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Full text of "Zeitschrift für Volkskunde"

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ZEITSCHRIFT 

des 


Vereins  für  Volkskunde 


Neue   Folge  der  Zeitschrift  für   Völkerpsychologie  und  Sprachwissenschaft^ 
begründet  von  M.  Lazarus  und  H.  SteinthaL 


Im  Auftrage  des  Vereins 

herausgegeben 

von 

Karl  Weinhold. 


Zweiter  Jahrgang. 


1892. 


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A, 


Mit  dem  Bildnis  Eeinhold  Köhlers,  drei  Bildtafeln  und 
mehreren  Abbildungen  im  Text. 


BERLIN. 

Verlag   von   A.    Asher  &  Co. 


I 


Inhalt. 


Abhandlungen.  ^  .^^ 

Fseröische  Märchen  und  Sagen  von  0.  L.  Jmczek 1.  142 

Der  Matronenkultiis  in  Germanien  von  F.  Kauffmanu 24 

Zu  Goethes  Parialegende  von  K.  Weinhold 46 

Der  Gebrauch  des  Kerbholzes  auf  dem  Thüi-ingerwalde  von  F.  Kunze 50 

Das  Frauenwettrennen  in  Padua  von  E.  Lovarini 56 

Die  "Wünschelrute  als  Quellen-  und  Schatzsucher  von  W.  Schwartz 67 

Märchen  in  Saxo  Grammaticus  von  A.  Olrik 117.    252.  267 

Zur  neugriechischen  Volkskunde  von  A.  Thumb 123.    285.  393 

Zur  Giebelentwickelung  des  sächsischen  Bauernhauses  von  R.  Mielke 134 

Volkssegen  aus  dem  Böhmerwald.  III.  von  J.  Ammann 165 

Der  Tod  im  Glauben  der  Südslaven.  II.  von  Fr.  S.  Krauss 177 

Weiteres  über  Wind,  Wetter  imd  die  Gebirgsnatur  von  M.  Eehsener 189 

Volkstümliche  Schlaglichter  III.  von  W.  Schwartz 245 

Aber-  und  Geisterglauben  der  Chinesen  von  C.  Ai-eudt 258.  374 

Handwerksbrauch  in  der  Iglauer  Sprachinsel  von  Fr.  P.  Piger 272.  382 

Sagengeschichtliche  Parallelen  von  S.  Singer 293 

Das  Schneeschuhlaufen  in  Norwegen  von  K.  Maurer 301 

Zur  Volkskunde  des  Egerlandes  von  A.  John 313 

Zwergsagen  aus  Nordfriesland  von  Chr.  Jensen 407 

Reinhold  Köhler  von  Erich  Schmidt 418 

Sprichwörter  und  Redensarten  aus  Ruppin  von  K.  E.  Haase 437 

Kleine  Mitteilungen. 

Der  Hausgeist  in  der  Neumark,  Barnim  und  Sternberg  von  H.  Prahn  78. 

Ochsenhaut  als  Landmass  von  J.  v.  Zingerle  80. 

Der  Zwieselbaum  im  Elisenhain  von  E.  Friedel  81. 

Pfingstlieder  aus  Meiderich  von  C.  Dirksen  82.  446. 

Kinderlieder  aus  Ostfriesland  von  C.  Dirksen  83.  324. 

Sprichwörter  aus  Meiderich  von  C.  Dirksen  84. 

Gegen  Bücherdiebe  von  W.  Schwartz  85. 

Zwei  Bienensegen  von  Kr.  Nyrop  86. 

Sammlungen  von  Volksüberliefeningen  86. 

Nekrologe:  H.  Frischbier  87.  M.  v.  Lexer  208.  J.  Zingerle  von  Sumniersberg  442. 
E.  L.  Rochholz  446  von  K.  W. 

Die  gefesselten  Götter  bei  den  Indogermanen  von  W.  Schwartz  197. 

Zui-  S.  Kakukabilla-Cutubilla  von  J.  v.  Zingerle  199. 

Die  sieben  Grafen  (dithmarscher  Sage)  von  H.  Carstens  201.  Mit  Nachtrag  von  K.  Wein- 
hold 206. 

Erlöschen  der  Altarkerzen  von  K.  W.  208. 


IV  Inhalt. 

Zahlen  und  Monatsnamen  als  Personennamen  von  M.  Hartmann  und  Mordtmann  320. 

Die  drei  h.  Jungfrauen  zu  Meransen  von  J.  v.  Zingcrle  323. 

I.ügenreime  aus  Ostfriesland  und  Meiderich  von  C.  Dirksen  324. 

Mittelalterliche  Wunder-  und  Schatzsagen  aus  Tirol  von  S.  M.  Prcm  326. 

Ein  paar  volkstümliche  Miscellen  von  W.  Schwartz  440. 

Sagen  vom  Sinichkopfe  bei  Meran  von  J.  v.  Zingerle  441. 

Anmerkiuigen  von  A.  Treichel  und  Fr.  S.  Krauss  443. 

Aus  dem  Ötzthal  447. 

Aus  Oberinnthal  448. 


Bücheranzeigen. 


Ploss  und  Bartels,  Das  Weib  in  der  Natur-  und  Völkerkunde,  angez.  von  K.Wein- 
hold  87. 

Glock,  Symbolik  der  Bienen  88. 

Meyer,  E.  H.,  Germanische  Mythologie,  angez.  von  Weinhold  88. 

V.  Zingerle,  J.,  Sagen  aus  Tirol.    2.  Aufl.   angez.  von  W.  Schwartz  89. 

Handtmann,  E.,  Was  auf  märkischer  Heide  spriesst,  von  U.Jahn  89. 

List,  G.,  Deutsch-mythologische  Landschaftsbilder  von  W.  90. 

Höfler,  M.,  Der  Isarwinkel,  von  A.  Meitzen  90. 

Zivaja  Starina,  von  A.Brückner  91. 

Wisla.   TomV.,  von  A.Brückner  93. 

Celtic  Fairy  Tales  by  J.  Jacobs,  und  Beside  the  fire  by  D,  Hyde,  von  K.  Wein- 
hold  95. 

V.  Wlislocki,  Volksglaube  und  religiöser  Brauch  der  Zigeuner,  von  K.  Pischel  209. 

Brenner  und  Hartmann,  Bayerns  Mundarten  I.  210. 

Leeb,  Sagen  Niederösterreichs  211. 

Franziszi,  Fr.,  Kärntner  Alpenfahrten  211. 

Bulletin  de  Folklore.  L  2.,  von  K.W.  211. 

Thuriet,  Traditions  populaires  du  Doubs,  von  Marelle  212. 

J.  Ammann,  Das  Passionsspiel  des  Böhmerwaldes  212. 

Kollmann,  A.,  Deutsche  Puppenspiele  I.,  von  K.W.  213. 

V.  Amira,  K. ,  Tierstrafen  imd  Tierprozesse,  von  M.  Pappenheim  213. 

Kotelmann,  L.,  Gesundheitspflege  im  Mittelalter,  von  K.  W.  214. 

Stob  er,  A.,  Die  Sagen  des  Elsasses,  Neue  Ausgabe  von  C.  Mündel.  I.  von  K.  W.  328. 

Meyer,  Mart.,  Schiernsagen  und  Märchen,  von  J.  Zingerle  328. 

Monseur,  E.,  Le  Folklore  Walion.  —  The  Folklorist  Journal  of  the  Chicago  folklore 
Society.  I.  1.,  von  W.  329. 

Freund,  L.,  Die  Treue  im  Spiegel  der  Spruchweisheit.  1.  330. 

Treichel,  A.,  Abhandlungen. 

Auszüge  aus  den  Sitzungsprotokoll cn  von  A.  Brückner  96.  214.  448. 
Litteratur  des  Jahres  1891,  von  Max  Laue  98.  216.  331.  450. 


Fseröisclie  Märclien  und  Sagen. 

Aus  dem  Fasröischeii  übersetzt  von 
Dr.  Otto  Luitpold  Jiriczek. 


Die  von  Hammersliaimb  in  seiner  Faerösk  Antologi  8.  326  —  85 
mitgeteilten  fasröischen  Märchen  und  Sagen  bilden  einen  wahren  Schatz 
für  die  Volkskunde  und  Märchenforschung;  dieselben  durch  eine  Über- 
setzung aus  der  wenig  bekannten  Ursprache  leichter  zugänglich  zu  machen, 
dürfte  daher  gerechtfertigt  erscheinen.  Da  die  folgende  Übersetzung,  zu 
der  Hr.  Probst  Hammershaimb  freundlichst  seine  Einwilligung  erteilt 
hat,  dem  Folksforscher  das  Original  ersetzen  will,  war  grösste  Treue  und 
engster  Anschluss  an  den  Text  geboten;  von  diesem  Gesichtspunkte  aus 
wolle  man  FaBröismen  (resp.  Islandismen)  wie  „östlich  in  Tunga"  (austr 
i  Tüngu)  und  ähnliches  entschuldigen.  Die  vorliegenden  Märchen  um- 
fassen so  ziemlich  den  ganzen  schriftlich  fixierten  fteröischen  Märchen-  und 
Sagenschatz;  nur  einige  andere,  meist  rein  historische,  finden  sich  noch 
in  Antiquarisk  Tidskrift  1849 — 51  S.  142  ff.  (von  Schröter  mitgeteilt,  der 
ein  höchst  unzuverlässiger,  willkürlicher  Erzähler  ist)  und  S.  322  fT.  (von 
Hammershaimb).  Auf  die  sonstigen  Quellen  habe  ich  in  den  An- 
merkungen  (am  Schlüsse  der  Übersetzung)  verwiesen. 

Herr  Cand.  mag.  Jac.  Jacobson,  ein  geborener  Faeringer,  liat  die 
Güte  gehabt,  mir  über  zahlreiche  zweifelhafte  Stellen  Auskunft  zu  geben, 
wofür  ich  ihm  auch  hier  meinen  Dank  ausspreche. 


I.    Zwerge. 

Die  Zwerge  sind  klein  und  dick,  bartlos,  aber  doch  nicht  hässlich 
von  Aussehen.  Sie  hausen  in  grossen  Steinen  oder  in  Hügeln  unter  Blöcken; 
solche  Zwergensteine  findet  man  weit  und  breit  auf  den  Inseln.  Die 
Zwerge  sind  gutmütig,  aber  dulden  keine  Zänkereien  in  der  Nähe  ihrer 
Wohnungen;  da  werden  sie  böse  und  fahren  im  Zorne  von  hinnen; 
deshalb  steht  der  grosse  Zwergenstein  in  Sküvoy  zerspalten,  weil  zwei 
Burschen,  welche  einmal  dort  standen,  fluchten  und  sich  rauften;  da  flohen 
die  Zwerge  und  spalteten  den  Stein.  Die  Zwerge  sind  die  besten  Schmiede; 
von    ihnen    lernten    die    Menschen    zuerst    den    Stahl    im  Wasser    härten; 

Zeitsclirift  d.  Vereins  f.  Volkskiindi!.     1892.  1 


2  Jiriczek  : 

früher  dehnten  sie  das  Eisen  aus  und  schmiedeten  es,  indem  sie  es  mit 
dem  Hammer  kalt  schlugen.  Die  Zwergenwerkzeuge  schmieden  von  selbst. 
Die  Kraft  der  Zwerge  ist  im  Gürtel,  mit  dem  sie  sich  um  die  Mitte  gürten; 
nimmst  du  dem  Zwerge  den  Gürtel,  so  ist  es  um  seine  Macht  gethan,  und 
kann  man  ihn  rla  zwingen,  zu  schmieden,  was  man  verlangt,  und  Kleinodien 
dafür  zu  geben,  um  den  Gürtel  zurückzubekommen.  Am  Fusse  der  Steine, 
wo  sie  wohnen,  kann  man  oft  Asche  liegen  sehen,  welche  aus  ihrer 
Schmiede  herausgefegt  ist. 

Ein  Stein  steht  im  Gasadal,  wo  Zwerge  wohnen;  dort  drinnen  hört 
man  sie  bisweilen  schmieden.  Ein  armer  Mann  war  einmal  nördlich  in 
Tun-j-a  und  stach  Torf;  er  sah  den  Stein  offen  und  die  Zwerge  drinnen 
schmieden;  er  ging  näher,  um  sie  zu  beobachten.  Ein  Zwerg  kam  da 
heraus  in  die  Thüre  und  sagte  zu  ihm:  „Naseweis  warst  du,  so  arm  du 
bist;  doch  sollst  du  dieses  Messer  bekommen,"  und  nun  warf  er  ihm  ein 
Messer  heraus,  das  so  scharf  war,  dass  es  alles  schnitt,  was  mit  seiner 
Schneide  in  Berührung  kam,  wie  hart  es  auch  sein  mochte. 

IL  Huldervolk^). 
Sie  sind  von  grossem  Wüchse,  die  Kleider  sind  ganz  grau,  das  Haar 
schwarz;  ihre  Wohnsitze  sind  in  Hügeln,  sie  heissen  auch  Elfen  [alvar]; 
ein  „Elfenhügel"  ist  auf  Nordstreymoy,  südlich  von  Yik  (Huldorsvik).  Sie 
leben  wie  andere  Leute,  rudern  aus,  haben  Schafe  und  Rinder,  welche 
unter  den  anderen  Rindern  auf  der  Weide  herumgehen.  Die  Huldern 
können  sich  selbst  und  das,  was  sie  besitzen,  für  Menschen  unsichtbar 
machen,  und  deshalb  sagt  man  oft  von  etwas,  das  man  vermisst,  dass  die 
Hulder  es  versteckt  hat.  Sie  nehmen  gern  kleine  Kinder,  die  ungetauft 
sind,  aus  der  Wiege  und  legen  dafür  die  ihrigen  in  dieselbe,  aber  diese 
werden  dann  Dummköpfe  [Wechselbälge]  ^)  unter  den  Menschen.  Oft  ver- 
schwinden kleine  Kinder,  welche  draussen  allein  gehen,  und  da  ist  es  das 
Huldervolk,  das  mit  ihnen  davon  gefahren  ist;  sie  werden  zuweilen  weite 
Wegstrecken  entfernt  von  den  Wohnsitzen  wieder  gefunden  und  haben 
dann  erzählt,  dass  ein  grosser  Mann  ihnen  Speise  gebracht  habe,  während 
sie  fort  waren.  Die  Huldermädchen  fassen  oft  Liebe  zu  Kristenburschen 
und  versuchen  daher  sie  zu  verführen  und  an  sich  zu  ziehen.  Gehen  diese 
hinaus  in  die  Ö(k'  und  sind  durstig  und  müde,  so  öffnet  sich  der  Hügel  und 
eine  Jungfrau  konnnt  lieraus,  um  ihnen  einen  Trunk  zu  bieten,  Bier  oder 
Milch;  blasen  sie  da  nicht  den  Schaum  von  oben  ab,  so  trinken  sie  sich 
Vergessenheit,  denn  in  ihm  liegt  der  Zauber,  und  damit  verzaubern  sie 
sie,  bekommen  Gewalt  über  sie  und  nehmen  sie  mit  sich  in  den  Elfen- 
hügel. 

1)  wörtlich:   die  Verhülltoii  (huldutolk) ;   ich  habe  die  bekanntere  norwegische  Form 
(en  liulder)  gewählt. 

2)  das  färöische  bytlingur  bedeutet  beides. 


Fseröische  Märclien  imd  Sagen.  3 

in.    Die   Wichtein  und  die  weise  Marjun  in  Ordavik. 

Die  Wichteln  |v;iettrar]  sind  klein,  luibscli  von  Ausselien,  gute  Geister, 
welche  in  den  Häusern  bei  guten  Leuten  leben  und  während  ihres 
Aufenthaltes  geuiessen  diese  Glück  und  werden  von  ihnen  unterstützt,  so 
dass  alles  gut  geht  in  dem  Hause,  wo  Wichteln  sind;  glücklich  ist  der 
Freund  der  Wichteln,  denn  ihm  können  weder  Trolle  noch  Huldern  noch 
jemand  lebender  unter  der  Erde  oder  auf  der  Erde  schaden. 

Marjun  in  Ördavik  war  vom  Norden  von  Kollafjord  [Dorf]  nach  Suduroy 
gekommen  und  soll  eines  der  zaubergewaltigsten  Weiber  gewesen  seiu, 
die  hier  im  Gedächtnis  behalten  worden  sind;  sie  war  die  klügste  und 
tüchtigste  Frau  in  jeder  Richtung.  Sie  war  überaus  reich  und  besass  eine 
Menge  von  Rindern  und  Schafen  und  allen  Herrlichkeiten  ^ — kein  Wunder! 
—  die  Wichteln  wohnten  bei  ihr.  Sie  hatte  auf  ihrem  Hofe  einen  blöden 
Jungen,  welchen  sie  dazu  hielt,  dass  er  die  Schafe  im  Sommer  aus  dem 
bebauten  Land  wegtriebe,  wenn  sie  in  die  Einhegung  hinein  kamen; 
aber  dieser  Wechselbalg  konnte  nichts  anderes  verrichten,  als  eben  dieses. 
In  den  Lebtagen  Marjuns  kamen  A^kinger  aus  den  Südlanden,  Türken, 
um  die  Föroyer  zu  verheeren.  Sie  kamen  auch  nach  Suduroy,  alles  zu 
plündern  und  verwüsten  in  jenen  südlichen  Ansiedlungen,  wie  sie  im 
Norden  gethan  hatten.  Nun  sieht  sie  Marjun  von  den  Höhen  herab  süd- 
wärts gegen  Ördavik  kommen.  Aber  sie  fürchtete  sich  nicht  wie  jene, 
welche  vor  ihnen  in  das  Gebirge  flohen  und  sich  in  Höhlen  und  Löchern 
versteckten  und  schwarzes  Tuch  vorhängten;  —  nein,  Marjun  sandte  den 
Wechselbalg  mit  dem  Wachthunde  ins  Feld  hinaus  und  sagte  ihm,  er  solle 
diese  Männer  aus  dem  Feld  vertreiben.  Er  dachte  an  keine  Gefahr,  der 
Arme,  und  ging  darum  unerschrocken  und  munter  auszuführen,  was  ihm 
die  Bäuerin  befahl,  so  wie  er  gewohnt  war.  Als  er  nun  gegen  die  Räuber 
mit  seinem  kleinen  Hunde  gelaufen  kam,  als  ob  das  nichts  anderes 
wäre  als  einige  scheue  Schafe,  die  immer  davonliefen,  wenn  er  mit  dem 
Hunde  kam,  stand  die  erfahrene  Hausmutter  an  der  Hauswand  und  winkte 
mit  der  Hand  gegen  die  Türken.  Als  sie  sehen,  dass  ein  Krüppel  von 
einem  Jungen  ihnen  so  kühn  mit  einem  kleinen  Hunde  entgegen  kommt 
und  ein  altes  Weib  so  ruhig  an  der  Hauswand  steht,  werden  sie  bestürzt 
und  denken  bei  sich,  dass  diese  beiden  docli  nicht  so  schwach  sein  könnten, 
als  sie  gering  an  Zahl  schienen,  sondern  im  Verborgenen  das  haben 
müssten,  um  sich  zu  wehren,  was  ihnen  teuer  zu  stehen  kommen  könnte. 
So  wird  erzählt,  dass  sie  nicht  länger  südwärts  auf  der  Insel  vorzudringen 
wagten,  sondern  geradenwegs  mich  Hvalbö  umkehrten.  Von  hier  nahmen 
sie  zwei  Mädchen  mit  sich,  welche  mit  Marjun  verwandt  waren;  und  als 
sie  das  hörte,  sagte  sie,  ehe  ihr  Blut  kalt  würde  (d.  i.  ehe  das  siebente 
Geschlecht  von  ihr  gestorben  wäre)   sollte  das  gerächt  werden  und  dieses 


A  Jiriczek: 

Türkenvolk    unter    einen    König    aus    einem    anderen    Reiche    zu    stehen 
kommen. 

Marjun  in  ÖrSavik  hatte   gutes  Glück  mit  sich  in  allem,  was  sie  an- 
fing,   und  alles  fügte  sich  ihr  wohl;    und  das  kam  davon,   dass  die  guten 
Wichtein    bei    ihr    im   Grossstall    wohnten.     Aber    sie    vergass  auch  nicht 
einen  Kübel    mit  Milch    für    sie    hinzustellen,    so    oft  die  Kuhmägde   die 
Kühe  o-emolken  hatten.     Die  Wichteln  belohnten  sie  für  ihre  Wohlthaten: 
—  nie  war  Mangel  an  Milch,    wenn  die  Kühe  gemolken  wurden,    solange 
sich    die  A¥ichteln   im  Grossstalle  aufhielten;    keine  Krankheit  kam  über 
die  Rinder  und  Schafe,  solange  sie  dort  waren.    Nicht  brauchten  die  Vieh- 
mägde im  Stalle  nächtelang  zu  sitzen,  wenn  eine  Kuh  kalben  sollte;  kalbte 
sie    da    in    der  Nacht,    so   lag   das  Kalb  am  Morgen  nicht  in  der  Abzugs- 
rinne,   obwohl   niemand    zugegen  war,    sondern  wenn  die  Kuhmagd  kam, 
stand  das  Kalb  am  Stand  mit  einem  Seidenbande  gebunden  zwischen  den 
Vorderbeinen  der  Kuh,  so  dass  sie  es  lecken  konnte.     Die  Dirne,  welche 
in    den  Stall   kam,    um  die  Kühe  zu  warten,    musste  da  stracks  das  Kalb 
vom  Seideubande    losen   und   dieses   auf  den  Querbalken   legen,    und  von 
dort  nahmen  es  dann  die  Wichteln  wieder  zu  sich.    Marjun  war  daher  gut 
»'•e^'en  die  Wichteln,  welche  ihr  soviel  Nutzen  brachten,  und  sie  versicherte 
ihrem   ältesten  Sohne   oft   und  häufig  hoch  und  teuer,    dass   er  das  wissen 
solle,    wenn   er   den  Hof  als  Bauer  nach  ihr  übernehme,    dass  es  gut  sei. 
Wichteln  zu  behausen,    und   ihnen  solle  er  immer  Aufenthalt  geben,   und 
lege  er  den  grossen  Kuhstall  nieder  und  breche  ihn  ab,  so  werde  das  ihm 
und    den    andern   zum   Schaden   gereichen.     Marjun   starb,    und   der  Sohn, 
der    nun  Bauer    auf  Ördavik    wurde,    gab    nichts    darauf,    wovor  ihn  die 
Mutter    gewarnt    hatte,    und  legte   den  grossen  Kuhstall  nieder.     Aber  dti 
flüchteten    die  Wichteln,    wünschten    böses  über  ihn  und  alle  seine  Ver- 
wandten, welche  in  Ördavik  waren  —  jähen  Todes  sollten  sie  alle  sterben, 
Am  selben  Tage,  da  sich  dieses  zutrug,  kam  ein  Mann  aus  Vag  nordwärts 
über  die  Insel   gegangen;    als   er  zur  Mannaskard  [Pass]   kam,    begegnete 
er  einem  winzig  kleinen  Weib,  welches  vom  Passe  lierabkam,  zwei  winzig 
kleine  Kinder  jedes  an  einer  Hand  führend,    und   das  dritte  hatte  sie  am 
Rücken;  als  er  bei  ihnen  vorbeiging,  hörte  er  diese  Frau  sagen:  „Gerächi 
soll    werden,    dass    wir    tiiehen  mussten".     Und   es  wurde  gerächt;    eine& 
Abends,  als  die  drei  Brüder  ausfuhren,  um  südlich  vom  Lande  im  Fjorde 
zu  angeln,  brach  ein  AVirbel  unterhalb  Tjaldarviksholm  hervor  und  stürzte 
das  Boot  um,  so  dass  alle  untergingen,  die  im  Boote  waren.    Marjun  hatte 
auch  drei  Töchter,  w^elche  in  Ördavik  waren;   sie  starben  kurz  danach  ar 
einer    tödlichen   Landseuche,    welche    dort    im   Platze    umging.     Alles  das 
war  Rache  von  den  Wichteln,  welche  aus  Ördavik  geflohen  waren. 


Ffieröisflic  Märchen  und  Sas'eii. 


IV.    Die  Mahre. 

Die  Malire  [marra]  gleicht  der  schönsten  Dirne,  ist  aher  doch  der 
ärgste  Unhold.  Znr  Nachtzeit,  wenn  die  Leute  liegen  und  schlafen,  kommt 
sie  herein  und  legt  sich  auf  sie  und  drückt  so  fest  auf  die  Brust,  dass  sie 
nicht  den  Atem  holen,  auch  nicht  ein  Glied  rühren  können.  Sie  fährt 
ihnen  mit  ihren  Fingern  in  den  Mund,  um  die  Zähne  zu  zählen:  wird  iln- 
Zeit  gelassen,  sie  abzuzählen,  so  gibt  man  gleich  den  Geist  auf  und  wird 
leblos.  Man  muss  daher  versuchen,  die  Mahre  von  sich  los  zu  werden 
und  sie  hinauszutreiben,  und  ist  mau  da  imstande  zu  rufen  „.lesus",  muss 
sie  fliehen  und  verschwindet  schleunigst.  Die  Leute  glauben  oft  ganz 
wach  zu  liegen  und  die  Mahre  in  die  Stube  zum  Bette  hereinkommen  zu 
sehen,  und  dass  sie  sicli  auf  die  Bettdecke  legt  und  in  den  Mund  fährt, 
nach  den  Zähnen  zu  tasten,  und  sie  können  doch  nichts  thun,  sich  gegen 
sie  zu  wehren.  Am  Abend  kann  sie  in  der  Stube  sein  und  doch  nicht 
gesellen  werden;  aber  du  merkst  es,  wenn  du  ein  Messer  nimmst  und  es 
in  ein  Taschentuch  oder  ein  Strumpfband  wickelst,  welches  nach  der 
Hälfte  doppelt  zusammengelegt  ist,  und  das  Messer  dreimal  um  dicli  aus 
einer  Hand  in  die  andere  gehen  lässt.  während  du  hersagst: 

Marra,  marra,  minni, 

bist  du  hier  innen? 

denkst  du  nicht  an  jenen  Hchlag 

den  Sjvirdur  Sigmundarson  dir  gal) 

einmal  auf  das  Nasenbein? 

Marra,  marra,  minni, 
bist  du  hier  innen, 
hinaus  sollst  du  fahren, 
tragen  beides  Erde  und  Torf 
und  alles,  was  hier  innen  ist! 

Liegt  nun  das  Messer  im  doppelt  zusammengelegten  Bande  in  der  Buchtung. 
wenn  dasselbe  wiederum  aufgewickelt  wird,  so  ist  die  Mahre  in  der  Stube, 
und  da  muss  derselbe  Vorgang  mit  dem  Messer  und  dem  IhuKb'  gemacht 
werden,  um  zu  versuchen,  die  Mahre  herauszuschafFen. 

Man  sagt  auch,  um  sie  daran  zu  verhindern,  in  das  Bett  hinaufzii- 
schlüpfen,  sei  es  gut,  am  Abend,  wenn  man  schlafen  geht,  die  Scdudic 
so  zu  wenden,  <lass  der  Absatz  gegen  das  Bett  und  «h'r  Vorderschuli  von 
ihm  weg  über  den  Fussboden  gekehrt  ist:  dann  soll  es  i\ov  Mahr(>  scliwei' 
fallen,   in  das   Bett  hinaufzuschliipfen. 


f)  Jiriczek : 

Y.    Der  ISTiSagris  und  der  Loddasastein^). 

Der  Nidagris^)  ist  klein,  dick  und  rundlich,  wie  ein  kleines  Wickel- 
kind oder  ein  grosser  Knäuel,  von  dunkelrotbrauner  Farbe.  Er  soll  dort 
vorkommen,  wo  neugeborene  uneheliclie  Kinder  ermordet  und  begraben 
sind,  ohne  einen  Namen  bekommen  zu  haben.  Deshalb  liegt  er  und  wälzt 
sich  den  Leuten  vor  die  Filsse,  um  sie  im  Gange  zu  stören;  kommt  er 
zwischen  die  Füsse  des  Menschen,  so  überlebt  derselbe  nicht  das  Jahr. 

In  der  Mark,  bei  dem  Dorfe  „zu  Skali"  auf  Eysturoy  steht  ein  Stein, 
welcher  Loddasastein  genannt  wird;  hier  lag  oft  ein  Nidagris  vor  den 
Füssen  der  Leute,  welche  hier  in  der  Dunkelheit  gingen;  ein  Mann,  der 
einmal  hier  ging  und  vom  Mdagris  belästigt  wurde,  ward  zornig  und 
sagte  da:  „So  ein  Loddasi!"  und  da  grub  er  sich  wieder  in  die  Erde  und 
wurde  nie  wieder  gesehen,  denn  da  liatte  er  einen  Namen  bekommen. 

YL    Das  IjOcIi   der  Riesin  in   Sandoy  und  die  Trollweiber  am 

Fjallavatn  in  Yägar. 
(i)  Westlich  von  Sandsbygd  geht  ein  grosses  Loch  in  die  Erde  hinab, 
welches  das  Loch  der  Riesin  [Givrinarhol]  genannt  wird;  in  demselben 
wohnt  eine  Riesin.  So  gellt  die  Erzählung  der  Leute,  dass  ein  Mann 
aus  dem  Dorfe  „heima  ä  Saudi"  auf  den  Grund  des  Loches  stieg,  um 
die  Riesin  aufzusuchen.  Die  Fahrt  ging  ihm  gut  von  statten  und  er 
sah  dort  eine  übergrosso  Alte  stehen  und  Gold  in  einer  Mühle  mahlen; 
ein  kleines  Kind  sass  drinnen  bei  ihr  und  spielte  mit  einer  Gold- 
rolle. Die  Alte  war  blind,  und  deshalb  wagte  sich  der  Mann  so  still  vor- 
wärts zur  Mühle  und  nahm  von  dem  Golde,  das  sie  mahlte,  an  sich.  Die 
Riesin  sah  und  hörte  nichts  von  ihm,  aber  merkte  doch  an  sich,  dass 
sich  etwas  böses  zutragen  müsse,  imd  sagte  deshalb:  „Entweder  ist  das 
die  Maus,  welche  herumläuft,  oder  der  Dieb,  der  stiehlt  —  oder  geht  mir 
Alten  das  Mahlen  nicht  recht".  Der  Mann  ging  nun  mit  dem  Golde  weg 
von  ihr,  nahm  dem  Kinde  die  Goldrolle  und  schlug  es  auf  den  Kopf;  das 
begann  jämmerlich  zu  weinen.  Als  die  Riesin  dies  hörte,  ahnte  ihr 
böses  und  sie  sprang  auf  die  Füsse,  tastete  nun  in  der  ganzen  Höhle  nach 
ihm,  aber  fand  niemanden,  denn  der  Mann  war  längst  aus  der  Höhle  ent- 
kommen, auf  das  Pferd  gestiegen  und  jagte  mit  verhängten  Zügeln 
schleunigst  heim  mit  dem  Golde.  Die  Riesin  rief  daher  so  laut  als  mög- 
lich nach  ihrer  Nachbarin,  erzählte  ihr  von  ihrem  Unfall  und  bat  sie,  ihr 
den  Dieb  fangen  zu  helfen.  Sie  war  nicht  faul  zu  Fuss,  ihm  nachzu- 
rennen,   schritt  über  den  Teich  so  gewaltig,  dass  die  Fussspuren  noch  im 

1)  FA.  steht  in  dor  Überscluü't  Loddasarsteinur,  was  mvc  ein  Drnckfcliler  sein  kann, 
siehe  FA    332  Z.  6  und  9. 

2)  =  „Fiusternisschweinchen";  Loddasi  ist  unerklärt.  Zur  Sache  verweist  Hammers- 
hai mb,  Antikv.  Tidsskrift  1849--51  S.  201,  auf  A.  Fayes  norske  Sagn  S.  83. 


Faeröisclie  Märchen  und  Sag-on,  7 

Felsen  gesehen  werden,  je  eine  auf  jeder  Seite  des  Teielies;  sie  werden 
die  Spuren  der  Riesin  genannt.  Er  war  so  weit  entkommen,  dass  ein  tüchtiges 
Stück  Wegs  zwischen  ihnen  lag.  Als  er  zum  Yolismoor  kam.  da  war  die 
Riesin  ihm  so  nahe  gekommen,  dass  sie  den  Schwanz  des  Pferdes  er- 
reichen und  packen  konnte,  und  sie  liess  ilm  nicht  los,  sondern  hielt  das 
Ross  in  der  Bewegung  auf;  der  Mann  spornte  das  Ross  so  liart,  dass  (>s 
einen  Sprung  vorwärts  machte,  aber  der  Schwanz  riss  ab,  weil  die  Riesin 
sich  fest  auf  den  Beinen  hielt  und  Kraft  hatte,  zu  widerstehen:  das  Ross 
fiel,  und  der  Mann  kopfüber  von  ihm  da  sali  man  die  Kirclie.  und  (h'r 
Mann  war  gerettet,  und  die  Riesin,  welche  da  kein(>  Gewalt  über  ihn 
hatte,  musste  so  gethaner  Dinge  umkehren.  Noch  hih't  man  über  (h^m 
Givrinarhol,  wie  die  alte  blinde  Riesin  in  der  tiefen  Höhle  Gold  mahlt. 

6)  Zwei  Trollweiber  wohnen  beim  Fjallavatn  [See]  in  Viigar;  die  eine 
bei  der  Tormansschlucht  und  die  andere  jenseits  des  Sees  „am  Gebirge" 
[a  Fjöllura],  wie  diese  Landstrecke  heisst.  Die  eine  von  ihnen  war  lalini 
und  sie  hatte  ihre  rote  Jacke  auf  einen  Stein  gelegt,  um  sie  zu  sonnen, 
als  ein  Mann  aus  Sandavag  hier  vorbei  geritten  kam.  Der  Mann  nimmt 
die  Jacke  und  reitet  mit  verhängten  Zügeln  weg  mit  ihr.  Nun  sieht  die 
Alte  den  Mann  und  die  Jacke,  die  er  ihr  gestolilen  hat,  aber  lahm  wie 
sie  ist,  kann  sie  nicht  selbst  ilnn  nachrennen,  und  ruft  dcslialb  das  Troll- 
weib jenseit  des  Wassers  an:  „Hilf,  Schwester!  schreite  aus,  schreite  ge- 
waltig aus!"  Sie  schleunigst  ihm  nach  und  er  auf  dem  Rücken  der  Stute 
in  grossen  Sätzen  davon.  So  ging  es,  bis  er  zur  Vatnsbrekka  kam;  da  be- 
gann er  wie  die  Stute  müde  zu  werden;  hier  am  Abliang  fliesst  ein  kleiner 
Fluss,  hier  tranken  sie  beide,  und  er  sagte  da:  „Das  war  mir  ein  Seelen- 
trost (sälarbot)!",  und  seither  heisst  der  Fluss  Sälarböta.  Schon  rannte 
die  Alte  ihm  nach  und  kam  ihm  näher  und  näher;  als  er  über  den  Ab- 
hang gekommen  war.  da  war  sie  ihm  so  nahe,  dass  sie  die  Jacke  zu 
fassen  bekam  und  sie  ihm  entriss,  docli  so,  dass  die  Jacke  zerriss  und  (h'r 
Mann  den  einen  Ärmel  behielt;  da  zeigte  sich  die  Midvägskirche.  und  das 
Trollweib  musste  so  verrichteter  Sachen  zurückfliehen.  Aber  der  Ärmel 
war  so  gross,  dass  er  zerschnitten  zur  Altarch'cke  in  alh-n  vier  Kirclicn 
auf  Vagar  ausreichte. 

VH.    Der  Neck. 

Der  Neck  [nykur]  wohnt  in  LandseiMi;  iim  Grinuh'  unten  in  der  Tiefe 
hat  er  seinen  Aufenthaltsort;  aber  von  (hrrt  kommt  er  oft  ans  Land,  und 
es  ist  nicht  gut,  ilnn  zu  begegnen:  mitunt(>r  ist  er  einem  schönen  kloinen 
Hengste  gleich,  der  gnt  und  sanft  scheint,  und  damit  h^ckt  er  die  Leute 
sich  ihm  zu  nähern,  um  ihn  zu  klappen  uml  ihm  ül)er  ilen  Rücken  zu 
streichen;  aber  wenn  sie  zufällig  den  Schwanz  berühren,  werden  sie  an 
ihn  «'•efestet,  und  da  lässt  er  niemanden  los,  sondern  zitdit  sie  mit  sicli 
auf  den  Grund.    Oft  begegnet  er  den  Leuten  in  .Menschengestalt  als  stolzer 


8  Jiriczek : 

Jüngling',  um  Mädchen  mit  sich  zu  locken  und  verspricht  ihnen  Freude 
und  Genuss  in  seiner  Halle,  wenn  sie  ihm  folgen  wollen;  aber  fassen  sie 
da  einen  Yerdacht  darüber,  wer  er  ist,  an  den  sie  sich  wegzugeben  im 
Begriffe  sind,  so  dass  sie  imstande  sind,  ihn  mit  dem  rechten  Namen: 
„Neck"  zu  nennen,  so  verliert  er  die  Macht  über  sie  und  muss  sie  los- 
lassen und  allein  in  den  Teich  fahren.  Es  wird  erzählt,  dass  sich  der 
Neck  ebenso  allen  vierfüssigen  Tieren  gleich  machen  kann,  nur  die  Spitze 
vom  Hörne  des  Widders^)  soll  er  sich  nicht  anschaffen  können;  aber  einem 
Pferde  ist  er  gleich,  wenn  er  seine  Gestalt  nicht  verändert  hat,  und  es 
ist  den  Menschen  geglückt,  Gewalt  über  ihn  dadurch  zu  bekommen,  dass 
sie  ein  Kreuz  über  seinen  Kücken  schlugen^),  und  sie  haben  ihn  dann 
dazu  gebraucht,  mit  seinem  Schweife  grosse  Blöcke  aus  dem  Gebirge  zu 
Feldmauern  oder  Häusern  herabzuziehen,  welche  noch  in  Hüsavik  auf 
Sandoy  und  zu  P]id  auf  Eysturoy  gesehen  werd.en,  und  die  grossen  Steine, 
die  hier  zusammengekommen  sind,  geben  Zeugnis  davon,  wie  stark  er  ist. 
In  den  Takmooren  auf  Sandoy  liegt  ein  grosser  Block,  den  sie  ihn  nach 
Hüsavik  ziehen  lassen  wollten;  aber  da  zerriss  der  Schwanz,  und  der  Stein 
steht  noch  dort;  ein  Teil  des  Neckschwanzes,  der  am  Steine  befestigt  war, 
ist  an  ihm  noch  sichtbar. 

VHI.  Das  Meermännlein  und  der  Bauer  Anfinn  in  Elduvik. 
Das  Meermännlein  [Marmennil]  gleicht  den  Menschen,  aber  ist  einen 
guten  Teil  kleiner  an  Wuchs;  es  hat  lange  Finger.  Es  lebt  am  Meeres- 
grund und  schädigt  die  Fischer,  indem  es  den  Köder  von  den  Angeln  ab- 
beisst  und  dieselben  am  Grunde  befestigt,  so  dass  sie  die  Schnur  zer- 
reissen  müssen;  wird  es  von  der  Spitze  gefasst,  so  ist  es  so  gewandt,  dass 
es  die  Angelschnur  vom  Zugstrick  lösen  und  so  dem  Los  entgehen  kann, 
wie  ein  anderer  Fisch  über  Bord  gezogen  und  ins  Boot  gebracht  zu  werden. 
Einmal  als  es  damit  begann,  seine  Schalkstreiche  am  Seegrund  auszuüben, 
ging  es  ihm  schlecht,  denn  es  gedachte  das  Ende  der  Schnur  des  Bauern 
Anfinn  aus  Elduvik  zu  fassen,  um  es  am  Grund  zu  befestigen,  aber  gleich- 
zeitig zuckte  Ansien  die  Schnur,  und  die  Angel  biss  das  Meermännlein  in 
eine  Hand;  mit  einer  Hand  konnte  es  sich  nicht  losmachen,  und  so  wurde 
es  aufgezogen,  bekreuzt  und  heimgebracht.  Anfinn  verwahrte  es  bei 
sich  im  Herde  und  musste  jeden  Abend  daran  denken,  ein  Kreuz  über 
alle  vier  Ecken  des  Herdes,  wo  es  sass,  zu  schlagen;  es  wollte  nichts 
anderes  essen  als  Köder.    Wenn  ausgefahren  wurde,  nahmen  sie  das  Meer- 


1)  Im  Original  folgt:  olla  vocturlambs  horni,  was  ich  imüLersetzt  lassen  musste,  da 
mir  (las  Wort  fehlt,  vedmiaml)  ist  der  einjährige  Widder:  es  ist  also  damit  nichts  neues 
gesagt. 

2)  rista  kross  kann  ein  Kreuz  ritzen,  wie  ein  Kreuz  schlagen,  bedeuten.  In  letzterer 
Bedeutimg  wird  der  Ausdruck  heute  allgemein  gebraucht,  wie  mir  Hr.  .1.  .Tacobsen  mit- 
teilt.    Ich  habe  daher  überall  in  der  Übersetzung  „Kreuz  schlagen"  gesetzt. 


Fseröische  Märchen  nncl  Sagen.  9 

männlein  mit  sich,  aber  sie  durften  nicht  vergessen,  ein  Krenz  über  das- 
selbe zu  schlagen,  wenn  es  ins  Boot  gekommen  war.  Ruderten  sie  über 
einen  Zug  von  Fischen,  so  begann  es  im  Boote  zu  lachen  und  spielen; 
warfen  sie  da  aus,  so  mangelte  es  nicht  an  Fischen,  besonders  wenn  es 
den  Finger  in  die  See  tauchte.  Anfinn  hatte  das  Meermännlein  lange  bei 
sich;  aber  eines  Tages  war  eine  starke  Brandung,  als  sie  das  Boot  zur 
Ausfahrt  flott  machten,  nnd  da  wurde  vergessen,  das  Kreuz  im  Boote  lilier 
das  Männlein  zu  schlagen;  als  sie  vom  Lande  gekommen  waren,  glitt  es 
über  Bord,  und  wie  zu  erwarten  stand,  wurde  es  nicht  wieder  gesehen. 

IX.  Der  Seedraug. 

Der  Seedraug  [sjödreygur,  sjödreygil]  wird  nach  Sonnenuntergang 
auf  den  Aussenscliären  stehen  gesehen.  Wenn  Leute  ausrudern,  ruft 
er  sie  an  und  bittet  sie  um  Erlaubnis,  in  das  Boot  zu  kommen;  sie 
haben  ihn  bisweilen  aufgenommen  und  auf  eine  Bank  gesetzt,  damit  er 
mit  den  Männern  rudere.  Solange  es  tiefe  Nacht  ist,  rudert  er  mindesteus 
gleich  zweien:  so  stark  ist  er.  Er  versteht  es  gut  auf  die  Fischbank  zu 
treffen,  wenn  es  [auch]  nicht  licht  [genug]  ist,  die  Marken  [am  Ufer]  zu 
erkennen.  Aber  wenn  es  gegen  den  Tag  geht,  nimmt  er  ab,  und  wenn 
die  Sonne  aus  dem  Meere  aufsteigt,  schwindet  er  zu  nichts.  Sie  hab(m 
ein  Kreuz  über  ihn  geschlagen,  aber  wie  es  sicli  mehr  und  mehr  im  Osten 
von  der  Sonne  gerötet  hat,  hat  er  immer  kläglicher  gebeten  und  die 
Männer  angefleht,  ihn  loszulassen.  Einmal  wollten  sie  ihn  nicht  loslassen, 
aber  als  die  Sonne  aufgegangen  war,  verschwand  er,  und  da  lag  ein  Kreuz- 
bein auf  der  Bank;  denn  man  sagt,  dass  sich  der  Seedraug  das  Kreuzbein 
von  den  Menschen  angeschafft  hat,  und  darum  bleibt  das  Kreuzbein  zurück, 
wenn  der  Draug  selbst  verschwindet.  Solche  Wechselgestalten  hat  er: 
einmal  scheint  er  einem  Manne  gleich,  einmal  einem  Hunde;  er  ist  braun 
von  Farbe;  er  brüllt  und  heult,  so  dass  man  das  weithin  hören  kann; 
er  haucht  Feuer  aus,  wenn  er  auf  dem  Lande  ist;  er  hat  nicht  mehr  als 
einen  Fuss  (Fischschwanz),  aber  kann  auf  ihm  weit  hüpfen;  die  Spuren 
sind  nach  ihm  im  Schnee  gesehen  worden.  Wenn  er  einem  Menschen  nuf 
dem  Lande  begegnet,  vorsucht  er  ihn  in  die  See  zu  stossen. 

X.  Die  Meerfrau. 

Die  Meerfrau  [Haffrii]  gleicht  oberhalb  des  Gürtels  den  Menschen, 
liat  langes  lichtbraunes  Haar  wie  ein  Weib,  sie  lässt  das  um  sich  auf  dem 
Wasser  schwimmen;  doch  hat  sie  kürzere  Arme.  Unterhalb  des  Gürtels 
ist  sie  wie  ein  Fisch  und  luvt  Sclmpjien  und  einen  Scliwanz.  Wendet  sie 
sich  gegen  das  Boot,  wenn  sie  aus  der  See  auftauclit,  so  kommt  Unwetter, 
und  da  gilt  es,  so  schnell  als  möglich  heimzurudern,  und  zu  versuchen,  dem 
Wassertod  zu  entrinnen.  Kommt  aber  der  Meermann  neben  ihr  in  die 
Höhe,    so    kommt    gutes   Wetter.     Die  Moerfrau   singt  so  schön,    dass  die 


]^Q  .Tiriczek: 

Menschen  toll  werden,  wenn  sie  ihrem  Gesänge  lauschen,  und  deshalb 
sollen  sie  Wattepfropfen  in  die  Ohren  stecken,  denn  sonst  wollen  sie  in 
Tollheit  und  Wahnsinn  aus  dem  Boote  in  die  See  zu  ihr  springen. 

XL    Seekühe  und  Hulderkühe. 

Seekühe  gleichen  anderen  Kühen  von  Aussehen,  aber  melken  viel 
besser;  die  Leute  wollen  deshalb  gern  diese  Kühe  haben.  Mitunter  sind 
sie  in  der  dreizehnten  Nacht  [der  Nacht  vor  ]^]piphanias]  im  Stall  bei  den 
Kühen  gefunden  worden;  wird  ein  Kreuz  über  ihren  Kücken  geschlagen, 
so  bleiben  die  Seekühe  ruhig  bei  ihnen  stehen. 

In  der  dreizehnten  Nacht  findet  man  auch  Hulderkühe  bisweilen  im 
Stalle;  aber  die  will  niemand  haben,  obwohl  sie  gut  melken,  aus  Furcht 
vor  ilem  Huldervolk,  welches  solches  rächen  würde.  Diese  Kühe  sind 
leicht  von  den  Seekühen  zu  untersclieideu,  weil  sie  das  Haupt  hinauf 
o-egen  die  Berge  wenden,  die  Hulderkühe  aber  gegen  die  See.  Das  Hulder- 
volk liat  viele  Kühe,  welche  auf  den  Weideplätzen  bei  jenen  [d.  i.  ge- 
wöhnlichen] Kühen  wandeln,  obschon  die  Leute  nichts  als  ihre  eigenen 
Kühe  sehen.  Die  Hulder  in  Dal  auf  Sandoy  wurde  gehört,  wie  sie  ihre 
Kühe  zählte:  „Ich  sass  auf  dem  Hügel  mit  Rumla  und  Reiggja,  hier  hörte 
ich  Hupul  brüllen;  von  oben  schreiten  Hakur  und  Krakur,  ich  kenne  Kina 
mit  den  langen  Eutern,  Yla  und  Ala,  Eskja  und  Kala,  Geita  und  Grana, 
Flekka  und  Frana;  Hilda  mit  dem  Stern  kenne  ich  wohl,  Gullgrima  und 
Oxakolla;  verloren  liabe  ich  Grima,  die  graue,  kleine,  kürzeste;  gekommen 
sind  alle  unsere  Kühe,  stöhnend  folgt  Brynja  allen  auf  den  Fersen." 

XIL  Dulurin. 
Einmal  in  alten  Zeiten  war  Hungersnot  auf  den  Föroyern:  eine  grosse 
Sterblichkeit  war  über  die  Schafe  gekommen,  das  Korn  war  nicht  reif, 
und  nichts  war  im  Meere  zu  erfischen.  In  Vagar  soll  die  Not  am  grössten 
gewesen  sein,  denn  es  war  lange  her,  dass  sie  etwas  auf  den  guten  Fisch- 
bänken westlich  im  Meere  oder  weiter  draussen  auf  den  Frühjahrsfisch- 
bänken gefangen  hatten  —  nicht  ein  Bissen  wurde  gefangen  — ;  sie  ver- 
suchten auszurudern,  aber  kamen  ganz  leer  iiachhause.  Dort  im  Westen 
ging  nun  ein  armer  Mann  schwermütig  und  kummergefesselt  und  klagte 
über  seine  Not;  er  hatte  viele  kleine  Kinder,  aber  wusste  sich  keinen  Rat, 
wie  er  sich  einen  Bissen  verschaffen  sollte,  um  ihn  in  den  Mund  der 
Kinder  zu  legen.  Während  er  so  in  Trübsinn  und  Ratlosigkeit  ging  und 
über  das  Schicksal  klagte,  das  so  hart  war,  dass  er  seine  Kinder  ver- 
hungern lassen  müsse  und  selbst  verhungern  solle,  begegnete  er  einem 
Huldermann,  der  ihn  fragt,  warum  er  in  so  schlechter  Stimmung  scheine 
und  was  ihm  zur  Sorge  gereiche.  Der  Yagmann  sagt  ihm  nun,  wie  schlecht 
es  mit  ihm  steht.  Der  Hulder  antwortet  ihm,  dass  es  eine  Sünde  sei, 
dass    er   solche   Not    leiden    solle,    denn   der  Fisch   wür(h^  nicht  ausgelien. 


Faßröische  Märchen  und  Sagen.  11 

wenn  sie  ihn  nnr  7Ai  finden  vermöchten,  und  darum  wolle  er  ihm  nun 
sag-en,  wie  man  die  Fischbank  finden  solle:  „Fluss  im  Thal  —  Hügel  auf 
Hardavöll.  Bächlein  auf  der  Zunge  (Vorgebirge)  —  hier  sollst  du  Fische 
fangen  —  Eisen  gekaut  und  getreten  —  wer  dort  nichts  fängt,  ist  tod- 
geweiht." Aber  als  der  Hulder  das  gesagt  hatte,  verschwand  er  plötzlich, 
ohne  diese  dunklen  Worte  und  unbekannten  Namen  zu  deuten.  Docli 
prägte  sich  der  Mann  gut  ein,  was  gesagt  worden  war,  und  begann  dar- 
über zu  grübeln,  und  endlich  glaubte  er  einigermassen  erraten  zu  haben, 
wo  die  Fischbank  liegen  könne;  alte  Leute  im  Dorf  kannten  die  Namen 
und  wnssten  ihm  zu  sagen,  wo  diese  Zeichen  zu  finden  seien.  Aber  nun 
galt  es,  noch  zu  erfahren,  warum  der  Hulder  „Eisen  gekaut  und  getreten" 
gesagt  hatte.  Schliesslich  fiel  ihm  ein,  dass  gekautes  Eisen  das  Mund- 
stück an  einem  Zaum  sein  könnte,  und  getretenes  Eisen  könnte  ein  Huf- 
eisen sein;  das  nahm  er  und  machte  sich  Angeln  daraus.  Als  er  nun  mit 
diesem  Werke  fertig  war,  bemannten  sie  ein  Boot  zur  Ausfahrt  und  fanden 
die  Fischbank  so,  wie  der  Yägmann  die  Worte  des  Hulders  gedeutet  hatte. 
Er  gab  allen  Bootmännern  die  Angeln,  die  er  selbst  aus  Mundstücken  und 
Hufeisen  geschmiedet  hatte,  und  dann  warfen  sie  aus.  Sie  waren  auf  die 
rechte  Bank  gekommen,  und  sie  hatten  nicht  länger  als  eine  kleine  AYeile 
gesessen,  so  war  das  Boot  bis  zum  Versinken  voll  von  Fischen.  Sie 
ruderten  nun  fröhlich  von  der  Fischbank  heim,  die  noch  heutzutage  Dulurin 
[die  Verhüllte]  nacli  dem  Hulder  [Verhüllten]  heisst;  dorthin  fahren  die 
Leute  noch  immer.  Auf  der  Heimfahrt  ruderten  die  Vagmänner  an  einem 
Boote  vorbei,  das  sie  nicht  kannten,  und  das  war  ein  Hulderboot;  der 
Vormaini  erhob  sich  vom  Sitze  und  sagte  zum  Vägmann:  „Ein  Glückskind 
bist  du,  gut  war  es  gedeutet,  und  gut  war  die  Fischbank  getroifen."  Das 
Boot  verschwand  da  aus  ihrem  Gesicht  und  wurde  nicht  mehr  gesehen.  Aber 
die  Fisclier  aus  Vägar  waren  froh,  etwas  zu  haben,  es  den  Weibern  und 
Kindern  diesen  Abend  und  später  zu  geben. 

XHL    Der  Gäsad aismann   im   Hulderboot. 

Ln  Gasadal  in  Vägar  ist  kein  flacher  Strand;  hier  ist  eine  steile  Wand, 
fünfzehn  Faden  hoch,  gegen  die  See;  das  Gäsadalsdorf  liegt  daher  schlecht 
zur  Ausfahrt,  ein  Boot  kann  im  Winter  wegen  der  Brandung  niclit  unter 
der  Wand  liegen,  sie  können  deshalb  kein  grosses  Boot  liegen  haben,  weil 
der  Landungsplatz  an  der  Wand  schwierig  und  sclüecht  ist,  und  die 
Gäsadalsleute  haben  daher  ein  Ausfahrtboot  zur  Meerfahrt  in  Gemeinsam- 
keit mit  denen  in  Bö  gehabt  und  sind   gewöhnt,    mit   diesen  auszurudern. 

Ein  Mami  aus  Gasadal  machte  sich  eines  Nachts  bei  gutem  Wetter 
vom  Hause  auf,  um  ostwärts  nach  Akranes  zu  gehen,  wo  die  Bömänner 
ans  Land  legen  und  ihn  in  das  Boot  aufnehmen  sollten.  Als  er  nach 
Osten  über  die  Skardsä  kam,  sah  er  ein  Boot  nach  Akranes  zurudern;  er 
wollte   nicht,    dass   sie  lange  auf  ihn  warten   sollten,    und   begann  deshalb 


1 2  Jiriczpk : 

hastig  zu  iliuon  hin  ab  zulaufen.  Er  sah  nun,  dass  sieben  Männer  im  Boote 
waren  und  dass  für  ihn  ein  Sitz  auf  einer  Bank  frei  war;  doch  erkannte 
er  die  Männer  nicht,  weil  die  Dunkelheit  sich  eben  erst  zu  heben  be- 
gonnen hatte.  Der  Gräsadalsmann  hatte  keinen  Verdacht  gegen  jemand, 
sondern  meinte,  dass  alles  so  war,  wie  es  sein  sollte;  er  sprang  rasch  in 
das  Boot,  und  sie  stiessen  sofort  vom  Lande  ab.  Der  Mann  setzte  sich 
auf  die  Bank,  wo  er  gewohnt  war  zu  sitzen  und  legte  das  Ruder  aus;  aber 
als  er  sich  nun  bedenkt,  kennt  er  keinen  Mann  im  Boote  und  argwöhnt 
da,  dass  das  Huldern  sind,  unter  die  er  gekommen;  doch  stellt  er  sich 
furchtlos  und  rudert  tüchtig  wie  sie.  Sie  fahren  nordwärts  um  die  Insel, 
liinans  nach  Ravnamüli,  einer  Fischbank,  auf  welche  die  A^ägmänner  im 
Westen  hinauszurudern  pflegen.  Die  Huldern  befestigten  den  Köder  und 
warfen  aus,  aber  der  Gasadalsmann  sass  still  und  schwieg,  denn  die  Schnur 
hatte  er  mit  sich  aus  Gasadal  genommen,  die  Angeln  aber  hingen  in 
Bö  und  er  hatte  keinen  Köder.  Der  Yormaun  im  Boot  fragt  ihn  nun, 
warum  er  nicht  auswerfe;  er  antwortet:  „Kein  Haken  ist  da  und  kein 
Bissen  ist  da."  Der  Huldermann  gab  ihm  gleich  Angel  wie  Köder,  und 
die  Angeln  waren  kaum  am  Grunde  angekommen,  als  er  es  zucken  fühlte 
und  einen  grossen  Fisch  lierauszog;  als  er  damit  fertig  war,  ihn  aufzu- 
schneiden, und  ihn  ins  Boot  niederlegte,  nahm  ihn  der  Vormann  und 
zeichnete  ihn,  und  so  wurde  jeder  Fisch,  den  er  aufzog,  gezeichnet.  Als 
sie  nun  gute  Fische  in  das  Boot  bekommen  hatten,  ruderten  sie  wieder 
nachhause  und  legten  bei  Akranes  an  derselben  Stelle  an,  wo  sie  den 
Gasadalsmann  aufgenommen  hatten.  Weil  er  den  Tag  in  Eigenfischfang 
gesessen  hatte,  warfen  sie  jeden  Fisch  an  das  Land,  den  sie  gezeichnet 
hatten.  Als  er  an  das  Land  gekommen  war  und  seinen  Fang  aus  dem  Hulder- 
boote  mitgenommen  hatte,  merkte  er  erst,  dass  er  sein  Messer  im  Boote  ver- 
gessen hatte;  er  rief  ihnen  da  zu:  „Das  Scharfe  am  Schenkel  ist  zurück- 
geblieben." Der  Huldermann  nahm  das  Messer  und  warf  es  nach  ihm, 
aber  er  traf  ihn  nicht;  er  rief  da:  „Sei  verflucht,  ein  Glückskind  bist  du." 
Sie  stiessen  nun  wieder  vom  Lande  ab,  aber  der  Huldermann  sagte  nun: 
„Ein  Hund  warst  du,  dass  du  mir  nicht  Dank  für  das  Boot  sagtest."  — 
Es  ist  nicht  gut,  wenn  das  Huldervolk  zu  Wasser  oder  zu  Land  nahe  ist 
(und  wer  weiss  das?),  Messer,  Schwert,  Axt,  Köder,  Rauch  u.  s.  w. 
mit  dem  rechten  Namen  zu  nennen,  ausser  mit  anderen  Worten  wie  „das 
Scharfe",  „Bissen",  „Hausschatten"  und  dergl.  Auch  ist  es  nicht  gut,  dem 
Huldervolk  zu  danken,  wenn  sie  einem  etwas  gutes  thun,  denn  dann  be- 
kommen sie  Gewalt,  dem  Menschen  Schaden  zu  thun. 

Erzählungen,  welche  dieser  gleichen,  die  nun  berichtet  worden  ist, 
gehen  über  einen  Mann  in  Strondur  und  einen  anderen  in  Eid  auf  Eysturoy, 
welche  beide  mit  einem  Hulderboote  ausfuhren,  und  es  wird  erzählt,  dass 
der  letztere  mit  ihm  <len  ganzen  Winter  ausruderte. 


Faeröische  Märchen  und  Sagen  13 

XIV.    Das  Hiilderweib   in   Kiiulsiiöteii. 

„Nördlich  im  Hügel",  bei  dem  Dorfe  „zu  Eid"  auf  Eysturoy,  wohnt 
Huldervolk,  wie  weit  umher  an  anderen  Stellen.  Einmal  sass  die  Heb- 
amme zu  Eid,  Elseba,  vor  dem  Hause  auf  dem  Steinzaune  und  rührte 
Milch.  i\.ls  sie  im  besten  Sitz  ist  und  den  Quirl  am  hurtigsten  rennen 
lässt,  damit  die  Milcli  dick  werde  und  im  Kübel  tüchtig  aufschäuuie, 
kommt  ein  Hund  zu  ihr,  ist  zudringlich  und  will  von  der  Milch 
schlecken.  Sie  kennt  den  Hund  nicht  und  will  ihn  von  sich  treiben, 
aber  er  ist  widerspenstig  und  will  vor  ihren  Drohungen  nicht  weichen;  — 
sie  will  daher  den  Platz  verlassen  und  mit  der  Milch  ins  Haus  gehen. 
Der  Hund  verfolgt  sie,  und  da  sie  zur  Thür  kommt,  steht  hier  ein  Hulder- 
mann vor  ihr  und  bittet  sie,  mit  ihm  zu  kommen  und  seiner  Frau  zu 
helfen,  die  sich  niedergelegt  hatte  und  in  Kindsnöten  lag.  Sie  folgte  ihm 
nun  nördlich  hi  den  Hügel  und  war  dort  die  ganze  Nacht;  der  Hulder- 
mann verband  ihr  die  Augen,  als  er  sie  nördlich  in  den  Hügel  führte. 
Als  sie  am  Morgen  zurückkam,  begann  das  Volk  sich  zu  erkundigen, 
wo  sie  über  die  Nacht  gewesen  und  was  sie  gemacht  habe,  aber  sie  ant- 
wortete nichts  anderes  als:  „Schön  war  das  kleine  Kind  mit  dem  grossen 
Kopf,  das  heute  Nacht  geboren  wurde."  Der  Huldermann  versprach  Elseba 
Glück  bis  in  das  zehnte  Glied,  weil  sie  der  Hulderfrau  aus  der  Not  geholfen 
hatte;  Hanis  in  ßürstova  zu  Eid  ist  der  sechste  Mann  nach  ihr.  —  Einmal 
nach  dieser  Begebenheit  waren  die  Eidsmänner  im  Gebirge,  um  Widder  zum 
Schlachten  zu  fangen,  und  der  Mann  der  Elseba  war  einer  der  Treiber; 
während  die  Männer  die  Schafe  jeder  an  seiner  Stelle  sammeln.  entschlüi)ft 
ihm  ein  Schaf  aus  der  Hürde  und  er  rennt  ihm  nach.  Nun  begegnet  er 
einem  Huldermann,  der  im  Zorn  zu  ihm  sagt,  hätte  er  nicht  an  der  Seite 
Elsebens  gelegen,  so  sollte  es  ihm  übel  gehen  <lafür,  dass  er  über  ihr 
Dach  gegangen  sei. 

XV.    Auf  dem   Kreuzweg   sitzen. 

Willst  du  reich  werden,  so  sollst  du  in  der  alten  dreizehnten  Nacht 
hinausgehen  und  auf  dem  Kreuzweg  sitzen,  wo  vier  Wege  kreuzweis  gehen 
und  einer  von  ihnen  soll  zur  Kirche  führen.  Du  sollst  ein  graues  Kalbs- 
fell und  eine  scharfe  Axt  mitnehmen,  das  Fell  unter  dich  auf  den  Weg 
breiten,  so  dass  der  Schwanz  am  Fell  gegen  den  Kirchenweg  gewendet  ist, 
aber  dein  Gesicht  soll  von  diesem  abgewendet  sein.  Du  sollst  dich  da 
hinsetzfui  und  die  Axt  scideifen,  und  was  auch  zu  dir  gesprochen  wird, 
du  sollst  nichts  anderes  erwidern  als:  „Ich  schleife,  ich  schleife''.  Wie 
schlimm  es  auch  zu  beiden  Seiten  von  dir  zugeht,  du  sollst  nicht  aufsehen, 
sondern  fest  auf  die  Axt  hinabschauen,  denn  sonst  geht  es  dir  schlecht 
und  die  Trolle  fassen  dich.  Wenn  es  gegen  Mitternacht  geht,  kommen 
die  Trolle  lärmend  aus  allen  Windrichtungen,  Gold  und  kostbare  Kleinodien 


]^^  Jiriczek: 

schleppend,  welche  sie  um  dich  in  grossen  Haufen  schichten,  und  sie 
zeigen  dir  all  dies  Gut,  um  zu  versuchen,  dich  aufschauen  zu  machen. 
Dann  beginnen  sie  zu  dir  zu  reden,  Grimassen  zu  schneiden  und  alles 
mögliche  anzustellen.  Aber  haben  die  Unholde  weder  vermocht,  dich 
zu  verlocken,  die  Augen  auf  das  Gfold  zu  wenden,  das  sie  neben  dich  ge- 
legt haben,  noch  dich  so  bange  gemacht,  dass  du  sie  aus  Angst  vor 
ihnen  anschaust,  noch  dich  zu  einer  Antwort  vermocht,  so  fassen  sie 
den  Schwanz  am  Kalbsfell,  um  es  wegzuziehen;  da  gilt  es  nun  Glück  zu 
haben  und  mit  der  Axt  den  Schwanz  ganz  am  Ende  abzuschlagen,  ohne 
dass  eine  Scharte  in  die  Axt  kommt.  Gelingt  dir  das,  so  bist  du  ein 
Glückskind;  denn  dann  verschwinden  die  Trolle  ihres  Weges  und  du  ge- 
winnst da  alle  Kleinodien  und  alles  Gold,  das  neben  dich  gelegt  worden  ist; 
ülückt  es  dir  aber  nicht,  so  bekommen  die  Trolle  Gewalt  über  dich,  und 
du  kehrst  nicht  heil  von  dieser  Fahrt  zurück. 

XYL    Der  Siegstein. 

Es  ist  gut,  den  Siegstein  zu  besitzen  und  ihn  an  sich  zu  tragen,  denn 
der  Mann,  der  ihn  hat,  gewinnt  immer  den  Sieg,  wo  er  auch  im  Kampfe 
steht,  ihm  geschieht  kein  Schaden,  wo  er  auch  fährt,  weder  von  Menschen 
noch  Trollen,  sondern  das  Glück  folgt  ihm,  alles  geht  nach  seinem  Wunsche 
und  alle  sind  ihm  wohlgeneigt.  Darum  ist  es  nicht  zu  verwundern,  dass 
die  Ijeute  gern  einen  solchen  Stein  wollen,  der  so  viel  Gutes  mit  sich 
bringt,  aber  kein  Mensch  weiss,  wo  dieser  kostbare  Stein  zu  finden 
ist;  aber  der  Rabe  weiss  es,  und  nun  soll  gesagt  werden,  wie  du  es 
machen  sollst,  dass  der  Habe  nach  dem  Siegstein  fliegt  und  ihn  von 
sich  gibt. 

So  geht  die  Erzählung  der  Leute,  dass  der  Rabe  im  Februar  sich 
begattet,  im  März  Eier  legt  und  im  April  brütet.  Wenn  nun  der  Rabe 
Eier  gelegt  hat,  soll  man  hinauf  auf  die  Klippe  oder  in  die  Schlucht 
steigen,  wo  der  Rabe  das  Nest  hat;  dort  muss  man  versteckt  sitzen,  den 
Raben  nichts  von  sich  merken  lassen  und  ruhig  warten,  bis  der  Rabe  vom 
Nest  fliegt.  Da  muss  man  rasch  sein,  zum  Nest  zu  schlüpfen,  die  Eier 
zu  nehmen,  sie  hart  zu  kochen  und  wieder  ins  Nest  zu  legen,  ehe  der 
Rabe  wieder  heimkommt,  so  dass  er  nichts  schlimmes  vermutet;  der  muss 
rasch  sein,  der  das  ausführen  soll.  Der  Rabe  kommt  da  wieder  zurück 
ins  Nest  und  legt  sich  auf  die  Eier;  aber  wenn  er  nun  die  ganze  Brüte- 
zeit gelegen,  beginnt  er  ungeduldig  zu  werden,  denn  er  sieht,  dass  noch 
keines  aufgepickt  ist,  und  es  wird  ihm  langweilig,  länger  zu  sitzen.  Da 
beschliesst  er,  nach  dem  Siegstein  zu  fliegen  und  sich  ihn  zu  suchen,  um 
ihn  in  das  Nest  zu  den  Eiern  zu  legen,  um  sie  ausgebrütet  zu  bekommen; 
aber  der  Mann  muss  dort  stehen  und  entweder  den  Raben  erschiessen  und 
ihm  den  Stein  aus  dem  Sclmabel  nehmen,  odei-  ihn  den  Stein  zu  den 
Eiern    legen    lassen    und    dann    plötzlich    über    ihn  kommen,    ehe  er   die 


Freröische  Märchon  und  Sagen  15 

gekochten  Eier  ausgebrütet  hat;  denn  dann  fliegt  er  mit  dem  Stein  wieder 
dorthin  zurück,  wo  er  ihn  geholt  hat. 

XVII.    Der  Riese  und  die  Alte. 

Nördlich  von  dem  Dorfe  „zu  Eid'^  zu  äusserst  in  dem  8und  zwischen 
Eysturoy  und  Ötreymoy,  stehen  vor  dem  Lande  zwei  grosse  Klippen,  welche 
der  Riese  und  die  Alte  genannt  werden,  er  weiter  draussen  und  sie  näher 
dem  Lande,  und  durch  den  Sund  zwischen  ihnen  kann  man  rudern,  wenn 
es  ruhig  ist.  Über  diese  Klippen  gelit  die  Sage,  dass  Island  einmal  die 
Föroyer  zu  sich  nach  Norden  zu  schaffen  gedachte  und  deshalb  einen 
grossen  Riesen  und  sein  Weib  sandte,  um  sie  nordwärts  zu  tragen.  Sie 
kamen  beide  zu  dem  äussersten  Berge,  welcher  Eidskoll  heisst  und  am 
weitesten  gegen  Nordwesten  liegt.  Der  Riese  blieb  draussen  in  der  See 
stehen,  während  die  Alte  auf  den  Berg  ging,  um  das  Tragband  um  die 
Last  zu  befestigen,  die  er  tragen  und  die  sie  auf  ihn  schieben  sollte.  Der 
erste  Griff,  den  sie  machte,  war  so  fest,  dass  der  „äussere  Hügel"  ab- 
sprang; sie  versuchte  daher  das  Tragband  an  einer  anderen  Stelle  des 
Hügels  zu  befestigen,  aber  es  wollte  ihnen  nicht  recht  gehen;  —  der 
Grundboden  war  fest  und  die  Inseln  nicht  leicht  fortzurücken.  So  w^ird 
erzählt,  dass  die  Alte  noch  auf  dem  Hügel  stand,  als  sich  die  Finsternis 
zu  heben  begann;  —  sie  fürchteten  sich  vor  dem  Tage  und  sie  eilte 
schleunigst  zu  dem  Riesen  hinab,  welcher  im  Meer  stand  und  auf  sie 
wartete;  aber  allzulange  hatten  sie  verweilt,  denn  in  demselben  Augenblick, 
als  sie  sich  unter  dem  Hügel  trafen  und  ihres  Weges  nordwärts  nach 
Island  zurückwaten  sollten,  der  Riese  voran  und  die  Alte  hinter  ihm,  da 
erhob  sich  die  Sonne  aus  dem  Meere  und  sie  wurden  darum  beide  zu 
Stein,  und  stehen  nun  und  schauen  gegen  Island,  aber  kommen  nicht 
vom  Fleck. 

Andere  sagen,  dass  sie  gesandt  waren,  um  Korn  von  den  Föroyern  zu 
holen,  weil  daheim  in  Island  Kornmangel  herrschte.  Das  sieht  man,  dass 
die  Alte  eine  Art  Bündel  oder  Sack  am  Rücken  hat. 

XVIII.    Das   Seehundweibchen. 

Die  Seehunde  sind  zuerst  von  Menschen  gekommen,  welche  sich  selbst 
hinabgestürzt  und  in  der  See  ertränkt  haben.  Einmai  in  jedem  Jahre,  und 
(his  ist  in  der  dreizelmten  Naclit^),  ist  es  ilmen  gegönnt,  aus  dem  Balg  zn 
schlüpfen,  und  da  sind  sie  anderen  Menschen  gleicli:  sie  vergnügen  sich 
da  mit  Tanz  und  Spiel  nach  der  Weise  der  Menschen  auf  dem  Steingrund 
am  Strande  imd  in  den  Klippenhöhlen. 

Nun  geht  die  Sage,  dass  ein  Bursclie  auf  dem  südlichen  Hofe  in 
Mikladal  das  gehört  liatte,  dass  die  Seidiuiidc  in  der  dreizehnten  Nacht  in 


1)   Epiphaniasuacht. 


1 6  Jiritzek : 

einer  Höhle  unweit  des  Hofes  zusammenkämen.  Er  ging  daher  am  Abend 
hinab,  um  sich  zu  überzeugen,  ob  das  wahr  sei  oder  nicht,  was  von  ihnen 
erzählt  wurde.  Er  versteckte  sich  unter  einem  Steine  vor  der  Höhle;  nach 
Sonnenuntergang  sah  er  ehie  Menge  von  Seehunden  herbeischwimmen;  als 
sie  ans  Land  gekommen  waren,  fuhren  sie  aus  den  Häuten  und  legten  sie 
auf  den  Steingrund  am  Strande  ab  und  nun  glichen  sie  richtig  anderen 
Menschen.  Der  ^likladalsbursche  fand  sein  Vergnügen  daran,  sie  unter 
dem  Steine,  wo  er  verborgen  lag,  zu  beobachten.  Nun  sah  er  ein 
wunderschönes  Mädchen  aus  einem  Seehundsbalg  schlüpfen,  und  ihn  fasste 
gleich  Verlangen  nach  ihr,  und  er  achtete  deshalb  genau  darauf,  wohin  sie 
ihr  Fell  unweit  von  ihm  gelegt  hatte.  Der  Bursche  schlich  nun  heimlich  hin, 
nahm  die  Haut  zu  sich  und  verbarg  sich  dann  wieder  unter  dem  Steine. 
—  Die  Seehunde  tanzten  und  vergnügten  sich  die  ganze  Nacht;  aber  als 
der  Tag  zu  grauen  begann,  fuhr  jeder  wieder  in  seinen  Balg.  Aber  das 
Mädchen,  das  vorher  genannt  worden  ist,  fand  ihre  Haut  nicht  wieder  und 
ging,  suchte  nach  ihr  und  begann  zu  klagen  und  sich  jämmerlich  zu 
härmen,  denn  da  war  die  Nacht  vergangen  und  die  Stunde  des  Sonnen- 
aufgangs gekommen.  Aber  ehe  sich  die  Sonne  aus  dem  Meere  erhob, 
bekam  sie  Witterung  von  der  Haut  beim  Mikladalsb urschen  und  musste 
ihr  deshalb  zu  ihm  nachgehen;  sie  bat  ihn  nun  so  flehentlich  und  mit 
guten  Worten,  ihr  die  Haut  zurückzugeben,  aber  er  wollte  nicht  auf  sie 
hören  und  ging  die  Schlucht  aufwärts  nachhause,  und  sie  musste  ihm  der 
Haut  nach,  die  er  mit  sich  trug,  folgen.  Er  nahm  sie  nun  zu  sich  und 
sie  lebten  gut  miteinander -wie  andere  Ehegatten.  Aber  er  musste  immer 
auf  der  Hut  sein,  sie  nicht  zur  Haut  kommen  zu  lassen;  er  verbarg  sie 
daher  in  der  Kiste,  versperrte  diese  gut  und  trug  den  Schlüssel  am  Leib. 
Eines  Tages  war  er  ausgerudert,  und  wie  er  da  draussen  auf  dem  Meere  sass 
und  einen  Fisch  aufzog,  kam  seine  Hand  zufällig  an  den  Gürtel,  wo  der 
Schlüssel  gewöhnlich  hing;  da  fuhr  es  durch  ihn,  denn  er  wurde  erst  jetzt 
gewahr,  dass  der  Schlüssel  vergessen  war,  und  er  rief  in  Sorge  und 
Schmerz:  „Heute  werde  ich  verwitwet!"  Alle  zogen  ein  und  setzten  sieh 
an  die  Ruder,  um  schleunigst  heimzurudern.  Als  der  Mikladalsmann  nach- 
hause kam,  sah  er,  dass  das  AVeib  verschwunden  war,  aber  die  Kinder, 
die  sie  zusammen  hatten,  sassen  ruhig  daheim.  Damit  ihnen  nichts  zum 
Schaden  gereichen  sollte,  während  sie  allein  drinnen  sassen,  hatte  sie  das 
Feuer  auf  dem  Herde  verlöscht,  Messer  und  alles  Scharfe  unter  Schloss 
und  Riegel  gebracht.  Als  sie  das  getlian  hatte,  war  sie  zum  Strande 
hinabgesprungen,  in  die  Haut  gefahren  und  hatte  sich  in  die  See  ge- 
stürzt. Sie  hatte  (h>n  Schlüssel  gefunden,  als  der  Mann  ausgerudert 
war,  schloss  die  Kiste  auf  und  sah  hier  die  Haut  liegen  und  konnte  sich 
niclit  länger  beherrschen.  Davon  ist  das  Spricliwort  gekommen:  „Er  kann 
sich  nicht  mehr  beherrschen  als  der  Seehund,  wenn  er  die  Haut  sieht." 
Gerade  als  sie  in  die  See  sprang,  kam  das  Männehen,  welches  früher  mit 


Fseröische  Märchen  und  Sagen.  17 

ihr  iu  liiebe  zusammen  gelebt  hatte,  an  ihrer  Seite  auf,  und  nun  schwammen 
sie  beide  von  dannen;  —  alle  diese  Jahre  hatte  es  hier  gelegen  und  auf 
sein  Weibchen  gewartet.  Als  die  Kinder,  die  sie  mit  dem  Mikladalsmann 
hatte,  zum  Strand  hinab  kamen,  sah  man  einen  Seehund  vor  dem  Lande 
liegen  und  auf  sie  schauen,  und  alle  dachten,  das  möchte  ihre  Mutter  sein. 
So  vergingen  viele  Jahre  danach,  ohne  dass  etwas  vom  Bauer  auf  dem 
südlichen  Hofe  oder  den  Kindern  des  Seehundweibchens  zu  sagen  ist. 
Aber  so  geschah  es  einmal,  dass  die  Mikladalsmänner  auf  den  Paarungs- 
platz hinaus  wollten,  um  Seehunde  zu  schlagen,  und  die  Nacht  vorher  kam 
das  Seehundweibchen  im  Traume  zum  Bauern  und  sagte  ihm,  wenn  es  so 
geschähe,  dass  er  mit  jenen  auf  den  Paarungsplatz  ginge,  so  solle  er 
wissen,  dass  sie  das  Männchen,  welches  vorn  vor  der  Höhle  liege,  nicht 
erschlagen  dürften,  weil  das  ihr  Gatte  sei,  und  die  zwei  Jungen,  welche 
im  innersten  der  Grotte  lägen,  müssten  sie  schonen,  weil  das  ihre  Söhne 
seien,  und  sie  gab  ihm  an,  wie  sie  gefärbt  waren.  Aber  der  Bauer 
schenkte  dem  Traume  keine  Beachtung;  er  ging  mit  den  Mikladalsraännern 
auf  den  Paarungsplatz,  und  sie  erschlugen  alle  Seehunde,  welche  dort 
waren.  Bei  der  Verteilung  erhielt  der  Bauer  das  ganze  Männchen  und  die 
Vorder-  und  Hinterbeine  der  Jungen.  Zum  Nachtmahl  hatten  sie  das 
Haupt,  die  Vorder-  und  Hinterbeine  gekocht,  und  als  es  vorgesetzt  wurde, 
hörte  man  ein  Krachen  und  grosses  Getöse,  und  das  Seehundweibchen  kam 
da  als  der  hässlichste  Troll  in  die  Rauchstube,  schnupperte  in  den  Trog 
und  rief  zornig:  „Hier  liegt  der  Alte  mit  der  aufgestülpten  Nase,  die  Hand 
Häreks  und  der  Fuss  Fridriks  —  gerächt  ist  und  gerächt  soll  das  an  den 
Mikladalsmännern  werden,  und  sollen  etliche  ertrinken  und  etliche  von  den 
Wänden  und  in  die  blauen  Klüfte  stürzen,  und  soll  das  fortdauern,  bis  so 
viele  dahingegangen  sind,  dass  sie  sich  an  den  Händen  halten  und  ganz 
Kallsoy  umspannen  können."  Als  sie  das  gesagt  hatte,  ging  sie  wieder 
mit  grossem  Getöse  und  Gepolter  hinaus  und  wurde  nicht  mehr  gesehen. 
—  Es  ist  leider  nicht  so  selten  gewesen,  dass  man  Unglücksnachrichteu 
aus  Mikladal  gehört  hat,  dass  Männer  im  Gebirge  abgestürzt  sind,  wenn  sie 
auf  die  Wände  stiegen,  um  Eidervögel  zu  fangen,  oder  in  den  Bergen 
Schafen  nachgingen;  —  die  Zahl  ist  noch  nicht  voll  geworden,  so  dass  die, 
welche  abgeschieden  sind,  genügen  würden,  Kallsoy  zu  umspannen. 

Bei  Skalavik  in  Sandoy  ist  ein  Paarungsplatz,  der  „i  Bläfellssküta" 
heisst,  und  über  ihn  geht  dieselbe  Sage,  welche  hier  vorher  erzählt  worden 
ist.  Trond  und  Niklas,  Vater  und  Sohn,  waren  die  ersten  Menschen, 
welche  hier  in  der  Siedelung  „auf  der  Klippe"  (a  Hamri)  ein  Haus  er- 
richteten. Demmus  (Nikodemus),  der  Sohn  Niklas',  ging  in  der  dreizehnten 
Nacht  auf  den  Paarungsplatz,  nahm  das  Fell,  aus  welchem  ein  schönes 
Weibchen  gefahren  war,  ging  heim  mit  dem  Seehundsfell,  und  das  Weibchen 
folgte  ihm  auf  dem  Fusse  (andere  sagen,  dass  der  Vater  Demmus'  das 
Seehundweibchen  heimbrachte).     Er  versperrte  die  Haut  in  der  Kiste  und 

Zeitschrift   d.  Vereins  f.  Volkskunde     1892.  2 


jg  .Tiriozfik: 

hatte  den  Schlüssel  am  Hosengurt  befestigt.  Eines  Tages  war  er  auf  der 
Ausfahrt  und  hatte  andere  Hosen  angezogen  und  nicht  daran  gedacht, 
den  Schlüssel  an  diesen  anzubringen,  und  so  verlor  er  sein  Weib.  Als  er 
vom  Meere  heimkam,  stand  das  Weib  als  Robbe  an  dem  Klippenrand 
aussen  vor  dem  Dorfe.  Hier  in  Skala vi'k  werden  Leute  genannt,  welche 
ihr  Geschlecht  von  dem  Seehundweibchen  herleiten. 

XIX.  Öli  der  Starke  und  Tor  der  Starke. 
Früher  in  alten  Zeiten  lebte  in  Clasadal  auf  Yägar  ein  Riese,  welcher 
Tor  der  Starke  genannt  wird,  und  in  Mikines  wohnte  zu  derselben  Zeit 
ein  Mann,  der  Oli  der  Starke  genannt  wird.  Tor,  der  Thalbewohner, 
beabsichtigte  den  Mikinesbewohner  zu  töten  und  die  Insel  für  sich  zu  ge- 
winnen; er  ging  daher  aus  dem  Thal  auf  den  Liraberg  hinauf  und  sprang 
von  dort  über  den  Fjord,  hinaus  in  die  Borgarschlucht  im  Borgardal,  öst- 
lichst auf  Mikines;  die  Fussspuren  stehen  noch  nach  ihm  in  den  Felsen 
beiderseits  dort,  wo  er  gesprungen.  Der  Mikinesbewohner  hatte  seinen 
Sitz  westlich  auf  der  Insel;  Tor  hatte  deshalb  einen  langen  Weg  über 
Thäler  und  Berge  zu  gehen,  ehe  er  ihn  fand;  doch  der  Weg  wurde  ihm 
nicht  lang,  mit  seinen  langen  Beinen  stapfte  er  im  Handumdrehen  west- 
wärts über  die  Insel.  Als  er  mit  gespreizten  Beinen  die  Bergwand  herab- 
kam, sah  ihn  der  Mikinesbewohner  und  Furcht  befiel  ihn,  denn  dieser 
grosse  Riese  war  schrecklich  anzusehen.  Er  sprang  deshalb  auf  die  Füsse 
und  lief,  so  schnell  er  konnte,  westwärts  über  die  Insel  davon;  aber  als 
er  westwärts  über  die  Schlucht  gekommen  war,  war  nicht  mehr  viel 
zwischen  ihnen.  Das  Herz  begann  nii  deshalb  bis  in  den  Hals  zu 
schlagen  und  er  begann  sich  heftig  zu  fürchten  und  rief  den  Notruf: 
„Zerreisse  die  Schlucht!"  und  damals  geschah  es,  dass  Mikinesholm  sich 
von  der  Insel  loslöste  und  der  Sund  dazwischen  kam.  Das  ist  sichtbar 
an  den  Uterwänden  beiderseits,  dass  der  Holm  und  die  Insel  miteinander 
verwachsen  gewesen  sind;  wo  Höhlen  in  der  einen  Uferwand  sind,  ragen 
gerade  gegenüber  Klippen  heraus  an  der  anderen  Wand.  —  Als  der  Riese 
diesen  mehr  als  20  Faden  breiten  Schlund  vor  sich  und  den  Holm  sich 
loslösen  sieht,  ruft  er:  „Reisse,  was  reissen  will,  ich  springe  darüber."  Er 
setzte  hinüber  und  dort  draussen  auf  d(>ra  Holm  begannen  nun  beide  zu 
kämpfen,  weil  der  Mikinesbewohner  sah.  «lass  keine  andere  Möglichkeit  zu 
wählen  war,  als  dem  Riesen  Stand  zu  halten  und  Kraft  und  Stärke  zu 
erproben.  Sie  rangen  hart  und  lange  und  wühlten  die  Erde  bis  zu  ihren 
Knöcheln  auf;  —  das  heisst  „i  Trakki"  [„Stelle,  wo  gestrampelt  worden 
ist"]  und  hier  ist  kein  Gras  seither  gewachsen,  obwohl  der  ganze  Holm 
sonst  durchaus  mit  langem  Grase  vom  obersten  Berggrat  bis  zu  den  Strand- 
klippen hinab  bewachsen  war.  Endlich  drückte  der  Mikinesbewolmer  den 
Riesen  auf  «lie  Kniee  nieder,  drückte  ihm  ein  Auge  aus  und  drohte  ihn 
zu    t()t('n.     Abel-    dar  Riese  wollte   das  Leben  nicht  verlieren  und  begann 


Fseröische  Märchen  und  Sag-en.  ]9 

nun  um  Gnade  zu  bitten  und  versprach  Oli  drei  seltene  Dinge,  wenn  er 
ihm  Leben  und  Sicherheit  schenken  wollte.  Das  erste,  Avas  der  Kiese 
geben  wollte,  um  sich  vom  Tode  zu  lösen,  war  ein  grosser  Wal,  der  jähr- 
lich in  die  Hvalaschlucht  hier  auf  Mikiues  kommen  sollte;  das  zweite  war, 
dass  ein  grosser  Baum  in  einer  Schlucht  angetrieben  werden  sollte,  welche 
nicht  weit  von  jener  ist  und  Vid:arhellisschluclit  genannt  wird;  und  das 
tlritte  war  ein  Vogel,  der  sich  auf  keiner  anderen  Insel  der  Föroyer  setzen 
oder  brüten  sollte,  als  auf  Mikinesholm.  Aber  er  legte  die  Bedingung  zu 
<len  Gaben,  dass  niemand,  der  in  Zukunft  sich  hier  auf  der  Insel  nieder- 
liesse  und  von  ihnen  geniessen  wolle,  sie  tadeln  oder  verspotten  dürfe. 
Der  Mikinesbewohner  ging  auf  diese  Bedingungen  ein  und  nahm  das  An- 
erbieten Tors  an;  so  verglichen  sich  beide  und  lebten  ihr  ganzes  Leben 
zusammen.  Westlichst  auf  der  Insel,  auf  der  Bergkuppe  draussen  auf  dem 
Holm,  wurden  sie  jeder  in  seinen  Hügel  beigesetzt,  als  sie  starben;  noch 
heute  lieisst  der  eine  Hügel  Oli  der  Starke,  welcher  nördlicher  ist,  und 
hier  ist  der  Mikinesbewohner  begraben;  der  andere  heisst  Tor  der  Starke, 
Avo  der  Thalbewohner  begraben  ist. 

Der  Riese  hielt  wohl,  was  er  versprochen  hatte;  jährlich  zur  Heuzeit 
kam  der  grosse  Wal  in  die  Hvalaschlucht,  aber  jetzt  kommt  er  nicht  mehr, 
denn  die  Mikinesleute  vergassen,  dass  sie  über  ihn  nichts  böses  sagen 
durften  und  so  hielten  sie  ihren  Spott  mit  ihm,  weil  er  nicht  mehr  als 
ein  Auge  hatte  und  sie  lästerten  ihn,  weil  sie  Durchfall  bekamen,  als  sie 
sein  Fleisch  assen,  —  so  verschwand  der  Wal  und  kam  nicht  wieder.  - — 
Der  Baum  kam  im  Frühjahr,  aber  ging  bald  desselben  Weges  wie  der 
Wal;  denn  sie  lästerten  ihn,  dass  er  krumm  und  knotig  sei  und  sie  fluchten 
darüber,  weil  sie  ihn  jährlich  dazu  benutzen  mussten,  eine  Kapelle  zu  er- 
bauen; aber  die  Kapelle  wurde  jährlich  vom  Winde  umgestürzt,  wenn  das 
Treibholz  kam,  und  vom  Berge  weggeweht;  —  sie  glaubten  daher  keinen 
Nutzen  von  dieser  Gabe  zu  haben,  und  so  versehwand  sie.  Der  Vogel,  der 
das  dritte  war,  was  der  Riese  versprochen  hatte,  war  die  „Süla"^);  sie  kam 
in  grossen  Schwärmen  auf  die  Bergabsätze  auf  dem  Holm  und  auf  die 
Klippen  auf  ihm.  Aber  die  süla  will  kein  Mikinesmann  tadeln  oder  ver- 
spotten, damit  sie  sie  nicht  verlieren  sollen,  denn  sie  ist  eine  gute  Unter- 
stützung für  die,  welche  an  der  Brandung  sitzen  und  selten  zur  Ausfahrt 
auf  das  Meer  kommen.  Wenn  jemand  von  den  Hauptinseln  nach  Mikines 
herauskommt  und  die  Süla  lästert,  dass  ein  xibler  Geruch  von  ihren  Federn 
ausgehe,  oder  anderes  dergleichen,  so  verbessert  das  der  Mikinesmann,  der 
solches  hört,  und  sagt:  „Ein  guter  Vogel  ist  sie  nichtsdestoweniger,  und 
ein  hochgeborener  Vogel^  der  „trsel"  [Knecht]  zu  jedem  Menschen  sagt" 
(so  lautet  ihr  Ruf).    Aber  die  Süla  setzt  sich  auf  keiner  anderen  Insel  als 


1)  deutsch  ..Bassangans'-',  „Tölpel":    vcrgl.  die  Anmerkungen  am  Schlüsse  der  Über- 
setzung. 

9* 


20  Jiriczek : 

in  Mikineslioliii  auf  des  Land,  ausser  wenn  sie  sterben  soll,  und  doch  sieht 
man  sie  weit  umher  über  den  Fjorden  zwischen  den  Inseln  fliegen.  Die 
Süla  besucht  den  Holm  zurzeit  der  Paulsmesse  [Februar]  und  ist  dann  auf 
den  Yogelbergen  bis  zur  Martinsmesse  [November],  wo  die  Jungen  ganz 
flügge  sind;  dann  ist  sie  den  ersten  Teil  des  Winters  fort. 

XX.    Wälder  auf  den  Föroyern. 

Die  Föroyer  waren  ehemals  bewaldet;  hier  findet  man  deshalb  noch 
in  der  Erde  grosse  Wurzelstöcke  im  Torf  auf  den  Torf  beiden,  in  den 
Steinkohlen  sieht  man  dicke  Äste  und  Laubblätter;  solches  beweist,  dass 
hier  früher  Wald  gewachsen,  aber  nun  ist  alles  in  die  Erde  versunken. 
Es  wird  erzählt,  dass,  als  Olaf  der  Heilige  in  Norwegen  herrschte,  Gesandte 
von  den  Föroyern  ausfuhren,  um  ihn  zu  treffen.  Er  sagte  zu  ihnen,  dass 
ihm  die  Steuer  zu  klein  dünkte,  welche  ihm  von  den  Inseln  zuging;  des- 
halb fragte  er  sie,  was  auf  den  Föroyern  wüchse.  Die  Gesandten  sagten 
schlechtes  davon  aus,  sie  sagten,  dass  dort  nichts  sei  als  Sand  und  Steine, 
Moore  und  Heiden.  Als  der  König  dies  hörte,  rief  er  aus:  „So  werde, 
wie  davon  gesagt  ist!  wende  sich  nach  unten,  was  oben  gewesen  ist,  und 
wende  sich  aufwärts,  was  unten  gewesen  ist."  Da  sanken  die  Wälder 
nieder  in  die  Erde  und  anstelle  der  schönen  Gefilde  kamen  Moore,  Lehni- 
felder  und  Sand.  Deshalb  sind  die  Inseln  nun  so  beschaffen.  Die  Basalt- 
säulen einer  Klippe  auf  Mikines  gleichen  Bäumen;  —  das  sollen  Bäume 
sein,  die  zu  Stein  verwandelt  wurden,  als  König  Olaf  „So  werde"  zu  den 
Gesandten  sagte,  welche  ihm  sagten,  dass  keine  Wälder  auf  den  Föroyern 
wüchsen. 

XXL    Svinoy. 

Das  ist  eine  Erzählung  der  Leute,  dass  Svmoy,  wie  andere  der  Inseln, 
zuerst  eine  schwimmende  Insel  war.  Sie  tauchte  im  Norden  auf,  aber 
wurde  selten  von  Leuten  gesehen,  da  sie  meist  Nebel  mit  sich  brachte, 
und  selbst  in  Dunst  gehüllt  war.  Nun  soll  gesagt  werden,  wie  es  zuging, 
dass  sie  eine  feste  Insel  wurde.  Im  Dorfe  „zu  Yidareid"  auf  Vidoy  hatten  die 
Leute  eine  Sau,  aber  keinen  Eber,  und  doch  war  die  Sau  jährlich  trächtig 
und  hatte  Ferkel.  Alle  wunderten  sich  sehr  darüber  und  konnten  nicht 
begreifen,  wie  das  zuging.  Die  Leute  sagten  nun,  dass  sie  sie  mitunter 
im  Dorfe  vermisst  hätten,  aber  dass  sie  immer  bald  zurückgekommen 
wäre.  Eines  Tages  lief  sie  hurtig  nach  Osten  durch  das  Dorf  und  über 
die  Landenge  gegen  die  Eidsbucht.  Ein  Weib  wurde  ihrer  habhaft  und 
band  einen  Schlüsselbund  an  ihren  Schweif;  die  Sau  stürzte  sich  in  die  See 
und  schwamm  vom  Lande.  Bald  darauf  sehen  die  Leute  in  Vidareid  die  Insel 
südlich  von  der  Landeng(3  auftauchen.  Sie  bemannen  so  rasch  als  möglich 
ein  Boot  und  rudern  zur  Insel,  und  nun  konnten  sie  sie  sowohl  finden,  als 
an  ihr  landen.     Als  die  Sau  1^]isen  auf  sie  gebracht  hatte,    wurde  sie  fest, 


Faeröische  Märchen  und  Sagen.  21 

und  gleich  wurde  es  hell  im  Nebel,  der  über  ihr  gelegen,  und  dort  hat 
sie  seitdem  gelegen.  Aber  sie  nannten  sie  Svmoy,  weil  sie  voll  von 
Schweinen  war,  als  sie  auf  sie  kamen,  und  ein  Schwein  sie  am  Grunde 
befestigt  hatte,  so  dass  sie  nicht  länger  eine  schwimmende  Insel  war; 
aber  auf  ihr  war  es  gewesen,  wo  sich  die  Vidareidssau  ein  Männchen  ge- 
sucht hatte. 

XXn.    Mikines. 

Mikines  ist  nach  der  Erzählung  der  Leute  eine  schwimmende  Insel 
gewesen.  Ein  Mann  in  Sörväg  [Dorf  auf  der  Insel  Vägar],  der  immer 
ausruderte,  fürchtete  sich  sehr  vor  den  grossen  Walen  draussen  im  Meere, 
und  da  er  kein  Biebergeil  hatte,  um  sie  zu  verscheuchen,  gebrauchte  er 
dazu  Stierdreck,  den  er  in  die  See  warf,  wenn  Wale  nahe  beim  Boote 
waren.  Als  er  nun  auf  dem  Meere  draussen  ist  und  westlich  an  Yagar 
vorbeitreibt,  sieht  er  eine  grosse  Insel  aus  dem  Dunst  auftauchen;  alle 
ziehen  ein  und  rudern  schleunigst  zur  Insel.  Der  Sörvagsmann,  der  sie 
zuerst  erblickt  hatte,  warf  den  Dreck  auf  ein  Yorgebirge,  zu  dem  sie 
kamen,  und  stieg  dann  selbst  auf  das  Land;  da  wurde  die  Insel  durch  den 
Dreck  befestigt,  der  auf  den  Vorsprung  geworfen  war,  und  daher  soll  die 
Insel  den  Namen  Mykjunes  (Dreckvorgebirge)  bekommen  haben.  Andere 
nennen  sie  Mikines  von  dem  grossen  Yorgebirge  [av  ti  mikla  nesinum]  an 
der  äussersten  Ostspitze  der  Insel,  welches  Niigvunes  heisst. 

In  anderen  Erzählungen  wird  berichtet,  dass  einmal  ein  Riese  war, 
welcher  auf  den  Föroyern  wohnen  wollte,  aber  die  Inseln,  die  ihm  am 
besten  gefielen,  waren  allzu  klein,  uud  deshalb  gedachte  er,  mehrere 
zusammenzulegen.  Erst  kam  er  nach  [der  Insel]  Koltur  und  legte  sie 
dorthin,  wo  sie  nun  liegt.  Dann  fuhr  er  nach  Sküvoy,  um  sie  herbeizu- 
ziehen und  an  Koltm'  zu  befestigen.  Aber  die  Skuvoyinger  fragten  ihn, 
ob  das  voller  Ernst  sei,  dass  er  auf  der  Insel  wohnen  wolle,  welche  Kalv 
der  Kleine  gehabt  habe.  Als  der  Riese  das  hört,  dass  ein  Kalb  Sküvoy 
gehabt  habe,  wollte  er  es  nicht  haben  und  dankte  ihnen,  dass  sie  ihm 
davon  gesagt  hatten,  gab  ihnen  grosse  Gaben  dafür  und  fuhr  dann  weg. 
Nördlich  vom  Lande  fand  er  nun  eine  grosse  Insel,  die  ihm  passend  für 
ihn  dünkte,  darauf  zu  wohnen;  er  zog  sie  daher  südwärts  im  Meere,  aber 
als  er  gerade  westwärts  Yagar  gegenüber  gekommen  war,  konnte  er  sie 
nicht  weiter  bringen.  Er  lag  gegen  eine  Woche  dort  und  strengte  sich 
an,  die  Insel  südwärts  nach  Koltur  zu  schaffen,  aber  er  war  nicht  im- 
stande, sie  weiter  zu  schaä'en,  er  konnte  sie  nicht  von  der  Stelle  rühren. 
Zornig  im  Sinn,  sagte  er  da:  „Bei  meinem  Leben,  bei  meinem  Leben! 
habe  ich  die  Insel  vorher  emporgebracht,  so  kann  ich  wohl  auch  diese 
unter  die  Oberfläche  bringen;"  denn  er  gönnte  keinem  anderen  auf  der 
Insel  Mikines  zu  wohnen,  als  sich  selbst.  Noch  heute  sollen  die  Leute 
bisweilen  eine  Insel  nördlich  von  Yagar  sehen;  hohe  Gebirge  sind  auf  ihr 


22  .ririczek: 

sichtbar,  tiefe  Thäler  und  weisse  Wasserfälle;  am  häufigsten  haben  sie  die 
Sörvagsiiiänner,  oft  deutlich,  gesehen,  wenn  sie  auf  den  Grasgängen  waren, 
um  die  Schafe  zu  bewachen,  dort,  wo  man  das  ISTordmeer  überblickt. 
Darum  ist  es  nicht  zu  verwundern,  dass  die  Mikinesleute  in  Sorge  sind, 
wenn  zu  ihnen  die  Nachricht  gebracht  wird,  dass  wieder  jemand  diese 
Insel  gesehen  hat;  wer  weiss,  ob  der  Riese  nicht  noch  lebt  und  Mikines 
ins  Meer  versenken  kann,  um  jene  Insel  von  Norden  herüberzuschaffen 
und  zu  befestigen,  wo  er  sie  haben  will? 

XXIII.    Das   Eiriksriff. 

Unweit  vom  Tindholm  ist  ein  Riff,  welches  Eiriksritf  genannt  wird; 
dort  ist  bisweilen  selbst  bei  herrlichem  Wetter  und  glatter  See  Bran- 
dung; am  meisten  brandet  es  bei  trockenem  Wetter,  Hitze  oder  harter 
Kälte.  Von  diesem  Riff  haben  wir  die  Sage,  welche  hier  erzählt 
werden  soll. 

Zwei  Brüder,  Simun  und  Eirik.  besassen  alles  Land,  welches  an  dem 
Dorfe  ,,zu  Bö"  auf  Vagar  liegt;  sie  hatten  eine  Schwester,  welche  mit 
dem  Bauer  zu  Hüs  in  Midvc4g  [Dorf]  verheiratet  war.  Diese  beiden 
konnten  nicht  darüber  einig  werden,  das  Land  unter  sich  zu  teilen;  darum 
sollten  sie  zum  Lögmann  fahren,  um  ihn  zwischen  ihnen  teilen  zu  lassen. 
Eines  Tages  war  Simun  auf  der  Ausfahrt,  aber  Eirik  sass  inzwischen  zu- 
hause und  schärfte  die  Axt.  Am  Abend,  als  das  Boot  an  das  Land  legt, 
geht  Eirik  eiligst  zum  Strand  hinab  zu  ihnen  und  sagt  zu  Simun,  er  solle 
nun  schleunigst  mit  ihm  zum  Lögmann  fahren,  um  Entscheidung  über  die 
Landteilung  und  das  Erbe  zu  erhalten.  Simun  sagt,  er  sei  sowohl  hungrig 
als  durstig  und  habe  es  notwendig,  andere  Kleider  anzuziehen;  doch  Eirik 
wollte  nichts  davon  wissen,  dass  er  sich  dem  sofortigen  Gang  entziehe,  nun, 
da  es  gelte,  diese  Fahrt  zu  unternehmen.  Simun  gab  ihm  nun  nach  und 
ging  mit  ihm;  er  war  durstig  und  legte  sich  nieder,  um  aus  dem  Flusse  zu 
trinken,  der  die  Skataschlucht  zwischen  Bö  und  Sörvag  herabfliesst;  — 
Eirik  nimmt  nun  die  Axt  und  schlägt  seinem  Bruder  den  Kopf  ab.  Eirik 
geht  nun  zu  Fuss  um  den  Teich  (Sörvagsvatn)  herum  und  nach  Midväg. 
Als  er  gegen  die  Felder  in  Hüs  rennt,  sieht  ihn  die  Schwester  und  kommt 
heraus,  um  ihn  zu  fragen,  welcher  Teil  des  Landes  Simun  zugefallen  sei; 
er  antwortet,  dass  das  der  Teil  sei,  der  dem  Friedhof  am  nächsten  ist.  Er 
lief  dann  von  hier  nach  Sandaväg;  ein  Boot  stand  hier  am  Sande,  Eirik 
war  nicht  imstande,  es  zu  ziehen,  sondern  wandte  es  immer  um,  bis  er  es 
zur  See  gebraclit  hatte;  so  machte  er  das  Boot  flott.  Die  Schwester  arg- 
wöhnte sehr  aus  der  Antwort,  die  ihr  Eirik  gegeben  hatte,  dass  er  Simun 
getötet  haben  möchte,  und  bat  darum  ihren  Mann,  sich  aufzumachen,  um 
seinen  Tod  zu  rächen.  Der  Bauer  eilte  mit  der  Axt  in  der  Hand  Eirik 
nach,  aber  als  er  auf  den  Sand  herabkam,  hatte  Eirik  vom  Lande  ab- 
gestossen;  er  warf  da  die  Axt  nach  Eirik,  aber  sie  fiel  auf  den  Steven  und 


PaBrnische  Märchen  und  Sagen.  23 

beschädigte  den  Mann  nicht.  Eirik  fuhr  nun  zum  Bischof  in  Kirkjubö, 
um  den  Mord  anzuzeigen,  und  der  Bischof  versprach,  dass  ihm  der  Mord 
verziehen  sein  sollte,  wenn  er  der  Kirche  gute  Bussen  und  dem  Bischof 
jährlich  einen  fetten  Ochsen  gäbe;  das  liess  der  Bischof  alles  auf  einen 
Holzstab  einschneiden,  dass  nun  die  letzte  Busse  für  Simun  in  Bö  erloschen 
sein  sollte.  Als  Eirik  die  Bussen  bezahlt  hatte,  welche  ihm  auferleet 
waren,  fuhr  er  nach  Westen  zurück,  die  ganzen  Yägawände  vorbei;  ob- 
zwar  das  eine  gefährliche  Fahrt  war  für  einen  Mann,  hatte  er  doch  das 
Glück,  durch  die  harte  Strömung  und  die  hohen  Wogen  den  ganzen  langen 
Weg  zu  kommen.  Er  war  nun  durch  den  Dragasund  in  das  tote  Wasser 
und  die  glatte  See  innerhalb  der  Klippen  und  Tindholm  gekommen,  und 
sah  nun  das  Dorf  in  Bö  und  das  ganze  Land  vom  Gebirge  bis  zum  Strande, 
das  er  nun  allein  besass;  er  glaubte  nun  allen  Gefahren  entronnen  zu  sein, 
nahm  den  Stab  und  begann  froh  zu  lesen,  was  daraufstand;  —  nun  glaubte 
er,  brauchte  er  vor  nichts  bange  sein  zu  müssen.  Als  er  nun  in  diesen 
Gedanken  sass  und  nicht  daran  dachte,  Gott  zu  loben  und  zu  danken,  der 
ihn  über  das  Meer  geführt  hatte,  oder  ihn  zu  bitten,  ihm  den  Mord  zu 
vergeben,  da  erhob  sich  die  Woge  vom  Grunde  und  ein  Riff  kam  empor, 
wo  es  früher  nicht  gebrandet  hatte,  der  Wirbel  wälzte  das  Boot  um  und 
zog  Eirik  auf  den  Grund.  Später  trieb  die  Leiche  in  die  Skataschlucht 
und  hatte  noch  den  Stab  des  Bischofs  in  der  Hand.  Daher  heisst  dieses 
Riff  noch  heute  das  Eiriksriff. 

XXIV.    Die  Schaukelsteine. 

Li  der  Nähe  der  Siedelung  Yik  (im  [Dorfe]  Oyndarfjord)^)  stehen  un- 
weit vom  Lande  zwei  grosse  Steine  [in  der  See],  welche  immer  hin  und 
her  wackeln.  Wenn  es  Windstille  und  heitere  See  ist,  sieht  man  das, 
wenn  ein  Seil  vom  Lande  auf  den  Stein,  der  dem  Laude  zunächst  ist,  ge- 
legt wird,  dass  er  keinen  Moment  ruhig  ist.  Wie  natürlich,  wackelt  er 
stärker,  wenn  die  See  unruhig  ist.  Dieser  Block  ist  ungefähr  fünf  Faden 
hoch,  vier  lang  und  drei  breit.  Man  kann  nicht  recht  begreifen,  wie  das 
zugehen  kann,  dass  sie  so  immer  und  ewig  hin  und  her  wanken  können, 
ohne  vom  Grunde,  auf  dem  sie  stehen,  abgerieben  zu  werden.  Aber  die 
Sage  erzählt,  dass  das  ein  Zauberweib  war,  welches  bewirkte,  das  dem  so 
ist,  und  folgendermassen  trug  sich  das  zu:  Zwei  Vikingerschiffe  kamen 
nach  Eysturoy,  die  Besatzung  legte  ans  Land,  wo  Dörfer  waren,  und  raubte 
das  Vieh  und  erschlug  die  Leute.  Sie  waren  vom  Süden  gekommen  und 
in  den  Dörfern  im  östlichen  Teil  der  Lisel  gewesen,  kamen  nun  aus  dem 
[Dorfe]  Fuglafjord  und  ruderten  beständig  den  Strand  entlaug;  als  sie  nun 
aus   dem  Fjorde  heraus  gegen  die  Siedelung  in  Oyndarfjord  kamen,    kam 


1)    Die  Dörfer  (bygd)    zcrfallou   meist   in   kleinere  Gruppen   von  nioliroren  Häusern 
(bytlingur  „Siedelung"). 


24 


Kauffinann: 


die  Alte  heraus,  verzauberte  die  Schiffe,  so  dass  sie  in  jene  grossen  Steine 

verwandelt  wurden,    und  verdammte  sie  hier  zu  stehen  und  zu  schaukeln 

in  alle  Ewigkeit. 

^  -     (Schhiss  folgt,) 


Der  Matronenkultus  in  Gerinanien. 

Von  Friedrich  Kauffinann. 

Im  ersten  vorchristlichen  und  noch  mehr  im  ersten  nachchristlichen 
Jahrhundert  treten  in  steigender  Progression  die  Barbaren  der  nördlichen 
und  westlichen  Provinzen  in  den  Gresichtskreis  der  ewigen  Stadt.  Trotz 
der  Verschiedenheit  der  Abstammung  haben  sich  die  Nationen  in  er- 
staunlicher Ausdehnung  zu  friedlichem  Nebeneinander  vereinigt.  Die 
intensivsten  Kulturströme  sind  von  der  glanzvollen  Metropole  des  orbis 
Romanus  nach  allen  Richtungen  hin  ausgestrahlt  und  in  verhältnismässig 
sehr  kurzer  Zeit  sind  die  Provinzen  aus  ihrer  Passivität  herausgetreten. 
Die  materielle  und  intellektuelle  Kultur  der  römischen  Provinzialen  hat 
diese  schroff  von  den  stammverwandten  Nachbarn,  den  freien  Barbaren 
losgerissen.  Einer  der  wichtigsten  Faktoren  war  die  mit  der  Ausstrahlung 
der  Kultur elemente  verbundene  Ausbreitung  der  lateinischen  Sprache.  Sie 
hatte  zur  Folge,  dass  die  gesamte  Kulturarbeit  der  romanisierten  Provinzialen, 
die  doch  nur  zum  Teil  auf  römisches  Kapital  sich  stützte,  römischen 
Stempel  trug^).  Mit  reichen  Zinsen  hat  die  Barbarenwelt  die  Zuwendungen 
der  kaiserlichen  Regierung  gelohnt. 

Das  gesegnete  Gallien  hat,  nachdem  es  in  die  römische  Interessen- 
sphäre einbezogen  war,  eine  grossartige  V^irksamkeit  entfaltet.  Dabei  war 
die  Nationalität  der  keltischen  Bevölkerung  geschont  worden,  soweit  es 
sich  nur  irgend  mit  der  Reichseinheit  vertrugt).  Gallier  in  den  höchsten 
Ehrenstellen  sind  schon  im  ersten  christlichen  Jahrhundert  nichts  seltenes. 
Sie  haben  Provinzen  regiert  und  Legionen  befehligt.  Die  Pflege  höherer 
Bildung  auf  den  gallischen  Hochschulen  war  von  keiner  anderen  Provinz 
erreicht  und  bewahrte  noch  über  die  römische  Kaiserzeit  hinaus  ihre 
Anziehungskraft.  Der  Grossverkehr  römischer  Bürger  und  Kaufleute  in 
den    blühenden   Städten  Südfrankreichs  hat  die  gallische,    mit  glücklicher 

1)  Die  Folgen  dieser  Thatsache  erstrecken  sich  bis  auf  die  Ausübung  religiöser 
Handlungen.  Der  Römer  hat  dem  Barbaren  nicht  nur  aus  seiner  Sprache  die  Namen  für 
die  Gottheiten  gegeben  und  die  fremden  Beinamen  latinisiert,  er  hat  ihn  auch  den 
römischen  Brauch  der  Kultäusserung  gelehrt.  Die  Weihsteine,  welche  die  Inschrifteu 
tragen,  die  Bildwerke,  welche  den  Schmuck  abgeben,  sind  bis  auf  den  letzten  Meisselstich 
römisch  (Siebourg,  Westdeutsche  Zeitschrift  VII  100) 

2)  Th.  Mommsen,  Eömische  Gescliichte  V  76  ff.  0.  Hirschfeld,  Beiträge  zur 
Geschichte  der  narbouensischen  Provinz.    Westd.  Zeitsclir.  VIII  119  ff. 


Der  Matronenkultus  in  Gennanien.  25 

Empfänglichkeit  ausgestattete  Bevölkerung  schnell  und  tief  mit  Bildungs- 
stoffen durchsetzt  —  und  trotzdem  haben  nationaler  Glaube  und  nationale 
Sprache  zähen  Widerstand  geleistet. 

In  Blut  und  Eisen  sind  die  Denkmale  gezeichnet,  welche  den  welt- 
historischen Anteil  der  Germanen  am  Bestände  der  römischen  Kulturwelt 
verewigen.  Es  war  ein  Soldatengeschlecht.  Fast  überall  ist  der  Germane 
Rom  gegenüber  hemmend  oder  zerstörend  aufgetreten  (Mommsen,  Rom. 
Gesch.  Y  153  f.).  Kein  glänzendes  Bild  zeigt  uns  die  Ahnen  in  Mit- 
wirkung an  den  Künsten  des  Friedens  oder  an  den  Problemen  der  Wissen- 
schaften^). Nicht  einmal  die  „Mischkultur"  in  den  rheinischen  Provinzen 
hat  es  zu  origineller  Kraftäusserung  eigenen  Stils  gebracht.  Sofern  nicht 
das  militärische  Interesse  die  Leidenschaften  der  Germanen  erregte,  ist  in 
den  letzten  Jahrhunderten  des  römischen  Kaisertums  bei  einzelnen  gross 
angelegten  Naturen  die  höhere  Politik  und  Staatskuust  das  Ziel  des  Ehr- 
geizes. Ich  sehe  von  den  grossen  gotischen  Generalen  ab  und  weise  nur 
auf  den  edelsten  und  trefflichsten  in  der  erlesenen  Schar,  auf  Stilicho. 
Höchst  bedeutsam  tritt  in  den  staatsmännischen  Yerdiensten  dieses  Wan- 
dalen die  Rolle  zu  Tage,  die  er  im  Kampf  zwischen  Heidentum  und 
Christentum  gespielt  hat  (vgl.  Th.  Birt,  De  moribus  christianis  quautum 
Stilichonis  aetate  in  aula  imperatoria  occidentali  valuerint  disputatio. 
Marburg  1885). 

Wenn  Stilicho  es  gewesen  ist,  der  die  bürgerliche  Gleichberechtigung 
der  Heiden  und  Christen  in  sein  staatsmännisches  Programm  aufgenommen 
liat^),  drängt  sich  die  Frage  auf,  wie  überhaupt  der  Germane,  sei  es  der 
hochgestellte  oder  der  gemeine  Mann,  mit  dem  römischen  Heidentum  sich 
abgefunden  habe.  Die  Christianisierung  soll  hier  nicht  gestreift  werden. 
Bis  auf  die  Zeit  von  Stilicho  waren  Millionen  von  Germanen  aus  der 
Heimat  ihrer  Rechte,  ihrer  Sitte  und  ihres  Glaubens  in  die  Fremde  ge- 
zogen. Wenn  unsere  Vorstellung  von  den  Lebensanschauungen  der  alten 
Deutschen  irgend  begründet  ist,  so  dürfen  wir  schliessen,  dass  im  Yerband 
der  Sippe  die  religiöse  Gebundenheit  das  individuelle  Empfindungsleben 
aufs  nachhaltigste  beherrscht  hat.  Losgerissen  von  dem  heiligen  Kreis  der 
Familie,  mit  der  frommen  Scheu  vor  der  Allgewalt  seiner  Götter  im  Herzen, 
so  ist  das  junge  deutsche  Blut  unter  die  wilde  Soldateska  des  römischen 
Heeres  getreten.  Wenn  auch  in  einem  deutschen  Gemüt  die  Prachtbauten 
der  Tempelanlagen  ohne  Eindruck  geblieben  sein  mögen,  so  konnte  doch 
das  Beispiel  der  Kameraden  die  populären  Soldatengötter  ihm  zugänglich 
machen.  Wohl  haben  wir  vereinzelte  Zeugnisse,  dass  von  den  germani- 
schen Heerführern  in  römischen  Diensten  der  eine  oder  andere  seinen 
Barbaren göttern  treu  geblieben  sei.    Wie  stand  es  aber  in  diesem  Punkte 


1)  Die  Scluift  des  Censorinus,  De  die  natali,  ist  in  Mainz  a.  238  geschrieben  worden. 

2)  Vgl.  H.  Eichter,  Das  weströoiischc  Reich,  S.  663. 


26  Kauffniann: 

mit  der  grossen  Masse?  Hat  der  deutsche  Reitersmann,  vom  Gang  der 
Ereignisse  bald  da  bald  dorthin  verschlagen,  den  alten  Göttern  die  Treue 
gehalten?  Hat  der  deutsche  Sklave,  der  in  hartem  Dienst  die  Kriegs- 
gefangenschaft verbüsste,  den  Göttern  des  Olymp  geopfert?  Haben  in 
römischen  Städten  deutsche  Familien  für  ihr  Haus  die  heimatlichen  Kulte 
gepflegt,  aber  willig  der  Majestät  des  Augustus  die  schuldige  Yerehrung 
erwiesen?  Das  letztere  ist  jedenfalls  unbedingt  zu  bejahen.  War  doch 
der  Kaiserkultus  des  Civil-  und  Militärstandes  nichts  anderes  als  die  un- 
bedingt geforderte,  gehorsame  Anerkennung  der  römischen  Autorität^). 

Die  Beantwortung  der  übrigen  Fragen  ist  infolge  der  Mangelliaftigkeit 
unserer  Überlieferung  ausserordentlich  erschwert.  Um  zu  einer  Lösung 
zu  gelangen,  müssen  wir  suchen,  Schritt  für  Schritt  vorwärts  zu  kommen. 
Im  folgenden  soll  mit  der  vielverbreiteten  Verehrung  der  Mütter  eine  Probe 
gemacht  werden. 

„Die  Mütter!  Mütter!  —  's  klingt  so  wunderlich!"  Goethe  hat  sich 
selbst  Eckermann  gegenüber  geäussert:  „Ich  kann  Ihnen  nichts  verraten, 
als  dass  ich  beim  Plutarch  gefunden,  dass  im  griechischen  Altertum  von 
Müttern  als  Gottheiten  die  Rede  gewesen.  Dies  ist  alles,  was  ich  der 
Überlieferung  verdanke,  das  übrige  ist  meine  eigene  Erfindung"  (Goethe's 
Gespräche  VII  179).  Plutarch,  beziehungsweise  sein  Gewährsmann  Posi- 
donius,  der  Sicilien  genau  kannte '^),  berichtet  nämlich  im  Marcellus  (c.  20), 
in  Engyion  auf  Sicilien  habe  ein  berühmter  Tempel  gewisser  Gottheiten 
gestanden,  die  man  {.laTSQag  nenne.  Ausführlicher  giebt  uns  die  Auf- 
zeichnungen des  Posidonius  Diodor  (Bibl.  hist.  IV  c.  79.  80).  Er  versteht 
unter  den  Müttern  die  Erzieherinnen  des  Zeus  auf  Kreta.  Der  Kult  sei 
durch  die  mit  Minos  nach  Sicilien  eingewanderten  Kreter  dorthin  ver- 
pflanzt worden.  In  den  Tempel  wurden  ringsum  aus  der  dortigen  Gegend 
reiche  Weihgeschenke  gestiftet,  weil  man  die  Wohlfahrt  und  das  Ge- 
deihen von  Stadt  und  Person  von  den  Müttern  abhängig  glaubte.  Cicero  (in 
Verrem  IV  44)  hat  den  Tempel  für  ein  matris  magnae  fanum  gehalten  und 
man  wird  diese  Annahme  nicht  so  leichten  Kaufes  übergehen  dürfen.  Die 
^Ewv  i^iijrr]Q,  deren  Leib  den  mächtigsten  Gott  geboren,  hat  vorzugsweise 
für  die  Mutter  Erde  gegolten,  in  der  geheimnisvollen  Zurückgezogenheit 
des  Waldgebirges  thronend  (u'^rrjQ  oQsia.  fi'^TrjQ  ^löaia).  Sie  ist  vielfach 
der  Demeter  gleichgesetzt  worden.  Sie  wird  denn  auch  mit  Persephone 
zusammen  unter  den  sicilischen  Müttern  zu  verstehen  sein.  Demeter  bildet 
mit  Persephone  ein  in  Kult  und  Sage  unzertrennliches  Paar,  daher  sie 
gewöhnlich  xw  ^ecu  schlechthin  genannt  worden  sind.  Wenn  sie  sonst 
noch  als  cu  at(.ivai  oder  ai  nöxviai  oder  ai  öeauoivai  zuweilen  als  al 
(xsydlai  i^sai  zusammengefasst  werden  (Preller,  Griech.  Mythol.  P  618), 


1)  Vgl.  0.  Hirsclifeld,  Zur  Geschichte  des  römischen  Kaiserkidtus.  Sitzungsberichte 
der  Berliner  Akad.  1888  S.  833  ff. 

2)  Vgl.  Müllenhoff,  Deutsche  Alterturaskunde  II  128. 


I)er  Matronenkultus  in  Gprnianien.  27 

SO  ist  die  Entwickeliing  der  Terminologie  zu  den  sicilischen  fii]T£()sg  leicht 
verständlich.  Ausserhalb  Siciliens  sind  die  Mütter  im  rituellen  Sprach- 
gebrauch überhaupt  nicht  nachweisbar.  Zwei  Inschriften  auf  Schleuder- 
bleien, die  bei  Syrakiis  gefunden  worden  sind,  beziehen  sich  zweifelsohne 
auf  den  Lokalkult.  Sie  lauten:  NIKH  MUiEP^2N  und  stammen  aus  der 
Zeit  des  zweiten  Sklavenkrieges  auf  Sicilien  (103  —  98  v.  Chr.).  Dazu 
kommt  ein  bei  Palermo  gefundenes  Stück  JSIKH  MA  TEPOC  und  zeuo-t 
dafür,  dass  die  Kombination  mit  der  d^eojv  /iiijzrjQ  hohe  Wahrscheinlichkeit 
hat  (luscript.  Graec.  Siciliae  et  Italiae  ed.  G.  Kaibel  [1890]  no.  2407,  7). 
Nirgends  auf  italischem  Boden  ist  eine  Spur  dieses  sicilischen  Mütterkultes 
nachzuweisen.  AYas  Diodor  und  Plutarch  berichten,  trägt  den  Stempel 
einer  antiquarischen  Notiz,  welche  für  die  Zustände  der  Gegenwart  aktuelles 
Interesse  nicht  mehr  besass.  Folglich  ist  ganz  und  gar  ausgeschlossen,  dass 
von  Sicilien  aus  die  Verehrung  der  Mütter  in  die  römischen  Feldlager  und 
Städte  Galliens,  Spaniens,  Britanniens  und  Germaniens  verpflanzt  worden 
sein  könnte.  Eine  derartige  Ausbreitung  wäre  doch  nur  verständlich,  wenn 
Rom  und  Italien  das  Beispiel  gegeben  hätten. 

Es  handelt  sich  vielmehr  um  einen  Kultus,  der  mit  dem  sicilischen 
nur  den  Namen  gemeinsam  hat.  Schon  die  Dreizahl  der  matres  und 
matronae  auf  den  Reliefs')  der  iu  den  Provinzen  gefundenen  Denksteine 
steht  mit  der  sicilischen  Vorstellung  anscheinend  nicht  im  Einklang.  Seit 
der  planvollen  und  sorgfältigen  Untersuchung  von  M.  Ihm:  Der  Mütter- 
oder Matronenkultus  und  seine  Denkmäler.  Mit  3  Tafeln  und  19  Holz- 
schnitten (in  den  Jahrbüchern  des  Vereins  von  Altertumsfreunden  im 
Rheinlande,  Heft  LXXXIII,  Bonn  1887,  S.  1—200)  wissen  wir,  dass  der 
Mütterkultus  der  westlichen  und  nördlichen  Provinzen  ein  Stück 
keltischer  Gott  es  Verehrung  gewesen  ist.  Der  Beweis  lässt  sich  noch 
etwas  detaillierter  und  schärfer  führen,  als  dies  schon  bei  Ihm  ge- 
schehen ist. 

Die  älteste  Inschrift,  die  wir  kennen,  stammt  aus  der  Regierungszeit 
des  Caligula  (37  —  41  n.  Chr.).  Sie  ist  von  Narcissus,  dem  Freigelassenen 
des  Kaisers,  gestiftet  und  bei  Pallanza  am  Lago  Maggiore  gefunden 
worden: 

Matronis  sacrum  pro  salute  C  Caesaris  Augusti  Gennanici  Narcissus 
C.  Caesaris  (Ihm  no.  35.  CIL.  V  6641). 
Diese  Inschrift  ist  von  ganz  besonderem  Werte,  weil  sie  durch  ihr  Alter 
selbständiges  Zeugnis  liefert  für  einen  damals  in  den  niederen  Volkskreisen 
herrschenden  gallischen  Mütterkult.  Aus  dem  Jahr  103  stammt  eine  zweite 
oberitalienische  Inschrift  (gef.  zu  Montorfano  bei  Como): 


1)  Über  die  bikUiche  Darstellung  der  Mütter  verweise  icli  ein  für  allemal  auf  die 
Behandlung-  des  Gegenstandes  bei  M.  Ihm  in  der  sogleich  zu  nennenden  Abhandlung 
S.  37  ff.  —  Die  einzelnen  Inschriften  Averdo  ich  nach  der  Sammlung  Ihra's  (S.  105  ff.) 
eitleren. 


28  Kaufifmann : 

Imp.  Nerva  Traiano  V  cos.  matronis  v.  s.  l.  l.  m.  M.  Catullms  Mercator 

et  M.  Catullius  Secundus  (Ihm  no.  64). 
Um  die  Wende  des  1.  und  2.  Jahrhunderts  fallen  die  frühesten  Denk- 
steine Untergermaniens  und  erstrecken  sich  bis  gegen  die  Mitte  des  3.  Jahr- 
hunderts. Der  Zeit  nach  zunächst  stehen  die  genau  datierten  stadtrömischen 
Inschriften,  welche  von  den  Kaiserreitern  (equites  singulares)  unter  Traian, 
Hadrian  und  Antoninus  Pius  gestiftet  sind.  Die  grosse  Masse  der  mehr 
als  300  Inschriften  gehört  dem  zweiten  und  dritten  nachchristlichen  Jahr- 
hundert an.  Die  Inschriften  Britanniens  beginnen  erst  in  der  Zeit  nach 
Hadrian.  Von  den  Denksteinen  Südfrankreichs  ist  nur  ein  einzio-er  mit 
Sicherheit  datiert  (Ihm  no.  394  a.  193  —  96). 

Mit  dem  schon  sehr  zwingenden  chronologischen  Argument  vereinigt 
sich,  was  wir  über  das  Kultwesen  der  Mütter  in  Erfahrung  bringen  können. 
Unter  der  Inschrift  von  Pallanza  befindet  sich  eine  Opferdarstellung. 
Narcissus  opfert,  in  der  rechten  hält  er  eine  Opferschale  über  den  Altar; 
links  vom  Beschauer  befindet  sich  ein  Flötenspieler,  rechts  ein  Mann  mit 
Krug  und  Opferschale,  vor  diesem  ein  Opfertier;  auf  der  Rückseite  des 
Steins  drei  Frauengestalten  mit  verschlungenen  Händen  nach  rechts  in 
tanzender  Bewegung,  auf  den  Seitenflächen  je  eine  ähnliche  Gestalt:  wahr- 
scheinlich um  die  Teilnahme  der  Frauen  an  den  Opferhandlungen  darzu- 
stellen (Ihm  S.  49).  Die  stark  überwiegende  Mehrzahl  der  Weihungen 
stammt  von  Soldaten  niederen  Ranges.  In  Gallia  Cisalpina  finden  wir 
unter  den  Dedikanten  verschwindend  wenige  Soldaten,  in  Gallia  Narbo- 
nensis  überhaupt  keinen,  in  Lugudunensis  nur  eineu.  In  Rom  dagegen 
gehören  alle  Dedikanten  dem  Soldatenstande  an,  in  Britannien  weitaus  der 
grösste,  in  Germanien  ein  sehr  beträchtlicher  Teil.  Mit  der  Darstellung  auf 
dem  Pallanzastein  steht  es  in  Übereinstimmung,  dass  gerade  in  Oberitalien 
die  Zahl  der  von  Frauen  geweihten  Steine  verhältnismässig  grösser 
ist  als  in  den  anderen  Provinzen.  Dieses  gleichmässige  Interesse  der  Be- 
völkerung an  der  Mütterverehrung  fällt  dafür-  sehr  stark  ins  Gewicht,  dass 
die  gallischen  Gebiete  das  Haupt-  und  Heimatland  derselben  gewesen  sind. 
In  Rom  und  Britannien  finden  wir  unter  den  Dedikanten  keine  einzige 
Frau;  zuweilen  lösen  auch  Männer  und  Weiber  ihr  Gelübde  zugleich, 
namentlich  in  Untergermanien.  Man  wird  vorzugsweise  an  Yeteranen- 
familien  zu  denken  haben. 

Sehr  wichtig  ist  ferner  der  Unterschied  in  den  Dedikationen.  Wie 
anderen  Göttern  sind  den  Müttern  Tempel,  Kapellen,  Altäre  geweiht 
worden.  Eine  bei  Vieune  gefundene  Inschrift  (Ihm  no.  145)  lautet  in  den 
erhaltenen  Resten: 

Matris  August,  aedem  et  .  .  . 
Deutlicher  spricht  der  Lyoner  Stein  (Ihm  no.  386): 

Matris  Aug.   in  honorem  domus  Saediorum  Eutyches   lih.   aedem  cum 

ara  dat 


Der  Matronenknltus  in  Germanien.  29 

oder  der  folgende  aus  Britannieu  (Ihm  no.  369): 

Matribus  omnium  gentium  templum  olim  vetustate  conlahsum  G.  Jul. 
Cupitiamis  centuno  primipilarius  restituit. 

Auf  den  erstaunlich  zahlreichen  Steinen  Ober-  und  Unter- 
germaniens  ist  nichts  dergleichen  nachweisbar.  Was  man  an 
baulichen  Resten  für  ehemalige  Heiligtümer  der  Mütter  hat  ausgeben 
wollen  (Ihm  S.  51).  ändert  an  dieser  Thatsache  nichts.  Für  Gallien  als 
der  Heimat  der  Mütterverehrung  sprechen  nicht  bloss  die  erwähnten  That- 
sachen  eines  alteingesessenen,  allgemeinen  Gottesdienstes.  Auch  die 
Sprache  steuert  zur  Begründung  bei.  Die  vielbesprochene  Inschrift  von 
^ivie?,  {Nemmisus)  erzählt  uns  von  dem  Mütterkult  in  der  Landes- 
sprache. Ton  dem  Namen  des  Dedikauten,  den  man  gern  als  Gartabos 
lllanviahos  entziifert  hätte,  sind  heute  nur  noch  ungenügende  Spuren  vor- 
handen. AVeiter  lautet  die  Inschrift  in  griechischen  Lettern:  ....  öeöe 
liiaTQsßo  vaf.iavöLytaßo  ßQarovde.  Es  ist  längst  bekannt,  dass  in  ^.luxQEßo 
vaf.iavGixaßo  uns  die  altgallischen  Wortformeu  erhalten  sind,  vgl.  Windiscli 
in  Paul  und  Braune's  Beiträgen  IV  221;  W.  Stokes  in  Bezzenbergers 
Beiträgen  XI  125;  Brugmann,  Grundriss  11  709.  713.  In  der  Über- 
setzung wüi'de  lat.  matribus  nemausicis  entsprechen.  Das  Zeugnis  der 
Muttersprache  fällt  so  schwer  in  die  Wagschale,  dass  nunmehr  jeder  Ge- 
danke ausgeschlossen  ist,  die  Mütter  könnten  in  anderen  als  in  altgallischen 
Religionsvorstellungen  ihre  Wurzel  haben.  Trotz  der  Yerbreitung  des 
Lateinischen  hat  die  altgallische  Volkssprache  während  der  römischen 
Kaiserzeit  fortbestanden  und  uns  Kunde  von  dem  ungebrochenen  Dasein 
gallischen  Volkstums  hinterlassen^). 

Nun  lässt  sich  aber  die  Beweiskraft  von  f^iavQsßo  vafiavoixaßo  noch 
verstärken.  Auf  dem  altgallischen  -abo  beruht  wohl  die  vulgäre  Form 
lat.  matrabus,  die  gerade  im  narbonensischen  Gallien  üblich  ist. 
Aus  ihr  lässt  sich  erst  ein  zu  dem  vorauszusetzenden  uom.  sg.  matra  ge- 
bildeter dat.  pl.  matris  erklären,  der  wiederum  nur  in  Gallia  Narbo- 
nensis  und  Lugudunensis  belegt  ist.  Matnbus  in  der  Dedikations- 
formel  ist  durchweg  auf  den  stadtrömischen,  britannischen  und  spanischen 
Inschriften  üblich,  in  Oberitalien  und  Germanien  ist  die  regelmässige  Be- 
nennung matronis  (selten  matronabus^  Ihm  no.  81.  83.  86).  Der  Sprach- 
gebrauch der  verschiedenen  Provinzen  ist  also  nicht  derselbe.  Auf 
einen  Wesensunterschied  zwischen  matres  und  matronae  darf  daraus  keines- 
wegs geschlossen  werden.  Da  in  der  römischen  Mythologie  ausser  der  matrona 
Juno^  deren  Fest  (matronalia)  am  1.  März  gefeiert  wurde,  nirgends  von 
matronae  oder  matres  die  Rede   ist,    werden  die  31üttor  schon  durch  ihren 


1)  Vgl.  Budinszky,  Die  Ausbreitung  der  lateinischen  Sprache  über  Italien  und  die 
Provinzen  dps  römischen  Reichs,  S.  114  ff.;  Mommsen,  Rom.  Gesch.  V  00 ff.;  0.  Hirsch- 
feld, Wcsld.  Zeitschr.  VIII  134  f. 


30  Kanffmann: 

Namen  als  barbarische  Gottheiten  gekennzeichnet  (Siebourg,  Westd. 
Zeitschr.  VIII  102). 

Wir  erkennen  jetzt  auf  Grund  von  (.latQsßn  va/navantaßn  in  einer 
Inschrift  wie  Matris  Aug.  Eburnicis  (Ihm  no.  393)  die  genau  entsprechende 
lateinische  Fassung:  wie  dort  die  Mütter  von  Nimes,  so  sind  hier  die  von 
Yvours  (bei  Lyon)  gemeint^).  Wenn  es  irgend  möglich  ist,  einen  Weg 
zu  methodischer  Erklärung  des  Mütterkultes  zu  finden,  so  wird  derselbe 
von  diesen  beiden  Inschriften  seinen  Ausgang  zu  nehmen  haben,  die  so 
vortrefflich  im  Einklang  miteinander  stehen  und  deren  Angaben  für  uns 
so  klar  und  deutlich  sind. 

Gallische  Inschriften  weisen  uns  auch  auf  einen  Ritus,  von  dem  aus 
allein  fernere  Aufklärung  zu  erwarten  ist.  Wie  wir  nämlich  von  Müttern 
als  gallischen  Stadtgottheiten  hören ^),  so  auch  von  männlichen  Göttern, 
deren  Namen  mit  Örtlichkeiten  verknüpft  worden  sind.  Es  ist  doch  höchst 
lehrreich,  ausser  den  Müttern  von  Nemausus  auch  einen  deus  Nemausus 
(CIL.  Xn  8098.  3100)  zu  finden.  Von  dieser  Parallele  aus  erscheinen 
dea  Bibracte,  dea  Mogontia,  dea  Vinovia  (Ihm  S.  127)  als  wesensgleich  mit 
den  deabus  matrabus.  Wenn  irgend  etwas  vom  Mütterkultus  Anspruch  auf 
Thatsächlichkeit  hat,  so  ist  dies  die  Annahme,  dass  darunter  Stadt-  oder 
allgemein  Ortsgottheiten  zu  verstehen,  ihre  Beinamen  als  topische  aufzu- 
fassen sind^).  Wie  schön  trifft  es  sich,  dass  eine  oberitalienische  Inschrift 
(Ihm  no.  51)  lautet:  Matronis  et  vicanis  C.  Sexsticius  Carbasus,  in  der 
ausser  dem  Orte  auch  die  Ortsbewohner  mit  einbegriffen  sind  (vgl.  Ihm 
S.  36  f.).  Dass  der  Drang  nach  Schutz  und  Wohlfahrt  die  Weihgelübde 
an  die  Mütter  veranlasste,  wird  besonders  nahegelegt  durch  eine  in  Gallien 
gefundene  griechische  Inschrift  .  .  .  ^irixQaai  xai  öiooynQoig,  wo  die  Mütter 
mit   dem    schützenden   Brüderpaar  vereinigt  sind.     Wie   der  Römer  unter 


1)  Ebenso  beziehen  sich  Matronae  Vediantiae  (Ihm  no.  27)  auf  die  Vediantii  in 
Gallia  Cisalpina.  Die  Inschxiit  ^  Matronis  Deruonnis  (Ihm  no.  49)  ist  längst  auf  den  bei 
Mailand  gelegenen  Ort  Dervo  bezogen  worden  wie  Matribus  Treveris  (Ihm  no.  334)  auf 
Trier  u.  a. 

2)  Vgl.  0.  Hirschfeld,  Westd.  Zeitschr.  VIII  135. 

3)  Ganz  analog  den  christlichen  Stadtpatronen ,  beziehungsweise  den  dahinter 
steckenden  heidnischen  Genien  als  Beschützern  von  Städten  und  Gemeinden,  vgl.  Eoschers 
Lexikon  II  1620.  Es  sind  diese  Patrone  nichts  anderes  als  die  civitatum  genii,  von  denen 
Arnobius  (1,  28)  spricht,  die  wie  so  viele  andere  sog.  christlichen  Vorstellungen  mehr 
oder  weniger  vollständig  aus  dem  antiken  Heidentum  übernommen  worden  sind.  Ter- 
tullian  (ad  nationes  2,  8)  meinte:  rideo  deos  decuriones  cuiusque  municipii  quihus  honor 
intra  muros  suos  determinatur,  und  Symmachus  (in  der  Ausg.  der  Monum.  Germ.  10,  3): 
varios  custodes  urhihus  cultas  mens  divina  distriduit,  ut  animae  nascenti/>us  ita  popidis  fatales 
genii  dividuntur,  ebenso  Prudentius  (c.  Symm.  2,  370):  cunctis  populis  neu  moenibus  in- 
ditur  aut  fatiini  aut  genius  nostraruin  aaimaruin.  —  Die  stadtschützeude  Göttin  wird  auf  den 
Inschriften  auch  Tutela  (z  B.  von  Tarragona  in  Spanien)  genannt,  und  tutela  ist  bekannt- 
lich bei  den  römischen  Dichtem  der  unserem  „Schutzpatron"  entsprechende  Terminus, 
Über  die  dii  tutelares  orhis  christiani  vgl.  Fabricius,  Bibliographia  Antiquaria  (Hamburg 
17C0)  S.  357  ff. 


l")er  MatronpnkultHs  in  riformanipn.  31 

dem  Begriff  der  matrona  die  ehrwürdige,  die  Obhut  des  Hauses  und  der 
Familie  führende  Frau  A'erstaiiden  hat  (Siebourg,  Westd.  Zeitschr. 
VII  102),  so  ist  diese  Yorstelluug  in  den  Matronen  als  Ortsgottheiten 
lebendig  (vgl.  mat&r:  matrona  wie  fater:  patronus).  Siebourg  hat  sich  (in 
seiner  Dissertation  de  Sulevis  p.  32)  mit  gutem  Grund  denjenigen  an- 
geschlossen, die  (wie  z.B.  Th.  Mommsen,  Archäol.  Zeitung  27,  89)  glauben: 
matres  cognomentis  numina  tutelaria  eoruni  locorum  significari 
unde  illi  homines  orti  sint  („heimatlich").  Ebenso  ist  FrieMerichs 
(Matronarum  Monumenta  p.  49)  zu  dem  Schluss  gekommen,  dass  wir 
lokale  Schutzgottheiten  in  den  Müttern  zu  suchen  haben  (omnia  fere 
cognomina  barbara  quibus  in  Galliae  imprirais  et  Germaniae  titulis  latinis 
[dii]  praediti  sunt  a  pagis  montibus  fluminibus  similibus  ducere  mihi 
constat)  ^). 

Schliesslich  ist  noch  ein  letzter  Punkt  zu  Gunsten  der  gallischen  Her- 
kunft des  Mütterkultes  zu  erwähnen.  Im  Jahre  1885  wurde  in  Eom  an 
der  Via  Tasso,  wo  die  Kaserne  der  Kaiserreiter  lag,  eine  grosse  Zahl  a'ou 
Inschriften  gefunden.  Elf  derselben  nennen  die  Matres:  neunmal  unter 
anderen  Götternamen  in  der  Gruppe:  .  .  ,  Eponae  Matribus  Sulevis  .  .  ., 
einmal  Matribus  Suleis  (bei  Ihm  no.  13),  einmal  Matribus  paternis  et  maternis 
meisque  Sulevis  (Ihm  no.  14). 

Epona,  Name  der  bekannten  Pferde-  und  Maultiergöttin,  gebildet  wie 
die  gall.  Epormdus,  Eporedia^  Eporedorix  u.  a.  (Glück,  Keltische  Namen 
bei  Caesar,  S.  42;  W.  Stokes,  Bezzenb.  Beitr.  XI  135)  von  gall.  ep  (^  equus) 
ist  eine  erwiesenermassen  gallische  Gottheit  (Ihm  S.  55.  86  f.).  Dasselbe 
gilt  von  den  Suleviae  (Siebourg,  Westd.  Zeitschr.  VH  107  ff.),  deren 
Namensform  schon  Glück  a.  a.  O.  S.  142.  164  klargestellt  hat.  Die  Suleviae 
gehören  zu  der  britannischen  c?ea  *Sw^  (Siebourg,  De  Sulevis  p.  34),  unter 
deren  Schutz  die  aquae  Sulis  (das  heutige  Bath)  gestanden  haben.  Gerade 
bei  diesen  Quellen  ist  die  Inschrift  gefunden  w^orden :  Sulevis  Sulinus  scultor 
Bruceti  filius  sacrum  fecit  l.  m.  (Ihm  no.  344).  Die  dea  Sul  gehört  in  die- 
selbe Linie  mit  den  bereits  genannten  dea  Bibracte,  dea  Mogontia  etc.  und 
so  sind  denn  auch  die  Suleviae^  wie  Siebourg^)  und  Ihm  gezeigt  haben, 
mit  den  Müttern  nächstverwaudt^).  An  ihrer  keltischen  Herkunft  ist  so 
wenig  zu  zweifeln  wie  bei  der  Epona.  Wie  sollten  die  Matres,  welche 
zwischen    der   keltischen    Epona    und    den    keltischen   Suleviae    aufgeführt 

1)  Auch  E.  Hübner,  Römische  Herrschaft  in  Wosteui-opa  (Berlin  1890)  S.  145  hält 
zwar  den  Niederrhein  für  „die  eigentliche  Heimat  des  keltisch -germanischen  Mütter-  und 
Matronenkultus",  fälirt  alicr  fort:  „Jede  Landschaft,  jedes  Tlial  und  jeder  Berg  und  Stein 
hatte  seine  nach  dem  Ort  benannten  Mütter". 

'Jj  Siebourg  hätte  nur  nicJit  von  Malrcs  Suleviae  reden  sollen,  denn  wir  kennen 
nur  Snleviae;  danach  ist  auch  die  Inschrift  Matrihua  Sulevis  aus  Britannien  (Bonn.  Jahrb. 
I. XXXIX  241)  zu  beurteilen. 

3)  Auch  Henzen  (Annali  dell  Instituto  1885  p.  271)  sagt:  Matres  c  le  Suleviae 
sono  abbastanza  note  come  numi  di  provenienza  celtica. 


32  Kauffjnann: 

werden,  anders  unterzubringen  sein,  als  bei  demselben  keltischen  Volke? 
Weder  auf  den  römischen  noch  auf  den  Provinzialinschriften  hat  aucli  nur 
ein  einziger  Germane  seine  Nationalität  bekannt,  kein  germanischer  Truppen- 
teil ist  auf  den  Matronensteinen  vertreten,  wohl  aber  finden  sich:  coh.  1 
ffelvetionim,  coh.  I  Tunc/roru7)i,  coh.  I  Lingonum,  coh.  IUI  Gallorum,  milites, 
Brittones  —  lauter  Truppenteile  keltischer  Nationalität,  denen  aus  Britannien 
eine  vexillatio  Germanonim  hinzuzufügen  ist,  ein  Detachement,  über  dessen 
Zusammensetzung  wir  durch  den  unbestimmten  Namen  nicht  aufgeklärt 
werden^). 

Endlich  noch  eines.  Beda,  De  tempormn  ratione  c.  13,  berichtet  von 
den  antiqui  Anglorum  populi,  unter  denen  er  vielleicht  auch  die  keltische  Ur- 
bevölkerung Britanniens  verstanden  oder  miteinbegriffen  hat,  bei  ihnen  habe 
man  dieWeihmicht gentüi vocabulo modr anecht,  i.e.  matrum  noctem,  genannt. 
Schon  J.  Grimm,  MythoL*  S.  628  wusste  diese  Mütter  nirgends  in  deutscher 
Überlieferung  unterzubringen.  Aus  einem  brit.  modrenocht  (wie  z.  B. 
modreped  Zeuss^  S.  291)  ist  das  uns  erhaltene  ?worfr«w^cÄ^  entweder  verderbt 
oder  anglisiert.  Die  Benennung  kann  bei  den  Angelsachsen  nicht  ent- 
standen sein,  ist  vielmehr  ein  letzter  Zeuge  für  die  aus  den  Inschriften 
bekannte  keltische  Müttervorstellung. 

Nunmehr  sind  wir  vorbereitet,  uns  über  die  Stellung  der  reichsunter- 
thänigen  Germanen  zu  diesem  keltischen  Kultus  Klarheit  zu  ver- 
schaffen. Um  die  freien  Germanen  jenseits  des  Rheins  oder  jenseits  des 
Limes  kann  es  sich  hier  nicht  handeln,  da  bei  ihnen  die  Mütter  gänzlich 
unbekannt  gewesen  sind. 

Die  gewaltigen  Truppenmassen,  die  als  stehende  Grenzwacht  in  den 
beiden  Germanien  verwendet  waren,  sollten  gleichzeitig  grossen  civili- 
satorischen  Aufgaben  dienen.  Bald  erhoben  sich  in  der  Nähe  der  Feld- 
lager bürgerliche  Ansiedlungen ,  die  sich  rasch  zu  Dorf  und  Stadt  er- 
weiterten. Dieselben  waren  meist,  wie  ihre  Benennungen  verraten,  keltischen 
Ursprungs:  Argentorate,  Borbetomagus,  Noviomagus,  Mogontiacum,  Baudo- 
briga,  Antunnacum,  Bonna,  Novesium,  Gelduba  u.  s.  w.  Was  die  Be- 
völkerung der  Landstriche  betrifft,  in  denen  Höhenzüge,  Flussläufe,  An- 
siedlungen noch  bis  heute  ihre  keltischen  Namen  bewahrt  haben,  so  ist 
die  Rheinebene  zwischen  Vosagus  und  Abnoba  zur  Zeit  des  Ariovist  in 
germanischen  Besitz  gekommen.  Schon  zu  Caesars  Tagen  wohnten  hier 
dem  Main  nahe,  aber  westlich  des  Rheins,  innerhalb  der  römischen  Provinz 
Gallia,  die  Vangiones.  Die  südlichen  Nachbarn  derselben  waren  Nemetes 
und  Triboci,  beide  Völkernamen  keltischer  Herkunft.  Es  ist  von  diesen 
Stämmen  „geschichtlich  nichts  hervorzuheben,  als  dass  sie  seit  langem 
unter  den  Kelten  ansässig,    die  Schicksale  Galliens  teilten"    (Mommsen, 


1)    Vexillatio  Gerwanoruin   besagt    wahrscheinlich   nicht  iiielir  als  die  uns  andernorts 
bekannte    Vexillatio  exercilus  Germaniae  inferioris. 


Der  Matroncnkultus  in  Germanien.  33 

Rom.  Gesch.  V  134).     Beim  Aufstand  des  Jahres  70  haben  Yangionen  und 
Triboker  in  den  Reihen  der  Gallier  gestanden,  aber  sobald  es  anfing,  schief 
zu  gehen,  sich  auf  die  Seite  der  Römer  geschlagen  (Tacitus,  Hisr.  IV  70). 
Vangionen  (Worms),  Nemeter  (Speier),   Triboker  (Elsass)   waren  mit  den 
Raurikern  (Basel),  Lingonen  (Langres),  Sequanern  (Besancoii),  Helvetiern 
(Schweiz)  zum  obergermanischen  Verwaltungsbezirk  vereinigt  (Mommsen 
a.  a.  0.  S.  109).     Wie    auch  des  näheren  die  Zusammensetzung  dieser  an- 
geblichen Germanen,  der  Vangiones,  Nemetes,  Triboci  gewesen  sein  mag: 
diese  Volksgruppe   ist  in  rascliestem  Tempo  verwelscht  und, hat  ihre  ger- 
manische ISTationalität  eingebüsst.    Das  Übergewicht  des  gallischen  Elements 
wird  bekanntlich  durch  keine  Thatsache  so  schlagend  bewiesen,  als  durch 
die  Angabe   des   Tacitus,    die   sog.  agri  decumates   seien  durch  Kolonisten 
aus    Gallien    besiedelt    worden.     Germanische   Völkerschaften    liaben    hier 
überhaupt    nicht    gewohnt.     Das  Land  war  planmässig  entvölkert  worden. 
In  Untergermanien  hatte  Augustus  die  Ubier  vom  rechten  Rheinufer 
auf   das    linke  verpflanzt    in    ein  Gebiet,    das  grösstenteils  von  keltischen 
Bewohnern    besetzt    war.     Nördlich    von    ihnen    sassen    die    germanischen 
Cugerner    (d.  i.  Sugambrer?)    und  weiterliin    folgten  die  den  Römern  ver- 
bündeten   aber    steuerfreien    Bataver.      Die    keltische    Abkunft    der    sog. 
gallischen  oder  belgischen  Germanen  steht  ausser  allem  Zweifel.    Man  darf 
sich    über    die  Ausbreitung  der  linksrheinischen  Germanen  nicht  dadurch 
täuschen  lassen,    dass   die  Grenzen  des  administrativen  Bezirks  Germania 
inferior,   wie   auch   die  Benennung  der  Bewohner  als  Germani  über  einen 
weit    grösseren   Landstrich    sich    erstreckt    haben.     Alle    die   Germani    eis 
Rhenum  wie  Menapier,  Aduatuker,  Baetasier,  Tungrer,  2^ervier,  Eburonen, 
Condruser,  Paemaner,    Caerveser  u.  s.  w.   gehören  mit  den  Treverern  zu- 
sammen.    Tacitus    schildert   sie   als   umbitiosi  circa  affectationem  germanicae 
originis    (Kiepert,    Lehrbuch   der  alten   Geographie    S.  520  ff.;    Müllen- 
hoff,  Deutsclie  Altertumskunde  II  189  ff*.).     Wie  in  allen  anderen  archäo- 
logischen Fragen,    ist  es  auch  hier  unzulässig,    den   germanischen  Namen 
auf   dem    linken   Rheinufer    weitei-    als  auf  Bata^•i   und  vielleicht  Cugerni 
auszudehnen^).     Die  Ubier   hatten   seinerzeit  Caesar  gegen  die  Sueben  zu 
Hilfe  gerufen,  waren  zu  Herrenknechten  geworden,  dass  ihnen,  wie  Tacitus 
berichtet,  die  Scliamröte  ins  Gesicht  stieg,  wenn  sie  an  ihre  Abstammung 
dachten.     Die  Geschichte  thut  den  ungeratenen  Söhnen,  den  Ubiern,  kein 
Unrecht,    wenn   sie  dieselben  aus  der  Liste  der  Germanen  streicht.     Noch 
weniger     können    Volkshaufen     olme     ausgeprägtes     Nationalgefülil,     wie 


1)  Mommsen,  Rom,  Gesch.  V  153:  Eine  Durchdi-ingung  der  beiden  Nationalitäten 
hat  das  römische  Germanien  nicht  aufzuweisen  oder  sie  fällt  für  unsere  Auffassung  mit 
der  römisch -gallischen  um  so  mehr  zusammen,  als  die  längere  Zeit  in  römischem  Besitz 
gebliebenen  germanischen  Gebiete  auf  dem  linken  Kheiuufer  durchaus  mit  keltischen  Ele- 
menten durchsetzt  wan'U  und  auch  die  auf  dem  rechten,  ihrer  ursprünglichen  Be- 
völkerung   grösstenteils  beraubt,    die  Mchrzalil  der  wnm  Ansiedler  aus  (Jallieii  erlii.'ltiMi. 

Zeitsclirilt  d.  Vereins  f.  Volkskiiixle.     1892.  y 


34  Kauffmann : 

Vaugioneii,  Nemeter,  Triboker,  au  deren  geriiiauisclier  Stammvorwandtscliaft 
schon  Tacitus  zweifelte,  von  den  zugehörigen  gallischen  Stämmen  getrennt 
werden. 

Es  war  sehr  unvorsichtig,  sich  auf  die  Dedikatioueu  der  equites 
Singular  es  zu  berufen,  um  den  Anteil  der  Germanen  am  Mütterkult  nach- 
zuweisen. Die  Kaiserreiter  haben  in  jener  Zeit,  aus  der  die  Inschriften 
stammen  (Trajan,  Hadrian,  Antoninus  Pius)  nur  der  geringen  Minderzahl 
nach  aus  Deutschen  bestanden.  Die  Donauproviuzen,  speciell  Thrakien, 
haben  seit  Trajan  das  Hauptkontingent  zu  dieser  vornehmen  Truppe  ge- 
liefert. Eine  Anzahl  Bataver  nennt  sich  stolz  cices  Batavi  auf  der  Insclnüft 
no.  25  (Henzen,  Annali  dell'  Instituto  1885).  Sie  ist  an  den  batavischen 
Nationalgott  Herkules  Magusanus  (d.  i.  Thunar)  gerichtet;  vgl.  Paul  und 
Braune's  Beitr.  XV  553  ff.  Auf  keiner  Inschrift  der  Kaiserreiter, 
welche  die  Mütter  erwähnt,  sind  die  Bataver  oder  andere  ger- 
manische Stämme  vertreten.  Unter  den  Dedikanten  der  Inschr.  no.  1 
(Ihm)  bezeichnen  sich  mehrere  der  verabschiedeten  Kaiserreiter  als  Baetasii 
Die  Baetasier  nennt  Tacitus  (Hist.  lY.  56.  ßQ)  zusammen  mit  den  Nervieru 
und  Tungrern:  es  ist  auch  nicht  ein  einziges  Zeugnis  dafür  beizubringen, 
dass  sie  Germanen  gewesen  sein  könnten.  Die  Inschrift  no.  9  bietet  einen 
F.Aelius  Vangio  wie  P.Aelius  Felir,  P.  Aelius  Latinus^  P.Aelius  Nigrinus  u.s.w. 
Es  ist  wahrscheinlich  aus  dem  cognomen  Vmigio  auf  die  Heimat  des  be- 
treffenden Soldaten  zu  schliessen,  denn  die  Inschrift  no.  12  enthält  einen 
cives  Tribocus,  wie  die  Inschrift  no.  13  einen  cives  Nemens  (—  Nemetensis'^). 
Es  ist  nicht  gleichgiltig  und  zufällig,  dass  auf  den  Müttersteinen  Vertreter 
gerade  dieser,  in  zwei  Jahrhunderten  unter  Galliern  gallisierten  Stämme 
erscheinen^). 

Trotz  der  fast  ausschliesslich  keltischen  Bevölkerung  Obergermaniens 
sind  hier  die  Zeugnisse  für  die  Verehrung  der  Mütter  dürftig.  Zu  Allmen- 
dingen bei  Thun  sind  sechs  Votivbeilchen  gefunden  worden,  von  denen 
eines  die  Inschrift  Matribus  (Ihm  no.  156),  ein  zweites  Matronis  (Ilim 
no.  157)  trägt.  Vier  Mütterinschriften  stammen  aus  Besaneon  und  Um- 
gegend, zwei  aus  Langres,  die  für  uns  nicht  in  Betracht  kommen.  Die 
Inschrift  aus  Ell  (Elsass)  weist  schon  in  ihrer  Namengebung  (Sexius  Cle- 
mentis  filius,  Ihm  no.  173)  auf  keltische  Herkunft.  Der  Stein  aus  Böckingen 
(Württemberg)  ist  von  der  coh.  I  Helfe tiorum  gestiftet  (Ihm  no.  177),  klärt 
uns  also  wiederum  deutlich  genug  über  die  Nationalität  der  Dedikanten 
auf.     Ausserdem  sind  folo-ende  oberffermanische  Inschriften  bekannt: 


1)  Heuzen  a.  a.  0.  p.  271  hält  den  CanditUnius  Saturninus,  dmi  Dedikanten  der 
Inschrift:  Matrihus  paternis  maternis  meisque  Sulevls  für  einen  Bataver,  weil  zwei  Kaiser- 
reiter, ein  CamUdinius  Verax  und  dessen  Bruder  Candidinius  SpecUdus  sich  als  Bataver  zu 
erkennen  geben  {natione  Badaus  CIL  VI  3240).  Die  Übereinstimmung  des  "Namens  ist 
nicht  massgebend  im  Gegensatz  zu  der  ThatsacJic,  dass  der  l)etrefTende  Soldat  sich  durcli 
die  Dedikation  an  Matres  und  iSakviae  als  K.'lti'ti  ausweist. 


Der  Matronenkultus  in  Gerinanien.  35 

181  Iliin.    Xeidoiisteiii  (Biuleii);  jetzt  Musoiiiii  in  Karlsriilie: 

Matronis  Alhiahenabus  Julius  Veranius  Super  pro  se  et  suis  c.  s.  L 

18(>  Ihm.    Mrtinz-Zahlbacli:  jetzt  3Iiiseuiu  in  Mainz: 

Jovi  optimo  ma.i-imo  et  Matribus  Ferperioa  p.  c.  *.  /.  /.  </. 

190  Ihm.    Heddernheim: 

Matrihus  C.  Firmus  decurio  in  suo  fecit. 

103  Ihm.    Andernach;  jetzt  Kgl.  Musenm  in  Bonn: 

Matribus  suis  Similio  miles  ex  classe  Germanica  pia  fideli  pieromale 
Cresimi  i\  s.  l.  l.  m. 
Auf  der  in  den  deutschen  Gewässern  streifenden  römischen  Flotte 
waren  fast  ausschliesslich  auswärtige  Matrosen  eingestellt.  Inschriftlich  ist 
bis  jetzt  nur  ein  einziger  Germane  unter  der  Bemannung  nachweisbar  und 
dass  die  Inschrift  193  nicht  von  einem  Germanen  stammt,  zeigt  schon  der 
Wortlaut.  Höchst  lehrreich  ist  die  grosse  Fülle  von  Fundstücken,  die  aus 
Untergermanien  zu  Tage  gefördert  worden  sind.  Im  Gebiete  der  Bataver 
ist  bis  jetzt  nur  eine  einzige  Mütterinsclu'ift  ans  Licht  gekommen,  sie  trägt 
die  Dedikation:  Matribus  Noricis  (Ihm  no.  338).  Das  Territorium,  aus 
dem  wir  germanisclie  Gottheiten  wie  Mars  Thingsus^  Alaesiagae  Beda  et 
Fimmila,  Hercules  Magusanus,  NeJialennia  inschriftlich  bezeugt  finden,  das 
Land  desjenigen  Stammes,  der  trotz  der  intimen  Beziehungen  zu  Rom 
seine  Individualität  eifersüchtig  gewaln-t  hat  —  kennt  die  flutte r  nicht. 
Dieses  negative  Argument  ist  von  grösster  Bedeutung  und  an  sich  schon  aus- 
reichend gegen  die  Behauptung,  beim  Mütterkultus  sei  an  nichtgermauische 
Herkunft  nicht  zu  denken. 

Geographisch  gruppieren  sich  die  Fundorte  der  Denkmäler  auf  ein 
verhältnismässig  kleines  Gebiet.  Die  Hauptstätten  sind  Euskirchen,  Zülpich, 
Bonn,  Köln,  Jülich,  Uerdingen,  Xanten.  Die  überwiegende  Masse  fällt  ins 
linksrheinische  Ubierland,  beziehungsweise  unter  die  westlich  angrenzenden 
Gallier. 

Wie  in  den  anderen  römischen  Provinzen  ist  aucli  in  Ober-  und  L^nter- 
germanien  die  Sitte  verbreitet,  den  Müttern  insgemein  Verehrung  zu  er- 
weisen (Inschriften  wie  Matribus  Ihm  186.  190.  337;  Matrotiis  Ihm  2"26. 
275).  3Iit  dem  auswärtigen  Ritus  stimmt  ferner  überein,  dass  die  Mütter 
durch  Beiworte  unterschieden  werden,  z.  B.  Matribus  Treveri^-  (Ihm  334) 
wie  Matrae  Eburnicae  in  Südfrankreich  u.  a.;  oder  einfach  Matribus,  Ma- 
tronis 7neis,  suis,  domesticis  um  die  eigene  Heimat,  paternis  resp.  maternis 
um  die  Heimat  der  Eltern  in  göttlichen  Schutz  zu  stellen.  Eine  Gruppe 
für  sich  bilden  die  niederrheinischen  Inschriften,  welclie  nur  den  Bei- 
namen überliefern:  es  ist  z.  B.  nicht  bloss  von  Matronis  Gabiabus,  sondern 
auch  schlechtweg  von  Gabiabus  die  Rede  u.  a.  Es  ist  sehr  glaublich,  dass 
hierdurch  wiederum  die  Fremdartigkeit  der  Mütter  Vorstellung  bestätigt 
wird.  Wie  die  keltischen  Suleviae  ohne  den  Beisatz  von  Matres  oder  Ma- 
tronae  auftreten,  so  kennen  wir  24  Inschriften  Untei-germaniens,  in  welclien 


36  Kauliinanii : 

die  letzteren  fehlen.  Auch  die  Germanen  kannten  weibliche  Schutzgottheiten 
wie  die  friesischen  Alaesiagae,  von  denen  aber  aus  verschiedenen  Gründen 
angenommen  werden  muss,  dass  sie  jungfräulich  gedacht  worden  sind. 
In  dem  Fehlen  von  »latres ,  mat)'07iae  darf  man  wohl  einen  A^ersueh  er- 
kennen, den  gallischen  Brauch  für  Germanien  zu  adoptieren  und  des  un- 
verträglichsten zu  entkleiden. 

Die  Forschung,  soweit  sie  sich  bisher  mit  dem  Mütterkultus  beschäftigt 
hat,  ist  durch  diese  Mütterbeinamen  in  einseitiger  Weise  beeinfiusst  worden. 
Mit  Hilfe  eines  unsicheren  Etymologisierens  glaubte  man  soweit  gekommen 
zu  sein,  in  dem  Beinamen,  folglich  auch  in  der  ^lüttervorstellung,  etwas 
specifisch  Germanisches  erkannt  zu  haben.  Hiergegen  muss  aufs  nach- 
drücklichste betont  werden,  dass  unter  den  Beinamen  der  Mütter  auch  am 
Niederrhein  eine  stattliche  Anzahl  solcher  sich  findet,  die  klar  und  deutlich 
keltischem  Sprachgut  angehören.  Diese  müssen  vorweg  eliminiert 
werden  ^). 

Die  Matronae  Octocannae  von  Gripswald  bei  Uerdingen  bedürfen  be- 
züglich ihrer  keltischen  Benennung  keiner  Erläuterung  (vgl.  Octodtirum 
u.  a..  Glück  S.  133;  Zeuss  ^  S.  G8):  wie  die  Octo-cannehae  sind  die  8ec- 
cannehae  gebildet;  sie  sin<l  bei  Blankenheim  in  der  Eifel  gefunden  und 
erledigen  sich  durch  Hhiweis  auf  gallische  Namen  wie  Seccalm  (Glück 
S.  160),  Sequana,  Sequani  u.  a.;  bezügl.  -canna  vgl.  Ihm  S.  26.  Ich  ver- 
gleiche mit  den  Matronis  Cuchinehis  von  Zülpich  {Tolbiacum)  kelt.  Cucalua 
(Glück  S.  160);  mit  den  Matronis  Vesuniahenis,  oder  einfach  Vesuniahenis 
von  Zülpich  und  Vettweiss  die  kelt.  Vesunna,  Vesunnici  (Zeuss'^  S.  774); 
mit  den  Matronis  Anesaminehis  von  Zülpich  keltisch  Anesus  (=  Mütter  von 
der  Ens  Müll enh off  DA.  II  222;  Zeuss''  S.  785)  wie  mit  den  Matronis 
Aumenahenis  von  Köln  den  keltischen  Namen  der  Heilquellen  von  Ems  an 
der  unteren  Lahn:  Aunmiza  a.  880,  Ouminci  a.  959,  vgl.  Arnold,  Ansied- 
lungen  S.  55;  Müllenhoff  DA.  II  221).  Zu  den  Matronis  Axsinginehis  aus 
Köln  wird  man  kelt.  Axona  (Zeuss  ^  S.  13)  halten  müssen  (anders  Holder 
im  altcelt.  Sprachsch.  sp.  320),  zu  Matronis  Gesahenis  aus  Altenberg  bei  Köln, 
aus  Eödingen  bei  Jülich  und  aus  Bettenhofen  bei  Jülich  kelt.  Gesoriacum  u.  a. 
(Glück  S.  28;  Zeuss  ^  S.  779).  Am  letztgenannten  Orte  sind  mit  ihnen  die 
Matronae  Ettrahenae  vereinigt,  wie  beide  ohne  den  Beisatz  von  matronis 
wiederum  aus  Rödingen  bekannt  sind;  zu  den  Ettrahenae  {Etrahenae)  bietet 
sich  kelt.  Edro,  Edros  (Zeuss  ^  S.  778).  An  Stelle  von  den  unsicher  ent- 
zifferten Matronis  Ahiamar.  von  Floisdorf  ist  zweifellos  nach  den  Ambiomarcis 


1)  Auf  die  Bemülumgen,  modenie  Spuren  des  Mütterkultes  in  der  Rheinprovinz  auf- 
zuspüren, brauche  ich  nicht  einzugehen  (vgl  z.  B.  Zeitschrift  für  deutsche  Philol.  Ill  434). 
—  Leider  machen  immer  noch  Ortsnamen  wie  Müddersheim  (bei  Zülpich)  geheimnisvollen 
Eindruck;  selbst  ein  ernsthafter  Forscher  wie  Ihm  meinte  noch  (S.  52),  das  Dorf  habe 
von  den  Müttern  seinen  Namen:  d^r  Eponjmus  hat  natürlich  Mdtheri  geheisseu  (Miii/ter(\i- 
heim  a.  763). 


Der  IVtatronenkultus  in  Germanien.  37 

(vgl.  rheinische  Ortsnamen  wie  Marcomagus,  Marcodurum)  von  Remagen 
(Ihm  444)  Aiiibiamar.  zu  lesen  und  kelt.  Ambioriv  etc.  zu  vergleichen 
(Glück  S.  18).  Für  die  Matres  Mediotoutehae  aus  Köln  verweise  ich  mit 
Ihm  (S.  19)  auf  Mediomatnci,  Toutates  u.  a.;  für  die  Matronae  Änaneptae^) 
auf  Glück  S.  45,  Zeuss'  S.  29.  30.  763;  für  die  Matrae  Arsacae  von 
Xanten  auf  die  Oromarsaci  bei  Glück  S.45. 195  {Arsacus  bei  Holder  sp.  222) 
oder  die  Arsana  bei  Hamm  (Müllenhoff  DA.  H  225).  In  den  Matronis  Mahli- 
nehis  von  Köln  wird  kelt.  Maglus,  Maglim  (Zeuss  ^  S.766)  stecken,  vgl.  Magh- 
linia,  Macldinium  u.a.  für  das  heutige  Mecheln  (Ihm  S.22).  Vollständig  rätsel- 
haft sind  mir  die  Atufrafinehae  von  Berkum.  Hier  w^ird  einmal  der  bewährte 
Spruch  Anwendung  finden  dürfen:  was  man  nicht  erklären  kann,  sieht  man 
für  keltisch  an,  zumal  sich  für  ein  Präfix  ahi-  übereinstimmende  Beleoe  aus 
dem  Keltischen  ergeben  (Glück  S.  8,  Zeus s  '  S.  866).  Die  AndrusteUae  von 
Godesberg  bei  Köln  (vgl.  auch  Holder  sp.  151)  und  die  Matr.  Contrusteihiae 
von  Tetz  bei  Jülich  (übrigens  sehr  fragmentarisch  überliefert)  gehören  viel- 
leicht zusammen,  vgl.  den  gallischen /^ö^ws  Condrustis  u.  a.  Die  Albiaheiiae  von 
Ober-Elvenich  (sie  stecken  offenbar  in  diesem  Ortsnamen  Albiniacum  a.  855, 
vgl.  auch  Arnold,  Ansiedlungen  S.  126),  geben  wiederum  deutlichen  An- 
klang an  Albion,  Albiorir  u.  a.  (Zeuss*"  S.  866),  man  wird  sie  aucli  für 
die  obergermanischen  Matronae  Alhiahenae  {\\e%  Albia-)  einzusetzen- haben. 
Die  Matronae  Aserecinehae  aus  Odendorf  bei  Buskirchen  sind  zw^eifellos 
nächstverwandt  mit  dem  Acerieria;  (Ihm  no.  241),  der  sich  ausdrücklich  als 
Sunux  (d.  i.  aus  dem  keltischen  Stamm  der  Sunuker)  bezeichnet,  vgl. 
Th.  Bergk,  Zur  Geschichte  und  Topographie  der  Rheinlande  S.  118; 
Sieb  ourg,  Westd.  Zeitschr.  YHI  229  f.  Mit  dem  Vorschlag  Ihm's,  Matronis 
Trisavis  in  Frisavis  zu  ändern,  weiss  ich  nichts  anzufangen,  da  mir  nur 
Frisii,  Frisiavones,  Frisiones  bekannt  sind,  man  vergleiche  kelt.  Composita 
mit  Tri-  (Müllenhoff,  DA.  H  234;  Glück  S.  158;  Zeuss  ^  S.  867; 
ebenda  Ausava  S.  789  u.  a.).  Die  Matres  Brittae  und  die  Matres  Brittae 
Maccacae  von  Xanten  weisen  unmittelbar  über  den  Kanal  hinüber,  die 
Matres  Treverae  von  Cleve  verdanken  wir  einem  Sohne  Triers,  so  erinnern 
auch  die  Matres  Mopates  von  Xijmegen  an  die  keltischen  Völkernamen  auf 
-ates  (vgl.  Bergk  a.  a.  O.  S.  112). 

Die  Frage,  ob  uns  nach  Abzug  dieser  Inschriften,  welche  ein  ent- 
schiedenes Übergewicht  der  Fremden  im  Ubierlaude  bew^eisen,  ein  Rest 
germanischer  Dedikationen  verbleibt,  möchte  ich  nicht  bejahen.  Es  liegt 
auf  der  Hand,  dass  auch  gallische  Dedikationen  von  Germanen  ausgegangen 
sein  können.  Zahlreiche  Germanen  waren  in  gallischen  Siedlungen  Ober- 
und  Untergermaniens  sesshaft,  aber  welche  Hilfsmittel  bleiben  uns  für  die 
Sonderung  der  Nationalitäten,    wenn  wir  uns  der  sprachlichen  Argumente 

1)  Sind  damit  die  Matronae  Hiannanef.  aus  Köln  identisch?  Man  niöclite  an  Orts- 
namen wie  Honnef  im  Siebengebirge  denken,  vgl.  übrigens  Müllenhoff  DA.  II  228  f. 
231  Anm. 


3g  Kauffmann: 

begeben  wollten?  Wie  wir  gesehen  haben,  beziehen  sich  die  Weihnngen 
an  die  Mütter  auf  die  Ortsheimat  der  Person;  der  Germane,  der  die 
Sprache  und  die  Stammesheimat  verleugnet,  ist  für  diese  ein  Fremdling 
geworden^). 

Um  die  Mütternamen  aufzuhellen,  ist  vor  allem  eine  Untersuchung  der 
Wort-  und  Floxionsbildung  erforderlich.  Die  Beinamen  sind  nur  im  dat. 
pl.  überliefert.     Es  lassen  sich  folgenik«  Kategorien  unterscheiden: 

1.  Dative  auf  -is,  -i'bus:    Treveris^  Noricis;  Mopatihus. 

2.  Dative  auf  -iabus,  -abus:  Aufaniabus,  Gabiabus;  [K]eutJmngabus. 

3.  Dative  auf  -kenis,  -henabus:   Vesuniahenis ;  Älbiahenabus. 

4.  Dative  auf  -nehis  (^-neis),  -nehabus:  VacallineJiis,  Vacallineis:  Asereci- 
nehabus. 

5.  Dative  auf  -elm,  -ehiabus,  -eihiabus:  Hamavehis,  Lanehiabus.  Julin- 
eihiabus. 

6.  Dative  auf  -ims:  Aflims,  Vatuims,  Saitchamims. 

Die  beiden  Steine,  auf  deren  einem  die  Form  Veteranehis  (Ihm  240), 
auf  deren  anderem  die  Form  Veteralienis  (Ihm  238)  überliefert  ist,  haben 
sich  in  Embken  beisammen  gefunden.  Es  ergiebt  sich  hieraus  eine  gewisse 
Freiheit  der  Wortbildung  in  der  vulgären  Yerwendung  der  betr.  Namen. 
Das  fremdartige  Äussere  zahlreicher  Formen  lässt  sich  leicht  beseitigen, 
wenn  wir  unsere  gewohnte  lateinische  Orthographie  einsetzen.  Schon  die 
Erkenntnis,  dass  bekauntermassen  das  A-Zeichen  epigraphisch  als  Trennungs- 
zeichen der  Vokale  ohne  selbständigen  Lautwert  verwendet  worden  ist, 
leistet  viel,  vgl.  z.  B.  Fernovineis,  Vacallineis  (Ihm  215):  Vacalinehis  (Ihm 
225).  Folglich  hat  sich  unsere  Untersuchung  zu  halten  an  Formen  wie 
Hamaveis,  Julineis,  Asereciueis,  Yacallineis,  Veteraneis,  Rumaneis  u.  a. 
Diese  letzte  Gruppe  ist  gebildet  wie  lat.  eatraneus^  während  die  voraus- 
gehende -i-  als  Zwischenvokal  zeigt  wie  lat.  fraxineus,  lanugijieus  u.  a. 
Eine  dritte  Gruppe  zeigt  die  Ableitung  -rnus,  vgl.  Vetera-enis.  Aumeua- 
enis^),  ebenso  wie  die  zahlreichen  Gentilnamen  auf  -rnus,  Westd.  Zeitschr. 
Vni  131.     Wir  erhalten  auf  diese  Weise  folgende  Typen: 

1.  Matronis  Hamaveis  (Laneis  u.  a), 

2.  Matronis  Vacalineis  (Julineis  u.  a.), 

3.  Matronis  Veteraneis  (Rumaneis  u.  a.), 

4.  Matronis  Veteraenis  (Aumenaenis), 

5.  Matronis  Aufanis  (Aufaniabus.  [R]euthungabus  u.  a.), 

6.  Matronis  Aflims  u.  a. 


1)  Sehr  interessant  ist  die  Inschrift,  Ihm  no.  243,  wo  ein  Sunnker  den  Matronis 
Veterane/tabus  seine  Verehrnng  hezengt,  daneben  aber  ausdi-ücklicli  seine  keltische  Heimat 
nennt. 

2)  Es  wird  gesprochen  worden  sein  Veterajenis,  Aumennjenis.  Ihm  lässt  auch  die 
Lesung  Aumenaienis  (statt  Aumenahenis)  auf  dem  Steine  zu,  wie  vielleicht  auch  Fernovinei'is 
(Bonn.  Jalii-b.  LXXXVTI  214)  zu  lesen  ist. 


Der  Matrouenkultus  in  Germaiiiei].  39 

Ohne  weiteres  klar  sind  die  Veteraneae,  Rumaneae,  VacaKneae,  Hama- 
veae.  Den  Vetevaneis,  Veteraenis  weise  ich  als  ihren  Schutzbezirk  (Castra) 
Vetera,  d.  i.  Xanten  im  Cugernerlande  zu.  Die  Inschriften  stammen  aus 
Wollersheim  und  Embkeu  (Ihm  232.  233.  234.  235.  237.  238.  239.  240. 
242.  243).  Gleichzeitig  wurden  in  Embken  die  beiden  Steine  gefunden 
mit  der  Schreibung  Vataraneliahus  (Ihm  236.  241),  bei  denen  man  gern 
ein  Versehen  des  Steinmetzen  (a  für  e)  annehmen  wird.  Th.  Bergk 
(Westd.  Zeitschr.  I  146)  hat  diese  Mütter  auf  castra  Vetera  bezogen  und  es 
ist  nichts  stichhaltiges  dagegen  vorzubringen  {Vetera:  Veteraneus  -^'le  extra: 
extrancus).  Genau  ebenso  gebildet  sind  die  *Romaneae  beziehungsw.  Ruma- 
neae^  mit  u  für  ö  wie  got.  Ruma,  Rumoneis;  bei  Tacitus  Cruptorix  gegen 
anord.  Hröptr;  inschriftl.  Hludena  gegen  anord.  Hlödyn.  Kern  hat  dieselben 
ganz  richtig  als  „Mütter  von  Eom"  gedeutet.  In  erster  Linie  spricht  dafür 
die  "Verbreitung  der  Inschriften  über  vier  verschiedene  Orte  (Bonn,  Ihm 
208;  Loramersum  [bei  Euskirchen],  Ihm  221;  Jülich,  Ihm  313;  Bürgel, 
Ihm  318) '^).  Unter  den  Dedikanten  nennt  sich  ein  L.  Vitellius  Consors 
(Ihm  313),  der  als  explorator  bei  der  legio  VI  victrix  gedient  hat.  Wahr- 
scheinlich stammte  dieser  Soldat  aus  Rom:  oder  wir  können  uns  vorstellen, 
dass  er  Avie  die  anderen  Stifter  die  gewaltige  AVeltstadt  gesehen  oder  aus 
der  Ferne  dem  römischen  (fenius  {dea  Roma)  seine  Huldigung  dar- 
gebracht hat. 

Einig  sind  die  Erklärer  bei  den  Matribus  oder  Matronis  Vacalineis^ 
die  in  Endenich  bei  Bonn  (Ihm  215),  sowie  in  Antweiler  (Ihm  224.  225) 
gefunden  worden  sind.  Sie  gehören  in  das  Flussgebiet  der  Vaealis ^  der 
heutigen  Waal  im  alten  Bataverland.  In  die  nächste  Nachbarschaft  fallen 
die  Maironae  Hamaveae,  die  in  Altdorf  bei  Jülich  gefunden  worden  sind 
(Ihm  307).  Sie  sind  zweifellos  als  Schutzgötter  des  Landes  der  Hamaven 
gedacht^).  Eine  Inschrift  [Matribujs  Suebis  (Ihm  289)  ist  in  Deutz  ge- 
funden, eine  zweite  in  Köln:  Matribus  meis  Germanis  Suebis,  gestiftet  von 
einem  negotiator  cretarins  (Kreidehäudler)  namens  Verecunius  (ersichtlich 
ein  Gallier),  der  die  IMütter  seiner  eigenen  Heimat  mit  den  Schutzgottheiten 
der  Provinz  Germanien  sowie  des  deutschen  Suebenlandes  vereinigt.  Hier 
mag  er  auf  Handelsreisen  Schutz  und  Frieden  erfahren  haben  ^).  Die 
Inschrift  gibt  uns  eine  neue  Erkenntnisquelle  dafür  ab,  wie  verkehrt  es 
wäre,  bei  Dedikationen  an  deutsche  Mütter  unbesehen  germanischen  Brauch 


1)  Die  Maviaitinene,  die  hier  mit  den  Rumaneae  genannt  sind,  müssen  unberücksichtigt 
bleiben,  da  die  Lesung  sehr  zweifelliaft  ist. 

2)  Hamaveus  ist  eine  Bildung  nach  dem  Muster  von  lat.  laneus,  lacteus  u.  s.  w. 

3)  Zum  Dank  für  Glück  und  Wohlergehen  im  Lande  werden  die  Müttersteine  häufig 
von  Fi'emden  geweiht  worden  sehi.  Wenn  z.B.  eine  Inschrift  aus  Winchester  (Ihm  340) 
lautet:  Matribus  Italis  Geriiiaiüs  Gallis  Britannis,  so  wird  sie  der  Stifter  Antonius  Lucre- 
tianus  in  dankbarer  Erinnerung  an  den  Aufenthalt  in  den  betr.  Provinzen  gespendet  haben. 
—  In  Oberitalien  heissen  die  Mütter  indulgcntes  und  werden  mit  Merevrio  Incronun  potenti 
verbunden  (Ihm  38). 


40  Kauffmann: 

zu  erschli essen.  Höchst  wertvoll  ist  die  vor  kurzem  in  Köln  entdeckte  und 
von  Ihm  im  Rheinischen  Museum  XLIX  689  (Korrespbl.  d.  Westd.  Zeitschr. 
IX  250)  veröffentlichte  Inschrift: 

[Mat]ribus  Suehis  .  .  euthungabus  Julius  Secundus  Juli  Philtati  libertus 
V.  s.  l.  m. 
Hier  haben  wir  zweifellos  in  dem  Julius  Secundus  einen  geborenen 
(kriegsgefangenen?)  Sueben  vor  uns,  der,  von  seinem  Herrn  freigelassen, 
den  Schutzgottheiten  der  Heimat  dankbares  Gedächtnis  bewahrt.  Vor 
.  .  euthungabus  fehlt  ein  Buchstabe  (andernfalls  wäre  an  die  Juthungi  zu 
denken  und  auf  F.  Burg,  Runeninschriften  S.  114  zu  verweisen);  ich  er- 
gänze R-  und  sehe  in  dem  Reuthungen  densell)en  Suebenstamm,  den 
Tacitus  Reudigni  nennt. 

In  Müntz  bei  Jülich  ist  die  Inschrift  mit  den  Matronis  Julineihiabus 
(Ihm  308)  zu  Tage  gekommen,  von  einem  Älbanius  Justinm  pro  se  et  suis 
gestiftet.  Sie  beziehen  sich  auf  einen  Ort,  der  mit  Jülich  (Juliacum)  doch 
gar  zu  grosse  Ähnlichkeit  zeigt,  als  dass  man  ihn  nicht  darauf  beziehen 
möchte.  Julius  (Caesar)  wird  zu  Grunde  liegen  und  daraus  einerseits 
Juliacum,  andererseits  ein  adjektivisches  Julineus  vulgarisiert  sein.  Über 
die  Xamen  Lanehiabus;  Masanabus,  Hiheraiis  (oder  -apis?)^  Guinehis,  Ulau- 
hinehis  (steckt  darin  ein  germ.  vlau-?),  Fernovineis  wage  ich.  keinerlei  Ver- 
mutung zu  äussern.  Man  ist  nicht  berechtigt,  in  diesen  barbarischen  Namen 
gerade  germanisches  Sprachgut  zu  suchen.  Vermutlich  hat  das  ganze 
Völkergemenge,  welches  am  Niederrhein  sich  zusammengefunden  hat,  Spuren 
darin  hinterlassen. 

So  kann  ich  z.  B.  auch  in  den  Aufaniabus  und  Gabiahus  nichts  specifisch 
deutsches  entdecken.    Die  Aufaniae  weisen  Aveit  über  die  deutschen  Grenzen 
hinaus:    sie  sind  in  Gallien  und  Spanien  belegt  (Ihm  894.  398),   wie  am 
Niederrhein.     Es  liegen  folgende  Denkmäler  vor: 
207  Ihm.    Bonn: 

Matribus  sive  Matronis  Aufaniabus  domesticis  Q.  Clodius  Marcellinus 
miles  legionis  I  Minerviae  v.  s.  l.  m. 
223  Ihm.    Rh e der  (bei  Euskirchen),  jetzt  Kgl.  Museum  in  Bonn: 

Matronis  Aufaniabus  Severinius   .  .ve iberius  Victor  ex  imperio 

pro  se  et  suis. 
260  Ihm.    Zülpich,  jetzt  Kgl.  Museum  in  Bonn: 

Mafrotiis  Aufaniabus  .  .    Tuscinius  .  .  . 
277  Ihm.    Köln: 

Matronis  Aufanib.  C.  Julius  Mansuetus  miles  legionis  I  Minerciae  piae 
fidelis  V.  s.  l.  m.  fuit  ad  Alutum  flumen  secus  monte  Caucasi. 
317  Ihm.    Bürgel: 

Matronis  Aufaniabus  C.  Lucilius  Crisj/us  v.  s.  l.  m. 
335  Ihm.    Nijmegen: 

Matronis  Aufaniabus   T.  Albinius  Januarius  o.  s.  l.  m. 


Der  Matronenkultus  in  Germanien.  41 

210  Ihm.    Bonn: 

Aufaniab.  L.  Massonius  .  .  . 
244  Ihm.    Zülpich,  jetzt  Kgl.  Museum  in  Bonn: 

Aufanis  Aulus  Valerius  Verus  et  Justinia  Ursa  v.  s.  l.  vi. 
259  Ihm.    Zülpicli,  jetzt  Kgl.  Museum  in  Bonn: 

Aufanis  Lentinius  Mess  .  .  ex  imperio  ipsarum. 

397  Ihm.    Lyon: 

Pro  Salute  domini  nostri  imyeratoris  Lud  Septimi  Severi  Augusti 
totiusque  domus  eins  Aufanis  Matronis  et  Matribus  PannonioruTn  [ft^ 
Delmatarum  T.  Cl.  Pompeianus  tribunus  militum  legionis  f  Minerviae 
loco  exculto  cum  discubitione  et  tabula  v.  s. 

398  Ihm.    Carmona  bei  CordoTa  in  Spanien: 

Matribus  Aufaniabus  M.  Jul.  Gratus. 
Diese  Inschriften  sind  verhältnismässig  sehr  inhaltsreich.    Die  Lyoner 
Dedikation  fällt  in  die  Jahre  193  - 196  und  zwar  stiftet  der  Legionstribun 
den    ^Müttern    eine    Anlage    mit    Ruhebank    und    Weihtafel.      3Iommsen 
(Archäol.  Zeitung  27,   89)    meinte,    der    Tribun    verehre    die   Aufanischen 
Matronen     in    Beziehung    auf    die    Heimat    seiner    aus    Niedergermanien 
stammenden  Soldaten    und   die  pannonischen  und  dalmatischen  Mütter  mit 
Rücksieht    auf   die   aus  diesen  Provinzen   gebürtigen   Soldaten   seiner  Ab- 
teilung.    Die  Legion    hat    sich    im   zweiten  dacischen  Krieg  unter  Trajau 
ausgezeichnet.    Wir  hören  aus  der  Inschrift  277  von  den  Kriegserlebnissen 
eines  Soldaten,    der  den  Feldzug  mitgemacht  hat  (sie  fällt  also  nach  dem 
Jahre  107).     Die   Legio  I  Minervia    hat  offenbar  ein  besonderes  Interesse 
an  den  Aufaniae  gehabt.    Sie  ist  von  Domitian  wahrscheinlich  im  Jabre  82 
gegründet  (cfr.  Ritterling,  De  legione  Romanorum  X  gemina  p.  72)  und 
hat    für    lauge   Jahre    in  Untergermanien   (Bonn)  gestanden    (Mommsen, 
Rom.  Gesch.  V  133.  145).    Es  ist  möglich,  dass  die  Aufaniae  einen  deutsclien 
Namen  führen,   wenigstens  liegen  ahd.  obana,  and.  obana^  ags.  ufan,  ofan 
sehr  nahe.    Die  Ablautstufe   au-  würde  sicli  sehr  gut  in  die  Reihe  u-,  il-, 
tu    (vgl.   ahd.  uf,  vf,   got.  iup,    Johansson,    Paul    und  Braune's  Beitr. 
XV  240  fF.)  fügen.    Icli  bin  aber  ausser  stände,  mit  dieser  Etymologie  irgend- 
welchen Begriff  oder  irgendwelche  Anschauung  zu  verbinden,   w^enn  nicht 
vielleicht    der    hochgelegene   Lagerplatz   der  Legion   gemeint  war.     Einen 
Q.  Clodius  Marcellinus  bei  der  Legio  I  Minervia  kennen  wir.     Er  hat  dem 
Hercules   Magusanus    einen  Denkstein    geweiht    (Bonn.  Jahrb.  LXXIII  74, 
Paul  u.  Braune's  Beitr.  XV  558).     Diese  Thatsache    fällt  allerdings  für 
die  germanische  Herkunft  der  Aufaniae  stark  ins  Gewicht. 

Eine  besondere  Bewandtnis  hat  es  mit  den  Gabiae.  Wir  kennen  nicht 
bloss  Matronae,  sondern  auch  Junones  Gabiae  (Ihm  288).  Siebourg  hat 
Westd.  Zeitschr.  Vn  103  ff.  gezeigt,  dass  die  Junones  ihre  Heimat  in  Ober- 
italien o-ehabt  haben.     An  Denkmälern  kennen  wir: 


42  Kauffmann : 

'l'l'l  Ihm.    Kirch  heim: 

Matronis  Gah\iahus\  L.  Gradon.    Clarus  miles  legionis  1  Minerviae  piae 
fidelis  iussa  posuit  merito. 

250  Ihm.   Rövenich  (bei  Zülpich) :  jetzt  nicht  mehr  vorhanden.    Ebenso 

die  folgenden : 
Matronis  Gahiabus  Celorius  Jusfus  l.  on. 

251  Ihm: 

Matronis  Gahiabus  Suetoni  Certus  et  Paternus  v.  s.  l.  m. 

252  Ihm: 

GabiabusC.  Campanius  Victor  miles  legionis  T  Minerviae  piae  fidelis  v.s.  l.m. 

253  Ihm: 

Gabiabus  Victor  Stirri  s.  l.  m. 
269  Ihm.    Müddersheim: 

Gabiabus  Justus  Quinti  filius  v.  s.  l.  m. 
288  Ihm.    Köln: 

Junonibus  Gahiabus  Masius  votum  retulit. 
316  Ihm.    Bürgel: 

Matronis  Alagahiabus  Jul.  Pusua  pro  se  et  Juliis  Peregrino  Sperato 
Severo  v.  s.  l.  m. 
Ich  bin  mit  Ihm  der  Ansicht,  dass  auch  in  Gahiabus  eine  Ortsbezeich- 
nung zu  suchen  ist.  Fremdartige  Erscheinungen  wie  eine  dea  Idban.  Gabia 
(Ihm  S.  28),  Junones  Gabiae  mahnen  zur  Vorsicht,  gleich  mit  einer  ger- 
manischen Etymologie  zur  Hand  zu  sein^).  Die  beiden  Soldaten  aus  der 
legio  I  Minervia  sind  wahrscheinlich  Germanen  gewesen,  wie  die,  welche 
den  Aufaniae  gehuldigt  haben.  Der  Pusua  (Ihm  316)  ist,  nach  einem  von 
Ihm  nachgewiesenen  Pusa  Trougilli  filius  auf  einer  Mainzer  Grabinschrift, 
ein  Gallier  und  dass  in  den  Alagabiae  das  Präfix  nicht  germanisch  zu  sein 
braucht,  beweisen  die  Matres  Alaterviae^)  aus  Britannien  (Ihm  378)  und 
eine  dem  Namen  nach  gänzlich  undeutsche  Älateivia  aus  Xanten  (Bram- 
bach  CIRh.  197). 

Die  Gavadiae  sind  durch  folgende  Inschriften  bezeugt: 
295  Ihm.    Eödingen  bei  Jülich,  jetzt  Antiq.  in  Mannheim: 

Matro7iis   Gavadiabus   Q.  Julius  Severinus  et  Secundinia  Justina  p>ro 
se  et  suis  ex  imp.  ips.  l.  tn. 


1)  Wieso  die  Matronae  Gabiae  zu  got.  gahei  (Reichtum)  gestellt,  die  Begebenden, 
Eeichtum  spendenden  bezeichnen  können  (vgl.  anord.  gaefr  u.  a.)  —  auf  diese  Frage  ist  bis 
jetzt  von  den  Vertretern  dieser  Etymologie  noch  keine  Autwort  gegeben.  Bugge's  Identi- 
ficierung  mit  lat,  cöpia  (Beitr.  XII  417)  aus  '^coopl  >  '*gaabT,  mit  Schwund  des  einen  -a-,  ist 
nicht  annehmbar.  ^Yenu  eine  Etymologie  gewagt  werden  soll,  so  hat  die  Zusammenstellung 
mit  and.  _9e6an,  ags.  yeo/ora  (Meer)  die  grösste  Wahrscheinlichkeit;  J.  Grimm  hat  die  skandi- 
navischen Götternamen  Gefn  und  Gefjon  bereits  verglichen  (Mythol.  S.  258). 

2)  Man  wird  nicht  an  die  got.  Tervingi,  wohl  aber  an  den  vicus  Ambitarvius  im 
Lande  der  Treverer  denken,  vgl.  Th.  Bergk,  Zur  Gesch.  und  Topogi-.  d.  Rheinl.  S.  89  it'. 
Über  kelt.  ala-  vgl.  Zeuss^  S.  309.  402.  —  Über  Terfinnas  u.  ähnl.  handelt  Müllen- 
hoff  DA.  II  42  Anm. 


Der  Matronenkultus  in  Germanien.  43 

296  Ihm.    Desgl.: 

Matroim  Gavadiabus  Sex.  Jul.  Seatrus  et  JtiL  Januarius  v.  s.  l.  m. 

301  Ihm.    Desgl.: 

M\atro\nis  G[avarh]abiis  AI.  Aemilius  Pri .  .  .  us  et  Novellia  Secunda 

V.   S.    l.    171. 

302  Ihm.    Desgl.: 

\^Matr6\nis  [Gavadjiabus  .  .  .  nius  .  .  .  e.v  pro  .  .  . 
304  Ihm.    Bettenhofen  bei  Jülich: 

Matt'onls  Gavadiabus  Caldini  (?)  Severus  et  Super  l.  m. 
320  Ihm.    Gladbach: 

Matronis  Gavadiabus  Prlmanius  ....  banus  .  .  . 
Gegen  die  herkömmliche  Deutuug  der  Matres  Gavadiae  (als  matres 
sponsales  auf  Grund  von  got.  gawadjon  verloben)  ist  nur  der  Ein^Yand  auf- 
recht zu  erhalten,  dass  eine  derartige  Beziehung  mit  dem  örtlichen 
Charakter  der  3Iütter  nicht  verträglich  ist.  Ich  vergleiche  vielmehr  Orts- 
namen wie  das  von  Forst emann  1507  aufgeführte  Wetiun  an  der  Diemel, 
ein  Ortsname,  der  ursprünglich  „bei  den  Schwemmen,  bei  den  Furten" 
bedeutete  (vgl.  lat.  vadum):  die  Zusammensetzung  deutet  auf  ein  deutsches 
Confluentes,  dessen  Lage  sich  leider  nie  wird  bestimmen  lassen. 

Vermutlich  beziehen  sich  auch  die  Mafronae  Ai^vagastae  auf  eme  deutsche 
Siedelung    (trotz    der    kelt.   Arvioi,    Arverni    Zeuss  ^    S.  774.    ^AQSa^caoL 
Müllenhoff  J)k.  II  247).    Sie  sind  nur  auf  einer  Inschrift  aus  Müdders- 
heim  genannt  (jetzt  Provinz.  Museum  in  Bonn): 
268  Ihm: 

Matronis  Arvac/astis  A.  Vettius  Victor  l. 
Die  Übereinstimmung  mit  dem  Franken  Arbogast  ist  frappant.  Auf  Orts- 
namen wie  Alagastesheim,  Longastesheim  hat  mit  Recht  schon  Ihm  (S.  27)  hin- 
gewiesen; wir  haben  folglich  an  eine  Ansiedelung  zu  denken,  die  nach  einem 
''Arvagastiz  benannt  war;  vgl.  afries.  gestelond  (J.  Grimm,  Kl.  Sehr.  II  342)? 
Den  (.icfiQtßo  vaf.iavaixaßo  (s.  0.  S.  29).  mit  ihrer  altgallischen,  altertüm- 
lichen Flexionsform,  entsprechend  haben  sich  zur  Bestätigung  dafür,  dass 
auch  Germanen  am  Mütterkultus  sich  beteiligt  haben,  am  Niederrhein  Dedi- 
kationen  an  die  Matronen  mit  Anklängen  an  die  Muttersprache  gefunden. 
Wir  kennen  bis  jetzt  folgende  Inschriften: 

272  Ihm.   Wesseling,  jetzt  Provinz.  Museum  in  Bonn: 

Matronis  Aftims  M.  Jidlionius  Agilis  v.  s.  l.  m. 
282  Ihm.    Köln  (Ende  des  1.  oder  Anfang  des  2.  Jahrb.): 

Matronis    Afliabus    M.  3farius  Marcellus  pro    se   et  .suis  e.v  imperio 
ipsarum. 
291  Ihm.    Lipp  bei  Bedburg: 

Matronis  Vatuims  Super  Qiiartionis  ....  Quartioni.s. 
299  Ihm.    Ködingen  bei  Jülich,  jetzt  Antiq.  in  Mannheim: 
Matronis  Vatuims  T.  Julius  Vitalis  v.  s.  I.  m. 


44:  Kauffmann: 

297  Ihm.    Desgl.: 

Matronis  Vatuiabiis  Q.  Julius  Primus  pro  se  et  suis  v.  s.  l.  m. 

298  Ihm.    Desgl.: 

Matronis  Vatuiabus  Julia  Vegeti  filia  Mandia   pro    sc  et  suis  votum 

solvit  l.  in. 
303  Ihm.    Gü steil  bei  Zülpich: 

Matronis  Vatuiabus  C.  Secundinius  Amandus  ex  imp.  ips.  l.  m. 
314  Ihm.    Jüliclierlaiid,  jetzt  Museum  in  Köln: 

Matronis  Vatuiabus  Nersihenis  Priminia  Justina  pro  se  et  suis  ex  imp. 

ips.  l.  m. 
Kliukenberg,  Bonn.  Jahrb.  LXXXIX  231  aus  Hoven  bei  Zülpich: 

Matronis  Saitchamims  Primus  Freiiattonis  l.  m. 
Desgl. : 

Matronis  Saithamia\J)us'\  Q.  Cominius  Primio  l.  m. 
Diese  Dative  auf  -ims  sind  germanisch  (Much,  Zeitschr.  f.  deutsches 
Altertum  XXXI  355).  Auf  Grund  der  latinisirten  Aßabus,  Vatuiabus, 
Saithamiabus,  ist  für  diese  Beinamen  ein  Stammausgang  germ.  -iö  anzu- 
setzen: es  würden  got.  ahd.  Dative  auf  -jo7n  entspreclien.  Allein  schon  aus 
den  ahd.  Belegen  konnten  wir  den  Schluss  ziehen,  dass  die  Endung  -Jörn 
(z.  B.  ahd.  suntiom)  ebenso  auf  einer  Übertragung  beruht  wie  ahd.  dat.  pl, 
hirtium  neben  hirtim.  Durch  die  inschriftlichen  Belege  wird  nunmehr  be- 
wiesen, dass  die  älteste  Endung  -ims  gewesen  ist,  wie  auch  der  nom.  sg. 
ursprünglich  auf  -  /  auslautete.  Die  dat.  pl.  aßms,  watwims,  saithamims  (vgl. 
Brug'maiin,  Grundriss  II  708  fP.)  entsprechen  zunächst  den  altind.  brhatibhis, 
nad'ibhis  u.  a.;  -m-  gegen  altind.  -bh-  hat  bekanntlich  das  Slavische  mit 
dem  Germanischen  gemeinsam.  Die  ursprüngliche  Dativ-  (oder  vielmehr 
Instrumental-)  Endung  ist  folglich  gerra.  -mis  {-miz).,  vgl.  anord.  tveimr^ 
primr.  Die  feminine  -/'-flexion  ist  in  den  Beinamen  durch  das  Genus  der 
Mütter  veranlasst.  Nom.  sg.  *afii  stellt  ein  moviertes  Femininum  zu  einem 
Stamm  *aflo-  dar,  von  dem  wir  für  die  Deutung  auszugehen  haben. 

Jede  Etymologie,  welche  nicht  auf  eine  Ortsbenennung  hinausläuft, 
muss  nach  allem,  was  wir  wissen,  als  verfehlt  betrachtet  werden.  Unsere 
Inschriften  selbst  geben  uns  dafür  einen  Anhaltspunkt.  In  no.  314  smd 
mit  den  Matronis  Vatuiabus  die  Nersihenae  verbunden.  Die  Inschrift,  im 
Jülicherland  gefunden,  verrät  eine  so  auffallende  Yerwandtschaft  mit  dem 
Orte  Neers  (Kreis  Gladbach)  und  dem  hier  fliessenden  Flusse  Neers  oder 
Niers  (Ihm  S.  22),  dass  sie  darauf  wird  bezogen  werden  müssen.  Förste- 
mann  1074  belegt  aus  dem  9.  Jahrhundert  die  Form  Nersa.  VatuJms, 
beruhend  auf  nom.  sg.  *watwi,  setzt  eine  Wurzel  wat  voraus,  die  zu  got. 
watö,  ahd.  wazzar  (Wasser)  gehört,  dieselbe  Ableitung  zeigt  wie  got.  ahva 
und  dieselbe  Bedeutung  beansprucht,  wie  das  genau  entsprechende  germ. 
*a}wl  =  ahd.  auwa.  Die  Mütter  beziehen  sich  offenbar  auf  ein  „Wasser- 
land" bei  dem  Flüsschen  Niers. 


Der  Matroneukultus  in  Germanien  45 

Für  die  Afl/ni.s  wird  man  au  kynir.  Afallon,  d.  i.  Apfeliiisel  (Mülleii- 
lioff  ])A.  I  409  Aum.)  denken:  ferner  erinnert  man  sich  der  Insel  ÄbahiH 
bei  Plinius.  Es  ist  durchaus  nicht  meine  Ansicht,  dass  die  der  Nordsee- 
küste vorgelagerte  Bernsteininsel  Abalus  (Müllenhoff  DA.  I  476  ff.  484 
Anm.  227  f.)  in  unserer  Inschrift  gemeint  sei :  es  genügt,  die  Ortsbenennuug 
nachgewiesen  zu  haben;  mit  ahd.  avcdön,  anord.  afla  nebst  Ableitungen  hat 
dieselbe  nichts  zu  thun.  Diese  keltische  Ortsbenennung  ist  uns  heute  noch 
überliefert  in  dem  Namen  der  Eifel,  deren  älteste  urkundlichen  Belege  auf 
altes  a-  der  Stammsilbe  weisen;  in  pago  efiirifie  a.  762,  effiinse  a.  772  (eißin>ie 
a.  845  u.  s.  w.)  vgl.  H.  Marjan,  Keltische  und  lateinische  Ortsnamen  in 
der  Rheinprovinz  (Aachen  1882)  S.  16.  Man  ist  also  vollberechtigt,  die 
Matronae  Afliae  auf  das  Eifelland  zu  beziehen,  doch  kennen  wir  auch  ein 
Aualgowe  (a.  882,  996  u.  ö.)  an  den  Flüssen  Sieg  und  Agger  (Annalen  d. 
histor.  Yer.  f.  d.  Niederrhein  XXI  170). 

Grössere  Schwierigkeiten  der  Erklärung  bietet  Saitchamim-s,  Saithamiahus. 
Ein  Kompositum  kann  das  Wort  nicht  sein,  weil  der  stammauslautende 
Vokal  fehlt  (*saita-).  3Iuch  vermutete,  das  erste  Kompositionsglied  sei 
mit  anord.  seidr  (Zauber)  identisch.  Diese  Annahme  scheitert  nicht  bloss 
an  der  Orthographie  (t  kann  nicht  für  th  stehen),  sondern  auch  an  der 
specifisch  nordgerm.  Heimat  des  Wortes  -seidr  =  Zauber;  ahd.  .seidh,  seid 
bedeutet  Schlinge.  Der  Dedikant  Primu^s  Freiiattonis  (sc.  -jilius)  ist  ein 
Gallier  (wir  kennen  einen  Tungrer  Freiioverus,  Brambach  ClRh.  1231), 
wie  nicht  bloss  die  ganz  ungermanische  Namensform,  sondern  auch  die 
gallische  Namengebung  beweist^).  Saithamim«  ist  aber  sicher  deutsch;  die 
Orthographie  Saitchamim-H  wird  nur  ein  Versuch  sein,  den  Spiranten  p 
wiederzugeben.  Ich  halte  das  Wort  für  eine  Bildung  wie  ahd.  mi'tam, 
resp.  Ortsnamen  wie  Metama  (Förstemann  1022)  und  erkenne  in  dem 
Stamme  '*saipa-  eine  Ablautsform  zu  ahd.  slta  (Seite).  Das  letztere  gehört 
etymologisch  zu  altind.  .utd  Furche,  Abgrenzung;  ayest.  hitha  Wohnung. 
Die  Grundbedeutung  der  Wurzel  ist  (wie  lat.  xitm):  in  eine  feste  Lage 
bringen.  Genau  entspricht  der  germanischen  Ablautstufe  in  saij)a-  altind. 
setm^  welches  u.  a.  Damm,  Brücke  bedeutet  und  das  avest.  haethush  Brücke, 
Weg.  Eine  primäre  m- Ableitung  stellt  altind.  miia  dar,  welches  nicht 
bloss  als  Scheitel,  sondern  auch  als  Grenze,  Markung  eines  Dorfes  erklärt 
wird^).  Auch  im  Germanischen  ist  für  Ortsbenennung  die  m- Ableitung 
üblich  gewesen  (z.  B.  holm),  folglich  wird  in  *.saipama  der  Bedeutung 
nach  ein  allgemeiner  Siedlungsbegriff  (etwa  „abgegrenzte  Wohnstätte")  zu 
suchen  sein. 

1)  Vgl.  CIL.  XU  pag.  962:  patris  nomen  genetivo  oniisso  vocabulo  tilio  vel  lilia 
more  gallico.  Vgl.  auch  Inschrift  291.  Auch  eine  Namengebung  wie  Julia  Vegeti  fitia 
no.  298  ist  nacli  Hettner,  Wcstd.  Zeil  sehr.  Fi  7  ursprünglich  gallisch,  im  Laufe  der  Zeit 
.iluT  auch  unter  Germanen  aufgekommen. 

2)  Brugm;uni-Ost  hoff,  Morphologisihe   L'nlersuchungeu  IV  Hl.  V6'.'>.  144. 


46  Weinliold:  ^ 

Die  Stellung  der  beiden  so  grundverschiedenen  Xarionalitäten,  der 
Kelten  und  der  Germanen,  zu  dem  Mütterkultus  ist  nunmehr  klar  zu 
erkennen.  Auf  keltischem  Boden  hat  er  seine  Wurzel,  die  gallisch-römische 
Kultur  des  linksrheinischen  Germanien  hat  ihn  aucli  in  deutsclie  Herzen 
verpflanzt,  in  den  rheinischen  Lagerc[uartieren  und  Städten  ist  er  durch 
die  zahlreichen  keltischen  Bestandteile  des  Civil-  und  3Iilitärstandes  vor- 
bildlich geworden  für  eine  Klasse  von  Germanen,  die  ihren  heimatlichen 
Glauben  ebenso  verleugnet  hat  wie  die  Muttersprache,  von  der  nur  dürftige 
Reste  uns  einen  Nachklang  geben.  Es  mochte  wohl  auch  ein  deutsches 
Herz  ansprechen,  die  ferne  Heimat  unter  göttlichem,  mütterlicliem  Schutze 
zu  wissen.  Der  ]S!^ame  beweist  nichts,  aber  es  ist  doch  wahrsclieinlich,  dass 
in  der  cexülatio  Germanorum^  die  wir  aus  Britannien  kennen  (Ilimno.  351, 
vgl.  oben  S.  32)  auch  deutsche  3Iänner  gedient  haben,  dass  aucli  sie  an  der 
Stiftung  des  Denksteines:  deabu-s  Matribus  tramarinis  mitbeteiligt  waren  ^). 
Der  elegische  Zug,  der  sich  in  solcher  Glaubenssehnsucht  unverkennbar 
geltend  macht,  ist  ursprünglich  germanischer  Religion  und  germa- 
nischer Poesie  fremd.  Er  ist  ein  erster  Vorbote  einer  neuen  Zeit,  einer 
neuen  Kultur,  eines  neuen  Geschleciites,  deren  Keime  in  der  Periode  der 
Römerherrscliaft  ausgesät,  in  der  Periode  der  Völkerwanderung  entwickelt, 
in  der  Periode  der  Christianisierung  des  deutschen  Volkes  gereift  sind. 

Marburg  i.  H.,  Februar  1891. 


Zu  Goethes  Parialegeude. 

(Ausgabe  letzter  Hand  von  1828.  III,  11— IG.    Weimarsche  Ausgabe  von  IS'JO.  III,  10—15.) 

Von  Karl  Weinhold. 


Entkleiden  wir  das  Gedicht  des  köstlichen  Schmuckes,  welchen  der 
deutsche  Dichter  um  den  indischen  Stoff  gewunden,  so  erhalten  wir  fol- 
gende Hauptakte  der  dramatisch  belebten  Erzählung: 

Die  schöne  Gattin  eines  Brahmanen,  die  täglich  Wasser  aus  dem 
heiligen  Flusse  holt,  wird  eines  Tages  von  sündiger  Liebe  zu  einer  be- 
strickenden Jimglingsgestalt  erfasst.  Der  Gatte  erkennt  bei  ihrer  Heim- 
kehr ihr  Vergehen  nnd  tötet  sie.  Der  Sohn  will  im  Schmerz  darüber  sich 
in  das  blutige  Schwert  stürzen,  aber  der  Vater  hält  ihn  zurück  imd  sendet 
ihn  zu  dem  Leichnam.  Er  soll  das  Haupt  der  Mutter  dem  Rumpfe  wieder 
anfügen  und  sie  mit  dem  Schwert  berühren.  Zimi  Leben  zurückgekehrt, 
werde  sie  ihm  folgen. 


1)  [Inzwischen  ist  in  Britannien  ein  Denkstein  keltischer  Herkunft  mit:  Matres  Ollo- 
toiae  sive  tranmnarinae  gefunden  worden:  vgl.  Korrespbl,  d.  Westd,  Zeitschr.  1891  no.  7.3. 
*,)0.     Coriecturuote.] 


Zu  Goetlies  Pavialegencle.  47 

Vud  dann  wird  weiter  erzählt,  dass  der  Sohn  in  der  Verwirrung  (\vn 
Kopf  der  Mutter  auf  den  Rumpf  einer  Verbrecherin  setzt  und  dadurch  eine 
grauenvolle  Verbindung  der  reinen  Frau  mit  der  Sünderin  vollzieht. 

Bereits  Düntzer  hat  nachgewiesen,  dass  Goethe,  der  übrigens  schon 
vor  dem  Eintritt  in  Weinuir  durch  Uappers  Asia  auf  die  indischen  Stoffe 
aufmerksam  geworden  war  (Dichtung  und  Wahrheit,  12.  Buch,  AVeimai'sche 
Ausg.  28,  144),  den  Stoff  der  Parialegende  aus  Sonnerats  Reise  nach 
Ostindien  und  China  (Deutsch  Zürich  1783)  kennen  gelernt  hatte.  Seit 
1810  beschäftigte  sich  Goethe  mit  der  dichterischen  Gestaltung  desselben, 
kam  aber  erst  am  17.  Dezember  1821  nach  Eckermanns  Erzählung  damit 
zum  Abschluss^). 

Über  den  indischen  Stoff'  hat  Th.  Benfey  1862  in  seiner  Zeitschrift 
Orient  und  Occident  (S.  710  —  732  Goethes  Gedicht  Legende  und  dessen 
Indisclies  Vorbild)  eine  sehr  dankenswerte  Untersuchung  veröffentlicht. 
Hiernach  finden  wir  die  wahrscheinlich  älteste  Gestalt  jener  mythisclien 
Erzählung  in  dem  Mahäbhärata  (III,  11071  ff.).  Hier  wird  sie  von  der 
Mutter  des  Räma,  Renukä,  der  Gattin  eines  indischen  Heiligen,  Dschama- 
dagni  des  Bussreichen,  berichtet.  Die  Frau  w^ird  bei  dem  vorschrifts- 
mässigen  Baden  im  Ganges  von  Ijiebe  zu  dem  schönen  Fürsten  Tschitra- 
ratha  ergriffen.  Der  Gatte  durchschaut  bei  der  Heimkehr  ihr  Herz  und 
befiehlt  den  fünf  Söhnen,  die  Mutter  zu  töten.  Aber  nur  der  jüngste, 
Räma,  folgt  dem  Befehl  und  spaltet  der  Mutter  das  Haupt  mit  der  Axt. 
Als  nun  Dschamadagni  den  Sohn  zum  Lohne  für  die  That  einen  Wunsch 
rlum  lässt,  wählt  er  sich  unter  allen  W^ünschen,  die  ihm  in  der  Seele 
liegen,  als  höchsten,  die  Wiederbelebung  der  Mutter.  Der  Wunsch  geht 
sofort  mit  allen  übrigen  Wünschen  Rämas  in  Erfüllung. 

Die  Creschichte  begegnet  mehr  oder  minder  ausführlich  auch  in  anderen 
Sanskritwerken,  so  im  Kalikäpuräna  und  im  Bhägavatapuräna  (Benfey 
a.  a.  O.  S.  724  f.),  natürlich  mit  Abweichungen.  Aus  solchen  Quellen  ist 
auch  die  Erzählung  in  Sonnerats  Reise  geflossen,  die  am  meisten  mit 
Goethes  Legende  stimmt,  während  die  Form  der  Geschichte  in  Dappers 
Asia  oder  Ausführliche  Beschreibung  des  Reiches  des  Grossen  ^Mogols  (ins 
Hochdeutsche  übersetzt  von  J.  Chr.  Beern.  Nürnberg  1681)  aus  junger 
mündlicher  Überlieferung  stammen  mag  (Benfey  727). 

Die  Vertauschung  der  Köpfe  gehört  gar  nicht  zu  dieser  Geschichte  von 
Ronuka  und  Räma,  sondern  Goethe  hat  sie  aus  eigenem  Willen  angefügt, 
um  einen  wunderbaren,  von  ihm  geistvoll  gestalteten  Abschluss  zu  geben. 
Hr  fand  das  Motiv  in  Ikens  Übersetzung  des  Touti-Nameh  (einer  Samm- 
hmg  persischer  Märchen  von  Nachschebi.  1822.  S.  104),  die  er  1820 
kennen  lernte.    Die  persische  Erzählung  ist  aus  indischer  Quelle  geflossen, 


1)  Vgl.  die  Kommentare  von  Düntzor,  Virhoi'f,  v.  Looper. 


48  '  Weiiihüld: 

denYetalapantscliaviiirati:  füufimdzwanzig  Erzählungen  eines  vetala  (Dämon, 
der  in  die  Leichen  fährt)  vgl.  Benfey  a.  a.  0.  729. 

Bei  der  weiteren  Untersuchung  lassen  wir  also  die  Yertauschung  der 
Köpfe  ganz  beiseite,  weil  sie  der  alten  Geschichte  ebenso  fremd  ist,  als 
die  herrliche  Beziehung  der  Legende  auf  die  Parias,  die  Goethes  volles 
Eigentum  ist.  Wir  beschäftigen  uns  nur  mit  der  Erzählung  von  Renukä, 
in  welcher  die  Hauptmotive  sind:  die  Todesstrafe  eines  schönen  sündigen 
Weibes  und  die  Wiederbelebung  desselben. 

Aus  dem  Schatze  unserer  deutschen  Yolkssagen  kann  ich  zu  der  in- 
dischen eine  entsprechende  Sage  aufweisen.  Dass  dieselbe  eine  andere 
Einkleidung  und  einige  abweichende  I^ebenzüge  hat,  darf  die  Erkenntnis 
der  Grundübereinstimmung  nicht  stören. 

In  Eisenberg  im  sächsischen  Yoigtlande  hatte  sich  ein  Ehemann  mit 
einem  Mädchen  vergangen.  Als  es  ruchbar  ward,  entfloh  er;  das  Mädchen 
aber,  das  eine  wunderbare  Schönheit  war,  verurteilte  man  zum  Tode  durchs 
Schwert.  Der  Scharfrichter  schlug  ihr  das  Haupt  mit  einem  Schlage  ab, 
legte  dann  ein  Stück  Rasen  statt  des  Kopfes  auf  den  Eumpf  und  führte 
den  neben  ihm  herschreitenden  neubelebten  Leichnam  zum  Entsetzen  des 
Yolkes  über  neun  Äcker  zu  dem  Scheiterhaufen,  wo  er  ihn  verbrannte. 
Für  jenes  Meisterstück  erhielt  er  die  neun  Äcker,  die  oberhalb  der 
Schneckenmühle  bei  Eisenberg  liegen,  zum  Geschenk  (Sagenbuch  des  Yoigt- 
landes  von  Robert  Eisel.    Gera  187L   Nr.  936). 

Das  Mädchen,  das  gesündigt  hatte,  M^ar  zur  Enthauptung  und  danach 
zur  Yerbrennung  verurteilt  worden:  das  ist  aber  nicht  die  nachweisliche 
alte  Strafe  für  Ehebruch,  sondern  ist  die  Milderung  des  Feuertodes,  welche 
in  späterer  Zeit  (noch  im  18.  Jahrhundert)  den  Hexen  zu  teil  ward.  Ehe- 
brecherinnen wurden  in  jenen  strengen  Zeiten  einfach  enthauptet  oder 
lebendig  begraben.  In  der  Yerbrennung  erkennen  wir  also  eine  jüngere 
Zuthat,  die  aus  dem  Volksglauben  sich  ergab,  nur  eine  Hexe  habe  einen 
solchen  Gang  gehen  können;  sodann  auch  aus  dem  Bedürfnis  nach  einem 
Ziel  des  wunderbaren  Ganges  des  wiederbelebten  Weibes.  —  Dieser  Gang 
geht  über  neun  Äcker:  das  ist  eine  uralte  mythische  Raumbestimmung. 
Neun  Fuss  weit  geht  Fiorgyns  Sohn,  ck  i.  Thorr,  als  die  Weltschlange  ihn 
zum  Tode  verwundet  hatte  (Yolusp.  50).  Neun  Fuss  weit  Raum  muss 
zwischen  dem  Vatermörder,  der  seine  Schuld  noch  nicht  gebüsst  hat  und 
jedem  andern  Mann,  nach  Westerlauwer  Friesen-Recht  (423,  3L  Richth.) 
bleiben.  Beim  Gottesurteil  des  glühenden  Eisens  ward  über  neun  Pflug- 
scharen geschritten  oder  das  glühende  Eisen  neun  Fuss  weit  getragen 
(Kägi,  German.  Gottesm^teil  46  f.).  Ein  Mädchen  bei  Sulzbach  in  der  Ober- 
pfalz nahm  zur  Kühlung  des  heissen  Erntetags  einen  Strohhalm  zwischen 
die  Zehen  und  schritt  damit  über  neun  Beete:  sofort  entstund  ein  Gewittei- 
(Schön werth,  Sagen  aus  der  Ob(n-pfalz  3,  184).  Über  neun  Grenzen, 
Kaine,   Scheiden    oder  Ecken    ist   in  geheimnisvollen  (üebräudien  eine  alt- 


Zu  Goethes  Parialegende.  49 

lieilige  Raumbestimnmng.  In  dem  Toten-  iiml  Liistrationskult  der  arischen 
Völker    erscheint  überall  die  geheimnisvolle  Bedeutung  der  Zahl  ]S^eun^). 

Jenes  Mädchen  unserer  voigtländischen  Sage  schreitet  also,  getötet, 
aber  zum  Leben  noch  einmal  zurückgerufen,  durch  einen  Raum  von  alt- 
heiligem Maass.  Ob  es  nun  dann  wirklich  tot  zusammenbrach  (gleich  dem 
von  dem  Midgardswurm  getroffenen  Thörr)  oder  entsühnt  ins  Leben  zurück- 
trat (gleich  der  indischen  Renuka)  und  denen,  die  das  germanische  Gottes- 
urteil bestunden,  ist  eine  Frage,  die  wir  lösen  können. 

Deshalb  haben  wir  von  dem  Rasenstück  zu  sprechen,  das  der 
Eisenberger  Scharfrichter  statt  des  Hauptes  dem  Rumpf  der  Getöteten 
auflegte. 

Der  Rasen  hatte  als  ein  Stück  der  heiligen  mütterlichen  Erde  in  dem 
alten  Glauben  der  Germanen  eine  grosse  Bedeutung.  Denmacli  hat  auch 
der  deutsche  und  skandinavische  Aberglaube  die  geheimnisvolle  Kraft  des- 
selben nicht  vergessen. 

Nimmt  man  ein  Rasenstück  (dänisch  graestorv)  auf  den  Kopf,  so  wird 
man  unsichtbar  und  erkennt  die  Hexen  und  Bilweisse  in  ihrer  wahren 
Gestalt"'');  oder  auch  mau  versteht  die  Yögelsprache  (Feilberg  a.  a.  O.). 
Durch  das  Stellen  unter  den  Rasen  wird  der  Mensch  in  diesem  Falle  ein 
Unterirdischer  und  erlangt  die  übermenschlichen  Eigenschaften  desselben: 
Unsichtbarkeit  und  verschärften  Verstand. 

Rasenstücke  halten  ferner  böse  Geister  (Hexen)  von  der  Schwelle  ab, 
vor  die  sie  gelegt  sind  (Wuttke  89);  sie  schützen  (wenn  sie  umgekehrt 
werden)  gegen  aufziehendes  Unwetter,  indem  sie  den  Wind  wenden  (Wuttke 
444);  sie  geben,  vor  dem  Sommeraustrieb  unter  die  Schwelle  des  Stalles 
gelegt,  dem  darüber  schreitenden  Vieh,  namentlich  wenn  nocli  ein  Ei  uud 
ein  Stück  Eisen  (Beil,  Schlüssel)  dazu  gelegt  werden,  Segen  mit  auf  die 
Weide  (Wuttke  89). 

Andern  Glauben,  der  sich  an  die  Rasenstücke  knüpft,  können  wir 
hier  beiseite  lassen. 

Für  uns  wichtig  ist  die  höhere  Begabung  oder  geradezu  die  Wande- 
lung, die  durch  den  Rasensti'eifen  mit  dem  darunter  stehenden  oder  gehenden 
Menschen  geschieht.  Dies  genauer  zu  erkennen,  dient  der  bekannte  alt- 
nordische Rechtsbrauch  des  Ganges  unter  das  Erdband  (gänga  undir  jar- 
darmen),  über  den  neuerdings  Max  Pappen  he  im  in  seinen  Altdänischen 
Schutzgildeu    (21  f.,  25  f.,  34  f.)    gehandelt   und  ihn  als  symbolische  Dar- 


1)  Diels  Sibyllinische  Blätter.  Berlin  1890.,  S.  41  f.  Kägi,  die  Neunzahl  bei  den 
Ostariem  (in  den  Philolog.  Abhandlungen  für  H.  Schweizer-Sidler)  1891. 

2)  Nebenbestimmungen:  der  Easen  muss  vom  Grab  eines  ungetauften  Kindes  sein 
(Westfälische  Sagen:  Kuhn  I  n.  419);  er  muss  vor  Sonnenaufgang  auf  einer  .Feldecke  ge- 
stochen sein  (Wuttke,  Aberglaube  378):  man  muss  auf  einem  Kreuzwege  stehen 
(Wuttke  376),  oder  in  einer  Grube  auf  dem  Galgenberge  (Feilberg  Ordbog  s.  v. 
graestorv). 

^Jeitschrift  d.  Vereins  f.  Volkskunde.     1892.  4 


50  Kunze : 

Stellung  des  Geburtsaktes  erklärt  hat,  bei  dem  die  Erde  als  Mutter,  der 
unter  den  übergespannten  Rasenstreifen  getretene  als  im  Mutterleib  be- 
findlich gedacht  ward.  Kr.  Nyrop  hat  sich  in  seinem  Aufsatz  über  den 
Lappenbaum  (Kludetraeet,  en  sammenlignende  undersögelse,  Dania  S.  1 — 31) 
dieser  Deutung  angeschlossen,  indem  er  in  dem  weitverbreiteten  Brauche, 
Krankheiten  und  Schäden  mittels  Durchkriechens  durch  Baumspalten, 
Stein-  und  Erdlöcher  zu  heilen.  Stützen  für  die  Symbolik  einer  Wieder- 
geburt erkannte.  Wenn  er  zugleich  aber  auch  eine  Reinigungsceremonie 
darin  sah,  im  Anschluss  an  J.  Grimm  und  K.  Maurer,  so  hat  Pappen- 
heim (Zeitschrift  für  deutsche  Philologie  XXIV,  157  ff.)  wie  es  scheint, 
begründete  Einwendungen  dawider  erhoben.  Das  Gehen  unter  den  Erd- 
streifen  ist  eben  nur  das  Symbol  der  Wiedergeburt  im  Schosse  der  Erde. 

Das  enthauptete  Mädchen  von  Eisenberg  ist  mit  dem  Rasenstück  be- 
deckt worden,  es  tritt  unter  das  Erdband,  d.  h.  es  wird  neu  geboren,  kehrt 
zum  Leben  zurück,  schreitet  als  eine  Lebende  einher.  Dass  nun  diese 
Wiederbelebung  nur  geschehe,  um  sie  sofort  auf  dem  Scheiterhaufen  wieder 
zu  töten,  wäre  ganz  widersinnig.  Auch  von  dieser  Seite  ergiebt  sich  der 
Schluss  der  Eisenberger  Sage  als  jüngerer  Zusatz. 

Suchen  wir  dieselbe  auf  ihre  älteste  Gestalt  zurückzuführen,  so  wird 
es  die  mythische  Erzählung  davon  sein,  dass  ein  schönes  Weib  zur  Strafe 
eines  Vergehens  den  Tod  empfing  —  ob  wir  dabei  im  Schwert  ein  Bild 
des  Blitzes  sehen  sollen,  sei  dahingestellt.  Sie  wird  aber  von  den  Göttern 
begnadigt  und  durch  Wiedergeburt  dem  Leben  zurückgegeben. 

Die  moderne  Umkleidung  der  deutschen  Sage  streifen  wir  von  dem 
eigentlichen  Körper  derselben  ab.  Das  Mittel  der  Wiedergeburt  —  das 
Gehen  unter  den  Rasenstreifen  —  ist  uralt  und  weit  älter  als  die  Be- 
rührung mit  dem  Schwert,  die  Goethe  aus  Varianten  der  indischen  Er- 
zählung entnommen  hatte.  Und  so  erkennen  wir  in  dieser  voigtländischen 
Volkssage  treu  bewahrte  Züge  einer  uralten  arischen  Mythe.  Wir  erkennen 
auch  hier  wieder,  welchen  wichtigen  Schatz  wir  iii  unseren  Volkssagen 
haben.  Es  kommt  eben  nur  auf  die  Wünschelrute  an,  um  denselben  heben 
zu  können. 


Der  Gebrauch  des  Kerbholzes  auf  dem 
Thüringer  Walde. 

Vom  Volksschullehrer  F.  Kunze  in  Suhl. 


Es  ist  eine  unbestreitbare  Thatsache,  dass  sich  in  Gebirgsgegenden 
(besonders  in  den  Dörfern)  Sagen,  Sitten  und  Gebräuche  unverfälschter 
und  lebenskräftiger  erhalten,  als  in  den  grösseren  Ortschaften  der  dem 
regeren  Verkehr  und  der  glättenden  Kultur  mehr  geöffneten  Ebenen. 


Der  Gebrauch  des  Kerbholzes  auf  dem  Thüi'inger  Walde.  51 

Ein  recht  interessanter  Branch,  der  jedoch  nur  vereinzelt  und  ver- 
blasst  auftritt,  ist  die  Verwendung  des  sprichwörtlich  gewordenen  Kerb- 
holzes, welche  noch  heute  im  Gasthause  „Zum  goldenen  Hirsch"  in  Neuen- 
dorf bei  Suhl  auf  dem  Thüringer  Walde  zu  beobachten  ist. 

Suhlerneundorf ,  wie  der  Ort  gewöhnlich  im  Yolksmunde  genannt 
wird  —  zum  Unterschiede  von  dem  etwas  über  eine  Meile  entfernt 
gelegenen  Neundorf  bei  Schleusingen  — ,  kommt  urkundlich  als  „Nuwen- 
dorf  bi  Sule"  zuerst  anno  1375  vor  und  besitzt  in  seinem  bereits  er- 
wähnten Gasthause  laut  der  über  dessen  steinernem  Eingangspförtchen 
eingemeisselten  Jahreszahl  1616  einen  stummen  Zeugen  fast  dreier  wechsel- 
voller Jahrhunderte. 

Unterwirft  man  die  inneren  Räume  der  Gemeiudeschenke  einer  auch 
nur  oberflächlichen  Besichtigung,  so  erweist  sich  die  eigentümliche  Bauart 
schon  als  ein  „Altertum".  Die  originellen  Holzschnitzereien  der  breiten 
Thürbekleidungen,  die  ursprünglichen  Tafeln  und  Bänke,  welche  noch  vor 
sechs  Jahren  das  niedrige  Gastzimmer  schmückten,  dann  aber  —  eine 
höchst  willkommene  Wohn-  und  Werkstätte  der  emsigen  Holzwürmer  — 
wegen  Altersschwäche  ausser  Dienst  gesetzt  wurden,  hätten  einen  würdigen 
Platz  in  einem  Museum  für  Altertümer  beanspruchen  können. 

Alter  aber  als  jene  Möbelstücke  ist  unstreitig  die  Benutzung  des 
Kerbbolzes. 

Dieses  stabförmige  Gerät  besteht  aus  zwei  ineinander  fügbaren  Teilen, 
welche  man  mit  der  Bezeichnung  Haupt-  und  Ergänzungsholz  bedenken 
und  aus  nachstehender  Figur  deutlich  ersehen  kann. 


Fig.  1. 

In  jener  Form  ist  das  lineale  Instrument  vierkantig,  meistens  aus 
Buchenholz  geschnitzt,  und  hat  eine  Länge  von  etwa  32  cm^  während  seine 
Breite  beim  Zusammenpassen  beider  Teile  bei  4  cm  ausmacht.  Der  Name 
Kerbholz  ist  ihm  in  Ansehung  der  Kerben,  welche  auf  seiner  breiteren 
Oberfläche  angebracht  werden,  verliehen  worden.  Mittels  einer  dreikantigen 
Stahlfeile  werden  die  Striche  in  die  glatte  Breitseite  der  dicht  aneinander- 
gehaltenen  Buchenhölzer  eingeritzt  und  deuten  in  ihrer  Reihenfolge  die 
Anzahl  der  vom  vorübergehenden  Inhaber  des  Holzes  auf  Rechnung 
empfangenen  Masse  Bieres  an. 

Nach  erfolgter  Einkimmung,  die  sicli  auf  beide  Hölzer  erstreckt,  er- 
hält der  Bierempfänger  das  ihm  als  zeitweiliges  Eigentum  übergebene  Er- 
gänzungsholz zurück  und  nimmt  es  aus  der  Schenke  mit  nachhause,  um 
es  bei  dem  nächsten  Bierbezugo  wieder  mit  zur  Quelle  zu  bringen.  Auf 
diese  Weise  ist  der  biers])endende  Wirt  ebenso  wie  sein  Kunde  jederzeit 
in  der  Lage,  das  hölzerne  —  und  stets  vor  Fälschungen  gesicherte  —  Bier- 

4* 


52  Knnze: 

koiito  zu  übersehen  und  zu  kontroliereu,  selbst  dann  uocli,  wenn  letzterer 
zur  Verscheucliuug  des  lästigen  Durstgespenstes  ab  und  zu  ein  oder  mehrere 
Liter  in  seine  Behausung  oder  auf  den  Acker  holen  lässt. 

Die  Zahl  der  „Möässer"  Bier  wird  bis  zur  Höhe  von  9  durch  ein- 
fache Striche  bezeichnet,  während  10  Liter  (20  Kärtle)^)  mit  einer 
römischen  X  eingeschrammt  werden,  wie  aus  nachstehender  Figur  2  er- 
sichtlich ist. 


i'llillilYlllLL 


Fig.  2. 

Der  Scheitelpunkt  des  vierwinkligen  Zifferkreuzes  (X)  fällt  bei  der 
Einkerbung  in  die  Schnittlinie  zwischen  beide  Hölzer,  so  dass  sowohl  auf 
dem  Hauptholz  des  Wirtes,  als  auch  auf  dem  Ergänzungsholze  des 
Gastes  je  eine  V  zu  stehen  kommt,  welche  sich  dann  bei  richtiger  Zu- 
sammenfügung beider  Stäbe  zu  einer  X  gestaltet. 

Werden  nun  z.  B.  6h  l  Bier  gekauft,  so  wird  ausser  den  sechs  vollen 
Kerben  auf  jedem  Holz  noch  ein  halber  Strich  eingeritzt  (vgl.  Fig.  2), 
der  dann  bei  der  nächsten  Gelegenheit,  wo  wiederum  i  l  mit  im  Spiele 
ist,  zu  einem  vollen  oder  ganzen  Striche  feilend  erweitert  wird. 

Zur  erntefetten  Zeit  des  Nachherbstes  eines  jeden  Jahres  wird  die 
Bilanz  gezogen,  bei  welcher  das  beiderseitige  Soll  und  Haben  dieser 
einfachen  Buchführung,  die  in  Ansehung  der  beiden  Hölzer  auch  zugleich 
eine  doppelte  ist,  so  genau  stimmt,  dass  weder  auf  Seiten  des  Gläubigers, 
noch  auf  Seiten  des  Schuldners  ein  Manko  zu  finden  ist. 

W^ard  im  Laufe  des  Jahres  die  angefangene  Breitseite  des  Kerbholzes 
völlig  mit  Kimmen  versehen,  so  dreht  man  das  bisher  einseitig  benutzte 
Instrument  zum  ferneren  Gebrauch  einfach  herum,  um  hier  von  neuem  zu 
beginnen.  Nach  Abschluss  der  Jahresrechnung  oder  nach  erfolgter  Ebnung 
des  Kontos  wird  das  Doppelholz  keineswegs  wie  ein  abgenutzter  Gegen- 
stand beiseite  geworfen,  sondern  es  muss  nach  erfolgter  Abhobelung  im 
kommenden  Jahre  wiederum  dieselben  Dienste  leisten. 

Damit  die  in  Händen  des  Wirtes  sich  befindenden  Haupthölzer  nicht 
abhanden  kommen,  werden  sie  wie  eine  Schlüsselfamilie  au  einen  umfang- 
reichen Drahtring  gefesselt,  dem  stets  sein  bestimmter  Hängeplatz  an  der 
Wand  angewiesen  wird. 

Damit  eine  unheilvolle  Verwechselung  der  verschiedenen  Merkhölzer 
ausgeschlossen  bleibe,  sind  auf  der  fast  2  cm  breiten  Rückenfläche  der- 
selben die  Namen  der  zuständigen  Kunden  mit  schwarzer  Tinte  ver- 
zeichnet. Ausser  einigen  „Geschirrhalteru"  —  moderne  Bezeichnung  für 
Fuhrleute   —   Suhlerneundorfs    sind  noch   etliche   Altertumsverehrer  Suhls 


1)    (1.  Ii.  auf  oinmal  abgeholtl 


Der  Gebrauch  dos  Korliliolzes  auf  dorn  Thüringer  Walde.  53 

im  Besitze  von  Ergänzungshölzeru,  um  die  Sitte  nicht  völlig  ablebeii  zu 
lassen.  — 

Was  nun  das  Alter  dieser  eigentümlichen  Berechnungsweise  anbelangt, 
so  ist  zu  bemerken,  dass  sie  das  ganze  Mittelalter  hindurch  gäng  und  gäbe 
war  und  bis  ins  17.  Jahrhundert  hinein  in  Deutschland  bei  der  Zählung 
der  Vieh-  und  Clarbenzahl,  besonders  bei  der  Entrichtung  des  Zehnten 
(Decem)  allgemeine  Yerwendung  fand.  Bei  Krämern,  Schankwirten  und 
Kaufleuten  vertrat  das  Kerbholz  die  Stelle  des  Kontobuches,  in  welches 
säumige  Zahler  ein-  oder  aufgetragen  wurden.  Da  der  Bauer  dazumal 
noch  nicht  „so  geleret  was.  daz  er  an  den  buochen  las'^,  noch  vielweniger 
in  dieselben  schrieb,  so  erlangten  gerade  die  einfachen  Rechenbrettchen 
auf  dem  Lande  eine  weitgehende  Verbreitung,  indem  Drescher,  Fröhner, 
Tagelöhner,  Müller  etc.  ihre  arithmetischen  Auseinandersetzungen  auf  dem 
Kerbholze  verewigten. 

Der  alte  Chronist  Peccenstein  berichtet  in  seinen  mir  vorliegenden 
Abhandlungen  über  das  alte  Thüringen  (Jena  und  Leipzig,  1597)  auf 
Seite  43,  dass  die  weiland  Bewohner  dieses  Landes  „mit  Kerbhölzern 
berechnet,  vnd  den  Hertzen  Ja  und  Nein  bezalet"  hätten. 

Urkundlich  findet  sich  das  alte  hanebüchene  Instrument  im  14.  Jahr- 
hundert als  „kervestock"  und  im  15.  Jahrhundert  (1475)  als  „kerveholz" 
vor.  Es  war  ursprünglich  ein  glatt  zugerichteter  Stab  von  ungefähr  1  Fuss 
Länge,  an  welchem  der  Gläubiger  mit  römischen  Zahlen  oder  verschiedenen 
Kerben  die  Schuld  des  borgenden  Kunden  schneidend  anmerkte.  Sobald 
Abrechnung  oder  Kerbzählung  gehalten  wurde,  sandte  der  Gläubiger  seinem 
Schuldner  den  Stab  als  Rechnung  zu  oder  er  rechnete  auf  Grund  der  An- 
gaben desselben  persönlich  mit  ihm  ab.  Die  „Herren''  trugen  ihre  Ver- 
merke auch  wohl  in  die  Bücher  ein,  während  die  Bauern  hierzu  ihre  Hölzer 
gebrauchten.  So  ist  beispielsweise  in  einem  Schiedssprüche  vom  Jahre  1464 
(Lennep  Leihe  zu  Landsiedelrecht.  Cod.  prob.  S.  241)  die  Rede  von  „der 
alten  schuldt,  was  der  ist,  die  sie  (Siedler,  Bauern)  an  ihren  Kerben  und 
auch  die  Herren  in  ihren  Büchern  beschrieben  haben." 

Bei  Einkäufen  hatte  sowohl  der  Verkäufer  als  auch  der  Abnehmer 
sein  Holz  (ähnlich  der  Neundorfer  Sitte),  welche  bei  der  Abrechnung  in 
ihren  Einzeichnungen  übereinstimmen  mussten.  In  der  Regel  waren  sie 
der  Sicherheit  wegen  „aus  einem  Stück"  geschnitten,  ja  die  deutlich  sicht- 
baren Jahresringe  des  Holzes  mussten  mit  ihren  Merkmalen  die  erforder- 
liche Sicherheit  und  Genauigkeit  erhöhen  helfen.  Eine  ülmer  Gerichts- 
ordnung vom  Jahre  1621  erkennt  darum  auch  den  Kerbhölzern  (da  der 
Schuldherr  den  Stock  behelt,  der  Einsatz  aber  und  Gegenwechsel  dem 
Schuldmann  zu  gestellet  wird)  eine  gerichtliche  Beweiskraft  zu  (Haltaus, 
Glossarium  germ.  Sp.  1082).  „Am  Tage  St.  Andrea  anno  1594  sind  zwey 
gleichlautende,  einer  Handschrift  aufeinander  ausgeschnittene  Briefe,  deren 
jede  Parthey  einen  zu  sich  genommen,    ausgefertiget  worden",  beti". 


54  Kunze : 

die  Yorniietiuig  der  C-remeindeschenke  zu  Natza,  weshalb  man  „nicht  nöthig 
gehabt,  dergleichen  Contracte  zu  unterschreiben,  sondern  es  haben  solche, 
wenn  sie  ordentlich  auf  einander  gepasset,  eben  die  Kraft  des  Beweises 
gehabt,  wie  denen  ausgeschnitteneu  Kerbhölzern  beygeleget 
wird/'  (cfr.  Klingner,  Sammlungen  zum  Dorf-  und  Bauren  Rechte. 
Leipzig  1755,  IV.  Teil,  pag.  825,  wo  auch  eine  Zeichnung  eines  noch  vor- 
handenen Pachtkontraktes  in  der  Grestalt  von  Figur  3  gegeben  ist.) 


Fig.  3. 

Laut  der  „Statuta  der  Stadt  Sula,  Wie  solche  im  Jahre  1664  ernewert" 
und  anno  1666  gedruckt  wurden,  war  auch  das  Kerbholz  in  seiner  pri- 
mitivsten Form  hier  in  Suhl  gebräuchlich,  und  zwar  zur  Aufzeichnung 
des  zu  entrichtenden  Zolles,  mit  welchem  alle  auswärtigen  Waren,  welche 
auf  den  hiesigen  Markt  gebracht  wurden,  belegt  waren.  Der  hier  ein- 
schlägige §  11  des  Statuts  besagt  unter  der  Überschrift  „Vom  Spähn- 
Ausschneiden"  wörtlich:  „Alles  einkommende  frembde  Bier,  auch  Most  und 
Wein,  ehe  es  denn  vom  Geschirr  abgeladen  wird,  soll  vom  Spähn- Aus- 
schneider und  Stadtschreiber  aussgespähnet,  und  zu  Register  gebracht;  was 
aussgezäpffet  wird,  wie  vorhergehends  gedacht,  gericht  und  in  Register 
verzeichnet;  was  aber  wieder  hinaus  verkaufft  und  abgeführet  wird,  die 
Spähne  eingelegt  und  abgeschnitten  werden^)." 

War  nämlich  das  Kerbholz  voll,  so  schnitt  man  behufs  erneuter  Be- 
nutzung die  eingekerbte  Schicht  los  (ähnlich  wie  heute  noch  in  Naundorf), 
was  einst  Dr.  Martin  Luther  bei  verzögerter  Beantwortung  eines  erhaltenen 
Briefes  mit  folgenden  Worten  bildlich  benutzte:  „Ich  muss  einmal  das 
Kerbholz  losschneiden,  denn  ich  lange  nicht  geantwortet  habe"  (Briefe, 
herausg.  von  de  Wette  5,  448). 

Vielfach  diente  das  Kerbholz  auch  nur  zur  Unterstützung  des  Ge- 
dächtnisses seines  Besitzers.  So  bezeichneten  in  Hessen  oft  die  Hirten 
des  Dorfes  jedes  Stück  ihrer  Herde  durch  einen  Einschnitt  am  Kerbstocke, 
ja  sie  kannten  auch  jedes  einzelne  Glied  ihrer  oft  umfangreichen  Herde 
an  der  darauf  bezüglichen  Kerbe.  So  noch  jetzt  an  der  Dierael  und  unteren 
Werra.  Von  diesem  Brauche,  das  Vieh  nach  Kerben  zu  zählen,  rührt  es 
her,  dass  man  in  Oberhessen  den  Viehbestand  und  die  Grösse  der  Güter  nach 
Kerben    bestimmte.     „Ein   Gut   mit    vier  Kerben"    ist    dort    ein    mit  vier 


1)    Span    odin-  Ki'rfholzlin;    der  Gogenspau,    kontrollireades  Kerbholz,    Sclinieller, 
Bayr.  Wörterb.  11  =  669. 


