Dr.  med.  MORITZ  G AUSTER, 
Direktor  der  Landesirrenanstalt  in  Wien. 


123 

Dr.  med  Eydam,  prakt.  Arzt  in  Braunschweig.  Oesnndheitslehre 
fBr  Hans  und  Schnle.  Allgemein  verständlich  ausgearheitet. 
Mit  7  Abhild.  Braunschweig,  1891.  Friedrich  Yieweg  &  Sohn. 
(VI  u.  78  S.  8^  iL  0,90.) 

Vergeblich  habe  ich  mich  nach  Durchsicht  des  vorliegenden 
Bflchleins  gefragt,  wozu  und  für  wen  es  eigentlich  geschrieben  worden 
ist?  Freilich  sagt  der  Verfasser  im  Vorwort,  dafs  er  mit  dieser 
„gemeinverständlichen  Besprechung  einiger  der  wichtigsten  Grund- 
züge der  privaten  Gesundheitslehre"  denjenigen  einen  kleinen 
Dienst  erweisen  wolle,  welche  „in  dieser  Beziehung  nicht  mit 
den  nötigen  Hilfswissenschaften  ausgerüstet  sind  (I)  oder  dieser 
Lehre,  sich  und  anderen  zum  Nutzen,  näher  treten  wollen." 
Also,  mit  anderen  Worten,  medizinisch  und  hygienisch  unwissen- 
den Lesern  sollen  wieder  einmal  fertig  vorgekaute  wissenschaft- 
liche Besultate  beigebracht  werden.  Der  alte  verhängnisvolle  Irrtum 
jener  wohlwollenden  Popularisatoren,  welche  die  Wissenschaft  in 
Laienkreisen  verbreiten  zu  können  glauben,  indem  sie  dieselbe  auf 
die  Verständnisfähigkeit  Unwissender  herabdrücken  1  Das  kann  aber 
immer  blols  vermeintliches  Wissen,  Falschwissen,  jene  sogenannte 
Halbbildung  erzeugen,  die  dem  Laien  nur  das  wohlthätige  Bewufst- 
sein  seiner  Nichtkompetenz  zu  rauben,  aber  niemals  ihm  wirklich 
verdautes,  organisches  Wissen  zu  vermitteln  vermag. 

In  zweiter  Linie  leitete  den  Verfasser  die  Absicht,  durch  sein 
Büchlein  den  gebildeten  Laien  zur  eingehenderen  Beschäftigung  mit 
der  Gesundheitslehre  anzuregen.  Das  wäre  ein  vortrefflicher  Zweck; 
aber  diesen  erreicht  man  nicht  durch  derartige  Kompilationen,  welche 
jedes  neuen,  erfrischenden  Gedankens  bar  sind  und  nur  Allbekanntes 
in  verwässerter  Form  wiederholen.  Wie  soll  das  Interesse  des 
gebildeten  Laien  erregt  werden  durch  Allgemeinheiten  und  Plattheiten, 
wie  die  folgenden :  „Die  Ursachen  der  Krankheiten  sind  verschiedener 
Art;  teils  sind  es  Keime  oder  Gifte,  welche  sich  in  schlechten 
Wohnungen  und  in  der  Luft  befinden  und  auf  unseren  Körper 
schädlich  einwirken,  teils  finden  sich  solche  Krankheitserreger  in 
der  Nahrung  enthalten,  welche  wir  zu  uns  nehmen"  u.  s.  w.  (S.  1). 
Von  der  Eigenart  der  Krankheit  überhaupt  oder  der  Krankheits- 
erreger kein  Wortl  Femer  S.  4:  „Die  für  jede  gröfeere  Stadt  tief 
einsdmeidende  Frage,  auf  welche  Weise  der  Boden  durch  rasche  Be- 
seitigung der  Auswurfs-  und  Abfallstoffe  rein  zu  halten  ist,  wird  in 
verschiedener  Art  zu  lösen  gesucht,  teils  durch  Abfuhr  (sog.  Tonnen- 
system), teils  durch  Kanalisierung  (sog.  Schwemmsystem)."  Das 
ist  alles,  das  ist  buchstäblich  die  ganze  Belehrung,  welche  der  Hy- 
gieniker  dem  gebildeten  Laien  in  dieser  „tief  einschneidenden  Frage" 
ZQ  geben  weifsl  Endlich  S.  7 :  „In  der  wärmeren  Jahreszeit,  wo  Fenster 


124 

und  Thttren  öfters  geöffoet  werden  und  der  Mensch  sich  mehr  im 
Freien  aufhält,  ist  es  mit  der  Luft  in  den  Wohnräomen  besser 
bestellt,  als  in  der  kälteren  Jahreszeit,  wo  die  Thüren  und  Fenster 
mehr  geschlossen  gehalten  werden."  Welchen  Eindmck  kami  der 
gebildete  Laie  Ton  dem  Inhalte  unserer  Wissenschaft  bekommen, 
wenn  ihm  derartige  Selbstverständlichkeiten,  die  einem  Sextaner  schon 
zu  schal  erscheinen  dürften,  als  „wichtigste  Grundzflge  der  privaten 
Gesundheitslehre''  vorgesetzt  werden? 

Aber  nicht  nur  durch  erschreckende  Banalität  verstlndigt  sidi 
der  Verfasser  an  dem  etwa  vorhandenen  Interesse  des  gebildeten 
Laien  für  hygienische  Fragen;  weit  gefährlicher  noch  sind  die  direkten 
Irrtümer,  von  welchen  das  Büchlein  ebenfalls  sehr  zahlreiche  Proben 
aufweist.  Was  soll  z.  B.  der  wissenschaftlich  gebildete  Hygieniker 
dazu  sagen,  wenn  der  Verfasser  (S.  5)  behauptet:  „Fäulniserregende 
Stoffe,  welche  sich  in  den  Zwischenräumen  der  Steine  (in  Zinuner- 
wänden)  ablagern  können,  werden  durch  die  sich  in  denselben  be- 
wegende Luft  hinweggeführt  (?),  und  die  Luft  in  der  Wohnung  wird 
dadurch  verbessert. *"  Als  ob  dieses  „Hin wegführen",  wenn  es  wirk- 
lich bestände,  die  „fäulniserregenden  Stoffe*'  nicht  gerade  so  gut 
ins  Zimmer  hinein  führen  könnte!  Oder  S.  11:  „In  diesem 
Falle"  (wenn  nämlich  direktes  Sonnenlicht  auf  den  Arbeitstisch  ftllt) 
„mufs  eine  Vorrichtung,  welche  diese  Strahlen  zerstreut,  angebracht 
werden.''  Also  etwa  eine  Zerstreuungslinse?  Charakteristisch  ist 
die  Erklärung  der  Bakterienverhältnisse  S.  14  und  15  in  3^/s  21eilen: 
^Bakterien.  Es  sind  dies  kleine  Eörperchen,  welche  leben  und 
die  Eigenschaft  haben,  sich  sehr  rasch  zu  vermehren,  und  wenn  sie 
in  den  menschlichen  Körper  gelangen,  ein  Zerstömngswerk  b^innen, 
das  sehr  oft  das  Leben  bedroht."  Kann  man  sich  eine  oberflächlichere 
Darstellung  und  falschere  Auffassung  denken?  Hat  denn  Verfasser 
niemals  etwas  gehört  von  unschädlichen  Bakterien  und  von  solchen, 
ohne  welche  ein  organisches  Leben  einfach  unmöglich  wäre?  Bei 
Besprechung  der  alkoholhaltigen  Getränke  neigt  Verfasser  zu  der 
bedenklichen  Ansicht  (S.  39,  42,  44),  dafs  das  Bier  ein  halbes  Nah- 
rungsmittel sei,  hält  „1  bis  IV2  1  Bier  für  den  Tag  im  Durch- 
schnitt für  ausreichend  und  gesund",  behauptet  S.  45,  dais  durch 
die  allgemeine  Verbreitung  des  Bieres  die  Zahl  der  Schnapstrinker 
und  Säufer  sehr  abgenommen  habe,  und  schwingt  sich  bei  Erörterung 
des  Branntweins  (S.  47)  gar  zu  dem  folgenden  Satze  auf:  „In  geringen 
Mengen  genossen,  ist  der  Branntwein  dem  Körper  nicht  nachteilig; 
er  regt  das  ganze  Nervensystem,  auch  die  Verdauung  an,  er  belebt 
und  ist  nach  stattgehabten  grofsen  Anstrengungen  ein  gutes  Stärkungs- 
mittel." Jede  einzelne  dieser  Behauptungen  ist  durch  neuere  Unter- 
suchungen als  grundfalsch  nachgewiesen,  und  entschieden  hat  Graf 


125 

Haeseler,  welcher  letzthin  den  Verkauf  von  Branntwein  in  allen 
Kantinen  des  ihm  unterstellten  Armeecorps  ausnahmslos  verbot,  damit 
ein  grd&eres  Verständnis  für  diese  socialhygienisch  so  auiCserordentlich 
wichtige  Frage  bewiesen,  als  der  ärztliche  Verfasser  der  vorliegenden 
Schrift. 

Wenn  ich  diese  so  eingehend  besprach,  dann  geschah  es  ledig- 
lich, nm  anf  die  Gefahren  einer  derartigen  „Popularisierung  der 
Wissenschaft"  aufs  neue  hinzuweisen.  Sicherlich  ist  der  Verfasser 
Ton  besten  V^Tillen  beseelt  gewesen,  und  die  Verlagshandlung  ist  eine 
unserer  angesehensten.  Desto  mehr  ist  es  Pflicht  der  ehrlichen 
Kritik,  gegen  solche  schädigenden  Auswüchse  gut  gemeinter  Bildungs- 
bestrebungen ihre  warnende  Stimme  zu  erheben. 

Professor  Dr.  med.  Wilhblm  Loewenthal  in  Berlin. 


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|eitf(linfl  fit  S(l|Bl(efiitt)i|ieit0yf ^^^^ 


yn.  Jahrgang.  1894  No.  3. 


(tx\%\na['JibifanUnn%tn. 


über  die  Beform  der  Gymnastik. 

Bericht 
der  italieniBehen  Kommiflsion  flkr  physiBche  Ersiehung 

an  den  ünterrichtsminieter. 

Von 

Dr.  med.  Angeld  Cblli, 

0.  ProfeiBor  der  Hygiene  und  Direktor  des  hygieniachen  Institutes 

der  UniYersitat  Born. 

Die  zur  Vorbereitang  eines  Reformplanes  der  Gymnastik 
in  unseren  Schnlen  ernannte  Kommission,  welche  ans  den 
Professoren  Todaro,  Mosbo,  Gaüba,  Celli,  den  Abgeordneten 
Flaüti,  Yallb,  dem  Senator  Peoile,  den  Tnmlehrem  Baumakn, 
Abbondati  nnd  Ballebini  bestand,  wurde  beim  Beginn  ihrer 
Sitzungen  von  dem  Minister  Martini  angefordert,  das  vor- 
liegende Problem  in  seinem  vollen  Umfange  nnd  seiner  ganzen 
Wichtigkeit  zu  studieren.  Sie  beschloüs  zunächst,  den  Titel 
„Commissione  per  Teducazione  fisioa''  anzunehmen,  um 
damit  klarer  den  Zweck  und  die  Methode  ihrer  Aufgabe  und 
ibrer  Arbeiten  zu  bezeichnen. 

Es  gibt  niemanden,  der  die  Dringlichkeit  einer 
gründlichen  Reform  auf  dem  erwähnten  Gebiete  nicht  zu* 
gäbe  und  sie  nicht  mit  den  eifrigsten  Wünschen  beschleunigen 
möchte,  da  es  nunmehr  auDserhalb  der  Erörterung  steht,  dafs 
die  physische   Erziehung   die    Grundlage    der    intellektuellen 

8cbiü(«saadhtltspll«r«  VU.  9 


130 

tLnd  moraliflchen  bildet  und  also  in  keinem  Programm  einer 
walirhaft  ersiehliolieii  Sehule  fehlen  darf.  Indessen  so  sehr 
anch  die  körperliche  Ausbildung  bei  den  kräftigen  nnd  kul- 
tivierten Yölkem  in  EIhren  gehalten  wird,  so  findet  sie  gleich- 
wohl bei  nns  von  den  Kindergärten  bis  zn  den  Knaben-  und 
Mädchenkonyikten,  von  den  Elementarschulen  bis  zu  den  Hittel- 
schulen oft  in  dem  Mafse  Vernachlässigung,  dafs  die  schmerz- 
liche Thatsache,  das  Heer  der  Dienstuntauglichen  bei  den 
militärischen  Aushebungen  immer  mehr  anschwellen  zu  sehen, 
nicht  überraschen  kann. 

Den  physischen^  moralischen  und  finanziellen  Schäden, 
welche  hieraus  entstehen,  hätte  wenigstens  zum  Teil  das 
Gesetz  de  Sanctis  über  die  obligatorische  G-ymnastik 
vorbeugen  sollen,  aber  von  1878  bis  heute  hat  es  aus  y6^ 
schiedenen  Gründen  nur  klägliche  Früchte  gezeitigt,  und  dies 
hauptsächlich  deshalb,  weil  die  Gymnastik  in  Wirklichkeit 
noch  so  wenig  obligatorisch  ist,  wie  der  Volkssohuluntericht 
selber,  dem  leider  jährlich  ungefthr  600000  Knaben  entzogen 
werden.  Aulserdem  haben  die  Lehrprogramme  immer  mehr 
oder  weniger  an  schweren  Mängeln  in  Bezug  auf  die  Körper- 
übungen gelitten.  Indem  wir  nur  auf  die  augenfiüligsten 
dieser  Mäogel  hinweisen,  müssen  wir  beklagen,  dals  hier  der 
Empirismus  an  Stelle  der  Physiologie  und  Hygiene  geherrscht 
hat.  Daher  die  Ohoreographie,  die  Gymnastik  ohne  Natfl^ 
lichkeit,  die  Übungen,  welche  den  Oirkuskünsten  sich  nähern, 
das  lange  Stillstehen  bei  denselben,  die  trotz  des  von  der 
Schularbeit  ermüdeten  Geistes  die  Aufinerksamkeit  und  das 
Gedächtnis  beanspruchenden  Anstrengungen.  Dazu  kommt  noch, 
dafs  auf  die  Verschiedenheit  der  Gesohlechter  nicht  immer 
gehörig  Bücksicht  genommen  wurde.  Keiner  wird  sich  hiemadi 
wundem,  dafs  unsere  Knaben  aus  Überdruis  und  wegen  des 
geringen  Vorteiles,  den  sie  aus  den  Leibesübungen  zogen,  mit 
den  vor  irgendwelchen  Gefahren  besorgten  Familien  wetteiferten, 
sich  dem  allen  soviel  als  möglich  zu  entziehen. 

Es  besteht  also  die  dringlichste  Notwendigkeit,  den  ein- 
geschlagenen Weg  zu  ändern,    und  dies  schnell  zu  thun,  dazu 


131 

spornt  schon  seit  geraumer  Zeit  aulser  den  Studien  und  Urteilen 
der  Gelehrten  und  Praktiker  aucli  das  gute  Beispiel  anderer 
Nationen  an. 

Bekannt  ist,  dals  in  England  die  Schüler  fast  keine 
anderen  körperlichen  Übungen  erlernen,  als  das  Spiel;  einige 
Spiele  erfreuen  sich  daselbst  geradezu  einer  nationalen 
Bedeutung. 

In  Deutschland  hatten  schon  Guts  Mutes  und  Jahn 
in  die  Turnhallen  aulser  der  Gymnastik  die  Jugendspiele  ein- 
geführt. Diese  letzteren  aber  wurden  bis  vor  kurzer  Zeit 
nur  wenig  gepflegt  Erst  durch  den  Minister  von  Gossler 
und  die  Görlitzer  Schule  ist  hierin  eine  Änderung  eingetreten 
und  das  Turnen  mit  den  Spielen  und  der  Gymnastik  im  Freien 
m  bessere  Harmonie  gebracht  worden.  In  Berlin  besteht  jetzt 
ein  besonderer  Verein  für  Jugend-  und  Volksspiele. 

Belgien  hat  nach  1873  aus  seinen  Elementar-  und  Mittel- 
schulen die  akrobatische  Gynmastik  verbannt  und  mehr  als 
60  Spiele  in  sein  Programm  fOr  die  physische  Erziehung  der 
Schüler  aufgenommen. 

In  Frankreich  wurde  von  einer  angesehenen  Kommission 
ansgesprochen,  dafs  die  Zeit  für  die  reine  Gymnastik  mit  ihren 
komplizierten  Veranstaltungen  und  schwierigen  Übungen  ab- 
gelaufen sei  imd  dals  die  letzteren  durch  mehr  natürliche  und 
physiologische  Bewegungen  ersetzt  werden  müisten,  unter  denen 
die  Spiele  die  erste  Stelle  einnähmen.  Besondere  Ursachen, 
▼ie  der  Mangel  an  tüchtigen  Lehrern,  erlaubten  indessen  noch 
niehtf  die  Gedanken  der  Kommission  in  den  neuen  Lehrplänen 
TGlIig  ziun  Ausdruck  zu  bringen. 

Selbst  Schweden  führte,  nachdem  die  Unzulänglichkeit 
seiner  Gymnastik,  welche  einzelne  bei  uns  noch  mit  Unrecht 
rühmen,  erwiesen  war,  trotz  des  strengen  KUmas  die  Spiele 
im  Freien  bei  der  Schuljugend  ein. 

Bei  dieser  ganzen  internationalen  Bewegung  für  Beform 
der  Gymnastik  ist  Italien,  welches  in  seiner  Benaissance- 
peiiode  der  Welt  das  Vorbild  der  Volkserziehung  durch 
Jngendspiele  gab,  leider  zurückgeblieben.   Deshalb  ist  es  nötig, 


132 

anfs  soUeunigste  die  yerlorene  Position  wieder  einzunehmeD, 
welche  einen  Damm  gegen  den  hereinbrechenden  leiblichen, 
sittlichen  nnd  wirtschaftlichen  Bückschritt  bildet. 

Unsere  Kommission  nnn  definierte  znm  Beginne  ab  den 
Zweck,  welchen  die  körperliche  Erziehung  in  der 
Gegenwart  habe,  die  Schwierigkeiten  des  Elampfes  ums 
Dasein  znm  Nutzen  des  einzelnen  nnd  der  Gesellschaft  besiegen 
zn  helfen,  indem  man  Gesundheit,  Kraft,  Geschicklichkeit  nnd 
Widerstandsfähigkeit  bei  der  Arbeit  befördere,  die  sitzende 
Lebensweise  in  der  Stadt  kompensiere  und  von  der  geringsten 
Arbeitsleistung  den  möglichst  grofsen  Erfolg  erzielen  lehre. 
Auf  diese  Weise  würden  nach  und  nach  die  physischen  und 
moralischen  Eigenschaften  befestigt  werden,  welche  den  that- 
kräftigen  Menschen  ausmachen,  d.  h.  den  Mann,  der  ähig  ist, 
sich  und  seinesgleichen  zu  schützen,  den  Mann,  welcher  seinen 
eigenen  Feinden  und  den  Feinden  seines  Vaterlandes  furchtbar 
zu  werden  vermag. 

Einen  so  vielseitigen  Zweck,  der  sich  auf  das  körperliche, 
sittliche  und  wirtschaftliche  Gebiet  erstreckt,  wird  man  nni 
mit  ebenfalls  vielseitigen  Mitteln  verfolgen  können. 

Für  einige  dieser  Mittel,  welche  in  Wahrheit  fundamentale 
sind,  kann  die  Kommission  heute  leider  nur  im  allgemeinen 
ihre  Stimme  abgeben.  Gleichwohl  darf  sie  nicht  verschweigen, 
daJjs,  wie  bereits  in  London  die  Hygieniker  der  ganzen  Welt 
erklärt  haben,  ^  der  Staat,  wenn  er  wünscht,  dals  die  Gtesetze 
über  den  Schulzwang  und  die  obligatorische  Gymnastik  auch 
der  Klasse  der  Enterbten,  die  ihrer  vor  allem  bedarf,  zu  gute 
kommen  sollen,  der  Verpflichtung  sich  nicht  entziehen  darf, 
die  armen  Schüler  mit  Nahrung  und  Kleidung  zu  versehen. 
Solange  er  selbst  dies  nicht  thut,  mögen  wenigstens  die  Pri- 
vaten, die  philanthropischen  Gesellschaften,  die  frommen  Stif- 
tungen ihrer  Pflicht  soviel  als  möglich  nachkommen.  Ebenso 
kann  die  Kommission  nicht  verkennen,  dafs  die  Zeit  des  Volks- 
schulbesuches nicht  so  kurz,  wie  jetzt,  nämlich  nur  bis  9  Jahre, 


'  S.  diese  Zeitschrift,  1892,  No.  3,  S.  120—123.    D.  Bed. 


133 

dauern  sollte,  dals  eine  beschränkte  Anzahl  von  Sohülem  besser 
unterrichteten  nnd  bezahlten  Lehrern  anzuvertrauen  wäre  und 
dafe  wenigstens  die  Sehnlgebäude  und  ihre  Ausstattung  der 
Gesundheit  der  Schüler  keinen  Schaden  bringen  dürften. 

Bezüglich  anderer  Mittel  zur  Förderung  der  körperlichen 
Erziehung  ist  die  Kommission  dagegen  erfreut,  konkrete 
Vorschläge  machen  zu  können. 

Vor  allem  hält  sie  für  erforderlich,  dafs  in  den  Lehrplänen 
des  physischen  Untenichtes  ein  breiter  Baum  den  Jugend- 
spielen eingeräumt  werde,  welche,  wie  uns  die  Geschichte 
unserer  glorreichen  Bepubliken  und  die  modernen  Beispiele 
groüser  Nationen  lehren,  nachdem  sie  einmal  in  der  Schule 
erlernt  worden  sind,  in  das  Volk  eindringen  und  zum  Heile 
der  Gesundheit  bis  zum  vorgerückten  Alter  fortgesetzt  werden. 
In  der  That,  die  Spiele,  wie  überhaupt  die  Übungen  im  Freien, 
fbrdem  das  leibliche  Wohl  ganz  auiserordentlich.  Denn,  wenn 
dabei  der  Wettstreit  zu  Grunde  gelegt  wird,  so  gewähren 
sie  jene  natürliche  und  angenehme  Bewegung,  welche  eines  der 
hauptsächlichsten  Mittel  zur  Ausbildung  der  Kraft,  Geschick- 
lichkeit, Ausdauer  und  des  Mutes  ist.  Übrigens  passen  sie 
fikr  beide  Geschlechter,  für  jedes  Alter  und  für  alle  Verhält- 
nisse. Sie  bringen  auf  die  beste  Art  von  geistiger  Müdigkeit 
Erholung,  erziehen  die  Sinne,  beleben  die  Fröhlichkeit, 
bewahren  vor  Frühreife,  erhalten  die  Gesundheit  und  Munterkeit 
nnd  verhindern  die  Isolierung,  indem  sie  die  Geselligkeit 
fördern.  Auiserdem  bieten  sie  Gelegenheit,  die  eigenen  Kräfte 
zn  erproben  und  ihnen  zu  vertrauen,  gewöhnen  daran,  andere 
nach  gleichen  Pflichten  und  Bechten  zu  behandeln,  und  er- 
fordern schHefslich  die  geringsten  Ausgaben. 

Die  Kommission,  indem  sie  auf  die  noch  hier  und  da  in 
yerochiedenen  Provinzen  befolgten  Überlieferungen  zurückging, 
stellte  ein  kurzes  beschreibendes  Verzeichnis  der  speciell 
italienischen  Spiele  zusammen,  damit  ^  sie  in  die  neuen 
Lehrpläne  für  physische  Erziehung  Aufnahme  fänden.  Dabei 
wnide  jedoch  den  Lehrern  überlassen,  mit  Bewilligung  der 
Ortsschulvorstände  auch  andere  in  den  einzelnen  Gegenden 
tlbliche  Spiele  hinzuzufügen. 


^ 


134 

Als  Spielplätze  würde  man  mit  geringexL  oder  gar  keinen 
Kosten  öffentliche  Gitrten,  Mefis-  und  Marktplätze,  die  Omnd- 
stücke  der  Schützenvereine  und  mit  Genehmigung  des  Kriegs- 
ministers die  Exerzierplätze  benutzen  können.  In  den  groben 
Städten  Hessen  sich  auch  die  Baustellen  wohl  bisweilen  yer- 
wenden.  Unter  diesen  Umständen  würden  die  Ausgaben 
zweifellos  geringer  sein,  als  diejenigen,  welche  die  Gemeinden 
tragen  müisten,  um  Turnhallen  zu  erbauen  und  zu  unterhalten. 

Indem  die  Kommission  so  die  Jugendspiele  mit  Wanne 
empfiehlt,  wünscht  sie  zugleich,  dais  von  der  bis  jetzt  geübten 
Gymnastik  erhalten  bleibe,  was  daran  Gutes  ist. 

Daher  weist  sie  zunächst  auf  die  Bewegungsübungen 
hin,  welche,  abgesehen  davon,  dais  sie  nützlich  sind,  auoh 
Freude  bereiten.  Besonders  rät  sie  den  Lauf  und  den  Marsch 
an,  da  diese  oft  mit  den  Spielen  vereinigt  werden  können  und 
nicht  nur  auf  die  Entwickelung  der  Muskeln,  sondern  auch 
auf  die  Yermehrung  der  Lungen-  und  Herzthätigkeit  einen 
günstigen  Einflufs  ausüben.  Überdies  werden  sie  in  vielen 
Lebenslagen  von  hervorragender  Wichtigkeit,  so  daüs  in  anderen 
Ländern  eigene  Bücher  über  diese  Übungen  ver&Ist  worden 
sind  und  der  hochverdiente  Minister  von  GoBSLBai  es  nicht 
verschmäht  hat,  in  einem  Bundschreiben  an  die  Schulen^  An- 
weisungen für  das  Laufen  zu  geben. 

Die  Kommission  spricht  sich  femer  zu  Gunsten-  der 
Spaziergänge  aus,  welche  nicht  nur  Körper  und  Geist  aufs 
beste  erfrischen,  sondern  auch  gelegentUoh  dazu  benutzt  werden 
müssen,  die  Sinne  zu  erziehen  und  zu  Lehrgegenständen  die 
ganze  unendliche  Welt  der  Dinge  zu  machen,  welche  in  die 
Schule  keinen  Eingang  finden  können  und  mehr  als  für  diese 
für  das  Leben  bilden.  Zu  wievielen  nützlichen  Beobachtungen 
kann  der  Schüler  nicht  angeleitet  werden  am  Ufer  eines  Flusses, 
auf  dem  Gipfel  eines  Berges,  im  Grande  eines  Thaies,  auf 
einem  Acker,  einer  Wiese,  in  einem  Walde,  einer  Werkstätte, 
einem  Museum  I    Wenn  die  Lehrer  mehr  und  mehr  erfahren 


^  Vei^l.  diese  Zeitschrift,  1890,  No.  9,  S.  656—558.    D.  Bed. 


135 

haben  werdeui  welche  TmvergleichlioheD,  und  zwar  anoh  in- 
tellektaellen  Vorteile  hieraus  üoh  ziehen  lasseni  und  wieviele 
wertrolle  Studien  man  hierbei  über  den  Charakter  der  Kinder 
anzustellen  vennagy  so  werden  sie  zugestehen,  dab  vielleicht 
kein  anderes  Mittel  der  physischen  Erziehung  empfehlenswerter 
ist,  als  nach  hygienischen  Vorschriften  ausgeführte  xmd  nicht  in 
Strapazen  ausartende  Spaziergänge.  Deshalb  sollte  man  von 
jetzt  an  lieber  auf  Spaziergängen  einige  der  Übungen  vornehmen, 
die  man  heute  noch  in  Turnhallen  ausführt,  wie  Herauf-  und 
Heruntersteigen,  Hindemisse  nehmen  u.  s.  w. 

Von  anderen  nützlichen  Übungen,  welche  vermittekt  des 
Wettstreites  die  besten  Spiele  werden  können,  empfiehlt  die 
Kommission  den  Sprung  in  seinen  verschiedenen  Arten, 
das  Klettern,  die  Hängeübungen,  sowie  die  Stütz-  und 
Gleichgewichtsübungen.  Diese  aber  müssen  natürlich  und 
einfaeh  sein  und  mit  allen  den  Vorsichtsmalsregeln  ausgeführt 
werden,  welche  unter  Berücksichtigung  der  verschiedenen 
Altersstufen  und  Verhältnisse  in  den  Unterrichtsplänen  an- 
gegeben sind. 

Was  die  übrigen  gymnastischen  Übungen  betrifft, 
so    glaubte   die   Kommission    von    denselben   alles    entweder 
ausscheiden   oder   auf  die   einfachste  Form   zurückführen   zu 
müssen,   was   sie  etwa  Akrobatisches,  Choreographisches,  Mi- 
misches,   Schwieriges   oder  Langweiliges    enthalten.     Deshalb 
hat  sie  von  den  Elementarübungen  diejenigen  ausgeschlossen, 
welche  Schwierigkeiten  der  Nomenklatur,  Kompliziertheit  und 
VielMtigkeit  des  Kommandos   bieten  und  infolgedessen  Auf- 
meiksamkeit  und  (Gedächtnis  ermüden.    Das  Gleiche  ist  mit 
solchen  der  bisher  vorgeschriebenen  Übungen  geschehen,  die  zur 
Schaustellung  dienen  und  Marionettekünsten  ähneln.    Ja,  um 
alles  Theatralische  besser  noch  fernzuhalten,  hat  sie  auch  den 
sogenannten  rhythmischen  Schritt  abgelehnt.     Statt  dessen  gab 
sie  einige  andere  praktische  Fingerzeige;   beispielsweise  sollen 
die  Schüler  auf  einen  Alarmschrei  eilig  aus  den  Klassen  und 
Korridoren  herauskommen,    wie  man  es  zur  Verhütung  von 
Unglück  in  denjenigen  Fällen  thun  mülste,  wo  an  einem  Ver- 
sammlungsorte unter  der  Menge  eine  Panik  ausbricht. 


1S6 

Über  die  G-ymnastik  in  den  Schulbänken,  wie  sie 
in  den  alten  Programmen  vorkommt,  hielt  die  Kommission  nicht 
Air  ratsam,  sich  besonders  zn  änJsem.  Indem  sie  den  gegen- 
wärtigen Znstand  der  meisten  unserer  Sohnlgebäude  nnd  ihrer 
Einrichtungen  bedachte,  kam  sie  yiehnehr  überein,  man  müsse 
jene  Übungen  auf  solche  einschränken,  die  pädagogisch  nützUch 
für  die  Disciplin  sind,  wie  z.  B.  geordnet  in  den  Sohulsaal 
eintreten  und  aus  ihm  herausgehen,  au&tehen,  sidi  niedersetzen, 
grüfeen,  die  E^leider  ab-  und  anlegen,  die  G-lieder  strecken, 
Hände  und  Füfse  durch  Bewegung  erwärmen,  wenn  ein  ge- 
eigneteres Mittel  nicht  vorhanden  ist. 

Als  Geräte  für  die  Gymnastik  auTserhalb  der  Klassen 
beschränkte  sich  die  Kommission  zu  empfehlen:  Seile,  Stangen, 
Sprungvoniohtungen,  Balancierschienen,  welche  auch  als  Stftt^ 
balken  benutzt  werden  können,  Holzstäbe,  die  JlQBBSchen 
Stöcke,  Bälle,  Hanteln  oder  einfachere  Sandsäckchen;  sie  setste 
aber  dabei  die  Gebrauchsweise  fest,  indem  sie  nur  möglichst 
nützliche  und  natürliche  Bewegungen  zuliels. 

In  diesem  Sinne  verdienen  von  den  Mitteln  der  phy- 
sischen Erziehung  ohne  Zweifel  die  Fechtübungen  unter 
Anwendung  biegsamer  Holzdegen  mit  Körben  am  Gbiff,  als 
Wettstreit  und  Spiel  in  Sammelordnung  ausgeführt,  einen  he^ 
vorragenden  Platz. 

Eine  lange  und  lebhafte  Diskussion  erhob  sich  über  den 
Gebrauch  der  sogenannten  grofsen  Geräte.  E!s  wurde 
wieder  und  wieder  gesagt,  dals  dieselben  künstlichen  Übungen 
dienen,  die,  wenn  sie  auch  fiir  kräftige  Schüler  geeignet  sein 
mögen,  doch  den  Schwachen,  welche  die  überwiegende  Mehrheit 
ausmachen  und  der  Gymnastik  am  bedürftigsten  sind,  Schaden 
bringen  können.  Sie  setzen  die  Kinder  zu  bedeutenden  An- 
strengungen aus  und  verleiten  sie  leicht  zu  akrobatischen  und 
theatralischen  Künsten.  Aus  diesen  und  anderen  Gründen  hat 
in  der  Kommission  eine  starke  Strömung  gegen  die  groisen 
Geräte  überhaupt,  insbesondere  gegen  die  Trapeze  und  Ringe, 
vorgewaltet.  Es  geschah  lediglich  aus  dem  Bestreben  nach 
Übereinstimmung,   dals  man  mit  denjenigen,   welche  erklärten, 


137 

f&r  eine  gewisse  Zahl  von  Übungen  nnd  Bewegungen  die 
groJsen  Gteräte  nicbt  entbehren  zu  können,  sich  yerstftndigte. 
Indessen  wnrde  einstimmig  votiert,  dals  Pferd,  Barren,  Trapeze 
imd  Ringe  fELr  die  Altersstafen  bis  zum  vollendeten  14.  Jahre, 
also  in  den  Elementarschnlen,  den  niederen  Klassen  der  Mittel- 
sehnlen,  den  üniergymnasien  nnd  den  Gewerbeschulen  abzn- 
Bohaffen  seien.  Ebenso  sollten  sie  fElr  das  weibliche  Geschlecht, 
welches  auch  nach  der  Pubertät  nur  die  Körperkraft  jüngerer 
Knaben  besitzt,  in  keinem  Alter  und  keiner  Schule  Ver- 
wendung finden.  Sogar  die  Hänge-  und  Stützgeräte  seien 
bei  den  Mädchen  auf  einen  sehr  beschränkten  Gebrauch  zu 
reduzieren,  der  die  Brust  nicht  zum  Schaden  der  Muskeln 
des  Beckens  und  der  unteren  Glieder  ausbilde.  Auch  in  den 
oberen  Klassen  der  Knabenmittelschulen,  in  den  Lyceen, 
technischen  und  nautischen  Instituten,  wo  die  Jugend  bereits 
an  anstrengendere  Körperübungen  gewöhnt  sei,  widerstands- 
fthigere  Knochen,  Gelenke  und  Muskeln  besitze  und  sich  einer 
krftftigeren  Entwickelung  der  unteren  Extremitäten  erfreue, 
dürften  die  gproüsen  Geräte  nur  eine  mäJsige  Anwendung 
finden,  d.  h.  blofs  soweit,  um  auch  den  oberen  Gliedmafigen 
eine  entsprechende  Ejraft  und  Muskelausbildung  zu  verleihen; 
Kunststücke,  sowie  nicht  leichte  und  nicht  praktische  Übungen 
müJisten  jedenfalls  dabei  ausgeschlossen  bleiben. 

Andere  Mittel  der  physischen  Erziehung,  welche 
die  Kommission  erwogen  hat,  sind  der  Gesang,  die  Sand- 
arbeit, das  Baden  und  Schwimmen. 

Der  Gesang,  sei  es  zur  Ausbildung  des  Gehörsinnes  und 
zQi  Übung  der  Atmung,  sei  es  als  Mittel  der  moralischen  Er- 
ziehung, wird  in  den  Schulen  sehr  nützlich  sein  können, 
besonders  wenn  er  mit  den  Spielen  und  der  Gynmastik  im 
Freien  oder  in  recht  luftigen  Lokalen  in  Verbindung  tritt. 
In  dieser  Beziehung  ist  die  Kommission  der  Ansicht,  dals 
das  Unterrichtsministerium  zum  Chorgesang  in  den  Schulen 
zu  ennuntem  fortfahren  solle. 

Nicht  minder  empfiehlt  es  sich,  die  Handarbeit  in  den 
I^bianstalten  auch  weiter  zu  betreiben.    Denn  falls  sie  keine 


138 

Sitzarbeit  ist,  bildet  aie  ein  ausgezeichnetes  Mittel  für  die  Er- 
ziehung der  Sinne,  trägt  zur  Entwicklung  des  Körpers  bei 
und  beseitigt  das  Übel  des  Fembleibens  der  Schüler  von  den 
Werkstätten  und  Feldern.  Sodann  würde  man  durch  Fort* 
Setzung  der  Handarbeit  in  den  Gewerbe-  und  Fortbildungs- 
schulen unter  Anpassung  an  die  örtlichen  Bedür&isse  jene 
Sklarerei  beschränken  oder  gar  abschaffen  können,  die  in  den 
Kinder-  und  Jugendjahren  die  ganze  Zeit  hinduroh  dauert,  in 
welcher  der  Lehrling  ein  Gewerbe  erlernt. 

In  Bezug  auf  die  Beinlichkeit  des  Körpers  ist  klar,  dsb 
den  Kindern  in  den  Schulen  nicht  nur  die  Möglichkeit,  sich 
in  einem  einfachen  Becken  zu  waschen,  sondern  auch  ein 
allgemeines  Bad  zu  nehmen,  soviel  als  möglich  geboten  werden 
muis.  Das  bedeutet  nichts  anderes,  als  das  gröfste  Gut,  die 
Gesundheit,  vermehren  und  die  Gefahr  von  Krankheit  und 
Siechtum  vermindern.  Es  wird  also  nötig  sein,  festzusetzen, 
dais  von  jetzt  an  in  neu  zu  erbauenden  Schulen  immw  m. 
Baum  zum  Waschen  und  ein  anderer  zum  Baden  vorgesehen 
werde.  Als  Bad  eignet  sich  am  meisten  die  lauwarme 
Dusche,  welche  etwa  die  Temperatur  des  Körpers  besitzt  In 
den  groügen  Städten  wird  man  die  Knaben  auch  abteilungsweise 
in  die  öffentlichen  Bäder  führen  können. 

Während  des  Sommers  verbinde  man,  wenn  man  am  Meer, 
an  einem  Flu&e  oder  an  einem  See  sich  befindet,  das  Bad 
mit  dem  Schwimmen,  einer  in  hygienischer  und  gymnastischer 
Beziehung  sehr  nützlichen  Bewegung.  Die  Kommission 
empfiehlt  dasselbe  deshalb  so  warm,  damit  unter  Beobachtung 
der  nötigen  Yorsichtsmalsregeln  unsere  Schuljugend  daraus 
eine  Gewohnheit  mache  und  ausser  dem  Schwimmen  auch  die 
Bettung  bei  Ge&hr  des  Ertrinkens  erlerne.  Für  die  dabei  zu 
beobachtenden  Regeln  würde  ein  besonderes  Reglement  er- 
forderlich sein,  welches  das  Ministerium  fdr  die  Schwimm* 
schulen  erlassen  sollte. 

Im  übrigen  hängt  der  Vorteil,  den  man  den  Schülern 
durch  die  körperliche  Erziehung  gewähren  kann,  zum  grofsen 
Teil  vom  Stundepplan  ab. 


139 

Wie  num  darüber  auch  denke»  die  Kommission  besteht 
nf  der  physiologiachen  Thatsache,  dais  niobt  eine  wälirend 
korser  Zeit  konzentrierte  kOrpeiücbe  Arbeit  und  Anstrengung, 
solidem  statt  dessen  mäfsige  und  häufige  Übungen  not- 
wendig sind.  Denn  die  Übel  des  Mangels  an  Bewegung 
yerachlimmem  sich,  wenn  man  dieselbe  sozusagen  in  seltenen, 
aber  starken  Dosen  gewährt.  Indem  die  Kommission  daher 
dem  Beehnimg  trägt,  was  bei  anderen  civilisierten  Nationen 
geschieht,  sohlägt  sie  vor,  dafs  die  in  den  Sohulen  den  körper- 
lichen Übungen  gewidmete  Zeit  täglich  2  Stunden  betrage. 
Dayon  sind  für  die  eigentliche  G^ymnastik  bei  Kindern  unter 
10  Jahren  wenigstens  Vs  Stunde,  bei  denjenigen  über  10  Jahren 
wenigstens  V^  Stunden  zu  reserrieren. 

Es  wird  Sache  des  Ministeriums  sein,  diesen  allerdring- 
liohsten  Beschlufs  mit  den  gegenwärtigen  Stundenplänen  in 
Einklang  zu  bringen,  so  dals  in  den  rerschiedenen  Schulen 
und  Klassen  die  physische  Ausbildung  einen  integrierenden 
nnd  Yollberechtigten  Teil  des  erziehenden  Unterrichts   bildet. 

Sehr  eingehend  hat  die  Kommission  über  die  Programme 
der  Oymnastik  verhandelt. 

Kaoh  den  Gesetzen  der  Physiologie  sind  zwei  Perioden 
streng  auseinander  zu  halten,  diejenige  der  Erziehung  zu  Be- 
wegungen und  diejenige  der  Anwendung  derselben. 

In  der  ersten  Periode,  welche  bis  zum  14.  oder  16.  Jahre 
reicht,  hat  die  Qymnastik  den  Hauptzweck,  durch  harmonische 
Entwicklung  der  yerschiedenen  Funktionen  Q^undheit  zu 
Tsrleihen  und  zu  erhalten,  das  Knochen-  und  Muskelsystem 
mittelst  Bewegungen  auszubilden  und  so  neben  der  intellektu- 
ellen und  moralischen  Vervollkommnung  auch  die  physische 
herbeizuführen. 

In  der  zweiten  Periode  soll  man,  abgesehen  von  der 
Stärkung  der  in  der  ersten  gewonnenen  Kräfte,  männliche 
Tugenden  einflöJisen  und  die  Übxmgen  praktisch  anwenden 
lehren,  so  dals  sie  im  Leben  uns  selbst  xmd  anderen  nützlich 
werden  können.  Ebenso  wie  man  verschiedene  Stufen  der 
intellektuellen  Erziehung  hat,  soll  es  auch  verschiedene  Grade 


140 

der  physischen  Ansbildtmg  geben  je  nach  dem  Alter,  der 
organischen  Konstitution  und  der  Vorbereitung  der  Sohüler. 
Um  die  individuelle  Initiative  zu  wecken,  schlägt  die  Kommission 
vor,  dafs  in  den  oberen  Klassen  die  Spiele,  die  freien  Übungen 
und  die  Wettkämpfe  unter  verschiedenen  Schulen  begünstigt 
werden. 

Vieles  kann  man  in  den  einzelnen  Fällen  dem  ErmeoBen 
der  Lehrer  überlassen.  Die  Kommission  glaubte  aber  kurze 
Programme  formulieren  zu  soUen,  und  sie  xmterschied  dabei  für 
die  erste  Periode  der  physischen  Erziehung  die  Kinderschulen, 
die  Landschulen,  die  unteren  und  oberen  Elementarschulen 
und  die  unteren  Mittelschulen,  d.  h.  die  üntergymnaBien  und 
die  Grewerbeschulen,  für  die  zweite  Periode  die  oberen  Mittel- 
schulen, also  die  Lyceen,  die  technischen  und  nautischen  In- 
stitute. 

Bezüglich  der  Kleinkinderschulen,  welche  tmgefl&hr 
300000  Kinder  jährlich  au&ehmen  und  noch  mehr  aufnehmen 
sollten,  beklagt  die  Kommission,  dafs  sie  bisher  noch  niclit 
dem  Unterrichtsministerium  unterstellt  sind.  Und  indem  sie 
dafür  stimmt,  dals  diese  Anomalie  so  bald  als  möglich  beseitigt 
werde,  empfiehlt  sie  zugleich,  den  schweren  Miüsbräuchen, 
welche  in  vielen  der  genannten  Schulen  herrschen,  ein  Ende 
zu  machen.  Zu  diesen  Mifsständen  ist  z.  B.  zu  rechnen,  dab 
die  zarten  Knaben  und  Mädchen  zum  Lesen  und  Schreiben 
gezwungen  werden,  dafs  man  sie  zu  lange  sitzen  lälst  und  ihre 
Sinne,  ihre  Aufmerksamkeit  und  ihr  G-edächtnis  überanstrengt. 
Während  der  ganzen  Zeit  des  Verweilens  in  Kinderasylen  und 
Kindergärten  sollte  man  die  EJeinen  zu  keiner  anderen  phy- 
sischen oder  geistigen  Beschäftigung  anhalten,  als  die,  welche 
sie  sich  selbst  beim  Spielen  wählen.  Es  ist  also  dringend  not- 
wendig, dais  die  Herausgabe  irgend  eines  Handbuches  der 
körperlichen  Erziehung  kleiner  Kinder  mit  einer  vollständigen 
Sammlung  der  für  sie  am  besten  geeigneten  Spiele  xmd  G-esäuge 
angeregt  werde.  Ebenso  ist  dem  theoretisch-praktischen  Sander- 
erziehungsunterricht  in  den  Seminarien  der  verdiente  Wert 
beizumessen,    damit  jede   Lehrerin   sich  wenigstens   mit   den 


Ul 

Grundgedanken  dieser  sehr  wichtigen  und  sehr  schwierigen 
Erziehnngskonst  vertraut  mache. 

In  den  Elementar-  und  Mittelschulen  werden  die 
Spiele,  wie  die  gymnastischen  Übungen  und  das  Schwimmen 
for  jede  Klasse,  dem  Alter  und  den  physiologischen  Gewohn- 
heiten entsprechend,  abzustufen  sein. 

Was  die  Yolksanstalten  für  physische  Erziehung 
angeht,  so  gibt  es  deren  schon  einige.  Andere,  viele  andere 
sollten,  um  die  Vorteile  dieser  Erziehung  auf  die  ganze  Menge 
derjenigen  auszudehnen,  welche  die  Schule  zu  früh  verlassen, 
durch  lokale  Initiative,  besonders  die  der  gymnastischen  Ge- 
sellschaften, entstehen.  Der  Minister  des  öffentlichen  Unter- 
richts hat  blofe  das  Becht  tmd  die  Pflicht,  solche  Anstalten  zu 
sdiützen  und  zu  ermutigen.  Die  Kommission  geht  daher  nicht 
auf  die  besonderen  Programme  derselben  ein  und  erörtert  nicht 
weiter,  wie  nach  Ort  tmd  Zeit  mehr  die  eine  oder  andere 
nützliche  Übung  hier  gepflegt  werden  müsse,  z.  B.  die  Brand- 
lösehung,  die  Bettung,  die  erste  Hilfe  bei  ünglücksfoUen, 
der  Transport  Verwundeter,  das  Fechten,  das  Yeiocipedfahren, 
das  Bootsegeln,  das  BoUschuhlaufen,  die  Bergbesteigung,  die 
Fdswanderung,  der  Faustkampf,  das  athletische  Spiel,  die 
seemännische  Gymnastik.  Sie  gibt  ihre  Stimme  nur  dafür  ab, 
dafs  derartige  Anstalten  überall  gegründet  werden  mögen;  denn 
mit  Märschen,  Wettläufen,  Spaziergängen,  kräftigenden  Spielen 
imd  gymnastischen  Übungen  verbunden,  würden  die  Lehr- 
anstalten nützlicher  für  das  leibliche  und  also  auch  für  das 
sittliche  und  wirtschaftliche  Wohl  unseres  Landes  sein.  Ist 
doch  ein  Volk  nicht  stark,  wenn  es  die  Athletentruppen  preist, 
▼eiche  in  den  Wettkämpfen  Wunderdinge  verrichten,  sondern 
wenn  es  statt  dessen  die  körperlichen  Übungen  pflegt,  deren 
Nützen  bereits  in  der  Schulzeit  beginnt  und  sich  später  auf 
Millionen  von  Bürgern  erstreckt,  indem  dieselben  im  Falle  der 
Not  die  Waffen  zur  Verteidigung  des  Vaterlandes  führen  können. 

Besonderes  Studium  hat  die  Kommission  der  physischen 
Erziehung  der  Mädchen  gewidmet  und  zunächst  ausge- 
sprochen, dafs  dieselbe  nichts  Fades,   Mimisches  oder  Choreo- 


142 

graphisches  enthalten  dürfe,  sondern  statt  dessen  in  emer 
Weise  yorznnehmen  sei,  welche,  ohne  der  Schönheit  und 
Anmut  zu  schaden,  G^nndheit,  Kraft,  Mut  einflölse  und  gute 
Mütter  nnd  Pflegerinnen  schaffen  helfe.  Inhaltlich  wird  die 
körperliche  Erziehung  in  den  Töchteischnlen  nicht  sehr  ysf- 
schieden  Ton  jener  in  den  Schulen  für  Knaben  sein  könneii, 
und  sie  darf  daher  nicht,  wie  bisher,  gesonderte  Programme 
für  sich  beanspruchen.  Doch  wird  man  in  den  Plänen,  welehe 
für  sämtliche  Schulen  Torgeschlagen  sind,  alles  daqenige  hinzu- 
fügen oder  ändern,  was  Bekleidung,  Bsltung,  Rücksicht  auf 
das  Geschlecht  und  auf  die  anatomisch-physiologiBchen  Verhfiit* 
nisse  für  die  Mädchen  erfordern. 

Nachdem  diese  Reformen  verhandelt  und  einstimmig 
gebilligt  worden  waren,  wandte  man  folgerichtig  die  grölste 
Aufinerksamkeit  der  wichtigen  Frage  zu,  in  welcher  Weise 
fehige  und  zur  Ausführung  der  ßeformenwiUige  Lehrkräfte 
zu  beschaffen  seien.  Vor  allem  war  die  Ansicht  yertreten, 
dals  von  jedem,  welcher  Lehrer  der  physischen  Erziehung  sein 
woUe,  gewisse  pädagogische  Eigenschaften  und  Anlagen  gefordert 
werden  müisten.  Es  wurde  besprochen,  wie  der  betreffende 
Unterricht  in  den  Seminaren  beschaffen  sein  solle,  um  Lehrer 
xmd  Lehrerinnen  heranzubilden,  welche  die  neuen  Programme 
auszuführen  im  stände  seien.  Falls  man  von  1878  bis  heute 
mit  aller  Dringlichkeit  darauf  Bedacht  genommen  hätte, 
wenigstens  in  diesen  Anstalten  gute  Lehrer  und  einen  wirk* 
Samen  Unterricht  in  der  körperlichen  Erziehung  zu  besitzen, 
so  würde  letztere  bereits  in  weitere  Kreise  eingedrungen  sm 
und  schon  gegenwärtig  gute  Früchte  für  die  bedürftigste  Klasse, 
welche  die  Volksschule  besucht,  henrorgebracht  haben.  Statt 
dessen  gewährt  man  auch  heute  noch  der  Gfymnastik  die  kärg- 
lichste Unterrichtszeit  von  nur  1  oder  2  Stunden  wöchentUdi 
und  das  ungeeignetste  Lokal,  wenn  überhaupt  ein  besonderes 
für  diesen  Zweck  vorhanden  ist  Überdies  ninmit  man  auf  den 
Lehrer  insofern  geringe  oder  gar  keine  Rücksicht,  als  man  ihm 
eine  elende  Besoldung  gewahrt.  Die  Kommission  wünscht  daher, 
dais  diesen  betrübenden  Zuständen  ein  Ende  gemacht  und  in 


143 

dem  schon  firüHer  yom  Senate  genehmigten  Gesetze  Martini 
fiber  die  Seminare  der  Unterricht  in  der  physischen  Erziehung 
den  übrigen  ünterrichtsftchem  in  Beznig  anf  Gehalt  und 
sonstige  Bechte  gleichgestellt  werde.  Sie  befürwortet  weiter, 
dab  jedes  Seminar  in  möglichster  Nfthe  eine  Turnhalle  und 
einen  Spielplatz  habe  und  dafe  in  jeder  Klasse  desselben 
wenigstens  2  Stunden  des  Wochenplans  für  Spiele  und 
Übungen,  die  ersten  Hilfeleistungen  einbegriffen,  eine  3.  Stunde 
aber  für  die  Theorie  und  das  Kommando  angesetzt  werde. 
Anf  diese  Weise  würden  sämtliche  Lehrer  und  Lehrerinnen  nicht 
nur  das,  was  sie  nachher  in  den  Elementarschulen  zu  lehren 
baben,  erlernen,  sondern  auch  eine  so  reiche  Kenntnis  der 
Theorie  und  Praxis  gewinnen,  dals  sie  die  Gymnastik  besser 
als  ihre  Zöglinge  zu  beurteilen  und  auszuführen  im  stände 
wftren. 

um  sodann  wohlverdiente  Lehrer  zur  Beschreitung  des 
neuen  Weges  zu  ermutigen,  der,  entsprechend  der  yermehrten 
Wichtigkeit  der  physischen  Erziehung,  ihr  Ansehen  und  ihre 
Würde  zu  erhöhen  verspricht,  wird  in  Vorschlag  gebracht, 
mindestens  zwei  von  ihnen  sogleich  ins  Ausland  zu 
schicken,  um  die  Einrichtung  der  Volksschulspiele 
kennen  zu  lernen.  Nach  ihrer  Rückkehr  mttssten  dieselben 
dann  im  Lande  herumreisen  und  jene  Spiele  teils  durch 
Vortrage,  teils  durch  Vorführung  populär  zu  machen  und  zu 
yerbreiten  suchen.  Fernerhin  erscheint  es  ratsam,  jedes  Jahr 
regelmässig  zwei  junge  Männer,  vorzugsweise  Ärzte,  zu  ent* 
senden,  die  sich  im  Auslande  auf  den  verschiedenen  Gebieten 
der  physischen  Erziehung  zu  vervollkommnen  hätten.  Ebenso 
seUftgt  die  Kommission  vor,  die  Akademien  oder  das  Ministe- 
rimn  möchten  die  Veröffentlichung  von  Handbüchern  über 
die  anempfohlenen  Körperübungen  und  Spiele  ver- 
anlassen, da  es  nicht  rühmlich  ist,  dafs  die  besseren  Bücher 
dieser  Art,  nachdem  Scaiko  im  Jahre  1655  seine  berühmte 
Abhandlung  über  das  Ballspiel  geschrieben  hat,  in  der  aus- 
Iftndischen  Litteratur  gesucht  werden  müssen. 

Mit    der    gymnastischen    Ausbildung    von  Lehrern    und 


144 

Lehrerinnen  der  Normal-  nnd  Mittelsohalen  befassen  noh 
bekannÜioh  die  „Sonola  normale  di  ginnastioa^  in  Born 
und  die  beiden  weiblichen  Sohnlen  desselben  Namens 
in  Neapel  nnd  Tnrin.  Die  Kommission  glanbt,  dab  in 
diesen  drei  Schnlen  wenig  Neneningen  erforderlich  seien;  « 
wird  genügen,  die  Programme  derselben  mit  den  für  die 
Elementar-  imd  Mittelsohnlen  vorgesohlagenen  in  Einklang  za 
bringen.  Die  Geschichte  der  Oynmastik,  einschlielslich  der 
modernen  nnd  interessanteren,  ist  in  den  Unterricht  der  theore- 
tischen Gymnastik  anfznnehmen,  ebenso  die  Pädagogik  nnd 
Methodik.  Es  sollen  sodann  die  znm  Stndinm  und  zur  Prüfung 
notwendigen  Mittel  geliefert  werden,  nm  jene  Anstalten  auf 
die  Höhe  experimenteller  Schnlen  für  körperliche  Endehnng 
zn  heben.  Endlich  würde  es  auch  wohlgethan  sein,  wenn  die 
Stipendien  für  junge  Männer  oder  junge  Mädchen  aus  anderen 
Provinzen,  welche  die  genannten  Schulen  besuchen  wollen, 
wiederhergestellt  würden. 

Das  gymnastische  Seminar  in  Rom  benötigt  einiger 
anderer  leicht  auszuführender  Verbesserungen.  Der  üntetiicht 
in  der  Anatomie  und  Physiologie  ist  von  dem  in  der  Hygiene 
zu  trennen,  welcher  infolge  seiner  hohen  Bedeutung  und  des 
Interesses,  das  er  bei  jedem  Erzieher  err^en  sollte,  einen 
gröiseren  Umfang  erbalten  muis.  Man  stelle  sodann  hier  den 
Fechtnnterricht  wieder  her  und  höre  bei  der  Wahl  dee 
betreffenden  Lehrers  die  Ansicht  des  Kriegsministers.  Dabei 
möge  man  ersuchen,  nicht  femer  mangelhaft  gebildete  und  des 
militärischen  Lebens  müde  Unteroffiziere  zu  ihrer  Ausbildung 
abzuordnen,  sondern,  wie  in  Preufsen  und  Schweden,  Offiziere, 
welche  die  besten  Lehrer  des  Turnens  sein  werden.  Von  den 
Civileleyen  aber  fordere  man  für  die  Zulassung  zum  Seminar 
entweder  das  Diplom  als  höherer  Lehrer  oder  das  Beifezeugnie 
eines  Lyceums,  bezw.  eines  technischen  Listitutes. 

Hierbei  wurde  ein  Vorschlag  gemacht,  dem  man  durch 
Acclamation  beistimmte,  der  nämlich,  auf  den  Oniversi- 
täten  für  die  künftigen  Kandidaten  des  Mittelschul- 
amtes einen  Kursus  der  physischen  und  hygienischen 


145 

Erziehung  abzuhalten.  Wenn  dies  geschieht,  werden  die 
Betreffenden  nicht  nur  das  „mens  sana  in  corpore  sano^  später 
besser  beherzigen,  sondern  es  werden  auch  unter  den  begabteren 
derselben  dereinst  solche  sich  finden,  welche,  wie  in  England, 
Deutschland  und  Belgien,  es  für  eine  Ehre  halten,  vom 
Katheder  der  Litteratur  oder  der  Naturwissenschaften  herab- 
zosteigen,  um  Unterricht  in  der  Gymnastik  zu  erteilen.  Damit 
zugleich  dürften  aber  auch  die  alten  Vorurteile  gegen  die 
letztere  schwinden  und  die  gewünschten  Beformen  zur  Aus- 
fUinmg  kommen. 

Die  Kommission  empfiehlt  femer  warm,  dafs  zur  Vor- 
meidxmg  beklagenswerter  MüSsbräuche  von  jetzt  ab  die  zu 
vergebenden  Turnlehrerstellen  immer  unter  Berück- 
sichtigung der  erworbenen  Diplome  und  der  abge- 
legten Prüfungen  besetzt'  werden. 

Ein  letztes,  das  angelegentlichste  Votum  gibt  die  Kom- 
mission dahin  ab,  dais  die  schädliche  und  schmähliche  Arm- 
seligkeit unseres  Staatshaushaltes  in  Bezug  auf 
Ausgaben  für  physische  Erziehung  nicht  mehr 
Unger  andaure.  Solange  unser  Land  für  diesen  heiligsten 
Zweck  noch  nicht  halb  soviel  verwendet,  als  allein  die  Stadt 
Berlin  dafür  opfert,  und  solange  es  nicht  begreift,  dafs  das  für 
denselben  bewilligte  G-eld  hundert&ltige  Zinsen  trägt,  wird  es 
niemals  grolser  Geschicke  würdig  sein. 

Die  Einstimmigkeit  der  Vorschläge  und  Ansichten,  welche 
trotz  der  verschiedenen  Studien,  Heimatsländer,  Altersstufen 
und  Tendenzen  der  Kommissionsmitglieder  immer  aus  der 
Dissonanz  der  Meinungen  hervorging,  möge  eine  glückliche 
Vorbedeutung  sein,  daJs  jedwede  Zwietracht  auf  gymnastischem 
Gebiete  beschwichtigt  und  der  edle  und  bewunderte  Enthusi- 
asmus aller,  die  hier  die  Führerrolle  übernehmen,  einzig  und  allein 
anf  das  gemeinsame  höchste  Ziel  gerichtet  werde.  Alsdann  wird 
die  physische  Erziehung  eine  jede  Generation  von  der  Kindheit 
bis  zum  reifen  Alter  begleiten.  Alsdann  werden  gesunde,  starke 
und  mutige  Bürger  erstehen,  und  es  wird  die  geringste  Sorge 
sein,  gute  Soldaten  zu  haben,  weil  man  solche  besitzt,  welche 

Sdnlfenudlieitopflege  VII.  XO 


146 

in  kurzer  Zeit  die  Handhabung  der  Waffen,  das  SehieCsen 
und  die  militärische  Diseiplin  erlernen.  Die  Dienstseit  wiid 
somit  auf  die  kürzeste  Zeit  beaohrftnkt  werden  können,  zam 
gröfsten  Vorteil  f(ir  die  Produktion  sowohl,  wie  f&r  den  Staate* 
sehatz.  Die  Wohlthaten,  welche  daraus  ftir  die  Einzel-  und 
die  Gesamtarbeit,  fär  die  Volkswirtschaft,  für  den  Charakter 
und  die  Moral  entstehen,  springen  so  sehr  in  die  Augen,  dab 
zum  Heil  der  Humanität  und  des  Vaterlandes  jeder  gute  Bfirger 
an  seinem  Teile  die  Durchführung  der  Beformen  beschleunigen 
sollte,  welche  die  Kommission  vertrauensToU  in  die  Hände  des 
Ministen  Martini  niederlegt. 


Zur  Myopiefirage. 
Zweite  Erwiderung  an  Herrn  Professor  Sohhidt-Bimplsr. 

Von 

Dr.  med.  J.  Stilling, 

Professor  der  Angenheilkimde  an  der  Universität  Strasburg  i.  & 

Mein  geschätzter  Kollege  und  Gegner  kann  jetzt  doch 
nicht  umhin,  zuzugeben,  daTs  die  zahlenmäüngen  EigebniBse 
der  Orbitalmessungen  dem  von  mir  aufgefandenen  Gesetze 
entsprechen. 

Er  hält  mir  nunmehr  entgegen,  die  Unterschiede  seien  zu 
klein,  um  überhaupt  das  G^esetz  daraus  abzuleiten. 

Nun,  wenn  Pflügbr  im  ganzen  bei  Emmetropen  89,9, 
bei  Myopen  83,0,  bei  erwachsenen  Gelehrten,  auf  die  es  haupt- 
sächlich ankommt,  sogar  90,6  gegen  81,6  gefanden  hat,  so 
sind  diese  Differenzen  einfach  erdrückend  grofs.  O.  OoHSir, 
Somako-Catania  fanden  ähnliche  Unterschiede,  und  die  von 
SsGOEL  konstatierten   sind  an  einer  Stelle  sogar  noch  grölser. 


147 

Allein  auch  die  an  Aelir  sohlechtem  Material  —  es  sind  dies 
2a  jugendliche  Individuen,  bei  denen  die  Myopie  sich  gröfsten- 
teüs  auch  bei  vorhandener  Anlage  noch  nicht  entwickelt  haben 
kann  —  gewonnenen  Differenzen,  wie  sie  Kirchner,  Weiss, 
Btmsza  ermittelt  haben,  belaufen  sich  häufig  auf  ganze  Zahlen 
Yon  2 — 6. 

In  anthropologischem  Sinne  ist  nun  ein  durchgehender 
Unterschied  von  nur  1  bei  einem  groisen  Zahlenmaterial  bereits 
ein  bemerkenswerter.  Hier  haben  wir  aber  ohne  meine  eigenen 
5000  etwa  10000  in  den  verschiedensten  Gegenden  angestellte 
Messungen,  bei  welchen  sich  eine  regelmäfsige  Diffe- 
renz immer  in  demselben  Sinne  findet  Diese  Diffe- 
renz wird  klein,  wenn  das  Material  der  Untersuchung  aus 
jugendlichen  Individuen  bis  zum  Eindesalter  oder  aus  Er- 
wachsenen, die  keiner  Nahearbeit  unterworfen  sind  (Seggels 
Soldaten),  besteht,  sie  wird  sehr  bedeutend,  wenn  es  sich  um 
erwachsene  Gelehrte  handelt  (Pflüger,  Bomano-Oatania,  ich), 
sie  hält  sich  in  maisigen  Grenzen,  wenn  noch  nicht  erwachsene 
Schüler  in  Betracht  kommen.  Daher  sind  selbst  die  Zahlen 
meiner  erklärten  Gegner,  Sohmibt-Bimpler  ausgenommen, 
dessen  Messungen  viel  zu  hohe  Durchschnittsindices  ergeben 
liaben,  beweisend  für  das  Gesetz.  Meine  Opponenten  haben 
ihr  Material  in  dem  für  mich  ungünstigsten  Sinne  gewählt, 
sie  haben  auch  nicht  nach  den  anthropologischen  Vorschriften 
gemessen  und  dennoch  die  gesetzmäfsige  Differenz  überall 
konstatieren  müssen.  Pflüger  hat  dies  speciell  Bymsza  gegen- 
über  betonen  lassen. 

Herr  Kollege  Schmidt-Bimpler  sieht  auch  als  Gegner 
Ton  mir  jeden  Autor  an,  der  einmal  irgend  etwas  gegen  mich 
gesagt  hat.  Betrachten  wir  beispielsweise,  wie  es  mit  der 
Gregnerschaft  von  Kirchner  beschaffen  ist,  dessen  Messungen 
^ter  denen  meiner  sogenannten  Gegner  die  zahlreichsten  sind, 
und  der  von  Schmibt-Bdipler  mit  einer  gewissen  Vorliebe 
mir  enigegengehalten  wird. 

Die  wesentlichen  Besultate  Kirchners  finden  sich  in 
folgenden  Sätzen  seiner  Arbeit: 

10* 


148 

Seite  422:  „Das  aber  ergeben  meine  Messungen 
unzweifelhaft,  dafs  in  der  That  mehr  Myopen  eine 
niedrige  Orbita  haben,  als  Emmetropen,  nicht  aber, 
dals  sie  bei  jenen  niedriger  za  sein  pflegt,  als  bei  den  Hyper- 
metropen.** 

Das  letztere  habe  ich  bekanntlich  auch  nicht  behauptet,  da 
ich  Emmetropen  und  Hypermetropen  immer  zusammenrechne. 

Seite  421:  „Die  Kurve  lehrt  aber  ferner,  dafs  der 
Durchschnitt  der  myopischen  Orbitalindices  in 
sämtlichen  Klassen  niedriger  ist,  als  der  der  emme- 
tropischen ^ 

Seite  423:  „.  .  .  dafs  bei  einer  grofsen  Zahl  von 
Myopen  der  durchschnittliche  Orbitalindex  besonders 
niedrig  ist,  dals  ein  niedriger  Orbitalindex  aber  auch  bei 
Hypermetropen  und  Emmetropen  vorkommen  kann.'' 

Dies  letztere  habe  ich  selbst  zuerst  betont;  natürlich  mnft 
es  Ausnahmen  geben,  sie  beweisen  nur  die  Begel. 

Femer  Seite  423:  „Stilling  fand  sowohl  den  Gesichts- 
ais den  Stirnindex  bei  Myopie  im  grofsen  und  ganzen 
niedriger,  als  bei  Emmetropie,  eine  Beobachtung, 
die  ich  gleichfalls  gemacht  habe.'' 

Seite  424:  „So  wenig  ich  daher  eine  Erklärung 
dafür  weifs,  so  mufs  ich  doch  auf  Grund  meiner 
Untersuchungen  Stilling  darin  Recht  geben,  dafs 
sich  ein  im  Verhältnis  zur  Breite  niedriges  Gesicht 
bei  Myopie  häufiger  findet,  als  bei  Emmetropie. 
Das  Ergebnis  meiner  Schädelmessungen  war  also, 
sowohl  der  Orbital-  als  der  Gesichts-  und  Stirn* 
index  sind  bei  Myopen  durchschnittlich  niedriger, 
als  bei  Emmetropen.  .  ." 

Seite  441:  „^er  Knochenbau  des  Gesichtsschädels 
steht  in  einem  gewissen,  jedoch  noch  näher  zu  er- 
forschenden Verhältnisse  zum  Brechzustande  der 
Augen." 

Kirchner  fand  demnach  bei  nahezu  3000  Messungen, 
wenngleich  an  dem  denkbar  ungünstigsten  Material,  alle  meine 


149 

Sätze  bestätigt.  Er  ist  jedoch  der  Meinung,  der  Schädel-  und 
Aagenhöhlenbau  modifiziere  sich  sekondär  durch  die  Myopie. 
Eine  solche  Ansicht  wird  niemand  ernstlich  diskutieren  wollen, 
der  einigermalsen  in  der  Anthropologie  bewandert  ist. 

Es  handelt  sich  vor  allem  um  die  positiven  Messungs- 
eigebnisse,  nicht  nur  um  die  Ansichten  der  Autoren.  Dais  aber 
die  Sesultate  Kirchnjebs  durchweg  die  meinigen  bestätigen» 
darüber  wird  bezüglich  der  Zahlen  wie  der  wörtlichen  Aus- 
drücke niemand  im  Zweifel  sein. 

Weiter  wirft  mein  verehrter  Kollege  Schmidt-Bimplbr  mir 
vor,  ich  hätte  in  meiner  Erwiderung  „die  entgegengesetzten 
Besultate  weggelassen''.  Damit  meint  er  offenbar  die  erste  Reihe 
von  SseeEL,  die  ich  aber  ausdrücklich  in  einer  Anmerkung 
erwähnt  habe. 

Meinem  geschätzten  Gegner  ist  es  mit  Seggel  leider 
ebenso  ergangen,  wie  mit  Kirchneb.  Er  hat  auch  Sbogels 
Hauptresultat  übersehen. 

Sind  die  Di£Ferenzen  in  den  Durchschnittszahlen  klein 
oder  wie  in  Segobls  erster  Seihe  gleich  Null,  so  verlangt 
nämlich  die  anthropologische  Begel,  dals  man  die  Anzahl  der 
hohen  und  niedrigen  Indices  aufsuche,  ehe  man  seinen  Schlufs 
zieht.  Seggel  war  dies  wohl  bekannt,  und  er  sagte  nach 
Zusammenstellung  seiner  Besultate  auf  Seite  4  seiner  Arbeit: 
«Das  Wesentliche,  was  die  beiden  Tabellen  ergeben, 
ist  nun,  dafs  allerdings  Ohamäkonchie  bei  mehr 
Myopen  gefunden  wurde,  als  bei  Nichtmyopen,  bei 
^^>3  gegei^  14,0  Voi  tind  dafs  Hypsikonchie  umgekehrt 
bei  etwas  mehr  Nichtmyopen  als  Myopen,  62,8  gegen 
&4,8,  gefunden  wurde.** 

Natürlich  ist  der  Unterschied  nur  gering  wegen  des 
sehlechten  Materials  —  allein  400  gemeine  Soldaten  — ,  trotz- 
dem ist  er  gesetzmäijsig.  Ich  habe  das  Gesetz  an  den  Augen 
erwachsener  Gelehrter  festgestellt,  doch  selbst  bei  den  aller- 
^geeignetsten  Versuchspersonen  ist  es  nicht  zu  verwischen 
gewesen.  Seggel  wulSste  ganz  gut,  dals  sein  Material  nichts 
taugte.    Er  besaüs  anfangs  kein  anderes,  und  das  grofse  Inter- 


150 

eaae,  welches  er  an  der  Sache  hatte,  veranlafste  ihn,  damit 
fürs  erste  vorlieb  zu  nehmen.  Er  sachte  dann  nach  besserem 
Material,  an  dem  sich  das  Gesetz  denn  auch  vollkommen  be- 
stätigte. 

Die  weitere  Bemerkung  SoHMn)T-B.iMPLEB8,  nach  den 
Messungen  aus  der  Bemer  Augenklinik  „disponieren  nicht  nur 
chamäkonche  —  niedrige  —  Augenhöhlen,  sondern  auch  meso- 
konche  —  mittelhohe  —  zur  Myopie",  hat  keinen  rechten  Sinn. 
Pflüger  wollte  lediglich  meine  Angabe  bestätigen.  Ich  habe 
die  Mesokonchie  immer  mit  der  Ohamäkonchie  zusammen- 
gerechnet, von  85  abwärts  die  niedrigen,  von  85  aufwärts  die 
hohen  Augenhöhlen. 

Gänzlich  unyerständlich  ist  mir  die  Schluisbemerkang 
meines  verehrten  Gegners.  Ob  man  albanesische  Seminaristen 
in  Sicilien  als  Sicilianer  oder  als  Albanesen  bezeichnet,  ist  mir 
ebenso  gleichgültig,  wie  ihm.  Ich  war  nur  gezwungen,  meinem 
geschätzten  Kollegen  einen  nicht  ganz  unbedeutenden  Irrtnm 
entgegenzuhalten.  „Wie  klein  sind  seine  Zahlen, **  ruft  ervon 
B.0MAN0S  Messungen  aus.  „Er  hat  nur  350  Sicilianer  ge- 
messen.^ Derselbe  hat  aber  nicht  350,  sondern  750  Sicilianer 
untersucht,  d.  h.  er  hat  1500  Messungen  an  erwachsenen  oder 
fast  erwachsenen  Gelehrten  ausgeführt,  während  Sohhidt- 
RmPLER  kaum  1300  an  Schulkindern  anstellte. 

Hiermit  bin  ich  für  diesmal  zu  Ende.  Hoffentlich  hat 
diese  freundschaftliche  Polemik  damit  aber  ihr  Ende  noch 
nicht  erreicht.  Denn  die  anregende,  wenngleich  nur  schrift- 
liche Unterhaltung  mit  einem  geistreichen  Gegner  hat  grolse 
Reize  und  ist  mir  von  aufserordentlichem  Werte.  Auch 
zweifle  ich  nicht  daran,  dafs  wir  uns  schliefslich  vortrefflich 
verständigen  werden. 


151 


litt  9trfaiitttlttii0eit  ttitb  Dereineit. 


über  SteUflohriftrerraehe  in  Dftnemark. 
Ans  der  pftdagogischen  Oesellschaft  tu  Kopenha^^n. 

Von 

Axel  Heetbl, 

kommunalem  Ereisant  in  Kopenhagen. 

Aneh  in  Dftnemark  sind  Steileohriftversncke  gemacht,  xmd 
swar  ist  die  Methode  in  14  Klassen  der  Hauptstadt  geprüft 
worden.  Sowohl  ganz  junge  An&nger  als  filtere  Kinder  in 
öffentlichen  nnd  privaten  Schulen  sind  bei  dieser  Prttfong 
beteiligt  gewesen.  Über  die  vorlftnfigen  Eesnltate  habe  ich  in 
einer  Sitzung  der  pftdagogisohen  Gesellschaft  Kopenhagens  im 
Yorigen  Jahre  Mitteilung  gemacht. 

Alle  Lehrer  zeigten  sich  darin  einverstanden,  dals  es  ftür 
die  Sünder  leichter  war,  eine  gute  Haltung  bei  Steilschrift  zu 
bewahren,  als  früher,  wo  dieselben  Schrägschrift  schrieben.  Den 
Anftngem  machte  auiserdem  die  senkrechte  Schrift  geringere 
Mühe,  und  sie  lernten  dieselbe  schneller  als  die  Schiefschrift. 
Unbequemlichkeiten  ftür  die  Bewegungen  der  rechten  Hand  oder 
des  rechten  Arms  entstanden  nicht  daraus.  Die  ftlteren  Kinder 
pngen  ohne  Schwierigkeit  von  der  Schrägschrift  zur  Steilschrift 
über,  die  Schriftzüge  wurden  fester  und  deutlicher,  und  die 
ganze  Handschrift  gewann  demgemäls  an  Leserlichkeit.  Auch 
über  die  groüse  Wichtigkeit  der  richtigen  Armstellung  zur  Be- 
wahrung einer  guten  Körperhaltung  waren  alle  einig.  Die 
Erfolge  erwiesen  sich  also  im  grofsen  und  ganzen  günstig  für 
die  Steilschrift,  und  Versuche,  in  weiterem  Umfange  und  mehr 
methodisch  angestellt,   werden  jetzt  zur  Ausführung  kommen. 

Der  YolksschuUehrer  Th.  Jbksen  hat  eine  neue  Schreib- 
niethode  in  Verbindung  mit  der  Steilschrift  ausgearbeitet  und 


152 

durch  eine  Broschüre,^  sowie  durch  eigene  Schreib  vorlagen' 
erklärt.  Er  sucht  von  der  bisher  üblichen  Schönschrift  los- 
zukommen und  eine  schnellere  Handschrift  einzufCLhren.  Nach 
seinem  Verfahren  beginnen  die  Kinder  sofort  mit  ziemlicb 
kleinen  Schriftzügen  und  einfachen  Formen  und  lernen  so  früh 
als  möglich  schnell  schreiben.  Auf  das  letztere  legt  er  beson- 
deren Wert,  da  er  meint,  dafs  die  Yolksschulkinder  dadurch 
eine  wirkliche  Schreibfertigkeit  erlangen,  die  sich  dalm  auch 
später  nicht  wieder  verliere.  In  der  oben  erwähnten  Sitzung 
führte  er  die  Resultate,  die  er  durch  seine  praktischen  Ver- 
suche erreicht  hat,  vor.  Seine  Methode  hat  gewiis  nicht  ge- 
ringes Interesse,  bedarf  aber  noch  einer  weiteren  Prüfung. 

In  einer  folgenden  Sitzung  fand  eine  eingehende  Dis- 
kussion über  die  Steilschrift  statt,  wobei  sich  zeigte,  dab  die- 
selbe nicht  wenige  Anhänger  habe.  Ein  Ausschuifl  wurde 
gewählt,  um  weitere  Versuche  genauer  zu  kontrollieren  und 
sie,  soweit  als  möglich,  nach  bestimmten  Gesichtspunkten  ein- 
zurichten, da  die  bisherigen  von  den  Lehrern  ohne  festen  Plan 
angestellt  worden  waren. 

Auch  die  Schulbehörden  Dänemarks  verfolgen  jetzt  die 
Steilschriftversuche  mit  wohlwollendem  Interesse. 


^  Th.  Jensen,  Laerer  ved  K0benhavn8  KommnneBkoler.  Om  ladrti 
Hurtigshrift  i  de  f0r8te  Skoleaar.  En  Metodereform  %  vor  Skoleskrift 
[Über  senkrechte  Schnellschrift  im  ersten  Schu^ahr.  Eine  Reform  der 
Methode  in  unserer  SchtUschrift],  E0benhayn,  1893,  Jacob  Erslev.  EL  8*. 
0re  25. 

'  Th.  Jensen,  Laerer  ved  E^benhavns  Kommuneskoler.  Hcumd^trifi^ 
bogen,  TU  Ind0velse  af  lodret  Hurtigskrift  fra  Skolens  nederste  Klasser 
af  [Sehriftvorlagen,  Zur  Einübimg  der  senkrechten  SckneUschrift  von  den 
untersten  Schulklassen  an].    £0benhayn,  1893,  Jacob  Enlev.    8^.    0re  12. 


153 

LiehtverhUtiiisge  in  Breslaner  Sehideii. 

Vortrag,  gehalten 

in  der  liygienisclien  Sektion  der  seUesiselien  Gesellseliaft 

für  yaterUndisehe  Knltnr. 

In   einer  der  letzten   Sitzungen  der  hygienischen   Sektion  der 
sdüesiflchen  Gesellschaft  fOr  vaterländische  Knltnr  f&hrte  nnser  ge- 
schätzter Mitarbeiter,  Herr  Professor  Dr.  Hbrmann  Cohn,  Aber  seine 
Lichtmessnngen  im  Magdalenengymnosinm  nnd  dem  nenen  Kanonen- 
hofsdmlhanse  Breslaus  folgendes  ans :  Je  dnnkler  ein  Arbeitsplatz  ist, 
desto  mehr  mnis  das  Ange  der  Schrift  genfthert  werden.  Diese  An- 
Dähemng  führt,  namentlich  bei  disponierten  Augen,  znr  Eurzsichtigkeit. 
Obgleich  diese  Thatsachen  schon  längst  bekannt  waren,  blieben  doch 
in  den  alten  Schulen  die  schlechten  lichtverhältnisse,  da  die  Lehrer 
nicht  anf  Abändenmg  drangen  nnd  die  Ärzte  sich  nm  die  Unterrichts- 
BQstalten  wenig  kümmerten.    Vor  28  Jahren  begann  der  Vortragende 
in  Breslau  Untersuchungen  der  Schulzimmer  und  machte  Vorschläge 
zur  Verbesserung  der  Beleuchtung  derselben,  welche  von  der  schlesischen 
Gesellschaft  angenommen  und  den  Behörden  in  einem  Promemoria  1866 
zugesendet  wurden.     £s  gab  damals  noch  kein  geeignetes  Photometer, 
doch  hatte  sich  gezeigt,  da(s,  wenn  das  Verhältnis  der  Fenster-  zur 
Bodenfläche  wie  1 :5  war  und  nicht  hohe  und  nahe  gegenüberliegende 
H&oser  das  Licht  wegnahmen,  die  Beleuchtung  gut  erschien.    Daher 
erklärte    schon   damals   die   Denkschrift,    dafs   „die  Verlegung   der 
Schulzimmer  aus  engen  Gassen  auf  freie  Plätze  oder  breite  Straüsen 
dringend   geboten  sei   und  dafs  zur    Errichtung  neuer  Schulhäuser 
nur  solche  Plätze  zu  wählen  seien,   denen  früher  oder  später  durch 
angrenzende  Neubauten  das  nötige  Licht  nicht  entzogen  werden  könne". 
Jayal  in  Paris  stellte  1878  den  beherzigenswerten  Satz  auf,   dals 
der  Abstand  eines  Schulhauses  von  den  gegenüberliegenden  Häusern 
doppelt  so  grofs   sein  solle,  wie  die  Höhe  dieser  Häuser.    Im  Jahre 
1882  bestinmite  eine  vom  französischen  Unterrichtsministerium  ein- 
gesetzte Kommission,    dafs  jeder  Schüler   ein    Stück  Hinmiel   sehen 
müsse,  welches  mindestens   80  Centimetem  vom   oberen    Ende   der 
Glasscheibe    des    oberen  Fensters   entspreche.     Professor   Föbster 
wünschte  1884,  dals  der  Öffnungswinkel,  d.  h.  der  Winkel,  welchen 
auf  dem  Schultische   die  Dachkante  des  gegenüberliegenden  Hauses 
mit  der  obersten  Fensterkante  bildet,  nicht  weniger  als  5^  betrage. 
&st  mit  der  Erfindung  des  WSBBRschen  Photometers   1883  kam 
die  Tageslichtfrage  der  Schulen  aus  den  Anfängen  heraus.    Jetzt  erst 
konnte  man  bestimmen,  wie  riel  Meterkerzen  Helligkeit  ein  Schüler- 
platz habe.   Der  Vortragende  untersuchte  1883  mit  diesem  Photometer 
^e  70  Klassen  des  Magdalenen-,  Elisabeth-  und  Johannesgynmasiums 
nnd  der   katholischen  Bürgerschule.     In  den    erstgenannten   beiden 


154 

Anstalten  fand  er  in  13  Klassen,  dab  an  einer  Anzahl  von  Pl&tzen 
die  Kinder  um  11  Uhr  Tormittags  weniger  als  1  Meterkerze  Licht 
hatten  nnd  dafs  247o,  bezw.  28%  der  Schüler  überhaupt  kein  Stück 
Himmel  von  ihrem  Platze  ans  sehen  konnten.  Der  Vortragende 
teilte  hierauf  die  Yersnche  mit,  die  ihn  veranlafsten,  10  Meterkerzea 
als  die  geringste  Beleuchtung  eines  Arbeitsplatzes  anzunehmen,  eine 
Zahl,  die  jetzt  von  allen  Forschem  angenommen  ist.  Da  die  Helligkeit 
eines  Platzes  wesentlich  von  der  Gröfise  des  Himmelstückes  abhängt, 
welches  den  Platz  beleuchtet,  so  ist  die  Messung  jener  Grüfie  not- 
wendig. Leonhard  Websr  hat  auch  diese  Messung  durch  Erfindung 
seines  sinnreichen  Raumwinkehnessers  sehr  erleichtert.  Der  Vor- 
tragende legte  Modelle  Tor,  welche  er  hatte  anfertigen  lassen,  um 
die  schwierigen  stereometrischen  Verhältnisse  des  Raumwinkels  nnd 
seiner  Quadratgrade  leichter  verständlich  zu  machen.  Ifit  Webers 
Apparat  hat  er  in  denselben  Anstalten  an  allen  Plätzen,  an  denen 
er  bei  trüben  und  hellen  Tagen  das  Licht  gemessen,  auch  die  Ranm- 
winkel  festgestellt.  Es  ergab  sich  aus  Hunderten  Yon  Messungen, 
dafs  an  Plätzen,  welche  weniger  als  50  Quadratgrade  Ranmwinkel 
zeigten,  bei  trübem  Wetter  weniger  als  10  Meterkerzen  Helligkeit 
Torhanden  waren.  Daher  wählte  er  als  Minimum  des  Raumwinkds 
für  einen  Schüler  ÖO  Quadratgrade ;  auch  dieses  Minimum  ist  jetzt 
allgemein  angenommen.^ 

Nach  diesen  Erörterungen  der  Methodik  legte  Professor  Gohk 
zunächst  die  Pläne  der  Klassen  des  Magdalenäums  Tor,  in  welchen 
alle  Plätze  schraffiert  waren,  an  denen  er  den  öffiiungswinkel  kleiner 
als  5^  gefunden  hatte.  Da  zeigte  sich  denn,  dafs  von  den  5  Parterre- 
klassen 4  unbrauchbar  waren.  In  zwei  Klassen  war  nur  Vs — V«^ 
in  einer  nur  Vs  ^ind  in  der  vierten  gar  nichts  benutzbar;  denn 
selbst  ganz  yom  am  Fenster  betrug  der  Öffnungswinkel  nur  3^. 
Von  den  7  Klassen  im  ersten  Stock  waren  5,  von  den  6  Klassen 
im  zweiten  Stock  S  unbrauchbar,  indem  '/«,  Ve,  V^»  V*  <ies  Zimmers 
den  öffiiungswinkel  kleiner  als  5  ^  zeigten.  Im  ganzen  also  erwiesen 
sich  von  18  Klassen  12  zu  finster.  Dieser  Fehler  ist  nicht  in 
beseitigen  durch  Anlegung  gröfserer  und  breiterer  Fenster,  da  stets 
das  Kirchendach,  das  mindestens  40  m  hoch  ist,  und  die  drei- 
stöckigen Häuser  der  engen  Schuhbrücke  einem  dort  errichteten 
Schulhause  das  Hinunelslicht  entziehen  müssen.  Selbst  im  dritten 
und  vierten  Stock  würde  die  Beleuchtung  der  nach  Norden  gelegenen 
Zünmer  nicht  ausreichend  sein;  es  fragt  sich  auch,  ob  die  Fundamente 
einen  dritten  und  vierten  Stock  tragen  könnten.  Hier  hat  sich  die 
Nichtbefolgung    des    1866    von   der   schlesischen   Gesellschaft   den 


»  Vergl.  jedoch  diese  ^Uachrift,  1894,  No.  2,  S.  90—92.    D.  Bed. 


156 

Behörden  erteflten  Bates,  Schulen  nicht  dicht  an  hohe  Kirchen  zu 
baoen,  hitter  gerächt.  Über  dem  Portale  des  Magdalenäoms  prangen 
die  Worte:  „An  dieser  Stelle  Ton  Grand  ans  neu  aufgebaut  1867;" 
diese  Inschrift  ist  ein  Hohn  auf  die  moderne  Schulhygiene.  Der 
beste  Wunsch  zum  zweihundertfanfdgjährigen  Jubiläum  der  Anstalt 
ist  der,  daCs  sie  an  eiaen  heUen  Platz  verlegt  werde.  Es  gibt 
noch  gute  Plätze  far  Schulen  in  der  Stadt,  z.  B.  das  Grundstock 
Ton  Weberbauer  in  der  Zwingerstrafse,  das  Zadigsche  Haus,  Breite- 
strabe  26,  und  die  alte  Börse  am  Blücherplatz.  Hier  ist  die 
Entfernung  der  gegenüberliegenden  Häuser  mehr  als  doppelt  so  grofe 
wie  ihre  Höhe ;  die  Zimmer  müssen  also  hell  genug  werden.  In  den 
Vorstädten  fehlt  es  auch  keineswegs  an  geeigneten  Plätzen.  Mögen 
die  Stadtkinder  jeden  Tag  vor  das  Thor  zur  Schule  spazieren! 
Aber  an,  die  Magdalenen-  und  £lisabethkirche  gehören  keine  Gym- 
nasien. 

Hierauf  legte  der  Vortragende  die  Pläne  des  neuen  Kanonenhof- 
sdmlhanses  an  der  Taschenstrafse  vor.  £r  rühmt  die  grolsen  und 
breiten  Fenster,  von  denen  jedes  3,50  qm  Fläche  habe,  er  findet 
aach  eine  AnziJü  Zimmer  vortrefflich  beleuchtet,  aber  leider  nicht 
alle  genügend.  In  dem  Plane  jeder  Klasse  wurden  zwei  Schraffierungen 
vorgenommen,  eine  dunkle  an  den  Plätzen,  wo  gar  kein  Himmel 
gesehen  werden  konnte,  und  eine  hellere,  wo  der  Raumwinkel  kleiner 
als  50  Quadratgrade  war.  Die  Parterreräume  vorn  heraus  nach 
der  Taschenstraüse  wurden  verständigerweise  zu  Läden  eingerichtet. 
Zwei  Klassen  aber,  die  nach  Süden  gehen,  sind  für  die  Töchter- 
sehnle  bestimmt.  Yon  diesen  ist  der  dritte  Teil  der  einen  unbrauchbar. 
Zwei  nach  Norden  gelegene  Zimmer,  auf  dem  Plane  ursprünglich 
als  Klassen,  jetzt  aber  als  „reserviert^  bezeichnet,  sind  ganz  zu 
verwerfen,  da  bis  3  m  von  der  Wand  gar  kein  Himmel  sichtbar  ist. 
Ins  4,5  m  nicht  50  Quadratgrade  vorhanden  sind.  Solche  Reserve- 
zimmer  sind  sehr  bedenklich,  da  sie,  wenn  ÜberfUllung  eintritt, 
doch  zu  Klassen  benutzt  werden.  Sie  mttfsten  ein  für  allemal 
nicht  als  „reserviert/  sondern  als  „kassiert^,  als  unbrauchbar  für 
ünterrichtflBwecke  bezeichnet  werden.  Im  ersten  Stock  befinden  sich 
13  Klassen,  darunter  7  schlechte,  bei  denen  nur  Va  bis  Vs  zu 
verwenden  ist.  Ein  sehr  helles  Bibliothekzimmer  könnte  besser  als 
Klasse  dienen.  Schlecht  sind  die  drei  Zimmer  gegenüber  dem 
dreistöckigen  Hause  Taschenstrafse  No.  1  und  2  (altes  Theater), 
sehr  gut  dagegen  die  gegenüber  dem  Oebäude  No.3,  welches  nur  einen 
Stock  hoch  ist.  In  letzterem  hat  der  dunkelste  Platz  noch  immer 
81^,  statt  50^  £iu  Zimmer,  das  nach  Süden,  nach  der  Liebichs- 
böhe  sieht,  zeigt  sogar  91  Qnadratgrade  am  dunkelsten  Platze.  So 
nAssen  Schulzimmer  beschaffen  sein.     Im  zweiten  Stock  sind  von  den 


156 

14  Klassen  leider  anch  5  zur  Hftlfte  und  mehr  unbrauchbar.  Im 
dritten  Stock  sind  von  14  Zimmern  11  sehr  schön;  das  auf  dem 
Plane  mit  Ko.  270  bezeichnete  Zimmer  hat  am  finstersten  Platze 
160  Quadratiprade  statt  50.  Aber  leider  sind  3  Yorderzimmer  nach 
der  Taschenstrabe,  nnter  ihnen  der  siebenfenstrige  Zeichensaal,  za 
Va — Vs  nngenflgend  beleuchtet.  Ein  helles  Konferenzzimmer  sollte 
besser  als  Klasse  verwendet  werden.  Unter  45  Klassen  dieses  neuen 
Grebändes  sind  also  im  ganzen  mindestens  9  nicht  hinreichend  belli 
d.  h.  der  fünfte  Teil.  Der  Vortragende  meint,  daTs  sich  dies  im 
▼orans  berechnen  liefs.  Denn  die  Taschenstrafse  ist  nicht  doppelt 
so  breit,  wie  das  alte  Theater,  das  drei  Stockwerke  nebst  Dachstahl 
besitzt  and  mindestens  25  m  hoch  ist;  sie  hat  vielmehr  an  der 
Stelle  des  Scholhanses  nur  13,5  bis  13,8  m  Breite.  Wenn  man  den 
ersten  Stock  benatzen  wollte,  so  hatte  die  Entfemong  des  Scholhanses 
vom  gegenüberliegenden  Hanse  38  statt  14  m,  bei  Benatzang  des 
zweiten  Stockes  26  statt  14  m,  bei  Benatzang  des  dritten  Stockes 
18  statt  14  m  betragen,  das  Schalhaas  also  am  24,  bezw.  12  oder 
4  m  zarückgerUckt  werden  müssen.  Non  aber  sind  die  7  Zimmer, 
welche  dem  hohen  Hanse  gegenüberliegen,  für  immer  geschädigt, 
das  läfst  sich  nicht  ändern.  Aber  dasselbe  Geschick  droht  leider 
noch  8  Zimmern,  die  nach  der  Taschenstrafse  gehen,  sobald  das 
jetzt  niedrige  einstöckige  Haas  No.  3  ebenfaUs  einen  Aafbaa  bis 
zam  dritten  Stock  erhalten  wird.  Damit  wenigstens  diese  Gefahr 
abgewendet  werde,  mnfs  das  erw&hnte  Hans  baldigst  von  der  Stadt 
angekanft  werden ;  sonst  werden  die  jetzt  sehr  hellen  Zimmer  ebenso 
finster,  wie  ihre  Nachbarn.  Aach  war  bei  der  Schmalheit  des 
Kanonenhofes  and  der  Höhe  der  Hinterhäaser  der  Ohlaaerstrafse 
voraaszasehen,  dals  die  diesen  gegenüberliegenden  6  Zimmer,  welche 
nach  Norden  sehen,  im  ersten  and  zweiten  Stock  za  dankel  werden 
würden.  Es  wird  meist  gesagt,  der  einjährige  Anfenthalt  in  eiser 
danklen  Klasse  sei  nicht  schädlich,  wenn  die  anderen  Jahre  nnr  in 
hellen  Räamen  verbracht  würden.  Allein  der  Vortragende  hat  sich 
bei  seinen  eigenen  Kindern  vom  Gegenteil  überzengt.  Es  ist  sehr 
za  wünschen,  dals  in  den  Anstalten,  deren  früher  gnte  Parterre- 
zimmer durch  vorgezogene  Nenbaaten  verschlechtert  worden  sind, 
die  Rektoren  ins  Parterre  zögen  and  ihre  hellen  Räame  in  den 
oberen  Stockwerken  den  Schülern  überlielsen.  Bedauerlich  findet 
der  Vortragende  aach  die  Anschaffung  von  lackierten  Blechschirmen 
für  die  Lampen  der  neaen  Kanonenhofschnle.  Vor  8  Jahren  bat 
er  bereits  nachgewiesen,  dafs  anter  diesem  Schinne  die  Helligkeit 
nar  9  Meterkerzen,  dagegen  anter  einem  ebensogrolsen  polierten 
Blechschirme  64  Kerzen  beträgt.  Zndem  ist  letzterer  noch  69  Pfennige 
billiger  als  der  lackierte.    Vielleicht  liefse  sich  diese  Bestellang  noch 


167 

rückgängig  machen.  Bei  aller  Anerkennung  der  baulichen  Leistungen 
and  des  offenbaren  Bestrebens  der  Baumeister,  etwas  Gutes  auf  dem 
gegebenen  Platze  zu  liefern,  scheint  es  doch,  als  wären  die  Pläne 
Tor  dem  Bau  nicht  grandlich  genug  in  Bezug  auf  das  Licht  geprüft 
worden.  In  die  enge  Taschenstrafse  gehört  ein  neues  Schulhaus 
ebensowenig,  wie  Tor  die  hohen  Ejrchen  der  Stadt.  Die  Zuziehung 
Ton  sachverständigen  Schulärzten  wird  in  Zukunft  bei  Schulbauten 
nnerläCaJich  sein. 

Zur  Yerantwortlielikeit  der  Lehrer  bei  Unglficksfällen 

auf  Schnlansflugen. 
Besehlnfs  des  Vereins  akademisch  gebildeter  Lehrer 

in  Elsafs-Lotkringen. 

In  der  am  14.  Oktober  y.  J.  zu  Stralsburg  abgehaltenen 
Bevollmächtigtenversammlung  des  Vereins  akademisch  gebildeter 
Lehrer  in  Elsafs-Lothringen  wurde  folgender  Antrag  der  Ortsgruppe 
Weilsenburg,  betreffend  die  laut  Artikel  1384  c  und  d  des  bürger- 
lichen Gesetzbuches  bestehende  Verantwortlichkeit  der  Lehrer  bei 
Unglflcksfällen  auf  Schulausflügen,  angenommen: 

Um  soviel  als  möglich  unangenehmen  Erfahrungen  bei  Unglücks- 
fällen auf  Schnlausflügen  vorzubeugen,  empfiehlt  es  sich,  den  Schul* 
gesetzen  folgenden  Satz  hinzuzufügen: 

„£ltem  oder  deren  Stellvertreter,  welche  gegen  die  Be- 
teiligung ihrer  Söhne  oder  Pfleglinge  an  den  Schulausflügen  keinen 
Einspruch  erhoben  haben,  verzichten  darauf,  den  die  Aufsicht 
führenden  Lehrer  für  einen  Unfall,  den  ihr  Sohn  oder  Pflegling 
erleidet,  oder  einen  Schaden,  den  er  veranlafst,  nach  Artikel 
1384  c  and  d  des  bürgerlichen  Gesetzbuches  haftbar  zu  machen, 
da  selbstverständlich  vom  Lehrer  aUes  Mögliche  gethan  wird, 
solches  zu  verhindern.*^ 
Die  Artikel  1384  c  und  d  lauten: 

1384  c.  Verantwortlich  sind  Lehrer  und  Handwerker  für  den 
Schaden,  welchen  ihre  Zöglinge  und  Lehrlinge  während  der  Zeit, 
wo  dieselben  unter  ihrer  Aufsicht  sind,  verorsacht  haben. 

1384  d.     Die  oben  bemerkte  Verantwortlichkeit  tritt  ein,  sofern 

die  Lehrer  und  Handwerker  nicht  beweisen,   dals  sie  die  Handlung 

nicht  verhindern  konnten,  welche  diese  Verantwortlichkeit  veranlafst. 

Zur  Begründung  des  Antrages  wurden  von  dem  Bevollmächtigten 

Weibenburgs  folgende  beiden  Fälle  angeführt. 

Bei  einem  mit  einem  Fackelzug  verbundenen  Schulfest  des 
dortigen  Gymnasiums  warf  ein  Schüler  seine  Fackel  unvorsichtig  fort 
und  verletzte  emen  Knaben  aus  der  Zuschauermenge  am  Auge. 
^  Yater   des   letzteren   verlangte  infolgedessen  von  dem  Direktor 


158 

100  Mark  Schadenersatz,    welche   dieser  anch  zahlte,    nm  es  mcht 
zur  Klage  kommen  zu  lassen. 

Etwas  Ähnliches  trug  sich  im  Sommer  1893  bei  einem  Ans- 
änge zn,  welchen  der  Yolksschnllehrer  des  Dorfes  Weüer  bei 
Weiisenbnrg  mit  seinen  Schfilem  unternahm.  Ein  Knabe  rollte 
einen  ziemlich  schweren  Stein  den  von  ihm  erklommenen  Abhang 
herunter  und  verletzte  dadurch  einen  Mitschüler  an  Mund,  Kiim 
und  Brust,  so  dafs  derselbe  ohnmächtig  zusammenbrach.  Obgleicfa 
der  Yater  des  Verletzten  selber  am  Ausfluge  teilgenommen  hatte,  so 
verlangte  er  doch  die  Erstattung  der  Kurkosten  vom  Lehrer,  welcher 
dieselben,  da  ihm  im  Weigerungsfälle  ein  Prozels  angedroht  wurde, 
schlieCslich  auch  bezahlte. 


der  städtiscben  Sehnlen 
Vom  Wiener  Stadtrat. 

In  der  Sitzung  des  Wiener  Stadtrates  vom  5.  Oktober  v.  J. 
referierte  Stadtrat  von  Nbumajtn  nach  der  „N.  JFV.  IV."  über  die 
Bestimmungen  für  die  Ausführung  der  Heizungs-  und  Lüftongsanlagea 
in  den  städtischen  Schulen.  Der  Referent  legte  die  vom  Stadtban- 
amte  eingeholten  Berichte  über  die  Schulheizungen  in  Berlin,  Dresden, 
München,  Hamburg,  Stuttgart,  Hannover  und  Karlsruhe  vor  und 
stellte  nach  eingehender  Besprechung  •  der  Frage  die  folgendeo 
Anträge: 

1.  Für  die  Schulen  mit  einer  gröfseren  Anzahl  von  Lehr- 
zimmem  ist  Gentralluftheizung  mit  Dampfniederdruckheizkörpera  znr 
Erwärmung  der  Luft  in  den  Heizkammem  anzuwenden. 

2.  Für  Schulen  mit  einer  geringeren  Anzahl  von  Lehrzimmem 
sollen  regulierbare  Füllöfen  mit  Yentüationseinrichtnng  in  Anwendung 
kommen. 

3.  Versuchsweise  sind  in  den  denmächst  zu  erbauenden  Schulen 
die  in  Dresden,  Berlin  und  München  in  Anwendung  stehenden  Heiz- 
systeme mit  in  den  Schulzinmiem  aufgestellten  Heizkörpern,  und  zwar 
mit  Warmwasseranwendung  einerseits  und  Dampfiiiederdruck  anderem 
seits  auszuführen. 

4.  Der  städtische  Heizinspektor  ist  zu  beauftragen,  durch  eine 
Studienreise  nach  den  benannten  Städten  sich  über  die  daselbst 
gemachten  Erfahrungen,  insbesondere  rücksichüich  der  Detail- 
einrichtungen, zu  informieren. 

Der  Stadtrat  hat  diese  Anträge  bis  auf  Punkt  4,  über  weldien 
die  Beschlufsfassung  vertagt  wurde,  sämtlich  genehmigt. 


159 


Aitintxt  M\iitx[nn%tn. 


le  S^miBarknrsey   so  laatet  der  Titel  eines  Auf- 
Sitzes,  den  Kreisphysikas  Dr.  Dtrxnvukth  zn  Bütow  in  der  „Ztschr, 
f.  MedübeamL"  yeröffentlicht.     Nach  Zeitongsmeldungen,  so  schreibt 
derselbe,  wird  höheren  Orts  beabsichtigt,  in  den  Schnllehrerseminaren 
hygienische  Korse  einzuführen.     Einige  Vorbereitung  in  der  Gesond- 
heitsknnde   erhalten   die  Zöglinge    schon  jetzt  gelegentlich  des  an- 
tiuropologischen ,    zoologischen    and    botanischen    Unterrichts.      Sie 
werden    belehrt   Aber   den  Ban   des   menschlichen  Körpers  nnd  die 
Yerrichtiuig   seiner   Organe,   über  Entwickelang,  Wandelangen   and 
Wanderungen    der   menschlichen   Parasiten;    in   den   Seminargärten 
werden    die    wichtigsten    einheimischen  Giftpflanzen  gezogen,    durch 
Modelle  die   Giftpilze  yeranschaulicht,  es  wird  beim  Turnunterricht 
das  HüfsYerfahren  bei  plötzlichen  UnglücksfiUlen  (Scheintod  bei  Er^ 
trinken,  Ersticken  durch  Kohlendunst,  Erhängen)  gelehrt  und  geübt. 
Trotzdem  erscheint  das  bisher  Gebotene  noch  recht  unzulänglich  und 
d&e  beträchtliche  Erweiterung  des   hygienischen  Wissens    der   zu- 
kOnftigen  Yolksbildner  sehr  wünschenswert,  weshalb  wir  die  geplante 
Ebuichtang  nur  mit  Freude  begrüÜBen  können.    Der  Elementarlehrer, 
unbesondere  der  ländliche,  ist  ein  Sohn  des  Volkes  und  steht  durch 
Beruf  und  Verkehr  mitten  im  Volke.     Er  kennt  dessen  Wohnstätten 
and  Gewohnheiten,    seine   Sitten   und  Unsitten,    seine  Lebensweise 
uid  Lebensverhältnisse.     Vermöge  seiner  ganzen  Stellung  und  seiner 
böheren  Bildung  genie&t  er  in  breiten  Kreisen  Ansehen  und  Einflufs; 
sein  Wort   und  sein  Bat  sind  von  Gewicht  und  Geltung.     Wie  ein 
FVemdling  jedoch  und  ratlos  steht  er,  zumal  im  Anfang  seiner  Läuf- 
ig gemeingefährlichen  und  ansteckenden  Krankheiten  gegenüber, 
wenn  sie  die  Schwelle  des  Schulhanses  überschreiten.    Keine  Ahnung 
hat  der  junge  Lehrer  von  den  Merkmalen,  unter  welchen  Scharlach, 
IHplitherie,    Trachom  u.  s.  w.    in  die  Erscheinung  treten.     Welcher 
Medizinalbeamte   hat   es  aber  nicht  schon  erfahren,    wie  oft  gerade 
die  Schale  den  Herd  und  das  Mittelglied  zur  Verbreitung  und  Ein- 
lustimg  gefthrlicher  Epidemien  bildet?    Ein  oder  mehrere  Schüler 
sind  krank  gemeldet  und  fehlen  Yielleicht  eine  Woche  lang  in  der 
Sebole.    Nachdem  sie  während  der  Zeit  das  Zimmer  oder  das  Bett 
^ütet  und    wohl   auch   Besuche   von   ihren  Mitschülern    erhalten 
^beii,  erscheinen    sie    wieder,  kaum  halb  genesen,    aber  noch  voll 


160 

mit  Anstecktmgsstoff  beladen.     Kurz  darauf  erkranken  die  Nadibar- 
schtQer;    zusehends   mehrt    sich   die   Zahl    der   Aasständigen,    bald 
ist   die  Schule  entYölkert,    das  ganze  Dorf  verseucht.     Nun  endlich 
wird    der  bekannte  schwerfällige  Apparat  in  Bewegung  gesetzt,  der 
Landrat  Yon  der  Sachlage  benachrichtigt,  der  Gemeindeyorsteher  — 
Fristyermerk   fllnf  Tage  —  beauftragt,    die  Krankheit   durch  einen 
Arzt   konstatieren   zu   lassen.     Erst   wenn    dieser   dem  Kinde  den 
Namen    gegeben,    wird    der  Kreisphysikus  angewiesen,    an  Ort  and 
Stelle  Vorkehrungen    gegen    die  Überhandnähme    der  Kalamität  m 
treffen.     Freilich   ist  mittlerweile  schon  ein  halbes  Dutzend  Kinder 
und  darflber  auf  den  Kirchhof  gebracht  und  Haus  für  Haus  in  ein 
Lazarett    verwandelt.     Kein  Wunder,    wenn  jetzt   die  angeordneten 
Ma(sregeln    so    herzlieh    geringe  FrQchte    tragen!     Wieviel    weniger 
Opfer   hätte  die  Seuche  verschlungen,    wenn   der  Lehrer  im  stände 
gewesen   wäre,    gleich   die  ersten  Fälle  sofort  zu  erkennen  oder  zu 
vermuten  und  bei  der  Behörde  auf  Untersuchung  zu  dringen.    Diese 
Fähigkeit    wird    er    sich    aber    nur   nach    vorheriger,    im  Seminar 
empfangener    Anleitung    zu    eigen    machen    können    (?    D.    Red.). 
Verstand  es  der  Vortragende  dort,  die  Ursachen  und  das  Wesen,  den 
Verlauf  und   die  Gefahren   der  gewöhnlichen  Volkskrankheiten  kun 
und   bündig,   aber  auch  klar  und  deutlich  darzulegen,   so  wird  sein 
Wort  sicherlich  im  Ohr  des  Hörers  haften.    Mit  der  blofeen  Kenutnis 
des  Feindes  ist  es  aber  nicht  gethan,  es  muDs  auch  gezeigt  werden, 
wie  er  sich  vermeiden  oder  möglichst  unschädlich  machen  läfst  durch 
Reinlichkeit,  Wäschewechsel,  Zufuhr  frischer  Luft,  Vernichtung  der 
Abgänge,  Handhabung  des  Desinfektionsverfahrens.     Mit  diesen  Vor- 
beugungsmitteln  mufs  der  Lehrer  um  so  notwendiger  vertraut  sein, 
als  derselbe  ja  häufig  genug  in  die  Lage  kommt,  sie  in  seiner  eigenen 
Familie    anzuwenden    und    dafOr  Sorge    zu    tragen,    dafs  sein  Hans 
nicht  zum  Ausgangspunkt  einer  verheerenden  Seuche  werde.  Selbst- 
verständlich   wird    bei    diesem   Unterricht    nicht   von   patholo^sdi- 
anatomischen   Belehrungen,    von    chemischen    oder   mikroskopischen 
Untersuchungen    die  Rede   sein  dürfen,    noch  viel  weniger  von  Be- 
handlungsmethoden   oder   Heilmitteln.     Der  Unterricht    bezweckt  ja 
nicht,    den   künftigen  Lehrer  zum  Bacillenfänger   oder  HeilkOnstler 
abzurichten,  sondern  vor  allem  ihm  die  Fähigkeit  zum  Erkennen  der 
charakteristischen   Merkmale    beizubringen,    unter   denen   die  land- 
läufigen   ansteckenden    Volkskrankheiten    sich    darstellen,     nflmlich 
Cholera,    Blattern,    Scharlach,    Masern,   Typhus,  Diphtherie,  Krupp, 
Genickstarre,  Trachom,  Krätze.    An  die  Urheberin  der  letztgenannten 
schliefst    sich   die  Betrachtung  der  anderen  Schmarotzer,    besonders 
der  Trichine    und    des  Bandwurms,    welche  mit  Rücksicht  auf  ihre 
Gemeinschädlichkeit  doch  noch  gründlicher  und  ausfährlicher,  als  es 


161 

bisher  im  Unterricht  möglich  war,  behandelt  werden  müssen.  Einer 
eingehenden  Wiederholung  bedürfen  anch  die  wichtigsten  chemischen, 
pflanzlichen  und  tierischen  Gifte,  wie  das  der  Hnndswut  und  das 
Schlangengift,  mit  Angabe  der  in  dringenden  Fällen  geeigneten 
Hausmittel.  Die  HillBleistnngen  des  Lehrers  bei  plötzlichen  Unglücks- 
flLDen  möchte  ich  nur  auf  die  mit  unmittelbarer  Lebensgefahr  yer- 
bundenen  beschränken,  nicht  aber  auf  die  übrigen  ins  Samariterfach 
einschhigenden  ansdehnen.  Die  Herren  haben,  wie  man  sagt,  ohnedies 
zowttlen  Neigong,  den  Ärzten  ins  Handwerk  zu  pfuschen,  und  es 
scheint  nidit  rätlidi,  sie  auf  diesen  Boden  noch  weiter  zu  verlocken. 
Ein  höchst  ergiebiges  Feld  zur  Ausübung  der  Gesundheitspflege  findet 
der  Lehrer  in  den  ihm  teils  als  Wohnung,  teils  zur  Wahrnehmung 
sdnes  Berufs  überwiesenen  Räumen.  Bis  die  Zeit  des  Schxdarztes 
kommt,  wird  mutmafslich  nicht  nur  mancher  Tropfen,  sondern  auch 
mancher  Hektoliter  Wasser  in  den  Ocean  fliefsen.  So  lange  muüs 
in  Tiden  Dingoi  der  Lehrer  fnr  ihn  eintreten.  Er  findet  in  seinem 
Bereich  dankbare  Aufgaben  die  Fülle.  Für  diese  muft  sein  Auge 
geschärft  werden.  Wie  häufig,  namentlich  auf  dem  Lande,  die 
Schulzimmer  und  Lehrerwohnungen  den  hygienischen  Anforderungen 
ins  Gesicht  schlagen,  wie  oft  in  den  zugigen,  nafskalten  Räumen 
chronischer  Muskel-  und  Gelenkrheumatismus,  Kopfechmerz,  Bleich- 
sndit  und  Bmstleiden  ihren  Ursprung  haben,  weüs  jeder  Kollege 
ans  eigener  Erfahrung.  Wie  kläglich  es  auf  dem  Lande  um  die 
Wsflserentnahmestellen  und  Abortanlagen  meistenteils  bestellt  ist,  wie 
oft  man  daselbst  beide  in  bedenklichster  Nachbarschaft  findet,  ist 
ebenfalls  männigüch  bekannt.  Der  Lehrer,  der  über  die  schweren 
Kaehtefle  Terunreinigten  Trinkwassers  unterrichtet  ist,  wird  auch  für 
Beseitigung  unerträglicher  Übelstände  in  seiner  Sphäre  zu  wirken 
wissen.  Über  den  wichtigsten  Abschnitt  des  Kursus,  enthaltend  die 
Gnmdlehren  der  speciellen  Schulhygiene  mit  ihrem  reichen  haupt- 
fiftchlich  dem  Schutz  der  Augen  und  der  Lungen  dienenden  Stoff,  wie 
Schulbänke  und  Schultlsche,  Luftemeuerung,  natürliche  und  künst- 
Udie  Beleuchtung,  Heizung  (Ofenklappe  und  Kohlendunst),  Vermeidung 
der  Staubscbädigungen  u.  s.  w.,  kann  ich  mich  in  dem  engen  Rahmen 
dieses  Aufsatzes  nicht  weitläufig  auslassen.  Sache  des  unterrichtenden 
—  da(s  dieser  nur  ein  Arzt,  sei  es  derjenige  der  Anstalt,  sei 
es  ein  Medizinalbeamter,  sein  kann,  ist  selbstyerständlich  —  wird 
^  sein,  das  gesamte  Material  in  etwa  15  Yortragsstunden  zu 
bewältigen.  Damit  die  erworbenen  Kenntnisse  sich  nicht  zu  schnell 
verfiüchtigen,  sondern  im  Gegenteil  als  dauernder  Besitz  mit  ins 
Leben  hinübergenommen  werden,  dürften  zur  Teilnahme  an  dem 
Knisus  nur  die  im  letzten  Halbjahr  vor  dem  Examen  stehenden 
Jünglinge  heranzuziehen  sein.     Selbst  bei  überhäufter  Beschäftigung 

8chaIttfiuidli«it8pfl«ff«Yn.  11 


162 

wird   sich  ihr  einen  so  wichtigen  Zweck  noch  ein  Stttndchen  m  dar 
Woche  ausfindig  machen  lassen. 

Schriftproben   Yon   gchwachsiniiigeiiy   bezw.   idiotisehei 

sind  Yon  PiPBB  yeröffenüicht  worden.  Nach  der  ^Distk, 
med.  Wochschr.*^  Tersncht  derselbe  an  der  Hand  seiner  Erfahrnngea 
die  nicht  seltene  Neigung  idiotischer  Kinder  zu  Spiegelschrift  ftr 
die  Prognose  zu  verwerten.  Wir  wissen,  dab  bei  rechtsseitiger 
Lfthmnng  der  Kranke,  wenn  er  versucht,  mit  der  linken  Hand 
zu  schreiben,  unter  Umstünden  von  rechts  nach  links  in  Spiegel- 
Bchrift  schreibt.  Dasselbe  wird  bei  rechtshändigen  Kindern  be- 
obachtet, wenn  sie  sich  unwillkürlich  zum  Schreiben  der  linken 
Hand  bedienen,  obwohl  sie  es  mit  der  rechten  erlernt  haben.  Sie 
entnehmen  dabei  unbewuist  das  Erinnerungsbild  aus  der  rechten 
Gehirnhälfte,  wo  es  in  einer  der  linken  Gehirnhälfte  entsprechenden, 
aber  umgekehrten  Weise  enthalten  ist  Piper  glaubt  nun,  beobachtet 
zu  haben,  dafis  bei  deigenigen  idiotischen  Zöglingen,  die  mit  der 
linken  Hand  unbewufst  Spiegelschrift  schreiben,  langsamere  und 
geringere  Fortschritte  erzielt  werden,  als  bei  denen,  welche  keine 
Spiegelschrift  schreiben.  Besonders  häufig  kommt  die  Spiegelschrift 
dort  zur  Beobachtung,  wo  centrale  Störungen  vorhanden  sind.  Es 
ist  also  möglich,  aus  dem  Verhalten  des  Kindes  der  Spiegelschrift 
gegenüber  wenigstens  ein  ungefähres  Urteil  über  seine  grölsere  oder 
geringere  Bildungs&higkeit  zu  gewinnen.^ 

Über  Sehullufi;  hat  der  verstorbene  Professor  Carnbllt, 
unterstützt  von  Herrn  Foggie,  eine  Reihe  von  Untersuchungen 
in  Internaten  angesteUt,  von  denen  einige  in  Aberdeen  lagen,  andere 
in  Vorstädten  oder  in  kleinen  Städten,  noch  andere  auf  dem 
Lande.  Seine  kürzlich  in  dem  „Jaum.  of  PathoL  cmd  Bacienol^ 
veröffentlichten  Resultate  sind  folgende.  Der  Luftraum  pro  Kopf 
war  annähernd  in  allen  Schulen  derselbe.  Trotzdem  fand  sich,  dab 
die  Kohlensäure  und  noch  deutlicher  die  organischen  Stoffe  nod 
Mikroorganismen  mit  Ausnahme  der  Schimmelpilze  von  den  Land- 
nach  den  Stadtschulen  hin  zunahmen.  Die  Untersuchungen  zeigten 
im  ganzen  die  grolse  Überlegenheit  der  mechanischen  Lüftung.  In 
Schulen  mit  dieser  betrug  der  Kohlensäuregehalt  12,3:10000,  das 
Mehr  an  organischen  Stoffen  im  Vergleich  zur  Aufsenluft  1,1  und 
die  Zahl  der  Mikroorganismen  18,5  per  Liter  Luft.  In  Lehranstalten 
mit  blols  natürlicher  Ventilation  dagegen  waren  die  entsprechenden 
Ziffern  16,3,  bezw.  6,0  und  27,8.  Die  Reinlichkeit  der  Kinder  md 
auch    der  Schulgebäude    hatte  auf  die  Menge   der  Mikroorganismen 


'  VergL  diese  Zeitschrift,   1891,   No.  9,   S.  682—583 ;   1892,  No.  i 
8. 166—166;  1893,  No.  6,  S.  338—340.     D.  Red. 


163 

beträchtlichen  EinflniB.  Beine  Kinder  gab'en  63,  schmutzige  159 
Mikroben  auf  den  Liter  Lnft;  in  sanberen  Schnlränmen  wnrden  85, 
in  nnsanberen  139  per  Liter  ermittelt.  Nen  erbaute  Schul- 
hftoser  enthielten  weniger  Mikroorganismen  als  alte,  doch  schwand 
dieser  Unterschied  nach  einigen  Jahren  und  schlug  bei  Mangel  an 
Reinlichkeit  sogar  in  das  Gegenteil  um.  Das  auffallendste  Ergebnis 
aber  war,  dals  die  2iahl  der  Mikroorganismen  in  unzweifelhafter 
Beziehung  zu  dem  Alter  der  Kinder  steht:  je  jünger  die  letzteren, 
desto  mehr  Mikroben;  bei  den  ganz  Kleinen  fanden  sich  167,  in 
Klasse  I  146,  in  U  106,  in  DI  76,  in  lY  69,  in  Y  68  und  in 
Klasse  YI  51  per  Liter  Luft.  Es  mag  dies  daher  rühren,  dafs 
die  Kinder,  je  jünger,  desto  schmutziger  und  beweglicher  sind.  Die 
Lage  der  Schule  hat  auch  eine  gewisse  Bedeutung  für  die  Häufigkeit 
der  Mikroben.  Höher  und  freier  gelegene  enthalten  viel  weniger 
Bakterien,  als  tiefer  und  geschützter  gelegene.  Dagegen  machte 
sich  derEinfluls  des  Wetters  nur  wenig  bemerklich;  doch  schien  an 
kalten,  trockenen,  ruhigen  Tagen  die  Zahl  der  Mikroorganismen  ihr 
Maximum  zu  erreichen. 

Todesfälle  junger  Lente,  yernrsaclit  dnrcli  Ohrfeigen. 

Von  Th.  HfliHANN  in  Warschau  wird  in  der  r.Z^chr.  f,  Ohrhlkde^ 
ein  Fall  beschrieben,  in  welchem  es  sich  um  einen  bisher  völlig 
gesunden,  einige  Male  geohrfeigten  jungen  Menschen  handelte.  Un- 
mittelbar nach  den  Schlägen  flols  etwas  Blut  aus  dem  linken  Ohr, 
infolge  von  Trommelfellzerreüsung,  und  es  trat  leichter  Schwindel 
ein.  Nach  36  Stunden  bestand  blutig-eiteriger,  später  eiteriger  Aus- 
iinls,  schweres  Schwindelgefühl,  kleiner  und  rascher  Puls.  Die 
Temperatur  ging  Ton  36,9®  C.  allmählich  auf  36,0®  herab.  Einige 
Tage  später  folgte  Brechen.  Der  Tod  trat  nach  Ablauf  einer  Woche 
ein.  Während  die  Diagnose  auf  eitrige  Mittelohrentzündung,  Gehim- 
eTschflttemng  und  ein  wahrscheinliches  Leiden  des  Kleinhirns  gestellt 
war,  ergab  die  Leichenöffnung  die  Unversehrtheit  des  letzteren  und  neben 
TrommelfeUzerreifsung  und  Eiter  in  der  entzündeten  Tronmielhöhle 
nur  Blutflberfttllung  und  Bluterguis  in  die  Hirnhaut  und  die  Seiten- 
Tentrikel  des  Gehirns,  auiserdem  linksseitige  trockene  Brustfellentzündung 
ond  Lungenhyperämie.  In  einem  früher  von  demselben  Autor 
beobachteten  ähnlichen  Falle  bestand  chronische  Mittelohr-  und 
Warzenfortsatzeiterung,  und  der  Tod  erfolgte  gleichfalls  acht  Tage  nach 
der  Ohrfeige.  Man  ersieht  hieraus,  wie  gefährlich  dies  aus  den 
Schulen  noch  inuner  nicht  völlig  verbannte  Disdplinarmittel  werden 
kann. 

Radfohrerkranklieiten  lautet  der  Titel  eines  Aufsatzes,  den 
Dr.  AxBL  WiNCKLEK  in  „D.  är/BÜ,  Prakt,*^  veröffentlicht.  Als  das 
Radfahren    aufkam,     wetteiferten    die    Ärzte    und    Hygieniker    in 

11* 


164 

seinem  Lobe.  Bei  ubs'  war  es  Professor  Nubsbaxtm,  der  diesen 
Sport  mit  begeisterten  Worten  empfahl,  in  Frankreich  Dr.  Tissii, 
ja  in  England  pries  ein  ganzer  Chorus  von  Ärzten  das  Rad  fast  als 
Panacee ;  wir  nennen  Yon  denselben  nur  Dr.  Blacklakd,  Dr.  Richabd- 
80N,  Dr.  jBNNiNas  und  Dr.  Hammond.  Der  bekannte  italienische 
Hygieniker,  Professor  Mantegazza,  aber  schwang  sich  zu  folg^em 
Hymnus  auf:  „Das  Zweirad  ist  der  Triumph  des  menschlichen 
Gedankens  über  die  träge  Materie.  Zwei  Rftder,  die  kaum  den 
Boden  berflhren,  und  die  man  für  Flügel  halten  künnte,  tragen  dich 
in  weite,  weite  Femen  mit  wunderbarer,  berauschender  Schnellig- 
keit, ohne  den  mitleiderregenden  Schweifs  überanstrengter  Tiere, 
ohne  das  h&Tsliche  Ächzen  rauchender  Maschinen.  Ein  Wunder  des 
Gleichgewichts,  der  Einfachheit,  der  Leichtigkeit!  Ein  Maximum  der 
Kraft,  ein  Minimum  an  Werkzeugen,  der  Inbegriff  der  Schnelligkeit 
und  Eleganz!  Ein  Mensch,  der  danach  strebt,  Engel  zu  werden, 
Merkur,  der  aus  seinem  Grabe  auferstanden  ist  und  lebendig, 
greifbar  vor  uns  erscheint  —  das  ist  das  Zweirad."  Nflchtene 
Beobachter  fanden  jedoch  mit  der  Zeit,  dais  das  Yelociped  aach 
seine  Schattenseiten  habe.  Der  bei  Anfängern  so  h&ufige  Sturz  mit 
dem  Rade  gab  den  Chirurgen  reichlich  zu  thun.  Namentlich  der 
Kopfsturz  ist  wegen  seiner  schweren  Folgen,  wie  Sch&ddbruch, 
Gehirnerschütterung  u.  dergl.,  berüchtigt  geworden.  Der  Radfahrer 
bleibt  nämlich  beim  Überschlagen  des  Rades  zunächst  in  seiner 
aufrechten  Stellung,  und  erst  in  dem  Momente,  wo  er  mit  den 
Füfsen  den  Boden  berührt,  reifst  die  Lenkstange  beide  Beine  nach 
rückwärts,  so  dais  er  auf  die  Hände  und  Kniee  ftllt.  Nur  wenn 
die  Greschwindigkeit  eine  sehr  grofse  war  und  die  Hände  dem  Anprsll 
nicht  standhalten  können,  schlägt  auch  der  Kopf  auf  den  Erd- 
boden. Dementsprechend  sind  die  häufigsten  Verletzungen  des 
Radfahrers  Hautabschürfungen  an  Händen  und  Knieen,  Verstauchungen 
der  Handgelenke,  Prellungen,  bezw.  Brüche  der  Kniescheibe.  Der 
berüchtigte  Kopfsturz  konmit  in  der  Regel  blofs  dann  Tor,  wenn 
der  Radfahrer  bei  einer  besonders  scharfen  Kurve  seitwärts  hinans- 
geschleudert  wird,  folglich  nicht  im  stände  ist,  den  Hauptanprall 
durch  Vorstrecken  der  Hände  abzuschwächen,  vielmehr  erst  mit 
einer  Schulter  und  unmittelbar  danach  mit  dem  Kopfe  auf  die  Erde 
aufschlägt.  Nur  besonders  starke  Schädel  halten  einen  solchen  Stofs 
aus.  Fast  noch  bedenklicher  als  die  gelegentlichen  Verietzungen 
beim  Stürzen  sind  die  Folgen  des  sportlichen  MifSsbrauches,  der 
mit  dem  Fahrrade  getrieben  wird,  und  der  bei  Wettrennen  seinen 
Gipfel  erreicht.  Manche  Fahrer,  namentlich  solche,  die  sich  nicht 
ordentlich  trainiert  haben,  erreichen  das  Ziel  in  so  erschöpftem 
Zustande,    dafs   jeder   verständige   Arzt   den   Kopf   dazu   schütteln 


166 

maCs.  Schon  die  schlechte  Haltung  Tieler  Sportslente  anf  dem 
Rade  erregt  Bedenken.  Leider  trachten  nämlich  manche  Anfänger 
den  Katzenhackel  einiger  hertthmt  gewordener  Dauerfahrer  nachzu- 
aiunen,  die,  nm  eine  gröCaere  Kraft  ansähen  zn  können,  die  Lenk- 
stange möglichst  tief  stellen  nnd  infolgedessen  mit  ganz  verkrttmmtem 
Racken  auf  der  Maschine  sitzen.  Zu  Spazierfahrten  und  Tages« 
reisen,  die  nicht  den  Zweck  hahen,  möglichst  viele  Kilometer  zurück- 
znl^en,  sondern  die  Schönheiten  der  Natur  kennen  zu  lernen  und 
den  Lungen  reine  Luft  zuzuführeui  braucht  man  keine  tiefe  Stellung 
der  Lenkstange.  Abgesehen  Ton  der  schlechten  Körperhaltung, 
kommen  bei  denen,  welche  das  nfltzliche  Fahrzeug  zu  einem  Werk- 
zeuge des  Sports  machen,  häufig  Herzhypertrophie,  Lungenblutungen 
und  sonstige  Folgen  der  Überanstrengung  vor.  Nach  Durchnässnngen 
auf  weiten  Touren  an  Begentagen  werden  auch  rheumatische  und 
katarrhalische  Erkrankungen  beobachtet  Alle  die  bisher  aufge- 
zählten Übelstände  des  falsch  betriebenen  oder  flbertriebenen  Rad- 
fahrens  können  auch  bei  sonstigen  forcierten  LeibesObungen  auftreten. 
Wir  kennen  aber  noch  andere  Folgen,  welche  dem  Eadfahrersport 
spedeU  anhaften.  Das  Zweirad  kann  durch  andauernde  Erschütte- 
mng  der  Wirbelsäule  dem  Nervensystem,  insbesondere  dem  ROcken- 
mark,  nachteilig  werden  und  geradezu  eine  Heizung  desselben  her- 
vorrufen. Es  ist  dies  jedoch  nur  bei  weiten  Fahrten  auf  ungttn- 
stigem  Terrain  und  bei  schlecht  gebauten  Rädern  der  Fall.  Seit 
Einfahnmg  des  pneumatischen  Radbelages,  welcher  die  durch  Un- 
ebenheiten des  Bodens  hervorgerufenen  Stöfse  abschwächt,  kommt 
dieser  Übelstand  weniger  als  sonst  zur  Geltung.  Aber  Thatsache 
ist,  dala  die  vibrierenden  Stöfse  der  Maschine  den  zu  Nervenleiden 
disponierten  Personen  schlecht  bekommen.  Eine  andere  Wirkung 
ttbertriebenen  Radfahrens  ist  eine  eigentamliche  Entzündung  der 
Vorsteherdrüse.  Diese  Krankheit  der  Velocipedisten  ist  zuerst  in 
England  beobachtet  worden,  wo  das  Radfahren,  wie  jeder  Sport, 
oft  aulserordentlich  übertrieben  wird.  Dr.  J*  W.  Iridin  berichtete 
im  j^Med.  (md  surg.  Beport.^,  dafs  er  innerhalb  18  Monaten  5  Fälle 
einer  eigenartigen  Entzündung  der  Vorsteherdrüse  zu  behandeln 
batte,  welche  durch  den  Druck  des  Sattels  des  Zweirades  auf  die- 
selbe verursacht  worden  war.  Ähnlich  haben  Dr.  Millee  und 
Dr.  M]tNlERE  in  der  Pariser  Soci^t^  de  m^decine  pratique  über 
einige  Fälle  berichtet,  wo  nach  angestrengtem  Radfahren  Hamröhren- 
eatzflndung  und  Harnzwang  der  Blase  entstand.  Auch  Dr.  Wingklbr 
selbst  beobachtete,  dafs  ein  leidenschaftlicher  Radfahrer  —  er  ist 
sogar  Vorsitzender  eines  Radfahrerbundes  —  lange  Zeit  an  einem 
derartigen  Leiden  laborierte.  Zum  Schlüsse  bemerkt  Verfasser,  dafs 
er  weit  entfernt  davon  sei,    gegen  jedes  Radfahren  polemisieren  zu 


166 

wollen.  Die  gesundheitsfördernden  Wirkungen  einer  milMgen 
Yelocipedbenntzang  seien  unleugbar  und  augenscheinlich.  Er  warnt 
aber  davor,  Kinder  und  junge  Leute  radfahren  zu  lassen,  deren 
Enochenwachstum  noch  nicht  vollendet  ist.  Bei  ihnen  begünstigt 
dieser  Sport  Yerkrammungen  der  Wirbelsäule  und  lälst  auch  Herz- 
affektionen zu  Stande  kommen.  Will  man  trotzdem  ein  Kind  radfahren 
lassen,  so  sorge  man  wenigstens  f&r  eine  äufserst  leicht  gebaute 
Maschine,  deren  Mafse  genau  für  seinen  Körper  passen,  und  dulde 
nicht,  dafs  es  krumm  darauf  sitze.  Wett-  und  Distanzfahrten  aber 
überlasse  man  den  Sportsmen. 

Eine  Schulbank  mit  fester  Distaius  ist,  wie  wir  der  ^Dtsch, 
med.  Wochschr."  entnehmen,  von  Marsch  in  Halberstadt  kon- 
struiert worden.  Die  den  bisher  eingeführten  Schulbänken  anhaftenden 
M&ngel  glaubt  derselbe  in  einer  absolut  fest  gebauten  Bank  vermieden 
zu  haben,  bei  welcher  das  gleichzeitige  Yorhandensein  einer  Plos- 
und  Minusdistanz  durch  zusammentreffende  kurvenartige  Ausschnitte 
sowohl  an  der  Innenseite  der  Tischplatte,  wie  des  Sitzbrettes  ge- 
schaffen ist.  Hier  kann  der  Schüler  beliebig  seine  Stellung  wechseb, 
sitzen  und  stehen  in  ungezwungener,  hygienisch  richtiger  Körper- 
haltung. Auch  soll  sich  die  Disciplin  seitens  der  Lehrer  bei  der 
eigenartigen  Fixierung  des  Schülerplatzes  leichter  als  bisher  aufrecht 
erhalten  lassen.  Der  Einwand,  dafs  durch  die  für  jeden  Schüler 
gewissermalsen  vorhandenen  zwei  Plätze  mehr  Grundfläche  für  die 
Subsellien  als  sonst  erforderlich  sei,  erweist  sich  als  hinfällig,  wenn 
man  berücksichtigt,  da&  für  die  Bemessung  der  Grundfläche  nur  die 
Minusdistanz  in  Frage  kommt,  so  dafs  die  Ersparnis  gegenüber 
Bänken  mit  Plusdistanz  durch  die  Yergröfserung  der  Banklänge  an- 
nähernd ausgeglichen  wird.  Die  Konstruktion  dieser  Bank  hat  den 
besonderen  Vorzug,  dafs  das  Aptieren  alter  Schulbänke  nach  dem 
neuen  System  mit  Leichtigkeit  und  ohne  gröCseren  Kostenaufwand 
vorgenommen  werden  kann. 


Sagesgefi^ii^tlit^es* 


Das  Uuterrichtsprogranim  der  Lehrerbildungsanstalt  des 
deutschen  Vereins  fnr  Knabenhandarbeit  auf  da«  Jahr  1894 

bietet  den  Teilnehmern  folgende  Fächer  zur  Wahl:  Unterweisung  in 
den  Arbeiten  der  Vorstufe  des  Handfertigkeitsunterrichts,  Papparbeit, 
Hobelbankarbeit,  ländliche  Holzarbeit,  Holzschnitzerei,  Metallarbeit, 
ländliche  Metallarbeit,    Formen   in  Thon   und  Plastilina,  Obst-  und 


167 

Gartenbau,  Unterweisung  in  der  beim  Herstellen  yon  physikalischen 
Apparaten  notwendigen  Glasbearbeitnng.  Die  Gesamtleitnng  fbhrt 
der  Direktor  der  Anstalt,  Dr.  W.  GÖTZE,  und  in  Steilvertretang 
desselben  Professor  M.  ZüB  Strassen,  Direktor  des  Kunstgewerbe- 
maseuns  in  Leipzig.  Genflgende  Beteiligung  vorausgesetzt,  werden 
Tier  Iftnfwöchige  ünterrichtskurse,  und  zwar  vom  29.  Mftrz  bis 
2.  Mai,  Tom  25.  Juni  bis  28.  Jiüi,  vom  30.  Juli  bis  1.  September 
ond  vom  3.  September  bis  6.  Oktober  stattfinden.  Nach  Schlufs 
der  Kurse  können  Mitglieder  auf  Wunsch  Bescheinigungen  und  Zeug- 
nisse Aber  ihre  ThStigkeit  und  ihre  Befähigung  fOr  den  Arbeits- 
nnterricht  erhalten.  Das  Honorar,  welches  im  voraus  zu  erlegen  ist, 
betr&gt  60  Mark  fflr  jeden  fünfwöchigen  Kursus  und  15  Mark  für 
das  Material,  wogegen  den  Teilnehmern  die  von  ihnen  gefertigten 
Arbeiten  als  Modelle  fGbr  ihren  kflnftdgen  Unterricht  verbleiben.  An- 
meldungen, sowie  Anfragen  sind  zu  richten  an  Direktor  Dr.  W.  GÖT^E 
in  Leipzig,  Schenkendorfstrabe  61. 

Die  GesimdlieitsyerlüUtiiisse  der  Dorfscbfiler  des  Kreises 
bealiageii  in  Hannover  sind  vor  einiger  Zeit  von  Kreisphysikus 
Dr.  Max  Langsrhans  in  Hankensbflttel  festgestellt  worden.  Nach 
einem  Berichte  desselben  in  der  „Ztsdir,  f.  Medkheamt,*'  waren  von 
den  untersuchten  2367  Kindern  gesund  752  =  74,0  Vo,  krank  615 
=  26,0%  und  nach  Abrechnung  der  Kurzsichtigen  gesund  1879 
=  79,4^0,  krank  488  =  20,6%.  Von  den  1160  Knaben  erwiesen 
sich  gesund  845  oder  72,9%,  krank  315  oder  29,1  7o  und,  wenn 
man  von  den  Myopen  absieht,  gesund  907  oder  78,2%,  krank  253 
oder  21,8%.  Unter  den  1207  Mädchen  endlich  wurden  gefunden 
gesunde  907  =  75,2  7o,  kranke  300  =  24,8  Vo  und  nach  Ausschluls 
der  Kurzsichtigen  gesunde  972  =  80,6  Vo,  kranke  235  =  19,4%. 
Ans  diesen  Zahlen  geht  hervor,  dals  die  Kränklichkeit  der  Schulkinder 
des  Kreises  Isenhagen  verhältnismäbig  gering  ist,  auf  jeden  Fall  sehr 
viel  geringer,  als  sie  bei  den  Schillern  höherer  Lehranstalten  gefunden 
whd,  wo  die  Krankenzahl,  zumal  in  den  obersten  Klassen,  bekanntlich 
eine  aniserordentlich  hohe  zu  sein  pflegt.  Doch  auch  den  Volksschülem 
anderer  Gegenden,  beispielsweise  den  dänischen  ländlichen  Yolks- 
flchnlem  gegenüber,  welche  29%  Kranke  aufzeigen,  erweist  sich  die 
SchuQugend  des  Kreises  Isenhagen  mit  20,6%  Kränklicher  als 
relativ  recht  gesund.  Wie  anderwärts,  so  ninunt  auch  hier  das 
Krankenprozent  während  der  Zeit  des  Schulbesuches,  wenn  auch  nur 
in  geringem  Grade,  zu.  Diese  Zunahme  ist  aber  so  wenig  gleich- 
nAlaig,  da(s  man  kaum  ein  sich  gleich  bleibendes,  allmählich  in 
Khftdlichem  Sinne  auf  die  Gesundheit  der  Kinder  einwirkendes 
Agens  als  die  wesentliche  Ursache  annehmen  kann.  Eine  eingehende 
Betrachtung  zeigt  vielmehr,  dafs  es  zumeist  die  Infektionskrankheiten 


168 


und  ihre  Folgezustfinde  sind,  welche  gewissen  örtlichkeiten  und  andi 
gewissen  Altersklassen  das  Geprftge  einer  grl^ÜMren  Erftakliehkeit 
anfdrftcken.  Was  die  Erkrankungen  der  Schnlkinder  dee  Kreis« 
Isenhagen  im  einzelnen  betrifft,  so  wurde  Kopfschmerz  bei  8,6% 
der  Knaben  und  3,2%  der  M&dchen  beobachtet,  nnd  zwar  zeigte 
derselbe  eine  beachtenswerte  Zunahme  bei  den  der  Pnbertit  sich 
nähernden  beiden  ältesten  Jahrgängen  der  Mädchen  mit  7^%,  bezw. 
7,8%.  Dieselbe  Erscheinnng  fand  sich  anch  beider  Blutarmut, 
an  welcher  1,5%  der  Knaben  und  2,6  7o  der  Mädchen  litten.  Audi 
hier  stieg  die  Zahl  der  Blutarmen  beim  letzten  Jahrgang  der  Mädehea 
Ton  2,1%  auf  5,4%.  Nasenbluten  mit  0,3%  und  Nervositftt 
mit  0,2%  bei  den  Mädchen,  sowie  0,3%  bei  den  Knaben  spieltoi 
nur  eine  sehr  untergeordnete  Rolle.  Appetitlosigkeit  als  solche 
kam  kaum  je  vor.  unter  den  sämtlichen  Kindern  litten  nur  16  danoi, 
und  zwar  meistens  Rekonvalescenten  oder  sonst  schwächliche  lodi- 
Tiduen.  Äufsere  Krankheiten  des  Auges  fanden  sich  recht 
zahkeich,  nämUch  bei  39  Knaben  =  3,3%  und  41  Mädchen 
=  3,2%.  Meist  handelte  es  sich  um  follikuläre  oder  sonstige 
Bindehautentzündungen,  Lidrand-  und  Homhautentzttndungen,  Horn- 
hauttrübungen, Augenzittern  und  Schielen.  Als  kurzsichtig  erwiesen 
sich  Ton  den  2084  Schulkindern  der  ältesten  7  Jahrgänge  106  oder 
7,6%.  Von  den  Mädchen  waren  7,5 7o,  von  den  Knaben  7,8 7o 
myopisch.  Im  einzelnen  yerteilte  sich  die  Kurzsichtigkeit  folgender- 
maben: 


Alter 

Zahl  der 

Zahl  der 

Prosent  der 

in 

nntersachten 

knnaichtlgen 

knruiehtigen 

SU 

Knaben 

Knaben 

Knaben 

Jahren 

und  MAdchen 

und  Mädchen 

und  Mädchen 

7 

310 

25 

8,0 

8 

303 

22 

7,2 

9 

306 

19 

6,2 

10 

269 

21 

7,8 

11 

283 

21 

7,6 

12 

309 

25 

8,9 

13 

304 

28 

9,2 

Snmi 

ma    2084 

160 

7,6 

Die  Hauptursache  der  Myopie  war  offenbar  Vererbung.  £s  wurde 
in  sehr  vielen  Fällen  von  dem  Lehrer  angegeben,  dais  die  Eltern 
oder  die  älteren  Geschwister  myopischer  Kinder  ebenfalls  kurzsichtig 


169 

säen.  Interessant  war  aachi  dab  unter  den  5  Zwillingspaaren, 
wetehe  sich  in  den  Scbnlen  yor&nden,  zweimal  beide  Zwillinge  an 
Knrzsichtigkeit  litten.  Es  verdient  femer  Erwähnung,  daTs  der 
Lehierstand,  welcher  wohl  mit  Becht  als  der  brillentragende  Stand 
not  ^|«x^y  gut,  eine  ganz  nnverbfiltnismäfsig  grolse  Zahl  knrz- 
sichtiger  Kinder  in  die  Scbnlen  geliefert  hatte.  BQckgratsver» 
krümmnng  kam  bei  7  Knaben  =  0,6%,  dagegen  bei  20  Hfidchen 
=  2  %  znr  Beobachtung,  wobei  zweifelsohne  viele  leichtere  Fftlle 
flb^rsehen  wurden.  Die  Hauptschuld  an  der  grolsen  Zahl  der  Bück- 
gratsverkrOmmungen  gerade  bei  M&dchea  scheint  in  dem  häufigen 
Trtgen  jflngerer  Geschwister  zu  liegen.  Skrofulöse  liels  sich  sehr 
oft  konstatieren.  Dabei  wurden  eiternde  Halsdrflsen  u.  s.  w.,  sobald 
sie  das  einzige  Symptom  bildeten,  unter  Tuberkulose  und  nicht  unter 
Skrofoloee  eingetragen,  andererseits  aber  auch  nicht  jedes  Kind,  bei 
dem  die  sorgfiütigste  Untersuchung  nur  eine  einzelne  geschwollene 
Halsdräse  erkennen  lieb,  nun  gleich  als  skrofulös  angesehen.  Nach 
diesem  MaCsstabe  gemessen,  erwiesen  sich  7S  Knaben  oder  6,2% 
and  52  Mädchen  oder  4,3%  als  unzweifelhaft  skrofulös.  Unter 
den  anderen  langwierigen  Krankheiten  müssen  zunächst  die 
Ohrenkrankheiten  erwähnt  werden,  welche  um  so  wichtiger 
sind,  als  sie  häufig  den  Ghrund  zu  unheilbarer  Schwerhörigkeit  legen. 
Der  Zahl  nach  am  häufigsten  waren  eiterige  Ohrenausflttsse,  die  bei 
24  Knaben  und  16  Mädchen  vorkamen.  Schwerhörigkeit,  ohne  dab 
zur  Zeit  der  Untersuchung  Ausfluls  vorhanden  war,  wurde  in  15 
Fällen  ermittelt.  Von  den  40  Kindern  mit  Ohreneiterung  hatten 
26  in  den  beiden  letzten  Jahren  Scharlach  durchgemacht,  während 
bei  5  Kindern  der  Ohrenfluls  als  Folge  einer  schweren  Masern- 
epidemie zurQckgeblieben  war.  Auch  l>ei  den  15  Kindern,  die,  ohne 
Obienfinfe  zu  haben,  schwerhörig  waren,  mufste  siebenmal  Scharlach, 
einmal  Masern  als  Ursache  der  Schwerhörigkeit  angesehen  werden. 
Yen  Hautkrankheiten  wurden  5  Fälle  von  Ekzem,  18  von 
Impetigo  contagiosa  und  8  andere  Dermatosen  notiert.  Interessant 
ist,  dafe  sich  unter  den  18  Impetigokranken  16  Knaben  befanden, 
offenbar  eine  Folge  der  geringer  entwickelten  Beinlichkeit  bei  der 
mSimlichen  Schullugend.  Herzkrankheiten  kamen  bei  10 Kindern 
▼or,  und  zwar  war  einmal  ein  Klappenfehler,  einmal  eine  Yerschie- 
bung  des  Herzens  mit  Herzklopfen  infolge  eines  schrumpfenden 
Exsndates,  dreimal  Yergröfserung  des  Herzens  mit  Herzklopfen  und 
Kurzatmigkeit,  einmal  Unregelmäfsigkeit  und  Schwäche  der  Herz* 
tbätigkdt,  einmal  nur  Herzklopfen  vorhanden.  Was  die  Lungen- 
krankheiten betrifft,  so  zeigte  sich  länger  dauernder  Husten 
fliit  Auswurf  nur  bei  5  Kindern»  von  denen  eines  an  vorgeschrittener 
Longen-  und  Keblkopftnberkulose   litt,    ein   anderes    der   Lungen- 


170 

tuberkulöse  mindestens  sehr  yerdftchtig  war.  Vom  Schnlbesache 
zurückgehalten  wurde  femer  ein  Kind  mit  Tuberkulose  der  Lungen 
und  der  Rflckenwirbelsftule.  Knochen-,  bezw.  Gelenktuberkn- 
lose  fand  sich  bei  3  Kindern.  Wegen  ähnlicher  Leiden  waren  2 
in  auswärtigen  Kliniken  untergebracht.  Rhachitis  höheren  Grades 
kam  bei  3  Kindern  vor.  Defekte  der  psychischen  Thäügkeit 
von  leichtem  Schwachsinn  bis  zum  ausgebildetsten  Blödsinn  wurden 
bei  10  Knaben  und  10  Mädchen  festgestellt,  häutig  mit  Schwerhörig- 
keit, zuweilen  auch  mit  körperlichen  Mifsbüdungen  kompliziert.  Eins 
dieser  Kinder  hatte  gleichzeitig  eine  Hasenscharte,  Mifsbüdung  der 
Ohren  und  Aphasie,  ein  anderes  war  ein  ausgeprägter  Mikrocephalns. 
An  Veitstanz  litten  2  Mädchen,  die  derselben  Schulklasse  an- 
gehörten, an  Epilepsie  3  Knaben  und  3  Mädchen.  Stottern  fand 
sich  bei  23  Kindern,  und  zwar  bemerkenswerterweise  bei  19  Knaben 
und  4  Mädchen.  Soweit  die  kleinen  Ziffern  einen  Schluls  zulassen, 
schien  die  Zahl  der  Stotterer  und  die  Heftigkeit  des  Stottems  während 
des  Schulbesuches  zuzunehmen.  Ein  Knabe  litt  an  Incontinentia 
urinae,  mehrere  an  Bettnässen.  Vier  Knaben  hatten  Leisten- 
brache, einer  litt  an  Wasserbruch.  Schließlich  fanden  sich 
noch  einige  Mifsbildungen,  einmal  beiderseitige  Klumpfftise, 
einmal  Defekt  beider  Ellenbogengelenke,  einmal  eine  Müsbildung 
des  Schädels,  einige  geheilte  Hasenscharten  und  zwei  kleinere  Gefäls- 
geschwtüste.  Im  allgemeinen  ist  der  Gesundheitszustand  der  unter- 
suchten Kinder  günstig  zu  nennen.  Denn  die  langwierigen  Krank- 
heitszustände,  welche  sich  als  Folge  socialen  Elends,  vor  allem 
ungenflgender  Ernährung,  ausbilden,  spielen  hier  ebensowenig  eine 
Rolle,  wie  die  eigentlichen  Schulkrankheiten,  die  als  Folge  geistiger 
Überanstrengung  anzusehen  sind.  Es  waren  vielmehr  fast  ausschließ- 
lich die  Seuchen,  welche  die  Kränklichkeit  der  Schüler  hervorragend 
beeinfluist  hatten. 

Farsballwettstreit  zwischen  den  Studenten  von  Oxford 
nnd  Cambridge.  Wie  alljährlich  ein  Ruderwettkampf  zwisdien  den 
Universitäten  Oxford  und  Cambridge  ausgefochten  wird,  so  ist  dies 
auch  mit  einem  Fufsballwettkampf  der  Fall.  Mitte  Dezember  v.  J. 
fand  er  in  London  statt.  An  10000  Personen  schauten  demselben 
zu.  Keiner  Partei  gelang  es,  ein  Mal  zu  gewinnen ;  Oxford  brachte 
es  aber  doch  einmal  fertig,  den  Ball  dem  gegnerischen  Male  gef&hriich 
nahe  zu  bringen.  Auf  Grund  dieses  Vorkommnisses  wurden  die 
Oxforder  für  Sieger  erklärt. 

Mifsigkeitsnnterrieht  in  den  Schnlen  des  Anslandes.    In 

Amerika  hatten  1891  24  der  38  Staaten  der  Union  obligatorisdien 
Unterricht  eingeführt  in  Physiologie  und  Hygiene  mit  besonderer 
Rücksicht   auf  die  Einwirkungen    der  berauschenden  Getränke  anf 


171 

Gesimdlieit  und  Glück.  ^  Der  gleiche  Unterricht  wird  anf  Beschlnfs 
des  Kongresses  in  allen  Schulen  der  Territorien  erteilt,  so  dafs  also 
die  höchste  gesetzgeberische  Yersammlnng  der  Vereinigten  Staaten  sich 
dafllr  erkl&rt  hat.  Dieselbe  hat  auch  durch  eine  Verordnung  TOm 
Jahre  1886  bestimmt:  „Nach  dem  1.  Januar  1888  soll  niemand  die 
Berechtigung  haben,  in  öffentlichen  Schulen  zu  lehren,  der  nicht  in 
Physiologie  und  Hygiene  mit  specieller  Berücksichtigung  des  Kapitels 
tiber  die  Eigenschaften  der  alkoholischen  Getränke,  sowie  der 
Narkotika  und  deren  Wirkungen  auf  den  menschlichen  Körper  ein 
befriedigendes  Examen  abgelegt  hat.^  Ähnliche  Bestimmungen 
gelten  in  einigen  Teilen  Kanadas  und  anderen  britischen 
Kolonien.  In  Grofsbritannien  ist  mancherlei  der  Art  versucht 
worden.  Am  wichtigsten  erscheint  der  private  Unterricht  für  Schul- 
kinder teils  durch  Redner  der  Mäisigkeitsvereine,  die  in  die  Schulen  ge- 
schickt werden,  teils  durch  die  Kindermftfsigkeitsvereine  „Bands  of  Hope^, 
„JuvenOe  Temples  of  the  Order  of  Good  Templars",  „Juvenile  Sons  of 
the  Phoenix",  „Juvenile  Rechabites"  u.s.w.  Im  ganzen  gab  es  1891 
16724  Mälsigkeitsvereine  für  Kinder,  welche  1975696  MitgUeder 
zählten.  Die  Mäfsigkeitsredner,  die  in  die  Schulen  geschickt  werden, 
halten  dort  nach  der  Schulzeit  kurze  Vortrage  von  */« — 1  Stunde 
fiber  die  Wirkungen  des  Alkohols,  welche  sie  durch  chemische  Experi- 
mente, durch  statistische  Zeichnungen  u.  dergl.  eindringlich  zu 
machen  suchen.  Oft  werden  die  Kinder  aufgefordert,  den  Inhalt 
dieser  Vorträge  aus  dem  Gedächtnis  niederzuschreiben;  die  besten 
Arbeiten  erhalten  Preise.  So  hat  die  ^Band  of  Hope  Union^,  nachdem 
sie  10000  £  Sterling  für  diesen  Zweck  gesammelt  hatte,  vor  einigen 
Jahren  neun  tüchtige  Redner  in  die  Schulen  des  Landes  entsendet; 
diese  haben  in  den  ersten  zehn  Monaten  in  2544  Schulen  vor  277671 
Kindern  gesprochen;  nicht  weniger  als  111832  Kinder  schickten 
Aufsätze  über  das  Gehörte  zur  Freisbewerbung  ein.  Über  240  Orts- 
scfaolkommissionen  haben  die  Erlaubnis  zu  diesen  Vorträgen  erteilt. 
Auch  die  „National  Temperance  League^  unterhält  einen  oder  zwei 
Wanderredner  fQr  die  Schulen,  und  zwar  schon  gegen  dreifsig  Jahre. 
Der  Sekretär  teflte  1889  mit,  dafs  ungefähr  100000  Aufsätze  der 
zuhörenden  Kinder  eingegangen  seien,  von  denen  1820  Preise 
erhalten  hätten.  Bemerkenswert  ist  ein  Beschluls,  den  die  Londoner 
Sdmlkommission  schon  1877  gefasst  hat,  und  der  noch  in  Kraft 
besteht  Sie  hat  nämlich  verfügt,  dals  in  Rücksicht  auf  die  Ver- 
breitung der  Unmäfsigkeit  und  ihrer  schlimmen  Folgen  für  die 
Oesdlschaft    eine    besondere    Belehrung    über    die    Gefahren    der 

*  Vgl.  diese  Zeitschrift,  1890,  No.  5,  S.  297;   No.  10,  S.  613—614. 


172 

Tronksucht  in  allen  Volksschulen  der  Stadt  geboten  werde,  wo  ach 
Gelegenheit  dazu  bietet  Erstens  sollen  die  Lehrer  in  der  enten 
Stande  des  Tages  im  Anschlofs  an  das  Lesen  der  heiligen  Schrift, 
wenn  der  Text  eine  Handhabe  bietet,  mir  Tagend  der  MäUg- 
keit  ermahnen.  Zweitens  können  die  Lese-  nnd  Sefareibbücher 
dem  gleichen  Zwecke  dienstbar  gemacht  werden.  Dritteu 
empfiehlt  es  sich,  an  den  Wftnden  der  Scholzimm^  DarsteUanges 
aaf  Plakaten  anfzohftngen,  die  den  Nutzen  der  Nüchternheit, 
Sparsamkeit  und  Arbeitsamkeit  zeigen.  Viertens  sollen  in  des 
Gesangstunden  Lieder  zum  Preise  der  M&feigkeit  eingeflbt  werden. 
Fflnftens  wird  empfohlen,  dais  die  Schulzimmer  nach  den  Uoter- 
richtsstonden  geeigneten  Rednern  fOr  MftfsigkeitsTortrftge  zur  Ter- 
fügnng  gestellt  werden,  damit  sie  vor  den  Schulkindern  sprechen; 
doch  soll  stets  erst  die  Erlaubnis  des  Schulvorstandee  eingeholt 
werden  und  die  Teilnahme  der  Lehrer  und  Schfiler  gftnzlich  frei- 
willig sein.  Immer  wieder  hat  man  bei  diesra  Vorträgen  fremder 
Bedner  gefrmden,  dab,  um  die  Kinder  zu  gewinnen,  es  vor  allem 
nötig  ist,  zuerst  die  Lehrer  für  die  Sache  zu  erwärmen.  Wenn  der 
Lehrer  mit  yerschränkten  Armen  den  Vortrag  mit  anhört  und  die 
Kinder  merken,  da(s  er  ganz  anderer  Meinung  ist,  als  der  Redner, 
so  hat  die  Rede  nur  schwache  Wirkung.  Und  dieser  Fall  ist  sehr 
häufig,  da  die  Vortragenden  sich  ja  nicht  auf  die  Forderung  strenger 
Mäfsigkeit  beschränken,  der  kein  Lehrer  widersprechen  könnte, 
sondern  gänzliche  Enthaltung  verlangen.  Deshalb  geben  sich  die 
genannten  Vereine  Mflhe,  die  Lehrer  zum  Glauben  an  die  Abstinenz  m 
bekehren.  Die  „Band  of  Hope  Union^  labt  auch  die  Schullehrer- 
seminare durch  ihre  Redner  besachen.  Die  „National  Temperanee 
League*'  schreibt  allljährlich  Preise  für  Seminaristen  aus.  Verlangt 
werden  von  diesen  Antworten  auf  bestimmte  Fragen  ans  dem  Gebiete 
der  Physiologie  und  besonders  der  Alkoholkunde,  meist  in  Aaschlafe 
an  die  Handbücher  yon  Dr.  Riohardson,  Dr.  Fobstbb  u.  a.  Die 
genannte  Gesellschaft  hält  auch  jedes  Jahr  mehrere  Versammlungen 
fflr  Lehrer  und  Lehrerinnen  in  den  groDsen  Städten  ab,  wobei  z.  B. 
1890  mehr  als  600  Lehrer  die  betreffenden  Vorträge  hörten.  In 
Schweden  ist  durch  Königliche  Verfägung  yom  4.  November  1892 
angeordnet,  daCs  gemäls  einem  Beschlufs  der  Kammern  vom 
4.  Mai  1891  die  Hygiene  und  besonders  der  Unterricht  aber  die 
Gefahren  des  Alkohols  als  obligatorisches  Schulfach  einzufahren  ist 
Auch  das  neue  Schulgesetz  Norwegens  macht  die  Volkshygiene 
zum  Unterrichtsfach.  In  Schweden  besteht  übrigens  seit  Juli  1891 
eine  „schwedische  Abteilung  des  EnthaltsamkeitsTereins  nordischer 
Lehrer",  die  nach  dem  Vorbilde  des  finnländischen  „Lehrer- 
yereins    für  Hygiene   und  Nüchternheit"   begründet  ist.     Ebenso  ist 


178 

für  Nordschleswig  ein  solcher  Verein  Ton  einem  jungen  Lehrer  auf 
Alsen  hereits  angeregt.  In  Schweden  hat  die  Enthaltsamkeitssache 
aneh  nnter  den  Stndier^den  viele  Freunde.  So  besteht  seit  kurzem 
in  üpsala  als  Mittelpunkt  fDr  die  Propaganda  ein  Studentenheim 
mit  Wohnungen  ftr  16  Studierende  und  Yersammlungssälen,  in  denen 
keine  alkoholhaltigen  G^trftnke  yerschänkt  werden.  In  Dänemark 
hat  kUrzHch  das  Ministerium  500  Kronen  zur  Herausgabe  einer 
Alkoholkunde  für  Lehrer  bewilligt,  die  von  dem  Arzte  Michael 
Larsek  und  dem  Reichstagsabgeordneten  Kandidat  Trier  aus- 
gearbeitet und  allen  Lehrern  an  öffentlichen  Schulen  zugestellt  werden 
soll.  Wir  möchten  hier  auch  einige  Äulserungen  wiedergeben,  die 
der  aus  Schleswig^Holstein  stammende  dänische  Lehrer  G.  Wagenkr 
sof  dem  Mäbigkeitskongresse  in  Christiania  über  frühere  Leistungen 
der  Schule  auf  diesem  Gebiete  gethan  hat :  „Ich  habe  zwei  dänische 
Lesebllcher  mitgebracht  und  werde  mir  erlauben,  Urnen  dieselben 
voTznlegen.  Das  eine,  „Birch:  Naturen,  Mennesket  og  Borgerm^, 
war  in  der  Mitte  des  Jahrhunderts  in  allgemeinem  Gebrauch;  das 
andere,  „Matzen:  Dansk  Laesebog  IP,  ist  gegenwärtig  eins  der 
gebräuchlichsten.  Ersteres  hebt  mit  20  Erzählungen  an.  Nicht 
weniger  ab  5  dersdben  warnen  vor  den  Gefahren  des  Wirtshaus- 
lebens und  des  Branntweintrinkens.  In  einem  der  folgenden  Ab- 
schnitte wird  die  Gesundheitslehre  abgehandelt  und  da  wiederum  vor 
dem  Branntwein  gewarnt.  In  meiner  Jugend  war  in  den  Herzog- 
tfimem  der  schleswig-holsteinischen  Ghiomon  vom  Oberkonsistoriälrat 
Dr.  Klaus  Harms  ein  sehr  beliebtes  Lesebuch,  in  dem  gleichfalls 
die  ünmft&igkeit  getadelt  wird.  Von  Holland  ist  uns  nur  bekannt, 
dafs  einige  der  englischen  Alkoholkatechismen  ins  Holländische  über- 
setzt sind  und  deren  Yerbreitung  und  Benutzung  durch  die  obersten 
Sdudbehörden  empfohlen  wurde.  Dagegen  ist  man  in  Belgien  kürzlich 
sehr  energisch  für  die  Beeinflussung  der  Schüler  zu  gnnsten  der 
Mäßigkeit  eingetreten.  Im  September  1887  erliefe  der  Oberschul- 
inspektor  der  Provinz  Limburg  F.  A.  Kobtns  ein  Schreiben  an 
alle  Sehulinspektoren  der  ProTinz  des  Inhalts,  sie  möchten  die  Lehrer 
dazu  ermontem,  der  Jugend  Abscheu  vor  der  Trunksucht  ein- 
znflö&en  und  überall  unter  den  Schulkindern  Mäfsigkeitsvereine  zu 
errichten.  Zu  diesen  Vereinen  seien  diqenigen  Kinder  zuzulassen, 
die  das  zwölfte  Lebensjahr  erreicht  hätten  und  sich  freiwillig  ver- 
pffiehten  wdlten,  bis  zu  ihrem  20.  Lebensjahre  sich  des  Branntweins 
and  anderer  starker  Getränke  zu  enthalten  und  nur  einen  mäfsigen 
Gebrauch  zu  machen  von  Wein  und  Bier.  Dieser  Aufforderung 
wurde  vielerorten  Folge  geleistet;  nadi  Verlauf  eines  Jahres  be- 
standen 107  solcher  Eindervereine  und  zu  Anfang  1892  an  den 
237  Schulen  der  Provinz  209  Vereine  mit  ungefthr  5000  Kindern, 


'4i 


174 

die  jenes  Versprechen  gegeben  hatten.  Unter  dem  26.  Jannar  1892 
stattete  Robtns  an  den  ünterrichtsminister  de  Burlbt  über  diese 
Sache  Bericht  ab,  widerlegte  die  Ton  verschiedenen  Seiten  gegen  die 
Kindervereine  erhobenen  Einwürfe,  beschrieb  das  Yer&hren  bei  ihrer 
Errichtung  und  ersuchte  das  Ministerium,  sich  der  Angelegenheit 
anzunehmen.  „Die  Soci6t6  beige  de  Temp^rance"  schlols  sich  diesem 
Bestreben  an>  und  unter  dem  3.  April  1892  richtete  das  Ministerium 
des  Innern  und  des  Öffentlichen  Unterrichts  ein  Rundschreiben  an 
alle  Schulinspektoren  des  Landes,  wodurch  diesen  die  NachahmuDg 
des  in  Limburg  gegebenen  Beispiels  empfohlen  worden  ist.  In  der 
Schweiz  schlielslich  ist  in  den  letzten  Jahren  auf  den  Uniyersitftten 
und  Gymnasien  eine  sehr  bemerkenswerte  Bewegung  gegen  die 
alkoholischen  Getrflnke  entstanden,  nachdem  ihre  Vorkfimpfer,  Professor 
BUNGB  in  Basel  und  Professor  Forbl  in  Zorich,  schon  einige  Jahre 
länger  den  Kampf  aufgenommen  hatten.  Eine  grolse  Zahl  Doceatea 
und  Studenten  der  Schweizer  Universitäten  sind  eifrige  Mitglieder 
der  Alkoholgegnerrereine.  Eine  Diskussion  in  der  alten  groisen 
Vereinigung  der  Schweizer  Studenten  „Zofingia''  hat  zur  Anerkemumg 
der  Temperenz  „als  eüier  das  sociale  Wohl  fördernden  Bewegung" 
und  zu  dem  Beschlüsse  geführt,  dafs  auch  Abstinente  Mitglieder 
werden  können,  da  die  Freundschaft  auch  bei  alkoholfreiem  Getiftnk 
gepflegt  werden  könne  und  Kommentdifferenzen  unwichtig  seien.  Ib 
Zürich,  Basel  und  Bern  haben  Uniyersitätsprofessoren  f&r  studentische 
Zuhörer  starkbesuchte  Vorträge  Aber  die  verschiedenen  Teile  der 
Getränkefrage  gehalten,  von  denen  wir  hier  nur  die  Rede  des  Berner 
Professors  und  Nationalrats  Dr.  C.  Hilty  über  „die  Aufgaben  der 
akademischen  Jugend  im  Ejonpfe  gegen  die  Trinksitten*'  hervorfaebeD 
wollen.  EnthaltsamkeitSTcreine  fOr  Gymnasiasten  bestehen  in  St.  Gallen 
und  Basel.  Lassen  sich  auch  die  Einrichtungen  des  Auslandes  zur 
Bekämpfong  des  übertriebenen  Alkoholgenusses  nicht  ohne  weiteres  in 
die  deutschen  Schulen  übertragen,  so  sollten  doch  auch  diese  in  den 
Kampf  gegen  die  für  Geist  und  Leib  gleich  gefährliche  Trunksucht 
eintreten,  und  das  um  so  mehr,  als  in  Deutschland  auch  Kinder  be- 
reits derselben  hin  und  wieder  yerfallen  sind. 

Eiskämpfe  für  Schfiler.  Der  Berliner  Eislaufverein  von  1886, 
so  berichtet  die  ^yBisch,  Twm-Ztg.^^  veranstaltet  in  diesem  ^Hnter 
unter  dem  Titel:  „Ermunterungslaufen  für  Schüler^  einWettknnstJanfeo. 
Die  Wettflbungen,  drei  an  der  Zahl,  müssen  aus  dem  Stande  und 
auf  emem  FuTse  ausgeführt  werden,  der  andere  Fuls,  der  „Spieliiils*, 
stöfst  ab.  Jeder  Bewerber  hat  die  drei  Übungen  hintereinander 
vorzuführen.  Die  Sieger  erhalten  nützliche  Gebrauchsgegenstände. 
Der  Berliner  Verein  hofft  dadurch,  eine  regere  Beteiligung  am 
Schlittschuhlaufen  überhaupt  und  eine  Hebung  des  Kunstlaufens  im 
besonderen  unter  den  Schülern  zu  bewirken. 


175 
Der  Yerem  zur  Speignng  armer  Schulkinder  in  Budapest 

versendet  soeben  seinen  Jahresbericht.  Wir  entnehmen  demselben, 
dafs  im  vorigen  SchnJljahre  an  24  Stellen  101 122  Portionen  warmen 
MittagesseDs  an  1650  Kinder,  947  Knaben  und  703  Mädchen,  ver- 
abreicht worden  sind.  Anf  ein  Kind  entfielen  demnach  im  Dnrch- 
Bdmitt  60  Mahlzeiten.  Die  Einnahmen  betragen  12  353  fl.,  die 
Aasgaben  8849  fl.;  zn  den  ersteren  steuerte  der  König  ein  Geschenk 
Ton  1000  fl.,  die  Stadt  Budapest  eine  Subvention  von  2000  fl.  bei. 
Präsident  des  Vereins  ist  Direktor  Anton  Berecz. 


2.mUx^t  lOerfustttigen. 


ErlaTs  des  KSniglieh  prenfsischen  Ministers  der  geistlichen  etc. 
Angelegenheiten  wegen  Wegfalls  der  Sffentlichen  Prfifangen 

an  den  hSheren  Schulen. 

Berlin,  den  7.  Oktober  1893. 

Aus  den  in  Gemäfsheit  meiner  Kundverfügung  vom  20.  April  d.  Js. 
—  U.  11.  10870  —  von  sämtlichen  Königlichen  Provinzialschul- 
kollegien  erstatteten  Berichten  habe  ich  die  Überzeugung  gewonnen, 
dals  die  Einrichtung  der  öffentlichen  Prüfungen  an  höheren  Schulen 
zmn  Schlüsse  des  Schuljahres  in  den  Augen  des  Publikums  fast 
tiberall  dasjenige  Interesse  verloren  hat,  welches  ihr  in  früheren 
Zeiten  entgegengebracht  wurde. 

Da  somit  der  Hauptzweck  der  Einrichtung,  die  Vermittelung 
des  Zusammenhangs  zwischen  Schule  und  Familie,  nicht  mehr 
erreicht  wird  xmd  die  Prüfung  vielfach  zu  einer  leeren  Schaustellung 
zu  werden  droht,  so  ermächtige  ich  die  Königlichen  Provinzial- 
schulkoUegien,  dieselbe  mit  Schluis  dieses  Schuljahres  an  allen  den 
höheren  Schulen  in  WegfaU  zu  bringen,  an  denen  nicht,  wie  dies  an 
manchen  staatlichen  Anstalten  nach  den  vorliegenden  Berichten 
der  Fall  ist,  die  Beibehaltung  der  alten  Einrichtung  ausdrücklich 
gewünscht  wird. 

Die  Direktoren  und  Lehrerkollegien  aller  derjenigen  Anstalten, 
an  welchen  die  öffentlichen  Prüfungen  beseitigt  werden,  haben  um 
so  elfiriger  dafür  Sorge  zu  tragen,  dafs  die  öffentlichen  Feierlich- 
keiten an  den  hergebrachten  Festtagen  der  Schule  ein  möglichst 
lebhaftes  Interesse  für  das  Publikum  gewinnen  und  der  Förderung 
engerer  Beziehungen  zwischen  Schule  und  Elternhaus  in  noch  höherem 
Mafse  als  bisher  dienstbar  gemacht  werden. 

Der  Minister  der  geistlichen  etc.  Angelegenheiten. 

(Gez.)  Bosss. 
An  sämtliche  Königliche  Provinzialscbulkollegien. 


176 

Ver^rdBiiig  des  k.  k.  iriedeTfeterreiehischeft  Laadessekalntes 
vom  15.  Jui  1895,  Z.  4298,  enthaltend  eine  teflweise  AV 
inderans  der  Verordniing  vom  6.  Jnni  1888,  Z.  8776,  betreifeid 
MafsreKeln  zir  Yerkfitvng  der  Weiterrerbreitnng  ibertaig- 
barer  Krankkeiten   dnrch  Schalen,  Lehr-  and  Erdehaigs- 

anstalten. 
Der  k.  k.  niederOsterreichische  Landesschalrat  findet  im  Eia- 
vernehmen  mit  der  k.  k.  niederösterreichischen  Statthalterei  die 
§§4,  12  nnd  14  der  Yerordnang  vom  6.  Jani  1888,  Z.  3776, 
L.-G.-Bl.  No.  40,  in  nachstehender  Weise  abznftndern,  bezw.  za 
ergänzen: 

§4. 

Die  schalpflichtigen  Wohnimgsgenossen  eines  Erkrankten  sind 
bei  Keuchhusten,  sobald  sich  an  ihnen  die  ersten  Symptome 
eines  Katarrhs  der  Luftwege  zeigen,  bei  allen  übrigen  Infektions- 
krankheiten aber  unbedingt  vom  Schulbesuche  auszuschliefsen. 

Der  politischen  Bezirksbehörde  bleibt  es  überlassen,  in  be- 
sonderen Fällen  bei  Entstehung  von  Lokalepidemien  oder  bei  Bfldimg 
yon  Epidemieherden  Veranlassung  zu  treffen,  dals  nach  ümstSnden 
die  Kinder  eines  Teiles  eines  Hauses  oder  selbst  eines  ganzen 
Hauses  Yom  Schulbesuche  ausgeschlossen  werden. 

§  12, 

Ist  in  der  im  gemeinschaftlichen  Haushalte  lebenden  Familie 
eines  im  Schulgebäude  selbst  wohnenden  Schulorganes  eine  Infektions- 
krankheit ausgebrochen,  so  haben  der  betreffende  Bedienstete  nnd 
alle  Mitglieder  seiner  Familie,  welche  mit  ihm  in  derselben  Wohnung 
zusammenleben,  auf  die  Dauer  der  Ansteckungsgefahr  sich  jedes 
Verkehrs  mit  anderen  Schulorganen,  mit  den  Schülern  und  mit  deren 
Familien  gänzlich  zu  enthalten,  und  es  ist  daher  der  betreffende 
Funktionär  auch  vom  Schuldienste  für  so  lange  fem  zu  halten,  bis 
durch  den  Amtsarzt  (§  2)  die  Beseitigung  der  Gefahr  der  Weiter- 
verforeitung  der  Krankheit,  sowie  die  DurchftUirung  der  Desinfektion 
konstatiert  worden  ist. 

Bei  Keuchhustenerkrankungen  in  der  Familie  eines  im  Schal- 
gebäude wohnhaften  Schulorganes  hat  sich  derselbe,  wenn  sich  bei 
ihm  die  ersten  Symptome  eines  Katarrhs  der  Luftwege  zeigen,  dem 
Amtsarzte  Torzustellen,  welcher  entscheidet,  ob  dies  Schulorgan  sich 
Yom  Dienste  zu  enthalten  hat. 

§  14. 
Lehrpersonen    an  öffentlichen   und   Privat-,    Volks-,   Bfirger-, 
Mittelschulen  und  an  Lehrer-  und  Lehrerinnenbildungsanstalten,  ferner 


177 

«Q  öffentlichea  PriTathandelsschnlen  und  an  den  dem  k.  k.  nieder- 
^tetttreichjfichen  LandesschiilTate  anterstehenden  gewerblichen  Lebr- 
aBstfllten,  in  deren  mit  ihnen  in  gemeinschaftlichem  Haushalte  lebenden 
Familien  eine  inlä[t]oaskrankheit  aufgetreten  ist,  haben  sich  insolange 
der  Erteihing  des  Unterrichtes  in  der  Schale  oder  Anstalt  und  des 
Verkehres  mit  derselben  zn  en&alteB,  bis  vom  Amtsarzte  (§  2)  die 
Beseitigung  der  Ansteckungsgefahr  konstatiert  ist. 

Bei  EeHchhnsteiBierkrankangen  in  ihrer  Familie  haben  sich  die- 
selben Personen,  sobald  sich  bei  ihnen  die  ersten  Symptome  eines 
Katarrhs  der  Luftwege  einstellen,  dem  Amtsarzte  vorzustellen,  welcher 
entscheidet,  ob  die  Lehrperson  sich  vom  Schuldienste  zu  enthalten  hat. 

Verflgang  der  KSnigliehAB  ftegierong  nl  Schleswig, 
betrelBeAd  den  Beginn  des  Sehnlnntemchtea  infolge  der  durch 
die  Einffilining  der  mitteleiiropSisehen  Zeit  als  Einheitszeit 
Ar   Deutschland   geindert^i  Terhältnisae   in    der  Provinz 

Sßhleawig-Holsteiii. 

Schleswig,  den  9.  September  1898. 

In  den  Berichten,  welche  auf  unsere  Bundverfüguug  vom 
5.  Juli  d.  J.  —  U.  8685  — ,  betreffend  die  allgemeine  Anordnung 
eines  um  ^/s  Stunde  späteren  Beginnes  des  Vormittagsunterrichts  in 
allen  unserem  Geschäftsbereich  angehörenden  Volksschulen  während 
der  dunkelsten  Monate  des  Winterhalbjahres,  erstattet  worden  sind, 
bat  sich  zwar  die  überwiegende  Mehrzahl  der  Schulbehörden  mit 
einer  solchen  Anordnung  einverstanden  erklärt,  von  einer  Minderzahl 
dieser  Behörden  sind  jedoch  verschiedene,  den  örtlichen  Verhältnissen 
ihres  An£sichtsbezirkes  entnommene  Bedenken  erhoben,  welche  Berück- 
sichtigung verdienen,  deren  Berücksichtigung  aber  zu  zahlreichen 
Ausnahmen  von  der  einzuführenden  Regel  für  einzelne  Städte  und 
Landesschuldistrikte  führen  würde. 

Wir  haben  uns  daher  veranlaTst  gesehen,  von  der  beabsichtigten 
allgemeinen  Anordnung  Abstand  zu  nehmen,  und  wollen  vielmehr 
nach  wie  vor  den  einzelnen  Ortsschulbehörden  (§§  47  und  68  der 
aUgemeinen  Schuk)rdAung  vom  24.  August  1814)  überlassen,  in 
Oemäfsheit  der  Bekanntmachung  vom  7.  Juni  1869,  betreffend  die 
2ahl  der  wöchentlichen  Unterrichtsstunden  u.  s.  w.,  sowie  des  §  8 
der  Lauenburgischen  Landschulordnung  vom  16.  Oktober  1868  auch 
i^ährend  des  Winterhalbjahres  den  Beginn  des  Vormittagsunterrichts, 
sowie  die  Verteilung  der  Unterrichtsstunden  den  örtlichen  Yerhältnissen 
entsprechend  festzusetzen. 

Dabei  bleibt  es  diesen  Behörden  insbesondere  gestattet,  in 
Rücksicht  auf  die  durch  das  Reichsgesetz  vom  12.  März  d.  J.  ein- 
geflihrte   einheitliche   Zeitbestimmung   den   Beginn   des  Vormittags- 

St]i«lKMimdlieitipfl«ge  vn.  12 


178 

Unterrichts  während  der  Zeit  Tom  15.  November  bis  zom  15.  Febmar 
—  beide  Tage  eingeschlossen  —  bis  zu  einer  halben  Stande  sp&ter 
als  bisher  anzusetzen  und  danach  den  Schlaft  des  Yormittags- 
nnterrichts,  sowie  Beginn  and  Schlab  des  Nachmittagsonterrichts 
anderweitig  zu  bestimmen,  jedoch  sind  die  Pansen  zwischen  den 
Unterrichtsstonden  nicht  zu  beschränken,  and  es  darf  der  Yormittags- 
onterricht  nicht  später  als  9  Uhr  beginnen. 

Beginn  and  Daner  des  Yor-  and  Nachmittagsnnterrichts  sind 
stets  in  dem  vom  Ortsschalinspektor  zn  genehmigenden  nnd  zu  nnter- 
schreibenden,  in  dem  Schalzimmer  aafzohängenden  Stundenpläne  genaa 
anzugeben. 

Die  Schulbehörden  ersuchen  wir,  die  Ortsschulinspektoren  ihres 
Aufsichtsbezirkes  von  dieser  Yerfägung  in  Kenntnis  zu  setzen. 

Königliche  Regierung,  Abteilung  üDr  Kirchen-  und  Schulwesen. 

(Gez.)  KUNTZB. 
An   sämüiche    Königliche    Schulvisitatorien 

und   städtische  Schulbehörden,   sowie  an 

die  Herren  Kreisschulinspektoren. 

Rundschreiben  des  Ortsschnlrates  fttr  den  VI.  Wiener  Bezirk 
bezfiglich  der  Impfung  und  Wiederimpftmg  der  Sehnlkinder. 

Ortsschalrat 
fSr  den  YI.  Wiener  Bezirk  Mariahilf. 

Z.  644. 

Zufolge  Dekretes  des  Wiener  Magistrate  vom  4.  d.M.,  Z.  50538, 
ist  die  Impfung  der  Schulkinder,  und  zwar  die  Erstimpfung  der  nicht 
geimpften  und  die  Revaccination  der  seit  10  Jahren  nidit  geimpften 
Kinder,  nach  Einwilligung  der  Eltern  hierzu,  an  allen  Yolks-  und 
Bürgerschulen  in  der  Zeit  vom  1.  bis  31.  Mai  1893  durchzufahren. 

Wegen  des  Tages  und  der  Zeit  der  Impfung,  sowie  des  Lokales 
hierzu  hat  sich  der  städtische  Arzt  mit  dem  Ortsschulrate  und  der 
betreffenden  Schulleitung  ins  Einvernehmen  zu  setzen. 

Im  Sinne  des  Ortsschulratsitzungsbeschlusses  vom  20.  d.  M. 
ergeht  nunmehr  an  Euer  Wohlgeboren  das  dringende  Ersuchen, 
die  Schulimpfnng  durch 

1.  zweckdienliche  Einwirkung  auf  die  Eltern, 

2.  Unterstützung    des    städtischen  Arztes    mit  Zuhilfenahme   der 
Lehrpersonen 

a.  bei  Überwachung  der  Kinder  und  Aus-  und  Ankleiden  der» 
selben,  sowie 

b.  bei   Führung    des   Impfprotokolles    und    Ausfertigung  der 
Impfscheine 

werkthätig  fördern  zu  wollen. 


179 

Endlich  sind  die  bei  der  Impfung  notwendigen  Gerätschaften, 
wie  Lavoir,  Handtflcher  etc.,  ans  dem  Schulinventar  zur  YerfQgung 
ni  stellen. 

Wien,  am  27.  AprU  1893. 

Der  Vorsitzende  des  Ortsschnlrates  des  VI.  Bezirkes. 

(Gez.)  Gbabner. 


Ißtxftnaittn. 


Professor  Pasteür  in  Paris  ist  von  der  Akademie  der  Wissen- 
schaften in  St.  Petersburg  zum  Ehrenmitgliede  ernannt  worden. 

Die  Woroneshsche  Abteilung  der  russischen  Gesellschaft  zur 
Wahrung  der  Yolksgesundheit  hat  unseren  geschätzten  Mitarbeiter, 
Herrn  Wirklichen  Staatsrat  Dr.  med.  Alexander  von  Wibenius, 
welcher  Präsident  der  Sektion  für  Schulgesundheitspflege  in  der 
Centrale  der  genannten  Gesellschaft  ist,  zu  ihrem  Ehrenmitgliede 
gewählt. 

Dem  Professor  der  Hygiene  Dr.  E.  Flügge  in  Breslau  ist 
der  Charakter  als  Geheimer  Medizinalrat  yerliehen  worden. 

Unserem  geschätzten  Mitarbeiter,  Herrn  Privatdocenten  Dr.  0. 
Lassab  in  Berlin,  wurde  das  Prädikat  Professor  erteilt. 

Dem  praktischen  Arzte  und  Hausarzte  am  Königlichen  Erziehungs- 
institute für  Studierende  in  Manchen  Dr.  Guido  Stieleb  ist  der 
Titel  und  Rang  eines  Königlichen  Hofrats  verliehen  worden. 

Bei  Gelegenheit  der  Landesausstellung  in  Troppau  hat  das 
Preisgericbt  der  Lehrerin,  Fräulein  Mabünne  Nigg  zu  Komeuburg 
in  Niederösterreich,  fär  den  Entwurf  einer  verbesserten  Mädchen- 
schnlbank  die  bronzene  Medaille  zuerkannt. 

Es  erhielten:  den  roten  Adlerorden  H.  Klasse  mit  der  Krone 
und  Eichenlaub  der  Kinderarzt  Geheimrat  Dr.  Henooh  in  Berlin, 
den  roten  Adlerorden  II.  Klasse  mit  Eichenlaub  der  vortragende 
Rat  im  Ministerium  der  geistlichen,  Unterrichts-  und  Medizinal- 
angelegenheiten, Geheimer  Obermedizinalrat  Dr.  Sghönfeld  in  Berlin, 
den  roten  Adlerorden  lU.  Klasse  mit  der  Schleife  der  aufserordentliche 
Professor  der  Hygiene,  Geheimer  Regierungsrat  Dr.  Fineelnburg 
in  Bonn,  den  roten  Adlerorden  IV.  Klasse  der  Gymnasialdirektor 
Dr.  Ebebhabd  in  Sigmaringen;  den  Kronenorden  IL  Klasse  der 
Medizinalreferent  im  Ministerium  des  Innern,  Geheimrat  Dr.  Battlbhkeb 
in  Karlsruhe,  den  Kronenorden  III.  Klasse  der  Mitherausgeber  des 
zCentrcUblaiies  für  allgemeine  Gesundheitspflege^ ,  Geheimer  Sanitäts- 

12* 


180 

rat  Dr.  LsNX  in  Köln,  imd  der  GymnasialdireiEtor  Dr.  Peltzbb  in 
Zabem;  den  Verdienstorden  Tom  heiligen  Michael  IT.  Klasse  der 
Gymnasialrektor  Dr.  Lechner  in  Nflmberg;  den  Verdienstorden  der 
romanischen  Krone  der  Direktor  der  Slöjdscfanle  Salomob  in  Nftäs. 

Dr.  Sandras,  Arst  des  Lycevms  in  Oran,  ist  zmn  Offizier 
des  öffentlichen  Unterrichtes  ernannt  worden. 

Professor  Dr.  VOLEnsLT  in  Wflrzbnrg  hat  den  an  ihn  ergangenen 
Ruf  an  die  Universität  Leipzig  als  Nachfolger  des  verstorbenen 
Professors  der  Pädagogik  Dr.  Masuts  angenommen. 

Der  ordentliche  Honorarprofessor  ftr  Kinderheilkunde  an  der 
Universität  Leipzig  Dr.  Heubnbb  wurde  als  aulserordentlicher 
Professor  desselben  Faches  an  die  Universität  Berlin  berufen. 

Dem  Privatdocenten  Dr.  W.  Prausnitz  in  Mflnchen  ist  die 
auiserordentliche  Professur  der  Hygiene  an  der  Universität  Gtu 
ttbertragra  worden. 

Die  Seminardirektoren  Dr.  Plath  in  Köpenik  und  W.  PfAhlrr 
in  Petershagen,  sowie  der  katholische  Pfarrer  Schbllhammxr  ii 
Laiz  sind  zu  Regienmgs-  und  Schulräten  ernannt  und  den  Köniif^eB 
Regierungen  in  Lflneburg,  bezw.  in  Aurich  und  Sigmaringen  flber- 
wiesen  worden. 

Der  Direktor  des  städtischen  Gymnasiums  zu  Warburg,  Professor 
Dr.  Hbnsb,  wurde  zum  Gymnasialdirektor  in  Paderborn,  der  Direktor 
des  städtischen  Realgymnasiums  zu  Lippstadt  Dr.  Schrobtbr  zun 
Gymnasialdir^lor  in  Burgsteinfnrt  und  der  bisherige  Seminarobe^ 
lehrer  Gründler  in  Cammin  i.  P.  zum  Seminardirektor  daselbst 
befördert. 

Der  Assitenzarzt  L  Klasse  Dr.  Buttersaoe  ist  ans  dem 
Reichsgesundheitsamte  ausgeschieden  und  an  seine  Stelle  Stabsarzt 
Dr.  Stosser  getreten. 

Unser  verehrter  Mitarbeiter,  Herr  Kreisarzt  Dr.  C.  STRÖHMBKBfl 
in  Dorpat,  wurde  zrmi  Hilfssekretär  der  (resellschaft  livländischer 
Ärzte  gewählt. 

Geheimrat  Professor  Dr.  von  Pettbnkofer  in  München  hat 
seine  Lehrthätigkeit  eingeschränkt  und  ist  auf  seinen  Wunsch  voa 
der  Professur  für  Hygiene  an  der  technischen  Hochschule,  die  er 
neben  seinem  Hauplehramte  an  der  Univ^^ität  bekleidete,  entbnadea 
worden. 

Im  ärztlichen  Vereine  der  südlichen  Bezirke  Wiens  wurde  im 
28.  Dezember  v.  J.  das  fänfnndzwanzigjährige  Jubiläum  der  Prisia^ 
ärzte  Dr.  Joseph  Hbim  und  Dr.  Hans  Adlbr,  die  zu  nnseren 
Mitarbeitern  zählen,  festlich  begangen.  Wir  bringen  den  verdienteo 
Jubilaren  unsere  zwar  verspäteten,  aber  darum  nicht  weniger  aa- 
gelegentlichen  Glückwünsche  dar. 


181 

Der  GroMerzoglich  oldenbargische  Hofrat  Dr.  Gidionsbn, 
Direktor  der  Domschnle  in  Schleswig,  ist  nnter  Yerleihong  des 
Omrakters  als  Geheimer  BegiernngBrat   in  den  Rohest-and    getreten. 

Es  sind  gestorhen :  Der  Oberschnlrat  Greheimer  Hof  rat  Abmbbustbr 
in  Karlsruhe,  der  Oberrealschaldirektor  a.  D.  Dr.  Mathon  in  Wien, 
d«  Schnlrat  a.  D.  Dr.  Dürre  in  Brannschweig,  der  Direktor  der 
Taabstmnmenanstalt  Hofrat  Dr.  Jbnckb  in  Dresden,  der  Seminar- 
dir^tor  Schnbrat  VAN  Sbndbn  in  Anrieh,  der  Gymnasialdirektor 
i.  D.  Dr.  TOPPEN  in  Elbing,  der  Schnldirektor  Scharlach  ia 
Halle  a.  S.,  der  Assistent  am  hygienischen  Uniyersit&tsinstitnte  nnd 
Lehrer  der  Schulhygiene  an  der  Lehrerinnenbildnngsanstalt  des  k.  k. 
CiTilmftdchenpensionates,  Privatdocent  Dr.  Hbidbr  in  Wien,  nnd 
der  Turnlehrer  IHMB  in  Leipzig. 


ieittetatiir. 


Besprechungen. 

Arthur  Nbwsholhe,  M.  D.  Sehool  hygiene:  The  lawsofhealth 
m  relation  to  sehool  lifo.  London,  1891.  Swan,  Sonnenschien, 
Lowery  &  Co.     (143  S.  Gr.  8^) 

Der  Verfasser  hat  seine  langjährigen  Erfahrungen  auf  dem 
Gebiete  der  Schulhygiene  in  diesem  kleinen  Werke  zusammengefaDst, 
das  eine  kurze  Anleitung  fttr  Lehrer  und  Schulbehörden  bietet  und 
in  zwei  Hauptabschnitten  das  Schulhaus  und  die  Schiller  zur  Be- 
sprechung bringt. 

Im  einzelnen  verteilt  sich  der  Inhalt  folgendermalsen. 

Die  Hygiene  des  Schulbaues  ist  in  8  Kapiteln  erörtert,  und 
zwar  werden  die  Wahl  des  Bauplatzes,  die  Bauweise,  die  innere  Ein- 
richtung, die  Beleuchtung,  die  Lüftung,  die  Heizung,  die  Wasch- 
einriclitungen  und  die  Aborte  behandelt. 

Der  Autor  empfiehlt  fttr  grOisere  Schulbauten  die  Anlage  von 
nur  emseitig  verbauten  Korridoren  und  schildert  die  hygienischen 
Kaditeile  von  Mittelkorridoren,  an  deren  beiden  Seiten  sidi  Klassen 
befinden. 

Bezfl^ch  der  Lehrzimmerdimensionen  fordert  das  englische 
Gesetz  als  Minimalmafse  8  Quadratfuls  und  80  Kubikfnfs  pro  Sdliul- 
kind,  welche  Mause  allerdings  zu  gering  angenommen  sind  und  von 
Nbwsholme  mit  15,  resp.  150  bestimmt  werden. 

Gut  Iflft-  und  heizbare  Garderoberäume  sind  stets  anzulegen, 
am  besten  f&r  jedes  Lehrzimmer  gesondert;  bei  Anlage  gemeinsamer 


182 

Kleiderablagen  sollen  dieselben  höchstens  für  150  Schulkinder 
dienen. 

Eingehend  bespricht  Verfasser  die  Wichtigkeit  der  Lflftong  nnd 
stellt  an  eine  richtig  angelegte  Ventilation  Tier  Anforderungen: 
1.  Entnahme  reiner  Frischluft,  2.  Vermeidung  Ton  Zugluft,  3.  be- 
ständige FrischluftzustrOmung  und  4.  Gleichgewicht  zwischen  Luft- 
zufuhr und  -abfuhr.  Als  musterhafte  Heiz-  und  Lüftungsanlage  wird 
diejenige  der  High  School,  Bridgeport,  Connecticut,  erwähnt,  welche 
im  dritten  Jahresbericht  des  Connecticut  State  Board  of  Health  im 
einzelnen  beschrieben  ist. 

NBWSHOLiiB  rät  von  der  Anlage  der  Aborte  im  Untergeschosse 
ab  und  empfiehlt  die  Trennung  derselben  vom  Hauptgebäude.  Die 
Forderung  von  je  einem  Sitzraum  für  15  Mädchen,  bezw.  25  Knab^ 
ist  zu  hoch  gegriffen. 

Der  zweite  Teil  des  Werkes,  welcher  11  Kapitel  umfafst,  be- 
handelt die  Hygiene  des  Unterrichtes  und  die  Krankheiten  im 
schulpflichtigen  Alter. 

Die  Übung  des  Geistes  und  Körpers,  wie  selbe  in  richtigem 
Mafse  und  Wechsel  erfolgen  soll,  sowie  die  Nachteile  eines  Zuviel 
in  beiden  Fällen  werden  eingehend  besprochen. 

Insbesondere  ist  der  Verfasser  gegen  zu  lange  Lektionen  usd 
will  dieselben  bei  5  bis  7  jährigen  Kindern  auf  15  Minuten,  bei 
7  bis  10jährigen  auf  20,  bei  10  bis  12jährigen  auf  25  und  bei 
12  bis  16jährigen  auf  30  Minuten  beschränkt  wissen.  Die  Unter- 
richtszeit pro  Tag  soll  höchstens  mit  7 — 8  Jahren  2^1% — 3  Stunden, 
mit  8—10  Jahren  3— 3Vs,  mit  10—12  Jahren  4,  mit  12—15 
Jahren  5 — 6  und  mit  15 — 18  Jahren  8  Stunden  betragen. 

NflWSHOLME  ist  f&r  eine  Trennung  der  Geschlechter  vom  vier- 
zehnten Jahre  an. 

Interessant  sind  die  angeführten  Tabellen  Aber  die  Grölsen- 
verhältnisse  und  die  Gröisenzunahme  der  Kinder  im  schlulpflichtigen 
Alter. 

Über  Ruhepausen,  Schlaf,  Diät  und  Kleidung  spricht  der  Ve^ 
fasser  ausführlich,  und  Schulbäder,  namentlich  Schwimmbäder,  em- 
pfiehlt er  ganz  besonders. 

Nach  allgemeinen  Mitteilungen  über  den  Bau  des  Auges  werden 
die  Ursachen  der  Störungen  in  der  Brechkraft  und  Sehschärfe  er- 
örtert, als  welche  gelten:  1.  lange  anhaltende  Betrachtung  naher 
Gegenstände,  2.  mangelhafte  Beleuchtung,  3.  schlechter  und  zu  kleiner 
Druck  der  Unterrichtsbücher  und  4.  gewisse  weibliche  Handarbeiten. 

Die  verschiedenen  Infektionskrankheiten  finden  ausfUirliche 
Berücksichtigung,  und  im  letzten  Abschnitte  ist  von  den  Vorkehrungen 
der  ersten  Hilfe  bei  Unfällen  die  Rede. 


183 

AnfiEaUend  ist  der  Mangel  von  schalhygienischen  Mitteilungen 
ttber  das  Gehör  der  Kinder. 

Das  kleine  Werk,  welches  29  Textfigaren  enthält,  ist  gat  aas- 
gestattet and  empfiehlt  sich  Yor  allem  darch  die  eingehende  and 
flbersichtliche  Behandlang  des  Gegenstandes. 

Diplomierter  Architekt  Eabl  HintbIgbr  in  Wien» 

Dr.  Lbo  Burgerstein  in  Wien.    Hygienische  Fortschritte  der 
tsterreithischen  Mittelschulen  seit  September  1890.   Separat- 

abdrack  aas  der  Festschrift  „Xmia  Austriaca**  zar  42.  Yersammlang 
dentscher  Philologen  and  Schalmflnner  in  Wien  1893.  Wien,  1893. 
Pichlexs  Witwe  &  Sohn.     (46  S.  Gr.  S^) 

Der  aaf  dem  Gebiete  der  Schalgesandheitspflege  anermüdlich 
thätige  and  segensreich  wirkende  Verfasser  gibt  ans  in  obiger  Schrift 
Eonde  von  dem  Anfang  einer  sehr  erfrealichen  Fürsorge  für  die 
männliche  Schaljagend  in  Österreich.  Jeder,  der  mit  ans  der  Ansicht 
ist,  dafs  die  Schale  mehr  als  bisher  aaf  das  corpas  sanam  achten 
mnfs,  wenn  die  mens  sana  dem  kommenden  Geschlechte  erhalten 
bleiben  soll,  wird  die  kleine,  aber  inhaltsreiche  Broschflre  mit 
Freaden  lesen. 

Dr.  BüRGERSTBlN  will  ans  in  derselben  eine  Skizze  davon 
geben,  was  seit  dem  Erlasse  des  österreichischen  Ministers  für  Kaltas 
and  Unterricht  vom  15.  September  1890  an  sämtliche  k.  k.  Landes- 
scholbehörden,  betreffend  die  Förderang  der  körperlichen  Ausbildang 
der  Jagend  an  den  staatlichen  and  den  mit  dem  öffentlichkeitsrechte 
beliebenen  Mittelschalen,^  thatsächlich  an  diesen  Anstalten  geschehen 
ist.  Die  Schrift  behandelt  nacheinander  Baden  and  Schwimmen, 
Eislanf,  Jagendspiele,  Radern,  Radfahren,  Aasflüge, 
hygienische  Belehrangen  der  Schüler,  Fürsorge  in  den 
Ferien  and  schliefst  mit  einem  Überblick  über  die  seit  dem 
erwähnten  Ministerialerlafs  in  Österreich  erschienenen  scha  - 
hygienischen  Arbeiten. 

In  Bezag  aaf  das  Baden  konnte  an  sehr  vielen  Stellen  ein 
erfreolicher  Fortschritt  konstatiert  werden.  Fast  in  allen  Städten 
haben  die  Schalleitangen  aaf  ihre  Bemühangen  hin  Preisermäisigangen 
^  ihre  Schüler  erhalten,  and  vielfach  hat  der  Ministerialerlafs  den 
Anstofs  gegeben,  bestehende  Badeeinrichtangen  za  erweitem  oder 
solche  nea  einzarichten.  An  manchen  Orten  sind  Badefreikarten 
ftr  Schüler,  oft  mit  Zahilfenahme  des  Schülenmterstützangsfonds, 
gewährt   worden.     Aach   fQr    den   Schwimmanterricht   warden 


^  Der  sehr  bemerkenswerte,   von  grofser  pädagogischer  Umsicht 
zeugende  Erlafs  ist  auf  den  ersten  Seiten  der  Broschüre  abgedruckt. 


184 

ähnliche  Erleichtemngen  getroffen.  Hierdnrch  ist  es  erreidit  worden, 
dafs  die  Fertigkeit  des  Schwimmens  an  den  österreichischen  Schales 
in  hetrftchtlichem  Anfschwnnge  begriffen  ist.  Die  Art  nnd  Weise, 
anf  welche  Baden  und  Schwimmen  befördert  sind,  war  nach  den 
lokalen  Verhältnissen  verschieden,  es  ist  aber  gewilis,  „daDs  eme 
gewaltige  Snmme  von  Möglichkeit  erstrebt,  geboten  nnd  benatzt 
wurde*"'. 

Auch  der  Eislauf  hat  eine  grofse  Zunahme  erfahren.  Es 
sind  mehr  künstliche  Eisbahnen  als  früher  geschaffen,  auf  denselben 
ist  der  Preis  für  Schüler  bedeutend  ermäfsigt,  und  eine  groOse 
Anzahl  von  Freikarten  ist  ausgegeben  worden.  An  einer  ganzen 
Reihe  von  Schulen  hat  man  einen  Vorrat  von  Schlittschuhen  fflr 
unbemittelte  Schüler  gesanmielt,  teils  als  Geschenke,  teils  ans 
Schulfondsmitteln.  Wir  halten  eine  solche  Einrichtung  für  sehr 
nachahmenswert.  Auch  hat  das  Fahren  mit  Handschlitten  an 
einigen  Orten  Förderung  gefunden,  so  z.  B.  in  Trautenau,  wo  das 
Bürgermeisteramt  den  Schülern  eine  abschüssige  Stralse  zu  diesem 
Zwecke  überliefs.  An  mehreren  Orten  wurden  auf  dem  Eise  Jugend- 
spiele betrieben,  z.  B.  Eisschiefsen,  schwarzer  Mann,  Schlangenzi^en 
mit  Schleudern  und  Barlauf.  Über  die  Wirkung  des  Eislaufs  auf 
die  Gesundheit  wird  folgende  bemerkenswerte  Äulserang  einer  Schale 
mitgeteilt:  „Der  gesundheitliche  Einflufs  dieser  körperlichen  Übungen 
war  ein  überraschender.  Der  Besuch  des  Unterrichts  war  im  Winter 
viel  regelmäisiger  als  in  den  Voijahren  und  die  Zahl  der  Er- 
krankungen infolge  von  Erkältungen  hat  sich  verhältnismälsig 
bedeutend  herabgemindert.  Mit  der  physischen  Stärkung  nahm  auch 
die  geistige  Frische  der  Schüler  zu." 

Der  umfangreichste  Teil  der  Broschüre  beschäftigt  sich  mit  den 
Jugendspielen.  Bei  den  grofsen  Schwierigkeiten,  welche  besonders 
bezüglich  der  Flatzbeschaffang  in  vielen  Städten  vorhanden  waren 
und  sind,  kann  der  Bericht  „um  so  freudiger  der  vielen  und  schönen 
Erfolge  gedenken,  welche  in  kurzer  Zeit  bereits  erreicht  wurden*^. 
In  erster  Linie  sind  es  die  Gemeinden,  welche  mit  dankenswerter 
Liberalität  hier  vorgingen.  Es  ist  sehr  erfreulich,  aus  den  in  der 
Broschüre  angeführten  Beispielen  zu  erkennen,  da&  auch  in  öster* 
reich,  gerade  wie  bei  uns,  die  meisten  städtischen  Verwaltungen  es 
als  ihre  Pflicht  erkennen,  für  die  Wohlfahrt  der  Jugend  durch  Be- 
schaffung von  Spielplätzen  Sorge  zu  tragen.  Ebenso  wie  in  Deutsch- 
land, bringen  die  militärischen  Behörden  in  Österreich  den  Jugend- 
spielen  warme  Sympathie  entgegen  und  geben  gern  die  Erlaabnis, 
die  Exerzierplätze  für  dieselben  zu  benutzen.  Auch  der  Kaiser 
von  Österreich  und  der  Erzherzog  Albrecht  begünstigen  die 
neue  Bewegung  und  überwiesen  der  Jugend  zu  ihren  Spielen  Plfttze 


185 

in  den  kaiserlichen  Parks.  Nicht  minder  geben  sich  viele  Behörden, 
Vereine  und  Private  Mflhe,  die  Jagendspide  mit  allen  ihnen  zu 
Gebote  stehenden  Mitteln  zn  fördern.  Durch  solches  mannigfache 
Entgegenkommen  ist  sehr  viel  Gutes  in  der  schwierigen  Platzfrage 
bewirkt  worden. 

Die  Erwerbung  der  nötigen  Spielgeräte  scheint  weniger 
Schwierigkeit  gemacht  zn  haben.  Zahlreiche  Schalen  besitzen  schon 
jetzt  ein  reiches  Inventar,  welches  anf  verschiedene  Weise,  am 
häufigsten  dorch  Zuwendungen  von  SchtÜem  und  Privaten,  heschafft 
worden  ist.  Spielleiter  sind  meistens  die  Turnlehrer  gewesen, 
welche  in  grofeer  Opferfreudigkeit  für  die  Entfaltung  der  Jugendspiele 
gewirkt  haben.  Mehrere  derselben  haben  auch  an  den  vom  Gentral- 
aassdmfe  zur  Förderung  der  Jugend-  und  Yolksspiele  in  Deutschland 
yeranstalteten  Spielkursen,  z.  6.  in  Berlin,  Braunschweig,  Dresden 
und  Görlitz,  teflgenommen.  Ziemlich  viel  Schwierigkeit  scheint  die 
Zeitfrage  zu  machen;  jedoch  sieht  man  an  manchen  Versuchen, 
den  SchtÜem  genügende  Zeit  zu  den  Jugendspielen  zu  schaffen,  dals 
adie  Dinge  in  der  Entwickelung  und  Klärung  begriffen**  sind.  An 
einzehien  Anstalten  hat  man  auch  eine  besondere  Spielkleidung 
emgeftkhrt,  was  wir  aus  mehreren  Gründen  für  empfehlenswert  halten. 
Als  beliebteste  Spiele  werden  angeführt  Schleuderball,  Schlagball, 
Grenzball,  Fufshall  und  Barlauf. 

Die  Erfahrungen  über  das  Benehmen  der  Schüler  beim 
Spiel  sind  überall  dieselben  guten  gewesen,  und  es  wird  hervor- 
gehoben, dafB  die  Jugendspiele  nicht  nur  in  gesimdheitlicher,  sondern 
andi  in  erziehlicher  Hinsicht  alles  das  Gute  leisten,  was  ihnen 
nachgerühmt  wird. 

Von  anderem  Jugendsport  findet,  wie  der  Bericht  zeigt,  wohl 
das  Rudern  den  häufigsten  Betrieb,  welches  an  Orten,  wo  sich 
Gelegenheit  dazu  bietet,  auch  bei  den  Schülern  während  der  letzten 
Jahre  viel  in  Aufiiahme  gekommen  ist. 

Über  den  Radfahrsport  wird  nur  wenig  berichtet. 

An  einigen  Orten  wird  Bogenschieisen  und  Speerwerfen 
geübt,  an  einer  Stelle  werden  Schiefsübungen  mit  Flaubert- 
gewehren angestellt. 

Ausflüge  sind  ziemlich  allenthalben  unternommen  und  durch 
das  Entgegenkommen  der  Eisenbahn-  und  Dampfschiffisgesellschaften, 
welche  billige  Fahrpreise  gewährten,  befördert  worden. 

Sehr  anerkennenswert  und  nützlich  ist  es,  dafs  man  in  Öster- 
reich den  Schülern  in  mannigfacher  Weise  hygienische  Be- 
lehrungen zu  teil  werden  läfst.  unter  anderem  erhalten  in  manchen 
Anstalten  die  Zöglinge  gedruckte  Gesundheitsregeln,  welche  auch 
in  den  Klassenzimmern   als  Plakate    angeschlagen   werden.     Solche 


186 

finden  sich  auf  Seite  38  und  39  der  Broschüre  mitgeteilt.  ,Im 
ganzen  hat  sich  der  Gesnndheitsznstand  günstiger  gestaltet,  und  zwar 
wurde  dies  besonders  bei  den  Schülern  der  unteren  Klassen 
konstatiert/ 

Als  einen  wichtigen  Faktor  der  Schulhygiene  sieht  Dr.  Bürger* 
8TBIN  auch  die  Fürsorge  für  die  Schüler  in  den  Ferien  an 
und  berichtet  von  manchen  Einrichtungen,  die  man  getroffen  hat, 
um  den  ärmeren  Knaben  einen  gesunden  Ferienaufenthalt  zu  verschaffe. 

Der  letzte  Teil  der  BURGSRSTEiNschen  Schrift  über  die  litte- 
rarischen Arbeiten  der  jüngsten  Jahre  auf  schulhygienischem  Gebiete 
zeugt  ebenfalls  von  der  reichen  Thätigkeit,  die  man  in  Österreich 
für  das  leibliche  und  geistige  Wohl  der  Jugend  entfaltet.  Als  Ver- 
fasser derartiger  Arbeiten  werden  genannt  Dr.  Bürgbrstein,  Dr. 
Gratzt,  Max  Güttmann,  Dr.  Hbrgbl,  Franz  Kreunz,  Karl 
Fechter,  Julius  Schmidt,  Wilhelm  Franz,  Johann  Futter, 
Dr.  HÜMER,  F.  Lang,  Adalbbrt  BOhm,  H.  Dupet,  Karl  Dürr, 
Hans  Januschke,  Gustav  Lukas,  Simon  Schiessling  und 
Robert  Geidel. 

Sicherlich  werden  die  Arbeiten  dieser  Männer  und  das  Ver- 
ständnis, welches  Regierende,  Behörden  und  das  Publikum  der 
Schulgesundheitspflege  im  Sinne  des  genannten  Ministerialerlasses 
entgegenbringen,  mit  der  Zeit  gute  Früchte  für  Österreich  tragen. 
In  besonders  hohem  Malse  wird  dies  der  Fall  sein,  wie  Dr. 
Burgerstbin  richtig  am  SchluGs  seiner  Broschüre  bemerkt,  „wenn 
einst  die  jetzigen  Schüler  als  Mitglieder  von  Yertretungskörpem, 
öffentliche  Beamte,  wohlhabende  Private  geneigt  sein  werden, 
in  jenem  Sinne  dazu  beizutragen.  Es  ist  der  Segen  einer  guten 
That,  daCs  sie  fortzeugend  Gutes  mufe  gebären  I** 

Direktor  der  Albinusschule 
Professor  H.  Ratdt  in  Lauenburg  a.  E. 

F.  Trüper,  Direktor  der  Anstalt  für  schwer  erziehbare  Kinder  auf 
der  Sophienhöhe  bei  Jena.  Psychopathische  Hinderwertigkeitei 
im  Eindesalter.  Ein  Mahnwort  für  Eltern,  Lehrer  und  Kinder- 
ärzte.    Gütersloh,  1892.     C.  Bertelsmann.     (8®.  M.  1.). 

Professor  Dr.  Strümpell  in  Leipzig  hat  wohl  grundlegend 
der  pädagogischen  Pathologie  oder  der  Lehre  von  den  Fehlem  der 
Kinder^  eine  Stellung  innerhalb  der  Pädagogik  gesichert  und 
zugleich  eine  scharfe  diagnostische  Scheidung  zwischen  dem,  was  nur 
Produkt  einer  verkehrten  Erziehung  in  Haus  und  Schule  ist,  und 
den  psychopathischen  Minderwertigkeiten  aufgestellt. 

^  Vergl.  die^e  ZeUschnft,  1894,  No.  2,  S.  118—122.    D.  Bed. 


187 

Unter  letzteren  sind  nach  dem  hervorragenden  Psychiater 
Dr.  Koch  in  Zwiefalten  alle,  seien  es  angeborene,  seien  es  erworbene, 
den  Menschen  in  seinem  Personleben  beeinflussenden  psychischen 
Begelwidrigkeiten  zu  verstehen,  welche  selbst  in  schlimmen  Fällen 
doch  keine  Geisteskrankheit  darstellen,  aber  die  damit  Beschwerten 
andererseits  auch  nicht  als  im  Vollbesitz  geistiger  Normalität  and 
Leistungsfähigkeit  stehend  erscheinen  lassen. 

Diese  scharfe  Scheidung  hat  für  die  Praxis  eminente  Bedeutung, 
denn  die  Zahl  derartiger  nervOs,  wie  geistig  und  sittlich  geschwächter 
Kinder  ist  durchaus  nicht  gering.  Wieviel  Unrecht,  wieviel  Fehl- 
griffe werden  fortan  vermieden  werden  kOnnen,  wenn  Lehrer  und 
£)tem  sich  darftber  klar  sind,  wo  die  eigentliche  Ursache  des 
eigentflmlichen  Wesens  mancher  Kinder  liegt,  und  wenn  sie  dieselben 
anders,  als  normale  Kinder  erziehen  und  unterrichten  lernen. 

Für  solche  psychopathisch  minderwertigen  Kinder  hat  Herr 
Trüpeb  in  Jena  seit  einer  Reihe  von  Jahren  eine  besondere 
Erziehungsanstalt  eingerichtet,  und  die  Resultate  seines  Studiums 
und  seiner  Erfahrungen  liegen  in  der  oben  genannten  sehr  lesens- 
werten Schrift  vor. 

Der  Verfasser  zeigt  uns  zunächst  an  einem  Beispiele,  wie 
psychopathisch  minderwertige  Kinder  sich  von  den  normalen  unter- 
scheiden, wo  die  Entstehungsursachen  dieser  Minderwertigkeiten 
Hegen,  und  was  ftlr  Mittel  und  Wege  es  gibt,  dieselben  zu  vermeiden, 
bezw.  zu  bessern  oder  zu  heilen. 

Leider  fahrt  uns  der  Autor  aus  der  grofsen  Reihe  der  nervös, 
irie  geistig  und  sittlich  affizierten,  ttberreizten,  interesselosen, 
leistnngsunfähigen  oder  gar  entarteten  und  zuletzt  moralisch  ver- 
dorbenen und  verkommenen,  psychopathisch  minderwertigen  Kinder 
nur  ein  Krankheitsbild,  das  der  reizbaren  Schwäche  mit  ihren  wechselnden 
Symptomen  vor.  Er  zeigt  uns  an  diesem  die  gesteigerte  Erregbarkeit  der 
Sinnesorgane,  des  Gefühls-,  des  Geschlechts-  und  Phantasielebens. 
Weiter  erfahren  wir,  wie  das  Wollen  und  Handeln  dabei  geschwächt, 
bezw.  reizbar  gesteigert  sein,  ja,  wie  sich  diese  Erregbarkeit  bis  in 
das  nächtliche  Traumleben  erstrecken  kann.  Ftlr  eine  neue  Auflage 
würde  es  sich  allerdings  empfehlen,  Kochs  mustergültige  Einteilung 
der  Minderwertigkeiten  einer  ausführlicheren  Darstellung  des  Gegen- 
standes zu  Grunde  zu  legen. 

Solche  psychopathische  Minderwertigkeit  kommt,  wie  bereits 
bemerkt,  entweder  angeboren  oder  erworben  vor.  Erworben  kann  sie  durch 
somatische  Ursachen,  Krankheiten,  Verletzungen  u.  dergl.,  werden.  Auch 
die  Überanstrengungen  innerhalb  des  Gemüts-  und  Willenslebens,  sowie 
anf  intellektuellem  Gebiete  können  schuld  daran  sein.  Die  Über- 
bflrdong  von  selten  der  Schule,  das  Jagen   und  Hasten    der  Eltern, 


188 

dafs  ihre  Kinder  den  B^rechtigangsschein  erlangen,  der  didaktlsdie 
Materialismos  unserer  Lehranstalten,  welche  Wissensstoff  nnd  technisdie 
Fertigkeiten  als  die  einzige  Vorbüdong  fiOr  das  Leben  betrachten, 
die  hohen  Forderongen  der  sogenannten  Yorschnlen  —  sie  alle 
gefährden  die  Oesnndhahang  des  Geistes.  Doch  sind  die  Yorwflrfe, 
die  der  Schule  vielfach  von  ärztlicher  Seite  gemacht  werden,  in 
ihrer  Allgemeinheit  nicht  berechtigt.  Mehr  als  die  Schnle  sttsdigt 
das  Hans,  mehr  als  die  Gegenwart  ist  die  Yergangenhek  der  Kinder 
nnd  Eltern  für  deren  geistige  Minderwertigkeit  Terantwordich  za 
machen.  Alkohol  nnd  Syphilis  verschnlden  viel  Disposition  zn  der- 
selben. Die  moderne  Gennfssncht  macht  femer  die  Eltern  nerrös, 
nnd  nervöse  Eltern  erzeugen  psychopathisch   minderwertige    Kinder. 

Daher  hat  die  Prophylaxe  bei  den  Eltern  zu  beginnen;  die 
Kinder  selber  sollen  nur  eine  ihrem  Lebensaller  entsprecheade  nator- 
gemäfse  Lebensweise  fahren. 

Bei  der  Behandlung  der  psychopathischen  Minderwerti^^Eeit  ist 
der  Arzt  weniger,  als  der  Lehrer  am  Platze.  Am  besten  wird  eii 
solches  Kind  auf  einige  Zeit  aus  seiner  bisherigen  ümgebimg  ge- 
nommen und  in  eine  Erziehungsanstalt  gebracht.  Die  k^hperüctai 
Schaden  und  Schwächen  sind  hier  eventuell  durch  eine  sehr  reichliclie 
Ernährung  zu  heilen.  Zugleich  vereinigen  sich  erziehlich-unterrieWiciie 
Behandlung,  Turnübungen,  Spaziergänge,  Bewahrung  vor  Affekten, 
direkte  Beeinflussung  des  Gemütes,  das  Vorbild  der  erziehenden 
Persönlichkeiten,  um  die  „Sorgenkinder"  zu  heilen  oder  wenigsteas 
zu  bessern;  denn  es  ist  schon  viel  gewonnen,  „wenn  ein  solches 
Kind  fortan  im  gleichen  Schritt  seiner  Nebenmänner  vorwärts  kommt 
und  die  Distanz  der  Entwickelungshöhe  nicht  noch  gröfeer  wird''. 
Der  Verfasser  ist  seiner  wissenschaftlichen  Richtung  nach  ein  An- 
hänger der  HERBART-ZiLLERschen  Pädagogik,  die  nicht  einseitig 
die  Kenntnisse  ihrer  Zöglinge  mehren,  sondern  die  Gesamtpersönlichkeit 
derselben  fördern  will. 

Bektor  Dr.  phil.  Friedrich  Kolbewby 

in  Königslutter. 


Bibliographie. 

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Hbeoer,  Bob.  Übiingsbeispiele  aus  dem  Gebiete  der  IVei-,  Ord- 
rnrngs-,  Stab-  und  Geräteübungen  nebst  einer  Sammlung  von 
Liederreigen,  Tangreigen,  Kanonreigen  und  Siabreigen,  Für  das 
Turnen  der  weiblichen  Jugend  zusammengestellt  und  in  drei 
Stufen  geordnet.  2.  Aufl.  Mit  220  Abbild.  Leipzig,  1893, 
Ed.  Strauch.     «M.  3. 

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1893,  Gaertner. 

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JK.  0,50. 


190 

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E.  Roth.     Gr.  8^     M,  0,40. 
Nbümank,  Alb.     Über  SprachaUHrungen,   SioUemf  Stammdn  tmd 

sonatige   Sprachgebrechen,    sowie   ^her   Stottern    bmm    Sdkreiben 
'  (Schreibhronnpf),  StoUem  beim  Skwier-  und  Violinspielen  etc.  Graz, 

1893,  A.  Neomann.     Gr.  8^    M,  5. 
Ophthalmia    in  pauper   schools.      The   Brit.   med.  Joom.,    1893, 

Jone  24,  1337. 
Pawel,  Jaro.     Eine  Twmunterrichtsstunäe  an  der  h,  h  SiaatS' 

Oberrealschule  im  L  Bezirke  Wiens.     Ztschr.  f.  Turn.  a.  Jgdspl, 

1893,  IX,  132—137  ff. 
Pfeiffenbebgbb,  E.      Schreiblesefibel  unter   Zugrundelegung  der 

badischen  Normalschrift  (SteHschrift),  neu  bearbeitet  unier  MU 

Wirkung  von  Lehrern  der  Mannheimer  VoUes-  und  BUrgersckide. 

89. — 91.    Aufl.    Mannheim,    1893,    J.    Bensheimer.      Gr.   8^ 

M.  0,60. 
Richter.     Die    Schwerhörigkeit  im  schulpflichtigen  Alter.    DtscL 

med.  Wochschr.,  1893,  XLVI,  1196—1196;  XLVH,   1243  bis 

1244. 
Richter,   Karl,     tjber   den    Unterricht   schwachsinniger   Smder, 

Ztschr.  f.  d.  Bhdlg.  Schwachsinn,  n.  Epflept,   1893,   Jnni  n  u. 

m.     JH.  1. 
Ritzmann,    E.      Die   SteHschriftfrage.     Vortrag,    gehalten   in   dw 

Gesellschaft   für   wissenschaftliche    Gesundheitspflege    in   Ztlrich. 

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Roos,  GUST.  Ad.     Über  Jugendspiele.     Dtsch.  Volksschule,  Leipzig, 

1893,  XV;  XVI. 
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191 

Bei  der  Redaktion  eingegangene  Schriften. 

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buch.     Mit  Abbfld.  n.  4  färb.  Taf.     9.  Aufl.     Bielefeld,   1893, 

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Baumahn,  Emilio.     I  primi  soccorsi  in  casi  Sinförtumo.     Roma, 

1894.     Lire  1,50. 
BoCKEL,  E.     Über  die   wachsende  Nervosität  unserer  Zeit.     Sfld- 

westdtsch.  Scbnlbl.,  1893,  XU,  235—238. 
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designed   for   sanitary    and   healfh   officers,   pracUUoners,    and 

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P.  Blakiston,  Son  &  Co.     Sh.  4. 
CURRISB,  C.  G.    Ouäines  of  pracUcal  hygiene  adapted  to  American 

cmäiUons.     London,  1893,  E.  Hart.     9f^. 
Dabb.    ^actical  designs  for  country  schoolhouses.    New  York.  Sh  5. 
Das   Turnen   der   Unterstufe  in   der  Volksschule.      Ans    d.  Prax. 

1893,  vn. 

Das  ünwersitätsgebäude  gu  Marburg.    Mit  8  Taf.    Marbnrg,  1891, 

Elwert. 
Emmerich,  Rud.  und  Tbilligh,  Heine.   Anleitung  eu  hygienischen 

Untersuchungen,     Mit  97  Abbild.     2.    Anfl.      München,    1893, 

M.  Rieger. 
EvBLETH.     Schoolhouse  architecture.     New  York.     Sh.  6,50. 
Eyersbusch,  Oskar.    Die  Pflege  des  Auges  in  Haus  und  Familie. 

Wiesbaden,  1893,  J.  F.  Bergmann.     M.  0,60. 
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die  Interessensphäre   eines  Tumlehrervereins?     Tübingen,    1893, 

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Fischer,  Herm.     Neuerungen  auf  dem  Gebiete  des  Heizungs-  und 

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GORHAM,    A.      Über   Luft  feuchtung,     Wien.    med.    Press.,    1892, 

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Bdfsadlhau  der  Universitätsfrauenklinik  in  Berlin,  Mit  Abbild. 
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Katz.  Der  Augen  Pflege  in  Haus  und  Familie.  Berlin,  1894, 
Kinderaogenheim.     M   3. 

Lefert.  Manuale  d^igiene  e  mediana  legale,  trad.  da  AI.  Clerici. 
Mflano,  1891. 

LiON,  J.  C.  Outs  Muihs*  Spiele  eur  tjbung  und  Erholung  des 
K&rpers  und  Geistes,     8.  Anfl.     Hof,  1893,  R.  Lion.     M,  6. 

Mangin.  £Uments  ^hygihne  rMgSs  conform^ment  aux  programmes 
officids.    Paris,  1892. 


192 

Mildner.  KörUngs  Dampfniederdruckheigung  mU  SyphonreguUermg, 
Referat.  Hyg.  Rundscb.,  1892,  II,  234. 

MOKIN.     La  hUte  paur  la  aanU,     Paris,  1892. 

Nasmtth.     A  mamud  of  public  heaUh.     London,  1892. 

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en  madera  (snickerislöjd)  para  uso  del  maesiro  y  dd  alunm. 
Ed.  castellana,  considerablemente  aumentada  por  JoAQUfN  Gabezas 
[Handbuch  der  HoUarbeit  (snickerisUijd)  zum  Qebra/uch  des  Lehrm 
und  Schülers.  Spanische  Ausgabe,  beträchtlich  vermehrt  tod 
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Schulze  und  Giggel.  Deutsche  Schreiblesefibel.  Ausgabe  i- 
Schrägschnft  und  Ausgabe  B.  Steilschrift.  Gotha,  1893,  £.  F. 
Thienemann.     8^.     iL  0,75  und  Jti.  0,50. 


leitfditifi  fitt  S(|nl9(fntibl|eit0|ifl(gt 

VII.  Jahrgang.  1894.  No,  4 


(Drij^tnal-^lb^attMuitgett. 


Zur  Myopiefrage. 

Von 

H.   SCHMIDT-BlMPLBR, 
Professor  der  Augenheilkunde  in  Göttingen. 

Göttingen,  den  9.  März  1894. 

Geehrter  Herr  Eedakteorl 

Leider  bin  ioh  nicht  in  der  Lage,  die  frenndschaftliche 
Polemik  mit  meinem  verehrten  Kollegen  Stilling  so  lange 
hier  fortzusetzen,  wie  er  es  zu  wünschen  scheint,  da  ich 
färchte,  da&  sie  trotz  des  ^greisen  Beizes",  welchen  sie  augen- 
scheinlich uns  beiden  bietet,  doch  den  weniger  beteiligten 
Lesern  langweilig  werden  dürfte,  zumal  dieselben  so  ziemlich 
alle  unsere  Hauptstichworte  kennen:  „schlechtes  Material^  oder 
schlechte  anthropologische  üntersuchungsmethode,  wenn  die 
Zahlen  nicht  in  Stillings  Sinne  ausfallen,  auf  der  einen  Seite, 
auf  der  anderen  Seite:  zu  geringe  Differenzen,  um  darauf  ein 
Gesetz  zu  gründen,  und  Fehlen  jedes  Beweises  dafür,  dais, 
selbst  wenn  ausgesprochene  Chamäkonchie  häufig  bei  Myopen 
vorkäme,  diese  die  Ursache  der  Kurzsichtigkeit  sei.^  In  dem 
von  Stilling    in    seiner  letzten  Entgegnung   selbst    citierten 

^  Auch  wir  glauben,  dafs  unsere  Leser  mit  den  Gründen  und 
^gengründen  in  der  streitigen  Frage  jetzt  hinreichend  vertraut  sind, 
uid  sohliefsen  daher  die  Diskussion.    D.  Bed. 

Sehnlgeflimdheltipflege  YII.  13 


194 

Satze  KiRCHNEEs  wird  übrigens  ausdiüoklich  gesagt;,  dals  die 
Orbitae  bei  Myopie  nicht  niedriger  zu  sein  pflegen,  als  bei 
Hypermetropie,  der  gerade  entgegengesetzten  Refraktionsanomalie 
—  eine  Beobachtung,  die  wohl  Kirchner  mit  zu  seinem 
absprechenden  Urteil  gebracht  hat.  Von  Herrn  Seggel,  dessen 
frühere  Äulserungen  zu  Gunsten  der  SiiLLmGschen  Augen- 
höhlentheorie  ich  in  meinem  ersten  Aufsatze  angeführt  habe, 
bin  ich  inzwischen  ermächtigt  worden  zu  erklären,  dals  seine 
neueren  Messungen  nicht  mit  denen  Stillings  übereinstimmen. 

Ebenso  hat  die  jüngste  Theorie  meines  geistreichen 
Gegners,  wonacli  die  deletäre  Myopie  das  Produkt  von  Yer- 
wandtenehen  sein  soll,  durch  Cntersuchungen,  die  Dr.  VBLHAesN 
in  meiner  Klinik  anstellte,  keine  Bestätigung  gefunden. 

Damit  bin  ich  an  dieser  Stelle  zu  Ende  und  danke  Ihnen, 
sehr  geehrter  Herr  Redakteur,  filr  die  mir  gewährte  gastliche 
Aufnahme  in  Ihrer  geschätzten  Zeitschrift. 

Mit  besonderer  Hochachtung 

Ihr  ergebenster 

H.   SCHMIDT-BIHPLEB. 


Die  ärztliche  und  hygienische  Inspektion  der  Schulen 

in  Paris.  ^ 

Von 

Dr.  med.  Perrachon, 

ärztlichem  Schulinspektor  in  Paris. 

I. 

Die  ärztliche  Beaufsichtigung  der  Pariser  Schulen  ist  erst 
seit  ein  paar  Jahren  nach  bestimmten  Vorschriften  geordnet. 
Sie  wurde  ursprünglich  nicht  durch  ein  Staatsgesetz,  sondern 
kraft  municipaler  Beschlüsse  und  Verfügungen  eingeführt.    Die 

^  Ans  dem  Französischen  von  S.  Jonas. 


196 

Stadt  Paris  hatte  schon  längst  die  ärztliche  Inspektion  in  ihren 
Schnlen  organisiert,  als  das  neue  Gesetz  vom  30.  Oktober  1886, 
betreffend  die  Regelung  des  Elementarunterrichts,  bestimmte, 
dals  alle  öffentlichen  und  privaten  Anstalten  für  diesen 
Unterricht  in  Zukunft  einer  ärztlichen  Überwachung  durch  einen 
städtischen  oder  Kreismedizinalinspektor  unterworfen  sein  sollten. 

Im  Jahre  1836  wird  in  einem  amtlichen  Schriftstück  zum 
erstenmal  die  Notwendigkeit  einer  ärztlichen  Aufsicht  über 
die  Schulen  von  Paris  erwähnt.  Der  CentralausschuJs  für  das 
Volksschulwesen  der  Stadt  unter  dem  Vorsitz  des  Herrn 
Orfila  erlälst  eine  Verfügung,  wonach  ein  vom  Lokalkomitee 
des  Bezirks  zu  ernennender  Arzt  jeder  Gemeindeschule  für 
Knaben  beigegeben  werden  soll  mit  der  Verpflichtung,  sie 
mindestens  zweimal  im  Monate  zu  inspizieren. 

Andererseits  regelt  ein  Erlais  vom  Jahre  1855  diese 
Praxis  in  den  Kleinkinderbewahranstalten. 

Aber  die  Überwachung  wurde  stets,  trotz  des  Eifers  der 
Arzte,  nur  in  unvollkommener  Weise  ausgeführt.  Die  Ver- 
waltung appellierte  allein  an  die  freiwillige  Mitwirkung  der- 
selben. Aufserdem  bestand  keine  Gleichmäisigkeit;  alles  hing 
Ton  dem  guten  Willen  des  Magistrates  des  betreffenden  Kreises 
ab.  Erst  im  Jahre  1879  *  begegnen  wir  einer  ernstlichen 
Organisation  der  hygienischen  und  ärztlichen  Inspektion  sämt- 
licher G-emeindeschulen  ohne  Ausnahme. 

Endlich  kommt  es  im  Jahre  1883  zu  einer  abermaligen 
Neugestaltung  dieser  Thätigkeit.  Die  Zahl  der  Medizinal- 
inspektoren  wird  auf  126  für  die  Stadt  Paris  festgesetzt.  Jeder 
Arzt  hat  die  Aufsicht  über  3  bis  4  Elementarschulen  oder 
über  eine  Schulgruppe,  die  aus  einer  Bewahranstalt,  einer 
Knaben-  und  einer  Mädchenschule  besteht  und  im  ganzen 
nnge&hr  1200  bis  1800  Kinder  umfafst.* 

^  In  demselben  Jahre  dehnte  der  Generalrat  des  Seinedepartements 
die  ärztliche  Beaufsichtigung  auf  alle  Gemeindeschulen  des  Departe- 
ments aus. 

*  Die  Zahl  der  Ärzte  ist  je  nach  der  Eröfifhung  neuer  Schulen  ver- 
mehrt worden;  gegenwärtig  beträgt  sie  136. 

13* 


196 

Diese  Ärzte  werden  vom  Seineprftfekten  ans  einer  Prftsen- 
tationsliste  gewählt,  welche  in  jedem  Arrondissement  yom 
Maire  und  der  „D^lögation  cantonale^  aufgestellt  wird. 

n. 

Um  den  Lesern  der  y^Zeüschrifl  für  Schtdgesundheitspfkge'' 
die  Amtsthätigkeit  der  ärztliohen  Schulinspektoren  in  Paris 
verständlich  zu  machen,  muijs  ich  erst  ein  paar  Worte  über  die 
Einrichtung  der  Verwaltung  dieser  Stadt  sagen.  Sie  ist  in 
20  Bezirke  geteilt.  Der  Seinepräfekt  ist  der  eigentliohe 
Bürgermeister  von  Paris.  In  dieser  Eigenschaft  hat  er  die 
Oberleitung  der  städtischen  Elementarschulen,  die  er  mit  Hilfe 
des  Direktors  für  den  Elementarunterricht  führt  Er  übertrfigt 
seine  Befagnis  in  Schulangelegenheiten  jedem  der  Bezirk»- 
vorsteher,  welche  ihre  Aufsicht  über  die  Schulen  vermittelst 
der  y^D^Iögation  cantonale^  und  der  „Gaisse  des  äcoles"  ausüben. 

Die  y,D^lögation  cantonale^  besteht  aus  juristischen  Mit- 
gliedern, dem  Maire  und  den  Amtsgehilfen,  den  Stadträten  des 
Arrondissements  und  aus  Mitgliedern,  die  vom  Präfekten 
ernannt  sind.  Der  Maire  führt  den  Vorsitz.  Die  Aufgabe 
dieses  Ausschusses  ist  es,  die  gehörige  Leitung  der  Schulen, 
sowie  das  moralische  und  materielle  Wohl  der  Schüler  zu  über- 
wachen und  der  Oentralverwaltung  die  hygienisch  und  päda- 
gogisch für  notwendig  erkannten  Verbesserungen  anzuzeigen. 

Die  „Caisse  des  öcoles^  bildet  eine  Gresellschaft  mit  einer 
unbestimmten  Anzahl  von  Mitgliedern,  welche  einen  jährlichen 
festen  Beitrag  zahlen;  sie  kann  auCaerdem  Schenkungen  an- 
nehmen. Der  Ertrag  dieser  Beiträge  und  Schenkungen  wird 
dazu  verwendet,  die  Schulküchen  und  Schulapotheken  za 
unterstützen,  die  Kosten  für  die  Ferienkolonien  zu  bestreiten, 
den  armen  Kindern  Kleider,  Schuhe  und  Medikamente  zu  ver- 
schaffen. Ein  Verwaltungsrat,  der  von  sämtlichen  Subskribenten 
gewählt  wird,  und  dem  der  Maire  präsidiert,  verwaltet  die  Kasse. 

Wir  werden  später  sehen,  in  welchen  Beziehungen  die 
Medizinalinspektion  zu  diesen  beiden  Verwaltungskonmiissionen 
steht. 


197 

Die  zur  Zeit  geltende  Yerfägung^  sohreibt  vor,  daüs  der 
Arzt  jede  seiner  Schulen  mindestens  zweimal  im  Monat  in- 
spizieren soll.  Im  Falle  einer  Epidemie  geht  er  so  oft  in  die- 
selben, wie  es  nötig  ist.  Er  macht  seine  fiesuche  zusammen 
mit  dem  Vorsteher  oder  der  Vorsteherin  der  Anstalt. 

Jedesmal  mnJB  er  sich  von  der  Bescha£fenheit  der  ver- 
schiedenen K&nme  überzeugen,  jede  Klasse  besichtigen,  den 
Zustand  der  Vorhalle,  des  Spielplatzes,  der  Höfe,  der  Aborten,  s.w. 
prüfen.  Er  untersucht  die  Kinder,  die  ihm  vom  Lehrer  be- 
zeichnet werden,  besonders  diejenigen,  welche  krank  sein  könnten. 
Zugleich  schickt  er  jedes  erkrankte  Sand  den  Eltern  zurück 
und  untersagt  Yorläufig  denjenigen  den  Schulbesuch,  bei  denen 
er  eine  übertragbare  E[rankheit  befürchtet.  Der  Direktor  gibt 
dem  so  ausgeschlossenen  Kinde  einen  Bogen,*  auf  dem  der 
Arzt  den  Eltern  die  ihm  notwendig  erscheinenden  Verhaltungs- 
malsregeln  mitteilt.  Nach  beendeter  Untersuchung  der  Schule 
trägt  dieser  in  ein  derselben  gehöriges  Specialregister  seine  Beob- 
achtungen über  den  hygienischen  Zustand  des  Gebäudes  und  die 
Gesundheit  der  Elinder  ein.  Er  schreibt  die  Namen  der  Schul- 
kinder auf,  welche  er  während  seines  Besuches  wegen  einer  an- 
steckenden Krankheit  abgesondert  hat,  und  gibt  zugleich  die 
Natur  der  Krankheit  an;  er  notiert,  ob  das  seinen  Eltern  zu- 
geschickte Kind  sich  vor  dem  Wiederbesuch  der  Schule  mit 
dem  von  der  Verfügung  geforderten  Gesundheitsattest  des 
Medizinalinspektors  yersehen  mufs,  oder  nicht.  In  demselben 
Register  bemerkt  der  Lehrer  das  Datum,  an  welchem  das 
wegen  Krankheit  ausgeschlossene  Kind  die  Schule  zum  ersten 
Male  wieder  besucht. 

Aufserdem  mufs  der  Arzt  dem  Maire  des  Bezirkes  als 
Vorsitzenden  der  ^Däl^gation  cantonale^  sobald  als  möglich, 
spätestens  aber  24  Stunden  nach  der  Inspektion  einen  Bericht' 
einschicken,  worin  er  seine  Beobachtungen  über  den  hygienischen 

^  Inspection  nUdicale  des  icoles  primaires  et  des  icoles  matemelles 
pubkques  de  la  viHe  de  Paris,    Beorganisation  du  Service,   Paris,  1883. 
*  S.  das  Formular  No.  4  auf  Seite  207. 
"  S.  das  Formular  No.  1  auf  Seite  203—205. 


198 

Zustand  der  Sohnle,  über  die  gute  oder  schlechte  Beschaffen- 
heit der  Heizvorrichtongen,  über  die  in  den  Klassen  vor- 
handene mittlere  Temperatur,  über  die  Ventilation  und  die 
Luftverhältnisse  der  Zimmer  mitteilt;  er  kennzeichnet  femer 
die  herrschenden  oder  epidemischen  Krankheiten  und  führt  die 
prophylaktischen  Malsregeln,  die  ihm  notwendig  erscheinen,  an, 
wie  z.  B.  die  Desinfektion  der  Lokalitäten  ^  oder  die  zeitweise 
Schliefsung  einer  Klasse,  bezw.  einer  ganzen  Schule;  endlich 
gibt  er  die  Zahl  der  von  ihm  während  seines  Besuches  wegen 
übertragbarer  Krankheit  proyisorisch  entlassenen  Kinder  nnd 
die  Natur  der  betreffenden  Krankheiten  an.  Wünscht  er  die 
zeitweilige  Schliefsung  einer  Schule,  so  benachrichtigt  er  sofort 
den  Maire.  Dieser  meldet  die  Forderung  telephonisch  der 
Unterrichtsdirektion,  welche  bisher  fast  immer  die  vom  Arzte 
geforderte  Maisregel  bewilligt  hat. 

Der  Lehrer  unterstützt  den  Arzt  bei  dessen  hygienischer 
Thätigkeit.  Bemerkt  er  bei  einem  Kinde  seiner  Klasse  irgend 
ein  Unwohlsein,  so  benachrichtigt  er  den  Direktor  davon,  der 
dasselbe  sofort  den  Eltern  mit  einem  vorgedruckten  Scheine^ 
zuschickt.  Das  in  dieser  Weise  ausgeschlossene  Kind  mufs 
vor  der  Rückkehr  zur  Schule  dem  ärztlichen  Schulinspektor 
in  seiner  Sprechstunde  vorgeführt  werden.  Erlaubt  derselbe 
den  Wiederbesuch  des  Unterrichts,  so  stellt  er  dem  Kinde  ein 
Attest'  aus,  welches  von  diesem  dem  Vorsteher  oder  der  Vor- 
steherin der  Schule  zu  übergeben  ist. 

Ebenso    müssen  die  wegen  Krankheit  fehlenden  Kinder, 


^  Dank  den  Einrichtungen,  die  vom  Stadtrat  auf  den  Vorschlag 
des  Hygienikers  Düjasdin-Beaumbtz  getroffen  sind,  kann  der  Medizinal- 
inspektor  die  Desinfektion  einer  Klasse  oder  einer  Schale,  sowie  der 
Kleidung  und  der  Bflcher  der  Schuler  sehr  schnell  bewerkstelligen 
lassen.  Ein  MunicipalbeschluQi  ordnet  an,  dafs  die  Desinfektion  der 
Räumlichkeiten  in  Gegenwart  und  unter  Leitung  des  Schularztes  statt- 
finden soll.  Vergl.  Dujardik-Beaumetz,  L'hygüne  prophylacHque.  Paris, 
1889  und  Instructions  sur  la  prophylaxie  des  maladies  contagieuses. 
Paris,  1892. 

«  S.  das  Formular  No.  2  auf  Seite  205—206. 

*  S.  das  Formular  No.  3  auf  Seite  206. 


199 

ehe  sie  den  Unterricht  wieder  besuchen  dürfen,  vom  Arzte 
gesehen  werden. 

Letzterer  hat  überdies  noch  die  Schule  alle  halbe  Jahre 
zusammen  mit  dem  Stadtbaumeister  zu  inspizieren. 

Au&er  diesen  schon  genügend  vielseitigen  Pflicbten  mufs 
der  Schularzt  alljährlich  im  Mai  oder  Oktober  nach  dem 
Wiederbeginn  des  Unterrichts  bei  allen  Schülern,  die  über 
10  Jahre  alt  sind,  die  Impfung  mit  Kuhlymphe  vornehmen. 
Ein  Bericht  über  den  Erfolg  dieser  Revaccinationen  mit  den 
Rubriken  „gnt**,  „zweifelhaft",  „gar  nicht"  geht  an  den  Maire 
des  Arrondissements.  Dieser  sendet  die  Berichte  der  Ärzte  an 
die  Direktion  des  Elementarunterrichts,  welche  sie  zusammen- 
Btellt. 

In  jedem  Jahre  schlägt  der  ärztliche  Schulinspektor  vor 
den  Ferien  der  „Caisse  des  äcoles"  eine  gewisse  Anzahl  bleich- 
süchtiger, skrofulöser  oder  zarter  Kinder,  die  aber  kräftig 
genug  sind,  eine  ziemlich  lange  Reise  auszuhalten,  zur 
Teilnahme  an  den  Ferienkolonien  vor.  Die  „Caisse  des 
Cooles"  des  18.  Arrondissements  hat  für  diesen  Zweck  im  Thal 
der  Oise  ein  grofses  Landhaus  angekauft,  wo  sie  60  bis 
80  schwachen  und  kränklichen  Kindern  unter  der  Obhut  be- 
sonders dazu  ernannter  Lehrer  vier  Wochen  lang  Aufenthalt 
gewährt.     Diese  Luftkur  hat  bis  jetzt  die  besten  Erfolge  gehabt. 

In  einzelnen  Vierteln  sind  den  ärztlichen  Schulinspektoren 
auch  Specialisten  beigegeben.  So  hat  die  ^Caisse  des  öcoles'' 
im  18.  Arrondissement,  dem  ich  angehöre,  eine  Special- 
behandlung der  Augenkrankheiten  eingerichtet;  der  ärztliche 
Schalinspektor  oder  der  Lehrer  schickt  die  augenkranken 
Kinder  einem  bestimmten  Augenarzte  zu.  Die  erforderlichen 
Medikamente  werden  unbemittelten  Schülern  unentgeltlich  ver- 
abreicht. 

In  einem  anderen  Arrondissement  verfährt  man  ebenso 
bei  Ohrenkrankheiten. 

Fast  in  allen  Arrondissements  hat  man  sämtlichen  kranken 
Kindern,  hauptsächlich  den  Schulkindern,  freie  ärztliche  Be- 
bandlung  zugänglich  gemacht. 


200 


in. 


Die  organisierte  ärztliclie  und  hygienifiche  Schnlinspektion 
in  Paris  leistet  unseren  Kindern  grofse  Dienste,  aber  sie  ist 
von  Vollkommenheit  noch  weit  entfernt.  Die  unabhängigen 
Schulen  ganz  besonders  sind  bisher  der  ärztlichen  Überwachnng 
noch  nicht  unterworfen.  Da  ihre  Zahl  in  Paris  eine  recht 
beträchtliche  ist,  wird  man  einsehen,  dais  das  Ziel,  welches 
man  sich  bei  der  Errichtung  der  ärztlichen  Schulaufsicht 
gesteckt  hat,  das  Umsichgreifen  epidemischer  und  ansteckender 
Krankheiten  unter  der  Jugend  zu  verhüten,  noch  lange  nicht 
erreicht  ist. 

Andererseits  ist  es  auch  schwer,  die  prophylaktische 
Hygiene  ernst  zu  betreiben,  wenn  die  Anmeldung  der  an- 
steckenden Krankheiten  nicht  obligatorisch  ist.  Bei  dem  jetzt 
herrschenden  System  wird  der  Arzt  zu  spät,  um  noch  handeh 
zu  können,  von  den  Krankheiten  und  den  sich  bildenden 
Epidemien  benachrichtigt;  er  muls  den  Aussagen  der  Eltern 
glauben,  die,  sei  es  absichtlich,  sei  es  unbewuijst,  irrige  Mit- 
teilungen machen,  wenn  sie  überhaupt  dazu  bereit  sind.  Sämt- 
liche Hygieniker  Frankreichs  stimmen  deshalb  darin  überein, 
die  Anzeigepflicht  der  übertragbaren  Elrankheiten  zu  fordern. 
Diese  Anzeigepflicht  findet  sich  in  dem  neuen  Gesetze  über  die 
Ausübung  der  Heilkunde  in  Frankreich,  das  mit  dem  bevor- 
stehenden Frühjahr  in  Kraft  treten  wird.^  Danach  mufs  der 
behandelnde  Arzt  jede  ansteckende  Krankheit,  von  der  er 
Kenntnis  erlangt,  bei  den  Gesundheitsbehörden  anmelden. 
Eine  Verfügung  der  öffentlichen  Verwaltung  bestimmt,  welche 
Krankheiten  der  Anzeigepflicht  unterliegen.^ 

Man  darf  also  hoffen,  dafs  das  neue  Gesetz  auch  der  ärzt- 
lichen Schulinspektion  zu  gute  kommen  wird,  und  mein 
gelehrter    Kollege,    Dr.  Mangenot,    hat   kürzlich    in    einer 


^  Dasselbe  ist  seit  ungefähr  vier  Wochen  bereits  in  Wirksamkeit 
D.  Red. 

'  Es  sind  dies :  Unterleibstyphus,  Flecktyphus,  Scharlach,  Diphtherie, 
Cholera  und  Buhr.    D.  Bed. 


201 

interessanten  Mitteilung  an  die  Gesellschaft  für  öffentliche 
Medizin  und  Gewerbehygiene  ^  auseinandergesetzt,  wie  durch 
diese  Maisregel  die  ärztliche  Überwachung  der  Schulen  ge« 
winnen  und  welcher  Nutzen  für  die  Verhütung  der  an- 
steckenden und  epidemischen  Krankheiten  daraus  erwachsen 
mub. 

Um  die  erwähnten  Lücken  in  der  ärztlichen  Schulinspektion 
zu  studieren,  sie  zu  gruppieren  und  zur  Kenntnis  der  Regierung 
zu  bringen,  haben  die  Schulärzte  von  Paris  vor  einigen  Jahren 
eine  freundschaftliche  Vereinigung  gegründet.  Dieselbe  besitzt 
eine  grofse  Anzahl  Mitglieder  und  hat  sich  überhaupt  die  Auf- 
gabe gestellt,  interessante  Fragen  der  Schulhygiene  zu  ver- 
handeln. Auf  ihre  Veranlassung  sind  bereits  mehrere  Arbeiten 
in  Form  von  Berichten  erschienen,  welche  Verbesserungen  in 
der  schulärztlichen  Praxis  betreffen. 

Diese  Veröffentlichungen  entstanden  infolge  yon  Ab- 
änderungsvorschlägen für  die  jetzige  Medizinalinspektion, 
welche  dem  Stadtrat  von  Paris  unterbreitet  worden  sind.  Im 
Jahre  1887  legte  nämlich  Dr.  Navarrb*  dem  letzteren  einen 
Plan  vor,  wonach  die  bestehende  Organisation  fast  ganz  auf- 
gehoben werden  sollte.  Die  in  Thätigkeit  befindlichen  Schul- 
ärzte, damals  126  an  der  Zahl,  sollten  aus  Sparsamkeits- 
rücksichten  durch  60  vermittelst  Bewerbung  zu  ernennende 
Arzte  ersetzt  werden.  Auf  diese  Weise  wären  in  Paris  60  ärzt- 
liche üntersuchungsstellen  für  Schulen  geschaffen  worden,  in 
denen  Schulärzte  die  nicht  von  ansteckenden  Krankheiten 
befdlenen,  sowie  die  vom  Vorsteher  der  Anstalt  fortgeschickten 
Kinder  untersucht  und  einer  geeigneten  Behandlung  unter- 
worfen hätten.  Der  ärztliche  Schulinspektor  würde  also  dann 
behandelnder  Arzt  geworden  sein. 


^  Hakoehot,  La  declaration  obligatoire  des  maladies  contagieuseB 
et  rinapection  m6dicale  des  6coles  in  der  Revtie  d^Hygihne,  1892,  Bd.  XIV, 
No.  12;  vergl.  diese  Zeitachrifty  1894,  No.  1,  S.  59—61. 

*  Nayabre,  Bapport  prisenU  au  nom  de  Ja  commission  du  bttdget 
9wr  VinspecUon  midkcde  des  Etablissements  d'enseignement  primaire  de  la 
wöc  de  Paris  et  des  Cooles  privies.    Paris,  1887. 


202 

Die  ärztliohe  Vereiniguiig  hat  voller  ErreguDg  eine  Eom* 
mission  ernannt,  welche  ihre  Ansichten  üher  diesen  Vorschlag 
znr  Kenntnis  der  Behörde  bringen  sollte.  Sie  lieis  zwei  Be- 
richte^ erscheinen,  in  denen  einerseits  die  Verbesserungen  auf- 
gezählt waren,  welche  in  der  gegenwärtigen  Organisation  ein- 
geführt werden  müTsten,  andererseits  die  Gründe  angegeben 
wurden,  welche  für  die  Aufrechterhaltung  des  Status  quo  in 
seinen  wesentlichen  Teilen  sprächen. 

Als  Einwand  wurde  unter  anderem  geltend  gemacht,  äah 
der  Schularzt  einfach  Hygieniker  bleiben  mülste  und  nicht 
behandelnder  Arzt  werden  dürfte,  dafs  nicht  ihm  die  Pflicht 
zufiele,  die  kranken  Schüler  zu  behandeln,  sondern  dem  Hans- 
arzte, oder,  wenn  die  Eltern  arm  wären,  den  verschiedenen 
öffentlichen  Polikliniken.  Kurz,  das  Projekt  des  Herrn 
Navarrb  fand  in  keiner  Weise  Zustimmung. 

Im  Jahre  1890  bei  Gelegenheit  der  Abstimmung  über 
das  Budget  der  ärztlichen  Schulaufsicht  durch  den  Stadtrat 
machte  Herr  Vaillakt,  dessen  Kompetenz  auf  dem  Gebiete 
der  öffentlichen  Gesundheitspflege  bekannt  ist,  in  einem  sehr 
klaren,  sehr  bestimmten  Bericht  auf  die  Änderungen  auf- 
merksam, welche  man  in  dem  Reglement  für  jene  Au&icht 
vornehmen  könnte.  Die  schulärztliche  Vereinigung  beauftragte 
Dr.  ToLÄDANO*  damit,  den  Bericht  Vaillants'  zu  beurteilen. 

Die  Frage  über  die  in  Rede  stehende  Reorganisation  ist 
noch  heute  in  der  Schwebe.  Infolge  der  verschiedenen  dem 
Stadtrate    unterbreiteten    Berichte    hat    der   Seinepräfekt   eine 


'  Blayac,  VinspecHon  hygünique  et  midicale  des  icoles.  Beorgcmh 
sation  du  service.  Paris,  1888  und  P.  Richard,  Du  midecin-inspecteur  des 
icoles.    Paris,  1888. 

'  ToLi^DANo,  Rapport  prisente  au  nom  de  kt  sociiU  des  nUdecins- 
inspecteurs  de  la  viUe  de  Faris  sur  le  prqjet  de  M.  Vaillantde  riorganir 
sation  de  Vinspection  midicale  dans  les  icoles  de  Paris.  France  med., 
1892,  No.  24. 

'  Vaillakt,  Rapport  prisenti  au  nom  du  comiU  du  hudget  et  du 
controle  sur  les  dipenses  d'inspection  midicale  des  itablissements  d^instruction 
primaire.    Paris,  1891. 


203 

grofse  Kommission  von  25  Mitgliedern^  ernannt,  welche  die- 
selbe studieren  nnd  die  definitive  Lösung  suclien  soll;  vier 
ärztliche  Schnlinspektoren  gehören  dieser  Kommission  an. 

Ohne  vorherzubestimmen,  was  von  den  Mitgliedern  der- 
selben beschlossen  werden  wird,  kann  man  schon  jetzt  an- 
nehmen, dafs  das  neue  Beglement  eine  Reihe  von  Verbesserungen 
enthalten  wird,  wie  z.  B.  die  Anwendung  der  obligatorischen 
Anmeldung  der  ansteckenden  Krankheiten  auf  die  Schul- 
gesondheitspflege,  die  hygienische  und  ärztliche  Überwachung 
auch  der  unabhängigen  Schulen,  die  Festlegung  der  Be- 
dingungen, unter  denen  man  den  Greschwistem  der  von  über- 
tragbaren Elrankheiten  befallenen  Kinder  den  Zutritt  zur 
Schule  verbieten  darf  u.  s.  w. 

Sind  alle  diese  Verbesserungen  erst  einmal  beschlossen, 
so  wird  Paris  im  Besitze  einer  hygienischen  Prophylaxe  sein, 
die,  wenn  auch  noch  nicht  vollkommen,  so  doch  wenigstens 
im  stände  ist,  unseren  Schulkindern  und  dadurch  der  ganzen 
Pariser  Bevölkerung  die  gröisten  Dienste  zu  leisten.^ 


Formular  No.  1. 

Französische   Republik. 
Freiheit,  Gleichheit,  Brüderlichkeit. 

Ärzfliche  Inspektion 

der 

städtischen  Unterrichtsanstalten. 

für*  

Strafse  No 


^  8.  diese  Zeitschnft,  1892,  No.  11,  S.  496. 

*  Die  ärztliche  Inspektion,  wie  ich  sie  hier  beschriehen  habe,  findet 
nur  Anwendung  auf  die  städtischen  Elementar-  und  Wartesohulen.  Da 
die  höheren  Schulen  (Lyceen  und  Gymnasien)  fast  alle  Internate  besitzen, 
BO  sind  die  dort  angestellten  Mediziner  Hygieniker  und  behandelnde 
Arzte  zugleich. 

'  Schule  oder  Kinderbewahranstalt. 

*  Knaben  oder  Mädchen. 


204 

Herr  Dr 

Besach  am 

Hygienische  BeschafTeiilieit  der  Anstalt. 

L   Instandhaltung  und  Reinlichkeit  der  Bftume.^ 

Vorhallen,  Treppen,  Korridore 

Schulhöfe  (Gossen,  Dachrinnen  u.  s.  w.) 

Aborte 

Pissoirs 

Gedeckte  Halle 

Klassen 

n.   Beleuchtung,  Heizung,   Lüftung.' 

Beleuchtung 

„  .  f  Zustand  der  Heizvorrichtungen 

^  \  Mittlere  in  den  Klassen  gefundene  Temperatur  — 
Lüftung 

Allgemeine  Beobachtungen 

Oesnndheitsznstand  in  der  Anstalt. 

Finden  sich  in  der  Anstalt  Spuren  von  irgend  einer  herrschenden 
oder  epidemischen  Krankheit? 

Sind  sanitäre  Ma&regeln  zu  treffen? 

Ist  die  Schliefsung  der  Anstalt  erforderlich? 

Wieviele  Blinder  fehlten  in  der  Anstalt  wegen  Krankheit  beim 
Besuche  des  Arztes? 

Welches  ist  die  Art  der  Krankheiten,  welche  unter  diesen 
Kindern  zu  herrschen  scheinen? 

^  In  diese  Bubrik  hat  der  Arzt  sein  Urteil  über  die  Reinliohkeit 
eines  jeden  der  bezeichneten  Bäume  einzutragen.  Zugleich  gibt  er  an, 
welche  hygienischen  Verbesserungen  ihm  für  jeden  Baum  notig  erscheinen. 

*  Urteil  des  Arztes  über  die  Beschaffenheit  der  Erlassen  in  Bezug 
auf  Beleuchtung,  Heizung  und  Ventilation,  nebst  Angabe  der  Verbesse- 
rungen, welche  ihm  nötig  erscheinen. 


205 

Wie  grofs  ist  die  Zahl  der  Kinder,  bei  welchen  der  Arzt 
während  seines  Besnohes  das  Vorhandensein  ansieckender 
Krankheiten  festgestellt  und  denen  er  den  Besnch  der 
Anstalt  vorläufig  nntersagen  zu  müssen  geglaubt  hat? . . . 

Welches  sind  die  unter  diesen  Kindern  herrschenden  Krank- 
heiten?   

Allgemeine  Beobachtungen 

Paris,  den 189 . 

•  ••• > 

ärztlicher  Schulinspektor. 

Dieser  Bericht  mufs  von  dem  ärztlichen   Schul- 

inspektor  sobald  als  möglich   nach  der  Inspektion, 

spätestens  aber  nach  24  Stunden  an  den  Vorsitzenden 

der  kantonalen  Delegation  und  an  den  Bürgermeister 

des  Bezirkes  gesandt  werden. 


Formular  No.  2. 

Französische  Bepublik. 
Freiheit,  Gleichheit,  Brüderlichkeit. 