Der  Gebrauch  des  Kerliliolzes  auf  dem  Thüringer  Walde.  55 

Ochsen  oder  zwei  Pflügen  ausgestattetes  Grundstück.  „Der  Sclmllehrer 
hat  eine  Kerbe  frei"  ~  bedeutet,  er  hat  das  Recht,  ein  8tück  Rindvieh 
oder  zwei  Schweine  unentgeltlich  mit  auf  die  Weide  gehen  zu  lassen. 
Noch  in  der  Mitte  dieses  Jahrhunderts  wurden  in  Hessen^)  Güter  nach 
Kerben  oder  Kimmen  berechnet,  was  offenbar  auf  jene  Kerbholzsitte 
zurückgeht.  Im  Suhl  benachbarten  Dorfe  Heinrichs  bezeichnet  noch  heute 
der  Hirt  die  Tiere  seiner  Herde  durch  einen  einfachen  Schnitt  an  seinem 
Hirtenstocke,  und  ein  hiesiger  Büchsenschäfter  zeigte  mir  nach  einem  von 
mir  gehaltenen  Yortrag  über  das  Kerbholz  in  dem  meinem  Vorsitz  an- 
vertrauten Gewerbeverein  hierselbst,  ein  aus  Amerika  bezogenes  Büffel- 
horn,  in  welchem  (jedenfalls  von  einem  Hirten)  ungefähr  10  mm  tiefe 
Kerben  angebracht  waren. 

In  Schwarzenboru  in  Hessen  wurden  noch  1816  die  Zehntgarben  von 
den  Zehntmännern  gekerbt,  und  im  Jahre  1861  merkte  der  Thorschliesser 
in  Marburg  die  sogenannten  „Abw^erfescheiter"  —  Holzscheite,  welche  die 
bäuerlichen  Holzverkäufer  als  Abgabe  au  die  Stadt  zu  liefern  hatten  — 
beim  Einfahren  in  die  Stadt  vor  dem  Zollhause  an  dem  Kerbholze  an.  In 
der  fränkisch-hennebergischen  Gemarkung  war  es  vor  20  Jahren  noch  all- 
gemeine und  ist  heute  hin  und  wieder  noch  gangbare  Sitte  (z.  B.  in  Mäben- 
dorf  bei  Suhl),  dass  am  Kirmsentage  die  sogenannten  „Platzmeister" 
(Burschen,  welche  die  Leitung  des  Tanzes  übernehmen)  an  der  Seite  ein 
Kerbholz  tragen  —  befestigt  an  einem  seidenen  Baude  —  um  auf  dem- 
selben die  Anzahl  der  Masse  Bier  einzuschneiden,  welche  sie  für  die  Tanz- 
burschen vom  Wirte  erhalten  haben. 

Auch  in  der  Schweiz  wurde  bis  in  die  Gegenwart  hinein  auf  den  Alm- 
weiden der  Betrag  der  gelieferten  Milch  in  Holzstäbe  unter  dem  Kenn- 
zeichen der  einzelnen  Lieferanten  eingekerbt.  Die  Hölzer  hiessen  und 
heissen  noch  Milchbeile.  Mit  Brotbeilen  bezeichnete  man  zwei  etwa 
fusslange  Zwillingsstäbe,  welche  man  nebeneinander  legte,  um  quer  auf 
denselben  die  Anzahl  der  verabreichten  Brote  einzukimmen.  Bäcker, 
Metzger  und  Milchbauern,  Senner  auf  der  Alm,  haben  diese  Beile  noch  für 
sich  und  ihre  Kunden  als  Berechnungsmittel  ^). 

Vor  einiger  Zeit  berichtete  eine  Zeitung  von  einem  ähnlichen  Brauche, 
der  auf  dem  bairischen  Walde  in  nachvermeldeter  Gestalt  noch  an  der 
Tagesordnung  ist.  ,.Der  Bauer  und  der  Holzhauer  haben  ein  jeder  einen 
Holzspahn;  beide  Spähne  werden  aufeinander  gelegt,  und  für  je  einen 
Arbeitstag  wird  ein  Einschnitt  gemacht,  worauf  der  Bauer  seinen  Spahn 
in  den  Kasten  sperrt  und  der  Holzhauer  seinen  Spahn  mit  nach  Hause 
nimmt,  so  dass  keiner  dem  Spahne  des  andern  beikommen  kann.  Am 
Schlüsse  des  Monats  wird  abgerechnet.     Beide  Spähne  werden  zusammeu- 

1)  Vilmar,  Idiotikon  von  Kurhessen  S.  199,  201  (Kimme  ist  niederhessisch). 

2)  Über  die  Beile  vgl.  Fr.  Staub,  Das  Brot  im  Spiegel  schweizerdeutscher  Volks- 
sprache und  Sitte.   Leipzig  1868.    S.  48,  67,  173—177. 


5()  liovarini : 

gelegt  uiul  die  Einschnitte  am  Rücken,  die  natürlich  genau  zusammen- 
stimmen müssen,  gezählt  und  bezahlt.  Die  geschehene  Abrechnung  wird 
am  Schlüsse  durch  ein  -f-  bezeichnet."  Die  betreffende  Zeitung  zollte 
dieser  „durch  ihre  patriarchalische  Einfachheit  für  sich  selbst  redende  Art 
der  Buchführung"  belobigende  Worte,  wobei  wir  uns  Justus  Möser's 
Preises  des  Kerbstockes  in  den  Patriotischen  Phantasien  (2,  144.  312. 
Ausg.  Y.  1778)  erinnern  wollen. 

Da  es  in  früheren  Zeiten  besonders  die  Gewohnheit  der  Wirte  war, 
sich  des  Kerbholzes  zur  Aufzeichnung  der  Schuld  ihrer  Kunden  zu  be- 
dienen, so  hat  sich  aus  jenen  Zeiten  bis  auf  den  heutigen  Tag  die  Redens- 
art „aufs  Kerbholz  trinken"  erhalten;  es  bedeutet  soviel  wie  unbedacht 
trinken,  ohne  der  künftigen  Schuldabtragung  zu  gedenken.  Hat  jemand 
mit  einem  andern  irgend  eine  strittige  Angelegenheit  zu  schlichten,  so 
wird  dem  Gegenpart  oftmals  unter  die  Nase  gerieben,  dass  er  „noch  etwas 
auf  dem  Kerbholze"  habe.  Eine  alte,  jetzt  ausser  Kurs  gesetzte  Redens- 
art, „ans  Kerbholz  reden",  missbilligte  das  Drauflosreden  ohne  jegliche 
Überlegung. 

In  Wallensteins  Lager  sagt  die  Marketenderin,  als  der  Wachtmeister 
ein  Glas  auf  Piccolominis  Wohl  leeren  will:  „Das  kommt  nicht  aufs  Kerb- 
holz, ich  geb  es  frei."  Heutigen  Tages  bringen  die  Gastwirte  zwar  auch 
nichts  mehr  „aufs  Kerbholz'^,  aber  die  verabfolgten  Speisen  und  Getränke 
an  lässige  Bezahler  werden  mittels  der  Kreide  „am  Brette"  angemerkt, 
ein  Gebrauch,  der,  wenn  der  Empfänger  nichts  bucht,  oft  zu  unerquick- 
lichen Auseinandersetzungen  Anlass  giebt;  denn  hat  der  Schuldner  viel 
auf  der  Kreide  und  eine  stattliche  Reihe  von  Strichen  mit  barer  Münze 
abzulösen,  so  beschuldigt  er  oft  den  Wirt,  dass  dieser  mit  doppelter  Kreide 
schreibe.  Unbedingt  war  das  Kerbliolz  der  „guten  alten  Zeit"  hierin  viel 
sicherer. 


Die  Frauenwettrenneii  in  Padua. 

(Le  corse  delle  donne  a  Padova.) 
Von  Emilio  Lovarini. 

An  den  alten  Festen  des  italienischen  Volkes  nahmen  die  Wettrennen 
ohne  Zweifel  einen  bevorzugten  Platz  ein.  Es  gab  viele  und  oft  sehr 
sonderbare  Arten  derselben;  ausser  Pferden  verschiedener  Rassen,  Kleppern, 
Eseln,  Büffeln  verwendete  man  bei  den  Wettrennen  auch  Männer,  Kinder, 
Jünglinge,  Greise,  und  zur  grossen  Freude  des  christlichen  Volkes  die 
Juden,  besonders  in  Rom,  das  sich  durch  derartige  Schauspiele  vor  allen 
übrigen  Städten  auszeichnete,  seitdem  der  lebenslustige  venezianische  Papst 


Die  Frauenwettremien  in  Padua.  57 

Paul  ir.  die  Wettrennen  dortliiu  verpflanzt  hatte.  Diese  Rennen  fanden 
am  Testaccio  statt,  im  Centrum  der  Stadt,  auf  der  Strasse,  die  heute  den 
Xamen  Corso  führt,  und  erstreckten  sich  bis  unter  die  Fenster  seines  Pa- 
lastes auf  der  Piazza  Venezia^).  In  Rom  lebt  auch  noch  die  Erinneruno- 
an  einen  Wettlauf  nackter  Buckeliger,  die  „sehr  sehenswert  waren  wegen 
der  Mannigfaltigkeit  ihrer  wunderlich  geformten  Rückgräte,"  wie  ein  Be- 
richt vom  Jahre  1633  sagt-).  Dagegen  konnte  ich  keinerlei  K'achricht 
darüber  finden,  dass  dort  auch  jene  merkwürdigste  Art  der  Wettrennen, 
die  Frauen  Wettrennen,  veranstaltet  wurden,  wie  dies  an  vielen  anderen 
Orten  geschah.  Auch  der  Frauenwettrennen  giebt  es  mehrere  Arten:  in 
den  Ortschaften  am  Bolsenersee,  z.  B.  in  Yiterbo,  liess  man  ebenso  wie  in 
Assisi  im  Umbrischen,  die  Frauen  mit  einem  Kruge  voll  Wasser,  den  sie 
auf  dem  Kopfe  im  Gleichgewicht  zu  halten  hatten,  Wettlaufen.  Berühmt 
sind  auch  die  Ruderwettfahrten  der  Frauen  in  Triest  und  an  anderen 
Orten,  welche  jenen  cähnlich  waren,  die  ehemals  in  Venedig,  z.  B.  zur 
Feier  der  Ankunft  König  Heinrichs  III.  von  Frankreich  veranstaltet  wurden 
und  die  viele  Jahrhunderte  hindurch  bestanden.  Bei  diesen  Regatten 
zeichneten  sich  besonders  die  Bewohnerinnen  der  Insel  Palestrina  aus^). 

Die  Wettrennen,  mit  denen  ich  mich  beschäftigen  will,  die  ,,cursus 
meretricum"  (Dirnenwettläufe),  haben  einen  ganz  anderen  Charakter;  sie 
waren  im  Mittelalter  sehr  gebräuchlich  und  wurden,  wie  uns  Muratori 
berichtet*),  im  Jahre  1325  von  Castruccio  Castracani  selbst  unter  den 
Mauern  von  Florenz  zum  Schimpfe  der  belagerten  Bevölkerung  veranstaltet. 
Dieser  Gebrauch  verschwand  mit  der  Zeit,  in  einigen  Städten  freilich  viel 
früher  als  in  anderen.  Obwohl  man  z.  B.  in  Brescia  durch  einen  Beschluss 
des  Consilio  speziale  vom  4.  August  1444  ihn  abzuschaffen  versucht 
hatte,  verschwand  er  gleichwohl  erst  48  Jahre  später.  B.  Zamboni'") 
berichtet,  dass  diese  uralte  Gewohnheit  des  Preiswettlaufens,  die  „von  den 
allgemeinen  Concilien  als  viehisch  und  teuflisch  angesehen,  von  der  Re- 
gierung als  abscheulich  getadelt  und  von  allen  Predigern  und  Dienern 
Gottes  verabscheut  wurde,  schliesslich  auf  den  Rat  des  ehrwürdigen  Paters 


1)  F.  Gregorovius,  Storia  della  cittä  di  Roma,  Venezia,  Antonelli,  1875,  VII, 
250—2.  —  Burckhardt,  Die  Cultur  der  Renaissance  in  Italien,  Leipzig,  See- 
mann, 1878,  II,  163.  —  A.  Ademoll  0,  II  carnevale  di  Roma  nei  secoli  XVII  e 
XVIII,  Roma,  Sommaruga,  1883,  1  fg  ,  60  fg.  und  passim.  Cfr.  von  demselben: 
Alessandro  VI,  Ginlio  II  e  Leone  X  nel  carnevale  di  Roma,  Firenze,  AdemoUo, 
1886,  22  und  passim. 

2)  A.  Ademollo,  II  carnevale  etc.  10. 

3)  P.  de  Nolhae  e  A.  Salerti,  II  viaggio  in  Italia  di  Enrico  III,  re  di 
Francia,  Torino,  Roux,  1870,  117—8.  —  G.  Renier  Michiel,  Origini  dclle  toste 
veneziane,  Venezia,  AMsopoli,  1827,  V,  267. 

4)  Antiq.  M.  E.,  II,  852:  cfr.  N.  Machiavelli,  Vita  di  Castruccio  Castra- 
cani, Firenze,  1551,  391). 

5)  Momorie  intorno  alle  pul»l)liche  fabhricho  piü  iusigni  della  cittä  di 
Brescia,  1778,  37-8. 


58  Lovarini: 

Bernardino  da  Feltre  aus  dem  Orden  der  Minoriteu,  der  in  Brescia  das 
Wort  Gottes  zum  grössten  Nutzen  der  Seelen  gepredigt  hatte,  im  Jahre 
1492  gänzlich  aufgehoben  wurde."  Wenn  auch  der  Podesta  und  der 
Capitano  von  Venedig,  die  in  Brescia  residierten,  hier,  auf  das  Wort  des 
gelehrten  Mannes  hin.  ein  solches  Schauspiel  äusserst  tadelnswert  fanden, 
so  gefiel  es  doch  anderswo  den  venezianischen  Behörden  recht  gut.  Wir 
wissen  unter  anderm,  dass  der  Stellvertreter  dieses  Staates  in  Ferrara  am 
Tage  des  hl.  Markus  (25.  April)  1500,  nachdem  er  am  Morgen  zusammen 
mit  Don  Alfonso  und  Messer  Sigismondo  da  Este  das  gewohnte  Opfer  in 
der  Kirche  des  hl.  Evangelisten  dargebracht  hatte,  „durch  einen  ruchlosen 
Befehl,  Dirnen  über  die  ,giara'  in  Ferrara,  wo  er  wohnte,  Wettlaufen  liess 
(der  Preis  war  ein  Kattunstück),  und  dass  es  das  erste  Mal  war,  dass 
Stellvertreter  eines  Staates  in  Ferrara  ein  derartiges  Fest  veranstalteten"  ®). 
Das  gleiche  geschah  im  folgenden  Jahre  nach  demselben  Gewährsmanne''). 
In  der  Stadt  Padua  endlich,  wo  die  Wettrennen  noch  bis  über  die  Hälfte 
des  17.  Jahrhunderts  bestanden,  wurden  sie  von  den  Rettori  (Regenten)  der 
Republik  selbst  erlaubt  und  gefördert.  Es  ist  merkwürdig,  dass  die 
venezianische  Regierung,  die  sich  sonst  anderen  moralischen  Dingen  gegen- 
über unnachsichtig  und  streng  genug  zeigte,  um  dem  Worte  und  Werke 
der  katholischen  Prediger  zuvorzukommen,  an  diesem  Gebrauche  gar- 
nichts  zu  tadeln  fand,  ihn  vielmehr  bis  in  eine  so  späte  Zeit  erlaubte  und 
förderte.  Ich  weiss  nicht,  ob  ein  glaubenseifriger  Mönch  ihn  jemals  mit 
den  begeisterten  und  zündenden  Worten  eines  Moralpredigers  auszurotten 
versuchte,  wie  es  Bernardino  da  Feltre  in  Brescia  that.  Yielleicht  hätte 
er  es  unter  der  wachsamen  und  argwöhnischen  venezianischen  Regierung 
nicht  ungestraft  thun  können. 

Gewiss  ist,  dass  die  Sitte  tief  in  dem  Geschmacke  des  Volkes  von 
Padua  eingewurzelt  war,  das  an  ihr  grossen  Gefallen  fand  und  sie  nicht 
so  schnell  aufgab.  Oft  —  öfter  noch  als  uns  die  Dokumente  beweisen  — 
mussten  die  unglücklichen  Frauen  Wettlaufen  inmitten  der  Stadt,  auf  der 
Strasse,  die  sich  von  dem  Thore  Ponte  Corbo  bis  zum  Centrum  hinzieht, 
bei  der  Universität  oder  auf  der  Strada  Maggiore,  die  vom  Ponte  Molino 
nach  der  Piazza  dei  Signori  führt.  Als  Zuschauer  standen  auf  beiden 
Seiten  in  dichtgedi'ängter  Reihe  unter  den  Säulengängen  das  lärmende  Volk 
und  die  Studenten,  die  grössten  Spektakelmacher.  Lärm  und  Geschrei, 
freche  und  zügellose  Reden,  Witze  und  Scherze  begleiteten  die  Dirnen 
auf  ihrem  atemlosen  Laufe.  Wir  wissen,  dass  in  anderen  Städten  einige 
Personen    die   schöne  Gewohnheit  hatten,    ihnen  Mehl  oder  andere  Dinge 


6)  Diario  ferrarese  bei  Muratori,  Rerum  ital.  scriptores,  XXIV,  384.  Hier 
findet  sich  die  falsche  Abschrift  der  Stelle,  Putte  Pignolä  etc.,  die  vielleicht  dui-ch  das 
Nichtverständnis  des  Wortes  pignolä,  von  dem  wir  weiter  unten  sprechen  werden,  ver- 
anlasst wurde.     Cfr.  ebenda  unter  den  Tagen  23  u.  24. 

7)  Ebenda,  395. 


Die  Fraueuwettrennen  in  Padua.  59 

in  die  Auoen  zu  werfen,  entweder  aus  reiner  Bosheit  oder  aber  mit  der 
Absicht,  eine  der  Wettläuferinnen  zu  verhindern,  als  die  erste  am  Ziele 
anzukommen.  In  Padua  betrug  man  sich  vielleicht  nicht  anders;  dass 
man  die  Hände  nicht  immer  in  der  Tasche  hatte,  wird  uns  ein  Sonett 
beweisen,  in  w^elchem  ein  pikantes  Geschichtchen  erzählt  wird,  das  sich 
während  dieses  komischen  Wettstreites  zutrug.  Ich  habe  soviele  Doku- 
mente, als  mir  möglich  war,  gesammelt  und  die  uns  von  den  Geschicht- 
schreiberu  überlieferten  Berichte  durchgesehen  und  will  nun  die  Geschichte 
dieser  sonderbaren  Sitte  für  Padua  im  Zusammenhange  darzustellen  ver- 
suchen. 

G.  A.  Sberti,  der  ein  gelehrtes  Buch  über  die  Schauspiele  und  Feste 
in  Padua  schrieb,  erzählt,  dass  nach  der  Wiedereroberung  Paduas  durch 
Andrea  Gritti  am  17.  Juli  1509  „die  Freude  des  Senats,  als  derselbe  von 
dem  glücklichen  Erfolge  des  schwierigen  Unternehmens  erfuhr,  so  gross 
war,  dass  er  den  erwähnten  glücklichen  Tag  —  das  Fest  der  hl.  Marina 
—  feierlich  zu  begehen  beschloss.  Auch  in  der  Stadt  selbst  konnte  man 
sofort  Zeichen  ausserordentlicher  Freude  wahrnehmen;  das  Ms.  Cittadella, 
p.  93,  berichtet,  dass  man  an  dem  Ponte  Molino  im  Jahre  1509  am  17.  Juli 
Wettrennen  mit  Eseln,  Dirnen  und  Juden  zu  veranstalten  begann,  die  sich 
bis  zur  Piazza  della  Signoria  erstreckten  und  zur  Erinnerung  an  den  letzten 
Einzug  der  Santa  Marina  in  die  Stadt  abgehalten  wurden  ....  und  dass 
die  Renneu  bis  1560  bestanden^)."  Dies  ist  die  erste  Nachricht,  die  wir 
von  einem  Frauenwettrennen  in  Padua  besitzen.  G.  Sorgato^)  führt  in 
seiner  zusammenfassenden  Arbeit  über  die  Schauspiele  der  Stadt  die  Ein- 
richtung einer  solchen  Belustigung  gleichfalls  auf  jene  Zeit  zurück.  Gloria 
jedoch  liess  seinen  Zweifel  an  der  Genauigkeit  dieses  Datums  durchblicken, 
indem  er  klugerweise  nur  den  Tag  und  den  l^[onat,  an  denen  man  solche 
Wettrennen  abhielt,  angab,  aber  das  Jahr  der  Einführung  überging,  und 
zwar  in  folgender  Weise.  Nachdem  er  über  die  sehr  alten  Pferderennen 
gesprochen  hat,  fügt  er  hinzu:  „Aber  ein  noch  merkwürdigeres  Wettrennen 
konnte  man  am  17.  Juli  sehen  zur  Erinnerung  an  die  Wiedereroberung 
Paduas  durch  die  Venezianer  im  Jahre  1509,  nämlich  ein  Wettrennen  mit 
Eseln,  Dirnen  und  Juden,  das  sich  vom  Ponte  Molino  bis  zur  Piazza  dei 
Signori  erstreckte  und  bis  zum  Jahre  1560  bestand  (Cittadella,  Ms.,  in  der 
Biblioteca  Civica,  p.  102")." 

Yernünftigerweise  wiederholte  er  das  nicht,  was  die  beiden  anderen 
gesagt  hatten;  denn,  wie  kann  man  glauben,  dass  die  Wettrennen  an  jenem 
selben   Tage    stattfanden,    an    dem   die  Stadt   eingenommen  wurde,    wenn 


8)  Degli    spettacoli    e    dellc    feste    che    si    facevano    in    Padova,    2.  Aufl. 
Padova,  Cesare,  1818,  HO. 

9)  Memoria  sugli   spettacoli  e  sulle  feste  di  Padova,  Padova,  tip.  del'  Se- 
minario,  184.5,  IR. 

10)    II  territorio  paduviiuo,  Padova,  Prosperini,  1862,  I,  229, 


60 


Lovarini : 


man  jenen  ganzen  Tag  und  den  darauffolgenden  auf  den  Strassen  kämpfte, 
bevor  man  ein  wenig  Ruhe  hergestellt  hatte?  Die  Bürger  und  der  Senat 
hatten  wohl  an  andere  Dinge  zu  denken  als  an  Belustigungen  zu  einer 
Zeit,  wo  die  in  der  Festung  belagerten  kaiserlichen  Soldaten  noch  heftigen 
Widerstand  leisteten,  und  die  Stadt  geplündert  wurde").  Man  beachte 
wohl,  dass  man  auch  in  Venedig  nicht  daran  dachte,  diesen  Sieg  in  jenem 
und  dem  darauffolgenden  Jahre  zu  feiern,  dass  der  Doge  vielmehr  erst 
1512,  am  Jahrestage,  in  pomphafter  Prozession  nach  der  Kirche  der  Santa 
Marina,  der  Tagesheiligen^^),  ging,  in  der  sich  zufälligerweise  auch  das  Grab- 
mal des  Dogen  Michele  Steno  befand  und  auf  diesem  die  Schlüssel  Paduas, 
das  unter  seiner  Regierung  zum  erstenmale  erobert  worden  war^^). 

Aus  solchen  Erwägungen  ergiebt  sich  ganz  klar,  dass  sich  in  den 
Abschnitt,  der  aus  jenem  dem  Andrea  Citadella  zugeschriebenen  Werke 
entnommen  ist,  ein  Irrtum  eingeschlichen  haben  muss.  Prüfen  wir  in  der 
That  die  Abschrift,  die  davon  in  der  Stadtbibliothek  aufbewahrt  wird  und 
die  Sberti  und  Gloria  benutzten,  so  werden  wir  bald  gewahr,  dass  an  der 
fraglichen  Stelle  anfangs  nicht  das  Jahr  1509  stehen  konnte,  sondern  1517, 
welches  letztere  dann  abgeändert  und  durch  die  andere  Zahl  ersetzt 
wurde  ^*).  Und  1517  findet  man  auch  in  einer  anderen  fragmentarischen 
Abschrift  derselben  Arbeit,  die  in  gewissen  Punkten  abweicht  und  auf  eine 
zweifellos  frühere  Quelle  zurückgeht  als  die  andere  Kopie  '^).  Der  richtige 
Wortlaut  der  Stelle  würde  demnach  folgender  sein:  „Im  Jahre  1517  am 
17.  Juli  begann  man  von  dem  Ponte  Molino  bis  zur  Piazza  della  Signoria 
ein  Wettrennen  mit  Eseln,  Dirnen  und  Juden  zu  veranstalten  zur  Erinne- 
rung an  den  letzten  Einzug  der  Santa  Marina  in  die  Stadt,  wobei  nach 
dem  Geschichtswerk  des  Justinianus '*')  vier  Bürger,  Trapolino,  Bagarotto, 

11)  A.  Gloria,  I  podestä  e  capitani  di  Padova  dal  6  giugno  1509  al 
28  aprile  1797.  Serie  cronologica  provata  co'  documenti,  Padova,  Randi,  1861, 
6_7.  _  Derselbe,  Di  Padova  depo  la  lega  stretta  in  Cambrai  dal  maggio  all' 
ottobre  1509,  cenni  storici  con  documenti,  Padova,  Prosperini,  1864,  19  sg. 

12)  Marin  Sanudo,  Diarii,  XIV,  486;  XVI,  511;  XVIII,  372;  XX,  388  „nach  der 
Gewohnheit,  gemäss  welcher  man  seit  vier  Jahren  wegen  der  Wiedereroberung  Paduas 
dorthin  geht";  es  war  das  Jahr  1515.  Siehe  auch  XXII,  365;  XXIV,  746;  XXVI,  341; 
XXVII,  489;  XXIX,  53  etc. 

13)  G.  Renier-Michiel,  o.  c,  IV,  243. 

14)  La  descrittione  di  Padoa  e  suo  territorio  con  l'inventario  Eccle- 
siastico  brevemente  fatta  l'anno  salutifero  M.D.CV.  Et  in  nove  trattati 
compartita  con  tavola  copiosa.    Ms.  B.  P.  324. 

15)  In  derselben  BibUothek  Ms.  B.P.  125,  II,  28b 

16)  Anspielung  auf  die  Stelle:  ,Venetiis  medio  foro  decemvirum  iussu  laqueo  ne- 
cantiu-  quattuor  patavini  cives,  claro  orti  genere,  ob  eorum  infidos,  rebellosque  in  Remp. 
animos:  hi  autem  fuere  Albertus  Trapolinus,  Bertutius  Bagarotus,  Jacobus  a  Leone  et 
Ludovicus  Conte"  Rerum  veuetarum  ab  urbe  condita  ad  annum  MDLXXV 
Historia  Petri  Justiniani,  Veuetiis,  1575,  lib.  XI,  299,  rr.  36— 9.  Diese  Exekution, 
die  von  Marin  Sanudo  (Diarii,  Tagebücher,  IX,  357—9)  genau  beschrieben  wird,  fand 
am  1.  Dezember  1509  statt  und  nicht  am  28.,  wie  in  der  handschriftlichen  Chronik  des 
Antonio  Buzzacarini  gesagt  wird   (Paduaner  Stadtbiblioth  ,   B.P   55,  II,  217):    allein 


Die  Frauenwettrennen  in  Padua.  61 

Leone    und   Conte    öffeutlicli    gerichtet    wurden;    das  Wettrennen    bestand 
bis  zum  Jahre  1560." 

Wenn  somit  auch  feststeht,  dass  die  Frauenwettläufe  zugleicli  mit  den 
anderen  Wettrennen  dazu  dienten,  die  Wiedereroberung-  der  Stadt  im 
Jahre  1517,  und  nicht  1509  zu  feiern,  sind  wir  darum  gewiss,  dass  die- 
selben nicht  schon  vorher  veranstaltet  wurden?  Bei  allen  Nachforschungen, 
die  ich  anstellte,  gelang  es  mir  nicht,  einen  anderen  Beleg  dafür  zu  finden 
als  ein  Sonett,  das  indessen  zur  Genüge  beweisen  wird,  dass  es  an  ähn- 
lichen Belustigungen  auch  im  vorhergehenden  Jahrhundert  nicht  mangelte. 
Übrigens  fehlt,  wie  auch  die  Behörden  bestätigen  können,  die  im  Jahre 
1608  den  Gebrauch  erneuern  wollten,  „in  den  Ausgabebüchern  der  Stadt 
jeder  Posten  für  eine  solche  Anschaffung"  von  Wettpreisen.  Das  Sonett 
fällt  vor  das  Jahr  1470,  wie  aus  einer  dem  Kodex,  «1er  es  enthält,  bei- 
gefügten Notiz  hervorgeht,  und  ist  im  Bauerndialekt  geschrieben.  Als  Ver- 
fasser wird  „paduanus  quidam"  angegeben. 

La  Tonia  e  mi  e  la  puta  de!  Barcega 
si  corevenu  a  Pava  al  pignolo, 
e  un  fante  citain,  ch'era  ivelö, 
me  de  una  bruta  picega  in  la  nega. 

E'  me  ghe  sdrussi  incontra  si  graraega, 
che-1  fi  stare  tuto  smaraveio, 
e  gi  dissi:  „Chi  cri-A'u  che  sia  ampö?" 
El  disse:  „Duosa!  mo  si  ben  salvega!" 

e  po  me  disse:  Non  se  scorozon. 
E'  n<in  fu  mo  (.  .  .  .  Mo  tu  si  in  gran  rego !) 
El  fu  quel  altro  che  v'e  piii  a  galon." 

„Mo  meravia!"  diss"io,  „e"non  ghe  vego: 
e  che  si  che  ve  daro  ua  muson, 
che  forse  trazeron  el  comparego.'' 

E'  dissighe:  „Teton!" 
Ben  che'l  sia  citaino  zarlaore, 
che  ghe  vegna  el  biä  e  l'anzicuore'')- 

Die  Frau,  welche  der  Autor  in  obigem  Sonette  sprechen  lässt,  erzählt 
ein  Geschichtchen,  das  ihr  eines  Tages  in  Padua  passierte,  während  sie 
mit  zwei  Gefährtinnen  „correva  al  pignolo";  dieser  Ausdruck  ist  gleich- 
bedeutend   mit    „correre  al  palio"    (um  einen  Preis  Wettlaufen)    oder  mit 

OS  scheint,  dass  auch  hier  das  Datum  abgeändert  wurde,  und  dass  ursprünglich  ge- 
schrieben stand  ..ai  p.  i  di  dicembre".  Cfr.  A.  Gloria,  Padua  nach  der  Ligue  von  Cam- 
bray  etc.  31. 

17)  Codex  der  Gemeinde  Udine,  betitelt  „Poesie  de'  secoli  XIII,  XIV  e  XV" 
ohne  anderes  Kennzeichen,  146b.  Das  oben  mitgeteilte  Sonett  nebst  anderen  desselben 
Verfassers  kann  man  in  meinem  demnächst  erscheinenden  Buche  „Testi  di  letteratura 
pavana",  Bologna,  Roinagnoli,  4,  lesen. 


ß2  Lovariiii: 

,,al  veludo",  wie  mau  im  vorigen  JalirlmiKlert  in  derselben  Stadt  sagte  ^^). 
Pignolö,  mit  scliriftitalienischer  Endung  pignolato  ^Yar  der  Preis,  den 
mau  gewöhnlich  für  die  Siegerinnen  bestimmte,  und  bestand  in  einem 
groben  Gewebe  aus  Hanf  oder  Flachs,  selten  aus  Baumwolle,  „operato  a 
pignoli"  (mit  Pinienmustern  durchwirkt?),  daher  der  Name;  es  war  fast 
immer  weiss,  bisweilen  jedoch  von  anderer  Farbe,   auch  wohl  gestreift ^^). 

Die  Erzählung  in  der  rohen  Bauernsprache  ist  voll  Natürlichkeit  und 
Realismus.  Einer  der  Zuschauer  kneift  verstohlen  eine  wettlaufende  Dirne; 
diese  wendet  sich  um  wie  eine  getretene  Yiper,  entgegnet  ihm,  der  sie  zu 
beschwichtigen  und  sich  zu  entschuldigen  sucht,  mit  groben  und  drohenden 
Worten,  behandelt  ihn  wie  einen  elenden  Buben  und  schleudert  ihm 
schliesslich  eine  schreckliche  Yerwünschung  entgegen.  Aber  alle  diese 
Wutausdrücke  lassen  den  Streit  zu  lange  dauern,  als  dass  man  es  für 
wahrscheinlich  halten  könnte,  er  habe  während  des  Wettlaufes  statt- 
gefunden, bei  dem  doch  die  Dirne  im  Wettstreit  mit  den  beiden  anderen 
vor  allem  daran  denken  musste,  keine  Zeit  zu  verlieren.  Es  ist  nicht 
anzunehmen,  dass  ein  derartiges  Weib  um  einer  so  geringfügigen  Sache 
willen  ihr  Stück  Zeug  (den  Preis)  verlieren  wollte.  Vielleicht  wollte  der  Ver- 
fasser des  Sonetts  das  Ereignis  nicht  auf  die  Zeit  des  Wettrennens  selbst 
beschränkt,  sondern  es  auf  den  Zeitpunkt  vor  oder  nach  demselben  bezogen 
wissen.  Worin  indessen  auch  der  Fehler  des  Dichters  bestehen  mag,  uns 
genügt  zu  wissen,  dass  vor  dem  Jahre  1470  in  Padua  ein  Frauenwettrennen 
abgehalten  wurde,  bei  dem  der  Preis  in  einem  Stück  Zeug  bestand.  Aber 
warum  erwähnen  die  drei  Statuten,  die  republikanischen,  die  carraresischen 
und  die  verbesserten,  die  alle  ein  langes  Kapitel  über  die  jährlichen  Feste 
und  Wettrennen  und  über  Beschaffenheit  und  Wert  eines  jeden  Preises 
enthalten,  nicht  auch  diese  Wettrennen?  Doch  dieser  Fall  steht  nicht  ver- 
einzelt da;  auch  in  den  Verordnungen  des  Rats  wurden  sie  später  ver- 
schwiegen, und  in  den  Akten  der  Sechzehn  werden  wir  den  vierten,  für 
die  Frauen  bestimmten  Preis  niemals  erwähnt  finden,  obwohl  auch  er  vor- 
handen war.  Vielleicht  hielten  sie  es  unter  ihrer  Würde,  auf  diesen  ge- 
wöhnlichen Spass  des  Volkes,  der  überdies  sehr  wenig  kostete,  Gewicht 
zu  legen. 

Sehr  wenig  kostete  er  im  Juni  1546.  Facciolati  schreibt:  „Mense 
junio  anni  sequentis  ludos  civitati  dedit  cursu  equorum,  et  quidem  geminato 
veredorum  et  astureorum,  tum  asellorum  et  meretricum,  ex  ea  pecunia,  quae 
caponum  festivitatis  assignata  dicebatur  .  .  .  aparet  in  ludos  tam  magnificos 


18)  A.  Medin,  Feste  e  spettacoli  in  Padova  dal  1767  al  1780,  Padova,  Pro- 
sperini, 1890,  passim. 

19)  G.  Eezasco,  Segno  delle  meretrici  (Kennzeichen  der  Dirnen)  in  Gior- 
nale  ligustico  di  archeol.,  storia  e  letter.,  Mai-Juni  1890,  171—2,  n.  1;  der  Artikel 
■wurde  auch  im  Dizionario  del  ling.  ital.  stör,  e  amministr.  desselben  Verfassers 
veröffentlicht.     <;tr.  Du  Gange  und  das  Wörtorbnch  von  Tommaseo  u.  Bellini. 


Die  Frauenwettrennen  in  Padua.  63 

pro  more  illorum  ternporum  impeiisos  fuisse  florenos  tringinta  quinque, 
quae  summa  nmic  vix  primo  proemio  satis  esset  ^*')." 

Dieses  Zeugnis  würde  genau  in  die  Zeit  zwischen  1517  und  1560 
fallen,  die  vom  Verfasser  der  Descrittione  für  die  Wettläufe  zur  Erinne- 
rung an  den  venezianischen  Sieg  vom  17.  Juli  angegeben  wurde.  Aber 
der  Zeitpunkt,  an  dem  sie  stattfanden,  ist  nicht  derjenige,  den  wir  erwartet 
hätten:  der  Tag  der  hl.  Marina;  vielmehr  der  Monat  Juni,  und  zwar  die 
Zeit  der  Feste  zu  Ehren  des  grossen  Wunderthäters,  des  Beschützers  der 
Stadt,  des  hl.  Antonius,  w-elche  zusammenfiel  mit  dem  Monat  der  berühmten 
Feste  zur  Befreiung  Paduas  von  Ezzelino  (20.  Juni  1256),  die  auf  den 
11.  Juni  jedes  Jahres  „in  via  publica,  in  medio  Prati  Vallis^^)"  festgesetzt 
waren. 

Was  auch  immer  der  Grund  zur  Abänderung  war,  ob  sie  ausserdem 
von  politischen  Wechselfällen,  von  der  passenden  Lage  der  Jahreszeit  und 
der  Messen  der  Heiligen,  oder  von  der  in  den  Bürgern  lebendigen  Tra- 
dition abhing,  will  ich  nicht  untersuchen.  Mir  genügt  es,  daraus  die  That- 
sache  zu  entnehmen,  dass  im  Jahre  1608,  als  Tommaso  Contarini  Podesta 
und  Pietro  Duodo  Capitano  war,  diese  Zeit  definitiv  für  die  Wettrennen 
festgesetzt  wurde.  Bas  Dokument  befindet  sich  in  den  Akten  des 
Kollegiums  der  Sechzehn  und  trägt  das  Datum  des  17.  März  jenes  Jahres. 
Es  wird  darin  gesagt,  man  wolle  die  Wettrennen  erneuern  mit  Bezugnahme 
auf  den  Titel  „de  nundinis  et  paliis"  des  verbesserten  Gesetzbuches  (1420), 
in  welchem  „ad  perpetuam  memoriam  victorie,  qua  serenissimum  ducale 
dominium  venetiorum  habuit  civitatem  Padue,  quod.  fuit  anno  nativitatis 
domini  nostri  yhesu  xFi  1405,  die  17  novembris"  grosse  Feste  für  die  jähr- 
liche Wiederkehr  jenes  Tages,  und  für  den  folgenden  Tag  die  Wettrennen 
festgesetzt  worden  waren.     Darauf  wird  fortgefahren: 

„obwohl  man  immer  noch  Messen  singt  und  Prozessionen  veranstaltet, 
scheine  die  Feier  der  Wettrennen  seit  vielen  Jahren  unterlassen  worden  zu 
sein,  was  sie  (die  Sechzehn)  nunmehr  zur  Beratung  vorlegen,  um  zu  erfahren, 
ob  es  für  gut  erachtet  würde,  bei  Gelegenheit  der  Gnadenbezeigung,  die 
uns  unser  durchlauchtigster  Principe  in  Verbindung  mit  dem  wohllöblichen 
Senate  betreffs  der  öffentlichen  Messe  zur  Erinnerung  an  den  oben  er- 
wähnten Sieg  erwiesen,  jene  Feier  von  neuem  einzusetzen,  indem  man  sie 
auf  den  der  Messe  des  glorreichen  St.  Antonio,  unseres  Beschützers,  un- 
mittelbar folgenden  Tag  verlege,  was  dieser  Messe  zu  grösserer  Zierde  und 
höherem  Schmucke  gereichen  werde.     Wie  die  Herren  Deputierten    (nach 


20)  Fasti  gymnasii  patavini,  III,  11. 

21)  L.  Muratori,  Antiq.  M.  E.  IT.  851  —  2.  Cfr.  A.  Gloria,  II  territ.  padov.  etc. 
I,  227  —  8  u.  IV  Append.  XIII— V,  98—100;  Statutum  Paduae,  B.  P.  1235,  pp.  115b  bis 
116a  veröffentlicht  in  Statuti  del  commune  di  Padova  dal  secolo  XII  all' anno 
1285,  Padova,  Sacchetto,  1873,  181—2;  Statutum  Paduae,  Codex  TT  derselben  Biblio- 
tbek,  B.  P.,  1236,  lU2b  — 3a;  und  Codex  III,  327b— 8a. 


ß4  Lovariiri : 

dem,  was  sie  aus  den  zu  verschiedenen  Zeiten  mit  den  erlaucliten  Herren 
Kettori  gepflogenen  Unterredungen  erfuhren)  versichern,  werden  dieselben 
mit  Freuden  in  eine  Erneuerung  und  A'erlegung  des  Tages  einwilligen. 
Nachdem  in  betreff  jenes  Vorschlages  das  Statut  vorgelesen  worden  war, 
vereinigen  sich  alle  jene  Herren  einmütig  in  der  Meinung,  dass  es  eine 
lobenswerte  und  für  die  ganze  Stadt  höchst  erfreuliche  Sache  sei,  die  Feier 
aus  den  oben  erwähnten  Gründen  in  der  oben  erwähnten  Weise  zu  erneuern, 
indem  sie  der  Ansicht  sind,  dass  der  besagte  löbliche  Brauch  aus  keinem 
anderen  Grunde  aufgegeben  worden  sei,  als  wegen  der  schlechten  Jahres- 
zeit oder  wegen  irgend  eines  in  jener  Zeit  erfolgten  Ereignisses.  Weil 
aber  in  den  Statuten  selbst  nicht  ausdrücklich  angegeben  werde,  von 
welchem  Gelde  die  Prämien  für  die  Sieger  gekauft  werden  sollen,  und 
weil  unsere  Quadernieri  (Buchhalter)  berichtet  hätten,  dass  sich  in  den 
Ausgabebüchern  der  Stadt  kein  Ausgabeposten  für  eine  derartige  Ver- 
anstaltung linde,  und  man  deswegen  ohne  die  Teilnahme  des  wolillöbl. 
Rates  auch  nicht  beschliessen  könne,  Geld  von  der  dadia  auszugeben, 
ausser  etwa  eine  bestimmte  ganz  kleine  Summe,  so  wurde  beschlossen, 
„del  tratto  delli  statu  et  altri  utili",  die  unserer  wohllöbl.  Stadt  bei  Ge- 
legenheit der  öffentlichen  Messe  zukommen  werden,  bis  zur  Summe  von 
400  lire  auszugeben  für  drei  Preise  von  solcher  Beschaffenheit,  wie  sie 
von  unseren  erlauchten  Herren  Deputierten  und  Leitern  der  Messe  für 
gut  erachtet  werde,  zugleich  aber  auch  das  Gutachten  der  erlauchten  Herren 
Rettori  einzuholen,  dass  man  von  anderem  Gelde  ausgeben  dürfe  ^^)." 

Hier  werden  nur  drei  Preise  erwähnt,  weswegen  man  glauben  könnte, 
es  hätte  nur  die  drei  gewöhnlichen  Wettrennen  mit  Vierfüsslern  gegeben, 
von  denen  allein  Gloria  spricht"^);  indessen  war,  wie  uns  ein  Zeitgenosse 
Nicolö  de  Rossi^*)  erzählt,  der  die  Chronik  der  Stadt  vom  6.  April  1562 
bis  zum  Jahre  1621  schrieb,  auch  ein  vierter,  für  Frauen  bestimmter  Preis 
vorhanden. 

„Man  veranstaltete",  erzählt  er,  „ein  Wettrennen  mit  Berberhengsten 
—  eine  seit  vielen  Jahren  unterlassene  Feier  — ,  das  sehr  gern  gesehen 
wurde  von  dem  zahlreichen  Volke,  welches  sich  an  Ort  und  Stelle  begab, 
um  die  Berberhengste  und  Rennpferde  zu  sehen,  die  von  der  Strada  di 
Ponte  Corbo,  eine  Meile  ausserhalb  des  Thores,  rechts  über  die  Brücke 
von  St.  Lorenzo  bis  genau  zur  Piazza  del  Vino  am  Ende  der  Spitiaria  del 
Lion  d'oro  liefen;  an  dem  Endpunkte  war  eine  ziemlich  hohe  Tribüne 
errichtet,  auf  der  die  Herren  Preisrichter  standen,  um  den  zuerst  an  der 
Endschranke  Angekommenen  die  Preise  zu  überreichen.  Von  den  Preisen 
bestand  der  erste  in  10  Ellen  karmoisinroten  Seidenrasch    (raso  cremesino 


22)  Atti    del    collegio    dei    sedici,    im    arcli.   civico    zu   Padua,  I  (1594  —  1622), 
47  a— b. 

23)  II  territorio  padovano  I,  229. 

24)  Vedova,  Biografia  degli  scrittori  padovani,  Padova,  1836,  II,  175—6. 


Die  Frauenwcttreimen  in  Paduä.  ,^5 

di  seda),  der  zweite  in  10  Ellen  scharlachroten  Tuches  (panno  scarlatto 
rosso),  der  dritte  in  10  Ellen  gelben  Grogans  (grogan  zalo)  und  der 
vierte  in  12  Ellen  weissen  Boinbassins  (bonihasina  bianca),  letzterer  für 
die  Frauen,  die  vom  Ponte  Corbo  bis  zu  dem  oben  angegebenen  Orte 
liefen'^)." 

Nunmehr  verstummen  die  Nachrichten  neun  Jahre  lang;  erst  unter 
der  Herrschaft  des  Giovanni  Dandolo  und  des  Nicolo  Yendramiu  treffen 
wir  unter  dem  Datum  „Sonnabend,  den  27.  Mai  1617"  auf  folgenden  Be- 
schluss  der  Sechzehn: 

„Bei  dem  Antrage,  ob  es  gut  schiene,  an  der  öffentlichen  Messe  des 
hl.  Antonius,  wie  gewohnt,  ein  Wettrennen  zu  veranstalten,  wurde  be- 
schlossen, dass,  insofern  es  den  erlauchten  Herren  Rettori  gefiele,  und 
man  auch  die  derzeitigen  wohllöbl.  Herren  Deputierten  dazu  bewegen 
könnte,  man  diese  Ausgabe  mit  jener  Masshaltung  zu  machen  habe,  die 
den  derzeitigen  Herren  Deputierten  gut  scheinen  werde  ^*')." 

Bis    zum  Jahre  1638    konnte   ich  wiederum  nichts  mehr  erfahren;    in 
diesem  Jahre  hinterliessen  dieselben  Sechzehn  folgendes  Schreiben: 
„22.  März  1638. 

Nachdem  der  Vorschlag  des  erlauchten  Herrn  Capitanio,  Wettläufe  zu 
veranstalten  und  die  Statuten  wieder  aufleben  zu  lassen,  erörtert  worden 
war,  wurde  nach  reiflicher  Erwägung  beschlossen,  dass  die  Statuten  wieder 
in  Kraft  treten  sollen,  um  offenkundig  zu  beweisen,  dass  die  Stadt  Seiner 
Durchlaucht  stets  ergeben  sei^^)." 

Und  in  der  That  wurde  wenige  Tage  später  folgende  Bekanntmachung 
öffentlich  angeschlagen : 

„Behufs  Neubelebung  der  Statuten  unserer  wohllöbl.  Stadt,  die  im 
Jahre  1420  zur  jährlichen  Erinnerung  an  die  Freude  über  die  so  glück- 
liche Herrschaft  und  über  den  Einzug  des  durchlauchtigsten  Principe  in 
unsere  Stadt  geschaffen  und  in  allen  ihren  Teilen  beobachtet  wurden,  aus- 
genommen in  denjenigen  über  die  Wettrennen  mit  Pferden  und  anderen, 
die  seit  einigen  Jahren  unterlassen  wurden,  lassen  die  erlauchten  und  vor- 
trefflichen Herren  Zuane  Pisano,  Podesta,  und  Girolamo  Mocenigo,  Capi- 
tano,  die  würdigen  Rettori  Paduas  und  seines  Gebietes,  auf  das  Ersuchen 
der  wohllöbl.  Herren  Deputierten,  ad  utilia  öffentlich  bekannt  machen  und 
ausrufen,  dass  am  Tage  der  Heiligen  Vito  und  Modesto,  welcher  Tag  der 
löte  des  kommenden  Monats  Juni  sein  wird,  Wettrennen  veranstaltet 
werden,  wobei  von  der  oben  erwähnten  wohllöbl.  Stadt  als  Preis  aus- 
gesetzt wird  für  den  ersten  Renner  der  Berberhengste  25  Ellen  grünseidenes 


25)  L' Historie  di  Paclova  tli  Niccolö  de'  Rossi  de  q.  ms.    Anzolo,  ms.  cart. 
der  nämlichen  Gemeinde,  B.  P.  147,  p.  236. 

26)  I,  109  a. 

27)  III  (1634-46),  109  a. 

Zeitschrift  d.  Vereins  f.  Volkskuiide.     1892.  Ei 


66  Lovarini. 

Tabin  (tabin  secia  verde),  für  den  ersten  Renner  der  Klepper  25  Ellen 
gelbes  Ermisin  (ormesin  zallo),  für  den  ersten  Renner  der  Esel  25  Ellen 
Bombassin  (bombasina),  für  die  Frauen  ein  Stück  karmoisinrotes  Grogan 
(grogan  cremisin);  jedermann  wird  zu  dieser  Feier,  deren  einzige  Ur- 
sache die  grosse  Ergebenheit  der  Stadt  gegen  Seine  Durchlaucht  ist,  ein- 
geladen. 

12.  April  1638. 

Yeröffentlicht  am  „Loco  delle  condanne,  canton  delle  busie  e  casalini" 
nach  vorausgeschicktem  Trompetenstoss,  in  Gegenwart  vieler  Leute. 

Padua,  Crivellari,  stamp.  Camerale^^)." 

Diese  Feste  wurden  immer  seltener  gefeiert;  man  muss  die  Akten  der 
Sechzehn  von  weiteren  29  Jahren  durchgehen,  bis  man  wieder  eine  Notiz 
antrifft : 

„Am  6.  Juni  1667. 

Nach  einer  Erörterung  über  die  Neubelebung  der  Statuten  durch  Ver- 
anstaltung von  Wettrennen  wurde  nach  reiflicher  Erwägung,  unter  all- 
gemeiner Zustimmung,  beschlossen,  die  oben  erwähnten  Statuten  wieder 
in  Kraft  treten  zu  lassen  und  die  Wettrennen  am  Sonntag,  dem  19.  Juni,  zu 
veranstalten,  zuvor  aber  die  Herren  Rettori  davon  zu  benachrichtigen,  um 
die  öffentliche  Bekanntmachung  durch  die  gewöhnlichen  Ausrufer  zu 
erlangen  ^^)." 

Aus  dem  hier  Gesagten  kann  man  jedoch  nicht  entnehmen,  was  für 
Wettrennen  in  jenem  Jahre  veranstaltet  wurden  und  ob  auch  Frauen  daran 
teilnahmen;  aber  ein  Dokument,  das  Sberti  mitteilt,  worin  die  Wettrennen 
vom  folgenden  Jahre  beschrieben  werden,  die  „nach  dem  Gebrauche  des 
(damals)  abgelaufenen  Jahres"  stattfanden,  giebt  uns  den  gewünschten 
Aufschluss. 

„Aus  einer  Bekanntmachung,"  schreibt  er,  „oder  einem  gedruckten 
Aufruf  der  erlauchten  Herren  Marco  Ruzini,  Podesta,  und  Yettor  Contarini, 
Capitanio,  Rettori  der  Stadt  Padua,  mit  dem  Datum  des  19.  April  1688, 
geht  hervor,  dass  zur  Fortsetzung  der  jährlichen  Feier  des  Tages  des  Über- 
gangs an  die  glückliche  Herrschaft  der  Republik  Venedig,  nach  dem 
Brauche  des  verflossenen  Jahres,  hier  am  15.  Juni  des  besagten  Jahres 
1668  Wettrennen  mit  Berberhengsten,  Kleppern,  Eseln  und  Frauen  ver- 
anstaltet wurden;  als  Preise  waren  ausgesetzt  für  den  ersten  Renner  der 
Berberhengste  25  Ellen  Tabin  mit  Blumenmustern  (tabin  in  opera),  für 
den  ersten  Renner  der  Klepper  25  Ellen  gelbes  Ermesin  (ormesin  giallo), 
für    den    ersten  Renner    der  Esel    25   Ellen   Schleiertuch  (rensa)    und  für 


28)  Proclami,   mss.    desselben   Archivs.     Citiert   von  Gloria,    II   territorio   pado- 
vano  I,  229. 

29)  V  (1663—73),  90b.    cfr.   wegen   der  Echtheit    die   schlechte  Abschrift   in    dem- 
selben Archiv  unter  Acta  coli.  mag.  Dom.  sexdec,  Sitzungen  1662—71,  LV. 


Schwartz:  Die  Wünschelrute  als  Quellen-  und  Schatzsucher.  ß7 

die  Siegerin  der  Frauen  ein  Stück  karmoisinrotes  Grogan  (grogan 
cremesino^")." 

Dies  ist  das  letzte  uns  erhaltene  Zeugnis  der  merkwürdigen  Sitte,  die 
hier  so  lange  bestand,  um  den  barbarischen  Geschmack  des  Volkes  und 
die  Laune  der  leitenden  Klassen  zu  befriedigen.  Ein  Breve  des  Papstes 
Clemens  IX.  vom  28.  Januar  jenes  selben  Jahres  schaffte  in  Rom  das 
traurige  Judenwettrennen  endgiltig  ab^^);  vielleicht  war  das  Breve  auch 
insofern  von  Einfluss,  als  es  die  Abschaffung  des  Frauenwettrennens  ent- 
schied, das  seit  undenklicher  Zeit,  vielleicht  seit  dem  Altertume  hier  ein- 
geführt war^^). 

Rom,  Juni  1891. 

Anm.  Ich  behalte  mir  vor,  über  die  Wettläufe  der  freien  Fräulein  in  den  Städten 
Deutschlands,  sowie  über  die  volkstümlichen  Wettrennen,  die  noch  heute  in  deutschen 
Landschaften  fortdauern,  in  unserer  Zeitschrift  einmal  zu  handeln.         K.  Weinhold. 


Die  Wünschelrute  als  öiiellen-  und  Schatzsucher. 

Von  Wilhelm  Schwartz.') 


Die  Wünschelrute  tritt  nur  gelegentlich  in  der  Litteratur  in  die 
Öffentlichkeit. 

Zuerst  wird  durch  eine  althochdeutsche  Glosse  (Graff,  Sprachsch.  IV, 
257)  der  caduceus  des  Merkur  mit  dem  Worte  wunsciligarta  übersetzt  und 
sie  damit  als  eine  Segen  und  Reichtum  spendende  Zauberrute  wie 
jener  gekennzeichnet.  In  mittelhochdeutschen  Gedichten  wird  sie  dann 
öfter  erwähnt,  und  ein  paar  Stellen  eröffiaen  uns  die  hauptsächlichsten 
Eigentümlichkeiten  ihres  Wesens. 

Im  Nibelungenliede  (Str.  1064)  tritt  sie  nämlich  als  goldenes  Rüt- 
lein  auf,  was  auch  wieder  schon  äusserlich  zum  goldenen  Stabe  des 
Hermes  passt;  weiter  wird  sie  dann  aber  vor  allem  als  ein  machtvolles 
Hauptstück  des  sagenhaften  Nibelungenhortes  gefeiert,  wohl  in  demselben 
Sinne,  wie  der  Ring  Andvarinaut  bei  dem  entsprechenden  nordischen 
Schatze  des  Andvari  eine,  die  schwindenden  Schätze  immer  wieder 
erzeugende  und  wachsen  lassende  Kraft  hat. 

Der  wünsch  lac  darunder,  von  golde  ein  rüetelni. 
Der  daz  het  erkunnet,  der  möhte  meister  sm 
Wol  in  al  der  werlde  über  islichen  man. 


30)  Op.  cit.  155. 

31)  A.  Ademollo,  II  carnevale  di  Roma  etc.  11. 

32)  cfr.  Dionis   Cassii  C.    Historiae    ronianae,    lib.   LXVII:    „nl  tiuq&^voi    tw 
ÜQOf^ixM  Tjycoviaavjo". 

1)    Vortrag,  gehalten  in  der  Vereinssitzuug  am  29.  Mai  1891. 

5* 


68  Schwartz : 

Wer  dieses  Schatzes  genoss,  der  konnte  mit  seinem  Golde  der  Helden 
genug  gewinnen  und  mächtig  als  König  walten  oder  war  aller  Wünsche 
Herr. 

In  Konrads  „goldener  Schmiede''  664  heisst  es  dann: 

Du  bist  die  wünschelgerte,  da  mite  üz  einem  steine 
wart  ein  wazzer  reine  geslagen  in  der  wüeste 

und  in  Konrads  trojanischem  Kriege  20  006  von  der  Helena: 

Sehoen  als  ein  wünschelgerte  kam  si  geslichen  üfreht, 
indem  der  Dichter  Helena  in  ihrer  „geraden"  stattlichen  Gestalt  mit  einer 
aufrecht,  gleichsam  feierlich  einherschreitenden  Wünschelgerte  vergleicht, 
ähnlich  wie  Homer,  um  die  entsprechende  Erscheinung  der  Nausikaa  zu 
feiern,  dieselbe  vom  Odysseus  mit  einem  frisch  aufsteigenden  Sprössling 
der  Palme  verglichen  werden  lässt. 

Damit  haben  wir  gleich  einige  bedeutsame  Züge  für  die  Natur  der 
Wünschelrute  gewonnen,  welche  dann  im  Kulturleben  des  Mittelalters 
systematischer  und  reicher  entwickelt  worden  sind,  aber  in  jener  Be- 
schränkung immer  noch  den  Mittelpunkt  des  sich  um  sie  drehenden,  ein- 
fachen Yolksglaubens  bilden. 

Sie  ist  eine  Gerte,  Rute,  gelegentlich  von  Golde;  sie  steht  in  wunder- 
barer Beziehung  zu  einem  mythischen  Schatze,  wie  andererseits  unter  ihrem 
Schlage  „Wasser"  aus  dem  Felsen  quillt.  Mit  dem  Moment  der  „aufrecht" 
einherschreitenden  Rute  wird  endlich  schon  auf  den  Gebrauch  derselben 
als  eine  Art  Fetisch  in  den  Händen  der  Menschen  hingewiesen,  indem  der 
Wasser-  oder  Schätzesuchende  mit  ihr,  sie  vor  sich  haltend,  in  solcher 
Stellung  einherschreitet. 

Im  XY.  Jahrhundert  bemächtigten  sich  nun  die  Gelehrten  ihrer;  sie 
wird  in  den  Kreis  der  Alchemie  hineingezogen,  welche  bekanntlich  mit 
derartigen  sagenhaften  Dingen  zuerst  gerierte  und  ihre  Forschungen  be- 
gann. Man  wandte  sie  besonders  in  ihrer  angeblichen  Fähigkeit,  ver- 
borgene Schätze  zu  enthüllen,  auf  den  Bergbau  an,  wollte  namentlich  mit 
ihr  Erzadern  und  dergleichen  eröffnen  und  die  Sache  selbst  dann  auch 
wissenschaftlich  begründen.  Es  entstand  eine  vollständige  Rhabdomantie. 
Der  Mönch  Basilius  Valentinus  zu  Strassburg,  der  zugleich  die  Scheide- 
kunst betrieb,  gab  unter  anderm  sieben  Arten  an,  wie  man  die  Hasel- 
staude halten  müsse,  damit  sie  die  verschiedenen  Einflüsse  der  in  den 
sieben  Planeten  wirkenden  Metalle  empfinde.  An  Nachfolgern  fehlte  es 
ihm  bis  in  die  neuesten  Zeiten  nicht,  wenngleich  unter  minder  phantasti- 
schen Formen,  indem  man  z.  B.  die  angeblichen  Wirkungen  der  Wünschel- 
rute schliesslich  sogar  mit  Magnetismus  und  Elektrizität  in  Verbindung 
brachte,  von  einer  unterirdischen  oder  animalen  Elektrizität  bei  ihr  redete 
und  dergl.  mehr. 

Daneben  war,  was  die  praktische  Verwendung  der  Rute  anbetrifft, 
nach    dem    dreissigjährigen  Kriege,    wo    in  der  Not  der  Zeiten  viel  Geld 


Die  Wünschelrute  als  Quellen-  und  Schatzsuclier.  69 

vergraben  und  einzelnes  allmählich  zufällig  aufgefunden  wurde,  wieder 
viel  Schätzesuchen  mit  ihr  aufgekommen,  was  z.  B.  in  der  Mark  Branden- 
burg mit  allerhand  Hocus  pocus  noch  bis  in  die  Mitte  des  vorigen  Jahr- 
hunderts ganz  öffentlich  betrieben  wurde. 

Die  Sache  hatte  zumal  neben  dem  geheimnisvollen  Charakter,  welcher 
die  Phantasie  immer  wieder  fesselte,  auch  allerhand  christliche  Formen 
angenommen,  welche  die  Wünsclielrute  in  immer  weiteren  Kreisen  im 
Volke  auch  immer  wieder  fest  einbürgerte. 

Wuttke  stellt  das  Hauptsächlichste  kurz  zusammen,  wenn  er  sagt: 
„Die  Wünschelrute  ist  ein  einjähriger,  gabiiger  Zweig  von  einem  Hasel- 
strauch von  2 — 4  Fuss  Länge.  Sie  wird  in  der  Johannisnacht  oder  in  der 
Mittagstunde  (in  Schwaben  und  Tirol  auch  in  der  Nacht  zum  Charfreitag) 
unter  Beschwörungsformeln,  mit  einem  neuen,  noch  nicht  gebrauchten 
Messer,  geschnitten,  indem  man  rückwärts  auf  den  Strauch  zugeht,  die 
Kute  zwischen  den  Beinen  durchzieht  und  sie  vorn  abschneidet;  man  darf 
sie  dabei  nicht  mit  blosser  Hand  berühren,  sondern  mit  einem  weissen 
Tuche,  welches  man  um  die  linke  Hand  wickelt.  Besonders  zauberkräftig 
wird  sie  dadurch  gemacht,  dass  man  sie  in  das  Kleid  eines  Täuflings  ver- 
steckt und  so  mit  taufen  lässt  oder  dass  man  sie  selbst  auf  den  Namen 
der  heiligen  drei  Könige  tauft  oder  auf  Kaspar,  wenn  sie  Gold,  auf 
Balthasar,  wenn  sie  Silber,  auf  Melchior,  wenn  sie  Wasser  finden  soll.  Sie 
wird  aucli  wohl  einer  menschlichen  Gestalt  ähnlich  geschnitten,  wobei  die 
Gabel  die  Beine  darstellt." 

Aber  nicht  bloss  auf  die  angegebenen  Momente  beschränkte  man  ihre 
Verwendung.  Ihre  angebliche  Befähigung,  „Verborgenes"  zu  erschliessen, 
liess  sie  in  immer  weiteren  Kreisen  zur  Anwendung  kommen.  „Man  ge- 
brauchte die  Wünschelrute,"  sagt  Perger  in  seinen  deutschen  Pflanzen- 
sagen, „nicht  nur  zum  Auffinden  von  Quellen  und  Erzadern,  sondern  auch 
zur  Entdeckung  von  verlorenen  Schätzen  und  sogar  um  Dieben  und 
Mördern  nachzuspüren.  Ja  man  ging  immer  weiter  und  erkundete  mit  der 
Wünschelrute  versteckte  Marksteine  und  verirrtes  Vieh,  man  suchte  mit 
ihr  den  verlorenen  Weg,  kundschaftete  den  Feind  aus,  urteilte  durch  sie 
über  die  Wahrheit  und  Unwahrheit  einer  Erzählung;  sie  gab  kund,  ob 
jemand  Entferntes  gesund  oder  krank,  tot  oder  lebend  sei,  ob  eine  Frau 
einen  Sohn  oder  eine  Tochter  gebären  werde,  ja  man  wollte  sogar  im 
Meer  jene  Stellen  durch  sie  auffinden,  an  welchen  Waaren  untergesunken." 
So  Perger.  Ein  alter  Fischer  erzählte  mir  sogar  auf  Rügen,  man  habe 
sie  früher  angewandt,  um  zu  ermitteln,  wo  die  Heringe  lai eilten.  Jeder 
gebrauchte  sie  eben  in  seiner  Weise. 

Namentlich  aber  hat  das  Quellensuchen  mit  ihr  sich  noch  bis  in  die 
Mitte  dieses  Jahrhunderts  erhalten  und  findet  noch  immer  seine  gelehrten 
wie  geschäftsmässig  es  betreibenden  Anhänger.  Zwei  Momente  fallen  dafür 
besonders  ins  Gewiclit.    Einmal  ist  die  Kunst,  Wasser  zu  finden,  eine  alte 


70  Schwartz: 

Kunst,  die  frühzeitig  durch  die  Not  nach  Möglichkeit  gezeitigt  ward.  Das 
Erwägen  des  Terrains  und  was  auf  demselben  wächst,  spielt  dabei  eine 
grosse  Rolle.  „Wo  wilder  Huf  lattig  wächst,"  sagt  z.  B.  schon  Plinius, 
„meint  man,  dass  darunter  Wasser  sich  finde,  und  die  aquileges,  die  Brunnen- 
sucher, halten  dies  als  ein  Wahrzeichen."  An  sich  hat  die  Sache  inner- 
halb jener  Grenzen  also  einen  gewissen  Sinn.  Das  volkstümliche  Medium 
der  Wünschelrute  verleiht  ihr  aber  eine  Art  geheimnisvoller  Weihe,  und 
der  Adept  bringt  in  einer  gewissen  Selbsttäuschung  seine  eigenen  Gedanken 
unbewusst  mit  ihr  zum  Ausdruck,  so  dass  er  sich  gleichsam  eins  mit  ihr 
fühlt  und  dies  seine  Sicherheit  hebt,  ihn  aber  auch  an  die  Ente  fesselt. 
Die  Misserfolge  zählt  man  nicht  und  die  Fälle,  wo  es  zutrifft,  erhebt  man 
bis  in  den  Himmel  und  sieht  in  ihnen  eine  neue  Bestätigung  von  der 
Macht  der  Zauberrute. 

Die  Wünschelrute  ist  nämlich  ein  empfindliches  Ding  und  geht  dem 
Gefühl  des  sie  tragenden,  der  in  dem  Augenblick  in  einer  mehr  oder 
minderen  Sensitivität  und  Spannung  sich  befindet,  gleichsam  nach.  „Die 
Arme  fest  mit  dem  Ellenbogen  an  die  Seiten  geschlossen,  die  Rute  in 
den  Händen  wie  ein  Reiter  die  Zügel,  d.  h.  so,  dass  das  Ende  jedes 
Zweiges  der  Gabel  von  den  drei  ersten  Fingern  und  dem  Daumen  gepackt 
ist  und  der  Zweig  zwischen  dem  dritten  und  vierten  Finger  nach  (vorn 
und)  oben  zum  gemeinsamen  Yereinigungspunkte  der  beiden  Zweige  ver- 
läuft, also  in  einer  für  die  Arme  und  Handmuskeln  sehr  gezwungenen 
Haltung,  schreitet  der  Brunnensucher  einher."  So  beschreibt  ein  Arzt  im 
„Daheim'^  den  Vorgang^).  „Der  leiseste  Ruck,"  sagt  ebendaselbst  K.  W^olf 
in  Warburg,  der  es  selbst  so  erprobt  hat,  „teilt  ihr  eine  Bewegung  mit, 
welche  sich  dann  vermöge  der  gleichmässigen  Struktur  der  Holzfasern 
unaufhaltsam  fortsetzt;  sie  neigt  sich  und  schlägt,  wie  es  heisst,  nach 
unten.  Der  Druck  der  Handmuskeln  und  die  eigentümlichen  Spannungs- 
verhältnisse der  Holzfasern  sind  also  das  ganze  Geheimnis  der  Wünscliel- 
rute.  Ein  jeder  kann  den  Versuch,  wenn  er  Lust  hat,  hinter  dem  Ofen 
machen^)." 

Ist  die  geschilderte  Form  die  gewöhnliche,  so  besteht  die  Wünschel- 
rute bei  anderen  nur  aus  einem  einfachen,  etwa  drei  Finger  langen,  geraden 
Haselstab,  der  auf  dem  ausgestreckten  Zeigefinger  oder  auf  dem  Daumen, 
im  Gleichgewicht  liegend,  getragen  wird.  Da  ist  die  Beweglichkeit  der- 
selben natürlich  noch  grösser.  In  allen  Fällen  ist  aber  ihre  angeb- 
liche Kraft  nicht  das  Frühere,  sondern  nur  die  Folge  der  Sensi- 
tivität des  sie  Handhabenden. 

Dies  ist  die  Geschichte  und  der  Gebrauch  der  Wünschelrute,  wie  er 
auf  einem  aus  dem  Heidentum  stammenden  Volksglauben  er- 
wachsen. Woher  ist  aber  dieser  entstanden,  das  ist  die  weitere  Frage, 
welche  die  Wissenschaft  stellt.  Und  da  finden  wir,  dass  das  Wecken  einer 
Quelle    durch    den   Schlag    einer  Rute,    in    der    Zeit    grosser    Dürre,    ein 


Die  Wünschelrute  als  Quellen-  und  Schatzsucher.  71 

altmythischer  Zug  ist,  der  nicht  nur  bei  den  Indogermanen,  sondern  auch 
bei  den  Semiten  uns  entgegentritt. 

Wie  die  deutsche  Wünschelrute,  wie  wir  gesehen,  aus  dem  Stein  durch 
ihren  Schlag  Wasser  sprudeln  lässt,  so  vollbringt  auch  Moses  in  Zeit  der 
Not  dieses  Wunder  wiederholt  durch  den  Schlag  seines  Stabes^).  Dieser 
Stab  bewährt  aber  auch  sonst  eine  eigentümliche  Kraft,  was  ausdrücklich 
damit  motiviert  wird,  dass  der  Herr  zu  Moses  sagt:  „Diesen  Stab  nimm 
in  deine  Hand,  damit  du  „Zeichen"  thun  sollst*)".  Mit  ihm  verrichtet 
Moses  nicht  bloss  weiter  nun  den  ägyptischen  Zauberern  gegenüber  seine 
Wunderthaten,  sondern  er  wird  auch  ein  siegverleihender  Talisman  oder 
Fetisch  in  seiner  Hand.  In  dem  Streit  gegen  die  Amalekiter  bannt  Moses 
von  eines  Hügels  Spitze,  den  Stab  Gottes,  wie  er  hier  genannt  wird, 
während  des  Kampfes  in  der  ausgestreckten  Hand  haltend  den  Sieg 
an  Israels  Fahnen^),  gerade  wie  hernach  Josua  seine  Lanze  gegen  die 
Stadt  Ai  ausstreckt  und  „nicht  wieder  abzog  seine  Hand,  damit  er 
die  Lanze  ausreckte,  bis  dass  verbannt  wurden  alle  Einwohner  der  Stadt**)". 
Diese  Bilder  und  die  Rolle,  welche  der  Stab  Gottes  oder  des  Josua  Lanze 
in  ihnen  spielt,  erscheinen  um  so  bedeutsamer,  als  analoge,  wenn  auch  in 
der  Form  etwas  modifizierte  Sceuen  und  Vorstellungen  mythischer  Art  bei 
den  Indogermanen  sich  dazu  stellen.  Denn  ist  es  nichts  anderes,  als  wenn 
Odhins  Rohrstengel,  über  ein  feindliches  Heer  geschossen,  dies  dem 
Verderben  weihen  sollte  und  es  auch  sonst  nordgermanische  Sitte  war, 
den  Speer  über  das  feindliche  Heer  sich  zum  Heil  beim  Beginn  des 
Kampfes  zu  schiessen,  ähnlich  wie  die  römischen  Fetialen  durch  Schleudern 
einer  blutigen  Lanze  in  die  Feinde  oder  in  ihr  Land  den  Krieg  eröffneten 
oder  bei  den  Griechen  die  sogenannten  nv()q)pQoi  mit  brennender 
Fackel  dem  Heere  voranschritten,  um  sie  dem  Feinde  zusclüeudernd  die 
Schlacht  einzuweihen,  alles  Gebräuche,  deren  mythische  Bedeutung  Kuhn 
und  ich  schon  seinerzeit  eingehend  behandelt  haben''). 

Erhält  durch  alles  dies  Moses'  Stab  schon,  wie  er  uns  in  der  Bibel 
entgegentritt,  eine  besondere  Folie,  so  knüpft  der  Talmud  und  die  jüdische 
Tradition  eine  Fülle  von  Sagen  noch  an  ihn,  die  seinen  ursprünglich 
mythischen  Charakter  noch  mehr  kennzeichnen,  den  imr  eben  die  Bibel 
teils  abgestreift,  teils  ihrem  gehobenen  Vorstellungskreise  angepasst  liat. 
Nach  dem  Talmud  sollte  der  Stab  gar  himmlischen  Ursprungs  sein,  aus 
dem  Paradiese  stammen  vom  Baum  des  ewigen  Lebens  oder  von  dem  der 
Erkenntnis  des  Guten  und  Bösen  seinerzeit  dem  Adam  verliehen  sein,  von 
dem  er  sich  dann  auf  die  Stammväter  des  Volkes  Israel  weiter  vererbt 
habe,  bis  er  nach  Josephs  Tode  in  Pharaos  Hand  gekommen,  der  ihn 
dann  dem  Reuel  (Jethro)  geschenkt  habe,  welcher  ihn  in  seinem  Lust- 
garten gepflanzt,  von  wo  ihn  Moses  mit  der  Zippora  gewonnen.  Er  sei, 
heisst  es,  vom  Saphir  gewesen;  im  Garten  Jethros  habe  er  sich  nach 
einer    Erzählung    in    einen    Mandidbaum    verwandelt;    der    „erkhirte    oder 


72  Schwartz : 

abgesonderte  Name"  Gottes,  der  Sehern  hammphorasch,  sei  auf  ihm  ein- 
geschnitten gewesen  und  darin  habe  seine  Zauberkraft  gelegen  und  der- 
gleichen mehr*). 

Ich  habe  dies  etwas  ausführlicher  behandelt,  um  daraus  die  Berechti- 
gung abzuleiten,  wenn  ich  der  quellenweckenden  Kraft  des  Stabes 
Mose,  als  einem  auf  alter  jüdischer  Tradition  beruhenden  Zuge,  einen 
mythischen  Hintergrund  vindiciere  und  die  Stelle  in  Vergleichung  stelle 
mit  analogen  Bildern  in  indogermanischem  Volksglauben®). 

In  der  griechischen  Mythologie  finden  wir  nämlich  sofort  einen  der- 
artigen Stab  in  den  Händen  göttlicher  Wesen,  dieselbe  Kraft  bekundend. 
So  lässt  Rhea  nach  Kallimachos  „die  Arme  hoch  gehoben",  durch  ihres 
Stabes  Schlag  einen  Quell  hervorsprudeln,  so  weckt  der  Thyrsosstab  in 
der  Bacchantinnen  Schwärm  beim  Euripides  den  frischen  Born,  so  schlägt 
Atalante,  als  sie  auf  der  Jagd  vom  Durst  gequält  wird,  den  Fels,  und 
hervorspringt  der  labende  Quell.  Auch  in  deutscher  Sage  vibriert  noch 
dieser  Zug  hindurch,  wenn  ein  Heiliger  das  Wunder  angeblich  vernichtet, 
„einen  Ast  in  den  Boden  senkt, "^  wie  J.  Grimm  ^  p.  551  sagt,  und  hervor 
das  Wasser  sprudelt. 

Ein  irdisches  Terrain  und  irdische  Verhältnisse  bieten  nun  für  der- 
artige mythische  Bilder  keine  Anlehnung,  wohl  aber  der  Himmel,  wie 
wir  sehen  werden,  von  dem  überhaupt  die  meisten  mythischen  Vorstellungen 
in  ihren  Anfängen  stammen,  welche  dann  nur  zum  Teil  in  der  Tradition 
auf  die  Erde  übertragen  und  so  irdisch  lokalisiert  sind.  Auf  ihn  führt 
uns  sofort  auch  eine  andere  Reihe  von  Sagen,  die  in  anderer  Weise  den 
Ursprung  von  Quellen  mythisch  behandeln  und  sie  unter  dem  Hufschlag 
eines  Rosses  hervorsprudeln  lassen.  Geht  dies,  wie  sich  klar  heraus- 
stellt, auf  den  Hufschlag  des  Donners  als  eines  Rosses  dort  oben, 
so  ist  der  Quell,  den  es  hervorruft,  ursprünglich  der  Regenquell,  und 
nun  ergiebt  sich  auch  sofort  in  dem  Stabe,  der  ihn  auch  seinerseits  nach 
der  erwähnten  Version  hervorzaubert,  der  Blitz  als  eine  himmlische 
Rute,  wie  dieser  auch  sonst  das  Prototyp  aller  Zauberruten  gewesen,  im 
Polnischen  auch  z.  B.  noch  geradezu  Gottesrute  oder  Donnerrute  genannt 
wird^"). 

Ich  habe  hierher  schlagende  Anschauungen  von  Donner  schon  ver- 
schiedentlich des  ausführlicheren  behandelt  und  will  deshalb  hier  nur  ein- 
zelne typische  Momente  hervorheben.  Die  griechische  Sage  entwickelt 
uns  die  Vorstellung  am  klarsten.  Wie  bei  Homer  die  Flüsse,  d.  h.  nament- 
lich die  Gebirgsquellen ,  als  öiinETelg,  d.  h.  „vom  Himmel  gefallen",  be- 
zeichnet werden;  Zeus,  als  den  Herakles  durstet,  „mit  dem  Wetterstrahl '^ 
eine  Quelle  hervorzaubert,  so  hat  angeblich  des  „Donnerrosses"  Pegasos 
Hufschlag  die  Quelle  Hippokreue  auf  dem  Helikon  zu  Troezene  oder  die 
Peirene  zu  Korinth  durch  seinen  Hufschlag  hervorgerufen,  gerade  wie 
Baldurs  oder  Karls  des  Grossen  Ross,  um  das  durstende  Heer  zu  tränken. 


Die  Wünschelrute  als  Quellen-  und  Schatzsucher.  73 

es  gethaii  haben  soll,  Au-  und  Nachklänge  derselben  Vorstellung  auf  ger- 
manischem Boden"). 

Bestätigt  dies  meine  Auffassung  von  dem  Ursprung  der  quellen- 
weckenden Rute,  die  der  Aberglaube  als  eine  Art  Fetisch  festgehalten  hat, 
so  findet  sie  auch  weiteren  Halt  in  der  zweiten  Beziehung  der  Wünschel- 
rute zu  Schätzen. 

Schon  einfach  die  oben  zu  Anfang  erwähnte  Beziehung,  welche  man 
in  der  wunscilgerta  zu  des  Hermes  Stab  fand,  weist  auf  das  himmlische 
Terrain  und  analoge  Verhältnisse  hin,  wie  auch  in  dem  Hermes-  und  dem 
ihm  verwandten  zauberhaften  Thyrsosstabe  schon  längst  von  Kuhn  und 
mir  der  Blitz  nachgewiesen  ist.  Schon  äusserlich  ist  auch  des  Hermes  Stab 
bald  eine  einfache  „zwieselartige"  Gerte,  wie  die  Wünschelrute  —  was 
speziell  auf  die  „gabelförmigen"  Blitze  geht*'^)  —  bald  zwar  noch  drei- 
sprossig  oder  dreiblättrig,  aber  doch  auch  von  Golde,  wie  die,  welche  zum 
Nibelungenhort  gehört,  und  wird  als  Geber  alles  Segens  und  Reichtums, 
also  auch  als  ein  ähnlicher  Fetisch,  wie  diese  gefeiert. 

Aber  nicht  bloss  etwa  in  der  leuchtenden,  goldigen  Gestalt  des  Blitzes, 
als  eines  goldigen  Zauberstabes,  liegt  die  Beziehung  zu  einem  Schatze. 
Der  Himmel  weist  selbst  für  sich  noch  verschiedene  goldige  Schätze 
auf.  Es  sind  zunächst  die  Gestirne,  Sonne,  Mond  und  Sterne,  welche 
nach  einer  Anschauung  goldene  Scheiben  oder  Bälle  sind,  mit  denen  die 
Himmlischen  u.  a.  im  Gewitter  spielen,  wie  auch  der  heutige  Volksglaube 
in  einem  solchen,  indem  er  an  den  rollenden  Donner  anknüpft,  noch 
unsern  Herrgott  oder  Petrus  Kegel  schieben  lässt,  und  Märchen  wie  Sage 
noch  von  solchen  „zauberhaften"  Kegelbahnen  wissen,  in  denen  die  Geister 
mit  „goldenen"  Kugeln  nach  „goldenen"  Kegeln  werfen,  ja  im  schwäbischen 
Märchen  noch  geradezu  die  Gewitterbrüder  „Donner",  „Blitz"  und  „Wetter" 
als  die  Besitzer  einer  solchen  goldigen  Kegelbahn  auftreten  ^^). 

Aber  noch  einen  anderen  Schatz  eigener  Art  glaubte  die  Urzeit  im 
Gewitter  zu  erblicken,  der  uns  noch  mehr  hier  angeht.  Wenn  nämlich 
ein  Gewitter  am  Horizont  heraufkommt,  so  schien  auch  ein  leuchtender 
Schatz  angeblich  mit  ihm  heraufzusteigen,  der  Hebung  harrend,  zu 
der  des  ersten  Donners  Stimme  gerufen,  oder  wenn  jene  missglückt,  im 
niederschmetternden  Donnergekrach  wieder  in  die  Tiefe  zu  versinken. 
Allerhand  Untiere,  der  heulende  Sturmhund  und  vor  allem  der  Gewitter- 
drache mit  den  züngelnden  Blitzeszungen  bewachen  ihn  in  den  Sagen  und 
weisen  noch  auf  seinen  mythischen  Ursprung  hin. 

Vor  allem  schildern  aber  eine  Menge  noch  volkstümliclier  Redens- 
arten, die  sich  an  solche  versunkenen  und  gelegentlich  wieder  hervor- 
kommenden Schätze  knüpfen,  noch  lebendig  das  ursprüngliche  himmlische 
Terrain  und  seinen  ursprünglichen  Charakter.  Besonders  gehört  hierher 
der  noch  ganz  allgemeine  deutsche  Völksglaube  von  den  zeitweise  in  der 
Nacht,  d.  h.  in  der  Gowitternacht,  überhaupt  brennenden  Schätzen.    Schon 


74  Schwartz : 

im  Mhd.  heisst  es:  „wenne  kiimt  hervür  der  hört,  der  mich  so  riche  möchte 
machen?"  Der  betr.  Schatz  sonnt  sich,  er  „blühet,"  wie  wir  auch  von 
einem  aufblühenden  Gewitter  noch  reden.  „Er  verblüht,"  heisst  es  im 
Simplicius  simplicissimus,  d.  h.  „er  muss  wieder  versinken".  Blaue  Lohe 
wird  nach  Grimm  auf  ihm  erblickt,  „er  hat  das  Aussehen  glühender  Kohlen, 
eines  Braukessels  voll  roten  Goldes."  Brennt  Flamme  über  ihm,  so  sagt 
man  „der  Schatz  wettert  sich".  Ich  habe  diese  ganze  Vorstellung  schon 
seinerzeit  im  Ursprung  der  Mythologie  des  ausführlicheren  so  mit  allen 
ihren  Accidentien  begründet,  dass  ich  mich  hier  wohl  damit  begnügen 
kann,  in  grossen  Zügen  so  das  betreffende  mythische  Element  gezeichnet 
zu  haben  ^*). 

Eine  solche  Art  Gewitterschatz  liegt  nun  also  ursprünglich  auch  dem 
Nibelungenhort,  dem  Analogen  des  nordischen  Zauberschatzes  des  Zwerges 
Andvari  zu  Grunde,  so  dass  es  nach  beiden  Seiten  hin  erklärlich  ist,  wenn 
der  Blitz  .als  die  im  Gewitter  agierende  Zauberrute  in  dieser  Hinsicht  als 
Schatzgeber  und  Mehrer  mit  ihm  in  Beziehung  tritt,  wie  auch,  dass 
man  zum  irdischen  Gebrauch  sich  auch  eines  solchen  Fetisches  nicht  bloss 
als  Quellenwecker,  sondern  auch  zur  Hebung  angeblicher  unterirdischer 
Schätze  zu  bemächtigen  suchte.  Wie  die  Wirkung  der  Wünschelrute  nach 
beiden  Seiten  hin  die  von  mir  gegebene  Deutung  stützt,  so  wird  dieselbe 
auch  von  dem,  der  Wünschelrute  als  Schatzmehrer  analogen  King  And- 
varinaut  der  nordischen  Sage  von  neuem  bestätigt.  Da  ist  nämlich  statt  des 
Blitzes  als  Wünschelrute  nur  einfach  ein  anderes  goldiges  Gewitterstück, 
nämlich  der  (goldene)  Himmelsring,  wie  der  Regenbogen  auch  genannt 
wird,  mit  angeblich  derselben  Zauberkraft,  getreten'^).  Wie  derselbe  an 
Odhins  Arm  als  Ring  Draupnir  prangt  und  sich  auch  vervielfältigt,  in 
jeder  neunten  Nacht  acht  neue  von  ihm  träufeln  sollten,  er  also  auch  so 
als  ein  Schatzmehrer  gekennzeichnet  wird,  so  hat  auch  deutscher  Yolks- 
alaube  das  in  der  nordischen  Sage  sich  so  reich  entfaltende  Bild  noch  als 
einfache,  an  die  Natur  sich  anschliessende  Vorstellung  festgehalten,  wenn, 
wie  schon  Grimm  zusammenstellt,  das  Volk  wähnt,  dass  an  der  Stelle,  wo 
der  Regenbogen  aufsteht,  eine  goldene  Schüssel  oder  ein  Schatz  verborgen 
liege,  oder  aus  dem  Regenbogen  Goldmünzen  oder  Pfennige  niederfallen 
und  gefundene  Goldbleche  deshalb  Regenbogenschüsselein  heissen  und 
„die  Sonne  sie  im  Regenbogen"  verzetteln  sollte. 

Auch  der  Gewitterdrache  selbst  erscheint  gelegentlich  als  ein  solcher 
Schätzemehrer,  wie  namentlich  isländische  Sagen  von  solchen  auf  Schätzen 
liegenden  und  sie  stets  mehrenden  Drachen  wissen,  der  Name  des 
nordischen  Fafnir,  nach  Finn  Magnusen  geradezu,  qui  aurum  quasi  texendo 
congerit,  bedeutet,  ihn  also  gleichsam  als  „einen  Goldspinner"  kennzeichnet. 

Nach  allem  diesem  reicht  die  "Wünschelrute  in  ihrem  Ursprung  in  die 
fernste  Urzeit  hinauf,  welche  Veränderungen  sie  auch  und  der  sich  an  sie 
knüpfende  Glaube  im  Verlauf  der  Zeiten  gefunden  hat. 


Die  Wünschelrute  als  Quellen-  und  Schatzsucher.  75 

Sie  steht  aber  nicht  allein  da,  sondern  auch  andere  Fetische  gleicher 
Art  treten  ihr  noch  zur  Seite  und  bestätigen  die  gegebene  Auffassung. 
Vor  allem  die  angebliche  Wolkenblume,  welche  die  mythenbildende 
Zeit  in  dem  „aufblühenden"  Gewitter  sich  entwickeln  wähnte,  die 
Wunderblume,  welche  in  den  Mythensagen  auch  noch  die  Berge,  d.  h.  ur- 
sprünglich die  Wolkenberge  öffnet  und  ihre  Schätze  enthüllt,  ebenso  wie 
die  sogenannte  Springwurzel,  in  welcher  der  sich  schlängelnde  oder 
zackige  Blitz  von  jenem  Standpunkt  aus  als  Wurzel  derselben  gefasst 
erscheint^*'). 

Was  der  Naturmensch,  in  gewissen  Analogieen  mit  der  ihn  hier  unten 
umgebenden  Welt,  auch  dort  oben  zu  sehen  glaubte,  fasste  er  eben  als 
Realitäten  auf  und  schrieb  so  den  Momenten,  die  ihm  besonders  charak- 
teristisch im  Gewitter  hervortraten,  alle  die  zauberhaften  Wirkungen,  gute 
wie  böse,  zu,  die  an  dasselbe  sich  knüpften  oder  zu  knüpfen  schienen. 

Neben  den  segenspendenden  treten  so  zur  Bestätigung  der  Sache 
auch  furchtbare,  ja  todbringende  Wirkungen  an  diesem,  dem  Gewitter 
entstammenden  Fetische  hervor.  Der  Zweig  des  wunderbaren  indischen 
A<;vatthabaumes,  der  Genosse  des  Vrtratöters  Indra,  des  Mitra  und  Varunas, 
wie  er  genannt  wird,  zerschmettert  so  im  grossen  Luftmeer  die  Feinde  der 
Götter,  wie  der  Tamariske  Zweig  nach  persischer  Sage  dem  Isfendiar,  oder 
der  östlich  von  Walhall  —  also  im  Himmel  wachsende  —  Misteltein  dem 
Baidur  todbringend  wird,  der  Stab  in  den  Händen  der  Athene  bald  als 
Zauberstab  auftritt,  mit  dem  sie  z.  B.  des  Odysseus  Gestalt  wandelt,  bald, 
wenn  sie  sich  zum  Kampf  rüstet,  in  ihren  Händen  zur  furchtbaren  Lanze 
wird,  „mit  der  sie  bändigt  die  Reihen  der  Heroen,  denen  sie  zürnt,  die 
Tochter  des  gewaltigen  Vaters". 

Die  Zahl  dieser  geheimnisvoll  wirkenden  Stäbe,  Blumen,  Wurzeln 
u.  dergl.  auf  dem  Boden  der  indogermanischen  Mythen  ist  fast  unerschöpf- 
lich. Ich  will  zum  Schluss  nur  von  denselben  noch  einzelne  hervor- 
heben, die  namentlich  mit  ihrem  feurigen,  nur  angeblich  in  der  Nacht 
sich  entwickelnden  Glänze  und  anderen,  au  Sturm  und  Donner  an- 
knüpfenden Accidentien  sich  als  die  primitivsten  Auffassungen  derartiger, 
in  der  Gewitternacht  erblühender  Wolkenblumen  und  Pflanzen  ergeben. 
Zu  dem  bekannten  Kraut  Moly,  welches  Hermes  beim  Homer  als  Abwehr 
jedes  Zaubers  giebt,  das  da  gefährlich  zu  graben,  —  Götter  können  frei- 
lich alles,  setzt  der  Dichter  hinzu,  —  stellt  sich  zunächst  das  sogenannte 
Kircaeische  Kraut  in  ähnlicher  Bedeutung,  mit  welchem  Prokris  den  Minos 
gegen  die  Teufeleien  der  eifersüchtigen  Sonnentochter  Pasiphae  schützt; 
dann  das  sogenannte  prometheische  oder  titanische  Kraut,  welches  angeb- 
lich unverwundbar  macht ^^).  Wie  dieses  mitten  im  Feuer  blüht  und,  wenn 
die  Wurzel  geschnitten  wird,  der  Boden  erdröhnt,  so  ist  die  Aglaophotis 
ein  ähnliches  Zauberkraut,  nach  Aelian  bei  Tage  vorborgen,  des  Nachts 
aber    glänzt    sie  feurig  wie  ein  Stern.     Der  sie  ausziehen   will,   stirbt, 


76  Schwartz : 

wenn  er  nicht  einen  Hund  an  dieselbe  bindet,  um  auf  jenen,  als  eine  Art 
Substituten,  den  Tod  überzuleiten.  Dasselbe  erzählt  Josephus  von  einer 
Pflanze  in  der  Stadt  Baaras.  Blitzenden  Glanzes  in  der  Nacht,  ent- 
zieht sie  sich  wie  ein  lebendiges  Wesen  dem,  der  sie  brechen  will,  bis 
er  sie  durch  einen  Zauber  zum  Stehen  zwingt.  Die  Mandragora,  mit 
welcher  Dioskorides  die  Kircaea  identifiziert,  ächzt  und  schreit  beim 
Ausgraben  so  entsetzlich,  dass  der  Grabende  davon  sterben  muss.  Die 
sagenhafte  Blüte  des  Farnkrautes  erblüht  bei  den  Polen  zu  Johannis, 
d.  h.  im  Hochsommer,  wo  die  Gewitter  am  zahlreichsten,  um  Mitternacht. 
Wenn  man  sie  bricht,  entsteht,  heisst  es  geradezu,  Sturm  und  Donner. 
Auch  die  deutsche  Spring-  oder  Johanniswurzel  blüht  nur  zu  dieser  Zeit 
angeblich  unter  dem  Farnkraut,  und  leuchtet  wie  ein  Licht;  sie  steht 
nie  still,  hüpft  fortwährend,  wie  Nonnus  auch  vom  hüpfenden  Blitzfeuer 
redet.  Kurz,  überall  treten  Momente  hervor,  welche  auf  Erden  keine  Spur 
von  Anlehnung  finden  und  immer  an  das  himmlische  Terrain  mit  Blitz 
und  Donner  und  die  tödlichen  Gefahren,  die  diese  bringen,  erinnern^®). 

So  hat  uns  die  Wünschelrute,  indem  wir  den  labyrinthischen  Yer- 
schliugungen  der  Traditionen  an  ihrem  Faden  folgten,  eine  ganz  eigentüm- 
lich primitive  Welt  von  Anschauungen  und  Vorstellungen  eröffnet,  in 
denen  und  mit  denen  namentlich  die  indogermanische  Zeit  die  Wunder 
des  Himmels  in  ihrer  Weise  zu  begreifen  anfing,  deren  homogene  Bilder 
noch  in  dem  bildlichen  Ausdrucke  der  Sprache  oft  nachvibrieren  und  mit 
den  sich  bietenden  Vergleichungen  die  Deutung  bestätigen.  Wenn  so  die 
prähistorische  Mythologie,  richtig  betrieben,  die  Anfänge  metaphysischen 
wie  religiösen  Denkens  der  Urzeit  uns  näher  bringt,  so  wird  sie  auch 
im  Yerein  mit  der  Sprachwissenschaft  imstande  sein,  ethnologische  Be- 
ziehungen der  Völker  in  einer  Zeit  aufzudecken,  die  jenseits  aller  Kultur- 
entwickelung, ja  Völkergruppierung  liegt.  Davon,  mit  Ihrer  Erlaubnis,  ein 
anderes  Mal.  

Aumerkungen  zu  dem  Aufsatz  „die  Wünschelrute". 

1)  „Daheim"  v.  J.  1880  S.  707. 

2)  Ebendas.  780. 

3)  2.  Moses  17,  6.  4,  20,  11.  In  den  darauf  bezüglichen  späteren  Stellen  Ps.  78, 
15,  16.  Ps.  105,  41.  Ps.  114,  8.  Jes.  48,  21  wird  die  Sache,  aber  nicht  mehr  der  Stab,  er- 
wähnt. Der  mythische  Hintergrund  schwindet  je  länger  je  mehr,  gerade  wie  schon 
2.  Moses  9,  22,  23,  33.  10,  12,  13,  21.  22  bald  der  Stab,  bald  nur  die  hochgehobenen  Hände, 
die  ihn  halten,  erwähnt  werden. 

4)  2.  Moses  4.  17. 

5)  2.  Moses  17,  9—12,  wo  auch  der  Stab  nur  zuerst  genannt  wird. 

6)  Josua  8,  18  und  26. 

7)  Kuhn  und  ich  fauden  darin  vom  Standpunkt  der  vergleichenden  Mythologie  eine  Nach- 
ahmung des  hinmilischen  Gewitterkampfes,  den  der  dahinfahrende  Blitz  gleichsam  eröffnet. 
Kuhn,  Herabk.  des  Feuers  ^  S.  199  f.  Meine  Poet.  Naturanschauungen  u.  s,  w.  I.  199.  II.  99. 
Urspr.  der  röm.  Stammsage  S.  42.  Zu  meiner  Freude  sehe  ich,  dass  neuerdings  Weinhold 
in  seinem  Vortrag  in  der  Berliner  Akademie  vom  11.  Juni  d.  J,  „Beiträge  zu  den  deutschen 


Die  Wünschelrute  als  Quellen-  und  Schatzsucher.  77 

Kriegsaltertümern"  auf  anderm  Wege  unter  anderm  zu  demselben  Resultat  gelangt,  wie 
seinerzeit  wir,  wenn  er  schliesslich  sagt:  „Der  Speerwurf  ist  die  menschliche  Nachbildung 
des  Blitzes,  den  der  Gott  entsendet."  Interessant  ist  übrigens  noch  eine  andere  Stelle  im 
A.  T.  ähnlicher  Art,  nämlich  2  Könige  13,  15  ff.,  wo  Elisa  zum  König  Joas  sagt:  „Spanne 
mit  deiner  Hand  den  Bogen!  Und  er  spannte  mit  seiner  Hand.  Und  Elisa  legte  seine 
Hand  auf  des  Königs  Hand  und  sprach:  Thue  das  Fenster  auf  gegen  Morgen!  Und  er 
that  es  auf.  Und  Elisa  sprach:  Schiesse!  Und  er  schoss.  Er  aber  sprach:  Ein  Pfeil 
des  Heils  vom  Herrn,  ein  Pfeil  des  Heils  wider  die  Syrer;  und  du  wirst  die 
Syrer  schlagen  zu  Aphek,  bis  sie  aufgerieben  sind."  Hier  tritt  die  symbolische  Weihe 
des  abgeschossenen  Pfeils  und  der  Erfolg,  den  er  erzielen  soll,  als  prägnantes  Residuum 
des  alten  Gebrauchs  auch  bei  den  Israeliten  noch  recht  prägnant  hervor. 

8)  Herr  Dr.  Bloch  in  Posen  teilt  mir  aus  einem  Auszuge  des  Buches  Ssefer  haja- 
schar  u.  a.  noch  folgende  Sage  mit:  „Reuel  (Jethro)  stellte,  um  den  grossen  Tross  der 
Freier  der  Zippora  zurückzuhalten  —  denn  die  angesehensten  Fürsten  der  Umgegend 
bewarben  sich  um  sie,  —  die  Bedingung,  dass  nur  derjenige  sie  erhalten  werde,  welcher 
eine  bestimmte  Aufgabe  lösen  würde.  In  dem  den  Palast  des  Reuel  umgebenden 
Lustgarten  befand  sich  nämlich  mitten  unter  allerlei  kostbaren  Gewäclisen  ein  saphirner 
Stab  aufgepflanzt,  worauf  der  unaussprechliche  Name  des  ewigen  Gottes  zu  lesen  war  und 
mit  dem  die  grossen  Wunderthaten  in  Egypten  und  am  Roten  Meer  vollbracht  werden 
sollten  u.  s.  w.  Und  nun  folgt  die  Geschichte  des  Stabes  von  seiner  Schöpfung  in  der 
Abenddämmerung  des  sechsten  Schöpfungstages  und  wie  er  von  Hand  zu  Hand  gewandert, 
bis  ihn  Jethro  von  Pharao  empfangen.  W^er  nun  diesen  Stab  mit  eigenen  Händen  ohne 
weitere  Beihilfe  dem  Boden  entreissen  könne,  der  solle  seine  Tochter  Zippora  zum 
Weibe  haben.  Die  kräftigsten  Heldensöhne  der  Midiauiten  und  Keniten  strengten  sich 
vergeblich  an;  niemand  vermochte  an  dem  Stabe  zu  rütteln,  so  fest  stand  er  im  Boden. 
Und  die  füi-stlichen  Bewerber  mussten  allesamt  mit  8chimpf  abziehen,  bis  es  Moses  end- 
lich gelang,  ihn  aus  dem  Boden  zu  ziehen,  worauf  er  die  Zippora  zur  Frau  erhielt.  — 
Wenn  übrigens  nach  einer  Tradition  der  Stab  sich  daselbst  in  einen  Mandelbaum  ver- 
wandelte, so  ist  eine  Art  Parallele  dazu,  wenn  auch  in  der  Bibel  Moses  zur  Bestätigung 
Aarons  Priesteriums  dessen  Stecken  in  der  Stiftshütte  grünend  und  die  Blüte  aufgegangen 
und  Mandeln  tragend  findet.    4.  Moses  16,  8. 

9)  Über  andere  im  A.  T.  hindurcliblickende  mythische  Elemente  s.  Urspr.  der  Myth. 
unter  „Alttestamentarische  Parallelen"  und  was  ich  über  Simson  in  den  Poet.  Natur- 
anschauungen I.  und  in  den  Präliistorischen  Studien  S.  169.  295.  298  f.  und  493  aus- 
geführt habe. 

10)  Mannhardt,  Germ.  M.  S.  62  Anm.  2.  Über  den  Blitz  als  Rute  s  Urspr.  d.  Myth., 
sowie  im  Indogermanischen  Volksglauben  die  Stellen  im  Index  unter  Stab,  Zweig,  Zauber- 
rute. Der  Regeuquell  steht  auch  sonst  in  der  Mythologie,  wo  von  Wasser, 
Flüssen  u.  dergl.  die  Rede  ist,  immer  ursprünglich  im  Hintergrund.  Wie  in 
dem  dürren  Afrika  der  Regenzauberer  eine  grosse  Rolle  spielt,  so  war  der  angebliche 
himmlische  Regenmacher,  der  den  Regenqnell  durch  die  Kraft  seines  Stabes  weckte, 
sein  bedeutsames  Gegenbild.  Entsprechend  treten  auch  gerade  in  den  tropischen,  wie  in 
Gebirgsgegenden,  wo  die  Beziehung  der  Gewitterregen  zu  den  irdischen  Bächen  und 
Flüssen  in  unmittelbarster  Anschauung  dem  Naturmenschen  entgegentritt,  auch  die 
Wolkenwasserfrauen,  die  Najadeu  und  Nymphen  bedeutsam  hervor  und  erscheinen  in  Ver- 
bindung mit  den  Quellen  des  Landes  als  die  Schutzgottheiten  desselben  und  mit  den 
Lokalsagen  eng  verknüpft,  während  im  Flachlande  dies  Moment  mehr  zurücktritt,  wenn 
es  nicht  etwa  in  der  Tradition  schon  vorher  aus  jenen  Verhältnissen  her  bestimmte  Gestalt 
in  den  Sagen  gewonnen  hat. 

11)  Urspr.  der  Myth,  namentlich  S.  166. 

12)  Poet.  Naturansch.  IL  Blitz  als  Gabel  S.  109. 

13)  Rochholz,  Schweizer  Sagen  I.  S.  129  f. 

14)  Im  Urspr.  d.  Myth.,  sowie  im  Heutigen  Volksglauben  -'  S.  1 19  hatte  ich  besonders 
S.  64  den  angeblich  im  Gewitter  heraufkommenden  Schatz  in  seiner  mannigfachen 
mythischen  Bedeutung   verfolgt.     Mannhardt   betonte    demgegenüber   mehr   die   Gestirne. 


78  Pralin: 

Ich  leugne  nicht,  dass  sie  auch  hergehören.  Aber  abgesehen  davon,  dass  ich  noch  den 
Keo-enbogen  oder  Himmelsring  als  goldenes  Halsgeschmeide  oder  Ring  hinzufüge,  spielt 
doch  der  Gewitterschatz  in  den  Sagen  (als  Nibelungenhort  n.  s.  w.)  eine  grössere  Rolle. 

15)  Urspr.  d.  Myth.  258.  Die  Beziehung  dieser  Schätze  zum  Gewitter  klingt  auch  ge- 
leo-entlich  noch  in  ihrer  Lokalisierung  hindurch,  wenn  z.B.  der  Andvarinaut  aus  den  Wassern 
(d.  h.  aus  den  himmlischen)  stammt,  der  Nibelungenhort  als  in  solches  versenkt  gilt;  der 
Zwerg  Andvari,  der  Besitzer  jenes  Ringes,  der  als  „Hecht"  in  dem  Wasser  lebt,  ein 
besonderes  Bild  für  den  in  den  Wolkenwassern  dahinschiessenden  Blitz  ist.  Ebendas. 
unter  „Hecht". 

16)  Urspr.  d.  Myth.  im  Index  unter  Wolkenblume.  Indogerm.  Volksglaube  s.  unter 
Blume  und  Kraut. 

17)  Indogerm.  Volksglaube  s.  unter  AQvathazweig,  Baidur  und  Isfendiar. 

18)  Prähistorische  Studien  S.  469—480. 

19)  Indogerm.  Volksgl.  an  verschiedenen  Stellen. 


Kleine  Mitteilungen. 


Der  Hausgeist  in  der  Neumark,  iu  Barnim  und  im 
Sternberger  Lande. 

Von  H.  Prahu. 

Wie  in  der  Mark  Brandenburg  überhaupt,  so  glaubt  man  auch  in  der  Neu- 
mark und  in  Barnim  an  die  Existenz  eines  Hausgeistes,  der  bald  Kobold,  bald 
Dräk  (Drache)  genannt  wird.  Im  Sternberger  Lande  kennt  man  nur  den  letzten 
Namen. 

In  der  Vorstellung  der  Landleute  verlässt  der  Dräk  seinen  Herrn  nicht  frei- 
willig und  tritt  bei  dem  Tode  desselben  in  den  Dienst  des  Erben  (Zielenzig). 
Wohl  aber  kann  er  einem  Familienmitgliede  überlassen  werden.  So  gab  ein  Bauer 
in  Breesen  seiner  Tochter  einen  Drachen  als  Aussteuer  mit.  Man  kommt  aber 
auch  auf  folgende  Weise  in  seinen  Besitz: 

Findet  man  in  der  Neujahrsnacht  auf  einem  Kreuzwege  ein  schwarzes  Huhn, 
so  soll  man  es  mit  in  sein  Haus  nehmen,  dort  verwandelt  es  sich  in  einen  Drachen. 
Jedes  Kind  aber,  das  nun  im  Hause  geboren  wird,  stirbt  (Biberteich). 

Allgemein  herrscht  der  Glaube,  dass  der  Drache  auf  dem  Hausboden  in  einer 
Tonne  gehalten  werde,  die  mit  Zeug,  Federn  und  auch  wohl  mit  Flachs  gepolstert 
sein  muss.  In  Dölzig  sagt  man,  man  müsse  ihm  jedes  Jahr  einen  neuen  bunten 
Bock  hinlegen.  Der  Kobold  ward  mit  Hirsebrei  gefüttert,  der  aber  nicht  zu  heiss 
sein  darf,  sonst  kratzt  der  Geist  die  betreffende  Person. 

Einer  Magd  in  Breesen  fiel  es  auf,  dass  die  Bauersfrau  täglich  Hirse  kochte 
und  ihn  in  einer  Schüssel  verstohlen  auf  den  Boden  trug.  Sie  schlich  ilir  eines 
Tages  nach  und  sah,  dass  diese  den  Deckel  von  einer  doi't  stehenden  Tonne  hob, 
die  Schüssel  hineingab  und  mit  jemand  sprach.  Da  wurde  sie  neugierig,  und  als 
die  Frau  einmal  zu  Markte  war,  hob  sie  selbst  den  Deckel  in  die  Höhe  und  sah 
den  Drachen;  der  drohte  ihr  aber,  darum  hat  sie  niemand  verraten,  wie  er  aus- 
sah. Als  die  Bauersfrau  am  nächsten  Tage  vom  Boden  kam,  war  ihr  Gesicht  ganz 
zei'kratzt. 


Kleine  Mitteilungen.  79 

Der  Kobold  spielt  im  Gedankenleben  der  Landleute  eine  grosse  Rolle.  Wer 
reich  geworden,  ist  es  nicht  durch  Arbeit  oder  Spekulation,  sondern  durch  seinen 
Hausgeist  geworden.  Er  soll  nämlich  den  Leuten  bei  der  Arbeit  helfen,  z.  B.  die 
Pferde  füttern,  die  Kühe  melken.  Ganz  besonders  aber  fördert  er  den  Wohlstand 
seines  Herrn  dadurch,  dass  er  den  Nachbarn  Geld  und  Getreide  stiehlt  und  diesem 
zuträgt.  Danach  unterscheidet  man  im  Lande  Sternberg  Geld-  und  Getreidedrachen ; 
die  ersteren  sind  von  roter,  die  letzteren  von  blauer  Farbe. 

Ein  Mann  aus  Madlitz  hörte  auf  dem  Heimwege  um  Mitternacht  über  sich  ein 
Rasseln.  Er  blickte  auf  und  gewahrte  einen  Drachen,  der  sich  eben  auf  einen 
Ast  setzte  Er  hatte  einen  Katzenkopf  und  einen  roten  und  einen  blauen  Flügel, 
trug  also  Geld  und  Getreide.  Der  Mann  hätte  den  Geist  greifen  können;  er 
fürchtete  sich  aber  sehr,  eilte  fort  und  hörte  nur  noch,  dass  der  Drache  mit  Ge- 
rassel Aveiterflog. 

Der  Kobold  geht  nur  nachts  aus.  Man  kann  ihn  dadurch  von  seiner  Behausung 
fernhalten,  dass  man  über  Naclit  die  Lampe  brennen  lässt,  was  z.  B.  Frau  St.  in 
Klausdorf  stets  thut. 

Sehen  die  Leute  in  der  Neumark  aus  einem  Schornstein  Funken  fliegen,  so 
sagen  sie  wohl,  da  fliege  der  Drache  und  gehe  auf  Raub  aus  oder  trage  gestohlenes 
Gut  davon.  Auch  Sternschnuppen  werden  so  gedeutet.  Und  man  erzählt,  der  Drache 
sehe  aus  wie  eine  feurige  Schlange  (Wandern). 

Von  dem  Drachen  wird  man  befreit,  wenn  man  ihn  in  einer  Neujahrsnacht 
auf  einen  Kreuzweg  setzt,  wo  er  bleiben  muss,  bis  ihn  ein  anderer  mitnimmt. 
Auch  sagt  man,  das  einzige  Mittel,  sich  seiner  zu  entledigen,  bestehe  darin,  dass 
man  das  Haus  sicher  verschliesse  und  dann  niederbrenne. 

Der  Drache  tritt  auch  als  selbständiges  Wesen  auf,  frei  von  einem  Herrn. 
Man  erzählt,  er  bewache  Schätze  in  der  Erde.  In  der  Mitternachtsstunde  kommen 
dieselben  an  die  Oberfläche  und  „brennen".  Wer  einen  solchen  Schatz  brennen 
sieht,  darf  nicht  zugreifen,  sondern  soll  ein  eisernes  Gerät  auf  die  Stelle  werfen 
und  dann  fortlaufen,  ohne  sich  umzusehen,  „sonst  erwürgt  ihn  der  Drache".  Wenn 
man  am  nächsten  Tage  an  der  Stelle  nachgräbt,  an  der  das  Eisen  liegt,  findet  man 
den  versunkenen  Schatz  (Wandern).  Im  Soldiner  Kreise  besteht  der  Glaube,  dass 
ein  Schatz  nur  alle  fünfzig  Jahre  einmal  brenne. 

Der  Kobold  wird  auch  den  Unterirdischen  gleichgesetzt.  In  der  Umgegend 
von  Landsberg  lässt  man  bei  ungetauften  Kindern  über  Nacht  die  Lampe  brennen, 
sonst  würden  die  „Unnerärdschen  oder  Kobolde"  das  Kind  stehlen  und  man  würde 
am  andern  Morgen  einen  Kobold  in  der  Wiege  haben.  (Man  nennt  hier  ein  ver- 
wachsenes Kind  mit  dickem  Kopf  einen  Kobold.) 

In  Barnim  hat  man  wesentlich  andere  Vorstellungen  von  dem  Hausgeist.  Der 
Kobold,  wie  er  hier  vorzugsweise  genannt  wird,  trägt  nicht  fremdes  Getreide  oder 
Geld  zu,  sondern  hilft  nur  bei  der  Arbeit.  Er  sucht  sich  selbst  seinen  Herrn.  Zu 
einer  Magd  in  Biesenthal  kam  ein  Kobold  dreimal.  Da  sie  den  Spruch  nicht  her- 
sagen wollte,  durch  den  sie  sich  hätte  in  seinen  Besitz  setzen  können,  hat  er  sie 
mit  Kuhmist  und  dicker  Milch  beworfen. 

B.  in  Biesenthal  war  früher  arm  und  ist  durch  einen  Kobold  reich  geworden, 
den  ihm  aber  jetzt  Diebe  geholt  haben. 

Ein  Knecht  hatte  seiner  Braut  vom  Jahrmarkt  einen  Strauss  Kuhblumen  mit- 
gebracht, den  jene  achtlos  wegwarf.  Am  Tage  darauf  war  zu  ilu-era  Erstaunen 
die  Rüche  von  unsichtbarer  Hand  aufgescheuert,  am  nächsten  Tage  von  allem 
genascht  und  am  dritten  waren  alle  Geräte  durcheinander  geworfen.  Während 
sie    sich  noch  das  Unheil  ansah,    stand  plötzlich  ein  Kobold  vor  ihr  und  sprach: 


so  2ingerle : 

„Hättest  du  mich  nicht  fortgeworfen,  als  ich  eine  Kuhblume  war,  so  hätte  ich  dir 
stets  bei  der  Arbeit  geholfen,  nun  aber  habe  ich  alles  entzwei  geschmissen." 
(Sophienstadt  bei  Biesenthal.) 

Der  Kobold  trägt  auch  gelegentlich  seinem  Herrn  Speise  zu.  In  Euhlsdorf 
brachte  er  einer  Frau  täglich  das  Mittagbrod.  Der  Knecht  derselben  wollte  er- 
fahren, wie  sie  zu  dem  Essen  käme,  da  sie  nie  kochte,  und  versteckte  sich  eines 
Tages  hinter  dem  Ofen.  Als  nun  der  Kobold  kam,  zeigte  er  auf  den  Ofen  und 
rief:  „Gucket,  gucket,  trajahn"  ('?).  Da  ihm  die  Frau  aber  nicht  verstand,  erbrach 
er  sich  in  die  Schüssel  und  verschwand  auf  Nimmerwiedersehen. 

Der  Kobold  weiss  überhaupt  mehr  als  ein  Mensch.  So  hat  ein  Ackerbürger 
in  Biesenthal  einen  Kobold,  der  Diebstähle  ans  Licht  bringt.  Einmal  hat  er  zwei 
Arbeiter  im  Walde  beim  Holzstehlen  ertappt  und  es  sogleich  seinem  Herrn  erzählt. 
Der  hat  es  den  Schuldigen  am  andern  Tage  auf  den  Kopf  zugesagt,  so  dass  sie 
den  Diebstahl  haben  eingestehen  müssen. 

Berlin. 


Ocliseuhaut  als  Landmass. 

Die  Sage,  die  sich  an  die  Gründung  Karthagos  und  im  Mittelalter 
an  die  Grunderwerbung  mancher  Klöster  knüpft,  begegnet  auch  in  Persien. 
General  Albert  Gastinger  Khan,  der  viele  Jahre  in  hoher  Stellung  in  Persien  ge- 
weilt, berichtet  in  seiner  Schrift:  „Von  Teheran  nach  Beludschistan.  Innsbruck 
1881"  Seite  5  folgendes  von  dem  Dorfe  Mehun,  das  eine  kolossale  Moschee, 
einen  wahren  Prachtbau  besitzt:  „Vor  tausend  Jahren,  wie  ein  vorhandener  monu- 
mentaler Denkstein  nacTiweist,  fühlte  sich  der  mächtige  Perserkönig  Schah  Nyme- 
tullah  der  Regierung  müde  und  wahrscheinlich  auch  durch  den  Gedanken 
an  die  Sühne  der  von  ihm  begangenen  Grausamkeiten  bewogen,  zu  Gunsten 
seines  Sohnes  zu  abdicieren,  und  kam  als  Derwisch  gekleidet  an  dieser  Stelle  an, 
die  damaligen  Einwohner  des  Dorfes  bittend,  man  möge  ihm  nur  soviel  Erde 
schenken,  als  eine  Ochsenhaut  bedecke  und  zur  Bebauung  vom  vorhandenen 
Bache  wöchentlich  soviel  Wasser  zuweisen,  solange  als  der  abgerissene  Kopf  einer 
Wespe  sich  schwimmend  am  Leben  erhalte,  was  ihm  auch  ohne  weiteres  gewährt 
wurde. 

Der  Derwisch  liess  sich  nieder,  fing  an  die  Ochsenhaut  in  lange  schmale 
Streifen  zu  schneiden  und  damit  eine  bestimmte  Peripherie  der  Grundfläche  zu 
belegen.  In  den  abgerissenen  Wespenkopf  steckte  er  eine  lebende  Ameise,  ver- 
klebte die  Öffnung  und  warf  ihn  ins  Wasser,  wo  er  sich  durch  mehrere  Tage 
bewegte,  bis  die  Ameise  sich  durchgefressen  hatte  und  ertrank.  Der  Derwisch- 
König  hatte  nun  hinreichend  Wasser,  um  die  Gegend  urbar  zu  machen,  gründete 
mit  einem  souveränen  Stammkapital  ex  voto  diese  Moschee  samt  einer  Menge 
umliegender  Ubikationen,  wo  heute  noch  40  bis  50  Derwische  ein  faules  Kloster- 
leben führen  und  ihren  freigebigen  Gründer  preisen.  Dieser  heilige  Wallfahrtsort 
ist  zugleich  eine  unantastbare  Freistätte  für  Verbrecher  jeden  Kalibers." 

GuMaun.  Ignaz  v.  Zingerle. 


Kleine  Mitteilungen. 


81 


Der  Zwiesel -Bauin  im  Elisenliain  bei  Greifswald. 

Von  Ernst  Friedel  in  Berlin. 

(Mit  1  Abbildung-.) 

Seit  Jahren  war  ich  auf  einen  Baum  im  Elisenhain  nahe  Eldena,  unweit 
Greif swald  in  Neuvorpommern,  aufmerksam  gemacht,  durch  den  die  Kinder  „ge- 
holt" würden.  Nach  langem  Suchen  gelang  es  mir,  den  in  der  That  höchst  auf- 
fallenden Baum,  eine  Hagebuche  oder  Hainbuche  (Carpinus  bctulus),  dessen  Blätter 
faltiger  und  länglich  spitziger,  als  sonst  bei  dieser  Baumart  gewöhnlich,  gestaltet 
sind,  aufzufinden.  Der  Baum,  dessen  unteren  Teil  unsere  Abbildung  darstellt, 
steht  unweit  des  Weges,   an   welchem  bis  vor  einigen  Jahren  ein  Bolzenbüchsen- 

Scheibenstand  lag,  etwas  südlich  von  dem  letzten 
Buchstaben  n  des  gedruckten  Namens  Elisen- 
Hain  auf  der  neuesten  grossen  Generalstabs- 
karte, Nr.  593,  Preussische  Landesaufnahmen 
1885,  herausgegeben  1886,  Massstab  Vsöuoo  der 
natürlichen  Länge.  Ob  es  sich  um  einen  ein- 
zelnen Baum  oder  um  die  bereits  in  den 
obersten  Wurzelverzweigungen  stattgefundene 
Verwachsung  zweier  Bäume,  unter  vollständiger 
Überwallung  der  Berührungsflächen,  handelt,  ist 
nicht  leicht  festzustellen,  wenigstens  kann  ich, 
obwohl  ich  den  Baum  mindestens  zu  sechs  ver- 
schiedenen Malen  eingehend  betrachtet  habe, 
zu  keiner  Entscheidung  kommen.  Vom  Wege 
aus  rechts  gesehen  gabelt  sich  die  rechte  Stamm- 
seite ungefähr  einen  halben  Meter  über  der 
Erde,  bildet  einen  spitzeiförmigen,  etwa  einen 
Meter  langen  Spalt,  der  oben  wieder  fest  ver- 
wächst und  an  den  Innenflächen  so  glatt,  im 
Gegensatz  zu  den  übrigen  Stammflächen  des 
Baumes  aussieht  und  sich  anfühlt,  dass  man 
geneigt  sein  möchte,  diese  Glätte  wenigstens 
teilweise  als  künstlich  bewirkt,  anzunehmen. 
Als  ich  den  Zwiesel-Baum  am  28.  Juni  1890 
mit  meinem  Sohn  Erwin  wieder  einmal  be- 
trachtete, kamen  zwei  junge  Ehepaare  des  Weges, 
die  keine  Ahnung  hatten,  weshalb  ich  dem  Baum 
besondere  Aufmerksamkeit  schenkte.  Als  die  eine  Frau  ihre  Begleiterin  auf  das 
sonderbare  Loch  in  dem  Baum  aufmerksam  mnchtc,  erzählte  die  andere,  dass 
man  hier  sieche  oder  verwachsene  Kinder  durchhole,  damit  sie  gesund  würden. 
Es  war  mir  dies  eine  überraschende,  nicht  unwillkommene  Bestätigung  dessen,  was 
ich  von  dieser  Hagebuche  bereits  wusste. 

Die  Sitte,  Gebresten  aller  Art  dadurch  zu  heilen,  dass  man  durch  ein  Loch, 
einen  Spalt,  die  Gabel  (Zwiesel)  eines  Baumes  kriecht  oder  hindurch  gezogen 
wird,  ist  ungemein  verbreitet.  Anfänglich  scheint  man  Bäume  künstlich  gespalten 
und  die  Spalten  solange  auseinander  gehalten  zu  haben,  bis  der  Leidende  hindurch 
gekrochen  war.  Dann  Hess  man  den  Baum  in  die  ursprüngliche  Gestalt  zurück- 
schnellen und  meinte,  dass,  wenn  der  Spalt  wieder  verwacliscn  sei,  die  Krankheit 

Zeitschril't  d.  Vereins  f.  Volk.sliunde     1892.  (j 


Der  Zwicsel-Bamn  im  Elisenhain 
bei  Greifswald.    Weissbuche. 


82  Dirksen: 

für  immer  verbannt  wäre.  W.  Mannhardt,  „Der  Baumkultus  der  Germanen  und 
ihrer  Nachbarstämme"  (Berlin  1875)  geht  (S.  33)  sonderbarerweise  auf  die  spätere 
Gewohnheit  nicht  näher  ein:  „Es  liegt  von  meinem  gegenwärtigen  Zweck  ab,  aus- 
zuführen, wie  dieses  Durchkriechen  durch  einen  gespaltenen  Baum  sich  um- 
gesetzt hat  in  das  Durchkriechen  durch  die  natürliche  Höhlung,  welche  durch 
zwei  unten  sich  trennende,  oben  wieder  in  eins  zusammenwachsende  Äste  ge- 
bildet wird." 

Auch  mit  Tieren  wird  ähnlich  verfahren.  —  Kuhn,  Märkische  Sagen  und 
Märchen  (Berlin  1843)  sagt  Seite  379:  „Ist  die  Milch  einer  Kuh  blutig,  so  muss 
man  diese  durch  einen  Eichendopp  (d.  h.  durch  ein  Stück  Eichenholz,  in  dem  eine 
natürliche  Öffnung  ist)  melken." 

Eine  Durchsicht  vieler  Sammlungen  von  Sitten  und  Gebräuchen  hat  mich  be- 
lehrt, wie  wenig  der  so  verbreiteten  Sitte  des  Durcliholens  der  Kinder  durch 
Zwieselbäume  Erwähnung  geschieht  ')•  Auch  deshalb  hielt  ich  die  Mitteilung  über 
die  Zwieselbuche  in  der  Eidenaschen  Holzung  nicht  für  überflüssig. 

Gleichzeitig  benutze  ich  die  Gelegenheit,  der  Akademischen  Forstverwaltung 
die  sorgfältigste  Schonung  und  Erhaltung  des  Wunder baumes,  wie  hiermit  ge- 
schehe, drinijend  ans  Herz  zu  lesen. 


Pfluffstlied. 


Pingsbrüd  üss  uppgeston 

mit  die  gele,  krüse  Hoer. 

De  Brüjem  üss  groff,  die  Brüd  üss  fin  — 

Mutt  watt  in  de  Korf  sin! 

Eier,  Eier  in  de  Korf, 

Stüver,  Stüver  in  die  Grippe! 

Een  Ei  batt  uss  niet, 

twe  Eier  schatt  uss  niet; 

fifuntwintig  upp  den  Diss, 

wett  die  Brüd,  watt  sorgen  üss! 

Brüjem  =  Bräutigam;  Grippe  =  die  zum  Zugreifen  bereite  Hand;  batt  =  hilft: 
uss  =  uns;    wett  -  weiss;    üss  =  ist. 

Vorstehendes  Lied  ist,  wie  die  Anfangsworte  desselben  zeigen,  ein  Pfingst- 
licd.  Es  wurde  in  Meiderich  (Regierungsbezirk  Düsseldorf)  vor  etwa  dreissig 
Jahren  von  kleinen  Mädchen,  welche  am  1.  und  2.  Pfingstfeiertage ,  um  Gaben 
bittend,  das  Dorf  durchzogen,  gesungen.  Diese  Mädchen,  welche  einen  grossen 
Armkorb,  dessen  Deckel  mit  frischen  Blumen  geschmückt  war,  mit  sich  führten, 
hiessen  Pfingstbräute.  Nicht  nur  Eier,  sondern  auch  andere  kleine  Geschenke, 
wie  Weckschnitte  u.  s.  w.  wurden  gesammelt;  Geld  dagegen  mit  den  Worten 
„Stüver,  Stüver  in  de  Rhin!"  abgewiesen. 


1)  Es  sei  gestattet,  zu  verweisen  auf  Grimm,  Mythol.  -  S.  1118  ff.  Gervasius 
Otia  imperialia,  herausgegeben  von  F.  Liebrecht  S.  180,  236.  241.  243.  246.  Wuttke, 
Der  deutsche  Volksaberglaube  ^  S.  93.  817.  Nyrop,  Kludetrseet,  in  der  Dania.  I.  1.  Unsere 
Zeitschrift  I.  101.   IL  50.  K.  W. 


Kleine  Mitteilungen.  83 

Das  Liedchen  ist  der  letzte  Rest  des  uralten  Mai -Umzuges  der  Pfingst- 
braut  und  des  Pfingstbräutigaras ;  vgl.  Grimm,  Deutsche  Mythologie-  S.  746  ff. 
Mannhardt,  Wald-  und  Peldkulto  1,  431  ff.  488  ff.  A.  Kuhn,  Märkische  Sagen 
319  ff.     Westfälische  Sagen  2,  160  f['. 

Meiderich.  C.  Dirksen. 


Kiuderlied. 


Auch  in  Ostfricsland  schlagt  der  Storch  seine  Sommerwohnung  auf.  Er 
wird  bei  seiner  Ankunft  von  Jung  und  Alt  freudig  begrüsst.  Die  Kinder  singen 
nach  unten  verzeichneter  Melodie: 

Storke,  storke  langeben, 
best  min  fader  un  möder  net  sen 
up  dat  lütje  böntje?  — 
Breng'  ml  'n  lütje  söntje! 

Die  Kleinen  verstehen  nicht,  was  sie  singen;  aber  auch  die  Erwachsenen 
scheinen  keine  Ahnung  davon  zu  haben.  Selbst  Kern  imd  Willms,  welche  das 
Kinderlied  auf  Seite  77  ihrer  Sprichwörtersammlung  bieten,  ist  der  Inhalt  fremd 
geblieben.  Es  heisst  nicht  in  dem  Lied:  Hest  din  fader  nn  moder  net  sen,  son- 
dern wie  oben  angegeben.  Die  drei  ersten  Verszeilen  bilden  sodann  eine  Frage. 
Ferner  heisst  es  nicht,  wie  jedes  Schulkind  in  Leer  und  Umgegend  weiss,  up  dat 
böge  böntje,  sondern:  up  dat  lütje  böntje.  Lütjet  böntje  —  im  Gegensatz  zu  bcene, 
dem  eigentlichen  Söller.  Dat  lütje  böntje  ist  ein  vom  Söller  oft  nur  durch  einen 
einfachen  Bretterverschlag  abgeteilter  Raum,  der  gewöhnlich  als  Schlafstube  be- 
nutzt wird.  Die  Frage  lautet  mithin:  Hast  du  nicht  meinen  Vater  und  meine 
Mutter  im  Schlafstübchen  gesehen? 

Im  nördlichen  Teile  Ostfrieslands,  wo  ich  einige  Jahre  als  Lehrer  wirkte,  habe 
ich  das  Liedchen  nicht  gehört,  obgleich  sich  unmittelbar  unter  den  Fenstern  meiner 
Wohnung  ein  Storchnest  befand.  —  Dort  sangen  die  Kinder:  Storke,  storke 
langeben,  wennor  wult  dut  land  bescn  u.  s.  w.  Das  Kinderlied  befindet  sich  auch 
bei  Dornkaat  Koolman  III  S.  329,  wahrscheinlich  der  Sprichwörtersammlung  von 
Kern  und  Willms  entlehnt. 

Die  Melodie  lautet: 

Storke,  storke  langeben  etc. 
E^ig=Jii=f=:f=z:==r.tz-¥=^>— j — }~~' — * — *-g— » — } — ^-^_-^-_j_.-| 


— *    -  ■—■<»- ■ 

C.  Dirksen. 


84  Dirksen: 


Sprichwörter  aus  Meiderich. 
I. 

De  Fraulüh  upp  all  de  Kirmessen  un  de  Schlübbers  in  alle  Wessen,  die 
hewwe  gau  gedohn. 

Schlübbers  sind  Arbeitsschürzen;  Wessen  Wäschen;  gau  bedeutet  schnell,  leicht, 
rasch.  Arbeitsschürzeu  werden  leicht  schmutzig,  müssen  oft  und  stark  gewaschen  werden 
und  sind  aus  diesem  Grunde  bald  abgenutzt.  Dasselbe  ist  nach  unsenn  Sprichwort  mit  den 
jungen  Mädchen  der  Fall,  welche  alle  Kü-messe  in  der  Nähe  und  die  mit  denselben  ver- 
bundenen Bälle  besuchen. 

Die  Erwähnung  der  Kirmesse  weist  auf  einen  Ort,  in  welchem  die  Kirmesse  noch 
etwas  gelten,  wie  in  Meiderich.  Zu  der  bis  vor  wenigen  Jahren  hier  stattfindenden  Herbst- 
kirmess  wurden  die  Häuser  von  aussen  und  innen  angestrichen,  Weissbrote  gebacken, 
frisches  Fleisch  in  Menge  gekauft  und  die  Verwandten  aus  der  Umgegend  eingeladen. 
Dass  der  alte  Meidericher  aber  auch  sehr  wohl  die  mit  dem  öfteren  Besuch  der  Kii'messc 
verbundenen  Gefahren  für  junge  Leute  kannte,  zeigt  unser  Sprichwort. 

Ein  ähnliches  Sprichwort  ist:  De  beste  Köh  findt  me  upp  de  Stall  un  Löpers  öwcrall. 

IL 

Hä  hcet  mit  den  Räger  prozess;  hii  heet  die  Küte  verlöre. 

Küte  sind  die  Waden,  das  dicke  Fleisch  an  den  Unterschenkeln.  In  Ostfricsland 
spriclit  man  auch  von  küten  in  de  arms.  — 

Als  Ursache  des  Verlusts  der  Küte  giebt  das  Sprichwort  an:  Hä  heet  mit  den  Eäger 
prozess.  Der  Reiher  gehört  nach  3.  Mos.  11  und  5.  Mos.  14  zu  den  unreinen  Tieren.  In 
der  poetischen  Edda  (Havamal  13)  ist  er  das  Bild  der  sinnlosen  Trunkenheit.  Aber  auch 
in  den  mir  bekannten  niederdeutschen  Sprichwörtern  und  Eedensartcn  erweckt  die  Erwäh- 
nung des  Reihers  üble  Vorstellungen.  So  sagen  wir  in  Ostfricsland:  He  stinkt  as  'n  reiger 
(Doornkaat  Koolman,  Wörterbuch  III  S.  24);  und  hier  zu  Meiderich  spricht  man  von  einem, 
der  sich  sinnlos  betrunken  hat:  Hä  heet  sich  gekotz  äss  enu  Räger. 

Wie  in  den  ostfriesischen  Redensarten:  He  kan't  rüggcn,  he  hed'n  gode  rügge  ein 
bildlicher  Aiiscb'uck  für:  er  ist  reich,  vermögend  u.  s.  w.  gegeben  ist,  so  können  auch  die 
Ausdrücke  .,Küte  hewwe"'  resp.  „die  Küte  verliere*  bildlich  genommen  werden.  Dann 
wendet  sich  das  Sprichwort  gegen  solche,  welche  ihr  Vermögen  durch  leichtfertig  unter- 
nommene Prozesse  verspielten. 

Meiderich,  Reg. -Bez.  Düsseldorf.  C.  Dirksen. 


Eine  mythologische  Anfrage. 

Miss  Gertrude  M.  Godden  in  Ridgefteld  bei  Wimbledon  in  England,  unser 
geehrtes  Mitglied,  hat  folgende  Anfrage  eingesandt,  welche  sie  auch  in  eng- 
lischen und  amerikanischen  Zeitschriften  aufgestellt  hat: 

„Warum  gebrauchen  die  Urmenschen  in  religiösen  Ceremonien  gefesselte 
Götzenbilder?  und  aus  welchem  Grunde  erzählen  sie  Mythen  und  Legenden  von 
gefesselten  und  gefangenen  Göttern?  Die  vulkanischen  Mythen  kommen  hier  nicht 
in  Betracht. 

Als  griechische  Beispiele  erlaube  ich  mir  zu  eitleren:  die  Statue  des  ge- 
fesselten Aktäon,  welche  Pausanias  in  Orchomenos  sah  (Paus.  IX.  38.  6);  das 
Jahresfest,  welches  zu  Ehren  der  Hera  in  Samos  gefeiert  wurde,  Toneus  ge- 
nannt, bei  dem  die  Statue  der  Göttin,  der  Legende  nach  dicht  mit  Weidenzweigen 


Kleine  Mitteihmgen.  g5 

umwunden  an  die  Seeküste  getrag-en  und  versteckt  wurde  (Athenäus  XV.  c.  13); 
und  in  der  Mythe  das  Fesseln  des  Ares  durch  die  Aloiden  im  festen  Gefängnis; 
ja  in  einem  Bronzegefäss  lag  er  dreizehn  Monate  gebunden  (Iliad.  V,  385  ff.). 

Das  Fesseln  eines  Götzenbildes  mit  einer  eisernen  Kette  kommt  im  Ritus  vor 
in  China;  die  Einsperrung  der  Sonne  und  des  Mondes  in  einem  eisernen  Dresch- 
haus in  der  finnischen  Mythologie;  in  Erntegebräuchen  das  Binden  der  letzten 
Garbe  mit  ungewöhnlich  vielen  Strohseilen  (Mannhardt,  Mythologische  Forschungen 
S.  320  f.). 

Ich  bitte  um  Aufklärung  über  folgende  Punkte: 

1.  Die  Fesselung  von  Götterbildern,  geheiligten  Personen,  Tieren,  Gegen- 
ständen; mit  Seilen,  Zweigen,  Ketten  u.  s.  w. ,  entweder  zu  bestimmten 
Zeiten,  oder  dauernd; 

2.  Gebräuche,  die  dazu  in  Beziehung  stehen; 

3.  Mythen  oder  Sagen  von  solcher  Fesselung." 


Fürs  erste  erlauben  wir  uns,  auf  die  Deutinig  der  Fesselung  griechischer  Gottheiten 
Idnzuweiseu,  die  sich  unter  anderm  in  Prellers  griechischer  Mythologie  finden,  ferner 
auf  W.  Schwartz,  Indogermanischer  Volksglaube,  Berlin  1885.  S.  115.  122  ff.  128.  134. 
137.  140.  143.  Die  Red. 


Gegen  Bticherdiebe. 

Neulich  fand  ich  in  einer  Faniilionbibel  aus  dem  vorigen  Jahiliundert  folgenden 
Spruch  eingeschrieben: 

Dieses  Buch  ist  mir  lieb, 
Wer  es  stiehlt,  der  ist  ein  Dieb; 
Es  sei  Herr  oder  Knecht. 
Der  Galgen  ist  sein  Recht. 
Kommt  er  an  ein  Haus, 
So  jagt  man  ihn  hinaus. 
Kommt  er  an  einen  Graben, 
So  fressen  ihn  die  Raben. 
Kommt  er  an  einen  Stein, 
So  bricht  er  Hals  und  Bein. 

Die  beiden  ersten  Zeilen  werden  häufig  angewandt.  Die  folgenden  Ver- 
wünschungen klingen  altertümlich.  Die  beiden  Zeilen:  „Kommt  er  an  einen  Graben 
So  fressen  ihn  die  Raben",  erinnern  an  ein  bekanntes  Kinderlied '). 

W.  Schwartz. 


1)  Der  gleiche  Schluss  findet  sich  in  dem  von  Simrock,  Das  deutsche  Kinderbuch - 
no.  351  gedruckten  Anathema  gegen  Bücherdiebe:  „Dieses  Buch  ist  mir  lieb,  Wer  es  stiehlt 
ist  ein  Dieb,  Kommt  er  an  einen  Stein,  Bricht  er  sich  ein  Bein,  Fällt  er  an  einen  Graben, 
Finessen  ihn  die  Raben."  —  Über  die  Sprücdie  und  Verse  gegen  Bücherdiebe  in  älterer 
Zeit  vgl.  Wattenbacli,  Das  Schriftwesen  im  Mittelalter  ^  S.  443  If.  und  Pölcbaii,  Das  Büclier- 
wesen  im  Mittelalter  S.  16;  vgl.  auch  Anzeiger  für  Kunde  deutscher  Vorzeit  (Nürnberg) 
1883.  Sp.  15.  K.  W. 


gß  Weinhold: 

Zwei  Bieneusegeii, 

eingeschrieben  in  ein  Exemplar  der  Kopenhagener  K.  Bibliothek   von  De  castitate 
sacerdotum.    Lipsiae.    1499.   4°,   mitgeteilt  von  Prof.  Kr.  Nyrop. 

Wan  die  Einen  schwermen  wollen,  das  sie  nit  hinwegk  fliegen  So  sprich 

Ich  verbiete  dir  Biene  und  Imme  bie  Gots  stimme 

Das  du  nit  fligest  aus  desses  Hofes  Kringe 

Du  habst  dan  Gote  und  Marise  vorlieb  (1.  urlob) 

Im  namen  des  Vathers  f  und  des  Sons  f  und  des  H  Geists  f 

Vel  vtero  hoc  modo 
Eine  und  beninne.     Ich  gepicte  dir  bie  Jesu  stimme 
Das  du  hie  bie  mir  wohnest  zu  haus  und  zu  hofe 
Als  die  trew  und  warheitt  bie  unserm  Hern  Gode. 
Im  nahmen  des  Vathers  -}-  und  des  Sons  f  und  des  H  Geists  f 

Mache  desse  drej  Creutze  mit  dem  rechten  fufz 
auff  die  erden  wirff  den  (1.  der)  Erden  unter  deinem  fasse 
mangk  oder  pobbcr  (I.  bober)  die  Bienen  so  mögen  sie  nit 
von  demem  Hofe  hinwegk  fligen. 

Vgl.  Sitzungsber.  der  Wiener  Akad.  d.Wiss.  Ph.-hist.  Kl.  LH,  5—19,  LXIX,  35  f. 
Münchener  Sitzber.  1866.  II,  110  f.  Müllenhoff- Scherer,  Denkm.  -  S.  316  f.  Ger- 
mania I,  109.    XXIX,  98.     Unsere  Zeitschr.  I,  321.  K.  W. 


Sammlung  rter  Yolksüberlieferungeii  in  Meckleuburg. 

Der  Verein  für  mecklenburgische  Geschichte  und  Alterturaskmide  hat  im 
Februar  1891  einen  Aufruf  zu  einer  Sammlung  mecklenburgischer  Volksüberliefe- 
rungen erlassen.  Dieselbe  soll,  nachdem  die  Sagen,  Märchen  und  Gebräuche  nebst 
dem  Aberglauben  von  K.Bartsch  gesammelt  worden  sind  (AVien  1879.  1880.  2  Bde.), 
die  anderen  volkstümlichen  Überlieferungen  in  sich  aufnehmen,  namentlich  die 
Volkslieder,  Wiegen-  und  Ammenlieder,  allerlei  Reime  und  Sprüche,  Rätsel, 
Eulenspiegelgeschichten,  Schnurren  und  andere  Erzählungen.  Gymnasiallehi-er 
Wossidlo  in  Waren  hat  zur  besonderen  Förderung  des  Unternehmens  einen  halb- 
jährigen Urlaub  erhalten  und  während  desselben  auf  einer  Wanderung  durch  das 
Land  eine  reiche  Ernte  gehalten  und  vielfach  andere  zur  Hilfe  gewonnen.  In 
einem  Ersten  Bericht  vom  31.  Dezember  1891  giebt  er  Nachricht  darüber. 


Lettische  Sammlungen. 

Die  lettisch -litterarische  Gesellschaft  hat  beschlossen,  ein  Verzeichnis  anzu- 
legen über  alle  volkskundlichen  Materialien,  die  in  den  zahlreichen  lettischen 
Zeitungen  und  Zeitschriften  seit  Jahrzehnten  gedruckt  worden  sind,  und  dieselben 
der  Forschung  zugänglich  zu  machen. 

Zweitens  will  sie  ein  Ortsnamenverzeichnis  über  das  lettische  Volksgebiet  an- 
legen, das  nicht  bloss  alle  Ansiedelungen,  sondern  auch  die  Namen  der  Felder, 
Wiesen,  Wälder,  Höhen  und  Gewässer  enthält. 


Bücheranzeigen. 


Hermauii  Frisclibier  f*. 

Zu  Königsberg  i.  Pr.  starb  am  8.  Dezember  1891  nach  langen  schweren  Leiden 
der  emeritierte  Rektor  der  altstädtischen  Töchterschule,  Hermann  Frischbier, 
der  eifrigste  Arbeiter  in  der  Volkskunde  Ostpreussens.  Am  10.  Januar  1823  zu 
Königsberg  als  Sohn  eines  Maurers  geboren,  wuchs  er  im  plattdeutschen  Volks- 
leben auf,  dem  er  sein  Leben  hindurch,  nachdem  er  die  darin  ruhenden  Schätze 
verstehen  gelernt  hatte,  seine  Liebe  und  seine  Kräfte  schenkte.  Sein  erstes  Werk 
waren  die  Preussischen  Sprichwörter  und  volkstümlichen  Redens- 
arten (1864.  1865.  1876).  Bekannt  ist,  dass  er  dafür  „wegen  Erregung  öffent- 
lichen Ärgernisses"  auf  die  Anklagebank  kam,  aber  auf  Grund  der  Verteidigung 
der  Professoren  Rosenki-anz,  J.  Zacher  und  0.  Schade  freigesprochen  ward.  Seine 
anderen  Werke  sind:  Preussische  Volksreime  und  Volksspiele  (1867), 
Hexenspruch  und  Zauberbann  (1870),  Preussische  Volkslieder  in  platt- 
deutscher Mundart  (1877),  Preussischcs  Wörterbuch  (1882.  83.  2  Bde.). 
Ausserdem  hat  er  in  verschiedenen  Zeitschriften,  namentlich  in  der  Altpreussischen 
Monatsschrift,  die  auch  eine  Portsetzung  seiner  Volksreime  und  Volksspiele  bringen 
wird,  Arbeiten  veröffentlicht. 

Alle  die  ihn  kannten,  schätzten  ihn  wegen  seines  treuen  Fleisses  und  seiner 
menschlichen  Tüchtigkeit.    Unserm  Verein  gehörte  er  als  ordentliches  Mitglied  an. 

K.  W. 


Bilclieranzeken. 


Das  Weib  in  der  Natur-  und  Völkerkunde.  Anthropologische  Studien  von 
Dr.  IT.  Ploss.  Dritte  umgcarb.  und  stark  vermehrte  Auflage.  Nach 
dem  Tode  des  Verf.  bearbeitet  und  herausgegeben  von  Dr.  M.  Bartels. 
Mit  10  lithogr.  Tafeln,  dem  Porträt  des  Dr.  Ploss  und  203  Abbild,  im 
Text.  Leipzig,  Th.  Griebens  Verlag  (L.  Fern  au),  1891.  2  Bde.  S.  XIV. 
575.  Vn.  684.    8^ 

Ein  bereits  wohl  bekanntes  grosses  Werk  liegt  hier  in  dritter  umgearbeiteter 
und  stark  vermehrter  Gestalt  vor  uns.  Wie  bei  der  zweiten,  hat  auch  bei  dieser 
Auflage  Herr  Sanitätsrat  Dr.  Max  Bartels,  der  verdiente  Berliner  Arzt  und  aus- 
gezeichnete Anthropologe,  seine  Kraft  und  seine  reichen  Kenntnisse  eingesetzt  und 
das  Buch  wieder  in  Anordnung  und  Inhalt  bedeutend  verbessei-t.  Für  den  Volks- 
forscher ist  das  grosse  Thema  des  Werks  von  ebensolcher  Wichtigkeit,  als  für 
den  Anthropologen  imd  den  Arzt,  wenn  auch  sein  Verhältnis  dazu  ein  anderes  ist, 
als  das  der  beiden  letzteren.  In  den  durch  diese  gegebenen  physischen  Grund- 
lagen wird  er  für  seine  ethischen  und  historischen  Forschungen  grosse  sichernde 
Förderung  erkennen,  und  sich  überzeugen,  dass  er  bei  seinen  Schlüssen  und  Urteilen 
die  Berücksichtigung  jener  nicht  entbehren  kann. 

Das  Werk  zerfiült  in  zwei  starke  Bände.  Der  1.  Band  behandelt  in  der 
1.  Abteilung  den  Organismus  des  Weibes  in  sieben  Kapiteln,  in  der  2.  Abteilung 
das  Leben   des  Weibes  in   27  Kapiteln.     Diese  Abteilung  wird  im  ganzen  zweiton 


88  Weinhold: 

Bande  fortgesetzt  und  in  weiteren  33  Kapiteln  zum  Schluss  geführt.  Von  dem 
weiblichen  Embryo  bis  zum  Begräbnis  des  toten  Weibes  erhalten  wir  hier  einen 
tiefen  Einblick  in  das  ganze  Wachsen,  Blühen  und  Vergehen.  Vier  nützliche  An- 
hänge schliessen  das  Werk. 

Einen  wichtigen  Bestandteil  bilden  elie  vielen  Illustrationen,  teils  auf  zehn 
Tafeln,  teils  in  203  dem  Text  eingefügten  Abbildungen,  die  häufig  nach  Photo- 
graphieen  teils  von  der  Natur,  teils  von  Gegenständen  der  grossen  Berliner  und 
Münchener  Sammlungen  genommen  sind.  Es  ist  dadurch  ein  ungemein  wertvoller 
Schatz  dem  Werke  einverleibt  worden,  das  wir  als  eine  wichtige,  auch  die  Volks- 
forschung sehr  verpflichtende  Arbeit  mit  dem  gebührenden  Danke  begrüsst  haben. 

K.  Weinhold. 


Joh.  Pli.  Glock,  Die  Symbolik  der  Bienen  nnd  ihrer  Prodnkte  in  Sage, 
Dichtung ,  Kultus ,  Kunst  nnd  Bräuchen  der  Völker.  Heidelberg, 
Tb.  Groos,  1891.     S.  XII.  411.  8^ 

Aus  diesem  fleissig  zusammengetragenen  Buche  eines  Imkers  geht  uns  im 
besonderen  das  5.  Kapitel  des  2.  Teils  an:  die  Bienen  bei  Germanen  und  Slaven, 
worin  aus  Glaube  und  Sitte  dieser  Völker  viel  auf  die  Bienen  bezügliches  ge- 
sammelt ist.  Der  Verfasser  des  Buches  ist  kein  Avissenschaftlicher  Forscher  in 
diesen  Dingen,  sondern  ein  gebildeter  Dilettant,  belesen  und  in  der  Darstellung 
gewandt.  Gern  wird  man  die  volkstümliche  Geschichte  von  der  steirischen  Bienen- 
mutter, der  Witwe  Magdalena  Hermann  in  Mixnitz,  lesen,  die  in  unsere  Lese- 
bücher übergehen  sollte.  K.  W. 


Elard  Hugo  Meyer,  Germanische  Mytliologie  (Lehrbüclier  der  germanischen 
Philologie.  I.)     Berlin,  Mayer  &  Müller,  1891.    S.  XL  354. 

Das  wichtige  Buch,  das  eine  Frucht  langjälu'igen  Fleisses  ist,  gliedert  sich  in 
neun  Kapitel,  von  denen  die  drei  ersten  die  Einleitung  enthalten:  1.  Geschichte 
der  Wissenschaft  der  germanischen  Mythologie,  2.  Begriff  und  Aufgabe  der  Mytho- 
logie, 3.  Quellen.  Darauf  folgt  die  Behandlung  des  Seelonglaubens  und  des  Maren- 
glaubens, als  ältester  Stufen  der  Religion;  darauf  wird  der  Naturdämonenglaube 
nach  einer  niederen  und  höheren  Stufe  vorgetragen,  und  nun  erst  gelangen  wir  zu 
dem  Götterglauben  und  Götterkultus.  Hr.  Meyer  teilt  die  Götter  in  Gewittergötter 
(Tj'r-Ziu,  Freyr,  Heimdallr),  AVindgötter  (Odin-Wodan,  üllr,  Baldr  mit  Sippe, 
Bragi,  Njqrdr)  AVolkengöttinnen  (Frigg-Freyja,  Fricke,  Harke,  Berchta,  Holda, 
Sprossformen).     Im  9.  Kapitel  wird  der  Heroenmythus  behandelt. 

Das  Buch  soll  ein  Handbuch  der  germanischen  Mythologie  sein  und  es  wird 
in  der  Hand  eines  Kundigen  dazu  vortrefflich  dienen,  da  es  das  Material  so 
umfangreich  vorführt,  wie  man  es  sonst  nicht  findet.  Im  übrigen  wird  der  Kun- 
dige über  vieles  anderer  Meinung  sein,  ganz  abgesehen  von  der  von  uns  in  dieser 
Zeitschrift  I.  S.  451  ff.  näher  beleuchteten  Ansicht  des  Verfassers  über  den  un- 
germanischen Ursprung  und  das  fremde  Wesen  der  meisten  nordischen  Mythen. 
Immerhin  aber  nimmt  dieses  Buch  neben  Mogks  Mythologie  (im  Grundriss  der 
germanischen  Philologie  von  H.  Paul.  VI.  Abschnitt)  eine  sehr  achtenswerte 
Stellung  ein. 

Die    schlechte  Ausstattung  und  der  inkorrekte  Druck  müssen  gerügt  werden. 

K.  Weinhold, 


Bticheranzeigen.  89 

Ignaz  V.  Ziiigerle,  Sagen  aus  Tirol.   Zweite  vermehrte  Auflage.   Innsbruck, 
Waguer'sclie  Univers.  Buchhandlung,  1891. 

Ignaz  V.  Zingerle  ist  der  treue  Eckart,  der  seit  länger  denn  einem  Menschenalter 
den  Schatz  der  Volksüberlieferungen  seines  Heimatslandes  Tirol  hütet  und  dabei 
eifrig  dafür  sorgt,  dass  nicht  bloss  seinen  Landsleuten  das  Bewusstsein  von  dem- 
selben wach  erhalten  werde,  sondern  auch  in  weiteren  Kreisen  die  Wissenschaft 
des  deutschen  Volkstums  davon  Nutzen  ziehen  könne. 

In  zweiter,  stattlich  vermehrter  Auflage  sind  kürzlich  seine  Sagen  von  Tirol 
erschienen.  Die  Ausgabe  vom  Jahre  1859  bot  764  Nummern,  die  jetzt  vorliegende 
zeigt  deren  1U22,  und  zwar  hat  besonders  das  Eisakthai,  Pusterthal  und  Vinstgau 
neue  Berücksichtigung  gefunden,  während  auch  sonst  aus  historischen  Notizen  und 
katholischen  Legenden  reichliche  Nachlese  gehalten  ist.  Die  mündliche  Über- 
lieferung giebt  aber  nach  wie  vor  den  Hauptinhalt  des  Werkes  her  und  macht  die 
Sammlung  in  ihrer  objektiven  Auffassung  des  Stoffes  und  schlichten  Darstellung 
zur  ersten  Quellenschrift  inbetreff  des  tiroler  Volksglaubens. 

Der  wissenschaftlichen  Behandlung  des  von  Zingerle  gebotenen  Stoffes  kommt 
ein  angehängtes  Kapitel  von  Anmerkungen  namentlich  mit  Hinweisungen  auf  die 
entsprechende  Litteratur,  sowüe  ein  eingehendes  Sachregister  entgegen.  Rezensent 
bekennt  offen,  dass  er  den  gelegentlich  in  den  Anmerkungen  hervortretenden 
Standpunkt  Zingerles  in  betr.  des  Charakters  des  Volksglaubens  nicht  teilt,  wenn 
er  z.  B.  S.  70  zum  Teil  mit  Grimm  „in  vielen  Hexen  verkappte  heidnische  Prieste- 
rinnen" wiederfindet,  bei  anderen  Gestalten  an  Freyr  oder  gar  Baldr  denkt,  über- 
haupt die  Sagen  als  Niederschläge  alter  Mythen  fasst,  während  sie  umgekehrt  meist 
volkstümliche  Prototypen  solcher  sind.  Da  Zingerle  derartige  Ansichten  aber 
nirgends  in  die  Darstellung  selbst  drängt,  so  bleibt  der  eigentliche  Sagenschatz,  in 
dem  der  Wert  des  Werkes  beruht,  davon  und  von  jeder  Differenz  ganz  unberührt, 
und  dem  Dank  seiner  Landsleute  für  die  neue  schöne  Gabe  gesellt  sich  auch  der 
der  Wissenschaft.  W.  Seh  war  tz. 


Haudtniaui),  E.  Was  auf  märkischer  Heide  spriesst.  Märkische  Pflanzen- 
Legenden  und  Pflanzen-Symbolik.  Berlin,  Lüstenöder  (1891).  S.  VII, 
184.  8^ 

Der  A^erfasser  hat  in  seinen  „neuen  Sagen  aus  der  Mark  Brandenburg,  Berlin, 
1S83"  schon  einmal  einen  Beitrag  zur  deutschen  Sagenkunde  in  Druck  gegeben. 
War  schon  diese  Publikation  nicht  eben  glücklich  zu  nennen,  da  die  Kritik  nicht 
mit  der  nötigen  Schärfe  angewandt  und  die  Sammlung  ausserdem  durch  Aus- 
schmückungen stark  entwertet  schien,  so  gilt  dies  von  den  vorliegenden  märkischen 
Pflanzensagon  in  erhöhtem  Masse.  Mag  auch  in  der  Vorrede  versichert  werden, 
dass  die  einzelnen  Sagen  dem  Volksmunde  entnommen  sind,  dem  Kenner  des 
Volkstums  wird  es  darum  doch  nicht  einen  Augenblick  zweifelhaft  sein,  dass  er 
es  hier  in  keinem  Falle  mit  einem  wirklich  volkstümlichen  Werke  zu  thun  hat. 
H.  stellt  selbst  die  Frage  auf:  „AVie  mögen  derartige  sagenhafte  Gebilde  entstanden 
sein.  Sinds  Erbstücke  uralter  mythologischer  Vorzeit?  Sinds  Gleichnisse,  von 
Gelehrten,  Priestern,  Lehrern,  Erziehern  aufgestellt?  Sinds  Grossmütter-  oder 
Ammenträume?"  und  giebt  darauf  die  Antwort:  „Zweifelsohne  hat  jede  dieser 
drei  Quellen,  und  nebenbei  noch  haben  einige  andere  Phantasiequellchen,  etwas 
von  ihrer  Fülle  in  den  durch  unser  Volksleben  plätschernden  Giessbach  der  Sagcn- 
bildung   und    Symbolisierung    hineinströmen    lassen."      Uns    will    es    ebensowenig 


90  Meitzen: 

zweifelsohne  erscheinen,  dass  diese  Gleichnisse  des  Gelehrten,  Priesters,  Lehrers 
und  Erziehers,  sowie  die  anderen  Phantasiequellen,  von  denen  das  Buch  auf  jeder 
Seite  Zeugnis  ablegt,  auf  des  Verfassers,  bezw.  seiner  Gewährsmänner  Rechnung 
zu  setzen  sei.  Jedenfalls  sind  in  der  Sammlung  wirklich  Volkstümliches  und 
ausgesprochen  Nichtvolkstümliches  so  mit  einander  verquickt,  dass  eine  Scheidung 
kaum  möglich  erscheint  und  die  Arbeit  somit  für  den  Forscher  fast  wertlos  wird. 
Anders  mag  man  vielleicht  über  den  litterarischen  Wort  des  im  übrigen  hübsch 
ausgestatteten  Buches  denken;  darüber  zu  urteilen  ist  jedoch  hier  nicht  der  Ort. 

U.  Jahn. 


Guido  List.  Doutsch-mytliologischo  Laiulsclmftsbilder.  Berlin,  IL  Lüsteiiöder 

189L     S.  264    8". 

Der  Verfasser  des  vorliegenden  Buches  ist  als  mythologischer  Schwärmer  durch 
das  niederösterreichische  Land  und  Gebirge  gewandert  und  hat  überall  die  deut- 
lichen Spuren  unserer  alten  deutschen  und  nordischen  Götter  aufgefunden.  Er 
erzählt  seine  Porscherwanderungen  begeistert,  in  einer  Sprache,  die  alt,  bieder  und 
kräftig  sein  soll,  die  aber  durchaus  auf  unverdorbenen  Geschmack  je  länger  je 
mehr  abstossend  wirkt.  Er  ist  in  Mythologie  und  Sprachkunde  der  ärgste  Dilettant, 
und  wir  raten  ihm,  erst  etwas  zu  lernen,  ehe  er  sich  als  Mythologe  wieder  her- 
wagt.    Patriotische  Begeisterung  allein  thut  es  nicht!  K.  W. 


Dr.  M.  Höfler  in  Tölz.    Der  Isarwinkel.    Ärztlich-topographisch  geschildert. 

München,  Verlag  von  E.  Stahl,  1891.     S.  230     8". 

Der  Verfasser  sagt,  gerade  der  Arzt  in  oder  am  Gebirge  ist  in  der  günstigen 
Lage,  die  Abhängigkeit  des  Menschen  vom  Wohnboden  und  den  Einfluss  des 
letzteren  leichter  zu  überblicken.  Er  erachtet  es  für  Aufgabe  der  Ärzte,  den  natür- 
lichen Keim  nachteiliger,  gesundheitswidriger  Zustände,  welche  jede  menschliche 
Siedehing  in  sich  trägt,  ebenso  wie  die  gesundheitsfördernden  Eigentümlichkeiten 
der  Wohnorte  kennen  zu  lernen  und  erkUh-t,  dass  Vegetation,  Flora  und  Fauna, 
Bodenkunde,  Meteorologie,  Hydrologie  nicht  weniger  Gegenstand  seiner  besonderen 
Beobachtung  sein  sollten,  als  Anthropologie,  Ethnologie  und  Pathologie. 

Dass  er  selbst  diesen  Ansprüchen  in  ziemlich  umfassender  Weise  nachzu- 
kommen bestrebt  gewesen  ist,  zeigt  das  reichhaltige  Buch,  welches  zwar  keine 
Inhaltsangabe  hat,  aber  durch  ein  Sachregister  über  die  behandelten  Fragen  aufklärt. 

Der  Isarwinkel,  d.  h.  der  heutige  Bezirk  Tölz,  wird  zunächst  in  seinen  Terrain- 
und  geologischen  Verhältnissen  mit  besonderer  Rücksicht  auf  die  Höhenlage  und 
Bodenbeschaffenheit  der  einzelnen  Ortschaften  beschrieben.  Dabei  kommt  auch 
die  ältere  Besiedelung  und  die  Art  zur  Sprache,  wie  sie  sich  an  alte  Verkehrs- 
wege, namentlich  an  die  Isar  und  die  wichtige  uralte  Strasse  über  den  Brenner, 
sowie  die  Salzsaumwcge  anschloss,  welche  von  Reichenhall  längs  des  Gebirges 
gegen  Kempten  zogen.  Schijiiede  und  Wagner  waren  die  ersten  urkundlich  be- 
kannten Bürger  von  Tölz.  Noch  bis  in  späte  Zeit  aber  blieb  das  Handwerk  und 
der  Handel  in  den  Flecken  beschränkt,  weil  die  Einödbauern  durch  ihr  Gesinde 
schmieden,  backen,  weben,  |spinnen,  zimmern,  tischlern  und  dachdeckon  liessen, 
und  was  dies  nicht  vermochte,  von  Haus  zu  Haus  wandernde  Handwerker  in  des 
Bauers  Stör  (Stube)  anfertigten.  Sehr  alt  und  lange  überwiegend  war  die  Alm- 
wirtschaft der  Bauern,   dazu  kam  Holzhau,  Holzschnitt  und   Köhlerei,   für  welche 


Bücheranzeigen.  91 

die  Isai-  die  wichtige  Plossstrasse  war.  Noch  1780  bestanden  in  Tölz  2o  Floss- 
meister mit  100  Knechten.  Heut  sind  es  nur  noch  6.  Dem  Holzaufschlag  war 
war  der  Liasboden  der  Voralpen  stets  besonders  günstig.  Die  ältesten  Alpen  er- 
geben sich  aus  den  romanischen  Namen  wie  Telps,  Redebein,  Torchelin,  Ver- 
maus  u.  a..  Dabei  bestehen  besonders  gute  Pferdeweiden.  Aber  sowohl  Pferde 
wie  Rindvieh  degenerieren,  wenn  sie  den  Boden  des  Gebirges  verlassen  und  in 
die  moosige  moorige  Moränenzone  am  Fusse  der  Voralpen  herabstiegen. 

Die  Bevölkerung  und  ihre  Verteilung  und  ihre  Wohnungen  sind  zum  Gegen- 
stand eingehender  Beobachtungen  gemacht.  Noch  vor  100  Jahren  gab  es  Wohn- 
häuser im  Isarthal  mit  hölzernen  Schubfenstern  ohne  Glas,  welches  durch  anein- 
ander gereihte,  in  das  Fenstergesims  eingesetzte  Holzstäbchen  ersetzt  war.  Bezüg- 
lich der  Ernährung  ist  die  Kost,  ihre  Bestandteile  und  ihr  Wert  für  die  einzelnen 
Arbeiterklassen  nachgewiesen.  Daran  schliessen  Angaben  über  deren  Krankheiten. 
Die  Beschatfenheit  und  die  Einwirkungen  des  Klimas,  Grundwasser  und  Wasser- 
zustäude  des  Isargebictes  sowie  die  Trink-  und  Mineralwässer  nach  den  einzelnen 
geologischen  Zonen  sind  unter  Mitteilung  zahlreicher  Analysen  ganz  im  Einzelnen 
behandelt. 

Für  die  Volkskunde  interessieren  namentlich  die  Zusammenstellungen  über 
romanische  Reste  in  der  Bevölkerung,  die  sich  teils  in  der  um  den  Walchensee 
sehr  zahlreichen  Namen,  teils  oft  recht  ausgeprägt  in  der  Körperlichkeit  einzelner 
Personen  und  auch  ganzer  Ortschaften  erhalten  haben.  Riezler  verlegt  dorthin  die 
romanische  Provinz  Valeria.  Nach  Sepp  sprach  man  hier  noch  zu  Karls  des  Grossen 
Zeit  romanisch.  Die  Farben  von  Haar  und  Augen,  die  Körpergrösse,  die  Schädel- 
bildung werden  in  ihren  Unterschieden  zahlenmässig  vorgeführt. 

Endlich  sind  die  Kretinbildungen,  Anomalien  aller  Art,  die  Ergebnisse  der 
Rekrutierung,  die  Sterblichkeit  und  die  einzelnen  Todesursachen  und  vorherrschen- 
den Krankheiten,  sowie  die  verschiedenen  Arten  der  Unfälle  mit  der  vollen  Sach- 
kenntnis und  langen  Erfahrung  des  einheimischen  Arztes  dargestellt. 

A.  Meitzen. 


^ivaja  Starina.     Periodiceskoje  izdanije  otdielenija  etiiografii  Imp.  Riissk. 

geogTafic.  obscestva  pod  rodakcijejii.    V.  J.  Lamanskavo.     (Lebendes 

Altertum,  periodische   Ausgabe   der   etnograph.   Abteilung   der  k.  russ. 

geograph.   Gesellschaft    unter    der   Redaktion    von    V.   J.    Lamanskij.) 

Petersburg  1890  und   1891.     gr.  8".     1—4  Heft.     LXII,   131,   34,   42, 

24;  IV,  236  und  2;  II  und  271;  II  und  230  S. 

Das  Ostreich  in  seiner  gewaltigen,  die  verschiedenartigsten  Völker  und  Stämme 
umfassenden  Ausdehnung  bietet  für  Folklore  ein  unerschöpfliches  Arbeitsfeld. 
Einzelnen  und  Gesellschaften,  vor  allem  der  kais.  russ.  geographischen  Gesellschaft, 
verdanken  wir  bereits  Herbeischaffen  von  Stoff  in  grossen  Massen  und  aus  aHen 
Gegenden  des  Reiches,  das  meiste  davon  freilich  dem  Auslande,  v/egeii  der  Sprache, 
nicht  uinnittelbar  zugänglich.  Bei  dci'  steigenden  Bedeutung  und  Ausbreitung  dieser 
Studien  bewillkommnen  wir  doch  besonders  den  Beschluss  der  ethnographischen 
Abteilung  der  Gesellschaft,  ein  neues  folkloristisches  Organ  ins  Leben  zu  rufen 
und  die  Leitung  desselben  Prof.  Lamanskij  zu  überti'agen.  Von  diesem  neuen 
Unternehmen  liegen  die  ersten  vier  Hefte  bereits  vor. 

Eine  Beschränkung  auf  bestimmte  Länder,  Rassen,  Völker  oder  auch  imr  auf 
die  Grenzen  des  Reiches  hat  nicht  stattgefunden,  wir  linden  dabei'  Beiträge  mannich- 
fachster  Art.      Einer  der  ausführlichsten   und  interessantesten   ist  ,Drei  Jahi-e  bei 


0-2  Brückner: 

den   Jakuten',    ethnographische    Skizzen    von   V.   L.   Priklonskij,    der,    von    der 
Weichsel  nach  Jakutsk  versetzt,  über  die  Sitze  und  Sitten  vornehmlich  der  Jakuten 
handelt,    namentlich    wichtig    sind    die    Ausführungen    über    den    Schamanismus 
und  über  die  Erscheinungen  der  ,chorea  imitatoria',  einer  Nervenaffection;  im  An- 
hange dazu  werden  zahlreiche  jakutische  Sagen,  Lieder  und  Rätsel  mitgeteilt,  dar- 
unter das  grosse  Lied  vom  Branntwein,  im  Original  und  in  der  Ucbersetzung  eines 
Kosaken.  Dann  die  Untersuchungen  A'on  G.  Trusman  über  die  Halbgläubigen  (Halb- 
heiden) im  Pskovschen  Gouvernement,   d.  i.  russificirte  Esthen,   eifrige  Orthodoxe, 
die  ihr  esthnisch    imd   aus   den  Zeiten,    da  heidnisches  ihnen  noch  vielfach  bei- 
gemischt war,  auch  den  entsprechenden  Namen,   der  heute  bis  auf  einiges  bereits 
als  Anachronismus  bezeichnet  werden  kann,   beibehalten  haben.     In  die  Anfänge 
von  Slavistik  und  Folklore  versetzt  uns  zurück  der  Abdruck  der  Korrespondenz  des 
1878  verstorbenen  Slavisten  Sreznevskij:  Land  und  Leute  in  der  lausitzer  Wendel 
von  1840  werden  geschildert,  Eindrücke  und  Erlebnisse  eines  eifrigen  imd  scharfen 
Beobachters;    desselben  Anzeige  der  slavischen  Ethnographie  von  Safah'k  (1842); 
würdif  reihen  sich  daran  die  Briefe  des  allzufrüh  seiner  Wissenschaft  entrissenen 
Preis  an  Safarik,  Kurschat  u.  a.  von  1836— 1846:  beides  eine  Ergänzung  förm- 
lich zu  den  von  Jagic  herausgegebenen  Materialien  zur-  Geschichte  der  slavischen 
Philologie.     Einen  wertvollen  Beitrag  liefert  J.  Zdanov  in  seinem  Studium  über 
das  Lied  von  Fürst  Michael:  nach  der  grossrussischen  Version  findet  der  Fürst, 
der  seine  Frau  der  Obhut  der  Mutter  anvertraut  hatte,  bei  der  Rückkehr  die  Frau 
todt  und  überlebt  nicht  sein  Leid;  es  werden  nun  die  nächst  verwandten  und  die 
entfernteren  Versionen   in  slavischen,  romanischen  u.  a.  Volksliedern   aufgesucht 
und  es  wird  scharfsinnig  gezeigt,  wie  ein  historischer  Name  aus  einem  historischen 
Liede   in   wandernde    Balladen    herübergekommen   ist.      Sehr   interessant   ist    der 
Bericht  eines  Augenzeugen,    P.  Rovinskij,    über    eine    am    27.  August  1890  in 
Grbal  am  adriatischen  Meere  abgehaltene  feierliche  Beilegung  der  Blutrache,  eine 
wesentliche  Ergänzung  zu  den  Studien  darüber  eines  Miklosich  u.  a.     Th.  Braun 
o-ibt  eine  Skizze    der  Griechen  in  Mariupol  (Gouvernement  Jekaterinoslaw)  d.  i. 
der  letzten  Reste  der  einstigen  Krimgothen,  wie  dies  zuerst  Kunik  ausgesprochen 
und    der    Verfasser    in    einem    deutschen    Programm    der   reformierten    Schule    in 
Petersbui-g  1889/90  (Die  letzten  Schicksale  der  Krimgoten)  ausgeführt  hatte:  ver- 
einzelt kommt  noch  der  germanische,  blonde  Typus  vor;  Sagen,  Lieder  u.  s.  w. 
haben  sich  nicht  erhalten,  die  Tradition  reicht  nicht  weiter  als  über  die  Herkunft 
aus  der  Krim  und  den  einstigen  Druck  des  Tatarenjoches;  griechische  und  tatarische 
Lieder  sind  gesammelt  und  sollen  herausgegeben,  in  der  Krim  selbst  Ausgrabungen 
vorgenommen  werden. 

Aus  der  Reihe  weiterer  Beiträge  heben  wir  noch  hervor;  Prof.  Veselovskij 
giebt  diesmal  aus  dem  Schatze  seines  Wissens  nur  einige  Kleinigkeiten  (darunter 
über  DecameroneX,  3);  Prof.  Sobolevskij  sucht  die  Namengebung  im  russischen 
Volksepos  festzustellen,  nach  Ursprung  und  Alter  des  einzelnen.  Vom  Heraus- 
gebor, Prof.  Lamanskij,  stammt  eine  Art  Programm,  das  sich  über  russische 
Journalistik,  Kritik.  Wissenschaft,  dann  über  die  planmässige  Erforschung  russischer 
Geschichte  und  Ethnographie,  zuletzt  über  Folklore  (mit  Bezug  auf  Weinhold, 
Zeitschrift  f.  Völkerpsych.  1890  I  und  etwas  polemisch  gegen  die  bezüglichen 
Ausführungen  von  Gaidoz  in  der  Melusine)  ausbreitet;  ausführliche  Anzeige  des 
grossen  Werkes  von  Prof.  Pypin  ,Geschichte  der  russischen  Ethnographie»',  welches 
seinesgleichen  nicht  leicht  in  einer  anderen  Litteratur  haben  dürfte.  Der  Stand- 
punkt des  Autors  und  derjenige  des  Referenten  sind  jedoch  so  grundverschieden, 
dass  Gegensätze  der  Auffassung  sich  sogar  auf  die  Einzelheiten  erstrecken  müssen; 


Bücheranzeigen.  93 

der  Referent  betont  daher  vor  allem,  was  ihm  übergangen  oder  nicht  nach  Ge- 
bühr gewürdigt  scheint.  Der  das  Andenken  von  Fr.  Miklosich  ehrende  Nachruf 
wird  durch  einen  Anhang  von  Anzüglichkeiten  und  persönlichen  Bemerkxingen  ent- 
stellt; wir  übergehen  dies  und  erwähnen  lieber  die  Ausführungen  über  Alter  und 
Ursprung  des  Namens  AVeissrussland,  die  sich  anschliessen  an  entsprechende 
Bemerkungen  des  Prof.  Potebnja,  der  bei  einer  Anzahl  scharfsinniger,  doch 
öfters  allzugewagter  AVorterklärungen  auch  diesen  Terminus  berührte.  Wir  schliesscn 
diese  Uebersicht  der  Abhandlungen  mit  einer  der  wertvollsten,  über  altes  Leben 
der  Ostjaken  imd  ihre  Helden  auf  Grund  ihrer  eigenen  Lieder  und  Erzählungen 
von  S.  K.  Patkanov  (HI,  S.  85—11(3  und  IV,  S.  67-108).  Der  Verf\isser  hat 
ein  bisher  so  gut  wie  unbekanntes  Material  gesammelt;  er  schildert  die  Sänger, 
ihre  Instrumente,  die  Lieder,  welche  der  Ereignisse  der  späteren  Geschichte,  der 
Unterwerfung  durch  Tataren,  dann  durch  Russen,  nicht  mehr  gedenken;  diese  Reste 
des  nationalen  Epos  beziehen  sich  nur  auf  Kämpfe,  oder  eher  auf  bloss  räuberische 
Überfälle  der  Ostjaken  untereinander  und  gegen  die  Samojeden,  auf  die  Zeit  vom 
XIII.  bis  XIV.  Jahrhunderte  etwa;  ihr  Stil  ist  durchaus  episch,  in  den  Epitheta, 
in  der  Breite  der  Ausfühningen,  in  den  AViedcrholungen  u.  s.  w.;  nach  ihnen 
schildert  der  Verfasser  das  Treiben  der  Ostjakenfürsten,  der  Helden  dieser  Lieder, 
in  Krieg  und  Frieden. 

Von  Materialsammhingen  heben  wir  hervor  die  Schildcriing  der  Hochzeits- 
bräuche bei  den  Ruthenen  Ungarns;  russische  imd  bulgarische  Volkstoxte  aller  Art 
(Bilder,  Sprüche,  Beschwörungen  u  s.  w.);  alte  Notizen  über  Aberglauben;  An- 
gaben über  Spiele,  namentlich  Rinderspiele;  über  Bestattungen,  Beschreibung  von 
Dialekten  u.  s.  w.  Orientalische  Sagen,  Märchen  und  Fabeln,  indische  (aus  dem 
Nachlasse  des  Prof.  Minaj  ev),  kirgisische,  armenische  u.  a.  sind  besonders  reich- 
haltig vertreten.  Dürftig  ist  nur  der  bibliographisch -kritische  Teil  ausgefallen. 
Fragen  nach  Dialekten,  Bräuchen  etc.  finden  wir  ebenfalls,  wie  in  der  pohli- 
schen AVishi. 

Aus  dieser,  noch  nicht  alles  erschöpfenden  Inhaltsübersicht  erhellt  zu  Genüge, 
wie  weit  die  Redaktion  der  Zivaja  Starina  sich  ihre  Aufgaben  gesteckt  hat.  Der 
Ausdehnung  des  russischen  Reiches  entsprechend  ist  die  Ethnographie  Asiens,  zumal 
Sibiriens,  in  vollem  Umfange  herangezogen  worden :  die  interessantesten  Abhand- 
lungen der  ersten  Hefte  beziehen  sich  gerade  auf  sibirische  Völkerschaften.  Fährt 
die  Redaktion  auf  diesem  Wege  mit  gleicher  Umsicht  und  Eifer  fort,  so  kann  sie 
ihres  Erfolges  sicher  sein,  so  wird  ihre  Publikation  den  besten  fremden  ebenbürtig 
zur  Seite  treten.  Dass  ihr  dies  gelinge,  wünschen  wir  im  Interesse  unserer  Wissen- 
schaft. 

Berlin.  A.  Brückner. 


TVista.  Miesi(;cziiik  gieogTaficzuo-etnogTaficziiy.  Tom  V.  Warszawa  1801. 
(Die  Weichsel.  Geographisch -othnograpliisclio  Monatsschrift.  Bd.  \. 
Heft  1—3,  S.  1—730,  gr.  S".) 

Das  von  Dr.  J.  von  Karlowicz  mit  grosser  Umsicht  geleitete  Organ  füi' 
pohlischen  Foikhirc  schliesst  bereits  den  fünften  Jahrgang  ab.  Während  in  anderen 
Publikationen,  zumal  der  Krakauer  Akademie,  so  z.  B.  im  Zbior  wiadomosei 
do  antropologii  krajow'cj  (Sammlungen  zur  Kunde  der  Landesanthropologie, 
bisher  14  Bände  gr.  8°)  Stoffsammlungen  mitgeteilt  werden,  hält  die  Redaktion  dci- 
Wisla  für  ihre  vornehmste  Aufgabe,  orientierende  Abhandhingen,  kritische  Erörte- 
rungen   von  Einzcinheiten    und  eine  äusserst  reichhaltige,    namentlich  periodische 


94  Brücknef: 

Publikationen  erschöpfende  bibliographische  Übersicht  zu  bringen;  für  Stoffsamm- 
lungen selbst  ist  die  Biblioteka  AVisly  bestimmt,  welche  bereits  in  8  Bändchen 
neben  Märchen  und  Liedern  eingehende  ethnographische  Schilderungen  (von  Fede- 
rowski  M.,  Wasilewski  Z.,  Dorf  Jagodne)  und  Arbeiten,  wie  über  polnische 
Volksmedizin  von  Dr.  M.  Udziela  und  über  das  AVeib  im  Volksliede  von 
K.  Skrzyiiska  aufgenommen  hat. 

Auf  den  reichen  Inhalt  des  neuen  Jahrganges  können  wir  im  Einzelnen  nicht 
eingehen;  wir  heben  nur  weniges  hervor.  Von  Arbeiten  von  Ausländern  seien  ge- 
nannt nur  die  des  russischen  Folkloristen  Sumcow  über  die  polnischen  Boginki 
oder  Mamuny,  eine  Art  Feen;  letzterer  Name  hängt  mit  der  mittelalterlichen  Mamona, 
nicht,  wie  Verfasser  annimmt,  mit  (Korn)-Muhme  zusammen.  Karlowicz  handelt 
über  Alter  und  Namen  gewisser  polnischer  Osterbräiiche,  die  von  Deutschen  her- 
stammen (Schmeckostern  =  smigurst,  smigus:  Mannhardt  hatte  irrig  das  Gegen- 
teil, Beeinflussung  des  deutschen,  durch  polnischen  Brauch,  angesetzt;  dyngus, 
d.  i.  Dingnuss,  Dingniss,  depactatio,  Loskauf  vom  AVassertauchen  durch  Geschenke). 

Der  Aufsatz  von  Zmigrodzki  über  die  Geschichte  der  Swastika  ist  dem 
deutschen  Publikum  bereits  aus  dem  Archiv  f.  Anthropologie,  1890,  III  bekannt- 
Wir  nennen  noch  die  ausführliche  Schilderung  weissrussischen  Dorflebens, 
aus  einer  vom  Weltverkehr  fast  abgeschlossenen  Gegend  (Jelenska,  Dorf  Koma- 
rowicze);  archivalische  Nachrichten  aus  der  Vergangenheit  des  Städtchens  Wawelnica 
(H.  AViercieiiski),  Anregung  eingehender  Untersuchungen  über  die  Bräuche  der 
Johannisfeier  (Lubicz)  u.a.  Die  neuesten  Arbeiten  über  den  Ursprung  des  polni- 
schen Staates,  speziell  über  die  Geschichte  des  Adels,  die  Theorie  der  Einwanderung 
und  Unterjochung,  wonach  der  Adel  aus  einer  fremden  Herrscherkaste  hervor- 
gegangen wäre,  bespricht  lichtvoll  A.  Jablonowski  imd  erschüttert  die  Beweis- 
kraft des  Vorkommens  nordischer  Russen  in  den  polnischen  Wappenzeichen  durch 
Hinweis  auf  verwandte  Erscheinungen  in  anderen  Gegenden.  Endlich  seien  neben 
der  eingehenden  Chronik  der  Fortschritte  der  Geographie  wärend  des  Jahres  1890, 
von  Nalkowski,  die  zahlreichen  Fragestellungen  nach  Sitten,  Sprache  etc.  von 
Seiten  der  Redaktion  und  Antworten  aus  dem  Leserkreise  hervorgehoben.  Das 
beste  Zeugniss  für  den  Wert  dieser  Publikation  legt  der  Umstand  ab,  das  sie  auf 
ähnliche  bei  anderen  slavischen  Stämmen  nicht  ohne  bestimmenden  Einfluss  ge- 
blieben ist.     Neben  der  Zivaja  Starina  (s.  o.)  nennen  wir  eine  böhmische: 

Ceskv  Lid,  eine  Zweimonatschrift  für  das  Studium  böhmischen  Volkes 
in  Böhmen,  Mähren,  Schlesien  imd  Ungarn,  herausgegeben  von  Dr.  L.  Nie  der  le 
(für  den  anthropologisch  -  archäologischen)  und  Dr.  C.  Zi'brt  (für  den  kultui-- 
historisch  -  ethnographischen  Teil);  bisher  zwei  Hefte,  220  S.,  kl.  8°,  mit  zahl- 
reichen Illustrationen  (Prag,  Simacek,  1891).  Wir  übergehen  hier  den  archäolo- 
gischen Teil  (darunter  die  eingehende  Schilderung  von  Gräbern  mit  hockenden 
Skeletten  durch  Dr.  Matiegka);  im  ethnographischen  berichtet  der  gründliche 
Kenner  mährischen  Volkstums,  F.  Bartos,  über  landwirtschaftliche  Bräuche  und 
Aberglauben;  J.  Kost'al  sammelt  alle  Angaben  über  den  Wassermann,  den  Nix, 
dessen  volkstümliche  Namen,  hastrman,  bestrman  aus  dem  deutschen  stammen; 
auf  den  Vergleich  mit  den  ähnlichen  Erscheinungen  bei  Deutschen,  Iren  und 
Schotten  (wo  die  Kelpie  ebenso  mit  Vorliebe  als  Mensch  oder  Pferd,  Rind 
erscheint)  u.  a.  wird  jedoch  nicht  eingegangen.  V.  Tille,  in  einem  Aufsatze  über 
Erzählungen  vom  Herrscher,  der  vom  eisernen  Tische  her  auf  den  Fürstensitz  be- 
rufen wird,  wie  dies  bei  Przemsyl  von  Böhmen  und  Stephan  von  Ungarn  die  Sage 
berichtet,  überprüft  zunächst  die  Entwickelung  der  böhmischen  Tradition.  Z.  Winter 
gibt  einiges  urkundliche  Material  zum  Kapitel  von  Todtenzeugnissen  im  alten  Ge- 
richtsverfahren, vom  bekannten  Bluten  der  Leiche  bei  der  Berührung  des  Mörders. 


Protokolle.  95 

Eine  Reihe  anderer  Arbeiten,  über  die  Volksküche,  über  Trachten  und  Muster, 
über  das  weltliche  Lied  u.  s.  \v.,  seien  nur  flüchtig  erwähnt.  Dazu  kommen  biblio- 
graphische Übersichten,  namentlich  der  einschlägigen  böhmischen  Litteratur,  auch 
ein  Bericht  von  A.  Cerny  über  Folkloristik  bei  den  Lausitzer  Wenden;  endlich 
Fragen  und  Antworten,  wie  in  der  Wisla. 

Nach  ihrem  Vorgänge  werden  auch  grössere  zusammenhängende  Untersuchungen 
besonders  in  der  Knihovna  Ceskeho  Lidu  veröffentlicht.  Das  erste  Heft  dieser 
Bibliothek  gab  der  unsern  Lesern  aus  Zeitschrift  I,  456  f.  bereits  bekannte  um- 
sichtige und  unermüdliche  Forscher,  Dr.  C.  Zibrt,  heraus:  .Skritek'  in  altböhmi- 
scher Volksübcrlieferung';  der  Skritek  —  sein  Name  ist  deutschen  Ursprunges, 
Schratt,  Schratzel  —  ist  eine  Art  Hausgeist,  auch  Gelddrache  und  Alp:  einen  ur- 
kundlichen Nachtrag  vom  Jahre  1382  über  den  Glauben  ,se  habere  penatem  in 
domo  sua'  s.  in  C.  L.  S.  186.  Im  zweiten  Heft  der  Bibliothek  wird  Fr.  Bartos 
einen  erschöpfenden  Bericht  über  Hochzeiten  in  Mähren,  Bräuche,  Lieder,  Spiele  und 
Aberglauben,  die  sich  daran  knüpfen,  bringen. 

Berlin.  A.  Brückner. 


Celtic  Fairy  Tales  selected  and  edited  by  Joseph  Jacobs,  illiistrated  by 
J.  D.  Batten.    London,  David  Nutt,  1892.     S.  XIT.  267.     8". 

Herr  Jos.  Jacobs,  der  Herausgeber  der  Zeitschrift  Folklore,  hat  seinen  English 
Fairy  Tales,  der  ersten  Sammlung  wirklich  englischer  Rindermärchen,  dies  aller- 
liebste und  wertvolle  Weihnachtsbuch  folgen  lassen,  das  aus  echten  irischen  und 
schottischen  Quellen  geflossen  ist.  Der  Reichtum  der  Kelten  an  Feengeschichten, 
an  Sagen  und  Märchen  ist  bekannt,  er  übertrifft  bedeutend  den  der  anderen  euro- 
päischen Völker,  abgesehen  von  den  Finnen.  Uralte  Erinnerungen  des  Volkes 
sind  darin  enthalten  und  ein  unerschöpfliches  Feld  der  Forschung  breitet  sich 
darin  aus.  Herr  Jacobs  hat,  von  seinem  Freunde  Alfr.  Niitt.  dem  rühmlich  be- 
kannten Kenner,  unterstützt,  sechsundzwanzig  Geschichten  ausgewählt,  die  er  in 
englischer  Sprache  für  englische  Kinder  vorträgt,  als  eine  Art  von  Haus  ollarah 
oder  sheenachie,  bemüht  Gesicht  und  Farbe,  Zauber .  und  Reiz  der  keltischen 
Volksphantasie  wirken  zu  lassen.  Ganz  vortreffliche  Holzschnitte  nach  Zeichnimgen 
von  John  D.  Batten,  der  selbst  ein  Kenner  keltischen  Altertums  ist,  schmücken 
das  Buch. 

Wir  wollen  dabei  kurz  eines  andern  Werkes  gedenken: 

Beside  the  fire,  a  collection  of  Ii-ish  Gaelic  folk  stories,  edited  translated 
and  annotated  by  Douglas  Hyde,  with  additioual  notes  by  Alfred 
Nutt.     London,  David  Nutt,  1890.     S.  LTHL  203.  8°. 

Es  ist  eine  Auswahl  aus  der  irischen  Originalsammlung  des  Dr.  Douglas,  die 
1889  in  Dublin  erschien  ist:  Leabhar  Sgenluigheachta;  sie  bringt  sechs  Geschichten 
in  irischem  Text  mit  gegenüberstehender  englischer  Übersetzung,  acht  Geschichten 
nur  auf  englisch,  zum  Schluss  eine  kleine  Rätselsammlung.  In  einer  ausführlichen 
Vorrede  spricht  sich  Dr.  Hydes  über  die  irischen  und  schottischen  Volksüber- 
lieferungen und  seine  Art  des  sammelns  aus,  wozu  Herr  Alfr.  Nutt  eine  beachtens- 
werte Nachschrift  gibt.  Derselbe  hat  auch  am  Schluss  Anmerkungen  zu  jeder 
einzelnen  Geschichte  gespendet,  die  jeder  mit  Dank  brauchen  wird. 

K.  Weinhold. 


96  Brückner; 


Aus  den 

Sitzungs-Protokollen  des  Vereins  für  Volkskunde. 


Berlin,  Freitag,  den  18.  Dezember.  Neu  beigetreten:  Kais,  cliines.  Zoll- 
direktor a.  D.  Kleinwächter-Berlin;  Realgymnasiallehrer  Dr.  A.  Strack-Giessen. 
—  Nachdem  der  Vorsitzende  einen  kurzen  Bericht  über  den  Mitglicderbestaiid  des 
Vereins  gegeben  hatte,  erhielt  Prof.  A.  Brückner  das  Wort  zu  seinem  Vortrage 
,ein  mittelalterlicher  Bericht  über  Weihnachtsbräuche'.  Nach  einer  prinzipiellen 
Auseinandersetzung  über  die  Vorsicht,  welche  bei  der  Prüfung  von  Volksbräuchcn 
auf  ihren  angeblichen  mythologischen  Hintergrund  hin  zu  beobachten  ist,  nach  dem 
Hinweis  auf  die  Wanderung  von  Bräuchen  namentlich  im  Gefolge  des  Christen- 
tumes  erörterte  der  Vortragende  den  Bericht  des  Böhmen  Johann  von  Holesow 
über  Weihnachtsbräuche,  das  ,Largumscro'  desselben  aus  dem  Ende  des  XIV.  Jahr- 
hunderts. Us en er s  Vermutung,  dass  der  ursprüngliche  Verfasser  desselben  pres- 
byter  Alsso,  ein  Deutscher,  gewesen,  wird  zurückgewiesen;  die  einzelnen  Punkte 
des  Berichtes  werden  erörtert,  wobei  sich  herausstellt,  dass  derselbe  nichts 
spezifisch  slavisches,  böhmisches  enthält;  ein  Abdruck  des  Traktates  nach  einer 
besseren  Handschrift,  als  die,  über  welche  Usener  verfügte,  wird  angekündigt; 
einige  andere  Angaben,  auf  deutsche  Bräuche  aus  dem  XV.  Jahrhunderte  bezüglich, 
werden  mit  besprochen. 

Hierauf  stellte  Hr.  Stadtrat  E.  Friedel  eine  stattliche  Kollektion  metallener 
Rauchtabaksdosen  aus  dem  XVIII.  Jahrhunderte,  die  den  Sammlungen  des  Märki- 
schen Provinzialmuseums  entstammen,  aus  und  erörterte  das  zeitliche  Aufkommen 
derselben,  ihre  Verbreitung  und  die  mitunter  derbvolkstünilichen  Legenden  der- 
selben, die  zudem  oft  auf  bedeutsame  Zeitereignisse,  namentlich  aus  der  Regierung 
Friedrichs  IL,  Bezug  nehmen. 

Zuletzt  wurde  zur  Wahl  des  Vorstandes  für  1892  geschritten;  mit  Akklamation 
wurde  der  alte  Vorstand  wiedergewählt,  bis  auf  den  ersten  Schriftführer  Dr.  U.  Jah  n, 
der  durch  ethnographische  Reisen,  die  er  vorhat,  gehindert  war,  die  Wiederwahl 
anzunehmen.  An  seine  Stelle  wurde  als  erster  Schriftführer  Prof.  A.  Brückner 
gewählt. 

Freitag,  22.  Januar  1892.  Der  Vortrag  von  Dr.  U.  Jahn  über  Rübezahl 
charakterisierte  zunächst  die  neueren  darauf  bezüglichen  Arbeiten,  namentlich  die 
durch  das  Ausschreiben  des  Oesterreichischen  Riesengebirgsvereins  hervorgerufenen 
Schriften  (Rübezahl,  Hohenelbe  1884)  und  einen  Aufsatz  von  Dr.  Vecke  nstedt, 
deckte  ihre  methodischen  Mängel  auf,  besprach  hierauf  die  ältere  Rübezahllitteratur 
zumal  das  Werk  des  M.  J.  Prätorius,  Daemonologia  Rubinzalii  Silesii,  welches 
für  den  Sagenforscher  besonders  durch  die  älteste  schriftliche  Fixierung  einer 
Reihe  volkstümlicher  Überlieferungen  wertvoll  ist,  wenn  auch  öfters  mit  Unrecht 
Rübezahl  gerade  zum  Helden  aller  dieser  Sagen  von  Prätorius  gemacht  wird. 
Hierauf  wurde  die  echte  Überlieferung,  die  sich  auf  Rübezahl  wirklich  bezieht, 
ausgesondert;  sein  eigentlicher  Name,  Johannes,  betont,  der  ihn,  neben  allen  anderen 
Zügen,  als  einen  Kobold  erweist,  auf  den  alles,  was  von  Kobolden  in  Deutschland 
erzählt  wird,  zurückbezogen  worden  ist.  Der  Vortragende  schloss  mit  einer  Auf- 
forderung zu  weiterem  Sammeln  und  Untersuchen  des  Stoffes. 


Protokolle.  97 

Der  vorgerückten  Zeit  wegen  gab  der  nächste  Vortragende,  Prof.  Arendt, 
nur  die  drei  ersten  Kapitel  seiner  Auswahl  chinesischen  Däraonenglaubens,  Er- 
zählungen, in  denen  Seelen  unschuldig  Verurteilter  oder  Getöteter  Rache  nehmen 
an  ihren  Verfolgern:  darunter  besonders  charakteristisch  eine,  in  der  der  Geist 
des  Getöteten  in  den  Mörder  einfährt  und  ihn  selbst  zum  Geständnisse  zwingt. 

Nach  Verlesung  des  Geschäftsberichtes  für  das  verflossene  Jahr  durch  den 
Vorsitzenden  und  der  Jahresbilanz  durch  den  Schatzmeister  wurde  der  Ausschuss 
von  12  Mitgliedern  für  1892  gewählt,  nämlich  die  Herren  Bartels,  Möbius, 
E.  Schmidt,  Voss,  Lazarus,  Friedel,  Heck,  Steinthal,  Zupitza,  Jahn, 
H.  Grimm,  Goerke.  An  den  officiellen  Teil  des  Vereinsabends  schloss  sich  das 
Festessen  zur  ersten  Jahresfeier  des  Vereins  an,  welches  in  äusserst  animierten- 
Weise  verlief. 

Freitag*,  tlen  26.  Februar.  Zunächst  setzte  Prof.  Arendt  den  in  der  vorigen 
Sitzung  unterbrochenen  Vortrag  fort;  er  teilte  drei  weitere  Erzählungen  vom  Treiben 
dämonischer  Rachegeister  mit,  alle  ausgestattet  mit  originalen,  uns  fremdartig  an- 
mutenden Zügen,  namentlich  in  der  letzten  derselben,  da  der  den  Mord  seines 
Herrn  rächende  Diener  wenigstens  am  Mantel  desjenigen  der  jenen  hatte  hinrichten 
lassen,  seine  Rache  kühlt,  was  das  Hinsiechen  des  Eigentümers  selbst  zur  Folge  hat. 

An  der  Hand  reichhaltigen  statistischen  Materials  von  3000  Nummern  und  mit 
Hilfe  von  Karten  demonstrierte  hierauf  Zeichenlehrer  Mielkc  den  wesentlich 
deutschen,  zumal  süd-  und  mitteldeutschen  Brauch,  einzelnen  Häusern  besondere 
Namen  zu  geben,  die  zumeist  dem  Tier-  und  Pflanzenreiche  entnommen,  oft  Jahr- 
hunderte lang  am  Hause  haften.  Häufiger  treten  sie  seit  dem  XHI.  Jahrhunderte 
auf,  und  nehmen  in  späteren  Zeiten  oft  sonderbare  Formen  an.  An  der  Diskussion 
beteiligten  sich  die  Herren  Weinhold,  Schwartz,  Brückner,  Belege  aus 
Breslau,  Berlin,  Krakau  mitteilend. 

Prof.  Weinhold  besprach  den  Gebrauch  der  Kerbstöcke  als  Rechenmittel, 
und  wies  einen  solchen  aus  Suhl  vor;  Herr  Meyer -Cohn  verwies  auf  ähnliche 
elsässische.  Dr.  U.  Jahn  legte  Photographien  österreichischer  Volkstypen  und 
eine  mit  einer  Widmung  auf  den  Hubertusburger  Frieden  versehene  Tischdecke 
vor,  an  die  vorher  besprochenen  Rauchdosen  und  Gratulationsbänder  erinnernd. 
Prof.  Brückner  berichtete  kurz  über  die  —  ziemlich  geringfügige  —  Ausbeute, 
welche  der  Tractatus  de  superstitionibus  des  Nicolaus  von  Jauer  von  1412  (auf 
Grund  zweier  Handschriften  der  königl.  Bibliothek  in  Berlin)  für  deutschen  Aber- 
glauben gewährt.  A.  Brückner. 


I 


Zeitschrift  d.  Vereins  I".  Volkskunde.     1892. 


98 


Laue: 


Litteratur  des  Jahres  1891. 

Von  Dr.  Max  Laue. 


Volkskunde  im  Allgemeinen. 

I.   Zeitschriften  für  das  ganze  Gebiet  der  Volkskunde. 


Zeitschrift  für  Volliskuude  in  Sage  und 
Mär,  Schwank  und  Streich,  Lied,  Rätsel 
und  Sprichwort,  Sitte  und  Brauch.  Heraus- 
gegeben von  Dr.  Edmund  Veckenstedt. 
Organ  der  deutschen  Gesellschaft  für  Volks- 
kunde. Leipzig,  Frankenstein  und  Wagner. 
III.  l.  2.  s.  Zeitschr.  d.  Vereins  für  Volks- 
kunde I  (1891)  S.  114. 

in.  3.  1890.  V.  Estorff-Teyendorf,  Der 
wilde  Jäger.  Ein  Versuch  zur  Erklärung  des 
Phänomens.  S.  81.  —  Veckenstedt,  Die 
mythischen  Könige  der  arischen  Volkshelden- 
sage und  Dichtung.  [Forts.]  S.  93.  —  Vecken- 
stedt, Wendische  Sagen  der  Niederlausitz. 
Gesammelt  und  mitgeteilt.  S.  97.  —  Branky, 
Volksüberlieferuugen  aus  Österreich.  S.  99.  — 
Vernaleken,  Der  Dreisskerl.  Eine  Reihe 
mythischer  Vorstellungen.  S.  104.  —  Knoop- 
Rogasen,  Volkslieder  aus  Hinterpommern. 
Mitgeteilt.  S.  108.  —Veckenstedt,  Bücher- 
besprechungen .  .  .  Zur  Bücherkunde.  S.  117. 
III.  4.  Veckenstedt,  Die  mythischen 
Könige  der  arischen  Volksheldensage  und 
Dichtung.  S.  121.  —  Vaclav  Tille,  Der  Traum 
von  dem  Schatz  auf  der  Brücke.  S.  132.  — 
Veckenstedt,  Wendische  Sagen  der  Nieder- 
lausitz. S.  137.  —  Branky,  Volksüberliefe- 
rungen aus  Österreich.  S.  139.  —  Verna- 
leken, Mythische  Volksdichtungen.  S.  141. — 
Mitkos-Beni-Suef,  Albanesische  Lieder. 
Deutsch  von  J.  ü.  Jarnik.  S.  143.  —  Pistor, 
Sprichwörter  und  sprichwörtliche  Redensarten 
aus  Wigand  I^auzes  hessischer  Chronik.  S.  146. 
—  Knoop,  Polnischer  und  deutscher  Aber- 
glaube und  Brauch  aus  der  Provinz  Posen. 
S.  148. —Veckenstedt,  Bücherbesprechungen 
S.  151.  —  Branky,  Bücherbesprechungen. 
S.  155.  —  V.  Estorff,  Bücherbesprechungen. 
S.  155.  —  Zur  Bücherkunde.  S.  158. 

III.  5.  Knoop,  Die  neu  entdeckten  Götter- 
gestalten und  Götternamen  der  norddeutschen 
Tiefebene.  IIL  Die  Äsen.  S.  161.  —  Vecken- 
stedt, Die  mythischen  Könige  der  arischen 
Volksheldensage    und    Dichtung.    S.   172.    — 


Veckenstedt,  Wendische  Sagen  der  Nieder- 
lausitz.    Gesammelt   und   mitgeteilt.     S.  182. 

—  Jarnik,  Albanesische  Märchen  und 
Schwanke.     Mitgeteilt  und  übersetzt.    S.  184. 

—  Branky,  Volksüberlieferungen  aus  Öster- 
reich. S.  185.  —  Gadde,  Volkslieder  aus 
Hinterpommern.  S.  187.  —  Kaufmann,  Find- 
linge zur  Volkskunde.  S.  189.  —  Vecken- 
stedt, Bücherbesprechungen.  S.  192.  — 
Wagner,  Bücherbesprechungen.  S.  193.  — 
Knoop,  Bücherbesprechungen.  S.  195.  —  Zur 
Bücherkuude.  S.  198. 

III.  6.  Dürnwirth,  Deutsches  Element  in 
slovenischen  Sagen  des  kärntischen  über- 
rosenthales.  S.  201.  —  Mailand,  Der  „Fluch" 
in  der  siebenbürgisch-rumänischen  Volkspoesie. 
S.  208.  —  Veckenstedt,  Wendische  Sagen 
der  Niederlausitz.  Gesammelt  und  mitgeteilt. 
S.  215.  —  Jarnik,  Albanesische  Märchen  und 
Schwanke.     Mitgeteilt  und  übersetzt.   S.  218. 

—  Branky,  Volksüberlieferungen  aus  Öster- 
reich. S.  221.  —  Gadde,  Volkslieder  aus 
Hinterpommern.  S.  224.  —  Kaufmann,  Find- 
linge zur  Volkskunde.  S.  228.  —  Knoop, 
Polnischer  und  deutscher  Aberglaube  und 
Brauch  aus  der  Provinz  Posen.  [S.  229.]  — 
Knoop,  Bücherbesprechungen.  S.  235.  — 
Veckenstedt,  Bücherbesprechungen.  S.  236. 

—  Wagener,  Bücherbesprechungen.    S.  237. 

—  Zur  Bücherkunde. 
III.    7.    Die    Kalewala    vom    ästhetischen 

Standpunkte  betrachtet.  (Julius  Krohn's 
finnische  Litteraturgeschichte  I,  1.)  Übersetzt 
von  0.  P.  S.  241.  —  Knoop,  Die  Influenza. 
S.  261.  —  Veckenstedt,  Wendische  Sagen 
der  Niederlausitz.  Gesammelt  und  mitgeteilt. 
S.  262.  —  Jarnik,  Albanesische  Märchen  und 
Schwanke.  Mitgeteilt  und  übersetzt . . .  S.  264. 

—  Branky,  Volksüberlieferungen  aus  Öster- 
reich. S.  266.  —  Poestion,  Die  alten  nor- 
dischen Frühlingsfeste.  Nach  dem  Dänischen 
des  Troels  Lund.  S.  268.  —  Veckenstedt, 
Bücherbesprechungen.  S.  272.  —  Zur  Bücher- 
kunde. S.  277. 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


99 


III.  8.  Die  Kalewala  vom  ästhetischen 
Staudpunkte  betrachtet.  Übersetzt  von  0.  P. 
S.  281.  —  Jarnik,  Albanesische  Märchen  und 
Scliwänke.  Mitgeteilt  und  übersetzt.  — 
Branky,  Volküberlieferungen  aus  Österreich. 
S.  298.  —  Prexl,  Rumänische  Volksromanzen 
übersetzt.  I.  S.  300.  —  Veckenstedt,  Aus 
der  Provinz  Sachsen  I.  Der  Festkalender  von 
Hornburg  (bei  Oberröblingen  am  See)  in  Sitte, 
Brauch  und  Schwank.  Zusammengetragen  und 
mitgeteilt  nebst  Vorwort.  S.302.  —  Poestion, 
Die  alten  nordischen  Frühliugsfeste.  Nach 
dem  Dänischen  des  Troels  Lund.  S.  310.  — 
Bücherbesprechungen.  —  Zur  Bücherkunde. 

III.  9.  Knoop-Eogasen,  Die  neu  ent- 
deckten Göttergestalten  und  Götternamen  der 
norddeutschen  Tiefebene  und  am  Harz. 
IV.  Frau  Hinne.  S.  321.  —  0.  P.,  Die  Kale- 
wala vom  ästhetischen  Standpunkt  betrachtet. 
Übersetzt.  S.  328.  —  Schlossar-Graz,  Sagen 
vom  Schratel  aus  Steiermark.  S.  341.  —  Gur- 
witsch  -  Petersburg  ,  Kriminalistische  Ge- 
danken und  Anschauungen  in  den  Sprich- 
wörtern des  russischen  Volkes  (Mittel -Russ- 
land).   Mitgeteilt  von  Veckenstedt.   S.  343. 

—  Schwel a,  Die  „grosse"  wendische  Hoch- 
zeit. S.  346.  —  Poestion,  Die  alten  nordi- 
schen Frühlingsfeste.  Nach  dem  Dänischen  des 
Troels  Lund.  S.  349.  —  Bücherbesprechungen. 
Zur  Bücherkunde. 

III.  10.  0.  P.,  Die  Kalewala  vom  ästheti- 
schen Standpunkt  betrachtet.  .  .  .  Schlossar, 
Sagen  vom  Schratel   aus  Steiermark.    S.  377. 

—  Branky,  Volksüberliefenmgen  aus  Öster- 
reich. S.  379.  —  N  ottrott-Ranchi,  Mundari- 
(Kol-)  Lieder.  Mitgeteilt  und  übersetzt  v.  . . 
S.  381.  —  Gurwitsch,  Kriminalistische  Ge- 
danken und  Anschauungen  in  den  Bräuchen 
und  Sprichwörtern  des  russischen  Volkes.  Mit- 
geteilt von  Veckenstedt.  S.  382.  —  Hüser, 
Der  Schwerttanz  von  Atteln  bei  Büren.  S.  385. 

—  Poestion,  Die  alten  nordischen  Frühlings- 
feste. Nach  dem  Dänisehen  des  Troels  Lund. 
S.  387.  —  Schwela,  Die  „grosse"  wendische 
Hochzeit.  S.  390.  —  Knoop,  Polnischer  und 
deutscher  Aberglaube  und  Brauch  aus  der 
Provinz  Posen.  S.393.  —  ßücherbesprechungen. 
S.  397. 

III.  11.  0.  P.,  Die  Kalewala  vopi  ästheti- 
schen Standpunkt  betrachtet  .  .  .  S.  401.  — 
Gurwitsch,  Kriminalistiiche  Gedanken  und 
Anschauungen  in  den  Bräuchen  und  Sprich- 
wörtern des  russischen  Volkes.  S.  421.  — 
Poestion,  Die  alten  nordischen  Frühlings- 
feste. Nach  dem  Dänischen  des  Troels  Lund. 
S.  425.  —  Schwela-Schorbus,  Die  „grosse" 


wendische  Hochzeit.  S.  433.  —  Knoop,  Pol- 
nischer und  deutscher  Aberglaube  und  Brauch 
aus  der  Provinz  Posen.  S.  427.  —  Zur  Bücher- 
kunde. S.  438. 

III.  12.  0.  P.,  Die  Kalewala  vom  ästheti- 
schen Standpunkt  betrachtet  .  .  .  S.  441.  — 
Poestion,  Die  alten  nordischen  Frühlings- 
feste. Nach  dem  Dänischen  des  Troels  Lund. 
S.  464.  —  Schwela,  Die  „grosse"  wendische 
Hochzeit.  S.  475.  —  Inhaltsverzeichnis.  S.  482. 

Am  Urquell.    Monatsschrift  für  Volkskunde. 

Herausgegeben    von    Friedrich    S.    Ki'auss. 

Lunden     in    Holstein.      Kommissionsverlag 

Ejramer  in  Hamburg. 
II,   1.  2.:   vgl.  Zeitschr.  d.  Ver.  f.  Volks- 
kunde I.  1891,  S.  115. 

II,  3  (1891):  Handelmann,  Zur  norwegi- 
schen Sagenforschung.  —  v.  Wlislocki:  Ma- 
gyarischer Liebeszauber.  —  Feilberg, 
„Wetter  machen".  —  Frieschbier,  Der  Eid 
im  Volksleben.  —  Kupczanko,  Volksmedizin. 

—  Sembrzycki,  Ostpreussische  Sprichwörter 
...  —  Krauss,  Geheime  Sprachweisen.  — 
Knauthe,   Der   Tod   als   Reisebegleiter  .  .  . 

—  Kleine  Mitteilungen.  —  Vom  Bücher- 
tische. 

II,  4:  Post,  Das  Volksleben  als  wissen- 
schaftliches Problem.  —  Knauthe,  Das  Alp- 
drücken in  Preussisch- Schlesien.  —  Schell, 
St.  Martinstag  im  Bergischen.  —  Kup- 
czanko, lü'ankheitsbeschwöriingen  bei  russi- 
schen Bauern  in  der  Bukowina.  —  Sembr- 
zycki, Ostpreussische  Sprichwörter  ...  — 
Krauss,  Geheime  Sprachweisen.  —  Kleine 
Mitteilungen.  —  VomBüchertische. —  Kraus  s, 
Wilhelm  Krauss. 

II,  5:  Mooney,  Die  Kosmogonie  der  Che- 
rokee.  —  Landau,  'Non  ölet'.  —  Hoefler, 
Das  Sterben  in  Oherbayern.  —  A.,  Hexen- 
leiter oder  Vogelscheuche.  —  Suudermann, 
üstfriesisches  Volkstum.  —  Volksmann, 
Volksmedizin.  —Sembrzycki,  Ostpreussische 
Sprichwörter  ...  —  Krauss,  Geheime 
Sprachweiseu.  Eine  Enquete.  —  Vom  Bücher- 
tisch. 

II,  6:  Hoefler,  Das  Sterben  in  Ober- 
bayern. —  K.[rauss] ,  Das  Alpdrücken.  — 
Sundermann,  Ostfriesisches  Volkstum.  — 
Sembrzycki,  Ostpreussische  Sprichwörter, 
Volksreime.  —  Kleine  Mitteilungen.  —  Vom 
Büchertische. 

IL  7.  Andree,  Abderiten  von  heute.  — 
Spinner,  Der  Eid  im  Volksleben.  —  Ders., 
Diebsglauben.  —  Krauss,  Geheime  Sprach- 
weiseu. —  Haase,  Sagen  aus  der  Grafschaft 

7* 


100 


Laue: 


Ruppin.  —  Vari,  Volksmediziu.  —  Kleine 
]\Iitteiluugen.  —  Vom  Bücliertische. 

II,  8:  V.  Wlislocki,  Ui-men,  Schicksals- 
frauen  der  Zigeuner.  —  Sembrzycki,  Här- 
tens und  Krauss,  Scliimpfwörter.  — 
Sembrzycki,  Ostpreussische  Sprichwörter, 
Volksreime  und  Provinzialismen. 

II,   9:   Frisch  hier,  Rätsel  -  Geschichten. 

—  Schell  und  Volksmaun,  Die  Fischerin, 
ein  Märchen  aus  dem  Bergischen.  —  Höft, 
Abderiten  von  heute. 

II,  10:  Schiffer,  Sündenkauf.  —  Frisch- 
bier, Rätsel- Geschichten.  —  Kaindl,  Alp- 
drücken. —  Volks  mann,  Abderiten  von 
heute. —  Sembrzycki,  Ostpreussische  Sprich- 
wörter. —  Knauthe ,  Schimpfwörter.  — 
Sundermann,  Ostfriesisches  Volkstum.  — 
Kaindl,  Der  Eid  im  Volksleben.  —  Volks- 
mann,  Tierfabeln.  —  Haase,  Sagen  aus  Neu- 
Ruppin.  —  Volksmedizin. 

II,  11:  Schiffer,  Sündenkauf.  —  Frey- 
tag und  Loeb,  Zauberglaube.  Eine  Umfi-age. 
Mit  Beiträgen  von  Knauthe  imd  Volks- 
mann.  —  Kaindl,  Knauthe,  Volks- 
mann, Diebsglauben.  —  Krauss,  Geheime 
Sprachweisen.  Eine  Umfrage.  Beiträge  von 
Feilberg  imd  Schlegel.  —  Knauthe  und 
Lehrmann,  Bauopfer.  —  N.  und  Paulsen, 
Das  Alpdi-ücken.  —  Wlislocki,  Volkslieder 
der  siebenbürgischeu  Sachsen.  —  Ofterding, 
Abderiten  von  heute.  —  Staake,  Geister- 
glauben. —  Sembrzycki,  Ostpreussische 
Sprichwörter,  Volksreime  und  Provinzialismen. 

—  Volksmanu,  Schimpfwörter.  —  Kleine 
Mitteilungen  von  Schiffer,  L-n.  und 
Schierenberg. 

Revue  des  traditions  populaires.    (Societe 

des  traditions  populaires  au  musee  d'ethno- 

graphie  du  Trocadero.)    Paris.   J.  Maison- 

neuve.  Tome  VI.  6e  annee.  1891. 

1.  Janvier.  Sebillot,  Traditions  et  super- 

stitions  des  ponts  et  chaussees  I.  Les  routes. 

—  IL  Les  chemins  de  fer.  p.  1.  —  Sebillot, 
Questionnaii-e  des  traditions  des  ponts  et 
chaussees.  p.  16,  —  Barbet,  Chansons  du 
renouvellement  de  l'annee.  I.  Lou  Bon  an. 
p.  18.  —  Harou,  Miettes  de  Folk-Lore  pari- 
sien.  XIV.  p.  21,  —  Danjon,  La  Fete  des 
Rois.    XV.  Chanson  des  Rois  ä  Caen,  p.  22. 

—  Brueyre,  Le  petit  homme  rouge  et  Na- 
poleon, p.  25.  —  Basset,  AUusions  ä  des 
contes  populaires  (suite).  p.  30.  —  Descubes, 

ons  et  coutumes  des  mariniers. 
IIL  Les  Pilotes  Egyptiens.  p.  32.  P.-S., 
IV.   L'invention  des  flottages.   —  V.   Rivage 


haute,  p.  32.  VL  Girard  de  Rialle,  Le  Ba- 
teier avare.  p.  83.  —  Sebillot,  Renaud  et 
ses  femmes  IL  Haute -Bretagne,  de  Zmid- 
grodzki,  La  Mere  et  FEnfant.  p.  36.  — 
Certeux,  Rites  et  usages  funeraires  IX. 
p.  48.  —  Desaivre,  La  Legende  de  Theo- 
phile de  Viau.  p.  50.  —  Rosieres,  La  Le- 
gende de  Didon  (suite).  p.  52.  —  Foujou, 
Legendes  et  superstitions  preliistoriques. 
VII.  La  pierre  de  Saint-Martin  d'Assevilliers 
(Somme).  p.  55.  —  Harou,  Coutumes  sco- 
laires  IV.  enBelgique.  p.56.  Bibliographie. 

—  Livres  re^us  .  .  .  Illustrations  .  .  . 

2.  Fevrier.  Basset,  Contes  arabes  et 
orientaux.    V.  Le  Depositaire  infidele.    p.  65. 

—  Le  vieux  Mari.  Bernard,  I.  Chanson 
du  pays  de  Caux.  Sebillot,  IL  Haute-Bre- 
tagne.  p.  77,  78.  —  Sebillot,  Traditions  et 
superstitions  des  ponts  et  chaussees.  III.  Les 
phares.  IV.  Les  canaux.  V.  Quais  et  ouvrages 
de  ports.  VI.  Les  chaussees  et  les  digues. 
p.  79.  —  Basset,  Rupture  de  la  digue  de 
Mareb.  p.  85.  —  Sebillot,  Additions  aux 
routes:  devinettes  et  proverbes,  etc.,  et  aux 
chemins  de  fer.  p.  89.  —  Ney,  Une  loco- 
motive  fatale,  p.  99.  —  Bayon,  Le  Diable  et 
l'Enfer  dans  l'Iconographie.  Les  Tableaux  de 
Michel  Le  Nobletz.  p.  99.  —  Montet,  La 
chanson  de  Bricou.  IV.  (suite).  p.  102.  — 
Desrousseaux,  V.  Version  de  Lille,  p.  107. 

—  Bourchenin,  Contribution  au  folk-lore 
du  Bearn.  p.  108.  —  de  Zmigrodzki,  Les 
Cloches.  I.  Devinettes.  p.  110.  —  Callon, 
Saint  Pierre  et  le  Veuf,  conte  de  la  vallee 
d'Aspe.  p.  112.  —  Certeux,  Pensees  sur  les 
Traditions  populaü-es  extraites  de  divers 
auteurs.  IL  p.ll3.  —  Basset,  Les  Meteores. 
I.  Le  feu  Saint-Elme.  p.  115.  —  Pommerol, 
Le  roi  d'Angleterre.  III.  V.  de  l'Auvergne. 
p.  116.  —  Extraits  et  lectures:  de  Rialle, 
I.  Superstitions  chinoises.  p.  117.  IL  Hei- 
ne ckc,  Le  Carneval  des  Juifs  galliciens. 
p.  118.  —  Assemblee  generale.  —  Biblio- 
graphie. —  Livres  reQUS  .  .  .  Gravures. 

3.  Mars.  Sebillot,  Traditions  et  super- 
stitions des  Ponts  et  chaussees  VII.  Les  Ponts. 
Rites  de  la construction.  p.l20.  —  Heinecke, 
Le  Pont  d'Artos,  chant  albanais.  p.  138.  — 
Fargue,  Pieces  de  monnaie  dans  le  fonda- 
tions.  Libations  ä  la  pose  de  la  clef  de  voüte. 
p.  139.  —  P.  S.,  Les  Egouts.  VIII.  p.  140.  — 
Ruffie,  Chanson  des  livTees  I.  Ariege.  p.  140. 

—  Chardin,  Les  Poissons  fantastiques  I.  Le 
Poisson  Nicole,  p.  142.  —  Lacuve,  Les  Cent 
Ethius,  conte  poitevin.  p.  143.  —  de  Castel- 
nau,  Les  Mines  et  le  Mineurs  VIII  additions. 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


101 


p.  144.  —  Solaiman  dans  los  legendes  musul- 
manes.  VI.  Basset,  Les  Objets  merveilleux 
(suite)  p.  145.  —  Tiersot,  Pastiches  de  clian- 
sons  populaires.  II.  p.  146.  —  Perraud, 
Traditions  et  superstitions  du  Dauphine.  II. 
p.  149.  —  Certeux,  La  Galette  de  pain, 
legende  arabe.  p.  152.  —  Pellisson,  Super- 
stitions bearnaises.  p.  154.  —  Bellet,  Voya- 
geurs  fran^ais  et  etrangers.  I.  Thevenard. 
p.  155.  —  Murray  Aynsley,  üne  Legende 
de  sorcellerie  en  Angleterre.  p.  158.  — 
Basset,  Le  Culte  du  marteau.  I.  Chez  les 
Lithnaniens:  le  soleil  captif.  p.  161.  —  Fouju, 
Legendes  et  superstitions  prohistoriques.  VIII. 
Pierres  qui  tournent  en  Eure-et-Loire.  p.  162. 
—  Basset,  Les  Villes  englouties.  IL  Baies. 
p.  165.  —  Laven ot,  La  Legende  du  Diable 
dans  le  pays  de  Vannes.  p,  166.  —  Les  Rites 
de  la  Construction:  Basset,  I.  Sacrifices 
humains  en  Oceanie.  p.  172.  Gregor,  IL  En 
Ecosse.  p.l72.  —  Livres  populaires.  IL  Chanson 
en  fonne  de  complainte  de  Jehan  Dubus. 
p.  174.  —  Morin,  Deux  rondes  d'enfants: 
Aube.  p.  181.  —  Tiersot,  Scepticisme  popu- 
laire.  p.  181.  —  Harou,  Origine  des  roses 
mousseuses,  legende  •  d'Anvers.  p.  182.  — 
Bosc,  LaDanse  desFees,  legende  d'Auvergne. 
p.  183.  —  Descubes,  Extraits  et  lectures. 
I.  Superstitions  sibmemies.  IL  Les  Zoulous 
et  le  prince  imperial.  —  Bibliographie  .  .  . 
Livres  re^us  .  .  .  Xotes  et  enquetes  .  .  . 
Illustrations  .  .  . 

4.  Avril.  Fitzgerald,  Sur  quelques  ori- 
gines  de  la  tradition  celtiques  I.  (suite). 
Sources  historiques.  p.  193.  —  La  ponne 
Ferame  es  Brunes.  I.  Walhen,  Normandie. 
p.  207.  IL  P.  S.,  Haute  Bretagne,  p.  208.  — 
Sebillot,  Traditions  et  superstitions  dos 
Ponts  et  Chaussees  VIII.  Les  Ponts  (Ponts 
hantes).  —  Superstitions  diverses,  p.  209.  — 
Harou,  Les  Chemins  des  fer.  IL  (suite). 
Superstitions.  p.  218.  —  P.  S.,  Faceties  et  Ex- 
pressions pittoresques.  p.  219.  —  Morin,  De- 
vinettes.  p.  220.  —  Senequier,  I.  Les  Routes 
(suite).  p.  221.  —  de  Zmigrodski,  Biblio- 
graphie du  Folk-lore  en  Pologne.  p.  222.  — 
Certeux,  Pelerins  et  pelerinagesVIII.  Peleri- 
nages  aux  Cedres  du  Liban.  p.  238.  —  P.  S., 
Les  Mines  et  les  Mineurs.  IX.  Les  Statues 
dans  les  Mines.  p.  240.  —  Penny,  Petes  et 
Croyances  X.  p.  241.  —  Basset,  Allusions  a 
des  Contes  populaires  (suite).  p.  243.  — 
de  Launay,  Les  Cloches.  IL  Presages  et 
Superstitions.  p.  247.  —  Bayon,  Le  Peuple 
et  les  Monuments.  I.  Pien-es  gravees.  p.  248. 
Extraits  es  Lectures:  Blanchard,  Sorcellerie 


dans  les  Hautes.  Alpes,  p.  248.  —  Biblio- 
graphie .  .  .  Livres  re^us  .  .  .  Illu- 
strations ... 

5.  Mai.  Doncieux,  Le  Cycle  de  sainte 
Marie -Madeleine  dans  la  chanson  populaire. 
p.  257.  —  Sebillot,  Le  Rossignol,  chanson 
de  la  Haute-Bretagne.  p.  277.  —  Harou, 
Les  Rites  de  la  construction.  III.  La  cathe- 
drale  de  Treves.  —  Sebillot,  Traditions  et 
superstitions  des  Ponts  et  Chaussees.  VII. 
Les  Ponts.  §  4,  Les  Ponts  merveilleux.  p.  279. 

—  Basset,  Pont  de  Bamberg;  le  Ponte  de 
paille.  p.  287.  —  Kerviler,  §  1  (suite),  Les 
Rites  de  la  construction.  Le  Pont  CaUec.  Le 
p.ont  de  KeiTcnthal.  p.  288.  —  Basset,  Les 
chaussees  et  les  digues  VI.,  Les  Phares  III. 
p.  288.  —  Harou,  Les  cloches.  III.  Cloches 
englouties.  p.  292.  —  du  Zmigrodzki,  De- 
vinettes  et  croyances  de  TUkraine.  IV.  p.  292. 

—  Certeux,  La  Galette  de  pain  IL  p.  294. 

—  Harou,  Les  Pendus  IL  p.  295.  —  Char- 
din,  Melusine  en  Champagne,  p.  296.  — 
P.  S.,  Poesie  sur  des  themes  populaires.  XX. 
Emile  Blemont  et  Achille  Millien.  p.  297.  — 
Murray-Aynslay,  Quelques  usages  de  la 
Semaine  sainte.  p.  301.  —  Basset,  Contes 
arabes  et  orientaux.  V.  Le  Depositaire  infidele 
(suite).  p.  302.  —  Certeux,  Les  Eaux  ther- 
males et  minerales.  III.  p.  305.  —  Ferrand, 
Traditions  et  Superstitions  du  Dauphine.  IX. 
Le  bon  Dieu  et  les  pays.  X.  La  Revolte.  p.307. 

—  Le  Bournisien,  Lo  premier  dimanche 
de  Careme.  IL  Dans  l'Ai-tois  et  le  Boulonnais. 
p.  309.  —  Harou,  Les  Mines  et  les  Mineurs. 
XL  Superstitions  diverses  (Belgique).  p.  312. 

—  P.  S.,  XII.  Quelques  questions.  p.  313.  — 
Millieri,  Les  Pom-quoi  LV.  Pourquoi  le 
lievre  e  la  babine  fendue.  p.  314.  —  Biblio- 
graphie .  .  .  Livres  recus  .  .  .  Notes  .  .  . 

6.  Juin.  Rosieres,  Anciennete  de  quel- 
ques locutions  usuelles,  p.  321.  —  Arn  au  diu. 
Quelques  usages  de  la  Semaine  sainte.  IL 
Dans  les  Landes,  p.  330.  —  Tiersot,  Si 
j'etais  Hirondelle.  I.  Forme  morvandelle. 
IL  Forme  normande.  p.  332.  —  Basset,  La 
Legende  de  Didon  (suite).  I.  La  peau  de  boeuf 
coupee  en  lancieres.  IL  La  Delimitation  par 
la  voix.   V.  Delimitation  par  la  vue.   p.  335. 

—  de  Zmigrodzki,  Les  Mines  et  les  Mi- 
neurs. XIII.  Coutumes,  croyances  et  chan- 
sons  du  mineurs  polonais.  p.  338.  —  Cour- 
thion,  Legendes  valaisannes.  p.  345.  —  Or- 
tolan,  Traditions  et  superstitions  des  Ponts 
et  Chaussees.  VII.  Les  Ponts  (suite).  Legende 
du  pont  de  la  Calade  a  Saint-Raphael.  p.  359. 

—  Basset,   Les  destructeurs  de  ponts:   les 


102 


Laue: 


Ponts  iiiythiques.  p.  360.  —  Basset,  Les 
chaussees  et  les  digues  VI.  (suite).  p.  362.  — 
Morin,  Les  chemins  des  fer  IL  p.  363.  — 
de  Lazarque,  Folk-Lore  de  LoiTaine:  La 
Massue.  p.  363.  —  Bezier,  Blasen  populaire 
de  la  Loire-Iüfeneure.  p.  366.  —  Basset, 
Le  chanson  de  Bricoii  VI.  (suite).  p.  37L  — 
Defodon,  Randonnee  VII.  p.  373.  —  Cor- 
uelissen,  Version  de  la  Campine  auversoise. 
p.  374.  —  P.  S.,  Second  Congres  des  Traditions 
populaires.  p.  376.  —  Le  Carguet,  Super- 
stitions du  Cap-Sizun.  p.  377.  —  P.  S.,  Ne- 
crologie.  P.  Bezier.  p.  378.  —  Bibliographie 
.  . .  Livres  rerus  .  .  . 

7.  Juillet.  Stibillot,  Le  peuj^le  etTliistoire. 
VI.  La  Legende  Napoleonienne.  p.  385.  — 
Lecocq,  Deux  chansons  bourgignonnes.  I.  Le 
frere  et  la  soeur.  IL  Le  Galant  de  village. 
p.  393.  —  Tiersot,  Xotes  sur  ces  chansons. 
p.  396.  —  Blacque,  Secoude  vue  et  inter- 
signes.  IIL  Enterrenient  vu  ä  Favance.  p.  398. 

—  Traditions  et  superstitions  des  Ponts  et 
Chaussees.  VII.  Heinecke,  Les  Ponts 
(suite).   Le  reve  du  tresor  sur  le  pont.  p.  399. 

—  Morin  et  P.  S.,  Baptemes  de  ponts.  — 
Pineau,  Les  ponts  du  Diable:  le  pont  de 
GenQau.  p.  403.  —  Volkov,  Les  ponts  hantes. 
p.  404.  —  Volkov,  I.  Les  Pioutes  (suite). 
p.  404.  —  Volkov,  Les  chaussees  et  les 
digues.  (suite).  p.  404.  —  Volkov,  IL  Les 
Chemins  de  fer   (suite).   p.  405.  —  Volkov, 

VI.  Une  question  d'Ethnographie.  p.  405.  — 
Lavenot,  La  Legende  du  Uiable  chez  les 
Bretons  du  pays  de  Vanues  (suite).  p.  406.  — 
Foujou,    Les    precurseurs    de    nos    etudes. 

VII.  Legendes  normandes  du  musee  deDieppe. 
p.415.  —  R.B.,  La  Legende  de  Didon.  Erratum. 
p.  420.  —  Basset,  Les  Ordalies.  I.  Par  le 
fer  rouge.    IL   Par  l'eau  bouillante.   p.  42L 

—  de  Launaj.  Medecine  superstitieuse.  IV. 
En  Anjou.  p.  422.  —  de  la  Cheneliere, 
Les  Charitcs  en  Normandie.  p.  423.  —  Fer- 
tiault,  Les  Charivaris.  V.  Le  Charidaue  en 
Saintonge.  p.  429.  —  Certeux,  Second  Con- 
gres des  Traditions  populaires.  p.  430.  — 
Basset,  Les  villes  englouties  (suite)  III — VII. 
p.  43L  —  Fargue,  VIII.  La  lague  de  Xain- 
traiUes.  p.  434.  —  P.  S.,  IX.  La  ville  de  Gar- 
danne, p.  435.  —  Harou,  Les  Mines  et  les 
Mineurs  XIV.  Coutumes  des  nüueurs  beiges, 
p.  436.  —  P.  S.,  Proverbes.  p.  436.  —  Biblio- 
graphie .  .  .  Livres  re(jus  .  .  .  lUustrations  . . . 

8.  Aoüt.  Basset,  Contes  arabes  et  orien- 
taux.  VII.  Les  Cent  nuits  et  le  Kitab  ech 
Chelli'a  VIII.  L'Alhaml)ra  et  le  chäteau  de 
Kaouamaq.  p,  449,  —  Dauj  on,  Le  mal  marie. 


Version  normande.  p.  466.  —  Chantre, 
Superstitions  des  Tatars  de  TAderbeldjan. 
p.  467.  —  Sebillot,  Les  Traditions  popu- 
laires et  les  ecrivains  fran^ais  VII.  Sarasin. 
p.  470.  —  Heinecke,  Les  pourquoi  LVII. 
Pourquoi  les  pluraes  de  paon  portent  malheur. 
p.  473.  —  Doncieux,  Appendice  au  cycle 
de  Marie  Madeleine,  p.  474.  —  Barbet,  La 
chanson  de  Petignot,  pays  de  Montbeliard. 
p.  477.  —  Binder,  Saint  Blaise  IV.   p.  479. 

—  Morin,  Contes  troyes  (suite)  p.  481.  — 
Certeux,  La  Bataille  des  Roses  en  Orient, 
p.  483.  —  Musters,  Superstitions  du  sud  du 
pays  de  Galles.  p.  485.  —  Harou,  Les  Mines 
et  les  Mineurs.  XVI.  Proverbes  liegeois.  p.485. 
XVII.  Basset,  Les  genies  de  la  mine.  p.  487. 

—  Basset,  Le  feu  Saint-Elme.    II.   p.  487. 

—  Hovelacque,  Traditions  et  superstitions 
des  Ponts  et  chaussees.  VII.  Les  Ponts  (suite). 
Le  Pont  des  Morts  en  Perse.  p.  488.  — 
Basset,   Le  pont  des  morts  ä  Java.  p.  489- 

—  Petravick,  Le  pont  qui  conduit  au  ciel. 
p.  490.    —   Basset,   Le  pont  de  Mautribles. 

—  Le  pont  de  Misarella.  p.  49L  —  Che- 
guillaume,  IL  Les  chemins  de  fer  (suite). 
p.  492.  —  Fertiault,  La  priere  du  Cathere 
en  Champagne,  p.  493.  —  P.  S.,  Miettes  de 
folk-lore  parisien.  XVII.  Blason  populaire  au 
XVII«  siecle.  p.  494.  —  Basset,  Les  villes 
englouties  (suite)  p.  495.  —  Destriche,  Les 
rose  aux  qui  chantent  IV.  p.  500.  —  Basset, 
La  chanson  de  Bricou.  VII.  p.  501.  —  Biblio- 
grajjhie.  —  Livres  recus. 

9.  Septembre.  Basset,  Les  villes  englouties 
XVII-XXXVIII.p.513.- Mistral,  XXXIX. 
La  legende  de  Sainte-Anne.  p.  528.  —  Millien 
et  Penavaire,  La  chanson  du  laboureur, 
Nivernais.  p.  529.  —  Chardin,  La  danse  des 
fees,  ile  de  France,  p.  530.  —  Sebillot,  Le 
peuple  et  l'histoire  VII.    1815—1886.   p.  531. 

—  Certeux,   Miettes    de  folk-lore  parisien 

XV.  Les  raesses.  p.  533.  —  Chtigauillaume, 

XVI.  Voirie  de  Paris,  p.  534.  —  Le  Carguet, 
Superstitions  et  croyances  du  Cap-Sizun.  V.  La 
malechance.  p.535.  —  Lavenot,  Superstitions 
et  coutumes  de  pecheurs.  IV.  Morbihan.  p.541. 

—  Sebillot,  La  Noizille.  III.  Versions  de  la 
Haute.  Bretagne  et  de  la  Champagne,  p.  542. 

—  Fertiault,  IV.  de  la  Charente.  p.  544. 
Sauve,  Saint  Gueuole  et  le  diable,  legende 
de  la  Basse-Bretagne.  p.  545.  —  Sebillot, 
Traditions  et  superstitions  du  Bas-Languedoc. 
p.  548.  —  Sebillot,  Les  Traditions  popu- 
laires et  les  ecrivains  franpais.  VII.  Corneille. 
IX.  Boileau.  p.  551.  —  de  laPorterie,  Pe- 
lerins  et  pelerinages.  IX.  La  foutaine  de  saiut 


Litteratiir  des  Jahres  1891. 


108 


Jean  Baptiste  ä  Lussagnet  (Landes),   p.  560. 

—  Morel-Eetz,  Une  coutume  dijonnaise. 
p.  565.  —  P.  S.,  Les  pendus.  III.  Proverbes 
du  XVII^'  siecle.  p.  56B.  —  Oerteux,  IV.  Le 
patron  des  pendus.  p.  565.  —  Aynsley,  Le- 
gendes suisses.  p.  566.  —  Bourcheniu,  Cou- 
tribution  au  folk-lore  du  Poitou.  p.  570.  — 
Harou,  Traditions  et  siiperstitions  des  Ponts 
et  Chaussees.  IL  Les  chemins  de  t'er.  (suite). 
p.  571.  —  Bibliographie.  —  Livres  re(;us. 

11.  Novembre.  Sebillot  et  Harou,  Les 
inventions  modernes.  I.  Le  telegraphe  elec- 
trique.  IL  La  Poste.  III.  Les  Pendules. 
IV.  Les  luuettes  et  le  telescope.  V.  La  Photo- 
graphie, p.  641.  —  Danjon,  Le  Voyage  du 
rossignol.  I.  Version  normande.  IL  Sebillot, 
Version  Haute  Bretagne.  IIL  Tiersot,  Bour- 
gogne.  p.  644— 646.  —  Volkov,  Traditions 
et  superstitions  des  Ponts  et  Chaussees.  I.  Les 
Routes  (suite).  Voyages  et  voyageurs  et 
Ukraine  et  en  Biilgarie.  p.  647.  —  Harolu, 
Notes  sur  les  routes  en  Belgique.  p.  649.  — 
Le  Carguet,  Superstitions,  croyances  et  le- 
gendes du  Cap  Sizun  VI.  Le  Raz  de  Sein  et 
les  Phares.  p.  650.  —  Certeux,  Miettes  de 
Folk-lore  parisieu.  XVIII.  Les  Epouvantails 
des  eufants.  p.  662.  —  Basset,  AUusions  ä. 
des  contes  populaires  (suite).  p.  664.  — 
Harou,  Les  Pendus.  V.  Les  Pendus  de  Beau- 
mont.  p.  665.  —  Millien,  Le  bon  Dieu  de 
Saint-Georges.     Histoire  d'uu  sorcier.  p.  666. 

—  Hein  ecke,  Les  Mines  et  les  Minem-es 
XVIII.  Le  mineur  et  le  genie,  legende  du 
Harz.  p.  668.  —  P.-S.,  XIX.  L'or  et  la  nourri- 
ture.  p.  670.  —  Basset,  XX.  Mines  hantees. 
p.  671.  —  Lach  Szyrma,  Les  villes  englou- 
ties,  LX.  Cornouaille.  p.  671.  —  Lavenot, 
La  legende  du  diable  chez  les  Bretons  du 
pays  de  Vannes,  IL  Deraeles  du  diable  avec 
les  saints  (suite).  p.  672.  —  Marchot, 
L'histoire  de  la  voix  qui  revient  (Luxembourg) 
p.  677.  —  Pomnierol,  Joli  capitaine  I.  Ver- 
sion d'Auvergne.  p.  687.  IL  Sebillot,  Haute- 
Bretagne.  p.  688.  —  Morin,  Livres  popu- 
laires. III.  Oraisons  superstitieuses  interdites 
au  XVI«^  siecle.  p.  689.  —  P.-S.,  Second  con- 
gres  des  Traditions  populaires.  p.  690.  — 
Basset,  Contes  arabes  et  orientaux.  VIII. 
L'apprenti  sorcier  et  le  char  de  Sesostris. 
p.  678.  —  Morin,  La  Fraternisation  par  le 
sang.  p.  682.  —  Perot,  Les  vieux  usages  du 
Bourbonnaies.  I.  Le  Burloir,  IL  les  coqs  en 
päte.  p.  6815.  —  Lach  Szyrma,  La  dans  des 
fces.  IL  p.  686.  —  Agostini,  Les  statues 
miraculeuses.  I.  La  Vierge  de  Fozzano  (Corse). 
p.  690.   —   Desrousseaux,  Transformations 


des  legendes  et  des  anecdotes.    IIL    p.  692. 

—  Ferraud,  Le  Diable  et  les  metiers.  p.  696. 

—  Hovelacque,  Pelerins  et  pelerinages. 
X.  Les  aux  fetiches.  p.  697.  —  Bibliographie. 

—  Livres  re^us. 

La  Tradition.    Revue  generale  des   Contes, 
Legendes,    Chants,    Usages,    Traditions    et 
Arts  populaires.   Direction:  Emile  Bleniont 
et  Henry^  Carnoy.   Paris.   E.  Lechevalier. 
V.  (1891),  1.   Jan.:   La  Direction,    Aux 
lecteurs   de    „La  Tradition".    —   Nicot,    La 
Saint-Eloi.    —    Davidson,  Elements  de  tra- 
ditionnisme  ou  folk-lore:    1.   La  theorie  mo- 
derne dePanimisme.  —  Millien,  La  bergere 
aux   champs.   —   Desrousseaux,   Monströs 
et  geants:    IX.   Les  Geants  de  Bruxelles.  — 
Lemoine,    Le    tirage    au  sort  en  Belgique. 

—  Ristelhuber,  Contes  Alsaciens  (troisieme 
sei-ie).  —  C.  [aruoy],  Folk-lore  et  histoii-e 
des  religions.  —  Lancelin,  Chanson  berri- 
chonne.  —  de  Beaurepaire,  Chansons  popu- 
laires de  Quercy. 

V.  2,  Febr.:  Davidson,  Elements  de  Tra- 
ditionnisrae  ou  Folk-lore:  IL  Le  Culte  des 
Ancetres.  —  Vau  Elven,  La  Sorcellerie  au 
Moyen-Age:  I.  Coup  d'ceil  historique.  — 
Carnoy  et  Nicolaides,  Le  Folk-lore  de 
Constantinople:  1.  Superstitions  et  Croyances 
des  Turcs.  —  Carnoy,  Les  Pommiers  en 
fleurs.  —  Comb  es,  Litterature  populaire  de 
Villeneuve-sui'-Lot.  —  Harou,  Le  Folk-lore 
de  la  Belgique:  XII.  Les  Geants.  --  Plan- 
tadis,  Les  Chevaliers  du  Papegai,  I.  — 
de  Beaurepaire,  Chansons  populaires  de 
Quercy.  —  Chaboseau,  Les  empreiutes  mer- 
veilleuses  VI. 

V.  B,  Mars:  Carnoy  et  Nicolaides,  Le 
Folk-lore  de  Constantinople:  1.  Superstitions 
et  Croyances  des  Turcs  (suite).  —  de  Beau- 
repaire, Chansons  populaires  du  Quercy: 
III.   Les  Sabots;    IV.  Verdiu-ette,  Verduron. 

—  Davidson,  Elements  de  Traditiomiisme 
ou  Folk-lore:  IIL  Le  Culte  des  Animaux.  — 
de  Warloy,  Saint  Barnabe,  patron  des 
Amoiu-eux.  —  de  Zmigrodski,  Le  Folk- 
lore polonais.  Cracovie  et  ses  envü-ons:  IV. 
La  Medecine.  —  H.  C,  Les  mois  de  Mai,  XIV. 

—  Chaboseau,  Les  empreintes  merveilleuses, 
VII.  —  Berenger-Feraud,  Contes  de  Pro- 
vence I.  —  Ortoli,  Les  Saints  chäties.  — 
Ristelhuber,  Les  Vosonöttes  en  Alsace- 
Lorrainc. 

V.  4,  Avril:  van  Elven,  Les  proces  de 
sorcellerie  au  moyen-äge.  —  Beaurepaire, 
Chansons    pop.   du  Quercy.    —    Harou,    Lo 


104 


Laue : 


folk-lore  de  la  Belgique,  XIII.  —  Davidson, 
Elements  de  traditionnisme  oix  Folklore,  IV. 
Desrousseaux,  Monstres  et  geants.  — 
Millien,  L'enfant  noye.  —  Feroud,  Contes 
de  Provence,  II.  —  Stieb al,  surnoms  des 
reginients  et  des  grades  dans  l'armee  alle- 
mande.  —  Bibliographie. 

V.  5,  Mai:  Berenger-Feraud,  Le  feu 
de  Promethee  chez  les  provenQaux  de  nos 
jours.  —  Prato,  Un  conte  d'Audree  de  Ner- 
ciat  dans  une  nouvelle  pop.  livonrnaise  inedite. 

—  de  Zmigrodzki,  Le  folklore  polonais: 
Crocovie  et  ses  environs.  IV.  —  Carnoy  et 
Nicolaides,  Le  folklore  de  Constantinople 
IL  —  Plantadis,  Les  Chevaliers  du  papegai. 

—  Bibliographie. 

V.  6,  Juin:  Berenger-Feraud,  Le 
crime  d'Oedipe  dans  un  conte  provenQal  con- 
temporain.  —  Prato,  Un  conto  de  Grecourt 
dans  une  nouvelle  pop.  comasque  de  Ca- 
vallasca.  —  Cannizzaro,  Chansons  pop.  de 
Sicile  I  .  .  .  II  .  .  .  —  Vigne,  Croyauces  et 
coutumes  au  Dahomey.  —  Doncieux,  Le  roi 
Renaud  .  .  .  Menü,  Chansons  pop.  de  la  Pi- 
cardie.  —  Bibliographie. 


Melusine.   Recueil  de  mythologio,  litterature 
populaire,   traditions   et  usages,   fonde  par 
H.  Gaidoz    et   E.  Rolland.     Dü-ige   par 
Henry  Gaidoz.   Paris.   E.  Rolland. 
[Fortsetzung  zu  Bd.  I,  116.] 
V,  7:  Gaidoz,  La  fee  Melusine  ä  Luxem- 
hourg.  —  La  lecture  de  la  pensee.  La  chanson 
du  Petit  Jean.     Les  rites   de  la  construction. 
Les  Aqueducs.     Les    digues.     Oblations  ä  la 
mer.    Le    suicide.    —    Krauss,    L'operation 
d'Escnlape.    —    Tuchmann,   La  fascination 
(suite).  —  Ernault,   Chansons  populaires  de 
la  Basse  Bretagne:    XXV.,  Le  passage  de  la 
I.igne. 

V,  8:  La  Fraternisation :  IX.  En  Ukraine, 
Volkov;  X.  Boire  SchmolHs,  Gaidoz.  — 
Ristelhuber,  Les  Acqueducs.  —  Crusius, 
L'Operation  d'Escnlape.  —  Gaidoz,  Les  de- 
vinettes  de  Meteorologie.  Jean  de  l'Ours. 
Les  cheveux  rouges.  —  Tuchmann,  La  Fasci- 
nation. —  Gaidoz,  Les  Soniou  de  M.  Luzel. 
Les  chemins  de  fer. 

V,  9:  Gaidoz,  Le  Chevalier  au  lion.  — 
Rolland,  Le  courroux  de  l'enfant  Jesus.  — 
Gaidoz,  Une  incantation  enumerative.  — 
Tuchmann,  Effets  de  la  fascination.  — 
H.  G.,  La  Fraternisation.  —  Rolland,  La 
Bergere  resignee.  —  Gaidoz,  La  Coupe  de 
la  vie, 


V,  10:  Gaidoz,  Le  chevalier  au  lion.  — 
Les  Vedas  reduits  ä  leur  juste  valeur.  — 
Gaidoz,  L'Etymologie  populaire  et  le  Folk- 
lore. —  Ders. ,  Corporations,  compagnonnages 
et  metiers.  —  Tuchmann,    La  Fascination. 

—  Ernault,  Chansons  populaires  de  la  Basse- 
Bretagne:  XXVII,  XXVIII.  —  E.  R.,  La 
Fraternisation.  —  Schreiner,  L'enfant  qui 
parle  avant  d'etre  ne.  —  Rolland,  Le  cle 
des  champs.  —  Les  Ongles.  —  Gaidoz,  Les 
Serments  et  les  Jurons.  —  Ders.,  Les  Esprits- 
Forts  de  l'Antiquite  classique  (Forts.).  — 
Ders.,  L'Operaton  d'Escnlape. 

V,  11:  Doncieux,  La  belle  dans  la  tour, 
texte  critique.  —  Gaidoz,  Le  tien  et  le  mien. 

—  Ders.,  Chansons  populaire  de  la  Basse- 
Bretague.  XXIX.  Le  Barzaz-Breiz  de  M.  de 
Ville  marque.  —  Ders.,  La  Fraternisation. 

V,  12:  Gaidoz,  La  pierre  de  Serpent.  — 
Tuchniann,  La  Fascination.  —  Chansons 
populaires  de  Basse-Bretagne :  XXX.  L e  Br az : 
Un  mot  sur  le  „manuscrit"  de  Guinclan. 
XXXI.  Ernault,  La  Nourrice  et  les  Voleurs. 

—  Gaidoz,  Groyances  et  pratiques  des 
Chasseurs;  IV.  dans  l'Oubanghi.  —  Levi, 
Les  Aqueducs  III.  —  Gaidoz,  Les  dccora- 
tions  V. 

Archivio  per  lo  studio  delle  tradizioui 
popolari.  Rivista  trimestrale  diretta  da 
G.  Pitre  e  S.  Salomone-Marino.  Pa- 
lermo, libreria  internazionale  Carlo  Clausen 
. .  .  1891. 

X,  1.  Gennaio-Marzo.  Salomone-Ma- 
rino, Buon  capo  d'anno!  Uso  contadinesco 
siciliano.  —  Seves,  Capo  d'anno  ed  Epifania 
in  Piemonte.  —  Köhler,  Goethe  e  il  poeta 
italiano  Domenico  Batacchi.  —  Corsi,  Sena 
vetus:  Superstizioni,  Canti,  Indovinelli  e 
Giuochi:  Medicina  popolare.  —  Superstizioni 
delle  ragazze.  —  Varie  superstizioni.  — 
Nardo-Cibele,  La  filata,  o  la  coltivazione 
del  canape  nel  Bellunese.     III.    Del  tessere. 

—  Mango,  La  leggenda  dello  sciocco  nelle 
novelline  calabre.  —  Pitre,  Novelline  popo- 
lari  toscane :  La  novella  di  Ohime.  —  Le  Fate. 

—  Lumbroso,  Spigolature  di  Usi,  Credenze, 
Leggende:  VII.  La  giostra  dei  torri  e  un 
mago  di  Fano.  —  VIII.  La  tana  del  re  Ti- 
berio.  Leggenda  romagnola,  IX.  Usi  novaresi 
del  secolo  XVI.  —  Renier,  L'erba  prodi- 
giosa  di  San  Giovanni.  —  Forster,  Fiabe 
popolari  dalmate:  Avvertenza.  —  L  El  re 
Porco.  —  IL  El  Becher.  —  III.  I  cazzadori. 

—  IV.  La  rana.  —  Folk-Lore  delT  Agri- 
coltura:     Motizie    dei    comuni    di    Offida    e 


Litteratm*  des  Jahres  1891. 


105 


Rotella  e  dintorni  (Ascoli-Picena).  —  Notizie 
deir  Alta  Maurienne  (Savoie)  (Angelini).  — 
Notizie  del  Polesinc  (Mazzucchi).  —  Se- 
billot,  Contes  de  Marins  recueilles  en  Haute- 
Bretagnc:  VII.  Lc  Mousse  jete  ä  la  mer.  — 
VIII.  Le  matelot  qui  epousa  la  fille  du  roi 
d'Angleterre.     —     IX.    Tribord    Amnrcs.    — 

X.  Galette  des  Bisciüt  et  Quart  de  Vin.   — 

XI.  Le  Guitan  et  le  Maquereau.  —  XII.  Pour- 
quoi  on  emploie  le  ciment  pour  lester  les  ba- 
toaux.  —  Armaforte,  Due  racconti  siciliani: 
I.  Li  tri  duonni,  chi  raali  cci  abbinni.  — 
IL  Chiddu  di  lu  grecu  minchiuni.  —  Pires, 
TracÜQoes  portuguezas:  Conceito  populär  da 
Sereia.  —  Misccllanea:  'U  ciucciu  e  'u 
porcu,  Favola  calabrese  (Pas quäle).  II  modo 
popolare  di  dire:  „Un  nuovo  nato".  —  La 
Processione  del  Venerdi  Santo  in  Metcovich 
nella  Dalmazia.  —  Canzonetta  fanciullesca  nel 
Trentino.  —  Pregiudizi  savojardi  nell'  XI 
secolo.  —  II  nomc  popolare  tU  un  carnefice 
ncUa  Rivicra  francese.  —  Gridata  dei  vendi- 
tori  di  poini  in  Normandia.  —  I  „Goeland" 
in  Bretagna.  —  Appunti  suUa  idrofobia  nel 
Bclgio  (Lumbroso).  —  Rivista  Bibliografica 
.  .  .  Bulletino  bibliografico  . . .  Rccenti  pubbli- 
cazioni  .  .  .  Sommario  dei  Giornali  (Pitre). 
Notizie  varie. 

X,  2.  Ungar elli,  Proverbi  bolognesi: 
Agricoltura,  Economia  rm'ale.  —  Crimi-Lo 
Giudice,  Come  si  guoca  coi  bambini  a  Naso. 

—  de  Pasqualc,  Tre  Leggende  calabresi: 
I.  Fratia.    —   IL  Mai-cu.   —  III.  S.  Stefanu. 

—  Sebillot,  Contes  des  Marins  recueillis  en 
Haute-Bretagne :    XIII.  Le  Prince  Marin.  — 

XIV.  Le  Marin  Georges,    Ic  Diablo  ecc.    — 

XV.  Le  Bar  et  lc  Maquereau.  —  XVI.  Le 
Homard  et  le  Congre.  —  Mazzucchi,  Due 
macchiette  carnevalesche.  I.  L'orso.  —  La 
torotolola.  —  Menghini,  Canti  popolari  ro- 
laani:  1.  II  ritorno.  —  2.  L'abate  che  rimane 
si'nza  camicia.  —  3.  L'anello  caduto  nel  mare. 
4.  II  Confessore.  —  5.  La  fanciulla  che  vuole 
marito.  —  6.  II  mal  d'amore.  —  Pitre, 
Blasonc  popolare  siciliano.  —  Nardo- 
('ibcle,  La  filata,  o  la  coltivazione  del  canape 
nel  Bellunesc:  Ai)pendice.  —  Pumagalli, 
Nuovo  Contributo  alla  Bibliografia  paremio- 
logica  Italiana:  I.  Aggiunte  Bernstein.  — 
Salomone  -  Marino,  La  onnipotcnza  dei 
proverbi  dimostrata  da  una  novelletta  popo- 
lare siciliano.  -  Forster,  Fiabe  popolari 
<lalmate:  V.  Fiabe  de  la  Menega  rabiosa.  — 
VI.  El  re  serpente.  —  VII.  El  fazzoleto.  — 
VIIL  ElDestin.  —  IX.  El  pcsse-can.  —  Corsi 
Seua  vetus:   Ninno-uamie,  pregliiere,  storie: 


Storia  di  Giovanni  di  Bordighiera.  —  Susanna. 

—  Lisetta.  —  Castelli,  II  canto  di  S.Giorgio. 

—  Corsi,  Le  dodici  parole  della  verita  in 
Siena.  —  Ferraro,  Folk-Lore  del!  Agri- 
coltura. —  Lumbroso,  Miscellanea:  La 
regina  Giovanna  I''  nella  tradizione  popolare. 

—  La  festa  di  Maggio  in  AiTas  (Francia).  — 
Come  si  leghi  la  febbre  nel  Belgio.  —  La 
morte  di  Alessio,  iiglio  di  Pieti'o  il  Grande  e 
quella    di    sua  moglie  nella  tradiz.  popolare. 

—  Una  superstizione  su  Napoleone  I".  —  II 
malocchio  in  Senegambia.  —  Una  leggenda 
Chinese.  —  Rivista  Bibliografico  .  .  . 
Bulletino  bibliografico  .  .  .  Recenti 
pubblicazioni  .  .  .  Pitre,  Sommario  dei 
Giornali.    Notizie  varie  .  .  . 

Folk-Lore,  a  quaterly  review  of  myth,  tra- 

dition,  iustitution,  and  custom.    (Incorpora- 

ting  The  Archaeological  Review    and    The 

Folk-Lore  Journal.   London.  1).  Nutt). 

VoLII  (1891),   1.  March:   Gommc,  Ope- 

ning  Adress  to  the  Folk-Lore  Society  for  the 

Session  1890—91.   —   Abcrcromby,  Magic 

Songs  of  the  Finns,  No.  III.  —  Gaster,  The 

Legend  of  the  Grail,   No.  I.    —   Maxwell, 

Slava.  —  Gregor,  The  Scotch  Fisher  Child. 

—  Nutt,  An  Early  Irish  Version  of  the  Jea- 
lous  Stepmother  and  the  Exposed  child.  — 
John,  Bhuridatta.  —  Hartland,  Report  on 
Folk-tale  Research  1890.  —  Jacobs,  Review: 
The  Science  of  Fairy  Tales.  —  Correspondence 
(Modern  Greek  Folk-lore,  Paton  and  Gar- 
nett; Glouston,  Story  of  the  Girl  who 
plucked  out  her  own  Eyes.  —  Nutt,  Irish 
Tales  among  the  Redskins.)  —  Miscellanea. 
(Tom-Tit-Tot,  Kirby.  —  HoUingsworth, 
A  Basque  Superstition.  —  Feilberg,  Making 
Weather  in  Denmark.  —  Feilberg,  'Liver- 
rhyme'  in  Denmark.  —  Cox,  Italian  Peeping 
Toms.  —  Keegan,  An  Irish  Variant  of 
'Masters  of  all  Masters'.  —  Black,  Folk- 
names  of  British  Birds. 

II,  2  (June):  Balfur,  Legends  of  the 
Lincolnshire  Cars.  —  Abcrcromby,  An 
Amazonian  Custom  in  the  Caucasus.  —  Ja- 
cobs, Childe  Rowland.  —  Gast  er,  The  Le- 
gend of  the  Grail  II.  — Nutt,  Remarks 
upon  the  Foregoing  Paper.  —  Jevons,  Re- 
port on  Greek  Mythology.  —  Notes  and  News. 

—  Review.  —  Miscellanea.  —  Folk-lorc  Biblio- 
graphy.  —  Nutt,  Les  deniicrs  travaux  alle- 
mands  sur  la  legende  du  Saint  Graal. 

II,  3.  Balfour,  Legends  of  Lincolnshire 
Cars.  Part  IL  —  Rhys,  Manx  Folk-Lore  and 
Superstitionsi    —   Fairman-Ordish,    Folk- 


106 


Laue : 


Drama.  —  Sibree,  The  Folk-Lore  of  Mala- 
gasy-Birds.  —  Nutt  and  Jacobs,  Mr.  Stuart- 
Glennie  on  the  Origin  of  Matriarchy.  —  The 
International  Folk-Lore  Congress  1891. 

Balletill  de  Folklore.  Organe  de  la  societe 
du  Folklore  wallon.  Directeur  E.  Monseur. 
Bruxelles,  J.  Lebeque  et  Co. 


I.  1891.  Premier  semestre:  Wil motte, 
La  chanson  populaire  au  raoyen  äge.  — 
Colson,  Jeux  d'enfants  I-III.  —  Monseur, 
Contes:  I.  L'os  qui  chante.  —  Wil  motte, 
Chansons:  Les  noces  de  la  mesange.  —  For- 
mulettes  de  possessiou.  —  Gittee,  Spectres 
et  fantomes.  —  Eevue  des  livres.  —  Chro- 
nique.  —  Societe  du  Folklore  wallon. 


(Fortsetzung  folgt.) 


II.   Theorie  der  Volkskunde. 


Pitrcj  Bibliografia  della  tradizione  popolare. 

Turin.   8". 
Weinliold,  Zur  Einleitung  (Zeitschr.  d.  Vereins 

f.  Volkskunde  I,  1). 
Liebrecht,  Zur  Volkskunde  (Germania  XXV, 

2.  1890). 
—  The  science  of  Folk-Tales  (Saturday  Review. 

Jan.  1891). 
Achells,  Völkerpsychologie  und  Völkerkunde 

(Allg.  Zeitung  253.  Beü.). 
Blemout,  Esthetique  de  la  Tradition.    Paris, 

Maisonneuve.    (=  Vol.  VII  de  la  Collectiou 

Internationale  de  la  TracUtion.)   Vlll,  124  S. 

IG^     3,00  fr. 
Itueklaiid,  Authropological  studies.   London, 

Ward  &  Downey. 


Wilser,  Anthropologie  und  Geschichte  (Globus 
60,  110). 

—  Die  Anthropologie  der  Alten  (Die  Natui". 
40.  Jahrg.  Nr.  41). 

Aprent,  Die  Geschichte  des  Menschen.  Ein 
Beitrag  zur  Begründung  einer  umfassenden 
und  einheitlich  abgeschlossenen  Ansicht  von 
der  Welt  und  dem  Lehen.  Leipzig.  V,  9G  S. 
2,00  Mk. 

V.  Heihvald,  Die  „Gleichheit"  der  Menschen 
im  Lichte  der  Wissenschaft  ( Globus  60,  Nr.  23). 

Schultheiss,  Rasse  und  Volk  (,ib.  Nr.  21). 

—  Lecture  of  Folk-lore  (Maryport  News, 
13.  Dez.  1891). 

Schwartz,  Volkstümliche  Schlaglichter  (Ztsclir. 
d.  Ver.  f.  Volksk.  1,  17-35.  220.  279—292.) 


III.   Abhandlungen  und  Aufsätze, 

welche  verschiedene  oder  alle  Völker  betreffen. 

A.   Vorgeschichtliche  Völker. 


1.    Allg 

Sclieppig  f  Urgeschichte  des  Menschen- 
geschlechts (Separat-Abdr.  aus  den  „Jahres 
berichten  der  Geschichtswissenschaft".)  Ber- 
lin, Gärtner.    22  S. 

Hoerucs,  Die  Urgeschichte  des  Menschen 
nach  dem  heutigen  Stande  der  Wissenschaft. 
Mit  zahlreichen  Tafeln  und  Textabbildungen. 
Vollständig  in  30  Lieferungen.  Wien,  Hart- 
leben,    ä  Lief.  50  Pf. 

Keclus,  Primitive  Folk.  The  contemporary 
science  series.  Ed.  by  Havelock  Ellis. 
London,  Scott.  339  S.   3  sh.  6. 

Suliaaffhausen,  La  antropologia  y  la  etno- 
logia  prehistöricas.  Madrid,  Impr.  Rollo. 
7  bajo.   12".   123  päginas.   2  y  2,25. 


emeiiies. 

Hostmauus,  Studien  zur  vorgeschichtlichen 
Archäologie  (Globus  59,  141). 

Bernhardt,  Les  Peuples  prehistoriques  en 
Lorraine;  par  .  .  .  2^  edition.  S".  163  p.  et 
planche.    Nancy,  Crepin-Leblond. 

Sepp,  Die  Urbewohner  Altbayerns.  Grund- 
linie einer  neuen  Altertumsgeschichte  unseres 
Vaterlandes.  (Beitr.  Anthroj).  und  Urgesch. 
Bayerns  9,  S.  1.) 

Bissiii^'er,  Bilder  aus  der  Urgeschichte  des 
Badischen  Landes.  Karlsruhe.  (Badische 
Neujahrsblätter.) 

—  Die  Steinzeit  Abessiniens  (Globus  59, 
383). 


Litteratur  dos  Jahres  1891. 


107 


2.    Funde. 


Hier  ist  auf  die  einzelnen  Zeitschriften  zu 

verweisen,  besonders  auf: 

Xaclirichton  über  deutsche  Altertums- 
fuiide.  Mit-  Unterstützung  des  königlich 
preussisclien  Ministeriums  herausgegeben 
von  R.  Virchow  und  A.  Voss.  Berlin,  Asher 
&  Co.  2.  Jahrgang,  1891  [ist  Anhang  zur 
Zeitsclirift  für  Ethnologie.     Berlin,  Asher]. 

Prähistorische  Blätter.  Unter  Mitwirkung 
von  Forschern  und  Freunden  der  prähisto- 
rischen Wissenschaft  herausg.  v.  Jul.  "Naul. 
München,  Literarisch  artistische  Anstalt. 
3.  Jahrg.  1891.  (6  Nummern).     Mk.  3,00. 

Vorgeschichtliches  aus Meisun (Indien):  Globus 
59,  384. 


Jacob,    Ein  Schädel-  und  Kuochenfund  vom 

kleinen  Gleichberg  bei  Römhild  (Herzogtum 

Sachsen-Moiningen).  Mit  Tafel  VIII.  Archiv 

f.  Anthrop.  XX,  3,  S.  181-188. 
Loth,    Fund  bei  Mittelliausen-Erfurt    (Corre- 

spondenzbl.  deutsch.  Ges.  f.  Anthrop.  XXXII. 

2,  S.  12.) 
Meblis,  Vorgeschichtliches  aus  Reichenhall. 

(Globus  59,  171.) 
Paudler,  Vorgeschichtliche  Funde.    (Mitteil. 

nordböhm.  Exkursionsklub.  14,  48 — 53.) 
Hediuger,  Neue  Höhlenfunde  auf  der  schwä- 

bischeu   Alb    (in  Heppenloch):     Correspon- 

denzbl.  d.  Ges.  f.  Anthrop.  u.  Urg.  XXII, 

2.  Febr.  1891  u.  s.  w. 


3.    Äussere   Erscheinung;. 


Schmidt,  Neue  Forschungen  über  den  paläo- 
lithischen  Menschen  in  Nordamerika  (Globus 
(iO,  15G). 

Girod  et  Gautier,  Deconverte  d'un  squelette 
humain  contemporain  dos  eruptions  vol- 
caniques  quaternaires  du  volcan  de  Grave- 
noire  (Puy-de-U6me):  Comptes  rondus  heb- 
dom.  de  l'Acad.  des  Sciences  Nr.  20.  21. 


War  der  vorgeschichtliche  Mensch  linkshändig  ? 

(Globus  60,  48). 

Galtoii,  Los  empreintcs  digitales  (Rev.  scientif. 

1,  557). 
—    Präliistorische     trepanierte    Schädel     aus 

Dänemark  (Globus  59,  48). 


4.    Tracht,   Schmuck,   Geräte. 


V.  Hellwald,  Früheste  Kunstregungen  (^ Aus- 
land Ü4.   Nr.  11  f.). 

Rudier,  On  the  Source  of  the  Jade  used  for 
Ancient  Implements  in  Eui'ope  and  America. 
(The  Journal  of  the  Anthropological  In- 
stitute of  Groat  Britain  and  Ireland.    May.) 

Kloos,  Jadeitbeilchon  aus  dem  Braunschweigi- 
schen (Globus  59  Nr.  24). 

Paudler,  Steinbeile  und  Eisenschmelzöfen. 
(Mitteil,  nordböhm.  Exkiu'sionsklub  14,  149 
bis  153.) 

Uciss,    Feuersteingeräte    aus    Ägypten    und 


Flinders  Pätrics  neueste  Forschungen.    Mit 

4  Taf.     (Sep.-Abdr.   Berlin.  Anthrop.  Ges. 

1891.) 
Schubert,   Bronze -Funde  im  Auschaer  Rot- 

lando.  Mit  Abb.   (Mitteil,  nordb.  Exkui-sions- 

klub  14,  219-223.) 
Objets    du   dernier  äge  du  bronze  et  du  pre- 

mier  äge  du  fer  decouverts  en  Berry.    Publ. 

par   la  Societe   des  Antiquaires  du  Centre. 

Bourges.     14  pag.  1  carte. 
Hoernes,    Die    Genesis    der    alteuropäisclien 

Bronzekultur  (Globus  Nr.  21). 


5.    Wohnung:. 


Weber,  Eine  Wohnstätte  aus  der  jüngeren 
Steinzeit  im  Südosten  Bayerns  (Beitr.  ür- 
gosch.  Bayerns  IX,  137). 

PoHsy  Soler,  Prähistorische  Bauten  auf  Me- 
norka.     Mit  Abb.     (Globus  59,  230.) 

Ermliug,    Die    Nurhagen    Sardiniens.    (Mit 


Abb.):  Globus  (10,  Nr.  22  [voiTömische  Fels- 

wohnungcn]. 
Munro,  Über  die  Pfaldbauteu  Europas  (Globus 

59,  142). 
Schnarreuberger,  Die  Pfahlbauten  amBoden- 

see  (Konstanzer  Gymii.  Progr.  1891). 


108 


Laue : 


6.    Wirtschaft. 


Schlatterer,  Die  Ansiedlung-en  am  Bodensee 
in  ihren  natürlichen  Voraussetzungen.  Eine 
anthropologische  Untersuchung.  Mit  1  Karte. 
Stuttgart,  Engelhorn.  III,  445  S.  gr.  8°, 
Mk.  3,60.  (A.  u.  d.  T. :  Forschungen  zur 
deutschen  Landes-  u.  Volkskunde.    5.  Band, 

.•    7.  Heft,  S.  377—445.) 

van  Overloop,  Prehistoric  Workshops  of 
Spiennes.     (Bulletin  anthr.  Soc.  Bruxelles.) 

Bleicher,  Industries  des  populations  primi- 
tives de  l'Alsace  et  de  la  Lorraine.  (Kev. 
scientif.    1.  aoüt  1891.) 

Altersfolge  der  Feuerzeuge  (Glohus  59,  62). 

Hoernes,  Zur  Archäologie  des  Eisens  in 
Nordeuropa  (Globus  59,  19). 


Weber,  Vorgeschichtliches  aus  dem  Alpen- 
gehiete  zwischen  Jura  und  Salzach.  1  Karte. 
(Beitr.  Anthropol.  Urgeschichte  Bayerns. 
IX,  8). 

Hahn,  Waren  die  Menschen  der  Urzeit  zwischen 
der  Jägerstufe  und  der  Stufe  des  Acker- 
baues Nomaden?    (Ausland  64,  Nr.  25,  26.) 

Büchner,  Das  goldene  Zeitalter  oder  das 
Leben  vor  der  Geschichte.  Nebst  einem 
Anhange:  Das  Kulturmetall  der  Zukunft. 
Berlin,  Allg.  Verl.  f.  deutsche  Litteratur. 
352  S. 

Berger,  Histoire  de  Tecriture  dans  Tanti- 
quite.    Paris,  Imp.  nat.  XVIII,  389  S. 


B.    Geschichtliche  Völker, 
1.   Zeitschriften, 


Internationales  Archiv  für  Ethnographie. 

Hrsg.  V.  Schmeltz.  Leiden,  Trag.  1891. 
IV.    1-3:    Koike,  Zwei  Jahre  in  Korea. 

—  Schmeltz,  Die  Sammlungen  aus  Korea 
im  ethnographischen  Reichsinusemn  in  Baden. 
Mit  Tafeln.  —  Baessler,  Ethnographische 
Beiträge  zur  Kenntnis  des  ostindischen  Archi- 
pels. Mit  Tafeln.  —  Giglioli,  Zwei  alt- 
peruanische  Schädelmasken.  Mit  Abbildungen. 

—  Schurtz,  Die  geographische  Verbreitung 
der  Negertrachten.  Mit  Karto.  —  Schlegel, 
Chinesische  Särge.  Mit  Tafel.  —  Jacobs, 
Die  Baduis.    Mit  Tafel. 

IV.  4:  Haddon,  Die  Tagari -Kopfjäger 
von  Neu- Guinea.  Mit  Tafel.  —  De  Grobt, 
Die  Hochzeitskleider  einer  Chinesin.  Mit 
Tafel.  —  Jacobs,  Kritische  Betrachtungen 
über  die  Theorie  von  Dr.  H.  Ploss  über  die 
Beschneidung  bei  verschiedenen  Völkern.  — 
de  Zmigrodzki,  Über  das  Swastika.  — 
Grosse,  Gegenstände  aus  Palenque.  Fragen 
und  Antworten.  —  Museen  und  Sammlungen. 
Bibliographische  Übersicht.    —    Büchertisch. 

—  Kleine  Nachrichten. 

IV.  5:  Zemmrich,  Toteniuseln  und  ver- 
Avandte  geographisthe  Mjthen.  —  Jacobs, 
Kritische  Untersuchungen  über  die  Theorie 
von  Dr.  Ploss  bezüglich  der  Bedeutung  der 
Beschneidung.  —  Strcbel,  Altmexikanische 
Wurfbretter.  —  Messikomer,  Das  Pfeil- 
schiessen in  der  Schweiz.  —  Colini,  Eine 
halbmondförmige,  brasilianische  Steinaxt  im 
Museum  zu  Eom. 

Bulletins  de  la  societe  d'anthropologie  de 
Paris.    lY'^  Serie.  T.  2.  1891. 


Archiv  für  Anthropologie.  Zeitschrift  für 
Naturgeschichte  und  Urgeschichte  des 
Menschen.  Unter  der  Redaktion  von  Linden- 
schmidt und  Ranke.  Mit  Holzschnitten  und 
Tafeln.  Braunschweig.  Bd.  20.  1891.   4». 

Zeitschrift  für  Ethnologie.  Herausgcg.  von 
Bastian,  Hartmann,  Virchow,  Voss.  Berlin, 
Asher.  (Organ  der  Gesellschaft  für  Anthro- 
pologie.) Bd.  23.  1891.  [Im  Anhang:  Ver- 
handlungen der  Berliner  Ges.  für  Anthro- 
pologie, Ethnologie  und  Lirgeschichte.] 

Correspoudeuzblatt  der  deutschen  Gesell- 
schaft für  Anthropologie,  Ethnologie  nnd 
Urgeschichte.  Hrsg.  v.  Ranke.  Jahrg.  22. 
1891.  München. 

Mitteilungen  der  anthrop.  Ges.  in  Wien. 
Red.  von  v.  Hauer,  Langer,  Wahrmann.  N.F. 
Bd.  21.  1801. 

Archivio  per  l'antropologia  e  la  etnologia 
pubblicato  per  la  parte  etnologica  da  Fclice 
Finzi.  Firenze.   gr.  8«.  Bd.  21.   1891. 

The  Journal  of  the  anthropological  Insti- 
tute of  Great  Britain  and  Ireland.  (With 
plates  . . .)  London.  (With  appendix:  Procee- 
dings  of  the  Anthropological  &  Ethnol.  So- 
cieties  of  London  prior  to  the  dato  of  amal- 
gamation.)   Bd.  20.    1891. 

L'Anthropologie  paraissant  tous  les  deux 
mois.  Materiaux  pour  l'histoire  de  Thommc. 
Revue  d'anthropologie  .  .  .  Revue  d'ethno- 
graphie  . , .  reunis.  Paris.   Tome  2,   1891. 

Revue  mensuelle  de  Pecole  d'Anthropologie 
de  Paris.  Publice  par  les  Professeurs. 
Premiere  Annee.   (1891.  Paris,  Alcan.) 


Litteratiir  des  Jahres  1891. 


109 


2.    Bücher  und  Aufsätze. 
a)   Die  Meusclilieit. 


Hassert,  Polarkaiie  zur  Üborsiclit  der  frülieren 
uud  heutigen  Menschetigrenze.  (Petenii.Mitt. 
37.  VI.) 

—  Die  Nordpolgrenze  der  bewohnten  und  be- 
wohnbaren Erde  (ib.) 

Raveiisteiii,  I^ands  of  thc  Globe  still  availablc 
for  Europeeu  Settlement.  (Proceed.  G.  Googr. 
See.  S.  27—35  [mit  2  Karten].) 

Die  Bevölkerung-  der  Erde.  VIII.  Hrsg.  v. 
Herrn.  Wagner  uud  Max  Supau.  (Peterm. 
Mitteil.  Ergänzungsh.  Nr.  101 ) 

M.  Vf.,  Die  mögliche  Bevölkerung  der  Erde. 
(Deutsche  liundschau  für  Geographie  13, 
418). 

Junsch,  Die  Vermehrungsgesetze  der  Be- 
völkerung. (Vierteljahrsschr.  f.  Volkswirtsch., 
Politik  u.  Kulturgesch.  28.  Jahrg.,  1.  Bd , 
2H.). 

Zur  Bevölkerungsgeschichte  der  Städte. 
(Korresp.-Bl.  d.  Ges.  Ver.  deutscher  Gesch. 
u.  Altertumsver.    Mai,  Juni  1891.). 

Keuealy,  A  new  view  of  the  surplus  of 
wonien  (The  Westminster  Review.  136,  465). 


Schmidt,  Zur  Kenntuiss  des  Zwergwuchses. 
Mit  11  Abb.  (Arch.  für  Anthropologie  20, 
43). 

Neuhauss,  Zur  Kenntnis  des  Zwergwuchses. 
Mit  Abb.  (Globus  60,  145).  Die  Vererbung 
des  Zwergwuchses  (Globus,  60,  335). 

ISchaeffer,  Beitrag  zur  Aetiologie  der  Schwanz- 
bildung beim  Menschen.  Mit  Tafel  IX 
imd  X.  [Aus  der  Kgl.  Frauenklinik  in 
München.]     (Archiv  f.  Anthr.    S.  189.    XX). 

Sobotta,  Über  den  Bau  und  die  Entwicklung 
des  Uterus,  insbesondere  beim  Menschen 
und  den  Affen.  Berlin,  Schade.  30  S.  1  Bl. 
Ing.-Diss.  25.  Juli  1891.  [Ersch.  vollst,  im 
Arch.  f.  mikrosk.  Anat.] 

Seggels,  Brustmessungen  bei  bayerischen 
Soldaten.     (Globus  59,  112). 

Evelt,  Ein  Fall  von  Polymastie  beim  Manne. 
(Arch.  f.  Anthropologie  20,  105). 

Blind,  Über  Nasenbildung  bei  Neugeborenen. 
Anthropologische  Studie.  (Aus  dem  anthr. 
Inst,  zu  München).  München,  Wolf.  Ing.- 
Diss.  1890. 

Treitel,  Die  Sprache  und  Stimme  des  Kindes. 
(Sonntagsbeil.  Nr.  5  zur  Vossischen  Ztg.). 
I.    Sprachinhalt.    IL    Sprachform. 

Deville,  Notes  sur  le  developpement  du 
langage  chez  las  enfants.  (Rcv.  de  lin- 
giustique  et  de  philologio  comparee  45.) 


Die  Vererbung  der  Taubheit.  (Globus  59,  362). 

Debierre,  L'hermaphrodismc.  Paris,  Bailliere. 
1891.    159  S.   2Frcs. 

Rebmann,  Anthropologie  (Samml.  Göschen). 
Stuttgart,  Göschen. 

Aisberg,  Anthropologie  mit  Rerücksichtigung 
der  Urgeschichte  des  Menschen,  allgemein 
fasslich  dargestellt.  Mit  Farbendrucktafeln, 
Karten  und  Holzsclmitten.  2  Aufl.  Stutt- 
gart, Weisert.    4  Bl.,  407  S.     6,00  Mk. 

Haeckel,  Anthropogenie  oder  Entwicklungs- 
geschichte des  Menschen.  Keimes-  und 
Stammesgeschichte.  Mit  20  Taf.,  440  Holz- 
schnitte und  52  Tab.  —  4.  umg.  u.  verm. 
Aufl.  2  Bde.  Leipzig,  Engelmann.  [XXVI. 
S.,  1  Bl.,  383  S.]  (—  906  S.)  16,00  Mk. 

Ratzel,  Anthropogeographie.  IL  Die  geo- 
graphische Verbreitung  des  Menschen.  Mit 
1  Karte  und  32  Abb.  Stuttgai-t,  Engelhorn. 
XLII,  782  S.     18,00  Mk. 

Topinard,  Les  circonvolutions  cerebrales  chez 
l'homme  et  les  mammiferes.  (Rev.  scienti- 
que  31.  Oct.  1891.) 

Gaule,  Was  ist  unser  Nervensystem  und  was 
geht  darin  vor?  (Zeit.  f.  Psycholog,  d. 
Sinnesorg.  2,  31). 

Lombroso-Ottolenghi,  Die  Sinne  der  Ver- 
brecher (ib.  2,  337). 

Francotte,  L'anthropologie  criminelle.  Avec 
figui-es  intercales  dans  le  texte.  Paris, 
Bailliere.  (Bibliotheque  scientifique  con- 
temp.)     VIII,  368  S.,  3  Fr.  50  c. 

Anthropologie  der  Prostituirten  (Globus  59,  31). 

Sicard,  La  selection  sexuelle  chez  Fhomme. 
(Rev.  scient.  28  novembre  1891). 

Die  angebliche  Leichtigkeit  des  Gebarens  bei 
den  Naturvölkern.     (Globus  59,  191). 

Peuka,  Der  Mensch  und  das  Klima.  (Aus- 
land Nr.  21,  22). 

Fisch,  Tropische  lü'ankheiten.  Basel,  Missions- 
buclüi.  252  S.    Mk.  4,00. 

Stockvis,  in^er  vergleichende  Rassenpathologie 
und  die  Widerstandsfähigkeit  des  Europäers 
in  den  Tropen.  (Sep.  Abdr.  aus:  Verh.  d. 
X.  intern,  med.  Congr.)  Berlin,  Hirschwald, 
24  S.  0,60.  gr.  8». 

Lammert,  Gesch.  der  Seuchen,  Hungers-  uiul 
Kriegsnot  zur  Zeit  des  dreissigjährigeu 
Krieges.     Wiesbaden,  Bergemann. 

Diuiitroff,  Die  Geringschätzung  des  mensch- 
lichen Lebens  bei  den  Naturvölkern.  Leip- 
zig. Ing.  Diss.  [Reudnitz,  Hoffmann]  22  S., 
1  Bl. 


110 


Laue: 


b)   Rassen  und  Völker. 

[Allgemeines  über  Indogermanen  (Arier)  s.  unter  Asien  A''.] 


Verneau,  Les  races  humaines.  Preface  par 
A.  de  Quatrefages.  Paris,  Balliere  [o.  J.] 
gr.  8"  792  S.  500  Fig,  (Aus  A.E.Brehm, 
Les  merveilles  de  la  naturc,  L'homme  et 
les  animaux). 

Featlierman,  Social  History  of  the  Races  of 
Mankind.  4'*'  Division,  Dravido-Turanians, 
Turco  -  Tartar  -  Turanians,  Ugrio  -  Turanians. 
London.  Trübner.    626  S. 

Neue  Forschungen  über  die  Uauerbarkeit  der 
Menschenrassen.     (Globus  59,  381). 

Amnion,  Völkerwanderungen  in  Vergangenheit 
und  Zukuft.  (Tägl.  Rundschau.  Beil.  981., 
985). 

Mallery,  Israeliten  und  Indianer.  Eine  ethno- 
graphische Parallele.    Aus  dem  Englischen 


von  Friedrichs.  Krauss.    Leipzig,  Grieben. 
105  S.     Mk.  1,.50. 
V.  Löher,    Stiunmebildung   im   europäischen 
Osten    zur   Völkerwanderungszeit    (Ausland 
39). 
Meyer,    Zur    Volkskunde     der    Alpenländer. 

(Globus  1891  No.  4). 
Zinnner,    Über   die   früheste  Berührung  der 
Iren  mit  den  Nordgermanen.    (Sitzungsber. 
\k.  Berlin  16—18). 
Witte,  Deutsche  und  Keltoromanen  in  Loth- 
ringen. 
Händler,     Beiträge    zur    Anthropogeogr.    d. 
Balkanhalbinsel  (Aus  allen  Weltteilen.  22, 9). 
Voltz,    Unsere    Kolonien;    Land   und   Leute. 
Mit  71  Abb.  und  2  Karten.   Leipzig,  Brock- 
haus.   369  S,    Mk.  5,00. 


c)  Äusseres  Leben. 

«)  Nahrung. 


Grösse  des  Fleischgenusses  in  verschiedenen 
Staaten,  (Deutsche  Rundsch,  f.  Geogr. 
13,  85). 


ß)   Kleidung,  W 

Schnrtz,  Grundzüge  einer'  Philosophie  der 
Tracht  (mit  besonderer  Berücksichtigung 
der  Negertracht).  147  S.  mit  10  Abb.  Stutt- 
gart, Cotta.    Mk.  3,60. 

Sehulthelss,  Zur  Psychologie  der  Kleidung, 
(Ausland  64,  24). 

Liersch,  Nachrichten  über  Tracht  und  Sitten 
der  Slaven  und  Germanen  aus  dem  sechsten 
Jahrhundert  n.  Chr.  (Mitteil.  Niederlausitzer 
Ges.  Anthrop.  2,  154). 

Hottenroth,  Trachten,  Haus-,  Feld-  und 
Kriegsgerätschaft  der  Völker  alter  und  neuer 
Zeit.  Lief.  11—20  (Schi,)  Stuttgart,  Weise, 
gr.  4°.    5,00  Mk. 

AiTOWS  and  Arrow-Makers  by  Mason,  Hol- 
mes, Wilson,  Hough,  Flint,  Hofnian, 
Bourke.  Washington,  Judd  and Detweiler. 
Abb,   1891, 

Ratzel,  Die  afrikanischen  Bögen,  ihre  Ver- 
wandtschaften.   Nebst  einem  Anhang  über 


Bier  und  Hopfen  in  der  Volkskunde.  (Globus 

60,    Nr.  24), 
Das   Bier   im   Welthandel.     (D.  Rundsch.   f. 

Geogr.  13,  568). 

äffen,  Schmuck. 

die  Bögen  Neu-Guineas,  der  Veddah  und 
der  Negritos.  Eine  anthropologische  Studie 
Leipzig,  Hirzel.    5,00  Mk. 

Lüders,  Über  Wurfwaffen.  Mit  15  Tafehi  Ak. 
Aus  dem  Jahrb.  d.  Hamburgischen  wissen- 
schaftlichen Anstalten.  XI,  Hamburg.  16  S. 

Cassel,  Von  Waffennamen,  (Zeitschr.  für 
deutsche  Kulturgesch.  N.  F  1.)  S.  1—9. 

Schumacher,  Barbarische  und  griechische 
Spiegel.  (Mit  7  Zinkogr.),  Zeitschr.  für 
Ethnolog.  XXIII,  81—87. 

Hein,  Mäander,  Kreuze,  Hakenkreuze  imd 
urmotivische  Wirbelornamente  in  Amerika. 
Ein  Beitrag  zur  allgemeinen  Ornament- 
geschichte. Mit  30  Abb.  Wien,  Holder. 
48  S. 
—  Die  Verwendung  der  Menschengestalt  in 
Flechtwerken.  (Mit  8j  Text-Illustrationen)  : 
Mitteil.  Anthrop.  Ges.  Wien.  XXI,  45. 


y)   Wohnung. 


Vergleichende  Zusammenstellung  der  Aus- 
dehnung einiger  Akropolen,  Burgen  und 
zweier  Berliner  Anlagen.  (Berliner  philol. 
Wochenschr.  11.  Jhg.,  Nr.  37—40). 

Barberol,   Histoire  des  styles  d'architecture 


dans  tous  les  pays  depuis  les  temps  anciens 
jusqu'  ä  nos  jours.  Ouvrage  orne  de  928 
dessins  dans  le  texte.  Vol.  IL  Paris, 
Baudry  etc. 


Litteratiu'  des  Jahres  1891. 


111 


J)    Wirtschaft 
[hier  Stufen  der  Kulturentwifldung,  Schifffahrt,  Handel,  Klassen  und  Stände]. 


Rörig-,  Die  Jagd  in  der  Urzeit  in  Verbindung 
mit  der  Entwicklung  der  Gesellschaft  in 
Central-Europa.  Leipzig,  Verl.  d.  illust. 
Jagdzeitung  [1891]  101  S. 

—  Jagd  in  der  fränkischen  Zeit  in  Verbindung 
mit  der  Entwicklung  der  damaligen  Gesell- 
schaft.   Leipzig  [1891]  31  S. 

Harting,  Bibliotheca  Accipitraria.  A  catalogue 
of  books  ancient  and  modern  relating  to 
falconrj  with  notes,  glossary,  and  vocabu- 
lary  .  .  •  London,  Quaritsch.  XXVIII,  289 
S.,  1  Bl.,  26  Taf. 

Olivieri,  Le  forme  midioevali  di  associazione 
e  la  Influenza  loro  nella  vita  ci\ile.  Ancona, 
Commercio. 

Mehlis,  Arm  und  Reich  zur  Meroviugerzeit. 
(Archiv  f.  Anthropologie  19,  23—30)  [be- 
zieht sich  auf  Obrigheim  bei  Worms]. 

Waniow,  Das  Bettlertum  in  früherer  Zeit. 
(Sountagsblatt  Nr.  48). 

Meyer,  Das  Räuberwesen  auf  der  Balkan- 
halbinsel.   (Nord  und  Süd.  59,  22). 

du  Coulaiiges,  The  origiu  of  property  in  land. 
Translated  by  Margares  Ashley  with  introd. 
by  W.  J.  Ashley.  London,  Sonnenschein. 
XLVIIL,  153  S. 

Brägelmaun,  Die  von  dem  Mittelalter  zur 
Neuzeit  überleitenden  Ereignisse,  betrachtet 
in  ihren  weiter  umgestaltenden  Wirkungen. 
Die  Seeschiffahrt,  Vechta  v.  J.  (Leipzig, 
Fock).     Mk.  2,50. 

Arenhold,  Die  historische  Entwicklung  der 
Schiffstypen  vom  römischen  Kriegsschiff  bis 
zur  Gegenwart  in  30  Heliogravüren  mit  er- 
läuterndem Text.  Kiel,  Lipsius  und  Tischer. 
24  S.    Text,  30  Taf.,  qu.  2"  Mk.  20,00. 

Serre,  I-es  Marines  de  guerrc  de  FAntiquite 
et  du  Moyen-Age.  II  partie.  Etüde  d'ar- 
chitectiu-e  navale.  1  vol  in  8"  avec  croquis 
et  planche.    Paris,  Baudoin. 

—  Les  marines  de  guerre  de  l'antiqixite  et 
du  moyen  ägl.  2<^  partie:  livro  IV.,  chap.  I: 
mätures  et  volles.  (Ilev.  maritime  et  co- 
loniale.  janvier.)  [suite:  il).  avril,  fin  on 
mai]. 

IJeck,  Die  Geschichte  des  Eisens  in  tech- 
nischer und  kulturgeschichtlicher  Beziehung. 
1.  Abt.:  Von  der  ältesten  Zeit  bis  um  das 
Jahr  1500  n.  Chr.  2.  Aufl.  Braunschweig, 
Vieweg.  VIII,    17()  S.    5,(>0  M. 


Kranss,  Alte  römische  und  sächsische  Berg- 
werke in  Bosnien.     (Globus  60,50.) 

Horcicka,  Ein  Beitrag  zur  älteren  Geschichte 
des  Glases  in  Böhmen.  (Mitteil.  Ver.  Gesch. 
d.  Deutschen  in  Böhmen  29,3.) 


Steains,  La  monnaie  primitive.  (Rev.  scientif. 
4.  juillct  1891.) 

Götz,  Lehrbuch  der  wirtschaftlichen  Geo- 
graphie für  Handels-,  Real-  und  Gewerbe- 
schulen und  zum  Selbstunterricht.  Stutt- 
gart, Enke,  IV,  154  S. 

Scherzer  und  BratasseAie,  Der  wirtschaft- 
liche Verkehr  der  Gegenwart,  Wien,  Hölzel. 
120  S.  gr.  8«  2,70  M. 

(jibbins,  The  history  of  commerce  in  Europe. 
233  S.,  map.  London  Macmillan. 

Noel,  Histoire  du  commerce  du  monde  dcpuis 
les  temps  les  plus  recules:  temps  anciens: 
moyen  äge.     Paris,  Plön.  20  fr. 

Jacob,  Welche  Handelsartikel  bezogen  die 
Araber  des  Mittelalters  aus  den  nordisch- 
baltischen Ländern?  2.  gänzlich  umgearb. 
und  verm.  Aufl.  Berlin,  Mayer  und  Müller. 
38  S.  2,.50  Mk. 

—  Die  Waren  beim  arabisch-nordischen  Ver- 
kehr im  Mittelalter.  Berlin,  Mayer  und 
Müller.   31  S.    Mk.  1,20. 


LehmaDn,  Das  Kamel,  seine  geographische 
Verbreitung  und  .die  Bedingungen  seines 
Vorkommens.  Mit  1  Karte.  Weimar,  Geogr. 
Instit.   51  S.    2,00  Mk. 

Uöck,  Nährpflanzen  Mitteleuropas,  ihre  Hei- 
mat, Einführung  in  das  Gebiet  und  Ver- 
breitung innerhalb-  desselben.  (Forschungen 
zu  deutsch.  Landes-  u.  Volkskunde  5,  1 
bis  G7.) 

Report  on  the  Area  of  Corn,  Potatocs  and 
Tobacco.  Publishcd  ])y  Authority  of  the 
Secretary  of  Agriculture.  Washington, 
Juli  1891. 

Bnsclian,  Zur  Kulturgeschichte  der  Hülsen- 
früchte, Sep.-Abdr.  aus  Ausland  1891. 
4  S. 

Fhilippi,  Coca  und  Kartoffeln.  (Zeitschr.  f. 
Ethnolog.  XXIIF,  247.) 

Wallraff,  Geographische  Verbreitung,  Ge- 
schichte imd  kommerzielle  Bedeutung  der 
Haifa  (Stipa  tenacissima)  nebst  Karte  des 
Verbreitungsgebiets  .  .  .  (Aus:  Deutsche 
geogr.   Blätter   XIII.)    Bremen,   v.   Halem 


112 


Laue : 


1890.    52  S.,    1  Tai'.,   1  Karte.     luaugural- 
Dissertation  Bonn  1890. 
Oppel,    Einzell)ilder    aus  der  Weltwirtschaft. 
Unter    bes.    Berücksiclitigung    der    geogr., 


ethnogr.  und  kommerz.  Verhältnisse.  H.  1. 
Der  Tabak.  H.  2.  Der  Reis.  H.  B.  Die 
Baumwolle.  H.  4.  Die  Wolle,  gr.  8".  80, 
73,  50,  54  S.    Bremen,  Noessler. 


d)   Inneres  Leben. 

«)    Lebenssitte  und  Recht. 
[Familienleben  von  der  Geburt  bis  zum  Tode,  Stellung  der  Frau  ....  hier  auch  Spiele 

ohne  Spruch.] 


Heichen,  Die  Kulturgeschichte  in  Hauptdaten 
vom  Altertum  bis  auf  die  Gegenwart.  Berlin, 
Lüstenöder.  Mk.  2,00. 

Andresen,  Die  Entwickelung  des  Menschen. 
Studien.  Haniburg,  Verlagsanstalt.  124  S. 
3,00  M. 

von  Hellwald,  Ethnographische  Rösselsprünge. 
Kultur-  und  volksgeschichtliche  Bilder  und 
Skizzen.     Leipzig,  Reissner.    416  S. 

(Jentsch,)  Volksschule  und  Volksleben.  (Grenz- 
boten 1891.  1,  257-267.) 


Sepp,  Völkerln-auch  bei  Hochzeit,  Geburt  und 
Tod:  Beweis  für  die  Einheit  des  Menschen- 
geschlechts und  die  Urheimat  Asien. 
München,  Hutsler.     167  S.    5,00  Mk. 

Post,  Über  einige  Hochzeitsgebräuche.  (Glo- 
bus 60,  354.) 

Westermark,  The  historj  of  human  marriage. 
London,  Macmillan  and  co.  1891.  XIX, 
644  S.    14  S. 

"Winternitz,  Zur  Geschichte  der  Ehe.  (Glo- 
iHis  60,  129,  148,  166.) 

Wilken,  Verkrachting  in  Kinderhuwelyk. 
(S.-A.  aus:  Tijdschrift  voor  Strafrecht.  V, 
1891)  18  S.  [Schwächung  durch  Kinder- 
heiraten.] 

Post,  Hausgenossenschaft  und  Gruppenehe. 
(Ausland  Nr.  43.) 

Cauviere,  Le  lien  conjugal  et  le  divorce. 
Paris,  Thorin. 

Uppenkanip,  Der  Begriff  der  Scheidung  nach 
seiner  Entwickelung  in  semitischen  und 
indogermanischen  Sprachen.  Gymnasial- 
Progr.     Düsseldorf.  4°  90  S. 

■Winckel,  Kritische  Betrachtungen  der  bis- 
lierigen  Berichte  über  die  Niederkunft  bei 
Naturvölkern.  (Archiv  f.  Anthopologie. 
XX»,  149.) 

Lehmann,  Begräbnisstätten  nnd  Totenfeste. 
(Nordwest  14.  Nr.  47.) 


Ploss,  Das  Weib  in  der  Natur-  und  Völker- 
kunde. Anthropologische  Studien.  3.  um- 
gearbeitete und  stark  vermelii-te  Auflage. 
Nach   dem  Tode  des  Verfassers  bearbeitet 


und  herausgegeben  von  Dr.  Max  Bartels. 
Mit  10  lithogr.  Taf.,  dem  Portr.  des  Dr. 
H.  Ploss  in  Lichtdruck  und  203  Abb.  im 
Text.  Leipzig,  Grieben.  2  Bde.  24,00  Mk. 
(XXII  576  -f  684  S.) 

Metzger,  Weibliche  Schönheit  in  den  Augen 
der  Naturvölker.  (Aus  allen  Weltteilen. 
22,10.) 

Wendt,  Die  Seele  des  Weibes.  Versuch 
einer  Frauenpsychologie.  Korueuburg,  Küh- 
kopf.   126  S. 


Meyer,  Die  „Ehre"    im  Lichte   vergangener 

Zeit.     (Zeitsclu-.    f.    deutsche    Kulturgesch. 

NF  1,  26-68.) 
Bnigsch,  Die  Symbolik  der  Farben.    (Voss. 

Zeitung,  Sonntagsbeilage  Nr.  4.  1891.) 
Tuckwell,  Tongues  in  Trees  and  Sermons  in 

Stones.    London,  G.  Allen. 
Mallery,    Greeting  by  Gesture.     New  York, 

Appleton.       32     S.     [from     Pop.     Science 

Monthly.] 
Garrick:  Mallery,  Les  salutations  par  gestes 

chez  les   differents  peuples.    (Rev.  scientif. 

1891.     1,  387.) 
H.  F.  B.,     Spiele    und    Unterhaltungen    im 

Mittelalter.         (Meraner     Zeitung      1891, 

Nr.  262.) 
V.    Heyden,     Das    Tournier.     (Westcrmanns 

Monatshefte.    Aug ,  Sept.) 
CoUection    de    Costumes    Suisses,    avec    les 

ecussons    des    cantons  et   la  vue  des  capi- 

tales.     (22  farbige  Lithographien).    Winter- 

thur,  Schlumpf. 


Achelis,  Die  vergleichende  Rechtswissen- 
schaft auf  ethnologischer  Basis.  (Ausland 
64.  Jg.  Nr.  12.) 

Das  Volksleben  und  die  Justiz.  (Deutsch 
evangel.  Kirchenzeitung  Nr.  39.) 

Bernhöft,  Die  Prinzipien  des  Europäischen 
Familiem-cchts.  (Zeitschrift  f.  vergl.  Rechts- 
gcsch.  9,  393.) 

V.  Amira,  Thierstrafen  und  Thierprozesse. 
(S.-A.  aus:  Mittcil.  Inst,  österr.  Geschforsch. 
XII,  4.,  S.  545—602.)     Innsbruck,  Wagner. 


Litteratm'  des  Jahres  1891. 


113 


Pescatore,  Beiträge  zur  mittelalterlichen 
Eechtsgeschichte  III.  CLXXXIV  S.  Berlin, 
Prager.    7,00  M. 

Depotter,  Les  lepreux  au  moyeu  äge.  (Het 
Beifort  1891.  no.  1.) 

Longer ;   Sklaverei   in  Europa   wähi-end   der 


letzten  Jahrhunderte  des  Mittelalters.  46  S. 
Bautzen,  Gymn.-Progr. 
Scbalenkamp,  Über  Pfählung  mit  besonderer 
Berücksichtigung  der  Pfälilungsverletzungeu 
des  Unterleibes.  Siegburg,  Reckinger.  31  S 
Bonner  Inaugual-Dissertation. 


Hatcta,  On  the  development  and  growth  of 
religion  as  exemplified  by  the  influence  of 
Greck  ideas  and  usages  upon  the  Christian 
church.  Edby  A.  M.  Fairbairn.  London, 
Williams  &  Norgate. 

Müller,  Physical  Religion:  The  Gifford  Lec- 
tures  delivered  before  the  üniversity  of  Glas- 
gow in  1890.  Longmans  1891.  8^  XII,  410  S. 

Tobler,  Myth.  u.  Religion  (Zeitschr.  d.  Ver.  f. 
Volksk.)  I,  369. 

Achelis,  Probleme  der  vergleichenden  Reli- 
gionswissenschaft. (Tägliche,  Rundschau, 
Wissensch.  Beil.  S.  1101.) 

>V.  W. ,  Statistik  der  Religionen.  (Deutsche 
Rundschau  f.  Geographie  13,  467.) 


Samson,  Die  Schutzheiligen:  ein  Beitrag  zur 
Heiligenlegende  und  zur  Kultiu--  und  Kunst- 
geschichte.    Paderborn,  Schöningh. 

T.  Andrian,  Der  Höhenkultus  asiatischer  und 
europäischor  Völker.  Eine  ethnologische 
Studie.  Wien,  Konegen.  XXXIV,  385  S. 
Mk.  10,00. 

Zeitschrift  d.  Vereins  f.  Volkskunde.     1892. 


;S)    Religion  und 

(hier:  Mythologie,  Sagen, 

[Islam  s.  Asien  At>  (Semiten),  Brahmanismus 

B  unter 

Zeitschriften:  (Annales  du  musee  Guimet) 
Revue  de  l'histoire  des  religions 
publice  sous  la  direction  de  Maurice  Vernes 
avec  le  concoiu's  de  A.  Barth,  A.  Bouchee- 
Leclerq,  P.  Dechanne,  S.  Guyard,  G.  Mas- 
pere.  Thiele  ...  Paris,  Annee  12,  tom. 
23,  24.  8**:  Levi,  Be  Bouddliisme  et  les 
Grecs.  Paris,  Bulletin  archeologique  de  la 
religion  grecque.  —  Sichler,  Legendes 
chretiennes  russes.  —  Babelon,  La  tradi- 
tion  phrygienne  du  Deluge  u.  s.  w. 

Revue  des  Religions.  Paris  1891. 
I.  II.  Loisy,  Etudes  sur  la  religion  Chal- 
des-Assyrienne.  —  Castonnet  desFosses, 
Les  origines  et  la  religion  du  peuple  Masi- 
can.  —  Robioux,  Les  Mythes. 
III.  IV.  Loisy,  Etudes  sur  la  religion 
Chaldeo-Assyrienne.  —  Robiou,  Laquestion 
des  mythes.  —  Scheil,  Legende  chaldienne 
trouvee  ä  El  Amarna. 


Aberglauben. 
Bräuche,  Volksmedizin.) 
ib.  A»  (Inder),  Buddhismus  ib.  (Mongolen) 
11-=.] 
V.  Kobell,  Über  Sonne,  Mond  und  Sterne  in 

Kultus  und  Darstellung.     (Zeitschr.  Altert.- 

Ver.  München.    Jahrg.  1890/91). 
(xoblet  d'Abviella,    La   migration   des  sym- 

boles.    Paris,  Lerouch.    8°.    2  BL,    343  S., 

1  BL,  5  Taf. 
Boissier,  La  fin  du  Paganisme.    Etudes  sur 

les  dernieres  lüttes  religieuses  en  Occident  au 

IV«  siele.  2vol.  8°.  15Frcs.  Paris,  Hachette. 
Acbelis,    Der    Fetischismus    als    universelle 

Entwicklungsstufe   des  religiösen    Bewusst- 

seius.     (Ausland  64.     Nr.  49). 


Fritzsche,  Zur  Geschichte  der  mythologischen 
Wissenschaft  (Festschrift  d.  Königl.  Gymn. 
Schneeberg,  S.  Iff.) 

Forcbliammer,  Prolegomena  zur  Mytholpgie 
als  Wissenschaft  und  Lexikon  der  Mythen- 
sprache. Kiel,  Haeseler.  8°.  IV,  127  S. 
Mk.  5,00. 

Otfried,  Mythologie  und  Urgeschichte 
(Unsere  Zeit  2,  69). 

Tivier  et  A.  Riqnier,  Mythologie.  8e  ed. 
Paris,  Delagrave.  18°.  VIII,  332.  S.  Fr.  1,25. 

Görnzez,  Petit  Cours  de  mytliologie  contenant 
la  mytliologie  des  Grecs  et  des  Romains, 
avec  un  precis  des  croyances  fabuleuses  des 
Hindous,  des  Perses,  des  Egyptiens,  des 
Scandinaves  et  des  Gaulois.  Nouv.  ed. 
Paris,  Hachette.  16°.  VI,  183  S.  48  gra- 
vures.    Frcs.  1,25. 

VodskoY,  Rig-Veda  og  Edda;  Bi(b-ag  til  Be- 
stemmelsen  af  den  mytologiske  Metode. 
( A.  u.  d.  T.  Sjaeledyrkelse  og  Natur - 
dyrkelse.  I.)  H.  1.  2.  Kopenhagen,  Leh- 
mann &  Stage.     CXLIX,"^80S.    8°.    2  Kr. 

Steiner,  Die  Tierwelt  nach  ihrer  Stellung 
zu  Mythologie  und  Volksglauben,  in  Sitte 
und  Sage,  in  Geschichte  und  Litteratur,  in 
Sprichwort  und  Volksfest.  Beiträge  zur 
Belebung  des  naturkundlichen  Unterrichts 
und  zur  Pflege  einer  sinnigen  Natui*- 
betrachtung  für  Schule  und  Haus.  Gotha, 
Thienemann.    Mk.  4,20. 


114 


Laue : 


Wagler,  Die  Eiche  in  alter  und  neuer  Zeit. 
Eine  mythologisch-kulturgeschichtliche  Ab- 
handlung.    Würzen.     Gymn.-Progr.     1891. 

Tille,  Der  Weihnachtsbaum  und  seine  Ge- 
schichte.   (Nord  und  Süd.    22,  322). 

Teirlinck,  Algemeen  overzicht  der  planten- 
folklore  [Einleitung  zu  dem  künftig  er- 
scheinenden Werke:  De  folklore  van  den 
Eik):  Botanisch  Jaarboek.     Gent  1891. 

Glock,  Die  Symbolik  der  Bienen  und  ihser 
Produkte  in  Sage,  Dichtung,  Kultus,  Kunst 
und  Bräuchen  der  Völker,  nach  den  Quellen 
bearbeitet.  Heidelberg,  Weisssche  Univ. 
Buchh.  2B1,   VII-XII,  411  S.,  1  Taf.    8°. 


Der  Iiidiculus  superstitionum  et  paga- 
niarnm,  ein  A'erzeichuis  heidnischer  und 
abergläubischer  Gebräuche  und  Meinungen 
aus  der  Zeit  Karls  des  Grossen,  aus  zumeist 
gleichzeitigen  Schriften  erläutert  vom  Ober- 
lehrer Heim-.  Albin  Saupe:  Programm  d. 
städt.  Realgymnasiums  zu  Leipzig.  Leipz., 
Hinrichs.    4°.    34  S.    Mk.  1,00. 

tJraf,  Naturgeschichte  des  Teufels.  Einzige 
vom  Verfasser  autorisirte  deutsche  Ausgabe. 
Aus  dem  Italienischen  von  Dr.  med. 
E.  Ten  scher.  Jena,  v.  J.  Costenoble, 
8°.    XVIII,  448  S.    Mk.  4,00. 

Matthias,  Die  Hölle  in  der  volkstümlichen 
Überlieferung.    (Leipz.  Zg.  b,  140). 

Meli,  Zur  Geschichte  des  Hexenwesens 
(Zeitschr.  für  deutsche  Kulturgesch.  NF. 
LJg.    3.  H.) 

Schriften  des  Institutum  Judaicum.  Berlin 
Nr.  14.  Strack:  Der  Blutaberglaube  bei 
Christen  und  Juden.  Zweiter  Abdruck. 
München,  Beck.    V,  60  S.    Mk.  1,00. 

Baptismal  Superstition.  (Notes  and  Queries 
1891.    4.  April.) 

Funeral  Customs,  Singular  Superstition. 
Baptismal  Superstitiou,  Babys  First  Tooth. 
(ib.  May  2). 

Hellmann ,  Meteorologische  Volksbücher. 
Ein  Beitrag  zui-  Geschichte  der  Meteo- 
rologie und  zur  Kulturgeschichte.  Berlin. 
Paetel.    53  S    Mk.  1,00. 

Müller,  Die  Heilkunde  einst  und  jetzt.  Vor- 
trag. St.  Gallen,  Hasselbrink.  kl.  8°. 
Mk.  1,00. 

Bourke,  Scatalogic  rites  of  all  nations.  A 
Dissertation  upon  the  Employment  of  Ex- 
crementitious  Remedial  Agents  in  Religion. 
Washington,  Lowdermilk.   496  S. 

Berendes,  Die  Pharmacie  bei  den  alten 
Kulturvölkern.    Historisch-kritische  Studien. 


Mit  einem  Vorwort  von  H.  Beckurts.  Halle, 
Tausch  &  Grosse.  I.  XV,  308  S.  Mk.  9,00. 
II.    VI,  220  S.    gr.  8°. 

Peters,  Aus  pharmaceutischer  Vorzeit  in 
Wort  und  Bild.  1.  Bd.  2.  Aufl.  Berlin 
Springer.    XIV,  307  S.    Mk.  7,00. 

Pfeffer,  Das  Compendium  urmarum  des 
Gualterus  Agulinus  (XIII.  Jahrh.)  nach 
Erfurter  Codices  zum  ersten  Male  heraus- 
gegeben, nebst  einer  literarhistorischen 
Einleitung  über  Uroscopie  im  Altertum  und 
Mittelalter.  Berhn,  Sehade.  29  S.,  1  Bl. 
Ing.-Diss.  14.  IL  1891. 


Ziehen,  Die  Mythen  im  Altertum.  (Bericht 
d.  freien  deutschen  Hochstiftes  zu  Frank- 
furt a.  M.) 

Röliriclit,  Sagenhaftes  und  Mythisches  aus 
der  Geschichte  der  Kreuzzüge.  (Zeitschr. 
f.  deutsch.  Philol.  23,  412). 

Meyer,  Elard  Hugo,  Die  eddische  Kos- 
mogenie  des  Altertums  und  Mittelalters. 
Freiburg  i.  Br.,  Mohr.    V,  118  S.    Mk.  3,60. 

Krause,  Tuisko-Land,  der  arischen  Stämme 
und  Götter  Urheimat.  Erläuterungen  zum 
Sagenschatze  der  Veden,  Edda,  Ilias  und 
Odyssee.  Glogau,  Flemming.  624  S.  mit 
76  Abb.  im  Text  und  1  Kart. 

Hoiumel,  Eine  neugefundene  Weltschöpfungs- 
legende. (Deutsche  Rundschau  XVII, 
H.  10). 

Andree,  Die  Flutsagen.  Ethnographisch  be- 
trachtet. 12°.  Braunschweig,  Vieweg&  Sohn, 
XI,  152  S.,  1  Taf.  Mk.  2,25^  [vgl.  Globus  59, 
Nr.  12.] 

Babelon,  La  tradition  phrygienne  du  deluge. 
(Rev.  de  l'hist.   des  religions.    XII.     no.  2.) 

Orsi,  Le  paure  del  finimondo  nell'  anno  1000. 
Turin,  Roux.     31  S.     11. 

Zeinnirich,  Toteninseln  und  verwandte  geo- 
graphische Mythen.  [Aus:  Intern.  Archiv 
für  Ethnol.]  Leiden,  Ti-ap.  2  Bl.,  28  S. 
1  Kart.    Ing.-Diss.     Leipzig. 

Becker,  Saga  III.  Die  Zwillingssage  als 
Schlüssel  zur  Deutung  urzeitlicher  Über- 
lieferung.    Leipzig,  Fock. 

Hartlaud,  The  science  of  fairy  tales,  an 
inquiry  into  fairy  Mythology.  London, 
Walter  Scott.    VIII,  372  S.    kl.  8.  6  s.  6  d. 

Mnshacke,  Beiträge  zur  Geschichte  des 
Elfeureichs  in  Sage  und  Dichtung.  Pro- 
gramm Crefeld.   4°.   20  S. 

Brugsch,  Die  Tierfabel  und  ihre  Heimat. 
(Vossische  Zeitung,  Sonntagsbeil.  Nr.  7,  8.) 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


115 


y)    Sprache  u 

Zeitschriften:  Langues  et  dialectes.    Revue 

trimestrielle    publiee    sous   la    direction  de 

M.  Tito  Zarardelli.     Paris,  Bouillon. 

l,e  annee.    Nr.  1.    Mai  1891 :    Le   prefixe 

en   et   an   dans    la    langue    osque.    —    Les 

elements   arabes  de  la  langue  osque.  —  Les  } 

elements   arabes   de   la   langue   italienne.  — ■ 

Les  Insultes  du  patois  flamand  de  Bruxelles.  — 

Deux     Chansonniers     namurois    inedits.  — 

Chansons     namurois     de    l'abbe    Grisard.  — 

Paradigmes     de    la    conjugaison    des    verbes 

namurois.    —    Glossaire     phonologique ,    ety- 

mologique  et  grammatical.  —  Remarques  sur 

les  prefixes    du    vieux   francais    du    Nord.  — 

Chronique  et  mouvement  bibliograplüque.  — 

Revue  de  Lingnistique. 

XXIV.  1.  Deville,  Notes  sur  le  de- 
veloppement  du  langage  chez  les  enfants.  — 
Reynaud,  l'elargissement  des  formes  indo- 
em-opeennes  sur  des  finales  rhotacisees. 

XXIV.  2.  Deville,  Notes  sur  le  de- 
velopperaent  du  langage  (suite).  —  Reynaud, 
sur  l'origine  commune  des  superlatives  et  des 
comparatives  en  isthas-iyämes,  lazos-icuv  etc. 


nd  Dialekte. 

germ.    Phil.    krsg.    v.    Hermann    Paul, 
I.  Bd.,  5.  Lieferung,  S.  931—944). 


Sommer,  Zur  Psychologie  der  Sprache 
(Zeitschr-.  Psychol.  Sinnesorgane  2,  143). 

Ljungstedt,  Spräket,  den  lif  och  Ursprung. 
Stockholm,  Bonnier.    38  S.     12°.    Kr.  0,20. 

Lloyd,  Speech  sounds,  their  nature  and  cau- 
sation.     (Phonetische  Studien  V,  1). 

(irimm,  Die  Natur  der  Sprachlaute  und  ihr 
Einfluss  auf  die  Leistungsfähigkeit  der 
Stimme  für  Wort  und  Ton.  Ein  rhapso- 
discher Vortrag.  Zürich,  Hug.  15  und 
12  S.    8°.     1,00. 


Müller,  Ethnologie  und  Sprachwissenschaft. 
(Ausland  64,  Nr.  52). 

Wallroth,  Was  hat  die  gegenwärtige  Mission 
für  die  Sprachwissenschaft  geleistet?  (All- 
gemeine Missionszeitschr.  18,  322). 

Bernhöft,  Sprachvergleichung  und  Ur- 
geschichte. (Zeitschr.  für  vergl.  Rechts- 
wissensch.  9,  203-214). 

Henrici,  Weltsprache.  (Tägliche  Rundschau, 
Wissenschaftl   Beil.  S.  1170). 

Wegener,  Die  Bearbeitung  der  lebenden 
Mundarten.     Alls-emeiues.     (Grundriss    der 


Brunnhofer,  Vom  Pontus  bis  zum  Indus, 
historisch-geographische  und  ethnologische 
Skizzen.  (Einzelbeiträge  zur  allgem.  und 
vergl.  Sprachwissenschaft.  IX.)  Leipzig, 
Friedlich.    223  S.    Mk.  6,00. 

Bartliolomae ,  Arisches  und  Linguistisches. 
Göttiugeu,  Vandenhoek  und  Ruprecht. 
Mk.  5,00. 

Andersen,  Studien  zur  Vergleichung  der 
ugrofinnischen  imd  indogermanischen  Spra- 
chen.   I.     (III,  322  S.)     Dorpat.     Ing.-Diss. 

Westermeyer,  Der  sprachliche  Schlüssel 
oder  die  semitisch-ursprachliche  Grundlage 
der  griechischen  DecUnation  und  der 
iudo- germanischen  überhaupt.  Paderborn, 
Schöningh.    1890.    Mk.  2,00. 

Der  Bundesbrief  von  1291  in  sreben  Sprachen. 
(Urtext,  Schweizer-Deutsch  des  13.  .Jahi-h., 
heutiges  Hochdeutsch,  Texte  frauQaise, 
Italiano,  Romonsch  (Sm-silvan) ,  Ladiu 
(Engiadinais) :  Schweizerische  Rundschau, 
Nr.'s. 

SprachTcrschiebung  in  der  Schweiz.  (Glo- 
bus 60.     Nr.  24). 

Seidel,  Die  Sprachverhältnisse  in  den  deut- 
schen Sehutzgebieten.  (Meinecke,  Kolo- 
niales Jahrbuch:  Berlin,  Heymann). 


V.  Jaksch,  Ül^er  Ortsnamen  und  Ortsnamen- 
forschung mit  besonderer  Rücksicht  auf 
Kärnten.  Vortrag  im  Kärntner  Geschichts- 
verein.   Klagenfurt.    8°.    44  S. 

Mc.  Clure,  Cilurnum  and  other  River-Names. 
(Academy  Nr.  1010.  1011). 

United  States  Board  on  Geographie  Names. 
Washington  1891. 

Report  on  Uniform  System  for  spelling 
foreign  Geographie  Names.  Hydrographie 
Office.  Nr.  98.  Washington,  Navy  De- 
partment 1891. 


Zimmermann,  Etymologische  Versuche.  Posen 

Marien-Gymn.    Progr. 
Wasserzieher,  Über  Volksetymologie.   (Tägl. 

Rundsch.,  Wisseusch.  Beil.  S.  1218,  1222). 


6)   Poesie. 
Babuder,  Considerazioni  sulla  poesia  popolare   ;       tipogr.  Cobole  Priora.   8° 
in  generale,  con  ispeciale  riguardo  a  quella  :       dal   Programma   delU   J. 
della  Grecia  modema.   Studio.    Capodistria'   '       periore  di  Capodistria.] 


.    61  S.    [Estratto 
R.  Ginnasio    Su- 


116 


Laue:  Litteratur  des  Jahres  1891. 


De  la  Grasserie,    Essai   de  rythmique  com- 

paree.    (Le  Museon  X,  4). 
Rudow,    Um   die   Erde.    Eine   Auswahl  der 

schönsten  und  kennzeichnendstenDichtungen 

der  wichtigsten   Kultursprachen   übersetzt. 

Wernigerode,  Rudow.    XVI,  294  S. 
„Chants  et  chansons  populaires"  anundescribed 

edition,    Jas.    Hayes.     (The    Bookworm. 

Nr.  46,  Sept.  1891). 
Millien,    Chants  populaires  de  la  Grece,   de 

la    Serbie,    et    du    Montenegro.    8°.    III, 

175  S. 
Willmotte,   La  chanson  populaire  au  moyen 

äge.    (Bulletin  de  Folklore  1,  1891). 
Ragusa-Moleti,    Poesie    dei   popoli  selvaggi 

0  poco  civili.    Torino  (Palermo).     Clausen. 


Raydt,  Das  Jugendspiel.  Vortrag,  gehalten 
in  der  gemeinnützigen  Gesellschaft  zu 
Leipzig,  am  17.  Nov.  1890.  Hannover, 
Meyer  1891. 

Crestini,  Per  la  questione  delle  corti  d'amore. 
Padova  1891.  [Sep.  =  Abdr.  a.  Bd.  6  der 
Atti  e  memorie  dell'  Acad.  Padov.]  33  S. 


Oenelin,  Unsere  höfischen  Epen  und  ihre 
Quellen.    Innsbruck,  Schwick.    114  S.    1,50. 

Cosquiu,  L'origine  des  contes  populaires 
eui'opeens  et  les  theories  de  M.  Lang. 
Memoire  presente  au  congres  des  traditions 
populaires  de  1889.  Paris,  Bouillon.  Fr.  1,00. 
[Extrait  des  Annales  economiques.] 

Folk-lore  and   Legends.    Second    Series:    (B) 


Russian.      (4)    North    American     Indians. 

London,  Gibbings. 
Joret,  La  legende  de  la  rose  au  moyen  äge 

chez    les   nations  romanes  et  germaniques. 

(Etudes  romanes  dediees  ä  Gaston,   Paris.) 

Paris,  Bouillon,  S.  279—302. 
Becker,  Zur  Alexandersage.  (Zeitschr.  deutsch. 

Phil.  23,  224). 
Singer,  Salomosagen  in  Deutschland.     (Zeit- 
schrift f.  deutsches  Altertum  35,  177). 
Köhler,    Ein    deutsches    Märchen    von    der 

Nachtigall  und  sein  französisches  Original. 

(Zeitschr.  Ver.  Volkskunde  1,  1.). 
Krolin,  Mann  und  Fuchs.    Drei  vergleichende 

Märchenstudien.     Helsingfors,  Frenckell. 


Haylitt,  Studies  in  Jocular  Literature.  Lon- 
don, Stock. 

Bolte,  Lollius  und  Theodericus.  (Zeitschrift 
f.  vergl.  Litteraturgesch.  u.  Renaiss.  Litte- 
ratur. NF.  Nr.  103—106.)  Nochmals  Lollius 
und  Theodericus  (ebd.  226f.). 


■Frisclibier ,    Rätselgeschichten, 
quell  II,  10). 


(Am     Ur- 


Bapst,  Etudes  sur  les  Mysteres  au  moyen- 
äge.    (Rev.  arch.  Sept.  Oct.). 

—  Les  roles  des  femmes  dans  les  mysteres 
du  moyen  äge.  (Rev.  pol.  et  litteraire 
1891,  1,  53). 

Köster,  Das  lyrische  Drama  im  18.  Jahr- 
hundert..    (Preuss.  Jahrbücher  68,  188). 


Märchen  in  Saxo  Gramniaticus. 

Von  Axel  Olrik. 


Historiker  mögen  die  ganze  altdänische  Geschichte  des  Saxo  Grammaticus 
bloss  als  eine  Reihe  von  „Märchen"  betrachten.  Hier  nehme  ich  aber  das 
Wort  Märchen  in  der  engeren  Bedeutung  und  zwar  so:  das  Märchen  han- 
delt 1)  gewöhnlich  von  Menschen,  denen  nicht  a  priori  etwas  ausserordent- 
liches zuzutrauen  ist;  der  Held  des  Märchens  entbehrt  ganz  und  gar  eines 
Namens  oder  trägt  einen  ganz  alltäglichen;  2)  erzählt  das  Märchen  immer, 
wie  solche  Menschen  grosse  Schwierigkeiten  überwinden  und  schliesslich 
das  Glück  erringen;  3)  ist  das  Märchen  gewöhnlich  bei  mehreren  Völkern, 
bisweilen  bei  einem  grossen  Teil  der  Erdbewohner  bekannt.  Durch  diese 
Züge  unterscheiden  sich  die  Märchen  bestimmt  von  den  germanischen  und 
nordischen  Heldensagen. 

Als  eigentliche  Märchen  wollen  wir  zunächst  die  Zaubermärchen 
betrachten,  während  wir  die  übrigen  besser  Novellen  nennen.  Die  Zauber- 
märchen   zerfallen    ihrem    Inhalte    nach    hauptsächlich    in    vier    Gruppen: 

1)  Kampf  des  Helden  mit  einem  Dämon,  um  eine  entführte 
Königstochter  zu  befreien;  damit  ist  gewöhnlich  auch  der  Zug  verknüpft, 
dass    sich    ein    „roter    Ritter"    für    den    Retter    der    Prinzessin    ausgiebt; 

2)  strebt  der  Held,  sich  selbst  aus  der  Gewalt  der  Dämonen  durch 
List  zu  befreien;  3)  Erlösung  des  Helden  aus  der  Bezauberung; 
und  4)  erringt  der  Held  durch  göttlichen  Beistand  das  Glück  (bezw. 
die  Ehe). 

Die  zauberlosen  Märchen  oder  Novellen  zeigen  uns  zwei  den  oben- 
erwähnten entsprechende  Gruppen:  der  zweiten  Gruppe  entspricht  hier  der 
Umstand,  dass  sich  der  Held  durch  List  aus  Schwierigkeiten  befreit;  der 
vierten  Gruppe  entsprechen  die  gewöhnlichen  Glücksmärchen.  Als  Bei- 
spiele dieser  sechs  Märchengruppen  nenne  ich  aus  Grimms  Kindermärchen  ^) : 
I  1  Dat  Erdmänneken,  I  2  Hansel  und  Grethe,  I  3  Das  singende  springende 
Löweneckerchen,  1 4  Aschenbuttel,  H  2  Das  tapfere  Schneiderlein,  H  4  Jung- 
frau Maleen.    Ein  grosser  Teil  dieser  Beispielsmärchen  (I  1.  3.  H  4)  kommt 


1)  Grimm  No.  91.  15.  88.  21.  20.  198.  Nur  der  letzte  Teil  des  „tapferen  Schneider- 
leins"  gehört,  zu  dieser  Gruppe,  der  erste  Teil  gehört  zu  der  entsprechenden  Gruppe  der 
Zaubermärcheu. 

Zeitschrift  d.  Vereins  f.  Volkskunde      1892.  9 


118  Olnk: 

iii  unserer  Saxo- Untersuchung  in  nordischer  Gestalt  vor.  —  Die  hier  ver- 
zeichneten sechs  Märchengruppen  bihlen  den  eigentlichen  Märchenschatz. 
Die  übrigen  möchte  ich  Legenden,  Schwanke  u.  dgl.  nennen;  jedenfalls 
werden  wir  sie  in  dieser  Untersuchung  nicht  zu  betrachten  haben. 

Die  nordische  Heldendichtung,  wie  sie  in  den  alten  Gedichten  vor- 
liegt, kennt  diese  Motive  nicht;  da  lassen  sich  alle  Auftritte  auf  drei  Ver- 
hältnisse zurückführen,  welche  in  den  verschiedenen  Dichtungen  auf  ver- 
schiedene Weise  ineinander  verschlungen  sind:  1)  Yaterrache  oder  eine 
ähnliche  That,  durch  welche  der  Held  zur  Handlung  erweckt  wird  und 
ins  Heldenleben  eintritt;  2)  Liebe  und  der  dadurch  veranlasste  Kampf 
um  die  Geliebte;  3)  Tod  im  Kampfe,  oft  durcli  Hinterlist  veranlasst. 
Weitaus  der  grösste  Teil  der  isländischen  Heldensagas  und  der  Erzählungen 
Saxos  hat  diese  Auftritte.  Im  gegenwärtigen  Aufsatz  werden  einige  Episoden 
bei  Saxo,  welche  von  der  aufgestellten  Regel  eine  Ausnahme  machen,  in- 
dem sie  an  das  Märchen  erinnernde  Motive  haben,  behandelt  und  ihr  Ver- 
hältnis   zum    Märchen    und    zur    Heldendichtmig    eingehender    untersucht 

w^erdeu. 

Für  diesen  Zweck  wäre  es  erspriesslich,  die  allgemeinen  Grundzüge 
unserer  Kenntnis  von  der  Entstehung,  dem  Alter  und  den  Wanderungen 
der  Märchen  feststellen  zu  können.  Leider  giebt  aber  die  Wissenschaft 
keinen  bestimmten  unumstösslichen  Bescheid,  sondern  Theorie  steht  gegen 
Theorie.  Die  ältere  Grimmsche  (gemein-arische)  Auffassung,  welche 
in  den  Märcheu  verblasste  arische  Göttermythen  erblickt,  ist  von  neueren 
Untersuchungen  vielfach  zurückgedrängt  worden.  Ihre  ärgste  Gegnerin  ist 
die  buddhistisch-indische  Theorie,  von  Benfey  in  seinem  Pantscha- 
tantra  aufgestellt,  nach  welcher  die  Erzählungen  wesentlich  durch  litte- 
rarische Vermittlung  im  Mittelalter  nach  Europa  gekommen  sein  sollen. 
Viele  der  besten  Forscher  des  letzten  Menschenalters  haben  diese  Wan- 
derungstheorie adoptiert  oder  sind  wenigstens  von  derselben  beeinflusst; 
besonders  durch  die  Hervorhebung  der  litterarischen  Wanderungen  hat 
diese  Theorie  sich  um  die  wissenschaftliche  Erforschung  grosses  Verdienst 
erworben.  Aber  die  neuere  kulturgeschichtliche  Auffassung,  die  in 
den  Volkstraditionen  Überreste  einer  primitiven  Cultur  sieht,  steht  dagegen, 
und  besonders  hat  Andrew  Lang  (z.  B.  in  Cupid  and  Psyche)  den  buddhisti- 
schen Ursprung  der  Märchenmotive  stark  angegriffen:  bei  den  Zulus  und 
den  Indianern  treffen  wir  ja  dieselben  Vorstellungen  wieder.  Wenn  auch 
die  Langsche  Theorie,  dass  alle  Märchen  autochthone  Verbindungen  ein- 
heimischer Culturüberreste  sind,  nicht  durchaus  befriedigt  (es  gilt,  nicht 
bloss  die  einzelnen  Züge,  sondern  auch  die  constante  Verbindung  gewisser 
Einzelheiten  zu  verfolgen),  so  hat  sie  doch  die  prähistorische  Urzeit  als 
den  Boden  der  Märchen  gesichert.  Besonders  die  Zaubermotive  müssen 
der  Urzeitstheorie  folgen,  während  die  Novellen  nebst  Legenden  und 
Schwänken  häufig  abendländischen  Ursprungs  zu  sein  scheinen.    Künftigen 


Mäi'cIiPn  in  Saxo  Grammaticus.  119 

Uiitersncliinigeii  oinzeluer  ]\[ärclion  in  allen  ihren  verschiedenen  Formen, 
mit  Benntzung  der  sicher  zu  datierenden  Nachrichten,  muss  es  vorbehalten 
sein,  eine  wirkliche  (ieschichte  der  Yolksmärchen  zu  schaffen.  Einen 
wenn  auch  ganz  kleinen  Beitrag  zu  einer  solchen  hoffe  ich  hier  geben  zu 
können. 

1.    Amletli. 

Das  bekannteste  Märchenmotiv  bei  Saxo  Grammaticus  ist  die  Novelle 
von    Amleths    Aufenthalt    beim    Könige    von    England    (Saxo,    ed. 
P.  E.  Müller   S.  145  —  47).     Sie  ist  schon   früher  mit  einer  grossen  Reihe 
ähnlicher     Erzählungen     zusammengestellt    worden :     vergleiche    Dunlop- 
Liebrecht.  Prosadichtung  412:  Huth,  Zeitschr.  f.  vergl.  Litteraturgeschichte, 
X.  F.  IP).     In   der   Hoffnung,  durch  grösseren  Stoff  und   besonders  durch 
genauere  Prüfung  den  Platz  der  dänischen  Erzählung  strenger  fixieren  zu 
können,    w^erde  ich   die  Sache  nochmals  vorlegen.     Der  Auftritt  bei  Saxo 
ist    kurz    dieser:    Der    dänische  Königssohn   Amleth    und    seine  Begleiter 
kommen  zum  englischen  Könige  und  werden  mit  einem  feierlichen  Gelage 
empfangen;  Amleth  jedoch  will  weder  trinken  noch  essen.    Um  den  Grund 
seines    Betragens    auszuspähen,    lässt    der    König    einen    seinei^  Bedienten 
abends  an  der  Thür  des  Gastzimmers  lauschen;    dieser  hört,  dass  Amleth, 
von  seinen  Begleitern  ausgefragt,  sagt,  dass  das  Brot  nach  Blut  schmeckte, 
der  Speck  nach  Leichen,  das  Getränk  aber  nacli  rostigem  Eisen,  „und  — 
fügte  er  hinzu  —  das  ist  bei  einem  Könige  mit  Knechtsaugen  —  und  einer 
Königin,    die  drei  Mägdegewohnheiten  hat".     Die  Begleiter  tadelten  seine 
Worte  über  einen  so  herrlichen  König;  der  König  aber,  vom  Diener  unter- 
richtet,  Hess  nachforschen,   von  wo  die  Ess-  und  Trinkwaren  gekommen. 
Da  kam   es   an   den  Tag,    dass   das  Brotkorn  auf  einem  Schlachtfelde  ge- 
wachsen, dass  die  Schweine  die  Leiche  eines  Räubers  gefressen,  dass  aber 
der  Brunnen    von   alten  eisernen  Schwertern  voll  sei.     Nachdem  die  Ant- 
worten  Amleths    insoweit  richtig  befunden  waren,    Hess   der  König  seine 
Mutter  rufen  und  drohte   ihr.    bis  sie   gestand,    dass  nicht  der  alte  König, 
sondern    ein   Knecht    sein   Yater    war.     Das    mägdische    Benehmen    seiner 
Gemahlin  konnte  er  nicht  entdecken;  und  Amleth  musste  es  selbst  sagen: 
sie  zöge  ihren  Überrock  über  den  Kopf,   sie  schürzte  ihr  Kleid  auf,  wenn" 
sie    ausging,    und   sie    ässe,    was  sie   aus  den  Zähnen  gestochert;    sie  war 
nämlich    die    Tochter  einer   geraubten  Frau   und  in  der  Knechtschaft  auf- 
gewachsen. 

Deraleichen  Erzähluniien  kommen  auch  sonst  in  Dänemark  vor.  Kin 
jütläudisches  Märehen  (E.  T.  Kristensen,  .Tyske  folkeminder  YII  No.  20) 
erzählt:  Drei  Studenten,  von  denen  der  erste  esskundig,  der  zweite  trink- 
kundiu-  und  der  dritte   menschenkundig  ist,  kehren  bei  einem  Edelmanne 


1)    Neuerdings  von  Detter,  Z.  f.  d.  Altert.  XXXVI,  1—25. 


120  Olrik: 

ein;  der  erste  will  nicht  vom  Braten  essen,  der  zweite  lässt  den  Wein 
stehen  und  der  dritte  will  nicht  auf  das  Wohl  des  Wirts  trinken.  Später 
lauscht  der  Edelmann  an  der  Kammerthür;  er  hört,  wie  der  erste  Student 
den  anderen  erzählt,  dass  der  Braten  Hundefleisch  sei;  der  zweite,  dass 
der  Wein  nach  Leichen  schmecke;  der  dritte,  dass  der  Edelmann  von  un- 
ehelicher Geburt  sei.  Der  Edelmann  forscht  nach:  die  Köchin  hatte  in 
einer  Yerlegenheit  einen  Hund  geschlachtet;  im  Weine  war  ein  Kind 
ertrunken;  und  —  als  seine  Schwester  verkleidet,  die  über  Kinderlosigkeit 
klagt  —  lockt  der  Edelmann  das  Geheimnis  seiner  Mutter  heraus. 

Auch  in  Fühnen  hat  ein  mit  der  Amlethsage  verwandtes  Märchen 
gelebt;  allein  mein  Gewährsmann  erinnert  sich  aus  seiner  Kindheit  bloss 
eines  Zuges,  dass  nämlich  im  Brote  Weibermilch  wäre. 

In  einem  magyarischen  Märchen  besuchen  dreizehn  magyarische 
Jünglinge  den  Tatarenkönig;  dieser  soll  nachforschen,  welcher  unter  ihnen 
der  schlaue  Kopf  sei,  und  zu  dem  Ende  lässt  er  seine  Mutter  im  Schlaf- 
zimmer der  Gäste  lauschen.  In  der  ersten  Nacht  hört  sie  den  Schlaukopf 
sagen,  es  sei  Männerblut  im  Weine;  in  der  zweiten,  es  sei  Weibermilch 
im  Brote  gewesen,  in  der  dritten  endlich,  der  König  sei  ein  uneheliches 
Kind^). 

Noch  weit  verbreiteter  ist  unser  Märchenraotiv  im  Morgenlande,  wo 
zwei  Hauptformen  auftreten.  Die  eine  findet  sich  in  1001  Nacht  (459.  Nacht, 
Breslauer  Ausg.) :  Die  drei  Gauner  und  der  Sultan.  Jeder  der  Gauner 
hat  seine  Kunst;  durch  diese  entdecken  sie,  dass  der  Edelstein  gefleckt 
sei,  dass  das  Pferd  ein  Bastard  vom  Büffel,  und  die  Favoritin  des  Sultans 
Tochter  einer  Seiltänzerin,  und  er  selbst  der  Sohn  eines  Kochs  sei.  Der 
erste  hatte  den  Makel  des  Steins  durch  die  Schärfe  seines  Gesichts  ent- 
deckt; der  zweite,  dass  die  Hufe  des  Pferdes  wie  an  einem  Büffel  länglich 
seien;  der  dritte  aber  sah  die  schwarzen  Augen  und  buschigen  Augen- 
brauen der  Favoritin  (!),  schloss  aber,  dass  der  Sultan  der  Sohn  eines 
Kochs  sei  daraus,  dass  er  sich  um  Brot  und  Fleisch  besonders  kümmere. 
Mit  dieser  arabischen  Erzählung  verwandt  ist  der  griechische,  auch  deutsch 
bearbeitete  Roman  vom  Kaiser  Eraclius,  sowie  mittelalterliche  Sagen  von 
Vergil  u.  s.  w.  Aber  je  näher  wir  an  Dänemark  kommen,  um  so  geringer 
ist  die  Ähnlichkeit  mit  dänischen  Märchen. 

Die  andere  morgenländische  Form  ist  eine  Episode  der  in  Arabien 
sehr  verbreiteten  Geschichte  von  den  drei  klugen  Königssöhnen,  welche 
zum  Sultan  kommen,  damit  er  ihren  Erbstreit  entscheide.  Unter  vielen 
andern  Proben  ihrer  Klugheit  kommen  auch  diese  Reden  am  Tische  des 
Königs  vor:  Dieses  Zicklein  wurde  von  einer  Hündin  gesäugt;  dieser  Wein 


1)  Stier,  Ungarische  Sagen  und  Märchen  (Berlin  1850)  No.  2;  Jones  &  Kropf,  Folk- 
tales  of  the  Magyars  (London  1889,  Folklore  Society)  S.  121  Vorrede.  Die  erste  Hälfte 
des  Märchens  (die  Rätsel  des  Tatarenkönigs)  entspricht  dagegen  einem  mongolischen 
Märchen  von  der  klugen  Tochter,  welches  Child,  Populär  ballads  I  12  citiert. 


Märchen  in  Saxo  Grammaticus.  121 

ist  auf  einem  Totengrabe  gewachsen  (oder:  dieses  Brot  ist  von  einem 
kranken  Weibe  gebacken);  dieser  Sultan  ist  ein  Bastard.  Als  dies  alles 
richtig  befunden,  gaben  die  Prinzen  ihre  Gründe  an:  auf  dem  Zicklein  lag 
der  Speck  dicht  an  dem  Knochen  wie  bei  einem  Hunde ;  der  Wein  machte 
nicht  heiter,  sondern  trübe  (oder:  das  Brot  war  nicht  genug  geknetet); 
der  Sultan  sass  nicht  bei  Tische  mit,  da  er  doch  ebenbürtige  Gäste  hatte. 
—  Diese  zweite  Form  des  Märchens  findet  sich  in  1001  Nacht  (ßo.  458) 
und  bei  mehreren  anderen  arabischen  Verfassern.  In  Europa  kommt  sie 
im  Volksbuche  „Der  persische  Robinson"  vor,  welcher  von  einem  Perser 
in  Venedig  im  Jahre  1555  verfasst  wurde,  und  noch  früher  in  einer 
italienischen  Novelle  von  ca.  1400.  —  Mit  kleinen  Änderungen  findet  sich 
dieselbe  Form  als  ein  kirgisisches  Märchen  wieder.  Der  erste  Bruder 
sagt:  der  König  ist  ein  Knecht,  der  zweite:  das  Fleisch  ist  Hundefleisch, 
der  dritte:  das  Korn  ist  auf  den  Knochen  eines  Toten  gewachsen.  —  Auch 
in  einem  bosniakischen  Märchen  wird  es  entdeckt,  dass  der  Braten 
Hundefleisch  war;  sonst  geht  uns  dies  Märchen  nichts  an.  Eine  indische 
Variante  (vier  Brüder,  welche  auf  Werbung  ausgehen)  lassen  wir  ganz 
ausser  Besprechung^). 

Es  scheint  mir  evident,  dass  das  Morgenland  die  Heimat  dieses  Märchens 
von  den  klugen  Tischreden  ist:  denn  1)  Die  ganze  Erzählung  von  den 
scharfsinnigen  Bemerkungen  ist  im  Morgenlande  besonders  gewöhnlich. 
2)  Nur  in  den  arabischen  Formen  hat  es  die  Einfachheit  und  den  Boden 
der  Wirklichkeit,  die  es  ursprünglich  gehabt  haben  muss:  jede  scharf- 
sinnige Bemerkung  geht  aus  kluger  Beobachtung  des  allen  Sichtbaren 
hervor.  Alle  anderen  Abfassungen  geben  nur  eine  sinnlose  individuelle 
Klugheit  ganz  mystischer  Art.  3)  Doch  weisen  auch  diese  anderen  Ab- 
fassungen auf  die  arabische  zurück.  In  „Die  drei  Gauner"  fusst  nur  eine 
Bemerkung  in  mystischer  Klugheit,  die  beiden  anderen  hingegen  in  Beob- 
achtung des  natürlich  Sichtbaren.  In  dem  kirgisischen  Märchen  ist  die 
erste  Bemerkung  natürlich,  die  beiden  letzteren  mystisch;  und  selbst  in 
der  Amlethsage  finden  wir  die  Naturbeobachtung  (die  drei  Gewohnheiten 
einer  Magd).  Dies  alles  weist  auf  die  Naturbeobachtung  zurück,  je 
schwächer  aber,  je  weiter  wir  uns  von  Arabien  entfernen.  Auch  in  anderen 
Punkten  muss  die  arabische  Form  als  die  ursprüngliche  gelten:  der  süd- 
europäische Zauberer  weist  durch  seine  drei  Künste  auf  die  drei  Gauner 
zurück,  diese  drei  aber  entsprechen  den  drei  Brüdern.  Die  magyarische 
und  die  kirgisische  Form  der  Bemerkungen  lassen  sich  leicht  auf  die 
arabische  (aber  nicht  aufeinander)  zurückführen. 


1)  Basset,  Melusine  TI  508  f.  (vgl.  575);  Huth,  Zeitschr.  f.  vgl.  Litteraturgesch.  N.  F. 
II  406—414;  Zeitschr.  f.  Volkskunde  (Vernaleken)  II  250;  Orient  u.  Occ.  III  281.  Mit  dem 
arabischen  Brüdermärchen  nahe  verwandt  ist  eine  jüdische  Erzählung  (auch  russisch,  Archiv 
f.  slav.  Phil.  TX  308). 


122  01"'^  = 

Nun  bleibt  übrig,  dass  wir  die  dänischen  Märchen  mit  den  anderen 
zusammenstellen;  dabei  genügt  es,  drei  Formen  zu  berücksichtigen:  1)  die 
arabische  von  den  „drei  Gaunern",  2)  die  magyarische  (hinter  welcher  ja 
die  gemein  -  arabische  steckt),  3)  die  kirgisische.  Die  Amlethepisode 
stimmt  im  allgemeinen  zu  dem  magyarischen  Märchen:  nur  ein  Held,  der 
von  seinen  Begleitern  abends  im  Schlafzimmer  gefragt  wird,  während  ihn 
der  Wirt  im  Zimmer  belauschen  lässt.  In  den  einzelnen  Bemerkungen 
aber  stimmt  sie  mit  den  zwei  anderen  überein:  das  Brot  vom  Totenfelde 
findet  sich  im  Kirgisischen  wieder;  mit  den  „drei  Gaunern^'  stimmt  aber, 
dass  sowohl  die  Herkunft  des  Königs  als  die  der  Königin  an  den  Tag 
kommen;  und  wir  finden  die  Knechtschaftsgewohnheit  des  Königs  und  die 
Augen  des  niedrigen  Standes  bei  der  Königin  —  nur  umgekehrt  —  in 
Amleth  wieder. 

Das  jütländische  Märchen  entspricht  auch  denselben  drei  Formen. 
Im  ganzen  gehört  es  zu  den  „drei  Gaunern":  es  handelt  ja  von  drei 
Burschen,  von  denen  jeder  seine  Kunst  hat.  Mit  dem  magyarischen  (wie 
auch  mit  Saxo)  stimmt  es  darin  überein,  dass  der  Wirt  abends  im  Schlaf- 
zimmer lauscht;  der  AVein  mit  einem  toten  Kinde  erinnert  auch  an  den 
Wein  mit  Menschenblut.  Das  als  Kindfleisch  vorgesetzte  Hundefieisch 
stimmt  aber  ganz  genau  mit  dem  kirgisischen  Märchen. 

Das  Brot  mit  der  Weibermilch  des  fühnischen  Märchens  findet  sich 
im  magyarischen  wieder;  über  seine  sonstigen  Verhältnisse  lässt  uns  die 
Knappheit  der  Aufzeichnung  nichts  wissen. 

Aus  allem  diesem  geht  hervor,  dass  die  Amlethsage  des  12.  Jahr- 
hunderts und  das  jütländische  Märchen  des  19.  Jahrhunderts  in  verschiedener 
AVeise  aus  denselben  drei  Märchenformen  gebildet  sind;  auch  das  fühnische 
Märchen  geht  wieder  in  einer  anderen  Weise  auf  wenigstens  eine  dieser 
Formen  zurück.  Das  heisst:  die  Novelle  von  den  klugen  Bemerkungen 
ist  in  drei  verschiedenen  Formen  nach  dem  Norden  gekommen,  und  hier 
haben  sie  sich  so  ineinander  verschlungen,  dass  drei  neue  Formen  ent- 
standen sind. 

Die  Einwanderung  in  den  Norden  und  eine  der  Verschlingungen 
(Amleth)  geschah  vor  dem  Jahre  1200.  Auch  die  modernen  dänischen 
Märchen  leiten  von  dieser  Einwanderung  ihre  Herkunft  ab;  denn  sonst 
raüssten  dieselben  drei  Märchenformen  (die  sonst  in  Europa  wenig  gekannt 
waren)  nochmals  eingewandert  sein  und  sich  nochmals  alle  drei  getroffen 
und  verschlungen  haben.  —  Von  den  AVegen  des  Märchens  vom  Morgen- 
lande nach  Norden  lässt  sich  wenig  Sicheres  sagen.  Die  kirgisische  Form 
hat  vielleicht  slavische  Vermittlung  gehabt  (das  Hundefleisch  im  bosniaki- 
schen  Märchen);  die  inagyarische  Form  ist  sicher  A^ermittlerin  der 
arabischen  und  nordischen;  für  die  dritte  Form,  „die  drei  Gauner",  kennen 
wir  garnicht  die  Vermittlerin  zwischen  Arabien  und  dem  Norden.  Soviel 
<lürfen  \siv  sagen:  die  Novelle  scheint  durchaus  durch  Osteuropa  vermittelt, 


Märchen  in  Saxo  Gi'ammaticus.  123 

denn  in  Westenropa  ist  sie  als  A'olksmärclien  garnicht  gefunden.  Die  Zeit 
der  Einwanderung  liegt  in  der  Periode  der  häufigen  Verbindung  des  Nordens 
mit  Osteuropa,  vom  9.  bis  zum  12.  Jahrhundert.  In  dieser  Yerbindung 
können  wir  auch  an  die  isländische  Fassung  von  dem  Eide  der  untreuen 
Gattin  (Grettissaga  K.  91  —  92),  welche  in  Byzanz  unter  die  nordischen 
Va-ringjar  geriet,  erinnern.  Es  scheint,  dass  morgenländische  Novellen  oder 
Schwanke  gerade  diesen  östlichen  Weg  nach  Norden  nahmen. 

Der  Grad  der  Akklimatisation  der  morgenländischen  Novelle  im  Norden 
lässt  sich  etwas  deutlicher  erkennen;  die  Amlethepisode  zeigt  sie  am  besten: 
Alle  Speisen  und  Getränke  stimmen  zu  dänischen  Sitten,  und  die  Knechts- 
augen des  Königs  finden  sich  in  der  nordischen  Dichtung  als  pra^lslig 
(knechtische)  oder  öpraBlslig  augu  (unknechtische  Augen)  häufig  wieder^); 
auch  dass  man  die  Knechtschaftsgewohnheiteu  auf  die  Königin  übertragen 
hat,  das  hat  vielleicht  seine  Anknüpfungen  im  Nordischen^).  Eine  ein- 
greifende poetische  Umarbeitung  findet  sich  nur  im  Magyarischen  (und  von 
da  aus  in  der  Amlethsage;  wie  auch  teilweise  in  den  südeuropäischen 
Dichtungen):  aus  den  drei  klugen  Genossen  ist  einer  gew^orden,  und  da- 
durch ist  eine  neue  Situation  geschaffen  worden,  wo  die  Gesellen  sich  nicht 
untereinander  bei  Tische  fragen,  sondern  die  Begleiter  den  klugen  Jüng- 
ling abends  im  Schlafzimmer  ausforschen.  Die  Amlethsage  aber  bringt 
uns  keine  originale  Umgestaltung  dieser  Form;  in  die  alte  dänische  Dich- 
tung vom  wahnsinnigen  Amleth  sind  die  klugen  Bemerkungen  ohne  irgend- 
welche Anknüpfung  an  seine  eigentliche  Natur  hineingebracht. 

Kopenhagen. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Zur  neugriediischen  Volkskunde. 

Von  Dr.  Albert  Thiimb. 


I.    Die  Scliicksalsgöttiuueii  im  neugriechischen  Volksglauben. 

Bernhard  Schmidt  hat  in  seinem  klassischen  Buche  „Das  Volksleben 
der  Neugriechen"  I.  Teil,  Leipzig  1871,  eine  massgebende  Grundlage  für 
die  wissenschaftliche  Behandlung  der  neugriechischen  Volkskunde  ge- 
schaffen; im  besonderen  ist  das,  was  den  Volksglauben  betrifft,  soweit 
es  bekannt  oder  von  Schmidt  selbst  beobachtet  war,  zusammengestellt  und 
kritisch    verarbeitet,    allerdings    mit    der    einen    Einschränkung,    dass    die 


1)  Fornaldarsögur  I  22.   12;    Saxo  o71.  70.     Helgakvida  Hund.  II  4;    Fafnismäl  5; 
vgl.  Njäla  K.  1  Iijöfsaugu;  Daum  gl.  i'olkeviser  Xo.  292  A  12. 

2)  Volsungasaga   K.  12:    vgl.    Grimm,    Kiudermärclicn    112;    Simrock,    Quellen    des 
Shakespeare  2  l  132. 


1 24  Thnmb : 

Beziehung  zum  klassischen  Altertum  in  erster  Linie  berücksichtigt  wurde. 
Jede  weitere  Forschung  auf  dem  Gebiete  neugriechischen  Volksglaubens 
hat  an  B.  Schmidt  anzuknüpfen  und  auf  dessen  grundlegender  Darstellung- 
weiter  zu  bauen;  denn  das  genannte  Werk  ist  bis  jetzt  noch  durch  kein 
anderes  verdrängt  worden.  Das  Buch  des  Griechen  Politis  IIsqI  znv  ßinv 
Tiüv  vEiüTFQiov  "^Elli^viov^  das  allein  in  Betracht  käme,  kann  sich  nach  dem 
Urteil  bewährter  Forscher  mit  jenem  nicht  messen*). 

Es  ist  selbstverständlich,  dass  seit  dem  Erscheinen  des  Schmidtschen 
Buches  neues  Material  gesammelt  wurde;  Politis  hat  in  kleineren  Auf- 
sätzen einzelne  Seiten  des  Volkslebens  behandelt.  In  Griechenland  herrscht 
überhaupt  ein  löblicher  Eifer  im  Sammeln  von  Märchen,  Volksliedern, 
Sagen,  in  der  Aufzeichnung  von  abergläubischen  Vorstellungen,  Sitten  und 
Gebräuchen^).  Nur  der  geringere  Teil  solcher  Aufzeichnungen  dürfte  wohl 
auch  bei  uns  zugänglich  sein. 

Mit  dem  Inhalt  zweier  Schriften,  die  schwerlich  nach  Deutschland  ge- 
langt sind,  möchte  ich  nun  deutsche  Forscher  bekannt  machen.  Es  sind 
die  Aufsätze  eines  Griechen,  des  Scholarchen  JI.'^HQsicoTrjg,  der  in  zwei 
Programmen  der  hellenischen  Schule  auf  Aegina  einige  wertvolle  Mit- 
teilungen über  Volksglauben  und  Volksbrauch  seiner  Heimat  (Aegina)  ge- 
macht hat'). 

Die  erste  dieser  Abhandlungen  erzählt  den  Volksglauben  von  den 
Schicksalsgöttinnen  oder  Miren  (MnlQaf);  sie  giebt  zu  dem,  w^as  B.  Schmidt 
(p.  210  ff.)  darüber  beibringt,  neue  Beiträge.  Es  ist  lobenswert,  dass 
sich  ^HQeiwTr^g  den  Zwang  auferlegt  hat,  die  in  seiner  Heimat  herrschenden 
Vorstellungen  und  Gebräuche  einfach  zu  erzählen,  ohne  etwa  durch  ge- 
wagte Vergleiche  mit  dem  Altertum  oder  mit  den  Volksvorstellungen 
anderer  Landschaften  die  Unbefangenheit  und  Treue  seines  Berichtes  zu 
beeinflussen.  Da  ich  Herrn  'HQsiiozTjg  auf  Aegina  persönlich  kennen  ge- 
lernt habe  und  weiss,  dass  er  aus  einheimischen  Quellen  (einheimischen 
Märchen  und  Volksliedern,  ferner  Angaben  und  Erzählungen  alter  Leute) 
schöpft,  so  verdient  seine  Darstellung  volles  Vertrauen.  Ich  selbst  habe 
gelegentlich  (bei  einem  Mädchen  aus  Andres)  den  Glauben  an  die  Schicksals- 
göttinnen   mir   bestätigen    lassen;    ein  paar  Notizen  füge  ich  aus  Sikinos 


1)  Mir  selbst  hat  das  Buch  von  Politis  nicht  vorgelegen;  ich  kann  mich  jedoch  auf 
Perrot  berufen  (Annuaire  pour  l'encour.  des  Et.  gr.  VIII  373  if.)- 

2)  Leider  ist  das  Material  sehr  zerstreut,  zum  Teil  in  Zeitungen  vergraben.  Von 
Zeitschriften,  die  besonders  in  Bezug  auf  Volkskunde  zu  nennen  sind,  hebe  ich  hervor  den 
TlnQvaaaög  und  neuerdings  das  /Uliiov  jrji;  i9yokoyiy.fig  xul  laionixi];  iiaiQfing.  Mit  den 
leider  sehr  bald  eingegangenen  NfoikXrjvtxii  \iva'kfy.itt  war  der  Versuch  gemacht  worden, 
die  Publikationen  über  Volkskunde  etwas  zu  konzentrieren. 

3)  „'0  Kayoiioigäfifvog  xal  al  ttsqI  Moiqcjv  öo^ai  TittQu  tw  nlyiyrjjixio  Artw"  Athen 
1888.  —  „Zv/Lißolri  eis  ra  tov  ßfov  iwv  vioii^Qoiv  'Ekltjvutv"'  Athen  1890.  (Beides  auch 
iinter  dem  Titel:  UgöyQnjUfiu  toü  h  Aiyivri  mrjvixov  ayoldov.    1887/88.    1889/90). 


Ziir  neugriechischen  Volkskunde.  125 

hinzu  nach  Bent,  The  Cyclades  or  life  among-  the  Insular  Greeks  (London 
1885)  p.  186  ff. 

Im  allgemeinen  bemerke  ich,  dass  der  Mirenglaube  in  den  verschie- 
denen Landschaften  Griechenlands  nicht  erheblich  verschieden  ist;  was 
'HQEUüTrjq  von  Aegina  mitteilt,  findet  sich  in  grossen  Umrissen  auch  bei 
B.  Schmidt,  und  über  Andros  habe  ich  selbst  durchaus  analoges  erfahren. 
Ich  werde  daher  besonders  auf  diejenigen  Züge  Rücksicht  nehmen,  die 
neu  sind  oder  von  dem  bei  B.  Schmidt  Mitgeteilten  abweichen. 

Ich  schicke  als  beachtenswert  voraus,  dass  auf  Aegina  selbst  ver- 
schiedene Yorstellungen  nebeneinander  bestehen  und  dass  der  ganze  Glaube 
von  den  Miren  in  eine  Art  System  gebracht  ist,  in  dem  keine  Eventualität 
unberücksichtigt  bleibt. 

Über  die  Anzahl  der  Miren  herrscht  in  Aegina  dasselbe  Schwanken 
wie  sonst;  gewöhnlich  wird  allerdings  von  dreien  gesprochen,  und  die  Ob- 
liegenheiten der  Miren  haben  immer  die  Voraussetzung,  dass  nicht  mehr 
als  drei  Personen  beteiligt  sind;  bemerkenswert  aber  ist  die  zweite,  aller- 
dings viel  weniger  verbreitete  Vorstellung,  dass  es  vierzig  Miren  gebe. 
Doch  auch  aus  dieser  Zahl  ragen  drei  Miren  hervor,  von  denen  eine, 
„iy  f.ieyalri'-'-  oder  „i/  nQiüxr]  hoIqü'-^  die  vornehmste  ist;  sie  geniesst  näm- 
lich besondere  Ehrenrechte,  hat  z.  B.  immer  den  Vortritt  oder  sitzt  bei 
Tische  immer  in  der  Mitte  zwischen  den  beiden  anderen.  Die  eigentliche 
Aufgabe  der  Miren  (s.  u.)  steht  nur  den  Dreien  zu.  Was  die  übrigen  zu 
thun  haben,  ist  nicht  ganz  klar:  sie  werden  teils  als  Dienerinnen  der 
anderen  gedacht,  teils  aber  auch  glaubt  man  —  und  das  ist  ein  echter 
Zug  naiven  anthropomorphen  Volksglaubens  —  sie  seien  dazu  da,  damit 
die  drei,  unter  jene  sich  mischend,  sich  verbergen  können,  falls  ein  vom 
Unglück  verfolgtes  Menschenkind  sie  aufsuchen  wollte,  um  sie  zur  Abhilfe 
der  verhängten  Unfälle  des  Lebens  zu  nötigen!  Das  eine  müssen  wir  uns 
immer  vor  Augen  halten,  dass  diese  Schicksalsgöttinnen  durchaus  mensch- 
lich, d.  h.  etwa  nach  dem  Muster  einer  griechischen  Bäuerin  gedacht 
werden. 

Auch  die  Vorstellung  von  einer  Mire  für  jeden  Menschen  begegnet 
in  einem  Volkslied,  wo  ein  Pechvogel  „seine"  Mire  anruft. 

Nach  äginetischem  Volksglauben  sind  die  Miren  keineswegs  hässlich'); 
die  drei  Schwestern  stellt  man  sich  sogar  gewöhnlich  schön  vor.  Nur  bis- 
weilen wird  die  ^älteste",  „erste"  oder  „grosse"  Mire  davon  ausgenommen, 
während  nur  ganz  selten  allen  drei  Hässlichkeit  zugeschrieben  wird. 

Zwar  sind  die  Miren  unsterbliche  Wesen,  aber  dennoch  sind  sie  von 
menschlichen  Schwächen  und  Leiden  nicht  frei:  Krankheiten  sind  sie  unter- 
worfen;   Lust   und  Schmerz,    Ärger  und  Zufriedenheit  empfinden  sie  wie 

1)    Nach  Schinidt  }».  211  sind  es  alte  nuizeligt^  Frauen,  olienso  nach  Bent. 


126  Thiunb: 

die  Menschenkinder  und  haben  Freude  an  heiterem  Genuss,  an  Musik, 
Gesang  und  Spiel. 

Wo  die  Miren  wohnen,  ist  nicht  so  einfach  zu  beantworten:  „an  dem 
Ende  der  Welt"  ('g  xrjv  axQt]  tov  xooiliov')  haben  sie  prächtige  Wohnung, 
einen  Palast  mit  grossem  und  herrlichem  Garten.  Anspruchslosere  Be- 
hausung schreibt  ihnen  der  Glaube  zu,  dass  jede  der  drei  Göttinnen  weit 
von  der  anderen  entfernt  in  einfachem  Hause  wohne.  Endlich  wird  auch 
erzählt,  dass  zwei  grosse  Höhlen^),  'natürlich  am  „Ende  der  Welt",  im 
iimern  luxuriös  ausgestattet,  das  Heim  der  Miren  seien  ^).  Dort  harrt  ihrer 
immer  eine  vollbesetzte  Tafel;  bald  weilen  sie  in  der  einen,  bald  in  der 
andern  Höhle.  Aber  oft  verlassen  sie  ihren  Wohnsitz,  sei  es,  um  sich  auf 
Reisen  zu  vergnügen,  oder  um  ihren  Beruf  auszuüben.  Mit  Blitzesschnelle 
sind  sie  dort,  wohin  die  Erfüllung  ihrer  Pflicht  sie  ruft^). 

Ihr  Beruf  legt  ihnen  die  Verpflichtung  auf,  einem  jeden  neugeborenen 
Kinde  drei  Tage  nach  dessen  Geburt  sein  Schicksal  zu  bestimmen;  diese 
Thätigkeit  wird  mit  einem  eigenen  Verbum  f.iniQalvio  bezeichnet.  Die 
Lebensdauer,  die  Ursache  und  Art  des  Todes,  Wechselfälle  des  Lebens, 
Yerheiratung  oder  Ehelosigkeit*)  werden  von  den  Miren  samt  allen  Einzel- 
heiten bestimmt;  unabänderlich  ist  im  allgemeinen  der  Schicksalsspruch 
(ro  /(oiQafia  oder  auf  Sikiuos  (-lOiQiOfia)  der  drei  Göttinnen;  sie  sind  hart 
und  erbarmungslos.  Dem  Geschick  lässt  sich  nicht  entfliehen:  einem 
Prinzen  wird  kurzes  Glück  zuerteilt,  aber  mit  12  Jahren  wird  er  Salz  ge- 
niessen  und  sterben;  der  Yater  hat  diesen  Spruch  belauscht  —  doch  alle 
seine  Massregeln  nützen  nichts,  das  Verhängnis  erfüllt  sich. 

Oft  bestimmen  die  Göttinnen,  dass  eine  drohende  Gefahr  durch  ein 
ebenfalls  vorausbestimmtes  Mittel  abgewendet  werden  kann.  Glücklich  der 
Vater,  der  dieses  (.ini()a(.ia  erlauscht  hat  und  so  dem  Unheil  vorzubeugen 
vermag.  Vergebene  Mühe  wäre  es  jedoch,  die  Miren  zur  Änderung  ihres 
Beschlusses  zu  bewegen;  ein  junger  Mann  versucht  es  nach  einem  Märchen; 
aber  die  Antwort  lautet  unerbittlich  „oft  syQaipev  rj  /noiQa^  tyQail'e  xal 
Tovto  öav  E.eyQccffetai'-^  „was  die  Mire  geschrieben  hat,  das  hat  sie  ge- 
schrieben und  das  wird  nicht  ausgestrichen"    oder  kürzer   „ort  y^aipei  öev 

1)  Ähnlich  auf  Korfu  (Schmidt  211),  nur  dass  von  eiucr  Höhle  die  Eedo  ist.  „Un- 
zugängliche Berge"  auf  Sikinos. 

2)  Die  Vorstellung,  dass  die  Miren  auf  dem  Gipfel  des  Olymp  wohnen  (Schmidt 
a.  a,  0.)  scheint  auf  Aegina  nicht  mehr  Icliendig.  Über  eine  Spur  dieses  Glaubens  werde 
ich  weiter  unten  handeln. 

3)  Eine  weitere  Vorstellung,  die '//pf/wT»;«  ebenfalls  mitteilt,  halte  ich  nicht  für  echt 
volkstümlich,  dass  nämlich  die  Miren  zu  j(!der  Zeit  üb(!rall  gegenwärtig  seien:  dies  ist 
nach  meiner  Meinung  nur  eine  VerÜachung  des  zuletzt  erwähnten  Glaubens,  dass  die  Miren 
schnell  wie  der  Blitz  an  den  Ort  ihrer  Bestimmung  gelangen;  daraus  ist  durch  Rellexion 
jene  Ansicht  entstanden;  christliche  Reminiscenzen  können  mitgewirkt  haben.  Für  den 
naiven  Volksglauben  ist  der  Begriff  der  Allgegenwärtigkeit  zu  abstrakt  und  unfassbar. 

4)  Für  letzteres  besteht  eine  bestinmite  Formel:  ,,v«  /uij  frfj)  'g  rö  jikcic  rov  yvfcctxa" 
oder  derl)er  ..ve)  «/}  y.uiov^)']ari  ot  THx/iQiy.rj  nvXtj". 


Zur  iieiigriochisclieu  Volkskunde.  127 

Seyoäcpei^'  oder  „r^g  fiolQag  xa  yQcii.ii.ievu  dh  ^ayQaipoviai^.  Mit  fatalistischer 
Resignation  sagt  sich  daher  jeder  „ort  ^inv  syßL  n  uoIqu  (.inv  yQa^iueva  va 
naÜcü,  Oa  na'Jio-  yiacQixo  öiv  InuQxei''  „was  die  Mire  mir  zu  erdulden 
bestimmt  hat,  das  werde  ich  erdulden:  dagegen  ist  kein  Kraut  gewachsen", 
oder  in  einem  Yers 

„  'f «  yi>(x(p^  '}  i-WiQa  fislavci 

*0  ^jling  dev  T^aanolut 

„Was  schwarz  die  Mire  uiederschreibt, 

Das  bleichet  nicht  die  Sonne." 
Das  Verbum  yQCifpoj  in  den  augeführten  Redensarten  weist  auf  ein 
Niederschreiben  der  Schicksalssprüche;  xn  yQacpzo,  xo  yQu^tf-ievo  ist  geradezu 
mit  „Schicksal"  identisch.  B.  Schmidt  hat  eine  Reihe  analoger  Wendungen 
(p.  215)  zusammengestellt.  So  denkt  sich  denn  auch  die  Bevölkerung  von 
Aegina  ähnlich  wie  auf  Zakynthos  (Schmidt  p.  215),  dass  die  älteste  Mire 
ein  grosses  Buch  in  der  Hand  habe,  in  welches  das  (.loiQa^icc  eingetragen 
werde.  Was  einmal  in  diesem  Buch  steht,  das  kann  auf  keine  AVeise  ab- 
ffeändert  werden  —  nicht  einmal  von  der  Mire  selbst;  denn  auch  dieser 
steht  der  einmal  von  ihr  aufgezeichnete  Spruch  so  unabänderlich  und  fest 
o-eo-enüber,  wie  im  Altertum  das  Schicksal  selbst  über  Zeus  stehend  ge- 
dacht  wurde').  Nicht  vereinbar  mit  diesen  Vorstellungen  (und  jedenfalls 
auch  andern  Ursprungs)  ist  der,  wie  es  scheint,  seltenere  Glaube,  dass  die 
Miren  durch  Gewalt  oder  göttlichen  Befehl  genötigt  werden  können,  ein 
Mittel  zur  Abwehr  des  bestimmten  Unglücks  noch  nachträglich  anzu- 
geben oder  zu  irgend  einem  Kompromiss  sich  zu  verstehen.  So  erzählt 
ein  Märchen:  es  war  einem  jungen  Manne  vorausbestimmt,  dass  er  am 
Tage  seiner  Hochzeit  sterben  werde;  aber  die  Braut,  der  80  Jahre  ver- 
gönnt waren,  willigt  ein,  30  Jahre  ihres  Lebens  dem  Geliebten  zu  schenken, 
und  so  leben  beide  je  50  Jahre"). 

Wie  schon  erwähnt,  kommen  die  Miren  am  dritten^)  Tage  nach  der 
Geburt  des  Kindes,  und  zwar  um  Mitternacht,  in  das  Haus  des  neuen 
Weltbürgers.  Die  Miren  sind  sehr  empfindlich  und  leicht  reizbar;  eine 
unordentliche  Haushaltung  macht  ihnen  einen  schlechten  Eindruck.  Daher 
wird  von  den  gläubigen  Wöchnerinnen  alles  aufgeboten,  um  Haus  und  Hof 
zum  Empfang  der  Göttinnen  schön  herzurichten  und  so  von  vornherein  sie 
möglichst    günstig    zu    stimmen.      Der   Säugling    wird    gewaschen    und   in 


1)  Dass  (ho  Miren  auch  von  einer  anderen  Matlit  abhängig  seien,  könnte  aus  einer 
äginetischen  Vorstelhmg  geschlossen  werden,  wonach  die  Miren  dem  7illniächtigen  Gott 
untergeordnet  sind  und  ihn  mn  Hat  fragen,  was  sie  bestimmen  sollten.  Ich  halte  diese 
Anschauung  für  ein  Kompromiss  zwischen  dem  Volksglauben  und  der  christlichen  (jottesidee. 

2)  Bent  berichtet  aus  Sikiuos  ein  anderes  Mittel,  um  in  das  Wirken  der  Miren  ein- 
zugreifen: ein  Mädchen  habe  von  ein»im  Zauberer  den  Wohnort  der  (Göttinnen  erfahren: 
wenn  es  nun  gelinge,  jenen  Salz  zu  essen  zu  geben,  so  würden  sii-  blind  und  änderten 
das  Geschick. 

?>)   So  nicht  überall,  s.  Schmidt  p.  211;  auf  Sikinqs;  am , siebenten,  .T»g<ii,.. 


J28  Thumb: 

frische  Windeln  gehüllt;    denn   es  soll  schon  vorgekommen  sein,   dass  die 
Miren   beim  Anblick  eines  nicht  sauberen  Kindes  wegliefen  mit  dem  Ruf 
„rpxov,  cpioxia  vä  ro  xdiliri^^  wpfui,  Feuer  verbrenne  es,"  und  wirklich  habe 
bald    darauf   das  Kind  diesen  Tod  gefunden.     Auch  der  Hof  wird  gefegt, 
der  Hofhund  wird  entfernt  oder  angekettet,  damit  er  nicht  die  Miren  an- 
packe   und    beisse.     Schlecht    ergeht    es    einem  Kinde,    dessen  Eltern   in 
solchen  Dingen  nachlässig  sind:  denn  die  drei  Frauen  bestimmen  ihm  aus 
Zorn  und  Ärger  ein  schlimmes  Schicksal  ()<a>fo//r)/()0(n'ni;)');  ein  äginetisches 
Yolkslied  erzählt  von  einem  solchen  Pechvogel,  der  durch  die  Nachlässig- 
keit seiner  Eltern  schwer  zu  leiden  hatte  ^):  die  Mire  selbst  erscheint  dem 
Unglücklichen,  nachdem  er  sie  fluchend  angerufen  hatte,  weil  immer  und 
überall  Missgeschick  ihn  verfolgt.     Auf  seine  leidenschaftliche  Frage  teilt 
sie    ihm  mit,   dass   die  drei  Miren  ihm  alles  Gute  zugeteilt  hätten,  so  die 
eine  Ansehen,  die  andere  Tapferkeit,  die  jüngste  grosses  Glück;  doch  die 
Eltern  begingen  einen  schweren  Fehler:    sie  versäumten   es,    den  Hof  zu 
feffen  und  die  Hunde  festzubinden;  die  eine  der  Göttinnen  wurde  von  den 
bissigen  Kötern  angefallen,   sie  fiel  und  verletzte  sich;   Zorn  und  Schmerz 
veranlassten  sie,  dem  Schicksalsspruch  die  harten  Worte  hinzuzufügen: 
„So  viele  Tage  ich  liegen  muss  auf  meinem  Schmerzenslager, 
So  viele  Jahre  sei  geplagt  dein  armes  Körperlein; 
Es  sei  geplagt,  es  sei  geplagt  und  habe  keine  Ruhe, 
Und  alles  Gute  fliehe  dich,  nur  Leid  sei  dir  beschieden." 
Doch  wird  zum  Schluss  dem  Armen  die  tröstliche  Versicherung,  dass  bald 
das  Ende  seiner  Leiden  gekommen  sei. 

In  dem  Zimmer,  wo  die  Wöchnerin  mit  dem  Kinde  sich  befindet,  ist 
der  Tisch  für  die  Miren  gedeckt:  ein  Teller  Honig,  drei  Mandelkerne  oder 
drei  Stücke  Konfekt  und  drei  Gläser  Wasser  bilden  das  anspruchslose 
Mahl;  drei  Löffelchen  und  drei  seidene  Handtücher  dürfen  nicht  fehlen. 
Das  Zimmer  wird  ausgestattet,  soweit  es  die  Mittel  des  Besitzers  erlauben, 
das  Bett  der  Mutter  wird  geschmückt  2).  Auch  der  Besen  muss  sich  am 
gehörigen  Platz,  d.  h.  hinter  der  Thür  befinden,  damit  die  Miren  nicht  die 
schlechte  Wirtschaft  der  Hausfrau  (xay.ovmxnxvQioovvr]')  tadeln  oder  gar 
stolpern  und  fallen  und  es  das  Kind  entgelten  lassen.  Andererseits 
aber  darf  auch  der  Besen  im  Zimmer  nicht  fehlen,  denn  er  gilt  als  ein 
Schutzmittel  gegen  böse  Geister  (asQixä  auf  Aegina);  es  ist  nämlich  ein 
in  Griechenland  allgemein  verbreiteter  Glaube,  dass  Wöchnerinnen  und 
ungetaufte  Kinder  leicht    dem  Einfluss   böser  Geister  unterworfen   sind^). 

1)  „'O  xttxoiuoiQäfKvos.''  Der  Text  ist  zuerst  von  'HQdMTrii  veröirciitlicht  in  dem 
ersten  der  genannten  Programme,  dann  von  mir  mit  genauerer  Wiedergabe  des  äginetischen 
Dialekts  in  der  griechischen  Zeitschrift  'Afii^yä  III  (1891)  p.  95  ff. 

2)  Zu  dem  Vorstehenden  vergl.  die  sehr  ähnlichen  Züge  bei  den  attischen  Albancsen, 
Schmidt  p.  214  Anm. 

3)  Vgl.  z.B.  Wachsmuth,  Das  alte  Griechenland  im  neuen  p.  34.  74  f.  77  ff.  Da«- 
selbe  auch  schon  von  älteren  Reisenden  beobachtet. 


Zur  neugriechischen  Volkskunde.  129 

Um  Dämonen  vom  Kinde  fernzuhalten,  werden  verschiedene  Mittel  an- 
gewendet: so  wird  z.  B.  ein  kleiner  Besen  in  die  Wiege  des  Säuglings 
o-eleo-t.  Wenn  das  Kind  auf  einen  Augenblick  allein  gelassen  werden 
muss,  so  stellt  man  den  gewöhnlichen  Besen  neben  die  Wiege,  falls  ein 
kleiner  Besen  nicht  vorhanden  ist.  Ein  Messer  mit  schwarzem  Griff  wird 
unter  das  Kopfkissen  der  Wöchnerin  gelegt,  um  diese  zu  schützen;  end- 
lich wird  dafür  gesorgt,  dass  das  Herdfeuer  nicht  ausgehe,  solange  die 
Wöchnerin  das  Bett  hütet.  Aber  nicht  nur  vor  bösen  Geistern,  sondern 
auch  vor  den  Miren  selbst  ist  das  Kind  nicht  immer  sicher;  wenigstens 
herrscht  auf  Andres  der  Wahn,  dass  die  Miren  Kinder  stehlen.  Wenn 
daher  die  Miren  kommen,  legt  die  Mutter  ihr  Kind  zwischen  sich  und  die 
Wand,  damit  jenes  nicht  geraubt  werde  ^).  Dieser  Glaube  hat  eine  gewisse 
Ähnlichkeit  mit  dem  von  B.  Schmidt  (p.  215)  nach  Pouqueville  mitgeteilten 
Zug,  dass  die  Miren  die  Wöchnerinnen  zu  schädigen  versuchen. 

Bevor  die  drei  Göttinnen  an  ihre  Arbeit  gehen,  kosten  sie  von  den 
vorgesetzten  Süssigkeiten;  die  Güte  derselben  und  die  schöne  Aus- 
schmückung des  Gemachs  entlocken  ihnen  oft  günstige  vorbereitende 
Segenswünsche  für  das  Kind:  ylvxäf.ievo^  ylvxcci-ievo  va  ijve  'g  nXrj  rov  zij  Kur) 
„ein  Glückskind,  ein  Glückskind  sei  es  in  seinem  ganzen  Leben"  oder 
OTTtüQ  xaiQiixLnvvE  rj  yaQÖi'sg  ins  To  (.isli^  iiGi  va  TaiQmCovve  nkeg  rov  t] 
öoiO.eUg  „wie  die  Mandelkerne  zum  Honig  passen,  so  mögen  alle  seine 
Geschäfte  passen  (d.  i.  sich  glatt  erledigen)". 

Dann  erst  folgt  das  f.ini()af.icc  selbst,  d.  h.  die  Festsetzung  des  Schick- 
sals: die  zwei  untergeordneten  Miren  machen  Yorschläge  {^ueleznvvt^'- 
nach  dem  Kunstausdruck),  die  „grosse"  Mire  bestätigt  oder  verwirft.  Im 
ersten  Fall  schreibt  sie  den  Spruch  sofort  in  das  Schicksalsbuch.  Wenn 
aber  die  beiden  jüngeren  uneinig  sind  und  streiten,  sei  es  über  eigene 
Vorschläge  oder  über  den  der  grossen  Mire,  so  hat  diese  die  Entscheidung. 
Nach  anderer  Anschauung  macht  die  erste  Mire  einen  Vorschlag,  den  die 
andern  annehmen  oder  modificieren.  Denn  sie  lässt  sich  durch  inständige 
Bitten  der  Genossinnen  oft  bewegen,  ihren  Entschlusz  zu  ändern.  Es 
kann  auch  vorkommen,  dass  sie  überhaupt  nicht  mit  den  andern  erscheint 
(wegen  häuslicher  Beschäftigung  oder  Unwohlseins!)  und  ihren  beiden 
Genossinnen  bloss  allgemeine  Verhaltungsmassregeln  giebt. 

Endlich  herrscht  auf  Aegina  auch  der  Glaube,  dass  jede  der  drei 
Göttinnen  bestimmt,  was  sie  wilP),  und  dass  die  älteste  jene  Sprüche  ein- 
fach in  ihr  Buch  einträgt. 

Sehr  interessant  ist  die  Anschauung,  in  der  „die  hellenisch-italische 
Idee  eines  von  den  Schicksalsmächten  dem  Menschen  gesponnenen  Lebens- 
fadens zum  Vorschein  kommt"  (B.  Schmidt).     Gerade  auf  Aegina  ist  diese 


1)  So  erzählte  mir  das  oben  erwähnte  Mädchen  aus  Andros. 

2)  Dies  ist  die  Regel  nach  Schmidt,  p.  212. 


130  Tlmmb: 

Yorstelhmg  sehr  deutlicli  erhalten  und  ausgebildet^),  während  die  Beobacli- 
tungen  Schmidts  nur  geringe  Spuren  dieses  Zuges  bieten^). 

Die  älteste  Mire  ist  im  Besitz  einer  Scheere;  von  den  beiden  jüngeren 
hält  eine  die  Spindel  (adQdyji)^  die  andere  den  Kocken  mit  Lein  ((toxa 
//£  ÄiraQi).  Jene  mit  der  Spindel  spinnt,  unterstützt  von  ihrer  Genossin, 
welche  den  Rocken  hält.  Während  dieser  Tliätigkeit  bestimmen  die  Drei 
das  Schicksal  des  Kindes;  der  gesponnene  Faden  wird  um  die  Spindel 
gewickelt;  jede  Windung  (rvli^ä  oder  xvliyfia)  entspricht  einem  Lebens- 
jaln-,  das  ganze  aufgewickelte  Stück  stellt  aber  die  Länge  des  Lebens 
vor.  Die  älteste  Mire  schneidet  den  Lebensfaden  ab  in  dem  Augenblick, 
wo  das  aniQana  beendet  ist  und  die  Miren  sich  zum  AVeggehen  anschicken. 
Wenn  der  Faden  zerreisst,  bevor  die  Göttinnen  zu  Ende  sind,  so  hören 
sie  sofort  auf;  der  Unglückliche  lebt  nur  so  viel  Jahre  als  Windungen 
vollendet  sind,  und  wird  alles  das  erleben,  was  die  Miren  bis  zum  Zer- 
reissen  des  Fadens  ausgemacht  haben.  Jährlich  am  Geburtstage  jedes 
Menschen  wickelt  die  grosse  Mire  eine  Windung  des  Fadens  wieder  ab; 
wenn  so  der  ganze  Faden  abgewickelt  ist,  kommt  die  Todesstunde.  Nach 
etwas  modificiertem  Glauben  wird  der  Lebensfaden  nicht  gleich  nach  Be- 
endio-ung  des  noiQaua^  sondern  erst  in  der  durcli  die  Länge  des  Fadens 
bestimmten  Todesstunde  von  der  grossen  Mire  durchschnitten. 

Die  Yorstellung  vom  Lebensfaden  hat  auf  Aegina  auch  entsprechende 
Redensarten  geschaffen,  wie:  Yoa  fi^iöw  scfTaxoe  i)  y.'/icijazij  tov  jo'  EonaToe 
(oder  ey.ojTTjTae)  „bis  hierher  reichte  sein  Faden  und  zerriss"  oder  effw- 
■Ür]TOS  fj  y'/.wanj  lov  ,.zu  Ende  ist  der  Faden"  oder  loa  fi'eöcä  roai  rnv 
^xoxps  TTj  x?MOTij  Tov  ,,bis  hierher  und  dann  zerschnitt  sie  (sc.  die  Mire) 
seinen  Faden  ^)". 

Für  die  Ausführung  des  iiWiQaf.ia  hat  die  grosse  Mire  zu  sorgen;  daher 
wird  sie  y.ai'  £ioyj]v  als  die  Mire  betrachtet:  aviij  sivs  i]  {.ioIqu  oXco  ^mc, 
dioTL  xQaxasL  'g  to  yeQi  rlg  rvyßg  /.lac.  Sie  spielt  oft  die  Rolle  des  Schutz- 
engels, ist  die  überall  beistehende  gütige  Fee,  falls  überhaupt  gutes  dem 
betreffenden  Menschen  bestimmt  wurde.  Sie  w\arnt,  sie  schützt  ihn,  ja  sie 
arbeitet  für  ilu'en  Schützling*).  Das  glückliche  Mädchen,  dem  „heitere 
Lose"  bestimmt  sind,  kann  ruhig  schlafen,  denn  die  Mire  arbeitet  und 
sendet  Glück  und  sucht  jene  auf: 

Kniiitrjoov,   'Acdni-iolQr]  fiov,   n'  ri  /itolQa  oov  öov'/lev£i 
Kai  TO  itah')  aov  (jiCixb  oxllvei  yal  os  yvQsi'ei. 


1)  Der  Glaube  ist  schon  lioinerisfh,  cfr.  Hoiu.  Od.  11.  139.  16,  64:  daim  aiu-li  Aeschyl. 
Eumen.  321  u.  a. 

2)  cfr.  p.  212.  220. 

3)  Die  Redensarten  habe  icli  in   der  Dialektfonu  wiedergegeben  (HofiwTTjg  normali- 
siert etwas). 

4)  Tgl.  auch  Schmidt,  p.  216. 


Zur  noiiorierhischen  Volkskunde.  131 

„O  j^'lücklicli  Mädchen,  schlafe  mir.  deine  Mire  macht  die   Arbeit 
Und  sendet  dir  ein  schönes  Los  und  suclit  dicli  allentlinlben." 

Freilich  wer  zum  Unglück  bestimmt  ist,  der  fühlt  ebenfalls  das  Wirken 
der  Miren  überall,  doch  nur  zu  seinen  Ungunsten.  Uud  es  ist  begreiflich, 
dass  jeder  nach  seinem  Schicksal  bald  schmeichelnd  seine  Mire  „gut,  goldeu" 
oder  mit  Bitterkeit  seineu  „schwarzen,  bösen,  verfluchteu'"  Dämon  (unJoa^ 
nennt.  Mancher  aber  tröstet  sich  mit  einer  Art  Galgenhumor,  indem  er 
sich  zuruft: 

'H  /.iol()Cc  nnv  /f£  '/twiQare,  rJTare  fisih^niurf^, 

DJs  ^finiQGVs  yia  va  rre^ru)  Cwtj  övaivyjnuevq. 

„Die  Mire,  die  mein  Schicksal  gab,  war  sicherlich  betrunken. 

Drum  hat  sie  mir  ein  Jammerleben  auf  dieser  Welt  beschiedeu." ') 

Durch  das  uoiQa/ita  allein  ist  das  Wirken  der  Miren  nicht  bestimmt 
und  begrenzt.  Xach  dem  wenigstens  auf  Aegina  herrschenden  Glauben 
greifen  die  Schicksalsgöttinnen  auch  unabhängig  von  ihrem  iim'naiiKx  in 
das  Leben  der  Menschen  ein,  oft  aus  launischen  Einfällen.  Zum  Beleg 
teile  ich  ein  Yolksmärchen  mit,  das  ich  aus  dem  Munde  eines  Aegineten 
(des  Herrn  'tigeuort]!^)  gehört  und  niedergeschrieben  habe^). 

„Einmal  und  zu  einer  Zeit  war  ein  König,  Hypnos  (d.  i.  Schlaf)  war 
sein  Name.  Neben  dem  Palast  wohnte  ein  armes  Mädchen,  das  für  andere 
arbeitete  um  zu  leben.  Es  arbeitete  die  Kacht  hindurch,  und  wenn  ihr 
der  Schlaf  kam,  nahm  sie  Bohnen^)  und  ass  und  sprach:  .^Du  bist  ge- 
kommen. Schlaf,  sei  willkommen,  iss  Bohnen  uud  geh  weg".  Draussen 
war  das  Gefolge  des  Königs  und  hörte  das  Mädchen  sprechen  „Du  bist 
gekommen.  Schlaf,  sei  willkommen,  iss  Bohnen  und  geh  weg".  Jene 
sprachen:  „Bei  diesem  armen  Mädchen  ist  unser  König  drinnen".  Die 
folgende  Nacht  kam  wieder  das  Gefolge  des  Königs,  um  zu  hören,  was 
jene  sagen  werde.  Sie  war  wach,  und  als  ihr  der  Schlaf  kam.  sprach  sie: 
„Du  bist  gekommen.  Schlaf,  sei  willkommen,  nimm  den  Schemel  und  setze 
dich".  Jene  sagten:  „Unser  König  ist  drinnen".  Und  das  Mädchen  sagte 
wiederum:  „Du  bist  gekommen,  Schlaf",  u.  s.  w.  *)  Die  folgende  Nacht 
kam  das  Gefolge  wiederum  um  zu  hören,  was  das  Mädchen  sagen  würde, 
und  hörte  dieselben  Worte.  Da  ging  das  Gefolge  zur  Mutter  des  Königs 
und  sagte  ihr,  dass  der  König  jede  Nacht  in  das  Haus  dieses  armen 
Mädchens  gehe.  Als  dies  die  Mutter  hörte,  rief  sie  ihn  und  sprach  zu 
ihm:    „Wie  erniedrigst  du  dich  selbst,  dass  du,  ein  König,  dich  herablässt, 


1)  Das  mitgeteilte  Disticliou  habe  ich  in  Kjparissia  (Messenien)  aus  dem  Munde  eines 
12 — 14 jährigen  Knaben  gehört  und  aufgezeichnet. 

2)  Der  griechische  Text  ist  von  mir  in  der  'AS-rjt'u  III  97  ff.  veröffentlicht  worden. 
Inzwischen  wurde  mein  Text  auch  in  der  'Ekkag  III  284  ff.  abgedruckt  und  von  Boltz 
ebenda  übersetzt, 

3)  y.ovTOÜe  d.  i.  xovxiK. 
4}   wie  im  Anfang. 


132  Thumb: 

jede  Nacht  in  das  Haus  dieses  armen  Mädchens  zu  gehen?"  —  „Ich  habe 
das  Mädchen  nicht  einmal  gesehen."  —  „Lass  es  in  Zukunft  bleiben  hin- 
zugehen, mein  Sohn.     Warum?     Es  macht  dir  keine  Ehre." 

Die  Mutter  des  Königs  rief  aber  auch  das  arme  Mädchen  und  sprach: 
„In  Zukunft  bricli  dein  Yerhältnis  mit  dem  König  ab,  nimm  ihn  nicht  in 
dein  Haus  auf,  denn  was  hast  du  mit  ihm  zu  schaffen?"  Das  Mädchen 
erwiderte:  „Niemals  geschah  dies,  denn  bin  ich  armes  Mädchen  würdig, 
den  König  in  mein  Haus  aufzunehmen?"  Aber  das  Mädchen  nahm  es 
sich  sehr  zu  Herzen;  sie  wusste  nicht  was  thun.  Alle  sagten,  dass  der 
König  in  ihr  Haus  komme.  Sie  nimmt  Tücher  und  bindet  sie  um  den 
Leib  und  stellt  sich,  als  ob  sie  Mutter  würde,  geht  hinaus  in  den  Hof, 
setzt  sich  auf  ein  Strohbündel  und  bindet  daran  einen  Hahn,  der  das 
Strohbündel  wie  eine  Karosse  zog^). 

Es  gingen  drei  Miren  vorbei,  sahen  sie  und  lachten  aus  vollem  Herzen 
und  sprachen:  „Drei  Jahre  haben  wir  nicht  mehr  so  gelacht,  und  diese 
machte,  dass  wir  aus  vollem  Herzen  lachen.  Was  sollen  wir  ihr  wünschen? 
Wir  wollen  ihr  wünschen,  dass  sie  wirklich  Mutter  werde,  dass  sich  in 
ihren  Händen  ein  Kind  befinde  wie  vom  König  Hypnos:  ihr  Strohbündel 
soll  ein  goldener  Wagen  werden,  der  Hahn  ein  goldener  Hengst,  und  sie 
selbst  soll  mitten  im  Wagen  sitzen,  und  sie  wird  sich  zur  Palastpforte  be- 
geben, und  alle  werden  sie  zur  Königin  ausrufen  und  verlangen,  dass  sie 
den  Hypnos  zum  Gatten  wähle,  um  Königin  zu  werden." 

0  das  Wunder,  dass  alles  geschah,  wie  die  Miren  ihr  wünschten! 
Alle  empfingen  sie  mit  grossem  Jubel,  das  Kind  glich  ganz  dem  König 
Hypnos,  so  dass  alle  sagten:  „Das  Kind  ist  vom  König  Hypnos,  und  er 
muss  sich  mit  ihr  vermählen".  Zum  König  spricht  seine  Mutter:  „Was 
sitzest  du  da?  das  Kind  ist  deines,  und  du  musst  sie  heiraten".  Da 
glaubte  es  der  König  selbst  und  entschloss  sich,  das  Mädchen  zu  heiraten. 

Pauken  und  Trompeten,  grosser  Jubel:  der  König  heiratete  und  das 
Mädchen  wurde  Königin  und  sass  auf  dem  Thron,  und  sie  lebten  dort  gut, 
wir  hier  aber  noch  besser." 

Einp  Vergleichung  unserer  Darstellung  mit  den  bei  B.  Schmidt  mit- 
geteilten Thatsachen  lehrt,  dass  der  Mirenglaube  auf  Aegina  (samt  den 
paar  Einzelheiten,  die  ich  von  anderswo  hinzufügte)  in  die  allgemein 
griechischen  Vorstellungen  im  grossen  und  ganzen  sich  einfügt,  im  ein- 
zelnen aber  doch  recht  bemerkenswerte  Eigenheiten  zeigt.  Ich  hebe  als 
allgemeines  Charakteristicum  der  aeginetischen  Anschauungen  hervor,  dass 
der  Mirenglaube  vom  Volke  sehr  ins  Detail  ausgebildet  wurde.  Bis  ins 
kleinste,  sogar  kleinliche,  wird  die  Thätigkeit  der  Schicksalsgöttinnen  nach 


1)   Was  füi-  eine  Bedeutung  dieser  Zug  eigentlich  hat,  ist  mir  nicht  recht  klar;  dass 
es  für  das  Verständnis  des  Volkes  etwas  Unsinniges,  Komisches  war,  lehrt  das  Folgende. 


Zur  neugriechischen  Volkskunde.  133 

dem  Muster  menschlicher  Handlungen  und  Schwächen  ausgemalt.  Wie 
viel  davon  moderner  Ausgestaltung  redseliger  Weiber  zuzuschreiben  ist, 
ist  schwierig  festzustellen.  Denn  wenn  auch  feststeht,  dass  im  neu- 
griechischen Yolksglauben  altgriechische  Yolksvorstellungen  fortleben,  so 
ist  es  doch  schwer,  gerade  bei  genau  ausgebildeten  Einzelheiten  ein  Kri- 
terium zu  finden  für  alte  Überlieferung  und  neue  Zudichtung:  denn  die 
Ausgestaltung  eines  Volksglaubens  im  einzelneu  konnte  zu  jeder  Zeit,  bei 
den  Alten  wie  bei  den  heutigen  Griechen,  selbständig  sich  wiederholen, 
sofern  jene  einzelnen  Züge  sich  aus  der  Gleichartigkeit  des  menschlichen 
Wesens  ergeben  konnten.  Daher  ist  eine  direkte  Yergleichung  solcher 
Züge,  deren  Entstehung  aus  jenem  Prinzip  zwanglos  erklärt  werden  kann, 
ohne  besondere  Beweiskraft.  Aber  andererseits  dürfen  wir  «-erade  wesen 
der  Gleichartigkeit  des  menschlichen  Wesens  solche  Gestaltung  des  neu- 
griechischen Yolksglaubens  auch  im  alten  Griechenland  annehmen,  wenn 
sie  sich  auf  jene  anthropomorphen,  dem  naiven  Menschen  von  selbst  sich 
aufdrängenden  Züge  bezieht^).  Eine  antike  Amme  war  sicherlich  nicht 
viel  anders  als  eine  griechische  Bäuerin  heutzutage.  Wenn  daher  im 
Altertum  und  heute  der  Kern  eines  Yolksglaubens  identisch  war  (und 
das  ist  ja  beim  Mireuglauben  der  Fall),  so  musste  auch  die  Detaillierung 
sehr  ähnlich  werden,  ohne  dass  etwa  diese  selbst  auf  Überlieferung  zu 
beruhen  braucht. 

Ich  erwähne  noch  zum  Schlüsse,  dass  der  Glaube  an  Schicksalsgöttinnen 
bei  den  Südslaven  eine  ganz  frappante  Ähnlichkeit  mit  den  griechischen 
Yorstellungen  zeigt;  es  genüge  hier  auf  Krauss,  Yolksglaube  und  religiöser 
Brauch  der  Südslaven  (Münster  i.  W.  1890)  p.  22  ff.  hinzuweisen,  ohne  der 
Frage  nach  dem  Grunde  dieser  Parallelen  weiter  nachzugehen. 

Was  nochmals  Aegina  betrifft,  so  habe  ich  bereits  an  anderem  Orte^) 
darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  die  griechische  Bevölkerung  der  Insel 
aus  Attika  eingewandert  ist.  Auf  Attika  weist  vielleicht  auch  ein  oben 
p.  128  mitgeteilter  Zug,  der  eine  unverkennbare  Ähnlichkeit  mit  den 
attischen  Albanesen  zeigt').  Aber  noch  etwas  erfahren  wir  nach  meiner 
Meinung  aus  der  Art  des  aeginetischen  Mirenglaubens:  ausser  etwaigen 
christlichen  Ideen,  die  leicht  erklärbar  sind,  begegneten  uns  auf  Aegina 
öfter  verschiedene,  d.  h.  voneinander  abweichende  Yorstellungen,  die 
nebeneinander  bestehen.  Dies  lässt  eine  Mischuns;  verschiedenartis-er  Ein- 
flüsse  vermuten.  Aus  der  Grestalt  des  aeginetischen  Idioms  glaube  ich 
nachgewiesen  zu  haben,  dass  die  Hauptmasse  der  (griechischen)  Bevölke- 
rung  von  Aegina    athenischen  Ursprungs    ist:    aber    die  Insel   zeigte  sich 


1)  Man  vergl.  z.  B.   die  Empfindlichkeit  der  Miren  und  die  damit  verbundenen  Ge- 
bräuche. 

2)  Miküi)  nein  irji  nrnueQtvtjg  fy  Aiyi'vrj  Xct/.ov/x^yr]s  6ic().^y.Tov  in  der  ll9t]vc(  III  dbS. 
(besonders  p.  117  S.). 

3)  Vgl.  Schmidt  p.  214  Aiiiu.  1. 

Zeitschrift  d.  Vereins  f.  Volkskunde.    1892.  JQ 


134  Mielke; 


fremdem  Einfluss  nicht  abgeneigt,  wie  die  Sprache  wiederum  beweist. 
Nur  das  eine  wage  ich  nicht  zu  entscheiden,  ob  dieses  Eindringen  fremder 
(d.  h.  natürlich  griechischer)  Elemente  erst  in  neuester  Zeit  sich  vollzog 
oder  schon  seit  langem  (etwa  seit  der  Einwanderung  des  Hauptstammes 
aeginetischer  Bevölkerung^)  statt  gefunden  hat. 


Zur  Griebelentwickeliing  des  säclisisclien  Bauernliauses. 

Von  Robert  Mielke. 

(Hierzu  Tafel  I.  II.  III.) 


Wenn  wir  von  dem  sächsischen  Bauernhause  sprechen,  so  schwebt 
uns  in  der  Regel  jenes  altertümliche,  schornsteinlose  Haus  vor,  dessen  ge- 
waltiges Strohdach  alles  überdeckt,  was  der  Bauer  an  beweglichem  Eigen- 
tum besitzt.  Man  hat  w^ohl  auch  in  ihm  vermöge  seiner  ursprünglichen, 
bedürfnislosen  Einrichtung  den  Urtypus  gesucht,  der  unserer  reich  ent- 
wickelten Bauern-Architektur  zu  Grunde  liegt.  Dennoch  lässt  sich  bei 
ihm,  so  sehr  auch  im  allgemeinen  an  der  alten  Grundrissdisposition  fest- 
gehalten wird,  in  dem  Äussern  eine  gewisse  fortschreitende  Entwickelung 
verfolgen,  die  teilweise  von  struktiven  Gesetzen  bedingt,  teilweise  aber 
auch  von  dem  Bedürfnis  nach  Zierformen  beeinflusst  ist.  Gerade  beim 
sächsischen  Bauernhause  lässt  sich  der  Übergang  von  der  einfachen, 
schmucklosen  Giebelfront  bis  zu  einer  für  norddeutsche  Verhältnisse  über- 
raschend reichen  Fassade  verfolgen.  Vielleicht  sind  auch  die  prachtvollen 
Fassaden,  die  die  Häuser  Braunschweigs,  Hildesheims,  Quedlinburgs  und 
anderer  durch  ihre  Architektur  ausgezeichneter  Städte  Norddeutschlands 
zeigen,  auf  das  sächsische  Bauernhaus  zurückführen,  wodurch  sich  so 
manche  noch  unerklärte  Eigentümlichkeit  derselben,  z.  B.  das  Vorkragen 
der  Geschosse,  begründen  lässt ^).  Im  folgenden  soll  dazu  auf  Grund 
eigener  noch  nicht  veröffentlichter  Wahrnehmungen  der  Versuch  gemacht 
werden,  wobei  sich  ergeben  wird,  dass  auch  das  erwähnte  Bauernhaus 
einer  ähnlichen  künstlerischen  Entwickelung  fähig  ist,  wie  das  Schweizer- 
oder das  nordische  Haus. 

In    seiner    einfachsten  Gestalt    zeigt  sich  der  Typus  als  ein  einfacher 
Bedürfnisbau,    bei    dem    die   konstruktiven  Elemente,    die  Wand   und  das 


1)  Ende  des  18.  Jahrhundei-ts,  s.  p.  119  meiner  oben  genannten  Abhandlung, 

2)  Es  sei  gestattet,  hier  auf  einen  interessanten,  mit  sieben  Bildtafeln  geschmückten 
Aufsatz  von  K.  Brandi  hinzuweisen:  „Das  osnabrückische  Bauern-  und  Bürgerhaus"  im 
XVI.  Band  der  Mitteilungen  des  historischen  Vereins  für-  Osnabrück  (1891)  S.  265  —  314, 
wo  auch  auf  die  üiebelentwickelung  eingegangen  wird.  K.  W. 


Zur  Giebelentw'ickplnrig-  des  sächsischen  Bauernhauses.  135 

Dach,  oliiie  jede  Verzierung  bleiben  (Fig.  1).  Die  kräftigen  Balken  zeigen 
sich  in  unverhüllter  Nacktheit,  sie  wirken  als  Träger  des  konstruktiven 
Gedankens  allein  nur  durch  den  Kontrast  der  dunklen  Holzfarbe  gegen 
das  hellere  Füllwerk.  Vielleicht  waren  sie  dereinst  bemalt,  rotbraun,  wie 
noch  heute  in  Norwegen,  oder  grün,  wie  es  in  bescheidenem  Masse  ein- 
zelne Häuser  der  Altniark  zeigen.  Hin  und  wieder  tritt  zu  beiden  Seiten 
des  Einfahrtsthores  ein  kleines  vergittertes  Fenster  auf,  das  aber  dann 
wohl  immer  Beweis  eines  späteren  Kultureinflusses  ist.  Der  Giebel  ist 
von  der  zurückgebogenen  Dachkappe  vollständig  verdeckt,  eine  Bildung, 
die  wohl  als  eine  ursprüngliche  angesehen  werden  darf,  da  bereits  die 
Hausurnen  dieselbe  aufweisen^).  Die  Hinterseite  des  Hauses  ist  nicht 
immer  in  derselben  Weise  gebildet,  vielmehr  erscheint  dieselbe  bis  zur 
Spitze  lotrecht,  was  vielleicht  mit  der  Anordnung  der  Wohnstuben  daselbst 
zusammenhängt;  doch  habe  ich  diese  Weise  auch  bei  unbewohnten  Häusern 
gefunden,  z.  B.  an  einem  Schafstall  bei  Sahrendorf  am  Wilseder  Berg  in 
der  Lüneburger  Heide. 

Reicher  wird  die  Giebelseite  des  Hauses,  wenn  zu  Seiten  des  Thores 
Flügel  angebaut  werden  (Fig.  4  Bühren  bei  Delmenhorst),  welche  eine 
Art  von  Vorraum  (in  der  Gegend  von  Ülzen  Vorschur  genannt)  bilden, 
der  bisweilen,  wie  später  noch  zu  erwähnen  ist,  überdeckt  wird.  Obgleich 
das  Haus  von  Bühren  einen  entschieden  altertümlicheren  Eindruck  macht 
als  das  erste,  so  tritt  in  der  klugen  Benutzung  der  vorderen  Dachbalken 
schon  ein  erheblicher  Fortschritt  der  Konstruktion  hervor.  Der  altertüm- 
liche Eindruck  ist  zunächst  dem  hohen  First  zuzuschreiben,  der  ein  ge- 
sundes Stilgefühl  verrät.  Die  Neuzeit  hat  das  auch  anerkannt  und  bei 
besseren  Bauten  die  ästhetische  Wirkung  des  Firstes  durch  schmiede- 
eisernes Gitterwerk  zu  erhöhen  getrachtet.  Diese  charakteristische  First- 
bildung scheint  besonders  dem  Grossherzogtum  Oldenburg  und  dem  west- 
lichen Teil  Hannovers  eigentümlich  zu  sein.  Sie  ist  jedenfalls  ursprüng- 
licher als  die  einfache  Firstlinie.  (Vergl.  auch  das  Haus  von  Rastede  i.  d. 
Zeitschr.  für  Ethn.  etc.    XIX.    S.  569.) 

Von  einer  künstlerischen  Thätigkeit  ist  bei  dem  Bührener  Hause  noch 
ebensowenig  zu  sehen  wie  bei  dem  Reppenstedter;  sie  beschränkt  sicli 
liöchstens    auf    den    oberen    Thürsturz,    dessen    Balken    bogenförmig    aus- 


1)  Bei  dieser  Gelegenheit  möchte  icli  auf  einzelne  Häuser  hinweisen,  die  mir  vor 
einigen  .Jahren  in  Italien  durch  ihre  frappante  Ähnlichkeit  mit  den  Hau-surnen  auffielen. 
Ich  fuhr  mit  dem  Kurierzug  von  Bologna  nach  Padua,  als  ich  in  der  Nähe  der  Station 
Monselice  einige  Häuser  sah  (Fig.  2  und  3),  die  ich,  so  gut  es  bei  der  Eile  ging, 
skizzierte.  Sie  waren  weiss  gestrichen,  offenbar  Mörtelwerk,  und  mit  Stroh  gedeckt.  Die 
Öffnungen,  durch  Bretterthüi'en  geschlossen,  schienen  mir  eher  Luken  als  Thüren  und 
Fenster  zu  sein.  Ob  sie  auf  den  anderen  Seiten  noch  Öffnungen  hatten,  ob  sie  bewohnt 
waren  oder  als  Speicher  dienten,  kann  ich  nicht  sagen.  Vielleicht  veranlasst  dieser  Hin- 
weis einzelne  Forscher,  bei  gelegentlichen  Reisen  in  Italien  nach  dem  Zweck  und  Alter 
derselben  zu  forschen. 

10* 


136  Mielke: 

goseliiiitten  ist.  Bisweilen  ist  auch  die  Thürleiste  am  oberen  Ende  mit 
einer  kapitälartigen  Yerziorung  versehen,  wie  an  einem  Hause  zu  Reppen- 
stedt  (Fig.  5).  Erst  mit  dem  Hervortreten  der  Langbalken  vor  die  Giebel- 
front tritt  ein  stilistisches  Element  in  die  Erscheinung,  das  einmal  den 
künstlerischen  Trieben  die  schönste  Gelegenheit  zur  Bethätigung  giebt, 
dann  aber  auch  die  Aufrichtung  der  geneigten  Dachkappe  anbahnt  und 
damit  neue,  verzierungsbedürftige  Flächen  schafft. 

Den  Übergang  stellt  ein  Haus  aus  dem  Dorfe  Göterende  bei  Olden- 
burg dar,  das  nach  einer  Balken inschrift  aus  dem  Jahre  1700  stammt 
(Fig.  6).  Die  hervortretenden  Balkenköpfe,  an  und  für  sich  ohne  Ver- 
zierung, sind  von  einfachen  aber  geschmackvollen  Konsolen  unterstützt. 
Durch  ähnliche  Stützen  ist  das  grosse  Eingangsthor  oben  fast  halbkreis- 
förmio;  geschlossen.  Interessant  ist  auch  die  Behandlung  der  vorderen 
Dachkappe.  Während  sie  bei  den  vorherbesprochenen  Häusern  noch  die 
Balkenköpfe  verdeckt,  ruht  sie  hier  auf  den  vorkragenden  Balken,  eine 
insofern  wichtige  Bildung,  als  die  so  markierte  wagerechte  Linie  bei  allen 
mehr  oder  minder  reich  entwickelten  Fassaden  künstlerisch  zum  Ausdruck 
kommt  und  dahin  führte,  das  senkrechte  Giebeldreieck  durch  mehrere 
übereinander  liegende  Horizontalen  zu  teilen.  Auch  das  oberste,  das 
vordere  Firstende  bedeckende  Dreieck  geht  für  die  Dauer  nicht  mehr  ver- 
loren, sondern  erhält  in  manigfach  künstlerischen  Gestaltungen  das  An- 
denken an  das  einstige  Rauchloch. 

Noch  ist  eines  Hauses  zu  gedenken,  das  mit  dem  eben  besprochenen 
äusserlich  verwandt,  um  ein  Beträchtliches  älter  ist  als  jenes  (Fig.  7).  Es 
ist  das  ein  im  Dorfe  Suderburg  bei  Ülzen  mit  der  Nummer  1  bezeichnete. 
Nach  Ausweis  der  Inschrift  an  dem  Thürbalken  wurde  es  1615  erbaut,  es 
stammt  also  noch  aus  der  Zeit  vor  dem  Beginn  des  30jährigen  Krieges 
und  ist  danach,  soweit  mir  bekannt,  das  älteste  bestimmt  datierte  säch- 
sische Bauernhaus.  In  demselben  Dorfe  hat  sich  noch  ein  zweites'),  1691 
erbautes,  erhalten,  das  dem  älteren  im  Innern  und  Äusseren  gleicht.  Ob- 
wohl beide  noch  ohne  Schornstein  sind,  so  ist  doch  die  ursprüngliche  Ein- 
richtung nicht  mehr  vorhanden,  aber  die  Fassaden  sind  noch  völlig  intakt. 
Die  Abbildung  7  stellte  das  ältere  dar,  bei  dem  namentlich  die  sorgfältige 
Technik  überrascht.  Der  obere  Teil  des  Giebels  ragt  nur  wenig  hervor; 
dafür  sind  aber  die  Balkenköpfe  eiIs  Viertelkreis  profiliert  und  die  Räume 
zwischen  ihnen  durch  ein  schräges  Brett  geschlossen.  Ein  Rauchloch  ist 
nicht  vorhanden.  Da  das  Thor  ca.  6  Fuss  zurücksteht,  so  entsteht  davor 
ein  freier,  wagerecht  überdeckter  Raum,  hier  Vorschur  genannt,  der  ver- 
muten lässt,  dass  bei  diesem  Bau  die  ursprünglichen  flügeiförmigen  Vor- 
bauten mit  in  die  architektonische  Fassade  eingezogen  wurden. 


1)   Dem  Gastwirt  Müller  gehörig,  in  dessen  Familie  es  sich  schon  seit  der  Erbauung 
befinden  soll. 


Zur  Giebelentwickelung  des  sächsischen  Bauernhauses.  137 

Wie  zögernd  der  am  Alten  hängende  Bauer  die  Umwandlung  des 
schrägen,  strohgedeckten  Giebels  in  die  senkrechte  Giebelwand  vornahm, 
bezeugt  das  folgende,  aus  Hinterpommern  stammende  Haus.  (Fig.  8.) 
Ich  kann  nicht  sagen,  ob  und  wo  solche  Häuser  heute  noch  vorhanden 
sind;  die  vorliegende  Abbildung  ist  nach  einem  mit  Wasserfarben  auf 
Leinwand  ausgeführten  Bilde  gemacht,  das  die  seltsame  Unterschrift  trägt: 
„Aus  dem  Buche  der  Heraldiek  stammt  dies  Wappen  der  Familie  Huse- 
mann  aus  Hinterpommern  1660^'.  Das  offenbar  moderne,  nach  einem  alten 
Original  gemachte  Bild  befindet  sich  im  Wirtshause  zn  Neuenkoop  bei 
Hu  de  in  Oldenburg.  Über  die  Herkunft  und  die  Hersteller  konnte  ich 
nichts  in  Erfahrung  bringen;  es  wurde  mir  nur  bestätigt,  dass  die  Familie 
des  Besitzers  thatsächlich  aus  Hinterpommern  stammt. 

Die  vordere  Front  ist  senkrecht;  an  der  Stelle,  wo  in  der  Kegel  die 
zurückgeneigte  Dachkappe  beginnt,  ist  die  Mörtelwand  bis  zum  oberen 
Giebeldreieck  mit  einer  Strohlage  bedeckt.  Bei  der  Klarheit  und  Sicher- 
heit, mit  der  das  Bild  gefertigt  ist,  ist  es  undenkbar,  dass  durch  diese 
eigentümliche  Konstruktion  die  geneigte  Dachkappe  angedeutet  werden 
sollte;  es  scheint  die  Strohbedeckung  vielmehr  lediglich  eine  Erinne- 
rung an  die  vormalige  Form  zu  sein.  Das  oben  aufsitzende  dreieckige 
Verblendstück  ist  das  hi  Holz  übersetzte  Firstdreieck  des  vorigen 
Hauses^). 

Während  vielleicht  das  pommersche  Haus  noch  die  letzte  Erinnerung 
an  die  einstige  Dachkappe  bewahrt,  kommt  bei  den  folgenden  Häusern 
die  freie  Giebelwand  zur  Geltung.  Letztere  steht  als  raumabschliessende, 
tragende  Wand  in  direktem  Gegensatz  zum  bedeckenden,  lastenden  Dache 
und  wird  die  Trennung  durch  die  am  First  zusammenstossenden  Giebel- 
leisten auf  das  bestimmteste  symbolisiert.  Wo  diese  Giebelleisten  vor- 
handen sind,  haben  wir  es  mit  einer  zweiten  Phase  in  der  Entwickelung 
des  sächsischen  Bauernhauses  zu  thuii.  Bei  dem  vorher  erwähnten  Hause 
ist  diese  Leiste  noch  unterbrochen,  jetzt  erscheint  sie  als  ein  durchaus 
selbständiges  Glied,  das  hier  dieselbe  stilistische  Bedeutung  hat,  wie  am 
griechischen  Tempel  die  Cyma.  Obgleich  diese  Leiste  beim  sächsischen 
Hause  nicht  verziert  wird,  wie  beim  Schweizer-  oder  nordischen  Hause,  so 
verliert  sie  doch  auch  nie  den  Zusammenhang  mit  diesem,  was  beim 
letzteren  manchmal  unangenehm  auffällt. 

Verhältnismässig  einfach  ist  der  Giebel  eines  Hauses  aus  Wissingen 
bei  Löhne  (Fig.  9).     Wenn  nicht  das  Fachwerk  als  solches  eine  gewisse 

1)  Auf  dem  Original  sind  die  an  der  Langscitc  bciindlichcn  halbkreisförmigen 
Fenster  grün.  Denke  ich  dabei  an  die  farbige  Behandlung  einzelner  Teile  des  altmärki- 
schen oder  des  nordischen  Hauses,  dann  scheint  es  mir,  als  ol)  das  Bauernhaus  überhaupt 
früher  in  farbigerem  Schmucke  prangte  als  heute,  wo  fast  alle  Farbenfreudigkeit  verloren 
gegangen  ist.  Vielleicht  gelingt  es,  wenn  erst  mehr  Beol)achtungen  vorliegen,  auch  für- 
das  Bauernhaus  ein  solches  polychromes  Gewand  zu  rekonstruieren,  wie  man  es  z.B.  mit 
fJlück  bei  den  alten  Bauten  Hildesheims  und  Braunschweigs  vetrsuclit  hat. 


138  Mielke: 

Gliederung  im  Aufbau  verursachte,  würde  das  Haus  sehr  nüchtern  erscheinen; 
denn  die  wenigen  Konsolen,  welche  die  Front  gliedern,  vermögen  diesen  Ein- 
druck nicht  aufzuheben.  Da  selbst  das  obere  Giebeldreieck  fehlt,  welches 
allen  älteren  sächsischen  Häusern  eigen  ist,  so  charakterisiert  sich  das 
vorliegende  als  ein  Rückschritt  in  der  Entwickelungsreihe.  Leider  fehlt 
mir  ein  besseres  Beispiel  und  so  mag  denn  dieses  sich  hier  einfügen, 
weil  bei  dem  naturgemässen  Gange  vom  Einfachen  zum  Reichhaltigen  der 
dem  folgenden  Hause  aus  demselben  Ort  (Fig.  10)  vorhergehende 
Typus  die  ganze  Dachhälfte  als  einziges,  hervorkragendes  Geschoss  gehabt 
haben  wird. 

Es  ist  nicht  gut  denkbar,  dass  die  bäuerliche  Zimmerei  einen  plötz- 
lichen Sprung  von  dem  pommerschen  (Fig.  8)  zu  dem  hannoverschen 
(Fig.  10)  gemacht  habe.  Eigentümlich  ist  bei  diesem,  dass  der  obere  Ab- 
schluss  des  Giebels  von  Ziegeln  ist,  während  das  ganze  Haus  mit  Stroh 
o-edeckt  ist.  Dieses  Firstdreieck  scheint,  von  einzelnen  Ausnahmen  in 
Holz  abgesehen,  der  ganzen  Gegend  von  Bückeburg  bis  Hannover  an- 
zugehören; ja  manchmal  füllt  es  fast  die  ganze  obere  Hälfte  des  Giebels 
(Fig.  11).  Fast  scheint  es,  als  ob  diese  Neuerung  erst  seit  Mitte  des 
laufenden  Jahrhunderts  aufgekommen  wäre,  wofür  spricht,  dass  diese  so 
charakterisierten  Häuser  fast  durchgängig  mit  einem  Schornstein  ver- 
sehen sind. 

Zu  welchen  reizvollen  Wirkungen  die  Ausbildung  des  Fachwerkgiebels 
manchmal  gesteigert  werden  kann,  bezeugt  ein  Beispiel  aus  der  Lüne- 
burger Heide  (Fig.  12),  das  zwar  keinem  Bauernhause  angehört,  aber  doch 
unbedenklich  der  Bauernarchitektur  zugesprochen  werden  kann.  Es  ist 
die  Kirche  zu  Undeloh  bei  Egesdorf,  eine  Kapelle,  deren  doppelte  Bau- 
periode schon  aus  der  Zeichnung  zu  ersehen  ist.  Die  westliche  Hälfte 
bezeugt  durch  ihre  Ausführung  in  Feld-  und  Backsteinen,  durch  die  Dicke 
der  Mauern,  durch  die  spitzbogenförmigen  Fenster  und  den  nachträglich 
angefügten  Strebepfeiler  ein  höheres  Alter  als  die  östliche,  die  als  Fach- 
werkbau sich  als  spätere  Ergänzung  des  ursprünglichen  Planes  ausweist 
und  im  engsten  Anschlüsse  au  die  Bauernhäuser  der  Gegend  errichtet  ist. 
An  die  Stelle  des  grossen  Einfahrtthores  ist  nur  ein  grosses  Fenster  ge- 
treten; im  übrigen  haben  wir  eine  direkte  Bauernliausfassade  vor  uns.  bei 
der  das  zweimalige  starke  Hervorkragen  zur  ausgiebigen  Verwendung  der 
Konsole  geführt  hat.  Wahrscheinlich  ist  die  Zweiteilung  der  oberen 
Giebelhälfte,  wie  sie  hier  und  an  dem  Wissinger  Hause  (Fig.  10)  auftritt, 
für  die  ehemalige  Dachkappe  anzusprechen.  Bei  dem  letzteren  ist  auch 
das  Firstdreieck  noch  in  dem  Ziegelansatz  erhalten,  während  es  bei 
der  Kirche,  vielleicht  in  Anbetracht  des  besonderen  Zweckes,  fehlt 
oder  wenigstens  zu  einer  kaum  noch  erkennbaren  Form  zusammen- 
geschrumpft ist. 


Zur  Giebelenhvickeluug  des  sächsischen  Bauernhauses.  139 

In  der  Altmark  ist  diesem  Dreieck  wieder  eine  erhöhte  Bedeutung 
zugesprochen.  Dort  giebt  es  Veranlassung  zu  einer  erneuten  Vorkragung, 
so  dass  wir  liier  häufig  das  grosse  Giebeldreieck  dreifach  durch  horizontale 
übereinander  hervorkragende  Linien  gegliedert  finden,  die  aber  nicht  mehr 
durch  Konsolen  gestützt  werden,  sondern  sich  frei  in  reich  bewegtem 
Profil  von  der  senkrechten  Wand  abheben  und  dann  in  der  Regel  den 
Platz  für  die  Weihinschriften  abgeben.  In  der  Mitte  des  Balkens,  der  in 
dieser  Weise  die  Basis  des  Firstdreiecks  abgiebt,  erhebt  sich  der  Ständer, 
welcher  in  diesem  Falle  das  Giebelzeichen  trägt  (Fig.  13  aus  Seethen 
bei  Gardelegen).  Auch  sind  bei  diesem  Beispiel  noch  Löcher  neben 
dem  Träger  angeordnet,  vielleicht  die  letzte  Erinnerung  an  das  einstige 
Rauchloch.  Auf  den  beiden  Hälften  des  Dreiecks  sind  mit  grüner  Farbe 
zwei  vierblättrige  Rosetten  aufgemalt.  In  späteren,  einfacheren  Bildungen 
verschwindet  dann  das  Firstdreieck,  nur  der  konstruktiv  nicht  zu  ent- 
behrende Schaft  der  Giebelblume  bleibt  übrig  (Fig.  14  aus  demselben 
Orte). 

Bei  all  den  bisher  besprochenen  Häusern  zeigt  sich  das  Bestreben, 
den  Giebel  nach  der  Emanzipation  von  der  beengenden  Fessel  der  Dach- 
kappe als  das  für  eine  repräsentative  Verzierung  geeignetste  Feld  zu  be- 
trachten. Dabei  ist  man  fast  ängstlich  bemüht,  an  den  durch  die  geschicht- 
liche Entwickelung  sich  ergebenden  struktiven  Elementen  festzuhalten. 
So  bleibt  nach  wie  vor  der  ganze  untere  Teil  des  Giebels  von  der  Ver- 
zierung ausgeschlossen;  höchstens  wird  der  obere,  bogenförmige  Thür- 
abschluss  aus  mehreren  Balken  zusammengesetzt,  um  als  Platz  der  Inschrift 
zu  dienen,  die  dann  am  Anfang  und  Ende  von  einer  raukenartigen  Blume 
eingeschlossen  ist.  Beide,  Inschrift  wie  Blume,  sind  im  kantigen  Relief 
vom  Grunde  erhaben  und  mit  weisser  Farbe,  seltener  mit  grüner,  ge- 
strichen, z.  B.  in  <ler  Altmark  und  den  angrenzenden  Teilen  Hannovers. 
In  der  letzten  und  glänzendsten  Phase  seiner  Entwickelung  wird  aber 
auch  der  untere  Teil  in  den  Kreis  der  künstlerischen  Ausschmückung 
hineingezogen,  und  so  die  ganze  Fassade  als  eine  Einheit  betrachtet. 

Erreicht  wird  das  zunächst  dadurch,  dass  die  senkrechten  Balken  am 
oberen  Teil  durch  spitzbogenförmige  Bretterverkleidung  (Fig.  15  Haus  aus 
Warmbüchen  bei  Burgdorf,  Lüneburger  Heide,  1668  erbaut),  eine 
originelle  und,  wie  mir  scheint,  nur  der  Gegend  um  Burgdorf  eigentüm- 
liche Bildung.  Auf  den  Balkeneuden  liegen  die  vorkragenden  Langbalken 
unmittelbar  auf,  ohne  erst,  wie  sonst  üblich,  durch  eine  Schwelle  ver- 
bunden zu  sein.  Diese  Langbalken,  am  vorderen  Ende  profiliert  und 
durch  Konsolen  gestützt,  tragen  dann  das  Giebeldreieck,  das  nach  ge- 
wohnter Weise  wieder  durch  stark  ausgesprochene  Vorkragung  in  zwei 
Teile  gegliedert  wird.  Das  untere  trapezförmige  Feld  ist  dann  abermals 
durch  einen  Querbalken  in  zwei  Felder  zerlegt,  die  dm-ch  senkrechte 
Stützen    mehrfach    geteilt    sind.       Dagegen    ist    das    obere    Dreieck    ohne 


140  Mielke: 

weiteren  Schmuck;  nur  der  hervorragende  Firstbalken  wird  durch  eine 
Konsole  gestützt.  Obgleich  kein  Giebelschmuck  vorhanden  ist,  deutet  der 
Ansatz  auf  dem  Firstbalken  auf  das  einstige  Vorhandensein  eines  solchen 
hin.  Ich  bringe  in  Fig.  16  eines  aus  dem  nahen  Dorfe  Kirchhorst,  das 
noch  dadurch  interessant  ist,  dass  auch  hier  wieder  das  Firstdreieck  in 
zwar  sehr  verkümmerter  Gestalt,  aber  doch  noch  deutlich  erkennbar  er- 
scheint. Bis  auf  die  Mauerflächen  des  unteren  Teiles  sind  alle  Teile  der 
Fassade  mit  senkrechten  und  horizontalen  Brettern  verkleidet.  Eingesetzte 
Rundbalken  vermitteln  dann  den  Übergang  zwischen  dem  unteren  und 
oberen  Teil  desselben.  —  Bei  einem  anderen  Hause  in  Gross-Horst 
sind  diese  Rundbalken  und  die  Kanten  der  Balken  mit  einem  tauähnlichen 
Ornament  (Fig.  17)  geschmückt,  das  bei  den  Fachwerkbauten  Braun- 
schweigs  sehr  häufig  zu  finden  ist. 

Auffallend  ist  bei  diesem  und  dem  nächsten  Hause  die  Anordnung 
des  Thores  an  der  Seite,  doch  befinden  sich  in  denselben  Dörfern  auch 
Häuser,  bei  denen  dasselbe  an  gewohnter  Stelle  ist.  —  Das  Haus  in 
Gross-Horst  (Fig.  18,  ohne  Jahreszahl)  zeigt  im  wesentlichen  dieselbe 
Fassade,  nur  ist  der  Raum  zwischen  den  spitzbogenförmigen  Verkleidungen 
noch  einmal  durch  einen  Querbalken  gegliedert  und  sind  die  Felder  über 
der  oberen  Konsolenreihe  ohne  Bretterschmuck.  In  der  Zurückschiebung 
des  Hauptthores  erinnert  es  an  die  beiden  Häuser  in  Suderburg  (Fig.  7). 
An  der  rechten  Seite  ist  noch  ein  Pferdestall  angebaut^). 

Es  mag  bei  dem  ersten  Anblick  zweifelhaft  erscheinen,  ob  wir  es  hier 
mit  originalen  Schöpfungen  zu  thun  haben  oder  ob  nicht  bei  der  Nähe 
Braunschweigs  und  Hildesheims,  auch  Hannovers,  an  städtischen  Einfluss 
gedacht  werden  müsse.  Ich  glaube  aber  dadurch,  dass  ich  gezeigt  habe, 
wie  sehr  der  niedersächsische  Bauer  an  einzelnen,  durch  das  Herkommen 
geheiligten  Elementen,  wie  der  Dachkappe,  dem  Firstdroieck  und  dem 
Hervorkragen  der  Geschosse,  festhält,  ein  Argument  zu  haben,  das  für  die 
erste  Mutmassung  spricht.  Ausserdem  steht  die  Erscheinung  der  spitzbogen- 
förmigen Verkleidung  ganz  isoliert  da;  es  wäre  doch  wunderbar,  dass  sich 
keine  ähnlichen  Bildungen  in  den  Städten  erhalten  hätten. 

Nicht  wenig  zu  der  eigentümlich  reizvollen  Erscheinung  der  soeben 
besprochenen  Häuser  trägt  die  Verkleidung  mit  Brettern  bei.  Schon  in 
dem  W  i  s  s  i  n  g  e  r  Haus  (Fig.  9)  trafen  wir  sie  an,  und  da  sie  auch  in  der 
Altmark  zu  ausgebreiteter  Verwendung  gekommen  ist,  so  scheint  es  fast, 
als  ob  sie  gerade  nach  Osten  hin  zunehme,  was  durch  den  märkischen 
Hausbau  auch  bestätigt  wird.    Zu  untersuchen  wäre  noch,  ob  das  sächsische 


1)  Es  befindet  sich  in  dem  Dorfe  Kirchhorst  ein  verlassenes  altes  Haus,  das  der 
Besitzer  jetzt  als  Eemise  benutzt.  Vielleicht  könnte  die  interessante  Fassade  mit  wenig 
Mitteln  für  das  Volkstrachten-Museum  erworben  werden,  um  als  Hofdekoration  zu  dienen. 
Abgesehen  von  dem  schönen  Objekt,  dürfte  sich  die  Gelegenheit  sobald  niclit  wieder  zeigen, 
ein  solches  zu  erwerben. 


Zur  Giebelentwickelung-  des  sächsischen  Bauernhauses.  141 

Haus  als  selbständige  AVeiterentwickelung  dazu  gekommen  ist,  oder  ob  es 
dieselbe  durch  fremde  (slavische?)  Beeinflussung  erhalten  hat. 

Als  ein  charakteristisches  Moment  erscheint  beim  sächsischen  Hause 
ilie  Überkragung,  sei  es  als  schräge  Dachkappe,  sei  es  als  senkrechtes 
Giebelfeld.  Aber  abseits  von  dieser  grossen  Gruppe  erscheint  noch  eine 
zweite,  die,  inmitten  anderer  Haustypen,  darauf  verzichtet  und  sich  nur 
mit  tler  symbolischen  Andeutung  derselben  begnügt.  Sie  ist  namentlich 
im  nördlichen  Teil  der  Mark  vertreten.  Schon  in  Bünde,  zwischen  Osna- 
brück und  Minden,  erscheint  ein  Haus^)  (Fig.  19),  das  lebhaft  an  märkische 
Häuser  erinnert.  Noch  ist  die  Dachkappe  und  das  Firstdreieck,  letzteres 
als  dreieckiges  Loch,  zu  erkennen,  aber  die  Yorkragung  fehlt  bereits,  und 
das  Fachwerk  des  oberen  Teiles  ist  mit  Brettern,  unten  senkrecht  und 
oben  wagerecht,  bekleidet.  Seltsamerweise  ist  das  Dach  über  der  Mitte 
eingeknickt,  was  die  Dachkappe  besonders  zur  Geltung  kommen  lässt. 
Die  Basis  der  letzteren  wird  durch  ein  nach  unten  geneigtes  Brett,  das 
von  Konsolen  getragen  wird,  gebildet,  worüber  ein  auf  der  Ecke  stehender 
viereckiger  Ausschnitt  als  Fenster  angebracht  ist. 

In  der  Mark  kommt  der  sächsische  Typus  häutiger  vor,  als  in  der 
Regel  vermutet  wird,  namentlich  aber  zeigt  sich  das  Gebiet  nördlich  der 
Spree  von  ihm  durchsetzt,  wo  sich  das  fränkische  Haus  mit  ihm  in  die 
Herrschaft  teilt.  Allerdings  zeigen  sich  bei  ihm  die  Einflüsse  des  letzteren 
unverkennbar.  Fast  nur  der  Giebeleingang  und  das  hin  und  wieder  vor- 
kommende Leben  von  Mensch  und  Tier  unter  demselben  Dache  (aber 
nicht  in  demselben  Raum!)  erinnern  an  den  sächsischen  Ursprung.  An 
die  Stelle  der  Diele  tritt  häufig  die  Küche  oder  ein  schmaler  Gang,  zu 
dessen  Seiten  die  Wohnstuben  liegen.  Den  hinteren  Teil  des  Hauses 
nehmen  dann  die  Kuh-,  Ziegen-  und  Schweineställe  ein.  Bei  grösseren 
Wirtschaften  sind  Pferdestall  und  Scheune  selbständige  Baulichkeiten. 
Fig.  20  und  21  sind  solche,  sächsischen  Ursprung  verratende  Häuser  aus 
dem  Dorfe  Rohrbeck  bei  Spandau').  Während  das  erstere  noch  ein- 
fach ist,  iiat  das  andere  auf  den  unteren  Ziegelmauern  ein  zweites  Stock- 
werk aufgesetzt  erhalten.  Wie  bei  dem  Bündeschen  Hause  (Fig.  18)  haben 
die  oberen  Giebelseiten  (bei  dem  einen  auch  die  Langseiten  teilweise)  eine 
Bretterverkleidung,  die,  wie  schon  oben  bemerkt,  für  die  Mark  Branden- 
burg charakteristisch  ist.  Yom  Rauchloch  ist  nichts  mehr  zu  entdecken. 
Die  Trennung  zwischen  Holz  und  Mauerwerk  ist  durch  ein  schräg  nach 
unten  geneigtes,  von  Konsolen  gestütztes  Brett  hervorgehoben. 


1)  Icli  konnte  das  Haus  nur  von  der  Balm  aus  betracliten,  kann  mich  daher  viel- 
leicht in  den  Einzelheiten  irren,  doch  ist  der  Gesaniteindnuk  so,  wie  ihn  die  Zeich- 
nung giebt. 

2)  Für  das  Alter  liess  sicli  nur  soviel  ermitteln,  dass  beide  Häuser  als  die  ältesten 
des  Dorfes  gölten. 


142  Jiriczek: 

Hat  sich  im  Yerlaiife  gezeigt,  dass  das  sächsische  Bauernhaus  durchaus 
uiclit  auf  eine  architektonische  Entwickehmg  verzichtet,  so  geht  diese  doch 
niemals  über  die  Giebelseite  hinaus.  Mir  ist  kehi  einziges  Beispiel  be- 
kannt, das  an  einer  anderen  Seite  des  Hauses  auch  nur  die  geringste  Spur 
einer  Schmuckform  aufweist.  Darin  liegt  ein  unterscheidendes  Merkmal 
gegen  andere  Typen,  die  mit  seltener  Ausnahme  der  Rückseite,  alle  Seiten 
in  den  Kreis  der  architektonischen  Entwickelung  ziehen.  Ein  anderer 
Gegensatz  ist  der  Verzicht  auf  selbständige  Ausladungen,  wie  Umgänge, 
Balkone,  Freitreppen  u.  a.  Nur  im  nördlichen  Teil  der  Mark  finden  sich 
und  überdies  höchst  selten  die  dürftigen  Ansätze  einer  Laube. 

Die  stilgeschichtlichen  Merkmale  lassen  sich  also  in  5  Punkte  zusammen- 
fassen: 1)  Die  Beschränkung  der  Ausschmückung  auf  den  Giebel,  2)  der 
Verzicht  auf  selbständige  Ausladungen,  3)  das  Hervorkragen  der  Geschosse, 
4)  die  symbolische  Beibehaltung  der  Dachkappe  und  5)  die  ornamentale 
Ausschmückung  des  Firstdreiecks.  Ohne  Zweifel  werden  diese  5  Punkte 
sich  bei  genügendem  Material  noch  näher  bestimmen  lassen,  vielleicht 
kommt  dann  auch  noch  eine  Ergänzung  hinzu;  in  der  obigen  Studie  ist 
nur  ein  schwacher  Versuch  gemaclit  worden,  aus  eitizelnen  Beobachtungen 
eine  stilistische  Entwickelung  des  sächsischen  Typus  herzuleiten.  Ist  diese 
erst  einmal  klargestellt,  dann  dürfte  sich  für  die  mittelalterliche  Stadt- 
architektur noch  so  mancher  w^ichtige  Einfluss  ergeben. 


Fseröisclie  Märclien  und  Sagen. 

Aus  dem  F^röischeu  übersetzt  von 
Dr.  Otto  Luitpold  Jiriczek. 

(.Schluss.) 


XXV.  Tröllanes. 
So  wird  erzählt,  dass  Trolle  gern  Häuser  der  Menschen  aufsuchen,  um 
sich  in  ihnen  aufzuhalten  und  sieh  in  der  dreizehnten  Nacht  zu  vergnügen. 
Nördlich  von  Nügvunes  im  Borgardal  in  Mikines  ist  ein  kleines  Haus  für  die 
Schafhirten  erbaut,  damit  sie  in  gewissen  Jahreszeiten  darhi  liegen  können, 
wo  der  Grasgang  weit  vom  Dorfe  entfernt  ist,  wenn  sie  auf  die  Schafe  achten 
sollen,  sie  am  Weideplatze  und  in  der  Nähe  der  Lagerplätze  und  Schnee- 
schutzbauten zu  halten  und  ihnen  zu  helfen,  wenn  sie  vom  Schnee  ver- 
schüttet sind.  Eines  Nachts  ging  ein  Hirt  so  vor  sich  hin  auf  den  Weide- 
platz östlich  in  Borgardal,  und  weil  ein  greuliches  Schneegestöber  liber 
ihn  kam,  gedachte  er  sich  in  dem  Hause  zu  verkriechen;  aber  da  er  sich 
dem  Hause  nähert,  hört  er  darinnen  (lepolter  und  Lärmen.     Er  ging  nun 


Fperöische  Mäa'clien  unrl  Sagen.  143 

zum  Fenster,  um  hineinzuguckeii,  uucl  wurde  uuu  gewahr,  dass  das  Haus 
innen  ganz  voll  von  Trollen  war,  die  sich  unterhielten,  tanzten  und  sangen: 
„Trum,  trum,  tralalei,  kalt  ist's  in  den  Bergen  bei  den  Trollen,  besser  ist's 
im  Hause  am  Hügel  „a  Skiilavöllum'',  trum,  trum,  tralalei,  tanzet  dicht 
an  den  Thüren." 

Übler  soll  es  in  Tröllanes  zugegangen  sein,  was  die  nördlichste  Siede- 
lung  in  Kalsoy  ist,  denn  dorthin  kamen  die  Trolle  jede  dreizehnte  Xacht 
lärmend  aus  allen  Himmelsrichtungen  in  so  grosser  Schar,  dass  die  Be- 
wohner zu  dieser  Festzeit  von  hier  nach  Mikladal  flüchten  und  dort  sein 
mussten,  so  lange  diese  Herrschaft  sich  in  Tröllanes  unterhielt;  davon  hat 
der  Platz  den  Namen  bekommen.  So  trug  es  sich  einmal  zu,  dass  ein 
altes  Weib  nicht  imstande  war,  mit  den  Bewohnern  fortzuziehen  und  des- 
halb in  der  dreizehnten  Nacht  zu  Hause  liegen  musste ;  sie  legte  sich  unter 
einen  Tisch  in  der  Rauchstube  [Zimmer,  in  dem  sich  der  Herd  befindet] 
und  krümmte  sich  dort  zusammen,  dass  die  Trolle  sie  nicht  sehen  sollten. 
Als  es  nun  gegen  den  Abend  ging,  sah  sie  die  Trolle  durch  die  Thür 
hereinwimmelu,  wie  wenn  Schafe  in  die  Hürde  getrieben  werden,  so  zahl- 
reich, dass  man  sie  nicht  zählen  konnte.  Sie  begannen  sogleich  zu  tanzen 
und  spielen.  Aber  als  sie  am  lustigsten  waren  und  der  Tanz  am  lautesten 
donnerte,  begann  sich  die  Alte  zu  entsetzen  und  rief  in  ihrer  Not  aus: 
„Jesus  sei  mir  gnädig!"  Als  die  Trolle  diesen  gesegneten  Namen  hörten, 
den  sie  alle  hassen  und  fürchten,  begannen  sie  alle  zu  schreien  und  riefen: 
„Gydja  hat  den  Tanz  gestört,"  und  sie  drängten  sich  alle,  nm  so  schnell 
als  möglich  zur  Thür  hinaus  zu  kommen,  und  haben  seither  nicht  gewagt, 
diesem  Platze  Unfrieden  zu  schaffen  und  auf  Tröllanes  zu  gasten.  Als 
nun  das  Volk  wiederum  aus  Mikladal  nordwärts  heimkam,  erwarteten  sie 
die  alte  Gydja  tot  zu  finden;  aber  sie  war  auf  den  Beinen  und  konnte 
davon  erzählen,  wie  es  ihr  mit  den  Trollen  gegangen,  und  wie  sie  ver- 
schwunden waren,  als  sie  sie  Jesus  nennen  hörten. 

XXVI.    Noas  Arche. 

An  einer  Stelle  auf  dem  höchsten  Teile  von  Kunoy  liegt  ein  Brett 
von  Noas  Arche;  Muscheln  und  Seeschnecken  sind  auf  ihm  angewachsen. 
Wenn  sich  Leute  im  Nebel  hier  im  Gebirge  verirrt  haben,  so  sollen  sie 
zu  demselben  gekommen  sein,  aber  keiner  hat  es  gefunden,  der  aus- 
gefahren ist,  es  zu  suchen. 

XXVH.    Die  Raubschärler'). 
In  Hattarvik  auf  Fugloy  lebten   einmal  in   alten  Tagen  drei  Männer, 
welche  Halvdan  Llvsson,    Högni  Nov    und  Rögvi  Skel  hiessen.     Hälvdan 

1)  Zur  Übersetzung  des  fser,  ^^Flokksinenn"  nach  Analogie  von  „Freischärler" 
gebildet. 


144  .Tiriczek: 

Ulvsson  war  der  stärkste  von  ihnen,  denn  er  vermochte  einen  Stein  zn 
lüften,  der  noch  auf  der  Weide  dort  gesehen  wird  und  „Hälvdan  Tlvsson 
Hub"  üenannt  wird:  der  Stein  misst  acht  Ellen  nach  der  Dicke  und  zehn 
Ellen  nach  der  Länge. 

Diese  drei,  die  nun  genannt  sind,  waren  eines  Herbstes  im  Gebirge 
mit  anderen  Fugloyingern.  Wie  es  Gewohnheit  ist,  hatte  jeder  Mann  Schaf- 
bänder mit  sich;  die  Schaf bänder  waren  nicht  gleichfarbig  und  auch  nicht 
gleich  gut,  und  es  kam  deshalb  zu  Streitigkeiten  unter  den  Treibern,  weil 
sich  jeder  die  besten  aneignen  wollte.  Aber  weil  diese  drei  Männer,  die 
vorher  genannt  sind,  zusammenhielten,  wagten  jene  ihnen  nicht  zu  wehren, 
die  besten  Schaf  bänder  zu  nehmen.  Diese  drei  sahen  nun,  dass  sie  die 
Oberhand  über  jene  gewannen,  und  es  fiel  ihnen  da  ein,  hätten  sie  den 
Willen  dazu,  da  stünde  es  in  ihrer  Gewalt,  sich  erst  Fugloy  zu  unterwerfen 
und  dann,  wenn  sie  einige  als  Gefolgschaft  für  sich  gewännen,  alle  Fjeroyer. 
Und  es  dauerte  nicht  lange,  dass  sie  beschlossen,  das  ins  Werk  zu  setzen, 
was  früher  nur  in  ihren  Gedanken  gewesen  war.  Aber  das  sahen  sie,  sollte 
alles  gut  gehen,  was  sie  vorhatten,  so  müssten  sie  bewaffnet  sein,  und  des- 
halb sandten  sie  einen  Brief  an  den  König  und  baten  um  Schwerter.  Von 
dort  kam  die  Antwort  zurück,  dass  die  Faeroyinger  friedliche  Menschen 
seien  und  deshalb  bedürfe  es  keiner  Schwerter  auf  den  Faeroyern.  Aber 
sie  waren  hartnäckig  und  wollten  sich  nicht  geben;  sie  schrieben  dem 
Könige  wiederum  und  berichteten,  dass  auf  den  Faeroyern  kein  Friede  sei 
vor  ausländischen  Eäubern,  welche  das  Volk  beeren  und  erschlagen  könnten, 
ehe  es  jemand  ahne.  So  ist  es,  wenn  man  hartnäckig  ist:  —  sie  erhielten 
da  Schwerter. 

Nun  soll  der  vierte  Mann  in  Hattarvik  mit  Namen  genannt  werden; 
er  hiess  Sjürd  an  der  Gellingarä;  er  war  wie  jene  drei  gross  und  stark; 
aber  darin  war  er  jenen  ungleich,  dass  er  ruhiger  und  stiller  als  sie  war, 
und  selten  war  er  ratlos;  er  war  ein  reicher  Bauer.  Diesen  Sjürd  wollten 
jene  drei  als  Teilnehmer  gewinnen;  aber  als  sie  mit  ihm  darüber  geredet 
hatten,  wich  er  ihnen  immer  aus  und  wendete  es  in  Scherz.  Er  hatte  zwei 
Ursachen,  so  zu  thun;  die  eine  war,  dass  ihm  das  nicht  gefiel,  was  sie 
vorhatten,  die  andere  Ursache  aber  war,  dass  er  kurz  vorher  in  Gata  ein 
Mädchen  gesehen  hatte,  die  Tochter  des  reichen  Bauern  „unten  bei  Hüs". 
Ihm  gefiel  das  Mädchen  sehr,  so  sehr,  dass,  als  er  nach  Fugloy  zurück- 
gekommen war,  das  Herz  in  Gata  zurückgeblieben  war ;  er  war  daher  zum 
zweitenmale  nach  Gata  gefahren  und  hatte  um  sie  gefreit.  Das  Mädchen 
hatte  ihm  so  geantwortet:  „Kommst  du  übers  Jahr  in  demselben  Boote 
wiederum,  wie  du  heute  kamst,  so  soll  geschehen,  wie  du  willst."  Weil 
er  nun  an  seine  Hochzeit  dachte,  war  er  unwillig,  eine  solche  gefäln'liche 
Fahrt  zu  fahren.  Aber  nun  hatten  die  drei  sich  das  in  den  Kopf  gesetzt, 
dass  Sjürd  mit  ihnen  fahren  sollte,  und  da  er  nun  nicht  im  guten  wollte, 
kamen  sie  eines  Ostermorgens  früh   in   die  Stube,    wo   er  lag  und  schlief. 


Faeröische  Märchen  und  Sagen.  145 

zogeu  ihn  unter  der  Decke  heraus  und  versicherten,  dass  er  das  Leben 
lassen  solle,  wenn  er  nicht  darauf  eingehen  wolle,  was  sie  im  Sinne  hatten, 
und  sich  nicht  mit  ihnen  verbinden  wolle.    Da  liess  er  es  sich  gefallen. 

So  gingen  alle  vier  vor  die  Thür,  Hessen  sich  zur  Ader  und  Hessen 
das  Blut  zusammenrinnen,  um  zu  sehen,  ob  alle  in  dem,  was  man  nun  vor- 
hatte, gleichgesinnt  wären.  Aber  das  Blut  Sjürds  wollte  nicht  mit  ihrem 
Blute  zusammenfliessen,  und  darum  wurden  sie  zornig  und  sie  sagten: 
„Nun  wollen  wir  dich  töten,  denn  du  willst  nicht  mit  uns  halten."  Aber 
Sjürd  antwortete:  „Das  ist  nicht  so,  wie  ihr  glaubt;  ist  so  wenig  Witz  in 
euch,  dass  ihr  nicht  seht,  dass  deshalb  mein  Blut  mit  eurem  nicht  zusammen- 
fliessen will,  w^eil  euer  Blut  heiss  ist,  aber  meines  kalt?"  Sie  sahen  da 
ein,  dass  das  wahr  sei.  An  der  Stelle,  wo  sie  ihr  Blut  mischten,  wuchsen 
zwei  Hügel  aus  der  Erde,  und  sie  sind  bis  heute  gesehen  worden. 

Am  (^lafstag  [29.  Juli  obitus,  3.  August  translatio  scti  Olai]  fuhren 
diese  vier  Räuber  oder  Raubschärler,  wie  sie  nun  bald  genannt  wurden, 
nach  [Thors -]Havn,  um  mit  den  anderen  Fgeroyingern  über  ihr  Vorhaben 
zu  reden,  sich  alle  F^eroyer  zu  unterwerfen,  welche  damals  unter  aus- 
ländischer Herrschaft  standen.  Sie  bekamen  da  fünfzig  zur  Gefolgschaft 
als  Unterstützung;  die  meisten  von  diesen  waren  aus  Suduroy.  So  wurde 
abgemacht,  dass  sie  auf  dem  Gataisthmus  sich  treffen  sollten,  und  sie 
sollten  sich  gegenseitig  daran  erkennen,  dass  ihre  Boote  an  der  einen  Seite 
geteert  sein  sollten,  und  weiss  an  der  anderen.  Aber  das  war  den  Raub- 
schärlern  nicht  zum  Vorteil,  dass  sie  andere  als  Gefolgschaft  für  sich  ge- 
wonnen hatten,  denn  da  wurde  ihr  Vorhaben  ausgetragen  und  bald  auf 
allen  Fseroyern  bekannt,  so  dass  das  Volk  an  den  meisten  Orten  Wacht  vor 
den  Raub  schärlern  hielt. 

Als  die  vier  Raubschärler  wieder  aus  Havn  heimkamen,  versuchten 
sie,  sich  ganz  Fugloy  zu  unterwerfen.  In  Fugloy  sind  nicht  mehr  als 
zwei  Siedelungen:  Hattarvi'k,  wo  die  Raubschärler  wohnten,  und  Kirkja, 
welche  so  genannt  war,  weil  eine  Kirche  hier  erbaut  war.  Sie  fuhren  da 
vollbewaffnet  nach  Kirkja;  aber  hier  hieltend  die  Leute  Wache,  und  als  sie 
die  Raubschärler  sahen,  flohen  alle  aufs  eiligste  in  die  Kirche  hinein,  denn 
die  Kirche  war  ein  geweihtes  Heiligtum,  so  dass  nicht  der  ärgste  Räubej- 
es  wagte,  hier  den  Frieden  zu  brechen.  Als  die  Raubschärler  das  Volk 
in  die  Kirche  fliehen  sahen,  sagten  sie  zu  Sjürd:  „Du  bist  der  schnellste, 
Sjürd,  beeile  dich  hinabzukommen  und  töte  jeden,  dessen  du  habhaft  wirst." 
Sjürd  rannte  da  was  er  nur  konnte,  und  als  er  zu  den  Häusern  kam,  sah 
er  ein  kleines  Kind,  welches  sie  in  ihrem  Entsetzen  vergessen  hatten,  in 
die  Kirche  mitzunehmen.  Sjürd  wollte  am  liebsten  das  Kind  wegschaffen; 
aber  er  wollte  auch,  dass  die  Raubschärler  ihn  für  tüchtig  und  böse  halten 
sollten,  damit  sie  nicht  wieder  Verdacht  gegen  ihn  fassen  sollten.  Er 
stach  daher  den  Speer  in  die  Kleider  des  Kindes  und  warf  es  über  eine 
Hausreihe,    um   es  vom  Wege  wegzubringen,    denn  jene  hätten  zweifellos 


j46  Jiriczek: 

das  Kind  getötet,  hätten  sie  es  gefunden.  Aber  weil  er  bebte,  so  warf  er 
so  hart,  dass  das  Kind  steintot  blieb,  als  es  wieder  anf  die  Erde  nieder- 
fiel. Die  Fnssspur,  in  der  Sjürct  stand,  als  er  das  Kind  über  die  Haus- 
reihe warf,  wird  noch  gesehen,  denn  dort  ist  später  kein  Grashalm  ge- 
wachsen. Weil  sonst  alles  Volk  im  Dorfe  in  die  Kirche  geflohen  war,  so 
dass  ihnen  nichts  angethan  werden  konnte,  mussten  die  Eaubschärler  mit 
langen  Nasen  nach  Hattarvik  zurückfahren. 

Sie  gedachten  nun,  es  mit  dem  Bauer  in  Arnafjord  zu  versuchen  und 
zogen  daher  ihr  Boot,  geteert  an  der  einen  Seite,  weiss  an  der  anderen, 
ins  Wasser. 

Als  sie  ein  Stück  vom  Lande  gekommen  waren,  entschlüpfte  es  Sjürd: 
„Zu  schön  ist  Eystfelli,  davon  wegzufahren!"  Hälvdan  ülvsson  erwiderte: 
„Schwächling,  schöner  sind  alle  Faeroyer."  „Wenn  du  sie  hast,"  antwortete 
Sjürd.  —  Sie  kamen  nun  zum  Bauer  in  Arnafjord  ins  Haus;  er  war  so- 
wohl gross  wie  stark  und  leistete  Hälvdan  Widerstand;  sie  kämpften  lange 
miteinander  und  es  schien  gleich  zu  stehen.  Als  der  Knecht  des  Bauern 
dies  sah,  legte  er  sich  vor  die  Füsse  des  Bauern,  so  dass  dieser  über  ihn 
fiel.  Hälvdan  ülvsson  hieb  ihm  da  mit  seinem  Schwerte  das  Haupt  ab. 
Als  er  tot  war,  wandte  sich  der  Knecht  zu  dem  kopflosen  Körper  und 
sagte:  „Nun  erhieltest  du  Lohn  für  deine  [schlechte]  Milch." 

Von  hier  fuhren  sie  durch  den  Hvannasund  und  dann  hielten  sie  an 
den  Kunoyarklippen  vorbei,  denn  sie  wollten  nach  Kunoy.  Als  sie  an  den 
Klippen  vorbeikamen,  war  hier  ein  Boot  auf  der  Ausfahrt;  als  die  Männer 
auf  dem  Boote  sahen,  wie  jenes  Boot  gefärbt  war,  wussten  sie  sofort,  dass 
das  die  Raubschärler  waren,  und  sie  beeilten  sich  daher,  in  eine  Kluft  zu 
fahren.  Keiner  von  den  Raubschärleru  ausser  Sjürd  hatte  das  Boot  ge- 
sehen. Als  die  Raubschärler  an  der  Kluft  vorbeifuhren,  musste  ein  alter 
Manu  in  jenem  Boote  husten;  sowohl  Sjürd  als  Hälvdan  Ülvsson  hörten 
das.  Hälvdan  sagte:  „Hier  ist  ein  Boot  drinnen";  aber  Sjürd  antwortete: 
„Immer  hast  du  Verdacht;  hörst  du  nicht,  dass  das  die  See  ist,  welche 
sich  in  der  Kluft  bricht?"  „Es  kann  sein,  dass  es  so  ist,  wie  du  sagst," 
antwortete  Hälvdan,  und  sie  ruderten  ihres  Weges. 

So  wollte  es  der  Zufall,  dass  ein  Sohn  des  Bauern  auf  Kunoy  an  dem- 
selben Tage  draussen  auf  dem  Grasgang  war.  Der  Nordwestwind  hatte 
grosse  Schneehaufen  aufgehäuft.  Als  Ami  —  so  hiess  der  Sohn  des 
Bauern  —  den  Grasgang  zu  Ende  gegangen  hatte,  war  er  müde,  denn  es 
war  viel  Schnee  vor  seinen  Füssen  gewesen.  Er  hatte  sich  kaum  nieder- 
gesetzt, um  sich  auszuruhen,  als  er  ein  Boot  sah,  das  zum  Lande  hielt.  Er 
rief  sie  an  und  fragte,  wohin  sie  gedächten;  sie  antworteten:  nach  Kunoy. 
Er  war  froh,  dem  Heimwaten  durch  den  Schnee  zu  entgehen  und  bat  sie, 
ihn  ins  Boot  aufzunehmen;  das  sei  ihnen  ein  Vergnügen,  sagten  sie.  Als 
er  ins  Boot  gekommen  war,  sah  er  einen  Haufen  Waffen  hier;  rückwärts 
im  Achtersteven  lagen  vier   Schwerter,   je  eines   für  jeden  Raubschärler; 


¥ 


Fseröische  Märchen  und  Sagen.  147 

(lann  hatten  sie  auch  sowohl  Äxte  als  Speere.  Er  begann  da  zu  argwöhnen, 
das  möchten  die  Raubschärler  sein,  bei  denen  er  im  Boote  war;  Entsetzen 
befiel  ihn,  wie  zu  erwarten  steht,  aber  er  liess  sie  das  nicht  an  ihm  merken. 
„Willst  du  mit  uns  sein?"  fragte  Rogvi  Skel  Arni.  „Wozu?"  antwortete 
Arni.  „Die  Fteroyer  zu  gewinnen,"  antwortete  Rogvi.  „Ja,  das  will  ich," 
erwiderte  Arni.  Da  sagte  Rogvi:  „Nun  sollst  du  zuerst  Vormann  nach 
Kuuoy  bei  uns  sein,  denn  wir  kennen  uns  nicht  gut  aus."  „Das  will  ich 
thun,"  antwortete  Ami,  „dorthin  bekommt  ihr  keinen  besseren  Vormann 
als  mich;  ich  will  nun  den  Weg  in  vier  Teile  teilen:  das  erste  Viertel  soll 
Rogvi  Skel  steuern,  das  andere  Högni  Nev,  das  dritte  Halvdan  Tlvsson  und 
das  vierte  Sjürd. 

Darauf  sass  er  still  und  war  wie  zwischen  Erde  und  Hölle,  denn  er 
erwartete  sich  den  gewissen  Tod. 

Da  begann  Sjürd:  mit  ihm  zu  reden,  doch  leise,  damit  es  jene  nicht 
hören  sollten,  und  sagte:  „Nun  ist  dir  der  Tod  gewiss,  denn  die  Raub- 
schärler schlagen  dir  den  Kopf  ab,  bevor  sie  ans  Land  legen;  ich  weiss 
keinen  anderen  Rat  für  dich,  als  dass  du  auf  die  flache  Klippe  unter 
Kunoy  springst  und  versuchst,  von  dort  auf  das  Land  zu  springen;  willst 
du  das  versuchen,  so  werde  ich  das  Boot  dicht  an  die  Klippe  steuern." 
Arni  glaubte,  von  der  Schäre  an  das  Land  springen  zu  können. 

Halvdan  Ülvsson  bemerkte,  dass  sie  im  geheimen  miteinander  sprachen; 
er  rief  Sjürd  plötzlich  an  und  sagte:  „Was  ist  das,  Sjürd,  worüber  ihr  sitzt 
und  flüstert;  warum  dürfen  wir  das  nicht  hören?"  Sjürd  erwiderte  still: 
„Sage  dem  Volke,  das  wohl  noch  in  der  Kirche  ist,  dass  sie  nicht  aus  ihr 
herausgehen  dürfen;  denn  nirgends  sind  sie  vor  den  Raubschärlern  sicher, 
ausser  in  einer  geweihten  Kirche.  Denke  nun  wohl  daran,  was  ich  dir 
gesagt  habe."  „Das  will  ich,"  antwortete  Arni.  Halvdan  T'lvsson  nahm 
nun  zum  zweitenmale  das  Wort,  war  zornig  und  sagte:  „Was  für  ein 
Geheimnis  ist  das,  worüber  du  mit  ihm  zu  flüstern  hast?  Sitze  nicht  und 
flüstere  und  flüstere,  sondern  sprich  laut,  dass  wir  hören  können,  was  du 
sagst."  Sjürd  antwortete:  „Ich  fragte  ihn,  ob  die  Kühe  in  Kunoy  noch 
ebenso  fett  sind,  wie  sie  in  alter  Zeit  waren,  und  er  sagt,  es  sei  so."  Als 
sie  sich  der  Landungsstelle  in  Kunoy  näherten,  steuerte  Sjürd  dicht  an  die 
Klippe,  und  als  sie  gerade  au  ihr  vorbeifuhren,  sprang  Arni  aus  dem  Boote 
auf  die  Klippe  und  von  dort  auf  das  Land;  die  Klippe  liegt  aber  sechst- 
halb Ellen  vom  Lande,  so  dass  ein  Achtruderer  dazwischen  durchfahren 
kann.  Sjürd  nahm  eine  Axt  und  warf  nach  Arni,  aber  mit  Willen  traf  er 
nicht.  Halvdan  Ülvsson  sprang  eilig  auf  die  Klippe,  um  Arni  zu  ver- 
folgen, aber  er  wagte  nicht,  auf  das  Land  zu  springen  und  musste  deshalb 
einen  unbequemeren  Weg  fahren;  der  Kunoyinger,  der  leicht  zu  Fuss  war, 
kam  ihm  so  um  etwas  voraus,  aber  als  Halvdan  sah,  dass  er  ihn  nicht 
wieder  erwischen  konnte,  schleuderte  er  die  Axt  nach  ihm.  Sie  sauste 
acht  Faden    in    der  Luft  und  kam  dann  auf  den  Fels  in  die  letzte  Fuss- 


148  Jiriczek: 

spur  nieder,  welche  Ami  getreten  hatte.  Das  Loch  von  der  Axt  sieht 
man  noch  heute  deutlich  im  Felsen.  Arni  rief  in  die  Kirche  hinein  und 
warnte  jeden,  von  dort  herauszukommen,  denn  die  Raubschärler  seien  ins 
Land  gekommen;  darauf  eilte  er  in  das  Gebirge  und  verbarg  sich  dort. 

Als  die  Raubschärler  zu  den  Häusern  kamen,  sahen  sie,  dass  alle 
Kunoyinger  in  der  Kirche  waren;  sie  begannen  da  daran  zu  denken,  dass 
es  am  besten  wäre,  zu  versuchen,  sich  Freundschaft  bei  den  Kunoyingern 
zu  gewinnen;  sie  verbargen  darum  ihre  Waffen,  bejahten,  dass  sie 
Räuber  seien,  aber  gelobten,  dass  sie  den  Kunoyingern  nichts  böses  an- 
thun  wollten;  und  so  war  hier  Friede  und  Freundschaft.  Einmal,  als  dar- 
über gesprochen  wurde,  dass  geweihte  Kirchen  vor  Räubern  schützten, 
fragten  sie  die  Kunoyinger:  ;„Wo  ist  die  Kirche  auf  den  Fasroyern,  die  uns 
schützen  kann?"  Die  Kunoyinger  antworteten:  „Das  ist  die  Svinoykirche, 
denn  sie  ist  die  letztgeweihte."  Aber  das  war  eine  Lüge,  denn  die  Svinoy- 
kirche war  die  einzige  Kirche  auf  den  Fasroyern,  welche  ungeweiht  war. 

Die  Raubschärler  sagten,  dass  ihre  Absicht  sei,  nach  Tröllanes  zu 
fahren  und  fragten  die  Kunoyinger,  wann  es  am  besten  wäre,  dorthin  zu 
fahren.  Die  Kunoyinger  antworteten:  „Nord -Nordostwind  ist  die  beste 
Windrichtung"  und  höchster  Stand  der  Westströmung  ist  die  beste  Meer- 
strömung." Sie  verweilten  noch  einige  Tage  auf  Kunoy,  dann  aber  schien 
ihnen  die  beste  Gelegenheit  zur  Überfahrt  nach  Tröllanes  gekommen  zu 
sein.  Als  sie  ein  Stück  vom  Lande  gekommen  waren,  war  es  so  schlimm 
in  der  See,  dass  sie  nahe  daran  waren,  unterzugehen;  sie  wagten  deshalb 
nicht,  ihren  Weg  fortzusetzen,  sondern  kehrten  nach  Kunoy  um.  Die 
Kunoyinger  fragten  da:  „Warum  kommt  ihr  so  bald  zurück?"  „Wir  kamen 
nicht  weiter  wegen  der  Wut  der  See,"  antworteten  sie.  Aber  die  Kunoyinger 
sagten  da:  „Wäret  ihr  weiter  gefahren,  so  wäret  ihr  aus  aller  Gefahr  ge- 
kommen." Als  die  Raubschärler  dies  hörten,  ermannten  sie  sich  und  fuhren 
zum  zweitenmale  weg  nach  Tröllanes.  Obwohl  die  See  nun  noch  schlimmer 
war,  als  das  erste  Mal,  wollten  sie  nicht  umwenden,  sondern  ruderten 
geradeaus  dicht  zum  Landungsplatz  von  Tröllanes.  Aber  hier  ging  die 
Brandung  bis  zum  Grase  hinauf,  über  vierzig  Ellen  schoss  sie  die  Klippen- 
wand hinauf,  so  dass  man  nicht  daran  denken  konnte,  hier  zu  landen; 
Wut  war  in  der  See  und  ein  Sturm  im  Winde,  so  dass  sie  am  Leben  ver- 
zweifelten. Sie  steuerten  deshalb  nach  Kunoy  zurück  und  konnten  gerade 
nur  von  sich  selbst  Botschaft  bringen  [d.  h.  sie  mussten  zufrieden  sein,  ihr 
Leben  gerettet  zu  haben].  Sie  sagten  da  zu  den  Kunoyingern:  „Wir 
kommen  niemals  nach  Tröllanes;  wir  waren  dicht  am  Landungsplatz,  aber 
es  war  nicht  daran  zu  denken,  au  das  Land  zu  kommen,"  und  so  schworen 
sie  einen  teuren  Eid  darauf,  dass  sie  nicht  wieder  versuchen  wollten,  nach 
Tröllanes  zu  kommen,  ehe  sie  sich  alle  F^eröer  unterworfen  hatten.  Da 
antworteten  die  Kunoyinger:  „Wäret  ihr  um  die  Zange  gekommen,  welche 
bei  der  Landung  liegt,  so  war  es  erreicht."    Aber  das  war  eine  Lüge,  wie 


Ffpröische  Märchen  imd  Sagen.  149 

alles  andere,  was  die  Kimoyinger  den  Raubschärlern  gesagt  hatten;  würden 
sie  weiter  gefahren  sein,  so  w^ären  sie  ertrunken. 

Die  Raubschärler  sassen  nun  ruhig  auf  Kuuoy,  bis  sich  die  Zeit 
näherte,  wo  sie  sich,  wie  abgemacht  war,  auf  dem  Gataisthmus  treffen 
sollten.  Sie  fuhren  da  eines  Abends  weg  und  steuerten  an  Götunes  vorbei. 
An  demselben  Abend  waren  die  Vagleute  auf  der  Ausfahrt;  sie  sahen  das 
Boot  der  Raubschärler  und  erkannten  es  an  der  Farbe,  denn  es  war  Mond- 
schein, und  flohen  daher  eiligst  in  eine  Kluft  an  der  Westseite  von  Bordoy. 
Sjürd  hatte  das  Boot  deutlich  gesehen,  und  als  es  in  die  Mündung  der  Kluft 
einfuhr,  bemerkte  es  Hälvdan  Ülvsson.  „Hier  fuhr  ein  Boot  in  die  Kluft," 
sagte  er.  Aber  Sjürd  antwortete:  „Du  siehst  immer  so  viel;  siehst  du 
nicht,  dass  das  der  Mond  ist,  welcher  auf  die  Brandungswogen  am  Lande 
scheint?"  „Das  kann  so  sein,"  dachte  Halvdan  bei  sich,  und  so  ruderten 
sie  ihres  Weges.  Hernach  ist  die  Kluft  Managjögv  [Mondschlucht]  ge- 
nannt worden. 

Nun  ist  davon  zu  berichten,  dass  die,  welche  die  Amtsgewalt  auf  den 
Fferoyern  hatten,  von  dieser  Zusammenkunft  geliört  hatten,  welche  auf  dem 
Gataisthmus  stattfinden  sollte,  und  die  Fünfzig,  welche  sich  die  Raub- 
schärler auf  dem  Thing  in  Havn  zur  Gefolgschaft  gewonnen  hatten,  wurden 
nun  festgesetzt  und  konnten  deshalb  nicht  kommen.  An  dem  Tage,  an 
dem  das  Zusammentreffen  stattfinden  sollte,  waren  in  Gata  Fa?royinger  aus 
allen  Gegenden,  viele  Hundert,  zusammengekommen,  um  diese  vier 
Raubschärler  von  den  Nordinseln  zu  fangen.  Als  sie  nun  mit  ihrem  Boote 
landeten,  das  an  der  einen  Seite  geteert  und  weiss  an  der  anderen  war, 
und  diese  ganze  Menscheuschar  sahen,  und  sahen,  dass  sie  alle  ihre  Feinde 
waren,  aber  keinen  Freund  sahen,  keinen  ihrer  Männer,  da  wendeten  sie 
eiligst  das  Boot  und  ruderten  aus  Gata  weg.  Ihnen  fiel  ein,  was  die 
Kunoyinger  gesagt  hatten,  dass  die  Svinoykirche  die  letztgeweihte  sei, 
und  deshalb  nahmen  sie  ihre  Zuflucht  zu  der  Fahrt  nach  Svinoy.  Sie 
legten  nördlich  von  der  Landenge  an,  zogen  das  Boot  auf  das  Land,  gingen 
über  die  Landenge  und  in  die  Siedelung  hinab,  und  so  vergnügt  waren 
sie  da,  dass  sie  wie  kleine  Jungen  zu  spielen  und  mit  Steinen  nach  einem 
Ziele  zu  werfen  begannen. 

Aber  die  Faeroyinger  ermannten  sich,  wappneten  sich  aufs  beste  und 
fuhren  mit  zahlreichen  Booten  nach  Svinoy,  um  die  Raubschärler  festzu- 
setzen. So  ward  erzählt,  dass  gegen  siebzig  Bote  miteinander  dorthin 
fuhren.  Als  sie  unterhalb  der  Landenge  anlegten,  sahen  sie  das  Boot  der 
Raubschärler  hier  stehen  und  bekamen  auf  diese  Weise  zu  wissen,  dass  die- 
selben in  Svinoy  waren.  Sie  machten  da*  Halt  und  sandten  die  erste  Schar 
hinab,  um  die  vier  Männer  zu  ergreifen;  aber  die  hörten  da  auf  zu  spielen, 
ergriffen  ihre  Waffen  und  wehrten  sich  mannhaft.  Als  die  Fjeroyinger  das 
sahen,  sandten  sie  unverzüglich  die  zweite  Schar  gegen  sie;  aber  die  Raub- 
schärler wehrten  sich  tapfer  und  es   ist  ungewiss,    ob   sie  nicht  gewonnen 

Zeitschrift  d.  Vereins  f.  Volkskuude     1892.  H 


150  Jiriczek: 

hätten,  wären  nicht  so  viele  gegen  sie  gewesen.  Die  Faeroyinger  sandten 
da  die  dritte  Schar  hinab,  und  in  dieser  waren  viele  starke  und  wohl- 
bewaffnete Männer.  Als  die  Raubschärler  sie  kommen  sahen,  verloren 
sie  den  Mut  und  flohen  zur  Kirche.  Hier  legten  sie  ihre  Wafl'en  vor  der 
Kirchonthür  nieder,  gingen  darauf  in  die  Kirche  hinein  und  glaubten  nun 
ausser  aller  Gefahr  zu  sein.  Aber  die  Fajroyinger  wussten,  dass  die  Svinoy- 
kirche  ungeweiht  war:  sie  wählten  daher  die  stärksten  Männer  aus,  zuerst 
in  die  Kirche  hineinzugehen  und  an  die  Raubschärler  Hand  anzulegen;  so 
wurden  sie  festgenommen  und  gebunden. 

So  war  das  Urteil  lange  vorher  gefallen,  dass  diese  vier  Raubschärler 
aus  den  Nordinseln  von  der  höchsten  Valaklippe  bei  Skalabotn  herab- 
gestürzt werden  sollten.  Sie  wurden  da  zuerst  nach  Gata  geführt  und  zu 
dem  Bauern  „unten  bei  Hüs"  eingebracht. 

Als  die  Tochter  des  Bauern  Sjürd  mit  am  Rücken  gebundenen  Händen 
und  zum  Tode  verurteilt  sah,  weinte  sie  und  sagte:  „Ich  sehe,  du  kommst 
als  anderer  heute,  als  du  heute  vor  einem  Jahr  kamst,  da  du  um  mich 
freitest;"  das  war  just  der  Tag,  den  sie  ein  Jahr  früher  Sjürd  bestimmt 
hatte,  als  er  um  sie  warb.  Sjürd  weinte  und  konnte  vor  Sorge  und  Kummer 
kaum  reden. 

Die  Gefangenen  erhielten  einige  Zeit,  um  sich  zum  Tode  vorzubereiten. 
Hälvdan  Ülvsson,  Högni  Nev  und  Rögvi  Skel  setzten  sich  da  zu  Tisch  und 
thaten  sich  gütlich  an  gedörrtem  Fleisch  und  allerhand  guten  Speisen  und 
Getränken,  aber  Sjürd  nahm  sein  Gebetbuch,  um  darin  zu  lesen,  und  bat 
Gott,  ihm  seine  Sünden  zu  vergeben.  Als  die  Fasroyinger  das  sahen, 
fassten  sie  noch  mehr  Wohlwollen  gegen  Sjürd;  sie  gedachten  daran,  dass 
er  gegen  seinen  Willen  genötigt  gewesen,  Räuber  zu  werden,  und  dass  er 
versucht  hatte,  soviel  Böses  zu  verhindern,  als  in  seiner  Macht  stand,  und 
deshalb  wollten  sie  ihm  Leben  und  Sicherheit  schenken.  Aber  Sjürd  be- 
gehrte sein  lioben  zu  lassen;  „ich  habe  in  das  Böse  eingewilligt,  das  jene 
begangen  haben,"  sagte  er,  „deshalb  will  ich  dieselbe  Vergeltung  empfangen 
wie  sie,  und  wenn  ich  diesmal  losgekommen  wäre,  so  könnte  ich  dazu 
kommen,  ein  anderes  Mal  Böses  zu  thun." 

Die  Raubschärler  wurden  darauf  auf  die  höchste  Yalaklippe  geführt, 
von  dort  hinabgestosseu  und  unten  begraben.  Ihre  Gräber  sieht  man  noch 
heute;  die  Gräber  der  Drei  sind  schwarz  und  hässlich,  Sand  und  Stein; 
aber  das  Grab,  in  dem  Sjürd  ruht,  das  ist  schön;  immer  ist  es  mit  grünem 
Grase  geschmückt. 

XXVin.    Orm,  der  Bauer  auf  Skali. 

Ein  Übelthäter    wird  auf   den  Pairoyern    erwähnt,    Orm,    der   Bauer, 

„a  ytra  Skala"    in  Eysturoy.      Er    war    gross    und  stark  und  besass  viele 

Äcker.    Er  befasste  sich  nicht  mit  dem  Ausrudern  und  dem  Liegen  auf  dem 

Meere,  sondern  dachte  umsomehr  an  seine  Schafe,  und  da  er  nicht  von  den 


Fseröische  Märchen  und  Sagen.  151 

seinigen  [welche  zum  Speisen]  zu  nehmen  sich  entschliessen  konnte,  stahl 
er  sie  seinen  Nachbarn  von  der  AVoide;  denn  das  Leben  dünkte  ihm  wenig 
wert  zu  sein,  wenn  kein  Fleisch  zum  Essen  da  war. 

Pastur,  der  Bauer  in  Funning,  war  einer  seiner  Nachbarn.  Orm  war 
oft  im  Hage  des  Funriingsbauern,  um  ihm  Schafe  zu  rauben.  Einmal 
gellt  Psetur  durch  seine  Flur,  und  sieht  dort  Orm  gehen  und  seinen  Hund 
nach  den  Schafen  hetzen;  aber  er  wusste,  dass  er  das  Leben  verlöre, 
hielte  er  nicht  heimlich,  dass  er  Orm  auf  unerlaubten  Wegen  gesehen 
habe;  er  gedachte  ihm  deshalb  aus  den  Augen  zu  kommen  und  ging  weg; 
aber  Orm  lief  ihm  geradenwegs  nach.  Psetur  ging  ruhig  weiter  und  that 
so,  wie  wenn  er  ihn  nicht  sähe.  Orm  kam  nun  zu  Pcetur  und  sagte  guten 
Tag  zu  ihm,  und  er  blickte  sich  da  um  und  sagte,  er  sei  erschrocken,  als 
er  hinter  sich  reden  gehört  habe,  denn  er  habe  nicht  erwartet  hier  einem 
Menschen  zu  begegnen.  Orm  fragte  ihn  nun,  ob  er  ihn  nicht  früher  als 
jetzt  gesehen  habe.  Pastur  verneinte  es  und  sagte,  dass  er  darum  so 
zusammengefahren  sei,  als  ihn  Orm  anredete.  Orm  erwiderte,  wie  es 
auch  sei,  er  solle  ihm  nun  einen  Treueid  schwören,  was  er  ihn  auch  von 
diesem  Augenblicke  an  tliuu  sehe,  das  sollte  er  nie  einem  Menschen  kund- 
thun;  schwöre  er  das  nicht  hoch  und  teuer,  so  solle  er  nicht  mit  dem 
Leben  davonkommen.  Orm  stand  nun  mit  der  Axt  in  der  Hand  und 
drohte  ihn  zu  erschlagen ;  Psetur  wusste  daher  keinen  anderen  Rat  sein 
Leben  zu  bergen,  als  zu  schwören,  und  so  entkam  er  Orm  diesmal.  — 
Einige  Zeit  verging  nach  diesem  Ereignis,  da  fuhr  der  Funningsbauer 
nach  [Thorsjhavn;  aber  er  hatte  soviel  dort  im  Süden  zu  thun  und  anderes 
zu  besorgen,  dass  er  nicht  mit  dem  Funningsboote  zurück  nach  Norden 
kommen  konnte  und  sich  von  den  Thorshavnern  Überfahrt  erbat,  welche 
ihn  einige  Tage  später  nach  Strendur  überführten,  und  von  hier  ging  er 
dann  zu  Fuss  nordwärts  über  die  Lisel.  Er  ging  nun  geradenwegs  nach 
Skäli,  und  weil  der  Weg  am  Hause  Orms  „a  ytra  Skala"  vorbeiging, 
konnte  er  nicht  anders  als  zu  Orm  hineinzugehen,  um  ihn  zu  besuchen. 
Orm  war  allein  zu  Hause  und  damit  beschäftigt,  Korn  in  der  Rauchstube 
zu  dörren;  kein  Dörrhaus  war  hier,  und  deshalb  benutzten  sie  die  Raucli- 
stube  und  dörrten  auf  einem  Gestell,  so  dass  zwei  Stützen  unter  die  Enden 
desselben  gesetzt  waren,  es  zu  stützen;  dann  wurde  das  Korn  auf  das  Ge- 
stell gelegt  und  Feuer  darunter  angezündet.  —  Orm  war  freundlich  und 
zuvorkommend  gegen  Paetur  und  bat  ihn,  in  die  Glasstube  hinaus  zu 
kommen;  hier  tischte  er  ihm  auf  und  legte  ihm  Fleisch  und  den  ab- 
gesengten Kopf  eines  Schafes  vor;  aber  zum  Unglück  hatte  Orm  nicht 
daran  gedacht,  die  Ohren  abzuschneiden,  und  Ptetur  erblickt  nun  sein 
eigenes  Funningszeichen  an  den  Ohren;  er  hat  darum  wenig  Lust  zu  essen 
und  sagt  schliesslich  zu  sich  selbst:  „so  etwas  ist  schlimm".  Orm  er- 
widert: „Iss  du,  es  ist  gut  gekocht".  Psetur  sagt  nun,  es  sei  nicht  des- 
halb,   dass   es   ihm  widerstehe   zu   essen,    als   ob  es  nicht  gut  gekocht  sei, 

11* 


152  Jii-iczek: 

sondern  es  sei  schwer,  sein  Eigentum  und  noch  dazu  das  gestohlene  zu 
essen.  Als  Orm  hört,  dass  er  ihm  Diebereien  vorwirft,  ergreift  er  die 
Axt  und  setzt  sich  gerade  in  die  Thüröffnung,  um  sie  zu  wetzen.  Pstur 
weiss  sich  nun  keinen  Rat,  Orm  unbeschädigt  zu  entkommen.  Da  fällt 
ihm  das  ein,  die  Tischplatte  von  den  Tischbeinen  zu  heben  und  auf  Orm 
niederzuwerfen,  so  dass  er  über  ihn  hinaus  entkommen  könnte,  ohne 
Schaden  von  ihm  zu  nehmen.  Er  thut  so,  bringt  die  Tischplatte  in  der 
Thür  zwischen  sich  und  Orm  und  schwingt  sich  so  an  ihm  vorbei  in  die 
Rauchstube  hinaus;  dort  packte  er  die  Stützen,  so  dass  alles  Korn  ins 
Feuer  unter  'dem  Gestell  fiel;  er  sprang  nun  zur  Thüre  und  begann  so 
schnell  wie  möglich  den  Hügel  hinauf  zu  rennen.  Als  Orm  unter  der 
Tischplatte  sich  emporgearbeitet  hatte,  war  Psetur  verschwunden;  —  er 
war  so  sinnlos  vor  Wut,  dass  er  nicht  beachtete,  welchen  Schaden  Pjetur 
in  der  Rauchstube  angerichtet  hatte,  sondern  sich  so  rasch  als  möglich  ihm 
nach  hinaus  auf  die  Beine  machte.  Erst  hetzte  er  den  Hund  nach  ihm, 
aber  Psetur  hatte  ein  Stück  Fleisch  mit  sich  genommen  und  warf  ihm 
dasselbe  zu,  und  so  legte  sich  der  Hund  nieder,  um  dieses  fette  Fleisch- 
stück zu  verzehren.  Psetur  war  rasch  zu  Fuss  und  soweit  vorausgekommen 
vor  ihm,  dass  es  Orm  nicht  gut  möglich  war,  ihn  zu  fangen.  Doch  näherte 
er  sich  Psetur  mehr  und  mehr;  Psetur  wandte  sich  nun  um  und  rief  Orm 
zu:  „Sieh  dich  um  —  Feuer  im  Hause!"  Als  Orm  das  sah,  dass  die 
Flamme  aus  dem  Hause  aufschlug,  kehrte  er  schleunigst  wieder  mn,  und 
Paitur  entging  ihm  diesmal  ungeschädigt.  Doch  als  Orm  wieder  hinab 
kam,  lagen  die  Häuser  alle  in  Kohle,  und  daher  wird  der  Hof  seither: 
„Zum  verbrannten  Haus"   genannt. 

Kurz  nachdem  sich  dieses  begeben  hatte,  traf  der  Funningsbauer  Orm 
wieder  in  seiner  Mark,  wo  er  einige  Schafe  gebunden  hatte,  von  denen 
Psetur  nicht  zweifelte,  dass  es  die  seinen  waren;  aber  er  wagte  nicht,  sich 
mit  ihm  hier  einzulassen  und  schlug  daher  den  Weg  nach  Funning  ein; 
beide  waren  zu  Ross,  und  Orm  ritt  ihm  nach  bis  er  zur  Funningskleiv  kam, 
da  wagte  er  sich  nicht  weiter,  denn  hier  erblickt  man  das  Dorf,  und  er 
befürchtete  nun,  die  Funningsleute  würden  kommen,  um  Pietur  zu  helfen 
und  den  frechen  Räuber  Orm  zu  ergreifen. 

Nun  wird  erzählt,  dass  Orm  sich  in  die  Mark  des  Oyrarbauers  wagte, 
um  Schafe  zu  stehlen  und  rauben,  wie  er  gewohnt  war.  So  trug  es  sich 
eines  Tages  zu,  dass  der  Oyrarbauer  mit  seinem  Sohne  auf  der  Flur  bei 
den  Schafen  war.  Sie  begegnen  dort  Orm,  welcher  ein  grosses  dunkelrot- 
braunes Mutterschaf  genommen  hatte.  Jögvan,  der  Oyi'arbauer,  sprang  im 
Zorn  auf  Orm  los;  sie  kämpften  lange;  endlich  gelang  es  ihm,  Orm  auf 
die  Knie  zu  drücken;  aber  er  brauchte  beide  Hände,  um  ihn  festzuhalten, 
und  befahl  deshalb  seinem  Sohn,  ihm  das  Messer  aus  der  Scheide  zu 
ziehen;  doch  der  Junge  fürchtete  sich,  Orm  nahe  zu  kommen  und  lief  fort, 
um  sich  in  einer  Schlucht  in  der  Nähe  zu  verbergen.    Während  nun  Orm 


Fseroische  Märchen  und  Sagen.  153 

unter  ihm  lag  und  nicht  wieder  emporkommen  konnte,  da  gelobte  er  dem 
Teufel  das  äusserste  Glied  vom  kleinen  Finger,  wenn  er  ihm  aus  dieser 
Not  helfen  wolle.  Als  er  das  gelobt  hatte,  erstarkte  er  so  sehr,  dass  er 
den  Oyrarbauer  von  sich  abwarf,  und  tötete  ihn  nun  mit  der  Axt,  nahm 
ihm  die  Kleider  und  warf  die  Leiche  in  einen  Fluss  unterhalb  Typpafoss. 
Er  begann  nun  den  Knaben  zu  suchen,  der  sich  an  einer  mit  liohem  Grase 
bewachsenen  Stelle  in  der  Schlucht  versteckt  hatte.  Orm  wagte  nicht, 
ihm  hinab  nachzusteigen,  denn  hier  war  es  steil  und  beschwerlich;  er  be- 
gann daher  Steine  auf  ihn  hinabzuwälzen,  so  dass  ein  grosser  Block  auf 
ihn  kam  und  ihn  aus  dem  Grasfleck  mitnahm;  er  fiel  da  tot  in  den  Fluss 
hinab.  Orm  klomm  nun  hinab  und  nahm  seine  Kleider,  legte  diese  und 
das  Lamm  auf  den  Rücken  des  Pferdes,  setzte  sich  auf  dasselbe  und  ritt 
dann  heim.  Er  war  müde  und  legte  sich  zum  Schlafe,  aber  rief  laut  im 
Traume:  „Die  Kleider  liegen  unter  der  Mühle  und  die  Leichen  unter  dem 
Typpafoss".  Die  Knechte  hören  das,  suchen  unter  der  Mühle  nach  und 
finden  dort  die  Kleider,  die  sie  als  die  des  Oyrarbauern  und  seines  Sohnes 
erkannten;  sie  waren  mit  Blut  besudelt.  Sie  gehen  nun  zum  Typpafoss, 
der  eine  Yiertelmeile  oberhalb  Skalabotn  ist  (in  nordwestlicher  Richtung); 
dort  finden  sie  den  Bauer  und  seinen  Sohn  nackt  und  erschlagen.  Diese 
Nachrichten  bringen  sie  so  rasch  als  möglich  zum  Lögmann ;  der  Lögraann 
lädt  Orm,  die  Lögrettsmänner  und  alle  Zeugen  nach  Stevnuväl,  welches 
der  Thingplatz  der  Eystroyinger  war;  der  Hügel  ist  zwischen  den  Fjorden 
(Skalafjord  und  Funningsfjord)  eine  Yiertelmeile  nördlich  vom  Dorfe  zu 
Skalabotn.  Hier  kamen  viele  zusammen,  um  gegen  Orm  zu  zeugen;  der 
Funningsbauer  war  zugegen,  aber  so  oft  der  Lögmann  ihn  fragte,  hielt 
er  die  Hände  hinter  dem  Rücken  und  wies  mit  dem  Finger  auf  Orm, 
weil  er  nicht  von  etwas  zu  reden  oder  zu  zeugen  wagte,  gebunden  vom 
Eide,  wie  er  war,  den  er  Orm  geschworen  hatte,  wie  vorher  erzählt 
worden  ist. 

Orm  sass  ruhig  auf  dem  Thingplatz,  bis  der  Lögmann  das  Urteil  ver- 
kündigte; alle  Lögrettsmänner  hielten  es  für  zweifellos,  dass  Orm  der 
Mörder  des  Oyrarbauers  war,  und  sie  verurteilten  ihn  deshalb  zum  Tode. 
Aber    als    der  Lögmann    das  Urteil    aussprechen  wollte  und  sagte:    „Aus 

gerechten  Gründen  halten  wir  dich  für  den  Mörder  dieses  Mannes " 

da  sprang  Orm  auf,  nahm  sein  Ross,  und  mit  verhängten  Zügeln  jagte  er 
gegen  Skäli.  Der  Lögmann  sandte  nun  drei  der  raschesten  Lögrettsmänner 
ihm  nach  auf  den  besten  Rossen,  die  liier  waren;  er  gebot  ihnen,  Orm 
lebend  oder  tot  zu  ergreifen.  Sie  waren  Orm  so  nahe,  dass  sie  ihn  immer  im 
Auge  behielten;  als  sie  bis  auf  eine  Yiertelmeile  vor  Skäli  waren,  fiel  eines 
der  Pferde  bei  ihnen  und  der  Mann  musste  da  gehen.  Etwas  näher  dem 
Dorfe  Kumblabarm  fiel  das  zweite  Pferd,  auf  dem  ein  Lögrettsmann  ritt 
und  das  dritte  war  auf  der  Höraheide  vollkommen  erschöpft;  nun  gingen- 
alle    drei    zu   Fuss.     Orm    sieht  dies  und  reitet  geradenwegs  ins  Gebirge, 


154  .Tiriczek: 

aber  auf  dem  Välshügel  stürzte  das  Pferd  und  konnte  ihn  nicht  länger 
tragen.  Orm  musste  nun  seine  Beine  gebrauchen,  aber  einer  der  Lögretts- 
niänner  war  rascher  zu  Fuss  und  ausdauernder,  gegen  den  Hügel  zu  laufen, 
und  rannte  gewaltig  auf  ihn  zu;  bei  der  Selaträschlucht  war  er  Orm  so 
nahe,  dass  er  sein  Messer  ergriff,  sich  auf  den  Ellbogen  vorwärts  warf  und 
ihm  die  Sehne  an  dem  einen  Fusse  durchschnitt;  Orm  fiel  da  zur  Erde. 
Sie  packten  ihn,  verschafften  sich  ein  Ross,  ihn  zu  tragen  und  gingen  so 
mit  ihm  auf  den  Thingplatz;  da  war  Orm  beinahe  tot  vor  Erschöpfung. 
Er  wurde  nun  getötet  und  sie  vergruben  ihn  bei  Stevnuval,  wo  er  auf  alle 
die  Weiden  schauen  konnte,  in  denen  er  gestohlen  hatte.  Und  nun  ist 
von  Orm,  dem  Bauer  auf  Skali,  erzählt  worden. 

XXIX.    Die  Hausfrau  in  Hüsavik. 
Ein  armes  Mädchen,  namens  Sissal  (Cäcilia)  lebte  einmal  in   Sküvoy; 
sie    hatte  Unterkunft  bei    einem  Bauer   dort;    als  ein  armes  Geschöpf  lag 
sie  in  der  Nacht  unter  der  Mühle  mit  Lumpen  bedeckt;   tagsüber  sass  sie 
(h-aussen  auf  der  Weide,   um  die  Kühe  zu  hüten,  dass  sie  nicht  in  Gefahr 
kommen  oder  von  einer  Wand  abstürzen  sollten.    Eines  Tages,  als  sie  bei 
den  Rindern    sass,    kam    eine   Schläfrigkeit    über    sie    uud  sie  schlief  im 
Sitzen    ein    und    kam    auf   »las   Gesicht    zu    liegen.     Im  Traume  hörte  sie 
jemanden  zu  ihr  sagen:  „Du  schläfst  über  Gold!    Grabe  unter  dem  Rücken 
zwischen    den    beiden  Seen,    dort    sollst    du    das    finden,    was    dich  reich 
macht!"     Sie   erwachte,    erfreut  über  diesen  guten  Traum;    aber  hier  war 
kein  Rücken    und    kein   See   zu   sehen  und   sie  dachte  deshalb,    dass  der 
Traum  nichts  zu  bedeuten  habe  und  dass  sie  sich  nichts  von  dem  erwarten 
dürfe,  was  er  ihr  versprach,  sondern  sie  ging  dann  wieder  nach  Hause  und 
legte  sich  auf  ihr  Lager  unter  der  Mühle,    wie  sie  gewohnt  war  zu  thun. 
Am  nächsten  Tage  geht  sie  wieder  auf  die  Weide  hinaus,    auf  denselben 
Platz  wie  am  Tage  vorher;  Schläfrigkeit  befällt  sie,  sie  schläft,  sich  vor- 
beugend,   im   Sitzen   ein    und    hört    dieselbe   Stimme   zu  ihr   sagen:    „Du 
schläfst  über  Gold"   u.  s.  w.     Am    dritten  Tage   geht  es   ihr  ebenso.     Sie 
wunderte  sich  sehr  darüber,    tröstete  sich,    dass  dieser  Traum  doch  nichts 
werde  zu  bedeuten  haben  und  ging,  einer  alten  Frau  im  Dorfe  von  allem 
zu    sagen,    was    sich    zugetragen  hatte.     Die  Alte  grübelte  lange  darüber 
nach,    die  Worte  zu   deuten,   welche  das  Mädchen  gehört   hatte:    endlich 
sagte  sie  zum  Mädchen,  sie  solle  versuchen,  dort  zu  graben,  wo  ihr  Antlitz 
auf  der  Erde  gelegen  hätte:  der  Rücken,  von  dem  zu  ihr  im  Traume  ge- 
sprochen   war,    werde    ihr  Nasenrücken    sein    und    die   Seeen   die  Augen; 
grübe  sie  dort,  so  würde  sich  das  Gold  finden.    Das  Mädclien  that  so,  wie 
das  Weib  gesagt  hatte  und  fand  das   grosse  Goldhorn,    welches  Sigmund 
Brestissou  gehabt  hatte.     Nun  ging  sie  froh  nach  Hause,    brachte  es  zum 
Bauer  und  zeigte   ihm,    was  sie  gefunden  hatte  und  sagte  ihm  von  allem. 
Der  Bauer    sali,    dass    ihr   das   Glück   folgen   würde  und  sa,ndte  das  llorn 


Fseröische  Märchen  und  Sagen.  155 

zum  Könige  nebst  der  Erzählung,  wer  es  gefunden  hatte.  So  wird  erzählt, 
dass  das  Gold  so  rein  war,  dass  der  König  es  nicht  besser  in  allen  Reichen 
besass;  er  gab  ihr  den  Wert  des  Hernes  in  Geld  und  noch  dazu  ein  Land- 
gut in  Hüsavik.  Für  das  Geld  kaufte  sie  das  ganze  Land,  das  gegen 
Hüsavik  und  Skarvanes  liegt,  und  man  glaubt,  dass  sie  die  reichste  Frau 
gewesen  ist,  die  auf  den  Fteroyern  gelebt  hat. 