Arrondissement. 

Städtische^ für« 

Straf se,  No 


Paris,  den 189 . 

Der  Schüler* , 

wohnhaft Stralse,  No. . . , 

ist  Yon  Unwohlsein  befallen,  so  daüs  er  nicht  in  der  ^ 

bleiben  kann. 

Er  wird  in  dieselbe  nur  dann  wieder  zugelassen,  wenn  er 
ein  Zeugnis  des  ärztlichen  Schulinspektors  Yorlegt,  welches 
seine  Rückkehr  in  die  Anstalt  gestattet. 

*  Schule  oder  EinderbewahraiiBtalt. 
'  Knaben  oder  Mädchen. 
'  Name  und  Vorname. 


206 

um  dieses  Zeagnis  zu  erhalten,   muls   das  Kind  in    die 

Sprechstunde  des  ärztlichen  Schulinspektors,   Herrn  Dr 

,  gebracht  werden,  welche  am 

von  . .  bis  . .  Uhr, Stralse,  No. .  . . 

stattfindet. 


Direktor. 
Dieser  Schein  mufs  dem  ärztlichen  Schulinspektor 
vorgelegt   werden,    wenn    das  Kind   in   seine  Sprech- 
stunde kommt. 


Formular  No.  ä. 

Französische   Republik. 
Freiheit,  Gleichheit,  Brüderlichkeit. 

Arrondissement. 

^  Bezirk  der  ärztlichen  Schulinspektion. 

Herr  Dr.* 


Ärztliche  Inspektion 

der 

städtischen  Unterriehtsanstalten. 

Ich  unterzeichneter  ärztlicher  Schulinspektor   bescheinige, 

dafs  d.  .   Schüler. .   der  städtischen' für* 

. . . , StraTse,  No. . .   die  Erlaubnis  erhält,  wieder 

in  die  Anstalt  einzutreten. 

Paris,  den 189 . 


ärztlicher  Schulinspektor. 

An  d. .  Direktor.  .   der  städtischen' 

, Stralse,  No. 


^  Nummer  des  Bezirkes. 
*  Name  des  ärztlichen  Schalinspektors. 
'  Schule  oder  Kinderbewahranstalt. 
^  Knaben  oder  Mädchen. 


207 


Formular  No.  4. 

Französische  Republik. 
Freiheit»  Gleichheit,  Brüderlichkeii 

Arrondissement. 

Städtische^ für« 

Strafse,  No. . . 


Der    unterzeichnete     ärztliche    Schulinspektor    der    Stadt 

Paris  bescheinigt,  dafs  d. .   Schüler. . ' an 

leidet.     Dieser  Zustand  erfordert 

Paris,  den 189 . 


ärztlicher  Schulinspektor. 


Über  geistige  Ermüdung  bei  Schulkindern. 

Bemerkungen  zu  dem  gleichnamigen  Aufsatze 

des  Herrn  Dr.  Laser. 

Von 
Dr.  phil.  Leo  Bürgerstein, 

OberrealBchulprofessor  in  Wien. 

Herr  Dr.  Laser  hat  in  einer  ebenso  mühevollen  wie 
dankenswerten  Studie  in  dieser  Zeitschrift^  interessante  Experi- 
mente zur  Frage  der  geistigen  Ermüdung  beim  Schulunterrichte, 
sowie  deren  Besultate  mitgeteilt.  Es  sei  gestattet,  aus  den 
von  ihm  gefundenen  Zahlen  einen  weiteren  Schlub  zu  ziehen. 

^  VolksBchnle  oder  Kinderbewahranstalt. 

*  Knaben  oder  Mädchen. 
'  Name  und  Vorname. 

*  Vn.  Jahrgang,  1894,  No.  1,  S.  2  ff. 


208 


Berechnet  man  nach  den  auf  Seite  10  und  15  mitgeteilten 
Tabellen  den  Gresamtdurohschnitt  für  alle  4  untersten  Klafisen, 
80  hat  man  den  Yprteil,  einmal  den  störenden  EinfluTs  der 
verschiedenen  Stundenpläne  bei  den  Einzelversuchen  (Lasek, 
S.  17)  einigermafsen  zu  eliminieren,  andererseits  als  Basis  der 
Berechnung  eine  statistisch  weit  wertvollere,  grölsere  Individuen- 
zahl  (226)y  als  die  der  einzelnen  Klassen  (Durchschnitt  56,5) 
zu  erhalten. 

SämÜiche  Klassm  (5  +  4  +  V  +  IV;  Lasbr  S.  10). 


Arbeitsftfiok 

Verlangte 
Ziffern 

Gerechnete 
Ziffern 

Dnrchsehnitt 

•/o 

I 

93  564 

34  900 

154,4 

37,30 

n 

93  564 

40661 

179,9 

43,45 

nx 

93112 

43124 

190,8 

46,31 

IV 

93  564 

43  999 

194,6 

48,09 

V 

93  790 

45  890 

203,0 

48,92. 

Es  wurden  also  gerechnet  dnrohBohnitÜioh  in  dem 


I. 

164,4 

Differenzen, 

d.h.  Zn- 

nahme  pro 

Indlyidnnm: 


n. 

179,9 


III. 

190,8 


IV.  V.    Zeitstock 

194,6       203.0  Ziffern; 


25,5 


10,9 


3,8 


8,4 


Zi£Eeni. 


Die  berechneten  Zahlen  bilden  durchschnittlich  in  dem 
bezüglichen  Zeitstück  Prozente  der  geforderten: 

37,30  43,45  46,31  48,09  48,92 

Difllerenzen, 

nahmeVer      6,2  2,9  1,8  0,8. 

Prozente 
(abgerundet) : 

Es  Wächst  sonach  das  Quantum  der  geleisteten  Arbeit 
Yon  Lektion  zu  Lektion,  und  zwar  tritt  der  Zuwachs  von  der 
ersten  zur  zweiten  Lektion  am  meisten  hervor,  wie  auch  Laseb 
auf  Seite  11,  12  hervorhebt. 

Die  Fehlerzahl  beträgt,  für  alle  4  Klassen  berechnet: 
SämÜiche  Klassen  (5  +  4  +  V  +  IV ;  Lasbr,  S.  15). 


209 


Beile 

G^eiiamtfehler 

Durchschnitt 
der  Fehler 

Darchsohnitt 

der  gereehneten 

Zahlen 

Verhältnis  der 
iperechneten 

Zahlen  sn  den 
Fehlem  in  «/o 

■ 

I 

1147 

5,07 

154,4 

3,28 

n 

1460 

6,46 

179,9 

3,59 

in 

1713 

7,57 

190,8 

3,79 

IV 

1796 

7,94 

194,6 

4,08 

V 

1668 

7,37 

203,0 

3,63. 

Die  FehlerzaU  betrag  demnach  im  Dorcliscliiiitt  für  alle 
Individuen  in  dem 

I.  II.  ni.  IV.  V.    Zeitstück 

5,07        6,46        7,67        7,94        7,37 


Differenzen, 
d.h.Za- 
n  ahme  der    1,4  1,1 

Fehler 
(ahgemndet): 

Die  Fehler  bilden  Prozente  der  berechneten  Ziffern 


0,4        —  0,6. 


3,28        3,59        3,97        4,08        3,63 


0,4 


0,1        —0,5 


Differenzen, 

d.  h.  Zu- 
nahme der   0,3 

Prozente 
(abgerundet): 

Oder  es  kommt  je  ein  Fehler  im 
I.  n.  III.  IV. 

auf   30,4       27,8         25,2         24,5 


V.  Zeitstück 
27,5  gerechnete  Ziffern 


—  2,6  —2,6  —0,7  +3,0. 
Es  wächst  also  in  den  aufeinanderfolgenden  Unterrichts- 
stunden nach  Innehaltung  je  einer  Pause  die  quantitative 
Leistungsfähigkeit,  es  nimmt  aber  andererseits  die  Qualität  der 
Leistung  ab  bis  auf  die  letzte  Stunde,  welche  merkwürdiger- 
weise nach  dem  vorliegenden  Experiment  in  Bezug  auf 
Quantum  und  Quäle  günstig  hervorsticht;  absolut  und 
relativ  sind  in  dieser  Stunde  die  meisten  Ziffern  gerechnet 
worden,  und  die  Qualität  ist  wenig  schlechter,  als  die  in  der 
IL  Lektion  —  wobei  die  bedeuteüde  Quantitätszunahme  nicht 
aulser  acht  bleiben  darf  — ,  aber  ganz  merklieh  besser,  als 
die  in  der  III.  und  IV.  Lektion. 

SehnlreaandheitspflefeVII.  14 


210 

Es  wäre  nicht  ohne  Interesse,  die  DurchschnittsreohniiDg 
auch  noch  für  beide  Geschlechter  auszufahren  (yergl.  Lasebs 
Befunde);  aber  einerseits  ist  dies  dem  Schreiber  dieser  Zeilen 
wegen  weitgehender  Überlastung  mit  Arbeit  nicht  mögUch, 
andererseits  würde  die  Gresamtzahl  dann  wieder  ungefähr  auf 
je  die  Hälfte  reduciert  sein. 

Vielleicht  entschliefst  sich  Herr  Dr.  Laser,  in  Klassen  von 
derselben  Böhe,  wie  die  untersuchten,  noch  10  Minutenproben  in 
der  Mitte  und  am  Schlüsse  der  einzelnen  Lektionen  anfertigen 
zu  lassen.  Das  verständnisvolle  und  liebenswürdige  Entgegen- 
kommen, welches  er  bei  der  Königsberger  Schulbehörde 
gelegentlich  seiner  für  die  Frage  der  geteilten  oder  un- 
geteilten Unterrichtszeit  so  wichtigen  Arbeit  gefanden 
hat,  ladet  gewifs  dazu  ein.  Überhaupt  sollten  weitere  Unter- 
suchungen auf  dem  Qebiete  der  experimentellen  Unterrichtshygiene 
angestellt  werden,  welche,  im  Interesse  der  Schule  selbst  vor- 
genommen, sich  gegenwärtig  erst  in  den  Anfängen  befinden, 
aber  zum  Ausbau  der  gesamten  Erziehungshygiene  Bedeutendes 
beizutragen  versprechen. 


Schulhygienische  Untersuchungen  in  Norwegen.^ 

Von 

M.  K.  HAkonson-Hansen, 

Lehrer  und  Observator  in  Drontheim. 

Das  durch  die  schulhygienischen  Untersuchungen  in  Nor- 
wegen gewonnene  Material  befindet  sich  gegenwärtig  in  Be- 
arbeitung. Diese  ist  jetzt  so  weit  vorgeschritten,  dafe  man  in 
betreff  einzelner  Städte  einen  ungefähren  Überblick  über  die 
wichtigeren  Resultate  gewinnen  kann. 

So  haben  Dr.FAYE  und  der  Oberarzt  Hald  im  pädagogischen 
Verein  zu  Christiania  eine  vorläufige  Mitteilung  über  die  von 

^  Vergl.  diese  Zeitschrift,  1892,  No.  4,  S.  180;  1893,  No.  7  u.  8, 
S.  306-403. 


211 

ihnen  in  den  Schalen  dieser  Stadt  ausgeführten  Untersuchungen 
gemacht  und  ihre  Hauptresultate,  soweit  sich  dies  thun  liefs, 
mit  den  entsprechenden  aus  anderen  norwegischen  Städten 
verglichen.  Dafs  aufserdem  auch  die  wichtigen  Arbeiten  von 
AXEL  Hbrtel  in  Kopenhagen  und  Axel  Key  in  Stockholm 
berücksichtigt  worden  sind,  versteht  sich  von  selbst. 

Die  Untersuchungen  des  Dr.  Fayb  umfafsten  245  Mädchen 
und  die  des  Oberarztes  Hald  500  Knaben.  Sie  waren  dem 
Erlais  des  Eärchen-  und  Unterrichtsministeriums  entsprechend 
zu  den  in  demselben  bestimmten  Zeiten  und  nach  dem  dort 
aufgegebenen  Schema  ausgeführt  worden. 

Aus  den  vorläufigen  Mitteilungen  heben  wir  hervor,  dafs 
die  norwegischen  Mädchen  durchschnittlich  nicht  nur  gröfser, 
sondern  auch  schwerer  sind,  als  die  übrigen  skandinavischen 
Mädchen  gleichen  Alters.  Die  Periode  der  Pubertät  trat  in 
den  Töchterschulen  Christianias  bei  der  groJsen  Mehrzahl  der 
Schülerinnen,  nämlich  bei  68%,  mit  dem  Alter  von  14  Jahren 
ein.  Sie  trifft  übrigens  auch,  wie  sich  zeigte,  in  allen  anderen 
norwegischen  Städten  sehr  zeitig  ein,  in  einer  Stadt  sogar 
noch  früher,  als  in  Christiania. 

Die  Krankheitsstatistik  scheint  annähernd  dieselben  Zahlen 
ergeben  zu  wollen,  welche  die  Untersuchungen  im  Auslande 
an  den  Tag  gebracht  haben.  So  enthielt  die  VII.  Klasse  in 
den  Mädchenschulen  Christianias  nach  der  Maiuntersuchung 
32%  Kranke.  In  der  VIII.  Klasse  war  das  Krankenprozent 
etwas  kleiner,  wurde  aber  in  der  IX.  Klasse  wieder  gröfser,  indem 
es  hier  mit  der  erschreckenden  Zahl  von  41  %  auftrat.  In  der 
X.  Klasse  gestaltete  sich  das  Verhältnis  freilich  etwas  günstiger; 
dies  hatte  aber  gewifs  seinen  wesentlichen  Grund  in  dem  Um- 
stände, dafs  ein  nicht  unbedeutender  Teil  kränklicher 
Schülerinnen  nach  Absolvierung  der  IX.  Klasse  die  Schule 
verlaust.  Denn  dafs  grade  die  Schwächeren,  welche  der  immer 
anstrengender  werdenden  Arbeit  in  der  Schule  nicht  mehr 
gewachsen  sind,  aus  dieser  abgehen,  ist  wohl  selbstverständlich. 
Aus  der  X.  Klasse  traten  13Vo  der  Mädchen  mit  gröfseren 
oder  kleineren  Körperleiden  ins  Leben  hinaus. 

14* 


212 

Die  bei  den  Mädchen  am  meisten  sich  zeigenden  Krank- 
lieiten  sind  Blutarmnt,  Nervosität,  Kopfschmerzen,  chronische 
Yerdannngsleiden  nnd  Rückgratsverkrümmungen.  Von  Kopfweh 
z.  B.  werden  wenigstens  40  %  der  Schülerinnen  der  X.  Klasse 
heimgesucht.  Hückgratsyerkrümmungen  nnd  schlechte  Haltnng 
sind  beinahe  ebenso  häufig,  daher,  wie  es  scheint,  viel  häa%er, 
als  man  gewöhnlich  annimmt. 

Gleich  wie  die  Mädchen,  sind  auch  die  norwegischen  Knaben 
länger  und  schwerer,  als  die  dänischen  und  schwedischen,  wenn 
sie  auch  dem  anderen  Qeschlechte  innerhalb  ihrer  eigenen 
Nationalität  ein  wenig  nachstehen,  was  von  der  früheren  Eni* 
Wickelung  dieses  Gesohlechtes  herrührt;  später  aber  überholen 
die  Knaben  wieder  die  Mädchen. 

Was  das  Kränklichkeitsverhältnis  anbelangt,  so  steht  die 
y.  Knabenklasse  auf  derselben  Stufe,  wie  die  IX.  Mädchen- 
klasse. Dieser  nachteilige  Zustand  muls  der  durch  Extraarbeit, 
namentlich  Musik,  gerade  in  diesem  Alter  verursachten  Über- 
anstrengung zugeschrieben  werden.  Die  I.  Klasse  des  fieaL 
gjrmnasiums  erwies  sich  rücksichtlich  der  Kränklichkeit  der 
Schüler  am  ungünstigsten. 

Während  die  übrigen  Krankheiten  eine  wenig  hervor- 
ragende Rolle  spielen,  trägt  der  Kopfschmerz  in  ganz  be- 
sonderem Grade  zu  dem  Krankheitsprozente  der  Knaben  bei. 
Mit  Rückgratsverkrümmungen,  schlechte  Körperhaltung  nicht 
mitgerechnet,  waren  höchstens  8%  behaftet;  diese  gröfste 
Zahl  wurde  in  der  VI.  Klasse  gefunden. 

Im  Gegensatz  zu  den  Mädchen,  bei  denen  das  höchste 
Kränklichkeitsprozent  im  Mai  vorkam,  hatten  die  Knaben  die 
höchste  Prozentzahl  im  Dezember.  Dies  ist  eine  ganz  inter- 
essante Beobachtung,  die,  wenn  sie  sich  bei  näherer  Forschung 
bewähren  sollte,  auf  einen  tiefer  liegenden  Unterschied  deutet, 
der  seinen  letzten  Grund  in  den  physischen  und  psychischen 
Verschiedenheiten  der  Geschlechter  hat. 

Schlielslich  sei  noch  erwähnt,  dafs  die  Untersuchungen 
einen  Rückgang  der  Skrofulöse,  wenigstens  in  Christiania, 
ergeben  haben. 


213 


2.ns  Derfamtnlntijjen  nnl  ^txtxntn. 


IHe  Bitzangen  der  KommiBsion  für  Schulgesnndheitspflege 

in  Ntümberg. 

Von 

Dr.   phil.    G.    AUTBNRIETH, 
Bektor  des  Alten  GymnasiumB  in  Nürnberg. 

ni.    Sitzung  am  7.  Februar    1893. 

Nach  Verlesung  des  Protokolls,  welchem  ein  Bericht  des 
Bezirksschulinspektors  L.  Hofmann  über  die  QBNTNERsche 
Stottererschule  beigelegt  war,  setzte  der  Vorsitzende  Dr. 
Schubert  eine  Anzahl  Drucksachen  über  Schreibunterricht, 
Pulte,  Beleuchtung,  Steilschriftalphabete,  einen  Artikel  der 
Flensburger  Nachrichten  und  einen  sehr  ausführlichen  Brief 
von  Batr  in  Wien  in  Umlauf.  Auch  wurden  weüse  Schiefer-, 
ferner  Papp-,  Kalkstein-,  Emailblech-  und  Glasschreibtafeln 
vorgelegt.  Stadtrat  Rehlen  beantragt,  die  Schiefertafelfrage 
einmal    technisch    zu    behandeln,     was    Bezirksschulinspektor 

fiOFHANN   zusagt. 

Hierauf  hält  der  Vorstand  des  Bezirkslehrervereins  Darr 
seinen  Vortrag  „über  Errichtung  von  Klassen  für 
Schwachsinnige".^  Es  ist  angeborener  und  erst  im  Verlauf 
der  Kindheit  eingetretener  Schwachsinn  zu  unterscheiden,  wie 
dies  auch  Barthold,  Direktor  der  Erziehungs-  und  Pflege- 
anstatt  Hephata,  angibt.  Die  gröfste  Gefahr  liegt  in  der 
Periode  der  Zahnentwickelung,  nach  dem  7.  Lebensjahr  ent- 
steht Schwachsinn  nicht  mehr  leicht.  Eine  genaue  Grenze 
dem  Blödsinn  gegenüber  iit  nicht  möglich  aufzustellen;  der 
Blödsinnige  hat  gar  keine  Beziehungen  zu  anderen  Wesen  in 


'  Vergl.  diese  Zeitachnft,  1893,  No.  12,  S.  674-676. 


214 

• 

Beinern  Bewafstsein,  der  Schwaohsinnige  denkt  und  will,  aber 
viel  langsamer,  als  ein  geistig  gesundes  Kind.  Die  Zahl  der 
Schwachsinnigen  ist  1  :  1000  unter  normalen  Verhältnissen; 
in  Schweden  gestaltet  sich  dieselbe  ungünstiger  und  noch  yiel 
schlimmer  in  London. 

Nachhaltigen  Anstofs  zur  Pflege  und  Bildung  der  Idioten 
haben  hauptsächlich  zwei  Ärzte,  der  Schweizer  Guggenbühl 
und  der  Franzose  Seguin,  gegeben;  des  ersteren  Anstalt  in 
Hofwyl  1839  wurde,  wie  die  Privatanstalt  yon  Kern  in  Möckem 
und  die  1846  gegründete  Staatsanstalt  in  Hubertusburg,  Master 
für  deutsche  Idiotenanstalten.  Diese  vermehrten  sich  bald;  im 
Jahre  1890  wurden  in  41  Anstalten  Deutschlands  2400  Pfleg- 
linge unterrichtet,  1850  beschäftigt  und  1700  nur  verpflegt.  So 
sorgte  man  für  die  Idioten.  Die  Schwachsinnigen  überliefs 
man  überall  der  Volksschule,  welche  nicht  im  stände  war,  bei 
der  grojjsen  Zahl  ihrer  Schüler  die  nötige  strenge  Individuali- 
sierung anzuwenden.  Deshalb  war  der  Besuch  der  gewöhn- 
lichen Elementarschule  für  schwachsinnige  Kinder  mehr  schäd- 
lich als  nützlich.  Es  sind  daher  vom  christlichen,  humanen 
und  ökonomischen  Standpunkte  aus  Hilfsschulen  für  solche 
Kinder  zu  fordern,  wie  sie  in  einer  Beihe  von  Städten,  ins- 
besondere Norddeutschlands,  entstanden  sind;  das  dort  gegebene 
Beispiel  hat  auch  in  der  Schweiz,  in  Schweden  und  England 
Nachahmung  gefunden.  Aus  dem  Betrieb  der  Kölner  Hilfs- 
schulen folgen  nun  einzelne  genaue  Mitteilungen.  Über  die 
Erfolge  der  Braunschweiger  Hilfsschule  wird  angeführt,  dafs 
daselbst  von  44  bis  jetzt  entlassenen  Kindern  43  schreiben 
und  lesen,  35  in  kleineren  Sätzen  sich  schriftlich  ausdrücken 
können;  20  davon  haben  Einsicht  in  das  Zahlensystem  über 
100,  die  15  anderen  können  mit  Zahlen  bis  100  operieren; 
auiser  6  unheilbaren  sind  alle  erwerbsfähig. 

Um  auch  in  Nürnberg  eine  solche  Anstalt  ins  Leben  zn 
rufen,  wäre,  abgesehen  von  anderen  äufseren  Einrichtungen  und 
Anordnungen,  zu  fordern:  1.  Die  schwachsinnigen  Kinder  be- 
suchen mindestens  1  Jahr  die  unterste  Volksschulklasse,  und 
wenn  kein  Fortkommen  mit  den  anderen  zu  hoffen  ist,  dann 


215 

werden  sie  ärztlich  nntersuoht,  in  die  Hilfsschale  verwiesen 
und  daselbst  nach  Prüfung  aufgenommen.  2.  Drei  übereinander 
stehende  Erlassen  werden  hier  je  2  Jahre  besucht,  Vorrücken  ist 
erst  nach  Erledigung  des  yoraufgegangenen  Pensums  gestattet. 
Letzteres  wird  gegenüber  der  Volksschule  ermäfsigt;  auüserdem 
bestehen  Unterabteilungen  der  Erlassen  in  Nebenfächern.  3.  An 
den  siebenjährigen  Besuch  schlieUst  sich  derjenige  einer  Fort- 
bildungsschule an.  4.  Die  Schülerzahl  jeder  Klasse  beträgt 
nicht  über  20.  5.  Die  Lehrer  haben  vorher  an  einer  aus- 
wärtigen Hilfsschule  zu  praktizieren  und  6.  je  20  Wochenstunden 
Unterricht  exklusive  Nebenfecher  (No.  8)  zu  geben.  7.  Ein 
fester  Stundenplan  ist  schon  wegen  häufiger  Spaziergänge  nicht 
möglich.  8.  Zu  den  Lehrgegenständen  treten  als  Nebenfächer 
besonders  Turnen  und  Handfertigkeitsunterricht  hinzu,  auch 
eventuell  Freihandzeichnen  und  Singen.  9.  Überhaupt  ist 
Rücksicht  auf  das  praktische  Leben  mafsgebend. 

Bei  der  Diskussion  erwähnt  Schulrat  Dr.  GtLAUNINO,  dafs 
er  vor  6  Jahren  die  Sache  bereits  angeregt,  im  Jahre  1889 
eine  Umfrage  bei  9  auswärtigen  Anstalten,  darunter  Köln, 
Braunschweig,  Dresden,  Basel,  gehalten,  darnach  Sätze  und 
Vorschriften  entworfen  und  ein  Gutachten  vom  Bezirksarzte 
zu  Gunsten  solcher  Hilfsklassen  erwirkt  habe.  Das  Für  und 
Wider  wurde  damals  in  einer  Kommissionssitzung  erörtert;  es 
gab  zu  jener  Zeit  110 — 116  Schwachsinnige  in  den  Volks- 
schulklassen, im  Jahre  1891  dagegen  60.  Schwierigkeit  machte 
die  BeschafiFung  eines  Lokales  und  die  Weigerung  der  Eltern. 
Die  Schulbehörde  unterstütze  die  Sache,  aber  der  Magistrat 
müsse  eben  die  Mittel  bewilligen. 

Dr.  Pauschingbr  glaubt,  die  Mittel  würden  durch  Zu- 
BaDunenlegen  von  schwächer  besuchten  Klassen  der  Volksschule 
teilweise  aufzubringen  sein.  Er  möchte  Kenntnis  der  lateinischen 
Schrift  vom  Unterricht  der  Schwachsinnigen  nicht  ausgeschlossen 
sehen.    Das  Vorurteil  der  Eltern  werde  bald  schwinden. 

Der  Bezirksschulinspektor  und  der  Schulrat  äufsern  sich 
ZQstimmend,  wie  auch  andere  Mitglieder. 

Magistratsrat  Rehlbn  erbittet  sich  für  einen  bevorstehenden 


216 

gelegentlichen  Besnoh   der   Kölner  Stottererschule  einige  Bat- 
schläge  nnd  erhält  sie. 

Der  Vorsitzende  verspricht,  mit  dem  Bureau  detailliert 
Fragebogen  an  auswärtige  Hilfsschulen  zu  senden  und  naoli 
Bearbeitung  der  Ergebnisse  durch  den  Referenten  eine 
populäre  Darstellung,  etwa  in  der  bayerischen  Lehrerzeitong, 
zu  veranlassen,  um  dann  die  Sache  beim  Magistrat  mit  mehr 
Erfolg  betreiben  zu  können. 

Einige  Erörterungen  über  die  Kosten,  dann  Aufstellung 
eines  Beferenten  für  Dr.  Kotblmanns  ^Zeitschrift  ßr  SM- 
gesundheitspflege^  beschlossen  die  Sitzung. 

(Fortsetzung  und  Schlufs  in  No.  5.) 


Über 
die  körperliche  Entwickelang  der  Ferienkoloniekinder. 

Vortrag, 
gehalten  auf  der  65.  Versammlung  deutscher  Naturforscher  und  Arzte 

zu  Nürnberg. 

Von 

Dr.  med.  Schmid-Monnard, 

praktischem  Arzt  in  Halle  a.  S. 
(Antoreferat.) 

Dr.  ScHMiD-MoNNARD  gibt  in  seinem  Vortrage  das  Resultat 
von  2000  Beobachtungen  an  1000  Halleschen  Ferienkolonisten, 
einmal  vor,  einmal  nach  dem  Besuch  der  Ferienkolonien,  femer 
von  1300  Untersuchungen  zurückgewiesener  Kinder  im  Alter  von 
7 — 15  Jahren.  Für  die  Darstellung  der  normalen  Entwickelung 
von  0 — 13  Jahren  werden  die  Resultate  von  etwa  1400  auf 
dieses  Älter  bezüglichen  Beobachtungen  des  Redners  mitgeteilt. 

Das  für  die  Halleschen  Kolonisten  Gesagte  darf  für  die 
Ferienkolonisten  ganz  Deutschlands  gelten. 


217 

Grnind  zur  VeröfiEentlioIiung  war  der  Wunsch,  den  Nutzen 
der  Ferienkolonien  in  wissenschaftlicher  Weise  darzuthun. 

Zunächst  wird  festgestellt,  dals  die  Ferienkolonisten 
hinter  der  gleichalterigen  Yolksschuljugend  an 
körperlicher  Entwickelung  um  ein  volles  Jahr  zu- 
rückstehen. 

Sodann  ergibt  sich  aus  grolsen  Zahlen,  dais  das  siebente 
Lebensjahr  ein  besonders  ungünstiges  in  Bezug  auf 
physische  Entfaltung  ist.  In  diese  wenig  widerstandsfähige 
Periode  hinein  fallen  nun  die  ersten  Schuljahre.  Und  hier  zeigt 
sich  ein  wesentlicher  gesundheitlicher  Bückgang  des  schwächeren 
Teiles  der  Yolksschulkinder,  besonders  der  Mädchen. 
So  sind  die  Kolonistenmädchen  im  achten  Jahr  leichter,  als 
im  siebenten  und  erlangen  erst  im  neunten  Jahre  das  Gewicht 
wieder,  das  sie  bereits  zwei  Jahre  vorher  besessen  hatten. 

Daus  trotz  aller  schulhygienischen  Verbesserungen  noch  ein 
grofser  Prozentsatz  unserer  Yolksschuljugend  kränkelt,  rührt 
zum  Teil  von  der  Fabrikarbeit  der  Eltern  her.  Erfahrungs- 
gemäis  wird  die  Rüstigkeit  der  letzteren  durch  diese  Arbeit 
wesentlich  beeinträchtigt,  und  dementsprechend  entwickelt  sich 
auch  ihre  Nachkommenschaft  schwächer.  Andrerseits  sind  es  aber 
gewisse  gesundheitsschädigende  Einflüsse  der  Schule,  welche 
durch  alle  hygienischen  Mafsnahmen  nur  unvollkommen  be- 
seitigt werden  können. 

Die  Schädlichkeit  der  Schule  besteht  im  wesentlichen 
iu  dem  stundenlangen  Sitzen  in  überfüllten  Klassen.  Sie 
äu&ert  sich  in  erster  Linie  dadurch,  dafs  die  Atmung  un- 
genügend wird.  Besonders  kommt  hier  in  Betracht  das 
Zusammensinken  des  ermüdeten  Körpers  am  SchluJs  des  Schul- 
vormittags.  Aufserdem  bewirkt  die  vielfach  noch  geübte 
Schrägschrift  schiefe  Haltung  des  Körpers.  Anfangs  ist  die 
letztere  nur  angewöhnt,  aber  der  jugendliche  Körper  wächst 
iu  sie  hinein,  und  es  entsteht  schliefslich  eine  bleibende  Ver- 
krümmung des  Rückgrats.  Bei  solchen  Kindern  ist  die  Brust- 
erweiterung bei  der  Atmung  noch  nicht  1  cm  grols.  Vielleicht 
auch  wirken  chemisch  noch  nicht  näher  festgestellte  Bestand- 


218 

teile  in  der  von  den  zahlreichen  Schülern  ansgeatmeten  Luft 
schädlich  auf  die  B.espiration  ein.  Während  normalerweise 
durch  die  freie  Atmung  der  Ahfluis  des  Blutes  aus  dem  Kopf 
und  Unterleib  nach  dem  Herzen  begünstigt  wird,  erzeugt 
mangelhafte  Atmung  eine  Blutstauung  in  diesen  Organen  mit 
allen  ihren  bekannten  Folgen,  wie  blasses  Aussehen,  Kopf- 
schmerzen, Nasenbluten,  Yerstopfong,  Appetitlosigkeit.  Die 
Zahl  der  Erkrankungen  nimmt  in  der  Schule  mit  den  Jahreo, 
wie  dies  Kotelmann  gezeigt  hat,  zu,  ja  die  Zahl  der  Todes- 
fälle an  Krankheiten  der  Atmungswerkzeuge  steigt  sogar  am 
das  vierfache. 

Die  schwächlichen  Kinder,  welche  durch  den  Unterricht 
am  meisten  angegriffen  werden,  bilden  zudem  in  höheren 
Klassen  den  Ballast  für  die  anderen,  da  sie  erfahrungsgemäüs 
zurückbleiben;  60%  von  ihnen  sind  zu  alt  geworden.  Körper- 
liches Deficit  und  geistiges  Nachlassen  gehen  naturgemäß 
Hand  in  Hand. 

Darum  aber  braucht  man  nicht  die  ganze  Schuleinrichtnng 
zu  beanstanden.  Denn  es  ist  nur  ein  kleiner,  wenn  auch  be- 
achtenswerter Bruchteil  der  Schüler,  welcher  den  erwähnten 
Rückgang  aufweist.  Vielmehr  empfiehlt  es  sich,  auf  die 
Schwächeren,  besonders  die  Mädchen,  Bücksicht  zu  nehmen 
und  sie  bei  Bildung  von  kleineren  Parallelklassen  in  diesen 
unterzubringen. 

Welches  ist  nunderNutzen  der  Ferienkolonien?  Es  er- 
scheint von  vornherein  klar,  dafs  kräftige  Ernährung,  körperliche 
Bewegung  und  reine  Luft  während  der  Ferien  den  Kolonisten 
in  ganz  anderem  Mafse  verschafft  werden,  als  dies  in  den  be- 
schränkten und  hygienisch  ungenügenden  Verhältnissen  einer 
Fabrikstadt  möglich  ist.  In  der  That  arbeiten  die  Ferien- 
kolonien der  vom  Vortragenden  nachgewiesenen  Wachstumß- 
hemmung  mit  grofsem  Erfolge  entgegen.  Denn  nach 
dreiwöchentlichem  Ferienaufenthalte  haben  die 
Kolonisten  etwa  um  ein  Jahr  an  Körpergewicht  und 
Atmungsgröfse  zugeüommen.  Damit  ist  alles  er- 
reicht, was  überhaupt  zu  gewinnen   war,    da   sie  dem 


219 

Dnrclisohnitt  gerade  um  ein  Jahr  nachstanden.  Anf  die  Zu- 
nahme der  AtemgröDse  legt  Redner  besonderen  Wert;  denn 
vor  allem  hierdurch  wird  der  heryorgehobene  schädliche  Einfluiüs 
der  Schnle  einigermafsen  wieder  gutgemacht. 

Drei  Tafeln  veranschaulichten  das  Gesagte.  In  sieben 
Tabellen  fand  derjenige  die  ziffemmäfsigen  Belege,  welcher 
sich  für  die  absoluten  Körperverhältnisse  in  diesem  Alter 
interessiert.  Diese  Mafse  gelten  aber  nur  für  die  Halleschen 
Volksschulkinder. 


Zur  Augenentziindnng  in  Schulen. 
Aus  der  ophthalmologischen  Oesellschaft  Englands. 

In  der  letzten  Versammlung  der  ophthalmologischen  Gesellschaft 
Englands  hielt  der  bekannte  Londoner  Augenarzt  Jonathan  Hutchin- 
son einen  Vortrag  über  Schulophthalmie.  Die  Diskussion  darüber 
wurde  verschoben  und  der  Redner  ersucht,  zuvörderst  einige  Defini- 
tionen und  Thesen  aufzustellen,  die  der  Debatte  zu  Grunde  gelegt 
werden  könnten.  Dieselben  lauten  nach  ^The  Brit  Med.  Journ.^ 
folgendennafsen : 

1.  Die  ansteckende  Augenentzündung,  welche  jüngst  in  gewissen 
höheren  Schulen  Londons  mehr  oder  weniger  geherrscht  hat,  ist 
genau  dieselbe  Krankheit,  welche  in  den  Armenschulen  längst  als 
beginnendes  Trachom  erkannt  worden  ist. 

2.  Der  Grund,  weshalb  nur  wenige  Fälle  von  Trachom  durch 
diesen  Ausbruch  entstanden  sind,  liegt  darin,  dafs  geeignete  Behand- 
lung eingetreten  ist. 

3.  Wird  die  Absonderung  vernachlässigt,  so  verbreitet  sich  die 
Schulophthalmie  durch  die  ganze  Anstalt. 

4.  Bei  mangelnder  lokaler  Behandlung  der  Schulophthalmie 
treten  eine  gewisse  Anzahl  Fälle  von  Trachom  oder  Arbeitshaus- 
ophthalmie  ein. 

5.  Einige  protrahierte  Trachomfälle  sind  bereits  aus  Ophthalmie- 
epidemien  in  höheren  Schulen  entstanden. 

6.  Es  beruht  auf  klinischer  Täuschung,  zwei  Formen  von 
epidemischer  follikulärer  Augenentzündung  zu  unterscheiden,  von  denen 
die  eine,  wenn  vernachlässigt,  keine  Neigung  hat,  in  Trachom  über- 
zugehen. 

7.  Follikuläre  Bindehautentzündung  oder  follikuläre  Ophthalmie 
sind  Namen    für    das  Anfangsstadium    der    granulösen  Entzündung. 


220 


Dieses  Stadium    ist    charakterisiert    dnrch  Schwellung  der  normalen 
Follikel  und  oft  auch  der  Papillen. 

8.  Es  ist  aufserordenüich  schwer,  in  leichten  Fällen  zu  sagen, 
ob  vergröiserte  Follikel  eine  individuelle  Eigentümlichkeit,  oder  eine 
offenbare  Krankheit  sind. 

9.  Schulophthalmie  ist  der  Name  für  eine  ansteckende  und  oft 
sehr  kurze  Form  der  Bindehautentzündung,  welche,  wenn  Temacb- 
lässigt,  in  gewissen  Fällen  Granulationen  erzeugen  kann. 

10.  Arbeitshausophthalmie  ist  der  Name  für  vorgeschrittene 
Fälle  von  Granulationen  (Trachom).  Dieselben  werden  immer  dorch 
einen  Anfall  von  Schulophthalmie  eingeleitet. 

11.  Die  gewöhnlich  als  katarrhalische  Augenentzündung  bezeich- 
nete Krankheit,  welche  häufig  ganze  Familien  befällt  und  mit  Hyperämie 
der  Bindehaut  einhergeht,  ist  möglicherweise  identisch  mit  der  Schnl- 
ophthalmie. 

12.  Schulophthalmie  ist  selten  von  starker  Kongestion  der 
Augenbindehaut  begleitet. 

13.  Der  erste  Anfall  ist  gewöhnlich  leicht  und  durch  örtliche 
Behandlung  vollständig  heilbar. 

14.  Das  zweite  Stadium,  die  follikuläre  Ophthalmie,  läTst  sich 
gleichfalls  durch  eine  wirksame,  ein  oder  zwei  Monate  fortgesetzte 
Behandlung  fast  immer  beseitigen. 

15.  Das  dritte  Stadium,  das  Trachom,  bei  dem  die  Bindehant 
verdickt  und  die  Follikel  in  ausgedehntem  Mafee  beteiligt  sind,  ist 
nur  sehr  schwer  zu  heilen,  neigt  stark  zu  Bückfällen  und  erfordert 
oft  jahrelange  Behandlung. 

16.  Die  Granulationen  bergen  immer  Ansteckungsgefahr  in  sich. 

17.  Die  Gefahr  der  Ansteckung  steht  im  Verhältnis  zu  der 
schleimig-eitrigen  Absonderung.  Trockene  Augen  mit  geringer  oder 
gar  keiner  Absonderung  sind  wahrscheinlich  nur  in  geringem  Grade 
ansteckend. 

18.  Schulophthalmie  führt  nicht  regelmäfsig  zu  Granulationen; 
im  Gegenteil,  die  meisten  Fälle  genesen  vollkommen  bei  passender 
Behandlung. 

19.  Es  besteht  aber  immer  die  Gefahr,  dafs  aus  Schulophthahnie 
bei  Vernachlässigung  und  bei  gewissen  Konstitutionen  granulöse 
Ophthalmie  sich  entwickelt. 

20.  Umgekehrt  sind  Fälle  von  Granulationen  während  aller 
Stadien  im  stände,  die  Quelle  epidemischer  Schulophthalmien  zu  werden. 

21.  Es  ist  wahrscheinlich,  dafs  alle  Epidemien  ansteckender 
Augenentztindungen  in  Schulen  von  derselben  Art  sind,  wenn  sie 
sich  auch,  entsprechend  den  allgemeinen  epidemischen  Gesetzen,  in 
Bezug  auf  Heftigkeit  weit  von  einander  unterscheiden. 


221 

22.  Die  Neigung  zu  Granulationen  nach  einem  Anfall  yon 
Schnlophthalmie  hängt  wahrscheinlich  Ton  der  Basse,  der  Struktur- 
anläge  der  Bindehaut  und  dem  Kräftezustand  des  Patienten  ah. 

23.  Allen  Fällen  von  Trachom  geht  zunächst  eine  auf  specifischer 
Ansteckung  heruhende  Bindehautentzündung  voraus. 

24.  Der  erste  Anfall  von  Bindehautentzündung  geht  schnell 
Yorüher;  er  ist  meistens  leicht  und  dauert  nur  8  his  10  Tage. 

25.  Nach  dem  ersten  Anfall  kann  die  Bindehaut  des  Augapfels 
wieder  ihr  normales  Verhalten  annehmen,  während  in  den  Follikeln 
und  Papillen    der  Lider    sich    schleichend  Veränderungen  einstellen. 

Bemerkungen   für   die    heanfsichtigenden   Schulhehörden. 

Kehrt  ein  Schüler  nach  einer  Augenkrankheit  in  die  Schule 
zurück,  so  sollte  immer,  ähnlich  wie  hei  Grind  und  einigen  anderen 
Krankheiten,  ein  Zeugnis  von  ihm  gefordert  werden,  dafs  er  frei  von 
Ophthalmie  ist. 

Falls  irgend  ein  Schulkind  an  „schlimmen  Augen*'  leidet,  ist  es 
sofort  zu  isolieren  und  der  Behörde  Anzeige  davon  zu  erstatten. 

Sobald  ein  Rückfall  eintritt  und  sich  Granulationen  entwickeln, 
muls  die  Absonderung  und  Behandlung  verlängert  werden,  und  der 
Schüler  darf  nicht  in  die  Schule  zurückkehren,  bevor  er  einige 
Monate  erfolgreich  behandelt  ist. 

Keine  Fälle  von  Granulationen,  welche  noch  Behandlung  erfordern, 
sollten  in  eine  Schule  zugelassen  werden,  wo  sich  gesunde  Kinder 
befinden. 

Bricht  Ophthalmie  in  einem  Internate  aus,  so  hat  die  Behand- 
lung an  Ort  und  Stelle  zu  erfolgen,  und  die  Kinder  sind  nicht  nach 
Hause  zu  schicken. 

Die  Behandlung   braucht    den  Schulunterricht    nicht  zu  stören. 

Leitsätze,  angenommen  von  der 
vierzigsten  schweizerischen  Tnrnlehreryersammlnng  in  Zfirich. 

Die    vierzigste    schweizerische    Turnlehrerversammlung,    welche 

in  Zürich  tagte,   hat  nach  der  „Schtv/s.  Tumztg.^  folgenden  Sätzen 

zugestimmt : 

I.    Das  Turnen  hat  in  allen  Verhältnissen,  auf  dem  Lande  wie  in 

der  Stadt,  bei  Knaben  und  Mädchen,  durch  sämtliche  Schulstufen 

hindurch  die  allseitige  und  gleichmäfsige   Pflege   der  gesamten 

körperlichen  Kräfte   und  Organe   zu   erstreben,   als  Mittel  zur 

harmonischen  Ausbildung  von  Körper,  Geist  und  Gemüt. 

n.    Eine    eingehende  Prüfung    des    gegenwärtigen  Standes   unseres 

Schulturnens  beweist,    dafs   die   vollständige  und  richtige  Ein- 


222 

and  Durchführong  des  Tomens  im  Sinne  von  Artikel  81  der 
Militärorganisation  noch  keineswegs  vollzogen  ist,  weder  mit 
Rücksicht  anf  die  zugewiesene  Zeit  nnd  die  verwendeten  Hilfs- 
mittel, noch  im  Hinblick  anf  den  Tumbetrieb  nnd  die  turnerische 
Ausbildung  der  Lehrkräfte. 
III.    Zur  weiteren  Förderung  der  Leibesübungen  ist  notwendig: 

a.  Zuweisung  von  mehr  Zeit 

1.  in  städtischen  Verhältnissen  und  günstig  gestellten  Ge- 
meinden durch  vier  wöchentliche  Stunden  zur  Ermög- 
lichung fleifsiger  Pflege  auch  der  Tumspiele; 

2.  auf  dem  Lande  durch  Einsetzung  mindestens  des  Minimums 
der  vorschriftsmäfsigen  Turnstunden; 

b.  bessere  turnerische  Ausbildung 

1.  der  Lehramtskandidaten  durch  das  Seminar  und  die 
pädagogischen  Sektionen  der  Gymnasien,  Akademien, 
Hochschulen  u.  s.  w., 

2.  der  Lehrer,  welche  Turnunterricht  erteilen,  durch  Ver- 
anstaltung regelmä&iger  Tumkurse  und  durch  die  Lehrer- 
tumvereine ; 

c.  Berichterstattung  über  das  Tumwesen  an  das  schweizerische 
Militärdepartement  auf  Grund  fachmännischer  Erhebungen, 
für  deren  Kosten  der  Bund  aufzukommen  hat; 

d.  Übernahme  eines  Teiles  der  Herstellungskosten  für  Tumlokale 
und  Turnplätze  durch  den  Bund  bei  vorschriftsmäfsiger 
Ausführung; 

e.  Ermittelung  der  Tumfertigkeit  unsererJugend  bei  Anlafs  der 
Eekrutenprüfungen. 


kleinere  Jlitteilnngett. 


Aus  den  Urteilen  der  KSniglich  sächsischen  BezirksSrzto 
fiber  die  von  ihnen  revidierten  Schulen  führt  der  24.  Jahres- 
bericht des  Landesmedizinalkollegiums  über  das  Medizinal- 
wesen im  Königreiche  Sachsen  auf  das  Jahr  1892  unter 
anderem  folgendes  an:  Im  Medizinalbezirke  Kamenz  wurde  wiederum 
der  gröfste  Teil  der  Schulen  der  bezirksärztlichen  Besichtigung  in 
gesundheitlicher  Beziehung  unterzogen.  Die  dabei  gefundenen  l- bei- 
stände betrafen  meist  die  mangelnde  Desinfektion  und  Reinhaltung 
der  Aborte,    gesundheitswidrige   Ltiftungs-   und    Heizungsverhältnisse 


223 

der  Schulstnben  und  ungenügende  Reinigung  derselben,  sowie  der 
Schulbänke ;  hier  und  da  war  auch  die  Ausräumung  der  .  Abort- 
gniben  unterlassen.  Die  bezirksärztlichen  Ausstellungen  wurden  in 
Anträge  formuliert  und  diese  Anträge  teils  den  Lokalschulinspektoren 
und  Schulvorständen,  teils  der  Bezirksschulinspektion  zur  Kenntnis 
gebracht,  worauf  nach  einiger  Zeit  die  Ausführung  der  gewünschten 
oder  gesundheitlich  unbedingt  erforderten  Verbesserungen  durch  den 
Bezirksarzt  in  den  einzelnen  Schulen  kontrolliert  ward.  In  der 
Mehrzahl  der  Fälle  waren  bei  dem  zweiten  Besuch  in  diesen  Schulen 
die  beantragten  hygienischen  Mafsnahmen  bewirkt,  einige  Male  jedoch 
bedurfte  es  eines  energischen  Hinweises  auf  die  Notwendigkeit  der- 
selben durch  Intervention  der  Bezirksschulinspektion.  —  Im  Medizinal- 
bezirke Annaberg  sind  verschiedene  Schulen  revidiert  worden,  und 
bemerkt  der  Bezirksarzt,  dais  kleinere  hierbei  gefundene  Übelstände 
in  der  Regel  auf  Antrag  beseitigt  werden,  die  wesentlichen  aber, 
wie  Einbau  von  Aborten,  nicht  ausreichende  oder  falsche  Beleuchtung 
der  Schulzimmer,  ungenügende  Gröfse  derselben,  mangelhafte  Subsellien 
und  dergleichen,  meist  fortbestehen,  weil  die  Gemeinde  die  ihr  aus 
der  Änderung  erwachsenden  Kosten  scheut.  Besonders  häufig  läfst 
die  Reinhaltung  der  Aborte  zu  wünschen  übrig.  —  Im  Medizinal- 
bezirke Schwarzenberg  ergab  die  Besichtigung  verschiedener  Schulen 
ein  im  allgemeinen  befriedigendes  Resultat.  Wenn  auch  alte  Bänke  noch ' 
gefunden  wurden,  so  waren  doch  in  den  neugebauten  Schulen  gröfsten- 
teils  moderne  Subsellien  angeschafft  worden.  Die  Aborte  befanden 
sich  meistens  in  gutem  Zustande.  —  Bei  den  vielfach  vorgenommenen 
Revisionen  der  Schulzimmer  in  Hain  leben  hat  der  Bezirksarzt  die 
Beobachtung  gemacht,  dafs  die  Ventilation  derselben  durch  öffnen 
der  Thüren  und  Fenster  nicht  gehandhabt  wird.  Auf  die  früher 
wiederholt  erbetene  Mitwirkung  der  Lehrer  sei  nicht  zu  rechnen; 
dieselben  hätten  augenscheinlich  kein  Verständnis  für  diese  Mafsregel. 
Auch  scheine  es,  als  wenn  die  leidige  übertriebene  Furcht  vor  der 
Schädlichkeit  der  Zugluft  der  Durchführung  der  Lüftung  hinderlich 
sei;  denn  es  werde  allerdings  nicht  zu  vermeiden  sein,  dafs,  wenn 
man  das  öffnen  der  Thüren  und  Fenster  unmittelbar  nach  dem 
Schlüsse  des  Unterrichts  vornehme,  Lehrer  und  Schüler  hier  und  da 
einige  Augenblicke  der  Zugluft  ausgesetzt  wären.  —  Eine  Revision 
der  Schule  zuGroitzsch  im  Medizinalbezirke  Borna  ergab  das 
Vorhandensein  einer  Anzahl  von  Übelständen.  Die  Höhe  verschiedener 
Schnlzimmer  blieb  hinter  den  gesetzlichen  Mindestmafsen  zurück. 
Der  Lichteinfall  war  teilweise  nicht  geregelt.  Die  Dielen  erschienen 
ausgetreten  und  fugenreich,  so  dafs  sich  beim  Gehen  Staub  entwickelte. 
Die  eisernen  Regulieröfen  befanden  sich  teilweise  in  schlechtem  Zu- 
stande. Die  Bänke  waren  von  ältester  Konstruktion,  und  die  Ventilations- 


224 

Torrichtangen    genügten    nicht.     In    den   Lehreraborten    waren   die 
Dunstableitnngs-  wie  die  Abfallrohre    nur    aas  Brettern  gefügt,  die 
Grabe    erwies  sich  darchlässig;    die  Aborte   fdr  die    Eonder  hatten 
nicht  Raam  and  Helligkeit  genag.     Es   warde  vom  Bezirksarzte  in 
erster  Linie  der  Neaban  eines  Schnlgebäades  in  Vorschlag  gebracht, 
für  den  Fall    aber,    dafs  dieser  zar  Zeit  nicht  aasführbar   sei,  die 
Durchführung  der  dringendsten  Erfordernisse,   namentlich  Reparatur 
der  Dielen,  Einbringung   neuen  Fttllmaterials    unter  dieselben,   Her- 
stellung Yon  Yentilationskanälen,  Anschaffung  neuer  Schulbänke  von 
Lickroth  &  Co.,  Verbesserung  der  Öfen  und  Abortanlagen  zur  Pflicht 
gemacht.  —  Der   Bezirksarzt   im   Medizinalbezirke   Grimma  klagt 
darüber,    dais    in  vielen  Schulen    seines  Bezirkes    noch    immer  die 
Unsitte    bestehe,    die  Fensterbretter  mit  Topfpflanzen    zu   besetzen, 
angeblich  zur  Reinhaltung  der  Zimmerluft.     Dieses  Vorurteils  wegen 
sei  eine  nachhaltige  Beseitigung  der  Blumentöpfe  nicht   zu   erzielen 
gewesen,  wie  z.  B.  in  Zschoma,  wo  er  bei  jeder  Revision  sich  dagegen 
ausspreche.     Vielfach  seien  auch  die  Blattpflanzen  mit  dicken  Staab- 
massen  besetzt,  und,  um  sie  nicht  von  ihrem  Standorte  wegzurücken, 
werde    auf   das  öffnen    der    Fenster    verzichtet.  —  Das  1891   im 
Rohbau  aufgeführte  viergeschossige  Schulgebäude   zu  Plauen  i.  Y., 
das  zur  Entlastung  der  2.  Bürgerschule  und  3.  Bezirksschule  dringend 
nötig  war,  ist  im  Berichtsjahre  fertiggestellt  und  Michaelis  in  Gebranch 
genommen    worden.     Wenn    auch    bei    dem    Bau    unnötiger   Loxns 
vermieden  worden   ist,  so  erweist    sich  doch  die   ganze   Einrichtnng 
als  eine  sehr   gute  und  entspricht  allenthalben    den  in  hygienischer 
und   pädagogischer    Beziehung    zu    stellenden    Anforderungen.    Das 
Schulhaus  ist  viergeschossig.    Die  ünterrichtszimmer  liegen  zu  beiden 
Seiten  eines  Mittelkorridors  nach  Nordwest  und  Südost  und   bieten 
bezüglich  ihrer  Gröfse  und  Beleuchtung  günstige  Verhältnisse.    Ihre 
Beheizung    und  Ventilation    erfolgt    durch    Warmwasserdruckheizong 
nach    Rietschel  <&  Henneberg.     Bei    der  Wahl    der    Subsellien  hat 
man    sich  wieder    für   die    Lickrothschen    Bänke    entschieden.    Die 
Korridore    besitzen    bedeutende    Breite    und  erhalten    durch   grofee 
Giebelfenster  und  vom  Treppenhause  her  ausreichendes  Licht.  Die  Ab- 
tritte mit  Tonneneinrichtung  sind  in  das  Haus  an  dessen  beiden  Giebel- 
seiten eingebaut  und  von  den  Korridoren  aus   zugängig.     Sämtliche 
Stockwerke    haben    Gas-    und  Wasserleitung,    sowie    Feuerlöschein- 
richtungen.    Hinter  dem  Hause   liegt  der  geräumige  Spielplatz  und 
neben  demselben  die  Turnhalle.  —  Das  Brausebad    in  einer  Schule 
zu  Glauchau  hat  sich  nach  dem  Berichte  des  Bezirksarztes  ausser- 
ordentlich  gut  bewährt.     Die  Kinder  baden  gern,  und    es  wurden, 
trotzdem   Störungen    am  Kessel    vorkamen,  2000  Bäder  verabfolgt; 
in  einer  Stunde  baden  40  Kinder. 


225 

Ffir  die  obligatorische  Einführung  der  Steilschrift.    Der 

Wiener  Stadtphysikns  Dr.  Emil  Eammerbr  beendet  seinen  in  der 
y,Bl8ch.  Ztg.^  yeröflfentlichten  Artikel  „Über  die  Anforderungen, 
welche  in  hygienischer  Beziehung  an  eine  gute  Schulbank 
gestellt  werden  müssen^,  mit  folgenden  Worten :  Zum  Schlufs 
möchte  ich  aber  noch  nachdrücklichst  betonen,  dafs  auch  die  best- 
konstruierten Schultische  immer  noch  viel  Achtsamkeit  und  Energie 
des  Lehrers  erfordern,  wenn  die  Schüler  in  denselben  nun  auch 
gut  sitzen  sollen.  In  dieser  Beziehung  mufs  die  obligatorische  Ein- 
führung der  Steilschrift  in  den  Schulen  als  das  wirksamste  Mittel 
bezeichnet  werden,  welches  bei  vorhandenen  guten  Schulbänken 
eine  befriedigende,  die  Gesundheit  nicht  benachteiligende  Körper- 
haltung ermöglicht,  da  Heftlage  und  Schriftrichtung  auf  das  Auge 
nnd  die  Körperhaltung  beim  Schreiben  in  erster  Linie  Ton  EinfluTs 
sind,  die  Steilschrift  aber  eine  straffere,  gerade  Haltung  des  Körpers 
Teranlalst,  die  Brust  nicht  beengt,  die  Atmung  nicht  beschränkt  und 
das  Auge  schont. 

Scholgesandheitspflege  in  Berlin.  Der  6.  Gesamtbericht 
über  das  Sanitäts-  und  Medizinalwesen  in  der  Stadt  Berlin 
während  der  Jahre  1889 — 91,  erstattet  vom  Regierungs-  und 
Medizinalrat  Dr.  Wernigh  und  Medizinalassessor  Dr.  Wehmer,  enthält 
auch  Mitteilungen  über  die  dortige  Schulhygiene.  Wir  entnehmen  den- 
selben, dals  die  öffentlichen  Schulen  Berlins  sich  auf  276  mit  3911 
Klassen  beliefen.  Bevölkert  wurden  diese  Anstalten  von  201568 
Kindern,  von  welchen  12528  öder  6,36%  im  Alter  von  über 
14  Jahren  standen.  Audserdem  bestanden  23  Privatschulen  mit  654 
Klassen  und  19648  Schülern.  Von  den  Verfassern  wird  betont, 
dals  schulhygienische  Untersuchungen  nur  dann  Aussicht  auf  Erfolg 
hätten,  wenn,  wie  bei  denjenigen  von  Axel  Key,  sich  Eltern,  Lehrer 
imd  Ärzte  daran  beteiligten.  Statistische  Erhebungen,  wieviele  Schüler 
die  Tuberkulose  in  der  Schule  erwerben,  stehen  für  Berlin  noch  aus. 
Nach  den  in  dieser  Zeitschnft^  veröffentlichten  Tageslichtmessungen 
Ton  Gillebt  hatten  die  Gemeindeidassen  genügende  Helligkeit  bei 
heiterem,  sehr  ungenügende  bei  trübem  Wetter.  Für  Spielplätze 
ist  vielfach  Sorge  getragen.  Die  Anzahl  der  bedürftigen  Kinder, 
welche  in  Ferienkolonien  entsendet  wurden,  betrug  am  Schlüsse  der 
Berichtszeit  über  2700,  für  welche  gegen  90000  Mark  zur  Veraus- 
gabung gelangten. 

Ober  die  Beeinflnssiuig  einfacher  psychischer  Vorgänge 
dnreh  Alkohol  und  Thee  hat  Professor  F.  Kräpelin  in  Heidel- 
herg  Untersuchungen    angestellt.     Was    zunächst   die  Versuche    mit 


»  Jahrgang  IV,  1891,  No.  3,  S.  149—156. 

8eli«]g«8imdheit«pfleffe  vn.  15 


226 

Alkohol  betrifft,  so  haben  dieselben  ergeben,  dab  grolse  l>osen 
sowohl  die  sensorischen  nnd  intellektuellen,  wie  die  motorischen 
Funktionen  rasch  lähmen,  kleinere  Dosen  dagegen  die  ersteren 
sogleich  herabsetzen,  während  sie  die  letzteren  zunächst  kflrzere  oder 
längere  Zeit  erregen,  dann  aber  lähmen.  Die  Auslösung  ?on 
Bewegungen  wird  viel  später  durch  den  Alkohol  geschädigt,  als  die 
Auffassung  und  Verarbeitung  äufserer  Eindrücke.  Will  man  die 
beiden  Gruppen  von  Funktionen  an  verschiedene  Elemente  unseres 
Centralorganes  geknüpft  denken,  so  kann  man  sagen,  dafs  die  Träger 
unserer  motorischen  Prozesse  eine  besondere  Widerstandsflüiigkeit 
gegenüber  dem  alkoholischen  Gifte  besitzen,  ganz  ähnlich  wie  aach 
durch  den  chronischen  Alkoholmilsbrauch  die  peripheren  motorischen 
Nerven  anscheinend  später  betroffen  werden,  als  die  sensiblen.  Fflr 
das  praktische  Leben  haben  wir  aus  diesen  Versuchsergebnissen  den 
SchluCs  zu  ziehen,  dafs  wir  kleine  Gaben  von  Alkohol  aus  psychisdi^ 
Gründen  in  folgenden  Fällen  verwenden  dürfen:  1.  Wenn  es  sich 
um  eine  einmalige  stärkere  motorische  Leistung  handelt,  namenüich 
dann,  wenn  es  weniger  auf  einen  grofsen  Kraftaufwand,  als  viehnehr 
auf  die  Überwindung  natürlicher  oder  unter  Umständen  krankhafter 
Hemmungen,  auf  rasche  Entschlossenheit  ankommt,  z.  B.  bei  d^ 
Befangenheit  eines  ungeübten  Redners.  2.  Wenn  es  gilt,  innere 
Spannung  vorübergehend  zu  beseitigen  oder  deprimierende  Eindrücke 
abzustumpfen.  Hierbei  tritt  besonders  die  erregende  Wirkung  des 
Alkohols  zu  Tage,  jedoch  mufs  bei  dieser  Indikation  eine  Angewöhnung, 
ein  Übermais  sorgf^tig  vermieden  werden.  Auf  derselben  Ursache 
beruht  auch,  dafs  wir  Alkohol  bei  geselligen  Zusammenkünften 
reichen,  um  Menschen,  welche  einander  innerlich  fernstehen  und 
gleichgültig  sind,  den  Verkehr  zu  erleichtern.  Eine  der  gefährlichsten 
Wirkungen  des  Alkohols  bleibt  aber  immer,  dals  er  die  Widerstands- 
fähigkeit gegenüber  der  Verführung  verringert.  Es  kann  deshalb 
den  Temperenzbestrebungen  eine  gewisse  Berechtigung  nicht  ab- 
gesprochen werden,  denn  „gäbe  es  keinen  Alkohol,  so  würde  die 
Welt  ohne  Zweifel  glücklicher  sein,  als  sie  jetzt  ist".  Der  Thee 
übt  eine  verhältnismäfsig  wenig  energische  Wirkung  auf  die  psychischen 
Vorgänge  aus.  Er  erleichtert  die  Auffassung  und  intellektuelle  Ver- 
arbeitung äufserer  Eindrücke,  dagegen  scheint  er  die  Umsetzung 
centraler  Erregungszustände  in  Handlungen  zu  erschweren.  Diese 
anscheinende  Erschwerung  der  Bewegungsauslösung  ist  nur  als  eine 
physiologische  Folge  der  erhöhten  Erregbarkeit  im  Bereiche  der 
Vorstellungen,  als  eine  Hemmunpwirkung  anzusehen.  Das  geschilderte 
Bild  der  Theewirkung  entspricht  den  Erfahrungen  des  täglichen 
Lebens.  Wir  benutzen  daher  auch  mit  Recht  Thee  und  Kaffee  als 
Gegengift    gegen    den  Alkohol.     Für  Schüler    wird    sich   nach  dem 


227 

Gesagten  bei  Ausflügen,  Tnrnfahrten  u.  s.  w.  der  GentÜB  von  Thee  oder 
dem  in  seinen  Wirkungen  ähnlichen  Kaffee  weit  mehr,  als  deijenige  von 
alkoholhaltigen  Getränken  empfehlen,  wie  ja  auch  die  Militärverwaltang 
auf  dem  Marsche  an  die  Soldaten  Kaffee  verabfolgen  läfst. 
Aach  bei  geistiger  Arbeit  verdient  der  Thee  vor  Bier  oder  an- 
deren Spirituosen  den  Vorzug,  weil  er  die  intellektuelle  Thätigkeit 
fördert,  während  der  Alkohol  dieselbe  nach  einem  knrzen  Stadium 
der  Erregung  herabsetzt. 

YergiftuBg  eines  Sohnlknaben  mit  Stechapfelsamen.    In 

dem  ^Sarre^dzhl  f.  Schwe,  Ärtste"'  berichtet  Dr.  Strbit  zu  Teufen- 
thal  in  der  Schweiz  den  folgenden  Fall.  Der  Genannte  wurde  vor 
eimger  Zeit  zu  einem  achtjährigen  Schulknaben  gerufen,  von  welchem 
drei  Stunden  vorher  eine  grolse  Menge  Stechapfelsamen  genossen 
war.  Zwei  Stunden  nach  dem  Genüsse  hatte  der  Knabe  einen  sehr 
roten  Kopf  bekommen,  war  sehr  aufgeregt  geworden,  und  es  hatte 
ach  undeutliches  Sehen  eingestellt;  die  Aufgeregtheit  steigerte  sich 
bald  bis  zu  völliger  Raserei.  Als  der  Arzt  kam,  wälzte  sich  der 
Kranke  unter  heftigen  klonischen  und  tonischen  Krämpfen  im  Bette ; 
der  Rumpf  war  starr  vornübergebeugt,  die  Gesichtsmuskulatur  in 
heftiger  Bewegung,  die  Augen  rollten  umher.  Patient  delirierte, 
schwatzte  und  schrie;  er  erkannte  niemanden  und  reagierte  auf 
Anmfen  nicht.  Diese  Erscheinungen  der  Aufgeregtheit  waren  gefolgt 
von  kurzen  Intervallen  der  Ruhe,  die  1  bis  2  Minuten  dauerten. 
Das  Gesicht  blieb  anhaltend  gerötet  und  heifs.  Die  Pupillen  waren 
maximal  erweitert  und  reaktionslos.  Die  Augenspiegeluntersuchung 
ergab  starke  Rötung  und  Gefäfsi^jektion  der  Sehnervenpapille.  Mund 
und  Rachen  erschienen  nicht  trocken,  vielmehr  war  Speichel  vor- 
nanden.  Die  Zahl  der  Pulsschläge  betrug  140,  die  der  Atemzüge 
30  bis  35  in  der  Minute.  Die  Haut  zeigte  nichts  Abweichendes, 
namentlich  keine  auffallende  Trockenheit.  Die  Behandlung  bestand 
in  einem  starken  Brechmittel  von  Ipecacuanha,  in  kalten  Waschungen 
ond  Übergiefsungen.  Durch  das  Brechmittel  wurden  neben  Speise- 
resten ungefähr  60  Samenkörner  von  Datura  Stramonium  heraus- 
befördert. Nachher  erhielt  der  Knabe  ein  Abführmittel,  doch  kamen 
in  dem  nach  4  Stunden  eintretenden  Stuhlgang  keine  weiteren  Samen- 
körner zum  Vorschein.  Die  Delirien  und  Krämpfe  begannen  nach 
Morphium  nur  langsam  zu  weichen.  Erst  am  Abend  des  nächsten 
Tages  hörten  beide  Erscheinungen  auf,  und  Patient  schlief  mehrere 
Stunden.  Derselbe  klagte  von  jetzt  an  nur  noch  über  Kopfweh, 
sowie  über  starken  Hunger  und  Durst.  Er  erhielt  Brot  und  Milch- 
kaffee. Die  Pupillen  blieben,  wenn  auch  in  abnehmendem  Mafse, 
noch  4  Tage  erweitert«     Alsdann  trat  völlige  Genesung  ein. 

15* 


228 

Das  Bndern  an   den  hSheren  Schnlen  DentscUands,  so 

ist    ein  Aufsatz   überschrieben,    den  nnser   geschätzter  Mitarbeiter^ 
Herr    Oberlehrer    H.  Wigebnhagbn,    in    der    „Ztschr.   f,   Twm. 
u.  Jgdspl.*"    yeröffentlicht.     Seit    nnn    12  Jahren   hat    der  Rader- 
betrieb an    den   höheren  Schalen   Deutschlands   Eingang   gefunden 
und    sich    von    da   an    über    immer    weitere    Kreise    ausgedehnt 
So  bestehen  Rudervereine,  nach   der  Zeit  ihrer  Gründung  geordnet, 
am  Gymnasium  und  Realgymnasium  zu  Rendsburg,  am  Realgymnasinm 
zu  Frankfurt  a.  0.,  am  Gymnasium  und  Realprogymnasium  zu  Neu- 
wied a.  Rh.,  am  Gynmasium  in  Kiel,  am  Gymnasium  zu  Frankfurt  aO., 
am  Friedrich -Wilhelmsgymnasium    zu    Berlin,    am    Egl.   Wilhelms- 
gymnasium  in  Stettin,  am  Gymnasium  zu  Greifenberg  in  Pomm.,  am 
Gymnasium  zu  Garz  a.  0.,  am  Realprogymnasium  zu  Lauenburg  a.E., 
an  der  Egl.  Landesschule  zu  Pforta,  am  Leibnizgymnasium  zu  Berlin 
und  am  Gymnasium  zu  Hadersleben.     Von  den  Schulen  ausgehend, 
beginnt  der  Rudersport  sich   auch  bereits  der  UniTersit&ten  zu  be- 
mächtigen und  hat  in  Bonn,  in  beschränktem  MaCse  auch  in  Breslao 
und  Greifswald  Wurzeln  geschlagen.     Der  Verfasser   hat  nun   über 
alle    diese    Bestrebungen  Ermittelungen  angestellt   und   gelangt  auf 
Grund  derselben  zu  folgenden  Schlüssen:    1.  Die  Einrichtung  eines 
schulgemäfsen    Ruderbetriebes     hat    sich    überall    ohne    erhebliche 
Schwierigkeiten   bewerkstelligen   lassen.     2.    Die  Unterhaltung  des 
Materials    und   der  Gesamtaufwand   legt   den  Mitgliedern   nicht  zn 
hohe  Opfer  auf.     3.    Der   regelmäfsige  Gang    des    Schulunterrichts 
hat   keine  Störung  erfahren.     4.    Auch    sonstige  ünzuträglichkeiten 
sind  nirgends  hervorgetreten.     6.  Wohl  aber  kann  die  Einrichtung 
aus  mancherlei  erziehlichen  Gründen  empfohlen  werden.     Unter  den 
Vorzügen,    welche    beobachtet    worden   sind,    seien   herrorgehoben: 
1.  Das    Rudern    hat    dem  Wirtshausbesuche    der   Schüler    grofsen 
Abbruch  gethan.     2.  Der  Ruderverein  hat  sich  als  eine  yortreffliche 
Schule  der  Selbsterziehung  erwiesen.     3.  Die  Ruderarbeit  hat  Freude 
an  einer  heüsamen    körperlichen  Ertüchtigung   geschaffen    und  viel- 
fach über  weitere  Kreise  der  Schule  verbreitet.     4.  Die  Anfoahme- 
bedingungen    in   den  Ruderverein  haben  die  Lust   zum  Baden  und 
das  Verlangen,    schwimmen    zu    lernen,    erhöht.     5.  Die  Erhaltung 
des  Rudermaterials  (Boothauses)  hat  zu  mancherlei  nützlichen  techni* 
sehen  Arbeiten  geführt.     Es  sind    nicht   nur  Reparaturen    von  den 
Schülern  vorgenommen,  sondern  hie  und  da  sogar  ganze  Boote  voa 
denselben  selbständig  gebaut  worden. 

Die  italienischen  Seehospijse  ffir  skrofiilSse  Einder  werden 

von  N.  Candela  im  ^Qiomal,  di  med.  ptibbL^  besprochen.  Italien 
besitzt  zur  Zeit  20  solche  Anstalten.  Doch  gewähren  sie  den  Eindem 
nur  für  4  bis  6  Wochen  Aufenthalt,  während  mehrere  französische 


229 

ihre  Patienten  erst  nach  erfolgter  Heilung  entlassen.  Der  Verfasser 
wünscht,  dals  in  den  Hospizen  seines  Vaterlandes  systematischer  als 
bisher  die  Wirkungen  des  Seeaufenthaltes  auf  die  Kinder  studiert 
and  genaue  Wftgungen,  sowie  sorgfältige  Untersuchungen  des  Blutes, 
der  Muskelkraft  und  der  Respirationsgröfse  an  denselben  vorgenommen 
werden.  Auch  sei  ein  jeder  Fall  von  Tuberkulose,  wenn  überhaupt 
zagelassen,  wenigstens  streng  zu  isolieren. 

Über  KoUensäiirebestimmiuigen  in  Schnkimmern  schreibt 
Kreisphysikns   Dr.  Cöstbb  in  der  „Ztschr.  f.  Mediebeamt.^ :    Um- 
ständliche,  teure  und  sehr  subtile  Instrumente  lassen  sich  f&r  Luft- 
nntersuchungen   in  Schulen   um   so   weniger  verwenden,    als  sie  bei 
öfterer  Benutzung   den  Unterricht  stören.     Ich   bediene  mich  daher 
eines   sehr  einfachen  Apparates,    der   sich   bequem  im  Rock  tragen 
läfst.     Er    besteht  aus   einer  Flasche   von  etwa  600  g  Inhalt,    die 
im  Halse  einen  durchbohrten,  mittelst  eines  kurzen  Glasstabes  luftdicht 
Terschlossenen  Gummistöpsel   trägt   und  dicht  über  dem  Boden  eine 
zweite,    gleichfalls    mittelst    Kautschukstopfens    luftdicht    gemachte 
Öffnung   besitzt.     Auch   dieser  Kautschukstopfen  ist  durchbohrt  und 
in  das  Bohrloch  ein  genau  schliefsendes  Bohr  aus  Metall  oder  Glas 
eingeschoben,  welches  an  dem  freien  Ende  mit  einem  Hahn  versehen 
ist.    Will  man  nun  einen  Versuch  anstellen,  so  wird  die  Flasche  zu 
Hause  mit  frisch  abgekochtem,  destilliertem  Wasser  gefüllt  und  luft- 
dicht  verschlossen.     Dann    trägt    man   sie  in  die  zu  untersuchende 
Klasse,  stellt  sie  in  beliebiger  Höhe  auf  und  verschafft,  indem  man 
den  Pfropfen   aus    dem  Halse   ganz  oder  nur  den  Glasstab  entfernt 
ond  zugleich  den  Hahn  der  Abflufsröhre  öffnet,    dem  Wasser  ft'eien 
Anstritt.    Indem  dasselbe  abläuft,  dringt  an  seiner  Stelle  die  zu  unter- 
suchende Luft  in  die  Flasche  ein,  und  zwar  stets  nur  aus  der  Höhen- 
lage, welche  man  wünscht,  es  sei  denn,  dafs  man  die  Luft  absichtlich 
vorher  durch  Bewegung  gemischt  hat.     In  der  Flasche  müssen  60  g 
destilliertes  Wasser  zum  Vermischen  mit  der  aufgefangenen  Luft  zurück- 
bleiben; der  Hahn  wird  daher  geschlossen,  sobald  das  Wasser  einen 
geätzten  Strich,  die  Marke  für  diese  Wassermenge,  erreicht  hat.  Jetzt 
kann  die  Flasche  beliebig  lange  stehen  bleiben,  da  die  Luft  in  der- 
selben  mit    der  umgebenden  Luft   wegen   gleicher  Temperatur  und 
Dichte   nicht   mehr  diffundiert.     Man  verschliefst  hierauf  den  Hals 
der  Flasche  mit  dem  Gummistopfen  und  bringt  sie  nach  Hause,  wo 
die  eigentliche    Untersuchung    mit   Phenolphtalein-    und  Sodalösung 
stattfindet.     Dabei  möchte  ich  auf  den  BiTTERschen  Vorschlag  hin- 
weisen,   möglichst  dtlnne  Sodalösungen,    von   denen    1  ccm  0,1  mg 
Kohlensäure    sättigen,    zum  Titrieren    zu    verwenden,    damit  Fehler 
vermieden   werden.     Eine    solche  Lösung    hält  sich  lange  konstant. 
Auf  diese  Weise   gelingt  es  ohne  Laboratorium  in  kurzer  Zeit  eine 


230 

Menge  von  Laftontersiichaiigen  Torzuiiehmeii,  wdche  auf  aadere  Weise 
liel  komplizierter  sind.  —  Wir  yermögen  nicht  einzasehen,  worin 
die  grOisere  Einfachheit  der  CöSTBRschen  Methode  liegen  soll.  Die 
chemische  Loftontersnchong  selbst  wird  dabei  in  keiner  Weise  be- 
troffen, sie  bleibt  dieselbe,  wie  froher.  Ob  man  aber  die  Luft  nach 
alter  Weise  yermittelst  Blasebalgs  in  eine  Flasche  eintreibt,  oder 
nach  CÖSTRB  durch  Ablanfenlassen  von  Wasser,  dflrfte  ziemUch 
gleichwertig  sein;  anf  jeden  Fall  ist  der  erstere  Vorgang  nicht 
komplizierter,  als  der  letztere,  znmal  man  bei  diesem  noch  ein 
zweites  Gefilfe  fbr  das  ablanfende  Wasser  nötig  hat. 

Das  Anersche  GasglfihlielLt  in  Schulen.  Während  daa 
prenfsische  Unterrichtsministerium  das  Gasglühlicht  von  Avbb  Ar 
öffentliche  Gebäude,  Auditorien,  Laboratorien  u.  s.  w.  empfohlen 
hat,^  ist  das  Wiener  Stadtbauamt  zu  einem  entgegengesetzten  Urteil 
gelangt.  In  einem  Berichte  desselben  an  den  Stadtrat  Yon  Wien 
heilst  es  nach  der  „Dr.  iV.",  dafs  man  bei  diesem  Glahlichte  eine 
allmähliche  Abnahme  konstatieren  könne,  welcher  auch  durch  häufiges 
Auswechseln  der  Brennkörper  nicht  vorgebeugt  werde,  dafe  ferner 
die  Helligkeit  und  Farbe  des  Lichtes,  insbesondere  bei  Beginn  der 
Einführung,  die  Netzhaut  des  Auges  stark  angreife  und  dafs  endlich 
das  häufige  Zerspringen  der  Gylinder  die  persönliche  Sicherheit  n 
gefährden  geeignet  sei.  £s  wurde  daher  seitens  des  Stadtbauamtes 
beantragt,  von  der  EinfOhrung  der  in  Bede  stehenden  Beleuchtongsart 
in  Schulen  abzusehen. 

Stigmo^aphisches  Leinen  fBr  Handarbeiten  der  Schlle- 

rinnen.  Fräulein  Thbrbsb  Drbidaz,  Hauptlehrerin  in  Manchen, 
schreibt  uns:  Da  ich  Unterricht  in  Handarbeit  erteile,  weüs  ich, 
wie  sehr  manche  Technik  derselben  die  Augen  angreift.  So  ist 
Kreuzstich  zwar  an  sich  unschwer,  wird  aber  durch  das  notwendige 
Abzählen  der  Stofffäden  sehr  augenanstrengend,  und  ich  sann  lange, 
wie  sich  Erleichterung  schaffen  liefse.  Endlich  kam  ich  anf  die 
Idee,  ein  stigmographisches  Leinen  herstellen  zu  lassen,  welches  das 
Abzählen  der  Stofffäden  überflussig  macht,  weil  Punkte  den  nötigen 
Anhalt  fOr  den  Stich  geben.  Diese  Punkte  sind  mit  blauer  Farbe 
auf  die  Leinewand  aufgedruckt  und  lassen  sich  nach  Vollendung  der 
Arbeit  durch  gewöhnliches  Waschen  leicht  entfernen.  Sie  besitzen 
bei  feinerem  Stoffe  2,5  mm,  bei  gröberem  3  mm  Entfernung  Yon 
einander.  Die  feinere  Marke  No.  1  wird  per  Meter  fOr  1,40  Mark, 
die  gröbere  Marke  No.  2  fttr  1,20  Mark  von  der  Firma  Bosner  &  Seidl 
in  München  geliefert. 


^  S.  diese  Zeitschrift,  1893,  No.  7  u.  8,  S.  438—404. 


231 


9i(i^tt^tf^i^tlxd^t8. 


Der  erste  dentsehe  Kongrefs  fAr  Jugend-  und  Volks- 
«piele  iB  Berlin.  Für  den  Erfolg  der  nunmehr  dreijährigen 
Th&tigkeit  des  CentralanBschusses  znr  Fördemng  der  Jugend-  nnd 
Yolksspiele  in  Deutschland  hat  das  glückliche  Gelingen  des  durch 
den  Ausschnls  veranstalteten  ersten  deutschen  Kongresses  in  Berlin 
am  3.  und  4.  Februar  dieses  Jahres  einen  höchst  erfreulichen  Beweis 
geliefert.  Von  allen  Seiten  war  eine  stattliche  Schar  Ton  Freunden 
and  Gönnern  der  Spielbewegung  zur  Teilnahme  am  Kongresse 
zusammengekommen.  Mehr  als  100  deutsche  Städte  oder  Vereine 
hatten  ihre  Vertreter  dahin  entsandt.  Nicht  weniger  als  15  Mini- 
sterien, bezw.  Regierungen  waren  vertreten,  darunter  die  preu&ische 
die  bayerische,  die  wttrttembergische ,  die  Osterreichische.  Der 
Vorsitzende  des  Centralausschusses,  dessen  umsichtiger  und  uner- 
müdlicher Wirksamkeit  der  grofee  Erfolg  in  erster  Linie  zu  danken 
ist,  durfte  die  zahlreich  besuchte  Versammlung  mit  besonderer 
Genugthuung  begrttfsen  und  den  Erschienenen  zunächst  den  Dank  des 
Ausschusses  aussprechen.  Nach  ihm  nahm  Minister  VON  Böttighbr 
das  Wort  im  Namen  der  Beichsregierung  und  wies  in  kräftigen 
Worten  darauf  hin,  inwiefern  unsere  Thätigkeit  auf  dem  Spiel- 
platze im  Dienste  des  Vaterlands  geschähe,  und  wie  sehr  die  Zukunft 
des  deutschen  Vaterlandes  von  dem  Heranwachsen  einer  körperlich 
kräftigen  und  geistig  frischen  Jugend  abhängig  sei.  Ebenso  warm 
sprach  sich  nach  ihm  der  preuisische  Kultusminister  Dr.  Bosse 
über  den  hohen  Wert  der  Spiele  aus,  wobei  er  namentlich  ihre 
erzieherische  Seite  ins  Auge  fafste  und  die  Forderung  stellte,  dafs 
die  Jugend  bei  den  Leibesübungen  strenge  Selbstzucht  zu  üben 
lernen  soUte.  Auf  diesen  Gedanken  kam  der  Hauptredner  des 
Kongresses,  Oberbürgermeister  Witting  aus  Posen,  der  sich  die 
Berichterstattung  über  die  Bedeutung  der  Jugend-  und  Volks- 
spiele vom  Standpunkte  der  nationalen  Wohlfahrt  zur 
Aufgabe  gestellt  hatte,  später  ausführlicher  zurück.  In  unserer 
Terbitterten  und  verhetzten  Zeit,  wo  dem  einen  Teil  der  Bevölkerung 
einseitige  Geistesarbeit,  dem  anderen  gröfseren  mechanische  Thätig- 
keit in  Werkstätte  und  Fabrik  kaum  noch  die  nötige  innere 
Befriedigong  schaffe,  müsse  das  heitere  Spiel  im  Freien  ein  Geschlecht, 
das  an  Genüssen  reich,  an  wahren  Freuden  so  arm  sei,  wieder  zu 
dem  Znsammenhang   mit    der  Natur  zurückführen,    der  ihm    infolge 


232 

des    übermäßigen  Anwachsens    der  Grolsstädte    fast  völlig  yerlorai 
gegangen    sei.     Als    Mitberichterstatter    entwickelte    Professor  Dr. 
Angebstbin  ans  Berlin  die  innige  Verbindung  von  Spiel  und  Turnen 
und  wies  den  vielfachen  Nutzen  der  beiden  Arten  von  Leibesübongai 
im  einzelnen  nach.     Am  Vorabend    hatte    der  Centralansschnls  eine 
öffentliche  Versammlung,  die  gleichfalls   sehr  zahlreich   besucht  war, 
zur   Besprechung    des   Mädchenspiels    angesetzt.     Tuminspektor  A. 
Hebmann    aus   Braunschweig   hielt  als    Berichterstatter   einen  mit 
allseitigem    Beifall     aufgenommenen     Vortrag     über     die     Not- 
wendigkeit und  die  Pflege  der  Jugendspiele  für  Mädchen. 
Um  dem  weiblichen  Geschlechte  Gesundheit  und  wahre  Schönheit,  nm 
ihm  den  frohen  Sinn  und  den  naturgemäfsen  Geschmack  zu  wahren, 
um    ihm   zur  Erfüllung    seiner  Pflichten    als  Mutter   und    Hausfrau 
Kraft  und  Mut  zu  verleihen,  müfsten  wir  die  weibliche  Jugend  nicht 
weniger    oft,    als   die    männliche    zu    eifiriger    Leibesbewegung  ins 
Freie   hinausführen   und   entsprechend   den   schon  von  Spies,  dem 
Begründer    des    deutschen    Mädchentumens,    gestellten  Forderungen 
in  verschiedenen    Spielen   und  Übungen   je    nach    den   Altersstufen 
tüchtig  ausbilden;    nur    so  würden   die    Mädchen    den    gerade  sie 
zumal  bedrohenden  ungünstigen  Verhältnissen,  welche  Mode,  Gewohn- 
heit und  verweichlichende  Erziehung  mit  sich  brächten,  nicht  erliegen, 
sondern  sich  hinreichend  widerstandsfähig   ihnen  gegenüber  erhalten. 
Die  an  die  Vorträge  sich   anschliefsenden  Besprechungen    und  noch 
mehr    der    im  ungezwungenen   Beisammensein    während    der  beiden 
Tage  erfolgte  Gedankenaustausch  werden  für    die   meisten  Besucher 
des  Kongresses  aufserdem    viel  wertvolle  Anregung    und    Belehrung 
geboten  haben.     Am   erfreulichsten   war    es  zu  vernehmen,  an  wie 
vielen  Orten  schon  sehr  eifrig  allgemein   gespielt  wird,    so  z.  B.  in 
Dresden,   München,   Hamburg  u.  s.  w.     Allgemein  hegte  man  aher 
die    Ansicht,     dafs    bei    der    Fürsorge    für    die    Spiele    eine    Be- 
schränkung   auf  die   Zöglinge   der  höheren  Schulen   unbedingt  Ter- 
werflich  sei,  dafs   gerade   die  Jugend  der  weniger  bemittelten  und 
ganz   armen  Bevölkerungsklassen  in  erster  Linie    hinauszulocken  sei 
auf    den  Spielplatz,    wo    sie    im  Grünen   bei  frischer    Bewegung  in 
reiner  Luft    sich  köstlichen  Genufs    und  Gewinn    holen  könnte,  £r- 
holuDg    von  der  schweren  Last    des  Tages    und    frische  Kraft  und 
neuen  Mut  für  die  weitere  Arbeit.   Als  des  Letzten,  aber  nicht  des 
Geringsten,    was  in  Berlin    den  Besuchern    des  Kongresses    geboten 
ward,  ist  hier  der  Vorführungen  der  Spiele  im  Freien  zu  gedenken. 
Der  Sonnabend  Nachmittag  brachte  uns  auf  den  Spielplatz  des  Berliner 
akademischen  Turnvereins  und  des  Turnvereins  Arminia  hinaus  nach 
Schönholz.     Diese    beiden  Vereine,   die   dort    auch    im  Winter  all- 
wöchentlich, selbst    im  Schnee,    zweimal    eifrig  spielen,    lieüsen   uns 


233 

einen  Blick  in  ihr  frisches  und  reges  Spielleben  thun,  der  unser 
aller  Herzen  erquickte.  Selbst  der  trübe  Regentag  klftrte  sich 
wenigstens  zeitweise  auf,  so  dals  uns  die  Freude  an  den  kräftigen 
Schl&gen  im  Eaiserball,  den  mannigfachen  Scherzen  beim  Ereisball, 
dem  feinen,  gewandten  Spiele  beim  Barlauf  und  endlich  an  den  ge- 
waltigen Wtlrfen  des  Gers,  der  Diskusscheibe  und  des  Schleuder- 
balls nicht  geschmälert  ward.  Nach  anderer  Seite  hin  äuliserst 
erfreulich  war  ein  Wettspiel  zwischen  zwei  aus  jungen  Kaufleuten 
in  ähnlichem  Alter  bestehenden  Fu&ballyereinen,  das  am  Sonntag 
Morgen  in  aller  Frflhe  trotz  des  rauhen  Windes  eine  grobe  Anzahl 
Zuschauer  angezogen  hatte.  Die  Feinheiten  des  Spieles,  die  freilich 
in  etwas  durch  den  zu  heftigen  Wind  beeinträchtigt  wurden,  sind 
vielleicht  nicht  von  allen,  sondern  nur  von  den  Sachkennern  im 
vollen  Malse  gewürdigt  worden.  Aber  jedem,  der  nur  einiges 
Tertändnis  dafür  hat,  muiä  ersichtlich  gewesen  sein,  wie  eifrig, 
kräftig  und  gewandt  von  beiden  Parteien  gespielt  ward,  und  wie 
dabei  doch  keine  Spuren  irgend  einer  Hoheit,  die  man  dem  Fufs- 
ballspiel  inmier  vorwirft,  zu  bemerken  war,  eine  wie  vorzügliche 
Ordnung  von  dem  Schiedsrichter  gehalten  wurde,  dessen  Entscheidungen 
sich  jeder  trotz  aller  Erregung  unbedingt  ohne  irgend  ein  Murren 
unterwarf,  und  wie,  mit  einem  Worte  gesagt,  bei  dem  äufserst 
kräftigen  Spiel  durchweg  eine  feine,  würdige  Haltung  beobachtet 
ward.  So  wirkt  das  Spiel  im  hohen  Grade  bildend  auf  den 
Charakter.  Professor  Dr.  Koch. 

Die  allgemeine   Landesansstellnng   in    Lemberg,   welche 

nnter  dem  Protektorate  des  üsterreichischen  Kaisers  vom  1.  Juni 
bis  zum  1.,  bezw.  15.  Oktober  d.  J.  stattfindet,  wird  auch  eine 
internationale  Abteilung  von  Apparaten  für  den  Schulunterricht 
enthalten.  Mit  der  Ausstellung  sollen  verschiedene  Kongresse 
verbunden  werden,  darunter  ein  solcher  für  Pädagogen  und  ein 
Tnmvereintag. 

Ein  Verein  ffir  neuere   pädagogische  Psychologie   nnd 

Pathologie  ist  nach  der  ^Nmzt^  in  Österreich  in  Bildung  begriffen. 
Ober  die  Ziele  desselben  geben  folgende  Satzungen  Aufschlufs: 
1.  Der  Verein  für  pädagogische  Psychologie  und  Pathologie  setzt 
sich  sum  Zwecke  die  Erforschung  der  kindlichen  Seele  unter 
Rflcksichtnahme  auTcLie  neueren  Fortschritte  auf  dem  Gebiete  der 
pädagogischen  Psychologie  und  Pathologie.  2.  Mitglieder  des  Vereines 
können  ebenso  gut  Psychologen  von  Fach  und  Kinderärzte,  wie 
Eltern,  Lehrer  und  Kindergärtnerinnen,  überhaupt  alle  selbständigen 
Personen  werden,  welche  für  die  neuere  pädagogische  Psychologie 
bteresse  besitzen.  3.  Als  Organ  des  Vereines  dient  die  Zeitschrift 
»Die  Kmdesseele^'y  welche  den  Vereinsmitgliedem    unentgeltlich   zu- 


234 

gesendet  wird.  Beitrittserklänmgen  sind  za  richten  an  Professor 
Dr.  F.  M.  Wbndt  in  Troppan,  welcher  bis  zur  konstitmerenden 
Yereinsyersammlong  die  Geschäfte  proyisorisch  leitet. 

Qreifswftlder  Ferienknrsns  fBr  Lehrer  und  Lehrerinnei 
des  FranzSsischeB,  yerbnnden  mit  Erholnngs-  und  BadeknreiL 

In  den  groben  Schulferien  dieses  Sommers,  Jali  1894,  wird  in 
Greifswald  ein  vierwöchentlicher  Ferienknrsns  f&r  Lehrer  imd 
Lehrerinnen  des  Französischen  abgehalten  werden  mit  dem  dreifachen 
Zwecke,  ihnen  Gelegenheit  zu  geben,  ihre  französischen  Sprach- 
kenntnisse zu  vertiefen,  das  heutige  Frankreich  näher  kennen  zu 
lernen  und  sich  fär  einen  Studienaufenthalt  daselbst  vorzuberdten. 
Im  ganzen  sollen  wöchentlich  20  Vorlesungen,  nämlich  täglich, 
aulser  Sonnabend  und  Sonntag,  je  4  von  9 — 1  Uhr  in  deutscher 
oder  französischer  Sprache  stattfinden.  Die  Vorträge  werden  von 
Professoren  und  Docenten  der  Universität  gehalten;  au&erdem  wird 
Professor  Dr.  Rousselot  aus  Paris  sich  an  denselben  beteiligen.  Das 
Honorar  für  den  gesamten  Kursus  beträgt  15  Mark.  Aber  aach 
die  Körperpflege  wird  Bertlcksichtigung  finden,  so  dafs  der  nächste 
Zweck  der  Sommerferien  nicht  verloren  geht.  Die  Nachmittage  sollen 
nämlich  zur  Erholung  und  zu  Badekuren,  die  Sonnabende  und  Sonn- 
tage zu  Ausflügen  nach  der  Insel  Btigen  und  in  die  benadibarten 
Badeorte  verwendet  werden.  Anmeldungen  sind  an  Professor 
KoscHWiTZ  zu  richten,  der  es  auch  übernommen  hat,  für  geeignete 
Unterkunft  in  Greifswald  selbst  oder  in  den  naheliegenden  Seebädern 
Wieck  und  Eldena  Sorge  zu  tragen. 

Die  englisclie  Gesellscliani  fBr  physiselie  Erfiehnng  in 

London,  92  Long  Acre,  versendet  soeben  ihren  Jahresbericht  Wir 
entnehmen  demselben,  da&  der  Zweck  der  Gesellschaft  ist,  die  physische 
Erziehung  in  England  zu  einem  nationalen  System  auszubilden,  das 
sich  auf  die  Kenntnis  von  dem  Bau  und  den  Verrichtungen  des 
menschlichen  Körpers  gründet.  Das  Präsidium  ftOirt  der  Earl  of 
Meath,  während  das  Vicepräsidium  Männern  anvertraut  ist,  welche 
besonders  geeignet  erscheinen,  für  den  Wert  der  körperlichen 
Ausbildung  Zeugnis  abzulegen.  Den  Unterricht  haben  die  Direk- 
toren der  hervorragendsten  gymnastischen  Anstalten  des  Königreichs 
übernommen.  Es  ist  ein  Lehrplan  für  diejenigen  ausgearbeitet 
worden,  welche  Lehrer  der  Gymnastik  zu  werden  beabsichtigen. 
Zweimal  des  Jahres,  im  Mai  und  November,  finden  Prüfungen  statt, 
über  deren  Bestehen  ein  Zeugnis  ausgefertigt  wird.  Das  Institut 
soll  den  vielen  ähnlichen  in  Amerika  nachgebildet  werden  und 
einen  Mittelpunkt  für  alle  gymnastischen  Bestrebungen  Englands 
bilden.  Es  bietet  seinen  Mitgliedern  sämtliche  VorteUe  des  Zusanunen- 
wirkens  und  dem   Publikum   eine   Garantie  für  tüchtige  Lehrer  der 


235 

Gymnastik.  An&er  den  Vorlesungen  über  physische  Erziehung 
finden  auch  solche  über  yerwandte  Wissenschaften  statt. 

Die  Zibne  der  Kinder  des  Hamliirii^schen  Staatswaisen- 

hmses  sind  kürzlich  zu  wissenschaftlichen  Zwecken  von  Zahnarzt 
Fekghel  untersucht  worden.  Seine  Prüfung  erstreckte  sich  auf 
200  Knaben  und  136  Mädchen.  Es  ergab  sich,  dafs  von  den  200 
Knaben  nur  5  und  von  den  135  Mädchen  nur  7  Töllig  gesunde 
Zähne  besafsen.  Dies  kommt  einem  Prozentsatz  von  95 — 97,5% 
erkrankter  Gebisse  gleich.  Bei  den  323  Kindern  mit  nicht  intaktem 
Gebifa  wurden  2471  kranke  Zähne  ermittelt,  also  durchschnittlich 
bei  jedem  Kinde  8.  Diese  Zahlen  beweisen,  dafs  sich  die  Zähne 
der  Hamburger  Waisenkinder  in  einem  sehr  schlechten  Zustand 
befinden. 

Hygieniselie  Untersncliiingen  Ton  Schfileriiinen  in  Birming- 
ham. j^The  Brit  Med,  Joum,^  Teröffentlicht  ein  Schreiben  von 
£dith  £.  M.  Creak,  Lehrerin  an  „King  Edwards  High  School 
for  Girls"  in  Birmingham,  wonach  die  Schülerinnen  dieser  Anstalt 
sowohl  bei  ihrem  Eintritt  in  dieselbe  als  später  jeden  Herbst  unter- 
sucht werden.  Die  Untersuchung  erstreckt  sich  auf  Körperlänge, 
Körpergewicht,  Gehör  und  Sehvermögen.  Sie  wird  Yon  den  Lehrerinnen 
ausgeführt,  denen  ein  Arzt,  Dr.  Priestley  Smith,  die  nötige  An- 
leitung gegeben  hat.  Bemerken  dieselben  irgend  eine  Störung  oder 
sonst  etwas  Auffallendes  bei  den  Mädchen,  so  erhalten  die  Eltern 
Nachricht  davon.  Insbesondere  wird  den  letzteren  empfohlen,  den  Rat 
eines  Augenarztes  einzuholen,  sobald  die  in  der  Schule  befindlichen 
Sehproben  von  den  Schülerinnen  nicht  mehr  in  der  normalen  Ent- 
fernung gelesen  werden  können.  Die  Einrichtung  besteht  bereits 
drei  Jahre  und  hat  sich  in  jeder  Beziehung  trefflich  bewährt.  Miss 
Creak  fordert  daher  auf,  dem  gegebenen  Beispiel  auch  in  anderen 
höheren  Töchterschulen  zu  folgen. 

Vom  Verein  Air    Schulgegundheitspflege   in  Frankfurt 

ä.  M.  Dem  y,Frankf,  Qeneralcmz.^  wird  von  sachkundiger  Seite 
geschrieben:  Als  dankbares  Feld  für  den  hiesigen  schulhygienischen 
Verein  möchten  wir  gleich  auf  einiges  hinweisen.  Zunächst  muTs 
dahin  gestrebt  werden,  dafs  die  Einrichtung  des  Stundenplanes  unter 
ärztiicher  Mitwirkung  stattfinde.  Denn  in  den  hiesigen  Stunden- 
pllnen  ist  von  ärztlicher  Seite  sehr  vieles  zu  beanstanden,  und  zwar 
sind  hier  nur  solche  Dinge  gemeint,  welche  sich  leicht  ändern 
lassen.  Sodann  möchten  wir  auch  Nachdruck  darauf  legen,  dafs 
das  Tumwesen  an  den  hiesigen  Schulen  eine  sorgfältigere  Beachtung 
und  Wertschätzung  finden  sollte.  Femer  ist  darauf  Bedacht  zu 
nehmen,  dafs  die  Kinder  während  der  Freipausen  in  angemessener 
Weise  angeleitet,   bezw.  angeregt   werden,    vor  allen    Dingen    ihren 


236 

Körper  zu  erfrischen.  Weder  Toben  noch  Herumstehen  darf  als 
eine  zweckmäfsige  Benutzung  der  Freipausen  betrachtet  werden.  So 
gibt  es  noch  eine  ganze  Anzahl  von  Gegenständen,  welche  dem 
neuen  Vereine  für  Schulgesundheitspflege,  besonders  Ton  den  ViUern 
schulpflichtiger  Kinder,  in  seinen  Versammlungen  unterbreitet  werden 
können.  Geschieht  dies,  so  wird  die  Thätigkeit  desselben  gewifs 
eine  segensreiche  sein. 

Zur  Orientierang  der  Schnlzimmer.  In  einer  vor  kurzem 
Yom  Stadtrat  zu  Freiburg  i.  6r.  an  den  dortigen  Bfirgerausschofs 
gerichteten  Vorlage,  den  Bau  einer  neuen  Volksschule  betre&nd, 
sind  bezüglich  der  Lage  der  Schulzimmer  nach  der  „Zisckr.  f, 
Mediebeamt"'  folgende  Grundsätze  aufgestellt.  Das  beste  und  ge- 
sundeste Schulzimmer  ist  entschieden  das  nach  Süden  gelegene, 
und  zwar  zunächst  vom  Standpunkte  der  Wärme.  Gerade  in  den 
heilsesten  Monaten,  Mai,  Juni  und  Juli,  wird  ein  Südzimmer  Ton 
der  Sonne  fast  gar  nicht  berührt  und  ist  daher  yerhältnismälsig 
kühl  (?  D.  Red.).  Im  Winter  und  Frülgahr  rückt  infolge  des 
tieferen  Standes  der  Sonne  die  letztere  allerdings  etwas  weiter  in 
das  Zimmer  vor,  aber  ohne  dadurch  zu  belästigen.  Aulserdem  trägt 
die  wärmende  Kraft  der  Sonne  dazu  bei,  die  Ventilation  zu 
fördern  und  damit  eine  Verbesserung  der  Klassenluft  herbeizufüiren, 
was  bei  einem  Nordzimmer  nicht  der  Fall  ist.  Aber  auch  mit 
Rücksicht  auf  die  Beleuchtung  ist  das  Südzimmer  vorzuziehen. 
Ebensowenig,  wie  die  Sonne  in  demselben  als  Wärmequelle  m 
stören  in  der  Lage  ist,  kann  sie  es  als  Lichtquelle  thun.  Gerade 
bei  der  Beurteilung  der  Lichtwirkung  wird  häufig  übersehen,  da(s 
es  in  unseren  Breitegraden  verhältnismälsig  wenige  Sonnentage  gibt, 
ganz  besonders  im  Spätherbst  und  Winter.  Vor  allem  an  regnerischen 
und  den  zahlreichen  bedeckten  Tagen  ist  der  Aufenthalt  in  einem 
Südzimmer  geradezu  eine  Wohlthat,  weil  man  die  Wirkung  yon 
Sonne  und  Licht  spürt,  ohne  dafs  sie  selbst  sichtbar  ist.  Sollte 
aber  wirklich  beim  tiefsten  Stande  der  Sonne  eine  Belästigung  ein- 
treten, so  kann  durch  geeignete  Vorhänge  mit  Leichtigkeit  Abhilfe 
geschafft  werden.  Die  Sonne  bewirkt  endlich  nach  wissenschaftlicher 
Forschung  die  beste  Desinfektion.  Dieser  hygienische  Gesichtspunkt 
muis  aber  gerade  für  die  Schule,  in  welche  erfahrungsgem als  selur 
häufig  Krankheitskeime  eingeschleppt  werden,  ausschlaggebend  sein. 
Auch  jeder  Privatmann  gibt  der  Südlage  einer  Wohnung  vor  der 
Nordlage  den  Vorzug  und  bezahlt  dafür  in  der  Regel  einen  höheren 
Mietzins.  Dazu  kommt  noch,  dafs  zahlreiche  Schulkinder  ihr  Leben 
in  dumpfen  Gassen  zubringen  und  nur  wenig  Sonnenlicht  gemessen. 
Für  sie  ist  daher  der  Aufenthalt  in  einem  sonnenbestrahlten  Lokale 
gewifs  von    nicht  zu   unterschätzendem  Vorteile.     Die  West-   und 


237 

Ostzimmer  stehen  den  Sttdzimmem  gegenüber  weit  zurück,  weil 
in  dieselben  die  Sonnenstrahlen  horizontal  eindringen  nnd  bis  in 
den  hintersten  Raum  wirken.  Sie  sind  jedoch  immerhin  noch 
günstiger,  als  die  Nordzimmer.  Denn  diese  werden  von  der  Sonne 
nie  beleuchtet  nnd  bieten  deshalb  einen  nnfrenndlichen  Aufenthalts- 
ort, besonders  in  nebeliger  und  winterlicher  Jahreszeit.  Bei  jedem 
Besuche  einer  Schule  ergibt  sich,  dafs  das  Nordzimmer  von  einem 
unangenehmen  Gerüche  nicht  ganz  frei  ist.  Auch  hinsichtlich  der 
Beleuchtung  muls  seine  Lage  als  eine  sehr  ungünstige  bezeichnet 
werden.  Denn  abgesehen  von  dem  Fehlen  des  Sonnenlichtes,  hat 
es  unter  dem  von  den  gegenüberliegenden  Grebäuden  reflektierten 
Lichte  zu  leiden.  Das  Nordzimmer  mag  für  die  Zwecke  des 
Zeichnens  und  Malens  den  Vorrang  verdienen,  gewifs  aber  nicht 
für  den  übrigen  Unterricht. 

Heilknrse   for  stotternde   Schfiler   in   Celle.     Wie   die 

ytMed.-päd.  Monatsschr.  f.  d.  gsmt  Sprachhlkd."^  berichtet,  sind  auf 
Yeranlassung  der  Ortsschulinspektion  zu  CeUe  im  Torigen  Jahre 
Heilkurse  für  stotternde  Yolksschulkinder  eingerichtet  worden.  Das 
Ergebnis  ist  insofern  ein  günstiges  gewesen,  als  von  8  ehemaligen 
Stotterern  7  geheilt  entlassen  werden  konnten.  Der  achte  Schüler 
war  V/%  Monate  durch  Krankheit  am  Besuche  der  Unterrichts- 
stunden yerhindert  gewesen,  so  dafs  seine  Leistungen  aufser  Betracht 
bleiben  mufsten. 

Ferienkolonie  Granadas.  Der  Verein  fELr  Ferienkolonien 
in  Granada  übersendet  uns  seinen  3.  Jahresbericht,  erstattet  von 
D.  Catetano  dbl  Castillo  Tejada.  Danach  wurden  am  31.  Juli 
8  Knaben  und  11  Mädchen  an  den  Meeresstrand  you  Almun^car  zur 
Erholung  gesandt.  Dieselben  litten,  wie  aus  einer  beigefügten  Tabelle 
ersichtlich  ist,  an  Skrofeln,  geschwollenen  Drüsen,  Mittelohrentzün- 
dongen,  Entzündungen  der  Hornhaut  und  der  Lidränder  des  Auges, 
Klappenfehlern  des  Herzens,  Deformitäten  des  Brustkorbes,  je  einer 
auch  an  Steifheit  des  rechten  Ellenbogengelenks  und  gestörter  Yer- 
daaung.  Die  erwähnte  Tabelle  gibt  zugleich  Aufschluß  über 
das  Alter  der  Kinder,  sowie  dasjenige  ihrer  Eltern  zur  Zeit  der 
Geburt,  über  das  körperliche  Verhalten  der  Kolonisten,  ihren 
Ernährungszustand,  ihre  Muskulatur,  ihr  Knochengerüst,  ihre  Zähne, 
die  Farbe  ihrer  Haut,  ihrer  Augen  und  ihrer  Haare,  ihren  antero- 
posterioren  und  transversalen  Schädeldurchmesser,  ihre  Körperlänge 
und  ihr  Körpergewicht,  die  Kraft  ihres  rechten  und  linken 
Armes,  die  Zahl  ihrer  Pulsschläge  und  ihrer  Atemzüge  in  der 
Minute.  Die  meisten  dieser  Messungen  sind  sowohl  vor  als  nach 
dem  Ferienaufenthalte  angestellt  worden  und  lassen  den  günstigen 
EmfluCs  desselben  deutlich  erkennen.     Das  Gewicht  nahm  im  Durch- 


238 

schnitt  bei  den  Knaben  um  1375  g,  bei  den  M&dchen  nm  2204  g 
zu.  Das  mittlere  Längenwachstom  betrag  13  mm;  nur  bei  dnem 
Mädchen  blieb  die  Eörperlänge  unverändert.  Auch  die  Muskelkraft 
wurde  grölser,  die  Zahl  der  Pulsschläge  und  der  Atemzüge  in  der  Minute 
verminderte  sich  dagegen.  Aufeerdem  wird  noch  die  bedeutoidere 
Körperfülle,  die  frischere  Gesichtsfarbe,  die  leichtere  Beweglichkeit,  der 
lebendigere  Gesichtsausdruck  und  der  klarere  Blick  der  Kinder  nBch 
der  Rückkehr  aus  der  Kolonie  gerühmt. 

Sehnlkfichen  in  Norwegen.    Es    sind   jetzt   in   folgenden 

norwegischen  Städten  Yolksschulküchen  errichtet:  SandeQord  mit 
50  Schülerinnen,  Sandeherred,  Landdistrikt,  mit  70,  Larvik  mit  80, 
Moss  mit  50,  Fredrikshald  mit  60,  Stavanger  mit  30,  Trondbjem 
mit  60;  Christiania  besitzt  3  Yolksschulküchen  mit  resp.  50,  80, 
80  Teilnehmerinnen.  Auiserdem  sind  noch  Dnunmen,  Fredriksstad, 
Kragerö  und  Bergen  hier  zu  nennen.  An  einzelnen  Orten  hat 
man  vorläufig  kleinere  „Yersuchsküchen'^  oder  „Kochkurse^  ein- 
gerichtet. Es  wird  an  mehreren  höheren  Mädchenschulen,  z.  B.  in 
Drammen,  SandeQord  und  Christiania,  auch  in  der  Hauswirtschaft 
Unterricht  erteilt.  Endlich  sei  noch  erwähnt,  dafs  sich  in  den  Land- 
distrikten für  erwachsene  Mädchen  Haushaltschulen  befinden,  in 
denen  häusliche  Ökonomie  und  Kochen  den  Platz  beim  Fortbildangs- 
unterrichte  erhalten,  den  sie  zufolge  ihrer  Bedeutung  für  die  Hygiene 
des  Yolkes  verdienen.  M.  K.  HAeonson-Hanbbn. 

Kindergärten    für    taubstumme    Kinder    Berlins.    Aof 

Yeranlassung  Dr.  Th.  S.  Flataüs  hat  sich,  wie  die  „Äüg.  med. 
Ceniralztg/'  erfährt,  in  Berlin  ein  Ausschuls  gebildet,  welcher  die 
Begründung  von  Kindergärten  für  taubstumme  Kinder  zum  Zwecke 
hat.  Der  Nutzen  einer  solchen  Einrichtung  liegt  auf  der  Hand, 
da  es  gerade  den  frühesten  Altersklassen  bis  zum  Beginn  eines  regel- 
rechten Unterrichts  so  oft,  ja  bei  armen  Leuten  fast  immer  an  jeder  erzieh- 
lichen Unterweisung  und  Beschäftigung  fehlt.  Sprachunterrichtliche  Yei^ 
suche  sollen  in  den  geplanten  Kindergärten  gänzlich  vermieden  werden. 
Trotzdem  ist  eine  besondere  Ausbildung  der  Kindergärtnerinnen  für 
die  in  Bede  stehende  Aufgabe  in  Aussicht  genommen.  Durch 
Gewährung  möglichst  vieler  Freistellen  gedenkt  man  auch  den  taub- 
stummen Kindern  Unbemittelter  die  Teilnahme  zu  ermöglichen. 
Meldungen  zur  Aufnahme  nimmt  Dr.  Th.  S.  Flatau,  Berlin  W., 
Genthinerstraise  32,  entgegen. 


239 


^mtHdie  ^ttfu^nn^tn. 


([«seliiftsanweisiuig  der  städtisebeii  Sehnldepntation  in  Breslau 

für  die  Rektoren  snd  Lehrer  der  stidtisehen  Volkssehiden, 

betreffend  die  Sehnlge8nndheitspfle|;e. 

§  1. 

Im  Schalgebände,  einschliefslich  der  Treppen,  Gänge,  Flore  und 
Bedürfnisanstalten,  nnd  in  den  Schnlzünmem  soll  stets  die  grölste 
Reinlichkeit  herrschen.  Die  nüt  den  Reinignngsarbeiten  betrauten 
Personen  sind  daher  in  der  Ausführung  ihrer  Aufgaben  nach  Mais- 
gabe der  fflr  sie  erlassenen  DienstYorschriften  von  den  Rektoren  und 
Lehrern  (Lehrerinnen)  dauernd  und  sorgfältig  zu  beaufsichtigen. 

§2. 

Fflr  die  Sauberhaltung  der  einzelnen  Klassenzimmer  der  Schule 
sind  die  Lehrer  (Lehrerinnen)  dem  Rektor  derselben,  dieser  dagegen 
ist  der  Schuldeputation  bezüglich  der  Reinhaltung  aller  zur  Schule 
gehörigen  Räume,  einschliefslich  der  Bedürfnisanstalten,  verantwortlich. 

Die  Sorge  für  die  Reinhaltung  deijenigen  Räume  des  Schul- 
hanses  und  der  zugehörigen  Anlagen  und  Plätze,  welche  nicht  einer 
Schale  allein  zugeteilt  sind,  sondern  dem  Schulzwecke  im  allgemeinen, 
bezw.  mehreren  Schulen  zugleich  dienen,  übt  der  Hauskurator  oder 
sein  Vertreter ;  diesem  haben  die  Rektoren  bezügliche  Beobachtungen 
mitzuteilen. 

§3. 

In  den  Schulgebäuden  und  Schulzimmem  muls  jede  yermeidbare 
Yemnreinigung  unterbleiben. 

Es  mufs  daher  die  unausgesetzte  Sorge  der  Rektoren  und  Lehrer 
(Lehrerinnen)  sein,  dafe  die  Schulkinder  beschuht  zur  Schule  kommen ; 
auch  müssen  Rektoren  und  Lehrer  sie  anhalten,  die  Vorrichtungen 
an  und  in  den  Schulhäusem  zur  FuTsreinigung  zu  benutzen. 

§4. 

Jede  Verunreinigung  der  Treppen,  Flure  und  des  FuTsbodens 
un  Schalzimmer  durch  Papierschnitzel,  Brot-  und  Obstüberreste  ist 
strengstens  zu  untersagen. 


240 

§5. 

Die  EnÜeernng  des  Auswurfs  aaf  den  Fafsboden  ist  unstatthaft; 
die  Kinder  sind  anzuhalten,  sich  zu  diesem  Zwecke  der  Spuckn&pfe 
zu  bedienen. 

§6. 

Die  Kinder  sind  zu  gröfster  Beinlichkeit  in  Bezug  auf  ihre 
Kleidung  und  ihren  Körper  anzuhalten  (vergl.  §  3).  Es  ist  daher 
auf  reine,  wenn  auch  geflickte  Kleidung  und  möglichste  Sauberkeit 
des  zu  Tage  tretenden  Teiles  der  Wäsche,  sowie  des  Taschentaches, 
das  jedes  Kind  unbedingt  haben  sollte,  zu  achten.  Die  Kinder 
dürfen  nur  mit  sauber  gewaschenem  Gesicht  und  Hals,  sorgfUtig 
gereinigten  Händen  und  ordentlich  gekämmten  Haaren  in  der  Schule 
erscheinen. 

Wenn  nötig,  sind  sie  zum  Reinigen  des  Gesichts  und  der  Hände 
in  der  Schule  selbst  anzuhalten. 

§  7. 

Eine  hinreichende  Zuführung  reiner  Luft  bei  möglichst  toU- 
ständiger  Abführung  der  verdorbenen  Luft  ist  durch  Lüftong  zu 
erreichen,  welche  am  besten  nach  dem  Unterricht  durch  gleich- 
zeitiges Öffnen  der  Fenster  und  Thflren  zu  bewerkstelligen  ist. 

Auf  dieselbe  Weise  muls  auch  während  der  Pausen  die  Luft- 
erneuerung  vor  sich  gehen.  Ausnahmen  hiervon  finden  nur  dann 
statt,  wenn  zu  grofse  Kälte  oder  heftiger  Wind  das  öffnen  der 
Fenster  nicht  ratsam  erscheinen  läfst.  Bei  der  Lüftung  während  der 
Pansen  müssen  alle  Kinder  das  Schulzimmer  verlassen. 

§8. 

Da  eine  Zimmerwärme  von  13  bis  15  Grad  den  Kindern  am 
zuträglichsten  ist,  so  muls,  wenn  sie  unter  13  Grad  sinkt,  ohne 
Bücksicht  auf  die  Jahreszeit  geheizt,  wenn  sie  über  15  Grad  steigt, 
für  Abführung  der  überschüssigen  Wärme  gesorgt  werden.  Erweist 
sich  in  der  Heizperiode  eine  Lüftung  während  der  Unterrichtsstunden 
als  dringend  notwendig,  so  dürfen  nur  die  oberen  Fenster  zeit- 
weise geöffnet  werden. 

Wo  Luftheizungen  vorhanden  sind,  ist  die  vom  Magistrat  ge- 
gebene Anleitung  zur  Behandlung  derselben  vom  20.  Oktober  1890 
genau  zu  beachten. 

§9. 

Wo  die  entsprechenden  Einrichtungen,  die  künftig  in  allen 
Schulhäusern  vorhanden  sein  werden,  jetzt  schon  bestehen,  ist  streng 
darauf  zu  achten,  dafe  die  Mäntel,  Mützen  (Hüte),  Schirme  auf  ser- 
halb des  Schulzimmers  aufbewahrt  werden. 


241 

§  10. 

Bei  der  kflnstiichen  Belenchtang  ist  darauf  zu  achten, 

1.  dafs  auf  sechs  his  acht  Kinder  eine  Flamme  von  gewöhn- 
licher Leuchtkrajft  kommt; 

2.  dafs    freie    Flammen    nie   znr  Verwendung    gelangen,    die 
Flammen  vielmehr  stets  mit  Cylindern  umgeben  sind. 

§  11. 
Besondere  Aufmerksamkeit  ist  den   augenschwachen,   den 
ohrenkranken,    sowie    den    an    Wirbelsäulenverkrümmung 
leidenden  Kindern  zuzuwenden. 

§  12. 

Kurzsichtige  und  schwachsichtige  Kinder  sollen  in  die 
vordersten  Reihen  auf  die  bestbeleuchteten  Plätze  gesetzt  werden. 

§  13. 

Da  in  einer  Anzahl  von  Fällen  die  Verbesserung  des  Sehens 
durch  ein  richtig  gewähltes  Glas  einer  weiteren  Zunahme  des  Leidens 
vorbeugt,  so  hat  der  Lehrer  (die  Lehrerin),  bezw.  der  Rektor  die 
£ltem  (Pfleger)  kurz-  und  schwachsichtiger  Kinder  behufs  Einholung 
ärztlichen  Rates  über  die  Beschaffung  einer  Brille  zu  benachrichtigen. 

§  14. 

Die  Schüler  (Schülerinnen)  sind  in  geeigneter  Weise  auf  die 
Bedeutung  sorgsamer  und  regelmäisiger  Reinigung  der  Ohren  auf- 
mei^sam  zu  machen  und  zu  belehren,  dafs,  während  wirkliche  Ohren- 
krankheiten meist  als  Folgen  von  ansteckenden  Krankheiten  (Scharlach, 
Diphtheritis,  Masern)  entstehen,  sich  Schwerhörigkeit  häufig  durch 
ünreinlichkeit  entwickelt^  indem  sich  Ohrenschmalzpfropfen  im 
Gebörgange  festsetzen. 

§  15. 

Die  Lehrenden  haben  zu  beobachten,  ob  das  Gehör  solcher 
Schüler,  welche  dauernd  unaufmerksam  und  zerstreut  sind,  fehler- 
haft ist. 

Ist  Schwerhörigkeit  vorhanden,  so  ist  dem  betreffenden  Kinde 
ein  Platz  in  gröfister  Nähe  des  (der)  Lehrenden  anzuweisen,  auch 
sind  die  Eltern  (Pfleger)  zu  veranlassen,  ärztliche  Hilfe  nachzusuchen. 

§  16. 

Schüler,  welche  an  eiterigen  Ohrenflüssen  leiden,  sind,  solange 
der  eiterige  Ausflufs  einen  üblen  Geruch  verbreitet,  vom  Schulbesuch 
aaszuschliefsen. 

Schttlgenrndheitspfle^  VII.  16 


242 

§  17. 

Vier  Wochen  nach  Beginn  jedes  Schaljahres  hat  der  Rektor 
unter  Beihilfe  der  Klassenlehrer  (Lehrerinnen)  eine  nach  den  Klassen 
geordnete  Liste  der  kurzsichtigen  und  schwerhörigen  Kinder  auf- 
zustellen und  an  die  Schuldeputation  einzureichen. 

§  18. 

Für  die  an  WirhelsäulenTerkrümmung  leidenden  Kinder  sind 
die  von  der  Schuldeputation  festgestellten  Sitzvorrichtungen  zu  be- 
nutzen, hezw.  nach  Bedarf  zu  beantragen. 

Dabei  ist  das  angemessene  Sitzen  aller  Kinder  nach  ihren 
Gröisenverhältnissen  zur  Vermeidung  der  Yerkrümmung  unausgesetzt 
zu  beachten. 

§  19. 

Zu  den  ansteckenden  Krankheiten  gehören: 

1.  a.  asiatische  Cholera,  Pocken,   Fleck-  und  Rtlckfalltyphos, 

Diphtherie,  schwerer  Scharlach; 
b.  leichter  Scharlach,  Masern,  Röteln,  Ruhr,  Rose,  Genick- 
starre, modifizierte  Pocken; 

2.  Unterleibstyphus,  kontagiöse  Augenentzttndung,  Kr&tze 
und  Keuchhusten,  und  zwar  letzterer,  solange  er  krampf- 
artig auftritt,  epidemische  OhrspeicheldrOsenentzOndong 
(Mumps). 

§  20. 

Kinder,  welche  an  einer  der  im  §  19  unter  1  und  2  genannten 
ansteckenden  Krankheiten  leiden,  sind  vom  Besuche  der  Schule  aus- 
zuschliefsen. 

§  21. 

Von  jeder  Erkrankung  eines  Kindes  an  einer  der  im  §  19 
unter  1  a  genannten  Krankheiten  ist  der  Schuldeputation  seitens  des 
Rektors  sofort  Kenntnis  zu  geben. 

§  22. 

Auch  gesunde  Kinder  sind  vom  Schulbesuch  auszuschliefsen, 
wenn  in  dem  Haushalte,  welchem  sie  angehören,  ein  Fall  der  im 
§  19  unter  la  und  b  genannten  ansteckenden  Krankheiten  vorkonunt. 

Bei  den  unter  1  b  angeführten  Krankheiten  kann  jedoch  dann 
eine  Ausnahme  gemacht  werden,  wenn  ärztlich  bescheinigt  wird,  dals 
das  Schulkind  durch  ausreichende  Absonderung  vor  der  Gefahr  der 
Ansteckung  geschützt  ist. 


243 

§  23. 

Kinder,  welche  anf  Grund  dieser  Bestimmungen  vom  Schul- 
besuch ausgeschlossen  worden  sind,  dürfen  zu  demselben  erst  dann 
wieder  zugelassen  werden,  wenn  entweder  die  Gefahr  der  Ansteckung 
nach  ärztlicher  Bescheinigung  f^  beseitigt  anzusehen,  oder  die  für 
den  Verlauf  der  Krankheit  erfahrungsgemäfs  als  Regel  geltende  Zeit 
abgelaufen  ist. 

§  24. 

Als  normale  Krankheitsdauer  gelten  bei  Diphtherie,  Scharlach 
und  Pocken  sechs  Wochen,  bei  Masern  und  Röteln  vier  Wochen. 

§  25. 

Bei  den  im  §  19  unter  la  genannten  Krankheiten  ist  der 
Wiedereintritt  in  die  Schule  aulserdem  von  der  Beibringung  einer 
Tom  städtischen  Desinfektionsamt  auszustellenden  Bescheinigung  über 
die  erfolgte  Wohnungsdesinfektion  abhängig  zu  machen. 

§  26. 

Wenn  eine  im  Schulhause  wohnhafte  Person  an  einer  der  im 
§  19  unter  1  und  2  genannten,  oder  eine  aufserhalb  des  Schul- 
hauses wohnhafte,  aber  zum  Hausstande  eines  Lehrers  (einer  Lehrerin) 
der  Schule  gehörige  Person  an  einer  der  unter  1  a  und  b  genannten 
Krankheiten  erkrankt,  so  hat  der  Rektor,  bezw.  der  Haushaltungs- 
vorstand  hiervon  unverzüglich  der  Schuldeputation  zu  Händen 
des  ärztlichen  Mitgliedes  derselben  Anzeige  zu  erstatten. 

§  27. 

Über  die  Schliefsung  von  Schulen  oder  einzelnen  Klassen  der- 
selben wegen  ansteckender  Krankheiten  entscheidet  die  Schuldeputation 
auf  Grund  eines  mit  dem  hiesigen  Königlichen  Polizeipräsidium  ge- 
troffenen Abkommens;  letzterem  bleibt  das  Bestätigungsrecht  vor- 
behalten. 

Ist  Gefahr  im  Verzuge,  z.  B.  bei  Ausbruch  einer  Epidemie  in 
der  Familie  einer  der  im  Schulgebäude  wohnenden  Personen,  so  kann 
der  Rektor  ausnahmsweise  die  sofortige  SchlielBung  selbst  verfügen; 
er  hat  dann  aber  der  Schuldeputation  sofort  hiervon  Mitteilung  zu 
machen. 

§  28. 

Die  Wiedereröffnung  einer  wegen  ansteckender  Krankheit  ge- 
ßclüossenen  Schule,  bezw.  Schulklasse  ist  nur  nach  vorangegangener 
Besutfektion  der  Schule,  bezw.  des  betreffenden  Schulzimmers  durch 
die  städtische  Desinfektionsanstalt  zulässig. 

16* 


244 

Anträge  auf  Desinfektion  haben   die  Rektoren  unmittelbar 
an  die  genannte  Anstalt  zu  richten. 

§  29. 
Von  der  erfolgten  Desinfektion  ist  die  Schuldeputation  sofort 
zu   benachrichtigen,    welche    ihrerseits    dann    die  Genehmigung  zar 
Wiedereröffnung  der  Schule  erteilt. 

Breslau,  den  26.  NoTember  1892. 

Die  städtische  Schuldeputation. 
(Gez.)  GoETZ.    Dr.  Pfündtnbr.    Dr.  Simon. 


Vorstehende  Greschäftsanweisung  wird  hierdurch  von  Schnl- 
aufsichtswegen  mit  der  Mafsgabe  bestätigt,  dais  durch  die  §§  26—29 
derselben  die  in  dem Ministerialerlasse  vom  14.  Juli  1884  (Schneider 
und  von  Bremen  III,  S.  67)  fUr  den  Fall  des  Ausbruches  an- 
steckender Krankheiten  begründeten  Anzeigepflichten  des  Haus- 
haltungsvorstandes und  die  Befdgnisse  der  Polizeibehörde  hinsichtlich 
der  Schliefsung  und  Wiedereröffnung  von  Schulen  oder  Schulklassen 
nicht  beeinträchtigt  werden. 

Breslau,  den  30.  März  1893. 

Königliche  Regierung, 

Abteilung  für  Kirchen-  und  Schulwesen. 

(Gez.)  VON  Juncker,     von  Wallbnbbrg.    Rkbp. 

VerfH^ng  des  Waadtländischen  Staatsrats, 
den  AnsscUnfs  infektiös  erkrankter  Kinder  von  der  Schule 

anlangend« 

Im  Kanton  Waadt  hat  der  Staatsrat  eine  Verfügung  über  den 
Ausschlufs  infektiös  erkrankter  Kinder  von  der  Schule  erlassen,  deren 
wesentlicher  Inhalt  folgender  ist: 

Aus  der  Schule  ist  jedes  Kind  zurückzuschicken,  welches  von 
Scharlach,  Diphtherie,  Masern,  Keuchhusten,  Mumps,  Röteln  oder 
Windpocken  ergriffen  scheint-,  dasselbe  gilt  von  einem  jeden  Kinde, 
das  von  einer  parasitären  Erkrankung  befallen  ist. 

Die  Dauer  der  Ausschliefsung  beträgt  vom  Beginn  der  Krankheit 
an  für  Scharlach  und  Diphtherie  (Krapp)  6  Wochen,  für  Masern 
und  Mumps  3  Wochen,  für  Röteln  und  Windpocken  2,  für  Keuch- 
husten allgemein  6  Wochen,  jedenfalls  aber  so  lange  Zeit,  bis  die 
Anfälle  völlig  verschwunden  sind. 

Bei  Scharlach  und  Diphtherie  ist  zur  Wiederzulassung  weiter 
der  durch  ärztliches  Zeugnis  zu  führende  Nachweis  der  gesetzlichen 
Desinfektion  erforderlich. 


245 

Brflder  und  Schwestern  werden  za  derselben  Zeit,  wie  der 
Kranke,  oder  dann  znrackgeschickt,  wenn  der  Lehrer  weifs,  dafs  bei 
einem  Kinde  in  der  Familie  eine  ansteckende  Krankheit  herrscht. 
Diese  Maferegel  erstreckt  sich  auch  anf  die  Schüler,  welche  in  ver- 
dächtiger  Nachbarschaft  solcher  Kranken  leben.  Über  letzteren 
Ponkt  entscheidet  die  Schnlkommission. 

Wiederanfhahme  darf  nnr  erfolgen,  wenn  durch  Bescheinigang 
eines  Arztes  oder  der  Schnlkommission  die  üngef&hrlichkeit  der 
aas  der  Nachbarschaft  hergeleiteten  Beziehungen  festgestellt  ist. 
Nicht  selbst  erkrankte  Schüler  dieser  Art  dürfen  nicht  zugelassen 
werden,  beyor  folgender  Zeitraum  bei  den  verschiedenen  Erkrankungen 
verstrichen  ist:  bei  Scharlach  12  Tage,  aber  auch  dann  nur,  wenn 
keine  Symptome  von  Rachenentzündung  vorhanden  sind,  bei  Diphtherie 
10  Tage  mit  derselben  Einschränkung,  bei  Mumps  7  Tage,  bei 
Keuchhusten  und  Böteln  15  Tage,  jedoch  nur  bei  Abwesenheit 
katarrhalischer  Erscheinungen. 

Parasitäre  Erkrankungen,  wie  Krätze  u.  s.  w.,  haben  sofortige 
EntfemuDg  aus  der  Schule  zur  Folge. 

Die  Klasse  wird  geschlossen,  sobald  mehrere  Fälle  übertragbarer 
Krankheiten  gleichzeitig  oder  rasch  hintereinander  auftreten. 

Die  Eltern  der  Kinder  oder  deren  Yertreter  müssen  der  Schul- 
kommission Kenntnis  von  jedem  in  ihrer  Wohnung  festgestellten  Fall 
ansteckender  Krankheit  geben. 

Rundschreiben  des  Erziehnngsdepartements  in  London 
an  die  SehnlbehSrden  bezflglicli  des  Alters  f&r  die  Befreiung 

Tom  Schnlnnterrichte. 

In  depjenigen  der  früheren  Gesetze,  welche  über  die  gänzliche 
oder  teilweise  Befreiung  der  Kinder  vom  Schulunterrichte  Be- 
stimmungen treffen,  ist  auf  Grund  der  Elementarschulakte  von  1893 
das  Alter  von  11  Jahren  an  Stelle  desjenigen  von  10  oder  weniger 
Jahren  zu  setzen. 

Diese  Verordnung  tritt  mit  dem  1.  Januar  1894  in  Kraft. 


))erf0nalten. 


Der  König  von  Italien  hat  den  Professoren  Pasteür  und 
ViHCHOW  den  Orden  des  heiligen  Mauritius   und  Lazarus  verliehen. 

Der  Professor  der  Pädagogik  Dr.  Ludwig  Strümpell  in 
Leipzig  ist    anläfslich  seines  fünfzigjährigen    Docentenjubiläums    zum 


246 

Ehrenbürger  der  Stadt  Leipzig  ernannt  worden.  Die  philosophische 
Falknltät  der  UniYersität  Dorpat  hat  ihm  an  demselben  Tage,  m 
welchem  er  vor  50  Jahren  dort  seine  erste  Vorlesung  hielt,  ihit 
OlückwtLnsche  gesandt. 

Dem  Vorsteher  der  wissenschaftlichen  Abteilung  des  Instituts 
für  Infektionskrankheiten  in  Berlin,  PriYatdocenten  der  Hygiene  Dr. 
RiCHABD  Pfeiffbb,  wurde  das  Prädikat  Professor  beigelegt. 

Unser  verehrter  Mitarbeiter,  Herr  Lehrer  und  Obserrator 
M.  E.  HIkonson-Haksbn  in  Drontheim,  ist  zum  Mitgliede  der 
Königlich  norwegischen  wissenschaftlichen  Gesellschaft  daselbst  ernannt 
worden. 

Es  erhielten:  den  roten  Adlerorden  III.  Klasse  mit  der  Schleife 
der  Geheime  Regierungsrat  Provinzialschulrat  Gruhl  in  Berlin, 
sowie  der  Regierungs-  und  Geheime  Medizinalrat  Dr.  Wbiss  in 
Kassel;  den  roten  Adlerorden  IV.  Klasse  der  Regierungs-  und 
Medizinalrat  Dr.  Bohde  in  Stade,  die  Gymnasialdirektoren  Schmelzbb 
in  Hamm  und  Dr.  Adam  in  Patschkau,  der  Realgymnasialdirektor 
Dr.  Naumann  in  Osterode  a.  H.,  der  Oberrealschuldirektor  Dr. 
Bandow  in  Berlin,  die  Seminardirektoren  Schuhrat  Dr.  Volkmeb 
in  Habeischwert  und  Castbns  in  Hadersleben,  der  Direktor  der 
Taubstummenanstalt  Schwarz  in  Ratibor ;  den  Adler  der  Ritter  des 
Königlichen  Hausordens  Ton  Hohenzollem  der  Provinzialschulrat  Hoppb 
in  Breslau,  der  Regierungs-  und  Schulrat  Dr.  Dittmar  in  Potsdam,  der 
Gymnasialdirektor  Professor  Dr.  NiTZSOH  in  Bielefeld  und  der  Seminar- 
direktor Schulrat  Bungbr  in  Lüneburg;  den  Verdienstorden  Tom 
helligen  Michael  IV.  Klasse  der  Rektor  des  humanistischen  Gymnasiums 
Dreyeorn  in  Landau. 

Die  Herren  Bbrthblot  und  Liard,  Mitglieder  des  obersten 
Rates  für  den  öffentlichen  Unterricht  in  Frankreich,  sind  fOr  das 
Jahr  1894  ersterer  zum  Vicepräsidenten,  letzterer  zum  Sekretär 
dieses  Rates  ernannt  worden. 

Professor  Dr.  Finkler  wurde  mit  der  Leitung  des  neu  errichteten 
hygienischen  Laboratoriums  der  Uniyersität  Bonn  betraut. 

Zum  Vorsitzenden  der  Sektion  für  Schulhygiene  der  russischen 
Gesellschaft  zur  Wahrung  der  Volksgesundheit  ist  Dr.  P.  D.  JB5K0, 
zum  stellvertretenden  Vorsitzenden  W.  P.  Wolens  und  zum  Schrift- 
ftthrer  Dr.  W.  W.  Gorinbwski  gewählt  worden. 

Dr.  MiGULA  in  Karlsruhe  wurde  zum  auTserordentlichen  Professor 
der  naturwissenschaftlichen  Hygiene  an  der  technischen  Hochschule 
in  Karlsruhe  ernannt. 

In  Erlangen  soll  eine  Professur  der  Bakteriologie  begrflndet 
werden,  für  welche  der  dortige  Privatdocent  Dr.  Haüssb  in 
Aussicht  genommen  ist. 


247 

Dr.  Akens  hat  sich  als  Privatdocent  für  Hygiene  in  Würzburg 
habilitiert. 

Der  proTisorische  Leiter  des  Tarnlehrerbildnngsknrsus  und  der 
Universitfttstamanstalt  in  Wien  G.  Lukas  ^arde  definitiv  angestellt. 

Geheimrat  Professor  Dr.  von  Pettbnkofer  gedenkt  mit  Ende 
des  nächsten  Semesters  seine  Lehrthätigkeit  an  der  Universität 
München  einzustellen. 

Der  langjährige  Präsident  der  rassischen  Gesellschaft  zur  Wahrung 
der  Yolksgesundheit,  Professor  Dr.  Zdekauer,  wird  das  Präsidium 
derselben  niederlegen. 

Der  Berliner  Oberturnwart,  Professor  Dr.  med.  E.  Angerstein, 
feierte  am  1.  Januar  d.  J.  den  Tag  seiner  dreifsigjährigen  turnerischen 
Thätigkeit  im  Dienste  der  Stadt. 

Es  sind  gestorben:  der  frühere  Professor  der  Hygiene  an  der 
Universität  Straüsburg  Dr.  Strohl,  der  Geheime  Regierungs-  und 
Schalrat  Dr.  A.  Klix  in  Berlin,  der  ordentliche  Honorarprofessor  der 
Hygiene  Dr.  J.  üffelmann  in  Rostock,  in  dem  die  „Zeitschrift  für 
Sckiügemndheitspflege^  einen  ihrer  Mitarbeiter  betrauert,  der  Direktor 
der  höheren  Töchterschule  Dr.  Meter  in  Hannover,  der  Seminar- 
direktor Peipbr  in  Koschmin,  der  Direktor  des  Realprogymnasiums 
Yölcker  in  Schönebeck  a.  E.  und  der  Assistent  am  Institut  fUr 
Infektionskrankheiten  Dr.  R.  Zenthoefbb  in  Charlottenburg. 


fitteratur. 


Besprechungen. 

P.  Klaüee,  Seminarlehrer.    Gesnndheitslehre  fBr  Schulen.    Leit- 
faden für  den  Unterricht  über  Bau,    Leben  und  Gesundheit  des 
menschlichen    Körpers.     Nebst    einem   Anhang    über    die    erste 
Hilfe    bei   plötzlichen    Unglücksfällen.      Mit    44    AbbUd. 
Düsseldorf,  1892.     L.  Schwann.     (96  S.  Kl.  8®.  JL  1,80.) 
Ohne  Zweifel  wäre  ein  kurzer  Leitfaden  der  Gesundheitslehre 
für  Schulen  eine  sehr  erwünschte  Bereicherung  der  Schulbibliotheken. 
Es  liegt  auch  ganz  und  gar  im  Bereiche  des  Möglichen,  die  wesent- 
lichsten Elemente  der  Anatomie,  Physiologie  und  Hygiene  in  gedrängter 
Kürze  und  mit  solcher  Präcision  des  Ausdrucks  darzustellen,  dafs  die 
Kenntnisse  des  Lesers  dadurch  vermehrt  werden  und  er  vor  mifsverständ- 
hcher  Auffassung   der  Sache   bewahrt  bleibt.     Die  Abfassung   eines 
solchen  Abrisses  kann   aber   nur   einem  Manne   anvertraut   werden, 
der    dem    Gegenstande    durch    naturwissenschaftliche    Studien    und 
persönliche  Anschauung  näher  getreten  ist. 


248 

In  ßezug  auf  den  Verfasser  des  Yorhegenden  LeitfiEuiaiis  habe 
ich  dagegen  den  Eindmck,  dafs  er  sich  nie  mit  medizinischen 
Studien  beschäftigt  nnd  seine  Kenntnisse  vielleicht  ans  der  Lektöie 
populär-medizinischer  Werke  geschöpft  hat.  Nur  so  lassen  sich  die 
zahlreichen  groben  Irrtümer  bezäglich  anatomischer  Thatsaehen 
erklären.  Als  Beispiele  seien  folgende  Äulserungen  des  Autors  an- 
gefahrt: Die  Beckenknochen  tragen  die  Eingeweide  wie  eine  tiefe 
Schflssel  —  die  Knochen  setzen  sich  aus  Knorpeln  und  eingelagerter 
Knochenerde  zusammen  —  der  Augenhintergrund  sieht  schwarz  aus 
—  die  Linse  ist  fest  —  die  normale  Temperatur  des  Körpers 
erreicht  bis  88^  C.  —  von  den  Öffnungen  zwischen  Vorkammern 
und  Kammern  des  Herzens  hängen  in  mehrere  Zipfel  endigende 
Klappen  wie  Taschen  (!)  in  die  Kammern  herab  —  an  vielen 
Stellen  schwellen  die  Lymphgefäfse  zu  erbsen-  und  bohnengroisen 
Knötchen,  den  Lymphdrüsen,  an  —  die  Haut  besteht  ans  Oberhaut, 
Schleimhaut  und  Lederhaut.  Anstatt  der  Gefä&knäuel  und  der  sie 
umgebenden  BoWMANschen  Kapseln  Erwähnung  zu  thun,  wird  der 
Vorgang  der  Nierensekretion  folgendermalsen  geschildert:  „Die  letzten 
Verzweigungen  der  Nierenarterie  umspinnen  die  geschlängelten  Ham- 
röhrchen  und  sondern  in  diese  überschüssige  Flüssigkeit,  den  Harn, 
ab  u.  s.  w."  Es  mufs  unzulässig  erscheinen,  die  Verbreitung  derartiger 
Irrtümer  durch  die  Schule  zu  empfehlen. 

Indessen,  abgesehen  von  diesen  Irrtümern,  hat  der  Leitfaden 
noch  andere  Mängel,  welche  hätten  vermieden  werden  müssen,  wenn  er 
als  Lehrbuch  in  Unterrichtsanstalten  dienen  soll.  Hierher  gehört 
die  unglücklich  gewählte  Reihenfolge  in  der  Beschreibung  der  Organ- 
systeme. Ein  Verständnis  für  das  Nervensystem  kann  der  Schüler 
erst  gewinnen,  nachdem  er  das  Geflirssystem  und  die  Eingeweide- 
lehre kennen  gelernt  hat;  bei  Klauke  jedoch  wird  das  Nerven- 
system an  dritter  Stelle  unmittelbar  nach  dem  Knochensystem  und 
der  Muskulatur  besprochen. 

Nicht  minder  unzweckmäßig  ist  die  Zerstückelung  der  Gesundheits- 
pflege in  Pflege  der  Knochen,  der  Muskeln,  der  Nerven  u,  s.  w. ;  er- 
müdende Wiederholungen  sind  dabei  unvermeidlich.  Auiserdem 
hätte  die  Gesundheitslehre  anstatt  allgemeiner  Phrasen  strikte  Vor- 
schriften enthalten  müssen,  um  einigen  Wert  für  die  Schnle 
beanspruchen  zu  können.  Es  wird  da  z.  B.  von  einer  guten  Körper- 
haltung des  Schülers  gesprochen,  aber  ohne  Angabe,  worin  diese 
eigentlich  zu  bestehen  habe.  Mit  dem  Vorschlage  des  Verfassers, 
während  kalter  Wintertage  in  gesunde  Ohren  ein  wenig  Watte  zu 
stopfen,  kann  ich  mich  nicht  einverstanden  erklären.  Ganz  nn- 
verständlich  ist  mir  endlich,  zu  welchem  Zwecke  dem  Schüler  die 
Erholungspausen   zwischen   den    Unterrichtsstunden   dadurch  gekürzt 


249 

werden  sollen,  da&  er  veranlafst  wird,  auf  seiner  Bank  stehend, 
Freiübungen  auszuführen,  wie  es  der  Verfasser  an  zwei  yerschiedenen 
Stellen  seines  Leitfadens  anrät. 

Kadi  allem  dem  scheint  es  mir,  der  Autor  hätte  seiner  Sache 
und  sich  mehr  genützt,  wenn  er  das  alte  Sprichwort  „Ne  sutor 
ultra  crepidam"  einer  aufmerksamen  Berücksichtigung  gewürdigt  hätte, 
anstatt  sich  der  Mühe  zu  unterziehen,  auf  Fragen  einzugehen,  welche 
er  ebensowenig  zu  beantworten  im  stände  ist,  wie  seine  Schüler, 
nachdem  sie  die  ersten  Seiten  des  Büchleins  gelesen  haben,  fähig 
sein  dürften,  die  auf  Seite  4  gestellte  Frage  zu  beantworten: 
^Welche  Knochen  beteiligen  sich  an  der  Bildung  der  Augenhöhlen, 
der  Nasen-  und  der  Mundhöhle?" 

Das  KLAUEBsche  Büchlein  kann  daher  zum  Schulgebrauch  nicht 
empfohlen  werden;  denn  es  ist  weniger  schädlich,  mit  der  Gesund- 
heitspflege unbekannt  zu  sein,  als  falsche  Vorstellungen  von  der- 
selben zu  haben. 

Kreisarzt  Dr.  med.  C.  StrOhmberg  in  Dorpat. 

Clembns  Nohl,  Direktor  der  städtischen  höheren  Mädchenschule 
mit  Lehrerinnenseminar  zu  Neuwied.  Wie  kann  der  Übcr- 
bfirdnng  unserer  Jugend  anf  höheren  Lehranstalten  mit 
Erfolg  entgegengewirkt  werden?  Ein  Wort  an  Eltern,  Lehrer 
und  Erzieher.  Neuwied  und  Leipzig,  1892.  Louis  Heuser. 
(26  S.  Kl.  8°.) 

Es  lassen  sich  ge¥dchtige  Autoritäten  hören,  welche  verlangen, 
dais  jetzt  keinen  Schritt  mehr  weiter  gegangen  werden  dürfe  bezüglich 
der  Entlastung  der  Jugend  an  den  höheren  Lehranstalten.  Aber  es 
fehlt  auch  nicht  an  ebenso  gewichtigen  Stimmen,^  welche,  um  der 
Nervosität  der  Zeit  entgegenzuwirken,  eine  noch  gröfsere  Reducie- 
mng  des  Lernstoffes,  besonders  an  höheren  Mädchenschulen,  fordern, 
damit  derselbe  ohne  Hetze  und  Hast  ruhig  aufgenommen,  ordentlich 
Yerdaut  und  assimiliert  werden  könne.  Doch  dieser  Streit  wird  so 
bald  noch  nicht  von  der  Bildfläche  verschwinden,  wenn  auch  all- 
seitig anerkannt  werden  mufs,  dafs  augenblicklich  eine  grofse  Zahl 
der  wohlthätigsten  Verordnungen  besteht,  welche  jegliche  Über- 
bMung  zu  verhindern  suchen. 

Die  oben  bezeichnete  Schrift,  wohl  eine  der  beachtenswertesten 
Stimmen  in  dieser  Angelegenheit,  stellt  besonders  dasjenige  in  den 
Vordergrund,   was  von  oben  herab  geschehen  sollte,   um  schädliche 


*  Über  die  wachsende  Nervosität  unserer  Zeit.  Von  Professor  Dr. 
Erb,  Geheimrat  und  Direktor  der  medizinischen  Klinik  der  Universität 
Heidelberg.    Heidelberg,  1893,    G.  Köster. 


250 

Überbttrdung  fem  za  nalten,  ona  gar  manche  von  den  dort  aus- 
gesprochenen Desiderien  sind  berücksichtigt  worden.  Wie  mag  der 
Herr  Verfasser  z.  B.  sich  freuen,  wenn  er  die  neueste  bayerisdie 
Verordnung  über  den  naturgeschichtlichen  Unterricht  an  den  GynmasieQ 
liest,  wonach  die  Benutzung  eines  Lehrbuches  gajiz  ausg^chlossen 
ist  und  hauptsächlich  bezweckt  wird,  das  Auge  für  die  Beobachtung 
der  Natur  zu  schärfen  und  Lust  und  Freude  an  derselben  zu  wecken! 
Es  kann  also  gar  nicht  mehr  yorkommen,  was  er  auf  Seite  10 
schreibt,  „dafs  Hunderte  von  Pflanzen  nach  der  Zahl  der  Staubfäden, 
nach  Gestalt  und  Farbe  der  Blaten  und  Blätter,  nach  anderen 
Merkmalen,  sowie  nach  ihrer  lateinischen  Benennung  gedächtnismSisig 
eingeprägt  und  immer  wieder  repetiert  werden  mflssen*^. 

Eine  glackliche  Ergänzung  der  bezeichneten  Darlegung  finde 
ich  in  der  Schrift  des  verdienstvollen  Herausgebers  dieser  Zeitschrift.^ 

Die  vorliegende  Arbeit  von  NOHL  enthält  eine  Fülle  von  höchst 
wichtigen  Bemerkungen  und  betont  unter  anderem  nachdrücklieb,  es 
sei  jetzt  nachgerade  auch  an  der  Zeit,  daTs  die  Eltern  zu  der 
Entbürdung  der  höheren  Anstalten  beitragen,  dadurch,  daTs  sie  der- 
selben nur  ausreichend  begabte,  körperlich  gesunde,  sittlich  un- 
verdorbene Schüler  zuführen,  welche  Fähigkeit,  Lust  und  Neigung 
zu  ernstem  Studium  haben  und  nicht  durch  falsche  Erziehung  und 
frühzeitigen  Lebensgenufs  abgestumpft  und  aufser  stände  sind,  die 
kräftige  Kost  eines  strengen  Studiums  in  ihren  verzärtelten  oder  ver- 
dorbenen Magen  aufzunehmen  und  dort  zu  verdauen. 

Denn  die  Ursachen  des  Mifserfolges  und  der  Nervosität  sind 
gar  mannigfaltig,  und  nur  zu  oft  wirken  mehrere  zusammen.  Der 
Irrenarzt  Professor  Dr.  Grashkt  in  München  hat  vor  einiger  Zeit 
öffentlich  ausgesprochen,  dafs  bei  den  wenigen  jugendlichen  Geistes- 
kranken, welche  zur  Beobachtung  kamen,  die  Ursachen  der  nerrösen 
Überreizung  sich  ganz  anderswo  zeigten,  als  im  ernsten,  andauernden 
Betrieb  des  Studiums.  Ärzte  und  Laien  erfahren  eben  leider  nur  zu 
oft  die  Bestätigung  des  Spruches:  „Zu  früh  gelebt,  zu  früh 
verdorben  und  zu  früh  gestorben.*' 

Gymnasialprofessor  P.  B.  Sspp 
in  Augsburg. 

Geheimer  Sanitätsrat  Dr.  Kristellbr,  Semmarlehrer  Gustav  Heikeb- 
DiNOEB,  Bürgerschullehrer  Franz  Hertel,  Blindeninstitutslehrer 
Gustav  Görner,  Direktor  Dr.  Woldbmab  Götze.  Ans  der 
Lehrerbildnngsanstalt  des  deutschen  Vereins  fBr  Enaben- 


^  Ist  die  heutige  Jugend  der  höheren  Lehranstalten  mit  ScfmlairbeiUn 
überbürdet?    Von  Dr.  Eotelmakn.    Hamburg,  1881,  C.  Boysen. 


261 

handarbeit.  Vorträge  fiber  den  Arbeitsnnterriclit.  Leipzig, 
1892.     J.  C.  Hinrichs.     (137  S.  8^.) 

Ans  bescheidenen  Anfingen  hat  der  Arbeitsnnterricht  sich  zn 
einem  wesentlichen  Erziehnngsmittel  entwickelt,  dessen  Bedeutung 
wohl  nnr  noch  von  voreingenommenen  Gegnern  bestritten  wird. 
Mehr  nnd  mehr  Freunde  sind  ihm  erwachsen  und  einigen  sich 
jetzt  in  stattlicher  Anzahl  zu  dem  gemeinsamen  Streben,  Hand  und 
Auge  der  Jugend  zn  bilden,  Geschicklichkeit  und  Anstelligkeit  bei 
derselben  zu  fördern  und  in  organischer  Verbindung  körperlicher 
Arbeit  noit  geistiger  Th&tigkeit  die  Individualität  des  Einzelnen  zu 
voller  Ausbildung  zu  bringen. 

Im  Dienste  dieser  Idee  arbeitet  die  Leipziger  Lehrerbildungs- 
anstalt des  deutschen  Vereins  für  Enabenhandarbeit  unablässig  an 
der  Vervollkommnung  und  am  Ausbau  des  Arbeitsunterrichtes  und 
bietet  alljährlich  den  Erziehern  unseres  jungen  Geschlechtes  Gelegen- 
beit,  die  oft  mifsverstandene  und  darum  gänzlich  verkannte  Sache 
der  erziehlichen  Handarbeit  aus  eigener  Anschauung  kennen  und 
beurteilen  zu  lernen.  Regelmäfsig  erscheinende  Berichte  liefern  ein 
deutliches  Bild  dieser  Thätigkeit  und  legen  Zeugnis  ab  von  dem 
eifrigen  Streben  und  der  hingebenden  Arbeit  aller,  welche  sich  in 
Leipzig  zur  Förderung  und  Weiterentwickelung  der  guten  Sache 
zusammengeschlossen  haben.  Mit  den  dort  betriebenen  praktischen 
Übungen  gehen  Hand  in  Hand  theoretische  Erörterungen  in  Gestalt 
von  Vorträgen,  welche,  von  berufener  Seite  alljährlich  gehalten,  die 
Vorteile  des  Handarbeitsunterrichtes  ins  hellste  Licht  setzen. 

Eine  Sammlung  solcher  „Vorträge  über  den  Arbeits- 
nnterricht nebst  illustrierten  Lehrgängen  in  der  Metall- 
arbeit, sowie  einem  Bericht  tiber  die  Lehrerbildungs- 
anstalt im  Jahre  1891"  ist  von  Dr.  W.  Götze,  dem  hoch- 
Terdienten  Leiter  der  letzteren,  vor  einiger  Zeit  herausgegeben  worden. 

Der  erste  dieser  Vorträge,  gehalten  vom  Geheimen  Sanitätsrat 
Dr.  KbisteIiLEB,  beleuchtet  den  Arbeitsunterricht  als  wertvolles  Er- 
gänzungsmittel  des  Turnunterrichtes  in  hygienischer,  pädagogisch- 
technischer  und  ethischer  Beziehung  und  zeigt,  wie  derselbe  auch 
solcben  Kindern,  deren  physische  Konstitution  das  Turnen  in  vollem 
umfange  nicht  gestattet,  die  Möglichkeit  zu  körperlicher  Arbeit  und 
damit  zur  Übung  und  Entwickelung  der  Muskeln  und  zur  Anregung 
eines  gehobenen,  der  Gesundheit  förderlichen  Stoffwechsels  darbietet. 
Es  wird  femer  erörtert,  wie  dieser  Unterricht  durch  Schulung  der 
Sinne,  durch  Ausbildung  der  Beobachtungsgabe,  durch  Übung  der 
Anschauung  ein  pädagogisch  wertvoUes  Hilfsmittel  für  den  Schul- 
nnterricht  zu  sein  vermag;  wie  derselbe  endlich  die  Willenskraft 
stärkt,  zur  Ordnungsliebe,  Sauberkeit  und  Sparsamkeit  anregt  und  seine 


252 

Schüler  den  Wert  menschlicher  Arbeit,  des  Arbeiters  selbst  und  des 
Arbeitsproduktes  achten  und  schätzen  lehrt,  sie  also  anch  ethiscli 
bildet  und  fördert. 

Ein  zweiter  Vortrag  des  Seminarlehrers  Heimebdinger  legt 
die  Bedentong  der  Enabenhandarbeit  für  Erziehung  nnd  Schule  dar. 
Indem  die  Handarbeit  durch  Entlastong  nnd  Erholnng  des  Kerren- 
systems  das  körperliche  Wohlbefinden  hebt,  mehrt  sie  zugleich 
Frische  und  Empfänglichkeit  des  Geistes  beim  Schulunterricht. 
Indem  sie  den  Thfttigkeitstrieb  des  Kindes  in  die  rechte  Bahn  weist, 
lehrt  sie  „arbeiten'',  schützt  vor  MüDsiggang  und  dessen  üblen 
Folgen  und  kräftigt  den  Charakter.  Durch  Übung  des  Anschauiiiigs- 
Vermögens  arbeitet  der  Arbeitsunterricht  dem  Schulunterricht  direkt 
in  die  Hände  und  bietet  reichlich  Gelegenheit  zur  selbstthStigen 
Herstellung  zahlreicher  Anschauungsmittel  aus  allen  möglichen  Unter- 
richtszweigen, die  wiederum  eine  weit  sicherere  und  klarere  Erkenntnis 
der  Dinge  und  Erscheinungen,  welche  der  Schulunterricht  behandelt, 
erzengen. 

Bürgerschullehrer  Hebtel  erörtert  den  Wert  des  Formens  ftlr 
den  Unterricht,  als  eines  Mittels,  dem  Schüler  durch  Selbstthätigkeit 
zur  Orientierung  auf  dem  gesamten  Gebiete  der  Formenwelt  zu  verhelfen. 

Aus  sachkundigstem  Munde  wird  in  dem  Vortrage  des  Blinden- 
institutslehrers  Göbner  die  Notwendigkeit  des  Arbeitsunterrichtes 
in  den  Blindenanstalten  für  die  Beseitigung  manueller  Ungeschicklich- 
keit, als  Schutz  gegen  rein  abstrakte  Geistesthätigkeit  und  znr 
Steigerung  der  Erwerbsfähigkeit  der  Blinden  dargelegt.  Zugleich 
begegnen  wir  einer  ausfdhrlichen  Schilderung  des  Betriebes  dieses 
Unterrichtes,  der  naturgemäfs  besondere  Bahnen  einschlagen  mnis, 
um  das  blinde  Kind  persönlich  selbständig  zu  machen,  es  zur  ziel- 
bewufsten  Thätigkeit  anzuleiten  und  so  zu  möglichst  vielseitiger 
Handgeschicklichkeit  in  praktischen  Dingen  heranzubilden. 

Neben  diesen  theoretischen  Erörterungen  bringt  unsere  Sammlnng 
noch  zwei  rein  praktische  Darlegungen  des  Lehrers  Nitzsche  nnd 
des  Werkführers  Breiting  über  die  Metallarbeit,  welche,  bis  ins 
Einzelne  gehend,  eine  klare  Vorstellung  von  dem  geben,  was  hier  an- 
gestrebt nnd  auch  erreicht  wird.  Mit  einfachen  Mitteln  liefert 
gerade  diese  Arbeit,  welche  bisher  als  am  wenigsten  verwendbar 
für  den  Arbeitsunterricht  galt,  eine  grofse  Zahl  im  Unterricht,  beim 
Spiel  oder  im  häuslichen  Leben  verwendbarer  Gegenstände,  deren 
Herstellung  in  systematisch  geordneter  Folge  zur  Beschreibung  gelangt. 
Die  genannten  beiden  der  Praxis  entstammenden  Aufsätze  sind  ffir 
den  mit  dem  Arbeitsunterricht  bereits  Vertrauten  von  besonderem 
Werte,  zeigen  aber  auch  dem  Uneingeweihten  klar  und  deutlich  die 
Vielseitigkeit  dieses  Unterrichtes. 


253 

Das  Werden  und  Wachsen  der  Leipziger  Schttlerwerkstatt,  in 
welcher  der  Arbeitsnnterricht  jahraas,  jahrein  praktisch  erprobt 
wird,  schildert  deren  langjähriger,  hingebender  Leiter  Dr.  Götze 
in  einem  trefflichen  Vortrage,  welcher  in  objektiver,  sachlicher  Form 
nicht  nur  die  änisere  Entstehung  und  Entwickelnng  dieser  in  allen 
Landen  bekannten,  zahlreich  besachten  Werkstatte,  sondern  vor  allem 
anch  ihre  Ziele  and  die  zur  Erreichung  derselben  eingeschlagenen 
Wege  erörtert.  Welche  Bedentang  der  Arbeitsonterricht  erlangt 
hat  und  wie  wenig  berechtigt  die  Ansicht  ist,  derselbe  werde 
keine  dauernde  Stellung  auf  dem  Gebiete  der  Pädagogik  behaupten, 
zeigt  die  Übersicht  der  im  Jahre  1891  in  der  Leipziger  Lehrer- 
bildungsanstalt unterrichteten  124  Lehrer  aus  den  verschiedensten 
Gegenden  des  In-  und  Auslandes ;  sind  doch  im  ganzen  seit  Bestehen 
der  Anstalt  bereits  580  auswärtige  Lehrer  in  Leipzig  zu  Pionieren 
der  Arbeit  im  edelsten  Sinne  des  Wortes  herangebildet  worden, 
welche  die  Idee  des  Arbeitsunterrichtes  daheim  in  ihrem  Wirkungs- 
kreise getreulich  weiter  pflegen. 

Jedem,  der  sich  mit  diesen  Ideen  bekannt  zu  machen  wünscht, 
seien  die  „Vorträge  über  den  Arbeitsunterricht*'  warm 
empfohlen;  nach  ihrer  Lektüre  wird  er  den  Bestrebungen  des  deutschen 
Vereins  fOr  Knabenhandarbeit  seine  Anerkennung  nicht  versagen 
können.  Realgymnasiallehrer  Dr.  phil.  E.  HÖHN  in  Eisenach. 


Bibliographie. 

DuRM,  J.,  Endb,  H.,  Schmitt,  Ed.,  Waqnbr,  H.  Handbuch  der 
Architektur,  IV.  Tl.,  6.  Halbbd.,  1:  Gebäude  für  Ereiehung, 
Wissenschaft  und  Kunst  Niedere  Schulen;  IV.  Tl.,  6.  Halbbd., 
2:  Hochschulen  und  dergl.  Darmstadt,  1891,  Am.  Berg- 
strässer.  4*^. 

Glas,  Lüdw.  Vorschlag  zur  Abfassung  der  Berichte  über  Körper- 
pflege (an  Schulen).  Ztschr.  f.  Turn.  u.  Jgdspl.,  1894,  XX, 
3lt>~317. 

GOtzs,  W.  lUustrated  manual  of  hand  and  eye  training  on 
educationcU  principles.    London,  1894,  0.  Newman  and  Co.   Sh.  4. 

Graberg,  Fr.  Die  Erziehung  in  Schule  und  Werkstätte,  im 
Zusammenhang  mit  der  Geschichte  der  Arbeit  psychologisch  be- 
gründet    Zürich,  1894,  Orell  Füfsli.     Gr.  8^.     M  1,60. 

Grosse,  H.  Hygienische  Spucknäpfe  für  Schulen.  Päd.  Bl.  f. 
Lebrerbildg.  u.  Lehrerbildgsanst,  1894,  I,  84 — 85. 

Outachten  über  die  Einrichtung  von  Haushaltungsschulen.  Erstattet 
von  der  Direktorenkonferenz  in  Leipzig.  Neu.  Bahn.,  1894,  U, 
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254 

Gymnastum   in    Frankfurt   a.  M,     Bericht  über  den  WetÖ>eweit. 

Mit  Abbild.     Centralbl.  d.  Bauverwalt.,  1893,  309  u.  320. 
Janeowski,  Boleslaw.     Beitrag  zur  Myapiefrage.     Basel,   1893, 

Karl  Sallmann;  Osten*. -nngar.  Centralbl.,  1894,  I. 
Jugendhorte.     Schwz.  Blatt,  f.  Gsdhtspflg.,  1894,  I,  4'-5. 
Kbllbr,  Robert.    Pädagogischrpsychometrische  Studien.    Yoriftofige 

Mitteünng.      Biolog.    Centrbl.,    Leipzig,    1894,    1,   24—32;  D, 

38—53. 
Knöpflbr.     [Beitrag  zur  Ätiologie  u/nd  Prophylaxe   der   Myopk 

nach    der  Statistik  der  myopischen    Äugen   in   der  Äugenldimk 

von  Nancy  im  Jahre  1891,]     Rev.  m6d.  de  Fest,   Nancy,  1892, 

XXIV,  613. 
Krug,  W.     t/her  BUckgratsverkrümnmngen  der  Schulkinder.    Jakb. 

f.  Kindhlkde.,  1894,  N.  F.,  XXXVII,  146—158. 
La  prima  visita  del  nuovo   anno  scolastico  agU  asili   infanUU  ^ 

Yeneeia.     La  Palestr.  marz.,  Venezia,  1893,  25.  Novembre,  XI. 
Layet.      [Über  die  Verhütung    der  Infektionskrankheiten  in  dm 

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L^educazione  fisica  deUa  donna.    La  Palestr.  marz.,  Venezia,  1893, 

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Lincoln,  D.  F.     Beport  of  (he  committee  on  school  hygiene,    Jonm. 

Am.  Med.  Ass.,  Chicago,  1893,  XXI,  713—717. 
Lukas,  G.     Gymnastik  für  die  Jugend  von  Guts  Muths.    unver- 
änderte Aasgabe  der  ersten  im  Jahre  1793  erschienenen  Auflage. 

Mit  11  Taf.     Wien,  1893,  Pichlers  Witwe  &  Sohn.     Ji.  2. 
Ritzmann,  E.,  Schülthess,   W.  und  Wipp,  H.     üntersuAungen 

über   den   Einflufs    der   HefÜage   und   Schriftrichtung   auf  dk 

Karperhaltung   der    Schüler.     Mit    3    Tab.    u.   4   Taf.     Zürich, 

1893,  F.  Schulthefs.     Fol. 
ROLFP.     Die   Doppelwahrung  in  der  Schrift.     Sammlang  pädago- 
gischer Vorträge.     Bielefeld,  1893,  Helmich. 
SCHlPPi.     Grundrifs  einer  Wirtschaftslehre  für  Mädchenschulen  und 

Frauenarheitsschülen.  Zürich-Oberstrafs,  1893,  £.  Speidel.  JK.0,80. 
SCHARK,  JUL.     Die  Behandlung   Stotternder.     Eine  Anleitung  fiir 

Lehrer  und  Leiter  von  Stottererkursen.     Hannover,  1893,  Nord- 

deatsche  Verlagsanstalt.     Gr.  8^.     M.  0,75. 
—  Braktisches    Übungsbuch  für  Stotternde.     Zum   Gebrauche   der 

Teilnehmer  an  Stotterkursen,  sowie  eum  Selbstunterricht   Hannover, 

1893,  Norddeatsche  Verlagsanstalt.     Gr.  8®.    M.  1,40. 
Schmidt,  F.  A.     Der  Handfertigkeitsunterricht  in   semer  pkysio- 

logischen   Bedeutung.     Beilg.  z.  d.  Blatt,   f.  Knabhdarbt.,  1894, 

Febraar,  14—19. 


255 

Sckrifineigung  und  Schriftart,  Heftlage  und  Körperhaltung  heim 
S(^reibunterrichle.  Aaszag  aas  einem  Gatachten  über  den  £ntwarf 
eines  Alphabetes  mit  vereinfachten  Schriftzttgen.  Königsberg  i.  Pr., 
1893,  Bon.     Gr.  6^.  M.  0,60. 

Sckulbrausebad  in  Altana.     Gsdhtsing.,  1892,  XV,  501. 

ScMe  und  Alkohol.     Schwz.  Blatt,  f.  Gsdhtspiig.,  1894,  I,  15. 

Skck.  Lber  die  Erfolge  der  Bekämpfung  der  Schulkur zsichtigkeit. 
Monatsbl.  f.  öffü.  Gsdhtspflg.,  1892,  XV,  41. 

Städtische  Gewerbeschule  in  Leipzig.  Mit  Abbild.  Deutsch.  Baaztg., 
1893,  377. 


Bei  der  Redaktion  eingegangene  Schriften. 

Baas,  J.  Hebm.  GesundJieii  und  langes  Leben.  Hygienisches 
Haosbnch.     Leipzig,  1893,  E.  Keils  Nachfolger. 

Bavss,  Jos.  Wie  ka/nn  unsere  Schrift  vereinfacht  und  vervoll- 
hammnet  werden?     Paderborn,  1893,  Schöningh.    Kl.  8^.    M.  2. 

Bestimmungen,  betreffend  die  Beschäftigung  jugendlicher  Arbeiter  in 
Hechelräumen  u.  dergl.  nach  der  Bekanntmachung  vom  29.  April 
1892.     Leipzig,  1893,  Rofeberg. 

Böttcher,  Alfr.  Verschiedene  Farmen  des  Wettlaufes  als  dank- 
barer Obungsstoff  für  SchiUer  jüngeren  Lebensalters.  Monatsschr. 
f.  d.  Tarnwes.,  1894,  L 

CÖSTER.  tjber  Kahlensäurebestimmungen  in  geschlossenen  Bäumen. 
Ztschr.  f.  Medizbeamt.,  1894,  III,  61—63. 

Dboixhs  et  Blandot.  Hggihte  scölaire.  Le  batiment  et  la  gym- 
nastique.  Kubom,  Hyac.  Vßhe  et  le  maitre.  Li^ge,  1880, 
H.  Vaillant-Carmanne.     Gr.  8®. 

Ebbl,  Alexander.  Ber  heutige  Stand  der  Schularetfrage^  zugleich 
ein  Betrag  zur  Lösung  derselben.  Vortrag,  gehalten  im  kollegialen 
Verein  der  Friedrich-V^^ilhelmstadt  am  4.  Oktober  1893.  Berl. 
teti.  Korrspdzbl.,  1893,  VIII,  264—279. 

OiA&DiNA,  Albssandro.     Manucde  d'igiene.     Napoli,  1892. 

Oiaxa,  de.     Marnuüe  d^igiene  pubblica.     Milano,  1892. 

OÖTZE.     SchtUhandfertigkeit.     Leipzig,  1894,  Hinrichs.  Jli  1,50. 

HSRTBL,  Axel.  Bidrag  tU  bdysning  afsygdomsforholdene  i  bamealderen. 
Saertryk  af  ageskrift  for  laeger,  1893,  XXV— XXVI.  [Beitrag 
zur  Beleuchtung  des  KrankheitsverhcUtens  im  Kindesalter,  Sonder- 
abdruck  der  Wochenschrift  für  Ärzte,  1893,  XXV— XXVI.] 

Kapemann.  Bie  öffentliche  Fürsorge  für  stotternde  und  stammelnde 
Sdmlkinder.  Vortrag.  Med.-päd.  Monatsschr.  f.  d.  gsmt.Sprachhlkde. , 
1894,  n,  33—36. 


256 

Turn-  und  Spklbuch  für  Volksschulen.  Ein  voUsUndiger  Lehrgang 
des  Turnanterrichtes  in  Übmigsaafgaben  und  Spielen.  Heraus- 
gegeben vom  Münchener  Tumlehrerverein.  München,  1893,  Beck. 
JH  2,40. 

Ullrich,  Edward.  Spielregeln  des  RugbyfufsbcUlspieles.  Ans 
dem  Englischen  übersetzt.     Hof,  1893,  R.  Lion.     M.  0,20. 

ÜRBANTSCHITSCH,  VICTOR,  über  den  Wert  akustischer  Übungen 
an  Taubstummen,  auch  in  Fällen  von  anscheinend  vollständiger 
Taubheit,     Wien.  klin.  Wochschr.,  1894,  I,  1—5. 

Vallbtti,  Felice.  Manuale  di  ginnasUca  per  U  scuck,  gU 
educatori  femminüi  e  per  gli  asili  dHnfanzia,  204  fig.  3.  ediz. 
Koma,  1893,  G.  B.  Paravia  e  Comp.     Lire  2. 

VenUlatianskastefifenster.     D.  Banztg.,  1892,  XXVI,  58. 

Verein  für  Kinderhorte  im  nördlichen  Stadtteile  von  Köln.  Knaben- 
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Weiss,  Leop.  Demonstrationstufeln  aus  Glas  zum  Aufzeichnen. 
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die  Ausführung ,  die  Unterhaltung  und  den  Betrieb  von  Central- 
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Zettler,  M.  Die  Bewegungsspiele.  Ihr  Wesen,  ihre  Geschichte 
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Zur  Schriftreform.  Neues  Wiener  Abendbl.,  1893,  18.  Dezember,. 
CCCXLIX,  1—2. 


VII.  Jahrgang.  1894.  No.  5. 


(Drijtnal-^biianMitngett. 


Die  Oesnndheitspflege 
an  der  k.  k.  Theresianischen  Akademie  in  Wien. 

Von 

Jaro  Pawel, 

üniveraitätslehrer  in  Wien. 

Die  leibliche  Pflege  der  Zöglinge  des  k.  k.  Theresianums  zu 
Wien  hat  schon  seit  dessen  1747  erfolgter  Gründung  eine 
wohlwollende  Sorgfalt  und  Förderung  gefunden,  wie  sie  zur 
Zeit  nur  wenigen  gleichartigen  Anstalten  Deutschlands  zu  teil 
wird.^  Es  ist  blofs  eine  natürliche  Folge,  dafs  mit  dieser  Für- 
sorge für  das  leibliche  Wohl  auch  die  Pflege  der  Gesundheit 
Hand  in  Hand  ging.  Von  der  Überzeugung  durchdrungen, 
dals  die  Erhaltung  und  Kräftigung  der  letzteren  eine  der  grund- 
legenden Bedingungen  einer  gut  organisierten  Erziehungsanstalt 
bilde,  wendete  die  Akademie  diesem  so  wichtigen  Erziehungs- 
gegenstände  stets  ihre  regste  Aufmerksamkeit  und  Fürsorge  zu. 

Die  zur  Zeit  an  derselben  bestehenden  Einrichtungen  der 
Gesundheitspflege  sind  so  trefflicher  Art,  dafs  sie  auch 
weiteren  Kreisen  bekannt  zu  werden  verdienen. 

„Durch  ein  planmäfsiges  System  hygienischer  Vor- 
schriften,   durch    die  genaue   und  stetige  Überwachung  der 


'  Vergl.   meinen   Kurzen  Ahrifs   der   Entwickelungsgeschichte   des 
deutschen  Schuüumens.    Hof,  188B,  S.  60  ff. 

SchnlfMnndhaltspfleg«  VII.  17 


258 

Durchführong  derselben  und  durch  eine  möglichst  Tollkommen 
eingerichtete  Krankenabteilung  trägt  die  Anstalt  Sorge,  die 
ihr  anvertrauten  Zöglinge  gesund  zu  erhalten  und  ihnen  im 
Falle  einer  Erkrankung  die  sorgfilltigste  ärztliche  Behandlung 
und  Pflege  zu  teil  werden  zu  lassen."^ 

Zu  diesem  Zwecke  bestehen  an  der  Akademie  eine  Reihe 
gesundheitlicher  Vorkehrungen,  die  hier  des  näheren  er5rtert 
werden  sollen. 

Einen  der  wichtigsten  Faktoren  bildet  die  regelmäfsige 
ärztliche  Untersuchung  der  Zöglinge.  Sie  eistreokt 
sich  vor  allem  auf  jeden  neu  Eintretenden,  um  dessen  indi- 
yidueller  Körperkonstitution  während  seines  Aufenthaltes  in 
der  Anstalt  Bechnung  tragen  zu  können.  Sie  wird  aber 
auch  periodisch,  und  zwar  zu  Beginn  und  am  Schlüsse 
jedes  Schuljahres  vorgenommen.  Dabei  finden  das  KöTpe^ 
gewicht,  der  Brust-  und  Kopfumfang  Berücksichtigung,  und 
das  Ergebnis,  das  in  besonderen  ärztlichen  Grrundbuch- 
blättern  vermerkt  wird,  dient  dazu,  die  körperliche  Entwicke- 
lung  des  einzelnen  Zöglings  während  seines  Aufenthaltes  in 
der  Anstalt  zu  verfolgen.* 

Die  allgemeinen  hygienischen  Vorkehrungen  be- 
ziehen sich  vorzugsweise  auf  die  Pflege  der  Reinlichkeit, 
die  Kleidung,  die  Lüftung,  die  Regelung  der  Temperatur  in 
den  Schlaf-,  Studier-  und  Lehrsälen,  die  Kost,  die  körper- 
lichen ÜbuDgen,  das  Ausmafs  und  die  Verwendung  der  Er- 
holungszeit und  schliefslich  auf  die  Verhütung  infektiöser  £j:ank- 
heiten. 

Was  den  ersten  Punkt,  die  Pflege  der  Reinlichkeit, 
anlangt,  so  sind  aufser  den  täglichen  TVaschungen,  deren  gründ- 
liche Durchführung  auf  das  strengste  überwacht  wird,  auch 
Bäder  und  Duschen  in  Gebrauch.   Im  Schlafsaal  jeder  Käme- 

*  Vergl.  den  jüngBten  Jahresbericht  des  Crymncisiums  der  k.  k.  There- 
sianischen Akademie  in  Wien,  S.  38  ff. 

*  Derartige  Messungen  werden  auch  an  der  k.  k.  Staatsoberrealsehale 
im  I.  Bezirke  Wiens,  an  welcher  ich  definitiver  Lehrer  bin,  von  mir  vor- 
genommen und  ihre  Besultate  zeitweilig  verglichen. 


259 

rate^  ist  ein  Dnscheapparat  aufgestellt,  der  alle  Morgen  von 
emem  Drittel  der  Zöglinge  benutzt  wird.  Die  Temperatur 
des  Wassers  beträgt  für  die  Scbüler  des  üntergymnasiums  20, 
für  die  des  Obergymnasiums  18^  B.  Nach  der  Dusche  folgt 
eine  gründliche  Abreibung. 

Die  Wannenbäder  finden  während  der  kälteren  Jahres- 
zeit in  besonders  zu  diesem  Zwecke  eingerichteten  Winter- 
baderäumlichkeiten statt.  Letztere  umfassen  20  Kabinen  mit 
je  einer  Wanne,  was  der  Schüleranzahl  einer  Kamerate  ent- 
spricht. Die  Temperatur  des  Badewassers  beträgt  27^  R. 
Unmittelbar  nach  dem  Bade  wird  eine  kalte  Dusche  genommen, 
wodurch  man  eine  systematische  Abhärtung  bezweckt  und 
erreicht. 

In  den  Sommermonaten  kommt  eine  im  oberen  Teil  des 
Akademieparkes  gelegene,  trefflich  eingerichtete  Schwimm- 
anstalt abteilungsweise  zur  Verwendung,  wobei  die  Einteilung 
derart  getroffen  ist,  dafs  jeder  Zögling  täglich  ein  Bad 
nehmen  kann.  Wann  mit  diesen  Bädern  begonnen  wird,  hängt 
von  der  Witterung  ab.  Für  die  Schüler  des  Obergymnasiums 
mnls  die  Wassertemperatur  15,  für  die  des  Untergymnasiums 
mindestens  16^  B.,  die  Lufttemperatur  dagegen  in  beiden 
Fällen  18^  B.  betragen.  Im  Verlaufe  der  Badesaison  wird 
mit  Bücksicht  auf  allmähliche  Abhärtung  auch  bei  niedrigeren 
Temperaturen  gebadet.  Zur  Erteilung  des  Schwimmunterrichtes 
und  zur  Überwachung  des  Schwimmens  ist  an  der  Anstalt  ein 
eigener  akademischer  Schwimmmeister  angestellt. 

Auch  die  auf  die  Kleidung  Bezug  nehmenden  An- 
ordnungen haben  neben  dem  Momente  des  Anstands  und  der 
Sleichmäfsigkeit  im  besonderen  die  Gesundheit  der  Zöglinge  vor 
Angen.  Dabei  ist  die  Bücksieht  auf  Abhärtung,  wie  auf  Be- 
wahrung vor  Erkältung  in  gleicher  Weise  mafsgebend.  Für 
den  Gebrauch  der  Sommer-  und  Wintergewandung,  sowie  der 


'  Sämtliche  Zöglinge  der  Akademie  sind   ihrem  Alter  und   ihrer  ^ 
SchnlbildiiDg   nach   in   besondere  Eameraten   eingeteilt;    die   Zahl   der 
Kameraten  betragt  gegenwärtig  12. 


260 

Hans-  und  Paradeuniform  bestehen  bestimmte  bindende  Vor- 
schriften. 

Die  Lüftung  und  Temperaturregelung  in  den 
Schlaf-,  Studier-  und  Lehrsälen  bildet  eine  ganz  besondere 
gesundheitlich  erziehliche  Aufgabe  der  Akademieleitung.  Die- 
selbe wird  um  so  strenger  durchgeführt,  als  die  Anlage  des 
Anstaltsgebäudes  mit  Ausnahme  der  teilweise  neu  errichteten 
Krankenabteilung  die  Anbringung  besonderer  VentilatioDS- 
▼orrichtungen  nicht  gestattet,  und  die  Lüftung  nur  dnidi 
ÖfEhen  der  Fenster  und  Thüren  in  der  Zeit,  in  welcher  die 
Zöglinge  abwesend  sind,  erfolgen  kann.  Dabei  erfelhrt  die 
Temperatur  während  der  kalten  Jahreszeit  eine  derartige 
Regelung,  dafs  sie  in  den  Schlafsälen  bei  Nacht  12^  B.  beträgt 
und  erst  am  Morgen,  bevor  die  Zöglinge  aufstehen,  anf  15' 
gebracht  wird.  Letztere  Temperatur  gilt  auch  während  des 
Tages  für  alle  Bäume  als  die  normale.  Als  Brennmaterial 
wird  in  der  Akademie  ausschließlich  Holz  yerwendet;  znr 
Beheizung  selbst  dienen  Thonöfen. 

Die  Beleuchtung  der  Arbeitssäle  erfolgt  ausnahmslos 
mit  Auerschem  Gasglühlicht,  doch  sind  bereits  mit  elektrischem 
Lichte  in  einzelnen  Kameraten  Versuche  gemacht  worden,  und 
er&hrt  dessen  allgemeine  Einführung  seither  eingehende  Er- 
wägung. 

Einen  wichtigen  Gegenstand  der  Gesundheitspflege  in  der 
Anstalt  bildet  auch  die  Kost  der  Zöglinge.  Sie  wird  auf 
Grund  eines  Vertrages  gegen  einen  fär  den  Kopf  und  Tag  fest- 
gesetzten Betrag  von  einem  Traiteur  geliefert.  Gute  Qualität 
und  gröGäte  Beinlichkeit  ist  dabei  strenge  Forderung.  Die 
Zöglinge  erhalten  zum  Frühstück  nach  Wahl  Kaffee,  Thee 
oder  Milch  mit  einer  Semmel,  zum  Nachfrühstück  um  10, 
bezw.  11  Uhr  ein  Stück  Brot  oder  eine  Semmel,  zum 
Mittagessen  um  1  Uhr  an  vier  Tagen  der  Woche  Suppe, 
Rindfleisch  mit  Gemüse  und  Braten  mit  Beilage,  an  drei  Tagen 
Suppe,  gedämpftes  Rindfleisch  mit  Gemüse  und  eine  MeU- 
speise.  Als  Zwischenessen  wird  nachmittags  im  Winter  Kaffee, 
Thee  oder  Milch,  im  Sommer  frisches  Obst  mit  Brot  geboten. 


261 

Das  Abendessen  am  8  Uhr  besteht  ans  Braten  mit  Beilage, 
für  die  kleineren  Zöglinge  ans  Suppe.  Eine  Abweichung  von 
der  allgemeinen  Kost  ist  für  einzelne  nur  auf  besondere  ärzt- 
liche Verordnung  zulässig. 

Wie  in  erziehlicher  Richtung  für  alle  Zöglinge  bestimmte 
Vorschriften  bestehen,  so  ist  auch  vom  gesundheitlichen  Stand- 
punkte die  Lebensweise  derselben  genau  geregelt. 

Die  für  den  Schlaf  anberaumte  Zeit  beträgt  im  Durch- 
schnitt 9  Stunden,  und  zwar  von  9  Uhr  abends  bis  6  Uhr 
morgens.  Für  die  kleineren  Zöglinge  bis  einschlielslich  zur 
zweiten  Gymnasialklasse  ist  sie  länger  bemessen,  kürzer  in  den 
oberen  Abteilungen.  Zöglinge  der  zweiten  Kamerate  (7.  Klasse) 
dürfen  bis  V2IO,  die  der  ersten  Kamerate  (8.  Klasse)  bis 
11  Uhr,  bezw.  12  Uhr  aufbleiben. 

Studium  imd  Erholung  sind  nach  bestimmter  Tages- 
einteUung  geregelt.  Das  Kameratstudium,  welches  von  einem 
Kameratpräfekten  überwacht  wird,  beträgt  in  der  Regel  nicht 
mehr  als  zwei  Stunden  hintereinander.  Die  Erholungszeit 
wird  während  des  Sommers  und  Winters,  so  oft  es  die  Witterung 
zuläfst,  im  Garten  zugebracht.  Sie  dient  zumeist  zur  Vor- 
nähme  von  körperlichen  Übungen  und  Spielen.  Ich 
habe  Gelegenheit  genommen,  mich  anderenorts  über  den  hier 
mit  besonderer  Fürsorge  gepflegten  Turnunterricht  und  nament- 
lich über  das  an  der  Anstalt  gegenwärtig  in  hoher  Blüte 
stehende  Jugendspiel  ausführlicher  auszulassen.^ 

Im  Winter  wird  das  Bassin  der  Schwimmschule  als 
Eislauf  platz  benutzt,  während  auf  dem  Abhang  zwischen 
der  unteren  und  oberen  Gartenabteilung  die  Zöglinge  aller 
Klassen  mit  greiser  Vorliebe  das  Schlittenfahren  betreiben. 

Eine  ganz  besondere  hygienische  Einrichtung  ist  das 
Zimmerturnen.  Es  dient  dem  Zweck,  die  Zöglinge  nach 
länger  andauernder  geistiger  Arbeit  noch  am  Abend  zu 
geeigneter  Bewegung  zu  veranlassen  und  gewissen  Gefahren  für 
die  Gesundheit   und  körperliche   Entwickelung,    die   mit   an- 


*  Vergl.  die  Jahrbücher  der  deutschen  Tumkumty  1893,  Heft  11  u.  12. 


262 

haltenderem  Sitzen  yerbunden  sind,  entgegenzuwirken.  Die 
Übungen  erfolgen  unter  Aufsicht  des  diensthabenden  Präfekten 
und  beginnen  um  7  Uhr  abends  in  allen  Kameraten,  die  zwei 
obersten  ausgenommen.  Sie  finden  im  Studiersaal  statt,  der 
vorher  gründlich  gelüftet  und  im  Winter  entsprechend  temperiert 
wird.  Die  hierbei  zur  Verwendung  kommenden  FreiübuDgen 
sind  in  ein  zweckmäßiges  System  von  drei  mit  dem  Alter 
der  Zöglinge  fortschreitenden  Abstufungen  gebracht,  innerhalb 
deren  durch  planmäfsigen  Wechsel  alle  Muskelgruppen  in  ent- 
sprechender, mäfsig  ermüdender  Weise  beansprucht  werden. 
Ihre  Zeit  ist  bei  jeder  Kamerate  auf  15 — 20  Minuten  fest- 
gesetzt. Zwischen  den  einzelnen  Übungen  erfolgen  kurze 
Pausen,  die  zur  Atemgymnastik  Verwendung  finden.  Die  Leitung 
wird  in  der  Regel  einem  gewandten  und  verläfslichen  Zöglinge 
als  Vorturner  übertragen. 

Besonderes  Interesse  bieten  die  Malsregeln,  welche  in  An- 
wendung kommen,  um  das  Auftreten  und  die  Ausbreitung  von 
epidemischen  Krankheiten  zu  verhüten.  Von  jedem nen 
eintretenden  Zögling  wird  ein  Impfzeugnis  verlangt.  Eine 
Revaccination  findet  für  alle  Akademieangehörigen  ohne  Aus- 
nahme jedes  fünfte  Jahr  statt.  Strenge  Vorschriften  bestehen 
in  betreff  der  Rückkehr  in  die  Anstalt  für  Zöglinge,  die  bei 
ihren  Angehörigen  an  einer  infektiösen  Krankheit  gelitten 
haben.  Tritt  in  der  Akademie  selbst  ein  solcher  Fall  ein,  so 
werden  hierbei  die  strengsten  Sicherungsvorkehrungen  beob- 
achtet. 

Geradezu  musterhaft  sind  die  Einrichtungen  an  der 
Krankenabteilung  der  Anstalt.  Die  Leitung  der  letzteren 
betrachtet  es  als  ihre  ganz  besondere  Aufgabe,  den  erkrankten 
Zöglingen  die  grölste  Sorgfalt  und  Pflege  zuzuwenden.  Die 
Abteilung  umfaist  12  Krankenzimmer  mit  74  Betten,  um 
selbst  für  den  Fall  einer  ungewöhnlich  verbreiteten  Epidemie 
zu  genügen.  Die  Krankenzimmer  sind  sämtlich  abseits  vom 
Straljsenlärm  gegen  den  Garten  gelegen  und  so  grob,  dafs  für 
je  ein  Bett  durchschnittlich  ein  Raum  von  36  cbm  bemessen 
ist.     Die    Lüftung    und    Temperaturregelung    erfolgt    mittelst 


263 

einer  yoizüglichen  Vorriohtung.  Das  dritte  Stockwerk 
der  Krankenabteilnng  ist  ausschliefslich  für  Infektionskranke 
bestimmt. 

Der  regelmäisige  ärztliche  Dienst  wird  von  drei  Ärzten, 
dem  Chefarzt  und  zwei  Hausärzten,  von  denen  stets  einer  in 
der  Anstalt  anwesend  sein  muXs,  versehen.  Alle  Morgen  findet 
ambulatorische  Ordination  statt,  wobei  bezüglich  der  laufenden 
leichteren  Krankheiten  und  der  hierfür  notwendigen  Yorsichts- 
mafsregeln  bestimmte  Weisungen  gegeben  werden.  Jede 
Eamerate  hat  ein  Ordinationsbuch,  in  welches  die  ärztlichen 
Befunde  und  die  Verordnungen  eingetragen  werden.  Die  in  die 
Krankenabteilung  aufgenommenen  Zöglinge  unterstehen  hin- 
sichtlich der  Behandlung,  Pflege  und  Aufsicht  ausschliefslich 
dem  OhefiEurzte,  bezw.  den  Hausärzten,  die  über  eine  aus- 
reichende Anzahl  von  erprobten  Krankenwärtern  verfügen. 

Die  augenärztliche,  sowie  die  zahnärztliche  Be- 
handlung der  Zöglinge  ist  besonderen,  von  der  Akademie 
bestellten  Fachärzten  überwiesen.  Auch  nach  dieser  Richtung 
finden  regelmäisige  Untersuchungen  statt,  über  die  in  eigenen 
Vormerkblättem  eingehender  Bericht  erstattet  wird. 

Das  abgelaufene  Schuljahr  war  in  Beziehung  auf  die 
gesundheitlichen  Verhältnisse  der  Akademie  eines  der 
glinstigsten.  Im  ganzen  kamen,  die  mit  der  Anstalt  verbundene 
Orientalische  Akademie  miteinbegriffen,  nur  95  Krankheits- 
fUle  vor,  gegen  167  im  Vorjahre.  Mit  Ausnahme  einer 
einzigen  Lungenentzündung  waren  es  durchweg  Erkrankungen 
leichterer  Art.  Auch  die  Infektionskrankheiten  hatten  insgesamt 
einen  ungefährlichen  und  nur  in  einzelnen  Fällen  durch  gering- 
f^ge  Komplikationen  gestörten  Verlauf.  Die  erwähnten 
95  Erkrankungen  betrafen  unter  309  Zöglingen  73,  so  dafs 
sich  23,6%  der  Gesamtheit  im  Krankenstande  befanden. 
57  ZögKnge  waren  einmal,  13  zweimal,  1  Zögling  dreimal, 
1  viermal  und  1  fünfmal  krank.  Diese  95  Krankheits- 
&lle  beanspruchten  1111  Verpflegungstage,  so  dafs  durch- 
schnittlich auf  einen  Krankheitsfall  11,5  und  auf  je  einen  der 
73  erkrankten   Zöglinge    15,2  Verpflegungstage   entfielen.     In 


264 

ambulatorischer  Benandlung    standen  287  Sohüler,   denen  im 
ganzen  9465  Ordinationen  erteilt  wurden. 

Dem  oben  erwftbnten  Jahresberichte  der  Anstalt  ist  auch 
ein  eingehender  augenärztlicher  und  zahnärztlicher 
Bericht  beigegeben  mit  Tabellen  und  statistischen  Zusammen- 
stellungen, deren  Genauigkeit  zur  Genüge  beweist,  welche 
Sorgfalt  in  dieser  Richtung  dem  Wohlbefinden  der  Zöglinge 
von  Seiten  der  umsichtigen  Direktion  zugewendet  wird. 

Das  Jahresprogramm  gibt  auiserdem  über  die  sonstige 
vorzügliche  Organisation  der  Akademie  wertvollen  und 
interessanten  Aufschlufs.  Freunde  und  Förderer  der  Jugend- 
erziehung werden  aus  demselben  eine  Menge  pädagogisoher 
Anregungen  entnehmen  und  zu  dem  Schlüsse  gelangen,  da& 
die  Anstalt  nicht  nur  in  gesundheitlicher,  sondern  auch  in 
erziehlicher  Richtung  als  eine  Musteranstalt  im  strengsten  Sinne 
des  Wortes  bezeichnet  werden  kann,  deren  Einrichtungen  auch 
über  die  Grenzen  Wiens  und  Österreichs  hinaus  alle  Achtung 
und  Anerkennung  verdienen. 


Zur  Hygiene  der  Schüler  in  der  elterlichen  Wohnung. 

Von 

Oswald  Mbykich, 

Lehrer  an  der  III.  Bezirksschule  zu  Leipzig. 

Wenn  von  der  Schulgesundheitslehre  bisher  bei  der  Be- 
trachtung der  Räume,  in  denen  ein  Schüler  zu  leben  hat,  in 
erster  Linie  die  Schulstube  berücksichtigt  wurde,  so  ist  das 
leicht  erklärlich.  Der  Ort,  an  dem  der  Schüler  täglich  4  bis 
6  Stunden  zuzubringen  durch  das  Gesetz  gezwungen  wird, 
muTs  vor  allen  Dingen  hygienisch  mustergültig  beschaffen  sein. 
Da  aber  der  junge  Mensch  sich  noch  in  anderen  Räumen  anf- 


265 

V 

hält,  so  soll  man,  wenn  es  sich  um  sein  Wohlbefinden  handelt, 
anch  dahin  streben,  dafs  diese  den  Gesetzen  der  Gesundheits- 
pflege entsprechen.  Das  besteingeriohtete  Sohnlzimmer  kann 
beispielsweise  nicht  wieder  gut  machen,  was  durch  einen 
schlechten  Schlafraum  verdorben  wird. 

Es  mufs  daher  dem  Lehrer  von  Wert  sein,  zu  erfahren, 
wo  die  Schüler  seiner  Klasse  ihre  Nachtruhe  halten.  Dies  zu 
ermitteln,  ist  unter  Umständen  nicht  ganz  leicht,  denn  die 
Eltern  lassen  niemanden  gern  in  die  Geheimnisse  ihrer  Wohnungen 
eindringen.  Ich  habe  es  deshalb  vor  einiger  Zeit  versucht,  die 
Schüler  meiner  II.  Klasse  die  Gröfse  ihrer  Schlafräume  selbst, 
und  zwar  für  den  Geometrieunterricht,  ausmessen  zu  lassen. 
In  der  Tabelle  auf  Seite  266  sind  die  Resultate  dieser  Arbeit 
enthalten. 

Die  Kinder  gehören  fast  ausschlielslich  der  ärmeren  Be- 
völkerung an.  Sie  haben  ein  Alter  von  12 — 14  Jahren.  Die 
Klasse  ist  sehr  klein,  indem  sie  nur  aus  26  Köpfen  besteht. 
Der  eine  Schüler,  der  in  der  Liste  fehlt,  war  am  Ausmessen 
verhindert,  der  andre  schläft  bei  seinem  Bruder,  mit  dem  er 
gemeinsam  die  Klasse  besucht. 

Dieser  Tabelle  haften  noch  verschiedene  Mängel  an.  Es 
ist  nicht  angegeben,  ob  die  Schlafzimmer  tapeziert  oder  aus- 
geweifst  sind,  ob  die  Sonne  den  Schlafraum  bescheinen  kann 
oder  nicht,  wie  groJs  die  Ventilationsmöglichkeit  in  jedem  Falle 
ist,  in  welchem  Lebensalter  die  zusammenschlafenden  Personen 
stehen  u.  s.  f. 

Indessen  lälst  sich  doch  schon  mancherlei  aus  ihr  erkennen. 
Den  hygienischen  Anforderungen  entspricht  annähernd  die 
Gröfse  des  Schlafzimmers,  welches  der  Schüler  No.  6  benutzt. 
In  allen  anderen  Fällen  ist  es  entweder  die  Unzulänglichkeit 
des  fiaumes,  oder  der  Umstand,  dafs  weniger  Betten  als  Schläfer 
vorhanden  sind,  wodurch  die  Gesundheit  der  letzteren  Schaden 
leiden  muJs.  Betrachtet  man  die  Kinder  während  der  ersten 
Schulstunde,  so  erkennt  man  sehr  leicht,  ob  und  wieweit  die 
Nachtruhe  die  einzelnen  gestärkt  hat  oder  nicht.  Wenn  die 
Schüler  No.  2,  3,  4,  5  uns  jeden  Morgen  durch  ihr  bleiches 


266 


Scbfller- 

Anzahl 

Ansah! 

Grobe 

Etage 

Fenster 

der 

der 

dei 

nammer 

Sehlifer 

Betten 

Sehlafrinnt 

1 

4. 

1  Dachfenster 

1 

1 

9,29  cbm 

2 

3. 

1  nach  dem  Hofe 

3 

2 

11,64  , 

3 

part. 

1  kleines  n.  d.  Hofe 

4 

3 

13,47  „ 

4 

2. 

1  nach  dem  Garten 

3 

2 

17,02  . 

5 

1. 

1  nach  dem  Hofe 

2 

1 

12,48  , 

6 

1. 

'^        »            n           n 

1 

1 

18,22  „ 

7 

4. 

1  nach  dem  Garten 

2 

2 

21,64  , 

8 

4. 

1  nach  dem  Hofe 

4 

4 

22.24  . 

9 

1. 

0  fensterlos 

5 

3 

22,98  , 

10 

4. 

1  nach  dem  Garten 

3 

3 

23,22  . 

11 

4. 

1  nach  dem  Hofe 

5 

4 

25,15  , 

12 

3. 

^       n           n           n 

5 

4 

26,79  , 

13 

4. 

■*•        »            n            n 

5 

4 

26.80  , 

U 

1. 

1  nach  dem  Gkirten 

3 

2 

25,02  , 

15 

4. 

1  nach  dem  Hofe 

3 

2 

28,80  . 

16 

3. 

-'•        n            n            n 

5 

3 

29.72  , 

17 

3.,  DachwohDung 

^        n            n            n 

5 

4 

29,64  „ 

18 

3. 

*■        n            n            n 

6 

4 

33,60  , 

19 

3.,  Dachwohnung 

1  nach  dem  Garten 

5 

4 

35,07  , 

20 

2. 

1  nach  dem  Hofe 

6 

4 

45,64  , 

21 

4. 

1  nach  der  Strafse 

5 

4 

48,77  , 

22 

4. 

^       n          n             n 

3 

2 

50,38  . 

23 

part. 

^       n          n             » 

2 

2 

89,81  „ 

24 

3. 

2  nach  dem  Hofe 

4 

2 

90,50  , 

Aussehen  und  die  bläulichen  Bänder  unter  ihren  Augen  auf- 
fallen, wenn  sie,  die  zu  den  Befähigtsten  der  Klasse  gehören, 
der  Erholung  nach  jeder  Stunde  am  notwendigsten  bedürfen, 
so  können  wir  diese  Erscheinungen  wohl  dem  mangelhaften 
Schlafraum  zuschreiben,  in  dem  sie  sich  systematisch  jede  Nacht 
8 — 10  Stunden  vergiften.  Schüler  3  und  4  sind  denn  auch 
schon  mehrere  Male  zur  Teilnahme  an  den  Ferienkolonien,  für 
die  in  der  Begel  aus  einer  Ellasse  nur  2  bis  3  ausgewählt 
werden  können,  vorgeschlagen  und  angenommen  worden.  Charak- 
teristisch   ist    der    Knabe    No.  9.      Derselbe    schläft    mit  4 


^  Wohn-  und  Schlafraum  zugleich. 


267 

Familienmitgliedern  in  einem  sich  an  die  Wohnstube  an- 
schhefsenden  dunklen  Räume.  Sämtliche  5  Personen  haben 
nur  3  Betten  zur  Verfügung.  Seit  ich  den  Schüler  kenue,  das 
ist  seit  Ostern  vorigen  Jahres,  ist  er  körperlich  mehr  und  mehr 
herabgekommen.  Er  erscheint  hochgradig  anämisch,  ist  leicht 
gereizt  und  weint,  was  sonst  unter  Jungen  dieses  Alters  kaum 
vorkommt,  über  Neckereien  seitens  seiner  Elameraden,  klagt 
auch  öfters  über  Kopfschmerz. 

Wollte  man  eiumal  in  der  angedeuteten  Weise  eine  Unter- 
suchung im  grofsen  anstellen,  wie  die  Schlafzimmer  unserer 
Schüler  und  Schülerinnen  beschaffen  sind  und  welchen  Einflufs 
die  minderwertigen  Bäume  auf  die  physische  und  psychische 
Entwickelung  derselben  ausüben,  man  würde  erkennen,  dals 
hier  dem  Lehrer  und  dem  Arzt  ein  weites  Gebiet  offen  steht, 
anf  dem  beide  durch  fortgesetzte  Belehrung  Besserung  zu 
schaffen  bestrebt  sein  müssen.  Denn  auch  unter  den  ungünstigen 
Verhältnissen  der  ärmeren  Bevölkerung  läfst  sich  in  der  an- 
gedeuteten Richtung,  z.  B.  durch  fleifsiges  Lüften,  noch  vieles 
erreichen,  sobald  die  Betreffenden  nur  ernstlich  dazu  bereit  sind. 
Where  is  a  will,  there  is  a  way,  sagt  das  englische  Sprichwort. 


Beiüeksichtigong 
der  Schulhygiene  bei  den  Lehrerprtdtingen. 

Von 

0.  Jankb, 

Btädtischem  Lehrer  in  Berlin. 

Der  beste  Beweis,  dafs  das  Interesse  für  die  Schulhygiene 
wachst  und  die  Kenntnis  ihrer  Forderungen  aLs  ein  wesent- 
licher Bestandteil  des  pädagogischen  Wissens  gilt,  sind  die 
Aufgaben,  die  bei  den  Lehrerprüfungen  gestellt  werden.  Noch 
vor  etwa  10  Jahren  wurden  bei  diesen  Prüfungen  nie  oder 
doch  nur  äuTserst  selten  schulhygienische  Fragen  berührt.     In 


268 

der  letzten  Zeit  findet  aber  die  Schulgesundheitslebre  mehr 
und  mehr  Berücksiclitigung.  Einzelne  Beispiele  mögen  dies 
darthun. 

Erste  Dienstprüfung  in  Saulgau  (Württemberg)  1893: 
Schriftliche  Aufgaben  aus  der  Pädagogik  und  Schulhygiene:  Wie 
hat  der  Lehrer  für  Lüftung  des  Schullokals  zu  sorgen?  Wie  ist 
das  Blut  zu  stillen  bei  lebensgefährlichen  Blutungen  (Wunden)? 

Zweite  Lehrerprüfung  in  Hadersleben  1892:  Klausur- 
arbeit aus  der  Pädagogik:  Schonung  und  Pflege  des  Auges 
in  der  Schule;  in  Orteisburg  1893:  Klausurarbeit:  Die  wich- 
tigsten Forderungen  der  Schulgesundheitspflege;  in  Wunstorf 
1893:  Klausurarbeit:  Wie  erwirkt  der  Lehrer  die  hochnötige 
Reinlichkeit  im  Schulraume  und  bei  den  Kindern?  Hier  wurde 
auch  bei  der  mündlichen  Prüfung  auf  Schulhygiene  eingegangen 
und  daraus  unter  anderem  folgende  Aufgabe  gestellt:  Physik 
im  Dienste  der  Gesundheitspflege. 

Mittelschullehrerprüfung  inPosen  1893.  Eegierungs- 
und  Schulrat  Gabriel  stellte  bei  der  mündlichen  Prüfung  in 
der  Pädagogik  folgende  Themen :  Pflege  des  Auges ;  Steil-  und 
Schrägschrift;  Anstrich  der  Schultafel. 

Bektoratsprüfung  in  Breslau  1891.  In  der  münd- 
lichen Prüfung  für  Pädagogik,  die  Regierungs-  und  Schulrat 
Sperber  leitete,  kam  die  Schulhygiene  mit  folgenden  Aufgaben 
vor:  die  Schulbank;  normale  Beleuchtung;  Fensterschatz- 
vorrichtungen; die  Reinigung  der  Schulstube;  die  Einrichtung 
des  Schulzimmers. 

Rektoratsprüfung  in  Hannover  1893,  mündlicher 
Teil:  Pädagogik:  Heizung;  verschiedene  Ofensysteme.  Natur- 
kunde: Was  hat  der  Leiter  einer  Schule  in  Bezug  auf  Rein- 
haltung der  Luft  und  des  Wassers  zu  beachten?  Bestandteile 
der  Luft;  Desinfektionsmittel;  Wie  desinfizieren  Sie?  Technische 
Fächer:  Steilschrift;  Neigungswinkel  der  Schrift. 


269 


iXtts  i^txfanninn^tn  ititb  ^tttxntn. 


Die  Sitnmgen  der  KommiBsion  fUr  Schnlgesnndheitspflege 

in  Nürnberg. 

Von 

Dr.   phil.    G.    AUTENKIBTH, 
Rektor  des  Alten  Gymnasiums  in  Nürnberg. 

(Fortsetzung.} 

IV.   Sitzung  am   11.  Juli    1893. 

Von  Yorstandsmitgliedem  des  Vereins  für  ö£Fentliohe 
Gesundheitspflege  werden  in  die  Kommission  neu  aufgenommen: 
Kaufmann  Gallingeb,  Dr.  med.  Goldsohmidt,  Architekt  Hboht. 

Der  Vorsitzende  dankt  dem  Lehrerbezirksverein  für  seine 
Beihilfe  zur  Herstellung  der  Fragebogen,  betre£fend  Hilfsschulen. 
Er  berichtet  ferner,  dafs  die  £ingabe  wegen  Stottererschulen  ^ 
an  den  Magistrat  gesandt  sei.  Kat  Kehlen  hat  einen  sehr 
aDerkennenden  Bericht  über  die  Kölner  Stottererschule  (nach 
GüTZMANNscher  Methode)  an  den  städtischen  Schulrat  abgegeben. 
Die  Stadtschulpflege  Zürich  sandte  ihren  ofiäziellen  Bericht 
über  den  Einflufs  der  Heftlage  und  Schriftrichtung  auf  die 
Körperhaltung  der  Schüler^  ein. 

Gemäfs  Beschlufs  der  technischen  Kommission  des  Vereins 
für  öffentliche  Gesundheitspflege  haben  alle  Subkommissionen 
eine  Geschäftsordnung  auszuarbeiten,  demzufolge  als  erster 
Punkt  der  Tagesordnung  eine  solche,  vom  Vorsitzenden  in 
8  Paragraphen  entworfen,  nunmehr  zur  einstimmigen  Annahme 
gelangt.  Hierauf  wird  auf  3  Jahre  der  Vorstand  durch 
Acclamation     wiedergewählt.       Vorsitzender     ist     Dr.     med. 


*  S.  diese  Zeitschrift,  1894,  No.  2,  S.  65—73.    D.  Red. 

*  Vergl.  diese  Zeitschrift,  1893,  No.  12,  S.  6S9.    D.  Red. 


270 

SoHUBBRT,     SohriftfOhrer    Dr.    med.    Baümülleb,     Kassierer 
Magistratsrat  Forster. 

Als   Hauptgegenstand   der  Tagesordnung  gab  dann  Herr 
Darr    seinen    Bericht    über    die    52   beantworteten 
Fragebogen,    betreffend   Hilfsschulen   für  Schwach- 
sinnige,    aus    dem    folgendes    von    Interesse    sein     möchte, 
l.  Ordentliche  Hilfisschulen  besitzen  26  deutsche  und  3  schweize- 
rische Städte;  dagegen  haben  Chemnitz,   Halle  und  Karlsmhe 
sogenannte   Naohhilfeschulen    auch    für    andere    aus   yorüber- 
gehenden  Anlässen  zurückgebliebene  Kinder.    2.  In  Dortmund 
gibt  es  3  pro  mille,   in  Hamburg  5  pro  mille   schwachsinnige 
Schulkinder.     3.  Die  erste  ordentliche  Hilfsschule  in  Deutsch- 
land  hatte    Dresden    1867;    dann    folgte    1874    Gera;    1879 
Elberfeld;  1881  Braunschweig,  Leipzig,  Basel;  1883  Dortmund, 
Halberstadt;    1885  Krefeld.    Königsberg;    1886   Köln;    1888 
Aachen,  Düsseldorf,  Kassel,  Karlsruhe;  1889  Bremen,  Frank- 
furt a.  M.;  1890  Erfurt;  1891  Weimar,  Chur,  Zürich,  Chemnitz 
(vervollständigt   zu    3    Klassen);    1892    Hamburg,    Hannover, 
Magdeburg,  Mainz,  Stettin,  Breslau;  1893  Nordhausen,   Görlitz. 
4.  In  einer  Schulklasse  sitzen  in  der  B>egel  höchstens  20 — 25 
Schüler,  in  Erfurt  12,  in  Halberstadt  und  Aachen  30.    5.  Eine 
Trennung    nach    Geschlechtem    findet    meistens    nicht     statt 
6.  Bei  achtjähriger  Schulpflicht  mufs  ein   Kind,   bevor   es  in 
die  Hilfsschule  aufgenommen  wird,  2  Jahre  lang  die  Normal- 
schule besucht  haben.    7.  Den  Eltern  ist  gewöhnlich  ein  Ein- 
spruchsrecht gegen  Zuweisung  ihrer  Kinder  in  die  Hilfeschulen 
eingeräumt,   doch   wird   selten   davon  Gebrauch   gemacht;   bei 
näherer  Kenntnis  sind  sie  stets  dankbar  für  die  besondere  Für- 
sorge, welche  man  ihren  Kindern  zuwendet.    8.  Die  Zuweistmg 
erfolgt  überall  durch  die  Schulbehörde,  aber  auffallenderweise 
nicht  überall  auf  Grund  ärztlichen  Gutachtens.     9.  Selten  werden 
die  schwachsinnigen  Kinder  auf  aprosexia  nasalis  untersucht; 
auch  Ätiologie    und    Kraniometrie    finden  nur   ausnahmsweise 
Berücksichtigung.     10.    Epileptische    Kinder    werden    in    der 
Regel   nicht  in    die   Hilfsschule  gewiesen,   sondern  in  Privat- 
unterricht oder  in  Anstalten  verbracht.    11.  Gebesserte  kehren 


271 

aus    der    JEilfssolmle    wieder    in    die    Normalscliule    znrück. 

12.  Idioten  werden  auf  Kosten  der  Eltern  oder  der  Gemeinde 
oder  des  Staates  in  besonderen  Anstalten  verpfleg  nnd  erzogen. 

13.  Unterricbts&cher  der  Hilfsschnle  sind  die  der  Yolksschnle 
mit  beschränkten  Zielen;  häufig  kommt  Turnen  und  für 
Mädchen  Handarbeit  dazu;  auch  wird  für  Knaben  in  einigen 
Fällen  Handfertigkeitsunterricht  sehr  gerühmt.  14.  Eine  feste 
Stundenordnung  existiert  zwar  in  den  meisten  Fällen,  kann 
aber  nicht  genau  eingehalten  werden^  da  diese  Kinder  eher 
ermüden  und  dann  gewechselt  oder  je  nach  dem  Wetter  ein 
Gang  ins  Freie  gemacht  werden  mufs.  15.  Das  Kind  besucht 
in  der  Kegel  jede  Klasse  2  Jahre,  somit  die  vollständige 
Bil&schule  6  Jahre,  zuvor  die  Normalschule  2  Jahre.  16.  Die 
Zahl  der  Unterrichtsstunden  in  den  Hauptfächern  pro  Woche 
ist  sehr  verschieden,  llVa — 14.  Es  empfiehlt  sich,  nur  halb- 
stundenweise anfangs  zu  unterrichten  und  den  Rechenunterricht 
in  allen  Klassen  auf  dieselbe  Zeit  zu  verlegen,  um  ein  älteres 
Kind  an  einem  tieferen  Kurs  teilnehmen  lassen  zu  können, 
während  es  andere  Fächer  mit  seiner  Klasse  nimmt.  17.  Be- 
sondere Lehrmittel  für  Schwachsinnige  sind  nicht  allgemein 
vorhanden;  der  Anschauungsunterricht  muis  grundsätzlich  und 
allgemein  angewandt  werden.  18.  Sämtliche  Hilfsschulen  sind 
Gemeindeanstalten,  und  die  Lehrer  erhalten  fast  überall  be- 
sondere Zulagen  für  ihre  mühevolle  Thätigkeit.  Die  Kosten 
pro  Jahr  und  Kind  schwanken  zwischen  58  Mark  in  Aachen 
nnd  153  Mark  in  Dresden.  Schulgeld,  wo  es  überhaupt  noch 
besteht,  wird  nur  von  Auswärtigen  erhoben.  Lehrmittel,  in 
der  Schweiz  frei  gewährt,  werden  blofe  an  notorisch  arme 
Schüler  geliefert.  19.  Besondere  Fortbildungsschulen  für 
Schwachsinnige  schliefsen  sich  nirgends  an  Hilfsschulen  an. 
Ebensowenig  sind  andere  Veranstaltungen  zur  Unterbringung 
in  geordnete  Verhältnisse  getroffen.  Meistens  sorgen  die  Lehrer 
privatim,  wie  z.  B.  in  Braunschweig,  Bremen,  Dresden,  Elber- 
feld,  Frankfurt  a.M.,  Leipzig,  für  passende  Unterkunft,  in  Köln 
religiöse  Vereine  mit  den  Lehrern,  in  Zürich  freiwillige  Wohl- 
thater.   20.  Die  Erfolge  sind  allerseits  sehr  erfreuliche  gewesen ; 


272 

nach  der  Entlassung  erwiesen  sioli  als  erwerbsftlliig:  in  Dresden 
sämtliche,  in  Halberstadt  nnd  Hannover  desgleichen,  wenn  auch 
teilweise  in  recht  bescheidenen  Verhältnissen,  in  Gera,  Dort- 
mund, Elberfeld  die  meisten,  in  Brannsohweig  und  Krefeld 
907o,  in  Köln  877o,  in  Düsseldorf  80%,  in  Bremen  66%, 
in  Aachen  60  7o. 

Magistratsrat  Behlek  referiert  über  seinen  Besuch  der 
Schule  für  Stotterer  in  Köln. 

Schulrat  Dr.  Glauning  rät,  den  Bericht  des  Herrn  DiBB 
dem  Magistrat  vorzulegen,  während  der  Vorsitzende  denselben 
lieber  einer  Zeitung  zuweisen  möchte. 

Hofrat  Dr.  Stich  vermiist  die  lallenden  Kinder,  also 
die  Mikrocephalen,  in  den  Schulen  für  Schwachsinnige. 

Der  Vorsitzende  weist  darauf  hin,  dafs  alle  44  Städte  mit 
über  50000  Einwohnern  und  noch  14  weitere  die  Fragebogen 
erhalten  hätten,  aus  denen  sich  ergebe,  dals  etwas  mehr  als  30 
dieser  Städte  Hilfsschulen  besäfsen. 

Endlich  teilt  derselbe  mit,  dals  er  demnächst,  wie  er  schon 
vor  mehreren  Jahren  einmal  ein  Gutachten  an  höchste  Stelle 
abgegeben  habe,  eine  Vorstellung  ebendahin  senden  werde 
über  die  richtige  Grölse  des  Schulbücherdrucks,  der  auch 
vom  augenärztlichen  Standpunkt  zu  beurteilen  sei.  Den 
Entwurf  versprach  er  vorzulegen.  Der  städtische  Schulrat 
machte  bei  dieser  Gelegenheit  noch  auf  schädliche  Satiniening 

des  Druckpapiers  aufimerksam. 

(SchlulB  iu  No.  6.) 


fiber  die  Schniansstellung  in  Chicago. 
Nach  einem  im   Berliner  Lehrerverein    gehaltenen   Vortrag 

des  Direktor  Dr.  Stephan  Waetzoldt. 

In  den  Sitzungen  des  Berliner  Lehrervereins  am  9.  nnd 
20.  Februar  d.  J.  hielt  der  als  Reichskommissar  nach  Chicago  ent- 
sandte Direktor  der  Königlichen  Elisabethschule  zu  Berlin,  Professor 
Dr.  Stephan  Waetzoldt,  einen  Vortrag :  DieSchulausstellung 


273 

in  Chicago  nnd  das  Schulwesen  in  den  Vereinigten 
Staaten.  Wir  entnehmen  diesem  Vortrage,  der  nach  steno- 
gn^hischen  Anfzeichnongen  in  der  „JPädag,  Ztg,^  veröffentlicht  ist, 
das  nachstehende. 

Als  der  Oedanke  eines  Weltmarktes  im  weitesten  Sinne  in  den 
amerikanischen  Gehirnen  sich  hildete,  stand  anch  der  Plan  fest, 
nicht  nnr  eine  Ansstellung  auf  dem  materiellen  Gehiete  zu  unter- 
nehmen, sondern  alle  Gehiete  der  Kultur,  auch  die  geistige,  in  diesen 
grolsen  Wettbewerh  hineinzuziehen.  Bei  der  hohen  Achtung,  deren 
in  den  Vereinigten  Staaten .  sich  die  Pädagogik  erfreut,  hei  dem 
tiefen  und  weiten  Interesse,  welches  allen  Fragen  des  Unterrichts 
entgegengehracht  wird,  und  bei  der  festen  Überzeugung,  dafs  in  der 
Schule  die  grOüste  Waffe  des  Fortschritts  der  Menschheit  liegt,  war 
es  kein  Zweifel,  daCs  man  eine  ünterrichtsausstellung  im  gröfsten 
Stile  planen  würde.  In  der  That,  die  ersten  Entwürfe,  die  zu  uns 
kamen,  zeigten  fast  gigantische  Dimensionen.  Man  stellte  sich  vor, 
dafs  sämtliche  Kulturvölker  der  Erde  bestrebt  sein  würden,  alles, 
was  sie  auf  dem  Gebiete  des  Unterrichts  von  der  Höhe  der  Uni- 
versitäten bis  herab  zu  den  Schulen  der  Idioten  besitzen,  in  Chicago 
zu  vereinigen,  und  dafs  so  ein  gro&es  Urteil  möglich  sein  würde, 
welcher  Nation  in  diesem  Kampfe  die  Palme  gebühre.  Der  Plan 
war  dieser :  Jede  Nation  sollte  zunächst  in  einer  grofsen,  womöglich 
riesenhaften  Karte  die  Lage  ihrer  verschiedenen  Schulorte  darstellen. 
Diese  Karten  sollten  dann  verglichen  werden,  und  daraus  würde  sich 
ergeben,  welches  Land  den  gröfsten  Fortschritt  in  den  letzten  Jahren 
gemacht  habe. 

Es  beteiligten  sich  an  der  Ausstellung  sämtliche  Staaten  der 
Union;  femer  waren  vertreten  Deutschland,  Frankreich,  England, 
wenigstens  soweit  die  Armenschulen  Londons  in  Betracht  kommen, 
endlich  Rufsland,  Japan,  die  südamerikanischen  Staaten,  Mexico  und 
auch  Spanien,  letzteres  freilich  in  sehr  bescheidenem  Umfange. 
Leider  gar  nicht  vertreten  war  das  Heimatland  der  Universitäten, 
Italien,  aufserdem  Österreich  und  wenig  Schweden,  Norwegen,  Däne- 
mark, wo  bekanntlich  die  pädagogische  Arbeit  sehr  rege  und  der 
Fortschritt  bedeutsam  ist. 

Die  deutsche  Ausstellung  wurde  versammelt  zunächst  auf  der 
oberen  Galerie  des  ungeheuren  Industriegebäudes;  der  Raum,  den 
sie  hier  einnahm,  betrug  2200  qm.  Das  war  eine  der  Aus- 
stellungen. Daran  reihten  sich  die  Ausstellungen  der  Vereinigten 
Staaten  und  auf  der  anderen  Seite  Deutschland  gegenüber  die  Aus- 
stellung Frankreichs.  Allerdings  war  ein  grofser  Teil  der  Unterrichts- 
ansstellung noch  in  anderen  Gebäuden  untergebracht.  Bei  dem 
Partikularismus  in  allem,  was  ihre  speciellen  Kulturbestrebungen  an- 

SehmlgMuidheitopfleir«  VII.  18 


274 

langt,  hatten  es  sich  die  amerikanischen  Einzelstaaten  nicht  nehmen 
lassen,  ihr  Bestes  zum  Teil  in  den  Staatsgebänden  auizosteDen. 
Auch  die  Ausstellung  Frankreichs  befand  sich  in  drei  Geb&nden, 
dem  Indnstriegebände,  dem  Pavillon  de  France  und,  soweit  die 
französischen  Ackerbauschulen  in  Betracht  kamen,  in  dem  Geb&ude 
des  Ackerbaues. 

Über  dem  Eingang  zur  deutschen  Ausstellung  stand:  ,,Deutsche 
Unterrichtsausstellung",  wenn  es  auch  größtenteils  eine  Aas- 
stellung Preufsens  war.  Im  Ausland  —  und  je  weiter  Yon  Beutsdi- 
land  fort,  um  so  mehr  gilt  dies  —  kennt  man  die  Namen  der 
Einzelstaaten  kaum  noch;  man  kennt  nur  Deutschland.  Dafe  das 
Schulwesen  bei  uns  nicht  einheitlich  geregelt  ist,  dab  wir  nicht 
einmal  eine  gemeinsame  Schulstatistik  besitzen,  dais  alles  Unterrichts- 
wesen Sache  der  Einzelstaaten  ist,  das  mufste  man  den  Amerikanern 
erst  langsam  klar  machen.  Von  den  deutschen  Staaten  beteiligte 
sich  mit  einer  eigenen  Ausstellung,  die  zwar  nicht  umfangreich,  aber 
ausgezeichnet  im  ganzen  wie  im  einzelnen  war,  nur  Wüjrttemberg. 
Diese  Ausstellung  war  innerhalb  der  grolsen  Ausstellung  besonders 
zusammengehalten.  Bayern  war  bei  der  Uniyersitätsausstellung  und 
im  Schulwesen  teilweise  vertreten,  Sachsen  leider  gar  nicht,  die 
Hansestädte  fast  gar  nicht,  das  Grofsherzogtum  Hessen  nur  mit 
einigen  Büchern. 

Der  Entschlufs,  eine  Schulausstellung  im  grofsen  zu  onter- 
nehmen,  ist  sehr  spät  in  Berlin,  dann  aber  auch  ganz  gefafst  nnd 
mit  aufserordentlicher  Energie  durchgeführt  worden.  Unter  drei 
Decementen,  den  Geheimräten  Schneider,  Staüder  und  Althof; , 
wurde  im  Dezember  1892  der  Anfang  gemacht.  Es  waren  zahl- 
lose Briefe  und  Aufforderangen  an  Buchhändler,  Lehrmittelanstalten 
und  an  Schulen  zu  richten,  es  galt,  nach  bestimmten  Gesichtspunkten 
alles  das  zu  ordnen,  was  sendenswert  erschien,  und  vor  allem  mufste 
statistisches  Material  in  grofsen  Zügen  herbeigeschafft  werden.  Hier 
hat  das  statistische  Bureau  die  Hauptarbeit  gethan.  Femer  muCsten 
in  wenigen  Monaten  ausführliche  Denkschriften  über  Stand  und 
Geschichte  des  Volksschulwesens,  des  höheren  Unterrichts  der  Universi- 
täten ,  der  Mädchenschulen  u.  s.  w.  hergestellt  werden,  und  so 
entstanden  denn  in  wunderbar  kurzer  Zeit:  1.  die  grofse  umfassende 
Denkschrift  von  Sohneideb  und  Petersilie  über  das  Volksschol- 
wesen  des  preufsischen  Staates  im  weitesten  Umfange;  2.  die  aus- 
gezeichnete Geschichte  des  höheren  Unterrichts  in  Deutschland  im 
19.  Jahrhundert  mit  zahlreichen  statistischen  Beigaben  von  Bsthwisgh; 
3.  die  vortreffliche  Arbeit  des  Fräulein  Helene  Lange  über  die 
Entwickelung  des  Mädchenschulwesens.  Dazu  kamen  dann  graphische 
Darstellungen  der  Frequenz  der  höheren  und  niederen  Schulen,  der 


276 

Abiturienten  u.  s.  w.  Als  Schmuck  für  die  Wände  waren  Photo- 
graphien in  grolser  Zahl,  berühmte  Schulen  nach  äofserer  und 
innerer  Beschaffenheit  darstellend,  vorgesehen,  die  Büsten  der  grofsen 
Gelehrten  nnd  Schnlmänner  durften  nicht  fehlen,  und  aus  dem 
Schatze  der  Nationalgalerie  wurden  die  vier  berühmten  grofsen 
Friese,  „die  vier  Zeitalter  der  Wissenschaft*'  von  Enille  her- 
gegeben, welche  den  vornehmsten  Schmuck  der  deutschen  Unterrichts- 
aasstellung gebOdet  haben.  Die  ersten  beiden:  das  griechische 
Zeitalter  (Philosophen  neben  einer  Gruppe  ringender  Jünglinge)  und 
das  Zeitalter  Weimars  (Goethe  und  Schiller)  wurden  in  die 
Unterrichtsabteilung  gebracht,  die  beiden  anderen  kamen  in  die 
üniversitätsabteilung.  Aufserdem  wurden  zwei  Gemälde  im  grofsen 
Stile,  die  von  einem  jungen  Berliner  Maler  EOberstein  entworfen 
waren,  angefertigt :  ideale  Darstellungen  der  höheren  Schule  und  der 
Volksschule  Preufsens. 

Schreiten  wir  von  der  Südseite  her,  die  Ausstellung  Kanadas 
verlassend,  durch  ein  Portal  in  einfachen  griechischen  Verhältnissen, 
das  die  Inschrift:  „Deutsche  Unterrichtsausstellung"  trägt, 
so  erstreckt  sich  vor  uns,  die  Hauptbrüstxmg  entlang,  die  Universi- 
tfttsausstellung  und  links  in  derselben  Ausdehnung  diejenige  der 
Schulen.  Darüber,  denselben  Baum  noch  einmal  ausmessend,  be- 
finden sich  die  Galerien,  und  ganz  oben  erblicken  wir  in  ungeheurer 
Weite  und  Höhe,  von  dem  Dunst  und  Staub,  den  Menschenmassen 
immer  hervorbringen,  erfüUt,  die  riesigen  Bippen  des  Industrie- 
gebäudes mit  den  gelblich  weifsen  Glasscheiben.  An  die  Brüstung 
herantretend,  sehen  wir  in  das  wilde  Gewühl  einer  Stadt,  die  ihre 
einzelnen  Quartiere  besitzt,  und  in  der  die  ganze  Welt,  in  ihrer 
Industrie  auf  dem  Grundflur  unten,  in  ihrer  Wissenschaft  auf  den 
Galerien  oben,  sich  vereinigt  hat. 

Es  war  bei  uns  zunächst  ein  gemeinsamer  Baum,  eine  Art 
Ehrenplatz  für  höheres  und  niederes  Schulwesen,  vorgesehen,  und 
hier  hatte  zuerst  die  Blindenausstellung  ihren  Platz  gefunden,  eine 
Ausstellung,  die  wesentlich  der  Königlichen  Blindenanstalt  zu  Steglitz 
bei  Berlin  zu  danken  war,  und  die  einer  der  anziehendsten 
Punkte  der  deutschen  Ausstellung  überhaupt  besonders  durch  drei 
Dmge  geworden  ist:  1.  durch  die  grofse  Bibliothek  in  der  Braille- 
schen  Blindenschrift,  wie  sie  nirgends  sonst  auch  nur  ähnlich  in  der 
Welt  vorhanden  ist,  730  Bände  umfassend,  von  Frauen  und  Mädchen 
des  Vereins  „Edelweils"  um  Gottes  willen  für  die  Blinden  geschrieben, 
mn  ihnen  die  Schätze  der  deutschen  Litteratur  zugänglich  zu  machen. 
Während  der  Blinde  sonst  nur  Bibel,  Schulbücher  und  einige  Zeit- 
schriften hatte,  liest  er  jetzt  Goethe,  Schiller,  Uhlakd,  Gerok, 
Scheffel,  Frbytag  u.  s.  w.,    das   Beste,    was   unsere   Litteratur 

18^ 


276 

bietet;  2.  durch  die  sinnreich  erdachten  Lehrmittel  fbr  die  Blinden 
in  Naturgeschichte,  Physik,  Greographie,  Rechnen  n.  s.  w. ;  ä.  durch 
die  Modellarbeiten,  die  nach  der  Betastung  der  greifbaren  Objekte 
¥on  den  Blinden  selber  aus  dem  Kopfe  gemacht  waren,  and  die  so 
ein  Bild  der  Welt  und  ihrer  Gegenstände,  wie  sie  dem  Blinden  ach 
darstellt,  gaben. 

Daneben  war  aof  dem  Ehrenplatze  das  ausgestellt,  was  die 
Stadt  Berlin  geliefert  hatte:  Mappen  mit  den  schönsten  Schnlbanten 
und  eine  Reihe  von  Schaukästen  mit  Handarbeiten  der  Mädchen 
der  143.  Gemeindeschale.  Fast  immer  wurden  diese  Arbeiten  für 
solche  einer  Fachschule  gehalten.  Hierzu  kam  die  vom  Magistnt 
gegebene  graphische  Darstellung  der  allmählichen  Yermehnmg  der 
Schulen  und  Schulklassen  in  eigenen  Gebäuden,  die  mit  dem  starken 
Wachstum  der  Stadt  Hand  in  Hand  gegangen  ist.  Damit  yergieicbe 
man,  was  in  Chicago  zu  finden  ist:  60000  Kinder,  die  nicht  da- 
geschult  sind,  weil  keine  Räume  und  keine  Lehrer  Yorhanden  sind. 

Weiterhin  folgte  dann  die  Bibliothek  der  SchulYerfassnngen  uid 
Schulverwaltungen,  in  welcher  für  die  einzelnen  deutschen  Staaten 
ihre  Organisationen  dargestellt  waren.  Daneben  be&nd  sich  ein 
Tisch  mit  den  pädagogischen  Zeitschriften  Deutschlands,  eine  Samm- 
lung, die  Ton  dem  Seminarlehrer  Arndt  hergestellt  und  ftbr  die 
ein  eigenes  Verzeichnis  gedruckt  war,  das  dann  in  hunderten  yod 
Exemplaren  weggeschenkt  wurde.  Keiner  Yon  uns,  die  daran  mit- 
gearbeitet haben,  hat  gewufst,  dals  Deutschland  239  pädagogische 
Zeitschriften  und  30  Lehrerkalender  regelmäfing  erscheinen  läfst,  ohae 
die  im  Nachtrag  enthaltenen  Jugendschriften.  Von  allen  di^en 
Zeitschriften  waren  die  letzten  Jahrgänge  gesammelt  und  präsen- 
tierten sich  in  einer  Reihe  Yon  schön  gebundenen  Exemplaren. 

Die  Vorhalle,  die  sich  an  den  Ehrenplatz  schloCs,  krönte  das 
erste  der  erwähnten  beiden  Bilder  Kobbbsteins.  Vor  diesem  Bilde 
waren  10  Folianten  in  Leder  aufgesteUt  mit  den  schönsten  und 
neuesten  Bauten  Yon  Schulen.  Der  geschichtliche  Band  über  die 
Volksschulbauten  PreuTsens  Yon  1821 — 1880  beginnt  mit  doi 
kleinen  gezeichneten  Blättchen,  welche  die  bescheidenen  Schulhfiuser 
auf  dem  Lande  Yon  1821  zeigen,  und  endet  mit  den  groCsartieen 
Bauten,  wie  sie  jetzt  der  Staat  und  namentlich  unsere  grölst 
Städte  für  Volksschulen  einrichten.  Seminare,  Präparandenanstalten, 
Gymnasien  u.  s.  w.  wurden  in  auserlesenen  Mustern  bis  ins  einzehie 
Yorgeführt,  z.  B.  die  Einrichtung  Yon  höheren  Schulen  an  zwei 
Modellen  des  Friedrich  Wilhelmsgymnasiums  und  der  Augosta- 
schule  in  Berlin.  Femer  waren  graphische  Darstellungen  über 
höhere  Schulen  und  13  grolse  statistische  Karten  Yorhanden,  auf 
denen    der  Fortschritt    des    preufsischen   Unterrichtswesens    in   den 


277 

letzten  20  Jahren  ans  wenigen  ganz  schlagenden  Zahlen  zn  ersehen 
war.  Wir  fahren  nnr  an,  dafe  im  Jahre  1892  von  5401566 
Kindern  blofs  945  dem  Scholnnterrichte  widerrechtlich  entzogen 
waren.  Man  mnJs  sich  klar  machen,  was  es  bedeutet,  dals  es  einem 
Staate  gelangen  ist,  die  allgemeine  Schulpflicht  so  durchgreifend  zu 
gestalten,  dals  durch  die  Maschen  dieses  Netzes,  aufser  den  Kindern 
der  fluktaierenden  Bevölkerung,  wie  Flufsschiffer,  Akrobaten  u.  s  w., 
niemand  mehr  schlttpft.  Von  den  übrigen  Ländern  ist  uns  Fr'ank- 
reich  am  n&chsten  auf  den  Fersen. 

Wenn  wir  diese  statistischen  Tafeln  verlassen  und  uns  zu  dem 
groisen  Mittelgange   wenden,    der    durch    die    deutsche  Unterrichts- 
ansstellung  geht,  so  linden  wir  zahllose  Modelle  von  Schulbauten  und 
Schulzimmern,  Schulbädem  (Göttingen),    einzelnen  Hallen    und   eine 
imObersehbare  Menge  von  Apparaten.     Welchen  Beichtnm  Deutsch- 
land an  physikalischen,  chemischen,  geographischen,  botanischen  und 
zoologischen  Lehrmitteln  besitzt  und  wie  es  die   ganze  Welt    damit 
versorgt,  konnte  man  dort  erst  sehen.    Die  ganze  linke  Flucht  wurde 
von  dem,  was  die  Mädchenschulen,  Volksschulen,  Taubstummen-  und 
Idiotenanstalten   ausgestellt  hatten,   eingenommen.     Auf   der   oberen 
linken  Galerie  befand  sich  die  Ausstellung  der  Seminarien  und  Präpa- 
randenanstalten,  sowie  die  für  den  Handfertigkeitsunterricht  und  auf  der 
rechten  unteren  Seite  die  der  höheren  Schulen,  welche  nach  den  Unter- 
richtsdisciplinen  geteilt  war:  Mathematik,  Physik,  beschreibende  Natur- 
wissenschaft,   oben  alte  und  neue   Sprachen  u.  s.  w.      In   jeder  der 
einzeben  Gruppen  und  Fächer   war   ein    bestimmter   Gedanke    zur 
Durchführung  gekommen.     Zunächst  galt  es,  die  geschichtliche  £nt- 
wickelung  dieser  Art  von  Schulen  zu  zeigen  in  alten  Schulgeschichten, 
Programmen,  Lehrplänen,  Bildern  u.  s.  w.,    dann  den  gegenwärtigen 
Standpunkt  durch  dieselben  Gegenstände  bemerkbar  zu  machen,  der 
Geschichte   z.  B.   durch  eine  Keihe  von   eigens   zu  diesem  Zwecke 
herbeigeschafften  und  geordneten  Bibliotheken   mit  Specialkatalogen. 
So  umfalsten   unter  anderem   die  Lern-   und   Lehrbücher  der 
preafeischen  Seminarien  allein  270  Bände,  die  Seminaristenbibliothek 
des  Seminars    zu    Oranienburg    580,    die    deutsche    Schülerinnen- 
bihliothek  einer  höheren  Mädchenschule  420,   eine  Schülerbibliothek 
300,   die    einer  Berliner  Gemeindeschule  256,    die  Bibliothek  der 
Gesundheitspflege   und    der  Leibesübungen    123,   die  der  Methodik 
der  Volksschulen  über   300  Bände    und   eine  Sammlung  deutscher 
Volksschullesebücher,  von  Professor  Fbchner  zusammengebracht  und 
die  Zeit  von  1771—1893  umfassend,  225  solche  Lesebücher.     Die 
iiatorwissenschaftlichen  Apparate   einer  Berliner  Gemeindeschule  be- 
durften 5  Schaukästen  von  je  1  cbm  Inhalt.     An  den  Wänden  und 
einer  Reihe  von  Zwischenwänden,    auf   einer  Wandfläche    von  etwa 


278 

500  qm,  befanden  sich  zahlreiche  Abbildungen  von  SchnlbanteB, 
auserlesene  Karten,  die  besten  unserer  Anschanungsmittel,  der 
Bilderschmack  der  S&le,  alles  in  einzelnen  Proben. 

Und    nun  schlieislich  die  viel   berufenen    Schfller-    und   Abi- 
turientenarbeiten!      Es    ist    in   Deutschland    oft    darftber  gespottet 
worden,  daCs  wir  ganze  Berge  Yon  Kisten  mit  Heften  mitgenommen 
haben,    und    die    MZukunft**   hat   sich  sogar  in  einem  eigenen  Ar- 
tikel darüber  lustig  gemacht.      Aber    es   erwies  sich,  dals  nidits  in 
der  Ausstellung  auch  nur  annähernd  so  studiert  und  durchgearbeitet 
worden  ist,  als  die  Hefte   unserer    Schüler.     Aus    einer  Reihe   von 
typischen  Anstalten,   von  Gymnasien,  Realgymnasien,  Oberreal-   und 
Realschulen,  Seminarien,   Präparandenanstalten   und  Mädchenschulen 
waren  etwa  20  von  jeder  Gattung  herausgesucht,  und  zwar  so,  da(s 
diese  Anstalten  von  jeder  Klasse  eine  Gruppe  besserer,  mittlerer  und 
schlechterer  Hefte   gaben.      S&mtliche  anderen  Nationen  hattoi  nur 
Musterblfttter  ausgestellt.     Besonders  wichtig  waren  die  Abiturienten- 
arbeiten.    Die  beim  Abschluüs    des  Seminars    angefertigten  Arbeiten 
zeigten  unweigerlich:   das    ist  es,  was  wir  von  unserem  Yolksschul- 
lehrer,  ehe  er  in  die  Praxis  tritt,  verlangen.     Und  nun   halte  man 
die  Leistungen  des  amerikanischen  Durchschnittslehrers  dagegen,  der 
das  Examen  für  Primary  Education   gemacht  hat.     Bei  d^  Abitn- 
rientenarbeiten  der  höheren  Schulen  sah  man:  das  fordern  wir    von 
jungen  Leuten,  ehe  wir  ihnen  gestatten,  die  Universität  zu  besuchen. 
Das  gesamte  Werk  der  ersten  Universitätsjahre   in  Amerika    ist   in 
Deutschland  noch  in  die  letzten  Gymnasia^jahre  eingeschlossen,    und 
mit  wenigen  Ausnahmen  wird  erst  die  Arbeit    der  Graduierten    mit 
der  unserer  Studenten  in  Parallele    zu  setzen  sein.      Das   war    das 
Zeugnis,  welches  unseren  Abiturienten  der  Seminare  und  Gymnasien 
die  Amerikaner,  und  nicht  nur  diese,  gegeben  haben.     Was  ist  nun 
das  Schicksal  dieser  Schülerarbeiten?    Man  stritt  darüber  in  Deutsch- 
land  und    sagte    schlieOslich :    Wir   werden   sie  in  den  Michigansee 
werfen  oder  zu  Packpapier  verbrauchen.  Die  anderen  Sachen  kommen 
meist  aus  Amerika  zurück;  die  haben  die  Amerikaner  nicht  gewoDt. 
Um   die   Schülerhefte   haben    sich    die    pädagogischen  Museen    und 
die  Seminare    der  Universitäten    gerissen.      Der    gröCste    Teil   der 
Hefte  geht  in  das   bedeutendste   pädagogische  Museum   nach  Phila- 
delphia.    Diese  Stadt  hat  300000  DoUars  für  den  Bau  eines  Schul- 
museums   gesammelt,    und  das,  was  von  der  deutschen  Unterrichts- 
ausstellung nach  Philadelphia  gelangt,  bildet  mit  den  Grundstock  der 
dortigen  auswärtigen  Ausstellung.     Ein  anderer  Teil  der  Hefte  kommt 
in  die  Staatsuniversität  von  New  York,  ein  anderer  nach  Michigan, 
und  der  letzte  soll  in  Kalifornien  aufbewahrt  werden. 

Welche  Urteile   sind  über   die  deutsche   Unterrichtsausstellung 


279 

gefWt  worden?  Ich  mufs  sagen,  soweit  mir  dieselben  zu  Gesichte 
oder  zn  Gehör  gekommen  sind,  sind  sie  nur  anerkennend  gewesen, 
sogar  flbertrieben,  dafs  wir,  die  wir  die  Schwächen  unseres  ünter- 
richtswesens  kennen,  die  wir  wissen,  welchen  Weg  wir  noch  zurück- 
zulegen haben,  ehe  wir  zn  Zuständen  kommen,  mit  denen  wir  zu- 
frieden sein  können,  manchmal  etwas  beklommen  wurden  bei  dem 
Lobe,  das  uns  gespendet  wurde. 

Herz-  und  Magenleiden  infolge  der  Ablieben  Schnlhaltung. 
Ans  der  Pariser  Akademie  der  Medizin. 

In  der  Sitzung  der  Pariser  Akademie  der  Medizin  Tom 
27.  Februar  d.  J.  sprach  Dr.  Motais  aus  Angers  über  Herz- und 
Magenleiden  infolge  der  habituellen  Schnlhaltung. 

Die  eigentümliche  Körperhaltung,  so  führte  derselbe  nach 
„La  Fresse  mdd,  Beige*'  aus,  welche  in  den  meisten  Colleges  geduldet, 
ja  selbst  gefordert  wird,  bildet  einen  der  wichtigsten  Faktoren 
für  die  Entstehung  der  Schulkurzsichtigkeit.  Sie  ist  auch  die  un- 
mittelbare Ursache  einer  gro&en  Zahl  von  Verkrümmungen  der 
Wirbelsänle. 

Zn  diesen  Leiden  kommen  noch  Yerdauungsbeschwerden  und 
fanktionelle  Störungen  des  Herzens  hinzu.  Denn  bei  der  gewohnheits- 
gemäfsen  Schnlhaltung  stützt  sich  der  auf  dem  linken  Sitzbein 
ruhende  Schüler  ausschlielslich  auf  den  linken  EUenbogen,  biegt  sich 
nach  vom  und  links  und  neigt  sich  über  sein  Heft. 

Wegen  der  seitlichen  Krümmung  sinken  die  linken  falschen 
Rippen  bis  auf  den  Darmbeinkamm  herab;  der  Magen  wird  daher 
oadi  unten  gegen  die  Milz  und  das  Colon  descendens  gedrängt. 
Infolge  der  Überbeugung  nach  vom  aber  entsteht  eine  Qnerfalte 
auf  der  Bauchwand;  die  Vorderseite  des  Magens  erfährt  dieselbe 
Einknickung,  und  so  tritt  ein  mechanisches  Hindernis  für  die  Be- 
wegungen dieses  Organs  ein. 

Andererseits  nähert  die  Ejrünunung  des  Brustkorbs  nach  vom 
die  Bippen  einander,  indem  sie  die  Zwischenrippenräume  und  folglich 
auch  den  Baum  der  Brusthöhle  verkleinert.  Durch  die  übertriebene 
Beugung  und  Drehung  des  Halses  werden  die  grofsen  Gefäfse  dieser 
Gegend  zusammengedrückt.  Alle  diese  Umstände  erzeugen  eine 
Beengung  des  Herzens  und  der  Lunge  mit  Herzklopfen,  Atem- 
beschwerden u.  s.  w. 

Die  Haltung  in  der  Schule  ist  demnach  eine  der  wichtigsten 
Ursachen  der  Verdauungsstörungen  und  des  häufigen  Herzklopfens 
bei  den  Zöglingen  unserer  Colleges.  Dieselbe  Beobachtung  macht 
man  bei  Erwachsenen,  welche  sich  viel  mit  geistiger  Arbeit  beschäf- 
tigen, femer  bei  Bureaubeamten  und  bei  Handwerkern,    welche  in 


280 

nächster  Nähe  zu  arbeiten  gezwungen  sind.  Die  Behinderung  der 
regelmäßigen  Thätigkeit  des  Herzens  nnd  des  Magens  ist  sogar  um 
so  stärker,  je  vorgerückter  das  Alter  ist. 

In  aUen  diesen  Fällen  konnte  Dr.  Motaib  eine  beträchtliche 
Besserung  der  Herz-  und  Magenleiden  durch  Vorschrift  gerader  Haltung 
bei  der  Arbeit  feststellen.  Es  ist  dies  ein  Grund  mehr,  schul- 
hygienische  Reformen,  besonders   solche  der  Subsellien,  einzuführen. 

Bemerknngen  in  der  VII.  OeneralYersamoiliing 

der  Badegesellschaft  zu  Stnttgart 

über  die  Benntznng  des  dortigen  Schwimmbades  dnrch  Schüler.^ 

Der  Bericht  über  die  YH.  ordentliche  Generalversammlung  der 
Stuttgarter  Badegesellschaft  fdr  das  Geschäftsjahr  1893  enthält 
folgendes : 

Professor  Kessler  vom  Eberhard-Ludwigs-Gymnasium  gibt  zu, 
dafs  sich  dasselbe  am  Klassenbaden  sehr  bescheiden  beteiligt  habe. 
Zunächst  sei  ein  Grund  dafür  darin  zu  suchen,  dafs  die  Schülerzahl 
dieser  Anstalt  nur  ein  Drittel  deijenigeu  der  Schwesteranstalten  be- 
trage. Sodann  badeten  viele  Schüler  des  Gymnasiums  einzeln. 
Endlich  seien  in  den  niederen  Klassen  3,  in  den  höheren  2  Turn- 
stunden vorgesehen,  und  es  mangle  deshalb  etwas  an  Zeit  für  das 
Klassenbaden,  so  dafs  allerdings  zu  wünschen  sei,  es  möchten  die 
zum  Baden  nötigen  Stunden  nicht  allein  vom  Turnunterricht,  sondern 
auch  von  anderen  Fächern  gekürzt  werden. 

Redner  empfiehlt,  an  den  gestifteten  Freibädern  auch  Yolks- 
schüler  teilnehmen  und  denselben  Schwimmunterricht  erteilen  zn 
lassen,  damit  bei  künftigen  Schwunmfesten  auch  sie  sich  beteiligen 
könnten. 

Professor  Yöleeb  dankt  im  Namen  der  Lehrer  und  Schüler 
des  Realgymnasiums  dem  Gründer  und  Erhalter  der  Badeanstalt 
für  seine  Munificenz.  Zu  dessen  Genugthuung  wolle  er  sagen,  da(s 
alle  Schüler,  die  sich  regelmäfsig  am  Klassenbaden  beteiligt  hätten, 
über  die  Winterkrankheiten  viel  leichter,  als  andere  hinweggekommen 
seien.  Ein  Erlafs  höheren  Ortes,  der  zum  Klassenbaden  und 
Schwimmen  auffordere,  liege  vor;  es  werde  deshalb  Sache  der 
Lehrerschaft  sein,  demselben  Durchbruch  zu  verschaffen. 


*  Vergl.  diese  Zeitschnft,  1893,  No.  7  u.  8,  S.  412. 


281 


kleinere  illtttetlttn$en. 


über  die  Gesundheitspflege  in  den  katholischen  Yolks- 
sehnlen  Breslaus  enthält  der  Jahresbericht  des  dortigen  Stadt- 
scholinspektors  Dr.  Handloss  für  1892/93  anter  anderem  folgendes. 
Von  besonderen  baulichen  Yerbessemngen  in  alten  Schnlhäosem  sind 
zu  erwähnen  die  Yerbreiternng  und  Erhöhung  der  Fenster  des 
Schalhauses  Minoritenhof  1 — 3  auf  der  Ost-  und  Westseite.  An 
kalten  und  windigen  Tagen  macht  sich  allerdings  in  der  Nähe  dieser 
Fenster  ein  ziemlich  starker  Zug  fQhlbar;  auch  ist  bei  andauernder 
K&lte  die  genügende  Erwärmung  der  Zimmer  erschwert.  Doch 
diese  kleinen  Nachteile  werden  durch  den  bedeutenden  Gewinn  an 
Licht  aufgewogen.  Dieselbe  erhöhte  Lichtzufuhr  sollen  1894/95 
die  im  £rdgeschols  gelegenen  Klassen  Paradiesstrafse  25—27  er- 
halten. Und  was  im  Schulhause  Neue  Kirchstrafse  15  bei  einer 
Klasse  des  ersten  Stockwerkes  bereits  geschehen  ist,  um  eine  bessere 
natttrliche  Beleuchtung  zu  gewinnen,  wird  im  nächsten  Jahre  auch 
für  die  Parterreräume  zur  Durchfahrung  kommen.  Wie  auf  diese 
Weise  überall  bei  den  älteren  Schulhäusem  für  eine  umfangreichere 
ZoftthruDg  Ton  Licht  und  Luft  gesorgt  wird,  so  verschwinden  auch 
die  alten  unbrauchbaren  Bänke  immer  mehr  aus  den  Schulen.  Nur 
noch  wenige  Jahre,  und  es  sind  alle  Schulzimmer  mit  Subsellien 
aasgestattet,  die  den  Anforderungen  der  Gesundheitspflege  möglichst 
gerecht  werden.  Für  die  Unterbringung  der  Überkleider  der  Kinder 
anlserhalb  des  Schulzimmers  in  den  Korridoren  sind  in  allen  Schul- 
hänsem,  wo  der  Klassenraum  es  zuliefs,  Vorrichtungen  getroffen 
worden.  Allerdings  wurden  hie  und  da  Kleidungsstücke  entwendet, 
ohne  daCs  immer  festgestellt  werden  konnte,  ob  dies  durch  Personen 
geschehen  sei,  welche  sich  durch  die  stets  offenen  Hauseingänge  in  das 
Schulhaus  eingeschlichen  hatten.  £in  vollständiges  Yerschliefsen  dieser 
Thttren  wäre  nur  dann  möglich,  wenn  ein  besonderer  Wärter  für 
das  öffnen  und  Schlieisen  der  Pforte  während  der  Schulstunden  an- 
gestellt würde;  denn  es  muls  für  den  Verkehr  des  Publikums  mit 
den  Rektoren,  der  zuweilen  ein  sehr  reger  ist,  und  der  in  den 
grofsen  Schulhäusem  sich  nicht  auf  eine  bestimmte  Stunde  für  alle 
Schulen  festlegen  läfst,  die  Stralsenpforte  entweder  ganz  offen  sein, 
oder  sich  durch  eine  mechanische  Vorrichtung  leicht  öffiien  lassen. 
Von  allen  zur  Vermeidung  von  Kleiderdiebstählen  bei  offenen  Eingangs- 
httren   vorgebrachten  Vorschlägen   fand  den    meisten  Anklang    der, 


"ifiüli 


282 

die  Kleider  durch  ein  verschliefsbares  Gitter  zu  schätzen.  Die  groise 
Fürsorge  der  städtischen  Schulverwaltung  hinsichtlich  der  Hygiene 
in  den  Schulhäusem  und  während  des  Unterrichtes  spricht  sich  am 
deutlichsten  aus  in  einer  besonderen  Geschäftsanweisnng  für  die 
Rektoren  und  Lehrer,  bezw.  Lehrerinnen  der  städtischen  Volksschulen, 
betreffend  die  Schulgesundheitspflege,*  welche  unter  dem  30.  März 
1893  von  der  Egl.  Regierung  bestätigt  worden  ist;  an  dieselbe  schlie&t 
sich  ein  Nachtrag  zur  Instruktion  fdr  die  Haushälter  und  Schuldiener 
bei  den  städtischen  Yolksschulhäusem  an.  Die  wichtigsten  Be- 
stimmungen daraus  sind  nachstehende:  1.  Die  Reinigung  der  Schnl- 
zimmer  hat  von  jetzt. an  täglich  zu  erfolgen.  2.  Allmonatlich  einmal  sind 
die  Fu&böden  der  Schulzimmer  zu  scheuem  und  die  Wände  entweder 
trocken  oder  feucht  abzuwischen.  3.  Alle  Gänge,  Treppen,  Flure 
sind  täglich  zu  kehren  und  monatlich  einmal  grflndlich  zu  scheuern. 
4.  Die  Fenster  sind  stets  rein  zu  halten ;  alle  vierzehn  Tage  müssen 
dieselben  sauber  geputzt  werden.  5.  Die  BedUrfhisanstalten  sind 
täglich  sorgsam  zu  reinigen.  Damit  ist  auch  die  Ausstattung  aller 
Schulklassen  mit  Waschgerät  und  der  erforderlichen  Anzahl  Yon 
Handtüchern  in  Verbindung  zu  bringen,  und  als  die  Choleragefahr 
im  August  und  September  verflossenen  Jahres  auch  Breslau  zu  nahen 
schien,  wurde  fttr  sämtliche  Schulen  der  Stadt  insbesondere  folgendes 
bestioGimt:  1.  Die  Klassenzimmer  sind  einschliefslich  der  Bänke  und 
sonstigen  Ausstattnngsstt&cke  jeden  Tag  durch  feuchtes  Abreiben  aufe 
sorg^tigste  zu  säubern.  Der  Fulsboden  ist  täglich  unter  Benutzung 
von  Sägespänen  zu  fegen;  einmal  wöchentlich  ist  derselbe  mit  grän^ 
Seife  zu  scheuem.  2.  Der  Sauberkeit  in  den  Klosetts  ist  besondere 
Aufmerksamkeit  zu  schenken.  Dieselben  sind  jeden  Tag  mit  drei- 
prozentiger  Karbolsäurelösung  zu  desinfizieren,  die  Sitzbretter  wieder- 
holt mit  derselben  Lösung  scharf  abzureiben.  3.  Zur  Belehrung 
der  Schulkinder  und  der  Angehörigen  derselben  kamen  „Yerhaltungs- 
mafsregeln  bei  Choleraepidemien''  an  die  Schüler  zur  Ver- 
teilung. In  den  Klassen  I — IV  wurde  dieses  Flugblatt  vor  denselben 
unter  erläuternden  Bemerkungen  der  Klassenlehrer  verlesen.  Femer 
vmrden  drei  Schulhäuser  probeweise  mit  je  einem  Berkefeldschen 
Filter  M  I  mit  mechanischer  Reinigungsvorrichtung  ausgestattet.  — 
Die  Umwandlung  geräuschvollen  Pflasters  in  geräuschloses  vor  ver- 
schiedenen Schulhäusem  kam  leider  aus  Sparsamkeitsrücksichten 
zum  Teil  in  Wegfall.  Doch  sind  immerhin  durch  Legung  des 
letzteren  vor  drei  Schulgebäuden  die  dringendsten  Bedürfhisse  befriedigt 
worden.  Die  Anzahl  der  Schulgärten  wurde  um-  einen  vermehrt. 
Wegen  Ausbmchs    epidemischer  Krankheiten    mulsten    die    sechsten 


^  Vergl.  diese  Zeüschnft,  1893,  No.  10,  S.  543.    D.  Red. 


283 


Klassen  der  Schulen  III  nnd  Y  auf  je  8  Tage  geschlossen  werden. 
Am  yerbreitetsten  waren  die  Masern.  Im  ganzen  erkrankten  an 
Masern,  Scharlach  nnd  Diphtheritis  in  den  Knabenschulen  gegen 
400,  in  den  M&dchenschulen  gegen  550  Kinder.  Gestorben  sind 
im  Berichtsjahre  28  Knaben  und  19  Mädchen. 

Darehschnittszahl  der  Schüler  pro  Klasse  in  den  ver- 
sehiedenen  dentschen  Staaten.    Die  „Pädag.  Zig.*'  veröffentlicht 

folgende  auch  den  Schnlhygieniker  interessierende  Tabelle,  welche  für 
jeden  deutschen  Staat  die  Schülerzahl,  die  Zahl  der  auf  eine  Schule 
entMenden  Einwohner  und  die  durchschnittliche  Zahl  der  Schiller 
in  jeder  Klasse  angibt. 


Zahl 

Dnroh- 
BchnittSKahl 

Einwohner 

der  Sch&ler 

Soh&lersaU 

pro  Schule 

proKlMBe 

Preulsen 

4916476 

862 

69 

Bayern 

827  279 

776 

62 

Sachsen 

976644 

1601 

73 

Württemberg 

314690 

910 

73 

Baden 

272690 

1049 

76 

Hessen 

163035 

977 

64 

Mecklenburg-Schwerin 

84834 

486 

41 

Sachsen- Weimar 

53540 

701 

61 

Mecklenburg-Strelitz 

15309 

419 

43 

Oldenburg 

60407 

697 

63 

Braunschweig 

68  999 

984 

60 

Sachsen-Meiningen 

39592 

713 

67 

Sachsen-Altenburg 

29625 

885 

66 

Sachsen-Koburg-Gotha 

33503 

816 

58 

Anhalt 

45222 

1030 

65 

Schwarzburg-Sondershausen 

12963 

803 

63 

Schwarzburg-Rudolstadt 

14567 

655 

60 

Waldeck 

10440 

473 

71 

Reuls,  filtere  Linie 

10988 

1364 

78 

Reuls,  jüngere  Linie 

19503 

1051 

67 

Schaamburg-Lippe 

6  758 

932 

95 

Lippe-Detmold 

22535 

856 

86 

Lübeck 

8956 

1738 

45 

Bremen 

75718 

3122 

47 

Hamburg 

66658 

6300 

41 

Elsafs-Lothringen 

223  845 

577 

46 

Deutsches  Reich 

7  925688 

874 

66. 

Danach  ist  die  durchschnittliche  Schülerzahl   der 

Klassen   am 

geringsten  in  Mecklenburg-Schwerin  und  Hamburg,  wo  auf  jede  Klasse 

284 

nur  41  Schüler  kommen;  das  hamborgische  Gresetz  bestimmt,  da& 
die  Volksschulklassen  nicht  mehr  als  60  Kinder  enthalten  dfirfen. 

Die  Augen  Yon  Mflnchener  Schulkindern  sind  durch  Dr. 