Die  Blockhäuser,  die  sie  sich  in  Hüsavik  erbaute,  kamen  ganz  aus 
Norwegen  angetrieben,  so  zugeschnitten,  dass  sie  gleich  aufgestellt  werden 
konnten;  nichts  fehlte  daran  ausser  dem  Ljöarabogi^);  diese  Stube  wurde 
'die  grosse  Stube  genannt  und  war  ein  Prachtwerk.  Der  Steinzaun,  den 
sie  um  den  Friedhof  errichten  Hess,  steht  noch;  die  Wände  der  Heu- 
scheune, der  Grund  des  Boothauses,  das  Steinpflaster  zwischen  den  Häusern 
im  Dorfe,  alles  erinnert  noch  an  die  Hausfrau  zu  Hüsavik.  Alle  diese 
grossen  Steine,  die  man  hier  sieht,  vom  Gebirge  zu  ihrem  Hause  herab- 
zuziehen, benutzte  sie  den  Neck;  aber  schliesslich  ging  es  ihm  schlecht: 
als  er  über  die  Takkmoore  mit  einem  grossen  Steine  kam,  riss  der  Neck- 
schwanz ab  und  man  sieht  ein  Zeichen  von  ihm  am  Steine,  der  dort 
liegt;  aber  der  Neck  verschwand  in  den  „kleinen  Teich"  und  lebt  seit- 
dem dort. 

Die  Hausfrau  war  böse  im  Herzen;  so  wird  gesagt,  dass  sie  zwei 
Mägde  lebendig  in  die  Erde  vergraben  Hess:  die  eine  in  Teig  [ein  Acker], 
die  andere,  welche  Bryuhild  hiess,  im  Brynhildarhügel.  Wenn  die  Knechte 
vom  Feld  heimkamen  und  die  Karste  auf  der  Schulter  trugen,  wurden  sie 
übel  empfangen  und  bekamen  wenig  zu  essen,  denn  da  dachte  sie,  sie 
wären  faul  gewesen  und  hätten  wenig  gearbeitet.  Kamen  sie  aber  heim 
und  schienen  müde  zu  sein,  zogen  sie  die  Karste  nach  sich,  oder  waren 
sie  nass,  wenn  sie  von  der  Ausfahrt  kamen,  so  war  sie  sanft  und  gut  und 
empfing  sie  freundlich.  In  Skarvanes  liess  sie  einen  Acker  herstellen  und 
die  Erde  mit  Spaten  wenden;  sie  hatte  Viehställe  an  mehreren  Stellen 
oberhalb  des  Dorfes,  in  Kviggjargil  und  „am  Hügel";  einige  Wiesen  werden 
noch  „Leinwiesen"  [Linteigar]  genannt,  hier  legte  sie  Leinwand  auf  die 
Bleiche.  Sie  band  die  Felder  um  den  Hof  mit  Runen,  so  dass  kein  Stein 
auf  sie  herabfällt,  obgleich  kein  Zaun  um  sie  ist;  wird  Geröll  von  den 
Klippen  hinabgeworfen,  welche  gerade  über  ihnen  hängen,  so  bleibt  es 
doch  auf  dem  steilen  Abhang  liegen  und  kommt  nicht  herab. 

Den  Sohn  der  Hausfrau  nennen  einige  Olaf,  den  Schäfer;  der  Enkel 
war  Einivald,  die  Tochter  Einivalds  war  Herborg,  die  Reiche.  Sie  hatte 
ein  Kind  mit  dem  Sohne  Röalds,  welcher  [letztere]  damals  Lögmann  [Ober- 


1)  Ljöarabogi  -wird  vom  Wörterbuch  erklärt  als:  „abgerundetes  oder  ovales  Stück 
Holz  unter  dem  das  Eauchloch  (Ijuari)  umgebenden  Ralimen,  durcli  den  die  Stange, 
welche  an  dem  Deckel  des  Rauchloches  befestigt  ist,  gesteckt  wird,  um  mit  ihrem  Ende 
an  einen  Querbalken  gebunden  zu  werden."  iJas  Wort  war  unübersetzbar  und  wurde  darum 
beibehalten. 


156  Jiriczek: 

richter]  war  und  auf  seinem  Hofe  in  Dal  in  Sandoy  sass.  Dieser  Sohn 
Roalds  ging  mit  dem  Boote  bei  der  Tangbank,  in  der  Nälie  von  Skarvanes, 
unter.  Als  die  Nachricht  von  diesem  Unglück  zu  Roald  gebracht  wurde, 
war  Herborg  dabei  zugegen.  Sie  fragte  da  den  Lögmann,  ob  ehi  Kind, 
wenn  es  im  Mutterleibe  war,  das  Erbe  bekommen  solle,  wenn  auch  der  Vater 
tot  wäre.  „Das  volle  und  ganze  Erbe,"  antwortete  Röald.  Sie  sagt  da: 
„Erinnert  euch  daran,  die  ihr  es  gehört  habt!"  und  fiel  in  Ohnmacht,  als 
sie  dies  gesagt  hatte.  Nun  erst  vermutete  der  Lögmann,  dass  sie  niit 
einem  Kinde  von  seinem  Sohne  gehen  könnte,  denn  sie  waren  noch  nicht 
verheiratet.  Sie  hatte  einen  Sohn,  welcher  Asbjörn  genannt  wurde;  er 
wuchs  bei  seinem  Grossvater  Einivald  auf,  aber  sie  vertrugen  sich  nicht 
gut,  weil  der  Grossvater  nicht  vergessen  konnte,  dass  er  ein  uneheliches 
Kind  war.  Asbjörn  liess  sich  in  Skarvanes  nieder  und  bekam  die  zwölf 
Äcker  vom  Gebirge  bis  zum  Strande  von  Hiisavik.  Eines  Tages  trafen 
sich  die  beiden,  Einivald  und  Asbjörn,  im  Felde  und  begannen  über  die 
Grenze  zwischen  Hüsavik  und  Skarvanes  zu  streiten;  sie  rauften  sich  lange, 
und  noch  mehr  als  ein  Jahr  später  waren  die  Gruben  dort  am  Fusse  des 
Yestfjelds  sichtbar,  wo  sie  sich  gerauft  hatten;  endlich  neigte  sich  der  Sieg 
auf  die  Seite  des  Alten  und  er  setzte  die  Grenzzeichen,  wie  sie  zwischen 
ihnen  sein  sollten.  Asbjörn  erbaute  einen  Zaun  auf  der  Grenzscheide,  doch 
ist  er  heute  nicht  Grenzzeichen.  Während  er  hin  und  herging  und  Steine 
zu  dem  Zaune  zusammenschleppte,  sah  er  einen  Mann  mit  einem  Schurz 
um  die  Lenden  hin  und  her  gehen  «nd  Steine  schleppen,  wie  er  selbst; 
—  er  glaubte  zuerst,  dass  das  ein  Huldermann  sei,  da  er  ihn  nicht  kannte; 
aber  dann  entdeckte  er,  was  das  war  — •  das  war  er  selbst,  der  sich  als 
Doppelgänger  [i  hamferd]  gesehen  hatte;  er  starb,  ehe  das  Jahr  zu 
Ende  ging. 

XXX.    Fämjin. 

Doffin  hiess  ein  Mann,  der  einmal  in  der  Siedelung  „am  Hügel" 
[ä  Brekku]  in  Hof  auf  Suduroy  wohnte.  Er  liatte  von  Kaufleuten,  Avelche 
dorthin  segelten,  Waren  empfangen  und  war  in  grosse  Schulden  gegen  sie 
gekommen;  er  sagte,  er  könne  die  Schuld  nicht  aufbringen  und  sie  ver- 
sicherten ihn  hoch  und  teuer,  erhielten  sie  nicht  den  Wert  dessen,  was  er 
von  ihnen  bekommen  habe,  so  sollte  es  ihm  schlecht  gehen,  wenn  sie 
wieder  nach  Hof  mit  ihrem  Schiffe  kämen.  Doffin  wagte  daher  nicht 
länger  in  Hof  zu  -bleiben,  sondern  übersiedelte  mit  allem,  was  er  besass, 
nach  dem  Westen  der  Insel,  nach  Yesturvik;  so  hiess  damals  die  Bucht 
und  der  Platz,  der  jetzt  Famjin  heisst.  Der  Sohn  Doffins  war  in  seiner 
Begleitung;  sie  Hessen  sich  auf  dem  Herdalsberg  nieder,  welcher  so  gut 
lag,  dass,  wenn  Schiffe  oder  Männer  sie  angreifen  wollten,  es  von  hier 
leicht  gesehen  werden  konnte,  Avenn  sich  jemand  dem  Hause  näherte,  und 
es    leicht    war,    ins   Gebirge  zu  jfliehen  und  sich  in  Höhlen  zu  verbergen. 


Fperöische  Märchen  und  Sagen.  157 

Doffiii  scliaffte  sich  ein  Boot  an;  sie  ruderten  beide  allein  aus.  Eines 
Tages,  als  sie  auf  der  Ausfahrt  waren,  sahen  sie  ein  unbekanntes  SchifP, 
das  keines  der  Lastschiffe  zu  sein  schien,  die  gewöhnlich  zwischen  den 
Inseln  segelten.  Sie  bekamen  Lust,  sich  über  dieses  Schiff  näher  zn 
erkundigen  und  zogen  darum  die  Angelschnüre  auf  und  ruderten  auf  das- 
selbe zu;  es  erschien  ihnen  als  ein  Friedensschiff  und  sie  legen  mit  dem 
Boote  an  das  Schiff  und  bieten  ihnen  frischgefangeue  Fische  zum  Tausche 
gegen  alles  an,  was  den  Einsiedlern  in  Vesturvik  annehmbar  wäre.  Zwei 
Frauen  sind  auf  dem  Schiffe;  sie  kommen  zum  Scliiffsrand  und  sehen  diese 
Männer.  Sie  wundern  sich  über  eine  grosse  Heiligbutte,  die  im  Boote  lag, 
einen  solchen  Fisch,  sagten  sie,  hätten  sie  nie  zuvor  gesehen.  Doffin 
fordert  beide  auf,  ins  Boot  hcrabzukommen,  um  ihn  näher  zu  besehen  und 
sie  versprechen  ihnen,  zu  versuchen,  ob  sie  nicht  eine  andere  Heiligbutte 
fangen  könnten,  damit  sie  sie  lebend  sehen  könnten.  Es  war  windstill  und 
und  die  See  spiegelglatt,  so  dass  das  Schiff  nicht  vom  Fleck  kam,  denn 
kein  Hauch  kam  in  die  Segel;  der  Schiffer  wollte  daher  den  Frauen  nicht 
verwehren,  dieses  kleine  Vergnügen  zu  geniessen.  Sie  setzen  sich  nun  ins 
Boot  und  Doffin  rudert  vom  Schiffe.  Doffin  und  sein  Sohn  finden  Gefallen 
an  diesen  Frauen  und  einigen  sich  darüber,  zu  versuchen,  sie  nach  Hause 
zu  führen.  Die  Sonne  schien  klar  und  glänzte  auf  der  spiegelglatten  See; 
—  sie  ruderten  nun  dort,  wo  die  Schiffer  die  Sonne  auf  der  See  glänzen 
sehen,  denn  dort  konnten  sie  das  Boot  nicht  sehen.  Gegen  Sonnenuntergang 
verdunkelte  ein  Nebel  die  Luft  und  nun  ruderten  sie  ans  Land.  Einige 
Zeit,  nachdem  sie  vom  Schiffe  weggefahren  waren  und  nichts  vom  Boote 
zu  sehen  war,  begannen  die  Schiffer  zu  besorgen,  die  beiden  möchten  nicht 
wiederkommen,  sondern  die  Männer  mit  ihnen  weggefahren  sein;  sie  riefen 
vom  Schiffe:  „Fä  nii,  fä,  mi  [gib  mir,  gib  mir]!"  und  daher  soll  Vesturvik 
den  Namen  Fämjin  erhalten  haben. 

Als  die  beiden  Frauen  nun  ans  Land  kamen  und  in  die  Hütte  Doffins 
geführt  Avurden,  begannen  sie  beide  zu  weinen;  er  versuchte  sie  zu  trösten 
und  ging  auf  die  Weide,  um  ein  Lamm  für  sie  zu  holen  und  bat  sie,  es 
zu  kochen  und  zuzubereiten,  wie  es  ihnen  am  besten  däuchte.  Das  Schiff 
lag  hier  vor  dem  Lande  eine  Woche  und  segelte  hin  und  her;  aber  die 
Brandung  in  der  Bucht  war  so  stark,  dass  sie  nicht  daran  denken  konnten, 
zu  landen;  sie  koiuiten  auch  nicht  so  verwegen  sein,  gering  an  Zahl  und 
waffenlos  zu  Doffin  zu  kommen,  um  die  Frauen  zu  befreien,  die  er  ihnen 
geraubt  hatte;  es  stand  zu  erwarten,  dass  er  sich  wehren  würde  und  des- 
halb mussten  sie  besorgen,  Übles  von  Doffin  und  seinen  Leuten  zu  er- 
fahren, wenn  sie  eine  so  gewagte  Fahrt  versuchten;  damit  segelten  sie 
wieder  fort,  ohne  die  Frauen  mit  sicli  zu  bekomnuMi.  Doffin  l)egann  sich 
nun  zu  erkundigen,  woher  sie  gekommen  seien  und  erfuhr,  sie  seien  aus 
Frankreich  und  das  Scliiff  habe  sie  nach  L'land  bringen  sollen,  wo  die 
iiltore  Fran  ihren  Mann  hatte,  aber  das  Schiff  war  von  seiner  Bahn  nord- 


158  Jiriczek: 

wärts  zu  den  Fferoyern  versclilageii  worden,  da  ein  Sturm  über  dasselbe 
gekommen  war;  das  jüngere  Mädchen  war  ihre  Dienerin.  Doffin  und  sein 
Sohn  nahmen  jeder  die  seinige  zum  Weib  und  hier  mussten  sie  nun  bleiben, 
weit  verschlagen  von  Vaterland,  Verwandten  und  Freunden.  Nun  kommt 
der  Schiffer  nach  Irland  und  erzählt  dem  Mann  von  allem,  wie  es  sich  bei 
den  PjBroyern  zugetragen  hatte;  als  er  das  erfuhr,  dass  die  Frau  ihm  ge- 
stohlen war,  härmte  er  sich,  liess  ein  Schiff  ausrüsten  und  fuhr  selbst  aus, 
um  nach  der  Frau  zu  suchen.  Sie  kamen  nach  [Thorsjhavn  und  dort  ver- 
schaffte er  sich  ein  Fahrzeug  und  gedachte  nach  Suduroy  ihr  nachzufahren; 
aber  im  Skopunarfjord  begegneten  sie  dem  Pfarrer  von  Suduroy,  der  ihm 
sagte,  das  nütze  nichts,  wenn  er  nach  Süden  führe,  weil  die  beiden  Frauen 
verheiratet  seien,  die  eine  mit  Doffin  und  die  andere  mit  dessen  Sohne, 
und  sie  fühlten  sicli  so  glücklich,  hier  zu  leben,  dass  sie  nicht  mit  Gutem 
sich  von  hier  wegführen  lassen  würden,  und  ausserdem  werde  Doffin  und 
die  Dorfbewohner  sie  nicht  fortlassen  wollen,  wenn  man  sie  von  ihnen 
verlaugte.  Als  dieser  ausländische  Mann  das  hörte,  wandte  er  zu  seinem 
Schiffe  nach  Thorshavn  um;  aber  als  er  in  die  See  stach,  nahm  er  den 
Priester  mit  sich  hinaus,  und  er  entkam  nicht  früher,  als  bis  zwei  Jahre 
verflossen  waren. 

Doffin  hatte  mit  seiner  Frau  eine  Tochter,  sie  verheiratete  sich  mit 
einem  Manne,  der  sich  in  Fämjin  in  der  Siedelung  niederliess,  die  nun 
Sjürdargard  heisst;  ihre  Tochter  war  Kagnhild  (oder  Kannvä),  sie  ver- 
heiratete sich  nach  Hörg  in  Sumbae.  Viele  starke  Helden  sollen  von  diesen 
ausländischen  Frauen  in  Fämjin  stammen  und  unter  diesen  dürfen  nicht 
vergessen  werden  die  Janssöhne  Albert  der  Starke  und  Gilbert  der  Tüchtige, 
von  denen  in  anderen  Sagen  berichtet  wird. 

XXXI.    Die  Haube. 
Die  Haube    ist   ein    grosser  Stein,    der  am  äussersten  Strandrand  bei 
Fossä,  nördlich  vom  Hvannasund,  auf  Vidoy,  steht.     Die  Sage  geht,  dass 
in   demselben  Augenblick,  als    Krist  geboren  wurde,    dieser  grosse  Stein 
zersprang. 

XXXII.    Die  Schlacht  im  Mannafellsdal. 

Auf  dem  Akraberg  bei  Sumbie  hatten  einige  Friesen  auf  dem  süd- 
lichsten Teil  von  Suduroy  ihren  Wohnsitz.  Als  die  schwarze  Pest  nach 
Suduroy  kam,  starben  alle  Friesenhäuser  aus;  doch  entging  eines  der  Pest 
und  der  Bauer  darin  heisst  „der  Bauer  auf  dem  Akraberg".  Er  war  ein 
berühmter  Mann  seiner  Stärke  wegen  und  liatte  acht  stattliche  und  tüchtige 
Söhne. 

Zu  derselben  Zeit,  als  dieser  Bauer  lebte,  wird  erzählt,  dass  der  Gh-uud 
zur  Kirchenmauer,  welche  noch  in  Kirkjubö  auf  Streymoy  steht,  gelegt 
wurde.    Der  Bischof,  der  damals  in  Kirkjubö  sass,  wurde  „Maus"  genannt, 


Pseröisclie  Märchen  und  Sagen.  159 

was  doch  ein  Spitzname  sein  dürfte.  Er  orpresste  von  den  Fgerojingeni  grosse 
Stenern,  um  die  Kirche  so  prächtig  als  möglich  zn  erbauen;  das  missfiel 
allen,  und  alle,  die  südlich  der  Horismeerstrasse  (auf  Sudurstreymoy,  Sandoy, 
Sküvoy  und  Suduroy)  wohnten,  verweigerten  die  Steuer  und  schlössen 
einen  Bund  miteinander,  dem  Bischof  Widerstand  zu  leisten.  Doch  der 
Bischof  brachte  alle  Männer  aus  den  nördlichen  Inseln  auf  seine  Seite, 
um  sie  anzugreifen.  Die  Nordmänner  sollten  auf  Nordstreymoy  zusammen- 
kommen und  ihre  Schar  sammeln,  um  gegen  jene  zu  ziehen  und  sie  dem 
Bischof  zu  unterwerfen;  als  aber  die  Südmänner  davon  Kunde  erhielten, 
scharten  sie  sich  auch  in  einen  Haufen  zusammen  und  fuhren  eiligst  nach 
Norden  jenen  entgegen.  Im  Mannafellsdal  [Mannfallsthal],  das  nördlich 
von  Kalbaksbotn  ist,  trafen  sich  die  Heere  und  rückten  zum  Kampfe  zu- 
sammen. Die  Südmänner  zogen  den  Kürzern  und  mussten  weichen;  hier 
ward  ein  grosser  Mannfall;  im  Thale  sieht  man  noch  viele  Hügel,  wo  die 
begraben  sein  sollen,  welche  im  Kampfe  fielen;  das  Gras  ist  rot,  und  das 
soll  von  dem  Blute  kommen,  das  hier  floss.  Nördlich  vom  Thale  steht 
ein  grosser  Stein,  welcher  „der  Tisch  der  Brünnenmänner"  genannt  wird, 
und  das  ist  die  Sage,  dass  er  den  Namen  daher  erhalten  hat,  dass  die  Nord- 
männer hier  ein  Siegesfest  hielten,  als  die  Südmänner  flohen.  Auf  diesem 
Block  liegt  ein  Stein,  den  die  Nordmänner  zum  Hub  benutzten;  der,  welcher 
nicht  imstande  war,  den  Stein  von  der  Unterlage  zu  heben,  durfte  nicht 
mit  ihnen  in  den  Kampf  ziehen. 

Das  Jahr  darauf  kamen  die  Südmänner  wieder,  um  die  Niederlage  zu 
rächen,  die  sie  erlitten  hatten.  Da  fand  der  Kampf  im  Thale  bei  dem 
Dorfe  im  Kollafjord  statt,  und  nun  siegten  die  Südmänner.  Sie  hatten 
den  Bauer  auf  dem  Akraberg  und  seine  Söhne  als  Spitze  und  als  die 
Ersten  im  Kampfe  gewonnen.  Zwei  Wikingers chiffe ,  welche  im  Süden 
gewesen  waren,  hatten  sie  zur  Hilfe  bewogen  und  sie  waren  nach  Norden 
gekommen,  um  weit  umher  in  den  nördlichen  Dörfern  zu  beeren  und  zu 
rauben;  darum  wagten  sich  viele  von  den  Nordmännern  nicht  vom  Hause, 
weil  sie  die  Weiber  nicht  allein  zn  Hause  zurücklassen  durften,  solange 
man  diese  Heerfahrt  zu  fürchten  hatte.  So  ging  es  diesmal,  dass  die  Süd- 
mäuner  den  Sieg  über  jene  Partei  gewannen  und  viele  Leute  töteten.  Der 
Bischof  musste  entfliehen  und  entkam  glücklich  nach  Birkjubö  auf  den 
Bischofssitz;  aber  die  Südmänner  wollten  nicht  auseinander  gehen,  ehe  sie 
den  Bischof  getötet  hätten  un<l  setzten  ihm  deshalb  nach.  Docli  wagte 
niemand,  die  Thür  zu  erbrechen  und  hineinzugehen  und  Hand  an  ihn  zu 
legen,  denn  sie  waren  alle  bange,  vom  Papste  gebannt  zu  werden  und 
deshalb  vermochten  sie  den  Bauer  auf  dem  Akral)erg,  der  Heide  war,  ihn 
zu  töten.  Er  stand  draussen  und  rief  in  die  Stube  hinein:  „Ist  die  kluge 
Maus  im  Hause?"     Der  Bischof  antwortete: 


160  Jiriczek: 

„Nun  sitzt  Maus  zur  Abendmahlzeit  am  Tische,  (a) 

er  floh  nicht  vor  einem  berühmteren  Manne  im  Norden,  («) 

aber  wisse,  du  zorniger  Belsmann,  (b) 

dass  Maus  Ruhe  bei  der  Mahlzeit  haben  avüI!"  (6) 

Der  Bischof  stand  da  vom  Tische  auf,  legte  deu  Biscliofsornat  an  und  ent- 
kam auf  die  Kirchenmauer,  mit  einer  Axt  in  der  Hand,  um  sich  zu  wehren. 
Der  Akrabirgisbauer  und  seine  Söhne  wagten  niclit,  ihn  hier  anzugreifen, 
weil  er  eine  Waffe  hatte  und  die  Mauer  geweiht  war.  Doch  gelobten  sie, 
er  solle  nicht  entrinnen,  und  sie  standen  deshalb  unter  der  Mauer,  um  ihn 
zu  verhindern,  herabzukommen,  ehe  er  sich  selbst  ergäbe.  Drei  Nächte 
und  Tage  währte  dies  so;  aber  als  der  dritte  Tag  gegen  Abend  neigte,  fiel 
der  Bischof  vor  Hunger  und  Durst  in  Ohnmacht  und  fiel  von  der  Mauer 
auf  die  Erde  herab;  er  raffte  sich  zwar  nach  dem  Falle  auf,  aber  da  wurde 
er  gleich  vom  Bauer  erschlagen. 

Als  der  Bauer  auf  dem  Akraberg  gestorben  war,  siedelten  sich  seine 
Söhne  in  Sumbae  an  und  wurden  gekristnet. 

XXXHI.    Der  Kormoran   und   der  Eidervogel. 

Der  Kormoran  und  der  Eidervogel  wollten  beide  Dunen  haben:  es 
war  einem  von  ihnen  angeboten,  sie  zu  bekommen,  und  sie  sollten  sich 
selbst  darüber  einigen,  wer  von  ihnen  der  sein  sollte,  der  sie  bekäme. 
Aber  das  war  eine  schwierige  Sache,  sich  darüber  zu  verständigen,  denn 
keiner  wollte  dem  anderen  nachgeben  —  beide  wollten  gleich  gern  Dunen 
haben.  Damit  mm  dieser  Streit  zwischen  ihnen  ein  Ende  nehmen  möchte 
und  sie  nicht  beide  die  Dunen  verlieren  sollten,  so  dass  sie  keinem  von 
ihnen  zum  Xutzen  gereichten,  kamen  sie  über  den  Beschluss  überein,  dass 
derjenige  von  ihnen,  welcher  am  nächsten  Morgen  früher  erwache  und  dem 
andern  anzeige,  wenn  die  Sonne  über  dem  Meeresrand  auftauche,  der  solle 
die  Dunen  haben,  um  sich  damit  zu  wärmen.  Beide,  Kormoran  und  Eider- 
vogel, setzten  sich  da  an  den  steinigen  Strand,  einer  neben  dem  andern,  als 
der  Abend  dämmerte.  Der  Kormoran  wusste  wohl,  dass  er  hart  zu  schlafen 
pflegte  und  schwer  aufwachte,  wenn  er  fest  eingeschlafen  war;  aus  Furcht 
davor,  beim  Sonnenaufgang  nicht  zu  erwachen,  gedachte  er,  die  ganze 
Nacht  nicht  zu  schlafen;  dann,  glaubte  er,  sei  es  zweifellos,  dass  er  die 
Dunen  erhielt,  die  wohl  eine  Nachtwache  wert  waren.  Und  nun  setzte 
sich  der  Kormoran  ganz  stolz  darüber,  dass  er^  der  sonst  Schlafmütze  hiess, 
die  ganze  Nacht  nicht  schlafen  solle  rmd  den  Eidervogel  sah  er  in  festem 
Schlafe  neben  sich  sitzen.  Den  ersten  Teil  der  Nacht  ging  es  erträglich 
gut,  aber  als  es  länger  dauerte,  begann  er  schwer  zu  werden  und  musste 
mit  dem  Schlafe  kämj)feu,  der  ihn  zu  übermannen  anfing.  Doch  sass  er 
noch  halbwach  und  natzte,  als  es  vom  Tage  zu  leuchten  anfing;  da  rief 
er  vor  Freude  über  sich  selbst:  „Nun  blaut  es  im  Osten!"  Über  diesen 
Ruf   erwachte   der  Eidervogel,    der   nun   ausgeschlafen   war;    dagegen  war 


Fseröische  Märchen  und  Sagen.     '  161 

der  Kormoran  so  schläfrig,  dass  er  die  Augen  nicht  offen  halten  konnte 
und  nun  natzte,  wo  es  am  meisten  darauf  ankam,  zu  wachen.  Als  die 
Sonne  aus  dem  Meer  aufstieg,  war  der  Eidervogel  nicht  faul,  dem  Kormoran 
anzusagen:  „Tag  im  Meer!  Tag  im  Meer!"  So  erhielt  der  Eidervogel  die 
Dunen;  der  Kormoran  musste  noch  mehr  biissen;  er  verlor  die  Zunge, 
weil  er  nicht  schweigen  konnte,  wo  es  galt  zu  schweigen,  und  das  wendet 
man  oft  in  der  Rede  an,  wenn  jemand  plauderhaft  ist,  und  fragt:  „Warum 
ist  der  Kormoran  ohne  Zunge  ?"^,  damit  er  an  seine  eigene  Zunge  denken 
kann  und  in  Bezug  auf  <las,  was  nicht  gesagt  werden  soll,  ihr  einen  Riegel 
vorschiebt. 

XXXIV.    Narrensagen. 

Viele  Spottgeschichten  gehen  über  die  Skardleute  auf  den  Nordinseln 
und  ihre  Dummheit  in  alten  Tagen,  wie  auch  über  die  Famninger  auf 
Suduroy. 

Eines  Abends  sah  man  von  Skard  in  Kunoy  den  Mond  auf  den  Berg- 
spitzen südlich  von  dem  Dorfe;  —  wer  dort  oben  gewesen  wäre,  hätte  ihn 
mit  den  Händen  greifen  und  nach  Skard;  herab  mitnehmen  können;  das 
wäre  etwas  sehr  Bequemes  gewesen,  meinten  sie,  ihn  die  langen  Winter- 
abende bei  sich  zu  haben;  da  würde  das  nichts  macheu,  wenn  kein  Thran 
zum  Einschütten  in  die  Lampe  da  war  —  der  grosse  scheinende  Mond 
könnte  wohl  für  sie  leuchten.  Sie  halten  es  daher  für  rätlich,  dass  alle 
Männer  im  Dorfe,  die  gehen  konnten,  auf  das  Gebirge  nach  dem  Monde 
steigen  und  ihn  herbeischaffen  sollten,  um  damit  wie  mit  einem  Spielzeug 
zu  spielen  und  ihn  zu  heben,  dass  er  ihnen  hier  immer  leuchte.  Sie  thun 
so,  froh  über  diesen  witzigen  Rat,  und  steigen  schleunigst  auf  den  Berg, 
wo  der  Mond  lag,  aber  oh!  als  sie  dort  hinaufkamen,  war  kein  ]Mond  mehr 
auf  dem  Berge ,  er  war  hoch  in  die  Luft  gefahren  vor  ihnen  und  weiter 
südwärts  gegangen,  so  dass  niemand  so  lange  Arme  hatte,  dass  er  ihn  hätte 
erreichen  und  fangen  können.  Zurück  ins  Dorf  hinunter  ohne  den  Mond 
zu  fahren  liielten  sie  für  eine  allzu  grosse  Schande;  sie  gehen  da  eiligst 
auf  eine  höhere  Spitze,  die  südlicher  w^ar  und  dachten,  dort  müssten  sie 
ihn  wohl  fangen,  und  es  sah  auch  so  aus,  als  ob  ihnen  das  glücken  sollte, 
denn  je  weiter  hinab  sie  von  der  Bergspitze  kamen,  desto  tiefer  sank  der 
Mond  auf  die  südliche  Bergspitze  herab,  und  nun  trösteten  sie  sich  und 
rannten,  was  sie  nur  konnten,  auf  jenen  Berg;  aber  als  sie  auf  ihn  hinauf- 
gekommen waren,  war  der  Mond  wieder  fort.  Sie  glaubten  nun-,  der  Mond 
fürchte  sich  vor  ihnen  und  begannen  von  einer  Spitze  zur-  anderen  zu 
rennen  und  riefen  alle  so  schmeichelnd,  als  sie  nur  konnten: 

Mond,  Mond,  komm  in  meine  Tasche,  (o) 

du  sollst  Butterbrot  dafür  bekommen,  (a) 

Aber  der  Mond  wollte  nicht  in  die  Tasche  der  Skardmänner  kommen  und 
nicht  ihr  Butterbrot  haben,  sondern  fuhr  seines  Weges  weiter,  über  anderen 


\Q2  Jiriczek: 

als  ihnen  zu  leuchten;  erschöpft  und  todmüde  kamen  sie  nach  Hause,  aber 
keinen  Mond  brachten  sie  mit  sich. 


Eines  Morgens  gegen  Sonnenaufgang  kam  ein  Mann  von  Osten  nach 
Famjin  gegangen.  Als  er  über  den  letzten  Hügel  hinabkommt  und  sich 
dem  Dorfe  nähert,  sieht  er  ein  Mädchen  in  dem  Hause,  das  dem  Wege 
zunächst  lag,  eilig  mit  einem.  Troge  in  der  Hand  ein-  und  ausgehen.  Er 
sieht,  dass  der  Trog  leer  ist  und  fragt  darum,  was  sie  da  schaffe.  Sie 
antwortete,  dass  sie  die  Nacht  heraus-  und  den  Tag  hineintrage,  damit  das 
Taa-eslicht  in  die  Stube  kommen  könne. 


Eines  Abends  war  Windstille  in  der  Bucht  in  Famjin  und  der  Mond 
spiegelte  sich  so  klar  in  der  See.  Ein  Fämninger  hatte  von  einem  grossen 
Wal  gehört,  welcher  „der  rote"  lieisst,  und  als  er  nun  dieses  glitzernde 
Eote  im  Wasser  in  der  Bucht  sieht,  läuft  er  durch  das  ganze  Dorf  und 
ruft:  „der  Rote  ist  in  die  Bucht  gekommen,  kommt  nun  rasch  hinab,  ihn 
zu  erschlagen  und  zu  verteilen."  Er  wusste,  dass  oft  Seehunde  mit  der 
Flut  über  die  Sandbank  in  die  Bucht  hereinkamen;  wenn  dann  die  See 
wieder  zurückwich  und  es  draussen  auf  der  Sandbank  seichter  wurde, 
wollten  die  Seehunde  wieder  die  Tiefen  im  Meerbusen  aufsuchen,  und  da 
pflegten  die  Fämninger  auf  die  Sandbank  hinauszufahren  und  die  Seehunde 
zu  erschlagen,  während  sie  über  die  Sandbank  hinüber  sollten.  Nun  hören 
die  Fämninger,  dass  das  nicht  wie  gewöhnlich  ein  Seehund  ist,  sondern 
ein  grosser  Wal,  der  in  der  Bucht  ist,  und  sie  sind  so  erfreut  über  diese 
Botschaft,  dass  sie  sich  beeilen,  das  Korn  aus  den  Tonnen  in  den  Fluss 
zu  schütten,  damit  sie  diese  leeren  Gefässe  zum  Einschneiden  des  Speckes 
vom  Walfisch  benutzen  könnten;  —  der  Wal  sollte  ihnen  das  geben,  was 
mehr  wert  war,  als  einige  Tonnen  Korn,  Speck  und  Fleisch.  Sie  fahren 
nun  auf  die  Sandbank  hinaus  mit  Holzkeulen,  Messern  und  anderen  Ge- 
räten, um  den  Wal  zu  töten  und  zu  verteilen;  —  aber  nun  stand  es  übel, 
—  kein  Wal  und  nichts  zum  Einfüllen  in  die  leeren  Tonnen,  und  mit 
hängenden  Ohren  mussten  sie  ohne  irgend  etwas  nach  Hause  zurück- 
fahren. 

Einmal  gegen  Sonnenuntergang  standen  einige  Fämninger  vor  den 
Häusern  und  als  die  Sonne  eben  in  die  Meerestiefe  dort  westlich  vom 
Dorfe  sinken  sollte  und  den  Meeresrand  so  gross  und  rot  berührte,  kam 
ein  grosser  Schatten  vor  sie  und  das  sah  so  schrecklich  wunderlich  aus. 
Ja,  wie  es  natürlich  war,  hörte  man  das  bald  in  den  Häusern,  dass  etwas 
Seltsames  zu  sehen  war,  und  wenn  man  so  etwas  in  Famjin  erwartete, 
waren  die  Dorfbewohner  vor  Neugierde  nicht  faul,  sich  zusammenzurotten 
und    sich   zu   erkundigen,    was   das  sein  könnte,    das  das  Volk  in  Haufen 


Fseröische  Märchen  und  Sagen  163 

herzog.  Alle  kamen  sie  nun  heraus,  diese  Wundererscheinung  westlich 
im  Meere  zu  boobacliten,  und  alle  wollten  gern  wissen,  was  dieses  grosse 
Glänzende  zu  bedeuten  habe,  das  sie  vor  sich  sahen.  Sie  äusserten  sich 
darüber  verschieden:  der  eine  sagte,  das  sei  ein  Tier,  das  über  tlas  Meer 
ginge  und  die  Sonne  verschlänge,  ein  anderer  glaubte,  das  sei  ein  Berg, 
eine  schwimmende  Insel  und  manches  andere,  ebenes  und  unebenes,  wurde 
vorgebracht.  Weil  niemand  von  seiner  Meinung  ablassen  wollte,  begannen 
sie  zu  streiten,  und  so  heftig  zankten  sie  sich,  dass  sie  nahe  daran  waren, 
sich  zu  prügeln.  Da  ergriff  einer  der  Friedlichsten  unter  ihnen  das  Wort, 
der  verständigste  Beschluss  sei,  die  alte  Rannvä  zu  holen.  Sie  wurde  da 
schleunigst  herausgetragen  und  als  sie  eine  kleine  AVeile  auf  das,  was  den 
Unfrieden  stiftete,  geschaut  hatte,  sagte  sie:  „Das  ist  die  Klsemintskirche, 
welche  aus  dem  Meere  aufkommt."  Das  hielten  nun  alle  für  etwas  ge- 
sprochen, und  in  dieser  Zuversicht  wurden  sie  alle  ruhig  und  gingen  in 
Frieden  jeder  in  sein  Haus,  denn  sie  war  die  weiseste  im  Dorfe  und  nie- 
mand zweifelte  daran,  dass  ihr  Wort  das  richtige  sei. 


Anmerkungen. 

ir.  Zwei  Märchen,  die  mit  dem  Hulderglauben  Zusammenhang  haben,  stehen  in 
Antiqu.  Tidsskrift  af  det  kgl.  nord.  Oldskriftselskab  1849  — .51  cKjöbenhavn)  S.  322ff. 
und  327  ff.  (mitgeteilt  von  Hammershaimb). 

In  Debes'  Faerose  et  Fjeroa  reserata  (1673)  finden  sich  verballhornte  Andeutungen 
von  Huldermärchen  und  Hulderglauben:  S.  321  (ein  Mädchen  verschwunden),  323  (ein 
Manu  sieben  Jahre  bergentrückt),  323  (ein  Jüngling  von  einem  [Hulderjmädchen  verlockt), 
324  (ein  [Hulder] mann  entführt  ein  Kind),  335  („Huldemsend"  genannt);  S.  329  f. 

III.  Über  Türken  auf  den  Fceröern  (1629)  s.  Debes  S.  230 

Die  Flüchtlinge  hängen  schwarzes  Tuch  vor,  damit  der  Eingang  der  Höhle  da- 
durch in  der  gleichförmigen  schwarzen  Farbe  der  faeröischen  Felsen  verschwinde. 

Es  möge  hier  liervorgehoben  werden,  dass  der  fser.  Volksglaube  (nach  Mitteilung 
Jacobsens)  nur  weibliche  Wichtein  kennt. 

IV.  Verschiedene  Zauberformulare  in  poetischer  Form  finden  sich  in  Niels 
Winthers  Fieröernes  Oldtidshistorie   (Köbenhavn  1875)  S.  373  ff.;    vgl.  auch  351  f. 

V.  In  Landts  Beskrivelse  over  Fseröerne  (Köbenhavn  1800)  S.  445  werden  die 
Nidagrise  erklärt  als  „smaa  Skabninger  i  meuneskelig  »Skikktdse  med  röd  Hue  paa  Hovedet, 
de  medföre  Hfeld  i  den  Gaard,  hvor  de  opholde  sig.  Vattrar  ere  gode  Aander,  som  mest 
opholde  sig  ved  Kirkegaardene."  Landt  hat  willkürlich  die  norwegische  Nissenvorstellung 
auf  den  Nidagris  übertragen  und  offenbar  Wichtein  und  Nidagrise  verwechselt. 

X.    Vgl.  Debes  S.  171  („Haffrü"  gesehen  worden). 

XII.  und  XIII.  Vgl.  Debes  S.  22:  det  er  fast  huer  Mands  Suack  udi  Landet:  huor- 
ledis  Satan  om  Nattetjder,  naar  de  tjligen  ere  udroede  oni  Vinteren  ....  er  .  .  .  aaben- 
bared  for  dennem  udi  en  Baafls  Lignelse  med  Fiskere  udi  Baaden  og  ald  Fisker  Reed- 
skab;  hafver  taled  med  dennem,  gifvet  dennem  Fiskeragn,  hafver  sagt  dennem  huor  god 
Fiskermed  var  at  finde. 

XVII.    Eine  Variation  (mehrere  Riesen)  s.  Winther  S.  20. 

Verwandlungen  von  Rieseu  in  Stein  s.  Winther  S.  15.  21.  22;  eine  Bergspitze  auf 
Vagö  heisst  Troldkoneflnger  (Landt  S.  68). 


164  Jiriczek:   Faeröiselic  MärcliPii  uiifl  Sagen. 

Die  Isländer  galten  den  Fseringeru  überhaupt  als  zauberkundig,  s.  Winther  S.  336; 
alle  diese  Sagen  beweisen  die  Antagonie  zwischen  beiden  Völkeni,  die  das  fseröische 
Sprichwort  ausdrückt:  Tad  er  ringt,  id  ikki  livir  meira,  enn  Island  livir  Föroyum 
(FA.  446). 

XIX.  Schon  Debes,  S.  165,  erzählt  diese  Sage,  doch  von  dem  Baum  erwähnt  er 
nichts.  Der  „einäugige"'  Wal  ist  der  isl.  andhvalr  (fser.  döglingur),  balsena  rostrata:  nach 
Debes  fast  ausschliesslich  im  Qvalböfjord  in  Suduroy  vorkommend  (S.  165),  wohin  er  nach 
dem  Schelten  der  Mikjunesbewohner  sich  zurückgezogen  habe  (S.  166) ;  sein  Fleisch  sei  un- 
geniessbar  (S.  164):  die  „siila"  wird  von  Landt  S.  259  als  Pelicanus  Bassanus  definiert  und 
kommt  nach  ihm  nur  auf  Mikjunesholm  vor  (S.  73.  259);  vgl.  auch  Debes  S.  182.  —  Über 
,.Riesengräber"  s.  Winther  S.  171,  wo  auch  eine  Sage  mitgeteilt  ist. 

XX.  Über  Wälder  auf  den  Fa^röern  vgl.  Landt  S.  3821,  Winther  8.8.  9  (in  der 
Anm.  die  Litteratur  über  Wälder  auf  Island).  —  Eine  ganz  abweichende  Sage  über  das 
Verschwinden  der  Wälder  s.  Winther  S.  18  f.  nach  Pastor  Schröter,  über  dessen  Vertrauens- 
würdigkeit man  die  Anm.  zu  XXXII  vergleiche. 

XXI.  Schon  bei  Debes  S.  21.  Über  schwimmende  Inseln  s.  ib.  S.  19  ff.  —  Leichte 
Variation  bei  Winther  S.  16  f. 

XXII.  Eine  Variante  s.  Winther  S.  19. 

Wer  Kälv  der  kleine  (Kälvur  litli)  ist,  weiss  ich  nicht.  Winther  S.  18  Anm.  6  ver- 
weist auf  einen  Priester  Kälvur  litli  der  ..under  Catolicismen  var  paa  Sandö  og  hvis 
Grusomhed  endnu  lever  i  P^olkets  Minde";  woher  er  diese  Nachricht  hat,  ist  mir  un- 
bekannt. —  Biebergeil  als  Mittel,  Wale  zu  vertreiben,  s.  Debes  S.  167,  Winther  S.  352. 

XXIII.  Eine  andere  Sage  über  die  Entstehung  von  Wii'beln  (zwei  feindliche 
Schwestern)  bei  Winther  S  22.  Debes,  S.  29,  erzählt,  die  Einwohner  glaubten,  dass  Wirbel 
plötzlich  auftauchen,  wenn  Eisen  im  Boote  sei  (Boffverne  kumie  ikke  fordrage  Jernet  i 
Baaden). 

XXVI.  Ganz  abweichend  bei  Winther  S.  10  und  11  Anm.  2,  wo  zwischen  Noas  Arche 
und  dem  Brett  geschieden  wird;  letzteres  ist  bei  W.  ein  Baumstamm,  aus  dem  Blut  fliesst, 
wenn  man  ihn  schneidet. 

XXVII.  Schon  Debes  kennt  diese  Sage  (S.  234  f.) 

XXVIII.  Zu  dem  merkwürdigen  Zuge,  dass  Orm  an  einer  Stelle  bestattet  wird,  von 
wo  er  über  die  Länder  sehen  kann,  vgl.  Winther  S.  168:  Auf  Vägö  ist  ein  Hügel,  der 
Öttisheygjur  heisst:  ein  (unbekannter)  Ötti  soll  sich  ihn  zum  Begräbnisplatz  ausgewählt 
haben,  weil  er  von  dort  seine  Läudereien  übersehen  konnte.  Dieser  Zug  ist  gewiss 
heidnisch. 

XXIX.  Von  einem  Goldhorue  Sigmunds  wissen  weder  die  „Fsereyingasaga"  noch  das 
fjeröische  Sigmundarkvsedi  etwas;  es  ist  wohl  eine  dunkle  Erinnerung  an  den  Goldi-ing 
Sigmunds  (F?er.  S.  S.  28).  Über  noch  lebende  Erinnerungen  an  Sigmund  s.  Winther  S.  142. 
158.     Sagen  von  vergrabenen  Schätzen  s.  Winther  S.  86  f. 

XXX.  Die  Sagen  von  den  Janssöhnen  kommen  in  den  mir  bekannten  Quellen  und 
Werken  über  die  Faeröer  nicht  vor. 

XXXII.  Über  die  Friesen  auf  dem  Akraberg  teilt  Schröter,  Ant.  Tidsskr.  1849—51 
S.  145  ff.,  eine  Sage  mit,  die  trotz  Schi-öters  Unzuverlässigkeit  doch  echt  sein  düi-fte, 
wenigstens  dem  Kerne  nach.  Vgl.  auch  die  fieröische  Frisa  visa  (FA.  268  f.),  deren  Wert 
als  histor.  Zeugnis  für  die  Anwesenheit  von  Friesen  auf  den  Fseröern  doch  dadurch  be- 
deutend geschwächt  wird,  dass  dieselbe  Visa  auch  isländisch  existiert;  das  Spiel  (ohne 
Nennung  der  Friesen)  findet  sich  auch  im  Schwedischen  (,in  der  Sammlung  von  Geiger 
und  Afzelius).  —  In  Kirkjubö  hatten  die  fseröischen  Bischöfe  ihren  Sitz;  die  dortige 
Kirche  ist  die  einzige  Steinkirche  auf  den  Faeröern;  daneben  eine  alte  Mauer,  die  zu  einer 
Kirche  bestimmt  war.  S.  Landt,  S.  61  f.  Schröter  hat  a.  a.  0.  S.  147  ff.  eine  Sage:  „Wie 
Kirkjubö  Bischofssitz  wui-de"  nebst  historischen  Anmerkungen  mitgeteilt;  Gustav  Storni 
hat  jedoch  in  Norsk  Historisk  Tidsskrift  II.  R?ekke   IV  Band   (Kristiania)  S.  253  ff.   1884 


Volksspgpii  aus  dem  Böhmorwald.  165 

die  Sag-fi  Schrötei's  als  eigenes  Macliwerk  desselben  nachgewiesen.  —  Wer  Bischof  Miis 
war,  ist  unl)ekannt.  Eine  Andeutung  der  Schlacht  im  Mannfellsdal  findet  sich  bei  Debes, 
S.  233. 

XXXIII.  Kormoran,  fser.  skarvur  (Phalaerocorax  cormoranus  et  cristatus). 
Eine  andere  Vogelsage  siehe  bei  Winther  S.  403. 

XXXIV.  Mit  dem  „roten"  Wal  ist  die  Walart  Balaena  Ply-salis  g-emeint,  die  nach 
Landt,  S.  240,  nicht  lebend  bei  den  Fieröern  gesehen,  aber  öfter  tot  angetrieben  wird. 
Nach  Debes,   S.  107,  sah  man  zu  seiner  Zeit  den  Rotwal  [„Röcr"]  lebend  bei  den  Inseln. 


Volkssegen  aus  dem  Bölimerwald. 

Von  J.  J.  Ammanu  in  Krunimau. 

(Vgl.  Jahrgang  1891.  S.  197.  307.) 


III.   Kircliliclie  Segen  und  Gebete  gegen  Böses  und  Übles 
im  allgemeinen. 

1.    Gegen   Unglück  im  allgemeinen. 
Der  folgende  Segen  wurde  in  Malsching  in  der  Schule  von  einem  geistlichen 
Herrn  als  Argument  gegen  den  Aberglauben  des  Volkes  verwendet. 
Während  der  hl.  Messe  wurde  eine  Stimme  zu  Jerusalem  gehört: 
Unglück   und  Verderben    wird  über  das  ganze  Menschengeschlecht  kommen; 
wer    aber  dieses  (folgende)  Gebet  mit  Andacht  und  Betrachtung  betet,    dem  wird 
der  liebe  Gott  von  jedem  Unglück  helfen.    Dieses  Gebet  wurde  von  dem  frommen 
Bischof  Anton    verkündet  und  übersendet.     Ein  jeder,    der  es  bekommt,    soll  es 
neunmal    abschreiben  und  unter  neun  Personen  austeilen.     Wer  dieses  Gebet  aus 
Nachlässigkeit    verstümmelt,    begeht    eine    schwere  Sünde    mid    es    wird  ihn  ver- 
schiedenes Unglück  heimsuchen. 

Gebet. 

Gelobt  sei  Jesus  Christus!  Wir  rufen  zu  dir,  o  heiliger  Gott,  erbarme  dich 
unser  und  des  ganzen  Menschengeschlechtes,  reinige  uns  von  unsern  Sünden. 
Ewiger  Gott,  zeige  uns  deine  Barmherzigkeit! 

Wir  bitten  dich,  A^erzeih  uns  unsere  Sünden  durch  dein  heiliges  Blut  jetzt  und 
allzeit  und  in  Ewigkeit.     Amen. 

2.  Tobiassegen. 
Die  Tobiassegen  scheinen  unter  dieser  Art  Segen  die  grösste  Verbreitung  ge- 
funden zu  haben,  denn  ich  besitze  aus  verschiedenen  Gegenden  des  Böhmerwaldes 
mehrere  Passungen,  die  im  einzelnen  wieder  voneinander  abweichen  Ich  will 
zunächst  einen  mitteilen  aus  Tweras,  der  auf  ein  grosses  Blatt  „zu  Colin  am  Rhein" 
gedruckt  wurde. 

Das  ist  der  rechte  und  wahrhafte  Tobiassegen. 
Voraus  geht  eine  Auseinandersetzung  über  die  Wirkung  dieses  Segens: 
„Wer  diese  Worte  und  gedruckte  Zeichen  und  Karakter   bei   sich   trägt,   der 
überwindet  alle  seine  Peinde  und  kann  um  Gerechtigkeit  willen  nicht  umkommen 

Zeitschrift  d.  Vereins  f.  Volkskunde.     189?.  22 


]ß(j  Ammaiin: 

odoi'  slerljoiK  ov  ist  sicher  vor  allen  (üll.  Hex-  und  Ztuiborey,  vor  Ilagol.  Donner. 
Blitz,  vor  Feuer-  und  Wasseiiioth,  vor  alle  Dieb,  Mörder  und  Sti'assenräuber.  die 
können  mit  der  Hilf  (iottt-s  keinen  Meiisehcn  ni(dit  angreifen,  keinen  Schaden  zu- 
(uiien.  und  alles,  was  ei-  anCiingt,  das  überkommt  ein  gutes  End .  sey  im  Kaurcn 
oder  Verkaufen." 

Dann  folgt  den'  formelhafte  Teil  des  Segens.  Dieser  bildet  ein  Kreuz.  Der 
TIauplbalken  wird  durch  drei  übereinanderstehende  Rechtecke  gebildet,  der  Quer- 
balken durch  je  ein  Rechteck  rechts  und  links.  Im  Innern  dieser  durch  Linien 
;>-ebildeten  Rechtecke  steht  immer  angegeben,  w^ofür  der  Segen  hilft,  aussen  heium 
laufen  geheimnisvolle  lateinische  oder  hebräische  Segensworte.  Neben  dem  obersten 
Rechteck  sind  ausserdem  rechts  und  links  lateinische  Sprüche,  neben  dem  untei'sten 
Rechteck  rechts  und  links  deutsche  Sprüche. 

Nach  diesen  Formeln  folgt  in  ganzer  Blattbreite  eine  Erklärung  über  die  Art 
der  Anwendung  und  die  Wirkung  des  Segens.  Dann  ist  in  der  Mitte  ein  von  zwei 
Pfeilen  durchbohrtes  Herz  abgebildet,  rechts  imd  links  davon  ein  lateinische)'  Spruch; 
mit  einem  längeren  Gebete  schliesst  das  Ganze. 

Das  ober.-te  Rechteck  trägt  ringsherum  nach  aussen  die  Worte:  „f  Jesus 
t  Lassimarus  f  Seelen  f  Sahian  j  Ducn  f  Salmseson  f  Seges  f  sum  f  Duo  jenam 
t  Milias  t  Daches  f  Michelis  f  Estes  f  Animatio.'"  Das  zweite  Rechteck  des 
riauptbalkens  ist  umschrieben  mit:  ..f  Angelus  f  Solim  f  Sacrilufans  f  Urx  Jesus 
t  Christus  f  Amen,  f  Christus  f  in  Nognes  f  Christus  f  in  Zotas  f  in  Sanctum 
f  Amen."  Das  dritte  mit:  .^Corsson  f  Jansiassims  Casa  f  Emanuel  Zabaoth  f  Arassa- 
closson  Jesus  f  Christus  f  Corsson."  Das  Rechteck  des  Querbalkens  links  mit: 
„f  Melechius  f  Reu  f  Jesus  f  Ubishaut  f  Samen  f  Sebesueni  f  Christus  Rius."  Das 
Rechteck  des  Querbalkens  rechts  mit:  ^Nolitus  f  Christus  f  Xossi  f  T(>nemiati  genua 
f  Ristomoses  Jesus  f  Christus  f  Temes.'" 

Im  Innern  dieser  Rechtecke  steht  in  derselben  Reihenfolge:  „Das  Zeichen  ist 
gut  vor  allerley  Gewehr  und  Geschoss,  wer  es  bei  sich  tragt,  der  kann  nicht  ver- 
wundt,  geworfen,  geschlagen,  gehauen,  gestochen  oder  geschossen  werden,  er  ist 
vor  all  seinen  sieht-  und  unsichtbaren  Feinden  sicher,  vor  allen  bösen  Geistern 
und  Teufelsgespenst,  die  können  ihm  an  Leib  imd  Seel  mit  der  Hilf  Gottes  nicht 
schaden,  er  wird  vor  Unglück  behütet."  Ferner:  .,Das  Zeichen  ist  gut  in  aller 
Handlung  zu  Wasser  und  Land,  es  sey  im  Kaufen  oder  Verkaufen,  es  gehet  ihm 
alles  wohl  von  statten,  er  kann  nicht  betrogen  oder  übervortelt  w^erden.  und  alles, 
was  er  anfanget,  das  bekommt  ein  gutes  End,  er  ist  auch  in  allen  andern  Sachen 
glücklich  und  kann  nichts  verlieren."  Ferner:  ..Das  Zeichen  ist  gut  vor  alle  giftige 
Pestilenz  und  herumgehende  schwere  Leibeskrankheiten,  vor  Hex-  und  Zauberey. 
vor  Hagel,  Blitz  und  Donnerwetter,  vor  Wasser-  und  Feuernot,  vor  bös  und  gäben 
Tod,  vor  alle  Dieb,  Möi'der  und  Strassenräuber,  die  können  mit  der  Hilfe  Gottes 
weder  in  Haus  noch  auf  der  Strassen  angegriffen  werden,  er  überwindet  alle  seine 
Feinde."  Ferner:  „Das  Zeichen  ist  gut,  wenn  einer  über  ein  Zauber  Teufels  Aus- 
guss,  gelegte,  gegossene,  eingegrabene  Sachen  gegangen  oder  gefahren  wäre,  und 
davon  erlahmen,  erkruramen  oder  abdörren  muss,  wer  es  bey  sich  tragt,  so  mag 
ihm  mit  der  Hilf  Gottes  derer  keiner  schädlich  seyn.  er  wird  in  allem  behütet." 
Ferner:  ..Das  Zeichen  ist  auch  für  alle  heimliche  Feinde,  die  einen  hassen  oder 
neidig  seyn.  wers  auf  der  rechten  Seiten  trägt,  und  wird  ihm  Niemand  feind  seyn, 
er  wird  lieb  und  werth  gehalten  von  Jedermann,  und  er  kann  auch  mit  der  Hilf 
Gottes  ohne  l>eicht  und  Buss  keines  gäben  Todes  sterben  und  wird  behütet  von 
unwissenden  Schaden  und  Unglück." 

Der  lat.  Spruch  links  oben  lautet:    „Jesus  Christus  Rex  gloria  venit  in  pace: 


Volksseoen  aus  dem  Bühinerwald.  "1(57 

Dt'us  Ilonin  Caelus  ost  et  Verbiun  ('uro  lactum  est  f-j--!-;"  rechts  oben:  ..Christus 
viiicit:  Christus  regnat  Christus  imberat  Christus  ab  omni  nialo  nos  defendat  ff t-' 

Der  deutsche  Spruch  unten  links:  „Christi  Kreuz  ist  mein  ewig  und  wahres  H. 
Christi  Kreuz  behüte  mich  N.  jederzeit,  und  auf  der  ganzen  Welt.  Das  f  Christi 
sey  ob  raii'  N.,  unter  mir,  hinter  mir,  neben  mir  und  auf  der  Seite.  Das  f  Jesu 
Chr.  überwinde  mir  N.  alle  meine  Feinde,  die  wider  mich  sind,  dass  sie  mir  kein 
Leid  zufügen  können,  Amen." 

Der  deutsche  Spruch  unten  rechts:  „Ihr  Mundt  sey  versaudt  und  ihr  Herz 
verbannt.  Jesus  Chr.  ging  in  den  Saal,  da  fingen  seine  Feinde  an  zu  schweigen, 
und  ihr  Gewehr  und  Waffen  stille  stehen,  als  das  AVasser  in  dem  Fluss  Jordan 
gestanden  ist,  als  Johannes  der  Jünger,  Jesum  Chr.  den  wahren  und  lebendigen 
Sohn  Gottes  getauft  hat,  Amen." 

Dann  geht  der  Text  in  ganzer  Blattbreite  weiter: 

„Dieser  Segen  ist  oft  und  vielmal  approbirt  worden,  welcher  Mensch  diesen 
Brief  bey  sich  trä^-t  und  betet  alle  Morgen  der  allerheiligsten  Dreifaltigkeit  zu 
Ehren  o  Vater  unser  und  o  Ave  Maria  und  einen  Glauben,  der  ist  sicher  vor  allen 
seinen  Feinden,  es  kann  ihm  auch  durch  keinerley  Gewehr  und  Waffen  und  Ge- 
schoss  zugefügt  werden,  er  ist  sicher  vor  allen  losen  und  bösen  Leuten,  vor  Hex- 
und  Zaubereyen  und  allerley  Teufels  Gespenst,  vor  allen  Dieben,  Mördern  und 
Strassenräubern.  AYelche  Frau  diesen  Brief  bei  sich  hat,  der  kann  [Seite  2]  nicht 
missiingen  in  ihrer  Geburt,  und  wer  diesen  Brief  bei  sich  trägt,  der  wird  Wunder 
erfahren,  was  vor  Kraft  und  Wirkung  er  in  sich  hat."  Dann  folgen,  durch  ein 
Hei'z  inmitten  getrennt,  die  lat.  Segensworte:  „f  Benedicat  tibi  Sanctus  Dens, 
Dominus  Deus  Christus,  B.  V.  Maria,  S.  Joannes,  S.  Marcus.  S.  Lucas,  S.  Mathaeus; 
C.  t  M.  t  B." 

Rechts:  „S.  Michael,  S.  Gabriel,  S.  Raphael,  S.  Daniel,  S.  Franciscus,  S.  An- 
tonius de  Padua,  S.  Florianus  et  omnes  angelorum  et  apostolorum  Chori."  Das 
Schlussgebet  auf  ganzer  Blattseite  lautet:  „Gleichwie  unser  Heiland  und  Selig- 
macher Jesus  Christus  seinen  Geist  in  die  Hände  seines  himmlischen  Vaters  auf 
dem  Ülberge  befohlen,  so  befehle  ich  mich  N.  N.  heut  und  allezeit  in  unsers  lieben 
H.  Jesu  Christe  in  seine  heil,  ö  Wunden,  dass  sie  mich  wollen  behüten  vor  allen 
bösen  Unglück  und  Schaden,  vor  Ketten  und  Banden,  wie  vor  Feuer  und  Wasser, 
vor  allen  Anfechtungen  der  bösen  Geister,  vor  Hex-  und  Zauberey,  vor  allen 
Dieben,  Mördern  und  Strassenräubern,  alles  Gewehr  und  Waffen  sey  vor  mir 
N.  N.  verschlossen,  dass  sie  mir  an  meinem  Leibe  nicht  schaden  können,  so  wenig 
als  dieser  Mann  vor  32  Jahren  gestorben,  und  zu  Asche  geworden  ist,  im  Namen 
Gott  u.  s.  w.  Amen.  Jesus  steh  mir  N.  N.  bey,  dass  mich  kein  böser  und  schlimmer 
Geist  angreifet,  Jesus  behüte  mich  ganz  und  gar,  die  allerheiligste  Dreyfaltigkeit 
sei  mein  Schutz  und  Schirm  im  Hause  und  Hof,  zu  Wasser  und  Land,  auf  allen 
Strassen  und  Gassen,  im  Feld  und  Wald,  wo  ich  fahr  und  trett,  wo  ich  geh  oder 
steh,  wo  ich  schlaf  oder  wach,  vor  allen  meinen  Feinden  gesegnet  sey;  ich  be- 
fehle mich  in  alle  h.  Worte  der  Messen,  welche  in  der  ganzen  Welt  gelesen  werden, 
damit  ich  durch  die  Kraft  derselben  gestärkt  und  gesegnet  werde;  ich  N.  N.  be- 
fehle mich  in  alle  priesterliche  Segen,  so  allzeit  gegeben  werden,  damit  ich  durch 
die  Kraft  derselben  gesegnet  werde.  Ich  will  heute  ausgehen  in  Gottes  Frieden, 
ich  gehe,  reite  oder  fahre  aus,  dass  mir  alle  meine  Worte  und  Werke  in  Gottes 
Namen  werden  fortgehen,  und  dass  alle  meine  Feinde  und  Widersacher  müssen 
zurückstehen  und  zu  Schanden  werden,  und  ich  gehe  aus  in  aller  Engel  Haus,  wer 
wird  mit  mir  gehen?  Die  allerschönsten  Männer  drey,  Gott  der  himmlische  Vater 
vor  meiner,   Gott  der  Sohn,   Herr  Jesus  Christus,    gehet   neben   meiner,   und  Gott 

12* 


168 


Ammann: 


der  hl.  Geist  schwebt  obei-  meiner,  wer  stärker  ist,  als  unser  Herr  Jesus  Christus, 
der  allzeit  bei  mir  ist,  der  weich  weit  von  mir  hinten." 

Zuletzt  heisst  es:  ,,Merke  aber,  mein  lieber  Christ,  dass  du  auf  diese  h.  "Wort 
und  Segen  nicht  vermossentl icher  Weis,  Raufen  und  Schlagen,  sondern  du  sollst 
alle  die  Laster  und  Todsünden  meiden,  alsdann  wird  dich  Gott  der  Allmächtige 
behüten  zu  Wasser  und  Land,  vor  allen  Feinden,  wird  dich  segnen  hier  zeitlich 
und  dort  ewig,  Amen."     Gedruckt  zu  Colin  am  Rhein.     Jahrzahl  fehlt. 

Andere  Passungen  des  rechten  und  wahrhaften  Tobiassegen  sind  mehr  in 
äusserer  Fassung  als  im  Inhalte  verschieden.  Manche  sind  auf  acht  Seiten  in  8° 
gedruckt,  mit  verschiedenen  Bildern  geziert  und  haben  die  fünf  Rechtecke  nach- 
einander. Im  Inhalte  weicht  besonders  die  Schreibung  der  um  die  Rechtecke  ge- 
schriebenen Worte  ab;  grobe  Fehler  in  den  lateinischen  Sprüchen  zeigen,  dass  die 
Arbeit  auch  oft  von  unkundigen  Leuten  besorgt  wurde.  So  lauten  auf  einem  andern 
Segen  die  Worte  um  die  Rechtecke: 

„Jesxis  t  Lassimaus  f  Seelen  Sabian  f  Deu  f  Sabuson  Se-Segesum  f  Duo 
suam  t  Milias  f  Da-ches  f  Michasis  f  Aminato. 

Melethus  f  Jesus  f  Uhibaus  Bacbt  f  Saczhemia  f  Christus  f  Kirus. 

Nostrius  t  Christus  Tent  niia  f  nolius  f  in  gniss  f  Ristomofes -Jesus  f  Christus 
t  Tmer. 

Vglus  t  Solin  t  Satrilufan  Urx  f  Jesus  f  Christus  f  Am.  Christus  in  f  Logues 
f  Christo  in  Zoras  f  in  Sanctum  f  Am.  Corsou  f  lencsiseim  Casca  Emaruc  Zebaoth 
f  Arassaclossou  Jesus  f  Christ  f  Corlin." 

Sowie  hier  im  Verhältnis  zum  frühern  Segen  weichen  etwas  mehr  oder  weniger 
auch  die  andern  Fassungen  in  diesen,  den  Rechtecken  umschriebenen  Wörtern 
ab,  der  übrige  Text  zeigt  geiingere  Abweichungen.  Dem  Alter  nach  reichen  diese 
Tobiassegen  in  diesen  Drucken  höchstens  bis  in  die  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts 
zurück,  manche  sind  auch  jünger. 

Vgl.  Müllenhoff- Scherer,  Denkmäler  ^  XL VII,  4  u.  Anm.  S.  481— 85. 


3.    Richtige  und  wahrhafte  Länge  unsers  Herrn  Jesu  Chr., 

wie  er  auf  Erden  am  hl.  Kreuze  gewesen  ist,  und  die  Länge  ist  gefunden  worden 
zu  Jerusalem  bei  dem  hl.  Grab,  als  man  das  Jahr  1655  zählte,  unter  der  Regie- 
rung Riemens  des  Achten,  welcher  es  bekräftigte.  (Der  ganze  Segen  ist  auf  ein 
fast  bogengrosses  Blatt  gedruckt,  zu  Colin  a.  Rh.  ohne  Jahrzahl  und  stammt  aus 
Höritz.  Die  Seite  ist  von  oben  nach  unten  durch  einen  Strich  in  zwei,  von  rechts 
nach  links  in  fünf  Rubriken  geteilt.  In  der  ersten  Rubrik  links  ist  Christus  am 
Kreuze  abgebildet,  in  der  dritten  Rubrik  rechts  ist  folgende  Formel): 


S. 

J.  N. 

a. 

R.  J. 

M. 

t 

Jesus 

M. 

s. 

Maria 

A. 

Joa- 

Joseph 

t 

chim 

L.V. 

und 

10 

Anna 

C. 

M. 

B. 

(Die  übrigen  Rubriken  enthalten  Gebete  oder  Erklärungen  des  Segens.) 


Volkssegen  aus  dem  Böhmerwakl.  1(59 

Im  Namen  u.  s.  w. 

Gelobt  sei  der  allerheiligste  Namen  Jesus,  und  seine  Länge  in  Ewigkeit  Amen. 
Und  wer  diese  unsers  Herrn  Lunge  bei  sich  trägt,  oder  in  seinem  Hause  hat,  der 
ist  versichert  vor  allen  seinen  Feinden,  sie  seien  sichtbar  oder  unsichtbar,  und  vor 
allen  Strassenräubern,  oder  allerhand  Zauberei  ist  sicher  behütet  und  bewahret: 
und  es  mag  ihm  auch  keine  falsche  Zunge  oder  falsches  Gerücht  schaden.  Und 
so  eine  schwangere  Frau  solche  bei  sich  trägt,  oder  zwischen  der  Brust  umbindet, 
die  wird  ohne  grosse  Schmerzen  gebären  und  mag  ihr  nicht  misslingen  in  ihrer 
Geburt.  Und  in  welchem  Hause  die  Länge  Chr.  sein  wird,  kann  nichts  Böses 
darin  bleiben,  und  kein  Donnerwetter  mag  ihm  nicht  schaden,  auch  soll  er  vor 
Feuer  und  Wasser  behüttet  sein.  Segne  dich  Christenmensch  f  alle  Morgen  früh 
mit  der  Länge  Jesu  Chr.,  und  bete  die  ganze  Woche,  alle  Sonntage  .J  Vater  unser, 
5  Ave  M.  und  einen  Glauben,  zu  Ehren  der  hl.  5  Wunden  Jesu  Chr.;  und  wer 
die  Länge  Jesu  Chr.  hat,  der  soll  es  im  Jahre  dreimal  lesen,  wenn  er  es  selber 
nicht  kann,  durch  Andere  lesen  lassen,  oder  wenn  er  im  Jahr  Niemand  haben  kann, 
der  ihms  vorlest,  so  bete  er  im  Jahre  3  Rosenkränze,  den  ersten  am  hl.  Char- 
freitag,  den  zweiten  am  Freitag  nach  Pfingsten  und  den  dritten  am  Freitag  nach 
Weihnachten,  so  wirst  du  christlicher  Mensch  f  das  lange  Jahr  mit  der  Länge 
Christi  allezeit  gesegnet  sein  auf  dem  Wasser  und  auf  dem  Land,  bei  Tag  und 
Nacht  in  deinem  Leib  und  Seele  in  alle  Ewigkeit.     Amen. 

Jetzt  fangen  sich  an  in  der  Jesu  Chr.  Länge  die  schönen  Gebete  von  dem 
hl.  Franzisko,  und  lauten  also:  0  Herr  Jesu  Chr.!  ich  empfehle  mich  christlich- 
katholischer Mensch  f  durch  deine  Länge,  meinen  Leib  und  Seele,  mein  Haus  und 
Hof,  und  die  Meinigen  heut  und  diese  acht  Tage  und  Nächte  in  deine  hl.  Worte 
Gottes,  das  alle  Priester  sprechen,  von  dem  du  dich  verwandelst  durch  das  Wort 
zu  Fleisch,  und  vom  Wein  zu  Blut. 

Ich  empfehle  mich  christlicher  Mensch  f  heut  und  die  acht  Tag  und  Nächte, 
o  Herr  Jesu  Chr.  in  deine  hl.  Gottheit,  und  in  deine  hl.  Menschheit,  und  in  deine 
hl.  Seele,  und  in  dein  hl.  Blut,  und  in  deine  hl.  Gegenwärtigkeit,  o  Herr  Jesu 
Chr.!  ich  empfehle  mich  heut  und  alle  acht  Täg-e  und  Nächte  mein  P'leisch  und 
Blut,  meinen  Leib  und  Seele,  mein  Leben  und  meine  Glieder  in  deinen  göttlichen 
Frieden,  o  Herr  Jesu  Christe!  ich  bitte  dich,  dass  du  mich  in  deiner  Länge  alle- 
zeit damit  behütest  und  bewahrest,  vor  allem  Unglück,  vor  allen  Feinden  und 
schädlichen  Wunden  und  Lästerungen,  oder  Feuer  und  Wasser,  und  vor  aller 
Strasscnräuberei,  vor  aller  Vergiftung  und  Vergebung,  und  vor  allem  dem  be- 
schirme mich  und  meinen  Feldbau  und  Getreid,  meine  AViesen,  Gärten  und  alle 
meine  Früchte,  mein  Vieh,  Hab  und  Gut.  0  Herr  Jesu  Christe!  ich  bitte  dich, 
dass  du  mir  armen  sündigen  Menschen  mit  deiner  Länge  wollest  alles  dies  be- 
hüten und  bewahren  für  alle  Zauberer  und  Zauberinnen,  für  Hagel  und  Donner 
und  allen  schwangern  Frauen  eine  fröhliche  Geburt  verleihe.  0  du  mein  getreuer 
Gott  und  Herr!  durch  deine  hl.  Länge  und  mannigfaltige  Güte  und  Barmherzigkeit. 
0  Herr  Jesu  Chr.,  ich  bitte  dich,  dass  du  mich  in  deine  Länge  allezeit  verbergest, 
behütest  und  bewahrest,  heut  und  diese  acht  Tage  und  Nächte  in  deine  hl.  ver- 
borgene Gottheit,  als  sich  die  hohe  Gottheit  verborgen  in  die  Menschheit,  als  du 
dich  verbergest  in  des  Priesters  Hand  unter  der  Gestalt  des  Brotes  und  des  Weines. 
0  Herr  Jesu  Christe!  ich  bitte  dich,  dass  du  mich  verbergest  in  deine  hl.  fünf 
Wunden,  und  mich  abwaschest  durch  deine  hl.  Länge  und  mit  deinem  hl.  roscn- 
farben  Blut,  die  hl.  Dreifaltigkeit  sei  mein  Schild  und  Schirm  für  alle  meine 
Feinde,  sie  sein  sichtbar  oder  unsichtbar.  Im  Namen  u.  s.  w.  Amen.  Gott  der 
Va  t  ter   ist   mem   Mittler,    Gott   der  Sofhn    ist  mein  Vorgeher,    und   Gott   der 


1 70  Ammaiin : 

hl.  Ge  f  ist  ist  mein  Beistand,  und  welclier  dann  stärker  ist,  als  diese  drei  Mann,  und 
die  Länge  Jesu  Chr.,  solcher  komme  und  greife  mich  an.  Das  helfe  mir  Gott  der 
V.  u.  s.  w.     Amen. 

Und  auf  meinem  Herrn  Jesum  Chr.,  meinen  lieben  Seligmacher  steuere  ich 
mich  christlicher  Mensch,  der  beschütze  und  führe  mich  in  das  Leben.  Amen. 
Jesus,  Maria,  Joseph.  Zu  Gott  unser  lieben  Frau,  habe  ich  christlicher  Mensch 
meine  Hofl'nung  und  Vertrauen.  Wann  mein  Gott  will,  so  ist  mein  Ziel,  darauf 
christl.  Mensch  mit  dieser  Länge  Jesu  Chr.  allezeit  darinnen  hoffe,  trauend  und 
sterben  will  ich  in  alle  Ewigkeit  zur  ewigen  Seligkeit.  Amen.  Jesus,  M.  u.  J.  Amen. 
Bete  alle  Sonntag  5  V.  u.,  5  A.  M.  u.  einen  Gl.  zu  Ehren  der  hl.  5  Wunden  Jesu 
Chr.     Amen. 

Christus  f  vincit,  Christus  f  regnat  f  imperat.  Fax  Domini  nostri  Jesu  Christi, 
Virtus  sacratissimi  Passionis  ejus,  Signum  S.  f  Integritas  B.  V.  M.  Benedictio 
Sanctorum  Electorum  Titulus  Salvatoris  nostri  in  Cruce  J.  N.  R.  J. 

Seid  mir  friedlich  wider  alle  meine  Feinde,  sie  seien  sichtig  oder  unsichtig, 
dafür  behüte  mich  Christus,  der  den  Tod  am  Kreuze  nahm.  Die  hl.  Länge  Chr. 
behüte  mich,  bis  er  mich  nehme  nach  diesem  Leben  zu  sich. 

Ln  Namen  u.  s.  w.     Amen. 

(Bei  diesem  Segen  ist  es  von  besonderer  Wichtigkeit,  zu  bedenken,  dass  das 
Messen  (Abmessen  des  Körpers  mit  einem  Faden  nach  Länge  und  Breite)  kranker 
Personen  ein  uralter  Brauch  ist;  nur  so  wird  dieser  wunderliche  Segen  verständlich. 
Vgl.  Grimm,  Myth.  974  —  75  u.  Nachtr.) 

4.    Traum 
der  allerseligsten  Jungfrau   und  Mutter  Gottes  Maria  von   dem  bittern  Leiden  und 
Sterben  Jesu  Christi.     Ein  Bild :  Maria  mit  dem  Kinde.     Gedruckt  zu  Maria  Ein- 
siedel  1750;  in  Krummau  und  a.  a.  0.  aufbewahrt. 

Jesus  Christus,  der  Sohn  Gottes  und  die  allerreinste  Jungfrau  Maria. 

Da  die  Jungfrau  Maria  in  ihrem  Kämmerlein  eingeschlafen,  und  wiederum 
erwachte,  sagte  der  Sohn  Gottes  zu  ihr:  meine  allerliebste  Mutter!  du  hast  ge- 
ruhet? Mein  lieber  Sohn,  antwortete  sie  ihm:  ich  habe  geschlummert  und  habe 
einen  wunderlichen  Traum  von  dir  gehabt;  denn  es  träumte  mir,  dass  ich  dich 
gefangen  im  Garten  gesehen,  mit  Stricken  gebunden,  vor  den  Richter  Kaiphas  ge- 
führt, vom  Kaiphas  zu  Pilato  und  Herodes,  wie  sie  dich  in  dein  allerheiligstes 
Angesicht  geschliigen,  dein  heiliges  Haupt  mit  Dcirnern  gekrönt,  aus  dem  Tvicht- 
hause  haben  sie  dich  geführt,  und  an  das  Kreuz  geheftet,  dann  mit  dem  Kreuze 
erhöhet,  so,  dass  ich  dich  nicht  erreichen  konnte,  deine  heilige  Seite  ist  mit  dem 
Speer  eröffnet  worden,  aus  welcher  Blut  und  Wasser  geflossen  ist,  und  auf  mich 
unter  dein  Kreuze  Stehenden  herab  getropfet  ist.  Nachdem  haben  sie  dich  so  un- 
barmherzig gekrönter  und  zerfleischter  auf  meine  Sehooss  geleget,  so,  dass  kein 
Wunder  gewesen  wäre,  wenn  für  Sehmc'rz  mein  Herz  zersprungen  wäre,  .lesus 
antwortete:  Meine  allerliebste  Muttei-,  dicss  war  ein  wahrhafter  Traum,  der  dir 
geti'äumt  hat,  und  wer  diesen  Traum  öfters  betrachtet,  und  gut  überlegt,  dabei  ein 
ehrbaies  und  sündenfreyes  Leben  führet,  von  allem  Übel  werde  befreyet  werden, 
und  kann  hofl'en,  dass  er  ohne  Em])fangung  des  heiligen  Sakraments  des  Altars  von 
dieser  Welt  nicht  abscheiden  werde,  ich  aber  saniint  dir  liebste  Mutter  nach  dem 
Abschiede  dieses  zeitliehen  Lebens,  seine  Seele  in  das  ewige  Himmelreich  auf- 
nehmen werden. 

Nun  folget  ein  nützliches  Gebeth,  welches  Pabst  IjCO  seinem  Bruder,  dem 
Kaiser  (Karl   der  Grosse!)    zu    bethen    gerathen  hat,    da   er  wider  die  Feinde  ins 


Volkssogen  ans  dorn  Bölimenvald.  171 

Feld  zog.  Wer  dieses  Gebeth  bethet,  kann  zuverlässig-  hoffen,  dass  er  des  gähen 
Todes  nicht  sterben,  und  Gott  sein  Eigenthum  vor  allen  Schaden,  vor  Feuer  und 
Wasser  beschützen  werde.  In  welchem  Hause  die  Furcht  Gottes  und  IViedlicho 
Einigkeit  herrschet,  Gott  mit  seinem  ers])riesslichen  Segen  gewiss  nicht  abweichen 
wird.  Ein  schwangeres  "Weib,  wenn  sie  den  Gebothen  Gottes  gemäss  gelebt,  auch 
einer  glücklichen  Niederkunft  entgegensehen  kann,  und  jeder  wahrer  Christ,  der 
nach  dem  Willen  Gottes  lebet,  vieler  Gnaden  in  yei'schiedenen  Anliegen  sich  ge- 
trosten kann,  und  über  alle  seine  sieht-  und  unsichtbaren  Feinde  mit  der  Hülfe 
Gottes  den  Sieg  erhalten  werde. 

Im  Namen  u.  s.  w. 

Heilige  Jungfrau  Maria,  sei  mit  deiner  Hülfe  bei  mir.  Jesus  Christus  bewahre 
mich  vor  allen  bösen  und  widerwärtigen.  Das  f  Kreuz  Christi  seie  mein  Schutz 
in  allen  Zufällen.  Das  f  Kreuz  Christi  helfe  mir.  Das  f  Kreuz  Christi  über- 
winde alle  meine  Feinde.  Dazu  helfe  mir  Gott  der  Va  f  ter,  Gott  der  So  f  hn  und 
Gott  der  hl.  Ge  f  ist,  Aller  einziger  Hausvater  von  Ewigkeit  zu  Ewigkeit,  Amen. 

0  Jesu!  erbarme  dich  über  uns  Sünder.  Christo  mache  mich  gesund,  und 
befreye  mich  von  aller  Sünde,  und  allem  Uebel;  beschirme  mich  von  aller  Sünde, 
und  allem  Uebel:  beschirme  mich  in  allem  meinem  Thun  und  Lassen  von  allen 
Feinden.  Christe  seye  mit  mir,  seye  mein  gnädiger  und  mächtiger  Beschützer  und 
Beschirmer.  Ich  will  mich  mit  dem  hl.  Kreuze  segnen,  wenn  ich  aufstehe  und 
auch  dann,  wenn  ich  mich  zur  Ruhe  niederlege.  Durch  die  heiligen  Wörter: 
Jesus  Messias  Emmanuel.  0  h.  Kreuz  Christus  hast  überwunden,  Christus  über- 
wunden, Christus  ist  aus  dem  Grabe  auferstanden:  bewahre  mich  von  allem  Übel, 
vor  allen  Todsünden,  Mutter  Gottes!  Kreuz  Christi  beschirme  mich  vor  dem  bösen 
Feinde,  hl.  Johannes  der  Täufer,  der  du  den  Sohn  Gottes  im  Flusse  Jordan  ge- 
taufet hast,  bewahre  meinen  sündhaften  Leib  vom  Feuer  und  Schwert,  wie  a\ich 
von  teuflischer  List:  also,  damit  ich  die  Feinde  der  Erbschaft  Gottes  überwinden 
möge.     Dazu  helfe  mir  Gott  und  alle  Heiligen  Gottes.  Amen. 

Sehet  das  f  Kreuz  des  Herrn,  weichet  alle  ihr  meine  Feinde!  Deim  der  Lijwe 
aus  dem  Geschlechte  Davids  hat  überwunden,  AUeluja  Amen. 

Jesus  von  Nazareth  ein  König  der  Juden,  diese  glorreiche  Auferstehung  seye 
mit  mir,  und  bewahre  mich  diesen  Tag  vor  aller  Todsünde,  auch  von  allem  Uebel., 
so  der  Seele  als  auch  dem  Leibe  schädlich  seyn  könnte,  Amen. 

Eine  andere  F'assung  dieses  Traumes  Maria  e 
lässt  Maria  zu  Bethlehem  auf  dem  Berge  einschlafen  und  träumen.  Das  übrige 
zeigt  wenig  Abweichung  von  dem  frühern  Traume.  Bezüglich  der  Herkunft  heissl 
(-S  al)(M':  Dieser  Brief  ist  gefunden  worden  im  Brittanerland,  welchen  der  Herr 
Christus  in  ein  Kloster  gesendet  hat.  In  einer  dritten  Fassung  dieses  Traumes  ist 
Itezüglich  der  Herkunft  wieder  bemerkt:  Folget  ein  Gebet,  welches  der  Pabst  Leo 
seinem  Bruder  Karolo  wider  seine  Feinde  geschickt  hat. 

Es  ist  gelungen,  dass  Kaiser  Karl  der  Grosse  auch  in  dieser  Zeit  noch  inid 
zu  solchem  Zwecke  seinen  Namen  hergeben  muss.  Vgl.  Strickers  Karl  löf).  Auch 
in  diesem  Traume  zeigt  sich  der  Einfluss  P.  Cochems,  der  durch  sein  Volksbuch 
„Das  gi-osse  Leben  und  Leiden  Jesu  und  Mariae"  auf  das  ganze  Volksleben  einen 
so  bemerkenswerten  Einiluss  ausübte.  Vgl.  Das  Passionsspiel  des  Böhmerwaldes, 
vom  Verfasser  im  oO.  Jahrg.  der  Mitteil,  des  Vereins  für  die  Gesch.  der  Deutschen 
in  Böhmen  herausgegeben  und  darnach  besonders  abgedruckt,  Prag  181)1'  und  Das 
grosse  Leben  selbst  (Münchner  Ausg.  von  17-11)  11.  Teil  !)<").  Kap. 


172  Ammann: 

Häuiig  wird  in  Segen  Christus  in  persönlichem  Verkehr  mit  Maria  vorgeführt, 
vgl.  Grimm,  Myth.  Anh.  XL  (Eingang  einer  Beschwörung).  XLV. 

Träume  spielten  im  Aberglauben  des  A^olkes  von  altersher  eine  grosse  Rolle, 
es  dürfte  daher  auch  mit  diesem  Traume  noch  ein  solcher  Zusammenhang  bestehen. 
Vgl.  Gr.  Myth.  958  f. 

5.    Die  sieben  Schlossgebete, 

darin  sich  eine  gottesfürchtige  Seele  sicher  verschliessen  kann. 

Das  Titelblatt  zeigt  sieben  Schlösser,  gedruckt  zu  M.  Einsiedeln  ohne  Jahr- 
zahl; aufbewahrt  in  Krummau  und  a.  a.  0.  Es  lag  ein  grosser  Sünder  tödtlich 
krank,  zu  dem  kam  täglich  ein  frommer  Mensch  und  betete  mit  ihm  die  sieben 
Schloss;  als  er  nun  sterben  sollte,  sah  ein  Einsiedler  viele  Teufel  vorüberfahren, 
welche  sagten,  sie  fahren  hin,  eine  Seele,  so  ihr  wäi-e,  zu  holen;  und  als  sie  ohne 
die  Seele  wiederkamen  und  befragt  wurden,  wo  sie  dieselbe  hätten,  antworteten 
solche  ganz  erzürnt:  sie  liegt  mit  sieben  Schlössern  verschlossen,  eins  allein  wäre 
genug  gewesen. 

Aus  dem  Gebetbuche  „der  grosse  Baumgarten"  genannt,  gezogen,  so  von  dem 
ehrnwürdigen  P.  Martin  Kochern  Kapuzinerordens,  ist  beschrieben  worden. 

Das    erste  Schloss. 
Allmächtiger    ewiger   Gott,    ich    armer    sündiger   Mensch    befehle    und    ver- 
schliesse    nun   und    auf   ewig  meine  arme  sündige  Seele  in  die  Beschirmung  der 
hochheiligen  Dreifaltigkeit,    und   in    die   Kraft    deiner  grundlosen  Barmherzigkeit. 
Amen. 

Das  zweite  Schloss. 

0  Gott  Adonai!  ich  armer  und  elender  Mensch  befehle  und  vcrschliesse  nun 
ewig  meine  anno  sündige  Seele  in  die  Kraft  und  Bewahrung  deiner  ewigen  Gott- 
heit, und  in  die  Verdienste  deiner  heiligen  Menschheit,  Amen. 

Das  dritte   Schloss. 
0  Gott  Enianucl,    ich   armer  elender  und   sündiger  Mensch   befehle   und  vcr- 
schliesse   nun    ewig    meine  arme  sündige  Seele  in  die  Verdienste  deines  heiligen 
Lebens  und  in  die  Kraft  deines  bittern  Leidens  und  Sterbens,  Amen. 

Das  vierte  Schloss. 
0   heiliger,    unsterblicher  Gott!    ich   armer  elender  Mensch  iDefehle  und  vcr- 
schliesse nun  und   auf  ewig  meine  arme  sündige  Seele  in  dein  gebenedeites  gött- 
liches Herz,  und  in  die  Tiefe  deiner  heiligsten  fünf  Wunden,  Amen. 

Das  fünfte   Schloss. 
0  unüberwindlicher,  siegreicher  Gott!   ich  armer  elender  Mensch  befehle  und 
vcrschliesse  nun  und  auf  ewig  meine  arme  sündige  Seele  in  die  Beschirmung  des 
hl.  Kreuzes,    welches    durch   deine  Gott-  und  Menschheit  am  heiligen  Charfreitag 
ist  geheiliget,  und  mit  deinem  kostbarlichen  Blute  besprengt  worden  ist,  Amen. 

Das  sechste  Schloss. 
0  erschrecklicher  Gott  Sabaoth!    ich  armer  und   elender  Mensch  vcrschliesse 
nun  und  auf  ewig  meine  arme  sündige  Seele  in  die  Kraft  und  Gnade  der  hl.  Sakra- 
mente und  in  die  priesterlichc  Consekration,    welche  durch  die  ganze  Christenheit 
verrichtet  wird,  Amen. 


Volkssegen  aus  dem  Böhnierwald.  173 

Das  siebente  Schloss. 

0  starker  und  gewaltiger  Gott!  ich  armer  und  elender  Mensch  befehle  und 
verschliesse  nun  und  ewig  meine  arme  sündige  Seele  in  die  Fürbitte  und  Ver- 
dienste der  seligsten  Jungfrau  Maria  und  aller  Heiligen,  und  in  den  Ablass  und 
Gnaden,  so  durch  die  ganze  Welt  ausgetheilet  und  verdienet  werden,  Amen. 

Die  sieben  Schloss,  damit  sie  kein  Feind  aufmache,  versiegle  mit  sieben  Vater 
unser  und  Ave  Maria,  und  mit  nachfolgendem  Schlussgebet. 

Schlussgebet. 
Mein  allerliebster  Jesu,  ich  versiegle  und  verschliesse  meine  arme  sündige 
Seele  mit  dem  blutigen  Schweiss,  in  welchem  du  am  Ölberg  dreimal  auf  dein  aller- 
heiligstes  Angesicht  gefallen,  mit  dem  Blutbade,  in  welchem  du  in  der  schmerz- 
haften Geisslung  für  todt  herumgezogen  worden  bist:  mit  dem  Blut,  so  in  deiner 
scharfen  Krönung  über  dein  Haupt  geflossen,  mit  dem  Blutschweiss,  so  du  in  der 
Kreuzigung  vergossen,  durch  den  letzten  Todesschweiss,  Wasser  und  Blut,  so  zu 
Ehren  deines  Lebens  aus  allen  deinen  Gliedern  geflossen,  durch  all  dein  aller- 
heiligstes  vergossenes  Blut  nehme  auf  meine  Seele  in  deinen  Schoss.     Amen. 

Ein  schönes  Gebet  zu  den  Wunden  des  Herzens  Jesu  mit  einem 
Vorsatz  der  Besserung. 
Ich  vereinige  mein  Herz  mit  dem  verwundeten  Herzen  meines  Jesu.  Das 
Herz  Jesu  soll  mir  eine  Höhle  sein,  darin  meine  Seele  als  ein  Täublein  wohne, 
ein  Felsen,  der  mich  befestige:  wo  nicht  ist,  dass  ich  hinführe  hasse  und  fliehen 
werde  als  die  Sünde,  weil  sie  missfällig  ist,  dir  Gott  und  allen.  Mein  Herz  ist 
bereit,  Gott  sei  mir  Sünder  gnädig. 

Bemerkenswert  ist  bei  diesen  Schlossgebeten,  dass  sie  aus  einem  Gcbetbuehc 
des  P.  Martin  von  Cochem  genommen  sind,  „der  grosse  Baumgarten"  betitelt. 
Hier  haben  wir  einen  neuen  Beleg  für  dessen  Volkstümlichkeit.  Vgl.  TH,  4;  ferner 
C^ochems  Sammlung  kirchlicher  Exorcismen. 

Zu  diesen  Schlossgebeten  ist  Grimm,  Myth.  983  zu  vergleichen.  Senkelknüpfen, 
Nestelknüpfen,  Schlossschliessen,  Binden  sind  alte  Zaubermittel:  Kuhn,  Westf.  S.  II, 
208.     Vgl.  damit  auch  die  folgenden  Himmelsriegel. 

6.    Die  hl.   sieben  Himmelsriegel, 

welche  ein  frommer  Einsiedler  von  seinem  hl.  Schutzengel  bekommen  hat. 

Jesu  Christi:  J.  N.  R.  J.  Bild:  Christus  am  Kreuze.  Maria  Einsiedet  17S0, 
aufbewahrt  in  Krummau.  Ihr  frommen  und  andächtigen  Christen,  ich  bitte  euch 
in  Jesus  Nahmen,  ihr  wollet  anhören  die  hl.  sieben  Himmelsriegl,  die  ein  frommer 
Einsiedler  von  seinem  hl.  Schutzengel  bekommen  hat,  und  als  der  fromme  Ein- 
siedler sterben  wollte,  so  hat  er  die  grosse  Kraft  und  Wirkung  von  den  hl.  sieben 
Himmelsriegeln  Ihro  päpstlichen  Heiligkeit  Clemens  XII.  geoffenbaret  und  ge- 
weissaget und  gesprochen:  Derjenige  Mensch,  welcher  die  hl.  sieben  Himmelsriegel 
bei  sich  trägt,  von  diesem  Menschen  müssen  alle  bösen  Geister  und  Teufels- 
gespenster abweichen,  bei  Tag  oder  Nacht,  und  in  welchem  Hause  die  hl.  sieben 
Himmelsriegel  gedruckter  liegen,  in  dieses  Haus  wird  kein  Donnervvetter  nicht  ein- 
schlagen, auch  wird  dieses  Haus  vor  gefährlichen  Feuersbrünsten  gesichert  seyn. 
Auch  wenn  ein  Weib  an  schwerer  Geburt  leidet,  so  nehmt  ihr  die  sieben  Himmels- 
riegel, und  legt  ihrs  auf  die  Brust  oder  auf  das  Haupt,  so  wird  sie  getröstet  und 


]74  Ammann: 

ohne  grossen  Schmerz  gebühren,  und  mit  einer  Leibesfrucht  erfreuet  werden.  Die 
hl.  sieben  Himmelsriegel  sind  auch  zu  Prag  bei  einem  Weib  probiret  worden, 
welche  schon  5  todte  Kinder  zur  AVeit  geboren,  als  sie  aber  zum  G.  Kind  schwanger 
war,  und  Mutter  werden  sollte,  so  hat  ihr  die  Hebamme  die  hl.  sieben  Himmels - 
riegeln  auf  das  Haupt  gelegt  und  sie  ist  glüeklieh  mit  einem  gesunden  l(>bendigen 
Kinde  erfreut  w^orden. 

Die  hl.  sieben  Himmelsriegel  sind  auch  nützlich  probirt  worden  bei  einem 
Mannsbild,  welcher  acht  Jahre  mit  einem  bösen  Geiste  besessen  war,  da  nahm  ein 
Priester  aus  der  Gesellschaft  Jesu  die  hl.  sieben  Himmelsriegel  und  that  sie  über 
die  besessene  Person  bethen  und  legte  dieselben  ihm  auf  das  Haupt,  höret  Wunder! 
Der  Böse  ist  augenblicklich  von  diesem  Menschen  gewichen,  und  welcher  Mensch 
die  hl.  s.  H.  bei  sich  traget,  diesem  will  Gott  drey  Tage  vor  seinem  Tode  die 
Stunde,  wann  er  sterben  wird,  offenbaren.  Wenn  aber  jemand  die  hl.  sieben 
Himmelsriegel  sieben  Preytage  nach  einander  bethet,  und  opfert  das  Geboth  für 
seine  verstorbenen  Freund  oder  für  andere  arme  Seelen,  so  kann  er  eine  arme 
Seel  aus  dem  Fegfeuer  erlösen.  Auch  in  welchem  Hause  die  s.  hl.  H.  aufbewahrt 
werden,  ward  keine  pestüenzische  ansteckende  Krankheit  angreifen,  denn  es  wäre 
sehr  nützlich,  wenn  ein  jeder  Mensch  diese  hl.  Himmelsriegel  bei  sich  traget,  wer 
aber  nicht  lesen  kann,  der  bethe  alle  Freitage  7  Vaterunser  und  7  Ave  Maria  und 
einen  Glauben  zu  Ehren  des  bittern  Leiden  und  Sterbens  Jesu  Christi. 

Im  Namen  u.  s.  w. 

Gebeth  der  hl.  7  Himmelsriegel. 

0  allerheiligster  Herr  Jesu  Christo,  ich  ermahne  dich  deiner  hl.  Mensch- 
werdung, die  mit  T3ewilligung  Gott  des  Vaters  und  von  dem  hl.  Geiste  in  den 
unbefleckten  Leib  der  allerseligsten  Jungfrau  Maria  bist  empfangen  und  geboren 
worden.  0  Jesu:  du  hast  dein  hl.  Blut  ganz  geduldig  für  uns  Sünder  und  Sün- 
derinnen vergossen,  o  Jesu,  du  hast  uns  durch  dein  bitteres  Lcid(>n  und  Sterben 
die  himmlische  Pforte  aufgeriegelt,  o  Jesu!  Du  hast  grosse  Armuth  und  Verfolgung 
deiner  ungerechten  boshaften  Feinde  geduldig  für  uns  Sünder  gelitten.  0  Jesu! 
ich  betracht  deine  schmerzliche  Beurlaubung  von  deiner  geliebtesten  Mutter. 
0  mein  gekreuzigter  Jesu,  ich  gedenke  an  dein  demüthiges  Gebet  am  Üehlberg, 
als  dir  vor  Mattigkeit  die  blutigen  Schweisstropfen  über  dein  hl.  Angesicht  herab- 
geronnen sind.  Ach,  mein  Jesu,  ich  betrachte,  wie  du  bist  gefangen  worden,  mit 
Stricken  gebunden,  vom  einen  Richter  zu  dem  andern  geführt,  und  dein  alier- 
heiligster  Leib  mit  Geissein  geschlagen,  dass  das  Blut  über  deinen  hl.  Leib  herab- 
geronnen ist,  hernach  hat  man  dich  mit  spitzigen  Dörnern  auf  dein  hl.  Haupt  ge- 
drucket, dass  ein  Dornspitz  deine  hl.  Hirnschale  durchstochen  und  abgebrochen 
und  in  deinem  hl.  Hirn  stecken  geblieben.  Ach  mein  Jesu!  ich  betrachte,  wie  du 
mit  einem  schweren  Kreuze  bist  beladen  worden,  und  musstest  dasselbe  über  den 
Calvarien  Berg  tragen,  dass  du  eine  tiefe  Wunde  an  deiner  hl.  Schulter  empfangen. 
Ach  mein  -Jesu,  ich  betrachte  wie  du  nackend  bist  an  das  hl.  Kreuz  genagelt 
worden.  0  Jesu,  du  bist  o  Stunden  an  dem  hl.  Kreuz  lebendig  gehlieben,  und 
hast  sieben  kräftige  Worte  gesprochen,  nach  diesem  bist  du,  o  mein  lieb.ster  Jesu, 
an  dem  hl.  Kreuz  verschieden.  Ach  mein  Jesu!  mit  deinem  allerheiligsten,  bitteren 
Leiden  und  Sterben,  und  mit  den  hl.  sieben  Worten  will  ich  N.  N.  mein  Leih  und 
Seel  zu  meinem  Heile  auf  ewig  verriegeln.  Amen.  —  /^u  Riegel  vergl.  Gr.  Myth. 
Anh.  XXll,  ferner  201.  <S34  f. 


Volkssegen  aus  dem  Böhmerwald.  175 

7.    Der  hl.   Dreikönigszettel 

oder  Gebet,  so  zu  Colin  am  Rhein  in  der  Domkirche  mit  goldenen  Buchstaben 
geschrieben  und  aufbewahret  wird.  Auf  eine  Quartseite  gedruckt;  ein  Bild: 
Anbetung  der  hl.  3  Könige,   ohne  Jahrzahl.     In  Kruramau  und  a.  a.  0.  zu  finden. 

Gebeth  (in  3  Rubriken). 

Im  Namen  Jesu  stehe  ich  heute  auf,  uud  neige  mich  dem  Tag,  in  dem  Namen, 
den  ich  in  der  hl.  Tauf  empfangen,  der  erste  ist  Gott  Vaf  ter,  der  andere  Gott 
Sofhn,  und  der  dritte  Gott  heiliger  Ge  f  ist.  [C  f  M  f  B  f  Heiligen  3  Könige, 
Caspar  f  Melchior  f  Balthasar  f,  bittet  für  uns  jetzt  und  in  der  Stunde  unsers 
Absterbens  (das  Eingekhimmerte  steht  in  der  mittlem  Rubrik  unter  dem  Bilde 
für  sich!)]  Dieser  Name  behüte  mein  Fleisch,  Blut,  Seele,  Leib  und  Leben, 
welches  mir  Jefsus,  der  Sohn  Gotf  tes  gegeben.  Also  will  ich  gesegnet  seyn, 
wie  der  heilige  Kelch  und  Wein,  so  der  Priester  auf  dem  Altar  verwandelt,  und 
wie  das  wahre  Himmelsbrod,  so  Jesus  seinen  zwölf  Jüngern  hat  gegeben.  Ich 
trete  über  das  Thür-Geschwell:  Jesus  f  Maria  f  Joseph  f  die  drey  heiligen  Könige, 
Kaspar  f  Melchior  f  Balthasar  f  seyen  meine  AVeggesellen:  der  Himmel  ist  mein 
Hut,  die  Erde  meine  Schuh,  der  Stern  der  drey  Könige  führe  mich  auf  die  rechte 
wahre  Buss- Strassen.  Diese  sechs  hl.  Personen  sind  meine  Gefährten  im  Hin- 
und  Hergehen;  welche  mir  begegnen,  die  haben  mich  lieb  und  werth,  dazu  helfe 
mir  Gott  Vater  f ,  der  mich  erschaffen,  Gott  Sohn  f,  der  mich  erlöset,  Gott  der 
hl.  Geist,  der  mich  gehl.  hat.  Je  f  sus,  Ma  f  ria,  Jo  f  seph,  Ca  f  spar,  Mel  f  chior, 
Bai  f  thasar,  steht  mir  bey  in  allen  meinem  Thun  und  Lassen,  Handel  und  "Wandel, 
Gehen  und  Stehen,  es  sey  auf  dem  Wasser  oder  Land,  die  wollen  mich  vor  Kugel, 
Feuer,  Wasser,  und  alles,  was  dem  Leib  und  der  Seele  schädlich  ist,  allzeit  be- 
hüten und  bewahren,  im  Leben  und  Sterben,  mit  ihrer  starken  und  mächtigen 
Gnad.  Gott  dem  Vaf  ter  ergeb  ich  mich,  Gott  dem  Sofhn  empfehle  ich  mich, 
Gott  dem  hl.  Gef  ist  versenke  ich  mich,  die  H.  H.  Dreyfaltigkeit  f  sei  ober  mir, 
Je  f  sus,  Ma  f  ria,  Jo  f  seph  vor  mir,  Caspar  f  Melchior  f  Balthasar  f  hinter  mir, 
diese  bewahren  mich,  (mein  Haus  und  alles,  was  ich  hab)  jetzt  und  allzeit  bis  ich 
komm  zu  der  ewigen  Glückseligkeit.  Im  Namen  Gott  des  Yaters  f,  Sohns  f,  und 
des  hl.  Geistes  f  Amen. 

8.    Wunderbrief  (aus  Krummau,  geschrieben), 

welchen  Gott  selbst  geschrieben  hat  und  am  St.  Michaelsberge  hanget,  imd  man 
weiss  nicht,  woran  er  hanget,  welcher  mit  goldenen  Buchstaben  geschrieben  ist 
und  durch  den  hl.  Erzengel  Michael  dahin  gesandt  wurde.  Wer  nun  diesen  Brief 
angreifen  will,  von  dem  wendet  er  sich  ab  oder  weg,  wer  ihn  aber  abschreiben 
will,  dem  wendet  er  sich  zu,  thut  sich  selbst  auf  und  lautet  also:  Wer  n\n  Sonn- 
tag arbeitet,  der  ist  von  (iott  verlassen,  und  also  gebiete  ich  euch,  dass  ihr  am 
Sonntag  nicht  arbeiten  sollet  an  euren  Gütern,  auch  sonst  keine  Arbeit  verrichten 
sollet,  ihr  sollet  fleissig  in  die  Kirche  gehen  und  mit  Andacht  beten,  ihr  sollet 
euer  Angesicht  nicht  schmücken  und  eure  Haare  nicht  krausen,  ihr  sollet  nicht 
vergebliche  Dinge  reden,  sollet  euern  Reichthum  mit  den  Armen  theilen  und 
glauben,  dass  ich  J(^sus  Christus  diesen  Brief  mit  meiner  göttlichen  Hand  ge- 
schrieben und  von  mir  dahin  gesandt,  dass  ihr  nicht  thut  wie  unverständliche 
Thiere.  Ihr  sollet  in  der  Wociie  sechs  Tage  arbeiten,  und  (\cn  Sonntag  sollet  ihr 
feiern,  in  die  Kirche  gehen  jung  und  alt  und  mit  Andacht  Gottes  Wort  hören. 
Werdet  ihr  dieses  nicht  thun,  so  will  ich  euch  strafen  mit  Krieg,  Hunger,  Pestilenz 


l'jß  Ammann:  Volkssegen  aus  dem  Böhmerwald. 

und  Theueruiig.  Ich  gebiete  euch,  dass  ihr  mein  Gesetz  haltet  und  betet  für  eure 
Sünden.  Begehret  nicht  fremdes  Gut,  schwöret  nicht  unbescheiden  bei  meinem 
Namen,  strebet  nicht  nach  Fleischeslust  und  Begierden,  wie  auch  ich  nicht  haben 
will.  Niemand  soll  den  andern  tödten,  auch  nicht  hinter'm  Rücken  nachreden. 
Erfreuet  euch  nicht  in  euren  Gütern  und  Reichthümern  und  schämet  euch  nicht 
armer  Leute.  Ehret  Vater  und  Mutter,  gebet  keine  falschen  Zeugen  ab,  so  gebe 
ich  euch  Fried  und  Gesundheit.  Wer  an  den  Brief  nicht  glaubt,  der  ist  verlassen 
und  kann  kein  Glück  haben,  denn  ich  sage  euch,  dass  ich  Jesus  Christus  den- 
selben mit  meiner  göttlichen  Hand  geschrieben  habe.  Wer  an  denselben  nicht 
fflaubet,  der  soll  sterben,  und  seine  Kinder  werden  auch  des  Todes  sterben.  Werdet 
ihr  euch  nicht  bekehren,  so  sollet  ihr  in  der  Hölle  ewig  gepeinigt  werden,  und 
ich  werde  euch  am  jüngsten  Tage  fragen,  und  ihr  werdet  mir  nicht  antworten 
können  wegen  der  grossen  Sünden.  Wer  diesen  Brief  hat  und  nicht  offenbart, 
der  ist  und  wird  von  meinem  Allmächtigen  verlassen.  Denselben  soll  einer  von 
dem  andern  abschreiben  lassen,  und  wenn  einer  schon  so  viel  Sünden  gethan  hätte, 
als  Sandkörnlein  im  Meere  sind,  können  sie  auch  ihm  vergeben  werden.  Und  wer 
den  Brief  bei  sich  trägt  und  verwahret  ihn  unter  dem  rechten  Arm  oder  der  linken 
Seite,  so  überwindet  er  seine  Feinde,  sie  seien,  wer  sie  wollen,  oder  wenn  einer 
seines  Herrn  Gunst  verloren  hat,  der  nehme  diesen  Brief  zu  sich,  so  bekommt  er 
des  Herrn  Gunst  und  Huld  wieder.  Wer  den  Brief  im  Hause  oder  bei  sich  trägt, 
dem  mag  kein  Donnerwetter  schaden  und  soll  vor  Feuer-  und  Wasscrnoth  behütet 
werden.  Welch  schwangere  Frau  denselben  bei  sich  trägt,  die  kann  eine  fröhliche 
Geburt  auf  die  Welt  bringen.  So  einer  um  etwas  bittet,  wird  es  ihm  gewährt 
werden,  was  er  in  seinem  Anliegen  begehrt. 

Ich  war  Jesus  Christus,  der  ich  diesen  Brief  geschrieben  habe.     Amen. 

Ich  könnte  nun  diesen  Segen  noch  viele  ähnliche  kirchliche  Segen  ver- 
schiedenen Inhalts  beifügen,  allein  die  grössere  Zahl  derselben  zählt  nicht  mehr 
zum  Aber-  und  Überglauben,  da  sich  bei  ihnen  die  wunderbare  Wirkung  nicht 
mehr  an  bestimmte  Formeln,  Charaktere  und  Zeichen  knüpft,  sondern  man  wird  bei 
den  letztern  Segen  vor  verschiedenen  Übeln  meist  nur  durch  Gebet  und  werkthätige 
Mithilfe  bewahrt.  Für  die  früheren  Segen  ist  es  bezeichnend,  dass  die  wunder- 
bare Hilfe  schon  durch  den  Besitz  derselben  zu  erlangen  ist,  bei  den  letzteren 
Segen  werden  Gott  Vater,  Sohn  und  hl.  Geist,  Maria,  die  zwölf  Apostel,  besondere 
Heilige  u.  s.  w.  angerufen,  damit  sie  das  Haus  und  seine  Bewohner  vor  jeglichem 
Übel  bewahren.  Inhaltlich  haben  auch  diese  zuweilen  noch  manches  von  den 
älteren  Segen  in  sich,  so  liest  man  auch  darin  von  Zauberei,  Teufelsanstellungen, 
Feuer-,  Wasser-,  Gewitterschaden,  oder  die  drei  Nägel  des  Heilands  werden  zur 
Sperre  des  Hauses  gemacht  u.  s.  w.;  allein  die  Bewahrung  wird  nur  durch  das 
gläubige  Gemüt  vom  Himmel  erbeten,  ist  also  wahrhaft  religiös.  In  der  Neuzeit 
sind  aber  auch  diese  Art  von  Haussegen  schon  vielfach  abgekommen,  und  man 
findet  in  vielen  Häusern  des  Böhraerwaldes  nur  noch  kürzere  Sprüche  religiösen 
Inhalts,  die  keinen  nennenswerten  Zusammenhang  mehr  mit  den  alten  Segcns- 
formeln  aufweisen. 


Dor  Tod  in  Sitte.  Brauch  und  Glauben  der  Südslaven.  177 

Der  Tod  in  Sitte,  Brauch  und  Glauben  der  Südslaven. 

Vorwiegend  nach  eigenen  Ermittlungen. 
Von  Friedrich  S.  Krauss. 


Zweiter  Abschnitt. 

Von   den  Vo  r  z  e  i  c  h  e  n. 

(Tod  verursachen.  —  Träume,  —  Tierwelt.  —  Brautnacht.  —  Mond.  —  Glas.  —  Haar.  — 

Handflecke.  —   Besen.  —  Der  Tote.  —  Nel)el  und  Ge\Yitter.  —  Das  Haus.  —  Schatten.  — 

Fettaugen.  —  Eauch.  —  Salz  und  Sauerteig.  —  Nachsterhen.) 

(Vergl.  Zeitsclir.  I,  148—163.) 
Als  im  Jahre  1657  oder  1658  die  bosnisch -herzogländischen  Zaime 
und  Timarbegen  mit  ihren  Fähnlein  oder  Rotten  unter  Dzanüm-Buljuk- 
baschas  Oberführnng  nach  Siebenbürgen  zur  Niederwerfung  Rakoczys  aus- 
zogen, hnb  der  Obristbannerträger  ein  gar  kläglich  Lied  zu  singen  an  von 
der  hochbetagten  Mutter,  der  liebsten  Schwester  und  der  getreuen  Ehefrau, 
so  alle  daheim  auf  der  Warte  verblieben,  während  er  dort  weit  in  fremdem 
Lande  sich  wieder  beweiben  werde 

crnom  zemljom  i  zelenom  travom! 

mit  schwarzem  Erdreich  und  mit  grünem  Rasen! 

Das  war  Herrn  Dzanüm  nicht  lieb  zu  hören;  denn  Niedergeschlagenheit 
bemächtigte  sich  der  Truppen.  Er  versetzte  seinem  weibischen  Banner- 
träger eine  riesige  JMaulschelle,  entriss  ihm  die  Standarte  und  sang  selber 
ein  Lied  —  Guslaren  haben  es  uns  überliefert.  Er  sang  von  der  trost- 
losen Armut  daheim  und  von  der  reichen  Beute  und  dem  grossen  Raube, 
der  dem  Helden  in  Siebenbürgen  sicher  sei,  und  schliesslich,  was  läge  am 

Leben?  denn: 

svakako  nam  valja  umrijeti! 

wir  müssen  jedenfalls  doch  einmal  sterben! 

So  spricht  ein  „Held"  oder  Räuber  —  die  Begriffe  decken  sich  in 
diesem  Falle  so  ziemlich  —  aber  nicht  der  Ackerbau  und  Viehzucht  be- 
treibende Bauer.  In  der  Tiefe  seines  Glaubens  ist  er  völlig  überzeugt, 
dass  niemand  sterben  müsste,  wenn  er  keine  Feinde  hätte,  die  ihm  den 
Tod  auf  den  Hals  hetzen.  Der  Bauer  ist  zwar  Fatalist,  doch  nur  in 
äusserster  Not,  wenn  es  kein  Entrinnen  mehr  giebt.  Die  Notwendigkeit 
der  letzten  Auflösung  versteht  er  nicht.  Am  Tode  ist  immer  jemand 
anderer  Schuld,  ein  Geist,  ein  Zauber,  ein  Mensch  oder  ein  Tier.  So  wie 
man  durch  sympathetischen  Zauber  Liebe  sich  erzwingen  kann,  so  vermag 
man  durch  völlig  ähnliches  Verfahren  unter  Anwendung  anderer  Mittel 
den  Feind  zu  töten.  Es  giebt  eine  Unzahl  solcher  Mittel,  aber  es  wird 
hier    genügen,    eines    anzuführen.     Man  schreibt   den  Namen  des  Mannes, 


178  Krauss: 

Jon  man  aus  der  Welt  seliaffon  will,  auf  ein  Stück  Solfo  und  wirft  die 
Seife  in  ein  offenes  Wasser  oder  vergrältt  sie  in  die  Erde,  worauf  der 
Mann  (zadadeni)  erkrankt  und  sich  auflöst  (topi  se  =  er  schmilzt  hin), 
gleichwie  sich  die  Seife  auflöst.  Wenn  die  Seife  irgendwo  vom  Fluss  aufs 
Trockene  ausgeworfen  wird  und  eintrocknet,  so  trocknet  auch  der  „Zada- 
deni" ein,  bis  er  stirbt.  Wer  ein  solches  Seifenstück  zufällig  findet 
(zadaden  sapun)  —  man  erkennt  es  daran,  dass  es  mit  Nadeln  bespickt 
ist  —  hebt  es  auf  und  gebraucht  es  als  Heilmittel  für  einen  „Zadadenik". 
Zu  diesem  Zwecke  schabt  man  etwas  von  der  Seife  ab,  löst  das  Geschabte 
in  Wasser  auf  und  giebt  es  dem  Unglücklichen  zu  trinken.  Davon  reinigt 
er  sich  ('sjurdisva)  und  muss  wieder  gesund  werden  (Bulgarien). 

Ob  jemand  damit  sich  abgiebt,  einem  den  Tod  zu  verursachen,  er- 
fährt man  entweder  durch  Kräfteabnahme  und  eintretende  Leibschwäche, 
oder  man  wird  davon  sinnbildlich  im  Traume  verständigt,  oder  ein  naher 
Blutverwandter  oder  ein  inniger  Freund  bekommt  ein  bezügliches  Traum- 
gesicht. Wohl  sagt  ein  täglich  gebrauchtes  SprichAvort:  „san  Je  klapnja 
(tlapnja)  a  Bog  je  istina"  (Der  Traum  ist  eine  Phantasterei,  doch  Gott 
[allein]  ist  die  Wahrheit),  aber  der  Glaube  an  die  Vorbedeutung  der 
Träume  wird  dadurch  nicht  erschüttert.  Nur  von  sehr  bösen  Träumen  gilt 
jenes  Sprichwort.  Mir  erzählte  eine  serbische  Bäuerin,  sie  hätte  geträumt, 
der  Dieb  ihrer  Halsmünzenschnur  sei  einer  ihrer  Nachbarn  gewesen. 
Er  habe  zwar  vor  den  Dorfgenossen  den  „furchtbaren  Eid"  auf  seine 
Unschuld  abgelegt,  doch  habe  er  gewiss  falsch  geschworen;  denn  nicht 
bloss  ihr  Traum,  sondern  auch  ihre  Ahnungen  (slutnje)  hätten  ganz  be- 
stimmt jenen  Mann  als  den  Dieb  bezeichnet.  Slutnje  sind  sowohl 
Ahnungen  im  allgemeinen  Sinne  des  Wortes,  als  auch  (böse)  Vorbedeu- 
tungen und  Anzeichen  und  nebenher  Begleiter  der  Träume.  Die  guten 
Träume  erzählt  man  nicht,  nur  die  schlechten,  beängstigenden,  damit  sie 
einem  von  traumkundigen  Frauen  oder  Männern  richtig  ausgelegt  werden. 
Über  Träume  habe  ich  den  Stoff  für  eine  Abhandlung,  namentlich  mit 
Hinblick  auf  die  schlimmen  Traumgesichte,  die  einem  Verderben  weissagen. 
Hier  dürfte  die  Anführung  jener  kurzen  Träume  genügen,  von  denen 
jedermann  weiss,   was  sie  besagen. 

:  Menschliche  Körperteile  und  Gewandstücke  deuten  Blutverwandte  oder 
Hausgenossen  an.  Träumst  du  z.  B.,  dass  dir  die  Zähne  ausfallen,  so 
wird  jemand  aus  deiner  Verwandtschaft  bald  sterben  (Kroatien,  Serbien, 
Bulgarien).  Das  ist  übrigens  ein  internationaler  Glaube,  den  uns  schon 
Artemi dor OS  der  Daldier  in  seiner  , Symbolik  der  Träume'  (deutsch  von 
Krauss,  Wien  1881)  im  I.  Bd.  Gap.  66  und  IL  Bd.  Cap.  67  in  seiner 
Weise  gründlich  erörtert  hat.  Er  bemerkt  auf  S.  39:  .Der  Zahn  zeigt  den 
Verlust  eines  Menschen  an,  dessen  Symbol  er  ist'.  —  Träumst  du  von 
Leibwäsche,  so  stirbt  jemand  aus  deiner  Sippschaft  oder  deinem  Gesinde 
(Steiermark,  Kroatien,  Slavonien).  —  Wenn  man  im  Traume  einen  nackten 


Di^r  Toit  in  Sitte,  Uraiirli  und  (ilauben  der  Südslaveii.  J  79 

.Menschen  scliant,  <ii(>ltt  es  einen  Todesfall  im  Ifauso  (allgonn'in).  Tortinm 
coniparationis:  eiiuni  Verstorhenen  entkleidet  man  gänzlicli.  nm  ihn  zu 
wasclion  (xh-r  Laden.  —  Träumt  man  von  heiraten,  so  stirbt  man  selber 
(allgemein).  Tert.  comi).:  Bei  einer  Hochzeit  wie  bei  einer  Ijeiohenfeier 
grosses  (Jepränge,  Priestersegen  und  Selimans  für  Gtäste.  —  Wenn  ein 
Weib  träumt,  sie  bemühe  sich  einen  Webstuhl  aufzustellen,  so  stirbt  jenuvnd 
im  selben  Hause  (allgemein).  Tert.  comp.:  Aufstellung  der  Leichenbahre. 
—  Träumt  einem  von  eimnn  Toten,  so  bedeutet  dies,  dass  man  einen 
schweren  Schaden  erleiden  oder  dass  ein  Unglücksfall  eintreten  werde 
(Krain,  Kärnten,  Kroatien,  Serbien).  So  man  aber  vom  Tode  selbst 
träumt,  so  lebt  man  noch  lange.  Desgleichen  ist  jenem  ein  langes  Leben 
beschieden,  den  man  totsagt  (Krain,  Küstenland,   Herzogland). 

In  einem  gewissen  Sinne  darf  man  einige  Tiere  als  die  Boten  des 
Todes  bezeichnen.  Sie  sind  unter  Umständen  sogar  nur  Verwandlungen 
böser  Geister,  die  dem  Menschen  Unheil  bringen  oder  verkünden.  Tieren 
ist  eine  feinere  Fühlung  als  dem  Menschen  beschert  und  sie  besitzen  sehr 
häufig  bei  bestimmten  Gelegenheiten  die  Gabe  des  zweiten  Gesichtes  oder 
der  Geistersichtigkeit,  die  selten  einem  gewöhnlichen  Menschenkinde  eigen 
ist.  Schon  durch  ihr  blosses,  auffälliges  Gehaben  verraten  deshalb  manche 
Tiere  <lrohendes  Verderben.  In  solchen  Fällen  deutet  und  versteht  jeder 
Bauer  die  Rätsel  der  Tiersprache. 

Im  schwarzen  oder  richtiger  im  dunklen  Schmetterling  glaubt  man 
einen  Boten  des  Todes  erblicken  zu  müssen.  Wer  z.  B.  im  Frühjahr  zu- 
erst einen  schwarzfarbigen  Schmetterling  (cernego  metulja)  erschaut,  der 
lebt  das  Jahr  nicht  aus  (Murinsel).  Man  muss  sich  merken,  dass  Hexen, 
Maren  und  andere  ihnen  ähnliche  Unholde  in  Schmetterlinggestalt  den 
Menschen  heimzusuchen  pflegen.  Man  lese  darüber  in  meinem  Volk- 
glaubeu  der  Südslaven  auf  S.  112  nach. 

Das  geistersichtigste  Tier  ist  der  treue  Freund  des  Menschen,  der 
Haushund.  Heulen  die  Haushunde  vor  dem  Hause,  so  stirbt  bald  der 
Hausvorstand  (Slavonien).  Wenn  der  Haushund  nachts  winselnd  heult, 
so  stirbt  l)ald  darauf  jemand  im  Hause  (Krain,  Dalmatien,  Montenegro, 
Bosnien,  Serbien).  Dagegen  glaubt  man  in  Bulgarien:  wenn  in  einem 
Hause  der  Hund  wie  ein  Wolf  zu  heulen  anfängt,  so  nmss  im  selben 
Hause  oder  in  der  Nachbarschaft  jemand  sterben.  Wer  den  Hund  zuerst 
heulen  luu't,  muss  ihm  fluchen,  damit  das  Unheil  zu  seinem  Kopfe  aus- 
gehe: „Hour  nur,  heul'!  sollst  dir  den  Kopf  ausheulen!  ja  wohl!''  Auch 
durch  sein  Gehaben  kann  der  Hund  den  Tod  ansagen.  Wenn  z.  B.  ein 
Hund  mit  den  Hiuterfüssen  die  Erde  aus  <lom  Hofe  hinausscharrt,  so 
glaubt  man,  jemand  von  den  Hausleuten  oder  <ler  Hund  selber  werde 
hinausgescharrt  (ee  ste  se  zarovi)  und  begraben  werden,  d.  i.  sterben 
(Bulgarien).    Es  giebt  zwar  ein  Ersatzopfer  für  den  gefährdeten  Menschen, 


]  30  Krauss : 

»locli  davon  soll  ein  andermal  die  Rede   sein,    um  nicht  liier  zu  weit  von 
unserem  Gegenstande  abzuirren. 

Auffällig  ist,  dass  die  Katze  kein  Todesbote  ist,  die  Sau  dagegen 
wenigstens  in  einem  Falle.  Wirft  nämlich  in  einem  Gehöfte  die  Zucht- 
sau lauter  Weibchenferkel  (prasicice  skoti)  so  wird  die  Hausvorsteherin 
sterben,  wirft  aber  die  Sau  lauter  Männchenferkel ,  so  geht  bald  hernach 
der  Hausvorstand  mit  Tode  ab  (Kroatien).  Eine  Sau,  die  ihre  Ferkel  auf- 
frisst,  wird  abgestochen;  doch  als  ein  Unglück  betrachtet  man  sie  nicht. 

Das  Pferd  war  einst  bei  den  germanischen  und  vielleicht  auch  bei 
den  slavischeu  Völkern  im  gleichen  Masse  ein  den  Geistern  geheiligtes 
Tier.  Spuren  davon  haben  sich  bis  in  die  Gegenwart  erhalten.  Wenn  im 
bosnischen  Savelande  die  Pferde  heimkehren,  die  den  Toten  zum  Fried- 
hof gefahren,  giebt  man  Acht,  ob  sie  das  Maul  zum  Gähnen  aufsperren 
werden,  denn  man  sagt:  „gähnt  das  Pferd,  so  wird  bald  einer  aus  der 
Verwandtschaft  des  eben  Bestatteten  sterben."  Ein  Bauer  gab  mir  folgende 
fragwürdige  Erklärung  für  diesen  Glauben:  „das  Pferd  reisst  den  Rachen 
auf,  als  wollte  es  eine  Seele  verschlingen."  Wohl  hängt  mit  diesem 
Glauben  der  Brauch  in  Verbindung,  dass  man  den  Rossen,  die  den  Toten 
hinausgeschafft,  etw^as  Kleien  und  Salz  reicht,  angeblich,  damit  sie  es  den 
Leuten  verzeihen,  dass  man  sie  zur  Hinausbeförderung  eines  Toten  ver- 
wendet hat  (da  biva  alale,  sto  su  mrtvog  vukli). 

Mauhvurf,  Kröte  und  Sehlange  sind  unmittelbar  verhasste  Tiere, 
und  darum  ist  ihre  Beziehung  zum  Tode  leicht  begreiflich.  Wühlt  ein 
Maulwurf  an  der  Hauswand  oder  gar  unter  der  Hausschwelle,  so  wird  ein 
Mitglied  des  Hauses  sterben.  Ebenso  stirbt  bald  jemand  aus  dem  Hause, 
wenn  eine  Kröte  ums  Haus  herumhüpft  (Slavonien,  Kroatien,  Bosnien). 
Wenn  einer  den  Weingarten  behauend  eine  Schlange  ausgräbt,  so  muss 
ihm  jemand  aus  seiner  Verwandtschaft  sterben  (Kroatien).  Falls  in  einem 
Hause  oder  Baume  eine  zweiköpfige  Schlange  (stupan)  haust,  so  muss 
man  sie  in  Frieden  lassen;  denn  derjenige  bezahlt  es  mit  seinem  Leben, 
der  sie  erschlägt.  Wenn  aber  ein  solcher  Stupan  stirbt  (umsteht,  verreckt) 
so  fälle  man  den  Baum  oder  reisse  das  Haus  ein  (Bulgarien). 

Wolf  und  Hase  bedeuten  äusserst  schlimmen  Angang,  letzterer  allein 
jedoch  in  dem  Falle  einen  Todesfall,  wenn  er  im  Dorfe  vor  einem  Hause 
vorüberläuft.  Wer  ihn  zuerst  erblickt,  der  muss  vor  Ablauf  des  Jahres 
das  Zeitliche  segnen  (Bosnien). 

Von  den  Hausvögeln  sind  vorzüglich  Todboten  Hahn  und  Henne, 
und  unter  den  wilden  Vögeln  der  Rabe,  die  Krähe,  der  Kuckuck  und 
das  Geschlecht  der  Nachteulen.  Zumal  der  Hahn  ist  geistersichtig.  W^enn 
die  Seele  den  Leib  verlässt,  so  hält  sie  sich  noch  eine  geraume  Frist  in 
der  Nähe  ihrer  alten  Behausung  auf  und  solange  ist  auch  nicht  alles  Leben 
aus  dem  Verstorbenen  entwichen.  Um  Mitternacht  schauert  der  Tote  zu- 
sammen.    Aber    man    sagt    auch,    wenn    der  Hahn  um   halb  zwölf  nachts 


I 


Der  Tod  in  Sittp,  Brauch  und  Glauben  der  Südslaven.  181 

kräht,  so  fälirt  ein  Schütteln  durch  den  Leib  des  Toten.  Kräht  der  Hahn 
nocli  vor  Abend,  so  stirbt  bahl  jemand  im  selben  Hause  (Istrien.  Kroatien). 
Fliegt  der  Hahn  unters  Fenster,  um  zu  krähen,  so  wird  jemand  im  selben 
Hause  sterben  (Kroatien,  Sirmien).  Kräht  der  Haushahn  auf  einem  der 
steinerniMi  oder  hölzernen  (irundpfeiler.  auf"  denen  das  Haus  ruht  (na 
poceku),  so  wird  es  im  selben  Hause  1)ald  einen  Toten  geben  (Krain. 
Kroatien,  Slavonieu,  Serbien). 

Nicht  minder  ahnungreich  ist  die  Henne,  besonders  di(»  ganz  weisse 
oder  schwarze.  Fängt  in  einem  Gehöft  eine  w'eisse  Henne  wie  ein  Halm 
an  zu  krähen,  so  stirbt  jemand  im  selben  Hause.  Eine  solche  Henne  muss 
man  sogleich  abschlachten,  ihr  Fleisch  aber  darf  man  nicht  essen,  weil  es 
furchtbar  (wie  Gift)  schädlich  ist,  sagt  das  Bauern Aolk  in  Kroatien.  In 
Steiermark  und  Istrien  hält  man  dagegen  die  schwarze  Henne  für  eine 
Unglückverkünderin,  selbst  wenn  sie  nur  ungew^öhnlich  gackert,  doch  kann 
ihr  Gegacker  auch  auf  das  Nachbarhaus  bezogen  werden.  Wenn  eine 
Henne  zu  krähen  anfängt,  glaubt  man  in  Bosnien,  dies  prophezeie  dem 
Hause  ein  grosses  Sterben  (relikom  pomoru  onoj  kuci  sluti).  In  Süd- 
bulgarien glaubt  man,  das  Krähen  einer  Henne  bedeute  nur  den  Tod  einer 
einzigen  Person  des  Hauses;  oder,  wenn  eine  Henne  wie  ein  Hahn  zu 
krähen  anfängt,  so  gereicht  dies  dem  betreffenden  Hause  nicht  zum  Yor- 
teil:  entweder  verarmt  es  oder  es  stirbt  jemand  aus  dem  Hause.  Um 
diesem  Unheil  vorzubeugen,  empfiehlt  man  als  Gegenmittel,  eine  derartige 
Henne  zu  verkaufen  oder  einem  Kloster  als  Geschenk  darzubringen  (Bul- 
garien). Allgemein  gilt  im  A^olke  als  ein  A-'orzeichen  für  einen  bevor- 
stehenden Todfall  zu  frühes  Gackern  der  Hennen  im  Morgengrauen. 

Der  Galgenvogel  Rabe  wird  allgemein  als  schlimmer  Todesbote  an- 
gesehen. Krächzt  z.  B.  ein  Rabe  (kavran,  gavrau,  garvan,  crna  ptica)  bei 
jemandes  Gehöfte  oder  gar  auf  dem  Hausfirst,  so  giebt  es  in  der  Nähe 
bald  einen  Toten. 

Fangen  gegen  Abend  die  Krähen  (garagaski)  zu  krächzen  an,  so 
wird  ehestens  eine  Krankheit  oder  ein  grosses  Sterben  eintreten  (Bulgarien). 

AVenn  ein  Kuckuck  über  dem  Hause  Kuckuck  ruft,  stirbt  jemand. 
Der  Yolksglauben  aller  slavischen  Völker  hat  diesen  Yogel  mit  geheimnis- 
vollem Ursprung  ausgestattet.  Es  mögen  hier  kurz  drei  südslavische  Sagen 
angemerkt  werden: 

Eine  serbische  Sage  erzählt,  der  Kuckuck  (kukavica.  weibl.)  sei  ein 
Weib  gewesen,  dem  der  einzige  Bruder  gestorben.  Sie  habe  so  masslos 
geklagt  und  gejammert  (kuku  lele  =  wehe  geschrieen!),  bis  sie  sich  in 
einen  Kuckuck  verwandelte.  Nach  einer  anderen  Fassung  soll  sie  vom 
Bruder  im  Grabe  verflucht  worden  sein,  weil  ihm  ihr  ewiges  Jammer- 
klagen lästig  gefallen  (den  Frieden  im  Grabe  gestört);  andere  wieder 
meinen,  Gott  habe  sie  verdammt  und  in  einen  Kuckuck  verwandelt,  weil 
sie  den  Bruder  unablässig  beweinte,  den  Gott  zu  sich  genommen.    Dadurch 

Zeitschrift  d.  Vereins  f.  Volkskunde     1892.  13 


182 


Krauts : 


hätte  sie  sich  gegen  Gruttes  Ratschhiss  aufgelehnt.  Hört  zufällig  eine  Serbin, 
der  ein  Bruder  gestorben,  einen  Kuckuck  rufen,  so  fängt  sie  auch  an  leid- 
voll zu  kucken. 

Diesen  Glauben  niuss  man  sich  vor  Augen  halten,  um  es  zu  verstehen, 
warum  vielfach  in  Serbien  auf  das  grosse  Grabkreuz  zu  Raupten  eines 
Toten,  der  Schwestern  zurückgelassen,  ein  Kuckuck  aus  Holz  geschnitzt 
gesetzt  zu  werden  pflegt. 

In  Bulgarien  glauben  die  Bäuerinnen,  der  Kuckuck  (gugücka  oder 
o-uo'ütka)  sei  ein  Frauenzimmer  gewesen,  das  einen  einzigen  Sohn  ge- 
habt, der  Giigo  (Georg)  geheissen  und  früh  verstorben  sei.  Ihr  Gram 
und  Kummer  um  ihn  war  grenzenlos,  und  vor  gewaltigem  Leid  ging  sie 
morgens  und  abends  aufs  Grab  und  weinte  und  klagte.  Ihres  endlosen  Ge- 
jammers wurde  Gott  überdrüssig  und  eines  Morgens  kam  Gott  hin  zu  ihr 
und  fragte  sie:  „Was  plärrst  du  da  und  kuckst  da,  du  närrisches  Weibchen, 
immer  und  ohne  Unterlass  auf  dem  Grabe?"  —  „So  lang  ich  lebe,  guter 
Alter,  werd'  ich  weinen  und  nie  verstummen!  O  Gügo,  Gügo,  Gügo,  o  du 
mein  liebstes  Kind!"  Und  da  segnete  Gott  das  W^eib:  „Sollst  gesegnet 
sein  und  dich  in  einen  Kuckuck  verwandeln  und  von  nun  an  bis  in  alle 
Ewigkeit  kucken!"  Im  selben  Augenblicke  verwandelte  sie  sicli  in  einen 
Kuckuck  und  flog  davon,  um  zu  kucken  und  zu  klagen,  und  mit  jedem 
neuen  Frühling  erschallt  ihre  Klage  um  den  Sohn  von  neuem.  Sie  klagt 
,kiirror!'  und  ihre  Flügel  schlagen  dazu:  ,slak,  Slak,  slak!' 

Es  ist  üblich,  dem  ersten  Kuckuck,  den  man  im  Frühjahre  zu  hören 
bekommt  (zu  sehen  ist  dieser  scheue  Vogel  selten)  die  Rufe  nachzuzählen. 
So  vielmal  als  er  Kuckuk  ruft,  so  viele  Jahre  hat  der  Zähler  noch  zu  leben. 
Dagegen  gilt  es,  besonders  unter  den  Altgläubigen  in  Bosnien,  als  eine 
frevelhafte  Versündigung,  einem  Kuckuck  den  Ruf  nachzuäffen,  oder 
vollends  gar  den  A^ogel  zu  töten,  weil  man  glaubt,  dem  betreffenden  Spötter 
oder  Töter  werde  sogleich  der  Vater  oder  die  Mutter  sterben. 

Zur  Begründung  dieses  Glaubens  ist  folgende  Sage  im  Umlauf:  Der 
Kiickuck  (beschönigend  nennt  man  ihn  meist  pjevacica,  d.  i.  die  Sängerin) 
war  „Kaiser"  Lazarus'  Schwester.  Nachdem  der  Kaiser  zu  Leitengeben 
(so  heisst  Kosovo  polje  zu  deutsch,  nicht  aber  ,Amselfekr)  sein  Leben  ver- 
loren, weinte  und  kuckte  (kukala)  seine  Schwester  ohne  Aufhören.  Am 
Fest  der  hl.  drei  Könige  (bogojavljenje,  d.  i.  Tag  der  Gotterscheinung  oder 
Gottmeldung)  wurde  sie  von  Gott  verflucht  mit  den  Worten:  „Du  sollst  in 
alle  Ewigkeit  vom  Lazarsamstag  an  (Lazarova  subota,  d.  i.  der  Samstag 
vor  dem  Palmsonntag)  bis  zum  St.  Petrustag  (den  29.  Juni)  nur  , Kuckuck!' 
rufen!"  So  geschah  es  und  geschieht  es  noch  alleweil.  Verspotten  aber 
Kinder  den  Kuckuckvogel,  so  flucht  der  Vogel  den  Spöttern: 

Kukala  ti  majka  do  Fetrova  danka 
ot  Petrova  danka  i  otac  i  majka! 


Der  Tod  in  Sitte.  Brauch  und  Glauben  der  Südslaven.  183 

Die  Mutter  soll  dir  kucken  bis  zum  Fetertage, 
vom  Petertag  jedoch  der  Vater  und  die  Mutter! 

Naolitvögel  aus  dem  Eulengeschlechte  (euk.  sova,  soviiljaga.  lunja, 
uiijaca.  jejina.  bul)a)  zeigen  durch  ihre  unheimlicheu  Rufe  in  der  Nähe 
menschlicher  Behausungen  immer  Todfälle  an.  Allgemein  glaubt  man: 
setzt  sieh  ein  Uhu  auf  ein  Haus  und  lässt  seinen  Ruf  ertönen, 'so  stirbt 
jemand  von  den  Bewohnern,  ausser  jemand  ladet  augenblicklich  sein  Ge- 
wehr mit  Eisennägeln,  die  in  der  Kirche  während  des  Hochamtes  unter 
dem  Altarkissen  gelegen,  und  schiesst  den  Uhu  herab.  Wenn  eine  Schleier- 
eule in  der  Nähe  des  Hauses  ,uhu"  schreit,  so  sagen  die  Bosnjaken,  dass 
noch  im  selben  Jahre  der  Hausvorstand  oder  die  Hausvorsteherin  mit  dem 
Tode  abgehen  müssen. 

Wie  der  Vogel,  so  ist  auch  sein  Name  jejina  (Nachteule)  verpönt 
auszusprechen;  man  sagt  lieber  zur  Vermeidung  eines  bösen  Vorzeichens 
velika  Iniba  oder  velika  baja  (die  grosse  buba,  d.  i.  strix  bubo,  oder 
die  grosse  Zauberin).  Entschlüpft  einem  unwillkürlich  in  Gegenwart  von 
Kindern  das  Wort  jejina,  so  zieht  man  piepsend  die  anwesenden  Kinder 
bei  den  Ohren,  damit  jede  mögliche  Beschreiuug  rückgängig  gemacht 
werde  (Bosnien). 

In  Kroatien  glaubt  der  Bauer,  die  Smrt  lasse  sich  durcli  jenen  Vogel 
anmelden,  der  aufs  Dach  geflogen  kommt  und  den  Ruf  ausstösst:  spis.  spis, 
spis!  (du  schläfst).  In  jenem  Hause  müsse  es  bald  einen  Toten  geben. 
Welcher  Vogel  damit  gemeint  ist,  konnte  ich  nicht  in  Erfahrung  bringen. 

Bei  wichtigen,  für  den  Einzelnen  tief  in  das  Leben  einschneidenden  Ver- 
änderungen, z.  B.  bei  Eheschliessungen,  beim  Wechsel  des  Wohnortes, 
bei  dem  Bezug  eines  neugebauten,  noch  nicht  liewolmten  Hauses,  beim 
Antritt  grosser  Reisen,  entwickelt  sich  von  selber  unter  dem  Eindruck  des 
grossen  Ereignisses  der  Hang  und  der  Drang,  in  manchen  untergeordneten 
Umständen  bedeutsame  Vorzeichen  für  die  zukünftige  Gestaltung  des 
Lebens  und  auch  für  das  Lebensende  zu  entdecken.  Um  nur  ein  Beispiel 
anzuführen:  Wer  von  den  Brautleuten  in  der  Brautnacht  zuerst  einschläft, 
stirbt  auch  früher  (aus  Pleternica  in  Slavonien).  Mehr  von  derart  Glau- 
ben mag  man  in  meinem  Buche  Sitte  und  Brauch  der  Südslaven  (Wien 
1885)  nachlesen.  Im  übrigen  ist  das  ganze  Leben  des  Bauern  mit  lauter 
solchen  Weisheiten  durchspickt.  Wo  er  geht  und  wo  er  steht,  immer 
heisst  es,  auf  der  Hut  sein,  um  sich  nicht  den  Tod  aufzuladen.  Von  der 
Bedeutung  der  Gestirne  habe  ich  in  meiner  Studie  ,Sreca.  Glück  und 
Schicksal  im  Volkglauben  der  Südslaven'  und  in  dem  i^uclu^  .Volk- 
glauben" genug  gehandelt.  Hier  wäre  noch  in  Bezug  auf  den  Tod  nach- 
zutragen: Wer  vor  dem  Neumonde  eine  Verbeugung  macht,  der  stirbt  im 
selben  Monate  gewiss  nicht  (Slavonien,  Bosnien). 

Die  Wohnstätten  dienen  niciit  bloss  Menschen  sondern  zuweilen  auch 
Geistern  zum  Aufenthalt.     Je  älter  ein  Haus,   ein  Wirtsehaftgebäude,   ein 

13* 


184  Krauss: 

Einkelirwirtshaus  oder  gar  eine  Mülile  ist,  desto  eher  gehen  darin  böse 
Geister  nra  (zineasva).  Sind  die  Bewohner  eines  Hauses  ausgestorben,  so 
nehmen  in  der  Regel  vom  verlassenen  Heim  Geister  Besitz  (allgemeiner 
Glaube).  In  einem  solchen  Hause  verstirbt  sehr  leicht  jemand,  der  un- 
bedacht oder  unklug  genug  ist,  darin  zu  übernachten  (Bulgarien).  Wenn 
in  einem'  Hause  ein  Balken,  ein  Thürstock  oder  ein  Einrichtunoo-eo-enstaud 
von  selber  knarrt,  so  ist  dies  ein  Zeichen,  dass  im  selben  Hause  ein  Mensch 
sterben  werde  (Bulgarien).  Wenn  ein  Hausbalken  oder  Pfosten  springt,  so 
bedeutet  dies  den  Tod  eines  der  Hausleute.  Man  denke  dabei  au  das  Sprich- 
wort: ,Die  Söhne  sind  des  Hauses  Stützgebälke."  Wenn  zwei  Wandnägel  im 
Zimmer  von  selber  aus  der  Wand  herrausspringen,  so  ist  dies  ein  Zeichen, 
dass  in  dem  Hause  bald  jemand  sterben  wird.  Geschenke  haben  Bezug 
auf  den  Geber.  Mit  jedem  Stück,  so  man  aus  Liebe  verschenkt,  giebt 
man  einen  Teil  seines  Ichs  weg.  Springt  von  selber  ein  Trinkglas  oder 
ein  Spiegel,  den  man  von  jemand  zum  Geschenk  erhalten  hat,  so  deutet 
dies  den  Tod  des  Spenders  an  (Slavonien). 

Im  allgemeinen  beruht  die  Erkennung  von  Yorzeichen  auf  demselben 
Grunde,  auf  dem  die  Kunst  der  Traumdeutung  fusst.  Es  ist  z.  B.  nicht 
gut,  wenn  ein  Frauenzimmer  beim  Haarflechten  einen  Zopf  nicht  zu 
Ende  flicht,  weil  sonst  im  selben  Jahre  jemand  aus  ihrem  Hause  sterben 
muss  (Bosnien,  Herzogland,  Serbien).  Aufgelöstes  Haar  ist  ein  Trauer- 
zeichen. Auf  der  Handfläche  oder  auf  dem  Daumen  auftretende  gelbe 
Flecken  nennt  der  BoSnjak  mrtva  knä  (Totenfärbung).  Man  sagt:  zeigen 
sich  die  Flecken  auf  der  rechten  Seite,  so  wird  dem  damit  Gekenn- 
zeichneten ein  Hausgenosse  sterben,  wenn  aber  mehr  auf  der  linken,  so 
stirbt  ihm  ein  Freund  im  Dorfe.  In  Bulgarien  glaubt  man  wieder:  be- 
kommt einer  auf  der  Hand  gelbe  Flecken,  so  bedeutet  dies,  es  werde  ihm 
jemand  mit  dem  Tode  abgehen;  gewahrt  man  zuerst  solche  Flecken,  wenn 
man  gerade  im  Hause  weilt,  so  wird  einer  von  den  Hausleuten  sterben; 
gewahrt  man  sie  im  Gehöfte  stehend,  so  stirbt  einer  von  den  Arbeitern; 
ist  mau  zur  Zeit  aber  auf  der  Strasse,  so  stirbt  ein  Nachbar.  —  Es  ist 
nicht  gut,  ,  dass  man  einen  Menschen  oder  ein  Tier  mit  dem  Besen  haue; 
denn  die  Angehörigen  oder  das  Vieh  des  Dreinhauenden  werden  vom 
HERRN  weggekehrt,  d.  i.  dem  Tode  überliefert  (Bulgarien).  Dieser 
(xlaube  hat  mit  jenem  vom  Besen  als  Hexenross  nichts  gemein. 

Da  alles  und  jedes  in  der  Natur,  nach  dem  Volksglauben,  durcli- 
geistert  ist,  so  liegt  es  nahe,  dass  man  auch  z.  B.  in  Gewitterbildungen 
Anzeichen  des  Todes  erblickt.  Wenn  am  Tage  der  Verklärung  St.  Pauli 
(preobra.^enje  sv.  Pavla)  dichter  Nebel  die  Berge  bedeckt,  so  werden  im 
selben  Jahre  mehr  Herrenleute  als  Bauern  sterben,  lagert  sich  aber  der 
Nebel  über  den  Ebenen,  so  sterben  mehr  vom  gemeinen  Volke.  Im 
krainischen  Küstenlande  glaubt  man,  wenn  ein  Gewitter  lange  anhält,  es 
sei   jemand    ertrunken.     Über   den  Ursprung   der  Gewittergeister  lässt  uns 


Der  Tod  in  Sitte.  Braucli  und  Glauben  der  Südslaven.  185 

der  Volkglanbe  nicht  im  Unklaren.  In  den  windischen  Gegenden,  in 
Istrien,  im  Dalmatinischen  und  in  Kroatien,  wo  deutscher  und  italienischer 
Hexenglaube  sich  eingelebt,  macht  man  die  Hexen,  den  Ortspfarrer  oder 
die  Yilen  häufig  verantwortlich,  wenn  sich  böse  Stürme  einfinden.  Im 
Bosna- Herzoglande  dagegen  weiss  man,  dass  mit  dem  Ungewitter  die 
Seelen  Ertrunkener  heimkehren.  —  Bricht  nämlich  unverhoft't  tnn  Hagel- 
wetter ein,  bevor  noch  die  Sommerfrucht  eingeheimst  wurde,  so  trägt  der 
Bauer  und  die  Bäuerin  schleunigst  vors  Haus  hinaus  den  Speisetisch  und 
den  Dreifuss,  kehrt  sie  auf  dem  Boden  um.  legt  Löfi'e].  Brot  und  Salz 
auf  den  Tiscli,  und  eine  von  den  Frauen  aus  dem  Hause  spricht  die  Be- 
schwörung: ,Wir  empfingen  dich  als  unseren  teuersten  Gast  und  Freund, 
so  füg'  uns  auch  keinen  Schaden  zu!'  (mi  tebe  docekali  ko  najveceg  dosta 
i  prijatelja  pa  i  ti  uama  ne  ucini  nikakva  zijana!).  Dann  ruft  sie  den 
Geist  oder  die  Seele  eines  ihr  bekannt  gewesenen  Verstorbenen  an,  der 
durch  Ertrinken  den  Tod  gefunden:  ,0  Johannes!  (oder  wie  er  geheissen) 
ich  beschwöre  dich  mit  dem  Namen  Gottes,  wehre  den  Hagel  von  hier 
ab!"     (0  Jovane,  kumim  te  imenoni  bozim,  ne  daj  gradu  vamo!). 

Brot  und  Salz  bietet  man  dem  Gaste  au,  denn  das  sind  Symbole  der 
häuslichen  Wohlfahrt.  Brot  und  Salz  haben  also  Bezug  auf  das  mensch- 
liche Leben.  Wenn  man  beim  Brotkneten  vergisst,  dem  Mehl  oder  Teige 
Salz  beizumengen,  so  glaubt  man,  es  wird  einem  jemand  im  Hause  oder 
in  der  Verwandtschaft  ferne  sterben  (Bosnien,  Bulgarien).  Dem  toten  Vor- 
stande einer  Hausgemeinschaft  zielit  man  unterm  Arme  ein  Gefäss  mit 
Salzwasser  durch  oder  rührt  mit  seiner  Hand  ein  Salzwasser  um  und  giebt 
es  nach  seiner  Bestattung  dem  Hausvieh  zu  trinken,  damit  es  nicht  dem 
Hausvorstande  nachsterbe  (Bosnien).  Wird  in  einem  Hause  der  Sauerteig- 
wurmig  (kvas  crvivi),  so  wird  noch  im  selben  Jahre  jemand  aus  diesem 
Hause  sterben  (Kroatien,  Küstenland). 

Vorzeichen  für  Tod  und  Leben  werden  einem  auch  bei  der  Jahr- 
wende kund  wie  auch  bei  der  Toten waschung.  Am  besten  werden  dies 
einige  Beispiele  erläutern.  In  der  ersten  Weihnachtnacht  stehen  (im 
bosnischen  Hochlande)  alle  Hausleute  (Christen)  vor  Morgengrauen  auf 
und  verrichten  vor  brennenden  Kerzen  eine  Andacht.  Wer  von  den  Haus- 
leuten hei  dieser  Gelegenheit  seinen  Schatten  (svog  osinja)  anf  der  AVand 
nicht  sieht,  der  wird  im  selben  Jahre  sterben.  Man  merke  sich,  dass  der 
Bauer  das  Jahr  von  einem  Weilmachtfest  zum  anderen  rechnet.  Am 
ersten  Weihnachtmorgen  Avird  in  jedem  Bauernhause  (bei  Altgläubigen) 
ein  Fruchtbrei  (cicvara)  mit  Schmalz  gekocht.  Ist  der  Brei  gar  und 
schwimmen  oben  dicke  Fettaugen,  so  beugen  sich  die  Hausleute  der  Reihe 
nach  über  das  Gefäss  und  schauen  in  die  Fettaugen  hinein.  Wer  sein 
Spiegelbild  in  den  Fettaugen  nicht  erblicken  kann,  der  muss  im  selben 
•lahre  das  Zeitliche  sea'nen. 


186 


Krauss : 


Wie  beim  Opferdienste  ist  auch  bei  der  Totenwaschung  oder  Ab- 
kochimg des  Badewassers  die  Eauch-  oder  Dampfwendimg  von  eigener 
Bedeutung.  Die  Rauchwendung  ist  bei  feierlichen  Anlässen  überhaupt  ein 
Vorzeichen.  So  z.  B.  steckt  man  zu  Weihnachten  in  das  mit  allerlei 
Feldfrüchten  gefüllte  Gefcäss  auf  dem  Tische  so  viele  Kerzen  hinein,  als 
die  engere  Familie  seit  drei  Generationen  Verstorbene  zählt.  Nach  dem 
Nachtmahl  betet  man  für  das  Seelenheil  der  Hingeschiedenen  ■  und  löscht 
darauf  die  Lichter  durch  Übergiessung  mit  Wein  aus.  Die  Person,  gegen 
die  sich  der  Rauch  hinwendet,  wird  zuerst  von  den  um  den  Tisch 
Versammelten  sterben  (Lika,  Otocacer  Bezirk).  Die  Mohammedaner  glau- 
ben, steigt  der  Rauch  von  dem  Feuer,  über  dem  das  W^asser  zur 
Totenwaschung  gewärmt  wird,  kerzengerade  gen  Himmel  auf,  so  giebt  es 
nicht  bald  in  der  Nähe  einen  Todesfall;  senkt  sich  aber  der  Rauch  aufs 
Trauerhaus  nieder,  so  stirbt  demnächst  jemand  im  selben  Hause  nach; 
schlägt  er  nach  einer  Richtung  gegen  das  Viertel  um  (die  Mohammedaner 
sind  meist  in  grösseren  Orten  ansässig),  so  stirbt  ehestens  jemand  in  dem 
Teil  des  Ortviertels,  wohin  der  Rauch  weist.  Auch  bei  den  Christen  im 
bosnischen  Gebirgsland  wird  das  Wasser  unter  freiem  Himmel  lauwarm 
gekocht  (uznilace  vodu).  Aus  der  Richtung,  die  der  aufsteigende  Wasser- 
dampf nimmt,  prophezeit  man,  in  welchem  Hause  demnächst  jemand 
mit  dem  Tode  abgehen  werde;  der  Dampf  zeigt  nämlich  deutlich  das 
Haus  an. 

Was  immer  mit  einem  Todfall  zeitlich  zusammentrifft,  erlangt  eine 
ominöse  Bedeutung.  Liegt  wo  in  einem  Hause  ein  Toter,  so  darf  mau 
nicht  durchs  Fenster  hineinschaueu  oder  hineinsprechen  in  die  Stube,  weil, 
wer  da  hineinschaut,  das  ganze  Jahr  krank  sein  wird  (allgemein).  Ist 
ein  Toter  im  Hause,  so  ist  es  nicht  ratsam,  dass  einer  von  den  Hansleuten 
irgend  eine  Feldarbeit  verrichte,  weil  sonst  Unfruchtbarkeit  eintreten  würde. 
Diese  Erklärung  ist  nicht  sicher  (Kroatien).  In  der  Lika  und  im  nord- 
westlichen Teile  von  Slavonien  scheut  man  sich  sowohl  im  Totenhause  als 
in  der  Nachbarschaft  rechts  und  links  zu  spinnen  und  zu  weben,  so  lange  der 
Tote  in  dem  Hause  aufgebahrt  liegt;  denn  die  Weiber  glauben,  dass  wenn  sie 
es  unterliessen  zu  ruhen,  ihnen  künftighin  bei  der  Arbeit  die  Hände  ein- 
schlafen (trnuti)  oder  erstarren  würden.  Im  Hause  des  Toten  vermeiden 
die  Leute,  wie  sich  dies  fast  von  selber  versteht,  jede  iVrbeit,  bis  auf  die 
notwendigen  Vorbereitungen  zum  Trauer-  oder  Totenmahl.  Darüber  wer- 
den wir  später  genauere  Auskunft  geben. 

Der  Tote  zieht  die  Lebenden  sich  nach  ins  Grab.  Das  Nachsterben 
sucht  man  auf  verschiedene  Weise  zu  hintertreiben.  Wenn  in  Zagorjen 
(in  Kroatien)  der  Sarg  nicht  gefärl)t  werden  kann,  umwindet  man  ihn  mit 
Werg  (rusica).  Dieses  Werg  wird  nach  der  Bestattung  heimgebracht  und  aufs 
Dach  geworfen.  Man  glaubt,  so  lange  das  Werg  von  selber  auf  dem  Dache 
bleibt,    ohne   hinabzufallen,    so    lange   werde    sich    im   betreffenden   Hause 


Dpi-  T(I(I  in  Sitte,  Bi-aucli  iiml  Glaul)eii  der  Sü(lsla\-ei).  187 

kein  Todfall  ereignen.  In  Altserbien  pflegt  man  heim  Hinaustragen  des 
Toten  aus  dem  Hause  sich  nicht  umzuschauen,  eiie  man  nicht  bis  ans  Grab 
gekommen ;  ebensowenig  blickt  man  nach  rückwärts  auf  dem  Heimwege 
vom  Gottesacker.  Das  geschieht  ausdrücklich,  damit  nicht  bald  ein  zweiter 
Todfall  im  Hause  vorkomme.  In  der  windischen  Steiermark  scheuen 
sich  die  Hauslente  im  Leichenzuge  das  Krenz,  das  Weihwasser  oder  gar 
den  Toten  zu  tragen  oder  sonst  irgend  eine  Verrichtung  zu  ühernehmen 
(bei  den  slavischen  Mohammedanern  ist  das  Gegenteil  üblich);  denn  man 
sagt,  eine  solche  Teilnahme  käme  einer  Schadenfreude  über  den  Todfall 
gleich,  und  der  Betreffende  müsste  selber  bald  nachsterben.  Verwandt  ist 
damit  im  Grunde  genommen  der  Glaube  christlicher  Bosnjaken.  dass  man 
ein  totes  Kind  nicht  mit  Blumen  schmücken  dürfe,  sonst  schmückte  sich 
der  Friedhof  mit  Kindern. 

Bei  der  Daca  (dem  Toteumahl)  südungarischer  Serben  dürfen  auf  (h'm 
Tische  keine  dreizehn  Teller  vorhanden  sein,  selbst  dann  nicht,  wenn  an 
Gästen  nur  dreizehn  zugegen  Avären,  weil  man  glaubt,  einer  von  den 
dreizehn  müsste  sonst  noch  im  selben  Jahre  nachsterben.  Andererseits 
müssen  "alle  Becher,  Becken,  Schüsseln  mid  Teller  in  ungerader  Zahl 
—  dreizehn  ausgenommen  —  auf  dem  Tische  stehen;  denn  eine  gerade 
Anzahl  wäre  nicht  minder  Unglück  verheissend,  als  die  Zahl  dreizehn. 
Die  Teller  dürfen  lieim  Mahle  nicht  geM^echselt  werden,  mögen  noch  so 
viele  Speisen  auf  den  Tisch  gelangen.  Das  versteht  sich  natürlich  nur 
von  wohlhabenden  Häusern.  Bei  Mahlzeiten  hat  man  übrigens  auch  sonst 
auf  mancherlei  zu  achten,  um  nicht  durjh  Hervorrufung  böser  Vorzeichen 
den  Hausvorstand  zu  erl)Osen  und  die  Anwesenden  zu  verstimmen.  Manche 
derartio-e  Omina  könnte  man  rationalistisch  erklären  als  billige  Schreck- 
mittel,  um  gewisse  Regeln  des  Anstandes  und  der  guten  Sitte  zum  un- 
verbrüchlichen Gebote  zu  machen.  Solche  Erklärungen  bekam  ich  öfters 
zu  hören,  aber  ich  halte  sie  für  unbrauchbar,  weil  sie  die  Wirkung  als 
Ursache  bezeichnen.  Der  Volkglaube  allein  führt  uns  schon  auf  den 
richtigen  Weg.  Bei  Tisch  darf  man  ein  Messer  nicht  auf  den  Rücken 
legen,  weil  sich  eine  Seele  an  der  Schneide  verwunden  könnte.  Wenn 
jemand  bei  der  Mahlzeit  den  Uöffel  auf  den  Rücken  legt,  so  glaubt  man, 
der  Unachtsame  werde,  wenn  er  einmal  stirbt,  mit  aufgesperrtem  Munde 
daliegen  (Kroatien).  Vollends  schlecht  ist  es,  den  Brotlaib  auf  den  Rücken 
zu  legen. 

Den  eben  Verstorbenen  denkt  man  sich  noch  halb  und  halb  mit  den 
Lebenden  im  Wechselverkehr.  Wenn  es  ein  Mensch  sein  lebelang  nicht 
gewesen,  so  wird  er  wenigstens  als  Leichnam  zum  Propheten.  Da  ihm 
nun  die  Lautsprache  fehlt,  drückt  er  sich,  glaubt  man,  durch  Mienen  und 
Geberden  aus.  Die  Mohammedaner  glauben,  weim  der  Tote  die  Augen 
nicht  schliesse,  so  sei  das  ein  Zeichen,  der  Tote  trage  noch  Begehren  nach 
dieser  Welt  (ostao  zeljan  svijeta).     Anders  die  Christen:  stirbt  jemand  im 


188  Kraiiss: 

bosnischen  Savelaiide  und  scliliesst  er  niclit  die  Augen,  so  prophezeit  man 
(gata  se),  es  werde  Lahl  in  der  Terwandtschaft  ein  zweiter  Todfall  ein- 
treten. Liegt  der  aufgebahrte  Tote  mit  einem  offenen  Auge  da,  so  legt 
man  ihm  einen  Kreuzer  aufs  Auge;  scliliesst  sich  das  Auge  trotzdem  nicht, 
so  ist  dies  ein  Zeichen,  dass  jemand  bald  nachsterben  Averde  (Kroatien). 
Behält  ein  Toter  das  rechte  Auge  ofPen,  so  muss  entweder  ein  Kind  oder 
sonst  jemand  aus  der  nächsten  Verwandtschaft  bald  nachsterben;  steht  das 
linke  Auge  offen,  so  stirbt  jemand  aus  der  fernen  Yerwandtschaft  (Kärnten, 
Kroatien,  Slavonien).  Oder  man  sagt,  das  offene  rechte  Auge  deute  den 
nahe  bevorstehenden  Tod  eines  männlichen,  das  linke  Auge  den  eines 
weiblichen  Verwandten  an  (allgemein).  Behält  ein  totes  Kind  das  linke 
Auge  offen,  so  wird  ihm  seine  Mutter  bald  mit  Tode  nachfolgen.  Es  sehnt 
sich  noch  nach  der  Muttermilch  (allgemein). 

Zeigt  der  aufgebahrte  Tote  ein  ruhiges,  freundlich  sanftes  Gesicht,  so 
weissagen  (caraju,  gataju)  die  Bauern,  es  werde  ihm  bald  jemand  aus  der 
Sippe  nachfolgen  (Perusicer  Gegend  in  der  Lika).  Überall  sonst  wird  dies 
als  ein  gutes  Zeichen  aufgefasst,  dagegen  glaubt  man  in  anderen  Land- 
strichen: hat  der  Tote  eine  verzerrte  Miene,  als  ob  er  lache,  so  wird  ihm 
in  nächster  Zeit  jemand  aus  der  Verwandtschaft  nachsterben.  Die  slavi- 
schen  Mohammedaner  glaul)en  wiederum,  dass,  wenn  beim  Toten  keine 
Starre  eintritt,  bald  jemand  im  selben  Hause  nachsterben  müsse. 

Aus  meiner  Abhandlung  über  südslavische  Pestsagen  dürfte  den  Fach- 
genossen der  seltsame  Glaube  noch  erinnerlich  sein,  wonach  bei  manchen 
Toten  eine  ungleiche  Verkürzung  der  Füsse  eintrete.  Dies  hat  seine  be- 
sondere Bedeutung  in  Pestzeiten  und  eine  andere  unter  gewöhnlichen  Ver- 
hältnissen. In  der  Lika  glaubt  man:  liat  der  Tote  den  linken  Fuss  länger 
als  den  rechten,  so  stirbt  bald  ein  Frauenzimmer  im  Hause  nach;  ist  der 
rechte  Fuss  länger,  ein  Mann.  Sonst  heisst  es  allgemein:  ist  bei  einem 
Toten  der  eine  Fuss  länger  als  der  andere,  so  stirbt  bald  ein  Mitglied  der 
Familie  nach. 

Um  nicht  durch  weitere  Aufzählung  solcher  allbekannten  Dinge  die 
Fachgelehrten  zu  ermüden,  möchte  ich  zum  Schluss  nur  noch  kurz  auf 
einen  Zug  des  Schicksalglaubens  hinweisen,  der  als  Vorzeichen  auf- 
gefasst wird.  Der  Glaube  ist  bei  den  Südslaven  allgemein,  dass  Menschen, 
die  zur  selben  Stunde  oder  beiläufig  innerhalb  desselben  engeren  Zeit- 
raumes das  Licht  der  Welt  erblicken,  auch  ein  gleiches  Lelienslos  be- 
schieden erhalten.  Man  sagt  z.  B.  u  sretan  cas  (in  glücklicher  Stunde), 
u  nesretan  cas  (in  unglückl.  St.)  oder  dan  (Tag)  oder  mjesec  (Monat), 
selten  u  sretnoj  godiiii  se  rodio  (in  einem  glücklichen  Jahre  ist  es  geboren 
worden).  (Ausführlich  besprochen  in  meiner  Studie:  Sreca,  Glück  und 
Schicksal.)  Daraus  erklärt  sich  manches.  Die  südungarischen  Serben  und 
auch  jene  im  Königreiche  Serbien  hegen  den  Glauben,  dass  blutverwandte 
Kinder,  die  zufällig  im  selben  Kalendermonat  geboren  sind,  in  der  Weise 


\ 


Der  Tod  in  Sitte,  Brauch  und  Glauben  der  Südslaven.  189 

von  einander  abhängen,  dass,  wenn  das  eine  Kind  stirbt,  das  andere  l)aldigst 
nachsterben  müsse.  Durch  zwei  Mittel  sucht  man  dem  gefürchteteu  Nach- 
sterben vorzubeugen:  erstens  legt  man  zum  Sarg  des  verstorbenen  Kindes 
ins  Grab  einen  Schilfrohrstab  und  spricht  dazu  den  Bann:  ,Möge  dieses 
Schilfrohr  statt  des  zweiten  Kindes  verwesen!'  (ova  trska  neka  trune  mesto 
ovog  drugog  deteta).  Das  zweite  Mittel  heisst  man:  otvoranje  is  puta 
(Die  Öffnung  [des  Sarges]  auf  dem  Wege  [zum  Grabe]).  Dieses  A^ erfahren 
konnte  ich  leider  nicht  genau  ermitteln,  doch  kenne  ich  ein  drittes,  das 
auf  Loskauf  beruht  und  als  sehr  wirksam  betrachtet  wird.  Ist  der  eine 
„Einmouatling"  (jednomesecic)  noch  nicht  bestattet,  so  erscheint  der  andere, 
ihn  ülierlebende  Gefährte  vor  der  Balire  und  ein  altes  Weib  legt  eine 
Fessel  um  den  Fuss  des  Toten  und  des  Lebenden.  Nun  spricht  der 
Letztere  zu  einem  dritten,  o-leiclifalls  anwesenden  Altero-enossen:  , Nimmst 
du  bei  Gott  und  dem  hl.  Johannes  die  Beschwörung  an,  einen  Sklaven 
aus  dem  Grab  zu  erlösen?'  Der  Angerufene  willigt  darauf  ein.  Dreimal 
legt  das  Weib  die  Fessel  dem  Toten  und  seinem  Partner  an  und  dreimal 
löst  sie  sie  wieder  los.  Liegt  der  Tote  schon  im  Grabe,  so  wird  der  zu 
spät  erschienene,  überlebende  Einmouatling  an  das  Grabkreuz  gefesselt 
und  darauf  erfolgt  die  übliche  Fragestellung.  Den  Loskaufer  hält  der 
Erlöste  von  da  ab  hoch  in  Ehren  als  seinen  Wahlbruder  (pobratim). 

Als  ein  Ausfluss  des  Schicksalglaubens  ist  wohl  auch  die  ziemlich 
verl)reitete  Meinung  zu  betrachten,  dass  es  nicht  gut  sei,  in  einer  und  der- 
selben Hausgemeinschaft  an  einem  Tage  zwei  Kinder  taufen  zu  lassen, 
denn  sonst  lebe  eines  von  ihnen  das  Jahr  nicht  aus.  Besonders  streng  hält 
man  sich  in  Bosnien  daran. 

Dunkel  ist  mir  der  Ursprung  des  Glaubens,  es  sei  nicht  geheuer,  wenn 
zwei  Menschen  zu  gleicher  Zeit  aus  derselben  Quelle  Wasser  trinken,  weil 
sie  zugleich  werden  sterben  müssen  (Bosnien,  Herzogland,  Montenegro). 

Wien.  (Fortsetzung-  folgt.) 


I 


Weiteres  über  Wind,  Wetter,  ßegeii,  Schnee  nnd 
Sonnenschein  nnd  die  Gebirgsnatnr. 

Von  Marie  Rehsener. 


Wind. 

„Der  Wind  hat  in  unserer  Gasse  seine  Heimat  (dort  geht  er  oft).  Er 
kommt  bald,  wenn  er  will."  Jetzt  rüttelt  er  am  Schornstein  —  „hm,  hm, 
der  Feine!  sie  haben  schou  gesagt,  dass  sie  ihn  in  der  Frühe  gehört  haben, 
la-  luit  in  den  Bnlkcn  ,geschnakelt"." 


190  Eehsener: 

Ein  starker  Wind,  aber  ein  gesunder  Wind,  niclit  wie  in  Italien!  hent 
thut  er  .billn'  und  ,lurln\ 

Er  wird  mich  gut  abpfeifen,  wenn  ich  auchn  auf  den  Brenner  geh  und 
die  Brodtragerin  von  Sterzing  nicht  auer  lassen^). 

Weht  zu  Gregori  der  , äussere'  Wind  und  scheint  die  Sonne,  so  haben 
die  Bauern  das  Korn  (der  nächsten  Ernte)  schon  in  der  Kiste.  In  der 
alten  Zeit  stieg  an  dem  Tage  einmal  ein  Bauer  gar  mit  der  brennenden 
Pfeife  bis  auf  das  Dach  seines  Hauses,  um  am  Rauch  zu  sehen,  ob  der 
Wind  nicht  gehe.  Jetzt  braucht  man  nicht  mehr  erst  aufs  Dach  zu  steigen, 
jetzt  geht  er  wol  allni. 

Macht  es  im  ,Langis'  noch  ein  starkes  , Gefriere",  so  schützt  der  Wind 
die  jungen  Pflanzen,  dass  sie  nicht  ,derfrieren";  sie  leiden  weniger,  wenn 
er  sie  in  der  Bewegung  erhält. 

Wenn  es  aber  im  Herbst  und  Winter  , stürmet",  so  schützt  wieder  der 
Frost  den  Wald;  denn  ist  die  Erde  recht  gefroren,  ,haltef  sie  die  Wurzeln 
der  Bäume  fester^),  als  wenn  sie  ,rogr  (locker)  ist,  und  der  Sturm  reisst 
keinen  Baum  um. 

Wetter. 

Wie  das  Wetter  die  12  Tage  zwischen  AVeihnachten  und  Heil,  drei 
König  ist,  sein  die  Monate  im  Jahr. 

In  Pflersch  war  ein  Pfarrer,  Herr  Wenzel,  der  hat  ein  Fernrohr  ge- 
habt und  die  Sterne  in  den  heiligen  Nächten  beobachtet,  danach  wusste 
er,  wie  das  Wetter  sein  würde;  aber  wenn  in  der  obern  lAift  ein  anderer 
Wind  kam,  dann  stimmte  es  nicht,  sagte  der  Herr  Postmeister.  „Der  Wind 
bringt  Haufen  AVetter  mit." 

Der  Jänner  ist  ein  Holzbrenner. 


1)  Ich  werde  eben  von  Fräulein  M.  Gröbner  auf  die  eigentümliche  Ausdrucksweise 
in  der  unverändert  alten  Bauernsprache  -  was  die  Bewegung  hin  und  her,  nach  oben 
und  unten  und  in  die  ThiUer  lietrifft  —  aufmerksam  gemacht,  die  ein  Fremder  nicht  zu 
unterscheiden  vermag,  vielleicht  schon  in  Innsbruck  niemand  mehr  verstellt.  Verändert 
wird  die  Sprache  durch  die  Sprüche  und  Verse  des  100 jährigen  Kalenders,  den  Verkehr 
mit  Fremden  und  die  Schule.  Die  Ausdrucksweise  ist  durch  die  Lage  des  Ortes  bedingt. 
z.B.:  Steht  jemand  auf  dem  höher  gelegenen  Freithof  und  möchte  er,  dass  ein  anderer 
zu  ihm  heraufkäme,  so  ruft  er:  ,Kimm  auer'  und  geh  hier  nach  Schelleberg  ,auchn 
(den  Berg  hinauf).  Dort  kommt  ein  anderer  von  Schelleberg  ,6 er'  (herab)  und  will  nach 
Gossensass  ,ochn'  (hinab). 

Ich  gehe  nach  Brixcn  ,ochn'  und  kimm  .auer'  (hinab  und  herauf), 

.,      nach  dem  Brenner  , auchn'  luid  kimm  ,6er'  (hinauf  und  herab\ 

"      nach  Bozen         \      -^^j^     ^.jj^j,  ,„„|  j^|,„j,j  ^ausser'  (hinein  und  lieraus), 

.,      ins  Pflerschthal  I 

„      auf  Innsbruck  ,aussn'  und  kimm  ,eier'  (hinaus  und  herein). 

„      zum  Hause  ,aussn',  zum  Dorf  ,ummeu';  komm  du  zu  mir  ,ummcr\ 

2)  Wie  die  plastisch  —  als  Niobe  —  dargestellte  Erde  schon  erstarrend,  das  h'tzte 
ihrer  Kinder  mit  den  Armen  hält. 


Weiteres  über  Wind,  Wetter,  Regen.  Schnee  unil  Sonnenschein.  191 

Taut  es  zu  Maria  Lichtmess  vom  Dach,  so  sagt  man,  da  tropft  die 
Milch  herab,  die,  welche  die  Kühe  in  reicher  Fülle  geben  werden. 

Wenn  der  März  schön  eingeht,  geht  er  schiech  ans.  Es  ist  ein 
schönes  Wetter,  wenn  es  nicht  zu  früh  ist;  es  thut  schon  ,langislin"!  (der 
Lenz  naht). 

„Du,  es  gleicht  nicht"  (es  scheint  nicht  zu  dem  zu  kommen,  was 
man  hofft).  „Das  Wetter  wird  mehr  anders"  (schlechter),  „hann  ich 
Sorge." 

Der  Freitag  geht  nicht  mit  der  Woche.  A¥ar  das  Wetter  schön,  so 
wird  es  am  Freitag  schlecht  und  umgekehrt.  Am  Samstag  ist  es  immer 
schön,  weil  au  ihm  „Unsre  Frau"  geboren  wurde.  Nur  an  drei  Sams- 
tagen im  ganzen  Jahr  regnet  es.  Die  Leut  haben  aufgepasst,  dass  es  so 
ist,  auch  ich. 

Gestern  hat  es  den  ganzen  Tag  , wettergemessen'  (zwischen  gut 
und  schlecht  geschwankt)  und  Abends  hat  es  von  unten  her  soviel 
,wettergelacht!"  man  nennt  es  so,  wenn  es  ,himmblitzr  ohne  Regen  und 
Donner. 

Der  Blitz  ist  eine  Kugel,  innit  voller  Spiesse;  fahrt  er  in  die  Erde, 
so  dauert  es  sieben  Jahr,  bis  er  wieder  .ausserwachset'. 

Zwei  haben  miteinander  studiert.  Der  eine  ist  Geistlicher  geworden, 
der  andere  ein  Lump.  Später  sind  sie  wieder  zusammen  gekommen,  da 
hat  der  Lump  zum  Geistlichen  gesagt:  Ich  bin  doch  mehr  geworden  als 
du;  ich  kann  .wetterraachen" !  und  er  hat  ein  Wetter  gemacht.  Da  hat  der 
Geistliche  die  Wetterglocke  läuten  lassen  und  den  Wettersegen  gehalten 
und  nachher  gleich  den  Messner  vor  die  Kirchenthür  geschickt,  zu  sehen, 
ob  nicht  einer  daläge.     Der  andere  aber  hat  schon  tot  dagelegen. 

Der  Pfarrmessner  von  Sterzing  hat  selbst  gesagt:  soweit  man  die 
Glocke  hört,  schlägt  der  Blitz  nicht  ein. 

Regen. 

Die  Jännertropfen  thun  den  ,Här  fast  völlig'  auszopfen.  Januarregen 
gibt  gute  Flachsernte;  es  ist  viel  da  zum  auszupfen. 

Noch  ist  es  .kilbe'  (-=  gehülbig,  trübe),  bald  wird  es  wieder  ,koater' 
(=  geheiter,  klar). 

Wenn  der  Schnee  hingeht  und  es  regnet,  ist  es  ein  , unlustiges'  Wetter. 
Die  Nacht  ist  .woach'  gewesen,  morgens  waren  die  Berge  ,aper'^). 

Wenn  es  nach  dem  Bauen  (der  Feldbestellung)  regnet,  .zieht  es  die 
Körner,  die  aufliegen,  in  die  Erde  eichn^)  und  alles  wächst;  wenn  es 
trocken   ist  und    der  Wind   es  noch  trockener  macht,   geschieht  das  nicht. 


1)  auch  wurde  gesagt:  Bei  mir  hültct  (hi,s  Haar  lang,  manche  sein  früh  japer'. 

2)  Die  Vor.stelhing  von  dem  Hineinziehen  des  Saatkornes  in  die  Ei-de  kommt  dem 
[Mythus  von  dem  Rauli  der  Proserpina  nälier,  als  wenn  gesagt  wird :  das  Korn  ist  in  die 
lErde  gesenkt. 


192  Rehsener: 

Es  hat  lange  nicht  geregnet,  sehr  lauge  nicht;  doch  die  Leut  haben 
gesagt:  Wir  müssen  uns  grad  in  den  Willen  Gottes  ergeben!  und  es  ist 
Haufen  Zeug  gewachsen,  als  wenns  geregnet  hätte. 

Zu  Lorenz  (10.  August)  ist  der  ,Hörbist"  an  der  lirenz,  und  zu 
Bartholomä  (24.  August)  ist  er  im  Klee. 

Im  Herbst  ist  das  Wetter  (der  Regen)  nur  hinter  dem  Zaun.  Nach 
dem  ,Gallensümmerle'  kommt  das  ,Kathreingschlatter"  ^). 

Der  ,Galle'  (Gallus)  treibt  das  ,Kunter  (Vieh)  zum  Stalle,  und  der 
Martein  sperrt  es  gar  ein. 

Schnee. 

Willst  in  den  Himmel  eini  kemmen, 
Musst  du  dir  die  Handschige  mitnohnien: 
Denn  im  Himmel  ist  es  kalt, 
Weil  der  Schnee  dort  6er  fallt. 

Der  Schnee  kommt  so  viel  ungern  ,huire'  (dieses  Jahr).  ,Geschnieben* 
hat  es  grade  nur  sov"l,  dass  man  eine  Katze  spürt.  Es  macht  einen  breiten 
Schnee  und  er  getrauet  sich  überall  eichn,  wenn  der  AVind  auch  geht. 

Im  tiefen  Winter,  anno  27,  da  sind  die  Lauen  gangen! 

W^enn  der  Tag  umkehrt,  steht  im  Kalender:  ich  glaube,  es  ist  der 
Thomastag  (21.  Dezember).  Besser  ist  es  schon.  w(nm  der  Tag  umgekehrt 
hat,  wenn  er  aufersteht! 

„Sieh,  Taut  „Mi,"  sagte  auf  einem  sonnigen  Spazierwege  d^r  <h-ei- 
jährige  Otto  Gröbner,  „heute  ist  aller  Schnee  Gold  und  Silber!  Das  haben 
die  Heil,  drei  Könige  gebracht." 

Sonnenschein. 

Ich  komme  morgens  in  einen  Laden;  die  Händlerin  fragt:  ..Sind  Sie 
schon  auf,  haben  Sie  die  Sonne  schon  gesehen?" 

Die  Sonne  hat  ein  jeder  gern! 

„Ich  mal  wohl!"  ruft  ein  junges  Mädchen. 

„Mit  der  Sonne  ist  es  so,"  sagt  ein  alter  Mann,  „im  Winter  ist  man 
froh,  wenn  sie  kommt  und  im  Sommer  war  man  manchmal  froh,  wenn  sie 
ginge;  aber  wie  die  Sommer  jetzt  sein,  derleidet  man  sie  allm." 

Der  Mond  scheint  so  klar! 

„Den  Mond  hab  ich  wohl  öfterer  gesehen;  vom  Mondsehen  werde  ich 
nicht  gescheiter!  Der  freudet  mich  nicht  —  die  Sonne  wol,  die  freudet 
mich!  —  CS  wird  wol  ehnder  kälter  als  wärmer,  wenn  der  ,Muhne"  klär 
scheint." 

Wenn  der  Mond  klein,  schwach  ist,  sind  auch  die  Därme  der  Tiere 
schwach;    man   schlachtet    daher  um   die   Zeit    (besonders  bei   abnehmend 

1)    Gallus  IC.  Oft.,  Katharina  V.  f.  M.  '2h.  Nov 


Weiteres  über  tlie  Gebirgsnatur.  193 

Lieht)  nicht  gern  einen  Fäcken.  Die  Darm  könnten  nicht  stark  genug 
fürs  Wursten  sein. 

Im  Muhne  ist  das  Taxenmandle;  man  sieht  es,  wie  es  , Taxen'  (Fichten- 
zweige) hackt  ^). 

Ein  Herr  hat  beim  Melcher  gesungen: 

Des  Abends  geht  die  Sonne  unter  und  der  Mond  geht  auf, 
Die  Mädchen  gehen  schlafen  und  die  Buabn  stehen  auf! 

Seitdem  nennt  man  den  Muhne  auch  die  ,Buabnsunne'.  Den  hat 
man  wol  auch  ehnder  schon  so  genannt.     (Weber- Zenze.) 


Zur  Gebirgsnatur  u.  s.  w. 

Am  Mittwoch,  den  27.  Januar  1892,  fuhren  bei  Schneesturm  drei 
Herren  an  unserer  Hütte  vorbei  nach  Pflersch,  um  von  dort  aus  zum 
(rletscher  und  weiter  in  die  Eiswelt  zu  steigen. 

„Warum  thun  sie  das?  Verdienen  sie  viel  Geld  damit?  Oder  thun 
sie  es,  weil  es  sie  freudet?" 

Weil  es  ihnen  Vergnügen  macht.  Es  soll  wunderbar  schön  im  Winter 
dort  oben  sein! 

„Bei  dem  Wetter!  Das  ist  Übermut!  Was  finden  sie?  Allm  den 
Stein,  allm  Eis  und  Schnee." 

Sie  wollen  nach  dem  ünterstandshaus  am  Ferner,  dann  noch  zwei 
andere  aufsuchen  und  erst  Sonntag  wieder  ,ans  Land  kommen',  sagt  Herr 
Gröbner. 

„Die  müssen  ein  Herz  haben!  Wenn  die  Führer  auch  viel  Geld 
bekommen  —  das  Leben  kann  man  nicht  kaufen!"^) 

„Giebt  es  ninderst  solche  Schneeberge  und  , Ferner'  wie  hier?" 

Noch  grössere,  aber  nicht  so  nahe  an  der  Bahn. 

Der  Ferner  hat  früher  bis  nach  Deutschland  ,ummen'  gereicht,  hat  der 
alte  Huisum  allm  sagen  gehört.  Die  grosse  Sündflut  wird  ihn  wohl  fort- 
gebracht haben.  Mit  dem  Worte  Ferner  meint  er  nicht  nur  den  Feuerstein- 
gletscher, der  von  hier  sichtbar,  in  12  bis  14  Kilometer  Luftlinie  liegt, 
sondern  die  Gletschermasse  überhaupt. 

„Die  Ferner  reichen  weit!  bei  Ffitsch  bin  ich  zu  einem  zukommen, 
ja,  da  hätte  der  Weg  bis  Sterzing  (^4  St.)  nicht  gereicht,  ihn  entlang  zu 
gehen,  und  wie  lange  muss  man  warten,  wenn  man  einen  Stein  in  eine 
hjisspalte  wirft,  bis  er  auffällt!  Die  Ferner  gehen  tief!  Wie  tief  sie 
"■eben?    da  ist  kein   Mittel.  — 


1)  Dem  Vieli  eine  gute  Luft  zu  verschaffen,  werden  Fichteuzweige  kleingehackt  und 
als  ,Strebe'  (Streu)  benutzt. 

2)  Sie    haben    IV2  Tage  in   der  Magdeburger  Hütte   bei   aussergewöhniicheni  Sturm 
gewai-tet  und  sind  dann  umgekehrt. 


194  Rehsener: 

Das  Meer  hat  bis  Marün  (Meran)  gereicht;  dort  sieht  man  noch  in 
den  Felswänden  die  eisernen  Ringe,  an  denen  sie  damals  die  Schifte  an- 
ffehänfft  haben.  Noch  ein  zweiter  See  war  auf  dem  Brenner.  Und  nur 
drei  Häuser  w^aren  auf  dem  ganzen  Berge:  ein  Fischer-,  ein  Räuber-  und 
ein  Jägerhaus. 

Die  Römer,  als  sie  hier  die  Strasse  —  , Hochstrasse'  nannte  man  sie 
—  gebaut  haben,  sind  allm  dem  Himmelswagen  nachgangen,  und  bis 
wie  weit  sie  gekommen  sind,  da  haben  sie  einen  ,Turn'  (Turm,  eine 
steinerne  Säule)  aufgebaut." 

Oben  führte  nur  ein  Steg.  800  Jahr  nach  unsers  Herrn  Geburt  ist 
ein  grosser  Heiliger  dort  gegangen  und  hinter  ihm  sein  Esel,  der  den 
Packen  trug.  Plötzlich  ist  ein  wildes  Tier,  ich  glaube  ein  Bär,  aus  dem 
Walde  gekommen  und  hat  den  Esel  zerrissen.  Der  Heilige  hat  es  aber 
wohl  so  gemacht,  dass  der  Bär  nachher  selbst  seine  Sachen  w^eiter  tragen 
musste. 

Alles  kam  über  den  Jaufen.  Weinbeeren  hat  man  zuerst  getragen, 
nachher  gezogen  und  zuletzt  ,geführt';  über  Innsbruck  bis  Mittenwald  im 
Bairischen;  dann  wurden  sie  auf  die  Flösse  geladen  und  zu  Wasser  weiter 
nach  München  gebracht. 

Getragen  wurden  sie  von  den  Kraxentragern ;  die  hatten  viel  zu  leiden 
vom  Pfeifer-Huisele.  Yon  den  Bergschneiden,  wenn  da  der  Schnee  lag,  hat 
er  ihn  nur  mit  den  Händen  geschoben,  dass  die  Lauen  oergingen.  Einem, 
der  ,Nussen'  gestohlen  hatte,  hat  er  sie  aufgeschlagen,  bis  er  sie  in  sein 
Körbl  that. 

Manche  Bauern,  die  auf  dem  Felde  waren,  hat  er  gewarnt,  ehe  er  ein 
Wetter  öergelassen:  Schleunt  euch,  schleunt  euch!  Andere,  denen  er  Feind 
war,  auf  die  er  ,eine  Muck'  hatte,  aber  nicht.  Einen  ,Tusch'  nach  dem 
andern  hat  es  gethan  und  schwarz  ist  es  hergangen. 

Betrogen  hat  es  sich  aber  aucli:  die  Bäuerin  hat  Krapfen  gebacken, 
es  hat  als  Fliege  von  den  Blättern  (gebräunte  Blasen  auf  dem  Gebäck) 
naschen  wollen;  sie  hat  mit  der  Gabel  nach  ihm  gestochen  und  seine  Hand 
o-etroffen  —  das  that  wehe!  Und  bei  einer  andern  hat  er  immerfort  Milch 
, geschleckt',  bis  er  vor  der  zornigen  Frau  weichen  musste. 

Wie  die  Überlieferung  (der  Sagen)  ist.  erzählte  der  Postmeister,  Stephan 
Schuster,  so  habe  ich  den  Vater  selig  immer  erzählen  gehört,  ist  das 
Pfeifer-Huisele  nicht  hier,  sondern  bei  Mauls  auf  dem  Ziegenbock  öer- 
gefahren.  Das  Dorf  bei  Sterzing  ist  ganz  auf  der  Thalsohle  gelegen  und 
dicht  daneben  Grasstein.     Die  beiden  hat  es  umeinander  geworfen. 

Hier  ist  es  vom  Platzerberg  auf  einem  klaftergrossen  Stein  oergefahren. 
Der  Stein  liegt  noch  oben  in  dem  Mahd  auf  der  Stelle,  wo  es  seitwärts 
biegen  musste,  als  die  Glocke  der  Barbarakapelle  anschlug;  er  ist  aus- 
gehöhlt wie  ein  Sessel. 


Weiteres  über  die  Gebirosnatiu-.  ]95 

Dass  (las  Hexeiiniandl  ein  Tulferer  genannt  wird,  mag  damit  znsammen- 
liängen,  dass  der  grosse  See  in  Pfitsch  dort  au  der  Wöhr  durchgebrochen 
ist.  Die  Leute  waren  alle  Frühjahr  immer  hingegangen  .zum  Wehren', 
aber  vergeblich.  Damals  ist  die  Überschwemmung  bis  Mauls  gegangen 
und  hat  halb  Sterzing  mitgenommen. 

Als  Brixen  in  Gefahr  geriet,  hat  der  Kloster  stier  angehebt  zu  brüllen 
und  die  Reihermoos-grillen  zu  singen;  so  hat  Pfeifer-Huisele  die  grosse 
Glocke  des  Klosters  und  zwei  kleine  Glocken  einer  Kapelle  genannt,  welche 
wetterläuteten. 

Ich  hab  vom  Vater  selig  immer  gehört,  das  Huisele  war  ein  Pflerer 
gewesen  von  der  , Gattige'  der  Pfeiferer,  die  noch  dort  sind  und  noch  sein 
Geburtshaus  —  in  dem  er  auch  in  Ol  gesotten  wurde  —  bewohnen;  und 
wenn  das  wirklich  wissenschaftlich  erwiesen  wäre,  müsste  dieses  Geburts- 
haus nach  meiner  Meinuug  (,Moanige')  gezeichnet  werden.  Es  ist  hinter 
der  ersten  Kapelle  die  Mühle  und  ,Sage\  die  ein  Wasser  miteinander  treibt. 
Nur  um  soviel  Erde  bat  er,  als  hinter  einem  Fingernagel  hängen  bleiben 
kann;  aber  vergeblich.  Auch  wird  gesagt,  es  wären  Kapuziner  gekommen 
—  das  sind  hier  die  , Höchstgeweichten'  —  und  hätten  verboten,  ihm 
etwas  zu  geben;  sie  hätten  gew^eihte  Kräuter  in  den  Kessel  gethan,  worauf 
der  , starke  Loter' ^)  untersank.  Wie  er  im  Sterben  war,  hat  eine  Stimme 
gerufen  —  die  des  Teufels:  Ich  half  dir  immer,  jetzt  hilf  ich  dir  nimmer! 
Als  die  Glocke  mittags  um  12  Uhr  anschlug,  bog  er  sich  zusammen,  krümmte 
und  wand  sich  und  war  verschwunden  wie  eine  Schlange^). 

Des  Nusser-Glaas  (Klaus)  ,]S"enr  (Grossvater)  hat  das  Pfeifer-Huisele 
noch  gekannt.  Er  ist  mit  ihm  einmal  auf  dem  Jaufen  über  Nacht  ge- 
legen. Die  Leute  haben,  als  er  fortgegangen  war,  in  seinem  Kraxel  nach- 
gesehen, was  es  darinnen  hätte  und  sie  haben  lauter  Kinderhände  und 
sellis  Zeug  gefunden.  Der  Nusser-Glaas  hat  das  selbst  beim  Carl-Metzger 
erzählt  und  ich  und  auch  noch  mehrere  andere  w^aren  dabei.    (Huisum.) 

Diese  Sage  deutet  wohl  auf  die  kleinen  und  schwachen  Wasseradern 
hiu.  die  die  Quellen  so  grosser  Macht  sind.  — 

„Wie  oft  wird  das  jetzt  gedruckt?"  fragte  unsere  Wirtin. 

Wohl  mehrere  100  Mal,  denke  ich,  und  in  die  ganze  Welt  verschickt, 
nach  England,  Frankreich,  Italien  u.  s.  w. 

„Wenn  das  Pfeifer-Huisele  so  weit  umeinander  kommt  (bekannt  wird), 
wird  es  vielleicht  auch  bald  erlöst!"  so  sagte  teilnehmend  die  kleine  Wild- 
Maidl  und  die  alte  Bäuerin  setzte  hinzu:  „Wir  beten  ja  für. die  ,aller- 
ärmisten'  Seelen  im  Fegefeuer;  aber  —  wenn  es  in  der  Hölle  ist,  hilft 
es  nicht." 


1)  Wird  von  Lottor  (Bettler)  nnter.sc]iiedeii. 

2)  Die  Schiauge  ist  ein  Naturbild  des  Flusses,  der  sich  durch  die  Wiese  schlängelt. 

Moritz  Carriere. 


196  Rehsener: 

„Aufwärts  kugelt  kein  Stein  und  aufwärts  rinnt  kein  Wasser,  wenn 
man  es  nicht  so  kehrt!    Das  war  immer  so."  — 

Zur  Seite  der  Felswand,  von  der  das  Ziroger-Mandl  die  Steine  wirft, 
ermöglicht  das  Schlüssellöchl-jöchl  das  ganze  Jahr  den  Übergang  ins  Pfitsch. 
Das  sehr  wasserreiche  Hochthal  soll  vor  noch  nicht  langer  Zeit  ein  grosser 
See  gewesen  sein.  Vielleicht  weil  es  später  als  die  Nachbartliäler  dem 
Bebauer  den  fruchtbaren  Boden  dargeboten  hat,  ist  es  den  Leuten  .minder" 
ehrwürdig  und  auch  seinen  Bewohnern  wird  manches  angedichtet.  Hier 
nur  wie  einstmals  einem  solchen  die  M^elt  erschien. 

„Aus   dem  entlegensten  Pfitsch  kam  ein  Mann  zum  erstenmale  herab 

und  ging  das  Thal  ,längs'.    Da  hat  er  ein  weisses  Ross  gesehen  und  es 

für    eine  Kirche    gehalten.     Er    ging  ,gleime'^)    zu;    das  Ross    aber   war 

,wilde',  hat  hinten   ausgeschlagen  und  ihm   die  Zähne  getroffen.     Darauf 

rief  er: 

0  du  hebes  Kirchlein  mein, 

Schlag  mir  nicht  all  meine  Ziihiule  ein! 

Ein  anderer  ist  nach  Sterzing  gegangen  und  wie  er  soweit  gekommen 
ist,  dass  er  nach  der  Stadt  und  nach  Elzenbaum  sehen  konnte,  hat  er 
gesagt : 

„Jetzt  seh  ich,  dass  die  Welt  kein  Ochsenaug  ist"  — nicht  so  klein, 
das  sagt  man  hier  wohl  öfter  —  „ich  seh  bis  in  die  Türkei  eini!" 

Ganz  aus  den  Bergen  heraus  kam  von  Gossensass  ein  Zimmermann. 
Er,  der  JendeP)  (Jennewein)  Linder,  erzählte:  „Bei  Murnau,  im  Bayerischen, 
ist  es  mir  gewesen,  als  wenn  man  unter  einem  Korb  ,aussergeschlupft' 
war.  Die  Dörfer  haben  dagelegen  —  man  hat  gemeint  ganz  nah  und 
nachher  war  es  zwei  Stund  weit  hin.  Zuerst  hat  es  mich  fein  gedünkt; 
aber  wenn  der  Wind  gangen  ist,  nicht,  und  wie  ein  Wetter  kam,  das  war 
schrecklich!  und  im  Winter  hat  es  einen  Nebel  gegeben!  eiskalt,  ganz 
,niedergedruckt'  —  wenn  der  Wind  ihn  nicht  vertragen  hat  —  nicht  wie 
in  den  Bergen! 

Wie  es  in  den  Bergen  ist?  Wie  es  besonders  auf  einem  Joch  aus- 
sieht? —  es  giebt  dem  ganzen  liöhern  Teil  des  Gebirges  den  Namen:  die 
Jöcher  —  dies  vergessen  zu  haben,  hat  zu  nachfolgender  ergötzlicher  Er- 
zählung \'eranlassung  gegeben.  Darin  knüpft  das  Volk  Dummheit  an 
Dummheit,  wie  sich  an  die  herabkommende  Lawine  der  Schnee  hängt. 

Leute  bauten  eine  Mühle  auf  ein  Joch.  Sie  haben  alles  hinauf- 
geschleppt, zuletzt  den  grossen  schweren  Mühlstein.  Als  der  auch  oben 
war,  sahen  sie,  dass  sie  auf  dem  Joch  kein  Wasser  hätten  und  die  Mühle 
nicht  gehen  konnte.  Das  hatten  sie  nicht  bedacht.  Sie  steckten  einen 
Menschen  mit  dem  Ko])f  in  das  Loch  des  Mühlsteins,  damit  er  ihn  ,loaten' 


1)  (iiflit,  nahe. 

2)  keiu  jdäiger'  Name. 


Weiteres  über  die  Gebirgsnatur.  197 

(leiten)  sollte  und  Hessen  diesen  ,oclm'  (hinabrollen).  Nachher  konnten 
sie  den  Kopf  des  Menschen  nicht  mehr  finden,  soviel  sie  auch  suchten. 
So  stark  ist  nicht  leicht  einer,  einen  Mühlstein  mit  seinem  Kopfe  zu 
loaten!  Sie  brachten  den  Mann  zu  ,ihr'  (seiner  Frau)  und  fragten  sie,  ob 
er  denn  morgens  den  Kopf  noch  gehabt  habe.  „O  wol!"  antwortete  sie, 
„haben  muss  er  ihn!  ,gzwognet'  (gewaschen)  hat  er  ihn!"  und  dann  ging 
sie  hin  zu  suchen,  ob  er  ihn  vielleicht  noch  im  Feiertagshut  stecken 
hätte. 


Kleine  Mitteilungen. 


Die  gefesselten  Götter  bei  den  Indogermanen. 

Von  Wilhelm  Schwartz.') 

Die  Vorstellung  gefesselter  Götter  gehört  in  ihrem  Ursprung  den  primitivsten 
Zeiten  an  und  entwickelte  sich  aus  gewissen  Naturanschauungen,  so  dass  man 
richtiger  auch  eigentlich  nicht  von  „Göttern",  sondern  von  „Naturwesen"  dabei 
spricht,  welche  man  in  der  Urzeit  einem  solchen  Schicksal  unterworfen  wähnte; 
wenngleich  das  betreffende  mythische  Bild  in  der  Weiterentwicklung  von  Sage  und 
Mythus  dann  auch  an  Göttern  haften  geblieben  ist. 

Der  Hauptausgangspunkt  ist  der  Sturm.  Wie  wir  auch  noch  sagen  „der 
Sturm  bricht  los",  er  gleichsam  der  ihn  fesselnden  Bande  ledig  wird,  so  glaubte 
der  Naturmensch,  ihn  aus  den  angeblichen  Wolkenbergen  oder  Wolkenhöhlen, 
welche  letztere  ja  auch  noch  griechischen  wie  römischen  Dichtern  als  Realitäten 
vorschweben,  hervorbrechen  zu  sehen.  In  denselben  hauste  er  angeblich-).  Die 
sommerlichen  Wetter  mit  dem  Hinzutreten  von  Donner  und  Blitz  entfalteten  das 
Bild  reichhaltiger,  indem  bald  das  Donnergepolter,  welches  man  als  das  Weg- 
rollen massiger  Steinblöcke  deutete^),  die  Vorstellung  weckte,  als  sei  ihm  der 
Ausgang  aus  seiner  Höhle  durch  solche  versperrt  gewesen,  bald  die  am  Himmel 
sichtbar  werdenden  Blitzesfäden  als  die  Banden  erschienen,  die  er  zerriss  oder  in  die 
er  bezw.  geschlagen  wurde,  wenn  er  umgekehrt  mit  der  Zunahme  der  elektrischen 
Erscheinungen  sich  legte*). 


1)  Im  Anschluss  an  die  Anfrtage  von  Miss  Gcrtrude  M.  Godflen  im  II.  Bande  unserer 
Zcitschr.    S.  84. 

2)  Sclmartz,  Urspr.  d.  Mythologie,  S.  122.    Prähistorische  Studien,  S.  266. 

3)  Urspr.  d.  Myth.,  S.  85.     Simrock,  Myth.  ^  238.    Präh.  St.,  S.  310. 

4)  Über  den  Blitz  als  Faden  s.  Urspr.  d.  Myth.,  S.  151  f.,  233.  Poetische  Natur- 
anschauungen I.  104.  Wenn  ein  späterer,  kulturhistorisch  schon  affizierterer  Standpunkt 
aus  den  leuchtenden  Blitzesfäden  gewöhnliche  Fesseln  oder  Ketten  machte,  so  fasste  eine 
primitivere  Zeit  jene  mehr  in  zauberhaft  geheimnisvoller  Form,  wie  z.  B.  die  Edda  von 
dem  Bande  Gleipnir  berichtet,  welches  den  heulenden  Sturmeswolf  Fenrir  fesselte,  das  so 
weich  gewesen  sein  sollte  wie  ein  Seidenband,  das  aber,  je  mehr  der  Wolf  sich  anstrengte, 
desto  mehr  erhärtete,  oder  Homer  von  dem  Bande  berichtet,  welches  Ares  und  Aphrodite 
fesselte,  das  an  sich  so  fein  wie  Spinngewebe  war,  das  man  in  seiner  Kraft  erst  fühlte, 
wenn  man  unwiderbringlich  verloren  und  gefesselt  war. 

Zeitschrift  d.  Vereins  i.  Volkskunde.    1892.  14 


198  Schwartz: 

AVie  der  Sturm  in  das  Gewitter  übergeht,  erscheinen  auch  die  Gewitter- 
wesen der  Fesselung  unterworfen,  und  wenn  sie  im  Winter  nicht  auftraten,  dann 
Sassen  sie  ^gefesselt"  in  den  Tiefen  der  Erde,  wohin  sie  im  Donnergekrach  hinab- 
gefahren zu  sein  schienen,  um  zur  Frühlingszeit  ihre  Rolle  wieder  am  Himmel  zu 
spielen.  In  den  Götterkämpfen  wird  dies  von  den  Griechen  in  der  Weise  ver- 
wandt, dass  bald  Uranos,  bald  Kronos  die  Kyklopen  fesselt,  bis  sie  dann  Zeus 
wieder  befreit  und  mit  ihrer  Hilfe  die  ewige  Herrschaft  im  Himmel  erlangt. 

Als  ähnliche  Gewitterwesen  erscheinen  auch  Prometheus  xmd  Picus,  bezw. 
Faunus  gefesselt,  nur  hat  der  Mythus  die  Sache  verschieden  ausgesponnen.  Der 
erstere  wird  vom  Zeus  gefesselt,  weil  er  im  Blitz  den  Menschen  das  himm- 
lische Feuer  gebracht,  die  beiden  letzteren  in  ritueller  Sage,  damit  dies  irgendwie 
vermittelt  werde,  indem  sie  den  Menschen  die  Beschwörung  des  Blitzes  lehren 
sollten  '). 

Tn  dieselbe  Kategorie  gehört  dann,  nur  immer  unter  anderen  Bildern  und 
Motiven,  wenn  an  Ares,  Dionysos  (vom  Pentheus),  Kronos-),  ja  selbst  am  Zeus 
die  Fesselung  herantritt,  und  endlich  auch  in  den  Sagen  die  alten  himmlischen 
Wassergötter  Nereus  und  Proteus  gefesselt  werden,  um  als  Propheten  (im  Donner) 
die  Zukunft  zu  verkünden^). 

Endlich  schien  aber  auch  an  der  himmlischen  Frau,  der  Sonne,  sich  diese 
Fesselung  im  Gewitter  zu  vollziehen.  Ich  habe  in  dem  „Indogermanischen  Volks- 
glauben" eine  Reihe  von  Mythen  dahin  entwickelt,  dass,  wie  Zeus  der  Here  sich 
stets  unter  Donner  und  Blitzen  nahen  sollte,  so  auch  in  vielen  Sagen  unter  den 
primitivsten  Bildern  eine  Heimsuchung  der  Sonne  in  demselben  Sinne  in  den  ver- 
schiedensten Formen  uns  entgegentritt,  und  wenn  dabei  das  weibliche  Wesen 
sich  der  Buhlschaft  durch  Wandelung  in  allerhand  Gestaltungen,  wie  das  Gewitter 
sie  am  Himmel  aufzuweisen  schien,  z.  B.  durch  AVandlung  in  Wasser,  Feuer  u.  dergl., 
zu  entziehen  suchte,  unter  den  Mitteln,  sie  zu  zwingen,  auch  das  Fesseln  eine  Haupt- 
rolle spielt.  In  der  Form  einer  Mahrtensage  gehört  zunächst  hierher  die  Sage  von  der 
Thetis,  dann  die  von  der  Nicaea  auf  griechischem  Boden,  vom  Odin  und  der  Rindr 
auf  nordgermanischem  ^).  Als  Dionysos  dann  um  die  Aura  wirbt,  droht  sie  ihn  zu 
fesseln,  wie  es  dann  Brunhild  am  Gimther  direkt  vollzieht^).  Hesione  und 
Andromeda  sind  an  den  Felsen  gefesselt,  während  der  Gewitterheld  den  Kampf 
mit  dem  sie  bedrohenden  Drachen  besteht.  Es  kommt  eben  auf  die  Wendung  der 
Sage  an,  in  der  das  betreffende  mythische  Element  haften  geblieben,  bezw.  ein- 
geflochten erscheint.  So  heisst  es  bei  Homer,  Zeus  habe  die  Here  zur  Strafe  „ge- 
fesselt" aufgehängt,  während  nach  einer  anderen  Version  sie  ihn  einmal  mit  Hilfe 
des  Poseidon  und  der  Athene  hatte  fesseln  wollen'').  Dazu  kommen  noch  allerhand 
besondere  Variationen,  wenn  z.  B.  griechische  Tradition  von  einer  anderen  Fesse- 
lung der  Here  von  Seiten  des  Hephästos  durch  einen  zauberhaften  Sessel  erzählte, 
der  jeden,  der  sich  auf  ihm  niederliess,  festhielt,  oder  im  Menglada -Mythus  ein 
fesselndes  Gitter  als  Schutzwehr  derselben  eine  Rolle  spielt,  indem  es  jeden 
Fahrenden  fasst,  der  es  hinweg  will  heben,  was  noch  durch  seinen  Namen  Thrym- 


1)  Prähist,  Studien  395.  cf.  209  ff.  und  über  die  Sage  von  des  Picus  Fesselung  Kuhn, 
Herabkunft  des  Feuers  und  Poet.  Naturansch.  I.  45. 

2)  Urspr.  d.  Myth.   151. 

3)  Urspr.  d    Myth.   124.  2B4 

4)  Über    die    ursprüngliche  Form    der  Thetis -Sage  in    dieser  Hinsicht  s    Indogerm. 
Volksgl.  126.     Ül)er  die  Biihlschaft  Berliner  Zeitschr.  f.  Ethnol.  18,  665  f. 

5)  Prähist.  Studien  159  ff. 

6)  Poet.  Naturansch.  II  35  ff. 


Kleine  Mitteilungen.  199 

gialla  („Donnerschall")  in  signifikanter  Weise  auf  die  gezeichnete  Szenerie  hin- 
weist'). Dass  auch  nach  allem  die  auf  S.  197  Anm.  4  erwähnte  homerische  Szene 
von  der  gefesselten  Aphrodite  und  dem  Ares  nicht  erfunden,  sondern  auch  ur- 
sprünglich durch  analoge  mythische  Bilder  vermittelt  und  nur  bei  Homer  humo- 
ristisch verwandt  worden,  bedarf  wohl  nicht  mehr  besonderer  Erwähnung. 


Haben  wir  es  aber  mit  dieser  Fesselung  so  mit  einem  uralten  mythischen 
Naturbilde  zu  thun,  so  kann  es  auch  nicht  auffallen,  dass  es  gelegentlich  in  Ritus 
und  Kultus  noch  reflektiert  hnd  durch  fxijuriaig  der  himmlischen  Vorgänge  bezw. 
Bilder,  die  eigentümlichsten  Formen  in  dieser  Hinsicht  zu  Tage  treten-).  Es  wird 
in  jedem  Falle  zu  untersuchen  sein,  ob  die  Vorstelhmg  an  eine  der  gezeichneten 
Kategorieen  anknüpft  und  an  welche.  Nach  allem  dürfte  die  Beziehung  wohl 
hauptsächlich  dabei  in  Momenten  zu  suchen  sein,  bei  denen,  wie  oben  bei  den 
Kyklopen  ausgeführt  worden  ist,  der  Wechsel  der  Jahreszeiten  mit  der  Fesselung 
oder  Lösung  der  betreffenden  Wesen  zusammenzufallen  schien^). 

Ostern  1892. 


Zur  Sancta  Kakukabilla-Cutubilla. 

Zur  Notiz  über  diese  Heilige  (Bd.  I.  S.  444)  erlaube  ich  mir  einen  Nachtrag 
zu  geben. 

Ganz  richtig  ist  bemerkt,  dass  hinter  dieser  Heiligen  die  St.  Gertrud  steckt, 
die  als  Attribut  eine,  manchmal  zwei  Mäuse  hat.  Sie  gilt  als  Schutzfrau  gegen 
Ratten  und  Mäuse,  besonders  Feldmäuse.  Mir  liegt  ein  Doppelbild,  ein  Holz- 
schnitt aus  der  ältesten  Zeit  dieser  Kunst,  im  Nachdrucke  vor,  das  ich  Herrn 
Antiquar  Heinrich  Lesser  in  Breslau  verdanke.  Das  eine  Bild  stellt  den  hl.  Michael 
vor,  wie  er  eine  Seele  abwägt.  Zwei  Teufel  zerren  an  der  einen  Schale  der  Wage, 
in  der  andern  sitzt  die  Seele.  Neben  dem  Erzengel  steht  die  Gottesmutter  mit  dem 
göttlichen  Kinde. 

Das  zweite  Bild  zeigt  uns  eine  Nonne,  die  am  Spinnrocken  sitzt,  an  dem 
eine  Ratte  emporsteigt.  Zu  ihrer  Linken  ist  ein  Lesepult  mit  einem  aufgeschlagenen 
Buche,  auf  das  sie  blickt,  zu  ihrer  Rechten  schwebt  ein  Engel,  der  Garn  aufwindet. 
Auf  dem  Haupte  der  Nonne  ruht  ein  weisses  Lämmlein. 

Über  dem  Bilde  liest  man:  Kakukilla  gros  gnade  sage  ich  dyr  von 
gote  her  |  wil  dich  lozen  aws  aller  not  du  salt  grosze  ]  gewalt  von  gote 
haben  du  salt  dy  ratten  vor  |  treyben  unde  vorlagen  Amen. 

Es  kann  kein  Zweifel  w\alten,  dass  hier  die  hl.  Gertrud  dargestellt  ist.  Auf 
dem  Altarbilde  (17.  Jh.)  in  Zenoberg  steht  die  Heilige,  unter  dem  linken  Arm 
hält  sie  den  Rocken,  an  dem  eine  Maus  emporkriecht,  in  der  Rechten  den  Wirtel. 
Das  alte  Altarblatt,  das  dort  noch  im  Jahre  1639  sich  befand  und  die  hl.  Gertraud 


1)    ürspr.  (l.  Myth.  207. 

'2)    Prahlst.  Studien   S.  341  if.  und  meinen  Aufsatz   über   „prähistorische  Mythologie, 

I Phänomenologie  und  Ethik"'  in  der  ßerl.  Zeitschr.  f.  Ethnol.  v.  J.  1886.  539. 
3)    In   eine   gewisse  Parallele  träten   dann    dazu,    dass   die  Gewitterwesen  (bezw.  die 
Sonne)   im  Winter  gelähmt,    entmannt,    kurz  irgendwie  geschädigt  und  erst  im  Frühling 
ihre  volle  Kraft  wieder  zu  erlangen  schienen.    Urspr.  d.  Myth.  Cap.  I.  Nr.  15. 
I 


200  Zingerle: 

und  den  hl.  Bischof  Zeno  darstellte'),  ist  leider  verschollen.  "W.  Menzel  schreibt: 
„Die  hl.  Gertrud  wird  abgebildet  niit  einem  Spinnrocken,  an  welchem  eine  Maus 
hinaufläuft  und  den  Faden  abbeisst"  (Die  vorchristliche  Unsterblichkeitslehre  IT, 
326).  In  der  Symbolik  II,  S.  116  schreibt  er:  „Maus,  Attribut  der  hl.  Gertrud, 
weil  sie  die  Mäuse,  die  das  Feld  verwüsteten,  vertrieben  haben  soll.  R.  Ryckel, 
Hist.  S.  Gertrudis  1637.  Doch  bemerkt  Molanus  (Eist.  imag.  p.  267),  die  Maus 
habe  in  Bezug  auf  die  Heilige  auch  die  Bedeutung  des  Teufels-)." 

Ich  bemerke  hierzu,  dass  nach  der  Legende  der  Teufel  als  Maus  erschienen 
und  die  Heilige  beim  Spinnen  wiederholt  zur  Ungeduld  und  zum  Zorn  gereizt 
habe,  sie  aber  die  Versuchungen  siegreich  best^den  habe.  —  Weil  sie  durch 
Geduld  und  Gebet  die  Teufelsmaus  vertrieben  habe,  gilt  sie  im  Volksglauben  als 
Patronin  gegen  diese  Schadentiere.  —  Im  tiroler  Bauernkalender  war  früher  der 
Gertraudentag  mit  einer  Maus,  später  durch  eine  Wergwocke  (z.  B.  1868)  bezeichnet. 
Schon  Grimm  bemerkt  in  seiner  Mythologie  ^  S.  248  Anm.,  dass  „St.  Gertrud  im 
krainischen  Bauernkalender  mit  zwei  Mäusen  dargestellt  sei,  die  an  einer  Spindel 
mit  Flachsgarn  nagen,  zum  Zeichen,  es  dürfe  an  ihrem  Festtage  nicht  gesponnen 
werden.  Im  steirischen  Bauernkalender  (z.  B.  Graz  1853  und  1862)  findet  sich 
dasselbe  Zeichen  für  den  Gertrudentag. 

Dass  St.  Gertraud  und  Cakukilla  identisch  sind,  scheint  mir  Fischart  zu 
bestätigen:  „Andere  (geloben  sich)  zu  dem  Heyligthumb  zuAndechs:  Vil  zu  allen 
Heyligen,  und  eilff  tausend  Jungfrauen,  zu  den  drei  Königen  gen  Cöln,  Aguluch 
Maguluch  (deren  einem  kurtz  zuvor  die  Perlengestickte  Schuch  gestolen  waren) 
zu  Sanct  Cukakille  Mäusen,  zu  Sanct  Wentzel  inn  Behmen  etc."  Geschicht- 
klitterung, herausg.  von  A.  Aisleben,  S.  326.  Später  S.  412  liest  man:  „S.  Gertraut 
mit  Mäusen,  die  den  Mägden  das  Werck  abbeissen." 

Abraham  a  santa  Clara  sagt  in  seinem  „Judas  der  Erzschelm":  Die  hl.  Jung- 
frau Gertraud  wird  jederzeit  als  eine  Abbtissin  mit  einem  Stab  entworffen,  an 
welchem  etliche  Mäuss  auffkriechen,  die  Ursach  dessen  such  der  Leser  in  der 
Lebensbeschreibung  erstbenannter  Heiligen,  diessmahls  ist  das  schon  genug,  dass 
die  Bildnuss  besagter  H.  Gertraud  niemahlen  ohne  Mäuss  vorgestellt  wird. 
Das  müssen  die  Jungfrauen  wol  in  Obacht  nemmen,  wann  sie  Gern-traut  heissen, 
und  so  unbehutsamb  fast  allen  gern  traunen,  dass  sie  von  Mäusen  genug  und  zwar 
von  grossen,  kecken,  frechen  freyen  Mäuss -Köpffen  werden  angefochten  (Ausgabe 
V.  1690  S.  94). 

In  Tirol  ward  einst  St.  Gertraud  sehr  verehrt,  denn  noch  vor  40  Jahren  führten 
viele  Bauern-  und  Bürgermädchen  ihren  Namen,  in  vornehmen  FamiUen  musste  er 
seit  längerer  Zeit  anderen  weichen.  Auffallend  zu  den  einst  unzähligen  Taufnamen 
ist  die  geringe  Zahl  der  ihr  geweihten  Kirchen.  Auf  dem  landesfürstlichen  Schlosse 
Zenoberg  wurde  ihr  1288  neben  St.  Zeno  das  Kirchlein  geweiht  (Thaler,  Der 
deutsche  Anteil  der  Diözese  Trient,  S.  213).  Zwei  Dörfer,  „St.  Gertraud  in  Llten" 
und  „St.  Gertraud  im  Unterinnthal"  haben  sie  zur  Kirchenpatronin  imd  führen  ihren 
Namen.  Im  deutschen  Anteil  der  Trientiner  Diözese  habe  ich,  ausser  in  Ulten,  sie 
nur  in  Margreid,  in  der  Brixener  Diözese  in  Mühlwald,  Ausservillgraten, 
Sustrans    und  Sulden    als  Kirchenpatronin   gefunden.     Margreid    scheint    den 


1)  Jos.  Thaler,  Der  deutsche  Anteil  der  Diözese  Trient,  S.,  213. 

2)  "Wir  dürfen  Avohl  anmerken,  dass,  wie  auch  E.  H.  Meyer,  German.  Mythol. 
§  93.  238  annhnnit,  die  Mäuse  Symbole  der  Seelen  sein  können,  die  nach  dem  Abscheiden 
vom  Körper  die  erste  Nacht,  deutschem  Volksglauben  gemäss,  bei  S.  Gertrud  Herberge 
fanden. 


Kleine  Mitteilungen. 


201 


südlichsten  Punkt  des  Gertrudenkultus  zu  bilden.  Es  ist  auffallend,  dass  in  ganz 
Wälschtirol,  wo  doch  viele  Martins-  und  mehrere  Leonhards-,  ja  Wolfgangskirchen 
sind,  nirgends  eine  Gertrudenkirche  vorkommt. 

Gufidaun.  Ignaz  Zingerle. 


Die  sieben  Grafen. 

Eine  dithmarscher  Sage. 

Vor  vielen,  vielen  Jahren  lebte  in  Deutschland  ein  Graf,  der  hatte  sieben 
Söhne.  Seine  Frau  starb  früh.  Aber  die  sieben  Söhne  wuchsen  und  gediehen 
prächtig  zur  Freude  des  Vaters.  Als  sie  nun  herangewachsen  waren,  wünschten 
sie  alle  sieben  zusammen  in  die  "Welt  zu  reisen.  Der  Vater  wollte  es  anfangs 
nicht  zugeben,  dass  sie  ihn  alle  auf  einmal  verlassen  sollten;  als  sie  aber  nicht 
nachliessen,  mit  Bitten  in  ihn  zu  dringen,  gab  er  endlich  nach  Zuvor  mussten 
sie  ihm  aber  feierlich  schwören,  einander  nicht  verlassen  zu  wollen,  sondern  treu 
zusammenzuhalten  in  Glück  und  Unglück.  Und  so  zogen  sie  denn  fort  in  die 
Welt,  nachdem  sie  den  Segen  des  Vaters  empfangen  hatten. 

Lange  waren  sie  schon  gereist,  da  wurden  sie  eines  guten  Tags  ein  schönes 
Schloss  gewahr.  Sie  gingen  hinein  und  wurden  auch  ganz  freundlich  empfangen. 
Des  Abends  trug  man  ihnen  ein  prächtiges  Essen  auf.  An  dem  Abendessen  nahm 
auch  die  Besitzerin  des  Schlosses,  eine  Frau  von  wunderbarer  Schönheit,  teil.  Sie 
unterhielt  sich  mit  ihren  Gästen  aufs  freundlichste  und  wies  allen  sieben  ein 
prächtiges  Schlafzimmer  an.  Sie  begaben  sich  denn  auch  bald  zur  Ruhe.  Am 
andern  Tage  wollten  sie  schon  weiter  reisen.  Als  sie  aber  von  der  Gräfin  —  denn 
das  war  nämlich  die  Besitzerin  des  Schlosses  —  Abschied  nehmen  wollten,  ward 
diese  sehr  traurig  und  bat,  sie  möchten  doch  noch  eine  Zeitlang  bei  ihr  bleiben. 
Sie  wollte  dann  mit  ihnen  nach  ihren  andern  Gütern  reisen,  was  ihnen  gewiss 
Freude  machen  würde.  Die  sieben  Grafen  willigten  auch  gern  ein.  Die  Gräfin 
bot  nun  alles  auf,  ihnen  den  Aufenthalt  bei  ihr  so  angenehm  wie  nur  irgend  mög- 
lich zu  machen.  Sie  reiste  mit  ihnen  nach  ihren  andern  Gütern  und  sparte  auch 
keine  Mühe,  sie  mit  der  Gegend  bekannt  zu  machen.  Den  sieben  Grafen  gefiel 
dieses  Leben  so  sehr,  dass  sie  eine  ganze  Zeitlang  gar  nicht  an  ihren  alten  Vater 
daheim  dachten  und  an  ihn  schrieben. 

Die  Gräfin  hatte  sich  in  den  ältesten  der  sieben  Grafen  verliebt.  Sie  war  vom 
ersten  Augenblick  des  Zusammentreffens  an  auf  Mittel  und  Wege  bedacht,  ihn 
allein  zu  treffen,  um  ihm  ihre  Liebe  zu  gestehen.  Endlich  traf  es  sich  einmal, 
dass  der  älteste  der  sieben  Grafen  und  die  Gräfin  sich  einander  beim  Spazieren 
im  Garten  trafen.  Da  gestand  sie  ihm  ihre  Liebe  und  sagte,  wenn  er  sie  auch 
lieb  habe,  so  sei  sie  geneigt,  ihn  zu  heiraten.  Der  Graf  Avar  über  diese  Nachricht 
hocherfreut;  denn  auch  er  mochte  die  Gräfin  sehr  wohl  leiden.  Doch  müsse  er 
erst  einmal  mit  seinen  Brüdern  sprechen,  und  wenn  die  nichts  dagegen  hätten, 
würde  er  je  eher  je  lieber  Hochzeit  machen  und  ihr  gewiss  ewig  treu  bleiben. 
Als  die  beiden  den  Garten  verliessen,  ging  der  älteste  Graf  sogleich  zu  seinen 
Brüdern  und  erzählte  ihnen  alles,  was  sich  zugetragen  und  was  die  Gräfin  mit 
ihm  gesprochen.  Diese  hatten  durchaus  nichts  dagegen  und  freuten  sich  über 
ihres  Bruders  Glück.  Nun  schrieben  sie  an  ihren  alten  Vater  und  baten  ihn  um 
die  Einwilligung  zur  Heirat  des  ältesten  Sohnes.  Aber  da  kam  die  Nachricht  aus 
der  Heimat,  dass  der  Vater  bereits  gestorben  sei  und  dass  sie  eilig  heimkehren 
müssten,  um  ihr  Erbteil  anzutreten.     Das  aber  wollte  die  Gräfin  ungern;    und   so 


202  Carstens : 

wurde  denn  das  väterliche  Gut  verkauft  und  die  sieben  Grafen  blieben,  wo  sie 
waren.  Jeder  der  Brüder  erhielt  nun  ein  Gut.  Der  älteste  Graf  heiratete  die 
Gräfin.  Alle  lebten  glücklich  und  zufrieden:  sonderlich  die  Gräfin  mit  ihrem 
Manne. 

Wie  nun  einige  Jahre  vergangen  waren,  wollten  die  sechs  jüngeren  Brüder 
eine  Seereise  machen.  Sie  wünschten  natürlich  ihren  ältesten  Bruder  mitzuhaben. 
Dieser  aber  mochte  ungern  seine  Frau  verlassen.  Als  aber  die  Brüder  darauf 
bestanden,  dass  er  mit  ihnen  müsse,  weil  sie  geschworen  hatten,  einander  nicht 
zu  verlassen,  da  willigte  er  endUch  ein. 

Die  Gräfin  nähte  nun  zwei  ganz  neue  Hemden.  Das  eine  musste  der  Graf 
anziehen  und  das  andere  zog  sie  an  und  sprach:  „Solange  als  dein  Hemd  rein 
und  unbeschädigt  bleibt,  solange  bin  ich  dir  getreu;  wird  es  aber  schmutzig  und 
zerrissen,  so  kannst  du  daraus  schliessen,  dass  ich  dir  untreu  geworden  bin;  und 
solange  mein  Hemd  rein  und  unbeschädigt  bleibt,  bist  du  mir  treu;  wird  es  aber 
schmutzig  und  zerrissen,  so  kann  ich  daraus  schliessen,  dass  du  den  Eid  der  Treue 
gebrochen  hast,  den  wir  einander  geschworen  haben."  Darauf  nahmen  die  beiden 
zärtlich  Abschied  von  einander,  und  die  sieben  Grafen  gingen  an  Bord  eines  sehr 
schönen  Schiffes  und  fuhren  mit  gutem  Winde  davon.  Eine  Zeitlang  waren  sie 
bereits  auf  der  See  gewesen,  da  bekamen  sie  verkehrten  Wind  und  wurden  an 
eine  unbekannte  Küste  verschlagen.  Kaum  hatte  man  sie  hier  bemerkt,  als  man 
sie  auch  schon  gefangen  nahm  und  als  Sklaven  verkaufte.  Die  sieben  Grafen 
wurden  nun  dem  türkischen  Sultan  überbracht  und  mussten  in  dem  kaiserlichen 
Garten  arbeiten.  Alle  Sklaven  waren  gezwungen,  hier  nackend  zu  gehen.  Nur 
den  sieben  Grafen  ward  erlaubt,  ihre  Hemden  anzubehalten. 

Und  merkwürdig!  Das  Hemd  des  ältesten  Grafen  blieb  stets  sauber  und  rein, 
während  die  Hemden  der  Bmder  schmutzig  wurden  und  auch  bald  zerrissen. 
Darüber  wunderte  sich  der  General  des  Sultans  so  sehr,  dass  er  den  ältesten 
Grafen  eines  guten  Tages  fragte,  wie  das  doch  zuginge,  dass  sein  Hemd  so  sauber 
und  heil  bliebe,  während  die  Hemden  seiner  Brüder  schmutzig  und  zerrissen 
seien.  Da  erzählte  der  älteste  Graf  ihm,  dass  er  in  der  Heimat  eine  Frau  habe, 
und  was  diese  über  sein  Hemd  gesagt  habe.  Da  lachte  der  General  und  sprach, 
dass  er  ein  Narr  sei,  wenn  er  glaube,  dass  seine  Frau  ihm  noch  treu  wäre.  Der 
Graf  aber  beteuerte,  dass  seine  Frau  ihm  niemals  die  Treue  brechen  würde,  möge 
da  kommen,  was  da  wolle.  Sprach  der  General:  Ich  will  einmal  hinreisen  nach 
Deutschland  und  deine  Frau  auf  die  Probe  stellen;  und  wenn  ich  dann  finde,  dass 
sie  dir  wirklich  die  Treue  bewahrt  hat,  so  will  ich  dir  und  deinen  Brüdern  zur 
Freiheit  verhelfen. 

Der  General  reiste  auch  wirklich  bald  darnach  ab,  und  als  er  am  Ziele  seiner 
Reise  war,  Hess  er  sich  sofort  bei  der  Gräfin  anmelden  und  ward  auch  nach  seiner 
Wüi'de  empfangen.  Er  fing  auch  sofort  mit  ihr  über  ihren  Mann  an  zu  sprechen, 
dass  er  mit  seinen  Brüdern  in  der  Türkei  und  Sklave  des  Sultans  sei.  Er  aber 
wolle  ihnen  die  Freiheit  verschaffen,  wenn  sie  ihm  eine  Bitte  erlauben  wolle, 
nämlich  die:  Eine  Nacht  bei  ihr  zu  schlafen.  Die  Gräfin  versprach  ihm  das  und 
bat  ihn,  er  möge  nur  des  Abends  wieder  kommen;  und  so  ging  er  fort.  Die  Gräfin 
gedachte  aber  ganz  anders.  Sie  stellte  ihre  Diener  mit  Peitschen  bewaffnet  in 
einem  Nebenzimmer  auf  und  befahl  ihnen,  auf  ihren  AVink  herbeizueilen  und  den 
General  hinauszupeitschen. 

Der  Abend  kam  und  mit  ihm  der  General.  Die  Gräfin  empfing  ihn  ganz 
freundlich  und  wies  ihm  ein  prächtiges  Bette  an.  Der  General  wollte  mit  seinen 
Kleidern  hineinsteigen.     Die  Gräfin  aber  sprach,   sie  sei  es  nicht  anders  gewohnt, 


Kleine  Mitteilungen.  203 

als  bei  einem  nackenden  Mann  zu  schlafen.  Er  musste  sich  also  ausziehen  und 
nackend  ins  Bett  legen.  Nun  trat  die  Gräfin  zu  ihm  und  erfragte  noch  dies  und 
jenes  über  ihren  Mann  und  seine  Brüder;  und  als  sie  alles  genau  wusste,  gah  sie 
ihren  Dienern  einen  Wink,  die  denn  mit  ihren  Peitschen  herbeieilten  und  den 
General  so  fürchterlich  schlugen,  dass  er  jämmerlich  schrie  und  nackend,  wie  er 
war,  nach  seinem  Schiffe  lief. 

Die  Gräfin  aber  wollte  jetzt  ihren  Mann  und  seine  Brüder  retten,  oder  auch 
mit  ihnen  sterben.  Noch  in  derselben  Nacht  Hess  sie  sich  Pilgerkleider  machen, 
die  so  fein  waren,  dass  sie  dieselben  in  der  Tasche  tragen  konnte.  Diese  zog  sie 
am  andern  Morgen  an,  nahm  eine  Harfe  und  ging  als  Pilgrim  verkleidet  nuch  dem 
Schiff'e  des  türkischen  Generals.  Hier  gab  sie  sich  für  einen  Pilger  aus,  der  sein 
Brot  mit  Singen  und  Spielen  verdienen  müsse,  und  bat,  er  möge  ihn  mitnehmen 
nach  der  Türkei.  Der  General  hörte  gern  Musik  und  Gesang  und  nahm  den 
Pilger  mit.  Unterwegs  auf  der  See  musste  der  Pilger  dem  General  oft  etwas  vor- 
singen und  vorspielen.     Unter  anderm  sang  und  spielte  er  folgendes  Lied: 

1.    Was  fehlet  dir,  mein  Herz,  2.    Ich  weiss  die  Ursach'  wol, 

dass  du  in  mir  so  schlagest'?  darf  solches  nur  nicht  sagen! 

Wie  kommt  es,  dass  du  dich  Der  Himmel  hat  jetzt  Lust 

in  mir  so  heftig  regest?  mein  Herze  so  zu  plagen. 

Warum  erhältst  du  dich  Es  schlagen  über  mich 

mit  deiner  starken  Macht?  die  Unglücksw^ellen  her; 

Warum  entziehst  du  mich  (mir)  ich  schweb'  in  voller  Angst 

den  süssen  Schlaf  bei  Nacht?  auf  einem  wilden  Meer. 

3.    Mit  einem  Trauerflor 

hat  sich  mein  Herz  umhüllet; 

mein  ganzer  Lebenslauf 

mit  Rummer  angefüllet; 

ich  kenn"  mich  fast  nicht  mehr, 

ich  lebe  ohne  Ruh', 

das  Glück,  das  ist  mir  feind, 

kehi-t  mir  den  Rücken  zu. 

Endlich  kam  das  Schiff  in  der  Türkei  an.  Der  Pilger  verliess  dasselbe  und 
ging  in  die  Stadt.  Der  General  ging  zum  Sultan  und  erzählte  diesem,  dass  er 
einen  Pilger  aus  Deutschland  mitgebracht  habe,  der  ausserordentlich  schön  singen 
und  spielen  könne.  Auch  der  Sultan  war  ein  grosser  Freund  von  Musik  und 
Gesang  und  liess  den  Pilger  sofort  holen.  Und  als  dieser  nun  A^or  dem  Sultan 
vortrefflich  sang  und  spielte,  behielt  er  ihn  bei  sich.  Als  er  einige  Tage  hier 
gewesen  war,  ging  er  eines  Tages  im  Garten  spazieren  und  sah  die  sieben  Grafen. 
Er  nahm  seine  Harfe  und  spielte  und  sang: 

4.    Ich  kam  vor  kurzer  Zeit  5.    0  edle  Rose,  du! 

in  einen  schönen  Garten;  die  unter  Dornen  sitzest, 

daselbst  erblickte  ich  und  wenn  du  mir  auch  gleich 

der  Blumen  manche  Arten;  mein  ganzes  Herz  durchritzest, 

und  unter  selben  sah  so  will  ich  lieben  dich, 

ich  eine  Rose  blüh'n;  die  Wunden  trage  ich; 

ich  wünsche  mir  nichts  mehr  vergönne  mir  die  Ehr', 

als  die  zu  mir  zu  zieh'n.  gedenk'  einmal  an  mich! 


204  Carstens: 

6.   Jetzt  muss  ich  ganz  betrübt 
aus  diesem  Garten  gehen, 
und  niemand  fraget  mich, 
wie  mir  es  wird  ergehen. 
Wer  meinen  Zustand  weiss, 
der  spottet  meiner  nicht; 
sonst  wollte  wünschen  ich, 
dass  ihm  wie  mir  geschieht. 

Der  Pilger  war  ausserordentlich  schön.  Kein  Wunder  also,  dass  die  türkische 
Prinzessin  sich  in  ihn  verliebte.  Eines  Tages  fand  sich  auch  Gelegenheit,  ihm  ihre 
Liebe  zu  gestehen.  Der  Pilger  entgegnete  allerdings:  Ach,  ich  bin  ja  viel  zu 
geringe  für  dich,  und  dein  Vater,  der  Sultan,  wird  einer  Heirat  zwischen  uns 
beiden  nie  seine  Zustimmung  geben.  Die  Prinzessin  aber  sprach:  „Ich  rechne 
nichts  auf  meines  Vaters  Reichtum  und  Krone,  und  wenn  du  ebenso  denkst,  wie 
ich,  so  wollen  wir  beide  miteinander  nach  Deutschland  entfliehen."  Da  ward  der 
Pilger  sehr  froh  und  sprach:  „Ich  willige  mit  Freuden  ein  und  wir  werden  in 
Deutschland  miteinander  auch  glücklich  und  zufrieden  leben  können.  Aber,  wie 
sollen  wir  unbemerkt  fortkommen?"  „Wohlan!"  entgegnete  die  Prinzessin,  „mein 
Vater  hat  eine  wichtige  Reise  vor.  Er  wird  dich  mitnehmen  wollen,  da  er  deinen 
Gesang  kaum  einen  Augenblick  entbehren  mag;  aber  du  musst  dich  krank  stellen; 
dann  wird  er  dich  freilassen.  Ich  will  unterdessen  alles  zur  Abreise  bereit  machen 
lassen." 

Bald  darauf  reiste  nun  der  Sultan  fort.  Der  Pilger  blieb  zu  Hause,  weil  er 
krank  geworden  war.  Die  Prinzessin  hatte  in  aller  Stille  ein  grosses  Schiff  aus- 
rüsten lassen.  Als  nun  alles  zur  Abreise  bereit  war  und  man  schon  an  Bord 
gehen  wollte,  sagte  der  Pilger  zu  der  Prinzessin:  „Ich  habe  noch  eine  Bitte." 
„Und  welche  denn?"  fragte  die  Prinzessin.  „Die  sieben  Grafen,  die  da  und  da 
in  dem  Garten  arbeiten,"  sprach  der  Pilger,  „sind  meine  Landsleute  und  die  möchte 
ich  gerne  mitnehmen."  „Gut,"  sprach  die  Prinzessin,  „die  Bitte  sei  dir  gewährt," 
und  sofort  wurden  nun  die  sieben  Grafen  geholt,  an  Bord  gebracht,  und  das  Schiff 
segelte  mit  gutem  Winde  davon. 

Als  das  Schiff  in  Deutschland  ankam,  erhielten  die  sieben  Grafen  ihre  Frei- 
heit. Sie  bedankten  sich  unter  Thränen  und  gingen  nach  dem  Schlosse  der  Gräfin. 
Alles  freute  sich  hier,  dass  der  gnädige  Herr  wiedergekommen  sei.  Aber  die 
Gräfin,  sagte  man  ihm,  sei  nicht  zu  Hause,  die  sei  vor  einigen  Jahren  mit  einem 
türkischen  General  davongereiset,  um  ihn  und  seine  Brüder  zu  erlösen.  Da  erschrak 
der  Graf  und  meinte,  dass  seine  Gemahlin  ihm  ohne  Zweifel  untreu  geworden  sei. 
Ja,  wenn  sie  wiederkehren  sollte,  so  würde  er  sie  nicht  als  seine  Gemahlin  an- 
sehen, sondern  für  ihre  Untreue  strenge  bestrafen. 

Die  Gräfin  war  noch  auf  dem  Schiffe.  Sie  zog  ihre  Pilgerkleider  aus,  offen- 
barte sich  der  Prinzessin  und  sprach,  dass  sie  einander  nicht  heiraten  könnten,  da 
sie  einerlei  Geschlecht  seien.  Der  älteste  der  sieben  Sklaven  sei  auch  ihr  Mann. 
Da  wurde  die  Prinzessin  sehr  betrübt  und  weinte.  Die  Gräfin  aber  sagte,  sie  solle 
nur  ruhig  sein,  sie  solle  ein  prächtiges  Gut  haben  und  könne  dann  in  Deutsch- 
land ebenso  vergnügt  und  zufrieden  leben,  als  in  der  Türkei.  Hierauf  verliess  sie 
das  Schiff  und  versprach  der  Prinzessin,  sie  sobald  als  möglich  abzuholen. 

Wie  nun  die  Gräfin  heimkam  auf  ihr  Schloss,  wollte  ihr  Mann  sie  nicht  als 
seine  Frau  anerkennen,  sondern  nannte  sie  eine  Hure  und  liess  sie  ohne  weiteres 
ins  Gefängnis  werfen.     Das  war  also  der  Lohn  für  ihre  Treue  und  Hingebung. 


Kleine  Mitteilungen.  205 

Als  sie  im  Gefängnis  sass,  merkte  sie,  dass  ihr  Mann  vorüberging.  Rasch 
nahm  sie  ihre  Harfe  zur  Hand  und  sang  und  spielte: 

7.  Ach,  hätt'  ich  meinen  Fuss 
dir  nie  zu  nah'  gesetzet, 

so  hätt'  der  Dornen  Stich 
mein  Herze  nicht  verletzet; 
mein  allzukühner  Sinn 
hat  mich  dahin  gebracht, 
dass  ich  bin  ganz  verirrt 
und  auch  dazu  veracht'. 

Der  Graf  aber  merkte  und  hörte  nichts  davon,  sondern  wollte  sie  am  andern 
Morgen  nach  dem  Richtplatze  hinausführen  und  hinrichten  lassen.  Seine  Brüder 
freilich  baten  ihn  dringend,  die  Sache  doch  erst  gehörig  zu  untersuchen.  Doch 
der  Graf  liess  sich  nicht  bereden,  und  so  ward  die  Gräfin  in  einem  Yerdeckwagen 
nach  dem  Richtplatze  geführt.     Unterwegs  aber  sang  und  spielte  sie: 

8.  Ist  jetzt  denn  das  mein  Lohn? 
—  0,  zärtliches  Verlangen  — 
dass  ich  bin  weit  um  dich, 
bin  über's  Meer  gegangen 
und  habe  dich  erlöst 

aus  Ketten  und  aus  Banden. 

Die  Rose,  die  ich  lieb' 

ist  jetzt  in  fremden  Händen. 

Im  Wagen  zog  sie  ihre  Pilgerkleider  wieder  an,  und  als  Pilger  stieg  sie  auf 
dem  Richtplatz  aus  dem  Wagen  und  sang  und  spielte: 

9.  Kennst  du  den  Pilger  nicht, 
dass  du  ihn  so  verstossest? 
der  viel  gewagt  um  dich, 
dass  du  nun  bist  erlöset 
wohl  aus  der  Türken  Hand 
gebracht  bis  in  dein  Land; 
ist  das  für  meine  Lieb 

die  ich  an  dir  gewandt? 

Wie  der  Graf  das  sah  und  hörte,  stand  er  da,  wie  vom  Donner  gerührt  und 
konnte  kein  Wort  reden.     Sie  aber  sang  und  spielte  weiter: 

10.    Ade,  mein  wertes  Kind! 

Thu'  dich  doch  recht  besinnen, 
wie  ich  dich  dort  empfing, 
wie  mir  die  Thränen  rinnen 
von  meinen  Wangen  her, 
da  ich  dich  liebt'  so  sehr. 
Der  Sultan  wundert  sich 
alsbald  sehr  über  mich. 

Da  schlug  der  Graf  in  sich  und  erkannte,  dass  jener  Pilger  seine  Gemahlin 
bei,  und  dass  die  ihn  erlöset  habe  aus  der  Sklaverei  und  fing  jetzt  auch  an  zu 
Bingen: 


206  Weinhold: 

11.    Jetzt  bricht  mein  Herz  entzwei.  12.    Weil  du  mich  hast  erlöst 

Wie  hab'  ich  mich  vergangen  aus  Ketten  und  aus  Banden, 

an  dir,  mein  wertes  Kind,  Von  Türken  frei  gemacht, 

wie  ich  dich  hab'  empfangen;  gebracht  bis  in  mein  Land; 

ich  falle  nieder  hier  will  ich  mein  Lebenlang 

auf  meine  matte  Knie;  dir  willig  sagen  Dank, 

ich  küss'  dir  Hand  und  Fuss,  ich  will  dein  Diener  sein, 

ach  Kind,  verzeih'  es  mir.  von  Herzen,  Schönste,  mein. 

Sie  vergab  ihm  natürlich  gern,  denn  sie  liebte  ihn  noch  immer  so  zärtlich 
wie  früher  und  sang: 

13.    Weil  du,  mein  wertes  Kind, 
so  zärtlich  hast  gebeten, 
so  sei  versichert  nun, 
kannst  freudig  zu  mir  treten; 
du  bist's,  den  ich  geliebt 
und  hab'  um  dich  gewagt 
mein  Leben,  Leib  und  Blut. 
War  nicht  um's  Herz  verzagt. 

Sie  stiegen  nun  zusammen  in  die  Kutsche  und  fuhren  unter  dem  Jubel  des 
Volkes  zurück  nach  dem  Schlosse.  Noch  an  demselben  Tage  ward  die  Prinzessin 
vom  Schiffe  geholt.  Der  jüngste  Graf  heiratete  die  Prinzessin  und  alle  lebten 
glücklich  bis  an  ihr  Ende,  und  wenn  sie  nicht  tot  sind,  so  leben  sie  noch- 

Von  meiner  verstorbenen  Tante  vor  ungefähr  50  Jahren  in  Lmiden  in  Dith- 
marschen  aufgezeichnet.  Eine  Aufzeichnung  aus  dem  Lauenburgischen  bei  Müllen- 
hoff.  Sagen,  Märchen  und  Lieder  aus  Schleswig-Holstein  und  Lauenburg  No.  DCVII 
Von  dem  König  von  Spanien  und  seiner  Frau. 

DahrenwT^irt  bei  Lunden  in  Holstein.  Heinrich   Carstens. 


Zu  den  Sieben  Grafen. 

K.  Müllenhoff  hat  in  der  Anmerkung  zu  der  von  ihm  mitgeteilten  Variante 
dieser  weit  verbreiteten  Geschichte  auf  die  Zusammengehörigkeit  mit  dem  alten 
Liede  vom  Grafen  von  Rom  (Uhland,  Alte  hoch-  und  niederdeutsche  Volkslieder 
n,  784)  und  dem  flämischen  Volksbuche  vom  Ritter  Alexander  aus  Metz  und 
seiner  Frau  Florentine  (Auszug  daraus  als  „Der  Mann  im  Pflug''  in  den  deutschen 
Sagen,  herausgegeben  von  den  Brüdern  Grimm,  No.  537,  3,  Aufl.)  hingewiesen. 
Über  die  Verbreitung  des  Stoffes  können  wir  in  Küi-ze  verweisen  auf  Franz 
Böhme,  Altdeutsches  Liederbuch.  Volkslieder  der  Deutschen  in  Wort  und  Weise. 
Leipzig  1877.  S.  41— 43,  wo  ausgeführt  wird,  dass  die  älteste  erhaltene  poetische 
Bearbeitung  des  Stoffes  ein  im  15.  Jahrhundert  verfasster  Meistergesang  ist: 
Alexander  von  Metz  in  gsangswyss,  der  im  16.  und  17.  Jahrhundert  öfter  gedruckt 
ward  (nach  einem  Züricher  Druck  bei  Ph.  M.  Körner,  Historische  Volkslieder. 
Stuttgai-t  1840.  S.  49—67).  In  diesem  Meistergesang  findet  sich  auch  das  Wunder- 
hemd der  dithmarscher  Erzählung,  auf  das  auch  Fischart  im  5.  Kapitel  der 
Geschichtklitterung    in    den  Worten    anspielt:    „auf  dass  sie  ihren  Alexander  von 


Kleine  Mitteilungen.  207 

Metz  (im  weissen  Badhembd)  im  Pflug  nicht  verliere".  (Ausgabe  von  Alsleben. 
Halle  1891,  S.  107.) 