Seogel  untersucht  worden.  Nach  der  „Münch.  med.  Wochenschir^ 
fand  er  in  sechs  Volksschulen  Münchens  normale  Sehscharfe  bei 
60,7%  der  Knaben  und  bei  54,3%  der  Mädchen.  Was  die 
Refraktion  anbetrifft,  so  wurden  ermittelt:  Emmetropen  64,0 Vo* 
Hypermetropen  22,4Vo,  Myopen  3,6%,  Astigmatiker  7,87o  ond 
Kinder  mit  sonstigen  Anomalien  der  Augen  2,1%.  In  den  Mittel- 
schulen betrug  der  Prozentsatz  der  Kurzsichtigen: 

in  der        I.  Klasse,     5.  Schuljahr,  16,5% 

ml 
IV  8 

Vi       rt  "•  »  *'• 

VI  10 

„      „       V 11,        „         j  1 . 
„     „    VIII.       „        12. 

Die    Mädchengymnasien    und 

Schülerinnen.  Unser  geschätzter  Mitarbeiter,  Herr  Direktor  der 
höheren  Töchterschule  Dr.  0.  Sommeb  in  Braunschweig,  hat  soeben 
eine  interessante  Broschüre  „Zur  ¥ra\Mnheweg%mg  in  Deutschland^ 
veröffentlicht,  in  der  er  unter  anderem  folgendes  über  die  Mädcheu- 
gymnasien  schreibt:  Selbstverständlich  werden  sich  diese  neuen 
Unternehmungen  vorläufig  auf  das  glänzenste  entwickeln;  die  all- 
jährlich erscheinenden  Berichte  über  die  Erfolge  der  Gymnasiastinnen 
werden  nur  Günstiges  zu  melden  haben.  Warum  auch  nicht?  Was 
jedes  Jahr  von  Tausenden  von  Knaben  bei  oft  recht  mä&iger  Be- 
gabung und  Ausdauer  geleistet  wird,  das  sollte  nicht  einigen  be- 
sonders talentvollen  und  von  brennendem  Ehrgeiz  beseelten  Mädchen, 
gleichsam  dem  Elitecorps  ihres  Geschlechtes^,  gelingen?  Die  Lehrer 
werden  auf  das  freudigste  überrascht  sein  durch  die  ihnen  als 
Kabenlehrern  ungewohnte  Frische,  Lebhaftigkeit  und  Lembegierde 
ihrer  Schülerinnen,  sowie  durch  die  überraschende  Schnelligkeit 
ihrer  Fortschritte.  Wir  fürchten  aber,  dafs,  wenn  erst  der  zu  be- 
wältigende Lehrstoff  stärker  anwächst,  mit  den  grofsen  Schwierig- 
keiten auch   die  Schattenseiten   der  weiblichen  Beanlagung  zu  Tage 


» 

24,5  „ 

19 

29,0, 

n 

35,2  „ 

n 

40,6  „ 

M 

46,4  „ 

n 

52,1, 

« 

54,0  „ 

die 

Gesundheit    ihrer 

^  Nach  den  uns  vorliegenden  Nachrichten  soll  das  Karlsruher  Gym- 
nasium freilich  nichts  weniger  als  auserlesene  Köpfe  zu  seinen  Schal6^ 
innen  zählen,  da  man  anbegreiflicherweise  nicht  einmal  eine  Aafnalune- 
Prüfung  verlangt  hat.  Dm  so  gröiser  wird  die  Zahl  derer  werden,  die 
im  Laufe  der  Jahre  abfallen. 


285 

treten  werden :  der  Mangel  an  Tiefe,  die  YergeMchkeit,  die  Vor- 
liebe für  mechanisches,  gedankenloses  Aufnehmen  des  Stoffes.  Und 
die  Schfllerinnen  andererseits?  Bei  dem  starken  Reize,  den  das 
Nene  stets  ausübt  auf  das  weibliche  Geschlecht,  werden  sie  mit 
wahrem  Feuereifer  sich  dem  Lateinischen,  ja  auch  der  Mathematik 
zuwenden  und  f&r  Schule  und  Lehrer  schwärmen ;  auch  der  Ehrgeiz 
wird  das  Übrige  thun,  um  sie  zu  neuen  Anstrengungen  aufzustacheln. 
Aber  wie  es  mit  ihrer  Gesundheit,  insbesondere  mit  ihren 
Nerven  aussieht,  darüber  wird  Sicheres  wohl  nicht  so  bald  in  die 
Öffentlichkeit  dringen.  Jeder  Lehrer  einer  Mädchenschule  weifs  aus 
Erfahrung,  dafs  er  an  seine  Zöglinge  auch  nicht  entfernt  dieselben 
Anforderungen  stellen  darf,  wie  der  des  Gymnasiums,  und  trotzdem 
sieht  er  eine  nicht  geringe  Zahl  derselben  mit  nervösen  Zuständen 
behaftet,  die  wenigstens  teilweise  durch  die  Arbeit  der  Schule,  wenn 
auch  nicht  verursacht,  so  doch  verstärkt  sind.  In  Bezug  auf  die 
gesundheitlichen  Verhältnisse  der  Gymnasiastinnen  in  Zürich  bemerkt 
Direktor  Sommer  noch  besonders:  Über  dieselben  stehen  uns  leider 
verbürgte  Nachrichten  nicht  zur  Verfügung,  aber  die  Angaben  über 
den  Bestand  der  einzelnen  Klassen  des  Züricher  Mädchengymnasiums 
geben  doch  viel  zu  denken:  dort  waren  von  etwa  20  eingetretenen 
Schülerinnen  schließlich  4 — 5  übrig  geblieben.  An  einer  anderen 
Stelle  heifst  es:  Es  wird  endlich  von  den  Freunden  des  Frauen- 
gymnasiums  noch  geltend  gemacht,  dafs  letzteres  seine  Zöglinge  nur 
eme  geringere  Zeit  für  sich  in  Anspruch  nimmt,  als  die  höhere 
Mädchenschule,  erstere  3 — 4  Stunden,  letztere  5  Stunden  täglich. 
Aber  wodurch  hat  man  das  bewerkstelligt?  Einfach  dadurch,  dafs 
man  diejenigen  Stunden,  welche  nicht  unmittelbar  zur  Vorbereitung 
auf  das  Abiturientenexamen  erforderlich  sind,  strich,  ohne  daran  zu 
denken,  dafs  das  Studium  auf  der  Universität  darunter  leiden  könnte. 
Wenn  Professor  von  Esmargh  hörte,  dafs  die  zukünftigen  Medi- 
zinerinnen auf  den  Gymnasien  keine  Gelegenheit  erhielten,  sich  in 
der  Kunst  des  Zeichnens  zu  üben,  was  würde  er  hierzu  sagen,  er, 
der  es  gerade  als  besonderen  Übelstand  bezeichnet  hat,  dafs  seine 
aus  dem  humanistischen  Gymnasium  hervorgegangenen  Zuhörer  sich 
80  gar  ungeschickt  in  der  Wiedergabe  der  einfachsten  körper- 
lichen Gegenstände  zeigen?  Aufser  dem  Zeichnen  fehlen  noch  Singen 
und  Handarbeiten,  also  gerade  diejenigen  Lehrgegenstände,  die,  ab- 
gesehen von  ihrem  anderweitigen  Nutzen,  von  den  Ärzten  als  ein 
unentbehrliches  Gegengewicht  gegen  die  zu  starke  Anspannung  des 
Gehirns  bezeichnet  werden,  und  deren  Einreihung  in  den  Stunden- 
plan jedes  Tages  der  Schule  gerade  zur  Pflicht  gemacht  wird.  Die 
weibUchen  Gymnasien  haben  daher  scheinbar  weniger,  in  der  That 
aber  mindestens  ebensoviele  Denkstunden,  wie  die  höhere  Mädchen- 


286 

schule;    dafs    aber   dort  jede    dieser  Standen  noch  weit  intenslTer 
ausgenutzt  werden  mu(s,  liegt  auf  der  Hand. 

Vierzig  Schulwochen  fBr  Württemberg  ein  Mythis. 
Unter  dieser  Überschrift  veröffentlicht  ein  wflrttembergischer  Gym- 
nasiallehrer in  dem  y^JPäd.  Wochbl.*^  einen  Aufsatz,  welcher  für  die 
Frage  der  Überbürdung  von  Bedeutung  ist.  Gewöhnlich  findet  man 
die  Ansicht  vertreten,  dafs  die  Zahl  der  Schulwochen  etwa  auf  40 
jährlich  zu  veranschlagen  sei.  Verfasser  kommt  aber  durch  Be- 
rechnung an  der  Hand  der  Tagebücher  seiner  Schule  zu  anderen 
Schlüssen.  Von  den  365  Tagen  des  Jahres  sind  zuerst  die  52 
Sonntage  und  sodann  die  Ferien  mit  68  Tagen,  14  zu  Weihnachten, 
15  zu  Ostern  und  39  im  Sommer,  abzuziehen.  Dazu  kommen  die 
kirchlichen  Feiertage  innerhalb  der  Schulzeit,  welche  an  dem  kon- 
fessionell gemischten  Gymnasium  des  Autors  12  betragen.  Der 
Geburtstag  des  Kaisers,  des  Königs  und  der  Königin,  sowie  der 
Schulausfiugtag  machen  4  weitere  Tage.  Die  Störungen  durch  die 
Schlufsprüfungen  und  jeden  letzten  Tag  vor  den  3  Vakanzen 
nehmen  noch  5  Tage  fort,  Anberaumung  der  Lehrerkonferenzen  in 
die  Schulzeit  1  Tag.  Durch  den  seit  Einfahrung  der  mitteleoro- 
päischen  Zeit  verspäteten  Unterrichtsanfang,  der  nicht  durch  späteren 
Unterrichtsschlufs  ausgeglichen  wird,  gehen  62  halbe  Stunden  oder 
6  Tage  verloren.  Endlich  wird  durch  mancherlei  aufserordentliche 
und  nicht  vorher  zu  berechnende  Umstände,  wie  z.  B.  Hitzeferien, 
eine  auf  etwa  2  Schultage  zu  bemessende  Unterbrechung  des  Unter- 
richts bewirkt.  Dabei  ist  der  Unterrichtsausfall  wegen  Krankheit 
oder  familiärer  Anlässe  des  Lehrers  noch  gar  nicht  berücksichtigt. 
Es  sind  also  von  den  365  Tagen  des  Jahres  52  Sonntage,  68 
Vakanztage  und  30  sonstige  schulfreie  Tage  in  Abzug  zu  bringen. 
Das  ergibt  nur  215  Unterrichtstage,  in  abgerundetem  Bruche  sieben 
Zwölftel  der  gesamten  Zeit  des  Jahres,  oder  wenig  mehr  als  die 
Hälfte.  Diese  Thatsache  darf  nicht  auTser  acht  gelassen  werdoa, 
wenn  man  den  höheren  Schulen  den  Vorwurf  der  Überbürdung  macht. 

Lehrergesundheitspflege  ist  ein  Aufsatz  betitelt,  den  Dr. 
A.  Kühner  in  der  „Gsdht^  veröffentlicht.  Für  Lehrer  ist  die 
Gefahr  der  Berufserkrankungen  eine  erhebliche,  wie  die  grofse  Zahl 
akuter  und  chronischer  Leiden  der  Atmungsorgane  bei  denselben 
beweist.  Man  hat  vielfach  die  Erkältung  als  Ursache  dieser  Leiden 
angeschuldigt,  andere  haben  Überanstrengung  der  Stimme  als  wesentlich 
hervorgehoben.  Vergleichen  wir  aber  den  Gesundheitszustand  sonstiger 
Stände,  welche  denselben  Schädlichkeiten  ausgesetzt  sind,  z.  B.  den- 
jenigen der  Unteroffiziere,  so  ergibt  sich,  dafs  sich  den  genannten 
Einflüssen  gegenüber  gerade  die  Lehrer  in  grobem  Nachteil  befinden.  Es 
müssen    also   noch  besondere  Schädlichkeiten    einwirken,   um  jene 


287 

Erkranknugen  der  Atmnngsorgane  bei  ihnen  zu  stände  zn  bringen. 
Eine  nähere  Betrachtung  lehrt  uns,  dals  diese  Schädlichkeiten  in 
zwei  Faktoren  zn  finden  sind,  einmal  in  der  erhöhten  Temperatur 
und  zweitens  in  der  Yenmreinigung  des  Schulzimmers  durch  Staub. 
Anhaltendes  Sprechen  in  einer  solchen  wannen,  mit  Staub  erfüllten 
Luft  bewirkt  eine  reichlichere  Füllung  der  Blutgefälse  in  den  Schleim- 
häuten der  Luftwege,  und  diese  wird  um  so  stärker,  je  heifser  die 
eingeatmete  Luft  ist.  Mancher  Katarrh  des  Kehlkopfes  oder  der 
Luftröhre  wird  auf  diese  Weise  erzeugt  und  mancher  durch  eine 
Erkältung  entstandene  unterhalten  oder  verschlimmert.  Dazu  kommt, 
da(s,  wenn  auch  nur  ein  Schtller  an  Tuberkulose  leidet,  yertrockneter 
Auswurf  mit  Tuberkelbacillen  vom  Lehrer  eingeatmet  werden  und 
bei  Veranlagung  zur  Tuberkulose  weit  eher  als  bei  dem  in  dieser 
Beziehung  widerstandsfähigeren  Schüler  zur  Schwindsucht  Anlafs 
geben  kann.  Was  soll  nun  diesen  Gefahren  gegenüber  geschehen? 
Yor  allem  ist  auf  peinlichste  Keinlichkeit  der  Klassen  zu  halten, 
damit  die  Einatmung  von  Staub  möglichst  verhindert  wird.  Die 
Kinder  müssen  femer  angewiesen  werden,  nicht  ins  Taschentuch 
oder  auf  den  Boden,  sondern  in  besondere,  mit  etwas  Wasser  gefüllte 
GefiLise  etwaigen  Auswurf  zu  entleeren.^  Als  weitere  Yorbeugungs- 
mittel  empfehlen  sich  für  die  Lehrer  geregelte  gymnastische 
Übungen,  durch  welche  der  Brustkasten,  sowie  sämtliche  Muskeln  der 
Atmungsorgane  gekräftigt  und  letztere  gegen  die  genannten  Schädlich- 
keiten widerstandsfähiger  gemacht  werden. 

Die  WiederimpfuBg  in  der  Schule  wird  von  Paul  Baymonb 
in  „Le  Progr.  nUd,"  besprochen.  Derselbe  hat  schon  früher  darauf 
hingewiesen,  dals  bei  einer  grofsen  Zahl  zum  ersten  Male  geimpfter 
Kinder  der  Schutz  gegen  die  Blattern  mit  dem  9.,  8.  und  selbst  dem 
7.  Jahre  erlischt,  und  daher  gefordert,  daDs  die  Wiederimpfung  vor 
dem  10.  Jahre  erfolge.  Da  Pockenfälle  unter  den  Schulkindern 
von  Paris  vorgekommen  waren,  so  wurden  Revacdnationen  angeordnet, 
imd  Dr.  Ratmond  erhielt  so  Gelegenheit,  auch  Kinder  unter 
10  Jahren  wiederzuimpfen.  Die  Zahl  derselben  betrug  152.  Bei 
diesen  zeigte  sich  36  mal  ein  Erfolg,  und  zwar  nach  Impfung  mit 
echter  Lymphe  13  mal,  nach  Impfung  mit  modifizierter  Lymphe 
23  mal;  bei  116  Kindern  blieb  die  Wiederimpfung  resultatlos. 
Demnach  wurden  24%  der  Schulkinder  unter  10  Jahren  erfolg- 
reich wiedergeimpft.  Auf  die  Geschlechter  verteilten  sich  die  Resul- 
tate folgendermaßen: 


*  Vergl.  diese  Zeitschrift,  1891,  No.  2,  S.  134—135  und  1893,  No.  1, 
8.46-48.    D.  Red. 


288 


G«tehlecht 


Knaben. 
Mädchen 


wieder 
^Impfte 


111 

41 


Mit  echter 
Lymphe 

erfolgreich 
Wieder- 
geimpfte 


9 
4 


Hit  uiodl- 
flzierter 
Lymphe 

erfolgreich 
Wieder- 
geimpfte 


18 
5 


Erfolglot 
Wieder- 
geimpfte 


der  Eiftilge 


84 
82 


24 

22 


Die  Erfolge  waren  also  bei  Knaben  and  Mftdchen  ziemlich  die 
gleichen.  Was  den  Einflofä  des  Alters  anf  das  Resultat  der  Wieder- 
impfung betrifft,  so  gibt  darflber  die  nachstehende  Tabelle  Aufschloüs: 


Alter 


9—10  Jahre 

8-9        „ 

7-8        „ 
6V.-7    „ 


Wieder- 
geimpfte 


56 
41 
40 
16 


Mit  echter 
Lymphe 

erfolgreich 
Wieder- 
geimpfte 


2 
5 
6 
0 


Mit  modi- 
fizierter 
Lymphe 

erfolgreleh 
Wieder- 
geimpfte 


12 
5 
4 
2 


Erfolglos 
Wieder- 
geimpfte 


42 
31 
30 
13 


derBiiblfe 


25 
25 
25 
14 


Die  Wirkung  der  ersten  Impfung  machte  sich  demnach  bei  den 
6  Vi — 7jährigen  Kindern  noch  am  meisten  geltend,  indem  hier  mir 
14%  erfolgreich  revacciniert  wurden;  bei  den  7 — lOj&hrigen  liefe 
sie  dagegen  mehr  nach,  da  unter  diesen  schon  bei  26%  ein  Erfdg 
nach  der  Wiederimpfung  eintrat;  bei  den  10 — 13jährigen  schwankte 
das  Resultat  zwischen  22  und  25%.  Aufserdem  zeigt  die  zuletzt 
angefahrte  Tabelle,  dafs  die  Revaccination  mit  modifizierter  Lymphe 
um  so  erfolgreicher  ist,  ein  je  höheres  Alter  die  Kinder  besitzen. 
Nahm  Dr.  Raymond  zu  seiner  Statistik  diejenige  des  Dr.  Lalagabb 
hinzu,  so  ergab  sich,  dafs  bei  419  revaccinierten  Kindern  im  Alter 
von  7 — 10  Jahren  87  oder  etwas  mehr  als  21%  Erfolge  eintraten. 
Dafs  bei  Erwachsenen  der  Schutz  gegen  die  Blattern  länger  als 
10  Jahre  anhält,  ist  begreiflich,  da  sie  bereits  zweimal  geimpft 
sind.  Wenn  derselbe  dagegen  bei  Kindern  vielfach  nur  7  Jahie 
dauert,  so  ist  zu  bedenken,  dafs  sie  nur  einmal  geimpft  sind 
und  dafs  aufserdem  bei  ihnen  die  Veränderung  der  Gewebe  viel 
schneller   vor    sich    geht,    als    bei    Erwachsenen.     Dr.    Ratmond 


289 

befindet  sich  also  mit  Herrn  Hebvieux  in  Übereinstimmung, 
der  auf  Grand  seiner  reichen  Erfahrong  in  der  Pariser  Akademie 
der  Medizin  die  folgenden  Sätze  aufstellte:  Die  Ton  einer  oder 
mehreren  Impfungen  herrührende  Immunität  ist  um  so  weniger  dauer- 
haft, je  jünger  das  betreffende  Individuum  ist;  sie  hält  nur  7  bis  8 
Jahre  an;  nach  8 — 10  Jahren  beginnt  die  Abnahme  des  Schutzes. 
Wenn  Dr.  Ratmond  bei  seinen  Wiederimpfungen  nur  22 — 25% 
Erfolge  hatte,  so  darf  man  dagegen  nicht  die  bei  Erwachsenen 
gewöhnlichen  80%  Erfolge  anführen,  da  dieselben  bei  älteren  Per- 
sonen immer  gröfser  als  bei  jüngeren  sind.  Trotzdem  glaubt  er, 
dafs  von  seinen  Nichterfolgen  noch  mancher  vermieden  worden  wäre, 
wenn  er  statt  der  Impfstiche  ein  Abkratzen  der  Haut  vorgenommen 
hätte.  Dadurch  wird  die  Besorptionsfläche  für  die  Lymphe  ver- 
grölisert,  und  das  Resultat  steigt  von  22  auf  55  %.  Jedenfalls  aber 
hftlt  er  die  in  Deutschland  übliche  Praxis,  die  Kinder  erst  im 
13.  Lebensjahre  wiederzuimpfen,  für  unrichtig;  die  Revaccination 
sollte  vielmehr  mit  dem  7.  Lebensjahre,  ja  nach  Trousseaü  sogar 
alle  5  Jahre  vorgenonmien  werden. 

Ober  die  medizinisch  -  pädagogische  Behandlung  idio- 
tiseher  Kinder  äufsert  sich  Dr.  Boubneville  zu  Paris  in  ^Xa 
mdd.  mfant^  £r  gibt  zunächst  eine  Definition  der  Idiotie,  sowie 
eine  Einteilung  derselben  nach  dem  klinischen  und  nach  dem  ana- 
tomischen Princip  und  führt  uns  dann  in  sein  eigentliches  Thema, 
die  medizinisch-pädagogische  Behandlung  der  idiotischen  Kinder  in 
der  Anstalt  von  Bicetre,  ein,  dem  er  noch  historische  Angaben  über 
die  dort  geübte  Behandlungsmethode  vorausschickt.  Der  Aufsatz  ist 
in  Abschnitte  gegliedert,  deren  Überschriften  lauten:  1.  Gehübungen, 
2.  Erziehung  der  Hand,  3.  Erziehung  des  Tastsinns,  4.  Erziehung 
der  Aufmerksamkeit,  5.  Erziehung  des  Gesichtssinnes  in  Verbindung 
mit  dem  Tastsinn,  6.  Erziehung  des  Gehörs,  Geruchs  und  Ge- 
schmacks, 7.  Behandlung  der  Schwierigkeiten  bei  der  Ernährung, 
8.  Reinhaltung,  Kleidung,  9.  Erster  Unterricht,  10.  Heranbildung 
za  einem  bestimmten  Handwerk.  Die  Berichte,  welche  die 
Lehrer  in  bestimmten  Zeitabschnitten  über  die  Leistungen  ihrer  Zög- 
linge liefern,  die  Hefte  der  einzelnen  Schüler,  der  finanzielle  Erfolg 
der  Handwerksschulen,  schliefslich  die  Zeugnisse,  welche  den  Ent- 
lassenen Yon  ihren  Herren  ausgestellt  sind,  liefern  objektive  Anhalts- 
punkte für  die  trefflichen  Resultate.  Sehr  nachahmenswert  sind 
«ach  die  Einrichtungen  behufs  wissenschaftlicher  Ausnutzung  des 
Materials  in  Bicetre.  Messungen,  Wägungen,  Anfertigung  von  Schädel- 
ahgflssen  und  Photographien  —  alles  geschieht  dort  regelmäfsig  und 
wird  systematisch  verwertet.  Auf  Grund  der  so  gewonnenen 
Befände  konnte  Bourneville  und  seine  Schule  den  schon  fillher 

8«hu]«i>BBdb«ltapll6ffe  TU.  19 


290 

von  uns  angeführten  Satz  ^  aufstellen,  dafs  die  Eraniektomie  bei  d^ 
meisten  Fällen  von  Mikrocephalie  der  wissenschafdichen  Begrflndnng 
entbehre. 

Ein  sehnlinSiuiisehes  Urteil  fiber  das  Turnen  ans  dem 
Jahre  1814.  Professor  Th.  Heinsius,  Lehrer  am  Granen  Kloster 
zn  Berlin  und  Freund  des  gleichfaUs  an  diesem  Gymnasium  unter- 
richtenden Fr.  L.  Jahn,  gab,  wie  die  y^Dtsch.  Ttjum-Zig.^  berichtet, 
einen  Schulkalender  für  das  Jahr  1815  heraus.  Der  sechste 
Abschnitt  dieses  Kalenders  handelt  „Über  die  Beförderung  deutscher 
Volkstümlichkeit  durch  unsere  Schulen.**  Es  heifst  hier:  „Es 
dürfen  in  keiner  Schule  die  Turnübungen  fehlen.  Mens  sana  in 
corpore  sano  ist  eine  alte,  aber  Yergessene  Wahrheit.  Eine 
lügenhafte  Mönchsmoral  raubte  dem  Körper  seine  Rechte  und  zer- 
störte dadurch  die  Wurzelkeime  des  Lebens;  denn  wo  keine  Körper- 
kraft ist,  ist  kein  Mut,  und  wo  kein  Mut  ist,  ist  keine  Freiheit 
Was  dazu  führt,  sind  die  Leibesübungen,  die,  stufenweise  und  künstlich 
geordnet,  die  Tumknnst  bilden,  zu  deren  Ausübung  die  Tumlehre 
anweiset.  Das  Altertum  hat  in  diesen  Übungen  ein  Mittel  zur 
Volksbildung  gefunden,  und  Plato  und  Aristoteles  sind  ihre  Lob- 
preiser gewesen.  Ihr  Nutzen  ist  jedem  begreiflich;  sie  stärken  und 
machen  gewandt,  geben  wackere  und  arbeitsame  Männer  für  das 
bürgerliche  Leben  und  sind  eine  Vorschule  der  Wehrkunst.  Gnmd 
genug  für  den  Neudeutschen,  sie  zu  treiben.  An  Anweisungen  dazu 
fehlt  es  uns  nicht.  Gutst-muths  und  ViBTHs  Werke  sind  bekannt, 
und  wem  sie  zu  umständlich  sind,  der  findet  etwas  Einfacheres  im 
Borkemann,  der  nur  beschrieben  hat,  was  alle  Berliner  in  der 
Hasenheide  gesehen  haben  und  noch  sehen  können.  Bei  gutem 
Willen  kann  jede  Stadtschule  etwas  dem  Ähnliches  begründen.  In 
diesen  Turnübungen,  wenn  sie  allgemein  werden,  ist  dem  deutschen 
Volke  das  Mittel  zum  Siege  gegeben.'' 

Radfahrertrainiermig  im  Zimmer.  Wir  haben  in  unserer 
Zeitschrift^  die  Einrichtung  eines  Zimmerbootes  besprochen  und 
darauf  hingewiesen,  dafs  in  Anbetracht  der  vermehrten  Atem- 
bewegungen das  Rudern  in  der  Regel  im  Freien  stattfinden  sollte. 
Mit  Bezug  hierauf  teilt  uns  ein  Freund  unseres  Blattes  mit:  Es 
gibt  auch  eine  Vorrichtung,  welche  es  ermöglicht,  im  Zimmer  sich 
für  das  Radfahren  zu  trainieren.  Auch  hier  kann,  wie  bei  dem 
Zimmerboote,  der  Widerstand  beliebig  vergröfsert  und  verringert 
werden.     Eine  Glocke  markiert  jeden  zurückgelegten  Kilometer.   Fflr 


*  S.   diese  Zeitschrift,   1894,    No.   2,   S.  94-95;   vergl.    dagegen 
Jahrg.  1892,  No.  5,  8.  226-227. 

•  Jahrg.  1889,  No.  7,  8.  354. 


291 

die  Praxis  stellte  sich  aber  der  Nachteil  heraas,  dais  Wettfahrer, 
welche  sich  in  dieser  Weise  geübt  hatten,  hinter  den  anderen  znrttck- 
blieben,  weil  sie  infolge  vernachlässigter  Atemgymnastik  nicht  im 
Stande  waren,  den  Luftwiderstand  zn  überwinden. 

Saprol  als  Mittel  zur  Wahrnehmung  fäkaUscber  Yemn- 
reinignngen  Ton  Schnlbrnnnen.  Die  Anwesenheit  geringer  Mengen 
Ton  Flüssigkeiten  aus  Dnng-  oder  Abortgmben  im  Bnmnenwasser,  so 
schreibt  Dr.  Noebblingeb  in  der  „Pharm,  CentraJMU,'' ,  gibt  sich 
gewöhnlich  weder  dem  Geschmack  noch  dem  Geruch  zu  erkennen, 
und  man  schöpft  nicht  selten  erst  Verdacht  auf  solche  Yerunreini- 
gnngen,  wenn  durch  den  Genufs  des  Wassers  bereits  Krankheiten 
hervorgerufen  sind.  Da  nun  die  chemische  und  bakteriologische 
Untersuchung  von  Brunnenwasser  ziemlich  kostspielig  ist  und  zudem 
nicht  von  jedem  ausgeführt  werden  kann,  so  dürfte  ein  Hinweis  auf 
das  Saprol  als  Mittel,  fäkalische  Verunreinigungen  von  Brunnen  zu 
erkennen,  von  Interesse  sein.  Der  charakteristische  leuchtgas-  oder 
naphthalinartige  Geschmack  des  Saproiwassers  ist  nämlich  noch  in 
einer  Verdünnung  von  1  : 1 000  000  so  durchdringend,  dafs  er  un- 
bedingt wahrgenommen  werden  muls.  Wird  daher  Saprol  in  die  Dung- 
oder Abortgrube  gegossen,  so  steigt  es  auf  dem  allmählich  hinzutretenden 
Gmbeninhalt  in  die  Höhe,  bespült  also  Boden  und  Wände  der  Grube 
nnd  gelangt  durch  etwaige  undichte  Stellen  in  den  Untergrund,  sowie 
weiterhin  in  nahegelegene  Brunnen.  Im  Brunnenwasser  wird  es  aber  bald 
dnrch  den  Geschmack  wahrgenommen  und  verrät  so  leicht  die  hygienisch 
an(serordentlich  wichtige  Thatsache,  dafs  der  Brunnen  durch  Gruben- 
inhalt verunreinigt  ist.  Die  nächste  Forderung  ist  dann  natürlich 
die  sofortige  Entleerung  und  ordnungsmäßige  Cementierung  der  Grube, 
damit  dieselbe   gegen  die  Umgebung  vollständigen  Abschlufs  erhält. 

Gegen   aufsteigende  Bodenfeuchtigkeit  in  Sehnlmanem. 

um  nachträglich  ältere  Bauwerke  gegen  Bodenfeuchtigkeit  zu  isolieren, 
durchsagt  nach  der  „Dtsch,  Bawstg.*^  die  Siebe  Ische  Bauartikel- 
üabrik  in  Düsseldorf  absatzweise  meterlange  Stücke  der  betreffenden 
Hauer  mit  einer  Baumsäge.  In  den  Sägeschnitt  werden  Bleiisolier- 
platten eingeführt  und  die  übrigbleibenden  Zwischenräume  mit  dünn- 
flflssigem,  rasch  bindendem  Cement  ausgefüllt.  Die  darüber  befindlichen 
Wände  trocknen  dann  in  wenigen  Monaten  vollkommen  aus,  da  keine 
Feuchtigkeit  von  unten  mehr  nachsteigen  kann. 


19* 


292 


9a0es0ef(^t(^tH(^es. 


VIII.  internationaler  Eongrefs  fAr  Hygiene  nnd  Demo- 
graphie in  Budapest.  Die  Vorarbeiten  des  vom  1.  bis  9.  Sep- 
tember d.  J.  in  Budapest  tagenden  hygienischen  Kongresses  schreiten 
rüstig  vorwärts.  Bereits  sind  362  hygienische  und  78  demographische 
Vortrage  allein  Yon  Ausländem  angemeldet  worden.  Die  Zahl  der 
Sektionen  wurde  um  eine  vermehrt;  unter  dem  Titel  „Allgemeioes 
Samariterwesen''  hat  sich  nämlich  als  XX.  Sektion  der  Samariter- 
kongrefi  angeschlossen.  Auch  die  deutschen  Eisenbahnärzte  und  der 
Verein  für  Leichenverbrennung  werden  ihre  heurige  Versammlmig 
mit  dem  Kongresse  in  Budapest  verbinden.  Derselbe  wird  durch 
Se.  Hoheit  den  Erzherzog  Karl  Ludwig  persönlich  erOffiiet  werden. 
Der  Begrttisungsabend  findet  im  Garten  und  Gebäude  des  Museums, 
dem  klassischen  Platze  der  Residenz,  statt  An  einem  Kongreistage 
wird  die  Stadt  in  sämtlichen  Sälen  der  hauptstädtischen  Bedonte 
einen  Empfangsabend  im  grofsen  Stil  veranstalten.  Der  6.  September 
ist  für  kleinere  Ausflüge  reserviert;  hierher  gehören  einerseits  die 
systematischen  Besichtigungen  der  öffentlichen  Institute,  andererseits 
Ausflüge  nach  Balatonfüred-Siofok,  auf  Einladung  des  Grafen  Nikolaus 
EszterhIzy  nach  Tatis,  femer  nach  dem  Schwabenberg,  nach  der 
Margareteninsel  u.  s.  w.  Der  Plan  der  nach  dem  KongreCs  zu  ver- 
anstaltenden gröiseren  Touren  ist  erweitert  worden,  indem  aoCser 
der  Heise  nach  Konstantinopel  und  Belgrad  Ausflüge  nach  Schmecks, 
nach  Agram-Fiume  und  nach  Bosnien  und  der  Herzegowina  ins  Pro- 
gramm Au&ahme  gefunden  haben. 

Zur  Anstellung  von  Schnlärzten.  In  der  Berliner  medizinischen 
Gesellschaft  liegt  nach  der  ^Btsch,  med,  Wochschr,^  ein  Antrag 
des  Hygienikers  Dr.  Th.  Wbyl  vor,  dahin  gehend,  dals  die  Ge- 
sellschaft eine  Kommission  wählen  möge,  welche  die  Schularztfrage 
einer  eingehenden  Bearbeitung  unterziehen  soll. 

Über  Bfickgratsverkrfimmnngen   von    Schnlkindern  hat 

unser  geschätzter  Mitarbeiter,  Herr  Ho&at  Dr.  W.  Kbüg  in  Dresden, 
vor  einiger  Zeit  Untersuchungen  angestellt  und  seine  Resultate  in 
dem  „Jahrb.  f.  KindMkde.^  veröffentlicht.  Derselbe  prüfte,  unter- 
stützt von  einigen  Kollegen,  1418  Kinder  zumeist  aus  verschiedenen 
Dresdener  Bezirksschulen  im  Alter  von  8  bis  16^/a  JfihTen,  Dabei 
fanden  sich  357  seitliche  Abweichungen  der  Wirbelsäule.  Diese  Zahl 
ist  zunächst  zu  kürzen  um  13  aus  der  früheren  Kindheit  stammende 


293 


hochgradige  rhachitische  Skoliosen,  4  bei  den  Knaben  und  9  bei  den 
Mftdcben,  eine  Ziffer,  welche  annähernd  1%  der  Beobachteten  betr&gt. 
Nach  Abzog  dieser  13  Fälle  bleiben  344  Wirbelsänlenverkrümmangen 
=  24%,  nnd  zwar  181  bei  den  Knaben  =  26%  und  163  bei  den 
Mädchen  ==  22,5  Vo*  Auf  die  verschiedenen  Altersklassen  verteilten 
sich  die  Skoliosen  folgendennaisen: 


Alter 
io  Jiduren 

Zahl 

der 

Knaben 

Dar- 

natar 

SkoUo- 

tlecbe 

7ö 

Zahl 

der 

MBd- 

chen 

Dar- 

onter 

Skolio- 

tlaehe 

7o 

Summe 
der  Kna- 
ben und 
M&d- 
ehen 

llir 

Vo 

8-9V* 
10-10V4 

ll-ll»/* 
12    12V4 

13-13V4 
14-16V4 

86 
102 
102 
214 
120 

71 

10 
17 
29 
59 

43 
23 

11,6 
16,5 
28,0 
27,5 
35,0 
32,5 

104 
80 
133 
217 
148 
41 

18 
14 

28 
44 
46 
13 

17,0 
17,5 
21,0 
20,5 
31,0 
31,5 

190 
182 
235 
431 
268 
112 

28 
31 
57 
103 
89 
36 

14,5 
17,0 
24,0 
24,0 
33,0 
32,0 

Zu- 
ssminen 

6d5 

181 

26,0 

723 

163 

22,5 

1418 

844 

24,0. 

Betrachtet  man  die  einzelnen  Altersstufen,  so  ergibt  sich  eine 
Steigerung  der  Frequenz  der  Skoliose  bei  den  Knaben  von  11,5  auf 
35%,  bei  den  Mädchen  von  17  auf  31,5%.  Die  Steigerung  ist  aber 
nicht  ganz  regelmäfsig,  sondern  zeigt  bei  beiden  Geschlechtem  vom 
12.  bis  zum  13.  Jahre  einen  StiUstand.  Betont  werden  mufs,  dafs 
im  Gegensatz  zu  den  früheren  Anschauungen  die  Knaben  mehr  belastet 
erscheinen,  als  die  Mädchen,  und  zwar  im  Verhältnis  von  26%  zu 
22,5%.  Am  meisten  prägt  sich  dies  im  12.  und  13.  Jahre  aus. 
Die  Art  der  Verkrümmungen  geht  aus  der  nachstehenden  Tabelle  hervor : 


Knaben 

Hld- 
ehen 

Knaben 

ond 

Madehen 

Ituammen 

Nach  rechts  irerichtete  Skoliosen 

27 

136 

15 

2 

1 

45 

95 

19 

3 

1 

72 

Nach  links  irerichtete  Skoliosen 

231 

Doppelakoliosen  rechts  oben  und  links  unten  . . 
Boppelikoliosen  links  oben  und  rechts  nnten  . . 
Dreifache  Skoliosen 

34 
5 
2 

Zusammen 

181 

163 

Otrxm 

294 

Am  meisten  ftllt  hierbei  die  grobe  Zahl  der  nach  links  gerichteten 
Abweichungen  in  die  Aogen,  nnd  zwar  bei  den  Knaben  in  weit 
höherem  Grade,  als  bei  den  Mädchen.  Es  wurde  anch  auf  die  Torsion 
der  Wirbelsäule  geachtet,  welche  sich  durch  Ausbiegung  der  Rippen 
und  Vor-  oder  Hochstehen  des  Schulterblattes  der  gleichnamigen  Seite 
kundgibt.  Eine  solche  gelangte  40  mal  zur  Beobachtung,  21  mal 
bei  den  Knaben  und  19  mal  bei  den  Mädchen.  Vorwiegend  zeigte 
sie  sich  bei  rechtsseitiger  Skoliose  des  Brustteiles,  nämlich  26  mal, 
und  nur  12  mal  bei  linksseitiger,  2  mal  ohne  nähere  Angabe.  Hoch- 
stand einer  HtLfte  kam  51  mal  vor,  7  mal  ohne  gleichzeitige  Skoliose 
und  2  mal  auf  der  falschen  Seite,  nämlich  links  bei  linksseitiger 
Skoliose,  wahrscheinlich  infolge  Ton  ungleicher  Länge  der  Beine. 
Nebenbei  wurde  beobachtet  teils  bei  normalen,  teils  bei  skoliotischen 
Kindern  40  mal  kyphotische  Haltung  des  oberen  Brustteiles  mit  starker 
Konvexität  nach  hinten  und  ab  und  zu  eine  Ausbiegung  nach  vom,  femer 
30  mal  sehr  flache  Brust,  alles  dies  ziemlich  gleichmä&ig  bei  beiden 
Geschlechtem.  Die  häufigsten  Yerbiegungen  betrafen  den  Bmsttefl 
der  Wirbelsäule,  eine  kleinere  Zahl  den  Lendenteil,  die  wenigsten 
den  Halsteil  nebst  obersten  Bmstwirbeln.  Da  man  nicht  selten  die 
Ansicht  hört,  dafs  blutarme  oder  dürftig  ernährte  Kinder  wegen 
Schwäche  der  RtLckenmuskulatur  am  leichtesten  diesen  Yerbiegringen 
verfallen,  und  ebenso  der  Meinung  begegnet,  dafs  Rhachitis  hierzu 
besonders  prädisponiere,  so  wurde  bei  sämtlichen  Kindern  auch  auf 
EmährungsstOrangen  und  Spuren  von  Rhachitis  gefahndet.  Es  stellte 
sich  heraus,  dals  183  Fälle  von  Skoliose  kräftige  Kinder  mit  ge- 
sunder Farbe  betrafen  und  nur  153  auf  anämische  entfielen.  Anderer- 
seits traten  283  Skoliosen  ohne  gleichzeitige  Rhachitis  auf  und  nur 
61  zusanmien  mit  derselben.  Schenk  in  Bem  hat  durch  exakte 
Messungen  gefunden,  dais  von  200  Knaben  160  mit  linksskoliotischer 
Stellung  der  Wirbeläule  schrieben,  34  mit  rechtsskoliotischer  und 
6  mit  unbestimmter  Haltung.  Dies  Verhältnis  bei  vorübergehend 
angenommenen  SchreibsteUungen  ist  genau  dasselbe,  wie  bei  Kküos 
fixierten  Yerbiegungen,  welcher  136  linksseitige  und  27  rechtsseitige 
Skoliosen  bei  den  Knaben  konstatierte.  Um  der  Sache  weiter  auf 
den  Grund  zu  gehen,  liefs  derselbe  neui\|ährige  Knaben  mit  ent- 
blößtem Rumpf  20  Minuten  lang  schreiben  und  notierte  bei  jedem 
die  Stellung.  Ton  48  schrieben  9  mit  linksskoliotischer,  3  mit 
rechtsskoliotischer  Haltung,  2  mit  unbestinmibarer  schiefer  Stellung,  32 
mit  geradem  Rückgrat;  2  zählten  wegen  fixierter  Skoliose  nicht  mit. 
Von  den  9  linksgebogenen  Schreibenden  hatten  7  den  linken  Arm 
weit  vom  auf  dem  Tisch  liegen.  Aus  der  zweiten  Tabelle  ist  er- 
sichtlich, dals  das  Verhältnis  der  rechtsseitigen  Skoliosen  zu  den 
linksseitigen  bei  den  Mädchen  45 :  95  oder  1  : 2,    bei  den  Knaben 


295 

27 :  136  oder  1  :  5  beträgt.  Dieser  Unterschied  hängt  wahrscheinlich 
damit  zusammen,  dals  viele  Mädchen  kleinere  Geschwister  auf  dem 
linken  Arm  tragen.  Hierdurch  wird  der  Schwerpunkt  des  Körpers 
verschoben  und  die  Wirbelsäule  nach  rechts  ausgebogen,  somit  der 
Yerbiegung  nach  links  entgegengearbeitet.  In  dem  gleichen  Sinne 
wirken  schwere  Büchertaschen,  welche  die  Mädchen  mit  der  linken 
Hand  tragen.  Unter  den  Kindern  befanden  sich  210  im  Alter  von 
11  bis  12  Jahren,  bei  welchen  eine  1^/2  bis  2  Jahre  vorher  an- 
gestellte Untersuchung  keine  Yerbiegung  ergeben  hatte.  Jetzt  waren 
unter  denselben  43  Skoliosen  eingetreten.  Danach  kann  es  keinem 
Zweifel  unterliegen,  da(s  bei  etwa  einem  Drittel  aller  Kinder  die  bei 
den  schriftlichen  Arbeiten  in  Schule  und  Haus  beliebte  schiefe  Haltung 
der  Wirbelsäule  sich  fixiert  und  am  Ende  der  Schulzeit  mit  in  das  Leben 
hinflbergenommen  wird.  Was  kommt  nun  diesen  Veränderungen  des 
Skelettes  für  eine  praktische  Bedeutung  zu?  Zunächst  muTs  ja  zu- 
gegeben werden,  dafs  man  den  meisten  schiefen  Knaben  und  Mädchen, 
wenn  sie  bekleidet  sind,  nichts  ansieht,  dafs  auch  die  Eltern  sehr 
dt,  nichts  von  der  Verkrümmung  wissen.  Es  sind  aber  auch  viele 
darunter,  etwa  Ve  bis  Vt»  welche  schon  eine  so  erhebliche  Deformität 
besitzen,  daCs  sie  dem  Beschauer  auffallen.  Solche  Kinder  werden 
von  wohlhabenden  Eltern  in  die  orthopädischen  Institute  geschickt. 
Für  Volksschüler  ist  dies  nicht  möglich.  Hier  kann  nur  vorbeugend 
gewirkt  werden.  Bei  der  Prophylaxe  aber  mufs  man  immer  wieder 
auf  die  alten  Forderungen  zurückkommen:  strenge  Beaufsichtigung 
der  Haltung  durch  die  Lehrer,  sei  die  Schreibmethode  welche  sie 
wolle,  guter  Bücherdruck,  hinreichendes  Licht,  richtige  Heftlage, 
nonnale  Subsellien,  möglichste  Anpassung  derselben  an  die  Gröfse 
der  Schüler  und  Aufstellung  von  2,  am  besten  3  Banknummem  in 
jeder  Klasse.  Es  ist  femer  zu  verbieten,  in  nebenliegende  Bücher  hinein- 
zusehen oder  aus  solchen  abzuschreiben,  dieselben  müssen  sich  viel- 
mehr vor  dem  Schüler  befinden.  Der  Schreibunterricht  sollte  in  den 
untersten  Klassen  abgekürzt  und  abwechselnd  mit  anderen  Thätigkeiten 
betrieben  werden.  Sehr  empfehlenswert  ist,  was  viele  Lehrpersoneu 
schon  jetzt  thun,  nach  einiger  Zeit  des  Schreibens  die  Kinder  auf- 
stehen und  mehrere  Male  Armheben  oder  dergleichen  ausführen  zu 
&88en.  Der  Lehrer  müfste  aufserdem  dem  Schularzte  Schüler  mit  anf- 
allend schlechter  Körperhaltung  zur  Untersuchung  zuweisen.  Auf 
diese  Art  könnte  durch  einfache  Batschläge  Nutzen  geschafft  oder 
weitere  Hilfe  angebahnt  werden ;  bisweilen  ist  hier  ein  Wechsel  des 
Platzes  rätlich,  oder  man  schreibt  eine  bestimmte  Armhaltung  vor, 
man  empfiehlt  einen  schiefen  Sitz,  einen  höheren  Absatz,  verbietet 
das  Tragen  einer  Handtasche,  dispensiert  von  einigen  Stunden  n.  s.  w. 
Grolsen  Einflub  hat  auch  das  Schulturnen ;  durch  dasselbe  wird  der  in  un- 


296 

natürliche  Stellongen  gebannt  gewesene  Körper  wieder  gerade  gerichtet 
und  die  Rumpfmusknlatar  gekräftigt.  Endlich  soUte  an  die  Stelle 
der  Schrägschrift  die  Steilschrift  treten.  Sie  wirkt  nicht  nur  der 
skoliotischen  Schreibhaltong  entgegen,  sondern  anch  der  kyphotischen 
Yerbiegang  und  der  übergrofsen  Annähemng  der  Augen  an  das 
Heft,  was  gerade  ftlr  die  unteren  Klassen,  wo  die  ersten  unmerk- 
lichen Anfänge  der  Skoliose  sich  bilden,  von  Wichtigkeit  ist. 

Zur  Yerbfitnng  der  Weiterverbreitnng  der  Diphtherie 
durch  Schulen.  In  jüngster  Zeit  sind  in  Prag  mehrere  Erkrankungen 
von  Schülern  und  Schülerinnen  an  Diphtherie  mit  tödlichem  Aus- 
gange vorgekommen.  Auf  Anordnung  der  Behörden  wurden  die 
betreffenden  Schulklassen  geschlossen  und  eine  gründliche  Desinfektion 
derselben  vorgenommen.  So  zweckmäfsig  auch  derartige  Mafsnahmen 
sind,  schreibt  das  „Prag,  Taghl,**,  so  wenig  reichen  dieselben  aus, 
um  die  Schu^ugend  zu  schützen,  da  die  Krankheit  häufig  längere 
Zeit  in  latentem  Zustande  an  den  Schleimhäuten  der  Mandeln  und 
des  Rachens  haftet,  ohne  durch  Schmerzempfindung  oder  anderweitige 
Symptome  die  Aufmerksamkeit  der  Kinder,  bezw.  der  Eltern  zu 
erregen  und  letztere  zu  energischem  Eingreifen  anzutreiben.  Und 
doch  kann  durch  frühzeitige  palliative  Vorkehrungen  und  durch  zweck- 
mäfsiges  ärztliches  Wirken  in  vielen  Fällen  die  Diphtherie  verhütet 
oder  ein  günstiger  Verlauf  derselben  angebahnt  werden.  Dies  ist 
aber  nur  dann  erreichbar,  wenn  zur  Zeit  einer  herrschenden  oder 
drohenden  Epidemie  die  Schulkinder  fleifsig,  d.  i.  täglich  untergncht 
und  etwanige  UnregelmäTsigkeiten  und  Beläge  an  den  Schleimhäuten 
des  Halses  und  des  Rachens  sofort  erkannt  werden.  Denn  in  diesem 
Falle  können  verdächtige  oder  erkrankte  Kinder  vom  Schulbesuche 
ausgeschlossen  und  erst  nach  erfolgter  Genesung  zu  demselben  wieder 
zugelassen  werden.  Zur  Vornahme  derartiger  Untersuchungen  müfsten 
jedoch  eigene  Schulärzte  angestellt  werden,  welche  sich  der  ihnen 
übertragenen  Aufgabe  mit  Muüse  hingeben  könnten.  Diese  würden 
nicht  nur  zur  Verhütung  und  Bekämpfang  von  Epidemien  unter  der 
Schu^ugend  viel  Erspriefsliches  leisten,  sondern  auch  sonst  in  der 
Schule  ein  Feld  vielseitiger  segensreicher  Wirksamkeit  finden. 

Die  SchwerhSrigkeit  im  schulpflichtigen  Alter,  so  betitelt 

sich  ein  Aufsatz,  den  Kreisphysikus  Dr.  RiOHTBR  zu  Grefe -Warten* 
borg  in  der  „Dtsch,  med,  Wochschr."'  veröffentlicht.  Im  Jahre  1885 
sind  auf  Anregung  des  preuTsischen  Kultusministeriums  Erhebungen 
über  die  Schwerhörigkeit  unter  den  Schülern  der  höheren  Schulen  an- 
gestellt worden.  Die  so  gefundenen  Zahlen  rühren  von  Untersuchungen 
her,  welche  Lehrer  ohne  ärztliche  Mitwirkung  ausgeführt  haben.  Sie 
weichen  erheblich  von  den  Angaben  fast  sämtlicher  Ohrenärzte  ab, 
deren  Feststellungen  vor  dieser  Zeit  gemacht  worden  sind.    Während 


297 

nämlich  die  Zahl  der  schwerhörigen  Kinder  nach  den  Ohrenärzten 
sieh  auf  10  bis  30%  belauft,  betrag  dieselbe  nach  den  Ermittelungen 
der  Lehrer  nur  2,18%.  Verfasser  hat  nun  die  Versuche  wieder 
aufgenommen  und  bei  700  Kindern  der  Grofs-Wartenberger  Volks- 
schulen,  welche  in  je  eine  Land-  und  Stadtschule  zerfallen,  Hör- 
versuche  angestellt.  Dieselben  lieferten  folgende  Ergebnisse:  1.  Für 
die  Zwecke  des  Schulunterrichts  genügt  eine  Perzeptionsgrenze  fQr 
Flfistersprache  bis  zu  8  m  abwärts,  falls  dieselbe  entweder  auf  beiden 
Ohren  vorhanden  ist  oder  fOr  den  Fall  einer  niedrigeren  Grenze  bei 
einem  Ohr  durch  eine  entsprechend  höhere  des  anderen  ausgeglichen 
wird.  2.  Von  den  Schulkindern  sind  3,3%  infolge  von  Schwer- 
hörigkeit au&er  stände,  dem  Unterrichte  zu  folgen;  diese  Zahl  ist 
bei  weitem  nicht  so  grofs,  vTie  sie  von  Spedalisten  angegeben  wird. 
3.  Die  Schwerhörigkeit  der  Schulkinder  beeinträchtigt  im  allgemeinen 
stark  die  geistigen  Fortschritte  derselben.  4.  In  der  Hälfte  aller 
Fälle  ist  die  eigene  Schwerhörigkeit  den  betroffenen  Schulkindern 
imbekannt,  in  zwei  Drittel  der  Fälle  den  Lehrern  derselben.  5.  Die 
Schule  ist  nicht  für  die  Häufigkeit  des  Vorkommens  von  Ohren- 
erkrankungen im  schulpflichtigen  Alter  verantwortlich  zu  machen. 
Ätiologisch  sind  vielmehr  zu  nennen :  ünreinlichkeit,  Erkältungen  und 
Infektionskrankheiten.  6.  Nur  eine  verschwindend  kleine  Anzahl 
aller  schwerhörigen  Schulkinder  kommt  jemals  ihres  Ohrenleidens 
wegen  in  ärztlicbe  Behandlung.  Man  vrird  daher  gut  thun,  solange 
die  Anstellung  von  Schulärzten  für  uns  noch  ein  frommer  Wunsch 
bleibt  und  die  Ausbildung  der  Lehrer  in  der  Schulhygiene  nicht 
genflgend  ist,  bei  jeder  sich  bietenden  Gelegenheit  die  letzteren  auf 
die  oben  erwähnten  Umstände  aufimerksam  zu  machen.  Verdächtige 
Kinder,  die  wenig  Fortschritte  zeigen  und  unaufmerksam  erscheinen, 
sollten  ärztlich  untersucht  werden.  Falls  sich  ergibt,  dafs  ihre  Hör- 
igkeit verringert  ist,  mufs  Rücksicht  auf  sie  genommen  und  ihnen 
ein  Platz  in  den  vordersten  Bankreihen  eingeräumt  werden. 

Sehnlhygienisehe  Vorträge  in  Moskau.  Die  Moskauer 
hygienische  Gesellschaft,  deren  Präsident  unser  verehrter  Mitarbeiter, 
Her  Professor  Dr.  Erismann,  ist,  hat,  wie  die  „S<.  Petersh,  med, 
Wockschr.*^  dem  Jahresberichte  derselben  entnimmt,  im  verflossenen 
Jahre  10  öffentliche  und  3  geschTossene  Sitzungen  abgehalten.  Mehr 
als  die  Hälfte  der  in  den  öffentlichen  Sitzungen  gehaltenen  Vor- 
frage bezog  sich  auf  Fragen  aus  dem  Gebiete  der  Schulhygiene. 
Die  Zahl  der  Mitglieder  beträgt  gegenwärtig  126. 

Ein  Gutachten  fiber  die  Steilschrift  und  deren  Ein- 
führung in  die  Yolksschnlen  ist  durch  das  preufsische  Kultus- 
ministerium von  dem  Königlichen  Provinzialschulkollegium  zu 
Hannover  eingefordert  und  von  dem  Seminarlehrer  H.  W.  Oppbr- 


298 

MANN  in  Alfeld  a.  d.  Leine  erstattet  worden.  Derselbe  hat  10 
Thesen  aufgestellt,  deren  4  letzte  folgendermafsen  lauten:  7.  Die 
gerade  Mittenlage  begünstigt  am  meisten  die  aufrechte  und  gerade 
Schreibhaltung  und  verdient  deswegen  den  Vorzug  Yor  den  tlbrigen 
HefÜagen.  8.  Bei  gerader  Mittenlage  des  Heftes  und  gleichmälsiger 
Armhaltung  bekommen  die  Grundzüge  der  Schrift  von  selbst  eine 
annähernd  oder  ganz  senkrechte  Richtung,  es  entsteht  also  Steil- 
schrift.  Die  Hauptsache  in  der  ganzen  Steilschriftbewegung  ist  dem- 
nach  die  Verbesserung  der  Haltung,  nicht  die  Steiliichtung  der 
Schrift;  um  diese  handelt  es  sich  nur  insofern,  als  sie  ein  Ei^bnis 
der  geraden  Mittenlage  des  Heftes  ist.  9.  Die  Steilschrift  ist  kein 
Universalmittel  gegen  jede  schlechte  Körperhaltung,  aber  sie  bietet 
in  ihrer  Ausführung  eine  viel  gröfsere  Gewähr  für  eine  natnr- 
gemäOse  Haltung,  als  die  Schrägschrift.  Unter  den  sonstigen  Vor- 
zügen der  Steilschrift  ist  besonders  noch  hervorzuheben,  da(s  sie 
einfach  darzustellen  und  leicht  lesbar  ist.  Der  Vorwurf,  dals  die 
Steilschrift  nicht  so  schnell  zu  schreiben  und  nicht  so  schön  sei,  wie 
die  Schrägschrift,  ist  nicht  gerechtfertigt.  10.  Die  Einführung  der 
Steilschrift  bedeutet  keine  wesentliche  Neuerung  und  Umgestaltong 
unseres  Schriftwesens,  sie  erfordert  auch  keinen  neuen  Duktus, 
sondern  läfst  sich  im  Anschluls  an  unsere  bisherigen  Schnftformeo 
sehr  einfach  vollziehen. 

Unterricht  englischer  Schülerinnen  in  der  Kranken- 
pflege. Die  Schulbehörde  von  Maryhill  bei  Glasgow  hat  nach 
„The  Brit  Med,  Joum."^  eine  Einrichtung  getroffen,  welche  von 
groDser  Bedeutung  zu  werden  verspricht.  Auf  Veranlassung  Dr.  Muns 
in  PossUpark  wurde  nämlich  der  Unterricht  in  der  Krankenpfl^  ii 
den  Lehrplan  der  Töchterschulen  eingefügt.  Alle  Mädchen  von  der 
fünften  und  sechsten  Klasse  an  aufwärts  haben  einen  Kursus  hierin 
durchzumachen,  welcher  obligatorisch  und  kostenfrei  ist.  Der  Unter- 
richt gestaltet  sich  vorherrschend  praktisch  und  besteht  in  Demon- 
strationen, sowie  in  Vorführung  von  Modellen  und  Diagrammen. 
Auf  diese  Weise  sollen  die  Schülerinnen  mit  der  Ernährung  der 
Kranken,  mit  der  Verabreichung  von  Medizin  an  dieselben,  mit  ihrer 
Umbettung,  mit  der  Anlegung  von  Verbänden  und  Umschlägen,  mit 
der  Temperaturmessung  und  mit  den  Grundzügen  der  Physiologie  und 
Hygiene  bekannt  gemacht  werden.  Die  gewöhnlichen  Hansarbeiten 
dagegen  sind  ausgeschlossen.  Vielleicht  wird  man  einwenden,  dafs  die 
Mädchen  der  fünften  und  sechsten  Klasse  noch  zu  jung  sind,  um 
aus  diesem  Unterricht  Nutzen  zu  ziehen.  Allein  dieselben  stehen 
gerade  in  dem  Alter,  wo  erworbene  Kenntnisse  fest  zu  haften 
pflegen,  und  auüserdem  vollführen  viel  jüngere  Kinder  die  erwähnten 
Verrichtungen  in  den  Familien  der  unteren  Volksklassen.     Auch  lä&t 


299 

sich  der  Unterricht  dorchans  interessant  und  erziehlich  gestalten. 
Als  Lehrerinnen  sind  in  Maryhill  zwei  Ärztinnen,  Miss  M'Laben 
imd  Miss  Page,  angestellt,  und  wenn  sich  die  Sache  unter  ihrer 
Leitung  bewährt,  so  wird  dieselbe  in  anderen  Städten  ohne  Zweifel 
Nachahmung  finden.  — Ähnlicher  Unterricht  wird  übrigens,  wie  wir 
erfahren,  in  einer  höheren  Privattöchterschule  Dresdens,  und  zwar  mit 
bestem  Erfolge  erteilt.  Die  mit  Demonstrationen  verbundenen  Vor- 
träge hält  ein  Arzt,  und  es  nehmen  nicht  nur  die  älteren  Schüle- 
rinnen, sondern  auch  yiele  von  den  Müttern  daran  teil. 

firfindung  eines  Hygienemnsenms  in  Manchen.  Dem 
Projekte  des  polytechnischen  Vereins  zu  München,  in  der  bayrischen 
Hauptstadt  ein  Hygienemuseum  zu  gründen,  ist,  wie  die  „Hyg. 
Bundsch.^  berichtet,  von  selten  der  Staatsbehörden  das  wärmste 
Interesse  entgegengebracht  worden.  Das  Zustandekommen  erscheint 
dadurch  gesichert,  dais  der  Münchener  Magistrat  eine  Anzahl  geeig- 
neter Räumlichkeiten  in  den  Gebäuden  der  Eohleninsel  unent- 
geltlich in  Aussicht  gestellt  hat.  Da  die  bisher  bestehenden 
Hygienemuseen  an  dem  Übelstande  kranken,  dafs  kein  steter 
Wechsel  der  Apparate  und  Einrichtungen  stattfindet,  so  dafs  sich 
viel  altes,  durch  neue  Erfindungen  wertlos  gewordenes  Material  an- 
sammelt, so  soll  das  Münchener  Hygienemuseum  aus  einer  periodisch 
wechsehiden  und  einer  permanenten  Ausstellung  bestehen.  In  der 
ersteren  gedenkt  man  inmier  nur  die  neuesten  und  besten  Erfindungen 
dem  Publikum  und  den  Fachmännern  vorzuführen,  während  solche 
Einrichtungen,  welche  als  vollendet  und  ihrem  Zweck  vollkommen 
entsprechend  voraussichtlich  lange  Zeit  in  Gebrauch  bleiben  werden, 
dauernde  Aufstellung  finden.  Li  der  periodisch  wechselnden 
Ausstellung  wird  unter  anderem  auch  die  Schulgesundheitspflege 
Berücksichtigung  finden,  namentlich  die  Hygiene  des  Unterrichts  in 
Schule  und  Haus,  Pläne  und  ModeUe,  welche  den  Schulhausbau  be- 
^ffen,  Einrichtungsgegenstände  für  Unterrichtsanstalten,  Lehrmittel, 
Geräte  zur  Übung  des  Körpers  u.  s.  w.  Auch  aus  der  Abteilung 
für  Wohnungshygiene  dürfte  manches  in  dem  geplanten  Museum 
den  Schulhygieniker  interessieren,  so  die  neuen  Materialien  und 
Methoden  des  Häuserbaues,  die  Verhütung  der  Mauerfeuchtigkeit, 
des  Haussdiwammes,  der  Verunreinigung  und  Infektion  der  Z?dschen- 
decken,  die  modernen  Dachdeckungsmethoden,  die  Heizungs-,  Venti- 
lations-  und  Beleuchtungsapparate,  die  Hausdrainage  umd  die  Klosett- 
einrichtungen. 

Ägyptische  Angenentzfindnng  in  rassischen  Volksschnlen. 

In  13  Volksschulen  des)  Wjatkaschen  Gouvernements  wurden  von 
J.  P.  DKDJtrBnr,  wie  er  in  „Westnik  ofkUm."^  berichtet,  1174 
Knaben  und  Mädchen  an  den  Augen  untersucht.      Die  Bevölkerung 


300 

ist  russisch  and  wotjakisch.  Es  fanden  sich  13,5  %  Trachom- 
kranke. Bei  den  Knaben  entfielen  7  %  Kranke  auf  die  Rossen 
und  27,5  %  auf  die  Woljaken.  Von  den  Mädchen,  nnr  RnssiDnen, 
litten  15,5  7o  an  Trachom.  Armut,  aulserordentliche  Unsauberkeit 
und  ungenügende  Wohnräume  befördern  dort  die  Ansbrdtnng  des 
Leidens. 

Kurse  fftr  stotternde  Schulkinder  in  England  finden  nacb 

„The  Brit.  Med.  Joum.*'  bisher  nur  statt,  wenn  die  Eltern  ein 
nicht  ganz  geringes  Honorar  an  den  Stottererlehrer  zahlen.  Unent- 
geltliche Veranstaltungen  dieser  Art  sind,  wie  eingezogene  Erkun- 
digungen lehrten,  weder  in  London  noch  in  Liverpool,  Manchester 
oder  anderen  englischen  Grofsstädten  vorhanden.  Das  genannte 
Blatt  legt  daher  der  Londoner  Schulbehörde  ans  Herz,  stotternden 
Volksschülern  kostenlosen  Unterricht  zur  Heilung  ihres  Gebrecbras 
erteilen  zu  lassen.  Es  hofft  für  seinen  Vorschlag  um  so  mehr  anf 
Gehör,  als  die  genannte  Behörde  mit  so  grofsem  Erfolge  Schalen 
fttr  Schwachbegabte  Kinder  eingerichtet  hat.  Zugleich  wird  betont, 
dafs,  bevor  die  heilpädagogische  Behandlung  beginnt,  stotternde 
Kinder  ärztlich  untersucht  werden  müssen.  Dabei  ist  auf  adenoide 
Vegetationen  im  Nasenrachenraum,  vergröCserte  Mandeln,  Eingeweide- 
würmer, ferner  auf  Epilepsie,  Hysterie  und  Veitstanz  zu  achten  und 
eventuell  eine  Behandlung  des  gefundenen  Leidens  vorzunehmen. 

Das  Kinderbewahrwesen  in  Ungarn.  Man  schreibt  uns 
aus  Budapest:  Der  Königlich  ungarische  Unterrichtsminister  GRAf 
Albin  von  Csäkt  hat  dem  Abgeordnetenhause  über  den  Stand 
des  öffentlichen  Unterrichtes  Bericht  erstattet.  Danach  weist  das 
Kinderbewahrwesen  in  Ungarn  erfreuliche  Fortschritte  auf.  Die  Zahl 
der  auf  Grund  des  Gesetzes  vom  Jahre  1891  organisierten  Kindei^ 
bewahranstalten  betrug  1256,  375  mehr  als  im  Voijahre.  Bemerkens- 
wert ist,  dafs  die  Anstalten  römisch-katholischen  Charakters  um 
17,  die  israelitischen  Charakters  um  1  abgenommen,  die  aller 
anderen  Konfessionen  entsprechend  zugenonunen  haben.  In  diesen 
Anstalten  wurden  insgesamt  102649  Kinder  verpflegt,  und  zwar 
48647  Knaben  und  54002  Mädchen.  Das  hierbei  verwoidete 
Personal  bestand  aus  864  diplomierten  und  506  nicht  diplomierten 
Bewahreru,  sowie  aus  926  Pflegerinnen.  Die  Erhaltungskosten  b^ 
trugen  595514  fl.  Was  die  für  Zwecke  des  Kinderbewahrwes^is 
zur  Verfügung  stehenden  Gründungen  betrifft,  so  stellen  dieselben 
einen  Wert  von  3020260  fl.  dar.  Zur  Heranbildung  von  Klein- 
kinderbewahrem  bestehen  9  Anstalten,  welche  499  Besucher  zählten, 
und  von  welchen  6  staatliche  Beihilfe  im  Betrage  von  74479  fl. 
beanspruchten.  Aufserdem  wurden  S3  Lehrkurse  für  Leiter  von 
Kinderasylen  veranstaltet,  an  welchen  222  Personen  teilnahmen. 


301 
Pariser   Pockenepidemie,   besonders    nnter   der   Schnl- 

Jugend.  Über  die  Pockenepidemie,  welche  yoriges  Jahr  in  Paris 
herrschte,  macht  die  „iSem.  mM.^  beachtenswerte  Mitteilungen, 
wahrend  in  den  Jahren  1891  and  1892  in  Paris  41,  bezw.  42 
PockentodesfäUe  vorkamen,  zählte  man  deren  in  den  ersten  46  Wochen 
des  Jahres  1893  bereits  202.  Davon  betrafen  78  Fälle  Personen 
unter  20  Jahren.  Sehr  grols  war  die  Zahl  der  Erkranknngen  unter 
den  Schulkindern  trotz  der  obligatorischen  Impfung  und  Wieder- 
impfung. Wenn  nuin  die  viel  günstigeren  Ergebnisse  in  Deutschland 
damit  vergleiche,  meint  die  „Dtsch,  med,  Wochschr,'',  so  könne 
man  nur  schlielsen,  dafs  in  Frankreich  gewisse  Nachlässigkeiten  bei 
der  Impfung  vorgekommen  sein  müTsten. 

Norwegische  Ferienkolonien.  Norwegen  erfreut  sich  jetzt 
auch  des  Vorzugs  von  Ferienkolonien.  In  der  Hauptstadt  Christiania 
hat  ein  Teil  des  Lehrpersonals  der  Volksschulen  sich  der  Sache  an- 
genommen und  teils  durch  Sammlung  freiwilliger  Beiträge,  teils  durch 
Yeranstaltnng  von  Abendunterhaltungen  die  nötigen  pekuniären  Hilfs- 
mittel beschafft.  Dieselben  reichten  hin,  um  während  des  letzten 
Sommers  über  anderthalb  hundert  Knaben  und  Mädchen  in  die 
Kolonien  anfhehmen  zu  können.  Es  waren  ihrer  7  zu  je  25  Kindern. 
Ein  guter  Anfang  ist  also  gemacht,  und  hoffentlich  nimmt  die 
Angelegenheit  einen  gtlnstigen  Fortgang. 

M.  K.  HAeonson-Hansen. 

Der  Arbeitsnnterrieht  in  England,  so  schreiben  die  ,,Blätt 

f.  Enabhdarht'^ ,  breitet  sich  schnell  aus.  Während  der  letzten 
12  Monate  sind  dort  über  100  neue  Stätten  zur  Pflege  desselben 
errichtet  worden.  In  derselben  Zeit  haben  die  Regierungen  von  12 
Grafschaften  (county  Councils)  Mittel  für  die  Ausbildung  von  Lehrern 
mui  den  Unterricht  von  Schülern  gewährt,  während  dies  im  Jahre 
Torher  nur  eine  Regierung  gethan  hatte.  Der  letzte  Bericht  des  im 
Jahre  1888  begründeten  Handfertigkeitsvereins  ftir  Grofsbritannien 
imd  Irland  weist  doppelt  so  viel  Mitglieder  auf,  als  der  vom  Vor- 
jahre. Daneben  besteht  eine  jüngere  Gesellschaft  in  den  nördlichen 
Distrikten  Englands  mit  Zweigvereinen  in  Manchester,  Sheffield, 
Keighley,  Bolton  und  Barrow-in-Fumess,  die  bereits  ebensoviele 
Mitglieder  zählt,  wie  der  ältere  Verein.  Endlich  ist  auch  in 
Schottland  eine  Gesellschaft  für  die  Förderung  des  Handfertigkeits- 
Unterrichts  ins  Leben  getreten.  Kurse  zur  Ausbildung  von  Lehrern 
desselben  fanden  im  vorigen  Jahre  in  Hkley  in  der  Grafschaft  York 
statt,  femer  in  Hereford,  Sheffield,  Aberdeen  und  Edinburgh.  Auch 
nahmen  zahlreiche  englische  Lehrer  an  den  Kursen  zu  Leipzig  und 
Nääs  in  Schweden  teil.  Da  aulserdem  ein  Gesetz  die  Unter- 
stützung   der    den    Handfertigkeitsunterricht    einführenden    Schulen 


302 

durch    den    Staat   bestimmt,    so    kann    die    günstige    Entwickelnng, 
deren  sich  die  Angelegenheit  in  England  erfreut,  nicht  überraschen. 

Oaslieiznng  in  Hnnchener  Sehnlen.    Der  Magistrat  tob 

München  hat  kürzlich  eine  besondere  Kommission  nach  Earlsnihe 
entsendet,  nm  die  Einrichtung  der  Grasheizung  in  den  dortigen  Schulen^ 
zu  studieren.  Auf  Grund  des  Berichtes  dieser  Kommission  hat  der- 
selbe nach  der  „D.  Baue,^  beschlossen,  in  dem  Neubau  der  Schule 
zu  Neuhausen  statt  der  projektierten  Dampfniederdruckheizung  Gas- 
öfen aufzustellen.  Es  wird  dadurch  eine  Verminderung  der  Baukosten 
um  42000  Mark  erreicht.  In  einem  anderen  Schulgebäude,  dem- 
jenigen der  Schrenkstralse,  sollen  die  Versuche  mit  der  Gasheizosg 
fortgesetzt  werden.  Gleichzeitig  wurde  das  hygienische  Institut  in 
München  ersucht,  die  Beschaffenheit  der  Luft  in  einer  Anzahl  ver- 
schiedenartig geheizter  Schulräume  zu  untersuchen.  Der  Magistrat 
ist  zu  dem  obigen  Beschlüsse  einerseits  dadurch  veranlafst  worden, 
dafs  in  den  letzten  Jahren  eine  Reihe  von  Städten  Gasheizung  in 
Schulen  eingerichtet  haben,  andererseits  dadurch,  dafs  die  Stadt 
Karlsruhe  bereits  eine  fünfjährige  Erfahrung  mit  dieser  Heizungsart 
hinter  sich  hat  und  MiTsstände  dort  bislang  nicht  hervorgetreten  sind. 


^niix^t  Derfigittigeti. 


VerfBgnng  des  franzSsischen  UnterriclitsHiiiiisters  bezfiglick 
der  bei  Infektionskrankheiten  in  Schulen  zn  ü*effende]i  Kafs- 

nahmen. 

1.  Bei  Blattern  bleiben  die  kranken  Kinder  40  Tage  laog 
von  der  Schule  ausgeschlossen;  sämtliche  Lehrer  und  Schüler 
müssen  sich  revaccinieren  lassen. 

2.  Sind  die  Masern  ausgebrochen,  so  dürfen  die  Kranken 
16  Tage  lang  die  Schule  nicht  besuchen.  Ihre  Bücher  und 
Hefte  werden  vernichtet.  Die  Kinder  unter  6  Jahren  sind 
aus  der  Schule  zu  entlassen. 

3.  Diphtherie  zieht  die  Ausschliefsung  der  Erkrankten  während 
30  Tage  nach  sich.  Die  Schullokale  werden  desinfiziert 
Der  Genufs  von  Früchten  in  den  Pausen  ist  streng  untersagt 

4.  Bei  Scharlach  wird  wie  bei  Blattern  verfahren.  Der 
Schulschlufs  findet  statt,  wenn  mehrere  Fälle  in  weniger 
als  5  Tagen  vorkommen. 


*  Vergl.  diese  Zeitschrift,  1893,  No.  11,  S.  618. 


303 

5.    Zeigt  sich  Erbgrind  und  Pelade,  so  sind  die  BefaUenen 

za  entlassen  nnd  dürfen  erst  in  den  Unterricht  zurückkehren, 

nachdem  sie  mit  einem  regelrechten  Verbände  versehen  sind. 

Der  ärztliche  Schnlinspektor  hat  die  Durchführung  dieser  Yer- 

ordnungen  zu  yeranlassen. 

EmpfeUimg  des  Wirtshausverbotes  fAr  schulpflichtige  Kinder 
darch  den  KSniglich  nngarischen  Enltns-  und  Unterrichts- 

minister. 

Budapest,  den  22.  Dezember  1893. 
Die  seitens  der  Municipalbehörde  des  Heveser  Komitates  in  der 
am  24.  Juli  1893  abgehaltenen  Eongregationssitzung  unter  Z.  406  er- 
lassene Verordnung  in  betreff  des  Verbotes  des  Besuches  von  Wirtshäusern 
durch  Kinder  im  schulpflichtigen  Alter  —  also  unter  15  Jahren  — 
wird  von  mir  in  Abschrift  dem  Königlichen  Schulinspektorate  mit  der 
Aufforderung  gesandt,  es  möge  in  Anbetracht  der  in  der  beigebogenen 
Terordnung  enthaltenen  Verfügungen,  welche  auf  die  Volkserziehung, 
die  öffentliche  Moral,  die  Gesundheit  und  indirekt  auf  das  materielle 
und  sittliche  Wohl  des  Volkes  einen  heilsamen  fiinflufs  ausüben 
werden,  dahin  wirken,  dafs  das  Municipium  des  Komitates  diese 
Idee  zu  der  seinigen^  mache  und  eine  ähnliche  Verordnung  erlasse. 

Beilage  zu  dem  Erlasse  54737/93  des  Königlich  unga- 
rischen Kultus-  und  ünterrichtsministers. 

Verordnung. 

§  1.  Im  Interesse  der  öffentlichen  Ordnung,  Moral  und  Gesundheit 
ist  es  auf  dem  Gebiete  des  Heveser  Komitates  polizeilich  verboten, 
dals  sich  Kinder  unter  15  Jahren  in  Wirtshäusern,  Bier-  oder  Brannt- 
weinschänken  aufhalten  oder  bei  Tanzunterhaltungen  erscheinen. 

§  2.  Die  Au&erachtlassung  dieses  Verbotes  wird  auf  Grund 
des  §  1  des  Gesetzartikels  XL  vom  Jahre  1890  als  Übertretung 
angesehen,  und  sind  mit  einer  Geldstrafe  bis  zu  50  fl.  ö.  W.  zu 
GuLsten  des  Annenfonds  zu  bestrafen:  a.  jeder  Gastwirt,  Bier-  oder 
Brauitweinschänker,  sowie  jeder  Veranstalter  einer  öffentlichen  Tanz- 
nnterhaltung,  der  einem  unter  15  Jahren  alten  Kinde  in  der  Gaststube, 
im  Bier-  oder  Branntweinschank  oder  im  Tanzsaale  Aufenthalt 
gew&hrt;  b.  jene  Eltern  oder  Vormünder,  die  ihrem  Kinde,  welches 
das  15.  Lebensjahr  noch  nicht  vollendet  hat,  erlauben,  in  einem 
Crasthause,  Bier-  oder  Branntweinschanke  oder  bei  einer  öffentlichen 
Tanznnterhaltung  zu  erscheinen,  oder  aber  die  es  in  eins  der  eben 
gemumten  Lokale  oder  eine  öffentliche  Tanzunterhaltung  mitnehmen. 

§  3.  Als  Übertretung  wird  es  nicht  angesehen,  wenn  die 
Eltern  oder  der  Vormund,  die  in   der    betreffenden  Ortschaft   nicht 


304 

ständig  wohnen,  ihr  Kind  hehofs  Essens  in  ein  Gasthaas  oder  eine 
Biersdiänke  führen,  oder  wenn  dieselben  infolge  ihrer  Verhältnisse 
zum  Essen  in  einem  solchen  Lokale  genötigt  sind. 

§  4.  Den  Gemeindevorständen  wird  es  zur  strengen  Pflicht 
gemacht,  auf  das  Einhalten  dieser  Yerordnong  zu  achten  und  die 
Zuwiderhandelnden  beim  Oberstuhlrichter  anzuzeigen. 

§  5.  Diese  Verordnung  ist  in  gewohnter  Weise  in  jeder  Ort- 
schaft zu  verkünden  und  in  jedem  Schanklokale  an  einer  fär  die 
Gäste  leicht  bemerkbaren  Stelle  anzubringen  und  in  leserlichen 
Zustande  zu  erhalten.  Wirte,  die  hiergegen  verstoüsen,  sind  mit  einer 
Geldbuise  bis  zu  50  Gulden  zu  Gunsten  des  Armenfonds  zu  bestrafen. 
§  6.  In  Übertretungsfällen  urteilt  in  erster  Instanz  der  Ober- 
stuhlrichter, in  zweiter  Instanz  der  Komitatsyizegespan,  in  dritter 
Instanz  der  Königlich  ungarische  Minister  des  Innern. 
Erlau,  am  24.  Juü  1893. 

Die  Municipalbehörde  des  Heveser  Komitates. 
An 
alle  Königlichen  Schulinspektorate. 

Der  Kultus-  und  Unterrichtsminister. 
(Gez.)  Graf  VON  Csäkt. 

• 
Anweisung  des  Bezirksschnlrates  in  Wien  wegen  BesdudFug 
einer  Statistik  der  im  schulpflichtigen  Alter  stehenden 

epileptischen  Kinder. 

Bezirksschulrat 

der  k.  k. 

Beichshaupt-  und  Residenzstadt 

Wien  ad  Z.  1829. 

An  sämtliche  Schulleitungen. 

Der  Bezirksschulrat  findet  sich  über  Ansuchen  eines  Komitees  zur 
Beratung  der  Frage  der  Fflrsorge  für  den  Unterricht  epileptischer 
Kinder  bestimmt,  die  Schulleitung  anzuweisen,  in  dem  mitfolgenden 
Ausweis  die  ihr  bekannt  gewordenen  im  schulpflichtigen  Alter 
stehenden  mit  Epilepsie  behafteten  Kinder  anzufahren  und  hierbei 
die  Rubriken  1  bis  18  möglichst  genau  auszufüllen,  die  Rubriken 
19  bis  31  aber  leer  zu  lassen. 

Die  sohin  angefertigten  Ausweise  oder  aber  das  Ausweisblankett 
mit  einem  negativen  Berichte  sind  bis  längstens  28.  Februar  1894 
an  den  Bezirksschulrat  Wien  (Centrale)  einzusenden. 

Im  Falle  eines  Mehrbedarfes  von  Ausweisblanketten  sind  solche 
im  Bureau  des  Bezirksschulrates  im  kurzen  Wege  zu  beheben. 

Wien,  am  29.  Jänner  1894. 

Der  Yorsitzende-Stellverteter. 
(Gez.)  Dr.  Sghindlbr. 


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306 

Erlafs  des  k.  k.  Ssterreichischen  Ministeriums  des  luieni  tob 
10.  Februar  1894,  Z.  1710,  an  die  k.  k.  StaMkaiterei  in  Prag, 
betreffend  die  Einftibr  nnd  den  Vertrieb  des  Kinderspielzengs 

„Kraterscblangen^^ 

Die  BeOage  des  Berichtes  vom  18.  Jänner  d.  J.,  Z.  5340,  l)e- 
treffend  das  Ansnchen  des  Magistrates  in  Prag  nm  Eriassung  eines 
Verbotes  der  von  der  Firma  C.  H.  Giesen  in  Kassel  erzeugten  und 
nach  verl&Islicher  fachmännischer  Untersuchung  Quecksilber  ent- 
haltenden Spielwaren  ^Eraterschlangen^  oder  ,,Zanberpi]len'',  welche 
beim  Erhitzen  giftige  Dämpfe  entwickeln,  wird  im  Anschlösse  mit 
dem  Bemerken  zurückgestellt,  dafs  der  Vertrieb  derartiger  Artikd 
in  Gemäfsheit  der  Ministerialverordnnng  vom  1.  Mai  1886,  R.  6. 
Bl.  No.  54,  verboten  ist,  dieses  Verbot  hinsichtlich  eines  ähnlichen 
unter  dem  Namen  „Pharaoschlangen^  in  den  Verkehr  gebrachten 
Artikels^  seinerzeit  von  den  politischen  LandesbehOrden  in  Wien  ndt 
der  Verordnung  vom  20.  November  1865,  Z.  42594,  in  Prag  vom 
1.  Dezember  1865,  Z.  65797,  in  Innsbruck  vom  24.  Jänner  1866, 
Z.  L.  G.  Bl.  No.  18,  in  Brunn  vom  20.  Jnli  1889,  Z.  27  346,  und 
endlich  von  den  anderen  Landesbehörden  über  h.  o.  Erlais  vom 
4.  August  1889,  Z.  14881,  in  Wirksamkeit  gesetzt  wurde,  weshalb  im 
vorliegenden  Falle  in  analoger  Weise  vorzugehen  sein  wird. 

Von  der  erlassenen  Verordnung  ist  anher  die  Anzeige  zu  er- 
statten. 


^txfonalxtn. 


Die  im  vorigen  Jahre  gegründete  Moskauer  hygienische  Gesell- 
schaft hat  in  ihrer  ersten  Generalversammlung  Geheimrat  VON  Pettsn- 
EOFEB  einstimmig  zum  Ehrenmitgliede  gewählt. 

Ebenso  wurde  der  Kinderarzt,  Geheimrat  Professor  Dr.  Henoch 
in  Berlin,  von  der  dortigen  medizinischen  Gesellschaft  zum  Ehren- 
mitgliede ernannt. 

Der  Regierungs-  und  Geheime  Medizinalrat  Dr.  SCHWARTZ  in 
Köln  erhielt  den  roten  Adlerorden  III.  Erlasse  mit  der  Schleife. 

Aus  der  gelegentlich  des  70.  Geburtsfestes  des  Geheimrats  von 
Petteneofer  gegründeten  Pettenkoferstiftung  haben  die  Professoren 
der  Hygiene  Dr.  Emmerich   in  München,  Dr.  Lehmann  in  Wärz- 


'   Vergl.  diese  Zeitschrift,    1890,   No.  2,  S.  119  und  1889,   No.  4, 
S.  185—186.    D.  Red. 


307 

borg  und  Dr.  PraüSNITZ  in  Graz  fOr  wissenschaftliche  Arbeiten 
Preise  erhalten. 

Die  Pariser  Akademie  der  Medizin  hat  dem  Dr.  Thomas  in 
Genf  für  seine  Verdienste  um  die  Einderhygiene  eine  Medaille  zu- 
erkannt. 

Der  bisherige  Sanitätsreferent  Dr.  Sghmed  in  Bern  wurde  zum 
Direktor  des  nengegrOndeten  schweizerischen  Gesundheitsamtes  ernannt. 

Dem  Regienmgsrat  Dr.  Pbtri  vom  Reichsgesundheitsamt  zu 
Berlin  ist  die  Leitung  der  deutschen  KollektiTaussteUung  in  Rom  bei 
Gelegenheit  des  internationalen  Ärztekongresses  flbertragen  gewesen. 

Dr.  Otto  Roth,  der  bisher  am  hygienischen  Institute  der 
üniyersit&t  Zürich  thfttig  war,  wurde  auf  den  Lehrstuhl  fftr  Hygiene  am 
eidgenössischen  Polytechnikum  daselbst  berufen. 

An  der  Uniyersitftt  Bonn  hat  sich  als  Priyatdocent  f&r  Hygiene 
der  Assistent  des  neugegrflndeten  hygienischen  Institutes  Dr.  Ebusb 
habilitiert. 

Der  Professor  der  Hygiene  Dr.  J.  P.  Skworzow  in  Charkow 
feierte  vor  einiger  Zeit  das  dreüsigjflhrige  Jubilftum  seiner  wissen- 
scfaaftlicheii  Thatigkeit. 

unser  yerehrter  Mitarbeiter,  Herr  Sanitfttsrat  Dr.  Altbchul  in 
Prag,  hat  seine  Stelle  als  Ausschufsmitglied  des  Gentralvereins  deut- 
scher Ärzte  in  Böhmen  niedergelegt;  aus  diesem  Anlab  übersandte 
ihm  der  Ausschuüs  ein  Dankschreiben  für  seine  im  Interesse  des 
Vereins  geübte  unermüdliche  Th&tigkeit. 

Der  Direktor  des  Gymnasium  Fridericianum  zu  Laubach  Dr. 
£.  Ritzbbt  ist  in  den  Ruhestand  getreten. 

Es  sind  gestorben:  der  Geheime  Medizinalrat  Professor  Dr. 
Auoust  HIB8CH  in  Berlin,  einer  der  Gründer  des  deutschen  Vereins 
fllr  öffentliche  Gesundheitspflege,  77  Jahre  alt;  der  Kinderarzt  Dr. 
August  Ollivisb  in  Paris,  Mitglied  der  Akademie  der  Medizin 
und  des  Gesundheitsrates  der  Seine,  61  Jahre  alt;  der  Direktor  des 
Gymnasiums  in  Wittstock,  Professor  Richard  Grosser,  59  Jahre 
ah;  Professor  Dr.  Wollbnbur&  am  Friedrich  Werderschen  Gymna- 
siom  zu  Berlin;  Professor  Dr.  Götze  am  Kloster  Unser  Lieben 
Franen  in  Magdeburg,  74  Jahre  alt;  der  Obertumwart  und  Turn- 
lehrer, Professor  Michael  Zsingor,  42  Jahre  alt;  der  Benediktiaer- 
ordenspriester  P.  HEnnaOH  Schwarz  in  Michaelbeuren,  bedeutender 
Pädagog  und  Jugendschriftsteller,  75  Jahre  alt;  Dr.  Karl  Hein, 
Arzt  des  Gymnasiums  in  Libau,  45  Jahre  alt. 


20» 


308 


£xiitxatux. 


Besprechungen. 

Dr.  Hermann  Schiller,  Geheimer  Oherschnlrat,  Direktor  des  GroCs- 
herzoglichen  Gymnasiums  und  Professor  an  der  Universität  Gießen. 

Die  schnlhy^enisehen  Bestrebniigeii  der  Neuzeit.    Vortrag, 

gehalten  am  14.  und  21.  Oktober  1893  in  der  Frankfiirter  all- 
gemeinen Lehrerversammlnng.  Frankfurt  a.  M.,  1894.  Moritz 
Diesterweg.     (65  S.    8^.    M.  0,60.) 

Schiller  ist  ein  bekannter  Pädagog,  der  Besten  einer,  Ver- 
fasser mehrerer  mit  Beifall  aufgenommener  Werke,  ein  Mann  von 
unbestreitbarem  Verdienst,  der  sich  redlich  bemüht,  den  Anforderungen 
der  Schulhygiene  gerecht  zu  werden.  An  dem  von  ihm  geleiteten 
Grofsherzoglichen  Gymnasium  in  Giefsen  hat  er  ohne  Zweifel  so  viel 
erreicht,  als  sich  heute  unter  den  gegebenen  umständen  erreichen 
l&fst,  um  die  Überbürdung  auf  ein  geringeres  Mafs  herabzumindern. 
Von  ihm  rührt  die  vorliegende  Schrift  her,  ein  Vortrag,  der  in  der 
Frankfurter  allgemeinen  Lehrerversammlung  im  Oktober  1893  ge- 
halten wurde. 

Der  erste  Abschnitt  bespricht  die  Überbürdung  durch  die  Schule, 
und  wir  müssen  anerkennen,  dafs  der  Verfasser  sehr  guten  Willen 
hat,  mit  den  Ergebnissen  der  medizinischen  Forschung  zu  rechnen. 
Vortrefflich  ist  die  Bemerkung  über  den  Schlaf:  „In  allen  lateinischen 
Übungsbüchern  lernte  der  Sextaner  und  lernt  es  noch:  Sieben  Stunden 
Schlaf  sind  genug.  Wenig  Sätze  sind  so  falsch,  wie  dieser.  Für 
den  erwachsenen,  normalen  und  gesunden  Menschen  mag  diese  Schlaf- 
zeit meist  ausreichen,  doch  fehlt  es  auch  hier  an  zahlreichen  Aus- 
nahmen nicht;  für  den  kränklichen,  schwachen,  nervösen  reicht  sie 
ebenso  sicher  nicht  aus.  Für  Kinder  von  6 — 11  Jahren  darf  man 
sie  getrost  auf  10 — 12  erhöhen,  und  man  wird  eher  des  Guten  zu 
wenig  als  zu  viel  thun.  Aber  auch  17 — 18  jährige  sollten  nicht 
unter  9 — 10  Stunden  schlafen."  Diese  Bemerkung  verdient  meine 
ganze  Hochachtung.  Ich  fürchte,  wenige  Pädagogen  denken  so,  wie 
Schiller. 

Über  manche  andere  Auffassungen  liefse  sich  wohl  streiten,  doch 
scheint  es  an  dieser  SteUe  viel  wichtiger,  die  Ausführungen  des 
zweiten  Abschnittes  hervorzuheben,  welche  mehr  pädagogischer  Nator 
sind,  z.  B.  die  Frage  nach  der  Anordnung  des  Unterrichts.  SCHILLSR 
war  einer  der  Ersten,    der  in  Giefsen  Erfahrungen   sammelte   über 


309 

die  Yerlegong  der  geistigen  Schularbeit  auf  den  Vormittag  mit  fünf 
Stunden.  Der  Yersnch  fiel  günstig  ans,  die  befürchtete  SchlafQieit 
in  der  letzten  Stunde  trat  nirgends  herror.  Die  Knaben  und  jungen 
Leute  konnten  sich  bis  zum  andern  Tag  genügend  erholen  und  stärken. 
Die  Eltern  aber  hatten  ihre  Kinder  nachmittags  meist  zu  Hause. 
Auch  an  andern  Orten  des  Landes  hat  sich  die  gleiche  Einrichtung 
bewährt,  zumal  thatsächlich  gar  nicht  fünf  Stunden  lang  unterrichtet 
wird,  sondern  nur  vier,  da  nach  jeder  Stunde  fünfzehn  Minuten 
Pause  eingelegt  sind.  Ich  will  ebensowenig,  wie  der  Verfasser, 
allen  Schulen  diese  Einrichtung  empfehlen,  dagegen  betonen,  dafs 
die  rier  Stunden  an  deutschen  Gymnasien  ausreichend  befunden  werden, 
am  die  geistige  Arbeit  zu  bewältigen.  Das  scheint  mir  ein  aufser- 
ordentlich  wichtiges  Ergebnis  und  wert  der  weitgehendsten  Beachtung. 
Der  übrige  Tag  gewährt  in  diesem  Falle  eben  freie  Zeit.  Die  Giefsener 
Schüler  (93 — 95%)  schwammen  im  Sommer,  im  Winter  liefen  sie 
Schlittschuh,  und  die  Folge  davon  war,  wie  sich  leicht  denken  läfst, 
ein  ausgezeichneter  Gesundheitszustand  bei  einem  solchen  Betrieb  der 
Schule.  Finden  doch  da  die  jungen  Leute  noch  Zeit,  sich  im  Freien 
zu  bewegen.  Aber  bei  einem  vierstündigen  Unterricht  vor-  und  einem 
zweistündigen  nachmittags  ist  dies  geradezu  ausgeschlossen,  weil  die 
Hausaufgaben  noch  2 — 3  Stunden  in  Anspruch  nehmen.  Im  Winter 
wird  damit  die  Bewegung  im  Freien  auf  zwei  Nachmittage  beschränkt, 
und  das  ist  zu  wenig.  Der  jugendliche  Organismus  braucht  Muskel- 
arbeit in  frischer  Luft  alle  Tage,  und  zwar  in  ausgiebiger  Weise, 
mindestens  IV^ — 2  Stunden.  Verzettelte  kleine  Spaziergänge  nützen 
nichts,  weil  es  sich  um  anhaltende  gesteigerte  Respiration  und 
Herzthätigkeit  handelt,  wenn  irgend  ein  hygienischer  Zweck  erreicht 
werden  soll. 

Schiller  hat  es  auf  diese  Weise  dahin  gebracht,  sein  Gym- 
nasinm  in  voller  Leistungsfähigkeit  zu  erhalten,  ohne  doch  die  An- 
strengung der  Schüler  so  weit  zu  treiben,  wie  es  leider  an  so  vielen 
Hittelschulen  der  Fall  ist.  Sein  Beispiel  wird  schon  dadurch  segens- 
reich wirken  weit  über  die  Grenzen  seiner  Anstalt  hinaus.  Wir 
wünschten  nur,  es  ginge  etwas  schneller  mit  dem  Wandel  zum 
Besseren. 

In  der  letzten  Zeit  werden  mehr  und  mehr  Stimmen  laut,  welche 
das  Fachlehrertum  für  manche  Gefahr  verantwortlich  machen,  die 
Geist  und  Körper  unserer  Jugend  bedroht.  Unser  Gewährsmann 
drückt  sich  hierüber  gemäfsigt,  aber  doch  sehr  entschieden  aus,  und 
manchmal  erhebt  er  seine  Stimme  selbst  bis  zur  Anklage.  Wir  freuen 
nns  dessen,  wenn  er  sagt:  „Man  hat  lange  Zeit  vergessen,  dafs  die 
höheren  Schulen  nur  die  Elemente  des  Wissens  zu  überliefern 
haben,   und  so   sind  aus  ihnen  Universitäten  im  Kleinen  geworden. 


310 

Verkannt  hat  man  die  Gefahr  nie,  nnd  dennoch  ward  sie  bestftndig 
gesteigert.  Obwohl  diese  Überzeugung  fast  allgemein  als  richtig  er- 
kannt ist,  hört  man  doch  kaom  von  Beschränkung  des  Fachlehrertoms.^ 
Was  da  auf  Seite  49  ff.  gesagt  wird,  möchten  wir  allen  Pftdagogen 
wärmstens  zur  Berflcksichtigung  empfehlen,  damit  man  endlidi  wieder 
zu  der  Praxis  der  froheren  Jahrhunderte  zurttckkehre.  Die  unhefl- 
Yolle  H&ufiing  der  Hausarbeit,  gegen  welche  der  Verfasser  zwar  eben- 
falls seine  Stimme  erhebt,  aber  nicht  in  dem  Grade,  wie  es  wohl 
not  thäte,  hängt  mit  dem  Klassenlehrertum  auf  das  innigste  zu- 
sammen. Wir  dürfen  erst  dann  eine  Minderung  der  Gesundheits- 
schädigung der  Jugend  im  Hause  erwarten,  wenn  dasselbe  auf  das 
geringste  Mab  beschränkt  oder  sagen  wir  gleich  yollkomm^  be- 
seitigt ist.  Ich  schlieOse  mich  der  von  Schiller  yertretenen  For- 
derung an:  „Ein  tüchtiger  Gymnasiallehrer  mu(s  im  stände  sein,  den 
gröfsten  Teil  des  Unterrichts  oder  doch  des  humanistischen  Unter- 
richts in  seiner  Klasse  selbst  zu  erteilen  und  also  die  einzelnen  Fächer 
im  Einklang  zu  halten.^  Soweit  müssen  wir  wieder  kommen.  Er- 
höhung der  theoretischen  und  praktischen  Lehrerbildung, 
das  bildet  jetzt  die  Losung.  Die  Hygiene  hat  die  Schäden  aufgedeckt, 
der  Staat  hat  geholfen,  soweit  es  in  seinen  Kräften  lag,  nun  kommt 
die  Reihe  an  die  Pädagogen. 

Wir  empfehlen  den  ScHiLLBRschen  Vortrag  den  Ärzten,  aber 
vor  allem  den  Lehrern.  Möchten  die  letzteren  doch  in  jene  Bahnen 
einlenken,  die  dort  vorgezeichnet  sindl 

In  immer  weitere  Kreise  dringt  die  Überzeugung,  daGs  der  Unter- 
richt an  den  Mittelschulen  eine  Fülle  von  Verkehrtheiten  aufweist 
und  Schädlichkeiten  häuft.  Die  Torliegende  Schrift  erzählt  davon 
schon  genug,  und  noch  mehr  läist  sie  zwischen  den  Zeilen  lesen. 
So  wird  der  Ruf  nach  Reform  immer  stärker.  Sobald  aber 
die  Bewegung  einmal  in  Flufs  geraten  ist,  kann  niemand  sagen,  wo 
sie  ihr  Ende  finden  wird.  Das  sehen  yiele,  welche  die  Zeichen  der 
Zeit  nur  etwas  deuten  können,  dais  leider  die  humanistische  Bildung 
die  Kosten  bezahlen  wird.  Die  Sekundanerkultur,  welche  nun  schon 
seit  fünfundzwanzig  Jahren  Deutschland  überflutet,  hat  den  Malsstsb 
fast  yergessen  lassen,  mit  welchem  eigentlich  wirkliche  Bildung  zo 
messen  wäre.  Alles  schreit  nach  Naturwissenschaften.  Den  Götzen 
der  Industrie  und  der  Börse  glauben  alle  Opfer  bringen  zu  müssen. 
Jetzt  ersteht  schon  das  hermaphroditische  Doppelwesen  der  Einheits- 
schule, in  welcher  dann  die  Halbheit  wahre  Orgien  feiern  wird.  Es 
war  ja  der  Sinn  von  Schulen  in  den  guten  alten  Zeiten,  die  Jugend 
mit  ganzen  Männern,  mit  Meistern,  in  persönliche  Berührung  zu 
bringen  und  solche  wiederum  heranzubilden.  Bald  wird  Lagardb  völlig 
recht  haben  mit  seinem  Ausspruch:    „Alles  Zinkgub,  inwendig  hohl. 


311 

Götzen,  aber  keine  Götter  und  zar  Erziehung  der  Nation  so  geeignet, 
wie  die  ausgestopften  Uniformen  des  Grafen  von  Bückebnrg  zur  Yer- 
teidigong  von  Wühelmsteini.^ 

Professor  der  Anatomie  und  Entwickelongsgeschichte 
I>r.  med.  J.  Eollmann  in  Basel. 

£.  VON  SCHENCKBNDORFF,  Mitglied  des  Haoses   der  Abgeordneten, 

nnd  Dr.  med.  F.  A.  SOHVIDT,  Mitglied  des  Ausschnsses  der  deutschen 

Tumerschaft.    Ober  Jagend-  mnd  Yolksspiele.    Jahrbuch  des 

CeninUausschusses   0ur  Fl^derung   der  Jiigend-   tmd  ToUcsspide 

in  Deutschland.     II.  Jahrgang,  1893.     Hannover-Linden,  1893. 

Manz  &  Lange.    (193  S.  8  \ 

Die   auf  Seite  111   des  ersten  Jahrganges   der  Schrift:   Über 

Jogend-  und  Yolksspiele  ausgesprochene  Hoffiiung,  dafs  jährlich 

ein  Band  Mitteilungen  über  die  Fortschritte  der  körperlichen  Erziehung 

der  Jugend  in  Deutschland  erscheinen  werde,  ist  durch    den  Tor- 

liegenden,   um  82  Seiten  stärkeren  zweiten  Jahrgang  bestätigt   und 

erfüllt  worden. 

Der  neu  erschienene  Band  zerfiUlt  in  drei  Teile:  I.  Die  Jugend- 
und  Yolksspiele  in  der  Praxis,  24  von  verschiedenen  Yerfassem 
herrOhrende  Aufisätze,  die  sich  mit  Ausnahme  des  ersten:  Die  ger- 
manischen Yolksspiele  von  Professor  Dr.  med.  £.  Angerstbin, 
welcher  die  Beste  des  altgermanischen  Yolksspiels  das  Mittelalter 
hindurch  bis  in  unsere  Zeit  hinein  verfolgt,  mit  der  gegenwärtigen 
Pflege  des  Jugend-  und  Yolksspiels  an  den  hervorragendsten  Stätten 
derselben,  insbesondere  mit  den  Spielplätzen,  Geräten,  Kursen  und 
Lehrplänen,  beschäftigen.  Der  II.  Teil  enthält  die  Ergebnisse 
der  Umfrage  Aber  das  Jugend-  und  Yolksspiel  in  den 
deutschen  Städten  im  Jahre  1892  von  Dr.  von  Woieowset- 
Bdedaü  und  der  m.  die  Yerhandlungen  und  Yorträge  in  den 
Sitzungen  des  Centralausschusses  am  21.  und  22.  Januar 
1893  zu  Berlin. 

Wir  heben  aus  der  I.  Abteüung  besonders  hervor  No.  2: 
Der  Bonner  Yerein  für  Körperpflege  in  Yolk  und  Schule 
von  Dr.  med  F.  A.  Schmidt  mit  der  wertvollen  Mitteilung,  dafs 
an  der  Remigiusschule  in  Bonn  seit  1888  ein  Schulbrausebad  besteht, 
welches  binnen  15  Minuten  eine  ganze  Schnlklasse  zu  baden 
ermöglicht. 

Die  Berichte  No.  3 — 8  über  die  Jugendspiele  in  Berlin, 
Braunschweig,  Breslau,  Frankfurt  a.  M.,  München,  Reichen- 
bach und  Strafsburg  bekunden  durchweg  einen  erfreulichen  Fort- 
schritt in  der  Entwickelung  dieses  wichtigen  Zweiges  der  Jugend- 
erziehung. Rflhmend  hervorzuheben  ist  auch  die  namhafte  Förderung 


312 

derselben  durch  die  städtischen  Behörden.  So  hat  Frankfurt  a.  M. 
z.  B.  für  1893  die  Summe  von  4200  Mk.  dafflr  eingestellt.  Dais 
auf  allen  Spielplätzen  daselbst  auch  für  gutes  Trinkwasser  gesorgt 
ist  und  dafs  in  betreff  des  Wassertrinkens,  sowie  des  Yerfahrens 
bei  Verletzungen  und  Unglücksfällen  sich  Instruktionen  in  den  Händen 
der  Lehrer  befinden,  mufs  als  nachahmenswerte  Einrichtung  gleicb- 
falls  betont  werden. 

Der  rührige  Direktor  H.  Ratdt  in  Lauenburg  a.  E.  hat  auch 
diesen  Band  des  Jahrbuchs  wieder  mit  drei  gehaltvollen  Aufsätzen 
bereichert.  Er  schildert  in  No.  10  das  Paulinum  des  Rauhen 
Hauses  in  Hamburg-Horn,  eine  Anstalt,  welche,  ohne  irgendwie 
specifisch  englischen  Anstrich  zu  haben,  die  Vorzüge  der  deutschen 
und  der  englischen  Erziehung  in  sich  vereinigt  und  als  Muster- 
anstalt für  einen  gesunden  Geist  in  einem  gesunden  Körper  betrachtet 
werden  darf.^  In  der  dortigen  körperlichen  Erziehung  bilden  Turnen, 
Exerzieren,  kleinere  und  grössere  Wanderfahrten,  Baden  und  Rudern 
im  Sommer,  Schlittschuhlaufen  im  Winter,  Spiele  im  Freien  zu  jeder 
Jahreszeit,  Beschäftigung  im  Schulgarten  und  die  verschiedenen 
Zweige  der  Enabenhandarbeit  das  erwünschte  Gegengewicht  gegen 
die  geistigen  Anforderungen  des  Realschulunterrichts. 

No.  11  ist  einem  Tag  im  Lehrerseminar  zu  Oranienburg 
gewidmet,  einer  Stätte,  an  welcher  die  Gymnastik  gemäis  dem 
Guts  MUTHSschen  Worte  eine  „Arbeit  im  Gewände  der  Freude"  ist. 
Man  hat  dort  beobachtet,  dafs  die  Seminaristen,  welche  bis  zum 
Tage  der  Abgangsprüfung  veranlafst  wurden,  an  den  körperlichen 
Spielen  im  Freien  teilzunehmen,  wesentlich  frischer  zur  Prüfung 
kamen,  als  früher,  wo  sie  die  freien  Stunden  der  letzten  Wochen 
auch  zu  Examenvorbereitungen  benutzen  durften. 

In  No.  24:  Gesundheit  und  Freude  im  Winter  legt 
der  Verfasser  den  zur  Förderung  und  Erhaltung  des  Wohlbefindens 
der  heranwachsenden  Jugend  Berufenen,  nämlich  den  städtischen 
und  den  Schulbehörden,  die  Verpflichtung  nahe,  für  gute  Eisbahnen 
zu  sorgen  und  durch  Gründung  von  Eislauf  vereinen  dieses  Vergnügen, 
das  gleichzeitig  Kraft  und  Behagen  erzielt,  nach  Kräften  zu  fördern. 

Doch  wir  mülsten  das  interessante  Jahrbuch  ausschreiben,  wollten 
wir  alle  die  anregenden  und  belehrenden  Aufsätze  namentlich  an- 
führen. Nur  auf  einige,  welche  besonders  wichtige  Fragen  berühren,  sei 
noch  kurz  hingewiesen,  so  auf  No.  12:  Die  Volksspiele  in 
Magdeburg  von  Stadtschulrat  Platen,  No.  22:  Volkstümliche 
Leibesübungen  als  Ergänzung  der  Schulspiele  von  Dr.  med. 
GOETz  und  vor  allem  auf  No.  23:  Die  Leibesübungen  im 
Lehrplan  der  Fortbildungsschulen   von  demselben  Verfasser. 


*  Vergl.  diese  Zeitschrift,  1893,  No.  7  u.  8,  S.  413—417.    D.  Bed. 


313 

Bekanntlich  ist  im  April  1890  eine  Anfrage  an  alle  deutschen  Städte 
Ton  8000  £inwohnem  aufwärts  über  den  Umfang  der  Jugendspiele 
ergangen,  deren  Ergebnisse  in  H.  Raydts  bahnbrechendem  Buche: 
Die  deutschen  Städte  tmd  das  Jugendspiel,  1891  niedergelegt 
worden  sind.  Die  nächste  Umfrage  ani  Grund  yervollständigter  und 
erweiterter  Fragebogen  wurde  von  dem  1891  in  Berlin  gebildeten 
Centralausschusse  zur  Förderung  der  Jugend-  und  Yolksspiele  in 
Deutschland  im  Jahre  1892  bei  allen  Städten  von  5000  und  mehr 
Einwohnern  gehalten.  Da  von  den  in  Betracht  kommenden  700 
Städten  bis  zum  1.  Dezember  1892  nur  194  Antworten  eingelaufen 
waren,  so  nahm  mit  Bewilligung  des  Ministeriums  des  Innern  ein 
Mitglied  des  Königlich  preulsischen  statistischen  Bureaus  die  Um- 
frage neuerdings  in  die  Hand'  und  erzielte  bis  zum  26.  Jänner  1893 
eine  Gesamtzahl  von  647  Berichten,  die  sich  auf  die  verschiedenen 
Anstalten  von  587  Städten  beziehen. 

Während  die  vollständige  statistische  Verarbeitung  dieses  umfäng- 
lichen Materials.  fQr  den  dritten  Jahrgang  des  Jahrbuchs  in  Aussicht 
gestellt  wird,  hat  Dr.  von  Woikowsky-Biedaü  in  der  IL  Abteilung 
des  vorliegenden  Bandes  eine  sehr  interessante  DarsteUung  des 
gegenwärtigen  Standes  der  Jugendspiele  an  der  Hand  von  8  Tabellen 
geUefert.  Das  Ergebnis  fafst  er  auf  Seite  135  folgendermafsen 
zusammen:  „Als  die  Frucht  der  Enquete  ergibt  sich  trotz  ihrer 
nicht  zu  leugnenden  Lückenhaftigkeit  doch  eine  weite  Ausdehnung 
des  Jugendspiels  in  Deutschland.  Die  Bewegung,  zuerst  in 
schwachen  Anfängen  begonnen,  hat  in  den  wenigen  seitdem  verflossenen 
Jahren  weite  Kreise  des  deutschen  Volkes  ergriffen.  Die  Staats- 
regierungen unterstützen  sie  wohlwollend,  die  Schulbehörden  und 
emflolsreiche  Pädagogen  fördern  sie  auf  allen  Wegen,  eine  grofee 
Zahl  thätiger  Männer  wirkt  unermfldet  dahin,  dem  Gedanken  der 
körperlichen  Yolkserziehung  Freunde  zu  werben."^  Wir  heben  aus 
diesem  vorläufigen  Berichte,  der  sich  Ober  die  Zahl  der  Pflege- 
stiltten,  die  Spielplätze,  die  beteiligten  Schulen,  den  durchschnittlichen 
Besuch,  die  Spielleiter,  die  Pflichtmäfsigkeit  oder  Wahlfreiheit  der 
Spiele,  die  wöchentliche  Stundenzahl,  die  Vereinigungen  zu  Spiel- 
übungen,  die  Wanderfahrten,  die  Eisbahnen,  den  Handfertigkeits- 
unterricht  und  die  Mädchenspiele  übersichtlich  ausspricht,  zwei 
bemerkenswerte  Thatsachen  hervor:  zunächst  das  besondere  Entgegen- 
kommen der  Militärbehörden  durch  Überlassung  ganzer  Exerzierplätze 
oder  einzelner  Teile  derselben  zu  Spielzwecken,  femer  die  grofse 
Zahl  von  bereits  71  ausgebildeten  SpieUeitern,  nicht  berufsmäfsigen 
Turnlehrern,  eine  Wirkung  der  jährlich  wiederkehrenden  Spiel- 
karse  in  Görlitz,  Brannschweig,  Berlin  und  anderwärts. 

Der  m.  Abteilung  entnehmen  wir,  dafs  der  Centralausschufs 
in  seinen  Sitzungen  vom  21.  und  22.  Jänner  1893,    welchen   auch 


814 

Vertreter  der  prealsischexi  Unterrichtsyerwaltung ,  des  Königlichen 
statistischen  Amtes  und  des  Militärerziehnngswesens  beigewohnt  habei, 
bestimmte  Gnmds&tze  ftr  die  Jagendspiele  der  Knaben  and  ftr  die 
Yolksspiele  beraten  and  angenommen  hat. 

Unter  den  Vorträgen  behandelten  die  Berichte  von  Sohenokxn- 
DOBFF  and  Dr.  med.  GoBTZ  das  Verhältnis  zwischen  Central- 
aasschafs  and  deatscher  Tarnerschaft  and  erstickten  die 
Keime  gegenseitigen  Mifstranens,  die  ans  Abel  verstandenem  Eiler 
von  einzelnen  gesät  worden  waren. 

Die  Erörterang  des  Vorsitzenden  über  die  Bestrebungen  des 
Gentralaasschasses  enthält  die  wichtigen  Mitteilnngen,  dals  im 
Jahre  1892  an  7  Orten  in  12  Spielknrsen  396  Lehrer  and  284  Lehra- 
innen  aasgebüdet  worden  sind,  femer  dab  der  Aasschals  vom  preaCdscheB 
Kaltasministeriam,  einzelnen  Provinzialvertretangen  and  Stadtgemeinden 
Beträge  von  mehr  als  6000  Mk.  erhalten  hat. 

Von  hoher  Wichtigkeit  scheint  ans  das  Referat  des  Geheimen 
Sanitätsrates  Dr.  G&af  and  des  Dr.  med.  Schmidt  fiber  den 
Gegenstand:  Inwiefern  nützen  die  Jagend-  and  Volksspiele 
der  Armee?  nebst  der  daran  gekntlpften  Debatte  za  sein.  Den 
fQr  die  körperliche  Entwickelang  so  wichtigen  Liebensalter  vom  14. 
bis  zom  20.  Jahre,  d.  h.  vom  Aastritt  aas  der  Volksschale  bis  zom 
Eintritt  in  das  Heer,  wnrde  da  ein  besonderes  Angenmerk  zugewandt 

Aaf  weitere  Kreise  erstreckte  sich  der  Vortrag  Ratdts:  Die 
Bildang  von  Vereinen  für  Leibesübangen   in  freier   Laft. 

Stadtschalrat  Platbn  sacht  in  seinem  Berichte :  Die  Sonntags- 
rahe and  die  Volksspiele  der  Vergeadang  der  gesetzlich  fest- 
gelegten Sonntagsmaise  in  Sinnengenalis  and  kostspieligen  Verirrongen 
darch  Verallgemeinerang  der  Spiele,  welche  Leib  and  Seele  erfrischen, 
za  begegnen. 

Dr.  Koch  endlich  empfiehlt  in  seinem  Vortrage:  Über  die 
Einrichtnng  von  Wettspielkämpfen  darch  den  Aasschafs 
die  Feier  von  patriotischen  Gedenktagen  and  Schalfesten  mittdst 
Wettspielen  als  wirksames  Mittel  der  Propaganda  fOr  Ansbreitong 
des  Interesses  am  Volksspiel. 

Es  ist  ein  erfreoliches  Bild,  welches  aas  diesen  Verhandlangea 
des  Gentralaasschasses  ans  entgegentritt.  Von  den  edelsten  Gnmd- 
sätzen  beseelt,  strebt  derselbe  anermüdlich,  die  körperliche  ond 
damit  aach  die  sittliche  Kraft  des  Volkes  za  heben,  ein  kräftigendes 
Vergnügen  immer  weiter  za  verbreiten  and  dadarch  der  leibUehen 
and  geistigen  Ansbildang  des  einzelnen,  sowie  dem  Wohle  des 
Vaterlandes  za  dienen,  getrea  seinem  Wahlsprache :  pro  patria  est, 
dam  ladere  videmar.  K.  K.  Landesschalinspektor 

Dr.  phil.  Karl  Fbrdinand  Kummbr  in  Wien. 


315 

Ludwig  und  Hulssneb,  Architekten  in  Leipzig.  Nene  SelmlliXuser. 
Eine  Sammlung  ansgefülirter  Entwürfe  öffentlicher  Schnlbanten  in 
Berflcksichtigong  der  Yerhftitnisse  anf  dem  Lande,  in  kleinen  und 
grolsen  St&dten  nebst  übersichtlicher  Znsammenstellnng  der  Her- 
stellmigskosten.  Mit  26  Taf.  Stuttgart,  1893.  Eonrad  WiUwer. 
(Folio.  JH.  20.) 

Die  Yerfasser,  welche  ihre  Thätigkeit  fast  ausschliefslich  dem 
Schulbaawesen  widmen,  beabsichtigen  durch  die  Veröffentlichung  von 
40  teils  ausgeführten,  teils  projektierten  Entwürfen  verschiedener 
Unterrichtsgebäude  den  Schulgemeinden  und  allen  hierbei  beteiligten 
Fachleuten  praktische  Beispiele  an  die  Hand  zu  geben. 

Die  grolsen  Anforderungen,  welche  durch  die  mit  der  wachsenden 
Bevölkerung  sich  mehrenden  Schulen  an  die  Oemeinden  gestellt  werden, 
bedingen  gerade  auf  diesem  Gebiete  kommunaler  Anlagen  die  gewissen- 
hafteste Überlegung  und  das  reifste  Studium. 

Von  den  Verfassern  ist  bei  fast  aUen  Entwürfen  ein  Hauptgewicht 
darauf  gelegt,  bei  rationeller  Lösung  die  Herstellungskosten  möglichst 
gering  zu  machen.  Allerdings  bleiben  manche  Wünsche  des  Schul- 
hygienikers  dabei  unerfüllt.  Es  gilt  dies  hauptsächlich  von  den  grofsen 
Schulbauten,  bei  denen  fast  durchweg  das  System  des  beiderseits  ver- 
bauten Mittelkorridors  zur  Anwendung  kommt. 

In  einer  kurz  gefaCsten  Zusammenstellung  werden  die  wichtigsten 
Angaben  gemacht  über  Baugrund  und  Bauplatz,  Himmelsrichtung  des 
Gebäudes,  Bauart  und  Konstruktion,  Einteilung,  Schnlzimmerdimen- 
sionierung  und  -ausstattung,  Anlage  und  Einrichtung  der  Aborte  und 
Pissoirs,  der  Schulhöfe,  Schulgärten,  Turnhallen  und  Turnplätze. 

Ganz  richtig  ist  die  Bemerkung,  dafe  bei  der  Wahl  eines  für 
Schulbauzwecke  bestimmten  Platzes  die  gröfste  Rigorosität  nötig  ist 
und  Baugrund,  Grundwasserverhältnisse,  Umgebung  u.  s.  w.  wohl 
erforscht  und  studiert  sein  müssen.  Hierbei  hat  aber  nicht,  wie  die 
Verfasser  meinen,  der  Bautechniker  allein,  sondern  auch  der  Schul- 
hygieniker  ganz  wesentlich  mit  zu  entscheiden.  Gewilis  werden  manche 
sogenannten  billigen  Plätze  dadurch  verteuert,  dafs  dieselben  erst 
durch  besondere  Mehrkosten  brauchbar  hergestellt  werden  können. 

Die  Grölsenverhältnisse  der  Schulzimmer  sind  bei  den  Verfassern 
derart,  dafs  auf  das  Schulkind  1  qm  Flächenraum  und  3  cbm  Luft- 
raum als  Minimum  entfallen.  Als  Maximalhöhe  der  Lehrzimmer 
werden  4  m  angegeben. 

Bei  der  Ausführung  der  Decke  findet  eine  praktische  Konstruktion 
Erwähnung,  nämlich  Eisenträger  1,25  m  von  Mittel  zu  Mittel,  in  den 
unteren  Flansch  8  cm  dicke  Gipsdielen  so  ausgefalzt  eingelegt,  dafs 
der  Trägerfiansch,  von  Rohr  überzogen  oder  in  lose  Jutte  eingehüllt, 
nütüberputzt  wird.    Auf  diese  Gipsdielen  sind  dann  nochmals  kurze 


316 

Gipsdielenstücke  und  darauf  die  Fnisbodenlager  znr  Befestigung  der 
Dielung  gelegt.  Der  Raum  zwischen  Fufsboden  und  Gipsdiele  wird 
mit  Füllmaterial  ausgeglichen  und  an  die  rauhe  Gipsdiele  der  Decken- 
putz direkt  angebracht.  Diese  Decken  können  somit  wesentlich  dfinner, 
als  die  bisher  üblichen  konstruiert  werden,  sind  feuersicher,  schalldicht 
und  nicht  der  Fäulnis  ausgesetzt,  wie  Holzdecken;  die  Kosten  steiles 
sich  nicht  viel  höher,  als  bei  diesen. 

An  Stelle  der  Wandtäfelung  auf  1,50  m  Höhe  wird  Anstrich 
mit  sogenannter  Porzellanfarbe  der  Firma  Rosenzweig  <&  Bau  mann 
in  Kassel  empfohlen. 

Da  hohe  Dachböden  keine  nützliche  Verwendung  in  Schulhäosein 
finden,  werden  der  flachen  Neigung  wegen  Holzcementdächer  angeraten. 

In  vielen  Fällen  bringen  die  Verfasser  die  Garderobegegenstftnde  im 
Korridor  unter,  sehr  selten  sehen  sie  eigene  Räume  zur  Kleiderablage  Tor. 

Als  Maximum  10  m  für  die  Sehweite  der  Kinder  bei  gewöhn- 
licher Wandtafelschriffc  festzusetzen,  erscheint  wohl  zu  hoch  gegriffen; 
dieses  Mafs  als  höchste  zulässige  Lehrzimmerlänge  anzugeben,  wäre 
richtiger  gewesen. 

Die  Abortanlagen  sind  durchgehends  aufserhalb  des  Schulgebändes 
in  eigenen  Lokalen  untergebracht.  Der  Klosetts  mit  Torfioiullstreii 
wird  besonders  Erwähnung  gethan. 

Vor  allem  gelungen  und  nachahmenswert  erscheinen  folgende 
vorgeführte  Objekte:  einklassiges  Schulhaus  in  Sommerfeld,  zwei- 
klassiges  zu  Wildbach  bei  Hartenstein,  fünfklassiges  zu  Rötha. 

Unter  den  gröfseren  Schulbauten  können  jene  besonders  em- 
pfohlen werden,  die  nur  einseitig  verbaute  Korridore  aufweisen,  wie 
das  dreizehnklassige  neue  Schulhaus  zu  Markranstädt,  die  fünfzehn- 
klassige  Schule  zu  Nossen  und  die  zwanzigklassige  zu  Stötteritz- 
Leipzig.  Nicht  mustergültig  erscheinen  die  leider  in  vielen  groCsen  Städten 
auftretenden  Schulkasemen  mit  vier  Etagen  und  Mittelkorridoren. 
Die  prämiierten  Projekte  für  das  Schulhaus  in  Frankfurt  a.  M.  und 
für  die  Gewerbeschule  in  Heilbronn  dagegen  sind  vortreffliche  Beispiele 
für  grofse  Anlagen. 

Bezüglich  der  namhaft  gemachten  Bausummen  ergeben  sich  als 
Mittelwerte  der  Baukosten  pro  1  cbm  umbauten  Raumes  bei  Schul- 
häusem  11,50  Mark,  bei  Turnhallen  9,50  Mark  und  bei  Abort- 
nebenbauten  8,50  Mark.  Diese  Kosten  variieren  in  den  drei  Fällen 
zwischen  7,50  bis  15,50,  7,20  bis  11,80  und  7,20  bis  9,80  Mark. 

Herausgeber  und  Verleger  haben  auf  die  Ausstattung  des  Werkes 
die  gröfste  Sorgfalt  verwendet,  und  wäre  nur  lebhaft  zu  wünsdien, 
dafs*  solche  Litteraturerscheinungen  häufiger  als  bisher  auftauchtai, 
da  Sammelwerke  dieser  Art  von  ganz  besonderem  Werte  för  den 
Fachmann  sind. 

Diplomierter  Architekt  Kael  Hinträgbr  in  Wien. 


317 

Dr.  Lapfon.  Hygiene  et  salnbrit^  de  l'^cole.  Paris,  1892. 
Soci6t6  d'^ditions  scientifiques.     (112  S.  8®.) 

Die  kleine  Schrift  ist  im  Jahre  1891  von  der  Gesellschaft  für 
Einderhygiene  mit  einem  Preis  gekrönt  worden. 

Sie  behandelt  den  Grund  nnd  Boden  des  Schnlhaoses,  die 
Himmelsrichtung  desselben,  die  Banmaterialien,  die  Heizung,  Lüftung 
und  Beleuchtung,  die  Höfe  und  Aborte,  das  Schulmobiliar  u.  s.  w. 
In  dem  letzten  Kapitel  wird  erörtert,  wie  die  Schulhygiene  praktisch 
durchzuführen  ist,  wobei  namentlich  die  ärztliche  Schulinspektion, 
der  Unterricht  in  der  Gesundheitslehre  und  die  von  den  Lehrern  zu 
bearbeitende  sanitäre  Statistik  Berttcksichtigung  finden. 

Das  LAPFONsche  Handbuch  bildet  ein  Gegenstück  zu  dem 
Gnmdriüs  der  Schulhygiene  von  0.  Janee  und  kann  daher  besonders 
Lehrpersonen  und  Scbulaufeichtsbeamten  empfohlen  werden. 

L.   KOTELMANN. 


Bibliographie. 

Baumann,  E.  La  educazione  fisica  nette  scuole  elemeniari  e  nor- 
maii,  maschiU  e  femminiU:  Appendice  ai  programmi  approvati 
con  R.  decreto  26.  novembre  1893.  Roma,  1894,  Paravia  e  C. 
Lir.  0,60. 

Bericht  der  vom  ärzüichen  BeeirJcsverem  München  zur  Prüfung  des 
Emflusses  der  Steil-  und  Schrägschrift  (Schiefschrift)  gewählten 
Kommission.  Münch.  med.  Wochschr.,  1894,  IV,  66 — 68;  VI, 
109-^112. 

Cabezas,  JoAQüfN.  La  gimndstica  sueca.  [Die  schwedische 
Gymnastik,]  Bolet.  de  ensenz.  prim.,  Montevideo,  189S,  LH, 
233—252. 

COLOZZA,  G.  N.  La  pedagogia  e  Peducasione  fisica.  La  Riform. 
della  Ginnast.,  NapoU,  1894,  L 

Äw  Königliche  Friedrich  Wilhelmgymnasium  in  Berlin.  Mit  Taf. 
Zeitschr.  f.  Bauwes.,  1893,  587. 

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Der  Fufshaü.  Illustrierte  Zeitung  für  athletischen  Sport  und  volks- 
tümliche Jugendspiele.  Redigiert  Ton  Heikceen.  Stuttgart, 
1894,  Druckerei  u.  Verlagshaus.     Gr.  4^.     Halbjährl.     M.  4. 

^  Jugend  bedarf  der  praktischen  Thätigkeit.  Blatt,  f.  Knabhdarbt., 
1894,  IX,  65—70. 

IHe  Kaiser  Franz  Josef -Volks-  und  Bürgerschule  in  Wels.  Allgem. 
Banztg.,  1893,  LVI,  Taf.  41—44. 


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GIE8EKING,  Ernst.     Die  EörperhaUung  und  ihre  Folgen   hei  dm 

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stechenden  Krankheiten.      Veröff.    d.    Kais.    Gsdhtsamt.,     1892, 

XVI,  282. 
Verordnung  der  Kgl.  Begierung  eu  Düsseldorf  vom  9.  JuU  1892, 

betreffend  Turnhallen.     Veröff.  d.  Kais.  Gsdhtsamt.,  1892,  XYI, 

991. 
Walther,  Th.  und  Münchesang,  Rob.     Gegen   die  sogenarmtm 

häuslichen  Aufgaben.     Bielefeld,  1893,  Helmich.     iL  0,50. 
Warligh,  H.      Wie  kann  ein  gesunder  Körper  und  ein  gesunder 

Geist  bei   der  Erziehung  der  deutschen  Jugend  gebildet  werden? 

Eine  praktische  Lösung  der  Frage.     Mit  1  Lichtdrktaf.     Gassel, 

1894,  E.  Hübn.     Gr.  %^.     JL  0,60. 


319 

WiOKiNe.  H.  D.  Sdiwimmachule.  Methodische  Anleitung  zum 
Selbstunterricht.    2.  Aufl.     Bremen,  1893,  EtQitinann.    M,  0,50. 

WiBLAHD.     Die  häuslichen  Arbeiten.     D.  Schnlztg.,   1893,  XXIX. 

Wiener  StacUbauamt  Vorschriften  fUr  den  Heitsungs-  und  Lüftungs- 
hetridb  in  den  Schulen  der  Stadt  Wien.     Wien,  1887.     8^. 

WossiDLO.  Der  Mensch.  Beschreibung  des  Baues  und  der  Yer^ 
ru^fymgen,  nebst  Unterweisungen  für  die  GesundheUstpflege. 
Berlin,  1894,  Weidmann.     Jü  1. 

V&AT,  Chablbs.  SuggesOons  in  ihe  interests  of  the  eye  sight  of 
(Mdren.  Engl,  ophthalmological  Society  of  the  United  Kingdom, 
1893,  Decemb.  7.    Brit.  med.  Jonm.,  1893,  MDCCXXI,  1377, 


Bei  der  Redaktion  eingegangene  Schriften. 

ACHORK,  J.  W.      The  effect   of  cUmaie   and  emnronment   on   the 

New  England  girl.     Bost.  med.  and  snrg.  Jonm.,  1894,  CXXX, 

58—61. 
Allsn  Fat,   £dw.     Histories   of  American   Bchools  for   the  deaf 

1817 — 93.     Prepared    for   the  Volta  Bnrean    by   the   principals 

and  saperintendents  of  the  schools,  and  published  in  conmiemoration 

of  the    fonr  hnndreth  anniversary   of  the   discovery  of  America. 

3  Yols.     Washington,  1893,  Yolta  Bnreau.  8^. 
AsDERTON,    H.   Amt.      Games   of  the   seasons   with   music   and 

düarecHons.     London,  1894,  Charles  &  Dible. 
AiMAiYN,  C.     Die  vorbeugende  Hygiene,  eine  SUeze.     Jahrb.  d.  K. 

Ak.  gem.  Wiss.  in  Erfort,  1894,  N.  F.,  XIX,  133. 
Bayb,   Eman.      Schriftformen    fär    die    deutsche    und    lateinische 

SteOschrifL     Wien.  1894,  k.  k.  Schulbücherverlag.     Kr.  26. 
Behnkb,  Emil.      Stammering:    iis   nature    and    treatment,    with 

oj^endix   on   voice  producUon    in   speaking.     4.  edit.     London, 

1893,  T.  Fisher  ünwin.     Sh.  1. 
Beteb,  Otto  W.     Zum  Schtdgarten.     Gartenbau  und  Kifiderwelt. 

Blatt,  f.  Knabhdarbt.,  1894,  IV,  79—80. 
Cähsn-Brach.     über  das  Vorkommen  von  Spiegelschrift^  besonders 

im  Kindesalter.     Dtsch.  Arch.  f.  Min.  Med.,  1893,  LI,  2  a.  3. 
Garnbllby,  T.     The  air  of  schools.     Joarn.  Path.   and  Bacteriol., 

Edinburg  and  London,  1893—94,  II,  157—173. 
CoLLET,  AUQXJSTK.     L'hygihne  des   yeux    dans    T^coU   et   dans  la 

maison  fratemeUe.     St.  Petersburg,  1893,  P.  Sorkine.     12®. 
CoTMAN,  J.  S.  E.     Fh/ysicdl  education.     Abstr.   Tr.   Hanter.   Soc, 

London,  1892—93,  19—32. 


320 

FeuiUes  cChygüne  et  de  mddecme  poptUaire.  Reyue  mensaelle  pa- 
raissant  k  Neuchatel.  R^daction:  G.  Sandoz  et  H.  de  Moht- 
MOLLIN.     Neuchatel,  1894,  Attinger  frferes.     Fr.  2,50  par  an. 

Gbambsrg,  G.  Die  Beziehungen  Basedows  und  Salzmanns  mm 
Ärbeitsmterricht  Vortrag.  Blatt,  f.  Enabhdarbt.,  1894,  m, 
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Hammbbsohmidt.  über  Jugendspiele.  Progr.  d.  Realgymn.  in 
HaUe.     Halle  a.  S.,  1894. 

Kessler.  Über  Pflege  der  Tumspide.  Süddeutsch.  Bl&tt  f.  h6h. 
ünterrichtsanstalt.,  1894,  IV. 

Klein.  Der  Turnunterricht  an  sechsMassigen  höheren  LehranstaUen. 
Progr.  d.  Realprogymn.  in  Dirschau.     Dirschau,  1894. 

Krötee,  H.  Zum  Haushaliungsunterricht.  Bericht  über  eine 
Studienreise  im  Sommer  1893.  Frankfurt  a.  M.,  1894,  M.  Diester- 
weg.     Gr.  8^     M.  0,30. 

Vetter,  Leo  und  Fetzer,  H.  Moderne  Bäder,  erläutert  am  Stutt- 
garter Sdimmmbad.  Mit  5  Plan.,  1  AbbUd.  n.  2  TabeU.  Stutt- 
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Vogel.  Begeln  für  das  FufsbaUspid  ohne  Aufnehmen  des  Balles. 
Leipzig-Reudnitz,  1893,  M.  Hoffmann.     M,  0,30. 

VoisiN,  JüLES.  Vidiotie,  hSrSdite  et  dSgenSrescense  mentale,  pstfduh 
logie  et  Hucation  de  Vidiot  Le^ons  profess^s  ä  Thospice  de  la 
Salpetri^re.     Paris,  1893,  Bailli^re  et  fils. 

VOLLERT,  JOHS.  Leitfaden  für  das  Gerätturnen  an  höhertn 
Schulen.    Halle,  1894,  Buchhandlung  des  Waisenhauses.    M-  0,60. 

Wasserzieher,  Ernst.  Eine  Schulstabe  zu  Anfang  des  vorigen 
Jahrhunderts.     D.  Mädchschnl.,  1894,  UI. 

V^Techsler,  Th.  Bas  menschliche  Auge  im  gesunden  und  kranken 
Zustand.  Populäre  Abhandlung  für  Gebildete  aller  St&nde.  Mit 
33  Abbüd.    Wien,  1893,  A.  Hartleben.    Kl.  8<».    JL  2. 

Wegener,  Ludw.  Steilschriftfibel.  Nach  den  Grundsätzen  der 
reinen  Schreiblese-  und  Normalwörtermethode.  Oldenburg,  1894, 
Schulze.     iL  0,50. 

WiLHEiM.  Der  Gesundheitssport  in  seiner  Anwendung  beim  ge- 
sunden und  kranken  Menschen.   Wien,  1894,  Szelinski.  JK.  1,60. 

WiLEELMANN.  Die  erste  Hufe  bei  schweren  Verletzungen.  Leipzig, 
1894,  C.  G.  Naumann.     JH.  1. 

Woodbridge,  S.  H.  FUms  for  heating  and  ventHaUng  sdwdl- 
hauses.  Rep.  Bd.  Health,  N.  Hampshire,  1891 — 92,  Concord, 
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Zum  Wegfall  des  Nachmittagsunterrichts  in  unsem  Schulen.  Mittel- 
schul., 1894,  XXII. 

Zur  überbürdungsfrage.     Gsdht.,  1894,  V,  66—67. 


3eitf(||rifl  fit  ^(jinlgefitnblieitaiif ^^ 

VII.  Jahrgang.  1894.  No.  6. 


^rijjinal-^Xb^attilntijje». 


Programm  zur  Erforschimg  des  hygienigohen  Zustandes 
der  Lehranstalten,  des  Unterrichts  und  der  Lernenden. 

Zusammengestellt  von  einer  Kommission  der  IV.  Sektion 
der  rassischen  GeseUschaft  zur  Währung  der  Volksgesundheit 

nnd  mitgeteilt  von 

Wirklichem  Staatsrat  Dr.  med.  Albxander  von  Wibbnius, 

Arzt  des  Wedenskischen  klassischen  Gymnasiums 
nnd  Direktor  des  Sinderasyls  der  Grofsftirstin  Alexandra  Nicolaewska 

in  8t.  Petersburg. 

Welchen  Einflnis  üht  die  Schule  anf  die  Gesundheit  der 
Lernenden  ans?    Welche  Malisregeln  znr  Erhaltung,  zur  Her- 
stellung   oder   zur  Besserung   des  körperlichen  Wohlbefindens 
der  Schüler  ergreift  dieselbe?    Welche   Sicherheit  bietet    sie 
dafär,    dafe  der  in  ihr  erzogene  und  gebildete   junge  Mensch 
gesund,    kräftig  und  fähig  zum  Ertragen  der  Anstrengungen, 
velehe  die  Oesellsehaft  und  der  Staat  Ton  ihm   fordern,    ins 
praktische  Leben  eintritt?    Welche  in   der  Entwickelung  der 
Jugend  bemerkbaren  Mängel   sind    durch  die  Schule,  welche 
durch  die  häuslichen  Verhältnisse  bedingt?    Auf  jede  dieser 
Fragen    kann    man   nur   in   dem  Falle  eine  genaue  Antwort 
erteilen,  wenn  mehr  oder  weniger  alle  wichtigen  Details  der 
materiellen,    sittlichen   und  geistigen  Verhältnisse    der  Schul- 
anstalt, femer  die  Hauptpunkte  des  anatomisch-physiologischen 
Zustandes  der  Lernenden  und  der  persönlich  auf  die  letzteren 
Bezug  habenden  Hygiene  bekannt  sind. 

8ehBlg«ini<nMMipl«t«  TU.  21 


322 

Sucht  man  nun  irgend  eine,  sei  es  die  Schule,  sei  es  das 
Leben  der  Schüler  betreffende  Frage  zu  erforschen,  so  schlieist 
dieselbe,  wenn  auch  nicht  eine  unendliche,  so  doch  eine  aelir 
bedeutende  Anzahl  Einzelfragen  in  sich,  während  es  zur  mehr 
oder  weniger  raschen  Erreichung  des  angestrebten  Zieles 
genügend  wäre,  sich  auf  eine  Gruppe  von  G-rundfragen  zu 
beschränken  und  schon  nach  den  Antworten  auf  diese  sich 
die  eine  oder  andere  Meinung  zu  bilden. 

Es  labt  sich  nicht  leugnen,  daijs  es  in  jedem  Falle  und 
folglich  auch  in  der  von  uns  zu  betrachtenden  Sache  ausreieht, 
nur  den  Weg  und  die  Richtung  der  Forschung  anzudeuten, 
die  Auswahl  und  Stellung  der  Specialfragen  aber  dem  Ghit- 
dünken  des  einzelnen  Forschers  zu  überlassen.  Ziehen  wir  jedoch 
die  Verschiedenheit  in  den  Ansichten  der  letzteren  über  den 
Gegenstand  und  die  nicht  minder  grofse  Verschiedenheit  ifl 
dem  Vorbereitetsein  zur  Lösung  von  schulhygienischen  Au%aben 
in  Betracht,  so  gelangen  wir  zu  dem  Schlüsse,  dab  ein 
zweckmäfsig  zusammengestelltes,  für  alle  Forscher  einheitUches 
Programm  das  beste  Mittel  zur  Erlangung  von  vergleichbaren 
und  zum  Ziele  führenden  Antworten  bildet. 

Wenn  alle  Fragen,  welche  die  sanitären  Verhältnisse  der 
Schule  und  der  Lernenden  berühren,  denselben  Wert  hätten, 
dann  würde  das  Resultat  der  Untersuchung  im  wesentlichen 
von  der  Anzahl  dieser  Fragen  abhängen.  AUein  dieselben 
können  in  betreff  ihrer  Wichtigkeit  sehr  verschieden  sein, 
woraus  folgt,  dab  sowohl  die  Auswahl  der  Fragen,  wie  auch 
die  Fragestellung  einen  wichtigen  Einfluis  auf  den  Charakter 
der  Resultate  ausüben  muTs. 

Überhaupt  erscheint  es  in  praktischer  Hinsicht  sehr  nützlich, 
ein  genaues,  den  Gegenstand  erschöpfendes,  systematisches 
Programm  in  Händen  zu  haben.  Dasselbe  erleichtert  dem 
Forscher  die  Arbeit  und  weist  ihm  deutlich  den  Kreis  seiner 
Thätigkeit  an,  indem  es  ihm  zugleich  gestattet,  denselben  nach 
seinem  Ermessen  zu  verengem  oder  zu  erweitem;  es  bietet 
den  notwendigen  Grundplan  dar,  ohne  den  eine  entsprechende 
Verwertung  des  Materials  und  eine  den  Zweck  der  Untersuchung 
fördemde  Zusammenfügung  der  Daten  undenkbar  ist. 


323 

Auf  welche  Weise  soll  ein  solches  Programm,  welches 
den  von  nns  erwähnten  Fordemngen  entspricht,  zusammen- 
gestellt sein? 

A.  Dasselbe  mnJs  möglichst  ausführlich  sein,  damit  der 
Weg,  welcher  bei  der  wissenschaftlichen  Erforschung  des 
hygienischen  Zustandes  der  Schule  und  der  Schüler  einzuhalten 
ist,  sich  klar  bezeichnet  vorfindet. 

B.  Bei  dem  groüsen  Umfange  des  Programms  muis  das- 
selbe in  einzelne  Abschnitte  geteilt  sein  und  von  verschiedenen 
Autoren,  die  sich  für  den  einen  oder  den  anderen  Teil  be- 
sonders interessieren,  bearbeitet  werden. 

C.  Das  Programm  soll  berühren:  alle  äuTseren  Ver- 
hältnisse der  Schule,  die  hygienischen  Einzelheiten  des  Unter- 
richts, die  anatomisch-physiologische  Beschaffenheit  des  Körpers 
der  Lernenden,  ihr  geistiges  und  sittliches  Verhalten  in  der 
Schule  und  im  elterlichen  Hause,  biographische  Daten  über 
die  Schüler,  endlich  die  Morbidität  derselben  sowohl  in  der 
Periode  vor  dem  Besuche  der  Schule,  wie  während  desselben. 

D.  Auf  diese  Weise  müssen  in  dem  Programme  wenigstens 
ftlnf  Kategorien  enthalten  sein  und  bei  seiner  Zusammen- 
stellung folgende  Punkte  in  Betracht  gezogen  werden: 

I.  a.  Die  hygienischen  Verhältnisse  der  Örtlichkeit  und 
des  Gebäudes  der  Lehranstalt  mit  allen  dahingehörigen  Einzel- 
heiten, besonders  der  Zustand  der  Klassenzimmer  und  bei 
Internaten  auch  derjenige  aller  anderen  bewohnten  Bäume. 

b.  Die  hygienischen  Verhältnisse  der  Lernenden:  Kleidung, 
Wäsche,  Fuiszeug,  Betten,  Ernährung,  Beachtung  von  Reinlich- 
keit und  Ordnung. 

n.  Die  Hygiene  des  Unterrichts,  insofern  derselbe  die 
Entwickelung  der  Schüler  beeinflulst: 

a.  Pflege  der  Sinnesorgane  (Hygiene  des  Lesens,  Schreibens, 
Zeichnens,  Singens,  der  Handarbeiten  u.  s.  w.); 

b.  Pflege  des  Muskelsystems  (Hygiene  der  Körperübungen). 
m.  Der   körperliche,    geistige   und  sittliche  Zustand  der 

Lernenden  während  ihrer  Schulzeit: 

a.  Anthropologische,  resp.  medizinische  Untersuchung  der 

21* 


324 

Schüler,  sowohl  vom  anatomisoh-physiologischen,  wie  Yom  rein 
anthropologischen  Standpunkte  ans. 

Dabei  ist  es  durchaus  nötig,  1.  die  Methode  der  ünte^ 
suchung  und  die  für  letztere  benutzten  Apparate  zu  bezeichnen; 
2.  die  Zeit  der  Untersuchung  nach  den  Jahresabschnitten  und 
den  Tagesstunden  anzugeben  und  3.  bei  den  Mädchen  die 
besondere  Art  der  Untersuchung  im  Auge  zu  behalten. 

b.  Die  Erforschung  des  geistigen  Regimes  der  Lernenden 
auf  G-rund  der  Unterrichtsprogramme,  der  Stundenzahl  für  die 
wissenschaftlichen  Lehrgegenstände,  Künste  und  KOrperübungeni 
wobei  auch  die  häuslichen  Schulaufgaben  in  Betracht  zu  ziehen 
sind;  die  Ermittelung  der  Stundenzahl  für  Schlaf  und  Erholung, 
die  Feststellung  der  Aufmerksamkeit,  des  Fleilses,  der  Fort- 
schritte, welche  die  Zöglinge  in  der  Schule  gezeigt  haben. 

c.  Die  Konstatierung  des  sittlichen  Verhaltens  der  Ler- 
nenden durch  die  Zeugnisse  der  Erzieher  und  Lehrer  über 
Aufführung,  Belohnungen  und  Strafen,  Versäumnisse,  Zospftt- 
kommen  u.  dergl. 

IV.  Biographische  Daten  über  den  Schüler,  namentlich 
betrefis  seiner  Erziehung  vor  dem  Eintritt  in  die  Schule,  femer 
bezüglich  der  ererbten  und  erworbenen  Besonderheiten  seines 
körperlichen,  geistigen  und  sittlichen  Verhaltens. 

Dieser  Abschnitt  ist  sehr  wichtig  zur  Erklärung  fttr  die 
Abhängigkeit  des  Charakters  und  der  Fortschritte  des  Zöglings 
von  den  Eigenheiten  seiner  körperlichen  und  geistigen  Ent- 
Wickelung,  indem  Mängel  und  Fehler  öfter  das  Resultat  einer 
psychischen  Entartung  sind. 

V.  Die  Kränklichkeit  des  Lernenden,  die  Art  seiner  Er- 
krankungen,  ihre  Häufigkeit  und  Dauer  (Verweilen  im  Lazarett, 
Fehlen  in  der  Klasse). 

a.  Erkrankungen  an  akuten  und  chronischen,  örtlichen 
und  allgemeinen,  inneren  und  äu&eren  Krankheiten,  mit 
Ausschluls  der  Nervenleiden. 

b.  Erkrankungen  des  Nervensystems,  die  mehr  oder 
weniger  den  im  Schulalter  Stehenden  eigentümlich  sind,  und 
unter  denen  die  Neurasthenie  die  grö&te  Bolle  spielt. 


325 

Für  eine  genauere  Darlegung  dessen,  was  man  dem 
EinfloTs  der  Sohnle  nnd  was  demjenigen  der  häusliohen  Ver- 
hältnisse zuzuschreiben  hat,  ist  es  notwendig,  erstens  dort,  wo 
sich  die  Möglichkeit  bietet,  Paralleluntersuchungen  von  nicht 
lernenden  £lindem,  welche  im  Schulalter  stehen,  yorzunehmen 
und  zweitens  periodische  Ermittelungen  an  einer  kleinen  Gruppe 
Yon  Schülern  im  Verlaufe  ihrer  mehrjährigen  Schulzeit  an- 
zustellen. 

Die  Mühe  der  ZusammenstelluDg  des  Programms  haben 
folgende  Herren  für  die  einzelnen  Abschnitte  übernommen: 
I.  a.  J.  A.  Dmitrijbw,  I.  b.  A.  S.  Wirbnius,  II.  a.  und  b. 
W.  W.  GoRiNJBVSKY,  m.  a.  E.  Ju.  Pbtri,  D.  P.  Nikolskt 
und  G.  A.  Pbdorow,  m.  b.  und  o.  A.  S.  Wirbnius,  IV. 
P.  F.  Kaptsrbw,  V.  a.  N.  J.  Bistrow,  J.  J.  Lbbbdinsky, 
N.  J.  TiCHOMiRow,  N.  J.  LuNiN,  A.  K.  Limbbrg,  V.  b.  N.  N. 
NiBOHBGORODZEW.  Ergänzungen  des  Programms  in  Bezug  auf 
die  weiblichen  Erziehungsanstalten  und  die  abendliche  Be- 
leuchtung der  Sohulzimmer  sind  von  P.  D.  Eneo  geliefert 
worden.  Zur  Übersetzung  desselben  in  die  deutsche  Sprache 
zum  Zweck  der  Veröffentlichung  in  Kotelmanns  Zeitschriß 
fUr  Schulgesundheitspflege  erklärte  sich  Dr.  Grimm  bereit. 
Aufserdem  nahmen  an  den  Arbeiten  der  Kommission  noch 
teil  E.  Ch.  HiGHTBR  und  W.  P.  Wolbns.  Die  Sitzungen 
fanden  unter  dem  Präsidium  yon  A.  S.  Wirbnius  statt. 

Bei  der  Vorlegung  eines  solchen  ausführlichen  Programmes 
bleibt  es  natürlich  der  Einsicht  der  Forscher  überlassen,  das- 
selbe einzuschränken  und  die  eigene  Mühe  durch  Erlangung 
Ton  Daten  seitens  der  Pädagogen  zu  verringern.  Auiserdem 
hat  die  Kommission  es  für  nötig  gehalten,  dieses  Programm 
durch  ein  anderes  verkürztes  für  Massenuntersuchungen  der 
Lernenden  durch  die  Schulärzte  zu  ergänzen,  dem  eine  kurze 
Erklärung  vorausgeschickt  ist;  die  Abfassung  des  letzteren 
röhrt  von  A.  S.  Wirbnius  und  J.  A.  Dmitrijbw  her. 


BT :     Kleidiug, 
lernen. 


nig«n  Fachen), 
Sinnesoigue 

ns,  Sprechens, 

üemenden  b 
hüler.  «.All- 
er Lernenden. 

er. 

rang,  wo  der 
it  liat 

Dort  Fabrik, 
onveraemaiits- 
riken. 

lirgig,  trocken 
i&,  einem  Sm, 


327 

3.  Welches  Klima  hat  der  genannte  Ort,  kaltes  oder  heiTses, 
trockenes  oder  fenohtes,  nnd  was  für  ein  Wetter  herrscht  vor, 
klares,  sonniges  oder  trübes?  Bestehen  vielleicht  starke  tägliche 
Temperatorschwanknngen  ? 

4.  Wie  lange  währen  an  dem  betreffenden  Orte  die  Jahres- 
zeiten (Frühjahr,  Sommer,  Herbst,  Winter),  und  in  welchem 
Monat  beginnt  jede  derselben? 

5.  Welches  ist  die  Beschaffenheit  des  Erdbodens  nnd  des 
Trinkwassers  (Härte,  Weichheit)? 

6.  Beyölkemng  des  Ortes:  dicht  oder  spärlich,  reine  Basse 
(Angabe  derselben)  oder  gemischt;  im  letzteren  Falle  ans 
welchen  Bässen? 

7.  Herrschender  Grlanbe:  Beligionen,  Konfessionen  und 
Sekten. 

8.  Verbreitung  der  Fähigkeit,  zu  lesen  und  zu  schreiben, 
sowie  der  Bildung  überhaupt.   Welche  Lehranstalten  bestehen? 

9.  Hauptsächliche  Beschäftigungsarten  der  Bewohner: 
Ackerbau,  Viehzucht,  Handwerke,  Handel,  Fabrikarbeit. 

b.  Die  Familie,  in  welcher  der  Schüler  heranwuchs. 

10.  Bestand  der  Familie:  Eltern,  Groüseltem,  Onkel, 
Tanten  xmd  andere  Verwandte.  Zahl  der  Kinder,  der  Knaben 
und  Mädchen.  Wenn  einer  gestorben  ist,  in  welchem  Alter 
und  an  welcher  Krankheit? 

11.  Allgemeiner  Charakter  der  Familie:  einträchtig,  oder 
bestanden  häufig  Streitigkeiten?  Die  einflufsreichsten  Glieder 
der  Familie. 

12.  Die  Nationalität  und  die  Konfession  der  Eltern;  ihre 
Beschäftigung  und  ihr  Stand.  Profession  der  nächsten  Vor* 
fahren. 

13.  Die  materiellen  Verhältnisse  der  Eltern :  genügende 
oder  ärmliche  Existenz  ?  Die  Wohnung  der  Familie :  eng  oder 
geräumig?    Zahl  imd  Einrichtung  der  Zimmer. 

14.  Der  physische  Zustand  der  Eltern:  kräftige  oder 
schwache  Gesundheit?  Leiden  sie  an  £[rankheiten  (an  welchen?) 
oder  nicht?    Ihre  Lebensweise. 

15.  Wieviel  Jahre   alt  waren  Vater  und  Mutter  bei  der 


328 

&ebart    des    Kindes?    War    die  'Ehe   der   Eltern  die  eiste, 
zweite  oder  dritte?    Sind  dieselben  Blntsrerwandte? 

16.  Psychische  Eigenschaften  der  Eltern:  Stofe  nnd  Art 
ihrer  Bildung;  harter  oder  weicher  Charakter,  freundlich  oder 
streng?  Interessieren  sie  sich  für  allgemeine  Fragen?  Bestellt 
im  Hanse  irgend  eine  Bibliothek,  werden  Zeitungen  mid 
Journale  gehalten? 

17.  Haben  die  Eltern  persönlich  an  der  Erziehung  der 
Kinder  teilgenommen,  oder  haben  sie  dieselbe  anderen  Personen 
überlassen,  einer  Wärterin,  Verwandten,  Gouvernante?  Im 
zweiten  Falle,  wie  grofs  war  der  EinfluTs  der  letzteren? 

18.  Liebten  die  Eltern  ihre  Kinder  ganz  gleich  oder 
nicht?  Wer  yon  den  Eltern  stand  den  Kindern  nfther,  der 
Vater  oder  die  Mutter? 

c.  Der  Schüler. 
Die  physische  Seite  desselben. 

19.  Wie  wurde  das  Kind  geboren:  kräftig,  mittelsfaiTk 
oder  schwach?     Gewicht  und  Körperlänge  bei  der  Geburt 

20.  Wurde  das  Kind  von  der  Mutter,  von  einer  Amme 
oder  künstlich  genährt? 

21.  Verlief  das  Zahnen  leicht  oder  schwer?  Ereignete 
sich  irgend  etwas  Besonderes  während  desselben? 

22.  Wann  fing  das  Kind  zu  gehen  an? 

23.  An  welchen  mehr  oder  weniger  schweren  Krankheiien 
hat  dasselbe  in  der  Zeit  yor  dem  Schulbesuche  gelitten? 

24.  Zeigten  sich  irgendwelche  Hemmnisse  im  Wachstum 
und  in  der  physischen  Entwickelung,  und  falls  solche  vorkamen, 
welches  waren  die  Ursachen  derselben? 

25.  Die  Verhältnisse,  unter  denen  das  Kind  lebte:  Hatte 
dasselbe  ein  besonderes  Zimmer,  eventuell  wie  grois  war  dss* 
selbe,  und  wie  war  es  beleuchtet?  Beschaffenheit  der  Emähning? 
Zeitdauer  des  Schlafes?  Machte  das  Kind  täglich  Spazie^ 
gänge  in  der  freien  Luft  und  während  wieviel  Stunden 
ungefähr?  War  genügend  Zeit  vorhanden  für  Spiele  und 
körperliche  Übungen? 


329 

26.  Sind  Fehler  oder  Mangel  des  G^chts,  Gehörs,  QemohB, 
Geschmacks  oder  Gefühls  bemerkt  worden? 

27.  Wie  war  das  Kind  vor  dem  Eintritt  in  die  Schule: 
lebhaft»  kräftig,  interessiert  fttr  Leibesübungen,  oder  trftge,  wenig 
beweglich,  schwach? 

d.  Der  Schüler. 
Die  psychische  Entwickelang  desselben. 

28.  Wann  hat  das  Kind  zuerst  sprechen  gelernt?  Stiefs 
es  bei  der  Erlernung  der  Sprache  anf  irgendwelche  besondere 
Schwierigkeiten  ? 

29.  Hat  das  Eand  längere  Zeit  mit  Kameraden  oder  mit 
Erwachsenen  verbracht?  Wer  waren  die  Kameraden  und  wer 
die  Erwachsenen? 

30.  Wie  benahm  sich  das  Kind  gegenüber  den  Brüdern, 
Schwestern,  Ge&hrten?  Liebte  es  sie  oder  nicht?  Zeigte  es 
bei  den  gemeinschaftlichen  Spielen  Neigiug  zu  befehlen,  oder 
begnügte  es  sich  mit  einer  untergeordneten  Bolle?  Suchte  es 
vielleicht  mit  Putz  zn  glänzen? 

31 .  Besals  dasKind  viel  Spielzeug,  das  ihm  von  Erwachsenen 
geschenkt  worden  war,  oder  muTste  es  sich  selbst  Mittel  zur 
Zerstreunng  verschaffen? 

32.  Erzählte  man  ihm  Märchen  und  mitunter  schauerliche 
Oeschichten? 

33.  Wann  fing  man  an,  das  Kind  Schreiben,  Lesen, 
Rechnen  und  andere  Dinge  zu  lehren,  und  mit  welchem 
Erfolg,  nnd  unter  wessen  Leitung  fand  dieser  Unterricht  statt  ? 

34.  Lernte  das  Kind  fremde  Sprachen  ?  Wie  früh  begann 
66  dieselben  zu  lernen,  mit  welchem  Erfolge,  nach  welcher 
Methode,  mündlidi  oder  durch  Bücher? 

35.  Trieb  es  Musik  imd  Gesang?  Wann  fing  es  an  sich 
hiermit  zu  beschäftigen,  unter  wessen  Leitung  und  mit  welchem 
Erfolg  ? 

36.  Liebte  es  zu  lesen,  und  was  ftir  Bücher  las  es 
Torzugsweise? 

37.  Konnte  es  sich  lange  ununterbrochen  ohne  Ermüdung 


330 

und  eintretende  Gredächtnissohwftclie  geistig  beschäftigen,  und 
wieviel  Standen  dieser  Bescliäftigang  kamen  auf  den  Tag  znr 
Zeit  des  ersten  Unterrichts  und  in  späteren  Jahren? 

38.  Trieb  das  Kind  die  verschiedenartigen  Lehrgegenstfinde 
nach  eigenem  Ermessen  oder  auf  den  Rat  von  anderen? 

39.  Hat  es  RuTsIand  oder  das  Ausland  bereist,  MnfleeD, 
Theater,  Eremitagen  besucht,  und  welchen  Einfluß  haben  diese 
Reisen  und  Besuche  auf  dasselbe  geübt? 

40.  War  es  vor  dem  Eintritt  in  die  Schule  in  irgend 
einem  Eindergarten  oder  einem  Eindererziehungshaus  unter- 
gebracht,  und  wie  war  das  Resultat? 

41.  Welche  vorherrschenden  Neigungen  sind  bei  dem 
Kinde  bemerkt  worden,  solche  zu  Büchern  oder  zur  Hand- 
arbeit,  zur  Beobachtung  der  Natur,  zur  Mathematik  u.  s.  w.? 

42.  Wurde  vielleicht  ein  besonderer  Starrsinn  wahr- 
genommen, oder  war  das  Kind  nachgiebig?  Zeichnete  es  sieb 
durch  List,  Böswilligkeit,  Rachsucht,  krankhafte  EigenUebe 
aus?     Konnte  dasselbe  sich  beherrschen? 

43.  War  es  zartfühlend,  eindrucksfähig,  weinerlich,  empfind- 
lich, ängstlich,  exaltiert  oder  nicht? 

44.  Zeichnete  sich  das  Kind  durch  Wahrheitsliebe  oder 
Neigung  zum  Lügen  aus?  Li  letzterem  Falle,  welches  waren 
die  Ursachen  der  sich  entwickelnden  Lügenhaftigkeit? 

45.  Zeigte  das  Kind  sich  zerstreut  oder  nachdenklich, 
offen  oder  verschlossen?  Liebte  es  die  G-esellschaft  von 
Kameraden,  oder  zog  es  vor  in  der  Einsamkeit  zu  bleiben? 
Waren  ihm  Unternehmungslust,  Energie  oder  Passivität  eigen- 
tümlich? Folgte  es  leicht  anderen  und  ordnete  sich  ihren 
Anweisungen  unter? 

46.  Wurde  von  dem  Kinde  strenge  Beachtung  der  Haas- 
ordnung und  der  Familiendisciplin  verlangt,  oder  war  es  in 
seinen  Handlungen  so  gut  wie  gar  nicht  beschränkt? 

47.  Wie  benahm  man  sich  gegen  das  Kind?  Wurde 
ihm  bei  dem  ersten  Verlangen  seinerseits  sofort  Hilfe  gewährt, 
oder  war  dasselbe  mehr  den  eigenen  Kräften  und  der  eigenen 
Erfindungsgabe  überlassen? 


331 

Abteilung  V. 
Die  medizinisohe  Yersorgnng  der  Lehranstalt. 

1.  Jbt  ein  Arzt  in  der  Anstalt  angestellt?  2.  Wem  ist  er 
nntergeben?   3.  Besteht  eine  Instruktion  für  denselben? 

Abteilung  V.  a. 

Erkrankungen  der  Schüler  vom   klinischen  Standpunkte  aus. 

Nomenklatur  für  den  schulärztlichen  Kechenschaftsbericht. 

I.  Ansteckende  Ejrankheiten.  ü.  Epizootien.  m.  All- 
gemeine Ernährungsstörungen.  lY.  Ejrankheiten  des  Blutkreis- 
laufes. V.  Ejrankheiten  der  Bespirationsorgane.  VI.  Ejrank- 
heiten der  Verdauungsorgane  und  der  Bauchhöhle.  VII.  Krank- 
heiten der  Leber.  YITL  Krankheiten  der  Hamorgane. 
IK.  Krankheiten  der  Geschlechtsorgane.  X.  Krankheiten  des 
Auges.  XI.  Krankheiten  des  Ohres.  XII.  Krankheiten  der 
Haut  und  des  ünterhautbindegewebes.  XTTT.  Krankheiten  der 
Lymphgef&fse,  der  Lymph-  und  anderer  Drüsen.  XIV.  Krank- 
heiten der  Bewegungsorgane.  XV.  Verletzungen.  XVI.  Ver- 
giftungen. XVn.  Geschwülste.  XVIII.  Angeborene  Ent- 
wickelungsfehler. 

Vorstehendes  Programm,  in  welchem  streng  systematisch 
die  Haupterkrankungen  der  Schüler  verzeichnet  sind,  muTs  für 
den  Schularzt  als  Leitfaden  bei  der  Elassificierung  der  Krank- 
heiten in  der  Lehranstalt,  besonders  aber  im  Lazarett  der 
Internen  betrachtet  werden.  Zudem  soll  dasselbe  als  Grund- 
lage für  den  statistischen  Rechenschaftsbericht  über  die  Er- 
krankungen der  Lernenden  dienen  und  dadurch  die  Möglichkeit 
bieten,  zur  wünschenswerten  Einheit  betreffs  der  Einteilung 
der  Erkrankungen  in  sämtlichen  Schulen  zu  gelangen. 

Abteilung  V.  b. 
Erkrankungen   der  Lernenden  vom  medizinisch-pädagogischen 

Standpunkte  aus. 

Bei  der  Frage  nach  dem  ursächlichen  Zusammenhange 
zwischen  dem  Unterricht  und  dem  Gesundheitszustand  der 
Schüler  ordnet  man  am  besten  alle  bei  denselben  beobachteten 


332 

Krankheiten  in  yier  charakteristisohe  Gruppen,  die  in  vieler 
ßezielinng  von  den  in  kliniflohen  Anstalten  gebräuchlicben 
Krankheitsgruppen  abweichen. 

Diese  vier  Gruppen  seien  in  folgendem  angeführt: 

1.  Krankheiten,  die  sich  unmittelbar  infolge  ungünstiger 
sanitärer  Verhältnisse  der  Schule  und  des  Unterrichts  ent- 
wickeln: 

a.  Nasenbluten,  Kurzsichtigkeit,  Yerkrämmungen  der 
Wirbelsäule,  Blutarmut,  Kopfschmerzen,  Hysterie,  vasosym- 
pathische,  vasomotorische,  cerebrospinale  Neurasthenie. 

b.  Chirurgische  Krankheiten,  die  durch  anormale  VerhSlt- 
nisse,  ungenügende  Hilfsmittel  beim  gymnastischen  Unterrichte, 
unzureichende  Aufsicht,  mangelhafte  Disciplin  oder  dergl.,  ent- 
stehen: Wunden,  Quetschungen,  Verstauchungen,  Verrenkongen, 
Knochenbrüche,  Brüche. 

2.  Krankheiten,  zu  denen  die  Neigung  infolge  ungünstiger 
Bedingungen  der  Schule  und  des  Unterrichts  erworben  wird: 
Lungentuberkulose,  Verdauungsstörungen,  Erkrankungen  der 
Mandeln,  akute  und  chronische  Bachenentzündung,  Magen- 
und  Darmkatarrh,  chronischer  Schnupfen,  nicht  ansteckende 
Lid-  und  Bindehautkrankheiten  der  Augen,  Krankheiten  der 
Lymphgefälse  und  Lymphdrüsen  (Lymphangitis  und  Lymph- 
adenitis), sexuelle  Verirrungen  (Onanie). 

3.  Krankheiten,  welche  in  der  Schule  einen  geeigneten 
Boden  für  ihre  Entwickelung  und  Weiterverbreitung  finden: 

a.  Ansteckende  Krankheiten:  Masern,  Röteln,  Scharlach, 
Pocken,  Wasserblattem,  Flecktyphus,  Unterleibstyphus,  Büok- 
fallsfieber,  Diphtheritis,  Influenza,  Keuchhasten,  Mumps,  epi- 
demische Hirn-  und  Bückenmarkshautentzündung  (?),  Böse, 
ägyptische  Augenkrankheit  (Trachoma). 

b.  Parasitäre  Krankheiten:  Fayus,  Herpes  tonsurans, Krätze. 

4.  Krankheiten,  die  in  der  Schule  günstige  Bedingungen 
für  ihre  Verschlimmerung  und  ihren  verlängerten  Verlauf  an- 
treffen: Konstitutionelle  Leiden:  Skrofulöse,  Erkrankungen  der 
Kreislauf-  und  Atmungsorgane,  Kropf,  Wachstumskrankheiten 
(Maladies  de  croissanoe). 


333 

Anhang  I.  Eintritt  der  Gesohleohtsreife  bei  den  Sohülem. 
Anhang  ü.    Ferienkolonien. 

Abteilung  V.  c. 

Nerven-,  bezw,  Geisteekrankheiten  nnd  Abweichungen  von  der 

Norm  in  nenrös-psychischer  Beziehung. 

1.  Erbliche  Anlage:  Sind  bei  a.  dem  Vater,  b.  der 
Mutter,  0.  dem  Grofsvater,  der  Groftmutter,  d.  den  Onkeln, 
Tanten  beiderseits,  e.  den  Brüdern  oder  Schwestern  1.  nervöse 
Krankheiten,  2.  Geistesstörungen,  3.  Selbstmord,  4.  Verbrechen, 
5.  Trunksucht,  6.  Schwindsucht  vorgekommen? 

2.  Anzeichen  von  Entartung:  Anomalien  des  Schädels: 
Spitzkopf,  Asymmetrien  verschiedener  Art,  Eindruck  an  der 
Stelle  der  gro&en  Fontanelle;  der  Augen:  Albinismus,  Un- 
gleichheit in  der  Färbimg  der  Regenbogenhäute,  Oolobom  der* 
selben,  angeborenes  Schielen;  der  Nase:  Schiefheit  derselben; 
der  Ohren:  angewachsene  Ohrlappen,  nicht  genügende  Ab- 
grenzung der  Teile  der  Ohrmuschel,  ungewöhnliche  Grölse  oder 
Kleinheit  der  Ohren;  der  Zähne;  des  Mundes  und  Gnumens: 
steiler  und  schmaler,  flacher  und  breiter  Gaumen,  Hasenscharte, 
Spaltung  des  Gaumens;  des  Skeletts  und  der  Extremitäten; 
der  Geschlechtsorgane:  Oryptorchia,  Hypospadie,  Epispadie, 
Phimose  ohne  Hypertrophie  und  Verlängerung  der  Vorhaut  u.  a. 

3.  Häusliche  Erziehung :  a.  vernachlässig^;  das  Kind  war 
sich  selbst  überlassen,  b.  sehr  milde,  verzärtelnde,  c.  strenge, 
bezw.  grausame,  d.  übermäfsige  mit  zuviel  Aufsicht  und  Dressur, 
e.  vorzeitige,  auf  eine  zu  frühe  Entwickelung  des  Geistes  gerichtete. 

Anhang:  Fand  ein  Zusammenleben  a.  mit  geisteskranken 
oder  stark  nervösen  Eltern,  Verwandten,  eventuell  b.  ein  solches 
auflschliefslich  mit  Erwachsenen  statt? 

4.  Hat  das  Kind  gelitten  an:  a.  akuten  Infektionskrank- 
heiten (Typhus,  Scharlach  u.  s.  w.),  b.  akuten  Gehimleiden 
(Himentzündung),  c.  konstitutionellen  Erkrankungen  (Skrofulöse, 
englische  Krankheit,  ungenügende  Ernährung),  d.  Eingeweide- 
wQrmem,  e.  Krankheiten  der  Nase  und  des  Ohrs?  Hat  es 
öfter  längere  Zeit  gehungert? 


'■^;iai 


334 

5.  Erlitt  dasselbe  Verletzongen,  namentlich  des  Kopfes 
(Kontusionen,  Wunden),  und  waren  dieselben  von  groisan 
Schrecken  und  nachfolgenden  Störungen  der  Bewegungsoigane 
begleitet? 

6.  War  es  starken  Gemütsbewegungen  (Affekten),  seien  es 
a.  dauernde  oder  b.  plötzliche,  in  der  Familie  und  in  der 
Schule  (Furcht  yor  Strafe)  unterworfen? 

7.  a.  Hat  es  sich  ergeben,  oder  ergibt  es  sich  a.  der  Onanie, 
(Masturbation),  ß.  widernatürlichen  Geschlechtsvereinigniigen 
(Pftderastie)? 

Anmerkung:  Es  ist  geraten,  diese  Fragen  für  dieVer 
gangenheit  zu  stellen. 

b.  Wann  trat  die  Menstruation  ein,  mit  welchen  Er- 
scheinungen war  dieselbe  verknüpft,  ist  sie  regelm&lkig,  in 
welchen  Perioden  stellt  sie  sich  ein,  ist  sie  yielleicht  mit 
nervösen  oder  psychischen  Störungen  verbunden? 

8.  Wurden  von  irgend  welchen  besonderen  Erscheinnngen 
nervöser  oder  psychischer  Art  (ernste  Veränderungen  im  Charakter) 
begleitet  a.  die  Periode  des  stärksten  Wachstums  (ungefähr  10. 
bis  14.  Lebensjahr  bei  den  Mädchen,  12.  bis  17.  Lebensjahr 
bei  den  Knaben);  b.  die  Periode  der  G^chlechtsreife? 

9.  Sind  überhaupt  Anzeichen  bemerkbar  a.  einer  neoro- 
pathischen  Konstitution:  grofse  Neigung  zu  Erkrankungen  über- 
haupt, im  besonderen  der  Schleimhäute,  und  verstärkte  Reaktion 
nach  jeder  Einwirkung;  Anlage  zum  Irrereden  und  zu  Hallnei- 
nationen  bei  fieberhaften  Krankheiten;  äuiserste  Erregbarkeit 
des  vasomotorischen  Systems  (plötzliche  Röte  oder  Blässe  im 
Gesicht);  Herzklopfen,  präkordiale  Angst;  vermehrte  reflektori- 
sche Erregung,  leichtes  Eintreten  von  Krämpfen;  sehr  grolse 
Reizbarkeit  der  Gefühlsnerven,  der  Sinnesorgane,  des  Geftfr 
Systems  und  langes  Andauern  der  Reizwirkung;  besondere 
Idiosynkrasien;  b.  einer  psychopathischen  Konstitution:  häufige 
und  grundlose  Veränderungen  der  Gemütsstimmung,  pathologische 
Affekte,  eigentümliche  Sympathien  und  Antipathien,  ungewöhn- 
liche Erregbarkeit  in  der  Sphäre  des  Gefühlslebens  und  der 
Phantasie? 


335 

10.  Ist  Bpeoiell  wahrzunelimen :  a.  ungewöhnliche  Heftig- 
keit, die  mitunter  bis  zu  Anfilllen  von  Wnt  nnd  Tobsucht  sich 
steigert,  sowohl  in  der  Schule,  wie  in  der  Familie?  An- 
merkung: Liegt  in  diesem  Falle  vielleicht  Onanie  vor? 
b.  diese  oder  jene  Art  krankhafter  Furcht,  z.  B.  Platzangst 
(Agoraphobie),  Furcht  vor  einem  eingeschlossenen  Baum,  vor 
Berührung  mit  gewissen  Gegenständen,  vor  Einsamkeit;  c.  irgend 
welche  Zwangsidee  oder  Zwangsthätigkeit,  z.  B.  unwidersteh- 
licher Impuls  zur  Vergewaltigung,  Zerstörung ;  perverse  Sexual- 
empfindung; e.  grolse  Neigung  zur  Nachahmung;  f.  un- 
genügende Entwiokelung  des  sittlichen  Gefühls  oder  Ab- 
stumpfung desselben  (Hang  zu  Lüge,  Diebstahl,  Boheit  gegen 
Kameraden  und  Tiere)? 

11.  a.  Wie  sind  die  geistigen  Fähigkeiten  des  Schülers, 
g;at,  mittelmäfsig  oder  beschränkt?  b.  Entsprechen  dieselben 
den  von  der  Schule  gestellten  Anforderungen,  oder  c.  besteht 
eine  Überbürdung  als  Folge  des  unrichtigen  Verhältnisses 
zwischen  den  Geistesgaben  des  Schülers  und  den  Forderungen 
der  Schule? 

12.  Unterzieht  derselbe  sich  überhaupt  starken  Geistesanstren- 
gongen,  überbürdet  er  sich  selbst,  abgesehen  von  dem  unter  11c 
Gesagten? 

13.  Welche  mehr  oder  weniger  beständigen  Erscheinungen 
seitens  der  Nerven-  und  Geistessphäre  werden  in  der  Prüfangs- 
zeit  und  nach  derselben  beobachtet;  zeigt  sich  speciell  eine 
nervöspsychische  Herabstimmung  mit  nachfolgender  Erregung? 

14.  Existiert  vielleicht:  a.  periodisch  sich  wiederholende 
psychische  Depression  und  Exaltation;  b.  äufserst  rasch  ein- 
tretende Ermüdung  im  allgemeinen  und  der  Aufmerksamkeit 
bei  geistigen  Beschäftigungen  im  besonderen,  verbunden  mit 
Abneigung  gegen  letztere? 

15.  Welche  Veränderungen  in  neuropsychischer  Beziehung 
bemerkt  man  im  Verlauf  und  zu  Ende  des  XJnterrichtsjahres 
im  Vergleich  mit  dem  Anfang  desselben?  Wann  treten  die- 
selben ein?  Währen  sie  auch  in  der  Ferienzeit  oder  ver- 
schwinden sie? 


336 

Anmerknng:  Es  ist  eine  Charakteristik  des  ScküleTB 
in  nenropsychischer  Hinsicht  fär  das  erste  Jahr  nach  dem 
Eintritt  in  die  Schnle  und  nach  Verlauf  einiger  Zeit 
wünschenswert. 

16.  Erkrankungen  während  des  Schulalters:  1.  Kopf- 
schmerzen (Cephalalgie  scolaire,  Schulkopfweh)  mit  naohfolgenden 
Kongestionen  zum  Kopf,  2.  Kop&chmerzen,  die  durch  Anomalien 
der  Augen  veranlaist  werden :  a.  muskuläre  Asthenopie  infolge 
von  Insufficienz  der  Musculi  recti  interni,  h.  accommodative 
Asthenopie  mit  gröberer  oder  geringerer  Anomalie  des  Muscoliis 
ciliaris,  c.  nervOse  Asthenopie,  3.  Migräne  (Hemicrania), 
eventuell  ob  erblich? 

17.  a.  Hartnäckige,  langdauemde  Schlaflosigkeit  und  ver- 
schiedene Abweichungen  vom  normalen  Schlaf,  b.  Schwindel 
und  Ohnmächten,  c.  Gastralgie,  d.  nervöse  Dyspepsie,  e.  Som- 
nambulismus, f.  Herzpalpitationen  nervösen  Ursprungs. 

18.  Neurasthenie. 

19.  Hysterie  (beider  Geschlechter). 

20.  Chorea:  a.  kleine  Sydenhams,  b.  chronische,  ererbte 
Huntingtons. 

i        21.   Epilepsie:    a.  grand  mal,    b.  epileptischer  Schwindel 
(petit  mal,  Vertigo  epileptica). 

22.  Neuralgien. 

23.  Stottern. 

24.  a.  Gewöhnliche  krampfhafte  Zuckungen  (Tic  convnlsif 
vulgaire),  b.  die  Krankheit  der  krampfhaften  Zuckungen 
(Maladie  des  tics  convulsifs,  le  grand  tic  convnlsif  Oharoots). 
Werden  beobachtet:  a.  krankhafte  Zuckungen  im  Gesicht,  am 
Rumpf,  an  den  Extremitäten,  dem  Atmungs-  und  Sprech- 
apparate, welche  Ähnlichkeit  mit  physiologischen  Bewegungen 
haben,  Ausstofsung  von  Tönen,  Schreien,  wiederholte  krampf- 
artige Gesten  und  Bewegungen,  z.  B.  Kratzen,  Streichen  des 
Schnurrbarts,  der  Wangen,  der  Leistengegend,  Erheben  der 
Schultern,  eigentümliche  Bewegungen  der  Finger,  der  FfiTse; 
ß,  Nachahmung  von  Worten  (Echolalie),  Gesten  und  Bewegongen 
(Echokinesie)   anderer  Personen;   y,  unwillkürlicher  Gebrauch 


337 

Yon  Schimpfw^orten  (Koprolalie);  d.  BeBtehen  gleichzeitig  mit 
den  obenerwähnten  Erscheinungen  Zwangsideen  und  Zwangs- 
impulse? 

Anmerkung:  Diese  krampfhaften  Bewegungen  ganzer 
Mnskelgruppen  unterscheiden  sich  von  den  mehr  langsamen, 
abgerundeten,  anhaltenden,  choreatischen  Bewegungen  durch 
Plötzlichkeit,  Intensität  und  periodisches  Auftreten.  Der 
Symptomenkomplex  der  Krämpfe,  der  Echolalie,  der  Echokinesie 
nnd  der  Zwangsideen  stellt  die  erst  vor  kurzem  erkannte  und 
in  der  Wissenschaft  noch  nicht  vollständig  eingebürgerte  Krank- 
heit der  krampfhaften  Zuckungen  dar.  Sie  hat  eine  hervor- 
ragende ärztlich-pädagogische  Bedeutung,  wie  auch  jede  der 
angeffihrten  pathologischen  Erscheinungen,  wenn  sie  für  sich 
beobachtet  wird.  Alle  diese  Symptome  besitzen  eine  gro&e, 
Aolserliche  Ähnlichkeit  mit  dem  normalen  Verhalten,  infolge- 
dessen sie  häufig  für  letzteres  gehalten  werden.  Andererseits 
können  dieselben  leicht  als  Unart  und  absichtliche  Verletzung  der 
Schuldisciplin  gelten  und  so  Bestrafung  und  Oegenmafsregeln 
nach  sich  ziehen,  wodurch  das  Leiden  nur  verschlimmert  und 
der  Kranke  unnötig  gepeinigt  wird.  Zugleich  sind  sie  den 
geistigen  Beschäftigungen  und  den  körperlichen  Übungen  hinder- 
lich. Die  Sache  wird  noch  verwickelter  einerseits  durch  das 
Bestreben  des  Schülers,  sein  Leiden  zu  verheimlichen,  was 
auch  zu  Zeiten  bis  zu  einem  gewissen  Grade  gelingt,  anderer- 
seits durch  das  unzweifelhafte  Vorhandensein  sämtlicher  Geistes- 
gaben desselben.  Diese  Krankheit,  eine  schwere  Form  von 
Entartung,  tritt  schon  im  frühesten  Kindesalter  auf,  verschlim- 
mert sich  in  der  Zeit  der  Geschlechtsentwickelung,  verläuft  in 
Perioden  von  gvö&erer  oder  geringerer  Heftigkeit  und  wird 
von  AnfUlen  starker  Erregung,  die  mitunter  sich  bis  zur  Wut 
steigern,  begleitet. 

25.  Geisteskrankheiten:  a.  Lresein  des  jugendlichen  Alters 
(Hebephrenia),  b.  angeborene  primäre  Verrücktheit  (Paranoia 
origbaria),  c.  moralisches  Lresein  (Moral  insanity,  Lisania 
moralis). 

26.  a.  Selbstmord,  b.  Selbstmordversuch. 

BehalcMvndhtltapflet«  VU.  22 


338 

Abteilung  V.  d. 

üntersnohnng  der  Zähne. 
KlafisifikatioD  der  Verändenmgen  der  Zähne. 

a.  Fehler  der  Bildung  und  Entwickelung. 

b.  Erworbene  Veränderungen. 

Abteilung  Y.  e. 
Programm  für  die  Untersuchung  des  Sehorgans. 

Abteilung  V.  f. 
Krankheiten  der  Ohren,  der  Nase  und  des  Kehlkopfes. 

a.  Krankheiten  der  Ohren. 

b.  Krankheiten  der  Nase  und  des  Kehlkopfes. 

Yerkfirztes  Untersuchungsprogramm. 

Erklärende  Vorbemerkung. 

Wenn  man  ein  ausführliches  Programm  zur  üntersaohang 
des  sanitären  Zustandes  der  Schule  und  der  Lernenden,  das 
nur  bei  einer  kleinen  Anzahl  von  Schülern  anwendbar  ist,  sm 
Verfügung  hat,  so  ist  es  dennoch  wünschenswert,  auch  ein 
solches  Programm  zu  besitzen,  in  welchem  nur  die  Haupt- 
fragen kurz  zusammengefa&t  sind.  Denn  damit  ist  die  Möglioh- 
keit  gewährt,  dasselbe  bei  einer  viele  Schüler  umfassenden  Lehr 
anstali  anzuwenden,  oder,  was  noch  wichtiger  ist,  die  ünte^ 
Buchung  bei  einer  bestimmten  Gruppe  Lernender  im  YerUufe 
der  ganzen  Schulzeit,  vom  Besuche  der  ersten  bis  zu  demjenigen 
der  letzten  Ellasse  hin,  fortzusetzen. 

Ln  folgenden  wird  das  verkürzte,  von  Dr.  WnusNiüS  ye^ 
faCste  Programm  angegeben. 

L 

A.  Mediko-sanitäre  Untersuchung  betreffs  der  Periode 

vor  dem  Eintritt  in  die  Schule. 

1.  Vor-  and  FamiUenname. 

2.  Tag,  Monat,  Jahr  d«r  G«bart. 


839 

3.  Glanbensbekenntnifi. 

4.  Ort  der  Gebort  (Goavemement,  Kreis,  Stadt  oder  Dorf). 

5.  Wo  lebte  der  Betreffende  vor  dem  Eintritt  in  die  Schule? 

6.  Alter  des  Vaters  nnd  der  Mutter.  (FaUs  ein^  von 
ihnen  gestorben  ist,  so  ist  anzuführen,  wann  und  wie  alt  er 
gestorben.) 

7.  Nationalität  des  Vaters  und  der  Mutter,  sowie  Glaubens- 
bekenntnis derselben. 

8.  Profession  der  Eltern. 

9.  Gesundheitszustand  des  Vaters  und  der  Mutter.  (Wenn 
einer  von  ihnen  gestorben,  so  ist  anzugeben,  an  welcher 
Krankheit.) 

10.  Wie  war  der  Gesundheitszustand  des  Kindes  bis  zum 
Eintritt  in  die  Schule?  Woran  hat  es  am  häufigsten  gelitten, 
ansteckende  Krankheiten  nicht  mitgerechnet? 

11.  Hat  das  Kind  vor  dem  Eintritt  in  die  Schule  Krippen, 
Kindergärten  oder  dergl.  besucht? 

12.  Wurde  der  Unterricht  früh  begonnen?  Welcher  Lehr- 
gegenstand Yomehmlich  (Sprachen,  Musik)? 

13.  Wozu  besteht  eine  besondere  Neigung,  zu  geistigen 
Beschäftigungen,  Künsten,  Spielen? 

14.  Eigentümlichkeiten  des  Charakters  (Zerstreutheit,  Aus- 
dauer, Verschlossenheit,  Lebhaftigkeit,  Trägheit,  Herrschsucht). 

B.  Ärztliche  Besichtigung. 

a.  Ohne  den  Schüler  zu  entkleiden. 

Anmerkung:  Die  Besichtigung  eines  entkleideten  Schülers 
Iiat  in  einer  Lehranstalt  viele  Unbequemlichkeiten,  während  das 
Ausfragen  und  die  Untersuchung  eines  angekleideten  meist  die 
Möglichkeit  bietet,  weder  durch  Ort  noch  Zeit  beengt  zu  sein, 
ja  sogar  in  jedem  günstigen  Augenblick,  gleichsam  im  Vorbei- 
gehen, geübt  zu  werden.  Es  sei  noch  bemerkt,  dals  viele  Ant- 
worten, die  man  bei  passender  Gelegenheit  nebenbei  erhält, 
zuverlässiger  sind,  als  solche,  welche  bei  einer  mehr  oder 
weniger  offiziellen  Untersuchung  in  Gegenwart  der  Mitschüler 
als  Zeugen  erlangt  werden. 

22* 


340 

1.  Länge  des  Körpers  in  cm  (ohne  Stiefel). 

2.  Snbmaxillardrüsen :   ver^lsert  oder  normal,  hart  oder 
weich,  schmerzhaft,  geschwollen? 

3.  Zähne;    Zahl   der   kariösen:    1,   2,   3    oder  mebiero? 
Schmerzen  sie  oft  nnd  wann? 

4.  Ist  Röte  der  Wangen  vorhanden  oder  nicht? 

5.  Brechkraft  der  Angen. 

6.  Sehschärfe. 

7.  Krankheiten  der  Angen  und  Augenlider. 

8.  Das  Gehör;  die  Hörschärfe. 

9.  Krankheiten  des  Ohrs. 

10.  Krankheiten     der     Nase:     Nasenbluten,     ohroDisoker 
Schnupfen. 

11.  Rachen,  Mandeln. 

12.  Fehler  der  Sprache:  Stottern,  Lispeln  u.  s.  w. 

13.  Asymmetrie  des  Schädels  und  des  Gesichts ;  Anomalien 
der  Entwiokelung.* 

b.  Nach  Entkleidung  des  zu  Untersuchenden. 

1.  Körperbau:  kräftig,  mittelmäisig,  schwach. 

2.  Haut  (auf  der  Brust):  dünn,  dick,  zart,  anämiseh» 
torpid,  elastisch. 

3.  Die  Vacjßination :  Zahl  der  Imp&arben  an  der  linken 
und  rechten  Schulter. 

4.  Unterhautfettgewebe:  keines,  wenig,  viel. 

5.  Muskelkontraktion:'  Werden  die  Muskeln  stark  an- 
gespannt oder  nicht,  d.  h.  sind  sie  kräftig,  mittelstark  oder 
schwach? 

6.  Kraft  der  Hände  und  Schenkel'  (mit  dem  Dynamometer 
nach  g  zu  bestimmen). 

^  Nähere  Angaben  über  diese  nicht  häafig  vorkommenden  AnomalieD 
können  auch  in  besonderen  Anmerkungen  der  Tabelle,  beiw.  in  dem 
Gesundheitsatteste  des  Schülers  gemacht  werden. 

'  Zusammenziehung  der  Muskeln  des  Ober-  und  Vorderarms  beim 
Beugen. 

'  Die  Untersuchung  der  Kraft  mittelst  des  Dynamometers  ist  nur 
bei  Sohülem  von  15  bis  16  Jahren  und  darüber  erlaubt. 


341 

7.  Vitale  Lungenkapaoitftt  (mittelst  des  Spirometers  naoh 
ocm  anzageben). 

8.  Ban  der  Brust:  lang,  gewölbt,  flach,  seitlich  zusammen- 
gedrückt, eingeengt,  Pectus  carinatom  et  suboarinatnm  (sich 
der  Hühnerbrnst  nähernd). 

9.  Umfang  der  Bmst  beim  ruhigen  Atmen  in  cm. 

10.  Umfang  der  Bmst  beim  tiefsten  Einatmen  in  cm. 

11.  ümfiemg  der  Bmst  beim  stärksten  Ausatmen  in  cm. 

12.  Unterschied  zwischen  den  beiden  letzten  MaCsen  (10 
und  11). 

13.  Beschaffenheit  des  Herzens:  Herzstofs:  schwach,  mäfsig, 
stark;  Puls:  Zahl  der  Schläge. 

14.  Rücken.  Abweichung  seiner  Teile  von  der  Norm: 
hohe  Schultern,  krummer  Bücken,  rechte  oder  linke  Schulter 
höher,  mit  ihrem  inneren  Bande  vorstehende  Schulterblätter, 
Schulrücken.^ 

15.  Verkrümmung  des  Rückgrats:  Kyphosis,  Scoliosis, 
Lordosis. 

16.  Leib:  groiser,  mittlerer,  kleiner  (eingezogen)  Umfang 
desselben. 

17.  Liegt  ein  Bruch  vor  und  wo?  Liguinal-,  Hodensack-, 
Nabelbmch,  links  oder  rechts? 

18.  Geschlechtsteile:  grols,  unentwickelt,  dem  Alter  nicht 
entsprechend,  hängender  Hodensack. 

(Bei  den  Mädchen  die  Daten  betre&  der  Menstruation,  der 
Zeit  des  ersten  Auftretens,  der  Dauer.) 

19.  Körpergewicht  in  g. 

C.  Geistige  Eigentümlichkeit  des  Schülers. 

1.  Bef^gung:  gute,  mittlere,  schwache  (wird  durch  die 
Dnrchschnittscensur  für  das  verflossene  Jahr  bezeichnet). 


^  Schalracken  bezeichnet  eine  Form  des  RüokenB,  die  zwischen  dem 
gekrfimmten  Bücken  und  dem  Buckel  in  der  Mitte  steht  und  besonders 
den  Lernenden  in  den  höheren  Klassen  der  lüttelsohalen,  vor  allem  der 
Oyiuiasien,  eigen  ist,  und  zwar  im  Alter  von  16,  17  und  mehr  Jahren. 


342 

2.  Fortsohritte   (mittleres   Zengnis    ans   allen  Lelirgegen- 
ständen  für  das  abgelanfene  Jahr). 

3.  In  welchem  Lehrgegenstande  zeigte  der  Lernende  den 
gröfsten  Fortschritt? 

4.  Belohnungen:    nicht   ausgezeichnet,    erste   Belohnnog, 
zweite  n.  s.  w.,  lobenswert. 

5.  Benutzt  er  zu  Hause  die  Hilfe  eines  Repetitors?  Gibt 
er  selbst  Stunden? 

6.  War  er,  eventuell  wie  lange  von  dem  ünterrricht  in  der 
Gymnastik,  dem  Zeichnen,  dem  Singen  befreit? 

7.  Sind  Anzeichen  von  Überbürdung  vorhanden? 

D.  Sittliches  Verhalten  des  Lernenden. 

1.  Aufführung  (Durchschnittszeugnis  im  Betragen  für  das 
verflossene  Jahr). 

2.  Zahl  der  Übertretungen  im  abgelaufenen  Jahre. 

3.  Zahl  der  Bestrafungen  im  Jahre. 

4.  Versäumnisse  der  Stunden  a.  wegen  Krankheit,  b.  aus 
anderen  triftigen  Gründen,  c.  aus  nicht  stichhaltigen  Gründen. 

E.  Hygienische  Verhältnisse  des  Schülers. 

1.  Wann  legt  der  Schüler  sich  schlafen,  und  wann  steht 
er  auf?  Wieviel  Stunden  schläft  er? 

2.  Art  des  Schlafes:  spät  eintretend,  so  daijs  der  Be- 
treffende nicht  rasch  einschläft,  morgens  unterbrochen,  indem 
der  Schüler  früher  als  gewöhnlich  aufwacht,  unruhig,  anbiegt, 
von  beängstigenden  Träumen  begleitet;  Mondsucht. 

3.  G-eht  der  Lernende  täglich  spazieren  und  wieviel 
Stunden? 

4.  Wohnung,  ob  feucht,  trocken,  kalt,  sehr  heils. 

5.  Werden  zu  Hause  die  Fenster  geöffnet  und  wann? 

6.  Kleidet  sich  der  Schüler  zu  kühl  oder  zu  warm?  Trfigt 
er  ein  Halstuch,  Überschuhe? 

7.  Wäscht  er  sich  mit  kaltem  Wasser,  besonders  den  flals? 

8.  Geht  er  häufig  in  die  Badestube? 

9.  Badet  er  sich  im  Freien?  Nimmt  er  Wannenbäder? 


343 

10.  Welche  körperlichen  Übxmgen  treibt  er  im  Sommer: 
Budem,  Segeln,  Beiten,  Yelooipedfahren? 

11.  Fährt  er  im  Winter  vom  Eisberg? 

12.  Wieviel  Mal  am  Tage  ifst  er? 

13.  Hungert  er  bisweilen,  indem  er  kein  Frühstück  oder 
Abendessen  erhält? 

14.  Welchen  Speisen  gibt  er  den  Yorzng:  fetten,  süisen, 
festen  (d.  h.  ohne  Snppe),  Mehl-,  Fleischspeisen? 

15.  Welchen  Geschmack  hat  er?  Liebt  er  Salziges,  Saures, 
Pikantes,  Scharfes?    Gebraucht  er  Tabak  und  Spirituosen? 

16.  Trinkt  er  viel  Wasser?  (wieviel  Glas  am  Tage?) 
Von  welcher  Beschaffenheit  ist  dasselbe?  Nimmt  er  es  kalt 
ans  der  WasserleituDg  oder  warm  von  Zimmertemperatur? 

F.  Kränklichkeit  (Morbidität)  des  Zöglings. 

1.  Hat  der  Schüler  Kopfverletzungen  oder  Verletzungen 
anderer  Körperteile  erlitten? 

2.  Leidet  er  an  Eingeweidewürmern,  eventuell  an  welchen? 

3.  Sind  Anzeichen  von  Onanie  vorhanden? 

4.  Kränkelt  er  häufig  und  woran?  a.  Leidet  er  an 
Schmerzen  in  der  Herzgrube  und  wie  oft?  b.  Kommt  vielfach 
Durchfall  oder  Verstopfang  vor?  c.  Besteht  Dyspepsie? 
d.  Sind  Nervenstörungen  vorhanden:  Kopfschmerz,  Schwindel, 
Migräne  (erbliche)?  e.  Zeigen  sich  Nervenkrankheiten:  Neu- 
ralgien, Hysterie,  Epilepsie,  tic  convulsif  vulgaire,  le  grand 
tio  convulsif  u.  s.  w.?  f.  Sind  konstitutionelle  Krankheiten 
nachweisbar:  Skrofalose,  Anämie,  Khachitis,  Inanition? 

5.  Anzeichen  von  Gemütsleiden  (Gemütsverstimmung). 

6.  Ansteckende  Krankheiten,^  welche  vor  dem  Eintritt 
m  die  Schule  überstanden  wurden. 


^  Die  ansteckenden  Krankheiten  werden  folgendermaÜBen  bezeichnet: 
M.  =  Morbilli,  R.  =  Babeola,  So.  =  Scarlatina,  V.  =  Variola,  Vc.  = 
Varicellae,  T.  ex.,  T.  ab.,  T.  rec.  =  Typhus  exanthematicus,  abdominalis, 
recurrens,  Di.  =  Diphtheritis,  Pn.  =  Pneumonia,  Per.  =  Pertussis, 
I^ftr.  =  Parotitis,  F.  =  Favus,  He.  t.  =  Herpes  tonsurans,  Scb.  =  Scabies. 


'.;«■ 


344 

7.  Ansteckende  £[rankheiten  während  der  Zeit  des  Schul- 
besuches. 

8.  Ansteckende  Hautleiden :   Scabies,   Favus,  Herpes  ton- 
surans. 

n. 

Daten  über  den   sanitären  Zustand  der  Schale 

in  der  Stadt  (dem  Dorfe) ,  Gouvernement 

,  Kreis   

Zeit  der  Untersuchung:  Jahr ,  Monat 

Zahl  der  Schüler ,  darunter  Halbpensionäre , 

Pensionäre 

Zahl  der  Ellassen-  und  Parallelabteilungen. 

Ortsbeschaffenheit:  eben,  abschüssig,  hoch,  niedrig,  sumpfig. 

Nächste  Nachbarschaft:  Berge,  Wald,  Fabriken,  Kranken- 
häuser, Markt. 

Boden:  Sand,  Lehm  u.  s.  w.;  ist  er  verunreinigt,  eventaell 
womit? 

Bezugsquelle  des  Wassers:    Fluls,   See,   Teich^   Brunnen; 
Beschaffenheit  des  Wassers:  weich,  hart,  gut,  schlecht. 

Yorherrschende  Nationalität  der  Ortsbewohner:  Groisrnseen, 
Kleinrussen,  WeiJsrussen,  Finnen,  Tartaren. 

Hauptsächliche   Beschäftigung   der   Bewohner:    Landbau, 
Handel,  Fischfang,  Fabrikarbeit. 

Flächenraum,  der  von  der  Lehranstalt  eingenommen  wird> 
in  Quadratfaden. 

Nach  welcher  Himmelsrichtung  liegt  die  Hauptfassade  des 
Gebäudes? 

Zahl  der  Stockwerke,   der  Unterrichtsräume,   der  Zimmer 
für  sonstige  Beschäftigungen. 

Sind  auiser  der  Schule  im  Gebäude  untergebracht:  Handels-i 
Gewerbe-,  öffentliche  Anstalten,  Wohnungen? 

Baumaterial:  Stein,  Holz. 

Fundament:  fehlend;  massiv  oder  nicht? 

Erdgeschols  (Souterrain):    vorhanden  oder  nicht?  bewohnt 
oder  nicht?  Höhe. 


345 

ÄuAere  Bekleidung  der  Wände:  Putz,  Bretter,  Anstricli  mit 
Oel-  oder  LeirnfSeirbe.     Dauerbaftigkeit  der  Wände. 

Innere  Bekleidung  der  Wände:  Balken,  Stncoatnr,  Pappe, 
Tapeten,  Anstrioli  mit  Oel-  oder  Leimfarbe;  Farbe  der  Wände, 
der  Decke. 

Diele:  mit  Balkenunterlage  oder  ohne  dieselbe,  gut  zu- 
sammengefügt oder  nicht,  von  Stein,  Holz,  gestrichen  oder  nicht? 

Decke:  ist  sie  verschmiert,  hat  sie  eine  Schüttung? 

Dach:  aus  welchem  Material,  aus  Brettern,  Schindeln, 
Eisen,  Teerpappe?   Dauerhaftigkeit  desselben:  regnet  es  durch? 

Heizung:  welcher  Art  sind  die  Oefen? 

Lüftung:  Klappfenster,  Ventilatoren,  Öfen  mit  Ventilation. 

Vorzimmer:  warm  oder  kalt?  Wo  werden  die  BJieider 
aufbewahrt? 

Ist  ein  Bekreationsraum  vorhanden?  Hat  er  sonst  eine 
Bestimmung:  für  Gymnastik,  Gesang,  Zeichnen? 

Beleuchtungsmaterial:  Kerosin,  Gas;  Lichtstärke  jeder 
Lampe.  Auf  wieviel  Schüler  kommt  eine  Lampe?  Ent- 
fernung der  Flamme  vom  Tische. 

Wie  viel  Schüler  sitzen  auf  einer  Bank?  Sind  die  Bänke 
mit  den  Tischen  fest  verbunden?  Entsprechen  die  Subsellien 
der  Körpergröfse  der  Schüler? 

Ma&e  der  Tische  No.  1  bis  8:  Höhe  der  Bank,  Distanz, 
Differenz;  Zahl  der  Tische  von  jeder  Nummer. 

Aborte:  geheizt  oder  nicht?  im  Schulgebäude  oder  getrennt 
von  demselben?  besondere  für  Knaben  und  Mädchen?  Von  wo 
werden  die  Abortöfen  geheizt? 

Erhalten  die  Schüler  in  der  Schule  irgend  welche  Be- 
köstigung? Wo  befindet  sich  die  Küche?  Kurze  Beschreibung 
der  Kost. 

Ist  ein  Lazarett  vorhanden?  wo  befindet  es  sich  imd  unter 

wessen  Leitung?   besteht   beim   Lazarett    eine  Abteilung   für 

ansteckende    Krankheiten?    steht    dieselbe    mit    den    übrigen 

Eiankenzimmem  in  Verbindung,   eventuell  in  welcher  Weise? 

Dauer  des  Lehrkursus  und  der  Ferien. 

Zahl  der  täglichen  Stunden  in  den  einzelnen  Klassen. 


346 

Zahl  der  Zwisohenpausen  und  ihre  Daner. 

Art  der  Schreihutensilien,  des  Papiers  und  des  DniokeB 
der  Lehrbücher. 

Wird  Gesang,  Zeichnen,  Handarbeit,  irgend  ein  Handwerk 
gelehrt? 

Beschaffenheit  der  Bäume  für  diese  Beschäftigungen  and 
Dauer  der  letzteren. 

Welche  Art  von  Gymnastik  wird  getrieben:  Freiübungen, 
Turoen  an  Geräten,  Märsche,  Spiele? 

Wann  wird  dieselbe  geübt:  während  der  Unterrichtszeit, 
in  den  Zwischenpausen  oder  nach  den  Stunden?  Wo  wird  sie 
betrieben:  in  den  Klassen,  im  fiekreationsraume,  auf  dem  Hofe? 

Anmerkung:  Bei  der  Auskunft  über  einzelne  Fragen 
kann  das  betreffende  Wort  unterstrichen  werden;  falls  eine 
genaue  Antwort  nicht  möglich  ist,  lasse  man  die  Frage  un- 
beantwortet. 


Zar  Myopiefrage. 

Offener  Brief  an  den  Herausgeber  dieser  Zeitschrift. 

Von 

Dr.  med.  Ernst  Pflügbr, 

0.  Professor  der  Augenheilkunde  an  der  Universität  Bern. 

Bern,  im  Mai  1894. 

Geehrter  Herrl 

Meine  geehrten  Kollegen,  die  Herren  Professoren  Stilung 
und  Sghm£DT-B.impler,  haben  in  ihren  Beiträgen  zur  Myopie- 
frage, welche  in  Ihrer  geschätzten  Zeitschrift,  Jahrgang  VIi 
7,  8,  9  und  11,  sowie  VII,  1  erschienen  sind,  mehrfach  anf 
die  in  Bern  unternommenen  Refraktions-  und  Orbitamessnngeo 
sich  berufen.  Sie  gestatten  mir  daher  wohl  eine  kurze  Er- 
läuterung meiner  persönlichen  Stellung  zu   diesen  Messungen, 


347 

sowie  zu  der  Myopiefrage  selbst.  Die  üntersnohnngen  sind, 
wie  Herr  Sohmidt-Rimplbr  ans  der  Arbeit  des  Herrn 
Jankowski  ^Beitrag  zur  Myopiefrage^,  Seite  9,  richtig 
herausgelesen  hat,  nicht  von  mir  persönlich  ausgeführt  worden, 
sondern  von  meinem  damaligen  ersten  Assistenten,  Herrn 
Dr.  EisSEN,  z.  Z.  Augenarzt  in  Konstantinopel,  während  die 
Bearbeitung  des  EissBNschen  Materials  geraume  Zeit  später 
Ton  Herrn  Schwander  angefangen,  aber  erst  durch  fierm 
Jankowski  vollendet  worden  ist.  Mir  hätte  persönlich  die 
Zeit  gemangelt  sowohl  zu  den  Messungen,  die,  sollen  sie 
wissenschaftlichen  Wert  beanspruchen,  auJberordentlich  skrupulös 
ausgeführt  werden  müssen,  als  zu  der  Beschaffung  des  eigen- 
artigen Materials  erwachsener  Personen. 

Zudem  schien  es  mir  nicht  zweckmäTsig,  die  Messungen 
selbst  zu  imtemehmen,  nachdem  ich  in  dieser  Zeitschrift,  1888, 
No.  5,  Seite  135—142,  gegen  die  STiLLiNGsche  Auffassung 
Stellung  genommen  hatte,  und  zwar,  weil  es  mir  vorkam,  dieser 
Autor  habe  trotz  seiner  bahnbrechenden  anatomischen  Unter- 
suchungen an  Toten  und  Lebenden  oder  vielmehr  wegen  der- 
selben die  bisherigen  klinischen  Erfahrungen  unterschätzt  und 
dadurch  die  eben  aufgehenden  schulhygienischen  Bestrebungen 
in  G-efahr  gebracht. 

Der  öffentlichen  Einladung  Stillings,  in  der  Schweiz, 
welche  ihrer  gemischten  Bevölkerung  halber  sich  hierfür  besonders 
zu  eignen  schien,  seine  Messungen  zu  kontrollieren,  bin  ich 
bereitwillig  nachgekommen,  weil  die  Frage  greises  wissen- 
schaftliches und  praktisches  Interesse  besitzt,  und  weil  man 
einem  Gegner,  der  mit  so  wuchtigem  Material  den  Kampf 
gegen  die  bisherigen  Anschauungen  aufnimmt,  die  Pflicht 
Vorurteilsfreiester  Nachprüfung  schuldet.  Mit  Bücksicht  hierauf 
bielt  ich  es  für  richtiger,  die  Messungen  durch  einen  Dritten, 
Herrn  Dr.  Eissbk,  welcher  mit  absolutester  ünbe&ngenheit 
seiner  Aufgabe  sich  widmete,  vornehmen  zu  lassen. 

Das  Ergebnis  dieser  Messungen  blieb  jahrelang  ungehoben 
und  unbekannt  infolge  Abreise  des  Dr.  Eissbn,  bis  ich  in 
Herrn  Jankowski    einen  Doktoranden  fand,    welcher  mit  Be- 


^Va 


348 

geistenmg  nnd  grofser  Skepsis  an  die  Bearbeitung  des  bis 
dahin  toten  Materials  sich  machte.  Die  dnich  diesen  zn 
Tage  geförderten  Resultate,  welche  die  SiiLLiNGsohe  Lebie 
vom  Einflnis  des  Orbitalbanes  auf  die  Refraktion  zum  mindesten 
so  sicher  stützen,  wie  die  Messungen  Stillings  selbst,  und 
auf  die  Frage  der  Erblichkeit  der  Myopie  ein  neues  Licht 
werfen,  setzten  niemanden  mehr  in  Ehrstaunen,  als  mich  selbe! 

Ein  anderes  Resultat  wäre  mir  —  ich  gestehe  es  offen  — 
im  Augenblicke  lieber  gewesen,  weil  mehr  konform  mit  memen 
bisherigen  Anschauungen.  Die  aus  der  Forschung  gewonnene 
Wahrheit  entschädigt  aber  für  kleine  Enttäuschungen  reichlieL 

Was  sagt  uns  nun  das  zuverlässigste  Material,  dasjenige 
Erwachsener  (Tabelle  I  von  Jankowski),  über  das  Verhalten 
der  Orbitalindices? 

Myopie         Hypermetropie  4*  Enunetropie« 
Ohamäkonchie  33,3  7o  0  % 

Index  <  80 

Mesokonchie  51,8    „  7,4  „ 

Index  >  80  <  86 

Hypsikonchie  14,9    ^  92,6  „ 

Index  >  85 

Diese  Zahlen  bedürfen  keiner  weiteren  Erklärung.  „Sie 
bedeuten  zweifellos^,  wie  Sohmedt-Rimplbb  in  dieser  Zeitsohrifi;, 
1894,  Seite  2,  citiert,  ^dals  nicht  nur  chamäkonche-niedrige, 
sondern  auch  mesokonche-mittelhohe  Augenhöhlen  zur  Myopie 
disponieren.^  Hierin  liegt  kein  Widerspruch  mit  dem  Kern 
der  STiLLiNQschen  Lehre.  Fassen  wir  dieselbe  einfcMher  und 
sagen :  Indices  von  70 — 85  disponieren  hochgradig  zu  Myopie 
(85,1  Vo),  aufserordentlich  wenig  zu  Hypermetropie  und  Emme- 
tropie  (7,4  %),  Indices  dagegen  von  85 — 100  (106)  selten  «u 
Myopie  (14,9  %),  überwiegend  zu  Hypermetropie  und  Emme- 
tropie  (92,6  7o). 

Angesichts  solcher  Zahlen  kann  der  E^ampf  gegen  die 
STiLLiNGsche  Lehre  in  der  Hauptsache  nicht  aufrecht  erhalten 
werden  und  wird  sich  in  Zukunft  darauf  beschränken  müssen, 
die  Grenzen  festzusetzen,  innerhalb  welcher  schädlidie  Gbl^n- 


349 

heitsarsaohen  sich  geltend  maohen  bei  Yorhandensein  der 
orbitalen  Disposition,  sowie  beim  Fehlen  derselben.  In  ver- 
schiedenen hier  einschlagenden  Fragen  befinde  ich  mich  allerdings 
nicht  in  Übereinstimmung  mit  Stilling. 

Die  Studie  von  Jankowsei  über  die  Heredität  der  Myopie 
hat  gezeigt,  dals  die  erbliche  Disposition  ihren  Einflols  geltend 
macht  auch  innerhalb  der  Grruppe  mit  denselben  Indices.  Es 
gibt  also  neben  dem  vornehmsten  hereditären  Momente,  der 
Orbitaform,  noch  weitere  hereditäre  Dispositionen.  Ich  erinnere 
unter  anderem  an  Gefälsbesonderheiten,  an  die  verschiedene 
Stmktor  der  Lederhaut  und  die  variierenden  Entfernungen 
der  Pupillenmitten,  resp.  der  Bewegungscentren  der  Augen 
voneinander  —  Dolichooephalie ,  Brachycephalie  — .  Über- 
einstimmend mit  anderen  habe  ich  seiner  Zeit  gefunden,  dals 
trotz  diametral  entgegengesetzter  Ausnahmen  Myopen  durch- 
schnittlich eine  etwas  gröisere  Pupillardistanz  aufweisen,  als 
Emmetropen  und  Hypermetropen.  Die  SxiLLiNQsche  Theorie 
laboriert  angenblicklich  noch  an  Einseitigkeiten;  sie  bedarf 
noch  der  Korrektur  und  des  Ausbaues. 

Schmidt-Rdcplbb  stellt  sich  bis  jetzt  derselben  gegenüber 
auf  einen  Standpunkt,  auf  den  ihm  nicht  viele  zu  folgen 
vermögen.  Gesetzt  auch,  so  erklärt  er,  die  Statistik  würde 
zweifellos  nachweisen,  dals  die  Myopie  sich  wesentlich  nur  in 
niedrigen  Augenhöhlen  entwickele,  so  sei  damit  noch  keines- 
wegs die  Abhängigkeit  der  Kurzsichtigkeit  vom  Orbitalbau 
bewiesen,  eher  sei  der  entgegengesetzte  Kausalnexus  anzu- 
nehmen. 

Die  Tabelle  yin  von  Jankowsei  zeigt,  dais  bei  Myopie 
der  Erwachsenen  die  Augenhöhle  durchschnittlich  1,1  mm  breiter 
nnd  2  mm  niedriger  ist,  als  bei  den  übrigen  Refraktionen. 
Welche  Form  mülsten  wir  den  kurzsichtigen  Augen  vindizieren, 
dafs  sie  im  Gegensatz  zu  den  übrigen  diesen  abweichenden 
Orbitalbau  bedingen  sollten  ?  Liegen  irgend  welche  Messungen 
ZOT  Stütze  der  Hypothese  SohmibtRimplers  vor?  Und  die 
wohlbekannten  hochgradigen  Anisometropien  bei  hochgradiger 
Asymmetrie   des  Schädels  I     Hat  sich  hier   der  G^chts*   und 


ä50 

G^hirnsohädel  hochgradig  deformiert  infolge  der  yereohiedenen 
Refraktion  beider  Angen,  oder  liegt  die  Annahme  des  umgekehrten 
Verhältnisses  von  Ursache  und  Wirkung  nicht  nflher? 

Nach  wie  vor  bin  ich  der  Ansicht,  dals  Stilling  die  bei 
der  Entstehung  der  Myopie  mit  dem  Orbitalbau  konkurrierenden 
Momente,  als  welche  wesentlich  Konyergenz  und  Acoommod&tion 
gelten  müssen,  in  ihrer  Wirkung  unterschätzt. 

Die  Konyergenzschädlichkeit  gibt  er  zwar  zu,  ordnet  die- 
selbe aber  der  Trochleariswirkung  ganz  unter.  Freilich  kommt 
bei  der  Naharbeit  die  Konvergenzwirkung  allein  nie  zur 
Greltung  —  resp.  nur  in  den  seltenen  Fällen,  wo  ohne  Senkung 
der  Blickebene  gearbeitet  wird  —  und  entzieht  sich  daher 
für  gewöhnlich  einer  quantitativen  Schätzung.  Über  diesen 
Punkt  wird  daher  schw^lich  eine  Einigung  zu  erreichen  sein. 

Wie  deformierend  aber  doch  allein  die  Konvergenzüber- 
anstrengung auf  den  Bulbus  wirkt,  hat  Schosn  durch  seine 
interessanten  Präparate  (Funktionskrankheiten  des  Auges, 
1892)  nachgewiesen,  welche  zeigen,  dais  durch  dieselbe  Cornea 
und  Corpus  ciliare  auf  der  nasalen  Seite  nach  innen  verschoben 
werden,  während  auf  der  temporalen  Seite  der  Schlemmsche 
Kanal  gegenüber  dem  Corpus  ciliare  nach  innen  verzogen 
wird. 

Bei  der  Konvergenz  ist  femer  nicht  aufser  acht  zu  lalaen 
die  Aufrollung  des  Rectus  externus  und  die  dadurch  bedingte 
Kompression  der  Vena  vorticosa  externa,  auf  welches  Moment 
Ablt  Nachdruck  gelegt  hatte. 

Die  Accommodationsüberanstrengung  hat  die  bekannten 
klinischen  Veränderungen  zur  Folge :  Krampf  des  Ciliarmuskels, 
Hyperämie  der  Sehnervenpapille  und  Herabsetzung  der  Seh- 
schärfe. 

Dais  die  Accommodation  schädlich  wirke  allein  durch 
ihren  innigen  physiologischen  Konnex  mit  der  Konveigens, 
ist  keineswegs  erwiesen.  Ich  erinnere  hier  an  den  eigentümlichen 
Verlauf  der  Chorioidalge&fse,  auf  welchen  Nicati  in  seiner 
Arbeit  über  die  glande  uvöenne  (Arch.  cPophih,  10  und  11) 
aufinerksam    gemacht    hat.      Die    besondere    Anordnung   der 


351 

arteriellen  und  venOsen  Stämme  erlaubt  dem  Oiliocliorioidal- 
miuskel  bei  seiner  Kontraktion  die  denselben  direkt  durchsetzenden 
Venen  zu  komprimieren,  während  er  auf  die  ihn  umgehenden 
Arterien  keinen  Einfiuis  ausüben  kann. 

Es  bedingt  also  die  Acoommodation  für  sioh  allein,  unab- 
liftngig  von  der  Konvergenz,  eine  venöse  Hyperämie,  die  unter 
normalen  Verhältnissen  immer  nur  vorübergehend  ist  und  sioh 
rasch  wieder  ausgleicht.  Der  Aocommodationskrampf  hingegen 
lälst  diesen  Ausgleich  nicht  mehr  ganz  zu  stände  kommen; 
daher  die  Hyperämie  der  Papille. 

Die  infolge  von  Aocommodation  und  Konvergenz  wenigstens 
im  hinteren  Augenabschnitte  erzeugte  physiologische  Druck- 
steigerung leistet  der   venösen  Hyperämie    weiteren  Vorschub. 

Nimmt  man  zuletzt  noch  die  Cirkulationsstörungen  hinzu, 
welche  Stilling  aus  der  Trochleariszerrung  am  hinteren  Pol 
herleitet,  so  sind  damit  eine  Reihe  von  Kreislaufstörungen 
durch  die  Naharbeit  gegeben,  welche  geeignet  sein  dürften, 
die  Erziehungsmyopie  in  schlimmen  Fällen  aus  dem  BAhmen 
des  unter  Muskeldruck  veränderten  physiologischen  Wachstums 
in  denjenigen  pathologischer  Formen  übertreten  zu  lassen. 

Der  SxiLLiNGSchen  Einteilung  der  Myopie  in  zwei  un- 
vermittelte Formen,  die  Schulmyopie  in  anderweitig  ganz 
normalen  Augen  und  die  hochgradige,  pathologische  Myopie 
oder  Hydrophthalmie,  vermag  ich  bis  jetzt  nicht  beizupflichten, 
Merbei  wohl  anerkennend,  daJs  die  Übergangsformen  einen 
relativ  kleinen  Bruchteil  der  Fälle  ausmachen. 

Trotz  aUer  Divergenzen  in  zugehörigen  Fragen  lassen  die 
Zahlen  Eissbn- Jankowseis  für  mich  keine  andere  Deutung  zu, 
als  dab  der  Orbitalbau  das  hauptsächlichste  disponierende 
Moment  für  die  Myopie  im  Sinne  Stillinqs  bildet.  Die 
Myopiefrage  ist  also  in  beschränktem  Sinne  eine  B.assenfrage. 
Bis  jetzt  hat  sich  aber  noch  keine  Rasse  immim  gegen  Kurz- 
sicktigkeit  erwiesen. 


352 


lint  ^ttfanminn^tn  ttttb  Dtretiiett. 


Die  Bitsnngeii  der  Kommission  fttr  BchnlgesundheitspUfige 

in  Ntkmberg. 

Von 

Dr.   phil.    Gr.   AUTENRIBTH, 
Bektor  des  Alten  GymnadumB  in  Nürnberg. 

(Sehlnft.) 

V.  Sitzung  am  7.  November  1893. 

Hofrat  Dr.  Stich  referiert  über  die  Sitzungen  der  Ab- 
teilung XXm  (Hygiene  und  Medizinalpolizei)  der  45.  Ver- 
sammlung deutscher  Naturforscher  und  Ärzte  im  September  d.  J. 
dahier.  Schulhygienisches  Interesse  bot  nur  der  dort  gehaltene 
Vortrag  des  Stadtbaurats  Marsch  in  Halberstadt  über  seine 
neue  Schulbank.  Es  lagen  auch  Photographien  davon  Tor. 
Gegenüber  der  Nürnberger  Schulbank  wird  dieselbe,  wie  von 
verschiedenen  Seiten  bemerkt  wurde,  nicht  wohl  aufkommen 
können,  da  sie  ziemlich  viel  Platz  erfordert,  leicht  zerstöit 
werden  kann,  fGLr  das  Heraustreten  der  Schüler  bei  mehrsitzigen 
Exemplaren  unbequem  ist,  auch  zum  Teil  keine  Minusdistanz  hat 

Dr.  Schubert  verliest  eine  Eingabe  an  das  Kultos- 
ministerium,  betreffend  Normen  für  Druck  und  Papier 
von  Lehrmitteln.  Nach  einigen  Erörterungen  über  amerila* 
nische  Schulbücher,  Herstellungskosten  u.  s.  w.  wird  der  Ein- 
gabe zugestimmt. 

Über  den  Vortrag  des  Dr.  GtUTZMANK  in  der  Naturfotsdier- 
Versammlung,  betreffend  Unterricht  der  Stotterer,  wird  von 
Stadtrat  Rbhlbn  Mitteilung  gemacht  und  vom  Stadtschulrat 
Dr.  Glauning  erwähnt,  dals  der  Taubstummenlehrer  Eroiss 
in  Würzburg  nach  Gbntnsrs  Methode  75%  seiner  Stotterer 
geheilt  habe. 


353 

Die  Mittel  znr  YeröfEentlichung  der  Statistik  über  Hilfs- 
scliulen  für  schwachsinnige  Kinder  werden  bewilligt;  auch  wird 
die  Absendnng  der  Eingaben,  betreffend  Errichtung  von  Schalen 
1.  fär  Stotterer,  2.  für  Schwachsinnige,  an  den  Magistrat  be- 
schlossen. 

YI.  Sitzung  am  23.  Januar  1894. 

Es  gelangen  zur  Mitteilung:  1.  die  Antwort  des  Stadt- 
magistrats,  dafs  mit  dem  Sommersemester  1894  Schulen  für 
Stotterer  eingerichtet  werden  sollen;  2.  das  Programm  des 
Vni.  internationalen  Kongreises  für  Hygiene  und  Demographie 
in  Budapest;  3.  der  Kassenbericht  des  Stadtrats  Forster. 

Auf  der  Tagesordnung  steht  ein  Referat  über  Knaben- 
handfertigkeitsunterricht.  Herr  DIrr,  Vorstand  des 
mittelfränkischen  Kreislehrervereins,  berichtet  hierüber  vom 
p&dagogisehen  Standpunkte  aus.  Die  Hauptdaten  sind  folgende: 
Für  die  moderne  Richtung  wurde  der  Hauptanstofs  gegeben 
durch  den  dänischen  Rittmeister  Clauson  Kaas.  Die  Ein- 
fahnmg  in  Finnland  erfolgte  1866,  in  Schweden  1877,  in 
Frankreich  1882,  in  RuTsland  1884,  in  Dänemark  1885;  in 
Frankreich  ist  der  Handarbeitsunterricht  obligatorisch  für  alle 
Volks-  und  Bürgerschulen.  Die  deutsche  Reichsregierung 
hat  früher  einmal  5000  Mk.,  1891  2500  Mk.  als  Beihilfe 
gewährt,  das  preufsische  Kultusministerium  14000  Mk.,  das 
sächsische  und  badische  ist  nicht  zurückgeblieben  (vergl.  die 
Denkschrift  des  deutschen  Vereins  für  Knaben- 
handarbeit,  1892). 

Die  deutsche  Lehrerversammlung  in  Augsburg  1889  ver- 
Uelt  sich  hinsichtlich  der  Einführung  des  Handfertigkeits- 
Unterrichts  in  Volksschule  und  Lehrerbildungsanstalten  noch 
zuwartend.  Inzwischen  hat  der  XI.  KongreJs  für  erziehliche 
Knabenhandarbeit  zu  Frankfurt  a.  M.  durch  eine  geschickt  ab- 
gefafste  Schrift  auf  weitere  Kreise  zu  wirken  gesucht. 
Pädagogischer  Zweck  des  in  Rede  stehenden  ünterrichtszweiges 
ist  nach  derselben  die  Selbstbethätiguug  des  Kindes  durch 
Arbeit,  Beobachtung  und  Erfahrung  —  als  Gegengewicht  des 

8«haIcctiiDdh«ltspflegt  TU.  23 


364 

theoretisohen  Unterrichts,  zugleich  eine  bedeutende  Förderung 
der  allgemeinen  Erziehung,  segensreich  für  Q^ist  und  Körper 
in  der  mannigfaltigsten  Weise  und  unersetzlich  durch  andere 
Mittel;  aufserdem  wird  die  yolkswirtschaftliohe  und  sociale 
Bedeutung  der  Knabenhandfertigkeit  in  glänzende  Beleuchtung 
gerücki  Kein  Wunder,  wenn  Gewerbekammem  hier  und  da 
die  Einfilhrung  als  eine  Panacee  betrachten.  Die  erwähnte 
Denkschrift  hat  zum  Zweck,  die  Handarbeit  bald  zum  obliga- 
torischen Lehrgegenstand  in  der  Schule  zu  machen. 

Allein  die  Ansichten  selbst  der  Verfechter  dieser  Meinung 
sind  noch  nicht  geklärt,  geschweige  denn  einig.  Die  eben 
wollen  z.  B.  nur  mit  der  Schule  direkt  in  Verbindung  stehende 
Gegenstände  fertigen  lassen,  die  anderen  streben  eine  methodische 
Folge  in  der  allgemeinen  Handhabung  der  Werkzeuge  an. 
Man  will  femer  der  Schule  die  Pflicht  zuschieben,  alle  Kräfte 
des  Kindes  auszubilden,  als  ob  die  eigentliche  Erziehung  nicht 
Sache  des  Hauses  wäre  und  als  ob  brauchbare  und  arbeitsame 
Männer  nicht  auch  ohne  diesen  Unterrichtszweig  bisher  erzogen 
worden  wären,  zumal  wir  durch  Turnen  und  Spielen  in  fireier 
Luft  für  die  körperliche  Gesundheit  noch  besser  sorgen  können. 
Man  rühmt  endlich,  dafs  der  Schüler  beim  Handarbeitsunterricht 
beständig  beobachten,  überlegen,  vergleichen  und  urteilen 
müsse  —  wo  bleibt  da  die  Entlastung  und  das  Gegengewicht? 
Der  in  Leipzig  ausgebildete  Lehrer  Bossteusohbb  in  Wfirz- 
burg  schreibt:  „Ich  behaupte,  dals  der  Arbeitsunterrioht  eben- 
falls geistig  anstrenge,  und  finde,  daüs  die  Zöglinge  des  Knaben- 
horts, die  ich  seit  mehreren  Jahren  darin  unterrichte,  nach 
dem  Unterricht  geistig  matt  sind  und  der  Erholung  bedürfen, 
ehe  man  ihnen  die  Fertigung  der  Hausaufgaben  zumuten  kann; 
diese  Erfahrung  wird  mir  auch  yon  meinen  Kollegen  in  und 
aufser  dem  Knabenhort  bestätigt,  so  daüs  die  geistige  Anstrengong 
bei  diesem  Unterricht  fast  grölser  ist,  als  bei  dem  anderen.^ 

Es  ist  überhaupt  die  Frage,  ob  ein  derartiges  neues  Fach 
ohne  Überlastung  der  Lehrer  und  Schüler  eingeführt  werden 
könne.  Denn  eines  der  bisherigen  zu  beschränken  oder  za 
beseitigen,  ist  ganz  unmöglich;  ebenso  die  Wegnahme  der  beiden 


355 

freien  Nachmittage.  Weniger  als  4  Stunden  Handfertigkeits- 
nntemcht  würde  man  wohl  nicht  ansetzen  dürfen;  dazu  dann 
Zeichnen,  Turnen,  Konfirmandenunterricht  —  das  gäbe  für  einen 
Schüler  der  7. Klasse  wöchentlich  36  Stunden!  Wo  bliebe  da  Zeit 
zum  Besuch  des  Spielplatzes,  der  Eisbahn,  zum  Verkehr  mit  Eltern 
und  Geschwistern,  zu  den  Hausarbeiten?  Deshalb  wül  man 
eben  die  jüngeren  Klassen  einstweilen  mit  diesem  Unterricht 
beglücken,  aber  da  ist  die  physische  Kraft  noch  nicht  genug 
entwickelt,  und  man  wäre  auf  Arbeiten  angewiesen,  welche 
mehr  die  Aufmerksamkeit,  den  Geist  in  Anspruch  nehmen: 
Papp-,  Flechtarbeiten,  Ausschneiden  u.  s.  f.  Dazu  kommt,  dals 
auch  hier  die  individuellen  Anlagen  und  daher  die  Erfolge 
verschieden  sind,  so  dalis  nicht  eine  Hebung  des  Handwerks, 
sondern  vielleicht  Pfuscherei  die  Folge  wäre.  Wenn  femer 
der  Lehrer  auch  dieses  Fach  übernehmen  sollte,  könnte  das 
ohne  Nachteil  für  seine  Gesundheit  nicht  angehen. 

Demnach  sind  aus  pädagogischen  imd  praktischen  Er- 
wfigungen  alle  Versuche,  den  Handfertigkeitsunterricht  mit  der 
Volksschule  in  irgend  eine  Verbindung  zubringen,  entschieden 
abzuweisen.  Dagegen  sei  hervorgehoben,  dafs  ein  solcher 
Unterricht  für  geschlossene  Anstalten  (Internate,  Seminare, 
Waisenhäuser,  Kuabenhorte  u.  s.  w.)  einen  grolsen  Wert  besitzt, 
wie  man  z.  B.  im  hieeigen  Waisenhause  recht  gute  Erfahrungen 
damit  gemacht  hat.  Ebenso  würden  Schwachsinnige  in  dieser 
Weise  geeignet  beschäftigt  werden  können,  imd  wenn  gesunde 
Sohüler  an  dergleichen  Arbeiten  Freude  finden  und  freiwillig 
einen  solchen  Unterricht  besuchen  wollen  ohne  Versäumnis 
ibier  sonstigen  Pflicht,  so  ist  selbstverständlich  dagegen  nichts 
zu  erinnern. 

Korreferent  Dr.  Bosbnfbld  hebt  hervor,  dafs  in  der  Regel, 
ausgenommen  bei  E^ristbller,  die  hygienische  Seite  dieser  An- 
gelegenheit vernachlässigt  werde.  Letzterer  betrachte  die  Hand- 
arbeit als  Turnübung  am  Werkzeuge.  Aber  es  kämen  hier, 
wie  bei  der  Gewerbehygiene  überhaupt,  noch  besondere  sanitäre 
Anforderungen  hinzu:  greise,  luftige,  gut  ventilierte  Arbeitsräume 
Tl.  dergl.,  die  in  der  Volksschule  schwer  zu  haben  wären.    Auch 

23* 


356 

dürfe  die  G^filhrdnng  der  Augen  und  der  Körperhaltung  nickt 
übersehen  werden,  die  in  Dänemark  zur  Kombinierang  der 
Handarbeit  mit  gymnastischen  Übungen  geführt  habe.  Die 
Kerbschnitzarbeit  schädige  das  Sehorgan,  Säge-  und  Hobel- 
arbeiten die  Haltung  und  die  Lungen.  Die  hygienischen 
Bedenken  seien  hierbei  so  schwerwiegend^  dafs  eine  Konkurrenz 
mit  dem  Turnen  gar  nicht  möglich  wäre,  auch  wenn  päda- 
gogische Vorteile  in  gröfserem  Mause  sich  ergeben  sollten. 

Bei  der  Diskussion  erwähnt  Dr.  Schubert  zuerst  das 
Buch  von  Otto  Janee  über  die  Hygiene  der  Knaben- 
handarbeit, dann  die  Schrift  des  Enthusiasten  Woldehab 
GrOETZE  in  Leipzig. 

Rektor  Füchtbaueb  gibt  Aufschlufs  über  das  Hart-  nnd 
Weichlöten,  die  anstrengende  Arbeit  an  der  unhygienisctien 
Hobelbank,  die  Staubentwickelung  beim  B.eiben.  Er  legt  auch 
ein  Leipziger  Cirkular  über  die  Schulung  von  Lehrern  vor. 

Hofrat  Dr.  Stich  schildert  den  Betrieb  und  die  guten 
Wirkungen  dieses  Unterrichts  im  Waisenhaus,  wo  mä&ig, 
wechselnd,  in  kürzeren  Zeiträumen  gearbeitet  werde.  An- 
gliederung  an  die  Schule  sei  ein  Unding.  Der  beste  Betrieb 
bestehe  darin,  zu  Hause  bei  gegebener  Gelegenheit  zu  nageln, 
zu  sägen,  zu  hobeln. 

Schulrat  Dr.  Glauning  betont  die  Schwierigkeit  der 
Lokalfrage  und  der  Eingliederung  in  den  Stundenplan. 

Auf  die  Gtirtenarbeiten  wird  von  Dr.  Sghubebt  hingewiesen. 

Herr  Darr  bedauert,  dais  neben  Schulen  der  Stadt  schwer 
Gärten  anzulegen  seien,  denn  Gartenarbeit  würde  auch  znr 
Gewöhnung  an  Schonung  von  Fluren  und  Wiesen  fähren. 

Dr.  Schubert  bezeichnet  die  FRöBELschen  Kinderschulen 
als  Anfänge  für  solche  Handarbeiten;  aber  auch  da  sei  schon  ror 
dem  Ausstechen  wegen  Schädigung  der  Augen  gewarnt  worden, 
und  im  Winter  habe  die  Beleuchtung  Schwierigkeiten  gemacht. 
Eulekberg-Baghs  Schulgesundheitslehre  stelle  den  Satz  auf, 
die  Ziele  des  Handfertigkeitsunterrichts  seien  dieselben,  wie 
die  des  Turnens,  die  Erfolge  aber  mit  denen  des  letzteren  nicht 
gleichwertig. 


357 

Sektor  FCghtbaubr  bemerkt,  dafs  hier  in  Nürnberg  schon 
am  Anfang  dieses  Jahrhunderts  Handfertigkeitsnnterrioht  in  einer 
Schule  erteilt  wurde.  Es  war  dies  die  BOCHNERsche  Elnaben- 
industrieschule,  eröfihet  am  26.  September  1803.  Ebenso  hatte  man 
schon  am  12.  August  1793  eine  Mädchenindustrieschule  errichtet, 
wo  auch  Nähen,  Stricken,  Spinnen,  Waschen  und  Plätten  gelehrt 
wurde.  Beide  Stiftungen  rührten  von  der  Industriegesellschaft 
her.^  Gegenwärtig  haben  die  Amerikaner  an  ihren  Hoch- 
schulen (nach  BiTTLBRs  Bericht),  besonders  in  Ithaka,  Lehr- 
werkstätten eingerichtet. 

Dr.  EosBNFBLB  erinnert  an  ähnliche  Bestrebungen  von 
GoMEKius  und  Pbstalozzi,  Herr  Däbr  an  diejenigen  H.  A. 
"SMSCKsa  in  Halle. 

Auf  Anregung  des  Herrn  Wunderlich  werden  einige 
Titel  Yon  unterweis  iingsbüchem  für  Handfertigkeit  genannt, 
wie  Des  deutschen  Knaben  Handarbeit  und  ähnliche; 
er  wünscht  solche  für  Eltern  geschrieben. 

Schlielslich  empfiehlt  Dr.  Schubert  die  Ferienbeschäftigung 
von  Knaben  über  10  Jahren  in  der  Schule  von  Fräulein  Kühl 
dahier,  welche  auch  von  anderen  Seiten  anerkannt  wird. 


Krankheiten  der  behaarten  Kopfhaut  in  f^anzSsischen  Schnlen. 

Ans  dem  Pariser  Verein 
t&v  Sffentliche  Medizin  nnd  Cfesnndheitspflege. 

Der  Pariser  Verein  für  öffentliche  Medizin  nnd  Gesnndheits- 
pflege  hielt  am  25.  April  d.  J.  unter  dem  Vorsitze  des  Herrn  Pebrin 
eine  Sitzung  ab. 

In  derselben  machte  Herr  Deshates  aus  Rouen  Mitteilung 
fiber  Tinea  in  Schulen.  In  einem  nicht  weit  von  der  genannten  Stadt 
gelegenen  Borfe  waren  von  217  Knaben  198  damit  behaftet.  Es 
Würden    hygienische   Mafsregeln    getroffen    und    Desinfektionsmittel 


'  Yergl.  W.  E.  Schültheiss,   Geschichte  der  Schulen  in  Nürnberg, 
1856,  4.  Heft. 


358 

unentgeltlich  yerabreicht.  Infolgedessen  nahm  die  Krankheit  nadi 
Verlauf  eines  Monats  beträchtlich  ab.  Auch  in  Ronen  selbst  zeigte 
sich  eine  Epidemie  von  Pelade  bei  Schfllem.  Hier  wurden  gleidi- 
falls  energische  Desinfektionen  vorgenommen,  und  so  sank  die  Er- 
krankungsziffer auch  hier  ziemlich  schnell.  Redner  fordert  eine 
prophylaktische  und  kurative  Behandlung  der  Pelade,  in  ersterer 
Beziehung  insbesondere  Waschung  der  Mützen  und  Httte  mit  Sublimatr 
lösnng.  Auf  die  Frage,  ob  man  auch  die  Klassen  desinfizieren  solle, 
erwidert  er,  dafs  die  Desinfektion  der  Wände  und  des  Fulsbod^ 
gute  Resultate  ergeben  habe.  Die  Epidemie  in  Ronen  war  von  dem 
Haarschneidebabinett  eiaes  Coiffeurs  ausgegangen. 

Herr  Fsülard  weist  auf  die  grolse  Ansteckungsf&higkeit  der 
Pelade  hin,  die  noch  im  Auslande,  besonders  in  Wien,  so  bestritten 
werde.  Die  Krankheit  nimmt  in  Paris  seit  einem  Jahre  bei  den  Er- 
wachsenen zu.  Bei  den  Kindern  ist  das  Gleiche  mit  Tinea  tondens 
der  Fall.  Es  wäre  sehr  nützlich,  in  der  französischen  Hauptstadt 
noch  weitere  Schulen  fOr  Kinder,  die  hieran  leiden,  zu  errichten, 
da  es  dort  nur  eine  einzige  im  Krankenhause  Saint-Louis  gibt. 

Wie  Herr  Martin  mitteilt,  ist  das  Pariser  Pionierregiment 
aufs  neue  von  Pelade  ergriffen  worden.  Der  Stabsarzt  gibt  an,  dnfis 
dieselbe  sowohl  bei  den  Posten,  wie  in  der  Kaserne  aufgetreten 
sei.  Durch  die  städtische  Desinfektionsanstalt  wurde  eine  Desinfektion 
der  letzteren  vorgenommen,  und  bald  danach  traten  keine  neuen 
Fälle  mehr  auf. 

Die  Sterblichkeit  nnter  den  Schulkindern  Berlins. 
Mitteilung  in  der  Berliner  medizinischen  Gesellschaft. 

Einem  Vortrage:  Berlins  Gesundheit  unter  der  Einwirkung 
hygienischer  Werke,  den  Dr.  Th.  Weyl  vor  einiger  Zeit  in  der 
Berliner  medizinischen  Gesellschaft  hielt,   entnehmen  wir  folgendes: 

Der  Bericht  der  Magistratskommission  von  Berlin  für  dts 
Jahr  1890  enthält  die  Angabe,  dafs  bei  einer  Einwohnerzahl  von 
1570000  Personen  sich  in  sämtlichen  Berliner  Schulen  mehr  als 
200000  SchtQer  befanden,  von  denen  nur  l^o  über  14  Jahre  alt 
war.  Von  der  Gesamtheit  starben  1014  Kinder  im  Alter  von  6  bis 
14  Jahren,  und  zwar  150  an  Diphtherie,  191  an  Lungenschwind- 
sucht und  33  an  Lungenentzündung. 

Bei  dieser  Gelegenheit  hob  Redner  nach  der  ,tDtsch.Med,-Zig^ 
hervor,  ein  grofser  Teil  aller  Epidemien  seien  Schulepidemien.  Der 
Ausbreitung  derselben  könnte  man  entschieden  Einhalt  gebieten, 
wenn  man  die  Schulräume  desinfizierte  und  Schulärzte  einführte. 
Dr.  Wbtl  stellt  sich  keineswegs  vor,  dafs  man  inBerlin  etwa  lOOOsolche 
Ärzte   anstellen   müJste,    welche  die   Schulkinder  ein  paar  Mal  im 


359 


Semester  sehen.  Nach  ihm  soll  der  Schularzt  auch  dnrchauB  nicht  ein 
Schnhnonarch  sein,  welcher  plötzlich  w&hrend  des  Unterrichts 
erscheint  nnd  ein  Kind  gegen  den  Willen  des  Lehrers  ans  der  Bank 
hervorholt.  Die  Anfgahe  desselhen  wird  vielmehr  darin  bestehen,  in 
Gemeinschaft  mit  den  Pädagogen  zn  wirken,  nnd  diese  Thätigkeit  würde 
entschieden  einen  grolsen  Einflnls  anf  die  Gesnndnng  der  Kinder 
ansQben.  Es  wäre  nicht  ausgeschlossen,  die  Berliner  Armenärzte  in 
der  Weise  auszubilden,  daCs  sie  die  Stellung  als  Schulärzte  über- 
nehmen könnten. 


kleinere  illiiieilttii$eti* 


Alter  nnd  Familienstand  der  in  den  prenfsischen  Yolks- 
sehnlen  amtierenden  Lehrer  nnd  Lehrerinnen.  Von  den  Lehr- 
personen der  preulsischen  Elementarschulen  standen  nach  dem  letzten 
amtlichen  Berichte 


im  Lebensalter 

Leb 

rer 

Lehrerinnen 

von 

insgesamt 

Vo 

insgesamt 

% 

unter  20  Jahren 
20-30      „ 
30-40      , 
40-50      „ 

50-60               y, 

über  60      „ 

266 

24177 

16  648 

10176 

7111 

3  894 

0,43 
38,82 
26,73 
16,34 
11,42 

6,26 

77 

3604 

2967 

1296 

479 

116 

0,91 

41,52 

35,16 

15,36 

5,67 

1,38 

Was  den  Familie 

62  272 
nstand  der  L 

100 
.ehrkräfte  anl 

8439 
»etrifit,  so  wi 

100. 
uren  von  den 

Lehrern 

Lehrerinnen 

ledig 

verheiratet. . . . 
verheiratet  ge^ 

vesen 

20077 

40296 

1899 

8325 
19 
95 

Zusammen 

62  272 

8  439 

Die  Zahl  der  Lehrerkinder  betrug  123215;  davon  standen  88520 
im  Alter  von  weniger  als  18  Jahren.     Auf  die  Familie  eines  ver- 


360 

heirateten  Lehrers  kamen  durchschnittlich  3,5  Kinder;  die  Lebrer- 
familie  wies  also  rnnd  5  Köpfe  im  Mittel  auf. 

Die  wichtigsten  Baderegeln  fBr  Schüler  werden  von  Wietin6 

in  seiner  Schrift  „Die  SchwimmschtUe*^  folgendermaCsen  angegeb^: 
1.  Beim  Beginn  des  Freihadens  im  Flusse  oder  See  mufs  das  Wasser 
eine  Wärme  von  wenigstens  12^  R.  oder  lö^'  C.  haben.  2.  Bei  12^  B. 
bleibe  man  anfangs  nnr  3  Minnten  im  Wasser,  später  5  Minütea 
und  erst  allmählich  länger.  Je  wärmer  das  Wasser  wird,  desto 
anhaltender  kann  man  ohne  Schaden  darin  zubringen;  je  kiltor 
es  ist,  desto  kürzer  sei  der  Aufenthalt  in  demselben.  Nur  setze 
man  bei  ktkhler  Temperatur  nicht  gleich  aus.  3.  Magere  Personen, 
und  dazu  gehören  die  meisten  Kinder,  erreichen  den  zulässigen 
Grad  der  Abkühlung  weit  eher  als  wohlgenährte  Personen.  4.  Kinder 
thun  deshalb  am  besten: 

a.  bei  einer  Wasserwärme  von  12'  R.  nur  1 —  2  Minuten, 

h  14.0  9 A 

c.    ,      „  „  „    16»    ,     „    5—  7        . 

ZU  baden,  ö.  Das  erste  Bad  bestehe  aus  Hineingehen  ins  Wasser, 
wiederholtem  Untertauchen  und  Heraussteigen.  6.  Nicht  sehr  kräftige, 
empfindliche  Schüler  mögen  anfangs  nur  jeden  zweiten  oder  dritten 
Tag  baden,  aber  bald  täglich,  denn  gerade  das  tägliche,  regelmä(sige 
Bad  härtet  den  Körper  ab.  7.  Wenn  einem  gesunden  Individnnm 
das  Baden  und  Schwimmen  nicht  gut  bekommt,  so  hat  dies  meistens 
seinen  Grund  in  zu  langer  Dauer  des  Badens.  8.  Die  beste  Zeit 
zum  Freibaden  ist  morgens  von  6 — 8  Uhr  und  abends  von  5 — 8  Uhr. 
9.  Niemand  bade  unmittelbar  nach  den  Mahlzeiten,  also  mit  vollem 
Magen.  Der  Badende  kann  dann  leicht  von  Krämpfen  befallen  werden 
oder  zieht  sich  heftige  Kopfschmerzen  zu.  Jedoch  bade  man  auch 
nicht  mit  ganz  leerem  Magen.  Es  stellt  sich  in  diesem  Falle  leicht 
grolle  Ermattung  und  Übelbefinden  nach  dem  Bade  ein.  10.  Wer 
nicht  sehr  kräftig  ist,  esse  beim  Ankleiden  oder  nachher  etwas  Brod 
oder  dergl.  11.  Solange  man  nicht  fertig  schwimmen  kann,  bade 
man  nie  allein,  sondern  stets  in  Gesellschaft  einiger  Bekannter. 
12.  Besucht  der  Badende  einen  allgemeinen  Badeplatz,  so  hüte  er 
sich  vor  scharfkantigen  Steinen,  Glasscherben  u.  s.  w.  Am  besten 
sind  Stellen  mit  sandigem  Untergrund  zu  Badestellen  geeignet.  Nur 
nehme  sich  der  Anfänger  vor  plötzlich  abschüssigen,  tiefen  Stellen 
des  Flusses  in  acht.  13.  Der  Badende  lege  den  Weg  nach  der  Bade- 
anstalt in  mäfsiger  Bewegung  zurück,  damit  er  dort  nicht  erhitzt  an- 
komme. 14.  In  derselben  eingetroffen,  rohe  er  5  bis  10  Minuten 
angekleidet  aus,  damit  die  Lungen  und  das  Herz  zur  Ruhe  kommen. 
15.  Dann  kleide  er  sich  rasch  aus,  und  zwar  zuerst  den  Oberkörper. 


361 

Vor  dem  Ablegen  des  Hemdes  ist  die  Badehose  anzuziehen.  Die 
Eleidmigsstücke  werden  an  die  Haken  gehängt,  damit  sie  auslüften. 
Im  Freien  lege  man  sie  auf  Gebüsch  oder  dergl.,  damit  sich  nicht 
Tiere  darin  verlaufen.  16.  Der  Nichtschwimmer  gehe  nach  dem 
Auskleiden  sofort  ins  Wasser,  tauche  den  ganzen  Körper  unter 
und  mache  dann  Schwimmbewegungen.  Nie  stehe  er  längere  Zeit 
imthätig  und  ruhig  im  Wasser,  weil  er  sich  in  diesem  FaUe  der 
Gefahr  einer  Erkältung  aussetzt.  17.  Der  Schwimmer  begebe  sich 
nach  dem  Auskleiden  sofort  an  den  Fluis  und  benetze  Arme,  Achsel- 
höhlen, Brust,  Kopf,  Nacken,  Rücken  und  Kniegelenke  mit  Wasser, 
weil  er  sich  damit  gegen  Krampfanfälle  schützt.  Ist  das  Wasser 
*  tief  genug,  so  springe  er  hinein  (Fufssprung,  Füise  geschlossen. 
Arme  an  den  Seiten,  oder  Kopfsprung).  18.  Seife  und  Handtuch 
werden  yor  dem  Bade  so  bereit  gelegt,  dafs  sie,  wenn  man  ihrer 
bedarf,  sogleich  zur  Hand  sind.  19.  Yor  Schlufs  des  Bades  ist  es 
gat,  Achselhohlen  und  Kopfhaare  einzuseifen  und  hierauf  den  Körper 
einige  Male  unterzutauchen.  20.  Sind  in  der  Badeanstalt  Dusche- 
Yorrichtungen  vorhanden,  so  benutze  der  Badende  sie  ja,  da  sie 
?on  kräftigender,  abhärtender  Wirkung  für  den  Körper  sind.  Wo 
keine  solche  Einrichtungen  bestehen,  kann  eine  Giefskanne  zu  diesem 
Zwecke  benutzt  werden.  21.  Nach  Verlassen  des  Bades  trockne 
man  den  Körper  durch  kräftiges  Abreiben  gut  ab.  Am  besten 
eignet  sich  dazu  ein  sogenanntes  Frottiertuch  oder  grobes  Haartuch. 
Die  Kopfhaare  müssen  wiederholt  getrocknet  werden.  22.  Nach 
dem  Bade  mache  man  sich  Bewegung.  Ist  der  Weg  nach  Hause 
knrz,  so  empfiehlt  es  sich,  einen  Umweg  zu  nehmen.  Der  regel- 
mälsig  mit  Beobachtung  der  gegebenen  Regeln  Badende  wird  die 
Wirkung  des  Bades  an  seinem  körperlichen  Wohlbefinden  spüren. 

Gegen  Krenzotternbisse.  Bekanntlich  kommen  auch  in 
Deutschland  die  Kreuzottern  nicht  ganz  selten  vor.  Demnach 
gehören  Bisse  dieser  Giftschlangen  zu  den  plötzlichen  Unglücks- 
fällen, mit  denen  auch  Schüler  zu  rechnen  haben.  Die  „Äretl. 
Bundsch.*^  weist  daher  auf  einige  auch  unter  den  einfachsten  Ver- 
hältnissen und  in  den  abgelegensten  Gebirgsgegenden  anwendbare 
Mittel  gegen  die  Vergiftung  durch  Kreuzotternbisse  hin.  Das  erste 
ist  schleunige  Verhinderung  des  Weitertransportes  des  Giftes  Ton 
der  Büsstelle  aus  in  den  allgemeinen  Blut-  und  Säftestrom.  Es 
geschieht  dies  durch  möglichst  schnelles  festes  Umschnüren  des 
verletzten  Gliedes,  wie  des  Fufses  oder  der  Hand,  oberhalb  der 
Büsstelle.  Am  besten  bedient  man  sich  dazu  einer  elastischen 
Einwickelung  mittelst  des  auch  zur  Blutstillung  verwendeten  ESMAROH- 
schen  Hosenträgers.  In  die  Bilswunde  werde  Salmiakgeist  tüchtig 
eingerieben.     Ist  die  Haut  und  Schleimhaut  an  den  Lippen  gänzlich 


362 

nnversehrt,  so  kann  ohne  Schaden  aach  ein  grOndliches  Anssaagen 
des  Giftes  aus  den  kleinen  Wanden  vorgenommen  werden.  Als 
innerliches  Mittel  haben  sich  grofse  Dosen  von  Branntwein  oder 
Gognac  bewährt.  Falls  dadurch  anch  ein  Ransch  erzeugt  werden 
sollte,  wäre  dies  im  Vergleich  zu  der  Blntvergiftang  doch  dis 
kleinere  Übel.  Selbstrerständlich  darf  in  keinem  Falle  mit  sdüeii- 
nigster  Herbeiholnng  ärztlicher  Hilfe  nnter  Angabe  der  Yerietzasg 
gezögert  werden. 

Wettkämpfe  englischer  Studenten.  Am  Tage  des  letztei 
Wettmdems  zwischen  den  Universitäten  Cambridge  and  Oxford  fandet 
zwischen  den  „Dunkel-  und  Hellblauen*^  auch  turnerische  Wett- 
kämpfe statt.  Es  wurde  gestritten  im  Hoch-  und  Weitspringen,  im 
Gewicht-  und  Hammerwerfen  und  im  Wettlaufen  Aber  verschiedene 
Strecken.  Den  besten  Hochsprung  machte  der  Oxforder  Swanwick, 
nämlich  1,78  m,  den  besten  Weitsprung  Fry  von  derselben  Unirer- 
sität,  6,79  m;  beide  Sprünge  wurden  ohne  Brett  ausgeführt.  Eii 
Gewicht  von  7,2  kg  warf  Rivers  von  der  Cambridger  Hochsdnde 
11,46m  und  einen  ebenso  schweren  Hammer  der  Oxforder  Robertson 
80,88  m  weit.  Das  Hanmierwerfen  ist  eine  ausgezeichnete,  be- 
sonders auch  fflr  die  Zuschauer  berechnete  Wettübung;  es  solHe 
nach   der  ^Btseh.  Tum-Ztg.^    auch  bei  uns  mehr  gepflegt  werden. 

Znr  Belenchtnngsfrage  veröffentlicht  Dr.  Sbrgius  Boubnoft 

einen  Aufsatz  im  j,Arch.  /*.  Hyg.**"  Die  Tagesbeleuchtnng  voi 
Schulzimmem,  Lehrsälen  und  anderen  Räumen,  welche  in  ihr«:  ganza 
Ausdehnung  Arbeitsplätze  bieten  soUen,  ist  eine  noch  nicht  völlig 
gelöste  Frage.  Die  bisher  in  dieser  Beziehung  angestellten  Unter- 
suchungen sind  zu  lückenhaft,  um  die  herrschende  Yerschiedenheit 
der  Ansichten  beseitigen  zu  können.  Allgemein  wird  allerdings  die 
Grundanforderung  erhoben,  dafs  solche  Räume  ein  ausreichend  helles, 
möglichst  gleichmäfsig  auf  alle  Arbeitsplätze  verteiltes,  das  Auge 
weder  blendendes  noch  störendes  Licht  erhalten  sollen,  aUein  die 
zur  DurchfDihrung  dieser  Anforderungen  eingeschlagenen  Wege  weichen 
weit  voneinander  ab.  Während  z.  B.  in  Deutschland  die  Schid- 
zimmer  in  der  grofsen  Mehrzahl  nur  von  links  einfallendes  Licht 
erhalten,  um  ungünstige  Schatten  der  Hand  auszuschliefsen,  fordern 
französische  Autoren  eine  zwei-,  bezw.  mehrseitige  Belichtung  der 
Lehrsäle,  da  bei  einseitigem  Lichteinfall  eine  gleichmfllsige  Ver- 
teilung der  Helligkeit  im  Räume  nicht  erzielt  werden  kann.  Bei 
mehrseitiger  Belichtung  sind  aber  störende  Schattenbildungen  oder, 
faUs  Licht  von  links  und  von  vom  einMt,  Schädigungen  des  Auges 
schwer  zu  vermeiden.  Die  Anlage  von  Oberlicht  wird  daher  viel- 
fach als  bestes  Mittel  zur  Erzielung  einer  gleichmäfsigen  Beleuchtnog 
empfohlen,  von  anderen  aber  wieder  gleichfalls  wegen  der  unbequemen 


363 

Schatten  der  Hand  verworfen.      JedenfaUs   stöfet   die  Dnrchffthmng 
des  Oberlichtes  in  städtischen  Schalen  anf  grofse  bauliche  Schwierig- 
keiten.   Fast  noch  grOlsere  Widersprüche  herrschen  in  Hinsicht  auf 
die  Himmelsrichtang  der  Fensterwande  solcher  R&nme.    Eine  leidlich 
gleichmäfsige,  das  Ange    in   keiner  Weise    störende  Beleuchtung  ist 
nur  dann    zu  erwarten,   wenn  die  Glasflächen  während    der  Unter- 
richtszeit im  Schatten   liegen,    aber   die    dann   meist   erforderliche 
nördliche  Richtung  (N.,  N.O.  oder  N.W.)   bietet   eine    weitaus   ge- 
ringere Helligkeit  a^   die   südliche   (S.,  S.O.  oder  S.W.).     Auüser- 
dem  wird  ans  anderen  gesundheitlichen  Gründen  eine  möglichst  aus- 
giebige Besonnung  der  Lehrzimmer   gefordert,    welche    doppelt    er- 
wflnscht  ist,  sobald  sie  die  Räume  nicht  während,  sondern  nach  der 
Unterrichtszeit   trifft.      Um    der    wissenschaftlichen    Lösung    dieser 
Fragen  näher  zu  kommen,  stellte  Dr.  Boubnoff   in  zwei  Zimmern 
photometrische  Messungen   an.      Dieselben   erhielten   ihr  Tageslicht 
durch  je  zwei  gleich  grofse  Fenster.      Eines  der  Zimmer  ist  nach 
S.W.,  das  andere  nach  N.O.  gelegen,  so  dafs  sie  als  günstige  Beob- 
achtongsräume    gelten    dflrfen.      Die   Messungen   wurden    mit    dem 
WiBBRschen  Photometer   auf  einer  0,75  m   ttber   dem  Fulsboden 
befindlichen    wagerechten    Fläche    ausgeführt.       Durch    die    Unter- 
SQchnngen  sollte  festgestellt  werden:  1.  Wird  der  Mittelplatz    eines 
Raames  im  Laufe  des  Tages  gleichmäfsig  belichtet,  findet  eine  regel- 
mälsig  fortschreitende    Zu-,    bezw.    Abnahme    der  Helligkeit   statt, 
oder    treten     anderweitige     bemerkenswerte     Schwankungen     auf? 
2.  Besteht  ein  unterschied,  event.  welcher  in  der  Belichtung  zweier  sonst 
gleicher  Zimmer,    deren    Fenster   nach    entgegengesetzten  Himmels- 
richtungen liegen?    3.  Wie  verteilt  sich  das  Tageslicht   in   horizon- 
taler Ebene    eines    Raumes   mit    einseitiger   Beleuchtung?      4.    In 
welcher  Richtung   und  in  welchem  Grade   tlben   Höhe    und  Grofse 
der  Fenster  Einflufis   auf  die  Helligkeit  des  Raumes,   wie  auf  die 
gleichmälsige  Verteilung   des  Lichtes   in    einer   horizontalen   Ebene 
desselben?     Die  Messungen,    welche    an    verschiedenen   Tagen    des 
Sommers  und  Herbstes  bei  klarem,  wie  bei  bedecktem  Himmel  vor- 
genommen wurden,   hatten   nachstehendes  Ergebnis:   1.   Die  HeUig- 
keit  des  Mittelplatzes    eines  Raumes  ist  sehr  bedeutenden  Schwan- 
bmgen  unterworfen;  sie  ändert  sich  sprungweise  nicht  nur   infolge 
des  Wechsels   der  Bewölkung,    sondern    ganz    besonders    mit   dem 
Stande  der  Sonne  am  Himmelsgewölbe«     Diese  Schwankungen  traten 
in  dem  nach  S.W.  gelegenen  Zimmer  weit   stärker   hervor,    als   in 
dem  nach  N.O.  gerichteten  und  hängen  von  der  Länge  und  Dichtig- 
teit  der  Atmosphärenschicht  ab,  welche  die  Lichtstrahlen  zu  durch- 
ixen haben.       2.   Der  nach  S.W«  gelegene  Raum   ist   im  Mittel 
1,15  bis  2,3  mal   heller   beleuchtet,    als   der   nach  N.O.  gelegene. 


364 

3.  Die  Helligkeit  nimmt  vom  Fenster  nach  dem  Innern  des  Baomes 
regelmäfsig  and  stark  ab.     4.  Werden  die  oberen,  bezw.  die  nnteren 
Viertel   oder  Hälften    der  Fenster  mit  lichtondarohlässigen  Stoffen 
verhängt,  so  sinkt  die  Helligkeit  entsprechend  der  Yerringerong  der 
Glasflächen.      Während    die  Verteilung    des  Lichtes    im  Raame  in 
ihrer  Gleichmäfeigkeit  wenig  beeinfluDst  wird,  ist  dieser  Einflols  in 
der  horizontalen  Ebene  bemerkbar.  Die  gemachten  Feststellnngen  lassen 
deutlich  erkennen,  dafs  bei  einseitiger  Beleuchtung  eine  gleichmäüsige 
Verteilung  des  Lichtes  im  Zimmer  nicht  erzielt  werden    kann;  ein 
4  m  von  der  Fensterwand  entfernter  Platz  zeigte  kaum  ^/^  bis  Vs 
der  Helligkeit  von  Plätzen,  welche  1  m  vom  Fenster  entfernt  lagen. 
Femer  lehren  Boübnoffs  Beobachtungen:   Eine  gleichmäfsige  Ver- 
breitung des  Lichtes  im  Räume    kann  ausschliefslich    durch  richtig 
angelegtes  Oberlicht  erzielt  werden.     Wo  man  beim  Baue  gezwungen 
ist,  Seitenlicht  anzuwenden,  sind  die  Fenster  möglichst  nahe  biszor 
Decke  hinaufzufahren,  damit  der  Einfallswinkel  des  Lichtes  für  den 
hinteren  Teil  der  Bäume  ein  günstiger   wird.      Aus    dem   gleichen 
Grunde  soll  die  Höhe  der  Zimmer  mit  deren  Tiefe  wachsen.    Sodann 
sind  die  Fenster  mit  einem  Glase  zu  yersehen,  welches  bei  geringem 
Lichtverlust  eine  kräftige  Zerstreuung  der  Lichtstrahlen  hervorraft; 
rautenförmiges  Rohglas  und  schwach  mattiertes  Glas  haben  sich  in 
dieser  Beziehung  am  besten   bewährt.     Endlich  müssen   die  Wand- 
und  Deckenflächen  einen  sehr  hellen,  matten  Anstrich  besitzen,  damit 
das  auf  sie  fallende  Licht  möglichst  vollkommen  reflektiert  und  stark 
zerstreut    wird.      Rein    weifse    Farbe    ist    zu    blendend,    dagegen 
empfehlen  sich  zarte,  gelblich-graue  Töne.     Femer   ist   es   rätlich, 
den  Anstrich  waschbar  herzustellen,  damit  er  gereinigt  und  die  ver- 
loren gegangene    gtlnstige    Lichtwirkung    wiederhergestellt    werden 
kann.     Wachsfarbe  erscheint  hierzu  geeigneter  als  Ölfarbe,    da  sie 
das  Licht  weit  besser  zerstreut  und  zugleich  sehr  haltbar  ist. 

Centralapparat  fflr  elektrische  Wännesignalisieriutg  ii 

Schulen«  (Mit  Tafel  I.)  Um  in  sämtlichen  Lehrzimmem  m& 
Schulgebäudes  normale  Temperatur  zu  erzielen,  hat  man  seit  kunem 
in  einigen  Wiener  Schulen  einen  von  Nikolas  Bastelmakn  in 
Wien  yn,  Bandgasse  30,  verfertigten  Apparat  mit  Erfolg  in  Anwendung 
gebracht.  Derselbe  besteht  aus  drei  Eontaktthermometem  föi  jede 
Klasse,  von  denen  Figur  I  eine  Anschauung  gibt.  In  dieselben  sind 
Platindrähte  eingeschmolzen,  und  zwar  so,  dafs  bei  16,  bezw.  17,5 
und  19  ^  C.  eine  Berührung  derselben  mit  dem  Quecksilber  eintritt 
Yon  den  Thermometern  führen  Leitungsdrähte  zu  dem  in  Figur  n 
dargestellten  Centralapparat,  der  den  Centralapparaten  fOr  Telephon- 
anlagen ähnelt.  Die  Klappen  der  obersten  Reihe  zeigen  die  Minimal- 
temperatur von  16^  C.  an,  die   der  mittleren  Reihe  diejenige  von 


365 

17,ö^  C.  und  endlich  die  der  unteren  Reihe  die  Maximaltemperatnr 
Yon  19^  C.  An  der  Seite  sind  Eontaktknöpfe  angebracht,  welche 
mit  der  entsprechenden  Reihe  korrespondieren.  Wird  anf  den  oberen 
Knopf  gedrückt,  so  bewegen  sich  die  Klappen  von  sämtlichen  Lehr- 
ränmen,  in  denen  die  Temperatur  16^  erreicht  hat,  nach  abwärts 
und  machen  die  Nummer  dieser  Räume  ersichtlich.  Entsprechend 
läfst  ein  Druck  auf  den  mittleren,  bezw.  unteren  Knopf  die  Lehr- 
zimmer mit   einer   Temperatur   von    17,5   resp.  19^  C.  erkennen. 

Emaiojel  Batr. 


Sa$e5$efi^t(^tli(^e5. 


Hy^^eniseherünteiTielit  mdenVolkssehnlen  und  Seminaren. 

WUhrend  der  letzten  10  Jahre,  so  schreibt  die  „Dtsch.med.  Wochschr.", 
ist  wiederholt  in  Yersammlungen  und  Vereinen  die  Notwendigkeit 
anerkannt  worden,  daTs  in  weiteren  Kreisen  die  Kenntnis  der  Hygiene 
verbreitet  werde.  Bereits  im  Jahre  1883  fafete  die  25.  allgemeine 
deutsche  Lehrerversammlung  folgende  Beschlüsse:  1.  Die  Gesundheits- 
iehre  soll  einen  obligatorischen  Lehrgegenstand  der  Volksschule 
bilden.  2.  Die  Gesundheitslehre  ist  in  der  Volksschule  als  ein  Teil 
der  Naturkunde  zu  behandeln.  3.  Die  einzelnen  Abschnitte  der 
Gesondheitslehre,  namentlich  der  Anatomie  und  Physiologie  des 
menschlichen  Körpers,  dürfen  in  der  Volksschule  nur  im  engsten 
Anschluis  an  praktisch-hygienische  Zwecke  gelehrt  werden.  4.  Auch 
im  Seminar  soll  die  Gesundheitslehre  einen  obligatorischen  Lehr- 
gegenstand  bilden.  Der  7.  deutsche  Lehrertag  sprach  sich  am 
23.  Mai  1888  in  Frankfurt  a.  M.  dahin  aus,  dafs  eine  hygienische 
Überwachung  der  Schulen  nur  dann  von  Erfolg  sei,  wenn  die  Schul- 
hygiene bei  den  Prüfungen  für  Lehrer  und  Schulleiter  Examens- 
gegenstand werde  und  die  Gesundheitslehre  den  ihr  gebührenden 
Platz  im  Schulunterrichte  finde.  Neuerdings  aber  ist  man  im 
preafsischen  Kultusministerium  der  Frage  näher  getreten,  ob  nicht 
zunächst  in  den  Seminaren  hygienische  Kurse  abzuhalten  seien. 

Epidemie  hystero-epileptischer  Krftmpfe  unter  den  Sehnl- 
nldeheii  zu  Yalle  in  österreieli.  Nach  amtlichen  Berichten 
^krankte,  wie  „D.  österr.  Sanitätswes,^  mitteilt,  in  der  ersten 
Hallte  März  y.  J.  ein  zwöliQähriges  Mädchen  der  11.  Volksschulklasse 
ni  Valle,  Bezirk  Pola,  unter  Erscheinungen  von  Krämpfen,  die  sich 
öfter  wiederholten.  Da  im  Laufe  eines  Monates  in  derselben  Klasse 
noch  ein  zweites  und  drittes  Mädchen  die  gleichen  Symptome  zeigten. 


366 

so  wurden  die  BeMenen  wegen  Störang  des  Unterrichtes  auf  einige 
Zeit  ans  der  Schnle  entfernt.  Nach  scheinbarer  Bessemng  erhielten 
sie  im  Mai  die  Erlaubnis,  wieder  am  Unterricht  teilzunehmen, 
bekamen  die  Anfälle  jedoch  Ton  neuem,  und  aniser  ihnen  erkrankten 
noch  2  Mitschülerinnen.  Wegen  wachsender  Erregung  der  Beyölkenuig 
wurde  der  Amtsarzt  zur  Erhebung  abgeordnet,  welcher  bei  der 
Inspektion  der  Schule  am  24.  Mai  Gelegenheit  hatte,  die  AnfSDe, 
von  welchen  die  Madchen  in  der  Schule  mehrmals  täglich  befallen 
wurden,  genauer  zu  beobachten.  Diese  Anfälle  boten  folgendes  Büd: 
Die  Kranken  fingen  an  mit  den  Händen  auisergewöhnliche  Be- 
wegungen zu  machen,  atmeten  sehr  rasch,  wurden  im  Gesichte  rot, 
klagten  über  Ohrensausen,  Schwindel,  Einschnürungsgefühl  im  Halse, 
verloren  plötzlich  das  Bewuistsein  und  wurden  dann  von  starken 
klonischen  Krämpfen  ergriffen.  Die  Empfindung  der  Hautneryen 
war  geschwunden,  die  beiderseits  verengten  Pupillen  reagierten  trage 
auf  Licht,  die  stark  aus  ihrer  Höhle  hervortretenden  Augen  rollten, 
vor  dem  Munde  stand  Schaum,  der  Puls  war  beschleunigt.  Die  An- 
falle dauerten  5 — 15  Minuten,  dann  kehrte  das  BewuCstsein  zurück. 
Anfangs  klagten  die  Kranken  zwar  noch  über  Mattigkeit,  nach  einer 
Stunde  aber  waren  sie  wieder  munter  und  vergnügter  Dinge.  Übrigens 
traten  die  Krämpfe  nicht  gleichzeitig,  sondern  in  rascher  Aufeinander- 
folge in  der  Weise  ein,  da(s  eine  Schülerin  die  andere  ablöste.  Da 
sich  bei  dem  häufig  wiederkehrenden  Schauspiele  der  Lehrerin  und  der 
gesunden  Kinder  eine  grolse  Angst  bemächtigt  hatte,  die  Art  des  Auf- 
tretens und  des  Verlaufes  der  Krankheit  das  Vorhandensein  reiner  Epi- 
lepsie ausschlofs  und  vielmehr  auf  denEinfluis  von  Suggestion  hindeutete, 
so  wurde  der  Unterricht  in  der  H.  Klasse  auf  einige  Zeit  eingestellt 
Bei  der  Wiederaufiiahme  desselben  am  11.  Juni  erkrankten  jedoch 
gleich  am  ersten  Tage  abermals  2  bis  dahin  gesunde  Mädchen  unter 
den  geschilderten  Symptomen,  und  da  auch  bei  einer  dreifsigjährigen 
chlorotischen  Frau  im  Schulhause  Ohnmachtsanftlle  auftraten,  steigerte 
sich  die  Aufregung  unter  den  Schulkindern  und  der  Bevölkenmg 
derart,  dais  die  Schule  gänzlich  geschlossen  werden  mulste  und  die 
ärztliche  Behandlung  und  Überwachung  der  Kranken  eingeleitet  wurde. 
Mit  Rücksicht  auf  das  blutarme  Aussehen  und  den  mangelhaften 
Ernährungszustand  erhielten  dieselben  Eisenpräparate  und  Bromkaliion, 
und  diese  Kur  wurde  durch  kräftige  Kost  und  dauernden  Aufen^alt 
im  Freien  unterstützt.  Vollkommen  genesen  waren  zur  Zeit  des 
Berichtes  4  Schülerinnen,  bei  3  stellten  sich  noch  immer  von  Zeit 
zu  Zeit  Anfälle  leichteren  Grades  ein.  Abgesehen  von  den  7  Mäddien 
in  der  11.  Klasse  sind  weder  unter  den  Kindern  der  anderen 
3  Klassen,  noch  unter  der  Bevölkerung  gleiche  Erkrankungen  beob- 
achtet worden.     Aufserhalb  der  Schule  traten  bei  den  Befallenen  die 


367 

Anftlle  ftofserst  selten  auf,  wogegen  sie  w&hrend  des  Unterrichtes 
sieb  täglich  wiederholten.  Die  gepflogenen  Erhebungen  ergaben  hin- 
sichtlich der  nrsftchlichen  Momente  keine  positiyen  Anhaltspunkte. 
Der  Gesundheitszustand  der  Bewohner  von  Yalle  war  mit  Ausnahme 
des  dort  und  in  der  ganzen  Umgebung  endemisch  herrschenden 
Wechselfiebers  seit  Monaten  ein  sehr  günstiger,  trotz  der  Wassemot, 
welche  infolge  der  wochenlang  anhaltenden  Dürre  die  Leute  zwang, 
stehendes  Wasser  aus  Tümpeln  zu  trinken,  weil  die  Gemeindedsteme 
für  die  Bedür&isse  nicht  ausreichte.  Das  Schulhaus  ist  ein  neues, 
den  sanitären  Anforderungen  in  jeder  Hinsicht  Rechnung  tragendes 
Gebäude  in  isolierter  Lage  mit  einer  Fülle  yon  Luft  und  Licht. 
Die  Lehrzimmer  liegen  zu  ebener  Erde  an  der  Sonnenseite,  sind  je 

4  Meter  hoch,  haben  einen  Rauminhalt  yon  254  Kubikmetern  und  5 
groüse  Fenster.  Wenn  man  yon  dem  Mangel  eigener  Yentilations- 
Yorrichtungen  absieht,  sind  die  hygienischen  Verhältnisse  der  Schul- 
zimmer sehr  günstige  zu  nennen.  Die  56  Schülerinnen  der  n.  Klasse 
sitzen  zu  je  4  auf  einer  Bank,  und  es  entfallen  auf  jede  1  Quadrat- 
meter Flächen-  und  4  Kubikmeter  Luftraum.  Sie  stehen  im  Alter 
Yon  10 — 12  Jahren,  sehen  sämtlich  sehr  blaüs  aus  und  zeigen  infolge 
der  kümmerlichen  Lebensweise  der  Beyölkemng  einen  mangelhaften 
Ernährungszustand  und  eine  ihrem  Alter  nicht  entsprechende  Körper- 
entwickelung. Die  Familien  der  erkrankten  Mädchen  waren  im 
allgemeinen  gesund,  und  nur  bei  einer  der  letzteren  konnte  erbliche 
Belastung  festgestellt  werden,  insofern  deren  Mutter  seit  längerer 
Zeit  an  hysterischen  und  epileptoiden  Krämpfen  litt.  Bei  einer 
zweiten  Kranken  bestand  Wechselfieber  mit  Milztumor.     Die  übrigen 

5  zeigten  kein  Symptom  eines  pathologischen  Zustandes.  Da  weder  eine 
allgemeine,  noch  lokale  oder  indiyiduelle  Ursache,  noch  sonst  irgend 
ein  mit  den  Anfällen  in  Zusammenhang  zu  bringendes  ätiologisches 
Moment  nachgewiesen  werden  konnte,  so  lälst  sich  nur  annehmen, 
dab  die  Verbreitung  der  hystero-epilepdschen  Krämpfe  unter  den 
durch  Blutarmut  und  Schwäche  disponierten  Kindern  durch  Suggestion 
stattgefunden  hat,  indem  die  Anfälle  auf  die  in  demselben  Lokale 
in  nächster  Nähe  sitzenden  Mitschülerinnen  mächtigen  Eindruck 
niachten  und  gewissermafsen  ansteckend  wirkten. 

Übertragiing  tob  Syphilis  auf  franzSsische  Schftler.  In 
der  „  Wien,  med.  Wochschr.  yeröffentlicht  Mbtnbrs  d'Estret  einen 
Aufsatz:  „Der  lokale  Sanitätsdienst  in  Paris.**  Es  helTst  dort 
in  Bezug  auf  die  Übertragung  ansteckender  Krankheiten:  Unter 
den  oft  nur  schwer  auffindbaren  Ursachen  der  Syphilis  wollen  wir 
erwähnen  Kinderspielzeuge,  die  yon  syphilitischen  Kaufleuten  verkauft 
werden,  welche  dieselben  yor  dem  Publikum  probieren,  weiter  die 
Gewohnheit,    in    Bierhäusem    weibliche    Personen    als    sogenannte 


r  368 


„Einladerinnen^  aufzunehmen.  Mehrere  Arzte  hahen  bereits  die 
Aufinerksamkeit  auf  diese  MSdchen  gelenkt,  welche  die  Aufgabe 
haben,  ein  Gespräch  mit  den  Gästen  anzuknüpfen  und  den  Eonsom 
zu  erhöhen,  indem  sie  selbst  aus  den  Gläsern  derselben  trinken, 
unter  dem  Yorwande,  man  schlage  einer  Frau  nichts  ab.  Diese 
Zutrinkerinnen,  welche  fftr  gewöhnlich  kein  Gehalt  beziehen  nnd 
oft  noch  ihr  Kostttm  selbst  bezahlen  müssen,  werden  schlieislich 
schwere  Alkoholistinnen.  Man  kann  ohne  Übertreibung  sagen,  dafs 
die  Mehrzahl  der  Syphilisfälle,  die  bei  jungen  Schülern  vorkommen, 
von  diesen  „Damen"  herstammen,  mit  denen  sie  aus  einem  Glase 
getrunken  haben.  Es  ist  unbedingt  notwendig,  so  bemerkt  der  Ver- 
fasser, alle  Bierhäuser,  in  denen  Mädchen  für  das  Trinken  mit  den 
Gästen  angestellt  sind,  zu  unterdrücken  oder  wenigstens  die  An- 
stellung weiblicher  Personen  für  diesen  Zweck  zu  verbieten. 

Die  Zähne  von  500  Knaben  der  Yolksschnle  zu  FreibwgLB. 

sind  von  Privatdocent  Dr.  C.  RÖSE  daselbst  untersucht  worden. 
Die  Geprüften  standen  im  Alter  von  7 — 14  Jahren.  £s  stellte 
sich  nach  der  „Mümh.  med.  Wochschr.*^  heraus,  dafs  nur  3  von 
den  500  Schülern  völlig  gesunde,  nicht  hohle  Zähne  besafeen.  Alle 
übrigen  waren  mehr  oder  weniger  von  Zahncaries  heimgesucht.  Über 
die  Mundpflege  der  betreffenden  Knaben  gewinnt  man  die  beste 
Vorstellung,  wenn  man  erfährt,  dafs  unter  den  500  nur  2  ihre 
Zähne  durch  Füllungen  vor  dem  Untergange  gerettet  hatten. 

Ffirsorge  f&r  Schwachbegabte  Kinder  in  FeHnsylvaDlen.  In 
einer  kürzlich  zu  Elwyn  abgehaltenen  Versammlung  des  Kuratorimns 
der  „Pennsylvania  training-school  for  feeble-minded  children''  wurden, 
wie  wir  einem  Berichte  in  ,yMed.  News^  entnehmen,  nicht  nur  ein 
Oberarzt  mit  einem  männlichen  und  weiblichen  Assistenten,  sondon 
auch  noch  eine  groise  Anzahl  von  Specialisten  für  diese  Schule 
ernannt.  Unter  letzteren  befinden  sich  mehrere  Nervenärzte,  ver- 
schiedene Ärzte  für  innere  Krankheiten,  zwei  Chirurgen,  ein 
Orthopäde,  je  ein  Ohren-,  Augen-  und  Kehlkopfarzt  und  endlich 
ein  Zahnarzt  —  fürwahr  eine  weitgehende  Fürsorge  für  die 
Schwachbegabten. 

Entwickelang  der  Stndentenherbergen  in  Böhmen,  MUrai 
nnd  Schlesien.^  Im  Jahre  1884  entstand  in  der  böhmischen  SUdt 
Hohenelbe  im  Biesengebirge  die  erste  Studentenherberge.  Durch 
Förderang  eines  stiUen  Wohlthäters  fafste  die  neue  Einrichtung  bald 
festen  Fuis  und  verbreitete  sich  allmählich  über  die  deutschen 
Gebirgsvereinsgebiete    Böhmens,    Mährens    und    Schlesiens,    in   den 


^  Vergl.  diese  Zeitschrift,  1889,  No.  6,  8.249-250;  No.9,  S.  489-490; 
No.  12,  S.  682-683 ;  1890,  No.  5,  S.  289;  1893,  No.  7  n.  8,  S.  436.  D.  Bed. 


369 

letzten   zwei  Jahren   auch  über  die  österreichische  Grenze  hinaas. 
Aqs  nachstehender  Zusammenstellang  ist  die  jährliche  Znnahme  der 
Herbergen  und  deren  Frequenz  zu  entnehmen.     Es  bestanden 
1884     1  Herberge  mit      21  Besuchern, 

1886  6    „    ^   300    „ 

1887  23  „  „  980    „ 

1888  40  „  ^  2067 

1889  43  „  „  1862    „ 

1890  47  „  „  2664 

1891  74  „  „  2264 

1892  78  „  „  3470 

1893  85  „  „  5651    „ 

Das  ergibt  zusammen  in  9  Jahren  19179  Besucher.  Wenn  aus 
den  bescheidensten  Anfängen  in  verhältnismäfsig  kurzer  Zeit  ein  so 
mächtiges  Aufblühen  stattfinden  konnte,  so  berechtigt  dies  wohl  zu 
der  Annahme,  dalä  schon  die  ursprüngliche  Form  des  Gedankens, 
dem  Studierenden  ein  würdiges  Ferienheim  zu  schaffen,  glücklich 
gewählt  sein  mufste  und  geeignet  erschien,  allseitige  Zustimmung  zu 
finden.  Waren  früher,  solange  es  noch  galt,  neue  Gebiete  zu  ge- 
winnen, die  Delegiertenversammlungen  das  beste  Mittel,  um  anregend 
zu  wirken,  so  hofft  die  Centralleitung  you  der  jetzt  eingefdhrten 
alljährlichen  Bereisung  der  Herbergsorte  zur  Zeit  der  Ferien  durch 
Mitglieder  der  Leitung  die  besten  Erfolge.  Die  in  den  letzten 
Ferien  vorgekonmiene  ÜberfQllung  einzelner  Herbergen  Teranlafste  den 
Vorstand,  künftig  die  ZusteUung  von  Ausweisen,  welche  zur  Benutzung 
derselben  berechtigen,  zu  beschränken.  Es  sollen  vorläufig  jährlich 
nur  1000  Legitimationsbüchlein  ausgegeben  und  entsprechend  den 
aof  die  einzelnen  Studienorte  entfallenden  Besuchszahlen,  sowie  mit 
Berflcksichtigung  der  innerhalb  der  Zeit  yom  15.  bis  30.  Juni  ein- 
langenden Anmeldungen  verteilt  werden.  Ferner  sind  die  Schul- 
leitungen aufgefordert,  dahin  zu  wirken,  dafs  der  truppenweise 
Besuch  der  Herbergen  in  Zukunft  unterbleibt  und  der  Hauptstrom 
der  Besucher  sich  nicht  ausschliefslich  auf  das  Riesengebirge,  sondern 
auch  auf  die  anderen  Gebirge  erstreckt. 

Der  erste  Jngendspielknrsus  in  Budapest  In  Budapest 
wurde  im  Oktober  v.  J.  der  erste  Jugendspielkurs  für  Lehrer  ab- 
gehalten. Der  Königlich  ungarische  UnterHchtsminister  hatte  die 
Professoren  Dollinger,  Otto  und  SzigbtyIri  mit  der  Abhaltung 
diesbezüglicher  Vorträge,  den  Professor  Otto  mit  der  Vorführung  und 
Einübung  der  Jugendspiele  betraut.  Es  meldeten  sich  sehr  viele 
Gymnasial-  und  Realschulprofessoren,  sowie  auch  Turnlehrer;  das 
Unterrichtsministerium  konnte  jedoch,  um  den  Erfolg  des  Spielkurses 
nicht  zu  gefthrden,    nur  60  Lehrkräften  die  Teilnahme  gestatten. 

8ehn]g«tiuidh«itapfl«f  e  YII.  24 


370 

Denselben  wurde  der  Besuch  des  Kurses  dadurch  erleichtert,  dab 
sie  entweder  vom  Unterrichtsminister  oder  von  den  Schulerhaltern 
eine  Unterstfltzung  empfingen;  das  Ministerium  gewährte  eine  solche 
von  30  fl.  um  das  Zustandekommen  dieses  Kurses,  dem  bald  noch 
andere  in  der  Provinz  folgen  dürften,  haben  sich  Staatssekretär  Dr. 
VON  Berzbyigzt,  Ministerialrat  Dr.  Klailarie  und  Direktor 
SzüppIn  yerdient  gemacht.  Den  Übungen  der  Professoren  and 
der  Schiller,  welche  letzteren  die  Staatsrealschule  des  Y.  Bezirks 
beistellte,  folgte  das  zahlreiche  Publikum  stets  mit  gro&em  Interesse. 
Nach  achttägiger  Dauer  wurde  der  Spielkursus  am  14.  Oktober  ge- 
schlossen. Zur  Schlufsfeier  erschienen  der  Unterrichtsminisier 
Graf  von  GsIkt,  verschiedene  Ministeriahräte,  Direktoren,  Pro- 
fessoren, Ärzte,  Journalisten  u.  a. 


ümiix^t  Derf&9ittt0en. 


Erlafs  des  KSniglich  prenfsischen  Ministers  der  geistlichen  etc. 
Angelegenheiten,  betreffend  Heilknrse  fAr  stammelnde  usi 

stotternde  Kinder. 

Berlin,  den  16.  November  1893. 
Aus  den  Berichten  der  Königlichen  Regierung  vom  4.  und  14. 
Oktober  d.  J.  habe  ich  mit  Befriedigung  ersehen,  dais  die  in 
verschiedenen  Orten  des  dortigen  Regierungsbezirkes  seither  abgehaltenen 
Heilkurse  für  stammelnde  und  stotternde  Kinder  zu  günstigen  Ergeb- 
nissen geführt  haben. 

Mit  der  Königlichen  Regierung  bin  ich  darin  einverstanden, 
dals  das  Halten  von  Vorträgen  durch  die  Leiter  der  Heilknrse  fUr 
Kinder  mit  den  vorgedachten  Sprachgebrechen  auf  den  Lehrer- 
konferenzen im  Interesse  der  weiteren  Förderung  der  Sache  von 
besonderer  Wichtigkeit  ist. 

Der  Königlichen  Regierung  gebe  ich  in  dieser  Hinsicht  die 
erforderlichen  Weisungen  anheim. 

An 
die  Königliche  Regierung  zu  N. 

Der  Minister  der  geistlichen  etc.  Angelegenheiten. 

(Gez.)  Bosse. 


371 

Ais  der  Yerordniiiif?   der  k.   k.  Statthalterei   in  BShmen 

Tom  25.  Febmar  1894,  Z.  18  872,  fiber  Vorkehrungen 
gegen  Sgyptisebe  Angenentzfindnng,  besonders  in  Scbnlen. 

Das  in  letzter  Zeit  sichergestellte  häufige  Auftreten  des  Trachoms 
in  einzelnen  Verwaltungsbezirken  des  Landes,  und  zwar  sowohl  unter 
den  Erwachsenen,  als  auch  unter  den  Schulkindern,  teils  in  der 
Form  der  ConjunctiYitis  granulosa,  teils  in  deijenigen  der  Conjunctivitis 
foüicnlaris,  geben  mir  Anlafs,  zur  Hintanhaltung  der  weiteren  Aus- 
breitang dieser  Erkrankung  Nachstehendes  zur  strengen  Danachachtung 
anzuordnen. 

Augenerkrankungen  jeder  Art,  welche  in  die  Kategorie  der 
obengenannten  Formen  gehören,  nicht  minder  aber  auch  jene,  bei 
denen  eine  sichere  Differentialdiagnose  aus  welchem  Grunde  immer 
nicht  genau  festzustellen,  die  Übertragbarkeit  jedoch  sicher  anzunehmen 
ist,  sind  im  Sinne  der  Bestimmungen  des  Statthaltereierlasses  vom 
20.  Dezember  1888,  Z.  117  065,  und  vom  9.  Jänner  1889,  Z.  2147, 
regelmälsig  zur  Anzeige  an  die  zuständige  politische  Behörde  erster 
Instanz  zu  bringen. 

Die  behandelnden  Ärzte  und  insbesondere  die  ordinierenden 
Arzte  in  öffentlichen  und  privaten  Krankenanstalten  sind  zu  dieser 
Anzeigeerstattung  verpflichtet. 

Nachdem  die  Lokalbehandlung  allein  nur  in  seltenen  Fällen 
im  Stande  ist,  dauernde  Heilung  herbeizuftlhren,  wird  es  Sache  des 
Arztes,  bezw.  des  Amtsarztes  sein,  auf  die  Ursache  der  Krankheit 
näher  einzugehen  und  die  Behebung  dieser  Ursache,  wo  thunlich,  zu 
veranlassen.  ÜberfQllung  der  Wohnungen,  mangelhafte  Lüftung  und 
Beleuchtung,  sowie  Unreinlichkeit  derselben,  die  zur  Entstehung  der 
Conjunctivitis  follicularis  (Trachoma,  Arlt)  besonders  beitragen,  sind, 
wo  sie  angetroffen  werden,  wo  möglich  abzustellen,  um  so  mehr,  als 
diese  sanitären  Mängel  geeignet  sind,  auch  anderen  weit  schwer- 
wiegenderen Infektionskrankheiten  den  Boden  zu  ihrer  weiteren 
Verbreitung  zu  bereiten.  Dies  gilt  auch  von  öffentlichen  Anstalten, 
Schulen,  Werkstätten  und  Fabriklokalitäten. 

Die  Lehrer  sind  im  Sinne  der  Verordnung  des  k.  k.  Landes- 
schnlrates  vom  9.  April  1888,  Z.  9481,  anzuweisen,  jede  häufiger 
vorkommende  Augenerkrankung  unter  den  Schulkindem  ungesäumt 
ZOT  Kenntnis  der  Schulleitung  zu  bringen,  der  es  obliegt,  die  Sicher- 
stellung der  Krankheit  durch  den  zur  Überwachung  des  Gesundheits- 
znstandes der  Schulkinder  bestimmten  Arzt  zu  verlangen. 

Ein  ähnliches  Verhalten  ist  in  den  Kindergärten,  Kinderasylen, 
Erziehungsanstalten  etc.  zu  beachten. 

An 
aUe  unterstehenden  Bezirkshauptmannschaften. 

^  24» 


1 


372 

Mitteilnngen  an  das  Elternhaus  bei  Scliiilreisen 
der  Gymnasiasten  in  Anssig  a.  E. 

Die  Schtilerreisen,  welche  stets  unter  Aufsicht  eines  Lehrers 
unternommen  werden,  dienen  hauptsächlich  der  Eriiolung  und 
Erfrischung  des  Geistes  und  der  Kräftigung  des  zu  entwickelnden 
Körpers  bei  sorgfältiger  Vermeidung  jeder  Überanstrengung.  Doch 
soll  hierbei  auch  der  geistige  Horizont  des  Zöglings  erweitert  werden, 
insbesondere  auf  dem  Gebiete  der  Geographie  und  Geschichte,  der 
Yaterlandskunde  und  Ethnographie,  der  Astronomie,  Physik  und 
Technologie.  Auf  dem  ganzen  Wege  muTs  aber  ein  frischer,  froher 
Greist  die  gesamte  Schar  beseelen,  auf  dafs  jeder  Teilnehmer  an 
einer  derartigen  Wanderung  noch  in  späteren  Jahren  sich  dieser 
froh  durchlebten  Stunden  gern  und  wiederholt  erinnere. 

Zur  Teilnahme  an  einer  Schttlerreise  wird  jeder  Zögling  zu- 
gelassen, der  ein-  fttr  allemal  diese  Verständigung  „An  das  Eltern- 
haus I^  und  in  jedem  besonderen  Falle  den  detaiDiert  vorgelegten 
„Reiseplan'',  zum  Zeichen  der  Zustimmung  seiner  Eltern  mit  der 
eigenhändigen  Unterschrift  des  Vaters  (der  Mutter,  des  Vormundes) 
▼ersehen,  sowie  das  jeweilig  im  voraus  festgesetzte  Reisegeld  zur 
bestimmten  Zeit  dem  Leiter  der  Schülerreise  übergibt.  Die  genannte 
Verständigung,  welche  auch  die  allgemein  giltigen  Vorschriften  ftr 
Schfilerreisen  enthält,  hat  jeder  Teilnehmer  während  der  Reise  bd 
sich  zu  führen. 

Die  Angehörigen  eines  jeden  Schülers  räumen  durch  üure  Unter- 
schrift dem  Lehrer  für  die  ganze  Dauer  der  Reise  das  Recht  ein, 
unbedingten,  augenblicklichen,  widerspruchslosen  Gehorsam  gegen 
seine  Anordnungen  von  dem  Zöglinge  fordern  zu  können  und  im 
Falle  einer  Weigerung  denselben  auf  der  kürzesten  Strecke  aof  ihre 
Kosten  nach  Hause  schicken  zu  dürfen.  Andererseits  übernimmt  der 
Lehrer  die  Verpflichtung,  im  Erkrankungsfalle  den  Schüler  nnter 
Herbeischaffung  der  nötigen  Unterstützung  thunlichst  rasch  nach 
Hause  bringen  zu  lassen. 

Einzelbestimmungen. 

Jeder  Zögling  hat  sein  Betragen  sowohl  gegen  den  Lehrer  und 
seine  Genossen,  als  auch  gegen  Fremde  so  einzurichten,  dafe  er 
seiner  Anstalt  Ehre  mache.  Die  Wahrnehmungen  von  Gharakte^ 
eigentümlichkeiten  des  Volkslebens  der  fremden  Gegend  hinsichdiefa 
der  Sprache,  Beschäftigung  und  Kleidung  ihrer  Bewohner  benntie 
jeder  nur  zur  Bereicherung  seines  Wissens,  er  mache  sie  aber  nicht 
zum  Gegenstande  des  Spottes  oder  schlechter  Witze. 

Jeder  Zögling  erhält  innerhalb  einer  Abteilung  von  8 — 10  Mann 
seinen   bestimmten   Platz,    den    er  beim  Antreten   und   geordneten 


373 

Marsche  streng  einzuhalten  hat ;  jede  solche  Abteilung  büdet  zugleich 
eine  Fahr-,  Tisch-  und  Schlafgenossenschaft.  Den  Anordnungen  des 
▼om  Lehrer  bestellten  Führers  einer  solchen  Abteilung  hat  jeder 
einzelne  ans  derselben  unbedingt  Folge  zu  leisten. 

In  allen  Fällen  körperlichen  Unbehagens  oder  wirklichen 
Unwohlseins,  ob  sich  nun  dergleichen  im  Kopf,  Magen,  Unterleib, 
an  den  Funsen  oder  sonstwo  zeigt,  ist  dem  leitenden  Lehrer  un- 
Terzflglich  Meldung  abzustatten,  damit  zur  rechten  Zeit  Abhilfe 
geschaffen  werde  und  die  frohe  Stimmung  erhalten  bleibe. 

Manche  Unpälslichkeit  wird  unseren  jungen  Freunden  erspart 
bleiben,  wenn  sie  folgendes  beherzigen:  Man  singe  nicht,  wenn  man 
gegen  den  Wind  oder  bergauf  geht;  wird  man  von  einem  Begen 
überrascht,  so  trockne  man  möglichst  bald  die  Kleider,  wechsle  die 
Strümpfe  und  reibe  den  Körper  in  einem  nicht  allzu  kühlen  Zimmer 
tüchtig  ab ;  dann  nehme  man,  wenn  möglich,  etwas  Warmes  zu  sich 
nnd  hüte  sich  namentlich  yor  Zugluft.  Nach  grösseren  Märschen  warte 
man  ungefähr  eine  halbe  Stunde,  bevor  man  sich  sättigt. 

Am  Morgen  hat  jeder  auf  das  gegebene  Zeichen  aufzustehen 
imd  sich  mit  dem  Waschen,  Frühstücken  und  der  Befriedigung 
anderer  Bedürfnisse  so  zu  beeilen,  dafs  er  pünktlich  zur  Abmarsch- 
zeit zur  Stelle  ist. 

Auch  den  sonstigen  Zeichen  zum  Sammeln,  Halten,  Ab- 
niarschieren,  Lagern,  Finsteigen  u.  s.  w.  hat  jeder  sofort  Folge 
zu  leisten. 

Durch  Ortschaften  wird  in  Beih  und  Glied  marschiert,  aufser- 
halb  derselben  im  aufgelösten  Zuge,  doch  ist  ein  Entfernen  von  der 
Gesellschaft  (Umkehren,  Zurückbleiben,  Voraneilen)  nicht  zulässig. 
Ebenso  ist  auf  dem  Marsche  yerboten:  das  Bauchen,  Wassertrinken, 
die  Beschaffung  von  Lebensmitteln,  das  Baden  und  Einkehren. 
Letztere  vier  Dinge  sind  auch  während  der  Bast  nur  mit  Erlaubnis 
des  Lehrers  zulässig. 

Gänzlich  untersagt  ist  der  Genufs  von  Branntwein. 

Während  der  Bast  darf  sich  niemand  ausschliefsen,  wenn  die 
Weisungen  zur  Sammlung  von  Notizen,  zur  Zeichnung  einer  Zone,^ 
znr  Berichterstattung  in  die  Heimat  und  dergl.  ausgegeben  wird. 


^  Diese  Übung  ist  sehr  empfehlenswert.  Man  trägt  von  einem 
hoher  gelegenen  Punkte  ans  alle  wichtigeren  Gesichtsobjekte  in  die 
Torher  gezeichneten  Kreise,  welche  den  Abstand  yom  Standpunkte  aus 
markieren.  Meist  läfst  man  vier  Kreise  zeichnen;  in  die  erste  Zone 
kommen  die  Orte  von  Vi  Heile  Entfemnng,  in  die  zweite  die  von  1,  in 
die  dritte  die  von  2  Meilen  Entfernung  und  in  die  vierte  die  weiter 
gelegenen  Punkte  zu  liegen. 


374 


Aach  hat  ein  jeder  nach  Fähigkeit  dnrch  Deklamation,  Vortrag, 
Bede,  Gesang,  Veranstaltung  von  Gesellschaftsspielen  zur  Unterhaltong 
beizutragen. 

Abends  darf  niemand  länger  aufbleiben,  als  die  anderen. 

Vor  dem  Schlafengehen  und  beim  Aufstehen  hat  ein  jeder  die 
Füfse  in  der  Art  zu  waschen,  dafs  er  sie  rasch  in  kaltes  Wasser 
taucht,  sofort  wieder  herauszieht  und  grOndlich  abtrocknet.  Ist  einmal 
kein  Wasser  zu  haben,  so  wische  man  vor  dem  Schlafengehen  die 
Ftlfse  wenigstens  mit  den  Strümpfen  grflndlich,  hauptsächlich  aach 
zwischen  den  Zehen,  ab. 

In  Massenquartieren  wü:d  angezogen  geschlafen,  nur  die  Stiefel 
werden  ausgezogen  und  zusanmiengebunden  an  das  Fulsende  des 
Lagers  gestellt,  die  Brust-  und  Halskleidungsstücke  gelöst. 

Der  Tornister,  zugleich  der  geeignetste  Aufbewahrungsort  von 
Wertgegenständen,  dient  als  Kopfkissen,  der  Plaid  als  Zudecke. 

Ausrüstung. 

Der  Anzug  sei  folgendermafsen  beschaffen:  Wollhemd,  Twem- 
anzug  (Bock  oben  und  unten  schliefsbar),  Tumerhut,  schafwollene, 
nicht  gestopfte  Strümpfe  (auf  der  Kehrseite  zu  tragen),  gnt  aas- 
getretene,  feste  Stiefel,  bis  zum  stärksten  Teil  der  Wade  reichend, 
die  bei  feuchter  Witterung  blofs  geschmiert  werden.  Schnürschuhe 
empfehlen  sich  weniger;  am  wenigsten  geeignet  sind  Stiefeletten; 
in  Turnschuhen  wird  nicht  marschiert. 

Zur  weiteren  Ausrüstung  gehört  ein  Tornister  mit  mindestens 
3  cm  breiten  Tragriemen  (eine  Feldflasche,  ein  Femrohr),  ein  Plaid, 
der  auf  diesen  aufgeschnallt  wird,  ein  Taschenmesser,  ein  lederner 
Trinkbecher  (ein  Kompafs). 

Der  Tornister  hat  aufser  einer  Taschenapotheke,  einem  Lieder- 
buche („Liederbuch  für  deutsche  Turner"),  einem  Notizenbuche  (mit 
steifen  Deckeln)  und  einer  Specialkarte  noch  zu  enthalten:  1  Paar 
Turnschuhe  (lederne  Pantoffeln),  1  WoUhemd,  3  Paar  Strümpfe, 
1  Paar  Unterhosen,  mehrere  Taschentücher,  1  Handtuch;  Kamm, 
Seife,  Zahn-  und  Kleiderbürste,  Biemen,  Nähzeug  und  womö^ch 
täglich  den  Mundvorrat  für  das  zweite  Frühstück  und  die  Jause. 

Die  Taschenapotheke,  wie  sie  z.  B.  als  „Internationale  Sanitas- 
taschenapotheke"  Ton  Aug.  Schwarz,  Berlin  SW.  12,  oder  als 
„Taschenapotheke  für  Beise  und  Haus"  tou  Bob.  Baditz  erhältlich 
ist,  soll  enthalten:  Doppeltkohlensaures  Natron,  Tannin,  Cholera- 
tropfen (Opiumtinktur),  Hoffmannstropfen,  einige  Stückchen  Zucker, 
Heftpflaster  und  englisches  Pflaster,  Hirschtalg,  Karbolwatte,  Verband- 
gaze, eine  Pincette,  eine  Schere  und  einige  Nadeln. 

Als  Mittel  gegen  Fufsschweifs  vrtrd  empfohlen :  3  Teile  Salicyl- 


375 

sftnre,  10  TeUe  Stärke,  87  Tefle  Talcnm;  damit  sind  die  Fttfse 
jeden  zweiten  oder  dritten  Tag  nach  vorangehender  Waschung  ein- 
znpndem. 

Dies  gelesen  und  mit  voDer  Zustimmung  die  Befolgung  der  hier 
gegebenen  Vorschriften  meinem  Sohne  (Mündel)  warm  ans  Herz  gelegt 
zu  haben,  bestätigt 

als  Vater  (Matter,  Vormond). 
,  den 18 ... . 


Jßttfonaixtn. 


Die  Warschauer  Militärsanitätsgesellschaft  hat  den  Geheimrat 
Professor  Dr.  VON  Pettenkopkr  in  Mtlnchen  zu  ihrem  Ehren- 
mitgliede  gewählt. 

Von  der  Sektion  für  Hygiene  des  Kongresses  russischer  Ärzte 
wurde  unserem  verehrten  Mitarbeiter,  Herrn  Professor  Dr.  Erismann 
IQ  Moskau,  das  Ehrenpräsidium  übertragen. 

Der  Begierungs-  und  Schulrat  Hielschbb  in  Eöslin  und  der 
Direktor  der  Oberrealschule  Dr.  Ad.  Wbrniokb  in  Gleiwitz  haben 
den  Charakter  als  Geheimer  Begierungsrat  erhalten. 

Schulrat  Eress  in  Meiningen  und  Dr.  Weygoldt  in  Earls- 
mhe  wurden  zu  Oberschulräten  befördert. 

Gynmasialdirektor  Dr.  Ostbr  in  Rastatt  ist  zum  Ereisschulrat 
ernannt  worden. 

Die  Seminardirektoren  Dr.  Weiss  in  Heiligenstadt,  Dr.  Hirt 
in  Halberstadt,  Dr.  Erass  in  Münster  i.  W.,  Dr.  Verbeck  in 
Wittlich,  sowie  die  Ereisschulinspektoren  EscH  und  Schröder  in 
Trier  und  Spohn  in  AUenstein  erhielten  den  Charakter  als  Schul- 
räte mit  dem  Rang  der  Bäte  IV.  Elasse. 

Unserem  geschätzten  Mitarbeiter,  Herrn  Privatdocenten  Dr. 
Lassar  in  Berlin,  ist  das  Prädikat  Professor  beigelegt  worden. 

Dem  Inspektor  der  höheren  Mädchenschule  der  Franckeschen 
Stiftungen  in  Halle  a.  S.  Otto  Dammann  wurde  die  Amtsbezeichnung 
Direktor  verliehen. 

Es  erhielten:  den  Grofskordon  des  Eöniglich  italienischen 
Mauritius-  und  Lazarusordens  Geheimrat  Professor  Dr.  B.  ViRCHOW 
in  Berlin ;  den  Adler  der  Eomthure  des  Eöniglichen  Hausordens  von 
HohenzoUem   der  Geheime  Oberregierungsrat    und  vortragende   Bat 


376 

im  Ministerium  der  geistlichen,  Unterrichts-  und  Medizinalangdegen- 
heiten  Dr.  Wbhrenpfbnnig  in  Berlin,  den  Adler  der  Ritter  des- 
selben Ordens  Gymnasialdirektor  Professor  Dr.  NiTSCH  in  Bidefdd 
nnd  Gymnasialoberlehrer  a.  D.  Professor  Dr.  Hirschfblder  in  Eiseo- 
berg ;  das  Ritterkreuz  I.  Klasse  des  Königlich  sächsischen  Albrechts- 
ordens der  Konrektor  der  Dreikönigsschule  Professor  J.  B.  Haas  in 
Dresden  und  der  Oberlehrer  am  Realgymnasium  Professor  Th.  W. 
Schubert  in  Zittau,  das  Ritterkreuz  n.  Klasse  desselben  Ordens 
der  Oberlehrer  H.  A.  JünghAnbl  am  Realgymnasium  zu  Döbeln;  den 
roten  Adlerorden  DI.  Klasse  mit  der  Schleife  der  Regierungs-  und 
Schulrat  a.  D.  Geheimer  Regierungsrat  Hasse  in  Kassel,  den  roten 
Adlerorden  IV.  Klasse  die  Regierungs-  und  Schulräte  Cremer  in 
Trier  und  Schieffer  in  Osnabrück,  der  Direktor  des  Gymnasium 
Christianeum  Genz  in  Altena,  der  Kreisschulinspektor  Dr.  Schabfe 
in  Danzig,  der  Direktor  des  Realprogymnasiums  Dr.  Ritter  in 
Nienburg  a.  W.,  der  Direktor  der  städtischen  höheren  Töchterschnle 
ELaiser  in  Mittelbannen,  der  Direktor  der  Taubstummenanstsif 
Schwarz  in  Ratibor,  die  Gymnasialoberlehrer  a.  D.  Professor  Otto 
in  Wiesbaden,  Professor  Orth  in  Burgsteinfurt,  Professor  Oheim  in 
Hersfeld  und  Leber  in  Bonn. 

Der  k.  k.  Sanitätskoncipist  der  Statthalterei  Dr.  Franz  Rittkr 
VON  Haberlbr  in  Wien  wurde  zur  Dienstleistung  in  das  öster- 
reichische Ministerium  des  Innern  berufen. 

Der  Medizinalassessor  beim  Polizeipräsidium  in  Berlin  Dr. 
Richard  Wehmer  ist  als  Nachfolger  des  in  den  Ruhestand  ge- 
tretenen Geheimen  Medizinalrates  VON  Massenbach  in  das  Medizinal- 
kollegium der  Rheinprovinz  eingetreten. 

Der  Direktor  der  Landeskrankenanstalt  in  Brttnn  Dr.  Moritz 
Nedopil  wurde  als  ordentliches  Mitglied  in  den  k.  k.  Landessanitfttsnt 
für  Mähren  entsendet. 

Professor  Dr.  Th.  Escherich  in  Graz  geht  als  Nachfolge  des 
Professors  der  Kinderheilkunde  Dr.  Heübner  nach  Leipzig. 

In  Helsingfors  ist  eine  Professur  für  Hygiene  errichtet  und  dm 
Inspektor  des  finnländischen  Gesundheitswesens  Dr.  Sucesdorff  über- 
tragen worden. 

Privatdocent  Dr.  L.  Pfeiffer  in  München  wurde  auf  den  durch 
den  Tod  Professor  Uffblmanns  erledigten  Lehrstuhl  der  Hygiene 
nach  Rostock  berufen. 

Der  Privatdocent  an  der  technischen  Hochschule  zu  Karlsrolie 
Dr.  Alexander  Riffel  hat  die  Professur  für  Hygiene  daselbst 
erhalten. 

Die  Seminardirektoren  K.  Kloesel  in  Rawitsch  und  £d> 
Trieschmann  in  Köslin  sind  zu  Regierungs-  und  Schulräten  befördert 


377 

nnd  ersterer  der  Regierang  in  Königsberg  i.  Pr.,  letzterer  derjenigen 
in  Eöslin  zugewiesen  worden. 

£s  wurden  ernannt:  der  Direktor  des  Realprogymnasinms  in 
Oberhansen  Dr.  AüLBK  zum  Direktor  des  Realgymnasiums  in  Dort- 
mnnd,  der  Oberlehrer  an  der  Oberrealschale  in  Gleiwitz  Professor 
Dr.  Haüssknecht  zum  Direktor  dieser  Anstalt,  der  Direktor  der 
Realschule  in  Bockenheim  Walter  zum  Direktor  der  Musterschule 
in  Frankfurt  a.  M.,  der  Ereisschulinspektor  Eramm  zu  St.  Margarethen 
im  Regierungsbezirk  Schleswig  zum  Seminardirektor  in  Tondem,  der 
Realprogymnasiallefarer  Ewald  und  der  Seminarlehrer  EUEAT  zu 
Ereisschulinspektoren,  der  Oberlehrer  am  Domgymnasium  in  Verden 
KUHNS  zum  Direktor  des  Realprogymnasiums  in  Nienburg  a.  W., 
der  Oberlehrer  Dr.  Harnisch  in  Berlin  zum  Direktor  der  Real- 
schule in  Quedlinbui^. 

Als  Privatdocenten  für  Hygiene  und  Bakteriologie  haben  sich 
habilitiert  Dr.  £uaEN  Gzaplewski  an  der  Universität  Eönigs- 
berg  i.  Pr.  und  Dr.  Earl  Abens,  erster  Assistent  des  hygienischen 
Institutes,  an  der  Universität  Würzburg. 

Der  Professor  der  Hygiene  Dr.  Südaeow  ist  um  seine  Ent- 
lassung als  Rektor  der  Universität  Tomsk  eingekommen. 

Oberschulrat  Dr.  Hartwig  in  Schwerin  beging  am  2.  April  sein 
ftnfandzwanzigjähriges  Jubiläum  als  Schulrat. 

Der  Regiemngs-  und  Geheime  Medizinalrat  Dr.  Freiherr 
VON  Massbnbaoh  in  Eoblenz  hat  sein  Amt  niedergelegt;  bei  dieser 
Gelegenheit  vmrde  ihm  der  Eronenorden  H.  Elasse  verliehen. 

Gymnasialdirektor  D.  Dr.  HOFMANK  zu  Berlin  trat  unter  Yer- 
leihnng  des  roten  Adlerordens  HI.  Elasse  mit  der  Schleife  in  den 
Rahestand,  ebenso  Realschuldirektor  Langhoff  zu  Potsdam  unter 
Verleihung  des  Eronenordens  HI.  Elasse. 

Unser  geschätzter  Mitarbeiter,  Herr  Direktor  der  Musterschule 
Dr.  Fr.  von  Eiselen  in  Franlcfurt  a.  M.,  hat  sich  pensionieren 
lassen  und  aus  diesem  AnlaTs  den  Titel  eines  Geheimen  Regierungs- 
rates erhalten. 

Es  sind  gestorben:  der  Sektionschef  im  k.  k.  österreichischen 
Ministerium  fttr  Eultus  und  Unterricht  Dr.  Benno  Ritter  von  David, 
54  Jahre  alt,  in  Wien;  Geheimer  Medizinalrat  Dr.  Sarrazin,  das 
Sheste  Mitglied  des  Medizinalkollegiums  der  Provinz  Westfalen,  in 
Httnster;  der  Professor  der  Hygiene  Dr.  Arnould  in  Lille,  welcher 
^el  zur  Verbreitung  deutscher  hygienischer  Arbeiten  in  Frank- 
reich beigetragen  hat;  Schulrat  yan  Senden,  Seminardirektor  in 
Anrieh;  Gymnasialdirektor  Dr.  Moormeister  in  Hagenau,  49  Jahre 
<^t;  Dr.  Beheim-Soh WARZBACH,  frflher  Direktor  des  Gymnasiums 
Ostrowo,  in  Filehne,  87  Jahre  alt ;  Schuldirektor  a.  D.  Dr.  Stein- 


378 


HAüS  in  Breslau ;  Direktor  Dr.  Winter  in  Harburg  a.  £. ;  Professor 
Dr.  Hoppe  in  Berlin,  früher  Oberlehrer  am  Gymnasinm  zoin  graaen 
Kloster  daselbst;  Kreisschnlinspektor  Albbrs  in  Bitbarg;  Scholftnl 
Nikolai  Albxbjew  in  Ssndsha,  Gonvemement  Enrsk. 


fitteratttr* 


Besprechungen. 
Professor  Dr.  F.  C.  Noll,    Oberlehrer  am  städtischen   Gymnasimn 

zu  Frankfurt  a.  M.  Die  Naturgeschichte  des  Menschen  lebst 
Hinweisen  auf  die  Pflege  der  Gesundheit.  For  Gymnasien, 
Realgymnasien,  Realschulen  und  Seminarien  bearbeitet.  2.  Ani 
Mit  107  Holzschnitt,  u.  1  Farbentaf.  Breslau,  1893.  Ferdinand 
Hirt.    (109  S.  8«.    Gbd.  M.  1,36.) 

Nach  einer  kurzen  Einleitung  Aber  die  Stellung  des  Mensches 
auf  der  Erde,  bespricht  der  Verfasser  die  Teile  und  Stoffe  des  mensch- 
lichen Körpers,  die  Elementarorgane,  das  Skelett,  die  Muskeln,  das 
Nervensystem,  femer  die  Ernährung,  den  Blutkreislauf,  die  Atmoog 
und  die  Ausscheidungen,  indem  er  an  passenden  Stellen  Hinweise 
auf  die  Pflege  der  Gesundheit  einfQgt.  In  den  folgenden  fftnf  Ab- 
schnitten werden  die  wichtigsten  Krankheiten,  die  erste  Hufe  bei 
Unglücksfällen  (nach  Esmabgh),  die  Lebensalter,  die  Rassen  des 
Menschengeschlechtes,  der  Mensch  der  vorgeschichtlichen  Zeit  ab- 
gehandelt. 

Die  Darstellungen  sind  bei  aller  Knappheit  durchaus  klar  und 
durch  gut  gewählte  und  gut  wiedergegebene  Abbildungen  erläutert, 
so  dafs  das  kleine  Buch  sowohl  als  Leitfaden  beim  Unterricht  selbst, 
als  auch  zur  Einprägung  und  Wiederholung  des  Gelernten  die  besten 
Dienste  leisten  kann.  Was  es  gibt,  gibt  es  gründlich  und  genflgend, 
vermeidet  aber  verständig  das  Zuviel,  wodurch  nur  Yerwirrong  uui 
Unklarheit  hervorgerufen  wird. 

Da  die  erste  Auflage  mir  nicht  bekannt  ist,  so  vermag  icb 
nicht  zu  ermessen,  was  die  in  der  Vorrede  des  Sohnes,  der  nach 
dem  Tode  des  Verfassers  die  neue  Ausgabe  fertiggestellt  hat,  an- 
gedeuteten Veränderungen  und  Zusätze  zu  bedeuten  haben ;  jeden&Us 
erscheint  die  Schrift  wie  in  einem  Gusse  gearbeitet. 

Ich  beglückwünsche  die  Schulen,  welche  nach  dieser  Anleitung 
die  Anthropologie  in  ihren  Lehrplan  aufgenommen  haben,  und  die 
Lehrer,  die  mit  solchem  Leitfaden  verständnisvoll  Unterricht  erteilen. 
Denn  die  freudige  Teilname   ihrer  Schüler  wird  ihnen  gewils  nicbt 


379 

fehlen.  Die  letzteren  aber  erhalten  darin  eine  feste  Gnmdlage  der 
Gesundheitspflege,  deren  Bedeutang  für  das  Wohl  der  Einzelnen, 
der  Familien,  der  Gemeinden,  Staaten  nnd  Völker  mehr  und  mehr 
die  verdiente  Anerkemmng  findet. 

Die  Ausstattung  des  Buches  ist  in  jeder  Beziehung  lobenswert. 
Praktischer  Arzt  Dr.  med.  Fe.  Dobnblüth  in  Bostock. 

Ludwig  Höpfner.    Über  die  geistige  Ennfidnng  Ton  Schiil- 
kindern.     Beobachtungen  nach  statistischer  Methode  als  Beitrag 
zur  experimentellen  Psychologie.    Inauguraldissertation.    Hamburg 
nnd  Leipzig,  1893.     Leopold  Voss.     (39  S.  8^  M,  1,0.) 
Verfasser    fand    beim  Korrigieren  eines    zweistündigen    Diktats 
Ton  46  neuigährigen  Knaben  in  der  zweiten  Stunde  eine  beträchliche 
Hänfang  der  Fehler.    Dies  yeranlafste  ihn,  jene  zu  Prflfnngszwecken 
Yorgenommenen  Diktate  näher  zu  studieren,  weshalb  er  auch  hinterher 
die  Ermüdungserscheinungen  nicht  als  Funktion  der  Arbeitszeit  zu 
erforschen  versuchen   konnte.     Immerhin   bildeten  die  19  diktierten 
Sätze  eine   gut   verwertbare  Folge  von  Arbeitsstücken.     Jeder  Satz 
wurde  vorgelesen,  dann  mehrmals  von  einzelnen  Schülern  und  schliefslich 
von   der    ganzen   Klasse    wiederholt,    hierauf   aus    dem   Gedächtnis 
niedergeschrieben.     Die    19  Sätze    enthielten    fOr   alle  Schüler    zu- 
sammen 26  772  Buchstaben. 

Rechnet  Verfasser  alle  Fehler  ohne  Ausscheidung  besonderer 
Fehlerklassen  zusammen,  so  kommen  durchschnittlich  auf  100 
Bnchstaben  je  2,7  Fehler.  Bei  den  ersten  5  Sätzen  nun,  d.  h.  bei 
der  innerhalb  etwa  der  ersten  halben  Stunde  geleisteten  Arbeit, 
betrag  jenes  Fehlerprozent,  das  zunächst  eine  fallende  Tendenz  zeigt, 
weniger  als  1 ;  beim  6.  Satz  schnellt  es  über  2  empor  und  behält 
mit  einigen  Schwankungen  die  steigende  Richtung  bei.  Das  anfängliche 
Fallen  der  Fehlerkurve  erklärt  Höpfner  durch  eine  anf^glich 
wachsende  Erregung  oder  innere  Sammlung,  welcher  später  Ermüdung 
folgt.  Nimmt  man  die  Mittel  aus  den  Fehlerprozenten  von  Satz  1 ,  2, 
3  nnd  4  u.  s.  w.  und  dann  die  Mittel  je  zweier  solcher  Art  gewonnener 
aufeinanderfolgender  Gruppen,  d.  h.  verwischt  man  kleinere 
Schwankungen,  so  wird  die  Fehlerkurve  in  der  Hauptsache  eine 
aufsteigende  gerade  Linie.  Auch  auf  eine  andere  Weise  wird  die 
Annftherung  der  Fehlerkurve  an  jene  Grade  nachgewiesen. 

Der  Autor  führt  die  Fehler  auf  4  Gruppen  zurück,  teilt  das 
Diktat  in  Stücke  von  4  zu  4  Sätzen  und  bestimmt  die  Zahl  der 
Fehler  pro  100  geschriebene  Buchstaben  in  jeder  Gruppe.  Besonders 
interressant  ist  der  Ausfall  der  Buchstaben,  wobei  unter  anderem 
beobachtet  wird,  dals  Endbuchstaben  am  häufigsten  ausbleiben. 
Nach  dem  Verfasser    ist    die  Erklärung   hierfür   entweder   in    dem 


380 

„laatlichen  Verfall  der  Sprache"  (öfterem  Wegfall  der  EndkoDSonaDtctt 
in  der  Umgangssprache)  oder  darin  zn  Sachen,  dafe  die  Anfioieilaam- 
keit  schon  dem  folgenden  Worte  zugewendet  wird,  ehe  das  Tono- 
gehende  vollends  fertig  geschrieben  ist.  Unter  den  ansgefaUeneD 
inneren  Buchstaben  erweisen  sich  die  meisten  als  Konsonanten, 
und  läist  sich  ans  dem  Charakter  der  Auslassungen  schlieCsen,  dals 
schlechte  Aussprache  eine  wichtige  Rolle  dabei  mitspielt.  Das 
Schreiben  der  Kinder  wird  durch  Yorbuchstabieren,  unter  Umstftnto 
auch  durch  Vorstellung  der  Schriftbilder  unterstützt;  wenn  letztere 
infolge  Yon  Ermfldung  nicht  mehr  ausreichend  deutlich  yorgestellt 
werden  können  und  die  Klangbilder  (Lautfolgen)  dafür  eintreten 
müssen,  so  werden  diese  der  Umgangssprache  entnommen. 

HOPFNER  bespricht  ferner  die  Fehler  des  Einschiebens,  Er- 
Setzens  und  Umstellens  von  Buchstaben. 

Wir  sind  dem  Autor  für  seine  Studie  zu  vielem  Danke  verpflichtet. 
Wohl  sind  die  spedellen  Ziffemresultate  nicht  direkt  zur  experimenteDoi 
Lösung  der  Überbürdungsfrage  verwendbar,  die  Länge  der  Arbeitszeit- 
stücke bleibt  unberücksichtigt,  dies  ist  jedoch  mit  Rücksicht  auf 
die  Entstehungsart  der  Abhandlung  von  vornherein  nicht  andeis 
möglich.  Jedenfalls  hat  Höpfner  zum  Ausbau  der  experimentenen 
Unterrichtshygiene  einen  wertvollen  Beitrag  geliefert,  besonders  aber 
sich  dadurch  ein  Verdienst  erworben,  dais  er  nützliche  Winke 
für  die  Fortbildung  des  Arbeitsplanes  gibt.  Die  vorliegende^  Studie 
kann  daher  jedem,  der  sich  für  eine  rationelle  Ausgestaltung  der 
Unterrichtshygiene  mit  ihren  voraussichtlich  bedeutsamen  Folgen  inter- 
essiert, bestens  empfohlen  werden. 

Oberrealschulprofessor  Dr.  phil.  Lbo  Burqbrstein 

in  Wien. 

Gustav  Sibgert.    Das  Problem  der  Kinderselbstmorde. 

Leipzig,  1893.    R.  VoigtlÄnder.    (96  S.  Kl.  S^) 
Der  Verfasser  beginnt  mit  dem  Motto: 

„Opfer  fallen  hier, 
weder  Lamm  noch  Btier, 
aber  Menschenopfer  unerh5rt!* 

Und  in  der  That  mufs  die  „Mitteilung  der  statistisch  tbat- 
sächlichen  Belege^  auf  jeden,  «der  noch  ein  MitgefQhl  mit  seinei 
Nebenmenschen  hat,  den  Eindruck  machen,  dals  diese  jugendlichea 
Menschenopfer  etwas  Unerhörtes  sind.  Nicht  weniger  als  49  FUle 
hat  der  Verfasser  selbst  gesammelt  und  gesichtet;  daneben  stellt  er 
die  officielle  Statistik,  aus  der  nur  angeführt  sei,  dafs  in  Prealseii 
von  1883—1888  289  Schttlerselbstmorde  gezählt  wurden. 

Alsdann  geht  der  Autor  zu  den  Ursachen  dieser  traurigen  Er- 
scheinungen über  und  bespricht  die  individuellen  und  die  socialea 


381 

Motive  in  emgehender  Weise.  Besonders  anzuerkennen  ist  hier  die 
Unparteilichkeit  nnd  Umsicht  desselben,  indem  er  anf  der  einen 
Seite  die  psychiatrischen  Ergebnisse  in  ToUem  Mause  würdigt  nnd 
dabei  doch  nicht  in  den  Fehler  verfällt,  daraus  alles  erklären  zn 
wollen.  Vielmehr  kommt  gerade  bei  seinen  „Vorschlägen  zor  Be- 
kSmpfimg  dieses  Übels''  die  Anschannng  deutlich  zum  Ausdruck, 
dais  ohne  sittlich  religiöse  Kräfte  keine  wirksame  Verhütung 
desselben  möglich  ist. 

Die  Schrift  ist  für  alle,  denen  das  Wohl  der  Jugend  am  Herzen 
t,  von  nicht  geringem  Interesse. 

Praktischer  Arzt  Dr.  med.  A.  BOEMBR  in  Stuttgart. 


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Erdkunde  und  Zeichnen  an  höheren  Lehranstalten,  besonders  als 

Unterricht  im  Dreien.     Mit   einem  Vorworte  Yon  Dr.  Hbrmakn 

Schiller.     Braonschweig,  1893,  Otto  Salle.     ü  2,40. 
Magkenzie,  Violbt.     PhysiccU  educaUon  and   exercise   in  school. 

Rep.  Australas.  AdT.  Sc.  1892,  Hobart,  1893,  IV,  760—764. 
Mädchengymnasiumy    das    in   Karlsruhe  y    begründet    yom    Vereis 

„Fraaenbildungsreform'^,  eröffnet  am  16.  September  1893.    Amt- 
licher Bericht  über  Entstehung,   Eröffnung  und  Organisation  der 

Schule.     Weimar,  1894,  Veriagsanstalt.     Gr.  8®.     M  0,60. 
Manuel  d^exercices  gymnasUques  et  scolaires,   Paris,  1891,  Imprimerie 

nationale. 
Mobtillaro,  D.   La  ribattuta  quesUone  detC  educasione  fisica  e  dei 

maestri  di  ginnasHca.     Riflessioni.     San  Remo,  1893. 
Mosso,  A.     La  ginnasOea  atleUca.    Riv.  di  pedag.  e  scienz.  affin., 

Roma,  1894,  I,  17—25. 
Neubau   des   Lehrerseminars  in  Linnich,     Mit  Abbild.     Centralbl. 

d.  Bauverw.,  1893,  297. 
Pfeiffer,  W.     Was  können  die  Schule  und  die  Behörden  (km, 

die  Zunahme  der  jugendlichen  Vergehen  und  Verbrechen  eu  vtr- 

hüten?    Eonferenzvortrag.     Ey.  Schulbl.,   Gütersloh,  1893,  Xu. 

JH.  0,60. 
Fhysical  training  versm  athleticism.    Med.  News.,  1893,  16.  Decemb., 

XXV,  693—694. 
PiETRAYALLB,   M.     La  difßsa  deUa  scuola  daUe  mdlattie  infetüve. 

Torino,  1893.     8^     Lir.  1,20. 
Piper,  H.     Die  Sprachgebrechen  bei  schwachsifmigen,  resp.  iäiotisdien 

Kmdem  und  deren   eventuelle  Heilung.     Med. -päd.  Monatssdir. 

f.  d.  gsmt.  Sprchhlkde.,  1894,  I,  1—7;  ü,  36—46. 


383 

Stubm,  Paul.  Leipziger  Yorlageblätter  für  Thanfi/ngerarheit,  Thon- 
ziehen,  Thanschneiden  wnd  Modellieren  im  Dienste  der  Snahen- 
handarheit.     I.  Buch.    Leipzig,  1893,  Selbstverlag.     M.  2. 

The  game  of  foot^baü.     Brooklyn  Med.  Joum.,  1894.  Vm,  48. 

Theperüs  offooibaU.    Med.  News,  1894,  April  14,  1109,  416—417. 

The  scandcU  of  the  Forest  Gute  schools.  The  Brit.  Med.  Joum., 
1894,  April  21,  1738,  879—880. 


Bei  der  Redaktion  eingegangene  Schriften. 

ASMMER,     Fritz.       Eine    Schulepidemie    von    Tremor    hystencus 

[sogenannte  Choreaepidemie,)    Mit  4  Tab.  n.  2  Taf.    Inangdissert. 

Basel,  1893,  Kreis.     Gr.  8^ 
BONO,  DE,  B  DOTTO.     Vocckio   degli  epHettici,     Arch.    di  Ottalm., 

1894,  I,  8—9,  277  sq. 
Gancalon.     Hygibie  nouveUe  dans   la  famiUe,     Avec   une  pr^face 

de    M.    Digardin-Beanmetz.       Paris,    1894,    Soci^t6    d'^ditions 

scientifiqnes.     16^. 
Faralli,  Giovanni.    Igiene  della  vita  pübbUca  e  privata,    Milano, 

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vollendeten  und  abgerechneten   Gebäude,   welche  der  Kunst  ui^ 

Wissenschaft,    dem   Fachunterricht    und    der    QtsundheiisplUft 

gewidmet  sind.    Mit  Abbild.    Zeitschr.  f.  Banw.,  1893,  Anh.,  78. 
Steilschreibheft.     Deutsche  Schrift.     Stra&borg,  1893,    Stralsbiuger 

Drackerei  and  Verlagsanstalt.     Gr.  8^.    M.  0,10. 


leitfdirifl  fit  S(||ttl||efnn)l|eit0|if ^^^^ 

VII.  Jahrgang!  1894  No.  7. 


(Drtginai-^b^ntibltittgen. 


Die  Schülbäder  in  Zürich. 

Von 

Dr.  med.  H.  Naef, 

praktischem  Arzt  in  Zürich. 
(Mit  1  Figur  im  Text.) 

Der  Schuljugend  der  Stadt  Zürich  hat  es  nie  an  Bade- 
gelegenheit gefehlt.  Zur  Sommerzeit  sind  die  Badeanstalten 
in  See  and  Ijimmat  stets  der  Tummelplatz  einer  fröhlichen 
Kinderschar  gewesen.  Auch  die  Schüler  derjenigen  Aus- 
gemeinden,  welche  ihrer  geographischen  oder  ökonomischen 
Lage  wegen  nicht  im  stände  waren,  geschlossene  Badeanstalten 
im  Freien  zu  errichten,  hatten  Zutritt  zu  den  neun  Schwimm- 
bädern Ton  Zürich-Altstadt,  Riesbach,  Enge  und  Wollishofen. 
Fünf  davon  waren  den  Kindern  zu  gewissen  Stunden  unent- 
geltlich gedffoet.  Immerhin  erwies  sich  der  Besuch,  zum  Teil 
der  grofsen  Entfernung  wegen,  als  ein  relativ  schwacher.  Er 
beschiilnkte  sich  auTserdem  naturgem&fe  auf  die  warmen  Sommer- 
monate. 

So  kam  es,  dafs  nicht  einmal  die  Hälfte  der  Schuljugend 
schwimmen  lernte.  Eine  vom  Schulvorstand  im  Frühling  1893 
▼eianlaCrte  Statistik  ergab  nämlich  folgende  Zahlen:  Die 
Sekundärschulen  (13. — 16.  Lebensjahr)  wurden  von  2338  Kindern, 
1209  Knaben  und  1124  Mädchen,  besucht;  davon  können 
schwimmen  928,  nämlich  473  Knaben  und  465  Mädchen, 
=  40%. 

8ehQic«MndiMtt0pfl«r«  vn.  25 


386 

Die  am  1.  Januar  1893  erfolgte  Yerschmelzimg  der  Stadt 
Zürioli  mit  den  11  Ansgemeinden  wird  auch  auf  dieBom 
Gebiete  eine  Mehrleistung  ermöglichen.  In  den  SeklUlda^ 
schulen  werden  einzelne  Turnstunden  im  Stundenplan  so  an- 
gesetzt werden,  dals  daf^  im  Sommer  Sohwimmuntemdit 
eintreten  kann.  Herrn  Stadtrat  Grob,  Vorsteher  des  st&dtischen 
Schulwesens,  gelang  es,  den  Schwimmunterricht  schon  Torigen 
Sommer  für  die  erste  Sekundarklasse  einzuführen  und  den- 
selben während  der  Sommerferien  auch  den  übrigen  Klassen 
jeuer  Stufe  zugänglich  zu  machen ;  in  je  15 — 25  viertel- 
stündigen Lektionen    lernten    etwa   400   Schüler   schwimmen. 

Mit  der  Sorge  für  ausreichenden  Schwimmunterricht  yer- 
bindet  sich  bei  unseren  Schulbehörden  die  Bemühung,  der 
Jugend  auch  während  der  kühlen  Jahreszeit  Badegelegenheit 
zu  verschaffen.  Die  von  Deutschland  ausgehende  Bewegong 
für  Schulbrausebäder  fand  bei  uns  lebhaften  Anklang. 
Von  den  sieben  Schulhäusem,  welche  seit  1890  auf  dem 
Gebiete  von  Grols-Zürich  erstellt  wurden,  ist  nur  eines  ohne 
Brausebäder.  Nach  Beziehen  des  neuen  Schuleebäudes  am 
Hirschengraben  werden  von  unseren  263  Schulabteilungen  77 
Gelegenheit  haben,  Brausebäder  zu  frequentieren. 

Die  bisherigen  Anlagen  wurden  unabhängig  voneinander 
errichtet,  drei  davon  von  Gebrüder  Snlzer  in  Winterthnr, 
welche  auch  die  betreffenden  Niederdruckdampfheizungen 
geliefert  haben. 

Die  Bäder  sind  in  den  3 — 4  m  hohen  Kellergeschossen 
untergebracht.  Die  eigentlichen  Baderäume  besitzen  eine 
Grundfläche  von  19,5 — 40  m*.  In  drei  Schulhäusem  findet 
man  je  zwei  Ankleideräume  von  8,6 — 18  m',  in  den  übrigen 
dreien  je  einen  solchen  Baum  von  15 — ^35  m*.  Zwei  Ankleide- 
räume sind  weitaus  vorzuziehen;  jeder  derselben  sollte  einen 
Flächenraum  von  mindestens  10  m'  haben.  Wenn  hundert  und 
mehr  Kinder  innerhalb  zwei  Stunden  ihre  Kleider  ablegen,  so 
wird  die  Luft  in  dem  Grade  verunreinigt,  dab  eine  ausgiebige 
Ventilation  der  betreffenden  Bäume  nicht  entbehrt  werden 
kann.    Im  Schulhause  der  Karthausstraüse  hat  man  deshalb  mit 


387 

gfutem  Erfolge  einen  besonderen,  von  Wasserkraft  getriebenen 
Ventilator  angebracht.  Der  Fufsboden  der  Baderänme  ist  mit 
leicht  abhebbaren  tannenen  Lattenrosten,  derjenige  der  Ankleide- 
rftume  mit  demselben  Material  oder  mit  Kokosmatten  belegt. 

Das  Sulzersche  System  hat  sich  so  vorteilhaft  erwiesen, 
d&ls  eine  genaue  Beschreibung  desselben  gerechtfertigt  sein 
dürfte. 

Das  Wasser  wird  in  einem  besonderen  Badeofen  er- 
wärmt, im  Winter  yod  der  Gentralheizung  aus,  zur  übrigen 
Zeit  durch  Kohlenfeuerung.  Die  beiden  gut  verschlossenen 
und  eingewandeten  B.eservoirs  befinden  sich  in  den  Vorräumen 
der  Aborte  der  ersten  Etage.  Dasjenige  für  kaltes  Wasser  hält 
ca.  60  1,  dasjenige  für  Warmwasser  1000  1.  Die  zwölf  bis 
achtzehn  Brausen  sind  in  zwei  parallele  Reihen  und  schief 
gestellt.  Sie  stehen  1,8  m  über  dem  Fufsboden  und  0,7 — 0,8  m 
Yoneinander  entfernt. 

Der  Apparat  wird  von  der  städtischen  Leitung  aus  durch 
die  Röhre  a  (siehe  die  Figur  auf  Seite  388)  gefüllt.  Das 
Wasser  gelangt  erst  in  das  Kaltwasserreservoir  (KM), 
flieJst  durch  die  Röhre  h  in  den  Badeofen  (0)  und  steigt 
dnreh  das  Rohr  c  in  das  Warmwasserreservoir  (WR). 
Von  hier  gelangt  es  durch  das  Rohr  d  wieder  zum  Bade- 
ofen. Sobald  das  Niveau  des  Wassers  in  beiden  Reser- 
voirs das  gleiche  ist,  schliefst  sich  die  zuführende  städtische 
Leitung  durch  einen  Schwimmer  (8)  automatisch.  Wird  nun 
die  Feuerung  in  Gang  gesetzt,  so  findet  eine  beständige  Cirku- 
lation  des  Wassers  zwischen  Ofen  und  Warmwasserreservoir 
statt  Ein  im  Baderaum  in  diese  Leitung  eingesetztes  Thermo- 
meter (t)  ermöglicht  die  genaue  Kontrolle  der  Temperatur  des 
eirkulierenden  Wassers.  Beginnt  das  Baden,  d.  h.  wird  der 
die  Brausen  speisende  Mischhahn  (m)  so  gestellt,  daJs  das 
Thermometer  (V)  36  ®  C.  anzeigt,  so  fliefst  aus  dem  Warmwasser- 
reservoir durch  die  Leitung  e  Wasser  von  beispielsweise  50^  C. 
zu  xmd  mischt  sich  im  Hahn  mit  dem  aus  dem  E^twasser- 
TQservoir  durch  die  Röhre  f  zuströmenden  Wasser.  Sofort 
wird  das   Niveau   des   Wassers    im   Kaltwasserreservoir   und 

26* 


388 


damit  die  Sohwimmkugel  sinken,   woduroh  sich  das  Ventil  an 
der   städtischen  Leitung    öffnet   und  frisches  Wasser  zufliebt 


Schalbad  (System  Stilzrb). 


Durch  Verbrauch  von  warmem  Wasser  sinkt  auch  der  Stand 
desselben    im  Warmwasserreservoir,    wird   aber  sofort  auf  die 


889 

{rühere  Höhe  gebracht,  weil  infolge  dee  Überdrackee  nnn  Wasser 
ans  dem  Kaltwasserreservoir  durch  den  Badeofen  in  das  Warm- 
waaserreservoir  einströmt  und  dort  den  gleichen  Wasserstand, 
wie  im  Kaltwasserreservoir,  herbeiführt.  Schlieüst  man  den 
Mischhahn,  so  schlieJst  sich  mittelst  des  Schwimmers  anch  die 
städtische  Leitung.  Sollte  diese  Selbstregulierung  einmal  den 
Dienst  yersagen,  so  wtlrde  eine  Überschwemmung  durch  die 
Überlaufröhre  x  vermieden.  Das  Baden  kann  so  lange  be- 
trieben werden,  bis  die  Temperatur  des  Wassers  im  Warm- 
waaserreservoir,  an  Thermometer  t  abgelesen,  unter  36®  C.  sinkt. 
Dieses  System  hat  folgende  wichtige  Vorzüge: 

1.  Weder  Ofen  noch  Brause  stehen  unter  dem  vollen 
Druck  der  städtischen  Wasserleitung.  Die  Druckhöhe  beträgt 
3,5  m,  birgt  demnach  keinerlei  Oefahr  in  sich. 

2.  Ebt  die  Temperatur  des  Warmwassers  50®  C.  erreicht, 
so  kann  das  Baden  beginnen  und  die  Heizung  sistiert  werden, 
da  die  vorhandene  Menge  Warmwasser  erfahrungsgemäls  gentigt, 
um  tber  100  Kinder  abzubrausen.  Selbst  bei  ungeschicktester 
Anwendung  des  Mischhahnes  ist  demnach  eine  Verbrühung  der 
Kinder  unmöglich.  Der  Wärter  hat  sich  nicht  weiter  um 
die  Heizung  zu  kümmern,  er  kann  seine  ganze  Aufmerksam- 
keit dem  eigentlichen  Baden  zuwenden. 

3.  Man  hat  die  Temperatur  des  der  Brause  entströmenden 
Wassers  jederzeit  in  der  Hand.  Nach  gemachter  Erfahrung 
steht  dieselbe  höchstens  2®  C.  unter  der  Zahl,  welche  das 
Misohhahnthermometet  anzeigt. 

Die  mancherorts  beliebten  Zinkteller  von  1  m  Durch- 
messer finden  sich  bloüs  im  Schulgebäude  an  der  Karthaus- 
stralse.  Die  jeweilige  Leerung  und  Reinigung  derselben  seitens 
des  Wärters  scheint  mir  ziemlich  zeitraubend  und  ständiger 
Kontrolle  bedtürftig  zu  sein.  Werden  2 — 3  Kinder  in  einem 
solchen  Teller  unter  eine  einzige  Brause  gestellt,  so  spart  man 
allerdings  Wasser  und  Brennmaterialien;  die  Badenden  sind 
jedoch  in  ihren  Bewegungen  gehemmt.  Der  Zweck,  die  Fufs- 
waschung  zu  erleichtern,  könnte  ebensogut  erreicht  werden  durch 
kleine,  flache,  30  cm  breite  und  ebenso  hoch  über  dem  Boden 


390 

befindliche  Zinkteller,  welche  an  den  Seitenwänden  beihstigi; 
und  aufklappbar  sind;  dieselben  lassen  sich  zugleich  Eom 
Sitzen  benutzen. 

Die  Badeeinrichtong  im  Schalhans  an  der  Karttiaiisstrarse 
besitzt  kein  Reservoir;  sie  entspricht  den  bekannten  Anlagen 
in  Frivathänsem.  Nachteile  infolge  des  hohen  Wasserdnuto 
oder  hoher  Wassertemperatnren  scheinen  bis  jetzt  nie  beob- 
achtet worden  zu  sein,  offenbar  dank  der  umsichtigen  Hand- 
habung des  Apparates. 

Originell  dürfte  das  Brausebad  im  Schulhaus  in  der 
NordstraCse  sein.  Dort  sind  die  Begenduschen  durch  sechzehn 
in  drei  Reihen  gestellte,  senkrecht  stehende  Röhren  eisetst 
Dieselben  sind  bis  auf  eine  Höhe  von  1,35  m  durchlOdiert, 
so  dafs  jedes  der  zehn  Kinder  von  etwa  f&nfzehn  feinen 
horizontalen  Wasserstrahlen  getroffen  wird.  Zehn  an  die  seit- 
lichen Röhren  befestigte  Zinkteller  von  V>  ^  Durchmesser 
und  y$  m  flöhe  über  dem  Boden  können  aufgeklappt  werden 
und  dienen  zum  Sitzen  oder  Waschen  der  Fülse.  Der  übrige 
Teil  des  Apparates  hat  etliche  Mängel,  so  data  die  ganxe 
Anlage  noch  nicht  mustergültig  isi  Solte  es  gelingen,  durob 
höheren  Druck  eine  reichlichere  Wasserspende  zu  ermöglichen 
und  die  starke  Abkühlung  des  Wassers  in  dem  verzweigten 
Röhrennetz  zu  vermeiden,  so  dürfte  das  System  eine  Zukunft 
haben.  Zu  demselben  hat  offenbar  die  Erwägung  gefobrt, 
es  möchte  die  Brause  f^  den  Kopf  eliminiert  werden.  Bei 
unseren  in  den  übrigen  Schulbädem  schief  gestellten  Dusohen 
haben  sich  nun  aber  keine  Nachteile  in  dieser  Richtung  er- 
geben, so  daüs  schräge  Duschen  ohne  Bedenken  empfohlen 
werden  können. 

In  Bezug  auf  Anlage-  und  Betriebskosten  vermag 
ich  nur  über  die  Brausebäder  im  Schulhause  an  der  Weinbeig- 
straTse  (Quartier  ünterstrafs)  genau  zu  berichten.  Hier  wurden 
verausgabt : 

a.  für  Einrichtung  der  Bade-  und  Ankleide- 
räume (Maurer-,  Schreiner-  und  Maler- 
arbeiten)  1095  Francs 


891 

b.  für  die  eigentliche  Bade^nrichtimg  (Ofen, 

BeBerroir,    Leitungen,    12  Brausen   eto.)  3055  Francs 


Summa  4150  Francs. 
Die  Anlage  im  Quartier  Hottingen  mit  18  Brausen  kostete 
4481  Francs. 

Die  Betriebskosten  stellen  sich  f olgendermalsen  pro  Jahr : 
30  Francs  für  Wasser,  20  1  pro  Bad, 

85        „  „    Kohlen,   ungefUir  22  kg  für  jeden  Badetag, 

15        „  „    Seife, 

30        „  „    Abgang  an  Bade  wasche  (Vorrat:  100  Schürzen, 

60  Handtücher  und  48  Hauben) 

160  Francs. 

Werden  sämtliche   in  Betracht  kommenden  Auslagen  ge- 
lechnet,  so  ergeben  sich: 
160  Francs,  wie  vorstehend, 

415       „  =  10%  Verzinsung  und  Abschreibung, 

200       „         Entschädigung  an  den  Wärter,  zusammen 

775  Francs  ==   1,3  %    der    jährlichen     Schulausgaben     der 
früheren  Gemeinde  ünterstrals. 

Nehmen  wir  pro  Jahr  40  Badewochen  mit  je  2  Bade- 
tagen für  jedesmal  90  Kinder  an,  so  ergeben  sich  in  runder 
Summe  7000  Bäder  im  Jahr.  Es  entfallen  also  nach  der  ersten, 
bezw.  zweiten  Berechnung: 

BetriebskoBten        QeBamtkosten 

auf  ein  einzelnes  Bad 2,3  Cts.  11  Cts. 

auf  jeden  der  600  Schüler  jährlich  27  Cts.  1  Franc  30  Cts. 

Von  den  übrigen  Zürcherischen  Brausebädern  läist  sich 
sagen,  dalis  obige  Zahlen  in  Bezug  auf  die  Anlage  nicht 
flberall  erreicht  werden,  dafs  dagegen  die  Betriebskosten 
mancherorts  mehr  betragen.  Je  grölser  das  Schulhaus,  resp. 
die  Frequenz  der  Bäder  ist,  um  so  billiger  stellt  sich  natürlich 
das  einzelne  Bad. 

Um  Erkältungen  zu  yerhüten,  halten  wir  an  dem  Grund- 
satze fest,  dals  die  Kinder  im  Winter  mindestens  1  Stunde, 
im  Sonmier  V«  Stunde  nach  dem  Bade   noch  im  Schulhause 


392 

bleiben  sollen.  Das  Baden  mulfi  deshalb  vonnittags  vor  sich 
gehen;  nor  ausnahmsweise  und  in  der  wannen  Jahreszeit  wird 
auch  nachmittags  gebadet.  In  den  Quartieren,  die  keine  Bade- 
anstalten im  See  oder  in  der  Limmat  besitzen,  wurden  die 
Sohulbrausebäder  bis  jetzt  auch  in  den  Sommermonaten  be- 
nutzt. Sobald  der  Schwimmunterricht  allgemein  durchgefährt 
ist,  wird  man  hiervon  abstehen. 

Jedes  Kind  erhält  alle  14  Tage  Gelegenheit,  zu  baden. 
Ein  achttägiger  Turnus  wäre  erwünscht,  aber  leider  nidit 
leicht  durchzuführen.  Da  nämlich  in  der  Begel  die  eine 
Woche  die  Knaben,  die  andere  Woche  die  Mädchen  an  die 
Beihe  kommen  und  die  G-eschlechter  nur  in  der  Altstadt  ge- 
trennt sind,  so  tritt  eine  Unterbrechung  des  Unterrichtes  schon 
jetzt  jede  Woche  einmal  ein.  Noch  häufigere  Störungen 
dürften  bei  manchem  Lehrer,  der  jetzt  der  Sache  gewogen  ist, 
Unwillen  erregen.  Damit  wäre  das  Schicksal  der  Schulbftder 
aber  besiegelt,  denn  sie  können  nur  gedeihen,  wenn  die 
Lehrenden  sie  unterstützen  und  in  Anbetracht  der  grolsen 
Wohlthat,  welche  das  regelmäisige  Baden  für  die  Schuljugend 
darstellt,  eine  kleine  Unbequemlichkeit  gerne  in  den  Kauf 
nehmen.  Erfreulicherweise  ist  dies  bei  uns  bis  jetzt  voll- 
ständig der  Fall. 

Auf  Einzelheiten  unserer  Badeordnung  brauche  ich  nicht 
einzugehen,  da  diejenige  der  früheren  Gemeinde  Unteistrafs 
in  No.  7  dieser  Zeitschrift,  Jahrgang  1893,  abgedruckt  ist 
Bemerkt  sei  nur,  dafs  die  grofsstädtischen  YerhältniBse  es 
nicht  mehr  gestatten,  dafs  die  Mitglieder  des  Damenkomitees 
beim  Baden  der  kleinen  Schüler  behilflich  sind.  Auch  darf 
die  Temperatur  des  Wassers  im  Warmwasserreservoir  nicht 
wie  früher  blols  40^  C,  sondern  sie  muijs  50^  C.  betragen. 

Erhebungen  über  die  Frequenz  der  Brausebäder 
liegen  aus  drei  Schulhäusem  vor  und  sind  in  der  Tabelle  anf 
Seite  393  zusanmiengestellt. 

Die  dort  mitgeteilten  Zahlen  bedürfen  einiger  Bemerkungen. 

1.  Im  Schulhaus  Biesbach,  das  die  gröüste  Beteiligung 
aufweist,    baden  nur  Schüler    des   betreffenden  Hauses  seihet» 


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und  zwar  6  Klassen ;  in  Unteistrab  waren  zur  Zeit  der  Auf- 
nahme der  Statistik  2  von  11  Erlassen  in  einem  anderen 
Schnlgebäude  untergebracht;  in  Hottingen  mit  der  geringsten 
Frequenz  mnÜBten  von  23  Klassen  9  aus  einem  zweiten,  ungeftk 
100  m  entfernten  Schulhause  zum  Baden  kommen. 

2.  Von  den  16,6%  =  Ve  sämtlicher  Schüler,  welche 
grundsätzlich  fem  bleiben,  haben  manche  Gelegenheit,  in 
eigenen  Badezimmern  zu  Hause  zu  baden. 

3.  Am  zahlreichsten  erscheinen  die  Realschüler  (10.  bifl 
12.  Lebensjahr);  in  Bezug  auf  die  kleinen  Elementarschüler 
sind  die  Eltern  ängstlich;  manchen  Schülern  der  Sekundär- 
schule dürfte  die  Sache  zu  wenig  „standesgemäfia"  sein. 

Leider  haben  wir  beobachten  müssen,  dafis  ni<dit'  selten 
Kinder  sich  dem  Baden  entziehen,  die  dasselbe  am  nötigsten 
hätten.  Ihre  Eltern  sind  zu  arm  oder  zu  gleichgültig,  um 
für  unzerrissene  oder  wenigstens  reine  Unterkleider  bei  ihnen 
zu  sorgen.  Die  Wohlthätigkeit  könnte  hier  bis  zu  einem  ge- 
wissen Grade  Abhilfe  schaffen. 

Ln  allgemeinen  lassen  sich  die  Erfiahrungen  über  die 
Schulbrausebäder  in  Zürich   folgendermalsen   zusammenfassen. 

Sie  sind  unerwartet  rasch  beliebt  geworden.  Den  Kindern 
ist  das  Baden  ein  festlicher  Anlals.  Die  Lehrer  lassen  sich  die 
kleine  Störung  gerne  gefallen,  da  sie  die  wohlthätige  Wirkung 
der  Bäder  auf  die  Jugend  immer  wieder  beobachten.  Die 
Eltern  haben  eingesehen,  daÜB  keine  Erkältungsgefahr  besteht, 
wenn  die  Badeordnung  streng  befolgt  wird.  Die  Behörden 
endlich  nehmen  die  Verantwortung  für  die  verhältnismälkig 
geringen  Kosten  gerne  auf  sich,  da  sie  sich  überzeugen,  dab 
die  Schulbäder  den  Beinlichkeitssinn  fördern,  die  Klassenlnfi 
verbessern  und  die  Kinder  gegen  die  schädlichen  Einflüsse  der 
Schule  widerstandsfähiger  machen. 

Für  die  neu  zu  erbauenden  Schulhäuser  gilt  die  Ein- 
richtung von  Brausebädern  sozusagen  als  selbstverständlich. 

Im  Sommer  Schwimmunterricht  in  See  oder  Limmat, 
während  der  übrigen  Jahreszeit  Brausebäder  in  den  Schulhäusem, 
diese  Kombination  dürfte  daher  in  wenigen  Jahren  ein  Gkmein- 


885 

gut  der  SohtdjugeDd  Zünohs  sein.  Wem  die  Gesnndheit  des 
heranwachsenden  Geschleohtes  am  Herzen  liegt»  der  wird  mit 
mir  wünschen,  dals  sich  die  gehegte  Erwartung  bald  erfWen 
mOge. 


SchülbankaiuiBtelliiiig  in  Wien. 

Von 

Marianne  Nigg, 

Lehrerin  in  Komeabui^  in  Niedereiterreicb. 
(Mit  2  Fifforeik  im  Text.) 

In  der  Yolkshalle  des  Wiener  Bathanses  fand  vom 
16. — 23.  Jänner  1.  Js.  eine  Schnlbankansstellong  statt,  welche 
in  den  schönen  gotischen  Bäumen  die  49  Objekte  geordnet 
seigte,  die  infolge  der  im  Sommer  y.  Js.  ansgeschriebenen 
Schxdbankkonknrrenz^  eingelaufen  waren. 

Den  ersten  Anstofs  zn  dieser  Konkurrenz  hatte  die  am 
5.  Oktober  1887  einberufene  Schulbankexpertise'  gegeben, 
welche  aus  Ärzten,  Architekten,  Lehrern  und  anderen  Personen 
zusammengesetzt  war  und  Vorschläge  ftür  eine  Beform  der 
Subsellien  erstattete. 

Am  15.  September  1892  wurde  abermals  eine  Sitzimg 
dieses  Komitees  abgehalten,  das  in  der  Zwischenzeit  nicht 
müling  gewesen  war,  und  schlieüslich  die  auf  Seite  396  mitge- 
teilte Dimensionstabelle  von  demselben  aufgestellt,  nachdem 
68  fär  jede  BankgröiSse  Messungen  an  je  10  Kindern  vor- 
genommen  hatte. 

Eine  dritte  Sitzung  der  Expertise  bestimmte,  dals  Wien 
mit    seinen    162  978    Schulkindern    entsprechende    Subsellien 

'  S.  diese  Zeitschrift,  1893,  No.  2,  S.  106—109.    D.  Bed. 
*  S.  diese  Zeitschrift,  1889,  No.  7,  8.  360  and  No.  10,   S.  546   bis 
548   D.  Bed. 


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398 

erlialten  solle,  und  wirklich  gelangten  jfthrliok  4000—6000 
Schulbänke  zur  Auswechselung. 

Nach  dem  Ausspruch  der  Preisrichter  boten  die  49  Aus- 
stellungsobjekte nichts  Neues  dar.  Die  GröisenverhältnisBe  der 
Bänke  waren  gegeben,  es  handelte  sich  also  nur  um  die  Art 
und  Weise,  in  welcher  Minus-  und  Plusdistanz  ermögUdit 
werden  sollten.  Hier  aber  hatte  man  teils  zur  Pultbewegung, 
teils  zur  Pendelbewegung,  teils  zu  Klappvorrichtungen 
seine  Zuflucht  genommen.  Gegen  letztere  sprachen  sich  zwar 
nicht  die  Ärzte,  wohl  aber  die  Lehrer  wegen  des  leichten 
Einklemmens  aus. 

Als  Norm  war  aufgestellt  worden,  die  Bank  müsse  das 
Sitzen  des  Kindes  in  der  Beklinationslage  mit  gehörig 
unterstütztem  Rücken  ermöglichen,  damit  dasselbe  nicht  er- 
müde. Namentlich  für  das  Schreiben  sei  die  Beklinationslsge 
nötig.  Das  Pult  müsse  daher  in  Minusdistanz,  aber  auch 
zum  bequemen  Aufstehen  in  ausreichende  Plusdistanz 
gebracht  werden  können.  Alle  diese  Pult-,  bezw.  Siti- 
yeränderungen  dürften  jedoch  weder  Geräusch  erzeugen,  noch 
sich  mit  Schwierigkeit  handhaben  lassen. 

Obwohl  drei  Preise  ausgeschrieben  waren,  der  erste  mit 
1000,  der  zweite  mit  500  und  der  dritte  mit  300  Gkdden, 
so  kamen  doch  nur  die  beiden  letzteren  zur  Verteilung.  Von 
einem  Zerlegen  des  ersten  Preises  in  mehrere  kleinere  wurde 
Umgang  genommen,  obwohl  yerschiedene  wirklich  preiswürdige 
Subsellien  vorhanden  waren,  für  deren  Nichtprämiierung  man 
nur  den  einen  Grund  geltend  machte,  dals  dieselben  an  einem 
toten  Räume  litten.  Es  ist  dies  ein  Baum  von  2  cm  Breite, 
der  sich  zwischen  TintenfaXs  und  Pult  herausstellte  xmd  rom 
hygienischen  Standpunkte  insofern  yerworfen  wurde,  als  die 
Let^itzenden  bei  acht  hintereinander  stehenden  Bftnken 
dadurch  um  16  cm  weiter,  als  nötig,  von  der  Wandtafel 
entfernt  wären. 

Übrigens  lassen  sich  auch  gegen  die  Prämiierung  Ein- 
wände erheben.  Meines  Erachtens  würde  es  sich  dämm 
gehandelt  haben,  eine  gute   Schulbank   einfachster  Eon- 


399 

strnktion  bei  mögliohfit  geriogem  KoBtenanfwande  aus- 
fiodig  zu  machen,  die  keinerlei  tenren  Beparatnren  unterworfen 
wäre.  Gterade  die  beiden  prämiierten  Schulbänke  aber  sind 
sehr  kostspielig  und  so  komplizierter  Art,  dals  nicht  nur  die 
Herstellung,  sondern  auch  die  Erhaltung  derselben  gro&e 
Summen  erfordern  wird,  welche  nützlicher  zur  Verbesserung 
anderer  unhygienischer  Verhältnisse  verwendet  werden  könnten. 
So  verwickelte  Einrichtungen  passen  nicht  für  die  Schule. 
Aulserdem  sind  beide  prämiierten  Objekte  schwer  rein  zu 
halten,  indem  sie  dem  Schulstaube  und  den  Bakterien  manchen 
Buheplatz  gönnen.  Da  femer  die  mit  dem  zweiten  Preise 
bedachte  Bank  schon  seit  Jahren  in  den  Wiener  Schulen  ein- 
geführt ist,  so  lielsen  sich  Hunderte  von  Fällen  nachweisen, 
wo  Kinder  sich  Finger  oder  Kleider  in  derselben  eingeklemmt 
haben.  Auch  hat  dieselbe,  abgesehen  davon,  dab  sie  keines- 
wegs geräuschlos  fanktioniert,  eine  zu  kleine  Plus- 
distanz, welche  längeres  Stehen  unmöglich  macht  und  be- 
sonders für  den  Handarbeitsunterricht  zu  eng  ist. 

Wir  lassen  nun  eine  Beschreibung  und  Beurteilung  der 
einzelnen    ausgestellten  Subsellien  folgen. 

No.  1.  Aus  der  Schule  für  die  Schule.  Fixer  Sitz 
mit  Klappvorrichtung  des  Pultes.     Nichts  Neues. 

No.  2.  Kinderschutz.  Mit  ähnlicher  Einrichtung.  Gleich- 
falls nicht  neu. 

No.  3.  Grofs  Wien  hoch  I  Schiebepult  mit  totem  Baume. 

No.  4.  Universalschulbank.  Klappvorrichtung,  die 
arge  Beschädigung  der  Kinder  zuläJst.  Auch  ist  die  Beinigung 
schwer  zu  erzielen. 

No.  5.  Wissen  ist  Macht.  Eine  gute  Konstruktion, 
welche  allen  von  der  Expertise  gestellten  Anforderungen 
entspricht,  doch  für  die  Schule  nicht  solid  genug  ist,  da  das 
Rollpult  aus  Leinewand  besteht,  auf  welcher  Stäbe  angeklebt 
sind. 

No.  6.  Das  Einfache  ist  das  Beste.  Klapptisch.  Nicht 
praktisch. 

No.  7.  Grofs-Wien.  Ähnliche  Einrichtung,  wie  die  vorige. 


400 

No.  8.  Hygiene.  Sohwingepnlt  mit  2  Teilen.  Erzeugt 
starkes  Greräosch  beim  Öffnen. 

No.  9.  Hygiene.     Schwingepnlt  mit  totem  Banm. 

No.  10.  Chiffre  N.  P.  Schiebepult  mit  teil  weiser  EJapp- 
Yorriohtang.  Einfetoh  in  der  Konstroktion,  doch  ist  ein  leerer 
Baum  Yorbanden. 

No.  11.  Ohne  Beschreibung,  daher  nicht  beachtet. 

No.  12.  Desgleichen. 

No.  13.  Chicago.  Klapppult  auf  Eisengestell.  Zum 
Schreiben  ungeeignet. 

No.  14.  Hungaria  in  zwei  Ausführungen:  a.  Klappsitz 
mit  Schwingepult  als  Schreibyorrichtung.  Die  Idee  erscheint 
wohl  neu,  doch  haften  ihr  viele  Mängel  und  alle  Übelstände 
des  toten  Baumes  an.  Auch  kann  man  sich  leicht  daran  ver- 
letzen,    b.  Columbus. 

No.  15.  Sorget  für  die  Kinderl  Hängesitz  mit  Klapp- 
pult.    ÄuTserst  ge&hrlich. 

No.  16.  Pestalozzi.  Fester  Sitz.  Schiebepult  mitPendel- 
Vorrichtung,  aus  welchem  sich  automatisch  eine  Leseleiste 
hervorhebt.  Von  dem  Ingenieur  Alfbed  Gbehi  und  dem 
Architekten  Max  von  Schinbleb.  Die  Bank  wurde  mit 
300  Gulden  prämiiert  und  gelangt  probeweise  in  einigen 
Schulen  Wiens  zur  Einfühmng.  Doch  funktioniert  dieselbe 
durchaus  nicht  geräuschlos.  Auch  läfst  sich  die  Pult- 
bewegung  wegen  ihrer  komplizierten  Einrichtung  nur  dorcb 
bedeutende  Kraftanstrengung  erzielen,  die  man  nicht  allen 
Schulkindern  zumuten  kann.. 

No.  17.  Exakt.  Fester,  ausgeschnittener  Sitz,  aus- 
geschnittenes Pult  mit  Klappen.     Ist  sehr  schwer  zu  bewegen. 

No.  18.  Arbeit  ist  des  Menschen  Zierde.  Schiebe- und 
Rollpult.    Beim  Öffnen  und  Schliefsen  pelotonartiges  OeräuseL 

No.  19.  Wiener  Normalschulbank.  Die  gewünschten 
Mause  werden  mit  einem  Schlüssel  hergestellt  und  die  Bankteile 
nach  der  Gröfse  der  Kinder  festgesohroben.  Das  Subsellimn 
ist  ein  Pendelsitz  mit  Klapppult,  bei  welchem  arge  Beschädi- 
gungen möglich  sind. 


401 

No.  20.  Labor  omnia  vinoit  assidutis.  Auch  hier 
können  beim  Gebrauche  sehr  leicht  Verletzungen  vorkommen. 

No.  21.  Die  praktische  Schulbank.  Ein  Klapppult 
mit  allen  Fehlem  des  Eingeklemmtwerdens,  auch  an  der  Stirn- 
seite. 

No.  22.  Die  richtige  Schulbank.  Ein  sehr  geräusch- 
volles Pendelpult. 

No.  23.  Kinderschutz.  Ein  Pendelpult,  welches  durch 
das  Überschwingen  eines  Parallelogramms  bewegt  wird.  Vom 
Tischler  ScHiiiMP  angefertigt,  der  filr  die  Kommune  Wien 
schon  23000  solche  Bänke  geliefert  hat.  An  derselben  wurden 
alljährlich  von  der  Schulbankexpertise  Verbesserungen  vor- 
genommen. Sie  erhielt  den  ersten  Preis  von  500  Gulden,  ob- 
wohl  auch   sie    nicht   allen  gestellten  Forderungen  entspricht. 

No.  24.  Zweite  Ausführung  desselben  Subselliums,  mit 
Lesepult  variiert. 

No.  25.  Wien.  Pult  mit  Sohiebevorrichtung,  doch  sind 
die  vorgeschriebenen  Mafse  nicht  eingehalten. 

No.  26  und  27.  Fixes  schmales  Pult  zum  Aufklappen 
und  nach  oben  überzuschwingender  Sitz,  wodurch  eine  Art 
Stehpult  erzeugt  wird.     Sehr  gefährlich. 

No.  28.  Ebenfalls  ein  Klapppult,  also  nicht  empfehlens- 
wert. 

No.  29.  Modell  eines  Schiebepultes,  nichts  Neues  bietend. 

No.  30.  Schiebesitz,  frei  zu  bewegen,  doch  leidet  das 
Snbsellium  an  einem  toten  Räume. 

No.  31.  Schwingepult  mit  geräuschvoll  arbeitendem 
Elappsitz. 

No.  32.  Alma.  Ein  Klapppult,  nach  vor-  und  rückwärts 
durch  Pendelbewegung  zu  stellen,  doch  nicht  empfehlenswert. 

No.  33.  Mobile.  Schwingepult  mit  einer  Vorrichtung 
aus  starkem  Draht,  über  die  Bücher  zu  legen.  Zu  beweglich 
xmd  geräuschvoll. 

No.  34.  Normalschulbank.  Klapppult  mit  Pendel- 
sitz.    Nicht  zu  empfehlen. 

No.  35.  Ebenfalls  ein  Klapppult. 

8elial«tma«itfpfl«fe  VU.  26 


402 

No.  36.  Normalschnlbank  mit  Pendelsitz. 

No.  37.  Von  demselben  Anssteller  in  yeränderter  Ans- 
fahnmg,  doeh  nicht  anzuraten. 

No.  38.  Ein  Ellapppnlt  mit  Fedem  nnd  yeistellbarer  Fob- 
bank.     LäiSst  sich  schwer  reinigen. 

No.  39.  Bank  mit  Pendelsitz.     Nichts  Neues. 

No.  40.  Bank  mit  festem  Sitz,  bei  dem  eine  Veränderong 
nicht  möglich  ist. 

No.  41.  Fester  Sitz  mit  festem  Pult. 

No.  42.  Eine  Bank  nach  Art  eines  Kindersessels  znm 
Vorklappen  mit  Handstützen.  Diese  Idee  ist  zwar  nen 
doch  haften  ihr  allerlei  Mängel  an. 

No.  43.  Sitz  mit  FuTsbank. 

No.  44.  Ein  Klapppult.     Nicht  neu. 

No.  45,  46,  47,  48,  49  wurden  nicht  berücksichtigt,  weil 
ihnen  die  nötige  Beschreibung  und  Zeichnung  fehlte. 

So  bot  denn  diese  interessante  Ausstellung  ein  Bild  desseQ, 
was  die  Schulbank  sein  soll,  und  was  sie  nicht  sein  soll. 
Auiser  manchem  Guten  waren  auch  manche  Müsgriffe  in  Bezng 
auf  die  Hygiene  zu  yerzeichnen.  Einzelne  Bänke  erschienen 
mit  schwarzer,  andere  wieder  mit  gl&nzenden  Farben  gestrioheii, 
so  dafs  der  Beflex  des  Lichtes  den  Augen  Schaden  bringen 
konnte;  nur  wenige  hatten  einen  matten  Anstrich.  Viele 
Subsellien  luden  zu  Spiel  und  Zerstreuung  ein.  Andere  wieder 
bewegten  sich  so  geräuschyoll,  dals  der  Unterricht  dadnrd 
gestört  werden  muiste.  Auch  die  Verschlüsse  der  Tintenftoer 
liefsen  manches  zu  wünschen  übrig. 

Zu  bedauern  ist,  dals  die  Ausstellung  nicht  zahlreicher  be- 
sucht war  und  dafs  nicht  mehr  Pädagogen  ihre  Erfahrungen 
kundgaben,  um  endlich  ein  fehlerfreies  Modell,  das  Ideal 
einer  Schulbank,  konstruieren  zu  können. 


403 


^»B  ^trfammlnn^tn  titib  Deretneti. 


Die  Sitnmgen  der  KomnuBsion  für  SchulgeBundheitspflege 

in 


Von 

Dr.  phil.  Gt.  Aütbnribth, 

Bektor  des  Alten  Gymnadums  in  Nürnberg. 

(Schilift.) 

Vn.  Sitzung  am  27.  Februar  1894. 

In  Gegenwart  des  auf  Einladung  erschienenen  ersten  rechts- 
kimdigen  Bürgermeisters  Dr.  von  Schuh  verliest  Herr  DIrr 
die  Eingabe  betreffs  Errichtung  von  Hilfsschulen  für 
Schwachbegahte  an  den  Magistrat  der  Stadt.  Der  Bürger- 
meister, welcher  selbst  vor  1867  deutscher  Volksschullehrer 
gewesen  ist,  gibt  zunächst,  nachdem  seitens  der  Kommission 
dem  Entwürfe  der  Eingabe  zugestimmt  war,  die  Erklärung 
ab:  G^en  die  frühere  Art  von  „Hilfsschulen",  in  denen  nicht 
Schwachbegabte,  sondern  zurückgebliebene  und  träge  Schüler, 
überhaupt  schlechte  Elemente  Au&ahme  fanden,  würde  er  sich 
natürlich  erklären  müssen,  dagegen  die  in  der  Eingabe  skizzierten 
HiUbschulen  halte  er  für  eine  zweckmäisige,  ja  in  einem  ge- 
ordneten Schulwesen  unentbehrliche  Einrichtung.  Es  frage 
sich  nur,  in  welcher  Weise  sie  sich  im  Bahmen  unserer 
städtischen  Schulen  eingliedern  lassen.  Jedenfalls  sei  hierorts 
die  erbetene  Institution  eines  Versuches  wert,  und  er  werde 
einen  solchen  gerne  befürworten.  Finanzielle  Bücksichten  seien 
hier  nicht  maisgebend,  sondern  nur  die  Sicherung  einer  richtigen 
Durchführung  des  Planes.  Sobald  diese  erreicht,  wäre  er 
sogar  für  Verleihung  eines  gewissen  Zwangsrechtes  der  Schul- 
behörde gegen  die  Eltern. 

26* 


404 

Magistratsrat  Rehlbn  verweist  wiederum  anf  die  Ein- 
richtungen in  Köln.  Dort  bestehen  10  Schulklassen  und  in  jeder 
2  Abteilungen  der  Geschlechter.  Das  ünterrichtspensum  ist  das 
der  Volksschule  mit  Artikulations-  und  Handfertigkeits- 
unterricht. Das  Zwangsrecht  gegen  den  Widerstand  der  Eltern 
kam  wenig  zur  Anwendung,  da  derselbe  bald  gebrochen  war. 
Die  Mädchen  werden  durch  Lehrerinnen  unterrichtet.  Lehr- 
mittel und  Disciplin  sind  vorzüglich.  Auch  der  Erfolg  war 
sehr  erfreulich.  Die  Elinder  ftlhlten  sich  glücklich  unter- 
einander, unter  geistig  gleichbegabten ;  bis  zu  87%,  mindestens 
66%  werden  dort  erwerbsfähig. 

Medizinalrat  Dr.  Merkbl  stimmt  überhaupt  den  Vor- 
schlägen bei,  insbesondere  aber  hält  er  es  für  eine  Forderung 
der  Gerechtigkeit,  dafs  auch  den  Minderbegabten  Gelegenheit 
zu  einer  entsprechenden  Ausbildung  geboten  werde,  da  sie  olme 
solche  Pflege  geistig  zu  Grunde  gehen.  Zu  erwägen  wfire 
noch,  ob  alle  einschlägigen  Fragen,  z.  B.  die  Bedingungen  der 
Aufnahme,  schon  genug  geklärt  seien. 

Bei  didr  Specialdiskussion  gibt  zuerst  Stadtachulrat  Pro- 
fessor Dr.  Glaüning  statistische  Erhebungen  bekannt,  die 
letzten  vom  Mai  1893,  wo  in  den  Klassen  I — VI  39  schwach- 
sinnige Knaben  und  26  schwachsinnige  Mädchen,  in  Summa 
65  solche  Kinder  vorhanden  waren,  darunter  etwa  6  blöde, 
nicht  bildungsfähige.  Auf  Anfrage  des  Medizinalrats  Dr.  Merkel 
erwidert  derselbe,  dafs  in  der  Regel  74  %  der  Schulkinder  die 
sämtlichen  Klassen  der  Volksschule  durchmachen;  unter  den 
übrigen  sind  freilich  auch  diejenigen  einbegriffen,  welche  w^n 
ELrankheit  oder  aus  anderen  Ursachen  erst  nach  dem  sechsten 
Lebensjahre  in  die  Schule  eintraten. 

Dr.  ScHTTBERT  macht  betreffs  der  Aufnahmezeit  darauf  auf- 
merksam, dals  wir  in  unserer  Eingabe  nur  ein  Jahr  Besofk 
der  gewöhnlichen  Schule,  andere  Städte  aber  zwei  Jahre  ver- 
langen. 

Bürgermeister  Dr.  von  Schuh  glaubt,  da(s  in  der  Begel 
eine  einjährige  Beobachtung  hinreiche,  um  über  die  Hinüber- 
gabe   an   die   Hilfsschule    zu    entscheiden,    welche   möglichst 


405 

fröhzeitig  erfolgen  sollte.  Aus  den  etwa  69  Schülern  hier 
werde  man  zunächst  trotz  Verschiedenheit  des  Alters  nur  zwei 
Klassen  bilden  können,  die  eine  mehr  im  Osten,  die  andere 
im  Westen  der  Stadt;  später  müsse  eine  dritte  Klasse  hinzu- 
treten. 

Letztere  wünscht  der  Referent  Däkr  dann  im  Centrum 
der  Stadt  und  überhaupt  keine  Trennung  der  Geschlechter, 
wogegen  auch  Schulrat  Dr.  Glaüning  keine  pädagogischen 
Bedenken  hat. 

Weiter  in  Einzelheiten  einzugehen,  hält  der  Bürgermeister 
nicht  fär  nötig,  die  Schulyerwaltung  werde  auf  G-rund  der 
Emgabe  und  Beilagen  wohl  ein  Programm  aufstellen  und  dies 
der  Kommission  zur  Begutachtung  zustellen. 

Nach  dem  günstigen  Prognostikon  der  Sache  wird  von 
weiteren  Details  abgesehen,  die  Frage  nach  Zuziehung  des 
Hausarztes  und  Auüstellung  von  Schulärzten  von  Hofrat 
Dr.  SncH  und  Medizinalrat  D.  Merkel  nur  gestreift. 

Nachdem  Herrn  Bürgermeister  für  sein  Erscheinen  und 
seine  Unterstützung  der  Angelegenheit  der  Dank  der  Kom- 
mission ausgesprochen  war,  schloXs  der  Vorsitzende  die  Sitzung. 


Petition  der  Tnrnyereüie  des  Tnrnkrelses  Deutsch-Österreicli 

an  das  Haus  der  Abgeordneten  in  Wien 
betreffs  EinfBlirung  des   Turnens  als  obligatorischen  Lebr- 
gegenstandes  an  den  Mittelschulen,  Mädchenschulen,  Staats- 
gewerbeschulen, Handelsschulen  u.  s.  w. 

Mit  Freude  und  hober  Befriedigung  haben  die  Turner  Österreichs 
die  im  November  1868  abgegebene  Erklärung  des  damaligen  Unter- 
richtsministers Freiherm  von  Hte,  „das  Turnen  als  obligatorischen 
Gegenstand  in  den  Lehrplan  der  Schulen  aufnehmen  zu  wollen'', 
uid  darauf  das  Zustandekommen  des  Reichsvolksschulgesetzes  vom 
14.  Mai  1869,  worin  die  Leibesflbungen  unter  die  allgemein 
Terbindlichen  Lehrgegenstände  eingereiht  werden,  begrttlst. 

Denn  das  Turnen  ist,  abgesehen  von  seiner  erziehlichen  Be- 
deutung, von  hervorragendem  Werte  für  die  körperliche  Entwickelung 


406 

der  männlichen  und  weiblichen  Jagend,  sohin  des  gesamten  Volkes. 
Andererseits  sind  die  Erfolge  des  Turnens  von  ganz  besoBderem 
Einflüsse  anf  die  Wehrhaftigkeit  und  Wehrtflchtigkeit  der  mSimlicheii 
Jugend.  Denn  es  unterliegt  wohl  keinem  Zweifel,  da(s  durch  das- 
selbe die  Zahl  der  Diensttauglichen  erheblich  vergröfsert  wird  und 
turnerisch  vorgebildete  Leute  mit  viel  geringerer  Mflhe  milit&risch 
geschult  werden  können. 

Der  Staat  hat  daher  in  zweifacher  Hinsicht  ein  grobes  Interesse, 
das  Turnen  zu  yerallgemeinem  und  den  Turnunterricht  mö^chst 
intensiv  zu  gestalten. 

Was  ist  nun  bisher  in  dieser  Beziehung  geschehen?  Was  ist 
zur  Pflege  des  Turnens  wirklich  gethan  worden? 

Auf  diese  Frage  muls  leider  geantwortet  werden,  da(s  das 
bis  jetzt  Verfügte  weit  hinter  den  Anforderungen  des  Bedfirfoisses 
zurückbleibt  und  dafs  die  Erwartungen,  die  an  das  Reichsvolkssdnü- 
gesetz  geknüpft  wurden,  bisher^  obwohl  seit  dessen  Geltung  bereits 
ein  Yierteljahrhundert  verflossen  ist,  nicht  in  Erfüllung  gegangen 
sind.  Denn  es  ist  bekannt,  dais  die  gesetzlichen  Anordmmgen 
hinsichtlich  des  Turnens  an  den  Volksschulen  nur  zum  Teile,  am 
wenigsten  an  den  Schulen  auf  dem  Lande  durchgeführt  worden 
sind. 

Was  aber  die  Mittelschulen  betrifft,  so  ist  zwar  das  Tomen 
an  fast  allen  Oberrealschulen,  Lehrer-  und  Lehrerinnenbildnogs- 
anstalten  des  Reiches  als  allgemein  verbindlicher  Lehrgegenstand 
eingefohrt  worden,  aber  an  den  Gymnasien  ist  es  bei  den  ersten 
Anfängen  geblieben.  Denn  das  im  Jahre  1849  erschienene  Organisations- 
statut für  die  letzteren  hat  die  Gymnastik  nur  als  freien  Lehrgegenstand 
eingeführt  und  es  den  Lehrkörpern  der  einzelnen  Anstalten  anheim- 
gegeben, diesen  Gegenstand  für  obligatorisch  zu  erklären.  Von  dieser 
Ermächtignng  haben  bisher  nur  die  Gymnasien  in  Oberösterreich 
und  Salzburg  Gebrauch  gemacht ;  die  daselbst  erzielten  Erfolge  sind 
als  sehr  günstige  zu  bezeichnen. 

Der  Unterrichtsminister  Freiherr  von  Gautsoh  erklftrte  im 
hohen  Abgeordnetenhause,  dais  er  bereit  sei,  nach  und  nach  den 
obligatorischen  Turnunterricht  an  den  Gymnasien  Österreichs  ein- 
zuführen, was  bei  einigen  Anstalten  auch  bereits  geschehen  ist 

um  die  angestrebten  Erfolge  baldigst  zu  erreichen,  erscheint 
es  dringend  geboten,  daCs  innerhalb  eines  bestimmten,  nicht  zn 
lange  bemessenen  Zeitraumes  das  Turnen  an  allen  Gymnasial  des 
Staates  als  obligatorischer  Unterrichtsgegenstand  erklärt  werde. 

Es  genügt  jedoch  bei  den  Mittelschulen  das  bisherige  Ansmals 
der  Turnstunden  nicht,  denn  bei  der  grofeen  Inanspruchnahme  der 
geistigen  Thätigkeit  der  Schüler  an   allen  Lehranstalten  ist  es  not- 


407 

wendig,  auch  der  körperlichen  Ausbildung  im  YerhftltnisBe  zur 
geistigen  die  erforderliche  Zeit  einzuräumen. 

Die  bisher  üblichen  zwei  Turnstunden  in  der  Woche  gestatten 
keinesfalls  die  Erreichung  des  angestrebten  Zieles,  und  wie  man  es 
in  den  Ländern  des  deutschen  Reiches  für  notwendig  erkannt  hat, 
die  Zahl  der  wöchentlichen  Turnstunden  auf  drei,  beziehungsweise 
Tier  zu  erhöhen,  so  wird  man  auch  in  Österreich  dieser  Forderung 
Bechnung  tragen  müssen. 

Das  Gleiche  gilt  von  den  Lehrer-  und  Lehrerinnenbildungs- 
aoBtalten.  Hier  fUlt  besonders  ins  Grewicht,  dafs  den  Lehrkräften, 
die  aus  diesen  Anstalten  hervorgehen,  die  Leitung  des  Turnens  an 
den  Volks-  und  Bürgerschulen  übertragen  wird.  Diese  Lehrpersonen 
werden  nur  dann  die  volle  Tüchtigkeit  und  Berulsfreudigkeit  für  den 
Gegenstand  bethätigen  können,  wenn  sie  eine  möglichst  weitgehende 
Befiihigung  und  damit  die  erforderliche  Begeisterung  für  das  Turnen 
sich  erworben  haben. 

Eine  Vermehrung  der  Turnstunden  überhaupt  und  ganz  besonders 
in  den  beiden  Oberklassen  erscheint  daher  auch  hier  unabweislich. 

2^hlreiche  junge  Leute  im  Alter  von  14  bis  20  Jahren 
besuchen  andere  Schulen;  es  seien  hier  nur  die  Staatsgewerbe- 
schnlen,  die  gewerblichen  Fachschulen,  die  Handelsakademien  und 
die  Handelsschulen  erwähnt.  Für  Schüler  dieser  Anstalten  ist  bisher 
wenig  oder  keine  Gelegenheit  zum  Betriebe  geregelter  Leibesübungen 
geboten  worden. 

Es  liegt  sicherlich  im  Interesse  des  Staates,  dafs  auch  an 
diesen  Schulen  das  Turnen  in  gleicher  Weise,  wie  an  den  Mittel- 
schulen, gepflegt  werde. 

um  den  vollen  Erfolg  desselben  für  die  Heranbildung  eines 
gesunden  Volkes  zu  erreichen,  ist  es  unbedingt  nötig,  dafe  auch  der 
weiblichen  Jugend  die  Wohlthat  geregelter  Leibesübungen  durch 
Emfühnmg  des  obligatorischen  Turnunterrichts  an  sämtlichen  für 
dieselbe  bestimmten  Schulen  zugänglich  gemacht  werde. 

Wenn  auch  die  für  den  vermehrten  Tumbetrieb  benötigten 
B&umlichkeiten  derzeit  teilweise  mangeln,  so  dürften  die  an  und  für 
sich  nicht  grofsen  Ausgaben  für  die  Schaffung  und  Einrichtung  der- 
selben durch  das  Zusammenwirken  von  Staat,  Land  und  Gemeinde 
leicht  aufzubringen  sein;  die  erforderlichen  Mittel  werden  reichlich 
dnrch  die  erzielte  Hebung  der  Volkskraft  aufgewogen. 

Um  die  für  den  Betrieb  des  Turnens  an  den  Mittelschulen 
notwendigen  Lehrkräfte  zu  erhalten  und  neue  zu  gewinnen,  um 
denselben  die  nötige  Freudigkeit  und  Aufopferungsfähigkeit  zu  be- 
wahren, ist  es  gewils  eine  billige  und  gerechte  Forderung,  da&  ihnen 
eine  definitive  und  pensionsberechtige  Stellung  eingeräumt  werde. 


408 

Als  selbstverständlich  darf  wohl  anch  gefordert  werden,  dais 
die  zur  Ergftnzting  des  Tnmbetriebes  angeordneten  Spielständen 
den  Tomlehrem  als  ordentliche  Unterrichtsstunden  angerechnet  werden. 

Zur  Erzielnng  eines  gleichartigen,  strammen  nnd  dem  Zwecke 
entsprechenden  Turnunterrichtes  an  allen  Lehranstalten  w&re  die 
Emennimg  von  fachmännischen  Inspektoren  fOr  denselben  von  greisem 
Werte,  wie  dies  kürzlich  bezüglich  des  Zeichenunterrichtes  gesdiehen  ist 

Die  Ausführung  der  erwähnten  Wünsche  bedingt  die  Heran- 
bildung tüchtiger  Tumlehrkräfte;  diese  kann  am  besten  eirdcht 
werden,  wenn  man  eigene  Tumlehrerbildungsanstalten  errichtet,  wie 
solche  in  den  meisten  Staaten  Deutschlands  mit  äulserst  günstigen 
Erfolgen  wirken. 

Gestützt  auf  vorstehende  AusfOhnmgen  und  im  Bewu&tsein, 
damit  eine  patriotische  Pflicht  zu  erfOllen,  stellen  die  Gefertigten 
an  das  hohe  Abgeordnetenhaus  des  Reichsrates  die  Bitte,  hochdasselbe 
wolle  in  geeigneter  und  nachdrücklicher  Weise  dahin  wirken: 

1.  dab  der  Turnunterricht  an  allen  Volksschulen  des  Beidies 
den  gesetzlichen  Bestimmungen  gemäfs  durchgeführt,  beziehnngs- 
weise  auch  das  Turnen  an  den  Mädchenschulen  als  allgemein 
verbindlicher  Gegenstand  eingeführt  werde; 

2.  dafs  die  Zahl  der  Turnstunden  an  den  Lehrer-  nnd 
Lehrerinnenbildungsanstalten,  insbesondere  in  den  zwei  obersten 
Jahrgängen,  vermehrt  werde; 

3.  dafe  an  allen  Gymnasien  innerhalb  eines  bestimmten,  knn 
bemessenen  Zeitraumes  das  Turnen  obligatorischer  Unterrichtsgegenstand 
werde; 

4.  dafs  an  den  Staatsgewerbeschulen  und  gewerblichen  Fach- 
schulen, an  den  Handelsakademien  und  Handelsschulen  und  an  anderen 
ähnlichen  Lehranstalten  für  alle  Schüler,  welche  das  20.  Leben^ahr 
noch  nicht  erreicht  haben,  das  Turnen  als  verbindlicher  Lehrgegenstand 
eingeführt  werde; 

5.  dafs    die  Zahl  der  Turnstunden    an  den  Mittelschulen   nnd      | 
an  den  diesen  gleichgestellten  Lehranstalten  auf  mindestens  drei  in      I 
der  Woche  festgesetzt,  beziehungsweise   erhöht  werde  und  dafs  die      ! 
behördlicherseits    angeordneten    Spielstunden    den    Turnlehrern   ds 
ordentliche  Lehrstunden  angerechnet  werden; 

6.  dafs  den  Turnlehrern,  wenigstens  an  allen  vollständigen 
Mittelschulen,  eine  deiinitive  und  pensionsberechtigte  Stellung  ein- 
geräumt werde; 

7.  dafs  zur  Überwachung  eines  zweckentsprechenden  Turn- 
unterrichtes vom  Staate  eigene  Tuminspektoren  ernannt  werden; 

8.  dafe  Tumlehrerbildungsanstalten  zur  Heranbildung  von  Turn- 
lehrern in  Österreich  errichtet  werden. 


409 


Die  hygienischen  Einriehtnngen  in  amerikanischen  Schulen. 

Vortrag  in  der  deutschen  fiesellschirft 

ffir  Sffenfliche  Gesundheitspflege  zu  Berlin. 

Die  deutsche  Gesellschaft  für  öffentliche  Gesundheitspflege  hielt 
nach  der  „Dtsch,  med,  Wochschr.*^  am  27.  April  d.  Js.  eine 
Sitzung  ab,  in  welcher  Stadtschnlrat  Dr.  Bertram  über  die 
hygienischen  Yorkehrongen  in  amerikamschen  Schulen  sprach. 

In  den  Vereinigten  Staaten  besitzt  die  oberste  Regierang  den 
Emrichtongen  des  Schulwesens  gegenüber  keinerlei  Befugnisse.  Da- 
gegen besteht  seit  1867  daselbst  das  vorzüglich  geleitete  „Bnrean 
of  edncation'^,  welches  nur  nebenher  Yerwaltnngszwecke  erfüllt ,  im 
wesentlichen  aber  durch  Bearbeitung  der  wichtigsten  Themata  auf 
dem  Gebiete  des  ünterrichtswesens  der  ganzen  Welt  die  Entwickelung 
der  Schule  fördert. 

An  den  meisten  Anstalten,  mit  Ausnahme  derer  von  zehn 
Staaten,  ist  der  Unterricht  in  der  Hygiene  obligatorisch  bis 
in  die  untersten  Klassen  hinein.  Meist  wurde  derselbe  yon  Vereinen 
eingeführt,  welche  mit  diesem  Unterricht  Temperenzzwecke  ver- 
binden, indem  sie  schon  in  der  Jugend  Abscheu  gegen  Alkohol, 
Tabak  und  andere  Reizmittel  grofs  ziehen  und  als  wirksamstes  Mittel 
völlige  Abstinenz  lehren.  Abgesehen  von  diesem  mit  dem  Unterrichte 
verknüpften  Zweck  wirkt  derselbe  segensreich  durch  Verbreitung  von 
Kenntnissen  über  den  Bau  des  Körpers,  über  Gesundheitspflege  und 
durch  die  Vermehrung  naturwissenschaftlicher  Erfahrung.  Für  die 
Ausbildung  der  Lehrer  auf  diesem  Gebiete  bestehen  vorzüglich 
ausgerüstete  Laboratorien,  indessen  fehlt  es  trotzdem  teilweise  an 
genügend  vorbereiteten  Lehrkräften. 

Die  Pflege  der  Leibesübungen  in  den  Schulen  besteht  seit 
kürzerer  Zeit  als  bei  uns,  etwa  seit  1861.  In  den  verschiedenen 
Colleges  sind  die  Übungen  obligatorisch ;  sie  beschränken  sich  jedoch 
nidit  blofe  auf  das  Turnen  in  unserem  Sinne,  sondern  umfassen  jegliche 
irt  der  Gymnastik,  einschliefslich  Übungen  des  schwedischen  Turnens. 
Es  sind  grofsartige  Lehranstalten  für  diesen  Zweck  vorhanden,  welche  im 
Erdgeschofs  Bäder  und  eine  Kegelbahn,  im  ersten  und  zweiten  Stock- 
werk gymnastische  Geräte,  eine  als  Rennbahn  benutzte  Galerie, 
Emrichtungen  zum  Rudern,  aufserdem  Apparate  zu  anthropometrischen 
Messungen  für  die  Individualisierung  der  Übungen  enthalten.  Die 
Ergebnisse  dieser  Messungen  werden  registriert  und  alljährlich  in  den 
Berichten  veröffentlicht.  Besonders  gut  sind  diese  Einrichtungen  in 
den  höheren  Mädchenschulen,  wo  die  Leitung  derselben  einer  Ärztin 
untersteht.  Weniger  trefflich  erscheint  der  Betrieb  der  Leibes- 
übungen an  den  Anstalten,  die  unseren  Gymnasien  und  Realgymnasien 


410 

entsprechen;  und  ToUends  an  den  Elementarschiilen  bescbiftnken  sich 
dieselben  auf  schwedische  Körperbewegungen,  welche  in  der  Klasse 
selbst  nach  einem  Leitfaden  ansgefohrt  werden. 

Die  Schnlhänser  sind  sehr  solide  gebaut,  nach  hygienischen 
Grundsätzen  eingerichtet,  doch  fehlt  es  meist  an  einem  Hofe  zum 
Aufenthalt  während  der  Pausen.  Die  Subsellien  erscheinen  zweck- 
m&isig,  verhindern  aber  nicht  durchweg  eine  schlechte  Körpertialtong. 

Einen  groben  Vorzug  bildet  die  geringe  Stundenzahl;  nur  an 
f&nf  Tagen  ist  je  fOnüstOndiger  Unterricht,  doch  wird  Ton  diesem  täglich 
eine  Stunde  för  die  selbständige  Beschäftigung  der  Schüler  in  der 
Bibliothek  freigegeben;  der  Sonnabend  fällt  ganz  aus.  Die  geringere 
Stundenzahl  ist  auüser  durch  GrOnde  pädagogischer  Art  audi  dadurch 
yeranlabt,  dals  der  Religionsunterricht  nicht  in  der  Schule  erteilt  wird. 

Charakteristisch  nach  jeder  Richtung  erscheint  die  besondere 
Begünstigung  des  Mädchensdiulwesens. 

Im  ganzen  lehren  die  Ergebnisse,  dals  in  den  Amerikanern  ein 
mächtiges,  einer  bedeutenden  Zukunft  entgegengehendes  Kulturvolk 
heranwächst. 

An  den  Vortrag  kflpft;e  sich  eine  sehr  weitgehende  Besprechung, 
welche  eine  grolse  Zahl  hygienischer  und  pädagogischer  Fragen 
streifte,  und  in  welcher  vide  interessante  Einzelheiten  vorgebracht 
wurden.  Aus  denselben  sei  hervorgehoben,  dafs  die  in  Deutschland 
mit  so  guten  Gründen  geforderte  Einrichtung  der  Schulärzte, 
denen  ja  auch  der  hygienische  Unterricht  überwiesen  werden  konnte, 
anscheinend  auch  in  Amerika  nicht  existiert. 

Von  besonderem  Interesse  waren  die  Ausführungen  des  Geheim- 
rat Baeb  über  die  Aufgaben  der  Schule  im  Kampfe  gegen 
den  Alkoholismus.  Thatsächlich  habe  sich  nicht  blofs  in  Amerika, 
sondern  auch  in  verschiedenen  europäischen  Staaten  die  Belehrung 
der  Schüler  über  die  Entbehrlichkeit  des  Alkohols  als  Nahrungs- 
und Gonulsmittels,  sowie  über  die  grolsen  Gefahren,  die  sein  Wis- 
brauch  herbeiführe,  als  ein  äuiserst  wertvolles  Mittel  zur  Bekämpfimg 
der  Trunksucht  erwiesen.  Von  der  deutschen  Vereinigung  gegen  den 
Mifsbranch  geistiger  Getränke  seien  daher  Schritte  gethan  worden, 
dals  man  auch  in  den  Schulen  Deutschlands  in  demselben  Sinne 
aufklärend  wirken  mOge. 

Zar  OberbflrdungsCrage. 

Thesen,  aufgestellt  im  ärztlich  koUegialen  Verein 

der  Friedrich- Wilhelmstadt  zu  Berlin. 

Wie  wir  der  ^BerL  Mm,  Wochschr.*'  entnehmen,  hielt  Dr. 
Alexander  Edel  vor  einiger  Zeit  in  dem  genannten  Verein  einen 
Vortrag  über  „die  Überbürdung  in  den  Schulen^. 


411 

Im  ersten  hygienischen  Teü  gab  Redner  die  Definition  des 
Wortes  nnd  besprach  die  Überbflrdungskrankheiten,  die  Schnhnyopie 
n.  8.  w.,  und  deren  Abhilfe.  Im  zweiten  mehr  p&dagogischen  Teile 
wurde  auf  die  von  den  Schnlmftnnem  gemachte;:  Yerbessemngs- 
▼orschlAge  nnd  auf  die  Aber  die  Überbflrdnng  seitens  derselben  Ter- 
öffentlichte  Litterator  eingegangen. 

Gemeinschattlich  mit  der  vom  Verein  niedergesetzten  Kommission 
stellte  der  Vortragende  folgende  Thesen  auf: 

1.  £ine  Überbfirdung  dnrch  den  Unterrichtsplan  ist  nicht  mehr 
zn  konstatieren;  die  noch  beobachtete  Überbflrdnng  kommt 
dnrch  andere  Ursachen  zn  stände  (Lehrstoff,  Lehrmethode). 

2.  Das  beste  Mittel  gegen  Überbtlrdnng  sind  Pflege  der  körper- 
lichen Übungen,  Spiele,  Turnen,  Freiübungen,  angemessene 
Pausen.  Zu  Ende  der  täglichen  Unterrichtszeit  sind  die  geistig 
am  wenigsten  anstrengenden  Fächer  zu  legen. 

3.  Die  Turnstunde  am  Anfange  des  Unterrichts  ist  zu  verbieten. 
Zwischen  den  Unterrichtsstunden  soll  das  Turnen  den  Schüler 
nicht  ermüden,  sondern  erfrischen.  Wenn  möglich,  zwischen 
den  wissenschi^lichen  Stunden  nur  Freiübungen ;  das  eigentliche 
Turnen  außerhalb  der  Unterrichtszeit. 

4.  Für  die  untersten  Klassen  beginnt  der  Unterricht  erst  um 
9  Uhr. 

6.  In  der  untersten  Klasse  dauert  die  Unterrichtszeit  nur  zwei 
Stunden. 

6.  Für  diese  Klasse  ist  von  jeder  Art  häuslicher  Arbeiten  abzusehen. 

7.  Sonst  sind  Hansarbeiten,  deren  Zeitdauer  dem  Alter  der 
Schüler  entsprechend  zu  bestimmen  ist,  im  Unterrichtsbetriebe 
nicht  zu  entbehren.  Die  im  Stundenplan  dafür  vorgesehene 
Zeit  darf  aber  vom  Lehrer  nicht  überschritten  werden. 

8.  Es  ist  in  allen  Schulen,  namentlich  Privatschulen,  durch 
ärztliche  Revisionen  zu  konstatieren,  ob  in  Bezug  auf  Sauberkeit, 
Heizung,  Beleuchtung,  Ventilation  und  Anzahl  der  Klosetts  den 
hygienischen  Anforderungen  entsprochen  wird. 

9.  Das  Tragen  von  Pincenez  ist  zu  verbieten,  das  Tragen  von 
BriUen  nur  auf  ärztliches  Attest  erlaubt^. 

10.  Korsetts  sind  womöglich  ganz,  jedenfalls  beim  Turnunterricht, 
zu  verbieten. 

11.  Durch  Einführung  der  Steilschrift  wird  die  Kurzsichtigkeit 
und  Rückgratsverkrümmung  beschränkt  (passende  Subsellien, 
die  Kurzsichtigen  vorn). 

12.  Schwächlichen   Kindern   soll   der   Schulbesuch   möglichst   er- 


^  Beide  Bestimmungen  gehen  zu  weit.    D.  Red. 


412 


leichtert  werden  dadurch,  dafe  dieselben  anf  Srztliches  Attest 
Tom  Tom-,  Handarbeits-,  Glesaag-  nnd  Zeichenonterricht  Dis- 
pensation erhalten  können.  Erkrankt  gewesene  Kinder  scXim 
nicht  gezwungen  sein,  sofort  alles  Versäumte  nachznholen. 

13.  In  den  Pansen  zwischen  den  Stunden  soU  den  Kindern,  soweit 
es  geht,  freie  Bewegung  gestattet  werden. 

14.  Der  Nachmittagsunterricht  im  Winter  bei  Gaslicht  ist  möglichst 
zu  vermeiden. 

15.  Zwei  Nachmittage  in  der  Woche    sind  fQr  Spiele    im  Fraen, 
resp.  Schlittschuhlaufen  u.  dergl.  frei  zu  lassen. 


ületnere  Ütitteiltiitjeti. 


Die  l&ndlichen  Volksschnlen  des  Kreises  Fraiubnrg  ii 
liy^eiiiselier  Beziehung,  so  lautet  ein  Aufsatz  von  Dr.  Debckjcakit 
in  der  y^Disch.  Yieridjdhirsschr.  /*.  öffü.  Qsdhtspflg.'' ,  dem  wir  nach- 
stehendes entnehmen.  Die  67  Schulgemeinden  besitzen  76  Schol- 
gebäude  mit  83  Schulzimmem.  Yon  den  letzteren  liegen  nach 
Norden  17,  Nordosten  3,  Osten  17,  Sfldosten  6,  Süden  22,  Sftd- 
westen  3,  Westen  6,  Nordwesten  2.  Demnach  haben  17  Klasseo 
die  wenig  günstige  Richtung  nach  Norden,  5  nach  Nordosten  und 
Nordwesten.    Die  Bauart  der  Häuser  ist  in  32  Fällen  ganz  massiv, 

4  sind  halb  massiv  nnd  halb  Stein&chwerk,  24  sind  in  Stein- 
fachwerk bebaut,  und  16  haben  Lehmfachwerk.  Die  D&cher  besitzen 
noch  vielfach  Stroh-  und  Rohrdeckung,  was,  abgesehen  von  der 
erhöhten  Feuersgefahr,  hygienisch  unbedenklich  genannt  werden  kann. 
Die  Wände  waren  in  29  Fällen  feucht,  in  47  trocken.  Das  von  der 
königlichen  technischen  Baudeputation  des  preuüsischen  Ministedmns 
festgesetzte  höchste  Längenmafs  von  9,416  m  wird  in  7  Klassen 
überstiegen;  die  gröfsten  Längen  sind  10,0  und  9,5  m  in  7  Klassen. 
Die  der  höchstzulässigen  Länge  entsprechende  Breite  von  7  m  er- 
reichen nur  4  Klassenzimmer.  Die  kleinsten  Längenmaße  finden 
sich  in  Klassen  mit  4,23  und  4,30  m;  ebendieselben  haben  auch  die 
geringsten  Breitenmafse,  nämlich  3,19  und  3,60  m.  Die  grolse 
Mehrzahl  aller  Schulklassen  hält  sich  in  Bezug  auf  die  Länge 
zwischen  5,5  und  8  m  und  in  Bezug  auf  die  Breite  zwischen  4,5 
und  6  m.  Die  Höhe  der  einzelnen  Klassenzimmer  entspricht  in 
keiner  Weise  der  in  dem  neuesten  ErlaTs  des  preufsischen  Knltns- 
ministers  angegebenen  Norm  von  3,2  m.     Diese  Norm  erreichen  nur 

5  und  übersteigen  nur  3  Zimmer.     Die  überwiegende  Mehrzahl  hat 


413 


ein  Höhenmafs  von  blofs  2,5  bis  3  m.  Zwölf  Schulzimmer  besitzen  sogar 
nicht  die  Höhe  von  2,5  m;  eins,  dessen  Schliefsung  bevorsteht,  ist 
nur  2  m  hoch.  Was  den  Luftraum  im  Verhältnis  zur  Schfllerzahl 
betrifft,  so  gibt  darüber  die  folgende  Tabelle  Ao&chlnfs: 

■ 

Zahl  der  Schüler  in  Bäumen  mit  ungenügendem  Luftkubus 

(unter  2,368  cbm  pro  Kopf). 


Schülerzahl 

30 

40 

50 

60 

70 

80 

90 

100 

Klassenzahl 

4 

6 

7 

3 

3 

6 

1 

1 

Die    Gesamtsunmie    dieser   Kinder    beträgt    mehr    als    1750, 
fOrwahr   ein  dringender  Mahnruf  zu  baldiger   Abhilfe.      Das   Licht 
Mt  ein  von  links  in  40  Klassen,  von  hinten  in  1,  von  hinten  und 
links  in  25,  von  links  und  rechts  in  4,  von  links  und  vom  in  10, 
von  links,  vom  und  hinten  in  2,  von  links,  rechts  und  hinten  in  1. 
Das  Verhältnis    der   Fenster    zur    Grundfläche     ist    in    2  Klassen 
1:3,  in  8  Klassen  1  : 4,  in  8  Klassen  1:5,  in  10  Klassen  1  : 6, 
in  28  Klassen  1:7,  in  13  Klassen  1:8,   in  10  Klassen  1:9,   in 
3  Klassen  1  :  10  und  in  1  Klasse  1:11.     Dasselbe  bleibt  also  in 
bei  weitem  den  meisten   Klassen  hinter  der  gesetzlichen  Forderung 
zurück,  wonach  die  Fensterfläche  ^/s  der  Grundfläche  betragen  soll. 
Viele  Fenster    sind    aufserdem    noch    mit  Rebenspalieren   umgeben, 
oder   es    stehen  schattenspendende  Bäume  vor  denselben.     Von  Be- 
deutong  für  die  Beleuchtung  ist  auch  die  Höhe  der  Fensterbrüstung, 
da  das  Licht   bei   zu   niedriger  Brüstung    zum  Teil  von  unten  auf 
den   Tisch    föllt,     bei    zu    hoher     unnötigerweise    verdrängt   wird. 
EmsMANN  verlangt  deswegen  eine  nicht  unter  0,90  m  hohe  Fenster- 
brOstong.     Dieses  Mafs  wird  aber  in  2  Klassenzimmern  mit  weniger 
als  0,70  m  nicht  erreicht,  während  26  die  Höhe  von  0,80  bis  0,90  m 
besitzen.     Nicht  minder  wichtig  ist  die  Frage  nach  der  Entfernung 
des  oberen  Fensterrandes  von  der  Zimmerdecke,  die  nach  Baginsky 
0,45  m  nicht  übersteigen  soll,  damit  recht  viel  direktes  Himmelslicht 
emfallen  kann.    Diese  Entfernung  betrug  aber  in  14  Zimmern  mehr 
als  0,5  m,   indem   sich   6  Klassen   fanden   mit   einer   Distanz   von 
0,5  bis  0,6  m,    5  mit  0,6  bis  0,7  m,    2  mit  0,7  bis  0,8  m   und 
eine  sogar  mit  1,25  m.     Fenstervorhänge   zum  Schutze  gegen  blen- 
dendes Sonnenlicht  sind  sehr  wenig  vorhanden.     Wo  man  sie  trifft, 
bestehen  sie  aus  grauer  Leinewand  oder  rotem,  bezw.  grünem  Zeuge ; 
blaae  Bouleaux  finden   sich   selten.     Den  Fufsboden  bilden  in  der 


414 

Regel  nngestrichene  Holzdielen  von  Tannenholz,  deren  Fngen  weit 
klaffen  nnd  eine  Menge  von  Stanb  nnd  Schmntz  in  sich  beherbergen. 
In  einigen  wenigen  Fällen  ist  er  mit  Steinen  ausgelegt  oder  cementiert 
Ein  Schenem  des  FuDsbodens  findet  wöchentlich  einmal,  dann  aber 
mit  so  viel  Wasser  statt,  dafs  das  ganze  Zimmer  noch  nach  24  Stunden 
feucht  riecht.  Ausgekehrt  soll  täglich  werden,  was  auch  msofeni 
nötig  ist,  als  oft  genug  nicht  einmal  Kratzeisen  und  Decken  znr 
Reinigung  der  Fulsbekleidung  vorhanden  sind.  Von  einem  Wechsd 
der  letzteren  vor  dem  Betreten  der  Klasse  ist  nur  ausnahmsweise  die 
Rede  trotz  der  1  bis  3  Kilometer  weiten  und  oft  recht  nassen 
Schulwege  der  Kinder.  Die  Wände  der  Lehrzimmer  sind  ÜEist  aus- 
nahmslos mit  weifser  oder  blänlichweüser  Kalktflnche  gestrichen, 
was  gewöhnlich  alle  1  bis  3  Jahre  von  neuem  geschieht  In 
3  Klassen  ist  ein  brauner  ölanstrich  bis  zur  Schulterhöhe  vorhanden. 
Ein  einziges  Zinuner  rühmt  sich  des  Vorzugs  einer  grauen  Tapete. 
Die  Heizvorrichtungen  bestehen  in  den  landesflblichen  Kachelöfen, 
deren  Stelle  häufig  noch  ein  Backsteinofen  einnimmt.  Die  Thtkien 
dieser  Öfen  besitzen  nur  ausnahmsweise  einen  luftdichten  Verschloß 
meist  sind  es  offene  eiserne  Thüren,  und  es  finden  sich,  um  d£ 
Entweichen  der  Wärme  zu  verhindern,  im  Luftschachte  eiserne 
Schieber  angebracht.  In  einigen  wenigen  Zimmern  ist  die  Heis- 
öffhung  nach  aufsen,  in  den  Flur  oder  in  ein  Nebenzimmer,  verleg 
Einen  eisernen  Ofen  hat  nur  ein  Zimmer.  In  9  Klassen  sitzei 
Schtder  in  unmittelbarer  Nähe  des  Ofens.  Ein  Ofenschirm  ist  nirgoids 
vorhanden.  Ebenso  sind  Thermometer  eine  Seltenheit.  Doch  dürften 
die  Zimmer,  da  auskömmlich  Holz  oder  noch  öfter  Torf  znr  Hazang 
geliefert  wird,  in  der  Regel  hinreichend  warm  sein.  Die  Ventilatioifö- 
vorrichtungen  bestehen,  wenn  sie  überhaupt  existieren,  aus  Klappen 
in  den  Fenstern  oder  Luftlöchern  unter  der  Zimm^ilecke.  ho 
Sommer  sind  fast  unausgesetzt  die  Fenster  geöffnet;  im  Winter  gibt 
es  keine  Lufterneuerung.  Wie  beschaffen  die  Luft  in  soldien 
Lokalen  sein  muls,  läfst  sich  ermessen,  wenn  man  an  die  häufig 
durchnäfsten  Kleider  und  Schuhe  denkt,  deren  Aufbewahmngsoit 
in  vielen  Fällen  das  Schulzimmer  selbst  ist.  Denn  52  Klassen 
haben  Holzpflöcke  zum  Aufhängen  der  Tücher  und  Mützen,  für  25 
sind  gleiche  Pflöcke  im  Flur  angebracht,  6  Zimmer  entbehren  übe^ 
haupt  dieses  Luxus.  Für  die  Wasserversorgung  dient  meistens  der 
Dorfbrunnen,  der  vorwiegend  ein  offener  und  somit  allem  Straben- 
schmutze  und  sonstigem  Unräte  zugängig  ist.  Doch  sind  auch 
besondere  Schulbmnnen  vorhanden,  namentlich  da,  wo  das  SchuUmas 
ganz  isoliert  liegt.  Nur  5  Schulen  haben  besondere  Pissoirs,  ftt 
beide  Geschlechter  nicht  gesonderte  Abtritte  besitzen  18,  keinen 
Abtritt    und    kein    Pissoir    haben    8.      Zweimal    ist    der  Ab^ 


415 

unmittelbar  am  Hanse,  meistens  jedoch  5  bis  10  m,  sechsmal  sogar 
mehr  als  20  m  von  demselben  entfernt.  Die  Senkgruben  sind  in 
der  Mehrzahl  nicht  cementiert.  Sie  werden  jährlich  etwa  ein-  bis 
zweimal  enüeert.  Hftnfig  aber  nnterbleibt  die  Reinignng  anch,  d.h. 
sie  wird  nur  dann  vorgenommen,  wenn  die  Grube  Oberfllllt  ist. 
Eine  regelmälsige  Desinfektion  aller  Pissoire  nnd  Abtritte  findet 
zwar  in  einigen  Ortschaften  statt,  die  meisten  jedoch  ftthren  dieselbe 
nur  bei  Epidemien  infolge  behördlicher  Anordnung  ans.  Besondere 
Spielpl&tze  zur  Benutzung  in  den  Freiviertelstunden  sind  nirgends 
vorhanden.  Die  Kinder  spielen  vor  dem  Schulgebäude  auf  der 
breiten  Dorfstrabe.  Turnplätze  wurden  in  dem  letzten  Jahrzehnt 
Tiel&ch  neu  errichtet,  doch  entbehren  sie  meist  noch  des  nötigen 
Schattens.  Die  Schulbänke  sind  überall  die  altherkömmlichen, 
onhygienischen  mit  Plusdistanz.  Der  verschiedenen  Eörpergrölse 
der  Kinder  entsprechend  finden  sie  sich  in  39  Schulzimmem,  meist 
in  2  Abstufungen  mit  einem  Höhenunterschiede  von  17  bis  69  cm, 
nur  ein  Zimmer  hat  12  Abstufungen  jeglicher  Form.  Die  grobe 
Mehrheit  der  Tische  zeigt  Platten  mit  der  normalen  Breite  von 
30  bis  40  cm,  nur  das  eine  Schulzimmer  hat  bei  seinen  12  ver- 
schiedenen Formen  Platten  von  blois  17  bis  23  cm.  Eine  Neigung 
der  Tischplatte  wurde  in  7  Fällen  nicht  gefunden,  die  übrigen 
besitzen  eine  solche  von  5  bis  10  cm.  Die  überwiegende  Mehrzahl 
der  Sitzbänke  hat  eine  Breite  von  20  bis  30  cm;  in  25  Klassen 
beträgt  die  letztere  weniger  als  20  cm  bis  zu  17  cm  herab,  in 
2  Klassen  30  bis  35  cm.  Die  meisten,  nämlich  61  Klassen,  besitzen 
Bänke  mit  einer  Höhe  zwischen  30  und  45  cm,  wie  sie  den 
hjgienischen  Anforderungen  entspricht.  Auf  der  anderen  Seite  finden 
sich  jedoch  Bankhöhen  von  26  cm,  aber  auch  von  59,  60  und 
sogar  69  cm,  also  viel  zu  kleine  und  viel  zu  gro(se.  Eine  besondere 
Rflckenlehne,  die  an  der  Bank  selbst  befestigt  ist,  existiert  nur  in 
einer  Klasse,  und  auch  dort  nur  bei  freistehenden  Bänken.  Überall 
sonst  bildet  die  hintere  Wand  des  nächstfolgenden  Tisches  die 
Lehne,  welche  nie  der  Rflckenkrümmung  der  Kinder  entspricht. 
Fuisbretter  sind  nur  in  6  Klassen  angebracht.  Fassen  wir  das 
ganze  Bfld,  welches  wir  von  unseren  ponmierschen  Landschulen 
erhalten  haben,  zusammen,  so  finden  wir  gegenüber  der  Zusammen- 
stellung des  Dr.  Olbitsmann  über  die  Schulen  der  Mark  Branden- 
burg^ nichts  Besseres,  wohl  aber,  namentlich  in  Bezug  auf  die 
Binmüchkeiten  und  Lichtverhältnisse,  manches  Schlechtere.  Rasche 
nnd  ausgiebige  Hilfe  ist  daher  dringend  erforderlich.  Denn  so 
nützlich  auch  Turnen  und  Jugendspiele  sein  mögen,   in  erster  Linie 


'  8.  diese  Zeiteehnft,  1888,  No.  11,  S.  451—4^.    D.  Bed. 


416 


müssen  jedem  Eande  doch  reine  Luft,  hinreichendes  Licht  und  ein 
zweckmäfsiger  Sitz  gewährleistet  werden. 

Zahl  der  schulfreien  Tage  in  den  preofsischen  Previuei. 

Im  ersten  Teile  von  Kunzes  Kalender  ffir  das  höhere  Schulwesen 
Prenlisens  findet  sich  eine  Zusammenstellung  der  in  den  verschiedenoi 
preufsischenProvinzen  geltenden  Ferienordnungen  fOr  das  Jahr  1894—95. 
Danach  gestalten  sich  die  freien  Tage  an  den  höheren  Scbolen 
folgendermaCsen : 


Festtage 

Sebnlfreie 
Werktage 

ZosanmeD 

20 

61 

81 

18 

63 

81 

18 

57 

75 

18 

56 

74 

20 

60 

80 

19 

61 

80 

20 

61 

81 

20 

58 

78 

18 

58 

76 

18 

56 

74 

21 

60 

81 

19 

57 

76 

20 

60 

80. 

Westpreufsen 

Pommern 

Schlesien 

Posen 

Brandenburg,  aufser  Berlin.     .     .     . 

Berlin 

Sachsen 

Hannover 

Westfalen 

Rheinprovinz 

Regierungsbezirk  Kassel  nebst  Frank- 
furt a.  M.  und  Homburg.     .     .     . 
Regierungsbezirk  Wiesbaden     .     .     . 
Schleswig-Holstein 

Dazu  kommen  noch  die  Sonntage,  soweit  sie  nicht  mit  mm 
Festtag  zusammenfallen,  so  dafs  mehr  als  ein  Viertel  des  Jahres 
schulfrei  ist.  Bei  dem  Vorwurfe  der  Überbürdung,  den  man  so 
h&nfig  den  Schulen  macht,  wird  dieser  Umstand  nicht  immer  gehörig 
in  Rechnung  gezogen. 

Über  den  OehSrnmfang  der  Kinder.  In  der  „Zädbr.  f. 
Fsychoh  u.  Physiol  d.  Svnmsorg,''  veröffentlicht  Dr.  H.Zwaardsmakeb 
einen  Aufsatz:  „Der  Umfang  des  Gehörs  in  den  verschiedenea 
Lebensaltern.'^  Der  Verfasser  bediente  sich  zur  Bestimmung  der 
oberen  Tongrenze  des  Galtonpfeifchens,  weil  man  mit  ihm  am  leichtesten 
eine  gleiche  Intensität  f&r  alle  Töne  erreicht.  Bekanntlich  ist  dies 
Pfeifchen  eine  gedackte  Orgelpfeife,  deren  Länge  durch  eine  Mikro- 
meterschraube  verkürzt  werden  kann.  Von  dem  Autor  wurden  so 
200  Gehörorgane  untersucht  und  von  einem  seiner  Mitarbeiter, 
Dr.  GUPERUS,  noch  190  andere;  alle  diese  Gehörorgane  waren  voll- 
ständig normal.  In  Bezug  auf  die  obere  Tongrenze  fand  sich,  dftls 
dieselbe  für  das  Alter  von  7  Jahren  bei  e^  liegt.  Bei  ganz  jungen 
Kindern  reicht    dieselbe   noch  etwas   höher   hinauf.     Zur  Zdt  des 


»  » 


417 

Pabert&tseintritts  ist  der  Grenzten  bereits  um  einen  Viertelton  niedriger 
als  im  7.  Lebensjahre.  In  den  Jahren  der  adolescentia  bleibt  die 
obere  Grenze  ungefähr  auf  derselben  Höhe.  Erst  wenn  das  Knochen- 
Wachstum  beendigt  ist,  beginnt  ein  Sinken,  welches  gleichmäfsig 
durch  das  spätere  Leben  fortdauert.  Im  ganzen  verliert  die  Perceptions- 
fthigkeit  des  menschlichen  Gehörs  bis  zum  75.  Jahre  nicht  weniger 
als  8  Halbtöne  oder  Vs  einer  Oktave  nach  oben  hin.  Dr.  Zwaardemakbb 
berichtet  dann  weiter  über  die  Bestimmung  der  unteren  Tongrenze 
welche  Dr.  CuPEBüS  mittelst  der  APPUNNschen  Lamelle  bei  190 
Personen  ausführte.  Dieselbe  ist  eine  Metalllamelle  von  420  mm 
Lange,  12  mm  Breite  und  1  mm  Dicke,  welche  mit  einer  Holzschraube 
am  Tische  befestigt  wird.  Auf  der  Lamelle  ist  eine  Skala  angebracht. 
Letztere  gibt  die  Zahl  der  Pendelschwingungen  an,  welche  die  Lamelle 
ausführt,  indem  sie  an  einem  Punkte  der  Skala  festgeschraubt  und 
dann  in  Bewegung  gesetzt  wird.  Es  wurde  bei  diesen  Versuchen 
gefunden,  dab  unsere  Gehörf&higkeit  während  des  Lebens  auch  am 
unteren  Ende  der  Tonleiter  einen  kleinen  Teil,  ungefthr  ein  Sext- 
intenrall,  einbOfet.  Im  13.  Lebensjahre  ist  die  Lage  der  unteren 
Grenze  bei  E^,  im  21.  bei  F,,  im  65.  bis  70.  Lebensjahre  dagegen 
bei  GiSg.  Zur  Zeit  der  Jugend  umfa&t  unser  Gehör  11  Oktaven, 
zur  Zeit  des  Alters  nur  noch  10.  Während  der  Verlust  der  obersten 
Töne  auf  einer  Veränderung  der  Knochenleitung  beruht,  sind  für 
den  Ausfall  der  unteren  Töne  Änderungen  im  Trommelfell  oder  in 
der  Kette  der  Gehörknöchelchen  verantwortlich  zu  machen. 

Gelbsneht  als  Folge  einer  Schnlstrafe.  In  „Xa  nUd.  infant'^ 
berichtet  CJOULON  über  drei  Fälle,  in  welchen  bei  Kindern  von 
nervöser  Anlage  kurze  Zeit  nach  einer  starken  Erregung  Gelbsucht 
eintrat.  In  dem  ersten  Falle  handelte  es  sich  um  ein  neunjähriges 
Mädchen,  das  einen  heftigen  Schrecken  gehabt  hatte,  in  den  beiden 
anderen  um  Mädchen  von  IOV2,  bezw.  13 Vs  Jahren,  welche  in  der 
Schule  bestraft  worden  waren.  Abgesehen  von  der  ikterischen 
Färbung  bestanden  die  Symptome  in  Verlust  des  Appetites  und  fa.st 
farblosen  Stühlen.  Die  Efslust  trat  schnell  wieder  ein,  und  auch 
im  übrigen  erfolgte  völlige  Genesung.  Eine  Dosis  Kalomel  schien 
diese  unterstützt  zu  haben. 

Statistik  der  Taubstummen-  und  Blindenanstalten  in 
Ost^rreieh.  Über  das  Sanitätswesen  Österreichs  im  Jahre  1890 
werden  in  dem  2.  Hefte  des  37.  Bandes  der  „Österreich.  Staust^ 
interessante  Angaben  gemacht.  Wir  entnehmen  demselben,  dafs 
17  Taubstummeninstitute  in  dem  genannten  Jahre  1482  Indi- 
Tiduen  verpflegten;  von  den  letzteren  waren  38%  taubstumm 
geboren.  Außerhalb  dieser  Anstalten  befanden  sich  noch  27244 
Taubstumme.     Eine  stetige  Zunahme  der  Taubstummheit  weisen  die 

8«hiilgefiindh«itspflege  TU.  27 


418 

Länder  Niederösterreich,  Kärnten,  Krain,  Tyrol,  Salzburg,  Vorariberg, 
Böhmen,  Mähren  und  Dalmatien  auf.  Die  10  Blindenanstalten 
besafsen  741  Pfleglinge,  von  welchen  12,8%  die  Blindheit  mit  auf 
die  Welt  gebracht  hatten.  Hierzu  kamen  noch  16054  Blinde,  welche 
keine  Anstaltspflege  genossen.  Kretinen  gab  es  17  890,  deren 
Hauptkontingent  in  den  Alpenländem  zu  finden  war. 

Ober    das   SchnlMhatfick    mancher  Kinder    äuisert  die 

^Dtsch,  Ztg,^  :  Es  hat  sich  die  Gepflogenheit  eingebürgert,  daf3 
die  Schuldiener  Efswaren  an  Kinder  feilhalten.  Wir  betrachten  dies 
an  und  für  sich  nicht  als  Übelstand;  wir  sind  auch  überzeugt,  daüs 
diese  Männer  zumeist  ehrliche  Leute  sind,  die  keine  gesundheits- 
schädlichen Efswaren  an  Schüler  abgeben  werden.  Aber  man  denke 
nur,  mit  wie  ängstlicher  Sorgfalt  die  meisten  Stadtkinder  im 
Eltemhause  in  Bezug  auf  ihre  Diät  beobachtet  werden.  Da  kommt 
nun  so  ein  Knabe  mittags  nach  Hause,  schneidet  vor  dem  wohl- 
besetzten Tische  Gesichter,  nascht  von  dem  und  jenem  und  läfst 
schlielslich  sein  Essen  stehen.  Die  Mutter,  voll  Angst,  fragt  und 
forscht:  „Was  fehlt  dir?  Bist  du  krank?''  Hinterher  stellt  sich 
heraus,  dafs  der  Kleine  drei,  vier  Paar  Würstchen  oder  eine 
grofse  Portion  Käse  vormittags  in  sich  hineingestopft  hat.  Krank 
wird  er  nicht  gleich  davon,  aber  wohlbekommen  wird  es  ihm  auch 
nicht,  namentlich  nicht  auf  die  Dauer.  Es  wäre  zu  wünschen,  dafs 
die  Schulleiter  diesem  Punkte  ihr  Augenmerk  zuwendeten.  Man 
sollte  beispielsweise  nur  eine  beschränkte  Anzahl  von  Nahrungs- 
mitteln, deren  Herkunft  man  genau  kennt,  in  der  Schule  zulassen 
und  die  in  den  Zwischenstunden  inspizierenden  Lehrer  verpflichten, 
bei  der  Austeilung  des  Frühstücks  zugegen  zu  sein.  Dann  erhielte 
man  eine  gewisse  Garantie  für  die  Zuträglichkeit  des  letzteren,  und 
Unmäfsigkeiten  würden  nicht  so  leicht  bei  den  Schülern  vor- 
kommen. 

Die  Hennsche  Centralheijsnng  fBr  ünterriehtsräume,  welche 
im  „Grsdhtsing.^  beschrieben  wird,  ist  eine  Warmluftheizung  und 
unterscheidet  sich  von  fast  allen  anderen  Systemen  dadurch,  dais 
in  der  Heizkammer  nicht  ein  grofser,  sondern  zwei  oder  mehrere 
kleinere  Öfen  Aufstellung  finden.  Klagen,  wie  sie  allgemein  gegen 
die  Luftheizungen  laut  werden,  lassen  sich  durch  diese  Anordnung 
meist  vermeiden.  Haben  wir  nämlich  nur  einen  gröfseren  Ofen  in 
der  Heizkammer,  so  ist  es  gar  nicht  zu  umgehen,  dafs  bei  geringem 
Wärmebedürfiois  eine  Überhitzung  in  den  zu  heizenden  Räumen  eintritt 
Bei  recht  kaltem  Wetter  mufs  dagegen  auf  dem  einen  Rost  ein  so 
intensives  Feuer  erhalten  werden,  um  allen  Räumen  die  gehörige 
Temperatur  zu  verleihen,  dafs  der  Apparat  überhitzt  wird;  dadurch 
aber  gelangen  die  in  der  Luft  enthaltenen  organischen  Bestandteile 


419 

zur  Yerbreimang  und  bringen  einen  unangenehmen  Geruch  hervor. 
Dieser  Mi&stand  ist  bei  dem  System  von  E.  Henn  in  Eaiserslaatem 
beseitigt.  Sobald  wenig  Wärme  erforderlich  ist,  wird  nur  ein  Ofen 
in  Verwendung  genommen,  bei  starker  Kälte  dagegen  sämtliche. 
Zugleich  ist  die  Luftbefeuchtung  sehr  einfach  und  zweckmäfsig.  Die 
Rückseite  der  Heizkammer,  aus  rauh  behauenen  Steinen  hergestellt 
und  mit  rauhem  Cementputz  bekleidet,  wird  mit  frischem  Wasser 
tropfenweise  berieselt  und  letzteres  durch  die  Wärme  verdunstet. 
Die  Vorrichtung  ist  regulierbar,  somit  auch  die  Befeuchtung  der 
Luft.  Wo  sich  die  Berieselung  nicht  anbringen  läfst,  werden  über 
den  Öfen  grolse  emaillierte  Wasserbehälter  aufgestellt,  die  nach 
anfsen  mit  Wasserstandsglas  und  Füllvorrichtung  versehen  sind.  Es 
ist  für  die  Luftbefeuchtung  dadurch  in  so  ausgiebiger  Weise  gesorgt, 
dafs  Klagen  über  zu  trockene  Luft  absolut  ausgeschlossen  sind. 
Die  HENNsche  Heizung  ist  aufserdem  mit  Rauchverbrennung  versehen. 
In  der  Mitte  des  Ofens  befindet  sich  eine  starke  Zunge  aus  Chamotte- 
steinen.  Aller  Rauch,  welcher  sich  bildet,  kommt  an  den  glühenden 
Chamotteplatten  zur  Verbrennung.  Was  den  Brennmaterialverbrauch 
anbelangt,  so  werden  die  Heizgase  in  starken  Blechröhren  wiederholt 
in  der  Heizkammer  hin  und  her  geleitet,  ehe  sie  in  den  Schornstein 
gelangen,  und  dadurch  aufs  höchste  ausgenutzt.  Dabei  ist  die 
Dichtung  aber  eine  so  einfache  und  sichere,  dafs  Rauchgase  nie  in 
die  Heizkammer  gelangen  können.  In  Pirmasens  kostete  die  Be- 
heizung eines  280  cbm  grofsen  Schulsaales  pro  Tag  nach  HENKschem 
System  31  /^,  mit  Niederdruckdampfheizung  45  /^,  mit  gewöhnlichen 
Öfen  50  /^,  mit  einer  anderen  Warmluftheizung  87  /^,  Zugleich 
ist  die  Heizvorrichtung  von  Henn  hinsichtlich  des  Brennmateriales 
sehr  anspruchslos;  jede  Kohlensorte  kann  dabei  benutzt  werden. 
Von  Interesse  dürfte  auch  das  Gutachten  des  Professors  Ferd. 
Rhien  sein,  welcher  über  die  Beschaffenheit  der  Luft  in  den  Sälen 
einer  Schule  zu  Pirmasens  bei  verschiedenen  Heizungsarten  Unter- 
suchungen angestellt  hat.  Während  in  dem  mit  HENNscher  Heizung 
erwärmten  Schulzimmer  bei  76  Kindern  und  280  cbm  Luftraum  der 
Kohlensäuregehalt  nach  zweieinviertelstündigem  Unterrichte  von 
0,91  Vw)  nur  auf  l,00%o  stieg,  also  eine  Zunahme  von  nur  0,09 %o 
erfuhr,  zeigte  eine  zweite  gleich  grofse,  mit  eisernem  Regulierofen 
ohne  Ventilationsvorrichtung  geheizte  Klasse  nach  zweidreiviertel- 
stündigem  Unterrichte  unter  sonst  gleichen  Verhältnissen  eine  Er- 
höhung des  Kohlensäuregehaltes  um  2,77  Voo,  d.  h.  von  0,91  Voo 
im  Freien  auf  3,687  Voo.  Zum  Schlüsse  sei  noch  des  Henn- 
schen  Patentschachtofens  Erwähnung  gethan.  Derselbe  wird  vor- 
derhand nur  für  gröfsere  Räume  in  einfacher  Form  hergestellt. 
Wo  in  Schulen  z.  B.   die  Einführung   einer  Centralheizung   an  den 

27* 


420 

zur  Verfagong  stehenden  Geldmitteln  scheitert,  empfiehlt  E.  Herv 
seinen  Ofen  zur  Beheizung*  vom  Korridor  ans.  Es  ist  dabei  die 
Einrichtnng  getroffen,  daCs  der  Schalsaal  sowohl  mit  Ventilation  wie  mit 
Cirknlation  geheizt  werden  kann,  und  der  Erbauer  garantiert  hezflglich 
Luftreinheit,  Luftbefenchtung  nnd  Ventilation  die  gleichen  Leistongen, 
wie  sie  von  seiner  Centralheizong  erzielt  werden. 

Der  Karten-  nnd  Bilderstihider  des  G^ymnasialdirektor 
Jnngels  (Deutsches  Reichspatent  No.  65177)  zeichnet  sich,  wie 
Stadtschulinspektor  Dr.  Handlosb  in  den  „Päd.  Blatt,  für  Lehrer- 
büdg.  u.  Lehrerbüdgsanst^  yersichert,  durch  sinnreiche  nnd  prak- 
tische Konstruktion  aus  und  hat  sich  Überall,  wo  er  bis  jetzt  in 
Gebrauch  ist,  als  sehr  zweckmäfsig  erwiesen.  Derselbe  besrtieht  ans 
Ständer,  Kartenträger  und  Schrägsteller.  Der  Kartenträger  wird  in 
dem  eisernen  Ständerrohr  mittelst  einer  Knopfschraube  in  bequemster 
Weise  hoch  und  niedrig  gestellt.  Die  Arme,  an  denen  die  Karten 
an  verschiebbaren  Haken  aufgehängt  werden,  sind  mit  dem  Kopf- 
teil  des  Trägers  durch  eine  eigenartige,  höchst  sinnreiche  Gelenk- 
vorrichtung verbunden.  Durch  diese  vermag  man  sie  mit  einem 
einzigen  Handgriff  wagerecht  zu  stellen  und  wieder  heronter- 
zii>chlagen,  so  dafe  der  Apparat  in  den  kleinsten  ViTinkel  beiseite 
gestellt  werden  kann.  Eine  ebenso  wichtige  Neuerung  an  demselben 
ist  der  Schrägsteller.  Während  die  Karte  an  Apparaten  ähnlicher 
Art  stets  senkrecht  hängt  und  nur  lose  durch  das  Gewicht  des 
unteren  Kartenstabes  gestreckt  wird,  kann  sie  an  dem  Jukosls- 
scheu  Ständer  durch  die  genannte  Vorrichtung  nicht  nur  in  senk- 
rechter Lage  glatt  gespannt,  sondern  auch  in  eine  glatte  Schräglage 
gebracht  werden.  Durch  letztere  erhält  die  Karte  eine  wesentlich  bessere 
Beleuchtung,  wird  schon  bei  mäfsiger  Hochstellung  auch  denSchfllem 
der  letzten  Bänke  vollständig  und  deutlich  sichtbar  und  gelangt  zn 
richtiger  Anschauung,  indem  die  Schrägstellung  die  bekannte  optische 
Täuschung,  wonach  senkrechte  G^enstände  und  Linien  verkürzt  er- 
scheinen, berichtigt.  Seinen  Vorzügen  entsprechend  hat  der  Apparat 
ebenso  bei  bekannten  Schulmännern,  wie  bei  hervorragenden 
Geographen  Anerkennung  gefunden.  Der  Preis  beträgt  20  Mark, 
wofür  er  von  dem  kartographischen  Institut  von  Kabl  FLEinfiKO 
in  Glogau  zu  beziehen  ist. 


421 


Sa9e«$ef4li4!tli(^es* 


Scbnlhygieiiiflclie  Vorträge  auf  dem  VIII.  iiternationalen 
Kongrefs  fflr  Hygiene  und  Demographie  in  Budapest  waren 
bis  zum  31.  März  1894  folgende  angemeldet:  VI.  Sektion. 
Schulhygiene.  1.  A.  BAOINSKT-Berlin :  Die  Frage  der  körper- 
lichen Erziehung.  2.  Gyula  BXNÖCZT-Oyör :  IQns&gi  jät^kok  6s 
jatszoszerek  (Üher  Jagendspiele  nnd  Spielgeräte).  3.  Geoeges 
BOGDAN-Jassy:  L'hygi^ne  et  les  maladies  des  öcoliers  en  Moldavie. 
4.  MAXiiiiLiAN  BBESGBN-Frankfart  a.  M.:  Die  Nasenkrankheiten 
der  Schulkinder.  5.  Derselbe:  Die  Ursachen  des  nervösen  Kopf- 
schmerzes .  der  Schüler.  6.  Leo  BURGBBSTEIN-Wien:  Die  Frage 
der  körperlichen  Erziehung.  7.  Antonio  CARiNi-Palermo:  Edifici 
scolastici  e  loro  igiene  nei  paesi  meridionali.  8.  Herüann  Gohn- 
Breslaa:  Was  kann  die  Schnle  gegen  die  Onanie  der  Kinder  thnn? 
9.  Derselbe:  Über  Fenstervorhänge  in  Schnlen.  10.  Dblvaille- 
Bayonne :  Les  colonies  de  yacances  et  les  institntions  analognes  dans 
Tint^ret  de  la  sant^  des  ^coliers.  11.  Gtula  DoLUNOER-Budapest : 
A  testi  neyel^s  k^rdöse  (Die  Frage  der  körperlichen  Erziehung). 
12.  F.  EniSMANN-Moskau :  Die  künstliche  Beleuchtung  der  Schul- 
zimmer. 13.  D.  EULENBERG-Berlin :  Geistige  Überanstrengung  in 
den  Schulen,  Nervosität.  14.  P.  0.  FLOOB-Heimdal:  Von  dem 
Unterricht  der  Hygiene  in  den  verschiedenen  Schulen,  speciell  was 
die  alkoholischen  Getränke  anbelangt.  15.  Rev.  C.  Gillespie- 
Colchester:  The  Claims  of  sanitary  science  on  religious  teachers. 
16.  SXBNio  GOEPEL-Frankfurt  a.  0.:  Über  den  dauernden  Nutzen 
der  Ferienkolonien.  17.  0.  GREARD-Paris:  Le  Systeme  actuel 
d'instruction  au  point  de  vue  des  principes  physiologiques.  18.  Max 
GuTTMANN-Wien :  Die  Frage  der  körperlichen  Erziehung.  19.  H. 
GUTZMANN-Berlin :  Über  den  Einfluls  des  Schulturnens  auf  die 
körperliche  Entwickelung  taubstummer  Kinder  auf  Grund  physika- 
lischer Messungen.  20.  MÖR  KlRicÄN-Budapest:  A  mai  tan- 
rendszer  tekintettel  physiologiai  elvekre  (Das  heutige  Unterrichts- 
system in  Bezug  auf  physiologische  Principien).  21.  L.  Kotelmann- 
Hamburg:  Reformbestrebungen  auf  dem  Gebiete  des  Schulwesens. 
22.  H.  KUBOBN-Seraing-Li^ge:  B^formes  ä  poursuivre  dans  Thygi^ne 
scolaire.  23.  Gustave  LAGNEAü-Paris :  Le  surmenage  intellectuel 
dans  les  ^coles  et  la  nervositä.  24.  Larra  t  CERBSO-Madrid : 
Hygiene    p^dagogique.     25.    C.    MagA  -  Cremona:     Le    surmenage 


422 

iutellectuel  dans  les  6coles.  26.  MANGENOT-Paris :  L'^cole  et  les 
maladies  öpid^miqaes.  27.  Chr.  NusSBAUM-HannoTer:  Schnlbanten 
und  deren  Hygiene.  28.  A.  PALMBBRG-Helsingfors :  Die  Schule  und 
die  epidemischen  Krankheiten.  29.  WiLH.  PBBYER-Berlin:  Die 
heutige  Unterrichtsmethode  mit  Berücksichtigung  physiologischer 
Principien.  30.  Paul  RBDARD-Paris :  Mobilier  scolaire.  Des  bancs 
d'ecole.  31.  John  RocHE-Dublin:  The  teaching  of  sanitation  in 
schools  of  various  Orders.  32.  Ottomar  RosENBAOH-Breslan:  Die 
Ursachen  des  nervösen  Kopfschmerzes  der  Schüler.  33.  Paül 
ScHUBEBT-Nümberg:  Über  Steüschrift.  34.  Heinrich  Schüschky- 
Budapest:  Beiträge  zur  Nervosität  der  Schuljugend.  35.  Alfred 
SPITZNBR-Leipzig :  Geistige  Überanstrengung  in  den  Schulen,  Ner- 
vosität. 36.  JÖSZEF  SüMEOi:  Az  iskoläba  jaro  gyenge  avagy  beteges 
testalkatü  gyermekek  tomaztatasa  (Über  das  Turnen  schwacher 
Schulkinder  und  solcher  mit  kränklicher  Konstitution).  37.  YiLMOS 
SuppiN-Budapest:  A  testi  nevel6s  k^rd^se  (Die  Frage  der  körper- 
lichen Erziehung).  38.  DB  ToLOSA  LATOüE-Madrid :  L'^cole  et  les 
maladies  6pid^miques.  39.  ÖDÖN  TüSZK AI-Budapest:  A  leinyok 
testi  neveles6röl  (Die  körperliche  Erziehung  der  Mädchen). 
XV.  Sektion.  Hygiene  des  Sportes  (Abhärtung  und 
Körperpflege).  1.  George  HERSCHELL-London:  Heart-strain. 
A  study  of  the  effect  of  cycling  in  the  production  of  disease  ofthe 
heart.  2.  Gyula  ISTVÄNPFr-Budapest:  A  ker^kpdr  a  tudomany 
szolgalataban  (Das  Zweirad  im  Dienste  der  Wissenschaft).  3.  RUDOLF 
KNOLL-Hamburg:  Über  Tanz  in  sanitärer  Beziehung.  Wie  man 
aus  den  gleichlautenden  Themen  mancher  Vorträge  sieht,  sind  die- 
selben den  Vortragenden  von  dem  Komitee  gestellt  worden.  Unter 
den  Vortragssprachen  befindet  sich  auch  die  ungarische,  die  von  den 
fremden«  Kongrefsmitgliedem  jedenfalls  sehr  selten  verstanden  wird. 
Wir  möchten  daher  den  Wunsch  aussprechen,  dafe  von  den 
ungarischen  Vorträgen  wenigstens  ein  kurzes  Resum^  in  deutscher 
oder  französischer  Sprache  gegeben  werde. 

Ferienkurse  für  akademisch  gebildete  .Lehrer  in  Jena. 

Es  wird  beabsichtigt,  wie  in  den  Jahren  1889  bis  1893,  so  auch 
in  diesem  Jahre  zn  Jena  vom  1.  bis  16.  August  eine  Reihe  zwei- 
wöchentlicher  Fortbildungskurse  abzuhalten,  welche  fOr  akademisch 
gebildete  Lehrer  und  Lehrer  an  Seminaren,  nicht  für  Volksschnl- 
lehrer  bemessen  sind,  unter  den  angekündigten  Vorlesungen  befindet 
sich  auch  eine  solche  von  Hofrat  Professor  Dr.  GlRTNBB  tlber 
Schulhygiene  und  von  Professor  Dr.  Ziehen  über  physiologische 
Psychologie.  Die  übrigen  beziehen  sich  meist  auf  Physik,  Chemie, 
Zoologie  oder  Botanik.  Das  Honorar  für  jeden  Kursus  beträgt 
15  Mk.  Anmeldungen  nehmen  die  Professoren  Dbther  und  R£ü^ 
entgegen,  welche  auch  jede  gewünschte  Auskunft  erteilen. 


423 
Die  Hygiene  auf  der  Berliner  Gewerbeansstellnng  1896. 

Die  für  das  Jahr  1896  geplante  Berliner  Gewerbeaasstellnng  wird 
auch  eine  Reihe  anf  die  Gesundheitspflege  bezüglicher  Gruppen  ent- 
halten. Gmppe  18  (I.  Vorsitzender  Emil  Jacob,  IL  Vorsitzender 
Professor  Dr.  VntGHOw)  nmfafst  die  ^Gesundheitspflege  und 
Wohlfahrtseinrichtungen"  und  enthält  nachstehende  Unter- 
abteilungen: 1.  Wissenschaftliche  Hygiene,  Bakteriologie  u.  s.  w. 
(I.  Vorsitzender  Regierungsrat  Dr.  Petri,  II.  Vorsitzender  Professor 
Dr.  Brieoeb);  2.  Medizinalwesen  und  Sanitatspolizei  (I.Vorsitzender 
Regierungsrat  Dr.  Wernich,  U.  Vorsitzender  Geheimer  Sanitätsrat 
Dr.  Babr);  3.  Krankenhäuser  und  Krankenpflege  (I.  Vorsitzender 
Geheimer  Oberregierungsrat  Direktor  Spinola,  II.  Vorsitzender  Dr. 
Msnger);  4.  Militärgesundheits-  und  Krankenpflege  (I.  Vorsitzender 
Oberstabsarzt  Dr.  Krogeer,  II.  Vorsitzender  Dr.  Wrcjbbl); 
5.  Städtehygiene  und  Bauwesen  (Vorsitzender  Sanitätsrat  Dr.  Strass- 
kann);  6.  Ernährung  und  Bekleidung  (Vorsitzender  Privatdocent 
Dr.  Münk);  7.  Badewesen  (Vorsitzender  Professor  Dr.  Lassar); 
8.  Gewerbehygiene  und  Unfallschutz  (Vorsitzender  Geheimer  Re- 
gierungsrat Pfarritts);  9.  Wohlfahrtseinrichtungen  (Vorsitzender 
Dr.  Albreght).  Die  Schulhygiene  wird  in  der  19.  Gruppe 
^Unterricht  und  Erziehung"  vertreten  sein.  Eine  besondere 
Gmppe  11  ist  für  wissenschaftliche  Instrumente  vorgesehen  (Vor- 
sitzender Kommerzienrat  P.  Dörffel).  Nachdem  eine  Einigung 
Aber  die  Platzirage  zu  stände  gekommen  ist,  schreiten  die  weiteren 
Vorbereitungen  für  die  Ausstellung  rüstig  vorwärts. 

Infektionskrankheiten    in    Ssterreichischen    Internaten. 

Nach  der  „Wien,  Ztg.^  hat  die  k.  k.  niederösterreichische  Statt- 
halterei  die  Bezirkshauptmannschaften  auf  den  Umstand  aufmerksam 
gemacht,  dals  in  Konvikten,  Internaten,  Waisenhäusern  u.  s.  w.  noch 
immer  den  Infektionskrankheiten  nicht  jene  Aufmerksamkeit  zu- 
gewendet wird,  welche  unbedingt  erforderlich  ist.  Es  kamen  Fälle 
vor,  daüs  anscheinend  gesunde  Kinder,  welche  aber  im  Stadium  der 
Abschuppung  nach  Scharlacherkrankungen  sich  befanden,  nach  den 
Ferien  in  ihre  Anstalten  zurtlckkehrten  und  so  Anlafs  zur  Weiter- 
verbreitung der  Krankheit  gaben.  Aus  diesem  Grunde  sind  ver- 
schärfte Mafsregeln  angeordnet  worden.  Die  in  solche  Institute 
Eintretenden  müssen  mittelst  ärztlicher  Zeugnisse  nachweisen,  dafe 
weder  sie  selbst,  noch  irgend  einer  ihrer  Angehörigen,  mit 
welchen  sie  in  Gemeinschaft  lebten,  in  den  vorhergegangenen 
vier  Wochen  an  einer  ansteckenden  Krankheit  gelitten  haben.  Femer 
soll  durch  die  vorhandenen  oder  von  jetzt  an  zu  bestellenden  Haus- 
ärzte der  Gesundheitszustand  der  neu  Aufzunehmenden  genau  unter- 
sucht werden. 


424 

Znr  ftrjEtlichen  Sehnlanfsieht  in  Prenfsen.  Die  wissen- 
schaftliche Deputation  f&r  das  prenfeische  Medizinalwesen  hatte  tot 
einiger  Zeit  Aber  die  Schnlarztfrage  verhandelt  nnd  dann,  nnter 
Aufstellung  besonderer  Vorschriften  für  die  ärztliche  Schnlauüsidit, 
beschlossen,  dafe  zur- Sicherung  einer  ausreichenden  Beachtung  der 
seitens  der  Schulhygiene  zu  stellenden  Forderungen  es  notwendig 
sei,  ärztliche  Sachverständige  in  gröCserem  Malse  als  bisher  an  der 
Schulaufsicht  teilnehmen  zu  lassen.  Der  hierüber  erstattete  Bericht 
dieser  Deputation  wurde  auf  Anordnung  des  Kultusministers  dei 
oberen  Verwaltungsbehörden  mitgeteilt.  Infolgedessen  suchen  nun 
die  letzteren,  wie  die  „Voss.  Zig."  erfährt,  dahin  zu  wirken,  daft 
thunlichst  jeder  städtischen  Schuldeputation  als  Mitglied  ein  Aizt 
angehöre,  der  die  gesundheitliche  Pflege  der  Schule  als  besonderes 
Decemat  bearbeitet  und  die  hierauf  bezüglichen  Angelegenheiten  m 
Kollegium  vorträgt.  Auch  die  Kreis-  und  Stadtphysici  haben  znfdge 
Anweisung  der  Bezirksregierungen  nach  vorherigem  Benehmen  mit 
den  zuständigen  Kreis-  und  Ortsschulbehörden  nicht  nur  die  Schulen 
ihres  Wohnsitzes,  sondern  auch  andere  städtische  und  ländliche 
Schulen  gelegentlich  ihrer  Dienstreisen  in  gesundheitlicher  Hinsicht 
zu  untersuchen  und  über  die  hierbei  gemachten  Wahrnehmungen  n 
berichten.  Endlich  werden  die  für  den  Bau  neuer  Schulen  ent- 
worfenen Pläne,  sowie  die  Pläne  für  den  um-  und  Erweiterungsban 
bestehender  Schulen  und  Schulklassen  eingehend  geprüft,  und  diese 
Prüfung  erstreckt  sich  auf  den  Bauplatz  und  seine  Umgebungen,  auf 
das  Trinkwasser,  die  Luft  und  die  Beleuchtung  in  den  Schulzunmem, 
die  Heizung  und  Ventilation,  die  SubseUien  und  die  Lehrmittel,  die 
allgemeine  Keinlichkeit,  die  Beschaffenheit  der  Abtritte  und  auf  die 
Spiel-  und  Turnplätze. 

Ein  hygienisclier  Mifsstond  f&r  die  toole  Monge  in  Paris. 

„Xß  Progr.  mSd.^  enthält  die  Beschwerde  eines  Vaters,  der  jeden 
Donnerstag  Morgen  seinen  Sohn  in  der  6cole  Monge  au&ucht  und, 
von  dort  zurückkehrend,  den  Park  Monceau  und  die  Strafee  gleichen 
Namens  passiert.  Er  begegnet  dann  regelmäCsig  einer  Reihe  offener 
Wagen,  welche  die  schmutzige  Wäsche  eines  Krankenhauses  fort- 
schaffen. Bei  etwas  stärkerem  Winde  erhebt  sich  von  den  Leinen- 
hanfen  eine  übelriechende  Staubwolke,  welche  Epidermisschuppen, 
Eiterteilchen  und  dergl.  enthält.  Ist  die  Wäsche  mit  tuberkulösem 
Auswurf  oder  mit  dem  Inhalt  von  Pockenbläschen  verunreinigt,  so 
findet  geradezu  eine  Aussaat  infektiöser  Keime  statt.  Da  sich  um 
dieselbe  Zeit  auch  viele  Schüler  in  der  genannten  Strafse  befinden, 
so  fordert  der  Beschwerdeführer  mit  Recht,  dafs  der  Transport 
schmutziger  Krankenwäsche  in  geschlossenen  Wagen  stattfinde.  Noch 
besser  ist  es,  wenn  sie  in  den  Hospitälern  sofort  desinfiziert  wird. 


425 

In  deo  neaeren  ErankenhAusem  sind  zu  diesem  Zwecke  senkrechte 
Schachte  angelegt,  welche  durch  alle  Stockwerke  gehen  und  mit 
einem  Dampfkessel  in  direkter  Verbindung  stehen.  Durch  die 
Schachte  gelangt  die  schmutzige  Wäsche  sofort  in  den  Kessel,  wo 
sie  einer  Desinfektion  mit  Dampf  unterzogen  wird. 

ÜAterweisnng  Yon  Sehfilem  in  der  ersten  Hilfeleistnng 
bei  ünglficksfällen.  „D.  ösierr.  Samiätswes.''  schreibt:  Das  k.  k. 
Unterrichtsministerium  hat  in  Würdigung  des  Umstandes,  da£9  die 
Zöglinge  der  Gewerbeschulen  nach  ihrem  Austritte  aus  denselben  ihr 
ganzes  Leben  in  den  Werkstätten  der  verschiedensten  Grewerbe  zu 
ifirkea  berufen  sind  und  in  die  Lage  konunen  können,  bei  Unfällen 
ihren  Mitarbeitern  Hilfe  leisten  zu  mtlssen,  die  Einrichtung  je  eines 
praktischen  Übungskurses  in  der  ersten  Hilfeleistung  bei  Unglücks- 
fiJlen  für  die  Schüler  der  mechanischen  und  bautechnischen  Ab- 
teilmig  der  Werkmeisterschule  und  der  vier  Jahrgänge  an  der 
deatschen  Staatsgewerbeschule  in  Pilsen  genehmigt  und  mit  der  Er- 
teilung dieses  Unterrichtes  den  Dr.  HsiNiaoH  Hahn  in  Pilsen 
betraut. 

Znr  Steilselirijfifrage.  Man  schreibt  uns  aus  Wien:  In 
einzelnen  österreichischen  Lehrer-  und  Lehrerinnenbildungsanstalten 
wird  die  Steilschrift  bereits  gelehrt  und  in  den  Übungsschulen  von 
den  Kindern  geschrieben.  In  malisgebenden  Kreisen  spricht  man  sich 
folgendermalsen  aus:  Angenommen,  die  Steilschrift  und  die  Schräg- 
schrift wären  gleichberechtigt,  so  hätte  doch  die  erstere  die  leichter 
innezuhaltende  gerade  Heftlage  voraus,  was  insbesondere  für  den 
Elementarunterricht  von  Wichtigkeit  ist.  Bei  dem  k.  k.  obersten 
Sanitätsrat  ist  eine  Eingabe  eingelaufen,  welche  das  erneute  Studium 
der  allgemeinen  Einführung  der  senkrechten  Schrift  in  Schulen  empfiehlt. 
Zq  diesem  Zwecke  soll  die  in  jenem  Kollegium  bestehende  Steilschrift- 
kommission  durch  mehrere  Fachmänner  verstärkt  werden.  Auch 
die  im  Herbste  d.  Js.  in  Wien  tagende  Versammlung  deutscher  Natur- 
forscher und  Ärzte  wird  sich  mit  der  Steilschriftfrage  beschäftigen, 
da  Direktor  Emakttel  Bayr  für  die  hygienische  Sektion  einen 
Vortrag  über  dieselbe  angemeldet  hat.  Was  das  Ausland  betrifft, 
80  haben  einige  Ärzte  in  Stockholm  Gelegenheit  gehabt,  den  Bücken 
der  Kinder  beim  Senkrechtschreiben  zu  untersuchen,  und  von  einem 
dersdben,  Dr.  A.  Lbyertin,  Vorsteher  von  Ostermalms  gynmastischem 
Institate,  liegt  uns  nachstehendes  schriftliche  Zeugnis  über  den 
hygienischen  Nutzen  der  Steilschrift  vor:  „Eine  schlechte  Haltung 
beim  Schreiben  kann  unter  gewissen  Umständen  erst  eine  vor- 
tlbergehende,  später  eine  dauernde  Seitenverkrttmmung  der  Wirbel- 
säule verusachen.  Die  Steilschrift,  welche  der  Schreibende  bei  gerader 
Körperhaltung    ausführt,    mufs   unbedingt   von   gro&em  Vorteil  sein 


426 

und  dürfte  keine  Veranlassung  zu  Yerbiegnngen  der  WirbelsSiüe 
geben.  In  den  Schreibstunden,  denen  ich  beigewohnt  habe,  und  die  nadi 
dieser  Methode  unter  Leitung  des  Fräulein  EMlfY  Meyer  erteilt 
wurden,  habe  ich  durch  direkte  Untersuchungen  des  Rflckens  der 
Kinder  mich  davon  überzeugen  können,  dafs  derselbe  beim  Schreibe! 
absolut  gerade,  ohne  die  geringste  Tendenz  zur  SeitenkrOmmnng 
gehalten  wird.  Infolgedessen  halte  ich  mich  für  berechtigt,  die 
allgemeine  EinftQirung  dieser  Schreibmethode  in  unseren  Schulen  wh 
wärmste  zu  befürworten,  da  ich  fest  überzeugt  bin,  dafs  dadurdi 
eine  der  Veranlassungen  zu  Skoliosen  wegfallen  wird.'^ 

Die  Augen  der  Kinder  der  Edmontonschnlen  in  Lonioi 

sind,  wie  „2%^  Brit  med.  Joum,*^  berichtet,  vor  einiger  Zeit  mit 
den  SNELLENschen  Probebuchstaben  untersucht  worden.  Dabei 
ergab  sich,  dafs  von  4384  Schülern  und  Schülerinnen  464  m 
mangelhaftes  Sehvermögen  besafsen.  Auf  die  einzelnen  Schulen  ver- 
teilen sich  die  Ziffern  folgendermafsen: 

Zahl  der  Kiaäm 

BÜt 

Zahl  der  Schal-   mtLngtShdUm 
kinder  SehYennAffa 

Brettenham  Road-Knabenschule 704  96 

„              „   -Mädchenschule 562  56 

„              „   -Kleinkinderschule .......  702  5 

Croyland  Road-Knabenschule 695  73 

„             „   -Mädchenschule 480  129 

„             „   -Kleinkinderschule 550  27 

Garfield  Road-Knabenschule 250  38 

„   -Mädchenschule 209  30 

„   -Kleinkinderschule '.  232  10 

Zusammen  4384  464. 

Den  Eltern  oder  Vormündern  der  betreffenden  Kinder  wurde  über  den 
Befund  Mitteilung  gemacht  und  ihnen  zugleich  der  Rat  erteilt,  sidi 
nach  geeigneter  ärztlicher  Hilfe  umzusehen.  Die  Folge  hiervon  war, 
dafs  nach  den  grofsen  Sonmierferien  viele  Kinder,  mit  Brillen  ver- 
sehen, in  die  Schule  zurückkehrten. 

Nochmals  Masern  nnd  Konfession.  Dr.  Gbtglewicz  in 
Jutroschin  schreibt  der  „Dtsch.  Med.-Ztg,*^:  Auch  hier^  herrscht 
seit  ungefähr  3  Wochen  eine  bedeutende  Masemepidemie,  und  ich 
habe  bis  jetzt  nur  bei  katholischen  Kmdem  die  Krankheit  kon- 
statiert. Einige  EQassen  der  katholischen  Schule  mulsten  geschlossen 
werden,  da  bis  80  Vo  der  Schüler  krank  sind.  Auf  eine  diesbezüg- 
liche Anfrage  bei  den  Leitern  der  evangelischen  Schule  erhielt  ich 


^  Vergl.  diese  Zeitschrift,  1892,  No.  6,  S.  282.    D.  Eed. 


427 

die  Antwort,  dals  kein  einziges  Kind  in  der  Schnle  fehlt,  nnd  auch 
in  meiner  Behandlang  befindet  sich  bis  jetzt  kein  evangelisches 
Kind.  Die  2000  Einwohner  von  Jntroschin  bestehen  fast  znr  Hälfte 
ans  Katholiken  nnd  Protestanten.  Unter  den  Jnden,  deren  Zahl  hier 
imgef^r  150  beträgt,  ist  nur  ein  einziger  Masernfall  vorgekommen. 

Spielknrse  ffir  die  Berliner  Studenten.    Die   von   dem 

Gentralaosschnfs  znr  Förderung  der  Jugend-  und  Yolksspiele  in 
Deutschland  fttr  die  Stndenten  der  Universität  Berlin  eingerichteten 
Spielkurse  haben  grofsen  Anklang  gefunden,  indem  etwa  120 
Studierende  aller  Fakultäten  und  aus  den  verschiedensten  Ver- 
bindungen daran  teilnehmen  werden.  Vor  kurzem  fand  im  Universitäts- 
gebäude eine  Versammlung  statt,  in  welcher  der  Vorsitzende  des 
Gentralausschusses,  Abgeordneter  von  Schengeendokff,  auf  die 
Bedeutung  dieses  Vorgehens  hinwies  und  einen  warmen  Appell  an 
die  Studenten  richtete,  sich  im  eigenen  und  im  vaterländischen 
Interesse  dieser  Bewegung  anzuschliefsen.  Darauf  sprach  Schulrat 
Professor  Dr.  Eulbr  über  die  geschichtliche  Entwickelung  der 
Spiele  in  Deutschland  unter  besonderer  Betonung,  inwieweit  die 
akademische  Jugend  hieran  mitgewirkt  habe  und  noch  gegenwärtig 
mitwirke.  Endlich  äufserten  sich  die  beiden  Leiter  der  Kurse, 
Privatdocent  Dr.  Reinhardt  und  Oberlehrer  Heinrich,  über  die 
Wirkung  der  Spiele  aus  der  Erfahrung  heraus,  sowie  über  die  Ein- 
richtung der  Kurse  selbst.  Jedem  dieser  Leiter  werden  drei  Herren 
helfend  zur  Seite  stehen,  die  den  Lehrerkollegien  von  Berliner 
höheren  Lehranstalten  angehören  und  nach  dem  Wunsche  des  Eultus- 
ministers  vom  ProvinzialschulkoUegium  für  die  Übungszeit  vom 
Unterrichte  Dispens  erhalten.  Sämtliche  Teilnehmer  üben  in  vierzehn 
Tagen  dreimal  wöchentlich  von  5  bis  8  Uhr  auf  dem  Platze  zu 
Schönholdt  bei  Berlin.  Vorgenonmien  werden  die  Laufspiele  Frei- 
lauf, Schlagball,  Schleuderball  und  Fulsball,  die  Ruhespiele  Greifball, 
Jagdball  und  die  volkstümlichen  Übungen  Diskoswerfen,  Speerwerfen 
tmd  Stemmstofsen. 

Ein  norwegisches  KinderseehospiE.  Das  in  dieser  Zeitschrift, 
1891,  No.  6,  Seite  368  ff.  erwähnte,  damals  beabsichtigte  Seehospiz 
im  westlichen  Norwegen  ist  am  24.  August  v.  J.  in  Gegenwart  ein- 
geladener Gäste  offiziell  eröffnet  worden.  Dasselbe,  zunächst  für 
skrofidöse  Kinder  bestimmt,  steht  mit  einem  Bekonvalescentenheim 
ftr  Frauen  in  Verbindung.  Es  ist  in  Hagevik  im  Kirchspiele  Os, 
3  norwegische  Meilen  von  Bergen,  am  KorsQord  gelegen.  Der  Ort 
ist  überaus  schön,  hat  die  See  gerade  vor  sich  und  grüne,  wald- 
bewachsene Felsenabhänge  hinter  sich.  Die  Zimmer  sind  hell  und 
geräumig.  Es  werden  sowohl  See-  als  Süfswasserbäder  im  Hospiz  ver- 
abfolgt. Das  Seewasser  wird  vermittelst  einer  Turbine  aufgepumpt,  das 


428 

Süfswasser  von  einem  vorttberfiielsenden  Bach  geliefert.  Das  Trinkwasser 
stammt  ans  einem  grö&eren  Brnnnen.  Wie  in  dem  Anschlag  yoransgesetzt, 
hat  die  Anstalt  50000  Kronen^  gekostet,  was  als  eine  geringe  Somme 
bezeichnet  werden  mols,  wenn  man  berücksichtigt,  dais  das  Seehoepiz 
in  FredriksYoem*  mit  50  Pl&tzen  100000  Ejronen  erfordert  hat 
Das  Hospiz  in  Hagevik  besitzt  Raum  für  40  Patienten.  Die  Somme 
für  die  Anlage  ist  teils  dnrch  private  Beitrüge,  teils  dorch  sddie 
Yon  öffentlichen  Institationen,  wie  der  Branntweingesellschaft  und  der 
Sparkasse,  beschafft  worden.  Zum  Betriebe  trägt  der  Staat  mit  6000 
Kronen  jährlich  bei.  Jeder  Patient  hat  1  Krone  pro  Tag  ib 
zahlen.  M.  K.  HAeonson-Han8EH. 

Der  Handfertigkeitsnnterriclit  in  Italien,  so  schreibea  die 
jfBlätt.  f.  Enäbhdarbi.*^ ,  erfährt  erfrenlicherweise  immer  weitoe 
Verbreitung.  Unter  den  Auspiden  des  italienischen  Untenichts- 
ministerinms  wird  im  laufenden  Jahre  vom  26.  August  bis  zum 
25.  September  bereits  der  sechste  Kursus-  zur  Ausbildung  vun 
Lehrern  für  den  Handfertigkeitsunterricht  abgehalten.  Er  findet  ia 
dem  Städtchen  Ripatransone  in  den  Marken  unter  der  Leitung  tob 
Gay.  Consorti  statt.  Die  praktischen  Unterweisungen  umfassea 
Fröbelarbeiten,  Modellieren,  Gartonnage,  Metall-  und  Holzarbeiten  je 
nach  der  Wahl  der  Teilnehmer. 

Londoner  Ferienkolonien.  Der  „Children's  Gountiy  HoHdayB 
Fund"  sandte  nach  „The  Brit.  Med.  Joum.*'  im  yergangenen  Jäte 
25568  Kinder  zu  einem  vierzehntägigen  Aufenthalte  aufs  Land. 
Die  Zahl  zeigt  gegen  das  Yoijahr  eine  Abnahme,  da  in  London 
die  Diphtherie  stark  herrschte.  Aus  dem  Mile  £nd-Distrikt  konstea 
z.  B.  statt  sonst  1200  Kinder  nur  44  fortgeschickt  werden.  Die 
Kosten  für  einen  yierzehntägigen  Aufenthalt  betragen  durdischnittlich 
10  Rh.  pro  Kopf. 


2.mtix^t  )Derfttj;tin$eii. 


Eriafs  des  Königlich  prenfsisehen  Unterrichtaministen, 
betreffend  Hanshaltangsnnterriclit  fBr  MKdclieii. 

Berlin,  den  9.  März  1894. 
Auf  den  Bericht  vom   20.  Januar  d.  Js.  und  vom  2.  d.  Mts. 
erwidere    ich   der  Königlichen  Regierung,    dals  ich  die  neuerdings 


'  1  Krone  =  1  Mark  12,5  P%. 

'  S.  diese  Zeitschrift,  1891,  No.  5,  S.  311  ff. 


429 

mehrfach  hervorgetretenen  Bestrebungen,  der  weiblichen  Jagend  der 
niederen  Volksklassen  durch  Einrichtung  von  Haushaltungsschulen 
Anleitung  zu  einer  geordneten  und  praktischen  Wirtschaftsführung 
zo  bieten,  mit  besonderem  Interesse  verfolge  und  ihren  günstigen 
Fortgang  schon  wegen  ihrer  hohen  erziehlichen  Bedeutung  lebhaft 
wünsche.  Insbesondere  liegt  ein  dringendes  Bedürfiiis  vor,  dals  diese 
anerkennenswerten  Bemühungen  den  jugendlichen  Arbeiterinnen  in 
den  Industriebezirken  zugewendet  werden,  welche  meist  ohne  Anschlufis 
an  eine  Familie  in  ihrer  isolierten  Lage  der  Gefahr  ausgesetzt  sind, 
dem  häuslichen  Leben  und  dadurch  auch  jeder  haushälterischen 
Thätigkeit  völlig  entfremdet  zu  werden.  Wenn  es  gelingt,  solche 
Arbeiterinnen  durch  einen  geeigneten  Haushaltungsunterricht  mit  den 
ftr  eine  geordnete  und  praktische  Wirtschaftsführung  erforderlichen 
Kenntnissen  und  Fertigkeiten  auszurüsten  und  in  ihnen  den  Sinn  für 
häusliche  Tugenden  zu  wecken  und  zu  pflegen,  so  würde  dies  ohne 
Zweifel  zur  Gesundung  des  Familienlebens  der  niederen  Yolksklassen 
wesentlich  beitragen  und  sie  gegen  mancherlei  Verführungen  wider- 
standsfiLhiger  machen. 

Zur  Gewinnung  durchgreifender  und  wirksamer  Ergebnisse  auf 
diesem  Gebiete  wird  zur  Zeit  in  erster  Linie  die  Errichtung  obliga- 
torischer Fortbildungschulen  ins  Auge  zu  fassen  sein,  in  welchen 
für  die  Mädchen  der  Haushaltungsunterricht  eine  hervorragende 
Stelle  einzunehmen  hätte.  Abgesehen  davon,  daTs  bei  der  derzeitigen 
Gestaltung  unserer  Schulverhältnisse  nur  in  solchen  Anstalten  dem 
fraglichen  Unterrichte  die  nötige  Ausdehnung  gegeben  werden  könnte, 
so  würden  zugleich  die  Zöglinge  einer  Fortbildungsschule  bei  ihrer  vor- 
geschrittenen geistigen  und  körperlichen  Entwickelung  dem  Unterrichte 
nicht  nur  ein  leichteres  Verständnis  und  eine  gröfsere  Gewandtheit 
entgegenbringen,  sondern  seine  besonderen  Aufgaben  auch  mit  dem 
tieferen  Ernste  erfassen,  der  ihre  erfolgreiche  Lösung  verbürgt. 

Unbeschadet  dieses  principiellen  Standpunktes  erkenne  ich  an, 
dals  bei  dem  Mangel  an  obligatorischen  Fortbildungsschulen,  in  denen 
der  Haushaltungsunterricht  eine  nachhaltige  Pflege  finden  könnte, 
und  bei  der  Schwierigkeit,  die  Kinder  der  arbeitenden  Bevölkerung 
nadi  ihrer  Entlassung  aus  der  Schule  zu  fakultativem  Haushaltungs- 
unterrichte heranzuziehen,  es  zum  Segen  dieser  Volkskreise  gereichen 
kann,  wenn  körperlich  ausreichend  entwickelte  Schülerinnen  im  letzten 
Sehu^ahre  einen  Haushaltungsunterricht  empfangen;  dieser  Unterricht 
wird  aber,  wie  der  Handfertigkeitsunterricht  für  Knaben,  bis  auf 
weiteres  eine  selbständige  Stellung  neben  der  Schule  einnehmen 
müssen.  Denn,  wenn  ich  auch  die  erziehliche  Bedeutung  solcher 
Bestrebungen,  wie  sie  sich  in  dem  Handfertigkeits-  und  Haushaltungs- 
unterrichte darstellen,   und  die  darauf  gerichtet  sind,  den  Sinn  und 


430 

das  Geschick  der  Jugend  für  praktische  Thätigkeit  anzuregen  mid 
zu  entwickeln,  voll  anerkenne  und  gern  bereit  bin,  die  zu  diesem 
Zwecke  ins  Leben  gerufenen  Einrichtungen  durch  Gewahrung  von 
Mitteln  nach  Ma&gabe  der  verfügbaren  Fonds  zu  fördern,  so  mnfe 
ich  doch  daran  festhalten,  dafs  die  Volksschule  durch  solche  Be- 
strebungen keine  Einbufse  erleidet  und  die  ihr  zugemessene  Zeit 
unverkürzt  dazu  verwendet,  der  Jugend  auf  der  Grundlage  wert- 
voller Kenntnisse  eine  sittliche  und  religiöse  Bildung  zu  vermitteln^ 
welche  die  gedeihliche  Ausübung  ihrer  späteren  praktischen  Benifs- 
thätigkeit  wesentlich  bedingt. 

Ich  kann  mich  hiemach,  solange  sich  die  ganze  Angelegenheit 
noch  im  Stadium  des  Versuches  befindet  und  umfassende  £rfahrongen 
auf  diesem  Gebiete  noch  ausstehen,  nicht  damit  einverstanden 
erklären,  daüs  der  von  dem  dortigen  Vaterländischen  Frauenvereine 
in  Aussicht  genommene  Haushaltungsunterricht  in  den  Lehrplan  der 
ersten  Klasse  der  Mädchenvolksschule  daselbst  eingefügt  und  zn 
seinen  Gunsten  eine  Verkürzung  der  schulplanmäfsigen  Unterrichtszeit 
bei  einigen  Lehrgegenständen  vorgenonmien  wird. 

Die  schulfreien  Nachmittage  werden  unter  den  dortigen  Ver- 
hältnissen, wie  ich  annehme,  für  den  geplanten  Haushaltungsunterricbt 
ausreichende  Zeit  gewähren,  zumal  wenn  die  theoretischen  Unter- 
weisungen, wie  naturkundliche  Belehrungen,  Preisberechnung  u.  a., 
von  ihm  ausgeschlossen  und  dem  Unterrichte  in  den  entsprechenden 
Disdplinen  der  Volksschule,  in  welchen  sie  nach  den  Allgemeinen 
Bestimmungen  vom  15.  Oktober  1872  gehören,  überlassen  werden. 
Der  Minister  der  geistlichen  etc.  Angdegenheiten. 

(Gez.)  Bosse. 

RnndverfBgnng  der  KSniglichen  Regierung  zu  Kassel, 

Abteilnng  ffir  Kirchen-  nnd  Seholsaehen, 

die   Revision  von  Sehnlhänsem  anlangend. 

Kassel,  den  26.  November  1893. 
Im  Interesse  der  Schulhygiene  ersuchen  wir,  bei  allen  sich  dt^ 
bietenden  Gelegenheiten  die  Schulhäuser  einer  Revision  darauf  zo 
unterziehen,  ob  sie  nach  Anlage,  Unterhaltung,  innerer  Einrichtong, 
Reinigung,  Lüftung  u.  s.  w.  den  im  sanitären  Interesse  erlassenen 
Vorschriften  entsprechen.  Sobald  sich  irgendwie  Mängel  in  dieser 
Richtung  vorfinden,  ersuchen  wir  auf  das  nachdrücklichste,  fBr 
deren  Beseitigung  Sorge  zu  tragen.  In  zweifelhaften  Fällen  ist  der 
Kreisphysikus  zu  den  Untersuchungen  der  Schulhäuser  hinzuzuziehen 
und  ein  Gutachten  von  ihm  einzufordern.  Auch  wollen  die  Herren 
Landräte  den  Gesundheitszustand  der  Schulkinder  stets  im  Aoge 
behalten  und  zu  diesem  Zweck  unter  anderem  möglichst  oft  Einsicht 


431 

TOD  den  SchalYersännmisregistern  nehmen.  Sobald  hierbei  sich 
AnlaÜB  zü  Bedenken  ergibt,  ersuchen  wir  gleichfalls,  den  Medizinal- 
beamten zn  einer  Untersnchnng  der  sanitären  Verhältnisse  in  der 
betreffenden  Schnle  zn  veranlassen  und  mit  demselben  gemeinsam 
die  zur  Unterdrückung  yon  Krankheiten  oder  die  sonst  erforderlichen 
Malsregeln  zu  leiten. 

Schema  zum  Physikatsbericht 

über  die  ärztliche    Revision  der  .  . .  Schule  zu am 

(Yerfftgung  Königlicher  Regierung  vom  19.  April  1874,  10.  Mai  1878 

und  26.  November  1893.) 

A.  Gesundheitszustand  der  Kinder^. 

a.  Allgemeiner  Eindruck  (Gesichtsfarbe,   Haltung,  Reinlichkeit). 

b.  Ansteckende  Krankheiten. 

1.  Hautkrankheiten  (Ekzem,  Krätze,  Kopfgrind  u.  s.  w.). 

2.  Ansteckende  Augenkrankheiten. 

3.  Infektionskrankheiten    (Diphtherie,    Keuchhusten,    Tuber- 
kulose etc.). 

4.  Sonstige  Krankheiten. 

B.  Gesundheitsverhältnisse  der  Schule. 

1.  Lage. 

2.  Gebäude  (ob  massiv,  oder  in  Fachwerk,  Dach,  ob  unter- 
kellert, Wohnung  des  Lehrers  getrennt?). 

3.  Treppen    (hölzerne,    steinerne,    Geländer,    ob    überhaupt 
gefahrlos?). 

4.  Schulzimmer. 

a.  Grö&e  (Höhe,  Länge,  Breite,  Zahl  der  Kinder,  es  vraren 
wegen  Krankheit  abwesend,  Bodenfläche  für  jedes  Kind). 

b.  Fu&boden  (ob  dicht  und  gestrichen). 

c.  Wände  und  Decken  (Anstrich). 

d.  Reinlichkeit  im  allgemeinen. 

e.  Fenster  (GröJGse,  Zahl  und  Lage,  Verhältnis  der  Fläche  der 
Fensteröffnungen  zur  Bodenfläche,  Schutz  vor  direkten  oder 
reflektierten  Sonnenstrahlen). 

f.  Schultische,  Bänke  (ob  solid,  zweckmäfsig,  Sitzraum). 

g.  Lichtverhältnis  im  allgemeinen. 


^  Die  eingeklammerten  Zusätze  dienen  als  Anhalt  bei  der  Revision, 
ohne  andere  Befunde  auszuschlielsen.  Die  Nummern  B.  1.  2.  8.  sind 
nur  im  nächstfolgenden  Berichte  zu  beantworten,  ingleichen  bei  jeder 
ersten  Revision. 


432 

h.  Heizang  (Art  derselben,  Öfen,  ob  genflgender  Sehnte  gegei 
Verbrennung  und  Wärmestrahlung,  Temperatur,  Thermometer). 

i.  Ventilation  (Einrichtung  der  Oberlichter  der  Fenster,  Elapp- 
scheiben,  Glasjalousien,  centrale  Ventilation  etc.). 

k.  Stand  des  Katheders  und  der  Wandtafel. 

5.  Abtrittsanlage  (Lage,  ob  in  genflgender  Entfernung  Tom 
Schulgebäude,  Ausdünstung,  Reinlichkeit  der  Sitze,  Anzahl 
derselben  im  Verhältnis  zur  Kinderzahl). 

6.  Spiel-  und  Turnplatz  (Gröfse,  Lage,  ob  Turngeräte  solid 
und  ungefährlich,  ob  der  Boden  unter  Barren  und  Beck 
fest  oder  mit  Sägemehl  bedeckt  etc.). 

7.  Wasserversorgung  (Trinkgefäfs,  Entfernung  der  Bnumen 
von  den  Abtritten). 

8.  Sonstige  Bemerkungen. 

den 18. . 

Der  Königliche  Kreisphysikus. 

Was  ist   zur   Beseitigung   der   erwähnten   Mängel    angeordnet 
worden? 

Der  Bfirgenneister. 


Ans  der  Verordnung  der  Bnkowinaer  k.  k.  Landesregieniig 

vom  13.  April  1894,  Z.  6134, 
an  alle  unterstehenden  poutischen  Behörden  wegen  Dirck* 

f&hrnng  der  Impftingen. 

Die  Schulleitungen  der  Yolksschulen  sind  im  Grunde  Erlasses 
des  hohen  Ministeriums  fQr  Kultus  und  Unterricht  yom  9.  Juni  1891, 
Z.  9043,  intimiert  mit  dem  Landesschulratserlasse  vom  20.  Juni  1891, 
Z.  1214,  aufzufordern,  die  Ausweise  der  nichtgeimpften  und  der 
Yor  länger  als  10  Jiüiren  geimpften  Schulkinder  zeitgerecht  der 
k.  k.  Bezirkshauptmannschaft  (dem  Stadtmagistrate)  zu  erstatten  und 
den  Impfarzt  hei  Durchführung  der  Impfung,  beziehungsweise  Wieder- 
impfung der  Schulkinder  wirksam  zu  unterstfltzen. 

Die  betreffenden  Schulkinder  sind  anläßlich  der  öffentlichen 
Impfungen  im  Sinne  des  hohen  Ministerialerlasses  vom  12.  Juli  1891, 
Z.  8509,  intimiert  mit  dem  hieramtlichen  Normalerlasse  vom  26.  M 
1891,  Z.  10279,  abgesondert  von  den  anderen  Impflingen  der 
Impfung  zuzufahren. 

Es  wird  sich  als  zweckmäfsig  empfehlen,  die  Impfung,  beziebiuigs- 
weise  die  Wiederimpfung  der  Schulkinder  im  Schulhause  vorzunehmcD, 
wo  dieselben  unter  Aufsicht  der  Schullehrer  am  festgesetzten  Impf- 
termine zu  versammeln  sind. 


4SS 


Da  die  animale  Vaccine  beim  Herrschen  greiser  Hitze  an 
Wii^samkeit  leicht  veriiert,  nnd  da  zu  dieser  Zeit  ani^  heftige 
entzflndliche  Reaktionen  bei  den  Geimpften  hftnfiger  als  sonst  vor- 
kommen,  so  tot  in  der  Zeit  Tom  15.  Juli  bis  zun  30.  Angnst  die 
Imp6mg  SU  nnterbrechMi,  da  anch  za  dieser  Zeit  die  so  wOnschenswerte 
Dnpfiuig  und  Revaccination  der  Schulkinder,  velcfae  wegen  der  Schul- 
ferien die  Schnle  nicht  besnchen,  nicht  Torgenommen  werden  kann. 

Zorn  Berichte  aber  die  Impfnng,  bezw.  Wiederimpfting  der 
Schaler  di«it  folgendes  Schema: 

Ausweis 
aber  die  Impfnag  der  Schulkinder. 


der  Sohnlkinder 


l-i 


■äj 


au  den  Protokoll«  der  HMi1>nr|;iBoh«B  Oberschnlbehfirde, 

246.  SitziDg,  in  betreff  des  UnterrichtsBchlnsses 

bei  grefser  Hitze. 

Auf  Anfange  des  Herrn  Prfisea,  ob  es  sich  empfehle,  den 
Herren  Direktoren  der  höheren  Staatsschulen  eine  allgemeine  An- 
weisung daraber  zu  erteilen,  ob  and  wann  etwa  bei  grofser  Hitze 
der  Unterricht  aosznsetzen  sei,  wird  nach  kurzer  Besprechnng 
beschlossen,  dieselben  zu  beauftragen,  den  Unterricht  in  den  h&heren 
BtaatsBchnlen  ohne  weiteres  ahznbrochen,  sobald  das  Thermometer 
im  Schatten  eine  Erwärmnng  der  ftufseren  Luft  tob  22'  R.  anzeigt 
aad  davon  dntretendoi  Falls  dem  Herrn  PrSaes  nachtrft^ch  Anzeige 


(Oe>.)  Dr.  Ad.  Hiooloi. 


§ghii|«i*diktftip<«c*  yo. 


434 


Auszug 

aus  dem  Protokolle  der  Hamburgischen  Oberschul- 

behOrde,  zweite  Sektion,   2&0.  Sitzung. 

Der  Herr  Präses  resflmiert  die  zuletzt  unter  dem  30.  Mai  d.  Js. 
besprochene  Angelegenheit  des  SchlieCsens  der  Schulen  bei  ataiker 
Hitze  und  bezieht  sich  dabei  namentlich  auf  sein  ümlaufeschreilien 
vom  7.  Juli  Y.  Js.,  sowie  auf  die  demselben  beigelegte  gutachtliche 
Äufserung  des  Herrn  Dr.  Voller  tou  demselben  Tage. 

Nach  Beratung  wird  beschlossen,  behufs  HerbeifQhmng  einer 
thunlichst  flbereinstimmenden  Handhabung  der  unterm  30.  Mai  d.  Js. 
diesseits  getroffenen  Bestimmung,  nach  welcher  die  Schulen  bei 
einer  Temperatur  der  äufseren  Luft  Yon  22®  R.  zu  schlielBen  sind, 
die  Herren  Direktoren  der  höheren  Staatsschulen  zu  beanftxagen, 
für  die  betreffende  Schule  ein  Thermometer,  welches  zum  Schatze 
gegen  Strahlung  mit  einem  geeigneten,  aus  Blech  oder  Holz  her- 
gestellten Gehäuse  yersehen  ist,  zu  beschaffen;  dasselbe  vor  seiner 
Aufstellung  seitens  des  ph3rsikalischen  Staatslaboratoriums  prflfen  und 
diese  Prüfung  nach  Ablauf  einiger  Monate  wiederholen  zu  lassen; 
das  fOr  gut  befondene  Thermometer  an  einem  passendoi,  leidit 
zugänglichen  Platze  im  Bereiche  der  Schule,  welcher  yon  dem 
Direktor  des  physikalischen  Staatslaboratoriums  gemeinsam  mit  dem 
Verwalter  der  physikalischen  Sammlung  der  Schule  auszuwählen  ist, 
anbringen  und  dann  behufs  Vervollständigung  der  Kontrolle  seinen 
Gang  einige  Zeit  hindurch  regelmäfsig  beobachten  zu  lassen ;  endlich, 
wenn  der  Ausfall  des  Unterrichts  wegen  grofser  Hitze  in  Frage 
kommen  könnte,  den  je  mit  der  Verwaltung  der  physikalischen 
Sammlung  der  Schule  beauftragten  Lehrer  mit  der  Ablesung  des 
nach  vorstehenden  Bedingungen  ausgewählten  und  aufgestellten 
Thermometers  zu  betrauen. 

(Gez.)  Dr.  ÄD,  MiooLCi. 

VerfBj^ng  des  Wiener  Bezirksschulrates  bezüglich  des  Anf- 

tretena  der  Influenza  in  Sehnlen. 

BezirksBchulrat 
der  k.  k. 
Reichshaupt-  und  Residensstadt 
Wien. 

An  sämtliche  Schulleitungen. 

Zufolge  Erlasses  der  hochlöblichen  k.  k.  niederösterreichischen 

Statthalterei  vom  16.  Dezember  1893,  Z.  89  069,  ist  dem  Auftreten 

der  Influenza  in  Schulen  die  sorgsamste  Aufinerksamkeit  zuzuwenden, 

und  werden  die  Schulleitungen  angewiesen,  der  Gesundheitspflege  die 

vollste  Beachtung   zu.  schenken   und   insbesondere   daf&r    Sorge    zu 


435 

tragen,  dals  die  Schallokalitftten  in  der  nnterricbtsfreien  Zeit  häufig 
gehlftet,  der  Fotsboden  and  alle  Einrichtongsstflcke  t&glich  gründlich, 
und  zwar  durch  Aufwischen  mit  feuchten  Lappen,  gereinigt  werden. 
Auch  werden  alle  SchuUeitungen  angewiesen,  der  gleichmäfsigen 
Temperierung  der  SchuUokalitftten  in  der  Zeit  des  Unterrichtes  die 
w&nnste  Fürsorge  zu  widmen. 

Hierron  wird  die  Schulleitung  in  Kenntnis  gesetzt. 
Wien,  am  30.  Dezember  1893. 

Der  Yorsitzende-StellTertreter. 
(Gez.)  Dr.  Schindler. 


Pttfiualxtn. 


Geheimer  Hofrat  Dr.  G.  Wsnbt,  Gymnasialdirektor  und  Mitr 
glied  des  Oberschulrats  in  Karlsruhe,  wurde  zum  Geheimen  Rat 
m.  Klasse,  unsere  yerehrten  Mitarbeiter,  die  Herren  Oberschulr&te 
G.  Wallbapf  und  Dr.  £.  von  Sallwürk  daselbst,  zu  Geheimen 
Hofräten  ernannt. 

Der  znm  Direktor  der  Kinderklinik  in  der  Berliner  Charit6 
gewählte  Professor  Dr.  Hbübner  hat  den  Titel  eines  Greheimen 
Medizinahrates  erhalten. 

Die  Gesellschaft  der  St.  Petersburger  Kinderärzte  ernannte 
den  Professor  der  Pädiatrie  N.  F.  Filatow  in  Moskau  zum  Ehren- 
mitgliede. 

Den  Regierungs-  und  Schulräten  Florschütz  in  KOhi,  Dr. 
LaübR  in  Stade,  Seladny  in  Posen  und  dem  Oberrealschuldirektor 
WlERKiCKS  in  Gleiwitz  ist  der  Charakter  als  Geheimer  Regierungs- 
rat, dem  Kreisschulinspektor  £lsner  in  Leobschtttz  der  Charakter 
als  Sdiulrat  mit  dem  Rang  der  Räte  lY.  Klasse  verliehen  worden. 

Es  erhielten:  den  Kronenorden  I.  Klasse  der  Ministerial- 
direktor im  preuDsischen  Kultusministerium,  Wirklicher  Geheimer 
Rat  Dr.  de  la  Croix,  den  Kronenorden  III.  Klasse  der  Direktor 
der  städtischen  höheren  Mädchenschule  Professor  Dr.  Haupt  in 
Stettin,  den  Kronenorden  lY.  Klasse  der  Mittelschuldirektor  a.  D. 
NiBSEN  in  Heide  und  der  Institutsvorsteher  Dr.  Künklbr  in 
Biebrich;  das  Ritterkreuz  I.  Klasse  des  Ordens  vom  Zähringer 
Löwen  der  R^erungsrat  beim  badischen  Oberschuhrat  Franz 
Schmidt  in  Karlsrahe,  der  Progymnasialdirektor  K.  Bissinoer 
in  Donaueschingen,  der  Realschuldirektor  J.  Heim  in  Konstanz  und 
der  Yorstand  der  Realschule,  Professor  Rüd.  Oster  in  Waldshut; 

28* 


436 

den  roten  Adlerorden  lY.  Klasse  die  Gymnasialdirektoren  Dr. 
RiCHTEB  in  SchOneberg  und  Sohmblzeb  in  Hamm,  die  Realschid- 
direktoren  Dr.  Yehse  in  Dortmund  and  Dr.  Petby  in  Bemschäd ; 
das  Ritterkreuz  des  mecklenburg-schwerinschen  Greifenordens  der 
Konrektor  Professor  Dr.  Diestel,  und  der  Oberlehrer  Professor 
Dr.  Klein  am  Yitzthnmschen  Gymnasium  in  Dresden. 

G&AF  BaüiLET  de  Latoub  ist  zum  Sektionschef,  Dr.  Aüo. 
Ritteb  yok  Kleeman  zum  Ministerialrat  im  k.  k.  österreiduselien 
Ministerium  fttr  Kultus  und  Unterricht  ernannt  worden. 

Professor  Dr.  Joseph  von  Fodob  wurde  zum  Präsidenten, 
Professor  Dr.  Julius  Dollinoeb  zum  Yicepräsidenten  des  unga- 
rischen hygienischen  Landesvereins  gewählt;  Yorsitzender  der  sdiol- 
hygienischen  Sektion  wurde  Ministerialrat  Alexandeb  von  LBÖYEr^ 
Sekretär    unser    geschätzter   Mitarbeiter,    Schularzt   Dr.   Heinbich 

SCHUSOHNT. 

Der  Direktor  des  hygienischen  Institutes  der  üniyersitftt  Halle, 
Professor  Dr.  Renk,  ist  als  Professor  der  Hygiene  an  das  Poly- 
technikum in  Dresden  berufen  worden;  derselbe  wird  zu^eidi  die 
Leitung  der  Gentralstelle  f&r  öffentliche  Gesundheitspflege  dasdbst 
übernehmen. 

Der  aulserordentliche  Professor  der  Kinderheilkunde  Dr.  Th. 
EsCHEBiCH  in  Graz,  der  die  Berufung  nach  Leipzig  abgelehnt  hat, 
wurde  zum  ordentlichen  Professor  befördert;  an  seiner  Stelle  hat 
Professor  Dr.  Otto  Soltmann  in  Breslau  einen  Ruf  auf  den  Leiir- 
stuhl  der  Pädiatrie  in  Leipzig  erhalten  und  angenommen. 

Kreisphysikus  Dr.  Meyhoefeb  in  Görlitz  ist  zum  BegiemagB- 
und  Medizinalrat  in  Köln  ernannt  worden. 

Dem  Kollegienrat  Dr.  Lunin  wurde  die  Stdlung  als  älterer 
Ordinator  des  Elisabethkinderhospitals  in  St.  Petersburg  flbertragoi. 

Kreisschulinspektor  LÜNENBona  in  Remagen  ist  zum  Begie- 
rungs-  und  Schulrat  gewählt  und  der  Regierung  in  Dflsseldorf  an- 
gewiesen worden. 

Dr.  Abmand  Delpeuch  wurde  zum  Arzt  des  Lyceums  Saint- 
Louis  in  Paris  ernannt. 

Als  PriTatdocent  der  Kinderheilkunde  in  Basel  hat  sich  Dr. 
E.  Feeb  habilitiert. 

Am  4.  April  d.  Js.  b^ing  der  Professor  der  Pädiatrie  aa  der 
üniTersität  Moskau  Dr.  N.  F.  Filatow  das  fanfundzwanzigjihrige 
Jubiläum  seiner  ärztlichen  Thätigkeit. 

Der  Realschuldirektor  Dr.  Behbe  in  Dortmund  ist  in  den 
Ruhestand  getreten;  bei  dieser  Gelegenheit  wurde  ihm  der  rote 
Adlerorden  lY.  Klasse  verliehen. 

Dem   Arzt    am   Blindeninstitute   in   St.    Petersboiig    Nikolai 


487 

SchüIjQOWSKi  ist  auf  seine  Bitte  der  Abschied  erteilt  worden;  zn- 
gleich  erhielt  er  den  Bang  als  Wirklicher  Staatsrat. 

Die  Zeitschrift  f&r  Schalgesnndheitspfiege  hat  den  im  45. 
Lebenswahre  erfolgten  Tod  eines  ihrer  Mitarbeiter,  des  ehemaligen 
Professors  der  Hygiene  an  der  Universitftt  Lausanne  Dr.  Wilhelm 
LöwEiirrHAL  in  Berlin,  zu  beklagen ;  der  Verstorbene  ist  namentlich 
durch  seine  schulhygienischen  Arbeiten  und  seine  Forschungen  auf 
dem  Gebiete  der  Cholera  bekannt  geworden;  sein  Hauptwerk  flthrt 
den  Titel  „Grundzüge  einer  Hygiene  des  Unterrichts." 

Es  sind  gestorben:  Gymnasialdirektor  Professor  Dr.  theol.  et 
jur.  MABTBN8  in  Elbing,  63  Jahre  alt,  Gymnasialdirektor  Pfautsch 
in  Spandau,  Bealgynmasialdirektor  Dr.  Winteb  in  Quakenbrflck  und 
Realprogymnasiald^ektor  Dr.  Yölckeb  in  Schönebeck. 


£itteratttr. 


Besprechungen. 

Dr.  G.  Dblvaillb.  Une  miasion  eii  Espagne«  L'hygitae 
acolaire  et  les  exereices  physiques.  Paris,  1892.  Gh.  Delagrave. 
(38  8.  8^) 

^Die  Geschichte  der  Schulhygiene  ist  fär  die  meisten  Lftnder 
Europas  mehr  oder  weniger  bekannt.  Der  sanitftre  Zustand  der 
ünterrichtsanstalten  Frankreichs,  Deutschlands,  Belgiens,  Schwedens, 
der  Schweiz  u.  s.  w.  wurde  eingehend  studiert,  durch  zahlreiche 
Berichte  zur  öffentlichen  Kenntnis  gebracht,  und  oft  haben  die  in 
den  verschiedenen  L&ndem  gemachten  Fortschritte  den  Nachbar- 
ländern zur  Aneiferung  und  zum  Vorbild  gedient. 

Nur  Spanien  ist  von  dieser  Bewegung  unberührt  geblieben. 
Und  doch  mufs  das  Land,  das  infolge  seiner  geographischen  Lage 
so  yerschiedene  Klimate  besitzt,  dessen  Bewohner  so  abweichende 
Sitten  und  Gewohnheiten  haben,  interessante  und  origineUe  Eigen- 
tftmlichkeiten  bieten.  So  hat  Dr.  Delvaillb  gedacht,  als  er  sich 
die  Aufgabe  stellte,  diese  Frage  im  Lande  selbst  zu  erforschen. 

Obgleich  die  Resultate  nicht  seinen  Erwartungen  entsprachen, 
und  obgleich  er  uns  nirgends  besondere  Fortschritte  mitzuteilen  vermag, 
ftllt  die  interessante  Schrift  des  Autors  doch  eine  Lttcke  aus  und 
verdient  gekannt  und  gelesen  zu  werden. 

Die  spanische  Erziehungsmethode  weicht  von  der  unsrigen  ab. 


1  Aus  dem  FranzÖBischen.    D.  Bed. 


438 

man  findet  dort  noch  die  Einrichtung,  dab  der  Unterricht  durch 
Lehrer  an  Schüler  erteilt  wird,  die  dann  ihrerseits  wieder  ihre 
Kameraden  onterrichten.  Dieses  System  ist  oft  mit  demjenigen  des 
gemeinsamen  Unterrichtes  verbunden,  bei  dem  der  Lehrer  selbst  sämtliche 
Schaler  einer  Klasse  zu  gleicher  Zeit  unterrichtet.  Man  spricht 
dann  von  dem  gemischten  System,  das  in  Spanien  sehr  beliebt  ist. 
Ans  der  Anwendung  des  letzteren  erklärt  sich,  warum  die  spanischeji 
Schulen  meist  nur  aus  einer  einzigen  grofsen  Klasse  bestehen,  welche 
gewöhnlich  18  m  lang  und  6  m  breit  ist  und  100  bis  l&O  Kinder 
enthält. 

Der  Lehrer  wird  bei  seiner  Arbeit  durch  eine  oder  zwei  Bllfe- 
kräfte,  je  nach  der  Zahl  der  Schiller,  unterstatzt;  er  hat  dieselben 
aber  auch  zu  besolden. 

Im  allgemeinen  rechnet  man  eine  Volksschule  auf  100  Familien 
und  eine  Mittelschule  auf  1200  Familien. 

Die  meisten  spanischen  Städte  besitzen  keine  eigenen  Scfanl- 
gebäude.  Viele  Kommunen  wollen  far  dieselben  nichts  ausgeben,  ja 
manche  bezahlen  nicht  einmal  regelmäfsig  das  Grehalt  ihrer  Lehrer. 
Im  Jahre  1891  betrug  die  Summe,  welche  spanische  Städte  an 
Lehrer  schuldeten,  8184465  Francs.  Diese  Thatsache  wirft  ein 
eigentttmliches  Licht  auf  den  Wert,  welchen  man  in  Spanien  dem 
Unterrichte  beilegt. 

Der  Luftraum,  der  den  Kindern  gewährt  wird,  wechselt  nach 
den  verschiedenen  Schulen.  Das  Gesetz  fordert  3  cbm  pro  Kc^f. 
Die  meisten  Lehranstalten  bieten  jedoch  nur  2,50  oder  gar  mir 
2,30  cbm.  Die  Höhe  der  Klassen  soll  nach  den  Verordnungen 
3,10  m  betragen,  sie  ist  aber  aberall  geringer,  die  neuen  Sehnlen 
ausgenommen. 

Die  Beleuchtung  erfolgt  sehr  oft  von  zwei  Seiten  her,  wobei 
diejenige  von  rechts  aberwiegt.  Häufig  erhalten  die  Kinder  das 
Licht  auch  Ton  vier  Seiten,  in  einigen  Fällen  selbst  von  vom  nnd 
von  hinten. 

Die  Heizungsvorrichtungen  sind  ungefthr  dieselbe,  wie  in 
unseren  Schulen,  in  manchen  Orten  jedoch  wendet  man  noch  Kohlen- 
pfannen, diese  abscheuliche  und  gefährliche  Heizungsart,  an. 

Kanstliche  Ventilation  existiert  blofs  in  ganz  neuen  Sdiid- 
häusem. 

Das  Mobiliar  besteht  fast  immer  nach  alter  Art  aus  langen 
Bänken  und  Tischen  3  nur  in  einigen  groüsstädtisdien  Schulen  finden 
sich  zweisitzige  Subsellien. 

Auch  die  Einrichtung  der  Aborte  ist  noch  ziemlich  mangelhaft; 
in  einzelnen  Schulen  fehlen  dieselben  ganz. 

Selten  findet  man,  dafs  die  Lehranstalten  einen  Hof  oder  eine 


439 

gedeckte  Halle  besitzen,  denn  Zwischenpausen  kennt  man  in  Spanien 
nicht.  Die  drei  Unterrichtsstunden  am  Vormittage  werden  durch 
gymnastische  Übungen  in  der  Klasse  unterbrochen,  und  ebenso 
yerhfilt  es  sich  mit  den  drei  Stunden  am  Nachmittage.  Zwischen 
dem  Tor-  und  Nachmittagsunterricht  liegt  eine  Freizeit  von  mindestens 
zwei,  höchstens  vier  Stunden.  Die  Gymnastik,  die,  wie  bemerkt, 
in  der  Klasse  stattfindet,  beschränkt  sich  auf  Beugungen  des 
Kopfes,  der  Arme  und  der  Beine,  die  von  verschiedenen  Gre- 
sftngen  begleitet  werden.  Jugendspiele  im  Freien  kommen  nur  an 
einigen  besonderen  Schulen  vor.  unter  diesen  Spielen  sind  am 
beliebtesten  das  Ball*  und  das  Stierspiel,  sowie  eine  Art  von  Tanz, 
der  den  Namen  „Seguedille*'  führt;  bei  dem  Stierspiel  werden  die 
Sprünge  eines  Stiers  nachgeahmt. 

Die  Gerechtigkeit  erfordert  übrigens,  zu  bemerken,  dafs  man 
in  einigen  Grofsstftdten  günstigeren  hygienischen  Yerhftltnissen  der 
Schulen  begegnet. 

Was  die  ärztliche  Inspektion  der  letzteren  betrifft,  so  ist 
dieselbe  zwar  durch  Erlafs  des  ünterrichtsministers  empfohlen,  jedoch 
keineswegs  überall  durchgefohrt;  selbst  einige  der  hauptsächlichsten 
Städte  entbehren  dieselbe. 

Eine  Verfügung  bestimmt,  dafe  jedes  Kind  mit  einem  Impf- 
schein versehen  sein  soll,  trotzdem  aber  wird  die  Impfung  oft 
unterlassen.  Die  Wiederimpfung  ist  nicht  obligatorisch;  eine  Aus- 
nahme bildet  nur  Madrid,  wo  sie  für  alle  neuiyährigen  Kinder 
gefordert  wird. 

In  Fällen  von  Epidemien  findet  Schliefsung  der  Schulen  statt, 
allein  die  Klassen  werden  selten  desinfiziert;  auch  ist  die  Anzeige 
epidemischer  Krankheiten  nicht  durch  Gesetz  vorgeschrieben. 

Zum  Schlufs  spricht  der  Verfasser  von  den  vor  kurzem  in  Spanien 
begrfindeten  Ferienkolonien;  es  sind  ihrer  zwei,  die  eine  in  Madrid 
für  18,  die  andere  in  Granada^  gleichfalls  für  18  Kinder.  Die 
Sache  ist  erst  im  Entstehen  begriffen,  wird  aber  sicherlich  schnelle 
Fortschritte  machen. 

Das  ist  in  Kürze  der  Inhalt  der  interessanten  Arbeit  des 
Dr.  Dblvaille,  deren  Lektüre  wir  allen  dei^enigen  empfehlen,  die 
sich  für  schulhygienische  Fragen  interessieren. 

Schularzt  Dr.  med.  A.  CoifBE  in  Lausanne. 

Mabgabete  Poehlmann,  Schulvorsteherin.  Die  Gesnndheitslelire 
in  der  hSheren  Mädchenschule.  5.  Jahresbericht  der  höheren 
Privatmädchenschule  zu  Tilsit.  Ostern  1893.  Tilsit,  1893.  H. 
Post     (16  S.  8^) 

*  8.  diese  Zeitschrift,  1893,  No.  5,  S.  271—275.    D.  Red. 


440 

Es  ist  eine  erfireoltche  Thateache,  dab  die  Schule  die  ?oii 
ärztlicher  Seite  an  sie  ergangene  Mahnung  zu  einer  sorgfidtigea 
Pflege  der  Oesondheit  ihrer  Zöglinge  neuerdings  immer  mehr  sa 
beherzigen  sich  bemüht.  Insbesondere  der  höheren  Mftdchenschide 
Deutschlands  darf  die  Anerkennung  nicht  versagt  werden,  dals  sie 
es  ernst  nimmt  mit  dem  Bestreben,  den  Forderungen  der  Gesnnd- 
heitslehre  gerecht  zu  werden.  Beweis  dafür  ist  unter  anderen 
Thatsachen  auch  die,  dab  die  Jahresberichte  dieser  Schulen  sich 
häufig  mit  der  genannten  Frage  beschäftigen.  Auch  FrSidäii 
PoRHTiMANK,  Vorsteherin  der  höheren  Privatmädchenschule  zu  Tikit, 
hat  ihrem  fünften  Jahresberichte  eine  Abhandlung  Aber  die  Ge- 
sundheitslehre in  der  höheren  Mädchenschule  vor- 
angestellt. 

Die  Verfasserin  geht  davon  aus,  dab  die  höhere  Töchtersdmle, 
wenn  sie  auch  im  allgemeinen  den  Forderungen  der  Schulhygiene 
gerecht  werde,  doch  einem  wichtigen  Punkte,  der  grflndliGhen 
Unterweisung  der  weiblichen  Jugend  in  der  Gesund- 
heitslehre, noch  nicht  die  genfkgende  Beachtung  schenke.  Die 
beste  Zeit  fflr  diese  Unterweisung  sei  das  letzte  Schu^ahr.  Aber  nur 
dann  könne  sie  recht  fruchtbringend  gemacht  werden,  wenn  die 
Schule  zweierlei  nicht  versäume,  einerseits  ihre  Zöglinge  bereits  vom 
ersten  Unterricht^ahre  ab  zu  einer  gesunden  LebensweiBe  zu  erziehen, 
andererseits  alle  Unterrichtsgegenstände  möglichst  in  den  Dienst  der 
Gesundheitslehre  zu  stellen.  Nach  ihr  soll  der  Beligionslehrer  die 
Kinder  darauf  hinweisen,  dab  der  Mensch  seinen  Körper  als  da 
Tempel  Gottes,  als  den  Wohnsitz  seiner  unsterblichen  Seele  rein  zn 
halten  und  vor  Schädigungen  zu  bewahren  hat,  die  ihn  binden 
könnten,  seinen  Pflichten  gegen  Familie  und  Staat  nachzukommen. 
Ohne  solche  religiös-ethische  Unterlage  schweben  doch  alle  Belehrungen 
über  die  Gesundheitspflege  in  der  Luft.  Jedes  Mädchen  weib  jetzt 
z.  B.  ganz  genau,  me  schädlich  das  Einschnüren  des  Brnstkastois 
wirkt,  und  doch  ist  diese  Unsitte  nicht  auszurotten;  das  Wissen  aUein 
thut's  nicht. 

Der  fruchtbringendste  Unterrichtsgegenstand  für  den  gedachtoi 
Zweck  sei  die  Naturkunde;  sie  habe  fast  alles,  was  zum  Gebiete 
der  Gesundheitslehre  gehöre,  zur  Besprechung  zu  bringen.  Da  aber 
derartige  Belehrungen  im  Laufe  der  Schuljahre  nach  und  nach,  also 
zerstreut  und  zusammenhanglos  erfolgen,  so  sei  für  das  letzte  Schuljahr 
eine  systematische  Zusammenfassung  des  gesamten  hierher  gehörigen 
Lehrstoffes  dringend  geboten.  Derselbe  müsse  aber  der  gesteigerten 
Fassungskraft  der  Schülerinnen  entsprechend  vertieft  und  auch  hier 
und  da  erweitert  werden,  letzteres  hauptsächlich  nach  der  Richtimg 
hin,  dab  die  Belehrungen  über  die  Gesundheitspflege  die  Verhältnisse 


441 

des  zartesten  Kindesalters  berflcksichtigen,  da  ja  doch  die  Mehr- 
zahl unserer  M&dchen  später  mit  der  Pflege  ond  Erziehung  von 
Kindern,  eignen  oder  fremden,  zu  thun  habe.  Wir  halten  das 
far  einen  sehr  glflcklichen  Gedanken,  znnuü  wenn  auch  einige  Stflcke 
ans  der  Psychologie  nnd  Erziehongslehre,  seibstyerstftndlich  in  elemen- 
tarster Form  unter  steter  Beziehung  auf  das  praktische  Leben,  hin- 
zngefftgt  werden. 

Wenn  wir  bis  dahin  den  AnsfUiningen  der  Verfasserin,  in 
denen  sich  aDenthalben  die  erfahrene  Lehrerin  nnd  besonnene  Er- 
zieherin yerrftt,  voll  nnd  ganz  beipflichten  konnten,  so  müssen  wir 
doch  der  letzten  Behauptung  derselben  entgegentreten,  da(s  der 
Unterricht  in  der  Gesundheitslehre,  wenn  er  in  einer 
der  beiden  letzten  Klassen  erteilt  werde,  in  den  Händen 
einer  Lehrerin  liegen  solle  und  dafs,  wenn  eine  solche 
nicht  zu  haben  sei,  er  lieber  ganz  unterbleibe.  Da,  wie 
Frftulein  Poshlmakn  selbst  ausfahrt,  der  naturwissenschaftliche 
Unterricht  mit  der  Gesundheitslehre  an&  engste  zusammenhängt,  so 
mllssen  auch  beide  Unterrichtsgegenstände  in  derselben  Hand  liegen. 
Anf  jeden  Fall  könnte  die  Unterweisung  in  der  Gesundheitspflege 
doch  nur  von  einer  solchen  Persönlichkeit  Obemommen  werden,  die 
mit  den  natnrgeschichtlichen,  physikalischen  und  chemischen  Ver- 
hältnissen genau  betraut  ist.  Vorläufig  haben  die  Damen  sich  aber 
den  Naturwissenschaften  gegenflber  ziemlich  spröde  verhalten,  und 
solange  das  nicht  anders  wird,  bliebe  daher  schon  nichts  anderes  übrig, 
als  aus  der  Not  eine  Tugend  zu  machen  und  den  bezeichneten 
Unterrichtsgegenstand  einem  Lehrer  anzuvertrauen,  wenn  man  ihn 
nicht  überhaupt  auf  der  Oberstufe  fiallen  lassen  will,  was  doch  sehr 
za  beklagen  wäre.  Da  sexuelle  Verhältnisse  selbstverständlich  vom 
Unterricht  ausgeschlossen  sind,  so  vermögen  wir  nicht  einzusehen, 
warum  ein  erfahrener  und  taktvoller  Lehrer  nicht  im  stände  sein 
sollte,  fün&ehn-  bis  sechzehigährige  Mädchen  in  unbefangener 
Weise  über  die  wichtigsten  Regeln  zur  Erhaltung  ihrer  Gesundheit 
zu  belehren,  ohne  dabei  ihr  Zartgefühl  zu  verletzen. 

Direktor  der  städtischen  höheren  Mädchenschule  und 
Lehrerinnenbildungsanstalt  Dr.  phil.  0.  Sommer  in  Braunschweig. 

Pallibsr's.  Common  sense  sehool  architeeture.  New  York,  1892. 
J.  8.  Ogüvie,  57  Rose  Street.  (110  S.  Fol.  I  1,0.) 

Die  Firma  Pallisbr,  Pallisbr  &  Co.,  Architekten  in  New 
York,  veröffentlicht  in  Form  einer  echt  amerikanischen  Reklameschrift 
zahlreiche  ausgefährte  Schulbauten.  Wenn  auch  der  Zweck  dieser 
Schrift  vor  allem  die  Propaganda  fär  die  genannte  Firma  ist,  so 
erhalten  wir  doch  ein  gutes  Bild  der  Schulbauverhältnisse  in  einzelnen 


442 

Teflen  der  Yerdnigten  Staaten,  da  den  mitgeteilten  40  Sdialhausplaaen 
ausführliche  Banbeschreibiingen  beigegeben  sind  nnd  andaerdem  in 
mehreren  selbständigen  Kapitebi  die  wichtigsten  Punkte*  der  Schnl- 
banhygiene  erörtert  werden. 

Mit  dem  kleinsten  einklassigen  Schnlhanse  beginnend,  fiQireii 
nns  die  Verfasser  die  verschiedensten  T3rpen  von  Land-  nnd  Stadt- 
schulen Yor,  teils  in  Holz,  teils  in  Holz  nnd  Stein  oder  in  Holz  und 
Ziegel,  teils  ganz  in  Ziegel  ansgeflQirt. 

Selbst  das  kleinste  Schnlhaos  enthftlt  getrennte  GarderobenrSnme 
für  Knaben  nnd  Mädchen. 

Die  Anlage  der  linksseitigen  Beleuchtung  durch  Fenster  mit 
schmalen  Zwischenpfeilem  entspricht  den  Anforderungen,  um  so 
mehr,  als  die  Verfasser  fOr  die  Fensterfl&che  ^/^  der  Fuisbodenflftche 
annehmen.  Die  Fensterparapete  sind  mindestens  1,0  m  hoch,  und 
die  Fenster  reichen  bis  knapp  unter  die  Decke. 

Für  jedes  Schulkind  werden  1,35  m^  FlAchenraum  und  5,40  m' 
Luftraum  gerechnet;  die  Schulzimmer  sind  demgem&Ts  sehr  geräumig 
angelegt.  Sie  erhalten  in  der  Regel  4,20  m  Lichth5he.  Das 
Verhältnis  der  Tiefe  des  Lehrzimmers  zur  Länge  desselben  ist 
meistens  wie  3  :  4.    Die  Schülerzahl  beträgt  im  höchsten  Falle  60. 

In  den  Anleitungen  Aber  die  richtige  V^Tahl  des  Bauplatzes  für 
ein  Schulgebäude  sind  besonders  rücksichtlich  der  Grundwassenrer- 
hältnisse  lehrreiche  Angaben  enthalten. 

Die  gröiseren  Schulgebäude  besitzen  ein  oder  zwei  Obe^ 
geschosse.  ^ 

Der  Charakter  im  Äulseren  der  Schulhäuser  ist  ein&ch  und 
würdig  und  entspricht  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  vollkommen  dem 
Zwecke. 

Vfas  die  Baukosten  anbetrifft,  so  betragen  dieselben  pro  Schüler: 

bei  den  kleinsten  Schulhäusem  in  Holz 12  bis  15  $, 

„       „    gröiseren  „  „     „     20  bis  25  $, 

„  „  Ziegelbauten  ohne  Unterkellerung  und  ohne  Heizung  30  $t 
„  „  Ziegelbauten  mit  Unterkellerung  und  Heizung  35  bis  50 1, 
„  „  Ziegelbauten  mit  feuersicheren  Stiegen  u.  Dampfheizung  60 1, 
„  „  Ziegelbauten,  die  vollkommen  feuersicher  und  mit  Central- 
heizung,  sowie  mit  aUen  hygienischen  Vorrichtungen  versehen 
sind,  75  $. 

Unter  den  vorgeführten  Objekten  verdient  die  sechzehnklassige, 
1000  Schulkinder  fassende  Schule  in  Cleveland,  Ohio,  besondere 
Beachtung. 

Die  Lehrzimmer  liegen  hier  an  einem  8,60  m  breiten  Mittel- 
raum (hall),  welcher  teils  direkt  durch  Fenster  an  den  Stimenden, 
teils    indirekt    durch    hochliegende   Fenster   in   den    Klassenwänden 


443 

erhellt  wird.  Sie  haben  7,8  m  Tiefe,  10,5  m  Länge  und  4,2  m 
Hohe  und  sind  für  60  Schfller  bestimmt,  die  auf  ElnzelsnbseDien 
sitzen. 

Jeder  Lehrsaal  besitzt  einen  besonderen  Ankleideranm,  der  in 
der  breiten  Mittelhalle  angelegt  ist.  Diese  Ankleideräame  werden 
durch  2,40  m  hohe  Holzw&nde  an  drei  Seiten  nnd  durch  die  an- 
stoisende  Lehrzimmerwand  an  der  vierten  Seite  begrenzt. 

Zwei  Doppeltreppen  verbinden  die  Stockwerke. 

Das  üntergeschois  wird  von  den  Spielplätzen  eingenommen; 
anberdem  befinden  sich  daselbst  das  Kesselhans,  das  Kohlendepot 
nnd  die  beiden  Abortgmppen.  Die  zwei  Obergeschosse  enthalten 
je  8  Schnlzimmer  nnd  2  Räume  für  Lehrer,  bezw.  Lehrmittel. 

Besondere  Sorgfalt  wurde  der  Heizung  und  Lüftung  zugewendet. 
Als  System  kam  die  kombinierte  Dampfluftheizung  zur  Ausführung, 
wobei  zwei  grolse  Kessel  für  die  Heizperiode  in  Verwendung  stehen 
und  ein  kleiner  Kessel  ausschlielslich  zum  Betrieb  der  Ventilation 
während  der  übrigen  Jahreszeit  benutzt  wird.  Jeder  Baum  hat  für 
die  Erwärmung  einen  besonderen  Heizkörper,  der  im  Souterrain 
angeordnet  ist.  Dem  Heizkörper  wird  direkt  firische  AuCsenluft 
zugeführt,  die  sich  an  demselben  erwärmt  und  durch  ein  eisernes 
Rohr  nach  dem  betreffenden  Baume  strömt.  Diese  Warmluftrohre 
sind  in  vier  geräumigen  Vertikalschächten  gruppenweise  zusammen- 
gefa&t,  und  münden  alle  Abzugsschläuche  für  die  verdorbene 
Zimmerluft  in  diese  VertikaLschächte.  Die  höhere  Temperatur  in 
denselben,  die  noch  durch  die  Bauchrohre,  welche  gleichfalls  hier 
liegen,  erhöht  wird,  bewirkt  die  Absaugung  der  verunreinigten 
Klassenluft.  Die  Einströmungsö&ung  für  die  warme  Luft  ist  dicht 
unter  der  Decke,  die  Abluft;öffiiung  nahe  am  Fufsboden,  und  zwar 
in  direkter  Nähe  der  ersteren  Öffnung,  wodurch  die  richtige  Lüftung 
gefördert  wird.  Die  Warmluftöffnungen  für  die  Mittelhalle  befinden 
sich  am  Boden. 

Die  Aborte  sind  mit  Wasserspülung  und  Kanalisierung  versehen. 
Die  einzelnen  Sitzräume  haben  bloüs  Seitenwände,  aber  keine  vorderen 
Abschlnfswände  mit  Thüren. 

Von  den  Verfassern  wird  in  eingehender  Weise  die  Notwendigkeit 
der  Herstellung  von  Normalschulplänen  für  die  einzelnen  Staaten  be- 
gründet. Diesen  Zweck  verfolgte  auch  ein  Wettbewerb,  welcher  vom  De- 
partement of  Public  Instruction  des  Staates  New  York  im  Jahre  1887 
ausgeschrieben  wurde,  dessen  Erfolg  aber  nach  Aussage  der  Autoren 
kein  besonderer  war.  Die  Konkurrenz  umfafste  sechs  Gruppen,  und 
zwar  ein-  bis  vierklassige  Schulgebäude  im  Kostenbetrage  von  600, 
1000,  1600,  2500,  5000  und  10000  $. 

Mit  Satire  und  Humor  führen  die  Verfasser  zum  Schlüsse  einige 


444 

abschreckende  Beispiele  von  Schnlbanten  vor,  die,  teilweise  in  jOngster 
Zeit  ausgeführt,  znm  Beweis  daftr  dienen,  dafe  der  Begriff  „Sdlml- 
hygiene*'  an  vielen  Orten  noch  Tollkommen  unbekannt  ist. 

Ein  mit  guten  Augen  begabter  Leser  durfte  in  der  Lage  sein, 
sich  durch  den  klein  gedruckten  Text  durchzuarbeiten,  und,  fehlt  es 
ihm  nicht  an  der  nötigen  Geduld,  auch  die  sachlichen  Stellen  toh 
den  geschäftlichen  Rekiamenotizen  zu  trennen  wissen.  Jeder  Fachmann 
aber  wird  mit  Interesse  die  zahlreichen  Illustrationen  betrachten  nnd 
besonders  in  Bezug  auf  Grundriüsdispositionen  manches  Lehrreiche 
finden. 

Diplomierter  Architekt  Kabl  HiNTBÄaSB  in  Wien. 