Sangmässig  im  Hildebrandston  ist  das  Volkslied  Der  Graf  von  Rom  oder 
der  Graf  im  Pfluge,  als  dessen  ältester  Druck  ein  Bamberger  von  1493  bekannt 
ist.  Die  Weise  ist  von  Fr.  Böhme  wiedergefunden  und  a.  a.  0.  S.  38  gegeben. 
Der  Inhalt  stimmt  im  wesentlichen  zu  dem  Meistergesänge,  nur  ist  das  Wunder- 
hemd vergessen.  Das  Lied  ward  oft  gedruckt  und  kommt  auch  niederdeutsch  vor. 
(Vgl.  Böhme  a.  a.  0.  Gödeke,  Grundriss  I.  S.  310.  2.  A.  Weller,  Annalen  I. 
S.  199.  200.) 

Die  Gedichte  verbreiteten  sich  weit,  auch  über  die  deutschen  Grenzen,  und 
auf  sie,  namentlich  auf  den  älteren  Meistergesang,  gehen  nach  aller  Wahrscheinlich- 
keit die  prosaischen  Erzählungen  zurück.  So  weist  auch  das  niederländische  Volks- 
buch Florentina  de  getrouwe  sichtlich  auf  ein  Lied  als  Grundlage  hin  (Mone,  Über- 
sicht der  niederländischen  Volkslitteratur  älterer  Zeit,  S.  65). 

Li  Steiermark  war  ein  Lied  vom  Grafen  Säuberlich  noch  in  diesem  Jahr- 
hundert bekannt.  Es  beruhte  auf  Abschriften  eines  fliegenden  Blattes:  „Ein  sehr 
schönes  neues  Lied  von  dem  Grafen  von  Rom,  wie  es  ihm  ergangen  ist,  als  er 
von  den  Türken  gefangen  worden.     Li  seiner  eignen  Melodey  zu  singen." 

Der  Stoff  ist  aus  zwei  Sagen  verbunden.  Die  eine  erzählte  die  Befreiung 
eines  gefangenen  Kreuzfahrers  oder  Palästinapilgers  aus  der  Sklaverei,  die  zweite 
berichtete  von  einer  Keuschheitsprobe  mittels  eines  wunderbaren  Hemdes.  Wir 
finden  die  zweite  Sage  im  69.  Kapitel  der  Gesta  Romanorum  (de  castitate):  Ein 
Baumeister  (carpentarius)  hatte  die  schöne  Tochter  eines  Ritters  wegen  seiner 
Klugheit  und  Kunst  zur  Frau  bekommen.  Nach  der  Hochzeit  übergab  die  Schwieger- 
mutter ihm  ein  Hemd,  das  solange  rein  und  unverändert  in  der  Farbe  und  un- 
zerschlissen  sein  werde,  solange  die  Gatten  sich  treu  seien;  das  aber  jene  Eigen- 
schaft verliere,  sobald  eines  von  ihnen  die  Treue  verletze.  Der  Baumeister  ward 
wegen  eines  Schlossbaues  zum  König  berufen  und  zog  das  Hemd  an,  das  zu  aller 
Verwunderung  ganz  rein  blieb.  Inzwischen  versuchten  drei  Ritter  die  junge  Frau 
zu  verführen,  die  aber  sie  abwies  und  einen  nach  dem  andern  bei  Wasser  und 
Brot  eingesperrt  hielt,  bis  der  Gatte  zurückkehrte,  dessen  Hemd  rein  und  ganz 
geblieben  war.     Beide  blieben  bis  zu  ihrem  Ende  in  echter  Liebe  sich  treu. 

Die  Geschichte  von  dem  Hemd  scheint  aus  dem  Orient  zu  stammen,  vgl.  die 
Nachweisung  in  Oesterleys  Ausgabe  der  Gesta  Romanorum,  S.  723. 

Die  dithmarsische  Aufzeichnung,  die  oben  mitgeteilt  worden  ist,  lässt  die  alten 
Grundzüge  der  Geschichte  noch  gut  erkennen.  Der  Märchenzug,  dass  mehrere 
Brüder  ausziehen,  ihr  Glück  zu  suchen,  ist  in  ihr  besser  bewahrt,  als  in  der  lauen- 
burgischen  Fassung  bei  Müllenhoff.  Die  falsche  Klage  gegen  die  Frau  ist  in  der 
dithmarsischen  Erzählung  bis  zur  Verurteilung  derselben  gesteigert.  Die  alte 
Mönchsverkleidung  ist  hier  zum  moderneren  Pilgergewand  geworden;  in  der  lauen- 
burgischen  Fassung  vermummt  sich  die  Frau  in  einen  Einsiedler.  Das  senti- 
mentale Lied,  übrigens  in  achtzeiliger  Strophe,  gehört  wohl  in  jetziger  Gestalt 
erst  unserm  Jahrhundert  an;  die  Aufzeichnung  bei  MüUenhofC  hat  nur  die  erste 
Hälfte  der  sechsten  Strophe  bewahrt,  und  noch  dazu  mit  Veränderung.  Wichtig 
ist,  dass  beide  norddeutsche  Texte  noch  das  Wunderhemd  kennen.  In  der  hessi- 
schen Variante  Konrad  von  Tannenberg  (J.  W.  Wolf,  Hessische  Sagen.  Leipzig 
1853.  No.  238)  wird  es  nicht  erwähnt.  K.  Weinhold. 


k 


2Q8  Weinhold:   Kleine  Mitteilungen. 


Erlöschen  der  Altarkerzen. 

"Weit  verbreitet  in  Deutschland  ist  der  Glaube,  dass  das  Erlöschen  einer  Altar- 
kerze den  Tod  eines  an  der  Kirche  angestellten  Geistlichen  anzeige  (Wuttke,  Der 
deutsche  Volksaberglaube  der  Gegenwart.  2.  Aufl.  §  301.  Berlin  1869).  In  Schlesien 
wird  an  Kirchen,  die  mehrere  Geistliche  haben,  jedem  derselben  seine  Kerze  von 
abergläubischen  Leuten  zugeteilt.  Ein  alter  Beleg  für  den  Glauben  an  dieses  Vor- 
zeichen findet  sich  in  dem  Briefe  Luthers  an  Wenzeslaus  Link  vom  23.  Januar  1527 
(de  Wette,  Briefe  Luthers  3,  156),  worin  er  seinem  Freunde  das  ihm  von  Nikolaus 
Ambsdorf  geschriebene  wunderbare  Ereignis  mitteilt,  dass  im  Magdeburger  Dom 
am  Feste  der  Beschneidung  Christi  (1527)  in  der  Mette  plötzlich  alle  Kerzen,  die 
auf  allen  Altären,  auch  in  den  Seitenkapellen  brannten,  sowie  alle  Lampen  er- 
loschen seien,  ausgenommen  eine  einzige  vor  dem  Allerheiligsten.  Unmöglich 
könne  das  der  Windzug  gethan  haben.  Manche  deuteten  es  auf  den  Tod  der 
Domherren,  unter  Erinnerung  daran,  dass  vor  dem  Tode  des  Erzbischofs  Ernst 
(f  3.  August  1513)  die  grosse  Kerze  herabgefallen,  erloschen  und  zerbrochen  sei. 
Dens  videbit,  fügt  L.  hinzu.  Signa  multa  flunt  non  irrita  futura  (es  giebt  viele 
Vorzeichen,  die  nicht  täuschen).  K.  W. 


Matthias  v.  Lexer  f. 

Am  16.  April  d.  J.  starb  zu  Nürnberg  auf  der  Rückreise  von  Berlin  nach 
München  Matthias  v.  Lexer,  ord.  Professor  der  deutschen  Philologie  an  der  königl. 
Universität  zu  München,  ord.  Mitglied  der  königl.  bayerischen  Akademie  der  Wissen- 
schaften und  des  obersten  Schulrates  des  Königreichs  Bayern. 

Geboren  am  18.  Oktober  1830  zu  Liesing  im  Lesachthal  in  Kärnten,  nahe  der 
Tiroler  und  der  italienischen  Grenze,  hatte  er  in  Klagenfurt  seine  Gymnasial- 
studien gemacht  und  dann  auf  den  Universitäten  Graz,  Wien  und  Berlin  haupt- 
sächlich der  deutschen  Sprach-  und  Litteraturwissenschaft  sich  gewidmet.  Zwei 
Jahre  war  er  Hilfslehrer  am  Gymnasium  in  Krakau  gewesen.  Nach  einer  Thätig- 
keit  als  Hofmeister  in  einer  vornehmen  ungarischen  Familie  ward  er  als  Hilfs- 
arbeiter an  den  deutschen  Städtechroniken  nach  Nürnberg  berufen.  1863  ward  er 
Professor  der  deutschen  Philologie  an  der  Freiburger  Universität.  1868  erhielt  er 
einen  Ruf  nach  Würzburg  und  wirkte  an  der  Julius -Maximilians -Universität  bis 
zum  August  1891.     Da  übernahm  er  seine  einflussreiche  Stellung  in  München. 

Die  wissenschaftlichen  Hauptarbeiten  v.  Lexers  sind  sein  Mittelhochdeutsches 
Handwörterbuch  (1869—1878.  3  Bde.)  und  der  VH.  Band  des  deutschen  Wörter- 
buchs der  Brüder  Grimm  (N— Q);  von  dem  XI.  Bande  T.  U.  waren  ihm  nur  drei 
Hefte  zu  vollenden  vergönnt.  Für  die  Volkskunde  ist  er  von  Bedeutung  durch 
sein  treffliches  Kärntisches  Wörterbuch  mit  einem  Anhang:  Weihnachts-Spiele  und 
Lieder  aus  Kärnten  (1862)  und  durch  kleinere  dialektliche  und  mythologische  Bei- 
träge zu  K.  Frommanns  Deutschen  Mundarten  und  J.  Wolfs  und  W.  Mannhardts 
Zeitschrift  für  deutsche  Mythologie  und  Sittenkunde. 

In  der  Beilage  No.  99  zur  Allgemeinen  Zeitung  vom  28.  April  1892  und  in  dem 
2.  Hefte  des  XXV.  Bandes  der  Zeitschrift  für  deutsche  Philologie  habe  ich  den 
teuren  Verstorbenen,  der  ein  ebenso  tüchtiger  Gelehrter  als  vortrefflicher  Mensch 
war,  näher  geschildert.  '  K-  "^. 


Büchcranzeigen.  209 


Büclieranzeigen. 


Wlislocki,  Dr.  Heinrich  von,  Volksglaube  und  religiöser  Brauch  der 
Zigeuner.  Vorwiegend  nach  eigenen  Ermittelungen.  (Darstellungen 
aus  dem  Gebiete  der  nichtchristlichen  Religionsgeschichte.  IV.  Band.) 
Münster  i.  W.  1891.   S.  XIV,  184. 

In  einer  Sammlung  von  „Darstellung-en  aus  dem  Gebiete  der  nichtchristlichen 
Religionsgeschichte"  einem  Buche  zu  begegnen,  das  von  der  Heligion  der  Zigeuner 
handelt,  wird  manchen  in  Erstaunen  setzen.  Die  besten  Kenner  der  Zigeuner  wie 
Zippel,  Borrow,  Paspati,  Liebich  u.  a.  sind  einstimmig  der  Ansicht,  dass  von  Re- 
ligion bei  den  Zigeunern  kaum  die  Rede  sein  kann.  Und  was  wir  bisher  darüber 
wussten,  war  in  der  That  sehr  wenig.  Liebich  (Die  Zigeuner  in  ihrem  Wesen 
und  in  ihrer  Sprache.  Leipzig  1863  p.  29  ff.)  hat  so  ziemlich  alles  zusammen- 
gestellt, was  man  als  Religion  ansehen  kann.  Die  eigentümlichen  Gebräuche  der 
deutschen  und  englisch-schottischen  Zigeuner  beim  Tode  eines  Verwandten  (Smart 
and  Crofton,  The  Dialect  of  the  English  Gypsies  2.  Edition  London  1875  p.  202  f. 
Leland,  The  English  Gipsies  and  their  Language  Lon(]on  1874  p.  48  ff.  Walter 
Scott,  Guy  Mannering  p.  4G1  der  Tauchnitz-Edition),  sowie  ihre  Verehrung  und 
Scheu  vor  den  Toten,  der  allgemein  unter  den  Zigeunern  verbreitete  Glaube  an 
Gespenster  aller  Art  —  dies  und  anderes  Hesse  sich  verwerten,  um  den  Ahnen- 
kultus als  ursprüngliche  Religion  der  Zigeuner  zu  erweisen.  Die  Totenverehrung 
hat  in  Indien  von  frühester  Zeit  an  eine  hervorragende  Rolle  im  religiösen  Leben 
gespielt  (Caland,  Über  Totenverehrung  bei  einigen  der  indogermanischen  Völker. 
Amsterdam  1888)  und  sie  könnte  bei  den  Zigeunern  sehr  wohl  ein  Erbe  aus  ihrer 
alten  Heimat  sein.  Was  Sun  dt  gelegentlich  von  dem  Gotte  Dundra-Alako  erzählt, 
steht  ganz  vereinzelt  da  und  ist  keinesfalls  ursprünglich,  da  Dundra  das  dänische 
dundre  (donnern),  Alako  aber  das  finnische  alakuu  (abnehmender  Mond)  ist 
(Beretning  om  Eante-eller  Landstrygerfolket  i  Norge.  Christiania  1852  p.  20.  105  ff.). 
Der  Mond  wäre  gewiss  eine  passende  Gottheit  für  die  Zigeuner;  aber  seine  Ver- 
ehrung lässt  sich  glaubAvürdig  nicht  nachweisen  und  ebensowenig  findet  Lelands 
Angabe  Bestätigung,  dass  die  zigeunerischen  Namen  für  Sonne  und  Mond  ein  Ge- 
heimnis seien  (The  Gypsies,  London  1882  p.  344).  Paspati  versichert;  „qu'il 
n'y  a  aucun  vestige  de  religion,  ou  de  foi,  importee  de  leur  propre  pays.  Tout 
a  ete  oublir  Meme  dans  leurs  chansons  et  contes,  dont  plusieurs  datent  des  gcne- 
rations  passees,  il  n'y  a  aucun  vestige  d'antique  foi"  (Les  Etudes  sur  les  Tschin- 
ghianes.     Constantinople  1870  p.  27). 

Um  so  überraschender  muss  die  Fülle  der  Mitteilungen  wirken,  die  Wlislocki 
in  dem  vorliegenden  Buche  über  Glauben  und  religiösen  Brauch  der  Zigeuner, 
speziell  der  transsilvanischen,  macht.  Ein  sehr  grosser  Teil  des  hier  Veröffent- 
lichten ist  schon  aus  andern  Arbeiten  AVlislocki's  bekannt,  namentlich  aus  seinem 
Buche:  „Vom  wandernden  Zigeunervolkc".  Hamburg  1890.  Ich  habe  dieses  Buch 
eingehend  besprochen  und  schwere  Bedenken  gegen  seinen  Inhalt  und  die  von 
Wlislocki  angewendete  Methode  ausgedrückt  (Göttingische  Gelehi-te  Anzeigen  1890 
p.  969  ff.).  Dieselben  Bedenken  habe  ich  gegen  das  vorliegende  Buch.  Wlislocki 
ist  der  Ansicht,    dass  „in  Siebenbürgen  und  Ungarn  allein  die  Zigeuner  vielleicht 


210  Pischel: 

die  meisten  Bruchstücke  ihres  alten  Glaubens  erhalten  haben"  (Vom  wandernden 
Zigeunervolke  p.  253),  und  so  hat  er  auch  in  diesem  Buche  „in  erster  Reihe  die 
Zigeuner  der  Donauländer  in  Betracht  gezogen,  weil  hier  noch  uralter  Glauben 
unverfälscht  oder  weniger  von  fremdem  Einfluss  durchsetzt  zu  finden  ist"  (p.  XII). 
Niemand  wird  leugnen,  dass  viele  Mitteilungen  in  dem  Buche  für  Denken  und 
Glauben  der  transsilvanischen  Zigeuner  des  heutigen  Tages  von  hohem  Interesse 
sind,  aber  darin  uralte  Gebräuche  sehen  zu  wollen,  die  die  Zigeuner  aus  ihrer 
indischen  Heimat  mitgebracht  haben,  ja  sie  sogar  auf  Naturmythen  zurückzuführen 
(p.  56),  heisst  die  geschichtlichen  Thatsachen  verkennen.  "Weitaus  der  grösste 
Teil  der  Gebräuche  trägt  deutlich  den  Stempel  der  Entlehnung.  Die  Zigeuner 
sind  ein  abergläubisches  Volk,  dass  sich  ungemein  schnell  in  den  Gedankenki-eis 
fremder  Nationen  einlebt,  um  so  leichter,  wenn  es,  wie  in  den  Donauländern, 
ungehindert  in  beständigem  Verkehr  mit  ihnen  bleiben  kann.  So  erklärt  es 
sich  ganz  von  selbst,  dass  gerade  dort  die  Zigeuner  sich  so  viele  Lieder,  Märchen 
und  Erzählungen  angeeignet  haben,  die  nachweislich  ungarisch,  serbisch  oder 
rumunisch  sind.  Und  nicht  anders  steht  es  mit  den  Volksgebräucben  und  dem 
Glauben.  Dass  die  Zigeuner  selbst  an  die  von  ihnen  verfertigten  Amulette,  Zauber- 
apparate u.  dgl.  glauben,  wie  Wlislocki  versichert,  ist  ganz  unwahrscheinlich. 
Man  lese  z.  B.  was  er  p.  65  (vgl.  p.  146)  von  der  „Haselschlange"  sagt  und  ver- 
gleiche damit,  was  Sundt  (1.  c.  p.  152  f.)  von  dem  „busten"  und  dem  „hvid- 
ormsryg"  der  norwegischen  Zigeuner  berichtet  und  man  wird  sich  unschwer  über- 
zeugen, dass  es  sich  nur  um  einen  Betrug  der  dummen  gaje  handelt.  Wlislocki 
unterscheidet  das  nirgends  und  jeder  Leser  muss  den  Eindruck  gewinnen,  dass 
die  Zigeuner  selbst  an  den  Schwindel  glauben,  den  sie  ausüben.  Auch  in  diesem 
Buche  sind  die  Übersetzungen  oft  sehr  frei.  Ich  muss  daher  auch  von  ihm  aus- 
sprechen, was  ich  von  dem  früheren  bemerkt  habe,  dass  es  mit  der  grössten  Vor- 
sicht benutzt  werden  muss.  Für  die  Kenntnis  echtzigeunerischer,  alter  Sitten  und 
Anschauungen  ist  es  von  dem  Laien  nicht  zu  gebrauchen. 

Halle  a.  d.  Saale.  R.  Pischel. 


Bayerns  Mundarten.  Beiträge  zur  deutschen  Sprach-  und  Volkskunde, 
herausgegeben  von  Dr.  Oskar  Brenner  und  Dr.  August  Hart- 
mann. Band  I.  Heft  2.  3.  München  1891/92.  Christian  Kaiser. 
S.  161-480.    8^ 

Der  erste  Band  des  in  unserer  Zeitschrift  I,  345  begrüssten  neuen  Unter- 
nehmens ist  hiermit  abgeschlossen.  Es  zeigt  sich  nunmehr  noch  entschiedener 
als  im  1.  Hefte  als  nah  verwandt  den  deutschen  Mundarten  des  sei.  Karl  Frommann, 
indem  der  Inhalt  fast  ganz  der  Dialektkunde,  hauptsächlich  der  bairischen  und 
angrenzenden  Landschaften ,  zu  Gute  kommt.  Die  grosseren  Artikel  sind  Fort- 
setzungen von  im  1.  Heft  begonnenen.  Prof.  Brenner  hat  eine  Bücherschau  und 
ein  Register  beigegeben,  die  beide  nützlich  sind.  Wir  wollen  wünschen,  dass  es 
den  Herausgebern  gelingt,  recht  viel  tüchtig  geschulte  Mitarbeiter  zu  gewinnen. 
Die  Dialektforschung  erfordert  eine  Menge  Kenntnisse  und  auch  Fertigkeiten,  soll 
sie  der  Wissenschaft  wirklichen  Dienst  leisten.  K.  W. 


Büchemnzeigen.  211 

Sagen  Niederösterreichs.  Gesammelt,  erzählt  mid  erläutert  von  P.  Willeb. 
Luchv.  Leeb.  1.  Band  mit  Einbegleitung  von  K.  Landsteiner.  Wien 
Heinr.  Kirsch.    1892.    S.  XIV.  156.  8^ 

Für  die  Sammking  der  Volkssagen  Niederösterreichs  ist  noch  viel  zu  thun. 
In  Erlvenntnis  davon  hat  sich  Herr  P.  Leeb  die  AusfiÜlung-  dieser  Lücke  vor- 
gesetzt, und  er  ist  jedenfalls  dazu  wohl  geschickt,  da  er  aus  dem  Volke  stammt 
und  unter  dem  Volke  lebt.  Der  vorliegende  1.  Band  bringt  195  Nummern,  die 
vom  Herrn  Verfasser  und  einigen  Helfern  mit  geringen  Ausnahmen  unmittelbar 
aus  der  Quelle  geschöpft  sind.  Die  Sagen  sind  schlicht  erzählt.  „Um  die  ge- 
bildeten Kreise  für  den  wundersamen  Sagenhort  unseres  Volkes  mehr  zu  interessieren, 
meinte  ich  Erklärungen  und  erläuternde  Analogien  anmerken  zu  sollen,  und  zwar 
auf  Grund  der  sog.  Kuhnschen  Lehre;"  so  Herr  P.  Leeb.  Gegen  solche  An- 
merkungen ist  an  sich  nichts  einzuwenden,  sie  können  sogar  sehr  nützlich  und 
anregend  oder,  wenn  sie  Sachliches  enthalten,  notwendig  sein.  Andererseits  können 
sie  aber  auch,  wenn  sie  irriges  und  schiefes  ausführen,  was  bei  mythologischen 
Dingen  leicht  geschieht,  Schaden  stiften,  da  die  Scheidung  von  Wahrem  und  Falschem 
nicht  jedes  Lesers  Sache  ist.  Weit  nützlicher  wäre  die  durchgehende  Anführung 
der  Varianten  der  Sagen  in  anderen  Sammlungen,  wozu  freilich  eine  mythologische 
Bibliothek  gehört,  die  sich  nur  selten  findet.  Übrigens  hat  Herr  P.  Leeb  manchen 
Sagen  solche  Nachweisungen  beigegeben. 

Eine  hübsche  Zugabe  des  Buches  sind  drei  Landschaftsbilder  in  Holzstich 
nach  photographischen  Aufnahmen,  die  fremde  Leser  in  die  Heimat  der  Sagen 
versetzen  und  ein  empfehlenswerterer  Schmuck  sind,  als  massige  Darstellungen 
dieser  oder  jener  Sagenscene.     Möge  das  '2.  Bändchen  bald  nachfolgen! 

K.  Weinhold. 

Kärntner  Alpeufalirten.  Landschaft  und  Leute.  Sitten  und  Bräuche  in 
Kärnten.  Geschildert  von  Fr.  Franziszi.  Mit  einem  Geleitbrief  von 
A.  Frhr.  v.  Öchweiger-Lerchenfeld.    Wien.  F.  Rörich.  1892.  S.  136.  8^ 

Der  Verfasser  dieses  Büchleins,  Herr  Dechant  Franziszi  in  Grafendorf  im 
Gailthal  in  Kärnten,  hat  sich  bereits  1879  durch  seine  Kulturstudien  über  Volks- 
leben, Sitten  und  Bräuche  in  Kärnten  (Wien,  Braumüllcr)  als  guter  Beobachter 
des  Volkslebens  seiner  Heimat  bekannt  gemacht.  In  seinem  neuesten,  von  dem 
Grillparzerverein  in  Wien  herausgegebenen  Werkchen  giebt  er  allerdings  mehr 
Schilderungen  von  Bergwanderungen,  die  er  in  den  kärntischen  Alpen  machte; 
allein  es  fällt  dabei  auch  für  Kunde  der  Sitten  und  Bräuche  der  deutschen  und 
windischen  Bewohner  des  schönen  Landes  gar  manches  Schätzbare  ab.  So  wird 
auf  den  S.  55—66  das  dramatisch  belebte  Gespräch  zwischen  dem  Brauttruhen- 
führer (Välesfüerer)  und  den  Wächtern  der  Klause,  die  vor  dem  Wohnort  des 
Bräutigams  errichtet  ist,  aus  einer  Heiligenbluter  Handschrift  mitgeteilt.  Das 
Bildnis  des  Herrn  Verfassers  und  eine  Ansicht  des  Grossglocknergipfels  schmücken 
das  saubere  Büchlein.  K.  Weinhold. 

Bulletin  de  Folklore.  Organe  de  la  Societe  du  Folklore  Wallon.  Di- 
recteur  pour  1891  Eugene  Monseur.  I.  2.  Bruxolles,  J.  Lebegue 
et  Cie.    1891.    S.  83—180.  8". 

Von  dem  Questionnaire  und  von  dem  ersten  Heft  der  neugegründeten  Gesell- 
schaft für  wallonische  Volkskunde  in  Brüssel  haben  wir  schon  in  uiaserm  1.  Bande 


212  Weinhold: 

S.  454  Nachricht  gegeben  und  den  vielversprechenden  Anfang  der  Arbeiten  dieses 
Vereins  gebührend  begrüsst.  Die  zweite  Hälfte  des  Bulletin  liegt  nun  vor  und 
bestätigt  unsere  gute  Meinung.  Das  Heft  enthält:  das  Kinderspiel  Porte  d'enfer 
et  porte  paradis  (unser  Brückenspiel,  vgl.  Zeitschr.  für  deutsche  Mythologie  IV, 
301 — 320)  von  M.  Wilmotte.  —  Neue  Varianten  zu  dem  Märchen  vom  singenden 
Knochen  (Grimm,  Kinder-  u.  Hausmärchen  Nr.  78)  von  F.  Simon  u.  E  Monseur. 
Eine  wallonische  Variante  des  Machandelbom,  von  Delaite;  ein  Rezept  aus  dem 
13.  Jahrhund,  aus  einer  Darmstädter  Handschrift  von  "Wilmotte  mitgeteilt;  Wallo- 
nische Volksbotanik  von  J,  Feller;  Bücherbesprechungen  und  Gesellschafts- 
berichte. K.  W. 


Ch.  Thuriet.  Traditions  populaires  du  Doubs.  Paris,  E.  Lechevalier, 
Librairie  historique  des  provinces.  I.  Yol.  in  16.    S.  XXXV.  535. 

256  recits  recueillis  dans  les  quatre  arrondissements  du  dcpartement  du  Doubs, 
Besancon,  Baume-les-Dames,  Montbeliard,  Pontarlier.  Traditions  merveilleuses  et 
legendes  religieuses,  contes  histoires  tr^iques  et  bourlesques  relatives  aux  villes 
et  villages,  aux  chäteaux  et  forteresses,  aux  monasteres,  eglises  et  chapelles,  aux 
forets,  rivicres,  sources,  torrents,  ponts,  rochers,  cavernes  et  precipic(^s  de  la  contree. 
Un  personnel  fantastique  varie  figure  dans  ces  recits:  gcants,  fees,  dames  blanches, 
dames  vertes,  follets,  demons,  diables,  sorciers  et  sorcieres,  chasseurs  infernaux, 
revenants,  saints  et  saintes,  ermites,  meines  et  nonnes,  Chevaliers,  dames,  damoi- 
selles  et  bergeres,  bücherons,  laboureurs  et  bourgeois.  animaux  fabuleux,  dragons, 
betes  parlantes,  arbres  enchantes,  fleurs  animces  etc.  etc.  Parmi  les  legendes, 
Celles  de  la  Vierge  sont  particulierement  interessantes  pour  la  Volkskunde  des 
pays  catholiques. 

Berlin.  M.  Marelle. 

Das  Passionsspiel  des  Böhnierwaldes.  Von  J.  J.  Am  mann.  Aus  dein 
30.  Jahrgange  der  Mitteilungen  des  Vereins  für  die  Geschichte 
der  Deutschen  in  Böhmen.    Prag,  Hofbuchdruckerei  A.   Haase.     1892. 

S.  118.    S\ 

Herr  Gymnasialprofessor  Ammann  zu  Krummau  in  Böhmen,  unser  geschätzter 
Mitarbeiter,  veröffentlichte  in  der  zu  besprechenden  Schrift  das  im  Markte  Höritz 
durch  den  Leinweber  Paul  Gröllhesl  1816  verfasste  Passionsspiel,  das  im  wesent- 
lichen nach  Stoff  und  Text  aus  dem  Volksbuche  „Das  grosse  Leben  Christi  —  — 
von  P.  Martin  von  Cochem"  genommen  ist.  Aus  der  Erinnerung  an  die  Höritzer 
Aufführungen  „des  Passion"  und  mit  Benutzung  des  Cochem  stellte  der  Vorbeter 
Anton  Pangerl  in  Tweras  (f  1869),  ein  in  seiner  Gegend  beliebter  Volkspoet, 
auch  ein  Spiel  zusammen,  das  im  Bunde  mit  dem  Höritzer  Drama  das  Passions- 
spiel des  Böhmerwaldes  ergiebt.  Als  Vorspiel  ist  dem  Höritzer  Passion  ein  Para- 
deisspiel vorangestellt,  das  auf  Bekanntschaft  mit  den  verwandten  Spielen  des 
gleichen  Inhalts  schliessen  lässt,  sowie  sich  auch  im  eigentlichen  Passion  von 
Cochem  unabhängige  Berührungen  mit  anderen  Volksschauspielen  vom  Leiden 
Christi  finden.  Darüber  sowie  über  alles  Einschlägige,  auch  über  die  sprachliche 
Form,  hat  Herr  Amman  wohl  überlegt  gehandelt.  In  den  Anmerkungen  führt  er 
das  Verhältnis  des  Höritzer  Passion  zu  Cochems  Leben  Jesu  und  zu  dem  Twe- 
raser  Spiel  sorgfältig  aus.  K.  W. 


i 


Bücherauz(?igen.  213 

Deutsche  Puppenspiele,  gesammelt  und  mit  erläuternden  Abhandlungen 
und  Anmerkungen  herausgegeben  von  Artur  Kollmann.  Erstes 
Heft.    Leipzig,  F.  W.  Grunow.    1891.    S.  109.  8°. 

Herr  K.  legt  mit  diesem  ersten  Heft  den  Anfang  einer  umfangreichen  Samm- 
lung von  Puppenspielen  vor.  Er  hat  viel  mit  Puppenspielern  verkehrt  und  be- 
richtet darüber  in  breitem  Plauderton,  wobei  einzelnes  für  die  Geschichte  der 
Texte  abfällt.  Leider  geht  dem  Herausgeber  die  Schulung  für  seine  Aufgabe  ab, 
imd  so  wird  sein  sonst  dankenswertes  Unternehmen  dilettantisch  bleiben,  gleich 
diesem  ersten  Heft,  das  ausser  einem  allgemeinen  Vorworte  das  Spiel:  Judith 
und  Holofernes  nach  der  Niederschrift  eines  Puppenspielers  P.  K.  von  1849,  und 
eine  Plauderei  zum  Puppenspiel  von  Dr,  Paust  enthcält.  K.  W. 


Karl  von  Amira,  Tierstrafen  und  Tierprozesse.  Aus:  Mitteilungen  des  Li- 
stituts  für  österreichische  Geschichtsforschung.  XII.  Band,  4.  Heft.  Inns- 
bruck 1891.    S.  57.    8». 

Zu  verschiedenen  Zeiten  und  an  verschiedenen  Orten  begegnet  die  eigen- 
tümliche Erscheinung,  dass  Tiere  anscheinend  prozessualischer  Verfolgung  und 
öffentlicher  Bestrafung  wegen  Missethaten  unterw^orfen  werden.  Sie  wird,  nachdem 
sie  schon  vielfach  und  unter  sehr  ungleichartigen  Gesichtspimkten  erörtert  worden, 
in  der  vorliegenden  Schrift  von  einem  unserer  ersten  Rechtshistoriker  einer  syste- 
matischen und  eindringenden  Untersuchung  unterzogen,  durch  welche  unsere  Er- 
kenntnis in  allen  Beziehungen  wichtige  Förderung  erfährt. 

Der  Verfasser  hat  dem  Gegenstande  ein  langjähriges  Studium  gewidmet  luid 
so  ein  Material  zusammenbringen  können,  wie  es  in  dieser  Vollständigkeit  bisher 
nicht  annähernd  vereinigt  worden  ist.  Von  den  germanischen  Quellen  des  Mittel- 
alters ausgehend  (S.  5  ff.)  betrachtet  er  nach  einander  die  emschlägigen  Verhält- 
nisse auch  bei  Slaven  (S.  28  ff.),  orientalischen  Völkern  (S.  30  ff.),  Gräko-Italikern 
(S.  32  ff.)  und  Afrikanern  der  Gegenwart  (S.  35).  Auf  dem  Wege  sorgfältigster 
Analyse  der  einzelnen  in  Betracht  kommenden  Erscheinungen  gelangt  er  namentlich 
zu  der  auch  in  dem  Titel  der  Schrift  zum  Ausdruck  gebrachten  Trennung  der 
Tierstrafen  und  der  Tierprozesse.  Was  trotz  mancher  Ähnlichkeit  und  gegen- 
seitigen Annäherung  beide  scheidet,  wird  scharf  hervorgehoben  (S.  6  ff.  u.  16  ff.). 
Die  Tierstrafen  der  germanischen  Welt  anlangend  erklärt  sich  der  Verfasser 
(S.  37  ff.)  gegen  die  in  neuerer  Zeit  herrschend  gew^ordene  Auffassung,  dass  ihnen 
eine  Personifikation  der  Tiere  zu  Grunde  liege.  Unleugbar  hat  er  hier  mit 
manchem  Scheinargument  aufgeräumt.  Gleichwohl  dürfte  nicht  jeder  Widerspruch 
ausbleiben.  So  scharfsinnig  z.  B.  seine  Auslegung  (S.  41)  des  altnorwegischen 
Sprichworts  „Bär  und  Wolf  sollen  überall  friedlos  sein"  unzweifelhaft  ist,  so  muss 
doch  dahin  gestellt  bleiben,  ob  dasselbe  nicht  jedenfalls  ursprünglich  die  all- 
gemeine Bedeutung  hatte,  die  ihm  auch  v.  Amira  selbst  (altnorweg.  Vollstreckungs- 
verfahren S.  3)  früher  zugeschrieben  hat.  Auch  dass  der  friedlose  Mensch  als 
Wolf  bezeichnet  wurde,  deutet  darauf  hin,  dass  der  Wolf  als  friedlos  galt.  Neben 
dem  von  dem  Verfasser  (S.  47  ff.)  wahrscheinlich  gemachten  Einfluss  der  alt- 
testamentarischen  Lehre  auf  die  Entwickelung  der  Tierstrafen  dürften  daher  die 
übrigens  von  Amira  wohl  beachteten  (S.'  49  ff.),  die  „Rezeption"  „vorbereitenden 
Rechtssätze"  sehr  wesentlich  in  Betracht  kommen. 

Endgiltig  durch  des  Verfassers  Untersuchung  gelöst  zu  sein  scheint  uns  die 
Frage    der  Tierprozesse.     „Der  Tierprozess  ist  Gespensterprozess"  (S.  55)    lautet 

Zeitschrift  d.  Vereins  f.  Volkskunde.     1892.  jr, 


214  Brückner: 

das  Ergebnis  seiner  Betrachtungen.  Es  handelt  sich  bei  ihm  um  ein  „zauberisches 
Bannen  von  Menschen-  oder  Dämonenseelen",  die  als  das  Tier  bewohnend  ge- 
dacht werden.  Dem  Berichte  der  Eyrbyggja  von  dem  Thürengerichte  gegen  die 
Wiedergänger  wird  die  ihm  für  diese  Frage  gebührende,  wichtige  Beweisrolle  zu- 
gewiesen (S.  5.5  f.). 

Der  Leser,  welcher  der  germanischen  Rechts-  und  Volkskimde  sein  Interesse 
zuwendet,  wird  v.  Amiras  Schrift  mit  dem  Gefühle  reich  empfangener  Belehrung 
und  Anregung  aus  der  Hand  legen. 

Kiel.  Max  Pappenheim. 

L.  Eoteliiiaiin,  Cxesundheitspflege  im  Mittelalter.  Kulturgeschichtliche 
Studien  nach  Predigten  des  13.,  14.  und  15.  Jahrhunderts.  Hamburg 
und  Leipzig,  Leopold  Voss.  1890.  S.  YEL  276.  8". 
Der  Verfasser,  Augenarzt  in  Hamburg,  hat  in  seinen  Mussestunden  die 
deutschen  Prediger  von  Berthold  von  Regensburg  bis  Geiler  von  Kaisersberg,  so 
weit  sie  ihm  zur  Hand  waren,  durchgelesen  und  seine  Lesefrüchte  in  diesem 
Buche  nach  sechs  Kapiteln  zusammengestellt:  1)  Ernährung  mit  einem  Auhang 
von  der  Wohnung:  2)  Kleidung,  Haut-  und  Haarpflege;  3)  Prostitution  und  Un- 
sittlichkeit;  4)  Körperliche  Übungen;  5)  Ärztliche  Hilfe;  6)  Krankenpflege  und 
Totenbestattung.  Die  Beschränkung  auf  einen  kleinen  Kreis  von  Quellen  gewährt 
den  Vorteil,  dieselben  möglichst  auszuschöpfen,  und  dies  ist  von  Dr.  K.  fleissig 
geschehen.  Andererseits  hat  diese  Beschränkung  sehr  grosse  Nachteile,  da  Ein- 
seitigkeit und  Unvollständigkeit  notwendige  Folgen  sind,  denen  nur  durch  Ver- 
weise auf  Behandlung  der  vorgetragenen  Stoffe  in  anderen  umfassenderen  Werken 
einigermassen  abgeholfen  werden  kann.  Das  hat  aber  Herr  Dr.  K.  zu  seinem 
Schaden  nicht  gethan,  abgesehen  von  verstreuten  Hinweisungen  auf  einige  Ab- 
handlungen von  W.  Wackernagel.  Über  die  Prediger  wird  nur  selten,  am  meisten 
im  5.  Kap.,  hinüber  ins  Weltliche  gegriffen. 

Die  Stellen  aus  den  Predigten  werdeji  wörtlich  ausgehoben  und  dem  Texte 
eingefügt;  altdeutsche  Worte  sind  dabei,  wo  es  dem  Verfasser  nötig  schien,  in 
Klammern  übersetzt.  In  der  Regel  geschah  das  richtig;  doch  hat  diese  Regel  Aus- 
nahmen. S.  126  z.  B.  wird  daz  bewillet  sich  übertragen  zeigt  sich  willig 
statt  besudelt  sich,  S.  182  ebd.  toeber  übersetzt  Tobende  statt  Bläser, 
Trompeter.  Unter  dem  drizigesten,  dem  sibenden  S.  128  sind  die  kirchlichen 
Offizien  nach  einem  Todesfalle  gemeint. 

In  dem  Schluss  des  Buches  (S.  264  ff.)  äussert  sich  der  Verfasser  sehr 
günstig  über  die  geistige  Bildung  imd  die  sittliche  Tüchtigkeit  der  Prediger,  welche 
er  als  Quellen  benutzte.  Mit  vollem  Rechte.  Sie  gehörten  zu  den  ausgezeich- 
netesten deutschen  Männern  ihrer  Zeit.  K.  Weinhold. 


I 


Aus  den 

Sitziin^s-ProtokoUen  des  Vereins  für  Volkskimde. 


Berlin,  Freitag,  den  25.  März.  Hr.  Privatdozent  Dr.  G.  Huth  erstattete 
einen  vorläufigen  Bericht  über  mongolische  Volkslieder,  zählte  die  wenigen 
Quellen  auf,  gab  Textproben  und  hob  einiges  Charakteristische  hervor,  namentlich 


ProtoküUe.  215 

das  Vordringen  buddhistisch -asketischer  Elemente,  andererseits  den  indi-\aduellen 
Zug.  der  sich  in  dem  steten  Nennen  bestimmter  Vögel,  Bäume,  Quellen  u.  dergl. 
offenbart. 

Hr.  G.  AVeissstein  handehe  über  Volksetymologie,  im  besonderen  der 
Berliner,  illustrierte  dieselbe  an  Beispielen  aus  der  Praxis  des  Gerichtes,  der  Apo- 
theke, aus  Strassen-,  Vögel-  und  Pflanzennaraen.  An  der  lebhaften  Debatte  be- 
teiligten sich  die  Herren  Kronenholm,  Lazarus.  Minden,  Schwartz  und 
Waiden,    Einzelheiten  über  den  Krousohn,  die  Wonnegans  u.  dergl.  beibringend. 

Hr.  Geheimrat  Prof.  Weinhold  teilte  Bemerkungen  von  K.  Maurer  über 
Häusernamen  im  Norden  (zum  Vortrag  von  H.  Mielke,  s.  o.  S.  97)  mit.  Prof. 
Brückner  machte  Angaben  über  moderne  Traumdeutung  bei  Polen  und  Küssen. 
Hr.  Dr.  Hampe  besprach  die  Fassung  der  Eingparabel  in  einem  Meisterspruche 
aus  dem  XVI.  Jahrhundert. 

Freitag-,  den  22.  April.  Hr.  Privatdozent  Dr.  P.  Kretschmcr  handelte  über 
den  Berliner  Volksdialekt  und  seine  niederdeutschen  Elemente.  Nach 
einer  Übersicht  der  spärlichen  älteren  Quellen  sowie  der  Siedelungsverhältiüsse  in 
den  Marken  erörterte  er  die  niederdeutschen  Spuren  des  Vokalismus  und  Kon- 
sonantismus des  Berliner  Dialekts,  verwandte  Erscheinungen  namentlich  in  den 
Marken  hervorhebend.  Seine  Angaben  wurden  in  einer  regen  Debatte  durch  die 
Hrn.  Dir.  Schwartz,  AValden,  Seelmann,  Minden,  Bartels  und  Mielke 
teilweise  erweitert. 

Hr.  Gymnasiallehrer  Dr.  U.  Jahn  legte  Neuerwerbungen  des  Volkstrachten- 
museums vor  imd  ging  sodann  zu  seinem  Vortrage  über  Hexenwesen  und 
Zauberei  im  heutigen  Volksleben  über,  wie  letztere  erworben  und  fort- 
gepflanzt wird,  über  Zauberbücher,  über  die  Momente,  welche  das  Volk  in  seinem 
Glauben  bestärken,  z.  B.  die  direkte  Bekämpfung  von  der  Kanzel  aus,  wodurch 
der  Sache  zu  viel  Gewicht  beigelegt  wird:  alle  seine  Angaben  entstammten  eigenem 
Verkehr  mit  Zauberern  und  dem  zaubergläubigen  Volke.  Die  Debatte,  in  welche 
die  Herren  Meitzen,  Pappenheim,  Schwartz  und  Waiden  eingriffen,  bezog 
sich  zumal  auf  die  Praxis  der  mittelalterlichen  Ordalien. 

Freitag,  den  27.  Mai.  Hr.  Professor  A.  Brückner  sprach  über  Heide n- 
dichtung  auf  Grund  russischer  Bylinen:  im  Gegensatze  zur  mythologischen 
und  historischen  Erklärung  der  Heldenlieder  betonte  er  das  märchen-  und  novellen- 
hafte  Element,  welches  den  dürftigsten  historischen  Kern  völlig  überwuchere,  und 
nannte  eine  Reihe  der  am  meisten  in  den  Liedern  behandelten  Stoffe.  Er  schloss 
mit  einer  Übersicht  der  Überlieferung  der  russischen  Lieder,  mit  Angaben  über 
ihre  Heimat  und  ihre  Technik. 

Hr.  Sanitätsrat  Dr.  M.  Bartels  handelte  über  Geburtsabnormitäten  und 
Missgeburten  im  Volksglauben,  wie  sie  die  Phantasie  der  Völker  beein- 
flussen; er  verweilte  bei  den  am  häufigsten  vorkommenden  Fällen,  Geburt  in  der 
sogenannten  Glückshaube,  Fussgeburt,  Missgeburten,  Zwillingsgeburten,  Geburten 
von  blödsinnigen  Kindern  und  von  Albinos;  er  hob  hervor,  wie  bei  den  einzelnen 
Völkern  derselbe  Fall  verschieden  aufgefasst  wird.  —  Debatten  und  Mitteilungen 
wurden  von  der  Tagesordnung  abgesetzt.  A.  Brückner. 


15* 


216 


Laue : 


Litteratiir  des  Jahres  1891. 

Von  Dr.  Max  Laue. 

(Fortsetzung.) 


Das  deutsche  Volk.') 

A.  Allgemeines. 
I.   Verbreitung  und  versprengtes  Deutschtum. 


Nabert,  Karte  der  Verhreitung  der  Deutschen 
in  Europa.  Nach  . . .  amtlichen  Quellen  . . . 
Massstab  1  :  925  000.  Glogau,  Flemming 
(1891).    In  8  Sektionen  ä  M.  3,00. 

— ,  Uie  Bevölkerung  von  Deutschland.  (Globus 
59,  255.) 

Kobbelt,  Die  Deutschen  in  Rumänien.  (Tägl. 
Euudschau  ^  721.) 

Spuren  erloschenen  Deutschtums  im  nordöst- 
lichen Siebenbürgen  (Centralblatt  d.  Vereins 
f.  siebenb.  Volkskunde  14,  96,  105). 

Nenniann,  Die  deutschen  Gemeinden  in  Pie- 
mont.    Freiburg  i.  B.,  Mohr.    40  S.  M.  0,80. 

Kaibier,  Gegenwärtiger  Zustand  der  deutschen 
Gemeinden  am  Südfusse  des  Monte  Rosa. 
(Globus  59,  38.) 

Giordani,  La  colonia  tedcsca  di  Alagna-Val- 
sesia  e  il  suo  dialetto.    Opera  postuma  .  .  . 


Publicata  per  cura  e  spese  della  Sezione 
Valsesiana  del  Club  Alpino  Italiano  col  con- 
corso  di  amici.  Torino,  Candeletti.  (VIT, 
201  S.,  1  Bl.)     M.  4,00. 

Zemmrich,  Das  deutsche  Element  in  der 
Bevölkerung  der  französischen  Schweiz. 
(Deutsche  Rundschau  f.  Geogr.  u.  Stat.  13, 
337.) 

Vanaque,  Die  Schweizerbevölkeruug  in  Frank- 
reich. (Bull.  Soc.  Neuchateloise  de  Geogr. 
VI.) 

Knnz,  Chile  und  die  deutschen  Kolonieen. 
Leipzig,  Klinkhardt  [1891]  (IX  306  S.,  1  Bl., 
S.  307-633,  5  Taf.,  2  Kart.,  1  Tab.) 

Fortschritte  des  Deutschtums  in  Nord- 
schleswig.   (Globus  59,  288.) 

(iehre,  Die  neue  deutsche  Kolonisation  in 
Posen  \mä  Westpreussen  (ebenda  273)^). 


II.   Verteilung  nach  einzelnen  Gegenden. 


Küster,  Die  deutschen  Bundsandsteingebiete, 
ihre  Oberflächengestaltung  und  anthi-opo- 
geographischen  Verhältnisse.  (Forschungen 
zur  deutschen  Ijandes-  und  Volkskunde  V.*) 
Stuttgart,  Engelmaun  (S.  167—267). 

Klinger,  Verteilung  und  Zunahme  der  Be- 
völkerung im  Thüringer  "Wald  nach  Höhen- 
stufen.    (Mitteil.  d.  Geogr.  Ges.    Jena  IX.) 

Meitzen,  Land  und  Leute  der  Saalegegenden 
(Zeitschi-,  d.  Ver.  f.  Volkskunde  1. 2). 

Leinhose,    Bevölkerung  und  Siedelungen  im 


Schwarzagebiete.     (Mitteil.    d.    geogr.    Ges. 

Jena  IX.) 
Burgkhardt,  Die  Bevölkerungsdichtigkeit  des 

Elsass.    Mit  Karte.  Leipzig-Reudnitz.  Real- 

schul-Programm. 
Commenda,  Materialien  zur  landeskundlichen 

Bibliographie  Oberösterreichs.     Linz,    Verl. 

d.    Museum  Franzisco  -  Carolinum.     790  S. 

M.  8,00. 
Topographie  von  Niederösterreich.    (Schil- 
derung von  Land,  Bewohnern  und  Orten.) 


1)  Viel  Material,  besonders  nach  sprachlichen  Gesichtspunkten  für  die  europäischen 
Völker  bietet  die  vierteljährlich  erscheinende  ,Bibliotheca  philologica  oder  .  .  .  Bibliographie 
der  auf  dem  Gebiete  der  klassischen  Philologie  und  Altertumswissenschaft,  sowie  der  Neu- 
philologie .  .  .  neu  erschienenen  Schriften  und  Zeitschriften- Aufsätze.  Hrsg.  v.  Dr.  August 
Blau,  Göttingen,  Vandenhoeck  &  Ruprechts  Verlag'.  Dieselbe  ist  auch  bei  dieser  Zusammen- 
stellung benutzt  worden. 

2)  Vgl.  auch  unter  B.  II,  3,  c. 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


217 


Herausg.  vom  Verein  für  Landeskunde  von 
Niederösterreich.  3.  Bd.  Wien,  Verl.  d.  Ver. 
f.  Landesk.  v.  Niederösterr. 
Stnbei,  Thal  und  Gebirg-,  Land  tind  Leute. 


Mit  306  Abb.  u.  3  Kart.  Leipzig,  Duncker 
&  Huniblot.  XX,  742  S.,  1  Titelport.,  18  Taf. 
3  Kart.  4». 


m.   Die  deiitsclien  (und  die  andern  germiiuisclien)  Volksstämme. 


Wilser,  Die  Ostgermanen.    (Ausland  No.  43.) 
Stolzenber^:-Lut(mersen,    Die    Spuren   der 

Longobarden  vom  Nordmeer  bis  zm-  Donau. 

Hannover,  Hahn. 
Saleilles,    De  l'etablissement  des  Bürgendes 

sur  les  domaines  des  Gallo- Romains;  (Rev. 

bom-guignonne  de  l'enseigneinent  superieur, 

tome  1,  no.  1    [suite  et  fin  au  no.  2]. 
Heierli,    Alamannische    Grabfunde    aus    der 

Gegend  von   Kaiseraugst.    (Anz.  f.  Schweiz. 

Altertumsk.  Nr.  2.  3.) 
— ,   Ein    alamannischer  Gräberfund  aus  Mö- 

rüigen  (ebenda). 
Erdmaiin;  Über  die  Heimat  und  den  Namen 

der   Angeln.     Upsala,    Lundström.     119  S. 

gr.  8^'.   M.  3,nO 
V.  Witte,    Deutsche    und    Keltoromanen    in 

Lothringen  nach  der  Völkerwanderung.  Die 

Entstehung    des    deutschen    Sprachgebiets. 

Strassburg,  Heitz.  (97  S.,  1  Kart.)  =  Beiträge 

zur  Landes-    imd  Volkskunde    von  Elsass- 

Lothringen.    15.  Heft. 
Winkler,    Friesland,    Friesen    und  friesische 

Sprache  in  den  Niederlanden.  (Globus  Bd.  60. 

Nr.  2—6.)    Mit  einer  Karte. 
Bennike,    Nord-Friserne    og    deres    Land. 

Skildringer  fra  Vesterhaus.    68  S.  u.  6  lith. 

Billedcr.    Aarhus  1890. 
Sundermann,  Ostfriesisches  Volkstum.     (Am 

Urquell  II,  5—10.) 


Diercks,  Helgoland.  Hamburg,  Verlagsanstalt. 
33  S.  M.  0,60.  (-  Sammlung  geraeinverständl. 
wissensch.  Vorträge.   H.  121.) 

Odricli,  Die  Insel  Sylt  mit  besonderer  Berück- 
sichtigung des  Nordsee-  und  Stahlbades 
Westerland.  Mit  Abbildungen  und  einem 
Plan  der  Insel.  Friedenau  bei  Berlin,  Eigen- 
tum und  Verl.  v.  Otto  Odrich  [1891J  (48  S., 
1  Kart.)  8".  [behandelt  „Sitten  und  Ge- 
bräuche der  Bewohner  Sylts  S.  19—22]. 

Hansen,  Das  Nordseebad  Westerland  auf  Sylt 
und  dessen  Bewohner.  Durchges.  und  um 
eine  Biographie  Hansens  vermehrt  von  Chi*. 
Jensen.  Garding,  Lühr  &  Dircks.  IV.  234  S., 
1  BL,  1  Kart. 

Riese,  Die  Sueben.  Ein  Schlusswort.  (West- 
deutsche Zeitschi-,  f.  Gesch.  u.  Kunst  10,  3.) 

Kosiinia,  Nochmals  die  Sweben.  Eine  Ant- 
wort (ebenda  X,  1  S.  104—111). 

Wieseubacli,  Die  blinden  Hessen.  Eine  sprach- 
lich-historisch-herakUsche  Studie.  Hamburg, 
Verlagsaust.   32  S.    M.  1,00. 

V.  Pflster,  Vom  Ursprünge  der  Franken  unter 
Bezugnahme  auf  Trittenheims  Chi'onik,  so- 
wie auf  ÄthikusHistorius.  Darmstadt,  Aigner. 
43  S.  . 

Y.  Reinliardstoettner,  Laud  und  Leute  im 
bayerischen  Walde.  Zeichnungen  von  Otto 
E.  Lau.  Bamberg,  Büchner.  (Bayerische 
Bibliothek  Bd.  17)   3  BL  102  S. 


» 


B.   Einzelheiten. 
I.   Äusseres  Leben. 

1.    Äussere  Erscheinung. 

Meisner,  Die  Körpergrösse  der  Wehrpflichti-  I  Vorarlberger.   Mit  2  Tab.  u.  1  Kart.  (Mitteil, 

gen    in   Mecklenburg.     (Archiv   f.  Anthro-  1  d.  anthr.  Ges.   Wien.  XXI,  S.  69.) 

pologie,  19  Bd.,  4.Vjsh.  1890.)  Mit  Karte.  ]  Seggels  Brustmessungen  bei  bayrischen  Sol- 

Toldt,    Die    Körpergrösse    der    Tiroler    und  I  datcn.   (Globus  59,  112.) 


2.    Nahrung-. 


Staacke,  Wie  man  in  alten  Zeiten  in  unserm 
Vaterlande  ass  und  trank.  (Die  Heimat 
1,  87.) 

Aufruf:  Das  Yolkstüniliche  Backwerk  der 
Deiitsclien.  (Korrespondenzblatt  des  Gesamt- 


vereins der  deutschen  Geschichts-  und 
Altertumsvereiue  39,  Nr.  2,  S.  17—19). 

Westfalens  Schinken  und  Pumpernickel. 
(Globus  59,  208.) 

Der    Verbranch     geistiger    (weträuke     in 


k 


218 


Laue: 


Württemberg  und  seine  wirtschaftliche  Be- 
deutung. (Württemberg.  Jahrbücher  f.  Stat. 
u.  Landesk.  1889.  Stuttgart  1891,  S.  43 
bis  81.) 
Buschan,  Zur  Geschichte  des  Hopfens,  seine 
Einführung    und  Verbreitung    in   Deutsch- 

3.    Kleidung,    Schmuck 

Stüclielberg,Mittelalterlicher  Kleiderschmuck 
(Anzeiger  f.  Schweiz.  Altert.  24,  486.) 

Jacobs,  Bürgerliches  Ehrenkleid  1648.  (Ztschr.   i 
d.  Harz.  Vereins  24  \  297  f.)  [für  die  letzte 
Ehre,  Entschädigung  dafür.]  | 

U.  Jahn  und  AI.  M.  €ohn,  Jamund  bei  Köslin.   [ 
(Zeitschr.  d.  Ver.  f.  Volksk.  1,  77.)  j 

Körner,  Alemannischer  Silberschmuck  (]\Iitteil. 
d.  K.  K.  Central-Kommiss.  17,  55). 

V.  Essenwein,   Nürnberger  Schrank  aus  der 
zweiten  Hälfte  des  17.  Jahrhunderts  (Mitteil.   : 
d.  germ.  Nationalmuseums.    1891.    Bog.   10 
[Beil.  z.  Anzeiger]).  i 

4.    Wohnung,  Dorf  und 

Die  Erforschung  der  deutschen  Wolin- 
hanstypen  und  die  Teilnahme  der  Amateur- 
photographen an  der  Gewiimung  von  Beob- 
achtungsmaterial. (Deutsche  Rundschau  f. 
Geogr.  u.  Stat.  13,  390.) 

Hofifmaun,  Wohnung,  Ti-acht  und  Lebens- 
weise im  Mittelalter.  [Referat  nach  einem 
Vortrage.]  (Mitteil.  d.  Ver.  f.  Chemnitz. 
Gesch.  7.  Jahrb.  für  1889—90.  Chemnitz. 
0.  May,  1891.) 

Göpfert,  Unser  Haus  und  Heim  im  Lichte 
der  Sprache  und  Kulturgeschichte.  (Zeitschr. 
f.  d.  deutsch,  ünterr.  5,  386.) 

Itancalari,  Forschungen  über  das  deutsche 
Wohnliaus.    (Ausland  64,  Nr.  31—34.) 

Peez,  Das  Bauernhaus  in  Österreich-Ungarn. 
Mit  1  Text -111.  (Mitteil.  d.  Anthr.  Ges. 
Wien.    XXI,  57.) 

Fressl,  Über  Haus  und  Hof  des  baiwarischen 
Landmanns.  (Beitr.  z.  Anthr.  u.  Urgesch. 
Bayerns  9,  33.) 

Brandi,  Das  osnabrückische  Bauern-  und 
Bürgerhaus.  (Mitteil.  bist.  Ver.  Osnabrück 
16,  265.) 

(ifoetz,  Das  nordische  Wohnhaus  während  des 
16.  Jahrhunderts,  sonderlich  im  Hinblick  auf 
das  Schweizerhaus.  (Virchow -Wattenbach: 
Samml.  gem.  "Vorträge  H.  131.) 

Westpreussische  Häuser.  (Zeitschi-,  f.  Ethnogr. 
XXIII 3,  S.  (187).) 


land,    speziell    Schlesien.      (Ausland    64, 

Nr.  31.^ 
Schumann  -  Löcknitz ,    Zur    Geschichte     des 

Hopfenbaues  in  Deutschland  (ebenda  Nr.  36). 
Lorenzeu,    Geschichte    des   Branntweins   in 

Schleswig-Holstein.   (Die  Heimat  1,  233.) 

,   Geräte  und  Waffen. 

Die  Zinnkannen  der  Leipaer  Bäckerzunft. 
(Mitteil.  d.  nordböhm.  Exkursionski.  14, 
249—250.) 

Die  drei  „Willekommeu"  auf  dem  Rathausc 
zu  Duderstadt.  (Korrespondenzbl.  d.  Ges. 
Ver.  39,  111.) 

Schröder,  Zur  Waffen-  und  Schiffskunde  des 
deutschen  Mittelalters  bis  um  das  Jahr 
1200.  Eine  kulturgesch.  Untersuchung  auf 
Grund  der  ältesten  deutschen  volkstümlichen 
und  geistlichen  Dichtimgen.  Kiel,  lipsius 
&  Fischer.   1890.   gr.  8".   44  S.     M.  1,60. 


Stadt,   alte  Bauwerke. 

Hansen,  Die  Besiedelung  der  .Marsch  zwisclien 

Elb-   und  Eidermündung.     (Petermannsche 

Mitteil.  1891,  105.) 
Schlatterer,  Die  Ansiedlungen  am  Bodensee 

in  ihren  natürlichen  Voraussetzungen.  Eine 

authropogeogr  Untersuchung.    Mit  1  Karte. 

Stuttgart,    Engelhoni.     (=   Forschungen  z. 

Landes-  und  Volkskunde  5.  7,  S.  377—445.) 
John,    Dorf  und  Bauernhof   in  Deutschland 

sonst    und   jetzt.     (Deutsche    Zeitschr.    für 

Kulturgesch.   N.F.  1,  436-468.) 
Bräss,  Ein  sächsisches  Dorf  in  Siebenbürgen. 

fLeipz.  Zeitung  B  Nr.  117-119.) 
V.  Fischer-Benzon,  Unsere  Bauerngärten.  (Die 

Heimat  1,  166.) 


Kaufmann,  Zur  Entstehung  des  Städtewesens. 
Progr.  Münster.  32  S. 

Kuntze,  Die  deutschen  Städtegründungen  oder 
Römerstädte  und  deutsche  Städte  im  Mittel- 
alter.   Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel.   M.  1,.50. 

Zui-  Bevöllieruugsgeschichte  der  Städte. 
(Korrespondenzbl.  d.  Ges.  Ver.  d.  Gesch.  u. 
Altertumsvereine  39,  69—71.) 

Hoeniger,  Die  Volkszahl  deutscher  Städte 
im  Mittelalter.  (Jahrbuch  f.  Gesetzgebung, 
Verw.  und  Volkswirtsch.  im  deutschen 
Reich  15.) 

Kallseu,  Die  deutschen  Städte  im  Mittelalter. 
L  Gründung  und  Entwickehmg  der  Städte. 
Halle,  Waisenhaus.   X,  710  S.    M.  7,50. 


Litteratiir  des  Jahres  1891. 


219 


Knntze,  Les  villes  allemandes  du  inoyen  äge. 
(Rev.  critique,  25eme  annee,  Nr.  41.) 

SchTvartz,  Anfänge  des  Städtewesens  in  den 
Elbe-  und  Saale- Gegenden.  Bonn,  Haupt- 
mann Ing.-Diss.  [nur  Titel  und  Thesen. 
2  Bl] 

Strnye,  Die  Entstehung  der  Städte  in  der 
Mark  Brandenburg.  (Programm  d.  Progymn. 
z.  Steglitz  1890.)   4».   S.  55-65. 

Schweljel,  Aus  Altberlin.  Stille  Ecken  und 
Winkel  der  Reichshauptstadt  in  kultur- 
liistorischen  Schilderungen.  Älit  308  111.  nach 
alten  Originalen.  Berlin,  Lüstenö  der.  4''.Vin, 
487  S.   M.  15,00. 

Meyer,  Eine  deutsche  Stadt  im  Zeitalter 
des  Humanismus  und  der  Renaissance. 
(Samml.  gemeinverst.  wisseusch.  Vorträge, 
Heft  122.)  Hamburg,  Verlagsanst.  36  S. 
M.  0,80. 

Lange,  Eine  Steierische  Stadt  im  17.  Jalu*- 
hundert.    Graz,  Moser.    140  S.    M.  1,60. 

Korth,  Köln  im  Mittelalter.  (Annal.  d.  bist. 
Ver.  Niederrhein  50,  1.)  (1890). 

Jacob,  Ein  arabischer  Berichterstatter  aus 
dem  10.  Jahrhundert  über  Fulda,  Schles- 
wig, Soest,  Paderborn  und  andere  deutsche 
Städte.  Zum  ersteumale  aus  dem  Arabischen 
übertragen,  kommentiert  und  mit  einer  Ein- 


leitung versehen.  Zweite,  um  zwei  Anhänge 
vermehrte  Ausgabe.  Berlin,  Mayer  &  Müller. 
34  S. 
Hegel,  Städte  und  Gilden  der  germanischen 
Völker  im  Mittelalter.  2  Bde.  Leipzig, 
Uuncker  &  Humblot.  XVIII,  457 ;  XII,  516  S. 
gr.  8".     M.  20.00. 


Hellwig,  Auf  den  Spui-en  des  alten  Sachseu- 

walles.     (Die  Heimat  1,  177.) 
Vug,    Schlesische    Heidenschanzen,    ihre    Er- 

Ijauer    und  die   Handelsstrassen  der  Alten; 

ein  Beitrag   zur    deutschen  Vorgeschichte. 

2Bde.  Berlin,  Calvary.  XXX,  504 S.,  118 Abb., 

2  Kart.    M.  10,00. 
Treichel,  AVestpreussische  Schlossberge  und 

Burgwälle.     (Zeitschr.  f.  Ethnogr.   XXIII, 

178.) 
>^erong.  Die  Gruudhofer  Kirchhofsmauer.  (Die 

Heimat  1,  127.) 
Ruinen  in  Sachsen.    (Leipz.  Ztg.  "  Nr.  135.) 
Veckenstedt,    Rillen  und  andere  Marken  an 

den  Kirchen  und  Teuf elsst einen ,  besonders 

in  der  Pro\inz  Sachsen.  (Archiv  f.  Landes 

u  Volksk.  d.  Prov.  Sachsen  1.) 
Dittrich,  Inneres  Aussehen  der  Kirchen  des 

ausgehenden  Mittelalters.  (Zeitschr.f.  christl. 

Kunst  3,  235—50.) 


5.    Wirtschaft.     Leben   einzelner  Stände. 


fTothein,  "Wirtschaftsgeschichte  des  Schwarz- 
waldes und  der  angrenzenden  Landschaften. 
Hrsg.  von  der  badischen  historischen  Kom- 
mission. In  Lieferungen.  Strassburg,  Trübner. 
5  Lief.  (—  S.  480.) 

(Quetsch,  Geschichte  des  Verkelu-swesens  am 
Mittelrhein.  Von  den  ältesten  Zeiten  bis 
zum  Ausgang  des  18.  Jahrhunderts.  Nach 
den  Quellen  bearb.  Mit  42  Abb.  Freiburg i.B, 
Herder.  VIII,  416,  IX  S.  gr.S».  M  7,00. 

Winckelmann,  Ein  Förderer  des  Verkehrs- 
wesens in  Elsass-Lotliringen  im  16.  Jahi-h. 
(Jahrb.  f.  Gesch.,  Sprache  u.  Litt.  Elsass- 
Lothi'ingens  7,  83 ) 

Korb,  Vor  hundert  Jahren.  (Ein  Beitrag  zur 
Geschichte  des  Sti'assennetzes  [in  Nord- 
böhmen].) (Mitteil.  d.  nordböhm.  Exkursions- 
klubs 14,  160-162.) 

Brunner,  Beiträge  zur  Geschichte  der  Schiff- 
fahi't  in  Hessen,  besonders  auf  der  Fulda. 
(Zeitschr.  f.  hess.  Gesch.,  N.F.,  16,  202.) 


Thüinmel,  Der  Landsknechte  Recht  und  Ge- 
bräuche. (Deutsche  Ztschr.  f.  Kulturgesch. 
1,  409—435.) 


Haun,  Bauer  und  Gutsherr  in  Kursachsen. 
(Abh  a.  d.  staatswissenschaftl.  Seminar  in 
Strassburg  IX.)     Strassburg,  Trübner  1892. 

Lamprecht,  Der  Urspnmg  des  Bürgertums 
und  des  städtischen  Lebens  in  Deutschland. 
(Hist.  Zeitschr.  N.  F.  31,  3.) 

(J6ny,  Aus  dem  Schlettstadter  Bürgerleben 
des  16.  Jahrhunderts.  (Zeitsclu-.  f.  Gesch.  d. 
Oberrheins,  N.  F.  1,  283.) 

Fischer,  Aus  Berlins  Vergangenheit.  Ges. 
Aufsätze  zui'Kultiu"-  undLitteraturgeschichte 
Berlins.  Berlin,  Oehmigke.  2  Bl.,  205  S.,  1  Bl. 

V.  Woikowsky-Biedau,  Das  Armenwesen  des 
mittelalterlichen  Köln  in  seiner  Beziehung 
zur  wirtschaftlichen  uiul  politischen  Ge- 
schichte der  Stadt.  Breslau,  Schles.  Volks- 
zeit.-Buchh.  Ing.-Dissertation.  3  Bl,  105  S,, 
1  Bl. 

Siegel,  Aus  alten  Geschossregistern.  (Ztschr. 
f.  hess.  Gesch.    N.  F.  16,  344.) 


Brzobohaty,  Mittelalterliches  Städte-  und 
Handwerkerleben  mit  besonderer  Berück- 
sichtigung Wiens.  (Monatsschrift  f.  christl. 
Sozialreform.  13,  347.) 


220 


Laue: 


Lahmer,  Alte  Gesellen-Sitten  und  Gebräuche 
der  Schwarz-  u.  Schönfärberzunft.  (Mitteil. 
des  Nordböhm.  Exkursionsklubs  14,  14 
bis  22.) 

Meyer,  Chr.,  Deutsche  Handwerkerverbände 
und  deutsches  Gewerbeleben  im  frühen 
Mittelalter.  (Vierteljahrsschr.  f.  Volksw., 
Politik  und  Kultm-gesch.,  .Jahrgang  28, 
Bd.  III 2  ff.) 

(A.  H.),  Grüudungs-Urkunde  d.  Schuhmacher- 
Innung  zu  Bergen  a.  R.  vom  31.  Okt.  1355. 
(Monatsbl.  f.  Pomm.  Gesch.  und  Altert., 
S.  41  f.) 

Jeclit,  Satzungen  der  Görlitzer  Böttcherinnung 
aus  dem  15.  Jahrhundert.  (ProgT.  d.  städt. 
Gymn.  zu  Görlitz  1890.)  12  S.  4«. 

Aus  dem  Gildebriefe  des  Bäckergewerkes  in 
GoUnow  von  1749.  (Monatsbl.  f.  Pom- 
mersche  Gesch.  u.  Altert.  1891,  163.) 

Treichel,  Handwerks  -  Aussin-achen.  (Sep.- 
Abdi-.  a.  d.  Altpreussischeu  Monatsschrift, 
Bd.  XXVII,  H.  7,  8.,  S.  642-660.)  Königs- 
berg i.  Pr.  1890. 

Fritz,  Der  Ausstand  der  oberrheinischen 
Schuhmachergesellen  im  Jahre  1407,  nach 


ungedi-uckten  Archivalien  des  Strassburger 
Stadtarchivs.  (Zeitschr.  f.  Gesch.  d.  Ober- 
rheins.  N.  F.  6,  132.) 

Mühle  niid  Müller  im  Nösnergau.  (Correspon- 
denzbl.  f.  siebenb.  Volkskunde  14,  73.) 

Partz,  Die  Weberei  unserer  Vorfahren.  I. 
(Die  Heimat  1,  2.) 

Deutsche  Goldschmiedewerke  des  sechzehn- 
ten Jahrhunderts.  (Deutsclie  Rundscliau 
18,  3.) 

y.  Czihak,  Schlesische  Gläser.  Breslau,  Verl. 
d   Museums  1891. 

Schurtz,  Das  Alter  des  mitteldeutschen  Zinn- 
bergbaues.    (Ausland  43.) 

Kist,  Studium  und  Studentenleben  vor  46 
bis  50  Jahren  und  eine  schwere  Prüfung 
nach  absolvirtem  Universitäts-Studium.  Ein 
Beitrag  zur  Kulturgesch.  d.  XIX.  Jahr- 
hunderts. Innsbruck,  Vereins  -  Buchhandl. 
1891.   VII,  587  S. 

Fabricius,  Die  Studentenorden  des  18. 
Jahrhunderts  und  ihr  Verliältnis  zu  den 
gleichzeitigen  Landsmannschaften.  Mit  4 
Tafeln.  Jena,  Doebereiners  Nachfolger. 
M.  3,00.     (4  Bl.,  102  S.) 


II.   Inneres  Leben. 

1.    Lebenssitte  und  Recht. 


a)   Znsauiineufassende  Darstelluugeu. 

Müllenhoff,  Deutsche  Altertumskimde.  I.Band. 

Neuer  vermelu'ter  Abdruck,    besorgt  durch 

M.    Rödiger.     Berlin,    Weidmann.   XXXV, 

544  S.    M.  14,00. 
Gruudriss    der    germanischeu    Philologie 

unter    Mitwirkung     von     K.     v.    Amira, 

W.Arndt,  0.  Behaghel  u.a.,  hsg.  v.Herm. 

Paul.    1.  Band     Begriff  und   Geschichte 

der  germanischeu  Philologie.  —  Methoden- 
lehre. —  Schriftkunde.  —  Sprachgeschichte. 

—  Mythologie.     6.  Lfg.     Strassbm-g  i.  E., 

Trübner.     XVIII.  u.  S.  1024—1138   mit  1 

Runentaf.  u.  1  Kai-t.  gr.  8^  1  Bd.  M.  18,00. 
V.  Löher,    Kulturgeschichte    der    Deutschen 

im    Mittelalter.     1.  Bd.    Germanenzeit   und 

Wanderzeit.       München,      Mehrlich.     XII, 

531  S.    M.  9,50. 
Klee,    Bilder    aus     der     älteren     deutschen 

Geschichte.       1.    Reihe.       Die     Urzeit    bis 

zum    Beginn    der  Völkerwanderung.    (XII, 

284  S.)   2.  Reihe.   Die  Zeit  der  Völkerwan- 
derung    (XII,  400  S.)    Gütersloh,  Bertels- 
mann.   1890.  1891. 
Cordes,    Geschichte    des    deutschen    Volkes 

und  seiner  Kultur  im  Mittelalter.     1.  Band: 


Zur  Zeit  der  Karolinger  und  der  sächsischen 
Könige.  Leipzig,  Duncker  und  Humblot. 
709  S. 

Rabe,  Aus  vergangener  Zeit.  Separat- 
abdi'uck  aus  dem  „Schönebecker  General- 
Anzeiger".  Verl.  V.  Georg  Wolff,  Schöne- 
beck a.  E.  0.  J.  20  S.  [Bräuche  bei  Hoch- 
zeiten, Kindtaufen  und  Leichenbegängnissen, 
sowie  Tracht  um  1750  nach  der  hand- 
schriftl.  Chi-onik  des  Pastors  Carstedt  zu 
Atzendorf.] 

Sach,  Deutsches  Leben  in  der  Vergangenheit. 
(Nation  1891.  14.  Mrz.) 

Kanffinann,  Findlinge  zur  Volkskunde.  (Zeit- 
schrift f.  Volksk.  3«.) 

Stösser,  Das  Kultiu-historische  im  „Meier 
Helmbrecht'  von  Werner  dem  Gärtner. 
Bochum,  Realschul-Programm. 

Kotelmann,  Gesundheitspflege  des  Mittel- 
alters. Kulturgeschichtliche  Studien  nach 
Predigten  des  13.,  14.  und  15.  Jalu-h.  Harn» 
bürg,  L.  Voss.    1890.   276  S. 

Kootz ,  Kirchenvisitationen  im  sieben- 
bürgisch  -  deutschen  Unterwald.  Ein  Bei- 
traii'     zur    Kirchen-    u     Kulturgesch.     des 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


221 


17.  Jahrli.  (Mülilbacher  Programm )  Her- 
mamistadt  1890.    32  S.  4«. 

Pilk,  Fehden  und  Räubereien  im  15.  Jahr- 
hundert. (Über  Berg  und  Thal  14,  157, 
165.)  j 

Zapf,  Aus  der  Buschklepperzeit  des  IG.  Jahr-   [ 
hunderts.     (Archiv  f.  Gesch.  v.  Oberfranken   \ 

18,  214.)  ' 
V.  Hörmami,  Volksleben  des  Stubei.   (Stubei,  i 

Thal  und  Gebirg,  Land  und  Leute,  S.  597 
bis  612.) 

Förksen,  Aus  allen  Zeiten.  (Die  Heimat 
1,  248.) 

Petersen,  Aus  alter  Zeit  (ebenda  1,  88.) 

La  vie  et  les  moenrs  daus  l'Allemague 
d'aujourd'hui.  ;Rev.  de  deux  mondes. 
15,  mars.  [Vgl-  Leben  und  Sitten  im 
Lande  der  deutschen  Barbaren.  (.Grenz- 
boten 2,  253)] 

Unruh,  Bilder  aus  der  pommerschen  Kultur- 
und  Sittengeschichte.  (Zeitschr.  f.  d.  Kul- 
tiirgesch.  II  ^) 

Volkstüiuliches  aus  Hinterpommeru  Ja- 
munder  Hochzeitsbräuche.  Monatsbl.  f. 
Pommersche  Gesch.  S.  33—36,  53  f.,  69 
bis  71,  87—89,  119—121.) 

ßorcherdt,  Das  lustige  alte  Hamburg.  Scherze, 
Sitten  und  Gebräuche  unserer  Väter.  2.  Hälfte. 
Hambm-g,  Dörliug.    308  S. 

ßranch  und  Sitte  in  Schleswig-Holstein  im 
Anfang  des  19.  Jahrhunderts  (Zeitschr. 
f.  deutsch.  Kulturgesch.  II  ^) 

Jensen,  Die  Nordfriesischen  Inseln  Sylt,  Föhr, 
Amrum  und  die  Halligen  vormals  und  jetzt. 
Mit  besonderer  Berücksichtigung  der  Sitten 
und  Gel)räuche  der  Bewohner  bearbeitet. 
Mit  61  Abb.,  einer  Karte  und  7  farbigen 
Trachtentafeln.  Hamburg,  Verlagsanstalt 
und  Druckerei  -  Aktiengesellschaft.  VIII, 
292  S.,  7  Taf.,  1  Karte.    M.  12,00. 

Y.  Bertouch,    Vor  vierzig  Jahi-en.    Natui'  u. 


Kultur  auf  der  nordfriesischen  Insel  Nord- 
strand. Weimar,  Jüngst  o.  J.  IX,  195  S, 
M.  2,00. 

Prahn,  Glaube  und  Brauch  der  Mark  Branden- 
burg.   (Zeitschr.   d.  Vereins  f.  Volksk.  1^.) 

Stockmaun,  Aufzeichnung  eines  schlesischen 
Arztes  aus  dem  Jahre  1740.  (Zeitschr.  d. 
Ver.  f.  Gesch.  u.  Alt.     Schlesien,  Bd.  25.) 

Kelirein,  Volkstümliches  aus  Nassau.  Sprach- 
proben, Sagen,  Kinderliedchen,  Märchen, 
Volkswitze,  Sprichwörter,  Bräuche.  Leipzig, 
Lesimple.  296  S.  M.  1,25  (Neue  Titel- 
ausg.) 

Genj-,  Aus  dem  Schlettstädter  Bürgerleben 
des  16.  Jahrhunderts.  (Zeitschr.  f.  Gesch. 
d.  Oberrhetns.    6,  283.) 

.Weyer,  Die  Familienchronik  des  Ritters 
Michel  V.  Ebenheim.  (Zeitschr.  f.  deutsche 
Kultiu-gesch.  N.  F.  1,  69—96,  123-146.) 

Martin,  Notizen  eines  Strassburger  Bürgers 
um  1G25.  (Jahrb.  f.  Gesch.,  Sprache,  Litte- 
ratur V.  Elsass-Lothringen  7,  109.) 

Eathgeber,  Aus  einer  elsässischen  Familieu- 
chi-ouik.  Büder  aus  dem  dreissigjähi-igeu 
Kriege  (ebenda  7,  123.) 

Cetty,  Die  altelsässische  FaraiUe.  (Monats- 
schrift f.  clu-istl.  Sozial-Reform  13,  586.) 

—  Die  altelsässische  Familie.  Einzig  ge- 
nehmigte Übersetzung  aus  dem  Franzö- 
sischen. Freiburg  i  B.,  Herder.  XI,  228  S. 
M.  2,00. 

Stehle,  Volksglauben,  Sitten  und  Gebräuche 
in  Lothringen.    (Globus  59,  377.) 

Kortli,  Volkstümliches  aus  dem  Kreise  Berg- 
lieim.  (Annalen  d.  bist  Vereins  f.  d  Nieder- 
rliein  52,  1.)  [Gebräuche,  Aberglauben, 
Woi-terklärungen.] 

V.  Rodt ,  Berns  Bürgerschaft  und  Gesell- 
schaft. Mit  11  LichtcU-uck-Taf.  (Fest- 
schrift z.  VII.  Säkularfeier.  1191—1891. 
Bern,  Schmid.) 


b)    Familienleben  \on  der  Geburt  Ms  zum  Tode. 


Matthies,  Die  zehn  Altersstufen  des  Men- 
schen. Aus  dem  Nachlasse  von  Julius 
Zacher.  i^Zeitschr.  f.  deutsche  Philologie 
23,  385.) 

Lemcke,  Verlobungs-,  Hochzeits-  und  Kind- 
taiifsordnung  der  ehemaligen  freien  Reichs- 
stadt Nordhausen.  (Harzer  Monatshefte 
2,  3.    März  1891.    S.  54-56). 

Wassermann,  Aussteuer  armer  Jungfrauen 
im  Mittelalter.    (D.  KathoHk  5,  432—40.) 

Schaefer,  Wie  man  frülier  heiratete.  (Zeitschr. 
f.  deutsche  Kulturgesch.  N.  F.  II.*). 


Hermann,  Lieder  und  Bräuche  bei  Hoch- 
zeiten in  Kärnten.  (Arch.  f.  Antlu'opologie 
19,  3.) 

Brauttanz  im  Amtsbezirk  Janien,  Kreis  Rends- 
bm-g.  (CoiTespondeuzbl.  d.  Ges.  Ver.  39,  48.) 

Buchivald,  Ein  Geburtsbrief,  ausgestellt  vom 
Chemnitzer  Abt  Heinrich  ^Mitteilungen  d. 
Ver.  f.  Chemnitz.  Gesch.  8,  148). 

V.  Oechelhäusei',  Philipp  Hainhofers  Bericht 
über  die  Stuttgarter  Kindtaufe  im  Jahre 
1616.  (Neue  Heidelberger  Jahrbücher  T,  2. 
S.  254  f.) 


k 


222 


Laue: 


Stephan,  Die  häusliche  Erziehung-  in  Deutsch- 
land wähi-end  des  18.  Jahi-hunderts.  Mit 
Vorwort  von  Karl  Biedermann.  Wiesbaden, 
Bergmann.    M.  3,60. 

Katt,  Väterliche  Ermahnungen  vor  2  Jahrh. : 
Brief  v.  Beichling's  an  seinen  Sohn  Wolf 
Dietrich.  (Burschenschaftliche  Blätter  5, 
16  f.) 

Hoefler,  Das  Sterben  in  Oberbayern.  (Am 
Urquell  11.^) 

Dirksen,  Sitten  und  Gebräuche  bei  Sterbe- 
fällen in  Meidrich  (Eeg.-Bez.  Düsseldorf). 
(Zeitsclii-.  Ver.  Volksk.    1,  219.) 

Kaibier,  die  Leiclienbretter.  Mit  Abb.  (Glo- 
bus 59,  184.) 


Hein,  Die  Totenbretter  im  Böhmerwalde. 
Mit  2  Tafeln  und  6  Text-Illustrationen. 
(Sonderabdr.  aus:  Bd.  21  d.  Mitt.  d.  au- 
thropol.  Ges.  in  Wien.)     Wien  1891. 

Beispiele  des  Balirrechtes.  Bäyerland  2, 
372.) 

Baechtold,  Die  Anwendung  der  Bahrprobe 
in  der  Schweiz.  (Romanische  Forschungen 
5  (1890),  221—228.) 

Lemcke,  Mordkreuze  in  Pommern  (Monatsbl. 
d.  Ges.  f.  Pommer.  Gesch.  S.  24  f.) 

Trauer,  Die  Kreuzsteine  des  sächs.  Vogt- 
landes. (Mitt.  Altertumsver.  Plauen  8,  57.) 
[Sind  nur  zum  Teil  Mordkreuze.] 


Weinhold,  K.,  Beiträge  zu  den  deutschen 
Kriegsaltertümern.  (Sitzungsber.  der  K. 
Preuss.  Akademie  der  Wissenschaften.  Berlin. 
543—567.) 

V.  d.  Brlele,  Kulturgeschichtliches  aus  dem 
deutschen  Frauenleben  in  vorchristlicher 
Zeit.  (Vortr.  geh.  im  Frauenverein  am 
23.  Febr.  1891.)  Programm  d.  städt.  höheren 
Töchterschule  zu  Halberstadt.  S.  3—15. 
Halberstadt,  Doelle.    4«. 

Steiiihauseii,  Die  deutschen  Frauen  im  sieb- 
zehnten Jahrhundert.  (Zeitschr.  f.  deutsch. 
Kulturgesch.  N.  F.  1,  10—25.) 

Behrens,  Deutsches  Ehr-  und  Nationalgefühl 
in  seiner  Entwickelung  durch  Philosophen 
imd  Dichter.  (1600-1815.)  Leipzig,  Reud- 
nitz.  Hoffmann.  152  S.,  1  Bl.  Inaugural- 
Dissertation. 

Deuecke,  Beiträge  zur  Eutwickelungsge- 
schichte  des  gesellschaftlichen  Anstands- 
gefühls in  Deutschland.  Dresden-Altstadt, 
Kreuzschul-Gymnasial-Programm. 

Fuhse,  Sitten  und  Gebräuche  der  Deutschen 
beim  Essen  und  Trinken  von  den  ältesten 
Zeiten  bis  zum  Schlüsse  des  XI.  Jahrh.  — 
Eine  germanistisch -antiquarische  Abhand- 
lung. Wolfenbüttel,  Wollermann.  2  Bl., 
44  S.,  1  Bl.  Göttinger  Ing.  -  Dissertation. 
M.  1,00. 


c)  Sitte. 

Jacobs,  Sittengeschichtliches  aus  Wernige- 
rode. 1574.  (Zeitschr.  d.  Harzvereins  24, 
291  f.)  [ein  Bierki-awall.] 

Frauenhäuser  in  Oberschwaben.  (Würtem- 
berger  Vierteljahrshefte  13,  771.) 

Jacobs,  Ed.,  Ein  Dockenkind  machen.  16.56. 
(Zeitschr.  d.  Harzvereins  24.^  304)  [einem 
Mädchen  zum  Schimpf.] 

—  th,  Altertümliche  Zeitbestimmung  bei  dem 
Rossen  des  Hanfes  und  Flachses.  (Centralbl. 
d.  Ver.  f.  siebenbürg.  Landesk.  14,  33.) 

Steinhaiisen ,  Geschichte  des  deutschen 
Briefes.  Zur  Kulturgeschichte  des  deutschen 
Volkes.  2.  Th.  Berlin,  Gaertuer  189 L  III, 
420  S.  kl.  8«.    M.  9,00. 

Ribheck,  Ein  Liebesbrief  a.  d.  16.  Jahrh. 
(Jalu-b.  d.  Ver.  f.  niederd.  Spracht.  15,  73 
bis  78.) 

Schmidt,  Ein  Schmähbrief  des  15.  Jahrh. 
(Zeitschr.  d.  Harzver.  24  ',  323-327.) 

Grössler,  Ein  in  den  Felsen  gehauenes 
Stammbuch  bei  Naumburg.  (Archiv  f. 
Landesk.  d.  Prov.  Sachsen  1,  150—154  = 
Mitteil.  d.  Vor.  Erdk.  Halle  1891,  150—154.) 

Rüdiger,  Der  Komödiendoctor  auf  dem 
Hopfmarkt.  (Mitteil.  d.  Ver.  f.  Ham- 
burger Gesch.  13,  19—21.) 

Fränkel,  Bemerkungen  zur  Entwickelung  des 
Grobianismus.     (Germania  36,  181.) 


d)  Recht. 


Wieszner,  Zusammenstellung  einiger  deut- 
scher Rechtsaltertümer  aus  Willems  Ge- 
dicht van  den  vos  Reinaerde.  Breslau. 
Elisabeth-Gymn.-Progr. 

Pyl,  Beiträge  zur  Pommerschen  Rechtsge- 
schichte. IL  Die  Verwaltung  und  die  Ge- 
richtsbarkeit d.  Rügisch-Pommerschen  Abt. 


d.  Ges.  f.  Pommersche  Gesch.  —  Univ. 
Buchhandl.  in  Komm.  4  BL,  152  S. 
V.  Rockiuger,  Denkmäler  des  Baierischen 
Laudrechtes  vom  13.  bis  in  das  16.  Jalir- 
hundert.  2  Bde.  München,  Hist.  Verein  f. 
Ober-Baiern. 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


223 


Leist,  bayerisches  Gerichtswesen  in  alter 
Zeit.     (Allg.  Zeit.  "    Nr.  269.) 

—  th,  Schulden.  Ein  Stück  Eechtsaltertum. 
(Correspondenzbl.  des  Vereins  f.  sieben!). 
Landesk.  14,  35.) 

Siegel,  Das  pflichtmässige  Rügen  auf  den 
Jahrdingen  und  sein  Verfahren.  Ein  Bei- 
trag zur  Geschichte  der  Rechtsverfolgung 
in  deutschen  Landen.  Sitzungsber.  d  Akad. 
d.  Wissensch.  z.  Wien.  Hist  -pbil.  Classe. 
125.)    (1891.) 

Osswald,  Nordhäuser  Kriminal -Akten  von 
1498-1657.  (Zeitschr.  d.  Harzver.  24.', 
151—200.) 


Das  Tliürmchen  auf  der  Steilau.  (Centralbl. 
V.  f.  siebenb.  Landesk.  14,  89,  104.) 

Frahm,  Zum  Zweikampf.  (Die  Heimat  1, 
214.) 

Beck,  Ein  Volksgericht  in  den  Alpen.  (Zeit- 
schrift f.  deutsche  Kulturgesch.  N.  F.  1, 
97-103.) 

V.  Staniford,  Ein  Prozess  vor  dem  peinlichen 
Halsgericht.  1636-1641.  (Zeitschr.  d.  V. 
hess.  Gesch.  N.  F.  IG,  285.) 

Brunner,  Abspaltungen  der  Friedlosigkeit. 
(Zeitschr.  d.  Savigny- Stift.  Germ.  Ab- 
teilung XI,  62-100.) 


e)   Volksbelustigung'en. 


Stehle,  Volkstümliche  Feste,  Sitten  und  Ge- 
bräuche im  Elsass  1891.  (Jahrbuch  f.  Gesch., 
Sprache,  Litteratur  i.  Elsass-Lothringen  7, 
200.) 

Gradl,  Volksbelustigungen  in  Alt-Eger  (Egerer 
Jahrbuch,  2L.  Jahrg.) 

Hergel,  Die  Jugendspiele.  Programm  Brüx. 
15  S.   8«. 

Veckeustedt,  Der  Festkalender  von  Homburg 
(bei  Oberröblingen  am  See)  in  Sitte,  Brauch 
und  Schwank.  Zusammengetragen  und  mit- 
geteilt nebst  Vorwort.  (Zeitschr.  f.  Volksk. 
in»,  302.) 

Lichttanz,  Kreis  Plön.  (Correspondenzbl.  d. 
Ges.  Ver.  39,  48.) 

Ss.,  Weihnachts-  und  Neujahrsbräuche. 
Corresp.  d.  Ver.  f.  siebenbürg.  Landesk.  14, 
43.) 

Krause,  Zur  Geschichte  des  Weihnachts- 
baumes.    (Die  Heimat  1,  219 ) 

Bösdi,  Fastnachtsbelustigung  1657.  (Mitteil. 
a.  d.  Germ.  National-Museum  3,  22—24.) 

Ortwein,  Auf  der  Suche  nach  Pfingstbräuchen 
im  Harz  und  den  angrenzenden  Ortschaften. 
(Harzer  Monatshefte  2,  6.) 

Hartmann,  Der  Maigraf.  (Ebenda  1.  (1890), 
S.  69.) 

Jacobs,  Über  den  alten  Gebrauch  des 
Stinkpfisters  oder  Stinkefeist.  (Zeitschr. 
d.  Harzvereins  24  S  302—304)  [Vertreibung 
des  Winters  durch  den  Mai.] 

Alberti,  Rolandreiten  —  Rolandfahren.  (Die 
Heimat,  Monatsschr.  d.  Ver.  f.  Natur-  u. 
Landesk.  in  Schleswig-Holstein  1,  77.)  [Ro- 
landspiele =  uralte  Maispiele.] 

Peters,  Rolandreiten  in  Windbergen.  (Ebenda 
S.  58.) 

Schmidt,  Schiff-  und  Pflugziehen  als  Früh- 
lingsbräuchc.  (Nationalzeitung  1890.  Nr. 
142,  144.) 


Mitzschke,  Beiträge  zur  Kirschfestfrage. 
(Naumburger  Kreisblatt,  Beilage  z.  Nr.  176 
u.  178) 

Schell,  St.  Martinstag  im  Bergischen.  (Am 
Urquell  IL*) 

Der  Lichtbrateu,  (ein  Zunftbrauch).  (Cor- 
respondenzbl. d.  Ver.  f.  siebenb.  Landesk. 
14,  53.) 

Grössler,  Schmaräkeln  und  Platzen,  zwei 
eigenartige  Kegelspiele  der  Grafschaft  Mans- 
feld.  (Mit  2  Tafeln.)  Mansfelder  Blätter  4 
(1890),  118—132. 

Heineck,  Ein  lateinisches  Schulgespräch  über 
das  Schmaräkel-Kegelspiel  aus  dem  Jahre 
1696.  Neu  herausgegeben  (ins  Deutsche 
übertragen  von  H.  Gross  1er):  ebenda  5, 
155—163. 

Der  Tanz  zu  Kölbigk.  (Harzer  Monatshefte 
2.'). 

Sächsische  Adeltäuze  im  16.  und  17.  Jahr- 
hundert.    (Leipz.  Zg.  15  Nr.  131.) 

Hüser,  Der  Schwerttanz  von  Atteln  ])ei  Büren. 
(Zeitschr.  f.  Volkskunde  III '^) 

E.  K.,  Das  Trommeln  in  Basel.  (Vom  Jura 
zum  Schwarzwald  8,  2.) 

Messikomer ,  Das  Pfeilschiessen  in  der 
Schweiz.  (Internat.  Archiv  f.  Ethnogr. 
IV,  5.) 

Tille,  Einladung  zum  Schützenfeste  nach 
Augsburg  1509.  (Alemania,  18,  193  bis 
201.) 

Knoop,  Von  der  Schützengilde  in  Rogasen. 
(Zeitschr.  d.  hist.  Ges.  z.  Posen  6,  34.) 

Nathansen,  Zur  Geschichte  der  Hamburger 
Schützengilde :  kulturhistorische  Skizze. 
Hamburg,  Meissner,  illustr.  43  S.  M.  1,00. 

Jacob,  Die  Torgauer  Geharnischten  und 
der  Auszug  der  Torgauer  Bürger -Kom- 
pagnien.   Torgau,  Jacob,  o.  J.  [1890]  44  S. 


224 


Laue: 


2.    Glaube  und  Aberglaube. 
a)  Religion. 


Weinhold,  Beiträge  zu  den  deutschen 
Kriegsaltertümern,  vgl.  oben  II.  1.  c. 

Lecliner,  Mittelalterliche  Kirchenfeste  und 
Kaiendarien  in  Bayern.  Freiburg  i.  Br., 
Herder.    4  Bl.,  287  S.    M.  6,00. 

Hoef  1er,  Die  Kalenderheiligen  als  Krankheits- 
patrone beim  bairischen  Volke.  (Zeitschr. 
Ver.  f.  Volksk.  1,  3.) 

Nilles,  Abergläubische  Verehrung  der  24  Äl- 
testen der  Apokalypse.  (Zeitschr.  K.  Theo- 
logie 15,  172.) 

Wossidlo,  Gott  und  Teufel  im  Munde  des 
Mecklenburgischen  Volkes.  (Correspondenz- 
blatt  d.  Ver.  f.  niederd.  Spracht.  XV.  2, 
S.  18.  14.) 

Höf  1er,  Votivgaben  beim  St.  Leonhards-Kult 


in  Oberbayern.    (Beitr,  Anthrop.  u.  Urgesch. 

Bayern  IX,  1091) 
MattliiaB,   Die  Hölle   in  der  volkstümlichen 

Überlieferung.     (Leipz.  Zg.ß  Nr.  140.) 
Hellwig-,  Stations-  und  Marterkreuze.    (Mit 

Abb.)     (Die  Heimat  1,  215.) 
St.  (xeorg'  in  Legende  und  bildender  Kunst. 

(Archiv,  f.  cliristl.  Kunst.  9,  9f.,  17 f.) 
Strohschneider,  Eine  mittelfränkische  Agnes- 
legende.   (Progr.  Prag.  35  S.  8".) 
Düuimler,  Legenden  vom  heiligen  Nicolaus. 

(Zeitsclu*  f.  deutsche  Altert,   u.  d.  Litt.  35, 

401.) 
Glöde,  Zum  heiligen  Nikolaus.     (Zeitschr.  f. 

deutsch.  Unterr.  59,  352.) 


b)  Mythologie. 


Meyer,  Germanische  Mythologie.  Berlin, 
Mayer  &  Müller.  XI,  354  S.  (Lehrb.  d.  germ. 
Philol.  I.) 

Kauffmann,  Deutsche  Mythologie.  Stuttgart, 
Göschen.  107  S. 

Herrnianowski,  Die  deutsche  Götterlehre 
und  ihre  Verwertung  in  Kunst  imd  Dich- 
tung. 1.  Band:  Deutsche  Götterlehre.  (2B1., 
284  S.)  2.  Band:  Germanische  Götter  und 
Helden  in  Kunst  und  Dichtung.  (2  Bl , 
278  S.)  Berlin,  Nicolaische  Verlags-Buch- 
handl.    M.  7,50. 

Mogk,  Mythologie.  (Grundriss  der  ger- 
manischeu Pliilologie  hrsg.  v.  Herrn.  Paul. 
Bd.  1,  982— 11B8.) 

Schröter,  Germanische  Mythologie.  Allgem. 
Zg.  B,  Nr.  238—243. 

Jänsch,  Die  altdeutsche  Religion  auf  dem 
Unterharze.  (Norddeutsche  allg.  Zg.  ^^ 
70  f.,  74. 

List,  Deutsch -Mythologische  Landschafts- 
bilder, Berlin,  Lüstenöder.  gr.  8'*,  4  Bl., 
264  S.    M.  4,50. 


Knoop,  Die  neu  entdeckten  Göttergestalten 
und  Götternamen  der  norddeutschen  Tief- 
ebene. III.  Die  Äsen.  (Zeitschr.  f.  Volksk. 
III,  5,  S.  161.)  IV.  Frau  Hinne  (ebenda 
S.  321.) 

Siebs,    Beiträge    zur    deutschen   Mythologie. 

1)  Der  Todesgott  Henno  Wotan  -  Mercurius 

2)  Things.  3.  Hludana.   (Zeitschr.  f.  deutsch. 
Phil    24.) 


V.  Grienberger ,  germanische  Götternameu 
auf  rheinischen  Inschriften.  1)  Mars  Hala- 
mardus.  2)  Dea  Saudraudriga,  3)  Mer- 
curius Leudisio.  4)  Dea  Vagdavercustis. 
5)  Hercules  Saxo.  (Zeitschr.  f.  deutsch. 
Altert,  u.  deutsch.  Litteratur  35,  4.) 

Krause  [Carus  Sterne],  Das  Alter  und  die 
angebliche  Fälschung  der  Baidursage. 
(Sonntagbeil.  Nr.  4  und  5  zur  Voss.  Zei- 
tung.) 

Much,  Jupiter  Tanarus.  (Zeitschr.  f.  deutsch. 
Altert,  u.  d.  Litt.  35,  4.  S.  372.) 

Kanlfmanu,  Mythologische  Zeugnisse  aus 
römischen  Inschriften.  2.  Mars  Thingsus  et 
duae  Alaesiagae.  3.  Dea  Nehalennia.  (Beitr. 
z.  G.  d.  deutsch.  Spr.  u.  Litt.  16,  200.) 

Jaekel,  Die  Hauptgöttin  der  Istväen.  (Zeitsclir. 
f.  deutsch.  Phil.  24,  289.) 

—  Ertha  Hludana  [Friesengottheit].  (Zeitsclir. 
f.  d.  Philol.  23,  129.) 

Sievers,  Die  angebliche  Göttin  Ricen.  (Bei- 
träge z.  Gesch.  d.  deutsch.  Sprache  u.  Litt. 
16,  366.) 

Bangert,  Od  und  Oda.  (Zeitschr.  d.  Ges.  f. 
Schleswig-Holstein.  Land.  Geschichte  XX, 
213.)     [Kiel  1890,  ausgegeben  1891.] 

Schürz,  Fergunna.     (Ausland  63,  301.) 

Much,  Die  deutschen  Namen  derDeae  Matres. 
(Zeitschr.  f.  deutsch.  Altert.  XXXV,  3.) 


Dahn,  Feuer,  Wasser,  Luft  und  Erde  in 
d.  Götterglauben  der  Germanen.  (Wester- 
manns  Monatsh.  70,  54 — 65.) 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


225 


Sepp,  Die  Keligiön  der  alten  Deutschon  und 
ihr  Fortliestand  in  Volkssag-en,  Aufzügen 
und  Festbräuchen  bis  zur  Gegenwart,  mit 
durchgreifender  Religions  -  Vergleichung. 
München,  Lindauer.   419  S.    M.  6,00. 

Schwarz,  Reste  des  Wodankultus  in  der 
Gegenwart.  (Nach  einem  Vortrage  des 
Verfassers  im  Künstlerverein  zu  Celle.) 
Leipzig,  Neumann.   8".   30  S.    M.  1,00. 

Lehmauu,     Die    Götterdcämmerung     in    der 


nordischen  Mythologie.  2.  Aufl.  Königs- 
berg, Bon.  43  S.     M.  0,80. 

Hang,  Die  Viergöttersteine.  Westdeutsche 
Zeitschr.  X,  1.,  S.  9—61.  [Fortsetzung  von: 
Die  Wochengöttersteine  (ebenda  IX,  1  bis 
58.)] 

Spaldiug,  Der  König  der  Tiere  bei  den  alten 
Germanen.  Teil  I,  Verehrung  des  Bären. 
Programm  d.  Kgl.  Gymn.  z.  Neumark  i. 
Westpr.  1890.    30  S.  4". 


Schullerus,    Zur    Sagenkunde.      (Correspon- 

denzbl.  d.  Ver.  f.  siebenbürg.  Landeskunde 

14,  27—29.) 
Deutsche  Sagen.     Herausgeg.  v.  d.  Gebrüdern 

Grimm.     Bd.  1.  2.     Besorgt   von   Herrn. 

Grimm.     Berlin,   Nicolai.     XX,    268    und 

21.5  S.    M.  6,00. 
Kiiauthe,  Sagen  und  Märchen.     (Am  Urquell 

11,  8.) 
Müller,  Walther,    Haine  uud  Bäume  in  Ge- 
schichte   und    Sage.     (Zeitschr.  f.   deutsch. 

Kulturgesch.  II,  1.) 
Röhricht,    Sagenhaftes  und  Mythisches   aus 

der  Geschichte    der   Kreuzzüge.     (Zeitschr. 

deutsch.  Phil.    28,  4.) 
Singer,  Salomosagen  in  Deutschland.     (Zeit- 
schrift, f.    d.  Altert,   und   deutsch.  Litt.  35, 

177.) 
Zinzow,   Die  erst  sächsisch-fränkische,    dann 

normannische    Mirmann-Sage    nach    Inhalt, 

Ursprung    und    Deutung.      Pyritz,    Gymn  - 

Progr. 
Roediger,    Die    Sage    von    Ermenrich    und 

Schwauhild.      (Zeitschr.     Ver.    Volkskunde 

1,  3.) 
Estorif,   Der  wilde  Jäger.     Ein  Versuch  zur 

Erklärung  des  Phänomens.  (Zeitschr.  Volksk. 

3,  3.) 
(liander,    Der    wilde   Jäger   und   sein   Ross. 

Vortrag.     (Mitteil    Niederl.  Ges.  f.  Anthrop. 

TL  1.) " 
Henne  am  Rhyn,    Der   Geisterspuk   in    der 

deutsclien  Volkssage.    (Deutsche  Zeitschr.  f. 

Knltm-vsch.  N.  F.  1,  375—390.) 
V.  Eynahten,  Nixenzauber.    (Harzer  Monats- 
hefte 2.  3.) 
Schröder,     Die    deutsche    Kaisersage.     Geh 

Heidelberg,     4".     28  S. 


Haas,  Rügensche  Sagen  und  Märchen.  Ge- 
sammelt und  hrsg.  Greifswald,  Bamberg. 
XII,  263  S.     M.  2,80. 

—  Rügensche   Legenden.     Nach    mündlicher 


c)   Sagen. 

Mitteilung   aus   Trent  a.  R.      (Monatsbl.  f. 
Pommersche  Gesch.  u.  Altert.  75—76.) 

Eine  Sage  von  der  Insel  Wollin.  (Monatsbl. 
f.  P.  G.  1891,  S.  1.) 

West])reussische  Volkssageu.  No.  1.  Die 
Teufelskanzel  zu  Sartowitz.  Hrsg.  v.  Ru- 
dolf Knopf.     Graudenz,  Gaebel.    9  S. 

No.  2.  Die  Pfingstglocken  vom  Kloster- 
see. Hi-sg.  V.  Rudolf  Knopf.  Graudenz, 
Goebel.    6  S. 

No.  3.  Der  Schwedenschimmel  von  Stulni. 
Hrsg.  V.  Knopf.    8  S. 

No.  4.  Der  Kaplan  vom  Hagelsbergc. 
10  S. 

No.  5.  Das  Festungsgespenst  von  Grau- 
denz.   9  S.,  1  BL 

Haase,  Sagen  und  Märchen  aus  der  Graf- 
schaft Ruppin  und  Umgegend.  (Am  Ur- 
quell, IL  6.     IL  10.) 

Grauder.  Sagen  und  sagenhafte  Mitteilungen 
aus  Kreis  Guben.  (Mitteil.  NiederL  Ges. 
f.  Anthrop.  II,  S.  121.) 

Handtmann,  Was  auf  märkischer  Heide 
spriesst  Märkische  Pflanzenlegenden  und 
Pflanzensymbolik.  Berlin  Lüstenöder.  184  S. 
M.  3,00. 

Harweck-Waldstedt,  Was  die  Selke  plät- 
schert! Geschichtliches,  Gedichte,  Sagen 
und  Märchen  aus  dem  Selkethale.  Ges. 
und  hrsg.  Mit  Original-Beiträgen  lebender 
Autoren.  Wanderung  von  der  Quelle  bis 
zur  Mündung.  Osterwieck,  Harz,  Zickfeldt. 
XI,  160  S. 

Heinecke,  Les  Mines  et  les  Mineures.  XVIII. 
Le  mineur  et  le  genie,  legende  du  Harz. 
(Revue  des  traditions  pop.    VI,  11.) 

Förstner ,  C.  [lara] ,  Neues  uud  Altes  aus 
dem  Sagenkreise  des  Vater  Brocken.  Märchen 
und  Sagenerz.  Quedlinburg,  Vieweg.  [1891  ], 
2  Bl.,  72  S. 

(wünther.  Aus  der  Geschichte  der  Harzlande. 
3.  Bändchen:  Wie  die  Harzer  Christen 
wurden.     (Das    Heidentum    in    den   Harz- 


226 


Laue: 


landen,  den  Bewohnern  der  Harzlande  wird 
das  Christentum  gebracht,  Reste  und 
Spuren  des  Heidentiuns.)  4.  Bändchen: 
Aus  der  Zeit  der  sächsischen  Kaiser.  [Darin 
viel  Sagenhaftes.]  Hannover,  Meyer.  162 
und  92  S.  kl  8».    M.  1,50  und  1,00. 

Wiicke,  Sagen  der  mittleren  Werra  und  der  an- 
grenzenden Abhänge  des  Thüringer  Waldes. 
2  Aufl.,  lirsg.  V  H.  Ullrich.  Eisenach, 
Kahle. 

Wettig:,  Der  Sagenkrauz  des  Kyffhäusers. 
Zur  Erinnerung  an  die  Errichtung  des 
Denkmals  Kaiser  Wilhelm  I.  Bremen, 
Nössler.   42  S. 

Crrössler,  Zweite  Nachlese  von  Sagen  und 
Gebräuchen  der  Grafschaft  Mansfeld  und 
ihrer  nächsten  Umgebung.  (Mansfelder 
Blätter  4.  [1890],  140—159.) 

Schurtz,  Der  Seifenbergbau  im  Erzgebirge 
und  die  Walensagen.  (Forsch,  deutsch. 
Landes-  u.  Volksk.  5,  85-166.) 

Paudler,  Nordböhmische  Lokal-Sage.  XV. 
Nr.  153-160.  (Mitteil.  d.  nordböhm.  Ex- 
kursionskl.  14,  125-129.) 

Richter,  Zwei  Sagen  (ebenda,  123  —  125.) 

Zekel,  Die  Schätze  des  Taubenberges  (ebenda 
359—361.) 

Keiter,  Aus  der  Sagenwelt  der  öster- 
reichischen Alpen.  Eine  Studie.  (Öster.- 
Ung.  Revue  11,  152.) 

Zingerle,    Sagen    aus  Tirol,    2.  Aufl.    Inns- 


bruck, Wagner.  XX,  738  S.,  1  Bl.  — 
M.  9,G0. 

Meyer,  Schiern -Sagen  und  Märchen.  Inns- 
bruck, Wagner.     M.  3,20. 

La  Mare  de  Lak  (Tyrol):  (Revue  des  tra- 
ditions  pop.  6,  636.) 

Le  Lac  Weerer  (Tyrol):  (ebenda,  637.) 

Branky,  Volksüberlieferungen  aus  Österreich. 
(Zeitsclu-.  f.  Volksk.   IIL    6,   S.  221,  379.) 

Dürnwirth,  Deutsches  Element  in  slove- 
nischcn  Sagen  des  kärntischen  Oberrosen- 
tbales      (Zeitschr.  Volksk.  IIL  6,  S.  201.) 

Waizer,  Sagen  vom  Schlosse  Stein.  (Ca- 
rinthia,  Mitteil.  d.  Gesch.  Ver.  Kärnten, 
81.  Jahrg.,  2.  Heft.) 

Franziszi,  Sagen  aus  dem  Gailthale.  (Neue 
Carinthia,  3.  H.) 

Schlossar,  Sagen  vom  Sclii-atel  aus  Steier- 
mark. (Zeitschi-,  f.  Volksk.,  IL  9.  S.  341.) 

Barguiiinn,  Elsässer  Sagen.  (Jahrb.  Gesch. 
Elsass-Lothringen  4.) 

Warker,  Wintergrün,  Sagen,  Geschichten, 
Legenden  und  Märchen  aus  der  Provinz 
Luxemburg.  Ges.  u  hrsg  2.  bedeutend 
verm.  Aufl.  Arlon.  Willems  Poussin.  8"  [er- 
scheint in  Lieferungen.] 

Kaufmann,  Sagen  vom  Donnersberg.  (Zeitschr. 
f.  Volksk.  III,  6.) 

Rlieinlauds  Sang  und  Sage  m.  e.  Leit- 
gedichte V.  E.  Ritters  haus.  Bonn,  Strauss 
[1891]  (2.  BL,  53  S.,  1  BL,  20  Taf.) 


d)    Aberglauben    (hier:  Volksmedizin). 


Fischer,     Aberglauben     unter     den    Angel- 
Sachsen.     Meininger  Realgymn.-Progr.  4". 
Amersbach,  Aberglauben,  Sagen  u.  Märchen 

bei  Grimm  eishausen.  I.  Programm  Baden-B. 

4«.  32  S. 
Wilhelm,    Aberglaube    und    Volksbrauch   im 

Karlsbad  -  Duxauer      Gelände.        Karlsbad, 

Jakob,  V,  90  (+1)  S.  8«. 
Uhlhorn,    Volkstümliches.     (Jahrb.     Gesch., 

Sprache    u.  Litt.    v.  Elsass-Lothr.    7,    146.) 

[Aberglaube  u.  Sage.] 
Über     Aberglaulieu     im     Feuerlöschwesen. 

(Zeitschr.  f   deutsche  Kulturgesch.  II*.) 
Martiny,  Aberglaube  im  Molkereiwesen.   Ein 

Beitrag  zum  Verständnis  des  Aberglaubens 

und   zur    Geschichte    des    Molkereiwesens. 

Bremen,  Heinsius  Nachf.    45  S. 
Prahn,    Glaube    und    Brauch    in   der   Mai-k 

Brandenburg.    (Zeitschr.    Ver.    Volkskunde 

L  1.) 
Ammaun,  Volkssegen   aus  dem  Böhmerwald. 

(Zeitschr.  V.  Volksk.  I,  197.  807.) 


Ammann,  Sagen  und  Zauberformeln  aus 
Hohenfurt.  (Zeitschr.  f.  deutsches  Altertum 
85,  248.) 

Schlossar,  Volksmeinung  und  Volksaber- 
glaube aus  der  deutschen  Steiermark. 
(Germania  24,  4.) 

Weinhold,  Volksüberlieferungen  aus  Eisen- 
erz in  Obersteiermark.  (Zeitschr.  Ver. 
Volksk.  1,  215.) 

Losch,  Deutsche  Segen,  Heil-  und  Bann- 
sprüche. Nach  gedruckten,  schriftlichen 
und  mündlichen  Quellen  zusammengestellt 
und      hrsg.     (Württemberg.      Vierteljahrs- 

•    hefte  z.  Landesgesch.  XIII.  3.  157  bis  258.) 

Kouleu,  Ein  alter  Heilspruch.  (Zeitschr.  f.  d. 
deutsch.  Unterricht  5.  694.) 

Freund,  Diebes-  und  Feuersegen.  (Mitteil, 
d.  Niederl.  Ges.  f.  Anthr.  IL  H.  1.,  S.  42.) 

Zingerle,  Segen  und  Heilmittel  aus  einer 
Wolfsthurner  Handschrift  d.  15.  Jahi-h. 
(Zeitschr.  d.  Ver.  f.  Volksk.  I,  315.) 

Meli,  Zur  Gesch.  des  Hexenwesens.    (Deutsche 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


227 


Zeitsclirift  füi*  Kulturgeschichte  N.  F.  1, 
317-335.) 

Strecker,  Zui-  Geschichte  der  Hexenprozesse 
in  Pommern.  Aus  den  Kirchenbüchern  von 
Fritzow,  Kj*.  Kammiu.  (Mouatsbl.  für 
Pommersch.  Gesch    1891.  S.  145  f.) 

Philo  vom  AValde  [Johann  Reinelt],  Die 
Dorfhexe,  ßauernkomödie  mit  Gesang  in 
3  Akten.  Mit  einem  Nachworte.  Grossen- 
hain und  Leipzig,  Baumert  und  Rouge. 
119  S. 

Kurth,  Anklageschrift  aus  einem  Hexen- 
prozesse.    (Der  Bär  17,  7,  16.) 

Rapp,  Die  Hexenprozesse  und  ihre  Gegner 
in  Tirol.  2.  verm.  Auflage.  Mit  d.  B. 
Tartarottis.     Brixen,  Wejer.    170  S. 

Lehnert,  Weihnachtsmistel.  (Leipz  Ztg. 
Nr.  298.) 

Bartels,  Zm-  Feier  der  „Zwölften"  im  nörd- 
lichen Deutschland.  (Zeitschr.  f.  d.  deutsch. 
Unterr.  5,  283.) 

Eschenberg,  Osterbrauch  und  Osterglaube  in 
imserer  Heimat.    (Die  Heimat,  1,  867) 

Ostersingen ,  Osterwasser  in  Waltersdorf. 
(Frankf.  Oderzeitung,  Nr.  64.) 

(lilöde,  Vom  Osterhasen.  (Zeitschr.  f.  deutsch. 
Unterr.  5,  702.) 

Rackwitz,  Grenze  der  Osterfeuer.  (Correspon- 
denzbl.  d.  deutsch.  Ges.  f.  Anthropologie, 
Etlmol.  u.  Urgesch.  1890.   XXI,  160) 

Meyer-Birlinger,  Der  grosse  Jahi-tag  auf 
dem  Wurmlinger  Berg.  (Alem.  19,  49  bis 
67.) 

Veckenstedt,    Rillen  und  andere  Marken  an 


den  Kirchen  und  Teufelssteinen,    besonders 

in  der  Provinz  Sachsen.    (Archiv  f.  Landesk. 

d.  Prov.  Sachsen  1,  102—110    und  Mitteil. 

d.  Ver.    f  Erdkunde    z.   Halle    a.  S.    1891, 

102-116.) 
Rehsener,  Wind,  Wetter,  Regen,  Schnee  und 

Sonnenschein  in  der  Vorstellung  und  Rede 

des  Tii-oler  Volkes.     (Zeitschr.  Ver.  Volksk. 

1,  67.) 
Kemmerj    Der  Wisperwind.    Bingen,   Real- 

schul-Progr.  1891. 
Wagler,   Die  Eiche  in  alter  und  neuer  Zeit. 

Eine    mytliologisch  -  kulturgeschichtl.    Ab- 

handl.  I.     Würzen,  Gymn.-Progr.  1891. 
Resch,   Der  Wolf  als  günstiges  Vorzeichen. 

(Zeitschr.  f.  d.  deutsch.  Unterr.  5,  58,  276, 

697.) 
Korb,  Die  Klinge  und  das  Knorrloch.  .Mitteil. 

d.  nordböhm.   Exkursionsklubs  14,    l20   bis 

123.) 
Knaiithe,    Das    Alpdrücken    in    Preussisch- 

Schlesien.     (Am  Urquell  II,  4.) 
Gegen  Nasenbluten  und  Blutflüsse.     (Globus 

59,  208,  304.)    [betr.   Ostflanderu   und   Ost- 

preussen.] 
Höfler,     Der      Isarwinkel,      ärztlich     topo- 
graphisch geschildert.    München,  Stahl  sen. 

8».    280  S.  mit  Tafeln  u.  eingedr.  111. 
Gall^e ,      Mittelniederdeutsches     Arzneibuch. 

(Jahrb.  f.  niederd.  Sprach!  XV,  105.) 
Wieth,    Eine    Chirurgenrechnung     aus    dem 

Jahre  1764.  (Aus  Aachens  Vorzeit  3  [1890], 

14.) 


3.    Die   Sprache. 
a)  Zeitschriften. 


Bayerns  Mundarten.  Beiträge  zur  deutschen 
Sprach-  u.  Volkskunde.  Hrsg  von  Osk. 
Brenner  u.  Aug.  Hartmann.  I.  Bd. 
München,  Kaiser. 

1.  Heft:  Franke,  Über  den  wissenschaft- 
lichen Wert  der  Dialektforschung;  Ost- 
fränkisch u.  Obersächsisch.  —  Jacob,  Aus 
Mittelschwaben.  —  Himmclstoss,  Aus  dem 
bayerischen  Wald.  —  Gradl,  Die  Mundarten 
Westböhmens.  —  Holder,  Über  Joh.  Aug. 
Fischer.  —  Hart  mann,  Ein  .sprachlich  in- 
teressantes Lied:  Ältere  Nachrichten  über 
Dialekte.  —  Steindel,  Die  Bejahung  im 
Sechsämter-Dialekt.— B  r  e  n  n  c  r ,  Altbayerische 
Sprachproben.  I.  Der  Prinz  von  Arkadien. 
[1701]  .  .  . 

2.  Heft:  Holder,  J.  R.  Fischers  „Letzte 
Weltsucht"     und     „Des  Teuffels  Tochter.    — 


Jakob,  Aus  Mittelschwaben.  (Forts.)  — 
J  a  c  0  b  i .  Schwäbische  Taufnamen.  —  Brenner, 
Altbayer.  Sprachproben.  1.  Der  Prinz  von  Ar- 
kadien (Forts.);  Der  andächtige  Bauer;  Zu  un- 
serer liautbezeichnung.  —  Riegel,  Aus  Alt- 
regensburg. —  Hart  mann.  Ein  altes  nieder- 
bayrisches Dialektgedicht;  Alt.  Nachrichten 
über  Dialekte.  (Forts.).  —  Himmels toss. 
Aus  dem  bayerischen  Wald.  (Forts.).  — 
Franke,  Ostfränkisch  und  Obersächsisch.  — 
D emmier,  Einiges  aus  dem  Donau-Lech- 
winkel.  .  . 

3.  Heft:  Holder,  J.  R.  Fischers  „Letzte 
Weltsucht"  und  „Des  Teuffels  Tochter". 
(Forts.).  —  Brenner,  Altbayerische  Sprach- 
proben 1.  Der  Prinz  von  Arkadien  (1701). 
(Forts.).  —  Ders.,  Titl  des  Oebristen  vber  die 
Schneiderzunft.  —  Himmelstoss,  Aus  dem 


228 


Lane : 


bayerischen  Wald.  (Forts.).  —  Hertel,  Die 
Grenze  des  Frank. -Henneb.  gegen  NW.  (Mit 
Karte.)  —  Franke,  Ostfränkisch  imd  Oher- 
sächsisch.  (Forts.)  —  Holder,  geschichtliche 
Skizze  der  neueren  schwäbischen  Dialekt- 
litteratur.  —  Gradl,  Die  Mundarten  West- 
böhmens.  (Forts.)  —  Brenner,  Volksgesang. 

—  Kleine  Mitteilungen.  —  Bücherschanregister. 

Jahrbuch  des  Vereius  für  niederdeutsche 

Sprachforschung'.     Jahrgang  1890.    XVI. 

Norden  U.Leipzig,  Diedi'.  Soltaus  Verlag  1891. 

Brandes,  Hermen  Botes  Boek  van  veleme 

rade.  —  Schröder,  Jacobs  vonEatlingen  Lied 

auf   das   Breslauer  Hostienmirakel  von    1453. 

—  Walther,  Zum  Redentiner  Spiel.  — 
Krause,  Die  Bohne  und  die  Vietzebohne.  — 
Puls;  Tanuhäuserlied  und  Maria  tzart.  — 
H  an s  e  1  m  an n,  Braunschweigischc  Fündlinge : 
VIIL  Sanct  Annen  Preis  IX.  Marienieich. 
X,  Ave  maris  Stella  verdeutscht.  XI.  Ritmen 
de  assensione  domhii.  XII.  Weiss  und  grün. 
XIII.  Weltspruch.  XIV.  Judeneid.  XV.  Heil- 
zauber. XVI.  ..Wo  soll  ich  mich  hin  keren"  etc. 
niederdeutsch.  XVII.  Schampcrnolleken.  — 
Hansel  mann.  Eine  merkwürdige  alte  Fäl- 
schung. —  Walther,  Über  die  Sprache  der 
Wedemer  Urkunde:  In  Drunten  varen,  na 
Drunten  gliden.  —  Fischer,  Joh.  Leonh. 
Frisch  als  Sammler  märkischer  Idiotismen.  — 
Schröder,  Eulenspiegels  Grabstein.  — 
Jellinghaus,  Lübecker  Schulvokabular  v.  J. 
1511.  —  Sprenger,  Bemerkungen  und 
Besserungen  zum  Sündenfall:  Zur  Kritik 
und  Erklärung  des  Theophilus.  —  Dam- 
köhler,  Zu  Gerhard  von  Minden.  — 
Schröder,  Ein  lat.-niederdeutsches  Traktat 
aus  Bursfelde.  —  Luther,  Salzwedel  und 
die  übrigen  Ortsnamen  auf  -wedel.  —  Bre- 
mer, Anzeige:  Van  Helfen,  Altostfriesische 
Grammatik. 

KorrespondenzhLatt  des  Vereins  für  nieder- 
deutsche Sprachforschung.  Jahrgang  189L 
Hamburg.    Heft  XV. 
No.  1.    (26.  März   1891.)  .  .  .    Mitteilungen 
aus    dem    Mitgliederki-eise.      1.    Zum    Limes 
Saxonicus     (Jellinghaus).      2.  Vam    olden 
unde  nyon  Gade  (Hofmeister).     3    Zur  Ver- 
breitung der  plattdeutschen  Sprichwörter  und 
Redensarten    aus   Hinterpommern,   ges.   von 
0.  Knoop  (Sprenger).      4.  Zu   Priens  Bei- 
trägen   zum    mnd.  Wortschätze   (Sprenger, 
Schierenberg,    Carstens).       5.    Drefand 
(Carstens).    6.  Fale  page  (K.  E.H.  Krause). 
7.    Mnd.   hunden    (Peters).    8.  Imbetscherf. 


(Mielck).  9.  jrät  (Schultz).  10.  Kalmus, 
Kalms  (K.  E  H,  Krause.)  11.  Mnd.  kram 
(Sprenger).  12.  Kranewaken  (Winkler, 
K.  E.  H.  Krause).  13  misse  (Birlinger). 
14.  Peckel,  Pretzel  (K,  E.  H.  Krause).  15. 
Schnotterig  (Sprenger).  16.  Stoppelmeter 
(Peters).  17.  wedderstromich  (Sprenger).  — 
Litteraturnotizen. 

No.  2  (12.  Mai  1891):  .  .  .  Mitteilungen  aus 
dem  Mitgliederkreise.  3.  Gott  und  Teufel  im 
Munde  des  Mecklenbiu-gischen  Volkes.  (R. 
Wossidlo.)    Notizen  .  .  . 

No.  8  (10.  Juli  1891):  .  .  .  Mitteilungen  aus 
dem  Mitgliederkreise.  1.  Gott  und  Teufel  im 
Munde  des  Mecklenburgischen  Volkes.  (R. 
Wossidlo)  [Schluss]  ... 

No.  4  (11.  August  1891) :  .  .  .  Mitteilungen 
aus  dem  Mitgliederkreise.  1 .  Volkserzählungen 
aus  Mecklenburg.  (Fabricius).  —  2.  Zum 
Schwerttanz  (K.  E.  H.  Krause).  —  8.  Zu 
Reinke  de  Vos  (Sprenger).  —  4.  Zu  Laurem- 
bergs  Scherzgedichten,  a)  (Pul  s),  b)  (Bern- 
hardt). —  5.  Zu  Priens  Beiträgen  zum  mnd. 
Wortschatze  (Tümpel).  —  6.  Zum  Mittel- 
niederd.  Wörterbuch.  1.  twistelik?  2.  varsk  — 
frisch,  ungesalzen.     8.    wracht  (Sprenger). 

—  7.  Imt  (Wossidlo,  Gillhoff).  -  8.  Kape- 
horne  (Sandvoss).  —  9.  Rokbestia  (Car- 
stens). —  10.  Zu  Jahi-b.  XV,  53  ff.  [Redens- 
arten aus  Holstein]  (Bernhardt),  —  11.  Sole. 
Säle  (K.  E.  H.  Krause).  —  12.  Diele  und 
Delile  (Jellinghaus).  —  18.  meit  (Roethe). 

—  14.  Isarnho  a)  (Carstens),  b)  (Schieren- 
berg). —  15.  Tadel,  Tal  (Carsten).  — 
16.     Zur     niederdeutschen     Spruchdichtung. 

a)  (Holstein),  b)  (Mielck).  —  Litteratur- 
notizen. 

No.  5  (3.  Februar  1892) :  .  .  .  Mitteilungen 
aus  dem  Mitgliederkreise.  1.  Ostpreussische 
Sprachproben  aus  der  Mitte  des  18.  Jahr- 
hunderts (Babucke).  —  2.  Zum  Hartebok 
(Nerger).  —  3.  Verzeichnis  von  hansischen, 
aus  dem  Norwegischen  entlehnten  Wörtern 
(Schumann).  —  4.  Sinken  und  vloien 
(Frensdorff).  —  5.  Anfragen  (Schröder). 

—  Litteraturnotizen  .  .  . 

No.  6  (4.  März  1892):  .  .  .  Mitteilungen  aus 
dem  Mitgliederkreise.  1.  Über  den  Flurnamen 
Segen.  Nach  dem  auf  der  Jahresversanimlung 
des  Vereins  für  niederdeutsche  Sprachforschung 
am  20.  Mai  1891  zu  Lübeck  gehalteneu  Vor- 
trage (Prien).  —  2.  Zu  Konemanu  (Kopp- 
manu).    —    8.   Panzewel    a)   (Sandvoss), 

b)  (Roethe),  c)  (Nerger).  —  4.  wiiden 
wracht  a)  (Frensdorff),  b)  (Koppmann). 

—  Litteraturnotizen  .  .  . 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


•229 


b)  Allgemeines. 


Miehlke,  Die  Geschichte  unserer  SpracUaute 
und  Ortliographie  in  kurzem  Abriss  dar- 
gestellt. ProgT.  d.  hohem  Bürgerschule  zu 
Graudenz.    4".    1  Bl.,  39  S.    M.  1,20. 

Hubert ,  Die  Grundlagen  der  deutschen 
Sprache.  BerUn,  Cronbach.  VIII,  130  S. 
M.  1,25. 

Kosinna,  Germanischer  Dativ  [auf— ms]  aus 
der  Römerzeit  (Zeitschr.  f.  deutsch.  Altertum. 
XXXV,  1). 

Andresen,  Wortspaltung  auf  dem  Gebiete  der 
nhd.  Schrift-  und  Verkehrssprache.  (Ztschr. 
f.  deutsch.  Phil.  23,  265.) 


Trautmann,  DerS-Unfug  (Wiss.Beil.  z.  Ztschr. 
d.  allg.  deutsch.  Sprachver.  Nr.  1). 

Grimm,  J.  u.  W.,  Deutsches  Wörterbuch. 
VIII.  Bd.,  7.  Lief.  Romanbauher  —  Ruck. 
Bearb.  unter  Leitung  von  M.  Heyne.  Lpzg. 
Hirzel.    M.  2,00. 

Beliaghel,  A  short  historial  grammar  of  the 
German  language.  Transl.  and  adapted  from 
B.'s  „Deutsche  Sprache"  by  Trechmann. 
London,  Macmillan.   194  S.   4  sh.  6  d. 

Ditsclieiners  grammatisch  -  orthographisch- 
stilistisches  Handwörterbuch  d.  deutschen 
Sprache  . . .  3.  Aufl.  v.Wessely.  Lpzg.,  Friese. 
ä  Lieferung  M.  0,75. 


c)  Sprachgeschiclitliclies. 


Wenker,  Sprachatlas  des  Deutschen  Reiches 
.  .  .  [über  sein  Fortschreiten  vgl.  Deutsche 
Litteraturzeitmig  1891,  Nr.  41,  Sp.  1511  f. 
Ferner  das  Referat  von  Nörrenberg,  vgl. 
Zeitschr.  d.  Ver.  f.  Volksk.  1,  232.] 

Wrede,  Über  die  Sprache  der  Ostgoten  in 
Italien.  (Quellen  und  Forsch.,  68.)  Strass- 
burg.  Trübner.  1891.  VII,  208  S.  M.  4,00. 
Dasselbe  teilw.  als  Habilitationsschrift: 

— ,  Specimen  einer  ostgotischen  Grammatik. 
Marburg,  Otto     1890.    1  Bl.,  33  S. 

Prellwltz,  Die  deutschen  Bestandteile  in  den 
lettischen  Sprachen.  Ein  Beitrag  zur  Kenntnis 
der  deutschen  Volkssprache.  1.  Heft-.  Die 
deutschen  Lehnwörter  im  Preussischen  und 
Lautlehre  der  deutschen  Lehnwörter  im 
Litauischen.  Göttingen ,  Vandenhoeck  & 
Ruprecht.   XII,  64  S.    M.  2,40. 

Meier,  J.,  Studien  zur  Sprach-  und  Litteratur- 
geschichte  der  Rheinlande.  Einleitung. 
Habilitationsschrift.  Halle,  Karras.  [Voll- 
ständig: Beitr.  z.  Gesch.  d.  deutsch.  Sprache 
und  Litt    Bd.  16  f.] 

Witte,  Deutsche  und  Keltoromanen  in  Loth- 
ringen nach  der  Völkerwanderung.  Die 
Entstehung  des  deutscheu  Sprachgebietes. 
Mit  1  Karte.  (Beitr.  z.  Gesch.  d.  deutsch. 
Sprache  und  Litt.  Bd.  15.)  Strassburg,  Heitz. 
100  S.   M.  2,50. 


Zimmerli,  Die  deutsch -französische  Sprach- 
grenze in  der  Schweiz.  1.  Teil.  Die  Sprach- 
grenze im  Jura.  Basel  und  Genf,  Georg. 
8».  SOS. 

Die  deutsch-französische  Sprachgrenze  (Allg. 
Zeitg.B  Nr.  238-243.) 

Andree,  Die  deutsch -französische  Sprach- 
grenze im  Schweizer  Jura.  (Globus 
60,  8.) 

Galdoz,  Die  Sprachverhältnisse  in  Luxemburg. 
(Globus  59,  246.) 

Winkler,  Die  niederdeutsche  Sprache  in  Fran- 
zösisch-Flandern.    (Globus,  59,  149.) 

Kauffmann,  Deutsche  und  niederländische 
Mundarten.  (Grundriss  der  germ.  Philol. 
Hrsg.  von  H.  Paul.  Bd.  1,  5.  Lfg.  p.  960 
bis  974.) 

Drandstetter,  Die  Reception  der  neuhoch- 
deutschen Schriftsprache  in  Stadt  und  Land- 
schaft Luzern  1600-1830.  (Der  Geschichts- 
freund 46,  191.) 

Asninssen,  Deutsche  Sprachinseln  im  ungari- 
schen Erzgebirge.  (Deutsch,  geogr.  Bll.  14, 
206.) 

Eichler,  Die  deutsche  Sprache  in  Amerika. 
(Lpz.  Ztg.  '5  Nr.  147.) 

Wilckens,  Die  Sprache  der  Deutschen  in 
Nordamerika.    (Deutsche  Warte  II,  4.) 


d)  Mundarten. 


Koch,  Mundartliches.  (Zeitschr.  f.  d.  dtsch. 
Unterr.  5,  643.) 

Kluge,  Die  Behandlimg  der  lebenden  Mund- 
arten. (Paul,  Grundriss  d.  german.  Philol. 
1.  Bd.,  5.  Lief.) 

Verschiedenheiten  in  der  Aussprache  Süd- 
Zeitschrift  d.  Vereins  f.  Volkskunde.    1892. 


und  Norddeutschlands.   (Zeitschr.  f.  deutsche 
Sprache.  V.  Jahrg.,  H.  11.) 

Schweizerisches  Idiotikon.  Wörterbuch  der 
schweizerdt'utscheu     Spraclio.       Gesammelt 
auf  Veranstaltung  d,  Antiqu.  Ges.  in  Zürich 
16 


230 


Laue: 


unter  Beihilfe  aus  allen  Kreisen  des 
Schweizervolkes.  Hrsg.  mit  Unterstützung 
des  Bundes  und  der  Kantone.  XIX.  Heft. 
XX.  H.  Bearbeitet  von  Staub,  Tobler, 
Sehe  eh.  Frauenfeld,  Huber.  4«.  ä  Heft 
fr.  y,00. 

Schild,  Brienzer  Mundart.  1 .  Teil.  Allgemeine 
Lautgesetze  und  Vokalismus.  Basel,  Sall- 
mann  &  Ronacker.  106  S.,  1  Bl.,  fr.  2,80. 
[auch  Göttinger  Diss.] 

Wissler,  Das  Suffix -i  in  der  Berner  resp. 
Schweizer  Mundart.  Ein  Beitrag  zur  ver- 
gleichenden "Wortbildung  und  Flexion  der 
schweizer.  Mimdart.  Diss. -Bern.  (Fraueufeld, 
Huber  &  Co.)    39  S,    M.  0,75. 


Wilkens,  Zum  hochalemannischen  Konsonantis- 
mus   der   althochdeutschen   Zeit.     Beiträge 
zur  Lautlehre  und  Orthographie  des  ältesten 
Hochalemannischen ,     auf    Grundlage     der 
deutschen   Eigennamen    in    den    St.   Galler 
Urkunden    (bis    zum    Jahre  825.)     Leipzig, 
G.  Fock.     Auch:  Lig.-Diss.    Leipzig. 
Das  Wörterbuch  der  elsässischen  Mundarten 
(Jb.  f.  Gesch.,  Sprache  u.  Litt.  Elsass-Loth- 
ringens  7,  207.) 
Lienhart,  Laut-  und  Flexionslehre  der  Mund- 
art    des    mittleren    Zornthaies    im    Elsass. 
Strassburg,  Trübner,  Vlll,  74  S.  (Alsatische 
Studien  H.  1)    [auch:  Lig.-Diss.  Strassburg 
1891]. 
— ,  Alliteration,  Assonanz  und  Vergleichimgen 
in  der  Zornthaler  Mundart.  (Jahrb.  f.  Gesch., 
Sprache  u.  Litteratur  Elsass-Lothringens  7, 
187.) 
Follmann,   Die  Mimdart  der  Deutsch  -  Loth- 
ringer und  Luxemburger.    IL  Teil.  Vokalis- 
mus.   Metz  1890.    4«. 
Graf,  Die  germanischen  Bestandteile  des  Pa- 
tois  Messin.    Metz,  Druckerei  d.  Tjothringer 
Zeitung.     Strassburger    Inaug.-Diss.    1890. 
43  S. 
"Waguer,  Der  gegenwärtige  Lautbestand  des 
Schwäbischen    in    der  Mundart   von  Eeut- 
lingen.  IL  Teil.  Reutlinger  Rcalanstalt.  Pro- 
gramm.    S.  97  — 19'-.     Taf.  4  — 10.     gr.  4". 
M.  2,50. 
Breunig',  Über  die  Mundart  des  Bezirks  Buchen. 
Tauberbischofsheim.    Programm. 


Schneller,  Die  Mundart  des  Stubei.  (In: 
Stubei  (s.  o.)  S.  613— G.50.) 

Kühiiel,  A  Thoumsöübtel.  In  Rosendorfcr 
Mundart  erzählt  von  V.  Ehen,  mitgeteilt 
von  .  .  .  (Mitteil  d.  nordböhm.  Exkursions- 
klubs 14,  152  f.) 

Zur  Erforschung  des  siebenbürgisch- sächsi- 
schen Dialekts.  (Korrespondenzbl.  des  Ver. 
f.  siebenb.  Volksk.  14,  1.) 

Roth,  Siebenb.-sächs.  Dialekt  (ebenda  18,  12). 

Weber,  Abschied.  In  Zipser  Mundart.  [Ge- 
dicht.]   (Ung.  Revue  11,  749.) 

Toinanek,  Über  den  Einfluss  des  Cechischen 
auf  die  deutsche  Umgangssprache  in  Österr. 
Schlesien  bes.  von  Troppau  und  Umgebung. 
Ein  Beitrag  zur  Sprachvergleichung.  Gymn.- 
Progr.    Troppau. 


Brenner,  Mundarten  und  Schriftsprachen  in 
Bayern.  (Bayerische  Bibliothek  Bd.  18.) 
Bamberg,  Buchner.  1890.  1  Bl.,  83  S.,  1  Bl. 


Österreichische  Spracheigenheiten.  (Ztschr. 
f.  deutsche  Sprache  5,  9.) 


Leithäiiser,  Gallicismen  in  niederrheinischen 

Mundarten.      Barmen.      Realgymn.  -  Progr. 

(32  S.) 
Jardon,  Laut-  imd  Formenlehre  der  Achener 

Mundart.  (Aus  Aachens  Vorzeit  4, 1.)  [I.  Teil 

von:] 
— ,  Grammatik  der  Aachener  Mundart.  Aachen, 

Cremer.  40  S.    M.  1,50. 
Reis,  Beiträge  zur  Syntax  der  Mainzer  Mund- 
art.   Giessen.  Ing.-Diss.   8«.   46  S.    M.  1,00. 
Heiuzerliug,   Probe    eines  Wörterbuchs  der 

Siegerländer  Mundart.    Siegen.  Realgynm.- 

Progr. 
Leidolf,  Die  Naunheimer  Mundart.  Eine  laut 

liehe    Untersuchung.       Darmstadt ,     Otto. 

[Jenaer  Ing.-Dissertation.]   2  Bl.,  53  S.,  1  Bl. 

M.  1,20. 
Kehreiu,  Volkssprache  und  Wörterbuch  von 

Nassau.  2.  Ausg.  Leipzig,  Lesimple.  gr.  8°. 

XIL  464  u.  64  S. 


Hedrich,  Die  Laute  der  Mundart  von  Schön- 
eck i.  Voigt!    Leisnig,  Realschul-Progr. 


Grössler,    Die    Mansf eider    Mundart,-    ihre 

Grenzen,   innere    Gliederung   und  Abkunft. 

(Mansfelder  Blätter    Mitteil.  d.  Ver.  f.  Gesch. 

u.  Altert.    Mansfeld  4  (1890),  1—14.) 
Dittmar,  Die  Blankenheimer  Mundart.    Eine 

lautliche  Untersuchung.  Dissertation,  Jena. 

48  S.  

Weiss,  Die  Breslauer  Klabatschke.  Eine  humo- 
ristisch -  lokalsprachliche  Studie.  Grünberg 
i.  SchL    112  S. 


Andree,    Die    Grenzen    der    niederdeutschen 
Sprache.    Mit   Karte:    Die    Südgrenze    der 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


231 


niederdeutschen  Sprache.  (Globus,  Bd.  LIX, 
n.  2.  3.)    [Sonderabdruck  19  S.    kl.  8«.] 

Wiukler,  Die  niederdeutsche  Sprache  in 
Französisch-Flandern  (ebenda  S.  149). 

Kirchhoff,  Die  unterste  Saale  keine  Grenze 
zwischen  Mittel-  und  Niederdeutsch  (ebenda 
150). 

Krause,  Niederdeutsche  Handschriften.  (Jahrb. 
d.  Ver.  f.  niederd.  Sprache  15,  38.) 

Eckart,  Lexikon  der  Niedersächsischen  Schrift- 
steller von  den  ältesten  Zeiten  bis  zur 
Gegenwart.     Osterwieck,   Zickfeldt     181  S. 

Knoop,  Plattdeutsches  aus  Hinterpommern. 
3.  Sammlung:  Fremdsprachliches  im  hinter- 
pommerschen  Platt,  nebst  einer  Anzahl  von 
Fischerausdrücken  und  Ekelnamen.  (Wissen- 
schaftl.  Beil.  z.  Progr.  d.  Kgl.  Gymn.  Ro- 
gasen.  4".  18  S.)  [l.  Sammlung:  Gnesen 
1890;    2.  Samml.  Rogasen  1890.] 

— ,  Plattdeutsches  ...  4.  Samml.  (Monatsbl. 
f.  Poramersche  Gesch.  u.  Altert.,  S.  38-40.) 


Heibey,  Die  liaute  der  Mundart  von  Börssum. 
Halle,  Karras.  48  S.  [Jena  Inaug.-Disser- 
tation.] 

Behaghel  und  Gallee,  Altsächsische  Gram- 
matik, 1.  Hälfte.  Halle,  Niemeyer.  (Samml. 
kurzer  Gramm,  d.  germ.  Dialekte.  6.) 

Adler,  Die  Volkssprache  in  dem  Herzogtum 
Schleswig  seit  1864.  Mit  1  Karte  [deutsch, 
friesisch,  dänisch].  (Zeitschr  f.  Gesch.  v. 
Schleswig-Holstein  21,  1.) 

Siebs,  Geschichte  der  friesischen  Sprache. 
(H.  Paul,  Grundriss  der  german.  Philol. 
I.  Bd.) 

Bremer,  Zeugnisse  für  die  frühere  Verbrei- 
tung der  nordfriesischen  Sprache.  (Jahrb. 
d.  Ver.   f.  niederd.  Spracht'.  XV,  94.) 

— ,  Pelwormer  Nordfriesisch.  (Ebenda  S.  104.) 

Jaekel,  Zur  Lexikologie  des  Altfriesischen. 
(Beitr.  z.  Gesch.  d.  deutsch.  Spr.   15,  532.) 

Helten,  Frisica.    (Ebenda  16,  314.) 


I 


e)   Bedentnng 

Kluge,  Etymologisches  Wörterbuch.    5.  Aufl. 

Strassburg,  Trübner.    In  10  Lieferungen. 
— ,  An  etymological  dictionary  of  the  German 

language     Transl.  from  the  4.  German.  ed. 

by  ...  Davis.    London,  Bell.   8".  430  S. 
Faulmann,   Etymologisches  Wörterbuch  der 

deutschen  Sprache.  Halle,  Karras  [in Heften]. 

a  Lieferung  M.  1,20. 
Uhlenbeck,  Etymologica.    (Tijdschr.  f.  neder- 

landsche  Taal-  en  Letterkunde  X,  283.) 
Müller,     Die    Wiederbelebung    alter    Worte. 

(Wiss.    Beihefte    zur-    Zeitschr.    d.    allgem. 

Sprachver.    6.  Jahrg.  Nr.  2.) 
Nebe,   Die  Lehnwörter  im  deutschen  Unter- 
richt.    (Zeitschr.   f.   d.   deutsch.  Unterr.  V, 

665.) 
Wustmanii ,     Allerhand     Sprachdummheiten. 

Kleine    deutsche    Grammatik    des    Zweifel- 
haften,   des  Falschen    und   des  Hässlichen. 

Ein  Hilfsbuch  für  alle,    die  sich  ötfentlich 
'    der  deutschen  Sprache  bedienen.    Leipzig, 

Grunow.   8".    320  S.    M.  2,00. 
Allerhand  Sprachdnmmheiten.    (Grenzboten, 

S.  238.) 
Genthe,   Deutsches    Slang.     Eine  Sammlung 

familiärer     Ausdrücke     und     Redensarten. 

Strassburg,  Trübner.    XV,  73  S.   M.  1,20 
Hildebrandt,  Wie  die  Sprache  altes  Leben 

fortführt.    (Zeitschr.  f.  d.  deutsch.  Unterr.  5, 

23,  120,  199,  260,  307.) 
Sohns,  Zur  „Verwertung  der  Reden.sarteu  im 

Unterricht"  (ebenda  647). 


Kuntze ,    Sprachliche  Neubildungen  im  Süd- 
westen   (ebenda   36).     Bemerkungen    dazu 

(ebenda  289). 
Frischbier,  Volkswitz.  (Altpreuss.  Monatsschr. 

28,  90.) 
Sembrzycki,    Schimpfwörter.     (Am   Urquell 

II,  8.) 
Knauthe,  Schimpfwörter.   (Am  Urquell  II,  20.) 
Kluge,  Aar  imd  Adler.    (Zeitschr.  f.  deutsche 

Phil.  24,  311.) 
Zehelmayr,  Zwölf  und  zwelf.   (Bll.  f.  d.  bayr. 

Gymnasialschulwesen  27,   S.  18.) 
Schröder,  Frisch.  (Zeitschr.  f.  deutsch.  Altert. 

u.  deutsch.  Litt.  35,  2.    S.  262.) 
Damköhler,  Diele,  dele,  däle.  (Jahrb.  d.Ver. 

f.  niederd.  Sprachforsch.    XV,    S.  51.) 
Krause,  Zitolose  (ebenda  XV,  44). 
Zingerle,  Rose.    (Zeitschr.  f.  deutsch.  Philol. 

24,  281.) 
Glöde,  Über  Tiernamen  im  Volksmunde  und 

in   der  Dichtung.     (Zeitschr.  f.  d.  deutsch. 

Unterr.  5,  741.) 
— ,  Zm-  Erklärung  des  Hasennamens  Lampe 

(ebenda  5,  585). 
— ,  Auf  eigenem  Zaum  (ebenda  5,  56,  566). 
Puls,  Auf  eigenem  Zaum  (ebenda  5,  703). 
Sprenger,  Qualm  bei  Uhland  (ebenda  57). 
Helmsturz  (ebenda  60). 
Sprenger,    Saum  =  Saumross    (ebenda   281, 

849). 
Schürmann,  Zu  Gunsten,  Von  (ienaden  (ebenda 

643),  Feist  (785). 

16* 


23: 


Laue : 


Döhler   (Schlag,   Koch),   Hinte   (etenda  60, 

287,  G44). 
Metger,    Auf   dein    Holzwege    sein    (ebenda 

277). 
Krüger,    Einem   etwas  am  Zeuge  flicken.  — 

Der  Topf  will    klüger   sein  als  der  Töpfer 

(ebenda  278). 
Puls    (Cflöde,   Kohrs),    Zur   Erklärung   des 

Namens  Nüssler  (ebenda  281,  416,  418). 
Hofmanii    (Glöde,  Sprenger),    Der  Gassen- 
name  „Am  Brotkorb"    (ebenda  353,  480  f.). 
Feist,  Zu  dem  Worte  Eitt  (ebenda  355). 
Jeep,  Schildbürger  (ebenda  357). 
Köhler,   Eine   mundartliclie  Bezeichnung  des 

Schmetterlings  (ebenda  357). 
May,  Verstümmelte  Wörter  (ebenda  358). 
Enntze,  Holla  und  Hallo  (ebenda  360). 


Sprenger,  Bönhase  (ebenda  361). 

— ,  Kastemännchen  (ebenda  482). 

— ,  Schafschinken  (ebenda  483). 

firlöde,  Nägelein  (ebenda  783). 

Kluge,  Das  Wort  Buch  in  seinem  Verhältnis 

zu  Buche  (ebenda  634). 
Menge,  Deutsch  reden  (ebenda  635). 
Becker,    Der  guckt   ins  Gerstenfeld.    Einen 

pfeifen,   (ebenda  645,  77i)). 
Schmitz,   Stein  imd  Bein  schwören,   (ebenda 

C97). 
Sprenger,  Geruhen,    (ebenda  784). 
Heilig,    Zum    deutschen    Fluchwort   Henker 

(ebenda  785). 
Stehle,  Einem  einen  Bären  aufbinden  (ebenda 

845). 
Sprenger,  Weissbinder  (ebenda  848). 


f)   Namen. 


Krüger,  Eigennamen  als  Gattungsnamen. 
(Berlin,  Realgymn.Progr.) 

Köcher,  Die  Taufnamen.  Eine  pastorale 
Studie.     (Pfarrhaus  7,  113.) 

Schmidt,  Arminius.  Siegfried.  (Germania 
36,  315.) 

Keiper,  Französische  Familiennamen  in  der 
Pfalz  und  Französisches  im  Pfälzer  Volks- 
mund. (Progr.  d.  Studienanstalt  Zwei- 
brücken. 76  S.  [2.  verm.  Aufl.  Kaisers- 
lautern, Gotthold.    82  S.    M.  1,00.] 

Pflster,  Gegen  die  Eindeutigkeit  des  chat- 
tischen und  hessischen  Namens.  (Hess. 
Quartalbl.  3.) 

Kehrein,  Nassauisches  Namenbuch,  enth.  alle 
Personen-,  Orts-  und  Gemarkungsnamen. 
2.  Ausg.  Leipzig,  Lesimple.  VIII,  644  S. 
M.  2,25. 

KeUeter,  Namen  in  Aachen.  (Aus  Aachens 
Vorzeit  3  (1890),  25  f,  41  f.,  71  f.) 

Cascorbi,  Die  Rufnamen  der  Mündener  Schul- 
jugend.    (Münden,  Realgymn.-Progr.) 

Die  Familiennamen  der  Helgoländer.  (Globus 
59,  304.)  

Ortjohann,  Die  deutschen  Tieniamen.  Eine 
sprachliche  Betrachtung.  (Tägliche  Rund- 
schau, Wissensch.  Beil.  1046.)  [Vgl.  auch 
S.  1063.] 

Eschenburg',  Eine  Betrachtung  über  die 
Entstehung  unserer  volkstümlichen  Pflanzen- 
namen.    (Die  Heimat  1,  50.) 

—  Einige  Bemerkungen  über  die  Verbreitung 
unserer  volkstümlichen  Pflanzennamen 
(ebenda  225.) 

Schwartz,   Volkstümliche    Schlaglichter.    II. 


Von  der  volkstümlichen  Naturerkenntnis  mit 
einem  Exkurs  über  die  deutschen  Pflanzen- 
namen.    (Zeitschr.  d.  Vereins  f.  Volkskunde 

1,  279.)  

Saul,  Alte  Gassen-  und  Häusernamen. 
(Deutsche  Zeitschr.  f.  Kulturgesch.  N.F.  1, 
336—339.) 

Seltsame  Umformung  von  Strassennamen. 
(Zeitschr.  f.  deutsche  Sprache  5,  9.) 

Besler,  Die  Ortsnamen  des  lothringischen 
Kreises  Forbach.  [1.  Teil:  Die  Ortsnamen 
im  engeren  Sinne.  Forhach  1888.1  2.  Teil: 
Die  Namen  der  Flüsse,  Bäche,  Quellen 
und  Weiher,  der  Berge  und  Hügel,  der 
Wälder  und  Forstbezirke  und  der  Ge- 
wannnen.  Forbach  1891.  [Ostfranken  und 
vorher  Alemannen.] 

Lersch,  Kockerellstrasse,  Komphausbadstrasse, 
Druffnas.  (Aus  Aachens  Vorzeit  3  [1890], 
63.) 

Bazing,    Zur  Ortsnamendeutung.     (1.  Schild. 

2.  .lud.  3.  Thalfinger) :  Württemberg.  Viertel- 
jahrshefte f.  Landesgesch.  XIII,  4,  S.  272 
bis  274. 

Caspert,  Die  Ortsnamen  im  Oberamt  Reut- 
lingen.    (Reutlinger  Geschichtsbl.  11.) 

Brandstetter,  Beiträge  zur  Ortsnamenkunde. 
II.  (Der  Geschichtsfreund  44.) 

Prinzinger,  Die  Tauern  in  der  Geographie 
und  im  Leben  des  Volkes.  (Der  Tourist. 
23.  Jalirg.  Nr.  4,  S.  25-27.)  [Über  den 
falschen  Gebrauch  des  Wortes  auf  Karten 
und  in  Büchern  gegenüber  dem  richtigen 
Volksgebrauch,  der  unter  „Der  Tauern" 
nur  die  über-  imd  Durchgänge  (Scharten) 


Litterahiv  des  Jahres  1891. 


•233 


in  der  Urgesteinskette  der  Alpen  in  Steier- 
mark, Kärnten  und  Salzburg  versteht.] 

Stanuig,  Die  Flurnamen  des  Burgamtes 
Villach  nacli  dem  Urbar  des  Martin  Behem. 
(Progr.  Villach.    8".  28  S.) 

Böhme,  Die  Ortsnamen  auf  -grün  in  Böhmen. 
(Mitteil.  Ver.  Gesch.  der  Deutscheu  in 
Böhmen  2'.),  807.) 

Wolff,  Deutsche  Dorf-  und  Stadtnamen  in 
Siebenbürgen      (Progr.  Mühlbach    31  S  i".) 

Bernau,  Böhmens  deutsche  Burgnamen. 
(Mitteil.  d.  nordböhm.  Exkursionsklubs  14, 
34-35.) 

Needon,  heimische  Flurnamen.  (Leipz.  Zei- 
tung b  .  Nr.  120—122.) 

Rieniaiiii,  Über  Orts-  und  Flurnamen  des 
Herzogthums  Coburg.  Coburg.  Gymn.-Progr. 
16  S.    4°. 

Bacli ,  Beiträge  zur  Deutung  der  Ortsnamen 
in  der  Umgegend  von  Homburg.  (Mitteil, 
d.  Ver.  f   Gesch.  v.  Homburg.    4.) 

Cassel,  Deutsche  Landes-  und  Ortsnamen. 
1)    Schlesien     und    sein    Name.      2)    Der 


Name  Erfurt  und  die  Ortsnamen  auf  -ftirt. 

(Deutsche    Zeitschr.    f.  Kulturgesch.    N.  F. 

1,  147-154,  154-160.) 
Schulte,  Ujazd  und  Lgota.    Ein  Beitrag  zur 

schlesischen  Ortsnaraenforschung.  (Zeitschr. 

f.  Gesch.  u.  Altert.  Schlesien.  25.) 
Hiiser,     Über     den     Namen     eines     Baches 

und    eines    Berges    in    der  Umgegend    der 

Stadt   Brilon.     1.    Die    Untrügge.     2.    Der 

Gudeu.       (Progr.    d.    Gymn.    Peh-inum    zu 

Brilon.  1890.    4".    S.  8—11.) 
Vogt,    Die    Ortsnamen   im    Engersgau.    Eine 

Untersuchung.      (Programm  d.  Kgl.  Gymn. 

zu  Neuwied.  1890.    8».    61  S.) 
—  Nachtrag  zu  der  Abhandlung  des  vorigen 

Programms    „Die    Ortsnamen    im    Engers- 
gau".    (Gymn.-Progr.    Neuwied.     1891.    4". 

S.  11  bis  13..) 
Jansen,    Die  Stadt  Kiel   und   ihi-  Weichbild 

im  Munde   der  Vorzeit.     (Schriften  d.  Ges. 

f.  Kieler  Stadtgesch.    H.  8.) 
Bouk,  Ortsnamen  in  Altpreussen.    (Altpreuss. 

Monatsschr.  S.  599—638.) 


g)   Sprichwörter. 


BablinaiMi,  Sprichwörter  aus  Joh.  Murmellius 
Pappa  puerorum.  (Germania  35,  400  bis 
402.) 

Pistor,  Sprichwörter  und  sprichwörtliche 
Eedensarten  aus  Wiegand  Lanzes  hessischer 
Chronik.     (Z.  f.  Volkskunde  III,  4,  S.  146.) 

Maas,  Über  Metapher  und  Allegorie  im  deut- 
schen Sprichwort.  Ein  Gang  vom  Begriffs- 
bild zum  Gedankenbild.  Progr.  Wettiner 
Gymn.  Dresden.    23  S.    4".    M.  1,00. 

Rathgeber,  Elsässische  Sprichwörter  und 
sprichwörtliche  Redensarten.  (Jahrb.  für 
Gesch.,  Sprache  u.  Litt.  v.  Elsass-Lothringen. 
7,  141.) 

Hörmann,  Volkstümliche  Sprichwörter  und 
Redensarten  aus  den  Alpenlanden.  Leipzig, 
Liebeskind.    XXIII,  165  S. 


Spieser,  Münsterthäler  Sprachproben.  Sprich- 
wörter. (Jahrb.  f.  Gesch.  v.  Elsass-Lothrin- 
gen.   6.) 

Knoop,  Allerhand  Scherz,  Reime  und  Er- 
zählungen über  pommersche  Orte  und  ihre 
Bewohner.  [Aus:  Zeitschr.  f.  pommersche 
Gesch.  u.  Altert.]   Stettin.    105  S.     M.  2,00. 

Treichel,  Das  Alphabet  in  preussischen 
Redensarten. '  (Altpreuss.  Monatsschr.  28, 
332.) 

Sembrzycki,  Ostpreussische  Sprichwörter, 
Volksreime  und  Provinzialismen.  (Am  Ur- 
queU  II,  2-8,  10,  11.) 

Dirksen,  Ostfriesische  Sprichwörter  und 
sprichwörtliche  Redensarten  mit  historischen 
und  sprachlichen  .Anmerkungen.  2.  Heft. 
Ruhrort,  Andreae.    95  S. 


Volksdichtung. 
a)   Allgemeines. 


Scherer,  Deutsche  Studien.  2.  Aull.  Leipzig, 
Tempsky.    129  S. 

Leimbach,  Zur  Einführung  in  das  deutsche 
Volkslied.  Auswahl  und  Erläuterung  von 
92  Volksliedern  der  älteren  und  neueren 
Zeit.  Bremen,  Heinsius.  XVI,  227  S. 
M.  3,00. 

Des  Knaben  Wuuderhorn.  Alte  deutsche 
Lieder    ges.    v.   Arnim    und    Brentano. 


Neudruck  der  Heidelberger  Originalausgabe 
von  Ettlinger.  Th.  1.  2.  Halle,  Hendel. 
[1891]  (XXIl,  r.93S.,  2  Port.),  (395-844  S.) 
-  Bibliothek  des  In-  und  Auslandes  No.  531 
bis  539. 
Häuften,  Leben  und  Fühlen  im  deutschen 
Volkslied.  20  S.  M.  0,20.  (Sammlung  ge- 
meinnütziger Vorträge.    Nr.  143.) 


234 


Laue: 


Streicher,  Zur  Entwickelung  der  mhd.  Lyrik. 
(Zeitschr.  f.  deutsche  Phil.  24  Bd.,  H.  2 ) 

Bielschowsky,  Geschichte  der  deutschen  Dorf- 
poesie im  13.  Jalirhundert.  I.  Leben  uud 
Dichten  Neidliards  von  Reuenthal.  Unter- 
suchungen. (Sonderabdr.  a.  d.  Acta  Ger- 
manica.) Berlin,  Mayer  &  Müller.  1.  Bl., 
VII,  294  S.   8».) 

Marold,  Über  die  poetische  Verwertung  der 
Natui'  und  ihrer  Erscheinungen  in  den  Va- 
gantenliedern und  im  deutschen  Minnesang. 
(Zeitschr.  f.  deutsche  Philol.  23.  1—25.) 


Weddigeu,  Beiträge  zui'  Geschichte  des  deut- 
schen Meistergesanges.  Wiesbaden  Real- 
gymn.-Progr.  1891. 

Suck,  Volksreime.     (Die  Heimat  1,  189.) 

Mundartliche  Dichtung.  (Jahrb  f.  Gesch., 
Sprache,  Litt.    7,  179.) 

Einenkel,  Der  Hase  im  Volksliede.  (Leipz. 
Zeitung,  no.  294.) 

Crciner,  Wanderung  und  Wandlung  eines 
Volksliedes.  (Zeitschr.  f.  d.  deutsch.  Un- 
terr.    5,  687.) 


b)    Das 

a)   Einzelne  A 

Cremer  (Bartels,  Eiiglert),  Zum  Wiegen- 
lied vom  schwarzen  und  weissen  Schafe. 
(Zeitschr.  f.  d.  deutsch.  Unterr.  5,  59,  282, 
359.) 

Menk,  Zwei  Kinderlieder  (ebenda  132). 

Zander,  Kinderreime.  (Altpreuss.  Monats- 
schrift 1891,  H.  1.  2.) 

Schüttelkopf,  Kinderspiele,  gesammelt  im 
oberen  Görtschitzthale,  am  Krappfelde  und 
um  Osterwitz.     (Carinthia  I,  5.  Heft.) 

Eskuche,  Hessische  Kinderliedchen.  In 
Kassel  im  Verein  mit  Johann  Lew  alter 
gesammelt  und  erläutert.  Kassel,  Huhn. 
2  BL,  95  S.    M.  1,00. 


Volkslied. 

Iter  und  Stände. 

Eskuche  und  Lewalter,  Kasseler  Kinder 
liedchen.  (Hessenland  5,  187,  200,  210, 
223,  240,  25G,  272,  283,  29G.) 

Mathis,  Elsässische  Kinderlieder  in  Rapolts- 
weiler  Mundart.  (Jahrb.  f.  Gesch.,  Sprache, 
u.  Litt   V.  Elsass-Lothringen  7,  150.) 

Eber,  Elsässische  Kinder-  und  Wiegenlieder, 
Kinderreime  (ebenda  6). 


Hoffs,     Das    Marschlied     der    Landsknechte. 

(Wissensch.    Beihefte    z.   Zeitschr.    d.   allg. 

Sprachver.  G.  Jahrg.  Nr.  2.) 
Klein,  Bergmannslieder  aus  Graupen.  (Mitteil. 

d.  nordböhm.  Exkursionski.   14,  351  —  354.) 


ß)    Besondere  Gelegenheiten. 


Nardelli,  Le  primavere  liriche  della  Ger- 
mania.   Roma.    183  S. 

Wagner,  Sechs  Faschingslieder  aus  dem  Jahre 
1793.     (Musik.  Wochenbl.  Nr.  38.) 

Weeber,  Aus  der  Weihnachtszeit.  [Krippel- 
lieder  aus  Rumburg.]  (Mitteil.  d.  nord- 
böhm. Exkursionski.  14,  234-238.) 

Zwei  Hochzeitslieder  aus  Schönberg.  [Sieben- 
bürger Sachsen.]  Mitget.  von  Anna  Seh. 
(Correspondenzbl.  d.  Ver.  f.  siebenbürg. 
Landesk.  XIV,  7,  S.  69—70.) 

Roth,  Deutsch -lateinische   Gedichte    zu   der 

y)   Bestimm 

Meyer,    Zur    Volkskunde    der    Alpenländer. 

(Globus  59,  49,  70.)    [Über  Schnadahüpferl, 

Marterln  u.  s.  w.] 
Tobler,   Nachträge    zu    den  schweizerischen 

Volksliedern.     (Anz.  f.   Schweiz.   Gesch.  4.) 
Ellinger,  Das  Volkslied  in  Tirol.   (Die  Nation 

1891.  no.  13.) 
Baragiola,    Aristide,    II    canto    popolare    a 

Bosco  0  Gurin,  colonia  tedesca  nel  cantone 


Zeit  des  30jährigen  Krieges.  (Germania 
36,  179.) 

Paudler,  Aus  der  Franzosenzeit.  [Volkslieder 
aus  dem  Anfange  des  19.  Jahrh.]  (Mitteil. 
d.  nordböhm.  Exkursionski.  14,  226  bis 
228.) 

Fr.  J.,  Zur  Geschichte  der  sächsischen  Jäger. 
[Aufruf,  Gedicht  im  Dialekt  der  sieben- 
bürger  Sachsen,  vom  Jahre  1809.]  (Cor- 
respondenzbl. d.  Ver.  f.  siebenbürg.  Landes- 
kunde XIV,  S.  66-68.) 


te  Gegenden. 

Ticino.  Cividale,  Fulvio  Giovanni.  1891. 
(175  S.,    1  Titelbl.)    L.  3,00. 

Tor  Thewelt  ün  s  Turtal.  Gedicht  in  Völler- 
dinger Mundart  von  J.  Dahlet  (Jahrb.  f. 
Gesch.,  Sprache  u.  Litt.  v.  Elsass-Loth- 
ringen 7,  195.) 

Levissohn,  Eine  obersteierische  Fassung  des 
Volksliedes  vom  Tannhäuser.  (Zeitschr. 
f.  deutsch  Litt.   u.  Altert.  35,  439.) 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


235 


Deutsche  Volksliedei*  aus  Böhmen.  Heraus- 
gegeben vom  deutschen  Verein  zur  Ver- 
breitung gemeinnütziger  Kenntnisse  in 
Prag.  Redigiert  von  Alois  Hruschka  und 
Wendeliu  Toischr.  Prag,  Verlag  d.  D.  V. 
XIV,  542  S. 

Oertel,  Deutsche  Volkslieder  aus  Böhmen. 
(Leipz.  Zeitung  no.  298.) 

Wlisloeki ,  Volkslieder  der  siebenbürgischen 
Sachsen     {Am  Urquell.  II,  11.) 

Dalrnau,    Jüdisch-deutsche    Volkslieder    aus 


Galizien  und  Russlaud  2.  Ausg.  Schriften 
d.  Inst.  Judaicum  in  Berlin  Nr.  12.)  Berlin, 
Ev.  Vereinsbuchh.  VIII,  74  S.    M.  1,50. 

Grüdde,  Volkslieder  aus  Hinterpommern.  (Z. 
f.  Volksk.  III,  5,  6.) 

V.  Trais,  Wetterauer  Sang  und  Klang 
Dreissig  neue  Gedichte  in  Wetterauer  Mund- 
art, als  Fortsetzung  der  Heimatsklänge 
aus  der  Wetterau.  Giessen,  Roth.  (1891.) 
VI,  82  S. 


J)    Einzelne  Lieder. 


Odiuga,  Ein  Lied  von  dem  Tod  und  einem 
jungen  Mann.  (Vierteljahrsschr.  f.  Litte- 
raturgesch.    4,  152.) 

Abelj  Ein  Gespräch  vom  Frauenvolk  und 
dem  Ehestande  A.  IfiOG.  Ein  Gespräch 
vom  Mannvolke  und  dem  Ehestande  A.  1717. 
Die  verkehrte  Welt.  Drei  plattdeutsche 
Satiren  München,  Buchholz  und  Werner. 
2.  Bl,  24  S. 


Treiclie],  Das  Lied  vom  Krambambuli.  (Alt- 

preuss.  Monatsschr   28,  338-44.) 
Krüsrer,    Zu  dem  Liede  vom  „Rummelpott". 

(Zeitschr.  f.  d.  deutsch,  üuterr.  V,  G'J8.) 
Cremer  (Si)reiiger,Teuber,KöhIer,  Schmalz, 

Schlag),     Ein  Napoleonslied.     (Zeitschr.  f. 

deutsch.  Unterr.  5,  59,  138,  209,  210,  285  f. 

635.) 


c)   Sprüche  und  Rätsel. 


Falck,   Art  und  Unart  in  deutschen  Bergen. 

Volkshumor    in    Reimen    und    Inschriften. 

Berlin,     Meiding-er.     o.    J.    [1890.]      VIII, 

110  S. 
Engelhard,    Die    Hausinschriften    der    Stadt 

Duderstadt.     In  d.  Programm:    Beiträge  z. 


k 


d)  Geschichten 

Fabricius,  Volkserzählungen  aus  Mecklen- 
burg. (Correspondenzbl.  f.  niederd.  Sprach- 
forschung.) 

Deecke,  Lübische  Geschichten  und  Sagen. 
3.  verbesserte  u.  verm.  Aufl.  Lübeck,  Ditt- 
mar  1890.    8".   334  S. 

Jensen,  Schildbürgergeschichten  in  der  Sage 
der  nordfriesischen  Inseln.  (Tägliche  Rund- 
schau, Wissensch.  Beil.  1138.) 

Heydenreich,  Ein  Humanist  des  16.  Jalir- 
hunderts  über  die  Freiberger  Sage  vom 
ungeratenen  Sohn.  [Poetische  Behandlung 
durch  Martinus  Balticus.]  (Mitteil.  d.  Frei- 
berger Altertumsver.  27,  41  —  48.) 

Ehlers,  Was  die  Sage  von  der  Entstehung 
Altenas  erzählt.    (Die  Heimat  1,  239) 

Staacke,  Die  ruhelose  Jungfrau.  Eine  Sae:e 
aus  dem  östlichen  Holstein.  (Die  Heimat 
1,  30.) 

Struve,  Wallensteineiche  (ebenda  203.) 


Kunstgeschichte     Niedersachsens.      Duder- 
stadt.   4".    1891. 
Frischbier,     Die     Menschenwelt    in    Volks- 
rätscln  aus  den  Provinzen  Ost-  und  West- 
preussen.     (Zeitschr.   f.  d.  Philol.    23,  240.) 


lind  Märchen. 

Zwetz,  Sagen  und  gescliichtliche  Erzählungen 
aus  dem  mittleren  Saalthal.  Der  reiferen 
Jugend  gewidmet.  Mit  15  Illustrationen. 
Jena,  Fr.  Mauke.    IV,  107  S. 

Zum  musikalischen  Ton  der  Sprache.  Unter- 
schied zwischen  männlicher  uml  weiblicher 
Rede.  [Volkserzählung  des  Harbaclithales.] 
(Correspondenzbl.  d.  Ver.  f.  siebenb.  Volksk. 
14,  3.) 

Beckstein,  Deutsches  Märchenbuch.  Halle, 
Hendel  o.  J.  [1891],  IV,  156  S.,  1  Portr. 
=  Bibl.  Ges.  Litteratur  d.  Inn-  u.  Auslandes 
No.  471.  472. 

Fränkel,  Zum  Protciismärchen  und  andern 
wandernden  Stoffen.     (Germania  24,  3.) 

Jahn,  Volksmärchen  aus  Pommern  und 
Rügen.  1.  Th.  Norden  und  Leipzig,  Soltau 
1891.  382  S.  (Forscliungcn  hrsg.  v.  Verein 
f.  niederdeutsche  Sprachforschung  IL) 


236 


Laue: 


Deutsche  Puppenspiele.    Ges 

handlungen  und  Anmerkungen  hrsg.  von 
Arthur  K  oll  mann.  I.Heft.  Allgem.  Vor- 
wort. Judith  und  Holofernes.  A.  Einleitung. 
B.  Text.  C.  Anmerkungen  und  Varianten. 
Leipzig,  Grunow. 

Deutsche  Volksschauspiele.  In  Steiermark 
gesammelt.  Mit  Anmerkungen  und  Er- 
läuterungen nebst  einem  Anhange:  Das 
Leiden  Christi-Spiel  aus  dem  Gurkthale  in 
Kärnten.  Herausgegeben  von  Dr.  Anton 
Schlossar.  Bd.  1.  (VIII,  347  S.),  2.  (III, 
404  S.)     M.  10,00.     Halle,  Niemeyer. 

Paludan,  Ältere  deutsche  Dramen  in  Kopen- 
hagener Bibliotheken.  (Zeitschr.  f.  d.  Phi- 
lologie 23,  226.) 

Schweizerische  Schauspiele  des  16.  Jahrh. 
Bearb.  durch  das  deutsche  Seminar  der 
Züricher  Hochschule  unter  Leitung  v.  Jac. 
Bächtold.  2.  Bd.  Zürich,  Frauenfeld,  Huber 
i.  Comm.   353  S.    M.  4,00. 

Holstein,  Zur  Litteratur  des  lateinischen 
Schauspiels  des  16.  Jahrh.  (Zeitschr.  f. 
deutsche  Phil.  23,  436.) 

Bahlmann,  Aachener  Jesuiten -Dramen  des 
17.  Jahrh.  (Zeitschr.  d.  Aachener  Geschichts- 
vereins 13,  175.) 

Jacobs,  Zur  Geschichte  des  Schauspiels  in 
Wernigerode.  1588.  1593.  1618.  (Zeitschr. 
d.  Harz  Ver.  24 ',  292-294.)  [Darstellungen 
auf  offenem  Markte.] 

Holstein,  Zur  Topographie  der  Fastnachts- 
spiele. (Zeitschr.  für  deutsch.  Phil.  23, 
104.) 


e)   Drama. 

u.  m.  erl.  Ab-  Reuling,  Die  komische  Figur  in  den  wich- 
tigsten deutschen  Dramen  bis  zum  Ende 
des  17.  Jahrhunderts.  Stuttgart,  Göschen. 
1890.    181  S.     M.  4,nO. 

Rache,  Die  deutsche  Schulkomödie  und  die 
Dramen  vom  Schul-  und  Knabenspiegel. 
Leipzig.     Baldamus.     M.  2,00. 

Bielschowsky,  Das  Alter  der  Faustspiele. 
(Viert eljahrsschr.  f.  Litteraturgesch.  IV.  2, 
193.) 

Widmann,  Das  Brucker  St.  Mkolaus-Spiel. 
Ein  Beitrag  zur  Litteratur  des  Volksschau- 
spieles in  Salzburg.  Gymn  -Progr.  Salz- 
burg.   27  S.  gr.  8«. 

Jellinghans,  Das  Spiel  vom  jüngsten  Ge- 
richte. (Zeitschr.  für  deutsche  Phil.  23, 
426.) 

Ludwig,  Das  Oberammergauer  Passionsspiel. 
Vortrag.     Davos,  Richter.  106  S.     M.  1,25. 

Schmidt-Wartenber^,  Ein  Tiroler  Passions- 
spiel im  Mittelalter.  (Publ  of  the  mod 
lang,  assoc.  of  Am.  V,  2.) 

Sprenger,  Zu  den  Königsberger  Zwischen- 
spielen von  1644.  (Altpreuss.  Monatsschr. 
28,  S.  102.) 

Sembrzycki,  Noch  eine  Bemerkung  zu  den 
Königsberger  Zwischenspielen  aus  dem 
Jahre  1644  (ebenda  100,  330.) 

Schröder,  Das  Redentiner  OsterspieL  (Cor- 
respondenzbl.  d.  Ver.  f.  niederd.  Sprachf.  3.) 

Werner,  Der  Laufener  Don  Juan.  Ein  Bei- 
trag zur  Geschichte  des  Volksschauspiels. 
(=  Theatergesch.  Forschungen,  hi-sg.  v. 
Berth.  Litzmann.    3.  Bd.)  VII,  152  S. 


5.    Musik  und  Tanz.- 


Tobler,  Kühreihen  oder  Kühreigen,  Jodel 
und  Jodellied  in  Appenzell.  Zürich.  [Mit 
Musikbeilagen.] 

Radecke,  Das  deutsche  weltliche  Lied  in  der 
Lautenmusik  des  16  Jahrhunderts.  Leipzig, 
Breitkopf  und  Härtel.  2.  BL,  52  S.,  1  Bl. 
8"  [=  Inaug.-Dissert.    Berlin.] 

Niessen,  Das  Liederbuch  des  Leipziger  Stu- 
denten Clodius  vom  Jahre  1609.  Ein  Bei- 
trag zur  Geschichte  des  deutschen  Liedes 
im  17.  Jahrh.  Leipzig,  Breitkopf.  66  S., 
1  Bl.  8".   [=  Berliner  Ing.-Diss.] 


Krause,  Abriss  der  Entwickelungsgeschichte 
der  Oper  mit  litterarischen  Hinweisen. 
Hamburg,  Verlagsanstalt  VIII,  130  S. 
M.  2,00. 

Zelle,  J.  Theile  und  N.  Strungk.  Zweiter 
Beitrag  zur  Geschichte  der  älteren  deut- 
schen Oper.  (Humboldt-Gymn.  -  Programm 
Berlin.)  [I.  Beitr.  ib.  1889.] 

Benecke,  Vom  Takt  im  Tanz,  Gesang  und 
Dichtung  mit  besonderer  Berücksichtigung 
des  Volkstümlichen.  Diss.  Leipzig.  91  S.  8*^. 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


237 


Die  übrigen  Germanen. 

A.   Holländer. 
I.   Zeitschriften. 


Volkskunde.  Tijdschrift  voor  Nederlandsche 
Folklore  onder  Eedactie  van  Pol  de  Mont 
en   Aug.  Gittee.  4>=  Jaargang.    Gent  1891. 

1.  Aflevering:  Walcheren  iu  Zeeland.  I.  De 
Walcherische  Beer,  door  K.  Baart.  —  Gittee, 
Eenige  Beschouwingen  over  ons  oud  Klucht- 
spel.  —  Gittee,  De  Humor  in  de  Taal.  (Ver- 
volg.) IL  LichameUjke  Pijn  en  Ongemak. 
—  Sagen.  1.  De  Waterduivel.  2.  De  dikke 
Linde  te  Vlierzeln  3.  Brabantsche  Overleve- 
ringen.  —  Tragen  en  Aanteekeningen. 

2.  Aflevering :  Pol  de  Mont,  EeneKleiuig- 
heid  over  „Verloren  Maandag*.  —  Ders., 
Jetz  over  Sint- Märten,  Sinter- Greef  en  Sint- 
Nikolaes.  —  Boekbeoordeling:  L.  L.  De  Bo, 
Westvlaamsch  Idioticon  heruitgegeven  door 
Joseph  Samyn.  Aug.  Gittee.  —  Vragen  en 
Aanteekeningen.    Kronick. 

3.  Aflevering:  Walcheren  in  Zeeland. 
II.  Baardt,  Vertelsels:  1.  De  Domme  CJilen- 
spiegol.  —  Zeden  en  Gebruiken:  Gittee,  De 
Doodendans.  —  Kronick.  —  Vragen  en  Aan- 
teekeningen.   (Baarloop.) 

4.  Aflevering:  Gittee,  Volkshumor  in 
Geestelijke  Zaken.  (Vervolg.)  —  De  Mont, 
Volksliedereu.  I.  (18)  De  Muzikant.  —  De 
Mont,  Boekbeoordelingen:  Tiroler  Schnada- 
hüpfeln, Tiroler  Volkslieder,  Haussprüche  aus 
den  Alpen,  —  Gittee,  Antwerpsche  Kelder- 
mondvertellingen.  —  Vragen  en  Aanteeke- 
ningen. 

[Fortsetzung  folgt.] 

Ons  Volksleven.  Antwerpsch  -  Brabantsch 
Tijdschrift  voor  Taal  en  Volks dichtveer- 
digheit,  voor  Oude  Gebruiken,  Wangeloof- 
kunde,  enz.  in  twelf  nommers  van  acht 
bladzijden  in  8''.  Onder  Leiding  van  J.Cor- 
nelissen  et  J.  B.  Vervliet.  3.  Jaargang 
1891.  Brecht,  L.  Braeckmanu,  Drukker- 
üitgever. 


1.  Aflevering:  Vervliet,  Volksdichtveer- 
digheid.  —  Cornelissen,  Bijdrage  tot  den 
Dietschen  Taalschaft.  l^t?  (13^'«')  Woorden- 
zange.  —  Een  Friesche  Nieuwjaerwensch  van 
Eenen  Vlaming.  G.  G.  Etymologische  Woorden- 
boeken  der  Nederlandsche  taal.  —  Boek- 
bespreking:  J.  B.  Vervliet,  Inhoud  van  Tijd- 
schriften. 

3.  Aflevering:  Cornelissen,  Bijdrage  tot 
den  Dietschen  Taalschaft.  2'^''^  (U^t?)  Woorden- 
zange.  Beeldspraak.  Liederen.  9.  Reuzeliedje. 
St.  Mertenslied,  NieuwjaarsUeke.  Boomen, 
Wouden  en  Gewassen.  Christelijke  Legenden. 
Kempsische  Spreekwoordeu.  Sagen  3  (28.)  Wat 
een  Watergeest  eens  aanvong.  "VVangeloof. 
Vallende  Sterven.  Niuwskes.  Folklore  waUon. 
Boekbespreking:  Cornelissen.  —  E.  T.  — 
Harou.  —  Lehember.  —  Vervliet. 

4.  Aflevering:  Cornelissen,  Levende 
Spraakkmist.  III.  Uitgangen  der  Verklein- 
woorden  (Vervolg.).  —  Harou,  Hoe  het  Volk 
Wappenschilder  en  Sommige  Opschriften  uit- 
legt.  —  Vervliet,  Sagen  4.  (29.)  De  Geest. 
—  Sprookskesen.  Vertelsels.  —  Cornelissen, 
Spotrijmen  op  Steden  en  Dorpeu.  —  deRaadt, 
Een  Woord  over  het  Rechtgebied  der  ßezitters 
van  Heertijkheeden  in  Brabant.  —  Boek- 
bespreking, Vragen  en  Aanteekeningen. 

[Fortsetzung  folgt.] 

Fernere  Zeitscliriften  für  niederländische  Volks- 
kunde sind : 

Volk  en  Taal.  Maandsschrift  over  Gebruiken, 
Geschiedenes,  Taalkunde  enz.,  uitgegeveu 
door  de  Zantersgilde  van  Zuid-Vla an- 
deren.   Ronse,  A.  Courtin. 

't  Daghet  iu  den  Osten.  Limburgsch  Tijd- 
schrift voor  alle  liefhabbers  van  Taal- 
eu  andere  Wetensweerdigheden.  Hasselt, 
M  Ceysens.   7^«  Jaargang.   1891. 


II.   Bücher  uud  Aufsätze. 

[Friesen  und  friesische  Sprache,  s.  unter:  Deutsche.] 

1.    Äusseres  Leben. 

Nederland  en  zijne  Bewoners.    Handboek  der  |       Dr.    H.    Blink.      [Erscheint    in    Heften.] 

12.  Aflevering.  Amsterdam,  Gerlings.  S.  129 


Aardrijkskunde  en  Volkenkunde  van  Neder- 
land.    Met   Kaarteu    vu    at'befldiiiüeu   (loor 


bis  192. 


238 


Laue: 


de  Cock,  Volksgeneeskunde  in  Vlanderen. 
Gent,  Vuylsteke.  VII,  3G8  S.  8«. 
M.  3,00. 


de  Ricard,   Les  Hollandais    dans   l'arcliipel 
Indien.    (Eev.  -scientif.  1,  593.) 


2.    Inneres  Leben. 


A.  de  Cock,  Volksgeneeskunde  in  Vlanderen. 

Gent,Vuylsteke.  VII,368S.  M.3,00.  [Volks- 
medizin.] 
WoordeuboekderNederlaiidscheTaal.  üeelV., 

All.  2.    Bewerkt   door   A,  Beets  en  J.  W. 

Muller.  's  Hage  en  Leiden,  Nijhoff.  2.reeks. 

Aflev.  11  bewerkt  door  Klu}^er. 
Bouui<nu,  Proeve  van  eeue  kaxt  der  dialecten, 

die  in  Nederland  worden  gesproken.    (Tijd- 

schrift   van    het   Nederlandsch    Aardrijksk. 

Genootschap.   IL  Serie.  8,  541.) 
Sermon,  De  Vlaamsche  Vertaal-  en  Woordeu- 

boeken    van   het   begin    der   boekdrukken- 

kunst    tot    den    jare    1700.     Gent,    Siffer. 

40  S. 
Pauwels,  Der  viamische  Sprachstreit.  (Globus 

59,  177.) 
Les  insnltes  du  patois  flamand  de  Bruxelles. 

(Langues  et  Dialectes.   mai  1891.) 


de  Beer,  Merkwaardige  overgang  van  be- 
teekenis.    (Noord  en  Zuid,  XIV,  1.) 

J.  H.  d.  B ,  Verandering  van  beteekenis  door 
valsche  analogie.    (Noord  en  Zuid.  XIV,  3.) 

Oude  volksuitdrukkingeu.  (Noord  en  Zuid 
XIV,  2.) 


Stoett,  Spreekwiizen  verklaard. 

1.  Jemand   eene  blauwe  huik  omhangen. 

2.  Jemand  de  Kap  vullen. 

3.  Zieh  uit  de  voeten  maken.    (Noord  en 
Zuid  XIV,  1.) 

4.  Den  dans  entspringen  (ebenda  XIV,  2). 

5.  Jets  onder  de  roos  verteilen. 

6.  Slapen  als  eene  roos  en  slapen  als  op 
rozen. 

7.  Fiolen  laten  zorgen  (ebenda  XIV,  3.) 
— ,  Men  moet  geen  slapende  honden  wakker 

maken.  (Tijdschr.  voor  nederl.  Taal-  en 
letterk.  X,  118.) 

Waterpassen  en  enkele  andere  werkwoorden. 
Jemand  naer  St.  Veiten  wenschen.  Vrouw 
Snaversnel.  Daar  gaat  een  domine  voorbij. 
(Noord  en  Zuid  XIV,  2.) 

Müller,  Glimp-glimpen.  (Tijdschr.  voor  nederl. 
Taal-  en  letterkunde  X,  14.) 

Kern,  Wak,  loeme,  moker.  (ib.  X,  114.) 

Grenard,  Jets  over  de  oude  naamvalsbiugingen 
der  nederlandsche  eigennamen.  (Verslagen 
en  Mededeelingen  der  K.  Vlaamsche  Aca- 
demie  voor  taal-  en  letterkunde  1890.)  250  S. 

Bolte,  Ein  Antwerpener  Clucbtboek  von  1576. 
(Overgedr.  uit  Tijdschr.  v.  Nederl.  Taal-  en 
Letterk.  1891.    2.  Afl.    17  S.   8°. 


B.   Engländer. 
I.  Äusseres  Leben. 


Le  recensement  de  la  population  de  l'Angle- 

terre,  en  1891.   (Economie  francj.  1891,  10.) 
Le  recensement  decennal  en  Angleterre  (ib. 

460). 
Le  recensement  general   de  l'Angleterre  et 

le  recensement  special  de  la  cite  de  Londres 

(ib.  652). 
Le  recensement   de    1891    en  Angleterre  et 

les    causes    de    diminution    dans  la  vitesse 

d'accroissement    de    la  population  angiaise 

(ebenda  1891,  777). 
Garson,  Remarks  on  Skulls  dredged  from  the 

Thames    in    the    neighbourhood    of  Kew. 

(Journ.  anthrop.  Inst.  Great  Britain  20,  20.~ 


Old  English  Pewter.    [Zinngerät.]    (Reliquary 
N.  S.  5,  20,  72.) 


Ward,   Notes  on  Tracing  and  Drawing  Me 

dieval  Encaustic  Tiles  for  Plates.  (ib.  N.  S. 
5,  239.) 


Wlieatley,  London,  Past  and  Present:  its 
Historj,  Associations,  and  Traditions.  Based 
upon  the  ,Handbook  of  London'  by  the  late 
Peter  Cunningham.    London. 

Loftie,  A  history  of  London.  With  Maps  and 
lUush-ations.    Third  edition.    London. 

Hodges,  The  Pele  Towers  of  Northumberland. 
(Reliquary  N.  S.  5,  1.) 

Ditchfleld ,  ViUage  Antiquities  (ebenda  N.  S. 
5,  134). 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


239 


Round,  The  introductiou  of  Knight  Service 
into  England.  (English  historical  review  6, 
417,  fi25.) 

Lambert,  Two  Thousand  Years  of  Gild  Life; 
.  .  .  Together  with   a  Füll  Account  of  the 


gilds  and  trading  companies  of  Kingtson- 
upon-Hull.  From  the  14th  to  the  18th 
Century.  Hüll,  Brown  &  Sons.  XI,  414  S., 
1  Bl.,  11  Taf. 


II.   Inneres  Leben. 

1.    Lebenssitte  und  Recht. 


Wordsworth,    Parochial  Papers   relating  to 

Glaston  in  the  County  of  Rutland.     (Reli- 

quary.  N.  S.,    5,  40,  153.) 
Wallis,     A   London    Citizen's   Diary   in   the 

Eighteenth  Century  (ebenda  5,  13.) 
C.  C.  B.,    Yorkshire    Folk-lore.     (Notes    and 

Queries  12,  13.) 
Brand,  Allerlei  aus  Albion.  Leipzig,  Reissner. 

156  S.    M.  2,00. 
Hope,  The  Mace  [Amtsstab]  of  the  House  of 

Commons.     (Reliquary  N.  S.  .5,  2G.) 


Burton,  Rush-bearing:  a  History  of  the  Old 
Custom.     (Hüll.    Litt.  Club.) 

Howlett,  Burial  in  Woollen,  (Reliquary  5, 
N.  S.,  205.) 

Gregor,  The  Scotch  Fisher  Child.  (Folk- 
lore 2,  73.)    [Betrifft  Spiele.] 

J.  Cooper  Morley,  The  Fairs  of  Old  Liver- 
pool.    (Reliquary  N.  S.  5,  32.) 

Batcliffe,  Ducks'  Eggs.  (Notes  and  Queries 
12,  75.) 


2.    Religion  un 

Hooppell,  Matres  Ollo  totae  (Reliquary  N.  S. 

5,  129.)    [In  Binchester  bei  Bishops   Auck- 

land.] 
Herford,    The    Confraternities   of  Penitence,   I 

their    Dramas      and    their     Lamentations.   [ 

(Eglish  bist,  review  G,  t)4().) 
Drake,    New    England    Legends    and    Folk- 

Lore.      Boston,    Estes    and    Laurial.     4to. 

461  S.  ! 

Balfour,  Legends  of  the  Lincolnshire  Carts. 

(Folk-lore  2,  145,  257,  401.) 
A.  (x.,  Out  Oniuns.     (Notes  and  Queries.    12, 

.56.     [Vgl.  ebenda  11,  387,  475.] 
Witclies  in  Cornwall.     (Folk-lore  2,  248.) 
Legge,  Witchcraft  in  Scotland.    (Scottish  Re- 
view.   October  XVIII.) 
Fischer,  Aberglaube  unter  den  Angelsachsen. 

Meiningen.    4°.    42  S. 
Harnley,    Sailors'    Anti-Friday    Superstition. 

(Notes  &  Queries  12,  364.) 
Terry,    Folk-lore    of  Black    berries   (ebenda 

12,  306  f.,  [CC.  B.:]  376.) 


d  Aberglaube. 

C.  E.,  [Folk-lore]  Glass,    broken.    (Notes  & 
Queries  12.  489.) 


X.,   The   Stork    and 

(ebenda  12,  226). 
L.  L.  K.,  The  Stork  . 
Terry,  The  Stork 


the    New-born    Child 

.  .  (ebenda  291). 
(ebenda  414). 
.4.  H.,  Inlauts"  tecth  (ebenda  267). 
VValford,  Folk-lore  of  the  Hourglass  (ebenda 

505). 
Jackson,  Weather-lore :  Staffordshire  (ebenda 

486). 
Burus,  May  Dew  Folk-lore  (eb.  447). 
Prideaux,  The  red  mouse  (eb.  465). 
Black,  Swan  Folk-lore  (eb.  324). 
K.    P.    1).    E.,     [Folk-lore:]     Viper    and    its 

young  (eb.  268). 
Peacock,    Spiders  (eb.  12,  35)    [vgl.  4,  506; 

5,  93,  197;  11,  497.] 
Joicey,  Spiders  [giftisre  Eigenschaften]  (ebenda 

211). 
N.  M.  &  A.,  Wood  pecker  (ebenda  125). 
€.  C.  B.,  Wood  pecker  (ebenda  218),  Terry 

(S.  218). 


3.    Sprache. 


Wüodward,  Palatal  consonants  in  English. 
Dissertation.   New- York.   59  S.   8». 

Kluge,  Geschichte  der  englischen  Sprache: 
(Paul,  Grundriss  der  germanischen  Philo- 
logie.) 

Englisli  Miscellanies  A  volume  of  illustra- 
ting  the  history  and  language  of  the  nor- 
theru  Counties  of  England.    [Public,  of  tho 


Surtees  Society,  vol.  85]  London,  Whittaker. 

V,  100  S. 
Uixon,  Dictionary  of  idiomatic  English  phra- 

ses.     New-York,  Nelson.    384  S.    1,.^.0  Doli. 
Studio    sui   verbi  inglesi  d'  uso  piü  frequente 

per     il    Prof.    A.    0  li  v  i  e  r  i.      Palermo, 

Clausen. 
Schultz,   Die  Sprache    der    „English   Gilds" 


240 


Laue: 


aus  dem  Jahre  1839.  Ein  Beitrag  zur 
Dialektkunde  von  Norfolk.  Hildesheim, 
Gerstenherg.    Jena  Phil.  Ing.-Diss.  45  S. 

Bauer,  Über  die  Sprache  und  Mundart  der 
altenglischen  Dichtungen  Andreas,  Güdläc, 
Phoenix,  hl.  Kreuz  und  Höllenfahrt  Christi. 
Marburg,  Üniv.-Buchdr.  3  Bl,  98  S.,  l  Bl. 
Ing.-Diss.  1S90. 

Leutzner,  Wörterbuch  der  englischen  Volks- 
sprache Australiens  und  einiger  englischer 
Mischsprachen.  Nebst  einem  Anhange. 
Halle— Leipzig.  Karras.  A.  u.  d.  T. :  Colo- 
nial  English:  A  glossary  of  Australian, 
Anglo-Indian,  Pidgin  English,  West-Indian 
and  South  African  words  .  .  .  London, 
Kegan  PauL  1  Bl.,  XII  S.,  2  BL,  237  S, 
IBl. 

Primer,  The  pronunciation  of  Fredericksburg. 
(Publ.  of  the  mod.  lang,  assoc.  of  Am. 
V.  2.) 

Schochardt,  Beiträge  zur  Kenntnis  des  eng- 
lischen Kreolisch.  III.  Das  Indoenglische. 
(Englische  Studien  XV,  286.) 

Stoffel,  Annotated  specimens  of  „Arryese" 
a  study  in  vulgär  EngUsh.  (Taalstudie 
XI,  4.) 

Blackmar,  Spanish  American  words.  (Mo- 
dern language  notes  VI,  2.) 


Grandgent,  Notes  on  American  pronunciation. 

(Modern  lang,  notes  VI,  2.) 
Norton,  Political  Americanisnms :   a  glossary 

of  termes    and  phrases   current  at  diiferent 

periods  in  American  politics.  London,  Long- 

mans.    2  sh.,  6  d. 
Grrade,  Das  Neger-Englisch  an  der  Westküste 

von  Afrika.     (Anglia  14,  362  ) 
Skeat,    Principles     of   English     Etymology. 

Second  Series.     Foreign  Element    Oxford, 

Clarendon  Press. 
Baskerville,  The  etymology  of  English  „Tote*-. 

(Modern  language  notes  VI.  6.) 
Skeat,  Notes  on  English  etymology.     (Trans- 

actions  of  the  philol.  Society  III,  284.) 
Atkiiisou,  A  Study  on  some  Archaic  Place- 

names.     (Reliquary  N.  S.  5,  147.) 
—  Further  Remarkson  Personal  Names    and 

their  distribution  in  1302.     (ib.  5,  84.) 
Uuppy,   Homes    of  Family  Names   in  Great 

Britain.     London,  Harrison.    664  S. 
Black,    Folk-names   of  British  Birds.     (Folk- 
lore 2,  136-138  ) 
Westphal,    Englische  Ortsnamen  im  Altfran- 
zösischen. Strassburg,  Dusch.  39  S.  Inaugu- 

ral-Dissertation. 
Mackay,  Scottich  proverbs,    chieffly    of  Fife 

origin.    Fife,  Westwood.    55  S.    1  sh. 


4.    Diclitung;. 


(xoulü  and  Sheppard,  Songs  and  ballads  of 
the  west:  a  collection  made  from  the 
mouths  of  the  people.  Harmonised  and 
arranged  for  voice  and  pianoforte.  Conipl. 
in  4  parts.    Part  4.    London,  Methuen.    5  sh. 

O'C,  Saying  for  a  Wet  Day.  (Notes  &  Que- 
ries  12,  15.) 


Terry,  Old  Christmas  Night.     (Notes  &  Que- 

ries  12,  96.) 
Braud,  Englisches  Theaterwesen.     (Nord  und 

Süd  .59,  226.) 
Fairman-Ordish    Folk -Drama.     (Folk-Lore 

2,  314.) 


5.    Musik. 


Balfour,     The     Old    British     ..Pibcorn'-    or 
„Hornpipe'    and    its    affinities.     (Journ.   of 


the    antlirop.    Inst. 
Ireland  20,  142. 


of  Great  Britain    and 


C.    Skandinavien  (einsclil.  Island)/) 


1.    Allß'emeiues. 


Nyare  bidrag  tili  käuuedoiii  om  de  Svenska 
laudsmäleu  ock  Svenskt  l'olklif.  Tid- 
skrift  utgiven  pä  uppdrag  af  Landsmäls- 
föreningarna  i  Uppsala,  Helsingfors  ock 
Lund  genom  J.  A.  Lundell.  Stockholm, 
Samson  &  Wallin.    8». 


42.  Heft.   Eva  Wigström,  AUmogeseder 
i  Rönnebärgs  härad  i.  SkAne. 

Dauia,  tidskrift  for  folkemäl  og  folkeminder, 
udgivet  for  Uuiversitets-jubilieets  danske 
samfund    af  0.   Jespersen    og   Kr.  Nyrop. 


1)    Mit  Unterstützung  des  Herrn  Professor  Axel  Ohik  in  Kopenhagen. 


Litteratur  dos  Jahres  ISiU. 


•241 


Kjolienhavn,  Cybecker  &  Meyer.   I,    2.  bis 
3."  Heft.    1891. 

2.  Heft.  Vilh.  Andersen,  Gentagelsen, 
en  sproglig  Studie.  Axel  Olrik,  Tre  danske 
folkesagn.  1.  Et  Starkadsagn  fra  Sonder- 
jyUand.  2.  Tishmd-stenen.  3.  Dannevirke  og 
dronning  Tyre.  —  Smäting.     Anmeldelser. 

3.  Heft.  H  F.  Feilberg,  Bidrag  til 
stroeddernes  saga.  —  SophusBugge  &Axel 
Olrik,  Sagnet  om  roeveren  ved  Grasten  og  en 
episode  i  det  angelsaksiske  digt  om  Beo- 
•wulf.  —   Otto  Jespersen,  Tydskriftprover. 

—  Anmeldelser.  Smäting. 

Aarbog  for  dansk  kultnrhistorie,  udgiven 
af  Poul  Bjerge.  KJ0benhavn.  Lehmann  & 
Stage. 

1881.    H.  F.  Feilberg,  Cyprianus. 

1892.  H.  F.  Feilberg,  Levende  be- 
gravet. 

E.  P.  KristenseOj  Eflersloet  til  Skattegra- 
veren.  Kolding  (&  Kjobenhavn,  Gyldendal) 
1890.    280  S. 

—  Gamle  folks  fortsellinger  om  det  jyske 
almueliv,  som  det  er  blevet  foert  i  mands 
minde,  samt  enkelte  oplysende  side  otykker 
fra  oeerne.  Afd  1.  KJ0benha\ia,  Gylden- 
dal.  8". 

—  Mikkel  Skradders  historier.  Viborg(KJ0ben- 
havn.     Gyldendal.    1890). 

Kvolsgärd,  Spredte  trak  af  landbolivet, 
optegnede  troek  ijysk  mundart.  Kjobenhavn, 
Universite t:s-jnbil?eets  danske  Samfund. 

Kristensen,  Oeen  Anholt  i  saan  og  sced  efter 


gamle  folks  mundtlige  meddelelser.  Kjoben- 
havn, Gyldendal    i  Bl.  128  S. 

Male,  Minder  fra  den  yderste  danske  Sprog- 
grcändse.  (Sönderjydske  Aarbuger,  udg. 
af  H.  P.  Hansen-Nörremolle.  Flensborg 
1891.    S.  256—63.) 

Friis,  SkildringerfraFinmarken.  Med  Illustra- 
tioner af  Wilh.  Peters.  Kristiania, 
Cammermeyer. 

Hart,  Nordgermanische  Reiseeiudrücke  aus 
Norwegen.  (Tägl.  Eundschau,  Wissensch. 
Beil.  1094,  U29.) 

Kittelsen,  Fra  Lofoten.  Billeder  og  Text. 
2.  Sämling.  Ki-istiania,  Dybrad.  Tverfolio. 
4  Kr. 

Haukenoes,  Hardanger.  Natur,  folkeUv  og 
folketro.  VII.  üllenswang.  Bergen,  Floor. 
588  S.   4,50  Kr. 

Maurer,  Zur  Volkskunde  Islands.  (Zeitschr. 
Ver.  Volkskunde  1,  1.) 

0  Svahn,  Svenskt  skämtlynne.  Folklifsbilder, 
sägner  och  anekdoter.  Med  tekningar  af 
E.  Ljung  och  B.  Liljefers.  2.  uppl.  8. 
bis  9.  Heft.  Stockholm,  Bonnier.  ä  0,25  Kr. 

Sagor  och  Sägner,  viser  skrock  och  ordspräk 
frän  Vestergötland.  (Särtryck  ur  „All- 
mogelif  i  Vestergötland  af  Vestgöta  lands- 
smälsförening  i  Uppsala).  Öreskrifter  lir 
foket.  148.  60  S.  Stockholm,  Bonnier. 
0,30  Kr. 

Linnieiis,  Gothländska  resa  1741.  Med  an- 
märkningar  uti  oeconomien,  naturalhistorien, 
antiquiteter  etc.  Ny  upplaga.  116  S.  Visby 
(Stockholm,  Skoglund)  1890.    1,50  kr. 


2.    Äusseres   Leben. 


Troels  Lund,  Danmarks  og  Norges  Historie 
i  Slutningen  af  det  16  de  Aarh.  Indre 
Historie.  XI,  Dagligt  Liv:  Bryllup.  560  S. 
Kjobenhavn,  Reitzel.    9  Kr. 

Mejborg,  Bondesgaarde  i.  Eidcrsted.  (Mu- 
seum 1890,  S.  374—92.) 

—  Slesvigske  Bondesgaarde  i  det  16de,  17  de 
og  18  de  Aarhundrede.  1.— 4.  H.  Kjoben- 
havn, Lehmann  &  Stage.    h  1,.50  Kr. 

—  Om  Bygningsstükkcr  i  Slesvig.  Et  illustre- 
ret  Foredrag,  32  S.  4".  Kjobenhavn,  Leh- 
mann Ä  Stage.    1,50  Kr. 

Dietrichsen,  De  norske  Stavkirker.  Christiste, 
nia,  Alb.  Cammermeyer.  (Erscheint  in 
Heften,  14  in  Umschlag.) 

Bore,  Bärgsmanslif  i  början  af  1800  —  talct. 
Anteckningar   frän   nora  eck  lindes  bärgs- 


lager.     Stockholm,  Norstedt  1891.  -  Nyare 

bidrag  tili  kännedom  om  de  Svenska  lands- 

mälen  ock  svenskt  folklif  V,  7. 
Islenzkar  gätiir,  pulur  og  skemtanir.   3.  H. 

Kaupmannshöfn ,     hid    islenzka    bdkmenta- 

fjelag  1890.    [Inhalt:  Ölafur  Davidsson, 

Icikir,  listir,  kvedskapur  etc.] 
E.  T.  Kristensen,   Den  jydske  almues  sel- 

skabeligc    sammenkomster    (in    d.  Zeitschr. 

Gylland,  udg.  af  Jessen.     Aarhus.    1891). 
Ett  bondsbröllop  pä  Gotland  fir  50  är  sedan. 

(Ny  illustrerad  titende  1890,  S.  129.) 
Guldberg,     Om    skandinavemes    hvalfangst 

(Nord-tidskr.    utg.    af   letterstedtska    före- 

ningen  1890,  S.  251—271). 
Kniidsen  Lysliolm,   En  alsingsk  bylov.  (Son- 

derjyske  Aarboger.    1890,  S.  116—119.) 


242 


Laue : 


3.    Inneres  Leben. 
a)  Mythologie. 


3lousenr,  Travaux  rocents  sur  la  mjthologie 
scandinave.  (Rev.  d.  l'hist.  des  religions 
XXIII,  1.) 

Poestion,  Die  alten  nordischen  Frühlings- 
feste. Nach  dem  Dänischen  des  Troels 
Lund.  (Zeitschr.  f  Volkskunde  3,  268,  310, 
349.  387,  42.%  4G4.) 

Sander,  Harbardsangen  jänite  grundtexten 
tili  Völuspä.  Mythologiska  uudersökningar. 
Stockholm,  Norstedt  &  söner.  72  S  gr.  8". 
M.  2,25. 

Jouas  Lie,  Trold,  en  tylst  eventyr.  Kjoben- 
havn,  Gyldendal.    [Novellistisch.] 

Drachmaiiu,  Troldtöj.  Kj^ibenhavn,  Bojesen. 
[Novellistisch.] 

porkelson,  Ein  isländischer  Blutsegen.  (Zeit- 
schrift Ver.  Volksk.  1,  102  f.) 


Kahle,   Aus    isländischer  Volksüberlieferung. 

(Germania  24,  4 ) 
Lnnd,  Tolo  Fragmenter  om  Hedenskabet  med 

sserligt    Hensyn    til   Forholdene     i  Nord- 

og    Mellemeuropa.     I,    1.   H.    Kjobenhavn, 

Eeitzel.   304  S.    G  Kr. 
E.   H.  Meyer,    Eddische   Kosmogonie.     Ein 

Beitrag    zur  Geschichte   des  Alterturas  und 

des  Mittelalters.     Freiburg  i   Br.    U8  S. 
—  Skabelseslaeren  i  Eddaerne  af  Prof.  E.  H. 

Meyer   i  Freiburg    ved  Herrn  an    Anker. 

Hamar    (&  Kristiania,  Aschebourg).     30  S. 

0,25  Kr. 
Feilberg,    ..Making   Weather'    in    Denmark. 

(Folk-lore  2,  133.) 


b)  Sagen. 


Eirlks  saga  rauda  og  Flatoebogens  Graenlcn- 
dingathättr  samt  uddrag  fra  Olafssaga  Trygg- 
vasonar  udg.  f.  Samfund  til  udg.  af  gammel 
nord.  litt.  ved.  ,  .  G.  Storm.  Kjobenhavn, 
Moellers  bogtr.  2  Bl.,  16  S.,  1  Bl.,  79  S. 
[=  Samfund  til  udgivelse  af  gammel  nord. 
Htt.  Bd.  21.] 

Morgenstern,  Zur  Überlieferung  der  grossen 
Olafsaga  Tryggvasonar.  (Arkiv  för  Nor- 
disk  Filologi.   N.  F.  IV,  2.) 

Beer,  Über  die  Orvar-Odds  saga  (ib.  IV,  2.) 

Laxdoela  saga  udg.  f.  Samfund  til  udg.  af 
gammel  nord.  litt.  ved.  Kr.  Kälund.  (In 
3  Hftn.)  Kjobenhavn,  Moellers  bogtr.  1889 
bis  1891,  2.  Bl.,  LXX,  372  S.)  [=  Samfund 
ttl  udg.  .  .   Bd.  19.] 

Zwei  Fornaldarsögur.  (Hrölfssaga  Gautreks- 
sonar  und  Asmundar  -  saga  Kappabana.) 
Hrsg.  V.  Detter.  Halle ,  Niemeyer.  LVI, 
107  S.     M.  4,00. 

Die  Völsungasaga.  Nach  Bugges  Text  mit 
Einl.  u.  Glossar  hrsg.  v.  W.  Rani  seh. 
Berlin,  Mayer  u.  Müller.  XVIII,  216  S. 
M.  3,60. 

Isländische  Yolkssagen.      Aus  d.  Samml.  v. 


Jon  Arnason  ausgewählt  u.  aus  d.  Islän- 
dischen übers,  v.  M.  Lehmann-Filhes. 
N.  F.  Berlin,  ebenda.    XXX,  266  S.  M.  4,00. 

Islendingabök,  er  skrifadh  hetir  Ari  Thor- 
gilsson,  og  Landnämabok.  Büidh  hefir  til 
prentunar  Vald  (imar)  Asmundarson.  Reyk- 
javik, Kristjansson.  VII,  256  S.  =  Islen- 
dinga  sögui",   Nr.  1.  2. 

Hardhar  saga  ok  Holmverja.  Thorleifr 
Jonsson  gaf  iit.  Reykjavik,  Kristjansson. 
VII,  104  S.  =  Islendinga  sögur.    Nr.  3. 

Küchler,  Nordische  Heldensagen.  Aus  dem 
Altisländischen  übers,  u.  bearb.  Bremen, 
Heinsius.    III,  264  S.    M.  3,00. 

Yoretzsch,  Über  die  Sage  von  Ogier  dem 
Dänen  und  die  Entstehung  der  Chevallerie 
Ogier.    Halle. 

Cederschiöld  Medeltids  berättelser.  Sagor, 
legender  ock  anecdoter  frän  fornisländskan. 
Stockholm  1885-1891,  Norstedt.  =  Nyare 
bydrag  til  kännedom  om  de  svenska  lands- 
mälen  ock  svenskt  folklif.    V.  1 

Handelmann,  Zur  norwegischen  Sagen- 
forschung.   (Am  Urquell  II,  3). 


c)   Sprache. 

Passy,  De  nordica  lingua  quantum  in  Is-  '  Ross,  Norsk  Ordbog.  Tillaeg  til  „Norsk  Ord- 
landia  ab  antiquissismis  temporibus  mutata  j  bog"  af  Ivar  Aasen.  Femte  Hefte.  Christia- 
sit.    Thesis.    Paris,  Firmin-Didot.    64  S.        |       nia  og  Kjobenhavn,  Cammermeyer. 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


243 


Kristensen,   Danske  ordsprog  og  mundheld, 

skjaemte  sprog,  stedlige  taleinader,  ordspil 

og  samtaleord    Kolding.    Kr.  7. 
Söderwall,    Ordbok  öfver  svenska  medeltids 

spräket.     Tolfte  haftet.    Lund.    4».    120  S. 

(Samliiigar    utgifna    af    svenska    fornskrift 

sällskapet  haft  100.) 
Larsson,    Ordförradet    i    de    älsta    islanska 

handskrifterna,    leksikaliskt  ock  gramatiskt 

ordnat.    Lund,    Lindstedt.    V,    438    S.     4". 

M.  25,00. 
—  Södermannalagcns     spräk      I.      Ljudlära. 

Akad.   afhandl     Upsala.    Stockholm.    1  BL, 

158  S.   8°  [-  Antiqvar.  Tidskr.  för  Sverige 

XII,  3.  4.] 
Hayfors,  Gamlakarlebymäler.  J.jud-  och  form- 

lära    samt     spräkpro.       Diss.     Helsingfors. 

122  S.,  1  Kart.    8". 
Nielsen,    Bidrag    til    fortolkning    af   danske 

stednavne.      (Blandinger   til   oplysning  om 

dansk   sprog  i  aeldre  og  nyere  tid.    II,  1.) 
Hjelmquist,  Naturskildringarna  i  den  norröna 

diktningen.     (Antiqv.    tidskrift    för  Sverige. 

XII,   1.  2:    S.  1-217.)    [Darin   über   Orts- 
und Personennamen,  die  auf  Natureindrücke 

weisen.] 
Rygii,  Norske  stedsnavne  paa  lo    (lä,  slö,  og 

lignende) :  Arkivförnordiskfllologie  VII,244. 
Specht,    Das    Verbum    reflexivum    und    die 

Superlative   im   Westnordischen.     Berliner 

Ing.-Diss.    1.  BL,  30  S.,  1  Bl. 


Specht,  Ein  Beitrag  zur  nord.  Grammatik.  (Aus 
Acta  Germanica.)  Berlin,  Mayer  &  Müller. 
56  S.    M.  1,80. 

H.  F.  Feilberg-,  Bidrag  til  en  ordbog  over 
jyske  almuesmal.  7.  H.  KJ0benhavn,  Uni- 
versitets-jubikeets  danske  samfund. 

X.  Andersen,  Digte  i  Sönderjydske  Maal. 
(Sönderjydskc  Aarboeger.  1890,  S.  294 
bis  316.) 

—  Landsbylöje.(Flensborg  Avis.  1891.  Feuille- 
ton.) 

Wenström  och  Jeurling,  Svenska  sprakets 
ordförrad  eller  80000  inhemska  och  främ- 
mande  ord  och  naran  med  öfversättningar 
och  förklaringar  jemte  uttalsbeteckning 
och  accentuering  enligt  Sv.  akademiens 
Ijudenligaste  stafsätt.  Under  medverkan 
af  Hera  sprakmän  utarbetad.  Stockholm 
Skoglund.    109G  S.    4  Hefte  ä  50  0re. 

Peter  Läles  ordspräk,  och  av  motsvarandc 
svensk  samling,  utg.  av  AxelKock  och 
Carl  av  Petersens.  2.  H.  Kjobenhavn, 
Samfund  til  udgivelse  af  gammel  nordisk 
literatur. 

Balling,  Ordsprogsloerdom.  Kjobenhavn  1890. 
219  S. 

Hiiseby,  Norske  Namebog,  indeholdende  300 
kinde-  og  500  mandsname.  40  S.  Folke- 
skriftselshabet.   0,30  Kr. 


Lundell,  SkandinaAasche  Volkspoesie  (Paul 
Grundriss  II.    1,  719 fl') 

Evald  Tang:  Kristensen,  Gamle  Viser  i  Folke- 
munde.  Fjerde  Samling.  (Jyske  Folkeminder. 
XI).  Kjobenhavn,  Gyldendal  (Viborg) 
432  S.   4  Kr. 

Brate,  Eunverser.  (Hildebrand  Antiqvarisk 
Tidskrift  for  Sverige  10,  1-442) 

—  Vers  runiques.  Resume  du  memoire  pre- 
cedent.  (ib.  Nr.  2,  1-4) 

Steenstrup,  Etüde  sur  les  chansons  popu- 
laires  danoises  au  Moyen-ägc.  (Oversigt 
over  det  Kongelige  Danske  Videnskabernes 
Selskabs  Forhandlinger.    1.^91,  1.) 

Faerösk  anthologi  ved  V.  U.  Hammershaimb. 
Med  understöttelse  af  Carlsberg  fondet. 
I.  IL  (In  6  Hftn.)  Kjubenhavn,  Moellers 
bogtr.  18(86)-91.  2  Bde.  8».  I.  Tekts  samt 
histor.  og  grammat.  indledning.  (l  Bl., 
CXVI,  460  S.,  4  Bl.)  IL  Ordsamling  og 
register    udarb.  af  J.  Jakobson.     (1  BL, 


d)  Poesie. 

476  S.,    2  Bl.)  =  Samfund  til  udgivelse  af 
gammel  nord.  litt.  Bd.  15. 

Karlamaguusar  kväje,  oedla  Rolandsk  vivje 
[ütgjivin  av  J.  Jakobsen].  Torshavn, 
Fcerö  Amtstitende  1890.  I.  Gaipa  tättur. 
IL  Runsevalsstry  (Tölvjavningar).  [Sepa- 
ratabdruck der  Zeitung  „Dimmaloetting"  zu 
Torshavn]. 

Steenstrup,  Vore  folkeviser  fra  Middelalderen. 
Studier  over  Visernes  Aesthctik,  rette 
Form  og  Alder.  33()  S.  Kjobenhavn,  Klein 
5.  Kr. 

A.  D.  Jörgenseu,  De  historiske  folkeviser 
og  Wils  Ebbesen  (Historiske  tidskrift  udg. 
af  den  danske  last,  forening.  4.  roekke,  III.) 

Rugge,  Harpeiis  Kraft,  A  Bi(h-ag  til  den  nor- 
diske  Balladüdigtnings  Historie,  ferfattet 
under  Medvirkning  af  Professor  Moltke 
Moe.  (Arkiv  f.  nordisk  filologi  VII,  S.  97 
bis  141). 

Schüclt,    Lekarc    och   ballader.      (Samlaren. 


244 


Laue:  Tjitteratur  des  Jahres  1891. 


XII.     1891.     Uppsala,    Svenska    litteratur- 

sällskapet). 
Vendell,   Om  hufvudmotiven  i  Njlands  äldre 

riddareviser   och  romanser   (Finsk  tidskrift. 

1890.     1.  H.    S.  371—383).     [Besprechung 

von:  Lagus,  Nyländska  folkviser.] 
Steffen ,    Norsk    folkaiktning    i   vära    dagar 

(Nordiskt  tidskrift  utg   af  den  letterstedtska 

föreningen.    1891,   4.  H.     Stockholm,   Nor- 

stedt). 
M.  Eskeseu,    Karsten  Thomseu  Ira  Fr0slev. 

(Sönderjydske   Aarbceger.    1891,  S.  82  bis 

108). 
E.  T.  Kristensen,  Mosekonen  brygger.  Mveia- 


tyr   og  Legende  fortalte  af  Borge  Janssen. 

Med  Tegninger  af  danske  Kunstnere.  160  S. 

Kjobenhavn,  Schubothe.    3  Kr. 
Kamp,    Danske  Folkeaeventyr.     Samlede  (fra 

folkemunde)  og  gjenf ortalte  . . .  KJ0benhavn, 

Waloike  Mansa.    1879—1891.    1.  Bd.   (2B1, 

232  S ,  2  Bl.).   2.  Bd.  (3  Bl.,  244  S.) 
Fischer,    Slesvigske    Folkesagn.    3.   Udjave. 

Aabenraa  1890  [novellistisch]. 
Nyrop,  Nej,  A  motivs  Historie.  178  S.  Kjoben- 

havn,  Eeitzel.     3,50  Kr. 
Skeibrok,  Sandfoerdige  Skröner  og  sligt  no- 

get,  illustrerede  af  Th.  Mitt eisen.    56  S. 

4«.    Olaf  Hussby.    2  Kr. 


Nachtrag  zu  den  Sieben  Grafen.   S.  207. 

Zu  der  ditmarsi sehen  Fassung  der  Sage  sind  ferner  zu  vergleichen  die  Oden- 
wälder  Geschichte  von  der  getreuen  Frau,  von  Plönnies  erzählt  in  Wolfs  Zeitschr. 
f.  deutsche  Mythologie  II,  377  (dazu  vergl.  auch  Wolf,  Hausmärchen,  S.  98),  und 
die  Waldecksche  Geschichte,  Die  treue  Frau,  bei  Curtze,  Volksüberlieferangen 
aus  dem  Fürstentum  Waldeck  (Arolsen  1860,  S.  141  ff).  Beide  Fassungen  ent- 
halten dasselbe  Lied,  wie  die  Ditmarscher;  auch  haben  sie  das  Hemd  als 
Keuschheitsbeweis  bewahrt.  K.  W. 


yV^.    /■   /Jans  LH  üci/ire/^i     UstfriesI<Kn<-i- 


liQ.cJ  Jiep- 


^a .  h/i^,.<D.  ticLusev    ciiu  J  lonsejxce 


'iQ   7 Hctit %  in ßucUrhu-rj  i^i  0"/?, en.  J^/t) i-röa u t. 


Fl  a-  y.  Baus  l^  fvissi/7^en. 


'^^^^^ 


y^t^^ 


FiQ.'^^  fJaiis    177  hz\3  scrrc^cn 


II 17.  if^./fartLs  in  Bänölg. 


T if-  0.    Jji^tii   Miis  l/i^iterpo^mneT'ii 


Volkstümliche  Schlaglichter. 

Von  Wilhelm  Schwartz. 

(Zeitschrift  I,  17.  279.) 


III.   Von  der  Farbeu-  und  Zahlenkenntnis  des  Volkes. 

Wie  die  Naturkenntnis  des  Menschen,  so  wird  auch  die  Farben- 
kenntnis  bedingt  durch  seinen  Horizont  und  durch  die  Lebens- 
beziehungen, welche  ihm  die  Bezeichnung  der  einzelnen  Farben  zum 
Bedürfnis  machen.  Auch  hierbei  erscheint  der  reale  Hintergrund  zu- 
nächst als  massgebend. 

Tritt  dies  besonders  charakteristisch  z.  B.  sofort  beim  Färber,  Gärtner 
oder  Maler  hervor,  in  deren  Beruf  die  Farben  eine  Hauptrolle  spielen,  so 
gilt  es  doch  verhältnismässig  von  jedem  Menschen,  und  so  ergeben  sich 
auch  hier  verschiedene  Phasen  in  der  Entwickelung  des  betreffenden  Sinnes. 

Wenn  ich  demgemäss  in  der  Kette  der  Betrachtungen,  die  ich  in  den 
„volkstümlichen  Schlaglichtern"  gebe,  von  der  Farbenkenntnis  rede,  so 
kommt  es  auch  hier  darauf  an,  den  Gegensatz  zu  zeichnen,  welcher  in 
dieser  Beziehung  zwischen  den  einfachen,  natürlichen  und  den  ent- 
wickelteren Kulturverhältnissen  besteht.  Es  gilt  also  auch  hier,  in  grossen 
Linien  an  dem  eigenen  Volke  zu  zeigen,  wie  von  einfachen  Anfängen  aus 
infolge  reicherer  Kulturentwickelung,  namentlich  in  Tracht,  Mode  und 
Kunst  sich  auf  jenen  Grundlagen  eine  reiche  Fülle  von  Nüancierungen 
auch  in  der  Farbenkenntnis  entwickelt. 

Wenn  die  moderne  Wissenschaft  mehr  von  der  Theorie  der  Farben, 
vom  Regenbogen  und  Spektrum  und  einem  etwa  in  dieser  Hinsicht  sich 
modificierenden  Sehvermögen  einzelner  Menschen  oder  Völker  ausgeht,  wie 
es  in  der  sogenannten  Farbenblindheit  zum  Ausdruck  gekommen,  und  so 
mehr  schematisch  die  Sache  ansieht,  so  wird  unsere  Betrachtung,  gerade 
umgekehrt,  mehr  historisch  verfahren,  indem  sie  der  faktisch  im  Leben 
liervortretenden  Kenntnis  und  Bezeichnung  von  Farben  nachgeht  und  dabei 
als  letztes  Ziel  eine  Geschichte  der  Farben  bei  den  verschiedenen  Völkern 
im  Auge  hat,  die  dann  erst  mit  den  Theorieen  a  priori  sich  auszugleichen 
hätte. 

Machen  wir  nach  den  jetzigen  volkstümlichen  Kreisen  uns  ein  Bild  in 
betreff  des  Horizonts,  innerhalb  dessen  die  oben  angedeutete  „Bedürfnis- 
frage"   in   Hinsicht    auf  Bezeichnung    der  Farben    sich    entwickelt    haben 

Zeitdcbrilt  d.  Vereins  f.  Volkskunde.     1692.  -,„ 


246  Schwartz: 

dürfte,  so  möchten  als  die  primitivsten  hierher  schlagenden  Bezeichnungen 
die  Begriffe  von  ^hell"  und  „dunkel"  anzusehen  sein,  die  mit  jedem  Licht- 
wechsel am  Himmel,  namentlich  dem  von  Nacht  und  Tag,  sich  dem 
Menschen  aufdrängen,  dann  auch  innerhalb  der  verschiedenen  Farben- 
kategorieen  als  eine  Art  Gegensatz  hervortreten  und  auch  vom  Volke  oft 
noch  geradezu  als  Substitut  für  eine  bestimmte  Farbe  angewandt  werden; 
so  hört  man  z.  B.  oft  einfach:  „Sie  hatte  ein  helles  (bezw.  dunkles) 
,  Tuch  um". 

Die  nächste  weitere  Anregung  zum  Anwenden  von  Farbenbezeich- 
nungen dürfte  vor  allem  das  Haar  der  Menschen,  sowie  das  Fell  der  Tiere 
und  das  Gefieder  der  Vögel  gegeben  haben.  Hier  entwickelt  das  Bedürfnis 
schon  eine  grössere  Mannigfaltigkeit.  Erscheint  der  obige  Gegensatz  unter 
der  Form  von  „schwarz"  und  „weiss",  so  treten  sofort  als  Übergaugsphasen 
unter  dem  Reflex  des  mehr  oder  minder  Hellen  bezw.  Dunklen  „braun" 
und  „blond"  (gelbrot)  ein,  während  eine  mechanische  Mischung  von  schwarz 
und  weiss  in  „grau"  erscheint. 

Bei  den  Augen  wird  volkstümlich  zunächst  mehr  der  in  ihnen  sich 
abspiegelnde  Charakter,  als  gerade  die  Farbe  an  sich  erfasst.  Man  spricht 
von  starren,  rollenden,  feurigen  und  hellen  (d.  h.  feurig-  und  hellblickenden) 
Augen,  welche  letztere  der  Grieche  mit  ekixiüi}u  unser  Landmann  besonders 
bei  Mädchen  mit  dem  Ausdruck  „krill"  (gTell)  bezeichnet  (Sie  hat  so  reclit 
krille  Augen).  Nur  gelegentlich  redet  man  von  „so  recht  schwarzen"  oder 
„blauen  Augen"  (wie  Vergissmeinnicht). 

„Grün"  schliesst  sich  an  Laub  und  Gras,  „gelb"  und  „rot"  gesondert 
sowie  „blau"  entwickeln  sich  weiter  und  reicher  an  Früchten  und  Blumen. 
Wie  die  letzteren  Farben  aber  gleichsam  schon  einem  geweiterten  Hori- 
zont angehören,  der  nicht  so  unmittelbar  auf  das  Lebensbedürfnis  der 
Menschen  sich  bezieht,  so  fasst  auch  noch  heutzutage  der  Landmann  sie 
oft  unter  dem  Kollektivuamen  „bunt"  zusammen. 

Die  so  o-ewonnenen  Farben  decken  etwa  das  erste  Bedürfnis  der 
Menschen  in  ihrer  natürlichen,  kulturloseren  Zeit,  wie  uns  auch  die  An- 
fänge der  griechischen  Farbenlehre  zeigen,  nur  dass  dort  die  Philosophen 
sofort  in  dem  Bestreben,  die  Farben  prinzipiell  auseinander  zu  entwickeln, 
allerhand  theoretische  Betrachtungen  hineintragen. 

Bei  der  Erweiterung  der  Farbenbezeichnungen  hat  offenbar  zu  allen 
Zeiten,  sowie  noch  jetzt,  das  weibliche  Geschlecht  in  dem  ihm  inne- 
wohnenden Bestreben,  sich  und  seine  Umgebung  zu  schmücken,  eine  grosse 
Rolle  gespielt.  "Wie  namentlich  die  Mädchen  dabei  vor  allem  auf  die 
mannigfach  gefärbten  Blumen  noch  jetzt  zurückgreifen  und  an  ihnen  ihr 
Farbensinn  sich  entwickelt,  so  inehrte  sich  dies  einst  offenbar,  als  unter 
ihren  Händen  allerhand  bunte  Gewebe  entstanden  und  andere  Gegenstände 
zum  Schmuck  herangezogen  und  verziert  wurden,  denn  „in"  uml  „an"  dem 
Bunten  entwickelt  sich  zuerst  der  Geschmack. 


Volkstümliche  Schlaglichter.  247 

Auch  das  bei  allen  Naturvölkern  übliche  Schminken,  das  ja  noch  nicht 
völlig  ausgestorben,  spielte  in  der  Verfeinerung  des  Farbensinnes  seine 
Rolle. 

Namentlich  aber  trat  und  tritt  durch  den  Handel  eine  grössere 
Mannigfaltigkeit  in  den  Farben  ein  und  eine  Art  Scheidung  zwischen 
volkstümlichen  und  Kulturfarben,  wenngleich  die  Grenzen  sich 
wieder  stellenweise  verwischen.  Wie  die  Kultur  den  Griechen  neben  dem 
„Blutrot"  (rpni.vog,  fpoivioc,  rpoivrjttg,  öaq^niroc)  „das  phönizische  Rot" 
(fpnlvii^  cpoivixnsic)  und  endlich  „den  Purpur"  (rr.oQq^vQsoc)  in  ihren  ver- 
schiedensten Nüancierungen  brachte,  so  auch  unserer  ländlichen  Bevölke- 
rung z.  B.  das  bei  ihr  dann  sehr  beliebt  gewordene  „Lila",  welches  von 
dem  sogenannten  spanischen  Hollunder,  dem  Lilak  oder  blauen  Flieder, 
den  Namen  hat. 

Man  geht  fehl,  wenn  man  aus  einer  so  neu  auftauchenden 
Farbenbezeichnung  heutzutage  öfter  schliesst,  das  betreffende 
Volk  habe  bis  dahin  kein  Auge  für  die  entsprechende  Farbe 
gehabt.  Sie  wurde  nur  erst  bezeichnet,  als  sie  in  ihrer  Eigentümlichkeit 
in  den  Horizont  der  Menschen  trat  und  ein  Bedürfnis  entstand,  sie  zu  be- 
nennen. Man  kann  überhaupt  nicht  vorsichtig  genug  sein,  auch  in  anderer 
Weise,  aus  dem  Umstand,  dass  dieses  oder  jenes  Volk  etwas  nicht  mit 
einem  uns  gäng  und  gäben  Farbenepitheton  bezeichnet,  schliessen  zu  wollen, 
das  Volk  habe  jene  Farbe  nicht  gekannt,  wie  man  z.  B.  aus  dem  Umstand, 
dass  Homer  den  Himmel  nicht  „blau"  nenne,  neuerdings  auf  eine  gewisse 
Farbenblindheit  des  Dichters  in  dieser  Hinsicht  hat  schliessen  wollen.  Die 
Sache  hängt  z.  B.  in  diesem  Falle  ganz  anders  zusammen.  Wenn  wir  den 
Himmel  „blau"  nennen,  so  ist  diese  Bezeichnung  aus  einer  unmittelbaren 
Anschauung  entstanden,  derzufolge  wir  den  Himmel,  mehr  oder  minder  be- 
wusst,  als  eine  Wölbung,  gleichsam  als  eine  riesenhafte,  die  Erde  deckende 
Glocke,  fassen,  wozu  die  (blaue)  Farbenbezeichnung  sich  dann  als  ganz  natür- 
lich stellt,  wie  auch  die  Römer  zu  der  analogen  Ausdrucksweise  coelum  (Ante 
mare  et  terras  et,  quod  tegit  omnia,  coelum  Ovid.  Metam.  1,  5)  ganz  ent- 
sprechend von  einem  caeruleum  coelum,  caerulea  templa  coeli,  d.  h.  einem 
blauen  Himmelsgewölbe  reden.  Den  Griechen,  oder  genauer  gesprochen,  der 
homerischen  Zeit,  fehlte  aber  jenes  Anschauungssubstrat,  wie  auch  unsere 
Maler  —  eine  höchst  charakteristische  Parallele  —  es  nicht  verwenden. 
Wie  diese  bei  einem  Bilde,  welches  eine  Landschaft  darstellt,  nicht  vom 
Himmel  reden,  sondern  dafür  den  Ausdruck  „Luft"  gebrauchen,  so  thut 
es  auch  ähnlich  Homer,  indem  bei  ihm  die  eigentliche  Bezeichnung  für 
den  Himmel  alitriQ  ist,  OvQavng  hingegen  gleichsam  erst  in  der  Entwicke- 
lung  zu  jenem  Begriff  sich  befindet^).     In  dem  aid^7J{)  sahen  die  Griechen 


1)    Als  mythische  Person  ist  Uranus  ursprünglich  mehr  vom  indogermanischen  Stand- 
piinkt  aus  die   „bergende  nächtigende  Wolke",   wie   es  seine  Parallele  mit  dem  indischen 

n* 


248  Schwartz: 

aber  nichts  Fassbares,  dem  sie  eine  besondere  Farbe  beilegten,  sondern 
bloss  „die  helle  Luft"  gegenüber  der  „dicken"  Nebel-  und  Wolkenregion, 
dem  ai^Q.  Nicht  also  das  Blau,  sondern  unsere  Vorstellung  vom  Himmel, 
gleichsam  als  der  Decke  der  Erde,  mangelte  ihnen  als  Ausgangspunkt  einer 
jene  Farbe  in  das  Bild  hineinziehenden  Anschauung.  Sie  sagten  nicht, 
wenn  die  Wolken  sich  wieder  verzogen,  „es  wird  schon  wieder  blau",  son- 
dern analog  unserm  „es  klärt  oder  heitert  sich  auf"  vnEQ()äyri  al^qQ^  der 
Äther  bricht  wieder  hindurch^).  Und  wenn  sie  den  Äther  dann  wirklich 
lokal  fassten  als  die  Region,  in  der  die  Götter  weilen,  so  passte  auch  dafür 
das  Prädikat  „blau"  ebenso  wenig,  wie  wir  auch  nicht  von  einem  „blauen" 
Paradies  der  Seligen  dort  oben  reden  würden.  Sie  verliehen  ihm  heiteren, 
ewigen  Glanz,  gerade  wie  die  Edda  Odhins  Wohnung  dort  oben  „golden" 
schimmern  lässt  und  auch  sonst  im  deutschen  Altertum  nur  von  einem 
„goldglänzenden"  Haus  oder  Halle  dort  oben,  einem  „Goldberg"  u.  dergl. 
die  Rede  ist  (Grimm,  Myth.  '  780). 

Doch  kehren  wir  zu  den  Farbenkategorieen  zurück,  wie  sie  das  volks- 
tümliche Leben  uns  ergeben  hat. 

Wir  erhielten  schwarz,  weiss,  gelb,  rot,  braun,  blau  und  grün 
als  Produkt;  von  Kulturfarben  etwa  ausser  goldig  und  silbern  noch 
lila.  Gelegentlich  treten  einige,  aus  unmittelbarer  Anschauung  noch 
stammende  Modifikationen  hinzu,  im  ganzen  aber  kommt  das  Volk  mit 
dem  obigen  aus  und  hilft  sich  in  einem  einzelnen  Falle  mit  Heranzielmng 
einer  Vergleichung,  wenn  es  gilt,  eine  besondere  Nüancierung  auszudrücken. 
Man  spricht  so  z.  B.  von  raben-  oder  pech- schwarz,  von  himmelblau, 
semmelblond,  fuchsrot  u.  s.  w. 

Wie  aber  mit  jedem  Schritt,  den  ein  Volk  in  der  Kultur  vor- 
wärts thut,  sich  sein  Sprachschatz  weitet,  so  entwickelt  sich  auch,  wie 
schon  angedeutet,  die  bis  dahin  einfache  volkstümliche  Farbenlehre  zu 
einer  feinen  Kunst,  die  ein  geübtes  Auge,  viel  Erfahrung  und  auch  einen 
gewissen  Grad  von  Geschmack  voraussetzt,  bis  zuletzt  die  wechselnde  Mode 
soviel  Nüancierungen  ausbildet,  dass  nur  wenige  ihnen  folgen  können,  ganz 
abgesehen  von  der  technischen  Ausbildung  der  Farbentheorie,  welche  sie 
in  Weberei,  Gärtnerei,  Malerei  u.  s.  w.  erfährt. 


Varnnas  zeigt,  und  in  rton  Hesiodeischen  ^^y«?  ovgavoi  vixxn  fnnywv  noch  nachklingt, 
dann  erst  der  Nachthimmel,  wozu  bei  Homer  das  stehende  Epitheton  «oTf()o*(f  passt,  bis 
zuletzt,  je  mehr  die  mythischen  Beziehungen  erblassten,  der  Name  überhaupt  die  lokale 
Bedeutung  von  Himmel  erhielt.    S.  Urspr.  d.  Myth    S.  132. 

1)    OvnavöOiv  rf'wp'  VTifnQnyri  lianfTog  tti&rjo,    Hom.   H.   VI  11.    55S,    oder   in    vollerer 
Ausführung \les  Bildes  XVI.  297  ff. 

o'ig  rf'oi'  «(/i'   vijjrjlfis  xoQV(ffji  ooeog  ^(ynkoio 
y.iviqari  nvxiv^v  vtq)ikriv  ajtQOTirjyfQita  Zsvi, 
fy.  t'  iifavtv  naaui  ay.ontal  xa)  nowofis  axooi 
xat  vancd,  ovoayöOty  d'f<'(^  vntQQi'yr]  aansioc  cdf^tJQ. 


Volkstümliche  Schlaglichter.  249 

Ich  stelle  in  der  nachfolgenden  Tabelle  den  aus  den  ländlichen 
Kreisen  gewonnenen  Hauptfarben  nun  die  in  grossstädtischen  Verhält- 
nissen „allgemeiner"  üblichen  und  bekannten  gegenüber,  um  auch  auf 
dem  Gebiet  der  Farbenkenntnis  den  Gegensatz  zu  zeichnen,  der  bei  den- 
selben Grundlagen  zwischen  dem  volkstümlichen  und  Kulturleben 
bei  uns  sich  entfaltet. 

1.  schwarz;  ebenholz-,  kohl-,  pech-,  rabenschwarz  Cschwarzblau, 
schwarzbraun,  schwarzrot,  letzteres  z.  B.  von  den  völlig  reifen 
sauren  und  einigen  Arten  süsser  Kirschen). 

2.  weiss;  blendendweiss,  creme  (elfenbeiuweiss),  kreide-,  milch- 
(blau-),  schnee-  und  silberweiss. 

3.  grau;  asch-,  blau-,  blei-,  dunkel-,  elefanten-,  eselsgrau,  fahl,  hell-, 
mause-,  pulver-,  stahl-,  silber-,  stein-  und  taubengrau. 

4.  blond;  asch-,  dunkel-,  hell-,  rot-,  semmelblond. 

5.  gelb;  bernsteinfarbig,  chamois,  citronen-,  dunkelgelb,  ecru  (grau- 
gelb), eiergelb,  erbsfarbig,  fahlgelb,  honigfarbig,  goldgelb,  bronze- 
farbig, isabellfarbig,  ockergelb,  orange,  quittegelb,  safrangelb,  sand- 
farben, schwefelgelb. 

6.  rot;  blass-,  blutrot,  bordeaux,  karmoisinrot,  cerise,  dunkelrot, 
rosinenfarbig,  feuer-,  fuchs-,  granaten-,  hellrot  (rosenrot),  korallen-, 
krebsrot,  kupferfarben,  lachsfarben,  ponceau,  purpur,  rosa,  rubinrot, 
Scharlach,  ziegelrot,  zinnober. 

7.  braun;  bismarckbraun,  chokoladenbraun,  dunkelbraun,  havannah- 
braun,  kaifee-,  kastanienbraun,  modefarben,  nuss-  und  olivenbraun, 
rehfarben,  rot-  und  zimtbraun. 

8.  grün;  apfel-,  blass-,  blau-,  dunkel-,  flaschen-  (glas-),  gift-  (Schwein- 
further) grün;  gras-,  mai-,  meer-,  moos-,  oliven-,  papagei-,  see-  und 
smaragdgrün ; 

9.  blau;  dragoner-  und  gendarmenblau,  hell-  und  himmelblau,  indigo-, 
kornblumenblau  (azur-),  marine-,  preussisch-,  saphir-,  schiefer-, 
stahl-,  ultramarin-,  veilchen-  und  wasserblau. 

10.    lila;  amaranth,  amethyst,  heliotrop,  pensee,  pfirsich-,  pflaum-  und 

Veilchenfarben,  violett. 
Während    also    das  Volk,    namentlich    das  ländliche,    mit  circa  zehn 
Farben    auskommt,    zeigt    der    entwickeltere    Standpunkt    der    weiblichen 
grossstädtischen  Kreise  circa  133  Nuancen  derselben. 


Hellwalds  Ethnographische  Rösselsprünge,  Leipzig  1891,  welche  mir 
während  dieser  Arbeit  zu  Händen  kamen,  namentlich  das  Kapitel  über 
„die  Zählkunst  der  Völker",  giebt  mir  Veranlassung,  auch  einige  Be- 
merkungen  hierüber    zu    macheu,    zumal    gerade   auf  diesem  Gebiete   der 


250  Scbwartz: 

primitive  Charakter  der  volkstümlichen  und  der  entwickelte  der 
Kulturkreise  sich  in  höchst  prägnanter  Weise  scheidet.  Reisende  wun- 
dern sich  über  die  begrenzte  Fähigkeit  in  der  Kunst  des  Zähleus  bei  den 
Naturvölkern.  Im  eigenen  Volke  kann  jeder  bei  allseitiger,  eingehender 
Beobachtung  die  Erfahrung  machen,  dass  trotz  aller  Schulbildung  ganze 
Schichten  vorhanden  sind,  mit  denen  es  nicht  viel  anders  steht.  Und  die 
Sache  ist  auch  ganz  natüi'lich. 

Wenn  das  Faktum  zunächst  Kuhn  und  mich  bei  unseren  Wanderungen 
in  Norddeutschland  überraschte,  dass  die  ländliche  Bevölkerung,  abgesehen 
von  Grossbauern,  Händlern,  Hirten  u.  dergl.,  namentlich  aber  die  Frauen 
nur  meist  innerhalb  des  Zahlenkreises  von  1 — 30  (30  Silbergroschen  machten 
damals  einen  Thaler)  und  höchstens  bis  100  mit  einiger  Sicherheit  sich 
bewegten,  bei  Angabe  des  Alters  z.  B.  häufig  Verwechselungen  von  56 
und  65,  76  und  67  und  ähnlicher,  höherer  Zahlen  stattfanden,  so  schwand 
die  Verwunderung  bei  weiterem  Verfolgen  der  Sache. 

Der  Horizont  des  Menschen  wird  auch  hier  durch  die  Be- 
dürfnisfrage bedingt.  Selbst  wenn  der  einzelne  in  seiner  Jugend  theo- 
retisch das  Zählen  weiter  gelernt  hat,  wenn  nicht  das  Leben  ihm  weiter 
Substrate  für  sein  Denken  „in  Zahlen"  liefert,  so  verkümmert  allmählich 
die  Kenntnis,  gerade  wie  der  Mensch  auch  mit  der  Zeit  eine  fremde  Sprache, 
die  er  gelernt,  ja  sogar  die  Schrift  (Lesen  und  Schreiben)  verlernt,  wenn 
er  sie  nicht  übt. 

Die  Verhältnisse  und  die  Kultur  schaffen  auch  hier  überall  bestimmte 
Grenzen,  ja  die  Individualität  des  einzelnen,  ob  er  etwa  sparsam  und 
geizig  oder  leichtlebig  mit  dem  Gelde  umgeht,  wirken  dabei  mit.  Schliess- 
lich bietet  ja  auch  die  Natur  des  Menschen  überhaupt,  selbst  in  den  kulti- 
viertesten Kreisen,  eine  Grenze;  denn  wenn  auch  der  Astronom  oder 
Banquier  heutzutage  mit  Millionen  und  Milliarden  auf  dem  Papier  zu 
rechnen  gelernt  hat,  so  giebt  es  auch  für  ihn  einen  Punkt,  wo  das 
Ausdenken  der  Zahl  aufhört  und  er  die  Schranke  fühlt,  welche  den 
Menschen  von  dem,  in  den  Begriff  des  Unendlichen  übergehenden  Masse 
trennt. 

Die  Grenze  der  Entwickelung  des  Zahlenkreises  schliesst  für  jeden 
Menschen  eigentlich  schon  da  ab,  wo  für  ihn  der  Begriff  der  Vielheit  an- 
fängt und  er  damit  dem  Zählen  zu  entsagen  anfängt. 

Die  prähistorischen  Studien  namentlich  innerhalb  der  indogermanischen 
Sprachen  zeigen  uns  nun  in  höchst  charakteristischer  Weise  die  Stufen  der 
Entwickelung,  welche  die  Kulturvölker  in  betreff  des  Begriffes  der  Viel- 
heit durchlaufen  haben,  und  erklären  damit,  wie  es  nicht  zu  verwundern 
ist,  wenn  die  Schichten  der  heutigen  Kulturvölker,  deren  Leben  in  der 
Unmittelbarkeit  der  täglichen  Lebensbedürfnisse  sich  bewegt  und  damit 
einen  primitiveren  Charakter  bewahrt,  auch  immer  nur  mehr  in  den  An- 
fängen des  Erfassens  der  Zahlenverhältnisse  sich  halte. 