Mobitz  WJEBNiaBR,  Lehrer  an  der  städtischen  Abteilung  für  schwacli- 
befähigte  Kinder  und  Leiter  der  städtischen  Heilkorse  für 
sprachleidende  Schulkinder  zu  Gera.  Nicht  geistig,  aonden 
spraehUeh  curflekgebliebene  Kinder.  Gera,  1894.  KarlBaneh. 
(82  S.  8^  Jü  0,60.) 

Das  Schriftchen  ist  in  der  wohlbegrflndeten  Absicht  geschrieben, 
dem  allgemeinen  Vorurteil  entgegenzutreten,  nach  dem  Kinder, 
welche  spät  sprechen  lernen  und  in  ihrer  spradüichen  Entwickelnng 
zurfickbleiben,  auch  geistig  schwach  seien. 

Verfasser  bespricht  die  Terschiedenen  Sprachstörungen  und 
Sprachhindemisse  mit  Sachkenntnis,  wenn  auch  einzelne  Behauptungen 
nicht  ganz  unangefochten  bleiben  können.  Dafs  während  des 
Sprechens  das  Atmen  durch  den  Mund,  nicht  durch  die  Nase, 
wie  der  Autor  behauptet,  geschieht,  davon  kann .  sich  jeder  bei 
Yorurteilsfreier  Betrachtung  seiner  redenden  Mitmenschen  leicht  aber- 
zeugen. Ebensowenig  glauben  wir  daran,  dab  sich  viele  nur  sprachlich 
zurflckgebliebene  Kinder  in  Idiotenanstalten  befinden  und  als  Idioten 
behandelt  werden. 

GefaUen  hat  dem  Referenten  aber  besonders,  dab  der  Ver- 
fasser auf  die  oft  vorhandenen  anatomischen  Veränderungen 
(Rachenmandelanschwellung)  aufmerksam  macht  und  die  Wichtigkeit 
des  ärztlichen  Eingreifens  in  dieser  Hinsicht  betont. 

Dafs  er  am  Schluls  die  Eltern  auffordert,  sich  brieflich  an  ihn 
zu  wenden,  um  Aber  ihre  Kinder  Aulschluls  zu  erhalten,  ist  dagegen 
tadelnswert.  Eltern  schildern  schon  mflndlich  derartige  Kinder 
so  oft  fEdsch  und  mit  übertriebener  Beschreibung  ihres  angeblichen 
Talentes,  dafs  die  Beantwortung  eines  Fragebogens  mit  noch  viel 
weniger  Sicherheit  ein  richtiges  Urteil  verbürgen  würde.  Warum 
fdgt  Verfasser  diesen  Fragebogen  seinem  Schriftchen  nicht  bei? 

Trotz  dieser  Ausstellungen  wünschen  wir  dem  kleinen  Werke 
eine   recht    grobe   Verbreitung,    weil    es    mannigfache,    besonders 


445 

aach  unter  Ärzten  verbreitete  Yorarteile  zerstören  und  vielen  Eltern 
ein  reicher  Trost  sein  kann. 

Arzt  fOr  Sprachstöningen  Dr.  med.  H.  Gutzmakn 

in  Berlin. 


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446 

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Schulze,  F.  Oymnaskm  in  BerUn-Moäbit  Centrbl.  d.  Baaverwaltg., 

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Über  Schulbänke.     Mittelschnl.  1894,  XXU. 

Seggbl,  Obllbb,  Bkünner,  Klaussner,  Setdel  und  Bohmedbr. 
SieU^  und  Schrägschrift.  JH.  Berieht  der  vom  ärztUchen  Beeirks- 
verein  München  jmr  Prüfung  des  Einflusses  der  SteH"  und  Sdvräg- 
Schrift  (Schiefschrift)  gewählten  Kommission.  Mflnch.  med.  Wochscfar., 
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1894,  IV,  239—244. 

Spenoeb.     Delf  educcusione   inteüettuale,    morale  e  flska.    Nnota 

traduzione,  con  an  proemio  del  prof.   A.  Valdarnini.     Borna, 

1894,  Paravia  e  C.     \&^.     Lir.  1,50. 
Statistische  Nachweisungen   iiber   die   im   Jahre  1691    in   Freufsa^ 

vollendeten  und  abgerechneten  Schulbauten,  Turnhallen  und  Lehrer- 

Wohnungen,    Mit  Abbild.    Zeitschr.  f.  Banw.,  1893,  Anhang,  52. 
Steckel,  E.    Lehrgang  für  das  Enahenr^  Jünglings-  und  Männer^ 

turnen  in  Schulen  und  Turnvereinen.     2.    Heft.     Halle,    1894, 

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Über  Lehrerkrankheiien.     Päd.  Ztg.,  1894,  XLIX. 
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Walker    Overbnd.     School   hygiene.    The    Girls   Mistr.,    1894, 

April  28,  XXIV,  5. 
Wentzbl,  A.    B^petitorium  der  Psychologie.    Als  Anhang:    Des 

VoUcsschuHehrers  Aufgabe  MnsichÜich  der  kOrperU^hen  ErtHehmg 

der  Jugend.    S.  Anfl.     Langensalza,    1894,    SchnlbndhhandliiBg. 

12^.     M.  0,90. 
Zimmermann,  Ph.    Zur  SteOschriftfrage.    Osdht.,  1893,  XVII,  7. 


447 

Bei  der  Redaktion  eingegangene  Schriften, 

Al«THAUS,  Jtjl.  On  foQure  of  brain  power  (encephdUisfhema) :  its 
nature  and  ireatmmt  4.  edit.  with  12  engrayings.  London, 
1894,  Longmans  &  Co.     Sh.  3,6. 

Delobbl.  Qtidques  mois  su/r  VappUcatum  de  la  loi  Boussd.  Arch. 
d.  tocol.  et  de  gyn^c,  Paris,  1894,  XXI,  1—10. 

DSNT,  G.  T.  BachUmren.  Ein  Hemdbuch  für  Bergsteiger.  Unter 
Mitwirkung  von  C.  Abnold,  H.  Hess  and  Th.  von  Smolu- 
GHOWSKi  deutsch  herausgegeben  von  Waltbr  Schültzk.  Mit 
1  Photograv.  n.  136  Dlnstr.  Leipzig,  1893,  Dnncker  &  Hmnblot. 
KL  8^     it.  10,80. 

FAB88BL.    Was  mufs  jeder  Badfahrer  tmbedmgt  wissen?  Neuwied, 

1891,  Heuser,     ü.  1. 

GUTZMAKN,  H.  Vorlesungen  Über  die  SWrungen  der  Sprache  und 
ihre  Heilung.     Mit  36  Abb.     Berlin,  1893,  Kornfeld. 

Rahm.  Die  Hinaufirückung  der  Strafmündigkeit  vom  12.  auf  das 
14.  Lebensjahr.  Sammlung  pädagogischer  Vorträge,  herausgegeben 
von  W.  Metbr  -  Mabeau.  Bielefeld,  1894,  A.  Hehnich.  8^ 
A0,40. 

KiNGZETT,  C.  T.    Natureis  hygiene:  a  systemaUc  manual  of  natural 

hygiene.     London,  1894,  BaiUi^re,  Tindall  &  Co.    Sh.  10. 
KoBiLiNSEi,  VON.     Zur  Beförderung  des  Schmmmens.     Ztschr.  f. 

Tum.  u.  Jgdspl.,  1894,  IV,  68—59. 
Lehmann,  R.  M.     Methode  of  practicäl  hygiene.   Translated   from 

the  German  by  W.  Crookes,     2  toI.   London,  1893,  Clarendon 

Press.     8^     Sh.  31  d.  6. 
VhygiSmste.     Bulletin  officid  de   VassodaUon   internationale  'pou/r 

le  progrhs   de   Vhygihie.     Redactenr    en   chef   Dr.  E.   GlLSON. 

Bruxelles,  1894.     Fr.  5  par  an. 

Lisom,  L.     Veducamne  fisica  namonale  e  la  pr^aranione  aUa 

guerra.     Nuova  Antolog.,  1892,  1.  Dicembre. 
LovB,  J.  K.     Papers  on  deaf-mwksm.     London,  1893. 
Magbndie,  A.     Les  effets   moraux   de  Texerdce  physique.     Paris, 

1893,  Colin. 

Maglieri,  C.  Breve  manuale  d^igiene  ad  uso  degli  ufficiali  sanitari, 
dei  medici  esercenti  e  degli  studenti.     Roma,  1894.    16^.  L.  5. 

Mc  Gbbgob,  J.  A.  Some  practicäl  hints  on  ear  traming.  The 
Pract.  Teach.,  1894,  XI,  602—604. 

Michaelis.  Hygiene  des  Bamhens  und  der  Tabak  nach  seinen 
Eigenschaften  und  Wirkungen.   Leipzig,  1894,  Grieben.   Ji.  1,50. 

Mitteilungen  des  (Wiener)  Vereins  eur  Pflege  des  JugendspieHes. 
Zwanglose  Hefte  zur  Förderung  einer  gesunden  Jugenderziehung. 


448 

Redigiert   von  Professor  Hbrmank  DüPKT.     3.  Mitteil.     Wien, 

1894,  SelbstTerlag  des  Vereins. 
SziaBTvlBl.     Der  erste  Juffendspidkwsus  m  Ungarn.     Mittig.  d. 

Ver.  z.  Mg.  d.  Jgdspls.,     Wien,  1894,  80—83. 
Tafeln  und  Schriftproben  wwr  BesUmmung  der  Sehschärfe,  enhoor/m 

nach  dem  Metersgstem.     Herausgegeben  von  der  St  Petersbmger 

Aogenheüanstalt.     2.  Anfl.    St.  Petersburg   und  Leipzig,    1893, 

Bicker. 
Taylob,  W.     Eary  lesscns  on  alcohol  and  Us  effects  an  bodg  and 

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8^.     Pence  6. 
Thaybr,  W.  H.     [Irrtümer  bei  der  VenUlatim.]    Sanitarian,  New 

York,  1892,  XXIX,  520. 
TiBCH,  Fbitz.     Ausfiihrliche  Lehrpläne   für   das  Turnen   m   der 

3.,  4.  \md  5.  Klasse  der  fiOnfldassigen  Mädchentumsckule.    "^en, 

1893,  Pichlers  Witwe  &  Sobn.     ü.  1. 
Trbitel,  L.    Über  das  Schr&hen  mü  der  Unken  Hand  und  Schreib- 

Störungen,  besonders  auf  Orund  von  Schukintersuchungen,  Dtsch. 

Ztschr.  f.  Nervhlkde.,  Leipzig,  1893—94,  IV,  277—290. 
Über  VenUlaUon.     Gsdhtsing.,  1892,  XV,  617. 
Ubbaktsohitsch,  Ed.     SteUschrift  eine  Forderung  der  Schülhggiene, 

Neu  fr.  Pr.,  1893,  16.  August,  10  410,  4. 
Vblhagbn,  G.    Entsteht  hochgradige  Myopie  durch  Inaucht?   Kim. 

Monatsbl.  f.  Augblkde.,  1894,  M&rz,  80-87. 
Verordnung  des  Stadtrates  des  Kantons  Waadt  vom  3.  September 

1891,  betreffend  Verhütung  ansteckender  Krankheiten   bei  SeM- 

hindern.     Veröff.  d.  Kais.  Gsdhtsamt,  1892,  XVI,  410. 
Wabnbr,  f.     Deviations  firom  normal  devdopment  among  50  000 

chüdren.  Joum.  antbrop.  Inst.,   London,  1893 — 94,  XXm,  206 

bis  216. 
Wbce.      Spidplategeometrie.     Ztscbr.   f.   Tum.    u.   Jgdspl.,    1894, 

m,  33—36. 
Weichebt,    J.     Tumspide    und    Liederreigen    für    VoQcssdmIen, 

Nacb  dem  Ministerialreskript  Tom  27.  Oktober  1882  zusanuneo- 

gestellt.     Mit  30  Fig.    3.  Aufl.   Danzig,  1894,  A.  W.  Eafemaon. 

8«.     itl,20. 
Zahn.     Largiadkrs  Arm-  und  Bruststärker  und  seine  Verwendimg 

bei  der  Baus-,  Schul-  und  Heilgymnastik,   Strabburg  i.  E.,  1894, 

Zimmer.     Gbd.  iL  2,50. 
Zur  Schun>ankfrage.     Gsdht,  1894,  IX,  135—136. 
ZweiundfünfMigster  Jahresbericht  des  St.  Josef  unentgeUUchen  KMer- 
^    spitales  in  Wien  für  das  Jahr  1893.     Wien,  1894,  Selbstverlag 

der  Anstalt.     8®. 


Jeitfilirifl  fit  ^ilinlgefnnb|ieit0|if ^^^^ 

VII.  Jahrgang.  1894.  No.  8  u.  9. 


(Drtgtital-^b^aitMttnQett* 


Drei  Ontachten 
über  die  Nachteile  von  Schiefertafel  und  OrifTel. 

Von 

k.  k.  Obersanitätsrat  Professor  der  Hygiene  Dr.  Max  Geubeb, 
Professor  der  Augenheilkunde  Dr.  August  Rittee  von  Reuss 
und  Docent   der  Augenheilkunde  Dr.  Leopold  Königstein, 

sämtlich  an  der  Universität  Wien. 

I. 

Gutachten 
des  Obersanitätsrats  Professor  Dr.  Max  Geubee. 

Herrn  Ludwig  Jettl,  städtischem  Lehrer  in  Wien, 

VI.  Bezirk. 

Euer  Wohlgeboren  1 

Ich  halte  Ihren  Antrag,  Schiefertafel  und  Griffel  aus  der 
Elementarklasse  zu  entfernen  und  die  Kinder  sogleich  mit 
Tinte  und  Feder  in  Heften  schreiben  zu  lassen,  für  voll- 
berechtigt. 

Für  die  Deutlichkeit  des  Sehens  und  damit  für  die 
Leichtigkeit  der  Wahrnehmung  von  Geschriebenem  kommt  es 
in  hohem  Malse  auf  den  Helligkeitsunterschied  zwischen  den 
Schriftzeichen   und   dem    Untergründe    an.     Dieser    ist   grofs, 

8ehtilgcfiuidheltapfl«ge  VII.  29 


450 

wenn  mit  schwarzer  Tinte  auf  weiTsem  Papier  geschrieben 
wird,  klein,  wenn  auf  der  nicht  8chwai;?en,  sondem  dunkel- 
grauen  Schiefertafel  mit  dem  Griffel  nicht  weiCs,  sondern  grau 
geschrieben  wird. 

Dem  Kinde,  das  ohnehin  mit  der  groisem  Schwierigkeit 
zu  ringen  hat,  die  ihm  ganz  neuen  Sohriftzeichen  zu  erkennen 
und  zu  malen,  wird  also  die  Angabe  noch  bedeutend  er- 
schwert, wenn  man  ihm  die  letztgenannten  Schreibmaterialien 
in  die  Hand  gibt.  Es  wird  trachten,  möglichst  groise  Bilder 
der  zu  beobachtenden  Dinge  auf  seiner  Netzhaut  zu  entwerfen, 
daher  Augen  und  Kopf  so  viel  als  möglich  der  Tafel  annfihem. 
Hiermit  aber  ist  Veranlassung  zu  schlechter  Körperhaltung  und 
zur  Entstehung  von  Kurzsiohtigkeit  gegeben. 

n. 

Aus  dem  Gutachten  des  Professors 
der  Augenheilkunde  Dr.  August  Bitteb  von  R^uss. 

Viel  wichtiger  als  die  Naturfarbe  von  Schieferstift  und 
Schiefertafel  ist  die,  welche  durch  den  Schieferstaub  des 
Griffels  entsteht.  Mit  einem  feuchten  Lappen  oder  Schwamm 
wird  der  Tafel  zuerst  ein  glänzendes  Aussehen  gegeben,  von 
dem  sich  die  frisch  geschriebenen  Striche  nicht  abheben,  und 
nach  dem  Trocknen  ist  häufig  die  ganze  Tafel  mit  einer  weiüs- 
grauen  Tünche  überdeckt,  die  das  Geschriebene  nur  mit  Mühe 
erkennen  lälst.  Dasselbe  gilt  mutatis  mutandis  von  der 
weiüsen  Tafel.  Reinlichkeit  kann  wohl  manches  von  dem 
Übelstande  benehmen,  aber  bei  vielen  sechsjährigen  Eändem 
selbst  aus  guten  Häusern  fehlt  es  daran.  Ich  wUl  nicht  von 
den  schmutzigen  Händen  reden,  welche  durch  das  Verwischen 
der  Buchstaben  erzeugt  werden,  denn  diese  interessieren  den 
Augenarzt  wenig. 

Der  Hauptgrund,  warum  ich  gegen  die  Schiefertafel  bin, 
aber  ist  folgender:  Nach  meiner  Meinung  kann  ein  Schuld» 
der  mit  einem  Stifte  leidlich  schreiben  gelernt  h«^,  doch  nicht 
mit  der  Feder  schreiben  und  umgekehrt.     Er   muJs   also   das 


451 

Schreib«]!  eigentlich  zweimal  lernen,  muTs  seinen  Kopf  nnd 
seine  Angen  gerade  doppelt  soviel  anstrengen,  als  wenn  er 
das  Sehreiben  von  vornherein  mit  der  Feder  erlernt  hätte. 
Gregenüber  dieser  Belastung  des  Kindes  mit  eiüer  ganz  un- 
nützen Arbeit  darf  man  doch  nicht  die  Tintenklexe  und  die 
schwarzen  Finger  ins  Feld  führen,  die  beim  ersten  G-ebrauch 
der  Tinte,  oft  auch  noch  später  entstehen.  Ich  kenne  nicht 
die  sonstigen  Momente,  die  der  Lehrer  für  den  Beginn  des 
Schreibunterrichtes  auf  der  Tafel  geltend  macht,  dals  sie  aber 
weniger  schwer  wiegen,  als  die  ärztlichen  Bedenken,  dessen 
bin  ich  gewüs. 

m. 

Gutachten  des  Docenten  der  Augenheilkunde 

Dr.  Leopold  Königstein. 

Herrn  Lehrer  Ludwig  Jettl  in  Wien, 

Auf  Ihre  Anfrage,  ob  in  der  Schule  während  des  ersten 
Schuljahres  Schiefertafeln  gebraucht  werden  sollen,  oder  ob 
sofort  die  später  üblichen  Schreibmittel,  Feder,  Tinte  und  Papier, 
zur  Anwendung  gelangen  mögen,  habe  ich  vom  augenärztlichen 
Standpunkte  zu  erwidern,  dafs  die  Okulisten  die  Benutzung 
von  Schiefertafel  und  Griffel  schon  lange  bekämpfen. 

Genaue  Untersuchungen  haben  ergeben,  dais  die  Schrift  mit 
Griffel  auf  der  Tafel  in  einer  viel  geringeren  Distanz  erkannt 
wird,  als  diejenige  mit  Tinte  auf  Papier.  Die  Kinder  müssen 
sich  daher  mit  ihrem  Kopfe  dem  zu  erkennenden  Objekte 
stärker  annähern,  was  eine  bedeutende  Kontraktion  ihres 
Accommodationsmuskels  verlangt,  dtus  Auge  demnach  rascher 
ermüden  laust  und  Veranlassung  zur  Erwerbung  von  Kurz- 
siehtigkeit  gibt. 

Aber  auch  die  Haltung  wird  durch  das  stärkere  Vomüber- 
beugen  des  Kopfes  eine  schlechte  und  infolge  dessen  die  Wirbel- 
säule beeinträchtigt. 

Ich  hoffe,  dafs  auch  die  Herren  Lehrer  vom  pädagogischen 
Standpunkte   gegen    die   sofortige  Benutzung  von  Tinte  und 

29* 


452 

Feder  nichts  Erhebliclies  einzuwenden  haben.  Gehen  Lehrer 
und  Ärzte  einig  zusammen  und  Icussen  beide  sich  stets  von 
hygienischen  Gesichtspunkten  leiten,  dann  ist  nicht  zu  zweifeln, 
dafs  die  Resultate  gute  sein  werden. 


Die  Staubplage  in  der  Schule  und  Vorschläge 

zu  ihrer  Beseitigung. 
Aus  dem  hygienischen  Institute  der  Universität  Leipzig. 

Von 

Oswald  Mbtkich, 

Lehrer  ao  der  3.  Bezirksschale  in  Leipzig. 

Der  Schulstauh  ist  infolge  seiner  Menge  und  Beschaffenheit 
eine  Plage  für  Lehrer  und  Schüler.  Jedes  Lehrbuch  der 
Hygiene  enthält  deshalb  die  Forderung,  dals  die  Schulräume 
möglichst  sauber  gehalten  werden  sollen.  In  welcher  Weise 
aber  am  besten  eine  ausreichende  Reinigung  derselben  sich 
durchführen  läfst,  so  dab  die  Staubkalamität  nach  Kräften  aus 
der  Welt  geschaffl;  wird,  ist  eine  sehr  heikle  Frage,  da  hierbei 
der  Kostenpunkt  eine  groüse  Rolle  spielt. 

Ich  habe  es  nun  unternommen,  etwas  eingehender,  als 
dies  bisher  geschehen  ist,  quantitativ  und  qualitativ  den  Staub, 
und  zwar  aus  einer  Leipziger  Volksschule  zu  untersuchen.  Es 
wurde  dazu  die  Schule  gewählt,  an  der  ich  selbst  thätig  bin, 
die  am  Flofsplatz  und  der  Hohen  Strafse  gelegene  3.  Bezirks- 
schule. 

Die  Schulgebäude  Leipzigs  werden  unter  Berücksichtigung 
der  Forderungen  der  Hygiene  erbaut.  Es  sind  zumeist  grolse 
Gebäude  mit  drei  Stockwerken.  Die  Treppen  sind  breit  und 
bequem  angelegt,  die  Gänge  hoch  und  luftig,  die  Klassen* 
zimmer  hell  und  freundlich.  Die  Stadt  scheut  keine  Opfer, 
um  den  Kindern   ihrer  Bürger  möglichst  gesunde  Schulräume 


453 

zu  schaffen.  Dennoch  werden  wir  im  Yerlanfe  unserer  Aus- 
führungen sehen,  daJs  gerade  in  Beziehung  auf  die  Staub- 
frage  einiges  zu  wünschen  übrig  bleibt. 

Ich  war  in  der  günstigen  Lage,  meine  Untersuchungen 
im  hygienischen  Institute  der  hiesigen  Universität  ausführen 
zu  können,  und  fühle  mich  gedrungen,  Herrn  Geheimrat  Pro- 
fessor Dr.  Hofmann  für  seine  mir  in  liebenswürdigster  Weise 
gewährte  Unterstützung  durch  Rat  und  That  an  dieser  Stelle 
au&  angelegentlichste  zu  danken. 

Es  entsteht  zunächst  die  Frage:  Wie  ist  die  3.  Bezirks- 
schule beschaffen,  und  welche  Mafsregeln  sind  getroffen,  um 
das  Hineinschleppen  von  Staub  und  Schmutz  in  dieselbe 
so  viel  als  möglich  einzuschränken? 

Unsere  Schule  stammt  aus  dem  Jahre  1872.  Sie  steht 
nach  allen  Seiten  hin  frei.  Die  Haupt&ont  ist  nach  Norden, 
nach  der  Hohen  Strafse,  gerichtet,  während  in  den  zwei  Flügeln 
die  Schulzimmer  nach  Westen  bezw.  nach  Süden  gelegen  sind. 
Das  Grebäude  hat  fdnf  Eingänge,  die  sämtlich  als  Zugänge  für 
die  Eander  dienen.  Die  beiden  Haupteingänge  liegen  nach 
der  Hohen  Strasse  zu,  während  die  drei  übrigen  nach  dem 
von  den  beiden  Flügeln  umschlossenen,  mit  Sand  bestreuten 
und  mit  Platanen  bepflanzten  Hofe  führen.  Durch  den  Eingang  des 
Ostflügels  gelangt  man  nicht  nur  in  den  Hof,  sondern  auch  zu 
der  durch  einen  kurzen,  überdeckten  Gang  mit  dem  Schulgebäude 
verbundenen  Turnhalle.  Während  der  östlich  gelegene  Haupt- 
eingang für  die  Knaben  bestimmt  ist,  •  betreten  die  Mädchen  durch 
das  westliche  Hausthor  die  Schule.  Die  beiden  anderen  Aus- 
gänge, die  über  steinerne  Freitreppen  nach  dem  Hofe  führen, 
werden  in  den  Pausen  benutzt,  in  denen  die  Schüler  auf  den 
Schulhof  gehen.  Der  nach  Westen  gerichtete  Flügel  steht 
unmittelbar  an  der  um  den  FloJsplatz  führenden  Strafse,  die 
Vorderfront  hingegen  weicht  um  5  m  zurück.  Der  Raum  bis 
zur  Straise  ist  mit  Sträuchem  bepflanzt  und  durch  ein  eisernes 
Gitter  abgegrenzt.  Die  Strafsen  sind  mit  Bruchsteinen  gepflastert. 

Treten  wir  in  den  Hausflur,  so  müssen  wir  über  eiserne 
Roste  gehen,  die  auf  muldenförmigen  Yertiefangen  ruhen,  1,5  m 


454 

lang  und  0,56  m  breit  sind.  Auch  vor  den  naoh  dem 
Hofe  führenden  Ausgängen  befinden  sich  solohe  Roste.  Damit 
sie  fleüsig  benutzt  werden,  sind  an  Regentagen  Knaben  oder 
Mädohen  bestimmt,  die  keinen  Mitschüler  passieren  lassen, 
bevor  er  die  Ftllse  abgestrichen  hat.  Vor  den  beiden  Auf- 
gängen zur  ersten  Etage  liegen  sodann  noch  Abtreter  ans 
Lederabfällen.  Sie  sind  1,4  m  lang,  50  cm  breit  und  kosten 
pro  Quadratmeter  17  M.  In  jeder  Etage  steht  endlich  auf 
dem  Podest  ein  mit  Sägespänen  gefällter  Spuoknapf.  In  den 
Klassenzimmern  dagegen  fehlen  Spuoknäpfe  bis  jetzt. 

Den  Kindern  ist  das  Wegwerfen  irgendwelcher  Abfiüle 
streng  untersagt. 

Trotz  der  vorhandenen  Schutzvorrichtungen  gelangt  aber 
viel  Staub  in  die  Schule,  und  wir  kommen  daher  za  der 
weiteren  Frage:     Was  geschieht,  um  denselben  zu  entfernen? 

An  jeder  Schule  ist  ein  y, Hausmann"  angestellt,  zu  dessen 
wichtigsten  Obliegenheiten  die  Reinigung  der  Schulräome 
gehört.  Er  und  seine  Familienmitglieder  oder  auch  besondere 
Kehr-  und  Scheuerfrauen  besorgen  diese  Arbeit.  Seitens  des 
Schulaussohusses  ist  für  alle  Hausmänner  eine  Instruktion  aus- 
gearbeitet worden,  die  das  Reinigungsgeschäft  regelt.  Die 
betreffenden  Paragraphen  lauten: 

§  4.  Alle  zu  Schulzwecken  bestimmten  Säle  und  Zimmer 
hat  der  Aufwärter  mindestens  zweimal,  Mittwoch  und  Sonn- 
abend, in  besonderen  Fällen  auf  Verlangen  des  Direktors 
auch  öfter.  Treppen  und  Korridore  und  das  Zimmer  des 
Direktors  aber  täglich  sorgfältig  zu  kehren.  Die  Turnhalle 
ist  täglich  nach  Beendigung  des  Turnunterrichtes  zu  f^n  und 
den  anderen  Morgen  darauf  feucht  auszuwischen. 

Dabei  ist  folgendes  zu  beachten: 

a.  Um  das  Aufwirbeln  des  Staubes  thunlichst  zu  ver- 
meiden, ist  beim  Kehren  eine  reichliche  Menge  feuchter 
Sägespäne  zu  verwenden. 

b.  Auch  unter  den  Subsellien,  welche  zu  diesem  Zwecke 
jedesmal  zu  heben  sind,  ist  Schmutz  und  Staub  sorg- 
fältig wegzukehren. 


455 

c.  Die  Subsellien  sind  einige  Standen  naoli  dem  Kehren 
der  Schalzimmer  mit  fenchtem  Lappen  abzawischen, 
Ofen,  Schränke,  Gesimse  and  Tafeln  abzostänben. 

§  5.  Der  Aufw^ärter  hat  sämtliche  Scholräame  mit  Ein- 
schlols  der  Korridore  and  Treppen  jährlich  mindestens  fünfmal, 
in  den  Oster-,  Pfingst-,  Handstags-,  Michaelis-  xmd  Weih- 
nachtsferien, die  Tnmhalle  aber  anter  Aufsicht  eines  Tam- 
lehrers  jährlich  siebenmal,  and  zwar  aaJBer  an  den  vorgenannten 
Terminen  zwischen  Michaelis  und  Weihnachten  and  zwischen 
Weihnachten  and  Ostern  gründlich  aaszascheaem.  Hierbei 
sind  E^atheder  and  Podiam  jedesmal  za  entfernen.  Mit  dem 
Soheaem  ist  das  Waschen  sämtlicher  Fenster  and  Thüren  zu 
verbinden.  Aafserdem  sind  die  Fenster  jährlich  siebenmal, 
and  zwar  zn  Ostern  and  Pfingsten,  in  den  Hnndstagsferien, 
zu  Michaelis  and  za  Weihnachten,  zwischen  Michaelis  and 
Weihnachten  and  zwischen  Weihnachten  and  Ostern  za  patzen, 
Schlösser  and  Thüren  sind,  so  oft  nötig,  einzuölen. 

In  §  6,  der  von  der  Heizung  handelt,  heifst  es  zum 
Schlufs,  dafj9  der  Aufwärter  die  Abtritte  täglich  zu  besichtigen, 
von  etwaigen  XTnsauberkeiten  zu  reinigen  und  wöchentlich 
einmal  zu  scheuem  hat.  Die  Spucknäpfe  sind  mindestens 
einmal  wöchentlich  zu  entleeren. 

um  die  Art  und  Weise  kennen  zu  lernen,  in  welcher 
der  Aufwärter  das  Kehren  besorgt,  habe  ich  im  Juni  und 
Juli  des  vorigen  Jahres  an  den  Kehrtagen  die  mit  der  Reinigung 
beauftragten  Leute  beobachtet.  Sobald  am  Mittwoch  oder 
Sonnabend  die  Schüler  die  Klassen  verlassen  haben,  beginnen 
ein  oder  zwei  Personen  mit  dem  Auskehren.  Da  einzelne 
Ellassen  schon  um  zehn  oder  auch  noch  eher  leer  stehen,  so 
werden  diese  oft  schon  gereinigt,  während  die  anderen  Räume 
noch  besetzt  sind.  Nach  seinem  Ermessen  streut  der  Kehrende 
dabei  feuchte  Sägespäne  in  die  Gänge  und  hin  und  wieder 
auch  unter  die  Bänke.  Dieselben  werden  von  der  Stadt  nach 
Bedarf  geliefert  und  in  der  3.  Bezirksschule  in  einem  trockenen 
Kellerraume  aufbewahrt.  Laut  Haushaltplan  der  Stadt  Leipzig 
sind  fiir  43  Schulen  insgesamt  1075  M.,  für  jede  Schule  also 


456 

25  M.  für  Sägespäne  pro  Jahr  berechnet.  Die  ans  Borsten 
bestehenden  Besen  mufs  der  Auf  Wärter  selbst  kaufen.  Das 
Stück  kostet  2  M.  Es  erwächst  ihm  hieraus  nach  seiner 
Angabe  an  unserer  Schule  eine  jährliche  Ausgabe  von  cro.  40  M« 
Das  Kehren  selbst  erfolgt  in  der  Weise,  dafe  die  Bänke  auf 
der  einen  Seite  emporgehoben  werden  und  der  Staub  unter 
denselben  in  die  Gänge  gefegt  wird.  Bei  diesem  Verfahren 
bleibt  auf  der  Seite  der  Bank,  die  nicht  emporgehoben  wird, 
immer  etwas  Staub  liegen,  da  der  Besen  nicht  dorthin  gelangen 
kann.  Ist  das  Kehricht  einer  Klasse  zusammengebracht,  so 
wird  es  auf  den  Yorsaal  geschüttet  und  von  dort  durch  den 
Aufwärter  in  die  Müllgrube  des  Hofes  gebracht.  Die  Reinigung 
einer  Klasse  durch  zwei  Kehrfrauen  erfordert  etwa  zehn 
Minuten.  Trotz  Anwendung  der  Sägespäne  wird  noch  yiel 
Staub  durch  das  Kehren  aufgewirbelt,  der  sich  an  Wänden, 
Subsellien  und  natürlich  auch  wieder  auf  dem  Fuisboden 
niedersetzt. 

Das  Kehren  der  Korridore  und  Treppen  ist  viel  leichter 
zu  bewerkstelligen,  als  das  der  Klassenzimmer,  in  denen  die 
Bänke  eine  gründliche  Reinigung  sehr  erschweren.  Es  erfolgt 
täglich  nach  SchluGs  des  Nachmittagsunterrichtes. 

Wie  grofs  ist  nun  die  Menge  des  Staubes,  die  sich  von 
Kehrtag  zu  Kehrtag  in  einer  Klasse  ansammelt? 

Um  diese  Menge  in  den  Klassenzimmern  bestimmen  za 
können,  wurde  eine  Zeit  lang,  vom  10.  Juni  bis  8.  Juli  1893, 
an  den  Kehrtagen  in  bestimmten  Zimmern  des  Parterres,  der 
ersten  und  zweiten  Etage  ohne  Anwendung  von  Sägespänen 
der  Staub  zusammengekehrt  und  gewogen.  Selbstverständlich 
liefs  ich  stets  nach  dem  Kehren  in  meiner  Gegenwart  gehörig 
lüften.  G-röfsere  Papierfetzen,  Brotreste  u.  s.  w.  gelangten  vorher 
zur  Auslese.  Die  beobachteten  Zimmer  wurden  sodann  ausge- 
messen, ihr  Kubik-  und  Quadratinhalt  berechnet,  die  Zahl  der 
Schüler  festgestellt,  welche  dieselben  besuchten,  sowie  die 
Zeit  berücksichtigt,  während  der  sie  besetzt  waren.  Die 
Resultate  dieser  Arbeit  sind  in  der  folgenden  Tabelle  zn- 
sammengestellt. 


Eehrtabelle. 


457 


-:3 

5ä 

U 

i^' 

5« 

■s  ^ 

Mädchenkl 
Ko.  88,  2. 

Klasse 

^6 

31 

i'-" 

s'^- 

Sg 

1^ 

Bemerkungen 

Grolse  der  Klasse 

nach               qm 

62 

59 

62 

56 

62 

62 

55 

cbm 

288 

206 

239 

204 

230 

230 

208 

Sohülerzahl 

46 

44 

48 

44 

48 

41 

40 

Wievielmal    kom- 

men die  Schüler? 

a)  bis  Mittwoch 

6  X 

4  X 

4  X 

3  X 

4  X 

5  X 

5  X 

b)  bis  Sonnabend 

8  X 

4  X 

3  X 

4  X 

4  X 

4  X 

4  X 

Wie  lange  sind  sie 

in  der  Klasse? 

a)  yon  Montag  bis 

Mittwoch 

10  8U. 

10  SU. 

lOSid. 

12Std. 

13  8td. 

16Std. 

15  Std. 

b)  vonDonnerstag 

bis  Sonnabend 

12  „ 

11  ,, 

12  „ 

14  „ 

15  „ 

13  „ 

13  „ 

Kehrichtmengen 

in  g(lafitrocken) 

Sonnabend,  10.  6. 

-^ 

_ 

127 

258* 

117 

80** 

236* 

*  Mit  Säge. 

1.— 3.  Tag 

Spänen  gekehrt 
n.  daher  ausser 
Berechnung 
gelassen. 
**  Flflchtig 

trocken  ge- 

kehrt. 

Mittwoch,  14.  6. 

860 

167 

475 

385 

330 

350 

225 

Dienstag  Oe- 

4.-6.  Tag 

Sonnabend,  17. 6. 

— 

70 

115 

90 

110 

82 

110 

Donnerstag 

7.    8.  Tag 

schulfrei. 

Mittwoch,  21.  6. 

— — 

82 

175 

98 

105 

150 

70 

Sehr  trooken 

9.— 11.  Tag 

und  windig. 

Mittwoch,  28.  6. 

413 

170 

340 

365 

268 

385 

170 

Freitag  und 

12.--16.  Tag 

Sonnabend 
sohulftrei. 

Sonnabend,  1.  7. 

230 

264 

819 

325 

270 

270 

220 

Sehr  trooken. 

16.—18.  Tag 

Mittwoch,  5.  7. 

180 

165 

— 

140 

106 

160 

110 

19.— 21.  Tag 

Sonnabend,  8.  7. 

87 

95 

140 

170 

83 

100 

85 

Sehr  trocken. 

22.-24.  Tag 

Zimmer  No.  10 
Bu  flüchtig  ge- 
kehrt. 

Summa 

1220 

1013 

1691 

1573 

1389 

15771 

990 

in  16 

in  21 

in  21 

in  21 

in  24 

in  24 

in  21 

Tgn. 

Tgn. 

Tgn. 

Tgn. 

Tgn. 

Tgn. 

Tgn. 

Im  Mittel  pro  Tag 

76 

49 

80 

75 

58 

66 

43 

458 

Als  mittleres  Qnantam  ergab  sich  ans  dem  achtmaligen 
Kehren  von  Kehrtag  zu  Kehrtag  191  g  Kehrieht  auf  die 
Klasse.  Die  Zeit,  in  der  beobachtet  wnrde,  zeichnete  sicli 
dnroh  grolse  Trockenheit  ans,  war  also  insofern  sehr  günstig, 
als  eine  möglichst  geringe  Menge  Sohmntz  in  die  Schnle  gebracht 
wurde.  Sobald  die  Stralsen  infolge  eines  Gewitterregens  nals 
geworden  waren,  stieg  die  Kehrichtmenge  ganz  bedeutend,  so 
dafs  dann  im  Mittel  327  g  Staub  auf  die  Klasse  kamen.  (Siehe  in 
der  Tabelle  4. — 6.  Tag.)  Berechnet  man  die  durchschnittliche 
Schmutz-  und  Staubmenge,  die  von  einem  Schüler  in  die 
Klasse  hineingetragen  wurde,  so  ergibt  sich  4,1  g  innerhalb 
3  Tagen  oder  pro  Tag  1,4  g.  Auf  das  Quadratmeter  kommen 
durchschnittlich  3,21  g  von  Kehrtag  zu  Kehrtag  oder  1,07  g 
pro  Tag. 

Die  Menge  des  Staubes  und  Schmutzes  läCst  sich  bei  der 
angewendeten  Methode  des  Kehrens  nicht  genau  bestimmen. 
Es  gelingt  dem  Kehrenden,  der  die  zweisitzigen  Bänke  aufkippt, 
wie  bereits  erwähnt  wurde,  nur  unvollkommen,  den  Staob 
unter  denselben  zu  entfernen.  Viel  besser  wäre  es,  wenn  die 
Subsellien  jedesmal  vom  Platze  gehoben  würden.  Ich  habe 
mehrfach  nach  dem  Kehren  mittelst  der  zuerst  angewendeten 
Methode  nochmals  gekehrt,  aber  die  Bänke  abheben  lassen. 
Jedesmal  ergab  sich,  dafs  sich  noch  25  bis  30  g  Staub  unter 
denselben  bequem  zusammenfegen  lieisen. 

Ein  Versuch,  auch  den  in  der  Luft  befindlichen  Staub 
seinem  Gewichte  nach  zu  bestimmen,  unterblieb.  Ein  unge- 
fähres Bild  über  die  Quantität  desselben  erhält  man,  wenn 
man  von  Kehrtag  zu  Kehrtag  mit  Wasser  gefüllte  Schüsseln 
aufstellt.  In  dem  Wasser  ist  teils  schwebend,  teils  schwimmend, 
teils  zu  Boden  gesunken  der  auf  die  entsprechende  Quadrat- 
fläche  niedergefallene  Staub  wahrzunehmen. 

Der  am  Fufsboden  gesammelte  Staub  setzt  sich  zusammen 
aus  organischen  und  anorganischen  Stofien.  Dm  zu  bestimmen, 
wieviel  yon  jeder  Art  vorhanden  sei,  wurden  mehrere  Glüh- 
versuche angestellt.  Die  gröfseren  Bestandteile,  wie  Läppchen, 
Papierstücke,   Brotreste  u.  s.  w.,   waren  vorher  entfernt,    ßöi 


459 

swei  BeetiiDmungen,  die  mit  lufttrockenem  Staub  vom  14.  Juni 
gQS  Zimmer  No.  16  vorgenommen  wurden,  ergab  sich: 

Probe  I.  Probe  IL 

Staub 8,397  g  2,684  g 

Glühyerlust 4,382  „  1,429  „ 

Asche 47,69%  44,697o. 

Die  anorganiscben  Bestandteile  setzen  sich  zumeist  zu- 
sammen aus  Sandkömohen,  die  von  der  Straise  oder  vom  Hofe 
her  in  die  Zimmer  gelangen,  aus  feinem  Strafsenstaub,  sowie 
ans  Partikeln  von  Stahlfedern,  Nadeln,  aus  kleinsten  Teilen 
YOQ  Ejreide  u.  dergl.  Die  organischen  Staubteile  bestehen  aus 
Fasern  der  Kleider,  aus  Papierfiragmenten,  Frühstücksresten, 
Pflanzenteilen,  Haaren,    Hautschuppen  und  ähnlichen  Dingen. 

Da  alle  diese  organischen  Stoffe  längere  Zeit,  nämlich  bis 
zu  drei  oder  vier  Tagen,  im  Schulzimmer  verweilen,  da  sie 
infolgedessen  trocken  und  durch  die  Fülse  der  Schüler  und 
Lehrer  recht  felQ  zerrieben  werden,  so  ist  es  begreiflich,  dafs 
der  ganze  Unrat  äuiserst  beweglich  wird  und  dafs  ein  leichter 
Luftzug,  Ortsveränderungen  der  Schüler  und  des  Lehrers  schon 
eme  Staubwolke  hervorzurufen  im  stände  sind. 

Der  organische  wie  der  anorgamsohe  Staub  wird  nun  zum 
Trfiger  einer  gewaltigen  Anzahl  der  verschiedensten  Mikro- 
organismen. Von  der  Straise  her  kommen,  durch  die  Fülse 
herbeigetragen,  zahlreiche  Pilzsporen,  sowie  Bakterien  und 
Kokken.  Auch  die  Keime,  welche  in  den  Wohnungen  der 
Kinder  zufällig  vorhanden  sind,  werden  mit  den  Kleidern  in 
die  Schule  gebracht.  Jedem  Lehrer  filUt  es  ferner  auf,  wie 
häufig  Schüler  mit  schlecht  verbundenen,  eiternden  G-eschwüren 
oder  mit  offenen  Wunden  die  Schule  besuchen  und  so  zur 
Vermehrung  der  Mikroorgauismen  beitragen.  Diese  Fälle 
treten  aber  in  den  Hintergrund  gegenüber  den  Keimmengen, 
welche  aus  der  Mundhöhle,  beziehungsweise  aus  der  Lunge 
von  Schülern  und  Lehrern  in  die  Schule  gelangen.  Bekannt 
ist,  wie  zahlreiche  pathogene  Keime  in   der  Mundhöhle  ganz 


460 

gesunder  Personen  vorkommen,  die  sich  natürlich  im  Schal- 
staube vorfinden  müssen,  zumal  wenn  in  den  Klassensdmmem 
Spucknäpfe  fehlen.  Es  kann  auch  nicht  auffallen,  dals  Kinder 
mit  Husten,  der  sogar  den  Unterricht  zu  stören  geeignet  ist, 
eine  reiche  Aussaat  virulenter  Keime  bewirken. 

Eine  grofee  Anzahl  der  im  Schulstaub  befindlichen  Keime 
stirbt  bald  ab,  da  ja  ihre  Lebensdauer  nicht  unbeschränkt  ist 
Es  hat  für  uns  daher  Interesse  zu  sehen,  wie  häufig  die 
lebensfähigen  Keime  desselben  sind.  Zu  diesem  Zwecke 
wurden  einerseits  die  in  der  Luft  schwebenden  Staubteile  auf- 
gefangen und  auf  ihren  Keimgehalt  untersucht,  andrerseits  die 
Mengen  der  im  Staub  des  Fuiüsbodens  sich  findenden  Mikro- 
organismen bestimmt  und  drittens  der  feine  Staub,  der  sich 
infolge  von  Luftbewegungen  beim  Kehren  und  aus  anderen 
Ursachen  fortgesetzt  auf  den  Subsellien  niederläfst,  ebenfalls 
auf  die  Keimmenge  geprüft. 

Da  es  bei  der  Bestimmung  des  Keimgehaltes  der  Luft  in 
den  Klassenzimmern  weniger  auf  die  absolute  Menge  der 
Keime  im  Kubikmeter  cmkam,  als  vielmehr  darauf,  möglichst 
rasch  und  ohne  irgendwie  den  Fortgang  des  Unterrichts  zn 
stören,  ein  Bild  über  den  relativen  Keimgehalt  zu  erhalten, 
so  kam  weder  die  HESSBsche  Methode  zur  Anwendung,  noch  die 
Methode  Petbis  (Sandfilter).  Beide  Methoden  sind  mit  greisen 
Umständlichkeiten  verbunden.  Auiserdem  ermöglichen  sie  auch 
nicht,  die  absolute  Keimmenge  der  Luft  sicher  zu  ermitteln, 
denn  es  wird  ja  immer  nur  die  Anzahl  von  Staubpartikeln, 
welche  Träger  von  lebens&higen  Keimen  sind  und  welche  bei 
einer  bestimmten  Temperatur  auf  einem  bestimmten  Nährboden 
wachsen,  gefunden.  Ich  exponierte  vielmehr  einfach  die  be- 
kannten SALOMONSENschen  Doppelschälchen  eine  bestimmte 
Zeitlang  im  Zimmer.  Bei  der  reichlich  vorhandenen  Staab- 
menge  war  auf  diese  Weise  am  leichtesten  ein  Bild  von  dem 
Keimgehalt  der  Luft  des  Schulzimmers  zu  erhalten.  Die 
Schälchen  haben  eine  Oberfläche  von  63  qcm.  Als  Nähr- 
boden wurde  Fleischwasserpepton  mit  5%  Leimzusatz  und 
neutralisiert  verwendet. 


461 

Bereits  im  Jahre  1892  waren  die  ersten  Versuche  von 
mir  angestellt  worden.  Herr  Dr.  Flaut  hatte  die  Liebens* 
Würdigkeit,  für  die  Durchführung  derselben  sein  Laboratorium 
zur  Verfügung  zu  stellen.  Zur  Aufstellung  gelangten  kreis- 
runde Doppelschälchen  von  63  qcm  Oberfläche.  Dieselben 
wurden  mit  sterilisiertem  Fleischwasserpepton,  dem  10%  Leim 
zugesetzt  war,  beschickt. 

Der  erste  Versuch  fand  am  27.  Juni  1892  statt.  4  Platten 
wurden  in  4  Lehrzimmem  je  5  Minuten  lang  in  der  Pause 
zwischen  den  Unterrichtsstunden  exponiert.  Die  Kinder  blieben 
in  der  Klasse. 

Nach  72  Stunden  entwickelten  sich  bei  Zimmertemperatur 
auf  Platte  1  158  Kolonien, 
„        „      2     78         „        (Die  Gelatine  war  etwas  eingetrocknet.) 
r,        „      3  130         „ 
„       «      4  130        „       . 

Zur  Entwickelung  gelangten  nur  Bakterien  und  Kokken. 

Platten,  die  5  Minuten  lang  in  meinem  Wohnzimmer, 
sowie  im  Schlafzimmer  und  im  Laboratorium  des  Dr.  Plaut 
aufgestellt  wurden,  ergaben  folgendes  Resultat: 

Nach  72  Stunden  bei  Zimmertemperatur  fanden  sich 
auf  der  1.  Platte  im  Wohnzimmer    5  Keime, 
„      „    2.       ^        ^    Schlafzimmer     1        „ 
„      „    3.       ^        „    Laboratorium     6        ^    . 

Bei  den  Versuchen  im  Sommer  1893  handelte  es  sich 
zunächst  darum,  die  günstigste  Expositionsdauer  für  die  Platten 
zu  ermitteln.  Zu  dem  Zwecke  wurden  6  im  hygienischen 
Institute  sterilisierte  Schalen  in  Glasbüchsen  auf  sterilisiertem 
Blechgestell  am  5.  Juni  in  die  Schule  gebracht  und  in  dem 
im  Parterre  gelegenen  Physikzimmer  um  10  Uhr  aufgestellt. 
3  Platten  standen  5,  2  andere  10  und  die  letzte  15  Minuten 
lang.  Die  Deckel  wurden  bei  allen  Versuchen  während  der 
Expositionsdauer  in  der  Büchse  auf  dem  Gestell  aufbewahrt. 
Die  Beobachtung  erstreckte  sich  auf  2—4  Tage,  die  Ent- 
Wickelung  fand  bei  Zimmertemperatur  statt,  über  das  Er- 
gebnis gibt  die  umstehende  Tabelle  Aufschlufs: 


462 


Ptott« 

Expositioniseit 
in  Minnten 

Kolonien 
nach  2  Tagen 

Kolonion 
nach  8  Tagen 

1 

5 

39 

90 

2 

5 

38 

102 

3 

5 

39 

— ,  verflilsaigt 

4 

10 

46 

D 

5 

10 

60 

77 

6 

16 

87 

178,z.T.verflflÄrigi 

Als  günstigste  Zeitdauer  der  Aufstellang  sind  demnadi 
5  Minnten  anzunehmen,  da  bei  einer  längeren  Zeit  die  rasek 
wachsenden  verflüssigenden  Kolonien  die  Platten  verderben.  Atis 
dem  Versuche  ergibt  sich  weiter,  dals  auch  schon  bei  den  Pbtten, 
die  nur  5  Minuten  aufgestellt  waren,  die  Beobachtung  höchstens 
auf  3-~4  Tage  ausgedehnt  werden  darf.  Da  aber  erwiesen 
ist,  daJs  auch  nach  dieser  Zeit  noch  Keime  sich  zu  Kolonien 
entwickeln,  so  folgt,  dais  in  Wirklichkeit  die  Summe  der  auf 
die  Platte  gesunkenen  Keime  eine  wesentlich  höhere  sein  muls, 
als  sich  aus  den  entwickelten  Kolonien  ersehen  Iftfst.  Eine 
noch  kürzere  Zeit  als  5  Minuten  zu  wählen,  erscheint  deshalb 
nicht  angezeigt,  weil  dann  die  Zeit^  die  den  Keimen  zum  Ab- 
setzen gelassen  ist,  nicht  hinreicht,  um  aus  der  über  der  Schale 
befindlichen  Luftsäule  möglichst  viele  derselben  au&ufangen. 

Am  6.  Juli  wurde  der  Versuch  in  dem  Zimmer  der  im 
Parterre  gelegenen  IIa  Knabenklasse  wiederholt,  um  zu  sehen, 
ob  sich  hier  dieselben  Resultate  ergeben  würden.  Es  gelangten 
wieder  6  Platten  zur  Aufstellung,  je  2  derselben  5,  10  und 
20  Minuten  lang.  Nach  48  Stunden  hatten  sich  entwickelt  anf 
Platte  1  mit    5  Minuten  Expositionszeit    35  Kolonien, 

77  87  „ 

57        „ 

61        „ 

100        , 

118        „       . 

Die  Zahl  der  verflüssigenden  Kolonien  betrug  durch- 
schnittlich 10%.  Die  Übereinstimmung  zwischen  beiden  Ver- 
suchen ist  sehr  grofs. 


2 

r,       5 

3 

.    10 

4 

„    10 

5 

n     20 

6 

-    20 

77  ^         77       -^  77 


46S 


Weiter  wurden  Experimente  angestellt,  die  darthun  sollten, 
ob  die  Keimmenge  an  yersckiedenen  Stellen  eines  Zimmers 
wesentlich  yersclxieden  sei,  denn  bei  den  vorher  beschriebenen 
Versuchen  waren  die  Platten  horizootal  auf  einer  xmd  derselben 
Bank  an%estellt.  Es  kamen  6  Platten  in  Mädchenklasse  IIa, 
3.  Etage,  von  7,55 — 8  ühr  auf  verschiedenen  Bänken  zur 
Exposition.  Die  Fenster  blieben,  wie  bei  allen  Versuchen, 
geschlossen.  Als  Zimmertemperatur  ergab  sich  25^.  Die  Bänke, 
auf  welche  die  Platten  gestellt  wurden,  waren  zur  Zeit  des 
Versuches  unbesetzt.     Dabei  wurde  folgendes  beobachtet: 


Nach 

KaAh 

Nach 

Ort,  wo  lieh  die  FUttten  befimdMi 

24  Stimdeii 

48  Stunden 

72  Standen 

Platte  1,  vordere  Banic,  Fensierreihe 

7  Eolunien 

28  Kolonien 

37  Kolonien 

»      *>       » 

»» 

Mittelreihe 

5        „ 

verflässigt 

~"           n 

„      8,  vierte 

» 

Fensterreihe 

ß        « 

22  Kolonien, 
zum    Teil 
verflüssigt 

verflüssigt 

„      4,  hintere 

» 

Mittelreihe 

5           r, 

17  Kolonien, 

32  Kolonien 

„      b,  dritte 

n 

Thürreihe 

3        „ 

28        „ 

36        „ 

„      6,  hintere 

n 

Fensterreihe 

6        „ 

22        „ 

28        „       . 

Hin  wesentlicher  Unterschied  in  der  Keimmenge  herrscht 
also  an  verschiedenen  Orten  eines  und  desselben  Zimmers 
nicht»  da  bereits  auf  einer  so  kleinen  Mäche,  wie  63  qcm,  die 
Zahl  der  Kulturen  recht  gleichmälsig  erscheint. 

Durch  einen  weiteren  Versuch  sollte  ermittelt  werden, 
wie  grofs  die  Keimzahl  zu  Beginn,  während  der  Dauer  und 
am  Schlüsse  des  Unterrichts  sei.  3  Platten  wurden  daher  am 
10.  Juni  1893  in  Schulzinuner  No.  3  und  2  in  Zimmer  No.  6  je 
5  Minuten  lang  exponiert.  Die  Zimmertemperatur  betrug  23^. 
Das  Resultat  ist  aus  der  Tabelle  auf  Seite  464  ersichtlich. 

Der  Schulstaub  enthält  demnach,  soweit  er  in  der  Luft 
suspendiert  ist,  eine  sehr  grofse  Menge  von  Keimen.  Die 
Anzahl  derselben  nimmt  während  des  Unterrichts  zu,  ist  aber 
schon  zu  Anfang  desselben   eine  hohe.     Am   gröisten  jedoch 


464 


erscheint  sie,  sobald  die  Schüler  die  Klasse  verlassen,  nnd  während 
der  Pansen,  offenbar,  weil  dann  sehr  viel  Stanb  anfgewirbelt  wird.' 


Zeit  und   Ort 
der  Anfstellimg 


Nach 

48  Stunden 

entwickelt 


Nach 
72  Standen 


Kaeh 
96  StondcD 


Zimmer  No.  3. 
(I.  Mädchenklasse) 

1.  Platte,  7—7,5  Uhr,  Beginn 
des  Unterrichts 

2.  Platte,  8,8—8,13  Uhr, 

Unterricht 

3.  Platte,  8,68—8,58  Uhr, 
Panse,    Schülerinnen    im 
Hausflur 

Zimmer  No.  6. 
(Enabenklasse  IIa) 

4.  Platte,  9,49—9,54  Uhr, 

Unterricht 

5.  Platte,  11-11,5  Uhr, 
beimVeriassen  des  Zimmers 


20  Kolonien 

19 

45 


>» 


t» 


73  Kolonien, 
darunter  12  Pilze 

103  Kolonien, 
darunter  8  Pilze 

118  Kolonien, 
darunter  5  Pilze 


17 
60 


»> 


}} 


76  Kolonien, 
darunter  1  Pilz 
124  Kolonien, 

darunter  3  Pilze 

Die  milcrotkoplsche 
Untersnchnng:  er- 
gibt 117  Kolonien 
Kokken  nnd  nur 
2  Kolonien  Stäb- 
chen. 


94  Kolonien 
127 
140       „ 


« 


)} 


ineinander 
geflossen 
—  Kolonie 
ineinander 


Durchschnittlich  pro  qcm 


50  Kolonien 


160  Kolonien 


200  Kolonien. 


Zn  demselben  Ergebnisse  kam  auch  Hesse  ^  bei  Versuchen 
in  einer  Berliner  Gemeindeschule.     Er  fand  in  2  1  Luft 

vor  dem  Unterricht    4  Keime, 
während  des  Unterrichts  33       „ 
nach  dem  Unterricht  70      „ 
Die    zur  Entwickelung  gelangenden  Organismen  sind  zu- 
meist Bakterien;    die  Pilze  erscheinen  sehr  in  der  Minderheit, 
wie  dies  auch  Hesse  angibt. 


*  Vergl.  diese  Zeitschrift,  1888,  No.  11,  S.  403. 

*  W.  Hesse,  Über  quantitative  Bestimmung  der  in  der 
Luft  enthaltenen  Mikroorganismen.  Mitteilungen  aus  demKaiserl 
Gesundheitsamt,  1884,  Bd.  II. 


465 

Es  kam  femer  darauf  an,  zu  erfahren,  wie  groüs  der 
Eeimgehalt  des  Bodenstaubes  sei. 

Das  zur  Untersuchung  gelangende  Material  wurde  dem  in 
einzelnen  Klassenzimmern  durch  Zusammenkehren  gesammelten 
und  in  Glasbüchsen  aufbewahrten  lufttrockenen  Staube  ent- 
nommen. Ich  bestimmte  zunächst  durch  mehrfache  Versuche 
das  Gewicht  der  durch  eine  geglühte  Flatinöse  festgehaltenen 
Staubmenge.  Dasselbe  betrug  im  Durchschnitt  1  mg.  Hierauf 
wurde  eine  Öse  voll  Staub  in  5  ccm  sterilisiertes  Wasser  gebracht, 
dnrch  Schütteln  in  einem  sterilisierten  Tropfglase  verteilt  und 
hienron  1  ccm  mit  verflüssigter  Gelatine  zur  Platte  ausgebreitet. 

Das  Ergebnis  war  nachstehendes: 

Nach  48  Stunden  fanden  sich  234  Kolonien,  davon  12 
die  Gelatine  verflüssigende  und  1  Schimmelpilz.  Die  gröfste 
Zahl  der  Kolonien  bestand  aus  Kokken.  Nach  72  Stunden 
war  alles  verflüssigt. 

Auf  1  g  Staub  kamen  1 170000  Keime. 

Nachdem  der  Versuch  ergeben  hatte,  dafs  die  Keimzahl 
für  unsere  Nährböden  eine  zu  groüse  sei,  wurde  beim  zweiten 
Versuche  1  mg  lufttrockner  Staub  aus  Zimmer  No.  10  vom 
28.  Juni  in  250  g  sterilisiertes  Wasser  gebracht  imd  um- 
geschüttelt, hierauf  ein  Teil  der  Mischung  in  ein  sterilisiertes 
Trop^las  gegossen  und  schlieüslich  6  Platten  mit  einer  je 
3  Tropfen  ä  0,072  ccm  der  Mischung  enthaltenden  Gelatine 
beschickt.  Als  Gelatinerückstand  im  Reagensglase  kamen  5  % 
zur  Berechnung. 

Nach  48  Stunden  hatten  sich  entwickelt 
auf  der  1.  Platte  342  Kolonien,  die  Platte  zum  Teil  verflüssigt. 


»  2. 

n 

404 

r? 

„  3. 

T) 

381 

75 

»  4. 

n 

357 

7J 

r,    5. 

n 

451 

n 

«  6. 

7» 

365 

7J 

Zusammen  2300  Kolonien  in  1,296  com,  oder  in  1  g  Staub 
447  562  Keime. 

8«hB]f  Miindli«ltapfleg«  VU.  30 


466 

Da  sich  bei  diesem  Versuolie  die  Platten  aucli  nur  48 
Standen  unverflüssigt  hielten,  so  stellte  ich  beim  folgenden 
VeTSuche  am  5.  Juli  znnächst  die  Mischung  in  gleicher  Weise 
wie  vorher,  nnd  zwar  mit  Staub  ans  Zimmer  No.  16  her.  Sodann 
wurden  5  Platten  mit  nnr  je  1  Tropfen  zu  0,077  ocm  imd 
1  Platte  mit  2  Tropfen  beschickt. 

Nach  48  Stunden  zeigten  sich 

auf  der  1.  Platte  444  Kolonien, 


n 


2.       „      518 

1) 

3.       „      526 

n 

4.       „      504 

n 

5.       „      496 

n 

6.       „    1261 

n 

(2  Tropfen.) 

L    Staub    waren 

also 

durchschnitÜich 

In    einem    Gram 
1824375  Keime  enthalten. 

Diese  beiden  Versuche  lassen  bereits  erkennen,  dals  der 
Keimgehalt  des  Bodenstaubes  sehr  schwankend  ist.  Es  rfihit 
das,  wie  leicht  ersichtlich,  von  der  gröDaeren  oder  geringeren 
Menge  mineralischer  Beimengungen  her.  Länger  als  48  Stunden 
lieüsen  sich  auch  diesmal  die  Platten  nicht  beobachten,  d» 
nach  dieser  Zeit  die  Verflüssigung  mit  rapider  Schnelligkeit 
vor  sich  ging. 

Von  den  weiteren  Versuchen  sei  einer  hervorgehoben,  bei 
dem  es  gelang,  eine  Zählung  der  verflüssigenden  Kolonien 
vorzunehmen.  * 

Am  12.  Juli  wurden  0,5  g  Staub  aus  Zimmer  No.  16  in 
250  com  physiologische  Kochsalzlösung  gebracht,  6  Platten 
mit  je  1  Tropfen  zu  0,077  com  und  6  andere  mit  je  1  Tropfen 
zu  0,072  com  beschickt. 

Nach  48  Stunden  hatten  sich  entwickelt 

auf  der  1.  Platte  mit  0,072  ccmMischnng  149  Kolon.,  davon  41  verfloBOgezid, 

„  „  2.  „  „  0,072  „  „  113  „  „26 

„  „  3.  „  „  0,072  „  „  146  „  „      27           „ 

„  „  4.  „  „  0,072  „  „  109  „  „27 

„  „  5.  „  „  0,072  „  „  105  „  „      28 

„  „  6.  „  „  0,072  „  „  161  „  „15 

„  „  7.  „  „  0,077  „  „  112  „  „20 


467 
auf  der  8.  Platte  mit  0,077  ccmMiachmig  122  Kolon.,  davon  12Terfla88ig«nd, 


»      n      "• 

» 

n   0,077 

» 

w 

116 

n 

»      18 

,      n    10. 

n 

,   0,077 

n 

n 

135 

r* 

«      16 

,      ,11. 

» 

„   0,077 

n 

n 

190 

>» 

»        8 

n      »    12. 

» 

«   0,077 

n 

n 

— 

» 

yerflÜBsigrt. 

n 
n 


Ein  Gramm  Staub  enthielt  demnach  940275  Keime. 

Da  infolge  der  beginnenden  Sommerferien  eine  Unter, 
breohong  der  Stanbnntersnohungen  eintreten  mniste,  so  wnrde 
eine  weitergehende  Verdünnung  nicht  vorgenommen.  Die 
Versuche  thun  aber  zur  Q-enttge  kund,  wie  grofs  die  Menge  der 
Mikroorganismen  im  Schulstaube  ist.  Nehmen  wir  als  mittlere 
Eeimmenge  pro  Grramm  Staub  nur  1  Million  an,  so  ergibt 
sich,  dais  mit  den  60 — 70  Gramm  Staub,  die  durchschnittlich 
jeden  Tag  in  ein  Schulzimmer  gelangen,  60 — 70  Millionen 
Keime  eingeschleppt  werden. 

Eine  ganz  besondere  Beachtung  verdient  noch  der  feine 
Staub,  der  sich  durch  das  Kehren,  durch  lebhaftere  Bewe- 
gungen der  Schüler  und  Lehrer,  durch  das  Abstäuben  der 
Subsellien  in  die  Luft  erhebt,  um  dann  bald  wieder  auf  Tische 
und  Bänke  niederzusinken.  Er  setzt  sich  an  Kleider,  Gesicht 
und  Hände  fest  und  kann  am  ehesten  die  direkte  Ursache 
einer  Infektion  werden,  sobald  er  schädliche  Mikroorganismen 
enthält.  Um  daher  die  in  ihm  enthaltene  Keimmenge  zu 
bestimmen,  wurden  am  13.  September  55  mg  Staub  in  einem 
geglühten  Platinschälchen  gewogen,  in  100  ccm  physiologische 
Kochsalzlösung  gethan  und  10  Minuten  lang  geschüttelt.  Von 
dieser  Mischung  brachte  ich  10  ccm  mit  sterilisierter  Pipette 
in  ein  sterilisiertes  Tropfglas  und  beschickte  9  Platten  mit  je 
einem  Tropfen  zu  0,072  ccm. 

Nach  48  Stunden  zählte  ich  auf 
Platte  1  112  Kolonien, 
»      2  174         „ 
«      3  177         „ 

„      4  112         „  ein  Teil   der  Platte    durch  Kondens- 

Wasser  verwaschen. 


5  141 

6  92 


Tf 


30* 


468 

Platte  7  —    Kolonien,  durcli  Kondenswasser  verdorben, 
„       8  131         „         wie  Platte  4, 
9  —  „  wie  Platte  7. 

Nach  72  Stunden  war  das  Ergebnis  folgendes: 

Platte  1,  4,  6  überwuchert, 
„       2  192  Kolonien, 
n       3  183 
„       4  152         „       . 

Auf  das  Gramm  ergibt  sich  also  die  sehr  hohe  Zahl  yon 
4354635  Keimen.  Hierzu  ist  noch  zu  bemerken,  dals  auf 
allen  Platten  die  Anzahl  der  Pilze  überwog..  Es  fanden  sich 
durchschnittlich  60  7o  Schimmelpilzkolonien  auf  jeder  derselben. 

Nicht  minder  wichtig  dürfte  es  sein,  darauf  hinzuweisen/ 
dals  der  Luftstaub  und  die  in  ihm  enthaltenen  Keime  keines- 
wegs  nur   auf   die  Luftwege   von  schädlichem    Einfluls   sind, 
sondern,  wie  auch  Professor  Sghbodt-Bjmpleb'  betont,  zugleich 
der  Bindehaut  des  Auges  nachteilig  werden. 

Da  die  gegenwärtige  Art  der  Reinigung  unserer  Schulen 
nicht  genügt,  die  Staubkalamitftt  zu  beseitigen,  und  da  man 
in  Lehrerkreisen  wohl  einstimmig  der  Meinung  ist,  dals 
Besserungen  sehr  wünschenswert  seien,  so  handelt  es  sich 
darum:  Welche  Malisregeln  sind  zu  trefiFen,  um  zunächst  die 
Ansammlung  von  Staub  in  den  Schulräumen  so  viel  als 
möglich  zu  verhindern? 

Ein  grolser  Teil  desselben  gelangt  von  der  Stralse  and 
vom  Hofe  her  in  die  Schule.  Dals  die  bessere  oder  schlechtere 
Beschaffenheit  des  Strafsenpflasters  hierbei  eine  grofse  Bolle 
spielt,  ist  ja  selbstverständlich.  Die  zur  Beseitigung  dieser 
Art  Schmutz  vorhandenen  Ejratzeisen  genügen  allein  nicht 
Beobachtungen  ergaben,  dals  sich  innerhalb  14  Tagen,  von 
denen  6  Regentage  waren,  unter  einem  solchen  Bost  3,5  kg 
Schmutz  angesammelt  hatten.  Dieser  war  von  etwa  600 
Kindern,  die  täglich  ein-  bis  zweimal  zur  Schule  kamen, 
abgestrichen  worden.     Auf   den  Tag   kommen  also  50  g,   auf 


*  Graefes  Archw,  1889,  Bd.  XXV,  Abt.  4,  S.  249  ff. 


469 

das  Eind  täglich  0,08  g.  Es  wird  doroh  die  erwähnte  Ein- 
richtuig  nur  der  gröbste  Schmatz  teilweise  entfernt,  die  feineren 
Teile  desselben  breiten  sich  auf  den  Unebenheiten  der  Stiefel- 
sohlen ans.  Znr  Beseitigung  der  letzteren  Art  von  Unreinlich- 
keit  dienen  meist  Abtreter  ans  Lederab&llen,  noch  häufiger 
Stroh-,  Binsen-  oder  Kokosmatten.  Sehr  unpraktisch,  wenn 
auch  sehr  haltbar  sind  die  erstgenannten.  Bei  trockenem  Wetter 
eifolgt  auf  dem  harten  Leder  nur  eine  Zerreibung,  aber  keine 
Entfernung  der  Staubteilchen,  bei  Nässe  dagegen  verschmieren 
sich  die  Öfi&iungen  der  Abtreter,  und  ihr  Nutzen  ist  ebenfalls 
gleich  Null.  Viel  zweckentsprechender  sind  die  Strohmatten. 
Ist  ihre  Haltbarkeit  auch  keine  groJse,  so  sind  sie  dafür 
wesentlich  billiger,  als  die  Abtreter  aus  Leder,  und  eine  öftere 
Erneuerung  muJGs  bei  einer  Matte  eher  als  vorteilhafit  gelten. 
Am  praktischten  erweisen  sich  jedenfalls  die  Kokosmatten. 
Sie  sind  sehr  dauerhaft,  kosten  beträchtlich  weniger,  als  die 
Lederabtreter  —  die  erste  Qualität  10  M.  pro  Quadratmeter  — 
und  entfernen  auch  die  feineren  Staubteile  am  gründlichsten. 
Selbstyerständlich  darf  es  ihnen  an  einer  gentLgenden  Gröfse 
nicht  fehlen.  Jedes  Kind  soll  sie  betreten,  sie  müssen  also 
mehrere  Quadratmeter  grois  sein  und  dürfen  nicht  schmale 
Streifen  bilden,  über  welche  die  Schüler  Springübungen  anstellen. 
Eine  arge  Quelle  des  Staubes  ist  der  Schulhof.  Zwar 
wird  derselbe  bei  trockenem  Wetter  besprengt,  aber  dennoch 
wirbeln  die  Schüler  in  der  Pause  ganze  Wolken  Staub  auf, 
so  daÜB  es  als  zweifelhafter  Genufs  erscheint,  auf  demselben  zu 
promenieren  und  dabei  das  Frühstück  zu  yerzehren.  Wenn 
man  erwägt,  dafs  in  Leipzig  sogar  Straisen  und  Fuiswege  mit 
geringem  Verkehr  gepflasert  werden  müssen,  so  dürfte  wohl 
der  Vorschlag,  die  Schulhöfe  ebenfalls  zu  pflastern,  Beachtung 
yerdienen.  Bewegen  sich  doch  beispielsweise  auf  unserem 
1500  qm  groJsen  Hofe  1000 — 1200  Kinder  in  den  Pausen. 
Sehr  geeignet  für  die  Pflasterung  sind  jedenfalls  Thonplatten. 
Übrigens  ist  das  Verlangen  nach  gepflasterten  Schulhöfen  nicht 
Ben.    HAkonson-Hansen  ^  stellte  diese  Forderung  vor  einigen 

^  8.  diese  Zeitschrift,  1890,  No.  11,  S.  645. 


470 

Jahren  auch  für  norwegische  Schulen.  Als  ein  wesenÜioher 
Vorzug  derart  befestigter  Sohulhöfe  muis  noch  die  MOgUchkeit 
ihrer  leichteren  Reinigung  hervorgehoben  werden. 

Wird  so  alles  gethan,  um  den  Straisenstaub  von  den 
Schulräumen  fernzuhalten,  so  ist  natürlich  weiter  erforderlich, 
dais  die  Schüler  fortgesetzt  zur  gröfstmöglichen  ReinhaltuBg 
ihres  Körpers  und  ihrer  Kleidung  angehalten  werden.  Sehr 
Yorteilhaft  ist  es  auch,  wenn  die  Oberkleider  der  Kinder  nicht 
mit  im  Klassenzimmer  aufbewahrt  werden,  sondern  wenn 
hierfür  besondere  Räume  auiserhalb  desselben  Torhanden  sind. 
Da  sich  anderwärts  diese  Malsregel  als  zweckmälsig  erwiesen 
hat,  so  dürfte  es  sich  empfehlen,  dafis  man  auch  in  Leipzig 
bei  Anlegung  von  neuen  Schulen  derselben  Rechnung  trüge. 
Bestimmt  doch  auch  §  13  der  ministeriellen  Verordnung  vom 
3.  April  1873,  die  Anlage  von  Schulgebäuden  betreffend,  dals 
sich  in  jedem  derselben  die  erforderlichen  Räumlichkeiten  zum 
Aufbewahren  der  Kopf bedeckungen  u.  s.  w.  aufs  er  den  Schul- 
zimmern befinden  sollen. 

Weil  aber  die  Ansammlung  von  Staub  trotz  der  pein- 
lichsten Vorbeugungsma&regeln  nie  gänzlich  zu  verhindern 
sein  wird,  so  fragt  es  sich  weiter,  welche  Maisnahmen  zn 
treffen  sind,  um  den  angehäuften  Staub  aus  der  Schule  gründlich 
zu  entfernen. 

Da  die  Dnterrichtsanstalten  die  erzieherische  Aufgabe  haben, 
die  Schüler  an  Reinlichkeit  zu  gewöhnen,  und  da  dies  am 
wirksamsten  durch  das  gute  Beispiel  geschieht,  so  ist  es  schon 
aus  diesem  G-runde  notwendig,  dals  das  Schulzimmer,  in  welchem 
40 — 50  Kinder  täglich  4 — 6  Stunden  sich  aufhalten,  hierin  wie 
eine  Wohnstube  behandelt  wird.  In  jeder  auf  Reinlichkeit 
haltenden  Familie  gilt  es  aber  für  selbstverständlich,  dals  das 
Wohnzimmer  täglich  gekehrt  oder  je  nach  der  Beschaffenheit 
des  Fufsbodens  auch  feucht  aufgenommen  wird.  Die  Forderung, 
dalis  die  Schulstube  täglich  gereinigt  werde,  ist  also  schon 
aus  pädagogischen  Gründen  immer  und  immer  wieder  zn 
stellen.  Die  oben  citierte  Verordnung  vom  3.  April  1873 
bestimmt  denn  auch:  „Schulzimmer,  Treppen  und  Gänge  sollen 


471 

in  der  Begel  täglich  von  Staub  und  Schmutz  sorgfältig  ge- 
reinigt werden.** 

Das  Kehren  selbst  erfolgt  nach  meinen  Erfedimngen  am 
besten  so,  dais  durch  die  Kehrenden,  deren  immer  zwei  ein 
Zimmer  zu  reinigen  haben,  zunächst  in  genügender  Menge 
Sägespäne  gestreut  werden,  welche  vor  der  Benutzung  mit 
etwa  gleichen  Teilen  Wasser  zu  befeuchten  sind.  In  G-egenden, 
in  denen  sich  Torflager  befinden,  dürfte  es  sich  sehr  empfehlen, 
anstatt  der  Sägespäne  Torfmull  zu  verwenden,  da  dieser  viel 
mehr  Wasser  bindet  als  jene  imd  infolge  seiner  braunen  Farbe 
leichter  zu  kontrollieren  gestattet,  ob  die  Kehrenden  ihre  Arbeit 
gründlich  besorgt  haben,  oder  nicht.  Wiederholte  Versuche 
ergaben,  dals  man  dabei  am  besten  drei  Gewichtsteile  Wasser 
nnd  einen  Gkwichtsteil  Mull  nimmt.  Für  100  qm  zu  kehrende 
Fläche  sind  500  g  trockener  Torfmull  nötig.  Eine  Leipziger 
Schule  erfordert  also  pro  Kehrtag  14 — 15  kg  Mull.  Da 
10000  kg  desselben  franko  Leipzig  275  M.  kosten,  so  würde 
sieb  pro  Kehrtag  eine  Ausgabe  von  40  Pf.  ergeben. 

Sägespäne  werden  jetzt,  wie  erwähnt,  pro  Schule  durch- 
schnittlich für  25  M.  jährlich  verbraucht;  auf  den  Kehrtag 
berechnet,  belaufen  sich  also  die  Ausgaben  hierfür  auf  28  Pf. 

Ein  Hauptaugenmerk  ist  darauf  zu  richten,  dals  die  Teile 
des  Fulsbodens  unter  der  Bank,  namentlich  unter  den  Tritt- 
brettern, gehörig  mit  abgekehrt  werden.  So  nützlich  diese 
für  die  Füise  der  Kinder  sein  mögen,  so  sehr  erschweren  sie 
eme  gründliche  Reinigung.  Das  Abwischen  mit  feuchten, 
nicht  nassen  Lappen  hat  ebenfalls  möglichst  sorgfältig  zu 
geschehen,  und  zwar  ist  damit  IV*  bis  2  Stunden  nach  dem 
Kehren  zu  beginnen,  da  sich  bis  zu  dieser  Zeit  auch  die 
feineren  Staubteilchen  zu  Boden  gesenkt  haben.  Von  Wichtig- 
keit ist  weiter  ein  öfteres  Abstäuben  der  Wände.  Wenn  auf 
dem  Staub  derselben  Schreibübungen  gemacht  werden  können, 
wie  es  jetzt  der  Fall  zu  sein  pflegt,  so  ist  damit  verständlich 
genug  gesagt,  dafs  eine  Säuberung  der  Wände  notwendig 
erscheint. 

Die   gründlichste   Entfernung   von   Staub    und    Schmutz 


472 

geschieht  natürlich  durch  Scheuem  und  Waschen,  und  es 
dürfte  sich  deshalb  empfehlen,  da  ja  das  ganze  Schulgeb&ude 
wegen  seiner  Gröise  nicht  wöchentlich  gescheuert  werden  kann, 
wenigstens  jeden  Mittwoch  und  Sonnabend  nachmittags  einige 
Zimmer  zu  scheuem,  so  dafs  die  Schule  etwa  jeden  Monat 
einmal  auf  diese  Weise  gereinigt  würde.  Man  erreichte  dann 
das,  was  die  neue  Breslauer  Reinigungsordnung  für  Schulen, 
die  leider  noch  der  Einführung  harrt,  yerlangt:  ^Allmonatlich 
einmal  sind  die  Fulsböden  der  Schulzimmer  zu  scheuem  und 
die  Wände,  ihrem  Anstrich  entsprechend,  entweder  trocken 
oder  feucht  abzuwischen.^ 

Daus  die  Beschaffenheit  des  Fufsbodens  auf  die  Reinigung 
desselben  einen  gewissen  Einfluis  ausübt,  dafs  sich  ein  glatter, 
geölter  oder  gestrichener  Fufsboden  besser  reinigen  läist,  als 
ein  ungestrichener,  braucht  nicht  erst  hervorgehoben  zu  werden. 
Die  Art  seiner  Herstellung  ändert  aber  an  der  Fordemng  der 
täglichen  Reinigung  nichts. 

Ohne  Zweifel  ist  jede  Behörde  und  auch  unsere  Stadtr 
Verwaltung  im  Princip  damit  einverstanden,  dafs  eine  gründliche 
Reinigung  der  Schulräume  öfter  als  bisher  stattfinden  muTs.  Man 
scheut  aber,  wie  wir  es  an  Breslau  sehen,  die  dadurch  entstehenden 
Kosten.  Dieselben  sind  aber  in  Wirklichkeit  durchaus  keine 
hohen.  Sie  belaufen  sich  nämlich  jetzt  pro  Leipziger  Schulkind 
auf  netto  75  Ff.  jährlich.  Würde  man  sich  nun  entschlieisen,  der 
ausgesprochenen  Forderung  der  täglichen  Reinigung  Rechnung  zu 
tragen,  so  würde  sich  die  Ausgabe  pro  Kind  nur  wenig  erhöhen. 
Da  die  oben  angeführte  Instruktion  für  Hausmänner  bestinnnt, 
dais  alle  Säle  und  Zimmer  wöchentlich  mindestens  zweimal, 
in  besonderen  Fällen  auf  Verlangen  des  Direktors  auch  öfter 
zu  kehren  sind,  so  könnte  schon  ohne  weiteres  eine  häufigere 
Reinigung  angeordnet  werden.  Es  würde  aber  den  flans- 
männem  gegenüber  unbillig  erscheinen,  wenn  man  ihnen  nicht 
für  die  Arbeitskräfte,  die  sie  einstellen  müfsten,  sobald  sie 
täglich  fegen  sollten,  eine  finanzielle  Entschädigung  gewähren 
wollte.  Das  Kehren  einer  gröiseren  Schule  erfordert  etwa 
vier  Stunden  Zeit,    wenn    es   von    vier  Leuten    besorgt  wird. 


473 

Die  HausmftDiier  mtÜBten  sich  also,  wenn  ihre  Familie  nicht 
zahlreich  genug  ist,  statt  jetzt  zweimal,  die  Woche  sechsmal 
zwei  Leute  zum  Kehren  halten.  Berechnen  wir  die  Mehr- 
ausgabe hierfür  mit  8  M.  pro  Woche  und  Schule,  so  ergibt 
sich  pro  Schulkind  eine  Erhöhung  der  Jahreskosten  ftir  die 
Beinigung  um  25  Pf. 

Wenn  man  erwägt,  dais  durch  die  tägliche  Entfernung 
des  Staubes  aus  sämtlichen  Schulräumen  das  Wohlbefinden 
der  Schüler  und  Lehrer  wesentlich  erhöht,  die  Gefahr,  Li- 
fektionskrankheiten  durch  Verschleppung  von  Mikroorganismen 
zu  verbreiten,  aber  bedeutend  verringert  wird,  so  ist  sicherlich 
eine  solche  geringe  Erhöhung  der  Ausgaben  kein  zu  grolses 
Opfer. 


iXits  \^txfamminn^tn  nitb  ^titxntn. 


Aus  dem  lotsten  Jahresbericht  des  Oentralvereins 

in  Berlin. 


Von 

Dr.  phil.  Ejbbsebitbr, 

Oberlehrer  an  der  4.  Bealschule  zu.  Berlin. 

Der  Verein  suchte  seine  Bestrebungen,  „das  Schwimmen 
unter  der  Schuljugend  zu  fördem*",  zunächst  durch  weiteste 
Bekanntmachung  mittelst  der  Presse  zu  verbreiten.  So  ist  es 
ihm  gelungen,  77  Mitglieder,  darunter  5  aufserhalb  Berlins,  zu 
gewinnen. 

In  der  Sitzung  am  23.  März  1893  hielt  Herr  Janeb  einen 
Vortrag  über  die  hohe  Bedeutung  des  Sonnenlichtes  fiir 
Gesundheit  und  Wohlbefinden. 

In  10  Yorstandssitzungen  wurden  die  Geschäfte  des  Vereins 
erledigt. 

Die  von  demselben  geplante  Petition  an  den  Berliner 
Magistrat   um  Beibehaltung   der   Badeanstalt   in  der  August- 


474 

Btralse  als  Schulbad  der  dort  zu  errichtenden  10.  ELealacIinle 
gelangte  nicht  znr  Absendung,  da  sich  ergab,  dais  das  ins 
Ange  gefaJjste  Grundstück  fiir  die  Schule  zu  klein  und  deshalb 
für  ein  städtisches  Volksbai  in  Aussicht  genommen  sei, 
während  die  10.  Realschule  anderswo  erbaut  werden  solle. 

T7m  mit  der  deutschen  Tumerschaft  Fühlung  zu  gewinnen, 
wandte  sich  der  Vorsitzende  zunächst  an  den  Verein  der 
Berliner  Turnlehrer,  in  welchem  er  am  21.  Februar  1893  über 
die  Stellung  des  Schwimmens  zum  Turnen  sprach,  und  er- 
langte von  den  Professoren  Eulbr  und  Angebstein  die  Ver- 
sicherung, dals  sie  als  Turner  und  Pädagogen  dem  Schwimmen 
hohen  Wert  beilegten  und  die  Bestrebungen  des  Vereins 
daher  fördern  würden.  Nach  lebhafter  Besprechung  einigte 
man  sich  über  die  Annahme  folgender  Sätze:  1.  Schwimmen 
ist  eine  wünschenswerte  Ergänzung  des  Turnens  (also  nicht 
etwa  Schwimmen  an  Stelle  des  Turnens,  sondern  neben  dem- 
selben). 2.  Die  Turnlehrer  erklären  sich  bereit,  die  Be- 
strebungen des  Oentralyereins  für  Schulschwimmen  durch 
Verbreitung  der  Idee  und  Gewinnung  von  Mitgliedern  zu 
unterstützen.  3.  Der  Tumlehrerverein  spricht  den  Wunsch 
aus,  dais  möglichst  jede  Schule  ihren  Schülern  billigen 
Zutritt  (10  Pf.)  zu  einer  nahegelegenen  Schwimmanstalt  ver- 
mittele und  einen  besonderen  Schwimmnaohmittag  ansetze. 

Sodann  stellte  der  Vorsitzende  des  Centralvereins  für  Schul- 
schwimmen bei  Dr.  Goetz,  dem  Vorstand  der  deutschen  Tumer- 
schaft, folgende  Anträge:    Die  Tumerschaft  wolle  beschlielsen 

1.  die  Emennung  eines  Schwimmwarts  für  jeden  Turnverein, 

2.  die  Ansetzung  eines  Abends  oder  des  Sonntagvormittags 
zum  gemeinsamen  Schwimmen  für  die  Mitglieder  der  Turn- 
vereine. 

Femer  hat  der  Verein  aulserhalb  Berlins  einen  Schritt 
vorwärts  gethan.  Auf  seine  Aufforderung  hin  haben  sich  bis 
jetzt  folgende  Herren  bereit  erklärt,  in  ihrer  Stadt,  bezw.  an 
ihrer  Schule  als  Vertrauensmänner  desselben  zu  wirken: 
1.  Direktor  Bier  in  Dresden,  2.  Direktor  Katdt  in  Lauen- 
bürg,     3.    Tuminspektor   Weidenbusoh    in    Frankfurt  a.  If., 


476 

4.  Lehrer  Ktnast  in  Breelan,  5.  Dr.  HAMifEK,  6.  Ober- 
tnmwart  SchrObb,  7.  Obertumwart  Hopfe,  letztere  drei  in 
Berlin.  Von  den  Genannten  ist  versproohen  worden,  den 
Schülern  für  das  Baden  Freisermäisignngen  zn  verschaffen,  in 
den  Städten  für  Anlage  yon  Bädern  thätig  zn  sein  und  über  ihre 
Wirksamkeit  Berichte  einzusenden.  Für  letztere,  die  in  Form 
einer  Statistik  des  Schwimmens  erschienen  sind,^  wie  für  die 
übernommene  Arbeit  sei  den  Herren  bester  Dank  gesagt. 

Endlich  ist  aktiv  ein  kleiner  An£ang  gemacht  worden: 
Drei  Freischüler  der  4.  Berliner  Realschule  haben  auf  Kosten 
des  Vereins  schwimmen  gelernt.  Diese  Thätigkeit  desselben 
wird  in  dem  jetzigen  Sommer  viel  gröfseren  Umfang  an- 
nehmen. Am  12.  Januar  1894  nämlich  verband  sich  unser 
Verein  mit  der  Schwimmsektion  des  Vereins  für  gesundheits- 
gemäfse  Erziehung  der  Jugend,  welche  ebenfalls  die  Förderung 
des  Schwimmens  an  den  Schulen  bezweckt,  und  der  eine 
Anzahl  Mitglieder  des  Schwimmklubs  „Poseidon^  angehören. 
Letztere  haben  sich  bereit  erklärt,  die  Schwimmabteilungen 
zu  leiten,  welche  in  den  einzelnen  Stadtvierteln  aus  Schülern 
gebildet  werden  sollen. 

Am  10.  Februar  d.  Js.  sprach  der  Vorsitzende,  Dr.  Keese- 
BiTER,  im  Verein  der  Berliner  Rektoren  über  die  Einrichtung 
von  Schülerschwimmabteilungen  zunächst  an  den  Gemeinde- 
schulen  und  versuchte  die  Sympathien  der  Herren  für  den 
Plan  zu  gewinnen. 

Möchte  auch  in  anderen  Städten  von  den  Schwimmklubs 
die  Ausbildung  der  Schüler  im  Schwimmen  mittelst  ähnlicher 
Organisation  in  die  Hand  genommen  werden  1 


Der  Xn.  deutsche  Kongrefs  fBr  erziehliche  Knabenhandarbeit. 

Am  16.  und  17.  Jmii  d.  Js.  fand  in  Danzig  der  XU.  deutsche 
Kongreß  fttr  erziehliche  Knabenhandarbeii  statt. 


^  Teilweise  im  Jcihrbuch  1893  des  CentrcUausschusses  für  Jugend- 
«id  VoUsstpieJe. 


476 

Nach  dem  üblichen  BegrttDsnngsabeiid  am  Freitag  Tersammelten 
sich  am  Sonnabend,  morgens  10  Uhr,  die  anwesenden  Werkstatt- 
leiter  und  Lehrer  nnter  dem  Vorsitze  unseres  verehrten  Mitarbeit^s, 
Herrn  Direktor  Dr.  GrOETZE,  nm  znnftchst  die  mit  dem  Eongreis  Ter- 
bnndene  Ansstellnng  einer  Besprechung  zn  unterziehen.  Dieselbe,  eine 
der  bedeutendsten,  welche  der  deutsche  Verein  üQr  Enabenhandarbeit  bis 
jetzt  veranstaltet  hat,  war  in  den  Rftnmen  des  ehemaligen  Franzis- 
kanerklosters  untergebracht  und  von  Jugendwerkstfitten  aus  allen 
Teilen  Deutschlands,  insbesondere  ans  den  östlichen  Provinzen,  sowie 
aus  Schweden  beschickt.  Der  Beschauer  erhielt  ein  klares  Bild  von 
den  in  den  einzelnen  Schulen  befolgten  Lehrgängen  und  von  den 
bedeutenden  Fortschritten,  welche  Methode  und  Lehrgang  in  den 
letzten  Jahren  erfahren  haben. 

Um  12  Uhr  begann  der  Vereinstag.  Der  Vorsitzende, 
Abgeordneter  von  ScHENCEEin)OBFF,  hiefs  die  erschienenen  Gäste 
willkommen  und  der  Schatzmeister,  Oberrealschuldirektor  Nobggerath, 
erstattete  über   die    wirtschaftliche  Lage  des  Vereins  Bericht 

Darauf    erörterte   Direktor  Dr.  Goetzb   in    seinem  Vortrage 
über  den  Handfertigkeitsunterricht  an  Lehrerseminaren 
die    aus    dem  Intematsleben   sich  ergebenden  Gründe  für  die  Ein- 
führung dieses  Faches,  ebenso   die  hierfdr   sprechenden  allgemeinen 
erziehlichen,  unterrichtlichen  und  praktischen  Gründe.  Im  Anschlüsse 
hieran  wies  Redner  die  weite  Verbreitung,  welche  der  Handfertigkeits- 
unterricht bereits    in  den  Seminaren  einer  Anzahl  europäischer  und 
aulsereuropSischer  Länder  erlangt  hat,  nach.     Insbesondere  zeigte  er 
die  Stellung  des  Arbeitsunterrichtes  an  den  französischen,  belgischen, 
norwegischen,  schwedischen,  finnischen,   russischen,  rumänischen  und 
den    Schweizer    Seminaren,    sowie    an    den  Lehrerbildungsanstalten 
einiger   deutscher  Staaten^    wie  Lübeck,    Anhalt,   Sachsen- Weimar, 
Königreich  Sachsen,    Hessen,    Württemberg   und  Baden.     Nachdem 
der  Vortragende   die  DurchfOhrbarkeit   dieses  Unterrichtes    an  den 
Seminaren    dargelegt   und  nachgewiesen   hatte,    wie  sich  die  seiner 
EinfOhrung  entgegenstehenden  Schwierigkeiten,    namentlich  der  Zeit- 
mangel, würden  beseitigen  lassen,   gab  er  einen  Überblick  über  die 
wichtigsten  Bedingungen,  unter  denen  sich  eine  fruchtbare  praktische 
Bethätigung   der    Seminaristen    herbeiführen   lieCse.     Es    sind  im 
wesentlichen    folgende:    fakultative    Einführung    des   reinen   Hand- 
fertigkeitsunterrichtes an  den  Präparandenanstalten,    des   im  Dienste 
der    theoretischen    Unterrichtsdisciplinen    stehenden    Handfertigkeits- 
Unterrichts  an  den  Seminaren,  zwei-  bis  vierstündige  Unterrichtszeit 
in    der  Woche,    Unterweisung    durch  Pädagogen   in  Räumlichkeiten, 
welche  im  Bereich   der  Anstalten  liegen,    allmähliches  Vorgehen  bei 
der  Einrichtung  der  Werkstätten,  Verteilung  der  Kosten  auf  längere 


477 

Zeitr&mne,  UnterstQtziing  der  den  Arbeitsonterricht  einführenden 
Seminare  dnrch  den  Staat  zn  diesem  Zwecke. 

In  der  nachfolgenden  Besprechung  betonte  Geheimer  Schulrat 
BÜHSLIK-Dessan,  dafis  sich  die  Einfühmng  des  Handfertigkeits- 
unterrichtes  in  dem  Seminar  zn  Köthen  durchaus  bewährt  und 
insbesondere  fOr  die  ergiebige  Gestaltung  anderer  Unterrichtsftcher 
greise  Dienste  geleistet  habe.  Geheimer  Regierungsrat  Brandt  ans 
dem  preuijsischen  Kultusministerium  erklärte,  dafs  der  Einführung 
des  Unterrichtes  in  den  Seminaren  zur  Zeit  noch  groise  Schwierig- 
keiten entgegenständen,  daüs  aber  die  Unterrichtsverwaltung  die 
Torzflge  und  die  Bedeutung  desselben  durchaus  nicht  verkenne  und 
es  keinem  Seminar  verbiete,  einen  Versuch  mit  der  Einführung  zu 
machen,  falls  die  Verhältnisse  es  gestatten. 

Auf  Antrag  von  Lehrer  GBOPPLER-Berlin  stimmten  die 
Anwesenden  folgender  Besolution  zu:  „Die  Versammlung  erklärt 
sich  im  ganzen  mit  den  Ausführungen  des  Dr.  Goetzb  einverstanden 
und  hält  die  Einführung  des  Handfertigkeitsunterrichts  an  den 
Seminaren  für  durchaus  wünschenswert." 

Es  sprach  sodann  Lehrer  Gropplsr  über  die  Frage:  Wie 
l&fst  sich  eine  gröfsere  Schülerzahl  imHandfertigkeits- 
nnterrichte  mit  Nutzen  unterweisen?  Nachdem  er  die 
Notwendigkeit  der  Beschäftigung  einer  ganzen  Schulklasse  durch 
einen  Lehrer  auch  im  Handfertigkeitsunterrichte,  besonders  mit 
Hinweis  auf  die  wünschenswerte  Verallgemeinerung  der  Bestrebungen, 
nachgewiesen  hatte,  forderte  er,  dafs  auch  in  den  Jugendwerkstätten 
gleichaltrige  und  gleichartig  vorbereitete  Knaben  zu  einer  Arbeits- 
abteilung vereinigt  würden  und  in  Form  des  Elassenunterrichtes 
gemeinsame  Anleitung  zur  Ausführung  der  gleichen  Arbeitsaufgaben 
empfingen.  Eine  strenge  Durchführung  des  gemeinschaftlichen  Unter- 
richtes hielt  er  besonders  bei  den  jüngeren  Altersstufen  für  notwendig, 
während  er  bei  den  Lehriächem  für  ältere  Schüler  nur  die  neu 
aoftretenden  Grund-  und  Vorübungen  gleichzeitig  und  einheitlich 
betrieben  wissen  will,  für  die  Anwendungsarbeiten  aber  eine  gröfsere 
Mannigfaltigkeit  in  Form,  Gröfse  und  Ausstattung  der  Gegenstände 
zulassen  möchte,  damit  hierdurch  der  Eigenart  des  einzelnen 
Schülers  Rechnung  getragen  werde.  Um  die  Individualität  desselben 
auch  hei  dem  Elassenunterrichte  genügend  berücksichtigen  zu  können, 
verlangte  er  endlich,  da(s  von  vorne  herein  auf  Anleitung  zur 
möglichsten  Selbständigkeit  und  zum  Arbeiten  nach  Vorlagen, 
Zeichnungen  und  Modellen  Bedacht  zu  nehmen  sei. 

Der  öffentliche  Kongrefs,  welcher  am  17.  Juni  um  12  Uhr 
begann,  war  zahlreich  aus  Danzig  und  Westpreulsen,  sowie  den 
Nachbaiprovinzen  besucht;    auch    aus   anderen  Teilen  Deutschlands 


478 

hatten  sich  Abgesandte  von  staatlichen  und  stfidtiachen  Behörden,  sowie 
von  Vereinen  eingefiinden.  Der  Oberprftsident  der  Provinz  West- 
prenTsen,  Staatsminister  von  Gossleb,  der  Kommandant  General- 
lientenant  VON  Treskow,  der  Oberbflrgermeister  Dr.  Baumbach  ans 
Danzig,  Vertreter  des  preolsischen  Kultusministeriums,  des  anhalti- 
schen  Staatsministerioms,  des  preolsischen  Kriegsministerinms,  der 
Königlichen  Regierungen  zu  Danzig  und  Königsberg,  sowie  mehrerer 
Landratsämter  westpreuDsischer  Kreise  waren  anwesend.  Von  den 
Magistraten,  welche  sich  auf  dem  Kongrefs  vertreten  lieben,  heben 
wir  nur  die  von  Danzig,  Königsberg,  Breslau,  Altena,  Posen, 
Magdeburg,  Görlitz,  Hirschberg,  Hildesheim  und  Kattowitz  hervor. 
Auch  der  westpreuisische  Provinziallehrerverein,  sowie  eine  bedeutende 
Anzahl  von  Handarbeits-  und  Gewerbevereinen  hatten  Abgeordnete 
geschickt. 

In  der  Eröfi&iungsrede  wies  der  Vorsitzende,  Herr  VOK 
SCHBNCKBNDORFF,  darauf  hin,  dals  der  Verein  seinen  Kongreis 
zum  ersten  Male  im  Osten  des  Vaterlandes  abhalte.  Er  gab  dann 
einen  kurzen  Überblick  über  die  Thfttigkeit  desselben,  weiche  in 
den  letzten  beiden  Jahren  erfreuliche  Fortschritte  erzielt  habe. 
Zwar  folgten  wir  in  Deutschland  gegenüber  anderen  Staaten,  vras 
die  staatliche  oder  gesetzliche  Förderung  betreffe,  erst  an  zwölfter 
Stelle,  jedoch  sei  zu  hoffen,  dals  durch  gemeinsame  Arbeit  aller 
Faktoren  im  Staats-  und  Volksleben  auch  bei  uns  der  Fortschritt 
ein  zwar  allmählicher,  jedoch  stetiger  sein  werde. 

Sodann  hiefs  der  Oberpräsident,  Staatsminister  Dr.  von  GO88LEB, 
die  Versammlung  im  Osten  des  Vaterlandes  willkommen.  Man 
betrachte  die  Handfertigkeit  hier  nicht  mehr  als  blo&en  Zeitvertreib, 
sondern  als  ernste  Arbeit  zum  Wohle  des  gesamten  Volkes.  Fflr 
die  Ostprovinzen  sei  insbesondere  die  beabsichtigte  Ausdehnung  det 
Bestrebungen  auf  das  Land  von  grober  Wichtigkeit. 

Oberbürgermeister  Dr.  Baumbach  bevnllkonmiente  die  Ver- 
sammlung namens  der  Stadt  und  der  Bflrgerschaft  Danzigs.  Er 
wies  unter  anderem  auf  die  Bedeutung  des  Arbeitsunterrichtes  Ar 
die  Schüler  höherer  Lehranstalten  als  eines  sehr  wichtigen  Er- 
gänzungsmittels der  seitherigen  Ausbildung  hin. 

Im  Auftrage  des  preufsischen  Unterrichtsministers  wünschte 
Geheimer  Regiemngsrat  Brandi  der  Versammlung  zum  Heile  der 
Jugend  segensreichen  Verlauf.  Er  versicherte,  dafs  die  Unterrichts- 
verwaltung die  Bestrebungen  unterstützen  und  fördern  werde,  wo 
und  wie  weit  sie  könne,  dals  ihr  aber,  besonders  in  materieller 
Hinsicht,  Grenzen  gesteckt  seien.  Hier  mülsten  in  erster  Beihe  die 
Provinzial-,  Kreis-  und  Eommnnalbehörden  kräftig  eintreten. 

Geheimer   Schulrat   Bümblin   als   Vertreter  der   anhaltischen 


479 

Staatsregiernng  führte  an,  dals  dieselbe  den  Handfertigkeitsanterricht 
in  den  Mittelschulen  and  dem  Lehrerseminar  eingeführt  habe. 

Hierauf  sprach  Landtagsabgeordneter  Bergrat  GOTHEIN-Breslan 
Aber  den  deutschen  Arbeitsnnterricht  in  seiner  volks- 
erziehlichen  Bedentang.  Unser  Erziehongssystem  habe  ans 
den  Beinamen  des  Volkes  der  Denker  eingetragen,  der  ein  Ehren- 
nnd  ein  Spottname  zugleich  sei,  letzteres  wegen  onserer  unpraktischen 
Eigenschaften.  Dieser  Übelstand  habe  sich  freilich  jetzt  gebessert. 
Aber  eine  gro&e  Gefahr  bestehe  doch  in  dem  Zerwürfnis  zwischen 
Geistes-  und  Handarbeitern,  die  sich  gegenseitig  unterschätzten.  Hier 
sei  der  Handfertigkeitsunterricht  berufen,  ausgleichend  zu  wirken. 
Er  werde  Achtung  Yor  der  Handarbeit  in  den  gebildeten  Ständen  her- 
vormfen,  aber  auch  die  Handarbeiter  dahin  fähren,  ihre  Thätigkeit 
nicht  mehr  ausschlieMich  als  Arbeit  anzusehen.  In  Deutschland 
erweise  sich  aber  die  Erziehung  der  Jugend  zur  Handfertigkeit  noch 
viel  notwendiger,  als  in  anderen  Ländern,  da  die  Gresetzgebung  die 
gewerbliche  Beschäftigung  der  Kinder  verbiete,  die  der  jungen  Leute 
sehr  erschwere,  wodurch  die  Ausbildung  der  Hand  in  eine  Zeit 
verlegt  werde,  wo  dieselbe  nicht  mehr  die  groise  Anpassungsfähig- 
keit wie  im  früheren  Lebensalter  besitze.  Dadurch  würde  einerseits 
die  Leistung  des  Arbeiters  beeinträchtigt,  andererseits  im  Fabrik- 
betriebe, wo  sofort  für  Bezahlung  entsprechende  Leistung  gefordert 
werde,  die  Unfallziffer  gesteigert.  Beides  lasse  sich  bei  einem 
systematischen  Handfertigkeitsunterrichte  wesentlich  mildem.  Letzterer 
bezwecke  auch  die  Bildung  des  Geschmackes.  Bei  gleicher  Güte 
gebe  man  dem  Gegenstande  von  schönerer  Form  den  Vorzug,  was 
für  unseren  Export  und  unser  Kunstgewerbe  sehr  wichtig  sei. 
Durch  gefälligen  Hausrat  werde  aufserdem  die  Liebe  zur  Häuslichkeit 
gesteigert  und  der  Ordnungssinn  erhöht.  Bedner  schloüs  damit,  dais 
sich  das  Volk  am  besten  behaupten  werde,  das  nicht  einseitig  allein 
den  Geist  ausbilde,  sondern  alle  Anlagen  harmonisch  entwickele. 

Anknüpfend  an  die  von  dem  deutschen  Kaiser  in  der  Berliner 
Schulkonferenz  gestellte  Forderung:  „Die  Schule  hat  nicht  den 
Hanptnachdruck  auf  die  Aneignung  des  Lernstoffes,  sondern  auf  die 
Bildung  des  Charakters  und  die  Bedürfnisse  des  praktischen  Lebens 
zu  legen^,  wies  der  Korreferent,  Landesrat  SoHMBDDiNa  ans 
Münster  i.W.,  nach,  wie  der  Knabenhandfertigkeitsunterricht,  methodisch 
betrieben,  dieser  Forderung  mehr  als  der  sonstige  Schulunterricht 
nachkomme.  Der  leitende  Gedanke  bei  den  Ausführungen  des  Vor- 
tragenden war,  dafs  die  Knabenhandarbeit  ein  vortreffliches  Übungs- 
feld der  Kräfte  und  des  Willens  sei,  eine  Schutzwehr  gegen  den 
Anfang  alles  Lasters,  den  MüTsiggang,  eine  Quelle  edler  Freude, 
eine  zvreckmäTsige  Vorbereitung  fdr  das  Leben,  endlich  eine  Weckerin 


480 

des  Eanstsinnes  und  eine  Gehflfin  des  Kunstgewerbes.  Besonderen 
Wert  erhielten  diese  AnsfQhningen  durch  verschiedene  Mitteilungen 
aus  solchen  Schulen  und  Anstalten,  in  denen  seit  längerer  Zeit  der 
Handarbeitsunterricht  mit  gutem  Erfolge  erteilt  wird. 

Über  die  Enabenhandarbeit  in  ihrer  Anpassung  an 
ländliche  Verhältnisse  sprach  Lehrer  Kalb  aus  Gera.  Die 
erziehliche  Enabenhandarbeit,  so  führte  Redner  aus,  nimmt  in 
dem  Erziehungsplane  für  die  Jugend  eine  wichtige  Stelle  ein^ 
da  sie  bestrebt  ist,  die  Ausbildung  derselben  nach  der  Seite 
der  körperlichen  Schulung  zu  ergänzen.  Die  EinfQhrung  der 
Maschine  in  den  Betrieb  der  Landwirtschaft,  die  Anwendung 
zusammengesetzter  Werkzeuge,  die  ganze  Art  des  Arbeitens  setzt 
heutzutage  eine  gröfsere  technische  Greschicklichkeit  voraus,  als  sie 
froher  erforderlich  war.  Mit  der  Au&ahme  eines  ausgedehnteren 
Wissensstoffes  mufs  daher  zugleich  das  EOnnen  zunehmen,  auch  in 
den  Ereisen  der  Landbewohner.  Bezüglich  des  Unterrichtes  in 
weiblichen  Handarbeiten  hat  man  der  Anforderung  der  Zeit  schon 
Rechnung  getragen.  Neben  der  erziehlichen  Bedeutung  hat  der 
Unterricht  in  Enabenhandarbeit  aber  auch  noch  eine  praktische 
Seite,  indem  er  zur  Anfertigung  mancher  Gebrauchsgegenstände  an- 
leitet, zur  Ordnung  und  Sparsamkeit  hinführt  und  für  die  Zeiten,  wo  d^ 
Landmann  durch  die  Ungunst  der  Witterung  in  das  Zimmer  gebannt 
ist,  ihm  Veranlassung  zu  nützlicher  und  anregender  Beschäftigung 
bietet.  Der  Vortragende  machte  sodann  eingehende  Vorschläge  bezüglich 
der  (jestaltung  des  Handfertigkeitsbetriebes  auf  dem  Lande.  Je 
nach  der  Jahreszeit  werde  der  Schulgarten  oder  die  Werkstatt 
Gelegenheit  zu  nutzbringender  Thätigkeit  bieten.  Auch  für  land- 
wirtschaftliche Winter-  und  Fortbildungsschulen  sei  der  Hand- 
arbeitsunterricht zu  empfehlen. 

In  einem  kurzen  Schlußworte  warf  Direktor  Dr.  GOETZE  einen 
Rückblick  auf  die  Arbeit  des  Eongresses,  dankte  der  Stadt  Danzig 
für  ihre  Gastfreundlichkeit  und  schlofs  mit  einem  von  der  Ver- 
sammlung lebhaft  aufgenommenen  Hoch  auf  dieselbe. 

Stellung  der  Schnle  zn  den  Schftlerselbstmorden« 
Verhandlnng  der  IX.  Generalyersammlnng  des  LandesYereins 

Yon  Lehrern  höherer  Lehranstalten 
im  Grofsherzogtnm  Hessen. 

Die  die^ährige  Generalversammlung  des  hessischen  Landes- 
Vereins  höherer  Lehrer  wurde,  vne  wir  den  j^Südwestdeutsd^- 
SchtUbl**  entnehmen,   am  31.  März  in  Frankfurt  a.  M.  abgehalten. 

Den  fünften  Punkt  der  Tagesordnung  bildete  das  Thema: 
Stellung  der  Schule  zu  der  bedauerlichen  Erscheinnag 
der  Schülerselbstmorde. 


481 

Der  Beferent,  Dr.  Ihm  ehb  Mainz,  wies  zDBftchst  darauf  hin, 
wie  heikel  diese  Frage  fttr  die  Bchnle  aei.  Die  ganze,  neaerdings 
in  einzdnen  besonders  charakteristischen  Fallen  hervorgetretene 
Sinnearichtong  der  Schüler  sei  ein  Produkt  der  verschiedaiartigsten 
Faktoren,  die  ihrerseits  in  der  modernen  Lebensweise,  in  der 
Konstitution  des  einzelnen,  in  den  Famillenyerh&ltnissen  nnd  in  noch 
vielen  anderen  Dingen  gesocht  werden  mttlsten. 

Biete  es  schcm  Schwierigkeiten,  die  Ursachen  der  Schüler- 
seibstmorde  zn  ergründen,  so  sei  es  gewüs  nicht  weniger  leicht,  die 
rechten  Mittel  zur  Abwehr  zu  finden  und  in  Anwendung  zu  bringen. 
Soviel  scheine  unzweifelhuft,  dafs  Schule  und  Elternhaus  hierin 
ziuammenwirken  mflisten. 

Nachdem  einzelne  besonders  bemerkenswerte  Fälle  Ton  ver- 
schiedeaen  Rednern  mitgeteilt  waren,  wurden  die  über  den  Gegen- 
stand Yon  dem  Referenten  aufgestellten  Thesen  im  ganzen 
angenommen.     Dieselben  lauten : 

1.  Ebenso  wie  die  sich  mehrenden  Fälle  von  Selbstmorden 
flberhaupt  und  wie  das  h&ufigere  Auftreten  von  Geisteskrankheiten 
und  verwandten  Erscheinungen,  so  haben  auch  die  Schülerselbst- 
morde in  eigenartigen  Verhältnissen  der  modernen  Gesellschaft  und 
in  dem  für  das  menschliche  Auge  meist  unkontrollierbaren  Zusammen- 
wirken der  Tcrschiedensten  Faktoren  ihre  Ursache. 

2.  Daher  stehen  der  Schule  gegenüber  dieser  Erscheinung 
keine  besonderen  Mittel  zu  Gebote,  sondern  nur  diejenigen,  mit 
denen  sie  ohnehin  operiert,  nämlich  das  Streben,  die  Schüler 
religiös-sittlich  zn  erziehen,  nnd  ein  rationeller,  die  Individualität 
des  Schülers  nach  Kräften  berücksichtigender  Unterrichtsbetrieb. 
Dagegen  erscheint  eine  Beschränkung  der  Anforderungen  an  Disciplin 
nnd  Leistungen  nidit  angezeigt,  da  gerade  eine  straffe  Zucht  und 
gleichmäfsige  Arbeit  ein  wirksames  Gegengewicht  gegen  die  verderb- 
hchen  Wirkungen  des  Zeitgeistes  abgeben. 

3.  Die  Eltern,  bei  denen  der  Schwerpunkt  der  Erziehung 
liegt,  müssen  mit  besonderer  Sorgfalt  ihre  Kinder  Tor  allen  yerderb- 
Uchen  Einflüssen  zu  schützen  suchen  und  in  vertrauensvoUer  Weise 
solche  Beziehungen  zur  Schule  unterhalten,  dals  sie  selbst  imstande 
sind,  die  Mafsregeln  derselben  und  die  Beurteilung  der  Schüler- 
leistungen durch  die  Schulorgane  richtig  zu  verstehen,  die  Lehrer 
aber  in  ausreichender  Weise  über  alles  das  orientiert  werden,  was 
zu  einer  zweckentsprechenden  Behandlung  und  Beurteilung  des 
Schülers  erforderlich  ist,  wie  es  auch  Sache  der  Schule  ist,  die 
Fühlung  mit  dem  Eltemhause  zu  pflegen. 


Sehnigerandheltapflege  YII .  31 


482 

Vorfibergehende  Sehsebwiche  bei  Scbfilem. 
Ans  der  opbtbalmologiscbeii  Oesellscbaft  Englands. 

Die  „Ophthalmological  Society  of  the  United  Kingdom*^  hielt 
nach  j^The  Btit  Med,  Jowm,^  vor  einiger  Zeit  eine  Sitzung  ab, 
welcher  Dr.  D.  Arqyll  Robertson  präsidierte. 

In  derselben  erteilte  zunächst  Herr  Charles  Wsat  „Ratschläge 
fttr  die  Angen  der  Schüler*'.  £r  wies  auf  die  bekannte  That- 
sache  hin,  dals  längere  Arbeit  das  Sehorgan  ermüde,  nnd  emp&hl 
daher,  die  Lehrer  zu  öfteren  Pansen  beim  Unterricht  zn  veranlasseiL 
Indem  er  sodann  auf  die  Lektionen  bei  künstlicher  BelenchtoBg 
einging,  gab  er  seiner  Frende  Ansdrack,  daCs  die  Lehrpersonen 
dieselben  soyiel  als  möglich  einzuschränken  suchten.  Wo  sich  da 
Unterricht  bei  Licht  nicht  yermeiden  lasse,  da  werde  man  gut  Ünm, 
statt  der  Bücher  öfter  die  Wandtafel  benutzen  zu  lassen,  um  so  das 
Sehen  in  der  Nähe  und  damit  die  Accommodation  der  Augen  ans- 
zaschlieCsen.  Durch  diese  Yorsichtsmalsregeln  lasse  sich  die  Zu- 
nahme der  Myopie  und  die  schnelle  Abnahme  der  Hypermetrc^ie 
bei  der  Schu^ugend  wenigstens  einigermafsen  verringern. 

Herr  Henrt  Powbr  hat,  wie  er  berichtet,  kürzlich  einen 
Knaben  gesehen,  welcher  vom  Marinedienst  wegen  numgelhafter  Seh- 
schärfe zurückgewiesen  war.  Derselbe  hatte  sehr  lange  und  anhaltend 
für  das  Eintrittsexamen  gearbeitet  und  dasselbe  mit  gutem  Erfolge 
bestanden.  Sechs  Wochen  nach  der  Prüfung  war  seine  Sehkraft 
wieder  völlig  normal.  Er  erhielt  ein  ärztliches  Zeugnis  hierQber 
und  wurde  jetzt  bedingungsweise  zugelassen.  Nur  mit  Mühe  war 
er  der  allein  durch  einen  vorübergehenden  Accommodationskrampf 
veranlaCsten  Abweisung  entgangen. 

Herr  Critchett  gab  der  Ansicht  Ausdruck,  dafs  der  Gegen- 
stand von  nationaler  Bedeutung  sei.  Er  hat  im  letzten  Jahre  drei 
ähnliche  Fälle,  wie  die  von  Herrn  Power  beschriebenen,  gesehen. 
In  einem  dieser  Fälle  hatte  ein  Knabe  sich  um  eine  Stipendiaten- 
stelle bei  der  Marine  beworben,  dieselbe  aber  nicht  erhalten,  weO 
sein  eines  Auge  nicht  völlig  normal  war.  Mit  der  Zeit  aber  hörte 
auch  hier  der  Accommodationskrampf  auf,  die  Sehschärfe  erreidite 
das  erforderliche  Mab,  und  so  erfolgte  der  Eintritt  in  die  Flotte 
ohne  Beanstandung. 

Antrag  der  Sektion  Währing-DSbling  des  Vereins  der  Ante 

in  NiederSsterrelch,   betreffend  hygienisehen  Unterriekt 

der  SchUer  nnd  Anstellung  von  Schnlirzten. 

Auf  der  Tagesordnung  des  X.  österreichischen  Ärztevereiss- 
tages  stand  unter  anderem  folgende  These  der  Sektion  Wähiing- 
Döbling  bei  Wien: 


483 

Es  ist  dringend  nötig,  dals  der  Jngend  in  der  Schule  die 
Erfahnmgsthatsachen  der  Hygiene  nicht  mechanisch  eingeprägt 
werden,  sondern  dafs  ihr  dieselben  in  Fleisch  nnd  Blut  übergehen. 
Za  diesem  Zwecke  ist  es  erforderlich,  dafs  die  Mittelschollehrer 
(Professoren  an  Gymnasien  nnd  Realschulen)  einen  regelrechten 
Unterricht  in  der  Hygiene  Ton  fachmännischer  Seite  erhalten  und 
dafs  kein  Professor,  insbesondere  nicht  deijenige,  der  naturwissen- 
schaftliche Fächer  lehrt,  früher  approbiert  wird,  bevor  er  in  einer 
Prflfong  seine  Kenntnisse  in  der  Gesundheitspflege  dargethan  hat. 
Nur  dann,  wenn  hygienisch  gebüdete  Lehrer  unterrichten,  wird 
der  Schüler  bei  passender  Gelegenheit  auf  diese  oder  jene  in 
gesundheitlicher  Beziehung  wichtige  Thatsache  aufmerksam  gemacht, 
und  es  können  hierbei  Ratschläge  und  Warnungen  erteilt  werden, 
welche  derselbe  zeitlebens  behalten  wird. 

Es  sollten  aber  auch  die  Schulen  und  die  Schüler  unter 
beständiger  ärztlicher  Au&icht  stehen,  damit  einerseits  die 
sogenannten  Schulkrankheiten,  wie  Rückgratsyerkrünmiungen,  Eurz- 
sichtigkeit  n.  s.  w.,  möglichst  eingeschränkt,  andererseits  dia 
Schulen  nicht  Hauptherde  der  Infektionskrankheiten  werden.  Der 
Antrag  der  Sektion  geht  deshalb  dahin,  der  Ärztevereinstag  erkläre 
es  für  eine  unabweisbare  Notwendigkeit,  ehestens  Schulärzte 
anzostellen. 


Aitintxt  iKitteilnngen. 


Loekes  Gedanken  Aber  physische  Erriehang.  Im  Jahre 
1693,  so  schreibt  Dr.  Lorenz  in  der  ^Ztechr.  /.  Tum,  u.  Jgdspl^y 
erschienen  John  Logebs  ^Some  ihaughts  concermng  educatian^. 
Mens  sana  in  corpore  sano,  der  alte  Juvenalspruch ,  steht  als 
bezeichnendes  Motto  an  der  Spitze  des  Buches.  Wer  die  in  diesem 
Sprache  genannten  zwei  Güter  besitzt,  dem  bleibt  nur  wenig  noch 
m  wünschen  übrig.  Vorwärts  zu  kommen  wird  ninmier  der  im 
Stande  sein,  dessen  Körper  schwach  und  kränklich  ist.  LOOEB 
beginnt  daher  mit  dem  „Grehäuse  des  Geistes*'  und  betrachtet  zuerst 
(üe  Gesundheit  des  Leibes.  Die  allgemeinen  Gresundheitsregeln  für 
Kinder  werden  im  ersten  der  drei  Hauptabschnitte  grundlegend 
behandelt,  insbesondere  wird  jeder  Yerzärtlichung  und  Verweichlichung 
der  Krieg  erklärt.  Am  Schluis  sind  die  dahin  gehenden  Ratschläge 
in  folgende  Worte  zusammengefafst :  „Viel  frische  Luft,  körperliche 
Bewegung,    Schlaf  auf   einfacher  Lagerstatt,    einfaches   Essen,  kein 

81» 


484 

Wein  oder  starke  Getrftnke,  wenig  Arznei,  keine  zn  warme  und  zu 
enge  Kleidung,  den  Kopf  kühl  halten,  die  Ftlfse  an  kaltes  Wssaet 
gewöhnen!"  Übung  der  Kraft  und  Gewandtheit  wird  nächst  der 
allgemeinen  Gresnndheitspflege  mit  gleicher  Entschiedenheit  geordert. 
Da  es  anf  diesem  Gebiete  damals  an  der  nötigen  Erfahrung  mangelte, 
ist  LoOKB  selbstverst&ndlich  nicht  in  der  Lage,  eine  planmSisige 
Reihe  von  ausgebildeten  Leibesübungen  zn  bieten,  doch  streift  «r 
offenbar  mit  richtigem  Gefühl  die  Aufgabe  des  Turnens  an  der  Stdie, 
wo  er  Yom  Tanzen  spricht:  „Das  Tanzen  verleiht  anmutige  Bew^mig, 
vor  allem  aber  eine  mAnnlidie  Haltung  und  wohlanstehende  Gehest- 
heit;  man  mufs  darauf  sehen,  einen  guten  Lehrer  zu  bekommen, 
der  weils,  was  anmutig  und  anständig  ist,  und  allen  Bewegungen 
des  Leibes  Freiheit  und  Ungezwungenheit  gibt."  Sehr  warm  wird 
das  Schwimmen  empfohlen  und  an  den  Spruch  erinnert:  nee  litteras 
didicit  nee  natare,  mit  welchem  bekanntlich  die  Römer  einen  on- 
gebildeten  und  ungewandten  Menschen  kennzeichneten.  Das  Schol- 
reiten  sei  besonders  Yon  Söhnen  vornehmer  Abkunft  zu  üben.  Das 
Fechten  wird  als  gute  Körperfertigkeit  anerkannt;  nur  bef&rdere  es 
vielleicht  die  Zweikampfsucht.  In  Ermangelung  weiteren  Übungs- 
stoffes  werden  als  Beschäftigungen,  „welche  den  Geist  zerstreuen 
und  den  Leib  in  zweckmälsige  Thätigkeit  setzen",  Handfertigk^tai, 
wie  Gartenbau,  Drechseln,  Tischlern,  Zimmern,  angeraten.  Gam 
besonders  hervorzuheben  ist  die  Wertschätzung,  die  Logeb  dem 
Jugendspiel  entgegenbringt.  Er  zuerst  hat  nachgewiesen,  dals  die 
Kinder  weniger  um  des  Müfsiggangs  willen  spielen,  als  aus 
Lust  an  Bewegung  und  Thätigkeitstrieb;  deshalb  „lieben  die  Kinder 
besonders  Spiele,  die  mit  Strapazen  verbunden  sind,  zu  denen  Kräfte 
gefordert  werden".  Man  solle  diesem  Drange  schon  um  der  Gesund- 
heit willen  die  nötige  Freiheit  lassen.  Wenn  man  die  richtige  Ab- 
wechslung zwischen  Spiel  und  Arbeit  erstrebe,  werde  das  Lernen 
zur  Erholung  vom  Spiel  und  umgekehrt.  Überhaupt  ist  LOCKS  als 
der  Pädagog  zu  rühmen,  der  den  hohen  sittlichen  Wert  des  Jugend- 
spiels wie  der  Leibesübungen  zuerst  recht  gewürdigt  und  dargestdlt 
hat.  Er  weist  darauf  hin,  wie  der  Erzieher  beim  frei  sich  bewegenden 
Spiele  die  Charaktereigentümlichkeiten  des  Zöglings  am  leichtesten 
studieren,  ihm  Tugenden,  wie  Verträglichkeit,  Anteilnahme,  Sanftmut 
u.  a.,  vor  allem  aber  auch  Selbstbeherrschung  und  Selbstverleugnung 
angewöhnen  könne.  Es  wird  geraten,  den  Kindern  möglichst  wenig 
Spielzeug  zu  kaufen,  um  Eitelkeit  und  Begehrlichkeit  fernzuhalten; 
sie  möchten  es  sich  lieber  selbst  anfertigen  und  ihre  körperliche  Geschick- 
lichkeit dabei  üben.  Sittliches  Ziel  der  Leibesübungen  sind  nach 
LocKB  Mut  und  Entschlossenheit.  Tapferkeit  ist  die  Hut  und  Stütze 
anderer  Tugenden,  ohne  Mut  wird  ein  Mann  kaum  standhaft  seine 


485 


Pflicht  thnn.  Man  mub  die  Kinder  an  körperlichen  Schmerz  ge- 
wOhneDi  da(s  sie  stolz  werden,  Zeichen  der  Männlichkeit  abzulegen. 
Man  mnis  sie  vor  ktthne  Wagnisse  führen,  ihnen  beistehen,  Hindere 
nisse  zn  besiegen,  die  sie  bei  nötigem  Mnte  überwinden  können. 
Wenn  sie  so  stufenweise  Entschlossenheit  genng  gewonnen  haben, 
dafs  die  Furcht  bei  plötzlichen  Vorkommnissen  ihren  Geist  nicht 
Terwirrt,  dann  haben  sie  den  Mut  vernünftiger  Wesen.  Eine  solche 
Abhärtong  müssen  wir  uns  bemühen  den  Kindern  durch  Gewohnheit 
imd  Übung  zu  eigen  zu  machen.  —  Mögen  uns  Heutigen  auch  manche 
Yorschlftge  Lockbs  als  selbstverständliche  Gemeinplätze  erscheinen, 
f&r  die  Zeit  Ludwigs  XIY  waren  sie  alle  neu  und  bahnbrechend. 
In  einer  erzieherisch  so  unfruchtbaren  Periode  war  Loceb  der 
Prophet  unserer  neuzeitlichen,  aufs  praktische  Leben,  auf  Gesundheit 
imd  Gewandtheit  zielenden  Ausbildung. 

Die  Sterblielikeit  der  Schulkinder  im  KSnigreich  SaehseH 

ist  von  unserem  geschätzten  Mitarbeiter,  Herrn  Medizinah^t  Dr. 
Geissleb  in  Dresden,  zum  Gegenstande  einer  Untersuchung  gemacht 
worden,  über  deren  Besultate  derselbe  in  „D.stat  Jahrb.  f.d. Sönigr. 
Sachsen  für  1895**  folgendes  mitteilt.  Die  Zahl  der  gestorbenen 
Schalkinder   in  den  einzelnen  Jahren   von  1880  bis  1891   betrug: 


Jahre 

Ver- 
storbene 
Sehnl- 
kinder 
Aber- 
hAiipt 

Im  Alter  von  6  bis 
10  Jahren 
verstorben 

Im  Alter  von  10  bis 
14  Jahren 
verstorben 

Knaben 

Mäd- 
chen 

Zu- 
sammen 

Knaben 

Mad- 
chen 

Zu- 
sammen 

1880 
1881 
1882 
1883 
1884 
1885 
1886 
1887 
1888 
1889 
1890 
1891 

2325 
2272 
2936 
3187 
3478 
3015 
3017 
2409 
2372 
2148 
2268 
2269 

807 

789 

1088 

1151 

1227 

1068 

1067 

752 

784 

658 

754 

738 

829 

781 

1067 

1187 

1353 

1090 

1091 

910 

799 

781 

793 

810 

1636 
1570 
2155 
2338 
2580 
2143 
2158 
1662 
1583 
1439 
1547 
1548 

316 
333 
356 
372 
408 
415 
410 
362 
359 
331 
354 
339 

373 
369 
425 
477 
490 
457 
449 
385 
430 
378 
867 
382 

689 
702 
781 
849 
898 
872 
859 
747 
789 
709 
721 
721 

Samme 

31696 

10868 

11491 

22359 

4355 

4982 

9337. 

486 


Die  gröiste  Zahl  der  Sterbefälle  w&hrend  der  Schulzeit  wurde  hier- 
nach im  Jahre  1884,  die  geringste  im  Jahre  1889  beobachtet.  Seit 
dem  zuletzt  genannten  Jahre  ist  die  Sterblichkeit  wieder  in  der 
Znnahme  begriffen.  Stets  starben  mehr  M&dchen  als  Knaben.  Die 
einzige  Ausnahme  bilden  die  Jahrgänge  1881  und  1882,  wo  im 
Alter  von  6  bis  10  Jahren  die  Anzahl  der  Yerstorbenen  Knaben 
eine  etwas  höhere  war.  Die  Unterschiede  zu  Ungunsten  der  Mädchen 
nehmen  mit  den  Schuljahren  zu.  Diese  übrigens  nicht  nur  in 
Sachsen,  sondern  allerwärts  zu  konstatierende  Thatsache  widerspricht 
ebenso  wie  die  zweite  feststehende  Thatsache,  dafe  die  Sterbens- 
wahrscheinlichkeit  von  Jahr  zu  Jahr  während  der  Schulzeit  abnimmt 
und  am  Schlüsse  derselben  die  günstigste  während  der  ganzen 
Lebenszeit  ist,  jener  häufig  gehörten  Behauptung,  dals  die  Sdude 
als  solche  die  Quelle  einer  Unsumme  von  Schädlichkeiten  sei.  Wemi 
dies  wirklich  so  wäre,  so  würde  voraussichtlich  die  Sterbenswalu^ 
scheinlichkeit  während  der  Schu^'ahre  im  Zunehmen  begriffen  sein, 
sie  würde  bei  den  Knaben,  an  welche  doch  höhere  Anforderungen 
gestellt  werden,  eher  gröfser  sein,  als  bei  den  Mädchen.  Den 
Anteil,  den  die  ansteckenden  Krankheiten  und  die  Lungenschwindsucht 
während  der  Schulzeit  an  der  Sterblichkeit  haben,  zeigt  die  nach- 
stehende summarische  Übersicht  in  doppelter  Berechnungsweise. 


Unter 

je  100  Todesfällen 

entfielen  auf 

nebenstehende 

Ursachen 

bei  den  Schulkindem 

im  Alter  von 


Todesursachen 


ab«r 

SblfllO 
Jahren 


Ob«r 

10biil4j 

Jahren 


SU- 


Auf  je  10000  Lebende 

der  betreffenden 

Altersgruppen  kamen 

jährlich  SterfoefiQle 

durch  nebenstehende 

Ursachen 


Aber 
6biBlO 
Jahren 


aber 

10  Ua  1411 

Jahren 


sa> 


Diphtherie 

Scharlach 

Masern 

Keuchhusten 

Typhus 

Ansteckende  Krankheiten  zu- 
sammen   

Lungenschwindsucht 

Alle  übrigen  Krankheiten  .. 

Zusammen 


36,M 

13,17 

2,16 
0,T» 

l,t 

53,90 

5,M 

40,65 


100,00 


15, 


11 


7,44 

0,67 

0,11 

5,86 

28,60 

14,16 

57,16 


29,76 

11,46 

1,7» 

0,68 

2,08 

46,46 

8,06 

45,44 


22,76 
8,86 
1,48 
0,44 
1,« 

84,u 

3,68 
25,76 


100,00 


100,00 


63,61 


4,» 
2.11 

0,19 
0,08 
1,61 

8,14 

4,01 
16,11 


28,86 


13,84 

5^ 

21,a 

3,T. 

21,14 


46,si. 


487 

Unter  den  ansteckenden  E^rankheiten  ist  nnr  die  Diphtherie  nnd 
der  Scharlach  von  erheblichem  Einflols  anf  die  Sterblichkeit  der 
Kinder  während  der  Schulzeit.  Erstere  bedingte  in  der  der  Rech- 
Bimg  zu  Gnmde  liegenden  zwölQährigen  Periode  fast  den  dritten, 
der  Scharlach  über  den  zehnten  Teil  sämtlicher  Todesfälle.  Ganz 
unerheblich  ist  d^  Einflnüs  der  Masern  nnd  des  Eenchhnstens, 
wiewohl  diese  bej|en  Erankheiten  als  eigentliche  Schnlkrankheiten 
angesehen  zn  werden  pflegen.  Die  genannten  vier  Erankheiten 
nehmen  während  der  Schaljahre  ab,  so  dafs  z.  B.  bei  der  Diphtherie 
die  Sterbenswahrscheinlichkeit  in  der  zweiten  Hälfte  der  Schulzeit 
UD  das  Fünffache  geringer  ist,  als  in  der  ersten  Hälfte.  Anders 
verhält  es  sich  mit  dem  Typhns.  Dieser  gehört  nicht  zn  den 
Kinderkrankheiten  im  eigentlichen  Sinne,  was  sich  auch  darin  zeigt, 
dafe  er  während  der  zweiten  Hälfiie  der  Schn]|jahre  etwas  stärker 
vertreten  ist,  als  während  der  ersten  Hälfte.  Unter  den  übrigen 
Krankheiten  ist  nnr  noch  die  Lnngenschwindsncht  erwähnt. 
Auch  diese  nimmt  während  der  Schuljahre  etwas  zu,  so  dafs  jährlich 
von  10000  SchnUdndem  3  bis  4  an  Schwindsucht  zu  sterben 
pflegen,  eine  immerhin  sehr  geringe  Ziffer,  wenn  man  an  ihre  Zu- 
nahme im  3.  bis  6.  Lebensjahrzehnt  erinnert.  Alles  in  allem  genommen, 
darf  man  wohl  sagen,  dafs  die  Schulzeit  unserer  Einder  die  ge- 
sundeste ihres  ganzen  Lebens  ist,  in  welcher  die  meisten 
ansteckenden  Erankheiten  immer  seltener  oder  weniger  gefährlich 
werden,  andere  Erankheiten  nur  in  ihren  ersten  Andeutungen  auf- 
treten. Mit  dem  Austritt  aus  dem  schulpflichtigen  Alter  bewegt 
sich  alsbald  die  bisher  vom  ersten  Lebensjahre  an  absteigende  Linie 
der  Lebensbedrohung  langsam  wieder  nach  aufwärts,  um  bald 
nach  dem  30.  Lebensjahre  auf  demselben  Punkt  angelangt  zu 
sein,  den  sie  im  ersten  Schu^ahre  erreicht  hatte.  Zum  Schlüsse 
sei  noch  die  Absterbeordnung  der  sächsischen  Schulkinder  angefahrt. 
Von  10000  am  Anfang  des  6.  Lebensjahres  stehenden  Eindem 
erreichten  die  neben  verzeichneten  Altersjahre: 

Alter^ahre  Knaben      Mädchen  Altenjahre  Knaben      Mädchen 


6 

10000 

10000 

11 

9728 

9719 

7 

9909 

9911 

12 

9700 

9690 

8 

9841 

9841 

13 

9678 

9665 

9 

9793 

9792 

14 

9655 

9637 

10 

9768 

9752 

15 

9627 

9607. 

Diese  Absterbeordnung  ist  nicht  unerheblich  günstiger,  als  eine  aus 
der  deutschen  Sterbetafel  berechnete  Reihe  ergeben  wtirde.  Man 
wird  nicht  weit  von  der  Wirklichkeit  abirren,  wenn  man  annimmt, 


488 

dafs  in  günstigen  Jahren  von  1000  in  die  Scbnle  eingetretenen 
Kindern  beim  Anstritt  ans  derselben  noch  970  am  Leben  sind,  in 
nngttnstigen  Jahren  dagegen  956.  Da  nnn  im  Lanfe  einer  lAageren 
Periode  gflnstige  nnd  nngOnstige  Jahre  miteinander  wechsehi,  so 
dürfte  die  mitgeteilte  Reihe  dem  dnrchschnittlidien  Ablaufe  ent- 
sprechen. 

Zur  fieanndlieitspflege  in  jajmiaehem  Bekukiu    In  den 

,iPäd.  Bl.  f.  Lehrerbüdg.  u.  Lehrerbüdgsamt.*^  ist  ein  Anlnti  Ton 
J.  BOLUAHN,  Lehrer  an  der  Kriegs-  nnd  Kadettenanstalt  in  Tokio, 
„Über  modernes  japanisches  Schulwesen*'  enthalten,  dem 
wir  folgendes  über  den  Besach  einer  Yolksechnle  in  der  genannten 
Stadt  entnehmen.  Besondere  Aufmerksamkeit,  so  schreibt  der  Ver- 
fasser, schenkte  ich  dem  Tnmnnterrichte.  Die  kleineren  Knaben  waren 
mit  Hantelübungen  beschftftigt,  wobei  nicht  nur  die  Arme  und  Hftnde, 
sondern  auch  die  Beine  und  FttCse,  ja  sogar  Brust  und  Mund  thitig 
waren,  indem  alle  laut  zahlten.  Ähnliche  Übungen  wurden  auch 
von  den  kleinen  Mädchen  ansgeftlhrt.  Die  grO&eren  Knaben  maditea 
Stab-,  Marsch-  und  Gewehrübungen.  Die  groCsen  MUdchen  nr- 
gnttgten  sich  mit  Spielen,  wobei  auch  manchmal  einzelne  Lieder 
gesungen  wurden,  und  ich  war  nicht  wenig  erstaunt,  als  die  lieb- 
lichen Weisen:  „AUes  neu**,  „Alle  Yögel^  u.  s.  w.  an  mein  Ohr 
drangen.  S&mÜiche  Kinder  machten  einen  gesunden,  frischai  nnd 
fröhlichen  Eindruck,  wie  ja  überhaupt  Japan  „das  Paradies  der 
Kinder*"  ist.  Körperliche  Züchtigungen  in  der  Schule  sind  nkfat 
gestattet.  Hat  ein  Kind  wirklich  Strafe  verdient,  so  werd^  die 
Eltern  davon  benachrichtigt,  in  den  meisten  F&llen  genügen  aber 
nach  Aussage  des  Rektors  Ermahnungen  und  Zurechtweisungen  seitens 
der  Lehrer.  Der  Unterricht  beginnt  im  Sommer  um  7,  im  Wwtat 
um  8  Uhr.  Nach  jeder  Stunde  ist  eine  Pause  von  15  Minuten, 
die  Schülern  und  Lehrern  gut  bekommt.  Die  eigentliche  Schnlpflicht 
ist  auf  3  Jahre  festgesetzt,  so  dafs  auch  das  Kind  des  tanstea 
Wagenziehers  wenigstens  die  japanischen  Schriftzeichen  (Hirakaaa 
und  Katakana)  lesen  und  mit  Hilfe  der  kleinen  hier  allgemein  be- 
nutzten Bechenmaschine,  Soroban  genannt,  sicher  operieren  lernt 
Jedoch  besuchen  die  meisten  Kinder  die  Schule  bis  zum  14.  Jahre. 
Aus  dem  Schülerverzeichnis  der  von  mir  besuchten  Schule  ging 
hervor,  daCs  kein  Schüler  je  dieselbe  vor  dem  14.  Leben^ahre  ver- 
lassen hatte.  Knaben,  die  sich  dem  Studium  widmen  wollen,  treten 
mit  dem  12.  Jahre  nach  bestandenem  Examen  in  eine  Mittelfidmle 
über.  Ist  diese  Schule  absolviert,  so  müssen  sie  sich  dem  Eintritts- 
examen der  höheren  Mittelschulen  unterwerfen,  woselbst  sie  4,  resp. 
5  Jahre  tüchtig  zu  arbeiten  haben.  Dann  erdt  dürfen  sie  nach 
absolvierter   Maturitätsprüfung   die  Universität   beziehen.    Mit  te 


489 

in  Rede  stehenden  Yolksschnle  ist  auch  ein  Eindergarten  yerbnnden, 
der  Yon  ongefähr  50  Kindern,  Knaben  nnd  Mädchen  im  Alter  von 
3  ins  6  Jahren,  besacht  wird.  Drei  Kindergärtnerinnen  waren  mit 
den  Kleinen  beschäftigt.  Die  eine  spielte  auf  einem  Harmoninm 
einen  Marsch,  nnd  die  Kinder  bewegten  sich  danach.  Dann  wnrden 
allerhand  Spiele  vorgeführt,  z.  B.  „Der  Sperling  im  Neste^,  „Der 
Schmetterling^,  „Das  Häschen''  u.  s.  w.,  wozu  stets  ein  Lied, 
meistens  nach  deutschen  Melodien,  gesnngen  wurde.  Die  Kinder- 
gärten in  Japan  sind  ganz  nach  FRöBELschem  Muster  eingerichtet. 

Eine  Sehnlepidemie  yon  Scharlach,  nnterdrfiekt  durch 
Desinfektion.  In  „The  San,  Insp^  lesen  wir:  Dr.  J.  N.  MbrriIiL, 
Gesnndheitsbeamter  zu  Skowhegan  in  den  Vereinigten  Staaten,  teilt 
in  seinem  Berichte  an  die  Stadt  mit,  wie  vollständig  die  Anstecknngs- 
qaelle,  welche  eine  Zeitlang  eine  Schulepidemie  von  Scharlachfieber 
nnteihielt,  durch  folgende  Desinfektionsmafsregel  vernichtet  wurde. 
Alle  in  der  Schule  gebrauchten  Bflcher  wurden  auf  Subsellien  und 
improvisierte  Gestelle  so  aufgelegt,  daCs  sie  geöffnet  waren  und 
Schwefeldampfe  überall  zwischen  den  Blättern  eindringen  konnten. 
Nachdem  auch  die  Karten  und  sonstigen  ünterrichtsutensilien  für  die 
Bäocherung  hergerichtet  waren,  fCÜlte  man  eine  Anzahl  grober 
eiserner  Kessel,  die  etwas  mit  Kerosin  getränktes  Brennholz  ent- 
hielten, mit  Schwefel,  stellte  sie  in  KObel,  in  denen  sich  Wasser 
befand,  und  setzte  sie  in  die  einzelnen  Lehrzimmer.  Die  Fenster 
ond  Ventilatoren  wurden  darauf  dicht  geschlossen  nnd  die  Feuer 
zunächst  in  den  oberen  Räumen,  dann  auch  in  den  unteren  an- 
gezündet. Hatte  sich  der  Dampf  nach  24  Stunden  so  weit  verzogen, 
dafs  man  die  Zimmer  gefahrlos  betreten  konnte,  so  erhielten  die 
Kessel  eine  abermalige  Füllung  mit  Schwefel,  die  für  die  gleiche  Zeit 
ausreichte.  Dann  wurden  die  Thüren  und  Fenster  weit  geüffioet  und 
80  die  Klassen  einer  gründlichen  Lüftung  unterzogen.  Hierauf  wusch 
man  alle  Schulgeräte,  Subsellien,  Schränke  u.  dergl.  mit  einer 
Lösong  von  Karbolsäure  und  Sublimat  ab,  tauchte  sämtliche  Bücher 
und  Schiefertafeln  der  jüngeren  Schulkinder,  bei  denen  die  Krankheit 
angefangen  hatte,  in  eine  ähnliche  Lösung  und  stellte  sie  wieder  auf 
die  Tische  und  Gestelle,  damit  sie  hier  ohne  Schaden  trockneten.  Im 
ganzen  wurden  75  Pfimd  Schwefel,  1  Pfund  Karbolsäure  und  V^  Pfund 
Sublimat  verbraucht  Nach  dieser  Desinfektion  hörte  die  Epidemie 
gflnzlich  auf,  und  es  gelangten  keine  neuen  Fälle  von  Scharlach  zur 
Anmeldung. 

Adenoide  Vegetationen  und  daa  Waehstnm  der  Kinder« 

Castbx  und  Malbbbbe  veröffentlichen  in  „2k»  Pr.  mid.^  ihre 
Beobachtungen  über  das  Wachstum  von  Kindern  nach  Entfernung 
adenoider  Vegetationen  im  Nasenrachenräume.    Es  wurden  Messungen 


490 

vor  der  Operation  und  in  verschiedenen  Zwiscbenräomen  nach  der- 
selben vorgenommen.  Im  ganzen  konnten  35  Fälle  3,  6,  9  oder 
12  Monate  hindurch  genau  verfolgt  werden.  Der  allgemeine  Schlnfs, 
welchen  die  Verfasser  ziehen,  ist,  dals  die  Wachstnmsst&rke,  wie 
sie  durch  die  Zunahme  an  Länge,  Gewicht  und  Brustumfang  aos- 
gedrtlckt  wird,  einige  Monate  nach  der  Operation  dreimal  so  grojs 
ist,  als  das  mittlere  Wachstum,  welches  Qü6tbl£t  ftir  Länge  und 
Gewicht,  Pagliani  für  die  Brustperipherie  angibt.  Dieser  Schlnis 
wurde  durch  eine  Berechnung  von  Mittelwerten  gewonnen,  bei  der 
die  üntersucher  von  der  Annahme  ausgingen,  dafs  die  Wachstoms- 
ziffer  für  ein  halbes  Jahr  die  Hälfte  deijenigen  für  ein  ganzes  Jahr 
betrage.  Eine  unbefangene  BeurteOung  der  von  Gastbx  und 
Malherbb  mitgeteilten  Tabellen  lehrt,  da£s  in  den  yerschiedeaen 
Fällen  sehr  grofee  Ziffemdifferenzen  bestanden.  So  wurden  zwei 
Knaben  im  Alter  von  12,  bezw.  13  Jahren  nach  einem  Jahre  unter- 
sucht. .  Bei  dem  ersteren  betrug  die  Zunahme  des  Brustumfanges 
ein  wenig  mehr  als  der  Durchschnitt,  das  Längenwachstum  war  das 
mittlere,  und  die  Gewichtsvermehrung  blieb  sogar  etwas  hinter  dem 
Mittel  zurück.  Bei  dem  anderen  Knaben  dagegen  hatte  das  Gewicht 
bedeutend  mehr  als  im  Durchschnitt,  die  Länge  dreimal  so  viel  als 
im  Mittel  zugenommen.  Bei  drei  Mädchen  trat  ein  verstärktes 
Wachstum  nach  der  Operation  sehr  deutlich  hervor:  eine  elij^^li^ 
hatte  eine  dreimal  gröfisere  Zunahme  an  Gewicht  und  Brustam&ngp 
als  sie  durchschnittlich  sich  findet,  obgleich  das  Längenwachstum 
das  mittlere  Mafe  nicht  erreichte ;  bei  einem  zwölQährigen  Mädchen 
übertraf  das  Wachstum  nach  allen  drei  Dimensionen  die  Durchschnitts- 
zahl um  mehr  als  das  dreifache;  bei  einer  fÜnfzehneinhalbjährigeD 
überstieg  die  Brustumfangszunahme  das  gewöhnliche  Mals  um  reidihcfa 
das  fünffache,  die  Zunahme  an  Länge  und  Gewicht  den  Durchschnitt 
um  mehr  als  das  doppelte.  Danach  hat  die  Entfernung  €Mlenoidff 
Vegetationen  bei  Kindern  den  Vorteil,  dafs  nicht  nur  der  Kopfdmck 
und  die  Aprosexia  nasalis  aufhören,  sondern  auch  das  allgemebe 
Wachstum  in  der  Regel  einen  bedeutenden  Aufschwung  nimmt 

Ein  Urteil  Ober  die  methodischen  HSr&bnngen  fBr  Taub- 
stumme von  Urbantschitsch.  Betreffs  der  kürzlich  von  Professor 
ÜRBANTSOHrrsGH  in  der  Wiener  Gesellschaft  der  Ärzte  vor- 
geschlagenen methodischen  Hörübungen  für  Taubstumme  und  ihrer 
Wertschätzung  seitens  der  Autoritäten  der  Ohrenheilkunde  ist  der 
Originalbericht  der  „Intern,  klin,  Rimdsch.^  von  Bedeutung,  aas 
dem  Professor  Politzers  Schlufswort  hier  folgen  möge.  Letet^er 
stimmte  der  Bemerkung  des  Professor  übbaittschitsch  bei,  wonach 
die  Beobachtungsdauer  der  vorgestellten  Fälle  aus  der  Wiener 
Taubstummenanstalt   zu    kurz   sei,    um  über  das  Endresultat  dieser 


491 

HörQbangen  entscheiden  zu  können.  Dafs  die  Sprechübungen  bei 
Taubstummen  zur  Verbesserung  des  Gehörs  schon  von  den  älteren 
Ohrenärzten  Torgeschlagen  und  geflbt  wurden,  hat  der  Vor- 
tragende selber  hervorgehoben.  Demselben  scheint  aber  die 
Methode  des  Abb6  Ybrrier  in  Bourg  la  Reine,  die  im 
Principe  mit  der  seinigen  gleich  ist,  früher  nicht  bekannt 
gewesen  zu  sein.  Professor  Politzer  hat  seit  einer  Reihe  von 
Jahren  eine  Anzahl  taubstummer  Kinder  gesehen,  die  nach 
der  Methode  von  Vsrrier  geübt  waren,  ohne  da(s  ein  wesentlicher 
Erfolg  eintrat.  Desgleichen  wurde  nach  Mitteilungen  von  Kollegen 
diese  Methode  in  Frankreich  und  Deutschland  wegen  unbefriedigender 
Resultate  aufgegeben.  Von  derartigen  Übungen  kann  ja  bei  jenen 
dorchaus  nicht  seltenen  Taubstummen  keine  Rede  sein,  bei 
denen,  wie  die  pathologische  Anatomie  zeigt,  grobe  Veränderungen 
im  Labyrinthe,  Bindegewebs-  und  Knochenneubildungen,  Steigbügel- 
ankylose  und  Nervenatrophie  bestehen.  Es  kommen  daher  nur 
jene  meist  von  Geburt  an  Taubstummen  in  Betracht,  die  noch 
einen  fnnktions&higen  Rest  der  Gehörsnervenausbreitung,  also 
einen  Hörrest  besitzen.  Da  zeigt  nun  die  Erfahrung,  da^  bei 
solchen  nicht  selten  während  ihres  Aufenthaltes  in  den  Taub- 
stummenanstalten spontan  eine  Hörzunahme  für  die  Sprache  bis 
auf  Vs  oder  ^1%  m,  meist  auf  einem  Ohre,  eintritt.  Am  günstigsten 
ist  die  Prognose,  wo,  wie  in  den  vorletzten  drei  vorgefahrten  Fällen, 
Yokalgehör  besteht.  Der  letzte  der  vorgestellten  Fälle  ist  nach 
Politzer  nicht  einwandfrei,  da  es  sich  um  eine  kurz  vorher 
abgelaufene  Hirnhautentzündung  handelt,  nach  welcher  ja  Seh-  und 
Hörvermögen  durch  Resorption  der  Ausschwitzungen  ganz  oder  teil- 
weise wiederkehren  können.  In  den  von  ihm  nach  der  Methode  Verrieb 
behandelten  Fällen  ging  mit  wenigen  Ausnahmen  die  gewonnene 
Hörzunahme  nach  einiger  Zeit  wieder  verloren.  Politzer  kann 
daher  die  optimistischen  Anschauungen  über  die  zu  erwartenden 
gro&en  Erfolge  der  Hörübungen  bei  Taubstummen  nicht  teilen ;  die 
Resoltate  derselben  sind  auf  ein  bescheidenes  Mais  zurückzuführen; 
er  glaubt,  dais  Professor  Urbantschitsoh  im  Verfolge  seiner 
weiteren  Beobachtungen  zu  denselben  Ergebnissen  gelangen  wird. 
Mit  Rücksicht  auf  die  nicht  genügende  Methode  der  Demonstration 
in  einer  öffentlichen  Versammlung  bemerkt  Politzer,  dafs  eine 
genaue  Prüfung  einer  Anzahl  von  Fällen  durch  ein  fachmännisches 
Komitee  vor  dem  Anfange  und  nach  Beendigung  der  Behandlung 
der  Beurteilung  der  Resultate  förderlich  wäre.  Der  praktische 
Wert  der  Hörzunahme,  die  selten  über  ^Z,  oder  ^1%  m  hinausgeht, 
beschränkt  sich  auf  die  Besserung  in  der  Modulation  der  Aussprache. 
Im  Sprachverkehre   kommt    sie   deshalb  nicht  in  Betracht,    weil  es 


492 

die  Tanbstammen  der  Leichtigkeit  und  Bequemlichkeit  halber  yor- 
ziehen,  die  Sprache  vom  Mnnde  abzulesen. 

Bettung  beim  Baden  yernnglftckter  Schfiler.  Erste  Pflicht 
einem  als  Scheintodter  ans  dem  Wasser  Heransgezogenen  gegenflber 
ist  selbstverständlich  die  sofortige  Einleitung  kräftiger  nnd  beharr- 
licher Wiederbelebnngsversnche.  Am  verbreitetsten  ist  das  Y^bhieB 
von  Mabshall  Hall  und  Sylvbsteb,  die  Lnnge  kflnstlich  zu 
dnrchlttften,  indem  man  im  Rhythmus  der  gewöhnlichen  Atem- 
bewegnngen  die  Arme  ttber  den  Kopf  des  Scheintodten  nach  oben 
zieht,  um  so  durch  Erweiterung  des  Brustkorbes  Luft  in  die  Longen 
einzusaugen,  dann  die  Arme  wieder  senkt  und  gleichzeitig  bdder- 
seits  den  Brustkorb  über  den  unteren  Rippenbogen  zusammendrftdct, 
wodurch  eine  kflnstliche  Ausatmung  herbeigeftkhrt  wird.  In  der 
Pariser  Akademie  der  Medizin  hat  nun  nach  den  ^Industr.-BlätL* 
kürzlich  Professor  Laborde  ein  noch  einfacheres  Verfahren  an- 
gegeben, das  sich  ihm  aufs  beste  bewährt  hat,  und  das  besonden 
deshalb,  weil  es  auch  von  schwächeren  Personen,  wie  Schulen  und 
Schülerinnen,  ausgeführt  werden  kann,  mitteilenswert  erscheint 
Professor  Laborbes  Verfahren  besteht  darin,  dals  man  mit  einem 
Taschentuch  die  Zunge  des  Verunglückten  fa&t,  sie  kräftig  nadi 
vom  zieht  und  dann  wieder  nach  hinten  drängt.  Diese  Bewegungen 
sind  mehrfach  hintereinander  und  in  einem  gewissen  Takte  aus- 
zuführen; es  wird  dadurch  namentlich  auf  das  Zungenbein  ein  Zog 
nach  oben  ausgeübt.  Hat  der  Handgriff  Erfolg,  so  stellt  sich  ein 
inspiratorisches  Schlucken  ein,  sodann  öfteres  Erbrechen  von  ve^ 
schlncktem  Wasser,  und  die  Atmung  kommt  sofort  in  Gang. 
Labobbe  erwähnt,  dafs  in  einem  seiner  Fälle,  wo  die  künsüicbe 
Atmung  in  herkömmlicher  Weise  eine  Stunde  lang  vergebens  ein- 
geleitet war,  durch  dieses  neue  Verfahren  sich  noch  die  Bettosg 
eines  Menschen  bewirken  liels.  Man  wird  also  gut  thun,  andi 
dieses  Verfahren  bei  im  Wasser  verunglückten  Schülern  in 
Anwendung  zu  bringen.  Die  Ausführung  der  künstlichen  Atmung 
nach  Mabshall  Hall  und  Sylvbsteb  darf  aber  darüber  nidit 
vergessen  werden. 

Die  Oefahren  des  Fnfsballspiels,  wie  es  im  Auslande  öfter 
betrieben  wird,  sind  wiederholt  in  dieser  Zeitschrift  hervorgehoben 
worden.  Dem  alten  Satze  gemäls:  abusus  non  tollit  usum  haben 
wir  selbstverständlich  damit  nicht  das  Fu&ballspiel  als  solches, 
sondern  nur  die  rohen  Auswüchse  desselben  bekämpfen  wollen. 
Wir  geben  daher  gerne  einen  Abschnitt  aus  der  „Lancet^  wieder, 
den  ein  Mitarbeiter  unseres  Blattes  uns  zugehen  läfst:  „Es  ist  nicht  m 
leugnen,  daüs  ein  Spiel,  bei  dem  so  viele  Unglücksfälle  vorkommen, 
gefährlich  ist.     Doch,    indem  wir  dies  sagen,    verurteilen  wir  damit 


493 

einen  herrlichen  nnd  männlichen  Sport  nicht  ohne  weiteres  nnd 
verschliefisen  auch  unsere  Augen  nicht  für  die  zahlreichen  Umstände, 
die  zusammenwirken,  um  in  Wirklichkeit  die  Gefahr  weit  geringer 
zu  machen,  alfi  sie  nach  den  frflher  mitgeteilten  Einzelheiten  er- 
scheinen möchte.  Es  empfiehlt  sich  diese  Art  der  Leibesübung 
vmnöge  ihrer  glänzenden  Vorzüge  ftlr  die  Ausbildung  des  Körpers, 
wie  vermöge  der  Mäßigkeit  ihrer  Ansprüche  an  die  Zeit  und  den 
Geldbeutel  der  Spielenden.  Ihren  Wert  kann  man  vom  ge- 
sundheitlichen Standpunkte  aus  einfach  nicht  hoch  genug 
schätzen,  und  die  Liste  der  Unglücksfälle  yerliert  ihre  Bedeutung 
in  Anbetracht  der  gro&en  Spielerzahl.  ^  Im  folgenden  wird  dann 
die  Frage  aufgeworfen,  ob  und  inwieweit  durch  geeignete  Maß- 
regeln die  Gefahr  beim  FuüsbaUspiele  Terringert  werden  könne. 

Der  Atmnngsmodis  während  des  Turnens  und  Badüahrens 

ist  nach  der  y^M(mat&schr,  f.  Ohrhlkäe."'  Ton  Conbtoux  studiert 
worden.  Bis  jetzt  existiert  noch  keine  Hygiene  des  Atmens  beim 
Turnen  nnd  Velocipedfiihren.  Die  früher  angeratene  kombinierte 
Mond-  und  Kasenatmung  ist  als  nicht  durchführbar  und  physiologisch 
fast  unmöglich  yon  vornherein  zu  verwerfen.  Es  kann  sich  also 
sur  um  Mund-  oder  Nasenatmung  handeln.  Das  Mundatmen  ist 
allein  als  Hilfeatmen  zu  betrachten.  Es  tritt  ein,  wenn  grofee 
Ansprüche  an  die  Lungen  und  indirekt  an  das  Herz  gestellt  werden, 
es  kann  aber  das  Atmen  nicht  regulieren  und  gestattet  keine 
Reserveluft  in  den  Lungen.  Das  Nasenatmen  ist  das  einzig  normale 
und  auch  das  einzig  unbewuist  automatische  Atmen.  Verfasser  hat 
den  Atmungsmodus  auf  dem  Zweirad,  als  dem  seiner  Ansicht  nach 
Merzu  geeignetsten  Mittel,  studiert.  Atmet  man  beim  Radfahren 
nur  durch  die  Nase,  so  kommt  ein  Moment,  wo  die  anfangs  er- 
weiterten Nasenflügel  infolge  der  durch  die  Lage  des  Gaumen- 
segels geschaffenen  Luftverdünnung  sich  an  die  Nasenscheidewand 
andrücken,  wo  also  Atemnot  eintritt,  und  wo  der  Radfahrer,  wenn 
er  weiter  fahren  will,  die  Mundatmung  zu  Hilfe  nehmen  mufs.  Das 
Gaomensegel  und  indirekt  die  Nasenflügel  zeigen  demnach  recht- 
zeitig die  Atemnot  an  und  bewahren  das  Herz  vor  Asystolie.  An 
dieser  Grenze  soll  der  Radfahrer  ausruhen  und  nicht  die  Mund- 
atmong  durch  Weiterfahren  zu  Hilfe  nehmen,  da  sonst  das  Herz 
überanstrengt  wird. 

Studien  fiber  indirekte  Belenchtnng  sind  von  F.  Pelzer 

angestellt  und  in  seiner  Halleschen  Inauguraldissertation  1893 
veröffentlicht  worden.  Die  Arbeit  des  Verfassers  bildet  nach  der 
nByg.  Bundsch.^  eine  Ergänzung  der  Untersuchungen,  welche  früher 
von  Dr.  Mennig  im  Hörsaal  des  hygienischen  Institutes  zu  Halle 
ausgeführt   und   im  yfQesdhtsing."  publiziert  sind.     Zur  Herstellung 


494 

der  indirekten  Beleuchtung  wurden  unter  den  4  den  Hörsaal  er- 
leuchtenden Regenerativbrennem  Beflektoren  aus  Metall  und  ans 
Milchglas  angebracht.  Mennig  hatte  gefunden,  dafs  bei  den 
Metallschirmen  60,2  Voj  bei  den  Milchglasschinnen  35,4  %  an 
Helligkeit  gegenüber  der  direkten  Beleuchtung  verloren  gehen. 
Pelzer  stellte  sich  nun  die  Aufgabe,  zu  untersuchen,  ob  sich  dieser 
Helligkeitsverlust  nicht  herabmindern  lasse,  etwa  durch 
Höher-  oder  Tieferstellen  der  Beleuchtungskörper. 
Er  maus  deshalb  mittelst  des  WEBERschen  Photometers  die  Hellig- 
keit einer  Beihe  von  Plätzen  bei  verschiedenem  Hochstand  der 
Lampen.  Dabei  fand  sich,  dafs  Tieferstellung  der  Lampen  bei 
direkter  und  bei  indirekter  mittelst  Milchglasreflektoren  hergestellter 
Beleuchtung  eine  Verbesserung  der  Helligkeit,  dagegen  bei  indirekter 
Beleuchtung  mit  Metallreflektoren  eine  Verschlechterung  der  Helligkeit 
bewirkte.  Dies  Ergebnis  erklärt  sich  ohne  weiteres  daraus,  daCs  bei 
direkter  Beleuchtung  durch  Tieferstellen  der  Beleuchtungskörper  der 
Weg,  den  die  Lichtstrahlen  bis  zu  den  Plätzen  zurücklegen  müssen, 
verringert,  mithin  die  Lichtintensität  vergrölsert  wird,  während  bei 
reiner  indirekter  Beleuchtung,  wie  sie  durch  die  für  Lichtstrahlen 
ganz  undurchlässigen  Metallschirme  zu  stände  kommt,  der  Weg,  den 
die  Strahlen  vom  Reflektor  bis  zur  Decke  durchwandern  müssen, 
durch  Tieferstellen  der  Lampe  verlängert  wird,  die  Strecke  von  der 
Decke  bis  zu  den  Subsellien  aber  die  gleiche  bleibt.  Die  Beleuchtung 
mit  Milchglasreflektoren  stellt  ein  Gemisch  von  direkter  und  indirekter 
Beleuchtung  dar,  ein  Teil  der  Strahlen  geht  durch  das  Milchglas 
hindurch,  ein  Teil  wird  reflektiert.  Der  Einflufs  der  direkten 
Strahlen  überwiegt  hier.  Die  Verteilung  des  Lichtes  ist  bei 
direkter,  wie  bei  gemischter  durch  Milchglasschirme  hergestellter 
Beleuchtung  bei  Hochstand  gleichmäfsiger,  als  bei  Tiefstand  der 
Lampen,  d.  h.  die  Differenz  zwischen  dunkelstem  und  hellstem 
Platze  ist  bei  Hochstand  geringer.  Bei  der  Beleuchtung  mit  Metall- 
reflektoren dagegen  ist  die  Verteilung  des  Lichtes  gleichmäßiger  bei 
Tiefstand.  Die  Intensität  der  Schattenbildung  untersuchte 
Pelzer  bei  den  drei  verschiedenen  Beleuchtungsarten,  indem  er  als 
schattenwerfenden  Körper  eine  quadratförmige  in  geeigneter  Weise 
über  dem  zu  messenden  Platze  aufgestellte  Pappscheibe  benutzte 
und  den  Lichtverlust  im  Schatten  feststellte.  Durch  Hochstand  der 
Lampen  wurden  die  Lichtverluste  im  Schatten  bei  direkter  und  bei 
gemischter  Beleuchtung  deutlich  herabgemindert,  bei  reiner  indirekter 
durch  MetaUschirme  hergestellter  Beleuchtung  aber  etwas  erhöht.  Auf- 
fällig war,  daCs  die  Lichtverluste  bei  direkter  und  gemischtet 
Beleuchtung  ungefähr  gleich  waren,  während  das  Auge  bei  direkter 
Beleuchtung  zweifellos  intensivere  Schatten  beobachtete.     Das  erklärt 


495 

sich  ans  der  Beschaffenheit  der  Schattenränder,  die  bei  direkter 
Belenchtong  scharf,  bei  indirekter  yerschwommen  sind.  Für  das 
Ange  ist  der  allmähliche  Übergang  von  hell  erleuchteten  zu 
dunkleren  Partien  entschieden  wohlthnender ,  als  der  schroffe. 
Hierin  ist  mithin  die  indirekte  Beleuchtung  der  direkten  überlegen. 

Torfstren  als  Desinfektionsmittel  für  Sehnlaborte  ver- 
dient nach  den  neuesten  Untersuchungen  besondere  Empfehlung. 
C.  Frasnkel  und  E.  Elipstein  haben  nämlich  Experimente  über  das 
Verhalten  der  Cholera-  und  Typhusbakterien  im  Tor£amll  angestellt  und 
ihre  dem  letzteren  günstigen  Resultate  in  der  „Ztschr.  f.  Hyg,  u.  In- 
fektskrkhin,^  veröffentlicht.  Infolge  einer  Aufforderung  von  landwirt- 
schaftlicher Seite  beschäftigten  sich  dieselben  speciell  mit  der  Frage,  ob 
die  Zwischenstreu  von  Torfinull  im  stände  ist,  die  in  den  Eotmassen 
enthaltenen  Keime  ansteckender  Krankheiten,  insbesondere  von 
Cholera  und  Typhus,  sicher  zu  töten,  und  ob  dieser  Abtötung  durch 
Zusätze  eine  gröfsere  Sicherheit  und  Beschleunigung  verliehen  werden 
kann.  Womöglich  sollten  die  Zusätze  dem  Wachstum  der  Kultur- 
pflanzen nützlich  sein,  und  es  wurden  als  solche  Kainit  und  Super- 
phosphat  besonders  erwähnt.  Die  Genannten  fanden  zunächst,  dalls 
die  Zahl  der  im  TorfinuU  enthaltenen  Mikroorganismen  auffällig 
gering  ist.  Da  dasselbe  von  der  Oberfläche  dpr  Torfmoore  ge- 
wonnen wird,  so  steht  dieser  Befund  zu  dem  sonstigen  Beichtum 
der  oberflächlichen  Bodenschichten  an  Keimen  in  bemerkenswertem 
Gegensatz.  Sie  ermittelten  femer,  dais  das  Torfmull  eine  nicht 
unbedeutende  bakterientötende  Wirkung  ausübt  und  dafs  die  Stärke 
dieser  Wirkung  vom  Säuregehalt  abhängt,  durch  Vermehrung  der 
Säure  erhöht,  durch  Verminderung  derselben  erniedrigt  wird.  Kainit 
äufserte  keinen  beschränkenden  Einfluis  auf  das  Bakterienwachstum, 
wohl  aber  erhöhten  Salzsäure,  Schwefelsäure  und  saure  Salze,  wie 
das  Superphosphat,  die  desinfizierende  Kraft  des  Torfmulls  in  sehr 
ausgesprochener  Weise.  Die  Versuchsanordnung  war  derartig,  dafs 
zuerst  der  EinfluÜB  des  letzteren  auf  Aufschwemmungen  von  Cholera- 
und  Typhusbakterien,  dann  auf  Mischungen  derselben  mit  Harn  oder 
mit  Stuhl  oder  mit  Harn  und  Stuhl  zugleich  geprüft  und  zuletzt  auch 
die  Wirkung  von  Zusätzen  zum  Torfinull  erprobt  wurde.  Entsprechend 
der  gröiseren  Empfindlichkeit  der  Cholerabakterien  gegen  Säuren 
wurden  diese  durch  Torfoiull  weit  deutlicher  beeinfluist,  als  die 
TyphusbaciUen,  aber  bei  beiden  hing  die  keimtötende  Kraft  des 
Mulls  ausschliefslich  von  der  Reaktion  der  entstandenen  Gemische 
ab.  Cholerabakterien,  welche  in  einer  Mischung  von  saurem  Harn 
und  saurem  Stuhl  nach  20  Tagen  noch  am  Leben  waren,  wurden 
durch  Torfmnllzusatz  in  weniger  als  24  Stunden  vernichtet.  Wenn 
aber  der  Stuhl  alkalisch  war,  so  blieben  sie  je  nach  der  wechselnden 


496 

Reaktion  auch  beim  Zusatz  von  Torfmull  eine  yerschieden  lange  Reihe 
von  Tagen  am  Leben«  Torfmull  mit  Hinzoflkgnng  von  Snperpho^hat  im 
Verhältnis  von  5 : 1  oder  2 : 1  yemichtete  dag^en  die  im  Kot,  ancfa 
wenn  er  aLkaliflch  reagierte,  enthaltenen  Cholerabacillen  in  1  bis 
4  Stunden.  Typhnsbadllen  wurden  in  saurem  Harn  und  saniem 
Stuhl  durch  Torfimnll  in  spätestens  24  Stunden  getötet,  in  alkaüschem 
Hani  und  Stuhl  waren  sie  aber  nach  6  Tagen  noch  nicht  ab- 
gestorben, indessen  konnte  diese  Zeit  durch  Superphosphatznsati 
auf  24  bis  48  Stunden  herabgesetzt  werden.  Die  bisherige  MeinnBg, 
dals  Torfinnll  nur  desodoriere,  nicht  desinfiziere,  wird  nach  diesei 
Yersuchsergebnissen  aufgegeben  werden  müssen.  Dasselbe  besitzt 
Tielmehr  eine  betr&chtliche  keimtötende  Kraft,  welche  durch  passende 
Zusätze,  z.  B.  von  Superphosphat  noch  vermehrt  werden  kann.  Di, 
wo  keine  Schwemmkanalisation  besteht,  empfiehlt  sich  daher  das 
Einstrenen  von  Torfinull  in  Schulaborte  als  ein  sehr  brauchbares 
Verfahren,  zumal  wenn  keine  groCsen  Gruben,  sondern  kleine,  hftofig 
gewechselte  Tonnen  zur  Anwendung  kommen.  In  den  Grofsherzog^ch 
Braunschweigischen  Schulen  wird  dies  Verfahren  schon  seit  Hagerer 
Zeit  erfolgreich  geübt. 


Vin.  internationaler  Kongrers   für  Hygiene  und  Den«- 

graphie  in  Budapest.  In  der  hygienischen  Gruppe  dieses  Kongresses 
sind  bis  jetzt  593,  in  der  demographischen  Gruppe  132,  scMnit  im 
ganzen  725  Vorträge  angemeldet  worden.  Femer  werden  26  Regie- 
rungen, 91  Behörden,  41  Universitäten,  132  Gesellschaften  und  Vereise 
zusammen  620  Delegierte  entsenden.  Unter  den  letzteren  befinden 
sich  solche  der  argentinischen  Regierung,  der  Regierung  der  Ve^ 
einigten  Staaten,  der  japanischen  Regierung,  des  Staates  Michigan, 
der  Kolonie  des  Kaps  der  guten  Hoffnung.  Von  den  Städten  lassen 
sich  unter  anderen  Alexandrien,  Bnnnah,  Howrah,  Rangoon  nnd 
Mexico  vertreten.  Femer  schicken  Abgesandte  Golumbia-GoUege  2a 
New  York,  die  Universität  in  Michigan,  sowie  die  geographische 
und  statistische  Gesellschaft  zu  Mexico.  Der  Kongreis  gewinnt  ein 
besonderes  Interesse  durch  die  mit  ihm  verbundene  Aussteünng, 
namentlich  durch  jenen  Teil  derselben,  welcher  die  Assanierung  der 
grofsen  Städte  vorführen  wird,  und  haben  schon  verschiedene  dff 
letzteren,  wie  Berlin,  Hamburg,  Brttnn,  Paris,  Montpellier,  Venedig, 
Odessa,  Alexandrien,  St.  Louis  Potosi  ihre  Teilnahme  zugesagt.  Von 


497 

denVortrftgen  der  allgemeinen  Sitzungen  sind  folgende  hervorzuheben: 
1.  Geheimer  Medizinalrat  Professor  Dr.  E.  LETDBN-Berlin:  Über 
die  Fürsorge  der  grofeen  Städte  für  die  Schwindsüchtigen.  2.  Pro- 
fessor Dr.  Gborg  von  MAYR-Strafsburg :  Statistik  nnd  Gesellschafts- 
lehre. 3.  Baorat  nnd  Civilingenieur  HERZBBRa-Berlin :  Die  Aufgaben 
des  Ingenieurs  in  der  Hygiene.  4.  Professor  E.  LEVASSEUR-Paris : 
Histoire  de  la  d^mographie.  5.  Professor  Dr.  ERiSMANN-Moskau: 
Der  Kampf  mit  dem  Tode.  6.  Dr.  Erhebt  HART-London: 
Protection  against  cholera  in  the  Orient  and  the  hypothesis  of  its 
epidemic  diffnsion;  the  propagation  of  cholera  by  river  communication 
and  by  long  railway  lines,  the  direct  connection  between  the 
propagation  of  cholera  and  of  typhoid  fever  by  water,  milk  and 
food;  together  with  the  proved  connections  between  the  suppression 
of  cholera  and  of  typhoid  fever  and  the  improvements  in  the  System 
of  drainage  etc.  7.  Professor  Dr.  C.  LoMBROSO-Turin:  Le 
criminel.  Mit  der  Ausfolgung  der  auf  Grund  der  Fahrpreis- 
enn&fsigongen  zusammengestellten  Fahrkarten  wurde  die  inter- 
nationale Schlafwagen-  und  europäische  Exprefszügegesellschaft 
betraut.  Diese  ErmäTsigungen  können  jedoch  nur  gegen  Aufweisung 
der  Mitgliedskarte  genossen  werden.  Die  Teilnehmer  werden  daher 
ersucht,  ihren  Beitrag  von  10  fl.  sobald  als  möglich  an  das  General- 
sekretariat (Budapest,  Rochusspital)  einsenden  zu  wollen. 

Sehnlhygienisches  Ton  der  Weltausstellung  in  Chgicao. 

In  der  y^lUinois-Staatsetg.^  stellt  Dr.  FiCK  einen  Vergleich  zwischen 
dem  deutschen  und  dem  amerikanischen  Schulwesen  auf  Grund  der 
beiderseitigen  Ausstellungen  an  und  schreibt  dabei  unter  anderem 
nachstehendes:  Dais  es  in  hohem  Grade  verwerflich  sei,  die  heran- 
wachsende, nach  jeder  Richtung  hin  empfängliche  Jugend  in  luft- 
knappen und  lichtarmen  Schulhöhlen  festzuhalten,  ist  schon  von  vielen 
Sexten  zur  Genüge  betont  worden.  Sowohl  diesseits  wie  jenseits  des 
Atlantischen  Oceans  zeigt  sich  denn  auch  ein  löbliches  Bestreben, 
die  Neubauten  der  Unterrichtsanstalten  zweckentsprechend 
aufzuführen.  Die  Überzeugung  bricht  sich  immer  mehr  Bahn,  daTs 
vor  allem  die  Schulhäuser  den  Forderungen  der  Gesundheitspflege 
genügen  müssen.  Bei  einer  vorurteilsfreien  Prüfung  der  ausgestellten 
Modelle  und  Bilder  von  neu  errichteten  deutschen  und  amerikanischen 
Schulhäusem  wird  man  nicht  umhin  können,  den  Fortschritt  an- 
zuerkennen. Freilich  ist  es  verhältnismäfsig  wenigen  Städten  ver- 
gönnt, die  Schulen  mitten  auf  groDse  offene  Plätze  zu  stellen,  wie 
es  in  Denver  in  Colorado  zu  geschehen  vermochte.  Aber  überall 
kann  Abstand  genommen  werden  von  der  Anlage  neuer  Schulbauten  mit 
hölzernen,  engen  Treppen,  dunkeln  Gängen  und  solcher  ohne  Wasser- 
leitung, ja  selbst  ohne  künstliche  Beleuchtung.  Die  Winke,  welche  der 

Beliiil««aiindheitopflef  e  VH.  32 


498 

bekannte,  von  deutscher  Wissenschaft  genährte  amerikanische  P&dagog 
G.  Stanlbt  Hall  in  seinem  Werkchen  „Health  of  School 
children  as  affected  by  School  baildings''  gab,  werden  noch 
gelegentlich  anüser  acht  gelassen,  wenn  man  nicht  neben  dem  Ban- 
meister  auch  den  Schulmann  bei  der  Konstruktion  der  Schulbantea 
und  der  Einrichtung  der  Schulräume  zu  Worte  kommen  Ifiist.  Was 
helfen  femer  die  prächtigen  Pulte  und  Bänke,  wenn  sie  vernunftwidrig 
in  der  Klasse  aufgestellt  werden,  was  nützt  selbst  die  geeignete  Anf- 
stellung  derselben,  wenn  die  Schüler  beispielsweise  beim  Schrdb^ 
zu  unpassendem  Sitzen  angehalten  werden?  Wie  nötig  es  ist,  der 
Schulhygiene  Aufmerksamkeit  zuzuwenden,  davon  zeugen  die  Be- 
strebungen, welche  hüben  und  drüben  seit  einigen  Jahren  gemacht 
worden  sind,  ein  besseres,  der  Gesundheit  zuträglicheres  Sitzen  der 
Schüler  beim  Schreiben  zu  erzielen.  Ob  die  Einführung  der  Steil- 
schrift das  erreichen  wird,  sei  dahingestellt  —  die  Versuche  sind 
noch  nicht  abgeschlossen  — ,  immerhin  aber  verdient  die  Angelegen- 
heit, der  hier  in  Amerika  besonders  deutsche  Schulmänner,  wie 
die  Leiter  der  Workingmen's  School  in  New  York  und  der  Jewish 
Training  School  in  Chicago,  Beachtung  geschenkt  haben,  und  welche 
neuerdings  einen  Gegenstand  der  Untersuchung  in  der  Universit&t 
der  Stadt  New  York  bildet,  die  Erwägung  aller  Beteiligten.  Wenig 
ist  hier  in  Amerika  für  die  treffliche  Neuerung,  das  Schulbad, 
geschehen.  Die  vorhin  erwähnte  Jewish  Training  School  allerdings 
hat  demselben  Aufoahme  gewährt,  leider  aber  entbehrt  es  die 
amerikanische  Volksschule.  Den  Behörden  ist  das  Modell  der  Volks- 
schulbäder, wie  sie  in  Göttingen  und  an  anderen  Orten  vorgesehen 
sind,  eine  Mahnung,  dafs  noch  manches  bei  uns  zu  thun  übrig 
bleibt.  Als  praktisch  scheint  man  die  Verwendung  von  Brausen 
und  die  Benutzung  eines  Desinfektors,  in  welchem  die  Kleider  der 
badenden  Schüler  desinfiziert  werden,  erkannt  zu  haben.  Die  hohe 
Bedeutung  von  gemeinsamen  Spaziergängen  und  Ausflügen  ist  in 
Deutschland  längst  zugestanden  worden,  und  ganz  jüngst  hat  man 
dem  Jugendspiel  als  Mittel  zur  Erziehung  Förderung  angedeihen 
lassen.  Es  liegen  auf  der  Ausstellung  detaillierte  Schilderungen  der- 
artiger geordneter  Jugendspiele  vor.  Ob  die  Einführung  derselben 
für  die  amerikanische  Jugend  zweckdienlich  wäre,  bedarf  weiterer 
Erwägung,  ist  ja  gerade  hier  das  endlose  Systematisieren  und 
Schablonenwesen  ein  Krebsschaden  gedeihlicher  Entwickelnng.  Auf- 
fallend erschien,  daCs  bei  den  ausgestellten  Spielkursen  die  Leistungen 
der  Teilnehmer,  wie  bei  anderen  Fächern,  beurteilt  und  censiert 
waren.  Es  mu£s  als  ein  erfreuliches  Zeichen  gelten,  dals  dem 
Schulturnen  immer  mehr  Freunde  und  BefELrworter  erstehen. 
Thatsächlich    hat  es  ja   auch   neuerdings   in  amerikanischen  Volks- 


499 

schulen  wieder  mehr  Boden  gewonnen,  ohschon  Chicagos  Vorgehen 
in  der  Beschränkung  des  Turnunterrichtes  einen  Rttckschritt  bezeichnet. 
Fängt  man  auch  hier  an,  Tumsäle  für  vorgerücktere  Schttler  zu 
erbauen,  so  läfst  doch  das  einzig  auf  Freiübungen  sich  beschränkende 
Turnen  in  den  Elementarklassen  manches  zu  wünschen  übrig.  Be- 
zeichnend ist  die  Verfügung  des  früheren  Ministers  Gossler  an- 
läfslich  des  Turnens.  Er  sagt:  ^Leider  ist  die  Einsicht  noch  nicht 
allgemein  geworden,  dafs  mit  der  leiblichen  Ertüchtigung  und  Er- 
frischung auch  die  Kraft  und  Freudigkeit  zu  geistiger  Arbeit  wächst. 
Manche  Klage  wegen  Überbürdung  und  Überanstrengung  der  Jugend 
würde  nicht  laut  werden,  wenn  diese  Wahrheit  mehr  erlebt  und 
erfahren  würde.  Darum  müssen  Schule  und  Haus,  und  wer  immer 
an  der  Jugendbildung  mitzuarbeiten  Beruf  und  Pflicht  hat,  Raum 
schaffen  und  Raum  lassen  für  jene  Übungen,  in  welchen  Körper 
und  Geist  Kräftigung  und  Erholung  finden.  Der  Gewinn  davon 
kommt  nicht  der  Jugend  allein  zu  gute,  sondern  unserem  ganzen 
Volke  und  Vaterlande. "  Wenn  so  die  Urteile  von  oben  lauten, 
die  nebenher  noch  in  der  Anbringung  des  herrlichen  Gemäldes  von 
KoBERSTBiN,  preufsische  Gynmasialschüler  beim  Turnen  und  Lernen 
darstellend,  Bekräftigung  finden,  so  vermag  man  nur  zu  hoffen,  dafs 
auch  hier  über  kurz  oder  lang  die  gleiche  Einsicht  sich  Babn  brechen 
wird.  Was  auTserhalb  der  Schule  durch  einfache,  aber  gut  aus- 
geführte Turnübungen  erzielt  werden  kann,  davon  zeugten  die 
geradezu  überwältigenden  Leistungen  der  von  dem  Milwaukeeer 
Turnfest  heimkehrenden  Turner  in  der  Arena  auf  dem  Welt- 
aosstellungsplatze.  Auf  dem  Gebiete  des  Handfertigkeits- 
unterrichtes  kann  man  getrost  der  Neuen  Welt  den  ersten  Rang 
zusprechen,  sowohl  was  die  Leistungen  auf  den  unteren  Stufen  in 
Schulen,  welche  der  Handthätigkeit  Raum  gönnen,  als  auch  die 
in  den  Klassen  der  Manual  Training  Schools  betrifft.  Auch  der 
Kindergarten,  dessen  Zukunft  in  der  westlichen  Erdhälfte  sein 
genialer  Schöpfer  ahnte,  hat  Grossartiges  daselbst  zuwege  gebracht. 
Die  Anämie  bei  Schnlkindern.  unser  verehrter  Mitarbeiter 
Dr,  GoMBE,  Schularzt  in  Lausanne,  teilt  in  seinem  neusten  Berichte 
über  den  ärztlichen  Dienst  an  den  dortigen  Schulen  mit,  dafs  im 
Jahre  1891  114,  1892  83  und  1893  91  Fälle  von  Blutarmut 
unter  den  Schulldndem  notiert  wurden.  Die  wirkliche  Zahl  der 
Anämischen  war  jedoch  beträchtlich  grölser;  denn  die  angeführten 
Ziffern  beziehen  sich  nur  auf  diejenigen,  welche  wegen  Blutarmut 
den  Unterricht  unterbrechen  mufsten,  während  die  meisten  Anämischen 
denselben  weiter  besuchten,  dabei  aber  gleichzeitig  eine  ärztliche 
Kur  durchmachten.  Im  Jahre  1890  waren  sämtliche  anämische 
Kinder  ermittelt  worden;  die  Zahl  derselben  betrug  24%,  nämlich 

32* 


600 


548  bei  2205  Schulkindern  überhaupt.  Unter  den  740  Knaben 
befanden  sich  184  =  24%,  unter  den  924  Mädchen  286  ==  29  Vo; 
das  Leiden  kam  also  bei  den  Mädchen  etwas  häufiger  als  bei  den 
Knaben  vor.  Auch  der  Wohnort  hatte  auf  dasselbe  Einfluls.  Von 
den  1714  Stadtkindern  litten  470  oder  27  7o  an  Blutarmut,  von 
den  491  Kindern  in  Dorfschulen  dagegen  nur  105  oder  21%; 
dieselbe  tritt  demnach  in  der  Stadt  entschieden  öfter  als  auf  dem 
Lande  auf.  Nur  in  dem  Dorfe  Ouchy  fand  sich  eine  hohe  Frequenz, 
einmal  seines  städtischen  Charakters  wegen  und  sodann,  weil  die 
dortige  Schule  alt  und  auiserordentlich  unhygienisch  eingerichtet  ist 
Ouchy  hatte  unter  123  Schulkindern  33,  d.  i.  27  %  anämische, 
wogegen  sich  bei  den  übrigen  368  Landkindem  nur  71  =  19% 
fanden.  Über  die  Verteilung  nach  Klassen  gibt  folgende,  aus- 
schliefslich  auf  die  Stadtkinder  bezügliche  Tabelle  Aufschluß: 


Städtische 

Zahl  der 

Zahl  der 

0/ 
'0 

Klassen 

Kinder 

Anämischen 

V. 

310 

74 

23 

IV. 

302 

93 

30 

m. 

366 

109 

32 

II. 

196 

71 

36 

I. 

216 

64 

30. 

Die  Anämie  nimmt  also,  von  einer  Ausnahme  abgesehen,  nach 
den  oberen  Klassen  hin  zu,  so  daCs  die  Schule  dieselbe  zu  be- 
günstigen scheint.  Für  das  letztere  spricht  besonders  auch  der 
Umstand,  dafs  die  Lehranstalten  mit  ungünstigen  hygienischen 
Verhältnissen  mehr  Anämische,  als  diejenigen  mit  günstigen  Ver- 
hältnissen hatten.  In  Villamont  befanden  sich  nämlich  unter  200 
Knaben  48  oder  24%  blutarme,  in  Chemin-Neuf  unter  177  Knaben 
52  =  29%,  in  Villamont  unter  209  Mädchen  39  oder  18%, 
in  Madelaine  unter  229  Mädchen  63  oder  28%,  in  Mus6e  Arland 
unter  140  Mädchen  53  oder  38%.  Die  Schule  in  Ghemin-Nenf 
ist  aber  bereits  verlassen  und  nach  Beaulieu  in  ein  nach  allen  R^ete 
der  modernen  Hygiene  errichtetes  Gebäude  yerlegt,  und  mit  Madelaine 
und  dem  Mus^e  Arlaud  wird  yoraussichtlich  bald  dasselbe  geschehen, 
da  auch  hier  in  gesundheitlicher  Beziehung  sehr  viel  zu  wünschen 
übrig  bleibt. 

Hygienisehe  HiTsstände  in  den  Londoner  Distriktsamei- 
selinlen.  In  dem  englischen  Hause  der  Gemeinen  richtete  am 
4.  Juni  d.  Js.  Herr  Bartlby  in  Vertretung  für  Sir  John  Gobst 
an  den  Vorsitzenden  der  lokalen  Regierungsbehörde  die  Frage,  ob 
er  eine  Auskunft  veranlassen   wolle   über  die  Zahl  und  den  Verlauf 


501 

der  Epidemien  von  Angenentzündnng,  Scharlachfieber,  Masern, 
Diphtherie  und  anderen  infektiösen  Krankheiten,  welche  während  der 
letzten  zehn  Jahre  in  den  zn  den  hauptstädtischen  Yereinigongen 
gehörigen  Distriktsannenschnlen  Yorgekommen  seien.  Zugleich 
wünschte  er  die  Ziffer  der  bei  jeder  Epidemie  ergriffenen  Kinder 
zu  wissen,  die  durchschnittliche  Dauer  der  Behandlung,  die  Mortalität, 
die  Zahl  der  Fälle,  in  denen  dauernde  Schwäche  zurückgeblieben 
sei,  und  die  Gesamtsumme  der  Extrakosten,  welche  den  Steuer- 
zahlern der  Hauptstadt  durch  den  Ausbruch  verursacht  seien.  In 
Erwiderung  auf  diese  Anfrage  bemerkte  Herr  Shaw  Lbebvre, 
er  habe  eine  Untersuchung  angestellt,  halte  es  jedoch'  fOr 
unthunlich,  die  geforderte  Auskunft  zu  erteilen.  Höchstens  könne 
er  zustimmen,  dafs  eine  Statistik  der  innerhalb  eines  bestimmten 
Zeitraumes,  z.  B.  dreier  Jahre,  bei  den  betreffenden  Kindern  vor- 
gekommenen Todesfälle  aufgestellt  werde.  Aus  dieser  Antwort  folgt, 
so  bemerkt  „T^e  Brit  Med.  Jaum.*^,  dafs  die  lokale  Begierungs- 
behörde keine  Aufzeichnungen  über  das  Auftreten  von  Infektions- 
krankheiten in  den  Distriktsschnlen  gemacht  hat,  eine  Unter- 
lassong,  die  nicht  tief  genug  bedauert  werden  kann,  und  die  in 
Zukunft  ein-  fQr  allemal  beseitigt  werden  sollte.  Die  Krankheiten, 
die  bei  jenen  unglücklichen,  in  Baracken  angehäuften  Kindern 
hauptsächlich  entstehen,  sind  keine  tödlichen,  aber  sie  tragen  nicht 
wenig  zur  Entkräftung  derselben  bei.  Diese  Krankheiten  rühren 
von  schlechter  Ernährung  und  ungünstigen  Lebensbedingungen  her, 
da  das  Barackensystem  für  Kinder  das  allerschädlichste  ist.  Es 
sind  besonders  Augenentzündungen,  chronische  Bachenleiden,  mangel- 
haftes Gehör,  -nächtliches  Bettnässen,  Entwickelung  oder  Yer- 
schlimmerung  von  Skroftdose,  Erkrankungen  der  behaarten  Kopfhaut 
und  der  übrigen  Haut.  Durch  dieselben  werden  die  betreffenden 
Kinder  nicht  nur  gequält,  sondern  auch  an  ihrem  Fortschritt  in  der 
Schule  gehindert,  so  dafs  sie  später  im  Leben  nicht  weiter 
kommen  können.  Aufserdem  sind  die  Ausgaben  fär  die  elenden 
Verhältnisse  in  jenen  Schulen  sehr  bedeutende,  indem  sie  jährlich 
£  25  pro  Kopf  betragen.  Die  überfüllten  Barackenschulen  sollten 
daher  abgebrochen  und  die  Kinder  fortan  aufs  Land  geschickt 
werden,  wo  sie  firische  Luft,  körperliche  Beschäftigung  und  häusliches 
Leben  in  Internaten  geniefsen  könnten. 

Hnsterimg  der  schulpflichtigen  Kinder  in  Berlin.  Wie  die 

„BerL  kUn.  Wochschr,**'  berichtet,  sind  dem  Verein  fOr  gesundheits- 
gemäfse  Erziehung  der  Jugend  die  nachstehenden,  einstimmig  ge- 
faTsten  Beschlüsse  des  Standesvereins  der  Ärzte  der  Friedrichstadt 
in  Berlin  mitgeteilt  worden:  1.  zu  erklären,  dafs  die  Musterung 
der   schulpflichtigen    Kinder   in   Berlin    notwendig    ist;     sie    allein 


602 

erscheint  geeignet,  den  Boden  zu  schaffen,  anf  welchem  erspriefsliche 
Mafsregehi  für  Gesundong  der  Schüler  und  der  Schalen  sich  ent- 
wickeln können;  2.  seinen  Mitgliedern  zu  empfehlen,  sich  an  den 
Musterungen  schulpflichtiger  Kinder,  sohald  dieselben  ins  Leben 
treten,    nach  Maisgabe    ihrer  Kräfte  und  des  Bedarfs  zu  beteiUgen. 

Was  kann  die  Schnle  und  besonders  der  Lehrer  zur 
FSrdernng  der  Mäfsigkeitssache  thnn  ?  Für  die  beste  Arbeit  ober 
diese  Frage  hatte  der  deutsche  Verein  gegen  den  Mi&brauch  geistiger 
Getränke  im  Juni  vorigen  Jahres  einen  Preis  ausgeschrieben.  Es  sind 
daraufhin  112  Arbeiten  eingegangen.  Der  Preis,  welcher  300  Mark 
beträgt,  ist  dem  Lehrer  Heinrich  Brosts  in  Meschede  zugefallen. 
Der  Genaimte  erhält  aufserdem  den  von  der  MäisigkeitskommissioD 
des  westfälischen  Städtetages  für  die  beste  westfWsche  Arbdt 
gestifteten  Nebenpreis  von  100  Mark. 

Massenerkranknngen  im  Waisenbanse  zn  Bnnzlan.    Der 

jyReichsanz."^  schreibt:  Im  Laufe  des  13.  und  14.  Juni  erkrankten 
im  Waisenhause  zu  Bunzlau  24  Alumnatszöglinge,  welche  ver- 
schiedenen Knabenfamilien  und  verschiedenen  Lehranstalten  angehören, 
an  Brechdurchfall,  verbunden  mit  Fieber  und  heftigen  Leibschmerzen. 
Bis  zum  17.  stieg  die  Zahl  der  Erkrankungen  auf  56.  Da  so  viele 
Kranke  in  den  Anstaltsräumen  nicht  untergebracht  werden  können, 
vmrden  26  Zöglinge  in  das  Kreiskrankenhaus  zur  Pflege  überwiesen. 
£s  lag  der  Gedanke  nahe,  dais  der  gemeinschaftliche  GenuTs  eines 
gesundheitsschädlichen  Nahrungsmittels  die  Erkrankungen  herbei- 
geführt habe,  und  so  sind  von  dem  Anstaltsarzt,  dem  Kreisphjsikas 
Dr.  Adelt,  eingehende  darauf  bezügliche  Untersuchungen  angestellt 
worden.  Ebenso  haben  fortgesetzte  Nachforschungen  stattgefunden, 
ob  besondere  Umstände  in  den  Wohnräumen,  der  Küche  u.  s.  w. 
die  Krankheit  veranlafst  haben  könnten.  Es  ist  aber  über  den 
Grund  der  Erkrankungen  nichts  Sicheres  ermittelt  worden«  Der 
Verlauf  ist  bisher  durchweg  ein  günstiger  gewesen.  Nach  dem 
letzten  Bericht  des  Anstaltsdirektors  vom  17.  Juni  hat  die  £[rankheit 
im  Laufe  dieses  Tages  wesentlich  abgenommen.  Vier  Zöglinge  konnten 
bereits  aus  der  ärztlichen  Pflege  entlassen  werden.  Kranke,  deren 
Zustand  Besorgnis  erregt,  sind  nicht  mehr  vorhanden.  Trotzdem  hat 
der  Kultusminister  einen  besonderen  Kommissar  zur  Untersuchung 
der  Angelegenheit  nach  Bunzlau  gesandt. 

Zahnärztliche  Untersnchnngen  in  badischen  Sehnlen.  In 

der  „Q-sdht"'  schreibt  Zahnarzt  Marguse  zu  Heidelberg:  Die 
Kadettenanstalten,  welche  im  Gleichmafs  der  körperlichen  und 
geistigen  Ausbildung  die  besten  Bildungsanstalten  sind,  haben  schon 
vor  Jahren  die  Notwendigkeit  regelmäfsiger  zahnärztlicher  Unter- 
suchungen ihrer  Zöglinge    anerkannt.     Der   Grofsherzoglich  badische 


603 

Oberschiürat  ist  jetzt  dem  Beispiele  dieser  Anstalten  gefolgt  und  hat 
fOr  das  Jahr  1894  zahnärztliche  Untersnchnngen  an  einigen 
Schalen  angeordnet.  Die  Eltern  sollen  jedes  halbe  Jahr  von  dem 
Zustande  des  Mondes  ihrer  Kinder  unterrichtet  werden.  Nach  dem 
Ergebnisse  des  Versuches  wird  es  sich  entscheiden,  ob  die  Unter- 
suchungen auf  alle  Schulen  Badens  ausgedehnt  werden. 

Der  zweite  Lehrgang  fBr  Lehrerinnen  der  Mädchenspiele 

in  Bonn  fand  vom  15.  bis  18.  Mai  d.  Js.  statt.  An  demselben  nahmen 
31  Lehrerinnen,  sämtlich  aus  der  Bheinpro7inz,  teil.  Die  Spiel- 
standen waren  am  15.,  16.  und  17.  Mai  täglich  von  8  bis  12  Uhr 
moi^ns  und  3  bis  5  Uhr  nachmittags.  Unter  Leitung  des  Ober- 
tumlehrers  Fb.  Sghboedeb  wurden  die  fdr  den  Spielbetrieb  der 
Mädchen  auf  den  yerschiedenen  Altersstufen  empfehlenswertetsen 
Spiele  erläutert  und  sofort  praktisch  geübt.  An  die  Spielstnnden 
schloCs  sich  täglich  ein  Spaziergang  in  die  Umgebung  von  Bonn  an, 
am  Mittwoch,  den  17.,  auf  den  Drachenfels.  Die  Yorträge  waren  auf 
den  18.  yerlegt,  und  zwar  sprach  Obertumlehrer  Fb.  Sghboedeb 
„Über  die  Einrichtung  des  Spielbetriebes  für  Mädchen**  und  Dr.  F.  A. 
Schmidt  „Über  den  Wert  der  Leibesübungen  und  Spiele  für 
Mädchen**,  sowie  fernerhin  „Über  zweckmäfsige  Spiel-  und  Tum- 
kleidung  fär  Mädchen**,  wobei  namentlich  die  Korsett-,  sowie  die 
Foisbekleidungsfrage  beleuchtet  wurde.  Die  Spiele  fanden,  wie 
auch  bei  früheren  Kursen,  auf  dem  grofsen  Platze  des  Bonner 
Eisklubs  statt.  Das  Wetter  war  recht  günstig.  Wenn  auch  die 
starke  Hitze  auf  dem  schattenlosen  Platze  die  Glieder  etwas  er- 
schlaffen machte  und  zarte  Gesichter  und  Hände  in  kurzer  Frist 
bräunte,  so  hielten  doch  alle  Teilnehmerinnen  die  Anstrengung  tapfer 
und,  wie  die  fröhliche  Stimmung  bei  den  Ausflügen  zeigte,  zum 
Vorteil  auch  für  ihre  geistige  Frische  ans.  Möge  es  den  Damen 
gelingen,  so  schliefst  die  „Dtsch.  Turmstg,*^  diesen  ihren  Bericht,  den 
hier  bekundeten  Spieleifer  und  die  hier  gezeigte  Spielfreude  auch 
auf  ihre  Schülerinnen  zu  übertragen. 

Jahresberielit  des  Vereins  zur  Heilung  stotternder  Volks- 
sehfiler  in  Hamburg.  Im  verflossenen  Arbeitsjahre,  so  berichtet 
der  Vorstand  des  genannten  Vereins,  wurden  von  7  Lehrern 
14  Heilkurse  abgehalten.  160  Schüler  besuchten  dieselben  regel- 
mäßig bis  zum  Schiulis  und  zeigten  bei  der  Prüfung,  dafs  der 
Unterricht  Ton  gutem  Erfolge  gekrönt  war.  Das  erzielte  Resultat 
spiegelt  sich  in  folgenden  Zahlen  ab :  Es  wurden  geheilt  92  Schüler 
=  67Vj%,  sehr  gebessert  35  =  227o,  gebessert  31  =  19%, 
nicht  gebessert  2  =  V/i^o.  Erhöhte  Prozentsätze  von  Heilung 
oder  Besserung  gegen  früher  zu  erreichen,  ist  nicht  gelungen. 
Wohl   aber   sind   im   letzten    Jahre    verschiedene   Mafsnahmen  ge- 


604 

troffen  worden,  die  als  wertvolle  Verbessenmgen  in  der  Fflisoi^ge 
für  die  sprachleidenden  Yolksschüler  betrachtet  werden  müssen.  Es 
konnte  sich  den  Beobachtungen  des  Vorstandes  nicht  entziehen,  dafs 
die  oft  yemommene  Klage  über  Rttckfälligkeit  geheilter  Kinder  nicht 
unbegründet  sei.  Die  Natur  des  Sprachgebrechens  läist  einen  solchen 
Rückfall  begreiflich  erscheinen,  zumal  wenn  man  in  Erwägung 
zieht,  dals  manche  unserer  Schüler  weder  selber  über  hinreichende 
Geistesreife  und  Selbstzucht  verfügen,  noch  auch  von  selten  da 
nächsten  Angehörigen  die  nötige  Au&nunterung  und  Unterstützung 
finden.  Drei  Mittel  kamen  hiergegen  zur  Anwendung.  1.  Die 
Kinder  wurden  in  einem  früheren  Lebensalter  aufgenommen,  durchweg 
mit  10  bis  12  Jahren.  So  bleibt  nach  erfolgter  Heilung  noch 
Zeit  und  Gelegenheit,  die  Entlassenen  in  der  Schule  zu  übw- 
wachen  und  ihnen  hier  die  Möglichkeit  zu  bieten,  die  neugewonnene 
Sprachfertigkeit  besser  auszunutzen,  als  bei  sofortigem  Eintritt  in 
das  öffentliche  Leben.  2.  Zwischen  den  einzelnen  Kursen  fand  nicht 
mehr  eine  Unterbrechung  statt.  Dadurch  soll  dem  RückfaU  der  in 
einem  Heilkursus  gebesserten  und  in  den  folgenden  Kursus  wieder 
eintretenden  Schüler  vorgebeugt  werden.  3.  Am  Schlüsse  des  Kursus 
wurden  die  Geheilten  nicht  endgültig  entlassen,  sondern  sie  traten 
sofort  in  einen  Nachhilfekursus  ein,  der  sich  durch  20  Wochen  mit 
wöchentlich  einer  Stunde  erstreckte.  Da  in  Fachkreisen  die  Ansicht 
laut  geworden  ist,  dafs  das  Stottern  oft  mit  krankhaften  Erscheinungen 
des  Nasen-  und  Rachenraumes  in  ursächlichem  Zusammenhange  stehe, 
so  war  es  längst  der  Wunsch  des  Vorstandes,  hierüber  einmal  bei 
den  Schülern  Authentisches  zu  erfahren.  Dr.  med.  Pludbr,  Spedal- 
arzt  für  Ohren-,  Nasen-  und  Halskrankhäiten  hierselbst,  hat  bd 
den  102  Stotterern  der  yor  Ostern  beendeten  7  HeiUrurse  eine 
Untersuchung  der  oberen  Luftwege  und  bei  3  Schülern  auch  eine 
Operation  vorgenommen.  Derselbe  berichtete  dem  Vorstände  über 
seine  Ermittelungen.  Hypertrophien  der  Rachenmandel  oder  adenoide 
Vegetationen  wurden  bei  ca.  30%  der  Kinder  gefunden,  und  Ton 
diesen  waren  7  %  mit  starken,  den  Nasenraum  ziemlich  ausfiülendea 
Vegetationen  behaftet.  AuTser  den  vielen  Fällen  chronischen  Schnupfens, 
fanden  sich  2  Fälle  atrophierender  Rhinitis.  Ferner  wurden  bemerkt 
6  Fälle  mit  deutlichen  Leisten  der  Nasenscheidewand  und  2  Fülle 
von  Verkrümmung  der  letzteren.  Entsprechend  dem  greisen  Prozent- 
satze hypertrophierter  Rachenmandeln  zeigten  sich  auf&Uende 
Gestaltungsformen  des  harten  Gaumens  (Dachziegelform,  Schi&- 
kielform,  Muldenform)  und  damit  verbundene  SchiefiBtellung,  hezw. 
unregelmäfsige  Stellung  der  Zähne  in  25  Fällen.  Die  sonstigen 
Verhältnisse  der  Mund-  und  Rachenhöhle  boten  wenig  Besonderes. 
Einmal   kam   zu   kurzes   Zungenbändchen,   viermal   bemerkenswerte 


505 

Mandelhypertrophie  und  einmal  auffallender  granulöser  Rachenkatarrh 
Yor.  Wenn  auch  eine  allgemeine  Körperuntersuchung  nicht  statt- 
gefunden hat,  so  kann  doch  gesagt  werden,  dafs  der  Prozentsatz 
früherer  oder  gegenwärtiger  Skrofulöse  kein  sehr  grofser  war  und 
daXs  der  Verdacht  überstandener  Rhachitis  nur  in  vereinzelten  FäUen 
bestand.  Kariöse  Zähne,  bezw.  verwitterter  Zahnschmelz  fanden 
sich  allerdings  öfter.  Im  Gegensatze  zu  den  Stammlern,  bei  denen 
sehr  häufig  Skrofulöse  und  Rhachitis  als  ätiologische  Momente 
ermittelt  wurden,  während  starke  Entwickelung  der  Rachenmandel 
hier  selten  war,  fanden  sich  bei  Stotterern,  wie  bereits  bemerkt,  auf- 
fallende Hypertrophien  der  letzteren  durchaus  nicht  vereinzelt,  und 
zwar  bei  Kindern,  deren  allgemeiner  Körperzustand  keine  der  beiden 
genannten  Entwickelungskrankheiten  erkennen  liefs.  Im  AnschluTs 
an  den  letzten  Punkt  sei  ans  den  von  den  Lehrern  der  Heilkurse 
zosammengesteUten  Ermittelungen  noch  hinzugefügt,  dafs  als  wahr- 
scheinliche Entstehungsursache  des  Stottems  festgesteUt  wurde: 
Erblichkeit  und  Nachahmung  bei  15%,  Fall  und  heftiger  Schreck 
bei  13Vo,  Nervositilt  und  Krämpfe  bei  10%,  mangelhafte  körper- 
liche Entwickelung  im  allgemeinen  bei  10%.  Unter  den  102 
untersuchten  Yolksschttlem  befanden  sich  2,  welche  ausschliefslich 
Stammler  waren.  Die  Ursache  des  Stammeins  war  bei  einem  Schüler 
Gaumenspalte  und  Hasenscharte.  Letztere  war  schon  früher  operiert, 
während  der  noch  bestehende  Gaumendefekt  mit  einem  Obturator 
versehen  wurde.  In  dem  zweiten  Falle  war  das  Stammeln  eine 
Folge  von  Schwerhörigkeit  mittleren  Grades. 

Das  neue  Volkssclinlhaiis  zn  Rostock  wird  von  Professor 
J.  Uffelmann  in  dem  10.  Jahresberichte  über  die  Fort- 
schritte und  Leistungen  auf  dem  Gebiete  der  Hygiene 
nach  der  j,Eo8tock.  Zig,"'  sehr  eingehend  geschildert.  Auf  einem 
Platze  von  6100  qm  erbaut,  ist  es  ein  Doppelschulhaus,  dessen  eine 
Hälfte  fEbr  Knaben,  dessen  andere  für  Mädchen  bestimmt  ist,  und 
vor  dem  ein  ebenfalls  in  zwei  Teile  geteilter  Spielplatz  sich  befindet. 
Die  Klassenzimmer  sind  jedes  für  60  Schulkinder  berechnet  und 
haben  eine  Ausdehnung  in  der  Länge  von  8,59  m,  in  der  Breite 
von  6,50  m,  in  der  Höhe  von  4,25  m,  demnach  eine  Bodenfläche 
von  56  qm  und  einen  Kubikinhalt  von  reichlich  238  cbm.  Es 
kommen  also  auf  jeden  Schüler  ungefähr  0,93  qm  Bodenfläche  und 
fast  4  cbm  Luftraum.  Die  Wände  sind  bis  zur  Fensterhöhe  mit 
Ölfarbe,  im  übrigen  mit  Leimfarbe  gestrichen.  Drei  2,5  m  hohe 
und  1,60  m  breite  dreiteilige  Fenster,  die  in  ihrer  Unterabteilung 
noch  mit  Doppelfenstern  versehen  sind,  erhellen  die  Zimmer.  Im  oberen 
Fenster  befindet  sich  ein  nach  innen  fallender  und  in  zwei  Scheren 
laufender  Kippflügel,  der  durch  eine  Stellstange  reguliert  wird.   Die 


506 

Fensterfiftche  beträgt  12  qm,  also  mehr  als  Vs  der  Fuisbodenflftche. 
Jedes  Kind  hat  an  seinem  Platze  direktes  Tageslicht.  Die  Fenster 
an  der  Südseite  sind  mit  versteUbaren  Bonleanx  yersdhen.  Die 
Korridore,  das  Souterrain,  das  Direktorats-  nnd  die  Lehrerzimmer, 
femer  der  Zeichensaal  nnd  im  Mädchenschnlhaose  9  Klassen,  im 
Knabenschnlhause  2  Klassen  können  mit  Gas  erleuchtet  werdeo. 
Vom  Fuifiboden  jeder  Klasse  führt  innerhalb  der  Innenmauer  ein 
zur  Ventilation  dienender  50  cm  breiter  und  42  cm  tiefer  Luftechacht 
auf  den  Bodenraum  des  Hauses,  wo  er  durch  ein  Gitter  geschlossei 
ist.  Im  Zimmer  hat  der  Luftkanal  zwei  Öffnungen,  die  eine  un- 
mittelbar am  Boden,  welche  durch  ein  Eisengitter  in  der  Klassen- 
wand ihren  Abschlufs  findet.  Im  Innern  liegt  eine  wagerechte  Klappe^ 
die  untere  Abluftklappe,  durch  welche  die  Winterlttftung  erfolgt  Die 
andere  ö&ung  ist  unter  der  Zimmerdecke  angebracht  und  durch  eine 
eiserne  Klappe,  die  obere  Abluftklappe,  verschliefsbar.  Dieselbe  bleibt 
im  Winter  in  der  Regel  geschlossen,  wird  aber  im  Sommer  und  sonst 
geöffinet,  sobald  das  Thermometer  der  Klasse  20^  G.  zeigt,  um  die 
überflüssige  Wärme  nach  oben  entweichen  zu  lassen.  Eine  dritte 
Öffnung  an  einer  anderen  Stelle  und  in  der  Mitte  der  Wand  bringt 
warme  Luft  der  Luftheizungsanlage  ins  Zimmer.  Letztere  befindet 
sich  im  Souterrain.  Daselbst  sind  6  Feuerungen  aufigestellt  Zo 
jeder  gehören  zwei  Kaltluftkammem,  Ton  denen  die  eine  in  der 
Süd-,  die  andere  in  der  Nord  wand  des  Gebäudes  liegt.  Dieselben 
sind  von  aulsen  durch  ein  Drahtgitter,  sodann  durch  eiserne  Jolousien 
gegen  Schnee  und  endlich  im  Innern  durch  ein  vorgespanntes  Hnar- 
tuch  gegen  Verunreinigung  der  Frischluft  geschützt.  Das  ö&en  der 
Kammer  geschieht  durch  die  am  Boden  befindliche  untere  Lnft- 
zufQhrungsklappe,  welche  auiserhalb  der  Kammer  reguliert  wird. 
Durch  einen  breiten  unterirdischen  Kanal  dringt  die  einströmende 
kalte,  frische  Luft  in  die  Heizkammer,  sobald  die  oben  erwähnte 
Klappe  geö&et  ist.  Hier  kann  die  Luft  auf  ungefähr  120^  C. 
erwärmt  werden.  Die  heifsen  Kohlengase,  die  dies  bewirken,  werden 
durch  12  grofse,  wagerecht  in  der  Heizkammer  liegende  eiserne 
Röhren  getrieben  und  sind  auch  bei  der  strengsten  Kälte  im  stände, 
so  viel  frische  Luft  zu  erwärmen,  dafs  6  Klassenräume  genügend 
geheizt  werden.  Um  der  Luft  aber  auch  den  nötigen  Feuchtigkeits- 
gehalt zu  verschaffen,  ist  vor  jeder  Heizkammer  ein  eiserner  Kessd 
angebracht,  der  im  Winter  beständig  bis  oben  hin  mit  Wasser  gefUlt 
sein  mufs.  Dieses  fliefst  in  flache,  eiserne  Pfannen,  welche  sich  in 
der  Heizkammer  oberhalb  der  Röhren  befinden.  Von  der  Heiz- 
kammer führt  in  die  6  Klassen  je  ein  Kanal.  Derselbe  ist  am 
Boden  der  Kammer  offen,  unter  der  Decke  derselben  aber  durch 
eine  Klappe,   die  Mischklappe,   die  von  draufsen  geregelt  wird,  zn 


507 

öffiaen.  Ist  die  Luft  in  der  Heizkammer  auf  65^  C.  gebracht,  so 
öffoet  der  Heizer  die  Mischklappen  ganz,  nnd  zwar  diejenigen  zuerst, 
welche  die  heilse  Loft  in  die  schwerer  zn  heizenden  Klassen  ein- 
strömen lassen.  Dadurch  wird  der  Heizungskanal  nach  unten  ge- 
schlossen, und  die  mit  Wasserdampf  geschwängerte,  heifse  Luft  steigt 
in  die  Kanäle.  Durch  die  aus  der  Luftkammer  beständig  in  die 
Heizkammer  nachrückende  kalte  Luft  wird  die  heüse  Luft  stark 
nach  oben  getrieben  und  tritt  durch  die  mit  einem  Eisen- 
gitter verkleidete  Öffnung,  noch  auf  ungefähr  45^  G.  erwärmt,  in 
die  Klasse,  wenn  die  dort  befindliche  Klappe  im  Heifsluftkanal 
geöffnet  ist.  Nach  der  Instruktion  des  Heizers  soll  die  Klassen- 
temperatur auf  18^  0.  gebracht  werden.  Ist  dies  geschehen,  so 
hebt  er  die  Mischklappe  halb,  so  dals  aus  dem  oberen  Teile  der 
Heizkammer  noch  heifse  Luft,  aus  dem  unteren  durch  die  am  Boden 
befindliche  Öffnung  des  Heizkanals  kalte  Luft  emporgetrieben  wird,  welche 
letztere  sich  mit  der  ersteren  mischt.  Wird  die  Mischklappe  ganz 
geschlossen,  so  kann  nur  kalte  Luft  durch  den  Heizungskanal  in  die 
Klasse  gelangen,  welche  folgenden  Weg  zurückgelegt  hat:  sie  dringt 
Ton  aulsen  in  die  Luftkammer,  durch  die  geöffnete  untere  Luft- 
zoführungsklappe  und  den  unterirdischen,  kurzen  Kanal  in  die  Heiz- 
kammer und  durch  die  untere  öffiiung  des  Heizungskanals  in  diesen 
und  in  die  Klasse.  Auf  solche  Weise  ist  auch  die  Temperatur  der 
Klasse  schnell  abzukühlen.  Sämtliche  Klappen  für  die  Winter-  und 
Sommerlüftung  und  für  die  Heizung,  welche  sich  in  der  Wand  der 
Klasse  befinden,  werden  vom  Flure  aus  durch  den  Heizer  reguliert. 
Damit  derselbe  nun  die  Temperatur  in  der  Klasse  beobachten  kann, 
ohne  ins  Zinmier  zu  treten,  ist  ein  hundertteiliges  Thermometer 
angebracht,  das  mit  einer  doppelten  Skala  versehen  ist,  deren  eine 
von  aulÄen  durch  ein  die  Wand  durchquerendes  Schaurohr,  deren 
andere  von  innen  abgelesen  wird.  Der  Fufsboden  der  Klassenzimmer 
ist  aus  dem  harten  Holze  der  nordamerikanischen  Fichte  ohne  Fugen 
hergestellt.  In  jeder  Klasse  befindet  sich  ein  mit  feuchten  Säge- 
spänen gefüUter  Spucknapf.  Die  Subsellien  nach  Hippaufs  System 
sind  Yiersitzig,  in  zwei  Reihen  aufgestellt  und  in  drei  verschiedenen 
Grö&en  vorhanden,  von  denen  No.  1  für  die  Klassen  YI  und  Y, 
No.  2  für  die  Klassen  lY  und  III,  No.  3  für  die  Klassen  II  und  I 
bestimmt  ist.  Die  Treppen  bestehen  ans  Granit,  ihre  Stufen  sind 
2,5  m  lang  und  sehr  bequem  zu  steigen,  weil  einem  Auftritt  von 
31,5  cm  Breite  eine  Steigung  von  nur  18  cm  folgt.  Zu  beiden 
Seiten  ist  ein  kräftiger  Handläufer  vermittelst  eiserner  Träger  im 
Mauerwerke  befestigt.  Im  zweiten  Stockwerke  befindet  sich  nach 
Korden  der  geräumige  Zeichensaal,  der  sich  durch  den  ganzen 
Mittelbau   beider  Häuser    erstreckt,    also  die  doppelte  Länge  einer 


508 

Klasse  besitzt.  £r  wird  durch  6  groise  Fenster  erhellt,  die  mit 
verstellbaren  Rouleaax  versehen  sind.  Für  die  Belenchtong  im 
Winter  sorgen  3  SiBMENSsche  Intensivbrenner  von  7  und 
9  Kerzen  Stärke.  Im  Sonterrain  befindet  sich  eine  Schnlbade- 
einrichtung.  Dieselbe  besteht  ans  einem  Ankleideraom  und  einem 
Badezimmer.  Letzteres  hat  zwei  Abteilungen.  In  jeder  befinden 
sich  6  für  12  bis  18  Kinder  berechnete  Brausen,  welche  paarweise 
an  einem  unter  der  Decke  befestigten  Wasserrohre  angebracht  sind. 
Durch  zwei  grofse  eiserne  Öfen,  von  denen  einer  im  Ankleideranme 
aufgestellt  ist  und  zugleich  diesen  heizt,  wird  das  Wasser  erwftrmL 
In  einem  Mischgefäfse  mischt  sich  kaltes  und  warmes  Wasser,  de^en 
Temperatur  durch  ein  Thermometer  angezeigt  und  durch  einen  Heb^ 
geregelt  wird.     Es  baden  zur  Zeit  etwa  60  Prozent  der  Schulkinder. 


^tntlt^ie  ^DerfSgungen. 


Rundschreiben  des  Bezirksschulrates  der  k.  k.  Beichshaupt- 

und  Residenzstadt  Wien,  J.  2036,  an  sSmtliche  Sdinl- 

leitnngen  wegen  DnrchüBhrong  der  Schfilerimpftingen. 

Laut  Erlasses  der  hochlöblichen  k.  k.  niederösterreichischen 
Statthalterei  vom  12.  Juli  1893,  Z.  71375,  wurde  bei  der  Prflfang 
der  Impfresultate,  welche  seitens  der  Bezirksbehörden  im  Jahre  1892 
erzielt  worden  sind,  im  Vergleiche  zu  den  bezüglichen  Erfolgen  des 
Jahres  1891  eine  ansehnliche  Zunahme  der  absoluten  Zahl  der 
Impfungen  und  eine  weitere  Erhöhung  des  Impfprozentes  fiir  die 
Mehrzahl  der  Bezirke  konstatiert,  bezüglich  einiger  Bezirke  aber 
ein  bedauerlicher  Rückgang  der  Impfung  wahrgenommen. 

Nach  beiden  Richtungen  war  erweislich,  da&  die  mit  dem 
Erlasse  des  hohen  k.  k.  Ministeriums  des  Innern  vom  12.  Juli  1891, 
Z.  8509,  (ErlaTs  der  k.  k.  Statthalterei  vom  30.  JuU  1891,  Z.  44660) 
angeordnete  Durchführung  der  Schulkinderimpfung  auf  das  erzielte 
Gesamtergebnis  der  Yaccination  einen  sehr  wesentlichen  Einflnfs 
ausgeübt  hat,  insofern  jene  Bezirke,  in  welchen  sich  der  Sdinl- 
kinderimpfnng  planmälsig  und  eifrig  angenommen  wurde,  sich  eines 
sehr  günstigen  Gesamterfolges  zu  erfreuen  haben,  während  andere 
Bezirke,  welche  der  Schulkinderimpfung  eine  mangelhafte  Fürsorge 
zugewendet  hatten,  teils  von  den  ersteren  überflügelt  wurden,  teils 
die  Impfbilanz  für  das  Jahr  1892  mit  einem  empfindlichen  Rfick* 
Stande  abschliefsen  lieüsen,  dessen  Rückwirkung  auf  den  allgemeinen 
Imp£zustand  der  Bevölkerung  sich  folgenschwer  gestalten  kann. 


509 

Die  wichtige  Rolle,  welche  die  Schnlkinderimpfang  im  Impf- 
geschftfte  zu  flbernehmen  geeignet  ist  und  trotz  ihres  kurzen  Be- 
standes thatsftchlich  schon  ühemommen  hat,  wird  am  besten  durch 
den  bedeutenden  Aufschwung  der  Revaccination  illustriert,  welcher 
sich  in  den  Landbezirken  mit  wenigen  Ausnahmen  im  Jahre  1892 
Tollzogen  hat,  indem  in  Niederösterreich  mit  Ausschluß  von  Wien 
33717  Individuen,  darunter  30085  Schulkinder  und  blofs  3322  Er- 
wachsene, mit  einem  durchschnittlichen  Erfolge  von  75%  Haftung 
revacdniert  worden  sind. 

Obgleich  dieses  Revaccinationsergebnis  noch  lange  nicht  in  dem 
wünschenswerten  Verhältnisse  zur  Einwohnerzahl  steht,  so  darf  es 
doch  als  ein  bahnbrechendes  angesehen  werden,  indem  es  erkennen 
läfet,  dab  auf  dem  Wege  der  Schulkinderimpfnng  auch  die  Re- 
vaccination der  Bevölkerung  sich  binnen  wenigen  Jahren  mindestens 
in  dem  gleichen  Mafse  wie  die  Erstimpfung  als  ein  unerläüslicher 
Schutz  gegen  die  Blattemerkrankung  eingelebt  haben  kann. 

Auch  von  der  för  das  Jahr  1892  ausgewiesenen  Gesamtzahl 
der  Erstimpfungen  entfallen  über  28?/o  auf  die  Impfung  von  bis  dahin 
ungeimpffc  gebliebenen  Schulkindern»  wodurch  ein  weiterer  gewichtiger 
Schutz  gegen  Blattemausbrüche  jener  Schulgemcinden  geschaffen 
wurde,  in  welchen  die  betreffenden  Schulvorstände  die  ihnen  an- 
vertraute Mitwirkung  bei  der  Impfung  mit  Einsicht  und  Entgegen- 
kommen besorgt  haben. 

Indem  den  Bezirksbehörden  die  vorstehenden  Daten  aus  dem 
Landesberichte  über  die  Impferfolge  des  Jahres  1892  bekannt  ge- 
geben werden,  wird  von  denselben  erwartet,  dafs  die  Erst-  und 
Wiederimpfung  der  Schulkinder  in  allen  Schulgemeinden  mit  der 
erforderlichen  Vorsorge,  Umsicht  und  mit  kräftiger  Einfluisnahme 
auf  die  bei  denselben  beteiligten  Faktoren  eingerichtet,  gepflegt  und 
überwacht  werden  wird,  in  welcher  Beziehung  die  leitenden  Gesichts- 
punkte bereits  in  dem  hierortigen  Erlasse  vom  28.  Juni  1892, 
Z.  17346,  angegeben  wurden.  Auf  Grund  desselben  ist  im  Em- 
vemehmen   mit  dem  Bezirksschulrate    nachfolgendes    durchzuführen: 

1.  Der  Impfzustand  aller  Schulkinder  einer  Schulklasse  ist  von 
dem  Klassenlehrer  zu  Beginn  eines  jeden  SchuJijahres  in  der  Rubrik 
„Anmerkung''  des  Elassenkataloges  nach  den  Kategorien  „geimpft 
mit  Impfzeugnis'',  „angeblich  geimpft",  „angeblich  geblättert",  „un- 
geimpft"  vorzumerken;  bei  den  Geimpften  ist  überdies  das  ImpQahr 
einzutragen. 

2.  Auf  Grund  dieser  Eintragungen  sind  Namensverzeichnisse 
jener  Schulkinder  anzufertigen,  welche  kein  Impfzeugnis  beigebracht 
oder  angeblich  die  echten  Blattern  überstanden  haben,  sowie  jener, 
welche  als  revaccinationsbedürftig  anzusehen  sind. 


510 

In  diese  letzte  Kategorie  von  Schulkindern  sind  diejenigen  auf- 
zunehmen, welche  nachweislich  vor  10  Jahren  und  darQber  die 
Impfung  flberstanden  haben,  oder  welche,  ohne  diesen  umstand  er- 
weisen zu  können,  in  das  letzte  Jahr  ihrer  Schulpflicht  getreten  sind, 
so  dais  jeder  Schüler,  wenn  nicht  schon  früher,  so  jedenfalls  in  semem 
letzten  SchuJijahre  als  revaccinationsbedürftig  zu  behandeln  sein  wird. 

3.  Die  sub  2  bezeichneten  Namensverzeichnisse  sind  innerhalb 
der  ersten  zwei  Monate  jedes  neuen  Schuljahres  Ton  den  Schulleitern 
und  Schuldirektoren  im  Wege  der  Gemeindevorstehung  an  den  be- 
treffenden öffentlichen  Impfarzt  zu  leiten,  welchem  dieselben  als 
Grundlage  seiner  impfärztlichen  Thätigkeit  zu  dienen  haben. 

4.  Diese  Thätigkeit  besteht: 

a.  in  der  unmittelbaren  Kontrolle  jener  Schüler,  welche  an- 
geblich die  Schutzpockenimpfung  oder  die  natürlichen  Blattano 
überstanden  haben,  auf  das  Yorhandensein  deutlicher  Impf- 
oder Blatternarben,  sowie  in  der  Yermerkung  des  bezüglichen 
Befundes  in  dem  von  der  SchuUeitung  gelieferten  Namens- 
verzeichnisse.  Diese  Kontrolle  tritt  an  die  Stelle  des  snb  IL  1. 
des  Statthaltereierlasses  vom  10.  Mai  1883,  Z.  13505,  er- 
wähnten impfftrztlichen  Geschäftes  der  Yorimpfung,  das  infolge 
der  eingeführten  allgemeinen  Yerwendung  animaler  Yaccine 
von  selbst  entfällt; 

b.  in  der  Erstimpfung  der  als  ungeimpft  ausgewiesenen  oder  als 
impfbedürftig  vom  Impfarzte  bezeichneten,  sowie  in  der  Re- 
yaccination  der  sub  2  angeführten  Schulkinder. 

5.  Die  Impftage  sind  den  Schulleitungen  derartig  rechtzeitig 
Yoa  den  Gemeindevorstehern  bekannt  zu  geben,  dafs  seitens  d^ 
Lehrer  das  erforderliche  direkte,  mündliche  oder  schriftliche  Ein- 
vemehmen  mit  den  Schulparteien  (Eltern  oder  deren  Stellvertreter) 
gepflogen  werden  kann,  da  eine  blo&e  an  die  Schulkinder  gerichtete 
Impferinnerung  ihren  Zweck  zu  verfehlen  pflegt. 

6.  Sowohl  bei  der  sub  4  a  erwähnten  Kontrolle,  als  auch  bei 
der  Yomahme  des  Impfaktes  und  der  impfärztlichen  Nachrevision  in 
der  Schule  soU  eine  der  an  derselben  bestellten  Lehrpersonen  durch 
Aufiruf  und  Yorführung  der  Schulkinder  persönlich  intervenieren. 

7.  Dem  Impfarzte  obliegt  unbeschadet  der  in  der  Impf- 
instruktion und  m  den  Statthaltereierlassen  vom  13.  August  1891, 
Z.  42561,  und  vom  1.  Jänner  1892,  Z.  81479  ex  1891,  vor- 
geschriebenen  Berichterstattung  die  Yermerkung  des  Revisions-  nnd 
Impfbefundes  f(ir  jedes  Schulkind  in  den  ihm  von  den  Schulvorstfindoi 
zugegangenen  Yerzeichnissen,  welche  denselben  nach  Abschluls  dar 
Schulkinderimpfung  behufs  Ergänzung  der  sub  1  angeordneten  Ein- 
tragungen in  den  Klassenkatalog  zurückzumitteln  sind. 


511 

8.  Gegen  jene  Lehrpersonen,  welche  durch  Beemfinssnng  der 
Schnlparteien  im  Sinne  einer  Impfrenitenz  oder  durch  unzulängliche 
Mitwirkung  hei  der  Schulkinderimpfung  oder  durch  öffentliche 
Äofserungen  anderer  Art  eine  Impfgegnerschaft  an  den  Tag  legen, 
ist  eine  entsprechende  Amtshandlung  im  Wege  des  Bezirksschulrates 
einzuleiten. 

Hingegen  sind  die  Namen  und  Dienstorte  jener  Lehrpersonen 
in  dem  hezirksärztlichen  Impfberichte  anzufilhren,  welche  sich  durch 
eine  besonders  erfolgreiche  Mitwirkung  bei  der  Erst-  und  Wieder- 
impfung ihrer  Schulkinder  heryorgethan  und  dadurch  einen  Anspruch 
auf  Anerkennung  erworben  haben. 

Auf  Grund  dieser  seitens  der  hochlöblichen  k.  k.  niederöster- 
reichischen  Statthalterei  im  £inyemehmen  mit  dem  hochlöblichen 
k.  k.  niederösterreichischen  Landesschulrate  in  betreff  der  Durch- 
führung der  Schulkinderimpfimg  getroffenen  Anordnungen,  welche 
der  Wiener  Magistrat  mit  Note  Tom  10.  August  1893,  Z.  116580, 
anher  mit  dem  Beifügen  bekannt  gegeben  hat,  dafs  rttcksichtlich  der 
letzten  Schtüerimpfung  von  einigen  Ärzten  darüber  Klage  geführt 
wurde,  dals  seitens  einzelner  Lehrer  die  Mitwirkung  am  Impf- 
gesch&fte  der  Schulkinder  durch  Führung  des  Impfprotokolles  ver- 
weigert wird,  hat  sich  der  Bezirksschulrat  bestimmt  gefunden,  vor- 
erst beim  hochlöblichen  k.  k.  niederösterreichischen  Landesschulrate 
im  Hinblicke  auf  den  hohen  Ministerialerlais  vom  12.  Februar  1884, 
Z.  23122,  betreffend  die  Vereinfachung  der  Schreibgesch&fte,  eine 
entsprechende  Ergänzung  der  im  Gebrauche  stehenden  Formulare 
des  Elassenkataloges,  sowie  der  Schulnachrichten  zu  beantragen. 

Der  hochlöbliche  k.  k.  niederösterreichische  Landesschulrat  hat 
diesem  Antrage  mit  Erlafs  vom  31.  März  1894,  Z.  11530,  ge- 
währende Folge  gegeben,  und  wurde  bereits  mit  Note  vom  3.  April 
1 894,  Z.  2045,  Vorsorge  getroffen,  daCs  die  neuen  Formulare  obiger 
Sdiuldmcksorten  an  die  Schulleitungen  durch  den  Wiener  Magistrat 
hinausgegeben  werden. 

Femer  hat  der  Bezirksschulrat  beschlossen: 

Für  die  im  Punkte  2  der  „Anordnungen*'  geforderten  Ver- 
zeichnisse sollen  zweckmäfsig  eingerichtete,  d.  i.  den  Punkten  4 
und  7,  bezw.  dem  Schluisabsatze  des  angezogenen  Statthalterei- 
erlasses entsprechende  Formulare  ausgegeben  werden. 

Zur  Ausfährung  der  im  Punkt  5  der  „Anordnungen''  gesteUten 
Forderung,  dals  seitens  der  Lehrer  das  erforderliche  direkte,  münd- 
liche oder  schriftliche  Einvernehmen  mit  den  Schulparteien  gepflogen 
werde,  sind  an  die  Schulen  Drucksorten  zu  verabfolgen,  welche  die 
bezflgÜche  Kundmachung  über  die  Schulimpfung  mit  Ausnahme  der 
Angabe  des  Impfnngstages  enthalten.     Diese  Drucksorten  sind  nach 


f 


512 

erfolgter  Einsetzung  des  Datums  im  knrzenWege  (durch  die  Schul- 
kinder) den  Schnlparteien  zn  dbermitteln. 

Die  Schulleitungen  sollen  von  dem  angesetzten  Impfiongstage 
mindestens  14  Tage  vorher  durch  den  Ortsschulrat  verständigt 
werden. 

Dem  in  der  Note  des  Wiener  Magistrates  vom  10.  August  1893, 
Z.  116580,  mitgeteilten  Wunsche  mehrerer  Imp&'zte  wird  insofern 
entsprochen,  als  der  Bezirksschulrat  die  Schulleitungen  anweist,  dais 
die  bei  der  Impfung  intervenierenden  Lehrpersonen  neben  ,,AiifrQf 
und  Vorführung  der  Schulkinder^  auch  den  etwa  erforderlicbeB 
Vermerk  über  die  stattgehabte  Impfung  in  den  vorliegenden  Original- 
verzeichnissen vorzunehmen  haben. 

Der  Wiener  Magistrat  hat  nun  mit  Note  vom  31.  März  1894, 
Z.  44758/Vin.,  die  zur  Durchführung  der  obigen  Beschlüsse  not- 
wendigen Formulare  anher  übermittelt,  und  werden  der  Schulleitong  \ 
in  der  Anlage  ein  „Formularverzeichnis  der  ungeimpften  oder  re- 
vaccinationsbedürftigen  Schulkinder",  sowie  eine  für  den  Verkehr  mit 
den  Eltern  bestimmte  Drucksorte  mit  nachfolgenden  Auftragen  za- 
gemittelt: 

1.  Die  Verzeichnisse  der  nicht  geimpften,  der  angeblich  geimpften 
und  der  angeblich  geblätterten  Schulkinder  sind  seitens  der  Herren 
SchuUeiter  bis  längstens  zum  20.  April  1.  Js.  den  städtischen  Ärzten 
bei  den  magistratischen  Bezirksämtern  im  Wege  der  letzteren  a 
übermitteln. 

2.  Bezüglich  des  Tages  und  der  Stunde  der  vorzunehmenden 
Schulkinderimpfung,  welche  in  einer  der  Schullokalitäten  stattzufinden 
hat,  wird  der  städtische  Arzt  mit  den  betreffenden  Schulleitem, 
bezw.  mit  dem  Ortsschulrate  sich  ins  Einvernehmen  setzen. 

3.  Die  Herren  Schulleiter  haben  bis  dahin  mit  den  Eltern  der 
nicht  geimpften,  bezw.  revaccinationsbedürftigen  Schulkinder  behnfs 
Vornahme  der  Impfung  das  schriftliche  Einvernehmen  unter  Be- 
nutzung der  bezüglichen  Drucksorte  zu  pflegen. 

Ein  eventueller  Mehrbedarf  von  Drucksorten  ist  in  Depar- 
tement Vni    des  Wiener  Magistrates  im  kurzen  Wege    zu  decken. 

Durch  die  vorstehenden  Verfügungen  werden  die  Bestimmungen 
des  hieramtlichen  Dekretes  vom  16.  Juni  1893,  Z.  2462,  selbst- 
verständlich nicht  alteriert,  sondern  haben  dieselben  entsprechend 
Anwendung  zu  finden. 

Hiervon  wird  die  Schulleitung  in  Kenntnis  gesetzt. 

Wien,  am  4.  April  1894. 

Der  Vorsitzende-Stellvertreter.  • 
(Gez.)  Dr.  Schindlbr. 


513 


ErlaTs  des  KSniglieli  prenfsiselieii  Unterricbtsiiiiiiisters, 
betreffend  das  Ausfallen  von  Unterrichtsstnnden 

wegen  grofser  Hitze. 

Berlin,  den  10.  September  1892. 

Der  Bericbt  des  Oymnasialdirektors  N.  zu  N.  vom  23.  Angast 
d.  Js.,  welchen  das  Königliche  Provinzialscbolkollegiom  mir  nnterm 
27.  AngQst  d.  Js.  mitgeteilt  hat,  veranlafst  mich  zn  bemerken, 
was  folgt: 

Ich  will  vertranen,  dals  meine  YerfQgong  vom  16.  Juni  d.  Js. 
—  U.  n.  No.  11  723  —  von  den  Leitern  der  höheren  Schulen 
nicht  dahin  miCsverstanden  werden  wird,  als  dürften  dieselben  bei 
der  Erwfignng,  ob  der  Nachmittagsunterricht  Hitze  halber  aos- 
zuiallen  habe,  sich  auf  das  mechanische  Verfahren  der  Ablesung  des 
Thermometers  zurückziehen.  Wenn  festgesetzt  worden,  dafs  bei 
einer  Temperatur  von  2ö^  C.  um  10  Uhr  vormittags  der  Nach- 
mittagsunterricht und  unter  Umständen  auch  die  letzte  Stunde  des 
Yonnittagsunterrichtes  fortfallen  sollen,  so  ist  dies  geschehen  einmal, 
um  die  Direktoren  auf  rechtzeitige  Beobachtung  der  Temperatur, 
woran  es  oft  gefehlt  hat,  hinzuweisen,  sodann  aber,  um  jede 
Unsicherheit  betreffs  der  Grenze  auszuschlielsen,  mit  deren  Erreichung 
jedes  persönliche  Befinden  bezüglich  der  zu  treffenden  Mafsnahme 
anfoihören  hat.  Selbstverständlich  haben  die  Leiter  der  höheren 
Schulen  nicht  der  pflichtmäGsigen  Prüfung  überhoben  werden  sollen, 
ob  ungewöhnliche  Temperaturverhältnisse  mit  Rücksicht  auf  ab- 
spannende Hitze  der  vorangegangenen  Tage,  auf  fortbestehende 
Schwüle  in  den  Klassen,  auf  die  Länge  des  von  den  Schülern 
zurückzulegenden  Weges  zur  Schule  u.  s.  w.  nicht  den  Ausfall 
eines  Teiles  des  Unterrichtes  rätlich  erscheinen  lassen,  auch  ohne 
daCs  firüh  um  10  Uhr  die  am  angegebenen  Orte  bezeichnete 
Temperatur  erreicht  worden  ist.  Die  Verfügung  vom  16.  Juni  d.  Js. 
ist  darauf  berechnet,  groben  Mifsgriffen,  wie  sie  zu  Anfang  dieses 
Sonuners  vorgekommen,  für  die  Zukunft  nach  Möglichkeit  vor- 
zubeugen; aber  eine  erziehlich  und  gesundheitlich  die  Jugend 
schonende  und  fördernde  Behandlung  der  Angelegenheit  bleibt 
selbstverständlich  von  der  aufmerksamen  Fürsorge  und  der  taktvollen 
Beurteilung  der  Männer  abhängig,  denen  die  Leitung  unserer  höheren 
Schulen  anvertraut  ist. 

Die  allgemein  bekannt  gewordene  Thatsache,  dafs  in  neuester 
Zeit  auch  von  Allerhöchster  Stelle  eine  verständige  Einschränkung 
des  Unterrichtes  bei  ungewöhnlicher  Hitze  empfohlen  worden  ist, 
steigert  die  Verpflichtung,  die  in  dieser  Hinsicht  den  Leitern  unserer 

SehnlfMimdheltfpfltge  VII.  33 


514 

höheren    Lehranstalten    obliegt.      Dab    dieselben    dies    anerkennen 
werden,  erwarte  ich  auf  das  bestimmteste. 

Der  Minister  der  geistlichen  etc.  Angelegenheiten. 

(Gez.)  BosSB. 
An  das  Königliche  ProvinzialschnlkoUegium  za  N. 

Verfügiiiig  der  k.  k.  mihrisehen  Statikalterei  tom 
26.  März  1894,  Z.  10986.  an  alle  unterstehenden  Bolitisehei 
BehSrden  in  betreff  der  mntanhaltnng  hygienischer  Mifsatibide 

in  den  Yolksschäen. 

Der  inspizierende  Amtsarzt  hat  bei  Gelegenheit  der  Tor- 
genommenen  Schnlvisitationen  mehrfach  die  Wahmehmnng  gemadit, 
dafs  in  den  Lokalitäten  der  Volksschnlen,  in  den  Schnlzimmeni  imd 
Aborten  f&r  Kinder,  sowie  anch  in  den  Gängen  nnd  Hofränmen, 
ttberhanpt  in  den  Schnlhänsem  nicht  jene  Ordnung  nnd  Reinlichkeit 
herrscht,  wie  sie  einerseits  den  hierfür  erlassenen  Anordnimgen 
entspricht,  andererseits  die  Sorge  fBr  die  Erhaltung  der  Gesundheit 
und  insbesondere  die  Erziehung  der  Kinder  zur  Ordnungs-  nnd 
Reinlichkeitsliebe  erfordert. 

In  gleicher  Weise  werden  auch  die  Bestimmungen  der  Ver- 
ordnung des  hohen  k.  k.  Ministeriums  f&r  Kultus  und  Unterricht 
Yom  17.  Juli  1875,  Z.  6525,  betreffend  die  Gesundheitspflege  ii 
den  Schulen,  soweit  dieselben  die  Beheizung  und  regelmälsige  Lttftung 
der  Schulzimmer  betreffen,  häufig  nicht  beachtet. 

Indem  die  k.  k.  Statthalterei  unter  Einem  den  k.  k.  Landes- 
schulrat  ersucht,  dem  Lehrpersonal  die  Vorschriften  über  Reinlich- 
keit, Ordnung  und  Pflege  der  Gesundheit  in  den  Schulen  in 
Erinnerung  zu  bringen,^  werden  der  Herr  k.  k.  Bezirkshanptmann, 
bezw.  der  Gemeinderat  aufgefordert,  den  Amtsarzt  anzuweisen,  bd 
den  sanitäüichen  Schnlvisitationen,  welche  nicht  allein  bei  der 
alljährlich  vorzunehmenden  Inspizierung  der  sanitär  belangreichen 
Objekte  in  den  Gemeinden,  sondern  auch  gelegentlich  anderer 
Dienstreisen  vorzunehmen  sind,  den  Vollzug  der  zum  Schutze 
der  Gesundheit  der  Jugend  erlassenen  Anordnungen  zu  fibe^ 
wachen  und  ihre  in  Bezug  auf  Nichtbeachtung  der  Gesundheits- 
pflege   gemachten  V^Tahmehmungen    unter    Stellung   der   geeigneten 


^  Der  Landesschnlrat  hat  mit  dem  an  die  Bezirksschulrite,  die 
OrtsBchalräte  und  Schalleitongen  gerichteten  Erlasse  vom  16.  April  d.  Jsn 
Z.  3679,  dem  Lehrerpersonale  die  Vorschriften  über  Reinlichkeit, 
Ordnung  und  Pflege  der  Gesundheit  in  den  Schulen  in  Erinneninff 
gebracht  und  gleichzeitig  aach  die  k.  k.  Bezirkssohulinspektoren  beanf 
tragt,  bei  dep  Schulvisitationen  auf  die  Befolgung  dieser  Vorschriften 
ein  strenges  Augenmerk  zu  richten. 


515 

Anträge  zur  Behebung  der  wahrgenommenen  Müsstftnde  sofort  im 
dortamtlichen  Wege  zur  Kenntnis  des  k.  k.  Bezirksschuhrates 
zu  bringen. 

Erlafs  des  Königlich  lugarisclien  Knltns-  und 

Untemchtsministers,   No.  61622  vom  Jahre  1893,  bezfij^lieh 

d«r  Überbflrdnng  der  Schnler  während  der  Ferien. 

Budapest,  den  19.  Dezember  1893. 
In  den  Schulen  herrscht  aligemein  die  Gepflogenheit,  dals 
Lehrer  und  Professoren  die  Schüler  Aber  die  Weihnachts-  und 
Osterferien  und  anläfslich  sonstiger  Feiertage  mit  allerlei  Hansarbeiten, 
Zeichnungen,  schriftlichen  Aufgaben,  Handarbeiten,  massenhaften 
Wiederholungen  und  Aufgaben  zum  Auswendiglernen  überhäufen. 
Da  es  jedoch  nicht  Zweck  der  Ferialtage  ist,  da(s  die  SchuJIjugend 
während  dieser  Zeit  sich  fortwährend  mit  Studien  und  Anfertigen 
schriftlicher  Aufgaben  befasse,  zumal  der  Schüler,  ohne  Anleitung 
und  allein  thäüg,  eine  schwierigere  Arbeit  Terrichtet,  als  sonst 
zur  Schulzeit,  da  die  Ferialtage  Tiehnehr  den  Zweck  haben,  dals 
sich  die  Jugend  zerstreue  und  erhole,  um  nach  den  Ferien 
körperlich  und  geistig  erfrischt  wieder  an  die  Arbeit  zu  gehen,  so 
ersuche  ich  hiermit  das  Königliche  Schulinspektorat,  dasselbe  möge 
die  Lehrer  und  Professoren  der  unter  seiner  Aufsicht  stehenden 
ünterrichtsanstalten  auffordern,  die  oben  erwähnte  Gepflogenheit 
einzustellen  und  zum  Auswendiglernen  nur  so  viel  au&ugeben,  als 
eben  zum  Abhalten    einer   gewöhnlichen  Unterrichtsstunde  nötig  ist. 

An 
alle  Königlichen  Schulinspektorate. 

Der  Kultus-  und  Unterrichtsminister. 
(Gez.)  Graf  von  Csäkt. 


yerfonalien. 


Der  bisherige  Begierungs-  und  Geheime  Medizinalrat  Dr. 
Wolfe  in  Breslau  ist  zum  Ehrenmitgliede  des  Medizinalkollegiums 
der  Provinz  Schlesien  ernannt  worden. 

Der  Direktor  des  Gymnasiums  zu  Rastatt  Dr.  H.  E.  Osteb 
und  der  Kreisschulrat  Dr.  G.  P.  Wetoolbt  erhielten  den 
Charakter  als  Oberschulräte,  der  Kreisschulinspektor  Dr.  Bbanden- 
BUBO  in  Köhi  und  der  Direktor  des  Schullehrerseminars  in  Weifsen- 
fels  Seeligeb  deigenigen  als  Schulräte. 

33* 


616 

Herr  k.  k.  Begienmgsrat  Dr.  Mobitz  Gaüsteb  und  Herr 
Dr.  Joseph  Heim,  Primararzt  am  St.  Josephkinderspital  imd  Qief- 
arzt  der  k.  k.  Theresianischen  Akademie,  welche  beide  zn  unseren 
Mitarbeitern  zählen,  worden  ersterer  zum  Vorsitzenden,  letzterer 
zum  Mitgliede  der  Ärztekammer  in  Wien  gewfihlt. 

unsere  verehrten  Mitarbeiter,  die  Herren  Professor  der  Augen- 
heilkunde Dr.  Hebmann  Cohn  in  Breslau,  Oberrealschulprofessor 
Dr.  Leo  BuBaEBSTEiN  in  Wien,  Augen-  und  Ohrenarzt  Dr.  Paul 
SoHüBBRT  in  Ntbmberg,  sowie  der  Herausgeber  dieser  Zeitschrift  sind 
zu  Ehrenpräsidenten  der  schulhygienischen  Sektion  des  YHL  inter- 
nationalen Kongresses  fOr  Hygiene  und  Demographie  in  Budapest 
ernannt  worden;  Professor  Cohn  ist  zugleich  offizieller  Vertreter 
der  Universität  Breslau. 

Zu  demselben  Kongresse  hat  die  Königlich  belgische  Begiening 
unsere  geschätzten  Mitarbeiter,  die  Herren  Professor  Dr.  HTAcnrrH 
KüBOBN  in  Seraing  und  Professor  Felix  Putzeys  in  Lflttich,  delegiert. 

Es  erhielten :  das  Ritterkreuz  des  Ordens  der  wflrttembergischeB 
Krone  der  Professor  Dr.  Landebeb  in  Stuttgart ;  das  Ritterkrem 
n.  Klasse  des  Verdienstordens  der  Schuldirektor  a.  D.  Mabtin  in 
Würzen;  den  roten  Adlerorden  lY.  Klasse  der  Rektor  Schubig  u 
der  mittleren  und  höheren  Mädchenschule  in  Wernigerode,  soiüe 
der  Oberlehrer  Professor  Dr.  KBua  am  Realgymnasium  in  Barmen; 
den  Kronenorden  HI.  Klasse  der  Kreisschulinspektor,  Pastor  emer. 
Rottmann  in  Lfldenscheid;  den  Kronenorden  lY.  Klasse  der 
Seminarlehrer  Gbassneb  in  Weiisenfels;  den  St.  Stanishuisorden 
n.  Klasse  der  Docent  fQr  Hygiene  Schlipps  in  St.  Petersburg. 

Unserem  geschätzten  Mitarbeiter,  Herrn  diplomierten  Architektan 
Kabl  Hintbägeb  in  Wien,  der  soeben  seinen  fOnfzigsten  Schnlbaa 
vollendet  hat,  ist  fär  ausgestellte  Schulhauspläne  von  der  Jury  der 
internationalen  Ausstellung  fOr  Yolksemährung  u.  s.  w.  in  Wien 
die  goldene  Medaille  zuerkannt  worden. 

Der  bisherige  ordentliche  Professor  der  Physik  an  der 
Universität  Budapest  Roland  Fbeihebb  von  Eötyös  wurde  zmn 
ungarischen  Minister  fär  Kultus  und  Unterricht  ernannt;  da  de^ 
selbe  Präsident  des  „Ungarischen  Touristenvereins"  ist,  wird  er 
ohne  Zweifel  auch  der  körperlichen  Ausbildung  der  Schuljugend  sein 
besonderes  Interesse  zuwenden. 

Unser  verehrter  Mitarbeiter,  Herr  Professor  der  Hygiene  Dr. 
Joseph  yon  Fodob,  ist  zum  Rector  magnificus  der  Budapester 
Hochschule  ernannt  worden. 

liic.  Dr.  Ledcbach,  Direktor  des  Gymnasiums  und  Real- 
gymnasiums in  Goslar,  hat  das  Amt  eines  Provinzialschulrates  bei 
dem  Provinzialschulkollegium  zu  Breslau  erhalten. 


617 

Der  anlBerordentliche  Professor  der  Hygiene,  Dr.  E.  B. 
Lehmann  in  Wflrzbnrg,  wurde  zum  Ordinarius  befördert. 

Die  zur  Dienstleistung  beim  Kaiserlichen  Gesundheitsamte 
kommandierten  Königlich  preußischen  Stabs&rzte  Dr.  Wutzdobff 
und  Dr.  Kübleb  sind  zu  Kaiserlichen  Begierungsräten  und  Mit- 
gliedern der  genannten  Behörde  gewählt  worden. 

Dem  Ministerialsekretär  im  Sanitätsdepartement  des  k.  k. 
österreichischen  Ministeriums  des  Innern,  Dr.  Joseph  Daimeb, 
wurde  die  Stellung  als  Sektionsrat,  dem  MinisterialTicesekretär, 
Dr.  Leopold  Melichab,  diejenige  als  Ministerialsekretär  Obertragen. 

Professor  Dr.  Engel  in  Mosbach  ist  zum  Kreisschulrat 
ernannt  worden. 

Unser  geschätzter  Mitarbeiter,  Herr  Direktor  der  Albinusschule 
Professor  H.  Baydt  in  Lauenburg  a.  £.,  siedelt  zum  1.  Oktober 
d.  Js.  als  Direktor  der  Bealschule  in  nach  Hannover  Ober. 

Dr.  Lancelin  wurde  zum  ärztlichen  Inspektor  der  Schulen 
des  X.  Arrondissements  von  Paris  an  Stelle  des  verstorbenen  Dr. 
Sohweich,  Dr.  Jacqüsb  Agostin]6  zum  Hilfsarzt  des  Lyceums  in 
Bastia  an  Stelle  von  Dr.  Ramaesin  gewählt. 

Dr.  WiLM  und  Dr.  Wolpebt  sind  an  die  hygienischen  Lehr- 
anstalten in  Berlin  berufen  worden. 

Geheimer  Hofrat  Fb.  Blatz  in  Karlsruhe,  Mitglied  des  Ober- 
scholrates,  ist  unter  Verleihung  des  Charakters  als  Geheimer  Rat 
m.  Klasse  in  den  Ruhestand  getreten. 

Auch  die  Realschuldirektoren  Dr.  Behse  in  Dortmund  und 
Langhoff  in  Potsdam  haben  ihre  Pensionierung  nachgesucht  und 
erbalten;  ersterer  empfing  aus  diesem  Anlafs  den  roten  Adlerorden 
IV.  Klasse. 

Dr.  Davids  vom  hygienischen  Institute  zu  Berlin  ist  aus  dem 
Amte  geschieden. 

Es  sind  gestorben:  der  Geheime  Regierungs-  und  Schulrat, 
Konsistorialrat  Riesch  in  Wiesbaden,  der  Staatsrat  Dr.  Stübmeb 
in  Nishni-Nowgorod,  Direktor  eines  dortigen  Kinderhospitals  und 
Arzt  an  der  geistlichen  Schule  daselbst,  die  Gymnasialdirektoren 
Dr.  MooBMEiSTEB  in  Hagenau  und  Büsgen  in  Rinteln,  der  Direktor 
der  Realschule  mit  Progymnasium,  Professor  Gesell  in  Grimma,  und 
der  emeritierte  Schuldirektor  Dr.  Meieb  in  Ltlbeck. 


518 


i(itterattir. 


Besprechungen. 

Dr.  Emil  Kbaepblin,    Professor   der   Psychiatrie    in   Heidelberg. 

Über  geistij^e  Arbeit.   Jena,  1894.    Gnstav   Fischer.    (26  S. 

8^  M,  0,60.) 

Das  Schriftchen  ist  die  Wiede^abe  eines  Vortrages,  den  der 
Verfasser  am  11.  Dezember  1893  zum  Besten  des  Heidelberger 
Franenvereins  gehalten  hat.  Seine  wissenschaftliche  Grandlage  büden 
Tor  allem  eigene,  langjährige  und  ausgedehnte,  nur  zum  Teil  Te^ 
öffentlichte  Untersuchtmgen  über  die  geistige  Leistungsfähigkeit  zahl- 
reicher Personen. 

Der  Autor  konstatiert  zunächst,  dals  einer  wirklich  brauchbaren 
Messung  der  geistigen  Befähigung  schier  unüberwindliche  Hindernisse 
entgegenstehen.  Trotzdem  gibt  es  auch  heute  schon  die  Möglichkeit, 
innerhalb  ganz  enger,  bescheidener  Grenzen  mit  Leichtigkeit  gewisse 
beachtenswerte  Aufschlüsse  über  die  geistige  Leistungsfähigkeit  za 
erhalten;  insbesondere  können  wir  mit  sehr  grober  Genauigkeit  die 
Arbeitskraft  des  einzelnen  bei  einfachen  geistigen  Thätagkeiten 
bestimmen.  Von  diesen  letzteren  berücksichtigt  der  Verfasser  nur 
das  Addieren  einstelliger  Zahlen.  Die  Versuchspersonen  waren 
lauter  Leute  annähernd  gleichen  Bildungsgrades,  Studenten  und 
Assistenten.  Bei  den  Versuchen  ergab  sich:  1.  dafs  die  Ge- 
schwindigkeit des  Arbeitens  sehr  Terschieden  ist  bei  ver- 
schiedenen Personen,  dafs  aber  auch  bei  derselben  Person  die 
Arbeitsgeschwindigkeit  für  verschiedene  Aufgaben  eine  sehr  Ter- 
schiedene  Stelle  einnehmen  kann.  Vielleicht  lassen  sich  bei  weiterer 
Fortbildung  der  Arbeitsmethoden  aus  dem  Versuche  genauere  Auf- 
schlüsse über  die  eigenartige  Begabung  der  einzelnen  Persönlichkeit 
ableiten.  Freilich  erhebt  sich  hier  eine  bedeutende  Schwierigkeit, 
der  EinfluTs  der  Übung,  der  nicht  erlaubt,  die  Höhe  der  jeweiligen 
Leistung  ohne  weiteres  als  Ausdruck  der  persönlichen  Eigenart  zu 
betrachten,  da  man  nicht  das  Mab  von  Übung  kennt,  mit  dem  der 
einzelne  infolge  zufälliger  früherer  Einflüsse  an  die  Lösung  der 
gestellten  Aufgabe  herantritt.  Die  Übungsfähigkeit  hat  jedoch 
ihre  Grenzen,  und  man  gelangt  bei  jedem  Menschen  an  eine  solche, 
jenseits  deren  eine  Steigerung  der  Arbeitsgeschwindigkeit 
durch  die  Übung  nicht  mehr  erzielt  werden  kann;  an  diesem  Punkte 
sind  die  einzelnen  Personen  untereinander    recht  wohl  vergleichbar, 


519 

und  wir  gewinnen  die  Möglichkeit,  die  Übangsfähigkeit  direkt  zu 
messen.  Sie  wird  nm  so  gröber  sein,  je  rascher  nnd  ausgiebiger 
die  Arbeitsleistung  bei  gleicher  Anzahl  von  Wiederholungen  derselben 
Aufgabe  auswächst.  Bei  den  von  Ebaepelin  angestellten  Versuchen 
wechselte  bei  den  Versuchspersonen  der  Übungszuwachs  vom  ersten  bis 
zum  zweiten  Versuche  zwischen  4  und  25  %.  Wer  sich  auf  einem 
Gebiete  als  sehr  übungsfähig  erweist,  pflegt  auch  bei  anderen 
Aufgaben  eine  rasche  Zunahme  der  Arbeitsgeschwindigkeit  darzubieten, 
und  umgekehrt.  Ähnliches  dürfte  bezüglich  der  bis  jetzt  noch  wenig 
untersuchten  Festigkeit  der  Übung  gelten;  im  allgemeinen  gilt 
hier,  dafs  sich  die  Übung  recht  langsam  verliert. 

Die  Steigerung  der  Arbeitsfähigkeit  findet  eine  Gegnerin  in 
den  noch  weit  rascher  anwachsenden  Wirkungen  der  Ermüdung, 
die  stets  eine  Abnahme  der  Arbeitsleistung  herbeiführt.  Der 
Grad,  in  dem  diese  erfolgt,  hängt  ab  von  der  bereits  erlangten 
Übung,  von  der  persönlichen  Eigenart  und  von  zufälligen  Einflüssen. 
Die  Ermüdbarkeit  stellt  eine  Grundeigenschaft  der  einzelnen 
Persönlichkeit  dar,  die  sich  zwar  innerhalb  gewisser  Grenzen 
beeinflussen  läCst,  im  grofsen  und  ganzen  aber  die  Leistungsfähigkeit 
des  Menschen  malsgebend  bestimmt. 

Das  Bild  der  letzteren  läfst  sich  vervollständigen  durch  die 
Feststellung  seiner  Ablenkbarkeit,  d.  h.  der  Abhängigkeit  seiner 
Arbeitsgeschwindigkeit  von  äuiseren  und  inneren  störenden  Einflüssen, 
femer  durch  die  Ermittelung  seiner  Elasticität,  d.  h.  der 
Schnelligkeit,  mit  der  sich  die  Wirkungen  der  Ermüdung,  Ablenkung 
u.  8.  w.  wieder  ausgleichen;  ebenso  wird  die  Abhängigkeit  der 
geistigen  Arbeitskraft  von  der  Nahrungsaufnahme,  der  Schlaf- 
daaer,  der  körperlichen  Anstrengung  gemessen  und  ihr 
Ergebnis  für  die  wissenschaftliche  Menschenkenntnis  verwendet  werden 
können.  Ein  gleichfalls  noch  wenig  erforschtes  Gebiet  bildet  das 
Verhalten  des  qualitativen  Arbeitswertes  nach  allen  den  auf- 
gezählten Richtungen  hin. 

Der  Verfasser  verwertet  nun  diese  allgemeinen  Erwägungen  für 
die  Frage  nach  der  geistigen  Tragkraft  der  Schuljugend. 
Zunächst,  wie  verhält  es  sich  mit  der  Ermüdbarkeit  der  Schul- 
kinder? Hier  gelangt  der  Autor  zu  dem  Schlüsse,  dals  nach  allen 
bisher  vorliegenden  Untersuchungen  die  Thatsache  unbestreitbar  ist, 
dafs  die  Anforderungen,  welche  die  Schule  an  die  geistige  Leistungs- 
fihigkeit  ihrer  Zöglinge  stellt,  sehr  weit  über  das  Zulässige  hinaus- 
gehen. Freilich  zieht  er  selber  von  den  ungünstigen  Ergebnissen 
einiges  ab;  es  sind  hauptsächlich  die  Wirkungen  der  Unauf- 
merksamkeit, die  von  selbst  ermäfsigend  eintreten.  Ich  vermag 
den  BüBGEBSTElNschen   und   ähnlichen  Versuchen   nicht  den  Wert 


520 

beizDlegen,  den  sie  beanspruchen,  nnd  der  ihnen  hftofig  zngestandM 
wird.  Man  mnfs  dabei  verschiedene  Momente  in  Abzng  bringes, 
die  bei  dem  gewöhnlichen  Schnlnnterricht  nicht  wirksam  werden, 
die  psychisch  spannende  nnd  abspannende  Wirkung  der  besonderen 
Thatigkeit,  die  jede  abnorme,  besonders  jede  kontrollierte  Arbeit  in 
der  Schule  nach  sich  zieht,  die  Eintönigkeit  der  gleichen,  längere 
Zeit  hindurch  in  ganz  scharfer  Richtung  auf  ein  vorgestedctes  Ziel 
fortgesetzten  Thätigkeit,  wie  sie  in  einer  normalen,  zahlreiche 
Abwechselung  —  beabsichtigte  oder  nicht  beabsichtigte  —  herbei- 
führenden Schulstunde  nie  vorhanden  ist,  endlich  die  lange  Dauer 
dieser  Thätigkeit,  die  in  Wirklichkeit  ebenfalls  in  der  normalen 
Schulstunde  nicht  eintritt.  Ich  wttrde  daraus  nur  die  Folgenmg 
ableiten,  Thfttigkeiten,  die  eine  intensive  einförmige  Besch&ftigong 
erfordern,  z.  B.  Extemporalienschreiben,  nur  kurze  Zeit  und  nor 
einmal  am  Tage,  womöglich  in  der  ersten  Stunde  zuzulassen,  wie 
ich  dies  in  meinem  ^Handbuch  der  praktischen  Pädagogik' 
ausftthrlich  entwickelt  habe. 

Kraepblin  betont  sodann  die  Bedeutung  der  Erholungs- 
pausen, deren  Dauer  er  erheblich  länger  bemessen  sehen  will,  als 
das  jetzt  in  den  Schulen  der  Fall  ist,  die  in  kürzeren  Abständen 
aufeinander  folgen  und,  je  länger  der  Unterricht  gewährt  hat,  fort- 
schreitend wachsen  sollen.  Körperliche  Anstrengungen  in  d^ 
Pausen  seien  nicht  als  Erholung  zu  betrachten.  Ich  glaube,  dab 
auch  hier  der  Autor  zu  weit  geht,  wenn  er  verlangt,  nach  Lanf- 
spielen  dürfe  an  den  Schüler  für  längere  Zeit  nicht  die  Anfordemog 
geistiger  Thätigkeit  gestellt  werden.  Dies  mag  richtig  sein  bei 
Erwachsenen,  die  das  Spiel  ganz  anders  körperlich  und  geistig 
intensiv  betreiben.  Wir  haben  seit  einigen  Jahren  in  der  Vorschule 
und  den  unteren  Gymnasialklassen  selbständige  Spiel-  und  Tom- 
stunden  zwischen  die  Lehrstanden  eingeschoben,  und  die  Wirkung 
ist  auffallend  günstig  gewesen. 

Sehr  hoch  schlägt  der  Verfasser  die  Bedeutung  eines  tiefen 
Schlafes  an.  Er  verlangt  mit  Recht  genauere  Untersuchungen  über 
die  Schlafdauer.  Ich  lasse  solche  seit  Jahren  am  hiesigen  Gymnasiain 
machen,  und  es  wird  den  Herrn  Verfasser  sicherlich  freuen,  wenn 
ich  ihm  sage,  dafs  wir  unendlich  weit  von  schwedischen  Verhältnissen 
entfernt  sind.  Aber  man  mufs  hier  auch  den  Unverstand  rieler 
Eltern  in  Betracht  ziehen;  als  ich  im  vorigen  Jahre  den  Unterricht 
erst  in  der  heifsen  Zeit  um  7Vs  Uhr  beginnen  lieis,  erhielt  idi 
wiederholt  Zuschriften  aus  Elternkreisen,  die  es  rügten,  dals  das 
Gymnasium  die  Knaben  verzärtele,  da  doch  die  Mädchen  der  höheren 
Mädchenschule  schon  seit  Monaten  —  es  waren  manchmal  früh  nm 
7  Uhr  —1  bis  4<>R.,  vielleicht   +  2  bis  5®R.  —  um  7  Uhr  zor 


521 

Schale  müfsten.  Aach  die  Frage  der  Nahrangsaafnahme  mals 
sorgfiütig  erwogen  werden. 

SchlieMch  formoliert  der  Verfasser  seine  Fordenmgen  bezüglich 
der  Einrichtangen  anserer  Schalen.  1.  Yerminderang  der 
Arbeitszeit.  Wir  treten  dem  Aator  darchaas  bei,  wenn  er  sagt: 
„In  einer  halben  Stande  scharfer  Arbeit  anf  der  Höhe  der  geistigen 
Leistongs&higkeit  wird  mehr  and  vor  allem  besseres  geschafft,  als  in 
der  doppelten  Zeit  bei  vorgeschrittener  Ermfldang'',  wollen  aber 
nicht  vergessen,  dafs  diese  Forderong  nar  realisierbar  ist,  wenn  wir 
lanter  ideale  Lehrer  and  Schüler  haben  werden.  2.  Eürzang  der 
einzelnen  Lehrstanden,  anfangs  kürzere,  später  längere  Pansen;  die 
geistig  anstrengenden  Standen  dnrch  Singen,  Zeichnen,  Handfertigkeits- 
Unterricht  anterbrechen.  Teils  hat  man  diese  Forderangen  schon  mehrfach 
durchgeführt  —  so  sind  im  Grofsherzogtnm  Hessen  anf  5  Lehrstanden 
60  Minnten  Erholangszeit  vorgeschrieben,  am  hiesigen  Gymnasium 
daaert  die  letzte  Lehrstande  nar  40  Minnten  —  teils  sind  sie  nicht 
ganz  anbedenklich.  Beispielsweise  kann  ich  nicht  einsehen,  wie  der 
Handfertigkeitsanterricht,  der  im  Zimmer  vor  sich  geht,  Anfinerksam- 
keit,  zielbewnistes  Nachdenken,  genaues  Sehen  und  Beherrschung 
der  Hand  verlangt,  eine  besondere  Erholung  herbeifOhren  soll,  so 
oft  das  auch  behauptet  wird.  Ich  habe  solchen  Unterricht 
3Vt  Jahre  in  meiner  Schulzeit  genossen,  von  derartigen  Wirkungen 
aber  nichts  verspürt,  wohl  aber  oft  genug  Kopfweh  und  Anstrengung 
der  Augen  empfanden.  3.  Verteilung  der  Unterrichtszeit 
auf  2  Abschnitte,  eine  Stunde  nach  dem  Frühstück  und 
2 — 3  Stunden  nach  der  Mittagsmahlzeit,  Beschränkung 
der  Hausarbeit.  Mit  letzterer  Forderung  durchaus  einverstanden, 
wie  ich  in  meiner  Schrift  „Schularbeit  und  Hausarbeit*'  dar- 
gethan  habe,  halte  ich  die  erstere  für  schwer  durchftüirbar  ohne 
eine  Änderung  unserer  Lebensgewohnheiten.  Die  französische  Zeit- 
verteilung scheint  mir  weit  richtiger,  als  die  von  dem  Verfasser  vor- 
geschlagene.    4.  Sicherstellung  der  nötigen  Schlaf  zeit. 

Bei  Durchftohrung  dieser  Forderangen  wird  eine  Ermäfsigung 
des  allgemeinen  Unterrichtszieles  notwendig.  Der  Verfasser 
wird  mir  zustimmen,  wenn  ich  schon  seit  Jahren  dafär  eintrete,  dab 
unser  höherer  Unterricht  wieder  auf  die  Elemente  des  Wissens 
beschränkt  werden  müsse  und  dab  das  Beste  am  Unterrichte  die 
Erzielung  der  Selbstthätigkeit  sei.  Ich  bin  ganz  mit  ihm  ein- 
verstanden, dab  gedankenloses  Auswendiglernen  leider  immer  noch 
eine  zu  grobe  Rolle  in  unseren  Schulen  spielt,  ohne  dabei  den 
Wert  des  Memorierens  an  der  rechten  Stelle  zu  verkennen.  Leider 
wird  die  von  dem  Autor  gewünschte  Trennung  der  Schüler 
nach    ihrer   Arbeitsfähigkeit,    so  ideal  dieser  Zustand  wäre. 


522 

noch  lange,  vielleicht  stets  frommer  Wnnsch  bleiben.  Wo  sollen 
die  Mittel  dazu  herkommen,  nnd  wo  sollen  die  Kriterien  gefunden 
werden,  um  zweifeis-  nnd  einspmchsfrele  Feststellungen  imd 
Entscheidungen  hier  zu  treffen?  Grobe  Differenzen  werden  j« 
auch  heute  schon  berücksichtigt;  freilich  müssen  sie  schon  recht 
derb  sein. 

Möchte  doch  die  gehaltvolle  Schrift  in  den  Händen  jedes  Arztes 
und  jedes  Lehrers  sein,  denn  beide  werden  Hand  in  Hand  gehen 
müssen,  wenn  auch  nur  einiges  von  dem  vielen  verwirklicht  werden 
soll,  was  der  Verfasser  fordert. 

Geheimer  Oberschulrat  Dr.  phil.  Hermann  Schiller, 

0.  Professor  der  Pädagogik  und  Direktor 

des  Grolsherzoglichen  Gymnasiums  in  Gielsen. 

Professore  Anoelo  Celli.    La  scnola  e  Figiene  soeiale.    f^tratto 
dal    „G-iamale   di  meäidna  ptibhlica" ,  anno  XXIV,  n.   4  e  5. 
Napoli,  1893.     Stabilimento  tipografico  deir  unione.    (43  S.  8^.) 
Die    öffentliche   Gesundheitspflege    ist    ein   sociales    und   inter- 
nationales Problem.     Insbesondere  wendet  sich  die  Aufinerksamkeit 
der  Hygieniker  dem  heranwachsenden  Geschlechte  zu,  und   die  Zu- 
stände in  den  Schulen,    gleichviel,    ob  es  sich   um   öffentliche  oder 
private,  um  höhere  oder  niedere  handelt,  stehen  im  Mittelpunke  da 
wissenschaftlichen  Diskussion. 

Die  Schrift  des  Professor  Angelo  Celli  :  „Die  Schule  mä 
die  sociale  Oesundheitspflege*'  steUt  ein  Glied  in  der  Kette  der  die 
Zeit  bewegenden  Fragen  dar.  Von  der  Untersuchung  der  sanitfii^ 
Verhältnisse  seines  Vaterlandes  ausgehend,  erörtert  der  Verfasser 
eingehend  die  in  den  italienischen  Schulen  bestehenden  Einrichtungen, 
wobei  er  zu  traurigen  Wahrnehmungen  kommt  und  Zustände  enthüllt, 
deren  Beseitigung  nicht  länger  hinausgeschoben  werden  sollte.  DaCs 
es  in  Italien  mit  der  öffentlichen  Gesundheitspflege  kläglich  bestellt 
und  das  Land  ein  wahrer  Herd  epidemischer  Krankheiten  ist,  bildet 
eine  bekannte  Thatsache.  Während  nach  Cellis  Angabe  das  Lebens- 
alter eines  Menschen  in  England  durchschnittlich  46  Jahre  betrftgt, 
sinkt  dasselbe  in  Italien  auf  35  Jahre  herab.  Von  selten  der 
Regierung  geschieht  zu  wenig,  um  die  hygienische  Lage  zu  bessern 
oder  die  Bevölkerung  aufzuklären.  Diese  verharrt  in  einer  Art 
^mohammedanischer  Apathie^  und  ist  in  Unwissenheit  und  Vorurteflen 
befangen.  Der  Zustand  der  menschlichen  Wohnungen  auf  dem  Lande, 
namentlich  in  den  von  der  Hauptstadt  abgelegenen  Distrikten,  mofs 
als  ein  überaus  trauriger  bezeichnet  werden  und  wirkt  mit  der 
ungenügenden  Ernährung  zusammen,  um  eine  Bevölkerung  heran- 
wachsen zu  lassen,  über  deren  körperliche  Beschaffenheit  die  jährlichen 


523 

Anshebnngslisten  eine  gar  bedenkliche  Aasknnft  geben.  Am  schlimmsten 
soll  es  in  Sardinien  und  Calabrien  aussehen. 

Gblli  verlangt  nnn  yor  allem  die  Grflndnng  hygienischer  In- 
stitute, und  zwar  in  den  Orten,  wo  sich  Universitäten  befinden, 
damit  von  diesen  Mittelpunkten  aus  eine  Überwachung  der  sanitären 
Verhältnisse  unter  besonderer  Berücksichtigung  der  Schulen  und 
Konvikte  eingeleitet  werde  und  organisatorische  Malsregeln  zur 
DurchfQhrung  gelangen.  Der  Vergleich,  welchen  er  zwischen  den 
Schuleinrichtungen  seines  Landes  und  denen  von  Frankreich,  England 
und  Deutschland  anstellt,  Mt  sehr  zu  Ungunsten  Italiens  aus.  Für 
die  Pflege  des  Körpers  —  die  obligatorische  Einführung  des  Turn- 
unterrichtes stammt  erst  aus  dem  Jahre  1878  —  geschieht  noch 
recht  wenig,  und  namentlich  wird  die  Erziehung  des  weiblichen 
Geschlechtes  in  dieser  Beziehung  vernachlässigt.  Die  Schulen  verfügen 
nur  zum  kleinen  Teil  über  gesunde,  Luft  und  Licht  in  genügendem 
MaCse  spendende  Räume;  es  fehlt  allerorten  an  freien,  mit  dem 
Schulhanse  verbundenen  Spielplätzen,  nicht  minder  an  guten  Bade- 
einrichtungen, die  in  dem  warmen  Süden,  der  Heimat  der  „römischen 
Bäder^,  unentbehrlich  sind. 

Die  von  dem  Verfasser  beigebrachten  Zahlen  beweisen,  wie 
wenig  Geldmittel  im  Vergleich  zu  den  übrigen  Kulturstaaten  Europas 
staatlicherseits  den  italienischen  Unterrichtsanstalten  zugewendet  werden. 
Und  bei  der  Armut  der  Bevölkerung  erscheint  die  Hilfe  des  Staates 
erst  recht  unabweislich.  Wo  aber  könnte,  wenn  man  sich  auf  den 
volkswirtschaftlichen  Standpunkt  stellt,  ein  Kapital  besser  angelegt 
werden,  als  zum  Heil  der  jungen  Generation,  zur  Hebung  der 
Schuleinrichtungen,  zur  Änderung  der  Organisation  des  Unterrichtes, 
zur  Beschaffung  zweckdienlicher  Räume  und  sanitärer  Zustände, 
welche  etwa  drei  Millionen  Zöglingen  zu  gute  kommen  würden? 

Die  Schrift  Cellis  ist  ein  ernster  Mahnruf  an  die  italienische 
Regierung,  die  Hände  nicht  in  den  Schols  zu  legen;  sie  ist  ein 
Appell  an  die  einsichtigen  und  vaterländisch  gesinnten  Kreise  seiner 
Heimat,  und  erscheint  auf  Grund  der  beigebrachten  statistischen 
Angaben  geeignet,  auch  die  letzten  Zweifel  an  der  Notwendigkeit 
einer  Schulreform  in  Italien  zu  heben. 

Professor  an  der  Gelehrtenschule  des  Johanneums 
Dr.  phil.  G.  Leithäuser  in  Hamburg. 

St.  Blattnes,  Architekt.  Nene  Sehnlbanten.  Ansichten  mit 
Grundrissen  in  Lichtdruck  nebst  beschreibendem  Text.  Mit  27  Taf. 
Frankfurt  a.  M.,  1893.    Selbstverlag.     (Fol.) 

In  vortrefflicher  Ausstattung  führt  der  Verfasser  25  in  jüngster 

Zeit  erbaute  Schulgebäude  vor,  und  dürfte  diesem  interessanten  und 


524 

wertvollen  Sammelwerke  bald  eine  weitere  Serie  folgen,  wobei  der 
Autor  gewifs  auch  eine  gröfsere  Tafelzahl  den  wichtigsten  Detaü- 
konstmktionen,  wie  Heizung,  Lüftung,  Klosettanlagen  u.  s.  w.,  widmen 
wird. 

Die  Auswahl  der  „neuen  Schulbauten'^  ist  eine  sehr  glück- 
liche. Architekt  Blattnbr  hat  haupts&chlich  grolse  Centralanlagen 
zur  Anschauung  gebracht;  das  kleine  Schulhaus  ist  nur  durch  diä 
Beispiele  vertreten. 

Der  Verfasser  behauptet  mit  Recht,  da(s  sich  der  entwerfende 
Techniker  und  der  st&dtische  Banbeamte  nur  durch  mflhsames  Zu- 
sammensuchen aus  einzelnen  Veröffentlichungen  einen  Überblick  aber 
die  neueren  Leistungen  auf  dem  Gebiete  des  Schulbanes,  Aber  dies- 
bezfigliche  Konstruktionen,  über  Fassadenanordnung,  Fenster- 
systeme etc.  verschaffen  können. 

Mit  der  zweckmäßigsten  und  gediegensten  BanausfQhrung,  mit 
der  Verwendung  der  besten  Materialien  soll  auch  eine  gewisse 
künstlerische  Behandlung  des  Äulseren  und  Inneren  vereinigt  werdoD, 
ohne  die  Grenzen  einer  weisen  Sparsamkeit  zu  überschreiten.  Der 
Verfasser  erblickt  in  der  Betonung  der  ästhetischen  Anforderongoi 
an  Schulgebäude  ein  wesentliches  erziehliches  und  bildendes  Moment 
für  die  Jugend.  Betrachtet  man  die  vorgeführten  Schulbauten,  von 
denen  manche  einen  monumentalen  Charakter  an  sich  tragen,  so 
muls  man  allerdings  eingestehen,  dafs  in  diesen  Fällen  weit  üto 
das  hinausgegangen  ist,  was  man  gemeinhin  unter  Nützlichkeitsbanten 
zu  verstehen  pflegt. 

In  mehreren  Beispielen  findet  sich  die  Anlage  von  Kleide^ 
ablagen  entweder  in  der  Weise  eines  Doppelkorridores,  dessen  eine 
Hälfte  die  Kleidungsstücke  aufnimmt  (Tafel  1,  16  und  20),  oder 
als  besonderer  Garderoberaum  (Tafel  18)  neben  dem  Lehrzimmei 
angegeben. 

Die  Anzahl  der  Erlassen  schwankt  in  den  vorgeführten  Schnl- 
bauten  zwischen  9  und  46. 

Die  Beleuchtungsverhältnisse  der  Lehrzimmer  sind  in  allen 
Fallen  gute,  indem  drei  oder  vier  Fenster  mit  kleinen  Zwischen- 
pfeilem  an  einer  Längswand  angeordnet  sind. 

Die  Abortanlagen  erscheinen  nur  in  fünf  Fällen  im  Hanse 
selbst  untergebracht,  in  allen  anderen  aufserhalb  des  Gebäudes  in 
eigenen  Nebenbauten  vorgesehen. 

Die  Turnhallen  liegen  durchweg  als  besondere,  mit  dem  Haupt- 
gebäude durch  gedeckte  Korridore  verbundene  Nebenbauten  im 
Hofe. 

So  gleichartig  alle  Male  das  gestellte  Bauprogramm  auch  war, 
so  verschieden   sind  trotzdem   die    einzelnen  Losungen   infolge  der 


525 

wechselnden    Sitnations-    und     Niveaaverhfiltnisse,    sowie     anderer 
Einflösse. 

Die  Sammlang  „nener  Schnlbauten^  kann  jedem  Fachmanne, 
der  mit  dem  Baue  von  Schnlgebänden  beschäftigt  ist,  bestens  em- 
pfohlen werden. 

Diplomierter  Architekt  Karl  HintrAgbb 

in  Wien. 

Dr.  GuiLLlfi,  Physidan  to  the  Eoyal  Institution  for  the  Blind,  Paris. 

On  fhe  instrnction  and  amnsements  of  the  blind.    Pnblished 

in  1819.     Translated  into  english  and  reprinted  in  1894.     With 
21  engravins.  London,  1894.  SampsonLow.  (170  S.  El.  8^  Sh.  8.) 

Das  kleine,  von  Blinden  selbst  gedruckte  Bach  ist  anf  Kosten 
eines  Philanthropen  herausgegeben  worden,  welcher  glaubt,  dafs  das- 
selbe auch  heute  noch  von  Wert  und  Interesse  sein  dürfte.  Man 
kann  dieser  Auffassung  nur  beistimmen  trotz  der  75  Jahre,  die  seit 
dem  ersten  Erscheinen  des  Werkes  verflossen  sind. 

In  der  Einleitung  stellt  der  Verfasser  Betrachtungen  über  den 
Charakter  der  Blinden  an,  wobei  er  die  Lebensgeschichte  einzelner 
blinder  Gelehrter  und  Künstler  einflicht,  welche  sich  in  ihrem  Fache 
aasgezeichnet  haben.  Die  dann  folgenden  25  Kapitel  behandeln  die 
Beschäftigungen,  Gewerbe  und  Spiele  des  Blinden,  von  deren 
Mannigfaltigkeit  man  überrascht  sein  wird.  Zahlreiche  und  künstlerisch 
vollendete  Illustrationen  dienen  dabei  dem  Text  zur  Erläuterung. 
Namentlich  die  Abschnitte  über  das  Schreiben,  sowie  das  Zeichnen 
von  Landkarten  und  mathematischen  Figuren  durch  Blinde  zeigen, 
wie  weit  Dr.  GuiLLlii  seiner  Zeit  vorausgeeilt  war.  Ebenso  sind 
die  Ausführungen  über  das  Stricken,  Mattenflechten,  Spinnen  und 
Weben  der  Blinden,  sowie  über  die  Anfertigung  von  Schuhen, 
Teppichen,  Geldbörsen,  Seilen,  Peitschen  durch  dieselben  noch 
heute  brauchbar,  und  das  Gleiche  gilt  von  dem,  was  der  Autor 
über  das  Schach-,  das  Damen-  und  das  Kartenspiel  der  Blinden 
mitteilt. 

In  einzelnen  Punkten  sind  seine  Anschauungen  freilich  überholt. 
So  ist  statt  der  von  ihm  empfohlenen  Schreibmethode  die  BBAlLLBsche 
Punktschrift  Jetzt  wohl  allgemein  angenommen.  .Auch  kann  es  nicht 
verwundem,  dafs  der  Verfasser  manche  neueren  Apparate,  z.  B. 
Thermometer  und  Barometer  für  Blinde,  nicht  kennt. 

Nichtsdestoweniger  verdient  sein  Buch  noch  jetzt  einen  Platz 
in  den  Bibliotheken  der  Blindenanstalten,  indem  es,  abgesehen  von 
seiner  historischen  Bedeutung,  zur  Erziehung,  Belehrung  und  Unter- 
haltung blinder  Kinder  vieles  beitragen  kann. 

Professor  Dr.  med.  L.  Ingeemann  in  New  York. 


._.  j 


526 

Bibliographie. 
Bertram.     Über  hygienische  EinricMungen  in  amerikamschm  Schulen. 

Vortrag.     Hyg.  Rundsch.,  1894,  XII,  Beü.,  564—676. 
Beyer,  0.  W.     Thüringische  Schidgärten.     Blfttt  f.  Enabhdaiiit., 

1894,  vn,  144—147  ff. 
BÖTTCHER,  Alfred.    Aus  dem  Jahresbericht  Über  den  Turnbeiridf 

an  den  städtischen  Schulen  jbu  Hannover.     Ztschr.    f.   Tnin.  n. 

JgdspL,  1894,  vn,  108—110. 
Cookery  for  school-girls,     London,  1894,  Blackie  and  sons. 
DefeeUve  eye  sight  of  board  school  chüdren,   The  Brit  Med.  Jonm., 

1894,  May  26,  1743,  1147. 
Die  QdehrtenschfOe  —  ein  Nährboden  des  NervositätshadOus,    G. 

Jägers  Monatsbl.,  1894,  V,  79—84;  VI,  99—104. 
DUPKT,   Herm.     Der  Stand   des  Jugendsipieles  und  seine  weüm 

Entwickehmg  an  den  Gymnasien  Wiens.    Mitteüg.  d.  Ver.  z.  Pfleg. 

d.  Jgdspls.,    Wien,  1894,  84—92. 
DUPÜY,  L.  E.     Le  mouvement   et   les   exercices  physiques.    Avec 

139  fig.     Paris,  1893,  J.  B.  Bailli^re  et  fils.    &*.    Fr.  5. 
Forty-sixth  annuai  rq^t  of  the  tnistees  of  ihe  Massachusets  sdiod 

for  ihe  feeble.  Minded  at  Waltham  for  the  year  ending  September  30, 

1893.     Boston,  1894,  Wright  and  Pother.     8^ 
Gaüd,  E.   Aeration  et  sedentariti  dans  les  lydes  d^intemes.   Puis, 

1889,  J.  B.  BailUfere  et  fils.     4^.     Fr.  2,50. 
Hendley,  Haröld.     Personal  and  domesUc  hygiene  for  ihe  scM 

and  home,     Calcatta,  1893,  Thacker,  Spink  and  O). 
H^RAüB.     Jeux  et  ricriaUons  scienüfiques.    Avec  297  fig.    Paris, 

1893,  J.  B.  Bailliöre  et  fils.     18®.  Fr.  4. 
Keller,  Rob.     FädagogischF^sychometrische  Studien.    2.  TorUUifige 

Mitteünng.     Biolog.  Centrbl.,  Leipzig,  1894,  IX,  328—336. 
Krause,  Anton.    Über  Anlage  und  EinricMmg  botanischer  &M- 

gärten.     Gymnasialprogramm.     Gleiwitz,  1893.     4®. 
Leuoh  und  KüTTEL.    Die  Kindergärten  und  Kleinkindersdnden  der 

Stadt  Zürich.    Zürich,  1893,  Bopp.     8^ 
Spreer,  L.     Über    die    Verteilung    der  Arbeit  Bwischen  Lekrem 

und  Schülern.     Progr.     Putbus,  1894.     4®. 
Strümpell,  L.     Die  Verschiedenheit  der  Emdematuren.    Ein  Vor- 
trag.    Leipzig,  1894,  A.  Deichert.     M.  0,75. 
The  air  of  sdiools.     The  Brit.  Med.  Jonm.,  1894,   May  5,  1740, 

986—987. 
The  future  of  ihe  barrach  schools.     The  Brit.  Med.  Joum.,   1894, 

June  23,  1747,  1373—1374. 
The  Summer  care  of  the  chUdren  of  ihe  poor.    Med.  News,  1894, 

June  23,  1119,  698. 


527 

Tissii.     I^ysiologie  d^vm  record  v^locipidigue ;  caurs  de  vmgirquatre 

heures  surpiste.     Compt  rend.     Soc.  de  biol.,  Paris,  1894,  9.  s., 

VI,  73. 
Tboüillst,  A.     De  VdlmentaUon  dans  les  JycSes.  ProYince  m6d., 

Lyon,  1893,  VE,  446;  481. 
Unbbrath,  Jul.     Der    Turnunterricht   an   unseren   Mittelschulen. 

Ein  Beitrag  zur  Oeschichte  des  Tiumens   anter  den  Siebenbflrger 

Sachsen.    Progr.  d.  Gymnas.  Sächsisch-Regen,  1893. 
Yandsnbsoh,  Heinr.     Die   Qesundheiispflege   in   der  preufsischen 

VoOsschtOe.     Mit   5   Zeichng.     Dortmund,    1894,    W.    Crawell. 

Gr.  8^     Ji.  1. 
YoLLERT,   JoH.     Bemerkenstverte    Worte    eines    englischen    Schul- 

mannes  Über  das  deutsche  Turnen.     Ztschr.  f.  Tnm.  n.  JgdspL, 

1894,  VI,  93—94. 
Whitford,  W.  C.     Circular  an  plans  and  specification  of  schooU 

houses  for  ihe  country  districts  etc.  of  Wisconsin.     Cents  60. 
ZONA,  T.     Älpinismo  educatwo.     Palermo,  1894. 


Bei  der  Redaktion  eingegangene  Schriften. 

Beteb,  H.  0.  Mrst  aid  to  ihe  injuired  and  how  it  shotUd  he  taught. 
Hosp.,  dispens.  and  nnrsing.  intern,  congr.  char.  1893.  Balti-* 
more  and  London,  1894,  676 — 682. 

Braxdwood,  P.  M.  The  moiher^s  help  and  gtnde  to  the  domesUc 
management  of  her  chUdren.  London,  1894,  The  scientific  Press. 
Sb.  2,6. 

Dblun,  J.  Zwölf  Turnreigen  für  Schulen,  Seminare  und  Turn- 
vereine. Mit  22  Taf.  3.  Aufl.  Tüsit,  1894,  M.  Bergens. 
Gr.  8<>.     M.  0,60. 

Dritter  Jahresbericht  des  Vereins  für  Jugendspiel  und  Handfertigkeit 
au  Hamburg.  Erstattet  fttr  die  Zeit  vom  1.  Januar  1893  bis 
1.  Aprü  1894.     Hamburg,  1894,  G.  Diedrich  &  Co. 

Epstein,  Alois.  Über  die  Vererbung  des  Stottems.  Prag.  med. 
Wochschr.,  1894,  XXIU,  281—282. 

Frauenwerke.  Österreichische  Zeitschrift  zur  Förderung  und  Yer- 
tretnng  der  Frauenbestrebungen  in  Schule,  Haus  und  Öffentlichkeit. 
Herausgegeben  Ton  Mariahne  Nigg.  Eomeuburg,  1894,  Selbst- 
verlag.    Jährl.  fl.  2. 

Garbini,  Adr.  Necessitä  della  ginnastica  dei  sensi  nei  giardini 
dHnfamia.     Verona,  1889, 

Grosse,  H.  Einrichtung  und  Pflege  von  Schulgärten  in  Österreich. 
Päd.  Bl.  f.  Lehrerbildg.  u.  Lehrerbildgsanst.,  Gotha,  1894,  IH, 
285—287. 


628 

GUTTMANN,  Max.     Die  Jugendspide  im  Jardanpark  eu  Erakum. 

Monatsschr.  f.  d.  Tumwes.,  1894,  IV. 
Hekgel,  G.     Wanderungen^  Tumfährten  und  Sckülerräsen.  Leipzig, 

1894,  Selbstverlag. 
Hbtdnbr,  Geo.     Beiträge  eur  Kenntnis  des  kindUcken  SedenUbens. 

Leipzig,  1894,  R.  Richter.     iL  1,60. 
Kahl,  Wilh.     Zur  pädagogischen  Pathologie.   Neu.    fiahn.,  1894, 

VI,  305—308. 
Kate,  J.  R.     The  prevention    of   infectiatis    diseases    in   sthools. 

Publ.  Health,  London,  1893—94,  VI,  216-219. 
Kben,  W.  W.     Foot-baU  at  West  Point.     Med.  News,  Philadelphia, 

1894,  LXrv,  336. 
EoHLRAUSCH,  Chb.     Jugend-  und  Volksspiele  und  -Feste.    Dtsdi. 

Tumztg.,  1894,  XXV. 
KOHN,  E.     Schulhygiene  und  XHph&ieritis  (Referat).     Wien.    med. 

Wochschr.,  1894,  XXIH,  1040. 
Kranzfeld,  M.     [iJtude  sur  les  conditions  sanitavreset  hygiemqm 

de  75  4coles  primaires  de  la  viUe  d^ Odessa].     Yozhno  mssk.   med. 

gaz.,  Odessa,  1893,  IL  633;  653;  669;  687. 
Lbclbbc,  M.     VSdtication  en   Ängleterre;    Mucation   phgsique  ä 

morale.     Rev.  d.  denx  mondes,  Paris,  1894,  GXXI,   882—905. 
SiNANi,  B.  Die  Anwendung  des  HypnoOsmus  ewecks  therapeuöst^ 

und  pädagogischer  Bednflussung  bei  einem  auf  Orund  heredUänr 

Anomalie  an  Masturbation  leidenden  Knaben.   Wratscfa,  1894,  IV. 
SOMMEB,  0.     Zur  Frauenbewegung  in  Deutschland.    Wolfenhflttd, 

1894,  Jul.  Zwi&ler. 
Spielordmmg  für  die  Spielplätsfe  des  Vereines  eur  Pflege  des  Jugend- 

Spieles  in  Wien.     Mittlgn.  d.  Ver.,  Wien,  1894,  76—77. 
Stilling,  J.     Beruht  die  hochgradige  Myopie  cnif  husw^t?    Eha. 

Monatsbl.  f.  Aughlkde.,  1894,  Mai,  164—166. 
Myopie  und    Chamäkonchie.     Eorrspdzbl.   f.  Schweiz.  Arzt.,  1894, 

X,  310—311. 
Stimpfl,  J.     Physiologie  und  Pädagogik.     Ein  Aufraf  an  die  Ana- 
tomen,   Physiologen,    Psychologen  und    Hygieniker.      Sammhmg 

pädagogischer  Vorträge,  herausgegeben  von  W.  Meyer-Mabeau. 

Bielefeld,  1894,  A.  Hehnich.     8^     JL  0,40. 
ThobmOhlen,  £.     Vorschriften   fOr   Schulen    mit   Neigungswinkd 

von   70^.     Deutsche    Schrift,    Heft   1 — 6.     Lateinische    Schrift 

Heft  1 — 6.     Hamburg,  1894,  Selbstverlag.     Jedes  Heft  JL  0,15. 
TISSOT.     De  fhypertrophie  du  tissu  adenoide  du  naso-pharynx  et 

en  particulier   de  Vamygddle  pharyngSe.     Arch.    de   mdd.    nav., 

Paris  1893,  LX,  346—357. 


|fttf(||rift  fk  S(l|itl(efiiii)iliett0|iflegt 


Vn.  Jahrgang.  1894.  No.  10. 


(f^ristttal-^b^ttblttn^eit* 


Zur  Schulbankfraf  e. 

Von 

Dr.  med.  Felix  Schenk, 

Orthopäden  in  Bern. 

(mt  5  Figur«!!  and  8  Abbildangan.) 

Wer  sich  mit  Stadien  über  die  Haltang  der  Schüler  be- 
fassen will,  der  muls,  um  sich  einigermaJjien  in  dem  Chaos 
von  Körperverbiegungs-,  Verschiebungs-  nnd  Yerdrehungsformen 
in  einer  Schalklasse  zarechtzafinden,  zwei  Haaptkategorien 
schlechter  Körperhaitangen  wohl  nnterscheiden :  die  Er- 
müdangshaltnngen  and  die  Schreibhaitangen.  Beide 
sind  nicht  nnr  ihrer  Ätiologie,  sondern  aach  ihrer  Foi:m  nach 
Toneinander  yerschieden,  and  beide  bedürfen  deshalb  aach  ver- 
schiedener prophylaktischer  Vorkehrungen. 

Die  Er  müdangshaltnngen  entspringen  dem  physio- 
logischen Bedürfnisse,  die  ermüdete  Mnskulatar  aasruhen  zu 
lassen,  und  haben,  da  dies  auf  sehr  mannigfache  Weise  be- 
werkstelligt werden  kann,  sehr  verschiedene  Formen.  Die 
Sehreibhaltnngen  dagegen  sind,  weil  es  eben  zur  Aus- 
fbhrang  einer  bestimmten  Thätigkeit  nur  eine  Körperhaltung 
gibt,  in  welcher  dieselbe  am  besten  vorgenommen  werden  kann, 
in  der  Form  einander  alle  auffallend  ähnlich. 

Beide  Arten  können  auf  die  Dauer  mehr  oder  weniger 
gesundheitsschädlich    wirken,    sei    es    infolge    der   damit    ver- 

Sehulgwandhettapflege  VII.  34 


630 

biiiidenen  einseitigen  Belastung  des  nooli  im  Wachstum  be- 
findlichen Skelettes,  sei  es  wegen  anhaltender  Kompression 
von  Brust-  und  Bauchhöhle  und  der  in  ihnen  gelagerten 
Respirations-,  Oirkulations-  und  Digestionsorgane,  sei  es  dnreh 
zu  groise  Annäherung  der  Augen  an  die  Tischflftche,  oder  sei 
es  deshalb,  weil  überhaupt  durch  zu  langes  Sitzen  der 
ganze  kindliche,  sehr  bewegungsbedürftige  Organismus  ge- 
schwächt wird.  . 

Was  läist  sich  dagegen  thun? 

Als  sicherstes  und  wirksamstes  Mittel  gegen  die  Er- 
müdungshaltungen würde  sich  gewils  eine  gehörige  Reduktion 
der  Sitzzeit  und  eine  energische  Vermehrung  der  körperlichen 
Übungen  empfehlen.  Solange  aber  in  den  malsgebenden 
Kreisen  noch  nicht  die  Einsicht  herrscht,  dafs  man  bei  kürzerer 
Sitzdauer  ebenso  Gutes,  ja  Besseres  leisten  könnte,  dafs  Feld 
und  Wald  das  schönste  Schulhaus  und  der  Bascu  die  besten 
Schulbänke  zu  ersetzen  im  stände  wären,  solange  können  wir 
der  körperlichen  Schädigung  der  Jugend  durch  die  Schule 
nicht  müfsig  zusehen  und  müssen  wenigstens  palliativ  das 
Beste  dagegen  zu  leisten  suchen,  wenn  die  Radikalkur  znr 
Zeit  noch  nicht  anwendbar  erscheint. 

Als  ein  solches  sehr  wirksames  Palliatiymittel  habe  ioli 
Schulbänke  mit  hoher,  etwas  rückwärts  gerichteter  Lehne  und 
leicht  nach  hinten  geneigtem  Sitze  kennen  gelernt.  In  solohen 
lehnen  sich  die  Kinder  bei  eintretender  Ermüdung  hinten  an 
und  bleiben  aus  rein  statischen  Gründen  ruhend  aufrechi 
Gleichwohl  ist  das  damit  erreichte  Resultat  nur  ein  halbes, 
denn,  was  sich  trotz  der  Reklination  des  Sitzes  nicht  in  dem 
gewünschten  Mafse  gebessert  hat,  das  sind  die  schlechten 
Schreibhaltungen.  Warum  wohl  nicht?  Hier  treten  die 
Ursachen  nicht  so  klar  und  allgemeinyerständlich  zu  Tage,  und 
deshalb  sei  mir  gestattet,  darüber  etwas  ausführlicher  zu  be- 
richten. 

Der  Weg,  den  ich  eingeschlagen  habe,  um  das  Wesen 
der  Schreibhaltungen,  deren  Formen  und  Ursachen  zu  studieren, 
war  der,  dafs  ich  zunächst  eine  groise  Anzahl  solcher  Haltungen 


i 
I 


531 


bei  Schülern  veisohiedenen  Alters  in  der  Weise  anfzeichnete, 
wie  die  Figuren  1,  2,  3  und  4  auf  Seite  531 — 534  es  darstellen. 
Es  enthalt  eine  derartige  Figur  nebst  der  direkten  Aufzeichnung 
der  Heftr  und  Vorderarmlage,  der  Lage  und  Richtung  der 
dem   Körper    zugekehrten   Tischkante    noch    die   Horizontal- 


FJgnr  1, 

Projektionen  gewisser  durch  den  Körper  gedachter  Linien, 
deren  Lage  unter  sich  sowohl,  als  in  ihrer  Beziehung  zu 
Schreibheft,  Tisch  und  Arm  mir  eine  Schreibhaltung  am  besten 
zu  charakterisieren  schien.  Als  solche  Linien  dachte  ich  mir 
die  Verbindungslinie  der  vorderen  oberen  Stacheln  des  Darm- 
beins (Spinae  anteriores  superiores  ossis  ilei)  und  die  Ver- 
bindungslinie beider  Gträtenecken  (acromia)  des  Schulterblattes, 

34» 


:;.-'  .1;  - 


532 


die  wir  in  der  Folge  kurzweg  als  „Beokenlinie^  und  ab 
„Sohulterlinie^  bezeichnen  wollen.  Außerdem  enthält  anfler 
Projektionfibild  noch  einige  punktierte  Hilfslinien,  deren  Be- 
deutung ohne  weiteres  ersichtlich  iet.  Sie  stehen  entweder 
parallel  oder  senkrecht  zu  den    oben  erwähnten  Hauptlinieu, 


a 


der  sind  Verbindungslinien  ihrer  Mittelpunkte  und  wurden 
eingezeichnet,  um  die  Drehungs-  und  Veiecdiiebungswinkel, 
welche  die  Hauptlinien  miteinander  bilden,  besser  ablesen  zu 
können. 

Detaillierte  Angaben  über  die  Art  und  Weise  der  Auf- 
nähme solcher  Figuren  samt  der  Beschreibung  und  bildlichen 
Darstellung   der  dazu  verwendeten  Apparate  und  Instrumente 


593 


finden  sioh  in  meiner  Schrift:  y^Zwr  Ätiologie  der  Skoliose'^, 
Berlin,  1885.  Hier  kann  nns  nur  das  Resultat  interessieren. 
Es  ist  folgendes:  Wenn  ABC  die  Beokenlinie,  DJEF  die 
Sohnlterlinie,  GJ?  die  Tisohkante,  IK  die  Yorderarmlinie, 
LMNO   das  Schreibheft,   femer  ÄF\\  GH,  DQ  nnd  LK\\ 


J) 


£: 


■s- 


Figur  8. 


ABC^JBRJLäBC,  endlioh  BE die  Yerbindnngslinie  zwischen 
Mitte  von  Schlüter-  und  Beckenlinie  und  JB  S  diejenige  zwischen 
Mitte  Ton  Schnftzeile  nnd  Beckenlinie  ist,  so  ergibt  z.  PA  C 
die  Beckendrehnng,  zl  FD  Q  die  Sohulterdrehnng,  z.  M  LK 
die  Heftdrehung,  z.  EBB  die  Heftyerschiebung,  z.  IKL  den 
YorderarmbeckenUnienwinkel. 

So    wichtig    auch    der    Schriftvorderarmwinkel    zur   Be- 


534 


urteilang  der  Frage:  Steil-  oder  Sohrägschrift?  sein  mag,  so 
wenig  Bedeutung  ist  ihm  in  Bezug  auf  die  Sohulbankfrage 
beizumessen;  deshalb  bleibt  er  hier  unberüokstchtigt. 

Ausgeführt   wurden    meine  Messungen    an  156  Knaben, 
und  zwar  bei  allen  in  dem  Momente»  wo  sie  die  oberste  Heft> 


4 


B 


zl 


I  • 


ABC 

Flgar  4. 

zeile  ganz,  die  zweite  bis  zur  Hälfte  ToUgeschrieben  hatten. 
Das  Ergebnis  in  allen  seinen  Einzelheiten  ist  veröfienÜicht  in  der 
zu  Ehren  von  Professor  Koghbr  1891  erschienenen  Jubiläums- 
schrift  unter  dem  Titel:  y^Beitrag  ewr  Losung  der  Frage:  Skär 
Schrift  oder  Schrägschrift?^  Für  unseren  Zweck  genügt  es, 
das  Wesentlichste  daraus  mitzuteilen. 
Ich  fand  damals: 


536 

1.  Drehung  des  Beckens  nach  rechts  bei  102  Schülern,  also 

bei  65%, 
Drehung  des  Beckens  nach  links  bei  24  Schülern,   also 

bei  157o, 
keine  Drehung  bei  30  Schülern,  also  bei  20  7o; 

2.  Verschiebung  des  Oberkörpers  nach  rechts  bei  9  Schülern, 

also  bei  6%, 
Verschiebung  des  Oberkörpers  nach  links  bei  144  Schülern, 

also  bei  927a, 
keine  Verschiebung  bei  3  Schülern,  also  bei  2%; 

3.  Drehung  des  Oberkörpers  nach  rechts  bei  102  Schülern, 

also  bei  65%, 
Drehung  des  Oberkörpers   nach  links  bei  24  Schülern, 

also  bei  15  7o, 
keine  Drehung  bei  30  Schülern,  also  bei  20%; 

4.  Drehung  des  Papiers  nach   rechts   bei  2  Schülern,    also 

bei  1,5%, 
Drehung  des  Papiers  nach  links  bei  152  Schülern,   also 

bei  97%, 
keine  Drehung  bei  2  Schülern,  also  bei  1,5  7o; 

5.  Verschiebung  des  Papiers  nach   rechts  bei  91  Schülern, 

also  bei  60%, 
Verschiebung   des  Papiers   nach    links  bei  62  Schülern, 

also  bei  38  7o, 
keine  Verschiebung  bei  3  Schülern,  also  bei  27o; 

6.  der  Vorderarmbeckenlinienwinkel  variierte 
zwischen  5^  bis  73®.  Je  gröfser  die  Abduktion 
des  Oberarms  vom  Körper  war,  desto  kleiner 
erschien  dieser  Winkel; 

7.  ohne  Abduktion  des  Oberarms  schrieben  4  Schüler,  also  2%, 
mit  „  „  „  „    152        ^      ^98%. 

Stellen  wir  die  Hauptresultate  zusammen,   so  ergibt  sich: 
65  %  der  Schüler  sausen  mit  rechtsgedrehtem  Becken, 
92  jf     jf        „  rt       rt   liinksverschiebung  des  Oberkörpers, 

65  ^     ^        n  n       n    Rechtsdrehung  des  Oberkörpers, 

97  „     „        „  7)       n    Linksdrehung  des  Papiers, 


&36 


60%derSehüler  safeenmitReehtsTerschiebnxig  des  Papien^ 
98  9)     n        if  7)       I)    Abduktion  des  Oberanns. 

Wurden  alle  Ergebnisse  naeh  der  Gröfte  des  VorderBim- 
beokenlinienwinkels  IKL  geordnet,  in  3  gleich  grolse  Groppen 
geteilt  nnd  von  jeder  dieser  3  Grappen  die  DnrehischmtfBwerte 


-ß- 


D 


B 

Fisror  6. 


aller  Rnbriken  ausgerechnet,  so  ergab  sich  nebenstehende 
Tabelle,  deren  graphische  Darstellung  wir  in  den  Figuren  1, 
2  und  3  vor  uns  haben.  Figur  4  zeigt  das  Bild  einer  Schreib- 
haltung, wie  sie  sein  sollte  und  sein  könnte  auch  bei  SohrSg- 
Schrift,  wenn  die  aufseren  Bedingungen  hierzu  Torhanden  wMn, 
und  Figur  5  die  richtige  Schreibhaltung  bei  Steilsobrifl 
Davon  später. 


o 

'S 

1 

i 

1 

lii 

II« 

I 
n 
m 

+  6,8' 

-o,e' 

-8,9' 

+  36» 
+  27,2" 
+  16,3' 

+  27,3'' 
+  24,9» 
+ 19,4« 

+  10,6' 
+  1,3' 
+    l.C 

- 10,4' 

-  w 

+  27,4" 
+  39,1" 
+  62,4" 

Plus  b«dentet 
VertchiebuDg 

Drehnng  naoh 

linke. 

Minus  Ver- 

Bchjebnng  odar 

Drehung 

nach  recbta. 


Ans  den  Figuren  1,  2  ond  3  erhellt  mit  grO&ter  Deatlioh- 
keit,  dab  alle  Kinder  beim  Schreiben  mehr  oder  weniger 
krumm  zu  sitzen  pflegen,  aber  daa  Interessanteste  an  dem  Er- 
gebnisse ist,  dafs  damit  der  Naebweie  von  einem  ganz  be- 
stimmten kausalen  Zusammenhange  aller  Haltangsanomalien 
geführt  wird.  Es  zeigt  sieh  n&mlieh,  dals  je  grOfser  der 
Vorderarmbeokenlioieawiakel  IKL,  desto  gröfaer  die  Ver- 
Bcbiebung  des  Schreibheftes  nach  rechts,  desto  kleiner  die 
Drehnng  des  Sohreibheftee,  desto  kleiner  die  Versobiebung 
das  Oberkörpers,  desto  kleiner  die  Drehung  des  Oberkörpers, 
desto  kleiner  die  Drehung  des  Beckens  ist. 

Da  es  sieh  auch  erwiesen  bat,  da&  die  Grölse  des  Vorder- 
armbeckenUnienwinkels  bestimmt  wird  durch  die  G-rftlse  der 
Abdnktion  des  Oberarmes  vom  Körper,  so  kommen  wir  zu 
dem  Schiasse:  Je  gröfser  die  Abduktion  des  Ober« 
armes,  desto  schlechter,  verkrämmter,  rersohobener 
snd  verdrehter  die  Körperhaltung.  Am  besten  ist  die 
Sohreihhaltung  dann,  wenn  die  Abdnktioii  des  schreibenden 
Armes  gleich  Null  ist,  d.  h.  dann,  wenn  der  Oberarm  dem 
Körper  leicht  anliegt. 

Dieser  besten  Körperhaltung  hat  sich  die  Schulbank  an- 
zupassen, indem  sie  das  Papier  so  vor  den  Körper  bringt,  dafa 
zum  Schreiben  einer  Zeile  nur  Elotation,  nicht  Abduktion  des 
Oberarmes  im  Sobultergelenke  nötig  wird. 

Dies  kann  nur  dann  der  Fall  sein,  wenn  der  horizoDtale 


538 

Abstand  zwischen  Rückenlehne  und  Tisch,  den  wir  hier,  aller- 
dings in  Abweichung  vom  bisherigen  Spraohgebrauche,  ^Distanz^ 
nennen  wollen,  gleich  ist  der  Yorderarmlänge  des  Schreibenden 
(Oleoranon  bis  Handgelenk)  und  wenn  der  vertikale  Abstand 
von  Tisch  und  Sitz,  die  sogenannte  „Differenz",  gleich  ist  der 
Entfernung  des  herabhängenden  Ellenbogens  vom  Sitz.  Da 
diese  letztere  Entfernung  nun  zu&Uigerweise  auch  der  Yorder- 
armlänge entspricht,  so  ergibt  sich  für  die  Konstruktion  der 
Schulbänke  die  sehr  einfache  und  wichtige  Formel:  Distanz 
==  Differenz  =  Yorderarmlänge  des  Schreibenden, 
wobei,  wie  gesagt,  der  Ausdruck  „Distanz''  den  Abstand 
zwischen  Tisch  und  Tjehne  bezeichnet. 

Wenn  ich  nun  auch  die  aufrechte  Körperhaltung  als  die 
beste,  der  Gesundheit  zuträglichste  erachte  und  sie  deshalb 
einerseits  durch  Bückwärtsneigung  von  Sitz  und  Lehne, 
andererseits  durch  richtige  Anpassung  von  Distanz  und  DifEerenz 
an  die  Körpergröise  thunlichst  begünstigen  möchte,  so  bin  ich 
doch  weit  entfernt,  zu  glauben  und  zu  hoffen,  dafs  damit 
krumme  Haltungen  gänzlich  ausgeschlossen  werden.  Nein,  sie 
sollen  und  dürfen  nicht  ausgeschlossen  werden.  Eine  Schul- 
bank, die  eine  aufrechte  Haltung  nur  auf  Kosten  der  körper- 
lichen Bewegungsfreiheit  erzwingen  wollte,  wäre  unter  allen 
Umständen  zu  verwerfen.  Lieber  noch  eine  solche  ohne  Lehne 
mit  Plusdistanz,  als  eine  solche,  bei  welcher  der  Körper  von 
hinten,  vom  und  unten  in  einer  Weise  gestützt  wird,  dafis  er 
sich  weder  biegen  noch  drehen  kann.  So  gut  wie  ein  e^ 
müdeter  Muskel  Buhe  verlangt,  so  gut  verlangt  ein  ausgeruhter 
Muskel  Bewegung.  Selbst  die  denkbar  beste  Buhelage,  die 
Bückenlage  im  Bett,  wird  ja  auf  die  Dauer  zur  Qual,  und 
wir  empfinden  eine  Seitendrehung  sogar  im  Schlafe  als  eine 
wahre  Wohlthat. 

Krumme  Haltungen  sollen  also  auch  fernerhin  möglich 
bleiben.  Die  aufrechte  Haltung  muls  nur  in  einer  Weise  be- 
günstigt werden,  dafs  sie  dem  Kinde  zur  Buhe  wie  zur  Arbeit 
die  bequemste  ist.  Damit  wird  sie  auch  diejenige  werden^  die 
es  mit  Yorliebe  einnimmt.    Krumme  Haltungen  dürften  dann 


539 

seltenery  nnr  vorübergehend  und  in  häufig  wechselnden  Formen 
vorkommen,  dem  Kinde  jedenfalls  nicht  zur  Gewohnheit  werden 
und  auf  diese  Weise  auch  ihren  gesundheitsschädlichen  Einfiufs 
verlieren. 

Mit  allem  dem  ist  aber  erst  gesagt,  was  wir  in  hygie- 
nischer Beziehung  von  einer  Schulbank  verlangen  müssen. 
Nun  kommen  dazu  noch  eine  ganze  Reihe  pädagogischer 
und  technischer  Forderungen,  die  nicht  minder  Beachtung 
verdienen. 

Es  mufs  Vorsorge  getroffen  werden  für  eine  zweckmäfsige 
Unterbringung  der  Schulutensilien ;  es  muls  ferner  jeder  einzelne 
Schüler  von  seinem  Nachbarn  so  unabhängig  sein,  dafs  er 
ein-  und  austreten,  sich  setzen  oder  aufstehen,  ruhen  oder 
arbeiten  kann,  ohne  diesen  zu  belästigen ;  es  mufs  die  Schul- 
bank zu  allen  vorkommenden  Schularbeiten,  wie  Schreiben, 
Zeichnen,  Handarbeiten,  gleich  gut  geeignet  sein;  sie  muls 
eine  leichte,  tägliche  Reinigung  des  Fuisbodens  gestatten,  darf 
nicht  zu  niedrig  sein,  damit  Lehrer  und  Lehrerinnen  nicht 
am  Ende  vor  lauter  Bücken  selbst  buckelig  werden ;  es  müssen 
femer  die  beweglichen  Teile  derselben  geräuschlos  und  so 
funktionieren,  dafs  weder  Finger  noch  Kleider  sich  einklemmen 
können,  und  endlich  darf  eine  Schulbank  nicht  zu  viel  Platz 
beanspruchen,  mufis  sehr  solid  sein  und  sollte  möglichst  wenig 
kosten. 

Das  sind  sämtlich  alte  und  gewifs  sehr  berechtigte  For- 
derungen. Obschon  deren  Zahl  nicht  gering  ist,  so  mufs  ich 
ihnen  doch  noch  eine  neue  hinzufügen,  die  mir  von  aller- 
grölster  hygienischer  wie  pädagogischer  Wichtigkeit  zu  sein 
scheint,  die  Forderung  nämlich,  dafs  jeder  Sitzplatz  samt 
Tisch  für  jede  beliebige  Körpergröfse  passe. 

Die  Körperlänge  im  schulpflichtigen  Alter  bewegt  sich 
zwischen  90  und  175  cm.  Dementsprechend  werden  die 
meisten  bisherigen  Schulbanksysteme  in  5 — 8  Gröfsen  her- 
gestellt, so  dafs  im  günstigsten  Falle  auf  10  cm  Unterschied 
in  der  Körpergröfse  eine  Banknummer  kommt.  Da  wir  nun 
in  jeder  Klasse  solche  Unterschiede  von  20 — 30  cm  antreffen, 


540 

80  finden  in  der  Regel  drei  Terschiedene  Schnlbankgrölsen  dann 
Aufstellung.  Damit  glaubt  man  das  Notwendige  geleistet 
zu  haben. 

In  Wirklichkeit  verhält  es  sich  aber  ganz  anders.  Nicht 
sehr  selten  sitzen  gerade  die  kleinsten  Schüler  auf  den  grölsten 
Bänken.  Von  einer  sorgfältigen  Anpassung  ist  meistenteils 
keine  Rede.  Wo  werden  die  Kinder  halbjährlich  gemessen 
und  ihnen  die  entsprechenden  Banknummem  nach  MaJsgabe 
des  Wachstums  neu  zugewiesen?  Wo  werden  Bänke  um- 
getauscht, wenn  einmal  grofse,  mittlere  und  kleine  Schüler 
nicht  in  derselben  Proportion  auf  eine  Schulklasse  yerteilt  sind, 
wie  die  hier  aufgestellten  Bankgröfsen?  Wo  finden  wir  übe^ 
haupt  das  nötige  hygienische  Verständnis  und  den  guten  Willen 
der  Lehrerschaft  mit  der  Möglichkeit  einer  richtigen  Anpaasong 
der  Subsellien  in  einer  Schule  vereinigt?  GewiTs  in  höchst 
seltenen  Fällen.  Es  geht  damit,  wie  mit  vielem  anderen  auch. 
Die  Theorie  wird  als  richtig  anerkannt,  und  dabei  bleibt's. 
Die  Durchführung  in  praxi  ist  zu  umständlich  und  begegnet 
zu  vielen  Schwierigkeiten  aller  Art.  Das  wird  so  lange  so 
bleiben,  bis  wir  eine  Schulbank  besitzen,  welche  die  Bang* 
Ordnung  der  Schüler  von  der  Aufstellung  der  Tische  völlig 
unabhängig  macht,  welche  dem  Lehrer  gestattet,  seine  SohtÜer 
so  zu  setzen,  wie  es  der  Unterrichtszweck  erheischt,  und  wie 
er  beispielsweise  Kurzsichtige,  Schwerhörige  oder  auch  nur 
Unachtsame  setzen  mufs,  wenn  dieselben  von  seinem  Untenicht 
Nutzen  haben  sollen.  Kurz,  wir  brauchen  eine  Schulbank, 
die  sich  ganz  automatisch  jeder  Körpergröfse  anpafst. 

Das  sind  die  Grundsätze,  nach  welchen  meine  Schulbank 
^Simplex^  (D.  B.  P.)  konstruiert  wurde,  und  es  erübrigt  jetit 
nur  noch  zu  zeigen,  inwieweit  es  mir  gelungen  ist,  denselben 
gerecht  zu  werden. 

Als  solideste  und  gleichzeitig  auch  billigste  Form,  in 
welcher  sich  alle  Vorzüge  einer  Schulbank  am  besten  ve^ 
einigen  liefsen,  erwies  sich  diejenige,  welche  in  den  Abbil- 
dungen auf  Seite  541 — 543  dargestellt  ist. 

Die  Seitenteile  sind  aus  T-Eisen,  Bücherkasten,  Rücken* 


541 

lehn«,  Tisct  und  Sitz  d^egen  aus  Holz  angefertigt.  Daa 
Ganze  vird  dnroh  Sobraaben  zosammeDgehalten,  die  in  dem 
Eisen  festsitzen  und  sich  nicht  lookern  können.  Dnroli  diese 
Kombination  entsteht  ein  änfsenit  solides  und  stabilee  GiefUge. 
Fnkschwellen  fallen  dsbei  weg,  was  für  die  Klassenreimgnng 
Bowobl,  wie  für  den  freien  Verkehr  von  grofaem  Vorteil  ist. 


Beweglich  sind  Tisch-,  Sitz-  nnd  Fntsbrett,  und  zwar  Tiech- 
nod  Sitzbrett  fUr  jeden  einzelnen  Schüler  nnabhäDgig  tod  dem 
Tisch-  und  Sitzbrett  des  Naohham,  das  Fnfsbrett  dagegen  dient 
beiden  Insassen  eines  Tisches  gemeinsam.  Alle  Drehpunkte 
sind  niet-  nnd  nagelfest  mit  den  eisernen  Seitenteilen  verbunden, 
in  ihrer  gegenseitigen  Lage  also  absolot  unveränderlich,  so  dafs 
ein  anfälliges  „Arbeiten"  der  Holzbestandteile   ohne  jeglichen 


543 

Eioflnls  anf  den  BewegtuigsmecliBiiismiu  Ton  Tisch-,  Sitz-  und 
Fufsbrett  bleiben  mii&. 

Das  Sitzbrett  kann  zaräokgelegt  werden,  eineiseits  um 
dos  Stehen  and  G«ben  zwischen  Tisch  und  Bank  eil  er- 
leichtern, andererseits  damit  die  Zimmerreioigiuig   ohne  Dis- 


lokation  der  Tische    tot  sich    gehen  kann,  und   drittens  wol 
damit  Platz  erspart  wird. 

Das  FoTsbrett  ist  am  seine  Längsachse  bis  za  ISO"  dreh- 
bar und  kann,  wie  ans  den  Abbildungen  ersicbtliofa,  durch 
einfaches  Umklappen  von  einer  extremen  Stetlnag  znr  anderen 
in  zwei  verschiedene  Höhenlagen  gebracht  werden.  Id  der 
oberen  Lage  dient  es  den  kleinen  Sobülem,  in  der  unteren  den 


543 

mittleren,  w&hrand  die  ^oJsen  Schüler  zn  dem  {gleichen  Zwecke 
den  Fafeboden  benutzen. 

Die  wiohtigate  Neaernng,  welche  meine  Sohalbank  aufzu- 
weisen hat,  liegt  aber  in  der  Bew^liohkeit  des  Tisoh- 
brettea.  Diese  hat  einen  doppelten  Zweck.  Bs  soll  damit  der 
Bficherkasten  gefif&iet  oder  gesohloBsen,  dann  aber  auch,  was  die 
HanptBaohe  ist,  die  Bank  für  jede  beliebige  KörpergrOfse 


ohne  weiteres  verwendbar  gemacht  werden.  Ersteres 
geschieht,  indem  das  Brett  vom  gehoben  oder  gesenkt  wird, 
letzteres  dadarofa,  dafe  sich  das  Tischbrett  beim  Heranziehen 
desselben  gegen  den  Körper  des  Schülers,  dank  der  hinteren 
Führung  darch  einen  f  übrungsstab  und  der  vorderen  durch 
einen  Stützbogen,  in  gleichem  Malse  senkt,  wie  es  sich  der 
Bttckenlehne  nähert,  ohne  dabei  seine  Neigung  von  15°  zu 
verlieren.  Das  Anpassen  von  „Distanz"  uud  „Differenz"  geschieht 
hier  ein&ch   so,    dafs   der   Schreibende   das   Tischbrett  vom 


544 

etwas  hebt,  so  weit  gegen  sich  zieht,  bis  er  mit  den  Ellenbogen 
hinten  an  der  Rückenlehne  anstölst  nnd  es  dann  wieder  auf 
den  Bücherkasten  niederlüTst,  wodnrch  es  sich  von  selbst  in 
der  gegebenen  Lage  fixiert.  So  ist  in  einfachster  Weise  du 
erreicht,  was  wir  oben  gefordert  haben,  dais  die  „Distanz'' 
immer  gleich  der  „Differenz^  and  beide  gleich  der  Vorderarm- 
lange  des  Schreibenden  sein  müssen. 

Damit  nun  auch  Lehne  und  Sitz  eines  jeden  Tisches  f&r 
jede  Körpergröfse  passen,  mache  ich  erstere  so  hoch,  dals  sie 
dem  kleinsten  Schüler  noch  die  Schulterblätter  deckt,  und  den 
Sitz  so  breit,  dafs  er  ihm  beinahe  bis  in  die  Ejiiekehle  reicht- 
Dem  Erwachsenen  wird  in  der  gleichen  Bank  dann  immer 
noch  Vs  des  Rückens  und  Vs  der  Oberschenkel  gestützt,  and 
das  geaügt  Yollständig.  Infolge  dieser  Konstruktion  können 
Lehrer  und  Schüler  nebeneinander  in  der  gleichen  Bank  sitzen; 
beiden  wird  sie  sehr  gut  passen,  auch  wenn  der  Lehrer  50  cm 
dicker,  60  cm  langer  und  50  kg  schwerer  sein  sollte,  als  sein 
Zögling.  In  Schulen,  wo  abteilungsweiser  Unterricht  erteilt 
wird  und  yielleicht  das  gleiche  Schulzimmer  für  verschiedene 
Altersklassen  dienen  muls,  hat  diese  leichte  Accommodations- 
fUiigkeit  der  Subsellien  doppelten  Wert. 

Ich  glaube  nicht,  daCs  man  den  Ruf  nach  Steilschrift  je- 
mals hätte  ertönen  lassen,  wenn  unsere  Schulzimmer  mit  de^ 
artigen  Subsellien  ausgerüstet  gewesen  wären,  aber  nichtsdesto- 
weniger halte  ich  dafür,  man  sollte  das  eine  thun  und  das 
andere  nicht  lassen;  denn  die  Macht  der  Gewohnheit  an 
schlechte  Schreibhaltungen  ist  so  gewaltig,  dafs  kein  Mittel 
unbenutzt  gelassen  werden  darf,  welches  dieselbe  zu  bekämpfen 
geeignet  erscheint.  Als  ein  solches  muTs  die  Steilschrift  un- 
bedingt anerkannt  werden. 

Nun  noch  die  Frage,  ob  die  hier  für  Schrägschrift  ab 
richtig  bezeichneten  Dimensionen  der  Schultische  auch  ftir 
Steilschrift  passen.  Ich  glaube,  dieselbe  nach  meinen  bisherigen 
Erfahrungen  bejahen  zu  dürfen.  Die  Steilschrift  kommt  ledig" 
lieh  dadurch  zu  stände,  dals  bei  gerader  Mittenlage  des 
Schreibheftes    der    Oberarm    mehr    nach    innen    rotiert,    der 


545 

Vorderarm  snpiniert,  das  Handgelenk  mehr  einwärts  jElektiert 
nnd  so  den  beim  Schreibakt  thätigen  Fingergelenken  eine  der 
senkrechten  Schrift  entsprechende  Bewegungsrichtnng  gegeben 
wird.  Das  alles  geschieht  ohne  Abdnktion  des  Oberarmes, 
und  deswegen  sind  meine  Subsellien  für  beide  Schriftarten 
gleich  gut  yerwendbar. 

Wenn  wir  eine  Regel  anfstellen  wollten  für  die  Heft- 
lage, so  müiste  sie  lauten:  Gerade  Heftlage  ist  für 
Steil-  nnd  Schrägschrift  erforderlich.  Bei  Steil- 
schrift soll  die  Mitte,  bei  Schrägschrift  der  Anfang 
der  Schriftzeile  vor  der  Eörpermitte  liegen.  Ich 
halte  aber  anch  diese  Regel  für  überflüssig,  denn  bei  richtiger 
Dimensioniening  der  Schultische  werden  die  Schüler  die 
richtige  Heftlage  mit  der  Zeit  ganz  von  selbst  wählen. 

Die  ganze  Anleitung,  die  der  Lehrer  bei  Be- 
nutzung der  Schulbank  „Simplex^  zu  geben  hat, 
um  die  schlechten  Schreibhaltungen  zu  korrigieren, 
ist  also  die:  Man  erfasse  das  Tischbrett  vorn  und 
ziehe  es  so  weit  gegen  sich,  bis  man  mit  den  Ellen- 
bogen an  der  Rückenlehne  anstöfst.  Durch  diese  leichte 
und  einfache  Anpassung  der  neuen  Schulbank  an  die  Eörper- 
grölse  ihrer  Insassen  werden  wir  die  schlechten  Schreibhaltungen 
ebenso  erfolgreich  bekämpfen,  wie  es  uns  gelungen  ist,  durch 
die  „Reklination^  von  Lehne  und  Sitz  den  schlechten  Er- 
müdungshaltungen vorzubeugen. 


SehalretundheitspäegeVTI  35 


546 


Beitrag  cur  Belenchtnng  des  Krankheitsyerhaltens 

im  Kindesalter. 

Von 

Axel  Hebtel, 

kommunalem  Kreisarzt  in  Kopenhagen. 

Die  ausführlichen  Untersuchungen  über  den  Gesundheits- 
zustand der  Schulkinder,  welche  früher  in  Dänemark  und 
Schweden  angestellt  wurden,  sind  den  Lesern  dieser  ZeUsdiriß 
durch  ein  Referat  in  Jahrgang  1888,  N.  6,  S.  167  ff.,  bekannt 
Es  war  besonders  das  Verhältnis  zwischen  gesunden  und  kranken 
Kindern,  das  damals  erörtert  wurde.  Dabei  hatten  jedoch  nur 
einige  der  am  häufigsten  vorkommenden  chronischen  Leiden 
Berücksichtigung  gefunden,  die  akuten  Krankheiten  waren 
ganz  und  gar  übergangen,  und  ebenso  fehlten  yollständig  Er- 
läuterungen der  Krankheitsverhältnisse  aus  der  Zeit,  bevor  die 
Kinder  in  die  Schule  eintraten. 

Um  diese  Lücke  auszufüllen,  habe  ich  eine  Zusammenstellung 
sämtlicher  Kinder  unter  14  Jahren,  die  ich  innerhalb  eines 
zwanzigjährigen  Zeitraumes  als  Kommunalarzt  zu  Kopenhagen 
in  Behandlung  gehabt  habe,  unternommen.  Es  handelt  sich  im 
ganzen  um  3650  Individuen,  1729  Knaben  und  1921  Mädchen, 
alle  zu  dem  ärmsten  Teile  der  Arbeiterbevölkerung  gehörend.^ 
Eine  ähnliche  Untersuchung  hat  Dr.  Adsebsen  in  der  Poliklinik 
des  Marthaheims  in  Kopenhagen  ausgeführt  und  in  y^TJgeskrifi 
for  Idßger^  1893,  4  R.,  No.  17,  unter  dem  Titel:  „Beitrag  zu 
einer  Kränklichkeitsstatistik  des  Kindesalters'' 
veröffentlicht. 

Ein  kurzer  Auszug  aus  den  von  uns  gefundenen  B-esul- 
taten,    mit    den  Ergebnissen    der  früheren  Untersuchungen   in 


^  Die  vollständige  Arbeit  über  diesen  Gegenstand  mit  dasu  ge- 
hörenden Tabellen  findet  sich  in  der  medizinischen  Zeitschrift  „  ügeskrift 
for  lAßger"*  1893,  4  K.,  XXVIH,  No.  25  und  26. 


647 


Dänemark   und    Schweden   yerglichen,    dürfte    in    sohnlhygie- 
nisohen  Kreisen  Interesse  erregen. 

Die  Anzahl  der  Kranken  in  den   einzelnen  Altersklassen 
war  folgende: 


Geeamtsabl 

Kranke 

Kranke 

der 

Lttben^abr 

Knaben 

•/o 

Mädchen 

% 

kranken 
Kinder 

0-1 

248 

52,2 

227 

47,8 

476 

1-2 

204 

51,0 

195 

49,0 

399 

2-3 

145 

47,7 

159 

52,3 

304 

3—4 

140 

50,0 

140 

50,0 

280 

4-5 

117 

45,3 

141 

54,7 

258 

5-6 

110 

50,0 

111 

50,0 

221 

6-7 

96 

48,0 

104 

52,0 

200 

7-8 

110 

50,0 

109 

50,0 

219 

8-9 

106 

48,0 

115 

52,0 

221 

9-10 

105 

46,7 

120 

53,3 

225 

10-11 

95 

42,5 

114 

57,5 

209 

11—12 

74 

39,6 

113 

60,4 

187 

12-13 

71 

39,4 

108 

60,6 

179 

13—14 

63 

37,3 

105 

62,7 

168 

14—15 

45 

42,9 

60 

57,1 

105 

Die  gröfste  Zahl  kranker  Eander  fisind  sich  demnach,  wie 
die  letzte  Kolnmne  zeigt,  im  ersten  Lebensjahre.  Darauf  nimmt 
die  ZiJBPer  alljährlich  bis  zum  zurückgelegten  6.  Jahre  ab,  in 
welchem  das  Minimum  mit  200  erreicht  wird ;  diese  Abnahme 
igt  bei  weitem  stärker  als  die  natürliche  jährliche  Abnahme 
der  Kinder  in  der  Bevölkerung.  Mit  dem  Alter  von  7  Jahren 
tntt  eine  Steigerung  der  Morbidität  ein.  Die  Anzahl  der 
Kranken  hält  sich  dann  ziemlich  unverändert  um  220  herum 
bis  zum  10.  Lebensjahre,  wo  wiederum  ein  Sinken  der  Ejränk- 
li^hkeit,  und  zwar  bis  zu  187  im  12.  Lebensjahre,  stattfindet. 
In  den  dann  folgenden  Jahren  ist  die  Abnahme  gering;  sie 
entspridkt  ungefähr  der  alljährlich  stattfindenden  natürlichen 
y'enüadenmg    der    Kinder    durch   Absterben.      Am    tieften 

35* 


548 

sinkt  die  Morbiditätsknrve  im  14.  Lebensjahre,  offenbar  aus 
dem  Grande,  weil  alsdann  die  Kinder  ans  der  Schule  aus- 
treten und  znm  Teil  unter  veränderten  Verhältnissen  zu  leben 
anfangen. 

Das  erwähnte  Minimum  bei  den  Sechsjährigen,  das  auch 
Dr.  Adsebsen  bei  seinen  Untersuchungen  fand,  ist  so  ent- 
schieden und  scharf  ausgeprägt,  daJs  an  der  verhältnismälsig 
geringen  Kränklichkeit  um  diese  Zeit  kein  Zweifel  sein  kann. 
Die  in  dem  folgenden  Jahre  beträchtlich  ansteigende  Morbidität 
fkllt  mit  dem  Eintritte  der  Kinder  in  die  Schule  zusammen, 
da  bei  uns  die  Schulpflicht  für  die  Volksschüler  mit  dem 
zurückgelegten  7.  Jahre  beginnt.  Das  Fallen  der  Erkrankungs- 
ziffer, das  um  das  10.  Lebensjahr  eintritt,  wurde  auch  bei 
den  firüheren  Untersuchungen  konstatiert  und  beruht  auf  be- 
sonderen Entwickelungsverhältnissen.  Steigen  und  Fallen  der 
Krankheitsziffer  kann  übrigens  hier  nur  in  grolsen  Zügen  dar- 
gestellt werden,  da  wir  die  Anzahl  der  gesunden  Kinder  in 
den  entsprechenden  Altersklassen  nicht  kennen. 

Dagegen  können  wir  die  Morbidität  der  Geschlechter  auf 
den  verschiedenen  Altersstufen  genau  vergleichen.  Ln  ersten 
Lebensjahre  ist  die  Zahl  der  kranken  Knaben  ein  wenig 
gröfser  als  die  der  kranken  Mädchen.  In  den  folgenden  Jahren 
wechselt  sie,  doch  erscheint  die  Kränklichkeit  der  Mädchen 
jetzt  etwas  höher  als  diejenige  der  Knaben.  Erst  nach  dem 
7.  Lebensjahre  finden  wir  ein  völlig  regelmäfsiges  Übergewioht 
in  der  Anzahl  kranker  Mädchen,  so  dafs  nach  dem  11.  Jahre 
die  Mädchen  60%,  die  Knaben  40%  der  Kranken  ausmachen. 
Ln  allgemeinen  kann  man  also  sagen,  dais  bis  zum  Alter  von 
7  Jahren  nur  ein  sehr  geringer  Kränklichkeitsuntersohied 
zwischen  den  Knaben  und  Mädchen  besteht;  in  den  höheren 
Altersklassen  tritt  dagegen  dieser  Unterschied  zu  Ungunsten 
der  Mädchen  sehr  deutlich  hervor. 

Was  die  einzelnen  sowohl  akuten  als  chronischen  Krank- 
heiten jeder  Altersstufe  betrifft,  so  sind  dieselben  bis  zum 
7«  Lebensjahre  bei  Knaben  und  Mädchen  unge&hr  die  gleichen. 
Brust-   und    Darmkatarrhe   nebst   den    ansteckenden    Kinder- 


549 

kraobheiten,  wie  Masern,  Scharlaoh,  KenchliTiateD  ii.  s.  w., 
spielen  die  H&optrolle.  Von  den  chronischen  Krankheiten 
tritt  die  Skrofulöse  besonders  herror,  bei  den  Knaben  ein 
wenig  hAnfiger  als  bei  den  Mädchen.  Die  Anämie  erscheint 
in  diesen  Jahren  nnr  selten.  Nach  dem  7.  Lehensjahre  fängt 
aber  ein  merklicher  Unterschied  zwischen  den  beiden  Ge- 
sohlechtem sich  zn  zeigen  an,  indem  die  Blntarmut  jetzt  in 
grösserer  Hänfigkeit  anter  den  Mädchen  vorkommt.  Mit  jedem 
zmilokgelegten  Jahre  tritt  der  Unterschied  stärker  herror.  E!b 
ergibt  sich  dann,  dalä  die  Verschiedenheit  in  der  Zahl  kranker 
£nahen  und  Mädchen  so  gut  wie  aossohliefslich  auf  der  Anämie 
und  den  damit  in  Verbindung  atehenden  Leiden,  den  Kopf- 
schmerzen und  der  Kardialgie,  beruht.  Dies  wird  durch  eine 
Vergleichnng  sowohl  der  jüngeren  als  der  älteren  Altersklassen 
der  beiden  Gresohlechter  besonders  deutlich: 


Alle  ährigen  Krankheiten,  namentlich  Brost-  nnd  Darm- 
katarrhe, Keaohhosten,  Masern,  Scharlach,  bedingen  keinen 
wesentlichen  Unterschied  zwischen  den  G-eschlochtem,  weder  in 
den  jQngeren  noch  in  den  alteren  Lehensjahren ;  dabei  ist 
jedoch  zn  bemerken,  dafs  eine  besondere  üntersachnng  der 
ftackgratarerkrttmmnngen  und  der  Knrzsichtigkeit  nicht  vor- 
genonunen  wurde.  Nur  kleine  chirurgische  Leiden  kommen 
häufiger  hei  den  Knaben  als  hei  den  Mädchen  vor. 

Durch  unsere  Untersuchung  scheint  demnach  zum  ersten 
Male  festgestellt  zu  sein,  dals  der  Kräuklichkeitsunterschied 
zwischen  Knaben  und  Mädchen,  der  auch  hei  den  firUheren 


550 

Untersuchungen  gefunden  wurde,  erst  mit  dem  7.  Lebensjahre 
beginnt  und  von  der  Anämie  und  den  damit  verwandten  patho- 
logischen Zuständen  herrührt.  Es  beruht  dies  ohne  Zweifel  anf 
einer  physiologischen  Verschiedenheit  der  beiden  Geschlechter, 
die  mit  dem  7.  Jahre  noch  gering  erscheint,  aber  je  näher  dem 
Pubertätsalter,  desto  deutlicher  hervortritt.  Der  Nachweis  diessB 
Faktums  ist  für  eine  rationelle  Erziehung  der  Mädchen  von  hoher 
Bedeutung,  da  er  eine  verringerte  Widerstandsfähigkeit  der- 
selben denjenigen  Einflüssen  gegenüber  zeigt,  welche  erfahrungs- 
gemäis  die  Entwickelung  anämischer  Zustände  begünstigeiL 
Diese  verminderte  Resistenz  kann  um  so  weniger  angezweifelt 
werden,  als  es  sich  in  unserem  Falle  um  Kinder  der  Volks- 
schule handelt,  in  welcher  der  Unterricht  für  Knaben  und 
Mädchen  derselbe  ist. 

Es  dürfte  nun  von  Interesse  sein,  die  Krankheitsverhftlt- 
nisse  der  Jugend  mit  dem  physiologischen  Entwiokelungsgange 
derselben  zu  vergleichen,  wie  er  sich  in  der  Längen-  und 
Gewichtszunahme  während  der  verschiedenen  Altersperioden  zu 
erkennen  gibt.^ 

Das  erste  Lebensjahr  ist  bekanntlich  durch  eine  aufser- 
ordentlich  starke  Zunahme  des  Körpergewichtes  und  ebenso  der 
Körperlänge  gekennzeichnet.  In  den  folgenden  Jahren  nimmt 
dieses  Wachstum  alljährlich  an  Stärke  ab,  die  Entwickelung  bleibt 
aber  dennoch  lebhaft  und  kräftig.  Nach  dem  6.  Lebensjahre 
ist  der  jährliche  Zuwachs  an  Länge  und  Gewicht  ziemlich  der 
gleiche;  er  beträgt  für  die  dänischen  Kinder  jedes  Jahr  2  Zoll, 
bezw.  3  Pfund.  Im  11.  Lebensjahre  erscheint  das  Wachstum 
verhältnismäfsig  gering;  die  dänischen  Kinder  nehmen  am 
diese  Zeit  nur  1  Zoll  an  Körperlänge  zu.  Mit  dem  12.  Jahre 
aber  gewinnt  die  Entwickelung  wieder  einen  mächtigen 
Aufschwung  und  erreicht  ihre  gröfste  Stärke  im  Alter  von 
14 — 16  Jahren.     Nach  dem   17.  Lebensjahre  ist  das  Längen- 


*  Vergl.  Axel  Key,  Die  Pubertätsentwickelung  und  das 
Verhalten  derselben  zu  den  Krankheitserscheinungen  der 
Schuljugend.  Vortrag,  gehalten  auf  dem  internationalen  Ärztekongrefs 
in  Berlin. 


551 

Wachstum  nur  nnbeträohtlioli,  aber  die  Gewiclitsvennehrang 
bis  zum  19.  Jahre  bedeutend. 

Während  dieses  Verhalten  für  die  Knaben  gilt,  ist  es  ein 
wenig  anders  bei  den  Mädchen.  Nnr  bis  znm  10.  Jahre  er- 
weist sich  das  Wachstum  beider  Geschlechter  wesentlich  gleich. 
Während  dagegen  das  Minimum  der  Entwickelung  sich  bei 
den  Knaben  um  das  11.  Lebensjahr  findet,  tritt  dasselbe  bei 
den  Mädchen  durchschnittlich  ein  Jahr  früher  ein.  Danach 
&Dgt  aber  bei  diesen  eine  sehr  intensive  Entwickelung  an,  die 
ihr  Maximum  schon  im  12. — 14.  Jahre  erreicht  und  weit 
stärker  als  bei  den  Knaben  ist.  Die  Mädchen  übertreffen  die 
letzteren  jetzt  sowohl  an  Körperlänge  als  an  Körpergewicht, 
wogegen  bis  zu  diesem  Zeitpunkte  die  Knaben  durchgehends 
den  Mädchen  überlegen  waren.  Das  Längenwachstum  ist  bei 
den  letzteren  nach  dem  15.  Jahre  gering,  die  Zunahme  an 
Grewicht  dagegen  dauert  bis  zum  19.  Jahre  fort.  Kurz,  die 
Entwickelung  der  Mädchen  in  den  Pubertätsjahren  zeigt  sich 
weit  intensiver  als  diejenige  der  Knaben,  fängt  eher  an,  hört 
aber  dafür  auch  früher  auf. 

Vergleichen  wir  jetzt  die  Krankheits-  und  die  physio- 
logischen Entwickelungsverhältnisse,  so  ergibt  sich,  dals  be- 
stimmte, einander  entsprechende  Perioden  in  beiden  nach- 
gewiesen werden  können. 

Dem  ersten  Lebensjahre  ist  ein  sehr  starkes  Körper- 
wachstum und  ein  verhältnismäfsig  sehr  hohes  Krankenprozent 
eigentümlich.  Die  zweite  Periode  vom  1. — 6.  Jahre  zeigt 
eine  gleichmäfsig  abnehmende  Kränklichkeit,  bis  das  Minimum 
mit  dem  6.  Jahre  erreicht  wird.  Auch  in  der  physischen  Ent- 
wickelung gibt  sich  eine  dauernde  Abnahme  des  jährlichen 
Wachstums  zu  erkennen.  Es  besteht  kein  wesentlicher  unter- 
schied zwischen  beiden  Geschlechtern  hinsichtlich  der  Kränk- 
lichkeit. In  der  dritten  Periode  vom  7. — 10.  Lebensjahre 
ist  das  jährliche  Wachstum  ziemlich  konstant  und  erreicht  mit 
dem  10. — 11.  Jahre  sein  Minimum.  Diese  Periode  fängt  mit 
plötzlich  stark  zunehmender  Kränklichkeit  an,  die  von  Jahr 
zu  Jahr    steigt,    aber   beim   Übergang  in  die  nächste  Periode 


562 

mit  einem  Minimum  endet.  Zugleich  beginnt  ein  unterschied 
zwischen  den  Geschlechtern  hervorzutreten,  indem  die  Krftnk- 
lichkeit  bei  den  Mädcben  jedes  Jahr  grölser  wird.  Unter  den 
Krankheiten  fängt  die  Anämie  an,  einen  hervorragenden  Platz 
einzunehmen.  Die  vierte  Periode  vom  11. — 16.  Lebensjahre 
ist  durch  eine  starke  körperliche  Entwickelung  charakterisieii 
Gleich  zu  Anfang  steigt  die  Kränklichkeit  in  derselben, 
erreicht  ihr  Maximum  mit  dem  12. — 13.  Jahre  und  nimmt  als- 
dann bis  zum  Schluis  der  Periode  wieder  etwas  ab.  Hier  ist 
der  Unterschied  zwischen  den  Geschlechtem  stark  ausgesprochen, 
indem  die  Mädchen  eine  viel  lebhaftere  körperliche  Entwicke- 
lung und  gleichzeitig  ein  weit  höheres  Krankenprozent  als  die 
Knaben  aufweisen.  Diese  grölsere  Kränklichkeit  rührt  haupt- 
sächlich von  anämischen  Zuständen  her.  Nach  dem  Ab- 
schlufs  der  Pubertät  steigt  die  Kränklichkeit,  welche  in 
den  letzten  Jahren  etwas  vermindert  war,  wieder,  sowohl  bei 
den  Knaben  als  bei  den  Mädchen,  allein  die  Mädchen  behalten 
fortdauernd  die  höchsten  Krankenprozente. 

Der  Nachweis,  dafs  den  verschiedenen  Entwickelungs- 
perioden  im  Kindesalter  mehr  oder  minder  bestimmte  Krfink- 
lichkeitsperioden  entsprechen,  ist  gewiis  von  nicht  geringer 
Bedeutung.  Es  zeigt  sich  in  den  verschiedenen  Perioden  nicht 
nur  ein  Steigen  und  Fallen  der  Krankenziffer,  sondern  die 
einzelnen  Krankheiten  treten  auch  mit  verschiedener  Häufigkeit 
auf  und  drücken  dadurch  der  Periode  ein  bestimmtes  Gepräge 
auf.  Auiserdem  macht  sich  der  Einflufs  des  Geschlechtes  auf 
die  Kränklichkeit  immer  mehr  geltend,  je  älter  die  Kinder 
werden.  Dals  dieselbe  in  gewissen  Perioden  stärker  ist,  rührt 
von  einer  gröfseren  Neigung  zu  krankhaften  Zuständen  her, 
diese  Neigung  aber  beruht  wieder  auf  den  schädlichen  Faktoren^ 
die  auf  die  Kinder  einwirken.  In  den  ärmeren  Klassen  sind 
es  ungünstige  hygienische  Verhältnisse  und  mangelhafte  Er- 
nährung, welche  dabei  die  Hauptrolle  spielen ;  bei  den  Kindern 
der  besser  situierten  Stände  kommen  andere  nachteilige  Ver- 
hältnisse in  Betracht,  wie  eine  verzärtelnde,  weichliche  Er- 
ziehung, übertriebene  Ansprüche  an  die  geistige  Thätigkeit, 
von  den  Eltern  ererbte  nervöse  Konstitution  u.  s.  w. 


553 

Unsere  Aufgabe  wird  daher  sein,  durch  eine  yernünftige 
Erziehung  der  natürlichen  Disposition  entgegenzuarbeiten  und 
die  Momente,  deren  nachteiligen  Einfluis  wir  kennen,  so  viel 
als  möglich  yon  dem  Kinde  fem  zu  halten.  Da  die  Schule  in 
dem  Leben  desselben  eine  so  bedeutsame  Rolle  spielt,  so  ist  klar, 
welchen  hervorragenden  EinfluTs  die  Verteilung  und  Anord- 
nung des  Unterrichts,  die  Ansprüche,  welche  an  die  Schüler 
gestellt  werden,  und  der  ganze  äufsere  Apparat  der  Schul- 
einrichtungen auf  die  Gesundheit  und  körperliche  Entwickelung 
der  Jugend  haben  müssen.  Leibesübungen,  Spiele,  Aufenthalt 
in  freier  Luffc,  körperliche  Arbeit  sollten  einen  yiel  breiteren 
Raum  in  der  Erziehung  einnehmen,  als  es  bis  jetzt  der  Fall 
ist,  wenn  man  eine  gesunde  physische  Entwickelung  herbei- 
führen will.  Dais  die  Kränklichkeit  mit  jedem  Jahre  abnimmt, 
bis  das  Kind  in  die  Schule  eintritt,  die  Blutarmut  dagegen 
von  diesem  Zeitpunkte  an  immer  mehr  zunimmt,  sind  That- 
Sachen,  welche  volle  Beachtung  verdienen.  Andererseits  liegt 
in  dem  Nachweise  des  engen  Zusammenhanges  zwischen  den 
Bntwickelungsperioden  und  der  Kränklichkeit  eine  Warnung 
davor,  der  Schule  alle  Schuld  an  der  greisen  Morbidität  ihrer 
Zöglinge,  besonders  in  den  Pubertätsjahren,  beizumessen.  Hier 
machen  sich  viele  Einflüsse  geltend,  trotzdem  aber  mufs  ein 
rationeller  Lehrplan  auf  die  für  die  verschiedenen  Perioden 
konstatierte  Kränklichkeit  Rücksicht  nehmen. 

An  dieser  Stelle  darf  wohl  auf  die  von  Amerika  aus- 
gehende und  jetzt  auch  über  die  alte  Welt  sich  verbreitende 
Bewegung  hingewiesen  werden,  £[naben  und  Mädchen  nicht 
nur  in  den  unteren,  sondern  auch  in  den  oberen  Klassen  ge- 
meinschaftlich zu  unterrichten.  Die  weit  grölsere  Kränklichkeit 
der  Mädchen  aber,  die  hauptsächlich  den  Charakter  der  Anämie 
trägt,  beweist,  dais  diese  eine  geringere  Widerstandsfilhigkeit 
gegen  diejenigen  Momente  besitzen,  welche  erfahrungsgemäüs 
die  Entstehung  von  Blutmangel  begünstigen,  und  hierzu  gehört 
in  erster  Reihe  intensive  geistige  Arbeit.  Das  Verlangen 
nach  einem  für  beide  Greschlechter  gemeinsamen  Unterricht  ruht 
daher  auf  einer  irrationellen  Grundlage,   jedenfalls    so  lange. 


554 

als  die  ADsprüohe  so  grois  sind,  .  wie   in  den  jetzigen  Gym- 
nasien. 

Obgleich  mein  Untersuohnngsmaterial  nnr  Kinder  aus  den 
ärmsten  Klassen  nmfaist,  können  die  Resultate  doch  gewüs  aaeh 
auf  die  Kindei  der  höheren  Stände  übertragen  werden.  Die 
früher  mitgeteilten  dänischen  Untersuchungen  umfalsten  nämlich 
Kinder  aus  allen  Gresellschaftsklassen,  Kinder  aus  den  Städten 
und  Elinder  yom  Lande,  trotzdem  aber  wurde  bei  allen  gsni 
dieselbe  Bewegung  in  der  Kränklichkeit,  dasselbe  Steigen  und 
Fallen  gefunden,  wie  denn  auch  die  Feststellung  von  Länge 
und  Gewicht  dieselbe  Kurve  ergab.  Kleinere  Verschieden- 
heiten können  freilich  yorkommen,  das  Steigen  kann  etwas 
früher  oder  später  eintreten,  die  Hauptzüge  aber  bleiben  die 
gleichen.  Ich  glaube  daher,  dafs  die  Perioden,  die  in  der 
Entwickelung  und  Ejränklichkeit  der  Kinder  yon  mir  nach- 
gewiesen sind,  allgemeine  Gültigkeit  für  sämtliche  Kinder  besitzen. 


2.UB  Derfatrtmlnngen  itnb  Vereinen. 


Die  Schulhygiene. 

Vortrag, 
gehalten  auf  dem  V.  deutach-österreiohischen  Mittelschultage  in  Wien. 

Von 

Professor  Dr.  phil.  Gustav  Hbrqbl, 

Gymnasialdirektor  in  Aussig. 

Meine  Herren  I  Es  kann  nicht  meine  Aufgabe  sein,  hier 
mit  neuen  Vorschlägen  aufzutreten,  einmal,  weil  das  Gebiet 
der  Schulhygiene  viel  zu  grofs  ist,  um  die  einschlägigen 
Punkte  in  der  uns  zur  Verfügung  stehenden  Zeit  im  Detail 
zu  behandeln,  dann  aber  auch  deshalb,  weil  die  zahlreicheB 
Neuerungen  erst  einer  billigenden  Bestätigung  durch  die 
Praxis  bedürfen,  bevor  dieselben  als  Verbesserungen  angesehen 


565 

werden  können.  loh  will  mich  daher  darauf  beschränken, 
hlots  einen  Überblick  über  den  gegenwärtigen  Stand  dieser 
für  die  Zukunft  unseres  Volkes  so  wichtigen  Wissenschaft, 
die  ich  als  einen  integrierenden  Bestandteil  der  Nationalökonomie 
bezeichnen  möchte,  zu  bieten,  und  zwar  in  der  Weise,  daüs 
ich  versuche,  im  Geiste  das  durchzuführen,  dessen  praktische 
Bethätigung  Professor  Burgerstein  in  seiner  Gesundheitslehre 
(1887,  S.  84)  empfiehlt.  Demnach  schildere  ich  Ihnen  ein 
ideales  Schulgebäude  und  einen  idealen  Unterrichtsbetrieb,  wie 
ihn  die  gegenwärtigen  Bestrebungen  unserem  geistigen  Auge 
m  nicht  allzu  femer  Zeit  erscheinen  lassen,  und  bitte  Sie, 
mir  auf  diesem  Gange  freundlichst  zu  folgen,  stets  die  jetzigen 
Verhältnisse  zum  Vergleiche  heranziehend. 

In  der  Absicht  also,  aus  eigener  Anschauung  ein  den 
hygienischen  Anforderungen  vollkommen  entsprechendes  Schul- 
gebäude kennen  zu  lernen,  besuchen  wir  einen  Freund,  dessen 
Sohn  einer  nach  diesen  Principien  eingerichteten  Anstalt  als 
Schüler  angehört,  und  tragen  ihm  die  Bitte  vor,  uns  mit  dem 
Leiter  derselben  bekannt  zu  machen.  Erfreut  über  die  Sym- 
pathien, die  wir  allen  Neuerungen  auf  dem  Gebiete  der  Schul- 
hygiene entgegenbringen,  reicht  uns  unser  Freund,  währenofer 
8eine  Vorbereitungen  für  unsere  Begleitung  trifft,  ein  Büchlein  zur 
Durchsicht,  über  das  wir  nicht  wenig  erstaunt  sind.  Es  ist  betitelt: 
„Grundzüge  der  Gesundheitspflege  für  Schule  und 
Hau  8*^  und  repräsentiert  sich  schon  durch  sein  Aufseres  als 
ein  oft  zur  Hand  genommenes  Nachschlagebuch.  Auf  unsere 
Frage,  wie  solch  ein  Büchlein  auf  den  Familientisch  komme, 
wird  uns  die  Auskunft  zu  teil,  dafs  die  Eltern  eines  jeden 
Schülers  zugleich  mit  dessen  Eintritt  in  die  Anstalt  das- 
selbe käuflich  erwerben  müssen.  Übrigens  könne  nunmehr, 
seitdem  die  richtige  Erkenntnis  unter  den  Eltern  der  studierenden 
Jünglinge  platzgegriffen  habe,  bezüglich  der  Anschaffung  eines 
derartigen  Buches  von  einem  Zwange  nicht  mehr  die  Bede 
Bein,  da  man  in  jeder  Familie  das  ausgesprochene  Bedürfnis 
hege,  einen  wohlfeilen  Ratgeber  für  die  gesundheitlichen  Ver- 
hältnisse der  Mitglieder  zur  Hand    zu  haben  statt  der  bisher 


556 

vielfach  quacksalbernden  „populären*'  Darstellnngsweisen  der 
medizinisclien  Wissenschaft  in  der  Grestalt  eines  „Hausarztes"', 
einer  „Naturheilmethode"  u.  dgl. 

Wir  schlagen  das  Büchlein  auf  und  finden  daselbst  inter- 
essante, aufklärende  und  leicht  fafsliche  Mitteilungen  über  die  Be- 
dingungen einer  gesunden  Wohnung  (Lage,  Lüftung,  Heizuog, 
Beleuchtung,  Schlafräume)  und  weiter  über  die  Voraussetzungen 
einer  gedeihlichen  Entwickelung  des  zarten  Organismus  eines 
Kindes.     Wir  durchfliegen  die  Kapitel: 

1.  Ernährung:  einfache,  kräftige  Kost  zu  beatimmteD 
Stunden  des  Tages,  keine  Leckerbissen;  gutes  Trinkwasser, 
keine  geistigen  Getränke,  yon  Bier  und  Wein  wird  selbst  als 
Stärkungsmitteln  in  Krankheitsfällen  abgeraten. 

2.  Kleidung:  nicht  zu  warm,  nicht  beengend,  fireier  Hals, 
passendes  Schuhwerk,  kein  Korsett;  auf  trockene  FdlGse  mnis 
stets  gesehen  werden;  auch  der  altmodische,  aber  praktische 
Schulranzen  kommt  hier  gegenüber  dem  nicht  empfehlenswerten 
modernen  Bücherträger  zu  Ehren. 

3.  Beinlichkeit  am  Körper  und  in  der  Kleidung: 
häufiges  Baden  und  Schwimmen  wird  empfohlen ;  fbr  beides 
finden  wir  genaue  Yerhaltungsmafsregeln  nebst  speciellen  Yor- 
Schriften  für  das  Baden  in  ofiener  See  und  endlich  für  die 
Bettung  Ertrinkender.  Besondere  Aufmerksamkeit  muls  der 
Pflege  des  Haares,  der  Ohren  (Schwerhörigkeit,  Ohrenflofs)  und 
der  Zähne  gewidmet  werden;  gesunde  Zähne  sind  nicht  blois 
ein  Schmuck,  sie  sind  eine  der  Grundbedingungen  für  gute 
Verdauung  und  Ernährung;  die  speciellen  Vorschriften  zur 
Pflege  der  Zähne  enthalten  auch  ein  Rezept  für  ein  gutes 
Mundwasser. 

4.  Krankheiten.  Eingeleitet  wird  dieses  Kapitel  mit 
einem  Hinweis  auf  die  mannigfachen  Gefahren,  welche  den 
Kindern  im  gewöhnlichen  Leben  drohen  durch  unyorsichtiges 
Hantieren  mit  Feuer,  Schufswaffen,  giftigen  Farben,  farbigen 
Griffeln,  giftigem  Spielzeug,  selbst  giftigen  Christbaum- 
kerzen,  mit  gesundheitsschädliche  Dämpfe  erzeugendem  Feue^ 
werk,  durch  den  GenuTs  giftiger  Schwämme  oder  der  Früchte 


557 

giftiger  Pflanzen,  durch  Fliegenstiche  und  Schlangenbisse, 
durch  das  Trinken  ungekochter  Milch  (Typhus,  Scharlach, 
Tuberkulose),  durch  die  bei  Mädchen  öfter  zu  beobachtende 
Unsitte,  Kreide,  Haare,  Kaffeebohnen,  Zwiro,  Gummi,  Blei- 
stifte, Papier,  Zahnpasta  zu  kauen  und  dann  hinabzuschlucken, 
durch  das  Lesen  von  infizierten  Büchern,  das  Spielen  mit 
Tieren  (Wurmkrankheiten),  durch  die  Besichtigung  von  an- 
steckenden Leichen  und  die  Beteiligung  an  Begräbnissen 
solcher.  Gewamt  wird  auch  vor  dem  Einschläfern  kleiner 
Kinder  durch  Verabreichung   eines  Abgusses  von  Mohnsamen. 

Ein  besonderer  Abschnitt  ist  der  Behandlung  der 
Infektionskrankheiten  gewidmet:  Masern,  Scharlach, 
Typhus,  Blattern,  Schutzkraft  des  Impfens  und  Wiederimpfens, 
Schonung  bei  letzterem,  Diphtheritis,  Tuberkulose,  ägyptische 
Augenentzündung,  gewisse  Haarkrankheiten.  Die  Vorsichts- 
und Verhaltungsmafsregeln  bei  diesen  fi[rankheiten  (Isolierung  des 
Kranken,  Desinfektion  der  Kleider  und  Gebrauchsgegenstände, 
der  Wohnung  u.  s.  w.)  sind  wieder  in  übersichtlicher  Form 
zusammengestellt. 

Eine  Fülle  lehrreichen  Materials  enthält  weiterhin  das 
Kapitel  über  nicht  vollsinnige  Kinder  und  über  solche, 
welche  in  ihrer  körperlichen  oder  geistigen  Entwickelung  zurück- 
geblieben sind.  Zu  Beginn  desselben  wird  darauf  aufmerksam 
gemacht,  bei  den  häuslichen  Beschäftigungen  der  Jugend  stets 
auf  Schonung  der  Augen  und  gerade  Haltung  des  Köi-pers  zu 
sehen.  Vernachlässigung  der  hier  gestellten  Bedingungen 
(ruhiges,  nicht  grelles  Licht;  nicht  bei  Dämmerung,  nicht 
liegend  lesen;  Vorsicht  in  der  Wahl  der  Augengläser)  hat 
leicht  Entwickelung  von  Myopie,  Skoliose,  Kropfbildung  u.  a.  m. 
zur  Folge.  Femer  wird  auf  die  mannigfachen  Ursachen  der 
schwachen  Auäassungsgabe  der  Kinder  hingewiesen.  Es  wird 
hier  nicht  nur  der  schöne  Spruch:  „Gott  straft  die  Missethaten 
der  Väter  an  den  Kindern  bis  in  das  dritte  und  vierte  Glied  ** 
(Trunksucht)  erläutert,  sondern  auch  die  irrige  Ansicht  bekämpft, 
dftfs  alle  derartigen  Gebrechen  unheilbar  seien.  Abgesehen 
davon,    dals   vielfach    eine    solche    schwache    Auffassungsgabe 


558 

durch  operative  Eingriffe  beseitigt  werden  kann,  wobei  wir 
z.  B.  an  die  ausgedehnten  nachteiligen  Folgen  einer  durch 
adenoide  Wucherungen  behinderten  Nasenatmung,  an  einzebe 
Operationen  im  Gehörgange  denken  und  die  Kraniektomie  eben 
nur  erwähnen,  wird  auch  nachgewiesen,  wieviel  in  mancher  Be- 
ziehung Geduld  und  Energie  bei  Stotterern  und  Stammlern,  wieviel 
eine  liebevolle  Beschäftigung  mit  dem  Einzelnen  (Individualisie- 
rung) zu  bessern  vermag.  Bei  dieser  Gelegenheit  ist  zugleich 
auf  die  glänzenden  Resultate,  welche  durch  den  Aufenthalt  in 
Ferienkolonien  im  allgemeinen  und  in  Seehospizen 
insbesondere  (Khachitis,  Tuberkulose,  Blutarmut)  erzielt  wurden, 
hingewiesen  und  die  Bedeutung  von  Winterkuren  in  letzteren 
hervorgehoben.  Endlich  wird  den  Eltern  warm  ans  Herz 
gelegt,  verkrüppelte,  nicht  vollsinnige  (blinde,  taubstumme), 
epileptische  und  schwachsinnige  Kinder  nicht  sich  selbst  zu 
überlassen,  sondern  einer  der  für  solche  eigens  geschaffenen 
Anstalten  und  Hilfsschulen  anzuvertrauen,  indem  wir  auch 
einem  Hinweise  auf  die  hohe  sociale  Gefahr  begegnen,  die  durch 
die  Vernachlässigung  derartiger  Kinder  dem  Staate  droht 

5.  Vergnügungen.  Mit  Betonung  des  Grundsatzes: 
„Spiele,  nicht  Genüsse  erhalten  Kinder  heiter^  wird  gewarnt 
vor  dem  frühzeitigen  Besuche  von  Theatern,  Konzerten,  Tanz- 
gesellschaften, vor  Veranstaltung  von  Kinderbällen  und  ähn- 
lichen Hausunterhaltungen,  vor  dem  Rauchen  und  dem  über- 
mäfsigen  Biergenusse.  Auch  über  die  Schülerverbindungen  und 
das  Verbindungswesen  überhaupt  findet  sich  hier  der  Stab 
gebrochen.  Gewissenhafte  BeauiGsichtigung  der  Lektüre  der 
Kinder  wird  den  Eltern  zur  Pflicht  gemacht.  Es  wird  da^ 
gethan,  wie  mächtig  die  letzteren  die  gesunde  Entwickelung 
ihrer  Kinder  zu  fördern  vermögen  durch  strenge  Gewöhnnng 
an  eine  richtige  Zeiteinteilung  (ausgiebige  Nachtruhe)  nnd 
Zeitausnutzung  (Beschränkung  des  Privat-  und  Nachstnnden- 
unterrichtes,  der  Quelle  der  viel  erörterten  Überbürdung)  imd 
durch  eine  vernünftige  Wahl  der  Vergnügungen  für  die  Jugend, 
welche  vom  Elternhaus  aus  getroffen  werden  mois.  Die  Ver 
nachlässigung  dieser  Pflichten    äufsert   sich    zunächst   und  im 


569 

allgemeinen  in  dem,  was  man  mit  dem  Schlagworte  des 
19.  Jahrhunderts  als  „Nervosität''  bezeichnet,  und  führt  leider 
sogar  öfter  zu  Selbstmorden,  welche  dann  ebenso  gern  wie 
unbegründet  auf  einen  ungünstigen  Einfluis  von  Seiten  der 
Schule  zurückgeführt  werden.  Als  die  trefflichsten  Ver- 
gnügungen der  jungen  Welt  sind  nebst  den  Spielen  das  Turnen, 
Schlittschuhlaufen  und  Baden,  sowie  anderweitige  ausgiebige 
Bewegung  im  Freien   bezeichnet. 

Alles  das  finden  wir  in  einfache  Lebensregeln  kurz  zu- 
sammengefaist  in  den  beigeschlossenen  „Gesundheitsregeln''. 

Gerne  würden  wir  bei  dem  Buche  länger  yerweilen,  doch 
da  erscheint  unser  Freund,  und  wir  machen  uns  auf,  um  zu 
gehen.  Eine  kleine  Überraschung  wird  uns  aber  noch  bereitet. 
In  aller  Eile  holt  unser  Freund  aus  seinem  Schreibtische  drei 
gleiche  Büchlein  hervor,  von  denen  jedes  den  Namen  eines 
seiner  drei  Kinder  trägt.  Ein  solches  Heft  ist  gewissermafsen 
ein  Gesundheitsbuch,  das  einem  jeden  Schüler  beim  Eintritt 
in  den  Kindergarten,  bezw.  in  die  Schule  mitgegeben  wird  und 
von  den  Schulbehörden  von  amtswegen  fortgeführt  werden 
muis  bis  zum  Austritte  aus  der  Schule.  Keine  Privat-  oder 
öffentliche  Lehranstalt  welcher  Kategorie  immer  darf  einen 
Zögling  ohne  Beibringung  dieses  Gesundheitsbüchleins  auf- 
nehmen. Hier  finden  wir  Aufschlüsse  über  die  körperliche  und 
geistige  Entwickelung  des  Kindes  zugleich  mit  Kücksichtnahme 
auf  eine  etwaige  erbliche  Belastung.  Daher  bildet  die  erste 
Seite  dieses  Büchleins  der  Tauf-,  bezw.  Geburtsschein  und  das 
Impfzeugnis.  Auf  den  folgeuden  Seiten  werden  unter  Bestäti- 
gung des  Schularztes  und  des  Leiters  der  jeweiligen  Anstalt 
die  Resultate  einer  jedes  Halbjahr  vorgenommenen  Unter- 
suchung in  eine  Tabelle  mit  bestimmten  Rubriken  eingetragen; 
auch  die  psychischen  Zustände  finden  Berücksichtigung  und 
entsprechende  Würdigung.  Ferner  sind  hier  alle  Krankheiten, 
die  der  Inhaber  des  Büchleins  durchgemacht  hat,  mit  allen  für 
die  spätere  Zeit  etwa  wissenswerten  Erscheinungen  zuverlässig 
verzeichnet  nach  den  Angaben  des  den  Patienten  zur  Zeit  be- 
handelnden   Privatarztes.     Mit  hoher   Befriedigung    legen  wir 


560 

dieses  herrliche  curricnlum  yitae,  aas  dem  wir  auch  ersehen, 
dafs  das  schulpflichtige  Alter  erst  mit  dem  siehenten  Lebens- 
jahre beginnt,  aus  der  Hand  und  machen  uns  auf  den  Weg 
zur  Schule. 

Wir  entfliehen  dem  geräuschvollen  Treiben  der  Haupt- 
straisen  und  sind  noch  in  lebhaftem  Gespräche  über  die  vor- 
gelegten Musterbüchlein  vertieft,  da  bietet  sich  uns  ein  über- 
raschender Anblick.  Auf  einer  sanften  Höhe  liegt  in  einem 
wohlgepflegten  Garten  ein  grofsfenstriges  zweistöckiges 
Gebäude,  kein  Schulpalast,  aber,  wie  wir  auf  den  ersten 
Blick  sehen,  reichlich  ausgestattet  mit  Luft  und  Licht.  Über 
eine  leicht  ansteigende  gedeckte  Kampe  treten  wir  in  ein 
luftiges,  wohl  durchwärmtes  Vestibül;  doch  wir 
empfinden  nicht  die  Trockenheit  einer  Luftheizung  und  freuen 
uns,  die  Richtigkeit  unseres  subjektiven  Gefühles  bestätigt  zu 
finden  durch  die  Mitteilung,  dais  das  ganze  Gebäude  mit  einer 
Niederdruckdampf  warm  Wasser  Inf  th  ei  zung  ausgestattet 
sei.  Unsere  Frage,  ob  die  auch  an  schulfreien  Tagen  in  Ver- 
wendung stehenden  Lokalitäten  nebenbei  noch  eine  Ofen- 
heizung besitzen,  wird  mit  der  Begründung  verneint,  da£s  an 
solchen  Tagen  auch  die  alsdann  von  den  Schülern  unbenutzten 
Räumlichkeiten  der  besseren  Ventilation  halber  und  damit  sie 
nicht  allzu  sehr  auskühlen,  von  der  Centralstelle  aus  geheizt 
werden.  Wir  drücken  nun  unsere  Verwunderung  aus  über  die 
Raumverschwendung  in  der  Anlage  des  Vestibüls,  werden  aber 
dahin  aufgeklärt,  dais  ja  von  hier  aus  die  Treppen  und  Gänge 
den  grölsten  Teil  ihrer  Luft  erhielten  und  dafs  überdies 
dieser  Raum  bei  ungünstigem  Wetter  ein  Zufluchtsort  für  jene 
Schüler  sei,  die,  aus  entfernteren  Stadtteilen  kommend,  hier 
warten  müssen,  bis  die  Klassen  geöffnet  werden. 

Von  hier  aus  führen  auf  beiden  Seiten  breite,  niedrige, 
sanft  ansteigende,  hell  beleuchtete  Steintreppen, 
deren  Wangen  bis  zur  Höhe  von  1,2  m  mit  emaillierten  Platten 
verkleidet  sind,  in  die  beiden  oberen  Stockwerke  und  mehrere 
nach  aufsen  aufschlagende  Thüren  in  die  Parterre- 
lokalitäten.     Der   mangelnden    Elasticität    der   Steinstufen   ist 


561 

doroh  Belag  mit  Linoleum  abgeholfen,  jede  Winkel- 
st ufe  ist  vermieden,  auf  je  dreifsig  Stufen  entfällt  ein 
Buheplatz  (Podest),  und  auf  beiden  Seiten  sind  in  der 
Höhe  von  nicht  ganz  einem  Meter  Geländer  derart  angebracht, 
dafs  die  Schüler  auf  denselben  nicht  herabgleiten  können. 
Das  Vestibül  ist,  so  wie  die  Gänge,  mit  Steinfliesen  belegt, 
die    Zimmer   selbst  haben   einen    Fufsboden    aus   hartem 

Holz,  welcher  jährlich  einmal  mit  heiisem  FimiTsöl  getränkt  wird. 

(Fortsetzung  in  No.  11.) 


Die  erste  Versammlnng  des  Berliner  Vereins 
ftr  gesundheitsgem&fse   Erziehung  der  Jugend. 

Von 

0.  Jank£, 

stadtischem  Lehrer  in  Berlin. 

Der  „Verein  für  gesundheitsgemälse  Erziehung  der 
Jugend^  begann  seine  Thätigkeit  mit  einer  öffentlichen  Ver- 
sammlung, welche  im  Bürgersaale  des  Bathauses  stattfand  und 
von  etwa  150  Damen  und  Herren  besucht  war. 

Der  erste  Vorsitzende,  Direktor  Professor  Dr.  Schwalbe,^ 
eröffnete  die  Versammlung  mit  einer  kurzen  Darlegung  der 
Bestrebungen  des  Vereins,  betonend,  dals  es  Aufgabe  aller 
derjenigen  sei,  denen  das  Gedeihen  der  Jugend  am  Herzen 
liege,  an  dem  begonnenen  Werke  mitzuarbeiten;  Eltern,  Ärzte 
und  Lehrer  müfsten  in  erster  Beibe  sich  beteiligen.  Der 
Verein  gedenke  sein  Augenmerk  zunächst  auf  die  Hygiene 
des  Kindes  im  Torschulpflichtigen  Alter  zu  richten,  weil  er  der 
Meinung  sei,  dafs  das,  was  in  dieser  Zeit  in  der  Familien- 
erziehung gesündigt  werde,  den  gröfsten  Schaden  für  Schule 
und  Unterricht  bringen  müsse.  Während  der  Schulzeit  werde 
es    darauf   ankommen,    alle  Einrichtungen  der  Schule  zu  ver- 


*  Unser  Mitarbeiter.    D.  Red. 

Schmlgeiimdheitspflege  VII.  36 


562 

ToUkommnen.  Aufgabe  der  Baumeister,  Ingenieure  u.  6.  w.  sei  es, 
für  technische  Verbesserungen  zu  sorgen ;  Sache  der  Lehrer  werde 
es  sein,  die  hygienischen  Forderungen  zu  beachten,  bezw.  deieii 
Erfüllung  zu  überwachen ;  den  Ärzten  werde  die  wichtige  Auf- 
gabe zufallen,  die  Verbindung  zwischen  Haus  und  Schule  he^ 
zustellen  und  zu  pflegen. 

Nach  diesen  mit  Beifall  aufgenommenen  AusfühmngeD 
nahm  Professor  Dr.  Angerstein  das  Wort  zu  seinem  Vor- 
trage: „Über  Schäden  und  Mängel  in  der  Erziehung 
unserer  Jugend*'.  Er  führte  aus,  dab  das  lichte  Hellss, 
in  welchem  man  nicht  ein  schönes  Gesicht,  sondern  eise 
schöne  Gestalt,  einen  gesunden,  kräftigen  Körper  und  Greist 
verlangte,  unser  Ideal  werden  müsse.  Am  meisten  wird  ge- 
sündigt in  der  Ernährung,  in  der  Kleidung,  in  der  Haut- 
pflege und  in  der  zweckmäisigen  Muskelbethätigung.  Während 
in  der  Schule  die  hygienischen  Verhältnisse  sich  ziemUch 
günstig  gestaltet  haben,  lassen  diese  Zustände  in  der  Familie 
noch  vieles  zu  wünschen  übrig.  Hiergegen  hilft  nichts  weiter 
als  Aufklärung,  als  eine  oflFene  Darlegung  der  Mifsstände  und 
sodann  die  frische  Arbeit  zur  Beseitigung  der  letzteren.  Der 
Redner  empfiehlt  dem  neuen  Vereine,  vor  allen  Dingen  auf 
die  Pflege  des  Badens,  Schwimmens,  Turnens,  Spielens  im 
Freien  und  des  Schlittschuhlaufens  hinzuwirken.  (Lebhafter 
Beifall.) 

Lehrer  Siegert^  teilte  sodann  mit,  dalis  der  Verein  seine 
Arbeit  sogleich  mit  der  Förderung  des  Eislaufes  bei  der 
Jugend  beginnen  werde.  Dazu  seien  vor  allen  Dingen  ScUitt- 
schuhe  für  unsere  ärmeren  Kinder  nötig.  Der  Verein  gedenke 
in  nächster  Zeit  einen  Aufruf  zu  erlassen,  in  welchem  um  Über- 
lassung von  solchen  gebeten  werde;  auch  werde  er  Mittel  zn 
beschaffen  suchen,  um  möglichst  vielen  Kindern  freien  oder 
ermäfsigten  Eintritt  auf  den  Eisbahnen  zu  verschaffen. 

Der  Verein  zählte  in  den  ersten  drei  Monaten  seines 
Bestehens  bereits  über  150  Mitglieder. 

^  Unser  Mitarbeiter.    D.  B. 


563 


Über  die  Verbreitmig  der  Impfting  und  Wiederimpfung 

unter  den  franzSsisehen  Schnlkindern. 

Berieht,  erstattet  in  der  Pariser  Akademie  der  Medizin. 

In  einer  der  letzten  Sitzungen  der  Pariser  Akademie  der 
Medizin  führte,  wie  „La  iV.  nUd,  Beige""  mitteilt,  Herr  Heryieux 
die  öffentlichen  und  privaten  Lehrer  and  Lehrerinnen  an,  die  am 
meisten  zur  Yerhreitnng  der  Yaccination  in  den  Schulen  heigetragen 
hatten.  Sein  Bericht  umfafste  1.  die  Resultate,  welche  durch  die 
erste  Anwendung  des  Ministerialerlasses,  betreffend  die  ftlr  die 
Förderung  der  Impfung  angesetzten  Belohnungen,  gewonnen  waren; 
2.  die  Desiderata  dieser  Anwendung ;  3.  die  beträchtlichen  Vorteile, 
welche  man  aus  einer  strengen  Durchführung  der  ministeriellen 
Yerfftguiig  zu  ziehen  vermöchte. 

Was  zunächst  die  Resultate  betrifft,  so  hatten  eine  grofse  Zahl 
von  Lehrern  und  Lehrerinnen  bedeutende  Anstrengungen  gemacht, 
um  den  Widerstand  zu  besiegen,  den  die  Gleichgttltigkeit,  die 
Unwissenheit,  die  Sorglosigkeit,  die  Vorurteile  u.  s.  w.  den  Impfungen 
und  besonders  den  Wiederimpfungen  entgegenstellten. 

Was  die  Desiderata  anlangt,  so  ist  die  zu  geringe  Zahl  von 
Yaccinationen  anzufahren,  die  dem  Minister  durch  die  Präfekten 
gemeldet  wurden.  Einige  Departements  haben  überhaupt  keine 
Meldung  eingeschickt.  Mit  Ausnahme  eines  einzigen,  welcher 
sowohl  öffentliche  wie  private  Lehrer  und  Lehrerinnen  für  die  aus- 
gesetzten Belohnungen  vorschlug,  erwähnen  alle  übrigen  Departements 
nur  diejenigen  ünterrichtskräfte,  die  an  öffentlichen  Schulen 
angestellt  sind,  oder,  wenn  sie  auch  die  übrigen  anfahren,  so  unter- 
lassen sie,  dieselben  als  Privatlehrer  zu  bezeichnen. 

Trotzdem  hat  das  Cirkular  des  Ministers  manchen  Nutzen 
gestiftet.  Durch  seine  Anwendung  ist  festgestellt  worden,  1.  dafs 
in  der  gro&en  Mehrzahl  der  Eommunalschulen  die  Kinder  weder 
geimpft  noch  wiedergeimpft  sind ;  2.  dafs  die  Anzahl  der  ärztlichen 
Schulinspektoren  nicht  genügt;  3.  dafs,  da  auf  dem  Lande  die 
Unentgeltlichkeit  der  Impfung  unabweislich  gefordert  werden  mufs, 
will  man  anders  jeden  Widerstand  gegen  diese  überwinden,  die 
Impfkosten  auf  die  Gemeindekassen  zu  übernehmen  sind;  4.  dafs  die 
ministeriellen  Verordnungen,  insofern  sie  die  Überwachung  der 
öffentlichen  und  der  Privatschulen  fordern,  zur  DurchftQirung  der 
hygienischen  Forderungen  in  denselben  beitragen  werden. 


36* 


564 


ftleittere  Jttttetlniisen* 


P&dagogisck-psychometrische  Hessungen  sind  voiiR.Kellsr 
in  Winterthar  an  einem  vierzehigährigen  Schttler  angestellt  and 
die  Resultate  im  „Biolog,  CentralbL^  veröffentlicht  worden.  Die 
Ermüdung  ist  die  Folge  eines  chemischen  Vorganges,  dnrch  welchen 
die  Zusammensetzung  des  Blutes  beeinflulst  wird.  Daher  macht 
sich  dieselbe  nicht  blofs  an  demjenigen  Organen  geltend,  dnrch  deren 
Thätigkeit  sie  hervorgerufen  wird,  sondern  sie  ist  allgemeiner  Katar 
und  betrifft  auch  diejenigen  Körperteile,  welche  nicht  gearbeitet 
haben.  Aus  diesem  Grunde  l&fst  sich  die  infolge  psychischer 
Th&tigkeit  entstandene  Ermüdung  durch  die  Ermüdungskurve  der 
Muskeln  nachweisen.  Der  Verfasser  hat  diesen  Nachweis  mit  dem 
Mossoschen  Ergographen  geführt.  Letzterer  besteht  aus  zwei 
Teilen,  einem,  welcher  die  Hand  vermittelst  Schienen  in  einer 
bestünmten  Lage  festhält,  und  einem  anderen,  welcher  die  Kon- 
traktionen des  Mittelfingers,  die  der  zu  Untersuchende,  solange  er 
kann,  hintereinander  ausführen  muls,  auf  einem  rotierenden  ranch- 
geschwärzten Gylinder  aufzeichnet.  Bei  den  ersten  Experimentreiheo 
Kellers  bestand  die  geistige  Th&tigkeit  des  Versuchsschülers  m  den 
psychischen  Prozessen,  welche  sich  beim  möglichst  schnellen  Lesen 
deutscher,  in  Antiqua  gedruckter  Wörter  abq)ielen.  Am 
zweiten  Gliede  des  rechten  Mittelfingers  wurde  demselben  nach  dem 
Lesen  eine  Schnur  mit  Gewicht  befestigt,  und  der  Finger  hatte,  indem 
er  sich  nach  dem  Takte  eines  Metronoms  jede  Sekunde  beugte. 
2  Kilogramm  zu  heben.  Beim  ersten  Versuche  waren  die  Mnskeh 
nach  63  Kontraktionen  vollständig  ermüdet.  Die  63  auf  dem 
rotierenden  Cylinder  aufgezeichneten  Mafsstriche,  welche  angeben, 
wie  hoch  das  Gewicht  gehoben  wurde,  besafsen  zusammen  eine  Höhe 
von  488,8  mm.  Die  Beugemuskeln  des  Fingers  hatten  also  bis 
zur  Erschöpfung  eine  Arbeit  von  0,9776  Kilogramnmietem  geleistet. 
Nun  wurden  in  acht  rasch  aufeinanderfolgenden  Serien  1386 
Wörter  gelesen.  Die  Zeit,  welche  im  Mittel  für  die  Erkennung 
und  Benennung  eines  Wortes  nötig  war,  betrug  0,3515  Sekunden, 
für  die  Silbe  0,184  Sekunden.  Eine  Ermüdung,  die  sich  in  einer 
Verlangsamung  der  psychischen  Vorgänge  verraten  hätte,  war 
während  dieser  acht  Versuchsreihen  nicht  wahrzunehmen.  Nach 
dieser  zweiten  Leseprobe  wurde  in  gleicher  Weise  wie  vorher  die 
Ermüdungskurve  der  Annmuskeln  bestimmt.     Nunmehr  leisteten  die 


565 

Benger  des  rechten  Mittelfingers  bis  znr  Erschöpfung  eine  Arbeit 
Ton  1,491  Küogrammmetem.  Nach  kurzer  Zeit  begann  eine  dritte 
Leseprobe;  es  wurden  in  drei  Serien  1257  Wörter  gelesen.  Auch 
jetzt  war  von  einer  Yerlangsamnng  der  psychischen  Thätigkeit 
nichts  zn  bemerken.  Die  darauf  vorgenommene  ergographische 
Messung  ergab  eine  Arbeitsleistung  von  1,8632  Eilogranunmetem. 
Letztere  war  also  gegenüber  der  beim  ersten  Versuche  gefundenen 
fast  verdoppelt.  Nach  kurzer  Pause  las  der  Schüler  zum  vierten 
Male,  und  zwar  425  Wörter  nebst  150  ein-  und  zweistelligen 
Zahlen.  Auch  hierbei  war  noch  keine  Ermüdung  des  Gehirns  nach- 
zuweisen. Bei  der  jetzt  vorgenommenen  ergographischen  Bestimmung 
erwies  sich  die  Zahl  der  ausgelösten  Eontraktionen  grö&er,  als  bei 
den  vorangegangenen  Aufzeichnungen,  aber  die  Gesamtlänge  der 
Mafsstriche  betrug  nur  noch  0,6495  Meter  und  die  geleistete  Arbeit 
somit  blofs  1,299  Eilogrammmeter.  Nach  einer  fünfviertelstündigen 
Pause  wurde  wieder  eine  Ermüdungskurve  aufgeschrieben.  Nunmehr 
zeigte  sich  die  Zahl  der  Kontraktionen  erheblich  vermindert,  und 
die  bis  zur  Erschöpfong  geleistete  Arbeit  betrug  nur  noch  0,817 
Eilogrammmeter;  sie  war  also  kleiner  als  vor  zwei  Stunden  zu 
Beginn  der  Versuche.  Das  Resultat  der  ergographischen  Messungen 
ist  also  folgendes:  Die  geistige  Arbeit  vermehrt  zunächst 
die  Leistungsfähigkeit  der  Muskeln  bis  auf  das  Doppelte. 
Dieser  Zeitpunkt  war  nach  50  Minuten  erreicht.  Dann 
sank  die  Leistungsfähigkeit,  und  zwar  verriet  sich 
der  Zustand  der  Ermüdung  sehr  deutlich  trotz  einer 
mehr  als  einstündigen  Pause.  Eine  Heihe  weiterer  Versuche 
zeigten  im  Princip  denselben  Verlauf  wie  die  ersten:  Steigen  und 
Fallen  der  Leistungsfähigkeit  während  der  Arbeit,  starke  Nach- 
wirkung der  Ermüdung  während  der  Ruhe.  Femer  ergab  sich, 
dafs  die  anhaltende,  wenn  auch  nur  relativ  kurz 
dauernde  Arbeit  des  Gehirns  den  Zustand  starker 
Ermüdung  viel  schneller  herbeiführt,  als  die  gleiche 
Arbeit  von  gleicher  Dauer,  sobald  sie  durch  kurze 
Momente  der  Ruhe  unterbrochen  wird.  Durch  eine  weitere 
Versuchsreihe,  wobei  der  Versuchsschüler  Sätze  in  lateinischer 
Sprache  zu  lesen  hatte,  suchte  Dr.  Eelleb  nachzuweisen,  dals 
es  anf  ergographischem  Wege  möglich  ist,  nicht  blofs  quantitative 
Unterschiede  der  Belastung  durch  eine  bestimmte  geistige  Arbeit, 
sondern  auch  qualitative  Differenzen  nachzuweisen.  Hierbei  fand 
sich  zunächst,  dafs  die  Zeit  zum  Erkennen  und  Wiedergeben  des 
Lateinischen  für  das  Wort  um  54  Prozent,  für  die  Silbe  um 
30  Prozent  gröCser  war  im  Verhältnis  zu  den  gleichen  psychischen 
Vorgängen  bei  dem  Lesen  von  deutschen  Sätzen.     Offenbar  wurden 


566 

die  lateinischen  Worte  langsamer  and  mtthevoller  apperzipiert.  Diese 
schwierigere  Apperception  aber  bewirkt  eine  stärkere  Ermüdimg. 
Daher  erreichte  die  ErmttdnngskarTe  beim  Lesen  des 
Lateinischen  schneller  ihren  Gipfel  and  fiel  steiler  ab. 
Verfasser  hat  dann  in  einer  weiteren  Reihe  yon  Yersachen  sein 
Angenmerk  aaf  ein  anderes  Gebiet  der  Schnlthätigkeit  gerichtet,  auf 
das  Singen.  Ans  seinen  ergographischen  Kurven  geht  hervor,  dafe 
diese  Thätigkeit  mit  einer  starken  Yerminderang  der  Leistungs- 
fähigkeit einhergeht.  Aach  der  EinfluCs  des  Tnrnens  anf  die 
Ermüdang  wnrde  ergographisch  festgestellt.  Die  tamerische  Übung 
bestand  in  Bewegangen  des  Rampfes  and  der  anteren  Extremitfttea 
and  danerte  jedesmal  20  Minaten,  nnterbrochen  von  kleinen  Pansen 
znr  Erläaterung  der  Übnng.  Der  SchtQer  tarnte  zanächst 
20  Minuten  and  hatte  dann  eine  einstflndige  Pause,  auf  welche 
wieder  20  Minuten  lang  Tumübangen  folgten.  Unmittelbar  daran 
schlofs  sich  geistige  Arbeit,  bestehend  in  schnellem  Lesen  dentscher 
Wörter.  Die  Zeitwerte  pro  Wort  and  Silbe  waren  hierbei  um 
15  Prozent,  bezw.  14  Prozent  grölser,  als  die  früher  bestimmten 
Mittelwerte  für  das  Lesen  eines  deutschen  Wortes.  Die  Ermüdungs- 
korve  nach  Beendigang  der  tnmerischen  Übnngen  gestaltete  sich  in 
nachstehender  Weise:  Bis  znr  Leistungsanföhigkeit  der  Beager  des 
Mittelfingers  konnten  nar  55  Eontraktionen  ausgeführt  werden. 
Die  geleistete  Arbeit  betrug  blofs  0,3016  Kilogrammmeter.  Durch 
das  Lesen  wurde  zanächst  eine  Erregang  bewirkt,  und  die  Kurve 
zeigte  eine  Vermehrung  der  Arbeitsleistung.  Bald  aber  trat  ebe 
bedeutende  Abspannung  ein,  welche  anch  nach  einst&ndiger  Pause 
noch  so  stark  war,  dafs  die  Leistnngsfähigkeit  nar  0,2808  Kilo- 
grammmeter betrug.  Es  bedarfte  einer  weiteren  Stande  völliger 
Rahe,  um  den  Zustand  wieder  za  erzielen,  der  vor  den  Turn- 
übungen nachgewiesen  war.  In  nnserem  Falle  wnrde  also 
die  geistige  Arbeit  darch  die  vorangegangene  körper- 
liche Thätigkeit  bedeutend  beeinträchtigt. 

Die  Eorrektnrlast  der  Lehrer.    In  dem  „i%ü2.  WoMV 

teilt  ein  Gymnasiallehrer  die  Summe  der  von  ihm  im  Lanfe  eines 
Jahres  gelieferten  Korrekturarbeit  mit.  Derselbe  anterrichtete  im 
letzten  Schu^ahre  aofser  in  einigen  Nebenfächern,  die  hier  nicht  in 
Betracht  kommen,  Dentsch  in  Prima,  Deutsch  und  Lateinisch  in 
Untersekunda,  Dentsch,  Lateinisch,  sowie  Gesciiichte  und  Geographie 
in  Obertertia.  Die  Prima  nmfaiste  45,  die  ünterseknnda  24,  bezw. 
23,  die  Obertertia  15  Schüler.  Das  Schülermaterial  stand  an  Be- 
gabung and  namentlich  an  Förderang  durch  das  Eitemhans  nicht 
ganz  unbeträchtlich  hinter  denjenigen  anderer  Anstalten  zurück,  an 
Fleifs  and  gatem  Willen  wohl  etwas  über  dem  Darchschnitt.    Die 


567 

Folge  davon  war  nicht  selten  eine  mehr  extensive  als  intensive  Arbeit, 
welche  durch  Quantität  die  Qualität  zu  ersetzen  suchte.  Das  Gros 
aber  lieferte  im  Vergleich  mit  den  Schülern  normaler  Gymnasien 
2.  B.  in  den  deutschen  Aufsätzen  der  Oberstufe  eher  kürzere  als 
längere  Arbeiten.  Trotzdem  ergab  eine  Zusammenstellung  der  ge- 
leisteten Korrekturen  folgende  Zahlen.  Obertertia:  Deutsch  (9  Auf- 
sätze, worunter  2  Klassenarbeiten)  1136  Seiten;  Latein  (9  Exer- 
citien,  9  Extemporalien  und  2  Klassenübersetzungen)  1099  Seiten; 
kleine  Ausarbeitungen  (eigentlich  je  4  in  Geschichte,  Geographie, 
Deutsch  und  Latein,  doch  in  Wirklichkeit,  da  5  von  einem  Probe- 
kandidaten übernommen  wurden,  zusammen  nur  11)  330  Seiten,  in 
Summa  2565  Seiten.  Untersekunda:  Deutsch  (10  Aufsätze, 
worunter  2  Klassenarbeiten  und  1  Probearbeit  für  die  Abschlufe- 
prüfnng)  2448  Seiten;  Latein  (8  Exercitien,  9  Extemporalien, 
2  Klassenübersetzungen  und  1  Probearbeit)  1756  Seiten;  kleine 
Ausarbeitungen  (je  3  in  Latein  und  Deutsch)  276  Seiten,  in  Summa 
4480  Seiten.  Prima:  Deutsch  (6  häusliche  und  2  Klassenaufsätze, 
sowie  eine  freiere  metrische  Arbeit)  579  Seiten.  Das  ergibt  als 
Summa  Summarum  7624  Seiten.  Hierzu  kam  noch  die  Durchsicht 
der  Prüfungsarbeiten  bei  der  Abschlufsprüfung  in  3  anderen  Fächern 
—  ein  Abiturientenexamen  fand  in  dem  Schuljahre  ausnahmsweise 
nicht  statt  — ,  femer  die  Korrektur  der  Arbeiten  eines  schon  zu 
Michaelis  abgegangenen  Sekundaners,  die  mit  etwa  88  Seiten  zu 
▼eranschlagen  sind,  Probearbeiten  in  Geschichte  und  Geographie,  sowie 
anderes,  was  hier  unberücksichtigt  blieb,  weil  es  sich  nicht  zahlen- 
BAäfsig  mit  Genauigkeit  feststellen  lieüs.  Aber  auch  davon  abgesehen, 
repräsentieren  jene  7624  Seiten,  wovon  2855  auf  Latein,  4769  auf 
Deutsch  und  kleine  Ausarbeitungen  fielen,  wahrlich  eine  höchst  re- 
spektable Summe  von  Arbeit,  die,  auf  40  Schulwochen  verteilt,  für 
«ine  jede  über  190  Seiten,  also  mehr  als  27  täglich,  die  Sonntage 
eingerechnet,  ausmacht.  Dabei  gehörte  der  Verfasser  noch  keineswegs 
2U  den  am  meisten  belasteten  Lehrern,  wenngleich  er  wegen  des 
dreifachen  Unterrichts  im  Deutschen  bezüglich  der  Korrekturen  viel- 
leicht etwas  über  dem  Durchschnitt  stand.  Es  scheint  also,  dafs  man 
eher  von  einer  Überbürdung  der  Lehrer  als  der  Schüler  sprechen  darf. 

Über  die  Gesimdheitspflege  in  der  k.  k.  Staatsoberreal- 
selrale  zu  Teschen  schreibt  der  Direktor  Hans  Janüsohke  im 
21.  Jahresberichte  der  Anstalt  für  1893—94:  Zur  Fufsreinigung 
im  Gebäude  dienen  ein  gro&er  Fulsreiniger  aus  Holzstäben,  zwei 
Scharreisen  beim  Thoreingange,  Bastmatten  vor  den  Zimmern  im 
Erdgeschosse  und  ein  ausgespannter  Kokosteppich  auf  der  Plattform 
der  ersten  Treppenwendung.  Die  Füllung  der  Spucknäpfe 
geschieht  mit  einer  Lösung  von  Kaliumpermanganat.    Die  Zimmer- 


568 

temperataren  wurden  regelmäfeig  an  Thennometern  abgeleaen; 
dieselben  waren  während  der  Zeit  des  Heizens  ziemlich  konstant 
18^  C.  nnd  stiegen  anch  im  Sommer  nicht  yiel  Aber  20^  C.  Neben 
der  regelmäfeigen  Ventilation  anfser  der  Schulzeit  fand  anch 
jedesmal  in  der  Zwischenpause  nm  JO  nnd  nm  11  ühr,  während 
welcher  sich  die  Schüler  im  Hofranme  aufhielten  und  spieltea, 
eine  Lüftung  sämtlicher  Zimmer  statt.  In  der  warmen  Jahresseit 
konnte  der  Unterricht  zumeist  bei  geöffoeten  Fenstern  erteüt 
werden.  In  der  II.  Klasse  unterrichtete  Professor  Rosenfbld 
Botanik  so  oft  als  möglich  im  Freien;  die  betreffenden  Lehrstnndeo 
waren  zu  diesem  Zwecke  im  Stundenplane  als  Eckstunden  angesetzt 
Der  Brunnen  im  Schulhofe  wurde  gründlich  gereinigt,  nnd  es 
konnte  danach  das  Wasser  wieder  zum  Trinken  benutzt  werden. 
Jugendspiele  fanden  seit  Anfang  Mai  an  jedem  regenlosea 
Samstag  zwischen  5  und  7  Uhr  nachmittags  statt.  Dieselben  wurden 
regelmäfsig  von  zwei  Professoren  und  dem  Berichterstatter  beauf- 
sichtigt. Am  5.  Juni  unternahmen  die  SchtQer  unter  Führung  von 
8  Professoren  und  dem  Direktor  Ausflüge  in  die  Gebirge  der  Um- 
gebung von  Teschen.  Der  Eislau fyerein  spendete  für  Realschfiler 
30  Freikarten  zur  Benutzung  der  Eisbahn  und  ermäfsigte  tCii  Stu- 
dierende die  Saisonkarten  auf  2  fl.  und  die  einzelnen  Eintrittakaiten 
von  10  kr.  auf  5  kr.  Die  Stadtgemeinde  bewilligte  42  Schülern 
Freikarten  und  den  übrigen  den  mäfsigen  Preis  von  2  kr.  filr  die 
Benutzung  der  städtischen  Schwimm-  und  Badeanstalt 
Als  Weisungen  für  die  Gesundheitspflege  wurden  den  Schülern  die 
„Q^stmdheitsregeln  für  die  Schuljugend*^ ,^  herausgegeben  von  der 
Hjgienesektion  des  Berliner  Lehrervereins,  empfohlen. 

Kindersehntzj^esellschaft  in  Eugland.     Unter  Benjakih 

Waughs  Leitung,  so  schreibt  der  y,En(ibh,*^y  bildete  sich  in  London 
die  „Nationale  Kinderschutzgesellschaft^S  welche  während  weniger 
Jahre  in  England,  Schottland  und  Irland  über  100  Hilfikomitees 
gegründet  und  ebensoyiele  Inspektoren  angestellt,  femer  zahhreiche 
Schutzhäuser  fEkr  arme,  durch  schlechte  Behandlung  entkräftete 
Kinder  eingerichtet  hat.  Infolge  ihrer  Bemühungen  ist  seitdem  ein 
wichtiges  Doppelgesetz  von  dem  englischen  Parlamente  genehmigt 
worden,  welches  die  Eltern  eines  yerbrecherischen  Kindes,  nicht 
dieses  selbst  strenger  Ahndung  unterwirft  und  jedem  Kinde  ein  Becfat 
auf  Ernährung  nnd  Erziehung  seitens  seiner  Erzeuger  oder  Pfleger 
zuerkennt.  Die  Mitglieder  der  Gesellschafit  genielsen  gröbere  Frei- 
heiten als  die  Polizisten  und   sind  geachteter  und  gefürchteter  als 


1  S.  diese  Zeitschrift,  1890,  No.  3,  S.  163-164,  und  1890,  No.  6, 
S.  351—352.    D.  Bed. 


669 

diese.  Was  keine  Polizei  durchzusetzen  vermöchte,  gelingt  ihnen 
daher:  durch  klage,  freondliche  Überredung  machen  sie  ans  besser 
gesinnten  Nachbarn  wohlwollende  Httter  der  schutzlosen,  mifshandelten 
Kinder  ihres  Kreises.  In  Wirtshftnsem,  Läden  und  Fabriken  legen 
sie  zahlreiche  Postkarten  mit  der  Adresse  der  betreffenden  Schntz- 
komitees  auf,  damit  die  Hilfe  der  letzteren  angemfen  werden  kann. 
Die  der  Mifshandlnng  verdächtigen  Eltern  oder  Pfleger  lassen  sie 
fohlen,  dafs  dieselben  von  wachsamen  Hütern  nnd  strengen  Rächern 
umgeben  sind.  Dnrch  sie  sieht  sich  der  Missethäter  bedroht  von 
empfindlicher,  resp.  schwerer  Freiheitsstrafe,  die  sich  in  Wieder- 
holnngsföllen  immer  mehr  verschärft.  Über  6000  Anklagefällo  dieser 
Art  werden  jährlich  vor  Gericht  verhandelt ;  wenigstens  12000  ent- 
gehen bis  jetzt  in  demselben  Zeiträume  der  Kontrolle,  da  es  trotz 
aller  Opferfrendigkeit  noch  sehr  an  Arbeitern  auf  diesem  Gebiete 
fehlt.  Das  Hanptstreben  der  Gesellschaft  geht  nicht  darauf,  brutale 
Eltern  gänzlich  von  ihren  Kindern  zu  trennen,  was  nur  in  den 
schwersten  Fällen  geschieht,  sondern  vielmehr  dahin,  dieselben  zu 
einer  vernünftigen,   christlichen  Erziehung  ihrer  Kinder   anzuleiten. 

Hygienischer  Untemclit  in  einem  Lehrerseminar  vor 
100  Jahren.  In  den  ^Fäd,  Bl.  f,  LehrbUdg,  u.  Lehrhüdgscmt^ 
veröffentlicht  Dr.  Rückebt  einen  Aufsatz:  „Einrichtung  und 
Lehrplan  eines  Lehrerseminars  vor  100  Jahren*'.  Das 
betreffende  Seminar  ist  dasjenige  zu  Hildburghausen,  welches  1796 
eröffnet  wurde.  In  dem  von  dem  Hofprediger  und  Vikar  der 
Generalsuperintendentur  JoH.  Andbeas  Genssleb  verfaTsten  Unter- 
richtsplane für  dasselbe  heifst  es  unter  anderem:  „Einen  weiteren 
Lehrgegenstand  soll  die  Gesundheitslehre  bilden,  welche  dazu  dient, 
dem  Bflrger  eine  vernünftige  Sorgfalt  fttr  die  Erhaltung  seiner  Leibes- 
kräfte beizubringen.  Fausts  Gesundheitskatechismus  gibt  hlerflber 
treffliche  Anweisungen.  Es  ist  zu  hoffen,  dafs  dnrch  die  Vorschriften 
dieses  menschenfreundlichen  Mannes  vielleicht  mancher  bösen  und 
sdiädlichen  Angewohnheit  des  Landmannes,  zum  Exempel  der  fiber- 
mftfidgen  Trunkliebe,  besonders  des  Branteweins,  dem  Tabakrauchen, 
dem  Kaffeetrinken,  gesteuert  werden  könnte".  Es  sollen  femer  Ver- 
haltongsmalsregeln  bei  epidemischen  Krankheiten,  den  Kinderblattem, 
dem  Fleckfieber,  dem  Friesel  und  der  Ruhr,  gegeben  werden,  welche 
damals  nicht  selten  im  Lande  herrschten. 

Die  Augen   der  indianischen   Schnlkinder.    ^^The  Qirlsf 

Mistress*^  schreibt:  Eine  gewöhnliche  Klage  in  den  nordamerika- 
nisehen  Schulen  fär  indianische  Kinder  ist,  dafs,  sobald  dieselben 
einige  Zeit  am  Unterrichte  teilgenommen  haben,  eine  Verschlechterung 
ihrer  Sehkraft  eintritt.  Wenn  diese  Kinder  aus  den  Pndrien  kommen, 
um  erzogen  zu  werden,  können  sie  in  der  Kegel  weit  besser  als  ihre 


570 

weiüsen  Kameraden  sehen.  Die  fortgesetzte  Beschäftignng  mit  nahen 
Gregenstftnden  aber  erzengt  bald  Unbequemlichkeit  bei  ihnen,  nnd  sie 
beginnen  über  Angenschmerzen  zu  klagen.  Man  sandte  daher  kfin- 
Mch  30  indianische  Kinder  mit  solchen  Klagen  nach  Philadelphia, 
um  sich  von  Angenflrzten  untersuchen  zu  lassen.  Das  Resultat  war, 
dafe  20  derselben  mit  Brillen  bewaffiiet  nach  ihren  Schulen  im 
Westen  zurückkehrten. 

Zur  Ätiologie  der  Idiotie  betitelt  sich  eine  Schrift  des  päda- 
gogischen Leiters  der  Berliner  Idiotenanstalt  zu  Dalidorf,  H.  Pipsb, 
die  auf  416  selbst  beobachteten  Fällen  beruht.  Das  Verhältnis  der 
idiotischen  Knaben  zu  den  Mädchen  betrug  2:1,  das  der  an- 
geborenen zu  der  erworbenen  Idiotie  3:1.  Die  meisten  Elteni 
der  Anstaltszöglinge  gehörten  dem  Arbeiterstande  an  (30%).  b 
133  Fällen  (32%)  handelte  es  sich  um  Erstgeborene.  Von 
unehelicher  Herkunft  waren  41  (10%).  Unter  den  Ursachen  bei 
angeborener  Idiotie,  die  310  mal  vorkam,  steht  an  erster  SteQe 
Schwindsucht  bei  den  Eltern,  bezw.  nächsten  Verwandten  (23%), 
dann  folgt  Geisteskrankheit  der  Eltern  (14%)  und  Trunksucht  des 
Vaters  mit  10%.  Bei  der  erworbenen  Idiotie,  die  106  mal  zur 
Beobachtung  gelangte,  tritt  besonders  der  Einfluls  der  Infektions- 
krankheiten hervor  (ca.  38%).  Die  Ansicht  des  Verfassers,  dafe  im 
allgemeinen  die  Idiotie  mit  Krämpfen  eine  Folge  der  letzteren  sei, 
dürfte  yielfachem  Widerspruche  begegnen. 

Continnous  blackboard,  so  nennt  sich  eine  von  Professor 
Dr.  Hausknecht  in  seiner  Programmabhandlung  „Amerika- 
nisches Bildungswesen*'  beschriebene  Einrichtung,  welche  in 
den  Vereinigten  Staaten  ziemliche  Verbreitung  besitzt.  Es  ist  dies  eine 
fest  in  die  Wand  eingelassene  Schultafel,  die  um  alle  vier  Wände 
herumläuft,  soweit  sie  nicht  durch  Thflr  und  Fenster  unterbrochen 
sind.  „Da  ist,"  so  schreibt  der  Verfasser,  „natürlich  stets  Ranm 
an  der  Tafel  zu  jeglicher  Benutzung.  In  der  Mathematik,  der 
Geographie,  der  Naturgeschichte  können  Figuren,  Skizzen  etc.  tage- 
lang an  der  Tafel  stehen  bleiben;  es  ist  auch  noch  Raum  übrig  fttr 
merkenswerte  Schriftstellercitate,  fOr  allwöchentlich  durch  neue  za 
ersetzende  goldene  Lebensregeln  etc."  Wir  verstehen  nur  nicht, 
wie  die  Schüler  das  an  der  Fensterwand  oder  gar  das  hinter  ihrem 
Rücken  Geschriebene  sollen  lesen  können. 


671 


^ia^ts^t^d^xiftix^ti. 


Der  yni.  internationale  Kongrers  ffir  Hygiene  nnd 
Demographie  in  Bndapest  liegt  hinter  uns.  Im  grofsen  nnd 
ganzen  dürfen  die  Ungarn  eines  Erfolges  sich  rühmen.  Zwar  die 
äniseren  Veranstaltungen  blieben  hinter  denjenigen  des  Londoner 
Kongresses  zurück.  Weder  der  Empfang  bei  Hofe,  noch  die  Soiree 
bei  dem  Ministerpräsidenten  Wbckbrle,  noch  der  Begrülisangsabend 
der  Hanpt-  nnd  Residenzstadt  Bndapest  konnten  mit  den  grofsartigen 
Festen  bei  dem  Lordmayor  Londons,  in  den  Parks  der  Baronin 
BuBDBTT  CouTT's  nnd  des  Dr.  Langdon  Down,  sowie  in  dem 
Sontb  Eensington  Mnsenm  sich  messen.  Ja,  der  Ausflug  zu  der 
Bitterquelle  „Hunyadi  Jdnos^  war  trotz  der  Gastfreundschaft  der 
Frau  Saxlbhner  ein  entschiedener  Mifsklang.  Hier  hatten  sich 
Elemente  eingeschlichen,  welche  nicht  zu  den  Eongrefsmitgliedern, 
sogar  nicht  einmal  zu  den  Gebildeten  gehörten.  Andererseits  aber 
wurden  von  allen  Teilnehmern  die  angenehmen  Stunden  im  Parke 
und  Schlosse  des  Grafen  Nikolaus  EszterhIzt  zu  Totis  gerühmt, 
der  seine  Gaste  unter  anderem  auch  durch  eine  Theatervorstellung 
erfireute.  Ebenso  wird  uns  Schulhygienikern  ein  in  der  Villa  unseres 
Präsidenten,  des  Herrn  Professor  Dollinoeb,  auf  dem  Schwaben- 
berge verlebter  Nachmittag  unvergefslich  bleiben.  Schon  der  herr- 
liche Femblick  —  rechts  das  glänzende  Pest  mit  seinen  Palästen 
und  Quais,  links  ein  wildes,  waldbewachsenes  Felsthal  —  regte  zu 
festlicher  Stimmung  an.  Ihren  Höhenpunkt  aber  erreichte  dieselbe 
bei  dem  Diner  mit  seinen  zahlreichen  zündenden  Toasten  und  bei 
der  sich  daran  anschlielBenden  Plauderstunde,  in  der  die  Vertreter 
der  verschiedenen  Nationen  sich  wie  eine  grofse  Familie  fühlten. 
Jedoch  nicht  nur  von  unseren  Gastgebern,  auch  von  den  Budapester 
Kollegen,  namentlich  den  Sekretären  der  schulhygienischen  Sektion, 
wurde  uns  die  grOfste  Freundlichkeit  erwiesen.  Vor  allem  müssen 
wir  hier  unseres  liebenswürdigen  Mitarbeiters,  des  Herrn  Schularztes 
nnd  Professors  der  Hygiene  Dr.  H.  Schuschnt,  gedenken.  Aber 
auch  sonst  hat  es  uns  an  Entgegenkommen  nicht  gefehlt.  Ganz 
Budapest  stand  unter  dem  Zeichen  des  Kongresses,  und  es  bedurfte 
nur  einer  Frage  unsererseits,  um  Auskunft  durch  Bat  und  That  selbst 
von  Unbekannten  zu  erhalten.  —  Die  Verhandlungen  der  Sektion 
flkr  Schulgesundheitspflege  gestalteten  sich  zum  Teil  aufserordentlich 
anregend.     Waren  im  Durchschnitt  auch  blofs  50  Mitglieder   an- 


572 

vesend,  so  dürften  wir  uns  dafür  rühmen,  die  angesehensten  Sdiul- 
hygieniker  in  nnserer  Mitte  zn  haben.  Wir  nennen  nur  die  Professoren 
EBiSMANN-Moskan,  von  FODOB-Bndapest,  PAiiMBEBG-Helsingfors, 
CoHN-Breslan,  DoLLiNOEB-Badapest,  GiBAED-Bem,  EuBOBK-Lflttich, 
BüBGBBSTEiN-Wien,  den  Sanit&tsrat  ALTSCHUL-Prag,  die  Dok- 
toren MANGENOT-Paris,  SCHüBEBT-Nümberg,  HEBTEii-Kopenhagen, 
WABKEB-London,  CoKBE-Lansanne,  GüTZMAKN-Berlin,  Stch^po- 
TiEW-Konstantinopel,  GB^ABD-Paris  und  den  diplomierten  Architekten 
HiNTBÄGEB-Wien.  Auch  der  Förderer  der  physischen  Erziehung 
in  Ungarn,  Staatssekretär  von  BEBZEYiczT-Budapest,  der  unermfid- 
liche  Vorkämpfer  der  Volks-  und  Jugendspiele,  Landtagsabgeordneter 
VON  ScHENCK£Ni>OBFF-Görlitz,  der  Slojddirektor  Meekelseh- 
Kopenhagen  und  der  begeisterte  Anhänger  der  Steilschrift,  Direktor 
BAYB-Wien,  waren  anwesend.  Von  Schulmännem  bemerkte  wir 
die  Herren  Oberstudiendirektor  EBÖDi-Budapest,  Gymnasialdirektor 
SALiGEB-Znaim,  Direktor  des  höheren  Töchterschulwesens  Szueeah- 
Budapest.  Nachdem  am  Montag  und  Dienstag,  den  3.  und  4.  Sep- 
tember, die  Ton  dem  Komitee  veranlalsten  Referate  über  die 
„Frage  der  körperlichen  Erziehung*"  und  aber  „Reform- 
bestrebungen auf  dem  Gebiete  des  Schulwesens*^  durch 
Redner  der  verschiedenen  Nationen  erstattet  worden  waren,  gelangten 
in  den  folgenden  Tagen  sehr  yerschiedenartige  Themata  zur  Ver- 
handlung. Als  neu  heben  wir  aus  denselben  die  Vorträge  des 
Professors  Hebmann  Cohn  über  „Tageslichtdurchgang  durch 
Fenstervorhänge  in  Schulen",  sowie  über  die  Frage:  »Was 
kann  die  Schule  gegen  die  Masturbation  der  Kinder 
thun?"  hervor.  Der  letztere  Gegenstand  ist  wohl  zum  ersten  Male 
in  einer  hygienischen  Versammlung  öffentlich  verhandelt  worden. 
Neu  waren  auch  die  Beiträge  zur  Statistik  der  Infektionskrankheiten, 
besonders  der  Masern  und  des  Scharlachs,  welche  Professor  Palmbsbo 
in  seinem  Referate  „Die  Schule  und  die  epidemischen  Krank- 
heiten" brachte.  Aus  dem  Vortrage  des  Dr.  Gutzmann  Ȇber 
den  Einflufs  des  Schulturnens  auf  die  körperliche  Ent- 
wickelung  taubstummer  Kinder  auf  Grund  physikalischer 
Messungen"  erfuhren  wir,  wie  zart  und  schwächlich  vielfach  die 
jungen  Taubstummen  sind,  so  dafs  einzelne  derselben  mit  dem 
6.  Leben^ahre  nocb  nicht  ordentlich  gehen  können.  Professor 
GiBABD  wies  in  seinen  Ausführungen  „Über  die  Steilschriff^ 
darauf  hin,  welche  hohe  Bedeutung  der  „Schreibwinkel"  f&r  die 
Frage,  ob  Steilschrift  oder  Schrägschrift,  habe.  Das  rege  Interesse, 
welches  manche  Vorträge  erregten,  gab  sich  auch  in  der  lebhaften 
Diskussion,  die  sich  an  dieselben  anschlols,  zu  erkennen.  So  kim 
es    am  Dienstag   zu  bewegten  Verhandlungen  zwischen  Frau  Gräfin 


678 

Dr.  YiLMA  HtJOONNAT  nnd  dem  Herausgeber  dieser  Zeitschrift,  am 
Mittwoch  zwischen  Professor  Cohk  nnd  Professor  EwALD-Berlin, 
von  denen  letzterer  die  Sittlichkeit  der  Schuljugend  weniger  ungünstig 
als  der  erstere  ansah,  am  Sonnabend  zwischen  Professor  PaIiMBERG 
and  Sanitätsrat  Altschul,  sowie  zwischen  Dr.  Gützmann  nnd 
dem  Direktor  der  Budapester  Taubstummenanstalt.  Auch  an  ver- 
schiedenen Yorführungen  fehlte  es  uns  nicht,  indem  wir  Jugendspiele, 
Wettschwimmen,  Ferienkolonisten  und  steil  schreibende  Schulkinder 
sahen.  Kurz,  sds  am  Sonnabend,  den  8.  September,  mittags  12  Uhr 
die  Sektion  für  Schulhygiene  ihre  Sitzungen  schlofs,  da  konnten  wir 
auf  einen  wohlbefriedigenden  Verlauf  derselben  zurückblicken  nnd 
mit  einem  frohen  „Auf Wiedersehen  in  Madrid!^  voneinander  scheiden. 

Abstimmung  Aber  geteilte*  oder  ungeteilte  Schnlzeit  ii 

Frankfart  a.  M«  Das  Kuratorium  der  höheren  und  die  'Schul- 
deputation für  die  niederen  Schulen  zu  Frankfurt  a.  M.  teilen  das 
Ei^ebnis  der  Abstimmung  über  die  von  den  Eltern  gewünschte  Schulzeit 
fOr  das  Sommerhalbjahr  1894  mit:  1.  Von  19  237  Abstimmenden  haben 
8886  für  und  10  351  gegen  Zusammenlegung  des  Unterrichts  votiert, 
von  den  erstgenannten  8886  für  die  Schulzeit  von  7 — 12  Uhr 
7891,  für  diejenige  von  8 — 1  Uhr  995.  Im  einzelnen  stellt  sich 
das  Besultat  bei  den  höheren  Knabenschulen  1603  für  und.  1268 
gegen,  bei  den  höheren  Mädchenschulen  702  für  und  721  gegen, 
bei  den  Mittelschulen  1164  für  und  1832  gegen,  bei  den  Yolks- 
Bchulen  5417  für  und  6530  gegen  Zusammenlegung.  2.  Yon 
14458  Abstimmenden  —  4779  haben  leider  diese  zweite  Frage 
nicht  beantwortet  —  stimmten  9088  für  den  Yormittagsunterricht 
von  7—11  Uhr,  2000  für  7V2— IIV2  Uhr  uud  3870  für  8—12 
Uhr,  und  zwar  bei  den  höheren  Knabenschulen  1517,  bezw.  400, 
bezw.  502,  bei  den  höheren  Mädchenschulen  532,  bezw.  248,  bezw. 
406,  bei  den  Mittelschulen  1328,  bezw.  415,  bezw.  757,  bei  den 
Yolksschulen  5711,  bezw.  937,  bezw.  2205.  Bezüglich  des  Nach- 
mittagsunterrichtes haben  an  den  höheren  Schulen  2699  sich  für  die 
jetzt  bestehende  Schulzeit  von  3 — 5  Uhr  und  1043  für  die  von 
2 — 4  Uhr  entschieden,  an  den  Mittel-  und  Yolksschulen  9481  für 
die  jetztige  Schulzeit  von  2 — 4  Uhr  und  1906  für  diejenige  von 
3 — 5  Uhr.  An  der  Abstimmung  sind  nicht  beteiligt  gewesen  das 
Staatsgymnasium,  die  beiden  Realschulen  israelitischen  Patronates 
und  sämtliche  höheren  Schulen  privaten  Charakters.  Obige  Zahlen 
haben  somit  nur  relative  Gültigkeit.  Immerhin  dürfte  sich  für  die 
höheren  Schulen  Frankfurts,  so  bemerkt  das  „Pädag.  Wochbl.*^ 
hierzu,  die  Zusammenlegung  des  Unterrichts  auf  den  Yormittag 
empfehlen.  Auf  jeden  Fall  aber  müfste  dann  derselbe  um  7  Uhr 
beginnen.     Fraglich  bleibt  es,  ob   man   bei  getrenntem   Unterrichte 


674 


nicht  den  niederen  Schulen  nachgeben  und  den  Beginn  des  Nach- 
mittagsonterrichts  auf  2  ühr  verlegen  sollte;  unseres  Erachtens 
wäre  eine  solche  Nachgiebigkeit  sehr  am  Platze. 

Aus  dem  Beriehte  des  Komitees  fBr  die  üntersnctaiig 
Ton  Schnlkinderii  an  die  britisehe  medizinische  Gesellschaft. 

Vom  31.  Jnli  bis  3.  Angnst  d.  Js.  tagte  in  Bristol  die  „British  Medictl 
Association''.  Einem  Komitee  derselben  war  gemeinschaftlidi  mit 
einem  Ansschafs  des  YU.  internationalen  Kongresses  fOr  Hygiene  und 
Demographie  der  Auftrag  erteilt  worden,  das  körperliche  und  geistige 
Verhalten  der  Schulkinder  zu  prflfen.  Infolgedessen  wurden  Ton 
Juni  1892  bis  zum  Mai  1894  ÖOOOO  Kinder,  26287  Knaben  und 
23  713  M&dchen,  in  63  Schulen  durch  Dr.  Francis  Wabnxr 
untersucht.  Von  den  Resultaten  heben  wir  folgende  hervor.  Es 
waren : 


idiotisch 

sehr  schwach  begabt 

sonst  geistig  anormal 

epileptisch 

stamm 

hüftleidend 

rttckgratskrank 

an  den  oberen  Extremitäten  leidend 

an  den  unteren  Extremitftten  leidend 

an  der  Hand  gelahmt 

an  der  Htlfte  ampntiert 

an  der  oberen  ExtremitU  von  Oebort  an  verstOmmelt 

ohne  Hand  geboren 

ohne  Fnfs  geboren 

halbseitig  gelähmt 

an  der  oberen  Extremität  gelähmt 

an  der  nnteren  Extremität  gelähmt 

an  Schiefhals  leidend 

blind  oder  fast  bUnd 

mit  Veitstanz  behaftet 

dnrch  Verbrennung  verkrAppelt 

herzkrank 


3 

60 
4 

20 
4 

11 

11 
7 

11 
2 
5 
2 

1 
7 
1 
11 
4 


2 

1 


2 
51 

3 
35 

3 

» 
3 
5 
1 
1 
3 
2 

11 

3 
10 

5 

3 

1 

4 


Eine   besondere  Berttcksichtignng  wurde  des  Augen  zu  teil 
Es  litten  an: 


■B 


den  Angen  flberhaapt 

Schielen 

Hypennetropie  (mit  Konvexgläsern) 

Myopie  (nüt  Eonkaygläsern) 

Myopie  (ohne  Gläser,  nur  durch  Befragen  konstatiert) 

Erkrankungen  der  Hornhaut 

Verlust  des  Auges  durch  emen  Unglücksfall 

Verlust  des  Auges  durch  Krankheit 

Augenzittern  (Nystagmus) 

Herabhängen  des  oberen  Lides  (Ptosis) 

ungleichen  Pupillen 

Star,  angeboren  oder  traumatisch 

Terschiedenen  angeborenen  Augenmängehi,  wie  Albi- 
nismus  u.  s.  w 


Knabtn 

774 

470 

141 

39 

12 

52 

33 

10 

20 

24 

4 

8 

8 


575 


MSdcheB 

715 

345 

226 

55 

11 

46 

16 

18 

11 

5 

2 

5 

8 


In  Deutschland  steht  man  diesen  Prflfangen  etwas  skeptisch 
gegenflber,  da  sich  50000  Kinder  durch  einen  einzigen  kanm 
gründlich  untersuchen  lassen.  Auch  in  Budapest,  wo  Dr.  Francis 
Wabneb  seine  Untersuchungsmethode  vor  dem  Kongresse  demon- 
strierte, wurden  Zweifei  an  der  Zuverlässigkeit  derselben  laut. 

SteilscluriftTersache  in  Moskau.  Dr.  Sace^  hat  als  Mit- 
glied der  hygienischen  Cresellschaft  zu  Moskau  im  Oktober  vorigen 
Jahres*  in  derselben  einen  Vortrag  Aber  die  Schriftfrage  gehalten, 
welcher,  auf  die  vorliegende  Litteratur  fhlsend,  durch  Demonstration 
der  Resultate  mittelst  eines  Skioptikons  unterstützt  wurde.  Seine  Au5- 
fUmmgen  riefen  eine  sehr  lebhafte  Debatte  hervor  und  sind  auch 
im  Drucke  erschienen.  Als  weitere  Folge  derselben  ist  eine  Kom- 
mission der  genannten  Gesellschaft  unter  Vorsitz  von  Professor 
GBiSHAini*  ernannt  worden,  welche  einen  Plan  für  Versuche  mit 
Steilschrift  einerseits  und  BEBLiN-REHBOLDscher  Schrägschrift 
andererseits  in  russischen  Elementarschulen  ausarbeitet.  Wir  begrttlsen 
diese  Untersuchung  aufs  wärmste,  zumal  dieselbe  auch  dadurch 
interessant  ist,  dafs  sie  die  in  Bezug  auf  Steil-  und  Schrägschrift 
bisher  nicht  geprüfte  russische  Schrift  betrifft.  Inzwischen  ist,  wie 
wir  erfahren,  in  einigen  Elementar-  und  Realschulen  Moskaus 
die  Steilschrift  probeweise  mit  gutem  Erfolge  eingeführt  worden, 
nnd  die  Kommission  zur  Prüfung  und  Vergleichung  der  erzielten 
Resultate  wird  in  kurzem  ihre  Thätigkeit  beginnen. 

Leo  BTTReBRSTBiN. 


'  unser  Hitarbeiter.    D.  Bed. 


676 

Die  Znnahme  der  Epidemen  in  den  ünterrichtsaiistaltei 
Nordsehottlands.  Nach  „The  Brit  Med.  Joum,*'  macht  der  Sdinl- 
Inspektor  Dr.  T.  A.  Stewabt  in  seinem  Jahresberichte  über  das 
Unterrichtswesen  des  nördlichen  Schottlands  darauf  anfioierksain,  wie 
schlecht  die  Schnlen  infolge  von  Krankheit  der  Schüler  besacht  waren. 
Während  der  letzten  5  Jahre  kamen  n&mlich  Epidenuen  unter  dea 
Kindern  viel  häufiger  als  sonst  vor.  In  derselben  Zeit  wurden  manciie 
grolisen  Schulen  auf  dem  Lande  errichtet,  weil  die  alten  die  Scfaflla 
nicht  mehr  zu  fassen  vermochten.  Zwischen  diesen  beiden  Tfaat- 
sachen  besteht  nach  Dr.  Stewart  ein  Zusammenhang.  Die  Land- 
bevölkerung hat  nicht  zu-,  sondern  abgenommen,  indem  sie  vidbch 
in  die  Städte  gezogen  ist,  und  doch  besuchen  mehr  Kinder  als 
früher  die  Schule.  Die  Erklärung  hierfür  liegt  darin,  daCs,  seitd^n 
der  Unterricht  unentgeltlich  geworden  ist,  gerade  die  ärmisten  SchQler, 
welche  unter  den  ungünstigsten  sanitären  Verhältnissen  leben,  die 
Schulen  anfüllen.  Unter  diesen  aber  brechen  am  leichtesten  Epidemi^i 
aus.  Dr.  Stewart  fordert  daher,  dafs  die  Lehrer  auf  grdCste 
Beinlichkeit,  gute,  keimfreie  Luft  und  überhaupt  auf  strenge  Be- 
folgung der  hygienischen  Vorschriften  halten,  da  nur  so  die  Zahl 
der  Infektionskrankheiten  vermindert  werden  kann. 

ESrpergebrechen  der  Würzburger  Schulkinder.  Nach 
dem  „Enahh,*^  litten  im  Schu^ahre  1893 — 94  zu  Würzburg  ins- 
gesamt 1336  Kinder  gegen  1321  im  Vorjahre  an  körperlichen  Ge- 
brechen, und  zwar  528  an  Kurzsichtigkeit,  173  an  Schwerhörigkeit, 
131  an  Skrofeln,  126  an  chronischer  Augenentzündung,  76  aji  Ver- 
krümmung von  Gliedmafsen,  70  an  OhrenausfluTs,  52  an  Brost- 
krankheiten,  49  an  Nervenleiden,  37  an  Unterleibsbrüchen,  20  an 
Verstümmelung,    16  an  Knochenkrankheiten   und  30  an  Herzleiden. 

Ein  Plagiat  der  von  der  Vereinigung  ffir  Schnlgesund- 
heitspflege  des  Berliner  Lehrervereins  verfarsten  Gesnndheits- 

regeln  für  die  Schuljugend.  Wir  erhalten  aus  Berlin  die  folgende 
Zuschrift:  In  der  „Zeitschrift  für SchiUgesundheitspflege^,  1893,  No.lO, 
vrird  mitgeteilt,  dafs  der  Chef  fllr  die  Angelegenheiten  des  öffentlichen 
Unterrichts  im  Haag,  Dr.  J.  Th.  Motjton,  Gesundheitsregeln  für  die 
Schuljugend,  die  von  den  Doktoren  der  Medizin  M.  J.  Bouvik,  C. 
J.  L.  Feith,  J.  H.  M.  Gerabds  und  J.  G.  J.  van  Oppenbaat 
verfafst  seien,  an  die  Leiter  der  städtischen  Schulen  versandt  habe. 
Diese  Haager  Gesundheitsregeln  stimmen  in  dem  ganzen  Plane,  in 
der  Anordnung  und  im  Inhalte  mit  den  von  uns  herausgegebenen 
Gesundheitsregeln ^   vollkommen  überein,    während   in   der  Zahl  der 


1  S.  diese  Zeitschrift,  1890,  No.  3,  S.  162-164,   und  1890,  No.  6, 
3.  351-352.   D.  Red. 


677 

Regeln  und  in  der  Form  derselben  nur  ganz  geringe  Abweichungen 
Torhanden  sind,  so  dafs  jedermann  anf  den  ersten  Blick  sieht,  wie 
hier  ein  Plagiat  schlimmster  Art  Torliegt.  Wir  verzichten  daranf, 
Schritte  znr  Geltendmachung  unserer  Hechte  zu  unternehmen,  aber 
wir  halten  es  fOr  notwendig,  ein  derartiges  Verfahren  dem  Urteile 
der  Öffentlichkeit  zu  unterbreiten.  Vereinigung  far  Schulgesundheits- 
pflege des  Berliner  Lehrervereins.  0.  Janke,  Vorsitzender,  E.  Hebtel, 
Schriftführer. 

Norwe^sche  Koabenhandarbeit«  Den  ersten  Schimmer  einer 
Hygiene  auf  dem  Gebiete  der  Knabenhandarbeit  in  Norwegen  hat 
man  im  letzten  Frül^ahr  gesehen.  Ein  norwegischer  YolksschuUehrer, 
Henbik  Solheim,  der  zugleich  Lehrer  des  Slöjd  ist,  hat  eine  Schrift 
y^ModeUreihe  für  Handarbeitsschulen*^  herausgegeben.  Dieselbe  enthält 
ein  Verzeichnis  der  zu  fertigenden  Gegenstande,  der  dazu  nötigen 
Arbeits-  und  Zeichenübungen,  alles  systematisch  geordnet.  Der 
hygienische  Fortschritt  liegt  darin,  dals  das  Werk  mit  einer  Reihe 
Ton  Abbildungen  guter  Körperstellungen  versehen  ist,  die  w&hrend 
des  Gebrauchs  der  wichtigeren  Arbeitsgeräte  einzunehmen  sind. 

M.  E.  HIkokson-Hansbn. 

Die  hygienischen  Resultate  der  Brannsehweiger  Ferien- 
kolonien sind  von  unserem  verehrten  Mitarbeiter,  Herrn  Professor 
Dr.  R.  Blasius,  in  dem  „Monaishl  f.  öffü.  Crsähtspflg^  veröffentlicht 
worden.  Wie  in  früheren  Jahren,  so  wurden  auch  im  Sommer  1893 
Tom  Brannsehweiger  Vereine  f&r  Sommerpflegen  kränklicher,  armer 
Schulkinder  zwei  Ferienkolonien  nach  Hahnenklee  und  Wildemann 
im  Harze  entsandt  und  aufserdem  zahlreiche  skrofidöse  Kinder  nach 
Harzburg  zum  Gebrauche  der  dortigen  Solbäder  geschickt.  Professor 
Blasios  unterzog  sich  der  Mtthe,  sämtliche  Pfleglinge  vor  der 
Abreise  und  nach  der  Rückkehr  auf  derselben  Wage  bei  genau  der 
gleichen  Kleidung  zu  wägen.  Dabei  ergab  sich,  dafs  die  25  Ferien- 
kolonisten  in  Hahnenklee  durchschnittlich  um  1184  g,  die  22  in 
Wildemann  durchschnittlich  um  1159  g  zugenommen  hatten.  Die* 
höchste  Gewichtszunahme  betrug  bei  den  Knaben  2150  g,  bei  den 
Mädchen  2450  g,  die  geringste  Gewichtszunahme  bei  den  Knaben 
400  g,  bei  den  Mädchen  250  g. 

Pariser  skroftilSse  Kinder  im  Süden.    „Xe  Progr.  med,'' 

schreibt:  Die  Behandlung  der  skrofulösen  Kinder  von  Paris  findet 
augenblicklich  in  Berck  sur  Her,  Dax  und  Salies-de-B6am  statt. 
Es  sind  jetzt  mehr  Stationen  nötig.  Bereits  wurden  500  Kinder 
nach  Arcachon  gesandt.  Einige  Stadträte  von  Paris  sind  daher 
für  die  Errichtung  neuer  Seehospize,  die  Mehrzahl  dagegen  be- 
gflnstigt  die  Unterbringung  der  Kinder  in  Familien. 


SehnlgMimdheitopaeg«  VII.  37 


678 


2,ni{x^t  ^ttß%nn^tn. 


Ans  den  neneii  Bestimmiuigen  des 
KSnislich  prenfsisehen  Ministers  der  geistlieken,  ünterriekts- 
nnd  Medifinalangelegenheiten  fiber  &s  Mädehensehilwesei, 
die  Lehrerinnenbildnng  nnd  die  LebrerinnenprUAmgeo. 

Berlin,  den  31.  Mai  1894. 

Allgemeine  Vorschriften  für  die  Aber  das  Ziel  der 
Volksschule  hinansgehenden  Mädchenschalen. 

1. 

DVB  Zahl  der  Schfllerinnen  darf  in  einer  Klasse  nicht  mehr  ah 
40  betragen. 

2. 

Die  Schalzimmer  müssen  so  ger&omig  sein,  dafs  bei  entsprechender 
Höhe  auf  jede  Schülerin  mindestens  0,8  qm  Bodenflfiche  kommt,  nnd 
dürfen  anch  bei  kleiner  Schülerinnenzahl  nicht  anter  24  qm  Bodes- 
fläche  herabgehen.  Aach  ist  dafür  zu  sorgen,  dafs  jedes  Schnl- 
zimmer  eine  aasreichende  Helligkeit  habe,  genügende  Lüitang  zulasse, 
Schntz  gegen  die  Witterang  gewähre  nnd  mit  Fenstervorhängen  zur 
Abblendang  der  Sonne  aasgestattet  sei ;  das  Licht  mufs  von  der  linken 
Seite  der  Schülerin  in  das  Zimmer  fallen.  Die  Schaltische  and 
Schalbänke  müssen  der  Gröfse  der  Schülerinnen  angepaGst  and  so 
eingerichtet  nnd  aufgestellt  sein,  da(s  alle  Schülerinnen  ohne  Schades 
ftor  ihre  Gesundheit  daran  sitzen  und  arbeiten  können. 

Die  Riegel  für  die  Hüte,  Tücher  und  Mäntel  sind  in  den  Korri- 
doren au&erhalb  der  Lehrzimmer  anzubringen. 

3. 

Bei  Schulen  mit  7  und  mehr  aufsteigenden  Klassen  sind  ftr 
den  Zeichen-,  Gesang-  und  Turnunterricht  besondere  Bäume  bereit 
zu  stellen  und  zweckentsprechend  auszustatten. 

Ebenso  ist  für  Zimmer  zu  sorgen,  welche  den  Lehrern  and 
Lehrerinnen  während  der  Pausen  und  freien  Stunden  zum  Aufenthalte 
zu  dienen  haben. 

4. 

Bei  jeder  Schule  mufs  ein  genügend  groDser  Garten,  Hofraun 
oder  sonstiger  Platz  Torhanden  sein,  wo  sich  die  Schülerinnen 
während  der  Pausen  frei  bewegen  können.  — 


579 

9. 

Es  ist  eine  Einrichtung  zn  treffen,  welche  es  den  Schülerinnen 
ennöglicht,  Doppelexemplare  ihrer  Lernbflcher  und  sonstige  Bücher 
und  Unterrichtsmittel,  deren  sie  zn  Hanse  nicht  bedürfen,  in  der  Schnle 
in  sicherem  Gewahrsam  zn  lassen.  Die  Schultaschen,  Mappen  n.  s.  w. 
der  Schülerinnen  sind  unter  Aufsicht  zu  halten,  damit  jede  Über- 
lastung yerhütet  werden  kann. 

10. 

Die  Höchstzahl  sämtlicher  Unterrichtsstunden  einer  Woche  beträgt 
ftlr  das  erste  Schu^ahr  18,  für  das  zweite  20,  für  das  dritte  22, 
ftr  das  vierte  28,  für  die  folgenden  Schu^ahre  30.  Alle  Lehr- 
gegenstände  der  Mädchenschule  sind  allgemein  verbindlich. 

Wo  die  Befreiung  von  der  Teilnahme  am  Unterrichte  in  einem 
technischen  Lehrfache  aus  Gesundheitsrücksichten  nötig  erscheint,  ist 
ein  ärztliches  Zeugnis  beizubringen. 

11. 

Bei  Aufstellung  des  Stundenplanes  ist  darauf  zu  achten,  dals 
die  Stunden,  in  welchen  die  Augen  der  Schülerinnen  besonders  in 
Anspruch  genommen  werden  müssen  (Lesen,  Schreiben,  Zeichnen, 
Geographie,  Handarbeiten),  in  die  helle  Tageszeit  fallen, 

dab  die  Religionsstunden  möglichst  an  den  Anfang  der  Unter- 
richtszeit gelegt  werden, 

dafs  die  unmittelbare  Aufeinanderiolge  von  Lehrstunden,  welche 
das  Nachdenken  der  Kinder  vorzugsweise  erfordern,  vermieden  werde. 

12. 

Nach  der  zweiten  Unterrichtsstunde  findet  eine  Pause  von 
15  Minaten,  sonst  zwischen  je  zwei  Unterrichtsstunden  eine  solche 
von  10  Minuten  statt.  Machen  es  die  Verhältnisse  nötig,  dafs 
5  Stunden  hintereinander  unterrichtet  wird,  so  mufs  die  Pause 
zwischen  der  vierten  und  fünften  Stunde  wieder  16  Minuten  dauern. 

13. 

Wenigstens  während  der  grölseren  Pausen  haben  die  Schülerinnen 
die  Klassen  zu  verlassen,  damit  gelüftet  werden  kann.  Wenn  es  die 
Witterung  irgend  zuläbt,  haben  sie  sich  während  der  Pausen  im 
Freien  zu  bewegen. 

14. 

Der  Schwerpunkt  der  Schularbeit  ist  in  den  Unterricht  zu: 
legen.  Zu  häuslichen  Arbeiten  dürfen  nur  Aufgaben  gestellt  werden, 
die  in  der  Schuie  so  weit  vorbereitet  sind,  dafs  sie  von  den  Schüler- 
innen selbständig  gelöst  werden  können. 

37* 


680 

Die  hftnsliche  Arbeitszeit  soll 

fttr  die  ünterstafe  höchstens  1  Stande  tAglich, 
fOr  die  Mittelstafe  höchstens  IVt  Stande  tfiglich, 
für  die  Oberstufe  höchstens  2  Stunden  tftglich 
betragen. 

Durch  Umfirage  in  den  Klassen  und  in  den  Eltemkreisen  ist 
Ton  Zeit  zu  Zeit  festzustellen,  ob  dieses  Mab  eingehalten  wird.  Für 
eine  entsprechende  Verteilung  der  h&uslichen  Arbeit  auf  die  einzehei 
Lehrgegenstftnde  haben  die  Ordinarien  Sorge  zu  tragen. 

16. 

Vom  Vormittage  auf  den  Nachmittag  dtlrfen  häusliche  Arbeitea 
nicht  aui^egeben  werden. 

16. 

Ferienarbeiten  sind  auch  als  freiwillige  Leistungen 


17. 

Der  Memorierstoff  ist  sorgfi&ltig  zu  wählen,  knapp  zu  bemessen 
und,  soweit  das  irgend  angängig  ist,  bereits  in  der  PensenTerteüang 
fftr  das  ganze  Schu^ahr  von  vornherein  festzustellen. 

18. 

Bei  den  deutschen  Aufsätzen  hat  der  Lehrer  ein  Höchstnub 
fOr  den  Umfang  vorzuschreiben.  Es  sollen  im  allgemeinen  Ueber 
häufigere  als  zu  lange  Arbeiten  geliefert  werden. 

19. 

Extemporalien  und  Klausurarbeiten  sind  als  Übung  zulftssig, 
nicht  aber  als  Mafsstab  für  die  Beurteilung,  insbesondere  nicht  bei 
Versetzung  der  Schülerinnen. 

20. 

Alle  schriftlichen  Arbeiten  sind  sorgfältig  zu  korrigieren.  Sie 
müssen  das  Datum  der  Abgabe  und  der  Korrektur  tragen. 

21. 

Zeichnungen,  auch  Kartenzeichnungen,  dürfen  nicht  zum  Gegen- 
stände häuslicher  Aufgaben  gemacht  werden. 

22. 

StrafEurbeiten  irgend  welcher  Art  sind  unzulässig. 

23. 

Handarbeits-,  Zeichen-  und  Schreibstunden  dürfen  nicht  von 
fremdsprachlicher  Unterhaltung  oder  von  Vorlesen  begleitet  sein. 


681 

24. 

Wiederholungen  der  durchgenommenen  Lehrstoffe  müssen  täglich 
Yori[ommen,  so  dafe  das  Aufgehen  hesonderer  zosammenhftngender 
Wiederholungen  ganzer  Lehrabschnitte  entbehrlich  wird. 

26. 

Sollte  eine  Bestrafung  durch  Nachbleiben  erforderlich  werden, 
80  sind  die  Eltern  vorher  davon  zu  benachrichtigen.  Die  Schülerin 
darf  während  des  Nachbleibens  weder  unbeaufsichtigt  noch  unbeschäf- 
tigt sein. 

In  keinem  Falle  ditrfen  SchtÜerinnen  zwischen  dem  Yormittags- 
imd  dem  Nachmittagsunterrichte  in  der  Schule  zurflckgehalten  werden. 

26. 

Die  Schülerinnen  erhalten  mindestens  aUe  Halbjahre  ein  schrift- 
liches Zeugnis  über  Führung,  Fleiüs  und  die  Leistungen  in  den 
einzelnen  Fachet  n. 

27. 

öffentliche  Schulprüfnngen  finden  nicht  satt. 
Der  Minister  der  geistlichen,  Unterrichts-  und  Medizinalangelegenheiten. 

(Gez.)   Bosse. 

Erlafs  des  KSniglich  preufsisehen  Untemchtsministers 
wegen  Förderung  der  Tum-  und  Jngendspiele,  sowie  Bereit- 

stellnng  von  Spielplitzen. 

Berlin,  den  28.  Mai  1894. 

Die  Anregungen,  weiche  von  meinem  Herrn  Amtsvorgänger  in 
dem  Erlasse  an  die  ProvinzialschulkoUegien  und  Regierungen  vom 
27.  Oktober  1882  —  U.  m.  6.  7146  —  bezüglich  einer  zielbewufsten 
Förderung  der  Leibesübungen  überhaupt  und  der  Tumspiele  im  be- 
sonderen gegeben  worden  sind,  haben  sich,  wie  in  erfreulicher  Weise 
zu  Tage  tritt,  in  weiteren  Kreisen  wirksam  enriesen.  Das  Ver- 
ständnis dafllr,  dads  es  sich  dabei  nicht  nur  um  eine  Malsregel  der 
ünterrichtsverwaltung  zur  Hebung  des  Schulturnens,  sondern  vielmehr 
um  ein  wichtiges  Gebiet  der  Yolkserziehung  überhaupt  handelt,  ist 
allgemeiner  geworden,  und  dankbar  ist  anzuerkennen,  dals  durch  die 
Bemühungen  der  Behörden,  durch  thatkräftiges  Vorgehen  von  Privat- 
personen und  Vereinen  und  durch  die  Opferwilligkeit  zahlreicher 
Gemeinden  auf  diesem  Gebiete,  besonders  was  die  Ermöglichung  des 
Turnens  und  Spielens  in  freier  Luft  anlangt,  inzwischen  erhebliche 
Fortschritte  gemacht  worden  sind. 

Erreicht  ist  aber  das  Ziel  noch  keineswegs.  Namentlich  in  den 
gröiseren  Städten  stöfst  die  Pflege  der  Bewegungsspiele,  vor  allem 


682 

wegen  des  Mangels  an  zweckm&fsig  belegenen  und  eingerichteten 
Spielplätzen,  noch  vielfach  auf  erhebliche  Schwierigkeiten,  an  derea 
wenn  auch  allmählich,  aber  doch  stetig  fortschreitender  Überwindnng 
thatkräftig  weiter  gearbeitet  werden  mnfs.  Die  Unterrichtsverwalbiiig 
allein  ist  dieser  Aufgabe  nicht  gewachsen;  sie  bedarf  dazu  der  ent- 
gegenkommenden Mitwirkung  aller  derer,  denen  die  kOrperlidie 
Gesundheit,  die  geistige  Frische  und  die  sittliche  Er&ftignng  der 
Jugend  am  Herzen  liegt,  um  die  vor  Opfern  nicht  zurackscheiiende 
Überzeugung,  dafs  hierbei  die  ErfOllung  ernster  Forderungen  der 
Gesundheitspflege  und  der  Erziehung  in  Frage  steht,  in  immer 
weiteren  Kreisen  zu  sichern. 

Einen  sehr  willkommenen  und  nach  den  erzielten  Erfolgei 
bewährten  Beistand  auf  diesem  Gebiete  erblicke  ich  in  den  Be- 
strebungen des  Gentralausschusses  zur  Förderung  der  Jugend-  und 
Yolksspiele  in  Deutschland,  denen  ich  eben  deshalb,  wie  schon 
anderweit  bethätigt  worden  ist,  thunlichste  Unterstützung  gewährt  zu 
sehen  wflnsche. 

Nach  Lage  der  Verhältnisse  wird  es  vor  allem  darauf  ankomme 
die  StadtTerwaltungen,  soweit  sie  nicht  schon  zu  dem  Gentral- 
ausschusse  in  freundliche  Beziehungen  getreten  sind,  fftr  dessen  Ziele 
und  Unternehmungen  zu  interessieren,  wie  sie  unter  anderem  in  dem 
3.  Jahrgange  des  Jahrbuches  für  Jugend- undYolksspiele,  heraus- 
gegeben Ton  £.  VON  ScHBNGEENDORFF  und  Dr.  F.  A.  Schmidt, 
Leipzig,  Yoigtländers  Verlag,  dargestellt  sind.  Namentlich  ist  dabei 
für  die  grOlseren  Städte,  in  denen  es  der  Jugend  nur  zu  oft  an 
Gelegenheit  fehlt,  sich  in  freier  Luft  fröhlich  zu  tummeln,  die  An- 
legung und  Unterhaltung  geeigneter  Spielplätze  dringend  zu  eBq)feh1eQ, 
und  ich  ersuche  Ew.  Excellenz  ganz  ergebenst,  in  dieser  Richtnng 
je  nach  den  Ortlichen  Verhältnissen  Ihren  Einflufs  dahin  geltend  za 
machen,  da(s  dem  heranwachsenden  Geschlechte  ftr  die  Bewegimgs- 
^ele,  deren  Wert  nicht  hoch  genug  geschätzt  werden  kann,  der 
erforderliche  Raum  gewährt  oder  nicht  genommen  werde. 

Von  dem  Inhalte  des  Vorstehenden  woUen  Ew.  Exoeilenz  anch 
das  Königliche  ProrinzialschulkoUegium  und  die  nachgeordnetn 
Begierungsbehörden  unter  Hinweis  auf  den  oben  genannten  Erlaft 
gefftlligst  in  Kenntnis  setzen. 

Der  Minister  der  geistlichen  etc.  Angel^enheiten. 

(Gez.)  B088B. 
An 
sämtliche  Herren  Oberpräsidenten. 
U.  III.  B.  1497. 


583 

Ans  der  VerfBgnDg  der  k.  k.  Statthalterei  in  Häbren 

vem  1.  Juli  1894,  Z.  18  269,  an  alle  politischen  UnterbehSrden, 

betreffend  Mafsnalinien  gegen  Traehom. 

Da  das  Trachom  (ägyptische  Augenkrankheit)  erfahnmgsgemäls 
Torzngsweise  anter  den  in  einem  grölseren  Komplexe  zusammen- 
lebenden Personen,  also  in  Ge&ngniBsen,  Arbeits-  and  Armenhäasem, 
Massenqoartieren,  Fabriken,  Schalen  etc.,  anftritt  and  eine  Über- 
tragang  überdies  in  solchen  Lokalitäten  am  so  leichter  vermittelt 
wird,  als  eine  dorch  Staab  und  körperliche  Aasdünstangen  ver- 
noreinigte  Laft  an  and  für  sich  eine  anhaltende  Reiznng  der  Aagen 
bedingt  and  die  letzteren  zar  Entwickelang  der  Krankheit  disponiert, 
so  sind  zar  möglichste  Yerhütang  schwerer  Folgen  and  der  Weiter- 
Terbreitang  dieser  Krankheit  die  Vorstände  dieser  Anstalten  an- 
zuweisen, die  von  einer  Aagenentzttndang  befallenen  Personen  sobald 
als  möglich  der  ärztlichen  Behandlung  za  überweisen  und  im  Falle 
des  begründeten  Verdachtes  einer  trachomatösen  Erkrankung  unter 
gleichzeitiger  Einleitung  der  zur  Infektionstügung  notwendigen  MaTs- 
nahmen  hiervon  der  zuständigen  politischen  Behörde  die  Anzeige  zu 
erstatten. 


))erfDnalteit. 


Herr  Königlicher  Rat  G.  H.  Wbbbk  in  München  hat  sich  zur 
Mitarbeit  an  unserer  Zeitschrift  bereit  erklärt. 

Es  erhielten:  das  Grofskreuz  des  Verdienstordens  vom  heiligen 
Michael  der  Geheimrat  Professor  Dr.  von  Petten&ofbr  in  München; 
das  Ritterkreuz  des  Leopoldordens  unser  verehrter  Mitarbeiter,  Herr 
Hofrat  und  Professor  der  gerichtlichen  Medizin  Dr.  Ed.  Rittbb 
VOM  Hofmann,  Vorsitzender  des  obersten  Sanitätsrates  in  Wien; 
das  Ritterkreuz  I.  Klasse  des  Königlich  sächsischen  Albrechlsordens 
der  Konrektor  am  Gymnasium  zu  Bautzen,  Professor  Dr.  Kloss, 
und  der  Professor  am  Kadettencorps  in  Lichterfelde  Dr.  Stbnzlbr; 
den  8t.  Annenorden  11.  Klasse  der  Staatsrat  Dr.  Mandelstamm, 
Ehrenmitglied  des  Poltawaschen  Gouvemementskuratoriums  derKiader- 
asyle;  das  Ritterkreuz  H.  Klasse  der  Oberrealschuldirektor  Dr.  Krumme 
in  Braunschweig;  den  Kronenorden  III.  Klasse  der  a.o.  Professor 
Dr.  FiNESLNBUBe  in  Bonn,  früher  Mitglied  des  Reichsgesundheitsamtes, 
und  der  Gymnasialdirektor  Kern  in  Frankfurt  a.  M. ;  den  Kronen- 
orden IV.  Klasse  unser  geschätzter  Mitarbeiter,  Herr  Professor 
Dr.  SoHWALBB,  Direktor  des  Dorotheenstädtischen  Realgymnasiums 
zu  Berlin. 


584 

Dem  Seminardirektor  Hbrm.  Rübte  in  Frankfurt  a.  0.  und 
dem  Kreisscholinspektor  GÄRTNBB  in  Posen  ist  der  Charakter  ib 
Schalrat,  dem  technischen  Hilfsarheiter  im  Kaiserlichen  Gesandheits- 
amt Dr.  L.  Bbühl  der  Charakter  als  Sanitätsrat   verliehen  worden. 

Der  Direktor  des  Gymnasiams  za  Altona,  Professor  Dr.  GiNZ, 
worde  zam  Provinzialscholrat  hei  dem  Provinzialscholkollegiam  m 
Berlin  ernannt. 

Die  Regierangsmedizinahräte  Dr.  Schmidtmann  and  Dr.  Roth 
sind  in  gleicher  Eigenschaft  der  erstere  von  Oppeln  nach  Bredaii, 
der  letztere  von  Eöslin  nach  Oppeln  versetzt  worden. 

Zn  Regierangs-  and  Schalrftten  warden  befördert  der  Direktor 
der  Elisabethschale  za  Berlin,  Professor  Dr.  Stbphan  Wabtzoldt, 
and  der  Seminardirektor  Dr.  Albert  OttO;  dieselben  sind  der 
Königlichen  Regierang  in  Magdebarg,  bezw.  in  Kassel  zogeteilt 
worden. 

Nachdem  Geheimer  Medizinalrat  Professor  Dr.  Flügge  in  Breslai 
die  an  ihn  ergangene  Berafiing  zam  Direktor  des  hygienischen 
Institates  in  Halle  abgelehnt  hat,  ist  nanmehr  Professor  Dr.  C.  Fraenkbl 
in  Marbarg  dorthin  berafen  worden. 

Der  a.  o.  Professor  Dr.  H.  Yaihingbr  in  Halle,  Yerfasser  der 
Schrift  „Naturfarschtmg  und  Schule"^  warde  zam  o.  Professor  der 
Philosophie  befördert. 

Professor  Dr.  Hans  Büchner  in  München  flbemimmt  als  Nach- 
folger Geheimrat  VON  Pbtteneofers  die  o.  Professur  der  Hygiene 
and  das  Direktorat  des  hygienischen  Institates  daselbst. 

Dr.  des  Turebaüx  in  Suresnes  ist  zam  ärztlichen  Inspektor 
der  Schalen  des  Kreises  Saresnes-Nanterre  an  Stelle  des  verzogenen 
Dr.  FOüGAULT  ernannt  worden. 

Es  habilitierten  sich  Dr.  G.  Alessi  als  Privatdocent  f&r  Hygiene 
in  Palermo  and  Dr.  A.  GrORiNl  in  gleicher  Eigenschaft  in  Pavia. 

Der  Obertamlehrer  am  Nikolaigjrmnasiam  Richard  Schütz  za 
Leipzig  beging  am  1.  Aagast  d.  Js.  den  Tag,  an  welchem  er  vor 
25  Jahren  als  Tamlehrer  angestellt  wurde. 

Der  langjährige  Leiter  des  Grofsherzoglich  hessischen  Medizinal- 
wesens Dr.  B.  Jaüp  ist  von  seinem  Amte  zarückgetreten ;  ans 
diesem  Anlais  wurde  ihm  das  Komthurkreuz  I.  Klasse  des  Yerdienstp 
Ordens  Philipps  des  Groüsmtttigen  verliehen. 

Es  sind  gestorben :  zu  Charlottenburg  im  73.  Lebenswahre  der  all- 
bekannte Physiologe  und  Physiker,  Wirklicher  Geheimrat  H.  VON  Helm- 
HOLTZ,  der  sich  durch  die  Erfindung  des  Augenspiegels  aach  am 
die  Schulhygiene  unsterbliche  Verdienste  erworben  hat;  in  Paris, 
91  Jahre  alt,  Dr.  Maillot,  Präsident  des  französischen  Gesondheits- 
rates;  in  Giefsen,  83  Jahre  alt,  der  Senior  der  dortigen  medizinischeD 


585 

Fakülät,  Geheimer  Medizinalrat  Dr.  WiLBRAND,  früher  Professor 
der  gerichtlichen  Medizin  nnd  Hygiene  daselhst;  in  Rndolstadt, 
75  Jahre  alt,  Gymnasialdirektor  Oberschnlrat  Dr.  £.  KlüSBMANN; 
in  Wien  der  Reichstagsabgeordnete  Dr.  med.  et  jnr.  J.  A.  Heils- 
BBRO,  der  auf  dem  Gebiete  des  Unterrichtswesens  grofse  Verdienste 
besafs;  in  Hildesheim  der  Direktor  des  Gymnasium  Josephinmn 
Eirghneb;  in  Bern  der  Adjunkt  des  schweizerischen  Gesundheits- 
amtes Dr.  JuL.  £i>.  BOBNANB  in  seinem  Berufe  als  Schularzt. 


Citttratttr 


Besprechungen. 

Dr.  med.  W.  Feilghenfbld  in  Charlottenburg.  Der  Arzt  in  der 
Schule«  Sammlung  klinischer  Vorträge,  begründet  von  R.  VON 
Volkmann.  Neue  Folge,  herausgegeben  von  E.  von  Bergmann, 
W.  Erb  und  Fr.  von  Winckbl,  No.  76.  Leipzig,  1893.  Breit- 
kopf und  Härtel.    (20  S.    Gr.  8<>.    Ä  0,75.) 

Die  Schularztfrage,  welche  bis  vor  kmrzem  yon  den  beiden  be- 
teiligten Seiten  etwas  leichthin  behandelt  worden  ist,  beginnt  jetzt 
sich  endlich  zu  klären.  Während  die  Ärzte  vielfach  flbersehen  haben, 
da(s  die  Schulhygiene  in  letzter  Linie  doch  auch  nur  der  geistigen 
Bildung  dienen  soll,  und  die  Schulmänner,  zum  Teil  infolge  der  etwas 
stttrmischen  Angriffe  von  jener  Seite,  es  sich  zur  Pflicht  gemacht 
haben,  etwaigen  Übergriffen  der  Ärzte  zuvorzukommen,  ohne  ihre 
berechtigten  Forderungen  ernstlich  zu  erwägen,  so  daJGs  auch  eine 
ganze  Reihe  gut  gemeinter  Verfügungen  der  Behörden  zum  Schutze 
der  Gesundheit  der  Schu^ugend  erfolglos  blieb  (S.  5),  so  ist  doch 
jetzt  durch  die  Wirksamkeit  tüchtiger  Schulärzte  das  Verhältnis 
wesentlich  besser  geworden.  Die  Schulmänner  zeigen  mehr  Entgegen- 
kommen und  Verständnis  für  die  hygienische  Frage,  und  in  vielen 
Ländern  ist  nach  den  ausführlichen  Darlegungen  Feilohenfblds 
f(kr  die  sanitäre  Beaufsichtigung  der  Schulen  nun  der  richtige  Weg 
gefunden,  nicht  blofs  in  demjenigen  Staaten,  welche  durch  die  Ein- 
führung des  Schulzwanges,  wie  unser  VerÜEusser  ausführt,  die  zvnngende 
Verpflichtung  auf  sich  genommen  haben,  die  Schulen  ärztlich  über- 
wachen zu  lassen. 

Sehen  wir  nun,  was  unsere  Schrift  in  dieser  Beziehung  fordert. 
Sie  verlangt:  1.  Die  Einsetzung  von  „Kommissionen,  bestehend  aus 
Architekten,  Ärzten  und  dem  Leiter  der  in  Frage  kommenden 
Schule''.   Diese  sollen  zunächst  einmal  aufnehmen,  wie  die  Schulräume 


686 

in  hygienischer  Beziehnng  beschaffen  sind.  (Referent  hat  in  frflheien 
Veröffentlichungen  derartige  Besichtigangen  durch  Ärzte  nnd  Bsn- 
verstftndige  unter  Zuziehung  des  Schulleiters  mehrfach  befdrwortet,  ab& 
auch  für  die  Yorbüdung  der  Lehrer  die  Beihilfe  des  Arztes  und  da 
Architekten  als  notwendig  erkannt.)  2.  Alle  Lehrer  sollen  hygiausch 
geschult  sein.  (Bas  wollte  der  eben  erwähnte  Vorschlag  des  Referentea 
erreichen.)  Der  Ver&sser  hat  vollständig  recht,  auch  von  ziemlich 
häufigen  Besuchen  des  Schularztes,  wenn  der  Lehrer  ihm  nidit  in 
die  Hand  arbeitet,  wenig  zu  erwarten.  Aus  dieser  Forderung  ergibt 
sich  von  selbst  die  3.,  welche  auf  die  Einführung  regelmäfsiger  Vor- 
lesungen über  Schulhygiene  für  Mediziner  und  Philologen  an  aQe& 
Universitäten  und  Seminarien  gerichtet  ist.  Ebenso  einverstanden 
sind  wir  mit  dem  Verlangen,  dafe  Schulärzte  bestellt  werden,  welche 
die  Schulen  von  Zeit  zu  Zeit  zu  besichtigen  und  statistische  Berichte  in 
Form  von  ausgefüllten  Fragebogen  mit  weiteren  Darlegungen  zo 
bestimmten  Fristen  den  Behörden  vorzulegen  haben.  Auf  welche 
Dinge  der  Schularzt  dabei  seine  Aufmerksamkeit  richten  soll,  gibt 
der  Verfasser  genau  an.  Wir  heben  die  Untersuchung  der  Nen- 
aulgenommenen  hervor.  Auf  alle  Schüler  soll  sich  die  Untersuchong 
nur  hinsichtlich  der  Hautkrankheiten  und  des  Trachoms  erstredken, 
hinsichtlich  sämtlicher  Organe  blols  dann,  wenn  besondere  Veranlassmig 
dazu  vorliegt.  Hier  tragen  wir  die  wichtige  Bestimmung  nach,  daß 
die  Untersuchung  besonderer  Fälle  nicht  abhängig  sein  darf  von  der 
Veranlassung  des  Schulvorstandes,  dafs  es  aber  anderersdts  dessen 
Pflicht  ist,  den  Schularzt  zu  rufen,  wo  irgendwelches  hygienische 
Bedenken  sich  einstellt;  vielmehr  mufs  es  dem  Schularzte  £reisteh«i, 
die  Veranlassung  zu  seinen  Besuchen  selbst  wahrzunehmen.  Wenn 
er,  was  durch  die  Natur  der  Sache  gegeben  ist,  nicht  ohne  weiteres 
selbständige  Anordnungen  trifft,  so  ist  ja  jedes  Bedenken  gegen  sein 
Erscheinen  ausgeschlossen.  Über  Zeit  und  sonstige  Äufserlichkeiten 
dieser  Besuche  wird  die  Erfahrung  leicht  das  Zweckmä(sige  finden 
lassen.  Selbstverständlich  scheinen  uns  die  beiden  weiteren  For- 
derungen des  Verfassers,  dafe  in  der  Ministerialinstanz  ein  Schularzt 
sich  befinden  und  in  jeder  SchulbehOrde  überhaupt  ^ein  Arzt,  event 
der  Schularzt"  Sitz  und  Stimme  haben  müsse. 

Fbilghbnfblds  Erörterungen  schlieben  sich  an  Bübgerstsiks 
Aufsatz  über  den  Schularzt  vom  Jahre  1887  an  [Zeiischr,  f.  d. 
BealschUhvesen,  XIII.  Jahrg.,  1.  Heft)  und  werden,  zu  SCHlLUiBS 
neulichem  Vortrage  über  die  schulhygienischen  Bestrebungen 
der  Neuzeit  (Frankfurt  a.  M.,  1894,  Diester  weg)  hinzugenommen^ 
der  wichtigen  Frage,  mit  der  sie  sich  beschäftigen,  eine  erirenlidie 
Förderung  bringen. 

Geheimer  Hofrat  Dr.  phil.  £.  von  Sallwube, 
Oberschulrat  in  Karlsruhe. 


587 

Dr.  Gustav  Wolffhügel,  o.  Professor  nnd  Direktor  des  hygienischen 
Instituts  an  der  Universität  Göttingen.  Zu*  Lehre  YOm  Laft- 
weehseL     München,  1893.    R.  Oldenbonrg.    (75  S.  Gr.  8^) 

Das  Jahr  1893  war  das  Jubeljahr  des  Altmeisters  der  Hygiene 
Max  von  Pbttsneofbb;  der  Schöpfer  der  modernen  wissenschaft- 
lichen und  praktischen  Gresnndheitspflege  feierte  in  demselben  sein 
fttüfägstes  Doktoijubiläom.  Ans  diesem  Anlasse  widmeten  seine  zahl- 
reichen Schüler  Arbeiten,  die  einen  stattlichen  „Jnbelband"  aus- 
machen. WoLFFHüGBL,  der  zu  den  ältesten  und  verdienstvollsten 
derselben  zählt  und  wohl  am  treusten  die  Forschungsrichtung  der 
Mfknchener  hygienischen  Schule  beibehalten  hat,  ist  bei  dieser  Ge- 
legenheit mit  der  vorliegenden  Arbeit  hervorgetreten. 

Die  Lehre  vom  Luftwechsel  ist  vor  35  Jahren  von  Pettbn- 
KOFBR  wissenschaftlich  begründet  und  der  Standpunkt  desselben  in 
dem  klassischen  Buche  „Über  den  Luftwechsel  in  Wohnräumen*^ 
(München,  1858)  niedergelegt  worden.  Die  Gesundheitstechnik,  deren 
Aufgabe  die  praktische  Durchführung  der  von  der  wissenschaftlichen 
Hygiene  anfgestellten  Forderungen  ist,  hat  sich  im  Laufe  der  letztoi 
Jahrzehnte  bemüht,  durch  die  verschiedensten  Systeme  der  Yentilations- 
eiorichtungeB  den  Aufgaben  der  Luftemeuerung  in  geschlossenen  Räumen 
gerecht  zu  werden.  Vielfach  ist  hierbei  aber  ein  falscher  Weg  ein- 
geschlagen uod  über  das  Ziel  hinausgeschossen  worden.  Man  glaubte, 
je  mehr  Luftschlote  und  Klappen  in  einem  Räume  vorhanden  seien, 
desto  besser  werde  der  Zweck  der  Luftemeuerung  erfüllt  Und  als 
die  hierdurch  bewirkten  Unannehmlichkeiten  in  manchen  neuen  Ge- 
bäuden, wie  Krankenhäuser,  Schulen  u.  dergl.,  nicht  ausblieben  und 
die  Insassen  Klage  führten  über  die  störenden  Nebenwirkungen  der 
Ventilation,  vornehmlich  über  Entstehung  von  Zugluft,  da  trat  der 
Rückschlag  ein:  man  war  fast  geneigt,  künstliche  Yentilationseinrich- 
tcmgen  überhaupt  für  schädlich  zu  erklären. 

Man  bezeichnete,  insbesondere  von  technischer  Seite,  auch  das 
von  Pbttenkofer  angegebene  Princip  der  Berechnung  des  Luft- 
bedarfes als  falsch.  Der  Genannte  hat  bekanntlich  den  Kohlensäure- 
gehalt der  Luft  als  Indikator  für  die  jeweilige  Luftverschlechterung 
in  einem  geschlossenen  Räume  benutzt  und  den  Yentilationsbedarf 
danach  bestimmt.  Dabei  wurde  der  Berechnung  nur  der  Kohlen- 
Bftaregehalt  der  Respirationsluft  zu  Grunde  gelegt,  die  anderen  Kohlen- 
säurequellen,  Heizung  und  Beleuchtung,  jedoch  als  irrelevant  ver- 
nachlässigt. Es  war  namentlich  Ribtsohel,  welcher  das  Pbtten- 
KOFBRsche  Princip  bekämpfte  und  die  Berechnung  des  erforderlichen 
Luftwechsels  nach  Mafsgabe  der  Wärmeabgabe  an  dessen  SteUe  zu 
setzen  in  Vorschlag  brachte. 

WOLFFHüeBL   hat   es  in  der  vorliegenden  Schrift  nun   unter- 


588 

nommen,  die  im  Yerlaafe  der  Kontroversen  zom  Teil  yerzerrten 
Anschauungen  Pbttbnkofers  klarznlegen,  nnd  dabei  zugleich  dea 
Beweis  erbracht,  dafs  die  Wissenschaft  bis  heute  nicht  in  der  Lage 
ist,  der  Berechnung  des  Ventilationsbedarfes  einen  besseren  Mafsstab 
zu  Grunde  zu  legen,  als  den  Eohlensäuregehalt  der  Luft.  Semea 
pietätvollen  Zweck,  „die  Aufinerksamkeit  der  beteiligten  Kreise  neoer- 
dings  auf  die  grundlegenden  Arbeiten  Pettbnkofbbs  zu  lenkea"^, 
hat  der  getreue  Schüler  mit  dieser  Schrift  allerdings  in  hohem  Mabe 
erreicht. 

In  ausgezeichnet  klarer,  fafislicher  und  vornehm  mhigor  Dar- 
stellung fafet  WOLFFHÜaEL  in  seiner  Arbeit  alles  zusammen,  was 
seit  dem  Erscheinen  des  erwähnten  PsTTENEOFSKschen  Buches  Aber 
diesen  Gegenstand  geforscht,  geschrieben  und  polemisiert  worden  ist. 
Er  gliedert  seine  Abhandlung  in  vier  Teile:  1.  Hygiene  und  Gesund- 
heitstechnik,  2.  Aufgaben  und  Ziele  des  Luftwechsels,  3.  Beur- 
teilung der  Luft  bewohnter  Räume,  4.  Berechnung  des  YentiktioDS- 
bedarfes.  Den  reichen  Inhalt  auch  nur  flüchtig  zu  skizzieren,  ist 
im  Rahmen  einer  Besprechung  unmöglich.  Wer  ihn  kennen  lemea 
will,  der  muis  die  nur  75  Seiten  starke  Schrift  selbst  zur  Hand 
nehmen.  Er  wird  sie  nach  dem  Durchlesen  gewifs  mit  derselben 
Befriedigung  aus  der  Hand  legen,  wie  der  Referent,  und  zweifels- 
ohne in  dessen  UrteU  einstimmen,  das  dahin  lautet:  Wie  Pbttbh- 
KOFBSs  Buch  über  den  Luftwechsel  grundlegend  ist,  so  Ist  YfOJJt- 
HüGBLs  Schrift  unentbehrlich  für  jeden,  der  in  der  Lehre  vom 
Luftwechsel  den  heutigen  Standpunkt  kennen  lernen  will. 

Professor  der  gerichtlichen  Medizin  Dr.  med.  J.  Krattib 

in  Graz. 

Gustav  Sibgbrt.    Die  Periodicitit  in  der  Entwiekelnng  der 
Kindesnatnr.      Neue    Gesichtspunkte    ftbr   Kinderforschung  nnd 
Jugenderziehung.    Leipzig,  1891.   R.  Yoigtländer.   (93  S.    Kl.  8*. 
iL  1,20.) 
Unter  Periodidtät  versteht  der  Verfasser  die  Thatsache,  welche 
er  festgesteUt  zu  haben  glaubt,   dafs   die  Entwickeiung  der  Kind^ 
natur  nach  Körper  und  Geist  nicht  einer  gerade  ansteigenden  Linie 
gleiche,    sondern    sich   in  Wellenbewegungen   vollziehe.     Einer  auf- 
steigenden Linie  mit  ihrer  Aktion  folge  mit  Naturnotwendigkeit  wieder 
eine  rückläufige  Bewegung  als  Reaktion.     Dieser  Wechsel  soll  sich 
aus  inneren  Gründen  nicht  nur  täglich  wiederholen,  d.  h.  abgesehen 
vom  Wechsel  von  Arbeit  und  Ruhezeit,   sondern  auch  in  den  be* 
deutungsvolleren  Entwickelungsabschnitten   besonders  zum  Ausdrocfc 
kommen. 

Auf  dieses  „Grundgesetz  der  Periodidtät^  sucht  der  Autor  non 


589 

eine  Menge  Thatsachen  in  der  kindlichen  Entwickelnng  znrück- 
znführen,  und  dementsprechend  fordert  derselbe  auch  eine  besondere 
Behandlung  der  Kindesnatur.  Die  Fordeningen,  zu  denen  er  auf  diesem 
Wege  geführt  wird,  sind  durchaus  dieselben,  die  von  der  Hygiene 
erhoben,  aber  oft  tauben  Ohren  gepredigt  werden.  Hierfür  nur  ein 
Beispiel:  ,,Das  System  gesunder  Wechselwirtschaft  zwischen  an- 
gemessener körperlicher  und  geistiger  Anstrengung  entspricht  den 
Vorschriften  der  periodischen  Entwickelungsbewegung,  und  die  Schul- 
organisation und  Schulerziehung,  welche  diese  Naturvorschriften  zu 
sittlichen  Geboten  erhebt,  ist  die  zweckmftfsigste  und  beste''. 

Solche  erfreulichen  Sätze  finden  sich  in  der  vorliegenden  Schrift 
in  grofser  Zahl,  und  wir  Ärzte  dttrfen  sie  gewifs  mit  Freuden  be- 
grflfsen,  zumal  sie  lediglich  von  pädagogischem  Standpunkt  aus  geltend 
gemacht  werden. 

Trotzdem  können  wir  nicht  umhin,  einige  Bedenken  gegen 
dieses  vermeintliche  Grundgesetz  auszusprechen.  Das  erste  richtet 
sich  gegen  die  Allgemeingültigkeit  desselben,  indem  wir  glauben, 
dafs  doch  verschiedene  Schüler  so  geringe  Schwankungen  zeigen, 
dafe  zur  Erklärung  derselben  äufsere  Gründe  hinreichen  und  innere 
nur  künstlich  herbeigezogen  werden  können.  Andererseits  sind  die 
ansgesprochenen  Schwankungen,  wie  sie  vom  Verfasser  angeführt 
werden,  im  voraus  höchst  verdächtig  darauf,  dafe  sie  auf  wirklich 
krankhafter  Verfassung  beruhen.  Wenn  „der  herbeigerufene  Arzt 
eine  solche  Vermutung  nicht  bestätigte",  so  können  wir  diesen 
Einwand  so  lange  nicht  anerkennen,  bis  auch  die  sorgfältige  Unter- 
suchung eines  Sachverständigen  zu  negativem  Ergebnis  geführt 
hat.  Die  Psychiatrie  hält  ein  solches  „impulsives^  Wesen  für  ein 
deutliches  Erankheitszeichen,  und  wir  selbst  konnten  jederzeit  bei  solcher 
aasgesprochenen  „Periodicität"  des  Verhaltens  den  krankhaften  Unter- 
grund mühelos  nachweisen.  Endlich  soU  nicht  verschwiegen  werden, 
dafs  der  Begriff  der  Periodicität  beim  Verfasser  in  anderem,  oder 
mindestens  viel  weiterem  Sinne  als  gewöhnlich  gebraucht  wird,  was 
leider  zu  Müsverständnissen  reichlich  AnlalE  bieten  dürfte. 

Vorstehende  Bemerkungen  woUen  jedoch  keineswegs  von  der 
höchst  fesselnden  Lektüre  dieses  Schriftchens  abhalten,  vielmehr  nach 
des  Verfassers  eigenem  Wunsche  zu  weiteren  Studien  auf  diesem 
dunklen  Gebiete  anregen. 

Praktischer  Arzt  Dr.  med.  A.  Roemer  in  Stuttgart. 

C.  A.  DUNHAM,  Architekt  in  Burlington,  Jowa.  Model  schoolhonse 
designs.  Burlington,  1894.  Selbstverlag.  (35  S.  Gr.  4<^. 
$  1,0.) 

Obwohl  diese  Broschüre  zu  Reklamezwecken  verfabt  ist,  bietet 


MO 

sie  doch  einen  lehrreichen  Beitrag  zur  Entwickelnng  des  Sebnl- 
banwesens  in  den  Vereinigten  Staaten,  indem  der  Verfasser  26  ver- 
schiedene,  teils  nor  projektierte,  teils  aasgeführte  Schnlbantea  mit 
bisweilen  sehr  Inxnriöser  Ansstattong  znr  Ansohannng  bringt. 

Als  Einleitung  gibt  der  Antor  die  allgemeinen  Regeln  ib, 
welche  beim  Baue  yon  Schnlgebänden  zn  berflcksichtigen  sind,  und 
citiert  femer  die  Gnmdzfige  fOr  die  Verfassung  der  ScfanlbanplAiie 
nach  dem  Girkular  No.  65  des  State  Board  of  Health  of  Maine. 

TortrefQich  sind  die  Abbildungen  von  ein-  und  zweiklasaigoi 
Schulbauten  für  das  Land,  und  mustergültig  erscheinen  auch  mehrere 
grO&ere  Stadtschulen,  insbesondere  No.  33,  34  und  35,  bei  welchen 
gut  disponierte  Lehrzimmer,  geräumige  Korridore,  zweckm&lsige 
Kleiderablagen  und  Schulbftder  yoricommen. 

Die  Abortanlagen  finden  sich  teils  innerhalb,  teils  auIaerbaUi 
der  Geb&ude. 

Diplomierter  Architekt  Kabl  Hintkä0BB  in  Wien. 


Bibliographie. 
AMetics  m  FrenOi  achooU,    The  Brit.  Med.  Joum.,  1894,  July  U, 

1750,  9L 
BltCLäRB.     Les  tdgnes  Umdantes  ä  ticole  des  teigneux  de  th6pM 

Saint-Loms  (6cole  LaUler)  en  1894.    Annal.  de  denn,  et  sy]^, 

1894,  VI,  685—694. 
Bericht  des  Komitees  für  Ihnenkolamen   armer  kränklicher  Schul- 

Tamder  der  Stadt  Karlsruhe,  erstattet  für  das  Jahr  1893,    Karis- 

ruhe,  1894,  Mttller.    8<>. 
Blumbbbgsr,  Friedr.    Über  Jugendapide.    Beitrag  zur  V^flrdigung 

der   Bewegung   zur   Verbreitung    der   Jugend-   und    Volks^iele. 

Köln,  1894,  Kölner  Verlagsanstalt.     Gr.  8^^.    Jk  0,50. 
Böhm,  Ab.     Ein  Beitrag  awr  Kennims  der  Bestrebungen  auf  dem 

Gebiete   der   Körperpflege   in   den   Schulen.     Bericht    über  das 

40.  Schuljahr  der  Gumpendorfer  Kommunaloberrealschule  in  Wifiiu 

Wien,  1894. 
Brown,  R.  Pbrciyal.     Diphiheria  at  the  royal  naml  schocl.   The 

Brit.  Med.  Joum.,  1894,  August  18,  1755,  386. 
Crotty,  G.     8(me  statistics  rOaUng  to  the  healih  of  eqUege  ^eomm. 

Kansas  Ac.  Sei.  Trans.,  Topeka,  1894,  Xm,  33—37. 
Dbwald.     Beschreibung  des  neuen  Schulgebäudes  der  Bealst^ule  m 

der  Vorstadt  m  ETberfeld.  Mit  1  Abbfld.  Progr.  Elberfeld,  1894. 4*. 
DOWLIHO,  F.     Hygiene  of  Ihe  eyes  in  school  children;  wiff$  special 

reference    to  (he  ptibUc  schools  of  CincinnaU.     Cincin.   Laneel- 

CHinic,  1894,  n.  s.,  XXXU,  486 — 495. 


591 

RBTZLAJfF.  Der  Unterricht  in  der  Qesfimähdtslekre  an  Gymnasien, 
Progr.  d.  Gymn.  in  Pyritz.     Pyritz,  1894. 

BowALD.  Neuere  Bürgerschulen  der  Stadt  Hannover,  Ztscbr.  d. 
Arcbit.-  und  Ingenver.  zu  Hannover,  1892,  XXXVin,  157. 

Bussisches  Gresete  vom  24.  Februar  1890^  betreffend  die  Arbeit  von 
minderjährigen  jugendliehen  Personen  und  Frauen  und  die  Aus- 
dehnung der  Bestimmungen  über  Arbeit  und  Schulunterricht  von 
Minderjährigen  auf  die  Handwerksbetriebe.  Yeröff.  d.  Kais. 
Gsdhtsamt.,  1892,  XVI,  32. 

Schacht,  F.  Das  FufsbaUspiel.  Dtsch.  Turn-Ztg.,  1894,  IX, 
Beilag.,  147—148. 

Schimpf,  E.  Die  seit  1870  neu  erbauten  Schuihäuser  Basels. 
Mit  9  Taf.     Basel,  1887.     Fol. 

Schmidt,  F.  A.  Die  Jugendspiele  als  notwendige  Ergäneung  des 
Turnunterrichts.  Centrbl.  f.  allgem.  Gsdhtspflg.,  1894,  III  u.  IV, 
97—109. 

Schnell.  Das  deutsche  SchlagbaUspieil  ohne  Einschenher.  Leipzig, 
1894,  Voigtiänder. 

School  Ophthalmia.  Discussion  in  the  ophthalmological  society  of 
the  united  kingdom.  The  Brit.  Med.  Journ.,  1894,  March  17, 
1733,  679-580. 

Schule,  Turnhaus  und  Baihaus  au  Neustädtel.  Architekt.  Rundsch., 
1893.  Vn,  Taf.  56. 

Schule  und  D^hiherids.    Neu.  Fr.  Pr.,  1894,  23.  Febr.,  10597. 

Shüttlbwobth,  Chablbs  B.  Manual  instrucUon  in  schools;  its 
objedy  principleSj  and  educaUonal  importance  and  sloyd  its  most 
adequate  form.  Written  and  compiled  for  the  information  of 
school  managers  and  teachers  etc.  London,  1894,  0.  Newmann 
and  Co. 


Bei  der  Redaktion  eingegangene  Schriften. 
A  commission  of  barrack  schools  and  the  educaUon  ofpauper  chUdren 

in  London.     The  Brit.   Med.  Journ.,   1894,  August  11,    1754, 

327  -328. 
Abhwell,   H.  G.     The   educaUon  of  pau/per  chüdren.     The   Brit. 

Med.  Journ.,  1894,  August  18,  1755,  387. 
Barrack  pauper  schools.    Causes  of  faUure.    The  Brit.  Med.  Journ., 

1894,  August  11,  1754,  322—323. 
Benedikt,  Moritz.    Zur  Frage  der  H&rübungen  bei  Taubstummen 

und  Tauben.     Berl.  klin.  Wochschr.,   1894,  XXXI,  710—713. 
Berger,  G.    Das  Jugendspiel  und  seine  ereieMiche  Bedeutung.    Aus 

d.  Schule,  1894,  X. 


592 

BODE,  W.  Zum  SchuU  unserer  Kinder  vor  Wem,  Bier  und  Branni- 
wein.  Eine  Sammlung  von  Gutachten  über  die  Einwirkong  der 
geistigen  Getrftnke  auf  die  leibliche,  geistige  und  sittliche  Gesimd- 
heit  der  Kinder.     HUdesheim,  1894,  W.  Bode.    S^.   A  0,40. 

Bbobsiee,  6.  Der  mensckUehe  Eßrper^  sein  Bau,  seine  Ver- 
richtungen und  seine  Pflege  nebst  einem  Anhang :  Die  erste  ESlfe 
hei  plötßUchen  Unßüen,  Mit  besonderer  Berücksichtigung  des 
Turnens.  Mit  116  AbbUd.  Berlin,  1894,  H.  Kornfeld.  Gr.  8^  A  8. 

Chbval.  De  Thypertrophie  de  la  tonsOe  rStropharyngienne  et  de 
ses  eamplications.  VigitaUons  adenoides;  tumeurs.  BroxeUes, 
1894,  Lamertin.    8^ 

Cangresos  de  educaädn  fisica,  [Kongresse  für  körperliche  Erziehung,] 
Bolet.  de  la  instit.  lib.  de  ensenz.,  Madrid,  1894,  30  de  Abril, 
CCCCIX,  113— 117  ff.;  31  de  Mayo,  CCCCX,  133—134. 

DüPEY,  H.  Unser  Jugendspid.  Festblatt  der  42.  Yersammlimg 
deutscher  Philologen  nnd  Schnlmftnner,  Wien,  1894,  lY. 

JEpidemics  at  barrack  schools,  The  Brit.  Med.  Jonm.,  1894, 
June  9,  1745,  1265. 

ROWALD.  Neubau  des  städtischen  Gymnasiums  Lyceum  n  m 
Hannover,     Ztschr.  d.  Archit.-  u.  Ingenver.  zu  Hannover,  1892, 

xxxvm,  649. 

RUFF,  J.  Schute  der  Gesundheit  für  jedermann.  Illustriertes 
Handbuch  der  öffentlichen  und  privaten  Gesundheitspflege.  Hit 
Abbild.     Strafsburg  i.  E.,  1893,  Schultz.     8^.     Jk.  3. 

Salomon,  0.  Nuestra  opinüin  sobre  el  orden  que  debe  segmrse  en 
una  Serie  de  modelos  para  el  slnjd  [Unsere  Ansicht  über  die 
Ordnung,  welche  man  bei  einer  Modellrdhe  im  SUfjd  anwende 
mufs].  Bolet.  de  ensenz.  prim.,  Montevideo,  1893,  LUIt 
297—309. 

Scharf,  0.  und  Sghroedeb,  Fr.  Das  Keulenschwingen,  Eine  zn 
einem  Lehrgange  geordnete  Sammlung  von  Übungsbeispielen  ftr 
den  Betrieb  in  Schulen,  -  Turnvereinen  u.  s.  w.  Mit  19  Abbild. 
Berlin,  1894,  R.  Gaertner,     12^     Jk  1,20. 

SOHiRMBR,  0.  Zur  operativen  Behandlung  hochgradiger  Ewn- 
sichtigkeit,  Vortrag  im  Greifswalder  medizinischen  Verein,  Sitznsg 
den  2.  Dezember  1893.  Deutsch,  med.  Wochschr.,  1894, 
XI,  261. 

Schmidt,  F.  A.  Die  Jugendspiele  als  notwendige  Ergänzung  des 
Turnunterrichts,  Separatabdruck  aus  dem  ^Centrbl,  f,  aUg- 
Gsdhtspflg.'' ,  XHI.  Jahrg.,  Bonn,  1894,  Emil  Strauls. 

Sbaobr,  S.  H.  An  inquiry  into  (he  advantages  of  (he  downwwrd 
System  of  Ventilation.  Rep.  Australas.  Ass.  Adv.  Sc.  1892, 
Hobart,  1893,  764—768. 


Idtfdirifl  fit  ^(linlgrfnitblidtapflrgt 

VIL  Jahrffanff.     1894.  No.  11. 


0*«"n 


Orijittal-Zb^anMttnjje«. 


über  die  Aufgaben  und  Pflichten  des  Schularztes. 

Von 

Wirklichem  Staatsrat  Dr.  med.  Alexander  von  Wibenius, 

Arzt  des  Wedenskischen  klassischen  Gymnasiums 
and  Direktor  des  Einderasyls  der  Grofsfürstin  Alexandra  Nicolaewska 

in  St.  Petersburg. 

Die  Frage  Dach  der  BestimmnDg  und  den  Pflichten  des 
Schularztes  ist  nicht  schwer  zu  beantworten.  Seine  Aufgabe 
b<^teht  darin,  über  der  Gesundheit  der  Schulkinder  zu  wachen, 
und  infolgedessen  gehört,  alles,  was  die  köi-perliche,  geistige  und 
'  moralische  Hygiene  der  letzteren  betrifft,  in  das  Bereich 
seiner  Thätigkeit. 

Der  Schularzt  sollte   in  jeder  Lehranstalt  ebenso  unent- 
behrlich sein,  wie  der  Pädagog.     Erhält   er  keinen  Zutritt  in 
die   Schulräume,    und    wird   ihm  die   Möglichkeit   genommen,    • 
seine  Thätigkeit  im  Kreise  der  Schüler  auszuüben,  so  müssen 
andere    seine    Rolle    übernehmen.      Denn    da    ohne    Berück- 

» 

sichtigung  der  Hygiene  keine  vemünftige  Erziehung  möglich 
ist,  so '  hat  irgend  etwas  nach  dieser  Richtung  zu  geschehen. 
Und  in  der  That  gehört  die  Pflicht,  für  die  Gesundheit  der 
Schüler  Sorge  zu  trägen,  zu  d^  Obliegenheiten  der  Schul* 
administration.  Indessen  fragt  es  sich,  ob  diese  Einrichtung 
berechtigt  ist. 

SehulgMimdheltipflege  YU.  28 


594 

In  einigen  Städten  Europas  finden  wir  zur  Zeit  bereÜB 
Schulärzte,  jedoch  sind  die  Aufgaben  derselben,  soviel  uns 
bekannt  ist,  noch  keineswegs  genau  festgestellt.  Da  es 
wünschenswert  wäre,  die  Überzeugung  von  der  Notwendigkeit 
eines  ärztlichen  Hygienikers  für  jedes  Schulwesen  sobald  als 
möglich  durch  die  That  zu  verwirklichen,  so  mufs  man  vor 
allem  klarlegen,  wodurch  der  Arzt  der  Schule  und  den 
Schülern,  und  zwar  in  einer  solchen  Weise  dienlich  sein  kann, 
dais  ihn  kein  anderer  in  dieser  Beziehung  zu  ersetzen  vermag. 

Vor  allem  sei  darauf  hingewiesen,  dais  derselbe  fiär 
die  Einrichtung  des  Schulgebäudes  und  aller  seiner  Bäume 
mehr  oder  weniger  verantwortlich  sein  soll.  Beheizung,  Venti- 
lation und  Beleuchtung  gehören  zu  seiner  Kompetenz,  gleich- 
wie  auch   die  Beschaffenheit  und  Aufstellung  der  Subsellien. 

Die  Pädagogen  sind  nun  der  Meinung,  dais  freilich  em 
Schularzt  dieses  alles  gewiCs  sehr  gut  überwachen,  bezw.  znr 
Ausführung  bringen  würde,  dafs  man  aber  seine  Arbeit  eben- 
sogut einem  tüchtigen  Schulmanne  anvertrauen  könnte,  besonders 
dann,  wenn  derselbe  einige  Kenntnisse  in  irgend  einer  Disciplin 
der  Naturwissenschaften  besitzt.  Als  Beispiel  werden  Anstalten 
angeführt,  wo  sämtliche  bezeichneten  Pflichten  eines  Sohularztas 
zu  vollkommener  Zufriedenheit  durch  den  Direktor  oder  In- 
spektor der  Schule  zur  Ausführung  kommen. 

Allein  die  Obliegenheiten  eines  Schularztes  beschränken 
sich  nicht  auf  die  Sorge  für  den  hygienischen  Zustand  des 
Schulgebäudes.  Er  hat  eine  viel  wichtigere  Aufgabe  zu  erfüllen, 
indem  er  auch  über  der  Hygiene  des  Unterrichts  namentlich 
in  denjenigen  Fächern  wachen  mufs,  in  denen  die  Sinnes-  und 
Bewegungsorgane  in  Thätigkeit  versetzt  werden,  also  beim 
Lesen,  Schreiben,  Zeichnen,  Singen  und  bei  den  körperlichen 
Übungen. 

Indessen  auch  dagegen  kann  man  einwenden,  dats  es 
durchaus  nicht  notwendig  erscheine,  einen  besonderen  Arzt  als 
beständigen  Kontrolleur  hierfür  an  der  Schule  anzustellen, 
sobald  der  Unterricht  in  den  angeführten  Fächern  geregelt  sei, 
d.  h.   sobald  eine  Summe  von  Vorschriften  bestehe,    die  von 


595 

Fftdagogen  und  Ärzten  ausgearbeitet  seien,  und  deren  Be- 
stimianngen  seitens  der  Lehrer  und  Schüler  gleich  gewissen- 
haft befolgt  würden.  Es  genüge  in  diesem  Falle  yollkommen, 
wenn  ein  Speoialist  für  Schulhygiene  nur  ab  und  zu  die 
Klassen  besuche,  um  sich  davon  zu  überzeugen,  dafs  der 
Unterricht  gemäb  den  angestellten  Regeln  erteilt  werde. 

Gehen  wir  nun  zu  der  medizinisch*sanitären  Beaufisich- 
ügung  der  Schüler  über.  Hier  ist  der  Arzt  unumgänglich 
erforderlich  und  kann  weder  durch  einen  Philologen,  noch  durch 
einen  Mathematiker  oder  Naturwissenschaftler  ersetzt  werden. 
Für  eine  solche  sanitäre  Prüfung  sind  vielseitige  medizinische 
Kenntnisse  nötig.  Die  Untersuchung  eines  beliebigen  Organs 
erfordert  anatomisch-physiologische  Vorkenntnisse,  und  was  die 
Darlegung  der  Beziehungen  der  anatomisch  physiologischen 
Details  des  Körpers  zu  einander  einerseits  und  zum  Alter, 
Geschlecht  und  Gesundheitszustande  des  Beobachteten  anderer- 
seits betriffi,  so  kann  eine  solche  Darlegung  nur  dann  von 
Erfolg  begleitet  sein,  wenn  der  Schularzt  nicht  nur  theoretisAes 
Wissen,  sondern  auch  gehörige  Übung  im  Untersuchen  besitzt. 

Allein  trotzdem  die  medizinisch-sanitäre  Untersuchung  der 
Schulkinder  eine  groise  Bedeutung  besitzt,  da  sie  auf  die 
Mittel  hinweist,  durch  welche  die  Gesundheit  der  Kinder 
gewahrt  und  dem  Schaden  vorgebeugt  werden  kann,  den  der 
Unterricht  durch  den  schlechten  Gesundheitszustand  der  Schulet 
erleidet,  so  können  die  Pädagogen  dennoch  die  Entbehrlichkeit 
eines  Schularztes  darthun,  indem  sie  darauf  hinweisen  —  und 
in  gewisser  Beziehung  vielleicht  mit  Recht  — ,  dals  bei  guten 
hygienischen  Verhältnissen  die  Kinder  auch  ohne  medizinisch- 
sanitäre  Beaufsichtigung  gesund  sein  werden,  im  entgegen- 
gesetzten Falle  aber  selbst  eine  solche  keinen  Nutzen  bringen 
wird.  Unter  letzteren  Umständen  beschränkt  sich  die  Bolle 
des  Schularztes  auf  die  Behandlung  der  Kinder  in  Krankheits- 
&llen,  an  denen  mittel-  oder  unmittelbar  die  Schule  schuld 
ist.  Damit  aber  hört  derselbe  auf,  Schularzt  zu  sein,  und  wird 
einfach  Therapeut. 

Im  allgemeinen   bezieht  sich  bis  jetzt  die  Thätigkeit  des 

38* 


696 

Schnlarztes  auf  die  oben  genannten  Funktionen»  und  da  m. 
Teil  derselben  von  jedem  tüchtigen  Pädagogen  ausgeübt  werden 
kann,  ein  anderer  Teil  unter  gewissen  Umständen  gftnzlidi 
wegMlt,  so  ist  es  sehr  begreiflich,  dals  die  Schulyerwaltungen 
nicht  nur  in  BuJsland,  sondern  auch  im  Westen  eifrig  gegsn 
die  schulärztliche  Institution  ankämpfen,  während  die  Ante 
sie  vergeblich  einzuführen  suchen. 

Erst  in  der  letzten  Zeit  lernte  man  einen  Zweig  der 
Thätigkeit  des  Schularztes  kennen,  kraft  dessen  derselbe  for 
den  Unterricht  und  die  Schüler  unumgänglich  nötig  wird  und 
durch  niemanden  ersetzt  werden  kann.  Eß  ist  dieses  die 
medizinisch-pädagogische  Wirksamkeit  desselben. 

Man  darf  nicht  vergessen,  dafis  der  Unterricht  in  unseren 
Lehranstalten  bis  jetzt  fast  ein  rein  intellektueller  gewesen  ist, 
d.  h.  beinahe  ausschlieJslich  der  geistigen  Ausbildung  des 
Schülers  gedient  hat.  Dabei  wurde  diese  Ausbildung  als 
exklusives  Vorrecht  der  Pädagogen  betrachtet  und  jeder  Yer- 
sudi  von  anderer  Seite,  in  dieses  Gebiet  einzudringen,  geradezu 
als  rechtswidriger  Eingriff  in  fremdes  Besitztum  abgewiesen. 
Diese  Ansicht   muis  jedoch   als  unrichtig   bezeichnet   werden. 

Aufser  der  Pädagogik  des  Geistes  gibt  es  auch  noclL 
eine  Hygiene  desselben,  die  alle  Rechte  der  Existenz  be- 
sitzt, und  es  erweist  sich  sogar,  dab  die  erstere  auf  die 
Principien  der  letzteren  sich  gründen,  ja  dals  die  geistige 
Pädagogik  den  Weisungen  der  geistigen  Hygiene  folgen  moft 
und  desto  mehr  Erfolg  hoffen  läist,  je  mehr  sie  den  An> 
forderungen  derselben  entspricht.  .  Mit  einem  Worte,  die 
Pädagogik  des  Geistes  muIs  sich  der  Hygiene  des  G^isteB 
unterordnen. 

Die  Wissenschaft  hat  nun  bereits  endgültig  festgestellt,  dals 
einem  jeden  geistigen  Vorgange  ein.  physiologischer  Prozeis  im 
Gehirne  entspricht,  d.  h.  dafe  die  geistige  Arbeit  Hand  in 
Hand  mit  der  physiologischen  Thätigkeit  des  Gehirnes  geht 
Die  Einheit  der  Gehirnteile  ist  eine  unumgängliche  Bedingong 
fbr  die  geistige  Thätigkeit;  hindert  oder  zerstört  man  die 
anatomisch-physiologischen  Beziehungen  der  Teile  zu  einanderi 


597 

80  zerstört  man  damit  auch  die  geistige  Thätigkeit.  DarauB 
folgt,  dais  der  Pädagog  bei  der  geistigen  Erziehung  des  Kindes 
nnonterbroohen  die  Unyerletzliohkeit  der  Funktionen  des  Ge- 
hirns im  Ange  zn  behalten  hat  und  dafs  er  im  entgegen- 
gesetzten Falle  nicht  nur  dem  Körper,  sondern  auch  den 
geistigen  Fähigkeiten  des  Kindes  Schaden  bringen  kann. 

Zu  dem  genannten  Zwecke  aber  muls  derselbe  umfassende 
Kenntnisse  in  der  Physiologie  besitzen,  besonders  in  derjenigen 
des  Nervensjrstems,  femer  in  der  Psychophysiologie,  in  der 
Hygiene  im  allgemeinen  und  der  Hygiene  des  Geistes  im 
besonderen.  Kurz,  ein  tüchtiger  Pädagog  muis  biologisch 
gebildet  sein,  folglich,  da  es  keine  specielle  biologische  Fakultät 
gibt,  in  der  medizinischen  Fakultät  Vorlesungen  gehört  haben. 
Indessen  eine  solche  Reform  dürfte  wohl  schwerlich  in  nächster 
Zeit  durchgeführt  werden. 

Auf  diese  Weise  leiten  uns  alle  unsere  Betrachtungen  zu 
dem  Schlüsse,  dafs  aulser  den  Lehrern  auch  Specialisten  für 
Schulhygiene  in  den  Lehranstalten  anzustellen  sind,  wenn  auch 
nicht  für  alle  Gebiete,  so  doch  wenigstens  für  die  Hygiene 
des  Geistes.  Ohne  Mithilfe  des  Schularztes  können  die  Einzel- 
heiten des  Lehrplanes,  sowie  die  Zeiteinteilung  für  Beschäf- 
tigung, Erholung,  Essen  und  Schlafen  weder  festgestellt,  noch 
beau&ichtigt  werden,  und  kein  gewissenhafter  Pädagog  darf 
irgend  einen  Punkt  betrefEs  der  geistigen  *  Hygiene  des  Kindes 
ohne  Herbeiziehung  des  Schularztes  erledigen.  Auf  solche 
Fragen,  wie  die:  Wieviel  Minuten  dürfen  dem  Klassen- 
nnterrichte  in  diesem  oder  jenem  Fache  gewidmet,  wieviel 
Unterrichtsstunden  überhaupt  pro  Tag  gegeben  werden?  Wie- 
viel Zeit  mufs  für  die  Zwischenpausen,  wieviel  Stunden  für 
Spiel,  Erholung,  Schlaf  u.  s.  w.  bleiben?  Auf  welche  Weise 
sollen  die  Unterrichtsfächer  gemäls  dem  Alter,  den  E^räfiien 
und  Fähigkeiten  der  Schüler  verteilt  werden?  In  welchem 
Mafse  dürfen  die  Kinder  in  einer  gewissen  Periode  ihres 
Wachstums  und  ihrer  Entwickelung  geistige  Beschäftigung 
treiben?  In  welchem  Verhältnisse  zu  der  geistigen  Arbeit 
sollen  ihre  körperlichen  Übungen  stehen?  Wie  soll  ihre  Nahrung 


698 

beschaffen  sein?  unter  welchen  Umständen  sind  sie  anf  gewisse 
Zeit  von  den  obligatorischen  Arbeiten  zu  befreien?  —  auf 
alle  diese  Fragen  kann  und  darf  niemand  anders  antwortm, 
als  allein  der  Schularzt. 

Wenden  wir  uns  der  moralischen  Elrziehnng  zn.  Ist 
eine  solche  ohne  Schularzt  möglich?  Man  schlage  ein  be- 
liebiges neueres  Werk  über  sittliche  Grebreohen  der  Jugend 
auf,  wie  z.  B.  Strümpell,  Scholz,  J.  Koch,  Kötzlb,  und 
man  wird  finden,  dafs  der  gröfste  Teil  dieser  Gebrechen  in 
fehlerhafter  Körperbesohaffenheit  seinen  Grund  hat,  also 
einem  Gebiete  angehört,  dessen  Pflege  ausschließlich  dem 
Arzte  zukommt.  Überhaupt  überzeugt  man  sich  von  Jahr  zn 
Jahr  immer  mehr  davon,  einen  wie  greisen  und  heilsamen 
Einfluls  auf  sittlich  yerdorbene  Kinder  eine  regelreohtB 
hygienische  Behandlung  des  Körpers  ausübt.  Ohne  Zweifel 
verspricht  die  letztere  in  Zukunft  bessere  Resultate,  als  die- 
jenigen, welche  bis  jetzt  mit  sogenannten  moralischen  Mab- 
regeln  erreicht  worden  sind.  Einige  Beispiele  mögen  diee 
nfther  erläutern. 

Ein  jeder,  welcher  mit  dem  Kampf  gegen  die  gesohleoht^ 
liehen  Verirrungen  der  Jugend  in  den  Internaten  bekannt  ist, 
wird  wissen,  wie  wenig  man  in  dieser  Angelegenheit  mit  an»- 
sohliefslich  ethischer  Einwirkung,  ohne  den  körperliobsD 
Zustand  des  Kindes  von  Grund  aus  umzugestalten,  erreidit 
Die  moralischen  Mafsregeln  können  nur  als  Hilfsmittel  neben 
den  physischen  betrachtet  werden,  und  nur  der  Arzt  ist  im 
Stande,  den  Körper  im  Kampf  gegen  die  geschlechtlichen  Ano- 
malien zu  stählen. 

Ein  anderes  Beispiel.  Wie  behandelt  man  Elinder  in 
Internaten,  die  an  nächtlichem  unwillkürlichen  Hamen  leiden? 
Man  trennt  sie  von  ihren  Kameraden,  man  bettet  sie  anf 
Bretter,  Stroh  oder  gespannte  Leinewand,  man  gibt  ihneB 
vor  dem  Schlafengehen  wenig  zu  essen  und  zu  trinken,  man 
weckt  sie  des  Nachts,  man  ermahnt,  man  bedroht,  man  scblfigt 
sie  sogar  zuweilen  und  nennt  dieses  pädagogische  Malsregeln, 
obgleich  dieselben  eigentlich  der  Inquisition  angehören. 


599 

Was  ist  da  vielmehr  zu  thun?  Vor  allem  mnfs  das 
Kind  Yollkommen  hygienisch  behandelt  werden.  Es  muJb 
bessere  Nahrang  erhalten,  mehr  Milch,  Eier,  Fleisch.  Es  mufs 
öfters  an  die  frische  Lnft  kommen,  tind  zwar  stundenlang. 
Man  muls  es  an  körperliche  Übungen  gewöhnen  und  ihm 
dieselben  in  Formen  bieten,  welche  sie  ihm  angenehm  machen, 
wie  gewisse  Spiele,  Rudern,  Schwimmen,  Schlittschuhlaufen  u.  s.w. 
Femer  mufs  für  Tollkommene  Sauberkeit  des  Körpers  gesorgt 
werden  und  das  Kind  täglich  allgemeine  kühle  Bäder  und 
örtliche  kalte  Abwaschungen  erhalten.  Kurz,  Nerven  und 
Muskeln  desselben  müssen  gestählt  werden,  und  wenn  alles 
das  nicht  hilft,  so  hat  man  sich  an  den  Arzt  zu  wenden, 
welcher  stärkende  und  kräftigende  Mittel,  oder  —  und  wohl 
mit  gröfstem  Erfolge  —  Elektricität  in  lokaler  Anwendung 
gebrauchen  wird.  Weshalb  aber  thut  man  dieses  alles  nicht? 
Erstens  deshalb,  weil  man  an  die  Wirkung  solcher  Mafsregeln 
nicht  glaubt  und  nur  zu  einer  Behandlnng  Zutrauen  hat, 
welche  moralisch  auf  den  Kranken  einzuwirken  sucht.  Zweitens 
aber  deshalb,  weil  eine  hygienische  Behandlung  in  der  Praxis 
schwer  durchzuführen  ist,  namentlich  dann,  wenn  die  Geld« 
mittel  fehlen,  um  eine  specielle  Pflege  des  Kranken  ein- 
zarichten.  Der  Arzt  wird  gewöhnlich  gar  nicht  konsultiert, 
und  wenn  solches  geschieht,  so  nur  mit  der  Absicht,  das 
Bezept  für  ein  Medikament  zu  erhalten,  das  specifisch  gegen 
die  betreffende  Krankheit  wirken  soll,  das  aber  in  Wirklichkeit 
gar  nicht  existiert. 

Bin  drittes  Beispiel.   Der  Vater  eines  Schülers  ist  psycho- 

• 

pathisch,  die  Mutter  neurasthenisch.  Der  Jüngling  weist  alle 
Merkmale  moralischer  Haltlosigkeit  auf  und  beunruhigt  fort- 
während seine  Umgebung.  Er  wird  auf  alle  mögliche  Weise 
bestraft,  indessen  die  Strafen  haben  keinen  Einflufs  auf  ihn. 
In  einem  Zomparoxysmus,  der  durch  eine  harte  Äufserung 
seines  Lehrers  herrorgerufen  wurde,  macht  er  einen  Selbstmord- 
versuch. Da  endlich  reifst  die  Greduld  der  Erzieher,  und  er 
wird  aus  der  Anstalt  entfernt. 

Wie  ist  es  aber  möglich,   dafs  dieser  Jüngling   ohne  Rat 


600 

und  Hilfe  eines  Psyoliiaters  oder  Neuropathologen  erzogen 
wnrde,  dais  man  ihn  ohne  specielle  Untersuchung  seineB 
psychischen  Zustandes  bestrafte  und  endlich  ausschlolis?  Sehr 
einfach  deshalb,  weil  es  niemandem  einfällt,  dafe  in  solchen 
Fällen  der  Arzt  am  Platze  ist.  Ist  das  Kind  in  die  Anstalt 
eingetreten,  so  ist  es  verpflichtet,  alle  Vorschriften  der  Schul- 
ordnung zu  befolgen,  und  mufs  für  jede  Übertretung  einer  Strafe 
gewärtig  sein.  Der  Pädagog  ist  weder  willens,  noch  im  stände, 
zu  beurteilen,  wieweit  die  Handlungen  des  Schülers  auf  patho- 
logische Momente  zurückzuführen  sind.  Seine  Taktik  ist  höchst 
einfach:  es  ist  eine  unerlaubte  That  vollführt  worden,  und  so 
untersucht  er  nur,  unter  welchen  Paragraphen  der  Schulordnung 
dieselbe  fällt.  Da  nun  Ungesetzlichkeit  sich  sowohl  bei  einem 
geistig  gesunden  als  auch  bei  einem  psycliopathischen  Schüler 
zeigen  kann  und  die  Pädagogen  traditionellerweise  vielfach  daran 
gewöhnt  sind,  die  Schulkinder  jeder  nur  erdenklichen  Unart 
fähig  zu  halten,  so  ist  es  leicht  zu  erklären,  dafa  bei  der 
ersten  besten  unmoralischen  Handlung  eines  Schülers  der 
Lehrer  das  volle  Recht  zu  haben  glaubt,  nur  die  richtige  An- 
wendung dieser  oder  jener  Bestimmung  der  Schulordnung  im 
Auge  zu  behalten. 

Einzig  und  allein  der  ärztliche  Specialist  vermag,  indem 
er  alle  Merkmale  eines  anormalen  Zustandes  zusammenhält 
und  den  Kranken  systematisch  beobachtet,  die  wahre  Natur 
des  Jünglings  zu  erweisen.  Die  Ergebnisse  der  neusten  For 
schungen  über  Psychopathien,  Neuropathien,  psychopathisohe 
Minderwertigkeiten  u.  dergl.  sind  selbst  den  nicht  psychiatrisch 
gebildeten  Ärzten  in  der  Regel,  unbekannt.  Wie  kann  man 
dann  fordern,  daJB  sie  den  Pädagogen  vertraut  und  verstand- 
lieh  sein  sollen?  So  sehen  wir,  dals  infolge  vollkommenen 
Mangels  an  Sachkenntnis  bei  den  Beteiligten  die  Zahl  der  Fälle, 
in  denen  wir  geistige  und  moralische  Anomalien  der  Schul- 
jugend beobachten,  sich  von  Jahr  zu  Jahr  vermehrt.  Bei  den 
Pädagogen  erregt  dies  Bedenken,  und  dennoch  ruft  man  den 
Beistand  der  Ärzte  nicht  an,  die  ungerechterweise  ihres  Anteils  an 
einer    rationellen  Erziehung  der  Jugend  beraubt  worden  sind. 


601 

Auf  unsere  Ausführangen  könnte ,  man  erwidern,  wir 
wünschten  also,  daß  der  Schularzt  Psychiater,  Neuropathologe 
und  Hygieniker  sei.  Ja  wir  sind  der  Meinung,  dals  derselbe 
mit  den  Principien  dieser  Wissenscliaften  vertraut  sein  muis 
und  dals,  wenn. er  auch  nicht  alle  Einzelheiten  auf  dem  ge- 
nannten Grebiete  beherrscht,  er  doch  wenigstens  zu  beurteilen 
im  stände  sein  soll,  bei  welchen  Anomalien  der  Schuljugend 
ein  Psychiater  von  Fach  zu  Rate  zu  ziehen  ist. 

Hat  man  dem  Schularzte  seine  Stellung  als  Specialist  für 
geistige  und  moralische  Hygiene  zuerkannt,  so  wäre  es  natür- 
lich angemessen,  ihm  gleichzeitig  auch  die  Pflichten  eines 
Specialisten  für  körperliche  Hygiene  der  Schuljugend  auf- 
zuerlegen. Der  Pädagog  kann  noch  so  genau  mit  den  For- 
derungen der  Gesundheitspflege  vertraut  sein,  so  wird  doch 
die  sanitäre  Wirksamkeit  eines  Arztes,  der  gründliche  bio- 
logische Kenntnisse  besitzt,  fruchtbringender  sein.  Wie  der 
Arzt  der  rein  pädagogischen  Seite  des  Schulwesens  fem  bleiben 
soll,  so  darf  sich  auch  der  Pädagog  nicht  in  ärztliche  Fragen 
mischen.  Das  ist  eine  Forderung,  die  für  den  Erfolg  der 
ganzen  Erziehung  von  grofser  Wichtigkeit  ist. 

Nur  durch  Mangel  an  Geldmitteln  ist  die  Langsamkeit, 
mit  welcher  die  Reform  des  Schulwesens  in  der  angedeuteten 
Richtung  vor  sich  geht,  zu  erklären  und  zu  entschuldigen. 
Die  Schaffung  der  Stelle  eines  Schularztes  in  unserem  Sinne 
ist  für  die  Schulverwaltung  der  leichteste  und  billigste  Aus- 
weg aus  der  anormalen  Lage,  in  welcher  das  Schulwesen  sich 
zur  Zeit  befindet.  So  gut  man  für  die  Ausbildung  tüchtiger 
Pädagogen  Sorge  trägt,  so  gut  sollte  man  die  Dienste  von 
Schulärzten  in  Anspruch  nehmen  und  sie  gemeinschaftlich  mit 
den  Repräsentanten  des  Schulfaches  an  der  Erziehung  und 
Bildung  der  Jugend  arbeiten  lassen. 

Zu  dieser  Überzeugung  kommt  man  bereits  allmählich 
im  Westen,  wo  hier  und  da  in  pädagogischen  Kommissionen 
und  auf  Schulkonferenzen  Ärzte  mit  Stimmrecht  und  der  Voll- 
macht auftreten,  alles  geltend  zu  machen,  was  sie  vom  Stand- 
punkte  ihrer  Wissenschaft   zum  Nutzen   der  Schuljugend  bei- 


602 

tragen  können.  Die  Beteiligung  des  Dr.  Kkr8CHENSTEIKBR  an 
dem  pädagogischen  Conseil  für  die  Reform  der  Mittelschulen 
in  Bayern,  die  Anwesenheit  der  Professoren  Hblmholtz  und 
YiBGHOW  anf  der  Berliner  Schalkonferenz  des  Jahres  1890, 
der  Anteil  des  Professors  Axbl  Kbt  an  den  Arbeiten  der 
medizinisch-pädagogischen  Kommission  in  Stockholm  dienen 
als  Beispiele  daftir,  daüs  man  die  Überzeagung  gewinnt,  wie 
unentbehrlich  ärztliches  Wissen  bei  Lösung  der  wichtigsten 
Fragen  der  modernen  Pädagogik  ist. 

Es  bleibt  also  nur  zu  wünschen  übrig,  dais  die  schwachen 
Anftnge  dieser  Erkenntnis  sich  unter  den  Pädf^gen  mehr 
und  mehr  verbreiten  und  mit  der  Zeit  zu  der  festen  Über- 
zeugung führen,  deren  Resultat  nicht  nur  das  ersehnte  Institat 
der  Schulärzte,  sondern  auch  die  längst  erwartete  Schulreform 
sein  wird. 


Zur  rationellen  Ansnatzung  der  ünterrichtspausen 

in  den  Schulen. 

Von 

Dr.    phil.    E!£ES£BIT£B, 
Oberlehrer  an  der  4.  BeaUchale  zu  Berlin. 

Ein  in  Nummer  12  des  V.  Jahrganges  der  ZeitsArip 
für  Schulgesundheitspflege  mitgeteilter  Au&atz  von  HIkonbov- 
Hansen,  den  Professor  Dr.  Bubgebsteik  durch  seine  dankens- 
werte Übersetzung  zugänglicher  gemacht  hat,  bringt  eine  MeDge 
Material  über  die  Ünterrichtspausen  und  macht  für  deren  An- 
ordnung durchaus  zu  billigende  Vorschläge,  bespricht  dagegen 
die  Ausnutzung  der  Pausen  nur  auf  knapp  zwei  Seiten.  Letzterer 
Punkt  ist  indessen,  da  Pausen  ja  fast  überall  vorhanden  sind, 
ihre  Bedeutung  aber  viel  zu  wenig  gewürdigt  wird,  ebenso 
wichtig,  verdient  daher  näher  beleuchtet  zu  werden. 