Volkstümliche  Schlaglichter.  251 

Der  Begriff  der  Vielheit  gegenüber  der  Einheit  entwickelt  sich  zu- 
nächst in  der  Konjugation,  in  dem  Gegensatz  von  wir,  ihr,  sie  gegenüber 
dem:  ich,  du,  er;  einzelne  von  den  indogermanischen  Sprachen,  z.  B.  das 
Griechische,  zeigen  daneben  noch  als  eine  Art  Übergang  den  Charakter 
der  Zweiheit  in  dem  Dualis:  wir  beide,  ihr  beide,  sie  beide,  doch  ist  er 
von  den  meisten  als  unwesentlicher  aufgegeben  worden^). 

Beim  Zählen  selbst  treten  dann  verschiedene  Kepräsentanteu  grösserer 
Zahlen  als  Vertreter  des  Begriffs  der  Vielheit  auf.  Wie  uns  im  gewöhn- 
lichen Leben  noch  oft  hundert  oder  tausend  so  gilt,  gebrauchten  die  Römer 
trecenti,  sescenti  in  diesem  Sinne,  die  Griechen  f.iv()toi^  was  sie  in  dieser 
Bedeutung  durch  die  Aussprache  dann  von  f.ivQini,  10  000,  unterschieden. 
Der  Begriff  Million  als  neue  Grundzahl  tritt  erst  im  XV.,  der  der  Milliarde 
erst  im  vorigen  Jahrhundert  auf  und  ist  erst  durch  den  deutsch -französi- 
schen Krieg  gleichsam  populär  geworden.  Astronomen  steigen  zu  Billionen 
und  Trillionen  auf,  doch  schwindet  bei  alledem  je  länger  je  mehr,  wie 
gesagt,  das  Ausdenken  der  Zahl. 

Das  Volk  bildet  sich  bei  seinem  einfachen,  beschränkteren  Verhält- 
nisse, wenn  es  einmal  genötigt  wird,  mit  grösseren  und  ihm  unbequemer 
werdenden  Zahlen  zu  rechnen,  wieder  eigene  Formen  aus.  Die  Praxis 
überwiegt  bei  ihm.  Von  ersterem  bietet  der  Verkehr  mit  den  Berliner 
Droschken,  seitdem  deren  Nummern  in  die  Tausende  reichen,  ein  Bei- 
spiel. Auf  den  Bahnhöfen  werden  dieselben  nicht  nach  ihrem  Zahlenwert 
2456,  3678  u.  s.  w.,  sondern  geteilt,  24 — 56,  36 — 78  u.  s.  w.,  aufgerufen. 
Und  was  den  zweiten  Punkt  anbetrifft,  bei  der  Bruchrechnung  steigen  die 
Berliner  Käuferinnen,  selbst  der  höheren  Stände,  sowie  Händlerinneu  nicht 
zu  den  Achteln  hinab,  sondern  fordern,  bezw.  verkaufen  ein  halbes,  oder 
anderthalb  Viertel  (Schinken)  und  dergl.  mehr.  Die  Grundlagen  des  Zählens 
und  Rechnens  sind  auf  dem  Gebiet  des  Volkstums  wie  der  Kultur  die- 
selben; indem  sie  sich  aber  nach  den  Bedürfnissen  regulieren,  entfalten 
sie  sich  dort  eben  mehr  vom  praktischen,  hier  vom  theoretischen  Stand- 
punkt aus  verschiedentlich. 


1)  Hat  dann  sich  an  dem  „ich",  „du",  „er"  verschiedentlich  die  Dreizahl  als  Grund- 
lage des  Zählens  ausgebildet,  die  bei  einzelnen  Völkern  zum  Duodecimalsystem  führte,  so 
entfaltete  sich  bei  den  meisten  an  den  Fingern  und  Zehen  das  Decimalsystem,  so  dass 
mit  Recht  Hellwald  von  demselben  sagt:  das  Decimalsystem,  welches  die  moderne  Welt 
benutzt,  das  sieb  auf  eine  nicht  sehr  geeignete  Grundzahl  stützt,  da  dieselbe  weder  durch 
drei  noch  durch  vier  teilbar  ist,  ein  Vorteil,  den  die  Duodecimalteilung  bieten  würde, 
gründet  sich  einfach  auf  die  menschliche  Anatomie  und  ist  ein  Erbstück  dos  Urmenschen, 
das  er  auf  dem  von  der  Natur  selbst  gebotenen  Rechenbrett,  am  eigenen  Körper,  aus- 
gebildet hat. 


252  <^Wk: 


Märchen  in  Saxo  Grammaticus. 

Von  Axel  Olrik. 

(Fortsetzung.    Oben  S,  117—123.) 


2.    Sigrid  und  Othar. 

Saxo  erzählt  (YI.  Buch,  S.  330—34) :  Sigrid  (Syritha),  die  Tochter  des 
dänischen  Königs  Sivald,  wurde  von  einer  ganzen  Schar  junger  Männer 
geliebt;  sie  aber  war  so  keusch,  dass  sie  keinem  einen  Blick  gönnte.  In 
dieser  Selbstbeherrschung  erbat  sie  von  ihrem  Vater,  dass  nur  derjenige 
ihr  Bräutigam  werde,  welcher  ihren  Blick  gewinnen  könne. 

Unter  ihren  Freiern  war  auch  Othar,  der  Sohn  des  Ebbe;  allein  ihm 
ging  es  nicht  besser  als  den  andern.  Da  geschah  es,  dass  ein  Riese,  welcher 
sich  in  Sigrid  verliebt  hatte,  ein  Weib  zu  ihr  schickte,  dem  es  gelang, 
ihre  Zofe  zu  werden  und  sie  in  den  Wald  zu  locken,  von  wo  sie  der  Riese 
in  seine  Felsenwohnung  entführte.  Andere  sagen,  dass  sie  der  Riese  selbst 
in  der  Gestalt  eines  Weibes  weglockte.  Als  Othar  dies  erfuhr,  durchsuchte 
er  alle  Schlupfwinkel  des  Gebirges,  bis  er  sie  endlich  fand,  den  Riesen 
tötete  und  sie  wieder  aus  der  Höhle  führte.  Nochmals  versuchte  er  die 
Jungfrau  zu  bewegen,  ihn  anzublicken;  aber  vergebens.  Sie  wanderte  fort 
auf  unbekannten  Pfaden,  bis  sie  zur  Wohnung  eines  hässlichen  Waldweibes 
kam,  das  ihr  die  Ziegen  zu  weiden  aufgab.  Auch  hier  fand  sie  der  treue 
Othar  wieder,  befreite  sie  und  wiederholte  seine  Bitte,  lieber  mit  ihm  zu 
ihren  Eltern  zurückzufahren,  als  hier  den  Unholden  zu  dienen.  Sie  aber 
hielt  immer  ihre  Augen  gesenkt  und  wanderte,  während  Othar  zu  seinen 
Schiffen  zurückkehrte,  wieder  in  die  Wildnis  hinein.  Endlich  kam  sie  auf 
ihrem  Umherirren  zum  Hofe  Ebbes,  des  Vaters  Othars,  wo  sie  sich,  ihrer 
Armut  und  dürftigen  Kleidung  schämend,  für  ein  Bettelmädchen  ausgab. 
Wie  entstellt  sie  auch  war,  so  wurde  sie  doch  von  der  Mutter  Othars  als 
„ein  Zweig  edlen  Blutes"  erkannt  und  als  vornehmes  Fräulein  aufgenommen. 
Vergebens  bat  Othar  sie,  den  Schleier  abzulegen.  Um  sie  noch  stärker  zu 
versuchen,  veranstaltete  er  zum  Schein  seine  Hochzeit  mit  einem  anderen 
Mädchen.  Abends,  als  sich  das  Brautpaar  in  die  Hochzeitskammer  begab, 
sollte  Sigrid  die  Hochzeitskerze  vor  ihnen  tragen.  Das  Licht  war  fast 
niedergebrannt,  und  die  Flamme  berührte  schon  ihre  Finger;  noch  aber 
stand  sie  still  und  schien  keinen  Schmerz  zu  empfinden;  denn  die  äussere 
Hitze  war  nichts  gegen  das,  was  sich  in  ihrer  Seele  bewegte.  Da  bat  sie 
Othar,  ihre  Hand  zu  hüten;  furchtsam  erhob  sie  da  ihr  Auge  und  schenkte 
ihm  ihren  zärtlichsten  Blick.  Nun  war  die  scheinbai-e  Hochzeit  zu  Ende, 
diu  wirkliche  begann  und  Sigrid  stieg  ins  Brautbett.  —  Später  kam  Othar 


Märchen  in  Saxo  Grammatdcus.  253 

in  die  Gewalt  des  Königs  Sivald,  der  ihn,  als  den  "Verführer  seiner  Tochter, 
hängen  lassen  wollte;  Sigrid  aber  erzählte  alles,  von  da  ab,  als  sie  geraubt 
worden,  und  versöhnte  nicht  nur  den  König,  sondern  bewegte  ihn  auch, 
die  Schwester  Othars  zu  heiraten.  Hiernach  erzählt  Saxo  von  einer  Schlacht 
gegen  die  Schweden,  in  welcher  Sivald,  mit  Hilfe  Othars,  den  Tod  seines 
Vaters  rächt  —  und  damit  verschwinden  alle  diese  Personen  plötzlich  aus 
Saxos  Geschichte,  und  eine  neue  Generation  tritt  auf. 

Wer  altnordische  oder  überhaupt  altgermanische  Heldensagen  kennt, 
muss  sich  wuudern,  dass  diese  Sage  mit  anderen  dergleichen  so  wenig 
übereinstimmt.  Kampf  zwischen  irdischen  Helden  kommt  nur  als  aus- 
wendig angehängter  Schmuck,  nicht  in  der  eigentlichen  Handlung  vor. 
Der  Kampf  in  der  Riesenhöhle,  um  eine  geraubte  Königstochter  zu  be- 
freien, ist  der  Heldensage  fremd,  in  den  Märchen  aber  gewöhnlich.  So 
sind  auch  alle  anderen  Auftritte  der  Sigridsage  in  der  Heldendichtung  un- 
bekannt, z.  B.  dass  die  Heroine  bei  einer  Hexe  dient,  dass  sie  sich  im 
Hause  ihres  alten  Liebhabers  aufhält,  ferner,  dass  sie  an  der  Hochzeits- 
feier teilnimmt,  welche  durch  eine  Metamorphose  ihre  eigene  wird;  —  dies 
alles  sind  Märchensituationen ,  und  die  ganze  Sigridsage  ist  eine  Reihe 
solcher  Auftritte. 

Sehen  wir  einmal  den  ersten  Auftritt  an,  die  Befreiung  der  Königs- 
tochter. Diesem  entspricht  eine  ganze  Gruppe  von  Volksmärchen;  das 
Märchen,  welches  am  nächsten  liegt,  wird  gewöhnlich  „Die  drei  Königs- 
töchter"- genannt  und  ist  ungefähr  folgenden  Inhalts^):  Es  ist  prophezeit 
worden,  dass  die  drei  Töchter  des  Königs  nicht  das  Haus  ihres  Vaters 
verlassen  dürfen,  bis  sie  zwölf  Jahre  alt  sind:  das  würde  ihr  Unglück 
werden.  Sie  wagen  sich  dennoch  hinaus  und  eine  schwarze  Wolke  (oder 
ein  Wirbelwind)  überrascht  sie  und  führt  sie  fort.  Ein  Soldat  zieht  mit 
zwei  anderen  aus,  sie  zu  suchen;  ein  altes  Weib  zeigt  ihnen  den  Weg 
(oder  sie  sehen  einen  Unhold  durch  ein  Loch  im  Gebirge  verschwinden); 
der  Soldat  lässt  sich  herabwinden,  findet  ein  Zauberschwert  und  einen 
stärkenden  Trank,  erschlägt  den  dreiköpfigen  Riesen  und  bringt  die  drei 
Köuigstöchter  aus  der  Pelsenwohnung  hervor.  Die  letzte  Hälfte  des 
Märchens  (worin  die  zwei  Begleiter  die  Rolle  des  „roten  Ritters"  spielen) 
geht  uns  hier  nichts  an.  Im  hier  mitgeteilten  Abschnitte  des  Märchens 
mögen  wir  aber  die  vollständigere  Gestalt  der  SigTidsage  erkennen,  also, 
dass  in  dieser  alles  mythologisch  Übernatürliche  vermieden  ist  (der  Un- 
hold in  der  Wolke  oder  im  Wirbelwinde,  das  Zauberschwert  und  der 
Stärketrank).     Nur    das  Herauslocken    der  Königstöchter   entspricht  nicht 


1)  S.  Grundtvig,  Ganilc  daiiske  minder  I  No.  34;  J.  Madseu,  Folkeminder  fra  Hauved 
sogn  ved  Flensburg,  S.  11;  Kl.  Berntsen,  Folkeseventyr  I  No.  12  u.  30;  J.  Kamp,  Danske 
folkeseventyr  I  No.  1  und  11;  die  ungedruckten  Märcheusammlungen  S.  Grundtvigs  (Kgl. 
Bibliothek  zu  Kopenhagen)  No.  5;  Cavallius  och  Stepheus,  Svenska  folksagor  No.  4; 
Ashjörnsen  og  Moe  I  No.  3. 


254  Olrik: 

ganz  g-enaii  dem  Märchen  (es  erinnert  an  Loki  und  Idun  in  der  Snorra 
Edda).  Aber  auch  dieses  lässt  sich  von  unserm  Standpunkte  aus  erklären: 
der  Anfang  des  Märchens  fehlt  in  vielen  der  Aufzeichnungen,  und  es  be- 
ginnt einfach  so,  dass  die  Königstöchter  plötzlich  verschwunden  sind  und 
die  drei  Gesellen  ausziehen,  dieselben  zu  suchen. 

Dass  dieses  Märchen  die  Quelle  der  Sigridsage  sei,  halte  ich  für  wahr- 
scheinlich, aber  nicht  für  ganz  ausgemacht.  Sicher  scheint  es  mir,  dass  in 
unserer  Geschichte  eine  Märchen-Entlehnung  vorliegt,  und  zwar  aus  einem 
oder  mehreren  bestimmten  Märchen. 

Festeren  Boden  unter  den  Füssen  erreichen  wir,  wenn  wir  in  der 
anderen  Abteilung  der  Sage  gleich  auf  das  wichtigste  Moment  losgehen. 
Das  Mädchen,  welches  bei  der  Hochzeit  seines  ehemaligen  Geliebten  die 
Hochzeitskerze  trägt,  und  erst  als  diese  hinuntergebrannt  ist,  durch  den 
Bräutigam  erlöst  und  als  die  rechte  Braut  anerkannt  wird,  ist  einem  be- 
stimmten Märchen  eigentümlich.  Es  ist  eine  in  Dänemark  gewöhnliche, 
aber  sonst  seltene  Form  des  Märchens  von  der  Braut  des  Hundes  (Amor- 
und  Psychemärchen).  Dieses  kommt  bei  uns  in  drei  Hauptformen  vor: 
1)  „Der  weisse  Bär"  oder  „Der  verwundete  Wolf"  (wo  die  Lösung 
des  Knoten  durch  die  drei  Wachnächte  des  Mädchens  im  Zimmer  ihres 
ehemaligen  Gatten  bewirkt  wird);  2)  „Der  kleine  weisse  Hund",  wo 
die  Leiden  der  Hundsbraut  —  wie  in  Amor  und  Psyche  —  gleich  nach 
der  Höllenfahrt  enden ^);  und  3)  „Der  allerliebste  Freund".  Diese 
letzte  Form,  welche  mir  in  zwei  gedruckten  und  sechs  noch  nicht  veröffent- 
lichten Aufzeichnungen  vorliegt^),  schliesst  sich  in  den  meisten  Einzel- 
heiten nahe  an  den  „kleinen  weissen  Hund'^;  aber  das  Motiv  mit  der 
Kerze  ist  beigefügt  und  ein  neuer  Zusammenhang  geschaffen.  Der  Gang 
der  Erzählung  ist  gewöhnlich  folgender:  Als  die  Hundsbraut  von  ihrem 
Gatten  verlassen  ist,  wandert  sie  durch  den  Wald  und  nimmt  bei  einer 
Hexe  Dienst.  Die  Hexe  giebt  ihr  schwarze  Wolle,  die  sie  weiss  waschen 
soll,  wenn  sie  ihr  Leben  lieb  habe;  dann  kommt  der  Knecht  daselbst  und 
verspricht  ihr  zu  helfen,  wenn  sie  ihn  ihren  allerliebsten  Freund  nenne. 
„Einen  einzigen  Freund  habe  ich  nur",  antwortet  sie,  „und  ihm  will  ich 
treu  bleiben".  „Doch  werde  ich  dir  helfen",  sagt  er  und  giesst  Wasser 
über  die  Wolle,  also  dass  sie  weiss  wird.  Am  folgenden  Tage  soll  sie  den 
Schafstall  reinigen.  Da  stand  sie  mit  einer  Mistgabel,  so  schwer,  dass  sie 
sie    nicht  heben   konnte,    und  wusste  nicht,    was  anfangen.     „Was  weinst 


1)  S.  Grundhig,  Gamle  danske  minder  I  No.  107;  Berntsen,  Folketeventyi- II  No.  12: 
und  noch  sechs  ungedruckte  Aufzeichnungen. 

2)  Kristensen,  Jyske  Folkeminder  VII  No.  50;  Kristensen,  Folkeseventyr  optagnede 
of  folkemindesamfundet  No.  1;  S.  Grundtvigs  Märchenmss.  No.  26  e,  f,  h,  m,  n,  s.  Svend 
Grundtvigs  „Wolfkönigssohu"  (Danske  folkeseventyr  I  No.  16  =  Dan.  Volksmärchen,  übers, 
von  Leo,  S.  252)  ist  eine  poetische,  schöne,  aber  moderne  Vereinigung  aller  drei  Haupt- 
formen, zum  Teil  vom  Herausgeber  gemacht,  und  nur  durch  eine  volkstümliche  Aufzeich- 
nung gestützt. 


Märchen  in  Saxo  Grammaticus.  255 

du?"'  fragte  der  Knecht,  „ich  will  dir  helfen,  wenn  du  mich  deinen  aller- 
liebsten Freund  nennen  willst/'  Sie  aber  wollte  ihrem  alten  Herzens- 
freunde treu  bleiben.  Doch  half  er  ihr:  begann  den  Mist  auszuwerfen  und 
dann  arbeitete  die  Mistgabel  von  selbst  fort.  Nochmals  sagte  die  Hexe: 
„Du  musst  mir  aus  der  Hölle  den  Brautschmuck  für  meine  Tochter  holen." 
Das  Mädchen  kannte  den  Weg  garnicht,  der  Knecht  aber  zeigte  ihr  den- 
selben, obgleich  sie  ihn  nicht  ihren  Herzensfreund  nennen  wollte,  und  riet 
ihr  zugleich,  den  Dienstmägden  am  Ofen  zu  helfen,  die  Höllenhunde  zu 
füttern,  die  Brücke  zu  stützen,  leise  an  das  Thor  zu  klopfen,  sich  nicht  in 
den  Höllenstuhl  zu  setzen  und  nichts  zu  essen.  Allen  diesen  Anweisungen 
folgend,  kam  sie  mit  dem  Brautschmuck  glücklich  zurück,  aber  dann  öffnete 
sie  das  Kästchen  und  der  Schmuck  war  fort.  Da  kam  wieder  der  Knecht 
zu  ihr,  und  versprach  „diesmal  und  noch  einmal"  zu  helfen;  und  so  kam 
sie  mit  dem  Schmuck  zur  Hexe.  Nun  ward  die  Hochzeit  der  Hexen- 
tochter und  des  Knechts  gefeiert,  und  die  Hexe  liess  das  Mädchen  die 
Hochzeitskerze  tragen,  und  zauberte  sie  an  ihre  Finger  fest;  so  folgte  sie 
dem  Hochzeitspaare  bis  ans  Bett.  Die  Kerze  brannte  bis  auf  ihre  Hand 
nieder,  und  voll  von  Schmerz  schreit  sie  zum  Bräutigam:  „Mein  Herz- 
allerliebster, hilf  mir  doch!"  Und  als  sie  dies  rief,  erkannte  sie  ihren  alten 
Herzensfreund  in  ihm  wieder,  und  er  bekam  sogleich  die  Macht  ihre  Ver- 
zauberung zu  heben:  er  nahm  die  Kerze  von  ihr  weg  und  setzte  sie  auf 
die  Hand  der  Hexentochter,  und  die  Hexentochter  verbrannte,  und  die 
Hexe  verbrannte,  und  die  ganze  Wohnung  der  Hexe  und  alle  Hochzeits- 
gäste verbrannten,  und  der  Jüngling  und  das  Mädchen  waren  von  ihnen 
ganz  befreit. 

Ehe  wir  die  Ähnlichkeit  dieses  Märchens  mit  der  Sigridsage  für  unsere 
Untersuchung  verwerten,  wollen  wir  einige  andere  Formen  des  Hunds- 
märchens herbeiziehen.  Zwei  noch  ungedruckte  dänische  Märchen -Auf- 
zeichnungen (S.  Grundtvig  26  g  p.)  erzählen,  die  eine:  „Als  die  Prinzessin 
die  Hochzeitskerze  beim  Teufel  geholt  hatte,  wurde  die  Hochzeit  des  Hundes 
und  der  Hexentochter  gefeiert.  Die  alte  Frau  giebt  jener  am  Hochzeits- 
abend die  Lichter  zu  tragen  und  befiehlt,  dieselben  nicht  fallen  zu  lassen; 
der  schwarze  Hund  aber  riet  ihr,  dass  sie,  wenn  nur  noch  wenig  davon 
übrig  wäre,  zur  Braut  gehen  und  sie  bitten  sollte,  die  Kerzen  zu  tragen; 
dann  sollte  sie  weggehen:  denn  wer  sie  zuletzt  trug,  konnte  sie  nicht  los- 
werden. Und  so  geschah  es.  Und  die  Braut  verbrannte,  und  die  Mutter 
und  das  ganze  Haus  mit  ihr  verbrannten;  nur  der  Hund  und  die  Prin- 
zessin blieben  am  Leben.  „Schlag  mir  den  Kopf  ab,"  sagte  er;  sie  that's, 
und  siehe,  da  stand  er  als  Prinz  da. 

Die  andere  Aufzeichnung  lautet:  „Am  Abend  der  Hochzeitsfeier  des 
Wolfs  und  der  Hexentochter  gebot  die  Alte  dem  Mädchen,  vor  dem 
Hochzeitsbette  Platz  zu  nehmen,  und  sie  befestigte  Kerzen  auf  seine  beiden 
Daumen.     Dann  kam  der  Wolf  und  nahm   die  Kerzen  weg  und  setzte  sie 


256  Olrik: 

an  die  Hexentochter;  und  sie  verbrannte  mit  Mutter  und  Haus;  der  Wolf 
aber  wurde  der  Gratte  der  jungen  Frau,  wie  er  zuvor  gewesen  war."  — 
Der  seltsame  Platz  der  Kerzen  findet  sich  auch  in  mehreren  Formen  des 
„Allerliebsten  Freundes"  wieder.  Nur  drei  Aufzeichnungen  haben  „eine 
Kerze"  oder  „ein  gar  kleines  Kerzlein";  die  vier  anderen  haben  „ein 
Stückchen  Wachskerze  an  ihre  Finger  fest",  „drei  Kerzen,  so  gross  wie 
eine  Fingerspitze,  ein  Kerzlein  zwischen  jeden  zweiten  Finger",  „zehn 
Lichter  zwischen  ihren  Fingerspitzen",  „ein  Kerzenstückchen  an  jeder 
Fingerspitze". 

Diese  dänischen  Erzählungen  stehen  nicht  vereinzelt  da.  Dasselbe 
Märchen  findet  sich  mit  derselben  Auflösung  im  Sizilianischen  wieder :  die 
Rusidda  muss,  eine  Kerze  in  der  Hand,  am  Fussende  des  Hochzeitsbettes 
des  Königs  Amor  sitzen,  bis  dieser  seiner  Braut  sie  abzulösen  befiehlt: 
dann  zerplatzt  die  Kerze  oder  —  nach  gewöhnlicher  Fassung  —  die  Erde 
verschlingt  sie.  Nach  einer  Variante  aus  den  Abruzzen  bekommt  sie 
„zehn  Lichter,  eins  auf  jeden  Finger";  in  der  lothringischen  Form  trägt 
sie  zehn  Lichter  zwischen  den  Zehen  eingesteckt^). 

Das  Märchen  von  der  Hochzeitskerze  findet  sich  also  in  verschiedenen 
europäischen  Ländern  wieder.  In  Dänemark  kommt  ausser  der  gewöhn- 
lichen Form  auch  eine  besondere  vor  „Der  allerliebste  Freund".  Wir 
finden  sie  nur  in  Dänemark,  Norwegen  und  Schweden,  und  sie  scheint  denn 
spezifisch  nordisch  zu  sein^). 

Die  dänische  Sigridsage  kann  nicht  die  Quelle  des  weit  verbreiteten 
Kerzenmärchens  sein.  Das  Umgekehrte  muss  der  Fall  sein.  Die  Ent- 
wicklungsreihe ist:  Kerzenmärchen  (europäisch)  —  der  allerliebste  Freund 
(dänisch)  —  Sigridsage  (dänisch). 

Noch  in  anderer  Weise  werden  wir  es  wahrscheinlich  finden,  dass  die 
festgezauberte  Kerze  älter  ist,  als  die  zauberlose  Erzählung  der  Sigridsage. 
Wir  finden  sie  auch  als  einfaches  Volkssagenmotiv:  Die  niederländische 
Legende  vom  heiligen  Abt  Bernhard  zu  Afslighem  erzählt,  dass  ihn  einmal 
der  Teufel  besuchte;  der  Abt  aber  gab  ihm  die  Kerze  zu  halten  und  zauberte, 
dass  er  sie  nicht  fallen  liess;  der  Teufel  schrie  laut  auf,  während  sie  seine 
Hand  durchbrannte,  und  er  hütete  sich  wohl,  wiederzukommen^). 

Auch  wenn  wir  Saxos  Erzählung  allein  für  sich  betrachten,  sehen  wir, 
dass  sie  nicht  die  ursprüngliche  Form  des  Märchens  enthalten  kann.    Nicht 


1)  Über  diese  Foraien  des  Psychemärchens  siehe  Cosquin,  Contes  populaires  de 
Lon-aine,  No.  65.  Auch  ein  serbisches  Volkslied,  welches  von  dem  Ursprung  der  Sitte  des 
Schweigens  in  der  slavischen  Hochzeit  handelt  (JCrauss,  Volksglaube  der  Südslaven,  S.  8), 
scheint  eine  Akklimatisation  des  gemeineuropäischen  Märchens  zu  sein. 

2)  Cavallius  och  Stephens ,  Svenska  folksagor  No.  19  C.  Professor  Moltke  Moe  in 
Kristiania  hat  mir  freundlichst  mitgeteilt,  dass  er  in  seinen  ungedruckten  Sanmilungen 
verschiedene  Aufzeichnungen  desselben  Märchens  hat. 

•i)   J.  W.  Wolf,  Niederländische  Sagen,  1843,  S.  556. 


Märchen  in  Saio  Grammaticus.  257 

nur  das  Kerzeutragen,  sondern  die  ganze  Handlung  entspricht  der  Er- 
zählung des  Märchens:  so  oft  das  Mädchen  in  Not  ist,  sucht  sie  der  Lieb- 
haher auf,  rettet  sie  und  knüpft  seine  Werbung  daran.  Jedesmal  antwortet 
sie  nein,  bis  sie  endlich,  von  der  Kerze  verbrannt,  sich  demütigt.  Die 
Schilderungen,  durch  welche  diese  Handlung  ausgeführt  wird,  entsprechen 
auch  Zügen  desselben  Märchens:  Sigrid  wandert  einsam  durch  den  Wald, 
bis  sie  zu  der  Wohnung  einer  Hexe  kommt,  welche  ihr  eine  schwere 
Arbeit  aufträgt.  Noch  näher  liegen  sich  die  beiden  Erzählungen  von  ihrem 
Aufenthalt  in  derselben  Wohnung  mit  ihrem  Liebhaber,  und  dass  sie  an 
seiner  Hochzeit,  welche  auch  die  ihrige  wird,  teilnimmt.  Die  ganze  Sigrid- 
sage (den  Anfang  ausgenommen)  hat  nur  Situationen,  welche  denen  des 
Märchens  entsprechen;  nur  ist  in  der  Sigridsage  alles  Übernatürliche  ver- 
mieden. Aber  hier  treffen  wir  den  Unterschied:  die  ersten  Werbungen 
des  „allerliebsten  Freundes"  knüpfen  alle  an  eine  bestimmte  That  an;  der 
Aufenthalt  Sigrids  bei  der  Waldhexe  hat  keine  solche  Aufgabe,  und  daher 
wird  Othars  Besuch  sehr  schwach  motiviert  (der  Dichter  deckt  hier  die 
episch  schwache  Stelle  durch  ein  schönes  lyrisches  Gedicht).  Wir  dürfen 
daraus  schliessen,  dass  diese  Situation  einer  andern  Dichtung  entlehnt  ist; 
aus  dem  Märchen  konnte  der  Sigriddichter  die  Situation  bekommen,  aber 
ihren  Inhalt,  die  zauberhafte  Hilfe,  konnte  er  in  seiner  historischen  Er- 
zählung nicht  verwerten. 

Es  scheint  also  festgestellt,  dass  die  Sigridsage  bei  Saxo  ganz  ans 
Märchen  hervorgewachsen  ist;  und  ich  darf  zum  Schluss  die  chronologischen 
Daten  fixieren:  Saxos  Arbeit  um  1200,  Sigridsage  wohl  nicht  später  als  um 
1100,  Allerliebster  Freund  in  Dänemark  vor  1100  entstanden,  noch  früher 
Einwanderung  in  Dänemark  des  gemein-europäischen  (und  auch  dänischen) 
Hundsmärchen  mit  dem  Kerzenmotiv.  Die  zwei  Märchenepochen  lassen 
sich  nicht  genauer  feststellen.  Bemerkungswert  ist  es  aber,  dass  unsere 
drei  Dichtungen  drei  verschiedene  Stufen  der  menschlichen  Greistes- 
entwickelung  darstellen.  Im  gewöhnlichen  Kerzenmärchen  bringt  der  Held 
die  Kerze  in  die  Hand  der  Hexentochter.  Das  ist  ganz  wie  in  anderen 
Unholdsmärchen:  der  Held  vertauscht  die  Mützen  seiner  Brüder,  und  der 
Riesentöchter,  also  dass  sie  an  ihrer  Stelle  getötet  werden;  oder  er  kocht 
an  seiner  Stelle  die  Hexentochter  im  Kessel.  Dies  ist  die  rohe  Auffassung; 
jedes  Mittel  ist  ihr  gut  genug,  das  Feindliche  zu  überwinden,  sie  freut  sich 
des  Sieges  ohne  alles  Mitleid.  Die  andere  Auffassung  bedient  sich  der- 
selben Zaubervorstellungen  wie  jene,  aber  sie  legt  nicht  diu  Entscheidung 
in  eine  zufällige  Benützung  des  Zaubers  oder  der  Thorheit  des  Feindes: 
das  einzig  erlösende  Mittel  ist  die  Liebe,  die  finstere  Macht  der  Unholde 
kann  nur  durch  das  Liebeswort  gebrochen  werden.  Und  dieses  Motiv 
wird  hier  poetisch  weit  besser  verwertet,  indem  es  die  ganze  Erzählung 
durchdringt  und  durch  dasselbe  die  Handlung  zu  immer  grösserer  Spannung 
sich    entwickelt.     Die   dritte  Epoche    stellt   uns   die  Sigridsage    dar.     Das 


258  Arendt: 

Zauberhafte  ist  hier  vermieden;  die  Macht,  welche  der  Liebhaber  über- 
winden muss,  ist  keine  äussere,  sondern  eine  dem  Menschen  innewohnende. 
Diese  poetische  Behandlung  verwertet  einen  weit  kleineren  Teil  der 
Handlungsmomente  als  das  Märchen,  und  die  Entscheidung  der  Sage  ist 
um  eine  ganz  kleine  Bewegung  —  das  einmalige  Aufblicken  —  kon- 
zentriert. Auch  das  bezeichnet  sie  als  moderne  Dichtung. 
Kopenhagen. 


Ein  Kapitel  aus  dem  Aber-  und  Geisterglauben 

der  Chinesen. 

Von  C.  Arendt. 


Indem  ich  mich  anschicke,  die  Aufmerksamkeit  des  Lesers  für  einige 
Mitteilungen  aus  dem  Kreise  der  volkstümlichen  Anschauungen,  wie  sie  sich 
im  äussersten  Osten  des  Asiatischen  Kontinents  entwickelt  haben,  in  An- 
spruch zu  nehmen,  muss  ich  im  voraus  bemerken,  dass  ich  mich  auch  diesmal, 
ebenso  wie  in  meinem  früheren  kleinen  Aufsatz  (unsere  Zeitschrift  I,  325  ff.), 
im  wesentlichen  darauf  beschränken  werde,  das  mir  zu  Gebote  stehende 
Material  in  authentischer  Form  vorzulegen,  und  zwar  sind  es  im  ganzen 
sechs  Geschichten,  welche  ich  in  ihrer  traditionellen  Form  an  der  Hand  der 
einheimischen  Quellen  vorzuführen  gedenke.  Das  gemeinsame  Band  aber, 
welches  diese  für  ein  so  abgelegenes  Gebiet  immerhin  schon  ziemlich  statt- 
liche Anzahl  mit  einander  verknüpft  und  mich  berechtigt,  sie  als  Illustrationen 
zu  einem  und  demselben  Kapitel  aus  dem  Gebiete  des  chinesischen  Aber- 
und  Geisterglaubens  hinzustellen,  ist  dieses,  dass  es  sich  in  allen  Fällen 
—  mit  nur  teilweiser  Ausnahme  der,  aber  doch  enge  verwandten,  No.  5  — 
darum  handelt,  in  welcher  Weise  denjenigen,  der  sich  in  gewaltthätiger 
und  ungerechtfertigter  Weise,  wenn  auch  nicht  immer  durch  Mord,  an  dem 
Leben  seiner  Mitmenschen  vergriffen  hat,  durch  die  Wirksamkeit  dämoni- 
scher Kräfte  die  Kache  ereilt.  Wir  werden  aber  die  Sühne,  welche  dieser- 
gestalt  der  Blutthat  auf  dem  Fusse  folgt,  sich  unter  drei  wesentlich  von 
einander  verschiedenen  Formen  vollziehen  sehen.  Diesen  drei  Formen 
aber  wird  wieder  das  gemeinsame  und  für  chinesische  Denkungsart  charak- 
teristische Merkmal  anhaften,  dass  es  mit  einer,  nur  scheinbaren  und 
halben  Ausnahme,  nicht  die  erzürnte  Gottheit  ist,  welche  die  Störung  der 
von  ihr  gesetzten  moralischen  Weltordnung  mit  rächender  Hand  sühnt, 
sondern  dass  jedesmal  entweder  der  gekränkte  Geist  des  gewaltsam  ums 
Leben  Gekommenen  selber,  oder  aber  seine  Freunde  und  Getreuen  zur 
Herbeiführung    der  Kache  dämonische  Einflüsse    in  ihren  Dienst  nehmen. 


Ein  Kapitel  aus  dem  Aber-  und  Geisterglauben  der  Chinesen.  259 

Damit  aber  ist  das  Interesse,  welches  ich  für  meine  Geschichten  in 
Anspruch  nehmen  zu  dürfen  glaube,  noch  nicht  ganz  erschöpft.  Es  handelt 
sich  nämlich  in  allen  sechs  Fällen  um  durchaus  historische  Persönlich- 
keiten, ja  um  in  ihrer  Grundlage  auf  das  Allerentschieden ste  historische, 
gut  beglaubigte  Thatsachen,  für  welche  sich  das  Jahr  und  der  Monat,  ja 
teilweise  der  Tag  des  Geschehens  angeben  lässt.  Nur  in  die  Ver- 
knüpfung eines  Teils  der  Thatsachen  sind  einzelne  wunderbare  Momente 
hineingemischt,  welche  doch  auch  ihrerseits  grossenteils  wieder  sich  un- 
schwer als  psychologische  Erscheinungen  und  also  sozusagen  als  inner- 
liche Thatsachen  charakterisieren.  Bedenken  wir  aber,  dass  es  sich 
eben  durchweg  um  anerkannt  geschichtliche  Persönlichkeiten  handelt,  so 
kommt  in  den  auf  die  Ereignisse  aufgepfropften  Wundererscheinungen  die 
Art  und  Weise  zum  Ausdruck,  wie  der  chinesische  Volksgeist  sich  den 
von  ihm  instinktiv  als  Wahrheit  mehr  gefühlten,  als  erkannten  Satz, 
dass  die  Weltgeschichte  das  Weltgericht  sei,  zurechtzulegen  und 
gewissermassen  handgreiflich  zu  veranschaulichen  gesucht  hat.  Dass  ich 
aber  diese  freischöpferische  Gestaltung  der  betreffenden  geschichtlichen 
Thatsachen  als  ein  in  das  Gebiet  der  Volkskunde  fallendes  Thema  in 
Anspruch  nehme,  rechtfertigt  sich  dadurch,  dass  diese  Gestaltung,  wie  ich 
glaube  behaupten  zu  dürfen,  nicht  auf  die  individuelle  Erfindung  der  ein- 
zelnen Schriftsteller,  die  ich  benutzt  habe,  zurückgeht,  sondern  die  durch 
sagenhafte  Überlieferung  fixierten,  in  der  allgemeinen  Denkungsart  der 
Menge  wurzelnden  und  durch  sie  getragenen  Anschauungen  des  chinesi- 
schen Volkes  repräsentiert.  Dass  ich  mich  in  dieser  Auffassung  nicht 
irre,  wird,  wie  ich  glaube,  schon  aus  dem  bei  aller  Verschiedenheit  stets 
aus  denselben  Ideen-Associationen  sich  aufbauenden  Gange  der  Erzählungen 
klar,  ohne  dass  ich  mich  auf  die  Führung  des  Nachweises  im  einzelnen 
einzulassen  genötigt  wäre. 

Ich  habe  diese  allgemeinen  Gesichtspunkte  und  Betrachtungen  voran- 
geschickt, um  nunmehr  in  rascher  und  ununterbrochener  Folge  die  von 
mir  ausgewählten  Erzählungen  aneinander  zu  reihen;  inwiefern  durch  die- 
selben die  von  mir  aufgestellten  Sätze  bestätigt  werden,  muss  ich  dem 
kompetenten  Beurteiler  selbst  zu  erwägen  überlassen. 

1. 

Meine  erste  Geschichte,  welche  ich  dem  1.  und  2.  Kapitel  des  Histori- 
schen Romans  Tung  Chou  Lie  Kuö,  d.  h.  „Geschichte  der  Fürstentümer 
zur  Zeit  der  Östlichen  Chou -Dynastie"  entnehme,  führt  uns  in  die  Jahre 
785  und  782  vor  Christi  Geburt  zurück.  In  China  regierte  damals,  und 
zwar  bereits  seit  dem  Jahre  827,  der  Kaiser  Hsüan.  Im  erstgenannten 
Jahre  hatte  der  Kaiser  die  Hinrichtung  seines  Oberstaatsrates  Tupo  wegen 
mangelhafter  Ausführung  eines  ihm  erteilten  Auftrages  befohlen  und  das 
harte  Urteil  auch  in  der  That  trotz  der  energischen  Fürbitte  des  Unter- 


260  Arendt: 

Staatsrates  Tsojü  vollstrecken  lassen,  worauf  Tsojü,  mit  dem  Hingerichteten 
auf  das  Engste  befreundet,  sich  selber  den  Tod  gegeben  hatte.  Als  der 
Kaiser  den  Selbstmord  des  Tsojü  erfuhr,  bereute  er  die  übereilte  Hin- 
richtung des  Oberstaatsrates  und  schloss  die  darauffolgende  Nacht  kein 
Auge.  Er  litt  seitdem  an  krankhafter  Zerstreutheit  und  redete  oft  irre. 
Er  ward  in  hohem  Grade  vergesslich  und  die  Audienzen  mussten  häufig 
o-anz  ausoesetzt  werden.  Erst  im  Herbst  des  Jahres  782  fühlte  der  Kaiser 
sich  soweit  wieder  hergestellt,  dass  er  zu  seiner  Erholung  eine  grosse  Jagd 
zu  veranstalten  beschloss.  Die  Jagd  ging  auf  das  glänzendste  von  statten 
und  der  Kaiser  Hsüän  war  in  der  heitersten  Laune.  Unterdessen  neigte 
sich  die  Sonne  zum  Untergang,  die  Jagd  wurde  für  beendigt  erklärt  und 
der  Rückzug  angetreten.  Plötzlich  überkam  den  Kaiser  auf  seiner  Equi- 
page ein  Gefühl  des  Schwindels,  es  flimmerte  ihm  vor  den  Augen  und  er 
sah  aus  der  Ferne  einen  kleinen  offenen  Wagen  gerade  auf  sich  zu  kommen. 
Auf  dem  Wagen  standen  zwei  Männer,  jeder  einen  Bogen  von  roter  Farbe 
über  den  Rücken  gehängt  und  rote  Pfeile  in  der  Hand  haltend.  Die 
grüssten  den  Kaiser  und  sprachen:  „Wie  ist  es  Ew.  Majestät  seit  unserer 
Trennung  ergangen?"  Als  der  Kaiser  genau  hinsah,  erkannte  er  in  den 
beiden  Männern  den  Oberstaatsrat  Tupo  und  den  Unterstaatsrat  Tsojü. 
Als  er  sich  aber  voll  innerer  Bangigkeit  die  Augen  rieb,  um  besser  sehen 
zu  können,  waren  Menschen  und  Wagen  plötzlich  verschwunden.  Der 
Kaiser  fragte  sein  Gefolge,  ob  sie  irgend  etwas  gesehen  hätten,  aber  nie- 
mand wollte  das  Geringste  bemerkt  haben.  Während  nun  der 
Kaiser  noch  über  den  Vorfall  nachgrübelte,  erschienen  Tupö  und  Tsojü 
plötzlich  von  neuem,  beständig  dicht  vor  der  kaiserlichen  Equipage  daher- 
fahrend.  Der  Kaiser  riss  sein  Schwert  aus  der  Scheide  und  hieb  damit 
in  die  leere  Luft.  Da  hörte  er  die  Beiden  mit  lauter  Stimme  rufen: 
„Deine  Stunde  ist  gekommen,  hier  sind  wir,  uns  zu  rächen.  Du  musst 
die  Blutschuld  mit  dem  Leben  sühnen!"  So  sprecliend,  spannten  sie  ihre 
roten  Bogen,  legten  die  roten  Pfeile  auf  und  drückten  ab,  gerade  auf  des 
Kaisers  Herzgrube  zielend.  Letzterer  that  einen  lauten  Schrei  und  fiel 
auf  seinem  Wagen  rücklings  nieder.  Als  er  aus  seiner  Betäubung  erwachte, 
klagte  er  über  Beklemmungen  in  der  Gegend  des  Herzens.  Man  kelirte 
darauf  eilends  nach  der  Stadt  zurück  und  trug  den  Kaiser  in  den  Palast. 
Der  „Greis  mit  dem  wallenden  Barte"  sagt  darüber  in  einem  seiner  Ge- 
dichte: „Sie  kamen  mit  rotem  Bogen  und  roten  Pfeilen,  wie  Götter  anzu- 
schauen; mitten  im  Jagdgefolge  fuhren  sie  wie  im  Fluge  liin  und  her"  u.  s.  w. 
Der  Kaiser  aber  konnte  sich  von  der  Erschütterung,  die  er  erlitten  hatte, 
nicht  wieder  erholen.  Sobald  er  seit  dem  erzählten  Ereignis  die  Augen 
schloss,  glaubte  er  den  Tupo  und  den  Tsojü  vor  sich  zu  sehen.  Er  wusste 
selber  reclit  gut,  dass  er  nicht  wieder  genesen  würde.  Er  weigerte  sich 
Arzenei  zu  nehmen  und  starb  bald  darauf.  -^ 


Ein  Kapitel  aus  dem  Aber-  und  Geisterglauben  der  Chinesen.  261 

Diese  einfache  Erzählung,  die  nichts  specifisch  Nationales  bietet,  lässt, 
die  geschilderten  Yorgänge  als  Thatsachen  aufgefasst,  recht  gut  eine  rein 
psychologische  Erklärung  zu,  wobei  besonders  darauf  hinzuweisen,  dass 
das  Gefolge  des  Kaisers  garnichts  Auffälliges  bemerkt  hat.  Nur  der 
verhältnismässig  lange  Zeitraum,  welcher  zwischen  der  That  und  der  Ver- 
geltung liegt,  ist  auffallend.  Man  sucht  nach  einem  speciellen  Anlass  der 
Geistererscheinungen  gerade  bei  der  Jagd.  Vielleicht  ist  in  der  Über- 
lieferung hier  eine  Lücke. 

Der  Roman,  dem  ich  die  Geschichte  entnommen,  rührt  wahrscheinlich 
aus  der  Zeit  zwischen  1621  und  1645  her,  aber  der  „Greis  mit  dem 
wallenden  Barte",  dessen  Verse  oben  citiert  worden  sind,  d.  h.  Su-tung-p  ö, 
einer  der  chinesischen  Dichterheroen,  dem  wir  eine  Unzahl  historischer 
Epigramme  verdanken,  lebte  von  1036—1101,  und  seine  Verse  beweisen, 
dass  zu  seiner  Zeit  die  Tradition  schon  ein  Gemeingut  des  Volkes  ge- 
wesen sein  muss. 

2. 

Die  zweite  Erzählung,  der  ich  mich  jetzt  zuwende,  gehört  insofern  in 
dieselbe  Kategorie  wie  die  erste,  als  auch  hier  die  Seele  des  Erschlagenen 
ihren  Rachezweck  nur  dadurch  erreicht,  dass  sie  den  Thäter  als  Geister- 
erscheinung verfolgt  und  ihm  keine  Ruhe  und  Rast  gönnt. 

Im  Jahre  200  nach  Christus  befand  sich  ein  gewisser  Sun  Tse  in 
bereits  damals  ziemlich  unbeschränktem  Besitz  der  Landschaft  Wu,  d.  h. 
der  Gegenden  am  unteren  Yang-tse,  da,  wo  jetzt  Nanking  und  Shanghai 
liegen.  Er  war  ein  junger  Mann  von  nur  26  Jaln-en,  von  ritterlicher  Ge- 
siimung,  aber  gar  ungeduldigem  Temperament.  Einstmals,  als  er  seine 
Offi eiere  zu  einem  Gastmahl  um  sich  versammelt  hatte,  geschah  es,  dass 
ein  grosser  Teil  seiner  Gäste  plötzlich  mitten  während  des  Weingelages 
den  Stadtturm,  in  welcliem  dasselbe  stattfand,  verliess  und  auf  die  Strasse 
hinabstieg.  Auf  Befragen  erfulir  Sun  T'se  alsbald,  es  sei  der  Wundermann 
Yüchi,  welcher  eben  unten  am  Turme  vorübergegangen  sei,  der  soviel 
Anziehungskraft  auf  seine  geladenen  Gäste  ausgeübt  habe,  —  Yüchi,  welcher 
schon  seit  einer  Reihe  von  Jaliren  mittels  seines  heilkräftigen  Zauber- 
wassers der  leidenden  Menschheit  viele  Wohlthaten  erwiesen  habe.  Sun 
T'se,  ärgerlich  über  die  Störung  seines  Gastmahls  und  auch  sonst  aus 
inneren  und  äusseren  Gründen  ein  entschiedener  Gegner  solchen  Treibens, 
welches  er  für  eitel  Zauberei  und  Blendwerk  erklärte,  liess  den  Wunder- 
mann vor  sich  bescheiden  und  derselbe  missfiel  ihm  so  sehr,  dass  er  seinen 
Dienern  alsbald  befahl,  ihn  niederzumachen.  Nur  durch  die  Fürbitten 
seiner  Gäste  wurde  er  bewogen,  von  der  Vollstreckung  dieses  Urteils  ab- 
zustehen und  sich  damit  zu  begnügen,  den  Yüchi  ins  Gefängnis  zu  werfen. 
Yüchi  stand  ancli  in  dem  Rufe,  imstande  zu  sein,  durch  seine  Gebete  Wind 
und  Regen  herbeizuführen.    Da  nun  gerade  damals  eine  anhaltende  Dürre 

Zeitschrifi  U.  Vereins  I'.  Volkskuude.     1892.  18 


262  AroiKlt: 

in  Wu  eingetreten  war,  gestattete  Sun  T'se,  wiederum  auf  inständiges  Bitten 
seiner  Officiere,  dem  „Wundermann",   seine  Kunst  zu  zeigen.     Yüchi  ver- 
sprach denn  auch,  dreissig  Zoll  Regen  vom  Himmel  lierunterzuflehen.    Sun 
T'se  gewährte   ihm   zu   diesem  Zweck  eine  Frist  bis  Mittag;    wenn   er  bis 
dahin  sein  Wort  nicht  eingelöst  habe,   solle   er  den  Flammentod  erleiden. 
Da  nun  bis  unmittelbar  vor  Mittag  zwar  schwarze  Wolken  sich  am  Himmel 
zusammengeballt    haben,    aber  noch  kein  Regen   eingetreten  ist,    so  lässt 
Sun  T'se    den   Yüchi  in   der  That  auf  den  bereits  fertig  aufgeschichteten 
Scheiterhaufen    schleppen   und  diesen  an  allen  vier  Ecken  anzünden.     Da 
aber  fängt  der  Regen  au,    sich  in  Strömen  aus  den  Wolken  zu  ergiessen, 
die    Strassen    der    Stadt    verwandeln    sich    in    rauschende    Bäche.     Genau 
30  Zoll  fallen,   dann  klärt  der  Himmel  sich  wieder  auf.     Das  Yolk,    ein- 
schliesslich des  persönlichen  Gefolges  und  der  Officiere  des  Sun  T'se  selber, 
trägt  den  Yüchi  im  Triumph  vom  Scheiterhaufen  herunter,  befreit  ihn  von 
seinen  Ketten    und  fällt   mitten  im  strömenden  Wasser  anbetend  vor  ihm 
zur  Erde  nieder.    Gerade  hierüber  wird  Sun  T'se  auf  das  äusserste  erbost, 
er    erklärt    den    Wundermann    für    einen    mit    bösen    Mächten    im    Bunde 
stehenden   Zauberer    und  Rebellen,    der    ihm   die  Herzen  des  Volkes  ab- 
wendig   mache,    und    lässt  ihn  in   der  That  an  Ort  und  Stelle  hinrichten. 
Der  Geist  des  Getöteten  aber  entschwebt  sichtbar  in  Gestalt  einer  nebel- 
artigen,  weissgrauen  Dunstsäule.     Sun  T'se  lässt  den  Leichnam  zur  War- 
nung für  alles  Volk  öffentlich  auf  dem  Marktplatze  ausstellen,  aber  in  der 
Nacht  bricht  ein  furchtbares  Ungewitter  los,  und  am  folgenden  Morgen  ist 
der  Leichnam  Yüchis  spurlos  verschwunden.    Sun  Tse  will  darauf  im  Zorne 
die  Soldaten,  denen  die  Wache  anvertraut  gewesen  war,  hinrichten  lassen: 
da    plötzlich   sieht  er  einen  Menschen  gemessenen  Schrittes  auf  die  offene 
Vorhalle  seines  Palastes  zukommen;   als   er  näher  hinsieht,   erkennt  er  in 
ihm  den  Yüchi.    Li  aufloderndem  Zorn  zieht  Sun  T'se  sein  Schwert,  noch 
ehe  er  aber  zimi  Hiebe  ausholen  kann,  fällt  er  ohnmächtig  zu  Boden  und 
erholt  sich  nur  langsam. 

Als  er  in  der  darauffolgenden  Nacht  in  seinem  Bette  liegt,  erhebt  sich 
plötzlich  ein  geheimnisvoller  Luftzug:  die  Lampe  erlischt  von  selber  und 
flammt  dann  von  selber  wieder  hell  auf,  —  im  Schatten  des  Lampenlichts 
aber  sieht  er  den  Yüchi  vor  seinem  Bette  stehen.  Sun  T'se  schreit  ihn  an: 
„Ich  habe  geschworen,  solange  ich  lebe,  dem  mir  verhassten  Geisterspuk 
überall,  wo  er  mir  vorkommt,  den  Garaus  zu  machen;  wie  also  kannst  du. 
ein  dem  Schattenreich  angehöriger  Geist,  es  wagen,  mir  nahezukommen?" 
So  sprechend,  ergriff  er  das  am  Kopfende  seines  Bettes  befindliche  Schwert 
und  warf  es  nach  Yüchi;  aber  siehe  da:  dieser  war  plötzlich  verschwunden! 
—  Auf  die  inständigen  Bitten  seiner  Mutter,  die  er  sehr  liebte,  begiebt 
sich  Sun  T'se  nun  nach  dem  Kloster  Yüch'ingkuän,  um  die  zürnenden 
Manen  des  Yüclii  durch  Verbrennen  von  Weihrauch  zu  versöhnen.  Aber 
der    stolze   Mann    kann    sich   wohl   dazu  entsohliessen,    den  Weihrauch  zu 


Ein  Kapitel  aus  dem  Aber-  und  Geisterglauben  der  Chinesen.  263 

verbrennen,  aber  nicht,  sowie  es  die  Ceremonien  erfordert  hätten,  sich 
huldigend  auf  die  Erde  niederzuwerfen.  Da  ballen  sich  die  aus  dem 
Räucherbecken  senkrecht  aufsteigenden  Wolken  kuppelartig  zusammen, 
und  oben  auf  ihnen  sitzt  Yüchi  in  aufrechter  Haltung.  Sun  T'se  speit  vor 
ihm  aus  und  verlässt  unter  Schmähungen  das  Kloster.  Vor  dem  Thor  der 
grossen  Klosterhalle  aber  trifft  er  wiederum  den  Yüchi,  welcher,  dort 
stehend,  ihm  zornige  Blicke  zuwirft.  Sun  T'se  fragt  seine  Begleiter,  ob 
sie  auch  die  Erscheinung  gesehen?  Sie  alle  antworten  verneinend.  Da 
zieht  Sun  T'se  wiederum  sein  Schwert  aus  der  Scheide  und  wirft  damit 
nach  Yüchi,  das  Schwert  aber  verfehlt  sein  Ziel  und  trifft  vielmehr  einen 
Mann  aus  Sun  T  ses  eigenem  Gefolge.  Dem  ist  die  Spitze  gerade  in  das 
Gehirn  gedrungen  und  er  sinkt  tot  zu  Boden.  Als  man  näher  zusieht,  ist 
der  Getroffene  kein  anderer,  als  der  Soldat,  welcher  auf  Sun 
T'ses  Befehl  das  Todesurteil  an  Yüchi  vollstreckt  hatte.  Als 
nun  Sun  T'se  das  äussere  Thor  der  das  Kloster  umgebenden  Mauer  passiert 
hat,  trifft  er  den  Yüchi,  welcher  dasselbe  Thor  nach  innen  zu  in  der  Rich- 
tung auf  das  Kloster  durchschreitet.  „Dies  Kloster,"  ruft  Sun  T'se,  „ist 
ja  nichts  als  ein  Zufluchtsort  für  böse  Geister."  Er  bleibt  also  dort  vor 
dem  Thore  und  lässt  500  Mann  Soldaten  kommen,  welchen  er  das  Kloster 
einzureissen  befiehlt.  Kaum  aber  sind  dieselben  auf  das  Dach  gestiegen, 
um  ihr  Zerstörungswerk  zu  beginnen,  als  auch  Yüchi  auf  dem  Dache  er- 
scheint und  von  dort  Ziegelsteine  zur  Erde  wirft.  Jetzt  befiehlt  Sun  T'se 
in  gesteigertem  Zorne,  die  Priester  aus  dem  Kloster  hinauszuwerfen  und 
dieses  zu  verbrennen.  Mitten  aber  in  den  lodernden  Flammen  erscheint, 
vom  Feuerglanz  umflossen,  Yüchi  von  neuem.  Als  nun  Sun  T'se,  ausser 
sich  vor  Zorn,  in  seinen  Palast  zurückkehren  will,  steht  wiederum  Yüchi 
aufrecht  vor  dem  Palastthor.  Da  steht  Sun  T'se  davon  ab,  seinen  Palast 
zu  betreten;  er  sammelt  sein  ganzes  Kriegsheer  um  sich  und  schlägt  vor 
den  Stadtthoren  sein  Lager  auf,  um  sich  zu  einem  Feldzuge,  den  er  schon 
längst  im  Sinne  gehabt  hatte,  zu  rüsten.  Aber  schon  in  der  ersten  Nacht, 
die  er  in  seinem  Feldherrnzelte  zubringt,  erscheint  ihm  mit  aufgelöstem 
Haupthaar  auch  dort  der  Geist  des  Yüchi,  und  weithin  durch  das  Lager 
hört  man  ohne  Unterbrechung  die  Zurufe  ertönen,  durch  welche  Sun  Tse 
das  Gespenst  zu  verscheuchen  und  aus  seiner  Nähe  zu  weisen  bemüht  ist. 
—  Am  folgendf'ii  Morgen  folgt  Sun  T'se  einer  dringenden  Aufforderung 
seiner  Mutter,  sie  im  Palaste  zu  besuchen.  Mit  fieberglühendem  Antlitz 
tritt  er  ihr  entgegen.  „Mein  Sohn,"  sagt  die  Mutter  erschreckt,  „Du  siehst 
ja  ganz  entstellt  aus."  Sun  T'se  nimmt  einen  Spiegel  zur  Hand  und  sieht, 
dass  er  wirklich  ganz  abgemagert  aussieht.  Er  erschrickt  und  sagt  zu 
den  Leuten  seiner  Umgebung:  „Wie  kommt  es  denn,  dass  mein  Antlitz 
dermassen  von  der  Fieberhitze  afficiert  ist!"  Noch  aber  hatte  er  nicht 
zu  Ende  geredet,  als  er  plötzlich  den  Yüchi  mitten  im  Spiegel 
stehen    sieht.     Kr    führt    einen    Faustschlag   nach   dem  Spiegel  und  fällt 

18* 


264 


Arendt: 


mit  einem  lauten  Schrei  zu  Bodeu,  während  die  Wunden,  die  er  vor  einiger 
Zeit  bei  einem  gegen  ihn  gerichteten  Attentat  erhalten  hatte  und  die  noch 
nicht  völlig  geheilt  waren,  wieder  aufbrechen.  Als  er  von  seiner  Ohn- 
macht endlich  wieder  zu  sich  kommt,  sagt  er  selber:  „Meine  Lebensfrist 
ist  abgelaufen". 

Sein  Wort  wurde  wahr.  Er  schied  kurze  Zeit  darauf  aus  diesem 
Leben,  nachdem  er  vorher  seinen  jüngeren  Bruder,  den  hochberühmten 
Sun  Ch'üän,  zu  seinem  Nachfolger  eingesetzt  hatte.  Diesem  gelang  es,  im 
Laufe  der  Zeit  seine  Machtsphäre  immer  weiter  auszubreiten;  das  ganze 
südöstliche  China  fiel  ihm  zu,  im  Jahre  222  nahm  er  den  Titel  eines 
Königs  von  Wu  an;  seine  Residenz  war  in  Nanking,  dort  regierte  er  bis 
zu  seinem  Lebensende,  im  Jahre  228. 

Die  obige  Erzählung,  welche  ich  in  abgekürzter  Form  aus  dem 
Sankuöchih,  d.  h.  aus  dem  29.  Kapitel  der  „Geschichte  der  drei  Reiche", 
des  beliebtesten  Yolks-  und  Heldenbuches  der  Chinesen,  entnommen  habe, 
zeigt,  obgleich  sie  noch  entschieden  zu  derselben  Kategorie  wie  die  erste 
gehört,  doch  schon  eine  Anzahl  ihr  eigener,  charakteristischer  Züge;  am 
bemerkenswertesten  für  uns  aber  ist  in  ihr  das  offenbare  Bestreben,  rein 
seelische  Vorgänge  zu  veräusserlichen  und  als  etwas  Gesondertes,  der  greif- 
baren Wirklichkeit  Zugehöriges,  hinzustellen.  Steht  somit  unsere  zweite 
Geschichte  an  innerer  Wahrheit  und  schlichter  Hervorhebung  des  Wesent- 
lichen hinter  der  ersten  zurück,  so  ist  doch  die  Darstellung  eine,  wie  mir 
scheint,  ausserordentlich  packende,  und  der  letzte  Zug,  die  Erscheinung 
von  Yüchis  Bilde  im  Spiegel,  ein  geradezu  bewunderungswerter  Ab- 
schluss,  über  welchen  hinaus  eine  Steigerung  mit  Recht  nicht  versucht 
worden  ist. 

3. 

Ich  gehe  nun  zu  der  zweiten  Form  des  auf  mein  specielles  Thema 
bezüglichen  chinesischen  Aber-  und  Geisterglaubens  über,  welche,  wie  ich 
glaube,  durch  ihre  Originalität  ein  holies  Interesse  beanspruchen  darf,  und 
ich  bin  in  der  That  gespannt,  von  Kundigeren  als  ich  zu  erfahren,  ob  sich 
ein  ähnlicher  Yorstellungskreis  auch  noch  bei  irgend  einem  anderen  Volke 
nachweisen  lässt. 

Die  übrigens  kurze  Geschichte,  die  ich  als  Beispiel  wähle,  steht  im 
7.  Kapitel  des  schon  erwähnten  Romans  Tung  Chou  Lie  kuö  und  fällt  in 
die  Regierungszeit  des  Herzogs  Chuang  von  Cheng,  welcher  den  Thron 
dieses  damals  bedeutenden,  in  der  jetzigen  Provinz  Honan  gelegenen  Staates 
von  743 — 701  vor  Chr.  innehatte. 

Zwischen  zwei  höheren  Officieren  des  Herzogs  Chuang  hatte  schon 
seit  lange  Eifersucht,  die  in  Feindscliaft  auszuarten  drohte,  bestanden. 
Beide  waren  verdiente  und  tapfere  Männer,  der  eine  liiess  Ying-k'ao-slni, 
der  andere,    ein  Verwandter  des  herzoglichen  Hauses,  füln-te  den  Namen 


Ein  Kapitel  aus  dem  Aber-  und  Geisterglauben  der  Chinesen.  265 

Kungsun  E  oder  Kungsun  Tszetu.  Er  ist  der  Nireus  der  chinesischen 
Heldensage.  Mencius  erwähnt  seiner  mit  den  Worten:  „Wer  von  der 
Schönheit  des  Tszetu  nichts  weiss,  der  hat  keine  Augen."  Bei  einem 
Feldzuge,  welchen  der  Herzog  Chuang  gegen  den  kleinen  Staat  Hsü  unter- 
nahm, gelang  es  dem  Ying-k'ao-shü,  die  Fahne  seines  Herzogs  in  der  Hand 
haltend,  als  Erster  die  Mauer  der  feindlichen  Stadt  zu  erklimmen.  Als 
Kungsun  E  dies  sah,  wurde  er  von  Neid  erfüllt;  mitten  im  dichten  Haufen 
fixierte  er  den  Ying-k'ao-shü  mit  sicherem  Blick;  sausend  flog  der  ver- 
räterische Pfeil;  Ying-k'ao-shüs  Schicksal  musste  sich  eben  erfüllen;  gerade 
im  Rückgrat  getroffen,  taumelte  er  hintenüber  und  fiel  mit  der  Fahne  zu- 
gleich rücklings  von  der  Mauer  herunter.  Die  andern  Officiere  von  Cheng 
aber,  als  sie  den  Ying-k'ao-shü ,  wie  sie  glaubten,  von  feindlicher  Hand 
fallen  sahen,  wurden  nur  mit  noch  mehr  Kampfesmut  erfüllt  und  die  Er- 
oberung der  Stadt  gelaug  ohne  Schwierigkeit.  Als  sich  aber  später  heraus- 
stellte, dass  Ying-k'ao-shüs  Wunde  sich  im  Rücken  befand,  wurde  natür- 
lich allseitig  Yerdacht  rege.  Der  Herzog  Chuang  konnte  den  Gedanken 
an  diesen  Zwischenfall  garnicht  los  werden  und  als  er  in  seine  Hauptstadt 
zurückgekehrt  war,  beschloss  er,  den  Thäter,  den  niemand  zu  nennen 
wusste,  unter  allen  Umständen  zu  entlarven.  Er  befahl  daher  eines  Tages 
allen,  die  au  dem  Feldzuge  gegen  Hsü  teilgenommen  hatten,  sich  in  Trupps 
von  je  hundert  Mann  zu  ordnen.  Jeder  Trupp  von  hundert  musste  ein 
Schwein  mitbringen,  welches  feierlich  geschlachtet  wurde.  Je  25  Mann 
ferner  mussten  sich  in  eine  Reihe  stellen  und  je  einen  Hund  und  ein  Huhn 
als  Opfer  schlachten.  Zugleich  wurde  ein  Priester  herbeigeholt,  welcher 
Beschwörungsformeln  recitieren  musste.  Kungsun  E  aber,  der  Mörder  des 
Ying-k  ao-shü,  lachte  im  stillen  über  alle  diese  Vorbereitungen. 

Nachdem  das  Recitieren  der  Beschwörungsformeln  drei  Tage  lang  fort- 
gesetzt worden  war,  begab  sich  der  Herzog  Chuang  selber  in  Begleitung 
aller  seiner  Minister  und  höheren  Beamten  an  Ort  und  Stelle,  worauf  die 
Beschwörungsformeln  verbrannt  wurden.  Hierzu  ist  zu  bemerken,  dass  das 
Yerbrennen  von  Gebeten  und  ähnlichen  Kundgebungen  noch  jetzt  in  China 
üblich  ist  und  ein  uralter  Gebrauch  der  chinesischen  Staatsreligion  zu  sein 
scheint.     Jedoch  fahren  wir  in  unserer  Erzählung  fort. 

Nachdem  die  Beschwörungsformeln  verbrannt  waren,  sah  man  plötzlich 
—  offenbar  meint  der  Schriftsteller,  als  Wirkung  dieser  Ceremonie  — 
einen  Mann  mit  aufgelöstem  Haar  und  verstörten  Gesichtszügen  gerade 
auf  den  Herzog  Chuang  zueilen,  vor  demselben  niederknieen  und  also 
sprechen: 

„Ich  bin  dein  Unterthan  Ying-k' ao-shü,  der  die  Mauer  von  Hsü  er- 
klommen hat.  Wodurch  habe  ich  mich  am  Lande  vergangen?  Aber  der 
böswillige  Tszetu  (d.  h.  Kungsun  E)  hat  mich  aus  Neid  und  Eifersucht 
meuchlings  durch  einen  Pfeilschuss  getötet.  Deshalb  habe  ich  zu  Shangti 
(dem  höchsten  Gotte  des  Himmels)  gefleht,   und  Er  hat  mir  versprochen, 


266  Aioiidt: 

meinen  Mörder  zu  bestrafen.  Dir  aber,  mein  Herzog  und  Herr,  bin  icli 
noch  im  Tode  dankbar,  dass  du  meiner  gedacht  hast." 

Nachdem  er  so  gesprochen  hatte,  fuhr  er  mit  der  Hand  in  seine  Kehle 
hinein.  Aus  der  Kehle  floss  ein  Blutstrom  hervor,  und  tot  sank  er  zu 
Boden. 

Der  Herzog  Chuang,  der  bereits  erkannt  hatte,  dass  dieser  Mensch 
kein  anderer  als  Kungsun  E  war,  rief  sogleich  um  Hilfe.  Aber  es 
war  schon  zu  spät,  das  Leben  war  für  immer  entflohen. 

Die  Seele  des  (ermordeten)  Ying-k'ao-shü  nämlich  war  in 
den  Körper  (seines  Mörders)  des  Kungsun  E  hineingefahren, 
um  Kache  an  ihm  zu  nehmen,  und  hatte  ihn  gezwungen,  sich 
selber  vor  dem  Herzog  Chuang  als  Thäter  zu  erkennen  zu 
geben. 

Ich  bemerke  ausdrücklich,  dass  die  gesperrt  gedruckten  Worte,  welche 
den  Schlüssel  zu  dem  Verständnis  des  Vorganges  geben,  gleichfalls  —  und 
zw^ar  wörtlich  so  —  im  chinesischen  Original  stehen. 

Der  Weise  von  Lunghsi  —  schliesst  unsere  Erzählung  —  tadelt  den 
Herzog  Chuang  in  einem  Gedicht  (oder  Epigramme),  in  welchem  es  heisst: 

„Hätte  der  Herzog  es  verstanden,  unter  seinen  Beamten  die  Scheu 
vor  Verletzung  der  Gesetze  aufrecht  zu  erhalten,  so  hätte  er  es  nicht  nötig 
gehabt,  mit  Opfern  von  Hühnern  und  Hunden  die  himmlischen  Mächte 
anzuflehen." 

Über  den  „Weisen  von  Lunghsi"  kann  ich  keine  weiteren  Angaben 
machen,  als  dass  Verse  von  ihm  in  der  „Geschichte  der  Fürstentümer" 
mehrfach  citiert  werden;  aus  dem  obigen  Citat  aber  geht  hervor,  dass  die 
Sage  von  der  Art  und  Weise,  wie  der  Mörder  des  Ying-k'ao-shü  entdeckt 
wurde,  zur  Zeit  der  Entstehung  der  Verse  bereits  allgemein  in  den  ge- 
bildeten Kreisen  des  chinesischen  Volkes  im  Umlauf  gewesen  sein  muss, 
denn  die  fast  änigmatische  und  aus  lauter  nur  dem  Wissenden  verständ- 
lichen Anspielungen  bestehende  Kürze  solcher  chinesischen  Epigramme 
mit  historischem  Hintergrund  setzt  bei  dem  Leser  mit  Notwendigkeit  die 
genaue  Kenntnis  der  Ereignisse,  auf  die  sie  sich  beziehen,  voraus. 

In  der  vorstehenden  Erzählung  nun  sehen  wir  die  „halbe"  und  „nur 
scheinbare  Ausnahme'*  vor  uns,  von  welcher  ich  oben  sprach,  denn 
allerdings  liegt  hier  ein  Eingreifen  der  Gottheit  vor,  aber  sie  greift  nicht 
aus  eigenem  Antriebe  ein,  sondern  auf  inständiges  Bitten  der  Seele  des 
Ermordeten,  wozu  noch  die  vom  Herzog  Chuang  anbefohlenen  Ceremonien 
kommen  müssen,  um  —  so  scheint  es  —  dieses  Eingreifen  überhaupt  zu 
ermöglichen. 

Das  eigentlich  Interessante  bei  unserer  Geschichte  aber  ist,  wie  ich 
schon  angedeutet  habe,  der  eigentümliche  Vorstellungskreis,  welcher  sich 
hier  vor  uns  entrollt,  und  ich  wiederhole  daher  die  Frage,  ob  sich  etwas 
Ähnliches  bei  einem  andern  Volke  nachweisen  lässt? 


Eiu  Kapitel  aus  dem  Aber-  und  Geisterglauben  der  Chinesen.  267 

4. 

Ein  ganz  genau  entsprechender  zweiter  Fall,  wo  der  Geist  des  Er- 
mordeten von  dem  Mörder  Besitz  ergreift,  um  diesen  gleichzeitig  zu  ent- 
larven und  zu  töten,  ist  mir  auch  aus  der  chinesischen  Litteratur  nicht 
bekannt,  wohl  aber  zwei  andere  Geschichten,  welche  in  dieselbe  Kate- 
gorie gehören  und  zu  deren  erster  ich  jetzt  übergehen  will.  Diejenigen 
Teile  derselben,  auf  welche  ich  hier  näher  eingehen  muss,  finden  sich  im 
13.  und  14.  Kapitel  der  „Geschichte  der  Fürstentümer". 

Die  jetzige  Provinz  Shantung  bildete  zu  der  Zeit,  von  der  wir  hier 
reden,  zwei  Herzogtümer,  das  nördlichere  T'si  und  das  südlichere  Lu  mit 
Namen.  Der  Herzog  Hsi  von  T'si,  welcher  von  730 — 698  vor  Chr.  regierte, 
hatte  zwei  ebenso  sehr  durch  ihre  Schönheit,  wie  durch  ihre  Sittenlosig- 
keit  ausgezeichnete  Töchter,  Hsüan  Chiang  und  Wen  Chiang.  Hier  haben 
wir  es  nur  mit  der  letzteren  zu  thun.  Sie  war  mit  dem  Herzoge  Huän 
von  Lu  vermählt,  dessen  Regierung  in  die  Jahre  711 — 694  fällt.  Dem 
Herzoge  Hsi  von  T'si  folgte  im  Jahre  698  sein  Sohn  Chu  Örh,  welcher 
in  der  Geschichte  unter  dem  (posthumen)  Namen  „Herzog  Siäng  von 
T'si"  bekannt  ist.  Er  war  ein  Halbbruder  der  Wen  Chiang.  Schon  vor 
Wen  Chiangs  Vermählung  hatte  eine  über  die  Geschwisterliebe  hinaus- 
gehende Zuneigung  zwischen  den  Beiden  bestanden,  und  als  im  Jahre  694 
der  Herzog  Huän  von  Lu  mit  seiner  Gemahlin  einen  Besuch  in  T'si  machte, 
traten  der  Herzog  Hsiang  von  T'si  und  seine  Halbschwester  Wen  Chiang 
in  ein  jeder  Sitte  hohnsprechendes  Verhältnis  zu  einander.  Das  Vor- 
gefallene aber  blieb  dem  Herzoge  Huän  nicht  verborgen,  und  um  sich  vor 
der  Rache  des  Gekränkten  zu  schützen,  liess  nun  der  Herzog  Siäng  seinen 
herzoglichen  Gast  durch  einen  seiner  Getreuen,  den  Kungtsze  (d.  h.  Prinzen, 
oder  vielmehr  wörtlich:  Herzogssohn)  P'engsheng  ermorden.  Nach  einem 
Abschiedsmahle  nämlich,  welches  der  Herzog  Siäng  seinem  Gaste,  dem 
Herzoge  Huän,  gegeben  und  an  welchem  dieser  letztere  gezwungen  teil- 
genommen hatte,  musste  P'engsheng  den  Halbtrunkenen  zu  Wagen  in  die 
ihm  zur  Verfügung  gestellte  Gastwohnung  zurückgeleiten,  und  auf  dem 
Wege  dahin  wurden  ihm  von  P'engsheng  die  Rippen  eingedrückt.  Mit 
einem  lauten  Schrei  hauchte  er,  während  ein  Blutstrom  seinem  Munde  ent- 
quoll, sein  Leben  aus.  Ihm  folgte  als  Herzog  von  Lu  sein  und  Wen  Chiangs 
Sohn,  der  Herzog  Chuang,  welcher  von  693—662  regierte.  In  T'si  aber 
trafen  alsbald  Boten  aus  Lu  ein,  einerseits,  um  den  Leichnam  des  er- 
mordeten Herzogs  Huän  nach  Lu  zurückzugeleiten ,  andererseits  um  ein 
im  Namen  der  sämtlichen  Minister  von  Lu  abgefasstes,  an  den  Herzog  Siang 
gerichtetes  Schreiben  zu  überreichen,  welches  seinem  wesentlichen  Inhalte 
nach  lautete  wie  folgt: 

„Vor   einiger  Zeit  hat  unser  erhabener  Fürst  sein  T^and.    wo   er 
glücklich  lebte,  verlassen,  um  in  T'si  einen  Besuch  zu  machen.     Er 


268  Arendt: 

ist  gegangen,  aber  nicht  wieder  zurückgekommen.    Auf  Strassen  und 
Wegen    schwirren    Gerüchte.     Jedermann    spricht    von    dem    grossen 
Unglück,  das  sich  im  Wagen  ereignet,  aber  von  einem  Bestraften  ist 
nichts   zu   hören.     Das   macht  uns  Schande  bei  allen  Nachbarstaaten 
ringsum.     Wir    bitten,    dass   P'engsheng    die  That    mit    dem   Leben 
sühne." 
Als  der  Herzog  Siäng  den  Brief  zu  Ende  gelesen  hatte,   liess  er  so- 
gleich den  P'engsheng  zu  sich  bescheiden.     P'engsheng,    im  Bewusstsein 
des  erworbenen  Verdienstes,  trat  mit  erhobenem  Haupt  ein.    Da  schmähte 
ihn  der  Herzog  Siäng  in  Gegenwart  der  Gesandten  von  Lu,  warf  ihm  den 
plötzlichen  Tod  des  Herzogs  Huän,   der   seiner  Obhut  anvertraut  gewesen 
sei,    vor,    und    befahl  den  umstehenden   Dienern,    ihn   gebunden   auf  den 
Richtplatz    zu    führen  und  zu  enthaupten.     Ehe  er  aber  abgeführt  wurde, 
rief   P'engsheng    mit    lauter    Stimme:     „Nachdem    du    zu    deiner    eigenen 
Schwester  in  ein  unerlaubtes  Yerhältnis  getreten,  hast  du  den  gewaltsamen 
Tod  ihres  Gatten  herbeigeführt.     Jetzt  versuchst  du  die  Schuld  auf  mich 
zu  wälzen.     Wenn   ich  aber  nach   dem  Tode  Bewusstsein  behalte, 
so    möge    ich    zum  Rachegeist    werden,    der    dir   bis   in   den  Tod 
nachstellt!"     Der  Herzog  Siang    hielt   sich  die  Ohren  zu,    um  die  Ver- 
wünschung nicht  zu  hören,  die  Umstehenden  aber  lachten. 

Das  unerlaubte  Verhältnis  zwischen  den  Geschwistern  wurde  auch  nach 
diesen  Ereignissen  —  zuletzt  ganz  offen  vor  aller  Welt  Augen  —  fort- 
gesetzt. Einige  Jahre  nach  den  erzählten  Vorfällen  aber  schickte  der 
Herzog  Siäng  von  T'si  eine  Garnison  unter  den  Befehlen  zweier  Officiere, 
Lien  Ch'eng  und  Kuän  Chih-fü,  nach  einem  Orte  namens  K'we-ch'iu,  wo 
sie  Grenzwacht  halten  und  einem  etwa  nahenden  Feinde  die  südwestliche 
Strasse  verlegen  sollten,  denn  von  dort  aus  hatte  der  Herzog  Siäng  aus 
Ursachen,  die  uns  hier  nicht  interessieren,  Grund,  einen  Angriff  auf  sein 
Land  zu  erwarten.  Es  scheint,  dass  ICwe-ch'iu  in  einer  unwirtlichen  Ge- 
gend lag,  denn  die  Officiere  fragten,  ehe  sie  sich  auf  den  Weg  machten, 
den  Herzog,  wann  sie  auf  Ablösung  zu  rechnen  hätten,  und  dieser,  welcher 
gerade  dabei  war,  Melonen  zu  essen,  antwortete:  „Jetzt  ist  gerade  die  Zeit, 
wo  die  Melonen  reif  sind.  Wenn  im  nächsten  Jahre  die  Melonen  wieder 
reif  sind,  werde  ich  euch  ablösen  lassen." 

Als  im  nächsten  Jahre  die  Zeit  eingetreten  war,  wo  sie  ihres  müh- 
samen Dienstes  hatten  enthoben  werden  sollen,  ohne  dass  der  Herzog  Siäng 
das  Geringste  von  sich  hören  liess,  schickten  die  beiden  Hauptleute  einen 
Boten  an  ihn,  um  ihn  unter  gleichzeitiger  Überreichung  einer  Anzahl  reifer 
Melonen  an  sein  Versprechen  zu  erinnern.  Der  Bote  wurde  aber  sehr 
ungnädig  empfangen  und  mit  dem  Bescheide  entlassen,  die  Festsetzung 
des  Zeitpunktes  für  die  Ablösung  hänge  von  des  Herzogs  freiem  Willen 
ab;  sie  möchten  nur  in  K'we-ch'iu  bleiben,  bis  die  Melonen  wiederum  reif 
geworden  sein  würden.    Die  Hauptleute  beschlossen,  für  diese  Behandlung 


Ein  Kapitel  aus  dem  Aber-  und  Geisterglauben  der  Chinesen.  269 

blutige  Rache   zu   uelimeu  und  knüpften   zu  diesem  Zweck  Verbindungen 
mit  anderen  unzufriedenen  Elementen  in  der  Hauptstadt  an. 

Im  Spätherbst  des  Jahres  686  vor  Chr.  machte  sich  der  Herzog  Siäng 
auf  den  Weg,  um  auf  dem  Berge  Pech'iu  in  der  Wildnis  von  Kufen  eine 
grosse  Jagd  abzuhalten.  Eine  Nacht  wurde  in  der  herzoglichen  Villa  zu 
Kufen  zugebracht,  am  folgenden  Morgen  ging  es  zum  Berge  Pech'iu.  Der 
Herzog  liess  seinen  Wagen  auf  einem  hohen  Hügel  Halt  machen  und  be- 
fahl dann,  den  Wald  in  Brand  zu  stecken.  Dann  ward  das  Treiben  be- 
gonnen. Die  Pfeile  flogen,  die  Jagdfalken  und  Hunde  wurden  losgelassen, 
die  Flamme  prasselte,  der  Wind  sauste,  der  aufgescheuchten  Füchse  und 
Hasen  Geschlecht  lief  in  allen  Richtungen  durcheinander. 

Plötzlich  kam  ein  grosses  Wildschwein,  wie  ein  Stier  ohne  Hörner 
oder  wie  ein  Tiger  ohne  Streifen  anzusehen,  aus  dem  Feuer  herausgestürzt, 
rannte  geraden  Weges  den  Hügel  hinan  und  setzte  sich  dort  gerade  vor 
dem  Wagen  des  Herzogs  auf  die  Erde  nieder.  Die  meisten  Begleiter  des 
letzteren  waren  zu  dieser  Zeit  mit  der  Verfolgung  des  Wildes  beschäftigt, 
nur  sein  Vertrauter  und  Liebling  Meng-yang  nebst  wenigen  anderen  befand 
sich  an  seiner  Seite.  Da  blickte  der  Herzog  den  Meng-yang  an  und  for- 
derte ihn  auf,  einen  Pfeil  auf  das  Schwein  abzudrücken.  Meng-yang  aber 
sah  das  Tier  mit  weit  geöffneten  Augen  an,  bekam  einen  grossen  Schreck 
und  sprach:  „Das  ist  ja  kein  Schwein;  es  ist  der  Kuugtsze  P'engsheng." 
(Man  erinnert  sich,  dass  dies  der  Mann  war,  der  im  Auftrage  des  Herzogs 
Siäng  den  Fürsten  von  Lu  ermordet  hatte  und  dann  auf  Befehl  des  Her- 
zogs selber  hingerichtet  worden  war.)  Die  Worte  Meng-yangs  versetzten 
den  Herzog  in  Zorn,  er  riss  seinem  Begleiter  den  Bogen  aus  der  Hand 
und  spannte  mit  den  Worten:  „Ha!  wagt  P'engsheng  sich  vor  mir  zu 
zeigen?"  selber  die  Sehne.  Drei  Pfeile  schoss  er  hintereinander  ab,  aber 
sie  verfehlten  alle  ihr  Ziel.  Das  Wildschwein  aber  stellte  sich  auf  die 
Hinterbeine,  machte  mit  den  beiden  Vorderpfoten  eine  bittende  Bewegung 
und  schritt  wie  ein  Mensch  vor  dem  Herzoge  auf  und  ab,  während  es  ein 
lautes  und  klägliches  Heulen  ertönen  liess.  Dem  Herzog  Siäng  standen 
die  Haare  zu  Berge,  ein  Schauder  fuhr  ihm  bis  in  das  Mark  seiner  Knochen, 
er  stürzte  der  Länge  nach  aus  dem  Wagen  herab  auf  die  Erde,  verletzte 
sich  dabei  den  linken  Fuss  und  verlor  den  einen,  mit  Seide  durchwirkten 
Schuh;  der  Schuh  fiel  in  das  Gras,  wo  das  Schwein  ihn  alsbald 
mit  dem  Maule  aufhob,  damit  davon  lief  und  plötzlich  ver- 
schwand.   Der  „Alte  mit  dem  Barte"  sagt  darüber  in  einem  Gedichte: 

„Im  Wagen  fand  Herzog  Huän  von  Lu  seinen  Tod;  im  Wagen  be- 
gegnetest du  heute  dem  furchtbaren  Gespenst.  Der  schändlich  hingemordete 
P'engsheng  musste  sich  in  einen  Rachegeist  verwandeln  .  .  .  ."  (Hier 
folgt  noch  eine  Verszeile,  welche  sich  auf  den  Herzog  von  T'si  bezieht, 
aber  wegen   Verderbtheit  des  chinesischen  Textes  unverständlich  ist.) 


270  Arendt : 

Der  Geleitsmann^)  Fe  nebst  einigen  andern  aus  dem  Gefolge  hoben 
den  Herzog  vom  Boden  auf  und  legten  ihn  wieder  in  den  Wagen.  Die 
Jagd  wurde  nicht  weiter  fortgesetzt  und  man  kehrte  nach  der  Villa  bei 
Kufen  zurück,  wo  man  von  neuem  Nachtquartier  nahm.  Der  Herzog  Siäng 
lag  in  einer  Art  von  Betäubung  im  Jagdschlosse.  Um  die  zweite  Nachtwache 
(etwa  10  Uhr  abends)  sagte  der  Herzog,  welchen  der  linke  Fuss  dergestalt 
schmerzte,  dass  er  sich  schlaflos  auf  dem  Lager  hin  und  her  wälzte,  zu 
seinem  —  oben  bereits  erwähnten  —  Vertrauten  Meng-yäng:  „Richte  mich 
doch  auf  und  stütze  mich  mit  dem  Arm,  ich  will  ein  wenig  umhergehen". 
Nun  aber  hatte  der  Herzog,  als  er  vorher  vom  Wagen  gefallen  war,  in  der 
Verwirrung  und  Aufregung  garnicht  bemerkt,  dass  sein  einer  Schuh  ver- 
loren gegangen  war,  jetzt  aber  ward  er  es  gewahr  und  fragte  den  Geleits- 
mann Fe  danach.  „Den  Schuh",  antwortete  der  Geleitsmann,  „hat  ja 
das  grosse  Wildschwein  im  Maule  mit  fortgeschleppt".  Dem 
Herzog  waren  diese  Worte  ein  Greuel;  er  geriet  in  den  heftigsten  Zorn 
und  versetzte  dem  unglücklichen  Geleitsmann  mit  der  Peitsche  Hiebe  auf 
den  Rücken,  bis  das  strömende  Blut  den  Boden  rotgefärbt  hatte.  Mit 
miterdrücktem  Stöhnen  verliess  der  Gepeitschte  das  Zimmer. 

Inzwischen  waren  die  unzufriedenen  Hauptleute  Lien  Ch'eng  und  Kuan 
Chlh-fu  mit  einer  Anzahl  Genossen,  die  es  ihnen  gelungen  war,  für  ihre 
Pläne  zu  gewinnen,  in  der  Nähe  der  Villa  eingetroffen.  Ihre  ausgesprochene 
Absicht  wa^,  den  Herzog  Siäng  zu  töten:  für  einen  neuen  Inhaber  des 
herzoglichen  Thrones  war  schon  gesorgt. 

Lien  Ch'  eng  war  zunächst  mit  nur  wenigen  Begleitern  vorausgegangen, 
um  den  Verbleib  des  Herzogs  und  die  Lage  der  Villa  auszukundschaften, 
ehe  der  Hauptstreich  geführt  würde.  Ihm  begegnete  der  Geleitsmann  Fe, 
als  er  nach  der  Züchtigung,  die  er  soeben  erfahren,  die  Villa  verlassen 
hatte.  Dadurch,  dass  er  seinen  noch  von  Blut  triefenden  Rücken  entblösst 
und  dem  Lien  Cli  eng  den  Glauben  beibringt,  dass  er  selber  auf  Rache  an 
dem  Herzog  sinne,  weiss  er  das  Vertrauen  des  Empörers  zu  gewinnen  und 
wird  von  diesem  mit  dem  Auftrage  freigelassen,  den  Verschworenen  seinen 
Beistand  zu  leihen.  Aber  unerschütterlich  in  seiner  Treue  gegen  seinen 
Herrn  trotz  der  grausamen  Behandlung,  die  er  erlitten,  eilt  er  vielmehr  in 
die  Villa  zurück  und  meldet  dort  alles,  was  er  erfahren. 

Da  beschliesst  Meng-yäng,  der  uns  schon  bekannte  Vertraute  und 
Liebling  des  Herzogs,  sein  Leben  für  seinen  Herrn  zu  opfern.  Er  legt 
sich,  das  Gesicht  der  Wand  zugekehrt,  an  Stelle  seines  Herrn  in  das  Bett, 
der  Herzog  breitet  seinen  eigenen,  mit  Goldfäden  durchwirkten  Mantel 
über  ihn,  und  versteckt  sich  selbst,  auf  dem  Boden  kauernd,  hinter  der 
Thüre. 


>)  Auf  Chinesisch  Tü-jen,  d.  h.  nach  dem  Kommentar  „ein  Mann,  der  zu  Fuss  neben 
dem  fürstlichen  Wagen  hergeht  oder  läuft". 


Eiu  Kapitel  aus  dem  Aber-  niid  Geisterglauben  der  Chinesen.  271 

Eiligst  sammelte  nun  der  Geleitsmann  Fe  und  des  Herzogs  „getreuer 
und  starker  Knappe"  SMli  cMh  ten  jü  die  das  Jagdgefolge  bildenden 
Mannen,  um  die  Thore  des  Schlosshofes  zu  verteidigen,  aber  die  kleine  Schar 
wurde  von  der  unter  Lien  Cli'eng  und  Kuan  Chih  fu  vordringenden  Bande 
der  Verschwörer  bald  überwältigt,  worauf  letztere  in  das  Schlafgemach  des 
Herzogs  eindrangen.  Meng-yäng  wurde  in  der  That  für  den  Herzog  ge- 
halten und  erlag  einem  Schwertstreiche  des  Lien  Ch  eng.  Als  man  aber 
Fackeln  herbeiholte  und  den  Erschlagenen  beleuchtete,  erkannte  man  als- 
bald den  vorgefallenen  Irrtum.  Nun  begann  eine  Durchsuchung  des  ganzen 
Schlosses.  Beim  Lichte  der  Fackel,  die  er  selbst  trägt,  bemerkt  Lien  Ch'eng 
hart  an  der  Thürschwelle  einen  mit  Seide  durchwirkten,  eben  mit  der 
Spitze  hervorguckenden  Schuh.  Man  schlägt  die  Thür  zurück,  und  richtig, 
dahinter  kauert  mit  seinem  schmerzenden  Fuss  auf  der  Erde,  wie  eine 
Kugel  in  sich  selber  zusammengerollt,  der  Herzog.  Aber  merkwürdig,  an 
dem  einen  Fusse  trug  er  den  einen,  mit  Seide  durchwirkten  Schuh  wie 
vorher,  der  Schuh  aber,  welchen  Lien  Ch'eng  unter  der  Thür  hatte  hervor- 
gucken sehen,  war  derjenige  gewesen,  welchen  der  Herzog  bei  der  Jagd 
verloren  und  welchen  das  Wildschwein  darauf  fortgeschleppt  hatte.  Den 
hatte  das  Wildschwein,  in  welches  der  rachedürstende  Geist  des  ermordeten 
Fengsheng  gefahren  war,  heimlich  dorthin  gelegt.  Unter  den  Streichen 
Lien  Ch'engs  hauchte  darauf  der  Herzog  Siäng  alsbald  sein  Leben  aus;  er 
wurde  mit  Meng-yäng  zusammen  von  den  Yerschworenen  unter  der  Thür 
beerdigt.  — 

Ich  habe  obiger  Erzählung  nur  noch  hinzuzufügen,  dass  die  wesent- 
lichen Grundzüge  derselben,  namentlich  die  Erscheinung  des  Wildschweins 
bei  der  Jagd  und  alles,  was  damit  zusammenhängt,  sich  bereits  genau  so 
in  der  in  das  5.  Jahrhundert  vor  Chr.  zu  setzenden  Geschichtserzählung 
des  Tso-ch'iu-ming  zu  der  unter  dem  Namen  „Frühling  und  Herbst"  be- 
kannten Chronik  des  Confucius  vorfinden.  Das  Verstecken  des  verlorenen 
Schuhs  unter  der  Thür  ist  freilich  ein  späterer  Zusatz,  welcher  aber 
gleichfalls  durchaus  volkstümlich  -  chinesisch  gedacht  ist.  So  ungern  man 
übrigens  diesen  geschickt  ersonnenen  Zug  vom  Standpunkt  des  Aufbaues 
der  Geschichte  missen  würde,  so  ist  doch  klar,  dass  er  fehlen  könnte, 
ohne  die  Zugehörigkeit  der  Erzählung  zu  dem  von  uns  besprochenen 
Vorstellungskreise  irgend  zu  alterieren. 

(Schluss  folg-t.) 


272  T\p;cr: 


Handwerksbrauch  in  der  Iglauer  Sprachinsel 

in  Mähren.    . 

Von  Franz  Paul  Piger. 


Vorbemerkungen. 

Auf  den  Hügeln  zwischen  Böhmen  und  Mähren,  welche  die  Wasser- 
scheide bilden  zwischen  Elbe  und  Donau  und  die  einst  zum  böhmisch- 
mährischen Grenzwalde  gehörten,  der  ganz  Böhmen  in  meilenweiter  Breite 
umsäumte,  setzte  sich  infolge  des  reichen  Bergsegens  im  12.  und  13.  Jahr- 
hundert eine  deutsche  Bevölkerung  mitten  unter  Slaven  fest,  die  bis  zur 
Zeit  der  Hussitenkriege  in  stetigem  Wachstume  begriffen  war,  von  da  an 
aber,  als  bereits  Kuttenberg,  Deutschbrod  und  andere  Städte  von  den 
Hussiten  eingeäschert  worden  waren,  allmählich  zerbröckelte  und  heute 
nur  noch  in  Iglau  und  seiner  Umgebung  besteht. 

In  der  Stadt  und  auf  dem  Lande,  teils  in  Böhmen,  teils  in  Mähren, 
wohnen  gegen  40  000  Deutsche  bairischen  und  fränkischen  Stammes,  die 
sich  nur  schwer  gegenüber  der  slavischen  Zuwanderung  zu  behaupten  ver- 
mögen. Besonders  gefährdet  ist  das  Deutschtum  in  Iglau  selbst,  da  die 
deutsche  Umgebung  zu  klein  und  wohl  auch  zu  sesshaft  ist,  um  ihren  Vor- 
ort hinlänglich  mit  deutschem  Nachwüchse  zu  versehen.  Was  von  weiterher 
kommt,  ist  tschechisch  und  bleibt  heutzutage  meist  tschechisch.  In  dieser 
Beziehung  war  unsere  Stadt  bis  zur  Aufhebung  des  Innungszwanges  besser 
daran.  Die  Innung  verstand  es  hier,  wie  in  allen  deutschen  Städten  mit 
slavischer  Umgebung,  fremdsprachige  Elemente  sich  anzupassen  oder  fern- 
zuhalten. Der  damals  bestehende  Wanderzwang  führte  überdies  vielfach 
deutsche  Gesellen  nach  Iglau,  die  hier  ihre  zweite  Heimat  fanden.  Es  ist 
daher  nicht  zu  verwundern,  dass  das  zünftlerische  Wesen  sich  hier  tiefer 
in  die  Volksseele  eingrub  und  dass  heute  noch,  obwohl  kein  Zwang  mehr 
nötigt,  das  eine  oder  andere  Handwerk  desselben  nicht  völlig  entraten 
mag.  Besonders  drei  Handwerke  setzen  noch  ihr  zünftlerisches  Treiben 
fort:  die  Tuchmacher,  die  Gerber  und  die  Maurer  und  Zimmerleute,  welch 
letztere  ich  als  zusammengehörig  betrachte.  Die  wichtigste  Zunft  für  Iglau 
war  von  jeher  die  Tuchmacherzunft,  denn  das  Tuchmachergewerbe  bildete 
seit  der  Versiegung  der  Bergwerke  die  Hauptnahrungsquelle  der  Stadt. 
Es  ist  daher  nur  billig,  dass  ich,  wenn  auch  das  Tuchmachergewerbe  in 
unserer  Stadt  seit  etwa  15  Jahren  nur  mühsam  mehr  das  Leben  fristet, 
vorerst  das  zünftlerische  Leben  und  Treiben  der  Tuchmacher  schildere  und 
dann,  um  nicht  zu  weitläufig  zu  werden,  in  aller  Kürze  dasjenige  hervorhebe, 
was  Gerber,  sowie  Maui-er  und  Zimmerleute  besonderes  aufzuweisen  haben. 


Hanchverksbrauch  in  rler  Iglauor  Sprachinsel  in  Mähren.  273 


A.   Tuchmacher. 

I.    Ansichten  über  Entstehung  und  Vergangenheit 
des   Tuchmachergewerbes. 

Wie  einst  bei  den  Dynastieen,  zeigt  sich  bei  den  Innungen  das  Be- 
streben, ihre  Entstehung  möglichst  weit  hinaufzurücken.  Die  Tuchmacher 
behaupten,  Methusalem,  der  siebente  Sprosse  Adams,  wäre  der  erste  Tuch- 
macher gewesen.  Yor  der  Zunftstube  ist  er  als  schwacher,  gebückter 
Greis  abgebildet  mit  dem  Stabe  in  der  Hand.  Unter  dem  Bildnisse  steht 
zu  lesen,  er  habe  zuerst  die  Schafe  geschoren  und  aus  Wolle  Tuch  bereitet, 
Lein  habe  man  damals  noch  garnicht  gekannt.  Die  Tuchmacher  unter- 
lassen es  auch  nicht,  die  Thätigkeit  Methusalems  sagenhaft  auszuschmücken 
und  ins  Ungeheuerliche  zu  vergrössern.  Statt  des  gewöhnlichen  Haspels 
(SchwafFrähm)  soll  er  die  Kette  (Worf)  um  den  Gartenzaun  gezogen  haben 
und  statt  des  WeberschifPleins  (Schütze)^)  sich  zu  bedienen,  soll  er  eine 
Katze,  an  die  er  den  Faden  gebunden,  durch  die  Kette  gejagt  haben. 
Veranlassung  zu  diesem  Glauben  gab  der  einst  gebräuchliche  Ausdruck 
Ketzer **)  für  Spule,  die  man  ursprünglich  durch  die  Kette  gezogen  haben 
mochte.  Wenn  aber  die  alten  Tuchmacher  erzählen,  ursprünglich  sei  der 
Lehrbub  mit  ,der  Spulen  durch  die  Kette  gekrochen,  so  nehmen  sie  diese 
Übertreibung  wohl  selbst  nicht  ernsthaft. 

Was  die  Entstehung  des  Tuchmacherhandwerks  in  Iglau  und  den 
übrigen  deutschen  Städten  des  Ostens  anlangt,  so  herrscht  durchweg  die 
richtige  Ansicht,  dass  Flamänder^)  hier  wie  anderwärts  das  Tuchmacher- 
gewerbe eingeführt,  denn  sie  haben  den  ganzen  Osten  bis  nach  Ungarn 
hinein  mit  Tuchwaren  versehen. 

Als  besonderen  Förderer  ihrer  Zunft  ehren  die  Tuchmacher  noch 
heute  Karl  V.,  da  er  neben  den  Berg-  und  Edelknappen  auch  den 
Tuchmachergesellen  erlaubte,  sich  Knappen  zu  nennen,  weil  1000  der- 
selben in  eigentümlicher  Gewandung  ohne  Panzer  und  Helm  auf  seinem 
Zuge  nach  Afrika  ihn  begleitet  und  tapfer  vor  Goletta  gekämpft  haben 
sollen. 

Nicht  vergessen  darf  ich  hier,  dass  die  Tuchmacher  sich  ein  Wappen 
zusammengestellt,  wie  selbes  noch  ob  der  Thüre  der  Iglauer  Zunftstube  zu 
sehen  ist  und  womit  sie  manchmal  einen  der  zwei  Igel  des  Stadtwappens 

1)  In  Tirol  fand  icli  ilas  Zeitwort  schützen  in  der  Bedeutung  von  schleudern.  Vgl. 
Schöpf,  Tirol.  Idiotikon  S.  654;  Schmeller,  Bayr.  Wb.  II,  494. 

2)  Ketzer  bedeutet  eigentlich  der  Fangball. 

3)  Das  Wort  ist  heute  zum  Schimpfworte  geworden  und  bedeutet  einen  Land- 
.streiclier,  was  wohl  daher  rührt,  dass  die  Flamänder  oft  bloss  fliegende  Warenlager 
liatten  und  mit  diesen  von  Stadt  zu  Stadt  zogen.  [Vgl.  Flandern,  Grimm  1).  Wörterb. 
Iir,  1722.1 


274  Figer: 

verdrängten.  Das  Tuchmacherwappen  enthält  die  Tuchschere,  daneben 
befinden  sich  links  und  rechts  eine  Karde  und  darunter  zwei  gekreuzte 
Fachbogen  *). 

II.    Standesbewusstsein  und  Kastengeist. 

Die  Tuchmacher  dünken  sich  heute  noch,  trotzdem  das  Handwerk  in- 
folo-e  des  Fabrikbetriebes  und  des  Eindringens  fremder  wohlfeiler  Ware 
völlig  darniederliegt,  besser  als  die  übrigen  Handwerker.  Es  ist  daher 
nicht  zu  verwundern,  wenn  der  Tuchmacher  seine  Tochter  nur  wieder 
einem  jungen  Tuchmachermeister  zur  Frau  gab.  Für  Kirchweih  und 
andere  hohe  Festtage  kaufte  die  Frau  Meisterin  einen  Indian  (Truthahn), 
denn  diesen  sieht  man  als  den  Tuchmachervogel  an,  die  Gans  überliess 
man  als  Schustervogel  den  Schustern.  Aber  auch  nach  aussen  bestrebte 
man  sich,  die  Standesehre  zu  wahren.  Kein  Knappe  durfte  barfuss  über 
den  Dachtropfen  (Dachtraufe)  hinaus,  ebenso  war  es  ihm  verboten,  un- 
schickliche Arbeit  zu  verrichten,  etwa  mit  dem  Schubkarren  durch  die 
Stadt  zu  fahren  u.  s.  w.  Am  Sonntage  hingegen  und  an  Feiertagen  musste 
er  Handschuhe  tragen  und  den  Stock  in  der  rechten  Hand  halten,  wenn 
er  spazieren  ging,  und  bei  Processionen  und  Feierlichkeiten  der  Zunft 
sich  mit  dem  Degen  umgürten.  Ein  ordentlicher  (gabiger)  Knappe  hatte 
aber  auch  eine  lange  Pfeife:  vor  dem  Jahre  1848  musste  er  sie  aber  vor 
einem  Wachposten  wegnehmen,  denn  dieser  hätte  sie  ihm  aus  dem  Munde 
geschlagen. 

Es  ist  nicht  zu  verwundern,  dass  sich  diese  Überhebung  gegen  andere 
Stände  auch  geltend  machte  gegenüber  niedriger  stehenden  Personen  des 
eigenen  Handwerkes.  Der  Meister  verkehrte  nur  wieder  mit  Meistern,  der 
Knappe  mit  Knappen.  Ein  Meisterssohn  hätte  es  nicht  über  sich  gebracht, 
auch  wenn  er  erst  Lehrling  geworden,  mit  einem  anderen  Lehrling 
geringeren  Standes  Freundschaft  zu  schliessen.  Ja  auch  die  Knappen 
sonderten  sich  wieder  nach  dem  Range.  Der  gewanderte  Bursche  hatte 
ein  Vorrecht  vor  dem.  der  noch  nicht  in  die  Fremde  gegangen,  der  Haus- 
knappe wieder,  der  nicht  beim  Meister  wohnte,  sondern  eine  eigene 
Wohnung  hatte,  vor  den  übrigen.  Letzterer  durfte  bei  der  Arbeit  die 
Batzen  (runde  Mütze)  auf  dem  Kopfe  haben,  während  die  übrigen  sie  am 
Webstuhle  aufhingen.  Auch  das  Alter  bot  natürlich  gewisse  Vorrechte. 
Ein  jüngerer  Bursche  durfte  einem  älteren  nicht  schenken  (zutrinken), 
und  erst  nach  mehrfacher  Aufforderung  durfte  er  sich's  herausnehmen,  zu 
ihm  „Du"  zu  sagen.  Dieser  Kastenzwang,  der  das  ganze  Zunftwesen 
durchdrang,  wurde  von  allen  willig  anerkannt.  Nach  dem  Range  ordnete 
man  sich  bei  Festlichkeiten  und  Versammlungen,  bei  der  Arbeit  und  im 
W^irtshause,  als  wenn  es  so  sein  musste. 

1)  Der  Fachbogeii  l)i;stt'ht  aus  einein  langen  Holze,  auf  «las  i-inc  Saite  oder  liit-ke 
ScLuur  gespauat  ist,  und  dient  zum  Krämpeln  der  Wolle. 


Handwerksl)raucli  in  der  Iglauer  Sprachinsel  in  Mähron.  275 

III.    Yorstandschaft  des   Handwerkes. 

Der  Kastengeist  und  besonders  die  Bevorzugung  des  Alters  zeigt  sich 
auch  in  der  Zusammensetzung  der  Yorstände  und  der  einzehien  Organe 
der  Zunft.  Der  Yorsteher  der  Gesamtzunft  heisst  „Öltast",  der  natürlich 
ursprünglich  der  physisch  älteste  war.  Ferner  giebt  es  vier  Altgeschworene 
neben  zwei  Junggeschworenen. 

Der  Knappschaft  steht  wiederum  vor  der  Altgeselle  und  als  Yertreter 
der  fremden  Gesellen  der  fremde  Altgeselle.  Als  der  Wanderzwang  auf- 
hörte, wurde  letzterer  allmählich  das,  was  man  sonst  Obmannstellvertreter 
nennt.  Unter  den  beiden  Altgesellen  standen  der  erste  Schreiber  und  der 
Ladenschreiber.  Alle  vier  bildeten  neben  den  gelegentlich  beigezogenen 
Besitzmeistern  das  Tischgesäss  oder  den  Tisch  schlechthin.  Für  „Ein- 
sagungen" und  ähnliche  Dienstleistungen  standen  der  Yorstandschaft  zwei 
Jungknappen  oder  Gesellenboten  zur  Yerfügung. 

lY.    Freispruch  und   Aufnahme  in   die  Innung. 

Die  Aufnahme  in  die  Zunft  ging  besonders  bei  den  Knappen  in  grosser 
Feierlichkeit  und  Förmlichkeit  vor  sich.  Die  dabei  vorkommenden  formel- 
haften Reden  sind  darauf  zurückzuführen,  dass  dem  einfachen  Handwerker 
naturgemäss  die  Gabe  des  freien  Wortes  fehlte  und  er  daher  an  die  seit 
Jahrhunderten  fortgeerbten  Formeln  gebunden  war.  Der  Meister  erhielt 
die  Meisterschaft  ziemlich  einfach.  Er  kaufte  sich  die  „Gerechtigkeit",  die 
allein  die  Ausübung  der  Meisterschaft  ermöglichte,  liess  sich  das  Meister- 
stück bei  den  vier  Altgeschworenen  prüfen,  die  das  Bleisiegel  darauf 
drückten  und  selbes  in  der  Zunftstube  zur  Ansicht  vorlegten.  Der  auf- 
genommene Meister  gab  sodann  ein  Meisteressen  und  galt  jetzt  als  Meister 
mit  dem  Rechte  zur  Aufnahme  in  die  Bürgerliste.  Nicht  so  einfach  ver- 
lief die  Aufnahme  des  Lehrlings  in  die  Knappschaft,  das  Ziel  der  Sehn- 
sucht während  dreijähriger  vielgeplagter  Lehrlingszeit.  Die  Aufnahme  fand 
alle  Quartale  in  der  Zunftstube  statt,  die  mit  ihrem  vom  Alter  geschwärzten 
Getäfel  und  den  ernsten  Bildern,  die  von  den  Wänden  herabschauten,  nicht 
wenig  zur  Erhöhung  der  Feierlichkeit  beitrugen. 

War  das  Tischgesäss  beisammen  und  hatte  die  Knappschaft  nach  Alter 
und  Rang  Platz  genommen,  so  öffnete  der  Altgeselle  die  seit  1669,  dem 
Gründungsjahre  der  Bruderschaft,  in  Yerwendung  stehende  Mutterlade,  das 
Heiligtum  der  Knappschaft.  Alle  erheben  sich  von  den  Sitzen,  lautlose 
Stille  herrscht  in  der  Stube.  Die  übrigen  Knappen  setzen  sich  auf  ein 
gegebenes  Zeichen,  der  Altgeselle  aber  bleibt  stehen  und  hält  einen 
li()lzernen  Hammer  in  der  Hand,  mit  dem  er  bei  jedem  gewichtigen  Worte, 
das  er  spricht,  auf  ein  Eisenblech,  das  auf  den  Tisch  genagelt  ist,  schlägt, 
um  so  seinen  Worten  mehr  Nachdruck  zu  geben.  Jede  Rede  wird  be- 
oonnen  und  beschlossen  mit  den   Worten:   Mit  Gunst!    Nachdem  sich  noch 


276  Piger: 

der  Altgeselle  umgesehen,  ob  alle  nach  Rang  und  Ordnung  Platz  genommen, 
wird  der  Lehrling  hereingerufen,  der  jetzt  zum  ersteumale  die  Zunftstube 
betritt.  An  der  Thür  bleibt  er  stehen  und  erscheint  erst  auf  mehrmalige 
Aufforderung  hin  vor  dem  gewaltigen  Altgesellen  mit  den  zaghaft  ge- 
sprochenen Worten:  „Mit  Gunst  zum  Tisch!"  Ist  der  Lehrling  ein  Meisters- 
sohn, so  darf  er  die  Bitte  um  die  Aufnahme  in  die  Bruderschaft  selbst 
vortragen,  sonst  übernimmt  dies  für  ihn  ein  gelernter  und  gewanderter 
Geselle. 

Der  Lehrling  bittet  die  grossgünstigeu,  wohlvorgesetzten  Altgesellen 
und  die  deputierten  Herren  Meister  als  Beisitzer,  die  Gesellen  des  Tisches 
samt  einer  ehrbaren  Bruderschaft,  mit  Bescheidenheit  einige  "Worte  reden 
zu  dürfen.  Der  Altgeselle  ermahnt  ihn,  zu  reden  sich  selbst  zum  Nutzen 
und  der  Mutterlade  nicht  zum  Schaden.  Der  Bittwerber  fährt  dann  fort: 
„Dieweil  ich  von  meinem  Vater  (Lehrmeister)  das  Handwerk  erlernt  habe 
und  dem  hochgeehrtesten  Herrn  Ältesten  und  einem  ehrsamen  Handwerk 
frei-  und  losgesprochen  worden  bin  und  keine  andere  Zuflucht  weiss,  als 
Gott  und  eine  ehrbare  Bruderschaft,  so  hätte  ich  zu  bitten,  Stuhl-  und 
Schreibgeld  erlegen  zu  dürfen,  wie  es  hier  und  andern  Orts  Gebrauch  ist. 
Mit  Gunst!" 

Bevor  aber  die  Aufnahme  stattfindet,  wird  über  die  aufzunehmenden 
Lehrlinge  Gericht  gehalten.  Der  Altgeselle  fordert  die  Lehrlinge,  mit 
Ausnahme  der  Meisterssöhne,  auf,  ihm  und  der  Bruderschaft  zu  Gefallen 
hinauszugehen.  Wird  nun  befunden,  dass  ein  Lehrling  geraucht,  gezankt 
oder  sonst  sich  ungebührlich  benommen,  so  wird  er  auf  Wochen,  auch 
Monate  von  der  Aufnahme  ausgeschlossen,  „damit  er  abgestraft  würde,  so- 
lange es  Zeit  sei."  Die  der  Aufnahme  gewürdigten  Lehrlinge  ruft  der 
Gesellenbote  wieder  herein  und  sie  legen  der  Reihe  nach  mit  der  rechten 
Hand  Stuhl-  und  Schreibgebühr  auf  den  Tisch.  Meisterssöhne  lassen  es 
sich  nicht  nehmen,  noch  einen  Ehrenthaler  beizulegen,  der  dann  an  einem 
farbigen  Bändchen  am  Deckel  der  Lade  aufgehängt  wird.  Name  und 
Nummer  des  nunmehrigen  Jungburschen  wird  vom  Ladenschreiber  in  die 
Tabelle  mit  weisser  Tinte  eingetragen.  Diese  Tabelle  ist  ein  Buch,  dessen 
Blätter  aus  schw^arzgefärbten  Holztäf eichen  bestehen,  deren  Rand  etwas 
verdickt  ist. 

Wie  bei  der  Taufe  soll  der  Aufgenommene  einen  neuen  Menschen 
anziehen  und  sich  seiner  Würde  wohl  bewusst  werden.  Er  erhält  daher 
auch  gleichsam  als  Eingebinde  Yerhaltungsregeln ,  die  sogenannten  sechs 
Punkte,  für  seine  neue  Lebensbahn  mit. 

Diese  sechs  Punkte  bilden  einen  Auszug  der  Gesamtartikel,  die  nur 
selten  der  Knappschaft  vorgelesen  wurden.  Der  Altgeselle  ermahnt  die 
Jungburschen  in  eintöniger  AVeise,  unter  Hammerschlag  jedesmal  beginnend: 
„Mit  (limsl  ziini  orstcii,  zum  zweiten  u.  s.  w."  Der  gekürzte  Inhalt  der 
Ermahnung    ist    folgender:     Der  Jungbursche    solle    die    alte   Gesellschaft 


Handwerksbrauch  in  der  Iglauer  Sprachinsel  in  Mähren.  277 

(die  Lehrlinge)  meiden  und  mit  ungezogenen  Frauenzimmern  sich  nicht  ab- 
geben (1),  bei  offener  Lade  „Mit  Gunst!"  grüssen  (2),  die  Obrigkeit  ehren 
und  an  Sonn-  und  Feiertagen  dem  vorgeschriebenen  Gottesdienste  bei- 
wohnen (3).  Er  solle  ohne  öftere  Aufforderung  die  gewanderten  Burschen 
nicht  mit  „Du"  anreden,  denn  es  würde  ihm  auch  gefallen,  wenn  ihm,  aus 
der  Fremde  heimgekehrt,  das  Ehrenwort  widerführe,  und  sich  mit  seinen 
Mitbrüdern  gut  vertragen  (4).  In  des  Meisters  Werkstätte  möge  er  gute 
Arbeit  machen,  den  Lohn  nicht  schwächen,  sondern  ihn  jederzeit  zu  stärken 
suchen  (5).  In  der  Fremde  soll  er,  wenn  er  in  eine  Stadt  einwandere, 
den  „Bünggl"  stets  auf  der  linken  Schulter  tragen  und  den  Herrn  Vater 
und  die  Frau  Mutter  (in  der  Herberge)  mit  Achtung  begrüssen  (6).  Beob- 
achte er  genau,  schliesst  der  Altgeselle,  diese  sechs  Pimkte,  so  würde  er 
von  jedermann  geachtet  und  geliebt  werden.  Nun  reicht  der  Altgeselle 
den  neuaufgenommenen  Brüdern  die  Hand,  wünscht  ihnen  Glück  zum 
Gesellenstande  und  empfiehlt  sie  dem  Wohlwollen  der  Mitknappen.  Mit 
den  Worten:  „Mit  Gunst  vom  Tisch!"  treten  die  Jungburschen  zu  den 
übrigen,  die  sie  ebenfalls  beglückwünschen  und  ihnen  am  unteren  Ende 
des  Tisches  Platz  machen.  Sie  sind  jetzt  Knappen  mit  allen  Pflichten  und 
Rechten,  das  Ziel  ihrer  jugendlichen  Sehnsucht  ist  erreicht. 

Y.    Die  Auflage. 

Vor  allem  müssen  die  Jungburschen  mit  den  übrigen  regelmässig  zur 
Auflage  erscheinen,  um  ihren  geringen  Beiti'ag  für  die  Krankenkasse  und 
für  ein  würdiges  Begräbnis  der  verstorbenen  Standesgenossen  zu  leisten. 
Die  Auflage  findet  alle  vier  Wochen  statt:  die  „Quartalisten",  d.  h.  die- 
jenigen, welche  bereits  dreissig  Jahre  Auflage  gezahlt,  sind  teilweise,  die 
„Steuerbrüder",  die  bereits  50  Jahre  aufgelegt,  sind  ganz  befreit. 

Auch  die  Auflage  geht  mit  einer  gewissen  Feierlichkeit  vor  sich.  Meist 
an  einem  Sonntage  versammeln  sich  die  Kna})pen  in  der  Zunftstube,  das 
„Gesäss"  nimmt  Platz  am  Tische,  auf  welchem  die  Mutterlade  steht.  Das 
Stammbuch,  welches  bis  zum  Errichtungsjahre  der  Bruderschaft.  1669, 
zurückreicht  und  die  Namen  aller  lebenden  und  verstorbenen  Brüder  ent- 
hält, wird  aufgeschlagen,  die  Namen  jedoch  werden  aus  der  Tabelle  ver- 
lesen. Der  Verlesene  tritt  vor  das  Tischgesäss,  die  rechte  Hand  zwischen 
zwei  Knöpfen  des  geschlossenen  Rockes,  die  linke  mit  dem  Hute  an  der 
Hosennaht  und  spricht:  „Mit  Gunst  zum  Tisch".  Der  Altgeselle  erwidert: 
„Mit  Gunst  genug!"  Darauf  zahlt  der  Knappe  mit  der  rechten  Hand  die 
Auflage  und  tritt  wieder  ab  mit  den  Worten:  „Mit  Gunst  vom  Tisch!" 
Da  zu  einer  Auflage  oft  über  hundert  erschienen,  so  ist  es  nicht  zu  ver- 
wundern, dass  es  unter  diesen  auch  Zanklustige  gab.  Alle  wusste  aber  der 
Altgeselle,  der  doch  ihresgleichen  war,  zu  bändigen  und  im  Zaume  zu 
halten.  In  den  Herzen  aller  Gesellen  lebte  eine  schier  religiöse  Scheu 
vor  der  geöffneten  Lade,    die  der  Altgeselle  und  das  übrige  Tischgesäss 

Zeitschrift  d.  Vereins  f.  Vollcskunde.    1892.  19 


278 


Pisrer: 


nur  zu  mehren  suchten.  War  die  Lade  geöffnet,  musste  daher  lautloses 
Schweigen  herrschen,  man  durfte  nicht  den  gewöhnlichen  Gruss  gebrauchen, 
vor  dem  „Tisch"  nur  in  militärischer  Haltung  erscheinen,  nicht  zum 
Fenster  hinaussehen  u.  s.  w.  Wollte  aber  dennoch  der  eine  oder  andere 
einmal  seinen  Groll  vor  den  versammelten  Brüdern  auslassen,  so  musste 
er  trachten,  dass  die  Lade  geschlossen  werde.  Dies  erreichte  er,  wenn  er 
ein  Geldstück  in  die  offene  Lade  warf,  ein  Sacktuch  oder  ein  Kleidungs- 
stück auf  dieselbe  schleuderte.  Der  Altgeselle  musste  sodann  die  also 
entehrte  Lade  schliessen,  um  sie  erst  wieder  bei  eingetretener  Ruhe  mit 
aller  Feierlichkeit  zu  eröffnen.  Gar  selten  mochte  dieser  äusserste  Fall 
vorgekommen  sein,  und  doch  stand  dem  Altgesellen  nur  das  eine  Straf- 
recht zu,  dass  er  einen  auffordern  konnte,  „unbeschwert"  vor  dem  Tische 
zu  erscheinen,  um  eine  Kleinigkeit  als  Strafgeld  zu  erlegen. 

YL    Leben  und  Treiben  der  Tuchmacher. 

a)  Der  TucUinaclier  Werktage. 

Die  Tage  der  Arbeit  waren  für  Meister  und  Knappen  keine  I^ast, 
denn  der  Feierabend  wird  um  keine  Arbeit  des  Tages  zu  teuer  erkauft. 
Das  Leben  der  Tuchmacher  war  ein  streng  geregeltes  und  mit  Ausnahme 
der  Sonn-  und  Feiertage  steter  Arbeit  gewidmet.  Um  5  Uhr  stand  man 
auf.  Der  Tag  wurde  durch  ein  heiliges  Lied  begrüsst.  Als  Frühstück 
genoss  man  trockenes  Brot.  Um  9  Uhr,  wenn  in  der  Kirche  die  Segen- 
messe gelesen  wird,  sang  man  das  Segenlied  und  machte  sich  so  der  gottes- 
dienstlichen Handlung  teilhaftig.  Um  12  Uhr  speiste  man  zu  Mittag. 
Fleisch  kam  täglich  mit  Ausnahme  des  Mittwochs  und  Freitags  auf  den 
Tisch.  Lehrlinge  und  Knappen,  auch  die  Hausknappen,  alle  nach  Alter 
und  Rang  geordnet,  speisten  mit  dem  Meister  und  der  Meisterin  und  den 
übrigen  Familiengliedern  an  demselben  Tisch.  Nach  dem  Essen  schickte 
man  den  Lehrling  mit  einer  grossen  zinnernen  Kanne,  auf  die  die  ganze 
Familie  stolz  war,  um  Bier  in  einem  der  eben  „schenkenden"  Mälzerkeller. 
Mit  dem  Hausknappen  gab  es  nicht  selten  Verdruss,  wenn  er  zuviel  auf 
die  Seite  legte,  um  es  seinem  Weibe  zu  bringen.  Wenn  der  Meister  auch 
nichts  sagte,  so  sah  er  doch  mit  scheelen  Augen  hin,  wenn  er  ein  allzu- 
grosses  Stück  Brot  in  die  Brusttasche  gleiten  Hess.  Nach  dem  Essen  ging 
man  gleich  wieder  an  die  Arbeit.  Nachmittags  wurden  weltliche  Lieder 
gesungen,  die  aber,  wenn  der  Meister  oder  die  Meisterin  anwesend  waren, 
nimmer  die  bürgerliche  Ehrbarkeit  verletzen  durften.  Lieder  traurigen 
Inhalts  wurden  vorgezogen.  Wenn  einer  in  jener  Zeit  durch  die  Gassen 
der  Stadt  ging,  so  hörte  er  neben  dem  Geräusch  des  Webens  von  Haus 
zu  Haus  Gesang.  Man  sang  gern  vom  Mädchen,  das  der  Geliebte  im 
„Grünen"  Wald  vorlassen,  vom  Vater,  den  der  Sohn  aus  dem  Hause  trieb, 
ihn  aber  ob  der  Milde,  mit  der  er  dies  aufnahm  und  betteln  ging,  gerührt 


Handwerksbrauch  in  der  Iglauer  Sprachinsel  in  Mähren.  279 

wieder  heimführte,  und  am  liebsten  die  Lieder  des  eigenen  Handwerks. 
Zur  Abwechselung-  erzählten  die  Wolle  krämpelnden  Weiber  Märlein  (Ge- 
schichten), besonders  Gespenstergeschichteu,  die  sich  gern  in  Walken  ab- 
spielten. Zum  Feierabend  sang  man:  „Die  Feierabendstunde  schlägt" 
oder:  „Hat  acht  geschlagen."  So  passend  derartige  Lieder  waren,  um  bei 
der  doch  mehr  oder  weniger  gedankenlosen  Arbeit  die  Zeit  zu  vertreiben, 
so  nahm  es  sich  doch  manchmal  schier  gotteslästerlich  aus,  wenn  einer 
neben  den  heiligsten  Worten  eines  Liedes  einen  kräftigen  Fluch  ausstiess. 
Auch  der  Rosenkranz,  der,  wenn  man  nicht  sang,  vielfach  gebetet  wurde, 
mochte  sich  über  die  Bedeutung  eines  Lippengebetes  nicht  erheben.  Um 
8  Uhr  ging  der  Meister  fast  täglich,  der  Knappe  Samstag,  Sonntag  und 
Montag  ins  Wirtshaus,  natürlich  jeder  in  ein  solches,  wo  sich  seinesgleichen 
einfand.  Blieb  man  daheim,  so  setzte  man  sich  im  Sommer  mit  den 
übrigen  Familiengliedern  auf  die  Steinbank  vor  der  Hausthür. 

Hier  erzählte  man  sich  Spässe  und  Schnurren  und  sang  Lieder,  dass 
es  in  den  mählich  dunkelnden  Gassen  den  Wiederhall  wachrief.  Auch 
über  die  Gasse  wurde  von  einer  Bank  zur  andern  gescherzt  und  mancher 
„Hansal"  und  manches  „Liesal"  wussten  in  erheuchelter  Fehde  miteinander 
zu  kosen.  Da  die  Tuchmacher  sich  sozusagen  alle  als  Familienglieder  be- 
trachteten, riefen  sie  sich  nur  beim  Taufnamen.  Der  Meister  sagte  zum 
Gesellen  „Er",  der  Geselle  ehrte  den  Meister  durch  „Sie".  So  verrann 
ein  Werktag  wie  der  andere  ohne  besondere  Freud'  und  ohne  besonderes 
Leid. 

Am  meisten  geplagt  von  allen  war  natürlich  der  Lehrling,  wenn  er 
auch  durchwegs  als  Mitglied  der  Familie  angesehen  wurde.  Mit  vielen 
guten  Lehren  wurde  er  dem  Meister  übergeben  und  durfte  dann  die  Seinigen 
nur  noch  an  Sonn-  und  Feiertagen  besuchen.  Ihm  wurde  das  Brot  von 
der  Meisterin  vorgeschnitten,  während  die  Gesellen  sich  nach  Belieben 
nehmen  durften.  Der  Lehrling  musste  mindestens  einen  Gesellen  mit 
Spulen  bedienen  und  daneben  noch  Pfeifen  zum  Werfe  spulen,  wobei  der 
durch  die  Finger  laufende  Faden  ihm  das  jugendliche  Fleisch  zerschnitt. 
Hatte  für  die  andern  die  Abendglocke  den  Feierabend  eingeläutet,  so 
musste  er  noch  seinen  Spulstock  reinigen,  die  Werkstühle  abstauben,  das 
Zimmer  kehren  u.  s.  w.  Lange  dauerte  es,  bis  man  den  armen  Lehrling 
zum  „Wirken"  hinter  dem  Stuhle,  was  er  doch  eigentlich  lernen  sollte, 
zuliess.  Dieser  Tag  war  daher  auch  für  ihn  ein  Freudentag,  denn  der 
Freispruch  winkte  in  nicht  allzuferner  Zeit.  Doch  ganz  ohne  Freuden 
ging  das  Leben  eines  Lehrlings  auch  nicht  dahin.  Jede  Unterhaltung  der 
Familie,  z.  B.  eine  Landpartie,  machte  auch  der  Lehrling  mit,  wenn  er 
dabei  auch  zu  kleinen  Dienstleistungen  verpflichtet  wurde  und  mehr 
springen  musste  als  alle  übrigen  zusammen. 

Im  Herbste,  „wann  der  Wind  einmal  aus  den  Hähnen  kam",  ver- 
fertigte er  dem  Meistorsöhnlein  Drachen  und  liess  sie  fliegen.    Das  Johannis- 

19* 


280  ^ger: 

feuer  war  geradezu  iu  den  Händen  der  Tuchmacherlehrlinge.  Sie  suchten 
die  alten  Besen  zusammen,  tauchten  sie  offen  oder  geheim,  wie  die  Sache 
es  forderte,  in  der  Binder  Pechmasse  und  schleppten  all  die  Besen  hinaus 
auf  die  nächsten  Hügel,  um  dort  das  Johannisfeuer  zu  entzünden  und  sich 
unter  Freudensprüngen  an  der  lodernden  Flamme  zu  freuen. 

Dass  aber  der  Lehrling  trotz  all  seiner  Drangsale  das  Meisterhaus 
liebgewann,  ersieht  man  daraus,  dass  er,  wenn  er  auch  freier  Geselle  ge- 
worden, selten  den  Lehrmeister  sogleich  verliess,  war  er  ja  jetzt  einer 
freundlicheren,  rücksichtsvolleren  Behandlung  sicher.  Da  nämlich  jeder 
Geselle  als  Familienglied  angesehen  wurde,  wechselte  man  nicht  gerne 
und  nur  schwer  entschloss  sich  der  Meister,  den  Jungknappen  aufzusuchen, 
um  sich  einen  neuen  Gesellen  vorführen  zu  lassen.  Auch  Gewohnheit  und 
Sitte  hinderte  so  viel  als  möglich  eine  Kündigung  in  der  Erregung  des 
Augenblicks.  Kein  Geselle  durfte  die  Arbeit  „aufsagen",  wenn  er  nicht 
vom  Stuhle  „abgewirkt"  hatte.  Geselle  wie  Meister  durften  bloss  voll- 
ständig angezogen  „mit  Stiefel  und  Rock"  einander  kündigen.  War  die 
Trennung  schon  einmal  unvermeidlich  geworden,  so  sagte  der  Meister 
freilich  oft:  „Petrus  geht  und  Paulus  kommt",  von  Herzen  ging  es  ihm 
aber  nicht. 

War  der  Geselle  sparsam  oder  gar  ein  Meisterssohn,  so  konnte  er, 
wenn  er  wenigstens  ein  Jahr  gewandert,  unschwer  Meister  werden;  er 
brauchte  sich  bloss  die  „Gerechtigkeit"  zu  kaufen.  Anfangs  vergrösserte 
sich  der  junge  Meister  nur  die  Sorgen,  arbeiten  musste  er  wie  ein 
Geselle. 

Damit  nun  des  jungen  Meisters  Würde  ersichtlich  sei,  schaffte  er  sich 
für    den  Hausgebrauch    einen  Spenser   an,    denn   der  Geselle   arbeitete   in 
Hemdsärmeln,    die  er  noch  aufstülpte.     Um  aber  den  Spenser  zu  schonen, 
bedurfte  er  einer  blauen  Brustschürze,  und  in  deren  oberem  Teile  wurde, 
da  der  junge  Meister    doch    auch    eines   Sacktuches    bedurfte,    dieses    für 
einen  Gesellen  noch  weniger  nötige  Anhängsel  aufbewahrt.     Je   mehr  der 
Kinder,  Lehrbuben  und  Gesellen  wurden,    desto  grösser  wurde  die  Würde 
des  Meisters.     Zum  Einkaufen  freilich  benötigte    er  den  klugen    Rat    der 
Frau  Meisterin,    und  machte  daher  diesen  Weg  selten  allein.     Sonst  aber 
wusste  er  auf  seine  Ehre  zu  halten.    Er  öffnete  am  Morgen  das  Haus  und 
schloss  es  am  Abend,    er  segnete   morgens   und  abends   Haus   und  Werk- 
stube mit  Weihwasser.     Ihm   allein   war   es   erlaubt,    abends    täglich    und 
Sonntags  Nachmittag  ins  Wirtshaus   zu   gehen,    wenn    auch    die   Meisterin 
dies  Recht  oft  arg  beschränkte.     In   seinem  höchsten  Glänze  sah  man  ihn 
auf  Spaziergängen   an  Sonutagsnachmittagen.     Voraus    gingen    die  Kinder, 
paarweise,  nach  dem  Gcschlechte  und  Alter  geordnet.    Den  Schluss  dieses 
oft  nicht  ganz  kurzen  Zuges  bildeten  die  Frau  Meisterin  in  ihrem  Sonntags- 
staate und  der  Herr  Meister. 


I 


Handwerksbrauch  in  der  Iglauer  Sprachinsel  in  Mäliren.  281 

Dieser  hatte  in  der  linken  Hand  die  Meerschaumpfeife,  in  der  rechten 
den  Stock.  Aus  der  einen  Tasche  des  etwas  langen  Rockes  schaute  ein 
Zipfel  des  Sacktuches  heraus  und  aus  der  andern  der  Pfeifenstürer,  der 
am  Tabaksbeutel  befestigt  war.  So  schritt  er  langsam  und  bedächtig 
dahin,  als  dächte  er  bei  jedem  Schritte  daran,  dass  ohne  die  Tuchmacher 
die  Stadt  nicht  bestehen  könnte,  als  überlege  er  den  tiefsinnigen  Satz, 
den  die  Tuchmacher  fortwährend  im  Munde  führten:  „'S  Moasterhaus  ist 
unser.'' 

b)  Der  Tuchmacher  Festtage. 

Ihren  grössten  Feiertag,  ihr  Ehrenfest,  feiern  die  Tuchmacher  seit 
1669,  dem  Errichtungsjahre  der  Bruderschaft  der  Tuchknappen,  am 
Sonntag  nach  Anna-Jakobi  ('25.  26.  Juli).  Gegen  10  Uhr  versammeln  sich 
die  Knappen  im  Meisterhause,  das  der  Tuchmacherzunft  bereits  seit  1630 
gehört,  und  ziehen  unter  Trompeten-  und  Paukenschall  und  unter  dem 
Geläute  der  „Susanna",  der  weitbekannten  grossen  Glocke,  über  den  Platz 
zur  St.  Jakobspfarrkirche,  wo  die  Tuchmachergenossenschaft  einen  eigenen 
Altar  und  zwar  den  Hauptaltar  besitzt.  In  früherer  Zeit  ermangelte  die 
Hauptwache  nicht,  beim  Herannahen  des  Zuges,  der  oft  400 — 500  Knappen 
zählte  und  an  dessen  Spitze  der  Aelteste  und  die  Geschworenen  gingen, 
ins  Gewehr  zu  rufen,  wofür  sie  vier  Pulitsch  (grosses  hölzernes  Gefäss) 
Iglauer  Bier  erhielt.  Beim  Festgottesdienste  dienten  Knappen  als 
Ministranten  und  Fakulanten.  Letztere  hatten  bis  in  die  neueste  Zeit  das 
Vorrecht,  während  des  ganzen  Tages  Degen  tragen  zu  dürfen,  worauf  sie 
nicht  wenig  stolz  waren.  Nach  dem  Hochamte  bewegte  sich  der  Zug 
wieder  feierlich  über  den  Platz,  die  Wache  trat  wieder  ins  Gewehr  und 
erst  beim  Meisterhause  löste  er  sich  auf. 

Nachmittags  versammelte  sich  die  Knappenschaft  im  Meisterhause  zum 
„Eintrunke",  um,  wie  es  deutschen  Handwerkern  geziemt,  bei  schäumendem 
Biere  ihr  Ehrenfest  zum  würdigen  Abschlüsse  zu  bringen.  An  langen 
Tischen  nahmen  die  Knappen  Platz.  Und  nun  erhebt  sich  mit  gewicht- 
vollem Ernste  der  einheimische  Altgeselle  und  fordert  den  fremden  Alt- 
gesellen, seinen  günstigen  Bruder,  auf,  sich  ebenfalls  zu  erheben.  Mit 
nicht  weniger  Würde  erhebt  sich  dieser,  hält  den  mit  einem  Blumenkranze 
gezierten  „Willkomm",  den  silbernen  Ehrenbecher  der  Knappenschaft,  in 
die  Höhe  und  erklärt  in  längerer  Rede,  sie  seien  nicht  gekommen,  den 
Jahrtag  zu  schwächen,  sondern  ihn  zu  stärken,  und  weil  der  Reihetrunk 
an  ihn  gekommen  sei,  wolle  er  die  übliche  Ovation  machen.  Er  erzählt 
nun  von  Methusalem,  ihres  Gewerbes  Patron,  der  969  Jahre  alt  geworden. 
zuerst  die  Schafe  geschoren  und  der  erste  Wollweber  gewesen.  Hierauf 
folgt  ein  Lob  des  Tuchmacher-Handwerks.  Die  Tücher,  welche  die  Tuch- 
macher verfertigten,  trügen  Fürsten  und  Grafen,  und  sei  das  Handwerk 
noch   so   klein,    so   trage  es  ein  goldenes  Krönlein.     Schliesslich  bringt  er 


282  Tiger: 

die  Gesundheit  des  Kaisers  aus.  Im  Wesen  des  Zünftlers  liegt  es,  die 
Obrigkeit  zu  ehren,  hat  er  sich  doch  selbst  obrigkeitliche  Personen  ver- 
schiedentlicher  Art  vorgesetzt. 

Es  wechseln  daher  Trinksprüche  auf  Kaiser  und  Papst,  Statthalter 
und  Biscliof,  Bürgermeister  und  Dechant.  Auch  auf  den  Herrn  Aeltesten 
und  seiner  Verwandten  Wohl  wird  getrunken  und  selbst  der  Fakulanten 
und  Ministranten  nicht  vergessen.  Ein  schönes  Zeugnis  für  die  Gemüths- 
tiefe  unserer  Tuchmacher  ist  es,  dass  sie  sich  im  Jubel  der  Freude  auch 
der  fernen  Genossen  erinnern,  „die  vielleicht  allen  Fährlichkeiten  des 
Wanderlebens  ausgesetzt  sind."  Es  gilt  daher  ein  Trinkspruch  „allen 
braven  Tuchmachern,  die  zu  Land  und  zu  Wasser  schweben,  die  das  Brot 
fechten  und  verkaufen  und  das  Geld  in  Wein  oder  Bier  versaufen."  Nach 
jedem  Trinkspruche  wird  ein  Tusch  geblasen.  Es  giebt  Trinksprüche  in 
Prosa,  die  sie  vielleicht  einmal  in  einem  Buche  entdeckten  und  die  sich 
immer  auf  das  Lob  derTuchmacher  beziehen,  oder  auch  gereimte,  von  denen 
der  eine  oder  andere  von  den  Meistersingern  herstammen  mag,  die  1571 
hier  eine  Bruderschaft  errichteten.  Es  kann  dies  leicht  möglich  sein, 
da  die  Sprüche  von  Yater  auf  Sohn  sich  vererben  und  wie  ein  teurer 
Schatz  gehütet  und  nicht  jedem  vorgesagt  werden.  Meistersingerart  verrät 
der  Spruch  auf  Karl  V.,  den  ich  dem  Leser  nicht  vorenthalten  will: 

Als  zu  Kaiser  Karls  Zeiten 

Im  Begriffe  war  die  Welt  zu  streiten, 

War's  jener  grosse  Held, 

Der  1000  Tuchmacher  zu  seinen  Kriegern  zählt'; 

Und  bei  der  Krieger  Scharen 

Die  Tuchmacher  an  der  Spitze  waren. 

Da  sprach  er  das  edle  Wort: 

Ihr  seid  Krieger,  Ihr  seid  mein  Hort, 

Dafür  sollt  ihr  den  edlen  Namen  Tuchknappen  führen, 

Scepter,  Schwert  und  Krone  soll  Euer  Wappen  zieren. 

Hatte  der  Sprecher  den  Spruch,  den  er  oft  nur  verstümmelt  wiedergab, 
hergesagt,  rief  er:  Yivat  hoch!  und  alles  stimmte  in  den  Ruf  ein.  Zum 
Schlüsse  erhebt  sich  der  einheimische  Altgeselle,  nachdem  man  der 
Menschen  so  viele  hat  hochleben  lassen,  und  spricht  also: 

Es  lebe  der  Adler  in  der  Luft, 
Der  Löwe  in  der  Gruft, 
Der  Hirscli  im  grünen  Wald, 

Ich  trinke  die  Gesundheit,  bis  mir  das  Herz  erkalt'. 
Vivat  hoch! 

Nun  hab'  ich  meine  Lieb'  und  Treu  genügsam  spüren  lassen, 
Wer  es  besser  kann,  dem  steht  es  frei  und  wird  ihm  zugelassen. 
Aber  eins  habe  ich  noch  vorzubringen, 
Wen  es  angeht,  dem  soll's  zu  Ohren  klingen: 


Hand  Werksbrauch  in  der  Iglauer  Sprachinsel  in  Mähren.  283 

Es  lebe  aller  braven  Deutschen  Treu  und  Redlichkeit 
Und  der  Iglauer  Mädchen  Schönheit. 
Vivat  hoch! 

Alle  erlieben  sich  und  stimmen  ein: 

Bruder  es  gilt  mir  und  Dil-, 
Ich  trinke  lieber  Wein  als  Bier. 

So  sonderbar  die  zweite  Zeile  erscheinen  mag  und  obwohl  der  Wein 
ein  frommer  Wunsch  bleibt,  so  thut  dies  doch  der  stolzen  Erhebung  des 
Augenblicks  keinen  Eintrag.  Ist  die  Festlichkeit  zu  Ende,  suchen  die 
wackern  Gesellen  wieder  ihr  Heim  auf,  um  wieder  wochenlang  geduldig 
hinter  dem  Webstuhl  zu  sitzen. 

Als  Korporation  rückte  die  Knappenschaft  ausser  am  Jahrtage  nur 
noch  bei  der  Frolmleichnamsprocession  mit  „ihrem  Fahn"  aus.  Nur  die 
das  Recht  dazu  hatten,  durften  sich  diesem  Zunftzeichen  anschliessen;  er 
gehört  „zum  Fahn",  bedeutet  daher  so  viel  wie  Zunftgenosse. 

Den  dritten  der  vier  Altäre,  an  denen  die  Evangelien  gelesen  werden 
und  der  Segen  erteilt  wird,  errichten  noch  heute  die  Tuchmacher  vor 
ihrem  Meisterhause. 

Schon  daraus  geht  die  einstige  Bedeutung  der  Zunft  hervor.  Die 
Blumen,  mit  denen  der  Altar  geschmückt  ist,  werden  nach  der  Procession 
dem  Ältesten  und  den  Geschworenen  ins  Haus  geschickt,  denn  sie  schützen 
gegen  Blitz  und  Feuersgefahr.  Andere  Feste  und  Festlichkeiten  giebt  es 
nicht  gerade  viele.  Im  Herbste  wird  das  „Lichtbratl"  gefeiert.  Der  Tag, 
an  dem  zum  erstenmale  bei  Licht  gearbeitet  wird,  ist  für  die  Handwerker 
überhaupt  von  grosser  Bedeutung,  denn  Monate  lang  sollen  sie  nun  Stunden 
hindurch  bei  schlechtem  Licht  arbeiten  und  die  Farben  genau  unterscheiden 
können.  Es  ist  daher  nicht  zu  verwundern,  wenn  die  Handwerker  diesen 
Tag  sich  zu  versüssen  suchen.  Die  Tuchmacher  feiern  aber,  um  keinen 
Arbeitstag  zu  verlieren,  das  Lichtbratl  erst  am  folgenden  Sonntag.  Den 
Montag  freilich  können  sie  dazu  nehmen,  dies  ist  alter  Gebrauch.  Es 
wird  daher  Montag  gewöhnlich  eine  „Lompartie'"  (Landpartie)  in  unsere 
schönen  Wälder  unternommen,  wohin  es  unsere  Tuchmacher  treibt,  selbst 
wenn  die  Witterung  nicht  mehr  dazu  ladet.  Leider  zeigt  sich  diese  Liebe 
zur  Natur  auch  in  der  Leidenschaft  für  den  Vogelfang  (Goggsch)*),  denn 
ein  Rotkehlchen  oder  ein  Stieglitz  musste  neben  dem  Wirkstuhle  hängen, 
um  während  des  langen  Winters  an  den  vielgeliebten  grünen  Wald  zu 
erinnern.  — 

Im  Advent  baut  sich  der  Tuchmachermeister  die  Weihnachtskrippe. 
Mit  kindlicher  Freude  und  sinnigem  Verständnisse  werden  noch  jährlich 
„Krippen"  errichtet,  welche  die  Geburt  Christi  im  Stalle,  die  Hirten,  die 


1)    Das  Wort  weiss  ich  nicht  zu  erklären. 


284  Pig®r  = 

drei  Könige,  Bethlehem  und  viele  mittelalterliche  Schlösser  auf  Höhen  der 
Umgebung  u.  s.  w.  durch  hölzerne  Figuren  und  Pappendeckel  zur  Dar- 
stellung bringen.  Je  mehr  Figuren  auf  der  oft  mehrere  Meter  grossen 
Fläche,  hinter  der  noch  ein  gemalter  Hintergrund  den  Blick  bis  ins  Un- 
endliche schweifen  lässt,  aufgestellt  sind,  desto  mehr  Leute  pilgern  zur 
Krippe  und  mehren  den  Ruhm  des  Hauses.  Manchmal  ist  auch  ein  kunst- 
reicher Mechanismus  angebracht  und  gern  kriecht  der  Hausherr  hundert- 
mal des  Tages  unter  die  das  Gestelle  verhüllende  Decke,  um  den  Mecha- 
nismus in  Bewegung  zu  setzen,  auf  dass  alle  Personen,  Männlein  und 
Weiblein,  soviel  ihrer  angebracht  sind,  sich  rühren  und  regen,  so  dass  die 
zuschauenden  Kinder  aufjauchzen  vor  Freude. 

Am  Vorabende  des  Festes  der  hl.  drei  Könige  wird  nach  dem  Feier- 
abende der  Dreikönigsumzug  gehalten.  Meister,  Meisterin  und  sämtliche 
Familienglieder  im  weitesten  Sinne  versammeln  sich  in  der  Wirkstube. 
Die  Lehrlinge  erhalten  Glühpfannen,  in  die  sie  zeitweilig  Weihrauch  oder 
wenigstens  Harz,  das  man  in  Ameisenhaufen  zusammengelesen,  streuen. 
Die  Kinder  empfangen  Behältnisse  mit  Weihwasser.  Es  wird  das  Drei- 
königslied angestimmt  und  man  durchzieht  das  ganze  Haus,  überall  die 
Räume  mit  Weihwasser  besprengend.  Der  Meister  löscht  ob  jeder  Thür 
und  an  jedem  Wirkstuhl  die  Anfangsbuchstaben  der  hl.  drei  Könige  samt 
der  Jahrzahl  aus,  um  sie  für  das  laufende  Jahr  zu  erneuern.  Acht  Tage 
hindurch  wird  während  der  Arbeit  das  Dreikönigslied  gesungen. 

Ein  kleines  Fest,  wenn  auch  die  Arbeit  nicht  gerade  unterbrochen 
wurde,  bildete  das  Namensfest  des  Herrn  Meisters  und  der  Frau  Meisterin. 
Gesellen  und  Lehrlinge,  natürlich  in  der  Reihenfolge,  wie  selbe  die  Zeit 
seit  dem  Eintritte  in  die  Arbeit  bedingte,  beglückwünschen  den  Meister 
oder  die  Meisterin  beim  Erscheinen  in  der  Wirkstube.  An  diesem  Tage 
wurde  ein  besseres  Frühstück,  Kaifee  und  Kugelhupf  ^)  verabreicht.  Häufig' 
besuchten  an  Namenstagen  die  Gehilfen  vor  der  Arbeit  die  Frühmesse. 

Nicht  Feste,  sondern  Unterbrechungen  der  Arbeit  waren  die  Quatember- 
messen  für  die  verstorbenen  Brüder,  wobei  auch  ein  Opfergang  stattfand. 
Zu  diesen  Messen  wurde  man  durch  den  Hauptknappen  entboten  und  die 
Wegbleibenden  mussten  bei  der  nächsten  Auflage  Strafe  zahlen. 

Versäumnisse  der  Arbeit  waren  noch  Besuche  der  Leichenbegängnisse 
von  Mitbrüdern  und  die  Proben  der  Feuerspritze,  wozu  ebenfalls  eingesagt 
wurde. 

Natürlich  wurde  der  Fasching^),  die  Zeit  der  allgemeinen  Freude,  auch 
von  den  Tuchknappen  ausgenutzt.  Im  Fasching  hielten  die  Meister  Haus- 
bälle, die  Knappen  „Tischveränderungen",  wozu  aber  auch  Meister  geladen 
wurden,   die  dann  einen  Silberthaler  dem  Altgesellen  für  die  gemeinsame 

1)  In  der  bairischen  Mundart  heisst  das  Wort  Gugelhupf.  Die  Ableitung  von  Gugel 
=  Kappe  ist  bekannt. 

2)  Die  östen-eichische  Form  für  Fastnacht. 


( 


Handwerksbrauch  in  der  Iglauer  Sprachinsel  in  Mähren.  285 

Kasse  zu  überreichen  pflegten.  Über  die  Hausbälle  ist  wenig  zu  sagen, 
die  Tischveränderungen  waren  weit  feierlicher.  Es  fand  nämlich  vorher 
eine  Mahlzeit  statt  und  der  Eintrunk  wurde  in  derselben  Weitläufigkeit 
durchgeführt,  wie  beim  Jahrtage.  Mochten  die  Mädchen,  die  höchstens 
der  Trinkspruch  auf  ihre  Schönheit  interessierte,  noch  so  ungeduldig  werden 
und  Botschaft  auf  Botschaft  senden,  um  an  die  eigentliche  Aufgabe  des 
Abends  zu  erinnern,  so  musste  doch  der  letzte  Trinkspruch  ausgebracht 
sein,  bevor  man  die  Tische  wegrückte  —  daher  der  Name  —  und  dem 
Tanzvergnügen  sich  hingab.  Mahl  und  Eintrunk  dauerten  gewöhnlich  über 
Mitternacht  hinaus. 

Hatte  man  aber  einmal  zu  tanzen  begonnen,  so  genoss  man  das  Ver- 
gnügen bis  zur  Neige.  Nicht  bloss  dauerte  der  Tanz  bis  zum  lichten 
Morgen,  es  wurden  auch  die  zwei  folgenden  Nächte  gewöhnlich  durchtanzt. 
Einiger  Schlaf  bei  Tage  und  die  kräftige  Gesundheit  des  Tuchmachers 
machten  dies  möglich.  Zu  Hause  backte  ihm  die  vorsorgliche  Meisterin 
Faschingskrapfen. 

Wenn  auch  kein  Festtag,  so  doch  ein  Freudeutag  ist  der  „krumpe" 
Mittwoch  in  der  Osterwoche,  weil  an  diesem  zum  letztenmale  bei  Licht 
gearbeitet  wird.  Der  Lehrling  muss,  sobald  Feierabend  wird,  die  brennende 
Kerze  aus  der  Werkstatt  hinaustragen,  wobei  ihn,  der  gewissermassen  ein 
Bild  des  Winters  ist,  die  Gesellen  peitschen.  Es  entspricht  dieser  Vorgang 
dem  Winteraustrageu,  wie  es  hier  bei  der  Landbevölkerung  gebräuchlich 
ist  oder  dem  anderswo  vorkommenden  Winterauspeitschen. 

(Schluss  folgt.) 


Zur  neugriecMschen  Volkskunde. 

Von  Dr.  Albert  Thumb. 


II.    Zur  YolkstümUchen  Mantik  der  heutigen  Griechen. 

Den  Schleier  zu  lüften,  der  über  unsere  Zukunft  ausgebreitet  ist,  und 
einen  Blick  in  die  geheimen  Beschlüsse  des  Schicksals  zu  thun,  ist  ein 
Wunsch,  der  dem  Menschengeschlecht  sozusagen  eingeboren  ist  und  dessen 
Erfüllung  der  Volksaberglaube  auf  die  verschiedenste  Weise  zu  erreichen 
sucht.  Und  gerade  diejenigen  Gebräuche,  die  sich  auf  Erforschung  des 
Schicksals  beziehen,  dürften  wohl  am  festesten  haften.  Ertappen  wir  doch 
in  den  gebildeten  Kreisen  Deutschlands  noch  immer  solche,  die  Blei  in 
der  Neujahrsnacht  giessen  oder  ähnliches  üben  und  sei  es  auch  nur  zum 


286  Thumb : 

Scherz  —  immerhin  aber  ist  es  noch  der  allerletzte  Rest  abergläubischen 
Brauches. 

Uns  sollen  hier  aus  dem  Kreise  volkstümlicher  Mantik  der  heutigen 
Griechen  solche  Gebräuche  beschäftigen,  die  zum  Mirenglauben  in  Be- 
ziehung stehen. 

Nicht  bei  jedem  traf  es  sich  so  glücklich,  dass  seine  Angehörigen  das 
l40iQafxa  erlauschten  (s.  oben  S.  126).  Über  den  zukünftigen  Beruf  des 
Kindes  sucht  man  auf  los  (Beut  186)  dadurch  etwas  zu  erfahren,  dass 
man  ihm  Schreibfedern,  Geld  u.  a.  vorlegt  und  das  von  dem  Kind  zuerst 
berührte  als  ein  Yorzeichen  der  f.wlQa  betrachtet:  die  Berührung  von 
Federn  weist  z.  B.  auf  gelehrten  Beruf.  Der  Erwachsene  greift  zu  andern 
Mitteln,  welche  die  Miren  nötigen,  einen  Blick  in  die  Zukunft  zu  ge- 
statten. Dazu  dienen  Traumorakel,  von  denen  ich  im  folgenden  be- 
richten wilP). 

Die  äginetischen  „Traumorakel"  beschränken  sich  darauf,  der  neu- 
gierigen Jungfrau  über  ihren  Zukünftigen  Aufschluss  zu  geben.  Sofern 
die  Miren  in  Betracht  kommen,  sind  die  Gebräuche  ein  „xdleofta"  oder 
„öeGi/no  TTJg  |UOfc(;ag",  d.  h.  ein  Anrufen  oder  Beschwören^)  der  Mire.  Es 
handelt  sich  immer  nur  um  eine  Mire,  d.  h.  die  specielle  Mire  des  ein- 
zelnen Menschen,  der  die  Yerantwortlichkeit  für  die  Erfüllung  des  (ioiQaf.ia 
obliegt  (s.  oben  S.  125.  130). 

Am  einfachsten  ist  jene  Form  der  Beschwörung,  welche  an  keinen 
bestimmten  Tag  im  Jahr  gebunden  ist;  sie  bestellt  in  folgendem:  das 
Mädchen,  welches  seinen  Zukünftigen  kennen  lernen  will,  bindet  sich  ein 
yiQOVGO(xävTr}ko  (ein  goldfarbenes  Tuch)  um,  und  während  sie  drei  Knoten 
hinter  ihrem  Rücken  schürzt,  spricht  sie  die  geheimnisvollen  Worte: 

'2tri  Molißo,  'gxrj  Kökvßo^), 
^^Trj   TovQXof.iaQ/iiaQonTjyij , 
^Exet  elv^  r]  (.lolQsg  tcT  (.ioiqco^ 
^Exsl  elve  x^idutij  ^nv. 
^Idv  xdd^STai  vd  or^xcod^fj^ 
Kl  av  fjv''  oQ&ri^  vd.  öqu^-itj, 
NanQiyrj  doifJs  vd  f.iov  elnfj, 
Hovbv  dvTQa  S^sld  nÜQto. 

„In  Molivo,  in  Kolivo, 
In  Turlomarmaropigi, 
Dort  weilen  die  Miren  alle, 
Dort  weilet  auch  die  meine; 

1)  Aus  Ägina,  sofern  niclit  auderes  angegeben  ist.  'IlQeitöjrjg  hat  im  zweiten  der 
genannten  Programme  (S.  11 — 14)  derartige  (iebräuchc  besclirieLen. 

2)  ä^at/iio  (J^ajf)  ist  der  allgemeine  Ausdruck  für  „Beschwörung", 

3)  Var.  KöXoßo. 


Zwr  neugTiechischen  Volkskunde.  287 

Wenn  sie  nun  ruht,  so  steh'  sie  auf, 

Und  wenn  sie  steht,  so  lauf  sie. 

Mir  kund  zu  thun  noch  diese  Nacht 

Den  Mann,  der  mir  beschieden." 
Nach  dieser  Beschwörung  legt  sich  die  Orakelsuchende  sofort  zum 
Schlafe  nieder  und  erwartet,  dass  sie  über  den  ihr  bestimmten  Gatten 
etwas  erfahren  werde,  ,./fa  va  iöfj  ovbiqo  nnv  i^cc  cpaviOTrj  j)  (.lo'iQa  tr]?, 
va  ZTJg  slnfj  tÖv  avvQa  riqg  nov  &cc  naQTj"^  „dass  sie  einen  Traum  haben 
werde,  wo  die  MolQa  erscheint,  um  ihr  den  Mann  zu  nennen,  den  sie  be- 
kommen wird". 

Yon  Interesse  ist  die  angewendete  Zauberformel.  Der  Sinn  des  Ganzen 
ist  klar,  nur  die  phantastischen  Ortsnamen  sind  offenbar  Verstümmelungen 
der  ursprünglichen  Namen.  Die  einheimische,  d.  h.  auf  Ägina  circulierende 
Erklärung  besagt,  dass  Molißo  und  Kölvßo  in  Äthiopien  liegen,  und  dass 
TovQloi-iaQ^iaQonriyri  an  einem  dieser  Orte  der  Hauptsitz  der  Miren  sei. 
Diese  volkstümliche  Erklärung  hat  für  uns  natürlich  keinen  realen  Wert. 
Einer  wirklichen  Deutung  der  merkwürdigen  Namen  werden  wir  näher 
gebracht  durch  Varianten  desselben  Spruchs,  die  wir  bei  B.  Schmidt  S.  219 
zusammengestellt  finden : 

I.  aus  Kephissia  (aus  Wordworth,  nach  der  Ullrich'sschen  Fassung  bei 
Passow,  Carmina  popularia  graeca  No.  574.  b). 

2x6v'Olv(.i7zov,  "'gzbv  Kolvf-inov^), 
Ta^)  TQia  axQa  tovquvov 
^Onovv'^)  cl'l  fwiQai  tcov  (.lOiQuiv^ 
'Q  löia*)  f-iov  finlQa, 
"^Ag  sX^fi  T(juQa  va  (.le  äyfi^). 

Lesarten:  1)  xoXvfißov  schreibt  Schmidt:  dies  widerspricht  jedoch  den  Lautgesetzen 
des  Neugriechischen;  die  Lautgruppe  /uß  existiert  nicht,  sondern  entweder  un  oder  ß  mit 
Ausfall  des  fx,  also  xoXvßo,  was  zur  äginetischen  Version  passt.  2)  '?tk  richtiger  Schmidt. 
3)  onov  (d  Wordwoi-th  und  Schmidt  (der  jenem  folgt).  4)  auch  von  Schmidt  acceptiert; 
Wordworth  ^Jih'c.    5)   Mjj  Schmidt.    Syri  d.  i.  rfijj  ist  eine  dialektisch  verschiedene  Form. 

Ich  lese  daher  (in  der  reinen  Volkssprache): 
2It6v  "OKv/uno,  \i6v  y.ökvfino, 

.Zt«    TQÜi    lixQCi    TOVQKVOV, 

'Onoi)v''r,  fiolQü  T(o  /j-oiqü, 

'i2  iöicc  fiov  fioiQa  (richtiger  vielleicht  -/tiityri  ^lov  ,uoii>ct), 

"Ag  (Xd^ri  rioQK  va  jus  Ö'Tj. 

„Auf  dem  Olymp,  auf  dem  Gipfel, 

An  den  drei  Enden  des  Himmels, 

Wo  die  Miren  der  Miren  sind, 

Ist  auch  meine  eigene  (?), 

Sie  komme,  mich  zu  sehen." 

II.  (Ileuzey). 

'yiTTo  zov  "OXvfinov,  zov  XOQVflßoV, 
Ta  TQia  axQa  xov  ovQccvov, 


288  Thumb : 


"Onov  cu  MolQai  xwv  Moiqwv 
Kai  ^  Idixrj  f.iov  MoIqu^ 
Aq  axnvaj]  xai  ag  skif^rj. 

„Yom  0.  etc.  (wie  oben) 


Sie  höre  und  komme." 

Aus  der  Yergleichung  der  beiden  Texte  mit  dem  von  mir  oben  mit- 
geteilten ergiebt  sich  uns  zunächst  für  die  zwei  ersten  Zeilen  meiner 
Version  eine  leichte  Erklärung:  Mnlißo  ist  eine  Verstümmelung  von 
"Olvfinov.  Da  der  Name  des  alten  Olymp  dem  Gedächtnis  entschwunden 
war  (wenigstens  für  die  Ägineten),  so  ist  eine  solche  Verstümmelung.leicht 
begreiflich;  den  Weg  dieser  Umwandlung  NO\\"Olvf.ino(;  zu  MoXvßo  glaube 
ich  bestimmen  zu  können:  was  zunächst  das  ß  statt  un  betrifft,  so  ver- 
dankt es  vermutlich  dem  Reim  zu  KoXvßo  (worüber  unten)  seine  Ent- 
stehung. Dass  man  aus  *  OXvßo  weiterhin  ein  MoXvßo  machte,  erklärt  sich 
aus  dem  Bedürfnis  des  Volks,  dunkle  Namen  sich  etymologisch  zurechtzu- 
legen: (.loXißi  („Blei")  war  das  dem  Klang  nach  zunächstliegende  Wort*). 
Endlich  wurde  der  Name  auf  Ägina  femininum,  w&il  man  ihn  als  Orts- 
bezeichnung auf  die  gleiche  Stufe  stellte  mit  zahlreichen  anderen  Orts- 
namen wie  ^   KoQd^o  (Korinth),  «/  2df.io,  rj  Nin^  jj  IJceQO  etc. 

Dass  KoXvßn  mit  dem  KöXvfxßov  der  Wordworthschen  Version  identisch 
sei,  habe  ich  oben  bereits  gezeigt.  B.  Schmidt  hat  ferner  darauf  hin- 
gewiesen, dass  xöXvfxßov  für  xoQVfiSov  („Gipfel,  Spitze")  stehe  und  dass 
diese  Deutung  durch  das  Heuzeysche  xoQVfxßnv  gesichert  sei.  Das  ursprüng- 
liche Vorhandensein  des  q  wird  auch  durch  das  KnQOißog  des  Pittakis^) 
bestätigt.  Der  Übergang  des  q  in  l  hat  jedoch  keinen  lautlichen  Grund; 
Q  zwischen  Vokalen  bleibt  unverändert;  das  spontane  Übergehen  eines 
intervokalischen  ^  in  A  ist  mir  wenigstens  nicht  bekannt^).  Am  ein- 
fachsten ist  es  daher,  den  Ursprung  des  X  in  KöXvßo  aus  einer  Anlehnung 
an  'OXv^nov  (bezw.  MnXvßo)  zu  erklären.  Dieser  Binnenreim  schien  mir 
bereits  Ursache  des  ß  in  WloXvßo;  ein  altes  i-in  wird  nicht  ß,  wohl  aber 
kann  altes  ^ß  im  Neugriechischen  durch  ß  vertreten  sein.  Daher  muss 
KoXvßo  das  ß  von  MoXvßo,  umgekehrt  dieses  das  X  von  KoXvßo  hervor- 
gerufen haben*).     KoXvßo  wurde  weiterhin,  weil  nicht  mehr  verständlich, 


1)  Ich  weiss  wohl,  dass  auf  Lesbos  eine  Stadt  Molivo  liegt,  aber  ich  glaube  uicht, 
dass  dieser  Name  eine  direkte  Beziehung  zu  unserm  Worte  hat. 

2)  bei  B.  Schmidt  a.  a.  0. 

3)  Q  wird  zu  A  durch  Dissimilation,  s.  die  Beispiele  bei  Foy,  Lautsystem  der  griech 
Vulgärspr.,  p.  38. 

4)  Zur  Vertretung  des  agr.  ßß,  vy,  vö  durch  ß,  y,  rf  siehe  Psichari,  To  laSeiäi  fxov 
p.  178  f.    Essais   de  grammaire  n6o-grecque  II  p.  C.    Danach  müssten  wir  xögvßo,  bezw 


Zur  neugriechischen  Volkskunde.  289 

zum  Eigennamen  und  erfuhr  in  Bezug  auf  das  Geschlecht  dieselbe  Um- 
bildung wie  der  erste  Name. 

Der  zweite  Vers  unserer  äginetischen  Beschwörungsformel  hat  ein 
seltsames  Aussehen. 

Während  sonst  in  Griechenland  der  Olymp  als  Wohnung  der  Miren 
gedacht  wurde,  wie  die  beiden  Versionen  I  und  11  zeigen,  wusste  man 
davon  auf  Ägina  nichts:  daher  jene  Verstümmelung  des  ersten  Verses.  Aber 
obgleich  auch  in  Ägina  die  Vorstellung  herrscht,  dass  die  Miren  „an  den 
Enden  der  Welt"  hausen  (s.  oben  S.  126),  so  hat  doch  der  zweite  Vers 
des  Spruches 

'gra  TQia  axQa  rovQavov 

auf  Ägina  eine  vollständig  veränderte  Gestalt  bekommen.  Ich  muss  ge- 
stehen, dass  ich  mit  dem  wunderlichen  TovQXo(.iaQf.iaQonr}yri  wonig  anzu- 
fangen weiss.  Die  einzelnen  Glieder  des  Wortes  sind  verständlich;  TovqXo- 
gehört  offenbar  zu  TOVQka  (oder  iQovXa)  „Kuppel",  einem  gemein -neugr. 
Worte.  Dass  es  in  Ableitungen  auch  zu  Ortsnamen  verwendet  wird,  be- 
zeugt der  Name  TovqXut^  für  einen  Hügel,  s.  IlaoTrazi^g,  Xiaxbv  yXioaoa- 
Qinv  S.  364  (s.  V.  xqovXo).  Wie  freilich  das  dreigliedrige  phantastische 
Wort  in  unsern  Text  gekommen  ist,  weiss  ich  nicht  anzugeben.  Ich  äussere 
nur  die  Vermutung,  dass  der  Name  einem  Märchen  entstamme.  Es  fehlt 
mir  die  Möglichkeit,  diesen  Punkt  weiter  zu  verfolgen^). 

Vers  3  und  4  stimmen  mit  dem  Heuzeyschen  Text  nahezu  überein. 
Die  vier  letzten  Zeilen  unseres  Spruches  sind  an  die  Stelle  eines  Verses 
von  I  und  II  getreten.  Unsere  Form  ist  eine  anschauliche  Ausmalung 
der  dort  nur  kurz  angedeuteten  Situation.  Der  letzte  Vers  ist  im  be- 
sonderen der  vorliegenden  Situation  angepasst. 

Die  weiteren  Arten  der  Mirenbeschwörung  beruhen  auf  demselben 
Prinzip,  wie  die  eben  mitgeteilte,  sind  aber  an  bestimmte  Zeiten  des 
Jahres  geknüpft,  so  z.  B.  an  den  Tag  des  hl.  Theodor.  Das  orakelsuchende 


xöXvßo  für  ein  auf  gelehrtem  Wege  eingedrungenes  Wort  ansehen.  Ich  sträube  mich  etwas 
dagegen,  echt  volkstümliche  Worte  -wie  z.  B.  avyvgtXw  so  zu  erklären.  Ich  kann  mir  zwar 
wohl  denken,  dass  einzelne  Wörter  durch  gelehrten  Einlluss  ins  Volk  eindringen  (solches 
geschieht  ja  in  Griechenland  fast  täglich,  cf.  z.  B.  aüßaai,  avßovloi  u.  ä.),  ich  weiss 
mir  aber  nicht  recht  zu  erklären,  wie  solcher  Einfluss  sich  geltend  machen  konnte,  wenn, 
wie  in  unserm  obigen  Fall,  offenbar  sehr  alte  Zauberformeln  einfach  gedächtnismässig 
und  ohne  eigentliches  Verständnis  reproduciert  werden.  Ich  halte  daher  die  Erklärung 
von  Psichari  noch  nicht  für  ganz  abschliessend,  sondern  sehe  noch  eine  Möglichkeit  als 
der  Untersuchung  wert,  ob  nicht  etwa  die  verschiedene  Beliandlung  von  Nasal  -f  agr. 
Media  nach  Dialekten  verschieden  sei  und  gegenseitige  Mischung  bezw.  Dui'chkreuzung 
stattgefunden  habe.  Zu  einer  näheren  Untersuchung  fehlen  mir  zui"  Zeit  die  Materialien. 
1)  Vgl.  auch  weiter  unten  (S.  292)  JVlaQjuaQoxQOvaoTiTjy^ :  ob  dieses  die  ursprüngliche 
Form  und  das  obige  daraus  verderbt,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden. 


290  Tlmmli: 

Mädchen  holt  au  diesem  Tage  emige  Weizenkörner  von  den  icolvßa^),  die 
in  der  Kirche  ausgeteilt  werden,  und  begiebt  sich  damit  um  Mitternacht 
in  den  Garten  oder  an  einen  andern,  beim  Hause  liegenden  Platz;  die 
Jungfrau  umgürtet  sich,  nach  Osten  gekehrt,  mit  dem  oben  erwähnten 
yQovaoiiidvrrjlov  und  spricht  dreimal,  während  sie  die  beiden  Enden  mit 
drei  Knöpfen  hinter  ihrem  Kücken  zusammenbindet,  „os  öavio,  (lolQa  fiov^ 
vaQÜ-rjg  anoips  'g  tov  vtivo  uov  va  (xnl  einf]q  nolo  ^d  naoto^  yal  a  dsv 
sQ&r]g.  ÖE  oe  avVw"  „Ich  beschwöre  dich,  meine  Mire,  dass  du  heute  Nacht 
im  Traum  mir  erscheinst,  um  mir  zu  sagen,  welchen  (Mann)  ich  bekommen 
werde,  und  wenn  du  nicht  kommst,  so  gebe  ich  dich  nicht  frei".  Hierauf 
lässt  sie  das  Tuch  zur  Erde  fallen.  In  den  Kreis,  der  durch  dasselbe  ge- 
bildet wird,  sät  sie  die  Weizenkörner  und  legt  eine  Sichel  daneben.  Die 
Mire  ist  nun  gebannt;  sie  muss  dem  Mädchen  seinen  Willen  thun:  dieses 
geht  eilends  zur  Ruhe,  „ytd  va  I6fi  ovsiQn  nov  l^cc  cpavioTTJ  'fj  (.ioIqu  trjg 
i>d  xrjq  elnrj  tov  avTQa,  nov  ,'>«  naQrj^^  (wie  oben).  Es  ist  notwendige 
Voraussetzung  zum  Gelingen,  dass  nicht  eine  andere  zugesehen  hat  und 
durch  die  Worte  „(tv  oneQveig  x^syco  va  iöto  %o  oveiQO^  „du  säest  und  ich 
will  den  Traum  haben"  den  Erfolg  für  sich  vorwegnimmt. 

Auch  der  Beginn  der  Fastenzeit  ist  zu  solchem  Zauberwerk  geeignet: 
am  „reinen  Montag"  (/ai^aQcc  öevxäQaY)  kann  die  Mire  ebenfalls  in  den 
Kreis  des  %Qvoo^ävxrjlov  gebannt  werden;  beim  Binden  der  Knöpfe  spricht 
man  folgenden  Spruch: 

'^Ayia  JsvTsqa  ßyalvovzag^ 
'^Ayia  TQiTr]  finalvovTag^ 

'^Ayia  TexQocd^  alri^ivrj, 
'Onov  GS  axsh'io  va  diaß^g' 

M^xe  vä  (fag  [.irjzs.  va  nifjg, 

Blijxs  ^C  avXQa  va.  xoifJj]d^fjgj 

Tij  f.io~iQa  fiov  va  nag  vä  ^ß(>[}g, 

Nagd^rj  anoil'e  vä  fjov  elnfj, 
TIoiov  avxQa  S^eXä  naqio. 

„Heiliger  Montag,  wenn  du  gehst. 

Heiliger  Dienstag,  wenn  du  kommst, 

Heiliger  Mittwoch,  du  fürwahr. 

Dorthin,  wohin  ich  dich  sende,  geh! 

1)  Ein  Brei  ans  Weizen,  Eosinen,  Mandeln,  Granatäpfelkörnern,  Honig  und  anderen 
Ino-redienzicn  wird  den  Abgestorbenen  an  bestimmten  Tagen  aufs  Grab  gestellt,  dann  an 
die  Teilnehmenden  ausgeteilt. 

2)  Entspricht  der  Zeit  nach  unserm  Fastnachtmontag;  doch  schliesst  der  Fasching 
{unöxnnoi)  in  Griechenland  bereits  mit  dem  Sonntag  („t^?  Tvooqxxyov'').  Der  Montag 
darauf  {xn&aQu  dtviiqu)  ist  der  erste  Tag  der  in  Griechenland  streng  beobachteten  grossen 
Fasten  {auQaxoai^),  entspricht  also  der  Sache  nach  dem  Aschermittwoch  der  katholischen 
Länder.  Übrigens  unterscheidet  sich  der  „reine  Montag"  von  den  folgenden  stillen  Tagen 
durch  harmlose  Volksvergnügungen. 


Zur  neugriechischen  Volkskunde.  291 

Esse  nicht  und  trinke  nicht, 
Schlaf  auch  nicht  bei  einer  Maid^), 
Die  Mire  such  und  hole  sie: 
Sie  komme  heute  und  sage  mir, 

Wer  der  j\Iami,  dem  ich  bestinnnt  bin." 

■  Hierauf  erwartet  das  Mädchen,  wie  oben,  einen  Traum. 

Der  Samstag  der  letzten  Faschingswoche  (öäßßaxo  rijc.  TvQoqxxyov) 
eignet  sich  zu  demselben  Zweck.  Wenn  das  Mädchen  beim  Abendessen 
die  erste  Gabel  Maccaroni  isst,  macht  sie  sich  einen  Knopf  ins  Taschen- 
tuch und  spricht  dazu:  „ai  divw,  f.ioli)a  fxov,  onoiog  sivs,  xslvog  nov  ^d 
TKXQOi  vaQd-i]  duoipe  'c;  tov  vnvo  (.lov  vä  f.iov  öwot]  veno  vd  niio"'  „ich  be- 
schwöre dich,  meine  Mire,  wer  es  ist,  den  ich  (zum  Manne)  bekommen 
werde,  der  möge  heute  Nacht  im  Traume  kommen,  um  mir  Wasser  zum 
Trinken  zu  geben".  Sie  beendet  ihre  Mahlzeit,  ohne  Wasser  zu  trinken, 
und  erwartet  nun,  wer  ihr  im  Traum  Wasser  bringen  wird,  denn  der  ist 
ihr  Zukünftiger  —  jedenfalls  ein  galanter  Mann. 

Mit  dem  eben  mitgeteilten  Orakel  hat  ein  anderes  den  Hauptzug  ge- 
mein. Durch  die  „Salzbretzel"  (^d()i.ivQoxovXovQo)  kann  nämlich  ähn- 
liches erreicht  werden,  wie  mit  den  Maccaroni,  nur  erfordert  die  Zuberei- 
tung jener  Bretzel  einige  Umstände^):  am  „reinen  Montag"  holt  sich  das 
junge  Mädchen  aus  drei  Häusern,  deren  Bewohner  nicht  eine  zweite  Ehe 
eingegangen  sind  (ßovooxicpava  Gnixia)^  Wasser,  Salz  und  Mehl.  Daraus 
macht  sie  einen  Teig  zurecht,  wobei  vor  allem  am  Salz  nicht  gespart  wird, 
stellt  das  verwendete  Gefäss  auf  die  Schwelle  des  Hauses,  knetet  den  Teig 
mit  nach  hinten  gekehrten  Händen  und  formt  ein  xovIovqi,  ein  „Ringel". 
An  einem  Dreiweg  (TQiGXQaTo)  wird  dasselbe  gebacken.  Diese  reichlich 
gesalzene  Bretzel  wird  vor  dem  Schlafengehen  verzehrt;  natürlich  stellt 
sich  bald  Durst  ein,  der  sich  im  Traum  entsprechend  äussert;  das  Mädchen 
glaubt,  dass  der  vom  Schicksal  bestimmte  Gatte  im  Traume  erscheinen 
wird,  um  den  Durst  der  schmachtenden  Geliebten  zu  stillen.  Ganz  die- 
selbe Sitte  (an  demselben  Tage)  herrscht  in  loannina,  wie  in  dev'EoTia 
1892  (I)  S.  100  erzählt  wird. 

Dieser  Brauch  hat  keine  unmittelbare  Beziehung  zu  den  Miren;  dass 
aber  eine  solche  vorhanden  war,  zeigt  mir  eine  ganz  ähnliche  Ausführung 
desselben  Orakels,  wie  es  in  den  NeneXlrjvixct  ^AvdXeyixa  I  S.  335  mitgeteilt 
wird.  Wo  das  Orakel  im  Gebrauch  ist,  wird  nicht  angegeben;  aus  der 
Sprache  der  sogleich  mitzuteilenden  Verse  schliesse  ich  auf  eine  der  Inseln 
im  ägäischen  Meer.  Am  Feste  der  hl.  Katharina  ("7' pe JenFb<^y  bitten  die 
Mädchen  bei  drei  zum  erstenmale  verheirateten  Frauen  (uovoozeq>av€g)  um 


1)  Gemäss  dem  grammatischen  Geschlecht  der  deutschen  Worte  „Montag"  etc.  habe 
ich  mir  in  der  Übersetzung  diese  kleine  Änderung  erlaubt. 

2)  S.  'HQiiwirig  S.  14. 


292  Thumb:  Zur  neugriechischen  Volkskunde. 

drei  Handvoll  Mehl  und  Salz  und  bereiten  daraus   ein  Brot  (nXaxovvxa), 
das  sie  vor  dem  Schlafengehen  verzehren;  während  sie  essen,  rufen  sie  die 
hl.  Katharina  mit  folgenden  Yersen  an: 
'!^yicc  (xov  KatsQiva  (.lov 
Ntszoqov  ^vyaTeQa 

'.2  TTJ  MaQi.iaQOXQOVoonrjyri, 

JJovve  fj  fxo^Qeg  töj  (xoiqw 

Kai  Xovyoviai  xat  vlßyovzai 

JW  aorjfioxoQÖoviCovTai, 

Ki^  av  X  E(xsvri^)  ij  MV/^f  (lov 

Ki^  av  slve  cc^ia  xal  xalij, 

Ilsg  zrjg  vccqxu^)  ^cc  (xe  ßQjj. 

„Heilige  Katharina  mein, 

Eines  Doktors^)  Tochter, 

Geh  nach  cQOvXa  (?) 

Und  nach  xccQovXa  (?), 

Nach  Marmorgoldenbrunn, 

Dort  weilen  die  Miren  alle 

Und  baden  sich  und  waschen  sich 

Und  schmücken  sich  mit  Silber  schmuck; 

Wenn  dort  auch  die  meine  ist 

Und  wenn  sie  würdig  ist  und  gut, 

Sag  ihr,  dass  sie  mich  besuche." 

Der  Schluss  des  Orakels  wie  oben:  im  Schlafe  erwartet  das  Mädchen 
den  wasserbringenden  Geliebten. 

Bemerkenswert  ist  die  Übereinstimmung  von  V.  5.  6.  10.  12  mit  den 
oben  mitgeteilten  Beschwörungsformeln,  wodurch  zugleich  bewiesen  wird, 
dass  auch  die  äginetische  Sitte  des  aQ/nvQoxovlovQO  in  die  Kategorie  der 
Mirenbeschwörungen  gehört.  Unklar  sind  V.  3  und  4.  MuQ^aQoxQovao- 
nriyri  ist  ein  fingierter  Ortsname  mit  durchsichtiger  Etymologie ;  ob  freilich 
das  Wort  von  Anfang  an  im  Vers  gestanden  hat,  ist  eine  keineswegs  ganz 
klare  Frage  (s.  oben  S.  289). 


" 


1)  etwa  agovnn  mit  Dissimilation  des  zweiten  q? 

2)  Bedeutung  mir  nicht  bekannt;  beide  Wörter  vielleicht  nur  Reimspielerei.  Auch 
Griechen,  die  ich  darüber  befragte,  kannten  die  Wörter  aQOvla  und  xaQOvla  nicht. 

3)  =  ^/x^ya. 

4)  =  vägd^ri,  d.  i.  va  f'Aö-jj.  Der  Aorist  ^p/a  (statt  ^g9a  nach  Analogie  von 
fQ/ofiiti)  ist  auch  sonst  bekannt:  ich  selbst  habe  ihn  auf  los  gehört,  Ross  bezeugt  ihn  von 
Kythnos. 

5)  vi^Togas,  it.  dottore  „Doktor",  wie  ja  auch  bei  uns  Bezeichnung  für  den  „Arzt". 
Einige  Heilige  sind  als  Heilkünstler  berühmt. 


i 

Sagengeschichtliche  Parallelen  aus  dem  babylonischen  Talmud.  293 

Eigenartig  ist  ein  Gebrauch  am  Sylvesterabend  (d.  i.  Vorabend  des 
hl.  Basilios):  das  Mädchen  kämmt  sich  und  legt  die  ausgekämmten  Haare 
samt  Kanmi  und  Spiegel  unter  ihr  Kopf kissen ;  hierauf  bindet  sie  sich  ein 
XQvon/^idvTTjknv  um  und  verfährt  dann  weiter  wie  in  dem  zweiten  der  mit- 
geteilten Orakel. 


SagengescMchtliche  Parallelen  aus  dem  babylonischen 

Talmnd. 

Von  S.  Singer. 


Wenige  Sagenforscher  werden  wohl  imstande  sein,  den  Talmud  im 
Original  zu  lesen.  Allen  übrigen  hat  nun  gewiss  Dr.  August  Wünsche 
mit  seiner  Übersetzung  „Der  babylonische  Talmud  in  seinen  haggadischen 
Bestandteilen  (Leipzig  1886  —  89)"  einen  unschätzbaren  Dienst  geleistet. 
Leider  hat  er  es  versäumt,  seinem  AVerke  ein  Register  beizugeben.  Wenn 
ich  im  folgenden  einige  Zusammenstellungen  biete,  so  mache  ich  durchaus 
keinen  Anspruch  auf  Vollständigkeit,  erlaube  mir  vielmehr  nur  für  die 
Fachgenossen  einiges,  was  mir  bei  der  Lektüre  aufgefallen  ist,  zusammen- 
zustellen : 

1.  Bugge,  „Studien  über  die  Entstehung  der  nordischen  Götter-  und 
Heldensagen"  (übers,  von  O.  Brenner  S.  47  ff.)  legt,  von  einer  Bemerkung 
K.  Hofmanns  (Germania  H,  48)  ausgehend,  grosses  Gewicht  auf  die  Über- 
einstimmung der  Erzählung  der  „Toledoth  Jeschu"  von  dem  Tode  Christi 
an  einem  Kohlstengel  mit  dem  Tode  Baldrs.  Die  Übereinstimmung  ist 
allerdings  eine  sehr  grosse,  der  Fehler  ist  nur,  dass  sich  die  jüdische  Er- 
zählung nicht  über  das  13.  Jahrhundert  zurück  verfolgen  lässt.  Ohne  etwas 
Bestimmtes  behaupten  zu  wollen,  will  ich  hier  nur  zeigen,  dass  sie  sich 
sehr  wohl  als  selbständig  aus  jüdischen  oder  internationalen  Sagenmotiven 
entstanden  denken  lässt  und  zwar:  a)  nach  Hrabanus  Maurus,  contra  Judaeos, 
erzählen  die  Juden,  dass  Jesus  in  einem  Kohlgarten  begraben  worden  sei. 
Das  ist  wohl  als  Ausgangspunkt  anzunehmen;  b)  Wünsche  H  1,  76  w^ird 
von  einem  Krautstengel  berichtet,  der  so  hoch  war,  dass  man  daran  mit 
einer  Leiter  auf-  und  absteigen  musste;  c)  internationales  Märchenmotiv 
von  den  Tieren  und  auch  leblosen  Gegenständen,  die  sich  weigern,  einem 
Menschen,  der  ihnen  früher  wohlgethan  hat,  auf  Befehl  eines  andern  etwas 
Übles  zuzufügen  (s.  Gonzenbach,  Sicilian.  Märchen  No.  13,  Anm.  von 
R.  Köhler;  Cosquin,  Contes  populaires  de  Lorraine  H,  239  ff.).  Auch  ein 
Baum  weigert  sich  etwa,  den  Betreffenden  aufzuspiessen  (Pitre,  Fiabe 
novelle  e  racconti  popolari  siciliane  No.  18). 

Zeitschrift  d.  Vereins  f.  Volkskunde.     1892.  20 


294  Sinper: 

Bei  dieser  Gelegenheit  will  ich  denn  gleich  das  Übrige,  was  mir  an 
Berührungen  der  „Toledoth  Jeschu"  mit  abendländischer  Litteratur  auf- 
gefallen ist,  notieren.  Dabei  ist  die  Recension  Wagenseils  in  seinen  „Tela 
ignea  Satanae"  (Altdorfi  Noricorum  1681)  und  die  Huldrichs,  Historia 
Jeschuae  Nazareni  (Lugd.  Bat.  1705)  auseinanderzuhalten  (s.  Rösch,  theolog. 
Stud.  u.  Krit.  1873,  S.  83  fP.). 

Bei  Huldrich  ist  die  zwischen  Joseph  Pandera  und  Mirjam  spielende 
Geschichte  vernünftig  und  zusammenhängend,  bei  Wagenseil  dagegen  ist 
sie  recht  unsinnig:  Mirjam  ist  mit  dem  ehrbaren  und  gottesfürchtigen 
Jüngling  Jochanan  verlobt,  was  aber  folgt,  hat  eigentlich  nur  Sinn,  wenn 
man  annimmt,  dass  sie  mit  ihm  verheiratet  ist.  Joseph  Pandera  nämlich, 
der  sich  in  Liebe  zu  ihr  verzehrt,  schleicht  immer  um  ihr  Haus,  bis  er 
endlich  an  einem  Sabbathabend  —  man  muss  annehmen,  dass  es  schon 
ganz  finster  gewesen  sei  —  sie  vor  der  Thüre  ihres  Hauses  sitzend  trifft, 
mit  ihr  in  die  Kammer  geht,  und  sie  dort,  ohne  ein  Wort  zu  reden,  be- 
schläft, was  sie  sich  gefallen  lässt,  da  sie  ihn  für  Jochanan  hält.  Er  ver- 
lässt  sie,  ohne  sein  Schweigen  gebrochen  zu  haben,  kommt  aber,  von 
böser  Lust  getrieben,  in  der  Mitte  der  Nacht  ein  zweites  Mal.  Der 
erstaunten  und  erschreckten  Mirjam,  die  ihn  fragt,  was  das  zu  bedeuten 
habe,  giebt  er  wieder  keine  Antwort.  Nach  drei  Monaten  merkt 
Jochanan,  dass  sie  schwanger  sei  und  geht  zu  seinem  Lehrer  Simon, 
sich  bei  ihm  Rats  zu  erholen.  Dieser  meint,  der  Übelthäter  werde  sein 
Beginnen  gewiss  noch  wiederholen,  dann  solle  ihm  Jochanan  auflauern 
und  ihn  bei  Gericht  verklagen.  Dieser  thut  aber  nichts  dergleichen,  son- 
dern flieht  nach  Babylon.  Man  sieht,  dass  die  beiden  Züge:  das  Wieder- 
kommen des  Ehebrechers,  sowie  der  Rat  des  weisen  Simon  für  die  Öko- 
nomie dieser  Erzählung  gänzlich  überflüssig  sind.  Wir  haben  hier  vielmehr 
den  Typus  einer  bekannten  Novelle  vor  uns,  der  nur  durch  Hineintragen 
von  Zügen  der  wirklichen  Joseph-  und  Mariasage  alteriert  wurde:  der- 
jenige, der  das  zweite  Mal  wiederkommt,  ist  der  Ehemann,  und  an  der 
Frage  der  Frau  erkennt  er,  dass  er  betrogen  worden  ist,  den  Rat  des 
weisen  Freundes  aber  befolgt  er.  Im  grossen  und  ganzen  ist  das  ja  auch 
die  Geschichte  des  Plautinischen  Amphitruo  und  des  lakedämonischen 
Königs  Aristo  (Herodot  YI,  68  ff.);  genau  aber  stimmt  Boccaccios  Novelle 
vom  Langobardenkönig  Agilulf,  deren  Quelle  noch  unbekannt  ist.  Sie 
kann  mit  der  hier  besprochenen  Erzählung  recht  nahe  verwandt  ge- 
wesen sein. 

Wenn  bei  Wagenseil  Jesus  angiebt,  seine  Mutter  habe  ihn  durch  den 
Seheitel  empfangen,  so  ist  dies  ebenso  wie  die  muhamedanische  Tradition, 
wo  dies  dadurch  geschah,  dass  Gabriel  sie  anhauchte,  wo  ihr  Hemd  sich 
an  den  Hals  schloss  —  nichts  anderes  als  die  verwandelte  christliche  Auf- 
fassung der  Empfängnis  durch  deis  Ohr.    Wemi  ihn  aber  Huldrich  aus  der 


Sagengescliichtliche  Parallelen  aiis  dem  babylonischen  Talmud.  295 

Stirn  seiner  Mutter  geboren  werden  lässt,  so  muss  man  wohl  an  die  Geburt 
der  Minerva  aus  dem  Haupte  des  Zeus  denken. 

Dass  eine  Königin,  namens  Helena,  zu  Jesus'  Zeit  in  Palästina  herrscht, 
mit  ihm  verwandt  und  ihm  freundlich  gesinnt  ist,  mag  zur  Aufklärung  des 
Anachronismus  beitragen,  mittels  welches  die  hl.  Helena  in  unserem 
Spielmannsgedichte  Orendel  als  Christi  Zeitgenossin  erscheint  und  ihm 
den  hl.  Rock  wirkt.  Über  Helena  v.  Adiabene  s.  Massmann,  Kaiserchron. 
HI,  848.  [vgl.  jetzt  Heinzel,  über  das  Gedicht  vom  König  Orendel 
Seite  12.] 

Waa-enseil  erzählt,  nach  seinem  Tode  sei  Jesus'  Leichnam  durch  die 
Strassen  geschleift  worden  und  ihm  dadurch  das  Haar  vom  Kopfe  ab- 
gegangen. Um  dem  Herrn  nun  gleich  zu  sein,  hätten  seine  Jünger  ihr 
Haar  «-eschoren  und  daher  käme  die  Tonsur  der  Mönche.  Anders  gewendet 
ist  die  Geschichte  bei  Huldrich:  dort  wird  Jesu  das  Haar  geschoren  und 
mit  einem  Wasser  begossen,  welches  das  Nachwachsen  verhindert,  um  ihn 
als  unehelich  geboren  zu  bezeichnen;  er  habe  dann  auf  den  Rat  des 
Johannes  an  seinen  Jüngern  dasselbe  gethan,  und  dies  sei  der  Ursprung 
der  Taufe.  Von  anderen,  ferner  liegenden  Parallelen  absehend,  will  ich 
hier  nur  auf  die  bekannte  Erzählung  vom  Herzog  Adelger  in  der  Kaiser- 
chronik verweisen. 

Zum  Talmud  zurückkehrend,  kann  ich  für  das  wenige,  was  er  von 
Jesus  erzählt,  auf  Rösch  a.  a.  0.  77  ff.  verweisen.  Wenn  Hrabanus  Maurus 
a.  a.  O.  berichtet,  die  Juden  erklärten  den  Geruch,  den  man  oftmals  des 
Sommers  in  den  Frühstunden  wahrnehme,  als  von  den  Qualen  herrührend, 
die  Jesus  in  der  Hölle  erduldet,  so  ist  auf  Wünsche  H  1,  160  zu  verweisen, 
wo  Jesus  in  der  Hölle  in  siedendem  Kote  gemartert  wird. 

Weniger  bekannt  sind  andere  Sagen,  in  denen  der  Name  Jesus'  nicht 

erscheint.    Wie  nach  der  Ansicht  einiger  Mythologen  in  gewissen  Legenden 

die  Heiligen   nur  an   die  Stelle   der  alten  Götter  getreten  sind,    so  nimmt 

etwa    der    fromme    Rabbi    Chanina    ben    Teradjon    Jesus'    Stelle    ein. 

Wünsche  H  3,  lU  heisst  es  „Ein  Weib  ging  umher,  um  Staub  unter  den 

Füssen   Chaninas    zu   sammeln.     Er  sagte  zu  ihr  „wenn  es  hilft,   geh  und 

thu  es"  —  das   ist  vielleicht  eine   Kontrafaktur  der  Salbung  durch  Maria 

Magdalena.     Ib.  340  wird  von   der  Marterung  Chaninas   durch  die  Römer 

berichtet.     Er  soll  verbrannt  werden,    und  damit  die  Qual  länger  dauert, 

wird  ihm  ein  nasser  Lappen  aufs  Herz  gelegt.    Da  sprach  der  Scharfrichter 

zu  ihm:    „Rabbi,   wirst   du  mich,   wenn  ich  die  Flamme  vergrössere  und 

den  wollenen  Lappen   entferne,   in   die  künftige  Welt  bringen?"     Chanina 

schwört    es    ihm   zu.     Der  Scharfrichter  thut,    wie  er  gesagt,    und  springt 

dann  selbst  in  die  Flamme.     Eine   Stimme   vom   Himmel  ertönt:    „Rabbi 

Chanina  ben  Teradjon  und  sein  Scharfrichter  sind  beide  für  das  Leben  der 

künftigen  Welt  bestimmt".  —  Die  Ähnlichkeit   mit  Jesus  letzten  Stunden 

ist  wohl  nicht  zufällig. 

20* 


296  Singer: 

Auch  die  bekannte  Kindheitserzählimg  (Ev.  Thom.  graece  A  Kap.  6 — 8. 
14.  15.  Pseudo-Matth.  30.  31.  38.  39.  Evang.  Arab.  48—50)  findet  sich, 
aber  ohne  Nennung  des  Namens  I,  155:  „Die  Rabbiner  sagten:  Es  sind 
jetzt  Kinder  in  das  Lehrhaus  gekommen  und  haben  Dinge  gesagt,  die 
selbst  zu  Josua  ben  Nuns  Zeiten  nicht  gesagt  worden  sind:  Aleph-Beth 
heisst  .  .  .  ."  u.  s.  w.  bis  zum  Schlüsse  des  Alphabeths. 

Die  in  dem  Rätselwettkampf  zwischen  Josua  ben  Chananja  und  den 
griechischen  Weisen  erscheinende  Frage  und  Antwort:  „Wenn  das  Salz 
übelriechend  wird,  wodurch  soll  man  es  salzen?"  „Durch  die  Nachgeburt 
eines  Maultiers."  „Hat  denn  ein  Maultier  eine  Nachgeburt?"  „Wird  denn 
das  Salz  übelriechend?"  —  hat  man  richtig  als  Parodie  auf  die  Bergpredigt 
aufgefasst.  Auch  sonst  ist  dieser  Rätselkanipf  interessant,  weil  er  in  Form 
und  Inhalt  Parallelen  bietet  zu  dem,  w^as  Uhland,  Schriften  3,  213  ff., 
„Lieder  von  unmöglichen  Dingen"  nennt.  „Wo  ist  der  Mittelpunkt  der 
Welt?"  „Hier."  „Wieso?"  „Bringt  Siebe  und  messet!"  (vgl.  Grimm, 
Kinder-  und  Hausmärchen  No.  152  und  Anm.)  „Bring  uns  den  Brunnen 
von  der  Wiese  herein!"  „Dreht  mir  Stricke  aus  Kleie,  so  will  ich  ihn 
damit  bringen."  „Nähe  diese  zerbrochenen  Mühlsteine  zusammen."  „Dreht 
mir  Zwirn  aus  den  Steinsplittern,  so  will  ich  sie  damit  zusammennähen!" 
CM.  Kremnitz,  Rumänische  Märchen  S.  11,  Uhland  a.  a.  O.  336,  Anm.  263, 
Volkslieder  No.  4  B,  10,  Grimm  a.  a.  0.  No.  129).  „Womit  mäht  man 
eine  Ebene,  auf  der  Messer  wachsen?"  „Mit  Eselshörnern."  „Hat  denn 
ein  Esel  Hörner?"  „Giebt  es  denn  eine  Ebene  mit  Messern?"  (vgl. 
Walahfrid  Strabo,  „Cornutos  acquirat  equos"  bei  Uhland  a.  a.  0.  319 
Anm.  170).  Die  Erzählung  endlich,  wie  ihm  die  Aufgabe  gestellt  wird, 
ein  Haus  zwischen  Himmel  und  Erde  zu  bauen;  er  erhebt  sich  nun  durch 
Zauber  in  die  Lüfte  und  heisst  die  Gegner  ihm  die  Baumaterialien  hinauf- 
reichen; da  sie  es  nicht  können,  hat  er  gewonnen  —  findet  sich  wieder  in 
1001  Nacht  (Nacht  561  —  68,  Habicht  XIII,  86).  Die  Einkleidung:  ein 
Gast  kommt  sich  mit  den  Wirten  im  Rätselwettkampf  zu  messen,  wobei 
sein  Leben  zu  Pfände  steht,  gemahnt  an  bekannte  nordische  Typen. 

2.  Zimmer  hat  (Zeitschr.  f.  d.  A.  XXXHI,  127 ff.  258ff.)  die  irischen 
Quellen  aufgedeckt,  auf  welche  die  Brandanerzählungen  des  Mittelalters 
zurückgehen  und  hat  dann  diese  irischen  Quellen  selbst  wieder  (a.  a.  0. 
324 ff.)  als  aus  thatsächlichen  Erlebnissen  irischer  Fischer,  von  heidnischer 
Zeit  her  zurückgebliebenen  Vorstellungen,  endlich  aus  klassischen  Reminis- 
cenzen  entstanden,  erklärt.  Daneben  werden  wir  aber  doch  auch  wohl 
mit  dem  Christentum  eingeführte  orientalische  Bestandteile  anzunehmen 
haben. 

II  2,  179.  3,  212  finden  wir  die  Einleitung  der  zweiten  Brandan- 
sagengruppe: Ein  Schüler  hört  von  seinem  Lehrer  von  30  Quadratellen 
grossen  Edelsteinen,  ungläubig  spottet  er  darüber.     Kurz   darauf  macht  er 


Sagengeschichtliche  Parallelen  aus  dem  babylonischen  Talmud.  297 

eine  Seereise,  da  trifft  er  Engel,  welche  Edelsteine  dieser  Grösse  sägen. 
Reuig  kehrt  er  zurück  zum  I^ehrer,  dieser  aber  verwandelt  ihn  durch  einen 
Zornesblick  in  einen  Knochenhaufeu. 

n  2,  171  finden  wir  den  Jasconius:  Rabba  bar  bar  Ghana  erzählt: 
„Wir  fuhren  einmal  in  einem  Schiffe  und  sahen  einen  Fisch,  auf  dessen 
Rücken  Sand  lag  und  es  waren  Binsen  darauf  gewachsen.  Wir  glaubten, 
es  wäre  trockenes  Land,  stiegen  hinauf,  buken  und  kochten  auf  ihm. 
Als  ihn  das  heiss  machte,  wandte  er  sich  um,  und  wenn  nicht  das  Schiff 
in  unserer  Nähe  gewesen  wäre,  so  wären  wir  untergesunken."  Andere 
Parallelen  bei  Schröder  S.  Brandan  S.  40,  Zimmer  a.  a.  0.  181,  De  Goeje 
in  De  Gids  1889,  S.  281  ff.  Zu  vergleichen  ist  auch  die  Stute  des 
serbischen  Lügenmärchens,  die  zwei  Tage  lang  und  bis  Mittag  breit  ist 
und  auf  deren  Rücken  Weiden  wachsen  (Uhland  a.  a.  0.  235). 

II  3,  113.  bietet  eine  Parallele  zur  Geschichte  von  Judas:  Am 
Sabbath  steigt  kein  Rauch  vom  Grabe  des  Sünders,  denn  am  Sabbath  feiert 
auch  die  Hölle;  vergl.  auch  II  2,  174.     3,  284. 

Beiläufig  will  ich  hier  zwei  weitere  Episoden  des  Brandan  besprechen. 
Das  eine  Mal  kommt  Brandan  in  einen  herrlichen  Palast,  als  aber  einer 
aus  seinem  Gefolge  einen  kostbaren  Gegenstand  aus  demselben  mitnehmen 
will,  wird  er  vom  Teufel  getötet.  Die  celtischen  Quellen  dieser  Erzählung 
hat  Zimmer  a.  a.  0.  nachgewiesen.  Eine  Parallele  bietet  die  Erzählung 
von  Gerbert,  der  mit  seinem  Diener  in  eine  unterirdische  Schatzkammer 
kommt,  da  dieser  aber  ein  Messerchen  daraus  entwendet,  erlischt  der  die 
Schatzkammer  erleuchtende  Karfunkel  und  sie  finden  mit  Mühe  den  Aus- 
weg (Comparetti,  Yirgil  im  Ma.  259 ff.).  In  anderen  Versionen  kommt  der 
Übelthäter  wirklicli  bei  seinem  Unternehmen  elend  um  (Massmann,  Kaiser- 
chronik III,  450). 

Ein  anderes  Mal  kommt  er  auf  eine  Insel,  die  von  Vögeln  bewohnt 
wird,  welche  sich  als  Engel  zu  erkennen  geben,  die  sich  im  Kampfe 
zwischen  Gott  und  Lucifer  neutral  gehalten  haben.  A.  Graff  hat  diese 
neutralen  Engel  im  Giornale  storico  della  lett.  ital.  9,  5 ff',  noch  im  Huon 
d'Auvergne  und  in  Dantes  Inferno  III.  nachgewiesen,  zu  welchen  beiden 
Belegen  er  später  in  seiner  Naturgeschichte  des  Teufels  S.  30  den 
Parzival,  allerdings  auf  eine  etwas  confuse  Weise  —  wenn  nicht  die 
herzlich  schlechte  Übersetzung,  die  ich  in  Ermangelung  des  Originals  be- 
nutzen muss,  daran  schuld  ist  —  hinzufügt.  Wenn  er  aber  dieselbe  Vor- 
stellung S.  407  bei  Origines  findet,  so  ist  es  mir  trotz  eifi-igen  Suchens 
nicht  gelungen,  etwas  Entsprechendes  bei  diesem  zu  entdecken.  Hingegen 
findet  sie  sich  bei  Jans  Enenkel: 

Sumlich  gedächten  in  ir  muot, 
swer  under  in  daz  pest  tuot, 
da,  schul!  wir  bi  beliben. 
wer  mac  uns  dann  vertriben? 


298  Singer: 

di  selben  waren  zwiflser, 
da  von  wären  si  unmser 
dem  vil  hoch  gelobten  got, 
da  von  so  litens  grozen  spot. 

wan  sie  sint  oueh  verstozen 
von  andern  ir  genozen. 

(Einschub  in  der  Arolsener  Christherrecln-ouik.) 

Diese  sind  es,  Vielehe  in  die  Besessenen  „zwischen  Fleisch  und  Haut" 
fahren.  Auf  die  Stelle  im  Parzival  471,  15  (revocirt  798,  11  ff.)  geht 
Wartburgkrieg  115  zurück.  Zu  erinnern  ist  etwa  daran,  dass  die  irischen 
Elfen  Engel  sind,  die  mit  Lucifer  gesündigt  haben,  doch  nicht  so  arg  wie 
dieser  und  darum  von  Gottes  Angesichte  verbannt  sind  (Grimm,  irische 
Elfenmärchen  S.  XIII.  XX.  LXII.  20).  [auch  in  deutschen  Sagen  siehe 
Seeber,  Ztschr.  f.  d.  Phil.  XXl.V,  32  ff.  Lütolf,  Sagen  aus  den  Fünf  Orten 
50.  473.] 

3.  Der  Talmud  kennt  einen  eigentlichen  Fall  der  Engel  freilich 
nicht,  wohl  aber  eine  Episode  bei  der  Weltschöpfung,  welche  der  Auf- 
fassung des  Falles  durch  den  Koran,  die  Yita  Adae  etc.,  nahe  steht. 
Wünsche  II  3,  63  spricht  sich  eine  Schar  der  Engel  über  die  Absicht 
Gottes,  den  Menschen  zu  schaffen,  im  Hinblick  auf  dessen  künftigen  Fall, 
tadelnd  aus.  Zur  Strafe  werden  sie  von  Gott  verbrannt,  ebenso  ergeht  es 
einer  zweiten  Schar,  eine  dritte,  die  sich  dem  Willen  Gottes  beugt,  wird 
verschont. 

Gott  erscheint  in  Gestalt  eines  alten  Mannes  dem  zum  Sterben  be- 
stimmten I,   371.    II   3,   184.    4,    53  —  erinnert    an    nordische    Odinsagen. 

Gespräche   Gottes    mit    der   Gerechtigkeit  I,   136.    II  3,  290  —  vergl. 
Weilen,  d.  ägypt.  Joseph  8  anm.,  woselbst  Litteratur. 
Cantica  allegorisch  ausgedeutet  I,  396. 

II  3,  120  wird  die  Ansicht  aufgestellt,  der  Baum  der  Erkenntnis  sei 
ein  Feigenbaum  gewesen  (andere  nennen  daselbst  den  Weinstock  und  den 
Weizenhalm).  Im  Abendlande  gilt  er  gewöhnlich  als  Apfelbaum,  doch 
nennt  Gottfried  v.  Strassburg  (Massmann  450,  30)  die  Feige.  Eine  andere 
Ausschmückung  des  biblischen  Berichts  vom  Sündenfall,  wonach  Gott  dem 
Adam  gleich  bei  der  Erschaffung  herrliches  Gewand  gegeben  habe,  welches 
ihm  erst  nach  der  Übertretung  des  Gebotes  entfallen  sei  (Lassbergs 
Liedersal  Nr.  95,  73,  Keller,  altd.  Erzähl.  13,  36.  20,  3),  geht  nicht  auf 
talmudische,  sondern  auf  mohammedanische  Tradition  (Weil,  bibl.  Legenden 
der  Muselmänner  S.  27)  zurück. 

Streit  zwischen  Leib  und  Seele  II,  3,  150. 

I,  456.  Choni  liest  Psalm  128,  1:  „Als  der  Ewige  die  Gefangenschaft 
Zions  wendete,  da  waren  wir  gleich  Träumenden."  Er  sprach:  „Ist  es 
denn  möglich,  dass  ein  Mensch  70  Jahre  im  Traume  sei?"    Darauf  schläft 


Sagengeschichtliche  Parallelen  aus  dem  babylonischen  Talmud.  299 

er  ein,  durch  ein  grosses  Felsstück  den  Augen  der  Welt  entzogen,  und 
schläft  70  Jahre.  Als  er  erwacht,  sind  alle  seine  Zeitgenossen  gestorben, 
keiner  erkennt  ihn  mehr  und  er  wünscht  sich  den  Tod  —  dazu  die  Sasen 
von  der  Relativität  der  Zeit  (W.  Hertz,    Deutsche  Sage  im  Elsass  263 ff.). 

II  4,  161.  Um  das  Vorhaben  des  E.  Simeon  zu  befördern,  fährt  ein 
Teufel  in  die  Tochter  des  Kaisers  und  verlässt  sie  waeder  auf  die  Be- 
schwörung desselben,  wodurch  dieser  vom  Kaiser  alles  erlangt,  was  er 
will  —  vergl.  L.  Bechstein,  Deutsches  Märchenbuch  S.  270  u.  a.  m. 

I  135.  „Einem  Manne  war  sein  Weib  gestorben  und  hatte  ihm 
einen  Säugling  hinterlassen,  er  besass  aber  nicht  so  viel,  um  einer  Amme 
Lohn  zu  geben  Da  geschah  ihm  jedoch  ein  Wunder,  es  thaten  sich  ihm 
seine  Brüste  auf,  gleich  den  zwei  Brüsten  eines  Weibes,  und  er  säugte 
seinen  Sohn''  —  die  Tegeaten  erzählten  von  Ares,  wie  er  aus  der  Brust 
einer  gestorbenen  Mutter  dem  durstenden  Kinde  Nahrung  gespendet  habe 
(E.  Curtius,  Abh.  d.  Berlin.  Akad.  1890,  p.  1150). 

I  375  Zettel  vom  Himmel.  Vergl.  Wackernagel,  Litteraturgesch.  2.  Aufl. 
§  78,  41.     Nie.  V.  Basel  S.  338. 

n  2,  116.  Herodes  lässt  die  Leiche  seiner  Geliebten,  Mariamne,  ein- 
balsamieren und  beschläft  dieselbe  durch  sieben  Jahre  —  vergl.  Deutsche 
Volksbücher  (Bibl.  d.  litt.  Ver.  185)   S.  XVIH. 

II  1,  280.  Der  eiserne  Sarg  des  Joseph  schwimmt  auf  dem  Wasser  — 
schwimmende  metallene  Reliquien  AA.  SS.  1.  Febr.  106. 

I,  163  Edelstein  im  Magen  eines  Fisches  gefunden. 

II  3.  27.  Schwert  im  Bette  zwischen  einem  Mann  und  der  Frau  eines 
andern  —  Nibelungen,  Tristan,  Märchen. 

II  4,  167  Alexandersage.  Der  Augapfel,  der  in  andern  Sagen  ein 
Stein  ist,  erinnert  an  die  Näpfchensteine  mit  augenähnlichen  Vertiefungen, 
welche  in  Palästina  gefunden  werden  und  die  H.  Guthe  (Zeitschrift  des 
deutschen  Palästinavereins  XIII,  123ff.)  mit  dem  Stein  mit  7  Augen 
(Sacharja  3,  9)  vergleicht.  Eine  Erwähnung  einer  Alexandersage  bei 
einem  abendländischen  Schriftsteller  des  9.  Jahrb.  s.  Dünmiler,  Abh.  der 
Berl.  Akad  1890,  p.  939,  woselbst  die  Chazaren  mit  Gog  und  Magog  identi- 
fiziert werden. 

II  3,  326.  Antoninus  spricht  zu  Rabbi:  „Die  Grossen  Roms  quälen 
mich."  Da  führte  ihn  R.  in  einen  Garten  und  riss  täglich  einen  Rettich 
von  einem  Beete  vor  ihm  aus  —  vergl.  Livius  I,  54.  Die  darauf  erzählte 
Correspondenz  zwischen  den  genannten  durch'  Zusendung  von  Pflanzen  er- 
innert an  die  zwischen  Darius  und  Alexander. 

11  3,  278.     Prokrustesbett  in  Sodom,  Urteil  des  Schemjaka. 

n  3,  239.  Jemand  erkennt  durch  besonders  scharfsinnige  Combination 
an  den  Spuren,  die  ein  Kamel  hinter  sich  gelassen  hat,  dass  dieses  auf 
einem  Auge  blind  gewesen  sein  und  zwei  Schläuche  getragen  haben  müsse, 
deren  einer  mit  Wein,  der  andere  mit  Öl  gefüllt  war,    endlich,    dass  zwei 


300  Singer: 

Männer,  ein  Israelit  und  ein  Heide,  es  geführt  hätten  —  vergl.  jetzt  diese 
Ztschr.  II,  120  ff. 

I,  41.  Jemand  belauscht  das  Gespräch  zweier  Geister  und  gewinnt 
dadurch  grossen  Reichtum,  ebenso  gelingt  es  ihm  im  darauf  folgenden 
Jahre,  im  dritten  Jahre  aber  erklären  die  Geister  einander,  schweigen  zu 
wollen,  weil  er  mittlerweile  das  Geheimnis  seinem  Weibe  verraten  hat, 
und  sie  dadurch  erfahren  haben,  dass  sie  nicht  ungestört  sind  —  vergl. 
Cosquin,  contes  populaires  de  Lorraine  Nr.  VII. 

I,  448.  II  3,  274.  Ein  frommer  Mann  wird  als  Gesandter  mit  einer 
Kiste  voll  Kostbarkeiten  zum  Kaiser  geschickt.  Die  Leute  in  der  Her- 
berge, in  der  er  übernachtet,  stehlen  dieselben  und  legen  Erde  an  ihre 
Stelle.  Als  er  sie  aber  zum  Kaiser  bringt,  zeigt  es  sich,  dass  die  Erde, 
in  die  Luft  geworfen,  sich  in  Schwerter  verwandelt,  so  dass  der  Kaiser 
alle  seine  Feinde  damit  bezwingt.  Als  jene  falschen  Wirtsleute  nun  hören, 
dass  dem  Gesandten  ihrer  Erde  halber  so  viele  Ehre  angethan  worden 
sei,  reissen  sie  alle  ihre  Häuser  ein  und  bringen  die  Erde  dem  Kaiser. 
Da  sich  aber  an  derselben  keine  Wunderkraft  zeigt,  werden  sie  als  Be- 
trüger umgebracht  —  vergl.  Cosquin  Nr.  X,  XX,  XLIX,  LXXI. 

11  1,  163.  „Es  war  nämlich  gebräuchlich,  dass  bei  der  Geburt  eines 
Knaben  ein  Cederbäumchen  und  bei  der  Geburt  eines  Mädchens  ein  Kiefer- 
bäumchen  gepflanzt  wurde"  —  vergl.  Cosquin  Nr.  V. 

H  1,  130.  Ein  Mann  lebt  von  seinem  Weibe  getrennt;  sie  veranlasst 
ihn,  sie  zu  beschlafen,  indem  sie  sich  als  Buhlerin  verstellt,  und  giebt  sich 
ihm  erst  zu  erkennen,  als  er  sich  aus  Reue  über  seine  That  töten  will  — 
vergl.  Ende  gut,  alles  gut. 

II  1,  341.  Ein  Götzenbild  Jerobeams  wird  durch  einen  Magnet 
zwischen  Himmel  und  Erde  schwebend  erhalten  —  ebenso  das  Sonnenbild 
im  ägyptischen  Serapeion,  vgl.  Burckhard,  d.  Zeit  Constantins  d.  Gr.  196, 
woselbst  richtig  die  Erzählung  vom  Sarge  Mohammeds  herangezogen  wird. 

II  1,  188.  Sowie  die  Ansichten  in  betreff  der  Speisen  verschieden 
sind,  so  sind  auch  die  Ansichten  in  betreff  der  Weiber  verschieden.  Dem 
einen  fällt  eine  Fliege  in  den  Becher,  er  schüttet  ihn  aus  und  trinkt  nicht, 
der  andere  nimmt  die  Fliege  heraus  und  trinkt,  der  dritte  trinkt  die  Fliege 
mit  —  dies  kursiert  vielfach  heutzutage  als  Anekdote,  aber  ohne  Nutz- 
anwendung auf  das  Verhältnis  zu  den  Weibern,  als  Antwort  auf  die  Frage 
nach  dem  Unterschied  zwischen  dem  Engländer,  dem  Deutschen  und  dem 
Russen. 

4.  Einiges  hier  Einschlägige  habe  ich  in  meinem  Aufsatze  über: 
„Salomosagen  in  Deutschland"  (Zeitschr.  f.  d.  Alt.  35,  177 ff.)  zusammen- 
gestellt. Man  erlaube  mir  hier  einige  Nachträge  zu  diesem  Aufsatze  an- 
zuschliessen. 

5.  179.  Eine  nicht  unwichtige  Form  der  Moroltsage  bieten  zwei 
Münchener    Handschriften,    deren  Inhalt  W.  Meyer  in  seiner  Abhandlung 


i 


Sagengeschichtliche  Parallelen  aus  dem  babylonischen  Talmud.  301 

über  die  Geschichte  des  Kreuzholzes  vor  Christus  (Abh.  d.  Bayr.  Akad. 
d.  Wiss.  XYI,  103 ff.)  mitteilt:  Als  Adam  stirbt,  legt  ein  Engel  einen  Kern 
des  Baumes  der  Erkenntnis  in  seinen  Mund.  Daraus  wächst  ein  Baum, 
unter  dem  Salomo  Gericht  zu  halten  pflegt.  Die  Sibylle  mit  den  Gänse- 
füssen  kommt  und  betet  den  Baum  an.  Beim  Abschied  bittet  sie  Salomo, 
ihr  seinen  Halbbruder  väterlicherseits,  einen  Zwerg,  mitzugeben.  Dieser 
trägt  nun  dem  Bruder  auf,  die  Königin  wegen  des  Grundes  ihres  Be- 
nehmens auszuforschen.     Darauf  die  übliche  Sibyllenprophezeiung. 

S.  183.  Zu  der  Litteratur  über  den  Schamir  ist  noch  Baring-Gould, 
Gurions  myths  of  the  middle  ages  386  ff.  hinzuzufügen. 

S.  184.  Die  Stelle  im  Wigamur  ist  nicht  für  unsere  Sage  beizuziehen, 
vielmehr  ist  a.  a.  0.  nach  einer  mir  von  Heinzel  freundlichst  mitgeteilten  ein- 
leuchtenden Besserung  alder  statt  adler  zu  lesen,  wodurch  jede  einschneidende 
Änderung  überflüssig  wird. 

S.  186.  Die  Leichen  der  HH.  Florian,  Stanislaus,  Bacchus  durch 
überfliegende  Adler  vor  den  wilden  Tieren  geschützt  (AASS.  lY.  Mai  465. 
VII    Mai  202.  231.     YII.  Oktober  838    867.  869). 

Bern. 


Das  Schiieeschulilaiifen  in  Norwegen. 

Von  Konrad  Maurer. 


Unter  dem  Titel:  „Norsk  Idraet,  ved  Laurentius  Urdahl.  Illu- 
streret  af  A.  Bloch"  hat  ein  Werk  in  Christiania,  bei  Alb.  Cammermeyer 
zu  erscheinen  begonnen  (1891),  welches  die  in  Norwegen  üblichen  Arten 
des  Sport  zu  behandeln  bestimmt  ist;  man  verzeihe  den  Gebrauch  des 
fremden  Wortes,  für  welches  ein  entsprechendes  deutsches  nicht  zu  Gebot 
steht.  Nach  dem  kurzen  Vorworte  sollen  behandelt  werden:  der  Sclinee- 
schuhlauf  und  Schlittschuhlauf,  das  Fahren,  Traben  und  Wettreiten,  das 
Büchsenschiessen,  die  Jagd  und  Fischerei,  das  Segeln,  Kudern  und 
Schwimmen,  die  Touristerei  (wieder  ein  Fremdwort!),  das  Ballschlagen, 
Wettlaufen,  Turnen  und  die  Radfahrerei.  Nur  zum  Teil,  wie  man  sieht, 
handelt  es  sich  dabei  um  altvolkstümliche  Übungen,  und  nur  insoweit  ge- 
hört das  auf  etwa  10  Hefte  zu  60  Öre  berechnete  Werk  dem  Bereiche 
dieser  Zeitschrift  an.  Da  aber,  wie  billig,  gerade  derartige  Übungen  an 
die  Spitze  des  Ganzen  gestellt  siud,  mag  immerhin  auch  die  „Volkskunde" 
das  schön  ausgestattete  Unternehmen  beachten. 

In    den    mir    vorliegenden    vier  Heften    wird    zunächst   der  Schnee- 
schuhlauf (Skisport)  in  sechs  Aufsätzen  behandelt,  von  welchen  der  erste 


302  Maurer: 

(S.  7  — 11)  einen  Auszug  aus  Dr.  Fridtjof  Nansens  Untersuchungen  über 
die  Entwickelungsgeschichte  dieser  Übung  bringt,  der  zweite  (S.  12 — 17) 
aber,  vom  Premierlieutenant  K.  J.  Nandrup  bearbeitet,  die  Schneeschuh- 
läufertruppen des  norwegischen  Heeres  bespricht.  Zwei  weitere  Aufsätze 
sind  dem  Schlittschuhlaufen  gewidmet  (S.  41  —  50),  worauf  dann  noch 
zwei  Aufsätze  über  das  Schlittenfahren  und  ein  solcher  über  den  Trab- 
sport folgen.  Ich  will  hier  nur,  nach  ein  paar  vorgängigen  Worten  über 
das  Schlittschuhlaufen,  den  Schneelauf  besprechen,  diesen  aber  allerdings 
eingehender,  als  dies  in  dem  genannten  Werke  geschehen  ist. 

Die  ältesten  Schlittschuhe  bestanden  im  Norden  wie  anderwärts  aus 
Tierknochen.  Wie  man  anderwärts  in  Pfahlbauten  zu  solchem  Gebrauche 
hergerichtete  Knochen  gefunden  hat,  so  besitzt  auch  die  Sammlung  nor- 
discher Altertümer  in  Christiania  ähnliche  Fundstücke  aus  uralter  Zeit, 
und  auch  die  Geschichtsquellen  gedenken  der  „i'sleggir",  d.  h.  Eisknochen, 
wenn  auch  nur  sehr  selten.  Als  K.  Eysteinn  Magnüsson  seine  Vorzüge 
mit  denen  seines  Bruders,  Sigurdr  Jörsalafari,  verglich,  rühmte  er  unter 
anderm  von  sich:  „ek  kunna  ok  ä  i'sleggjum,  svä  at  engan  vissa  ek  pann, 
er  pat  kepti  vid  mik,  en  pü  kunnir  pat  eigi  heldr  en  naut"  (Heimskr.. 
Kap.  25,  F.  M.  S.,  YII,  S.  120;  fehlt  in  der  Morkinsk.  S.  186).  Noch  bis 
in  die  neueste  Zeit  herunter  dauert  der  Gebrauch  von  Knochen,  sei  es  nun 
von  Pferden,  Rindern  oder  Schafen,  in  Norwegen  sowohl  als  auf  Island 
(vgl.  Islenzkar  Gatur,  pulur  og  Skemtanir,  S.  85  —  87),  ganz  wie  derselbe 
auch  bei  uns  noch  stattfindet,  hier  wie  dort  freilich  nur  noch  als  Spiel 
von  Knaben;  mit  einem  Stachelstocke,  broddastafr,  oder  auch  mit  zweien, 
schiebt  man  sich  dabei  voran,  und  scheinen  die  modernen  Schlittschuhe, 
in  deren  Benutzung  die  Nordleute  jetzt  ungewöhnliche  Fertigkeit  ent- 
wickeln, erst  von  Holland  oder  England  aus  eingeführt  worden  zu  sein. 
Ihre  Bezeichnung,  Skoiter,  will  auf  das  holländische  Schuit  zurückgeführt 
werden  (Dansk  Ordbog  VI  S.  390;  Molbech,  Dansk  Ordbog  H,  S.  836); 
aber  das  holländische  Wort  bedeutet  ein  kleines  Schiff,  während  die 
Schlittschuhe  holländisch  Schaats  heissen,  was  zum  englischen  skate  und 
allenfalls  auch  zum  norwegischen  Worte  stimmt,  von  dem  deutschen  Schlitt- 
schuh oder  Schrittschuh  aber  weit  abliegt. 

Weit  grösseres  Interesse  bietet  aber  der  Schneeschuhlauf,  welcher 
schon  in  den  Quellen  der  älteren  Zeit  eine  erhebliche  Rolle  spielt  und  bis 
in  die  Gegenwart  herunter  eine  specifisch  nationale  Kunstfertigkeit  ge- 
blieben ist.  Über  ihn  waren  schon  früher  tüchtige  Arbeiten  vorhanden, 
von  denen  zwei  hier  genannt  sein  mögen,  nämlich  einmal  der  auf  die 
geschichtliche  Entwickelung  des  Schneelaufes  bezügliche  Abschnitt  von 
Fridtjof  Nansens  bekanntem  Reisewerke  „Paa  Ski  over  Grönland" 
(Christiania  1890)  S.  72 — 127,  sodann  aber  die,  vorwiegend  vom  mili- 
tärischen Standpunkte  aus  gearbeitete  Schrift  0.  Wergelands,  „Skilob- 
niugen,    dens   Historie    og    Krigsanvendelse "    (Christiania    1865).      Beide 


Das  Schneeschuhlaufen  in  Norwegen.  303 

Arbeiten  sind  für  die  beiden  ersten  Abschnitte  unseres  Sammelwerkes 
reichlich  benutzt  worden;  auf  beide  stützen  sich  meistenteils  auch  die 
folgenden  Ausführungen. 

Man  bedient  sich  in  Norwegen  zweier  verschiedenen  Geräte  zum  Gehen 
oder  Laufen  über  den  Schnee.  Einmal  nämlich  kommt  in  Betracht  die 
trüge  oder  tryge,  welche  als  prüga  auch  auf  Island  und  als  truga  oder  trjoga 
auch  in  Schweden  in  Gebrauch  ist,  d.  h.  der  auch  bei  uns  übliche  Schnee- 
reif, also  eine  runde  oder  viereckige  Holztafel  oder  ein  ebensolches  Flecht- 
werk, welches  unter  die  Füsse  gebunden  wird,  um  über  tiefen  Schnee 
leichter  wegzukommen,  und  welches  allenfalls  auch  bei  Pferden  angewendet 
wird.  Beim  Schneereif  ist  es  nur  darauf  abgesehen,  die  Last  des  Menschen 
oder  des  Tieres  über  eine  grössere  Fläche  zu  verteilen;  im  übrigen  aber 
ffeht  man  mit  ihm  wesentlich  ebenso  wie  mit  blossem  Schuh,  d.  h.  schritt- 
weise  und  stapfend.  Sodann  aber  kommt  der  eigentliche  Schneeschuh  in 
Betracht,  welcher  unter  zwiefacher  Bezeichnung  auftritt,  einmal  nämlich 
als  das  ski,  dialektisch  das  skid  oder  die  skida,  dem  skid  der  Isländer  und 
dem  skid  oder  snöskid  der  Schweden  entsprechend;  sodann  aber  als  die 
onder  oder  aandr,  d.  h.  die  öndurr  der  altnordischen  Quellen.  Man  braucht 
beide  Ausdrücke  bald  als  gleichbedeutende,  und  dies  scheint  in  der  älteren 
Zeit  die  Regel  gewesen  zu  sein,  bald  aber  so,  dass  man  unter  der  onder 
eiuen  auf  der  Unterseite  mit  Pelz  belegten,  unter  dem  ski  aber  einen  un- 
belegten Schneeschuh  versteht  (so  Nansen  S.  85;  aber  auch  schon  Svein- 
björn  Egilsson  unter  Berufung  auf  G.  Schöning  und  P.  A.  Munch,  Saml. 
Afhandl.  I  S.  185  —  86),  oder  dass  man  als  onder  den  kürzeren  Schnee- 
schuh bezeiclmet,  welchen  man  vielfach  an  dem  einen  Fusse  trägt,  während 
der  andere  auf  einem  längeren,  dem  ski,  ruht  (Ivar  Aasen).  Im  einzelnen 
sind  die  norwegischen  Schneeschuhe  sehr  verschieden  gestaltet,  insbesondere 
bald  länger  bald  kürzer,  bald  breiter  bald  schmäler;  manchmal  auf  der 
Unterseite  mit  dünnen  Stahlplatten  beschlagen,  um  besser  zu  gleiten, 
anderemale  mit  Pelz  oder  Leder  besetzt,  um  festeren  Halt  zu  geben;  manch- 
mal auch  mit  Rändern  oder  auch  mit  einer  Hohlkehle  auf  der  Unterseite 
versehen.  Der  Regel  nach  sind  sie  ungefähr  8  Fuss  lang  und  3  —  4  Zoll 
breit;  aus  Holz  gefertigt,  sind  sie  vorn,  und  nicht  selten  auch  hinten  etwas 
aufwärts  gekrümmt,  auf  der  Unterseite  aber  flach  und  glatt;  in  der  Mitte 
haben  sie  ein  Band,  unter  welches  der  Mann  seine  Fussspitze  einschiebt, 
und  allenfalls  noch  ein  zweites,  welches  ihm  von  dem  Zehenbande  aus  um 
den  Absatz  herumläuft.  Man  geht  aber  auf  den  Schneeschuhen  nicht, 
indem  man  den  Fuss  hebt,  sondern  man  gleitet  auf  ihnen  wie  auf  Schlitt- 
schuhen, nur  dass  die  Füsse  dabei  nicht  wie  bei  den  letzteren  seitwärts 
ausfahren,  sondern  parallel  miteinander  und  stets  möglichst  nahe  aneinander 
vorbeigeführt  werden.  Nur  bei  dem  Aufstieg  auf  einen  steilen  Berg  wird 
diese  Art  der  Bewegung  etwas  modificiert,  indem  man  die  Schneeschuhe 
solchenfalls    in    einen  Winkel    zu    einander    bringen    und   dabei   stets  den 


3Q4  Maurer: 

hinteren  mit  seinem  hinteren  Ende  über  das  hintere  Ende  des  vorderen 
bringen  muss;  gerade  um  dieses  zu  erleichtern,  empfiehlt  sich  der  Gebrauch 
von  Schneeschuhen  ungleicher  Länge.  In  der  Hand  führt  man  dabei  zu- 
meist einen  Bergstock,  oder  auch  deren  zwei;  für  ihn  galt  früher  die  Be- 
zeichnung geisl  oder  geisli,  während  er  heutzutage  skidstav  genannt  wird. 
Neuerdings  wird  übrigens  dessen  Gebrauch  vielfach  unnötig  befunden.  Auf 
der  Ebene  geht  die  Fahrt  sehr  hurtig,  wenn  anders  der  Schnee  von 
günstiger  Beschaffenheit  ist,  und  bergabwärts  vollends  geht  sie  blitzschnell, 
ohne  dass  man  für  mehr  als  für  die  Steuerung  und  die  Erhaltung  des 
Gleichgewichts  zu  sorgen  hat;  bergaufwärts  geht  es  allerdings  mühsamer, 
indem  die  Höhe  entweder  in  Windungen  erstiegen  oder  seitwärts  Stufe  für 
Stufe  erklommen,  oder  endlich  in  der  vorhin  geschilderten  Weise  gerade 
aufwärts  gegangen  werden  muss,  was  indessen  nur  für  kürzere  Strecken 
und  bei  nicht  allzu  langen  Schneeschuhen  möglich  ist.  Nicht  günstig  für 
den  Gebrauch  der  Schneeschuhe  ist  natürlich  der  nasse  Schnee,  weil  er 
sich  leicht  einhängt  und  klumpt;  nicht  günstig  ist  auch  neuer,  oder  allzu 
feiner  und  staubartiger  Schnee,  wie  er  bei  starker  Kälte  zu  fallen  pflegt, 
weil  er  den  Lauf  nicht  recht  gleiten  lässt.  Möglichst  glatt  und  einiger- 
massen  fest  soll  vielmehr  der  Schnee  sein,  und  dies  ist  er,  wenn  er  bei 
nicht  allzu  kaltem  Wetter  gefallen  und  dann  etwas  in  sich  zusammen- 
gesessen ist;  überdies  soll  dann  noch  eine  leichte  Decke  von  Keif  oder 
weichem  Schnee  sich  darauf  gelegt  haben,  damit  nicht  übermässige  Glätte 
dem  Schneeschuh  den  festen  Einsatz  benimmt  und  ihn  schwer  regierlich 
macht.  Was  sich  aber  von  guten  Läufern  auf  guter  Bahn  ausrichten  lässt, 
zeigt  das  Ergebnis  eines  im  Jahre  1884  in  Jokksmokk  in  Norrbotten  ver- 
anstalteten Wettlaufes:  Die  Bahn  von  220  Kilometer  Länge  wurde  von  dem 
Sieger,  einem  Lappen,  in  21  Stunden  22  Minuten  zurückgelegt,  und  selbst 
der  letzte  unter  den  sechs  Bewerbern  brauchte  nur  um  46  Minuten  mehr! 
(Nansen  S.  124). 

In  Norwegen  war  die  Kunst  des  Schneeschuhlaufens  schon  in  sehr 
früher  Zeit  üblich,  und  hat  dafür  schon  0.  Wergeland,  und  neuerdings,  von 
G.  Storm  freundlichst  unterstützt.  Fr.  Nansen  zahlreiche  Belege  erbracht. 
In  der  jüngeren  Edda  wird  von  der  Riesentochter  Skadi,  der  Frau  des 
Gottes  Njördr  und  später  Odins,  gesagt,  dass  sie  viel  „ä  skidum"  fahre  und 
darum  „öndurgud"  oder  „öndurdis"  heisse  (Gylfag.  Kap.  23  S.  94);  in  der 
That  bezeichnet  sie  Eyvindr  skäldaspillir  in  seinem  Haleygjatal  als  öndurdis 
(Ynglinga  s.  Kap.  9),  und  Bragi  skäld  nennt  ihren  Vater,  pjassi,  öndurdisar 
fadir  (Skäldskaparm.  Kap.  23  S.  318).  Andererseits  wird^  auch  der  Gott 
Ullr  als  „skidfserr"  (Gylfag.  Kap.  31  S.  102)  und  „Öndur-Ass'^  bezeichnet 
(Skäldskaparm.  Kap.  14  S.  266)  und  „skid"  wie  „öndurr"  werden  gelegent- 
lich zu  „kenningar"  für  Schiff  oder  Schwer  dt  vorwendet.  Auch  die  Yölun- 
darkv.  Str.  4  und  8  erwähnt  des  Schneeschuhlaufes,  und  ebenso  (une  Strophe 
der   Ketils   s.   htengs,    Kap.  3   S.  120;    in    dem   „Fuudinn   Noregr"    über- 


Das  Schneeschiihlaufen  in  Norwegen.  305 

Schriebeneil  Stücke  aber  wird  erzählt  (Flbk.  I.  §  176  S.  219),  wie  Norr  auf 
„gött  skiSfaeri"  wartet,  um  seine  Reise  anzutreten.  Schon  aus  diesen 
mythischen  Zeugnissen  geht  hervor,  dass  der  Schneeschuhlauf  in  Norwegen 
bereits  im  10.  Jahrhundert  üblich  war,  und  die  Berichte  der  geschicht- 
lichen Quellen  bestätigen  diese  Thatsache  vollkommen.  Die  Eigla,  Kap.  18 
S.  50  —  51  und  Kap.  71  S.  260  (ed.  Fiiinur  Jönsson)  spricht  wiederholt 
von  norwegischen  Schneeschuhläufern;  die  Heiraskr.  Olafs  s.  helga,  Kap.  20 
S.  230  rühmt  von  Einarr  pambarskelfir:  „skidfoerr  var  hann  hverjum  manni 
betr",  —  sie  nennt  ferner  den  Schweden  Arnljötr  gellini  als  einen  aus- 
gezeichneten Schneeschuhläufer  (Kap.  151  S.  406 — 7)  und  erwähnt  auch 
sonst  der  Schneeschuhe  in  Schweden  (Kap.  96  S.  314),  während  nach  dem 
Eaudulfs  p.,  Kap.  2  S.  337,  in  Norwegen  gleichzeitig  Kolbjörn  Arnason 
sich  seiner  Kunst  in  der  „ski'daferd"  rühmt.  Zu  den  acht  Künsten,  deren 
K.  Haraldr  hardrädi  sich  mächtig  nennt,  gehört  auch  das  „skrida  ä  skidum" 
(Morkinsk.  S.  15)  und  zu  seiner  Zeit  lebte  auch  Hemingr  Asläksson,  der 
beste  Skiläufer  (Flbk.  III,  §  56  S.  405  und  408—9),  von  welchem  in  Nor- 
wegen und  in  Schweden,  auf  den  F^eröern  und  auf  Island  soviele  Volks- 
lieder gesungen  wurden.  Zu  Anfang  des  12.  Jahrhunderts  rühmt  sich 
K.  Eysteinn  Magnussen  in  dem  bereits  erwähnten  Wettstreit  mit  seinem 
Bruder  Sigurdr  seiner  Kunst  „ä  ski'dum"  (Heimskr.  Sigurdar  s.  Jörsalaf. 
Kap.  25  S.  682),  und  wieder  etwas  später  sagt  Rögnvaldr  jarl  von  den 
Orkneys,  seine  neun  Künste  aufzählend,  gleich  K.  Harald:  „skrida  kann  ek 
ä  skidum"  (Orkneyinga  s.  Kap.  61  S.  95).  Für  das  13.  Jahrhundert  bezeugt 
eine  klassische  Stelle  des  Königsspiegels  §  9  S.  20  (ed.  Christ.)  den 
Gebrauch  der  Schneeschuhe,  zumal  auch  bei  der  Renntierjagd,  und  das 
gemeine  Landrecht,  Landsleigub.  §  60  verbietet  im  Interesse  der  im  losen 
Schnee  hilflosen  Tiere  die  Jagd  auf  Elentiere  den  Leuten  „er  ä  skidum 
renua." 

Die  Belege  für  den  Gebrauch  der  Schneeschuhe  in  Norwegen  aus 
späterer  Zeit  Hessen  sich  mit  geringer  Mühe  noch  häufen,  und  in  der  That 
wird  sich  noch  Gelegenheit  bieten,  einige  weitere  von  einem  anderen 
Gesichtspunkte  aus  zu  besprechen.  Hier  darf  von  dergleichen  abgesehen 
werden;  um  so  entschiedener  ist  aber  die  sehr  beachtenswerte  Thatsache 
zu  betonen,  dass  unter  allen  germanischen  Ländern  eben  nur  Norwegen 
und  Schweden  diesen  Gebrauch  kennen.  In  Dänemark  wusste  man  nie 
etwas  von  Schneeschuhen;  denn  was  Saxo  X  S.  329—31  (ed.  Holder)  von 
K.  Haraldr  blätönn  und  Pälnatoki  erzählt,  d.  li.  dieselbe  Geschichte,  welche 
anderwärts  von  K.  Haraldr  hardrädi  und  dem  oben  schon  erwähnten  Hemingr 
berichtet  wird,  ist  unzweifelhaft  norwegischen  Ursprunges,  wie  dies  bei 
Nansen,  S.  86,  sehr  richtig  bemerkt  wird.  Sehr  charakteristisch  ist  aber, 
dass  derselbe  Saxo,  III,  S.  81 — 2,  dem  Ollerus  nacherzählt,  „illum  adeo 
praestigiorum  usu  calluisse,  ut  ad  traiicienda  maria  osse,  quod  diris  car- 
minibus  obsignavisset,  nauigii  loco  uteretur,  nee  eo  sognius  quam  remigio 


306  Maurer: 

preiecta  aquarum  obstacula  superaret".  Mit  Recht  wird  aus  dieser  Angabe 
geschlossen  (Nansen  a.  a.  0.),  dass  Ullr  in  Dänemark  nicht  der  Gott  des 
Schneeschuhlaufes,  sondern  des  Schlittschuhlaufes  gewesen  sei,  und  erst  in 
Norwegen  jene  erstere  Bedeutung  erlangt  habe.  Auffälliger  ist,  dass  auch 
auf  Island  und  in  Grönland  meines  Wissens  in  der  älteren  Zeit  nie  von 
Schneeschuhen  die  Rede  ist,  obwohl  man  diese  von  Norwegen  her  sehr 
wohl  kannte.  Allerdings  werden  solche  in  Rechtsformeln  erwähnt  (Kgsbk. 
§115  S.  206;  Stadarhlsbk.  §.  388  S.  406-7;  HeiSarviga  s.  Kap.  33  S.  381 
bis  82;  Grettla  Kap.  73  S.  165),  indem  die  Tryggdamäl  den  Versöhnten 
die  Haltung  des  Friedens  auferlegen  „hvar  sem  {)eir  hittaz,  ä  lande  eda 
lege,  skipi  eda  ä  skidi,  i  hafe  eda  ä  hestsbake",  und  den  Friedbrecher  soweit 
geächtet  wissen  wollen  als  „Fidr  skridr,  füra  vex,  valr  flygr  värlangan 
dag".  Aber  diese  Formeln  sind  sichtlich  norwegischen,  nicht  isländischen 
Ursprungs,  und  erst  hinterher  in  einzelne  isländische  Rechtsbücher  auf- 
genommen und  in  einzelne  isländische  Sagen  eingeschaltet  worden,  wogegen 
ich  aus  dem  erzählenden  Teile  dieser  letzteren  nicht  einen  einzigen  Beleg 
für  den  Gebrauch  von  Schneeschuhen  auf  Island  beizubringen  vermöchte. 
Auch  in  der  späteren  Zeit  kommen  diese  dort  nur  ganz  vereinzelt  vor  (vgl. 
Islenzkar  Gätur  u.  s.  w.  II  S.  83 — 85).  Es  mag  dahingestellt  bleiben,  ob  sira 
Magnus  Olafsson,  dessen  Äusserungen  über  die  Schneeschuhe  Stephanius  in 
seinen  „Notae  uberiores"  zum  Saxo,  S.  126,  anführt,  unter  den  „nostrates", 
welche  diese  gebrauchen,  Isländer  versteht,  zumal  da  er  unmittelbar  darauf 
diesen  Gebrauch  den  „veteres  Norvagi"  beilegt.  Grewiss  ist  dagegen,  dass 
der  Rektor  Jon  porkelsson  in  einem  Berichte,  welchen  er  zu  der  im  Jahre 
1748  erschienenen  dänischen  Übersetzung  von  Andersons  „Nachrichten  von 
Island"  beisteuerte,  ausdrücklich  bemerkt,  dass  zwar  der  Gebrauch  der 
Schneereife  auf  Island  allgemein  üblich  sei,  dagegen  der  Gebrauch  von 
Schneeschuhen  kaum  vorkomme  ausser  im  Fnjoskadale  im  Nordland. 
Ganz  ähnlich  äussert  sich  Eggert  Olafsson  in  seiner  Reisebeschreibung, 
und  zwar  mit  dem  Beifügen,  dass  zumal  ein  Pfarrer  porgrimr  im  Fnjoska- 
dale und  dessen  Sohn  Jon  zu  Hals  die  Kunst  des  Schneeschuhlaufes 
gekannt  und  geübt  habe;  ich  bemerke  dazu,  dass  porgrimr  Jönsson  in  den 
Jahren  1712  —  39,  und  sein  Sohn,  Jon  porgrimsson,  in  den  Jaln-en  1739 
bis  1795  Pfarrer  zu  Hals  im  Fnjoskadale  war,  und  dass  der  vorhin  ge- 
nannte Magnus  Olafsson  in  den  Jahren  1622-36  die  Pfarrei  Laufäs  in 
demselben  Thale  inne  hatte  (vergl.  Sveinn  Ni'elsson,  Prestatal,  S.  189  und 
191  — 192).  Auch  dem  Eggert  Olafsson  selbst  (f  1768)  wurde  grosse 
Fertigkeit  im  Schneeschuhlaufe  nachgerühmt;  etwas  später  aber  ist  es  ein 
Unterassistent  Buch  beim  Handel  in  Hüsavik,  welcher  sich  der  Kunst 
mächtig  erweist,  und  welcher  sodann  von  der  Regierung  angewiesen  wird, 
gegen  Zusicherung  einer  Belohnung  in  ihr  Unterricht  zu  erteilen  (1780). 
Erst  dureli  ilm,  einen  geborenen  Dänen  (Jon  Espolin,  Arbaekur,  XI,  Kap.  46, 
S.  53),    wurde  der  Schneeschuhlauf  auf  Island  weiter  verbreitet,    zunächst 


Das  Schneeschuhlaufen  in  Norwegen.  307 

in  der  pingeyjarsysla.  dann  aber  noch  weiter  herum,  zumal  im  Nordlande 
und  im  Ostlande  als  den  schneereichsten  Teilen  der  Insel.  Man  sieht,  auf 
Island  ist  die  „skidaferd"  keine  von  Alters  her  überkommene  Kunstfertig- 
keit. Wenn  in  isländischen  wie  in  norwegischen  Werken  die  Sache  zu- 
meist so  aufgefasst  wird,  als  ob  sie  auch  dort  ursprünglich  heimisch  ge- 
wesen und  erst  später  abgekommen  wäre,  so  ist  dies  ein  Irrtum,  welcher 
sich  nur  darauf  stützt,  dass  nicht  gehörig  zwischen  den  auf  Island  und 
den  auf  Norwegen  bezüglichen  Angaben  der  älteren  Quellen  unterschieden 
wird;  sehr  deutlich  lässt  sich  dagegen  erkennen,  dass  das  spätere  allmähliche 
Aufkommen  der  Kunst  in  einzelnen  Gegenden  des  Landes  auf  deren  Ein- 
führung vom  Auslande  her  beruht,  sei  es  nun,  dass  einzelne  Handelsleute, 
oder  auch  einzelne  gelehrt  gebildete  Männer  sie  von  Norwegen,  oder 
auch  von  Kopenhagen  aus  dahin  mitbrachten,  wo  ja  immer  eine  grössere 
Zahl  junger  Nordleute  zu  studieren  pflegte.  Durch  ihre  Lehre  und  ihr 
Beispiel,  hin  und  wieder  auch  durch  hilfreiches  Eingreifen  der  Regierung 
gefördert,  erlangte  nur  sehr  allmählich  das  Schneeschuhlaufen  auf  Island 
das  geringe  Mass  der  Verbreitung,  welches  es  jetzt  dorten  zeigt;  wie 
fremd  aber  die  ganze  Sache  eigentlich  den  Isländern  ist,  zeigt  sich  schon 
daraus,  dass  die  Bezeichnung  „öndrur"  auf  den  Yestmannaeyjar  für  etwas 
ganz  anderes,  aber  eben  so  fremdes,  nämlich  für  die  Stelzen,  gebraucht 
wird  (Islenzkar  gätur,  II,  S.  85).  —  Wie  erklärt  sich  nun  dieses  Fehlen 
des  Schneeschuhlaufens  auf  Island?  Offenbar  nicht  aus  der  Verschiedenheit 
des  Klimas  und  der  Beschaffenheit  des  Landes,  denn  diese  könnte  höchstens 
etwa  für  den  Süden  und  Westen  der  Insel  dessen  Aufgeben  begreiflich 
machen,  unmöglich  aber  für  das  kältere  und  schneereichere  Nord-  und 
Ostland,  wie  sich  schon  aus  der  raschen  Einbürgerung  seiner  Übung  in 
diesen  Gegenden  während  der  neueren  Zeit  ergiebt.  Eher  möchte  man 
annehmen,  dass  zu  der  Zeit,  in  welcher  die  Einwanderung  auf  Island  er- 
folgte, die  skidaferd  auch  in  Norwegen,  oder  doch  in  den  Teilen  von 
Norwegen,  aus  welchen  die  Einwanderer  vorzugsweise  kamen,  noch  nicht 
allgemein  in  Übung  war,  und  dafür  dürfte  noch  Folgendes  sprechen. 

G.  Storni  hat  bereits  (bei  Nansen,  S.  88)  mit  aller  Bestimmtheit  den 
Satz  ausgesprochen,  dass  die  Kunst  des  Schneeschuhlaufens  den  Norwegern 
sowold  als  den  Schweden  von  den  Lap])en  oder  Finnen  her  zugekommen 
sei,  welchen  sie,  wie  allen  Polarvölkern  der  alten  AVeit,  seit  unvordenk- 
lichen Zeiten  bekannt  gewesen  war.  Schon  um  die  Mitte  des  6.  Jahr- 
hunderts nennt  Prokop,  Gothenkrieg  IL  Kap.  15  in  Skandinavien  das  wilde 
Volk  der  -xQLdUpivni  als  ein  lediglich  von  der  Jagd  lebendes,  und  er- 
wähnt Jordanes,  Getica  III.  Kap.  21  das  Volk  din-  Screrofennae  ebenda,  von 
welchem  er  sagt,  dass  es  sich  nur  von  Wild  und  Vogeleiern  nähre.  Etwas 
später  nennt  der  Geograph  von  Ravenna  die  Sirdifeni  oder  Scirdifrini,  und 
im  8.  Jahrhundert  bemerkt  Paulus  Diakonus,  Hist.  Langob.  I.  Kap.  5  von 
den  •  Scritobini:    „Hi    a    saliendo    iuxta    linguam    barbaram    ethimologiam 


308  Maurer: 

ducunt.    Saltibus   eiiim  utentes  arte  quadam  ligno  incurvo  ad  arcus  simili- 
tudinem  feras  adsecmitur."     Scridefinnas  nennt  K.  Aelfred  in  seiner  Über- 
setzung des  Orosius  dasselbe  Volk  am  Ende  des  9.  Jahrhunderts,  und  um 
das  Jahr  1070  erwähnt  es  Meister  Adam,   lY.  Kap.  31,  unter  dem  Namen 
der  Scritefingi,  mit  der  Bemerkung:  „qui  etiam  feras  praevolant  suo  cursu 
per  altissimas  nives."    Um  das  Jahr  1200  endlich  bespricht  Saxo  Gramma- 
ticus,  Praef.  S.  8  die  Scricfinni  als  eine  „gens  inusitatis  assueta  uehiculis'^, 
indem  er  zugleich   ihrer  eigentümlichen  Art,    bergaufwärts  zu  laufen,   ge- 
denkt; an  einer  spätem  Stelle,  V,  S.  165,  sägt  er  von  den  Finnen:  „Pandis 
trabibus  uecti,   conferta  niuibus  iuga  percurrunt",  und  an  der  schon  ange- 
führten,   von  Palnatöki  handelnden  Stelle,  X,   S.  330,   bezeichnet    er    den 
Schneeschuhlauf  als  eine  Kunst,  „qua  Finnii  niuales  saltus  peragrant."^    Nun 
bezeichnet  das  Zeitwort  „skrida"  nicht  nur  das  Dahingleiten  einer  Schlange 
oder  eines  Schiffes,  sondern  auch  das  des  Schneeschuhläufers,  und  es  ist  somit 
klar,  dass  jener  Name  den  Lappen  von  den  Nordleuten  nur  in  Anbetracht 
ihrer  Fertigkeit  in  dieser  Kunst  beigelegt    worden    sein    konnte;    in    der 
That    hat    denn    auch    schon    K.  Zeuss  (Die  Deutschen  und  die  Nachbar- 
stämme,   S.   684)    den    Namen    der    Skridefinnen    ganz    richtig    von    dem 
„skrida"  abgeleitet,    wenn  er  auch  durch  die  Übersetzung  von  „skid"  mit 
„Kletterschuh"  ungenügende  Kenntnis  des  Schneeschuhlaufens  verrät,  und 
haben  auch  R.  Keyser,  Samlede  Afhandl.,  S.  135,  P.  A.  Munch,  Det  norske 
Folks  Historie,  I,  1,  S.  90  und  G.  Storni  (bei  Nansen,  S.  83)  dieselbe  Ab- 
leitung des  Namens  vertreten.    So  ist  denn  auch  in  den  nordischen  Quellen 
oft  genug  von  dem  Skilauf  der  Finnen  oder  Lappen  die  Rede.    Die  oben 
angeführte  isländisch -norwegische  Rechtsforniel   sagt:    „Fidr  skridr",    und 
bezeichnet     damit    die    skidaferd    als    etwas    ganz    specifisch    Finnisches. 
Ebendahin    deuten    die    bereits    erwähnten   Stellen   des    Saxo    und  Meister 
Adams,  welcher  aus  dänischen  Quellen  schöpfte  und  doch  wohl  auch  schon 
die  gleichfalls  mitgeteilten  Worte  des   Paulus   Diakonus.     In   dem    Stücke 
„Hversü  Noregr  bygdiz"   heisst  es  (Flbk.  I,   S.  21)  von  den  Qvsenen,   dass 
sie  opferten  „til  pess  at  sujöfa  gerdi  ok  vjeri  skidfaeri  gött;  pat  er  ar  peirra", 
und  in  der  Historia  Norwegias,  S.  83,  wird  von  den  Finnen,  d.  h.  Lappen 
gesagt,   dass  sie  „levigatis   asseribus  pedibus  subfixis  (quod  instrumentum 
ondros   appellant)"    „per   condensa  nivium  ac   deuexa  montium  —  —  ave 
velocius  transferuntur",  wobei   übrigens    zu    beachten    kommt,    dass    nach 
V.  Thomsen  (Über  den  Einfluss  der  germanischen  Sprachen  auf  die  finnisch- 
lappischen,  übersetzt  von  Sievers,  S.  130)  das  Wort  andri,   öndurr  ein  ur- 
sprünglich   germanisches,    von    den  Finnen  erst  hinterher  aufgenommenes 
sein  soll.  Gunnhildr  Özurardöttir  rühmt  (Heimskr.  Haralds  s.  harf.,  Kap.  34) 
ihren  beiden  Finnen  nach:    peir  kunna  ok  sva  vel  a  ski'dum,  at  ekki  ma 
fordast  pä,  hvarki  menn  ne  dyr",  und  noch  zu  Anfang  des  12.  Jahrhunderts 
sind  es  die  Lappen,    welche  vorzugsweise   Schneeschuhe  liefern,    wie   sich 
aus    dem  Sprichworte   schliessen   lässt:    „snseliga  snuggir,    sveiuar,    kvädu 


I 


Das  Sclineeschublaufoii  in  Norwegen.  309 

Fimiar,  tittu  audra  fala"  (Heimskr.  Magnüss  s.  Berf.,  Kap.  8).  Ja  noch  in 
weit  späterer  Zeit  bespricht  der  schwedische  Erzbischof  Olaus  Magnus  an 
zahlreichen  Stellen  seines  Werkes:  „De  gentium  septentrionalium  variis 
conditionibus  statibusue"  die  Kunst  des  Schneelaufes  als  eine  besonders 
den  Finnen  eigene,  was  er  auch  durch  zahlreiche,  freilich  herzlich 
schlechte,  Holzschnitte  erläutert  (z.  B.  I,  Kap.  4,  S.  8—9;  IV,  Kap.  3, 
S.  124,  und  cap.  12,  S.  135;  ich  eitlere  nach  der  Baseler  Ausgabe  von 
1567),  und  selbst  Stephanius  bezeugt  in  den  „Notae  uberiores",  welche  er 
seiner  Ausgabe  des  Saxo  beigab,  S.  126,  dass  die  Finnen  noch  zu  seiner 
Zeit  (t  1650)  die  Anfertigung  der  Schneeschuhe  ganz  besonders  gut  ver- 
stünden. Nach  allem  dem  könnte  man  allenfalls  die  Yermuthung  wagen, 
dass  der  Schneeschuhlauf  in  Norwegen  erst  nach  der  Zeit,  in  welcher 
Island  besiedelt  wurde,  allgemeinere  Verbreitung  gefunden  haben  möge. 

Zum  Schlüsse  bleibt  noch  eine  interessante  Frage  zu  beantworten 
übrig,  die  Frage  nämlich,  wieweit  etwa  die  Schneeschuhläuferei  im 
Norden  zu  öffentlichen  Zwecken  benutzt  werde  oder  doch  benutzt 
worden  sei?  Von  Gr.  Storni  wurde  (bei  Nausen,  S.  87)  bereits  darauf  auf- 
merksam gemacht,  dass  zu  Anfang  des  16.  Jahrhunderts  Briefe  durch 
Schneeschuhläufer  über  Dovrefjeld  und  weiter  nordwärts  befördert  wurden, 
falls  der  Zustand  der  Wege  deren  Beförderung  zu  Pferd  nicht  gestattete; 
aus  den  Jahren  1525  und  1535  liegen  hierfür  urkundliche  Belege  vor 
(Diplom.  Norveg.,  VII,  Nr.  612,  S.  649,  und  XII,  Nr.  558,  S.  687).  Auch 
im  Kriege  kamen  die  Schneeschuhe  schon  frühzeitig  gelegentlich  zur 
Verwendung.  Wir  erfahren,  wie  K.  Sverrir  im  Jahre  1200  vor  der  Schlacht 
bei  Oslo  den  Pc411  belti  mit  seinen  Uppländern  beauftragte,  zu  ihren 
„Skid  ok  skidfjeri"  zu  greifen,  um  auf  die  Höhen  über  dem  Bauernheere 
zu  laufen,  und  dessen  Stärke  festzustellen,  was  denn  auch  mit  gutem  Er- 
folge geschah  (Sverris  s.  Kap.  163,  in  den  EMS.  VIII,  S.  400).  Wir  hören 
ferner,  wie  Hreidarr  sendimadr,  von  K.  Sverrir  auf  dem  Schlossberge  zu 
Tünsberg  belagert,  einen  Boten  auf  Schneeschuhen  ausschickt,  um  in 
Hamarr  von  K.  Ingi  sich  Hilfe  zu  erbitten  (ebenda  Kap.  177,  S.  437).  Es 
wird  uns  auch  erzählt,  dass  ein  paar  Jahre  später  der  junge  Häkon  Hä- 
konarson,  als  es  galt,  ihn  vor  den  Verfolgungen  der  Baglar  zu  retten, 
einmal  zwei  tüchtigen  Schneeschuhläufern  zur  Weiterbeförderung  anver- 
traut wurde,  weil  sich  das  übrige  Gefolge  durch  die  gewaltigen  Schnee- 
massen nicht  rasch  genug  durcharbeiten  konnte  (Häkonar  s.  gamla,  Kap.  3, 
in  den  F.  M.  S.  IX,  S.  233—34).  Aber  dem  gegenüber  fällt  auf,  dass  der 
in  der  ersten  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts  geschriebene  Königsspiegel  zwar, 
wie  bereits  bemerkt,  eine  sehr  anschauliche  Beschreibung  der  skidaferd 
und  ihrer  Verwendung  bei  der  Jagd  bietet  (§  9,  S.  10),  und  zwar  mit  dem 
vollen  Bewusstsein,  damit  eine  ausschliesslich  nordische  Kunstfertigkeit 
zu  schildern,  dass  er  aber  von  deren  Verwerthung  zu  kriegerischen  Zwecken 
nicht  das  Mindeste  zu  berichten  weiss.     So  sorgfältig  die  Quelle   auch  die 

Zeitschrift  d.  Vereins  f.  Volkskunde.     1892.  21 


310  Maurer: 

körperlichen  Übungen,  die  Waffenfülirung  zu  Fuss  und  zu  Pferde,  zu  Land 
und  zur  See,  dann  auch  zum  Angriff  auf  Burgen  und  zu  deren  Yer- 
theidigung  bespricht  (§  37 — 39,  S.  84 — 91),  so  erwähnt  sie  dabei  doch 
mit  keinem  Worte  der  Schneeschuhe  als  eines  zur  kriegerischen  Aus- 
rüstung gehörigen  Gerätes,  oder  des  Schneeschuhlaufes  als  einer  bei 
Kriegsleuten  üblichen  oder  für  sie  nützlichen  Übung.  Ebensowenig  nennt 
der  Utgerdarbälkr  der  GpL. ,  §  295  —  315,  und  der  Utfararbälkr  der 
FrpL.  Vn,  der  Landvarnarbälkr  des  gemeinen  Landrechtes,  III,  und  des 
gemeinen  Stadtrechtes,  oder  endlich  die  Hirdskrä,  die  Schneeschuhe  unter 
den  vorschriftsmässigen  Gegenständen  der  kriegerischen  Ausrüstung,  welche 
sie  doch  sämtlich  aufzählen.  Endlich  liat  auch  0.  Wergeland  bereits  be- 
merkt, dass  in  den  Geschichtsquellen  bis  in  vergleichsweise  späte  Zeit 
herab  von  einer  Benutzung  des  Schneeschuhlaufes  zu  eigentlich  mili- 
tärischen Operationen  keine  Spur  zu  finden  ist.  Zu  Rekognoscierungen 
oder  zum  Überbringen  von  Nachrichten  sehen  wir  zwar  Schneeschuhläufer 
gelegentlich  verwendet,  wie  die  oben  angeführten  Beispiele  zeigen;  aber 
weder  zu  Umgehungen  des  Feindes,  noch  auch  nur  zur  rascheren  Sammlung 
zerstreuter  Abteilungen  oder  zur  Bewältigung  schwieriger  Bergübergänge 
im  Winter  finden  wir  die  Schneeschuhe  jemals  verwendet,  obwohl  die 
Quellen  oft  genug  von  den  sehr  bedenklichen  Schwierigkeiten  zu  be- 
richten haben,  welche  die  ungeheuren  Schneemassen  den  Bewegungen  von 
Heeren  oder  Heeresabteilungen  in  den  Weg  legten.  Erst  im  Jahre  1644, 
während  der  Hannibalsfehde,  sehen  wir  einmal  schwedische  Bauern  aus 
den  Thallanden  unter  ihrem  Kaplan  Daniel  Buscliovius  auf  Schneeschuhen 
einen  Einfall  in  Norw^egen  machen,  und  dabei  die  Kirchspiele  Jdre  und 
Serna  erobern  (vergl.  Yngvar  Nielsens  interessanten  Aufsatz  in  der  nor- 
wegischen Historisk  Tidsskrift,  III,  S.  195 — 99);  von  Norwegen  aber  er- 
fahren wir  zunächst  noch  nichts  ähnliches,  und  selbst  ein  Wegweiser, 
welchen  eine  an  sehr  verschiedene  Zeiten  und  Orte  sich  anknüpfende 
Volkssage  fremdes  Kriegsvolk,  dem  er  zu  dienen  gezwungen  ist,  auf  Schnee- 
schuhen voranlaufend,  listig  dem  Verderben  entgegeuführeu  lässt  (Werge- 
land, S.  56 — 57,  Nansen,  S.  91 — 92),  ist  ein  Lappe,  kein  Nordmann.  Erst 
um  einige  Jahrzehnte  später  findet  sich  die  erste  Spur  einer  Benutzung 
der  Schneeschuhe  zu  eigentlich  militärischen  Zwecken,  sofern  nach  einer 
mündlichen  Sage  (Wergeland,  S.  65)  während  der  Gyldenlövfehde 
(1676 — 79)  ein  norwegischer  Lieutenant  im  Drontheimischen  mit  16  ge- 
übten Schneeschuhläufern  eine  Abteilung  schwedischer  Dragoner  überfallen 
und  übel  zugerichtet  haben  soll.  Etwas  bestimmter  tritt  die  Verwendung 
von  Schneeschuhläufern  aber  am  Anfang  des  18.  Jahrliunderts  hervor.  Im 
Jahre  1716  sehen  wir  norwegische  Sclmeeschuhläufer  zum  Rekognoscieren 
gebraucht  (Wergeland,  S.  68  und  70 — 71),  zunächst  freilich  zwei  Finnen, 
aber  hinterher  auch  zwei  Soldaten;  ausserdem  versuchen  jetzt  auch  schon 
einzelne,    sei  es  nun  Soldaten  oder  Freiwillige,    als  Schneeschuhläufer  auf 


Das  Sclineeschuhlaufen  in  Norwegen.  311 

eigene  Faust  dem  Feinde  Abbruch  zu  thun  (ebenda,  S.  72 — 73)  und  auch 
im  Jahre  1718  beteiligen  sich  ein  paar  hundert  solche  an  der  Verfolgung 
des  Feindes  (ebenda,  S.  98).  Mag  sein,  dass  damals  schon  ein  besonderes 
kleines  Korps  von  Skiläufern  bestand.  Ein  Reskript  vom  11.  Dezember 
1710  verfügte  nämlich  die  Errichtung  einer  Kompagnie  ausgesuchter  Leute, 
welche  mit  Feuerröhren  bewaffnet,  und,  wie  es  scheint,  auch  mit  Schnee- 
schuhen ausgerüstet  werden  sollten;  nur  auf  sie  kann  es  sich  beziehen, 
wenn  ein  weiteres  Reskript  vom  28.  Januar  1713  anordnete,  dass  100  be- 
urlaubte „Skil obere"  in  Österdalen  nach  Dänemark  geschickt  werden  sollten, 
wie  es  scheint,  um  dort  den  Vertretern  fremder  Mächte  als  etwas  Neues 
gezeigt  zu  werden  (ebenda,  S.  105—106).  Indessen  scheint  dieses  Korps 
der  Feuerröhrer  (Fyrrörer)  nach  Beendigung  des  Krieges,  im  Jahre  1719, 
wieder  aufgelöst  worden  zu  sein,  und  erst  nach  wiederholten  vergeblichen 
Anläufen  wurde  gelegentlich  der  Ordnung  der  Landesverteidigung  im 
Jahre  1742  bleibend  für  die  Errichtung  von  zwei  Schneeschuhläufer- 
Kompagnien  bei  der  Landwehr  gesorgt.  Durch  ein  Reskript  vom 
24.  Juni  1747  wurde  sogar  die  Errichtung  von  sechs  Milizkompagnien 
von  solchen  angeordnet,  und  nach  dem  Kriege  von  1759—62  kamen  noch 
vier  weitere  hinzu,  wobei  sich  die  ganze  Zahl  der  zehn  Kompagnien  auf 
die  östliche  Reichshälfte  beschränkte.  Es  ist  hier  nicht  angezeigt,  die 
einzelnen  Veränderungen  aufzuzählen,  welche  das  militärische  Schnee- 
schuhläufer tum  im  Laufe  der  Zeit  durchzumachen  hatte;  ich  erwähne  viel- 
mehr nur,  dass  im  Jahre  1774  die  anfängliche  Verteilung  der  Skiläufer- 
kompagnien unter  die  verschiedenen  Linienregimenter  beseitigt,  und  aus 
ihnen  ein  eigenes  Korps  mit  sechs  Kompagnien  gebildet  wurde,  welches 
auch  in  demselben  Jahre  für  seine  Winterübungen  ein  eigenes  Exerzier- 
reglement erhielt,  —  dass  ferner  im  Jahre  1781  dieses  eigene  Korps 
wieder  aufgelöst,  und  dafür  aus  je  drei  Kompagnien  je  ein  Skilöberbataillon 
o-ebildet  wurde,  deren  eines  man  dem  ersten  drontheimischeu,  und  deren 
anderes  man  dem  ersten  opländischen  Infanterieregimente  zuteilte.  Als 
später  ein  eigenes  Jägerkorps  errichtet  wurde,  traten  die  beiden  Skilöber- 
bataillone  bald  in  nähere  Beziehungen  zu  diesem;  für  ihre  Sommerübungen 
wurde  das  Jäger exerzitium  eingeführt  (1797  und  1799),  während  sie  für 
ihre  Winterexerzitien  ein  neues  Reglement  erhielten  (1804),  auch  ihre  Be- 
waffnung der  der  Jäger  gleich  gemacht.  Im  Jahre  1802  wurde  das  süd- 
liche Skiläuferbataillon,  sow^ie  das  Linienbataillon  von  Ullensakar  dem 
Jägerkorps  förmlich  einverleibt,  und  auch  die  Ausbildung  der  Chargen 
des  nördlichen  Bataillons  diesem  übertragen.  Kongsvinger,  wohin  das 
Jägerkorps  kurz  zuvor  verlegt  worden  war  (1801),  wurde  fortan  die  Central- 
station  für  den  Schueeschuhlauf;  das  ganze  „Norske  Jägerkorps"  bildete 
sich  bald  mehr  oder  weniger  zu  einer  Skiläufertruppe  aus,  und  wurde 
eine  Mustertruppe,  welche  zumal  im  Rekognoszierungsdienste  der  ganzen 
Reichsgrenze  entlang    vortrefflich    ausgebildet  war.     Aber  freilich   konnte 

21* 


312  Maurer:    Das  Schneeschnhlaufen  in  Norwegen. 

man  die  Skiläufer  nur  aus  Gegenden  rekrutieren,  in  welchen  der  Geljrauch 
der  Schneeschuhe  üblich  war;  der  Versuch,  aus  Lerdalen  eine  neue  Kom- 
pagnie von  solchen  zu  ziehen,  misslang,  weil  -die  im  übrigen  sehr  tüchtige 
Mannschaft  das  Schneeschuhlaufen  nicht  verstand,  und  auch  die  Abteilungen 
aus  Bergenhus  wussten  vorkommendenfalls  nur  Schneereife,  nicht  aber 
Schneeschuhe  zu  gebrauchen  (vergl.  Wergeland,  S.  116).  Aber  durch  die 
regelmässigen  Winterübungen  der  betreffenden  Truppe,  welche  grösstenteils 
in  kleineren  Abteilungen  gelegentlich  des  Kirchganges  abgehalten  wurden, 
dann  durch  die  Gewährung  von  Prämien  für  die  besten  Schneeschuhläufer, 
wurde  diese  Fertigkeit  allmählich  in  weiteren  Kreisen  volkstümlich  und 
üblich,  wie  denn  auch  die  Skiläufertruppe  eine  ganz  besonders  populäre 
wurde,  und  nie  Mangel  an  Rekruten  hatte.  Im  Kriege  von  1808  kam  sie 
zu  ernster  Verwendung.  Während  die  Schweden,  welche  keine  eigens 
geübte  Schneeschuhläuferabteilungen  hatten,  nur  etwa  zum  Behufe  ihres 
Aufmarsches,  zumal  bei  ihren  nördlichen  Regimentern,  sich  der  Schnee- 
schuhe zu  bedienen  vermochten,  konnte  man  norwegischerseits  seine  Ski- 
läuferkompagnien mit  Erfolg  zur  Sicherung  der  eigenen  Kantonnierungen 
und  Verbindungslinien,  sowie  zur  Bedrohung  der  feindlichen  benutzen, 
und  selbst  bei  einzelnen  Gefechten  fanden  diese  Gelegenheit  sich  aus- 
zuzeichnen. Dennoch  Hess  man  nach  Beendigung  des  Krieges  die  Ski- 
läufertruppe allmählich  wieder  verkümmern,  worauf  der  Umstand  nicht 
ohne  Einfluss  gewesen  sein  mag,  dass  sich  im  Sommerfeldzuge  des 
Jahres  1814  selbstverständlich  keine  Gelegenheit  ergeben  konnte,  sie  als 
solche  zu  verwenden.  Man  reduzierte  aus  Sparsamkeitsrücksichten  die 
Zahl  der  Skiläuferkompagnien,  verkürzte  die  Dienstzeit  ihrer  Mann- 
schaften, und  Hess  nach  und  nach  auch  deren  Winterexerzitien  abkommen; 
man  zog  auch  die  Prämien  für  den  Schneeschuhlauf  wieder  ein,  —  die 
Folge  aber  war,  dass  der  Aufschwung,  welchen  dessen  Betrieb  auch  ausser- 
halb der  Armee  genommen  hatte,  rasch  wieder  nachHess.  Im  Jahre  1830 
wurde  zwar  die  Frage  wieder  in  Anregung  gebracht  und  eifrig  diskutiert, 
ob  eigene  Skiläufertruppen  überhaupt  nötig,  und  ob  eigene  Winterexerzitien 
für  solche  überhaupt  erforderlich  wären,  wobei  zugleich  auch  über  die 
andere  Frage  verhandelt  wurde,  ob  nicht  etwa  der  Schneeschuhlauf  für 
die  ganze  Armee  mit  Vorteil  nutzbar  gemacht  werden  sollte;  die  Verhand- 
lungen blieben  aber  ohne  praktischen  Erfolg,  und  auch  Oberstlieutenant 
Wergelands  angeführte  Schrift,  in  welcher  mit  aller  Wärme  die  Ansicht 
ausgeführt  wird,  dass  die  Schneeschuhläufer  für  Norwegen  „die  natürliche 
Winterreiterei "  seien  (vergl.  z.  B.  S.  9,  32,  81,  162,  218),  hatte  keinen 
besseren  Erfolg.  Doch  wurde  der  Schneeschuhlauf  seit  den  sechziger 
Jahren  dieses  Jahrhunderts  wieder  entschieden  populär  in  Norwegen,  und 
wird  jetzt  in  allen  Teilen  des  Landes  eifrig  und  kunstvoll  geübt.  Was 
mittelst  desselben  geleistet  werden  kann,  hat  Fridtjof  Nansens  erfolgreiche 
Durchquerung  Grönlands  auf  Schneeschuhen  inzwischen  glänzend  bewiesen. 


Zur  Volkskunde  des  Egerlandes.  313 

und  mag  sein,  dass  jetzt  auch  Premierlieutenant  Nandrups,  auf  Werge- 
lands  Buch  gestützter  Aufsatz  über  die  „Skilöberafdelinger",  oder  doch 
die  hübsche,  ihnen  beigegebene  Illustration  eines  Überfalles  feindlicher 
Reiterei  durch  eine  Abteilung  von  Schneeschuhläufern  mehr  Eindruck 
macht  als  jene  frühere,  eingehendere  Schrift. 

Der  Schneeschuhlauf  scheint  sich  in  Folge  der  in  erfreulicher  Weise 
sich  mehrenden  Beziehungen  zu  Norwegen  in  neuester  Zeit  auch  bei  uns 
einbürgern  zu  wollen.  Wie  weit  dessen  militärische  Yerwendung  sich  bei 
uns  für  den  Fall  eines  Krieges  mit  unserm  östlichen  Nachbarn  etwa 
empfehlen  würde,  überlasse  ich  Fachleuten  zu  beurteilen,  denen  aber 
unter  allen  Umständen  Wergelands  Schrift  zum  Studium  empfohlen 
sein  mag. 

München. 


Zur  Volkskunde  des  Egerlandes. 

Von  Alois  John. 


Eine  systematische  Volkskunde,  welche  nach  wissenschaftlichen  Grund- 
sätzen alles  Wissen  über  unser  Volk  in  Buchform  zusammenstellt,  giebt 
es  für  das  Egerland  zur  Zeit  nicht.  Dagegen  haben  sich  allerlei  Ansätze 
dazu  im  Laufe  der  Jahre  zusammengefunden,  zumeist  Aufzeichnungen  von 
Heimatsfreunden;  ich  selbst  habe  als  Student  manche  Lieder,  Volkslieder, 
Sagen,  AVorte  der  Volksprache  gesammelt,  ohne  sie  bisher  litterarisch  zu 
verwerten.  Unter  den  Sitten  und  Gebräuchen  des  Volkes  aufgewachsen, 
aus  einem  alten  stattlichen  Egerländer  Bauernhof  hervorgegangen,  ist  mir 
die  ganze  Atmosphäre  dieses  Volkstums,  seiner  Art,  seines  Benehmens, 
seines  Glaubens  und  Aberglaubens,  von  Kindheit  auf  vollkommen  bekannt, 
auch  der  Dialekt  noch  durchaus  geläufig.  Zur  Kenntnis  und  allgemeinen 
Orientierung  über  das  Egerland  verweise  ich  auf  mein  kleines  Buch:  Im 
Gau  der  Narisker,  Schildereien  aus  dem  Egerland  (Eger,  im  Selbst- 
verlag 1888);  zur  wissenschaftlichen  Orientierung  auf  meine  „Litterarischen 
Berichte  aus  dem  Egerland"  (L  1887,  IL  1889,  III.  1890),  endlich 
auf  das  von  mir  herausgegebene  „Litterarische  Jahrbuch"  für  Nord- 
westböhmen und  die  deutschen  Grenzlande,  dessen  I.  Band  1891  zur  Aus- 
gabe gelangt  ist  und  das  auch  die  Volkskunde  gebührend  berücksichtigt, 
insbesondere  ein  Sammelbuch  alles  Volkswissens  für  jene  Landschaften 
werden  will,  das  man  bisher  noch  vermisste. 


Kein   geringerer   als  Goethe    ist   es,    der   zum  erstenmal  eine  Volks- 
kunde des  Efferlandes  aiireüte.     Bezeichnend  dafür  ist  seine  Bekanntschaft 


314  John: 

mit  dem  Magistratsrat  Jos.  Seb.  Grüner  in  Eger,  den  er  auf  seinen  Bäder- 
fahrten nach  Carlsbad  ^)  zum  erstenmal  am  26.  April  1820  kennen  lernte. 
Grüner  war  sein  Begleiter  auf  seinen  geologischen  Ausflügen  im  Eger- 
land,  auf  den  problematischen  Kamerbühl  und  die  kleinen  Vulcane.  Er 
musste  auch  Bericht  erstatten  über  die  Egerländer  und  ihr  Volksleben. 
Gleich  bei  der  ersten  Bekanntschaft  stellte  ihm  Goethe  Fragen  über  die 
Kleidertracht,  Sprache  und  Geschichte  des  Egerlandes. 

„Es  ist  ein  wackeres  abgeschlossenes  Yölkchen",  urteilt  Goethe. 
„Ich  habe  die  Egerländer  wegen  ihrer  beibehaltenen  Kleidertracht,  die 
ich  in  früheren  Jahren  wahrnahm,  lieb  gewonnen.  Sie  haben  mit  den 
Altenburgern  viele  Aehnlichkeit."  Er  ermuntert  Grüner  zur  Yollendung 
seines  Manuskriptes  über  „Sitten  und  Gebräuche  der  Egerländer"  und 
sendet  ihm  Kronbigls  „Sitten  und  Gebräuche  der  Altenburger."  Als  Goethe 
am  26.  August  1827  den  St.  Yinzenztag  in  Eger  (zugleich  Erntedankfest, 
wozu  die  Bevölkerung  der  Umgebung  mit  Prozession  in  die  Stadt  zieht) 
betrachtete,  sagt  er:  „Es  ist  ein  stämmig  robustes  Volk  von  gesundem 
Aussehen.  So  viel  ich  bemerke,  haben  die  Egerländer  weisse  gesunde 
Zähne,  dunkelbraune  Haare,  doch  wenig  Waden."  Später  auf  seinen  Aus- 
flügen über  Land  interessierte  sich  Goethe  auch  für  den  „schönen  rein- 
gehaltenen Egerländer  Yiehschlag"  und  über  eine  Maschine  zum  Zügeln 
der  Ochsenhörner,  von  der  ihm  Grüner  eine  nach  Weimar  schicken 
musste.  Dorthin  berichtete  auch  Grüner  über  seine  Zusätze  zu  den 
Egerer  Sitten,  worauf  Goethe  das  „Egersche  Sittengemälde  ganz  vor- 
züglich bedeutend  und  schätzenswert"  erklärte  mit  der  Bemerkung:  „Ver- 
säumen Sie  auch  das  Geringste  nicht,  denn  bei  Charakterdarstellungen 
sind  gerade  die  kleinsten  Züge  oft  die  bedeutendsten."  Am  19.  Juni  1822 
notiert  Goethe  in  seinem  Tagebuch:  „Mit  Notiz  von  Grüner.  Dessen  Werk 
über  die  Sitten  des  Egerer  Volkes  mit  schönen  Zeichnungen",  wozu  Grüner 
bemerkt:  Er  blätterte  wohlgefällig  in  meinem  Manuskripte  über  die  Sitten 
der  Egerländer  und  bezeugte  Freude  über  die  kolorierten  Zeichnungen. 
In  einem  Brief  von  Marienbad,  19.  Juni  1822,  heisst  es:  „Die  Lieder  der 
Egerländer  habe  sämtlich  gelesen  und  finde  sie  probat." 

Am  24.  August  1823  notiert  Goethe  Grüners  Abhandlung  über  die 
Egerer  Trachten,  die  einen  eigenen  Abschnitt  bildeten.  Grüner  hatte  die 
älteste  und  neueste  Tracht  bildlich  zur  Vergleichung  dargestellt  und  Goethe 
billigt  es  mit  den  Worten:  „Das  hat  sein  Gutes,  man  kann  in  der  Folge 
wahrnehmen,  ob  und  inwiefern  der  Luxus  auf  sie  eingewirkt  hat.  Es 
wäre  interessant,  solche  Aufzeichnungen  auch  von  anderen  Völkern  zu 
haben." 


1)  Über  Grüners  Bezidiunoen  zu  Goethe  veriil.:  Briefwoclisel  und  mündliclier  Verkehr 
zwischen  Goethe  und  dem  llate  Grüner.  Leipzig'  1853.  Über  „Goethe  in  Deutschböhmen" 
meine  gleichnamige  Monographie.     Eger  1889. 


Zur  Volkskunde  des  Egerlaufles.  315 

In  dieser  Weise  wechseln  Gespräche,  Briefe,  Tagehuchnotizen,  Auf- 
zeichnungen und  Beobachtungen.  Goethe  ist  der  eigentliche  Anreger,  der 
erste,  der  die  Yolkskunde  des  Egerlandes  nach  bestimmten  Gesichtspunkten 
zusammenzufassen  sucht  und  Grüner  zur  Abfassung  seiner  Schrift  er- 
muntert. Diese  Schrift  Grüners,  unter  dem  Einflüsse  und  auf  Anregung 
Goethes  entstanden,  führt  den  Titel:  „Über  Sitten  und  Gebräuche 
des  Egerischen  Landvolkes"  (ursprünglich  Manuskript',  nach  seinem 
Tode  veröffentlicht)  und  ist  die  erste  Schrift  über  die  Volkskunde  der 
Egerländer  überhaupt.  Der  Inhalt  liat  die  Überschriften:  „Lustbarkeiten 
und  Unterhaltungen  des  egerischen  Landvolks,  Nationaltänze,  Kleidung 
der  Egerländer,  uralte  Gebräuche  bei  einer  egerländischen  Bauernhochzeit 
(Leihkauf,  Anreden  des  Prokurators,  Einladung  zur  Hochzeit,  der  Trauungs- 
tag, Tischgebet,  Danksagung  nach  dem  Essen,  Brautlied  zur  Nacht  („Wir 
kommen  vor  des  Bräutigams  Thür,  in  Züchten  und  in  Ehren"  etc.),  hocli- 
zeitliche  Kleidung.    Begräbnisse)." 

Dieser  bedeutungsvollen  Einleitung  zu  einer  Yolkskunde  des  Eger- 
landes folgten  im  Laufe  der  Jahre  lose  Sammelarbeiten,  Aufzeichnungen 
aller  Art,  ohne  besonderes  System,  meist  in  Lokalblättern  und  Kalendern 
erschienen ;  einzelne,  das  Egerland  streifende  Aufsätze  sind  für  Westböhmen 
interessant,  in  wissenschaftlicher  Fassung  brachten  sie  die  „Mitteilungen 
des  Vereins  der  Deutschen  in  Böhmen"    (Prag)^). 

Es  sei  in  folgendem  ein  kurzer  Überblick  über  den  gegenwärtigen 
Stand  der  Volkskunde  im  Egerlande  gegeben  mit  Berücksichtigungen  der 
bisher  nie  bekannten  Veröffentlichungen  und  nach  meinen  eigenen  Beob- 
achtungen und  Wahrnehmungen. 

Im  allgemeinen  halte  ich  mich  an  Karl  Weinholds,  des  Herausgebers 
dieser  Zeitschrift,  vortreffliches  Schema  (Heft  1.  Einleitung).  Ich  möchte 
aber  das  folgende  noch  nicht  als  eine  abschliessende,  oder  gar  wissen- 
schaftlich erschöpfende  Arbeit,  sondern  als  vorläufigen  Orientierungsbericht 
über  das  Volksleben  eines  kleinen  deutschen  Gaues  betrachtet  wissen. 


Über  die  Herkunft  und  Abstammung  der  Deutschböhmen  und  der 
Egerländer  sind  mehrere  Hypothesen,  zum  Teil  recht  diskutierbar,  in 
früheren  Jahren  aufgetaucht  (vergleiche  Rassel,  Mitteilungen  III,  3). 
Dr.  Schlesinger,  die  Abstammung  der  Deutschböhmen  (Sammlungen  des 
gemeinnützigen  Vereins). 


1)  Insbesondere  die  Aufsätze  von  Ant.  Aug.  Naaff:  Das  deutsche  Volkslied  iu  Böliinen 
(1882,  Heft  4).  Agrarische  Gebräuche  aus  der  Schönbacher  Gegend  von  J.  K.  S.  (1883, 
Nr.  2).  Das  Jahr  im  Volkslied  und  Volksbrauch  in  Deutschböhmen  von  Ant.  Aug.  Naaff 
(1884,  2,  3).  Deutschböhm.  Dorfweistümer  von  Dr.  Schlesinger  (1884,  4).  Ausserdem  Sagen 
aus  dem  südlichen  Böhmen  von  Hübler  (1886,  1).  Joachimsthaler  Christspiele  und 
Ansinglieder  von  VV.  K.  (1880,  4).  Aus  dem  Sagenbuche  der  ehemaligen  Herrschaft 
Königswart  von  Dr.  Urban  (1879,  1)  u.  A. 


316 


John: 


Tracht,  Dialekt,  Sprache,  Borfanlage  wurden  mit  mehr  oder  minderem 
Glück    und  Geschick    ins   Treffen    geführt.     Auch  der  äussere  Typus,   die 
physische    Konstitution    des  Egerländers    speciell  verführte  zu  mancherlei 
unhaltbaren  Annahmen.     So  hielt  Urban  v.  Urbanstädt  die  Egerländer  für 
Abkömmlinge  der  Friesen  und  von  Schönwerth  die  benachbarten  Oberpfälzer 
von    der   Ostsee    stammend.     Nach   dem  Dialekt  hat  Weinhold  (Bairische 
Grammatik  §  2)  die  Egerländer  zu  den  bajuvarischen  Oberpfälzern  gestellt. 
Das  Kapitel  über  die  physische  Erscheinung  des  Volkes  ist  noch  wenig 
beachtet  worden.     Etwas  besser  sind  wir  über  die   äusseren  Zustände, 
insbesondere  über  Tracht  und  Schmuck,    Haus  und  Hof  unterrichtet. 
Wie  in  der  ganzen  Geschichte  und  Politik  Deutschböhmens  kommen   wir 
auch  hier  auf  den  Unterschied  zwischen   deutsch  und  slavisch.     Besonders 
die  Egerländer  Tracht  wollte  man  als  wendisch  erklären  und  mit  den  ein- 
gesprengten Resten  derselben  (den  Hummelbauern  südlich  von  Bayreuth), 
auch  mit  den  Halloren  und   den  Altonburgern  Vergleiche  ziehen,    freilich 
wenig  überzeugend  und  in  neuester   Zeit   allseits  aufgegeben.     Ebenso  bei 
der  Hofanlage,    die    wir  als  fränkisch^)  ansprechen  müssen,    obwohl  viele 
Ortsnamen  slavisch   sind    (die  alte  regio  Slavorum  wimmelt  davon).     Man 
kennt  jetzt  genau  den  Typus  der  slavischen  und  deutschen  Dorf-  und  Hof- 
anlage, findet  aber  im  Egerland  immer  nur  das  charakteristische  deutsche 
Dorf,  wenn  auch  der  Name  oft  slavisch  zu  erklären  ist.    Eine  Beschreibung 
der  Egerländer  Tracht  findet  sich   bei   Seb.  Grüner  und  in  Prökls   „Eger 
und  Egerland",  in  letzterem  auch   einige  Trachtenbilder.    In  neuester  Zeit 
hat  Dr.  Habermann  sehr  hübsch  kolorierte  Trachtenbilder  herausgegeben, 
die  auch  seinem  Buch:  „Aus  dem  Volksleben  des  Egerlandes"  (Eger  1886) 
beigeheftet  sind.    Die  Egerländer  Tracht  ist  jetzt  so  ziemlich  ausgestorben, 
Goethe  erfreute  sich  noch  an  ihr;    heut  benutzt  man  die  sogen.  „Huasen- 
antouleres",  den  grossen  Messingknopf,  als  Egerländer  Specialität  zu  Broschen, 
und  die  kleidsame,    hübsche    und    nette    Tracht  kann  der  fremde  Gast  an 
den   Cafemädchen    im   Franzensbader  Park  oder  bei  Maskenbällen  finden. 
In  demselben  Buch  findet  sich  auch  eine  genaue  Beschreibung    des  Eger- 
länder Bauernhofes,   mit  Abbildungen,   Plänen    und  Massen.     Auch    über 
die  inneren  Zustände  des  Volkslebens,  über  Sitten  und  Bräuche 
sind  wir  seit  Goethe  und  Grüner  besser  unterrichtet.     Die   Hochzeit,    der 
Leihkauf,     die    Totenfeier    sind    wiederholt    beschrieben    und    dargestellt 
worden,    ebenso    die  Gebräuche  im  Anschlüsse  an  das  Jahr  (Weihnaehts-, 
Faschings-,  Oster-  und  Pfingstbräuche  im  Egerland),   alter  Ackerglaube 
und  Ackergebräuche  bei  der  Bestellung  der  Saat  im  Frühjahr  und  der 
herbstlichen  Ernte.     Eine  Art  Egerländer  Fest-    und  Bauernkalender    hat 


1)  Vergl.  Meitzen:  Das  deutsche  Haus  1882;  Eud.  Hcuuiu.t;-:  Das  deutsche  Haus  iu 
seiner  historischeu  Entwickehmg-  1882.  Auch  verweise  ich  auf  meinen  Aufsatz:  Dorf  und 
Bauernhof  in  Deutsehland,  sonst  und  jetzt  (in  der  „Zeitschr.  f.  deutsclie  Kulturgeschichte, 
herausg.  v.  Dr.  Chr.  Meyer.     1.  Bd.,  Heft  4). 


Zur  Volkskunde  des  Egerlaudes.  317 

bisher  noch  niemand  zusammengestellt,  Wetterregeln  hat  Dr.  Urban 
gesammelt.  Sehr  wenig,  fast  gar  nicht  ist  man  auf  die  Rechts- 
anschauungen und  Rechtsbräuche  eingegangen.  Auch  ein  eigent- 
liches Sagenbuch  des  Egerlandes  fehlt,  wie  es  Eiselt  für  das  Vogtland 
herausgegeben  hat,  obwohl  uns  manche  schöne  Sage  durch  Dr.  Adam 
Wolf  in  Novellenform  erhalten  blieb.  Ein  gutes  Stück  deutscher 
Mythologie  liegt  insbesonders  in  den  Sagen  vom  Ochsenkopf  im  Fichtel- 
gebirge, und  in  den  Sagen  vom  Tillenberg;  in  beiden  will  man  wotanische 
Spuren^)  gefunden  haben.  Abergläubische  Bräuche,  Zauber- 
formeln und  Yiehsagen  sind  meines  Wissens  nach  nicht  aufgezeichnet, 
über  Yolksmedizin  hat  Dr.  Urban  mitgeteilt.  Eine  der  schönsten  Kreuz- 
fahrerleoenden  des  Eo-erlandes  ist  an  den  Namen  des  alten  Geschlechtes 
der  Juncker^)  geknüpft  und  im  Lied  oft  gefeiert  worden.  Sehr  gute  und 
tüchtige  Beiträge  sind  seit  Prof.  Retters  ausgezeichneten  „Andeutungen 
zur  Stoffsammlung  in  den  deutschen  Mundarten  Böhmens"  (Prag  1864)  in 
neuester  Zeit  über  den  Egerländer  Dialekt  erschienen.  Prof  Neubauer 
veröffentlichte  1887  (Wien,  Carl  Gräser):  „Altdeutsche  Idiotismen  der 
Egerländer  Mundart"  mit  einer  kurzen  Darstellung  der  Lautverhältnisse, 
in  welchem  wir  manchem  urwüchsigen  Kernwort  der  Yolkssprache  be- 
gegnen; allerdings  haben  sich  durch  die  mannigfachen  Berührungen  auch 
Fremdwörter  eingeschlichen  (vergl.  desselben  Verfassers  Aufsatz:  Die 
Fremdwörter  im  Egerländer  Dialekt.  Prag  1889),  die  aber  verschwindend 
klein  sind  und  von  dem  deutschen  Erbgut  der  Sprache  wenig  zn  ver- 
drängen vermochten.  Auch  Dr.  Oskar  Brenners  Buch:  „Mundarten  und 
Schriftsprache  in  Bayern"*)  streift  öfter  in  altverwandte  Lande  herüber,  in 
die  alte  Urheimatder  Bayern  (vgl.  Dr.  Sepp,  Der  Bayernstamm).  „Egerer 
Familiennamen"  hat  Prof.  Trölscher  (im  „Egerer  Gymnasialprogramm" 
1883)  zusammengestellt. 

Wir  kommen  nun  auf  die  poetischen  Gattungen  unseres  von 
jeher  sanges-  und  liederfreudigen  Volkes  zu  sprechen.  Die  erste  Sammlung 
Egerländer  Volkslieder  gab  Dr.  Adam  Wolf  im  Jahre  1869  heraus,  die 
er  aus  Volks-  und  Bauernmund  im  Jahre  1846  und  1848  gesammelt,  als 
der  Volksgesang  im  Egerland  in  den  Spinnstuben,  im  Wirtshause,  bei 
Hochzeiten  noch  recht  lebendig  war,  ebenso  die  alten  Volkstänze  (der 
Dreischlag)  mit  Dudelsackbeglcitung  und  die  raschen  Vierzeiler. 

Die  kleine  Sammlung  enthält  circa  56  Volkslieder  epischen  und 
lyrischen  Inhalts,  auch  Weihnachts-  und  Wallfahrtslieder,  Brautlieder, 
Kinderreime,  Neujahrs-  und  Ansinglioder.  Wir  finden  die  meisten  der- 
selben, teilweise  vermehrt  und  in  korrektei-er  Fassung,  wieder  in  der 
Sammlung     „Deutsclio    Volkslieder    aus    Böhmen",     herausgegeben     vom 


1)  Vergleiclie  Alois  .lohn:    III.  literarischer  .Jahresbericht  S.  28  u.  S.  31. 

2)  Ehenda  S.  43. 

3)  Bayrische  Bibliothek  (BinnlxT-  1880,  18  Bd.). 


318  John-: 

Deutschen  Yerein  zur  Verbreitung  gemeinnütziger  Kenntnisse  in  Prag  1888 
bis  1891.  Kindersprüche  und  Kinderspiele  hat  Dr.  Urban  gesammelt. 
Ältere  Egerländer  Dialektdichter,  wie  Dr.  Lorenz  („Erzählungen  und 
Geschichten  in  Egerländer  Mundart"),  Graf  Klemens  Zedtwitz,  haben  in 
Dünel  („Egerländer  Dialektgedichte")  und  Krauss  Nachfolger  gefunden^). 
Rätsel,  Sprüchwörter,  Bauernregeln,  Sentenzen,  Volksmelodieen 
bringt  Dr.  Habermann  in  seinem  schon  früher  erwähnten  Buche;  Vier- 
zeiler hat  besonders  Dr.  Urban  gesammelt,  zum  Teil  auch  selbst  gedichtet. 
Sehr  interessant  und  beachtenswert  sind  die  Fest-  und  Volksspiele  in 
unserem  Gau,  heute  freilich  zu  verkümmerten  Resten  herabgesunken 
(es  sind  jetzt  nur  noch  Weihnachtsspiele  oder  Krippenspiele  in  Eger  Sitte, 
die  gut  besucht  sind.  Einige  sind  auch  nach  dem  Schubertschen  Manu- 
skripte Teröffentlicht  worden).  Dass  in  einer  alten  deutschen  Reichsstadt, 
wie  Eger  im  Mittelalter  gewesen,  auch  Fastnacht-,  Oster-  und  Passions- 
spiele stattfanden,  geht  aus  den  Aufzeichnungen  des  Egerer  Rats  hervor, 
insbesondere  aus  den  Ausgabebüchern  der  Stadt,  wie  sie  Prof.  Trötscher 
veröffentlichte.  So  giebt  der  Rat  1443  den  „goltsmidsgesellen  10  groschen 
zu  trinckgelt  von  dem  vasnachtspiel",  1444  den  Schreibern  und  Stein- 
metzen 40  groschen  von  zweyen  vasnachtspil ,  1449  den  schreybern 
5  groschen  zu  trinkgelt,  als  sie  ein  spil  an  der  vasnacht  vor  dem  rathaus 
hetten".  Ausser  Fastnachtspielen  wurden  auch  geistliche  Spiele  aufgeführt: 
„1476  item  20  groschen  geben  den  Schreibern  auf  der  schul  von  dem 
Spill  an  sanct  Steffanstag,  1477  item  geben  den  Schulmeistern  und  den 
spilleuten  von  dem  Spil  in  den  Osterfeiertagen  22  groschen.  1480  item 
geben  den  Spylleuten  und  Schreibern  30  groschen  von  dem  spyl  zu  den 
Weynachts- Heiligentagen,  zu  vertrinken  an  aller  kyndlein  tage."  Die 
wichtigsten  Feste  und  Volksfeste,  an  denen  wohl  der  ganze  Gau  in  die 
Stadt  strömte,  waren  die  Frohnleichnamsfestspiele.  Das  litterarhistorisch 
wichtigste  und  bedeutendste  ist  das  „Egerer  Frohnleichuamsspiel", 
herausgegeben  von  Gustav  Milchsack  (Litterarischer  Verein  in  Stuttgart. 
156.  Publikation)  Tübingen  1881.  Das  Original  wurde  von  Urban  v.  Urban- 
stedt  entdeckt  und  befindet  sich  jetzt  im  germanischen  Museum  zu  Nürn- 
berg unter  der  Bezeichnung  „Ludus  de  creacione  mundi  uro  7060"  ^).  Das 
Spiel  ist  für  drei  Tage  eingerichtet,  umfasst  die  heilige  Geschichte  von 
der  Weltschöpfung  bis  zu  Ostern  (mit  einem  sehr  interessanten  Schluss- 
satz)  und  beschäftigte  wohl  über  200  Personen. 

Wir  gewinnen  einen  sehr  intimen  Einblick  in  die  Spielweise,    in  das 
Scenar,    durch   reichliche  Angaben,   es  fehlt  nicht  an  echt  volkstümlichen 


1)  Vergleiche  ,,Litteransches  Jalirbucli'-,  lierausg.  von  Alois  Joliii,  I.  Bd.,  Eger  1891: 
„Neuere  Dialektdicht.nngen". 

2)  Vgl.  darüber  Bartschs  ausführliclie  Beschreibung  in  PfeiiTers  Germania  III  (1858, 
Seite  267— 297)  und  „Anzeiger  füi- Kunde  der  deutschen  Vorzeit"  1859,  S.  88  f.,  S.  1301".  und 
S.  168  f. 


Zur  Volkskunde  des  Egerlandes.  319 

Figuren  und  Apostroplien  an  das  Publikum,  an  drastischen  Scenen  aus  dem 
Leben  des  Mittelalters;  die  Sprache  ist  originell,  volkstümlich,  ohne  in 
allzu  grosse  Derbheiten  zu  verfallen.  Angaben  über  Einteilung  des  Lokals 
und  Arrangements  fehlen,  doch  werden  wir  uns  dasselbe  am  Marktplatz, 
von  den  auf  Tribünen  befindlichen  Zuschauern  umgeben,  vorzustellen  haben. 
Der  Marktplatz,  die  Stadt  selbst  war  die  Bühne,  deren  nähere  Einrichtungen 
nicht  zu  ersehen  sind.  Dagegen  finden  sich  wieder  in  den  Ausgabebüchern 
Kotizen,  die  uns  über  die  Schauspieler  (Zünfte,  Bürger,  Schüler  der  Stadt- 
schule) und  das  Kostüm  einiges  verraten.  So  heisst  es  1465:  „aufP  gots- 
leichnam  geben  den  spilleuteu  40  groschen  zu  vertrincken;  item  2  groschen 
den  Rittern;  item  dem  hutel  Sneyder  2  groschen  für  Adams  und  Evas 
rock  zu  pessern,  item  3  groschen  für  rynglein  zu  dem  stern.  1475 
4  groschen  den  „Trumetern  und  Spilleuten  zu  trinken,  item  den  reymern 
und  rittern  40  groschen  von  dem  spil  zu  vertrinken."  Auch  im  XYI.  Jahr- 
hundert setzen  sich  diese  Spiele  aus  der  hl.  Schrift  fort,  wie  uns  Kriegel- 
steins Chronik  belehrt:  1537  das  spil  vom  verlornen  Sohn,  1538  Susanna 
und  Judith,  1543  Jacob  und  seine  Söhne,  1549  die  Historia  vom  Propheten, 
1585  das  gespiel  von  der  Rebecca;  allerdings  fehlten  auch  weltliche  Ein- 
lagen nicht,  so:  1545  das  spil  oswaldi,  1550  der  reiche  Mann,  1557  Ritter 
Galieni,  1629  Andreas,  der  ungarische  König,  mit  seinem  getreuen  Statt- 
halter Baucbano  u.  s.  f.  Diese  weltlichen  und  öffentlichen  Volksspiele 
o-insen  im  XVII.  Jahrhundert  in  die  Räume  der  Stadtschule  über,  wo  sie 
unter  der  Leitung  der  Jesuiten  reichlich  Allegorie  und  Symbolik  annahmen. 
Dr.  Georg  Schmidt  hat  seinerzeit  auf  derartige  Spielzettel  Egerer  Jesuiten- 
dramen aufmerksam  gemacht  und  auch  einige  Titel  angegeben  („Apollo 
im  Chore  der  Musen  erquickt  den  Kriegsgott  Äneas;  Faustus,  ein  adeliger 
Engelländer  (1739),  Garindus  des  wider  ihn  von  seinen  Missgönnern  ge- 
schmiedeten Unglücks  der  allermildeste  Rächer  (1752),  der  mit  Gift  er- 
loschene Blutdurst  Dyouisii,  Wüterichs  von  Sizilien  etc.  etc.  Einer  persön- 
lichen Mitteilung  des  Herrn  Baron  Juncker  in  Breslau  verdanke  ich  auch  die 
Notiz,  dass  diese  Spiele,  auch  die  Frohnleichnamsspiele,  noch  im  XVII.  Jahr- 
hundert in  Eser  o-ebräuchlich  waren.    So  wurde  bei  Paul  Junkher  gegeben: 


ö 


Die  Comedia  mit  der  von  Abraham  verstossenen  Hagar  nebst  ihrem  Sohne 
Ismael,  ferner  Abrahams  und  Abels  Opfer  etc. 

Von  allen  diesen  geistlichen  und  weltlichen  Volksspielen  des  Mittelalters 
ist  uns  heute  bis  auf  die  oben  citierten  Stellen  aus  den  Ausgabebüchoru 
und  dem  Text  des  Egerer  Frohnleic]inamss})iels  niclits  erhalten.  Litterar- 
historisch  interessant  für  die  (rescliichto  des  deutschen  Volkslieds  und  des 
protestantischen  Kirchenlieds  und  den  Einfluss  des  Humanismus  auf  die 
Literatur  Westböhmens  ist  das  Buch  von  R.  Wolkan:  Böhmens  Anteil  an 
der  (knitschen  Litteratur  des  XVl.  Jahrhunderts  (Prag,  A.  Haase),  von  dem 
der  erste  Teil  „Bibliogra])liie"  (1890)  401  Nummern  von  neuen  Mären, 
neuen    Liedern,    Predigten,    Übersetzungen  der  Andria  und  des  Eunuchus 


320  Hartmann : 

von  Terenz  u.  A.  bringt.  Der  zweite  Teil  (1891)  giebt  17  ausgewählte 
Texte,  der  dritte  wird  eine  zusammenfassende  Darstellung  der  Litteratur 
Westböhmens  im  XYI,  Jahrhundert  bringen. 


Damit  sei  unsere  flüchtige  Musterung  und  literarische  Übersicht  über 
die  bisherige  Thätigkeit  auf  dem  Gebiet  der  Volkskunde  im  Egerlande  ab- 
o-eschlossen.  Wir  sehen  alle  Seiten  des  Volkstums  bald  eingehender,  bald 
flüchtiger  beachtet,  aber  auch  oft  klaffende  Lücken.  Eine  von  der  bis- 
herigen Lässigkeit  abweichende  systematische  und  wissenschaftliche  Zu- 
sammenfassung und  Bearbeitung  ist  dringend  geboten.  Insbesondere  ist 
die  Herausgabe  eines  Sagenbuches  und  einer  grundlegenden  Arbeit  über 
das  heute  fast  entschwundene  Volkstum  im  Egerland  als  nächste  Arbeit 
ins  Auge  zu  fassen.  Nur  einigermassen  vermag  das  von  dem  hochverdienten 
Dr.  Georg  Schmidt  gegründete  „Egerländer  Museum",  mit  seiner  Bauern- 
stube eine  Erinnerung  wachzurufen  an  die  reiche  Fülle  echten  deutschen 
Volkslebens,  wie  es  in  diesem  Gau  einst  bestanden  hat. 

Eger. 


Kleine  Mitteilungen. 


Zahlen-  und  Monatsnamen  als  Personennamen. 

Herr  Dr.  Mordtmann,  deutscher  Konsul  in  Salonik,  schreibt  mir:  Es  giebt 
einen  türkischen  Namen  jirmi  sikiz  tschelebi  =  Monsieur  28,  den  Hammer  nicht 
recht  erklärt  ....  im  Neugriechischen  kommt  ein  gleichbedeutender  Name  vor: 
BevroV-i^o  =  venti  otti:  dies  führt  nach  Italien  ....  ich  kenne  nur  etwas,  das  damit 
in  Verbindung  stehen  dürfte:  den  „Februarmonat''.  —  Es  ist  klar,  dass  „Herr  28" 
nur  eine,  mit  besonderer  Absicht  oder  nur  aus  Scherz  gewählte  Bezeichnung  für 
„Herr  Februar''  ist.  Dieser  Monat  wird  in  der  That  in  zahlreichen  Sprachen  als 
Personenname  verwandt.  Hier  sei  nur  das  weniger  leicht  Zugängliche  davon 
erwähnt:  das  arabische  schubät,  das  ich  in  Syrien,  wo  es  meist  •scZ/J«^  und  daneben 
shät  gesprochen  wird,  mehrfach  als  Personennamen  gefunden  habe.  Knüpfen  sich 
doch  auch  im  arabischen  Orient  au  diesen  Monat  besondere  Vorstellungen,  wofür 
hier  als  Gewährsmann  nur  der  ausgezeichnete  Kommentator  des  arabischen  Wörter- 
buches des  FirCizäbädi  angeführt  sein  mag,  der  in  seinem  tädsch  el-arüs  Bd.  V 
S.  149  u.  d.  W.  sabbat  sagt:  subät  und  schubät  Name  eines  Monats  im  Griechischen 
[in  "Wirklichkeit  ist  es  ein  altsemitisches  Wort,  das  noch  im  Hebräischen  und 
Armenischen  vorkommt],  vor  dem  adär  (d.  i.  März),  zwischen  dem  Winter  und  dem 
Frühling;  el-azharl  sagt:  dieser  Monat  gehört  zum  Winter;  in  ihm  wird  der  Tag 
voll,  dessen  Bruchteile  auf  mehrere  Jahre  entfallen,  und  wenn  dieser  Tag  in  diesem 
Monat  voll  wird,  so  nennen  die  Leute  in  Syrien  das  Jahr  'am  el-kehu  (Schaltjahr); 


Kleine  Mitteilimgen.  321 

wird  in  einem  solchen  Jahre  ein  Kind  geboren  oder  kommt  jemand  aus  einem 
Orte  an,  so  hält  man  das  für  gleichbedeutend.  Von  anderen  syrisch -christlichen 
Monatsnamen  ist  mir  keiner  als  Benennung  von  Personen  bekannt. 

Von  den  Monaten  des  islamischen  Jahres  sind  mir  folgende  vorgekommen: 
1)  ramadäv.  am  häufigsten;  eine  nicht  unbedeutende  muslimische  Familie,  die  über 
Syrien  zerstreut  ist,  führt  heut  diesen  Namen  und  er  kommt  schon  in  älterer  Zeit 
vor  (so  z.  B.  ein  Traditionslehrer  ramadän  ihn  ''all  um  500  d.  Fl.  =  1106/7  bei 
dem  arabischen  Geographen  Jilküt  I  217);  2)  schdbn?},  wohl  mehr  bei  den  türkisch 
redenden  Bewohnern  Nordsyriens;  dort  hörte  ich  als  Namen:  kara  schdbän,  der 
schwarze  Scha'bän;  3)  Muharrem^  kam  mir  nur  in  einem  Exemplar  vor:  einem 
türkisch -arabischer  Mischfamilie  entsprossenen  Muharram  hey\  4)  safai\  nicht  nur 
bei  Türken  üblich,  bei  denen  ich  Sefer  Pascha  fand.  Bei  1,  3  und  4  ist  die  Ver- 
wendung des  Monatsnamens  leicht  erklärlich:  der  Fastenmonat  Ramadän  hat  für 
den  Muslim  einen  eigenen  Zauber:  das  Heraustreten  dieses  Monats  aus  dem  ge- 
wöhnlichen Geleise,  sein  Charakter  als  Ferienmonat,  in  dem  an  ernstliches  Arbeiten 
kein  Mensch  denkt,  das  reichliche  und  fette  Essen,  mit  dem  man  sich,  nach  den 
mehr  oder  minder  gewissenliaft  durchfasteten  Tagen,  nachts  den  Magen  verdirbt, 
die  derben  Spässe  des  Karagöz-,  oder  wie  man  in  Syrien  sagt,  Karaküz- Schatten- 
spieles, prägen  ihm  im  Gemüt  des  heranwachsenden  Muslims  einen  besonderen 
Charakter  auf,  und  die  ganze  islamische  Welt  hat  für  diesen  Monat,  trotz  der 
mancherlei  Leiden,  die  er  mit  sich  bringt,  eine  besondere  Sympathie:  wie  sollte 
man  da  nicht  gerade  ihn  als  Personennamen  wählen?  No.  3,  der  Muharram,  ist 
der  erste  Monat  im  Jahre  und  hat  daher  sein  Ansehen,  No.  4  hat  den  Beinamen 
i<afar  el-c/iair,  der  Glücks-Safar,  und  empfiehlt  sich  deshalb  abergläubischen  Ge- 
mütern.    Nur  für  No.  2  scheint  eine  besondere  Veranlassung  nicht  vorzuliegen. 

Von  ostasiatischen  S])rachen  kennt,  nach  gütiger  Mitteilung  des  Herrn  Professor 
Arendt,  das  Chinesische  den  „Schaltmonat"  und  die  Zahl  Siebenundsiebenzig  als 
Personennamen. 

Es  versteht  sich,  dass  diese  Notizen  eben  nur  solche  sein  und  das,  durch  die 
Mitteilung  dos  Herrn  Mordtmann  in  Erinnerung  Gebrachte,  kurz  fixieren  wollten. 
Der  einzelne  wird  hier  das  gesamte  Material  nur  schwer  sammeln  können.  Giebt 
ein  jeder,  was  er  aus  Studien  oder  Beobachtungen  hierzu  beitragen  kann'),  so 
wird  in  absehbarer  Zeit  genügendes  Material  vorliegen,  damit  ein  Berufener  die 
Frage  nach  Verwendung  der  Monatsnamen  und  Zahlen  als  Personennamen 
systematisch  und  einigermassen  erschöpfend  behandeln  kann. 

Von  Herrn  Mordtmann  ging  mir  unter  dem  24.  Juli  v.  J.  noch  folgende  Mit- 
teilung zu: 


1)  [Es  sei  vorläufig  hier  verwiesen  auf  A.  Pott,  Die  Personennamen,  insbesondere 
die  Familiennamen  und  ihre  Entstehungsarten.  Leipzig  1853.  S.  284  —  286,  538  —  543. 
Vilmar,  Die  Entstehung  und  Bedeutung  der  deutschen  Familiennamen.  Marburg  1855. 
S.  29,  57.  Fr.  Becker,  Die  deutschen  Geschlechtsnamen.  Basel  1864.  S.  12.  Andrescn, 
Die  deutschen  Faniihennamen.  Mülheim  a.  d.  Ruhr  1862.  S.  19.  Hoffmann  v.  Fallers- 
leben,  Breslaucr  Namenbüchlein.  Leipzig  1843.  S.  16.  (Geisheim)  Berliner  Namen- 
biichlein.  BerUn  1855.  S.  20.  Hoffraann  v.  F.,  Braunschweiger  Namenbüchlein.  Braun- 
schweig 1867.  8.14.  Fröhner,  Karlsruher  Namenbuch.  Karhuhc  1856.  S.  51.  Knorr, 
Die  Familiennamen  des  Fürstentums  Lübeck.  Eutin  1882.  II,  36.  Kehrein,  Nassauisches 
Namenbuch.  1862.  S.  14.  A.  Matthias,  Niederrhciiüsche  Familiennamen.  Düsseldorf 
1886.  S.  6.  S.  Kleemaun,  Die  FamiUennamen  Quedbnburgs.  QuecUiuburg  1891.  S.  158. 
Cämmerer,  Thüringische  Fanuliemianien     Arnstadt  1855.    I,  15.     D.  Red.] 


322  Hartinann: 

Unter  der  mohammedanischen  Bevölkerung  der  Türkei  kommen  folgende 
Monatsnamen  als  Personennamen  vor: 

Moharrem,  der  erste  Monat  des  mohammedanischen  Mondjahres. 
Redscheh  j 

Schaban  \  der  7.,  8.  und  9.  Monat  desselben. 
Ramazan  ) 
Diese  drei  Monate  bilden  zusammen  einen  besonderen  Abschnitt  des  Jahres; 
sie  werden  volkstümlich  als  „das  Quartal"  {ütsch  ailar)  bezeichnet  und  gelten  als 
„gesegnete  Monate"  (schuhur-i-mubareke).  v.  Diez,  Denkwürdigkeiten  von  Asien 
2,  465,  bemerkt  „Die  drey  Monate  Redscheb,  Schaban  und  Ramazan  werden 
besonders  in  Ehren  gehalten.  In  letztern  fällt  das  grosse  Pasten  der  Mohammedaner. 
Viele  fangen  es  schon  im  Redscheb  an  und  setzen  es  bis  zu  Ende  des  Ramazan 
fort.  Man  hält  sie  aber  in  Verdacht,  dass  sie  sich  nur  so  stellen,  um  sich  der 
Esslust  in  allen  drey  Monaten  ungesehen  zu  überlassen.  Dies  hat  zu  folgendem 
Sinngedichte  Gelegenheit  gegeben: 

„Bilde  dir  nicht  ein,  o  Monat  Redscheb,  dass  sie  (jene  Andächtigen) 

den  Schaban  halten! 
Hier  giebt  es  Heilige,  welche  den  Ramazan  verschlucken')." 
Noch  heute  giebt  es  Strenggläubige,    welche   während  des  ganzen  gesegneten 
Quartals  fasten  und  beten,  fi-eilich  wohl  nur  in  geringer  Zahl. 

Wenn  ich  mich  nicht  täusche,  sind  diese  vier  Namen  besonders  in  Rumelien, 
und  wiederum  die  Namen  Redscheb  und  Schaban  in  Albanien  und  Bosnien  häufig. 
Von  Pesten  entlehnt  sind  die  Namen  Bairam  (nicht  zu  verwechseln  mit 
Behraml)  und  Mevlud.  Letzterer  ist  nicht  häufig.  Mevlud  bezeichnet  das  Geburts- 
fest des  Propheten,  das  von  Murad  HL  im  Jahre  1558  eingesetzt  und  am  12.  Rebi  1 
begangen  wird  (v.  Hammer,  Des  Osmanischen  Reichs  Staatsverfassung  und  Staats- 
verwaltung 1,  468  fi".). 

Mit  „Bairam"  der  Bedeutung  nach  identisch  ist  der  arabische  Name  „Mu'id". 
Schon  weiter  ab  liegt  der  Name  Kadri:  so  heisst  derjenige,  welcher  am  27.  Ramazan, 
dem  Tage  der  „Radir  getschessi",  der  heiligen  Nacht,  geboren  ist. 

Von  Wochentagen  werden,  soviel  mir  bekannt,  keine  Namen  abgeleitet. 
Parallelen  zu  den  vorstehenden  Namensbezeichnungen  dürften  sich  bei  allen  Völkern 
finden.  Bei  den  Griechen  und  Römern  scheint  ausser  Januarius  kein  Monatsname 
als  Personenname  vorzukommen;  wohl  aber  dürfte  'KaXdv^iwv  den  bezeichnen,  der 
an  den  Kaienden  des  Jahres  zur  Welt  gekommen  ist  (Kct)ictV(^a,  neugriechisch 
=  1.  Januar  2).     Nach  den  Wochentagen  sind  benannt 

napao-xeijvf,  neulateinisch  Veneranda,  =  Freitag, 
Sabbatius,  Sambatius,  =  Samstag, 
Kopiocxo'q,  Kujaictxyj',  =  Sonntag. 
Von  diesen  sind  UApacry.£v>i  und  KvpMxoq,  letzterer  in  Ableitungen  noch  heute 
üblich;    alle    drei   tauchen  erst  spät  auf  und  sind  jüdisch -christlichen  Urspnmgs. 
Dasselbe  gilt  vermutlich  auch  für  Januarius  und  KctXavciiwv. 

Berlin.  Martin  Hart  mann. 


1)  Dageg-en  drückt  sich  der  alte  Thomas  Smith,  De  moribus  ac  institutis  Tm-carum 
Oxonii  1674  S.  45.  so  aus:  non  dcsunt  qui  jcjunandi  tcmpus,  stultä  apud  Dominum  meriti 
opinioue,  mcnsc  superiori  incipiuiit,  sed  non  ultra  limitem  finalem  a  MohaninKHlo  fixum 
e.\tendendum  est. 

2)  Vgl.  den  armenischen  und  persischen  Namen  Nevruz  =  Neujahr. 


Kleine  Mitteiluugen.  323 


Die  drei  heiligen  Jungfrauen  zu  Meransen. 

Fn  meiner  Sammlung  „Sagen  ans  Tirol"  (2.  Aufl.  Innsbruck  18!U)  schrieb  ich: 
„Auch  in  Latzfons  soll  die  Legende  von  den  drei  hl.  Jungfrauen  bekannt  sein 
und  alte  Leute  haben  gesagt,  dass  sie  in  einer  Fclsenkapelle  vor  den  wilden 
Heiden,  die  sie  verfolgten,  Zuflucht  gefunden  haben."  S.  31.  —  Bei  späterem 
Nachgehen  fand  ich  diese  Überlieferung  bestätigt,  ohne  weitere  Züge  dieser  Sage 
zu  erhalten,  erfuhr  aber,  dass  zur  Zeit  der  Dürre  die  Latzfonner  nach 
Meransen  wallfahrten,  um  Regen  zu  erbitten,  oder  zur  Zeit  epidemischer  Krank- 
heiten dort  Hilfe  zu  suchen.  Da  diese  Kreuzgänge  in  sehr  alte  Zeit  zurück- 
reichen, ist  ein  früher  Kult  der  sagenhaften  Heiligen  an  beiden  ziemlich  fern 
liegenden  Orten,  eine  Verbindung  zwischen  beiden  nicht  zu  leugnen. 

Prof.  W.  J.  Hey  1  hat  im  „St.  Kassian-Kalender  für  1891"  einen  Aufsatz  „Eine 
Volkssagc  aus  dem  Eisackthal.  Die  drei  Jungfrauen  von  Meransen"  S.  57  —  61 
veröffentlicht,  den  wir,  was  Latzfons  betrifft,  in  bündigerer  Form  mitteilen,  denn 
die  Legende  von  Meransen  ist  ausführlich  in  meiner  Sammlung,  S.  29  —  31,  ge- 
geben und  auf  die  einschlägige  Litteratur,  S.  596,  verwiesen.  Nach  Heyl  ritt  in 
uralten  Zeiten  ein  heidnisch  Volk  von  Morgen  her,  dessen  vorderster  einen  Götzen 
mit  drei  Köpfen  trug,  wie  dieser  noch  heute  zum  ewigen  Gedächtnis  zu  Brixen 
als  Standbild  zu  sehen  ist.  Drei  königliche  Jungfrauen  flohen  vor  ihnen  auf  den 
Berg,  wo  Latzfons  liegt.  Hier  wohnten  sie  einige  Zeit  verborgen,  beteten  und 
fasteten  und  gaben  viel  Almosen,  denn  sie  waren  sehr  reich.  Der  heidnische 
König  erfuhr  aber  ihren  Zufluchtsort  und  wollte  sie  fangen  lassen.  Die  Königs- 
töchter wurden  aber  gewarnt  und  flohen  gegen  Meransen.  Am  frühen  Morgen, 
als  sie  den  Berg  halb  bestiegen  hatten,  rasteten  sie  ermattet  auf  einem  Steine. 
Es  wird  nun  die  Erhörung  ihrer  Gebete  und  die  bekannte  Legende,  wie  sie  an 
Meransen  haftet,  berichtet.  Heyl  teilt  dann  die  Sage,  wie  sie  in  Latzfons  er- 
zählt wird,  folgendermassen  mit. 

In  uralter  Zeit  brachen  Kriegsstürme  und  Drangsale  über  Wälschland  herein 
und  die  Christen  wurden  mit  Feuer  und  Schwert  verfolgt.  Damals  lebten  drei 
fromme  Schwestern  dort  und  suchten  ihr  Heil  in  der  Flucht  und  kamen  gegen 
Sähen,  wo  ein  Bischof  wohnte.  Deshalb  nahmen  sie  ob  Sähen  in  Latzfons  ihre 
Wohnung  und  pflogen  eifrigen  Gottesdienst.  Wie  dies  die  Latzfonner,  die  noch 
blinde  Heiden  waren,  sahen,  verhöhnten  und  bedrohten  sie  die  frommen  Jung- 
frauen. Da  sprach  einmal  die  älteste  zu  den  Götzendienern:  „Weil  ihr  uns,  die 
euch  nur  Gutes  gethan  haben,  so  kränkt,  gehen  wir  fort.  Aber  schwere  Zeiten 
werden  über  euch  und  eure  Kinder  kommen  und  nie  werden  diese  Ruhe  und 
Frieden  haben,  bis  sie  uns  im  Grabe  besuchen  und  eure  Unbill  sühnen."  Dann 
schnallten  sie  ihre  Bündel  und  zogen  auf  den  Berg  von  Meransen. 

Die  Latzfonner  hatten  nun  böse  Jahre;  Krankheiten,  Unwetter  und  Misswachs 
hörten  nicht  auf.  Da  gedachten  sie  traurig  der  drei  Jungfrauen  und  wünschten 
sie  zurück. 

Sie  bekehrten  sich,  bauten  eine  Kii'che  und  zogen  mit  ihrem  frommen  Priester 
nach  Meransen,  um  der  Jungfrauen  Fürbitte  zu  erflehen.  Sie  fanden  aber  die- 
selben nicht  mehr  am  Leben,  hörten  aber  von  ihren  Wunderthatcn  viel  erzählen. 
Da  beteten  sie  mit  grösstcr  Andacht  und  siehe,  von  nun  an  war  in  Latzfons 
Misswachs,  Hungersnot  und  Siechtum  verschwunden.  Die  drei  hl.  Jungfrauen 
standen  weit  und  breit  in  höchsten  Ehren.    Wallfahrer  kamen  aus  Nah  und  Fern. 


324  Zingerle: 

Merkwürdig  ist,  dass  die  drei  Jungfrauen  im  Ablassbriefe  von  1500  den  11000 
Jungfrauen  der  hl.  Ursula  beigezählt  wurden.  Hochverehrt  war  auch  die  Stätte 
„zur  Linde"  (,, Jungfrauenrast") ,  wo  die  drei  Heiligen  ihre  Rast  gehalten  hatten. 
Seit  1515  fanden  zahlreiche  Wallfahrten  und  Bittgänge  mit  Kreuzen  und  Fahnen 
statt  und  an  Opfern  für  die  Kirche  in  Meransen  war  kein  Mangel. 

Die  alte  fromme  Verbindung  zwischen  Latzfons  und  Meransen  dauerte  bis 
in  die  neueste  Zeit  fort.  Die  Latzfonner  suchten  in  allen  Drangsalen  Hilfe  bei 
den  drei  Jungfrauen.  Als  man  im  Jahre  1861  fürchtete,  dass  wegen  anhaltender 
Trockenheit  auf  Feldern  und  Äckern  alles  zu  Grunde  gehe,  ward  ein  Kreuzgang 
auf  Meransen  unternommen.  Um  Mitternacht  zog  man  aus  dem  hochgelegenen 
Dürfe;  in  der  schon  Ulrich  v.  Lichtenstein  bekannten  Mahr  (Merre)  beschritt  der 
Priester  ein  Reitpferd  und  nun  ging  es  über  Brixen  und  Schahs  nach  Mühl- 
bach, von  wo  sich  der  steile  Weg  nach  Meransen  abzweigt.  Der  den  Bittgang 
führende  Priester  erzählte  mir,  dass  er  manchmal  auf  dem  Rosse  einschlummerte, 
viele  Beter  seien  schlafbefangen  mechanisch  weiter  marschiert.  Kein  Wunder  bei 
dem  nächtlichen  Zuge,  der  wenigstens  sieben  Stunden  Weges  zurücklegen  musste. 
Nach  einem  folgenden  Bittgange  ward  das  Gebet  von  den  Jungfrauen  erhört  und 
bei  der  Heimkehr  fiel  so  überreicher  befruchtender  Regen,  dass  eine  ausser- 
ordentlich reiche  Ernte  folgte. 

Auch  die  Valser  wallfahrten  häufig  zum  heiligen  Baume  und  zum 
Brünnlein  auf  der  Jungfernrast.  Als  die  Bittgänge  nach  Meransen  mehr 
und  mehr  aufhörten,  fing  das  Brünnlein  auf  der  Rast  zu  schwinden  an  und  mit 
dem  letzten  Wallfahrer  wird  es  ganz  versiegen.  Sobald  dies  geschieht,  naht  der 
jüngste  Tag  mit  dem  Antichrist. 

Der  auch  verbreitete  Glaube,  dass  die  drei  Jungfrauen  aus  Augsburg  ge- 
ilohen  seien,  weist  auf  Bayern,  wo  der  Kult  der  drei  Jungfrauen  am  verbreitetsten 
war,  wie  Panzer  und  Sepp  nachwiesen.  Da  das  Hochstift  Augsburg  viele 
Besitzungen  in  Tirol  hatte  und  früher  die  regste  Handelsverbindung  zwischen 
dieser  Stadt  und  Bozen  herrschte,  ward  früher  bei  uns  Augsburg  für  die  Haupt- 
stadt Bayerns  angesehen. 

Im  alten  Kirchlein  von  Clerant  auf  dem  Mittelgebirge  bei  Brixen  sieht 
man  unter  den  alten  Fresken  auch  die  drei  Jungfrauen,  welche  die  Namen: 
S.  Ampet,  S.  Gewer  und  S.  Bruen  tragen. 

An  die  Heiligen  in  Meransen  knüpft  sich  auch  eine  neuere  Sage.  Als  die 
Franzosen  1809  gegen  Meransen  vorrückten  imd  die  Jungfrauenrast  erklommen, 
qualmte  der  Berg  und  es  erschienen  die  Heiligen  in  blendendem  Scheine  und 
drohten  den  Feinden,  die  erschrocken  rasch  die  Flucht  ergriffen. 

Gufidaun  bei  Klausen  in  Tirol.  Ignaz  Zingerle. 


Lügenreime. 

L    Aus  Ostfriesland. 

Ik  wil  jo  wat  fertellen 
un  legen,  wat  ik  kan: 
Ik  sag  'n  mölen  liegen, 
de  müller  d"r  a^ter  an. 


Kleine  Mitteilungen.  325 

As  ik  in  Lammerdiden  kwam, 
sag  ik  dar  so'n  grot  wunner  an: 
Püskatje  sat  bi  't  für  un  spun, 
dat  kalf  lag  in  de  weg  un  sung, 
de  hund,  de  karn  de  botter, 
de  fleddermiis,  de  fegd'  dat  hüs, 
de  swälfkes  drogen  de  drek  derüt 
mit  hör  fergüllen  flögelkes.  — 
Siind  dat  not  dikke  lögentjes? 

jo  -  euch.      legen  =  lügen.      Lammerdiden  =  Lombardei.       karn,  verkürztes  Prät., 
für  karnde,  zu  kamen:  buttern. 


2.    Aus  Meiderich,  Keg.-Bez.  Düsseldorf. 

„Küklekük",  seed  ussen  Hahn, 

truck  sin  Stofels  mit  Sporen  an, 

gung  dermit  na  fräen 

na  Lapedäen 

Äss  ick  van  Lappedäen  kom, 

hör  äss,  watt  ick  do  vernom: 

Die  Kuh,  die  sat  be    t  Für  un  spunn, 

datt  Kalw,  datt  lag  in  de  Wieg  un  sung, 

denn  Hund,  denn  kann'  de  Botter, 

die  Katt',  die  wies  die  Schottle. 

Die  Flerr'mus,  die  kerr'n  et  Hüs, 

die  Schwall',  die  drog  denn  Dreck  herüt, 

die  Rrai  sät  upp  ctt  Hecken 

un  sagg,  ett  wor'n  all  Gecken. 

Die  Sog  lag  achter  denn  Omend 

un  sagg,  ett  wor  gelogen. 

Varianten  eines  in  Niedcrdeutschland  verbreiteten  Lägengedichtes,  vgl.  Volkstüm- 
liche Lieder  aus  Norddeutschland,  herausgegeben  von  Ph.  We gener.  Leipzig  1879. 
S.  94  —  97.  K.  Simrock,  Das  deutsche  Kinderbuch.  Frankfuii  a.  M.  1857.  Nr.  463 
bis  465. 

Meiderich.  C.  Dirkscn. 


Kindergeschichte  vom  armen  Jan. 

Ostfriesisch. 

Jan  wul  pankok  bakken. 
Pankök  fung  an  f  schören. 
do  Icp  Jan  na  de  dörcn. 
Dören  wassen  to, 
do  lep  Jan  na  de  ko. 
Ko  wul  hum  stöten, 
do  lep  Jan  na  de  nöten. 
Nöten  wassen  rund, 
do  lep  Jan  in  d'  strunt. 

Zeitschrift  d.  Vereins  f.  Volkskunde,     1892. 


326  Prem: 

Strunt  was  so  nat, 
do  lep  Jan  na  d'  stad. 
Stad  was  so  grot, 
do  lejo  Jan  sük  dod. 

Vs.  2.  t'  =  to     —     9.   Strunt,  Dreck. 


C.  Dirksen. 


Mittelalterliche  Wunder-  und  Seliatzsagen  aus  Tirol. 

Aus  dem  reichhaltigen  Aktenbändel  A  VII  -29  des  Statthaltereiarchivs  in  Inns- 
bruck habe  ich  in  der  Zeitschr.  f.  d.  Altertum,  Anz.  15,  144  und  Z.  36,  51 — 53 
bereits  mehrere  Stücke  mitgeteilt;  ich  lasse  hier  zwei  weitere  grössere  Beiträge  zur 
Kenntnis  tiroUschen  Volksglaubens  folgen,  die  durch  den  Inhalt  für  sich  selbst 
sprechen.  Sie  sind  aber  auch  in  Hinsicht  auf  die  Form  nicht  uninteressant,  daher 
biete  ich  sie  in  diplomatisch  genauer  Abschrift.  Zwei  kurze  Proben,  die  hier  klein 
gedruckt  erscheinen,  brachte  die  genannte  Zeitschrift'). 

Der  hl.  Wolfgang.  Bischof  von  Regensburg  am  Ausgange  des  10.  Jahrhunderts, 
wird  in  Ober-  und  Niederbayern,  sowie  im  angrenzenden  Teile  von  Franken,  Ober- 
österreich und  Osttirol  viel  verehrt.  Aus  einem  oberbayerischen  Wallfahrtsorte 
des  Landgerichts  Haag  berichten  die  unten  folgenden  Wunderaufzeichnungen,  die 
ich  vollständig  gebe.  Das  Eingangswort  item  deutet  übrigens  auf  andere  derartige 
Aufschreibungen  hin,  die  nicht  mehr  vorhanden  sind. 

Noch  merkwürdigei-  und  kulturhistorisch  wichtiger  sind  die  leider  nicht  mehr 
vollständigen,  von  nekromantischem  Hokuspokus  begleiteten  Aufzeichnungen  über 
Schätze  in  Tirol.  Sie  bieten  ein  interessantes  Seitenstück  zu  den  Sagen,  welche 
Reg.-Rat  I.  v.  Zingerle  aus  derselben  Quelle  geholt  und  in  der  Zeitschr.  f.  deutsche 
Philologie  18,  321  f.  veröffentlicht  hat. 

1.  Auf  vier  Blättchen  eines  jedenfalls  erst  später  zusammengenähten  Heftchens 
stehen  mm  die  folgenden  Aufzeichnungen  über  Wunder  S.  Wolfgangs: 

Item  das  sint  dy  zaichen  des  heyligen  hörn  sant  Wolfgang  in  dem  pueckholcz 
an  Swindacher  pfarr  und  in  Hager  graffsachft  (so!). 

Item  zw  dem  ersten  mal  ist  ain  stain  gefallen  auf  ain  kindt  das  man  das  kind 
für  dott  umb  hat  zogen  auf  ain  stun  (?  dr  0  Redlich:  stund)  also  hat  dy  mueter 
sand  wolfgang  an  gerüeft  und  das  kind  ab  zewegen  mit  wachs  also  ist  das  kind 
frisch  gesunt  worden  und  der  stain  hat  X  Ib.  swere. 

Item  Wilhalm  von  Tolcz-)  ist  VII  jär  plint  gewesen  der  hat  sant  wolfgang 
versprochen  I  Ib.  wachs  ist  gesunt  worden. 

Item  schmid  von  Rot  der  ist  XVIII  jar  grob  zeprechen  gewesen  das  jm  chain 
arcz  wolt  helffen  da  versprach  er  sant  wolgan  ain  pfund  wachs  da  wäre  er  frisch 
gesunt. 

Item  ain  odlig  fraw  von  Osterreich  dy  hat  in  IX  jaren  nit  geret  also  hat  sy 
sich  versproch.  gan  dem  lieben  herrn  sant  Wolfgang  mit  zwein  almoscn  alspald 
sy  in  dy  kirchen  kam  da  wäre  sy  frisch  gesunt. 


1)  Dem  Aktenbündel  ist  ferner  einverleibt  eine  lateinische  Abhandlung  über  die 
Wissenschaften  von  Maf,^  Joannes  Hellerus  Aenipontanus,  d.  d.  Friburgi  14.  März  1581. 
ein  lateinischer  Psalmenauszug  und  eine  „oratio  de  fortuna". 

2)  Tölz  an  der  Isar. 


Kleine  Mitteilungen.  327 

Item  mer  ain  edlig  fraw  von  Osterreich  dy  hat  in  XY  jaren  nit  gesechen  da 
versprach  sy  sant  wolfgang  ain  siiiii  gelcz  in  den  stock  da  wart  sy  frisch  gesunt 
wider  stat. 

Item  Hanns  Lindmair  von  Freyssing  der  ist  XIIII  jar  geprochen  gewesen  der 
hat  sich  versprochen  gan  sant  wolfgang  mit  seinen  pinit  alspald  das  geschach  da 
wart  er  frisch  gesunt. 

Item  ain  man  von  Dyefurt  der  ist  zway  jar  plint  gewesen  der  hat  sich  ver- 
sprochen gan  sant  wolfgang  mit  aim  pfnnd  wachs  alspald  das  geschach,  da  wart 
er  frisch  gesunt  an  seinen  äugen. 

Item  Jörg  von  Semlhueb  der  ist  gross  zeprochen  gewesen  der  vei'sprach  sant 
wolfgang  ain  pfund  wachs  alspald  das  geschach  da  wart  er  frisch  gesunt. 

Item  ain  fraw  ist  swanger  gewesen  dy  hat  dragen  XIIII  woclien  und  ist  des  nider 
kumen  also  das  chain  leben  in  dem  kind  nit  was,  da  versprach  dy  mueter  das  kind  gan 
dem  lieben  herrn  sant  wolfgang  mit  wachs  abzewegeii  alspald  das  geschach  da  wart  das 
kind  ki'isniet  und  däuft. 

Item  Jörg  Ganskopff  der  ist  gros  geprochen  gewesen  das  ym  chain  arcz  mocht 
helffen  da  versprach  er  sant  wolfgang  ain  Ib.  wachs  und  seinen  punt  alspald  das 
geschach  da  wart  er  frisch  gesunt. 

2.  Auf  zwei  Blättchen  kl.  8°,  mit  Faden  geheftet  und  ebenfalls  von  ca.  1400, 
steht:  ....  man  tarno  dem  abegat  dar  auf  ligent  stain.  darunder  grab  fünf  schuch 
so  vindest  du  grossen  schacz. 

In  Tryendnergassen  an  der  obern  eher  mit  ii'en  welffen  dy  sind  goldes  vol 
zw  der  heyligen  stat  zw  der  alten  pruckke  pey  der  pxirck  hawbt  da  sind  zway 
grab  dar,  in  ist  ein  stain  mit  ainem  chrawcz  darunder  grab  fünff  schuch  so  vindest 
ainen  grossen  schacz,  da  selben  ist  ein  prun,  der  entspringt  und  flewst  dar  imie 
vindest  dw  ainen  schacz  mysch  auch  von  dannen  vier  schuch  und  grab  drey  schuch 
tieff  da  vindest  dir  vyl  goldes. 

Auf  dem  Melten  do  ist  rozhawpt  vnd  ain  cliraücz  da  enzwischen  grab  X  schuch 
da  vindtst  du  tysch  gülden  mit  aller  zirde  und  XV  haffen  voll  golds  und  silber. 
Daseiben  such  ein  chycz  ergraben  an  ainem  stain  dar  under  grab  siben  schuch 
so  vindest  dw  XI  sawm  goldes.  Da  engegen  such  ainen  grchoten  (?)  menschen  an 
ainem  stain  grab  gen  der  sunn  ze  mitten  tag  X  schuch  da  vindest  du  ain  gülden 
tysch  mit  aller  czyrde  und  ain  chamer  vol  schacz.  dasolben  such  ainen  stain  ain 
hörn  (?)  ergraben  da  grab  III  schlich  gen  dem  tayl  do  dy  sunn  zc  mitten  tag  stet 
da  vindest  du  XI  müt  goldes  und  silbers. 

In  sand  Larenczy  pharr  an  der  stat  no')  (?)  da  ist  ein  hol  und  ain  stain  dar 
in  ist  gen  der  sunne  vndergankch  ain  ros  vol  goldes  und  di'cy  mawl  und  ein 
ochssen"-^)  vol  goldes  und  silbers. 

In  dem  Intal  zw  dem  Hallein  do  sind  zwo  swoster  junckchfrawen  dye  ze  prich 
ze  den  prusten  so  vindest  du  vyl  goldes. 

Ze  Triendt  da  such  ain  hirssen  in  ainem  necze  ergraben  dar  vber  grab  und 
zeprich  auch  den  hirssen,  so  vindest  du  vyl  goldes;  daselben  such  zwen  tritt  ains 
menschen  und  zwen  wagen  grab  dar  vber  vnder  drey  schuch  so  vindest  dw  grosses 
gut  und  zw  dem  vorderen  tayl  da  mis  vier  schuch  so  vindestu  grossen  schacz. 

Auf  dem  perg  Burdana  da  such  ainen  essel  vnd  mys  von  seinem  hawpt  XV 
schuch  so  vindestu  grossen  schacz. 


1)    übergeschrieben:  da  ist  ein  prunen  pey  des  chunigs  palast. 
2;  ,,  vnd  III  mau. 

22* 


328  Weiiihold: 

Da  der  Czyler')  entspringt  da  such  zway  chräwcz  vnd  zwo  slangen  und  mys 
von  irem  zag]  vier  schlich  da  vindest  du  grossen  schacz. 

An  dem  end  ze  Triend  so  such  zwo  slangen  hawbt  an  aiueiii  stain  ergraben,  dar 
vnder  grab  da  vindest  du  vyl  guidein  trinkchfas  vnd  mys  da  von  vier  schuch  so  vindstu 
zwyualtigen  schacz. 

Ye  mach  ein  chräwcz  vnder  dy  äugen  et  die  amen  f  amen  f  amorum  f  et 
ille  deus  adonay  q  dedit  gratiam  Jose])h  in  egypto  vnd  mer  graciaz  in  conspectu 
omni  qui  me  respiciunt  in  nomine  et  patris  et  fdij  et  Spiritus  sancti  amen,  pater 
noster. 

Ohne  mich  weiter  in  Erklärungen  und  Deutungen  einzulassen,  bemerke  ich, 
dass  die  übergeschriebene  Angabe  „da  ist  ein  prunen  pey  des  chunigs  palast" 
vielleicht  auf  den  „haidennisch  kunig  des  gepirges  Arostoges"  geht,  dessen  .Fabel 
I.  v.  Zingerle  aus  einer  gleichalterigen  Handschrift  des  Statth. -Archivs  zu  Inns- 
bruck gezogen  hat,  Z.  f.  d.  Ph.  18,  323.  —  Meine  Quelle  ist  der  Rest  eines  Heftes, 
dessen  übrige  Teile  verloren  sind,  die  Ränder  imd  teilweise  auch  die  Textspatien 
des  Blättchens  tragen  Pederproben  von  späterer  Hand. 

Bielitz  in  Österr.  Schlesien.  Dr.  S.  M.  Prem. 


Bücheranzeigen. 

Die  Sagen  des  Elsasses,  getreu  nach  der  Volksttberliefemng,  den  Chro- 
niken und  andern  gedruckten  und  handschriftlichen  Quellen,  gesammelt 
von  August  Stob  er.  Neue  Ausgabe,  besorgt  von  Curt  Mündel. 
Erster  Teil:  Die  Sagen  des  Ober-Elsasses.  Strassburg,  Heitz  und 
Mündel,  1892.    S.  XV.  151.    8^ 

Es  ist  erfreulich,  dass  dieses  Werk  des  um  deutsches  Leben  im  Elsass  hoch- 
verdienten August  Stöber  nach  seinem  Tode  in  einer  neuen  und  vermehrten  Aus- 
gabe wieder  erscheint.  Die  Sagen  des  Elsasses  von  Stöber  erschienen  zuerst 
St.  Gallen  1852  (Neue  Titelausgabe  1858).  Der  treue  Sammler  hat  dann  in  der 
Zeitschrift  für  deutsche  Mythologie  imd  Sittenkunde  von  J.  Wolf,  imd  besonders 
in  seiner  Alsatia  viele  Nachträge  gegeben.  Alles  dieses  und  eigenes  Neues  ist 
von  dem  jetzigen  Herausgeber  C.  Mündel  dem  Buche  eingefügt  worden.  Dazu 
sind  dankenswerte  Quellennachweise  und  Anmerkungen  gekommen,  die  den  Wert 
der  Ausgabe  erhöhen. 

Der  zweite  Band,  die  Sagen  des  Unter-Elsasses,  soll  Anfang  1893  erscheinen. 
Derselbe  wird  auch  ein  Sachregister  bringen,  das  allen  Sagensammlungen  zu 
wünschen  wäre.  K.  Wein  hold. 


Sclileru-Sageu  und  Märchen  von  Martinus  Meyer.  Innsbruck,  Wagn ersehe 

Uuiversitäts- Buchhandlung  1891.    S.  268.   8^ 

Das  Buch  wird  .,Sommerfrischlcrn"  am  Fasse  des  Schiern  Vergnügen  machen. 
Der    Verfasser,     ein    guter    Zeichner    und    Aquarellmaler,    giebt    uns    gehmgene 

1)   ZiUer  in  Tirol. 


Bücheranzeigen.  329 

Landschaftsbilder,  zeigt  feine  Beobachtungsgabe  für  das  Sinnen  und  Leben  des 
Volkes,  das  er  uns  treu  und  mit  Glück  erzählt,  —  aber  echte  Sagen  und  Märchen 
begegnen  uns  selten  im  Buche,  wenn  sie  auch  oft  die  Grundlage  der  hübschen 
Erzählungen  bilden.  Der  grösste  Teil  giebt  uns  anmutende  Phantasieen  des  talent- 
vollen Schriftstellers.  Zu  bedauern  ist,  dass  wir  hier  manchen  Stellen  begegnen, 
die  aus  der  Luft  gegriffen  sind  und  weiter  dringen  werden.  Dies  gilt  von  dem 
„Hauensteiner  -  Tann",  der  im  Buche  eine  Hauptrolle  spielt.  Ln  Vorworte 
heisst  es  „der  hochromantischen  Waldidylle,  schon  in  ältester  (!)  Zeit  unter  dem 
Namen  der  „  Hauensteiner  -  Tann "  bekannt".  S.  157  liest  man  „vordem  von 
mächtigen,  Jahrhunderte  alten  Stämmen  bewachsen  war  und  schon  in  den  alten 
Heldenbüchern  als  der  sagenhafte  mid  mythenreiche  Hauensteiner-Tann 
gefeiert  und  besungen  worden  ist".  S.  264  „So  hatte  Wolf  Dietrich  (sie)  von  Bern 
sein  unbesiegbares  Schwert  und  sein  undurchdringlich  Panzernetz  von  den  Zwergen 
des  Hauensteiner-Tanns  erhalten".  Wir  würden  dem  Verfasser  sehr  dankbar 
sein,  wenn  er  uns  die  Quellen,  aus  denen  er  dies  geschöpft  hat,  nennen  würde.  — 
Unseres  Wissens  kommt  der  genannte  Tann  erst  in  Oswald  v.  Wolkensteins  Ge- 
dichten vor.  —  In  der  reizenden  Erzählung  „Margarethas  Schwan"  S.  243  ist  das 
alte,  längst  widerlegte  Märchen,  dass  Oswald  v.  Wolkensteins  Frau  vor  ihm 
gestorben  sei,  wiederum  aufgetischt.  —  So  Schönes  das  Buch  auch  als  Dichtung 
bietet,  für  die  Forschung  ist  es  ohne  Wert. 

Gufidaim.  Ignaz  Zingerle. 


Le  Folklore  Walion  par  Eugene  Monseur.  (Bibliotheque  Beige  des 
connaissances  modernes,  vol.  YL)  Bruxelles,  Ch.  Rosez  (1892). 
S.  XXXYI.  144.   8^ 

Der  eifrige  Leiter  der  Societe  du  Folklore  wallen,  Hr.  Prof.  Monseur  von  der 
Brüsseler  Universität,  beantwortet  in  diesem  empfehlenswerten  Büchlein  zuerst  die 
Frage:  Q'est-ce  que  le  Folklore?  Am  Schluss  dieser  interessanten  Einleitung  erklärt 
er  den  Folklore  als  einen  Trümmerhaufen  aus  allen  Zeitaltern,  vergleichbar  den 
Pflanzenabdrücken  auf  Steinkohlen  und  den  Knochen  vorsündflutlicher  Tiere.  Er 
lässt  die  ganze  alte  Menschheit  wieder  aufleben.  Man  muss  diese  Trümmer 
sammeln  und  studieren;  sammeln,  weil  sie  bald  verschwunden  sein  werden, 
studieren,  weil  in  einem  albernen  Dorfaberglauben  ebenso  wie  in  einer  Erzählung 
aus  dem  innersten  Afrika  sich  die  Lösung  eines  dunkeln  Problems  der  moralischen 
Geschichte  des  Menschen  finden  kann.  Den  Hauptteil  des  Buches  bilden  Proben 
des  wallonischen  Folklore,  nach  Kapiteln  geordnet,  und  in  naher  Beziehung  zu 
dem  Qucstionnaire  de  Folklore  (Liege  1890),  den  wir  in  unserm  I.  Bande  S.  454 
angezeigt   haben.    Ein  Register  kommt  der  Benutzung  des  Buches  sehr  zu  statten. 

K.  Weinhold. 


The  Folk-lorist.     Journal  of  tlie  Chicago  folk-lore  society.   Vol.  I.  no.  L 
July    1892.    Chicago.    Fletcher  S.  Bas  satt,  editor.    S.  82.    8". 

Die  Chicago  Folk-lore  Society  hat  sich  im  Dezember  1891  gebildet,  um  die 
Volksüberlieierungen  hauptsächlich  der  Landschaften  im  Westen  der  Alleghenies 
zu  sammeln  und  zu  veröll'entlichen.  Das  vorliegende  Heft  soll  der  Vorläufer  einer 
regelmässig  erscheinenden  Zeitschrift  sein.  Aus  dem  Inhalt  desselben  heben  wii- 
heraus:  Nachlese  in  Mexikanischer  Volkskunde,  von  L.  Aynie;  die  Geschichte  von 


330  Weinhold:  Bücheranzeigen. 

dem  Geistertanz  mit  zwei  dazu  gehörigen  Liedern  in  Siouxsprache  mit  englischer 
Übersetzung  von  G.  Sword;  zur  Negervolkskunde;  Volkstümliches  aus  Illinois 
(hübsch  erzählt  von  Helen  M.  Wheeler);  der  böse  Blick  (the  evil  eye)  von  Rabbi 
Em.  Hirsch. 

Wir  wünschen  der  Gesellschaft  und  ihrer  Zeitschrift  das  beste  Gedeihen. 

K.  Weinhold. 


Die  Treue  im  Spiegel  der  Spruchweislieit.  Von  Leoiihard  Freund. 
1.  Deutsche  Sprüche  und  Sprttchwörter.  Zweite,  durch  Nach- 
träge vermehrte  Ausgabe.  Leipzig,  Kösslingsche  Buchhandlung 
(H.  Graf)    1892.    S.  50.    8". 

Das  kleine  Heft  ist  auch  als  Volksweisheit  und  Wcltklugheit.  Studien  auf 
völkerpsychologischen  und  socialethischen  Gebieten,  Heft  1,  etwas  anspruchsvoll 
bezeichnet.  Es  sind  darin  unter  einer  Zahl  von  Kapiteln  deutsche  Sprüche  und 
Sprüchwörter  gesammelt,  die  sich  auf  Treue  und  Untreue,  in  einer  sehr  weiten 
Bedeutung  dieser  Worte,  beziehen.  Als  Schluss  ergiebt  sich  dem  Verfasser,  dass 
Treue,  Ehre  und  Wahrheit  bewegende  Kräfte  des  deutschen  Lebens  sind.  Fran- 
zosen, Italiener,  Russen  sollen  später  unter  jenem  Gesichtspunkt  behandelt  und 
darauf  kurz  auch  Finnen,  Ungarn  und  Chinesen  untersucht  werden  auf  Treue  und 
Ehre  im  Spruch.  K.  W. 


Abhandlungen  von  A.  Treichel. 

Herr  A.  Treichel,  Rittergutsbesitzer  auf  Hoch-Faleschken  in  West-Preussen, 
unser  geschätztes  Mitglied,  hat  uns  kürzlich  eine  Reihe  seiner  Aufsätze  gütigst 
geschickt,  welche  in  Freussischen  Zeitschriften  erschienen  sind.  Wir  wollen  auf 
einige  derselben,  die  unser  Gebiet  berühren,  aufmerksam  machen. 

Provinzielle  Sprache  zu  und  von  Tieren  und  ihre  Namen  (aus  der 
Altpreuss.  Monatsschrift  Bd.  XXIX.  Heft  1.  2):  eine  sehr  reichhaltige  Samm- 
lung. Wir  machen  besonders  auf  den  Abschnitt  von  den  Hundenamen 
aufmerksam. 

Provinzielle  Kegelrufe.  —  Sprüche  beim  Binden  und  Hansen  (Alt- 
preuss. Monatsschr.  Bd.  XXVL  Heft  5.  G). 

Dialektische  Rätsel,  Reime  und  Märchen  aus  dem  Ermlande.  (Ebd. 
Bd.  XXVII.  Heft  3.  4.) 

Das  Beutnerrecht  von  Gemel,  Kr.  Schlochau.  (Zeitschr.  des  histor.  Vereins 
für  den  Reg.-Bez.  Maiienwerder,  Heft  23),  Abdruck  eines  Beutner  (Bienen- 
züchter)-Weistums  von  1689,  mit  Bemerkungen.  Zu  der  angeführten  Lite- 
ratur wäre  nachzutragen 

Ulrichs,  Das  Büthenerrecht  im  Lande  Laucnlnirg  und  Biitovv.    Berlin  1792. 


Litteratur  des  Jahres  1S91. 


331 


Litteratur  des  Jahres  1891. 

Von  Dr.  Max  Laue. 

(Fortsetzung.) 


Die  nichtgermanischen  Völker  Europas. 

I.  Oraeco-Italiker. 

1.    Äusseres   Leben. 


Lübker,  lieallexikon  . . .  hrsg.  v.  Erler.  T.verb. 
Aufl.  Leipzig,  Teubuer.  VI,  1332  S.  M.  14,00. 

— ,  Lessico  ragionato  della  antichitä  classica, 
della  sesta  edizione  tedesca  tradotto  con 
molte  aggiuute  e  correziouidaCarloMurero. 
Roma,  Forzani  e  compagiii.    8°. 

Xettleship  &  Sandys,  Dictionary  of  classical 
aotiquities,  adapted  froni  the  work  of  pro- 
fessor  Seyifert.  London,  Sonnenschein.  4". 
710  S.   21  sh. 

Smith,  W.iyte,  Marimlin,  A  dictionary  of 
Greek  and  Roman  antiquities.  3rd  ed.  reviscd 
aud  enlargod.    I.    London,  I\[urray. 


Pauli,  AltitaHsche  Forschungen.  3.  Bd.  [Bd.  1; 
1885,  2:  ISSfi].  Die  Veneter  und  ihre  Schrift- 
denkmäler, gr.  8".  (IX,  470  S.  mit  2  Licht- 
fbucken  und  7  zinkographischen  Tafeln.) 
Leipzig,  J.  A.  Barth.  M.  40.00.  [Darin  als 
besonderer  Abschnitt  ..Das  Volk".] 

ßarrili,  Gli  antichissimi  Liguri.  (Ateneo  ligure 
XII,  7— 4G.) 

Bruginann,  Umbrisches  und  Oskisches.  (S.A.) 
Leipzig.   39  S. 

Gfriechische  und  römische  Portrait»  nach 
Auswahl  und  Anordnung  von  Hein.  Brunn 
und  Paul  Arndt,  hsg.  von  Ferd.  B ruck- 
mann. 1.  Lief.:  Taf.  1  —  10  mit  Textbeil. 
München,  Verlagsanstalt  f. Kunst  un(nYissen- 
schaft.    fol.   M.  20,00. 

Curtius,  Das  menschliche  Auge  in  der  grie- 
chischen Plastik.  (Sitzungsber.  d.  Kgl.  Akad. 
d.  Wissensch.  35,  (591.) 


Becker,  Bienenzucht  und  Bienenkenntnis  der 
Griechen  und  Römer  im  Altert,  nach  (Jolu- 
mella  bearb.  M.  e.  Vorwort  v.  Dzierzon. 
Nürdlingen,  Beck.  IV,  42  S.    M.  0,,Sit. 


Scliaafhausen,  Die  Schneckeuzucht  der  Römer 
(Jahrbücher  d.  Altertumsfreunde  des  Rhein- 
landes 90,  208). 

Rhode,  thynnorum  captura  quanti  fuerit  apud 
veteres  momenti.  Leipzig,  Teubner.  79  S. 
M.  2,00. 

Buschan,  Das  Bier  der  Alten.  (Ausland 
Nr.  47.) 

Hirschfeld,  Die  Entwickelung  des  Stadtbildes. 
Im  Altertum  nachgewiesen.  (Zeitschr.d.  Ges. 
f.  Erdkunde  24,  277-302.) 
Kiepert,  Die  alten  Ortslagen  am  Südfuss  des 
Idagebirges.  (Zeitschr.  d.  Ges.  f.  Erdk.  24, 
290—303.) 
Jaspar,    Studien   über   die   Altertümer   von 

Pergamon  I.    {EU.ng  3,  159.) 
Baziu,  Nimes  gallo-romain.  Guide  dutouriste- 
archeoiogue.    Nimes,   Michel.     (2  Bl.,    III, 
300  S.,    1  Bl.)   =  Villes   antiques   p.  Bazin. 
Bd.  1. 
— ,    Vienne    et    Lyon    gallo  -  romains.     Paris, 
Hachette  e  CIo.    (XII,  407  S.,  2  PI.,   1  Taf.) 
-  Villes  antiques  p.  Bazin.   Bd.  2. 
de  Marchi,   Ricerche    intorno    alle  'Insulae' 
0  Gase  a  Pigione  di  Roma  antica.    Con  una 
tavola.  Memoria  presentata  al  Reale  Istituto 
Lombardo    di   Scienze   e  Lottere  nell'  adu- 
nanza    del    14.  niaggio  1891.     Milano.    IV, 
GS  S. 
DUbi,   Studien  zur  Geschichte  der  römischen 
Altertümer  in  der  Schweiz.  Programm,  Bern, 
j       Huber.  4».  42  S.   fr.  1,50. 
Back,    Römische    Spuren    und   Überreste    im 
oberen    Nahegebiete.     1.   Abt.     Programm. 
Birkenfeld.   8".   91  S. 
Mertz,  Der  Römergang  in  Köln.  (Mit  5  Abb. 
I       im  Text.)     (Jalirb.  d.  Altertumsfr.  d.  Rheinl. 
i       90,  67.) 


332 


Laue : 


Lewis,  Roman  antiquities  of  Ratisbon  and 
Augsburg.    (Archaeol.  Journal  No.  190.) 

Kiräly,  Ulpia  Trajana  Augusta  Colonia 
Dacica  Sarmizegetusa  Metropolis.  Dacia 
fövärosa,  a  mal  Varhely  Hunyadmegyeben. 
Budapest,  Verl.  d.  Athenäums.  178  S.  (vgl. 
Ung.  Revue  1891,  743.) 

de  La  Chauvelays,  Les  armes  et  la  tactique 
des  Grecs  devant  Troie.  (Le  Spectateur 
militaire,  15  avril,  suite  le  l«"''  et  le  15  mal, 
4e  art.  le  l«i"  juin ) 

Luebeck,  Seewesen  der  Griechen  und  Römer. 
n.  Teil.  (Johanneumprogramm  Hamburg 
1891.)  48  S.,  3  Taf.  4°  [1.  Teil  1890.] 
M.  8,00. 

Assmaun,  Kritisches  in  Sachen  des  antiken 
Seewesens.  (Berliner  philol.  Wochenschr. 
14.  Jahrg.,  Nr.  37—40.) 

Biiresch,  Die  Ergebnisse  der  neueren  For- 
schung über  die  alte  Triere.  (Wochenschr. 
f.  class.  Phil.,  Sp.  23-28,  79,  8(i,  107-110, 
193—197.) 

Pollack,  Hippodromica.  Ing.-Diss.  Leipzig, 
Ruhl.  1890.  8°.  112  S.  M.  2,50.  [Fahrkunst 
der  Alten.] 


Schlieben,  Römische  Reiseuhren.  (Annal.  d. 
Ver.  f.  Altertumskunde.  Nassau.   23.  Jahrg.) 

Boliatta,  Gasthäuser  im  Altertum.  (Wester- 
manns  ill.  Monatshefte  70,  836 ) 

TeglÄs,  Tanulmänyok  a  römaiak  daciai  arany- 
banyäszatäröl.  (Studien  über  den  dacischen 
Goldbergbau  der  Römer.  Die  ethnogra- 
phische und  administrative  Organisation  des 
Goldbergbaues  der  Römer.)  Budapest,  Akad. 
99  S. 

Rössler,  Die  Bäder  der  Grenzkastelle.  Im 
Anschluss  an  „Das  Römerbad  in  Riekingen 
bei  Hanau,  ein  Rekonstruktionsversuch". 
(Westdeutsche  Zeitschrift  IX*,  315.) 

Stein,  Über  Piraterie  im  Altert.  1.  Teil:  Zur 
Gesch.  der  Piraterie  bis  auf  d.  Begründung 
der  römischen  Weltherrschaft.  A.  Bis  zum 
Jahre  227.  Gymn.-Progr.  v.  Köthen.  4". 
34  S. 

Fisch,  Die  Walker  oder  Leben  und  Treiben 
in  altrömischen  Wäschereien.  Mit  einem 
Exkiu's  über  lautliche  Vorgänge  auf  dem 
Gebiete  des  Vulgärlatein.  Berlin,  Gärtner. 
IV,  39  S.    M.  1,20. 


2.    Inneres  Leben. 


a)   Lebeiissitte 

Mitteis,  Reichsrecht  und  Volksrecht  in  den 
östlichen  Provinzen  des  römischen  Kaiser- 
reichs. Mit  Beiträgen  zur  Kenntnis  des 
griechischen  Rechts  und  der  spätrömischen 
Reichsentwickelung.  XIV,  562  S.  gr.  8». 
M.  14,00. 

Brieger,  Die  Verfassungsgeschichte  von  Athen 
nach  Aristoteles  neu  aufgefundener  Sclnift. 
(Unsere  Zeit  1891 2,  18.) 

Ciccoti,  Le  instituzioni  pubbliche  Cretesi. 
(Studi  e  documenti  di  storia  e  diritto.  12-^-^, 
205.) 

Stahl,  Über  athenische  Amnestiebeschlüsse. 
(Rheinisches  Museum  für  Philologie.  N.  F. 
46,  250.) 

— ,  Nachträgliches  über  athenische  Amnestie- 
beschlüsse (ebenda  481). 

Szanto,  Zum  Gerichtswesen  der  attischen 
Bundesgenossen.  (Mitteil.  d.  K.  deutsch, 
archäol.  Inst.,  Athen.  Abt.  XVI,  30.) 


Pomeranz,  La  Grece  et  la  Judee  dans  l'anti- 
quite.  Coup  d'ceil  sur  la  vie  intellectuelle 
et  morale  des  anciens  Grecs  et  Hebreux. 
I  p.    Paris,  Jouaust.   99  S. 


und  Recht. 

Caetani  Locatelli,  Miscellanea  Archeologica. 

Roma,  tip.  d.  r.  Accad.  293  S. 
Wissowa,    De    feriis    anni    Romanorum    ve- 

tustissimi  observationes  selectae.    Marburg. 

4«.   15  S. 
Bonghi,    Die   römischen  Feste.     Illustr.    von 

G.  A.  Sartorio  u.  Ugo  Fleres.    Deutsch  v. 

Alfr.  Ruhe  mann.    (Autoris.  Ausg.)    Wien, 

Hartleben.  V,  216  S.  gr.8°.    M.  8,00. 
Pohlmey,  Der  römische  Triumph,  der  Triumph 

im  allgemeinen,    der  Triumph   des  Ämilius 

Paullus,     Germanicus,     Titus.      Gütersloh, 

Bertelsmann.   8 ».   M.  1,00. 
Segre,    Studio  sulla  origine  e  sullo  sviluppo 

storico  del  colonato  romano.    (Archivio  giu- 

ridico  XLVI,  261.) 
Mommsen,  Die  attischen  Skirabräuclie.   (Plii- 

lologus  50,  108.) 
BlUmuer,    Bilder    aus    dem    altgriechischen 

Leben.    (Nord  und  Süd  59,  350.) 
V.  Löher,    Zustände    im   römisch  -  deutschen 

Kulturland.    S.-A.  München.    22  S. 
Konca,    Priucipali   elementi  e  caratteri  della 

cultura    e    poesia    latina    del    medio   evo. 

Roma,  Loescher.    182  S.   M.  4,00. 


Litteratiir  des  Jahres  1891. 


333 


Leadinaii ,    Roman  Sepulchral  Urns  at  Ald- 

borough.    (Reliquarj,  N.  S.  5,  237.) 
Klötzer,  Die  gTiechische  Erziehung-  in  Homers 
Ilias    und    Odyssee.     Ein    Beih'ag    zur  Ge- 
schichte der  Erziehung  im  Altertum.  Zwickau. 


Zückler.    29  S.    (Leipzig.  Ingaug.-Diss.)    4°. 
M.  1,25. 
StadelmauD,   Erziehung  und   Unterricht  bei 
den  Griechen  und  Römern.  Triest,  Schimpff. 
216  S.,  1  Bl.   M.  3,00. 


1»)   (ilaube  uud 

Dyer,  Studios  of  the  Gods  in  Greece.  London, 
Macmillan.   402  S. 

Iniinerwahr,  t^ie  Kulte  und  Mythen  Arkadiens. 
1  Bd.  Die  arkadischen  Kulte,  gr.  8».  VIII, 
288  S.    M.  4,00.   Leipzig,  Teubner. 

Olinefalsch- Richter,  Die  antiken  Kultus- 
stätten auf  Kj'pros.  Diss.  Leipzig  1891.  57  S., 
8  Kart.,  15  Taf.   4«. 

Beer,  Heilige  Höhen  der  alten  Griechen  und 
Römer.  Eine  Ergänzung  zu  Freiherr  von 
Andrians  Schrift  „Hrihenkultus".  Wien, 
Konegen.   X,  86  S.   M.  2,00. 

Reichenberger,  Die  Entwickelung  des  me- 
tonymischen Gebrauchs  von  Götternamen 
in  der  griechischen  Poesie  bis  zum  Ende 
des  alexaudrinischen  Zeitalters.  Karlsruhe, 
Braun.    118  S.   M.  2,40. 

Abraxas.  Studien  zur  Religionsgeschichte  des 
späteren  Altertums.  (A.  u.  d.  T. :  Festschrift 
Hermann  Usener  .  .  .  dargebracht  vom 
klassisch  -  philologischen  Verein  zu  Bonn.) 
Leipzig,  Teubner.  VI,  221  S. 

Kallhoru,  Der  Zeustypus  in  seiner  Aus- 
gestaltung durch  Phidias.  Hamburg,  Ver- 
lagsanstalt. M.  0,80.  (Samml.  wissensch. 
Vorträge.) 

Lovatelli,  Römische  Essays.  Autorisierte  Über- 
setzung. Mit  einem  Vorwort  von  Eugen 
Petersen.  Leipzig,  Carl  Reissner.  VIII, 
233  S.  [Dann  Thanatos:  Amor  uud  Psyche; 
Die  Rose  im  Altertum:  Parvula;  Schlaf 
und  Hypnotismus:  Isiscult;  Sonnenunter- 
gang; Monte  Pincio.] 

Beiirlier,  De  divinis  honoribus,  quos  ac- 
ceperuut  Alexander  et  successores  eins. 
Thesis.    Paris,  Thorin.    152  S.    8". 

— ,  Le  culte  imperial,  son  histoire  et  son 
Organisation  depuis  Auguste  jusqu'ä  Justi- 
nien.   Paris,  Thorin.   3  BL,  357  S.    M.  7,50. 

Beandoiiin,  Le  culte  des  empereurs  dans  la 
Gaule  narbonnaise;  ler  art.  (Annales  de 
l'Enseignement  superieur  de  Grenoble.  T.  III. 
no.  1.)  [Dasselbe  S  A. :  Grenoble,  Allier  pere 
et  Als.   74  S  ] 

Boissier,  La  fin  du  paganisme.  Etüde  sur 
les  dernieres  lüttes  religieuses  en  Occident 
au  IV.  siecle.  2  vol.  Paris,  Hachette.  VII, 
464  u.  520  S.    15  fr. 


Aberglaube. 

Preuner,  Jahresbericht  üb.  d.  Mythologie 
a.  d.  J.  1876-1885.  4.  H.  (Jahresb.  üb.  d. 
Fortschritte  d.  klass.  Altertumswissensch. 
Suppl.-Bd.  [25.  Bd.],  5.  H )  Berlin,  Calvary. 
IV,  S.  385  -  512. 

Ausführliches  Lexikon  d.  griech.  u.  rüm. 
Mythologie,  im  Ver.  m.  Birt,  Crusius, 
Deecke  etc.,  herausg.  v.  W.  H.  Röscher, 
19  Lfg.  Leipzig,  Teubner.  2.  Bd.  Sp.  161 
bis  320.    Lex.  8''. 

Goerres,  Studien  zur  griechischen  Mytho- 
logie. 2.  Folge.  Berlin,  Calvary.  283  S. 
(-  Berliner  Studien  f.  klass.  Phil.  u.  Archäol. 
XII,  1.)    M.  9,00. 

Zipper,  Mitologja  Grekow  i  Rzymian  dla 
miodziezy,  wyd.  IL  Lwow  1891.  VIII, 
216  S. 

Schjött,  Mythologiske  studier,  I  Zeus.  Atha- 
mas.  Apollo.  (Christiania  Videnskabs-Sels- 
kabs  Forhandl.  for  1891.  No.  7.)  Chi-istiania, 
Dybwad.    19  S.    50  Öre. 

Stützle,  Das  griechische  Orakelwesen  und 
besonders  die  Orakelstätten  Dodona  und 
Delphi.  (2.  Abteil.)  Programm  Ellwangen. 
83  S.   4". 

XQrja/j.01  ZißvXXiuy.iji,  Oracula  Sibyllina  re- 
censuit  AI.  Rzach.  Leipzig,  Freytag.  XXI, 
321  S.    gr.  8°.    M.  12,00. 

Taylor,  The  Eleusiniau  and  Bacchic  mysteries: 
a  dissertation ;  ed.  with  introd.,  notes,  emen- 
dations  and  giossary  by  AI.  Wilder;  il.  by 
A.  L.  Rawson  4  ed.  New  York,  Boutou. 
5,  258  S.   8«. 

Kraszenniköw,  Rimskic  municipaliye  zrecy 
i  zricy.  Etnografiöeskoe  izsljedovauie,  Peter- 
burg. Nowoje  Wremja.  IRub.  75Kop.  [Rö- 
mische Municipaltlamines.] 

Stengel,  Die  Opfer  für  Flussgötter.  (Neue 
Jahrb.  f.  Phil.  u.  Päd    143,  449.) 

Sieniering,  Behandlung  der  Mythen  und  des 
Götterglaubens  bei  Lukrez.  (Progr.  Tilsit. 
18  S.   4».) 

Macdonald,  Inscriptions  relating  to  sorcery 
in  ('yprus.  (Proceedings  of  the  Society  of 
Biblical  Archaeology,  XIII,  4.) 

Schmidt,  Alte  Verwünschungsformcln.  (Neue 
Jahrb.  f.  Phil.  u.  Pädag.  143,  561.) 


334 


Laue : 


Lovatelli,   Di   uiia   mano    votiva   in  brouzo. 

(con  tav.)    (Monumenti  ant.  I,  2.) 
Diipony,    Medeciue    et    mceurs   de  l'ancienne 

Rome.    Paris.    432  S.    18«.    M.  3,50. 


Puschmanu,  Jahresbericht  über  die  Medicin 
bei  den  Griechen  und  Römern  (Schi.) 
(Jahresber.  üb.  d.  Fortschr.  d  klass.  Alter- 
tumswissensch.  ß4,  321.) 


c)   Sprache. 


Steinthal,  Geschichte  der  Sprachwissenschaft 
bei  den  Griechen  und  Römern  mit  beson- 
derer Rücksicht  auf  die  Logik.  2.  Aufl. 
2  Teile.   Berlin,  Dümmler.    M.  2,80. 

Die  Verbreitung  der  griechischen  Sprache  im 
pontischen  Küstengebiete.  (Ztschr.  d  Ges. 
f.  Erdkunde  24,  317.) 

Fürst,  Glossarium  graeco-hebraeum  od.  der 
griechische  Wöiierschatz  der  jüdischen 
Midraschwerke.  Ein  Beitrag  zur  Kultur-  und 
Altertumskunde.  Strassburg,  Trübner.  216  S. 
gr.S«.   M.  G,00. 

Zur  Aussprache  des  Altgriechischen.  (Grenz- 
boten 1891^  613.) 

Müller,  Der  Philhellenische  Verein  und  die 
Frage  der  Aussprache  des  Griechischen. 
(Elkag  3,  403.) 

Telfy,  Die  hellenische  Aussprache  in  der 
ungarischen  Akademie,    (ebenda  3,  392.) 

Modestow,  Die  Frage  der  griechischen  Aus- 
sprache.   St.  Petersburg.  27  S.  [russisch.] 

Ferrette,  La  question  du  grec  resolue.  (Elkcci 
3,  306.) 

Telfy,  Die  Betonung  des  Hellenischen,  (ebenda 
1,  13.)      _ 

Audoiiin,  Etüde  sommaire  des  dialectes  grecs 
litteraire  (autres  que  l'attique)  Homerique, 
Nouvel-Jonien,  Dorien,  Eolien.  Avec  uue 
preface  par  0.  Ei e mann.  Paris  1891. 
Klincksieck.  304  S.  kl.  8°.  (A.  u.  d.  T.: 
Nouvelle  coUection  ä  l'usage  des  classes 
XX.) 

2^xia,  llfQi  Trjg  KQrjTixrjg  i^iakfxiou.  'Ev 
A&r\vmi.  'Ex  lov  rvn.  2^ax(k}.c((H0u.  1  BL, 
167  S. 


Meister,  Herkunft  und  Dialekt  des  griechi- 
schen Teiles  der  Bevölkerung  von  Eryx  und 
Segesta.    (Philologus  49,  607.) 

Ziiretti,  Sui  dialetti  letterari  greci.  Torino, 
Bona.'  VI,   33  S.    L.  1,50. 

Boisacq,  Les  dialectes  doriens  Phonetique  et 
morphologie.  These  d'agregation.  Paris, 
Thorin.  Liege,  Vaillant  -  Carmanne.  XII, 
220  S.    Fr.  6,00. 

Hey,  Semasiologische  Studien,  gr.  S".  128  S. 
M.  3,20, 

Murcban,  Zur  Etymologie  griechischer  Städte- 
namen Gymn. Brandenburg  a  H.  Programm. 
1891.    1  Bl,  16  S.    4°. 

Meister,  Drei  böotische  Eigennamen.  (Kuhns 
Zeitschr.  f.  vergl  Sprach   31,  309.) 

Weise,  Charakteristik  der  lateinischen  Sprache. 
Ein  Versuch.  Leipzig,  Teubner.  X,  141  S 
M.  0,80. 

Moiiceaux,  Le  Latin  vulgaire,  d'apres  les  der- 
nieres  publications.  (Rev.  d.  deux  mondes 
106,  429.) 

BUclieler,  Altes  Latein.  (Rhein.  Museum  f. 
Philol.  N.  F.  46,  233.) 

Stademund,  Studien  auf  d.  Gebiete  des  ar- 
chäischen Lateins.  2.  Bd.  Berlin,  Weidmann. 
VII,  436  S.    M.  9,00. 

Keller,  Lateinische  Volksetymologie  und  Ver- 
wandtes. Leipzig,  Teubner.  X,  387  S.  — 
M.  10,00. 

y.  Semennoff,  Etymologisches  über  einige 
römische  Personennamen.  München.  5  S. 

Otto,  Die  Sprichwörter  und  spricliwörtlichen 
Redensarten  der  Römer  ges.  u.  erkl.  Leipzig, 
Teubner.    1890.   XLV,  436  S.    M,  10,00. 


d)    Poesie. 


Bethe,  Thebanische  Heldenlieder.  Unter- 
suchungen über  die  Epen  des  thebanisch- 
argivischen  Sagenkreises.  Leipzig,  Hirzel. 
VI,  191  S.    M.  4,00. 

Knaack:  Marx,  Griechische  Märchen  von 
dankbaren  Tieren  und  Verwandtes.  (Berliner 
philol.  Wochensclu-.  X,  37.) 

Müüer,    Die    neueren  Arbeiten  auf  dem  Ge- 


biete des  griechischen  Bühnenweseus.  Eine 
krit.  Übersicht.  (Philologus,  N.  F.  6  Suppl., 
1.  Heft.) 
Weissenfels,  Die  Entwickelung  der  Tragödie 
bei  den  Griechen.  Gütersloh,  Bertelsmann. 
2  Bl.,  85  S,  1  Bl.  (=  Gymu.-Bibl.  H.  3.) 
M.  1,20. 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


335 


II.   Etruslier. 


DahOj  Osservazioni  suUa  questioue  dcgli 
Etruschi.    (Bull,  di  palctuologia  XVI,  108.) 

Lindenschmit,  Das  etruskische  Schwert  .  .  . 
von  Hallstadt.    (Arch.  f.  Anthr.  19,  309.) 

Seemanu,  Die  Kuust  der  Etrusker  nach  den 
Forschuns'eu  unserer  heutigen  Wissenschaft 
als  Suppl.  zur  allgemeinen  Kunstgeschichte. 


Dresden,  Hoffmann.  1890.  76  S.  26  lith.  Taf. 

M.  6,00. 
Bologna,  Sepolcro  etrusco.  (Notizie  degli  scavi 

1890.  sett.) 
Körte,  I  rilievi  delle  urne  etrusche.  Vol.  IL 

Eoma,  tip.  d.  r.  accademia  dei  Lincei  1890. 

VII,  141  S.,  57  Taf.   4". 


III.   Basken. 


Rhys  and  Webster,  The  Celt-Iberians.   (The 

Academy,  Nr.  1012) 
Pinol,    Iberia  protohistörica  y  rectificaciones 

de    algunos    hechos    hist6ricos,    desde    los 

atlantes,    bereberes    y    otros    pueblos    .  .  . 

Valladolid,     J.    Pastor.     4".     Cuadoruo    1. 

Päginas    1    a    96.     1  pes      [Vollständig  in 

3  Heften. J 
Blade,  Les  Vascons  avant  leur  etablissement 

en   Novempopulanie.     (Rev.    de   l'Ageuais 

Mars.  Avril.) 
— ,  Les  Vascons  espagnols  depuis  les  dernieres 

auuees   du  VI''   siede  jusqu'ä  Torigine   du 

royaume  Navarre.    Agen,  Lamy.    100  S. 
— ,    Geographie    historique    de    la    Vasconie 

espagnole   jusqu'ä  la  fin  de  la  domination 

romaine.    (Rev.  de  Gascogne  1891.) 
Stempf,    Besitzt    die    baskische    Sprache   ein 


transitives  Zeitwoi-t,  oder  nicht?  Bordeaux, 
Riffaud.    16  S.    S°. 

Stempf,  La  langue  basque  possede-t-clle,  oui 
QU  non,  un  verbe  transitif  ?  Traduit  de  Talle- 
niand  avec  quelques  modifications.  Bordeaux, 
impr.  Riffaud.    15  S.    8". 

Victor  Hugo  et  la  langue  basque.  (Rev.  de 
linguistique  et  de  phil.  comp,  avril  1891.) 

Saiut  Julien  rt'Aiitioclie,  pastorale  en  langue 
basque  publ.  conformement  a  un  ms.  appart. 
ä  la  bibl.  de  la  ville  de  Bordeaux  (hrsg.  v. 
Victor  Stempf  &  Julien  Vinson).  Bor- 
deaux, Moquet.  2  EL,  XX,  212  S.,  3  Bl. 
( -   CoUection  de  pastorales  basques  No.  I.) 

Vocabulaire  basqne  recueilli  par  un  peleriu 
de  Saint  Jacques  en  172(;.  (Revue  de 
linguistique  et  de  philol.  comp,  april  1891.) 


lY.  Kelten. 

1.    Allgemeines. 
a)  Zeitschriften. 

Fondee    par    H.   Gaidoz 


Revue    celtique 

1870  — 1885.     Publice  sous  la  direction  de 
H.   d'Arbois    de   Jubainville    ...   avec 
le  concours  de  J.  Loth  .  .  .,  E.  Ernault 
...    et    de    plusieurs  savants    des  lies  bri- 
tanniques  et  du  continent.     G.  D ottin  ... 
Secretaire    de     la    redaction.      Tome    XII. 
Paris,  Bouillon  1891. 
No.  1.  Janvier:  H.  d'Arbois  de  Jubain- 
ville, Rechcrches  surlaplus  anciimnc  histoire 
des  Teutons.    —    de  la  Villemarciue,  An- 
ciens  Noels  brotons.  —  Stokes,  The  s^econd 
battle  ofMoytura.  —  Thedenat,  Noms  gau- 
lois,  barbares    ou    supposes    tels   dans  les  in- 
scriptions.  —  Nettlau,  Notes  on  welsh  con- 
sonants.    —    Melauges:     Textes    irlandais 


publies  par  E.  Windisch.  —  H.  d'A.  d.  J., 
Donnotaurus.  —  Reinach,  Les  Hyperboreens. 
H.  d'A.  d.  J.,  Saint  Denis  portant  sa  tete  sur 
la  poitrine.  —  Bibliographie:  H.  D'A.  d.  J., 
Recherches  sur  l'origine  de  la  propriete  fon- 
ciere  et  des  noms  de  lieux  habites  en  France. 
—  Chrouiqxie. 

No.  2.  Avril:  Nutt,  Les  deruiers  travaux 
allemands  sur  la  legende  du  Saint -Graal.  — 
Nettlau,  Du  texte  irlandais  intitule  Togail 
Bruidne  da  Derga  et  des  recits  qui  s'y  ratta- 
chent.  —  Thedenat,  Noms  gaulois,  barbares, 
ou  supposös  tels,  tires  des  inscriptions.  — 
Luzel,  Sacramant  ami  nouenn,  „L'extreme- 
onction",  conte  bretou.  —  Me langes:  Loth, 
Acigne,  Aguenoac.    —  Guaroiniaou,   Goariva. 


336 


Laue: 


—  Hartwell  Jones,  Les  romans  d' Arthur  — 
Bibliographie:  Pinkerton,  Vies  des  Saints 
d'Ecosse,  nouvelle  editiou  par  W.  M.  Metcalfe. 

—  Chronique. 

No.  3.  Juillet:  de  Barthelemy,  Le  mon- 
nayage  du  nord-ouest  de  la  Gaule  —  d'Ar- 
bois  de  Jubainville,  Comment  le  drui- 
disme  a  disparu.  —  Stokes,  Vie  de  saint 
Fechin  de  Fore.  —  Thedenat,  Noras  gau- 
lois,  barbares,  ou  supposes  tels,  tires  des  in- 
scriptions.  —  Nettlau,  Notes  sur  les  con- 
sonnes    galloises.     —     Melanges:    Loth, 


Remarques  sur   les   noms    de  lieu  en   ac  en 
Bretagne.  —  Ledenes.  —  Chronique. 

No.  4.  Octobre:  Ernault,  Noms  bretons 
des  points  dans  l'espace.  —  Stokes,  Seconde 
Vision  d'Adamnan.  —  Nett  lau,  Etüde  sur  le 
texte  irlandais  du  Togail  Bruidne  Da  Derga. 
—  Melanges:  Meyer,  Mots  que  le  vieil  ir- 
landais a  emprunte  au  vieux  norrois;  ä  l'anglo- 
saxon;  au  latin;  ä  Tancien  fran^ais.  — 
Chronique.  —  Post-Scriptum.  —  Table, 
par  E.  Ernault  des  mots  etudies  dans  le 
tome  XII  de  la  Revue  Celtique. 


Ib)   Aufsätze  und  Abliandlnii^en. 


«)   Äusseres  Leben. 

Schaaffhausen,  Die  Kelten.  (Festschrift  zum 
50jährigen  Jubiläum  des  Vereins  d.  Alter- 
tumsfreunde der  Rheinlande  am  1.  Okt. 
189L)    Bonn,  Marcus. 

de  Tourville  e  Demolins,  Les  Celtes.  — 
Leur  installation.  (Science  sociale.  6.  annee. 
Tome  XT,  379.) 

Bertrand,  Nos  origines.  La  Gaule  avant  les 
Gaulois  d' apres  les  monuments  et  les  textes. 
Seconde  edition  entierement  remaniee.  Avec 
notes  -  annexes  de  Collignon,  Hamy, 
Berthelot,  Piette  et  Reinach.  Accom- 
pagnee  de  195  figures  ou  planches  et  de 
quatre  cartes.  Paris,  Leroux.  XV,  349  S., 
4  Kart. 

Waifs  and  strays  of  Celtic  Tradition.  Ar- 
gyllshire  Series.  No.  III.:  Folk-  and  Hero- 
Tales.  CoUected,  edited,  translated  and 
annotated  by  ...  Mac  Dougall.  With  an 
introduction  by  .  .  .  Nutt.  London,  Nutt. 
8"  XXIX,  311  S.  —  No.  IV.:  The  Fians: 
Stories,  Poems  and  Traditions  of  Fionn 
and  bis  Warrior  Band.  CoUected  entirely 
from  Oral  Sources  by  John  Gregorson 
Campell  . . .  With  Introduction  and  Biblio- 
graphical  Notes  by  .  .  .  Nutt.  XXXVII, 
292  S. 

Olivier,  La  mardelle  de  Moladier.  (Annales 
Bourbonnaises,  5,  235.)  ['etage  souterrain 
des  Premiers  habitations  gauloises'.] 

Eck,  Les  deux  cimitieres  gallo -romains  de 
Vermaud  et  de  Saint-Quentin.  Recit  com- 
plet  des  fouilles  faites  durant  les  annees 
1885,  1886  et  1887.  Paris,  Leroux.  Avec 
1  Plan,  1  Planche  ...  et  20  Planches  en 
noir.     311  S. 


ß)   Inneres  Leben. 

Goulanges,  Histoire  des  institutions  politi- 
ques  de  l'ancienne  France:  la  Gaule  ro- 
maine.  Revue  et  completee  sur  le  manu- 
scrit  d'apres  les  notes  de  l'auteur,  par  C 
JuUian.    Paris,  Hachette    —  Fr.  7,50, 

Arbois  de  Jubainville,  De  quelques  termes 
du  droit  public  et  du  droit  prive  qui  sont 
communs  au  celtique  et  au  germanique. 
(Memoires  de  la  soc.  linguistique  de  Paris 
7,  286.)  

Fitzgerald,  Sur  quelques  origines  de  la  tra- 
dition  celtique.  I.  Soiirces  historiques.  (Rev. 
des  trad.  pop.  6,  193.) 

Schure,  Paysages  historiques  de  France. 
4.  Les  Legendes  de  la  Bretagne  et  le  Genie 
celtique,  Saint  Patrice,  Merlin,  Taliesinn. 
(Rev.  d.  deux  mondes  106,  864.) 

Bechstein,  Der  Donon  und  seine  Denkmäler. 
(Jb.  f.  Gesch.,  Spr  ,  Litt.  Elsass-J;othringens 
7,  1.) 

Zimmer,  Keltische  Beiträge  3.  (Zeiischr.  f. 
deutsch.  Altertum.  35,  1.) 

— ,  Keltische  Studien.  (Zeitschr,  f.  vergl. 
Sprachforsch.  32,  2.) 

Denis,  Retoui-  ä  la  superstition  dans  les  Pre- 
miers siecles  de  notre  ere.  (Annales  de  la 
Faculte  des  Lettres  de  Caen  6,  1.) 

Nutt,  Les  derniers  travaux  allemands  sur  la 
legende  du  Saint  Graal.  (Rev.  Celtique 
12,  1.  2) 

Rhys,  Studies  in  the  Arthurian  legend.  Oxford, 
at  the  Clarendon  press.  VIII,  411  S. 


d'Arbois  de  Jubainville,  Les  tenioignages 
linguistiques  de  la  civilisation  commune  aux 
Celtes    et    aux  Germains   pendant  le  V*"  et 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


337 


IV"  siecle  avant  J.-C.  (Rev.  arch.  III  serie 
Mars,  Avrü )     XVII,  187  S. 

Schmidt,  Zur  keltischen  Grammatik.  (Indo- 
german.  Forschungen.  Brt.  I,  H.  1.  u.  2.) 
Strassburg,  Trübner.  2  Bl.,  39  S.  [auch  Leip- 
ziger Ing.  Diss.  1891.) 

Holder,  Alt-Celtischer  Spraclischatz.  Leipzig, 
Teubner.  1.  Lief. :  A  —  Atep-atu-s.  256  Sp. 
gr.  «.    Fr.  8,00. 

Duplan,  Patois  de  Bigorre.  Langue  primitive 
d'oii  toutes  les  langues  celtiques  se  sont 
formees.  Vocabulaire  de  six  langues  com- 
parees,  ä  Fusage  des  etudiants  et  des  phi- 
lologues  etymologistes.  Tarbes,  Larrien. 
129  S.  ä  6  col.  —  Fr.  5,00. 

Pothier,  Etüde  experimentale  de  quelques 
mots  antiques  de  l'epoque  preromane.  (Me- 
moires  de  TAc.  de  Nimes.  VII,  13.) 


d'Arbois  de  Jubainville,  Les  noms  gaulois 
chez  Cesar  et  Hirtius  de  hello  Gallico  .  .  . 
avec  la  collaboration  deErnault  et  Dot- 
tin.  1.  Serie.  Les  composes  dont  rix 
est  le  dernier  terrae.  Paris,  Bouillon.  XV, 
259  S.  —  Mk.  4,00. 

— ,  Les  noms  gaulois  .  .  .  terme.  (Revue  ar- 
cheologique,  Juillet-Aoüt,  Sept.-Oct.)  vgL 
auch  Revue  critique,  no.  49. 

Thedenat,  Noms  gaulois  barhares  ou  suppo- 
ses  tels  tires  des  inscriptions  12,  131,  254, 
354. 

d'Arbois  de  Jubainville,  Recherches  sur 
l'origine  fonciere  et  des  noms  de  lieux  ha- 
bites  en  France.     Paris  1890. 

Williams,  Die  französischen  Ortsnamen  kelti- 
scher Abkunft.  Ing.  Diss.  Strassburg.  Strass- 
burg, Heitz.    87  S.    M.  2,00. 


2.    Iren,   Galen,  Walliser. 


Die  Bevölkernng  Irlands.  (Deutsche  Rund- 
schau f.  Geogr.  13,  468.) 

Mac  Lean,  The  Ancient  Peoples  of  Ireland 
an.d  Scotland  considered.  (Journ.  of  thc 
anthr.  Inst,  of  Great  Britain  20,  154.) 

Zimmer,  Über  die  frühesten  Berührungen  der 
Iren  mit  den  Nordgermanen.  (Sitzungsber. 
d.  König],  preuss.  Ak.  d.  Wiss.  XVI.) 

Rhys,  The  spread  of  Gaelic  in  Scotland. 
Being  the  Fifth  Rhind  Lecture.  (The  Sco- 
tish  Review  17,  332.) 

— ,  The  peoples  of  ancient  Scotland.  Being 
the  Fourth  Rhind  Lecture.  (ebenda  17,  60.) 

Moore,  The  Folk-Lore  of  the  Isle  of  Man, 
being  an  account  of  its  Mjths,  Legends, 
Superstitions,  Customs  and  Proverbs.  Lon- 
don, Nutt.  (Isle  of  Man,  Brown  &  Son.) 
X,  192  S.     S.  1,  6. 

Rliys,  Manx  Folk-Lore  and  Superstitions. 
(Folk-Lore  2,  284.) 

Peacock,  Notes  on  Professor  J.  Rhys  Manx 
Folk-lore  and  Superstitions.  (Folk-lore  2, 
509.) 

Shore,  Characteristic  Survivals  of  the  Celts 
in  Hampsliire.  (Journ.  anthr.  Inst,  of  Great 
Britain  ...  20,  3) 

Gaidoz,  Ransom  by  Wcight.  (Am  Urquell, 
2,  2.  3.  4.)     [Lösegeld  durch  Gewicht.] 

Zimmer,  Ossin  und  Oscar.  Ein  weiteres  Zeug- 
nis für  den  Ursprung  der  irisch -gäiischen 
Finn  -  (Ossian  -)  Sage  in  der  Vikingerzeit. 
(Zeitschr.  f.  deutsch.  Altert.  35,  252). 


White,  An  Irish  Superstition.    (Notes  &  Que- 

ries  12,  85.) 
Mansergh,  An  Irish  Superstition.    (ib.  213.) 
White,  Irish  Superstition.  (ib.  245.)  (ib.  362.) 
C.  C.  B.,  Irish  Superstition.    (ib.  455.) 
trregor,    The   Horse   in   Scottish  Folk-lore. 

(Extr.  de  Banffshire  field  club.)     10  S. 
Musters,   Superstitions   du   sud  du  pays   de 

Galles.     (Rev.  des  trad.  pop.  6,  485.) 
Nutt,  The  Study  of  Celtic  in  Scotland.    (Aca- 

demy,  nr.  1010,  1011.) 
Hayden,  An  introduction  to  the  study  of  the 

Irish  language  Text,  translation  and  glos- 

sary.    Dublin,  Gill.     74  S.  —  2  sh.  6  d. 
Gaidoz,  Notes   sur  Fetymologie  populaire  et 

l'analogie  en    irlandais.     (Zeitschr.  f.  vergl. 

Sprachforsch.  32,  310.) 
Meyer,  Loanwords  in  early  Irish.   (Rev.  celti- 

que  12,  460.) 
Moore,  The  surnames  and  place-names  of  thc 

isle    of  Man,    with    an    introduction    by  J. 

Rhys.      London,    Stock.     [Ausf.    Kritik  v. 

Zimmer:  Gott.  gel.  Anz.  Nr.  18.] 
K.  [eegan],    Thc  resti-ictions  and   obligations 

of  Cuchullaind.     A    heroic   tale   translated 

from   thc   Irish,   and   now   fü-st  published. 

(Fashion  and  Fancy.     Saint  Louis  V.  Mai 

1891.) 
Hyde,  Bcsido    thc  fire,    a  collection  of  Irish 

gaelic    folk    tales,    with    notes    by    Alfred 

Nutt.    London,   Nutt.    8».    LVIII,    203  S. 

7  sh.  6  d. 


338 


Laue ; 


Gaelic  Historical  Songs.  (The  Scotish  Re- 
view 18,  301.) 

Rhys,  Welsh  fairies.  (The  nineteenth  Cen- 
tury 30^,  564.) 

Bliud,  Neue  Funde  von  Volksmärchen  in 
Shetland    und  Wales.     (Voss.  Zeit.    5—10.) 


d'Arbois  de  Jiibainville,  Litterature  epique 
de  rirlande.  Maladie  de  lüchulainn  et  uni- 
que  Jalousie  d'Enier  (femnic  de  ce  heros). 
III.  (Revue  de  linguistiquc  et  philol.  comp. 
24,  221.) 


3.    Bretonen. 


(tuellien,  la  Bretagne  arnioricaine  C.  R.  par 
A.  Dupuy.  (Annales  de  Bretagne.  "VI«  an- 
nee,  t.  VI,  n.  2.  Janvier  1891.) 

Le  (itouvello,  Vie  populaire  du  penitent  bre- 
ton  Keriolet.  (1602—1660)  Vannes,  Lafolye. 
69  S. 

Le  tfall  La  Salle,  L'Heritage  de  Jacques 
Ferruel,  scenes  de  la  vie  agricole,  illustra- 
tions  de  M.  J.  Even.  Paris,  Hachettc.  223  S. 
[Haute-Brctagne.] 

Le  Gonvello,  La  Legende  populaire  de  Kerio- 
let. (d'apres  des  recits  bretons  inedits.) 
Vannes,  Lafolye.  30  S.  (Extr.  de  la  Revue 
des  provinces  de  l'Ouest.) 

— ,  La  Legende  de  Keriolet  daus  le  pays 
d'Aiu-ais.     (Rev.  historique  de  l'Ouest  1'^.) 

Sebillot,  liegendes  chretiennes  de  la  Haute- 
Bretagne.  (Rev.  de  Bretagne,  deVendee  et 
Anjou  0*.)  suitc  (ib.  5".)  (ib.  6*.) 

Lavenot,  La  legende  du  diable  chez  les  Bre- 
tons du  pays  de  Vannes,  (Rev.  des  trad. 
pop.  VI,  7-11.) 

Chardin,  Les  Poissons  fantastiques. 
Poissou  Nicole.  [Haute-Brctagne.] 
des  trad.  6,  142.) 

— ,  Croyance  bretonne.  (ib.  6,  607.) 

J  *Goelands'  in  Brettagna  [Sturmverkündende 
Möven.]    (Archivio  delle  tradizioni  10, 124.) 

Punech,  Le  Mabinogion  et  la  legende  gal- 
loise.     (Annales  de  la  Bretagne  4,  452.) 


I.   Le 

(Rev. 


Loth,  Remarques  sur  les  noms  de  lieux  en-ac 
en  Bretagne.     (Revue  celtique  12,  380.; 

Moal,  Supplement  lexico  -  grammatical  au 
Dictionuaire  pratique  fran(jais  -  breton  du 
colonel  .A.  Troude  (ed.  1869),  en  dialecte  de 
Leon.  Landcrneau,  Desmoulins.  V,  525  S. 

Eruanlt,  Noms  bretons  des  points  de  Tespace. 
(Revue  celtique  12,  413.) 


Villemarque ,  La  poesie  populaire  dans  la 
Haute-Bretagne.  (Bull  arch.  de  Tass.  bret. 
7,  207.) 

Chansons  yopiüaires  bretonues:  Er  Plah 
iouank  tromperez:  la  jeune  Fille  parjure. 
(Rev.  de  Bretagne,  de  Vendee  et  d' Anjou 
6,  232  f.)  Er  Plah  dies  de  Zimecin:  la  tille 
diflieile  ä  marier  par  Yan  Kerhlen.  (ib. 
422.)  Hun  ar  mabik  e  Kraouck  Bethleem: 
le  Sommeil  de  l'Enfant.  —  Jesus  dans  la 
creche  de  Bethleem  pai-  le  Barde  du 
Menez  Bre.  (ib.  5,  47.)  L'Aguila-neuf  ou 
la  Quete  des  Etrenncs  par  Yan  Kerhlen. 
(ib.  149.)  La  belle  Jeanette  v.  De  ms.  (ib- 
239.)  Petit  Jean  le  bon  gar<;on.  üers. 
(ib.  380).  Chant  pour  Tinstallation  de  M.  le 
chanoine  d.  Le  Pon  ä  Plougrescaut  (Cötes- 
du-Nord)  par  le  Fröre  Barde  du  Menez  Bre. 
(ib.  485.) 

Oaidoz,  Chansons  populaires  de  la  Basse- 
Bretaguc  XXV.    (Melusine  V'.  ».) 

Ernaultj  Chansons  populaires  de  la  Basse- 
Bretagne.    (Melusine  V^".) 

Sebillot,  Le  Rossignol,  chanson  de  la  Haute- 
Bretagne,  (Rev.  des  trad.  pop.  VP,  277.) 

— ,  chanson  de  la  Haute-Bretagne.  (ib.  77,  78.) 

— ,  Renaud  et  ses  femmes.  [Haute-Bretagne.] 
(ib.  VI^) 

— ,  Contes  de  Marins  recueillis  en  Haute-Bre- 
tague.    (Archivio  10,  103,  169.) 

— ,  Contes  .  .  .  S.  A.   8".    60  S. 

Lnzel,  La  femme  du  Diable,  conte  breton. 
(Rev.  de  Bretagne  et  d'Anjou  V'-*.) 

La  Villemarque,  Anciens  noels  bretons.  (Rev. 
celtique  12,  20.) 


Leronx,  Rai)ports  entre  la  musique  bretonne 
et  la  musique  Orientale.  (Rev.  de  Bretagne, 
de  Vendee  et  d'Anjou  5^) 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


339 


Y.   Romanen. 

1.    Allüemeines. 


Revue    des  langnes  lomaues.    Publiee  par 

la  societe  poiir  l'etude  des  laugues  romaucs. 

IV.  Serie,  5.  toine.  (tome  XXXV.  de  la  col- 

lection.)    Montpellier,  au  bureau  .  .  .    de  la 

societe;  Paris,  Maisoimeuve  1891. 

V,  1:  Exilac,  Lou  Rou  pouetsicou.  Frag- 

inan  doii  7"><'"  chant.  (iJialecte  de  Saint-Mau- 

rice-de    rp]xil)  (Isere).   —   Foures,    Poesies 

lauragaises.    —    Blanc,  Vocabulaire  proven- 

cal-latiu.    —    (.'habaneau,    Fragment    d'un 

chansonmer  proveuQal.   —   Söderjheira,  La 

dama    sanza    niercede,    Version    italienne    du 

poenie  d'Alain  Chartier:    La  belle  dame  sans 

luercy.   —   Menage,  Lettres  ä  Magliabecchi 

et  ä  Carlo  Dati,  publiees  par  L.-G.  Pelissier. 

—  Pelissier,  Notes  pour  les  lettres  de  Dom 
de  Vic    —  Bibliographie.  —  Necrologie. 

V,  2:  Camus,  Notices  et  extraits  des 
niauuscrits  fran<;ais  de  Modene.  —  Foures, 
Les  jeux  des  enfants  en  Lauraguais.  —  Ders., 
Voucabulari  anatoumic  e  de  las  malautios  del 
Lauragues.  —  Jourdaune,  Jammeto.  — 
Brissaud,  Chant  de  noces  de  l'Agenais.  — 
Blanc,  A  propos  de  l'expedition  en  Sardaigne 
de  Guillaume  II,  vicomte  Narbonne.  — 
Castets,  II  Fiore  et  ses  critiques.  —  Chroni- 
(|ue.  —  Errata 

V,  3:    Pelissier,   Les  amis  d'Holstenius. 

—  Chabaneau,  La  langue  et  la  litterature 
ilu  Limousin.  —  Roque-Ferrier,  Une  poesie 
niontpellieraine  de  Theodore  Hipert— Mar- 
chot, Etymologies  liegeoises  (suite).  —  Har- 
vey,  L'etat  de  la  populatiou  frani^-aise  du 
Canada.  —  Bibliographie.  —  Periodiques.  — 
Chronique.  —  Errata. 

V,  4:  Novati,  Nouvelles  recherches 
sur  le  roman  de  Florimont.  —  Pelissier, 
Les  Amis  d'Holstenius.  —  Revillout,  La 
Legende  de  Boileau.  —  Lagarenne,  Quatrc 
fables  de  Lafontaine  en  saintongeais.  — 
Blanc,  Le  groupe  et  de  Sanctus.  —  Oon- 
stans,  A  propos  d'un  compte  rendu  du  Ro- 
man  de  Thebes.    —    Pdlissier,   Manuscrits 


proven^aux  de  Marseille.  —  Ders.,  Epitaphe 
anacyclique  de  Richelieu.  —  Bibliographie.  — 
Errata    —  Table  des  matieres. 

Iserloh,  Darstellung  der  Mundart  der  delphi- 

natischen    Mysterien.     Bonn.    Inaug.-Diss. 

Univ.-Druckerei  v.  Georgi.    Gl  S.,  1  Bl. 
Barthj  Laut-  und  Formenlehre  des  Waldensi- 

schen.    Ing.-Diss    Bonn 
Meyer,  Le  langage   de  Die  au  XIII''  siecle. 

(Romania  20,  70.)    [Vgl.  Censier  de  l'eveche 

de  Die,  ä  Die,  Montmaur  et  Aurel.    Docu- 

ment  du  XIII^  siecle,  en  langue  vulgaire, 

annote    et   publie    par   J.  Brun-Durand. 

Lyon,  Brun  1890.    71  S.    (Extrait  du  Bull. 

de  l'academie  delphiuale.    4«  serie,  t  HL)] 
Bos,    Glossaire    de  la  langue  d'Oil.     (XI''  — 

XIV''  siecles.)   Paris,  Maisonueuve  .  .  .)  XX, 

466  S. 
Siicliier,  Le  Fran^ais   et  le  provenQal.     Tra- 

duction    par    P.   Monet.     Paris,    Bouillon. 

IX  S.,  1  Bl ,  224  S.    [Org.  im  Grundriss  d. 

rom    Philol.    Bd.  L] 
Wesemaim,     Über     die    Sprache     der    alt- 

provenzalischeu     Handschrift    Acq.     nouv. 

Fraug,.  No.  4108  der  Bibliotheque  Nationale 

zu  Paris.    Ing.-Diss.  Halle.    43  S. 
Kestori,     I,itteratura     prnvencale.      Milano. 

Hoepli.    VIII,  220  S. 
Kalepsky,  Von  der  Negation  im  Provenzali- 

schen.      (Progr.    IL    höhere    Bürgerschule 

Berlin.)     26  S,    1  Bl.     [auch   Ing.-Diss.   v. 

U.März  1891.] 
Chabaneau  und  Reynaiid,  Legendes  pieuses 

en  proven(;aI  de  XIII>^  siecle.     (Revue  des 

langues  romanes  4.) 
Doncieux,    La  Pernette,  origine,   histoire  et 

ristitntion  critique  d'une  chanson  jxtpulaire 

romane,     Paris.     52  S.     [=  Sep.-Abdr.  aus: 

Romania  20,  86.] 
P.  M.,  Les  trois  Maries,  cantique  provencal 

du  XV^-  siecle.    (Romania  20,  139.) 


2.    Spanier  und   Portugiesen. 
Die  Balearen.   In  Wort  und  Bild  geschildert.      Cliabäs,  Los  Mozärabes  valencianos 


7.  Bd.   Die  eigentlichen  Balearen.   Leipzig, 
Brockliaus.    463  S. 
Die    Insel    Menorca.      IL    Specieller   Teil 
ebenda.    4 ". 


(El  Ar- 
chive. Valencia.  5,  6.) 
Fernändez   y   Oonzülcx,    Ampliacion   sobre 
los  Mozärabes  valencianos.    (ebenda  28.) 


340 


Laue : 


Melida,    La    Torre    inclinarla    da    Zaragoza. 

(ebenda  5,  240.) 

P6re/  de  la  Sala,  Costumbres  espanolas  en 
el  siglo  XVII.  (Eevista  de  Espana  134,  425, 
524;  135,  192,  830.) 

Cadic,  Impot  du  sang  dans  les  Pyrenees. 
(Rev.  des  Pyrenees  3,  1041.) 

Blutsteuer  in  den  Pyrenäen.  (Tägl.  Rund- 
schau, No.  197.) 

Vidart,  Las  coridas  de  toros.  (La  Espana 
moderna,  Abril,  ])äg.  69.) 

Simonet,  La  Mujer  arabigo-hispana.  (El  Ar- 
chivo  5,  265.)  ' 

Romero,  Medicos  y  jueces.  (Revista  de  Espana, 
Agosto.) 

Flaubert,  La  Loyenda  de  San  Julian  Hospi- 
talario.    (Espana  nuova,  Abril.  p.  150.) 

AdivinaQoes  (0  Elvense,  n.  1062.  12.  apr.) 

d'Almada  y  Soreiro  de  Brito,  Colleccäo  de 
requebros  ou  remates  de  algunas  modas  de 
roda.    (0  Elvense  XI,  14.  Mai.) 

Basset,  Le  pont  de  Misarella  (Portugal).  (Rev. 
des  trad.  pop.  6,  490.) 

Bell,  Gramatica  de  la  lengua  castellana  desti- 
nada  al  uso  de  los  Americanos.  Edicion 
hecha  sobre  la  ultima  del  ai;tor  con  extensas 
notas  y  con  copioso  indice  alfabetico  de 
ü.  Rufino  Jose  Cuervo.  Paris,  Roger  y 
Chernoviz     VIII,  364  u.  112  S. 

de  Mugica,  Gramatica  del  castellano  antiguo. 
Primera  parte.  Fonetica.  Leipzig,  Reisland. 
VI,  86  S. 

Baist,  Die  arabischen  Laute  im  Spanischen. 
(Romanische  Forschungen  IV,  3,  345.) 

Lenz,  Zur  spanisch -amerikanischen  Formen- 
lehre.   (Zeitschr.  f.  rom.  Philol.  15,  518.) 

Dietrich,  Les  parlers  creoles  desMascareignes. 
(Romania  20,  216.) 

Schuchardt,  Kreolische  Studien.  IX.  Über 
das  Malaioportugiesische  von  Batavia  und 
Tugu.  (-  Sitzungsber.  d.  Ak,  d.  Wiss.)  "Wien, 
Tempsky,  256  S.    M.  4,50. 

de  Rato  j  Hevia,  Vocabulario  de  las  pala- 
bras  y  frases  bables  que  se  hablaron  anti- 
guamente  y  de  las  que  hoy  se  hablan  en 
el  principado  de  Asturias,  seguido  de  un 
Compendio  grammatical.  Madrid,  Hernandez 
1891.   XXV,  147  S.,  1  Bl. 

Escrig  y  Martinez,  Diccionnario  valenciano 
castellano  ...  y  un  ensayo  de  ortografia 
Icmosino-valenciana,  por  una  Sociedad  de 
literatos,  bajo  la  direccion  de  D.  Constan- 
tino  de  Llombart.    Cuaderno  20.     (Paginas 


801  ä  840.)  Valencia,  Paschal  Aguilar.  A". 
1  y  1,25. 

Caballerio  y  Eubio,  Diccionnario  de  mo- 
dismos,  voces  populäres  y  frases  hechas 
puramente  castellanas;  .  .  .  primero  y  ünico 
de  SU  genero  en  Espana,  colecciouado  y  ex- 
plicado.  Cuaderno  2.  [paginas  25  ä  48.) 
Madrid,  F.  Garcia  Herrero.  En  4"  mayor, 
ä  2  columnas.    0,.50  y  0,75. 

Skarbi ,  Monografia  sobro  los  Refranes, 
Adagios  y  Proverbios  Castellanos  y  las 
obras  ö  fragmentos  que  expresamente  tratan 
de  ellos  en  nuestra  lengua,  obra  premiada. 
Madi-id,  Huerfanos.   414  S. 

Valbuena,  Eipios  vulgares.    260  S.   3  y  3,50. 

de  Castro,  Curiosidades  linguisticas.  (Espaiia 
nuova.  Marzo.) 

J.  L.  de  V.,  Nomes  populäres  dos  dedos  da 
mäo.    (Revista  Lusitana  II,  181.) 

Pires,  Calendario  rural.    (ib.  II,  120.) 

Cels  Gomis,  Botänica  populär  ab  gran  nombre 
de  confrontacions  .  . .  Barcelona,  Alvar  Ver- 
daguer  (157  S.,  1  Bl.)  =  Folk-Lore  Ca- 
tala.  Biblioteca  populär  de  la  associaciö 
d'excursions  catalana.   vol.  IV. 

Pires,  TradiQoes  portuguezas:  Conceito  po- 
pulär da  Sereia.  (Archivio  delle  trad.  pop. 
10,  119,) 

de  Vaseoncellos,  Poesia  amorosa  do  povo 
portuguez.    Lisboa,  Carvalho.    144  S. 

Folk-lore  portuguez:  romance.  (0  Elvense  5. 
9.  Apr.  1891.) 

de  Vasconcellos,  Estudos  sobre  o  Romanceiro 
peninsular.   (Revista  Lusitana  2,  156.) 

Pages,  La  Version  catalane  de  l'Enfant  sage. 
(Etudes  rom.  ded.  ä  G.    Paris.  181-194.) 

Pires,  Cantos  populäres  do  Alemtejo  recolhidos 
da  tradicäo  oral.  (A  Sentinella  da  Fronteira. 
Elvas.    An.  XI,  5.  Apr.  —  1.  Sept.) 

— ,  Cantos  populäres  alemtejanos:  remates  on 
requebros.    (0  Elvense  XI.) 

— ,  Cantos  populäres  do  Minho.    (ib.) 

— ,  Cantos  populäres  do  Douro.  (ib.) 

— ,  Cantos  populäres  de  Traz-os-Montes.  (ib.) 

— ,  Os  cinco  sentidos.  [Volkslied  aus  Traz-os- 
Montes.]    (ib.  28.  Mai.) 

Siles,  Sonetos  populäres.  Madrid,  Hernandez. 
30  S.    1  y  1,25. 

Meyer,  Nouvelles  catalanes  inedites.  (suite  et 
fin.)    (Romania  20,  193,  581.) 

de  Pnimaigre,  Les  vieux  auteurs  castillans. 
Histoire  de  l'ancienne  litterature  espagnole. 
2.  Serie.   Paris,  Savine.   3-22  S.    fr.  3,50. 


Litteratur  des  Jahres  1801. 


341 


3.    Nord-  und  Südfraiizosen. 
a)    Äusseres  Leben. 


Hoefft,    France,  Franceis  und  Franc  im  Ro- 

landsliede.    Ing.-Diss.   Strassburg,  Triibner. 

74  S.   gr.  8 ".    M.  '2,00. 
LeTasseui'j  La  population  franpaise.    Histoii-e 

de  la  population  avant  1789  et  demographie 

de  la  France  comparee  ä  celle  des  autres 

nations  au  XIXe  siecle  prec.  d'une  intro- 

duction  siu-  la  statistique.    T.  1 — 3.    Paris, 

Eousseau    1889—1892.     3  Bde.    I.     1889. 

(2  Bl.,  XLVir,  468  S.,  3  Kart.)    II.  (1891. 

3  Bl.,  533  S.,  3  Tab.)  III.  1892  (2  Bl.,  569  S., 

1  Tab.) 
Richet,  La  depopulation  de  la  France.    (Rev. 

scient.  1891 S  145.) 
— ,  L'accroissenieut  de  la  population  fran(^,aise. 

(ebenda  518). 
de  Variguy,    La  depopulation  de  la  France. 

(ebenda  1891',  144.) 
Frankreichs  Eutvölkeruug.  (Tgl.  Rundschau  « 

1174.) 
Die  Bevölkerung   der  Kanalinseln.     (Globus 

60,  176.) 
de  Claparede,  Die  Insel  Porquerolles.    [Hye- 

rische  Inseln.]    (Bull.  Soc.  iSeuchateloise  de 

Geogr.  VI.) 
Boissouade,    Essai   sur  la  geographie  histo- 

rique  et  sur  la  demographie  de  la  province 

d'Angoumois  du  dix-septieme  siecle  au  dix- 

neuvieme.    Angonleme,  Coquemard, 
(iould  S.  Baring,  Im  Troubadour- Land:    A 

Ramble  in  Provence  and  Languedoc.    lllu- 

strated  by  J.E.Roger.   8".  340  S.  London. 

Allen.    22  sh.  6  d. 
G[aidoz,   Die  französischen  Thäler  Piemonts. 

(Globus  59,  3.) 
Laponge,    Granes  Modernes    de  Montpellier. 

(L'Anthropologie  II,  1.) 
Die  künstliche  Verunstaltung  der  Köpfe  in 

Europa.    (Globus  59,  118.) 


Loubier,  Das  Ideal  der  niänulichen  Schönheit 
bei  den  altfranzösischen  Dichtern  des  12. 
und  13.  Jahrhunderts.  Halle,  Kaemmerer 
&  Co,    Ing.-Diss.  1890.    142  S.,   1  Bl. 

Yoigt,  Das  Ideal  der  Schönheit  und  Hässlich- 
keit  in  den  altfranzösischen  Chansons  de 
geste.    Ing.-Diss.  Marburg.   61  S. 


Egli,  Über  eine  Genfer  Thonlampe  mit  dem 
Symbol  des  Fisches.  (Anz.  Schweiz.  Alter- 
tumskunde No.  4.) 

de  Verneilli,  Causeries  archeologiques.  — 
Sarlat  et  ses  vieilles  maisons.  (Bull.  d.  1. 
soc.  bist,  et  archeol.  du  Perigord  18,  278.) 

Le  Carquet,  Les  Chapelles.  I.  Les  clefs  de 
saiut  Tujen,  preservant  de  la  rage.  (S.  A. 
Bull.  d.  1.  Soc.  archeol.  de  Finistere.)  Quimper, 
Contonnte.    8".    15  S. 

Meyer,  Die  Stände,  ihr  Ijcben  und  Treiben, 
dargestellt  nach  den  altfranzösischen  Artus- 
und  Abenteuerromanen.  (-  Ausgaben  und 
Abhandl.  a.  d.  Gebiete  d.  roman.Phil.  No.79.) 
M.  3,50. 

Bernier,  Essai  sur  le  tiers  etat  rural,  ou  les 
paysans  de  Basse -Norman  die  au  XVIII  e 
siecle   These.  XVI,  317  S.  Mayenne,  Nezan. 

Brntails,  Etüde  sur  la  condition  des  popula- 
tion s  rurales  du  Roussillon  au  moyen  äge. 
Paris,  Imp.  nat.  1891.  XLIV,  314  S.  — 
M.  7,50 

Ledleu,  Les  vilains  daus  les  (euvres  des  trou- 
veres.  Paris,  Maisonneuve.  1890.  {-  Collect, 
intern,  de  la  Tradition.  VIII)  8".  VII,  114  S. 
Fr.  3,00. 

Les  anciennes  mesures  de  Cambrai  et  du  Cani- 
bresis.  (Mem.  d.  1.  soc.  emul.  Camhrais.  46, 
33-52.) 


«)   Recht  und  Sitte. 

Baist,  Le  duel  juridique  depuis  son  origine 
et  dans  la  chanson  de  Roland.  (Romanische 
Forschungen  5'-.) 

Pasqnier,  ('outumes  municipales  de  Foix  sous 
Gaston  Phoebus,  d'aprcs  le  texte  roman  de 
1387.   Toulouse,  Privat.  46  S.  8". 

Zeitschrift  d.  Vereius  f.  Volkskuude.    1892. 


b)  Inneres  Leben. 

Bourciez,  .Les  mceurs  polies  et  la  litterature 
!       de  cour  sous  Henri  II.    Paris.   487  S. 
Daudet,  Costumbres  de  Paris.  (Espana  nuova. 

Febrero.  pag.  51.) 
Folk-Lore  parisien:  Harou,  Miettes  de  Folk- 
lore parisien.  XIV.  (Rev.  des  trad.  pop.  6, 
21.)  VII.  Blasen  populaire  au  XVII.  siecle. 
(ib.  494.)  XV.  Certeux,  Les  Messes.  (ib. 
23 


342 


Laue : 


533.)     XVI.    Chequillaume,    Vorrie     de 

Paris,     (ib.  534.)     XVIII.    Certeux,    Las 

Epouvantails  des  enfants.    (ib.  663.) 
Boiirchenin,    Contribution   au  Folk-lore  du 

Bearn.    (ib.  6,  108,  732.) 
Nogiies,  Les  moeurs  d'autrefois  en  Saintonge 

et    en  Aunis.     Saintes,    Secretariat    de    la 

Commission    des    Arts.     8°.     VIII,    177  S. 

Fr.  3,50. 
Fertiaiilt,  Les  Charivaris.    V.  Le  Charidane 

en  Saintonge.   (Rev.  des  trad.  pop.  6,  429.) 
Oraiu,    Ciu-iosites,   croyances  et  superstitions 

de  l'Ille-et-Vilainc.  Rennes,  Oberthür.    16  S. 
Rosapelly,  Au  pays  de  Bigorre.    Us  et  cou- 

tumes.    Paris,  Champion.    92  S.    M.  2,50. 
Morel-Ketz,  Une  Coutume  dijonnaise.    (Rev. 

des  trad.  pop.  6,  565.) 
Perot,  Les  vieux  usages  du  Bourbonnais.  I.  Le 

Bourlois.   Les  Coqs  en  päte.    (Rev,  des  trad. 

pop.  6,  685.) 
de   Lazarqiie,   Folk-lore    de    Lorraine.     (ib. 

6,  6.) 
Mason    (Amelie   Gear),    The  Women    of  the 

French  Salons.     8«.    286  S.    25  S. 
Franklin,  La  vie  privee  d'autrefois.   Arts  et 

metiers,  modes,  moeurs,  usages  des  Parisiens 

du  XII e  au  XVIIIe  siecle  d'apres  des  docu- 

ments    originaux  ou  inedits.     Paris,    Plön, 

Nourrit  et  C»'". 

1.  Les  medicaments.    269  S. 

2.  Varietes  gastronomiques.    280  S. 
Robinson,    Private    Life    in    France    in   the 

Fourteenth  Century.  (The  Fortnightly  Re- 
view 50,  244.) 

Desciibes,  Coutumes  de  Mariages.  IX.  Correze. 
(Rev.  des  trad.  pop.  6,  615.)  [Hochzeitsbrauch 
in  Argentat.] 

Henninger,  Sitten  und  Gebräuche  bei  der 
Taufe  und  Naniengebung  in  altfranzösischen 
Dichtungen.  Halle,  Kaemmerer.  Ing.-Diss. 
87  S. 

Momm6ja,  Les  plates-tombes  du  moyen-äge. 
Essai  d'esthetique  archeologique.  (Bull, 
archeol.  et  hist.  d.  1.  soc.  arch.  de  Tarn-et- 
Garonne  XVII  [,  189.) 

Spitzer,  Französische  Kulturstudien.  1.  Bei- 
träge zur  Gesch.  des  Spieles  in  Alt-Frank- 
reich. Heidelberg,  Winter.  54  S.  M.  1,60. 
[auch  Ing.-Diss.  Heidelberg.] 

La  festa  di  maggio  in  Arras.  (Aixhivio  delle 
trad.  pop.  10,  276.) 

Plaget,  La  Cours  amoureuse  dite  deCliarlesVI. 
(Romania  20,  417.) 


ß)    Glaube  und  Aberglaube. 
au)  Frommer  Glaube. 

Sabarthes,  Le  pelerinage  et  le  culte  des 
Saints  avant  la  Revolution  dans  le  Nar- 
bonnais.    (Rev.  des  Pyrenees  3,  18.) 

Fertiault,  La  Friere  du  Cathere  en  Cham- 
pagne.  (Rev.  des  trad.  6,  493.) 

Binder,  Saint  Blaise  IV.  (Rev.  des  trad.  6, 
479.) 

Mistral,  Le  Legende  de  saintc  Anne.  (ib.  6, 
528.) 

Sebillot,  Legendes  chretiennes  de  la  Haute- 
Bretagne  (Rev.  de  Bretagne  de  Vendee  et 
d'Anjou  5,  322,  329,  370,  380,  479,  484:  6, 
69,  239,  482.) 

Doncieux,  Le  Cycle  de  sainte  Marie-Made- 
leine dans  la  chauson  populaire.  (Rev.  des 
trad.  6,  257.) 

Lavenot,  La  Legende  du  Diablo  dans  le  pays 
de  Vannes.    (Rev.  des  trad.  6,  166.) 

Arnaudin,  Quelques  usages  de  la  Seniaine 
sainte.    IL  Dans  les  Landes,    (ib.  330.) 

Le  Bournisien,  Le  premier  dimanche  de 
Careme.  IL  Dans  l'Artois  et  Boulonnais. 
(ib.  309.) 

Morin,  Fontaines  guerissantes  de  l'Aube.  (ib. 
607.) 

de  la  Porterie,  La  Fontaine  de  saint  Jean- 
Baptiste  ä  Lussagnet  (Landes),    (ib.  560.) 

Renier,  L'erba  prodigiosa  di  S.  Giovanni. 
(Archivio  delle  trad.  pop.  10,  73.) 

de  la  Cheneliere,  I:es  Charites  en  Normandio 
(Rev.  des  trad.  6,  423.)  [Eine  Brüder- 
schaft.] 

ßß)  Heidnisches  und  Aberglaube. 

Morillot,    Transformation    et    remplacement 

des  monuments  du  pagänisme  en  Bourgogne. 

(Bull,  de  l'hist.  religieuse  de  Dijon  9,  197, 

257,  277.) 
— ,  Une  idole  dans  une  source.    (ib.  295.) 
Floriis,  Monuments  megalithiques  de  la  region 

du  Re-de-Sol.     (Annales  Bourbonnaises  5, 

334.)  

Plytoff,  Les  sciences  occultes.  Paris.  8".  avec 

174  fig.    Fr.  3,50. 
Morin,  Oraisons  superstitieuses  interdites  au 

XVL  siecle.    (Rev.  des  trad.  6,  691.) 
Pellisson,  Superstitions  bearuaises.   (il).  154.) 
Le    t'arguet,     Superstitions     du    Cap-Sizun. 

IV.  La  Malechance.  V.  La  Semaine  blanche. 

VI.   Le  Phares.    (ib.  659.) 


Ijitteratur  des  Jahres  1891. 


343 


Tr.a(litious  et  superstitions  du  Dauphiue.  (ib. 

149,  307.) 
Fouju,  Coutumes  de  Noel  etc.  Les  betes  par- 

lent.    (ib.  72G.)    [aus  Chäteaudun.] 
Blacque,  Seconde  vue  et  intersigues.  III.  En- 

terrement  vu  ä  l'avance.    (ib.  398.) 
de    Lazarque,    Folk-Lore    de   Lorraine:    la 

Massue.    (ib.  863.) 
Sebillot,    Traditious    et   superstitions    de   la 

Boulangerie.  Paris, Lechevalier.  oOBL,  70S., 

1  Portr. 
Saint-Marc,  Tradition»,  Proverbes  et  Dictons 

Poitevins.     Saint -Maixen,    Reverse.     1890. 

28  S. 
Thxiriet,    Traditions    populaires    du    Doubs. 

Paris,  Lechevalier.   8". 
Schiavo,    Fede   i   superstizione    nelF    antica 

poesia  francese.     (Zeitschr.   f.  roman.  Phil. 

15,  289.) 
Sebillot,   Traditions  et  superstitions  du  Bas- 

Languedoc.    (Rev.  des  trad.  6,  548.) 
Boucheuin,    Contribution   au   Folk-Lore    du 

Poitou.    (ib.  570.) 
Reymond,    Traditions    et  superstitions  de  la 

Provence,    (ib.  601.) 
Meyrac,    Traditions,   legendes  et  contes  des 

Ardeunes.     Cbarleville,    Ardennais.     612  S. 

Fr.  10,00. 
Orain,    Curiosites,  croyances  et  superstitions 

de  rnie-et-Vilaine.    Laillc.    Rennes,  Ober- 

thür.    16  S. 

yy)   Hexenwahn. 

Fournier,  Une  epideniie  de  sorcellerie  en 
Lorrainc  au  XVI'^  et  XVIIIe  siecles.  (An- 
nales de  l'Est  5,  228 ) 

Blanchard,  Sorcellerie  dans  les  Hautes-Alpes. 
(Rev.  des  trad.  6,  248.) 

Dnrieux,  Sorciers  et  Sorcieres  a  Cambrai. 
(Mem.  soc.  emul.  Cambrai  46,  119.) 

Badel,  D'une  sorciere  qu'aultrefois  on  brusla 
dans  Saint  Nicholas.  Nancy,  Berger, 
Levrault  et  C'^. 

Millien ,  Le  bon  Dieu  de  Saint  -  Georges. 
Histoire  d'un  sorcicr.  (Rev.  des  trad.  6, 
667.) 

JJ)    Volksmedicin. 

Salmoii,   Remcdes  populaires  du  moyen  äge. 

(Etudes  rnni.  dediees  ä.  G.    Paris,  253.) 
Mauheiiuer,    Etwas  über  die  Ärzte  im  alten 

Frankreich.     (Romanische   Forschungen   6, 

581.) 


Broussolle,  Medecins  et  chirurgiens  dijonnais 
au  XVIIIe  siecle.  (Rev.  bourgignonne  de 
l'enseign.  super,   tome  1.  no.  1.) 

de  Lauuay,  Medecine  superstitieuse.  IV.  En 
Anjou.    (Rev.  des  trad   6,  422.) 

ts)    Sagen, 

Ploix,    Le  surnaturel  dans  les  Contes  popu- 
laires.   Paris,  Leroux.    IV,  211  S.    Fr.  8,50. 
Foujou,    Les    Precurseurs    de    nos    etudes. 
VII.    Legendes    normandes    du   musee    de 
üieppe.    (Rev.  des  trad.  6,  415.) 
Mushacke,   Das  Elfenreich   im  französischen 

Epos  .  .  .  Krefeld,  Gymn.-Progr. 
Chardin,  La  Danse  des  fees.  I.  Ile  de  France. 

(Rev.  des  trad.  6,  530.) 
Bon,  La  Danse  des  fees,  legende  d'Auvergne. 

(ib.  183.) 
Chardin,  Melusine  en  Champagne,    (ib.  296.) 
Haron,  Origine  des  roses  mousseuses,  legende 

d'Auvers.    (ib.  182.) 
Foujin,    Legendes    et   superstitions  prehisto- 

riques.    VII.   Pierre  de  St.  Martin  d'Asse- 

villiers.  VIII.  Les  pierres  qui  tournent.  [Eure 

et  Loire.]     (ib.) 
Courtliion,  Legendes  valaisannes.     (ib.  345.) 
Destriche,    Les  Roseaux   qui   chantent.    (ib. 

500.) 
Lefebvre,   La   Legende   du   trou  sans  fond. 

(ib.  616.) 
Marcliot,   L'histoire  de  la  voix  qui  revient. 

(ib.  678.) 
Pineau,   Les.  Ponts    du  Diable:   Le  pont  de 

Gen^ay.    (ib.  403.) 
Ortolan,  Les  Ponts  (suite):  Legende  du  pont 

de  la  Calade  a  Saint-Raphael.    (ib.  359.) 
Sebillot  et  Lebrun,    Le  Peuple  et  l'histoire. 

VI.  La  Legende  uapoleonienne.    (ib.  6,  385, 

605.)  VII.  Sebillot,  1815-1886.  (ib.  531.) 
Brueyre,  Le  Petit  Komme  rouge  et  Napoleon. 

(ib.  25.) 
Chasles,  Legendes  beauceronnes.  Chäteaudun, 

Lecesne. 
Seves,  I  soursiers,  leggenda  dclle  Alpi  Cozie. 

(Le  cento  cittä  italiane.     Suppl.  al  Secolo 

XXVI,  no.  8970.) 
Lntel,   La  Legende   de   Champagne.    Paris, 

Lemerre. 
Le  Bourdelles,  La  legende  du  Toul-ar-serpant. 

(Societe  Archeol.  du  Finistere.  XVII.  8.  9.) 
Louail,   Le   mene  et  sa  legende.    (Rev.  des 

provinces  de  l'Ouest  1,  8.) 


23^ 


344 


Laue : 


y)    Die   Sprache. 
act)   Ällgeiiieines. 

Claus,  iJie  geograjjhische  Vcrbreituiiti;-  der 
französischen  Sprache.  (Sep.-Abdr.)  Tü- 
bingen, Fues.   21  S.    gr.  8".   JVI.  0,80. 

Hovelacque,  Les  limites  de  la  languefran^aise. 
(Rev.  de  linguistique  et  de  phil  comparec. 
Juillet.) 

Ziiumerli,  Die  deutsch-französische  Sprach- 
grenze in  der  Scliweiz.  1.  Teil :  Die  Sprach- 
grenze im  Jura.  Basel  und  Genf,  Georg. 
VII,  80  S.,  1  Kart.    M.  3,00. 

Die  romanische  Sprache  der  Westschweiz. 
(Schweizerische  Eundschau.) 

Yiusou,  La  langue  fraucjaise  en  Indo- Chine 
par  A.  Ay monier.  (Rev.  de  linguistique 
et  de  philol.  comparee.  Avril  189L)  [vgl. 
Rev.  scientif.  1,  289,  328.] 

Dietrich,  Les  parlers  creoles  de  Mascareignes. 
(Romania  20,  216.) 

Französisch  -  arabische  Mischsprache  in  Al- 
gerien   (Globus  59,  62.) 

Legendre,  La  langue  fran(;aise  au  Canada. 
Quebec-Darveau  petit.    179  S. 

Kassewitz,  Die  französischen  Wörter  im 
Mittelhochdeutschen.  Ing.-Diss.  Strassburg. 
119  S. 

Leitliänscr,  Gallicismen  in  uiederrheinischen 
Mundarten.  I.  Realgymn.-Progr.  Barmen. 

Keiper,  Französische  Familiennamen  in  der 
Pfalz  und  Französisches  im  Pfälzer  Volks- 
munde.   Progr.  Zweibrücken. 

Hatzfeld  et  Dannsteter,  Dictionnaire  general 
de  la  langue  fran^aise  du  commencement 
du  XVIIc  siecle  jusqu'ä  nos  jours.  Fase.  6. 
Paris,  Delagravc.    Fr.  1,00. 

Espagnolle,  L'origine  de  notre  vieille  langue 
ou  du  galou.  „Specimen  de  cet  ouvrage". 
Paris,  Mersch.    46  S. 

Matzke,  Dialektische  Eigentümlicldieiten  in 
der  Entwickelung  des  moullierten  1  im  Alt- 
französischen. (Publ.  of  the  mod.  lang,  assoc. 
of  America  V,  2.) 

Garrigon,  Observations  de  Linguistique.  vRev. 
des  Pyrenees  3,  853.) 

ßß)   Einzelne  Dialekte, 
[alphabetisch  geordnet.] 

Revue  des  patois  gallo  -  romains.    Recueil 

trimcstriel     public      par     Gillieron      et 

Rousselot.  Tome IV.  Paris,  Welter.  1891. 

Nu.  13.  (Janvier):  Passy,  Patois  de  Sainte- 

Jamme    (Seine- et -Oise).    —    Marchot,   Les 


I   patois  du  Luxembourg  central.    —  Dion,  Pa- 

I  tois    de    Lachaussee     (Meuse).     —     Rabiet, 

Tjettre    de   Jean  Tiercelet    sur   Ic   chemin  de 

fer    de    Chätillon  a  Besan^on.    ■ —    Edmont, 

Lexique  Saint-Polois  (suite).  —  Chronique. 

No.  14  et  15.  (Avril -Juillet):  Patois  de 
Cellefrouin.  Etüde  experimentale  des  sons. 
L'abbe  Rousselot.  (Les  modifications  pho- 
netiques  du  langage  etudiees  dans  le  patois 
d'une  famille  de  Cellefrouin  [Charente]). 

No.  16.  (Octobre):  Rousselot,  La  Me- 
thode graphique  appliquee  ä  la  recherche  des 
transformations  inconscientes  du  langage.  — 
Koschwitz,  La  Phonetique  experimentale  et 
la  Philologie  franco-proven^ale.  —  Camelat, 
Le  Patois  d'Arrens.  —  Roussey,  Le  conte 
ie  Jean  qui  danse  (Patois  de  Bournois,  Doubs). 
—  Edmont,  Lexique  Saint-Polois  (suite).  — 
Chronique.  —  Tables. 


Gillieron,  Reman^ues  sur  la  vitalite  phone- 
tique des  patois.  (Etudes  rom.  ded.  ä  G. 
Paris,  459.) 

Caro,  Syntaktische  Eigentümlichkeiten  bei 
der  französischen  Bauernsprache  im  roman 
champetre.  Berlin, Mamroth.  Ing.-Diss.  41  S., 
1  Bl. 

Horning,  Zur  Lautgeschichte  der  ostfranzösi- 
schen Mundarten.  (Zeitschr.  f.  roman.  Philol. 
14,  376.) 

Bigarue,    Patois    et    Locutions    du  Pays    de 

Beaune.  Contes  et  legendes.   Chants  popu- 

laires.    (Paroles  et  Musique.)    Beaune,  Ba- 

tault.    XIX,  250  S.,  1  Bl.,  21  S.  Noten. 
Uchard,  Les  lamentations  d'un  paiivre  labou- 

reur  de  Brcsse.    Poeme  en  patois  bressan 

du  XVII<'  siecle,  edite  avec  une  introduction 

et   un   glossaii'e  par  Ed.  Philipson.     Paris, 

Welter.    50  S. 
Schwol,  Le  Jargon  des  Coquillars  en  1455. 

(Memoires    de   la  Soc.    de  linguistique    de 

Paris  VII.  3.) 
€hapuis,  Recit  en  patois  des  Cr  ans  [Jura]. 

(Rev.  de  phil.  frauQ.  et  prov.  4,  3.) 
Gauchat,  Le  Patois  de  Dompierre.    These. 

Zürich.   70  S.,  2  Taf.    [auch  in:  Zeitschr.  f. 

roman.  Philol.  14,  397  mit  Karte.] 
Gueriu,    Textes    en   patois    de   File    d'Elle 

(Yendee).   (Rev    de  phil.  francj.  et  prov.  4^). 
Dagnet,  Le  patois  fongerais  (dialecte  haut- 

breton).  Essai  de  grammaire.  Laval,  Bonnieux. 

90  S. 
Flenry,    Essai   sur   le  patois  normand  de  la 

Hague.    Piitersbourg,  1886.     (2  Bl.,  IV  S., 


LittPi-atuv  des  Jahres  1891. 


84; 


1  Bl.,  oCS  S.)     [Supplement  ii.  d.  T.:]     La 

presqu'ile  de  la  Manche  et  rarchipel  anglo- 

normaud.     Essai   sur  le  patois  de  ce  pays. 

Supplem.  .  .  .  par  Fleury.    Paris,  Maisou- 

neuve,  1891.  (1  Bl,  5G  S.)  [S.  A.  aus:  Mem. 

de  la  Sog.  de  C'herbourg-.] 
Ferrand,  Termes  du  patois  de  Jons.  (Isere) 

(Rev.  de  phil.  franc.  et  prov.  4^.) 
Yillefranche,  Essai  de  grammaire  du  patois 

lyonnais.  Bourg;  Inipr.  Villefranche.  XXI, 

30n  S.,  1  Bl. 
Nizier  du  Puits  pelii,  Dictionnaire  etjinoln- 

gique   du  patois  lyonnais.    5  fasc.    Lyon, 

Lechevalier. 
Dagüet,    Le    Patois    Manceau.     Telqull   se 

parle  entre  Le  Maus   et  Laval.     Etüde  sur 

les  Sons,  les  Articulations  et  les  Mots  parti- 

culiers  au  Manceau,  et  la  PhrasT'ologie  Man- 

celle.  „Houhilles  et  Birouilles".  Nouvelle,  en 

patois  manceau  p.  Amand  Dagiiet.    I-aval, 

Bouuieux.    1  Bl.,  XIII,  180  S.  ' 
Bonnardot,  Trois  textes  en  patois  de  Metz: 

Charte  des  chaiviers;   I^a  grosse  enwaraye; 

Une  figuve  recreative.   (Etudes  rom.  ded.  a 

(x.   Paris,  331.) 
Jonaiicoux    et    J)evaucliolle,     Etudes    poiir 

servir  a  un  glossaire  etymologiquc  du  patois 

picard.    4".    228  p.    Amieus,  imp.  Jeunet. 

Fr.  7,00. 
Logie,    Some    peculiarities  of  gendre  in  the 

modern  Picard  dialect.   (Modern  language 

notes  6-.) 
ßiviere,    Patois    de  St.-Maurice   de  FExil, 

Loucayion  de  Plitonconrt.    (Eev.  de  philol. 

franc-  et  prov.  4"*. 
de  Yinols,   Vocabulaires  patois  vellavien- 

frauQais  et  frauQais-patois  vellavien,  puhlies 

par  la  Societe  d'agriculture,  sciences,  arts 

et   commerce    du   Puy.    Le    Pur,    Prades- 

Freydier.    211  S. 
Fertianlt,  Dictionnaire  du  language  populaii-e 

vtM-duno-chalonnais,  lettre  C.    (Rev  de 

])hilol.  iVanr;.  et  qrov.  4.  4.) 

yy,    Namen. 

Devaux,    Etymologie   des  noms  de  Septeme, 

Oytier    et    Diemoz    [Isere].      (Bull,    d'hist. 

eccles.   et   d'arch.  de  Valence,    Grenoltle  et 

Viviers.  11,  177.) 
Bourlier,    Glossaire  etynudogique  des  noms 

lieux  du  departement  de  la  Cote  d'or.  (Bull. 

d'histoire  religieuse  de  Dijon  9,  245.) 
Riconart,    Etudes  sur  les  noms  de  lieux  du 


Pas-de-Calais  (Mem.  de  l'acad.  d.  sciences, 
1.  e  arts  d'AiTas  2.  XVIII.) 

Kebouis,  Des  prenoms  usites  au  moyen-age 
dans  la  region  Garonnaise.  Raymond  VII 
et  Castelsarrasin.  (Bull,  archeol.  de  Tarn-et- 
Garonne  XVIII,  289.) 

Les  prenoms  d'hommes  et  de  femmes  [du 
compte  de  la  Bahne].  (Soc.  Savoisienne 
d'histoire  et  d'archeologie  80,  393.) 

Prenoms  de  femmes  ä  Chaumont.    (ib.  452.) 

Zimmer,  Beiträge  zur  Namenforschung  in  den 
altfranzösischen  Arthurepen.  (Zeitschr.  f, 
franz.  Spr.  u.  Litt.  XIII,  H.  1-3.) 

Keiper,  Französische  Familiennamen  in  der 
Pfalz  und  Französisches  im  Pfälzer  Volks- 
mund. 2.  venu,  und  vcrb  Auf!  Kaisers- 
lautern, Gotthold.   88  S.    M.  1,00. 

II  uome  popolare  di  un  carnefice  nella  Ri- 
viera  Francese.  (Arch.  dclle  trad.  pop.  10, 
124.) 

Sacaze,  La  ilorc  populaire  de  Luchon.  (Revue 
des  Pyrenees  3,  105.) 

Joret,  Bibeux.  [Name  der  Daucus  carota  im 
pays  de  Bray.]    (Romania  20,  286.) 

Chamberiain,  Folk-etymology  in  Canadian 
French.    (Modern  language  notes  6*.) 

Lauglois,  Adserum,  innoctem,  demane.  (Ro- 
mania 20,  285.)  [zur  Erklärung  des  Patois 
im  dep.  de  la  Meuse.] 

(jJeijer,  Cabarct  [  -  'tcte  de  belier']  (Romania 
20,  462.) 

JJ)    Sprichwörter  und  Redensarten. 

S.[ebillot],  Proverbes.     (Rev.  des  ti-ad.  pop. 

(;,  436.] 
Harou,  Proverbes  liegeois.    (ib.  6,  485.) 
Thuriet,    Proverbes  judiciaires.    Paris.   Le- 
chevalier.   XII,  181  S.    Fr  10.00. 
Rosieres,    Anciennete  de  quelques  locutions 

usuelles.    (Rev.  des  Irad.  6,  321.) 
Matile,  Explication  de  quelques  proverbes  et 

locution    de    la    langue    francjaise.     (Taal- 

studie  11.) 
Diüac,    I^u    dicton    gascon   dans  Montaigne: 

Bouha  prou  bouha.    Reponse  aux  Solutions 

de  l'abbe  L.  Louture.    Tarbes.    18  S. 
Grridata  dei  venditori  di  pomi  in  Normandia 

(Arch.  trad.  pop    10,  124.) 
Delboulle,  Avoir  des  crignons,  des  gresillons 

ou  des  grillons  dans  la  tete.    (Romania  20, 

287.) 
B^zier,  Blason  populaire  dehiLoire-Inferieure. 

(Rev.  trad.  pop.  6,  3(;8,  (518.) 


346 


Laue: 


J)   Poesie. 
aa)   Allgemeines. 

Paris,  Les  origines  de  la  poesie  lyrique  eu 
France.   (Journ.  des  savants.   Decembre.) 

Ducros  [=  Recension  von  Jeanroy],  Les 
origines  de  notre  poesie  lyrique.  (Rev.  pol. 
et  litt.  1891  1,  27.) 

Tiersot,  Histoire  de  la  chanson  pop.  en  France. 
(Zeitschr.  f.  frz.  Sprache  u.  Litt.  12.) 

Naetebus,  Die  nichtlyrischen  Stroplienformeu 
des  Altfranzösischen.  Ein  Verzeichnis,  zu- 
sammengestellt und  erläutert.  Leipzig,  Hirzel. 
227  S.   8«.    1  Tab.  fol.    M.  5,00. 

ßß)   Lieder. 

Craue,  Chansons  populaires  de  la  France.   A 

selection   from  French  populär  ballads  ed. 

w.  introd.  a.  notes.    New  York,  Putnam's 

sons  (1891).  (2  Bl.,  XXXIX,  282,  VII  S.)  - 

Nuggets,  Knickerbocker  vol  32.  lüoll. -lOc. 
Brakelmanu,   Les  plus  anciens  chansonniers 

fran^ais    (XII.  siecle)    publies   d'apres  tous 

les  manuscrits.  Paris,  Bouillon  1870—1891. 

III,  228  S. 
Bouvier,   Les    Chansons    du   peuple.    Paris, 

Marpon   et  Flammario.    339  S.    avec  portr. 

Fr.  3,50. 
Flach,  Le  Corapagnonnage  dans  les  chansons 

de    geste.     (Etudes   romanes   dediees  ä  G. 

Paris.    S.  141.) 
Eriiault,  Un  vieux  cantique  sur  sainte  Anne 

d'Auray.     (Societe ,  archeol.    du    Finisterre 

18.  4.) 
Courage   du  Parc,   Chants  populaires  de  la 

Normandie.    (Etudes  romanes  d.  ä  G.  Paris 

II,  45.) 
Fagot,  Folklore  du  Lauraguais  [Languedoc]. 

I:     Chants    speciaux:    Poesies    pastorales: 

Pastourclles;  Poesies  religieuses,  Noels.  Albi, 

Amalric.   48  S. 
Foures,  Les  jeux  des  enfants  en  Lauraguais. 

(Rev.    des   langues  Romanes.    Montpellier. 

Avril-Juin.) 
Seljillot,  Renaud  et  ses  femmes.    II.  Haute- 

Bretagne.    (Revue  des  trad.  pop.  6,  34.) 
Barbet,     Chansons    du    renouvellement    de 

l'annee.    I.  Lou  bon  an.    (ib.  48.) 
Danjon,  La  Fete  des  Rois.  XV.  Chansons  des 

reis  ä  Caen.    (ib.  22.) 
Bernard,  Le  vieux  Mari.    I.   pays  de  Caux. 

IL  Sebillot,  Haute-Bretagne.  (ib.  77.  78.) 
Montet,  La  chanson  de  Bricou  IV.  (il).  102); 

Desrousseaux,  V.  Version  de  Lille,    (ib. 

107);     Basset,     VL     (suite)     (ib.    371); 


Defodon,  VIL  Randonnee  (ib.  373);  Cor- 

nelissen,     VIII.     Campine.     Anversoise; 

Basset,  IX.    (ib.  501.) 
Pomnierol,  Le  Roi  d'Angleterre.   III.  V.  de 

TAuvergne.    (ib.  116.) 
Tiersot,  Pastiches  de  chansons  populaires  II. 

(ib.  140.) 
Rüffle,  Chansons  des  liwees.   I.   Ariege.    (ib. 

146.) 
Morin,    Deux    rondes    d'enfants.     Aul^e.     (ib. 

181.) 
Wallien,  La  bonne  Femme  es  preunes.  I.  Nor- 
mandie. IL  S.[ebillotJ,  Haute-Bretagne.  (ib. 

207.  208.) 
Le  Cycle  de  sainte  Marie-Madeleine  dans  la 

chanson  populaire.     Appendice  ä  ce  Cycle. 

Erratum.  (Doncieiix)    (ib.  2.57,  474,  Ü04.) 
Sebillot,    Le   Rossignol.    I.  Haute-Bretagne. 

(ib.  277.) 
Tiersot,  Si  j'etais  hirondelle.    I.  Forme  mor- 

vandelle.    IL  Forme  normande.    (ib.  332.) 
Lecocq,  Ueux  chansons  bourguiguonnes.  I.  Le 

Frere  et  la  sceur.    IL  Le  Galant  de  village. 

(ib.  393.) 
Tiersot,  Notes  sur  ces  chansons.   (ib.  396.) 
Daujoii,    Le    Mal   Marie,    version    normande. 

(ib.  466.) 
Barbet.   La  Chanson  de  Petignots,   pays  de 

Montbeliard    (ib.  477.) 
Mlllieu  et  Peuavaire,  La  Chanson  du  labou- 

reur.    Nivernais.    (ib.  527.) 
Sebillot,  La  Noizille.  I— III.  Versions  de  la 

Haute-Bretagne  et  de  la  Champagne,     (ib. 

541.)    IV.   V.  Fertiault,  De  la  Charente. 

(ib.  544.) 
— ,  La  Fille  soldat  I.  IL  Versions  de  la  Haute- 
Bretagne.    (ib.  580.) 
Doncieux,   La  Belle    dans   la   tour,   version 

boulonnaise.    (ib.  603.) 
Baujoii,  Le  Voyage  du  rossignol.    I.  Version 

normande.   (ib,  644);  IL  Sebillot,  Haute- 
Bretagne.   (ib.  645);    Tiersot,  Bourgogne. 

(ib.  646.) 
Joli  capitaine.  I.  Po  mm  er  ol,  de  l'Auvergne 

(ib.  681).  IL  Sebillot,  lUe-et-Vilaine.  (ib. 

690.) 
Sebillot  et  Tiersot,  Beau  marinier.  I.  Vers. 

de  la  Haute-Bretagne.    (ib.  716.) 
Hrissaud,  Chants  de  noces  de  F Agenais.  (Rev. 

des  langues  romaines.    Montpellier.    Avr.- 

Juin.)     (auch:    Rev.  des  Pyrenees  3,  1625.) 
Chanson  ä  la  vicrge  en  vers  franpais  et  latins 

alternees.    (Romania  XX.) 
Lamy,  Poesies  en  patois  cambresien.     (Mem. 

soc.  emul.  46,  143 ) 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


347 


yy)    Geschichten. 

Pineaii,  Les  contes  populaires  du  Poitou. 
Paris,  Leroux.   V,  BIG  S.    Fr.  5,00. 

Wistasse  le  Moine.  (Roman  d'Eustache  le 
Moine)  Altfrauzösischer  Abenteuerroman  d. 
XIII.  Jhs.  nach  d.  einzigen  Pariser  Hand- 
schrift V.  neuem  hrsg.  v.  Wendelin  Po  erster 
u.  Joh.  Trost.  Halle,  Niemeyer.  XXXI., 
88  S.  -  Romanische  Bibliothek,  herausg.  v. 
Wendelin  Foerster.    No.  4. 

Das  Adainsspiel.  Anglonormanu  Gedicht  d. 
XII.  Jhs.  m.  einem  Anhange.  Die  fünfzehn 
Zeichen  des  jüngsten  Gerichts,  hrsg.  v. 
K.  Grass,  ebenda.  VIII,  173  S.,  1  Bl.  = 
Rom.  Bibl.    No.  6. 

W.alter  [Gautier]  v.  Arras,  lUe  und  Galeron. 
Altfranzösisclier  Abenteuerroman  d.  XII. 
Jhs.  nach  d.  einzigen  Pariser  Hs.  hrsg.  v. 
Foerster.  ebenda.  XLYIII,  244  S.  =  Rom. 
Bibl.    No.  7. 

Köhler,  Ein  anscheinend  deutsches  Märchen 
von  der  Nachtigall  und  Blindschleiche  und 
sein  französisches  Original.  (Ztschr.  d.  Ver. 
f.Volksk.  1,  1.) 

IJassct,  AUusions  ä  des  contes  populaires. 
(Rev.  des  trad.  pop.  6,  30,  243,  66.5.) 

('allon,  Saint  Pierre  et  le  Veuf,  conte  de  la 
Vallee  d'Aspe.    (ib.  112.) 

LacuYe,  Les  cent  Ethius,  conte  poitevin.  (ib. 
143.) 


Morin,  Contes  troyens  (suite )    (ib.  481.) 
Pineau,  Contes  du  Maine,    (ib.  584.) 
Marchot,  Le  blanc  Cheval,  conte  du  Luxem- 

bourg.    iib.  613.) 
Deux  contes  de  la  Haute  Bretagne.     I.  Gau- 

tier,  Les  enfauts,  qui  u'ont  pas  vu  le  jour. 

II.   Bergerat,    Le   Mouchoir   blanc.     (ib. 

751,  752.) 

JJ)  Drama. 

Hiisserl,  Zur  Entwickeluugsgeschichte  des 
französischen  Dramas.  Progr.   Brunn.  13  S. 

I.arroninet,  La  Comedie  en  France  au  moyen- 
äge  d'apres  un  ouvrage  recent.  (Rev.  des 
deux  mondes  108,  814.) 

l'iolin,  Le  theätre  chretien  dans  le  Maine, 
au  cours  du  moyen  äge.  (Rev.  hist.  et  ar 
cheol.  du  Maine  29,  24,  209,  249.) 

Veucliii,  Comediens  nomades  du XVIII«  siecle. 
Bei-nay,  Veuclin,    4  S. 

f)  Musik. 

Gfalino,  Musique    et   versification   franpaises 

au    moyen  -  age.     Leipzig,    impr.    A.  Pries. 

Ing.-Diss.   39  S. 
Coquard,    de  la  musique   en  France   depuis 

Rameau.    Paris.    XLIV,  294  S.  —  Fr.  3,50. 
Tiersot,  Melodies   populaires    des  provinces 

de    France ,     recueillies     et     harmonisees. 

deuxieme  serie.   Paris,  Henquel. 


4.    Wallonen. 


(Juestionnaire   de   Folklore    public  par  la 

Societc   du  Folklore  Wallon.    Liege,  Vail- 

lant-Charmanne.    155  S. 
Hock,  Moeurs  et  coutumes  bourgeoises;  Liege 

sous  le  regime  hollaudais  1820  ä  1830  avec 

une  prefaco  parA  Micha.  Tome  VI.  Liege, 

Vaillant-Charmanne.    XIII,  187  S. 
Harou,    Coutumes    scolaii-es.      IV.    En  Bel- 

gique.  (Rev.  des  trad.  6,  56.) 
— ,  Coutumes  des  mineurs  beiges,   (ib.  436.) 
(üaeys,  Le  boun-eau  de  Gand;  suite:  endroits 

oü    se    faisaient    les    executions    capitales; 

instruments     employes     par    le     bourreau. 

(Messager  des    sciences  hist.   de  Belgitjuo. 

l'f'  livr.) 
Uuricux,  Les  Rosieres  de  Canibrai.  (Memoires 

de  la  SOG.  d'em.   de  Cambrai  46,  1.)     [Als 

Sep.-Abdr.:  Cambrai,  Regnier  freres  36  S.] 
Colson,  Questionnaire  des  enfantines  et  jeux. 

Liege.   32  S. 


Harou,  Les  Mines  et  les  Mineurs.  XL  Super- 
stitions diverses  (Belgique.)  (Rev.  des  trad. 
312.) 

— ,  Notes  sur  les  routes  en  Belgique.  (ib.  649.) 

Lemoine,  Le  tirage  au  sort  en  Belgique. 
(Tradition  V^) 

Appuuti  sulla  idi-ofobia  nel  Belgio.  (Archivio 
delle  trad.  10,  125.) 

Coiue  si  leghi  la  febbre  nel  Belgio.  (ib.  10,  277.) 

Wilinotte,  Etudes  de  dialectologie  Avallone. 
[S.  A.  aus  Romania.]  Paris,  Bouillon.  — 
Fr.  5,00. 

Deliuotte  et  Noien,  Dictionnaire  des  idiotis- 
mes,  necrlandismes,  gallicismes,  proverbes 
et  expressions  proverbiales  tigurees  et  fa- 
milieres  de  la  languc  neerlandaise  et  de  la 
langue  fran^aise.  (Neerlaudais  -  franpais. 
Gande,  Hoste.    312  S.  —  Fr.  2,50. 

Dejardin,  Dictionnaii-e  des  Spots  ou  Pro 
verbes  wallons.    T.  I.    (Ijiege  1891.) 


348 


Laue: 


Defrecheux,  Vocabulaire  des  noms  wallons 
d'animaux.  (Liege,  Liixembourg,  Namur, 
Hainaut)  avec  leurs  equivalents  latins, 
fraiiQais  et  flamands.  2.  ed.  Liege,  Vaillaiit- 
Charmanne.   VIII,  200  S.  —  Fr.  2,50. 

0-n  Dumant  a  marjatch,  saynete  wallonne 
par  A.  Vierset.  Transcrite  dans  une  gra- 
phie  phonetique  et  commentee  philologique- 
ment  par  P.  M  ar  c h o  t.  Paris,  Bouillon.  23  S. 

Les  insultes  du  patois  flamand  de  Bruxelles. 
(Langues  et  dialectes.    1.  Mai.) 

Marcbotj  Le  patois  de  St.-Hubert.    (Luxem- 


bourg,  Belgique)  Phonetique  et  vocabulaire. 

(Rev.  de  phil.  fran^.  et  prov.  4".) 
Marchot,    Etymologies    liegoises.     (Rev.    des 

langues  rom.  34,  426.) 
— ,  Etymologies  wallonncs.     (Rov.  des  patois 

gallo-ronians  12.) 
Wilmotte,  Gloses  walloncs.   (Etudes  rom.  ded. 

ä  G.  Paris  239.) 
Witteryck,  Gentes  populaires.    (Annales  de 

la  Societe  d'emulation  pour  Tetude  de  l'hi- 

stoire  et  des  antiquites  delaFlandre.  5,1) 


5.    Italiener. 


La  Calabria.    Monteleone.    [Vgl.  I,  S.  358.] 

An.  III.  n.  4.  15.  Dicembre:  Julia,  Con- 
trasti.  —  Moscato,  Canti  popolari  di  S.  Lu- 
cido.  —  März  an  0,  Usi  e  Costumi  ...  di 
Laureana  di  Borrello.  —  Bruzzano,  Canzone 
albanese  di  Vena.  —  Ort o na,  S.  Franc,  di 
Paola  nella  trad.  della  Calabria. 

n.  o.  5.  Genn.  1891:  Julia,  Contrasti.  — 
Coppola,  Canti  popolari  di  Malvito.  —  Ca- 
tenacci,  Canti  e  Giuochetti  infantili.  —  M. 
[oscato],  Indovinaglie  di  S.  Lucido.  —  11 
Falegname,  Novelli  pop.  di  Mantineo. 

n.  6.  Febb:  Marzano,  Usi  e  Costumi  ... 
di  Laureana  di  Borrello.  —  Tacconi,  Canti 
della  Sila.  —  Galati,  Farsa  popolare  di 
Acquaro.  —  Capialbi,  Novellina  greca  di 
Roccaforte.  —  [Moscato],  Giuoclii  di  S.  Lu- 
cido. 

n.  7.  Marzo:  C.  [apialbi]  e  B.  [ruzzano], 
Racconto  greco  di  Roccaforte.  —  De  Gia- 
como,  Canti  di  Malvito.  —  Catenacci, 
Canti  e  Giuochetti  infantili 

n.  8.  15.  aprile  1891:  Agostino,  Usi  e 
Costumi  di  Serra  di  S.  Bruno.  —  Moscato, 
Canti  di  S.  Lucido.  —  Bruzzano,  Novellina 
albanese  di  Barile.  —  Taccone,  Loggende 
jonadesi.  —  Bonelli,  Canto  per  la  notte  di 
Natale  in  S.  Gregorio  inferiore.  —  II  faleg- 
name, Novellina  popolare  di  Piscopio. 

n.  9.  15.  maggio:  Moscato,  Canti  di  S. 
Lucido.  —  Ortona,  S.  Francesco  di  Paola 
nelle  tradizioni  popolari  di  Calabria.  —Ago- 


stino, Usi  e  Costumi  di  Serra  S.  Bruno.  — 
Bonelli,  Canti  religiosi  di  S.  Gregorio  In- 
feriore. —  Galati,  Farsetta  di  Acquaro. 

n.  10.  15.  giugno:  De  Fazio,  Indovinelli 
nicastresi.    —    Bruzzano,  Novellina    greca. 

—  Manfrida,  II  cuculo,  leggenda  di  Capi- 
strano. 

n.  11.  15  luglio:  Mesiaui,  Canti  popo- 
lari di  .Jatrinopoli.  —  Agostino,  Usi  e  co- 
stumi di  Serra  San  Bruno.  —  Bruzzano, 
Novellina  greca.  —  Moscato,  Indovinelli  di 
San  Lucido.  —  De  Cristo,  Canti  pop.  di 
Cittanova. 

n.  12.  15.  Agosto:  Bruzzano,  Novellina 
greca  di  Roccaforte.  —  Scalfari,  Usi  e  co- 
stumi dei  villani  del  Monteleonese. 

An.  IV.  n  1.  15.  sett:  Marzano.  Usi  e 
costumi  ...  di  Laureana  di  Borrello.  —  Scal- 
fari, Usi  e  costumi  ...  La  mietitura.  —  P. 
P.,  Canti  popolari  di  S.  Caterina  di  Badolato. 

—  II  falegname,  Novellina  popolare  di 
Favelloni. 

n.  2.  12.  ottobre:  Marzano,  Usi  e  costumi 
...  di  Laureana  Borrello.  —  Marin aro  e 
Bruzzano,  Le  tre  sorelle,  novellina  albanese 
di  S.  Nicola  dell'Alto,  teste,  riduzione  in 
caratteri  greci,  versione  letterale  italiana.  — 
De  Giacemo,  Credenze,  Usi  e  Costumi  dei 
villani  di  Cetraro,  nel    circendario   di  Paola. 

—  P.  P.,  Canti  di  Santa  Caterina  di  Bado- 
lato. —  Canti  di  Pantone. 


a)  Äusseres  Leben. 


Gemelli,  I  primissimi  abitatori  dei  dintorni 
di  Como,  conferenze  tenuta  nella  sede  so- 
ciale deir  associazione  comense  fra  gli  im- 
piegati  civili  la  sera  del  7.  aprile  1891. 
Gerne,  Cavalleri.    22  S. 


Vuillier,    La   Corso.     (Le   tour   du   moude, 

S.  209.) 
— ,  La  Sardaigne.     Texte   et  dessins  inedits. 

(ib.  145.) 
ßölscbe,  Im  sizilianischen  Spreewald.     Eine 


Litteratiir  des  Jahres  1891. 


349 


Somraerfahrt  zu  den  Papyrus  -  Stauden  von 

Sjrakus.     (Tägl.  Rundschau  ",  1022.) 
Dotta,  Longevitä    nel  Cantone   Ticiuo.     (La 

Libertä,  n.  42.) 
Statut!  della  Societä  dei  Mercauti  di  Monza 

ora  per  la  prima  volta  niessi  a  stampa,  trad. 


in  ital.,  corredati  di  note  e  di  tav.  p.  c,  di 
cittadiui  monzesi.  Monza,  Corbetti  (XII, 
243  S.,  ITaf.,  2  Facs.)  4°. 
Cerasoli,  Ceusimento  della  popolazione  di 
Eoina  dairanno  1600  al  1739.  (Studie  e 
documenti  di  storia  e  diritto  12,  169.) 


b)   Inneres  Leben. 


«)    Recht  und   Sitte. 


Sartori  -  Mentecroee,  Die  Thal-  u.  Gerichts- 
gemeiude  Fleims  und  ihr  Statutarrecht.  Im 
Anhange:  1.  II  quadernoUo  della  commu- 
nitä  (1533/34).  2.  Beitrag  zu  einer  Biblio- 
graphie der  italienisch-tirolischen  Statuten. 
Innsbruck,  Wagner.    VIII,  223  S. 

Cianci,  I  campi  pubblici  di  alcuni  castelli  del 
medio  evo  in  Basilicata.  Studio  giuridico 
feudale  c.  docum.  Napoli,  Pesole.  176  S., 
1  Bl. 

Dresdner,  Kultur-  und  Sittengeschichte  der 
italienischen  Geistlichkeit  im  10.  u.  11.  Jh. 
Breslau,  Koebner.     392  S.  —  M.  10,00. 

Floeke,  Italisches  Leben.  Geschichten  und 
Abenteuer  aus  alten  Skizzeubüchern.  Stutt- 
gart, Cotta.    M.  5,00. 

Lumbroso,  Spigolature  di  usi,  credenze,  leg- 
gende  V.  VI.     (Archivio  trad.  pop.  9.) 

Pitre,  II  pesce  d'  Aprile.    Palermo.    2-5  S. 

Rosa,  Tradizioni  e  costumi  lombardi.  Ber- 
gamo, Cattaneo.    107  S. 

de  Nino,  Usi  e  Costumi  Abruzzesi.  Vol.  V. 
Mattie  e  Rimedii.  Firenze,  Barbera.  — 
L.  2,50. 


ß)    Glaube  und  Aberglaube. 

Moderne  Geissler  in  Sizilien.  (Globus  59,  224.) 

A  Gurions  Custom  [Procession]  in  Sicily. 
(Foreign  Office  Report  No.  813.  Italy)  [nach: 
Journ.  anthr.  Inst,  of  Great  Britain  20,  364.] 

Moderne  Heiden  im  nördlichen  Italien.  (Glo- 
bus Nr.  18.) 

Aberglaube  in  Mittelitalion.  Hexen.  Reli- 
giöse Tättowierung.  Teufel.  Allerlei  Geister. 
(Globus  59,  341.) 

Riccardi,  Pregiudizi  e  superstizioni  del  po- 
polo  modenese.  (Archivio  per  1'  anti-opologia 
e  la  etnologia  20,  3.) 

Panizza,  I  processi  contro  le  streghe  nel 
Trentino.     (Arch.  trentino  8,  181:  9,  49.) 

Bürkli-Wyss,  Eine  Mailänder  Hexenge- 
schichte 1891,    (Globus  60,  174  f.) 

Piccarolo,  La  bella  Galiana,  leggenda  viter- 
bese.    Alba,  Vertamy.     52  S. 


y)    Sprache  und  Dialekte. 

Archivio  glottolog:ico  italiauo  diretto  da 
G.  J.  Ascoli.  Roma  .  .  .  1891. 
XII,  1:  de  L Ollis,  Dell' influsso  dell'-i  o 
del  j  postonico  sulla  vocale  accentata  in 
qualche  dialetto  abruzzese.  —  Ascoli,  Ap- 
pendice  ai  'SaggiuoU  diversi'.  —  Morosi, 
L'odierno  liuguaggio  dei  Valdesi  del  Pie- 
monte.  —  Ders.,  II  dialetto  frauco-proven- 
zale  di  Faeto  e  Celle,  ncU'  Italia  merdionale. 
—  Andrews,  II  dialetto  di  Mentone,  raffron- 
tato  al  provenzale  e  al  ligure.  —  Pieri, 
Fonetica  del  dialetto  lucchese,  con  appendice 
lessicale.  —  Ascoli,  indarno,  eudar. 

Sessa,  Dottrina  popolare  in  (luattro  liugue 
(Italiana,  Francese,  Inglese,  Toscaua,  Te- 
desca.)  I.  Espressioni  famigliari  e  Motti 
popolari.  IL  Frasi  commerciali.  III.  Pro- 
verbi,     Milano,  Hoepli.    4,  211  S. 


Demaria,  Curiositä  del  vernacolo  ble niese 

(dialetto  locale).   Bellinzona,  Tip.  cantonale. 

58  S.  —  Fr.- 1,00. 
Pirandello,  Laute  und  Lautentwickelung  der 

Mundart  von  Girgenti.  Halle  a.  S.,  Buchdi-. 

d.  Waisenhauses.     2  Bl.,    52  S.  =  Ing.  Diss. 

Bonn.    gr.  8«.  —  M.  2,00. 
Pieri,  Fonetica  del  dialetto  lucchese.     Ap- 
pendice. Appunti  lessicali.  (Arch.  glott.  XII, 

107.) 
(Pulle),  Letteratura  del  dialetto  di  Mo  de  na. 

Vol.  I.  (Bologna:  Romagnoli  Dali' Acqua)  = 

Scelta  di  curiositä  letterarie  ined.  o  rare  . . . 

da  Carducci.   Disp.  242. 
Roeco,  Di   alcune   voci   napoletane    usate 

dal  Tansillo.     (Atti    dell'  Academia    Ponta- 

niana  21,  15.) 
Pariset,  Vocabolario  parmigiano-italiano. 

Disp.  21.     (S.  637  — 716);    22.(717—796). 

Parma,  Ferrai'i  e  Pellegrini.  ä  Disp.  0,50. 
Uavnzzi,  Vocabulario  piemontese-italiano. 

Torino,  Roux.  XII,  692  S.  —  L.  5,00. 
(jtuarnerio,  Postille  sul  lessico  sardo.    (Ro- 

mania  20,  56.) 


350 


Laue: 


Avolio,  Del  valore  fonetico  del  digramma 
ch  nel  vecchio  siciliano.  Palermo.  33  S. 
[S.  A.  aus:  Archivio  storico  siciliano.  n.  s. 
XV.] 

de  Gregorio,  Capitoli  della  prima  compaguia 
di  disciplina  di  sau  Nicolo  in  Palermo  del 
sec.  XIV.  in  volgare  siciliano,  publicati 
per  la  prima  volta  da  un  codice  della  Bibl. 
Naz.  di  Palermo  con  illustrazioni  storico- 
litterarie  e  filologiche.  Palermo ,  Clausen. 
43  S. 

Rosa,  Etimologia  di  alcuni  nomi  locali  di 
Val  di  Susa.  Alessandria,  Chiari  e  Filippo. 
15  S. 

Ninni,  Materiali  per  un  vocabulario  della 
lingua  rusticaua  del  contado  di  Treviso, 
con  r  aggiunta  sopra  le  superstizioni,  le 
credenze  ed  i  proverln  rusticani.  Serie  I. 
Venezia,  Longhi  e  Montanari.  124  S.  Serie  II. 
ib.  192  S. 

Avanzi  dell' antico  dialetto  triestino,  cioe  i 
sette  dialoghi  piacevoli  pubbl.  dai  Mainati, 
un  sonetto  ed  altri  cimeli  linguistici,  con 
prefazione,  traduzioue  moderna  e  annota- 
zioni  critiche-esegetiche  di  Schatzmayr. 
Trieste,  Balestra.    143  S.  —  L.  2,50. 

Bertauza  e  Lnzzarini,  II  dialetto  vene- 
ziano  iino  aUa  morte  di  Dante  Alighieri 
(1321):  notizie  e  documenti  editi  e  inediti. 
Venezia,  tip.  di  M.  S.  fra  Compositori  tipo- 
grafi.   XIV,  88  S.   4». 

J)  Poesie. 

Zeitschrift:  Rassegna  di  Letteratura  Popo- 
lare  e  Dialettale.  Diretta  da  A.  Men- 
ghini,  A.  Parisotti,  F.  Sabatini.  Si 
pubblica  ogni  mese.  Direzione  e  Ammistra- 
zione,  Piazza  Pollarola.  Eoma.  Direttore 
proprietario  responsabile  Francesco  Saba- 
tini. 

Maniffi,  La  poesia  popolare  italiana.  Appunti 
bibliografici.  (Rivista  delle  biblioteche 
III,  68.) 


Contributo  alla  bibliografia  delle  rime  vol- 

gari    dei   primi    tre    secoli.    (II  Propugna- 

tore  22.) 
Volpij  Poesie  popolari  italiane  del  secolo  XV^. 

Verona,  Tedeschi.     18  S.    (Estr.  dalla  Bibl. 

d.  scuoli  it.  vol.  IV,  no.  3.) 
Pitre,    Biblioteca    delle    tradizioni    popolari 

siciliane.  Vol.  I.  II:  Canti  popolari  siciliani. 

Seconda     edizione.     2  Bde.     (XXIII,  438; 

487    -f   46    S.       ä     Lire    5,00.      Palermo, 

Clausen. 
(Carmi),    Canti    popolari    emiliani.      (Nozze 

Carmi-Niemack.)    16  S. 
Ciaii,  Saggio   di    canti   popolari  Logudoresi. 

Palermo.     (Nozze  Beniardi-Calbo.) 
Menghini,  Antichi  proverbi  in  rima.  Bologna. 

15  S.      (Estratto    dal    Propnguatore.      NS. 

vol.  III;  parte  II;  fasc,  16.  17.) 
Pilre,  Curiositä  popolari  tradizionali  pubbli- 

cate  per  cura  .  .  .  vol.  X:  Saggio  di  Novel- 

line,    Canti    e  Usanze    popolari    deUa  Cio- 
ciaria.     Per    cura    del    dott  ...    Tozetti. 

Palermo,  Claussen.     VIII,  108  S. 
Mango,  Novelli  popolari  sarde.  ib.  144  S.  — 

L.  4,00. 
La  Via-Bonelli,  Motteggi  popolari  Nicosiani 

e  Sperlinghesi.  ib.  11  S. 
Armaforte,    Due    racconti    siciliani.     (Arch. 

trad.  pop.  10  \) 
d'Ancoua ,  Origini    del  teatro  italiano ,  libri 

tre    con    due   appendici    sulla   rappresenta- 

zione    drammatica    del    contado    toscano   e 

sul   teatro  Mantovano  nel  sec.  XVI.   2.  ed. 

riv.  e  accr.  2  vol.  Torino,  Loescher.  2  Bde. 

(3  BL,  670;  2  Bl.,  626  S.)   L.  20,00. 

*)  Mixsik. 

Bertolotti,  Musici  alla  corte  dei  Gonzaga  in 
Mantova  dal  sec.  XV.  al  sec.  XVIII.  No- 
tizie e  documenti  raccolti  negli  archivi 
mantovani.  Milano,  Ricordi.  [1890]. 
130  S. 


6.    Rhaetoromaueu. 
a)  Zeitsclirifteu. 


Pagine  Friulane.    Udine.    Anno  IIL 

n.  9.  15.  Nov.  1890:  del  Torre,  L'  ombre 

nere  für  dal  pozz  dirocäd  de'  Qhase  del  Bosch, 

leggenda. 

n.  10.    7.  Dicem.  1890:    Barnaba,  Costu- 

manze  uuziali   nel  comune  di  S.  Vito  di  Ta- 


gliamento.    —    0. [st ermann],  L' origiu  da' 
Sucete. 

Anno  IV.  n.  1.  5.  Aprile  1891:  C,  II  mulin 
a  vint,  tiabe  sintüde  a  S.  Zorzi  di  Nojax-.  — 
0.[stermann]  ,  Legenda  de  inont  Ambruset 
0  (^hampou. 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


351 


n.  2.  26.  Aprile :  0,  Leggenda  delF  Abazia 
di  Maggio. 

n.  4.  14.  Giugno:  Galerio,  II  linguaggio 
dei  bambini  in  Friiili,  lettera  al  dott.  Vin- 
cenzo  Joppi.  —  Pre  Na  dal  8ale,  Saggio 
nel  dialetto  di  Fonii. 

n.  5.  11.  Luglio:  Napoleon  a  Qhampfuar- 
niid.  —   0.,  Legende  del  (^hischel  di  Pinzan. 

n.  6  16.  Agosto:  Gortani,  II  prin  Gialt 
a  Glemone,  fiaba.  —  Z.,  II  puint  del  diäul 
snl  Nadison,  leggenda  friulana.  —  (Sulla 
copertina:)  Le  villotte  friulane.  —  S.  E.,  il 
Conte  F.  Coronini  e  le  leggcnde  pop.  del 
Goriziano. 

n.  7.  20.  Sett. :  Joppi,  Vita  privata  e 
costumanze  udinesi  nel  sec.  XIV.  —  G.  B ,  II 
favri  hacän,  fiaba  del  ciclo  dei  viaggi  di  G.  C. 
n.  8.  1.  Ottobre:  Pocar,  La  rocca  di 
Monfalcone,  storia  e  leggenda.  —  I  tre  fints 
mago.s,  fiaba  raccolta  a  Porpetto.  —  (Nella 
copertina:)  As  coli,  I  nomi  locali. 

Aiinalas  della  societad  rhaeto  romausclia. 

5.  annada.    Ediziune  proprietad  della  socie- 
tad.   Cuera  [Chnr].    Stampa  da  Manatschal 
&  Ebner  1890.    408  S.    gr.  8".    Fr.  8,00. 
Garelli,  Lena  del  Eociaralon.     Comedia. 
Vaudeville  in   duos  Acts.  Vertida  dal  dialect 
Piemoutais    tres    S.  Caratsch.    —    Bardola, 
L'Epiphania    u  T  appariziun.     Legenda  coni- 
posta  in  rima  —  Material  historic :  I.  Muoth, 
caschun  e    descriptiun    del  Tumult  u  Ujarra 
dols  de  Sagoign  1701.     II.  Plaids   de   cumin. 

1.  Muoth,  Plaid  d' abdicaziun,  tenius  dad 
in    mastral    alla    fin    dil    davos    tschentaner. 

2.  Qaviezel,  Plaid  teneu  sin  cumin  grond  a 
Trin  1700  da  mastral  Brincatzi  Caprez  da 
Trin.  3.  Caviezel,  Plaid,  teneu  da  mastral 
J.  Cahenzli  sin  cumin  grond  aTrin,  anno  1710. 
4.  Caviezel,  Discurs  da  mastral  Gion  Bena- 
detg  Cawiezel,  teneu  avaunt  il  cumin  graund 
d'Ortenstein  a  Tumel  1798.  5.  Caviezel. 
Discurs  ner  Pled  da  Landamma  Franzesc 
Cawiezel,  teneu  siu  cumin  graund  d'Orten- 
stein a  Tumel  1840.  III.  Caviezel,  Üna 
Charta   da   Blasius  Alexander,    del   an   1622. 


IV.  Muoth,  Products  de  Utteratura  vulgara 
(Observaziun.)  II  Litgun  de  Sagogn.  —  Pro- 
vas da  dialects.  I.  Malloth,  Ün  process. 
(Dialect  da  Samagnun.)  IL  1.  Ser  Pteverenda 
Clo  Juvalta  a  Bravuogn,  discuors  salvo  alla 
conclusion  d'la  scola,  21  Avregl  1890  (dialect 
da  Bravuogn.)  2.  Toast  salvo  alla  festa  d'in- 
faunts  1885  par  Sigr,  Eev.  Juvalta  ä  Bra- 
vuogn. —  Scoperta  d'alchüns  defetts  chi 
regnan  in  nossas  familias,  et  chi  non  sun 
tegnüts  per  hier  mal.  Da  ser  mastral  Florin 
Pitsch  da  Müstair  p.  m.  Publicaziun  perve- 
gnida  da  Rev  P.  Justiniau  Lombardin  a 
Müstair.  —  Nolfi,  L' invasiun  francesa  et 
austriaca  in  Vall  Müstair  nelP  ann  1799.  — 
Cape  der,  Extract  or  digl  protocoU  digl 
ludevel  cumegn  de  Barvogn.  Publitgia  se- 
gond  la  chronica  manuscripta  de  Podestat 
Pol  Tini  de  Casti.  —  M.  Legns.  Publ.  cun 
remarcas.  —  Mathis,  II  pouver  Orv  Schwarz I 

—  Mathis,  Uua  Marenda  nella  Valleta  da 
Samedan!  —  Mathis,  LaPredgia  da  Giunfr' 
Annetta  et  ils  ögls  cregns  e  fazöl  alv  da  Sar 
Gianin!  —  Mathis,  Annetta  Margretta!  — 
Bühl  er,  L'Indian  Grischun.  —  Vinzeus,  La 
Dertgira  nauscha.  Documents  pri  or  d'  in 
Copial  de  P.  A.  Spescha  a  Chiltgiadira  (Trun). 

—  Poesias.  Sonetto  per  .  .  .  Publ.  cun  remar- 
cas da  C.  P.  —  Mathis,  Las  fantschellas  da 
temp  vegl  e  las  fantschellas  d' hoz  indi!  — 
Mathis,  Las  lavunzas  in  Engiadina  e  las 
lavunzas  a  Genova!  —  Lanz,  Botta  e  ras- 
posta.  (Dialect  da  Baiva).  —  Baiaster,  II 
piz  mezzaun,  in  meditatiuns  d'utuon,  —  Bar- 
dola, Silvester  nel' ester.  —  Bardola,  La 
cura  da  Bombast.  —  Necrologs.  —  Collecziuu 
da  plaids  rhätoromanschs  specialmein  da  noms 
locals  raccolts  nella  vallada  st,  gallaisa  del 
Rheno  tras  Signur  Maggior  Hilty  a  Sevala, 
ellaborada  in  romaunsch  e  surdada  alla  statnpa 
tras  Maggior  Ths.  Gross  a  Cuera.  Coinmuni- 
tad  Sennwald,  Gams,  Grabs,  Buchs,  Sevelen, 
Wartau.  —  Donaziuns  pigl  archiv  della  Socie- 
tad. —  Rapport  linanzial.  —  Register  dels 
commembers. 


I))    Aufsätze  und  Abliaudlungeu. 


Die  Rhätoronianeu  in  Graubünden.   (Globus 

59,  384.) 
Unterforcher,    Rätoromanisches    aus    Tirol. 

(Progr.  Eger.)    42  S.  8". 
Moroder,  Das  Grödenerthal.     St.   Ulrich    in 

Gruden  1891. 


Occioiii-Boiialoiis,  Usi  matrimoniali:  docu- 
mento  inedito  iriulano.    IJdiue.    4".   12  S. 

üstermann,  Superstizioni,  pregiudizi  e  cre- 
denze  popolari  relativi  alla  cosmografia, 
geogralia  fisica  e  mcteorologia.  Capitolo  di 
saggio  d'  un'  ()[)ora  in   corso  di   stampa  sui 


352 


Laue; 


costumi,  usi,  snperstizioni   o   credenze  del 

popolo    friulano.      Udine ,    Doretti.      81  S. 

[Estr.  d.  Giornale  'In  Alto'.    Anno  1,  2.) 
trallerio,  II  linguaggio  dei  bambini  in  Friuli. 

Udine.    8  S.    [S.  A.  aus  Pagine  friulane.] 
(Jötzinger,  Die   romanischen  Ortsnamen  des 

Kantons   St.  Gallen.     Freiburg   Ing.  -  Diss. 

St.  Gallen,  Huber.     IV,  91  S.     -    Fr.  3,00. 

[mit  Karte.] 
— ,  Die  romanischen  Ortsnamen  .  .  .  (Globus 

60,  223.) 
Fischer,  Die  romantische  Sprache  der  West- 
schweiz.   (Schweiz.  Rundschau.    Nr.  11.) 
Stella,  Versi    friiilani,    ed.    Joppi.      (Nozze 

Pog-nici  -  Dianese    ed.  Del  Negro.;     Porto- 

gruano,  Ditta  Castion.   11  S. 


Tuoi',  Poesias  romonschas  ti-anslatadas  ed 
originalas.  P  [I.],  II.  Cuera,  Stampa  de 
Frars  Casanova.  2  Bde.  (48,  III:  49  —  96, 
III  S.) 

Nies  tschespet.  Bibliotheca  romauscha  ed. 
da  Decurtins.  Ko.  I-.  Bundi,  II  viadi  a 
Jerusalem,  ed.  da  Florin  Berther.  XIII, 
51  S.  Basel,  stamp.  d' il  Basler  Volksbl. 
1891. 

Grnidotti,  (^oUeziun  da  Proverbis  rhaeto- 
romanschs.    (Arch.  trad.  pop.  10,  554.) 

V.  Tr.iYers,  Joseph.  Engadinisches  Drama 
des  XVI.  Jhs.  Hrsg.  u.  m.  Glossar  vers. 
V.  Jakob  Ulrich.  Zürich,  Dr.  v.  Zürcher 
u.  Furrer.    VIII,  43  S.    i". 


7.    Rumänen. 


Neue  romanische  geographische  und  ethno- 
graphische Litteratur.    (Globus  60,  336.) 

11  Millionen  Romaenen.  [Statistik]  (Romae- 
nische  Porschgn.  7,  137.) 

Tamni,  Über  den  Ursprung  der  Rumänen. 
Ein  Beitrag  zur  Ethnographie  Südost- 
europas.   Bonn,  Strauss.    (2  Bl.,  150  S.) 

Xenopol,  Geschichte  der  Romanen  im  traja- 
nischen  Dacien.    (Rom.  Revue  7,  11.  12.) 

Harta  etnograflcä  a  regatuliii  Ungar  dupä 
Andi'ee  si  a  Romänilor  de  la  dunare.  (Rom. 
Forschgu.  7,  156.) 

Die  Ungarischen  Rumaeiieu  und  die  un- 
garische Nation.  Antwort  der  Hochschul- 
jugend Ungarns  auf  das  Memorandum  der 
Rumänischen  Universitätsjugend.  Budapest, 
im  Juli  1891.   (78  S.) 

Zur  Lage  der  Rumänen  in  Ungarn.  (Rom. 
Rev.  7,  65.) 

Architelitonische  Streifzüge  in  Rumänien. 
(Romanische  Woclienschr.  hrsg.  v.  Reiniger. 
Bucuresci  I,  Nr.  1.) 

Dische,  Über  Hochzeitsbräuche  bei  den  Ro- 
manen. (Rom.  Revue  7,  309,  418)  ist  Re- 
cen.sion  von:  Nunta  la  Romäni.  Studiu 
istorico-etnograficu  comparativu  de  S.  Fl. 
Mari  an.  Editiune  a  Academiei  romäne. 
Bucuresci,  Götel  1890. 

Marienescu,  Baba  Dokia,  eine  volksmytholo- 
gische Gestalt  der  Rumänen.  (Anz.  Ges.  f. 
Völkerk.  Ungarns  1,  1.) 

— ,  Az  äldozatok.  Roman  nepmythologiai 
kepek  es  szokäsok.  (Ethnographia,  II  evfo- 
lyam,  1  füzet.) 

Mang'iuca,  Dacoromanische  Sprach-  imd  Ge- 
schichtsforschnngeu.     1.  Theil.     Sell)stverl. 


d.  Autors.  Oravicza,  Wunder.  235  S.,  gr.  8". 
—  Fl.  1S)C). 

Xenopol,  Elements  grecs  auciens  dans  la 
langue  roumaine.    (Le  Museon  5.) 

Voileauö,  Codicele  Mateiu  Voileauu.    1891. 

Taverny,  Phonetique  roumaine:  le  traitement 
de  tj  et  du  suffixe  ulum,  ulam  en  roumain. 
(Etud.  rom.  ded.  ä  G.  Paris,  267.) 

Graster,  Chrestomathie  Roumaine.  Textes 
imprimes  et  mss.  du  XVI.  au  XIX.  siecle. 
Specimens  dialectales  et  de  litterature  popu- 
laü"e,  accompagnes  d'une  introduction,  d'une 
grammaire  et  d'un  glossaire  Roumain-Fran- 
Qais.  Lipsk,  Brockhaus.  2  t.  CXLIX,  368, 
VII,  562  S.  —  M.  18,00. 

Manliu,  Crestoraatia  Romänii.    Bucuresci. 

— ,  Antologia  Romänä.  ib. 

Texte  Macedo  -  Romäne.  Basme  si  poesii 
popolare  de  la  Crusova,  culese  de  Obede- 
naru,  publicate  dupä  manuscrisele  origi- 
nale, cu  un  glossar  complet,  de  Bianu. 
Bucarest  IX,  388  S.  [zwei  Geschichten  und 
zwei  Volkslieder  aus  Crusova  in  Mace- 
donien.] 

Morarin,  Die  romanische  Litteratur  der  Buco- 
viua.  (Romaeu.  Forschungen  7,  34,  174,  301, 
409,  514,  633.) 

Carmen  Sylra  a  Venezia  e  la  poesia  popo- 
lare rumena.  (L' lUustrazione  popolare. 
Milano,  23.  Agosto  1891.) 

Härsu  ,  Macedo  -  romanische  Volkslieder. 
VIII— XXI.  (Rum.  Forschungen  7,  199, 
329.) 

Vacaresco,  La  via  alla  felicitä,  canto  popo- 
lare runieno,  trad.  in  tedesco  da  Carmen 
Svlva  ('    ritradotto    in    italiano    da    Anna 


T.itteratur  des  Jahres  1891. 


353 


Miliani  Valloiiiani.  (LMllnstr.  pop.  13.  Sett. 

1891.) 
Prexl,  Kumiinischc  Vulksroman/on  übers.   (Z. 

f.  Volksk.  III,  nOO.) 
Alecsandri,  Ring  und  Tuch,  Volkslied  übers. 

V.  Fischer.    (Roniaen.  Forschgn.  7,  49.) 
Mai'ienescu,  aus  der  Samml.  ,Poesii  pop.": 

Die  Hochzeit    der  Geschwister    übers,    von 

Fischer,  (ib.  7,  432.) 


Mailand,  Der  „Flucli"  in  der  slebenbürgisch- 
rumänischen  Volkspoesic.  (Zeitschr.  f.  Volks- 
kunde 3,  208.) 

Heinzendorf,  Die  geizigen  Brüder.  Rumäni- 
sches Volksmärchen  aus  Süd-Ungarn.  (Ro- 
maen.  Forsch.  7,  214.) 

Pop  Retegauul,  Des  Teufels  Weihrauch. 
Volksmärchen.  Deutsch  v.  G.  Eromia.  (Ro- 
maen.  Forsch.  7,  331.) 


VI.   Neugriecheu  und  Albanesen. 


Kuhlenbeck,  Der  gegenwärtige  Verfall  des 
Hellenismus  in  Deutschland  und  seine  Ur- 
sachen.   (EA;.«f  3,  300.) 

V.  Belllieim,  Die  modernen  Griechen.  (Aus 
allen  Weltteilen  22".) 

Die  Bevöllieriing  Griechenlands.  (Deutsche 
Rundschau  f.  Geogr.  13,  182.) 

Asmnssen,  Die  Mainoten.  (Aus  allen  Welt- 
teilen 22".) 

^nvQidwfog  TTay av^kt],  TleQuv  tov  ^Ia(^iuov. 
nikonovvr]atay.c(\  ^vivnwang  xal  avctjUP)]- 
aiig  .  .  .  'Ev  'A^r'ivuiq  ,  Kaaööfrjg.  1891 
(354  S.,  6  Taf.)    [BißXionwlsiov  ifjg  Emiag.'] 

Melena  [=  Marie  v.  Schwarz],  Erlebnisse 
und  Beobachtungen  eines  mehr  als  20jähri- 
gen  Aufenthaltes  auf  Kreta.  Mit  14  Photo- 
typien  und  1  Karte.  Hannover,  Schmorl. 
296  S. 

Krumbat;lier  5  Griechen  im  heutigen  Italien. 
(Neueste  Münchener  Nachrichten,  14.  Febr. 
1891.) 

N^opLytos,  Le  Grec  du  Nord-Est  de  TAsie 
Mineur  au  point  de  vue  anthropologique 
[enth  Schädclmessungen  ]  (L'Anthropologie 
2,  1.) 

Millet,  Souvenirs  des  Balkans,  de  Salonique 
ä  Beigrade  et  du  Danube  ä  TAdriatique. 
Paris,  Hachette. 

Ornsteiu,  Silberfarbiges  Haar  in  Griechen- 
land.   (Zeitschr.  f.  Ethnologie  XXIII,  346.) 

Kuoop,  Die  Inüuenza.  [Griechischer  Aber- 
glaube.]   (Zeitschr.  f.  Volkskunde  3,  261.) 

Meyer,  Albanesische  Studien.  III.  Lautlehre 
der  indogermanischen  Bestandteile  des  Al- 
banesischen.  (Sitzungsber.  d.  Ak.  d.  Wiss. 
hist.-phil.  Klasse  125 ) 

Müller,  Historische  Grammatik  der  helleni- 
schen   Spraclie,    oder   Ubersiclit    des    Ent- 


wickelungsganges     der    altgriech.    zu    den 

neugriech.  Formen,  nebst  einer  kurzen  Gesch. 

der  mittlem  und    neuesten  Litteratur  .  .  . 

1.  Bd.   Grammatik.  Leiden,  Brill.  (V,  225  S.) 

A.  u    d.  T:  Hellenische  Bibliothek.    T.  1. 
llatzidakis,  Zur  Geschichte   des  Mittel-  und 

Neugriechischen.  (Zeitschr.  f.  vergl.  Spracht. 

V.  Kuhn  31,  103.) 
— ,  Zur  Abstammungsfrage    des    Neugriechi- 
schen.    (Elkn;  3,  1.) 
Tlinnib,  Die  neugriechische  Sprache  und  ihre 

Erlernung,  (ib.  3,  459.) 
Müller,  „Wie  spricht  man  in  Athen?"    Echo 

u.  s.  w.  von  Jannaris.    (ib.  299.) 
Pavolini,  Über  Dvanda-Composita  im  Neu- 
griechischen,   (ib.  290.) 
2iy.iag,  Tltgl  trjg  KgriJiy.rjq  Siak^xxov.    Athen, 

Leipzig:  Liebisch.     M.  3,50. 
Meyer,  Etymologisches  Wörterbuch  d.  alba- 

nesischen    Sprache.      Strassburg,    Trübner. 