Im  Sommer  ist  es    wohl    an  den   meisten  Schulen  Sitte, 


609 

dafe  alle  Schüler  die  Zwischenpatise  in  freier  Luft  verbringen. 
Dagegen  wird  während  der  ungünstigen  Jahreszeit  in  den 
EVeiviertelstnnden  schwer  gegen  die  Gesundheit  der  Kinder 
gesündigt.  Nachdem  der  Lehrer  die  Klasse  verlassen  hat, 
bleiben  die  Schüler  in  derselben  meist  sich  selbst  überlasseh, 
bis  der  Inspizient  kommt.  Inzwischen  ist  aber  vielleicht  schon 
der  Staub,  der  sich  bei  der  häufig  ungenügenden  Reinigung 
der  Klassen  angesammelt  hat,  durch  das  Hin-  und  Herlaufen 
der  Schüler  aufgewirbelt  worden.  Der  Inspizient  beiiehlt  nun 
der  Ordnung  wegen :  Ein  jeder,  der  nicht  hinuntergeht,  hat  in  der 
Pause  auf  seinem  Platze  zu  bleiben.  Dies  widerspricht  aber 
vollständig  dem  Zweck  der  Respirien,  ^die  durch  das  Sitzen 
ermüdeten  Muskelgruppen  wieder  zu  bethätigen  und  den  Unter- 
leib von  der  Pressung  zu  befreien,  welche  der  Oberkörper  bei 
sitzender  Haltung  auf  ihn  ausgeübt  hat^. 

Auch  für  die  Luftemeuerung  in  der  Klasse  wird  unter 
diesen  Verhältnissen  wenig  oder  nichts  gethan,  da  die  Thür 
offen  bleiben  mufs  und  nicht  gleichzeitig  die  Fenster  geöffnet 
werden  können.  Die  Folge  davon  ist,  dafs  Lehrer  und  Lernende 
während  der  nächsten  Stunde  verbrauchte  Luft  atmen. 

Wichtiger  als  alle  Verfügungen  über  die  Länge  der  Pausen 
erscheint  daher  die  rationelle  Ausnutzung  derselben.  Eine 
solche  kann  nur  eintreten,  wenn  jeder  Lehrer  am  Schlufs 
der  Stunde,  bevor  er  hinausgeht,  dafür  sorgt,  dafs 
erstens  sämtliche  Schüler  die  Klasse  verlassen  und 
zweitens  die  Fenster  geöffnet  werden. 

Letzteres  ist  durchaus  nötig,  da  in  den  Klassen  meisten- 
teils noch  keine  saugenden  Ventilationsvorrichtungen  angebracht 
sind,  die  bei  50  oder  mehr  Schülern  die  Luft  während  der 
Unterrichtsstunden  genügend  erneuern,  ohne  dafs  Zug  entsteht. 
Baurat  Haesbkb  sagt  in  seinem  Buch^:  Die  SchtUfieijnmg,  ihre 
Mängel  und  deren  Beseitigung:  „Die  beste  Lüftung  bleibt  noch 
immer  die  durch  Öffnen  der  Fenster.  Mit  dem  Schlieisen  der- 
selben braucht  man  nicht  zu  ängstlich  zu  sein,  da  die  Tempe- 
ratur, auch  wenn  sie  etwas  stark  gesunken  ist,  in  der  Stunde 
nur  zu  schnell  wieder  sieigt.'' 


604 

Aallserdem  sollte  jedes  Fenster  oben  eine  Lüftonga- 
klappe  haben.  Die  letzteren  müssen  auf  alle  Fenster  yerteilt 
sein,  da  eine  einzige  Klappe  so  stark  wirkt,  daCs  der  Zug 
auf  bestimmten  Plätzen  Iftstig  empfanden  wird,  was  gewöhnlioli 
yeranlaCst,  daCs  dieselbe  einfach  geschlossen  wird  nnd  somit  die 
Klasse  ohne  Lüftung  bleibt. 

Besonders  empfiehlt  es  sich,  Glasjalousien  in  den  Fenstern 
anzubringen  oder  die  oberen  Scheiben  nach  unten  drehbar  zu 
befestigen,  so  dafs  dieselben  mittelst  Kette  mehr  oder  weniger 
weit  geöffnet  werden  können.  Letzteres  wird  auch  durch  eine 
Vorrichtung  erzielt,  bei  der  die  Fenster  seitwärts  drehbar  ein- 
gesetzt sind.  Auf  jeden  Fall  aber  müssen  die  Fensterflügel  in 
der  offenen  Stellung  zu  befestigen  sein,  denn  sonst  kann  man 
sie  häufig  nicht  aufmachen,  weil  sie  vom  Winde  fortwährend 
auf-  und  zugeklappt  werden. 

Trotz  aller  Ventilationsklappen  jedoch  lälst  sich  eine  voll- 
ständige Lufterneuerung  erst  in  der  Pause  vornehmen.  Ea 
muis  daher  durchaus  die  Ansicht  durchdringen,  da(s  die 
Pausen  ebensosehr  zur  Lüftung  der  Klassen,  wie 
zur  Erholung  der  Schüler  und  Lehrer  da  sind.  Zn 
Anfang  jedes  Respiriums  haben  alle  Kinder,  wie  bereits 
bemerkt,  die  Klasse  zu  verlassen. 

Diejenigen,  welche  krankheitshalber  nicht  auf  den  Hof 
gehen  dürfen,  werden,  solange  in  den  Schulen  kein  besonderes 
Zimmer  vorhanden  ist,  in  welchem  sie  die  Freiviertelstunden 
zubringen  können,  von  einem  Lehrer  am  zweckmälsigsten  in  der 
Aula  vereinigt,  wenn  diese  nicht  etwa  als  Gresangssaal  dient 
Im  letzteren  Falle  bleibt  nichts  anderes  übrig,  als  sie  in  eine 
Klasse  zu  schicken,  deren  Inhaber  in  der  nächsten  Stunde  znm 
Singen,  Turnen,  physikalischen  oder  chemischen  Unterricht 
gehen,  so  dsSs  die  Lüftung  dieses  Klassenzimmers  während  der 
nächsten  Stunde  erfolgen  kann.  Haben  erst  die  Schulen  ein 
besonderes  Zimmer,  in  dem  die  unpäßlichen  Schüler  eich 
während  der  Pausen  aufhalten  können,  so  wird  ein  Lehrer  die 
Au&icht  übernehmen,  die  Schüler  werden  hier  still  sitzen  müssen 
und  deshalb  vorziehen,  sich  auf  dem  Hofe  frei  zu  tummeln. 


605 

Die  gesunden  Schüler  sind  zn  jeder  Jahres^it  anzuhalten, 
am  Schlu£s  der  Stunde  hinunterzugehen.  Natürlich  dürfen  sie 
ihre  Überzieher  anziehen,  sich  auf  dem  Hofe  Bewegung  machen, 
und  bei  ungünstiger  Witterung  kann  ihnen  auch  erlaubt  werden, 
in  die  Klassen  zurückzukehren.  Schon  die  Unterbrechung  der 
sitzenden  Haltung  nämlich  wirkt  wohlthätig.  Gegen  das  häufige 
Hinunter-  und  Hinauflaufen  darf  nach  meiner  Ansicht  der 
Verbrauch  von  Muskelkraft  beim  Treppensteigen,  der  dreizehn- 
mal gröiser  ist  als  auf  ebener  Erde,  nicht  angeführt  werden, 
da  malBvoUe  Bethätigung  der  Maskulatur  für  Kinder  immer 
zuträglich  ist.  Betont  man  aber  die  Staubaufwirbelung  auf 
Flur  und  Treppen,  so  liegt  es  doch  näher,  den  Staub  zu  be- 
seitigen. Damit  dies  oft  genug  zu  geschehen  vermag,  würde  es 
sich  empfehlen,  die  Korridore  als  etwas  geneigte  £benen  anzulegen 
und  bis  zur  Höhe  der  Scheuerleisten  mit  Oement  auszugiefsen,  so 
data  der  Schuldiener  mittelst  Schlauches,  den  er  an  die  Wasser- 
leitung schraubt,  Schmutz  und  Staub,  so  oft  es  nötig  ist,  weg- 
spritzen kann.  Die  Neigung  des  Bodens  müfste  derartig 
hergestellt  werden,  dals  zum  Abfliefsen  des  unreinen  Wassers 
die  Abzugsröhren  der  Wasserleitung  auf  den  Fluren  dienten. 
So  gereinigt,  können  die  Korridore  an  sehr  kalten  oder  windigen 
Tagen  auch  den  Schülern  während  der  Pausen  als  Aufenthalts- 
ort dienen,  bis  die  Klassen  hinreichend  gelüftet  sind. 

Um  aber  an  den  vielen  Regentagen,  wo  die  Luft,  weil 
staubfrei,  um  so  gesunder  ist,  den  Schülern  den  Aufenthalt 
im  Freien  zu  ermöglichen,  sollte  rings  um  jeden  Schulhof  ein 
gedeckter  Rundgang  zum  Spazierengehen  angelegt  werden. 
Dieser  würde  an  heifsen  Sommertagen  auch  Schutz  gegen  die 
Sonne  bieten  und  aufserdem  es  möglich  machen,  die  Turnhalle, 
falls  sie  vom  Schulhause  getrennt  ist,  bei  Schmutzwetter 
trockenen  Fuises  zu  erreichen,  so  dafs  die  Turner  den  Sand 
des  Hofes  nicht  an  den  Schuhen  mit  in  die  Halle  schleppen. 

Femer  muls  auf  die  Anlage  und  Instandhaltung 
des  Hofes  grö&ere  Sorgfalt  verwandt  werden.  Schon  bei 
der  Wahl  des  Platzes  für  eine  neue  Schule  ist  darauf  Rücksicht 
zu  nehmen,  dais  die  umgebende  Luft  und  also  auch  diejenige 


606 

des  SchulhofoB  nioht  duroh  SohomBteine  benaohbarter  Fabriken 
oder  Brennerei^i  mit  Rufs,  Rauch  und  schftdliohen  Gasen  erMt 
wird.  Ebenso  hat  man  auf  ruhige  Lage  zu  sehen,  damit  an 
günstigen  Tagen  bei  offenen  Fenstern  unterrichtet  werden  kann. 

Zweitens  mulis  der  Hof  grofs  genug  sein,  um  den  jüngeren 
Schülern  als  Spielplatz,  den  älteren,  die  am  Spiel  keine  Freude 
mehr  haben,  als  Promenade  zu  dienen.  Für  letztere  wird  sich 
noch  mehr  der  Rundgang  empfehlen,  denn  wir  müssen  die 
Spielenden  absondern,  um  ihnen  auf  dem  Spielplatze  das 
Laufen  gestatten  zu  können.  Ist  letzterer  nur  klein,  so  mag 
er  den  einzelnen  Klassen  für  bestimmte  Pausen  abwechselnd 
reserviert  werden. 

Auf  dem  Hofe  ist  weiter  für  guten  Baumschatten  za 
sorgen.  Bei  neuen  Schulen  sollten  daher  von  yomherein  etwas 
gröGsere  Bäume  angepflanzt  werden.  Die  Schüler  können  weder 
während  der  Pause,  noch  beim  Turnen  auf  dem  Hofe  geneia- 
tionenlang,  bis  die  Bäume  grols  und  belaubt  sind,  den 
Schatten  entbehren. 

Wichtig  ist  auch,  die  Kiesschüttung  auf  dem  Hofe  hin- 
reichend oft;  zu  erneuern. 

An  trockenen,  windigen  und  heilsen  Tagen  endlich  müh 
der  Hof  vor  jeder  Pause  mit  Wasser  besprengt  werden,  damit 
der  Aufenthalt  daselbst  erfrischend  wirkt.  Der  Schuldiener 
darf  diese  Mühe  nicht  scheuen. 

AuJberdem  verdient  aber  noch  ein  anderer  letzter  Punkt 
Beachtung.  Während  der  unterrichtsfreien  Zeit,  also  nach 
Schluls  der  Schulstunden,  müssen  sämtliche  Fenster  und  Thüiea 
offen  stehen,  damit  der  Durchzug  die  verbrauchte  Schulluft  ent- 
ferne. Zugleich  sind  die  Vorhänge  zurück-,  die  Rouleaux  in  die 
Höhe  zu  ziehen,  so  dafs  das  Sonnenlicht  mit  seiner  desinfizierenden 
Ejraft  hereindringen  kann.  Der  Heizer  darf  im  Winter  nicht 
blols  ängstlich  besorgt  sein,  die  Wärme  zusammenzuhalten; 
er  mufs  lernen,  daCs  wir  nioht  allein  Wärme,  sondern  vor  allem 
auch  gute,  frische  Luft  nötig  haben.  Nur  so  ist  es  möglich, 
die  mit  dem  Schulleben  verbundenen  Schädlichkeiten  wenigstenB 
zum  Teile  herabzumindern. 


607 

Zum  Schlosse  sei  es  mir  gestattet,  meine  Ansfülmmgen 
in  folgende  Thesen  zusammenzufassen: 

L  Bei  der  Anlage  von  Schulen  sollte  darauf  Büoksicht 
genommen  werden,  dais  folgendes  vorhanden  ist: 

1.  ein  grofser,  schattiger,  mit  Eäes  beschütteter,  von 
einem  bedeckten  Rundgang  umgebener  Hof; 

2.  geräumige,  cementierte,  etwas  geneigte  Flure,  die 
durch  Absprengen  leicht  zu  reinigen  sind; 

3.  eine  Ventilationsvorrichtung  in  jedem  oberen  Fenster; 

4.  falls  die  Aula  als  Oesangssaal  dient,  ein  besonderes 
Zimmer,  wo  erkältete  oder  sonst  nnpäfsliche  Schüler 
die  Pause  zubringen  können. 

IL  Seitens  der  Verwaltung  der  Schulen  ist  darauf  zu 
halten,  dais 

1.  die  Lehrer  am  Schlufs  jeder  Stunde,  bevor  sie  die 
Klasse  verlassen,  alle  Schüler  hiuausschicken  und  die 
Fenster  öffnen  lassen; 

2.  die  Schuldiener  und  Heizer  für  Luftemeuerung 
während  der  unterrichtsfreien  Zeit  sorgen. 


^UB  Derfammlttngen  itnb  ^tttxntn. 


Bericht  ttber  die  Tbätigkeit  der  sctaulhygienischen 
Sektion  des  VIII.  internationalen  EongreBses  fttr  Hygiene 

nnd  Demographie  in   Budapest. 

Von 
Dr.  med.  Heinbich  Schuschny, 

Schularzt  und  Professor  der  Hygiene  in  Budapest. 

Von  den  26  Sektionen  des  Kongresses  haben  wenige  eine 
80  rege  Tbätigkeit  entfaltet,  wie  die  sohnlhygienische.  Anoh 
der  Besnch  derselben  war  ein  yerbältnismäTsig  starker;  es 
fanden  Sitzungen  statt,  an  denen  nngef&br  70  Mitglieder  teil- 
nahmen.   Freilich  lichteten  sich  gegen  Mittag  —  die  Versamm- 


608 

langen  nahmen  stets  um  9  Uhr  vonnittags  ihren  An&ng  —  die 
Reihen,  nnd  die  Zahl  der  Znhörer  schrumpfte  nm  2  Uhr  nach- 
mittags manchmal  auf  10  zusammen. 

I. 

Die  erste  Sitzung  wurde  am  3.  September  von  dem 
UniversitätsprofBSSor  Dr.  Julius  DoLUNGsa-Budapeet  eröfihet, 
der  in  einem  lichtvollen  Vortrage  die  Ziele  der  Schulhygiene 
darlegte. 

Darauf  sprach  Staatssekretär  a.  D.  Dr.  AiiBEBT  von 
BEBZETiczY-Budapest  y,über  die  körperliche  Erziehung*^, 
indem  er  der  bisherigen  Bestrebungen  auf  diesem  Gebiete  ge- 
dachte. Redner  entwarf  ein  ganzes  Programm  der  physischen 
Ausbildung,  in  welchem  er  den  Jugendspielen  den  ersten 
Platz  einräumte. 

Professor  Dr.  Leo  BuBaEBSXEiN-Wien  behandelte  dasselbe 
Thema.  Er  wünschte,  dais  die  Schule  die  körperliche  Er- 
ziehung der  Jugend  ebenso  fördere,  wie  sie  die  zwangsweise 
geistige  Erziehung  des  Volkes  besorge ;  auf  diese  Weise  würden  die 
Vorteile  einer  gesunden  physischen  Ausbildung  auch  später 
dem  Volke  erhalten  bleiben. 

Dh  Francis  WABNBB-London  berichtete  im  Auftrage  des 
vom  VH.  internationalen  hygienischen  Kongresse  berufenen 
Komitees  über  die  Resultate  der  an  50000  Schulkindern  an- 
gestellten ärztlichen  Untersuchungen^. 

Schularzt  Dr.  Julius  BlKÖczY-Raab  sprach  über  „die 
Methodik  des  Schulturnens  und  der  Jugendspiele*. 
Der  Turnunterricht  entspreche  weder  den  Ansprüchen  der 
Jugend  noch  denen  der  Hygiene.  Die  Jugendspiele  sollten 
in  den  Vordergrund  treten,  die  gröfseren  Ferien  während  des 
Schuljahres  zu  militärischen  Übungen  ausgenutzt  werden. 

Zuletzt  erörterte  Professor  Paul  Guttenbebo- Budapest» 
der  bekannte  ungarische  Vorkämpfer  des  Slöjd,  ^Die  hygie- 
nische Bedeutung  der  Knabenhandarbeiten  und  das 
MiKKELSENsche  Slöjdsystem^. 


*  Vergl.  diese  Zeitschrift,  1894,  No.  10,  S.  574-675.    D.  Eed. 


609 

n. 

Die  zweite  Sitzung  wurde  mit  einem  Vortrage  Dr. 
Ludwig  Kotelmanns  eröffnet,  der  „über  Reformbestre- 
bungen auf  dem  Gebiete  des  Schulwesens^  sprach. 
Redner  erkennt  die  zahlreichen  Verbesserungen  auf  diesem  Ge- 
biete an,  die  in  den  letzten  Jahren  in  Deutschland  eingeführt 
seien,  trotzdem  aber  gebe  es  noch  verschiedene  Punkte,  die 
Berücksichtigung  verdienten.  Die  wöchentliche  Unterrichtszeit 
in  dem  ersten  Schuljahre  der  Volksschule  dürfe  18  und  für 
jedes  folgende  Jahr  2  weitere  Stunden  nicht  überschreiten, 
bis  das  Maximum  von  30  Stunden  erreicht  sei;  dabei  müfsten 
jedoch  von  jeder  Schulstunde  15  Minuten  für  die  Pause  ab- 
gezogen werden.  In  den  höheren  Töchterschulen  seien  die 
Prüfungen  zu  vereinfachen,  da  diese  leicht  Überbürdung 
verursachten.  Beim  Unterrichte  in  den  Gymnasien  und  Real- 
gymnasien solle  man  die  Anschauung  mehr  zu  Hilfe  nehmen 
und  zu  diesem  Zwecke  archäologische,  historische  und  geo- 
graphische Sammlungen  anlegen. 

Über  dasselbe  Thema  sprach  Professor  Dr.  Htacinth  Kubobn 
aus  LüttichSeraing  mit  besonderer  Berücksichtigung  Belgiens. 
Er  erwähnte  unter  anderem  jene  Schritte,  welche  im  sanitären 
Interesse  der  Schuljugend  seitens  der  Verwaltung  oder  ver- 
schiedener Vereine  gethan  worden  seien.  Es  würden  ärmere 
Schüler  mit  Kleidern  beschenkt,  es  beständen  Ferienkolonien 
und  Schulbäder,  jüngere  Kinder  erhielten  in  der  Schule  zu 
essen.  Au&erdem  gebe  es  Gratisverteilung  von  Medikamenten 
(Eisenpräparate,  Leberthran,  Chinin  u.  s.  w.),  sowie  Behandlung 
skrofulöser  und  rhachitischer  Kinder  in  Seehospizen.  Schliefslich 
wünschte  der  Vortragende  neben  der  pädagogischen  Beaufsich- 
tigung der  Schüler  auch  eine  hygienische. 

Primararzt  Dr.  Wladimir  Stchepotiew  aus  Konstantinopel 
behandelte  „die  Reformen,  deren  das  heutige  Unterrichts- 
system bedürfe**. 

Hierauf  folgte  der  Vortrag  des  Rev.  0.  Gillespie- 
Colchester  „Die  Anforderungen  der  Gesundheits- 
wissenschaft an  Religionslehrer"    und    weiter  derjenige 

BetanlffMaadheitspflege  VII .  39 


610 

Dr.  Maximilian   BBESGENS-Frankfart  a.  M.    ,Über  die  ür- 
sachen  des  nervösen  Kopfsohmerzes  der  Sohüler". 

ni. 

Die  dritte  Sitzung  begann  mit  einem  Vortrage  Ton 
Professor  Dr.  F.  Esismann  aus  Moskau,  dessen  Gegeufitand 
„Die  künstliche  Beleuchtung  der  Sohulzimmer' 
bildete.  Redner  führte  aus,  dafs  bei  direkter  Beleuchtung  der 
Lehrsäle  eine  gleichmälsige  Verteilung  des  Lichtes  auf  den 
einzelnen  Plätzen  und  eine  Vermeidung  störender  Schatten 
unmöglich  sei.  Selbst  bei  Abwesenheit  der  Schüler  ist  die 
Helligkeitsdiffereuz  der  verschiedenen  Plätze  schon  bedeutend. 
In  Anwesenheit  derselben  aber  wird  durch  die  beim  Schreiben 
eDistehenden  Schatten  ein  sehr  beträchtlicher  Lichtverlnst 
hervorgerufen.  Bei  der  indirekten  Beleuchtung  dagegen  Ifilst 
sich  eine  annähernd  gleichmäfsige  Verteilung  des  Lichtes  auf 
den  einzelnen  Plätzen  leicht  erreichen.  Der  beim  Schreiben 
durch  den  Schatten  des  vornüber  gebeugten  Körpers  entstehende 
Lichtverlust  ist  verhältnismäfsig  gering,  der  Schatten  selbst  nicht 
scharf  begrenzt  und  nicht  störend.  Vortragender  gelangte  zu  dem 
Schlüsse,  dafs  ceteris  paribus  die  indirekte  Beleuchtung  der  Schnl- 
zimmer  der  direkten  in  hygienischer  Beziehung  vorzuziehen  sei. 

Sodann  trägt  diplomierter  Architekt  Kakl  Hint&ager  ans 
Wien  „Über  das  moderne  Volksschulhaus"  vor.  Er 
wünscht,  dafs  für  die  Landgemeinden  Musterpläne  ein-  und 
mehrklassiger  Volksschulbauten  herausgegeben  werden.  Die 
Zahl  der  Lehrzimmer  eines  ächulhauses  soll  20,  die  Zahl  der 
Geschosse  in  Städten  3,  auf  dem  Lande  2  nicht  übersteigen. 
Das  Schülermaximum  einer  Klasse  betrage  50.  Redner  befür- 
wortet ferner  die  Bestimmung  von  MinimalmaCsen  für  die  Grofse 
der  Lehrzimmer  und  Korridore,  die  Anlage  von  Wartelokalen 
in  der  Nähe  der  Eingänge,  von  Kleiderablagen,  Wascheinricb- 
tungen  und  Baderäumen. 

Dr.  R.  RiGNiEB-Paris  beschäftigte  sich  in  seinem  Vortrage 
mit  den  „sanitären  Einrichtungen  der  grofsen  Pariser 
Lyceen^.     Er  bedauert,    daüs   die  älteren  Schulgebäude  vom 


611 

liygieDischen  Standpunkte  vieles  zn  wünschen  übrig  lassen, 
die  neueren  Gebäude  hingegen  entsprechen  schon  den  An- 
forderungen. Seine  Wünsche  formuliert  er  folgendermafsen : 
Es  sollen  nur  so  viel  Schüler  aufgenommen  werden,  als  Platz 
Torhanden  ist.  Man  lasse  dieselben  in  vorher  von  anderen 
Zöglingen  benutzte  Zimmer  nur  nach  einviertelstündiger  Lüftung 
eintreten.  Das  Maximum  der  Arbeitsdauer  betrage  bei  grö&eren 
Schülern  10,  bei  mittleren  und  kleineren  6 — 8  Stunden; 
Vt  Stunde  diene  für  Toilette,  2  Stunden  für  körperliche  Übungen, 
3  Stunden  für  Spiele  und  Spaziergänge.  Für  die  Kranken- 
stuben wünscht  Redner  einen  Fufsboden,  der  leicht  gewaschen 
nnd  desinfiziert  werden  kann. 

Daran  schlois  sich  ein  Vortrag  des  Professors  Dr.  Hebmann 
CoHN-Breslau  „Über  Fenstervorhänge  in  Schulen".  Der 
GFenannte  berichtete  über  seine  Untersuchungen,  die  er  bezüglich 
des  Tageslichtdurchganges  durch  Fenstervorhänge  angestellt  hatte. 
Eine  interessante  Tabelle  gab  über  den  Lichtverlust,  den  die 
verschiedenen  Stoffe  erzeugen,  Aufschlufs. 

Sodann  folgten  die  Vorträge  und  Demonstrationen  des 
Direktors  Emanuel  Batb  aus  Wien,  des  üniversitätsprofessors 
Oh.  Gtibabd  aus  Bern,  des  Augenarztes  Dr.  Paul  Schubert 
aus  Nürnberg  und  des  Bürgerschulprofessors  B^la  KIbpIti 
aus  Budapest.  Dieselben  bezogen  sich  auf  die  Steilschrift. 
Von  den  Vortragenden  wurde  folgende  These  gemeinsam  auf- 
gestellt: Die  gerade  Mitten  läge  des  Heftes  mit  senkrechter 
Schrift  bewirkt  eine  wesentlich  bessere  Körperhaltung,  als  die 
schräge  Mittenlage  und  die  gerade  oder  schräge  Rechtslage 
mit  Schrägschrift.  Es  ist  daher  dringend  wünschenswert,  die 
gerade  Mittenlage  mit  senkrechter  Schrift  obligatorisch  in  die 
Schulen  einzuführen. 

Nach  der  Demonstration,  bei  welcher  unge&hr  25  Schüler 
teils  Schräg-,  teils  Steilschrift  schrieben,  folgte  noch  die  Vor- 
führung derjenigen  Kinder,  welche  in  diesem  Jahre  die  Wohl- 
that  des  Budapester  Ferialkolonienvereines  genossen 
hatten.  Der  Verein,  der  seit  dem  Jahre  1881  besteht,  hat 
heuer  647  Knaben  und  Mädchen  mit  einem  Kostenaufwande 

39» 


612 

von  12000  fl.  ö.  W.  in  Ferienkolonien  entsendet.     Die  Daiuir 
des  Anfenthaltes  variierte  zwischen  4  nnd  6  Wochen. 

Die  Vorträge  wurden  mit  einem  Berichte  Dr.  Heino 
GoEPELS-Frankfart  a.  O.  „Über  den  dauernden  Nutzen 
der  Ferienkolonien^  geschlossen.  Vermittelst  graphisoher 
Darstellung  der  Gewichtsbewegung  suchte  derselbe  nachzuweisen, 
dafs  bei  einer  Anzahl  Ferienkolonisten  die  Entwiokelung  eine 
nachhaltige  Anregung  erhält,  selbst  in  den  Jahren  des  Ton 
Aytüt.  Key  festgestellten  relativen  Stillstandes  derselben.  Vom 
klinischen  Gesichtspunkte  aus  war  der  Einfluls  auf  Ejftfitignng 
der  Atmung  und  Heilung  von  Spitzenkatarrhen  am  meisten 
in  die  Augen  fieillend. 

Am  Nachmittage  fand  sich  ein  Teil  der  Mitglieder  der 
schulhygienischen  Sektion  im  Protestantischen  Waisenhause  ein, 
um  die  dortige  Slöjdwerkstätte  kennen  zu  lernen.  ProfesBor 
Paul  Gtjttenbebg,  der  dieselbe  seit  2  Jahren  leitet,  war  der 
Führer  und  diente  nebst  Axel  Mikkelsen  aus  Kopenhagen 
mit  Aufklärungen. 

Eine  noch  gröfsere  Anzahl  von  Mitgliedern  besichtigte 
unter  Führung  Professor  Leo  Bubgebsteins  in  der  Siaat»- 
oberrealschule  des  V.  Bezirkes  die  von  den  dortigen  Schülern 
geübten  Jugendspiele.  Die  Herren  wurden  vom  Direktor  der 
Anstalt,  Oberstudiendirektor  Kabl  Hofeb,  xmd  dem  Sehnl- 
arzte  Dr.  Sghüschny  empfangen  und  in  den  grofsen  Hof  der 
Anstalt  geführt.  Bald  darauf  begannen  die  Knaben  in  gröÜBeren 
und  kleineren  Abteilungen  verschiedene  Spiele  zu  spielen,  wobei 
die  Gewandtheit  und  Sicherheit,  sowie  das  lebhafte  Temperament 
der  Spieler  den  besten  Eindruck  auf  die  Zuschauer  machten. 
Professor  Dr.  Bübgebstein  verfehlte  nicht,  im  Namen  der 
Sektion  dem  Tumprofessor  der  Schule  Dr.  Joseph  von  Otto 
seine  Anerkennung  auszusprechen,  und  wandte  sich  dann  an 
die  Schüler,  um  diese  aufzufordern,  nicht  nur  in  der  Jngend 
zu  spielen,  sondern  auch,  wenn  sie  die  Schule  verlassen  hfitten, 
den  Jugendspielen  treu  zu  bleiben.  Hierauf  wurde  das  SchvI- 
gebäude,  eines  der  schönsten  Budapests,    eingehend  besichtigt. 

(Fortsetzung  in  No.  12.) 


613 


ie  Schulhygiene. 

Vortrag, 
gellalten  anf  dem  V.  deutsch-osterreichiBchen  Mittelscbolta  ge  in  Wien 

Von 

Professor  Dr.  phil.  Gustav  Hbröbl, 

Oymnasialdirektor  in  Aussig. 
(Fortsetznng.) 

Rechts  vom  Eingange  treten  wir  in  das  Direktoratszimmer, 
wo  wir  dem  Direktor  der  Anstalt  vorgestellt  werden,  einem 
rüstigen  Manne  von  blühendem  Aussehen,  frischer  Gesichts- 
farbe nnd  klar  blickenden  Angen,  ans  denen  Milde  nnd  Lebens- 
frende lenchtet.  Der  Händedruck,  mit  dem  wir  begrüfst  werden, 
läfst  uns  ahnen,  daJs  dieser  Schulmann  nicht  blofs  mit  der 
Feder  zu  arbeiten  pflegt.  Erwartungsvoll  vertrauen  wir  uns 
seiner  freundlichen  Führung  an  und  folgen  mit  Interesse  seinen 
lichtvollen  Auseinandersetzungen  über  die  Gesichtspunkte,  welche 
bei  der  Aufführung  des  Gebäudes  mafsgebend  waren.  „Sehen 
Sie,''  so  schliefst  er  seinen  kleinen  meisterhaften  Vortrag  mit 
wohltönender,  kräftiger  Stimme,  „endlich  sind  wir  Gott  sei 
Dank  soweit,  dalSs  wir  nicht  nur  Gefangen-  und  Strafanstalten, 
Irren-  und  Krankenhäuser  haben,  welche  vom  hygienischen 
Standpunkte  aus  als  Mustergebäude  gelten  können,  sondern 
da6  auch  einmal  die  Schulen  an  die  Reihe  kommen.  Freilich 
ist  die  Aufführung  solcher  Gebäude  ihrer  grolsen  Zahl  wegen 
mit  bedeutenderen  Kosten  verbunden,  aber  handelt  es  sich 
denn  hier  nicht  um  das  Wohl  und  Wehe  des  gesamten  Volkes, 
um  die  Zukunft  unseres  Staates,  um  die  Erziehtmg  eines  an 
Leib  und  Seele  kräftigen  Geschlechtes?  Ja,  schliefst  der 
Schulzwang  nicht  überhaupt  die  Verpflichtung  für  den  Staat 
ein,    für   gesunde   Schulgebäude   zu  sorgen,    um  so  mehr,    als 


614 

gerade  das  jugendliche  Alter  für  krankmaohende  Einflüsse  am 
empfänglichsten  ist?^ 

Damit  sind  wir  in  dem  ersten  sehenswerten  Ranme  des 
Parterres  im  linken  Teile  des  Gebäudes,  das  aus  einem  Mittel- 
trakt und  zwei  parallel  sich  hinziehenden  Hofflligeln  besteht, 
angekommen,  in  einer  der  Garderoben.  Hier  müssen  die 
Schüler  ihre  Oberkleider,  Mützen,  Hüte  und  Schirme  ablegen, 
sei  es,  dals  sie  zum  unterrichte  oder  zum  Turnen,  zum  Baden 
oder  zum  Spielen  in  die  Anstalt  kommen;  die,  welche  Tom 
weiten  Schulwege  nasse  Füise  bekommen  haben,  müssen  hier 
auch  ihr  Schuhwerk  wechseln,  indem  sie  für  die  Dauer  ihres 
Aufenthaltes  in  der  Anstalt  ihre  Turnschuhe  anziehen.  Selbst- 
yerständlich  ist  an  dieser  Stelle  auch  für  eine  Wasch toilette 
gesorgt,  da  ja  das  ganze  Gebäude  mit  einer  trefflichen  Wasser- 
leitung  versehen  ist,  welche  zugleich  die  Schulbäder  imd 
mehrere  Hydranten  in  verschiedenen  Teilen  des  Gebäudes  mit 
gutem  Wasser  speist.  Von  der  Elleiderablage  gelangt  man  rechte 
in  den  geräumigen  Turnsaal,  welchem  sich  noch  ein  luftig« 
Spiels  aal  anreiht.  In  ersterem  ist  der  Boden  aus  folgender 
Mischung  hergestellt:  3  Kubikmeter  Sägespäne  von  weichem 
Fichtenholz,  0,5  Kubikmeter  feiner  Fluis-,  sogenannter  Schwemm- 
sand, 25  Kilogramm  rohes  Viehsalz.  Die  Verbindung  mit  Sand 
verleiht  den  Sägespänen  eine  gewisse  Schwere,  während  die 
hygroskopische  Eigenschaft  des  Salzes  denselben  Feuchtigkeit 
gibt  und  Ungeziefer  fernhält. 

Links  von  der  Schülergarderobe  schlieist  sich  die  vom  Vestibfil 
aus  zugängliche  Garderobe  der  Lehrer  an,  aus  welcher  man  in 
das  Konferenzzimmer  und  in  das  Zimmer  für  die  Lehrer- 
bibliothek gelangt.  Indem  wir  in  derselben  ein  wenig 
Umschau  halten,  finden  wir  alte  Bekannte,  die  Werke  Yon 
BAaiNSKY,  EüLENB£Ba-BAGH,  Rehbold,  Flügqe,  Uffelmask, 
Axel  Key,  Büboebstein,  Janke,  Bighteb.  Wir  begegnen  femer 
einzelnen  Specialarbeiten,  so  von  Cohn,  Bbesoen,  Gützmaiih, 
und  aufser  der  Zeitschrift  für  SchtUgesundheüspflege  von  KoxEir 
MANN-Hamburg  noch  mehreren  anderen  Zeitschriften  fbr  Hygiene. 
Auch   die  bedeutendsten  Werke   über  das  Turnen,    über  die 


615 

Jngendspiele  n.  dergl.  sind  hier  aufgestellt.  Doch  nicht  nnr 
das,  sie  werden,  wie  uns  versichert  wird,  auch  eifrig  gelesen, 
da  sämtliche  Lehrer,  welche  an  der  Anstalt  wirken,  nicht  nnr 
theoretischen  Unterricht  in  der  Schulhygiene  während 
ihrer  Yorhereitungszeit  zum  Lehrerexamen  genossen  haben, 
sondern  auch  so  weit  die  körperlichen  Übungen  pflegen^ 
dais  ein  jeder  seine  Klasse  im  Turnen  zu  unterrichten 
vermag.  Das  Literesse  fdr  dieses  so  bedeutungsvolle  Gebiet 
der  modernen  Pädagogik  geht  so  weit,  dais  die  einzelnen 
Lehrer  eine  der  verschiedenen  Zeitschriften  für  Schulhygiene, 
Turnen,  Jugendspiele  aus  ihren  Privatmitteln  sich  halten  und 
dann  dieselbe  in  die  Lehrerbibliothek  einreihen. 

Doch  die  Kürze  der  Zeit  drängt,  und  wir  betreten  daher 
rasch  ein  Klassenzimmer.  Kerzengrade  schnellen  die  rot- 
wangigen jugendlichen  Gestalten,  deren  Blick  weder  Abspannung 
noch  Teilnahmlosigkeit  verrät,  empor;  ihre  Zahl  beträgt  un- 
gefähr 40.  Während  im  Unterrichte  fortgefahren  wird,  wenden 
wir  unsere  Aufmerksamkeit  der  Einrichtung  des  Klassenzimmers 
zu.  Da  sitzen  die  Schüler  in  zweisitzigen  Bänken, 
welche  bewegliche  Sitzplatten  mit  Minusdistanz 
haben,  nicht  quer,  nicht  schief,  ohne  Augengläser^  das  Buch 
in  gemessener  Entfernung  haltend.  In  jeder  Klasse  sind  Bänke 
in  dreierlei  Gröfsen  aufgestellt.  Das  Licht  fkUt  von  der 
linken  Seite  durch  hohe  viereckige  Doppelfenster  mit 
grolsen  Scheiben  ein.  Die  Fenster  beginnen  ungefähr  1  m  über 
dem  Boden  und  reichen  bis  SO  cm  unter  die  Decke;  letzteres 
wird  ermöglicht  durch  ausgiebige  Ausnutzung  der  Eisen- 
konstruktion.  Die  grauen  Vorhänge  sind  derart  angebracht, 
dais  jedes  beliebige  Feld  der  Fensterfläche  für  sich  verdeckt 
werden  kann  und  dais  sie  im  ungebrauchten  Zustande  keinen 
Teil  des  Lichtes  rauben.  Die  Mauerpfeiler  sind  schmal 
und  nach  innen  abgeschrägt.  Kein  Schulzimmer  hat 
eine  gröfsere  Tiefe  als  7  m.  Die  Einrichtungsstücke 
weisen,  wie  die  Wände,  durchgehends  einen  lichten 
Anstrich  auf.  So  kommt  es,  dafs  alle  Klassen  mit  der 
von     der    Gesundheitslehre    geforderten     Lichtmenge     (Ver- 


616 

hältois  der  Fensterfläche  zur  Bodenflftche  wie  1:5) 
in  reichlichem  Ma&e  versehen  sind,  auch  jene,  welche  gegm 
den  Schulhof  zu  liegen.  Da  nämlich  die  EntfernuDg  der 
beiden  Seiteugebäude  youeinander  so  viel  beträgt, 
als  die  Höhe  der  beiden  Flügel  zusammengenommen, 
so  ist  es  möglich,  dafs  auch  in  diesen  Klassen  jeder  Schüler 
von  seinem  Platze  aus  einen  Teil  des  Himmels 
sieht.  Nur  eine  Klasse,  deren  Fenster  durch  das  Neben- 
gebäude, in  welchem  die  Bedürfnisräume  untergebracht 
sind,  einen  Teil  des  direkten  Himmelslichtes  einbüiseD,  würde 
etwas  weniger  licht  sein,  wenn  hier  nicht  durch  Anwendung 
Yon  Tageslichtreflektoren  die  natürliche  Beleuchtung  auch 
auf  10  Meterkerzen,  das  geforderte  Minimum,  gebracht 
worden  wäre. 

Für  die  Wintermonate  ist  in  allen  Klassen  auch  for 
eine  künstliche  Beleuchtung  gesorgt,  und  zwar  finden 
wir  hier  nicht  Gas,  auch  nicht  in  der  Form  von  Gas- 
glühlicht, sondern  diffuses  elektrisches  Licht.  Diesen 
günstigen  umständen  ist  es  zu  verdanken,  dais  die  Anstalt 
nur  wenig  Brillenträger  zählt,  meist  solche,  welche  erst  später 
in  dieselbe  übergetreten  sind,  und  namentlich  einen  äulseist 
niedrigen  Prozentsatz  von  Kurzsichtigen  aufweist. 

Die  senkrecht  angebrachten  Wandtafeln  sind  teils 
aus  Holz,  teils  aus  Glas  und  durchgehends  mit  einem  matten 
schwarzen  Anstrich  versehen;  zum  Reinigen  derselben 
bedient  man  sich  ausschliefslich  feuchter  Lappen,  wodurch 
der  Übertragung  der  etwa  an  der  Hand  haftenden  Ansteckungs- 
keime (ägyptische  Augenentzündung)  vorgebeugt  werden  soll 
Die  Kreide  steckt  in  Sönneckenschen  Kreidehaltern. 

Auch  Spucknäpfe  mit  feuchter  Füllung  finden  wir 
überall  aufgestellt. 

Der  Druck  in  den  Schulbüchern  ist  grob  und  deutlich 
(nicht  mehr  als  50  Buchstaben  in  der  Zeile,  die  Zeile  nicht 
länger  als  10  cm),  das  Papier  holzfaserfrei,  nicht  glänzend, 
stark,  mit  einem  Stich  ins  Graue  oder  Gelbe.  Linienblätter 
und  quadrierte  Hefte  sind  nicht  vorhanden.     Die    in  Yer- 


617 

Wendung   stehenden   Hefte   haben   die   richtigen  Dimensionen 

(21x16  cm),  die  Federstiele  und  Bleistifte  sind  nicht  zu 

dünn  und  doch  leicht.    Auch  die  Landkarten  und  sonstigen 

Lehrmittel     entsprechen    vollkommen     den    Forderungen    der 

Hygiene. 

(Fortsetzang  in  No.  12.) 


Inknbationsdaner  bei  akuten  Infektionskrankheiten. 
Ans  der  Londoner  klinischen  Gesellschaft. 

Die  Londoner  klinische  Gesellschaft  hat,  wie  „2>.  öst  Sanitäiswes.^ 
berichtet,  eine  Kommission  zur  Feststellung  der  auch  fdr  die  Schul- 
hygiene wichtigen  Inknbationsdauer  der  akuten  Infektionskrankheiten 
eingesetzt.    Dieser  Feststellung  sollten  hauptsächlich  die  während  der 
letzten    15  Jahre    gesammelten    amtlichen    Berichte    als    Grandlage 
dienen.     Die  Kommission  giht  nun  als  Inknbationsdaner  an  bei 
Diphtheritis  2 —  8,  am  häufigsten  2  Tage, 
Influenza       1 —  4,  meist  3  oder  4  Tage, 
Masern  8 — 14,  in  der  Regel  14  Tage, 

Mumps  2-  -  3,  meist  3  Wochen, 

Röteln  2—  3    Wochen, 

Scharlach       1 —  8,  am  gewöhnlichsten  2 — 4  Tage, 
Typhus  8 — 14,  bisweilen  23  Tage, 

Yariolois  9 — 14,  am  häufigsten  12  Tage. 
Auiserdem  wurde  von  der  Kommission  nachgewiesen,  dafs  die 
Diphtheritis  nicht  nur  während  der  Inkubationsperiode,  sondern  auch 
während  des  Anfalles  und  der  Rekonvalescenz  infektiöse  Eigen- 
schaften besitzt,  dafs  bei  Mumps  und  Röteln  diese  Eigenschaften 
schon  3 — 4  Tage  vor  dem  Auftreten  der  Krankheitserscheinungen 
vorhanden  sind  und  dafs  bei  Masern  die  Ansteckungsfähigkeit  schnell 
schwindet  und  höchstens  3  Wochen  andauert.  Bei  Typhus  erhält 
sich  der  infektiöse  Charakter  von  seinem  Beginn  bis  14  Tage  nach 
Ablauf  des  fieberhaften  Zustandes,  bei  Scharlach  aber  bis  nach  Ab- 
schluls  des  Abschuppungsprozesses,  mitunter  8  Wochen  lang. 


fileintre  Miittiinn^tn. 


Dateo  fiber  die  Zeiteioleilnng  nnd  die  Lernrarfhode  der 
Scfafiler.  VoD  mafsgebender  BedeatoDg  für  die  geisti^te  and  körper- 
liche Entwickelung  der  Schaler  ist  ihre  Zeiteinteilung  nnd  die  Art 
ihrer  Beschäftigung.  Um  hierQber  bestimmte  Daten  zu  erhallen, 
wurde  Jedem  Schüler  der  k,  k.  Staatsoberrealschnle  in  Tescheo  eine 
gedmckte  ZeiteinteilnngstabeDe  UbergebeD,  in  welcher  er  vom  1.  bis 
30.  April  d.  Jb.  die  Arbeitszeit  for  jeden  ünterrichtsgegenstand,  die 
Zeit  des  SpEuierengehens,  des  Schlafens,  des  Badens,  des  UdwoU- 
soins  o.  s.  w.  notiert«  nnd  damit  ein  Bild  seiner  Lebensweise  eotwarf. 
Ans  den  Anfscbreibnngen  ergibt  sich  folgende  Znaammenstellang  Ober 
die  hänsUche  Arbeitszeit  je  eines  Schülers  für  die  einzelnen  Lehr- 
gegenstftnde,  wobei  die  Zeit  in  Uinnten  mitgeteilt  ist. 


Die  TorBtehenden  Zahlen  geben  die  Tagesmittel  der  hänslicbei 
Arbeitszeit  fQr  einen  Schüler,  wenn  dieselbe  auf  die  6  Wocheutige 
verteilt  and  der  Sonntag  frei  gehalten  wird.  Danach  beträgt  die 
Arbeitsdaner  für  die  SchOler  der  unteren  4  Klassen  täglich  nngefthr 
2—3  Standen,  für  diejenigen  der  oberen  Klassen  3—5  Stanilen. 
Der  Ministerialerlai^  vom  28.  Mai  1882,  Z.  20416,  gestattet  jedoch 
in  den  oberen  Klassen  nnr  eine  Arbeitszeit  von  3 — 4  Stunden.  Vom 
hygienischen  Standpunkt  aus  betrachtet,  ist  diese  Grenze  schon  hoch 
gesetzt;   aber  auch   sie  wnrde   in  den   beiden  letzten  Klassen  über- 


619 

schritten.  In  der  YII.  Klasse  erklärt  sich  die  Erscheinung  teilweise 
aus  dem  Umstände,  dafs  die  Schüler  zur  Zeit  der  Aufschreihnngen 
unmittelbar  vor  den  schriftlichen  Maturitätsprttfangen  standen  nnd 
daher  in  mehreren  Gegenständen  aufeer  den  Aufgaben  für  den  fort- 
laufenden Unterricht  auch  noch  Wiederholungsstoffe  zu  bewältigen 
hatten.  Ein  Hauptgrund  scheint  jedoch  in  unzweckmäTsiger  Zeit- 
einteilung und  in  ungleichmälsigem  Arbeiten  der  Schüler  in  einzelnen 
Gegenständen  zu  liegen.  In  der  VI.  Klasse  hatten  z.  B.  mehrere 
Schaler  die  im  März  versäumten  Aufgaben  aus  der  darstellenden 
Geometrie  im  April  nachzutragen  und  aufserdem  selbstverständlich 
den  laufenden  Stoff  fttr  den  Monat  April  sich  anzueignen,  und  daher 
kommt  die  lange  tägliche  Arbeitszeit  von  61  Minuten  in  dem 
genannten  Fache.  Mehrere  Schüler  der  VI.  Klasse  und  die  meisten 
der  YII.  Klasse  studierten  in  der  Regel  bis  Mitternacht  und  darüber 
hinaus.  Ein  solcher  Zeitzuschufs,  welcher  der  Nacht  entliehen  ist, 
erweist  sich  aber  geradezu  als  eine  wucherische  Anleihe:  diese  Zeit 
ist  schon  an  und  für  sich  wegen  der  Müdigkeit  der  Schüler  nicht 
nutzbringend,  sie  hindert  aber  aufserdem  die  unbedingt  notwendige 
Erholung  des  Geistes  durch  den  Schlaf,  so  da&  die  Schüler  auch 
für  den  Unterricht  am  nächsten  Tage  unfähig  gemacht  werden. 
Hätten  die  Zöglinge  der  obersten  Klassen  täglich  statt  5  oder  6 
mindestens  8  Stunden  geschlafen,  so  hätten  sie  durch  erhöhte  geistige 
Thätigkeit  bessere  Erfolge  erreichen  und  überdies  einen  grofsen  Teil  der 
aufgewandten  Zeit  ersparen  können.  Über  die  aus  den  Zeiteinteilungs- 
tabellen gefolgerten  Zustände  wurde  in  einer  Konferenz  verhandelt, 
und  die  Klassenvorstände  klärten  danach  die  Schüler  auf  und  suchten 
sie  zu  einer  besseren  Zeiteinteilung  und  zu  gesundheit^emäfser 
Lebensweise  anzuleiten.  —  Die  Zeiteinteilungstabellen  konnten  auch 
dazu  benutzt  werden,  die  Lemzeiten  für  den  Stoff  einiger  Lehr- 
bücher festzustellen.  Eine  Reihe  diesbezüglicher  Kontrollversuche  in 
der  Schule  bestätigte  das  gewonnene  Resultat.  Danach  beträgt  die 
durchschnittliche  Lernzeit  eines  mittelguten  Schülers  für  eine  Seite 
von  circa  40  Zeilen  in 

katholischer   Religion   der   I.   Klasse 50  Minuten, 

»  n  »      ■"••  r»        ^"  n 

»  »  „V.U. VI.  „        OD  „ 

Welt-  und  biblischer  Geschichte 20         „ 

Geographie 40         „ 

Zoologie  der  I.  und  Y.  Klasse 10         „     . 

Nach  Beobachtungen  des  suppl.  liChrers  E.  Kalleb  ist  die 
Lemdauer  für  ein  Gedicht  („Friedl  mit  der  leeren  Tasche^  von 
Seidl)  3 — 4  mal  so  grofs,  als  fttr  Geschichte,  wenn  in  beiden  Fällen 
gleich  viele  Worfe  in  Betracht  kommen.    Yerschiedene  Beobachtungs- 


620 

methoden  (Professor  EBiiifK  notierte  in  der  Klasse  I A  die  znr  Er^ 
lemung  einer  bestimmten  Anzahl  von  Vokabeln  notwendige  Zeit,  imd 
Professor  Thienel  in  I  B  die  in  einer  bestimmten  Zeit  erlernten 
Vokabeln)  ergaben  übereinstimmend,  dals  im  Durchschnitte  zur  Er- 
lernung einer  französischen  Vokabel  0,8  Minuten  erforderlich  sind; 
diese  Zahl  hat  bis  zu  etwa  24  Vokabeln  Gültigkeit.  Gefibte  und 
begabte  Schfller  brauchten  nur  die  Hälfte  der  Zeit,  ungeübte  und 
minder  begabte  aber  längere  Zeit.  Die  Beobachtung  der  Schüler 
bei  diesen  Versuchen  ergab  gleichzeitig  einige  wichtige  Anhaltsponkte 
zum  Studium  der  Lemmethode.  Jene  Schüler,  welche  die  zn 
lernenden  Vokabeln  nur  mit  den  Augen  auffafsten  oder  wiederholt 
die  ganze  Reihe  derselben  zusammenhängend  ablasen,  waren  zumeist 
nicht  im  stände,  alle  Vokabeln  auszuschreiben,  wenn  sie  auch  meinten, 
dieselben  erlernt  zu  haben.  Am  sichersten  behielten  die  Vokabdn 
jene  Schüler,  welche  sich  eine  gröfsere  Reihe  derselben  in  mehrere 
kleinere  Gruppen  teilten,  sprechend  lernten  und  sich  fortwährend 
selbst  prüften.  Da  beim  nachherigen  Niederschreiben  der  Vokabeln 
yiele  orthographische  Fehler  gemacht  wurden,  so  ist  dringend  zn 
empfehlen,  dafs  die  Vokabeln  beim  Lernen  zugleich  geschrieben  werdoi. 
Lehrreich  sind  auch  die  einzelnen  Daten  über  das  Erlernen  des 
obgenannten  Gedichtes  von  den  Schülern  der  I.  Klasse.  Zur  E^ 
lernung  und  Aufschreibung  der  aufeinanderfolgenden  Absätze,  welche 
je  3  Strophen  enthielten,  brauchten 

Minaten 


2  Schüler  je  37,  27,  24 

6       „       „29,  26,  23,  21 
10       ,       „   20,  20,  18,  17,  17 
6       „       „   19,  18,  15,  12,  13,  18 

3  „       .,15,  17,  11,  14,  11,  17,  14 

6       „       „    14,  17,  12,  13,     9,  11,  13,  12 
2        „       ,     8,  14,  11,  11,  16,     8,  11,  13,     8 
2       „       „10,  11,    9,  10,  10,     8,     9,    8,  11,  12. 
Die   ersten   4  Gruppen,    bestehend   aus    24    Schülern,    hatten 
ungefähr   die   Hälfte    oder  weniger    als   die   Hälfte    des    Gedichtes 
erlernt,   während  die  13  Schüler   der  4  übrigen   Gruppen   in  der- 
selben Zeit    mehr    als   die    Hälfte    oder    das    ganze   Gedicht    dem 
Gedächtnis  eingeprägt  hatten.     Die  einzelnen  Zahlen  weisen  auf  eine 
Ursache   der  verschiedenen  Lerngeschwindigkeiten    hin,    indem   bei 
den  langsameren  Schülern  der  ersten  4  Reihen    die  Zeiten  zur  £^ 
lemung  der  aufeinanderfolgenden  Absätze  des  Gedichtes  immer  kürzer 
werden,  während  dieses  bei  den  übrigen  Schülern  nicht  der  Fall  ist 
Es  ist  offenbar  die  Aufmerksamkeit,  welche  bei  den  ersteren  Schülern 
anfangs  noch  mangelhaft  ist,  dieselbe  wird  erst  allmählich  gesammelt 


621 

und  hat  dann  ein  rascheres  £rlemen  zur  Folge.  Mit  Bezng  auf 
die  Indi?idnalität  der  Schüler  läfst  sich  angeben,  dafs  zu  den  lang- 
sameren Gmppen  minder  fleilsige  und  minder  begabte  Schüler  ge- 
boren. Die  vorletzte  Gruppe  wird  aus  zwei  Schülern  gebildet, 
welche  in  den  mathematischen  Fächern  nur  geringere  Leistungen  an 
den  Tag  legen,  aber  sehr  ileifsig  sind ;  die  zwei  Schüler  der  letzten 
Gruppe,  welche  das  ganze  Gedicht  erlernten,  sind  gut  begabt  und 
sehr  fleifsig.  In  den  Daten  sprechen  sich  daher  deutlich  die  Er- 
folge aus,  welche  durch  Fleifs,  d.  i.  durch  Übung  erreicht  sind. 
Die  vorstehend  aus  gelegentlichen  Beobachtungen  gezogenen  Schlüsse 
werden  unmittelbar  durch  folgende  Versuche  bestätigt  und  ergänzt. 
Es  wurden  in  der  Klasse  JA  vom  suppl.  Lehrer  Kalleb,  femer 
vom  Direktor  JanüSCHke  in  der  YII.  Klasse  Reihen  unzusammen- 
h&ngender  Worte  den  Schülern  zum  Merken  vorgeführt.  Eine  solche 
Wortreihe  lautete:  „Gesetz,  dieser,  lesen,  rot,  durch,  und,  heute, 
ach,  eine,  viel,  dürfen,  Mütze''.  Die  Vorführung  geschah  so,  dafs 
die  Schüler  eine  solche  Wortreihe  hörten,  eine  ähnliche  Reihe  mit 
den  Augen  von  der  Tafel  lasen,  eine  weitere  Reihe  sprechend  lasen 
und  endlich  eine  vorgelesene  Reihe  schrieben.  Bei  jeder  der  3  ersten 
Reihen  dauerte  die  Vorführung  IS  Sekunden;  zum  ersten  Schreiben 
der  letzten  Reihe  brauchten  die  Schüler  28  Sekunden.  Nach  jeder 
Vorführung  schrieben  dieselben  auf,  was  sie  sich  gemerkt  hatten. 
Die  verschiedenen  Reihen  wurden  in  beiden  Klassen  relativ  gleich 
gut  behalten,  weshalb  die  Zahlen  zusammengezogen  werden  mögen. 
64  Schüler  merkten  von  64  X  12  =  768  Worten  beim 
Hören  Sehen  Sprechen  Schreiben 

445  471  492  587 

oder587o  617o  64%  767o. 

Es  wur(]^en  also  beim  Sprechen  6%  und  beim  Schreiben  18% 
Worte  mehr  gemerkt,  als  beim  blofsen  Hören.  Mit  Rücksicht  auf 
die  beim  Schreiben  notwendige  längere  Zeit  darf  daraus  der  Schlufs 
gezogen  werden,  dafs  Sprechstoffe  sprechend  und  Schreibstoffe 
schreibend  geübt  werden  sollen.  Die  hiermit  angedeuteten  Lem- 
methoden  werden  sich  auch  der  Kontrolle  wegen  empfehlen,  weil  der 
Schüler  sonst  nicht  beurteilen  kann,  ob  er  seine  Lektion  bereits 
erlernt  hat.  Bemerkenswert  ist,  dafs  manche  Schüler  auch  solche 
Worte  aufschrieben,  die  gar  nicht  vorgeführt  worden  waren.  In 
dieser  Erscheinung  zeigt  sich  deutlich  die  Unaufmerksamkeit,  die 
übrigens  eine  unfreiwillige  war;  sie  kam  meist  bei  schwerfällig 
lernenden  und  wenig  geübten  Knaben  vor.  Dafs  für  die  Auffassung 
die  Verbindung  der  Begriffe  von  gröfstem  Einflüsse  ist,  dokumen- 
tierte sich  anf  mehrfache  Weise.  Von  den  angegebenen  12  un- 
zusammenhängenden   Worten    wurden    beim    Lesen    derselben    von 


622 

21   Schülern  der  Vn.  Klasse   zusammen   151  Worte  gemerkt,   tob 
einer  ähnlichen  Reihe,  in  welcher  jedoch  die  Worte  möglichst  sinn- 
gemäis  zusammengestellt  waren,    nämlich:    „He,    das   können  Tide 
grüne  Kleider  mittags;  dennoch  schreibe  gegen  dieses  Recht^,  wurden 
beim  Lesen  in  ungefähr  9  Sekunden  244  Worte  gemerkt.    Es  merkten 
also  die  Schüler  von  einer  Reihe  von  12  Worten  ohne  Zusammenhang 
59%!  mit  Zusammenhang  97%.    Auch  bei  Sätzen  aus  Lehrbüchern, 
die   den  Schülern  vorgelesen   und   dann  yon  ihnen   nachgeschrieben 
wurden,  zeigte  es  sich,  dafs  klare,  kurze  Sätze  am  besten  aufgefalst 
und  dafii  zusammenhängende  Begriffe,  wie  z.  B.  Subjekt  und  Prädikat, 
Prädikat  und  Objekt,  Attribut  und  Substantiv  u.  s.  w.,  immer  in  Ver- 
bindung gemerkt  und  wiedergegeben  ¥nirden.   Die  innere  Yerknüpfong 
des  Stoffes  ist  demnach  für  die  Auffassung  und  für  das  Lernen  v<mi 
gröfster  Bedeutung.     Für   die  Lemmethode   folgt   daraus,    dafs  der 
Schüler  lückenlos  studieren,  dals  er  jede  Lektion  erst  in  leicht  fib^- 
sehbaren   Absätzen  und  dann  im  ganzen  lernen  soll.     Diese  Rück- 
sicht auf  die  Verbindung  der  Lernstoffe  ist  aber  nicht  blols  f&r  eine 
Lektion,     sondern    auch     für    die    aufeinanderfolgenden    Lektionen 
erforderlich ;    denn   es  ist  auf  die  Auffassung  und   das  Merken  im 
kleinen  und   im  grofsen  Umfange  nur  zu   rechnen,    wenn  dieselben 
gut  miteinander  verbunden  sind.     Jede  Lücke  im  Wissen  stellt  alle 
Erfolge  der  nachfolgenden  Bemühungen  in  Frage.    Damit  findet  die 
Erfahrungsthatsache  ihre  Begründung,  dafe  lückenhaftes  und  ungleicfa- 
mäfsiges  Lernen  eine  der  Hauptursachen  der  schlechten  Erfolge  und 
auch   der  Überbürdung  der   Schüler   ist.     Mit  welchem  Vorteile  im 
Gegensatze  hierzu  der  Zusammenhang  der  zu  merkenden  Dinge  aas- 
genutzt werden  kann,   beweist  das  mnemotechnische  Verfahren  znm 
Zwecke  des  Zahlenmerkens.  —  Wie  lange  die  Schüler  ohne  ünt«"- 
brechung  lernen  sollen,  lälst  sich  durch  die  verfügbare^i  Daten  nodi 
nicht    entscheiden.     Doch   weisen   dieselben   bereits    auf    Ermüdung 
hin.    Die  obige  Zusammenstellung  über  die  Erlernung  eines  Gedichtes 
zeigt  bei  den  Schülern  der  letzten  5  Reihen  jedesmal  nach  70  bis 
80  Minuten  eine  merkbare  Erhöhung  der  Zeit,  welche  zur  Erlernung 
eines  Absatzes  notwendig  war.    Es  scheint  also  bei  den  betreffenden 
19  Schülern  nach   circa  Vi  Stunden  eine  Ermüdung  eingetreten  zn 
sein.     Die  Schüler  brauchten  zur  Erlernung  eines  Absatzes  in  diesem 
Zustande  4 — 6  Minuten  mehr,  als  zur  Erlernung  jenes  Absatzes,  den 
sie   am   schnellsten   innehatten.     Es  wäre   hygienisch  gewifs  vorteil- 
haft, die  Zeit  dieser  Lemverzögerung  zu  einer  zweckmäßigen  Erholung 
zu  benutzen;  die  Lernzeit  der  Lektion  würde  dadurch  nicht  verlängert, 
wegen   der  nachherigen  geistigen  Frische    eher    vermindert    werdöi. 
Die  übrigen  18  Schüler  hatten  im  ganzen  nicht  eine  solche  Arbeit 
geleistet,  die  sie  ermüdet  hätte;  sie  kommen  daher  nicht  in  Betracht 


623 

l^ach  einer  Zählung  der  Schlüsse,  die  Professor  F.  John  gelegentlich 
einer  mathematischen  Schularbeit  in  der  II.  Klasse  vornahm,  tritt 
ein  deutlicher  Rtlckgang  der  Leistungen  bereits  nach  V^  Stunden 
ein;  in  den  4  aufeinanderfolgenden  Viertelstunden  betrug  die  Anzahl 
der  von  29  Schülern  gezogenen  Schlüsse  bezw.  493,  576,  566, 
511.  Danach  ist  die  Arbeit  in  der  ersten  Viertelstunde  infolge  mangel- 
hafter Aufmerksamkeit  die  geringste;  aber  auch  in  der  letzten  Viertel- 
stunde wurden  55  Schlüsse  weniger  gezogen,  als  in  der  vorher- 
gehenden. Demnach  dürfte  wohl  nach  einstündiger  intensiver  geistiger 
Arbeit  ein  Erholungsbedürfnis  begründet  sein.  —  Inwiefern  im  Falle 
der  Ermüdung  das  Turnen  eine  Erholung  gewährt,  wurde  dadurch 
darzuthun  versucht,  daüs  sowohl  in  der  11.  wie  in  der  m.  Klasse 
eine  Reihe  von  15,  zwischen  1 — 30  gelegenen  Zahlen  vor  dem 
Turnen  und  eine  ähnliche  Reihe  nach  demselben  den  Schülern  zum 
Merken  vorgelesen  wurde.  31  Schüler  der  ü.  Klasse  behielten  bei 
den  aufeinander  folgenden  wiederholten  Vorlesungen  der  Zahlenreihen 

vor  dem  Turnen  59,87o,     82,47o,     91,8%,     98,37o, 
nach     „         „       67,17o,     90,37o,     98,3%,        — ; 
46  Schüler  der  III.  Klasse  merkten  von  den  gelesenen  Zahlen 

vor  dem  Turnen  64,8%,     87,7%,     95,77o,     99,77o, 
nach     „         „       67,27o,     91,7%,     98,27o,         — . 

Die  Auffassung  war  also  in  allen  Fällen  nach  dem  Turnen 
besser,  in  der  III.  Klasse  um  etwa  37»  in  der  II.  Klasse  um 
circa  7%.  Es  mag  bemerkt  werden,  dafs  zwischen  dem  Schlüsse 
der  Turnühnn^en  und  den  angegebenen  Versuchen  nach  dem  Turnen 
eine  kurze  Zeit  verstrich,  indem  sich  die  Schüler  wieder  in  ihren 
Lehrzimmern  versammelten.  Unmittelbar  nach  dem  Turnen  auf  dem 
Turnplätze  dürfte  die  Aufmerksamkeit  nicht  sobald  gesammelt  sein.  — 
Als  Ergebnis  sämtlicher  Daten  können  folgende  Sätze  über  eine  gute 
Lemmethode  aufgestellt  werden:  1.  Die  notwendigste  Bedingung 
beim  Lernen  ist  gespannte  Aufmerksamkeit;  der  Schüler  darf  an 
nichts  anderes,  als  an  seinen  Lernstoff  denken.  Aufmerksamkeit  und 
Auffassnug  können  an  passenden  Stoffen  eingeübt  werden.  2.  Sprech^ 
Stoffe  soll  der  Schüler  laut  oder  halblaut  sprechend,  Schreibstoffe 
schreibend  üben.  Die  Übung  muls  so  erfolgen,  dafs  er  den  zu 
lernenden  Stoff  vollkommen  beherrscht  und  geläufig  hat.  3.  Es  mufs 
lückenlos  gelernt  werden;  der  Schüler  darf  zu  dem  folgenden  Satz, 
bezw.  Absatz  erst  dann  übergehen,  wenn  er  den  vorhergehenden 
verstanden  und  innehat.  Dieselbe  Forderung  der  Lückenlosigkeit 
gilt  auch  für  die  aufeinanderfolgenden  Lektionen  jedes  Unterrichts- 
gegenstandes. 4.  Nach  eingetretener  geistiger  Ermüdung  soll  eine 
Erholung  stattfinden.  Es  dürfte  sich  empfehlen,  jedesmal  nach  ein- 
stündiger intensiver  geistiger  Thätigkeit   eine  kurze  Ruhepause  ein- 


624 

treten  za  lassen  and  dieselbe  etwa  mit  leichten  Tarnfibongen  am- 
znfQllen.  5.  Znr  Stfirkung  der  Geisteskräfte  sind  ebenso,  wie  die 
regelmäfsige  Übung  derselben,  täglich  mindestens  8 — 10  Standea 
Schlaf  fdr  die  Schüler  erforderlich. 

Diphtherie  in  den  Elementarsehnlen  Londons.  Nach  „Hie 

Brit  Med.  Joum.*^  hat  Herr  Shibley  Müephy  dem  Londoner 
„County  Council^  einen  Bericht  abgestattet,  in  welchem  er  nadi- 
weist,  dafs  die  Sterblichkeit  an  Diphtherie  in  London  seit  emiger 
Zeit  bedenklich  zunimmt.  Besonders  ist  dies  bei  den  Kindern  im 
Alter  von  3 — 10  Jahren,  also  in  derjenigen  Lebensperiode  derFftD, 
in  welcher  dieselben  die  Schule  besuchen.  Es  scheint,  als  ob  das 
Elementarschulgesetz,  welches  den  Unterricht  obligatorisch  madit,  za 
der  Vermehrung  der  Diphtherie  nicht  wenig  beiträgt.  Auch  die 
Untersuchungen  von  Dr.  Thobne  Thobne  und  Herrn  Poweb 
zeigen  deutlich  den  Einflufs  des  Schulbesuches  auf  die  Terbreitimg 
Yon  Diphtherieepidemien.  In  dieser  Beziehung  ist  es  sehr  zu  be- 
grttfsen,  dafs  man  auch  in  den  übrigen  Teilen  Englands  ähnliche 
Untersuchungen,  wie  Herr  Shibley  Murphy,  anstellen  will  und  dals 
namentlich  Dr.  LONaSTAFF  seine  Statistik  über  die  Verbreitung  der 
Diphtherie   fortzusetzen  gedenkt. 

Über  die  Ansteeknnfi^sfähif^keit  der  Ägyptischen  Angea- 
krankheit,  besonders  bei  Kindern,  macht  H.  Trug  in  der 
„Semaine  m4d,^  Mitteilung.  Die  Übertragung  durch  die  Luft  ist 
wenig  wahrscheinlich.  Vielmehr  erfolgt  dieselbe  fast  stets  durch  die 
schleimigen  oder  eitrigen  Absonderungen  des  Auges,  die  bekanntlich 
in  manchen  Fällen  sehr  reichlich  sind.  Au£serdem  besteht  eine 
gewisse  Prädisposition  für  die  Krankheit;  skrofulöse  Personen  neigea 
besonders  dazu.  Der  Verfasser  hat  seine  Untersuchungen  in  Mont- 
pellier und  Umgebung  angestellt,  indem  er  die  Kranken  in  ilir^ 
Wohnung  aufsuchte  und  sich  Kenntnis  von  ihrem  Beruf,  ihres 
Wohnräumen,  ihren  Waschvorrichtungen,  ihren  Gewohnheiten  oad 
Antecedentien,  ihrer  Ernährung,  ihrem  Allgemeinbefinden  und  dem 
Zustand  ihrer  Augen,  namentlich  aber  von  dem  wahrscheinlich«! 
Ursprung  ihres  Leidens  verschaffte.  Unter  531  Personen,  welche 
zu  123  Familien  gehörten,  fand  er  257  Granulöse.  Es  waren  also 
nur  48%  der  Mitglieder  von  granulösen  Familien  frei  von  ägyptischer 
Augenkrankheit.  Besonders  leicht  werden  die  Kinder  angesteckt, 
und  zwar  in  der  Stadt  mehr  als  auf  dem  Lande.  Oft  wissen  die 
Kranken  gar  nichts  von  ihrem  Leiden.  Die  Ansteckung  zwischea 
Mann  und  Frau  wurde  24  mal,  zwischen  Eltern  und  Kindern 
48  mal,  zwischen  Brüdern  und  Schwestern  20  mal  gefunden.  Am 
häufigsten  vermittelten  die  Übertragung  das  Bett,  die  WaschschtJsseln 
und  Handtücher,  das  Spielzeug  und  Küsse.   Tbuc  sieht  die  granulöse 


620 

Ophthalmie,  die  follikuläre  Bindehatitentzfindung  and  den  Frttlgahrs- 
katarrh  als  vollständig  verschiedene  Affektionen  an;  doch  können 
nach  ihm  Beziehungen  zwischen  denselben  bestehen.  Er  fordert  die 
unbedingte  Absonderung  der  Granulösen  in  Schulen  und  Pensionaten, 
namentlich  dann,  wenn  die  Sekretion  der  Augen  eine  reichliche  ist. 
Tod  eines  Schnlmädchens  durch  Griffelverletzniig.  Ein 
Mädchen  von  7  Jahren  fiel,  wie  die  „Dtsch,  med.  Wochschr.*'  be- 
richtet, auf  dem  Schulhofe  in  einen  Griffel,  welcher  so  fest  in  die 
Augenhöhle  eindrang,  dafs  die  verschiedensten  Versuche,  ihn  heraus- 
zuziehen, mifslangen.  Selbst  nach  Freilegung  der  Eintrittsstelle  in 
dem  Knochen  folgte  der  Fremdkörper  nicht  dem  stärksten  Zuge.  Da 
die  Richtung  des  Griffels  nicht  himwärts,  sondern  nach  dem  Eeil- 
beinkörper  zu  verlaufen  schien,  so  wurde  zunächst  abgewartet,  um 
dem  Fremdkörper  Zeit  zur  Lockerung  zu  lassen.  Nach  einem  völlig 
reaktionslosen  Verlaufe  von  2  Monaten  traten  jedoch  plötzlich  hsdb- 
seitige  epileptiforme  Anfälle  auf,  denen  unter  Erscheinungen  von 
Himentzttndnng  nach  11  Tagen  der  Tod  folgte. 

Das  HSrvermSgen  tanbstammer  Kinder.    Loye  hat    175 

taubstumme  Kinder  untersucht  und  fafst  seine  Resultate  im  „Ärch. 
of  OM."^  folgendermafsen  zusammen:  1.  Totale  Taubheit  ist  sehr 
selten  unter  Taubstummen;  für  den  durch  die  Luft  fortgepflanzten 
Schall  beträgt  dieselbe  nicht  mehr  als  7  oder  8%,  für  Knochen- 
leituDg  noch  weniger.  2.  Das  Hören  von  Gesprochenem  ist  ziemlich 
gewöhnlich;  es  besteht  in  benutzbarer  Weise  bei  25  oder  27% 
der  taubstummen  Kinder,  und  10  bis  15%  derselben  sind  nur  halb 
stumm.  Unterrichtet  man  diese  Halbstummen  in  der  Zeichensprache, 
so  werden  sie  schnell  tauber  und  erscheinen  total  stumm.  Die  Laut- 
sprache kann  dies  einigermafsen  verhüten,  doch  ist  die  beste  Be- 
handlungsmethode die  akustische.  3.  Knochenleitung  ist  in  fast 
allen  Fällen  vorhanden,  und  eine  grofse  Stimmgabel  wird  auf  diesem 
V^ege  fast  immer  gehört.  In  der  Mehrzahl  der  Fälle  kommt  die 
letztere  auch  durch  Luftleitung  zu  Gehör.  Nur  ausnahmsweise 
kann  eine  Uhr  oder  Politzers  Gehörmesser  mit  dem  Ohre  wahr- 
genommen werden. 

Die  Raum-  und  FUchenmafse  für  Schüler  in  den  nord- 
amerikanischen  Schulen  sind  den  amtlichen  Angaben  zufolge  sehr 
verschieden.  Im  allgemeinen  ist,  wie  das  j^Centralbl.  d,  Bauw.^ 
mitteilt,  die  Raumeinheit  pro  Kopf  sehr  hoch  bemessen,  in  den 
Schulen  von  Minneapolis  z.  B.  auf  5,4  cbm,  in  Baltimore  auf  5,6  cbm, 
in  Washington  sogar  auf  6,8  cbm.  Nur  New  York  bildet  eine 
Ausnahme.  Dort  gelten  als  Mindestmafse  für  Elementarschulen 
0,46  qm  Flächen-  und  1,96  cbm  Baumgehalt,  fOir  höhere  Schulen 
0,65—0,84  qm  Flächen-  und  2,52—2,80  cbm  Luftraum  für  einen 

Sehalgesondheltapfleg«  VII.  40 


626 

Schüler.    An  der  knappen  Ranmzateilung  in  den  New  Yorker  Sdinlen 
tragen  die  teoren  Bodenpreise  der  Stadt  die  Schuld. 


Sa^essefi^tc^tliities* 


Einflofg  der  Jahreszeit  nnd  der  Schule  auf  das  Waehs- 
tum  der  Kinder.  Einem  von  unserem  verehrten  Mitarheiter,  Herrn 
Dr.  ScHMiB-MoNNARi)  in  Halle  a.  S.,  über  das  vorstehende  Thema 
auf  der  Naturforscherversammlung  zu  Wien  gehaltenen  Vortrage  ent- 
nehmen wir  folgende  Angaben.  Dänische  und  schwedische  Forsdier 
hatten  in  den  siebziger  und  Anfang  der  achtziger  Jahre  festgestellt, 
dafs  in  ihrer  Heimat  die  Kinder  fast  nur  zur  Zeit  der  dreimonat- 
lichen Sommerferien  an  Gewicht  zunehmen.  Man  schrieb  das  dem 
Einflufs  der  Ferien  zu  und  schlofs  indirekt  auf  eine  schädliche  Wirkimg 
der  Schule.  Um  zu  entscheiden,  inwieweit  jene  Ansicht  richtig 
sei  und  inwieweit  obige  Beobachtung  auch  für  unsere  mitteldentsdie 
Bevölkerung  Geltung  habe,  beobachtete  Dr.  Schmed-Monnasd  das 
Wachstum  von  etwa  190  Halleschen  Kindern  im  Alter  von  1  bis 
13  Jahren  über  12  Monate  lang.  Das  interessante  Ergebnis  be- 
stätigt zunächst  die  früheren  Angaben  von  Jahresperioden  im  Wachstum 
der  Jugend.  Aber  diese  weichen,  wohl  infolge  der  in  Mitteldeutschland 
anders  gearteten  Jahreszeiten,  von  den  dänischen  Perioden  ab. 
Jedenfalls  wurde  festgestellt,  dsSs  vom  Februar  bis  Juni  inklusive 
kein  Kind  auch  nur  um  ein  Gramm  schwerer  wird;  die  alleinige 
Gewichtszi^nahme  findet  sich  in  der  Zeit  von  Juli  bis  Januar  ein- 
schliefslich,  besonders  im  September.  Dieses  periodenhafte  Wachstum, 
welches  in  anderer  Weise  auch  an  der  Längenzunahme  beobachtet 
wurde,  findet  sich  bei  Knaben  und  Mädchen  vom  zweiten  Lebens- 
jahre ab.  Die  Schule  übt  dabei  keinen  wesentlichen  Einfluls,  denn 
das  Hauptwachstum  findet  weder  in  noch  unmittelbar  nach  den 
Ferien  statt,  sondern  während  der  Schulzeit  und  verläuft  ebenso 
bei  Schülern  wie  bei  Nichtschülem.  Nur  das  Gewicht  der  Mädchen 
wird  in  der  nächsten  Zeit  nach  ihrem  Eintritt  in  die  Schule  um 
fast  ^/s  kg  gedrückt,  ja,  wie  schon  früher  gezeigt  vrurde,^  die 
schwächeren  kommen  noch  im  zweiten  Schu^ahre  so  weit  körperlich 
'zurück,  dafs  sie  erst  im  neunten  Jahre  ihr  altes  Gewicht  vom 
siebenten  Jahre  wieder  erreichen.  Dies  ist  ein  mahnender  Hinweis, 
besonders    die  Mädchen,    die   zukünftigen   Mütter   des   kommenden 


'  S.  diese  Zeitschrift,  1894,  No.  4,  S.  217.     D.  Bed. 


627 

Geschlechts,  in  der  Schule  noch  mehr  zu  schonen,  als  dies  his  jetzt 
geschieht,  wenn  man  nicht  einen  immer  gröfseren  Rückgang  der 
Yolkskraft  verschnlden  will ;  bringen  doch  schwache  Mütter  schwächere 
Kinder  hervor,^  als  starke.  An  den  Ferien  selbst  zu  ändern, 
liegt  kein  Grund  vor.  Denn  ihr  Einflufs  auf  das  Wachstum  ist 
gering,  und  sollen  sie  zur  Erholung  dienen,  so  müssen  sie  schon 
in  der  guten  Jahreszeit  liegen.  Zweckmäfsig  dagegen  erscheint  es, 
die  Schularbeit  in  der  ersten  Jahreshälfte  auf  das  bescheidenste 
Mafs  zu  beschränken,  um  nicht  in  dieser  Zeit,  wo  der  Körper 
nichts  für  Gewichtsansatz  übrig  behält,  sondern  alles  für  Längen- 
wachstum braucht  und  noch  dazu  mit  häufigeren  Krankheiten  zu 
kämpfen  hat,  den  Gesundheitszustand  noch  mehr  in  Frage  zu  stellen. 
Dagegen  zeigt  sich  eine  auffallende  Abhängigkeit  des  Wachstums 
von  der  Jahreszeit  und  von  deren  Faktoren,  Witterung  und  Tem- 
peratur. Unser  Autor  konnte  nachweisen,  dafs  Schwankungen  des 
Gewichts  gleichartig  verlaufen  mit  Schwankungen  der  Wärme  in 
Halle  a.  S. ;  bei  steigender  Wärme  nimmt  das  Gewicht  zu,  bei  Kälte  ab. 
Ebenso  beeinflufst  eine  ungünstige  Witterung  das  Wachstum  dadurch, 
dafs  sie  Krankheiten  erzeugt,  durch  welche  die  Nahrungsaufnahme 
des  Kindes  und  somit  seine  Gewichtszunahme  verringert  wird. 
Jahreszeit,  Krankheit,  Nahrungsaufoahme  und  Körpergewicht  zeigen 
allesamt  entsprechende  Perioden.  Dafs  gerade  die  Jahreszeit  es  ist, 
welcher  der  Haupteinfluls  auf  das  kindliche  Wachstum  zugeschrieben 
werden  mufs,  geht  daraus  hervor,  dafs  dieser  Einflufs  sich  erst  im 
zweiten  Jahre  zeigt,  wo  die  Kinder  anfangen  selbständig  zu  laufen  und 
dadurch  mit  der  Witterung  mehr  in  Berührung  zu  kommen.  Im  ersten 
Lebensjahre  dagegen,  wo  dieselben  noch  vorherrschend  im  Hause, 
fem  von  Einflüssen  des  Wetters  gehalten  werden,  geht  das  Wachstum 
ohne  periodenartige  Schwankungen  vor  sich.  Praktisch  ergibt  sich 
für  die  Beurteilung  des  kindlichen  Körpergewichtes  folgendes:  Kinder 
sind  morgens  höchstens  V^  kg,  meist  nur  V^  ^S  leichter  als  abends; 
das  Körpergewicht  schwankt  in  diesen  Grenzen  am  Tage.  Will 
man  also  ein  Kind  mehrfach  wiegen,  so  mufs  dies  stets  zur  gleichen 
Tageszeit,  nur  vormittags  oder  nur  nachmittags,  geschehen.  Von 
einem  Tag  zum  anderen  kann  ein  gesundes  Kind  im  äufsersten  Falle 
*/«  kg,  im  Durchschnitt  100 — 200  g  abnehmen.  Wenn  eine  der- 
artige Abnahme  sich  nicht  stetig  wiederholt,  sondern  mit  Zunahmen 
wechselt,  so  ist  sie  nicht  als  krankhaft  anzusehen.  Während  der  ersten 
Jahreshälfte,  vom  Februar  bis  Juni  einschlielslich,  bleibt  das  Gewicht 
des  Kindes  im  aUgemeinen  stehen;  selbst  eine  Abnahme  von  Vs  kg 
im  ganzen  ist  nicht  pathologisch.  Die  Hauptgewichtszunahme  ist  zu 
erwarte Q  in  der  zweiten  Jahreshälfte,  vom  Juli  bis  Januar  inklusive. 
Eine  Gewichtsabnahme  in  dieser  Zeit,  die  über  die  mögliche  Tages- 

40* 


628 

Schwankung  von  ^k  kg  hinausgeht,   mufs  zum  Weiterwiegen  Anlals 
geben  and  den  Verdacht  auf  Krankheit  erregen. 

Über  die  Schulhygiene  in  Österreich  schreibt  Turnlehrer 
Max  Guttüann  in  der  „Zeitschr.  f.  Tum-  u.  IgdspL*":  In  üast 
allen  Anstalten  sind  die  Schfller  belehrt  worden  über^  die  Pflege  des 
Körpers,  besonders  der  Atmungswerkzeuge,  Augen,  Ohren,  Zahne,  und 
über  das  Sitzen  beim  Schreiben  und  Lesen  in  Schule  und  Haus.  Mehrere 
Anstalten  haben  einige  kurzgefafste  Gesetze  in  die  Programme  auf- 
genommen, so  besonders  die  Realschule  in  Mfthrisch-Ostrau  und  die 
tschechische  Staatsrealschule  in  Königgrätz.  Zumeist  aber  wurden 
die  „Wichtigen  Gesu/ndhdtsregeln^  von  P.  R.  Sepp,  3.  Auflage, 
Kranzfeldersche  Buchhandlung  in  Augsburg,^  empfohlen  und  auch  viel- 
fach angeschafft.  Die  Schulräumlichkeiten  lassen  am  Staatsgymnasium 
in  Görz  gerade  so  viel  zu  wünschen  übrig,  wie  an  der  Staatsonter- 
realschule  im  IL  Bezirke  Wiens,  da  beide  Anstalten  schlechte  Aborte 
und  offene,  dem  Wind  und  Wetter  preisgegebene  Gänge  besitzen. 
Dagegen  werden  bei  den  neu  errichteten  Schulgebäuden  die  Errungen- 
schaften der  fortschreitenden  Wissenschaft  verwertet,  und  auch  dem 
Tumsaal  und  Turnplatz  wird  möglichste  Sorgfalt  zugewendet.  Lietzteres 
aber  so,  dafs  der  Turnlehrer  erst  zur  Beratung  fär  die  Ausstattui^ 
des  übrig  gebliebenen  Raumes  beigezogen  wird,  nicht  aber  zum  ersten 
Entwurf,  bei  welchem  die  Räume  verteilt  werden;  in  Schweden, 
das  bekanntlich  musterhafte  Schulbauten  besitzt,  gebührt  dem  Turn- 
lehrer in  dieser  Richtung  ein  gewichtiges  Wort.  An  der  Staats- 
realschule in  Teschen  wurde  im  abgelaufenen  Jahre  das  Trinkwasser 
aus  dem  Brunnen  der  Anstalt  von  Professor  Rosenfbld  untersucht 
und  ergab  eine  Menge  von  Chloriden  und  Nitraten.  „Die  Zuflüsse 
gehen  daher  durch  Schichten,  in  welchen  Abfallstoffe  verwesen. 
Auf  Grund  dieser  fachmännisdien  Feststellung  wurde  das  Trinken 
aus  dem  Brunnen  verboten  und  den  Schülern  ein  unschädliches  Trink- 
wasser aus  dem  Röhrenbrunnen  in  Kannen  zur  Verfügung  gestdlt."" 
Auch  einzelne  Rufe  nach  dem  Schularzt  lassen  sich  vernehmen.  In 
Linz  hat  Sanitätsrat  Dr.  Stogkhammer  an  Sonntagen  über  das 
Rettungsverfahren  bei  Scheintoten  und  in  plötzliche  Lebensgefahr 
Geratenen  vorgetragen,  wobei  sich  54  Schüler  des  Staatsgymnasinms 
beteiligten.  Die  Vorträge  über  Gesundheitspflege  und  Schalhygiene 
am  städtischen  Pädagogium  in  Wien  wurden  mittelst  Stadtratbeschlusses 
dem  bekannten  Professor  Dr.  Leo  Buroerstsik  übertragen.  Hier 
wollen  wir  noch  erwähnen,  dafs  die  Schüler  an  vielen  Anstalten  an- 
gehalten wurden,  die  Respirien  im  Freien  zu  verbringen;  an  der 
Staatsunterrealschule  in  Wien  11  geschah  dies  auch  bei  ziemlich 
niedriger  Temperatur. 


^  Vergl.  diese  Zeitschrift,   1S92,  No.  8  u.  9,  8.  402—403.     D.  Bed. 


629 

Unterricht  und  Gesundheit«  Bei  der  Eröffhong  des  laufenden 
üniversitfttsschuljahres  in  Budapest  hielt  der  neue  Rektor,  Professor 
Dr.  Joseph  von  Fodor,  eine  Rede  über  die  Frage  der  geistigen 
Überbflrdung  in  den  Lehranstalten,  aus  der  das  y,Neue  P^t.  Jowm.** 
folgende  Sätze  hervorhebt:  Als  Hygieniker  und  Arzt  hege  ich  die 
Besorgnis,  dafs  wir  den  fortwährend  anwachsenden  geistigen  An- 
sprüchen, ohne  unsere  körperliche  Gesundheit  aufs  Spiel  zu  setzen, 
kaum  entsprechen  können,  und  man  mufs  bereits  ernst  darüber  nach- 
denken, auf  welche  Weise  der  durch  die  Kultur  überaus  angestrengten 
Seele  Hilfe  zu  leisten  ist.  Die  Frage  der  geistigen  Überbürdung 
in  den  Schulen  steht  auf  der  Tagesordnung,  und  ich  befürchte, 
dafs  unsere  Gesellschaft  diese  bedeutsame  Angelegenheit  nicht  ernst 
genug  nimmt  und  deren  ganzen  Umfang  nicht  überblickt.  Die 
Nervenärzte  kennen  die  durch  eine  solche  Überbürdung  verursachten 
Geisteskrankheiten,  welche  stets  häufiger  auftreten,  genau.  Und  diese 
werden  heraufbeschworen,  weil  wir  auf  unrechte  Weise,  bald  hastend, 
bald  lässig,  lernen  und  weil  wir  Unrichtiges  in  unser  Gehirn  auf- 
nehmen. Übrigens  ist  unser  heutiges  Prüfungssystem  auf  dem  Gebiete 
des  gesamten  Unterrichtswesens  der  gröfste  Feind  der  Hygiene 
der  Seele  und  des  Verstandes.  Der  Kreis  der  Wissenschaften  dehnt 
sich  beinahe  grenzenlos  aus,  doch  der  menschliche  Verstand  bleibt 
der  nämliche.  Aus  hygienischen  Gründen  ist  daher  die  Reform  der 
geistigen  Arbeit,  insbesondere  die  Unterrichtsreform,  ein  unauf- 
schiebbares Postulat. 

Zur  Ablndernng  der  Bestimmnnf^en  fiber  die  Strafbarkeit 
jugendlicher  Personen  in  Prenfsen.  Der  Landesverein  preußischer 
Yolksschullehrer  hat  den  Justizminister  von  Schelling  in  einer 
Eingabe  ersucht,  dahin  zu  wirken,  1.  dafs  die  §§  55,  56  und  57 
des  Strafgesetzbuches  für  das  deutsche  Reich  in  folgender  Weise  ab- 
geändert werden,  a.  Das  Alter  der  Strafmündigkeit  ist  auf  das  yoU- 
endete  14.  Lebensjahr  hinaufzurücken,  b.  Die  Bestimmung,  wonach 
die  strafrechtliche  Verantwortlichkeit  eines  Jugendlichen  davon  ab- 
hängig ist,  dafs  er  bei  Begehung  der  That  die  zur  Erkenntnis  ihrer 
Strafbarkeit  erforderliche  Einsicht  besessen  hat,  soll  beseitigt  werden, 
c.  Gegen  Personen,  welche  bei  Begehung  der  strafbaren  Handlung 
das  14.,  aber  nicht  das  18.  Lebensjahr  vollendet  haben,  kann  der 
Richter  entweder  auf  Strafe  oder  auf  staatlich  überwachte  Erziehung 
oder  auf  beides  erkennen;  im  letzteren  Falle  möge  das  Urteil  be- 
stimmen, ob  die  Strafe  oder  die  Erziehung  vorausgehen  soll;  wird 
auf  Erziehung  und  eine  Freiheitsstrafe  erkannt,  so  möge  die  Voll- 
streckung der  Strafe  vom  Erfolg  der  Erziehung  abhängig  gemacht 
werden,  d.  Die  staatlich  überwachte  Erziehung  mufs  auch  ohne  das 
Vorliegen  einer  strafbaren  Handlung  bei  Kindern    erfolgen,    welche 


630 

das  14.  Lebensjahr  noch  nicht  voUendet  haben  and  in  der  Erziehung 
80  sehr  vernachlässigt  sind,  dafs  sittliche  Verwahrlosung  eingetreten 
oder  zn  befürchten  ist,  mit  der  Mafsgabe,  dafs  die  Jugendlich», 
welche  nach  vollendetem  14.  Lebensjahr  der  staatlichen  Erziehung 
überwiesen  sind,  in  den  Anstalten  von  denjenigen  getrennt  gehalten 
werden,  die  vor  diesem  Zeitpunkte  überwiesen  sind.  Der  Justiz- 
minister wird  femer  gebeten,  seinen  Einflujs  geltend  zn  machen,  dafs 
2.  die  Zwangserziehung  verwahrloster  Kinder  im  Zusammenhang  mit 
der  Zwangserziehung  und  Bestrafung  kindlicher  und  jugendlicher  Ver- 
brecher durch  ein  besonderes  Gresetz  geregelt  werde,  welches  den 
Schwerpunkt  auf  die  Erziehung  legt.  —  Die  Schulhygiene  kann 
diesen  Vorschlägen  nur  beistimmen,  da  einerseits  Gefängnisstrafen 
auf  die  Gesundheit  jugendlicher  Personen  sehr  nachteilig  einwirken, 
andererseits  sittliche  Verwahrlosung  fast  immer  mit  körperliche 
Depravation  einhergeht  und  Besserungsanstalten  daher  auch  dem  leib- 
lichen Wohle  ihrer  Zöglinge  zu  gute  kommen. 

Internationaler   Eon^efs  far  Kinderschnts.     Wie  ^1> 

'Broqr,  rndd.*"  berichtet,  hat  sich  das  Organisationskomitee  des  inter- 
nationalen Kongresses  für  Kinderschutz  soeben  konstituiert.  Dasselbe 
beschlofs,  den  ersten  Kongrefs  am  22.  Juli  1895  in  Bordeaux  ab- 
zuhalten. Derselbe  soll  in  S  Sektionen  zerfallen:  1.  Sektion  ftr 
körperlichen  Schutz,  die  sich  mit  den  Schutzgesellschaften,  den 
Krippen,  den  Hospitälern  und  Sanatorien  für  Kinder  beschäftigen 
wird.  2.  Sektion  für  sittlichen  Schutz;  hier  sollen  besonders  die 
Fragen,  welche  sich  auf  die  verwahrloste  Jugend,  die  Waisenhäuser, 
die  ländlichen  Kinderkolonien  beziehen,  studiert  werden.  H.  Sektion 
für  administrativen  Schutz,  in  der  das  Gesetz  Roussel,  die  ärztliche 
Schulinspektion  u.  s.  w.  zur  Verhandlung  gelangen. 

Ans  dem  Sanitätsbericlite  der  Stadt  Reichenberg  fiber  die 
dortigen  Schulen.  Der  Stadtphysikus  von  Reichenberg  Dr.  Aloib 
Hanisch  teilt  über  die  Schulhygiene  in  seinem  Bezirke  nach  der 
„Prag,  med,  Wochsckr.^  folgendes  mit.  Was  die  Gebäude  zur  Unter- 
bringung der  Volks-  und  Bürgerschulen  betrifft,  so  sind  dieselben 
durchgehends  als  Neubauten  zu  bezeichnen,  welche  innerhalb  der 
letzten  25  Jahre  zur  Ausführung  gelangten.  Auch  die  Altstädter 
Volksschule  darf  mit  Fug  und  Recht  als  ein  den  modernen  An- 
sprüchen Rechnung  tragender  Neubau  angesehen  werden,  da  infolge 
eines  vor  wenigen  Jahren  vorgenommenen  Umbaues  von  diesem 
Hause  kaum  mehr  als  die  Umfassungsmauern  übrig  geblieben  sind. 
Die  Lage  der  Schulgebäude  und  ihre  Umgebung  entspricht  den  An- 
forderungen der  modernen  Schulgesundheitspilege  nicht  in  vollem 
Umfange,  da  diese  sehr  weitgehende  Ansprüche  stellt,  denen  in  einer 
gröfseren  Stadt  selbst    beim  besten  Willen   nicht  immer  voUständig 


631 

Rechnung  getragen  werden  kann.  Doch  mufs  hervorgehohen  werden, 
dafe  bei  der  Auswahl  der  Bansteilen  die  Nachbarschaft  von  stehenden 
Gewässern  mit  schädlichen  Ausdünstangen,  sowie  von  gesundheits- 
widrigen oder  ruhestörenden  Gewerben  vermieden  worden  ist.  Die 
Schulbanplätze  sind  gesund  gelegen,  von  hinreichender  Grö&e  und 
zumeist  mit  einem  anstofsenden  Garten  verbunden.  In  sämtlichen 
ünterrichtsanstalten  ist  für  reichliche  Beleuchtung  der  Klassen  gesorgt. 
Die  Beheizung  erfolgt  teils  durch  Öfen,  teils  durch  centrale  Heiz- 
anlagen. Die  Lufterneuerung  der  Schulzimmer  wird  nicht  nur  durch 
Offnen  der  Thüren  und  Fenster  nach  den  Unterrichtsstunden  bewerk- 
stelligt, sondern  es  ist  in  dieser  Beziehung  auch  durch  eigene 
Ventilationsanlagen  Vorsorge  getroffen.  Fast  alle  Schulen  sind  mit 
Hausbrunnen,  welche  gutes  Trinkwasser  liefern,  versehen.  Die 
Aborte,  durchweg  nach  dem  Senkgrubensystem  eingerichtet,  sind 
gehörig  ventiliert,  geräumig,  mit  einem  Vorräume  versehen  und  in 
aasreichender  Zahl  vorhanden.  Aufserdem  sind  richtig  angelegte 
Pissoirs  angebracht.  Die  Schulbänke  entsprechen  in  ihren  Mafsen 
dem  Alter  der  Schiller  und  gestatten  ebensowohl  bequemes  Schreiben, 
wie  unbehindertes  Stehen.  Die  Schulzimmer,  Säle,  Stiegen  und  Gänge 
werden  mehrmals  wöchentlich,  nach  Bedarf  auch  täglich  von  Staub 
and  Schmutz  gereinigt  und  während  des  Schuljahres  dreimal  gründlich 
gescheuert.  In  den  Korridoren  sind  zum  Aufhängen  der  Ober- 
kleider Rechen  angebracht,  oder  es  sind,  wie  in  der  Kaiser  Franz 
Josephs- Schule,  besondere  Garderobenräume  vortianden. 

Nene  olympische  Spiele.  Unter  dem  Vorsitze  des  Senators 
DE  CouRCBL,  ehemaligen  französischen  Botschafters  in  Berlin,  ist  am 
16.  Juni  d.  Js.  der  internationale  Kongreis  für  olympische  Spiele  im 
Festsaale  der  Sorbonne  in  Paris  zusammengetreten.  Auf  diesem  Kon- 
gresse haben  Delegierte  aller  Länder  Europas,  Deutschland  aus- 
genommen, ein  Reglement  für  sämtliche  Sports  ausgearbeitet  und  ein 
periodisch  wiederkehrendes  Fest  athletischer  Spiele  einzuführen  be- 
schlossen. Die  Feste  sind  gleich  den  olympischen  Spielen  im  alten 
Griechenland  in  Zwischenräumen  von  je  vier  Jahren  geplant  und 
sollen  jedesmal  in  einer  der  greisen  Hauptstädte  Europas  stattfinden. 
Da  Paris  den  Zeitpunkt  1900  für  seine  nächste  Weltausstellung 
gewählt  hat,  so  werden  die  ersten  Spiele  im  Jahre  1896  zu  London, 
die  zweiten  im  Jahre  1900  in  der  französischen  Hauptstadt  zur  Aus- 
ffthrung  kommen. 

Panik  in  einer  Dortmunder  Schnle  infolge  von  Erdbeben. 
Über  das  Erdbeben,  welches  am  2.  Oktober  d.  Js.  die  Stadt  Dortmund 
heimgesucht  hat,  wird  von  dort  berichtet:  Es  war  kurz  nach  9  Uhr, 
als  namentlich  im  westlichen  Stadtteile  erhebliche  sekundenlang  an- 
haltende Schwankungen   bemerkt  wurden.     Diese   zeigten  sich  recht 


632 

bedeatend  in  der  katholischen  Schule  in  der  Amsdienstrasse.  Die 
Kinder,  welche  von  den  Lehrern  und  Lehrerinnen  nicht  mehr  znr&ck- 
gehalten  werden  konnten,  gerieten  in  eine  Panik,  sie  stürzten  aas 
den  Klassenzimmern  und  suchten  so  schleunig  wie  möglich  ans  dem 
Gebäude  zu  kommen.  Hierbei  kamen  viele  zu  Fall,  über  sie 
stürmten  die  Nachdrängenden  hinweg,  kurz,  es  war  ein  erschreckendes 
Bild,  die  stark  erregten,  schreienden  Kinder  zu  sehen.  Viele  der- 
selben sind  verletzt  worden,  darunter  sechs  schwer,  so  dals  sie  in 
das  Krankenhaus  gebracht  werden  mufsten.  Mehrere  hatten  ans 
Furcht  und  Schrecken  die  Besinnung  verloren.  An  dem  Schulgebände 
selbst  sind  Zerstörungen  nicht  zu  bemerken,  in  der  übrigen  Stadt 
geben  auch  nur  einige  eingestürzte  Schornsteine  Kunde  von  dem  Erd- 
beben, dem  ersten  seit  dem  Jahre  1876. 

Berliner  Kindervolksküchen.  Von  dem  Verein  für  Kinder- 
volksküchen zu  Berlin  ist  die  erste  Speiseanstalt  in  der  Stralsunder 
StraTse  eröffnet  worden.  Eine  zweite  Anstalt  für  das  Centrum  be- 
findet sich  in  der  Klosterstrafse,  und  eine  dritte  soll  sobald  als 
möglich  im  Osten  der  Stadt,  wo  ebenfalls  ein  dringendes  Bedür&b 
hierfür  vorliegt,  errichtet  werden.  Nur  solche  Kinder  finden  Be- 
rücksichtigung, welche  nachweislich  zu  Hause  kein  warmes  Mittags- 
essen erhalten  können.  Diese  Kinder  werden  von  den  Bektoren 
der  Gemeindeschulen  oder  von  den  mit  den  Verhältnissen  des  engeren 
Bezirks  vertrauten  Kommunalbeamten  vorgeschlagen,  so  dafe  ein 
MiCsbrauch  der  Einrichtung  nicht  zu  befürchten  ist.  In  jeder 
Kindervolksküche  erhalten  täglich  etwa  500  Knaben  und  Mädchen 
ein  warmes  Mittagsessen  mit  einer  Semmel  oder  einem  Stücke  Brot, 
und  etwa  300  holen  in  mitgebrachten  Gefällen  dasselbe  ab,  um  es 
nach  Hause  zu  tragen.  Während  die  ersteren  ihr  Mittagsbrüt 
umsonst  erhalten,  bezahlen  die  letzteren,  deren  Eltern  nicht  ganz 
so  bedürftig  sind,  5  Pfennige  für  die  Portion. 

Krankenhansscbiile  fnr  Kinder  mit  Kopfgrind  in  Paris. 

Die  ärztliche  Behandlung  der  Kinder  mit  Tinea  soll,  wie  „2>  Frogr, 
•  mid.^  erfährt,  im  Hospital  Saint-Louis  centralisiert  werden,  sobald 
die  Krankenhausschule  Lailler  eingerichtet  ist.  Dieses  neue  Institnt 
wird  zwei  Abteilungen  umfassen,  die  eine  in  der  rue  Bichat,  die 
andere  in  der  rue  Grange-aux-Belles.  In  der  ersteren  finden  die 
Kinder  mit  Tinea  tondens  Aufnahme,  in  der  letzteren  diejenigen  mit 
Pelade  und  Favus.  Mit  der  zweiten  Abteilung  beabsichtigt  man 
eine  allgemeine  Poliklinik  zu  verbinden. 


633 


;Xnttii(^e  Derfüsttngen. 


AnweisuBg  der  KSnigliehen  Lokalschnlkommisgion  in  Manchen 

fnr  die  Bedienung,  Instandhaltung  und  Benutzung  der 
Brausebadeinrichtungen  in  den  städtischen  Schulgebäuden. 

I.  Beschreibung  der  Einrichtungen. 

Die  Bransebadeinrichtungen  bestehen  ans:  1.  dem  Aus-  nnd 
Ankleideranm;  2.  dem  nebenanliegenden  Baderanm;  8.  dem  Heiz-, 
bezw.  Kesselraum;  4.  der  Waschküche  (Hanswaschkttche) ;  5.  dem 
Wäschetrockenranm ;  6.  dem  Raum  für  das  Badepersonal,  zugleich 
Requisiten-  und  Wftscheraum. 

Zu  1.  Der  Ans-  und  Ankleideraum  mit  auf  Eisenschienen 
gewölbter  Decke,  glattem  Kalkmörtelverputz  nnd  fichtenem,  hohl- 
gelegtem Fufsboden,  unter  welchem  die  Zimmerluft  durchstreicht, 
enthält  die  20  bis  30  Aus-  nnd  Ankleidezellen,  welche  ans  0,70  m 
breiten  nnd  1,90  m  hohen  Holzwänden  in  0,70  m  Entfemnng  von- 
emander  gebildet  nnd  mit  selbstschliefsenden  Stoffvorhängen,  Sitzbrett 
und  Kleiderrechen  versehen  werden;  femer  findet  sich  hier  eine 
genügende  Anzahl  von  Sitzbänken  mit  Kleiderrechen,  desgleichen 
verteilt  im  Ranm:  Spiegel,  Stiefelzieher,  ein  Tisch  zur  Austeilung 
der  Badewäsche,  Kämme,  Bürsten.  Der  Fnfsboden  ist,  insoweit 
derselbe  zum  Verkehr  benutzt  wird,  nebst  den  Zellen  mit  abnehm- 
baren Teppichen  oder  Kokoslänfem  belegt. 

Für  ausreichende  Beheizung  nnd  Lüftung  ist  durch  Aufstellung 
eines  Füllreguliermantelofens  mit  Frischluftznfühmng  nnd  Abführung 
der  verdorbenen  Luft  in  einen  Yentilationsschacht  über  Dach  gesorgt. 
Im  übrigen  müssen  auch  die  Fensterflügel  zu  leichtem  Öfiben  und 
Schliefsen  eingerichtet  sein.  Ein  Zimmerthermometer  wird  an  geeig- 
neter Stelle  angebracht. 

Zu  2.  Der  Baderaum  hat  Asphalt-  oder  Cementpflaster  auf 
starker  Betonunterlage  mit  znsammenschliefsendem  Gefälle  nach  den 
das  verbrauchte  Wasser  abführenden  Gullys  hin  und  in  Cement 
geputzte,  mit  Emaillefarbe  gestrichene  Wandflächen,  femer  auf  Eisen- 
schieneu  gewölbte  Decke.  Auf  dem  vertieften  Pflaster  liegt  hohl  ein 
zerlegbarer  Holzlattenrost,  welcher  sich  auch  auf  die  Badezellen 
erstreckt.  Letztere  werden  gebildet  aus  0,70  m  breiten,  1,90  m 
hohen  und  0,70  m  voneinander  entfernten,  nach  vorne  offenen, 
verzinkten  Wellblechwänden  mit  obenliegender  Querstange  zum  Über- 


634 

hängen  des  Handtuches;  eine  Anzahl  derselben  —  zum  Gebranche 
fQr  gröfsere  Mädchen  —  kann  mit  Vorhängen  ans  Gummituch 
geschlossen  werden.  In  ca.  1,90  m  Höhe  Aber  dem  Lattenrost  und 
in  der  Mitte  der  Badezelle  befindet  sich,  ungefähr  1  m  fiber  dem 
Kopfe  des  Badenden,  die  senkrecht  nach  abwärts  gerichtete  Branse, 
welche  das  Wasser  in  einem  dichten  Regen  so  ergiefst,  dafe  der 
Körper  des  Badenden  gleichmäfsig  ringsum  vom  Wasser  benetzt 
wird.  Jede  Badezelle  enthält  in  geeigneter  Höhe  noch  eine  durch- 
lochte  Seifenschüssel  und  einen  Haken  zum  Aufhängen  des  Bade- 
mantels der  gröfseren  Mädchen. 

Die  Brausen  erhalten  das  Badewasser  durch  eine  Yerteilangs- 
leitung,  welche  an  einen  mit  Thermometer  versehenen  sogenannten 
Mischapparat,  bezw.  an  eine  Mischreserve  anschliefst.  In  diesen 
Mischapparat,  bezw.  in  die  Mischreserve  wird  warmes  Wasser  ans 
der  daraberliegenden  Warmwasserreserve,  sowie  kaltes  Wasser  ans 
der  Wasserleitung  oder  einer  Kaltwasserreserve  geleitet  und  durch 
am  Mischapparat  vorgesehene  entsprechende  Yentilstellung  auf  die 
vorgeschriebene  Badetemperatur  gebracht.  Die  Yerteilungsleitimg 
vom  Mischapparat  nach  den  Brausen  kann  durch  eingesetzte 
Ventile  in  2  bis  3  Unterabteilungen  abgesperrt,  aulserdem  kann 
noch  jede  Brause  für  sich  selbst  durch  Hahn  geregelt  oder  anch 
abgesperrt  werden. 

Jede  Brause  ist  auf  durchschnittlich  10  1  Wasserliefemng 
in  der  Minute  eingestellt. 

Die  Warmwasserreserve  steht  mit  dem  Waimwasserheizkessel 
durch  Umlauf-  oder  Druckleitung  in  Verbindung.  Vermittelst  eines 
am  Kessel  oder  der  Leitung  angebrachten  Thermometers  kann  die 
Temperatur  des  warmen  Wassers  abgelesen  werden. 

.In  der  Längsrichtung  zwischen  den  Badezellenreihen  liegen 
unmittelbar  auf  dem  Lattenrost  in  genügender  Ausdehnung  die  Fofs- 
badewannen,  welche  ihr  Wasser  ebenfalls  aus  der  gemeinsamen 
Verteilungsleitung  erhalten.  Dieselben  sind  mit  Kippvorrichtung  und 
Thermometer  versehen. 

Der  Baderaum  ist  ähnlich  wie  der  Aus-  und  Ankleideraum  mit 
ausreichender  Heiz-  und  Lüftungsvorrichtung,  Fensterlüftung  und 
Thermometer  ausgestattet. 

Zu  3.  Im  Heizraume,  womöglich  getrennt  vom  Baderanme, 
befindet  sich  die  Heizanlage  für  das  warme  Wasser  (Warmwasser- 
heizkessel) nebst  den  dazugehörigen  Feuerungsgerätschaften;  die 
Warmwasserreserve  liegt  gleichfalls  aufserhalb  des  Baderaumes. 

Zu  4.  Die  Waschküche  enthält  aufser  dem  Herd  und  den 
notwendigen  Waschgerätschaften  noch  eine  Handauswindmaschine. 

Zu  5.     Der  Wäschetrockenraum  ist  ein  neben  oder  nidit  weit 


635 

von  der  Waschküche  gelegener,  mit  Steinfufsboden,  Gestellen,  Auf- 
hänge-, sowie  Heiz-  und  Lüftongsvorrichtangen  ausgestatteter  Baum ; 
Yom  Fufsboden  des  Trockenraumes  führt  ein  Dunstschlot  über  Dach 
ins  Freie. 

Zu  6.  Den  Raum  für  das  Badepersonal  bildet  eine  zwischen 
dem  Bade-  und  dem  Aus-  und  Ankleideraume  oder  in  letzteren  ein- 
gebaute Abteilung,  welche  mit  Ofen,  Wäscheschrank,  Wäschemangel  etc. 
versehen  ist. 

n.   Anweisung  zur  Bedienung,  Reinigung   und  Instand- 
haltung  der  Badeeinrichtung. 

a.   Bedienung. 

1.  Die  Bedienung  der  Feueranlagen,  Hähne,  Ventile,  überhaupt 
aller  technischen  Vorrichtungen  geschieht  einzig  und  allein  durch  das 
hierfür  angestellte  Bedienungspersonal. 

2.  Vor  dem  Anfeuern  des  Warmwasserheizkessels  müssen  die 
Wasserreserven  gefüllt  sein,  was  bei  geöffneten  Wasserleitnngshähnen 
selbstthätig  durch  die  Schwimmkugelhähne  erfolgt. 

3.  Das  Anheizen  des  Warmwasserkessels  und  im  Winter  der 
Heizöfen  hat  längstens  2  Stunden  vor  Beginn  der  Badezeit,  nur  bei 
grüiserer  Kälte  früher,  und  zwar  mit  dem  vorgeschriebenen  Brenn- 
material zu  geschehen.  Jede  Überheizung  des  Kessels  und  der 
Öfen  ist  denselben  schädlich  und  deswegen  unstatthaft. 

Vor  dem  jedesmaligen  Anzünden  sind  die  Roste  von  Asche  und 
Schlacke  gründlich  zu  reinigen. 

4.  Die  Temperatur  des  Wassers  im  Kessel,  bezw.  in  der 
Reserve  darf  höchstens  +50®R.,  bezw.  +60^0.  betragen. 

5.  Die  Temperatur  des  laufenden  Brausewassers  muis  durch 
den  Mischapparat  vor  Eintritt  der  Kinder  in  die  Badezellen  genau 
auf  +26*^R.  =  32,6®  C.  eingestellt  werden.  Mit  dieser  Temperatur 
wird  ungefähr  iVs Minute  lang  gebraust;  hierauf  läfst  man  während 
der  zweiten  Minute  die  Temperatur  des  Brausewassers  allmählich 
sinken,  und  zwar  bei  den  unteren  und  mittleren  Klassen  auf  -|-  16 
bis  +  17  <*  R.  =  +  20  bis  +  21°C.,  bei  den  oberen  auf+lö^R. 
===  +  19®  C.  Endtemperatur. 

6.  Das  Wasser  in  den  Fufsbadewannen  ist  schon  vor  Beginn 
des  Badens  einer  Klasse  vorzurichten,  und  zwar  mit  -f'^^  ^>8 
-f  24®  R.  =  -f  28  bis  +  30  ®  C.  Das  Fufsbadewasser  wird  für 
jede  badende  Klasse  erneuert. 

7.  Die  jeweilen  zu  badende  Kinderanzahl  einer  Klasse  soll  so 
in  die  2  bis  3  Brauseabteilungen  verteilt  werden,  dais  keine  laufende 
Brause  unbenutzt  bleibt. 


636 

8.  Die  Temperatur  während  der  Badezeit  im  Aas-  and  Ankleide- 
ranm  sowohl,  als  auch  im  Baderanm  soll  zwischen  -|-  15  bis  4-18^  ^ 
= -\- 19  bis  +  22,5®  C.  betragen;  gleichzeitig  sind  die  vorbaa- 
denen  Ltiftangseinrichtungen  in  Gang  zu  setzen.  Das  Öftnen  der 
Fenster  in  den  beiden  Bäomen  ist  aafserhalb  der  Badezeit  gestaUet 
nnd  auch  notwendig,  nie  jedoch  während  des  Badens,  aasgenommen 
an  warmen  Sommertagen. 

9.  Für  den  Trockenraom  genügt  eine  Temperatur  Yon  ungefäbr 
+  30®  R.  =  +  37,5®  C.  bei  entsprechend  geöffneter  Frischluft- 
zuführungs-  und  unterer  Abzugsklappe.  Die  obere  Abluftklappe  ist 
nur  bei  feuchtwarmer  Witterung  zu  öffiien. 

Es  ist  in  Bezug  auf  den  Brennmaterialverbrauch  möglichste 
Sparsamkeit  geboten  durch  richtige  und  rechtzeitige  Regelung  äet 
Feuerungseinrichtungen,  Warmwasserhähne,  Luftverschlüsse  etc. 

b.  Reinigung  und  Instandhaltung. 

10.  Der  Warmwasserkessel,  die  Reserven  und,  soweit  notwendig, 
auch  die  Leitungen  müssen  bei  stetem  Betriebe  alle  8  bis  10  Wochen 
vom  Kessel-  und  Wasserstein  gründlich  gereinigt  werden ;  desgleichen 
die  gesamten  Heizvorrichtungen,  wie  Kessel,  Öfen,  Rauchzüge  und 
Rohre,  alle  4  Wochen  von  Rufs  und  Asche.  Diese  Arbeiten  werde« 
mit  Ausnahme  der  eigentlichen  Kaminkehrerarbeiten  durch  Arbeiter 
des  Stadtbauamtes  besorgt. 

11.  Aufser  diesen  Hauptreinigungsarbeiten  sind  wöehentlidi 
einmal  durch  das  Badepersonal  die  Holzroste  herauszunehmen,  abzu- 
bürsten und  zu  waschen,  besonders  an  der  dem  Pflaster  zugewandten 
Seite,  sowie  zwischen  den  Latten  selbst.  Nach  der  Reinigung  werden 
die  Roste  langsam  getrocknet. 

12.  Ehe  die  bereits  trockenen  Reserveroste  eingelegt  werden, 
ist  der  Boden  des  Baderaumes  zu  bürsten  und  zu  schwemmt; 
die  vorhandenen  Gullys  sind  zu  entleeren  und  gründlich  zu  reinigen. 

13.  Desgleichen  müssen  vom  Badepersonal  die  Armaturteile  der 
Einrichtung,  wie  Ventile,  Hähne,  Brausen  etc.,  wöchentlich  einmal 
mit  Putzmaterial  gereinigt  und  auf  ihre  Brauchbarkeit  geprüft 
werden. 

14.  Während  der  allwöchentlichen  Reinigung  sind  die  gesamten 
Räume  des  Bades  durch  Fensteröffnen  gründlichst  zu  lüften,  die 
Fufsbodenteppiche  und  Läufer  im  Hofe  auszuklopfen  und  zu  bürsten, 
die  Fufsböden  selbst  aufzuwischen  und  erst  nach  Trockenwerden 
wieder  zu  belegen. 

15.  Die  Instandhaltung  der  technischen  Einrichtungen  obliegt 
dem  Stadtbauamte.  Es  sind  deshalb  alle  entstandenen  Schäden  und 
Mängel,  soweit  dieselben  bautechnischer  Natur   sind,    demselben  sn 


637 

melden.  Desgleichen  obliegt  dem  Stadtbauamte  im  Einvernehmen 
mit  dem  Oberlehrer  die  bautechnische  Überwachung  des  Betriebes 
und  der  Einrichtungen  unter  Zugrundelegung  vorliegender  Anweisung, 
and  hat  sich  das  Badepersonal  in  dieser  Beziehung  den  Anordnungen 
der  hierfür  angestellten  Organe  des  Stadtbauamtes  zu  fügen.  Die 
schnltechnische  Leitung  und  Überwachung  des  Betriebes  in  gesund- 
heitlicher, unterrichtlicher  und  erziehlicher  Hinsicht  ist  ausschliefslich 
Sache  des  Oberlehrers,  bezw.  der  demselben  vorgesetzten  Schul- 
behörden. 

16.  Das  Badepersonal  hat  genaue  Aufschreibungen  über  die 
abgegebene  Bransenzahl  und  den  Brennmaterialverbrauch  in  die 
hierfür  vorhandenen  Listen  zu  machen  und  dem  Stadtbauamte  (Heiz- 
bareau)  monatlich  einzuliefern,  desgleichen  alle  14  Tage  mündlichen 
Bericht  über  den  Zustand  und  Betrieb  der  technischen  Einrichtungen 
an  die  gleiche  Stelle  zu  erstatten. 

UI.  Badebetrieb. 

1.  Die  Beteiligung  der  Kinder  ist  eine  freiwillige. 

2.  Kindern  mit  Neigung  zum  Nesselausschlag  oder  anderen 
Hautentzündungen,  sowie  sehr  erregbaren  Kindern  ist  die  Beteiligung 
am  Baden  zu  widerraten. 

Mit  Kopf-  oder  Hautausschlägen  oder  mit  Ungeziefer  Behaftete 
sind  nur  dann  zum  Baden  zuzulassen,  wenn  Sicherheit  gegeben  ist, 
dafis  die  von  ihnen  benutzte  Wäsche  nicht  auch  von  anderen  Kindern 
benutzt  vrird,  bezw.  mit  derjenigen  anderer  Kinder  nicht  in  Berührung 
kommt;  wo  es  durchführbar  ist,  können  dieselben  auch  in  den 
Zwischenzeiten  zum  Baden  zugelassen  werden. 

3.  Die  Badezeiten  sind  so  einzurichten,  dals  jedes  Kind  stets 
an  einem  bestimmten  oder  an  einem  2  Tage  vorher  bekannt 
gegebenen  Tage  zu  baden  Gelegenheit  hat. 

4.  Als  Badezeiten  eignen  sich  die  Vormittagsstunden  und  die 
späteren  Nachmittagsstunden,  während  die  Stunden  nach  der  Mittags- 
mahlzeit zu  vermeiden  sind. 

5.  Die  Reihenfolge  der  Klassen  beim  Baden  wird  durch  den 
Oberlehrer  bestimmt. 

6.  Die  Bildung  der  Badegruppen  innerhalb  einer  Badeklasse 
bemiist  sich  unter  Berücksichtigung  der  oben  unter  Ziffer  II,  Absatz  7 
gegebenen  Weisung  nach  der  Zahl  der  vorhandenen  Brausen  und 
bezw.  der  Auskleidezellen. 

7.  Die  gesamte  Badezeit  für  eine  Badegruppe  beträgt  im 
Durchschnitt  22  Minuten,  nämlich  10  Minuten  für  Auskleiden, 
2  Minuten  unter  der  Brause,  10  Minuten  für  Ankleiden,  und    auch 


638 

bei     sechs-     bis     siebepjährigen     EiDdern     jedenfalls     nicht    über 
30  Minuten. 

8.  Länger  als  2  Minuten  sollen  die  Kinder  nicht  unter  den 
Brausen  bleiben;  hiervon  soll  ungefähr  ein  Drittel  zum  Einseifen 
und  Abreiben,  ein  Drittel  zum  Abspülen  mit  Warmwasser  und  du 
letzte  Drittel  zur  Abkühlung  unter  der  Brause  verwendet  werden. 
Die  Abspülung  der  Füfse  ist  in  möglichst  kurzer  Zeit  zu  vollziehen. 
Bei  den  kleineren  Kindern  und  im  Winter  genügt  indes  ungefthr 
die  Hälfte  der  Zeit. 

9.  Es  gilt  als  Regel,  dafs  die  Kinder  die  Badewäsche  osd 
Badebekleidung  selbst  mitbringen;  doch  wird  seitens  der  Schule 
dafür  gesorgt  werden,  dafs  für  unbemittelte  Kinder  die  erforder- 
lichen Gegenstände  in  genügender  Anzahl  vorhanden  sind. 

10.  Erforderlich  sind: 

a.  für  Knaben  eine  Badehose,  für  Mädchen  entweder  eil 
Röckchen,  welches  von  den  Hüften  abwärts  bis  gegen  die 
Kniee  den  Körper  bedeckt,  oder  eine  vollständig  und  nach 
hinten  geschlossene  Badeschürze  von  gleicher  Länge ; 

b.  ein  Trockentuch; 

c.  für  Mädchen  mit  langen  Haaren  eine  wasserdichte  Kopf- 
bedeckung. 

d.  Die  gröfseren  Mädchen  welche  die  mit  Gummivorh&ngei 
verschliefsbaren  Badezellen  zu  benutzen  haben,  verwenden 
ferner  zum  Ein-  und  Austritt  leinene  oder  baumwollene  Bade- 
mäntel, welche  während  des  Badens  selbst  abgenonunai 
werden. 

11.  Stiefelzieher,  Kämme  u.  dergl.  werden  von  der  Schule  ii 
genügender  Anzahl  zur  Verfügung  gestellt. 

12.  Während  der  ganzen  Badezeit  einer  Klasse  ist  eine  Lehr- 
kraft, bei  Knaben  eine  männliche,  bei  Mädchen  eine  weibliche,  wr 
Beaufsichtigung  und  zur  Aufrechthaltung  der  Ordnung  in  den  Bad^ 
räumen  anwesend;  von  derselben  ist  namentlich  auch  darauf  za 
achten,  dafs  die  Kinder  die  Brause  nicht  verlassen,  bis  die  Abkühlung 
beendet  ist,  da  gerade  in  dieser  Abkühlung  und  der  damit  ver 
bundenen  Zusammenziehung  der  HautgefäTse  die  beste  Sicheriieit 
gegen  Erkältung  gegeben  ist. 

Es  ist  durchaus  unstatthaft,  die  Kinder  dem  Badediener  oder 
der  Badedienerin  zur  Beaufsichtigung  zu  überlassen. 

13.  Die  beaufsichtigende  Lehrkraft,  in  der  Regel  die  Klassen- 
lehrkraft,  hat  die  Badeklasse  in  die  Baderäume  zu  führen  und  aus 
denselben  wieder  in  das  Klassenzimmer  zurückzngeleiten. 

14.  Auf  die  Badezeit  hat  stets  noch  eine  Unterrichtszeit  von 
mindestens  halbstündiger  Dauer  zu  folgen. 


639 

15.  Damit  der  Unterricht  möglichst  geringe  Beeinträchtigung 
erfährt,  werden  geeignete  Unterrichtsfächer,  z.  B.  Lesen,  Schreiben, 
Handarbeiten,  in  die  Badezeit  verlegt. 

Es  besteht  jedoch  kein  Hindernis,  in  den  auf  die  Badezeit 
verlegten  Unterrichtsfächern  einen  Wechsel  eintreten  zu  lassen. 

16.  Jene  Kinder,  welche  am  Baden  nicht  teOnehmen,  sind 
während  der  Badezeit  im  Klassenzimmer  entsprechend  zu  beschäftigen 
und  zu  beaufsichtigen,  oder  auch  einer  Zweigklasse  zuzuteilen. 

Beschlossen  München,  den  22.  Juni  1893. 

Königliche  Lokalschulkommission. 
(Gez.)  Ph.  Bbünneb,  (Gez.)  Dr.  Wilh.  Rohmedeb, 

II.  Bflrgermeister.  Kgl.  Stadtschulenkommissar. 

Zugestimmt  München,  den  28.  Juni  1893. 

Magistrat. 
(Gez.)  W.  BoBSCHT,  I.  Bürgermeister. 

Ans  der  neuen  prenfsisehen  PrSfangsordniuig  Ar  Tnm- 

nnd  Schwimmlehrer. 

§5. 

Die  Prüfung  ist  eine  theoretische  —  schriftliche  und  mündliche  — 
und  eine  praktische. 

§  6. 

Die  schriftliche  Prüfung  besteht  in  Anfertigung  einer  Klausur- 
arbeit über  dn  Thema  aus  dem  Bereiche  des  Schulturnens  und  je 
nach  dem  Ermessen  der  Kommission  auch  in  Beantwortung  einzelner 
Fragen  ans  dem  Gesamtgebiete  der  Prüfungsgegenstände. 

§7. 

Die  mündliche  Prüfung  erstreckt  sich 

1.  auf  die  Kenntnis  der  wichtigsten  Erscheinungen  aus  der 
Geschichte  des  Turnwesens,  namentlich  der  neueren  Zeit, 
auf  die  Aufgabe  und  Methode  des  Turnunterrichtes,  auf 
die  Beschreibung  und  Entwickelung  yon  Turnübungen,  auf 
die  Bestimmung,  Begrenzung  und  Gruppierung  des  Übungs- 
stoffes für  die  verschiedenen  Alters-  und  Klassenstufen, 
auf  die  durch  das  Studium  von  Fachschriften  gewonnene 
Kenntnis  der  Tumlitteratur  und  der  Tumsprache; 

2.  auf  die  Beschreibung  der  für  das  Schulturnen  geeigneten 
Übungsgeräte .  und  die  Art  ihrer  Verwendung,  auf  die 
Anlage  und  Einrichtung  der  Turnräume; 

3.  auf  die  Kenntnis  des  menschlichen  Körpers  nach  seinem 
Bau   und    nach    seinen   Lebensäulserungen    (s.  Anlage  a.), 


640 

des  Einünsses  der  tamerischen  Übungen  auf  diese,  sowie 
der  beim  Turnen  zn  beobachtenden  Gesnndheitsregein  und 
auf  die  ersten  notwendigen  Hilfeleistungen  bei  etwa  yor- 
kommenden  Unfällen; 
4.  bei  denjenigen  Bewerbern,  welche  eine  Lehrerprflfung  nicht 
abgelegt  haben,  auf  die  Kenntnis  der  wichtigsten  Erziehnngs- 
und  Unterrichtsgrundsätze. 

§8. 

Die  praktische  Prüfung  erstreckt  sich 

1.  auf    die    Darlegung    der    körperlichen    Fertigkeit    in    den 
Obungen  des  Schulturnens; 

2.  auf    den    Nachweis    des    erforderlichen    Lehrgesdiii^es  in 
besonderen  Lehrproben. 

§9. 

Bewerber,  welche  zugleich  die  Befähigung  für  Erteilung  des 
Focht-  oder  Schwimmunterrichtes  (s.  Anlage  b.)  nachzuweisen  wünschen, 
werden  in  diesen  Fächern  besonders  geprüft. 

Anlage  a. 
Kenntnis  des  menschlichen  Körpers. 

Übersicht  über  die  Organe  des  menschlichen  Körpers,  über 
ihre  Lage  und  ihre  Funktionen. 

Das  Knochengerüst  als  Grundlage  des  Bewegungsiqpparates. 
Die  Schädelknochen  nur  im  allgemeinen,  die  Wirbelsäule  nach  Form 
und  Zusammensetzung,  der  Brustkorb,  der  Schulter-  und  Beckengflrtel, 
die  Gliedmafsen.  Von  einer  ins  einzelne  gehenden  Beschreibung 
der  Knochen  wird  abgesehen.  Die  Yerbindungsweisen  der  Knochen, 
namentlich  die  Gelenkverbindungen. 

Die  Muskeln  des  Knochengerüstes:  Bau  und  Thätigkeit  der 
Muskeln  im  allgemeinen,  die  wichtigeren  oberflächlichen  Muskeln 
und  Muskelgruppen,  ihre  Lage  und  die  Bewegungen,  welche  sie  zn 
Stande  bringen. 

Die  äufsere  Haut,  ihr  Bau  und  ihre  Fanktionen. 

Das  Herz  und  der  Blutkreislauf,  die  verschiedenen  Arten  der 
Blutgeföfse,  der  Verlauf  der  gröfseren  GeMse ;  Kenntnis  der  Stellen, 
an  denen  gröisere  Pulsadern  äufserlich  zu  fühlen  sind.  Das  Blnt 
als  Emährungsflüssigkeit.  Die  Lymphgefäfse  (Saugadem)  und  die 
Lymphe. 

Die  Lunge  und  die  Atmungsmuskeln,  der  Atmungsvorgang, 
die  Bedeutung  des  Atmens  für  die  Blutbildung. 


641 

Das  Nervensystem  im  aUgemeinen;  Gehirn,  Rackenmark, 
Nervenknoten  (Ganglien).  Bewegnngs-  nnd  Empfindnngsnerven. 
Verlauf  der  größeren  Nervenstränge. 

Die  Yerdaunngsorgane:  Die  einzelnen  Teile  derselben  nach 
Form,  Lage  nnd  Thätigkeit. 

Anlage  b. 
Die  Schwimmlehrerprttfnng 

besteht  ans 

1.  einer  praktischen  Prüfung,  umfassend  das  Schulschwimmen 
als  Dauerschwimmen,  die  Wassersprttnge  (Fuls-  und  Kopf- 
sprünge), das  Wassertreten,  Tauchen,  Schwimmen  unter 
dem  Wasser,  das  Retten  im  Wasser  Verunglückter  und 
ihre  Behandlung  bis  zur  Ankunft;  eines  Arztes;  dazu  eine 
Lehrprobe  behufs  Nachweises  des  erforderlichen  Lehr- 
geschickes; 

2.  einer  theoretischen  Prüfung,  die  sich  erstreckt  auf  die 
Beschreibung  und  Zergliederung  der  Schwimmbewegungen, 
die  Methode  des  Schwimmunterrichtes,  die  Einrichtung, 
Ausstattung  und  Leitung  von  Schwimmanstalten. 

Berlin,  den  15.  Mai  1894. 
Der  Minister  der  geistlichen  u.  s.  w.  Angelegenheiten. 

(Gez.)  Bosse. 
U.  in.  B.  1477  ^• 

Verordnimg  des  Regierungsrates  des  Kantons  Zng, 
betreffend  SchnlgesnndJheitspflege« 

Zug,  den  25.  Juli  1894. 
L  Schüler. 

§  1. 

Schuleintritt.  Die  Schulkommissionen  haben  dafür  zu  sorgen, 
dab  alle  Kinder  der  ersten  Klasse  14  Tage  nach  Beginn  der  Schule 
durch  einen  Arzt  untersucht  werden.  Derselbe  bezeichnet  in  einem 
schriftlichen  Bericht  an  die  Schulbehörde  erstens  diejenigen  Kinder, 
welche  infolge  mangelhafter  körperlicher  oder  geistiger  Entwickelung 
noch  ein  Jahr  zurückzustellen  sind,  zweitens  diejenigen,  welche  körper- 
licher oder  geistiger  Fehler  wegen  aus  der  Schule  gänzlich  entlassen 
werden  sollten. 

Die  Entscheidung  in  allen  diesen  Fällen  ist  Sache  der  Schul- 
kommission. 

Sehnlfttimdhtittpflege  vn.  41 


642 

§2. 

Ansteckende  Krankheiten.  Erkrankt  ein  Kind  an  Pocken, 
Scharlach,  Krapp  oder  Diphtherie,  so  müssen  sowohl  dieses  Kind, 
als  anch  Kinder,  welche  in  einer  Haushaltung  oder  in  R&umMch- 
keiten  wohnen,  wo  solche  Krankheiten  herrschen,  vom  Schul-  und 
Kirchenbesuch  so  lange  femgehalten  werden,  bis  durch  ein  ärzt- 
liches Zeugnis  die  Erlaubnis  zum  Wiederbesuch  nachgewiesen  wird. 

Für  Masern  kommt  diese  Bestimmung  nur  bei  bösartigen 
Epidemien  zur  Anwendung. 

Eander  mit  ekelhaften  Hautkrankheiten,  Läusen  oder  Krfttze 
dürfen  bis  zu  ihrer  Heilung  die  Schule  nicht  mehr  besuchen. 

Kinder,  deren  Eltern  für  richtige  Behandlung  nicht  sorgen 
wollen  oder  können,  sind  dem  Präsidenten  der  Schulkonunission 
anzuzeigen,  welcher  fdr  die  Behandlung  zu  sorgen  hat. 

II.  Unterricht. 

§3. 

Stundenplan.  Die  ünterrichtsächer  sollen  so  aufeinander- 
folgen, dafs  zwischen  anstrengendem  und  weniger  anstrengenden 
Unterrichte  eine  geeignete  Abwechselung  stattfindet.  Fächer,  welche 
das  Denkvermögen  mehr  beanspruchen,  müssen  auf  die  ersten  Stunden 
angesetzt  werden. 

Mehr  als  3  Stunden  ununterbrochenen  Unterrichtes,  auch  warn 
Pausen  dazwischentreten,  sind  auf  der  Stufe  der  Primär-  und 
Sekundärschule  thunlichst  zu  vermeiden. 

An  den  Knaben-,  wie  Mädchenprimarschulen  sollen  wöchentlich 
zwei  halbe  Tage  frei  gegeben  werden. 

§  4. 

Schreiben  und  Lesen.  Es  ist  schon  vom  ersten  Unterrichte 
an  darauf  zu  halten,  dafs  die  Entfernung  des  Auges  von  der  Schrift 
nicht  weniger  als  30  cm  betrage.  Beim  Schreiben  sind  spätestens 
von  der  zweiten  Klasse  an  Papier,  Feder  und  schwarze  Tinte  zn 
gebrauchen. 

Die  Schul  wandtafeln  sollen  einen  matten,  schwarzen  Anstrich  haben. 

Die  Schüler  sind  nach  ihrer  Gröfee  auf  die  ihnen  passenden 
Bänke  zu  verteilen. 

Kurzsichtige  und  schwerhörige  Schüler  sollen  auf  die  vordeisten 
Plätze  gesetzt  werden. 

§5. 

Die  Turnstunden  müssen  regelmäßig  durchgeführt  und,  wenn 
immer  möglich,  im  Freien  gehalten  werden. 


643 

§6. 

Pausen  nndVentilation.  Entweder  soll  nach  jeder  Schul- 
stunde eine  Pause  von  10  Minuten  oder  in  det  Mitte  eines  Schul- 
halbtages eine  solche  von  15  Minuten  eintreten.  Während  derselben 
sind  die  Schüler  durch  den  Lehrer  zu  überwachen. 

Die  Pause  hat  ftlr  alle  im  gleichen  Schulhause  befindlichen 
Klassen  gleichzeitig  stattzufinden. 

Wenn  die  Witterung  es  irgendwie  erlaubt,  müssen  sich  die 
Schüler  ins  Freie  begeben. 

Während  der  Pausen  sind  die  Zimmer  durch  ÖSnen  der  Fenster 
mit  frischer  Luft  zu  versehen. 

Nach  Schlufs  der  Schule  und  vor  Wiederbeginn  derselben  ist 
fleUsig  für  gute  Lüftung  der  Schulzimmer  zu  sorgen. 

§  7. 
Hitzferien.     Wenn   im  Sommer  während  des  Vormittags  die 
Temperatur  in  den  Schulzimmem  im  Schatten  auf  27^  C.  steigt  und 
über   Mittag  anhält,    so  sollen    an   den  Primarschulen   nachmittags 
Ferien  sein  oder  Spaziergänge  gemacht  werden. 

nL  Unterrichtslokale. 

§8. 

Den  am  zahlreichsten  besuchten  Klassen  sind  die  geräumigsten 
Schulzimmer  anzuweisen. 

§9. 

Die  Unterrichtslokale  sollen  wöchentlich  mindestens  zweimal  auf 
nassem  Wege,  z.  B.  mit  nassem  Sägemehl,  gereinigt  werden.  Im 
Frühling  und  Herbst  sind  dieselben  einer  gründlichen  Hauptreinigung 
zu  unterwerfen. 

In  jedem  Schulzimmer  soll  an  geeigneter  Stelle  ein  Thermo- 
meter nach  Celsius  angebracht  werden. 

Erhebliche  Abweichungen  von  der  normalen  Zimmertemperatur 
von  15^  C.  sind  von  der  Lehrerschaft  in  der  Schulchronik  zu  be- 
merken. 

§  10. 

Für  die  sanitäre  Einrichtung  der  Aborte,  die  Entleerung  der 
Abtrittgruben  und  die  Reinhaltung  der  Abtritte  haben  die  Schul- 
behörden und  die  Lehrerschaft  besondere  Sorge  zu  tragen. 


4r 


644 


JßtxfonaVxtn. 


Dem  Generalsekretär  des  YIII.  internationalen  Kongresses  für 
Hygiene  nnd  Demographie,  Professor  Dr.  Eolomak  Mülleb  in 
Budapest,  wnrde  am  ersten  Kongrefstage  das  Diplom  eines  Ehren- 
mitgliedes des  britischen  Instituts  fttr  öffentliche  Gesundheitspflege 
überreicht. 

Die  philosophische  Fakultät  der  Uniyersit&t  Jena  hat  dem 
Direktor  des  Gymnasiums  zu  Hildburghausen,  Geheimem  Hofrat 
Ernst  Rittwegeb,  die  Doktorwürde  honoris  causa  verliehen. 

Kreisschulinspektor  Rudolf  Scheüebmann  erhielt  den  CSiarakter 
als  Schulrat,  Dr.  Geobg  Cobnet,  bekannt  durch  seine  Studien 
über  Tuberkulose,  das  Prädikat  Professor. 

Unser  verehrter  Mitarbeiter,  Herr  Dr.  Haks  Adleb,  Vorstand 
der  okolistischen  Abteilung  am  k.  k.  Wiedener  Krankenhause,  ist 
zum  wirklichen  Primarärzte  ernannt  worden. 

Es  erhielten:  den  St.  Stanislausorden  II.  Klasse  Staatsrat 
Dr.  Pbeusfbeund,  Ehrenmitglied  des  Mohilewschen  Gouvernements- 
kuratoriums  der  Kiaderasyle;  den  Adler  der  Ritter  des  Königlichen 
Hausordens  von  HohenzoUem  Provinzialschulrat  Bode  zu  Königs- 
berg i.  Pr.  und  Kreisschulinspektor  Schulrat  SCHBÖDEB  in  Gropischken; 
den  Kronenorden  IE.  Klasse  Kreisschulinspektor  Dr.  KalIiER  in 
Saarlouis;  den  roten  Adlerorden  lY.  Klasse  der  Regierungs-  und 
Schulrat  Schellong  zu  Königsberg  i.  Pr.,  der  Direktor  der  König- 
lichen Elisabethschule  Dr.  Stephan  Waetzoldt  in  Berlin,  jetzt 
Regierungs-  und  Schulrat  in  Magdeburg,  der  Gymnasialdirektor 
Dr.  EiCHHOBN  in  Wehlau,  der  Realschuldirektor  Ebdhanv  eben- 
daselbst, der  Gymnasialdirektor  Dr.  Angeb  in  Graudenz,  der  Di- 
rektor des  Realgymnasiums  Bobnstedt  in  Jenkau,  der  Seminardirektor 
Dr.  SCHANDAU  in  Braunsberg,  der  Kreisschulinspektor  Lange  in 
Neumark,  der  Gymnasialdirektor  Dr.  Petebs  in  Hadamar,  der 
Seminardirektor  Jablonski  in  Tuchel  und  der  Direktor  des  König- 
städtischen Realgymnasiums  Dr.  Yogel  in  Berlin. 

Zum  Kommandeur  der  Ehrenlegion  wurde  ernannt  Dr.  Monob, 
Direktor  des  Gesundheitswesens  in  Paris,  zu  Rittern  der  Ehrenlegion 
Dr.  Labbieb,  Mitglied  des  obersten  G^esundheitsrates  von  Frank- 
reich in  Rambervillers,  Dr.  Lacombe,  Arzt  der  Schulen  von  Montbrcm 
und  Eymoutiers,  Dr.  Rüault,  Arzt  der  Taubstummenanstalt  in 
Paris,  und  Dr.  Felix  Despagnet,  Augenarzt  des  College  Rollin 
und  der  Stadtschulen  von  Paris. 


645 

Unsere  geschätzten  Mitarbeiter,  die  Herren  Professor  der 
gerichtlichen  Medizin  Hofrat  Dr.  Edüabd  Ritteb  von  Hofmank 
und  Professor  der  Hygiene  Dr.  Max  Gbüber  in  Wien,  sind  zu 
ordentlichen  Mitgliedern  des  k.  k.  obersten  Sanitätsrates  für  das 
Triennium  1894—1897  gewählt  worden. 

Der  gleichfalls  zn  unseren  Mitarbeitern  zählende  Herr  Gymnasial- 
direktor Dr.  Robert  Paehleb  in  Wiesbaden  wnrde  zum  Proyinzial- 
schulrat  in  Kassel,  der  Gymnasialdirektor  Dr.  Joseph  Buschmann 
in  Bonn  zum  Provinzialschuhrat  in  Koblenz  befördert. 

Der  Regierungs-  und  Schulrat  Sandeb  in  Bunzlau  geht  als 
Schulrat  nach  Bremen. 

Unser  yerehrter  Mitarbeiter,  Herr  Professor  der  Chirurgie 
Dr.  Th.  Kogheb  in  Bern,  hat  die  Berufung  nach  Strafsburg 
abgelehnt. 

Gymnasialdirektor  Hofmann  in  Bayreuth  wurde  zum  Direktor 
des  Gymnasiums  St.  Anna  in  Augsburg,  Gymnasialdirektor  Keppel 
in  Hof  zum  Direktor  des  Gymnasiums  in  Bayreuth,  Oberlehrer  Brandt 
an  der  Realschule  in  Grimma  zum  Direktor  derselben  und  Ober- 
lehrer Dr.  Franz  Hummel  am  Realgymnasium  in  Magdeburg  zum 
Direktor  der  Realschule  daselbst  ernannt. 

Privatdocent  Dr.  L.  Pfeiffer  in  Manchen  ist  als  Professor 
der  Hygiene  nach  Rostock  berufen  worden. 

An  Stelle  des  nach  Leipzig  übersiedehdden  Professors  Dr.  Solt- 
MANN  wurde  Dr.  A.  Gzerny,  Privatdocent  an  der  deutschen 
medizinischen  Fakultät  in  Prag,  zum  aufserordentlichen  Professor 
der  KinderheOkunde  in  Breslau  ernannt. 

Die  aufserordentliche  Professur  für  Pädiatrie  in  Charkow  erhielt 
Professor  L.  Bartenew  in  Tomsk. 

Stabsarzt  Professor  Dr.  Behring  in  Berlin,  von  dem  die  jetzt 
so  Tiel  besprochene  Diphtheriebehandlung  mit  Heilserum  herrührt, 
hat  den  Auftrag  erhalten,  während  des  Wintersemesters  den  hygie- 
nischen Unterricht  an  der  Universität  Halle  vertretungsweise  zu 
ftbemehmen,  da  Professor  Dr.  K.  Fraenkel  in  Marburg  erst  zu 
Ostern  k.  Js.  dort  eintreten  kann. 

Der  k.  k.  österreichische  Unterrichtsminister  bestätigte  die  Zu- 
lassung des  Prosektors  Dr.  Hans  Hammer  als  Privatdocent  fQr 
Hygiene  und  Bakteriologie  an  der  technischen  Hochschule  in  Brfinn. 

Am  14.  September  vollendete  unser  verehrter  Mitarbeiter, 
der  schon  erst  erwähnte  Herr  Hofrat  Professor  Dr.  Eduard  Ritter 
von  Hofmann  in  Wien,  das  fQnfnndzwanzigste  Jahr  seiner  akademi- 
schen Thätigkeit  als  Professor  der  gerichtlichen  Medizin;  bei  dieser 
Gelegenheit  wurden  ihm  zahlreiche  Ovationen,  besonders  von  seinen 
Assistenten  und  Schtdern,  dargebracht. 


646 

Der  Direktor  des  Lnisengymnasinms  in  Berlin ,  Professor 
Dr.  ScHWABTZ,  der  Direktor  des  Realgymnasinms  zum  heiligen 
Geist  in  Breslan,  Professor  Dr.  Reucann,  and  der  Rektor  des 
Gymnasium  Albertinam  zn  Freiberg  i.  S.,  Professor  Franke,  sind  in 
den  Rahestand  getreten;  ans  diesem  Anlasse  erhielten  die  ersteren 
beiden  den  Charakter  als  Geheimer  Regierangsrat,  der  letztere  den- 
jenigen als  Oberschalrat. 

Es  sind  gestorben:  Geheimrat  Dr.  Petzoldt,  Direktor  im 
Königlich  sächsischen  Ealtasministerinm  za  Dresden;  Geheimer 
Sanitätsrat  Dr.  H.  Hoffmann,  nicht  nar  als  dirigierender  Arzt  der 
Frankfurter  Irrenanstalt,  sondern  in  noch  weiteren  Kreisen  als  Ver- 
fasser des  in  180  Anflagen  and  anzähligen  Übersetzangen  erschienenen 
„Strawwelpeters''  bekannt;  Medizinalrat  Dr.  Kuby  in  Augsborg, 
Verfasser  zahlreicher  Arbeiten  anf  dem  Gebiete  der  öffentlichen 
Gesandheitspflege,  anter  anderem  des  Baches  „Das  Volkss(Milhaus 
auf  dem  Lande  und  in  kleinen  Städten^ ;  Professor  der  Hygiene 
Dr.  Rollet  in  Lyon;  Professor  Dr.  Ch.  Lehcehb,  Direktor  der 
otiatrischen  Poliklinik  in  Rostock,  am  die  Erforschang  der  Tanb- 
stammheit  in  Mecklenbarg  verdient ;  Schalrat  Kabl  Fbjedb.  Schmidt, 
Seminardirektor  in  Pirna;  Dr.  Wilh.  Theod.  Paul,  Direktor  des 
Sophiengymnasiams  in  Berlin;  Dr.  Wilh.  Kbumme,  Direktor  der 
Oberrealschale  in  Braanschweig;  Dr.  Pintzgeb,  Realgymnasialdirektor 
in  Meiningen;  Robebt  Gelinik,  ehemaliger  Direktor  der  MflUer- 
Gelinikschen  Realschale  in  Dresden;  Dr.  Wilh.  Pabow,  Orthopäde 
in  Weimar,  von  dem  eine  wertvolle  Stadie  „Ü&er  die  normalen 
Erummfwngen  der  WirhelsävUe*^  and  die  nach  ihm  genannte  Scholbank 
herrfthrt. 


I^itteratnr. 


Besprechangen. 

Otto  Wilhelm  Beteb.  Deutsche  Ferienwandernngen.  Schoier- 
reisen  als  Anschaaangsgänge  in  deatscher  Landes-  and  Volkskunde. 
Leipzig,  1894.     Georg  Reichardt.    (73  S.  8®.   il  1,20.) 

Als  der  von  Geheimrat  Waetzoldt  verfafste  GossLSBsche 
Erlafs  zar  Neabelebang  der  tamerischen  Übnngen,  Spiele  and 
Wanderfahrten  am  27.  Oktober  1882  erschienen  war,  da  nahmen 
sich  die  Leiter  and  Lehrer  der  prealsischen  Schalen  in  wohlgemeintoa 
Eifer  der  Wanderangen  und  Reisen  der  Schiller  an.  Aber  an  vielen 
Orten  übertrieb  man  die  Sache,  an  anderen  verstand  man  sie  über- 


647 

hanpt  nicht  in  ihrer  pädagogischen  Bedentung  und  praktischen  Aus- 
fOhrharkeit,  an  noch  anderen  Stellen  wurden  die  Ausflüge  und  Tarn- 
fahrten gar  zn  Bierreisen,  also  in  ihr  Gegenteil  gewandelt.  Auf 
Grand  der  ungünstigen  Berichte,  die  von  verschiedenen  ProTinzial- 
behörden  einliefen,  sah  sich  das  Ministerium  yeranla&t,  eine  neue 
Verordnung  unter  dem  17.  Juni  1886  hekannt  zu  geben,  die  freilich 
das  Kind  mit  dem  Bade  ausschüttet,  jedenfalls  im  Widerspruch  mit 
dem  Geiste  des  oben  angezogenen  berühmten  Erlasses  steht.  Sonn- 
ond  Feiertage  sind  danach  von  Schülerausflügen  ganz  ausgeschlossen. 
Was  die  Wochentage  betrifft,  so  ist  der  Direktor  ermächtigt,  „für 
dieselbe  Klasse  innerhalb  eines  Schuljahres  zweimal  den 
Nachmittagsunterricht  oder  einmal  den  Unterricht  eines 
ganzen  Schultages  ausfallen  zu  lassen''.  Bei  so  knapp  be- 
messener Zeit  kann  der  Lehrer  seine  Schüler  nicht  ans  Wandern 
gewöhnen,  nicht  den  richtigen  Geist  pflegen  und  üben,  nicht  die 
erwünschte  Erfrischung  und  Kräftigung  während  der  Schulzeit  bieten. 
Es  bleiben  ihm  nur  die  Ferien  für  derartige  Unternehmungen  übrig, 
and  erfreulicherweise  werden  dieselben  von  manchen  Lehrern  auch 
so  benutzt. 

Der  Verfasser  der  vorliegenden  Schrift  will  diese  deutschen 
Ferienwanderungen  in  der  Weise  gestaltet  wissen,  dafs  sie  zu 
„Anschauungsgängen  in  deutscher  Landes-  und  Yolkskunde*^  werden, 
dafs  sie  ein  lebendiges  Mittel  darstellen,  um  den  Sinn  und  das  Ver- 
ständnis der  Schüler  für  deutsches  Volkstum  zu  erweitem  und  zu 
vertiefen.  Die  Vorschläge,  die  er  zu  diesem  Zwecke  macht,  sind 
entschieden  sachverständig  und  wohlgemeint;  aber  ich  fürchte,  sie 
sind  zu  sehr  im  Sinne  der  HEBBABT-ZiLLEBschen  Erziehungsschule 
gestaltet:  man  merkt  die  Absicht,  und  man  wird  verstimmt.  Unsere 
offenen  und  öffentlichen  neunklassigen  Lehranstalten  sind  unmöglich  im 
Stande,  die  erziehlichen  Aufgaben  auf  sich  zu  nehmen,  welche  die  in  sich 
geschlossenen  Erziehungsanstalten,  die  zugleich  für  Familie  und  Haus 
eintreten,  verfolgen.  Die  Gynmasien,  Realgymnasien,  Oberrealschulen 
können  nicht  dasselbe  wollen  und  leisten,  wie  die  Ritterakademien 
und  Kadettenanstalten,  die  Fürstenschulen,  Philanthropine  und  andere 
Pädagogien.  So  scheint  mir,  als  habe  Beyeb  das  Ziel  für  unsere 
höheren  Lehranstalten  zu  weit  gesteckt,  wenigstens  in  der  Theorie. 
In  praxi  weifs  er  sich  indes  weise  zu  bescheiden  und  gibt  daher 
eine  Menge  von  dankenswerten  Winken,  Weisungen  und  Ratschlägen, 
von  denen  jeder  Lehrer,  welcher  solche  Ferienwanderungen  unter- 
nimmt oder  in  Aussicht  hat,  den  ergiebigsten  Gebrauch  machen 
kann.  Auch  wird  jeden  die  wohlthuende  Wärme  des  Tones,  welche 
in  dem  Schriftchen  waltet,  angenehm  berühren  und  womöglich  zur 
Nacheiferung  anfeuern. 


648 

Der  YerfiBSser  zeigt  zunächst,  warum  gerade  Deutschland,  das 
Herz  Europas,  ein  vorzügliches  Wanderfeld  sei  und  wie  in  solcher 
Taterlftndischen  Wanderung  jedem  deutschen  Knahen  und  Jönglinge 
der  Geist  sich  erweitem  und  festigen,  die  Brust  sich  gesund  haden 
müsse  in  patriotischem  Denken  und  Empfinden.  Die  unterrichtliche 
Unterweisung  in  der  Klasse,  auch  die  Veranstaltung  von  wieder- 
kehrenden patriotischen  Schulfesten,  die  nicht  einer  gewissen  Ein- 
förmigkeit ermangeln,  reichen  dazu  nicht  aus;  erst  Gresellschaftsreisen 
Yon  Schülern  bewirken  solches,  wie  schon  L.  Jahn  sagt,  dafs  nichts 
so  sicher  als  Wandern,  Zusanmienwandem  schlummernde  Tugenden 
erweckt,  Mitgefühl,  Teilnahme,  Gemeingeist  und  Menschenliebe,  da£5 
aus  dem  fröhlichen  Zusammenleben  der  Jugend  der  Geist  der  Leut- 
seligkeit in  die  Welt  getragen  wird.  Neben  diesen  Übungen  socialer 
und  patriotischer  Tugenden  hat  aber  das  Waodem,  wie  es  von 
Beyer  geschildert  wird,  auch  hervorragende  hygienische  Wirkungen, 
Yor  allem  das  Wandern  im  Gebirge,  das  dengenigen  im  Flachlande 
gegenüber  geradezu  als  „gesteigerter  Natur"  bezeichnet  werden  kann. 
Man  lese  besonders  S.  14 — 18  nach,  wo  von  dem  Einflufs  der 
Gebirgsluft  und  des  Bergsteigens  auf  die  körperliche  Entwickelung 
die  Rede  ist. 

Die  pädagogischen  und  didaktischen  Ziele  und  Zwecke  der 
Ferienreisen  liegen  der  Tendenz  dieser  2kitschnft  femer,  als  da& 
deren  Darlegung  iq  der  BEYEBschen  Schrift  hier  einer  eingehenderen 
Besprechung  bedürfte.  Doch  kurz  sei  erwähnt,  dafs  Beyer  das 
Land  und  die  Landschaft  1.  als  Gegenstand  ästhetischer  Beurteilung. 
2.  als  Gegenstand  der  Geologie  und  physikalischen  Geographie,  3.  als 
Gegenstand  des  materiellen  Nutzens  (Industrie),  4.  als  Schauplatz 
denkwürdiger  Begebenheiten,  5.  als  Gegenstand  politischer  Geographie, 
6.  als  Standort  für  Kunst-  und  Kulturschönes  betrachtet  wissen  will, 
während  das  Volk  1.  nach  Stammeszugehörigkeit,  wie  sie  sich  äuTseit, 
in  körperlichen  Merkmalen,  in  Sprache,  Sitte,  Nahrung,  Kleidung, 
Wohnung,  Siedelungsformen  u.  s.  w.,  2.  nach  Beschäftigung  und 
ständischer  Gliederung,  3.  nach  Bekenntnis  und  seinen  ta&er^ 
Formen  beobachtet  und  den  Schülern  nahegeführt  werden  soll.  Das 
eigentlich  SchulmäCsige  aber  will  der  Verfasser  von  einer  solchen 
Reise  yerbannt  wissen. 

Er  gibt  dann  noch  einen  übersichtlichen  Plan  für  Schülerreisen 
in  die  deutschen  Lande  während  der  9  Schuljahre  und  einen  ein- 
gehenden Entwurf  zu  einer  sechzehntägigen  Ferienreise  nach 
Thüringen  für  sächsische  Schüler.  Unter  vielen  anderen  beachtens- 
werten Vorschlägen  ist  deijenige  besonders  hervorzuheben,  welcher 
auf  die  Begründung  einer  Oentralstelle  für  die  Ferienreisen  dentscber 
Schüler  hinausgeht ;  vielleicht  gründet  Beyer  selbst  eine  solche. 


649 

Wir  schlie&en  mit  dem  Wunsche,  welchen  der  Verfasser 
am  Ende  seines  Vorwortes  ausspricht:  „Und  so  mag  die  Schrift 
hinausgehen  als  eine  Einladung  an  die  höheren  Schulen  Deutsch- 
lands, das  unvergleichliche  Erziehungsmittel  gemeinsamer  und  päda- 
gogisch geleiteter  vaterländischer  Wanderungen  von  Schülern  recht 
liehevoll  auszugestalten.  Das  deutsche  Vaterland  wird  ihnen  das 
jedenfalls  dereinst  danken.^ 

Direktor  des  Falkrealgymnasiums  Dr.  phil.  Th.  Bach 

in  Berlin. 

Dr.  M.  J.  Kbanzfeld.  Überblick  der  sanitär -hygienischen 
Verhältnisse  in  75  Lehranstalten  der  Stadt  Odessa,  welche 
nnter  der  Leitnng  der  Direktion  der  Volksschnlen  stehen. 

Vortrag,  gehalten  in  der  Sitzung  der  Gesellschaft  Odessascher 
Ärzte.     (Russisch.)     Odessa,  1893.     Issakowitsch.     (51  S.  8^.) 

Die  kleine  Broschüre  stellt  sich  die  Aufgabe,  zu  ermitteln,  in 
welchem  Mafse  die  Forderungen  der  Hygiene  im  russischen  Schul- 
leben berücksichtigt  werden.  Der  Verfasser  suchte  im  Auftrage  der 
Direktion  der  Odessaer  Volksschulen  die  angedeutete  Aufgabe  zu 
losen,  indem  er  sich  an  die  Leiter  von  135  Odessaer  Schulen  mit 
der  Bitte  wandte,  die  in  seinem  ausführlichen  Programme  gestellten 
Fragen  zu  beantworten.  Mehr  oder  minder  vollständige  Antworten 
erhielt  er  aus  75  Lehranstalten. 

Die  Stadt  Odessa  besitzt  bei  gesunder  Lage  auf  teils  lehmigem, 
teils  sandigem  Untergrunde  ein  Schwemmsystem  und  eine  Wasser- 
leitung aus  dem  Flusse  Dnjester.  Andererseits  aber  ist  das  Klima 
unbeständig  und  windig,  und  die  ärmeren  Stadtteile  entbehren  der 
Wasserleitung  und  Kanalisation.  In  diesen  ungünstig  situierten 
Stadtvierteln  mit  gröfserer  Sterblichkeit  sind  16  der  Schulen  be- 
legen. 

Trotzdem  ist  die  Sterblichkeit  unter  den  im  Schulalter  stehenden 
Kindern  mäfsig;  sie  beträgt  5,28%  der  allgemeinen  Sterblichkeit. 
Über  die  Morbidität  und  Mortalität  in  den  Schulen  selbst  hat  der 
Verfasser  zu  seinem  Bedauern  durch  seine  Fragebogen  nichts  er- 
mitteln können. 

Die  übrigen  Fragen  beziehen  sich  auf  die  Umgebung  der  Lehr- 
anstalten, auf  Bauart,  Wände,  Fufsböden,  Beheizung,  Ventilation, 
auf  die  Lokale  zum  Ablegen  der  Kleider,  die  Erholungsräume,  die 
Aborte,  femer  auf  die  natürliche  und  künstliche  Beleuchtung,  die 
Dimensionen  und  das  Mobiliar  der  Klassen,  die  Beschaffenheit  der 
Schulbücher,  die  Anzahl  der  Unterrichtsstunden,  die  Dauer  der 
Ferien,  die  Kost  und  Bekleidung  in  den  Internaten,  den  HausfleiCs, 
das  Turnen  u.  s.  w. 


650 

Da  die  Antworten  in  der  knappen  Form  von  Zahlentabellen 
mitgeteilt  sind,  so  ist  eine  auszugsweise  Wiedergabe  derselben  nicht 
thnnlich.  Im  grofsen  und  ganzen  zeigen  die  Tabellen,  da(s  wohl 
in  allen  Schulen  Odessas  diese  oder  jene  Seite  der  Hygiene  Be- 
rücksichtigung findet,  dafs  aber  keine  Lehranstalt  auf  hygienische 
YoUkonunenheit  Anspruch  erheben  darf. 

Die  vorliegende  Arbeit  bietet  wertvolles  Material  f&r  die 
Unterrichtsbehörden  bei  Beurteilung  des  sanitären  Zustandes  ihrer 
Schulen  in  der  Form  eines  statistischen  Überblickes. 

Kreisarzt  Dr.  med  C.  Stböhmbebg  in  Dorpat. 

Dr.  Johann  Wolbbich  und  Dr.  Alfred  BuBaERSTEiN.  Leit- 
Men  der  Somatolo^e  des  Menschen  fBr  Lehrer-  und 
Lehrerinnenbildnngsanstalten.  Nebst  einem  Anhange:  Seknl- 
hygiene  von  Dr.  Leo  Bubgerstein.  Mit  71  Abbild.  8.  Aufl. 
Wien,  1894.    Alfred  Holder.     (104  S.  Gr.  8®.     Kr.  60.) 

Noch  vor  wenigen  Decennien  wäre  vorliegendes  Büchlein  als 
entbehrliche  Rarit&t  angesehen  worden,  weil  in  den  mafsgebenden 
Kreisen  die  Einsicht,  dafs  die  Erwerbung  von  Kenntnissen  in  der 
Anatomie  und  Physiologie  des  menschlichen  Körpers  für  Yolks- 
schuUehrer  notwendig  sei,  gfinzlich  mangelte.  Und  doch  bildet 
gerade  die  Vertrautheit  mit  diesen  Wissenschaften  die  Vorbedingung  der 
Wertschätzung  der  Gesundheit  und  aUes  dessen,  was  dieselbe  zn 
erhalten  und  zu  fördern  geeignet  ist. 

Seither  haben  sich  die  Zeiten  geändert.  Wohl  in  keinen 
Lehrplane  einer  VolksschuUehrerpräparandie  vermissen  wir  jetzt  die 
genannten  Disciplinen  mehr.  Diesem  Umstände  ist  es  sicherlich  zu- 
zuschreiben, dafs  der  heutige  Büchermarkt  an  derartigen  Werken 
keinen  Mangel  leidet. 

Dais  die  in  Rede  stehende  Arbeit  sich  auf  ihrem  Platze  mit  Ehrea 
behauptet  hat  und  einem  thatsächlichen  Bedürfnisse  entspricht,  beweist 
der  Umstand,  dafs  dieselbe  schon  in  achter  Auflage  erschienen  ist 

Das  Buch  zerfällt  in  zwei  Teile. 

Der  erste,  von  den  Doktoren  Woldbigh  und  Alfbed  Bübo- 
EBSTEIN  verfafet,  behandelt,  nach  Vorausschickung  der  Lebens- 
eigenschaften der  Zelle  als  Grundlage  aller  organischen  Gebilde,  dai 
anatomischen  Bau  und  die  physiologischen  Funktionen  der  Oigane, 
welche  der  Bewegung,  Ernährung  und  Empfindung  vorstehen,  und 
gibt  am  Schlüsse  beherzigenswerte  Winke  über  die  erste  Hilfe  bei 
Körperverletzungen. 

Zahlreiche,  teilweise  farbige  Bilder  erleichtem  das  Verständnis 
des  Textes,  der  trotz  der  gedrängten  Darstellung  der  Über- 
sichtlichkeit und  Klarheit  nicht  ermangelt. 


651 

Eine  schätzenswerte  Bereicherung  hat  das  Büchlein  in  dem 
Anhange,  dem  zweiten  Teile  der  Arbeit,  gefanden.  Professor  Dr.  Leo 
BuBOEBSTEiN  schildert  hier  nach  Abhandlung  der  allgemeinen 
Grundsätze  der  Hygiene  und  ihrer  Anwendung  auf  die  Errichtung 
eines  zweckentsprechenden  Schulhauses  in  anziehender,  den  Leser 
fesselnder  Weise  das  Lehrzimmer  und  dessen  Einrichtung,  berührt 
dann  mit  Vermeidung  aller  Weitschweifigkeit  die  Zeichen-  und  Turn- 
säle,  die  Anlage  der  Aborte,  die  Erholungsplätze,  den  Schulgarten, 
die  Schulbäder  u.  s.  w.  und  geht  schlielslich  auf  die  Hygiene  des 
Unterrichts  und  die  sogenannten  Schulkrankheiten  über. 

Auf  Schritt  und  Tritt  leuchtet  hervor,  dafe  Leo  Buboebstein 
mit  den  Fortschritten  auf  dem  Gebiete  der  Schulhygiene  gründlich 
vertraut  ist  und  diese  Disciplin  vollkommen  beherrscht.  Es  wäre 
nur  zu  wünschen,  dafs  das  Büchlein  sich  nicht  blofs  in  der  Schule, 
sondern  auch  in  der  Familie  eine  Stelle  eroberte. 

Oberarzt  des  Hermaunstädter  Komitates 
Dr.  med.  Hebmank  Süssmann  in  Hermanustadt. 

Stadtrat  von  Neumann.  Vom  Gemeinderat  der  k.  k.  Reichs- 
haupt- und  Residenzstadt  Wien.  Antrag  und  Bericht  des 
Stadtrates,  betreffend  die  Heiznngs-  nnd  Lfiftiingsanlagen 
in  den  städtischen  Schulen.  Beschlufs  vom  4.  Oktober  1893. 
Wien,  1893.     (14  S.  4^) 

Die  Verwaltung  der  Stadt  Wien  hat  sich  der  dankenswerten 
Aufgabe  unterzogen,  Untersuchungen  darüber  anzustellen,  welche 
Beheizungsarten  für  Schulgebäude  zur  Zeit  als  die  günstigsten  be- 
zeichnet werden  dürfen.  Zu  diesem  Ende  sind  verschiedene  ältere 
und  neuere  Heizanlagen  der  städtischen  Schulen  eingehenden  Beob- 
achtungen unterworfen,  es  sind  zu  Versuchszwecken  Neuanlagen  in 
diesen  hergestellt,  Berichte  der  Schulleiter  eingefordert  und  endlich 
sowohl  Mitteilungen  deutscher  Städte  über  die  in  diesen  gesammelten 
bezüglichen  Erfahrungen  erbeten,  als  auch  eine  Studienreise  des 
Heiz-  und  Lüftungsinspektors  H.  Bebanegk  zu  ähnlichen  Ermitte- 
lungen angeordnet  worden. 

Die  Schrift,  welche  die  Ergebnisse  dieser  Thätigkeit  zusammen- 
faist,  enthält  den  Bericht  des  Stadtrates  nnd  dessen  Anträge,  die 
Auszüge  aus  den  Antworten  deutscher  Städte,  die  hauptsächlichsten 
Punkte  aus  den  Mitteilungen  der  Leiter  von  mit  Dampfluftheizung 
ausgestatteten  Schulen,  ein  Vergleichsschema  bezüglich  verschiedener 
Heizeinrichtungen  in  wirtschaftlicher  Hinsicht  und  endlich  das  Referat 
des  Stadtbauamtes. 

In  den  Städten  Deutschlands  sind  augenblicklich  alle  Arten  von 
Keizanlagen    in  Schulen    im  Betriebe   und   haben  sich  bei  sachlich 


652 

guter  und  richtiger  Herstellnngsweise  im  allgemeinen  bewfihrt.  An 
einzelnen  Orten  besteht  hier  Vorliebe  für  Warmwasser-  oder  Nieder- 
dmckdampfheizong  unter  Aufstellung  Yon  Heizkörpern  in  den 
Aufenthaltsrftumen,  an  anderen  fOr  Feuerluftheizung.  In  Wien 
dagegen  sind  hiervon  völlig  abweichende  Erfahrungen  gesammelt 
worden,  welche  sich  kurz,  wie  folgt,  zusanmienfassen  lassen: 

Einzelofenheizungen  sind  ausschliefslich  fdr  kleine  An- 
stalten mit  wenig  Lehrsälen  verwendbar ;  es  empfiehlt  sich  fdr  diese 
die  Aufstellung  von  YentüationsfQllöfen. 

Heifswasserheizungen  mit  und  ohne  Yorw&nnung  der 
VentDationsluft  haben  sich  nach  keiner  Richtung  bewShrt. 

Warmwasserheizungen  erweisen  sich,  richtige  Anlage  nod 
beste  Ausführung  vorausgesetzt,  als  gut,  stellen  sich  jedoch  in  da 
Anlage  sehr  teuer. 

Die  Dampfniederdruckheizung  mit  Aufstellung  von  Heiz- 
körpern in  den  Lehrsfilen  und  sonstigen  Aufenthaltsräumen  besitzt 
nicht  alle  Yorzflge  einer  Heizanlage,  bei  welcher  sowohl  die  Feaer- 
stellen,  als  auch  die  Wärmeabgeber  centralisiert  sind.  Yomehmli«^ 
ist  die  Bedienung  einer  derartigen  Anlage  so  umständlich,  da(s  sie 
der  von  Einzelöfen  nahe  kommt. 

Die  Centralfeuerluftheizung  ist  in  der  Anlage  wirt- 
schaftlich die  vorteilhafteste,  zeigt  aber  in  der  Ausführung  viel&ch 
Mängel.  Yomehmlich  ist  das  Eintreten  von  Undichtigkeiten  der 
Kaloriferen  häufig  beobachtet  worden,  wodurch  eine  Yerunreiniguig 
der  Frischluft  mit  Yerbrennungsprodukten  eintritt.  Femer  ist  m 
Überhitzen  der  Kaloriferen  zeitweilig  nicht  zu  vermeiden,  worunter 
ebenfalls  die  Güte  der  Frischluft  zu  leiden  pflegt.  Immerhin  lassea 
sich  die  angefahrten  Mängel  so  weit  herabsetzen,  dafs  diese  Heizungsait 
dort  empfohlen  werden  kann,  wo  die  Anlage  mit  geringstem  Kosten- 
auf wände  durchgeführt  werden  mufe. 

Ist  letzteres  nicht  der  Fall,  dann  empfiehlt  es  sich,  an  Stelle 
der  Kaloriferen  Niederdruckdampfheizkörper  in  den  Loft- 
kammern  aufstellen  zu  lassen.  Hierdurch  wird  die  Anlage 
zwar  um  50  bis  60  Vo  verteuert,  die  Betriebskosten  lassen  sich  da* 
gegen  wesentlich  verringern,  da  solche  Heizkörper  eine  weitaus 
gröfsere  Haltbarkeit  zeigen  und  der  Brennstoffverbrauch  dnrcb  die 
automatisch  geregelte  Luftzufuhr  zu  den  Rosten  bedeutend  herab- 
gemindert wird.  Ferner  werden  die  angeführten  Nachteile  der 
Kaloriferen  aufgehoben-,  der  Eintritt  von  Yerbrennungsprodukten  fn 
die  Luftkammem  ist  ausgeschlossen,  und  eine  Temperatursteigerang 
der  Röhrenwandungen  über  100^  C.  kann  nicht  stattfinden,  da  die 
Selbstregelung  der  Luftzuführung  ein  Überhitzen  verhindert. 

Diese    letztere  Art  der  Luftheizung  hat  sich   in    den  Wienff 


653 

Schulen  nach  jeder  Richtnng  anf  das  heste  bewährt  nnd  wird  künftig 
dort  znr  ausschliefslichen  Verwendung  kommen.  Bei  richtiger  An- 
lage, sachgemäfser  Ansführnng  und  sorgfältiger  Bedienung  durch 
einen  geschulten  Heizer  können  irgend  welche  Mißstände  da^ei  nicht 
hervortreten.  Die  Erfüllung  dieser  Grundbedingungen  ist  aber  f&r 
jede  Heizanlage  durchaus  erforderlich. 

Wenn  das  Stadtbauamt  neben  solchen  Anlagen  die  Central- 
fenerluftheizung  bislang  noch  in  Vorschlag  gebracht  hat,  so  geschah 
dieses  nur,  um  dem  Gemeinderat  die  Entscheidung  über  die  Geld- 
frage zu  überlassen.  Das  Stadtbauamt  ist  sich  jedoch  vollkommen 
darüber  klar,  dafs  die  Niederdruckdampfluftheizung  zur 
Zeit  als  die  für  Schulgebftude  geeignetste  Heizanlage 
betrachtet  werden  mufs. 

Docent  an  der  technischen  Hochschule  H.  Chr.  Nussbaüm 

in  Hannover. 


Bibliographie. 
Aus  der  Lehrerbiidungsanstalt  des  deutschen  Verems   für   Knaben- 

handarheU.     Bl.  f.  Enabhdarbt.,  1894,  X,  195—206. 
Barrack  schoöls.     VU.  Their  alternatives.     The  Brit.   Med.  Joum., 

1894,  September  29,  1761,  714—716. 
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BULET,  WiLH.     Liederreigen  für  das  SchUltumen.   3.  Aufl.  Wien, 

1894,  A.  Pichlers  Witwe  u.  Sohn.     Gr.  8^     M.  3. 
Der  hau8f€irt8chafüiche  Unterricht     Haus  u.  Schule,  1894,  XXVII; 

xxvm, 

Docx.     Les  jeux  scolaires,     Namur,  1894. 

Brüter  Bericht  der  vom  ärßüichen  BezirJcsverein  München  eur  Prüfung 
des  Einflusses  der  Steile  und  Schrägschrift  (Schiefschrift)  gewählten 
Kammission,  Mit  1  Fig.  u.  1  Tab.  München,  1894,  Lehmann. 
Gr.  8^.     JH.  1. 

Education  in  the  industricU  and  fine  arts  in  the  United  States.  Part 
II:  Indusirial  and  manwü  trainmg  in  pubUc  schoöls.  Washington, 
1892. 

Educazione  fisica  neue  scuole;  programmi  e  istrwnoni  dd  Ministero 
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EDWARD8,  Jos.  F.  Catechism  of  hpgiene  for  use  in  schoöls.  Phila- 
delphia, 1893.     12^ 

Face,  M.  Die  Behandlung  stotternder  Schitier.  P&dag.  Magaz., 
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FISOHEB,    G.     Die   Fürsarge   für   stotternde   Schüler   in    BresHau. 

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196—200. 
Flebt,  YAK.   De  la  necessitS  iwne  banne  visian  chee  Venfant  pow 

abtenir   de    bans    effets  dans  san  6äucation.     La  Revist.  m^.- 

qainirg.  americ,  1893,  November. 
Galton.     Abnormal  chüdren.     Hamanitarian,  1894,  M&rz. 
Hamburger   Shäbenharte,     Jahresbericht   der   Khabenharte   I — IT, 

Hamburg,  1893. 
Jacob,  Ebnest  H.    Notes  an  ihe  Ventilation  and  warming  of  ho/uses^ 

churdies,  schools  and  oiher  bmldings.     London,  1894.   16^. 
Jahresbericht   des  Vereins  deutscher  Ferienkolonien   für  arme   und 

schwächliche  Binder  der  deutschen  Schulen  Prags  pro  1893,   Mit 

1  Lichtdrnck.  Prag,  1894,  H.  Dominicas.     Gr.  8®.    iL  0,40. 
Lbuf,  A.  H.  P.     The  effeci  of  aÜdeUcs  in  Ute  Philadelphia  prtpa- 

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Locol  Government  Board,     Memorandum  prepared  in  ihe  mediaA 

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public  elementary  schools  or  the  exclusion  therefrom  of  particukr 

chUdren   may    be   required   m    order    to  prevent  ihe   spread  of 

disease.     London,  1893,  (royemment  print.    Gr.  8^.    Penny  1. 
Los  trabajos  manuales  en  Suiza,    [Die  Handarbeiten  in  der  Schvns.^ 

Rev.  de  la  instr.  piibl.,  Caracas,  1894,  Vm,  94— 95  ff. 
Malsch.     Schrägschrift  oder  Steilschrift?     Lehrerztg.   f.   ThOring.. 

Jena,  1894,  IX;  X;  XI. 
Mabcüse.  Ein  Beitrag  zur  Schulhygiene.  Gsdht.,  1894,  YIH,  113-114 
Mabtin,  Geobges.    Etiologie  et  prophylaxie  de  la  myopie  scokurt 

Jonm.  de  mM.  de  Bordeaux,  1893,  26.  novembre  et  3.  d^cembre. 
Ubbka,  Akt.     Die  systematische  Pflege   des   Beinlichkeitssinnes  •» 

der  Volksschule.     Einflufs  derselben  auf  die  Gesundheit  der  Ender, 

die  öffentlichen  sanitären  und  kulturellen  Verhältnisse.    Konferenz- 

Tortrag.     Kleine  Lehrerbibliotbek,  Znaim,  1894,  Heft  26  u.  27. 

Gr.  8^     M.  0,80. 
Wbitzel.     Zur  Schulgesundheitspflege,     Jahresber.    d.    städt.   bOh. 

Mädchenschul,  zu  Ulm.     Ulm,  1891. 
Welleb.     Über  St^tUdisciplin  und  Körperpflege,    Pftdag.,  1894,  T. 
Wigkham,  L.     Vne  Epidemie  de  teigne  tondante  ä  tasüe  Lambre^ 

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WiLSBOBF,  Ose.     Errichtet  Schulgärten!     Eine    Mahnung    an    die 

Lehrer  und    Vertreter    der    Schulgemeinden.      Dresden,    1894, 

A.  Huhle.     Gr.  8^     A  0,30. 


655 

• 

WOLFF.     Bas   Brausebad   und  seine   Einrichtung    in    Volksbade- 

anstalten^  Kasernen^  Gefängnissen,  Fabriken  tmd  Schulen.    Dtsch. 

Vierteljahrsschr.  f.  öfftl.  Gsdhtspflg.,  1894,  ÜI,   407—413. 
Zaxdeb,  Rich.     Die  Ursache   und    Verhinderung    der   Bückgrais- 

Verkrümmungen   und  der  KuresichUgkeit   der    Schüler.     Sammig. 

pädag.  Vorträge,  heraasgegeb.  v.  W.  Meter-Mareau,  Bielefeld, 

1894,  VIT,  3.     Gr.  S^.     M.  0,40. 
Zmt  Schulgartenpfiege,     Praktische  Unterweisang  in  Einricbtang  und 

Pflege  von  Schulgärten.     Bl.  f.  Knabhdarbt.,  1894,  X,  213—214. 


Bei  der  Redaktion  eingegangene  Schriften. 
Abicht,  M.     Intoieweit  und  in  welcher  Weise  soll  der  Turnunterricht 

der  Schule   auf  den    Wehrdienst  vorbereiten?     Monatsschr.  f.  d. 

Tumwes.,  1894,  Vffl. 
Baüdoüin,  Marcel.     Midecins    ei    bicyclettes.     Le    Prog.    m4d., 

1894,  XXXIX,  206—207. 
ßLüM,  Agnes.      Cber  Mädchenturnen/    Lehrerin,  1894,  XYIII. 
Der   Kochunterricht,   ein  pädagogischer    Modeartikel.     Allg.    dtsch. 

Lehrerztg.,  1894,  XVÜ. 
Die  Gasheizung.     Eine  Darlegung  der  grofsen    Vorteile   der    Gas- 

heieung    für  die  Gesundheitspflege,    sowie   füfr    die    Volks-    und 

Bfivaiu)irtschaft,     Dresden,  1894,  Herzog  &  Schwinge. 
Die   Körperstellungen    im    schwedischen    erziehlichen    Tischlerslöyd. 

Blatt,  f.  Knabhdarbt.,  1894,  IX,  182—184  ff. 
Elliot,  Henry.     The  Forest  Gate  schools  scandal.    The  Brit.  Med. 

Jonm.,  1894,  June  9,  1745,  1278. 
Eiferest  for  pupils,     The  Sanit.  Inspect.,  1894,  May,  June,  XI  n. 

XII,  67—68. 
Fbbdbler,  G.     Die  hauswvrtschafüiche  Unterweisung  armer  Kinder. 

Hannov.  Schulztg.,  1894,  XIX— XXI. 
Fiedler,  Otto.     Die  Platzfrage  in  der  Schule.     Schles.  Scholztg., 

1894,  XVH;  XVm. 
Franke,  Th.     Sind  Hausaufgaben  in  der    Schule   notwendig   und 

zulässig?     Österr.  Schulbote,    1894,  IV. 
Cresundheitsbüchlein.    GemeinfafsUche  Anleitung  zur  Gesundheitspflege. 

Bearbeitet    im     Kaiserlichen    Gesundheitsamte.      Berlin,     1894, 

J.  Springer.     M.  1. 
Mtqind.     Taubstummheit.     Berlin,  1894,  Coblentz.     M.  6. 
NiTSCHE.   Kurze  Anleitung  zum  Zimmertumen.   Mit  Abbild.  3.  Aufl. 

Berlin,  1893,  Goldschmidt,     it.  0,60. 
Pawel.    Worin  besteht  das  Wesen  des  Spiefsschen  Klassentumens? 

Z.  f.  Tum.  u.  Jgdspl.,  1894,  U,  21—25;  HI,  36—41 ;  IV,  49—53. 


656 

Pezzbr,  de.     De  ceriaines  Usians  ddtermindes  par  la  väodpedie  ei 

m  parUculier   des   lisions  p^rinScdes  causdes  par   la  seiie   des 

väociphdes,   Ann.  d.  mal.  d.  org.  g^nito-nrin.,  Paris,  1894,  Xn, 

41—50. 
Fragramma   öi  educazione  fiska  negU    isUtuü    infanUU.     Palestr. 

marz.,  1894,  25.  Marzo,  UI  etc. 
PUTTKAMEB,  H.  VON.     Der  Hondorbeitsuntenricht  auf  dem  Lande, 

Mit   3  Taf.     Berlin,    1894,    Evang.    Yereinsbachhandlcmg.      8^. 

JH  0,50. 
Ratmond,  P.     La  revacdnaUon  ä  föcole,    Le  Progr.  m^d.,  1894, 

XI,  190—191. 
Reddebsen.   Die  Behandlung  verwahrlosier  Kinder  und  jugendlü^ter 

Verbrecher,     Bremen,  1894,  Halem.     M.  0,30. 

—  Die  haustoirtsckaftlicke  Unterweisung  der  Mädchen  aus  den  un- 
bemittelten Ständen  und  die  Bremer  Hatishaltungsschulen,  Bremen, 
1894,  Halem.     iL  0,40. 

Reissebt,  Osw.  Mehrtägige  Wanderungen  mit  jüngeren  Sckülem, 
Padag.  Wochbl.,  1894,  XXVIH,  217—219. 

—  Wanderregeln  für  ein-  und  mehrtägige  Schülertumfahrten  gwr 
Verteilung  an  die  Schüler  aller  Klassen.  Nebst  Angaben  über  die 
von  dem  führenden  Lehrer  mitzunehmenden  Arznei-  and  Verband- 
stoffe.    Leipzig,  1894,  Renger.     6r.  8®.     24  Exempl.  iL  0,50. 

Retheb.     SoU  ich  radfahren?    Eine  Abhandlung  für  alle,  welche 

ihre  Gesundheit   erhalten  oder    wiedererlangen  wollen.     Leipzig, 

1894,  W.  Werner. 
Retmond,    C.     Chfmnastique   suidoise.     Rev.   m^d.   de   la  Suisse 

Rom.,  Gen^Ye,  1893,  XÜI,  685;  735. 
RiETSGHBL,    H.     Leitfaden   0um   Berechnen   und   Entwerfen   von 

LüftungS'  und  Heizungscmlagen,     Mit  49  Fig.  u.  22  Tab.  n.  Ttf. 

Berlin,  1893,  Jul.  Springer.     8^ 
RÖDEB,  J.    Volksschulen  der  Stadt  Würzbwrg,     Mit   1  Taf.     Ans 

der  Festschrift,   gewidmet  der  18.  Versammlung  des  Vereins  für 

öffentliche    Gesundheitspflege   zu   Würzburg.     Wiesbaden,    1893, 

Bergmann. 
RosTEB,    A.      ConsigU  igienici  suUa   tuberculosi,     Firenze,    1893, 

Paggi.     8^    Lir.  3. 
Sohenck,  W.  L.    Exercise;  its  physiological  ftincüons,    Joum.  Am. 

med.  Assoc,  Chicago,  1894,  XXH,  417 — 421. 
Schmidt,  Th.     Lbungstabeüen  für  das    Creräthimen   an   höheren 

Schulen.     Warendorf  i.  W.,  1894,  Selbstverlag. 
SCHNEIDEB,  Max.     Katechismus  des  Wintersports,     Leipzig,  1893, 

Weber.     Kl.  8^.     M.  3. 


|eitf(l|ri|)  fit  S(l|iilgeMI|dt0p|legt 

VII.  Jahrgang.  1894.  No.  12. 


(Drijjtttftl-Jlb^anblttiijeti. 


Eine  neue  Steh-  und  Sitischnlbank. 

Von 

Dr.  phil.  "W.  Götze, 

Direktor  der  Lehrerbildungsanstalt  für  Enabenhandarbeit  in  Leipzig. 

(Mtt  4  Figuren.) 

Die  yielfaoh  berechtigten  Klagen  über  die  durch  die 
Schule  auf  das  heranwachsende  Geschlecht  geübten  gesandheita- 
Bchädlichen  Einflüsse  haben  häufig  genug  Veranlassung  gegeben, 
da(s  durch  behördliche  Verordnungen,  ärztliche  Ratschläge, 
schulhygienische  Einrichtungen  u.  s.  w.  auf  die  Beseitigung 
jener  Schäden  hingearbeitet  worden  ist.  Letztere  trennen  sich  in 
vermeidbare  und  unvermeidliche.  Während  man  die  unver- 
meidbaren Schulübel  als  Äquivalent  für  die  absolut  notwendige 
Heranbildung  der  Jugend  in  Kauf  nehmen  muTs,  wird  der 
Kampf  gegen  die  vermeidlichen  im  Interesse  der  Einzelnen 
wie  der  Gesamtheit  mit  aller  Energie  zu  führen  sein. 

Und  es  ist  offenbar  schon  vieles  Segensreiche  auf  diesem 
Gebiete  geschaffen  worden.  Durch  gute  Ventilationseinrichtungen 
verbessert  man  die  Atemluft  in  den  Schulzimmem,  die  Er- 
wärmung und  Beleuchtung  der  Klassen  ist  Gegenstand  sorg- 
fältiger Bemühungen,  gesundheitswidrige  Schulbauten  werden 
durch  andere,  den  hygienischen  Anforderungen  entsprechende 
ersetzt.  Aufserdem  sucht  man  durch  Bewegungsspiele  im 
Freien,  Schulbäder,  Ferienkolonien,  durch  rüstige  Körperarbeit 

SctanlgMoodheltapflege  VII.  42 


658 


in  Schulwerkstätten  den  Gesundheitszustand  der  Schüler  zu 
heben  und  sie  widerstandi^fähig  gegen  die  ihnen  drohendeo 
sanitären  Gefahren  zu  machen. 

Und  dennoch  hat  mun  dem  schwersten,  mit  dem  Schal- 
leben  verbundenen  Eingriff  in  das  Wohlbefinden  und  die  ge- 
deihliche körperliche  Entwicklung  der  Jugend  noch  nicht  ssu 
wehren  versucht,  einem  Eingriff,  der  um  so  bedrohlicher  wird, 
je  länger  man  die  Kinder  infolge  der  mit  dem  wach^^enden 
Lernstoff  sich  steigernden  Zahl  der  Unterrichtsstunden  in  das 
Schulzimmer  bannt,  und  je  mehr  die  Schüler  durch  die  eben- 
falls zunehmenden  häuslichen  Aufgaben  gezwungen  werden,  in 
gleicher  Weise  wie  in  der  Schule  auch  im  Hause  thätig  zu 
sein.  Dieser  gröfste  Schade,  welcher  der  Jugend  durch  das 
Schulleben  zugefügt  wird,  beruht  in  der  ihrem  ganzen  Wesen 
völlig  fremden,  sitzenden  Lebens  Kreise.  Hervorragende  französische 
Ärzte  bezeichnen  in  ihren  Schritten  das  viele  Sitzen,  la  vie 
s^dentaire,  als  die  bedeutsamste  Schädlichkeit,  welche  die 
Kinder  während  ihrer  Schulzeit  trifft,  und  dasselbe  Urteil  kann 
man  oft  genug  aus  dem  Munde  deutscher  Ärzte  vernehmen. 

Die  Schulhygiene  vermag  gegen  schlechte  Lult,  gegen 
Staub  und  falsche  Beleuchtung,  gegen  Verbreitung  ansteckender 
Elrankheiten  anzukämpfen,  gegen  die  Beeinträchtigung  der 
Gesundheit  durch  das  übermäisig  lange  Sitzen  aber  glaubt  sie 
machtlos  zu  sein. 

Und  dennoch  wäre  es  im  höchsten  Grade  wünschenswert, 
die  dadurch  herbeigeführten  Störungen  der  Unterleibsorgane 
und  des  Blutumlaufes,  sowie  die  drohende  Gefahr  der  Rückgrats- 
verkrümmungen beseitigen  zu  können.  Man  beobachte  doch 
nur  die  Haltung  und  das  ganze  Aussehen  einer  Klasse,  welche 
mehrere  Siti^tunden  über  sich  hat  ergehen  lassen  müssen! 
Viele  der  Kinder  haben  bei  schlechtem  Wetter  und  weitem  Schul- 
wege nasses  Schuhwerk,  das  sie  hier  nicht  mit  trockenem  ver- 
tauschen können;  die  Folge  davon  ist,  dals  sie  zunächst  kalte 
Füfse  und  dadurch  Blutandrang  nach  dem  Kopfe  bekommen. 
Und  nun  sitzen  sie  mehrere  Stunden  lang  mit  nur  kurzen 
Unterbrechungen  in  den  „Normalschulbänken^  mit  zusammen- 


669 

geprefstem  Unterleib.  Durch  den  ünterricbt  werden  dauernd 
die  Sinne,  vornehmlich  Auge  und  Ohr,  in  Anspruch  genommen 
und  die  Hirnzellen  zu  unablässiger  Thätigkeit  gezwungen. 
Ist  es  da  ein  Wunder,  wenn  durch  Cirkulationsstörungen  ver- 
anlagte KoDgestioDSzustände  sich  entwickeln,  wenn  der  nun 
schon  mit  technischem  Ausdruck  benannte  ^ Schulkopfschmerz ^ 
mit  seinen  Folgeerscheinungen  sich  einstellt?  Nein,  es  ist 
kein  Wunder,  sondern  eine  Naturnotwendigkeit. 

£in  sehr  wichtiger  Grund  gegen  das  anhaltende  Sitzen 
ist  aber  auch  in  der  Thatsache  gegeben,  dafs  die  Kinder,  je 
länger  sie  sitzen,  um  so  geneigter  werden,  eine  krumme  Haltung 
einzunehmen.  Darin  liegt  ohne  Zweifel  eine  grofse  Gefahr 
Air  bleibende  Rückgratsverkrümmungen.  Man  vergönne,  hierfür 
das  Zeugnis  eines  Arztes,  des  Privatdocenten  Dr.  W.  Schxjlt- 
HESS  in  Zürich,  anzuführen,  der  in  einer  Abhandlung  „Über 
die  Wirbelsäulenkrümmung  sitzender  Kinder^  sagt: 
„Es  bestätigt  unsere  Dntersuchungsreihe  die  schon  oft 
ausgesprochene  Ansicht,  dafs  das  Sitzen  an  und  für  sich 
Kindern  mit  Anlage  zu  Rückgratsverkrümmungen  gefährlich 
sei,  eben  deshalb,  weil  jede  vorhandene  Asymmetrie  der  Wirbel- 
säule im  Sitzen  stärker  hervortritt  und  etwa  vorhandene  Seiten- 
abweichungen verstärkt  werden.  Das  ist  für  uns  eine  neue 
Aufforderung,  das  Schulsitzen  für  solche  Kinder 
möglichst  zu  beschränken  und  zweckmäfsig  zu  unter- 
brechen." 

Die  Sache  hat  aber  aufser  höchst  bedauerlichen  hygienischen 
vielleicht  noch  schwerer  wiegende  Folgen  für  die  sittliche  Ent- 
wicklung der  Jugend.  Das  stundenlange  Zubringen  auf  dem 
heiiSs  gewordenen  Sitze  in  warmer  Kleidung  und  mit  wechsel- 
weise übereinandergeschlagenen  Beinen  verführt  die  Jugend 
bei  eintretender  Geschlechtsreife  zu  der  so  tief  beklagenswerten 
Selbstbefieckung,  zu  der  es  ja  auch  sonst  leider  nicht  an  Ver- 
suchungen fehlt,  und  die  unsagbar  viele  frische,  blühende 
Jugendkraft  zum  Opfer  fordert. 


^  Korrespondewfblatt  für  Schweiger  Ärzte,  1890,  No.  1. 

42* 


660 

Infolge  dieser  während  einer  dreiundzwanzigjährigen  Lehrer- 
thätigkeit  festgelegten  Erfahrangen  habe  ich  mich  entschlossen, 
gegen  das  Übel  des  anhaltenden  Sitzens  in  der  Schale  den 
Kampf  aufzunehmen,  zumal  da  ich  überzeugt  bin,  dals  die 
Erreichung  der  Schulziele  davon  ganz  unabhängig  ist,  dab  es 
also  zu  den  vermeidbaren,  und  zwar  zu  den  bei  einigem  guten 
Willen  sehr  leicht  vermeidbaren  Schulübeln  gehört.  Man 
braucht  nur  mit  einem  durch  lange  Gewohnheit  eingebüigerten 
Vorurteile  zu  brechen  und  eine  ganz  einfache  Einrichtung,  die 
ich  später  beschreiben  werde,  zu  treffen,  und  alle  yon  der  so 
unnatürlichen  sitzenden  Lebensweise  der  Jugend  herrührenden 
schweren  Oesundheitsschädigungen  nehmen  ein  Ende. 

Das  Vorurteil,  das  es  zu  beseitigen  gilt,  besteht  in  der 
durch  langjährige  Tradition  geheiligten  Annahme,  dals  sich 
das  Kind  beim  Empfangen  jedweden  Schulunterrichts  in  sitzen- 
der Stellung  befinden  müsse.  Alle  mir  bekannten,  in  Deutsch- 
land  eingeführten  Schulbanksysteme  gehen  von  dieser  Annahme, 
als  von  einer  ein  für  allemal  gegebenen  und  unabänderlichen 
Thatsache  aus,  und  es  wird  daher  bei  der  Schulbankfrage 
immer  nur  auf  die  Schaffung  einer  rationellen  Sitzgelegenheit 
Rücksicht  genommen.^ 

Ja,  dieses  nur  durch  das  Gesetz  der  vis  inertiae  erklärbare 
Festhalten  an  der  einmal  verbreiteten  Anschauung  hat  sogar 
dahin  geführt,  dafs  auch  das  in  der  Familie  verwendete  Hans- 
subsellium  einzig  und  allein  die  im  Sitzen  verrichtete  Arbeit 
der  Kinder  kennt,  während  es  doch  so  leicht  angängig  gewesen 
wäre,  wenigstens  bei  der  häuslichen  Beschäftigung  die  Jugend, 
schon  um  einmal  zu  wechseln,  eine  andere  Körperstellung  ein- 
nehmen zu  lassen.  Statt  dessen  schmiedet  man  dieselben  auch  im 
Hause  wieder  auf  eine  Sitzbank,  nachdem  sie  bereits  6  bis  7 
Stunden  des  Tages  auf  einer  solchen  zugebracht  haben,  und 
setzt  so  die  schon  in  der  Schule  leicht  vermeidbaren,  im  Hanse 


^  Baoivsky,  Hemdbuch  der  Schulhygiene,  Stattgart,  1883,  F.  Enke, 
bespricht  in  dem  Kapitel  über  die  Sehulbank  aof  Seite  252—337  alle 
vorhandenen  Systeme;  es  sind  einzig  und  allein  Sitsbanke. 


661 

aber  ganz  und  gar  UDnötigen  Pressungen  der  Unterleibsorgane 
and  Hemmungen  des  Blntamlanfes  einfach  fort. 

Demgegenüber  gebe  icb  yon  dem  Grundgedanken  aus, 
dals  das  Kind  bei  einem  grolsen  Teile  des  ünterriobts,  z.  B.  beim 
Kopfirecbnen,  in  den  geographischen,  geschichtlichen,  natur- 
kundlichen Lehrstunden,  beim  Anschauungs-  und  Leseunterrichte 
ebensogut  stehen  als  sitzen  könne.  Das  Singen  muls  sogar  im 
Stehen  geübt  werden.  Selbst  das  Schreiben  würde,  namentlich 
bei  Anwendung  der  Steilschrift,  genau  ebensogut  im  Stehen, 
wie  im  Sitzen,  ausgeführt  werden  können;  das  beweisen  die 
am  Stehpult  arbeitenden  Gelehrten  und  Beamten.  Aber  auch 
wenn  man  das  Schreiben  im  Sitzen  für  notwendig  hielte,  würde 
aller  andere  ohne  Schreiben  vor  sich  gehende  Unterricht  — 
und  dieser  erstreckt  sich  über  einen  grolsen  Teil  der  Schul- 
sseit  —  übrig  bleiben,  während  dessen  es  möglich  wäre,  den 
Kindern  eine  gesundere  Körperhaltung  und  vor  allem  auch 
den  so  dringend  wünschenswerten  Wechsel  in  der  Stellung  des 
Körpers  zu  gestatten.  Auf  diese  Weise  wäre  die  Gesamtheit 
der  durch  das  Sitzen  bewirkten  G^sundheitsschädigungen  be- 
seitigt und  dafür  sogar  ein  Gewinn  für  die  körperliche  Aus- 
bildung der  Jugend,  die  Elräftigung  ihrer  Beinmuskulatur, 
eingetauscht. 

Der  hygienisch  so  äufserst  dienlichen  Maisregel  des  Stehens 
während  des  Unterrichtes  wird  man  aber  auch  vom  pädagogischen 
Standpunkte  ohne  weiteres  beistimmen  müssen.  Lidem  dieselbe 
das  nach  anhaltendem  Sitzen  eintretende  schlaffe,  apathische 
Wesen  der  Kinder  beseitigt  und  statt  dessen  die  Spannkraft 
und  Au&ahmefähigkeit  derselben  für  den  Unterricht  erhöht, 
tritt  sie  sogar  unmittelbar  in  den  Dienst  der  Pädagogik,  gemäfs 
dem  anerkannten  Grundsatze  der  letzteren,  dafs  die  Erziehung 
erst  dann  ihr  Werk  beginnen  könne,  wenn  vorher  alle  physio- 
logLBcben  Bedürfnisse  des  Zöglings  befriedigt  sind. 

Da  aber  bei  einem  lange  Zeit  hindurch  ausgedehnten 
Stehunterricht  die  Ermüdung  der  Kinder  nicht  weniger  zu 
fürchten  wäre,  als  jetzt  bei  dem  anhaltenden  Sitzen,  da  das 
Absehen  vielmehr  auf  einen    erfrischenden  Wechsel,    auf  Yer- 


662 

hütung  einseitiger  Anspannung  gerichtet  sein  muis,  so  habe 
ich  einen  Bau  der  Schalbank  zu  finden  gesucht,  bei  welchem 
dieselbe  ohne  Schwierigkeit  und  rasch  sowohl  für  das  Stehen 
wie  für  das  Sitzen  zurechtgemacht  werden  kann. 

Ferner  muTs,  wenn  das  neue  Subsellium  auch  den  mit 
geringen  Mitteln  arbeitenden  Schulen  der  niederen  Stände  zu 
gute  kommen  soll,  die  Konstruktioa  zwar  passend  und  fest, 
aber  zugleich  so  einfach  und  wohlfeil  als  möglich  sein;  die  An- 
wendung kostspieliger  und  künstlicher  Mechanismen  ist  also 
Yon  vornherein  ausgeschlossen.  Die  Konstruktion  darf  ja  auch 
schon  deswegen  nicht  kompliziert  sein,  weil,  sollen  anders  die 
Bänke  zu  regem  Gebrauche  kommen,  die  Kinder  selbst  die  Um- 
wandlung derselben  für  den  Steh-  oder  Sitzunterricht  schnell 
und  leicht  müssen  bewerkstelligen  können.  Endlich  habe  ich 
noch  den  Umstand  berücksichtigt,  dals  die  Einrichtung  ohne 
Schwierigkeit  und  ohne  Aufwand  grofser  Kosten  sich  an 
bereits  vorhandenen  Schulbänken  anbringen  läfst. 

Bei  der  schlechthin  geforderten  Einfachheit  war  es 
natürlich,  dafs  auch  die  meinen  Zwecken  dienenden  Hil& 
konstruktionen  schlichtester  Art  sein  mufsten,  ja,  dals  ich  es 
nicht  verschmähen  durfte,  anderwärts  hier  oder  dort  angewendete, 
praktisch  bewährte  Einzelheiten  meiner  Absicht  dienstbar  zn 
machen.  Ich  erhebe  daher  nicht  den  Anspruch,  für  die  Aus- 
führung meiner  Idee  neue  Konstruktionsteile  erfunden  zu  haben. 
Meine  Thätigkeit  beruht  vielmehr  in  der  noch  nicht  vor- 
handenen Kombination  verschiedener  technischer  Elemente  zu 
dem  einen  Zwecke,  eine  beliebig  für  den  Steh-  und  Sitz- 
unterricht verwendbare  Schulbank  zu  erhalten,  welche  alle  die 
oben  erwähnten  Eigenschaften  besitzt. 

Dieses  Ziel  glaube  ich  nun  durch  die  in  den  Zeichnungen 
auf  Seite  664  und  6(^5  dargestellte  Konstruktion  erreicht  zu 
haben.  Ich  wähle  als  Beispiel  die  am  meisten  eingebürgerte 
Form  der  zweisitzigen  Schulbank  mit  Nulldistanz. 

Die  Figuren  3  und  4  geben  die  zum  Sitzunterricht 
gestellte  Bank  im  Vertikalquerschnitt  und  in  der  Längsansioht 
wieder.    Sie  ist  von  der  gewöhnlichen  Schulbank  nur  durch  den 


663 

im  Querschnitt  sichtbaren,  bei  a  h  geführten  Trennungsschnitt 
durch  den  Pufs  der  Tischplatte,  sowie  durch  die  an  den  Seiten- 
wänden derselben  angebrachten  Knöpfe  c^  und  c^  unterschieden, 
mittfls  deren  man  eine  an  ihnen  sitzende,  senkrecht  stehende 
Metall feder  nach  auf^en  ziehen  kann. 

Die  Figuren  1  und  2  zeigen  die  Bank  ebenfalls  im 
Veitikalquerschnitt  und  in  der  Längsansicht,  jedoch  für  den 
Stehunterricht  umgeändert.  In  Figar  1  sieht  man  das  Sitzbrett, 
welches  bei  d  seiner  Länge  nach  durchgeschnitten  und  dessen 
vorderer  Teil  de  um  zwei  starke,  in  die  Holzfläche  eingelassene 
Scharniere  drehbar  gemacht  ist,  mit  diesem  Vorderteil  de  an 
die  Rücklehne  zurückgeklappt,  so  dails  die  Schüler  nun  un- 
gehindert in  der  Bank  stehen  können.  Die  Tischplatte  ist 
hier  bis  zur  Standhöhe  emporgezogen.  Man  erkennt  aus  dieser 
Stellung,  dafs  der  leichteren  Beweglichkeit  wegen  nur  die 
Tischplatte  emporgehoben  wird,  während  das  unter  ihr  befind- 
liche, etwas  schräg  stehende  Brett  zur  Aufbewahrung  der 
Schultaschen  und  Bücher  in  seiner  Lage  verbleibt. 

Um  die  Hebung  der  Tischplatte  bewirken  zu  können, 
sind  die  beiden  dieselbe  tragenden  seitlichen  Ständer  nicht 
massiv,  sondern  bestehen  aus  einem  äufseren,  mit  einer  Nut 
versehenen  und  einem  inneren  Teil,  der  mit  einer  Feder  so 
in  die  Nut  des  äufseren  Stückes  eingreift  (s.  den  Querschnitt 
hiervon  in  Figur  1).  dafs  der  innere  Teil  leicht  innerhalb  des 
anderen  auf-  und  abgeschoben  werden  kann.  Die  beiden  äufseren 
Teile  bilden  die  eigentlichen  Ständer,  sie  sind  mit  dem  Fufs- 
gestell  direkt  und  untereinander  durch  die  Rückwand  des 
Tisches,  sowie  durch  das  Bücherbrett  fest  verbunden.  Die 
inneren  Teile  stehen  dagegen  mit  der  Tischplatte  in  Verbindung 
und  machen  dieselbe,  da  sie  selbst  verschiebbar  sind,  auf  und 
ab  beweglich.  So  dienen  die  äufseren  Teile  dem  Ganzen  als 
Führung,  und  wenn  die  inneren  Teile  breit  genug  genommen 
werden,  etwa  10  cm,  so  ist  diese  Führung  völlig  sicher  Die 
beiden  seitlichen  Ständer  haben  übrigens  unten  die  volle  Stärke 
von  4,2  cm,  die  Trennung  in  einen  äufseren  führenden  und 
nen  inneren   geführten  Teil  beginnt    erst    etwa    13  cm    über 


i4^ 


P 

Ph 

1 

Ul^ 


666 

dem  Falsboden;  bei  der  Stellung  der  Bank  far  den  Sitz- 
unterrioht  stofsen  die  inneren  Teile  mit  den  äaJBeren  znsammen, 
so  dais  dann  die  Ständer  völlig  massiv  sind. 

In  dem  auf-  und  absohiebbaren  Teile  sind  nun  in  ent- 
sprechender Höhe  rechtwinklige  Stücke  harten  Holzes  ein- 
gelassen, in  welche  drei  zahnartige,  4  cm  breite  Vertiefungen 
eingearbeitet  sind,  wie  man  sie  in  Figur  2  bei  c^  und  c^  sieht. 
In  diese  Vertiefungen  schnappt  die  Feder,  welche  durch  die 
Knöpfe  c^  und  c*  nach  aufsen  gezogen  werden  kann,  sich 
selbst  überlassen,  bei  der  Aufwärtsbewegung  der  Tafel  der 
Reihe  nach  ein.  Der  mittlere  Zahn  entspricht  der  Stellung 
der  Tischplatte  bei  normaler  Gröfse  des  Kindes.  Diese  flöhe 
wird  berechnet  proportional  der  Länge  der  Unterschenkel,  diese 
selbst  ist  aber  wieder  maßgebend  für  die  Höhe  des  Sitzbrettes 
über  dem  Fufeboden.  So  hängt  also  die  normale  Höhe  der 
Tischplatte  beim  Stehunterricht  von  der  Höhe  des  Sitzbrettes 
beim  Sitzunterrioht  ab.  Der  Zahn  über  und  unter  der  mittleren 
Vertiefung  ist  für  etwaige  Abweichungen  von  der  normalen 
Gröfse  bestimmt.  Die  Feder  ist  ziemlich  stark,  3  cm  breit 
und  an  ihrem  unteren  Ende  mit  Schrauben  in  die  äufseren, 
feststehenden  Teile  der  Ständer  innen  eingeschraubt;  das  obere 
Ende  der  Federn  ist  beweglich.  Beim  Aufwärtsbewegen  der 
Tischplatte  werden  die  Federn  von  selbst  beiseite  gedrückt, 
bis  sie  Gelegenheit  erhalten,  in  die  erste,  zweite  oder  dritte 
Vertiefung  einzuschnappen.  Um  eine  Abnutzung  der  Zähne 
zu  vermeiden,  sind  sie,  wie  schon  gesagt,  in  ein  Stück  hartes 
Holz  gearbeitet,  und  dieses  ist  in  das  weiche  Holz  der  Ständer 
eingelassen.  Will  man  die  Tischplatte  abwärts  gleiten  lassen, 
so  braucht  man  nur  die  Federn  mittels  der  Knöpfe  nach  aufsen 
zu  ziehen  und  sie  so  auszulösen;  durch  ihre  Schwere  senkt 
dich  dann  die  Platte  von  selbst.  Um  ein  zu  rasches  Nieder- 
gehen zu  vermeiden,  hemmt  man  dieselbe  passend  mit  der 
unter  sie  gelegten  Hand.  Gegen  etwaiges  Geräusch  beim  Auf- 
schlagen schützt  ein  Stück  Gummi  oder  Filz,  das  unter 
der  Tischplatte  dort  aufgenagelt  ist,  wo  der  bewegliche  Teil 
mit  dem  feststehenden  unteren  Gestell  zusammentriffl;. 


667 

Damit  ist  der  ganze  einfache  Slechanismus  erschöpfend 
dargestellt.  Die  Handgriffe  zur  Umwandlung  der  Bänke  für 
die  eine  oder  andere  Form  des  Unterrichts  sind  so  leicht,  die 
Tisch-  und  die  Sitzplatte  so  beweglich,  dals  binnen  kürzester 
Zeit  der  Wechsel  vor  sich  geht  und  die  Kinder  während  einer 
und  derselben  Lektion  teils  sitzen,  teils  stehen  können. 

Die  disciplinierte  Handhabung  des  Umwandlungsdienstes 
dürfte  sich  folgendermafsen  gestalten.  Die  Klasse  hat  Sitz- 
untei  rieht  gehabt  und  das  Pensum  ist  bis  zu  einem  gewissen 
Abschnitt  geführt  worden.  Auf  ein  kurzes  Kommando  des 
Lehrers:  Auf!  erheben  sich  die  Schüler,  erfassen  beim  Auf- 
stehen die  Vorderkante  des  Sitzbrettes  und  klappen  dasselbe 
zurück  an  die  Lehne  des  Sitzes.  Auf  ein  zweites  Zeichen 
treten  dieselben  mit  dem  der  äufseren  Seite  der  Bank  benach- 
barten Fuise,  also  die  rechtssitzenden  mit  dem  rechten,  die 
linkssitzenden  mit  dem  linken  Fufse,  aus  dieser  heraus,  legen 
die  beiden  Hände  unter  die  aufwärts  zu  bewegende  Tisch- 
platte und  heben  sie  gemeinsam  hoch,  bis  die  Federn  in  die 
erste,  zweite  oder  dritte  Vertiefung,  je  nach  der  Körpergröfse 
der  Betreffenden,  einschnappen. 

Damit  ist  die  Umwandlung  der  Bank  für  den  Steh- 
unterricht vollendet.  Die  Schüler  stehen  in  der  Regel  mit 
gestreckten  Beinen  und  in  halber  Grätschstellung  in  den  Bänken 
so,  dais  sie  die  Mitte  der  beiden  Unterarme  auf  die  Vorder- 
kante der  Tischplatte  stützend  auflegen  und  eine  gerade,  auf- 
rechte Körperhaltung  einnehmen.  Doch  ist  ihnen  unverwehrt, 
auch  einmal  den  Rücken  an  die  hinter  ihnen  stehende  Bank 
zu  lehnen  und  mit  dem  Stand  der  FüTse  zu  wechseln. 

Natürlich  vermag  der  Lehrer  auch  einzelne,  am  besten 
dann  vom  aufzustellende  Bänke,  auf  denen  Schüler  sitzen 
sollen,  welche  aus  besonderen  Gründen  nicht  stehen  dürfen,  in 
der  Stellung  für  den  Sitzunterricht  zu  belassen. 

Will  man  später  die  Tischplatten  wieder  niedrig  stellen, 
so  treten  die  Schüler  auf  das  Zeichen  des  Lehrers  mit  dem 
äulseren  Fufse  aus  der  Bank  heraus,  legen  die  innere  Hand 
zur  Hemmung  unter  die  niedergehende  Platte,  ziehen  mit  der 


668 

äaDseren  Hand  den  Knopf  der  Feder  nach  aufsen  und  lassen 
so  die  Tischplatte  allmählich  heranter.  Damach  klappen  sie 
den  vorderen  Teil  der  Sitzplatte  geräuschlos  vor,  und  die 
Sitzanordnung  ist  wiederum  fertig. 

Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  dafs  nach  nur  kurzer  Ein- 
ühung  alle  diese  Manipulationen  völlig  glatt  vor  sich   gehen. 

Endlich  sei  noch  gestattet,  den  unterschied  der  von  mir 
in  Anregung  gebrachten  Steh-  und  Sitzschulbank  von  anderen 
Versuchen  dieser  Art  festzustellen. 

Soweit  mir  bekannt  ist,  hat  man  in  Deutschland  überhaupt 
noch  nicht  den  Versuch  gemacht,  ein  Schulbanksystem  sn 
schaffen,  wie  ich  es  im  Sinne  habe.  Hierbei  sei  bemerkt,  dafs 
ich  mir  ein  meiner  Idee  entsprechendes  Modell  bereits  im 
Jahre  1887/88  habe  herstellen  lassen  und  daJs  dasselbe  seit 
jener  Zeit  von  meinen  Kindern  als  Hausschulbank  gebraucht 
wird.  Seitdem  ich  für  diese  Angelegenheit  Interesse  hege 
und  die  Schulbankfrage  in  der  pädagogisclien  Presse  verfolge, 
habe  ich  in  Erfahrung  gebracht,  dafs  auf  der  Pariser  Welt- 
ausstellung von  1889  ein  Schultisch  von  F^ret^  ausgestellt 
war,  bei  dem  die  Tischplatte  in  beliebige  Höhe  gestellt  werden 
konnte.  Der  Sitz  ist  aber  hier  vom  Tisch  ganz  getrennt,  er 
besteht  nur  aus  einem  kleinen,  lehnenlosen  Bänkchen,  das  dem 
Umwerfen  leicht  ausgesetzt  ist,  mit  horizontalem  Sitzbrett 
Auf  dem  Sitz  ohne  Lehne  können  jedoch  die  Schüler  nicht 
genügend  ausruhen,  und  so  läuft  das  Ganze  eigentlich  auf  die 
Anwendung  des  längst  bekannten  Stehpultes  hinaus. 

Ebensowenig  ist  der  durch  das  deutsche  Reiohspatent 
No.  53545  geschützte  verstellbare  Zeichentisch  eine  Steh-  und 
Sitzschulbank,  da  ein  organisch  mit  ihm  verbundener  SitK 
ganz  fehlt. 

Ferner  habe  ich  auf  brieflichem  Wege  von  Dr.  Veil, 
Rektor  am  protestantischen  Grymnasium  zu  Stra&burg  i.  E., 
in  Erfahrung  gebracht,  dafs  derselbe   bereits  An&ng  der  seht- 


^  Eine  Beschreihung  und  Abbildung  des  F^RKTschen  SubteUiums 
findet  sich  in  dieser  Zeitschrift,  1890,  No.  11,  S.  649—652.    D.  Bed. 


669 

ziger  Jahre  eine  Steh-  und  Sitzschnlbank  konstruiert  habe,  welche 
in  der  That  als  Element  eines  ganzen  Schulbanksystems  dienen 
könne.  Später  hat  man  dann  am  Seminar  zu  Hofwyl  Stehsitz- 
pulte eingeführt,  welche  im  wesentlichen  mit  dem  von  Veil 
Yorgeschlagenen  übereinstimmen  und  es  nur,  da  es  zu  teuer 
war,  in  vereinfachter  und  verbilligter  Weise  wiederholen.  Die 
Grundidee  der  VEiLSchen  und  der  Hofwyler  Schulbank  beruht 
darin,  dafs  die  Tischplatte  unbeweglich  ist  und  sich  von  vorn- 
herein in  einer  für  das  Stehen  geeigneten  Höhe  befindet. 
Demgemäils  sind  der  Sitz  und  das  schräge  Fuisbrett  in  ent- 
sprechender Höhe  zur  Tischplatte  angebrachti  so  dals  die  Füfse 
des  Schülers  beim  Sitzen  den  Boden  nicht  berühren  können. 
Um  das  Pult  beim  Stehen  zu  benutzen,  klappt  man  nur  das 
Sitzbrett  an  die  Rückenlehne  zurück.  Will  der  Schüler  da- 
gegen sitzen,  so  wird  der  Klappsitz  heruntergelegt,  und  der 
erstere  muJB  nun  vom  Fuisbrett  aus  den  Sitz  besteigen. 
Charakteristisch  für  dieses  Pult  ist  es  also,  dafs  die  Eopfhöhe 
des  Schülers  annähernd  dieselbe  bleibt,  möge  er  sitzen  oder 
stehen.  Als  Einwände  gegen  die  Einrichtung  werden  geltend 
gemacht  ihre  grofsen  Kosten,  —  eine  zweisitzige  Bank  kommt 
auf  42  Mark  zu  stehen,  —  sodann  das  beträchtliche  Gewicht 
und  die  Schwerbeweglichkeit  der  Subsellien,  die  das  Reinigen 
der  Zimmer  sehr  beeinträchtigt,  und  endlich  der  schmale  Ein- 
gang in  die  hohen  Bänke;  da  nämlich  die  feste  Tischplatte 
und  der  Sitz  Nulldistanz  zwischen  sich  haben,  so  ist  das  Ein- 
und  Austreten  der  Schüler  zwar  möglich,  aber  doch  ziemlich 
erschwert.  Alle  diese  Einwürfe  fallen  bei  der  von  mir  vor- 
geschlagenen Konstruktion  hinweg. 

Endlich  ist  neuerdings  in  der  Schweiz  eine  Steh-  und 
Sitzschulbank  von  Maughot  aufgetaucht.  Das  Heben  der 
Tischplatte  geschieht  hier  nicht  so,  dafs  sie  parallel  mit  sich 
selbst  hoohgeführt  wird,  sondern  in  der  Weise,  dals  wechsel- 
seitig die  vordere  und  die  hintere  Längskante  der  Tischplatte 
durch  eiserne  Ejreisbögen  gehoben  und  in  beliebiger  Stellung 
fixiert  wird.  Die  Einrichtung  erscheint  kompliziert  und  dürfte 
wohl    auch   häufige  Reparaturen    erfordern.     Überdies    ist   sie 


670 

teuer,  und  die  Gefahr,  daCs  bei  dem  wechselseitigen  Hochhebea 
der  Vorder-  und  Hinterkante  der  Tischplatte  die  Tinte  ans  den 
Fässern  geschüttet  wird,  liegt  sehr  nahe. 

Nach  dem  Gesagten  konkurriert  meine  Steh-  and  Sits- 
Schulbank  allein  mit  denen  von  Dr.  Vbil  und  von  Maughot. 
Im  Ziel  mit  ihnen  übereinstimmend,  schlägt  sie  zur  Er- 
reichung desselben  andere,  wesentlich  einfachere  und  darum 
den  Kindern,  die  sie  benutzen  sollen,  gemäCsere  Wege  ein. 
Zudem  ist  sie  wohlfeiler  und  dürfte  deshalb  leichter  zur  Ein- 
fährung gelangen.  Die  zum  Teil  stichhaltigen  Einwendungen, 
welche  gegen  jene  anderen  Konstruktionen  gemacht  werden, 
fallen  bei  ihr  hinweg,  und  so  zweifle  ich  nicht,  dals  sie  der 
Schule  einen  wesentlichen  Dienst  leisten  kann. 

Zum  Schlüsse  habe  ich  nur  noch  hinzuzufügen,  dafii 
meine  Steh-  und  Sitzschulbank  den  Schutz  des  Gesetzes  vom 
1.  Juni  1891  geniefst  und  unter  No.  26889  in  die  Bolle  der 
Gebrauchsmuster  eingetragen  ist.  unbemittelten  Schulgemeinden 
würde  ich  nach  besonderer  Vereinbarung  das  Recht,  Steh-  und 
Sitzschulbänke  meiner  Konstruktion  einzuführen,  zu  Gunsten 
des  jungen  Geschlechtes  kostenlos  einräumen. 


Die  diesjährige  Schülerreise  des  Königlichen  Gymnasiums 

zu  Dansig. 

Von 

Dr.  phil.  H.  Kanter, 

Direktor  des  Progymnasiums  in  Pr.  Friedland, 
vorher  Oberlehrer  am  Königlichen  Gymnasium  in  Danzig. 

Als  ich  gleich  nach  den  Pfingstferien  in  vertraulicher  Mit- 
teilung  an  das  Elternhaus  zu  einer  Ferienreise  nach  dem 
Riesengehirge  aufforderte,  machte  ich,  um  die  Teilnehmerzahl 
zu  beschränken,    zur  Bedingung,    dafs  nur   solche  Schüler  der 


671 

Oberklassen  unserer  Ansialt  mitgehen  sollten,  die  bisher  noch 
keinen  Ferienaosflag  mitgemacht  hätten.  Dies  hatte  zur  Folge, 
dafs  die  Sekunda  diesmal  stärker  vertreten  war  als  die  Prima. 
Für  diejenigen,  welche  im  Vorjahre  in  der  hohen  Tatra  gewesen 
waren  und  die  Schlagendorfer-und  Meeraugspitze  bestiegen  hatten, 
hätte  auch  das  Riesengebirge  eine  Steigerung  der  Eindrücke 
oder  höhere  Anforderungen  an  die  Leistungs&higkeit  nicht 
zu  bringen  vermocht. 

Die  gröfseren  Schülerausflüge  nach  dem  Riesengebirge, 
der  sächsischen  Schweiz,  dem  Harz  und  jetzt  auch  nach  der 
hohen  Tatra,  die  ich  seit  dem  Jahre  1886,  wo  ich  von 
GraudenzzumerstenMaleauszog,  fast  alljährlich  veranstaltet  habe, 
erfreuen  sich  in  hiesigen  Kreisen  greiser  Beliebtheit.  Lehrer 
wie  Schüler,  die  bei  aller  äuiseren  Form  im  vertraulichsten 
Verkehr  die  Freuden  und  Strapazen  einer  solchen  Reise  teilen, 
sehen  mit  von  Jahr  zu  Jahr  sich  steigerndem  Interesse  dem 
Tage  entgeipen,  wo  der  auf  dem  hiesigen  Legethorbahnhofe 
bereitgestellte  Wagen  sie  nach  den  Bergen  entfülirt.  Bisher 
ist  auch  noch  keiner  unbefriedigt  heimgekehrt,  weil  jedesmal 
vieles,  wie  gutes  Wetter,  kräftige  und  ausreichende  Verpflegung, 
treffl  eher  Gesundheitszustand  u.  dergl.,  zusammentraf,  das  den 
normalen  Verlauf  der  Wanderungen  begünstigte  und  die  Stim- 
mung auf  denselben  hob  und  belebte. 

Zum  Gesundheitszustand  will  ich  gleich  vorweg  bemerken, 
AblÜs  auf  meinen  vielen  Reisen,  an  denen  sich  bis  30  und  zu-* 
meist  mehr  Schüler  beteiligten,  nie  ein  solcher  einer  ün- 
päfslichkeit  halber  auch  nur  einen  Tag  hat  pausieren  müssen 
und  dafs  meine  wohl  assortierte  Reiseapotheke  verhältnismälsig 
selten  in  Anspruch  genommen  wurde.  Sporadische  Magen- 
verstimmungen infolge  leichtfertigen  Genusses  zu  kalter  Ge- 
tränke sind  vorgekommen,  und  Nasenbluten  bei  groiser  Hitze 
hat  manchmal  kleine  Verzögerungen  auf  den  Märschen  herbei- 
geführt, doch  dies  hat  nie  hemmend  auf  das  Ganze  gewirkt. 
Namentlich  haben  die  Füfse  der  einzelnen  Teilnehmer,  die  ich 
allerdings  tagelang  vor  Antritt  der  Reise  in  Pflege  nehmen 
lasse   und  auch  während  der  Reise  sorgfältig  beobachte,  niemals 


672 

Kummer  bereitet.  Schon  dieser  gute  G-esundheitsznstand  allein 
müJste  hier  im  Osten  Kollegen^  die  Liebe  znr  Jagend  und 
Lust  zu  solchen  Reisen  haben,  aber,  wie  mir  oft  versichert 
wurde,  die  grolse  Verantwortung  nicht  tragen  wollen,  anspornen, 
derartige  Ferienausilüge  nach  den  deutschen  Mittelgebirgen 
oder  anderen  Zielen  zu  veranstalten.  Eltern  und  Schüler 
werden  es  ihnen  danken.  Dazu  kommt  noch  die  Billigkeit  einer 
solchen  Reise  (Eisenbahnfahrpreis  in  der  dritten  Wagenklasse 
zu  den  Sätzen  der  Militärbillets),  sowie  die  reiche  Belehmng 
und  Ejräftigung,  welche  der  Jugend  dabei  geboten  wird. 

Diesmal  hatte  ich  für  die  Grofsstadt  Breslau  und  ihre 
Sehenswürdigkeiten  nur  wenig  Zeit  gelassen,  um  volle  sechs 
Tage  im  Riesengebirge  selbst  zubringen  zu  können.  In  Warm- 
brunn entstiegen  wir  in  der  Frühe  des  1.  Juli  der  Eisenbahn, 
nachdem  die  schlesische  Gebirgsbahn  schon  viele  Natnr- 
schönheiten  gezeigt  hatte.  Das  Gebirge  selbst  fanden  wir 
noch  verhältnismäfsig  leer,  weil  die  schlesischen  und  branden- 
burgischen Anstalten  erst  später  den  Unterricht  schliefen,  was 
der  Verpflegung  der  stattlichen  Schar  nicht  wenig  zu  gute 
kam.  Von  Warmbrunn  aus  ging  die  Fu&wanderung  über 
Giersdorf,  Hain,  Saalberg,  Kynast,  Hermsdorf,  Petersdorf, 
Kochelfall,  Schreiberhau,  Zackelfall,  neue  schlesische  Baude, 
Mummelfälle,  Neuwelt,  Harrachsdorf,  Hofbauden,  Kesselkappe, 
Pantschefall,  Eibbrunnen,  Schneegruben,  Eibfall,  Spindelmühle 
(St.  Peter),  Ziegenrücken,  Schneekoppe,  Melzergrund,  Krumm- 
hübel,  Brückenberg,  Kirche  Wang,  Grofeer  Teich,  Prinz 
Heinrich-Baude,  Riesengrund,  Petzer,  Dunkelthal,  Johannisbad, 
Freiheit,  Trautenau  nach  Weckelsdorf;  dann  folgte  die  Rück- 
fahrt nach  Breslau  und  von  da  am  folgenden  Tage  nach 
Danzig. 

Wenngleich  sich  keine  Tour  über  30  km  ausdehnte,  so 
brachte  doch  auch  diese  Reise  einen  viermaligen  Kammau&tieg 
und  stellte  schon  darum  beträchtliche  Anforderungen  an  die 
Kraft  und  Ausdauer  unserer  Wanderer.  Ich  kann  jedoch 
auch  diesen  jungen  Danzigem  das  Zeugnis  nicht  versagen, 
dafs  sie  sich  wacker    mit   allen  Strapazen    abgefunden   haben. 


673 

Im  Yoijalire  gefiel  im  schönen  Ungarlande  allgemein  die 
stramme  fialtang  unserer  weither  gereisten,  musterhaft  ge- 
ordneten Schülersohar.  Das  wnrde  uns  des  öfteren  bekundet 
imd  auch  im  „Pester  Uoyd*^  ausgesprochen,  der  in  der  Nummer 
vom  13.  Juli  eine  Schilderung  dieser  Reise  mit  der  für  uns 
schmeichelhaften  Bemerkung  schlofs:  „Vielleicht  wird  sich 
dadurch  eine  ungarische  Schulleitung  angeregt  fühlen,  dem 
Beispiele  eines  ausländischen  Institutes  zu  folgen  und  unseren 
Kindern  die  Schönheiten  ihres  eigenen  Vaterlandes  zu  zeigen. 
Dafs  ein  solcher  Versuch  bisher  gemacht  worden  wäre,  davon 
haben  wir  nichts  gehört,  und  doch  wäre  dieser  Zweck  im 
Inlande  selbst  noch  viel  wohlfeiler  zu  erreichen,  als  von  — 
Danzig  aus.'^  Auch  diesmal  bev^fthrten  die  in  Rübezahls  Aeich 
schon  fast  heimischen  und  überall  gern  gesehenen  und  freudig 
begrülsten  Danziger  ihren  alten  Ruf 

Alle  sind  mit  dem  Gefühle  heimgekehrt,  dals  ihnen  für 
die  verhältnismäßig  niedrige  Summe  von  46  Mark,  mit  welcher 
Eisenbahnfahrt,  Nachtquartier  (Betten)  und  volle  Verpflegung 
einschlieislich  der  Getränke  bestritten  wurden,  ein  seltener 
Genuis  bereitet  worden  sei. 


^U!^  Derfammlittiseti  tmb  Vereinen* 


Bericht  ftber  die  Thätigkeit  der  schalhygienischen 
Sektion  des  VIII.  internationalen  Kongresses  flir  Hygiene 

und  Demographie  in  Budapest. 


Von 

Dr.  med.  Heinbich  Schuschny, 

Schularzt  and  Professor  der  Hygiene  in  Budapest. 

(SehlnXli.) 

IV. 

Die  vierte  Sitzung  wurde  mit  einem  Vortrage  des  Pro- 
fessor Dr.  Moritz  KiBMlK-Budapest  eröffiiet,  der  eine  „Kritik 
der    gegenwärtigen    Schulorganisation    mit    Berück- 

Scbulgwnndhcitspfleg«  YII.  43 


674 

sichtignng  physiologischer  Grundsätze^  gab.  Die  land- 
läufige OrganisatioQ  des  öffentlichen  Schulwesens,  welche  es  foi 
mAgUoh  erachtet,  den  Abschiuis  der  allgemeinen  Bildung  und  des 
erziehenden  Unterrichts  in  den  verschiedenen  Lehranstalten  auf 
▼erschiedeae  Lebensalter  zu  verlegen,  scheint  keineswegs  der  Ge- 
setZTuäisigkeit  physiologischer  Eotwickelung  zu  entsprechen.  Sie 
zwingt  dem  jugendlichen  Geiste  Vorstellungen,  Begriffe  und  Em- 
pfinduDgen  auf,  welche  derselbe  kaum  aufzufassen  und  uaohza- 
fahlen,  viel  weniger  werkthätig  zu  benutzen  vermag.  Die  Er- 
gänzung des  üblichen  Schulunterrichtes  durch  systematische 
Betreibung  der  Natur  wissenschatten  kann  der  Einseitigkeit  unseres 
Bildungs Wesens  keineswegs  abhelfen.  Aus  physiologisch-psycho- 
logischen Gründen  ist  vielmehr  dahin  zu  streben,  daTs  dem  auf 
Begriffs-  und  Gedankenbildung  gerichteten  Unterrichte  eine  su 
künstlerischer  und  technischer  Fertigkeit  befähigende  Bildung 
zur  Seite  trete.  Neben  Sprachschulen  bedürfen  wir  echter  Eunst- 
und  Werkschulen.  Die  übliche  Lehrweise  läfst  die  physio- 
logischen Gesetze  der  Übung  und  G^wohnheitsbildung  vielfach 
aufser  acht;  diese  fordern  mehr  Konzentration  der  Geistes- 
thätigkeit,  andauernde  Beschäftigung  in  gleichem  Sinne. 

Dann  folgte  der  Vortrag  des  Schularztes  Dr.  Heinbigh 
ScHUBCHNY  aus  Budapest:  „Beiträge  zur  Nervosität  der 
Schuljugend^.  Eledner  teilte  zunächst  die  Resultate  mit, 
die  sich  bei  seinen  an  den  Schülern  der  Staatsoberrealschaie 
im  V.  Bezirke  zu  Budapest  angestellten  Untersuchungen  ergeben 
haben.  Ein  grofser  Teil  der  Knaben  kommt  mit  nervöser 
Disposition  in  die  Schule.  Auf  dieser  Grundlage  stellen  sich 
später  nervöse  Symptome  ein.  Je  länger  der  Schulbesuch 
dauert,  um  so  mehr  nimmt  die  Zahl  der  Schüler  zu,  welche  an 
Nervosität  leiden.  Nervöse  Erscheinungen  stellen  sich  aber 
auch  bei  solchen  ein,  die  mit  gesundem  Nervensystem  in  die 
Schule  eingetreten  sind.  Den  Kampf  gegen  die  Nervositfti 
müssen  EUernhaus  und  Schule   gemeinsam  führen. 

Dr.  Alfbed  Spitzneb- Leipzig  sprach  über  „Geistige 
Überanstrengung  in  den  Schulen  und  Nervosität". 
Vortragender  weist  die   von    der    Medizin    vertretene   Ansicht, 


676 

die  Nervosität  der  Schnlkinder  entspringe  zumeist  der  Über- 
anstrengang  derselben  in  der  Schule,  als  unbegründet  zurück. 
Es  werden  nicht  wenige  psychische  Eigentümlichkeiten  der 
Kinder,  welche  unter  den  thatsächlichen  Umständen  des  jugend- 
lichen Lebensalters  naturgemäfs  auftreten ,  von  Seiten  der 
materialistisch  urteilenden  Ärzte  &lsohlich  für  krankhafte, 
durch  die  Schule  verursachte  Zustände  gehalten. 

Fräulein  Luise  Leistneb  aus  Gablenz-Chemnitz  behandelte 
das  Thema:  „Was  kann  gegen  die  Nervenüberreizung 
der  heranwachsenden  Jugend  gethan  werden?^  und 
kam  zu  dem  Schlüsse,  dafs  man  mit  rationeller  Ernährung  und 
Erziehung  der  Nervosität  am  besten  beizukommen  vermöge. 

Professor  Dr.  JSbbmann  CoHN-Breslau  sprach  darauf  über 
die  Frage:  „Was  kann  die  Schule  gegen  die  Mastur- 
bation der  Kinder  thun?"  und  gab  praktische  Vor- 
schläge, wie  diesem  Übel  am  besten  zu  steuern  sei. 

Privatdocent  Dr.  Joseph  H.  NsuMAi^N-Budapest  trug  über 
„Nasenkrankheiten  der  Kinder  und  Gesangunterricht*^ 
vor.  Das  Singen,  so  führte  er  aus,  ist  nie  der  Lunge  eines  Kindes 
schädlich,  da  der  Kehlkopf  früher  ermüdet  als  die  Brust  und 
letztere  daher  nicht  überanstrengt  werden  kann ;  die  Blasticität 
der  Lungen  nimmt  keinen  Schaden  davon.  Abgesehen  von  der 
Übung  aber,  die  diese  erfahren,  erheitert  das  Singen  auch  das 
kindliche  Gemüt,  was  bei  unserer  nervösen  Generation  sehr 
not  thut. 

Dann  kam  das  Referat  des  Dr.  MANaEKOT  aus  Paris: 
yfDie  Schule  und  die  epidemischen  Krankheiten^  an 
die  Reihe.  Der  Vortragende  hob  in  seinen  Thesen  die  Not- 
wendigkeit der  Reinlichkeit  und  Desinfektion  der  Schulen 
hervor  und  wünschte  die  Erteilung  eines  Unterrichtes  in  der 
öffentlichen  und  privaten  Hygiene  an  die  Schüler. 

V. 

Die  fünfte  und  letzte  Sitzung  begann  mit  dem  Referate 
des  Professor  Dr.  Albebt  PaXiMBebg  -  Helsingfors.  Dasselbe 
behandelte  das  Thema :  „Die  Schule  und  die  epidemischen 

43* 


676 

Krankheiten^.  Palmbebg  fand  durch  seine  statistisohen 
üntersachnngen,  dafs  die  ünterriohtsanstalten  sehr  hftnfig  die 
epidemischen  Krankheiten  verbreiten.  E!r  empfiehlt  dagegen 
Anzeigepflicht,  Isolierung  nnd  Desinfektion  nnd  gibt  bezüglich 
der  letzteren  Ratschläge.  Gesunde  Kinder  aus  infizierten 
Familien  dürfen  die  Schule  nicht  eher  wieder  besuchen,  alB 
bis  die  vorgeschriebene  Desinfektion  ihrer  Wohnung  durch- 
geführt ist. 

Dr.  H.  GuTZMANN  aus  Berlin  sprach  „Über  die  körpe^ 
liehe  Erziehung  taubstummer  Kinder^.  Er  führte  aus, 
dals  das  taubstumme  EAnA  sich  in  einem  erheblichen,  die 
spatere  Erwerbsfähigkeit  ge&hrdenden  körperlichen  Rückstande 
befinde,  um  diesen  auszugleichen,  zum  Teil  auch  ganz  zu  be- 
seitigen, ist  möglichst  frühzeitig  auf  die  physische  Erziehung 
desselben  in  Familie  und  Schule  Bedacht  zu  nehmen  und  diese 
auch  über  die  Schulzeit  hinaus  noch  planmäfsig  fortzusetzen. 
In  und  nach  dieser  Zeit  geschieht  dies  am  besten  durch  Laut- 
sprachübungen und  Turnen.  Vor  der  Schulzeit  sind  die  taub- 
stummen Kinder  vom  3.  Lebensjahre  an  womöglich  einem 
zweckmäßig  eingerichteten  Kindergarten  zu  übergeben,  in 
welchem  den  Bewegungsspielen  die  Hauptrolle  bei  den  körper- 
lichen Übungen  zu&llt. 

Dr.  Max  Roth  aus  Wien  hatte  sich  das  Thema  gewählt: 
„Über  die  Prophylaxis  der  Skoliose^.  Er  hält  die  ständige 
Kontrolle  der  Wirbelsäule  bei  den  Schulkindern  wenigstens  einmal 
im  Quartal  für  die  sicherste  Schutzmalisregel,  indem  auf  diese 
Weise  jede  Rückgiatsverkrümmong  im  Beginne  erkannt  wird 
und  eine  orthopädische  Behandlung  erfahren  kann.  Verbreitung 
hygienischer  Kenntnisse,  gesundheitsgemälse  Einrichtung  der 
Schule  und  eine  systematisch  durchzuführende  körperliche  ESr- 
ziehung  der  Jugend  werden  weiter  von  ihm  befürwortet. 

Darauf  besprach  Dr.  Joseph  SüMEGi-Budapest  „Das 
Turnen  der  Kinder  mit  schwachem  oder  kränklichem 
Körperbau^.  Heutzutage  sind  riele  Schüler,  die  das 
Turnen  notwendig  brauchen,  mit  Rücksicht  auf  ihren  körper- 
lichen Zustand  (Blutarmut,  Skoliose,   Kyphose,   nach  Grelenk- 


677 

entzündongen  zurückgebliebene  fdcktionelle  StörnBgen,  Maskel- 
atrophie  nach  Kinderläkmnng  n.  s.  w.)  davon  dispensiert.  Zum 
Beeten  solcher  sollten  öffentliche  Anstalten  errichtet  werden,  in 
welchen  für  schwedische  Heilgymnastik,  Spielübnngen  nnd 
Brausebäder  gesorgt  wäre.  Daneben  sei  eine  unter  ärztlicher 
Leitung  stehende  orthopädische  Abteilung  in  jeder  Anstalt  zu 
errichten. 

Sodann  berichtete  der  Präsident,  dalB  mehrere  AntrSge 
gestellt  seien:  L  Dr.  Francis  Wabneb  wünscht,  das  vom 
Londoner  hygienischen  Kongresse  behufs  UntersuchuDg  von 
Kindern  gebildete  Komitee  möge  aufgefordert  werden,  seine 
Arbeit  fortzusetzen  und  die  Resultate  derselben  dem  oächsten 
Kongresse  vorzulegen.  2.  Dr.  AüBBY-Saint  Brieuc  empfiehlt, 
dals  der  Unterricht  in  den  Elementen  der  G-esundheitslehre 
nicht  nur  auf  Lehrer  und  Eindergärtnerinnen,  sondern  auch 
auf  jene  Personen  ausgedehnt  werde,  deren  Beruf  sie  in  fort- 
währende Berührung  mit  Kindern  bringe.  3.  Dr.  Tauffeb 
aus  Temesvar  stellt  den  Antrag,  die  Sektion  möge  aussprechen, 
dafs  nur  solche  Wohnungen,  bezw.  Zimmer  an  Schüler  von 
auswärts  vermietet  werden  dürfen,  gegen  welche  der  beamtete 
Arzt  keinen  Einwand  erhebe;  die  Wohnungskontrolle  möge 
auJserdem  auch  im  Laufe  des  Schuljahres  erfolgen.  4.  Die 
auf  die  obligatorische  Einführung  der  Steilschrift  in  die  Schulen 
bezügliche  These  der  Herren  Dr.  Paul  ScHUBERT-Nürnberg, 
Professor  Kabl  GiBABD-Bern,  Direktor  Emanuel  BATR-Wien 
und  Professor  Bela  KlBPlTi-Budapest  (s.  diese  Zeitschrift^ 
1894,  No.  11,  S.  611)  wurde  einstimmig  angenommen.  6.  Pro- 
fessor Dr.  Julius  DoLLiKOEB-Budapest  erwähnte  anläfslich 
der  Debatte  über  epidemische  Krankheiten,  daCs  gesunde  Kinder, 
deren  Eltern  oder  Geschwister  an  einer  Infektionskrankheit 
erkrankt  seien,  durch  das  Verbot  des  Schulbesuches  in  dem 
Fortsetzen  ihrer  Studien  gestört  wären;  manmüfste  dafür  Sorge 
ragen,  dafe  solche  Kinder  in  „Isolierschulen^  UDterricht  er- 
hielten. Die  Sache  wäre  noch  nicht  spruchreif,  aber  der  Er> 
wägung  wert.  Die  Sektion  beschlofs  einhellig,  den  Wunsch 
Professor  Dollingebs  als  selbständigen  Antrag  anzunehmen  und 


678 

denselben  nebst  den  übrigen  Anträgen  behuCs  Beacbliilsfassnng 
der  permanenten  Kommission  des  Kongresses  vorzalegen. 

Dr.  KoTELMANiff-SLamba]^,  der  an  diesem  Tage  das  Ehren- 
präsidium fährte,  ergri£P  hierauf  das  Wort,  nm  auf  die  erfren- 
liohen  Ergebnisse  der  Sektionsverhandlnngen  einen  Rückblick 
zu  werfen  und  die  Mitglieder  zu  ermahnen,  das  hier  Angeregte 
nun  auch  in  der  Heimat  nach  Möglichkeit  zu  yerwirklichen. 
(Lebhafter  Beifall.) 

Architekt  Kabl  Hiktbages  aus  Wien  hob  die  grolsen 
Verdienste  des  Präsidiums  um  die  Vorbereitung  und  Leitung 
der  Beratungen  hervor.  Er  beantragte  ein  Dankesvotum  fbr 
den  Präsidenten  Professor  Dr.  Dollingeb.     (Beifall.) 

Landtagsabgeordneter  von  Schenckbndobff- (Görlitz  ge- 
dachte der  Liebenswürdigkeit  und  Gastfreundschaft,  welche  den 
Kongrelsmitgliedem  allerseits  in  Budapest  entgegengebracht 
worden  sei.  Er  schlug  zugleich  ein  Dankesvotum  an  die  Sohrifi- 
führer  vor.     (Beifall.) 

Zuletzt  dankte  Professor  Dr.  Dollingeb  für  die  ihm 
gewordene  freundliche  Anerkennung,  worauf  die  Sitzung  ge- 
schlossen wurde. 


Die  Schulhygiene. 

Vortrag, 
gehalten  auf  dem  V.  deutBch-österreichischen  Mittelsohidtage  in  Wien. 

Von 

Professor  Dr.  phil.  Gustav  Hergbl, 

Gymnasialdirektor  in  Aassig. 
(Schloik.) 

Oerne  würden  wir  die  Klasse  verlassen,  um  uns  weiter 
umzusehen,  müfsten  wir  nicht  fürchten,  den  Unterricht  su 
stören,  denn  es  ist  erst  8  V«  Dhr.  Da  ertönt  das  Glockenzeichen. 
Schon  glauben  wir,   dafs  dies   ein  Feuersignal  sei,  da  wir 


679 

eben  die  Yerhaltangemafsregeln  für  Schüler  bei  Feuers-  und 
sonstigen  plötzlich  eintretenden  Gefahren  darchflogeo  haben; 
doch  mit  nihigem  Lächeln  begegnet  nnser  Begleiter  unseren 
angsterfüllten  Mienen,  indem  er  uns  bedeutet,  dais  hier  der 
Unterricht  nicht  nach  Stunden  zu  60  Minuten  erteilt 
werde,  sondern  dafs  einzelnen  Gegenständen  eine  halbe,  anderen 
eine  Dreiviertelstunde,  was  als  das  Maximum  einer  uDunter- 
brochenen  Unterrichtszeit  gelte,  zugewiesen  sei.  Die  dadurch 
gewonnene  freie  Zeit  wird  teils  den  körperlichen  Übungen 
gewidmet,  indem  zwischen  je  zwei  Unterrichtsstunden  eine 
Pause  von  mindestens  einer  Viertelstunde  eingeschoben  ist, 
teils  hat  man  so,  und  zwar  namentlich  in  den  unteren  Klassen, 
die  Möglichkeit  geschaffen,  den  Unterricht  in  den  den  Geist 
anstrengenden  Gegenständen  trotz  seines  späteren  Beginnes 
im  Winter  als  um  8  Uhr  auf  den  Vormittag  zu  be- 
schränken, während  die  Nachmittage  für  das  Turnen, 
den  Handfertigkeitsunterricht,  die  Spiele,  die 
Spaziergänge,  das  Schlittschuhlaufen,  das  Baden 
je  nach  Jahreszeit  und  Witterung  frei  bleiben.  Überdies  wird 
an  dieser  Anstalt  nicht  nur  ein  ausgiebiger  und  dem  Studium 
trotzdem  keineswegs  nachteiliger  Gebrauch  von  den  Hitz- 
ferien gemacht,  sondern  für  besonders  schöne  Tage  im  Winter 
auch  der  Schulunterricht  zu  Gunsten  des  Schlittschublaufens 
aufgelassen.  Kaum  sind  wir  im  stände,  uns  alles  dies  zu- 
sammenzureimen, da  zu  unserer  Zeit  es  durchaus  nicht  gern 
gesehen  wurde,  wenn  wir  Schlittschuhlaufen  gingen,  von  anderen 
körperlichen  Übungen  gar  nicht  zu  reden,  die  uns,  wie  z.  B. 
das  Rudern ,  geradezu  verboten  waren.  Selbst  des  einzigen 
Ausfluges  im  Jahre  an  dem  ersehnten  dies  maialis  erinnern 
wir  uns  mit  recht  gemischten  Gefühlen. 

Als  wir  nun  unsere  Freude  darüber  aussprechen,  dafs  wir 
nirgends  die  im  wahrsten  Sinne  des  Wortes  in  üblem  Gerüche 
stehende  „SchuUuft^  zu  atmen  gezwungen  waren,  andererseits 
aber  verwundert  erklären,  in  den  Schulzimmern  Thermometer 
vermiüst  zu  haben,  da  doch  das  subjektive  Wärmegefühl  ein 
viel  zu  unzuverlässiger  Gradmesser  sei,  führt  uns  der  Direktor 


680 

in    das  Souterrain,    das    aber    keineswegs   dampfe,    düstere 
Käume  birgt,  sondern   uns  abermals  Worte   der  BewuDdenmg 
und  des  Staunens  entlockt.    Hier  steht  ein  Druckluftmotor, 
der  Sommer  und  Winter   hindurch   allen  Räumlichkeiten  die 
nötige  frische  Luft,  nicht  Gang-,  Keller-  oder  Hofluft  zufährt, 
hier  befindet   sich    die  Feuerung   der    obenerwähnten  Central- 
heizung    und    in    Verbindung    mit    derselben    die    Distaziz- 
thermometer   von  Bonnbsen,    nach  denen  der  Wärmegrad 
in  den  einzelnen  Räumen   reguliert   werden  kann.     Hier  sind 
auch    die    Brausebäder    untergebracht,    die,     wie    uns   der 
Direktor   versichert,  einen    wahren  Segen    für  die  Gesundheit 
der  Schüler  bilden.    Schwache  Bedenken,  die  wir  gegen  diese 
Einrichtung  erheben  (Störung  des  Unterrichtes  u.  dgl.),  werden 
von  ihm  mit  Berufung  auf  seine  diesbezüglichen  langjährigen 
Erfahrungen  widerlegt.     Der  Boden  ist  mit   einem  Lattenrost 
belegt,  an   der  Wand  hängt  eine  Badeordnung,  nach   welcher 
sich  die  Schüler  genau  zu  richten  haben.     Im  Souterrain  be- 
findet  sich  aber  auch  noch   die  Schuldienerwohnung  und 
ein    freundliches  Zimmer,    in    welchem   jenen  Schülern,    die 
über   Mittag   nicht   nach  Hause   gehen   können,    ein   billiges, 
kräftiges  Mittagsmahl  vorgesetzt  wird.    Endlich  ist  hier  noch 
in    einem   abgesonderten  Räume  ein   Dampfdesinfektions- 
apparat aufgestellt. 

Voll  Freude  und  Genugthuung,  soviel  Belehrung  aus 
unserem  Besuche  geschöpft  zu  haben,  steigen  wir  wieder  in 
das* Parterre  hinauf  und  gehen  über  den  Hof,  der,  wohldrainiert, 
planiert  und  mit  feinem  Kies  bestreut,  als  Sommer turnplatz 
verwendet,  im  Winter  dagegen  als  Platz  zum  Schlittschuh- 
laufen hergerichtet  wird.  Auf  der  dem  Eingange  entgegen- 
gesetzten Seite  desselben  befinden  sich  zwei  Gebäude.  Das  eine 
ist  eine  luftige,  gedeckte  Regen-  und  Spielhalle.  Im 
Winter  tummeln  sich  die  Schüler  während  der  Pausen  in  der« 
selben  herum,  im  Sommer  dient  sie  bei  Regen  und  allzu  groiser 
Hitze  als  Turn-  und  Spielplatz.  Das  andere  Gebäude  bildet  einen 
vollständig  geschlossenen  Raum  mit  hohen  Fenstern,  über  dem 
sich  die  Wohnung  des  Direktors  befindet.     Das  ist  der  Saal 


681 

für  den  Handfertigkeitsunterricfat,  der  als  nicht  obli- 
gatorischer, aber  nahezu  von  allen  Schülern  besuchter  unter- 
richi^egenstand  von  einzelnen  Handwerksmeistern  unter  steter 
Aufsicht  eines  Lehrers  erteilt  wird  und  sich  auf  die  Tischlerei, 
besonders  Hobelarbeiten,  das  Modellieren,  die  Buchbinderei 
und  das  Anfertigen  leichter  Metallarbeiten  erstreckt.  Dem- 
entsprechend erscheint  der  Saal  auch  eingerichtet. 

Die  nach  Osten  gelegene  Schmaiwand  dieses  für  Knaben- 
handarbeit bestimmten  Gebäudes  ist  durchbrochen.  Es  ragt 
hier  ein  mittelgrofses,  kreisrundes  Aquarium  zur  Hälfte 
herein,  welches  mit  der  anderen  Hälfte  in  einem  freundlichen 
Treibhaus  liegt.  Letzteres  weist  auch  noch  als  Neben- 
abteilungen ein  Terrarium  und  einen  Zwinger  zur  Insekten- 
zucht auf.  Alles  dies  wird,  sowie  der  das  ganze  Schulgebäude 
umgebende  Schulgarten,  welcher  eigene  Abteilungen  für 
eine  Baumschule,  für  medizinische,  Oift-,  Nutz-  und  Zier- 
pflanzen aufweist,  von  einem  Diener  der  Anstalt  unter  Leitung 
des  Professors  der  Naturgeschichte  in  stand  gehalten.  Doch 
nicht  nur  im  Gartenbau,  in  der  Obstbaumzucht,  im  Feldbau 
und  in  der  Waldkultur  können  sich  die  Schüler  hier  elementare 
Kenntnisse  erwerben,  sondern  auch  in  der  Bienenzucht 
und  im  Seidenbau,  da  auch  hierauf  in  dem  wohlgepflegten 
Garten  Rücksicht  genommen  ist. 

Den  Spielplatz  zu  besichtigen,  ist  uns  nicht  mehr 
möglich,  da  er  in  Anbetracht  seiner  greisen  Ausdehnung  auCser- 
halb  der  Stadt  angelegt  werden  muiste.  Wir  hören  nur,  dafs 
er  fleifsig  benutzt  wird,  ohne  dals  ein  direkter  Zwang  auf  die 
Schüler  zur  Ausübung  gelangt.  Der  Platz  selbst  ist  an  den  Seiten 
mit  schattenspendenden  Bäumen  bepflanzt.  Auch  steht  daselbst 
ein  verschliefsbarer  Schuppen  zur  Aufnahme  der  Spielgeräte 
und  der  Oberkleider  der  Spieler.  Daran  schliefsen  sich  sauber 
gehaltene  Bedürfnisräume.  Der  Boden  ist  streckenweise  mit 
Teerbeton  versehen,  der  sich  durch  seine  zähe  und  doch  zu- 
gleich weiche  Konsistenz,  durch  seine  Haltbarkeit  und  Wohl- 
feilht^it  besser  eignet  als  Makadamisierung,  ja  selbst  als 
gewöhnliche  Asphaltpflasterung,  die  leicht  glatt  und  hart  wird. 


682 

Schon   fürchten   wir,    unseren  liebeDS würdigen  Führer   zu 
lange  in  Ansprach  genommen  zu  haben,  aber  trotzdem  können 
wir  uns,   in    das  Direktorat    zurückkehrend,    die  Frage    nicht 
versagen,  ob  denn   die  Schüler  Zeit  genug   finden,  allen 
diesen  Beschäftigungen    nachzugehen.     Da    wird   uns   nun    an 
der  Hand    des    Stundenplanes    nachgewiesen,    dals    durch    die 
oben    angedeutete     Beschränkung    der    Unterrichtszeit,    durch 
richtige  Verteilung  von  körperlicher  und  geistiger  Arbeit,  durch 
ein  verständnisvolles  Entgegenkommen  der  Eltern,   indem    sie 
der  Anstalt    die   Schüler    auch    für   jene  Stunden    zuschicken, 
welche  früher  dem  verwerflichen  Nachsitzen,  oder  dem  zweck- 
und  meist  auch  erfolglosen  Privatunterrichte   gewidmet  waren, 
endlich   durch   das   Aufgeben   der   irrigen    Meinung,   dafSs    das 
Kind  nicht  ausruhe,  wenn  es  täglich   nicht  stundenlang  durch 
die  Gassen   schlendere   oder    durch    aufregende    Romanlekture 
sich  zerstreue,  vollkommen  hinreichende  Zeit  gewonnen  werde, 
um  Körper,  Geist   und  Gemüt  der  Schüler  entsprechend    aus- 
zubilden.      Dispensationen      von     einzelnen      Unterrichts- 
gegenständen  kommen  höchst  selten  vor  und  werden  nur  gewahrt 
auf    Befürwortung    des    Schularztes    und    unter    der   Voraus- 
setzung,  dats    die    freie  Zeit    nicht   durch    Privatunterricht    in 
Anspruch    genommen    wird.     „Nur  vor   einem,"    scblois    der 
aohtungeinflö&ende,     erfahrungsreiche     Mann,     „möchte      ich 
warnen,    nie    auiser    acht    zu    lassen,  dafs    die    Familienbande 
durch   eine   derartige   vielseitige  Inanspruchnahme  des  Kindee 
von  selten  der  Schule  nicht  gelöst,  auch  nicht  gelockert  werden 
dürfen,  eine  traurige  Erfahrung,   die  man   in  Frankreich    und 
England    vielfach    mit   den    Internaten   gemacht  hat.     Danzin 
müssen   die  Schüler   den  Abend    im  Kreise    ihrer  Lieben    zu- 
bringen, und  diese  Zeit  darf  ihnen  auch  nicht  verkürzt  werden 
durch  schriftliche  Hausaufgaben;  die  mündliche  häusliche  Vor- 
bereitung ist   gleichfalls    auf   das    denkbar    bescheidenste  Mafs 
einzuschränken,    und    zwar    durch    eine    entsprechende    Lehr- 
methode. ^ 

Bevor  wir  uns  zum  Gehen  wenden,   werden  wir  noch  in 
ein   an    das  Direktorat  anstofsendes  Zimmer  geführt.     Es    ist 


683 

das  Arbeitazimtner  des  Schularztes  nnd  des  OesuDdheits- 
iogeniears,  die  beide  vollberechtigte  Mitglieder  des  Lehr- 
körpers sind.  Während  der  Gesnndheitsingenienr  monatlich 
einmal  sich  von  dem  Znslande  sämtlicher  Lokalitäten  nnd 
Einrichtungsstücke  zu  überzeugen  und  auf  die  Beseitigung 
etwa  gefundener  hygienischer  Mängel  zu  dringen  hat,  ist  der 
Schularzt  nach  einer  eigenen  Instruktion  verpflichtet,  auf  den 
Gesundheitszustand  der  Schüler  sein  Augenmerk  zu  richten, 
wozu  auch  eine  ständige  Überwachung  der  häuslichen  Verbältnisse 
derselben  gehört.  Im  besonderen  sind  die  Schüler  alljährlich 
zweimal  gewissenhaft  von  ihm  zu  untersuchen  und  die  Re- 
sultate dieser  Untersuchungen  in  das  eingangs  erwähnte 
Gesundheitsbüchlein  bei  jedem  Schüler,  sowie  in  ein  eigens 
aufzunehmendes  Protokoll  einzutragen,  überdies  in  übersicht- 
licher Weise  dem  Direktor  zur  Veröffentlichung  in  dem  Pro- 
gramm zur  Verfügung  zu  stellen.  Femer  mufs  er  gemeinschaftlich 
mit  dem  Gesundheitsingenieur  alljährlich  einen  Bericht  für 
die  Sanitätssektion  im  Unterrichtsministerium  ausarbeiten, 
welcher,  vom  Direktor  mit  den  von  ihm  für  notwendig  erach- 
teten Erläuterungen  versehen,  derselben  vorgelegt  wird.  Die 
Kompetenz  dieser  beiden  Fachmänner  ist  durch  genaue  Be- 
stimmungen so  umschrieben,  dals  sich,  weder  unter  ihnen  selbst, 
noch  zwischen  ihnen  und  dem  Direktor,  dessen  selbständiges 
Verfügungsrecht  als  des  Leiters  der  Anstalt  gewahrt  bleiben 
mufs,  ein  diesbezüglicher  Konflikt  ergeben  kann. 

Von  Behelfen,  die  dem  Schularzte  zur  Ausübung 
seines  Berufes  zur  Verfügung  gestellt  werden,  finden  wir  hier 
Webbbs  Photometer,  Lambbeghts  Polymeter  zur  Messung 
der  Luftfeuchtigkeit,  den  WoLPEETschen  Apparat  zur  Be- 
stimmung des  Kohlensäuregehaltes  der  Luft,  die  OoHNschen 
flakentafeln,  die  SNELLENschen  Probebuchstaben,  die  Tafeln 
von  Magnus  zur  Untersuchung  des  Farbensinnes  u.  a.  m., 
endlich  eine  Schulapotheke  zur  ersten  Hilfeleistung  bei 
plötzlichen  Erkrankungen  oder  Unglücksfällen. 

Zum  Schlufs  gewährt  uns  der  Direktor  noch  einen  Ein- 
blick in  seine  Amtsschriften.     Da  sehen   wir  nun,    welche 


684 

gewissenhaften  nnd  sorgfältigen  Berichte  über  den  hygienischen 
Zustand  der  Schule  und  über  die  Gesundheitsverhältnisse  der 
Schüler  verfafst  werden.  Wir  finden  in  dem  Klassenbuche 
bei  jeder  Absenz  genau  die  Krankheit  verzeichuet,  welche  den 
Schüler  vom  Besuche  des  Unterrichtes  fernhielt,  wir  finden  in 
dem  Anstaltsprogramme  einen  übersichtlichen  Bericht  über  die 
vielseitige  Thätigkeit  des  Schularztes,  wir  finden  Blankette, 
die,  vom  Direktor  ausgefüllt,  den  Schülern  und  Lehrern  bei 
ihren  Ausflügen  Preisermäßigungen  auf  den  Bahnen  und  in 
den  Gasthäusern  sichern,  wir  finden  eine  vom  Schularzte  aus- 
gearbeitete Desinfektionsvorschrift  und  endlich  auch  eine  Dienst- 
ordnung für  das  Dienstpersonal  der  Anstalt.  Welche  eingehenden 
Bestimmungen  lesen  wir  hier  über  die  häufige  und  gründliche 
Reinigung  der  Schulräume  und  Einrichtungsstücke!  Kopf- 
schüttelnd wagen  wir  unsern  Zweifel  auszusprechen,  dafe  alle 
diese  Leistungen  von  einer  einzigen  Kraft  gewissenhaft  erfüllt 
werden  können.  Daraufhin  erfahren  wir  aber,  daCs  eben  nicht 
einer,  sondern  mehrere  Diener  der  Anstalt  zugewiesen  sind. 
Ihnen  liegt  nicht  nur  die  Reinigung,  Lüftung  und  Heilung 
der  Erlassen  ob,  sondern  auch  die  Au&icht  bei  den  Bädern  der 
Schüler,  die  Instandhaltung  des  Schulgartens,  ja,  sie  gehen  — 
und  dieser  Umstand  ist  ausschlaggebend  bei  der  Besetzung  der 
betrefifenden  Stellen — den  Schülern  auch  bei  dem  Handfertigkeits- 
unterrichte, bei  den  Gartenarbeiten  und  sonst  an  die  Hand. 

Voll  Dankes  scheiden  wir  von  unserem  lieben  Berafe- 
genossen  und,  diesem  idealen  Zukunftebilde  entrückt  und  in 
die  verbesserungsbedürftige  und  verbesserungsfähige  Gegenwart 
zurückversetzt,  zuckt  uns  ein  Gedanke  durch  den  Kopf: 
„Könnte  nicht  einmal  Österreich- Ungarn  mit  einer 
Reform  der  Schule  als  Erziehungsanstalt  entschieden 
vorangehen,  da  doch  diese  Reform  nur  eine  Frage 
der  Zeit  ist?^     (Bobgbbstbin.) 


686 


fiUiittre  Mitttünn^tn» 


90 

Über  die  Hygiene  des  Ohres  im  Sehnlalter  entnehmen  wir 
einem  in  der  „Internat,  klin,  Bundsch,^  mitgeteilten  Aufsätze  von 
Dr.  S.  ToMKA  das  folgende.  Die  Ohrenkrankheiten  treten  be- 
kanntlich am  h&afigsten  im  jugendlichen  Alter  auf.  Der  Grund 
hierffir  liegt  darin,  dafe  gerade  zu  dieser  Zeit  Leiden  der  Atmungs- 
organe, akute  Infektionskrankheiten  und  Erkrankungen  des  Central- 
oervensystems  in  sehr  grofser  Zahl  vorkommen.  Da  die  Affektionen 
des  GtehOrorganes  meist  als  Folgezustftnde  dieser  Krankheiten  auf- 
treten, so  bietet  sich  zur  Verhütung  derselben  ein  weiter  Spielraum. 
Von  den  Erkrankungen,  welche  Ohrenleiden  nach  sich  ziehen  können, 
sind  vor  allem  die  Nasenrachenkrankheiten  zu  erwähnen. 
Dieselben  verursachen  Leiden  des  Ohres  erstens  insofern,  als  sie 
sich  durch  die  Eustachische  Trompete  auf  das  Mittelohr  fortpflanzen. 
Zweitens  führen  sie  zum  Verschlufs  der  im  Rachen  gelegenen  Öffnung 
der  Trompete,  als  dessen  Folge  sich  Mittelohrkatarrh  entwickelt. 
Endlich  bildet  die  erkrankte  Nasenrachenschleimhaut  für  die  Ent- 
wickelung  pathogener  Mikroorganismen  einen  günstigen  Boden.  Wo 
daher  Kinder  mit  offenem  Munde  atmen,  nftselnd  sprechen,  einen 
charakteristisch  stupiden  Gesichtsausdruck  zeigen,  ist  das  Gehörorgan 
wiederholt,  womöglich  von  einem  Specialarzt,  zu  untersuchen  und 
eine  bestehende  Nasenrachenkrankheit  so  früh  als  möglich  zu  be- 
handeln; denn  es  läfst  sich  nur  dann  ein  sicherer  Erfolg  erwarten, 
wenn  im  Mittelohre  noch  keine  sekundären  Veränderungen  aufgetreten 
sind.  Das  ärztliche  Eingreifen  wird  nicht  nur  dadurch  belohnt, 
da(s  wir  das  Grehörorgan  vor  schwerer  Erkrankung  beschützen, 
sondern  wir  wirken  auch  moralisch  günstig  auf  diese  Kinder  ein,  die 
in  der  Schule  ihres  schlechten  Gehörs  wegen  meist  zurückbleiben 
und  deswegen  vielfach  getadelt  werden.  Was  die  akuten  In- 
fektionskrankheiten, Scharlach,  Diphtherie,  Masern,  Pocken, 
Influenza  und  Typhus,  betrifft,  so  ist  bekannt,  dafs  kein  Sinnesorgan 
im  Verlauf  derselben  so  häufig  erkrankt,  wie  das  Ohr.  Es  wird 
dies  leicht  begreiflich,  wenn  wir  bedenken,  da|s  die  bei  diesen 
Krankheiten  in  grofser  Zahl  sich  entwickelnden  Mikroorganismen 
auf  der  Nasenrachenschleimhaut  eine  eiterige  Entzündung  verursachen, 
welche  sich  durch  die  Ohrtrompete  auf  die  Tronunelhöhle  fortpflanzt. 
Hier  kann  die  Eiterung  Durchbruch  des  Trommelfells,  Zerstörung 
der  Gehörknöchelchen  und  so  Schwerhörigkeit,   durch  Weitergreifen 


686 

des  Leidens   aaf  das  Labyrinth  sogar  totale  Taubheit  yerarsachen. 
Aus    prophylaktischen  Gründen    ist    es    deshalb   empfehlenswert,  im 
Verlaufe  der  genannten  Infektionskrankheiten  den  Mund  und  Nasen- 
rachenraum   mehrmals  des  Tages    mit  schwachen  antiseptischen  Lö- 
sungen ausspülen  zu  lassen.     Bei  den  chronischen  Allgemein- 
erkrankungen,    wie   Skrofulöse,  Rhachitis,  Tuberkulose,  Anämie, 
angeborene  Syphilis,  die  mit  Erkrankungen  des  Gehörorgans  eiiiber- 
gehen  können,    vermag   eine  rationelle  Vorbeugung  auch  vieles  zu 
erreichen.     Durch    nahrhafte,    kräftigende  Kost,    gesunde  Wohnung, 
Aufenthalt  in  frischer  Luft  und    durch  entsprechende  ärztliche  Be- 
handlung vermögen  wir  nicht  nur  zu  verhindern,  daCs  sich  ein  Ohren- 
leiden  bilde,    sondern    wir    können  auch    ein  schon  bestehendes  in 
seinem  Fortschritt  beschränken.     Von  den  äufseren  Schädlich- 
keit en  für  das  Ohr  ist  in  erster  Reihe  das  beimWaschen,  Baden, 
Duschen  so  häufig  in  den  äufseren  Gehörgang  eindringende 
kalte  Wasser    zu    erwähnen.     In    vielen   Fällen    bleibt  dasselbe 
ohne  weitere  Folgen,  wohl  deshalb,  weil  die  Flüssigkeit  infolge  der 
Krümmung    des    Gehörgangf^s    nicht    leicht    bis    zum   Trommelfelle 
gelangt.     Bei  zahlreichen  Menschen  entsteht  jedoch  eine  Entzündung 
des  letzteren  und  der  Trommelhöhlenschleimhaut,  hauptsächlich  wenn 
der  Gehörgang  gerade  ist,  da  der  Druck  und  die  niedrige  Temperatur 
als  mechanische  und  thermische  Reize  wirken.     Obwohl  viele  dieser 
Fälle   heilen,    bleibt   doch   häufig  Trommelfellperforation,    Ohrenflnfe 
und  Hörstörung   danach   zurück.     Beim  Baden    müssen  deshalb   die 
Schüler  den  Kopf  so  in  die  Höhe  halten,   dafs  in  ihren  Mund,  ihre 
Nase   und  ihren  Gehörgang  keine   Flüssigkeit  eindringen  kann,   da 
dieselbe  von  der  Nase  und  vom  Rachen  aus  durch  die  Ohrtrompete 
leicht    in   das  Mittelohr  gelangt.     Aus    diesem  Grunde  empfiehlt  es 
sich  nicht,   beim  Baden   den  Kopf  unter  Wasser   zu  tauchen,    noch 
weniger    in  das  Wasser  zu  springen,   weil  in  letzterem  Falle   durch 
die   plötzliche  Luftverdichtung   eine  Trommelfellzerrei&ung  eintreten 
kann.     Will   man  jedoch   beides  nicht  entbehren,  so  ist  es  zweck- 
mäfsig,  die  Ohren  mit  in  öl  getauchter  Watte  zu  verstopfen,  eventuell 
darüber  noch  eine  Schwimmhaube  zu  ziehen.    Es  wirken  ferner  auf 
das  Ohr    nachteilig    die    kalten    Luftströme,    heftiger    Luftzug, 
feuchtes,    windiges  Wetter,    Erkältung,    indem  sie   eine  akute  Ent- 
zündung   des  Trommelfells    und    des  Mittelohrs  zu   verursachen  im 
Stande  sind.     Bei  vielen  Schülern  schaden  Wind,    Kälte  und  Nässe 
dem  Ohre   nicht,    während   bei   anderen  nach   diesen  Einflüssen    im 
Ohre  Empfindlichkeit,  Druck,  ein  Gefühl  der  Völle  und  Schmerz  als 
Vorboten  einer  beginnenden  akuten  Entzündung  auftreten.    Am  besten 
wird   die  Erkältung  dadurch   vermieden,    dafe  man   der  Schuljugend 
dem  Wetter  entsprechende  Kleidung  gibt  und  die  nassen  Kleider  und 


687 

Schahe  mit  trockenen  vertauschen  läfst.  Ohrenkranke  Kinder  sollen 
bei  schlechtem  Wetter  im  Ohre  Watte  tragen,  während  dies  bei 
gotem  Wetter  und  zu  Hause  nicht  nötig  ist.  Weiter  sind  die 
heftigen  Schallerschtltterungen  und  der  dauernde  Auf- 
enthalt in  geräuschvollen  Lokalitäten  fflr  das  Ohr  sehr 
schädlich.  Von  Explosionen,  Gewehrschüssen,  Maschinenhäusern, 
Lokomotiven  und  deren  Pfiffen  ist  namentlich  die  jüngere  Schul-- 
Jugend  möglichst  fem  zu  halten.  Öftßr  fügen  sich  auch  die  Kinder 
selbst  Schaden  am  Ohre  zu,  indem  sie  beim  Spielen  mit  schrill 
tönenden  Pfeifen  einander  ins  Ohr  blasen;  den  Gebrauch  dieser 
Pfeifen  sollte  man  streng  untersagen.  £benso  wäre  es  wünschenswert, 
die  hoheo  Pfiffe  der  Lokomotive  tiefer  zu  stimmen  oder  das  Pfeifen 
derselben,  wie  in  England,  ganz  abzuschaffen.  Durch  diese  Schädlich- 
keiten kann  heftiges  Ohrensausen,  ja  vorüberziehende  oder  bleibende 
Hörstörung  entstehen,  da  dieselben  wahrscheinlich  eine  starke  Er* 
schütterung  der  Labyrinthflüssigkeit  verursachen,  wodurch  die  End- 
ansbreitungen  des  Hörnerven  eine  plötzliche  Lageveränderung  erleiden 
und  auf  diese  Weise  gereizt  oder  sogar  gelähmt  werden.  Kuis 
aufs  Ohr,  Schlag  auf  die  Schläfengegend,  Ziehen  der  Ohrmuschel, 
starkes  Zusammenschlagen  der  Hände  in  der  Nähe  des  Ohres  können 
eine  TrommelfeUruptur  und  eine  Blutung  im  Mittelohre  und  Laby- 
rinthe nach  sich  ziehen.  Auch  Ohrfeigen^  vermögen  Ohrenleiden 
verschiedenen  Grades  zu  erzeugen.  Bei  dieser  Strafmethode  tritt 
leicht  durch  die  plötzliche  Luftverdichtnng  eine  Zerreifsung  des 
Trommelfells  ein.  welche  jedoch  zumeist  ohne  Folgen  in  kurzer  Zeit 
heilt.  Manchmal  bleiben  indessen  nach  Ohrfeigen  Ohrensausen  und 
Schwerhörigkeit  zurück,  hauptsächlich  dann,  wenn  keine  TrommelfeU- 
ruptur entstand.  In  diesem  Falle  nämlich  wirkt  die  lebendige  Kraft 
uogeschwächt  vom  Trommelfell  auf  den  Steigbügel  und  von  hier  auf 
das  Labyrinth,  so  dafs  Labyrintherschütterung,  Hörnervenlähmung 
und  totale  Taubheit  entstehen  kann.  Ebenso  wird  durch  die  Ent- 
fernung des  Ohrenschmalzes  bei  manchen  Schulkindern  eine 
Ohrenkrankheit  bedingt.  Dasselbe  fällt  gewöhnlich  in  halb  vertrocknetem 
Zustande  von  selbst  aus  dem  Ohre  dadurch,  dafs  die  Kieferbewegungen 
sich  auf  den  knorpeligen  Gehörgang  fortpflanzen.  Da  jedoch  dieser 
Umstand  nicht  bekannt  zu  sein  scheint,  trachten  viele,  das  Ohren-» 
schmalz  mittelst  Ohrschwämmchen,  Ohrlöffel,  zusammengerollter 
Haudtuchzipfel  unter  gleichzeitigem  Eingiefsen  von  Flüssigkeit  ans 
dem  Gehörgange  zu  entfernen.  Hierdurch  wird  jedoch  das  Ohren- 
schmalz nur  aufgeweicht  und  noch  tiefer  in  den  Gehörgang  geschoben. 
Wir  sehen  auch  thatsächlich  zumeist  bei  jenen  Personen  Ohrenschmalz» 


*  Vergl.  diese  Zeitschnft,  1894,  No.  3,  S.  163.     D.  Red. 


688 

anhänfungen,  die  der  Reinhaltung  ihrer  Gehörgänge  besondere  Sorgfalt 
widmen,  da  sie  das  Ohrenschmalz  in  den  knöchernen  Gehörgang 
hineindrücken,  anf  welchen  sich  die  Eieferbewegungen  nicht  mehr 
fortpflanzen.  Diese  Reinignngsmethoden  sind  daher  nicht  zweck- 
mäfsig;  es  genügt  vielmehr,  wenn  die  Ohrmuschel  and  die  Gegend 
der  äofseren  Ohröffnnng  mit  einem  in  lauwarmes  Wasser  getauchten 
Handtuche  abgewischt  werden.  Unter  den  die  Oiirenkrankheiten  der 
Kinder  yerursachenden  Schädlichkeiten  spielen  ferner  die  Fremd- 
kör  per  eine  wesentliche  Rolle,  Bohnen,  Erbsen,  Weizenkömer, 
Kieselsteine,  welche  namentlich  von  den  jüngeren  beim  Spielen  gern  ins 
Ohr  gesteckt  werden.  Auch  der  Volksgebrauch,  gegen  Zahnschmerz 
Zwiebeln  ins  Ohr  zu  legen,  ist  hier  zu  nennen.  Aufserdem  kommt  es  vor, 
dafs  zum  Kratzen  verwendete  Zahnstocher,  Zündhölzchen  u.  dergi. 
abbrechen  und  im  Ohr  stecken  bleiben.  Die  Fremdkörper  sind  in 
der  Regel  leicht  zu  entfernen,  wenn  von  unberufener  Hand  keine 
Extraktionsversuche  vorgenommen  wurden.  Durch  diese  Versuche, 
vor  denen  nicht  genug  gewarnt  werden  kann,  werden  die  Fremd- 
körper noch  tiefer  ins  Olur  hineingeschoben,  so  dafs  sie  das  Trommel- 
fell verletzen,  ja  sogar  nach  dessen  Perforation  bisweilen  in  die 
Trommelhöhle  gelangen,  wo  sie  Eiterung  und  deren  Folgen,  Gehör- 
nervenlähmung u.  s.  w.,  verursachen  können.  Solche  von  Laien 
unternommenen  Extraktionsversuche  erschweren  die  fachmäfsige  Ent- 
fernung der  Fremdkörper,  ja,  es  wird  dadurch  öfter  eine  gröfsere 
Operation  erforderlich.  Schliefslich  sei  noch  erwähnt,  dals  wegen 
Juckens  und  Gefühls  der  Völle  im  Ohre  viele  Kinder  mit  dem  ins 
Ohr  luftdicht  gesteckten  Finger  dasselbe  schütteln 
oder  es  mit  einem  harten  Gegenstande  kratzen.  Diese  Manipulationen 
sind  für  das  Gehörorgan  gleichfalls  sehr  schädlich,  da  durch 
erstere  Luftdruckschwankung  und  Labyrinthhyperämie,  durch 
letztere  schmerzhafte  eiterige  Entzündung  des  Gehörganges  ent- 
stehen kann. 

Masern  als  Schnlkrankheit.  Es  ist  bereits  wiederholt  hervor- 
gehoben worden,  dafs  die  Masern  in  hohem  Grade  durch  die  Schulen  ver- 
breitet werden.  So  lenkte  z.  B.  Föbsteb  schon  vor  mehreren  Jahren  die 
Aufmerksamkeit  der  Fachkreise  auf  diesen  Punkt  und  wies  zugleich 
darauf  hin,  wie  bedeutungsvoll  zur  Konstatierung  dieses  Zusammen- 
hanges die  Beobachtung  des  Einflusses  wäre,  welchen  die  grofsen 
Schulferien  auf  einen  Rückgang  der  Masern  etwa  ausüben  könnten. 
Der  bekannte  Statistiker,  Direktor  Joseph  KökOsi  in  Budapest, 
erteilt  nun  auf  obige  Fragen  auf  Grund  umfangreicher  Unter- 
suchungen eine  exakte  Antwort,  und  zwar  sowohl  hinsichtlich  der 
fördernden  Einwirkung  des  Schulbesuches  als  der  hindernden  der 
Schulferien.    In  seinem  soeben  erschienenen  Werke :  „Statistik  der 


689 


infektiösen  Erkrankungen  in  den  Jahren  1881 — 1891  u.8.w." 
führt  er  folgende  Tahelle  an: 

Masernerkranknngen  Ton  Schulkindern  in  Budapest. 


V       1 

Eluflufs  der  Ferien 

Einflafs  des  Schnlbesuohes 

Jahr 

Angntt 

September 

Oktober 

Aognat  bla 
Oktober 

NoTember 
bis  Janoar 

Febniar 
bii  April 

Mal  bli 
JqU 

1881-82 
1882-83 
1883—84 

83 
40 
90 

29 
30 
97 

135 
29 

155 

197 

99 
342 

778 
201 
551 

1459 

450 

2471 

990 

809 
1712 

Somma 

168 

156 

819 

688 

1580 

4880 

8511 

1884—86 
1885-86 
1886-87 

20 
13 
81 

7 
36 
66 

13 

215 

41 

40 
264 

178 

200 

4070 

119 

172 

1868 
144 

198 
847 
664 

SnmiDa 

lU 

99 

269 

482 

4889 

2182 

1609 

1887—88 
1888-89 
1889-90 

96 
91 
39 

150 
34 
34 

558 

48 

102 

804 
173 
175 

2636 
498 
971 

1037 

314 

2037 

1020 

277 

1867 

Summa 

226 

218 

708 

1152 

4182 

8888 

8164 

1890-91 
1891-92 
1892-93 

61 

118 

98 

38 
58 
70 

75 
117 
147 

174 
293 
315 

502 

1012 

300 

377 

2154 

772 

1008 
1681 
2174 

Samma 

277 

166 

889 

782    1 

1814 

8808 

4868 

Summa 
Somraarum 

780 

689 

1685 

8054 

11865 

18258 

18147 

Während  also  in  die  9  Monate  des  Schulbesuches  durch- 
schnittlich 4000  bis  4400  Erkrankungen  per  Monat  fallen,  weist 
der  Ferialmonat  August  nur  780,  der  erste  Schnlmonat  September, 
in  welchem  noch  die  Ferien  nachwirken,  nur  639  Erkrankungen  auf. 
Mit  der  Fortdauer  des  Unterrichts  steigt  daun  im  Oktober  die  Zahl 
der  Masemfälle  schon  auf  1635.  Aber  selbst  mit  Hinzurechnung 
dieses  Monats  zeigt  das  Ferialtrimester  folgende  eklatante  Ab- 
weichung: 

Ferialtrimester         3054  Masemerkrankungen 
I.  Schultrimester  1 1  865  „ 

n.  „  13258  „ 

in.  „  13147 

Ein  weiterer  Beweis  für  die  Richtigkeit  des  zwischen  Schul- 
besuch und  Masemepidemien   bestehenden   ursächlichen  Zusammen- 

Sehalgesiindheltcpfleffe  YII.  44 


690 

Jiianges  wird  anch  dadurch  erbracht,  dais  sich  mit  einer  Yerschiebong 
der  Ferienzeit  zugleich  eine  Verschiebung  der  Erkrankungsminima 
nachweisen  liefs.  Andererseits  sei  noch  angeftlhrt,  dafs  in  den  Jahren 
1886  und  1892  die  Eröffnung  des  Unterrichts  in  den  Volksschulen 
wegen  der  in  jener  Zeit  herrschenden  Cholera  eine  Verftndenmg 
erfuhr,  und  zwar  wurden  im  Jahre  1886  die  Volksschulen  am 
15.  September  gesperrt,  im  Jahre  1892  aber  die  Eröffnung  yom 
1.  September  auf  den  1.  Oktober  verschoben.  Die  Folge  hiervon 
war,  dals  die  sonst  schon  im  November  bemerkbare  Steigerung  der 
Masemfälle,  die  dann  im  Dezember  bereits  epidemische  Dimensionen 
anzunehmen  pflegte,  in  diesen  zwei  Jahren,  in  welchen  die  Schulen 
später  eröffnet  wurden,  eine  Verzögerung  erfuhr. 

Das  Gehirngewicht  der  Kinder.  Schon  wiederholt  ist  der 
Versuch  gemacht  worden,  einen  Zusammenhang  zwischen  geistigen 
Fähigkeiten  und  Gehirngewicht  beim  Menschen  aufzufinden.  Dieser 
Versuch  ist  aber  insofern  miüslungen,  als  geistig  hochstehende  Indi- 
viduen nicht  immer  auch  grofse  Gehirne  haben.  Der  Einflufs  des 
Körpers  spielt  eben  bei  dem  nervösen  Centralorgan  nicht  minder  als 
deijenige  der  Seele  eine  Rolle.  Trotzdem  dürfte  es  interessant  sein, 
das  durchschnittliche  Himgewicht  der  Kinder  auf  den  verschiedenen 
Altersstufen  kennen  zu  lernen.  Professor  Bioshoff  gibt  daftkr  nach- 
stehende teils  auf  eigenen,  teils  auf  fremden  Wägungen  beruhende 
Tabelle  an: 


Alter 

Gehinifewleht 

Alter 

Odilia(«rMrt 

in  Jahren 

in  Orammen 

In  JahnD 

in  Onmaw 

1 

885 

8 

1045 

2 

909 

10 

1315 

3 

1071 

11 

1168 

4 

1099 

12 

1286 

5 

1033 

13 

1505 

6 

1147 

14 

1336 

7 

1201 

15 

1414. 

Aus  dieser  und  ähnlichen^  von  anderen  üntersuchem  her- 
rührenden Zusammenstellungen  ergibt  sich  übereinstimmend,  da(s  das 
Himgewicht  gegenüber  dem  Körpergewicht  und  im  Gegensatz  zn 
anderen  Organen  schon  in  frühester  Jugend  ein  sehr  hohes  ist 
und  bereits  nach  längstens  einem  Jahr  die  Hftlfte  seines  zukünfUgen 
Durchschnittswertes  erreicht.  Auch  während  der  ganzen  übrigen 
Jugendzeit  bleibt  das  Gehirn  relativ  schwerer  als  in  späteren 
Jahren,  wächst  also  nicht  proportional  mit  dem  übrigen  Körper, 
sondern  wird  im  Verhältnis  zu  ihm  immer  leichter.  Etwa  vom  18. 
bis  20.  Leben^ahre  an  setzt  es  sich  mit  dem  Körpergewicht  in  ein 
konstantes  Verhältnis,   das  es  bis  ins  Alter  mit  geringen  Schwan- 


691 

kuDgen  festzuhalten  scheint.  Für  die  Schulhygiene  dttrfte  daraus 
der  Schlufs  zu  ziehen  sein,  dafs  man,  namentlich  in  jüngeren  Jahren, 
seines  starken  Wachstums  wegen  an  das  Gehirn  nicht  zu  hohe  An- 
forderungen stellen  darf. 

Zur  ExameDfiberbfijdnng  schreibt  „Le  'Brogr.  imMJ^  Wenn 
man  von  geistiger  Überbürdung  gesprochen  und  sich  dabei  auf  die 
Lehrpläne  und  die  Hausaufgaben  der  Schüler  in  den  Colleges 
bezogen  hat,  so  ist  vielleicht  eine  Täuschung  sowohl  über  die  That- 
sache  selbst,  wie  über  ihre  Ursachen  untergelaufen.  Der  haupt- 
sächlichste Grund  der  Überbürdung  scheint  vielmehr  in  der  Vor- 
bereitung auf  die  Prüfungen  und  in  der  Art  und  Weise  zu  liegen, 
wie  diese  Prüfungen  beim  Eintritt  in  gewisse  Schulen  und  Lauf- 
bahnen eingerichtet  sind.  Sie  fordern  jedes  Jahr  ihre  Opfer.  Bei 
dem  Examen  in  der  Geschichte  und  Geographie  z.  B.,  welches  dieses 
Jahr  an  der  Pariser  Fakultät  stattfand,  mufste  sich  einer  der  Exa- 
minanden, dessen  Erfolg  mehr  als  wahrscheinlich  war,  schon  nach 
dem  ersten  Abschnitte  ins  Bett  begeben;  die  übermäisige,  zu  lange 
anhaltende  Vorbereitung  hatte  ihn  krank  gemacht.  Ein  anderer 
wurde  in  dem  Augenblicke  von  Schwindel  ergriffen,  wo  er  im 
Begriffe  stand,  seine  Probearbeit  zu  schreiben,  und  mufste  daher 
gleichfalls  von  der  Prüfung  zurücktreten.  „Alle  Kandidaten,^  so 
heifist  es  in  einem  offiziellen  Berichte,  „zeigten  auf  ihren  Gesichtern 
die  Zeichen  einer  außerordentlichen  Ermüdung."  Der  „TempB^ 
bemerkt  hierzu :  Ist  diese  Überbürdung  nötig,  und  vor  allen  Dingen 
ist  sie  für  die  Zukunft  fruchtbar?  Sämtliche  kompetenten  Beurteiler 
versichern  das  Gegenteil. 

Der  Einflnfs  des  Fnfsballspiels  auf  die  Körperestwickelnng 

ist  von  Dr.  Beyeb  untersucht  worden,  der  darüber  in  dem  „Ämer. 
Joum.  of  the  med.  scienc.^  berichtet.  Er  verglich  die  Fufsball- 
spieler  unter  den  Kadetten  der  Marineakademie  mit  nicht  spielenden 
Studenten  und  fand,  dals  erstere  durchschnittlich  zwar  2  Monate 
älter,  dafür  aber  auch  um  4%  länger  und  um  28%  schwerer 
waren;  aufserdem  besafsen  sie  21%  mehr  Lungenkapacität  und 
49%  mehr  allgemeine  Körperkraft.  Zwischen  nicht  spielenden 
Talestndenten  und  amerikanischen  Fufsballspielern  bestand  folgender 
Unterschied.  Die  Spieler  waren  im  Mittel  1  Jahr  und  1  Monat 
älter,  hatten  aber  eine  um  2,8  7o  gröläere  Körperlänge,  um  20% 
mehr  Körpergewicht,  um  10%  mehr  Lungenkapacität  und  um  40% 
mehr  Körperkraft.  Endlich  übertrafen  amerikanische  FuGsballspieler 
die  nicht  spielenden  Amherststudenten  durchschnittlich  um  2  Jahre  an 
Alter,  zugleich  aber  um  3%  an  Länge,  um  23  ^/o  an  Gewicht, 
um  20%  an  Lungenkapacität  und  um  37%  an  Körperkraft.  Bei 
25  Fuisballspielern  hatte  im  Jahre  1892  nach  zweimonatlichem  Spiel 

44* 


692 


das  Körpergewicht  um  3,6  kg  oder  4,9%,  im  Jahre  1893  am 
3,28  kg  oder  4,7%  ihres  ursprünglichen  (xewichts  zugenommen. 
Das  Wachstum  der  Lungenkapacitftt  betrug  3.9%,  dasjenige  der 
Körperkraft  1892  16,4%,  1893  14,2%.  Um  zu  ermitteln,  ob 
der  rapide  Kraftzuwachs  hei  den  Spielern  yielleicht  ebensoschnell, 
wie  er  gekommen,  wieder  schwinde,  wurSen  Vergleiche  zwischen  den 
Resultaten  nach  dem  Spiele  im  Jahre  1892  und  denjenigen  vor  dem 
Spiele  im  Jahre  1893  angestellt.  Dabei  ergab  sich,  dafs  von  den 
16%  Kraftvermehrung  noch  nicht  1%  während  der  Nichtspid- 
periode yerloren  gegangen  war.  Bemerkenswert  ist  übrigens,  dals 
der  „Titale  Index*",  der  durch  Division  der  Lungenkapacit&t  mit 
dem  Körpergewicht  gewonnen  wird,  unter  dem  Eiufluls  des  Fußball- 
spieles nicht  zunimmt,  indem  die  Lungenkapacität  nicht  in  dem 
gleichen  Malse,  wie  das  Gewicht,  ansteigt.  Überhaupt  ist  es  fraglich, 
ob  das  Fu&ballspiel  die  beste  Methode  zur  Ausbildung  des  Körpers 
bildet.  In  dieser  Beziehung  ist  folgende  Tabelle  von  Dr.  Beysb 
interessant : 


Art  der  körparliehan 
Übimg 


Alter 

a 


I 


Zanahme 
an 

LtnfT« 
in  •/© 


Zonahme 

an 

Gewicht 

in«/. 


Zauahme 

der 
Lanven- 
kapaeittt 

.n«/o 


Zauahme 
der  all- 

fr^m  einen 
Körper- 

kralt  <n  */« 


Daaer 

dar 

Körper^ 

flhaitf  ia 

M'^nataa 


FafsbaU  1892 

„       1893  

Rudern  1898 

Gymnastik  von 
Kadetten  1892—93  . 
1898-94  . 


19  6 
19  11 
19    3 

18  0 
18    0 


0,0 
0,0 
0,2 

0,5 
0,8 


4,9 

4,7 

1,3 
1,0 


0,0 
3,9 
7,3 

3,8 
6,5 


16,4 
14,2 

28,0 

32.0 
25,0 


2 

2 
2 

6 
6 


Danach  scheint  Rudern  und  systematische  Gymnastik  dem 
Fußballspiel  in  Bezug  auf  KOrperausbildung  überlegen  zu  sein.  Wie 
sehr  die  Lungenkapacität  durch  das  Rudern  vermehrt  wird,  ist 
ohnebin  bekannt. 

Über  Erapf&nglichkeit  der  Kinder  fBr  Impfang  alt 
animaler  Vaccine.  Als  Vorsteher  einer  öffentlichen  Impfanstalt  in 
Kopenhagen  hat  Dr.  Adbersen  die  Resultate  der  Impfung  mit 
animaler  Lymphe  an  2500  Kindern  studiert  und  in  y^ügeskr.  f. 
Lceg,*^  veröffentlicht.  Alle  Yaccinierten  waren  mit  6  Schnitten  geimpt. 
In  den  verschiedenen  Altersklassen  entwickelten  sich  Pusteln  aus  den 
6  Schnitten: 

Leben ^ahr         Prozent  der  Schnitte 

0—1 76,4 

1—2 84,4 


693 

Lebensjahr         Prozent  der  Sohnitte 

2—3 84,3 

3—4 87,6 

4—5 89,0 

6—6   90,5 

6—7 88,9 

7—8 89,5. 

Im  ersten  Lebensjahre  ist  hiernach  die  Empfönglichkeit  für 
animale  Vaccine  am  geringsten,  sie  steigt  ziemlich  schnell  für  das 
zweite  Jahr  nnd  dann  langsam  weiter  bis  zum  sechsten  Jahre,  um 
später  wieder  ein  wenig  abzunehmen.  Dr.  Adsersen  vergleicht 
diese  Empfänglichkeit  für  animale  Vaccine  mit  der  Neigung  zu 
Krankheiten  im  allgemeinen,  wie  sie  bei  den  entsprechenden  Alters- 
stufen in  den  ärmsten  Volksklassen  Kopenhagens  hervortritt.^  Er 
konstatiert,  dafs  erstere  sich  ganz  entgegengesetzt  wie  letztere 
verhält.  Die  gröfste  Morbidität  findet  man  im  ersten  Lebensjahre, 
wo  die  geringste  Anzahl  von  Pusteln  sich  entwickeln,  und  die 
meisten  Pusteln  im  sechsten  Lebensjahre,  wo  ein  Minimum  von 
Kränklichkeit  gefunden  wird.  Als  ein  kleiner  Beitrag  zur  Be- 
leuchtung der  periodischen  biologischen  und  pathologischen  Ver- 
hältnisse in  den  einzelnen  Lebensjahren,  die  wir  bis  jetzt  nur 
in  geringem  Grade  kennen,  ist  diese  MitteDung  gewifs  von  Interesse. 
Von  Fehlerquellen,  wie  mögliche  Verschiedenheiten  in  der  benutzten 
Vaccine  u.  s.  w.,  meint  der  Verfasser  nach  sorgfältiger  Prüfung  ab- 
sehen zu  dürfen. 

Die   Handels-   und   Oärtnerschnle   zu  R&kos-Pilota    in 

Ungarn.  Diese  Schule,  so  schreibt  unser  Mitarbeiter,  Herr  Dr. 
H.  GüTZMANN,  in  „D.  ärztL  Prakt.^^  ist  an  sich  eine  gewöhnliche 
Volksschule.  Die  Knaben  —  nur  um  solche  handelt  es  sich  — 
finden  im  Alter  von  6  Jahren  dort  Aufnahme  und  bleiben  bis  zur 
vollendeten  Ausbildung  in  der  Anstalt.  Die  kleineren  werden  mit 
leichteren  Gärtnerarbeiten  beschäftigt,  die  gröfseren  lernen  auch  die 
schwierigeren  dieser  Arbeiten  ausführen.  Wenn  die  Kinder  das 
Alter  von  15  Jahren  erreicht  haben,  so  handelt  es  sich  darum,  was 
sie  werden  wollen.  Die  meisten  von  ihnen  bleiben  bei  der  Gärtnerei, 
andere  werden  Schmiede,  Schlosser,  *  Schuster.  Für  diese  drei 
Berufsarten  hat  man  dort  eigene  Werkstätten  errichtet,  die  von  vor- 
trefflichen Meistern  geleitet  werden.  Die  jungen  Lehrlinge  stehen 
gröfsteoteils  bis  zum  Alter  von  20  Jahren  noch  unter  der  Aufsicht 
der  Anstalt  und  treten  erst  dann  in  das  Leben  hinaus.  Diese  eigen- 
tümliche  Verbindung  von  Schulunterricht   nnd   Gartenarbeit  bewirkt 


*  S.  diese  Zeitschrift  1894,  No.  li),  S.  647.    D.  Red. 


694 

jedenfalls  eine  anfserordenüich  hygienische  Lebensweise,  und  die 
jungen  Leute  erfreuen  sich  denn  auch  einer  ausgezeichneten  Gresondheit. 
Die  Anstalt  besteht  jetzt  bereits  seit  11  Jahren.  Die  Kosten  für 
dieselbe  werden  zum  gröfseren  Teile  von  der  Gräfin  Alexander 
Earoly  aufgebracht,  die  auch  das  gesamte  Terrain  und  die  Ein- 
richtungen ihrer  Zeit  gestiftet  hat. 

Doppeltreppen  der  Volksschnlen  Roms.  Nach  „The  Sanii, 
Inspect"'  besitzen  die  Elementarschulen  Roms  stets  zwei  bequeme 
und  geräumige  Treppen,  die  eine  zum  Hinauf-,  die  andere  zum 
Heruntergehen.  Dadurch  wird  vermieden,  dafs  die  Kinder,  indem 
sie  in  entgegengesetzter  Richtung  gehen,  sich  stofsen  und  drängen. 
Auch  die  Staubentwickelung  soll  auf  diese  Weise  verringert  werden. 


9a$es$eff^td|tli(l^eB. 


Einf^abe   der  nnfi^arisclien  Schulärzte   an   den   dortigen 
Unterrichtsminister,  betreffend  die  schnl?irztliche  Institution. 

Budapest,  im  Mai  1894.  Ew.  Excellenz  habeu  bei  zahlreichen  Gelegen- 
heiten bewiesen,  wie  sehr  Ihnen  an  der  körperlichen  Erziehung  unserer 
studierenden  Jugend  gelegen  ist,  und  daraus  schöpften  wir  Schulärzte 
und  Hygieneprofessoren  den  Mut,  uns  auf  Grund  unserer  Beratnngen 
an  Ew.  Excellenz  zu  wenden  und  Ihre  Aufmerksamkeit  auf  eine 
Frage  zu  lenken,  welche  mit  den  sanitären  Verhältnissen  der  Schul- 
jugend auf  das  engste  zusammenhängt.  Der  Vorgänger  Ew.  Excellenz 
hat  den  Grund  zu  der  Institution  der  Schulärzte  und  Hygiene- 
professoren gelegt,  und  wenn  diese  bisher  nicht  so  erfolgreich  war, 
wie  es  bei  ihrer  Bedeutung  zu  erwarten  stand,  so  gebrach  es  nicht 
an  unserem  guten  Willen,  die  wir  trotz  unserer  geringen  Honorierung 
weder  Mühe  noch  Zeit  scheuend,  unverdrossen  wirkten.  Wir  können 
es  mit  gutem  Gewissen  sagen,  dafs,  wenn  das  thatsächliche  Resultat 
hinter  den  allgemeinen  Erwartungen  znrückblieb,  die  Ursache  hier- 
von in  jenen  eigentümlichen  Verhältnissen  zu  suchen  ist,  welche 
infolge  des  jetzigen  Lehrplanes  und  der  derzeit  gültigen  Instruk- 
tionen bestehen.  Gelegentlich  unserer  Beratungen,  welche  wir  unter 
Vorsitz  des  Professor  Julius  Dollingeb  abhielten,  machten  wir 
die  Institution  der  Schulärzte  und  Hygieneprofessoren  zum  Gegen- 
stände einer  gründlichen  Diskussion,  und  sind  wir  nun  auf  Grund 
derselben  so  frei,  unsere  Vorschläge  betreffs  dieser  so  wichtigen 
Angelegenheit  ergebenst  zu  unterbreiten  Über  die  Agenden  des 
Schularztes  besitzen  wir  ein  Regulatiy,  welches  das  hohe  Unterrichts- 


69Ö 

ministerinm  im  Jahre  1 887  erlassen  hat.  Die  Erfahrung  aber  zeigte, 
dafs  dieses  Regulativ,  das  auch  im  Anslande  gewürdigt  wurde,  einer 
Erg&nznng  bedarf.  Die  heutige  Organisation  der  Schulärzteinstitution 
entspricht  nicht,  weil  sie  nicht  systemisiert,  nicht  stabilisiert  ist. 
Sicherlich  entging  der  auf  alles  gerichteten  Aufmerksamkeit  Ew. 
Excellenz  auch  jene  auffallende  Erscheinung  nicht,  dafs,  während 
heute  nur  yerhältnismäläig  wenige  Schulen  Schulärzte  besitzen,  unter 
diesen  wenigen  in  mehreren,  selbst  in  staatlichen  Anstalten  solche 
Ärzte  angestellt  sind,  die  keine  specielle  Qualifikation  besitzen.  Und 
wenn  die  schulärztliche  Institution  ein  wirkliches  Bedür&is  ist,  was 
zu  beweisen  heute  doch  nicht  mehr  nötig  erscheint,  dann  mülste 
dieselbe  nicht  nur  in  den  Gymnasien  und  Realschulen  allgemein  ein- 
geffthrt,  sondern  auch  auf  alle  ähnlichen  Anstalten  ausgedehnt  werden, 
also  auf  die  Handels-,  Industrie-,  höheren  Mädchenschulen,  Priester- 
seminare und  hauptsächlich  auf  alle  Internate.  Darum  halten  wir 
die  Sy>temisierung  der  Schulärzteinstitution  und  ihre  Ausdehnung 
auf  sämtliche  Schulen,  sowie  die  ausschliefsliche  Anstellung  von 
qualifizierten  Schulärzten  fttr  sehr  wichtig.  Die  auf  die  ganze  Linie 
sich  erstreckende  Systemisierung  aber  müfste  mit  der  Ausarbeitung 
einer  Ergänzung  des  Regulativs  beginnen,  welche  einerseits  die 
Agenden  des  Schularztes  präcis  festzusetzen,  andererseits  dem  fach- 
männischen Gutachten  desselben  ein  gehöriges  Gewicht  zuzusichern 
hätte,  ünerläfslich  ist  es  auch,  die  Stellung  des  Schularztes  im 
Professorenkollegium  zu  bestimmen.  Der  Schularzt  braucht  ein 
Lokal  für  seine  Untersuchungen,  Instrumente  zu  denselben,  wie  z.  B. 
zu  Augenuntersuchungen,  einen  Kasten  mit  Verbandzeug  für  die 
erste  Hilfe,  namentlich  in  Provinzialschulen.  Wir  müssen  auch  den 
Umstand  hervorheben,  dafs  das  jetzt  in  Kraft  stehende  Regulativ 
vom  Schularzte  die  pünktliche  und  gewissenhafte  Erfüllung  zahl- 
reicher solcher  Aufgaben  fordert,  deren  Ausführung  sehr  viel  Zeit 
in  Anspruch  nimmt.  Nach  unserer  Überzeugung  aber  kann  sich 
selbst  der  eifrigste  Schularzt  diesen  vielseitigen  Agenden  nur  dann 
ganz  hingeben,  wenn  er  für  das,  was  ihm  durch  Vernachlässigung 
seiner  Privatpraxis  entgeht,  als  Gegenwert  eine  entsprechende  Be* 
Zahlung  erhält.  Was  ist  natürlicher,  als  dafs  derselbe  bei  dem 
heutigen  geringfügigen  Honorar  selbst  mit  dem  besten  Willen  nicht 
im  Stande  ist,  seiner  viel  einträglicheren  Privatpraxis  so  viel  Zeit  zu 
entziehen?  Und  ist  es  noch  nötig,  zu  sagen,  wie  dringend  es  wäre, 
dais  der  Schularzt  wenigstens  einen  guten  Teil  seiner  Zeit  zum 
Nutzen  der  Schuljugend  verwendete?  Wie  sehr  man  dies  im  Auslande 
zu  würdigen  beginnt,  illustrieren  folgende  Beispiele.  In  London 
werden  für  Bezahlung  der  Schulärzte  jährlich  mehr  als  100000  Pfund 
Sterling  ^verausgabt;  in  Paris   wirken   seit  1889   schon  126  Schul- 


696 

ftrzte    und    erhalten    ein  Jahreshonorar    von   108000  Francs,    d.  i. 
800  Francs  pro  Kopf;  die  Leipziger  Schulärzte,  deren  Zahl  15  be- 
trägt, empfange  je  500  Mark  jährlich.     Aufserdem  würden  wir  es 
für  sehr  heilsam  halten,  wenn  die  Elementar-  und  Bürgerschulen  in 
den   Städten  —   etwa    hezirks weise  —   kumulativ    der  Aufsicht   je 
eines  Schularztes  unterstellt  würden.     In  den  Volksschulen  ist  nicht 
nur  die  Anzahl  der  Schüler  eine  grofse,  sondern  diese  stammen  auch 
aus  den  verschiedensten  Volksschichten,    was  an  und   für  sich    eine 
hohe  Gefahr  in   betreff  der  Infektionskrankheiten    in  sich  birgt,  so 
dafs  hier   die  eifrigste  Fürsorge  zur  Pflicht   wird.     In  dieser  Rich- 
tung aber  würden  des  Schularztes    sehr  zahlreiche  Agenden  harren, 
die  der   hehördliche  Arzt    neben   seinen   vielen    sonstigen  Obliegen- 
heiten nicht  bewältigen  kann.    Paris  und  die  Städte  Belgiens  geben 
in  dieser  Beziehung  mit  einem  nicht  nur  guten,  sondern  auch  lehr- 
reichen Beispiele  voran.     Und    damit    das  Verständnis    für  Hygiene 
auf  dem  ganzen  Gebiete  des  Volksunterricbts  frachtbringend  werde, 
wäre  es  zweckmäfsig,  den  Schulinspektoren  Sanitätsratgeber  als  Facb- 
gehilfen   an  die  Seite   zu  stellen.     Der  Schalinspektor  hat  in  hygie- 
nischer Hinsicht  viele  und  wichtige  Aufgaben,    und  dafs  diese  Auf- 
gaben in  vielen  Fällen   auch  dort   ungelöst  bleiben,  wo  für  die  Sa- 
nierung der  Übelstände    genug    guter  Wille    vorhanden   ist,   bierfür 
liegt  die  Ursache  nur  darin,    dafs  der  Schalinspektor   nicht  die  ge- 
nügende   hygienisch-technische   Orientierung    besitzt,    was   man   ihm 
übrigens  bei  seiner  Fachbildung  nicht  einmal  als  Mangel  anrechnen 
darf.     In  dieser  Richtung  wäre  der  sachverständige  Rat   des  Schul- 
arztes   von  unschätzbarem  Nutzen,  welcher    alljährlich    die  Schulen 
untersuchen    und    die    hygienischen  Teile  der  Berichterstattung    des 
Schulinspektorats    anfertigen    müfste,  was   die  Arbeit    des    letzteren 
entlasten  würde.    Ebenso  vieles  gibt  es  in  betreff  des  zweiten  Teiles 
der  Institution,    nämlich    des  Unterrichtes   in   der  Hygiene,  zu  ver- 
bessern und  zu  ändern.     Das  heute  in  Geltung    stehende  RegulatiT 
macht  dem  in  Mittelschulen  wirkenden  Schularzte  den  Unterricht  der 
Hygiene  zur  Pflicht.     Bisher  wird   die  Gesundheitslehre  jedoch   nur 
in  etwa  30  Mittelschulen    vorgetragen,    und  zwar    als  aufserordent- 
licher  Lehrgegenstand.    Wir  haben  auch  diesen  Teil  der  Frage  zum 
Gegenstande  unserer  Diskussion  gemacht  und  halten  es  für  interessant, 
die  Erfahrungen   jener  Kollegen    zu  skizzieren,   welche  die  Hygiene 
teils  in  Mittelschulen  als  fakultatives,    teils  in  Präparandenanstalten 
und     Bürgerschulen      als      obligatorisches      Fach      lehren.       Das 
Resultat    des    Unterrichtes   ist    dort    viel    besser,    wo    der  Gegen- 
stand obligatorisch   ist,   was  nicht   verwundem  kann.     Ist  doch  der 
Erfolg  im  Unterrichte   der  fakultativen  Gegenstände   überall  gering. 
Es^müfste    aber    in  ^der  Schule    der    allgemeinen    Bildung,    in    der 


697 

Mittelschule,  die  Yerbreitnng  hygienischer  Kenntnisse  viel  intensiver, 
als  bisher  geschehen.  Wir  sind  der  festen  Überzeugung,  dafs  sich 
auch  die  Pädagogen  uns  anschliefsen  werden,  wenn  wir  um  den 
obligaten  Unterricht  in  der  Hygiene  petitionieren,  wobei  wir  nament- 
lich den  jetzigen  Zeitpunkt  f&r  passend  halten,  wo  über  den  Lehr- 
plan der  einheitlichen  Mittelschule  Beratungen  gepflogen  werden. 
Der  Zweck  der  modernen  Mittelschule  ist,  den  Jflngling  in  jenen 
Gedankenkreisen  zu  orientieren,  welche  im  Bewuistsein  der  Gebildeten 
unserer  Nation  und  unserer  Zeit  einen  Platz  einnehmen.  In  diesem 
Kreise  aber  dürfen  die  hygienischen  Kenntnisse  nicht  fehlen.  Sie 
dürfen  nicht  fehlen  sowohl  im  Interesse  der  Gesundheit  der  einzelnen, 
als  zur  Förderung  des  Sanitätswesens  der  Nation.  Ist  es  doch 
eigentümlich,  dafs  der  Jüngling  die  grofsen  und  kleinen  Ereignisse 
der  Weltgeschichte  kennt  —  er  weifs  z.  B.  ganz  genau,  wie  viele  bei 
Marathon  gefallen  sind  — ,  aber  er  befindet  sich  über  die  Teile  seines 
eigenen  Organismus  und  deren  Funktion  im  unklaren ;  er  zeigt  einen 
grofsen  Fortschritt  in  den  alten  und  modernen  Sprachen,  aber  er  weife 
nicht,  wie  man  vernünftigerweise  sein  tägliches  Leben  einrichten  mufs ; 
er  lernt  Pflanzen  und  Mineralien  klassifizieren,  kennt  aber  nicht 
den  Wert  der  verschiedenen  Nahrungsmittel;  er  erlernt  die  Bahnen 
der  Gestirne,  nicht  aber  die  Errettung  seines  Nebenmenschen  aus 
Lebensgefahr  oder  den  eigenen  Schutz  gegen  ansteckende  Krank- 
heiten. Wenn  der  Unterricht  der  Hygiene  in  sämtlichen  Schulen 
des  Landes  obligatorisch  sein  wird,  dann  werden  die  so  notwendigen 
hygienischen  Kenntnisse  sich  zugleich  in  allen  Schichten  der  Bevölkerung 
verbreiten;  wir  werden  dann  von  Jahr  zu  Jahr  zahlreiche  Apostel  ge- 
winnen, welche  die  Lehren  der  Hygiene  unter  das  Volk  hinaustragen. 
Wir  wollen  auch  das  nicht  aufser  acht  lassen,  daHs  die  Bezahlung 
der  Hygieneprofessoren  das  Unterrichtsbudget  belasten  würde.  Es 
ist  aber  zweifellos,  dafs  dies  eine  fruchtbare  Ausgabe  wäre,  denn 
wir  würden  damit  erreichen,  dafs  eine  der  Hauptursachen  der  Zurück- 
gebliebenheit unseres  Sanitätswesens,  die  Unwissenheit  des  Volkes 
und  ihrer  Führer  in  sanitären  Sachen,  aufhörte.  Eine  wichtige 
Frage  ist  es  ferner,  was  in  dem  Fache  der  Gesundheitslehre  unter- 
richtet werden  soll.  Das  einstimmige  Resultat  unserer  diesbezüg- 
lichen Beratung  ist,  dafs  aufser  dem  bisherigen  Lehrstoffe  noch  einzelne 
Kapitel  aus  der  Anatomie  und  Physiologie  des  Menschen  gelehrt 
werden  müfsten.  Diese  werden  zwar  heute  in  den  Naturgeschichts- 
stunden vorgetragen,  wir  fallen  aber  hoffentlich  nicht  in  den 
Verdacht  der  Befangenheit,  wenn  wir  unsere  diesbezügliche  Ansicht 
offen  darlegen,  dafs  dieser  Lehrstoff  sich  besser  in  den  Händen  des 
Hygieneprofessors  befinden  würde,  welcher  denselben  im  Rahmen  der 
Hygiene  mit  Erfolg  docieren  könnte,  wobei  aber  natürlich  die  Dauer 


698 

des  Unterrichtes  verlängert  werden  mflfste.  Es  gibt  unter  uns  eine 
Meinungsverschiedenheit  auch  in  der  Richtung  nicht,  dais  der  Unter- 
richt die  Vorweisung  einzelner  Experimente  nicht  entbehren  darf. 
Und  weil  wir  dies  wissen,  haben  wir  mit  Freude  vernommen,  dals 
Herr  Ministerialrat  Dr.  Johann  Klamarik  einen  unserer  Kollegen 
mit  der  Zusammenstellung  der  notwendigen  Mittel  ftlr  Experimente 
beauftragt  hat;  derselbe  ist  dem  Auftrage  bereits  nachgekommen. 
Zum  Schlüsse  ist  in  betreff  des  Lehrplanes  unsere  Ansicht  die,  dafs  die 
Gesundheitspflege  in  den  oberen  Klassen  der  Mittelschule,  und  zwar  in 
der  YII.  Klasse  in  wöchentlich  zwei  Stunden  unterrichtet  werden  mflsste; 
denn  die  Schüler  besitzen  hier  schon  die  zum  Verständnis  der 
Hygiene  nötigen  naturwissenschaftlichen  Kenntnisse.  Nur  wenn  höhere 
pädagogische  Rücksichten,  wie  z.  B.  Anhäufung  mehrerer  neuer 
Lehrgegenstände,  gegen  die  VIL  Klasse  sprächen,  so  würden  wir  die 
Aufnahme  der  Hygiene  in  den  Lehrplan  der  VI.  Klasse  wünschen. 
Ew.  Excellenz,  Herr  Minister!  Es  sei  uns  erlaubt,  auf  Grund  des 
Angeführten  unsere  Wünsche  in  folgendem  zusammenzufassen:  1.  Die 
Institution  der  Schulärzte  ist  zu  systemisieren;  es  soll  jede  Schale 
unter  ärztlicher  Aufsicht  stehen;  an  die  Seite  der  Schulinspektoren 
mögen  Schulärzte  als  Fachgehilfen  gestellt  werden.  2.  Die  l&r 
Untersuchungen  nötigen  Lokale  und  Instrumente  sind  dem  Schul- 
ärzte zur  Verfügung  zu  stellen.  3.  Der  Unterricht  der  Hygi^e 
soll  in  allen  Schulen  des  Landes  obligatorisch  sein.  4.  Anstatt  des 
bisherigen  Honorars  möge  ein  anständiges  Gehalt  fixiert  werden. 
Indem  wir  für  diese  unsere  ergebene  Eingabe  die  wohlwollende  und 
gnädige  Aufmerksamkeit  Ew.  Excellenz  erbitten,  verharren  wir  als 
Ihre  ergebensten  Redaktionskomiteemitglieder  der  Konferenz  der 
Schulärzte  und  Hygieneprofessoren:  Dr.  Adolf  Juba,  Dr.  Kabl 
PIkozdi,  Dr.  Heinbich  ScHuscHNr. 

Schnlhygienisch«  Clegenstände  auf  der  Ansstelloiig  der 
66.  Versammlnng  deutscher  Natnrforscher  und  Ärzte  in  Wien. 
„D.  österr,  Sanitätswes.*^  bringt  ein  Verzeichnis  der  bei  Gelegenheit 
der  Wiener  Naturforscherversammlung  von  den  Behörden  für  die  ^Aus- 
stellung von  Gegenständen  aus  dem  Gebiete  der  öffent- 
lichen Gesundheitspflege  in  Österreich'*  eingesendeten  Objekte. 
Danach  hatten  ausgestellt:  die  Landeshauptstadt  Graz  Pläne  der  städti- 
schen Volksschule  in  der  Hirtengasse ;  die  Bezirksschulräte  Graz  Umgebung, 
Friedau,  Luttenberg,  Pettau,  Rottenmann,  Voitsberg  Zeichnungen  Ton 
Volksschulgebäuden;  die  erste  k.  k.  privilegierte  Donaudampfschiffahrts- 
gesellschaft  zwei  Pläne  der  Volksschule  der  Knappschaftsbruderlade 
der  Fünfkirchener  Kohlen  werke;  die  k.k.  Statthalterei  in  Triest  Pläne 
des  städtischen  Gymnasiums,  der  städtischen  Realschule,  des  städti- 
schen weiblichen  Lyceums,  der  städtischen  Volksschule,  der  städtischen 


699 

Kindergärten  und  der  Schalbank  Pich  ;  der  politische  Bezirk  Gottschee 
in  Krain  Pläne  des  Gymnasinms  und  der  Volksschule  der  Gemeinde 
Gottschee;  der  Verein  zur  Unterstützung  dürftiger  Gymnasialschüler 
daselbst  seinen  Jahresbericht  und  seine  Statuten;  der  politische  Bezirk 
Stein  photographische  Ansichten  von  Volksschulf2:ebäuden;  die  Bezirks- 
hauptmannschaft Tschemembl  Pläne  der  Volksschule  in  Möttling;  die 
Bezirkshauptmannschaft  Gurkfeld  eine  Schulbank;  die  Stadt  Laibach 
Pläne  und  Ansichten  der  städtischen  Enabenvolksschule ;  Adalbebt 
RiBNiKAB  die  Modelle  der  Volksschule  in  Unterloitsch  und  in 
Wippach,  sowie  eine  Schulbank,  System  Weixl;  die  Stadt  Schärding 
in  Oberösterreich  Pläne  von  Schulen;  die  Stadt  Aussig  in  Böhmen 
photographische  Ansichten  von  Lehranstalten ;  die  Stadt  £ger  Schul- 
pläne; die  Stadt  Kaaden  Zeichnungen  einer  Schule  mit  Plänen  der 
RELiiiNGschen  Heizungs-  nnd  Lüftungsanlagen;  die  Stadt  Friedek 
in  Schlesien  zwei  Pläne  der  Heizanlage  in  der  Franz  Joseph-Knaben- 
Yolks-  und  Bürgerschule  und  einen  Plan  der  Klosettanlage  einer 
Schule ;  die  Stadt  Jägemdorf  je  zwei  Pläne  der  Webeschule  und  der 
Enabenvolksschule;  Professor  Kolbenueyeb  den  Plan  für  eine 
Volksschule  in  Blockbau,  Planskizzen  für  eine  einklassige  und  für 
eine  zweiklassige  Volksschule,  ausgearbeitet  im  technischen  Departe- 
ment der  k.  k.  Landesregierung  zu  Troppau,  sowie  einen  Plan  und 
zwei  Photographien  des  Knabenschulgebäudes  in  Würbenthai;  unser 
verehrter  Mitarbeiter,  Herr  Sanitätsrat  Dr.  B.  Fizia,  k.  k.  Bezirksarzt 
in  Teschen,  Originalpläne  samt  Bericht  über  die  Schulen  und  die 
Schulgesundheitspflege  in  dem  politischen  Bezirke  Teschen  in  den 
letzten  10  Jahren ;  der  k.  k.  mährische  Landessanitätsrat  vier  Pläne 
des  Taubstummeninstitutes  in  Leipnik,  Planskizzen  für  Volksschulen 
der  k.  k.  mährischen  Statthalterei,  drei  Pläne  und  einen  Bericht  über 
die  Bürgerschule  in  Grofs-Meseritsch,  sowie  je  sechs  Pläne  der 
Landesrealschule  und  Knabenbürgerschule,  der  Mädchenschule,  der 
k.  k.  Weberschule,  sämtlich  in  NeutitscLein ;  der  Gemeinderat  der 
Landeshauptstadt  Brunn  Typenpläne  der  22  städtischen  deutschen 
Eindergärten,  Pläne  der  Kaiser  Franz  Joseph-  und  Kronprinzessin- 
Erzherzogin  Stephanie-Schule;  die  k.  k.  Bezirkshauptmannschaft  Mistek 
Projekte  für  eine  Bürgerschule  und  eine  doppelklassige  Volksschule; 
das  k.  k.  Ministerium  des  Innern  vier  Karten  über  die  Verbreitung 
der  Kretins,  Taubstummen,  Irrsinnigen  und  Blinden  in  den  im 
Beichsrate  vertretenen  Königreichen  und  Ländern  nach  den  Ergeb- 
nissen der  Volkszählung  vom  31.  Dezember  1890,  entworfen  von 
Dr.  H.  Rauchbebg;  der  niederösterreichische  Landesausschub 
Pläne  des  Landestaubstummeninstitutes  in  Oberdöbling,  der  Landes- 
blindenschule in  Purkersdorf,  der  Landeslehrerseminare  in  St.  Polten 
und  Wiener  Neustadt;    die  Stadt  Wien   Pläne    der   Schule    in   der 


700 

Anastasius  Grün-Gasse  im  XVin.  Bezirke,  der  Schule  am  Bacher- 
platze im  V.  Bezirke,  des  Waisenhauses  in  der  Laxenborgerstrafee 
im  X.  Bezirke,  des  Asyls  für  verlassene  Kinder  in  der  Lanrenzgasse 
im  V.  Bezirke,  Tabelle  der  städtischen  Waisenhäuser,  sowie  Schul- 
bänke ;  die  k.  k.  Bezirkshauptmaanschaft  Baden  Pläne  von  Master- 
schnlbauten;  die  Gemeinde  Floridsdorf  Zeichnungen  von  Schulen; 
endlich  die  Gemeinde  Donaufeld  Projekte  eines  Schulhauses  und  ver- 
schiedener Bürgerschulen. 

Die  Versammlung  des  Centralansschnsses  für  Jugend-  und 
Volksspiele  in  Leipzig.  Am  6.  und  7.  Oktober  d.  Js.  waren, 
wie  wir  der  „NaL-Ztg."^  entnehmen,  der  Vorstand  des  deutschen 
Centralausschusses  für  Jugend-  und  Volksspiele  und  der  technische 
Ausschafs  desselben  in  Leipzig  versammelt.  Es  wurde  zunächst 
mitgeteilt,  dafs  in  kurzem  „Allgemein  unterrichtende  Mitteilungen** 
über  die  Spiele,  herausgegeben  von  dem  Abgeordneten  von  Schenckek- 
DOEFF  und  Dr.  med.  F.  A.  Schmidt,  erscheinen  werden.  Sodann 
beschlols  die  Versammlung,  Wanderredner  für  die  Verbreitung  der 
Bewegung  wirken  zu  lassen..  Um  Erfahrungen  auf  diesem  Gebiete 
zu  sammeln,  soll  die  Einrichtung  vorerst  in  der  Rheinprovinz,  in 
der  Provinz  Westpreufsen  und  im  Herzogtum  Braunschweig  ins 
Leben  treten.  Auch  im  Jahre  1895  werden  wiederum  kostenfreie 
Kurse  zur  Ausbildung  von  Lehrern  und  Lehrerinnen  in  den  Jugend- 
spielen gehalten  werden.  Als  Orte  dafür  sind  in  Aussicht  genommen : 
Berlin,  Braunschweig,  Breslau,  Frankfurt  a.  M.,  Barmen,  Bonn,  Görhtz, 
Hadersleben,  Karlsruhe,  Königsberg  i.  Pr.,  Magdeburg,  München, 
Osnabrück,  Posen,  Rendsburg  und  Stuttgart.  Hierauf  trat  der 
Vorstand  angesichts  des  guten  Ergebnisses  seines  Vorgehens  an  der 
Berliner  Universität  in  eine  Beratung  darüber  ein,  wie  die  deutsche 
Studentenschaft  für  die  Mitarbeit  an  der  vaterländischen  Aufgahe  des 
Centralausschusses  zu  gewinnen  sei;  der  Plan  wurde  im  einzehien 
festgestellt.  Schliefslich  gelangte  die  Ausschreibung  einer  Preisfrage 
zur  Besprechung:  Wie  sind  die  öffentlichen  Feste  des 
deutschen  Volkes  zeitgemäfs  zu  reformieren  und  zn 
wahren  Volksfesten  zu  gestalten? 

Kleptomanie  bei  einem  achtjährigen  Schnlknaben.    Ein 

merkwürdiger  Fall  von  Kleptomanie  wurde  nach  der  „N,  Fr.  iV.* 
durch  das  Polizeikommissariat  der  Josephstadt  in  Wien  konstatiert. 
Ein  achtjähriger  Knabe,  Sohn  einer  unbemittelten  Witwe,  führte 
seit  einiger  Zeit  ein  Vagabondenleben,  bettelte  auf  der  Strafse  und 
in  den  Häusern  und  eignete  sich  hierbei  verschiedene  Gegenstände, 
unter  anderem  eine  goldene  Uhr,  an.  Das  Gestohlene  verschenkte 
er;  oft  warf  er  auch  Geld  und  Wertsachen,  so  die  erwähnte  goldene 
Uhr,  in  irgend  eine  Wohnung  zur  Thür  hinein.     Die  Polizei  übjr- 


701 

gab  den  juDgen  Kleptomanen  der  psychiatrischen  Klinik  des  allge- 
meinen Krankenhauses.  Ein  dreizehi^ahriger  Brnder  desselben 
beimdet  sich  bereits  in  der  niederösterreichischen  Landesirrenanstalt, 
während  ein  anderer  Bruder  tanbstumm  ist. 

Förderung  des  Rnderns  der  Jugend  darch  den  deutschen 

Kaiser.  Um  den  fflr  die  körperliche  Ausbildung  der  Jugend 
wichtigen  Rudersport  zu  fördern,  hat  Kaiser  Wilhelm  zwei 
Preise  gestiftet,  einen  silbernen  Pokal  für  die  Knabenschulen  Berlins 
und  eine  silberne  Kanne  für  die  Universitäten  Deutschlands  und 
Englands,  und  zwar  als  Wanderpreise,  die  in  Grünau  auszurudern 
sind.  Mit  dem  Wettbewerb  um  diese  Preise  soU  im  Jahre  1895 
begonnen  werden.  Die  näheren  Bedingungen  werden  noch  erlassen 
werden,  und  der  Kultusminister  ist  beauftragt  worden,  hierüber  Vor- 
schläge zu  machen. 

Ferienkolonien  in  Prag.  Der  Yerein  für  böhmische  Ferien- 
kolonien in  Prag  hat  auch  heuer  282  Kinder  zur  Erholung  in 
ländliche  Kolonien  geschickt.  Zu  diesem  Zwecke  sind  8  meist  un- 
bewohnte Landschlösser  gewonnen  worden.  Der  Verein  besteht  schon 
13  Jahre  und  ist  stets  nur  auf  freiwillige  Beiträge  angewiesen. 
Dennoch  gelingt  es  ihm,  jährlich  gegen  300  Schulkinder  unterzubringen. 
Es  werden  dazu  nach  ärztlicher  Untersuchung  schwache  und  arme 
Kinder  nicht  nur  ans  Volksschulen,  sondern  auch  aus  Mittel-» 
schulen  ausgewählt;  letztere  schickt  man  gewöhnlich  in  kleineren 
Gruppen  nach  entfernteren  Badeorten.  Im  verflossenen  Jahre  be^ 
fanden  sich  in  7  Kolonien,  darunter  2  mit  doppelter  Frequenz,  zu- 
sammen 221  Kinder;  aufserdem  wurde  noch  16  Mittelschülern  Auf- 
enthalt in  Badeorten  verschafft.  Die  Kolonisten  standen  im  Alter 
von  8 --17  Jahren,  und  es  fanden  sich  33  blutarme  unter  ihnen, 
denen  mehr  als  7  kg  am  Normalgewicht  fehlten.  Der  Gewichts- 
Zuwachs  betrug,  wie  nach  der  Rückkehr  konstatiert  wurde,  3,05 — 3,24  %, 
Die  Kosten  beliefen  sich  auf  insgesamt  4468  Gulden  für  das  Jahr, 

Anton  Jandl. 

Die  neue  Tarnhalle  der  RSmerschnle  in  Stuttgart.    Die 

Zahl  der  Stuttgarter  Schultumhallen  ist,  wie  die  „Dtsch,  Tumzig/' 
mitteilt,  in  diesem  Sommer  um  eine  weitere,  die  Halle  der  Römerschule, 
vermehrt  worden.  Das  Gebäude,  ein  Massivbau,  macht  von  aufsen 
und  innen  den  besten  Eindruck.  Der  innere  Raum  ist  unj^eteilt; 
lästige  Säulen  sind  nicht  vorhanden.  Der  Fufsboden  besteht  aus 
Tannendielen,  welche  mit  öl  getränkt  sind;  an  Stelle  des  Lohbodens 
findet  sich  eine  Mischung  von  Sand,  Sägespänen  und  Salz.^  Die 
Decke  ist,    um  das  rasche  Entweichen    der  Wärme   zu  verhindern, 


»  Vergl.  diese  Zeitschrift,  1893,  No.  5,  S.  289—290.    D.  Red. 


702 

mit  einer  Korkmasse  belegt  und  gegipst.  Znr  Heizung  dienen  zwei 
Dauerbrandöfen.  Auch  fQr  reichliche  Lüftung  ist  Sorge  getragen. 
An  den  beiden  Langseiten  besteht  nämlich  das  obere  Drittel  jedes 
Fensters  aus  einem  sich  selbstthätig  schliefsenden  grofsen  Klapp- 
flügel; das  öffnen  erfolgt  mittelst  Zug  von  unten.  Ebenso  können 
die  Fenster  der  beiden  Giebelseiten,  je  drei,  nüttelst  eines  einfachen, 
aber  sinnreichen  Triebwerkes  von  unten  leicht  geöffnet  und  geschlossen 
werden.  Die  Ausstattung  und  innere  Einrichtung  erfolgte  nach  den 
Angaben  Professor  Kesslers.  Die  Geräte  wurden  von  verschiedenen 
Firmen  bezogen. 

Der  Verein   zur   Errichtung  und  FSrderang  Ton   See- 
hospizen  nnd  Asylen  für  skrofnlSse  nnd  rhachitische  Kinder 

in  Wien  versendet  seinen  8.  Jahresbericht.  Danach  wurden  im 
Seehospiz  Pelagio  bei  Rovigno  im  Jahre  1893  insgesamt  377  Kinder 
verpflegt  und  von  diesen  145  geheilt  und  47  gebessert,  während  16 
ungeheilt  blieben  und  22  verstarben.  Die  Zahl  der  Operationen 
belief  sich  auf  514,  die  der  Gipsverbände  auf  78.  Im  Hospiz 
Sulzbach  bei  Ischl  betrug  die  Zahl  der  verpflegten  Kinder  95,  wovon 
42  geheilt  und  5  gebessert  entlassen  wurden;  1  Kind  starb.  Als 
vorherrschende  Krankheiten  waren  zu  verzeichnen  Knochenfrafs  an 
verschiedenen  Stellen  des  Körpers,  Drfisenschwellungen  des  Halses 
und  Bindehautentzündungen  der  Augen. 

Schnlbransebad,  zn^leich  znr  Benntznng  für  die  Bfirger- 

Schaft.  Unter  dieser  Überschrift  berichtet  der  „Gsdhtsmg.*^ ^ 
1894,  No.  3,  dafs  die  Fabrik  fOr  Heizungs-  und  Ventüationsanlagen 
Raten  in  Leipzig  zu  Burgstädt  in  Sachsen  im  neuen  Schulgebaade 
ein  Brausebad  eingerichtet  hat,  welches  seit  der  Eröffiiung  auch  der 
Bürgerschaft  zum  Gebrauch  offen  steht.  Da  dasselbe  einen  besonderen 
Zugang  besitzt,  so  sind  duj*ch  das  Kommen  und  Gehen  der  Badenden, 
wie  Oberhaupt  durch  die  Mitbenutzung  des  Bades  seitens  des  Publi- 
kums,  bisher  keinerlei  Unannehmlichkeiten  entstanden;  das  Bade- 
publikum rekrutiert  sich  aus  allen  Ständen 


703 


^mtlidie  ^lerfä^ttn^en. 


£rlaf8  des  KSniglich  prenfsischen  Ministers  der  geistlichen 

Unterrichts-  nnd  Medizinalangelegenheiten  bezfiglich 
der  Mitteilungen  fiber  den  Betrieb  des  Tnrnens  n.  s.  w.  in  den 
Schnlnachrichten  der  hSheren  Lehranstalten. 

•  Berlin,  den  7.  Juni  1894. 

Durch  den  Runderlafs  vom  7.  Januar  1883  —  U.  11.  2941  — 
ist  angeordnet  worden,  dafs  in  den  Schulnachrichten,  welche  von  den 
höheren  Lehranstalten  jährlich  yeröffentiicht  werden,  an  die  Über- 
sicht über  die  während  des  abgelaufenen  Schuljahres  erledigten  Lehr- 
anfgaben  unter  besonderer  Überschrift  unter  anderem  Mitteilungen 
über  den  Unterricht  im  Turnen  (Bezeichnung  der  Abteilungen  und 
der  Stundenzahl  jeder  Abteilung,  Zahl  der  dispensierten  Schüler, 
Namen  der  Lehrer)  angeschlossen  werden. 

Mit  Rücksicht  darauf,  dafs  durch  die  Lehrpläne  vom  6.  Januar 
1892  wöchentlich  drei  Turnstunden  für  jeden  Schüler  allgemein 
verbindlich  gemacht  worden  sind,  ist  fortan  eine  Angabe  betreffs  der 
für  die  einzelnen  Abteilungen  Torgesehenen  Zahl  von  Turnstunden 
nur  in  den  seltenen  Ausnahmefällen  erforderlich,  wo  diese  Zahl  aus 
irgend  welchen  besonderen  Grtlnden,  die  darzulegen  sein  würden, 
auf  längere  Zeit,  sei  es  für  alle  Schüler,  sei  es  für  einzelne  Ab- 
teilungen, hinter  der  Vorschrift  hat  zurückbleiben  müssen. 

Im  übrigen  haben  sich  die  betreffenden  Mitteilungen  nur  für 
einen  yerhältnismärsig  kleinen  Teil  der  Anstalten  als  ausreichend 
erwiesen,  um  ein  klares  Bild  von  dem  Turnbetriebe  an  ihnen  zu 
geben  und  das  statistische  Material  zu  yervollständigen,  welches 
durch  die  Erhebungen  auf  Grund  des  Runderlasses  vom  28.  Mai 
1892  —  ü.  n.  971  ü.  in.  B.  —  gewonnen  werden  konnte. 
Es  erscheint  yielmehr  angezeigt,  ohne  dadurch  die  dankenswerte 
Ausführlichkeit  irgendwie  beschränken  zu  wollen,  mit  der  dieser 
Abschnitt  in  den  Schulnachrichten  einer  Anzahl  von  Anstalten  be- 
handelt zu  werden  pflegt,  dasjenige  Mafs  von  Auskunft  genau  zu 
bezeichnen,  welches  durch  die  Jahresberichte  betreffs  des  Turnens 
mindestens  gegeben  werden  mufs. 

Genügen  wird  es,  wenn  über  die  verschiedenen  dabei  gleich- 
m&firig  in  Frage  kommenden  Punkte  etwa  unter  Zugrundelegung 
folgender  Form  berichtet  wird: 


704 


„Die  Anstalt  besuchten  (mit  Ansschlafs  der  YorsdiuMassen) 
im  Sommer  .  .  .  .,  im  Winter  ....  Schüler.  Yon  diesen  waren 
befreit 


aaf  Orand  ärztlichen 
ZengniBses 

aofl  ao  deren  Gründen 


vom  TurDunterricht 
überhaupt 


im  8.  .  •  .,  im  W.  .  • . 
im  S.  .  >  .,  im  W.  .  .  . 


▼on  einzelnen  Übong»- 
arten 


im  S. 
im  8. 


Zusammen 

also  von  der  Gesamt- 
sahl  der  Sohüler 


im  8  .  .  .,  im  W*  •  •  . 
im  8 %,  im  W 7o 


im  8. 
imS. . 


•    .y   im     iV.  ■    •    • 

.  .,  im  W. .  . 
.  .,  im  wi.  •  •  . 

.7o,  im  W •/» 


Es  bestanden  bei  .  .  .  getrennt  zn  unterrichtenden  Klassen 
....  Tnmabteilungen;  znr  kleinsten  von  diesen  gehörten  .  .  .  ., 
znr  gröfsten  ....  Schüler.  (Einzufügen  sind  hier  etwaige  Bemer- 
kungen über  das  Turnen  der  Yorschüler.) 

Yon  ....  besonderen  Yortumerstunden  abgesehen,  waren 
für  den  Turnunterricht  wöchentlich  insgesamt  ....  Standen  an* 
gesetzt.  Ihn  erteilten  (Namen  der  Lehrer  mit  Angabe  ihrer  amtlichen 
Stellung  und  Bezeichnung  der  Abteilung,  welche  sie  zu  unter- 
richten haben).'' 

Daran  anzuschließen  sind  genauere  Angaben  über  die  für  das 
Turnen  im  Freien  und  im  geschlossenen  Räume  bei  der  Anstalt 
vorhandene  Gelegenheit ;  insbesondere  ist  ausdrücklich  anzugeben,  ob 
ihr  ein  Turnplatz  und  eine  Turnhalle  zur  Yerfügung  stehen,  ob  di^e 
in  der  Nähe  der  Schule  liegen,  und  ob  sie  als  zu  ihr  gehörig  un- 
eingeschränkt benutzt  werden  können.  Die  den  besonderen  örtlichen 
Yerhältnissen  entsprechenden  Angaben  werden  hier  unschwer  ein- 
zuschalten sein. 

Hinzuzufügen  sind  alsdann  Mitteilungen  über  den  Betrieb  der 
Tumspiele  bei  der  Anstalt  und  die  Beteiligung  der  Schüler  an  ihnen, 
sowie  über  etwa  bestehende  Yereioigungen  von  Schülern  zur  Pflege 
von  Bewegungsspielen  und  Leibesübungen. 

Endlich  ist  auch  festzustellen,  wie  viele  Schüler  bereits  Frei- 
schwimmer sind  und  wie  viele  von  diesen  das  Schwimmen  erst  im 
Berichtjahre  erlernt  haben.  Der  Zahl  der  Freischwimmer  ist  die 
Angabe  beizufügen,  welchem  Prozentsatze  von  der  Gesamtzahl  der 
Schule  sie  entspricht. 

Das  Königliche  Provinzialschulkollegium  woDe  die  Direktoren 
der  höheren  Lehranstalten  seines  Aufsichtsbezirkes  mit  entsprechenden 


705 

Weisungen  versehen  und  rechtzeitig  dafür  Sorge  tragen,  dafs  schon 
in  den  nächsten  Jahresberichten  durchweg  nach  Mafsgabe  des  Vor- 
stehenden verfahren  wird. 

Schliefslich  nehme  ich  auch  diesen  Anlafs  wahr,  nra  die  Förderung 
der  Leibesübungen  bei  den  Schulen  der  ferneren  Fürsorge  des  König- 
lichen Provinzialschulkollegiums  dringend  zu  empfehlen.  Nament- 
lich werden  dessen  Kommissarien  nicht  verabsäumen  dürfen,  bei 
ihren  Besuchen  und  Revisionen  der  einzelnen  Anstalten  auch  von 
dem  Turnunterrichte  und  allem,  was  damit  zusammenhängt,  eingehend 
Kenntnis  zu  nehmen.  Wo  Mifsstände  wahrgenommen  werden,  ist 
auf  deren  baldigste  Beseitigung  hinzuwirken,  erforderlichenfalls  auch 
alsbald  an  mich  zu  berichten.  Jedenfalls  erwarte  ich,  dafs  in  den 
Verwaltungaberichten  die  hier  in  Frage  kommenden  Dinge  überall 
die  ihnen  gebührende  Berücksichtigung  finden  werden. 

Der  Minister  der  geistlichen  etc.  Angelegenheiten. 

(Gez.)  Bosse. 
An 
sämtliche  Königliche  Provinzial- 
schulkollegien. 
U.  U.   1389.  U.  III.  B. 

Schnleinrichtnngeii  für  Schwachbegabte  Kinder. 
Rundschreiben  des  Königlich  prenfsischeu  Unterrichtsministers. 

Berlin,  den  16.  Juni  1894. 

Zufolge  der  Berichte,  welche  die  Königlichen  Regierungen  auf 
den  Erlafs  vom  14.  November  1892  —  ü.  III.  A.  No.  B018  — 
über  die  zur  Beschulung  Schwachbegabter  Kinder  schulpflichtigen 
Alters  eingerichteten  Anstalten  eingereicht  haben,  bestehen  solche 
Anstalten  zur  Zeit  bereits  in  18  Städten,  wie  sich  des  näheren 
aus  der  anliegenden  Übersicht  ergibt.  Während  im  vorigen  Jahre 
in  manchen  Klassen  noch  häuslich  vernachlässigte  Kinder  mit  den 
schwachsinnigen  vereinigt  waren,  befinden  sich  gegenwärtig  nach 
Ausscheidung  der  ersteren  nur  noch  solche  Kinder  in  den  hier  in 
Rede  stehenden  Klassen,  die  während  eines  ein-  bis  zweijährigen 
Besuches  der  Volksschule  gezeigt  haben,  dafs  sie  zwar  unterrichts- 
föhig,  aber  zur  erfolgreichen  Mitarbeit  mit  den  normal  beanlagten 
Kindern  nicht  genügend  begabt  sind.  Die  bisherigen  Erfahrungen 
haben  herausgestellt,  dafs  so  beschaffene,  auf  besondere  Schuleinrich- 
tangen  angewiesene  Kinder  überall  vorhanden  sind  und  des  weiteren 
dafs  solche  Kinder  in  zweckmäfsig  eingerichteten  Schulklassen  über- 
raschend weit  gefördert  werden.  Von  wesentlicher  Bedeutung  für 
die  Überweisung  der    in    diese  Klassen  gehörenden  Kinder    Ut   die 

SehulgesandbeltipfleKe  VII.  45 


706 

Beteiligung  des  Arztes,  indem  körperliche  Gebrechen  oder  ftber* 
standene  Krankheiten  mit  der  zurückgebliebenen  geistigen  Entwicke- 
lung  im  Zusammenhange  zu  stehen  pflegen.  Besonders  wichtig  sind 
daher  auch  die  schon  jetzt  mit  anerkennenswerter  Sorgfalt  gelehrten 
Entwickelungsgeschichten  der  einzelnen  Kinder.  Andererseits  gibt 
die  ärztliche  Mitwirkung  Gewähr  dafür,  dafs  die  Oberweisung  auf 
Kinder  beschränkt  bleibt,  welche  geistig  nicht  genflgend  entwickelt 
sind,  uro  den  normalen  Unterricht  zu  empfangen. 

Das  Urteil  über  diese  Klassen  lautet  fast  einstimmig  gflnstig, 
und  in  manchen  gröfseren  Städten  sind  Schul-  und  Gemeindebehdrden 
schon  jetzt  mit  lebhafter  Teilnahme  fördernd  eingetreten. 

Infolgedessen  sind  an  den  meisten  Stellen  nicht  nur  die 
wünschenswerten  Erweiterungen  der  Anstalten  durch  neue  Klassen 
als  gesichert  anzusehen,  sondern  es  werden  auch  die  Mittel  bereit 
gestellt,  damit  die  Klassenfrequenz  nicht  über  25  Schulkinder  za 
steigen  braucht  und  damit  aufserdem  durch  angemessene  Bemane- 
rationen  —  neben  dem  etatsmäfsigen  Gehalt  —  besonders  tüchtige 
Volksschullehrer  und  Lehrerinnen  filr  diese  Hilfsklassen  herangezogen 
werden  können.  Die  letztere  Bezeichnung,  oft  in  der  Zusammen- 
stellung: ^ Hilfsklassen  für  Schwachbegabte  Kinder",  scheint  als  die 
mit  Rücksicht  auf  die  betreffenden  Eltern  geeignetste  angesehen  und 
am  meisten  gebraucht  zu  werden. 

In  vielen  dieser  Klassen  wird  der  Unterricht  halbstündig  erCdt. 
Wo  ein  mehrstufiges  Schulsystem  besteht,  ist  selbstverständlich  das 
Lehrziel  für  alle  einzelnen  Klassen  erheblich  niedriger  gesteckt  als 
bei  den  entsprechenden  Volksschulklassen,  und  es  geht  auch  bei  der 
obersten  Klasse  wohl  an  keiner  Stelle  über  das  für  die  Mittelstufe 
einer  normalen  Volksschule  yorgeschriebene  Mafs  hinaus.  Eine  nicht 
geringe  Zahl  vollständig  durchgearbeiteter  Lehrpläne  zeigt  eine  wohl* 
überlegte  Rücksichtnahme  auf  die  besonderen  Zwecke  dieser  An- 
stalten, sowohl  nach  dem  Mafse,  wie  nach  der  Wahl  der  T<Mr- 
zunehmenden  Lehrstoffe.  Die  Gegenstände,  welche  vorzugsweise 
geistige  Anstrengung  erfordern,  treten  zu  Gunsten  der  auf  die  Knt- 
Wickelung  körperlicher  Geschicklichkeit  und  praktischer  Befthigong 
gerichteten  zurück. 

Von  der  Stadt  Berlin  abgesehen,  sind  die  Klassen  für  schwach- 
begabte  Kinder  in  aUen  in  der  beifolgenden  Übersicht  aufgefUurten 
Städten  öffentliche  städtische  Einrichtungen. 

Der  Minister  der  geistlichen  etc.  Angelegenheiten. 

(Gez.)    Im  Auftrage:  KüaLBB. 
An 
sämtliche  Königliche  Regierungen. 
U.  HI.  A.  1030. 


II 


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708 

Mitteilung  des  MediziBalrates  in  Hamburg  an  die  dortigen 
Ärcte  wegen  Mafsnahmen  g<y;en  die  Weiterverbreitnng  an- 
steckender Krankheiten  in  Sehnten. 

Hamburg,  den  24.  Oktober  1894. 

In  gegebener  Veranlassung  verfehle  ich  nicht,  die  Herren 
Kollegen  von  den  folgenden  Vorgängen  ergebenst  in  Kenntnis  zn  setzen. 

Die  Hamburgische  Verordnung  vom  20.  Juni  1873,  betreffend 
Maisnahmen  gegen  die  Weiterverbreitung  ansteckender  Krankheiten 
in  den  Schulen,  geht  von  der  Voraussetzung  aus,  dafs  die  in  Frage 
kommenden  Kranldieiten  (Krätze,  kontagiöse  Augenentzündaog, 
Pocken,  Scharlach,  Masern  und  Diphtherie)  nur  sehr  selten  darch 
Gesunde  übertragen  werden.  Im  Verfolg  dieses  Grundgedankens 
verlangt  die  Verordnung  nur  für  Ausnahmefälle,  dafs  die  gesunden 
Geschwister  kranker  Kinder  vom  Schulbesuche  fem  gehalten  werden. 
Selbst  dann,  wenn  das  Medizinalinspektorat  eine  Bekanntmachiing 
erlassen  hat,  „dafis  eine  mit  bedeutender  Gefahr  für  das  Leben  nnd 
die  Gesundheit  der  Kinder  verbundene  Epidemie  herrscht*"  (§  3), 
können  solche  Kinder  zum  Schulbesuch  zugelassen  werden,  wenn 
eine  ärztliche  Bescheinigung  darüber  vorgelegt  wird,  „da(s  entweder 
die  Ansteckungsfähigkeit  der  Kranken  gänzlich  erloschen  ist,  oder 
dafe  durch  eine  genau  durchgeführte  Trennung  der  Kranken  and 
der  mit  diesen  in  Berührung  kommenden  Personen  von  den  Schul- 
kindern die  Weiterverbreitung  der  Krankheit  unmöglich  erscheint"  (§^)' 

Ist  in  dem  Schulhause  ein  Fall  von  Erkrankung  an  einer  der 
oben  genannten  Krankheiten  aufgetreten,  so  soll  von  Fall  zu  Fall 
nach  Anordnung  eines  Physikus  oder  Distriktsarztes  gehandelt 
werden  (§  2). 

Auf  eine  Anregung  der  Oberschulbehörde  hat  das  Medizinal- 
koUegium  sich  mit  dieser  Frage  aufs  neue  beschäftigt.  Dabei  ist 
dasselbe  nach  eingehender  Beratung  zu  dem  Beschlüsse  gelangt,  sich 
für  Aufrechterhaltung  des  früheren  Standpunktes,  der  in  der  Praxis 
vielfach  verlassen  war,  auszusprechen. 

Es  ist  dabei  unter  Hinweis  auf  den  bekannten  in  Berlin  ge- 
haltenen Vortrag  von  Kebsgheksteinbb:  Die  Verbreitung  von 
Masern,  Scharlach  und  Blattern.  Ein  Stück  Schulgesnnd- 
heitspflege,  1883,  bei  Max  Pasch  ausgeführt  worden,  dafs  es 
vor  allem  darauf  ankomme,  verdächtige  Kranke  schon  in  den  ersten 
Anfängen  des  Unwohlseins  von  der  Schule  fem  zu  halten,  um  so 
mehr,  als  dann  oft  die  Ansteckungsgefahr  am  gröfsten  sei.  Nach 
dieser  Richtung  hin  könnten  die  Herren  Lehrer  nicht  genug  than. 
Dagegen  sprächen  viele  Gründe  gegen  die  Ausschliefsung  der  gesunden 
Geschwister.  Zur  Zeit  bösartiger  Epidemien  müsse  von  Fall  zo 
Fall  entschieden  werden. 


709 

Auf  Grund  dieses  Berichtes  wird  zur  Zeit  von  der  Oberschnl- 
behörde  yorgegangen. 

Wenn  indessen  von  einigen  Herren  Kollegen,  welche  anderen 
theoretischen  Anschauungen  huldigen,  Atteste  ausgestellt  werden, 
dafs  gesunde  Kinder  wegen  Erkrankung  eines  ihrer  Geschwister 
an  einer  ansteckenden  Krankheit  die  Schule  nicht  besuchen  dürfen, 
werden  diese  Atteste  nicht  etwa  ignoriert,  sondern  dem  Medizinalrat 
mitgeteilt,  der  dann  von  Fall  zu  Fall  entscheidet. 

Angesichts  dieser  Sachlage  empfehle  ich  den  Herren  Kollegen, 
Yon  der  Ausstellung  von  Schnlbefreiungsattesten  fOr  gesunde  Kinder 
oder  gesunde  Lehrer  abzusehen,  sofern  solche  nicht  von  der  Schule 
ausdrücklich  verlangt  werden,  oder  Umstände  vorliegen,  welche  zu 
einer  gröfeeren  Vorsicht  auffordern. 

Durch  diese  jetzt  eingeführte  Handhabung  der  genannten  Ver- 
ordnung soll  übrigens  den  Vorständen  von  nicht  öffentlichen  Schulen 
nicht  die  Berechtigung  abgesprochen  werden,  auch  zur  Zeit  gutartiger 
Epidemien  ihrerseits  die  gesunden  Geschwister  kranker  Kinder  vom 
Schulbesuch  auszuschliefsen. 

Der  Medizinalrat. 
(Gez.)  Dr.  Reincke. 


^txfonalitn. 


Der  Vicepräsident  des  obersten  Sanitätsrates,  Hofrat  Dr.  Aug. 
VoGL  in  Wien,  ist  durch  Verleihung  der  internationalen  Flückiger- 
medaille  ausgezeichnet  worden. 

Dem  Direktor  des  Luisenstädtischen  Realgymnasiums,  Dr.  Rud. 
Foss  in  Berlin,  wurde  der  Charakter  als  Geheimer  Regierungsrat 
verliehen. 

Es  erhielten:  den  roten  Adlerorden  H.  Klasse  mit  Eichenlaub 
der  Direktor  des  ProvinzialschulkoUegiums  zu  Breslau  Dr.  Wildenow; 
den  roten  Adlerorden  HI.  Klasse  mit  der  Schleife  Gymnasialdirektor 
a.  D.  Dr.  RbüSCHEB  in  Stolp  und  Gymnasialdirektor  Professor  Dr. 
Abicht  in  Oels;  den  roten  Adlerorden  IV.  Klasse  die  Gymnasial- 
direktoren Dr.  Möllees  in  Diedenhofen  und  Petebs  in  Hadamar, 
sowie  der  Direktor  des  Realprogymnasiums  Kabl  Schmidt  in 
Spremberg;  den  Kronenorden  HI.  Klasse  der  Direktor  des  Marien- 
stiftsgymnasiums Dr.  Weigker  in  Stettin  und  der  Gynmasialdirektor 
a.  D.  Dr.  Klapp  in  Wandsbeck. 


710 

Der  Realschuldirektor  Dr.  Wildericakn  in  Bappoltsweüer  geht 
als  Gymnasialdirektor  nach  Saargemflnd. 

In  gleicher  Eigenschaft  sind  versetzt  worden  der  Direktor  des 
Gymnasiams  za  Essen  Dr.  Leop.  Gontzbn  an  das  Gymnasinm  in 
Bonn,  der  Direktor  des  Gynmasiams  zu  Marienborg  Dr.  Gronau 
an  das  Gymnasium  in  Elbing,  der  Direktor  des  Gymnasiams  za 
SaargemOnd  Dr.  Har&b  an  das  Gymnasium  in  Gebweiler. 

Kreisschulinspektor  Dr.  Ed.  Geis  in  Altenkirchen  wurde  zum 
Direktor  des  Schullehrerseminars  in  Aurich  ernannt,  der  Direktor 
des  Progymnasiums  in  Preufsisch  Friedland  Dr.  Brenneckb  zum 
Direktor  des  Gymnasiums  in  Marienburg,  Oberlehrer  am  Wilhelms- 
gymnasium zu  Berlin,  Professor  Dr.  Konb.  Rethwisch,  zum 
Direktor  des  Friedrichsgymnasiums  in  Frankfurt  a.  0.,  Gymnasial- 
professor DIET8GH  in  Hof  zum  Direktor  des  dortigen  Gymnasiums, 
Oberlehrer  Professor  Dr.  Boss  am  KöUnischen  Gymnasium  in  Berlm 
zum  Direktor  des  Luisenst&dtischen  Bealgynmasiums  daselbst,  Pro- 
rektor Goethe  am  evangelischen  Gymnasium  in  Glogan  zum  Durektor 
des  Gymnasiums  in  Stolp  i.  P.,  Oberlehrer  am  Gymnasium  in  Bannen, 
Professor  Dr.  Emil  Stutzer,  zum  Direktor  des  städtischen  Beal- 
gymnasiums  in  Halberstadt,  Professor  an  der  Nikolaischule  in  Leipzig 
Dr.  Preübs  zum  Rektor  des  Gymnasiums  in  Freiberg  i.  S.,  Ober- 
lehrer am  Andreasrealgymnasium  in  Berlin,  Professor  Hamann,  zum 
Direktor  dieser  Anstalt,  Professor  Wernigke  an  der  Oberrealschule 
in  Braunschweig  zum  Direktor  derselben,  Oberlehrer  Professor 
FiEHN  am  Leibnizrealgymnasium  in  Hannover  zum  Direktor  des 
Realgymnasiums  I  daselbst. 

Dr.  Saütineau  in  Paris  hat  die  Stelle  als  Augenarzt  des 
Erziehungshauses  der  Ehrenlegion  erhalten,  nachdem  sein  Vorgänger 
Dr.  Gillet  de  Grandmont  verstorben  ist. 

Am  13.  Oktober  d.  Js.  feierte  die  Karlsruher  Tumlehrer- 
bildungsanstalt  das  Fest  ihres  fänfundzwanzigjährigen  Bestehens  und 
damit  Direktor  Alfred  Maul  sein  fünfundzwanzigjfthriges  Jubfläum 
als  Leiter  dieser  Anstalt. 

Der  Direktor  des  Gymnasiums  in  GebweUer  Dr.  Yolmsb  und 
der  Rektor  des  Gymnasiums  in  Augsburg  Fries  sind  in  den  Ruhe- 
stand getreten. 

Aus  Brooklyn  kommt  die  Nachricht,  von  dem  Tode  des  Dr. 
Jerome  Allen,  Dekans  und  Gründers  der  pädagogischen  Schale 
an  der  University  of  the  City  of  New  York,  aus  Elsterberg  in  Sachse 
diejenige  des  Schuldirektors  Fischer. 

Der  selbst  erblindete  Erfinder  der  nach  ihm  genannten  Blinden- 
schrift Dr.  William  Moon  ist  im  Alter  von  75  Jahren  in  Bir- 
mingham gestorben. 


i 


711 

Den  Assistenten  am  hygienischen  Institute  in  Hamburg  Dr. 
Oebteii  traf  das  Unglück,  sich  mit  Laboratorinmscholera  zn  infizieren, 
welcher  er  in  wenigen  Tagen  erlegen  ist. 

In  den  Tiroler  Alpen  verunglückte  Jon.  HÖFXBEBaER,  Turn- 
lehrer an  mehreren  Mittelschulen  Wiens. 


txtttxatnt. 


Besprechungen. 

Oberlehrer  Otto  Retzlaff.  Über  den  Unterricht  in  der 
Gesfimdheitspflege  an  Gymnasien.  Programm  des  Königlichen 
Bismarckgymnasiums  zn  Pyritz,  Ostern  1894.  Pyritz,  1):594.  Backe. 
(13  S.  4^.) 

Es  kann  nur  als  ein  erfreuliches  Zeichen  begrüfst  werden,  dafs 
in  letzterer  Zeit  mehrfach  die  Gesundheitspflege  an  den  höheren  Schulen 
znm  Gegenstande  von  Programmabhandlungen  gemacht  worden  ist. 
Zn  diesen  zählt  auch  die  bezeichnete  Schrift,  welche  nicht  nur  das 
grofse  Interesse  des  Herrn  Verfassers  für  diesen  Gegenstand  bekundet, 
sondern  auch  einen  sehr  beachtenswerten  Inhalt  bietet. 

Es  wird  unter  anderem  das  Bedauern  ausgesprochen,  dafs  die 
Ijehrpläne  nicht  gestatten,  den  Schülern  höherer  Klassen  ausführ- 
lichere Belehrung  über  Vorschriften  der  Gesnndheitslehre  angedeihen 
zn  lassen  und  auf  die  Motivierung  solcher  genauer  einzugehen. 
Doch  sind  nach  der  Ansicht  des  Verfassers  kurze  gelegent- 
liche Bemerkungen  über  derartige  Dinge,  besonders  beim  natur- 
geschichtlichen Unterrichte,  möglich  und  von  hohem  VV^erte.  Für 
jüngere  Schüler  sei  eine  nähere  Begründung  hygienischer  Regeln 
auch  nicht  am  Platze,  sondern  für  diese  empfehle  sich  nur  die  kurze 
Mitteilung  derselben,  womöglich  in  Memorial versen.  Das  Anbringen 
von  Tabellen  mit  Gesundheitsregeln  an  den  Wänden  der  Schule,  auf 
Heftnmschlägen  u.  s.  w.  wird  nicht  fdr  zweckmäDsig  erklärt,  dagegen 
biete  es  Vorteil,  wenn  den  Schülern  kurze  Gesundheitsregeln  gedruckt 
übergeben  würden,  damit  sie  nach  einer  diesbezüglichen  Bemerkung 
des  Lehrers  den  V^Tortlant  derselben  sich  einprägen  und  sich  zu 
Hause  darüber  besprechen  könnten. 

Das  Zusammenwirken  von  Schule  und  Hans  auch  auf  diesem 
Gebiete  hält  der  Autor  mit  vollem  Rechte  für  höchst  wichtig,  und 
um  dieses  Zusammenwirken  nicht  zu  stören,  warnt  er  nachdrücklich 
davor,  den  Kindern  solche  Gesnndheitsregeln  in  die  Hand  zu  geben, 
welche   mit  Rücksicht  auf  V^ohnungs-,  Vermögens-  und  andere  Ver- 


712 

hältnisse  nicht  leicht  durchführhar  seien.  Es  hleihe  ja  noch  eine 
ganze  Anzahl  solcher  Dinge  übrig,  welche  sich  in  jeder  Familie  gut 
und  leicht  ins  Leben  umsetzen  liefsen,  deren  Mitteilung  in  der  Schule 
erfahrungsgemäfs  auch  von  den  Kltem  m^ist  freudig  begrOfst  und 
dankbar  aufgenommen  werde. 

Hierin  befindet  sich  der  Herr  Verfasser  in  Übereinstimmung 
mit  den  bewährtesten  Pädagogen.  Dieselbe  Ansicht  wird  z.  B.  aus- 
gesprochen in  den  Blättern  für  das  bayerische  GymnasialsfMdwesen^ 
1891,  No.  2,  wo  Professor  NiCKLAS-München  sich  also  vernehmen 
läfst:  „Es  dürfte  sich  empfehlen,  den  Schülern  gedruckte 
Gesundheitsregeln  in  die  Hand  zu  geben  und  auf  diese  Weise 
durch  die  Schule  auf  die  Eltern  und  die  häuslichen  Verhältnisse 
einzuwirke^i.  Dieselben  würden  sich  zu  beziehen  haben  auf  die  Pflege 
des  Körpers  durch  Waschen  und  Baden,  auf  Kleidung,  auf  Bewegung 
und  Ruhe,  auf  die  Pflege  der  Atmungswerkzenge,  der  Augen  und 
Ohren  und  auf  die  Art,  wie  man  sich  zu  Hause  beim  Schreiben 
und  Lesen  zu  setzen  hat.  —  Die  unserer  Obhut  anvertraute  Jugend 
vrürde  sehen  und  fühlen,  dafs  wir  auch  far  ihr  körperliches  Wohl- 
befinden besorgt  sind." 

Königlicher  Gymnasialprofessor  P.  B.  Sepp  in  Augsburg. 

A.  Hermann,  Turninspektor  in  Braunschweig.  Ballfibnn^eil.  Das 
Ballwerfen  niid  Ballfan^en  als  notwendi/>:e  Fertigkeiten 
ffir  die  Ballspiele  nnd  als  Tnrnfibnngsütoff.  Nebst  einem 
Ballreigen.    Mit  21  Fig.    2.  Aufl.    Berlin,  1894.    R.  Gaertner. 

(78  S.  Kl.  8^) 

Die  Neuherausgahe  der  vor  zehn  Jahren  in  erster  Auflage  er- 
schienenen Schrift  Hebmanns  wird  von  allen  denen  mit  grofser 
Freude  hegrüfst  werden,  welche  den  Ballühungen  sowohl  als  hervor- 
ragender Spielbeschäftigung,  wie  als  nutzbringendem  Übungsstoffe  im 
Turnunterrichte  Berechtigung  zugestehen. 

Wenn  auch  dem  Balle,  ganz  gleichgültig,  in  welcher  Form  er 
auftritt,  von  alters  her  bis  auf  den  heutigen  Tag  eine  solche  Beachtung 
geschenkt  ist,  dafs  er  die  Krone  der  Spielgeräte  genannt  zu  werden 
verdient,  und  von  niemandem  der  gesundheitliche  Nutzen,  welchen 
ein  frisches  Ballspiel,  vor  allem  in  freier  Luft,  aber  auch  je  nach 
seiner  Beschaffenheit  im  abgeschlossenen  Baume  zu  stiften  vermag,  in 
Frage  gestellt  wird,  so  ist  doch  die  Benutzung  des  kleinen  Balles  als 
Übungsgerät  zur  gemeinschaftlichen  Beschäftigung  ganzer  Schulklassen 
neueren  Datums  und  bedarf  gegenwärtig  noch  der  besonderen  Em- 
pfehlung. Ich  erteile  dieselbe  aber  um  so  lieber,  weil  ich  mich  in 
eigener  Praxis  überzeugt  habe,  wie  sehr  die  rechte  Betreibung  solcher 
Übungen  dazu  beiträgt,  Ordnungssinn,  Taktgefühl,  Aufmerksamkeit, 


713 

schnellen  Entschlufs,  Behendigkeit  und  Gewandtheit  zu  fördern. 
Andererseits  entspriefst  unzweifelhaft  auch  ein  gesundheitlicher  Nutzen 
aus  derartigen  Ballübungen,  da  das  Werfen  des  Balles  in  die  Höhe 
und  das  Fangen  aus  derselben  in  seinen  so  verschiedenen  Arten 
eine  gerade,  aufgerichtete  Körperhaltung  verlangt  und  die  Ausführung 
an  und  für  sich  eine  Anspannung  der  Nerven,  die  wohlthätig  auf 
das  Befinden  einwirkt,  veranlafist. 

Hermann  verfolgt  in  seinem  Werke,  welches  er  dem  bekannten 
Förderer  der  deutschen  Jugend-  und  Volksspiele  E.  von  Schenckbn- 
BOBFF  in  Görlitz  gewidmet  hat,  den  doppelten  Zweck,  einmal  durch 
geeignete  Wurf-  und  Fangübungen  zu  den  eigentlichen  Ballspielen 
vorzubereiten  und  sodann  in  methodischer  Entwickelung  zu  zeigen, 
wie  sich  die  Übungen  in  den  Turnstunden,  ganz  besonders  in  den- 
jenigen der  Madchen,  zweckentsprechend  verwenden  lassen  und  wie 
sie  in  Verbindung  mit  geeigneten  Schritt-  und  Hüpfarten,  bezw. 
Ordnungsübungen  ein  dankbares  Übungsfeld  bieten. 

Die  zweite  Auflage  hat  gegen  die  erste  wesentliche  Verbesse- 
rungen und  Erweiterungen  aufzuweisen,  und  in  dieser  Beziehung  bin 
ich  mit  dem  Verfasser  der  y.nsicht,  dafs  der  Versuch,  an  Übungs- 
beispielen zu  zeigen,  wie  sich  die  Ballspiele  entwickeln  lassen,  als 
eine  sehr  bedeutsame  Vervollkommnung  anzusehen  ist.  Sie  wird  ohne 
Zweifel  dazu  beitragen,  dem  Buche  neue  Freunde  zuzuführen.  Ebenso 
ist  die  Bereicherung  der  dem  Texte  eingefügten  Figuren  ganz  dazu 
angethan,  in  so  manchen  Fällen  das  Verständnis  sehr  zu  erleichtern. 

Die  den  Ausführungen  vorausgeschickte  geschichtliche  Einleitung 
über  das  Ballwerfen  und  Ballfangen  führt  uns  von  den  Ballspielen 
der  alten  Ägypter,  sowie  der  Griechen  und  Römer  auf  jene  Zeit, 
wo  auch  in  Deutschland  durch  Vieth,  Guts  Müths  und  Jahn 
das  Werfen  mit  Bällen  und  Steinen  Beachtung  fand  und  in  den 
Kreis  der  körperlichen  Übungen  gezogen  wurde.  Auf  den  Beschrei- 
bungen der  angeführten  Schriftsteller  fuTsend  und  eigene  Erfahrungen 
des  praktischen  Betriebes  hinzufügend,  erklärt  und  ^schildert  der 
Verfasser  die  einzelnen  Wurfarten  genau  und  steUt  des  weitereu  den 
allgemeinen  Wert  der  Ballübungen  in  das  rechte  Licht. 

Dann  behandelt  er  im  ersten  Abschnitte  seines  Werkes  „die 
verschiedenen  Wurf  arten  im  besonderen  ^^  und  zwar  1.  den  Schwung- 
wurf, 2.  den  Hebe-  oder  Schockwurf  (das  Schocken),  3.  den  Stofs« 
Wurf,  4.  den  Schleuderwurf. 

Im  zweiten  Abschnitt,  der  die  Fang-  und  Wurfarten  in  ihren 
hauptsächlichsten  Formen  und  in  ihren  Verbindungen  mit  anderen 
Übungen,  systematisch  geordnet,  aufzählt ,  wird  Rücksicht  genommen 
1.  auf  die  verschiedenen  Formen  des  Fäiigens  mit  beiden  Händen 
und  mit  einer  Hand,   2.   auf  das  Werfen   des  kleinen  und  grofsen 


714 

Balles  sowohl  mit  beiden  Händen,  wie  mit  einer  Hand.  In  diesem 
Abschnitte  verdient  ganz  besonders  die  ungemein  sorgfältige  Bear- 
beitung der  Übungen  des  Werfeos  mit  dem  kleinen  Balle,  die  in 
vier  Gruppen  recht  eigentlich  den  praktischen  Betrieb  der  Ball- 
flbungen  im  Rahmen  der  gewöhnlichen  Turnstunden  schildert,  die 
Beachtung  der  Turnlehrer  und  Turnlehrennnen. 

Im  dritten  Teile  findet  sich  die  für  die  Förderung  der  Ge- 
schicklichkeit und  die  Ausbildung  des  Auges  so  wichtige  Übung  des 
Zielwerfens  eingehend  besprochen  und  zugleich  ein  Übungsgerät  be- 
schrieben und  durch  Zeichnungen  erläutert,  welches  nicht  nur  Ar 
die  Einübung  gute  Dienste  leisten  wird,  sondern  auch  ganz  dazu  an- 
gethan  ist,  die  Lust  am  Zielwerfen  selbst  zu  erhöhen. 

Zum  Schlub  zeigt  uns  Hebmann  an  einem  Beispiele,  wie  die 
Übungen  des  Werfens  und  Fangens  mit  dem  kleinen  Balle  in  ihrem 
Endziele  zu  wohlgefälligen  reigenartigen  Zusammenstellungen  hin- 
fahren, die  bei  Vorführungen  des  Eindruckes  nicht  entbehren  werden. 

Ein  kurzer  Anhang  weist  auf  die  in  Verwendung  zu  nehmenden 
BäUe  hin.  Die  hier  gemachten  Angaben  lehnen  sich  an  das  Preis- 
yerzeichnis  der  Schulspielmittelhandlung  von  Dolffs  &  Helle  in 
Braunschweig  an. 

Mit  gutem  Gewissen  kann  ich  die  treffliche  Arbeit  Hermanns 
meinen  Berufsgenossen  und  allen  denen,  welche  sich  für  Ballspiel 
und  Ballflbungen  der  Jugend  interessieren,  empfehlen. 

Stadtturninspektor  Alfred  Böttcheb  in  Hannover. 

JoH.  Fr.  Gottlob  Közle.  Die  pftda^oeische  Pathologie  ii 
der  Erziehnngsknnde  des  19.  Jahrhunderts.  Gekrönte  Preis- 
schrift der  pädagogischen  Gesellschaft  zu  Leipzig.  Gütersloh,  1893. 
G.  Bertelsmann.     (494  S.  8^  JL  6.) 

Im  Jahre  1891  hatte  die  pädagogische  Gesellschaft  zu  Leipzig 
folgende  Preisaufgabe  gestellt:  „Mit  Berücksichtigung  der  vom  Pro- 
fessor LuDWia  Strümpell  veröffentlichten  Schrift  „Die  Pädagogische 
Baihologie^  soll  die  deutsche  pädagogische  Litteratur  seit  Anfang 
unseres  Jahrhunderts  durchsucht  werden,  um  festzustellen,  1.  weiche 
pädagogischen  Kinderfehler  von  den  betreffenden  Schriftstellern  genannt 
und  beachtet  sind,  2.  was  über  die  Natur  und  Eigenartigkeit,  3.  was 
über  die  Veranlassungen  und  Ursachen  derselben  gesagt  wird.** 

Unter  den  eingesandten  Arbeiten  hat  die  mit  grofsem  Fleils 
und  ungemeiner  Sorgfalt  zusammengestellte  Arbeit  des  Herrn  Közle, 
dessen  Schriften  schon  mehrfach  gekrönt  worden  sind,  den  Sieg 
davongetragen. 

Dieselbe  zerfällt  in  zwei  Teile.  Der  erste  enthält  das  bezüg- 
liche   Material,    welches    sich    in    den  Werken    der   pädagogischen 


715 

Schriftsteller  des  neuDzehnten  Jahrhanderts  findet.  Wir  begegnen 
da  M&nnern,  wie  Pestalozzi,  Kant,  Niemeyer,  Schwabz, 
Fichte,  ScHELLiNa,  Gbaseb,  Wagneb,  Schleiebmagheb,  Hegel, 
BoBBNKBANZ,  Hebbart,  Waitz,  Zilleb,  Stoy,  Beneke,  Salz- 
MANN,  Jban  Paul,  Lotzb,  Dintbb,  Diesterweg,  Dittes,  Brandt, 
V.  Peeil,  Denzel,  Riecke,  Pfistebrr,  Beckh,  Palmeb, 
Bobmann,  Zblleb  und  verschiedenen  Mitarbeitern  an  Schmlds 
Encyklopädie. 

Im  zweiten  Teile  wird  dann  das  gewonnene  Material  verarbeitet, 
and  zwar  nach  folgenden  Gesichtspunkten:  1.  Alphabetisches  Ver- 
zeichnis der  Kinderfehler,  2.  Klassifikation  derselben,  3.  Ätiologie 
der  Fehler. 

Indem  wir  die  KözLEsche  Schrift  allen  denen,  welche  sich  für 
pädagogische  Pathologie  interessieren,  zn  eingehendem  Studium 
empfehlen,  fügen  wir  noch  hinzu,  dafs  durch  dieselbe  die  Ansicht 
Professor  Stbümpells  bestätigt  wird,  wonach  die  frühere  Zeit  sich 
mehr  als  die  letzte  Vergangenheit  mit  der  Frage  von  den  Kinder- 
fehlem beschäftigt  hat.  Ob  aber  hieran  die  veränderte  Stellung  der 
Gegenwart  zu  der  alten  theologischen  Lehre  von  der  Erbsflnde 
schuld  ist,  wie  der  Verfasser  meint,  ist  doch  recht  zweifelhaft. 

Rektor  der  Stadtschule 
Dr.  phil.  KoLDEWEY  in  Königslutter. 

Gilbebt  B.  Morbibon,  Teacher  of  physics  and  chemistry  in  Kansas 
city  high-school.  The  Tentilation  and  warming  of  school- 
bnildiugs.  New  York,  1892.  D.  Appleton  and  Comp.  (173  S.  4^ 
75  Cents.) 

Als  vierter  Band  der  von  William  T.  Habbis  herausgegebenen 
„International  Educatian  Series''  gibt  das  kleine  Werk  einen  klaren 
Überblick  über  das  wichtige  Gebiet  der  Heizung  und  Ventilation 
von  Schulgebäuden. 

In  19  Kapitdn  ist  der  Stoff  übersichtlich  geordnet,  und  32  ein- 
fache in  den  Text  gedruckte  Figuren   erörtern  die  Beschreibungen. 

Der  Verfasser  bedauert,  dafs  die  meisten  Schulbauten  in  den 
Vereinigten  Staaten  ohne  Rücksicht  auf  entsprechende  Lüftung  an- 
gelegt sind,  und  schildert  die  Nachteile  eines  solchen  Zustandes.  Der 
New  York  Board  of  Health  schreibt  40%  aller  Todesfälle  dem 
Einflüsse  der  Einatmung  schlechter  Luft  zu. 

Nach  einer  eingehenden  Beschreibung  der  normalen  Zusammen- 
setzung der  Luft,  der  vorkommenden  Verunreinigung  durch  Kohlen- 
säure und  Ammoniak,  des  nötigen  Feuchtigkeitsgehaltes  (75%)  und 
der  diesbezüglichen  mikroskopischen  und  chemischen  Untersuchungen 
werden  die  Berechnungen  über  den  Luftbedarf  pro  Schüler 


716 

und  Stunde  zusammengestellt.  Ein  Kind  erzeugt  durch  den 
Atmungsprozefe  0,4  Kubikfufs  (0,0112  m')  Kohlensäure  pro  Stunde, 
was  einem  verbrauchten  liUftquantum  von  2000  Kubikfufs  (56  m') 
entspricht.  Ein  normal  dimensioniertes  Schulzimmer  wflrde  somit 
bei  dem  Mangel  jeglicher  Ventilation  nur  für  7  Minuten  gute 
Luft  bieten. 

Um  die  verbrauchte  Luft  durch  frische  Auisenluft  zu  ersetzen, 
dienen  die  verschiedenen  Lüftungsarten:  die  natürliche  Ventilation, 
basiert  auf  der  Luftbewegung  infolge  von  Temperaturdifferenzen,  die 
künstliche  Ventilation  in  Form  der  Aspiration  oder  Absaugung  darch 
Lockfeuerung  und  die  mechanische  Ventilation  durch  Ventilatoren  und 
Gebläse  für  Aspiration  und  Impulsion. 

Die  Ein-  und  Ausströmungsgeschwindigkeit  ist  mit  höchstens 
8  Fufs  (2,44  m)  pro  Sekunde  und  die  Querschnittfläche  der  Ein- 
und  Ausströmungsöffnung  mit  je  10  Quadratfufs  (0,93  m*)  ftbr  ein 
normales  Lehrzimmer  angenommen. 

Besonderen  Wert  legt  Morbi80K  auf  die  Frischluftentnahme 
von  einem  hochgelegenen  Punkte  aus,  um  die  Verunreinigungen 
durch  Bodenluft  zu  vermeiden. 

Die  künstliche  Lüftung  durch  Saugschlote,  die  entsprechend 
erwärmt  werden,  wobei  insbesondere  die  Rauchrohre  der  Heizanlagen 
zu  verwerten  sind,  reicht  in  der  Regel  aus  und  wird  nur  bei  un- 
günstigen Windverhältnissen  ungenügend;  in  diesen  Fällen  soll  die 
mechanische  Ventilation  nachhelfen.  Als  die  beste  Anordnung  wird 
stets  die  kombinierte  Impulsion  und  Aspiration  gelten ;  bei  Anwendung 
nur  eines  Systems  ist  ersterer  der  Vorrang  zu  geben. 

Von  hervorragender  Bedeutung  sind  die  Zusammenstellungen  deJ 
Lüftungskosteu,  welche  für  ein  zehnklassiges  Schulhaus  pro  Jahr 
512  Dollar  oder  ungefähr  1850  Mark  betragen.  Der  Kohlenbedarf 
bei  Aspirationsanlagen  mit  Lockfeuerung  ohne  Verwendung  der 
Rauchrohrwärme  beläuft  sich  pro  Lehrzimmer  und  Stunde  auf  21  Pfond 
(9,5  kg),  bei  mechanischer  Lüftung  jedoch  nur  auf  5  bis  8  Pfund 
(2,3  bis  3,6  kg),  was  circa  einer  Pferdekraft  entspricht.  Zur  besseren 
Ausnutzung  der  Rauchrohrwärme  für  die  Zwecke  der  Aspiration 
empfiehlt  der  Verfasser  die  Anwendung  zahlreicher  kleiner  Rauchrohre 
statt  eines  einzigen  grofsen,  um  die  Oberfläche  zu  vergröfsem. 

Die  Aspirationsschachte,  welche  am  besten  gruppenweise  an- 
gelegt werden  und  nicht  mehr  als  sechs  Räume  entlüften  sollen,  sind 
derart  zu  bemessen,  dafs  auf  jedes  Lehrzimmer  6  Quadratfiiis 
(0,56  m*)  entfallen. 

Es  ist  besonders  anerkennenswert,  dals  der  Autor  gerade  auf 
die  Lüftung  das  Hauptgewicht  legt  und  die  hieraus  resultierenden 
Betriebskosten  als  ebenso  notwendig  hinstellt,  wie  jene  der  Heizung. 


717 

Dieses  letztere  Kapitel  ist  übrigens  nur  kurz  behandelt.  Es 
enthält  eine  allgemeine  Definition  der  strahlenden  und  leitenden 
Wärme,  sowie  eine  Vorführung  der  verschiedenen  Ofen-  und  Central- 
heizsysteme. 

Zum  Schlüsse  gibt  Morrison  einen  Idealplan  für  eine 
Heiz-  und  Ltlftungs anläge,  der  von  dem  Schlagwort  „Warme 
Füfse,  kalter  Kopf"  diktiert  ist.  Diesem  Plane  gemäfs  wird  ent- 
sprechend vorgewärmte  Luft  an  vielen  Stellen  des  Fufsbodens  in 
das  Lehrzimmer  geleitet  und  die  verdorbene  Zimmerluft,  die  mit 
der  aufsteigenden  warmen  Luft  mitgerissen  wird,  an  zahlreichen 
Öffnungen  der  Decke  abgeführt.  Durch  die  Verteilung  der  Ein- 
und  Ausströmungsöffnungen  vermeidet  man  allerdings  die  sonst  schwer 
zu  verhindernden  toten  Punkte,  wo  geringer  Luftwechsel  stattfindet, 
aber  konstruktiv  dürfte  diese  verteilte  Anordnung  schwierig  aus- 
zuführen sein,  und  hygienisch  sind  die  leicht  verstaubten  Fuf^boden- 
öffnungen  nicht  empfehlenswert. 

Die  Schulhausskizzen  in  Figur  28  und  29  sind  schlecht 
gewählt  und  könnten  bei  einer  neuen  Ausgabe  durch  bessere  Vor- 
bilder ersetzt  werden. 

Zum  Schlüsse  finden  wir  mehrere  Tabellen  angefügt,  welche 
ErfahruDgszahlen  aus  dem  Gebiete  der  Heizung  und  Lüftung  bringen. 

Das  Buch  dient  hauptsächlich  zur  Belehrung  für  Schulbehörden 
und  Schulmänner    und    ist    daher  allgemein   verständlich  und  kurz 
abgefafst;  der  Heiztechniker  wird  darin  nichts  Neues  finden. 
Diplomierter  Architekt  Karl  Hintbäger  in  Wien. 


Bibliographie. 
Achtzehnter  Bericht  und   Rechnung    über    die    Ferienkolonien   und 

Milchkuren  erholungsbedürftiger   Schulkinder  aus  Zürich     Neue 

Zürich.  Ztg.,  1894. 
Anacker.     Das  neue  französische  G-esetz   zum  Schutze  der  Schule 

und  zur  Bekämpfung  der  Epidemien.     Arch.   f.  öfftl.  Gesdhtspfl. 

in  Elsafs-Lothr.,  1894,  XV,  4,  163—167. 
Ärztlicher    Bericht   über    den    staatlichen    TumUhrerbildwngskursus 

von  1894.    Neu.  Korrspdzbl.  f.  d.  Gelehrt.-  u.  Realschul.  Württemb., 

1894,  L 
Bourneville.     ConsidSrations  sommaires  sur  le  traitement  midico- 

pidagogique  de  tidiotie.     La  M6d.  Infant.,  1894,  15.  Jan  vier. 
Bütte,  L.     VSpidSmie  de  teigne  ä  Vhdpital  (des  enfanis)  de  Beck- 

sur-mer.     Progr.  m6d.,  1894,  XXVI,  467-468. 
Db  Mets.     La  myopie  scolaire.     Ann.  soc.  de  m6d.  d'Anvers,  1894, 

LVI,  135—145. 


718 

Dewald.     Beschreibung  des  neuen  'Sckulgeibäudes   (der   BeakcMe 

in  der  Nordstadt  von  Elberfeld).     Mit  1  Lichtdrack.     Progr.  d. 

Realsch.  in  der  Nordstadt  y.  Elberfeld.    Elberfeld,   1894.    4^. 
Ekkbrt,  A.  J.     [Results  of  the  physical  eocanänation  of  pupäs   m 

the  different  dty  schools  of  8t  Petersburg,]  Wratsch,  St.  Peters- 
burg, 1894,  XV,  708—713. 
Entwickelung    des  Handarbeitsunterrichtes  m   England.      Blfitt.  1 

Knabhdarbt.,  1894,  XI,  236—238. 
Glas,  LüDW.     Schtübäder  und  Massenschwimmunterriehi  in  Drank- 

fürt  a.  M,     Ztschr.  f.  d.  Realschal wes.,  1894,  IX. 
GUTTMANN,  Max.     Die  Frage  der  körperlichen  Erziehung,   Ztsdir. 

f.  Tum.  ü.  Jgdspl.,  1894,  XII,  183—187  ff. 
GuTTZBiT,  Jobs.       Beinmenschliche    Kinderereiehung,      Qrundeüge 

einer  Gesundheitspflege  der  Emdessede.    2.  Aufl.    Leipzig,  1894, 

W.  Besser.     8^.     JH  0,50. 
Hartwbll,  Edward  M.     A  provisional  schematic  study  ofleadmg 

topics  in  physical  education.     Boston,   1894. 
Hervibux.     Bapport  sur  ks  instituteurs  et  insUtutrices  publies  et 

privds,  qui  ont  contribuS  le  plus  actwement  ä  propager  les  vacd- 

nations  dans  les  4coles,      Bullet,    de    Tacad.    de    m^d.,    1894, 

XXIII,  573-581. 
Hbss,  G.  und  DiBDBRiOHS,  C.     Skiaskopische  Schuhmtersuehungen, 

Arch.  f.  Augenh.,  Wiesbaden,  1894,  XXIX,    1—13. 
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HUMMBL.     Unsere  Korrekturlast.     Bl&tt.  f.  höh.  Schulwes.,    1894, 

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[Hygienic  advice  for  homes.     Draum  up   by    (he  physician   of  ^ 

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Jabgbr,  H.     Schulhygienische  Untersuchungen  eur  Beurteilung  der 

Überbürdungsfrage.     Dtsch.  Yrüijahrsschr.  f.  öfftl.  Gsdhtspfl.,  1894, 

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Kastbn,  H.      Welche  Mafsnähmen  erfordert  die  FOrsorge   fOr   die 

schwachsinnigen    Schulkinder?      Pädagog.    Ztg.,    Berlin,    1894, 

XXX— XXXII.  M.  0,20. 
KoEHLER  [Äproseosia  nasdUs,  Stumpfsinn  infolge  ImpermeabiUtäi  der 

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Lagerstedt,  V.  G.  V.    Ätgärder   mot   ößeransträngmng   rid  de 

högre   skolorna  i   Tyskland,   [Thätigkeit    gegen  ÜberbOrdnng  in 

den  höheren  Schulen  Deutschlands.]     Verdandi,  1894. 
Lange,  Walther.     Die  Heizung   der  Eleinkinderschulen  auf  den 

Siegersdorfer   Thonwerken,     Gsdhtsing.,    1894,  XVI,   256—258. 


7l9 

Ledbetteb,  S.   L.     Myopia   in    ihe  Birmingham   public    schools. 

Alabama  M.  &  S.  Age,  Anniston,  1893—94,  VI,  299—307. 
Lbbesüm,  E.  C.  van.     Loodrecht-Schrift  [SteUschrijf^t],     Weekblad, 

1894,  Vm,  377. 
Le    Gendre,  P.     Sur   tes  dangers ,    qu^offrmt   pour   les   enfants 

Vabus  des  exereices  et  U  spart,    Rev.  prat.  d'obst^t.  et  de  paediat., 

Paris,  1894,  VII,   120—128. 
Lenz.     Vaterländische    Fahrt    von    OberJäassen    der    Oymnasien, 

Bealgymnasien  und  Oherrealschulen  des  Wupperihals  gum  Blücher- 

denkmcU  in  Caüb  und  zum  Niedertoalddenkmal.     Ztschr.  f.  Turn. 

u.  Jgdspl.,  1894,  X,  159. 
Marx.    Schule,  Turnen  und  Tumspide.   Progr.  d.  Gymnas.  in  Earls- 

rahe.     Karlsmhe,  1894. 
MiELECKE,    A.     Bericht  über   die    SchiUerkurse  (für  Stotterer)  in 

Spandau.    Med.-päd.  Monatsschr.  f.  d.  gsmt.  Sprchblkde.,  1894, 

V,  151—156. 


Bei  der  Redaktion  eingegangene  Schriften. 

Becher,  C.  und  Bode,  A.  Der  Schuld  und  Hausgarten,  Znr 
Belehrung  in  der  Pflanzen-  nnd  Blumenzucht  für  jung  und  alt. 
Jährl.   12  No.     Altenburg,  1894,  R.  Hiller.     Jfthrl.  M,  1. 

Beleze,  P.  G.     Jeux  des  adolescents,     Paris,  1891. 

Hetz,  G.  Karl.  Physical  exercises  of  the  play  ground,  Chicago, 
1894. 

Beter,  H.  G.  FootrbaU  and  the  physique  of  its  devotees,  firom 
ihe  point  of  view  of  physical  training.  Am.  J.  med.  sc,  Phila- 
delphia, 1894,  n.  s.,  CVIII,  306—322. 

Boas,  F.  The  growth  of  cMdren,  Science,  1 892,  May  6,  256—257 ; 
May  20,  281—282. 

Bobe,  Wilh.  Die  Dauer  u/nd  die  Erhaltung  des  menschlichen 
Lebens,    2.  Aufl.  Leipzig,  1894,  Duncker  &  Humblot.  8^.  Ä  0,40, 

Bourneville.  Becherches  cliniques  et  thörapeutiques  sur  tipOepsie^ 
VhystSrie,  fidiotie  et  thydroc^halie,  Compie-rendu  du  Service 
des  enfants  idiots,  6pU^tiques  et  arrierds  de  Bicetre  pendant 
Vannie  1893.  Avec  89  fig.  et  1  plan.  Paris,  1894,  Felix 
Alcan. 

Castbx,  A.  Vhygihne  de  la  voix,  Ann.  d'hyg.,  Paris,  1894,  3.  s., 
XXXII,  97-106. 

Chabreul.     Jeux  et  exercises  de  jeu/nes  fiUes.     Paris,  1 890. 

Champlin,  John  D.  and  Bostwick,  Arthur  E.  The  young 
folks  cyclopaedia  of  ganzes  and  sports.     New  York,  1 890. 

CoHN,  Heum.     über  Brillen,    Vortrag,  gehalten  im  Humboldtverein, 


720 

Sonderabdrack.  Breslau,  1894,  Breslauer  Genossenschaftsbnch- 
druckerei.  8^* 

Cycling  and  its  dangers,  The  Brit.  Med.  Joum.,  1894,  September 
29,   1761,  726—727. 

Dboste,  Heinb.  Die  Schule,  der  Lehrer  und  die  Mäfsigkeiissacke, 
Preisgekrönte  Abhandlung.  Hildesheim,  1894,  Gerstenberg.  Gr.  8^. 
M.  0,40. 

Ende,  Paul  am.  Die  Aufnahme  des  hauswirtschaftiichen  Unterrichts 
in  den  Lehrplan  der  Volksschule.  Dresden,  1894,  Wamatz  & 
Lehmann.     M  1. 

FiCK,  A.  Studententum  und  Abstinenz,  Eine  Ansprache  an  die 
Züricher  Studentenschaft.     Basel,  1894,    Reinhardt.  8^. 

Flügge,  K.  Grundrifs  der  Hygiene.  Fi^  Studierende  und  prak- 
tische Ärzte,  Medizinair-  und  Verwaltungsbeamte,  Mit  zahh*. 
Abbild.  3.  Aufl.    Leipzig,  1894,  Veit.     Gr.  8®.     M.  12. 

GÄRTNER,  A.  Torfmull  als  Desinfektionsmitiel  von  Fäkalien  nebst 
Bemerkungen  über  Kotdesinfektion  im  aUgemeinen^  über  Tonnen- 
wid  Grubensystem,  sowie  über  KlosetventUation,  Ztschr.  f.  Hyg. 
u.  Infektskrkhtn.,  Leipzig,  1894,  XVm,  2,  263—317. 

GiNDLBR,  F.  und  SOHRAMEE,  H.  Ein  neuer  Spielkamerad  in 
Schule,  Haus  und  Garten.  Siebzig  neue  und  originelle  Jugend- 
spiele mit  lustigen  Weisen.     Berlin,  1894,  H.  Jerosch. 

Q-iustissime  osservazioni  suUa  bicidomania,  La  Palestr.  marz., 
Venezia,  1894,  25.  Maggio,  V. 

Griesinoer,  H.  Wörterbueh  der  deutschen  Sprache.  JEin  Hand- 
buch für  die  Oberstufe  taubstummer  Schüler  und  für  erwachsene 
Taubstumme.    Efslingen,  1894,  W.  Langguth.    Gr.  8^    iL  1,50. 

GülLLOT,  F.  V.  Hygiene  dentaire  de  tenfant  de  trois  ä  quinze  ans. 
Notes  d'un  praticien.     Lyon,  1894,  chez  Taüteur.    8^. 

GuTTMANN,  Max.  Beiträge  zur  körperlichen  Erziehung  m  Öster- 
reich im  Jahre  1893,  Ztschr.  f.  Tum.  u.  JgdspL,  1894,  IX, 
134—139  ff. 

Hummel.  Unsere  Korrekturlast.  Blatt,  f.  höh.  Schulwes.,  1894, 
VI  u.  VIT. 

Jahne,  H.  Geistig  anormale  Schulkinder,  Österr.  Schulbote, 
1894,  L 

Kayser,  R.  Bericht  über  die  ärzüiclie  Untersuchung  der  an  den 
städtischen  Stotterkursen  zu  Breslau,  teilnehmefiden  Schulkindar 
im  Winterhalbjahr  1393—94,  Med.-päd.  Monatsschr.  f.  d.  gsmt 
Sprachhlkde  ,  1894,  VII,  193—196. 

Koch,  K.  Wie  kann  Fufsball  ein  deutsches  Spiel  werden?  Dtscli. 
Tiiniztg.,   1894,  XXVIIL  Beilag.,  549-550. 


üeiigehrift  fUr  SchutffetundheiUpfkge.     VIJ.  Jahrgang. 


KonUktthemioiE 


Verl*B  VM  LeOF*!''  *' 


CantralippuM. 


a  Hamburf  (and  Lelpil^). 


Sachregister. 


Ablenkbarkeit  bei  geistiger  Arbeit 

519. 
Aborte  amerikanischer  Schalen  443. 

—  der  ländlichen  Volksschulen  des 
Kreises  Franzburg  414—415. 

—  in  Schalen  182,  316,  643. 

— ,  Torfstreu  als  Desinfektions- 
mittel für  dieselben  495-^496. 

Abtritte,  s.  Aborte. 

Accommodation  als  Ursache  von 
Myopie  350—351. 

Achter  internationaler  Eongrefs  für 
Hygiene  und  Demographie  in 
Budapest,  Bericht  über  dieThätig- 
keit  der  schalhygienischen  Sek- 
tion desselben  673—678. 

Adenoide    Vegetationen    und    das 

..  Wachstum  der  Kinder  489—490. 

Ägyptische  Augenentzündung,  An- 
steckungsfähigkeit  derselben  624 
bis  625. 

— ,  aus  der  Verordnung  der  Statt- 
halterei  in  Böhmen  über  Vor- 
kehrungen gegen  dieselbe,  be- 
sonders in  Schulen  371. 

-^  in  russischen  Volksschulen  299 
bis  300. 

—  vgl.  Trachom. 

~  Tgl.  Augenentzündungen. 

Ärztlicher  Dienst  in  der  k.  k.  The- 
resianischen Akademie  in  Wien 

..  263. 

Ärztliche  Inspektion  der  Schulen, 
Formular  für  dieselbe  203-205. 

—  in  Paris  194—207. 

—  in  Preufsen  424. 

—  in  Spanien  439. 

Sehalgesniidheitspflcge  YII. 


Arztliche  Inspektion  vgl.  bezirks- 
ärztliche   Schulinspektionen. 

—  vgl.  Schulärzte. 

—  Schulaufsicht,  s.  ärztliche  In- 
spektion der  Schulen. 

—  Untersuchung  der  Zöglinge  der 
k.  k.  Theresianischen  Akademie 
in  Wien  268. 

Alkohol,  Einflufs  desselben  auf  psy- 
chische Vorgänge  225 — 226. 

Alkoholismus,  Kampf  der  Schule 
gegen  denselben  410. 

Alkohol  vgl.  Mäikigkeitssache. 

Allgemeinerkrankungen,  Einflulis 
der  chronischen  auf  das  Ohr  686. 

Alter  der  preufsischen  Lehrer  und 
Lehrerinnen  an  Volksschulen  359. 

Anämie  bei  Schulkindern  499 — 500. 
549. 

Ankleideraum  in  amerikanischen 
Schulen  443. 

—  vgl.  Kleiderablagen. 

Ansteckende  Krankheiten  der  Schü- 
ler, obligatorische  Anzeige  der- 
selben 59—61. 

—  Erlafs  des  niederösterreichischen 
Landesschulrates  zur  Verhütung 
der  Weiterverbreitung  derselben 
durch  Schulen  176—177. 

—  in  Schulen  642. 

—  MitteiluDg  des  Medizinalrates 
in  Hamburg  an  die  dortigen 
Ärzte ,  betreffend  Mafsnahmen 
gegen  die  Weiterverbreitung  der- 
selben in  Schulen  708—709. 

—  vgl.  Anzeigepflicht. 

—  vgl.  Infektionskrankheiten. 

46 


722 


Ansteckende  Krankheiten,  zur  Ver- 
hütang  derselben  in  Schulen 
242—244. 

Anstrich  der  Schulwände  316. 

Anthropologie,  s.  Naturgeschichte 
des  Menschen. 

Anxeigepflicht  für  ansteckende 
Krankheiten  in  Frankreich  200 
bis  201. 

Apparate  für  den  Schularzt  683. 

Aquarium  für  Schulen  681. 

Arbeiten,  häusliche  der  Schülerinnen 
579-580. 

Arbeitsunterricht,  Bedeutung  des- 
selben 251—252. 

—  der  Knaben  250-258. 

—  in  Blindenanstalten  252. 

—  in  Enffland  301—302. 

—  vgl.  Handfertigkeitsunterricht. 
Arbeitszeit  derSchüler  521 ,618—620. 
Atmungsmodus  während  des  Bad- 

fahrens  493. 

—  während  des  Turnens  493. 

Auersches  Gasglühlicht  230. 

Augen,  äufsere  Krankheiten  der- 
selben bei  den  Dorfschülem  des 
Kreises  Isenhagen  168. 

—  der  indianischen  Schulkinder 
569-570. 

—  der  kalifornischen  Studenten  41. 

—  der  Kinder  der  Edmontonschulen 
in  London  426. 

Augenentzündungen  in  Schulen  219 
bis  221. 

—  vgl.  ägyptische  Augenentzün- 
dun  ff. 

Augenhöhle,  Höhe  derselben  bei 
Myopie,  Hypermetropie  und  Em- 
metropie  348—349. 

—  vgl.  Orbitalindices. 
Augenkrankheit     vgl.      ägyptische 

Augenentzündng. 
Augen  vgl.  Kurzsichtigkeit. 

—  vgl.  Myopie. 

—  vgl.  Sehschwäche. 
Augenverletzungen    von    Kindern 

durch  Zündhütchen  96. 

Augen  von  Münchener  Schulkindern 

284. 
Ausstellung  in  Lemberg  233. 

Baden  der  Oberrealschüler  in 
Teschen  568. 


Baden  der  österreichischen  Mittel- 
schüler 183. 

—  der  Schüler  138. 

— ,  Rettung  dabei  verunglückter 
Schüler  492. 

—  vgl.  Schulbäder. 

—  vgl.  Schwimmen  der  Schüler. 

—  vgl.  Schwimmplätze  für  die 
Schuljugend. 

Badeordnung    fSr   die   Schulbäder 

in  Zürich  391—392. 
Baderegeln    für    Schüler    360   bis 

361. 
Bäder  in  der  k.  k.  Theresianischen 

Akademie  in  Wien  258—259. 

—  vgl.  Brausebäder. 

—  vgl.  Schul bäder. 
Bakterien,  s.  Mikroorganiamen. 
Ballübungen  712—714. 
Baukosten     amerikanischer    Schnl> 

häuser  442. 

Befreiung  vom  Schulunterrichte, 
Bundschreiben  des  Londoner 
Erziehungsdepartements  bezüg- 
lich derselben  245. 

Beginn  des  Schulunterrichts  infolge 
der  durch  Einführung  der  mittel- 
europäischen Zeit  geänderten 
Verhältnisse,  Erlais  des  preniÜ- 
sehen  ünterrichtsminiaterB  des- 
wegen 43 — 45. 

—  vffl.  mitteleuropäische  Zeit. 
Beheizung  der  städtischen  Schulen 

Wiens  158. 

—  vgl.  Heizung. 

Beleuchtung,  indirekte  493—495. 
— ,  künstliche   der  k.  k.  Theresia- 
nischen Akademie  in  Wien  260. 

— ,  künstliche  der  Schubdmmer  241, 
610,  616. 

— ,  natürliche  amerikanischer  Schul- 
häuser 442. 

— ,  natürliche  der  ländlichen  Volks- 
schulen des  Kreises  Franzbnnr' 
413.  * 

— ,  natürliche  der  spanischen 
Schulen  438. 

—  natürliche  in  Schulen  615  —616. 
— ,  Verbesserung   der   natürlichen 

in  den  kathoUschen  Volksschulen 
Breslaus  281. 

—  vgl.  Lichtverhältnisse. 

—  zur  Frage  der  natürlichen  363 
bis  864. 


r 


723 


Bestrafung  von  Sohalerinnen  darch 

Nachbleiben  581. 
Bezirksärztliche   Schulinspektionen 

in  Sachsen  222—224. 

—  vgl.  ärztliche  Inspektion  der 
Schulen. 

Bilderständer  von  Junoels  420. 
Biographische     Daten     über     die 

Schiüer,  Sammlung  yon  solchen 

326  -328. 
Blattern,  s.  Pockenepidemie. 
Blindenanstalten,      Statistik       der 

österreichischen  418. 
Blinde,  Untericht  und  Unterhaltung 

derselben  525. 
Blutarmut    bei    den    Dorfschülem 

des  Kreises  Isenhagen  168. 
Brausebäder  der  neuen  Volksschule 

in  Rostock  508. 

—  in  den  städtischen  Schulgebäuden 
Münchens,  Atfweisung  der  Lokal- 
schulkommission zur  Benutzung 
derselben  633-639. 

—  in  den  städtischen  Schulgeb&uden 
Münchens,  Bedienung  derselben 
635—636. 

—  in  den  städtischen  Schulgebäuden 
Münchens,  Betrieb  derselben  637 
bis  639. 

—  in  den  städtischen  Schulgebäuden 
Münchens,  Einrichtung  derselben 
633-635. 

—  in  den  städtischen  Schul gebäuden 
Münchens,  Beinigung  und  In- 
standhaltung derselben  636—637. 

—  in  Schulen  680. 

—  mit  horizontalen  Wasserstrahlen 
390. 

—  nach  System  Sulzer  387—389. 

—  Tgl.  Bäder. 

—  vgl.  Schulbäder. 

—  vgl.  Schulbrausebad. 
Brunnen  der  ländlichenVolksschulen 

des  Kreises  Franzburg  414. 

—  in  Schulen,  Saprol  ein  Mittel 
um  fäkalische  Verunreinigung 
derselben  zu  erkennen  291. 


Caisse  des  ^coles  in  Paris  196. 
Centralheizung,  Hennsche418— 419. 
—  vgl.  Heizung. 
Chorea,  s.  Veitstanz. 


Dampfheizung,  fünfzigjähriges  Be- 
stehen einer  solchen  in  einer 
Schule  37. 

Decken  von  Schulzimmem  315  bis 
316. 

Ddl^gation  cantonale  in  Paris  196. 

Desinfektion  einer  Schule  bei  einer 
Scharlachepidemie  489. 

—  von  Briefen,  Büchern  und 
Schreibheften  105—106. 

Diphtherie  in  den  Elementarschulen 
Londons  624. 

—  in  österreichischen  und  franzö- 
sischen Schulen  42. 

—  in  Schulen,  Verfügung  der  k.  k. 
niederösterreichischen  Statthai- 
terei  über  das  sanitätspolizei- 
liche Vorgeben  beim  Auftreten 
derselben  108—111. 

—  zur  Verhütung  der  Weiterver- 
breituüg  derselben  durch  Schulen 
296. 

Dispensationen,  ärztliche  von  einzel- 
nen Unterrichtsgegenständen682. 

Duschebäder  für  die  Pariser  Schulen 
97. 

—  vgl.  Schulbäder. 


Eisbahnen  für  die  Jugend  312. 
Eiskämpfe  vgl.  Eislauf. 

—  von  Schülern  174. 

Eislauf     der     Oberrealschüler     in 
Teschen  568. 

—  der      österreichischen      Mittel- 
schüler 184. 

—  der  Zöglinge  der  k.  k.  Theresia- 
nischen Akademie  in   Wien  261. 

— ,  Förderung    desselben    bei    der 

Jugend  562. 
Eislaufplätze   für   die  Schuljugend 

46-49. 
Eislauf,  Ratschläge  für  die  Schüler 

des  Falkrealgymnasiums  zu  Berlin 

in  betreff  desselben  104—105. 

—  vgl.  Eiskämpfe. 

Epidemie  hystero  -  epileptisch o 
Krämpfe  unter  den  Schulmädche 
zu  Valle  in  Österreich  365—367 

—  vgl.  Infektionskrankheiten. 
Epidemische    Krankheiten    in    der 

Schule  675-676,  677-678. 


■\ 


■:* 


724 


Epideroisobe  Krankheiten,  Ver- 
hütung derselben  in  der  k.  k. 
Theresianiscben  Akademie  in 
Wien  262. 

—  vgl.  Infektionskrankheiten. 

Epileptische  Schulkinder,  Anwei- 
sung des  Bezirksschulrates  in 
Wien  wegen  Beschaffung  einer 
Statistik  deraelben  304—305. 

Erdbeben,Panikin  einerDortmunder 
Schule  infolge  eines  solchen  631 
bis  632. 

Erkrankungen  der  Schüler,  Formu- 
lare für  dieselben  205^207. 

— ,  Nomenklatur  für  den  schul- 
ärztlichen Bericht  über  dieselben 
331. 

—  der  Zöglinge  in  der  k.  k.  The- 
resianischen Akademie  in  Wien 
263—264. 

— ,  massenhafte  im  Waisenhause 
zu  Bunzlau  502. 

—  norwegischer  Schulkinder  211  bis 
212. 

—  vgl.  Krankheiten. 
Ermüdung  bei  geistiger  Arbeit  519. 

—  des  Geistes  beim  Schulunterrichte 
2—22. 

—  durch  Turnen  566. 

— ,  geistige  von  Schulkindern  207 
bis  210,  379—380,  519—620,  564 
bis  566. 

Ermüdungshaltungen  der  Schüler, 
Mittel  dagegen  529-530. 

—  Tgl.  Haltungen. 

Ernährung  der  Schüler  in  den 
französischen  Lyceen  36. 

—  der  Schulkinder  556. 
Erziehung,  hygienische  der  Jugend 

553. 

— ,  Schäden  und  Mängel  der  heu- 
tigen 562. 

Examenüberbürdung  691. 

—  vgl.  Überbürdung. 
Examina,  s.  Prüfungen. 


xachlehrertum  und  Klassenlehrer- 
tum  309—310. 

Familienstand  der  preufsischen  Leh- 
rer und  Lehrerinnen  an  Volks- 
schulen 35f). 


Fechtübungen  für  Schüler  136. 
Fehler  der  Kinder,  s.  pädagogische 

Pathologie. 
Fenster  der  neuen  Volksschule  in 

Rostock  505—506. 

—  in  Schulen  615—616. 

— ,  Lüftungsklappen  in    denselben 

604. 
— ,  Öffnung  derselben  wahrend  der 

Pausen  603, 
Fenstervorbänge  in  Schulen  611. 

—  vgl.  Vorhänge. 
Ferienkolonien,  dauernder  Nutzen 

derselben  612. 

—  der  Pariser  Schulkinder  199. 
— ,  die  hygienischen  Resultate  der 

Braunschweiger  577. 

—  für  Londoner  Schulkinder  428. 

—  Granadas  237—288. 

—  in  Budapest  611 — 612. 

—  in  Norwegen  301. 

—  in  Prag  701. 

—  in  Spanien  439. 
Ferienkoloniekinder,  die  körperliche 

Entwickelung  derselben  216  bis 
219. 
Ferienkurse  für  akademisch  gebil- 
dete Lehrer  in  Jena  422. 

—  Greifswalder  für  Lehrer  und 
Lehrerinnen  des  Französischen, 
verbunden  mit  Badekuren  234. 

Ferien,  s.  schulfreie  Tage. 
Ferienwanderungen  646 — 649. 

—  vgl.  Schülerreisen. 
Feuchtigkeit,  ein  Mittel  gegen  auf- 
steigende in  Schulmauem  291. 

Feuersignal  in  Schulen  678—679. 
Freiviertelstunden,  s.  Pausen. 
Frühstück  der  Schulkinder  418. 
Fufsballspiel,  Einflufs  desselben  auf 

die  Körperentwickelung  691  bis 

692. 

—  Gefahren  desselben  492—493. 
Fufsballwettstreit      zwischen     den 

Studenten  von  Oxford  und  Cam- 
bridge 170. 
Fufsboden    der    ländlichen   Volks- 
schulen   des   Kreises    Franzburg 
413-414. 

—  der  Schulzimmer  472. 

Garderobenräume  in  Schalen  614. 

—  vgl.  Kleiderablagen. 


725 


Gasglühlicht,  8.  Aaersches  Gasglüh- 
licht. 

GnsheizuDg  in  Münchener  Schalen 
302. 

—  Tgl.  Heizung. 

Gebäade  fürSchulen,  s.Schulgebäude. 
Gebrechen,  9   Eörpergebrechen. 
Gehimgewicht  der  Kinder  690  bis 

691. 
Gehörumfang  der  Kinder  416 —417. 
Gehör,  vgl.  Schwerhörigkeit. 
Geistesschwäche,     scheinbare     bei 

Kindern  444 — 445. 

—  vgl.  Schwachbegabte  Kinder. 
Geistes-  und  Nervenkrankheiten  der 

Schüler  333—337. 
Geistige  Arbeit  518—523. 

—  Schnelligkeit  derselben  518  bis 
519. 

Geistige  Eigentümlichkeiten  der 
Schüler,  Untersuchung  derselben 
341-342. 

Gelbsucht  als  Folge  einer  Schul- 
strafe  417. 

Gesang  in  der  Schule  137. 

Gesangunterricht  und  Nasenkrank- 
heiten der  Kinder  675. 

Gesellschaft  für  Kinderschutz  in 
England  568-569. 

Gesundheit,  Beeinflussung  derselben 
durch  den  Unterricht  629. 

Gesundheitsbuch  für  die  einzelnen 
Schüler  559—560. 

Gesundheitsgemäfse  Erziehung  der 
Jugend,  Berliner  Verein  für  die- 
selbe 37—38,  561—562. 

Gesundheitsingenieur  für  die  Schule 
683. 

Gesundheitslehre  für  Haus  und 
Schule  123—126. 

—  für  Schulen  247—249. 

—  in  der  höheren  Mädchenschule 
439—441. 

Gesundheitspflege  an  der  k.  k.  The- 
resianischen  Akademie  in  Wien 
257—264. 

—  antike  31—33. 

—  Bedeutung  derselben  83. 

—  GrondzOge  derselben  für  Schüler 
93—94. 

—  in  den  katholischen  Volksschulen 
Breslaus  281—283. 

—  in  der  k.  k.  Staatsoberrealschule 
zu  Teschen  567—568. 


Gesundheitspflege  in  japanischen 
Schulen  488—489. 

—  ungenügende  in  Italien  522  bis 
523. 

—  Unterricht  in  derselben  an 
Gymnasien  711—712. 

—  vgl.  Hygiene. 

—  vgl.  Lehrergesundheitspflege. 
Gesundheitsregeln   für  Schule   und 

Haus  555—559. 
Gesundheitsverhältnisse   der    Dorf- 
schüler   des    Krebes    Isenhagen 

167—170. 
Geteilte    oder   ungeteilte  Schulzeit 

in  Frankfurt  a.  M.  573—574. 
Glasjalousien  in  den  Fenstern  604. 
Granulöse     Augenentzündung,      s. 

ägyptische  Augenentzündung. 
Griffel  Verletzung ,      tödliche    eines 

Schulmädchens  625. 
Gymnastik  an  grofsen  Geräten  136 

bis  137. 

—  Geräte  für  dieselbe  136. 

—  Gesetz  über  die  obligatorische 
in  Italien  130. 

—  in  der  Klasse  136. 

—  in  spanischen  Schulen  489. 

—  Mängel  der  bisherigen  130. 

—  Programm  derselben  für  die 
verschiedenen  Altersstufen  139 
bis  140. 

—  Reform  derselben  129—146. 

—  Seminare  für  dieselbe  in  Rom, 
Neapel  und  Turin  144. 

—  soll  täglich  2  Stunden  in  der 
Schule  getrieben  werden  139. 

—  vgl.  gymnastische  Übungen. 

—  vgl.  körperliche  Erziehung. 

—  vgl.  Turnen. 

Gymnastische  Übungen»  vgl.  Gym- 
nastik. 

—  welche  für  Schüler  auszu- 
schliefsen  sind  135. 


Häusliche  Arbeiten,  vgl.  Arbeits- 
zeit der  Schüler. 

Haltungen,  krumme  der  Schüler 
538—539. 

—  vgl.  Ermüdungshaltungen  der 
Schüler. 

—  vgl.  Schreibhaltungen  der 
Schüler. 


726 


Handarbeitsunterrioht,    Saal       for 

denselben  680—681. 
Handarbeit,   8.  Enabenhandarbeit. 
Handels-     und     Gärtnerschule    zu 

R&kos-PAlota  in  Ungarn  693  bis 

694. 
Handfertigkeitsseminar  in  Leipzig 

253. 
Handfertigkeitsunterrichtan  Lebrer* 

Seminaren  476 — 477. 

—  Beurteilung  desselben  116. 

—  bildet  keine  Förderung  turne- 
rischer Erziehung  30. 

—  der  Schüler  137—138. 

—  in  den  Vereinigten  Staaten  499. 

—  in  Italien  428. 

—  Unterweisung  einer  grölseren 
Schülerzahl  in  demselben  477. 

—  vgl.  Arbeitsunterricht. 

—  vgl.  Enabenhandarbeit. 

—  Tolkserziehliche  Bedeutung  des- 
selben 479—480. 

Hausarbeiten,  s.  Arbeiten,  hausliche. 

Hausaufgaben,  vgl.  Arbeitszeit. 

Haushaltungsunterricht  für  Mäd- 
chen, Erlafs  des  preuTsischen 
Unterrichtsministers  in  betreff 
desselben  428—430. 

Hautkrankheiten  bei  den  Dorf- 
schülern des  Kreises  Isenhagen 
169. 

Heizung  amerikanischer  Schulen 
443. 

—  der  k.  k.  Theresianischen  Aka- 
demie in  Wien  260. 

—  der  landlichen  Volksschulen  des 
Kreises  Franzburg  414. 

—  der  neuen  Volksschule  in  Ro- 
stock 506—507. 

—  der  spanischen  Schulen  438. 
Heizungsanlagen  in  den  städtischen 

Schulen  Wiens  651—653. 
Heizung  vgl.  Beheizung. 

—  vgl.  Centralheizung. 

—  vgl.  Gasheizung. 

—  vgl.  Temperatur. 

—  vgl.  Wärmesignalisier ung. 

—  von  Schulen  560,  717. 
Helligkeit  der  Schulzimmer  90  bis 

92. 
Heredität,  s.  Vererbung. 
Herzkrankheiten     bei     den    Dorf- 

schülem   des   Kreises  Isenhagen 

169. 


Herzkrankheiten  infolge  der  üb- 
lichen Körperhaltung  der  Schüler 
279-280. 

Hilfeleistung  bei  UnglücksflLllen, 
Unterweisung  von  Schülern  in 
derselben  425. 

Hilfsschulen  für  schwachsinnige 
Kinder  270—272. 

—  vgl.  schwachsinnige  Kinder. 
Hitzeferien  643. 

—  Erlafs  des  preufsiscdien  Unter- 
richtsministers, betrefiend  die- 
selben 513—514. 

—  Verordnung  der  hamburgisehen 
Oberschulbehörde  in  betreff  der- 
selben 433—434. 

HÖrübuDgen,  methodische  für  Taub- 
stumme 490—492. 

Hörvermögen  taubstummer  Kinder 
625. 

Hof,  s.  Schulhof. 

Hygiene  auf  der  Berliner  Gewerbe- 
austellung  1896  423. 

—  der  Schüler  in  der  elterlichen 
Wohnung  264—267. 

—  des  Geistes  696—598. 

—  des  Ohres  im  Schulaiter  6^  bis 
688 

—  des  Unterrichts   115—116,  182. 
Hygienemuseum,    Gründung    eines 

solchen  in  München  299. 
Hygiene,  vgl.  Gesundheitspflege. 

—  vgl.  Schulhygiene. 
Hygienische  Ausbildung  der  Lehrer 

586. 

—  Einrichtungen  in  amerikanbchen 
Schulen  409—410. 

—  Inspektion  der  Internate  in  Eng- 
land 34—36. 

—  vgl,  Schularzt. 

—  Kurse  für  Verwaltungsbeamte 
und  Lehrer,  Mitteilung  des  preu- 
fsischen  Unterrichtsministers  dar- 
ifber  45 — 46. 

—  in  Lehrerseminaren  159 — 162. 

—  vgl.  hygienischer  Unterricht. 
Hygienischer    Milsstand     für     die 

6cole  Monge  in  Paris  424. 

—  in  den  Londoner  Distriktsarmen- 
schulen 500—501. 

—  in  Volksschulen,  Verfugung  der 
mährischen  Statthalterei  in  betreff 
der  Hintanhaltung  derselben  514 
bis  515. 


727 


Hyfl^oi^üoherTJnterricht  der  Schüler, 
Antrag  auf  Einfahrang  dea- 
sdlben  482—483. 

—  in  amerikanisoben  Schulen  409. 

—  in  einem  Lehrerseminar  vor  100 
Jahren  569. 

—  in  Volksschulen  nnd  Seminaren 
365. 

—  vgl.  hygienische  Kurse. 

Hygienischer  Zustand  der  Lehr- 
anstalten, des  Unterrichts  und 
der  Lernenden,  Programm  zur 
Erforschung  desselben  321  bis 
346. 

—  der  Schulen  in  Beichenberg  630 
bis  631. 

—  der  Schulen,  Programm  zur  Er- 
forschung desselben  344 — 346. 

Hygienische  Untersuchungen  von 
Schülerinnen  in  Birmingham  235. 

—  Verhältnisse  der  Schüler,  Pro- 
gramm für  die  Feststellung  der- 
selben 342—343. 

—  in  75  Odessaer  Volksschulen 
649—650. 

Hypnose,  s.  Suggestion. 
Hysterische  Epidemie  in  einer  Ba- 
seler Mädchenschule  85. 


Jahresbericht,  siebenter  des  Ge- 
sundheitsrates von  Maine  114  bis 
118. 

Jahreszeit,  Einfluls  derselben  auf 
das  Wachstum  der  Kinder  626 
bis  628. 

Jalousien,  s.  Qlasjalousien. 

Icterus,  s.  (Gelbsucht. 

Idiotie,  Ursachen  derselben  570. 

Idiotische  Kinder,  chirurgische  oder 
medizinisch  -  pädagogische  Be- 
handlung derselben?  94 — 95. 

—  medizinisch  •  pädagogische  Be- 
handlung derselben  289—290. 

—  vgl.  schwachsinnige  Kinder. 
Impning,  aus  der  Verordnung  der 

Bukowiner  Landesregierung  we- 

Sen  Durchführung  derselben  432 
is  433. 

—  der  Schüler,  Bundschreiben  des 
Bezirksschulrates  von  Wien  wegen 
Durchführung  derselben  608  bis 
512. 


Impfung,  Empfänglichkeit  der 
Kinder  für  dieselbe  692—693. 

—  spanischer  Schulkinder  439. 

—  und  Wiederimpfung  der  Schul- 
kinder, Rundschreiben  des  Orts- 
schulrates für  den  VL  Wiener 
Bezirk  bezüglich  derselben  178 
bis  179. 

—  unter  den  französischen  Schul- 
kindern 663. 

—  Tgl.  Wiederimpfung. 

Infektiös  erkrankte  Kinder,  Ver- 
fügung des  Waadtländischen 
Staatsrats,  betreffend  den  Aus- 
schlufs  derselben  von  der  Schule 
244-246. 

Infektionskrankheiten  bei  Schul- 
kindern 557. 

—  Einflufs  der  akuten  auf  das  Ohr 
685—686. 

—  in  den  katholischen  Volkschulen 
Breslaus  282—283. 

—  Inkubationsdauer  derakuten  617. 

—  in  österreichischen  Internaten 
423. 

—  in  Schulen  115. 

—  Verfügung  des  französischen 
Unterrichtsministers  bezüglich  der 
bei  denselben  in  Schulen  zu 
treffenden  Mafsnahmen  302  bis 
303. 

—  vgl.  ansteckende  Krankheiten. 

—  vgl.  epidemische  Krankheiten. 

—  Zunahme  derselben  unter  den 
Schulkindern  NordschotÜands 
576. 

Influenza,  Verfügung  des  Wiener 
Bezirksschulrates  bezüglich  des 
Auftretens  derselben  in  Schulen 
434-435. 

Inkubationsdauer  bei  akuten  Infek- 
tionskrankheiten 617. 

Jugendspiele  an  den  Mittelschulen, 
Erlafs  des  k.  k.  österreichischen 
Unterrichtsministeriums  in  betreff 
derselben  106—107. 

—  an  der  k.  k.  Staatsoberrealschule 
in  Teschen  568. 

—  an  österreichischen  Mittelschulen 
184—185. 

—  Bedeutung  derselben  für  die 
nationale  Wohlfahrt  231—232. 

—  Einführung  derselben  in  den 
Vereinigten  Staaten  498. 


728 


Jagendspiele,  Enquete  über  die 
Verbreitung  derselben  in  den 
deutschen  Städten  313. 

—  Erlafs  des  preufsischen  unter- 
riohtsministers  wegen  Förderung 
derselben  581—582. 

—  för  Mädofaen  232. 

— ,  Handbücher  für  dieselben  143. 

—  im  Lehrerseminar  zu  Oranien- 
burg 812. 

—  in  Belgien  131. 

—  in  Deutschland  131. 

—  in  England  131. 

—  in  Frankreich  181. 

—  in  Italien  131—182. 

—  in  Schweden  131. 

—  in  spanischen  Schulen  489. 
— ,  Nutzen  derselben  138. 

—  und  Schulturnen  608. 

—  vgl.  Mädchenspiele. 

—  Tgl.  Spielkämpfe. 

—  vgl.  Spielkurse. 

—  vgl.  Spielplätze. 

—  von  Staatsoberrealschülem  in 
Wien  612. 

Jugendspielknrsus  in  Budapest  369 
bis  370. 

Jugend*  und  Volksspiele,  Jahrbuch 
des  Centralansschusses  zur  Förde- 
rung derselben  für  1893  311—314. 

— ,  Versammlung  des  Centralans- 
schusses für  dieselben  in  Leipzig 
700. 


Kartenständer  von  Jünoels  420. 
Kehrichtmengen  in  der  3.  Bezirks- 
schule Leipzigs  466—458. 
Kehricht  vgl.  Reinigung. 

—  vgl.  Staub. 

Kinderbewahrwesen  in  Ungarn  300. 
Kindergärten       für      taubstumme 

Kinder  in  Berlin  238. 

Kinderschutzgesellschaft  in  England 
568—569. 

Einderspielzeug,  s.  „Kraterschlan- 
gen". 

Kindervolksküchen  in  Berlin  682. 

Klassenlehrertum  und  Faohlehrer- 
tum  309—310. 

Kleiderablagen  in  den  katholischen 
Volksschulen  Breslaus  281^282. 

—  in  Schulen  470,  524. 


Kleiderablagen,  vgl.  Ankleideraiim. 

—  vgl.  Gaiderobenraome. 
Kleidung  der  Schulkinder  556. 

—  der  Zöglinge  der  k.  k.  Tberesift- 
nischen  Akiäemie  in  Wien  259 
bis  260. 

Kleinkinderschulen  in  Italien  140  bis 
141. 

Kleptomanie  bei  einem  Schulknaben 
700—701. 

Knabenhandarbeit,  Hygiene  der- 
selben 51 — 69. 

^  in  ihrer  Anpassung  an  landliche 
Verhältnisse  580. 

—  in  Norwegen  577. 

— ,  ünterrichtsprogramm  des  Leip- 
ziger Seminars  für  dieselbe  auf 
das  Jahr  1894  166—167. 

—  vgl.  Handarbeitsunterricht. 

—  vgl.  Handfertigkeitsunterricht. 
— ,  XII.    deutscher    Kongreis    far 

dieselbe  475—480. 
Knabenhandfertigkeitsunterricht, 

Beurteilung  desselben  vom  padai- 

gogischen  Standpunkte  353 — 857. 
Knabenhorte  in  Stuttgart  37. 
Körperentwickelung    der    Knaben 

650—551. 

—  der  Mädehen  551. 
Körpergebrechen   der   Schulkinder 

in  Würzburg  576. 

Körperhaltung  der  Schüler,  Herz- 
und  Magenleiden  infolge  ge- 
krümmter 279—280. 

Körper,  Kenntnis  des  menschlichen 
seitens  der  Turnlehrer  640 — 641. 

Körperliche  Ausbildung,  vgl.  physi- 
sche Erziehung. 

Körperliche  Erziehung  der  Jugend 
608. 

—  taubstummer  Kinder  676. 

—  vgl.  Gymnastik. 

—  vgl.  physische  Erziehung. 
— ,  Zweck  derselben  132. 
Körperliche  Überbürdung   von  Se- 
minaristen,  in  Küsnaofat  43. 

Körperliche  Übungen  der  Schüler 
679. 

—  Einfluls  derselben  auf  die  Ver- 
hütung der  Schulkurzsichtigkeit 
87—88. 

—  im  Altertum  32—33. 
--  vgl.  Leibesübungen. 

—  vgl.  Turnen. 


729 


Körperliche      üntersachung      der 

Schaler  339—341. 
Körpermessungen  der  Schüler  zar 

Bestimmang  der  för  sie  passenden 

Bankgröfse  540. 
EohleQsänrebestimmnngen  in  Schul- 

zimmern  229. 
Kommission   für  Schulgesnndheits- 

Sflege  in  Nürnberg,  Bericht  über 
ie  Sitzungen  derselben  269—279. 
Kongrels,  VIII.  internationaler  für 
Hygiene    und    Demographie    in 
Budapest  98—99,  292,  421—422, 
496---497,  571-673. 

—  Bericht  über  die  schulhygie- 
nische Thätigkeit  desselben  607 
bis  612,  673—678. 

—  I.  deutscher  für  Jugend-  und 
Volksspiele  in  Berlin  231—233. 

—  XI.  internationaler  medizinischer 
in  Rom  87. 

Konvergenz  der  Augen  als  Ursache 

von  Myopie  350. 
Kopfgrind,  Krankenhausschule  für 

Kinder  mit  solchem  in  Paris  632. 

—  vgl.  Tinea  tondens. 
Kopfschmerz  bei  den  Dorfschülern 

des  Kreises  Isenhagen  168. 

Korrekturlast  der  Lehrer  566—567. 

Kost  der  Zöglinge  der  k.  k.  The- 
sianischen  Akademie  in  Wien 
260—261. 

Krämpfe,  Epidemie  hystero*  epilep- 
tischer unter  den  Schulmädchen 
zu  Valle  in  Österreich  365-367. 

Kränklichkeit  der  Schüler,  Pro- 
gramm für  die  AuBseichnung  der- 
selben 343—344. 

Kränklichkeitsperioden  im  Kindes- 
alter 551—552. 

Kränklichkeit,  Vergleichung  der- 
jenigen bei  Knaben  und  Mädchen 
548—550. 

Krankenabteilung  in  der  k.  k.  The- 
resianischen Akademie  in  Wien 
262—263. 

Krankenhausschule  für  Kinder  mit 
Kopfgrind  in  Paris  682. 

Krankenpflege,  Untericht  englischer 
Schülerinnen  in  derselben  298  bis 
299. 

Krankheiten  der  Schüler,  vgl. 
Nerven-  und  Geisteskrankheiten 
der  Schüler. 


Krankheiten,  vgl.  Schulkrankheiten. 

—  der  Schulkinder  556—557. 

—  vgl.  Erkrankungen  der  Schüler. 
Krankheitsverhalten  im  Kindesalter 

546—554. 
„Kraterschlangen'',     Verbot     ihrer 

Einführung  in  Osterreich  306. 
Kratzeisen     zur    FuDsreinigung    in 

Schulen  468—469. 
Kreuzottembisse,    gegen    dieselben 

361—362. 
Kurzsichtigkeit  bei  den  Dorfschülern 

des  Kreises  Isenliagen  168 — 169. 

—  der  Schüler  114,  204. 

—  vgl.  Augen. 

—  vgl.  Myopie. 

—  vgl.  Schulkurzsichtigkeit. 


Lang-  und  kurzköpfige  Schüler  35. 
Laufübungen  der  Jugend  134. 
Lehrer,  biologische  Ausbildung  der- 
selben 597. 
Lehrergesundheitspflege  286 — 287. 

—  vgl.  Gesundheitspflege. 
Lehrer,  schulhygienische  Ausbildung 

derselben  614—615. 
Leibesübungen   in    amerikanischen 
Schulen  409—410.. 

—  vgl.  körperliche  Übungen. 
Leistungsfähigkeit    der     einzelnen 

Schulkinder  in  geistiger  Beziehung 

18—22. 
— ,  qualitative  der  Schulkinder  in 

geistiger  Beziehung  12 — 18. 
— ,  quantitative  der  Schulkinder  in 

geistiger  Beziehung  9 — 12. 
Lemmethode  der  Schüler  620—623. 
Lesen  in  der  Schule  642. 
Lesestücke,  hygienische  für  Schulen 

82—83. 
Lichtverhältnisse       in      Breslauer 

Schulen  153—157. 

—  vgl.  Beleuchtung. 

Locke   über    physische   Erziehung 

483-485. 
Lüftung  amerikanischer  Schulen  443. 

—  der  k.  k.  Theresianischen  Aka- 
demie in  Wien  260. 

—  der  ländlichen  Volksschulen  des 
Kreises  Franiburg  414. 

—  der    Schulräume   während    der 
unterrichtsfreien  Zeit  606. 


730 


Lüftung  in  Schulen  182,  240,  &68, 

643. 
Lüftungsftnlagen  in  den  städtischen 

Schulen  Wiens  651--653. 
Lüftungsjalousien  in  den  Fenstern 

604. 
Lüftungsklappen  der  Fenster  604. 
Lüftung  yermittelst  der  Fenster  603. 

—  vgl.  Ventilation. 

Luft  in  Schulen  162—163. 
Luftraum  in  amerikanischen  Schulen 
442. 

—  in  den  ländlichen  Schulen  des 
Kreises  Franzhurg  413. 

—  in  spanischen  Schulen  438. 
Luft  und  Licht,   Oenufs  derselben 

im  Altertum  Sl. 

Luftwechsel  in  bewohnten  Räumen 
687—588. 

Lungenkrankheiten  bei  den  Dorf- 
schülern des  Kreises  Isenhagen 
169-170. 

—  vgL  Tuberkulöse  Kinder. 
Lyceen,  sanitäre  Einrichtungen  der 

Pariser  610-611. 


Mädchengymnasien,  Einflufs  der^ 
selben  auf  die  Gesundheit  ihrer 
Schülerinnen  284—286. 

Mädchenschulwesen,  aus  den  neuen 
Bestimmungen  des  preulsischen 
ünterrichtsministers  über  das- 
selbe 678—581. 

liädchenspiele,  vgl.  Jugendspiele. 

— ,  sweiter  Lehrgang  f ürLehrerinnen 
derselben  in  Bonn  603. 

Mäfsigkeitsbestrebungen  an  den 
üniyersitäten  der  Schweiz  174. 

HäTsigkeitssache,  Förderung  der- 
selben durch  die  Schule  602. 

—  imd  Jugenderziehung  83 — 84. 

—  vgl.  Alkohol. 

Häfsigkeitsunterricht  in  den  belgi- 
schen Schulen  178—174. 

—  in  den  dänischen  Schulen  172. 

—  in  den  englischen  Schulen  171 
bis  172. 

—  in  den  holländischen  Schulen  173. 

—  in  den  norwegischen  Schulen 
172. 

' —  in  den  Schulen  der  Vereinigten 
Staaten  170—171. 


ICälsigkeitsanterricht  in  den  Schalen 
des  Auslandes  170—174. 

—  in  den  schwedischen  Schalen  172. 
MM(enleiden   infolge  der  üblichen 

Körperhaltung  der  Schüler  279 

bis  280. 
Marschübnngen  der  Jagend  134. 
Masern  als  Schulkrankheit  688—690. 

—  und  Konfession  426—427. 
Masturbation  der  Schulkinder  675. 

—  vgl.  Onanie. 

Matten  zur  Fufsreinigung  in  Schalen 

469. 
Mauern    der    Schulen,    ein    Mittel 

g^egen   aufsteigende  Bodenfeach- 

ti^^eit  in  denselben  291. 
Mikroorganismen  des  in  der  Laft 

suspendierten  Schulstaubes  459  bis 

464. 

—  im  Bodenstaube  der  Schalen  465 
bis  466. 

Milsbildungen  bei  den  DorfiBchülem 
des  Kreises  Isenhagen  170. 

Mitteleuropäische  Zeit,  Verfogung 
der  Begierung  zu  Schleswig,  be- 
treffend den  Besinn  des  Schul- 
unterrichtes infolge  der  Ein- 
führung derselben  177—178. 

—  Tgl.  Beginn  des  Schulnnterichtes. 
Morbidität  der  Schüler,  s.  Kränk- 
lichkeit der  Schüler. 

Mumps,  sollen  Schüler  deswegen 
▼on  der  Schule  ausgeschlossen 
werden?  92. 

Musterung  der  schulpflichtigen 
Kinder  in  Berlin  501—502. 

—  vgl.  Untersachung. 

Myopen,  Höhe  der  Augenhöhle  bei 
denselben  146—147. 

Myopie,  Accommodation  als  Ursache 
derselben  350—351. 

— ,  Konvergenz  als  Ursache  der- 
selben 850. 

— ,  Vererbung  derselben  349. 

—  vgl.  Augen. 

—  vgl.  Kurzsichtigkeii 

— ,  zur  Frage  derselben  1 — 2,  146 
bis  150,  193—194,  346—361, 

Nasenbluten  bei  den  Dorfsohülem 
des  Kreises  Isenhagen  168. 

Nasenkrankheiten  der  Kinder  and 
G^angunterricht  675. 


731 


Nasenrachenkrankheiten  der  Schul- 
kinder 685. 

Nase,  Prafunff  derselbe!^  bei  415 
jungen  Taubstummen  99—100. 

Naturj^eschichte  des  Menschen  nebst 
Hinweisen  auf  die  Pflege  der 
Gesundheit  378—379. 

Nerven-  und  Geisteskrankheiten  der 
Schüler  383-337. 

—  vgl.  Krankheiten  der  Schüler. 
Nervosität  bei  den  Dorfschulem  des 

Kreises  Isenhagen  168. 

—  der  Schuljugend  38—39,  674  bis 
675. 


Ofen,  s.  Schachtofen. 

Ohrenkrankheiten  bei  den  Dorf- 
schulem des  Kreises  Isenhagen 
169. 

Ohrenpflege  der  Schüler  241. 

Ohrenschmalz,  Gefahren  bei  seiner 
Entfernung  687—688. 

Ohrfeigen,  dadurch  veranlafste 
TodesfäUe  163. 

—  Gefährlichkeit  derselben  687. 
Ohr,  Fremdkörper  in  demselben  688. 

—  Hygiene  desselben  im  Schul« 
alter  685—688. 

—  Prüfung  desselben  bei  415 
jungen  Taubstummen  101 — 104. 

—  Schädigungen  desselben  durch 
heftige  Schallerschütterungen  687. 

—  Schädigungen  desselben  durch 
kalte  Luftströme  686—687. 

—  Schädigungen  desselben  durch 
kaltes  Wasser  686. 

—  vgl.  Schwerhörigkeit. 
Olympische  Spiele,  neue  631. 

—  vgl.  Spiele. 

Onanie  der  Schuljugend  659. 

—  vgl.  Masturbation. 
Orbitalindices   bei   Myopie,  Hyper- 

metropie  und  Emmetropie  348 
bis  349. 

Orbita,  s.  Augenhohle. 

Orientierung  der  ländlichen  Volks- 
schulen des  Kreises  Franzburg 
412. 

—  der  Schulzimmer  236—287. 


Pädagogische  Pathologie  118—122. 
—  vgl.  Pathologie. 


Panik  in  einer  Dortmunder  Schule 
infolge  von  Erdbeben  631  bis 
632. 

Parotitis,  s.  Mumps. 

Pathologie,  die  pädagogische  in  der 
Erziehungskunde  des  19.  Jahr- 
hunderts 714—715. 

Paulinum  des  Rauhen  Hauses  in 
Hamburg-Hom  312. 

Pausen  in  Mädchenschulen  579. 

—  rationelle  Ausnutzung  derselben 
602—607. 

—  vgl.  Schulpausen. 

—  während  der  Schulzeit  520  bis 
521. 

Pelade  bei  französischen  Schülern 
367—358. 

Periodicität  in  der  Entwickelung 
der  Kindesnatur  588 — 589. 

Pflaster,  geräuschloses  bei  Schulen 
282. 

Phthisische  Kinder,  s.  Tuberkulöse 
Kinder. 

Physiologie  und  Pädagogik  26  bis 
28. 

Physische  Ausbildung,  vgl.  Körper- 
liche Übungen. 

—  vgl.  physische  Erziehung. 
Physische  Entwickelung  der  Schüler, 

Sammlung   von  Daten  über  die- 
selbe 328—329. 
Physische  Erziehung  der  Mädchen 
141—142. 

—  englische  Gesellschaft  für  die- 
selbe 234—235. 

—  in  Hamburg  vor  100  Jahren  95 
bis  96. 

—  Lehrkräfte  für  dieselbe  142  bis 
143. 

—  LooKEs  Gedanken  darüber  483 
bis  485. 

—  Universitätskurse  für  dieselbe 
144—145. 

—  vgl.  körperliche  Erziehung. 

—  "^Iksanstalten  für  dieseloe  in 
Italien  141. 

Plätze  für  Schulbauten  315. 

Plagiat  der  von  der  Vereinigung 
für  Schulgesundheitspflege  des 
Berliner  Lehrervereins  verfafsten 
Gesundheitsregeln  für  Schüler  576 
bis  577. 

Pockenepidemie  unter  den  Pariser 
Schulkindern  301. 


732 


Programm  für  die  Aufzeichnung 
der  Kränklichkeit  der  Schüler 
343—343. 

—  für  die  Aufzeichnung  über  das 
sitiliohe  Verhalten  der  Schüler 
842. 

—  für  die  Erforschung  des  hygie- 
nischen Zustandes  der  Schulen 
344—346. 

—  für  die  Erforschung  des  hygie- 
nischen Zustandes  der  Lehran- 
stalten, des  Unterrichts  und  der 
Lernenden,  Anforderungen  an  das- 
selbe 323—325. 

—  für  die  Feststellung  der  hygie- 
nischen Verhältnisse  der  Schüler 
342—343. 

—  für  die  körperliche  Untersuchung 
der  Schüler  339—341. 

—  für  die  mediko-sanitäre  Unter- 
suchung betreffs  der  Periode  vor 
dem  Eintritt  in  die  Schule  338 
bis  339. 

—  für  die  Sammlung  biographischer 
Daten  über  die  Schüler  326—328. 

—  für  die  Sammlung  von  Daten 
über  die  physische  Entwickelung 
der  Schüler  328-329. 

—  für  die  Sammlung  von  Daten 
über  die  psychische  Entwickelung 
der  Schüler  329—330. 

—  für  die  Untersuchung  der  gei- 
stigen Eigentümlichkeiten  der 
Schüler  341—342. 

—  verkürztes  zur  Erforschung  des 
hygienischen  Zustandes  der  Lehr- 
anstalten, des  Unterrichts  und 
der  Lernenden  338—346. 

Prüfungen,  Erlafs  des  preufsischen 
Unterrichtsministers  wegen  Weg- 
fall der  öffentlichen  an  den 
höheren  Schulen  175. 

—  vgl.  Examenüberbürdung. 
Prüfungsordnung,  neue  preufsische 

für    Turn-   und    Schwimmlehrer 
639—641. 
Psychische  Entwickelung  der  Schü- 
ler, Sammlung  von  Daten    fiber 
dieselbe  329-330. 

—  Vorgänge,  Beeinflussung  der- 
selben dunsh  Alkohol  und  Thee 
225-227. 

PsychometrischeMessungen  an  einem 
Schüler  564—566. 


PsychopathischeMinderwertigkeitea 

J20 122. 

—  im  Eindesalter  186— 18a 


Radfahren,  Atmungsmodus  bei  dem- 
selben 493. 

Radfahrerkrankheiten  163—166. 

Badfahrertrainierung  im  Zimmer 
290—291. 

Bauchen,  Einflufs  desselben  auf  die 
physische  Entwickelung  der  Schü- 
ler 36-37. 

Baum-  und  Flftchenmalse  für  Schü- 
ler in  den  nordamerikanischen 
Schulen  625—626. 

Baumwinkel,  Bedeutung  desselben 
zur  Beurteilung  der  Helligkeit  in 
Schulzimmem  90 — 92. 

Beformbestrebungen  auf  dem  Ge- 
biete des  Schulwesens  609. 

Beinhaltung  der  Schulen  116—117, 
239—240. 

—  vgl.  Beinigung. 

Beinigung  der  Breslauer  Volks- 
schulen  282. 

—  der  3.  Bezirksschule  in  Leipzig 
455-456. 

—  der  ländlichen  Volksschulen 
des  Kreises  Franzburg  414. 

—  der  Schulen  643. 

—  der  Schulzimmer  470—473- 

—  Kosten  derselben  for  Schulen 
472—473. 

—  Ordnung  derselben  für  die  Leip- 
ziger Schulen  454    455. 

—  vgl.  Kehrichtmengen. 

—  vgl.  Beinhaltung. 
Bespirien,  s.  Pausen. 

Bettung  beim  Baden  verunglückter 

Schüler  492. 
Bevaocination,  s.  Wiederimpfung. 
Böteinepidemie    in    einem   Pariser 

Gymnasium  28—29. 
Budem   an    den  höheren  Schulen 

Deutschlands  228. 

—  Förderung  desselben  durch  den 
deutschen  Kaiser  701. 

—  österreichischer  Mittelschüler 
185. 

Bückgratsverkrümmungen  bei  den 
DoHschülern  des  Kreises  Isen- 
hagen  169. 


733 


JEtäokgratBverkrümmangen,  EinfloXs 
des  langen  Sitzens  auf  die  Ent- 
stehung derselben  669. 

—  Yg].  Skoliosen. 

^  von  Schulkindern  292—296. 

Hnndgang,  gedeckter  zum  Spazieren- 
gehen der  Schüler  während  der 
Pausen  605. 


Sägespäne  zum  Kehren  der  SchuL 

zimmer  471. 
Sanitäre  Einrichtungen  der  Pariser 

Lyceen  610-611. 
Saprol  als  Mittel  zur  Wahrnehmung 

fökalischer  Verunreinigungen  von 

Schulbrunnen  291. 
Schachtofen,  patentierter  von  Henn 

419—420. 
Scharlachepidemie  in  einer  Schule, 

unterdrückt    durch   Desinfektion 

489. 
Scheuem  der  Schulzimmer  471  bis 

472. 
Schiefertafel  und  Griffel,  Nachteile 

derselben  449—452. 
Schlafdauer  der  Schfller  520-521. 

—  der  Zöglinge  der  k.  k.  Theresia- 
nischen Akademie  in  Wien  261. 

Schlafräume    der  Schuljugend  265 

bis  267. 
Schlittschuhlaufen,  s.  Eislauf. 

—  vgl.  Eislaufplätze  für  die  Schul- 
jugend. 

Schreiben  in  der  Schule  642. 

—  Physiologie  desselben  82. 

—  vgl.  Schriftformen. 
Schreibhaltungen  der  Schüler,  Mes- 
sungen derselben  530—537. 

—  vgl.  Haltungen. 
Schrifbformen,    Anforderungen    an 

ein  Alphabet   mit    verein&chten 
82. 

—  vgl.  Schreiben. 

Schüler,  Durchschnittszahl  derselben 
pro  Klasse  in  den  verschiedenen 
deutschen  Staaten  283-284. 

Schnlerreise  des  Königlichen  Gym- 
nasiums in  Danzig  670—673. 

—  vgl.  Ferienwanderungen. 

—  vgl.  Schulausflüge. 
Sohülerwanderungen,    s.    Schüler- 
reisen. 


Schülerwanderungen ,  vgl.  Schul- 
reisen. 

—  Vffl.  Studentenherbergen. 
Schulärzte,    Antrag     auf    Einfüh- 
rung derselben  483. 

—  Aufgaben  derselben  in  Paris 
197-199. 

—  Eingabe  der  ungarischen  an  den 
ünterrichtsminister  694—698. 

—  Verein  derselben  in  Paris  201 
bis  203. 

—  vgl.  ärztliche  Inspektion  der 
Schulen. 

—  vgl.  hygienische  Inspektion  der 
Internate. 

—  zur  Ausstellung  von  solchen  292. 
Schulärztliche  Institution  in  Ungarn 

694—698. 
Schularzt  585-586,  682—683. 

—  Apparate  für  denselben  683. 

—  Aufgaben  und  Pflichten  des- 
selben 593—602. 

—  medizinisch-pädagogische  Wirk- 
samkeit desselben  596 — 601. 

—  medizinisch-sanitäre  Beaufsichti- 
gung der  Schüler  durch  denselben 
596,  601. 

—  Beglement  für  den  in  Chaux  de 
Fonds  angestellten  111—112. 

I  —  Teilnahme  desselben  an  der 
geistigen  Erziehung  der  Jugend 
596—598. 

—  Teilnahme  desselben  an  der  mo- 
ralischen Erziehung  der  Jugend 
598—601. 

Sohulausflüge  30. 

—  vgl.  Schalerreisen. 

—  vgl.  Spaziergänge. 

—  zur  Verantwortlichkeit  der 
Lehrer  bei  Unglücksfällen  auf 
denselben  157—158. 

Schulausstellung  in  Chicago  272  bis 
279. 

Schulbad,  Anlage-  und  Betriebs- 
kosten eines  solchen  390 — 391. 

Schulbäder,  Frequenz  derselben  in 
Zürich  392-394. 

—  in  den  Vereinigten  Staaten  498. 

—  in  ZQrich  385—395. 

—  vgl.  Baden. 

—  vgl.  Bäder. 

—  vgl.  Brausebäder. 

—  vgl.  Duschebäder. 
Schulbänke  615. 


734 


Schulbänke,  Dimensionstabelle  der 
Wiener  Expertise  für  dieselben 
396-398. 

—  hygienische  Anforderungen  an 
dieselben  538—589. 

—  in  den  ländlichen  Volksschulen 
des  Kreises  Franzburg  415. 

—  pädagogische  und  technische 
Anforderungen  an  dieselben  639 
bis  540. 

—  vffl.  Subsellien. 
SchuTbankausstellung  in  Wien  395 

bis  402. 
Schulbank,    die    neue    Schenksche 
629—645. 

—  „Kolumbus*'  von  Bamminger  & 
Stetter  in  Tauberbischofeheim 
22—26. 

—  vgl.  Steh-  und  Sitzschulbank. 

—  von  Greil  k  Schindler  400. 

—  von  Marsch  166,  352. 

—  von  Schlimp  401. 
Schulbauten  181—182. 

— ,  Entwürfe  für  öffentliche  315  bis 
316. 

—  in  den  Vereinigten  Staaten  589 
bis  690. 

— ,  neue  523—525. 

—  Tgl.  Schulgebäude. 

—  vgl.  Sohulhäuser. 

—  vgl.  Volksschulhausbauten. 
Schulbrausebad  in  Bonn  311. 

—  in  Burgstädt  702. 

—  in  Leipzig  43. 

—  Vffl.  Brausebäder. 

Schule,  Einflufs  derselben  auf  das 
Wachstum  der  Kinder  626—628. 

Schuleintritt  641. 

Schulen  der  Stadt  Reichenberg  in 
hygienischer  Beziehung  630 — 631. 

Schulfreie  Tage  in  den  preuüsischen 
Provinzen  416. 

Schulgarten  681. 

Schulgebäude  497—498. 

—  der  3.  Bezirksschule  in  Leipzig 
453-454. 

—  vgl.  Sohulbauten. 

—  vgl.  Schulhäuser. 

SchuTgesundheitspflege,  Geschäfts- 
anweisung der  städtischen  Schul- 
deputation in  Breslau  für  die 
Bektoren  und  Lehrer  der  Volks- 
schulen betreffend  dieselbe  239 
bis  244. 


Schulgesundheitspflege  in  Berlin 
225. 

— ,  Sitzungen  der  Kommission  far 
dieselbe  in  Nürnberg  213—216. 

Schulhäuser  der  ländHdien  Volks- 
schulen des  Kreises  Franzbnrg 
412—413. 

—  in  den  Vereinigten  Staaten  410, 
441-444. 

—  Verfügung  der  Regierung  zu 
Kassel,  betreffend  die  Revision 
derselben  430—432. 

—  vgl.  Schulbauten. 

—  vgl.  Schulgebäude. 

—  vgl.  Volksschulhaus. 
Schulhof  680. 

—  Anlage  und  Instandhaltung  de^ 
selben  605—606. 

—  Benutzung  desselben  durch  die 
Schüler  während  der  Pausen 
605. 

—  Pflasterung  desselben  469—470. 
Schulhygiene,  Berücksichtigung  der^ 

selben   bei  den  Lehrerprüfungen 
267—268. 

—  für  Seminare  651. 

—  Grnndrifs  derselben  317. 

—  in  Osterreich  628. 

—  in  Spanien  437—439. 

—  mangelhafte  in  Italien  523. 

—  vgl.  Hygiene. 
Schulbygienische     Abteilung     der 

Berliner  Gewerbeausstellung  1896 

—  Bestrebungen  der  Neuzeit  308 
bis  311. 

—  Gegenstände  auf  der  Ausstellung 
der  66.  Versammlung  deutscher 
Naturforscher  und  Ante  in  Wien 
698—700. 

—  Preisaufgabe  105. 

—  Berichte  von  der  Weltausstellung 
in  Chicago  497—499. 

—  Untersuchungen  in  Norwegen 
210-212. 

—  —  norwegischer  Mädchen  211. 

—  Verordnung  des  Regierungsrates 
des  Kantons  Zug  641—643. 

—  Vorträge  auf  dem  VIH.  inter 
nationalen  Kongresse  fiir  Hygiene 
und  Demographie  in  Budapest 
421—422. 

—  in  Berlin  41. 

—  in  Moskau  297. 


735 


Schulkrankheiten,  Einteilung  der- 
eelben  331—333. 

—  vgl.  Krankheiten  der  Scbnl- 
kinder. 

Schulküchen  in  Norwegen  238. 

Schulknrzsichtigkeit,  Einflulis  der 
körperlichen  Übungen  auf  die 
Verhütung  derselben  87—88. 

—  vgl.  Kurzsichtigkeit. 

SchuTorganisation,  Kritik  der  gegen- 
wärtigen mit  Berücksichtigung 
physiologischer  Grundsätze  678 
bis  674. 

Schulpausen  643. 

—  vgl.  Paasen. 

Schulreisen  der  Gymnasiasten  in 
Aussig  a.  E.,  Mitteilungen  an  das 
Elternhaus  in  betreff  derselben 
372-375. 

Schulstrafen,  s.  Bestrafung. 

Schulstunden,  Dauer  derselben  679. 

Schnltreppen,  hygienische  Anfor- 
derungen an  dieselben  88 — 90. 

—  vgl.  Treppen. 

Schulturnen  und  Jugendspiele  608. 

—  vgl.  Turnen. 
Schulwochen,  40  für  Württemberg 

ein  Mythus  286. 
Schulzeit    für     die    verschiedenen 
Altersstufen   in  Mädchenschulen 
579. 

—  geteilte  oder  ungeteilte,  Ab- 
stimmung darüber  in  Frankfurt 
a.  M.  573-574. 

Schulzimmer  578. 

— Gröfsenverhältnisse  derselben  815. 

—  vgl.  Orientierung. 
Schwachbegabte  Kinder  557 — 558. 

—  Fürsorge  für  dieselben  in  Penn- 
sylvanien  368. 

—  Hilfsschulen  für  solche  403— 405. 

—  Eundschreiben  des  preufsischen 
Unterrichtsministers ,  betreffend 
Schuleinrichtungen  für  dieselben 
705--  707. 

—  vgl.  Geistesschwäche. 

—  vgl.  schwachsinnige  Kinder. 
Schwachsinnige     Dorfschüler      des 

Kreises  Isenhagen  170. 
Schwachsinnige  Kinder,  Errichtung 
besonderer  Klassen  für  dieselben 
213-216. 

—  Schriftproben  von  solchen  162. 

—  vgl.  Hilfsschulen. 


Schwachsinnige  Kinder,  vgl.  idio- 
tische Kinder. 

—  vgl.  Schwachbegabte  Kinder. 
Schwerhörigkeit  im  schulpflichtigen 

Alter  296-297. 

—  vgl.  Ohr. 

—  vgl.  Ohrenkrankheiten. 
Schwimmanstalt     in      der     k.     k. 

Theresianischen  Akademie  in 
Wien  259. 

Schwimmbad,  Benutzung  des  Stutt- 
garter durch  Schüler  280. 

Schwimmen  der  Oberrealschüler  in 
Teschen  568. 

—  der  österreichischen  Mittel- 
schüler 183—184 

—  der  Schüler  138. 

—  Central  verein  zur  Förderung 
desselben  in  Berlin  473—475. 

—  vgl.  Baden. 

Schwimmer,   Prozentsatz  derselben 

unter  den  SchulkindemZürich8385. 
Schwimmlehrer,    neue    preufsische 

Prüfungsordnung    für    dieselben 

641. 
Schwimmplätze  für  die  Schuljugend 

46-49. 

—  vgl.  Baden. 
Schwimmunterricht  der  Schüler  in, 

Zürich  386. 

Schwindsüchtige  Kinder,  s.  tuber- 
kulöse Kinder. 

Seehospize,  die  italienischen  für 
skrofulöse  Kinder  228—229. 

—  für  Kinder  in  Norwegen  427  bis 
428. 

—  für  Pariser  skrofulöse  Kinder  57  7. 

—  für  skrofulöse  und  rhachitische 
Kinder,  Wiener  Verein  zur  Föiv 
derung  derselben  702. 

Sehschärfe  bei  verschied engradig 
kurzsichtigen  Gymnasiasten  Al- 
tenas 76. 

—  bei  versohiedengradig  weitsich- 
tigen Gymnasiasten  Altenas   76. 

—  der  absolut  und  fakultativ  hyper- 
metropischen  Gymnasiasten  Al- 
tenas 77. 

—  der  emmetropischen  Gymna^ 
siastenAltonas,  Einflufs  derLebens- 
jähre  auf  dieselbe  77. 

—  deremmetropischenGymnasiasten, 
Altenas,  Einflufs  der  Schuljahre, 
auf  dieselbe  78—79. 


736 


Sehschärfe  der  erblich  belasteten 
myopischen  Gymnasiasten  Al- 
tenas 77. 

—  der  Gymnasiasten  in  Altona  74 
bis  81. 

—  der  hypermetropischen  G^ym- 
nasiasten  Altenas,  Einflufs  der 
Lebensjahre  auf  dieselbe  78. 

—  der  hypermetropischen  G^ym- 
nasiasten  Altonas,  Einflufs  der 
Schuljahre  auf  dieselbe  79—80. 

—  der  myopischen  Gymnasiasten 
Altenas,  Einflufs  der  Lebensjahre 
auf  dieselbe  77—78. 

—  der  myopischen  Gymnasiasten 
Altenas,  Einflufs  der  Schuljahre 
aut  dieselbe  79. 

—  der  Naturvölker  74. 

—  des  rechten  und  linken  Auges 
bei  den  Altenaer  Gymnasiasten  76. 

—  vgl.  Augen. 
Sehschwache,  vgl.  Augen. 

—  vorübergehende  bei  Schülern  482. 
Selbstmorde     von     Kindern,     das 

Problem  derselben  380—381. 

—  von  Schülern ,  Stellung  der  Schule 
zu  denselben  480—481. 

Sittliches    Verhalten    der    Schüler, 

Programm  für  die  Aufzeichnung 

über  dasselbe  342. 
Sitzende  Lebensweise  der  Schüler, 

Nachteile  derselben  658—659. 
Sitzen  der  Schüler  beim  Unterricht 

660-661. 
Sitzzeit    der    Schüler,    Verkürzung 

derselben  530. 
Skoliosen,     Verhütung      derselben 

676—677. 

—  vgl.   Bückgratsverkrümmungen. 
Skrofulöse    bei    den    Dorfschülem 

des  Kreises  Isenhagen  169. 

—  Häufigkeit  derselben  im  Kindes- 
alter 33— .34. 

Somatologie  des  Menschen,  Leit- 
faden derselben  für  Seminare  650. 

Spaziergänge  der  Schuljugend  134 
bis  135. 

—  vgl.  Schulausflüge. 

Speisung    armer    Schulkhider     in 

Budapest  175. 
Spiele,  vgl.  Ballübungen. 

—  8.  Jugendspiele. 

—  vgl.  olympische  Spiele. 
Spielhalle  680. 


Spielkämpfe  314. 

—  vgl.  Jngendspiele. 

—  vgl.  Wettkämpfe. 

Spielkurse  für  die  Studenten  Ber- 
lins 427. 

—  vgl.  Jugendspiele. 
Spielplätze  für  die  Jugend,   Erlafs 

des  preufsischen  ünterrichts- 
ministers,  betreffend  dieselben  581 
bis  582. 

—  für  die  Schuljugend  46—49,  134. 

—  für  Kinder  in  München  105. 

—  für  Schüler  681. 

—  vgl.  Jugendspiele. 
Spielzeug,  s.  „Kraterschlangen". 
Sprachlich  zurückgebliebene  Kinder 

444-445. 
Spucknäpfe  in  Schulen  567. 
Staub   in  Korridoren,    Beseitigung 

desselben  605. 

—  Mafsregeln  zur  Beseitigung  des- 
selben in  Schulen  468-473. 

Staubplage  in  der  Schule  452—473. 
Staub,  vgl.  Kehrichtmengen. 

—  Zusammensetzung   desselben  in 
Schulen  458—459. 

Stechapfelsamen,   Vergiftung   eines 

Schulknaben  damit  227. 
Stehen  der  Schüler  beim  Unterricht 

661. 
Steh-  und  Sitzschulbank  von  F^kt 

668. 

—  von  Götze  667—670. 

—  von    GöTZB,    Umwandlung    der 
einen  in  die  andere  667 — 668. 

—  von  Mauohot  669—670. 

—  von  Veil  668—669. 
SteUschria  611. 

—  für  die  obligatorische  Einführung 
derselben  225. 

—  Gutachten  über  dieselbe  297  bis 
298. 

Steilschriftversuche    in    Dänemark 
151-152. 

—  in  Moskau  575. 

—  in  Norwegen  40 — 41. 
Sieilschrift,    zur    Frage    derselben 

425—426. 
Sterblichkeit    der   Schulkinder   im 
Königreich  Sachsen  485—488. 

—  unter  den  Schulkindem  Berlins 
358-359. 

Stigmographisches  Leinen  für  Hand- 
arbeiten der  Schülerinnen  230. 


737 


Stimmorgane,  Prüfung  derselben 
bei  415  jungen  Tanbstammen 
lOÖ-lOl. 

Stottererheilknrse,  Erfolge  derselben 
71. 

—  Xosten  derselben  72. 

—  Lehrplan  derselben  70—71. 
Stottern  bei  den  Dorfschülem  des 

Kreises  Isenhagen  170. 
Stotternde  Schüler,  Eingabe  der 
Kommission  für  Schalgesundheits- 
pflege in  Nürnberg  an  den  dor- 
tigen Magistrat  wegen  Einrichtung 
von  Heilkursen  ftir  solche  65 — 73. 

—  Heilkurse  für  solche  in  Celle 
287. 

—  Kurse  für  solohe  in  England 
300. 

—  und  stammelnde  Kinder,  Erlafs 
des  preufsischen  Unterrichts- 
ministers ,  betreffend  Heilkurse 
für  dieselben  370. 

—  Volksschüler,  Verein  zur  Hei- 
lung derselben  in  Hamburg  503 
bis  605. 

Stottern,  Häufigkeit  desselben 67. 

—  Heilung  desselben  68—70. 

—  Nachteile  desselben  66 — 67. 
^  Rückfall  in  dasselbe  71. 

—  Ursachen  desselben  67 — 68. 

—  Voraussage  seiner  Heilbariceit 
71—72. 

Strafbarkeit  jugendlicher  Personen 
in  Preulsen,  Abänderung  der  Be- 
stimmungen darüber  6^ — 630. 

Stadentenherbergen,  Bntwickelung 
derselben  in  Böhmen.  Mähren 
und  Schlesien  368—369. 

—  vgl.  Schülerreisen. 

Studium  und  Erholung  der  Zöglinge 
der  k.  k.  Theresianisohen  Aka- 
demie in  Wien  261. 

Stundenplan  642. 

Stundeneahl,  geringe  in  den  ameri- 
kanischen Schulen  410. 

Subsellien  der  neuen  Volksschule 
in  Rostock  507. 

—  einsitzige  117. 

—  in  spanischen  Schulen  488. 

—  vgl.  Schulbänke. 
Suggestion,    hypnotische     in     der 

Pädagc^k  92—93. 
Syphilis,  Übertragung  derselben  auf 
französische  Schüler  867—868. 

8«ha1ff«tniidli«Kspfleg«  Vn. 


Tabakrauchen,  s.  Rauchen. 
Tafeln,  s.  Wandtafeln. 
Tagesbeleuchtung  der  Schulzimmer, 
vgl.  Helligkeit  der  Schulzimmer. 

Taubstumme  Kinder,  Hörvermögen 
derselben  625. 

—  Kindergärten  für  dieselben  in 
Berlin  238. 

—  körperliche  Erziehung  derselben 
676. 

—  methodische  Hörnbungen  für 
dieselben  490-492. 

Taubstummenanstalten,  Statistik  der 
österreichischen  417—418, 

Taubstumme,  Prüfung  von  415 
jungen  99—104. 

Taubstummheit,  Erblichkeit  der- 
selben 103. 

—  Ursachen  derselben  102 — 103. 
Temperatur  der  Schulzimmer  240, 

567—568,  643. 

—  vgl.  Heizung. 

Thee,  Einfiuls  desselben  auf  psychi- 
sche Vorgänge  226—227. 

Tinea  tondens  bei  französischen 
Schülern  357-368. 

—  vgl.  Kopfgrind. 

Tod  eines  Schulmädchens  durch 
Qriffelverletzung  625. 

TorfinuU  zum  Kehren  der  Schul- 
zimmer  471. 

Torfstreu  als  Desinfektionsmittel 
für  Schulaborte  495—496. 

Trachom,  Verfügung  der  k.  k.  Statt- 
halterei  in  Mä&en,  betreffend 
Mafsnahmen  gegen  dasselbe  583. 

—  vgl.  ägyptische  Augenentzün* 
düng* 

Treibhaus  für  Schulen  681. 
Treppen  der  neuen  Volksschule  in 
Rostock  507. 

—  der  Volksschulen  Roms  694. 

—  vgl.  Schultreppen. 

—  von  Schulen  560—561. 
Tuberkulöse    Kinder,    französische 

Heilanstalt  för  solohe  99. 

—  vgl.  Lungenkrankheiten. 

Turnen,  Atmungsmodus  bei  dem- 
selben 493. 

—  der  Schuljugend  in  den  Verei- 
nigten Staaten  498—499. 

—  EinfluTs  desselben  auf  die  Er- 
müdung 566. 

47 


738 


Turnen,  ein  sohulmänniscbes  Urteil 
über  dasselbe  aus  dem  Jahre  1814 
290. 

—  Erlafs  des  prenfsiscben  Unter- 
ricbtsministers,  betreffend  Mit- 
teilungen über  den  Betrieb  des- 
selben in  den  Schulnaohrichten 
der  höheren  Lehranstalten  708 
bis  706. 

—  gewährt  dasselbe  Erholung  von 
geistiger  Arbeit?  623. 

—  Leitsätze  der  schweiEerischen 
Tumlehrerversanunlung  über  das- 
selbe 221—222. 

—  Tgl.  Oymnastik. 

—  vgl.  körperliche  Übungen. 

—  vgl.  Schulturnen. 

—  vgl.  Zimmertumen. 

—  Petition  der  deutsch-österreichi- 
schen Turnvereine  betreffs  obli- 
gatorischer Einführung  desselben 
an  den  Mittel-,  Mädchen-,  Staats- 

fewerbe-,  Andelsschulen  u. s.w. 
05—408. 

Tum&hrten,  vgl.  Schülerreisen. 

Turnhalle  der  fiömerschule  in  Stutt- 
gart 701—702. 

Tiunlehrerbildungsanstalten  an  Uni- 
versitäten 80. 

Turnlehrer,  neue  preufsische  Prü- 
fiumordnung  für  dieselben  689 
bis  641. 

—  vgl.  physische  Erziehung. 
Tumsaal  614. 

Tumspiele,  s.  Jugendspiele. 
Turnunterricht  an  Mädchenschulen, 

Erlafs  des  Königlich  preufinschen 
Kultusministers  wegen  der  Vor- 
bedingungen für  die  Übernahme 
desselben  107—108. 

—  Vermehrung  desselben  80. 


Überbürdnng  der  Jugend  auf  höhe- 
ren Lehranstalten,  Bekämpfung 
derselben  249—250. 

— *der  Schüler  während  der  Ferien, 
Erlais  des  ungarischen  Unter- 
richtsministers  bezüglich  der- 
selben 515. 

—  durch  die  Schule  308,  674—675. 

—  Thesen  über  dieselbe  410 — 412. 

—  vgl.  Examenüberbürdung. 


Unterricht,  Einflu/s  desselben  auf 
die  Gesundheit  ^29. 

—  gemeinsamer  ^on  Knaben  und 
Mädchen  in  höheren  Schulen  ist 
unhygienisch  563 — 554. 

Unterrichtszeit,  geteilte  oder  unge- 
teilte? 521. 

—  ungeteilte  308—309. 
Untersuchungen,    zahnärztliche    in 

badischen  Schulen  502—503. 

—  vgl.  Musterung. 

—  von  Schulldnaem  in  England 
574-575. 


Yeitstanz  bei  den  Dor&ohülem  des 

Kreises  Isenhagen  170. 
Velodpedisten,  vgL  Radfahrer. 
Velociped,  vgl.  Radfahren. 
Ventilation  der  neuen  Volksschule 

in  Rostock  506—607. 

—  vgl.  Lüftung. 

—  von  Schulgebäuden  715—717. 
Verein    für    neuere    pädagogische 

Psychologie  und  Palhologie  28S 
bis  234. 

—  für  Schulgesundheitspflege  in 
Frankfurt  a.  M.  285—336. 

—  zur  Pflege  kranker  Studierender 
in  Wien  42—48. 

Vererbung  der  Myopie  849. 
Vergiftung  eines  Scnnlknaben  mit 

Stechapfelsamen  227. 
Vergnügungen  der  Schulkinder  558 

bu  559. 
Versammlung  des Centrslausschusse» 

zur  Förderung  der  Jugend-  und 

Volksspiele  in  Leipzig  700. 
Vestibül  in  Schulen  560. 
Volksküchen,  s.  Kindervolksküchen. 
Volksschulen,    die    ländlichen    des 

Kreises  Fnmzbnrg  in  hygienischer 

Beziehung  412—416. 
Volks8chul£iusbauten  610. 

—  vgl  Schulbauten. 
Volkssohulhaus,  das  neue  in  Rostock 

505-508. 

—  vgl.  Schulhaus. 

Volksschullehrer  und  Volksschul- 
lehrerinnen, Alter  und  Familien- 
stand der  preulnschen  359 — 360. 

Vorhänge  für  Fenster  in  Schulen  615. 

—  vgl.  Fenstervorhänge. 
Vorhalle,  s.  Vestibül. 


741 


n,  A.  650. 
3.  4.  5.  8.  12. 
J.  186.  207.  380. 
516.    519.   555. 
575.  586.    602. 
.    612.   614.    628 
J.    651.   684. 
iet,  de  174. 
Mhmann  645. 
tftte  717. 
JlatU 


0.  719. 
ia,  C.  del 


Ca] 


7. 


i5.  129.  522  f. 
..  y.  421. 
.  719. 
m  719. 
/t  86.  93.  386. 
a  592. 

nino,  B.  127. 
n  70.  189. 
esfeld,  H.  127. 
jster  229.  230.  255. 
Johen,  0.  146. 
Cohn,  H.  61.  63.  90.  91. 
92.  153  ff.  189.  421. 
516.   572.    573.    611. 
614.  675.  683.  719. 
CoUet,  A.  319. 
Colozza,  G.  N.  317. 
Combe  50.  61.  439.  499. 

572. 
Comenias  357. 
Conetoux  493. 
Consorti,  C.  428. 
Contzen  710. 
Coplin,  W.  M.  L.  191. 
Cornet  644. 
Cotman,  J.  S.  £.  319. 
Ooulon  417. 
Courcel,  de  631. 
Coutffl  571. 
Cowham  189. 
Grandmont,  de  710. 
Greak,  E.  E.  M.  235. 
Gremer  376. 
Griapi  112. 
Gritchett  482. 
Groix,  de  la  435. 
Grookes,  W.  447. 
Grotty  690. 
Gs&ky,  A.  V.  300.  304. 

370.  515. 
GuperuB  416.  417. 
Gare  445. 


Namenregister. 


Abbondati  129. 

Abicht  655.  709. 

Achorn,  J.  W.  319. 

Adam  246. 

Adelt  502. 

Adler,  H.  180.  644. 

Adsersen  546.  548.  692. 

693. 
Aemmer,  F.  383. 
Aesohylot  32. 
Agostind,  J.  517. 
Alben  378. 
AlberU,  C.  381. 
Albrecht  423. 
Aldricb,  A.  R  126. 
Aleasi  584. 
Alexetjew,  N.  378. 
Allen,  J.  710. 
AUen  Fay,  E.  319. 
AlthauB,  J.  447. 
Althoff  274. 
Altschal,  Th.  113.  188. 

307.  445.  572.  573. 
Amelnngk  445. 
Ammon,  0.  35. 
Anacker  717. 
Anderson,  0.  M.  61. 
Anderton,  H.  A.  319. 
Anger  644. 
Angerstein  38.  232. 247. 

311.  474.  562. 
Ansohütz,  0.  90. 
Apponn  417. 
Arens  247.  377. 
Aristoteles  33.  290. 
Arlt  371. 


Armbruster  181. 
Arndt  276. 
Arnold  188. 
-  C.  447. 
Amonld  377. 
Arthaud,  G.  61. 
Ashwell  591. 
Aubry  677. 
Auer  230.  260. 
Auler  377. 
Autenrieth,  G.  213.  269. 

352.  403. 
AuTard  125. 
Axmann,  C.  319. 
Ayres,  S.  C.  189. 


Baas,  J.  H.  255. 

Baccelli  112. 

Bach,  Th.  40.  104.  356. 

614.  649. 
Baohmann,  Fr.  40. 
Baer  410.  423. 
Baginsky,  A.    40.    413. 

421.  614.  660. 
Bali  127. 
Balaguer,  J.   y  Oronie 

445. 
Ballerini  129. 
Bandow  246. 
B&nöczy  421.  608. 
Bartenew  645. 
Barth,  E.  191. 
Barthold  213. 
Bartley  500. 
Basaldua,  C.  63. 


Bass,  J.  125. 
Bastelmann,  N.  364. 
Batten,  £.  D.  192. 
Battlehner  179. 
BaUy  Tuke  643. 
Baudouin  655. 
Baumann  129. 191. 317. 
Baumbach  478. 
Baumüller  270. 
Bause,  J.  255. 
Bayr,  E.  213.  319.  365. 

425.  572.  611,  677. 
Becher,  C.  719. 
Bechler  381. 
Beckh  715. 
B6cldre  ^.  590. 
Beheim  •  Schwarzbach 

877. 

Behnke,  E.  319. 
Behring  645. 
Behse  436.  517. 
Beielstein,  W.  125. 
Belese  719. 
Belt,  £.  0.  61. 
Benedikt  591. 
Benguerel  112. 
Beneke  715. 
Beraneck  651. 
Berecz,  A.  175. 
Berger,  G.  591. 
Bergmann,  v.  585. 
Berkhan  69. 
Berlin  575. 
Bertheaa,  J.  381. 
Berthier   de    la   Ghunda 
189. 


741 


Berthelot  246. 
Bertram  40.   409.  626. 
Berzeviczy,  v.  370.  572. 

608. 
Beste  49. 
Betz  719. 
Bevan,  D.  191. 
Beyer  691.  692. 

—  H.  Q.  719. 

—  H.  0.  527. 

—  0.  W.  319.  445. 
526.  646.  fr. 

Bezold  445. 

Biaggi  61. 

Bier  474. 

Birch  173. 

Birch  -  Hirsohfeld     52. 

112. 
Bischoff  690. 
Bishop,  B.  J.  189. 
Bissinger,  K.  435. 
Bistrow,  N.  J.  325. 
Bitter  229. 
Blackland  164. 
Blandot  255. 
Blasius  445.  577. 
Blattner,  St.  523  f. 
Bl&tz  517. 
Blayac  202. 
Bliss,  A.  A.  99.  104. 
Blum,  A.  655. 
Blumberger  590. 
Boas,  F.  719. 
Bode  88.  644. 
— ,  A.  719. 
—,  W.  692.  719. 
Böckel,  E.  191. 
Böhm  186.  690. 
Boemstein  40. 
Bosche  49. 
Böttcher,  A.   255.   526. 

714. 
Bötticher,  v.  231. 
Boflrdan  421. 
Bohde  246. 
BoUjahn  488. 
Bonnesen  680. 
Bono,  de  383. 
Bormann  715. 
Bomand  585. 
Bomemann  290. 
Bomstedt  644. 
Borsinao  63. 
Borscht  639. 


Bosse    175.    281.    370. 
430.   514.    581.    582. 
641.  705. 
Bostwick  719. 
Bonbnoff,  S.  362  ff. 
Bourneville     95.     289. 

717.  719. 
Bonvin,  M.  J.  576. 
Braidwood  627. 
BraiUe  275.  525. 
Brandenburg  515. 
Brandi  477.  478. 
Brandt  645.  715. 
Breiter  49. 
Breiting  252. 
Bremen,  v.  244. 
Brennecke  710. 
Bresgen,  M.    421.    610. 

614. 
Breuer  49. 
Brieger  423. 
Brochard  50. 
Broesike  592. 
Bronardel  93. 
Brown,  R.  P.  590. 
Brown-S6qaard  93. 
Browne  61. . 
Brühl  684. 
Brünnert,  G.  445. 
Bruggisser  93. 
Brunner  446.  639. 
Buchner  684. 
Bück  51. 
Büchner  357. 
Büsgen  617. 
Bujwid  50. 
Buley  653. 
Bunge  174. 
Bunger  246. 
Burgerstein,  A.  650. 
—  L.  2.  3.  4.  5.  8.  12. 

20. 183. 186.  207.  380. 

421.    616.    519.   555. 

672.    575.  586.    602. 

608.    612.   614.    628 

650.    661.   684. 
Burlet,  de  174. 
Buschmann  645. 
Butte  717. 
Buttersack  180. 


Gabezas,  J.  192.  317. 
Cahen-Brach  819. 


CairoH  112. 
Camerer,  W.  381. 
Gancalon  383. 
Candela,  N.  228. 
Carini,  A.  421. 
Carnelley,  T.  319. 
Camelly  162. 
Castens  246. 
Castex  489.  490.  719. 
Castillo  Tejada,   C.  del 

237. 
Gatania  61. 

Celli,  A.  125.  129.  522  f. 
Cereso,  L.  y.  421. 
Chabreul  719. 
Ghamplin  719. 
Charcot  86.  93.  336. 
Cheval  592. 
Cimmino,  E.  127. 
Coen  70.  189. 
Coesfeld,  H.  127. 
Cöster  229.  230.  255. 
Cohen,  0.  146. 
Cohn,  H.  61.  63.  90.  91. 

92.  153  ff.  189.  421. 

516.   572.    573.    611. 

614.  675.  683.  719. 
CoUet,  A.  319. 
Colozza,  G.  N.  317. 
Combe  50.  61.  439.  499. 

572. 
Comenius  367. 
Conetoux  493. 
Consorti,  C.  428. 
Contzen  710. 
Coplin,  W.  M.  L.  191. 
Comet  644. 
Cotman,  J.  S.  E.  319. 
Coulon  417. 
Courcel,  de  631. 
Coutfs  671. 
Cowham  189. 
Crandmont,  de  710. 
Creak,  E.  E.  M.  235. 
Cremer  376. 
Crispi  112. 
Gritchett  482. 
Croix,  de  la  436. 
Crookes,  W.  447. 
Crotty  690. 
Cs&ky,  A.  V.  300.  304. 

370.  516. 
Cuperus  41«.  417. 
Cure  445. 


742 


Currier,  C.  G.  191. 
Cnplewski,  £.  377. 
Czemy,  A.  645. 


Dabb  191. 

Darr  213.  270.  272.  353. 

356.  357.   403.    405. 

445. 
Daimer,  J.  517. 
Dammanu,  0.  375. 
David,  T.  377. 
Davids  51.  517. 
Davis,  S.  T.  445. 
De^jarin  299.  817. 
Dellin,  J.  527. 
Delobel  447- 
Delpench  436. 
DelvaiUe  421.  437.  439. 
Demeny,  G.  125. 
De  Mets  717. 
Dennhardt  69. 
Dent,  C.  T.  447. 
Denzel  715. 
Depretds  112. 
Deshayes  357. 
Despagnet  644. 
Detmer  422. 
Deuerlein  66. 
Dewald  590.  718. 
Diatroptow  50. 
Dieokmaiin  412. 
Diederichs,  0.  718. 
Diesner  50. 
Diesiel  436. 
Diesterweg  715. 
Dietsch  710. 
Dinter  715. 
Dittes  715. 
Dittmar  246. 
Dmittrgew,  J.  A.  112. 

325. 
Doox  653. 
Dörffel  423. 
Dolffs  &;  Helle  714. 
DolUnger  369.  421.  436. 

571.    572.   608.    677. 

678.  694. 
Dornblüth,  Fr.  379. 
Dotto  383. 

Douglas-Hogg,  W.  125. 
Dowling  590. 
Down  571. 


Doy«  50. 
Draidax  230. 
Drevkorn  246. 
Droixhe  255. 
Droste  502.  720. 
Dürr,  K.  186. 
Dürre  181. 

Digardin-BeaumetK  198. 
Dukes,  Cl.  189. 
Da  Mesnü,  0.  97.  125. 
Damontpellier  93. 
Dunham  589. 
Danker  318. 
Dapky,    fi.    186.    448. 

526.  592. 
Dupuy,  L.  E.  526. 
Darm,  J.  253. 
Dyrenfurth  159. 

Eberhard  179. 
Eckler,  G.  40. 
Edel,  A.  255.  410. 
Edwards  653. 
Eiohhom  644. 
Eiselen,  F.  v.  377. 
Eissen  1.  347.  351. 
Eitner  61. 
Ekkert  718. 
Elliot,  H.  655. 
Eloy,  Gh.  381. 
Eisner  435. 
Emmerich  191.  306. 
Ende,  H.  253. 
Ende,  P.  am  720. 
Enebuske,  C.  J.  63. 
Engel  517. 
Enko,  P.  D.  325. 
EötvÖB,  V.  516. 
Epstein,  A.  527. 
Erb  38.  89.  249.  585. 
Erbe,  £.  381. 
Erdmann  644. 
Erismann,  F.  62.  90.  91. 

297.    375.    413.    421. 

497.  572.  575.  610. 
Erkelenz  50. 
Ernst  69. 
Erödi  572. 
Esch  875. 

Esoherioh  125.  376.  436. 
Esmarch  v.  49.  128.  285. 

361.  378. 
Estrey,  d'  367. 


Eszterh&zy,  N.  292.  571. 
Eulenberg  356. 421. 614. 
Euler,  K.  40.  318.  4S7. 

474. 
Euripides  32. 
Eveleth  191. 
Eversbuech,  0.  191. 
Ewald  377.  573. 
Eydam  123. 

Fack  653. 
FaralU,  G.  383. 
Faries,  R.  381. 
Faust  569. 
Fay,  A.  E.  319. 
Faye  210.  211. 
Fechner  277. 
Fechter,  E.  186. 
Feddeler  655. 
Fedorow,  G.  A.  325. 
Feer,  E.  436. 
Feilchenfeld,    W.    585. 

586. 
Feith,  C.  J.  L.  576. 
Fenchel  235. 
F6ret  668. 
Femet  28. 
Fetzer,  H.  320. 
Feulard  358. 
Fichte  715. 
Fick  497. 
—  A.  720. 
Fiedler  655. 
Fiehn  710. 

FUatow,  N.  F.  435.  436. 
Fink  29.  62.  191.  383. 
Finkehiburg  179.  583. 
Finkler  246. 
Firmin  113. 
Fischer  710. 
— ,  C.  70.  654. 
— ,  B.  50. 
— ,  H.  191. 
Fizia  699. 
Flatau,  Th.  S.  238. 
Flauti  129. 
Fleet,  van  654. 
Fleischer  84. 
Flemming  420. 
Flood  421. 
Florschütz  435. 
Flügge   179.   584.   614. 

720. 


743 


Fodor,  y.  436.  516.  672. 

629. 
Förster  153.  688. 
Foggie  162. 
Forel  174. 

Forster  172.  270.  358. 
Foss  709. 
Foacault  584. 
Fraenkel  495.  584.  645. 
Francke  357. 
Franke  646.  655. 
Franz,  W.  186. 
Frenkel,  B.  63. 
Fressel  447. 
Freytag  275. 
Fries  710. 
Fröbel  356.  489. 
Frohberg,  W.  189. 
Fry  362. 

Füchtbaner  356.  357. 
Führer  49. 
Furstenau  40. 
Fank  64.  190. 
Fatter,  J.  186. 

Gabriel  268. 
Gärtner  422.  584.  720. 
Gallavardin  383. 
GaUee  40. 
Gallinger  269. 
Galton  654. 
Gamba  129. 
Garbini,  A.  527. 
Gardner,  E.  0.  125. 
Gand,  E.  526. 
Gauster,  M.  122.  516. 
Gautsch,  ▼.  50. 112. 406. 
Geidel,  B.  186. 
Geis  710. 
Geissler  485. 
Getinik,  B.  646. 
Gendre,  Le  719. 
Genssler  569. 
Gentner   69.    73.    213. 

352. 
Genz  376.  584. 
Gerards,  J.  H.  M.  576. 
Gerok  275. 
Gescber  381. 
Gesell  517. 
Giardina,  A.  265. 
Giaxa,  de  255. 
Gidionsen  181. 


Gieseking,  E.  318. 
Giesen,  C.  H.  306. 
Giggel  192. 
Gilbert,  J.  A.  189. 
Gülert  91.  225. 
GiUespie  421.  609. 
Gillet  de  Crandmont  710. 
Gilson  447. 
Gindler  720. 
Girard  572.  611.  677. 
Gladstone  3. 
Glas,  L.  253.  718. 
Glauning  66. 67.  72. 215. 

272.    352.    356.    404. 

405. 
Gleitsmann  415. 
Godtfring  50. 
Göbelbeoker,  L.  F.  189. 
Goepel  421.  612. 
Gömer,  G.  260.  252. 
Goethe  275. 

—  (Stolp)  710. 

Goetz   244.    312.    314. 

474. 
Götze,  W.  69.  126.  167. 

260.  261.    253.    255. 

366.    476.   477.    480. 

657. 

—  (Magdeburg)  307. 
Goldberger  40. 
Goldschmidt  269. 
Gorham,  A.  191. 
Gorinewski,  W.  W.  246. 

325. 
Gorini  584. 
Gorst,  J.  600. 
Gossler,  ▼.  69. 131 .  478. 

499.  646. 
Gothein  479. 
Graberg,  F.  253. 
Grabner  179. 
Grassner  516. 
Graf  314. 

Gramberg,  G.  320. 
Gran,  T.  0.  40.  41  . 
Graser  715. 
Grashey  250. 
Gratzy  186. 
GrSard  421.  672. 
Green  381. 
Grell,  A.  400. 
Griesinger  720. 
Grimm  325. 
Grob  386. 


Gronaa  710. 
Groppler,  F.  40.  477. 
Grosse,   H.     127.    253. 

527. 
Grosser  307. 
Grove  97. 

Gruber,  H.  449.  645. 
Gründler  180. 
Gruhl  40.  246. 
Gryglewicz  426. 
Gschwtud  381. 
Guaita,  B.  318. 
Gaggenbühl  214. 
Guilliö  -525. 
Guillot  720. 
Guts  Muts  131. 290.  312. 

713. 
Guttenberg,  P.  608.  612. 
Guttmann,  M.  63.  186. 

421.    528.   628.    718. 

720. 
— ,  S.  113. 
Guttzeit  718. 
Gutzmann,  A.  38.  68  E 

269. 
Gutzmann,   H.   62.  68. 

69.  269. 352. 421.  445. 

447.   572.    573.    614. 

676.  693. 


Haas,  J.  B.  376. 
Haberler,  F.  v.  376. 
Haeseke  603. 
Haeseler  125. 
Hagelberg,  P.  113. 
Hagen,  H.  31. 
Hagenbach  85. 
Haggenmnller,  H.  63. 
Hahn,  H.  425. 
H&konson-Hansen,  M.  K. 

41.  210. 238.  246. 301. 

428.    469.   577.   602. 
Hald  210.  211. 
HaU,  M.  492. 
— ,  St.  498. 
Hamann  710. 
Hamm  447. 
Hammer  475.  645. 
Hammerschmidt  320. 
Hammond  164. 
Hampe  189. 
Hanausek  62. 


744 


HandloBs  281.  420. 
Hanisch  6d0. 
Harms,  K.  173. 
Hamisoh  377. 
Harre  710. 
Harris,  W.  T.  715. 
Harrison,  A.  318. 
Hart  497. 
Hartwell  718. 
Hartwig  377. 
Hasse  376. 
Haupt  435. 
Haaser  246. 
Hausknecht  570. 
HausmauD,  J.  318. 
Haossknecht  377. 
Heath,  C.  62. 
Heoht  269. 
Heeger,  B.  189. 
Hegel  715. 
äeider  181. 
Heilsberg  585. 
Heim,  J.  180.  485.  516. 
Heimann,  Tfa.  163. 
Heimerdinger  250.  252. 
Hein,  K.  307. 
Heincken  317. 
Heineken,  Ph.  381. 
Heinrich  427. 
Heinsius,  Th.  290. 
HeUing  699. 
Heimholt«,  v.  684.  602. 
Hendley,  H.  526. 
Henn  418  ff. 
Henoch  179.  806. 
Hense  180. 
H6raud  526 

Herbart  188.  647.  715. 
Hergel    186.  528.   554. 

613.  678. 
Hermann,  A.  232.  712  ff. 
Herrmann  112. 
Herrnheiser  51. 
Herschell  422. 
Hertel  114. 
— ,  A.    151.   211.   255. 

546.  572. 
— ,  E.  82,  577. 
— ,  P.  250.  253. 
Hervieux  289.  563.  718. 
Herzberg  497. 
Hess,  C.  718. 
— ,  H.  447. 
Hesse  460.  464. 


Hessling,  E.  189. 
Heubner  180.  876.  435. 
Heydner,  G.   383.   528. 
Heyne  40. 
Hielscher  375. 
Hüty  174. 
Hintrager,  E.  183.  444. 

516.    525.   572.    590. 

610.  678.  717. 
Hippauf  507. 
Hippel,  y.  383. 
Hippius,  A.  Y.  51. 
Hirsch  807.  381. 
Hirschfelder  376. 
Hirt  86.  375. 
Hitchcock  86. 
Höftberger  711. 
Höhn,  £.  258. 
Höpfner,  L.   379.    380. 
Hofer  612. 
Hoffmann,  H.  646. 
--  J.  189. 
Hofmann  49.  377.  453. 

645. 
—  B.  V.  583.  645. 
— .  L.  213. 
Hohnes  718. 
Holletschek  128. 
Hopfe  475. 
Hopgood  382. 
Hoppe  246.  878. 
Hom  63. 
Hülssner  315. 
Hümer  186. 
Hünnekes  50.  112. 
Hugonnay  573. 
Hammel  645.  718.  720. 
Huntington  336. 
Hutchinson,  J.  219.  382. 
Hye,  V.  406. 


Jablonski  644. 
Jacob  423.  654. 
Jacusiel  38. 
Jäger,  F.  127. 
Jaeger,  H.  718. 
Jahn  131. 290. 648.  713. 
Jahne,  H.  720. 
Jakubow,  E.  T.  113. 
Jandl  701. 

Janke,  0.    38.   61.   69. 
63.  82.  83.  267.   317. 


856.    473.    561.   577. 

614. 
Jankowski  2.  126.  254. 

347  ff. 
Janusohke  186.  567.  621. 
Jaup  584. 
Javal  88.  163. 
Jencke  181. 
Jenko,  P.  D.  246. 
Jennings  164. 
Jensen,  Tb.    151.    152. 
JetÜ  449.  451. 
Ihm  481. 
Ihme,  K.  51.  181. 
Imairu,  J.  62. 
Ingermann,  L.  525. 
Johansson  192. 
John,  F.  623. 
Jonas  50. 
—  S.  194. 
Iridin,  J.  W.  166. 
Istyänffy  422. 
Juba  698. 
Juhel-Eönoy  29. 
Jancker,  y.  244- 
Jungeis  420. 
Junghänel  376. 


Kaas,  G.  353. 
Eafemann  265. 
Eahl,  W.  628. 
Eaiser  376. 
Ealb  480. 
Ealischer,  A.  51. 
Eallen  49. 

Ealler  619.  621.  644. 
Eammerer,  E.  225. 
Eant  35.  715. 
Eanter  670. 
Eapterew,  P.  F.  325. 
Earl  Ludwig  292. 
E&rm&n,  M.   421.    673. 
Earoly  694. 
E&rpati,  B.  611.  677. 
Easten,  H.  718. 
Eatz  191. 
—  R.  382. 
Eaye,  J.  B.  528. 
Eayser,  B.  720. 
Eeen  528. 

Eeesebiter  383. 473. 475. 
602. 


746 


Keiper,  G.  F.  127. 
KeUer    49.    254.    526. 

564  f. 
Eeppel  645. 
Kern  214.  583. 
Eersohenstemer,  y.    88. 

602   708. 
Ee8sler280. 320. 383. 702. 
Key,  A.   114.  211.  225. 

550.  602.  612.  614. 
Kingzett  447. 
Kirchner    147  fiF.     194. 

585. 
Klamarik  370.  698. 
Klapp  709. 
Klauke,  P.  247  fiF. 
Klaussner  446. 
Kleeman,  A.  v.  436. 
Klein  320.  486. 
Klemm  84. 
Klipstein,  E.  495. 
Klix  247. 
Kloesel,  K.  376. 
KlosB  583. 
KluBsmann  585. 
Knille  275. 
Knöpfler  254. 
KnoU  422. 
Kny  40. 

Koberstein  275. 276. 499. 
Kobilinski,  G.  v.  62. 447. 
Koch  120.  187. 

—  J.  598. 

—  K.  62. 233. 314.  383. 
720. 

Kocher  534.  645. 
Koehler  718. 
Königstein,  L.  449.  451 . 
Körösi  688. 
Kötzle  598. 

Közle,  J.  R  G.  714.  715. 
Kolilrausch,   Chr.    528. 
Kohn,  E.  528. 
Kolb,  G.  64. 
Kolbenheyer  699. 
Koldewey,  F.  188.  715. 
Kolisch,  E.  51. 
Kollmann,  J.  311. 
Koscbwitz  234. 
Kotehnann,  L.    49.   68. 

71.  72.  74.  216.  2ia 

250.   317.  325.    382. 

421.    516.   573.   609. 

614.  678. 


Kraepelin,  E.  518  fif. 
KrapeUn,  F.  225. 
Kr&lik  620. 
Kramm  377. 
Krampe  62. 
Kranzfeld  528.  649. 
Krass  375. 
Kratter  588. 
Krause,  A.  526. 
Kress  375. 
Kreunz  186. 
KnsteUer  52.  250.  251. 

355. 
Krocker  423. 
Krötke,  H.  320. 
KroisB  352. 

Krag,  W.  254.  292.  516. 
Kramme  583.  646. 
Krase  307. 
Kubora,  H.     255.   421. 

516.  572.  609. 
Kuby  646. 
Kubier  40.  517. 
Kügler  706. 
Kühl  357. 

Kühner,  A.  286.  382. 
Kübns  377. 
Künkler  435. 
Küppers,  J.  382. 
Küstner  118. 
KüUel  526. 
Kukat  377. 
Kummer,  K.  F.  314. 
Kundt  40. 
Kuntze  178. 
Kunze  416. 

Kupferschmid,   A.    127. 
Kynast  475. 


Laborde  492. 
Lacombe  644. 
Laffon  317. 
Lagarde  310. 
Lage,  B.  y.  d.  382. 
Lagerstedt  718. 
Lagnean  421. 
Lala^ade  288. 
Lambrecht  683. 
Lampe,  A.  82. 
Lancelin  517. 
Landerer  516. 
Landolt,  H.  40. 


Lang,  F.  186. 

—  J.  127. 
Lange  644. 

—  H.  274. 

—  W.  718. 
Langerhans,  H.  167. 
Langhoff  377.  517. 
Langlois,  M.  64. 
Lannelongue  95. 
Lardier  ^4. 
Largiaddr  448. 
Larra  y  Cereso  421. 
Larsen.  M.  173. 
Laser  2.  207  ff. 
Lasius  127. 

Lassar  97. 179. 375. 423. 
Latour,  B.  de  436. 
Lauer  435. 
Layet  254. 
Lebedinsky  325. 
Leber  376. 
Lecbner  180. 
Ledere,  M   528. 
Ledbetter  719. 
Leersum,  van  719. 
Lefert  191. 
Lefevre  501. 
Legendre   28.   29.  719. 
Lehmann  306. 

—  K.  B.  517. 

—  R  M.  447. 
Leimbacb  516. 
Leistner  675. 
Leithäuser  523. 
Lemcke  646. 
Lent  180. 
Lenz  719. 
Leövey,  A.  v.  436. 
Leon,  A.  64. 
Lesshaft,  P.  64. 
Leuch  526. 

Leuf  654. 
Levasseur  497. 
Levertin  425. 
Leyden  497. 
Liard  246. 
Lickrotb  &  Co.  224. 
Liebhardt,   L.  L.    127. 
Limberg  50.  325. 
Lincoln,  D.  F.  254. 
Lindemann-Frommel  40. 
Lion,  J.  C.  62.  191. 
Lipski  112. 
Lisotti  447. 


746 


Locke  483  ff. 
Löwenthal,  W.  41.  125. 

437. 
Loewy,  L.  64. 
Lomberg,  A.  62. 
Lombroso  93.  497. 
LoDgstaff  624. 
Lorenz  50.  483. 
Lotze  715. 
Love  447.  625. 
Ludwig  315. 
Laddeoke,  G.  382. 
Lünenborg  436. 
Lukas,  G.  186.  247.  254. 

383. 
Lüneburg  62.  64. 
Lunin  325.  436. 
Lyon,  W.  105. 


Maas  82. 
Haeö,  C.  421. 
Mackenzie,  V.  382. 
Madeyski,  y.  50. 
Hagendie,  A.  447. 
Maglieri,  G.  447. 
Magnus  683. 
Maillot  584. 
Major,  H.  126. 
Malherbe  489.  490. 
Maisch  664. 
Mandelstamm  583. 
Mangenot  59.   60.  200. 

201.  422.  572.  675. 
Mangin  191. 
Manley  384. 
Mann  653. 

Mantegazza,  P.  64.  164. 
Maranger  113. 
Marcnse  502.  654. 
Marsch  166.  352. 
Marshall  52. 
Martens  487. 
Martin  358.  516. 
-  G.  87.  654. 
MarUni  129.   143.    146. 
Martins,  W.  384. 
Marx  719. 
Masius  180. 

Massenbaoh,  t.  376. 377. 
Mathon  181. 
Matzen  173. 
Maubach  50. 


Mauchot  669.  670. 

Maul,  A.  710. 

Mayer  126. 

-^  H.  63. 

Mayr,  v.  497. 

Mc  Gregor,  J.  A.   447. 

Meath,  Earl  of  234. 

Medem  50. 

Meier  517. 

Melichar,  L.  517. 

Menger  423. 

M^niöre  165. 

Menniff  493.  494. 

Mercklen  92. 

Merkel  66.  404.  405. 

Merrill  489. 

du  Mesnil,  0.  97.  125. 

Mets,  de  717. 

Meyer  (Hannover)  247. 

—  B.  126. 

—  Emmy  426. 
Meyer-Markau  447.  528. 

655. 
Meyhoefer  436. 
Meyners  d'Estrey  367. 
Meyrich,  0.  264.  452. 
Michaelis  447. 
Micold  433.  434. 
Mielecke,  A.  719. 
Migula  246. 
Mikkeken  54.  55.  572. 

608.  612. 
Mildner  192. 
Milicent      Washbum 

Shinn  64. 
Mill6e  165. 
Miot  104. 
M'Laren  299. 
Möbius  40. 
Möllers  709. 
Moltke,  V.  50. 
Monin  192. 
Monod  644. 

MontmoUin,  H.  de  320. 
Moon  710. 

Moormeister  377.  517. 
Morris,  M.  63. 
Morrison,  G.  B.  715  ff. 
Mortillaro,  D.  382. 
Mosso,  A.  63.  64.  126. 

129.  382. 
Motai's  279.  280. 
Mouton,  J.  Th.  576. 
Mühlhäuser,  H.  64. 


Miillenhoff  40. 
MflUer,  E.  W.  384. 
•— ,  H.  K.  384. 

— ,  P.  64.  190. 
Munchesang,  R.  BIS. 
Muir  298. 
Mund  127. 
Munk  423. 
Murphy  624. 
Mygind  655. 


Nae^  H.  385. 
Napias,  H.  64. 
Napoleon  L  35. 
Nasmyth  192. 
Nattress,  W.  64. 
Naumann  246. 
Navarre  201.  202. 
Nedopü,  M.  376. 
Neuraann,  v.  158.  651. 

—  A.  190.   192. 

—  J.  H.  675. 
Newsholme,  A.  181. 182. 
Nioati  350. 

Nioklas  712. 
Niederley,  W.  191. 
Niemeyer  113.  715. 
Nigg,  M.  179.  395.  527. 
Nikolski,  D.  P.  128.192. 

325. 
Nischegorodzew,  N.  N. 

326. 
Nissen  435. 
Nitsch  376. 
Nitsche  655. 
Nitzsoh  246. 
Nitzsche  252. 
Noegfferath  476. 
Noeralinger  291. 
Nohl,  G.  249.  260. 
NoU,  F.  G.  378. 
Nordendahl  192. 
NuTsbaum,  y.  164. 

—  EL  Ghr.  422.  663. 
Nuttal,  G.  H.  F.  64. 

Obst,  K.  64. 
Oeller  446. 
Oertel  711. 
Oheim  376. 


747 


Ohlmfiller  51. 
OUivier  29.  307. 
Oppenraay,  J.  G.  J.  van 

676. 
Oppermann,  H.  W.  297. 
Orfila  195. 
Orlüw,  W.  113. 
Orth  376. 

Oster  375.  435.  515. 
Otto  369.  376.  584. 
-  V.  612. 


Pace  299. 
Paehler  645. 
Paetel,  H.  40. 
Pagliani  490. 
P4kozdi  698. 
Palliser  441. 
Palmberg  422.  572.  573. 

675.  676. 
Palmer  715. 
Parow  646. 

Paschutin,  W.  W.  112. 
Pastemazki  112. 
Pasteor  179.  245. 
Paul,  J.  715. 
—  W.  T.  646. 
Pauschinger  215. 
Pawel  190.  257.  665. 
Pawlow  112. 
PecUe  129. 
Peeters  92.  93. 
Peiper  247. 
Pelli,  M.  127. 
Peltzer  180. 
Pelzer,  F.  493.  494. 
Perrachon  194. 
Perrin  357. 
Pestalozzi  357.  715. 
Peters  644.  709. 
Petersüie  274. 
Petit,  L,  99. 
Petri  307.  325.  423. 460. 
Petry  50.  436. 
Pettenkofer,  v.  49.  112. 

180.    247.    306.   375. 

583.  684.  587.  588. 
Petzoldt  646. 
Pezzer,  de  656. 
Pfähler  180. 
PfarriuB  423. 
Pfautsch  437. 


Pfeiffenberger,  E.   190. 
Pfeiffer,  L.  376.  645. 

—  E.  246. 

—  W.  382. 
Pfeil,  V.  715. 
Pfisterer  715. 
Pfläger  1.  146  ff.  346. 
PfundheUer,  E.  113. 
Pfondtner  244. 

Pich  699. 

Pietravalle,  M.  882. 
Pingat  125. 
PiDtzger  646. 
Piper  162.  382.  570. 
Platen  312.  314. 
Plath  180. 
Piaton  33.  290. 
Plaat  461. 
Plader  504. 
Podanowski  112. 
Poehlmann,  M.  439  ff. 
Politzer  490.  491.   625. 
Potoni6  40. 
Power  482.  624. 
Prausnitz  180.  307. 
Prendel,  B.  189. 
Preonfreand  644. 
Preoss  710. 
Preyer  422. 
Pringsheim  40. 
Protagoras  83. 
Proust,  A.  192. 
Puttkamer,  H.  v.  656. 
Putzeys,  P.  516. 


Queralto,  J.  105. 
Qu6telet  490. 


Baffael  90. 
Bamarsin  517. 
Bamminger    &    Stetter 

22.  25. 
Bändel,  E.  384. 
Baucbberg  699. 
Baven  702. 
Baydt,  H.  186.  312.  313. 

314.  474.  517. 
Baymond  287  ff.  656. 
Bayner  D.  Batten  192. 
Bedard  422. 
Beddersen  656. 


Bedtenbacher  42. 
Beep  244. 
Begel,  B.  192. 
B6gnier  610. 
Behlen  218.   215.   269. 

272.  352.  404. 
Beid  384. 
Beimann  646. 
Bein  422. 
Beincke  709. 
Beinhardt  427. 
Beissert  656. 
Bembold  575.  614. 
Bemsen  Bishop,  J.  189. 
Bendu  29.  92.  192. 
Benk  384.  436. 
Benoy  29. 
Bethwisch  274.  710. 
Betzlaff  591.  711. 
Beuscher  709. 
Beuss,  y.  449.  450. 
—  L.  318. 
Beyher  656. 
Beymond  656. 
Bhien,  F.  419. 
Bibnikar  699. 
Bichard,  P.  202. 
Bichardson    164.    172. 

192. 
Bichter  190.  296.  436. 

614. 
— ,  B.  Ch.  325. 
— ,  E.  190.  318. 
Bieoke  715. 
Biesch  517. 
Bietschel  587.  656. 
Bietschel  &  Henneberg 

224. 
Biffel,  A.  376. 
Bissmann  818. 
Bitter  376. 
Bittier  357. 
Bittweger  644. 
Bitzert  807. 
Bitzmann,  K  190.  254. 
Bivers  362. 
Bobertson  362.  482. 
Bobyns,  F.  A.  173.  174. 
Boche  422. 
Boder  656. 
Boemer,  A.  381.  589. 
Böse,  G.  868. 
Bohmeder  446.  639. 
Bolff  254. 


748 


RoUet  646. 
Bomano-Gatania  2.  51. 

146  ff. 
Boos,  G.  A.  190. 
BoBe  710. 

Bosenbaoh  192.  422. 
Bosenfeld  355.  357.  568. 

628. 
Boaenkranz  715. 
Bosenthal  90. 
BoMnzweig  k  Baumann 

316. 
BoBmini,  G.  B.  190. 
Bomer  &  Seidl  230. 
Boas  38. 

BossteuBcher  354. 
BoBter  656. 

Both  97.  307.  584.  676. 
Bottmann  516. 
BouBBel  630. 
BouBselet  384. 
BoQBselot  234. 
BoTenhagen  50. 
Bowald  591.  592. 
Baaolt  644. 
Bubis,  B.  126. 
Bubner  384. 
Buckert  84.  190. 
Budin,  V.  V.  126. 
Buckert  569. 
Bühl,  H.  192. 
BümeUn  477.  478. 
Buete  584. 
Buff  592. 
Bunkwitz  113. 
Bymsza  147. 


8aok  575. 
Saliger  572. 
Sallwürk,  ▼.  435.  586. 
Salomon  55.   126.   180. 

192.  592. 
Salomonsen  460. 
Salzmann  715. 
Sander  645. 
Sandoz,  G.  320. 
Sandras  180. 
San  Martin.  A.  126. 
Sarrazin  377. 
Sauvineau  710. 
Saxlehner  571. 
Scaino  143. 


Schacht  591. 
Schäppi  254. 
Schandau  644. 
Scharf  592. 
Scharfe  376. 
Scharlach  181. 
Scharr,  J.  254. 
Scheffel  275. 
Scheibmaier,  A.  113. 
Schellhammer  180. 
Schelling  715. 
~  V.  629. 
Schellong  644. 
Schenck,  W.  L.  656. 
Schenckendorff,  E.y.811. 

314.    427.   476.   478. 

572.   682.   678.    700. 

713. 
Schenk,  F.  294.  529. 
Schepeler^Lette  40. 
Soherer  49. 

—  H.  126. 
Scheuermann  644. 
SchidlowBki  112. 
Schieffer  376. 
Schieasling,  S.  186. 
Schiller  275. 

—  H.  118.  808  ff.  382. 
522.  586. 

Schimpf,  £.  591. 
Schimpfky,  B.  192. 
Schindler  304.  435.  512. 

—  M.  V.  400. 
Schirmer  592. 
Schleiermacher  715. 
Schlemm  350. 
Schlimp  401. 
Schlipps  516. 
Schmedding  479. 
Schmelew  112. 
Schmelzer  246.  486. 
Schmid  307.  715. 
Schmid-Monnard     216. 

384.  626. 
Schmidt  51. 

—  F.  436. 

—  F.  A.  254.  311. 
314.  508.  582.  591. 
592.  700. 

—  G.  A.  126.  192. 

~  K.  709. 

—  K.  F.  646. 

—  Th.  656. 


Schmidt-Bimpler    1.   2. 

146  ff.  193. 194. 346  ff: 

468. 
Schmidtmann  584. 
Schmitt,  E.  258. 
Schneider  (Berlin)  274. 

—  (BresUu)  244. 

Schnell,  H.  384.  691. 
Schoen  350. 
Schönfeld  179. 
SchÖppa  50. 
Schramke  720. 
Scholz  598. 
Schrevens  126. 
Schröder  375.  644. 
Schroeder,  Fr.  503.  592. 
Schröer,  H.    126.    884. 

475. 
Schroeter  180. 
Schtscherbakow,   A.  8. 

126. 
Schubert,  P.  65. 81. 213. 

270.    852.   856.    357. 

404.    422.   616.    572. 

611.  677. 

—  Th.  W.  376. 
Schütz,  B.  584. 
Schuh,  y.  408.  404. 
Schulgowski  437. 
Schultheiss  357. 
Schulthess,  W.  254. 659. 
Schnitze,  W.  447. 

—  F.  E.  40. 
Schulze  192. 

—  F.  446. 
Schumann,  K.  40. 
Sohurig  516. 
Schuschny,  H.  422.  436. 

571.   607.   612.    673. 

674.  698. 
Schuster,  A.  446. 
Schuttleworth  591. 
Schwalbe  38.    40.   561. 

688. 
Schwander  347. 
Schwartz  306.  648. 
Schwarz  246.  876.  715. 

—  P.  H.  307. 
Schweich  517. 
Schweninger  128. 
Schwerin  38. 
Seager  592. 
Seaver  86. 


749 


Seok  255. 
Seeliger  515. 
Seemann  49.  51. 
Seggel  126.  146  ff.  194. 

284.  446. 
Seguin  214. 

Senden,  yan  181.  377. 
Sepp,   P.  B.    260.  446. 
•     g28.  712. 
Sergi/  G.  384.  446. 
Seydel  446. 
Siebel  291. 
Siegert,  G.  380.  588. 

—  W.  38.   84.   662. 
Siemena  508. 
Sigrist,  W.  F.  112. 
SiKorsky  3. 

Simon  244. 
Sinani,  B.  528. 
Skladny  435. 
Skworzow  307. 
Smith,  F.  384. 

—  P.  235. 

Smoluchowski,  v.  447. 
Snellen  61.  76.  76.  426. 

683. 
Solheim  677. 
Solüer,  A.  127. 
Soltmann  70.  436.  645. 
Sommer  128. 

—  0.    284,     285.    441. 
528. 

Sommerbrodt  60. 
Sommerfeld  88. 
Sophokles  31. 
Southhard  41. 
Spencer  446. 
Sperber  268. 
Spielmann,  N.  128. 
Spies  232. 
Spiess  655. 
Spinola  423. 
Spitzner,  A.  422.   674. 
Spohn  375. 
Spreer,  L.  526. 
Springer,  M.  128. 
Sprockhoff,  A.  128. 
Squire,  J.  £.  384. 
SBubbotin  113. 
Stander  274. 
StchSpotiew  572.  609. 
Steckel,  B.  446. 
Steinhans  377. 
Stelz  127. 


Stenzler  583. 
Stewart  576. 
Stich    272.    352.    356. 

405. 
Stieler,  G.  179. 
StilUng,    J.    1.   146   ff. 

193.  194.  318.  846  ff. 

446.  528. 
Stimpfl,  J.  26.  518. 
Stockhammer  628. 
Stötzner  70. 
Stosser  180. 
Stoy  716. 
Strassen,  znr  167. 
Strassmann  423. 
Streit  227. 
Ströhmberg    180.    249. 

650. 
Strohl  247. 
Strohm  318. 
Strümpell,  L.  113.  118. 

120.    121.    122.   186. 

245.    526.    598.    714. 

715. 
Stürmer  517. 
Sturm,  P.  383. 
Stntzer  710. 
Sucksdorff  376. 
Sudakow  377. 
Sümegi  422.  676. 
Süfsmann  651. 
Sulzer  386  ff. 
Supp&n  422. 
Swanwick  362. 
Swatek,  W.  128. 
Sydenham  336. 
Sylvester  492. 
SzigetY&ri  369.  448. 
Szuff&n  572. 
Szupp&n  60.  370.  422. 


Tattersall  318. 
Tauffer  677. 
Taylor,  W.  448. 
Thaer  127. 
Thayer,  W.  H.  448. 
Thienel  620. 
Thomas  307. 
Thormöhlen,  E.  528. 
ThorneThome  624. 
Thomton,  J.  S.  62. 
Tichomirow,  N.  J.  325. 


Tisch,  F.  448. 
Ti8si6  164.  527. 
Tissot  528. 
Tobien  49. 
Todaro  129. 
Toppen  181. 
Tofedano  202. 
Tolosa  Latour,   de  422. 
Tomka  685. 
Treitel  446.  448. 
Trendelenburg  40. 
Treskow,  v.  478. 
Tribuk^jt  4. 
Trier  173. 
Trieschmann  376. 
Trillich,  H.  191. 
Trouillet  36.  527. 
Trousseau  289. 
Tmc  624. 
Trüper,  F.  186  ff. 
Tuke  653. 
Turreaux,  des  584. 
Tuszkai  422. 


Uffehnann  247.376. 505. 

614. 
Uhland  275. 
Ullrich,  £.  256. 
Unberath,  J.  527. 
Urbantschitsch  104. 448. 

490.  491. 
— ,  V.  256. 
Urbka  654. 


Taihinger  584. 
Vaillant  202. 
Valdarnini  446. 
Valle  129. 
ValleUi,  F.  266. 
Vandenesch,  H.  527. 
Vehse  436. 
Veil  668  ff 
Velhagen  194.  448. 
Verbeck  875. 
Verrier  491. 
Vetter,  L.  320. 
Vieth  290.  713. 
Vinton,  M.  M.  266. 
Virchow,  B.   128.   245. 
376.  423.  602. 


750 


Völcker  247.  487. 
Völker  64.  190.  280. 
Vogel  320.  644. 
Vogl  709. 
Vogt,  A.  K.  118. 
VoiBin,  J.  320. 
Voit,  K.  V.  446. 
Voit,  £.  256. 
Volkelt  180. 
Volkmann,  v.  585. 
Volkmer  246. 
VoUand  83.  34. 
VoUer  434. 
VoUert,  J.  320.  627. 
Volmer  710. 


Waetzoldt,  St.  40.  272. 

584.  644.  646. 
Wagener  173. 
Wagner  715. 

—  H.  253. 
Waitz  715. 
Waldau  49. 
Walker  Overend  446. 
Wallenberg,  v.  244. 
Wallrafi.  G.  22.  435. 
Walter  877. 
Walther,  Th.  318. 
Warlioh,  fl.  318. 
Warner  256.  448.  572. 

574.  575.  608.  677. 
Warschauer  40. 
Wanerzieher,  B.  820. 
Waugh  568. 
Weber,  G.  H.  256.  583. 

—  L.  90.  153. 154. 363. 
494.  683. 

Webster,  J.  256. 
Wechsler,  Th.  320. 
Weck  256.  448. 
Weckerle  571. 
Wegener,  L.  320. 


Wehmer  225.  876. 
Wehrenpfennig  876. 
Weichert,  J.  448. 
Weioker  709. 
Weidenbosoh  474. 
Weigel,  L.  A.  256. 
Weiss  40. 147.  246.  256. 

375. 
Weitsei  654. 
Weizl  699. 
Weller  654. 
Wendt,  F.  M.  234. 

—  G.  435. 
Weniger  444. 
Wentzel,  A.  446. 
Werder,  J.  128. 
Wernich  225.  423. 
Wemicke  710. 

—  A.  375.  435. 
Weygoldt  875.  515. 
Weyl  51.  128.  292.  358. 
Weyrauch,   v.    45.   46. 

108. 
Whitelegge,  A.  128. 
Whitford,  W.   C.    527. 
Wickenhagen,   H.   228. 
Wiokham  654. 
Wicking,  H.  D.  319. 
Wieland  819. 
Wiethoff  256. 
Wieting  860. 
Wilbrand  585. 
Wildenow  709. 
Wildermann  710. 
Wilheim  320. 
Wilhelm  H.  701. 
Wilkelmann  420. 
Wibn  517. 
Willard,  F.  de  128. 
Willottghby,  B.  F.  128. 
Wilsdorf  664. 
Winckel,  v.  585. 
Winckler,  A.  163.  165. 
Windhaas,  G.  112. 


Wingerath  49. 
Winter  378.  437. 
Wipf,  H.  254. 
Wireniiu,  A.  v.  179. 821. 
593. 

—  A.  S.  325.  338. 

—  N.  S.  128. 
Witting  231. 
Woikowsky-Biedan  311. 

318 
Woldrich  660. 
Wolens,  W.  P.  246. 325. 
Wolff  516.  655. 
Wolfflifigel  687.  588. 
Wollenbarg  307. 
Wolpert  517.  683. 
Woodbridge,  S.  H.  320. 
Wortmann,  H.  190. 
Wosaidlo  319. 
Wray  819.  482. 
Wrabel  428. 
Wunderlich  357. 
Wutzdorff  617. 


Foung,  A.  G.  114. 


Zahn,  Th.  190.  448. 
Zander  665. 
Zdekauer  51.  247. 
ZeUer  715. 
Zenthoefer  247. 
ZetUer  190.  256. 
Ziehen  422. 
Ziller  188.  647.  715. 
ZiUikens  49. 
Zimmerman,  Ph.  446. 
Zinck,  A.  128. 
Zona,  T.  527. 
Zoubek,  £.  128. 
Zsingor,  M.  317. 
Zum  60. 
Zwaardemaker  416. 417. 


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