XIII,  .522  S.    M.  12,00. 
Babuder,  Considerazioni  sulla   poesia  popo- 

lare  in  generale,   con  ispeciale  riguardo  a 

quella  della  Grecia  moderna.    (Progr.  Capo- 

destria.    61  S.) 
Pavolini,  Verbesserung  zu  Passow,  Carmina 

popularia   Graeciae    recentioris.      (Ekkag  3, 

295.) 
Krumbacher,  Griechische  Volkslieder.    (Allg. 

Zg.  B  no.  10.) 
Mitkos  -  Beni  -  Suef ,    Albanesische     Lieder. 

Deutsch  V.  Jarnik.   (Zeitschr.  f.  Volksk.  3*.) 
Jarnik,  Albanesische  Märchen  und  Schwanke. 

Mitgeteilt    und   übers,     (ebenda    184,    218, 

264.) 
Boltz,  König  Schlaf  im  aeginetischen  Märchen. 

{Eilag  3,  284.) 


354 


Laue: 


YII.   Lettoslaven. 

1.    Letten  und  Litauer. 


Ethnographisclie  Beilage  des  Lettischen  Tage- 
blatts: „Deenas  Lapas"  peelikums.  1891. 
Riga. 

I.  Latweeschu  diswe  un  waloda  —  Lat- 
weescliu  tautas  chdeeneem.  —  Rad  neezibas 
nosaukumi  —  Wardnizas  druskas.  —  No 
kureenes  zebluschees  wahrdi  „ligho"  un 
„lighaAva"  ?  —  Teiksmainas  latwju  wirsaitis. 
—  Rakati  par  leisehu  etnografiju.  —  1879  — 
1890.  —  Tautas  atimologija. 

III.  LaatwecBchu  tautas  ehdeeni.  —  Ward- 
nizas druskas.  —  Par  weleem.  —  Swehtku 
laiki  mahntizibas  atleekäs.  No.  D.  Osolina.  — 
Jann-Rose  III.  Tautas  teikas  un  nostahsti.  — 
Mums  peesuhtitas  schadas  gralimatas  un  lai 
kraksti. 


Wolter,  Novyc  trudy  i  materialy  po  latysskoj 
etnografii,  odbitka  z  zesz.  VII  kwartalnika 
Etnograficeskoe  Obrozrenie.  9  S.  [lettische 
Ethnographie.] 


Ulanowska,  Lotysze  Inflant  polskich  apo 
szcegölnosci  z  gminy  wielonskiej  powiatu 
rzezyckiego.  (Les  Lettons  de  la  Livonie 
polonaise.)  (Zbiör  wiadomosci  do  Antropo- 
logii  Kraj.  III  parttie,  S.  181.)  [Auch  als 
Sep.-Abdr.  Krakow,  103  S.] 

Sjlwestrowicz,  Wiadomosci  o  swieceniu 
hiczywem  w  chatach  wiejskich  na  Litwie. 
(Note  sur  Feclairage  par  la  resine  les  chau- 
mieres  de  la  Lithuanie)  (ib.  S.  44.) 

Lohiiieyer,  Ein  Bericht  über  Reste  des  letti- 
schen Heidentums.  (Sep.-Abdr.  a.  d.  Mitt.  d. 
Littauischen  litt.  Ges.  III,  16.) 

Basset,  Le  Culte  du  marteau.  I.  Ohez  les 
Lithuaniens:  le  soleil  captif.  (Rev.  trad. 
pop.  6^.) 

Lerchis  -  Piiszkajtis,  Ba.suie  ludowe  (po 
lotcwsku).  Czesc  I.  Mitau.  XI,  188  S. 
[Volksfabeln.] 

— ,  Lotewskie  basnie  ludowe.  Czesc  II.  93  S. 
Czesc  in.   52  S. 


2.    Slaven.    Allgemeines. 
a)   Zeitschriften. 


Wisla.   Miesieczuik  gieograficzno-etnogra- 

flczny.  Tom  V.  Rok  1891.  Warszawa.  Sktad 

glowny  w  ksiegarui  M.  Arcta,  Nowy-Swiat 

53.    1891.   gr.  8°.    4  Bl.,  1029  S.,  5  Taf. 

1.  Wiercienski,  Probki  szperäu  po  archi- 

wach.  —  Smoleiicöwna,  Grydziecigcie.  — 

Kowtyiiski,    Ze    starejksiazki.    —    Karlo- 

wicz,  Raz  jezcze   do   ..Brzozy  Gryzynskiej". 

—  Jastrgbowski,  Sobotka  we  wsi  Mikulo- 
wice.  —  Iks,  Kopernacka.  —  KarJowiez, 
Podanie  o  Madeju.  —  Wawrzeniecki, 
Okienka  av  chatach.  —  Ders.,  Zakoiiczenia 
dachow.  —  Biegeleisen,  Motywy  ludowe 
w  balladzie  Mickiewicza  „Lilje"'.  —  Jablo- 
nowski,  Najnowsze  teorje  hereldyczne  po- 
chodzenia  polskiego  spoleczei'istwa  szlache- 
ckiego,  z  stanowiska  etnograficznego.  — 
Zabawki  dzieci^ce.  —  Mo  .  .  .  ow,  Bajka- 
zagadka  o  zabityni  kochanku.  —  Wie.'^niak  z 
Radzynskiego.  —  1)  o  w  gi  r  d ,  Bulawa  kamienna. 

—  Scmbrzycki,  Zagadki  mazurskie.  — 
Karlowicz,  Piosnka  o  babulence  i  jej 
koziolku.  —  Poszukiwania :  I.  Leczictwo 
ludowe.  Przy czynki  prof .  d.  Malin owskiego, 


dra  d.  Czarkowskicgo.  II.  Nasz  obszar 
etnograficzny,  III.  Kula.  IV.  Chata,  Pawel 
Plichta.  V.  Przyslowia.  VI.  A  pochylone, 
Sz.  Jastrzgbowski.   VII.  Zwyczaje  jirawne. 

VIII.  Pismo      obrazowe,       St.      Ciszewki. 

IX.  Nawolywania.  X.  Nazwy  topograficzne. 
XI.  Pilealnie,  L.  Krzywicki.  XII.  Niecenie 
ognia,  St.  Ciszewski,  M.  Wawrzeniecki. 

XIII.  Naszwy    Kröw,     Z.     Rokossowska, 

XIV.  Pisanki,    Z.   Gloger,    S.   Ciszewski. 

XV.  Zydzi  na  prowincji.  XVI.  Liscie  makowe, 
Z.  Rokossowska,  M.  Dowojna-Sylwe- 
strowicz.  XVII.  W  sprawie  czytelnictwa 
ludowego,  Z.  W.  XVIII.  Sobötka,  Kwestjona- 
rjusz,  Rafal  Lubicz.  —  Bibljografja  krytyka 
i  wiadomosci  biezace. 

IL  Orzeszkowa,  Ludzie  i  kwiaty  nad 
Niemnem.  —  Meyet,  Kilka  slow  o  szkolach 
zawodowych  w  Zakopaneni.  —  Karlowicz, 
Dyngus  i  ."^niigus.  —  .Jelenska,  Wies  Koma- 
rowicze  w  pow.  Mozyrskim.  —  Korotyi'iski, 
Wi-ozby  z  kichania.  —  Zmigrodzki,Historja 
swatyki.  —  WLsniewski,  Przesady  zlod- 
ziejskie.  —  Achelis,  Rozwoj  etnologji  nowo- 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


355 


czesnej.  —  Biege  leisen,  Uziipeluieuia  do 
artykulu :  Motywy  ludowe  w  balladzie  Mieckie- 
wicza  „Lilje".  —  Cerny,  Za  piesnia  luzycka, 
notatki  z  -w^drowek  po  f^uzycach.  —  Poszuki- 
wauia:  I.  Medycyna  ludowa.  Przyczynski  A. 
Milewskicj,  R.  Lubicza.  II.  Nasz  obzar 
etüogralicziiy ,  M.  Dowojna- Sylwestro- 
wicz.  III,  Kula,  E.  Lubic  z,  Sz.  Jastrzg- 
bowski.  IV.  Chate.  V.  Przyslowia.  VI.  Ä 
pocliylonc.  VII.  Kwestjonarjusz  prawny. 
VIII.  Pisrao  obrazowe.  IX.  Nawolywanie 
zwierzat,  Z.  Rokossowka.  X.  Do  slownika 
nazw  topograficznych,  P.  Plichta,  Znisz- 
czynski.  XL  Pilkalnie.  XII.  Niecenie  ognia 
przez  tarzie,  Rafal  Lubic z,  Krzesiwo  i  hubka, 
W.  Plawinska.  XIII.  Naszwy  kröw  i  wolow. 
XIV.  Pisanki  AI.  P,  XV.  Zydzi  na  prowincji. 
XVI.  Lipcie  makowe.  XVII.  Czytelnictwo 
ludowe.  XVIII.  Sobötka.  Rola  kota  w  Sobötce, 
L.  Lissowski.  —  Bibljograi^ia,  krytyka  i 
i  wiadomosci  biezace. 

III.  Jelenska,  Wies  Komarowicze  w  pow. 
Mozyrskim  (dok.).  —  Nalkowski,  Kronika 
gieogroliczna.  —  Krzywicka,  Gri  i  zabawy 
ludowe  w  Rcsciszewie.  —  Wawrzeni  ecki, 
Cepy.  —  Lubic z,  Dwa  zamawiania  strozytne. 
—  Sumcow,  Boginki-Mamuny.  —  Achelis, 
Rozwyj  etnologji  nowoczesnej  (d.  c).  —  Pola- 
czek,  Z  podän  i  wierzei'i  ludowych.  — 
ßogdanowiczüwna,  0  lalkacli.  —  Poszu- 
kiwania:  I.  Lecznictwo  ludowe.  Przyczynki 
Pawla  Plichty,  Z.  Wasilewskiego,  A. 
AVisniewskicgo.  IL  Nasz  obszar  ctnogra- 
ficzny.  IIL  Kula,  Rafal  Lubicz.  IV-VIII. 
Chata:  przyslowia:  a  pochylone;  zwyczaje 
prawne;  pismo  obrazowc.  IX.  Zwicrzgta  i 
rosling  w  poj^ciach  ludowych,  L,  Czar- 
kowski.  X.  Naszwy  topograliczne,  M.  Wawr- 
zeniecki,  Z.  Wasilcwski.  XL  Pilkalnie. 
XII.  Miecenid  ognia.  XIV.  Pisanki,  Rafal 
Lubicz.  XV.  Zydzi  na  prowincji.  XVI.  Liscie 
makowe,  Jadwiga  Kosköwna,  R.  L.     XVII. 


Czytelnictwo  ludowe.    XVIII.  Sobötka,  Win- 
centy    Roni'sc.    —     Bibljografja,    krytyka  i 
wiadomosci  biezace. 
IV.  Ronisz,  Wies  Dreglin  w   Sierpckiem. 

—  Matlakowski,  Dyngus  i  smigus.  — 
Zawilii'iski,  Z  Archiwum  parafjalnego.  — 
Nalkowski,  Kronika  gieograficzna  za  r.  1890 
(dokonczenie).  —  Udziela,  Dozynski  w 
üobrzechowie  w  Galicji  50   lat  temu  a  tcraz. 

—  Zawilii'iski,  Ulamek  polskiej    „Lenory". 

—  Ciszewski,  Pröbki  poezn  ludowej  chor- 
wacko-serbskiej.  —  Achelis,  Rozwüj  etno- 
log'i  nowoczesnej.  —  Krzywicki,  Spostrze- 
zenia  nae  barwa  wlosöw  i  oczu.  —  Sembi- 
zycki,  Ziemie  polnocne  i  zachodnie  kraju 
zudwii'iskiego  i  ich  granice.  —  Jastrz§- 
bowski,  Przyczynek  do  wierzei'i  ludu  o  zyciu 
pozagrobowem  i  legienda  o  ,,Matusinej  Dusy". 

—  Ciszewski,  Folklorystyka  chorwacko- 
serbska,  przeglad  historyczno-bibljograficzny. 
Poszukiwania.  I.  Lecznictwo  ludowe.  Przy- 
czynki Siarkowskiego,  Lissowskiego, 
Kröla.      IL    Nasz      obszar      etnograficzny. 

III.  Kula.    PrzyczjTiki  Jastrzgbowskiego. 

IV.  Chata.  Przyczynki  Cerchy.  V.  Pryslo- 
wia.  VI.  Materjaly  do  a  pochylonegaMatla- 
kowki  i  Lubicz.  VII.  Zwyczaje  prawne.  J  K. 

VIII.  Pismo     obrazowe.       Matuszewski. 

IX.  Zwierzgta  1  rosliny  w  pojgciach  ludowych. 
Karlowicz,  Siarkowski,  Matlakowski  i 
üembowski.  X.  Nazwy  topograficzne. 
Jastrzgbowski.  XL  Pilkalnie.  XII.  Nie- 
cenie ogna.  J.  K.  XIII.  Pamigc  o  zmarlycli. 
XIV.  Pisanki;  J.  K.  XV.  Zydzi  na  prowincij. 
XVI.  Liscie  makowe.  S.,  K..  L.  XVII.  Czytel- 
nictwo ludowe  XVIII.  Sobötka.  Przyczynki 
Mieczyslawa  Dowojny  -  Sylwestrwicza. 
W.  0.,  T.  J.,  L.  Z  ,  Jana  Karlowicza- 
Szczesnego  Jastrzgbowskiego  i  Leona 
Lissowskiego.  —  Bibljografja,  krytyka  i 
wiadomosci  biezace. 


b)   Abhandlungen. 


Smirnöw,  Zadaci  i  znaczenie  mestnoj  etno- 
grafii-kazan.  1891  [Bedeutung  lokaler  Ethno- 
graphie ] 

Neliring,  Die  ethnographischen  Arbeiten  der 
Slaven.    (Zcitschr.  d.  Ver.  f.  Volksk.  I.) 

Uoguslafvski,  Szkicelitowindyjskie  IL  Teorja 
nazwiknaawa.  Krakow.  S.  BT — 229.  Fl. 2,00. 
[Litowindischc  Studien.] 

Bidermauu,  Übersicht  der  Slavenreste  in 
Tirol.  1,  2.    (Globus  59,  Nr.  19/20.) 


Girabow,  Slovenische  Forschungen  über  Tirol. 
(Globus  60,  220.) 

Krauss,  Slavische  Feuerbohrer.  (Globus  59, 
140,  317.) 

Brückner,  Mythologische  Studien.  (Arch.  f. 
slav.  Phil.  U-.) 

Senf,  Das  lieidnische  Kreuz  und  seine  Ver- 
wandten zwischen  Oder  und  Elbe.  (Arch.  f. 
Antlu-opol.  20  !•  -.) 

Machal,  Näkres  Slovanskeho  bäjeslovi.  Praga, 


35fi 


Laue; 


Szyinaczek.  224  S.  Fl.  2,20.  [Slavische 
Mythologie.] 

Udziela,  Wiek  dzieciecy  w  medycynieludowej. 
Tarnöw.  57  S.  [Das  Kiiulesalter  in  der  Yolks- 
medicin.] 

Weisker,  Slavische  Spraclii-este,  insbesondere 
Ortsnamen,  aus  dem  Havellande  und  den  an- 
grenzenden Gebieten.  Rathenow,  Babenzien. 
44  S.   M.  1,00. 


Kühnel,  Die  slavischen  Orts-  und  Flurnamen 
der  Oberlausitz.   Ges.  u.  erkl.    [Aus  „"Neues       _ 
Lausitz.  Mag."]  L  Heft.  53  S.  Lpz.,  Köhler.      I 
M.  1,00.  * 

Celakowsky,  Slovanske  närodni  pisne  a  zpevy 
litefvske. "  Wyd.  IL  Praga,  Kober.  S.  171 
bis  502.  Fl.  0,80.  [Slavische  und  litauische 
Volkslieder  verglichen.] 


3.    Westslaven. 
a)   Zeitschriften. 


Zbiör  wiadomosci  <Jo  antropologii  krajo- 
Tvej.  Wydawany  staraniem  komisyi  antro- 
pologicznej  akademii  umiejetnusci  w  Kra- 
kowie.  Tom  XV.  (Z.  5.  tablicami  rysunko- 
wemi,  36  rysunkami  w  tekscie,  dwiema 
mapami  i  jedna  tablica  graficzna).  Krakow. 
Nakladem  akademii  umiejftnosci.  1891. 
(3  Bl.,  98  S.,  I  Bl.,  39  S.,  1  BL,  282  S.,  5Taf., 
IKart.,  iTab.): 

I.  Dzial  archeologiczno  -  antropologiczny. 
1.  Ossowski,  Sprawozdanie  drugie  zwycieczki 
paleoetnologicznej  po  Galicyi  w.  r.  1890  (tablic 
osobnych  5  i  36  rysuuköw  w  tekscie.  2.  Ders., 
0  grobach  niecialopalnych  w  Myszkowie  (11 
figur  w  teksie).  IL  Dzial  Antropologii  w 
scislejszem  znaczeuiu.  l.  Zakrzewski,  Wzrost 
w  Krölestwie  Polskiera.  Przyczyuek  do  cha- 
rakterystyki  fizycznej  Polaköw  (z  2  mapkami 
i  1  tablica  graficzna  III.  Materyjaly  etno- 
logiczne.  1.  Kopernicki,  Gadki  ludowe  gö- 
rali  bieskidowych  z  okolic  Rabki.  2.  Mieczys- 
law  Dowojno  -  Sylwestrowicz ,  Wiado- 
mosc  0  swieceniu  luczywem  w  chatach  wiejs- 
kich  na  Litwie.  3.  Kosinski,  Niektöre 
zabobony  i  przesady  ludu  polskiego  z  okolic 
Makowa  i  Andrychowa.  4.  Udziela,  Lud 
polski  w  powiecie  Ropczyckim  w  Galicyi. 
5.  Ulanowska,  Lotysze  Inflant  Polskich,  a 
w  szczegölnosci  z  gminy  Wieloi'iskiej  powiatu 
Ezezyckiego.    Obraz  etnograficzny. 


Cesk^  Lid. 

Vol.  L  1891. 
1.  Tyrsova,  La  broderie  nationale  dans 
l'exposition  du  royaume  de  Boheme  (avec 
4  flg.).  —  Bar  tos,  Les  superstitions  et  cou- 
tumes  dans  la  vie  rurale  en  Moravie.  — 
Koula,  Sur  le  costume  slovaque  (avec  5  flg.). 

—  Hostinsky,  Notre  chanson  populaire  pro- 
fane. —  Hrase,  Maison  des  prieres  des 
Freres  bohemes  ä  Nachod  (avec  1  fig.).  — 
Matiegka,  Les  tombeaux  des  squelettes  aux 
jambes  repliees  en  Boheme   (avec    2  tables). 

—  Vykoukal,  La  cuisine  paysanne  dans  le 
district  de  Cesky  Brod.  —  Kostäl,  L'ondin 
dans  la  tradition  Boheme.  —  Vavra,  Les 
nouvelles  archeologiques  (avec  1  fig.).  Un 
extrait  du  livrc  des  temoins  ä  Beroun.  — 
Pittnerovä,  La  vie  dans  les  montagnes  de 
Zdär.  Les  anciennes  coutumes  dans  les  en- 
virons  de  Domazlice.  —  I.  Le  bapteme.  — 
IL  Les  noces.  —  Cerny,  Coup  d'oeil  sui-  les 
travaux    de  folk-lore    des    Serbes    Lusaciens. 

—  Novacek,  Rapport  sur  le  bornagc  des 
charaps  pres  de  Polepy  (Boheme).  —  L'hocquet 
dans  la  tradition  populaire.  —  Revue  des 
livres.  —  Revue  des  journaux.  —  Biblio- 
graphie. —  Correspondance  et  nouvelles.  — 
Demandes  et  reponses. 


h)   Äusseres  Leben. 


de  Zmlgrodski,  Bibliogi-aphie  du  Folk-lore 
en  Pologne.    (Rev    trad.  pop.  6".) 

Über  eine  polnische  Gesellschaft  für  Volks- 
kunde üalizieus  (Präsident:  Kopernicki 
[t  25.  Sept.  1891]  s.  Am  Urquell  2,  180. 

Jelinek,  Materialien  zur  Vorgeschichte  und 
Volkskunde  Böhmens.  I.  (Mitteil.  d.  anthr. 
Ges.  in  Wien  XXP.) 


Weltzel,  Besiedeluug  des  nördlich  der  Oppa 
gelegenen  Landes,  nach  Urkunden  und 
amtlichen  Aktenstücken  bearbeitet.  Teil  IL 
Leobschütz,  Kolbe.    171  S.    M.  1,00. 

Kyacsala,  Beiträge  zur  Geschichte  der  Slo- 
vaken.    (Ung.  Revue  11,  840.) 

Wiadomosci  statystyczne  o  stosunkach  kra- 
jowych,     wydane     przez      krajowe     biure 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


357 


statystyczne,  pod  redakcja  prof.  dra  T.Pilata. 
T.  XIU.  Lwüw.  15'.)  S.  4«.  Fl.  2,00.  [Be- 
völkerungsstatistik von  Galizien.] 

Ossowski,  Sprawozdanie  drugio  z  wjcieczki 
paleontologicznej  pro  Galicyi  w.  r.  1890. 
(Odb.  ze  Zbioru  wiad.  do  aiitrop.  kraj. 
Krakow  1891 )  89  S.  Fl.  1,50.  [Rechen- 
schaftsbericht über  eine  anthropol.  Reise  in 
Galizien.] 

de  Zmigrodski,  Le  Folk-lore  polouais.  Cra- 
covie  et  ses  environs.  IV.  La  Medicine. 
(Tradition  5^) 

Kolberg',  Przemyskie  Zarys  etuograficzuy, 
kosztem  muzeum  imienia  Dzieduszyckich 
w  Lwowie  z  posmiertnych  materijalöw  wydal 
Dr.  J.  Kopernicki  Z  protretem  autora  i 
4  rycinami.    Krakow.    XX,  242  S. 


Zakrzewski,  Wzrost  w  Krolestwie  Polskim. 
Przyczynek  do  charakterystyki  fizycznej 
Polaköw.  (La  taille  moyenne  dans  le 
Royaume  de  Pologne.)  (Zbiör  wiadomosci 
do  Antr.  Krak.  IL  S.  [1—39].  Dass.  auch 
als  Sep.-Abdr.  Krakow.  39  S.,  2  Kart., 
1  Taf. 

Listy  z  öeskych  dejin  kulturnicL.  Sapsal 
Dr.  Ccnek  Zibrt.  V  Praze  Jos.  R.  Vili- 
mek.  123  S.  8".  Dejiny  kroje  v  zemich 
ceskych  az  po  välky  Husitske.  Sepsal  Dr. 
Cenek  Zibrt.  I.  Svazek:  Dola  nejstarsi  az 
do  polovice  stoleti  XI IL  V  Praze,  Simacek. 
132  S.  IL  Svazek:  Rytirske  odoni  v  zemich 
ßeskych  ve  ctoleti  XIII.  a.  XIV.  S.  135  bis 


274.  [Blätter  a.  d.  böhmischen  Kulturgesch. 
Gesch.  d  Tracht  in  den  böJimischen  Landen 
bis  zu  den  Hussitenkriegen.  1.  Heft:  Die 
älteste  Zeit.  2.  Heft:  Rittcrkleidung  in  den 
böhmischen  Landen  im  13.  und  14.  Jahr- 
hundert.] 

Noyakovä,  Kroj  lidovy  a  närodni  vysiväni  na 
Litomyslsku.  Olomuniec.  Fl.  0,80.  [Kostüm- 
kunde.] 

Odrzywolski,  Zabytki  przemyslu  artystycz- 
nego  w  Polsce.  Zesz.  2.  Krakow.  6  tahl. 
7—12)  fol.  Kröl.  Fl.  1,20.  [Denkmäler  des 
Kunsthandwerks  in  Polen.] 

Ossowski,  0  ceramice  domowej  w  okresie 
grobow  Kamiennych  skrzynkowych.  (Odb. 
z.  Wiadom.  num.-arch.)  Krakow  1891.  16  S. 
4  °.   Fl.  0,30.    [Steinkastengräber.] 

Sembrzycki,  Auffindung  der  alten  Burg  Oneda. 
(S.-A.  Altpr.  Monatsschr.)    6  S. 

Luszczkiewicz,  Przyczynek  do  historyi  arclii- 
tektury  domu  szlacheckiego  w  Polsce  16. 
wieku.  ['Wohnhaus  des  Polnischen  Edel- 
manns im  16.  Jahi-hundert.']  (Denkschr.  d. 
Krakauer  Akad.  16-18,  193.) 

Luszczkiewicz,  Restes  d'une  maison  du  style 
renaissance  ä  Krosno,  devant  de  l'annee 
1525.  (S.-A.  Bull,  de  Facad.  de  sciences.) 
Krakau.    78-80  S.    8". 

Weger,  Rybnikäistvi  a  rybäistvi  na  panstvi 
Pardubickem.  (Vyrocent  zpräva  c.  k.  vyssi 
skoly  reälni  v  Pardubicich  zar.  1890.)  Par- 
dubice.  28  S.  8-.  [Über  die  Fischer  in 
Pardubiz.J 


c)   Inneres  Leben. 


ß)   Lebenssitte. 

Krauss,  Zwischen  Narowa  und  Nienicn.  Bal- 
tische Erzählungen  und  Skizzen.  Libau. 
189  S. 

(jloger,  Pojjas  w  Slawopohi,  z  rysunkami. 
Warszawi).    69  S. 

Udziela,  Lud  polski  w  powiecie  ropczyckim 
w  Galicyi.  (Le  peuple  polonais  dans  le 
district  de  Ropczyce,  enGalicie.  (Zbior  wiad. 
Antr.  Krak.  III,   S.  53-180.) 

Pamjatuaja  knizka  Plockoj  gub.  na  1891  g. 
Plock.  20  S.  1  Ruh.  50  Koj).  [Gedenkbuch 
des  Gouvernements  P.] 

Pamjatnaja  knizka  Ljublinskoj  gul).  no.  1^91 
gol.  Lublin.  496  S.  1  Rub.  [Gedenkbuch  d. 
Gouv.  L.] 

Cerny,  Luzicke  obrazky.  Praga.  155  S.  FL  0,50. 
[Lausitzer  Bilder.] 

Zeitschrift  d.  Vereins  f.  Volkskunde.     ISya. 


Karlowicz,    Die  Liebestaufc  bei  den  Polen. 

(Am  Urquell  II  1.  2 ) 
Schwela,    Die    'grosse'    wendische    Hochzeit. 

(Zeitschr.  f.  Volkskunde.  H.  9-12.) 
Ossowski,    0    grobach   niecial   opalnych   w 

Myszkowie.     [Sepultures  par  inhumation  ä 

Myszköw]     p.    89—98.     (Zbior    wiad.    antr. 

Krak.) 
Gloger,     Zabawy,    gry,    zagadki,    z    arty    i 

przypowicpci  z  ust  ludi  i  ze  starych  ksiazek. 

(Skarbczyk  IL)    Warszawa.    76  S.    12  Kop. 

[Spiele,    Fabeln  und  Erzählungen  aus  dem 

Volksmunde.] 
de  Zniigrodzki,    Les  Mines    et   les  Mineurs. 

XIII.  Coutumes,  croyanccs  et  chansons  des 

mineurs  polonais.    (Rev.  trad.  pop.  VI^) 


24 


358 


Laue: 


ß)    Glaube  und  Aberglaube. 

Liibicz,    Sobötka.    (Wigilja  s-w.  Jana  Chrzci- 
ciela    dnia    23.  czerwca.     Obchod  Sobötki.) 
Kwestjonarjusz.    (Odb.  z.  t.  V.  Wisly.)   War- 
szawa.    11  S.    [Johaiinisfest  in  Polen.] 
v.Zittwitz,  Kastellanei  und  Kirche  zu  Ritschen, 
Ki-eis  Brieg.     Ein    Beitrag    zur   polnischen 
Religions-  und  Kulturgeschichte.    (Ausland 
64,  Nr.  46.) 
Zil)rt  Vincens,  Listy  z  ceskych  dcjin  kultur- 
nich.      [Blätter     zur    böhmischen     Kultur- 
geschichte.]   Prag,  ViUmek.    123  S. 
Weineck,    Glaube    und  Brauch   in    der  Um- 
gegend von  Lübben  und  Luckau.     (Mitteil. 
niederl.  Ges.  f.  Anthr.  2,  133.) 
Kranss,  Böhmische  Korallen  aus  der  Götter- 
welt.   (Ausland  64,  1—3.) 
Teige,   Ruznocteni  legend  o  ceskych  svatych 
z    rukopisu    ki-.    dvorni    a    stätni    knihovny 
mnichovske.     (Sitzungsber.  der  Böhm.  Ges. 
d.  Wiss.  zu  Prag.    Phil.-liist.  Klasse.  S.  51.) 
Moser,  Die  Lut'chen,  nach  wendischen  Sagen 

mitgeteilt.    (Leipz.  Tagebl.  85,  228.) 
Veckenstedt ,  Wendische  Sagen  der  Nieder- 
lausitz.   (Zeitsclu-.  f.  Volksk.   3,    182,    215, 
262.) 
Zmorski,   Ba?u   o   Sobotniej   görze    z  podau 
szlaskich.    Warszawa     20  S.     [Sagen    vom 
Zobtenberg  in  Schlesien] 
Eosinski,  Niektöre  zabobony  i  przesady  ludu 
polskiego   z   okolic  Makowa  i  Andrychowa. 
[Quelques    superstitions    et    prejuges    du 
peuple   polonais    des   environs  de  Makow.] 
(Zbidr  wiadom.  antr.  kraj.  III,  46.) 
Euoop,  Polnischer  und  deutscher  Aberglaube 
und  Brauch  aus  der  Provinz  Posen.   (Ztschr. 
f.  Volksk.  III,  148.) 
Böhmischer    Jagdaberglaubeii.      (Globus 

59,  61.) 
Majcwski,  Bocian  w  mowie  i  pojeciach  ludu 
naszejo.  Warszawa.   [Der  Storch  in  der  Vor- 
stellung des  Volkes] 
Totenfetisclie  (Am  Urquell  II,  179.)  [Juden- 
knochen  gegen  Typhus  in  Rzeszow(Galizien).] 
Udziela  Marjaii,    Medycyna  i  przesady  lecz- 
nicze  ludu  polskiego,    przyczynek   do  etno- 
grafji   polskiej.     (Bibl    Wisly.  VII.)    War- 
szawa.   288  S.    85  Kop.     [Volksmedizin  in 
Polen.] 
Kaindl,   Bida    [Das  Unglück.     In  Galizien]. 

(Am  Urquell  II,  207.) 
Siinicöw,  Kolduny,  vedvmy  i  upyri.  Przewodnik 
bibljograficzny.     Charkow.     50    S.      [betr. 
Hexen]. 


y)    Sprache. 

Malinoivski,  Studja  nad  ctymologja  ludowa. 

(Prace  filologiczne  III,  3 ) 
Matyäs,  Slowniczek  gwary  ludu  zamieszkuja- 
cego  wchodniopoludniowa  najblizsza  okolice 
Nowego  Sacza.  Krakow.    17,  1  S.    [Wörter- 
buch   der  Volkssprache    von   N eu- Sande z] 
(Sprawozdania  kom.  jez.  4.) 
Sierakowski,    Slowniczek   gwary   ludowej    z 
okolic  Pinczowa.   (Sprawozdania  kom.  jezy- 
kowej  Ak.  Umiej.  4)  Krakow.  6  S.    [Dialekt 
von  Pinczow.] 
Zloza,  Zbior  wyrazöw  uzywanych  w  okolicach 
Chocholowa.  (Sprawozdania  .  . .  4  )  [Dialekt 
von  Chocholow.] 
Botuicki,     Slowniczek    wyi-azow     obcych    i 
wyrazen     oraz     zwroty    i    przyslowia    cud- 
zoziemskie  uzywane  w  prasie  peryodycznej 
i  w  mowie  potocznej  polskiej.   Zebral  i  ulo- 
zyl . . .  [Wörterbuch  fremder  Ausdrücke  und 
Ausdrucksweisen.]     Berlin,    Behr.     2   Bl., 
136  Sp.   8°.    M.  1,20. 
Zloza,  Zbiör  wyrazöw  uzywauych  w^  okolicach 
Chocholowa.  (Odb.)  Krakow.  12  S.  [Samml. 
von  Volksausdrückeu.] 
Rzeszowski,  Spis  wyrazow  ludowych  z  okolic 
Zywca.  (Sprawozdania  ...  4.)   [Mundart  der 
Umgegend  von  Saybusch.] 
Matlakowski,    Zbior  wyrazöw  dawnej   ziemi 
czerskiej.  (ib.  4.)   [Mundart  der  Landschaft 
Czersk.] 
Kosinski,  Niektöre  wlasciwosci  mowy  pisarzo- 
wickiej     (ib.  IV,    1—85).      [Einige   Eigen- 
tümlichkeiten   der    Mundart    von    Pisarzo- 
wice.] 
Berka,     Slownik     kaszubski     poröwnawczy. 
(Prace    filologiczne    III,  3.)    [Kassubisches 
Wörterbuch.] 
Pribik  Jau,  0  parataxi  a  hypotaxi  v  prosto- 
närodnich    pohädkach    a    o    slohu    jejich. 
Karlin  1890. 
Tomanek,  Über  den  Einfluss  des  Cechischen 
auf     die     deutsche     Umgangssprache     in 
Österreichisch-Schlesien,  bes.  von  Troppau 
und  Umgebung.    Progr.  Troppau.  39  S. 
Dembowski,    Verzeichnis   von  Wörtern  und 
Redensarten,  die  in  der  Tatragegend  üblich 
sind,  als  Ergänzung  früherer  Sammlungen: 
Spis  wyrazow    wyrazen  uzywanych    na  Pa- 
dhalu,  jako  uzupelnienie  poprzednich.  zbio- 
row.  (Sprawozdania  ...  4.) 
Evacsala,   Beiträge    zur  Geschichte  der  slo- 

vakischen  Sprache.  (Ungar.  Revue  11.'-) 
Kühuel,  Die  slavischen  Orts-  und  Fluinameu 


Litteratnr  des  Jahres  1891. 


859 


der  Oberlausitz.  II.  (Neues  Lausitz.  Mag. 
67,  43.)  [Forts    zu  Th.  1  (ib.  66.)] 

Woisker,  Slavische  Sprachreste,  insbeson- 
dere Ortsnamen  aus  dem  Havellande  und 
den  angrenzenden  Gebieten.  Rathenow, 
Babenzien.  IV,  44  S.  —  M.  1,00. 

Knothe,  Zur  Orthograi^hie  deutscher,  wie 
wendischer  Ortsnamen.  (Leipz.  Zg.  ^-  No.  9.) 

J.  Poesie. 

Erbrich,   Straduna,  Polnische  Volkslieder  der 

Oberschlesier.     Breslau,    Max  &  Co.    XIV, 

98  S. 
Suesser,    Szkice  z  literatury  zargonowej.   II. 

Piesni  ludowe  Lwöw  1891.     11  S.  [Jargon- 

Utteratur,  Volkslieder  ] 
Kranss,   Die  Prinzessin   von  England.    Eine 


Volksballade   der    Slovaken.     (Am  Urquell 

ILO 
Kopernicki,    Gadki   ludowe   görali  beskido- 

wych    z    okolic    Rabki.    [Recits    populaires 

des    montagnards    des  Beskides,    aux  envi- 

rons    de    Rabka]    (Zbiör    wiadomösci    Ant. 

kraj.  III,  1—43.) 
Skrzynska,  Kobieta  w  piesni  ludowej.  (Bibljo- 

teka  Wisly,  VIII.)  Warszawa.  100  S.  40  Kop. 

[Die  Frau  im  Volksliede.] 
Kasprowicz,  Swiat  sie  könczy,  dramat  z  zycia 

ludu    wielkopolskiego    w    5-    iu    odslonach. 

Nakladem  autora.      Lwöw.  126  S.   60  Kop. 

[Volksdrama.] 
Kraus,    Das    böhmische    Puppenspiel    vom 

Doktor  Faust.    Abhandl.  u.  Übers.  Breslau, 
.  Koebuer.  VI,  169  S. 


4.    Ostslaven 
Die    russische  Zeitschrift   für  Volkskunde 


ist: 


Xiraja  starina.  Periodiceskoizdanie.  St.Peters 
bürg.    III.  Heft.   268  S.   Lex.  8°. 


a)   Äusseres  Leben. 


Die  Bevölkerung  des  russischen  Reiches. 
[Deutsche  Rundschau  f.  Geogr.  u  Stat.  13, 
372.) 

Russia:  its  people  and  government.  (Qua- 
terly  Review.  January.) 

Zbanköw,  Babja  storona.  Statistiko -  etno- 
graficeskij  ocerk.  Kostroma.  1  Rub.  [Be- 
schreibung Russlands.] 

Wladimirski  Budanöw,  Naselenie  jugoza- 
padnoj  Rossii  ot  poloving  XV  v.  do  Ljub- 
linskoj  Unii.  Kijow.  [l)ie  Besiedelung  des 
sw.  Russlands.] 

Turczynski,  Straszna  druzyna,  obraz  Hu- 
culszczyzuy  z  przeszlego  stule  cia.  Krakow. 
157  S.  8".  [Ein  ruthenisches  Karpaten- 
Vülk.] 

Perejaslavl  Zaljesskij.  Materialy  dlja  istorij 
Danilova  monastyra  i  naselenija  gorola  XVII 
stoljetija.  Moskwa.  HO  S.  4".  [Die  Be- 
siedelung des  russischen  Klostergebiets 
Danilow.] 

Lewicki,  Ocerki  starinnago  byta  Volyni  i 
Ukrajny.  Zesz.  IL  (2.  Materi  prestupnicy. 
3.  Prevelebnyi  svat.)  Kijow.  32  S.  [Früheres 
Leben  in  Wolynien.] 

Stariköw,  Istoriko-statistiöeskij  oöerk  oren- 
burgskago  kazaö'jago  vojska,  s  prilü?.eniem 
stati  0  domasnem  byte  orcnburgskicli  ka- 
zakov,   risunkov  so  znamen  i  karty.    Oren- 


burg.  2  Rub.   [Kosaken   in    der  Umgegend 
von  Orenburg.] 

Martynöw ,  Donskoe  dvorianstvo  i  zaselenie 
ih  semel  krestjauami.  (Szkic  historyczny) 
Peterburg.  15  S.  (Odbitotylko  35  egzempl.) 
[Die  Besiedelung  am  Don.] 

Louder,  Volzskij  sputnik.  Z  mapa.  Wyd.  IL 
Peterzburg. .  VI,  276  S.  75  Kop.  [Wolga- 
führer.] 

Kirpicznikow,  K  voprosu  o  drevne-russkih 
skomorohah.     Peterzburg.    22  S. 

Astyrew,  Na  taeznych  progalinach.  Oöerk 
zyzny  nasidenija  vostoönoj  Sibiri.  Moskwa. 
458  S.  1  rub.,  75  Kop.  [Über  die  Besiede- 
lung Ostsibü'iens  ] 

Materialy  dlja  izuöenija  ekonsmiöeskago  byta 
gosudarstveunych  krestjan  i  inorodcev  za 
paduoj  Sibiri  XII,  2.  Peterburg.  406  S. 
[Besiedelung  Westsibiriens.] 

JadrincÖTV,  Sibirskie  inorodcy  ih  byt  i  sovre- 
mennoe  polozenie.  Etnografiöeskija  i  sta- 
tisticeskija  izsledovanija.  Peterburg.  308  S. 
Rub,  2,00.  [Über  die  Lage  der  Ansiedler 
in  Sibirien.] 

Staelir,  Über  Ursprung,  Geschichte,  Wesen 
und  Bedeutung  des  russischen  Arteis.  Ein 
Beitrag  zur  Cultur-  und  Wirtschafts- 
geschichte des  russischen  Volkes.  IL  Ge 
schichte.  (211  S.)  Ing.-Diss.  Dorpat. 
24* 


L 


360 


Laue: 


Tarnowska,  Vorovki.  Antropologiöeskoe 
izsljedovanie.  Peterburg.  79  S.  [Athrop. 
Untersuchungen.] 

Iwauowsky,  Über  die  pathologisch-anato- 
mischen Erscheinungen  bei  einer  in  Chan- 
kow  endemischen  Krankheit.  (Festschr. 
Eudolf  Virchow  gewidmet  III,  235.) 

Zapiski  Imp.  russkago  geogr.  obscestva  po 
otdeleniju  etnografii.  T.  XX.  Smolenskij 
etnograiiöeskij  sbornik.  Ulozyl.  Dobro- 
wolski  Cz.  I.    Peterburg.    XXVII,    716  S. 


[Ethnographische  Sammlung  betr.  Smo- 
lensk  ] 

PnteTOditel  po  muzeju  Tmp  akademii  nauk 
po  antropologii  i  etnografii.  Peterburg. 
IV,  70  S.  30  Kop.  [Führer  durciis  Mu- 
seum.] 

Sbornik  snimkov  s  prednietov  drevuüsti, 
nachodjascichsja  v  Kievje  v  castnjch  ru- 
kach  Kiew.  31  S.  4».  "  1'2  Taf.  [Archäo- 
logische Gegenstände  von  Kiew.] 


b)  Inneres  Leben, 


a)  Sitte  und  Recht. 

Kovalevsky,  Modern  Customs  and  Ancient 
Laws  of  Russia,  being  the  Ilchester  Lectu- 
res  for  1989—90.     London,  Nutt 

Tenze,  Certy  nravov  iz  russkago  byta  v. 
XVII  V.  Kazan  1891.  20  Kop.  [Russisches 
Leben  im  17.  Jahrhundert.] 

Böhling',  Aus  nordrussischen  Dörfern.  Er- 
lebtes und  Studirtes  Minden,  Köhler. 
M.  1,00. 

Bucetic,  Istoriceskie  ocerki  goroda  Saratov 
i  ego  okrugi.  sostavlennye  A.  J.  Sachma- 
tovym.  Heft  1.  Saratov.  XI,  205,  15  S. 
[Stadt  Saratov.] 

Volkov,  Rites  et  usages  nuptiaux  en  Ukraine. 
(L'Anthropologie  II,  408.) 

Kupczanko,  Hochzeitsgebräuche  der  Weiss- 
russen.   (Am  Urquell  II,  137,  IBl.) 

Panijatnaja,  knizka  Sedleckoj  gub.  na  1891 
god.  [Siedice  1891,  w  oddziale  II,  str.  23 
bis  346,  zamiescila  p.  Janczuka-Wesele 
maloruskie  w  paraijiKornickiej  ...]  (Gedenk- 
buch des  Gouvernements  S  )  [enthält  einen 
Aufsatz  über  eine  kleinrussische  Hochzeit.] 

Gurwitsch,  Kriminalistische  Gedanken  und 
Anschauungen  in  den  Sprichwörtern  des 
russischen  Volkes.  (Mittel-Russland.)  Mit- 
geteilt von  Veckenstedt  (Zeitschr.  f, 
Volksk.  III  343,  382.) 

Nelidowa,  Dobraja  i  zlaja  zena  po  narodnym 
kartinkam,  zakljucajuscimsja  v  izvestnom 
izdanii  senatora  Rovinskago.  Soobscenie, 
sdelannoe  v  ocerednom  zasedenii  obscestva 
arheologii,  etnografii  i  istorii  Il-go  aprelja 
1891.  Kazan.  [Die  gute  und  die  schlechte 
Frau  nach  Volksdarstellungen.] 

ß)  Glaube  und  Aberglaube. 

Ostpreussische  Lippowaner.  (Globus  60, 
334.) 


SapoznikÖTV,  Samosozzenie  v  russkom  ras- 
kolje.  Moskwa  1891.  170  S.  1  Rub. 
50  Kop. 

Lozinski,  La  madone  de  Busowiska.  Moeurs 
houtsoules  Adaption  par  M  me  Marguerite 
Poradowska.  (Revue  de  deux  mondes, 
S.  8^)— 130).  [Houtsoulen-  Ruthenen  in  den 
Karpathen.] 

Gars/yn,  Syhnal  albo  razkaz  ab  toni,  jak 
dabro  peremahlo  zlo  u  czalawieka.  Pere- 
lozeno,  z  malymi  pereraienami  z  razkaza 
wsewoloda  Garszyna.  Moskwa.  32  S. 
[Macht  des  Guten  über  den  Teufel.] 

V.  Stenin,  Vorstellung  des  russischen  Volkes 
vom  Tode.    (Globus  .50,  286.) 

Kosinski,  Niektöre  zabobony  i  przesady  ludu 
polskiego  z  okolic  Makowa  i  Andrychowa 
(Odb  ze  Zbioru  wiad.  do  antr  kraj.)  7  S. 
[Volksaberglaube.] 

SumcÖT>',  Koldung,  vjedmy  i  upyri.  Char- 
kow.   50  S     [Spukgeister] 

Zagoskin,  Vraci  i  vracebnoe  djelo  v  starinnoj 
Rossij.  Kazan  72  S.  50  Kop.  [Ärzte  im 
alten  Rnssland.] 

Kupczanko,  Volksmedizin.  Krankeitsbeschwö- 
rungen bei  russischen  Bauern  in  der  Buko- 
wina.   (Am  Urquell  II,  1  —  4.) 

Jaszczurzynski ,  0  prevrascenijah  v  malo- 
russkih  skazkah.    Kijöw.  32  S. 

Zleglen,  Ali  Baba  i  40  rozböjniköw  opra- 
cowal  po  cze.sci  wedlug  niemieckiego  orygi- 
nalu,  a  po  czesci  wedlug  podai'i  ludowych 
Z.  Z.  Warszawa.    45  S.    15  Kop.  [Märchen.] 

y)  Sprache. 

Sokolöw,  Russkija  imena  i  prozwisöa  v  XIII 

veke,    Kazan.    16  S.    10  Kop.    [Namen    im 

im  18.  Jh.] 
Slovar'  russkago  jazyka  sostavlennyi  vtorym 

otdeleniem    Imper.    Akafl.    Nauk.    Vypusk. 

[Wörterbuch  'der    russischen    Sprache    zu- 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


361 


sammengestellt  v.  d.  2.  Section  d.  Kais. 
Ak.  d.  Wiss.  Ug.  1.]  S. -Peterburg.  4". 
Lief.  1. 


J)  Poesie. 

Lederle,  Solovusko,  sbornik  russkih  hudo- 
zcstvennyh  i  narodnyh  pesen.  Z  rysunkami 
M.  Klodta.  Peterburg.  80  Kop.  Wydruko- 
wano  w  nim  44  picsni  ludowe  wielko- 
rossyiskie.  [Sammlung  russischer  Volks- 
dichtungen.] 

Balakirew,  Sbornik  russkich  naroduech  pesen. 
Peterburg.  9  S.  3  Eub.  [Sammlung  russi- 
scher Volkslieder.] 

Sorokin,  Svadby  i  svadebnyja  pesni  u  malo- 
russov  i  velikorossov  m.  Dmitrovki  Aleksan- 
dryjskago  uezda  Hersonskoj  gub.  Kiiow. 
54  S.  [Gross-  und  kleinrussische  Lieder] 

Lisowskl,  Opyt  izucenija  malorusskih  dum. 
Poltawa  \>dO.  58  S  [Kleinrussische  Volks- 
lieder.] 

Lyseiiko,  Zltirnyk  ukrainskych  pisen.  Zesz.  I. 
Kijow.    ^>.'i  S.    i".    I Ukrainische  Lieder.] 

Gerber,  Great  Eussian  Aninial  Tales.  —  A 
CoUection  of  Fifty  Tales,  with  an  Intro- 
duction,  a  Synopsis  of  the  Adventures  and 


Motives,  a  Discussion  of  the  same,  and  an 
Appendix.  Baltimore.  Published  by  the 
Modern  Language  Association  of  America 
XII,  112  S 

Tichonrawöw ,  Piat  bylin  po  rukopisiam 
XVIII  veka.  Moskwa.  [Volkserzählungen 
des  18.  Jhs.J 

Gizowski,  Jelena,  rzecz  osnuta  natle  stosun- 
kow  ludowych  na  Bukowinie.  Lwöw.  144  S. 
Fl.  0,60.  [Die  Volkszustände  in  der  Buko- 
wina schildernde  Erzählung.] 

Vorobeva,  0  dvuchsotlety  komedijnago  dela 
V  Rossii.    (Russkij  Archiv  3,  570.) 

Kauf  man,  o  Russkow  teatr  v  Sevepozapadnom 
krae.    (Russkij  Archiv  3,  448.) 

*)  Musik. 

Schneider,  Pflege    der   Musik   in  Russland. 

(Unsere  Zeit,  5.  Heft.) 
Fauiincyu ,  Domra  i  srodnye  ej  muzykalnye 
instrumenty  russkago  naroda:  Balalajka, 
kolza,  bandura,  torban,  gitara.  Istoriöeskij 
ocerk  s  mnogoc  isleunymi  risunkami  i 
notnymi  primerami.  Peterburg  1891.  3,  III, 
128,  14  S.    4".    [Volksmusikinstrumente.] 


5.    Südslaven. 


Zeitschriften  für  Volkskunde: 


1.  Bulgariens:  Sbornik  za  narodni 
umotvorenij  a,  nauka  i  Knniznina.  Sofija 
1891.  IV.  Bd.  4".  909  8.  mit  mehreren  Ton- 
farbendruckbildem.  [Sammelwerk  für  Erzeug- 
nisse des  Volksgeistes,  für  wissenschaftliche 
und  schöngeistige  Litteratur,  hrsg  v.  Mini- 
sterium für  Volksaufklärung.j 


Ausserdem  für  bulgarische  Volkslitteratur: 
Periodiöesko  spisanie  na  blgarskoto 
knizovno  druzestvo  v.  Srjedec.  Pod  redakci- 
jata  na  V.  D.  Stojanova.  God  osma.  kn. 
XXXVII  i  XXXVlil.  Srjedec.  1891.  342  S. 
gr.  8",  [Zeitschr.  d.  bulgar.  litterar.  Gesell 
Schaft.] 

2.  Serbiens:  Letopis  matice  srpske. 
[Jahrbuch  d.  serbischen  Muttervereins.]  I.Heft. 
Neusatz  1891.    130  S. 


a)   Äusseres  Leben. 


Jireöek,  Das  Pürsteuthum  Bulgarien.  Seine 
Bodengestaltung,  Natur,  Bevölkerung,  wirt- 
schaftliche Zustände ,  geistige  Kultur  .  .  . 
Mit  42  Abb.  und  1  Karte.  Prag,  Tempsky. 
XVI,  573  S.  —  M.  14,00. 

Irecek,  Etnograficeski  promencnija  v  bul- 
garija  ot  osnovanieto  na  knjazestvoto. 
(Sbornik  za  narodni . . .  Nauöen  otdel  5, 500.) 
[Ethnographische  Veränderungen  seit  Ent- 
stehung des  Fürstenthums.] 

Z.,  Zwei  Sandzake  [Bezirke].  (Periodiöesko 
spisanie  XXXVl,  XXXVll  und  XXXVIIl.) 


Eaindi,  Ethnographie  und  Folklore  der  Buko- 
vina.    fRom    Forsch.  7,  18G.) 

— ,  Die  Besiedelung  der  Bukovina.  (Mitt.  d. 
k.  k.  geogr.  Ges.    Wien.   Nr.  7.) 

Berghaus,  Die  „Zadi-ugen"  in  Bulgarien.  (Mit 
Abb.)    (Aus  allen  Weltteilen  2,  10.) 

Lay ,  Kulturhistorisch-ethnographischer  Atlas 
d.  König!-.  Serbien.    Wien,  Gerold.    4°. 

Weigand  ,  Vlacho  -  Megleu.  Eine  ethno- 
graphisch-philologische Untersuchung.  [Er- 
forschung der  Sprache  und  Ethnographie 
der  Zinzaren  (Makedo- Romanen),   dabei  in 


362 


Laue: 


Makedonien     Walachenenklave     gefunden.]   1  Trinkgefässe ,  in  Bosnien   vmd   im  Herzögi- 


4  Lichtdrucke.   8°.  M.  3,00. 
Glück,  Ergebnisse  der  Körpermessungen  von 

140  bosniscli-herzögisclien  Soldaten.  (Glas- 

nik  zemaljskog  muzeja  u  Bosni  i  Hercego- 

vini  1891,  2.  3.) 
Krawss,  Das  Tättovieren  bei  den  Südslaven. 

Mit  Abb.    (Globus  59,  72.) 


sehen.    (Am  Urquell  II.  2.) 

T.  Grienberger,  Bosnische  Holzthüreu.  (Kunst- 
gewerbeblatt, Juni.) 

Peez,  Mostar  und  sein  Kulturkreis.  Ein 
Städtebild  aus  der  Herzegovina.  Leipzig, 
Brockhaus.    VIIT,  245  S.,  1  Bl.  —  M.  4,00. 


b)   Inneres  Leben. 


Tichöw ,  Materialy  dlja  istorii  razvitija 
slavjanskago  zilisöa.  Bolgarskij  dorn  i 
otnosjascijasja  k  nemu  postrojki  po  daunym 
jazyka  i  narodnyh  pesen.  Kazan.  52  S. 
[Geschichte  und  Entwickelung  des  slavi- 
schen  Lebens.   Bulgarisches  Haus  .  .  .] 

TulkuTanija  na  prirodni  javlenija  razni 
narodnija  vervanija  prokobjavanija.  (Sbor- 
nik  za  narodni  umot.  5.  Narodni  umotvo- 
renija  S.  109  —  218.)  [Bulgarische  Volks- 
gebräuche.] 

Sprache,  Sitten,  Gebräuche  und  Volksglaube. 
(Periodicesko   spisanie  XXXVII,  243—263.) 

F.  S.  K.,  Frauenkauf  bei  den  Südslaven.  (Am 
ürqueU  2,  136.) 

Vid  Viiletic  Vukasovic,  Narodni  obicaji  na 
otoku  Korculi.  I.  Moreska.  IL  Debeli  Kraj. 
[Volksbrauch  auf  der  Insel  Curzola.] 
Agram  1891. 

Kranss,  Liebeszauber  in  Bosnien.  (Ausland  64, 
Nr.  52.) 

Das  Alpdrücken.  [In  Bosnien  und  im  Herzog- 
land.]   (Am  Urquell  II,  6.) 

Delle,  Zauberglaube.  (Glasnik  zemaljskog 
muzega  u  Bosni  i  Hercegovini  1891  ^.) 

F.  S.  K.,  Der  Eid  im  Volksleben.  Aus  Monte- 
negro und  dem  Herzögischen.  (Am  Urquell 
n,  142.) 

Kaindl ,  Baba  Jaudocha-Dokia.  Volksglaube 
aus  der  Bukowina,    (ib.  150.) 

Zorko,  Volksglaube.    (Glasnik  .  .  .  1891 2.) 

Ealina,  Studyja  nad  liistoryja  jazyka  bul- 
garskiego.  Czesc  IL  [Studien  zur  Geschichte 
der  bulgarischen  Sprache.]    (Rozprawy  Aka- 


demii   Umiejltnösci.    Wydzial  filolog.   1891, 
396—592.) 

Masing,  Zur  sprachlichen  Beurteilung  der 
macedonischen  Slaven.  1.  Vertretung  von 
tj  diu-ch  dj.  Ing.-Diss  Dorpat.  4".  III, 
106  S. 

Oblak,  Das  älteste  datierte  slovenische  Sprach- 
denkmal.   (Arch.  f.  slav.  Phil.  14,  2.) 

Bulgarski  narodni  pesni  sobrani  od  bratja 
Miladinovci  Dimitrija  i  Konstan- 
tina i  izdani  od  Konstantina,  v  Zagreb  na 
1861  godina.  Vtoro  izdanic  ot  Mitra,  sjn'uga 
na  D.  Miladinov.  [Bulgarische  Volks- 
lieder] Sofija,  Liberalnij  Klub.  XIII  S.,  1  Bl., 
548  S. 

Pesni  periodiceski  i  religiozni.  (Sbornik  za 
narodni  ...  5.  Narodni  umotvorenija.  (S.3 — 
103)  [bulgarisch.] 

Guslaren  und  Reigenlieder.  (Periodicesko 
spisanie  ...  37,  294.) 

Millien,  Chants  populaires  de  la  Grece,  de 
la  Serbie  et  du  Montenegro.  Paris,  Lamerre. 
III,  175  S.  |in  französischen  Versen.] 

Ivanov,  NoToselo  im  Vidiner  Kreise.  (Perio- 
dicesko spisanie  .  .  .  06.) 

Kosla  Risticz  i  Wasa  Loncarski,  Srpske 
narodne  pripovetke.  Skupili  po  Banatu  .  . . 
Novry  sad.  92  S.    [Serbische  Sprichwörter.] 

Vrcevics ,  Südslavische  Volkserzählungen. 
(Globus  59,  252.) 

Krauss  und  Dragißevic,  Die  Menschwerdung 
des  heiligen  Panteleimon.  Ein  Guslaren- 
lied der  Altgläubigen  in  Bosnien.  (Am  Ur- 
quell II,  1.) 


YIII.   Fennotataren. 

1.    Allgemeines  und  verschiedene  Völker. 


Hansen,  Über  Einwanderungen  in  Skandi- 
navien. (Det  Norske  Geografiske  Selskabs 
Arbog.  IL) 

Retzius,  Das  Gehirn  eines  Lappländers.   (Int. 


Beitr.   z.  wissensch.    Med.  Festschr.      Rud. 
Virchow  gewidmet  I,  41.) 
Haläsz,  Sved-lapp  nyelv.    IV.  Deli-lapp  szötar. 
[Die  schwedisch-lappische  Sprache.  IV.  Süd- 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


363 


lappisches  Wörterbuch.]  Budapest,  Akade- 
mie.   264  S. 

Schwanenflügel,  Kalevala,  Finnernes  Natio- 
nal-Epos.  En  kulturhistorisk  Skitse.  Kopenh. 
Hast.   G2  S.  Kr.  2,00. 

Die  Kalewala  vom  ästhetischen  Standpunkte 
betrachtet.  (Jul.  Krohns  finnische  Litteratur- 
geschichte  I,  1.)  Übers,  von  0.  P.  (Z.  f. 
Volkskunde  III  ^-iS-) 

Heilige  Haine  der  Finnen.     (Globus  59,  350.) 

Alcenins,  Hatte  Schweden  eine  finnische  Ur- 
bevölkerung? (Geografiska  Föreningens  Tid- 
skrift  III'*.) 

Karsikot.  Die  entästeten  Bäume  in  Finnland. 
(Globus  59,  313.) 

Varonen,  Suomen  kansan  muinaisia  taikoja. 
I.  Metsästys  taikoja.  Helsingfors.  243  S. 
[Jagdabenteuer.] 


Reuter,  Finlands  natiu-,  folk  och  kultui*.  En 
öfverblick.  Stockholm,  Fritze.  173  S.  Kr.  2,75. 

Gurt,  Sammlung  von  Materialien  zur  Kenntnis 
esthnischer  Volkssagen,  [russ.]  (Zapiski  imp. 
Ak.  nauk  64,  13S-137.) 

Pinegin,  Svadebnyja  obyöai  kazanskik  tatar. 
Kazan.  20  S.  [Hochzeitsbräuche  d.  Tataren.] 

Tronöw,  Materialy  po  antropologii  i  etno- 
logii  Kirgiz.    Peterburg.    42  S. 

Dingelstedt,  Le  regime  patriarcal  et  le  droit 
coutumier  des  Kirghiz  d'apres  Tetudc  entre- 
prise  sous  les  auspices  du  gouvernement 
russe  par  le  general  Grodekoft.  XLXI,  96  S. 
Lausanne,  Duvoisin.  —  Fr.  3,00. 

Michaijlow,  Obrjady  i  obycai  Cuvas.  Peter- 
burg. 42  S.  [Gebräuche  und  Sitten  der 
Tschuvassen.] 


2.    IMagyaren. 


Die  ungarische  Zeitschrift  für  Volkskunde  ist : 
[früher  „Ethnologische  Mitt.  aus  Ungarn".] 

Anzeiger  der  Gesellschaft  für  Völkerkuude 
üngarus.  Ptedigiert  Anton  Hermann  und 
Ludwig  Katona  1.  Jahrg.,  1  H.  1891.  - 
Anderer  Titel:  Ethnographia  A  Magyar 
örszagi  Neprajzi  Tärsasag  Ertesitöje  Szer- 
kestik.  Herr  mann  Antal  et  Katona  Lajos. 
Megjelenik  augusztust  es  szeptembert  Kiveve 
mindeu  hönap  elyen.  Budapest.  A  Magya- 
rorszägi  Neprajzi  Tärsasag  Kiadäsa.  1, 1.  Ja- 
nuar 1891:  Mitteilungen  der  Eedaktion.  — 
Leland:  Aus  dem  Begrüssuugsschreiben 
an  die  Gesellschaft.  —  Kälmäny,  Kos- 
mogonische  Spuren  in  der  magyarischen 
Volksüberlieferung.  —  Rethy,  Die  Arme- 
nier in  Ungarn.  —  Marlene  sc  u,  Baba 
Dokia.  —  Czambel,  Ziu-  Kritik  der  Edi- 
tionen slovakischer  Volksdichtungen.  — 
Strausz,  Fremd  zu  Hause.  (Aus  Ungarn 
ausgewanderte  Bulgaren.) 

Keleti,  Vorläufige  Ergebnisse  der  Volkszäh- 
lung 1890.    (Ung.  Revue  11,  282.) 

Volkszählnug  und  Magyarisierung  in  Ungarn. 
(Globus  60.  112) 

Mocsäry,  Über  die  Nationalitätsfragc.  (Ro- 
maen.  Forsch.  7,  26.) 

Lakits,  Die  Landnahme  der  Ungarn  und  die 
Astronomie.    (Ung.  Revue  11,  732.) 

Vämbery,  Ein  ungarischer  Volksstamm,  (ib. 
12,  4.) 

8cliuhiuacher)  Aus  dem  modernen  Ungarn. 
Kulturhist.   und  polit.  Skizzen.    Hamburg, 


Verl.-  u.  Dr.-A.-Ges.  70  S.  --  H.  1881/82  der 
deutschen  Zeit  und  Streitfragen. 

Schuchardt,  Romano-Magyarisches.  (Zeitschr. 
f.  rom.  Phil.  15.  1.  2.) 

V.  Wlislocki,  Die  Szekler  und  Ungarn  in 
Siebenbüi'gen.  Hamburg,  Verlagsanstalt. 
M.  0,80. 

Diner,  Ungarische  Fayencen  u.  Töpferwaren. 
(Kunstgewerbeblatt.   NF.  2,  25,  47.) 

ßallagi,  Budapest  vor  ITO  Jahren.  (Ung. 
Revue  1891,  75.) 

Kubinyi,  Die  volkswirtschaftlichen  u.  Kultur- 
zustände im  'Arväer  Comitat.  (Ung.  Rev, 
11,  630.) 

Magyarische  Kultur  und  Litteratur.  (Romaen. 
Rev.  7,  229.) 

Magyarische  Subjektivität,    (ib.  18.) 

Ballagi,  Eheschlies^ungen  in  Ungarn  im 
XVII.  Jh.    (Ung.  Rev.  11,  269.) 

Schmidt,  Die  Kingasage.    (ib.  82.) 

Wlislocki,  Magyarischer  Liebeszauber.  (Aus 
dem  Kalotaszeger  Bezirk.)  (Am  Urquell  IF.) 

Balassa,  Klassifikation  und  Charakteristik  der 
ungarischen  Mundarten.  (Ung.  Rev.  11,93.) 

— ,  A  magyar  nyelvjäräsok  osztälyozäsa  es 
jellemzese.  [Ungarische  Mundarten,  Klassif. 
u.  Char.]  Budapest,  Akademie.  150  S.  mit 
Kaiie  der  Mundarten. 

Benedek,  Az  erdelyi  reszek  helysegnevtära. 
A  legüjabb  közigazgatäsi  .  .  .  beosztäs 
szerint  közkivatalok  es  magänosok  haszndla- 
tära  összeällitotta,  Kolozsvar,  Stein.  [Der 
siebenbürgischen  Landesteile  Ortsnamens- 
verzeichnis   gemäss    d.    neuesten    admini- 


364 


Laue : 


strativ.    .  .  .    Einteilung    zum    Gebrauch    f. 
Behörden  und  Private.  Klausenburg.]    1  Bl , 
245  S. 
Popp,  Der  Ursprung  des  Argirus- Märchens. 
(Ung.  Revue  11,  223.) 


Märchen  und  anderweitigen  volkstümlichen 
Erzählungen.    (Ethnographie  II,  1.) 
Thewrewk,    A    magyar    zene    tudomänyos 
tärgyaläsa.    [Die  wissenschaftliche  Behand- 
lung   der    ungarischen  Musik.]      Budapest, 


Katona,  Parallelen   zu   nnsern  magyarischen   ]       Akademie.    24  S. 


3.    Türken. 


Garnett,  The  Women  of  Turkey  and  their 
folk-lore.  With  concluding  chapters  on  the 
origins  of  matriarchy  by  John  S.  Rtuart- 
Glennie  ...  Theil  II.  The  Jewish  and 
raoslem  women.  London,  Nutt.  XVI,  r,16  S. 
IG  sh. 

Ameer  Ali,  The  Real  Status  of  Women  in 
Islam.    (The  nineteenth  Century  BO,  'dbl.) 

Sumcöw,  K  voprosu  o  proishozdenii  pesni  i 
obrjada  „Saja".  (Odb.  z.  Russ.  fil.  Vestnika.) 
Warszawa.    9  S.  [türkisches  Fest.] 


Anciaux,  Les  confreries  musulmanes.    (Rev. 

critique  25.    nr.  43.) 
Caruoy  et  Nicolaides,  Le  Folk-lore  de  Con 

stantinople:    1.   Superstitions   et  Croyances 

des  Turcs.    (Tradition  V.  2.) 
Solaiman    dans    les    legendes    musulmanes. 

(Rev.  des  trad.  pop.  VP.) 
Die  Besermianer  in  Russland.     (Globus  59, 

192)  [wotjakisch  sprechende  Türken.] 
Bellt,  The  Youroiiks  of  Asia  Minor     (.lourn. 

anthr.  Inst.  Great  Britain  20,  269.)    [türki- 
scher Nomadenstaram.l 


IX.   Juden. 

1.    Äusseres   Leben. 


Aufsätze  und  Recensionen  über  Neuerschei- 
nungen in:  Jüdisches  Litte  raturl>latt. 
Wissenschaftliche  Beilage  zur  'Israelitischen 
Wochenschrift'  hrsg.  v.  Rahm  er.  Magde- 
burg.   (Leipzig,  Friese.)    Bd  20.  fol. 

Aisberg,  Die  Rassenmischung  im  Judentum. 
Hamburg,  Verlagsanst.    40  S. 

Babad,  Die  Rassenmischung  im  Judentum. 
(Ausland  1891,  Nr.  43.) 

Graetz,  History  of  the  Jews.  Anthorised  Eng- 
lish  translation  by  Miss  B.  Löwy.  I.  II. 
London,  Nutt.    1891. 

de  Moor,  L'histoire  primitive  d'Israel,  d'apres 
les  documents  Egiptiens  et  Hetheens  (Rev 
quest.  bist.  Octobre.) 

Bois,  Alexandre  le  Grand  et  les  Juifs  en  Pale- 
stine.    (Rev.  de  theol.  et  de  philos.  24,  78.) 

Rodoeauactii,  Le  Saint-Siege  et  les  Juifs :  le 
Ghetto  de  Rome,    Paris,  Finnin-Didot. 

Aronius,  Regesten  zur  Gesch.  der  Juden  im' 
fränkischen  und  deutschen  Reiche  bis  zum 
.Jahre  1273.  III  [-  122(;.J    Berlin,  Simion. 

Wyking,  Die  Juden  Berlins.  Nach  histori- 
schen Quellen  bearl)eitet.  2.  Aull.  Leipzig, 
Uhl.    104  S. 


Kaufmaun,  Die  Märt3'rer  des  Berliner  Auto- 
dafes von  1510.   (Mag.  f.  Wiss.  d.  Judentums 

18,  48.) 
Otto,  Die  Juden  zu  Wiesbaden.    (Annal.  des 

Ver.  f.  Altertumsk.    v.  Nassau  23.) 
Lewin,  Die  Juden  in  Freiburg  im  Breisgau. 

Trier,  Maas.    110  S.    M.  2,25. 
Üebr6,  The  Jews  in  France.  (Jewish  Quarterly 

Review.   No.  11.) 
d'Eströes,  Les  Juifs  ä  Paris  sous  le  regne  de 

Louis  XV.    (Revue  du  monde  latin  25,  41, 

137.) 
Kahn,   Documents    inedits    sur   les   Juifs   de 

Montpellier  au  moyen  äge.    (Rev.  des  etud. 

juives  22,  No.  44.) 
Loeb,  Notes  sur  Fhistoire  des  Juifs  en  Espagne. 

(ib.  22,  104.) 
Kaufmann,  Notes  sur  l'histoire  des  Juifs  de 

Venise.    (ib.  21,  289.) 
Couder,    The  Oriental  Jews.     (The  Scottish 

Review  18,  1.) 
Die  Juden  von  Tiberias.    (Globus  59,  62.) 
Lehr,  Les  institutions  militaires  des  Hebreux. 

(Rev.  chretienne  38  NS ,  VIII.  IX,  859.) 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


365 


2.    Inneres  Leben. 


Saitscliik,  Beih-äge  zur  Gesch.  d.  rechtlichen 
SteHung  der  Jiiden,  naraeütlich  im  Gehiete 
des  heutigen  Österreicli-Ungarn  vom  K».  his 
16.  Jahrh.  Frankfurt,  Kauftmaun.  50  S.  — 
M.  2,00. 

Bloch,  Uas  mosaisch -talmudische  Erbrecht. 
Leipzig-,  Fock.    70  S.  —  M.  2,00. 

Jacobs,  Three  centuries  of  the  Hagin  famil}'. 
(.lewish  Quartorly  Eeview  no.  12.) 

(rimiiiitg',  J.  H.,  De  Chasidim,  Eene  Bladzijde 
uit  de  geschiedenis  van  het  hedendagschc 
Jodendom.  Eeue  Voorlezing.  Mit  vele 
Aanteckeningen.  Te  Groningen  by  J.  B. 
Wolters.     (2  BL,  99  S.)  gr.  8".  f.  1,25. 

Bloch,  üie  Generalprivilegien  der  polnischen 
Judenschaft.  (Zeitsclu'.  hist.  Ges.  Posen 
VI.-^) 

Äleksiojev,  Ocerki  domasnej  i  oLscest  vennoj 
ziziii  Evreev  ich  veroucenie,  prazdniki, 
obrady,  talmud  i  kagal.  3.  Ausg.  Novogrod. 
[Häusliches  und  öffentliches  Leben  der 
Juden.] 

Beiuach,  Un  epistole  de  la  vie  des  Juifs 
polonais  au  XVIII.  siecle.  Paris,  (Jerf. 
7  S. 

Mereine  Coen,  Costumi  degli  Israelit!  di 
Russia  e  Polonia.  Parma,  Ferrari  e  PeUe- 
grini.  1890.  44  S.  L.  0,70. 

Basset,  Les  Pourquoi.  I^VIII.  Pourquoi  les 
juifs  ne  mangent  pas  de  porc.  (Fiev.  trad. 
(Rev.  trad.  pop.  6,  727.) 

Kukelsztejii,  Zbior  anegdod  z  zycia  zydows- 
kiego.  (Po  hebrajsku.)  Wilno.  31  S.  [Anek- 
doten aus  dem  jüdischen  Leben.] 

L.,  Polygamy  among  the  Jews.  (Calcutta  Re- 
view 186,  414.) 

Veriiet,  Les  papes  out-ils  tolere  la  bigamie 
juive?  (L'unlversite  catholique  7,  638  Itis 
647.) 

Meyerson,  La  coupellation  cliez  les  anciens 
juifs.     (Rev.  scientifique  1891*,  756.) 


Wiiiteriiitz,  Das  Kind  bei  den  Juden.  (Am 
Urquell  II,  L  2.) 

Der  jüdische  Fischtanz.  (Globus  60,  128.) 
[Hochzeitsbrauch  der  spanischen  Juden.] 

Heinecke,  Le  carneval  des  Juifs  gallicieus. 
(Rev.  trad.  pop.  Yl.-) 

Eenliuans,  Melekdienst  en  vereering  van 
hemellicliamen  in  Israel's  Assyrisclie  pe- 
riode.     Ing.-Diss.  Leiden.    XII,  156  S. 

Friedlaender,  The  Jewish  Religion  London. 
Patl,  522  S.  —  sh.  5,00. 

Levi,  Les  Juifs  et  l'Inquisition  dans  la  I>ance 
meridionale.  Extraits  de  la  Practica  de 
Bernard  Gui.  (A . . .  M.  Joseph  Deren- 
bourg  . . .)     Versailles,  Cerf.  20  S. 

Spinner,  Totenrufen  der  Juden.  (Am  Ur- 
quell II,  112.) 

Schiffer,  Sündenkanf  (ebenda  II.  165,  181.) 

Spinuer,  Jüdische  Legenden  (ebenda  II, 
209.) 

Perles,  La  legende  d"Asnath  fiUe  de  Dina 
et  femme  de  Joseph  (Rev.  des  etudes 
juives  22,  87.) 

Levi,  Le  Juif  de  la  legende  (ib.  22,  230.) 

Meiull,  Über  den  Ursprung  der  Sage  vom 
ewigen  Juden.  (Ailg  Zcitg.  d  Judentums 
55,  33  f.) 

Sprichwörter  deutscher  Juden.  (Am  Ur- 
quell II.)  galizischer  Juden  (ebenda  112, 
131,  178 ) 

Kalischei",  Parabel  und  Fabel  bei  den  alten 
Hebräern.  Erlangen,  Ing.-Diss.  Berlin, 
Mosse.  40  S.,  1  Bl. 

Berensztein,  Magazyn  zydowskich  piesni  hi- 
dowych  (po  hebrajsku).  Bordyczow.  73  S. 
[Jüdische  VolksliedtT.]. 

Dalmaii,  Jüdisch -deutsche  Volkslieder  aus 
Galizien  und  Russland.  2.  Ausg.  Berlin, 
Ev.  Vereinshaus  -  Buchh  (VIII,  73  S.) 
[-Schriften  des  Inst.  Judaicum.  No.  12.] 


X.   Ziü-eiuier. 


Journal  of  the  Gypsy-Lore  Society.  Vo- 
lume IL  (January  1890  bis  Ap-ril  1891.) 
Edüibm-gh,  Printed  at  the  University  Press 
by  J.  and  A.  ('onstable  [vgl.  Zeitschr.  Ver. 
Volksk.  L  ;'.68.] 
II,  5.  .lanuary  1891:  Meyer,  On  the  Irish 

origin    and    the    age    of  Shelta.   —    Bonnel, 


A  Gypsy  piper.  —  Köper nicky,  Polish 
Gypsy  folk-tales.  —  von  Sowa,  Statistical 
account  of  the  Gypsies  in  Carniola.  — 
Bacchar,  Gypsy  acrobats  in  ancient  Africa 
((yontinued).  -  .Mac  Ritchie,  Scottish 
Gypsies  under  the  Sti^warts  (Continucd).  — 
von    Sowa,    A    vocabulary    of    the    Slowak- 


366 


Laue:  Litteratui-  des  Jahres  1891. 


Gypsy  dialect.  P-Sas.  —  Eeviews.    —   Notes 
and  Queries. 

II,  6.  April  1891:  Lei  and,  Shelta.  —  von 
Sowa,  0  phüro  sasos.  A  Slovak- Gypsy 
Tale.  —  Kopernicki,  The  witch.  A  Polish 
Gypsy  Folk-Tale.  —  Mac  Eitchie,  Scottish 
gypsies  under  the  Stewarts.  —  de  Zie- 
lii'isky,  Notes  on  the  gypsies  of  Russia.  — 
Burton,  An  episode  from  the  life  of  Sir 
Richard  Burton  —  Reviews.  —  Notes  and 
Queries. 

III.  1.  Juli  1891:  Groome,  Franz  von 
Miklosich  (With  Portrait.)  —  Ranking,  The 
language  of  the  Gypsies  in  Russia.  Trans- 
lated  from  Boehtlingk  and  Grigorieff.  — 
Herrmann,  Hungarian  and  Wallachiau 
Gypsy  rhymes  —  Sampson,  Two  Shelta 
stories.  —  MacRitchie,  A  glance  at  the 
Servian  Gypsies.  —  vonWlislocki,  The 
witches  of  the  Gypsies.  —  Pincherle,  Ita- 
lian  ,Zingaresche'.  —  von  Sowa,  A  vocabu- 
lary  of  the  Slovak-Gypsy  dialect.  (Sas-Thov.) 

—  Reviews,  notes  and  queries. 

III,  2.  October  1891:  A  selection  of  Gypsy 
portraits.  —  Sampson,  Romani  Flotsam.  — 
von  Sowa,  Three  Slovak  Gypsy  tales.  — 
Lovarini,  Remarks  of  the  ,Zingaresche'.  — 
Strachey,      Sliakspere     and    the    Romany. 

—  Karpeles,  Statistical  account  of  the  Gyp- 
sies in  Austria  proper.  —  Two  Gypsy  songs 
from  Neu-Pest  —  Sarmai,  Remarks  on  the 
, Csardas'  dance.  —  de  Zielii'iski,  Notes  on 
the  nomadic  Gypsies  of  Poland.  —  Roberts, 
An  old  king  and  his  three  sons  in  England. 
A  Welsh-Gypsy  Tale  -  Reviews,  notes  and 
queries. 


V.  Hellwald,  Die  Zigeuner,  ihr  Leben  und 
Treiben.  (Beitr.  z  Anthr.  u.  Urgeschichte 
Bayerns  IX  [6]). 

Meyer,  Zigeuner.  (Neue  freie  Presse,  "Wien, 
n.  9713.) 

Plohiusky,  Cygane  staroj  Malorossii  po 
archionym  dokuraentam.  [Zigeuner  Klein- 
russlands.J 

V.  Wlislocki,  Handarbeiten  der  ungarischen 
Zeltzigeuner.  (Globus  1891.  Nr.  18.) 

— ,  Zigeunertaufe  iu  Nordungarn.  (Am  Ur- 
quell II,  1.) 

— ,  Taufe  bei  den  Zigeunern  Südungarns. 
(Zombor  es  Videke  1891.  No.  38  [nach 
Journ.  of  Gypsy  lore  soc.  3,  181. |) 

— ,  Volksglaube  und  religiöser  Brauch  der 
Zigeuner.  Münster  i.  W.,  Aschendorfif.  — 
M.  3,00.  XIV  S..  1  Bl,  184  S  [=  Dar- 
stellungen a.  d.  Gebiete  der  nichtclirist- 
lichen  Religionsgeschichte  Bd    IV.] 

Lelaud ,  Gypsy  sorcery  and  fortune  telling. 
Illustrated  by  numerous  incantations,  spe- 
cimens  of  medical  magic,  auecdotes  and 
tales  copiously  illustr.  by  the  author.  Lon- 
don, Fisher  Unwiu.  XVI,  271  S.  gr.  4». 

T.  Wlislocki,    Urmen,   Schicksalsfrauen   der 

Zigeuner.  (Am  Urquell  II*.) 
-  ,  Amulette    und  Zauberapparate    der  unga- 
rischen Zeltzigeuner.  ^Globus  59,  257.) 

— ,  Feuerzauber  der  Zigeuner.  (Ethno- 
graphia  IX.) 

— ,  Zauber  mit  Blut  bei  den  Zigeunern.  (Am 
Urquell  III.) 

— ,  Wesen  und  Wirkungskreis  der  Zauber- 
fraueu  bei  den  siobenbürgischen  Zigeunern. 
(Ethnolog.  Mitth.  aus  Ungarn  II,  2—5.) 

Gipsy  eharms,  (Notes  and  Queries,  23.  Mai.) 


Märchen  in  Saxo  Grammaticus. 

Von  Axel  Olrik. 


3.   Die  Königstocliter  im  Hiigel. 

Saxo,  VII.  Buch,  S.  351  —  52:  Ein  wilder  schwedischer  Seeräuber, 
namens  (lunnar,  landet  im  Jather  (Jedder)  an  der  Südküste  Norwegens 
und  verheert  das  Land  entsetzlich.  Der  alte  norwegische  König  Regnald 
zieht  ffegren  ihn,  zuvor  aber  lässt  er  eine  unterirdische  Höhle  einrichten 
und  verbirgt  da  seine  einzige  Tochter  Drott  nebst  Dienern  und  Speise  für 
lange  Zeit,  und  versteckt  hier  auch  seine  zwei  trefflichen  Schwerter. 
Gunnar  erschlägt  den  König  Regnald  und  giebt  zum  Spott  den  Norwegern 
einen  Hund  zum  König;  dann  sucht  er  überall  nach  der  Prinzessin;  end- 
lich hört  er  einmal  Menschenstimmen  unter  der  Erde,  er  lässt  graben  und 
findet  die  Höhle;  die  Diener  werden  erschlagen  und  die  Königstochter  und 
der  Schatz  weggebracht;  nur  die  Schwerter  hat  sie  also  versteckt,  dass 
er  sie  nicht  findet.  Sie  wird  gezwungen,  sein  Weib  zu  werden  und  gebiert 
ihm  einen  Sohn  Hildeger. 

So  lautet  die  Sage  bei  Saxo,  der  Anfang  seiner  Hildebrandsage.  Auch 
die  isländische  Fassung  derselben  Sage,  die  Asmundar  saga  kappabana, 
kennt  die  Königstochter  (in  der  Prosa  Hildr  genannt,  aber  Drott  in  einer 
Strophe),  sowie  die  Geburt  ihrer  zwei  Söhne  von  verschiedenen  Vätern, 
und  die  Verbergung  der  zwei  Schwerter  des  Königs  Regnald,  welche 
seinen  Enkeln  verhängnisvoll  werden.  Die  unter  der  Erde  eingerichtete 
Höhle  kommt  jedoch  hier  nicht  vor;  wir  treffen  sie  aber  in  nordischen 
Märchen  und  Volkssagen. 

Eine  dänische  Volkssage  erzählt:  Ein  König  auf  Fühnen  hatte  drei 
schöne  Töchter;  drei  wilde  Kämpen  warben  um  sie,  wurden  aber  ab- 
gewiesen. Sie  drohten  sich  zu  rächen.  Daher  machte  der  König  in  einem 
Hügel  eine  Grube  und  setzte  seine  drei  Töchter  hinein  mit  Speise  für  lange 
Zeit.  Die  Kämpen  kamen  wieder,  erschlugen  den  alten  König  und  suchten 
überall  nach  den  Jungfrauen;  endlich  wurden  sie  durch  das  Bellen  eines 
kleinen  Hundes,  den  sie  bei  sich  hatten,  entdeckt,  und  die  Kämpen  gruben. 
Als  aber  die  jüngste  Königstochter  die  Männer  erblickte,  erstach  sie  sich 
selbst  mit  einem  Messer,  und  so  thaten  auch  ihre  Schwestern.  Noch  heute 
hört  man,  wie  die  Kämpen  als  Gespenster  über  den  Hügel  wegfahren  und 

Zeitschrift  d.  Vereins  f.  Volkskunde.     lö'Jl'.  25 


368  .   Olrik: 

an  einer  Südseite  sieht  man  drei  kleine  Lichter;  auch  den  Hügel  des 
Königs  zeigt  man  am  Meeresufer  und  die  kleineren  Hügel  seiner  Mannen 
ringsum^). 

Ein  weit  verbreitetes  dänisches  Märchen  beginnt  folgendermassen : 
Der  „Hyldekong"  wirbt  um  des  „Yindekongs"  Tochter  (oder  der  Englands- 
könig um  des  Dänenkönigs  Tochter),  bekommt  aber  einen  Korb  und 
droht  mit  Krieg.  Der  König  verbirgt  in  eine  im  Hügel  ausgegrabene 
Stube  die  Tochter  mit  ihren  Dienerinnen,  ihrem  Hund  und  genügender 
Speise  für  sieben  Jahre  ^).  Sieben  Jahre  lang  sitzt  die  Königstochter  im 
Hügel  (gewöhnlich  sterben  dann  die  Dienerinnen  vor  Hunger),  dann  gräbt 
sie  sich  heraus  und  kommt  unkenntlich  zu  dem  Schlosse  ihres  Vaters,  wo 
ihr  alter  Liebhaber,  der  aufgegeben  hat,  sie  zu  finden,  ein  anderes  Mädchen 
heiraten  soll.  Das  folgende  Hauptstück  des  Märchens,  wie  sie  seine  Braut 
wird,  geht  uns  in  dieser  Verbindung  nicht  an. 

Dieses  Märchen  ist  in  Dänemark  sehr  verbreitet^)  und  kommt  auch 
in  Schweden  vor*);  in  Norwegen  ist  es  bezeugt^)  und  im  isländischen 
Volksmärchen  von  Festram  und  Isol  erkennen  wir  trotz  neuerer  Ändernngen 
die  „Königstochter  im  Hügel"  wieder').  Südlicher  als  in  Dithmarschen 
(MüllenhofP  No.  5  =-  Grimm  No.  198)  kommt  —  meines  Wissens  —  dieses 
Märchen  (Begräbnis  im  Erdhügel  und  die  alte  Braut  in  der  Kleidung  der 
neuen)  nicht  vor;  es  scheint  original  nordisch  zu  sein. 

Ein  dänisches  Volkslied  mag  noch  erwähnt  werden,  „König  Göreis 
Tochter"''):  Der  König  lässt  seine  Tochter  mit  ihrer  Bedienung  in  eine 
unterirdische  V^ohnung  im  V^alde  bringen,  damit  kein  Jüngling  sie  ver- 
führe; ein  Knecht  verrät  es  aber  dem  Grafen  Henrik,  und  diesem  gelingt 
es,  als  Mädchen  verkleidet,  in  ihren  „^A^aldsaa^'  zu  kommen.  Dieses  Lied, 
eine  Umdichtung  des  alten  dänischen  Heldenliedes  von  Hagbard  und  Signa, 
ist  ohne  Zweifel  jünger  als  die  Geschichte  Saxos,  und  interessiert  uns  nur 
als  ein  Zeugnis,  wie  sich  das  Hügelmotiv  von  einer  Dichtung  zur  anderen 
verbreitete. 

Unter  den  drei  andern  Sagen  ist  die  Erzählung  Saxos  die  am  frühesten 
niedergeschriebene,    aber  sie  kann  nicht  die  Urform  des  Erdhügelmotivs 


1)  Thiele,  Daum,  folkesagn  I  9,  und  vollständiger  Welcker,  Zoegas  Leben  I  211. 

2)  Zwei  Varianten  sagen  nur:  ein  König,  oder  ein  Edelmann,  ehe  er  in  den  Krieg 
zog,  verbarg  in  einem  Hügel  seine  drei  Töchter.  Die  Zahl  der  Dienerinnen  ist  bald  eine, 
bald  zwei,  oder  sieben. 

3)  S.  Grundtvig,  Gamle  danske  minder  II  No.  5  und  308;  Molbech,  Eveutyr  1.  88; 
Berntsen,  D.  folkeseventyr  I  No.  23;  Kamp,  D.  folkeseventyr  I  No.  3;  Kristensen,  Jyske 
folkeminder  V  No.  H— 9;  Kristensen,  Folke?eventyr  af  folkemindesamf.  No.  37;  Kristensen, 
Skattegraveren  IX  185,  566;  und  noch  vier  ungedruckte  Varianten  (S.  Grundtvig  48). 

4)  Cavallius  och  Stephens,  Sv.  folksagor  No.  16. 

5)  N.  M.  Petersen,  Den  danske  literaturs  historie  V,  1  S.  ^  134. 

6)  Arnason,  Islenzkir  Iijodsögur  II  315  —  26.  Ähnliche  Umgestaltungen  bisweilen 
auch  in  Schweden. 

7)  Syv.  No.  11;  Abrahamson  No.  175;  Grimm,  Altdän.  Heldenlieder  No.  10. 


Märchen  iu  Saxo  Grammaticus.  369 

sein.  Denn  wo  dies  entstanden  ist,  muss  es  für  die  ganze  Erzählung  etwas 
zu  bedeuten  haben;  in  Saxo  hat  es  gar  keine  Bedeutung:  er  endet  damit, 
dass  Gunnar  sich  der  Königstochter  durch  Gewalt  bemächtigt,  —  was  er 
auch  ohne  dieses  Motiv  gethan  hätte!  Das  Hügelbegräbnis  ist  also  kein 
Motiv  der  Handlung,  sondern  nur  ein  Motiv  der  Ausschmückung;  der- 
gleichen Staffierung  findet  sich  mehrmals  in  derselben  Sage;  der  Hund- 
könig in  Norwegen  ist  eine  solche,  eine  andere  ist  die  Schilderung  eines 
Wiking  Eetho,  „er  band  bisweilen  den  rechten  Fnss  eines  Mannes  an  die 
Erde  und  den  linken  an  einen  niedergebogenen  Baum  fest  und  Hess  ihn 
so  zerreissen."  Hier  sehen  wir  Entlehnung  aus  der  wohlbekannten  klassi- 
schen Sage  von  Theseus  und  Sinis  zur  Ausschmückung  verwendet. 

In  der  dänischen  Volkssage  und  dem  nordischen  Märchen  ist  die 
Bedeutung  des  Begräbnisses  viel  grösser.  Ohne  dieses  existierte  die  Yolks- 
sage  überhaupt  nicht,  während  das  Märchen  durch  den  Verlust  desselben 
nur  modificiert  würde.  Das  Märchen  kann  auch  aus  entscheidendem  Grunde 
nicht  seine  Quelle  sein,  denn  die  Märchendichtung  muss  es  aus  einer 
Wirklichkeits -Vorstellung  geholt  haben.  Wenn  nun  das  Märchen  nordisch 
ist,  ist  die  Wirklichkeit  wahrscheinlich  auch  nordisch;  und  dann  liegt  es 
auch  nahe,  sie  in  den  grossen  Grabhügeln  Dänemarks  aus  dem  Steinalter 
zu  suchen.  Die  Bedeutung  dieser  Steinstuben  in  Erdhügeln  als  Motiv 
dänischer  Volkssagen  habe  ich  schon  anderswo  hervorgezogen  (Dania  I 
244),  und  es  darf  uns  nicht  Wunder  nehmen,  dass  auf  den  ebenen  Feldern 
Dänemarks  diese  Steinmonumente  die  Aufmerksamkeit  erregten  und  zur 
Erklärung  durch  Volkssagen  einluden.  Ein  solcher  Erklärungsversuch  ist 
die  Sage  von  den  drei  verborgenen  Königstöchtern.  Dass  diese  Sage 
primitiv  und  nicht  ein  Reflex  höherer  Dichtung  sei,  ist  mir  wahrschein- 
lich, auch  weil  die  drei  von  Räubern  verfolgten  Jungfrauen  ein  Volkssagen- 
motiv sind;  die  höhere  Dichtung,  Märchen  oder  Lied,  wird  immer  eine 
einzelne  Person  hervorheben,  und  so  thut  auch  unser  Märchen^).  Ein 
anderes  Kennzeichen  ist,  dass  der  Hund  im  Hügel  (welcher  in  der  Volks- 
sage seine  Herrin  verrät)  auch  in  einem  grossen  Teil  der  Märchenaufzeich- 
nungen wiedergefunden  wird,  ohne  jedoch  so  bedeutend  zu  sein;  das  Märchen 
hat  hier  eine  Einzelheit  festgehalten,  die  Bedeutung  aber  nicht. 

Saxos  Sage  von  Drott  im  Hügel  scheint  beim  ersten  Anblick  der 
Volkssage  entlehnt;  denn  aucli  hier  treffen  wir  den  Angriff  des  wilden 
Räubers  und  schliesslich  die  Entdeckung  der  Königstocher;  der  Umstand, 
dass  Gunnar  ihre  Stimme  im  Hügel  hört,  könnte  dem  Bellen  des  Hundes 
entsprechen.  So  gewiss  scheint  mir  die  Sache  doch  nicht :  nur  eine  Königs- 
tochter mit  ihrer  Dienerschaft  entspricht  viel  genauer  dem  Märchen;  und 
dass  die  eigene  Stimme  sie  verrät,  ist  ein  weit  schwächeres  Motiv  als  das 


1)   Wenn  zwei   dänische  Märchenvarianten  drei  Töchter  nennen,  muss  das  aus  der 
Volkssagc  entlehnt  sein. 


25" 


370  ^1"^^  = 

Bellen  des  Hundes,  welches  die  Drottsage,  wenn  sie  es  gekannt,  wohl  auch 
verwendet  hätte.     Der  Zusammenhang  ist  dann 

Yolkssage 


Märchen  Saxo 

oder  wahrscheinlicher 

Volkssage  —  Märchen  —  Saxo. 


4.   Jugend  des  Königs  Jarmunrik. 

Nur  der  letzte  Teil  des  Lebens  Jarmunriks  (Ermanrichs)  entspricht 
den  Eddaliedern  von  Jormunrekr,  und  nur  ein  paar  Züge,  die  Ermordung 
seiner  Neffen  und  der  Ermanriksschatz ,  finden  sich  in  deutschen  Quellen 
wieder.  Seine  ganze  Jugendgeschichte  kommt  nur  bei  Saxo  vor  (VIII.  Buch, 
S.  408  —  411):  Der  König  Syward  ist  zuerst  in  Schonen  vom  Schweden- 
könig Götar  überwunden,  und  dann  auf  Fühnen  von  Slaven  erschlagen; 
sein  junger  Sohn  Jarmunrik  und  seine  zwei  Töchter  werden  gefangen. 
Die  zwei  Mädchen  werden  nach  Deutschland  und  Norwegen  verkauft,  der 
Königssohn  lebt  in  Sklaverei  am  wendischen  Königshofe  und  arbeitet  sich 
zu  einer  höheren  Stufe  herauf;  König  Ismar  war  ihm  gut,  nur  die  Königin 
konnte  ihn  nicht  leiden. 

Als    einst    der  König    zu  der  Beerdigung  seines  Bruders  ausgezogen 
war,  beschloss  Jarmunrik,  sich  zu  befreien,  und  hielt  mit  seinem  Pflege- 
bruder  Gunne   deshalb  Rat;    dann  verfertigte   er   aus  Wolle  und  Zweigen 
eine  Puppe,  wie  die,  welcher  die  Bauern  sich  bedienen,  um  die  Yögel  zu 
verscheuchen,    setzte   einen  lebendigen  Hund  hinein  und  zog  dieselbe  mit 
seinen  eigenen  Kleidern  an.    Darauf  nahm  Jarmunrik  den  Schatz  des  Königs 
und  verbarg  ihn;    Gunne  aber  ging  in  das  Schloss  mit  seiner  Puppe,  und 
als  der  Hund  anschlug  und  die  Königin  fragte,  was  das  sei,  antwortete  er, 
es  sei  sein  Genosse,   der  wahnsinnig  geworden  sei,  und  die  Königin  hiess 
ihn  denselben  hinausbringen;  er  trug  die  Puppe  hinaus  und  legte  sie  in  ein 
Bett.     Der  wirkliche  Jarmunrik  ging  in  die  Wachtstube,  überwältigte  die 
Wächter  durch  einen  starken  Trunk,  schlug  dann  ihre  Köpfe  ab  und  legte 
dieselben  —  ihnen  zum  Spotte  —  an  ihre  Hintern.    Die  Königin  hörte  den 
Lärm  und  steckte  den  Kopf  zur  Thttr  hinaus,  um  zu  sehen,  was  los  wäre; 
Gunne  aber  stand  da  und  gab  Acht  und  tötete  sie  sogleich;  sterbend  drohte 
sie   ihnen:    „Wenn  ich  noch  leben  könnte,   solltet  ihr  nie  mit  dem  Leben 
wegkommen!"     Nun    fahren    Jarmunrik    und    sein    Genosse    zum   Trauer- 
schmaus  und   zünden  das  Gebäude  an.     Von  den  Gästen  verfolgt,    fliehen 
sie  erst  zu  Pferd  und  dann  zu  Puss,  bis  sie  einen  Pluss  erreichen;  als  die 
verfolgende  Schar  auf  der  Brücke  reitet,  stürzt  diese  zusammen,  und  wer 
nicht    seinen   Tod    in    den    Wellen    findet,    wird  von   den  Schwertern  der 


Märchen  in  Saxo  Grammaticus.  371 

beiden  Dänen  zerhanen.  Sie  erreichen  nun  leicht  das  Meeresufer  und 
finden  ein  kleines  Fahrzeug;  noch  auf  der  hohen  See  hörten  sie  die  Wenden 
am  Ufer  laut  rufen:  wenn  sie  nur  zurückkehren  wollten,  sollten  sie  das 
Königtum  bekommen,  bei  ihnen  sei  es  Gesetz,  dass,  wer  den  König  tötete, 
selbst  König  werden  sollte.  Aber  sie  segelten  nach  Dänemark.  —  In  seinem 
Vaterlande  fand  Jarmunrik  seinen  Oheim  Buthle  als  Reichsverweser,  dieser 
aber  gab  nun  ihm  die  Königswürde.  Zuerst  erschlug  er  König  Götar  und 
unterwarf  Schweden,  dann  besiegte  er  die  Wenden;  vierzig  Gefangene  liess 
er  mit  Wölfen  zusanmien  hängen,  „wie  es  einst  mit  Vatermördern  Sitte 
war",  um  ihre  Raubzüge  gegen  die  Dänen  zu  rächen.  Während  Jarmunrik 
die  Ostseevölker  plünderte,  empörten  sich  die  Wenden  und  plünderten  in 
Dänemark;  Jarmunrik  begegnete  ihrer  Flotte  und  schlug  sie;  ihre  Häupt- 
linge liess  er,  Riemen  durch  die  Schenkel  gezogen,  von  wilden  Stieren, 
die  von  Hunden  gejagt  wurden,  durch  Moor  und  Hügel  fortschleppen.  — 
Hier  beginnt  die  gewöhnliche  Ermanriksage:  von  seinem  Schlosse  und 
seineu  Reichtümern,  vom  Ratgeber  Bikke  u.  s.  w.;  nur  einmal  hören  wir, 
dass  die  Wenden  sich  nochmals  empören,  und  ihre  Häuptlinge,  Riemen 
durch  die  Schenkel  gestochen,  von  Pferden  zerrissen  werden. 

Diese  ganze  Jugendgeschichte  Jarmunriks  und  alle  die  Wenden- 
ereignisse haben  mit  der  übrigen  Jarmunrikgeschichte  Saxos  keinen  Zu- 
sammenhang; sie  kann  also  nicht  aus  ihr  entwickelt  sein.  Ihr  Schöpfer- 
geist ist  ein  unersättlicher  Hass  gegen  die  Wenden.  Einen  solchen  Hass 
kennen  wir  nur  in  dem  grossen  Vertilgungskrieg  der  Wenden  und  der 
Dänen  in  der  Mitte  des  12.  Jahrhunderts.  Dass  die  Dichtung  so  neu  ist, 
erklärt  uns  auch,  dass  sie  poetisch  noch  so  formlos  ist:  der  Erzähler  kann 
zuletzt  nur  die  schon  einmal  benutzte  Wendenstrafe  wiederholen.  Alle 
Feldzüge  Jarmunriks  gegen  die  Wenden  sind  garnicht  poetisch  geformt, 
sie  sind  bloss  eine  Reihe  von  Bestrafungen  der  Todfeinde,  nur  ein  Ver- 
zeichnis der  Grausamkeiten,  durch  welche  die  heimgesuchten  Dänen  sich 
zu  rächen  wünschten.  Die  Jugendsklaverei  Jarmunriks  ist  dagegen  eine 
zusammenhängende  Geschichte,  und  sie  muss  ilu-e  litterären  Vorbilder  ge- 
habt haben. 

Ich  wage  es  zu  sagen:  die  Vorbilder  scheinen  nur  die  Märchen  von 
Unholden  zu  sein.  Setzen  wir  statt  „Wenden"  die  „Unholde"  ein  und 
gehen  wir  der  Geschichte  nochmals  nach:  Zwei  Menschenkinder  sind  in 
Sklaverei  der  Unholde  gekommen;  einmal  ist  der  Unholdvater  ausgegangen, 
die  Hexe  ist  zu  Hause  und  soll  die  Menschenkinder  hüten.  Sie  machen 
eine  Puppe,  die  anstatt  des  einen  Genossen  im  Bette  liegt  und  deren 
Stimme  als  die  seinigo  gilt;  er  selbst  raubt  den  Schatz  der  Unholde  und 
flieht;  die  Hexe  steckt  den  Kopf  durch  die  Thür  hervor,  in  demselben 
Augenblick  wird  er  abgeschlagen;  die  zwei  Menschenkinder  flüchten,  und 
erst  jenseit  des  Flusses  sind  sie  sicher;  die  Unholde  stehen  zuletzt  am 
Meeresufer  und  rufen,  ob  die  Menschenkinder  nicht  zurückkommen  wollen; 


372  Olrik: 

—  dies  scheint  ja  eine  ganze  Reihe  von  Märchensituationeu  zu  sein.  Ein 
einzelnes  durchaus  entsprechendes  Märchen  kennen  wir  niclit,  sondern  eine 
Gruppe  Yon  Märchen,  wo  zwei  Menschenkinder  bei  den  Unholden  dienen 
und  von  ihnen  weglaufen,  oder  wo  das  Menschenkind  die  Unholdschätze 
wegstiehlt  und  oft  zugleich  die  Unholde  tötet.  Die  Yorstellung  von  einem 
Flusse,  welcher  die  Unholdenwelt  von  der  Menschenwelt  trennt,  kommt  oft 
in  unsern  Märchen  vor;  oder  der  Mensch  segelt  über  die  See  hinweg,  und 
die  Unholde  stehen  am  Ufer  und  rufen  ihm  nach,  wann  er  zurückkomme? 
Die  Tötung  in  der  Thür  kommt  in  einem  norwegischen  Märchen  vor: 
„Dann  wunderten  sich  die  Unholde,  wer  da  wäre  und  mitspräche;  und  sie 
o-ino-en  es  zu  sehen;  als  sie  aber  in  die  Thür  kamen,  sass  Smörbuk  da 
droben  und  warf  Mühlensteine  und  Tannenwurzel  ihnen  auf  den  Kopf  und 
tötete  sie;  dann  nahm  er  alles  Gold  und  Silber  und  zog  heim  zu  seiner 
Mutter^)."  In  einem  andern  norwegischen  Märchen  steht  der  Mensch  mit 
dem  Zauberschwert  in  der  Hand  und  schlägt  den  Kopf  des  Unholden  ab, 
indem  er  durch  die  Thür  hereintritt  ^). 

Nur  ein  einziges  Motiv  ist  noch  zu  beleuchten.  Die  Puppe  „wi«  eine 
Vogelscheuche"  mit  einem  lebendigen  Hunde  ist  ein  so  unpraktisches  Werk- 
zeug, dass  es  nicht  nur  in  der  wirklichen  Welt  unmöglich  ist,  sondern  auch 
in  der  poetischen  nicht  ursprünglich  eine  so  horrible  Form  haben  kann. 
Nun  ist  die  Frage:  Wo  ist  ihre  ältere  einfachere  Form?  Auch  hier  müssen 
wir  zu  den  Unholdmärchen  gehen.  Die  Puppe,  welche  für  eine  Person 
ausgegeben  und  als  solche  ins  Bett  gelegt  wird,  so  dass  auch  ihre  Stimme 
für  die  des  Menschen  gilt,  entspricht  dem  Märchen,  wo  der  Knabe  vom 
Unholde  entflieht  und  das  Mädchen  dann  in  sein  Bett  eine  Puppe  von 
Stroh  legt,  die  sie  an  seiner  Stelle  zu  antworten  zaubert^);  nach  anderen 
Fassungen  ist  es  ein  Stück  Brennholz  im  Bette,  oder  Bettdiele  und  Bett- 
schere antworten,  oder  die  Puppe  am  Ofen,  oder  die  Puppe  im  Bette,  eine 
andere  in  der  Stube,  eine  dritte  in  der  Yorstube*)  und  dergl.  Die  Er- 
klärung des  sinnlosen  Hundes  in  Jarmunriks  Puppe  ist  die,  dass  sie  eine 
rationalisierende  Umbildung  ist  und  die  zauberhafte  Sprechfähigkeit  der 
Märchen -Puppen  repräsentiert. 

Die  Sage  von  der  Jugend  des  Königs  Jarmunrik  ist  demnach  im  ganzen 
eine  Vermenschlichung  der  Unholdmärchen.  Der  Hass  der  Dänen  gegen 
die  Wenden  war  zu  jener  Zeit,  als  die  zwei  Völker  miteinander  so  stritten, 


1)  Asbj.  og  Moe  I  No.  52  und  1  ^  388. 

2)  Asbj.  og  Moe  I  No.  9.  „De  tre  prinsesser  i  Hvidtenland''.  Dieses  Märchen  ist 
sonst  eines  der  zu  dem  Anfang  der  Sigridsage  besprochenen  Märchen. 

3)  Ungedriicktes  Märchen  (S.  Grundtvig  27  l). 

4)  S.  Grundtvig  28  c  (-  Danskc  folkeseventyr  I  No.  5):  27  c;  27  a;  Cav.  &  Stephens 
ÜB  mit  Anm.  2  und  6;  Krücke  und  Schieber  am  Ofen  (Grundtvig  27 q).  In  vielen 
andern  Varianten  kommen  (wie  bei  Grimm,.  Km.,  III  97  No.  56)  drei  Bluttropfeu  oder  drei 
Spuckflecken  vor:  Grundtvig  271,o,  Cavallius  &  Stei^hens  14  B  mit  Anm.  45;  Asbj.  I 
No.  77. 


Märchen  in  Saxo  Grammaticus.  373 

dass  das  eine  oder  das  audere  vernichtet  werden  musste,  so  wütend,  dass 
keine  audere  Dichtung  als  die  primitive  vom  Kampfe  der  Menschen  gegen 
die  Unholde  ihn  ausdrücken  konnte.  Wie  der  Kampf  auf  Leben  und  Tot 
gegen  feindliche  Nachbaren  wahrscheinlich  zum  grossen  Teil  den  Ursprung 
solcher  Märchen  bildet,  wenden  sie  sich  in  Fällen,  wie  in  diesem,  zu  den- 
selben menschlichen  Verhältnissen  zurück. 


Wir  haben  nun  das  Verhältnis  zwischen  den  von  Saxo  erwähnten  Sagen 
und  den  Volksmärchen  gesehen.  Hinter  seinen  alten  Helden  des  dänischen 
Volkes  blickten  hier  und  da  die  seltsamen  Bilder  der  Märchenwelt  hervor. 
Wir  folgten  der  Amlethnovelle,  wie  sie  aus  dem  Morgenlande  hervorquoll, 
sich  zerstreute,  und  wie  die  zerstreuten  Teile  sich  wieder  kreuzten,  indem 
man  sieh  bestrebte,  eine  Erzählung  mit  dänischer  Färbung  zu  schaffen; 
wir  fanden  die  morgenläiidische  Novelle  im  Lauf  ihrer  Wanderungen  nach 
Westen  und  ihrer  verschiedenen  Niederlassungen.  Wir  erblickten  eine 
Reihe  von  Märchen  hinter  andern  Erzählungen:  die  Hundsbraut,  die  ent- 
führten Königstöchter,  die  Königstochter  im  Hügel,  die  Flucht  von  den 
Unholden  und  den  Raub  des  Unholdenschatzes.  Hier  fanden  wir  kein 
Märchen  in  seiner  Entwickelung;  die  uns  bekannten  Märchen  liegen  schon 
den  Pleldensagen  Saxos  voraus;  auch  die  speciell  dänischen  Märchen- 
gattungen zeigen  sich  als  schon  existierend:  „Königstochter  im  Hügel"  und 
„Allerliebster  Freund". 

Die  Verwertung    der  Märchenmotive   in   der  Heldensage   scheint  sehr 

neu;    in    der    isländischen  Litteratur   findet  sich   keines  der  besprochenen 

Motive    wieder.     W^enn    auch    diese  Umdichtuhg  der  Heldensage   auf  die 

letzten   Jahrhunderte,   ja  vielleicht  auf  das   letzte  Jahrhundert  vor  Saxos 

Zeit  beschränkt  ist,  ist  sie  doch  eine  bedeutende  poetische  Thätigkeit.    Sie 

hat    die    alte   Heldendichtung    mit    wenigstens   einem  Paare  der  schönsten 

Gestalten  bereichert  (Othar  und  Sigrid)  und  auch  in  der  Jugendgeschichte 

Jarmunriks  hat  sie  eine  neue  Erzählung  geschaffen;  in  diesen  beiden  Sagen 

besteht    die   Schöpfung    in    einer    durchgreifenden    rationalisierenden  Um- 

deutung  der  Märchonmotive.     Die  Drottsage   dagegen  verwertet  solche  als 

eine    Ausschmückung,    und    die    Amlethsage    nimmt    in    sich    eine    ganze 

morgenländische   Anekdote   auf  ohne   irgendwelche  wesentliche  Änderung. 

Geändert    oder  nicht   geändert  brechen  sich  die  Märchen  den  Weg  in  die 

Litteratur.     Diese  Einwirkung    steht    nicht    vereinzelt    da.     AVir  brauchen 

nicht  nach  England  zu  gehen,  wo  das  mit  Saxo  gleichzeitige  Leben  Offas 

(Müllenlioff,   Beovulf  78)    den    Anfang    des   Märchens   vom  Mädchen   ohne 

Hände,  oder  wie  icli  lieber  sagen  möchte,  von  dem  Aschenputtel,  in  sich 

aufnimmt.  Die  dänischen  Volkslieder  des  Mittelalters  wimmeln  von  Märchen- 

motiven    der  Verzauberung   und  Erlösung,    und  auch  in   ihrer  poetischen 


374  Arendt: 

Auswahl  des  tägliclien  Lebens  scheint  es  oft,  als  ob  die  Märchenwelt 
dahinter  stecke.  Ebenso  nimmt  die  mittelalterliche  Litteratur  Islands 
Märchen  in  sich  auf.  Aber  diese  Verhältnisse  erfordern  besondere  Unter- 
suchungen. 

Kopenhagen. 


Ein  Kapitel  aus  dem  Aber-  und  Geisterglauben 

der  Chinesen. 


Von  C.  Arendt. 

(Schluss.) 


5. 

Bei  der  fünften  Erzählung  will  ich  mich  kürzer  zu  fassen  suchen. 
Ich  halte  dieselbe,  obwolil  vielfach  interessant,  überhaupt  für  weit  ober- 
flächlicher concipirt,  als  irgend  eine  der  andern.  Ich  habe  sie  überdies 
bereits,  wenn  auch  von  einem  ganz  andern  Gfesichtspunkte  aus,  in  englisclier 
Bearbeitung  im  Jahre  1886  —  bekannt  gemacht,  kann  man  freilich  kaum 
sagen,  denn  die  „Zeitschrift  der  Orientalischen  Gesellschaft  in  Peking"^, 
in  welchem  sie  in  Bd.  I.  S.  55 — 59  erschienen  ist,  dürfte  kaum  weiteren 
Kreisen  zu  G-esichte  gekommen  sein. 

Wir  lesen  im  108.  Kapitel  der  romantischen  „Geschichte  der  Drei 
Reiche",  aus  welcher  bereits  meine  zweite  Erzählung  entnommen  war, 
dass  Chuko  Ch'üe,  der  Premier- Minister  des  Staates  Wu,  sich  durch 
Grausamkeit,  Willkür  und  Hochmut  auch  dem  Landesfürsten  Sun  Liaug 
gegenüber  so  verhasst  gemacht  hatte,  dass  der  König  in  Übereinstimmung 
mit  einem  andern  hohen  Würdenträger,  namens  Sun  Chün,  den  Tod  des 
gewaltigen  Ministers  beschlossen  hatte.  Er  sollte  zu  einem  Gastmahl  im 
Palast  eingeladen  und  dabei  ihm  von  gedungenen  Meuchelmördern  der 
Garaus  gemacht  werden. 

Um  dieselbe  Zeit  —  im  Jahre  253  n.  Chr.  —  hatte  Chuko  Ch'üe  an 
einer  Anzahl  Soldaten,  welche  vor  seinem  Palaste  Wache  standen,  aus 
einem  geringen  Anlass  (weil  sie  einen  —  sich  in  der  Erzählung  höchst 
mysteriös  ausnehmenden  —  Fremden  unbemerkt  in  den  Palasthof  hatten 
schlüpfen  lassen)  die  standrechtliche  Hinrichtung  zum  Vollzuge  gebracht. 
Zugleich  mit  ihnen  war  auch  der  Fremde  hingerichtet  worden. 

Als  Chuko  Ch'üe  in  der  folgenden  Nacht  schlaflos  auf  seinem  Bette 
lag,  wurde  er  plötzlich  durch  ein  einem  Donnerschlage  ähnliches  Geräusch 
erschreckt:    der    mittlere  Balken    des    Hausdaches    war    ohne    ersichtliche 


Ein  Kapitel  aus  dem  Aber-  und  Geisterglauben  der  Chinesen.  375 

äussere  Veranlassung  auseinander  geborsten.  Zu  seiner  Lagerstatt  zurück- 
gekehrt, glaubte  er  wahrzunehmen,  wie  der  Fremdling  und  die  Soldaten, 
welche  er  hatte  hinrichten  lassen,  ihre  eigenen  Köpfe  in  ihren  Händen 
haltend,  sich  seinem  Bette  näherten  und  ihr  Leben  von  ihm  zurückforderten. 
Er  verfiel  darauf  in  eine  mehrere  Stunden  währende  Ohnmacht.  Als  er 
sich  am  folgenden  Morgen  waschen  wollte,  verbreitete  das  Wasser  einen 
starken  Blutgeruch.  Er  Hess  das  Wasser  vielmals  wechseln,  aber  es  half 
alles  nichts,  der  Geruch  des  Blutes  war  nicht  zu  vertreiben. 

Gerade  in  diesem  Augenblick  langte  vom  König  die  Einladung  zu 
dem  Weingelage  im  Palast  an,  bei  welchem,  wie  bereits  erwähnt,  be- 
schlossen war,  den  Chuko  Ch'üe  zu  töten.  Er  aber  bestellte  arglos  seinen 
Wagen,  um  der  Einladung  nachzukommen.  Als  er  jedoch  im  Begriff 
stand,  den  Wagen  zu  besteigen,  kam  plötzlich  ein  gelber  Hund  auf  ihn 
zugerannt  und  zerrte  ihn,  unaufhörlich  winselnd,  am  Saum  seines  Ge- 
wandes, als  wenn  er  ihn  zurückhalten  wollte.  Chuko  Ch'üe  jagte  das  Tier 
fort  und  liess  sich  auch  durch  eine  weitere  unglückliche  Vorbedeutung  — 
wir  brauchen  diesen  Teil  der  Geschichte  nicht  im  Einzelnen  zu  verfolgen  — 
nicht  abhalten,  den  Palast  des  Königs  zu  betreten.  Dort  wurde  er  in  der 
That  mit  noch  einem  Freunde  ermordet.  Die  Körper  der  Getöteten 
wurden  in  Matten  eingewickelt  und  in  einen  Graben  ausserhalb  der  Stadt- 
thore  geworfen. 

Inzwischen  befand  sich  des  ermordeten  Chuko  Cli'^üe  Weib,  nichts 
Böses  ahnend,  in  dem  Palast  ihres  Gatten,  als  plötzlich  eine  ihrer 
Dienerinnen  in  das  Zimmer  eintrat.  Wie  kommt  es,  sagte  die  Frau  zu 
dem  Mädchen,  dass  du  heute  am  ganzen  Körper  nach  Blut  riechst?  Da 
fing  das  Mädchen  an,  die  Augen  zu  verdrehen  und  die  Zähne  zu  fletschen, 
während  es  mit  einem  gewaltigen  Satze  so  hoch  sprang,  dass  es  mit  dem 
Scheitel  die  Zimmerdecke  berührte,  während  es  gleichzeitig  rief:  „Ich  bin 
Chuko  Ch'üe;  ich  bin  auf  Anstiften  des  ruchlosen  Sun  Chün  ermordet 
worden."  So  sprach  sie,  denn  der  Geist  ihres  gemordeten  Herrn  war  in 
sie  gefahren.  Da  fing  Chuko  Ch'ües  Weib  und  alle  Mitglieder  des  Haus- 
standes zu  weinen  an.  Nicht  lange  darauf  wurde  das  Haus  wirklich  von 
bewaffneten  Soldaten  umzingelt,  und  alle  Insassen  desselben,  einschliesslich 
der  Frau  Chuko  Ch'ües,  wurden  gefesselt  auf  den  Richtplatz  geschleppt 
und  dort  auf  der  Stelle  enthauptet.  Diese  Ereignisse,  insoweit  sie  auf 
dem  Boden  der  nüchternen  Wirklichkeit  stehen,  fanden  im  zehnten  chine- 
sischen Monat,  d.  h.  im  November  oder  Dezember  253  n.  Chr  statt. 

Die  Geschichte,  insofern  sie  sich  im  Gebiete  des  Al)er-  und  Geister- 
glaubens bewegt,  erscheint  mir  trotz  des  mannigfaltigen  Interesses,  welches 
sie  bietet,  ziemlich  zerfahren,  und  der  innere  Gehalt  durch  äusserliche 
Effekte  mehr  verwisclit,  als  gehoben.  Was  der  „Fremdling",  welcher 
im  chinesischen  Text  als  ein  ganz  rätselhaftes  Individuum  auftritt,  eigentlich 
soll,    bleibt    unklar.      Das    nach    Blut    riechende    Waschwasser    wird    den 


376  Arendt: 

europäischen  Leser  lebhaft  an  die  erste  Seene  des  fünften  Aktes  des  Shake- 
speareschen  Stückes  erinnern,  aber,  wie  ich  dies  bereits  in  meinem  Auf- 
satz in  der  Pekinger  Zeitschrift  nachgewiesen  habe,  darf  man  diese  Ana- 
logie nicht  zu  weit  verfolgen  wollen.  Wenn  Lady  Macbeth  ruft:  „Noch 
immer  riecht  es  hier  nach  Blut",  so  ist  das  mit  dem  nach  Blut  riechenden 
Waschwasser  in  der  chinesischen  Erzählung  durchaus  nicht  auf  gleiche 
Stufe  zu  stellen,  denn  dass  nach  der  Absicht  des  chinesischen  Schriftstellers 
der  Blutgeruch  nicht  als  ein  eingebildeter,  sondern  vielmehr  als  ein  wirklich 
vorhandener  zu  verstehen  ist,  ergiebt  sich  nachher  zur  Evidenz  aus  dem 
nach  Blut  riechenden  Mädchen,  bei  welchem  eine  rein  psychologische 
Erklärung  aus  der  Seele  der  Frau  des  ermordeten  Ministers  heraus  ja  ganz 
ausgeschlossen  ist.     Jedoch  dies  Alles  nur  beiläufig. 

Im  Rahmen  meiner  speziellen  Erörterung  und  meines  Themas  inter- 
essirt  uns  hier  diese  arme  Magd  hauptsächlich  insofern,  als  sie  von  dem 
Geiste  des  ermordeten  Chuko  Ch'üe  besessen  ist  und  dieser  Geist  in 
eigener  Person  aus  ihr  redet. 

Dass  der  Geist  des  Ermordeten  nicht  in  den  Mörder,  wie  in  unserer 
Nr.  3,  sondern  auch  in  einen  anderen,  für  seineu  Endzweck  geeigneten 
Körper  fahren  kann,  wissen  wir  schon  aus  Nr.  4;  der  typische  Unterschied 
besteht  aber  hier  in  dem  Endzweck;  es  handelt  sich  in  diesem  einzigen 
von  den  sechs  Beispielen,  welche  es  mir  zusammenzubringen  gelungen 
ist,  nicht  um  Ausübung  der  Rache,  aber  auch  nicht  etwa  um  den  Schutz 
oder  die  Warnung  der  gleichfalls  gefährdeten  Angehörigen,  sondern  nur 
um  das  Bedürfnis  der  Mitteilung  des  Geschehenen  an  dieselben,  und 
insofern  steht  in  dieser,  wie  in  anderer  Hinsicht,  unsere  Nr.  5  ganz  ver- 
einzelt und  für  sich  da,  und  sie  ist  weniger  in  sich  geschlossen  und 
weniger  charakteristisch  für  den  von  mir  behandelten  Yorstellungskreis, 
als  irgend  eine  der  fünf  anderen,  welche  uns  bis  auf  eine,  nämlich  die 
von  dem  „Ermordeten  Mantel"  —  zu  welcher  ich  jetzt  übergehe  und  auf 
welche  ich  den  höchsten  Wert  lege  —  bereits  alle  bekannt  sind. 

6. 

Diese  meine  sechste  und  letzte  Geschichte  nun,  welche  uns  den  volks- 
tümlich-chinesischen Sülmegedanken  in  seiner  dritten  Form,  und  zwar 
in  einer  ganz  eigentümlichen  und  von  allem  Bisherigen  durchaus  ab- 
weichenden Ausgestaltung  zur  Anschauung  bringen  wird,  bildet  den  Schluss 
des  84.  und  den  Anfang  des  85.  Kapitels  des  Tung  Chou  Lie-kuö.  Ich 
kann  nicht  leugnen,  dass  diese  Geschichte,  als  ich  sie  vor  Jahren  zum 
ersten  Mal  kennen  lernte,  einen  tiefen  Eindruck  auf  mich  gemacht  hat, 
und  dass  sie  mir  auch  jetzt,  wo  ich  sie  aus  ihrem  Yersteck  hervorgesucht 
habe,  wieder  als  ungewöhnlich  wirkungsvoll  in  ihrem  Aufbau  und  ihrer 
Entwickluno-  erschienen  ist. 


Ein  Kapitel  aus  dem  Aber-  und  Geisterglauben  der  Chinesen.  377 

In  der  ersten  Hälfte  des  fünften  Jahrhunderts  vor  Christus  hatten  in 
dem  grossen  Königreich  Tsin,  welches  im  wesentlichen  der  heutigen 
Provinz  Öhansi  entsprach,  vier  altadelige  Familien  und  deren  Chefs  fast 
alle  Gewalt  au  sich  gerissen,  während  die  Hausmacht  des  Königs  gänzlich 
gesunken  war.  Es  waren  dies  die  Familien  Chi,  Chao,  H'an  und  Wei. 
Die  drei  letztgenannten  sind  später  selber  zu  königlichen  Ehren  gelangt, 
indem  sie  die  Könige  von  Tsin  entthronten  und  das  Land  unter  sich 
teilten.  Zu  der  Zeit  aber,  von  der  wir  jetzt  reden,  war  die  Familie  Chi 
die  mächtigste  von  allen;  an  ihrer  Spitze  stand  ChT-yao,  oder,  wie  er  ge- 
wöhnlich genannt  wird,  CliT-pö,  d.  h.  der  Graf  Chi.  Diesem  war  es  ge- 
lungen, die  Chefs  der  Familien  H  an  und  Wei  zu  bereden,  ihm  bei  einem 
Feld-  oder  richtiger  vom  Zaune  gebrochenen  Raub-  und  Eroberungszug 
gegen  das  Familienoberhaupt  von  Chao,  Chao  Hsiängtsze  oder  Chao  Wuhsü 
mit  Namen,  ihre  Unterstützung  zu  leihen.  Chao  Wuhsü  wurde  in  der 
Stadt  Tsinyang  belagert  und  ein  in  der  Nähe  derselben  vorbeifliessender 
Fluss  in  ein  anderes  Bett  geleitet,  um  diesergestalt  die  Stadt  zu  über- 
schwemmen. Die  Unternehmung  wäre  auch  von  Erfolg  gekrönt  gewesen, 
wenn  nicht  im  letzten  Augenblick  H'an  und  Wei,  die  überhaupt  nur  durch 
die  Umstände  gezwungen  sich  an  Chipö  angeschlossen  hatten,  von  diesem 
abgefallen  wären  und  sich  gegen  ihn  gewandt  hätten.  Durcli  Durch- 
stechen eines  Dammes  wurde  das  Wasser  des  abgegrabenen  Flusses  gerade 
auf  Chipos  Lager  losgelassen  und  dadurch  letzterer  zur  Flucht  gezwungen, 
welche  nur  mittels  eines  kleinen  Bootes  bewerkstelligt  werden  konnte. 
Auf  der  Flucht  aber  fiel  er  seinem  ergrimmten  Gegner  Chao  Wuhsü  in 
die  Hände,  welcher  ihm  alsbald  den  Kopf  abhieb.  Von  da  aus  zogen  die 
Sieger  nach  der  Stadt,  in  w^elcher  die  übrigen  Mitglieder  der  Familie  Chi 
wohnten.  Die  Häuser  derselben  wurden  umzingelt  und  sämtliche  Insassen 
derselben  ohne  Unterschied  des  Alters  und  Geschlechts  niedergemacht. 
Auch  diese  Ausrottung  der  ganzen  Familie  seines  Feindes  genügte  dem 
Chao  Wuhsü  noch  nicht  zur  Befriedigung  seines  Hasses.  Er  liess  Chipös 
Schädel  mit  Lack  überziehen  und  benutzte  ihn  als  Trinkschale,  um  sich 
seines  Triumphs  beständig  zu  erinnern.  So  wenigstens  wird  in  den  von 
mir  verglichenen  chinesischen  Geschichtswerken  erzählt,  der  Verfasser 
unseres  Romans  aber  macht  daraus  ein  Nachtgeschirr,  so  dass  es  sich 
also  hier  um  eine  schmachvolle  Behandlung  des  Feindes  noch 
über  dessen  Tod  hinaus  handelt. 

Diese  streng  geschichtlichen  Ereignisse  fallen  in  das  Jahr  453  vor 
unserer  Zeitrechnung. 

Die  wenigen  getreuen  Anhänger  Chipos,  darunter  vor  allen  ein  ge- 
wisser Yüjaug,  waren  nach  der  unglücklichen  Wendung  der  Dinge  bei 
Tsinyang  in  die  unwegsamen  Scliluchten  des  Shi^-sln*-sliän,  d.  h.  des 
Steinhöhlengebirges  geflohen.  Als  aber  Yüjang  den  weiteren  Verlauf  der 
Ereignisse    erfuhr,    beschloss   er   an  Chao  Wuhsü  für  seinen  Herrn,    den 


378  Arendt: 

unglücklichen  Chipö,  „der  noch  nach  dem  Tode  einer  so  schmählichen  Be- 
handlung seitens  seines  Mörders  ausgesetzt  war"/)  Rache  zu  nehmen.  Er 
nahm  einen  andern  Namen  an  und  verdingte  sich  als  Arbeiter.  So  fand 
er  Gelegenheit,  sich  mit  einem  kurzen,  scharfen  Dolche  bewaffnet,  in  das 
Haus  Chao  Wuhsüs,  des  Mörders  seines  Herrn,  unbemerkt  einzuschleichen. 
Dort  lauerte  er  versteckt  in  einem  abgelegenen,  für  gewöhnlich  leer- 
stehenden Räume  ■^)  dem  Hausherrn  auf.  Als  nun  Chao  Wuhsü  diesen 
Raum  betrat,  „kam",  wie  es  ganz  wörtlich  in  dem  chinesischen  Original 
heisst,  „eine  plötzliche  Bewegung  über  sein  Herz". 

Ich  mache  auf  diesen  kleinen  Zug  in  der  Erzählung  besonders  auf- 
merksam, denn  er  giebt  den  Schlüssel  zu  ihrem  Verständnis.  Der  Rache- 
durst ist  etwas  dämonisches  und  wird  von  dämonischen  Mächten  und 
Kräften  unterstützt  und  zum  Ziele  geführt.  In  dem  Augenblick  daher, 
wo  Chao  Wuhsü  in  Yüjangs  Nähe  kommt,  ohne  doch  noch  von  seiner  An- 
wesenheit die  geringste  Ahnung  zu  haben,  tritt  er  in  den  dämonischen 
Bannkreis  der  gegen  ihn  gerichteten  Rachegelüste  ein,  und  kann  seinem 
Schicksal  nicht  mehr  entrinnen. 

Die  eigentümliche  Regung,  die  ihn  überkommen  hat,  veranlasst  nun 
den  Chao  Wahsü,  den  Raum  durchsuchen  zu  lassen.  Yüjang  wird  aus 
seinem  Versteck  hervorgezogen,  die  Waffe  gefunden.  Befragt,  leugnet  er 
nicht  die  meuchelmörderische  Absicht,  in  der  er  hergekommen.  Die 
Leute  Chao  Wuhsüs  dringen  nun  in  letzteren,  mit  dem  Entlarvten  kurzen 
Prozess  zu  machen,  aber  Chao  Wuhsü  sagt:  „Dass  Yüjang  für  seinen  ver- 
storbenen und  der  Nachkommenschaft  beraubten  Herrn,  Chipö,  Rache 
nehmen  wollte,  ist  ein  Ausfluss  seiner  treuen  Gesinnung,  ihn  aus  solcher  Ur- 
sache zu  töten,  würde  mir  Unheil  bringen."  Er  befahl  daher  seinen  Leuten, 
ihn  unbehelligt  nach  Hause  gehen  zu  lassen.  Ehe  aber  Yüjang  sich  auf 
den  Weg  machte,  fragte  er  ihn  noch:  „Wirst  Du  nun  von  jetzt  an,  nach- 
dem ich  Dich  begnadigt  habe.  Deine  Rachegedanken  ein-  für  allemal  auf- 
geben?" Yüjang  antwortete:  „Dass  Du  mir  das  Leben  schenkst,  ist  Dein 
freier  Entschluss  und  Deine  persönliche  Güte;  dass  ich  aber  Rache  nehmen 
muss,  ist  die  Forderung  eines  Prinzips  und  meine  moralische  Pflicht." 
Die  Leute  Chao  Wuhsüs  ermahnten  ihn  nun  nochmals,  den  Yüjang  un- 
schädlich zu  machen,  Chao  Wuhsü  aber  sagte:  „Ich  habe  ihm  einmal  mein 
Wort  gegeben;  kann  ich  es  brechen?  Es  genügt,  wenn  ich  ihm  in  Zu- 
kunft sorgfältig  aus  dem  Wege  gehe." 

So  ging  denn  Chao  Wuhsü  nach  Tsinyang  zurück,  Yüjang  aber  in  sein 
eigenes  Haus,  wo  er  seinen  Racheplänen  weiter  nachsann.  Er  beschloss, 
den  Chao  Wuhsü  auch  in  Tsinyang  aufzusuchen.  Um  aber  unentdeckt  zu 
bleiben,  schor  er  sich  Bart  und  Augenbrauen  und  gab  seinem  Körper  durch 


1)  Anspielung  auf  den  Gebrauch,    den  Chao   Wuhsü   von    ChT-pös    Schädel  gemacht 
hatte. 

2)  Nämlich  dem  Abort. 


Ein  Kapitel  aus  dem  Aber-  und  Geisterglauben  der  Chinesen.  379 

Anwendimg  ven  Lack  das  Aussehen  eines  Aussätzigen.  So  verändert,  begab  er 
sich  auf  die  Strasse  und  mischte  sich  unter  die  Bettler.  Seine  eigene  Frau, 
die  ihn  überall  suchte,  erkannte  zwar  seine  Stimme,  als  sie  ihn  aber  selbst  sah, 
sprach  sie:  „Das  ist  seine  Stimme,  aber  es  ist  nicht  sein  Selbst",  und  ging 
wieder  von  dannen.  Indessen  fühlte  sich  Yüjang  so  doch  noch  nicht  ganz 
sicher;  er  verschlang  Holzkohlen,  um  seine  Stimme  zu  entstellen  und 
rauh  zu  machen.  Als  er  nun  wieder  bettelte  und  seine  Frau  wieder  bei 
ihm  vorüberging,  erschien  er  ihr  als  ein  gänzlich  Fremder,  aber  einer 
seiner  früheren  vertrauten  Freunde  erkannte  ihn  dennoch.  Yüjang  begab 
sich  nun,  um  keinen  weiteren  Entdeckungen  ausgesetzt  und  dem  Opfer 
seiner  Rache  näher  zu  sein,  nach  Tsin  Yang,  wo  er  fortfuhr  zu  betteln. 

Nun  aber  hatte  Chao  Wuhsü  den  Befehl  gegeben,  über  das,  wie  vor- 
her erwähnt,  bei  der  Belagerung  von  Tsin  Yang  neu  ausgegrabene  Fluss- 
bett eine  Brücke  zu  bauen.     Als  der  Brückenbau  fertig  war,  beschloss  er, 
sich   selbst  hinzubegeben,   um  ihn    in  Augenschein    zu    nehmen.     Yüjang, 
welcher  von  dieser  Absicht  Chao  Wuhsüs  Kenntnis  erlangt  hatte,  versteckte 
sich  nun,    wiederum  mit  seinem  Dolche  bewaffnet,   unter  einem  Brücken- 
pfeiler, wo  er  sich  unbeweglich  hinlegte  wie  ein  Toter.    Als  Chao  Wuhsüs 
Equipage  sich  der  Brücke  näherte,  fing  das  Pferd,    mit  dem  sie  bespannt 
war,  an  kläglich  zu  wiehern  und  wollte  trotz  aller  Peitschenhiebe  nicht  weiter. 
Dies  galt  als  böse  Yorbedeutung,  nach  dem  Sprüchwort:  „Ein  edles  Ross  lässt 
seinen  Herrn  nicht  zu  Schaden    kommen   (Liäng-ma   pu-hsien  ch'i  chü)." 
Chao  Wuhsü  Hess  unter  der  Brücke  nachsuchen.    Man  meldete  ihm,  man  habe 
dort  nur  einen  Toten  liegen  gefunden.    Chao  Wuhsü  aber  belächelte  diese 
Meldung  und  ahnte  gleich,  dass  es  niemand  anderes   als  Yüjang  sei.     Als 
ihm    darauf   der  Mann,    der  seine  Verstellung  als  Toter  nicht  länger  auf- 
recht erhalten  konnte,    vorgeführt  wurde,    erkannte  er,    trotz  aller  künst- 
lichen   Veränderungen,    die   Yüjang    mit    sich    vorgenommen    hatte,    doch 
seinen  alten  Feind.     Nachdem  er  ihm  seinen  Undank  vorgehalten,    befahl 
er,  ihn  zu  töten.     Da  fing  Yüjang  laut  an  zu  weinen  und  mit  Blut  unter- 
mischte Thränen  entströmten  seinen  Augen.     Verwundert  fragte  man  ihn, 
ob  er  denn  aus  Furcht  vor  dem  Tode  weine.    „Nicht  desshalb,"  erwiderte 
Yüjang,    „sondern    weil  nach  meinem   Tode  niemand  mehr  da  sein  wird, 
um  für  meinen  Herrn  Rache  zu  nehmen."     Da  entgegnete  Chao  Wuhsü: 
„Zum  zweiten  Male  begnadigen  kann   ich  Dich  nicht,    aber    einen  ehren- 
vollen Tod    will    ich  Dir    in   Anerkennung  Deiner  treuen   Gesinnung   ge- 
währen."    So    sprechend,    gürtete    er    sich    sein    eigenes   Schwert   ab  und 
überreichte  es  dem  Yüjang,    damit  dieser  sich  selber  den  Tod  gebe.     Da 
sprach  Yüjang:    „Ich    habe    gehört,    dass   ein  treuer  Unterthan   sich  nicht 
scheut,    wenn  nötig,    sein  Leben  daliin  zu  geben,    dass  aber  auch  ein  er- 
leuchteter Fürst    einen   treuen   Unterthan   in   der  Betätigung  seiner  treuen 
Gesinnung  nicht  behindert.     Um  mein  Leben  bitte  ich  nicht  zum  zweiten 
Male,    mir  hast  Du  genug  Milde  bewiesen,   aber  nachdem  meine  beiden 


380  Ai-enrlt: 

Anschläge  vereitelt  worden  sind,  ist  mein  Groll  durchaus  unbefriedigt  ge- 
blieben. Ich  bitte  Dich  daher,  Dir  Deinen  Mantel  auszuziehen  und  ihn 
mir  zu  überlassen,  damit  ich  danach  steche  und  meine  Rache  wenigstens 
sinnbildlich  stillen  kann.  Wenn  ich  dann  sterbe,  werde  ich  im  Tode  die 
Augen  zu  schliessen  vermögeuk"  Chao  Wuhsü  willfahrte  dieser  eigentüm- 
lichen Bitte  des  Mannes,  entkleidete  sich  seines  reichgestickten  Mantels 
und  Hess  ihn  durch  seine  Begleiter  dem  Yüjang  überreichen.  Yüjang 
stand  da  mit  gezücktem  Schwerte,  sah  mit  zornigen  Blicken  auf  den 
Mantel,  als  hätte  er  den  Chao  Wuhsü  selber  vor  Augen,  machte  dann 
einen  dreimaligen  Anlauf  und  stach  mit  den  Worten:  „So  denn  nehme 
ich  nunmehr  Rache  für  den  ChTpo,  dessen  Gebeine  unter  der  Erde 
modern",  dreimal  mit  der  spitzen  Waffe  in  das  Gewand.  Darauf  stürzte 
er  sicli  selbst  in  das  Schwert  und  verschied  auf  der  Stelle.  Die  Brücke, 
in  deren  Nähe  sicli  dieser  Y  orfall  ereignete,  und  welche  zuerst  den  Namen 
der  „Roten  Brücke"  erhalten  hatte,  heisst  seitdem  im  Volksmunde  „die 
Brücke  des  Yüjang." 

Den  Chao  W^uhsü  hatte  bei  jedem  Hiebe,  den  Yüjang  gegen  den 
Mantel  führte,  ein  kalter  Schauer  durchzittert;  er  befahl  jetzt  seinem  Ge- 
folge, den  Leichnam  ehrenvoll  zu  bestatten.  Als  ihm  aber  darauf  sein  auf 
die  Erde  gefallener  Mantel  von  seinen  Gefolgsleuten  überreicht  wurde, 
zeigten  sich  an  den  drei  Stellen,  wo  Yüjang  mit  dem  Schwerte  hinein- 
gestossen  hatte,  frische  Tropfen  roten  Blutes.  Dies  war  —  so  heisst  es 
ausdrücklieh  im  Original  —  eine  Wirkung  der  intensiven  treuen 
Gesinnung  des  Yüjang  gewesen.  Ich  muss  jedoch  bemerken,  dass 
„Wirkung"  das  hier  im  chinesischen  Text  gebrauchte  Wort  kan^  nur 
sehr  unvollkommen  wiedergiebt,  denn  kan^  drückt,  wie  auch  das  Zeichen 
dafür  selber  andeutet,  allemal  eine  Einwirkung  auf  das  Herz  und  Gemüt 
des  anderen  aus,  weshalb  es  beispielsweise  auch  „dankbar  sein"  bedeuten 
kann.  Chao  Wuhsü  aber  wurde  durch  den  Anblick  des  blutbefleckten 
Mantels  im  Innersten  dermassen  erschüttert,  dass  er  vom  selbigen  Tage 
an  zu  kränkeln  anfing.  Er  sollte  nicht  wieder  genesen,  sondern  verstarb 
nach  Verlauf  von  wenia;  mehr  als  einem  Jahre. 


Nachtrag. 

Meiner  Frau  verdanke  ich  die  erstaunliche  Entdeckung,  dass  zwei  der 
von  mir  in  meinem  Aufsatz  über  den  Aber-  und  Geisterglauben  der  Chi- 
nesen wiedergegebenen,  bezw.  berührten  Geschichten  bereits  seit  Jahr- 
zehnten in  die  deutsche  Litteratur  übergegangen  sind.  Meine  zweite  Er- 
zählung —  diejenige  von  Sun  T'se  und  Yüchi  (oben  S.  261 — 264)  —  bildet 
den  Stoff  der  von  Paul  Heyse  im  Jahre  1856  verfassten  Novelle  in  Versen: 


Ein  Kapitel  aus  dem  Aber-  und  Geisterglauben  der  Chinesen.  381 

„König  und  Priester"  (s.  Paul  Heyse,  Gesammelte  Werke.  Novellen  in 
Versen.  1.  Bd.  4.  Aufl.  Berlin  1889.  S.  147  —  165).  Der  Dichter  hat  sich 
hier  dem  Original  getreu  angeschlossen;  er  benutzte  zu  seiner  Bearbeitung 
die  französische  Übersetzung  eines  Teiles  der  „Geschichte  der  drei  Reiche" 
von  Th.  Pavie  (San-koue-tchy.  Histoire  des  Trois  Royaumes.  Roman  Histo- 
rique.  Traduit  par  Theodore  Pavie.  2.  Bd.  Paris  1851.  8.269—281).  Die 
von  mir  auf  S.  267  nur  andeutungsweise  berührte  Geschichte  der  schönen 
Hsüan  Chiang  ferner  hat  Heyse  in  der  bereits  im  Jahre  1852  gedichteten 
Novelle  „Die  Brüder",  welche  in  demselben  Bande  seiner  Werke  (S.  39 
bis  53)  abgedruckt  ist,  in  ausgezeiclmeter  Weise,  wenn  auch  in  einer  von 
der  chinesischen  Originalerzählung  wesentlich  abweichenden  Form  be- 
arbeitet. Diese  Abweichungen  beruhen  aber  zunächst  weniger  auf  be- 
wusster  Absicht,  als  auf  der  Unvollständigkeit  der  von  dem  Dichter  be- 
nutzten Quelle.  Diese  nämlich  ist  in  dem  „Schi -King,  Chinesisches 
Liederbuch,  gesammelt  von  Confucius,  dem  Deutschen  angeeignet  von 
Friedrich  Rückert.  Altena  1833"  zu  suchen,  woselbst  sich  die  fünf  Stücke: 
„Die  unzufriedene  Königsbraut  Swen-Kiang";  „Swen-Kong  und  Swen- 
Kiang";  „Die  Königin  Swen-Kiang  ist  um  ihre  beiden  Söhne  besorgt''; 
„Ausgang  der  Liebesbethörung"  und  „Verwilderte  Zucht"  (S.  57 — 63^  auf 
diesen  Stoff  beziehen. 

Die  Umwandlungen,  welche  die  Geschichte  der  Hsüan  Chiang  (bei 
Rückert  Swen-Kiang,  bei  Heyse  Swen-Kjang,  beides  in  durchaus  zu  billi- 
gendem Anschluss  an  die  ältere,  und  noch  jetzt  mittelchinesische  Aus- 
sprache) bei  den  beiden  deutschen  Dichtern  erfahren  hat,  scheinen  wohl 
zu  einer  kleinen  litterar-historischen  Studie  geeignet;  da  aber  unsere  Zeit- 
schrift hierfür  des  nicht  in  die  „Volkskunde"  gehörigen  Stoffes  wegen  nicht 
das  passende  Organ  ist,  beabsichtige  ich,  eine  kleine,  diesen  Gegenstand 
behandelnde  Arbeit  an  einem  anderen  Orte  zu  veröffentlichen. 

Der  Umstand,  dass  keinem  meiner  Zuhörer  bei  meinen  über  chinesi- 
schen Aberglauben  im  Verein  für  Volkskunde  gehaltenen  Vorträgen  die 
Heyseschen  Novellen  eingefallen  sind,  beweist  von  neuem,  wie  schwer 
sich  chinesische  Namen  dem  europäischen  Ohr  einprägen.  Hierin  liegt  in 
der  That  ein  Hauptgrund,  weshalb  sich  chinesische,  auch  noch  so  anregende 
Stoffe,  so  schwer  bei  uns  einbürgern,  und  im  allgemeinen  nur  auf  geringe 
Teilnahme  rechnen  können. 

Berlin,  im  Oktober  1892.  C.  Arendt. 


382  Piger: 


Handwerksbrauch  in  der  Iglauer  Sprachinsel 

in  Mähren. 

Von  Franz  Paul  Piger. 

(Schluss.) 


VII.    Die  Wanderschaft  der  Tuchmacher. 

'  Kicht  lange  duldet  es  den  jungen  Gesellen  in  der  heimatlichen  Stadt. 
Hat  er  etwa  ein  Jährlein  bei  einem  Meister  gearbeitet,  so  treibt  es  ihn 
hinaus  in  die  weite  Welt,  denn  wer  die  Welt  nicht  gesehen,  bleibt  ein 
„Linkmichl"  (ungeschickter  Mensch)  sein  Leben  lang.  Gern  holt  er  sich 
daher  das  Wanderrecht  und  schickt  sich  an,  zum  Thore  hinauszuziehen, 
den  „Bünggl"  (Bündel,  Felleisen)  auf  der  Schulter,  um  die  Lenden  eine 
breite  Binde  mit  langer  Quaste.  Nur  Muttersöhnlein  freuen  sich  nicht 
darauf.  Alle  Poesie  der  Fusswanderung  mit  ihren  Abenteuern  thut  sich 
vor  dem  fröhlichen  Wandergesellen  auf  und  unzählige  Volkslieder  wissen 
davon  zu  erzählen. 

Die  Wanderschaft  ging  gewöhnlich  nach  Deutschland  oder  den  gewerbe- 
treibenden Städten  Ungarns,  die  zum  grössten  Teile  deutsch  waren.  Dass 
er  sich  oft  mit  „Fechten"  behelfen  und  manchmal  wohl  auch  bei  der 
„grünen  Bettfrau"  sich  in  die  Herberge  legen  musste,  that  seiner  Fröhlich- 
keit keinen  Eintrag.  Nur  selten  machte  sich  einer  den  Bettel  zum  Gewerbe 
und  bildete  sich  zum  Stromer  aus.  Gewöhnlich  entschuldigte  ein  solcher 
mit  Kurzsichtigkeit,  die  dem  Tuchmacher,  da  er  die  Farben  genau  unter- 
scheiden muss,  die  Ausübung  seines  Handwerks  unmöglich  macheu  kann, 
seine  Beschäftigungslosigkeit.  Am  besten  ging  es  dem  Waudergesellen  in 
Städten,  in  denen  das  Tuchmachergewerbe  blühte.  Seiner  Bedeutung  wohl 
bewusst,  schritt  er  stolz  durch  die  Gassen  der  Stadt,  der  Herberge  zu,  den 
Bünggl  vorschriftsgemäss  auf  der  linken  Schulter;  dort  fand  er  gewöhnlich 
schon  wandernde  Brüder.  Der  Zunächstsitzende  musste  ihm  den  Bünggl 
abnehmen  und  selben  dem  Herbergsvater  übergeben,  der  dann  von  dem 
Anköumiling  nach  Vorschrift  gegrüsst  wurde.  Mit  Gruss  und  Handschlag 
wurde  sodann  der  „Eingewanderte"  von  allen  Anwesenden  empfangen  und 
das  trauliche  „Du"  tönte  ihm  entgegen,  mochten  seine  neuen  Kameraden 
auch  vom  Rhein  oder  von  der  Nord-  und  Ostsee  sein.  Erzählungen  und 
Schnurren,  die  mit  Liedern  abwechselten,  vertrieben  dem  sorglosen  Völk- 
lein die  Zeit.  Waren  Landsleute  im  Orte,  so  steuerten  sie  Geld  zusammen, 
um  ihn  an  einem  Abende  „auszuschenken"  (bewirten).  Die  Vermittlung 
zwischen  Meister  und  Gesellen  übernahm  der  Herbergsvater.    Brauchte  der 


Hanclwerksbrauch  in  der  Tj^laiier  Sprachinsel  in  Mähren.  383 

Meister  einen  eingewanderten  Gesellen,  so  schickte  er  zwei  Groschen  in 
die  Zechhütte  (Herberge). 

Die  Knappen  hatten  viel  von  den  fahrenden  Schülern  sich  angeeignet. 
Sie  fingen  auch  manches  Studentenlied  auf.  So  lassen  sie  drei  Tuchknappen 
über  den  Rhein  ziehen  und  bei  der  Frau  Wirtin  einkehren.  Auch  das 
Lied  vom  Tabak  und  manch  anderes  war  ihnen  geläufig.  Aber  noch  mit 
ganz  anderen  Elementen  kamen  vielgewanderte  Burschen  in  Berührung. 
Das  Bedürfnis,  eine  geheime  Sprache  zu  haben,  machte  sie  mit  der  Gauner- 
sprache, dem  Jenischen,  vertraut,  sie  lernten  schmusen.  Sie  freuten  sich, 
wenn  sie,  ohne  dass  man  sie  verstand,  vom  Brod  (lechem)  reden  konnten, 
das  sie  gefochten  (getalft),  vom  Branntwein  (sorof),  den  sie  dafür  ein- 
getauscht, und  wenn  sie  ungescheut  über  des  Meisters  (bost)  und  der 
Meisterin  (kröne)  Schwächen  sich  unterhalten  durften^). 

Oft  genug  mochte  es  vorkommen,  dass  der  Wanderbursche  seine 
Heimatstadt  nicht  mehr  sah.  Es  machten  daher  die  Tuchscherer,  die  lange 
mit  den  Tuchmachern  eine  Zunft  gebildet  und  selbst  meist  aus  Deutschland 
eingewandert  waren,  das  Scherkind  (Tuchschererlehrling)  darauf  gefasst, 
indem  sie  ihm  häufig  bei  der  Aufnahme  folgenden  Mahnspruch  erteilten: 

Ob  ich  gleich  soll  inid  muss  mein  Vaterland  verlassen, 
Geh'  ich  doch  willig  fort  und  reise  fremde  Strassen. 
Sterb'  ich  in  fremdem  Lande, 
Ruh'  ich  doch  in  solchem  Sande 
Wie  in  meinem  Yaterlande. 

Nicht  selten  erwarb  der  Knappe  in  einer  fremden  Stadt  das  Meister- 
recht und  siedelte  sich  daselbst  an.  Des  Meisters  Töchterlein  Hess  ihn 
gar  oft  seiner  Lieben  daheim  vergessen.  Nur  ungern  sah  man  einen 
wackern  Gesellen  scheiden,  und  manche  Schü.ze  mochte  dabei  nass  werden. 
A'olkslieder  wissen  davon  zu  erzählen.  Doch  in  der  Regel  kehrte  der 
Bursche,  so  gern  er  in  die  Fremde  gegangen,  wieder  ebenso  gern  heim. 
Längere  Zeit  wusste  er  sich  fremdartig  zu  gehaben  und  kannte  wohl  auch 
einige  Brocken  einer  fremden  Sprache  oder  auch  nur  einer  ]Mundart,  oder 
hatte  gar  einen  verschnürten  Rock  und  aufgewichsten  Schnurrbart  und 
M^irde  so  der  Gegenstand  der  Bewunderung  nicht  nur  bei  Lehrlingen  imd 
jungen  Gesellen,  sondern  verursachte  auch  bei  den  Meistern  einiges  Auf- 
sehen. Doch  bald  trat  die  Alltäglichkeit  an  ihn  heran  und  zwang  ihn 
deich  den  andern  hinter  den  Wirkstuhl.  Nimmer  aber  konnte  er  die  Zeit 
seiner  Wanderschaft  vergessen,  sie  blieb  seine  liebste  Erinnerung. 

VHL    Der  Einfluss  des  Handwerks  auf  die  Sprache. 

Dass  ein  Handwerk,  das  fast  die  Hälfte  der  städtischen  Bevölkerung 
mittelbar     oder    unmittelbar    beschäftigt,     auf    das    geistige    Leben    und 


1)    Zu  diesen  Ausdrücken  vergl.  man  Ave-Lallemant,  Deutsches  Gaunei-tum,  3.  Teil. 

Zeitschrift  d.  Vereins  f.  Volkskunde.    1892.  26 


384  Piger: 

besonders  auf  die  Sprache  einwirkt,  ist  selbstverständlich.  Spielen  ja  selbst 
die  Kinder  in  Handwerkerstädten  zumeist  Handwerkerspiele-  Auf  die 
allgemeine  Schriftsprache  konnte  das  Tuchmacherhandwerk  keinen  be- 
sonderen Einfluss  ausüben.  Man  könnte  höchstens  hieher  rechnen:  ver- 
zetteln, herunterhaspeln.  Auch  in  der  eigenen  Stadt  kann  ein  nicht  all- 
gemein verbreitetes  Handwerk  die  Sprache  nicht  stark  beeinflussen.  Man 
sagt  wohl  agwirkt  (abgewirkt)  von  einem,  der  mit  seinem  Gelde  oder 
seinem  Verstände  fertig  geworden,  man  nennt  einen  täppischen  Menschen 
Motscher^),  weil  die  Tuchmacher  viel  in  verschiedenen  Flüssigkeiten  ohne 
sichtlichen  Erfolg  herumhantieren,  doch  vielmehr  derartige  Ausdrücke 
lassen  sich  nicht  finden.  Desto  grösser  ist  aber  der  Einfluss  allgemein 
vorkommender  Handwerke,  wie  das  der  Zimmerleute,  Schmiede,  Tischler, 
Schuster,  Schneider,  Gerber,  Bäcker  u.  s.  w.  Man  spricht  von  „über  die 
Schnur  hauen",  „verklopfen",  „in  die  Zange  nehmen",  von  „abgehobelten" 
und  „nicht  abgehobelten  Menschen",  von  ,,alles  über  denselben  Leisten 
schlagen,  einfädeln,  durchgerben,  altbackenen  Ansichten"  u.  s.  w.  u.  s.  w. 

Dieses   möge    genügen,    vielleicht  wird  es    einst  gelingen,    für  jedes 
Handwerk  seinen  besonderen  Einfluss  auf  unsere  Sprache  nachzuweisen. 


B.    Gerber. 


Man  unterschied  Weissgerber,  Lederer  und  Loh-  und  Rotgerber.  Die 
Lederer  verfertigten  Sohlleder  und  die  Loh-  und  Rotgerber  Oberleder. 
Heutigen  Tages  ist  diese  Unterscheidung  kaum  mehr  anzuwenden.  Auch 
bei  den  Gerbern  zeigen  die  Gesellen  mehr  Anhänglichkeit  an  die  Zunft- 
gebräuche als  die  Meister.  Erstere  haben  daher,  als  der  Zunftzwang  im 
Jahre  1859  zu  bestehen  aufgehört  hatte,  sofort  Bruderschaften  gebildet  zur 
Unterstützung  armer  Brüder  und  in  diese  das  Meiste  von  dem  zünftlerischen 
Treiben  herüber  gerettet.  Diese  Bruderschaften  geben  noch  heute  Gesellen- 
scheine aus,  die  den  Meistern  und  der  Behörde  gegenüber  wertlos  sind, 
dem  Inhaber  aber  bei  jeder  Bruderschaft  eine  nicht  unbedeutende  Unter- 
stützung sichern.  Kommt  der  notleidende  Geselle  an  Wochentagen,  so 
bekommt  er  hierzulande  80  Kreuzer,  an  Samstagen,  an  denen  der  Lohn 
ausgezahlt  wird,  das  Doppelte.  Mir  kam  zufällig  ein  solcher  Gesellenschein 
vor  Augen.     Er  lautet: 

„Wir  ehrsame  Loh-  und  Rotgerbergesellen  bestätigen  hiermit,  dass 
Bruder  N.  aus  Z.  im  Jahre  1881  vor  oifener  Lade  und  von  rechtschaffenen 
Gesellen  freigesprochen  wurde.  Urkund  dessen  sind  unsere  eigene  Unter- 
schriften."    Selbst    tschechische  Bruderschaften    ß-eben    deutsche  Gesellen- 


1)   Man   vergleiche   das    süddeutsche  G'matsch,   welches  dasselbe  bedeutet  wie  das 
lateinische  tabes. 


Handwerksbrauch  in  der  Tirlauor  Sprachinsel  in  Mähren.  385 

scheine  aus,  damit  ihre  Mitglieder  in  Kärnten,  Steiermark.  Nieder-  und 
Oberösterreich,  wo  man  auch  noch  auf  das  Zunftwesen  hält  Ansprache 
und  gegebenen  Falles  Unterstützung  finden.  In  früherer  Zeit  hatte  der 
Zünftler  vor  dem  Arbeiter,  den  etwa  der  Meister  bei  der  Gerberei  ver- 
wendete, gesetzlich  Vorrechte.  Sobald  einmal  die  Haut  in  die  eigentliche 
Werkstätte  kam,  durfte  sie  nur  mehr  der  Geselle  anrühren.  Aber  auch 
heute  wissen  die  Zünftlerischen  demjenigen  Gesellen,  der  sich  nicht  in 
ihre  Bruderschaft  aufnehmen  Hess  und  also  kein  Vertrinken  gab,  das 
Leben  sauer  zu  machen.  Sie  wissen  es,  besonders  wenn  sie  in  der  Werk- 
stätte die  Mehrzahl  bilden,  so  einzurichten,  dass  der  Nichtzünftlerische 
die  unbeliebteste  Arbeit  erhält,  am  ungünstigsten  Platze  seiner  Arbeit  ob- 
liegen muss  und  was  der  Plackereien  mehr  sind.  —  Die  Gerber  thun  mit 
ihren  Zunftgebräuchen  besonders  geheimnisvoll,  und  nur  mit  Mühe  konnte 
ich  etwas  Näheres  über  ihr  Treiben  erfahren,  denn  Geheimhaltung  scheint 
bei  ihnen  Gebot  zu  sein. 

Die  Auflage  zum  Zwecke  der  Beitragsleistung  halten  die  Loh-  und 
Rotgerber  wie  die  meisten  Gesellenbruderschaften  alle  4  Wochen  am 
Nachmittage  eines  Sonntags,  wobei  auch  die  Aufnahme  neuer  Mitglieder 
stattfindet. 

Die  Vorstandschaft  besteht  aus  dem  Altgesellen,  dem  Kumpan  (Stell- 
vertreter) und  dem  Junggesellen,  der  verschiedene  Dienstleistungen  zu 
versehen  hat.  Der  Altgeselle  schlägt  vor  einer  Rede  dreimal  mit  der 
Faust  auf  den  Tisch,  der  Kumpan  zweimal  und  der  Junggeselle  einmal 
wie  alle  bereits  aufgenommenen  Brüder.  Wer  noch  nicht  aufgenommen 
ist,  darf  auf  den  Tisch  nicht  aufschlagen. 

Mir  liegt  ein  gar  fehlerhaft  geschriebenes  Büchlein  vor,  in  welchem 
die  Regeln  der  Bruderschaft  enthalten  sind,  die  derjenige  auswendig 
lernen  muss,  der  aufgenommen  werden  will.  Diesem  Büchlein  folgend, 
will  ich,  nachdem  ich  da  und  dort  Belehrung  geschöpft,  dem  Leser  sagen, 
was  man  alles  wissen  muss,  um  ein  richtiger  zünftiger  Loh-  und  Rot- 
gerber zu  sein. 

AVenn  man  auf  die  Reise  geht,  so  muss  man  immer  Hut  und  Stock 
haben  und  auf  dem  Hute  ein  Tuch  oder  eine  Masche.  Beim  Einwandern 
in  eine  Stadt  trägt  man  den  Berliner  auf  der  linken  Schulter  und  den 
Stock  ebenfalls  in  der  linken  Hand,  der  Rock  ist  auf  drei  Knöpfen  zu- 
geknöpft. Wenn  man  bei  einem  Meister  vorspricht,  lässt  man  den  Berliner 
draussen  vor  der  Tliür,  der  Riemen  ist  gegen  die  Wand  gerichtet.  Kommt 
man  in  das  Zimmer,  so  grüsst  man  den  Meister,  je  nachdem  die  Zeit  ist, 
den  Stock  in  der  linken  Hand  haltend,  den  Rock  auf  drei  Knöpfen  zu- 
geknöpft, der  Hut  wird  ein  wenig  gehoben.  Jede  Rede  und  Gegenrede 
beginnt  mit  den  Worten:  „Mit  Gunst!"  Der  Geselle  tritt  vor  den  Meister 
und    sagt:    „Loli-    und  Rotgerbermeister   und  Gesellen  lassen   Sie  grüssen 

2(5* 


386  Piger: 

wegen    ehrsamen  Handwerks".     Darauf   erwidert  der  Meister:    „Ich  weiss 
nichts  anderes."     Jetzt  erst  fragt  der  Geselle  um  Arbeit  an. 

Wird  der  Geselle  angenommen  und  kommt  er  in  die  Werkstätte,  wo 
die  Gesellen  arbeiten,  geht  er  zum  ersten  hin  und  spricht:  ^,Erlaub' 
Bruder,  ist  Er  ein  Geselle?"  Darauf  antwortet  dieser:  „Zum  Erlauben: 
Bin  ich."  Sodann  fragt  er  wieder:  „Erlaub  Bruder,  was  bist  Du  für  ein 
Landsmann?"  Der  Angeredete  beantwortet  die  Frage  und  stellt  dieselbe 
Gegenfrage.  Das  Gleiche  thut  man  jedem  andern  Gesellen  gegenüber, 
indem  man  von  dem  einen  zum  andern  geht,  aber  immer  nach  der  rechten 
Seite  hin.  Erst  nachdem  dies  abgethan,  erhält  der  neue  Geselle  seine 
Arbeit  zugewiesen. 

Kommt  man  auf  die  Herberge,  wohin  übrigens  der  Handwerksbursche 
meist  zuerst  seine  Schritte  lenkt,  so  fragt  man  vor  allem,  ob  hier  Ge- 
sellen sind.  Wird  dies  bejaht,  legt  man  den  Berliner  auf  die  Bank  oder 
auf  den  Fussboden,  den  Riemen  wieder  der  Mauer  zugewendet.  Ist  der 
Altgeselle  anwesend,  der  den  Ehrenplatz  inne  hat  und  daher  von  dem  An- 
kömmling sogleich  erkannt  wird,  so  tritt  dieser  zu  ihm  hin  und  sagt: 
Hui  Gerber!  worauf  jener  antwortet:  Hui!  Hierauf  geht  man  zu  dem 
zunächstsitzendeu  Gesellen,  klopft  mit  der  Faust  einmal  auf  den  Tisch 
auf  und  spricht:  „Erlaub',  bist  Du  ein  Bruder?"  Auf  das  hin  stehen  alle 
Gesellen  auf  und  der  Angeredete  erwidert:  „Zum  Erlauben,  bin  ich." 
Darauf  der  Ankömmling:  „Erlaub'  Bruder,  was  bist  Du  für  ein  Lands- 
mann?" Dasselbe  wird  gegeugefragt.  So  stellen  sich  die  Gesellen  ein- 
ander vor,  indem  der  Angekommene  von  einem  zum  andern  geht,  aber 
wieder  nach  der  rechten  Seite  hin,  und  nie  über  den  Tisch  mit  einem 
spricht.  Ist  einer  der  Gesellen  ohne  Rock  oder  mit  Essen  oder  Karten- 
spiel beschäftigt,  so  muss  man  warten,  bis  der  betreffende  Geselle  den 
Rock  angezogen,  das  Essen  oder  das  Kartenspiel  zu  Ende  ist.  Giebt  Dir 
einer  zu  trinken,  heisst  es  in  den  Vorschriften,  so  sage  Prust!  (prosit!) 
oder  wie  man  auch  anders  sagt,  wenn  Du  aber  das  Glas  aufstellst,  so 
klopfe  auf  und  reiche  die  ganze  Hand  beim  Biertrinken,  die  zwei  Mittel- 
finger beim  Weiutrinken,  den  kleinen  Finger  und  Daumen  und  dann  die 
ganze  Hand  beim  Schnapstrinken.  Will  ein  Geselle  mit  dem  Ange- 
kommenen Bruderschaft  trinken,  so  hat  dies  folgendermassen  vor  sich  zu 
gehen: 

A. :    Ich  sage  mit  Gunst!  für  was  erkennst  Du  mich? 

B.:  Ich  sage  mit  Gunst!  für  einen  rechtschaffenen  Loh-  und  Rot- 
gerbergesellen.   Ich  sage  mit  Gunst!  für  was  erkennst  Du  mich? 

A. :   Ich  sage  mit  Gunst!  für  dasselbe. 

Hiernach  wird  auf  den  Tisch  geklopft,  mit  den  Gläsern  zusammen- 
gestossen,  Bruderschaft  getrunken,  dann  wieder  aufgeklopft  und  je  nach 
dem  Getränk  die  Hand  gereicht. 


Handwerksbraiich  in  der  Iglauer  Sprachinsel  in  Mähren.  387 

Bevor  ein  Zugereister  in  die  Bruderschaft  aufgenommen  wird,  muss 
er  14  Tage  in  der  betreffenden  Stadt  in  Arbeit  stehen.  Sodann  wird  er 
auf  dieselbe  Weise  aufgenommen,  wie  ein  Einheimischer,  den  der  Meister 
freigesprochen.  Die  Aufnahme  findet,  wie  bereits  oben  gesagt  wurde,  bei 
der  Auflage  statt,  die  alle  vier  Wochen  abgehalten  wird.  Ehe  der  Zu- 
gereiste oder  der  heimische  Bittwerber  in  die  Gesellenstube  eingelassen 
wird,  fragt  der  Altgeselle  dreimal:  „Mit  Gunst  Brüder!  Ist  dem  einen  oder 
andern  etwas  bekannt,  was  des  Meisters  und  der  Gesellen  Treu  und  Ehr' 
anlangt,  so  bringe  er  es  vor  und  verschweige  es  nicht.  Zum  erstenmale, 
zum  zweitenmale,  zum  drittenmale!  Verschweigt  er  es  für  dieses  Mal,  so 
verschweige  er  es  für  immer  und  allemal,  damit  Friede  und  Einigkeit 
unter  uns  bestehe."  Hat  niemand  etwas  gegen  den  Aufzunehmenden  ein- 
zuwenden, so  fährt  der  Altgeselle  fort:  „Mit  Gunst  Bruder  Junggesell', 
wirst  du  so  gut  sein  und  mir  die  Zugereisten  (Lehrlinge),  welche  schon 
über  14  Tage  arbeiten,  hereinrufen?" 

Nachdem  diese  eingetreten  sind,  schreitet  der  Junggeselle  vor  den 
Tisch,  auf  dem  die  offene  Bruderlade  steht,  klopft  einmal  auf  den  Tisch 
und  sagt:  „Bruder  Altgesell!  Hier  haben  wir  einen  Zugereisten  (Aus- 
gelernten), der  den  rechtschaffenen  Loh-  und  Rotgerbergesellen  beitreten 
will."  Sodann  tritt  der  Junggeselle  ab,  wenn  der  Aufzunehmende  nicht 
etwa  ein  Lehrling  ist,  dem  er  vielleicht  nachhelfen  muss.  Ist  der  Aufzu- 
nehmende ein  Fremder,  so  ist  die  richtig-e  Beantwortuno;  der  Fragen  des 
Altgesellen,  welche  auch  Spitzfragen  heisseu,  ein  Beweis,  dass  der  Bitt- 
werber bereits  anderswo  ein  richtiger  Geselle  war.  Es  entspinnt  sich  also 
zwischen  dem  Altgesellen  und  dem  fremden  Gesellen  folgendes  Zwie- 
gespräch, wobei  jede  Rede  und  Gegenrede  wieder  beginnt  mit  den  Worten: 
Mit  Gunst! 

Altgeselle:  Was  ist  dein  Begehren,  dass  du  hier  bei  der  Bruderschaft 
erscheinst? 

Fremder:  Was  jedem  rechtschaffenen  Loh-  und  Rotgerbergesellen 
widerfahren  ist,  soll  auch  mir  widerfahren. 

Altg. :  Was  willst  du  zum  Besten  geben  für  die  Bruderschaft? 

Fr.  sagt  was  er  geben  will. 

Altg.:  Was  bist  du  für  ein  Landsmann? 

Fr.  sagt  es. 

Altg.:  Bist  du  ein  Meisterssohn  oder  ein  Gelernter? 

Fr.  sagt  es. 

Altg.:  Wie  lange  lernt  man  bei  euch? 

Fr.:  Drei  Jahre. 

Altg.:  Sage  mir  deine  drei  Werkstätten,  in  denen  du  zünftig  über 
14  Tage  gearbeitet  hast? 

Fr.  sagt  sie. 

Altff.:  Wird  dort  auch  Handwerksbrauch  gehalten? 


388  Figer: 

Fr.:  Weiss  nichts  Anderes. 

Die  voransgelienden  Fragen  ist  jeder  imstande  zu  beantworten.  Von 
nun  an  folgen  aber  die  eigentlichen  Spitzfragen,  die  nur  ein  Zünftiger 
richtig  zu  beantworten  weiss. 

Altg.:  Was  hat  dir  der  Meister  auf  den  Weg  gegeben? 

Fr.:  Einen  Gruss,  den  ich  noch  nicht  ausgerichtet  habe.  Den  wnll  ich 
nun  ausrichten.  Meister  und  Gesellen  aus  N.  (nennt  die  Stadt,  in  der  er 
zuletzt  in  Arbeit  gestanden)  lassen  euch  grüssen  wegen  ehrsamen  Hand- 
werks. 

Altg.:  Ich  werde  den  Gruss  bei  der  nächsten  Bruderschaft  ausrichten. 

Altg.:  Wo  hast  du  gelernt? 

Fr.:  Bei  einem  zünftigen  Loh-  und  Rotgerbermeister. 

Altg.:  Worauf  hast  du  das  Handwerk  gelernt? 

Fr.:  Auf  Leder  und  Holz. 

Altg.:  Womit  hast  du  das  Handwerk  gelernt? 

Fr.:  Mit  Stahl  und  Eisen. 

Altg.:  Womit  war  die  Stube  bestreut  bei  deinem  Gesellenmachen? 

Fr.:  Mit  lauter  rechtschaffenen  Loh-  und  Rotgerbergesellen. 

Altg.:  Warum  wanderst  du  mit  dem  Berliner  auf  der  linken 
Schulter  ein? 

Fr.:  Weil  es  Handwerksgebrauch  und  Gewohnheit  ist. 

Altg.:  Warum  trägst  du  die  gelbe  Rolle ^)? 

Fr.:  Zum  Zeichen  des  ehrsamen  Handwerks. 

Altg.:  Warum  trägst  du  die  gelbe  Schürze? 

Fr.:  Dem  Meister  zum  Ruhm',  den  Gesellen  zur  Ehr. 

Altg.:  Wo  hat  das  Schild  gehangen?  (Das  Schild  ist  das  Wappen  der 
Loh-  und  Rotgerber  und  besteht  aus  einem  Bottich,  darüber  senkrecht 
ein  Falz  vom  Streich-  und  Schabeisen  überkreuzt). 

Fr.:  Es  hat  nicht  gehangen,  sondern  zwischen  Tisch  und  Decke 
geschwebt. 

Altg.:    Wieviel  Lichter  haben  gebrantit  bei  deinem  Gesellenmachen? 

Fr.:  Zwei.  Eines  zum  Tabakanzünden  und  eines  zu  Ehren  der 
Bruderschaft. 

Altg.:  Bei  was  bist  du  zum  Gesellen  gemacht  worden? 

Fr.:  Bei  Bier,  Wein  und  Schnaps. 

Altg.:  Wer  hat  dich  zum  Gesellen  gemacht? 

Fr.:  Eine  rechtschaffene  Bruderschaft. 

Altg. :  Was  für  einen  Rock  hat  der  Altgeselle  gehabt,  als  du  bist  zum 
Gesellen  gemacht  worden? 

Fr.:  Gerade  einen  solchen  wie  du  und  ich  und  hätte  ich  gewusst,  dass 


1)  Die  Eolle  ist  der  Berliner,  der  nach  der  Farbe  der  Lohe  gelb  sein  nmss  und  vom 
Ellenbogen  bis  zur  Sjjitze  der  Hand  reicht. 


Handwerksbrauch  in  der  Iglaucr  Sprachinsel  in  Mähren.  389 

du  so  neugierig  bist,  so  hätte  ich  einen  Knopf  von  den  dreien  abgeschnitten 
und  ihn  zum  Beweise  mitgebracht. 

Altg.:  Was  hat  der  Altgeselle  an  deinem  Leibe  gethan,  wie  du  bist 
zum  Gesellen  gemacht  worden? 

Fr.:  Er  setzte  mir  den  Hut  auf  den  Kopf,  gab  mir  den  Stock  in  die 
linke  Hand  und  sprach:  Damit  kannst  du  reisen  zu  Wasser  und  zu  Land 
und  begegnest  du  einem  Gerber,  so  alt  wie  der  Mährerwald,  und  hat  er 
einen  Bart  bis  auf  die  Schuh,  so  heisst  es  Bruder,  du  und  du. 

Kann  der  Fremde  diese  Spitzfragen  beantworten,  so  wird  er  gleich 
aufgenommen,  sonst  muss  er  noch  bis  zur  nächsten  Bruderschaft  lernen. 
Spitzfragen  werden  von  Gesellen  einander  auch  in  der  Herberge  oder  auf 
der  Landstrasse  gestellt.  Kann  einer  in  der  Herberge  die  Spitzfragen  nicht 
beantworten,  erhält  er  kein  Bruderschaftsgeschenk,  kann  er  sie  mangelhaft, 
muss  er  Strafe  zahlen.  Haben  auf  der  Landstrasse  durch  Beantwortung 
der  Spitzfragen  zwei  Gesellen  sich  gegenseitig  als  rechtschaffene  Zunft- 
brüder erkannt,  so  fühlen  sie  sich  als  Freunde  und  unterstützen  einander 
redlich  durch  Rat  und  That,  soweit  sie  es  vermögen.  Diese  Kenntnisse 
genügen,  um  ein  wackerer  Loh-  und  Rotgerbergeselle  zu  sein.  Die  er- 
wähnten Vorschriften  enthalten  nichts  Weiteres. 


C.   Maurer  und  Zimmerleute. 

Maurer  und  Zimmerleute  waren  nie  sehr  angesehen  unter  den  Hand- 
werkern, die  fast  geneigt  waren,  jene  für  blosse  Arbeiter  zu  betrachten, 
denn  selten  mochte  sich  ein  Maurer  oder  Zimmermann  zu  einigem  Wohl- 
stande aufschwingen.  Doch  auch  sie  halten  noch  an  dem  alten  Zunft- 
gebrauche fest  und  werden  noch  lange  daran  festhalten,  da  sie  nicht  Gefahr 
laufen,  von  den  Fabriken  verdrängt  zu  werden  wie  unsere  armen  Tuch- 
macher und  andere  Handwerker. 

Maurer  und  Zimraerleute  sind  Geschwisterkinder  und  gehen  an  manchen 
Orten  auch  nur  eine  Innung  ein,  aber  nichtsdestoweniger  sind  sie  gar  eifer- 
süchtig aufeinander.  AVenn  sie  am  Frohnleichnamstage  mit  den  übrigen 
Zünften  mit  „ihrem  Fahn"  ausrücken,  so  streiten  sie  regelmässig  um  den 
Vortritt.  Die  Zimmerleute  tlmn  sich  viel  zugute  auf  ihren  Patron,  den 
hl.  Josef,  den  Nährvater  Christi,  der  auch  ein  armer  Zimmermann  gewesen 
und  dem  Christus  selbst  die  Schnur  gehalten  haben  soll.  Die  Maurer  hin- 
gegen, die  nur  den  hl.  Rochus  zu  ihrem  Schutzherrn  haben,  sagen,  ihre 
Zunft  sei  die  ältere,  sie  reiche  bis  in  die  Römerzeit  zurück  und  habe 
früher  bloss  Adelige  als  Mitglieder  aufgenommen.  Man  sieht  deutlich,  dass 
in  unseren  Maurern  noch  eine  dunkle  Erinnerung  an  die  Bauhütten  des 
Mittelalters  fortlebt.      ^ 


390  Piger: 

Die  Zunftgebräuche  sind  teilweise  dieselben  wie  bei  Tuchmachern  und 
Gerbern.  Bei  Maurern  und  Zimmerleuten  wird  dreimal  im  Jahre  Auflage 
gehalten  und  dadei  werden  auch  Lehrlinge,  wenn  sie  vom  Meister  frei- 
gesprochen sind,  in  ihre  Bruderschaft  aufgenommen. 

Doch  viel  wichtiger  als  die  Zunftstube  ist  für  Maurer  und  Zimmerleute 
der  Bauplatz.  Er  gilt  als  geweihter  Raum,  in  dem  jedes  unanständige 
Benehmen,  jedes  kecke  Wort  verpönt  ist.  Wer  flucht  und  schwört  oder 
Uneinigkeit  stiftet,  wird  nicht  geduldet,  die  Mitgesellen  selber  fordern  seine 
Entlassung.  Schon  die  Gefahr,  die  mit  jedem  Bau  verbunden  ist  und  jeden 
Augenblick  einen  aus  der  Brüder  Mitte  wegraffen  kann,  verleiht  dem  ganzen 
Gebahren  der  Maurer  und  Zimmerleute  bei  einem  Baue  einen  gewissen 
Ernst.  Es  gehen  daher  auch,  bevor  der  Bau  begonnen  wird,  alle,  die 
dabei  beteiligt  sind,  in  die  Kirche,  um  Glück  und  Segen  zu  erflehen. 

Will  ein  Wandergeselle  am  Bau  um  Arbeit  einsprechen,  so  lässt  er 
Stock  und  Felleisen  draussen,  wie  die  anderen  Gesellen,  vor  der  Thür. 
Yor  allem  muss  er  den  Baumeister  um  Aufnahme  bitten,  und  erst  wenn 
diese  gewährt  ist,  dürfen  ihm  die  Gesellen  Red'  und  Antwort  stehen.  Der 
Aufgenommene  muss  jedem  die  Hand  reichen,  selbst  wenn  er  einen  Feind 
treffen  sollte,  denn  auf  dem  Bauplatze  darf  sich  kein  Groll  äussern. 

Die  tägliche  Arbeit  verläuft  nicht  so  eintönig,  als  sich  es  mancher 
vorstellen  mag,  der  an  einem  Bau  vorübergeht.  Mit  dem  Gebete:  „In 
Gottes  Namen  fang'  ich  an,  Gott  soll  uns  segnen  diesen  Tag,  dass  uns 
kein  Unglück  g'schieht"  beginnen  Maurer  und  Zimmerleute  in  aller  Frühe 
ihr  Tagewerk.  Der  Polier  untersucht  jedesmal  die  Gerüstbalken,  hier 
Landenen  (lange  Tannen?)  genannt,  ob  sie  nicht  eine  ruchlose  Hand  ein- 
gesägt und  ob  das  Gerüst  überhaupt  nicht  überlastet  sei.  Jedem  teilt  er 
sodann  nach  seiner  Kraft  und  Einsicht  die  Arbeit  zu.  Wird  ein  Bau  ausser- 
halb der  Stadt  aufgeführt,  so  erlaubt  er  auch  ab  und  zu  Gesang. 

Viel  verspottet  wird  die  Langsamkeit  der  Maurer  und  Zimmerleute. 
Zu  der  langsamen  Bewegung  der  Säge  brummen,  wie  die  böse  Welt  be- 
hauptet, die  Zimmerleute  gern: 

"Wenn's  —  nur  —  Gott  —  gab, 
Dass  —  bald  —  Nacht  —  war. 

Wegen  der  Unkosten  und  Ungelegenheiten,  die  Maurer  und  Zimmer- 
leute verursachen,  hört  man  öfters  den  Stossseufzer: 

Behuf  uns  Gott  vor  teurer  Zeit, 
Vor  Maurer  und  vor  Zimmerleut'. 

Dem  Trünke  sind  Maurer  und  Zimmerleute  nicht  abhold,  wenn  sie 
sich  auch  zu  bescheiden  wissen. 


Handwerksbrauch  in  der  Iglauer  Spracliinsel  in  Mähren.  391 

Ein  Vierzeiliger  sagt  von  ihnen: 

Maurer  und  Zimmerleut' 
San  rechte  Lump'n, 
Wenn  sie  ka  Geld  nit  hab'n, 
Gehn's  zu  der  Pump'n. 

Der  Maurer  und  der  Zimmermann  sagt  aber  zum  Wirte  niclit:  „Schenk 
noch  eins  ein",  wie  die  anderen  Leute,  sondern:  „Bind'  no  ans  an". 

Auch  ihre  Ängstlichkeit,  besonders  die  der  Maurer,  wird  öfters  ver- 
spottet. Der  Ausdruck:  „Kaspar  räum'  dei'  Zeug  z'samm",  den  ein  Maurer 
zu  seinem  Kameraden  vor  einer  Einsturz  drohenden  Mauer  gethan  haben 
soll,  ist  hier  sprichwörtlich  für  das  Aufgeben  einer  misslichen  Sache. 

Grössere  und  kleinere  Festlichkeiten  unterbrechen  das  Einerlei  des 
Tagewerkes,  vor  allem  die  Grundsteinlegung  und  die  Aufrichtung  des 
Dachstuhls.  Die  dabei  üblichen  Gebräuche  sind  bekannt  und  überall  in 
Deutschland  gleich. 

Unter  den  Liedern,  die  bei  dem  Richtfest  gesungen  werden,  sticht 
das  Maurerlied  hervor,    das  jeder  ordentliche  Maurer  kennen  muss.     Es 

lautet: 

Im  Sommer  und  im  Mai 
Hammer  und  Köll'  erscheint. 
Die  Nachtigall  thut  singen, 
Das  Meistergeld  thut  klingen, 
Da  hebt  sich  eine  Lust 
In  unsres  Herzens  Brust. 

Man  zieht  die  Schnur  hinaus 
Nach  Regel  und  Handwerksbrauch, 
Den  Zirkel  zum  Abstecken, 
Den  Zollstab  zum  Abmessen 
Die  rechte  Läng'  und  Weit', 
Die  Höh'  ist  auch  dabei. 

I  Wo  kommen  Kirchen  her, 

Häuser,  Schlösser  noch  vielmehr? 
Die  Häuser  auf  die  Bürsten  (Pfähle) 
Wir  aufbauen  müssen. 
Auf  Moos  und  trock'nes  Land, 
Ist  unser  Handwerksstand. 

Kaum  ist  ein  Bau  vorbei, 
Da  giebt's  viel  Schmauserei, 
Viel  z'  essen  und  zu  trinken, 
Gcbrat'ne  Wurst'  und  Schinken, 
Gut  Bier  und  auch  ein'  Wein, 
Da  möcht'  ein  jeder  Maurer  sein. 

Die    letzte  Strophe  wissen   die   Maurer  gegebenen  Falles    folgender- 
massen  umzuändern : 


392  Thurab : 

Raum  ist  ein  Bau  vorbei, 

Da  giebt's  ka  Schmauserei, 

Nichts  zu  essen  und  nichts  zu  trinken, 

Keine  Wurst'  und  keine  Schinken 

Kein  Bier  und  auch  kein'  Wein, 

Der  Teufel  möcht'  da  Maurer  sein. 

Nur  selten  lässt  ein  geiziger  Bauherr  diesen  Spott  über  sich  ergehen. 
Das  Lied  der  Zimmerleute  ist  dem  der  Maurer  ähnlich,  nur  erscheint 
statt  des  Hammers  und  der  Kelle  die  Axt  und  das  Beil. 


Zur  neugriecliisclieii  Volkskunde. 

Von  Dr.  Albert  Tlmuib. 


III.   Der  Elidonas. 

Wir  haben  früher  (Zeitschr.  II,  285 — 293)  verschiedene  Formen  volks- 
tümlicher Mantik  besprochen,  die  mit  dem  Mirenglauben  in  Zusammenhang 
stehen.  Eine  solche  Beziehung  fehlt  vollständig  bei  einer  andern  Orakel- 
form, die  in  ganz  Griechenland  verbreitet  ist  und  sich  in  ihren  Orundzügen 
direkt  an  die  Mantik  der  Alten  anknüpfen  lässt:  ich  meine  den  sogenannten 
Klrjdovag  (Klidonas). 

Soweit  Mitteilungen  aus  Agina  in  Betracht  kommen,  berichte  ich 
wiederum  nach  'HQSituzrjg  (2.  Programm  p.  3 — 11). 

Das  Wort  xlijdovag  ist  uralt:  es  ist  das  altgriechisclie  ij  xXrjöwv  bezw. 
xk€r]d(6p,  das  bei  Homer  in  der  Bedeutung  „Vorzeichen,  Vorbedeutung" 
begegnet,  z.  B.  Odyss.  18,  117.  Herodot,  Äschylus,  Sophokles  kennen  das 
Wort  in  derselben  Bedeutung;  die  späteren  haben  Ableitungen  dazu  ge- 
bildet wie  xlT]dovL^a)  „eine  Vorbedeutung  geben,  als  eine  Vorbedeutung 
aufnehmen",  xXrjdovio/iwg  „Wahrnehmen  eines  Vorzeichens  aus  zufälligen 
Worten  und  Lauten",  xlrjöoviOTijg,  xlrjö6viafj.a.  Das  zu  gründe  liegende 
Wort  y.lrjöoji'  hat  im  Neugriechischen^)  eine  etwas  abweichende  Umbildung- 
erfahren:  statt  *ri  xlrjönva,  wie  wir  nach  sonstiger  Analogie  erwarten,  ent- 
stand o  xlrjönvag  mit  Zurückziehung  des  Accents  und  Geschlechtswechsel; 
die  Ursachen  dieser  Umbildung  sind  mir  nicht  ganz  aufgeklärt;  an  die 
Form  */}  xXrjöova  erinnert  vielleicht  noch  das  in  Thessalien  neben  o  xXnj- 


1)  In  mittel  griechischen  Texten  ist  das  Wort  bis  jetzt  nicht  belegt;  wenigstens 
geben  weder  Ducange  noch  Sophokles  (Greek  Lcxicon  of  the  Roman  and  Byzantine 
periods,  1888)  Belege.  Das  Wort  taucht  erst  in  der  neugriecliischen  Volkssprache 
wieder  auf. 


Ziir  neugriechischen  Volkskunde.  393 

dovag  gebräuchliche  rä  ytlridovu.  Von  den  Ableitungen  scheint  in  der 
heutigen  Sprache  nichts  mehr  zu  existieren.  Die  Bedeutung  des  Wortes 
verschob  sich  im  Xeugriechischen  in  der  Weise,  dass  es  auf  eine  ganz 
bestimmte  Art  von  Vorzeichendeutung  eingeschränkt  wurde. 

Das  Johannisfest  ist  der  allgemein  übliche  Tag  für  den  xAifdorag^); 
in  Thessalien,  wo  er  eine  wesentlich  andere  Gestalt  hat,  ist  der  1.  Mai 
dazu  bestimmt '),  auf  Cypern  der  1.  bezw.  3.  Mai").  Auf  Ägina  sind  zwei 
Tage  dazu  ausersehen,  das  Fest  Johannis  des  Täufers*)  und  der  Himmel- 
fahrtstag. Der  Klidonas  ist  überall  (auch  in  Thessalien)  Sache  der  Mädchen; 
die  Burschen  dürfen  nicht  daran  teilnehmen,  können  sich  jedoch  von  Mutter 
oder  Schwester  vertreten  lassen,  indem  sie  diesen  irgend  einen  kleinen 
Gegenstand  als  „Zeichen"  (s.  unten)  geben. 

Ein  Mädchen  ^),  welches  die  Vorbereitungen  übernommen  hat,  sammelt 
zunächst  am  Vorabend  von  allen  Teilnehmerinnen  kleine  Abzeichen  {or]- 
(.läÖLo)  ein,  wie  Ringe,  Münzen  und  dergl.,  und  wirft  dieselben  in  einen 
Krug,  der  bis  dahin  noch  nicht  benutzt  wurde  (aovQxo^)  xavari):  der  Krug 
wird  hierauf  mit  „unbesprochenem"  Wasser  (ajullrjTo'')  vsqo)  gefüllt,  d.  h. 
mit  solchem  Wasser,  das  vom  Brunnen  geholt  werden  musste,  ohne  dass 
die  Wasserträgerin  irgend  ein  Wort  w,echselte  —  eine  nicht  ganz  leichte 
Leistung,  wenn  man  das  lebhafte  Treiben  griechischer  Schönen  am  Dorf- 
brunnen kennt.  Auf  Kreta  holt  ein  Knabe  das  afiUrjvo  vego;  als  Grjfxddia 
werden  Früchte  (Birnen,  Äpfel),  die  mit  einem  Zeichen  versehen  sind,  in 
den  Krug  geworfen^).  Auch  in  den  NeoalX.''Av(xl.,  wo  leider  eine  Angabe 
der  Herkunft  fehlt,  wird  ähnliches  mitgeteilt,  dass  man  nämlich  mit  Gold- 
streifen verzierte  Äpfel  gebrauche,  die  mit  besonderen  Kennzeichen  ver- 
sehen werden.  Mit  einem  Frauenfez  oder  einem  roten  Tuch  wird  der  Krug 
bedeckt,  mit  Myrten  und  Lorbeer  geschmückt  (Passow).  dann  mit  Hilfe 
eines  Zweiges  der  Brustbeere  (?tCug)ta)  zugebunden,  wobei  noch  gar  die 
Enden  des  Zweiges  mit  einem  Hängeschloss  geschlossen  werden.  Zu  dieser 
Ceremonie  spricht  man  die  Verse: 


1)  s.  Passow  Carmina  popularia  Graeca  p.  014.  Jeannarakis,  Kretas  Volkslieder 
p.  340.     NtofXlrivixu  'Avc'dtxitt  I  338,     KaviXXäxrii,  Xiaxa  'Aväk(x%n  (Athen  1890)  p.  3-21. 

2)  'Em Ca  1890  (I)  268. 

3)  ZttXiUänio?,  Tu  KvnQiaxä  I  (1890)  p.  709.  Auf  Cypern  nennt  man  den  Gebrauch 
loayov^i  70V  Mü  >Mailied'- :  doch  begegnet  das  Wort  xX)\6ovc(g  in  dem  von  ZaxakÜQioi 
II  180  mitgeteilten  Lied,  das  während  der  Ceremonie  gesungen  wird. 

4)  daher  "AC-Fiawiov  lov  xXridovu  oder  "yli-Fictwiov  nov  ßnlvovn  in  ^lyxä 
(,,Johanni,  wo  man  die  oi^ixä  [s.  u.]  legt")  genannt. 

5)  Nach  Pervanoglu,  Kulturbildcr  aus  Griechenland  (Leipzig  1880)  p.  84  werden 
zwei  Mädchen  damit  betraut. 

(j)   Derselbe  Ausdruck  auch  Neoekl.  'Aväk.  a.  a.  0. 

7)  Solches  Wasser  spielt  auch  sonst  eine  Rolle,  vergl.  z.  B.  Wachsnnith,  Das  alte 
Griechenland  in  neuen,  p.  53.     Bekanntlich  begegn(>t  es  auch  im  deutschen  Volksglauben. 

8)  Jeannarakis  a.  a.  0.  • 


394  Thumb: 

KXsidcoaaTe  tov  xItJöüvk  /lis  t^  ai-rmvviov^)  ttj  xciql 
^vQLO  d^a  cpaveqcod^i]  novbg  eivs  QitLuctQig. 

„So  schliesset  nun  den  Klidonas;  sei  gnädig  uns  Johannis! 
Denn  morgen  wird  es  offenbar,  wem  Glück  von  uns  beschieden." 

Während  der  Nacht  bleibt  der  Krug  im  Freien  stehen,  „damit  ihn  die 
Sterne  schauen""),  wird  aber  vor  Sonnenaufgang  ins  Haus  gebracht,  weil 
man  fürchtet,  dass  die  Sonnenstrahlen  die  gute  Wirkung  wieder  aufheben 
könnten.  Übermütige  Burschen  machen  sich  oft  das  Vergnügen,  den  Krug 
verschwinden  zu  lassen  und  so  die  armen  Mädchen  zu  kränken ;  denn  alles 
war  dann  umsonst  —  %vvovv  xal  zalya  xai  %u  xakd&ia  „sie  verlieren  die 
Eier  samt  dem  Korb"^).  An  manchen  Orten  bestellt  man  daher  zwei 
Mädchen  zur  Wache*). 

Am  Morgen  des  Festtages'*)  versammeln  sich  die  Mädchen  und  Mütter, 
um  den  Hauptteil  des  Klidonas  vorzunehmen.  Ein  Knabe,  der  mit  einem 
roten  Tuch  bedeckt  wird,  hat  die  Aufgabe,  den  Krug  zu  öffnen®).  Zur 
Eröffnung  des  xXrjdnrac,  d.  h.  während  der  Verschluss  des  Kruges  gelöst 
wird,  spricht  eines  der  Mädchen  ein  Distichon,  das  auf  Ägina  so  lautet ''): 

Idvol^ers  TOV  xXrdova  f.is  T^^Ai-riavviov  zrj  %aQi, 

^tJ^isqu  cpavEQiJüVSTai,  noiog  dve  QL^ixccgig. 

„So  öffnet  nun.  den  Klidonas;  sei  gnädig  uns,  Johannis, 

Denn  heute  wird  es  offenbar,  wem  Glück  von  uns  beschieden." 

Was  den  Mädchen  eigentlich  die  Hauptsache  ist,  verrät  deutlich  eine 
andere  Fassung^)  des  Spruches,  die  bei  geringer  Abweichung  des  ersten 
Verses®)  also  schliesst: 

Gtj/.ieQa  (pavEQtüVExai  6  viog  nnv  &ä  f.i8  naQ7] 

„Heute  wird  mir  kund  gethan  der  Mann,  der  mich  wird  nelnnen." 

Aus  zwei  Distichen  besteht  der  einleitende  Spruch  auf  Kreta,  der  nach 
der  genaueren  Fassung  von  Jeannarakis  (Kretas  Volksl.  Nr.  309)  lautet: 


1)  bezw.  fih  tov  Xqiotov  irj  x"Qh  j^  "^^^i  fl^"^  Tage  (s.  oben). 

2)  j/£«  va  to  fSovvs  Taax(Qiu  (Ägina  und  nach  den  NtoiXk.  'AydL),  ocaiQoq>(yyinCi''(<' 
(Kreta). 

3)  Dieser  Zug  nach  den  NtotU.  'Aval.  a.  a.  0.  und  nach  Bent  p.  161  (los). 

4)  Passow  a.  a.  0. 

5)  3.  Mai  in  Cypern. 

6)  Dieser  Zug  wird  nur  aus  Ägina  besonders  hervorgehoben. 

7)  Von  'HofiMirji  wird  zwar  nicht  besonders  erwähnt,  dass  der  Spruch  in  diesem 
Moment  gesagt  werde,  aber  da  er  Nr,  1  der  (jiCixn  (s.  unten)  ist,  so  besteht  darüber  kein 
Zweifel. 

8)  NtotlX.  'AväXtxta  a.  a.  0.  p.  334. 

9)  ''ix'' "A'i- Fittwiov. 


Zur  neugriechischen  Volkskunde.  395 

^Avni^Eze  tbv  Tili^önvcc  'gz'  ai-Fiawinv  rr^  XocQi 
Kai  ori(.iEQO  &£vcc  ßQs^ij  anov  V«  QitixocQig. 
Kai  Tiäli  §avavoi^ETe  va  ßyf^  y.al  rb  öixov  lorj 
Toij  xalof-ioiQag  xal  §c(^'ijg  vä  ßyfj  to  qi^lxov  totj^). 

(V.  1.  2  wie  oben.  .3.  4:  „Und  öffnet  nun  zum  zweitenmale,  auf  duss 
ihr  eigenes,  der  Glücklichen,  Blonden  Schicksalslos  herauskomme"). 

Nach  dieser  Einleitung  sagt  ein  Mädchen  irgend  eines  der  vielen 
Disticha  auf,  die  speciell  für  den  nkr^dovag  (wenigstens  auf  Ägina)  im 
Volksmund  geläufig  sind;  inzwischen  holt  der  Knabe ^)  ein  o)]jnadi  hervor, 
das  der  Besitzerin  übergeben  wird;  in  jenem  aufs  Geratewohl  gesagten 
Spruche  erkennt  man  eine  Andeutung  des  künftigen  Schicksals.  Dieses 
Spiel  wird  wiederholt,  bis  alle  „Zeichen"  wieder  in  die  Hände  ihrer  Be- 
sitzerinnen gelaugt  sind. 

Nur  in  unwesentlichen  Dingen  finden  wir  in  andern  Gegenden  kleine 
Abweichungen:  z.  B,  während  das  or]ixddi  gezogen  wird,  ruft  ein  Mädchen 
einen  beliebigen  herbei,  auf  dass  er  irgend  eines  der  zahlreichen  Distichen 
sage,  die  von  Liebe  handeln^).  Nach  den  Neoell.  L^vaAexr«  singen  die 
Mädchen  selbst  der  Reihe  nach  allerhand  Disticha,  während  die  Lose  ge- 
zogen werden*). 

Auf  Ägina,  wie  gesagt,  bestehen  ganz  bestimmte  Sprüche  y,QitLxd^\ 
die  nur  für  diesen  Zweck  gebraucht  werden.  Aus  der  Sammlung  von 
^H()Su6TT]g  teile  ich  einige  mit.  Sie  versetzen  uns  gewöhnlich  in  eine  genau 
gezeichnete  Situation;  eine  so  allgemeine  A^erheissung  wie  Nr.  3  bei 
'HQ€i(üTrjg  ist  wohl  nur  eine  Art  Einleitung  zu  den  folgenden  Sprüchen, 
von  denen  gleich  der  erste  zu  den  grössten  Hoffnungen  berechtigt: 

"Avoi^exs  T^g  xdf-iaQeg  xal  ozqoJoxe  tcc  ßsXovda, 
Fid  vd  nsQdo''  b  ßaoiXiag  i-is  rr.  ßaaiXonovXa. 
(„Öffnet  die  Kammern  und  leget  Sammetteppiche, 
Damit  der  König  vorbeiziehe  mit  der  Königstochter"). 


1)  Varianten  hei  Fassow  (bezw.  Bybilakis):  V.  2.  arifinjov.  Qt^ixünr].  3.  y.m  nükiv 
tbv  ^uyot'ifTf.  J/zö  TOT]  {Siy.öiCr]  B.).  4.  ^nvdris.  vci  äyfj.  (va'iäTi.  qiCixoiCt]  B.).  Die 
Varianten  bei  Passow  (mit  Ausnahme  von  va  Jj/;])  sind  eine  Folge  von  ungenauer  Auf- 
zeichnung der  gesprochenen  Sprache.  —  Das  zweite  Distichon  des  Spruchs  hat  'Hoeitötrn 
mit  unerheblicher  A1)weicliung  als  selbständigen  Spruch  angcfülu-t  (anter  Nr.  3) : 

Kai  näli   '^avavoiitJt    vu  ßyf,  xai  i6  Sixö  T»js 
T^g  y.aXofxoi'Qcci  r^g  xvQÜg  ib  ;^()iioo  ^tCixo  jr)g. 
[Diese  Auf/ciclmung  giebt  übrigens  nicht  genau  den  Dialekt  von  Ägina  wieder.] 

2)  Ein  Mädclien  auf  Kreta  und  sonst,  s.  Jeannarakis  und  Passow;  ein  „kleines" 
Mädchen  nach  den  NeoUl.  "Aval,  und  HaxtlUnnag  a.  a.  0.  Ich  bemerke  beiläufig,  dass 
auch  im  Altertum  zu  solchen  Zwecken  „keusche  Knaben"  verwendet  wurden. 

3)  Jeannarakis  a.  a.  0.,  Passow  a.  a.  0. 

4)  Ähnlich  aufCypern;  die  einleitenden  Verse  sind  andere  als  die  oben  angeführten, 
s.  Zaxf.'k'KäQiog  II  180. 


396  Thumb: 

Vornehmlich  ist  es  die  künftige  Ehe,  von  denen  die  meisten  Sprüche 
handehi.     So  wird  auf  die  Aussteuer  angespielt  (Nr.  6): 

"Falidi,  XQVooipaXiöo,  nov  xoßeig  Ta  ßelovöa, 

KnSsig  T^g  vt(prjg  ra  riQOixicc  nah  xov  yaf.niQnv  ra  qovxc- 

(„Schere,  goldene  Schere,  die  du  Sanmiet  schneidest. 

Du  schneidest  die  Aussteuer  der  Braut  und  des  Bräutigams  Kleidung") 

oder  ihre  Pracht  hervorgehoben  (Nr.  7): 

ndnlioiiia,  yiQVGo  nanliof.ia  oo"  Qaßovve  'g  z^v  Ilokri 

Kai  6s  'g  10  ^STsXsicovovvs  s^TJvta  ovo  f^iaGxoQoi. 

(„Eine  Decke,  eine  goldene  Decke  nähen  sie  dir  in  der  Stadt') 

Und  nicht  vollenden  sie  dir  zweiundsechzig  Meister"). 

Einer  andern  wird  ein  Gatte  aus  fremdem  Land  verheissen  (Nr.  14): 

"Eva  xuQaßc  sQxezai  and  t^v  EyylrjzsQa 
Kai  cpsQveL  xä  oxsqxxvia  ooi>,  aonQT]  iitov  naliGxiQa» 
(„Ein  Schiff  kommt  her  von  England 
Und  bringt  dir,  weisse  Taube,  deinen  Brautkranz  mit") 

oder  es  wird   einem  jungen  Manne   ein   „weisses  Täubchen"  aus  England 
in  Aussicht  gestellt  (Nr,  16,  ganz  ähnlich  Nr.  15): 

"Eva  xaQctßi  sQxexai  ano  xr^v  'EyyXrjXEQa 
BaOTciei  xai  'gr^  nQV(.ivyj  xov  f^iiav  aauQrj  nsXioxeQa. 

Auch    rühmt    man    die    vornehme   Schwägerschaft  der  künftigen  Ehe 
(Nr.  13): 

!//^'  xi]  (.iLav  axQr]  xovQuvoZ  ooo  va  nag  'g  xriv  alX?j 

^vinTe.'hEQtn  syafiafj.6  /iie  xi>pn  (.iByälrj. 

(„Bis  du  von  einem  Ende  des  Himmels  zum  andern  gehst  ^), 

Sind  wir  verschwägert  mit  einer  grossen  Frau"). 
Scherzhaft  ist  die  Strophe,   wo   einem  heiratssüchtigen  Mädchen  p]rfüllung 
ihres  Wunsches  in  Aussicht  gestellt  wird,  wenn  sie  nur  ruhig  warte  (Nr.  24): 

liaoe^  xoQYi^  l-irj  onovddCf]g, 

Kf  0  xaiQog  ^sld  oov  cpsQTj 

JayxvKiÖL  /iiea'  xo  yjQi 

JaxxvXidi  xi    ctQQeßiova 

Kai  'gT^   xecpaXri   xoQtuva. 

(„Bleib  sitzen,  Mädchen,  arbeite  nicht; 

Die  Zeit  wird  dir  doch  bringen 

Ein  Ringchen  an  den  Finger, 

Ein  Ringchen  und  Verlobung 

Und  auf  das  Haupt  den  Brautkranz"). 

1)  d.  i.  Konstantinopel. 

2)  Der  Vordersatz  ist  mir  nicht  recht  klar. 


Zur  neugriechischen  Volkskunde.  397 

Das   Glück    heimlichen  Liebesgenusses    erhofft    eine  andere  aus  dem 
Spruch  (Nr.  21): 

^e  naXei^vQL  yQi/^iszai  nalXrjxaQiov  i^iovccQi 

Kai  ynrcsliag  ^Tinxdjinao  fiF  tn  (.laQyciQnaQi- 

(„Am  Fenster  hängt  eines  Pallikaren  Gürtel, 

Und  eines  Mädchens  Hemd  mit  dem  Perlen  schmuck"). 

Und    dieses   Glück  wird   noch   gesteigert   durch  die  Verheissung  eines  un- 
schätzbaren Perlenschmuckes  (Nr.  19): 

MaQyaQiTccQ''  axii^iioxo  yQ6f.i£Tai  'gro  laifzo  ooi\ 
UalXr^xaQoixi  XtvreQo  unmäxai  gto  nXevQO  oov. 
(„Ein  unschätzbarer  Perlenschmuck  hängt  an  deinem  Halse, 
p]in  freier  Pallikare  schläft  an  deiner  Seite.") 

Doch    nicht    alle  Verheissungen  beziehen   sich  auf  die  künftige  Ehe, 
auch  andere  Dinge  werden  in  Aussiclit  gestellt,  vor  allem  Reichtum,  grosser 
Grundbesitz,  Schätze,  Dienerschaft: 
(Nr.  8.)     'Aveß'  anavio  'g  zb  ßnvvb  yat  xvttaSe  roig  yd/^iJiovg 
Kl    nüa  ^€vya<^ia  x/av  lÖTJg  va  fjve  zov  qiZixov  oov. 
(„Geh  hinauf  auf  den  Berg  und  betrachte  die  Felder, 
Und  soviel  Gespanne  du   siehst  —   alles  sei  dir  vom  Glücke 

beschieden.") 
(Nr.  18.)    "Eva  xaQccßi  eQX^tCiL  (ni  otccql  /lis  xQi^a()i 
Kai  TccTcoGxivlöia  zov  oXa  f,iaQyaQiTdQi 
(„Ein  Schiff  kommt  mit  Getreide,  mit  Gerste, 
Und  seine  Spreu  sind  lauter  Perlen.") 

(Nr.  22.)    ^'Oosg  iqvneg  biel  dXoqyog 

Tnanvg  oxXdßnvg  vdnntd^r^g, 

(„Wie  viele  Löcher  das  Sieb  hat, 

S'o  viele  Sklaven  sollst  du  dir  unterthan  machen.") 

Ein  bequemes  Leben  hat  ein  Mädchen  zu  erwarten,  wenn  ihm  folgende 
Verse  zufallen  (Nr.  11): 

Käae^  xnQ7],  odv  xäd^eoai  xct  xeQia  OTavQCü/.iiva 

K'  iy  f.iüli)a  oov  x'  ri  zv^r}  onv  ÖovXsiovpe  yid  oeva. 

(„Bleib  sitzen,  Mädchen,  wie  du  sitzest  mit  gekreuzten   Händen, 

Deine  Mire  und  dein  Glück  arbeiten  für  dich.") 
Ein  solch'  glückliches  Ding  brauclit  nicht  zuarbeiten:  das  besorgt  die  Mire 
für  sie,  gerade  wie  es  in  einem  Märchen  erzählt  wird^). 

Kriegerischer  Ruhm    wird    dem  Pallikaren    zu  teil,    dem  die  stolzen 
Verse  verkündet  werden  (Nr.  2): 


1)   B.  Schmidt,  Neugr.  Volksmärchen  Nr.  1. 


398  Tlmmb ; 

Kai  naXi  Bavoi^STS  va  ßyfi  6  y^aQniO(.iivng, 

WV  ola  Tcc  xäatQa  nolsfia  yal  ßyaivei  ysQÖe/uevng, 

(„Und  wieder  öffnet,  damit  herauskomme  der  Herrliche, 

Mit  allen  Schlössern  führt  er  Krieg  und  siegreich  kehrt  er  heim.") 

Einige  der  Sprüche  sind  mir  nicht  recht  verständlich;  es  werden  be- 
stimmte Gegenstände  angeredet: 

(Nr.  25.)     FovQva  f.iov  nslsxrjTi^ 
MaQiiiaQsvia  xal  yvri^ 
Kdd^s  räcoLO  to  xaiQO 
KdvEig  xQvo  ro  vsqo. 
(„Mein  schön  gemeisseltes  Becken, 
Aus  Marmor  und  wie  gegossen. 
Jedesmal  in  solcher  Zeit 
Machst  du  kühl  das  Wasser.") 

(Nr.  26.)    ^Aorif.ievio  f.iov  azskiTO, 
Gd  otE(pavtod^ovf.ie  cpszo. 

(„Mein  silbernes  Stilett, 

Wir  werden  dieses  Jahr  noch  Hochzeit  haben.") 

(Nr.  27.)     ^AarifXEvLo  (xov  qoIoC 

riov  siaai  (.ISO    TaQxovtoXo'i. 

(„Meine  silberne  Ulir, 

Du  bist  in  vornehmer  Gesellschaft^).") 

(Nr.  28.)    'Aöi^f-ievin  fxnv  (.ia%aiQi 

^8  yta)^  dvTQeicofievnv  xeqi 
(„Mein  silbernes  Messer, 
In  recht  tapferer  Hand.") 

(Nr.  29.)     KdviGXQo  (.lov  ynvQyovlaTo 
Kai  TQiavrdcpvXXa  yei-iaro 
(mir  unklar  wegen  des  ydvioxQo 'Kov})  und  70 t;(>70i)AaTo 'glu-glu- machend 
von  einem  enghalsigen  Gefässe). 

(Nr.  30.)     'Aori(.i8VLa  (.1  dXvoiöa, 

BlsQsg  eyco  nov  Ss  o  eido. 

(„Meine  silberne  Kette, 

Seit  Tagen  sah  ich  dich  nicht.") 

Inwiefern  Nr.  25.  29.  30  zum  xlijöovag  gehören,  weiss  ich  nicht.  Bei 
Nr.  26.  28  müssen  wir  uns  wohl  in  der  Anrede  die  Besitzer  der  betreffenden 
Gegenstände  (arj/ndöia  s.  oben)  denken;  für  diese  passen  dann  die  angefügten 
Worte  und  können  als  Omen  aufgefasst  werden. 


1)    ttQxo^^oXoC  „die  Honoratioren". 


Zur  neu^echischen  Volkskunde.  399 

Wie  wir  sehen,  sind  alle  diese  Sprüche  glückverheissend  —  ein  mensch- 
lich begreiflicher  Zug;  will  doch  niemand  mit  eigenem  Munde  Unheilvolles 
aussprechen,  denn  nomen  est  oraen^). 

Die  Sprüche,  von  denen  wir  eine  Reihe  mitgeteilt  haben,  heissen 
Qil^ixa;  so  heissen  aber  auch  die  a/]uädia,  jene  Gegenstände,  die  als  Zeichen 
der  einzelnen  Teilnehmer  in  den  Krug  gelegt  werden;  daher  „öng  (xot 
Qitiy.ö  va.  onv  ßäviu  'g  xov  xlT]öova^  wo^®^  ^^^^^'  ^^^^  oiLiy.n^  damit  ich  es  dir 
in  den  Klidonas  lege",  „ßalvio  va  iöio  vo  qiIlao  f.inv^  „ich  lege  ein,  um 
mein  qi^ixö  (Schicksal)  zu  sehen",  oder  kurz  „ßaivco  za  QiCtyd^  „ich  lege 
die  Qitiy-a^.  Da  nun  die  Orakelsprüche  sozusagen  mit  dem  Hervorholen 
der  Gru-idöia  wie  Lose  gezogen  werden,  so  kann  mau  mit  Doppelsinn  sagen 
ßydvovvs  rd  Qitcxd  oder  ßyaivo)  vd  Idai  zo  QiCixö  f.iov  „Man  zieht  die  (ntmd 
(d.h.  Schicksalslose)",  „ich  ziehe,  um  mein  Qitutö  zu  sehen". 

Das  Wort  QiOy.ö^)  hat  interessante  Bedeutungswandlungen  durch- 
gemacht, die  ich  kurz  skizzieren  will:  zunächst  bedeutet  das  Wort,  seinem 
Ursprung  aus  risico  (rischio)  entsprechend  „Wagnis"  periculum  malum 
(Passow,  Carm.  pop.  Index  s.  v.),  dazu  das  Verbum  l>iCiy.d()(i)  andere^). 
Einen  allgemeineren,  wenn  auch  dem  Grundwort  immer  noch  nahestehenden 
Sinn  erhält  QtCixn  durch  die  Bedeutung  „Geschick"  „Schicksal"  (ro  QiCutn 
1.10V  eIvs  vd  ndi^ii)  avxö  „es  ist  mein  Schicksal,  das  zu  erdulden");  es  wird 
personificiert  gedacht  in  Wendungen  wie  „et  Xhi  xh  qiCixo  onv"'  „Was 
sagt  dein  Schicksal".  Erst  durch  den  Zusatz  eines  Adjektivs  wird  das 
neutrale  Wort  näher  bestimmt:  xo  Kalo,  xb  ofnoQcpo ,  to  xQ^voo  qi^ixo 
„Glück",  zb  xaxb,  xb  do%rif.io  Qi'Qixö  „Unglück",  wozu  die  allgemein  üb- 
lichen Adjektiva  yaloQiCutog  und  xayoQiCcxog*).  Weiter  bedeutet  (>/^txo 
auch  den  einzelnen  Schicksalsspruch,  insbesondere  die  oben  mitgeteilten 
Zweizeilen,  dann  den  Gegenstand,  der  als  arjf^idöi  beim  y.Xijdovag  verwendet 
wird  (s.  oben);  letztere  Bedeutung  entwickelte  sich  mit  dem  brachylogischen 
Gebrauch    von   ß(y)aivio    xd    Qitixd  =  ß(y)aivo}    xd   örjfxddia  vd  f.uii>io  xb 

QltlXC    lilOV^). 

Die  media  vox  qi^ixo  hat  auch  die  bestimmte  euphemistische  Bedeu- 
tung „Glück"  bekommen,  so  z.  B.  Jeannarakis,  Kretas  Volksl.  Nr.  176,  2; 
aber  auch  das  Pendant  dazu  „Unglück"  darf  uns  nicht  wundern,  cfr. 
Paspatis,  Xiaxbv  ritoooaQiov^  p.  312.  Doch  bedeutet  das  von  l)i^ixb  ab- 
geleitete (HtixaQig  ganz  allgemein  „glücklich"  (cfr.  Korais,  '.Axaxia  11  320), 

1)  Auf  Cypern  werden  freilich  auch  Disticha  mit  schlimmer  Vorbedeutung  vor- 
getragen, vgl.  2axiXläQiog  a.  a.  0. 

2)  qO^ixo  Ducange,  das  B.  Schmidt  verwirft,  auch  bei  Jeannarakis,  Kretas  Volksl. 
Nr.  176,  2  und  Index  s,  v. 

3)  In  derselben  Bedeutung  ist  das  Verb  ins  Albanesische  übergegangen,  vergl. 
G.  Meyer,  Wörterbuch  der  albanes.  Spr.    s.  v.  rizikomm. 

4)  cf.  Korais,  "Ataxia  II  166. 

5)  Dieselbe  Bedeutung  (-  ö»j^«J'<  jov  xkrjöavu)  hat  das  Wort  xkr/Sovas  in  einem 
Distichon  bei  Passow  Nr.  1023:  ro»'  xkij^ovä  /uov  ^Q()iH  xiX. 

Zeitschrift  d.  Vereins  f.  Volkskunde.     1892.  27 


400  Tlimnb : 

also  (l<iss(3llje,  was  y.aXoQiCixog.  Diese  Bedeutung  können  wii-  aucli  \'i\v 
Ägiiia  in  dem  oben  (p.  395)  mitgeteilten  Vers  feststellen  ^).  So  hat  also 
ein  Wort  seine  ursprüngliche  Bedeutung  nahezu  ins  Gegenteil  verwandelt; 
von  1)1^1x6  „gefährliches  Wagnis"  kommen  wir  zu  ^lUy-d^ig  „der  glück- 
liche" —  eine  volkspsychologische  Illustration  zum  Sprüchwort  „fortes  for- 
tuna  adiuvat". 

Wir  kehren  zu  den  Gebräuchen  des  xXijdovag  zurück.  ^Nachdem  man 
auf  die  geschilderte  Weise  die  Zukunft  der  Unverheirateten  erforscht  hat, 
folgt  der  xl'^öovag  für  die  Eheleute  nach  dem  gleichen  Verfahren;  aber  er 
hat  nur  den  Zweck  der  Unterhaltung  und  besteht  in  scherzhaften  Spott- 
versen oft  nicht  sehr  anständigen  Inhalts.    Auf  einem  Schweine  zu  reiten: 

KaßäXXa  zo  xoIqo 

Kai  cpeQS  yvQo 

(„Besteige  das  Schwein 

Und  reite  herum"), 

oder  einen  Esel  zu  hüten: 

"EuaQS  ipojpd  XI    ayyovQL 
Kl'   (x'ivTS  ffvla  zo  ya'idnvQi 
(„Nimm  Brod  und  Zwiebel 
Und  hüte  doch  den  Esel"), 

und  andere  liebliche  Dinge: 

//«(/   TTj  lere  loa 
Kai  B,vo    Ti]v  xaoida 
(„Nimm  das  Messer 
Und  schabe  den  Grind") 

werden  spottweise  den  armen  Eheleuten  zugerufen;  hier  ist  die  eigentliche 
Beziehung  zum  xlnjdovag  ganz  verwischt. 

Was  wir  bis  jetzt  dargestellt  haben,  bildet  gewissermassen  nur  ein 
Vorspiel  zum  Hauptteil  des  Klidonas.  Das  Wasser,  das  unter  den  be- 
schriebenen Ceremonieen  geweiht  und  verwendet  wurde  (In'CixövaQo 
„Schicksalswasser")  hat  geheimnisvolle  Kraft.  Man  giesst  es  zur  weiteren 
Verwendung  in  eine  flache  Schüssel;  jedes  Mädchen  wirft  zwei  Gersten- 
körner hinein,  die  es  dem  Maienstrauss ''^)  entnommen  hat.  Die  beiden 
(nicht  enthülsten)  Körner  vertreten  das  Mädchen  und  seinen  Geliebten; 
wenn   sie  aufeinander  zuschwimmen  und  zusammenstossen,    so  ist  das  ein 

1)  l'assow  deutet  den  betreffenden  Spruch  in  seiner  Sammlung  (Dist.  Nr.  85)  mit 
„qui  peviculum  alicuius  rei  init".  Diese  Bedeutung  hat  dort  das  Wort  sicher  nicht;  nur 
Messe  sich  streiten,  ob  nicht  (nitxürns  etwa  den  unbestimmten  Sinn  hat  ,.einer,  dem  ein 
Schicksalsspruch  zuteil  wird". 

2)  M((i]g,  IJlumonstrauss,  der  am  ersten  ]\Iai  an  der  Ilausthüre  aufgehängt  wird. 


Zur  neugriochiscliou  Volkslainde.  401 

jilückverheissendes  Zeichen;    fliehen  sie  einander,   so  haben  des  Mädchens 
Wünsche  keine  Aussicht  auf  Erfüllung. 

Näheren  Aufschluss  über  den  Namen  des  Zukünftigen  giebt  ein  anderes 
Mittel:  das  Mädchen  nimmt  einen  Schluck  Schicksalswasser  in  den  Mund 
(oder  giesst  etwas  davon  in  den  Schuh)'),  tritt  vor  das  Haus  und  wartet, 
bis  es  einen  (männlichen)  Namen  zu  hören  bekommt  —  es  ist  der  Name 
des  vom  Schicksal  bestimmten  Gatten^).  Wenn  nun  gar  dieser  Name  mit 
dem  des  schon  erwählten  Geliebten  identisch  ist,  so  besteht  natürlich  sichere 
Aussicht  auf  Vereinigung  der  Liebenden.  Treffen  aber  Schimpfworte  des 
Mädchens  Ohr,  so  erblickt  man  darin  eine  schlimme  Yorbedeutung. 

„Manchmal  trinken  die  Mitspielenden  das  in  dem  Gefäss  befindliche 
Wasser  aus,  und  wenn  bei  dem  Annähern  der  Lippen  das  Wasser  zu 
schäumen  und  zu  kochen  scheint,  so  ist  dies  ein  gutes  Zeichen  für  den 
Trinkenden;  wenn  hingegen  das  Wasser  ruhig  und  klar  bleibt,  so  ist  nicht 
viel  Gutes  zu  erwarten"  (Pervanoglu,  Kulturbilder,  p.  85). 

Auch  der  Brauch  des  Bleigiessens  ist  auf  Ägina  bekannt;  man  giesst 
das  flüssige  Metall  in  ein  mit  QitmnvBQo  gefülltes  Gefäss.  Ganz  gleich  ist 
die  Verwendung  des  Eiweisses^):  man  schüttet  es  ebenfalls  in  jenes  Wasser, 
um  dann  aus  den  Formen,  die  das  Eiweiss  annimmt,  eine  Deutung  heraus- 
zuklügeln: wenn  z.  B.  der  Liebhaber  ein  gebildeter  Mann  {diaßaof-ievog 
„belesen")  sein  wird,  so  werden  sich  die  Umrisse  eines  Mannes  zeigen,  der 
ein  Buch  in  der  Hand  hält  oder  schreibt;  oder  das  Eiweiss  formt  sich  zu 
einem  Schifflein,  in  dem  ein  Mann  das  Steuer  führt  —  ein  Seemann  wird 
dadurch  als  Gemahl  verheissen*). 

Wenn  auf  diese  Weise  nicht  nur  über  die  Frage  einer  künftigen  Ehe 
im  allgemeinen,  sondern  auch  über  Name  und  Stellung  des  bestimmten 
Gatten  das  Schicksal  befragt  ist,  sucht  man  weiter  Antwort  darauf,  bis 
wann  ein  Mädchen  seine  Verheiratung  zu  erwarten  hat.  Ein  Orakel, 
welches  diesen  Zweck  verfolgt  und  gleichfalls  zum  Klidonas  gehört,  wird 
in  den  NeoeIL^^vüI.  a.a.O.  mitgeteilt:  am  Nachmittag  des  Klidonastages 
werden  die  orn-iaöia  wieder  in  den  mit  qiIixÖveqo  gefüllten  Krug  geworfen, 
der  Krug  wird  an  einem  Dreiweg  aufgestellt,  und  die  Mädchen  ziehen 
wieder  unter  Absingen  von  Distichen  ihre  ar]ßadia  heraus.  Hierauf  schneidet 
sich  das  orakelsuchende  Mädchen  eine  Distel,  brennt  sie  etwas  an  und 
setzt  den  Zweig  dem  Nachttau  aus :  wenn  die  Distel  in  der  Nacht  aufblüht, 


1)  So  auf  los  nach  Bent. 

2)  Ebenso  in  den  Ntotll/AvaX.  a.  a.  0.  p.  334.  Ebenda  wird  der  Ausdruck  ünih]io 
viciö  im  Zusammenhang  mit  dem  erzählten  Brauch  erklärt:  das  Wasser  werde  a/nii.r]io 
genannt,  weil  man  nicht  sprechen  könne,  solange  man  es  im  Munde  hal)e.  Die  oben, 
p.  393,  gegebene  Erklärung  ist  allgemeiner,  d.  h.  sie  stimmt  für  alle  Fälle  und  ist  daher 
richtiger. 

3)  Auch  auf  los  nach  Bent,  p.  Ifi2. 

4)  Das  letztere  nach  NtoUk.  \lp(d.  a,  a.  0.  # 

27* 


402  Thumb : 

dann  schliesst  das  Mädchen  daraus,    dass  es  innerhalb  eines  Jahres  Braut 
sein  wird^). 

Ich  habe  bereits  oben  auf  eine  wesentlich  verschiedene  Form  des 
y.lrjöovaq  aufmerksam  gemacht,  wie  sie  in  Thessalien  und  zwar  zwischen 
Agrapha,  Pharsala  und  Trikkala  bekannt  ist.  Darüber  berichtet  Xqloto- 
ßaailriq  in  der  'Eovia  1890  (I)  268  f. 

Das  Wort  xlt^dovac;  bezeichnet  daselbst  nicht  nur  eine  bestimmte  Art 
von  Gebräuchen  zur  Erforschung  der  Zukunft,  sondern  auch  und  vor  allem 
die  Weihung  der  Quellen  und  Brunnen,  die  am  1.  Mai  stattfindet.  Diese 
Wasserweihe  des  1.  Mai  (jiQO)TO{.iayiä)  gehört  derselben  Kategorie  von  Ge- 
bräuchen an,  wie  die  Flurumgänge  und  Yerwandtes. 

Früh  am  Morgen  versammeln  sich  die  7-  bis  10jährigen  Mädchen  des 
Dorfes  festlich  geschmückt  in  Gruppen  von  je  fünf,  von  denen  jeweils  die 
jüngste  die  „Braut",  die  übrigen  das  „Brautgefolge"  darstellen.  Jene  ist 
aufgeputzt,  wie  wenn  sie  wirklich  Hochzeit  hätte;  so  trägt  sie  den  roten 
Schleier  wie  eine  rechte  Braut;  sie  wird  von  zweien  der  Kinder  geführt, 
während  die  beiden  andern  vorangehen,  einen  irdenen  Krug  (^oxaf.iva)  an 
den  Henkeln  haltend.  Der  Krug  wird  mit  „unbesprochenem"  ^)  Wasser 
angefüllt,  kleine  Gegenstände  von  Burschen  und  Mädchen  werden  hinein- 
geworfen, Zweige  von  allen  Bäumen  und  Sträuchern  gesammelt  und  gleich- 
falls in  den  Krug  gelegt.  So  ziehen  die  Kinder  zu  jedem  Brunnen  und 
jeder  Quelle  des  Dorfes.  In  jeden  Brunnen  wird  der  Krug  zur  Hälfte 
ausgeleert  und  dann  wieder  aufgefüllt,  wobei  die  Braut  sich  fortwährend 
verneigt  (nQooxvva'),  die  übrigen  eine  Art  Weihelied  singen: 

Urjyadi  MsadavLZtxo^) 

^ög  fiov  v€q6 

z/6g  fiov  ÖQOoia, 
Nä  ßdXio(.te  t«  xl/jdova 

T^v  U^ioToi^iaym 
Kai  ticcIl  vd  xä  ßydXio(.iE 

T^'lA'i-  Gavaoiov  to  yuu(.ia 
„Mesdanis  heimatlicher  Quell, 

Gieb  frisches  Nass, 

Gieb  Himmelstau; 
Wir  werfen  ein  den  Klidonas 

Am  ersten  Mai 
Und  holen  ihn  am  Morgen  drauf, 

Am  Taa:  des  Athanasius." 


1)  Ebenso  auf  los  nach  Bcnt  a.  a.  0. 

2)  Hier  uxquo  genannt. 

3)  bezw.  Kakvßiwitxo  u.  a.,  je  nach  dem  Namen  des  Dorfes  (MfoJ«v/,  KaXvßia  etc.). 


Zur  neugriechischen  Volkskunde.  403 

KlcuTGa,  vvcprj  (.C ,   xkcovoa, 

KXcOTGa    tu    XQEVTTQl, 

N  ccyiaaovv  tcc  nrjyddia^ 
iV'  ayiaa'  iy  xöafiog  ovXog, 
N  ayiaa  v  y.al  tcc  noTdf.ua. 

(an  das  Mädchen  gerichtet,  das  die  Braut  darstellt) 
„Stosse,  Braut,  zerstosse, 
Stosse  ein  den  Eimer  ^), 
Zur  Weihe  unsrer  Brunnen, 
Zur  Weihe  der  ganzen  Welt, 
Zur  Weihe  auch  der  Flüsse." 

Auch  während  die  Mädchen  von  einem  Brunnen  zum  andern  ziehen, 
werden  verschiedene  Lieder  gesungen;  ich  unterlasse  es,  die  Texte  mitzu- 
teilen, da  sie  zur  Feier  selbst  nur  in  loser  Beziehung  stehen. 

Am  folgenden  Tag,  dem  Fest  des  hl.  Athanasius,  öfiPnet  man  um  die 
Zeit  des  yuo(.ia  (jsvi.ia\  d.  h.  Va^^  Uhr  „die  ylTjönva'-'-  und  holt  die  hinein- 
geworfenen Gegenstände,  wie  Ringe,  Brechen,  Messer  heraus.  Aus  den 
Flecken,  welche  diese  Dinge  nach  28  stündigem  Aufenthalt  im  Wasser  be- 
kommen haben,  deutet  man  auf  das  künftige  Schicksal  des  Inhabers: 

Tov  Tivog  slv    td  xlrjöova; 

Tov  .  .  .  (r^g  .  .  .)  elv   xd  xX^öova, 

JJOV   ßaLVOf.l£, 

Av  eiv    T]  (.iBQCi  ()il^iy.id 

Nd  ßyovv  kafiTiQd^ 
Ki  av  SLVS  xaaoQiLiy.ijd 

Nd  ßyovv  öxovQid. 

„Sagt,  wem  gehört  der  Klidonas? 
Dem  (der)  N.  N.  gehört  der  Klidonas, 

Den  wir  erlosen. 
Wenn  Glück  das  heut'ge  Fest  verheisst, 

So  schein'  er  hell. 
Wenn  aber  Unglück  uns  bedroht. 

So  sei  er  schwarz. 

Die  Deutungen  beziehen  sich  nicht  nur  auf  die  Frage  nach  der  Heirat 
überhaupt,    sondern    auch    auf  andere  Dinge,    z.  B.  ob  die  Ehe  glücklich 
sein  wird  oder  nicht,  ob  der  betrefPende  lange  leben  wird,  oder  ob  er  eine 
baldigen  Tod  zu  erwarten  hat  u.  ä. 


1)  Nachahmung  eines  Hochzeitsgebrauches :  die  Braut  stösst  beim  Betreten  der  ehe- 
lichen Schwelle  mit  einem  Tritt  einen  irdenen  Krug  voll  Wasser  ein,  damit  ihr  Eintritt 
Überfluss  ins  Haus  bringe. 


404  Tliiiiul): 

Allen  Arten  des  >{).ijöovcfg  ist  eines  eliarakteristisch:  die  Bestimmung 
des  Schicksals  mit  Hilfe  von  kleinen  Gegenständen,  die  unter  bestimmten 
Ceremonieen  in  einen  Krug  mit  Wasser  gelegt  und  hierauf  herausgeholt 
werden.  In  diesem  Zug  stimmen  wenigstens  alle  Fälle  überein,  die  ich 
erwähnt  habe;  was  sich  daran  anschliesst  (z.  B.  in  Ägina)  oder  vorhergeht 
(Thessalien),  scheint  nicht  ursprünglich  dem  Klidonas  angehört  zu  haben. 
Auch  in  Bezug  auf  den  eigentlichen  Kernpunkt  des  Brauches  findet  man 
Yariationen,  deren  ich  schon  einige  kleinere  erwähnt  habe.  Etwas  bedeu- 
tender —  obgleich  sie  das  Wesen  der  Sache  nicht  verändern  —  sind  die 
Abweichungen,  wie  sie  sich  auf  Chios  finden.  Darüber  hat  Kavellä^triq  in 
seinem  für  die  Volkskunde  wertvollen  Buche  Xianä'Avalsy.xct  (Athen  1890) 
p.  321  ff.  Mitteilung  gemacht. 

Die  Einleitung  des  Klidonas  ist  ungefähr  wie  oben,  nur  kürzer;  man 
wirft  jedoch  nur  einen  Ring  in  das  betreffende  Gefäss.  Hierauf  setzt  man 
sich  im  Kreis  um  den  Krug  herum;  ein  von  den  Genossinnen  bestimmtes 
Mädchen  greift  rasch  hinein  und  sucht  ebenso  rasch  den  Ring  herauszu- 
ziehen, während  gleichzeitig  die  Nachbarin  zur  Linken  ein  Distichon  singt. 
Falls  jene  nicht  beim  ersten  Griff  den  Ring  erwischt  hat,  kommt  jeweils 
die  folgende  an  die  Reihe,  bis  es  einer  gelingt,  den  Ring  herauszuholen: 
wenn  nun  zufällig  im  gleichen  Augenblick  ein  Liedchen  beendet  ist,  dann 
glaubt  man,  dass  der  Inhalt  des  betreffenden  Distichon  eine  Prophezeiung 
für  jene  ist,  die  den  Ring  herausgeholt  hat.  Die  Distichen  sind  zum  Teil 
typisch,  zum  Teil  werden  sie  improvisiert;  die  meisten  werden  zum  Tanz 
gesungen,  nachdem  jedes  Mädchen  sein  Schicksal  erforscht  hat.  Weitaus 
die  Mehrzahl  der  Verse,  die  Kavelläyjjc  veröffentlicht  hat  (es  sind  im 
ganzen  32  Disticha),  sind  Neckereien  und  Spottverse,  also  von  der  Art  wie 
auf  Ägina  beim  Klidonas  der  Verheirateten.  Diejenigen  Distichen,  die  sich 
auf  das  eigentliche  Orakel  beziehen,  haben  den  formelhaften  Anfang 
"AvoiBexe  xbv  idijöova,  und  gleich  das  erste  ist  eine  Variation  zu  dem  oben 
(p.  394  f.)  erörterten  einleitenden  Spruch: 

^Avoi^exE  xov  xX/jöava  'gxo  ayf  rmvviov  x^  yiä^i 

Ki  oynja  \s  yaloQi^ixi]  xwqa  &£  va  f.(nQoßah]. 

„So  öffnet  nun  den  Klidonas,  sei  gnädig  uns,  Johannis, 

Und  wem  das  Glück  beschieden  ist,   wird  jetzt  das  Los  sich  zeigen." 

Es  ist  nicht  meine  Absicht  gewesen,  alles  zusammenzustellen,  was  vom 
Klidonas  aufgezeichnet  ist;  ich  wollte  nur  einiges  von  dem  mitteilen,  was 
aus  neuerer  Zeit  über  die  eigenartige  Sitte  mir  bekannt  wurde.  Ältere 
Literatur  verzeichnet  Wachsmuth,  Das  alte  Griechenland  im  neuen  p.  84, 
ohne  jedoch  seine  Angaben  zu  erschöpfen.  Leider  stehen  mir  nicht  die 
Hilfsmittel  zur  Verfügung,  um  die  Bibliographie  vollständig  anzuführen. 
Ich    verweise    etwa    noch    auf    die    etwas    abweichende    Darstellung    des 


Zur  noiiS'ri^<^l"schen  Yolkslanule.  405 

y^dovag  auf  Synie  bei  rQriyoQOTT.nvloq  'H  vrjaog  ^vf-irj  (Athen,  1877) 
p.  74 ff.  Die  Sitte  ist  schon  älteren  Keisenden  aufgefallen.  Ich  kann  es 
mir  nicht  versagen,  aus  einem  solchen  Reisewerke,  nämlich  von  Sonnini, 
einen  Auszug  über  den  Brauch  hier  folgen  zu  lassen,  einmal  weil  das  ge- 
nannte Werk  wohl  nicht  so  leicht  jedem  zugänglich  ist,  dann  weil  Berichte 
älterer  Reisenden  über  Volkskunde  leicht  der  Vergessenheit  anlieimfallen  ^). 
Die  Vorbereitung  am  Vorabend  wie  oben.  Der  Krug  bleil)t  über 
Nacht  unter  freiem  Himmel  stehen.  „Den  andern  Morgen,  d.  h.  am  Feste 
des  heiligen  Johannes  selbst,  kommen  sie  (die  Mädchen)  nach  beendigtem 
Gottesdienst  abermals  zusammen,  und  man  kann  sich  denken,  dass  keine 
von  ihnen  lange  auf  sich  warten  lässt.  Nun  werden  einige  Gebete  an  den 
heil.  Johannes  ^)  verrichtet,  die  im  Grunde  nur  Anrufungen  der  Liebe  sind ; 
hierauf  wird  das  Gefäss  mit  einer  religiösen  Sorgfalt  und  Feierlichkeit 
herbeigebracht,  geöffnet,  uud  von  jedem  Mädchen  eine  kleine  Quantität 
von  dem  geheimen  Wasser  nebst  ihrem  Apfel,  der  aber  bestimmt  der 
ihrige  sein  muss^),  in  ein  kleineres  Gefäss  gethan.  Über  dieses  machen 
sie  nun  mit  einer  ausserordentlichen  inbrünstigen  Andacht  das  Zeichen 
des  Kreuzes  und  sagen  dabei  folgende  Worte:  „„Grosser  heiliger  Johannes 
gieb,  dass,  wenn  ich  N.  heiraten  soll,  dieses  Gefäss  sich  rechts .  umdrehe, 
dass  es  sich  aber  links  umdrehe,  wenn  er  mein  Gatte  nicht  werden  soll."" 
Dasjenige  Mädchen,  das  dieses  Gebet  verrichtet  hat,  faltet  hierauf  die 
Hände,  sodass  die  Daumen  in  die  Höhe  und  von  einander  entfernt  stehen, 
eine  von  ihren  Freundinnen  stellt  sich  vor  sie  und  faltet  die  Hände  auf 
die  nämliche  Art.  Hierauf  wird  auf  diese  solchergestalt  in  die  Höhe 
stehenden  vier  Daumen  das  Gefäss  gestellt,  und  dieses  fehlt  dann  nie,  wie 
man  sagt,  sich  von  freien  Stücken  rechts  oder  links  umzudrehen,  und  da- 
durch zu  bestimmen,  ob  der  bezeichnete  Mann  der  Gatte  des  mit  Sehn- 
sucht auf  Antwort  wartenden  Mädchens  werden  wird  oder  nicht.  Alle 
übrigen  Mädchen  befragen  hierauf  dieses  seltsame  Orakel  auf  die  nämliche 
Art.  .  .  .  Wenn  die  Probe  mit  dem  sich  herumdrehenden  Gefäss  vollendet 
ist,  so  waschen  sie  sich  auch  mit  dem  geheimen  Wasser,  worin  ihre  Apfel 
geschwommen  haben;  hieraufgehen  sie  auf  die  Strasse,  und  der  erste  Mann, 
dessen  Namen  sie  hier  aussprechen  hören,  ist  der  ihnen  vom  Schicksal 
bestimmte  Gatte*)." 


1)  Sonnini  bereiste  1779/80  Griechenland,  besonders  die  Inseln  des  ägäischen  Meeres, 
Mir  liegt  die  Übersetzung  seines  Reisewerkes  vor:  „Reise  nach  Griechenland  und  der 
Türkei",  aus  dem  Französischen  übersetzt  von  Ch.  Wcyland,  Berlin  1801;  über  den  Kli- 
donas  p.  221  f.  Zur  Charakteristik  Sonninis  bemerke  ich  übrigens,  dass  er  geneigt  ist, 
seine  Mitteihmgen  über  gi-iechischcs  Volksleben  romanhaft  aufzuputzen;  das  gilt  liesonders 
von  seinen  Schilderungen  über  das  Liebesleben  der  Inselgriechen. 

2)  Offenbar  Sprüche  wie  die  oben  von  mir  mitgeteilten. 

S)    Der  Apfel  (das  oriuf'ah,  s.  oben)  wird  mit  einem  I\lcrknial  versehen. 
4)    Also  eine  Variation  zu  dem,  was  wir  p.  lOl  mitgeteilt  haben. 


406  Thumb:  Zur  neugriechischen  Volkskunde. 

Ich  habe  nicht  ohne  Grund  es  vermieden,  die  von  mir  mitgeteilten 
Orakelformen  mit  den  altgriechischen  zu  vergleichen:  da  ich  nur  einen 
kleinen  Beitrag  zur  Kenntnis  neugriechischen  Orakelwesens  gegeben  habe, 
so  hielt  ich  es  für  verfehlt,  solche  einzelne  Thatsachen  ohne  weiteres 
mit  der  antiken  Mantik  zu  verbinden:  man  würde  leicht  in  den  Fehler 
fallen,  auf  zufällige  Übereinstimmungen  zu  grosses  Gewicht  zu  legen. 
Denn  jene  Yergleichung  wird  nur  dann  methodisch  richtig  sein,  wenn  sie 
annähernd  die  Gesamtheit  der  neugriechischen  Erscheinungen  zu  der  Ge- 
samtheit der  altgriechischen  in  Beziehung  setzt  und  so  im  stände  ist,  die 
Züge  wesentlicher  Übereinstimmung  und  Verwandtschaft  von  bloss  zu- 
fälligen scharf  zu  scheiden.  Aber  zwei  Thatsachen  möchte  ich  doch  hervor- 
heben: 1.  man  wird  die  Elemente,  welche  die  neugriechische  Mantik 
charakterisieren,  auch  in  der  Mantik  der  Alten  wiederfinden  können,  und 
2.  darf  man  behaupten,  dass  der  xXijöorag  auf  bestimmte  altgriechische 
Orakelformen  zurückgeht.  Ich  weise  nur  auf  die  ylrjQoiiiavTela  der  Alten: 
kleine  Kieselsteine,  die  durch  Merkmale  unterschieden  werden,  warf  man 
in  ein  Gefäss,  betete  zu  den  Göttern  und  zog  hierauf  jene  Steinchen  wieder 
heraus,  um  aus  ihrem  Aussehen  eine  Deutung  der  Zukunft  zu  erschliessen. 
Gerade  diese  Form  des  Orakels,  die  wir  oben  als  eine  bestimmte  Variation 
des  Klidonas  kennen  gelernt  haben,  ist  auch  heute  nicht  vereinzelt;  sie 
findet  sich,  allerdings  nicht  im  Zusammenhang  mit  dem  Klidonas,  auch  bei 
dem  Quellorakel  des  "^'Ayioq  FewQying  BalaafAkrjg  auf  Amorgos,  wovon 
fast  alle  Besucher  der  Insel  zu  berichten  nicht  unterlassen  haben  ^); 
eine  Art  dieses  Orakels  besteht  nämlich  darin,  dass  der  Priester  aus  der 
wunderbaren  Quelle  Wasser  schöpft  und  die  zufällig  darin  vorhandenen 
Gegenstände  (Insekten,  Schlamm,  Blätter)  zu  einer  Weissagung  zu  deuten 
versucht.  —  , 

Doch  ich  breche  ab,  um  nicht  selbst  in  den  von  mir  gerügten  Fehler 
zu  verfallen.  Auch  die  Seite  des  neugriechischen  Volkslebens,  welche  ich 
in  den  vorliegenden  Blättern  besprochen  habe,  verstärkt  den  Eindruck, 
den  wir  überhaupt  beim  Studium  neugriechischer  Volkskunde  bekommen; 
Sitte  und  Volksglaube  der  heutigen  Griechen  ist  ein  Erbe  althellenischer 
Zeiten,  das  zwar  manche  Umwandlung,  Verstümmelung  oder  Erweiterung, 
hin  und  wieder  auch  fremde  Beeinflussung  erfahren  hat,  im  allgemeinen 
aber  doch  seinen  Ursprung  deutlich  an  der  Stirne  trägt. 


1)   Näheres   bei  Mrjhaocixrig,  'AfxoQyöi  (Athen  1884)  p.  37  und  zuletzt  Beut,   The 
Cyclades  or  Life  among  the  Insular  Greeks  (London  1885)  p.  481  f. 


Zwergsageli  aus  Nordfriesland.  407 

Zwergsagen  aus  Nordfriesland. 

Von  Christian  Jensen. 


Der  Afrikareisende  Mr.  Stanley  berichtete  in  seiner  Rede,  welche  er 
bei  der  Festlichkeit  hielt,  die  ihm  zu  Ehren  die  Geographische  Gesell- 
schaft zu  London  gab,  dass  er  und  seine  Begleiter  auf  der  letzten  Reise 
in  der  Nähe  des  Dorfes  Avetiko  am  Ituri  die  ersten  Zwerge  gefunden 
hätten.  Sie  durchzogen  mindestens  100  Dörfer,  welche  von  Zwergen  be- 
wohnt waren.  Er  beschreibt  diese  kleinen  Menschen,  welche  nur  39  bis 
50  Zoll  massen  (12  engl.  Zoll  =  3072  ^^'^)  folgendermassen :  „Die  Hautfarbe 
ist  ein  lichtes  Rötlich-Braun;  sie  sind  ausserordentlich  gleichmässig  gebaut 
und  könnten,  wenn  es  nicht  um  ihre  Kleinheit  wäre,  für  normale  Menschen 
gelten.  Sie  führen  ein  nomadisches  Leben,  sind  die  Zigeuner  des  Urwalds 
und  bei  den  anderen  Eingeborenen  des  Urwalds,  die  kleine  Flächen  der 
Wälder  gelichtet  und  bebaut  haben  und  sich  durch  grossen  Fleiss  aus- 
zeichnen, verhasst,  da  sie  stehlen,  wo  sie  können.  Sie  erweisen  sich  auch 
nützlich,  indem  sie  die  Mitbewohner  des  Urwalds  von  dem  Herannahen 
feindlicher  Stämme  verständigen  und  ihnen  bei  der  Verteidigung  helfen. 
Sie  fangen  auch  Wild  und  Vögel,  und  versorgen  mit  dem  Fleisch  und  den 
Federn  ihre  grossen  Mitbrüder.  Beim  Marsche  laden  die  Zwerge  die 
Lasten  den  Frauen  auf.  Einzelne  von  ihnen  kannten  die  nützlichen  wilden 
Pflanzen  und  die  essbaren  Schwämme."  Stanley  sagt,  diese  kleinen  Leute 
hätten  die  Herrschaft  über  ihr  Land  50  Jahrhunderte  behauptet,  und  ihr 
Geschlecht  habe  die  stolzen  Pharaonen,  das  auserwählte  Volk  von  Palästina, 
die  Könige  von  Babylon,  Niniveh,  Persien  und  die  Reiche  von  Rom  und 
Macedonien  überlebt. 

Mich  erinnerte  diese  Schilderung  lebhaft  an  die  Sagen,  nach  welchen 
unser  deutsches  Vaterland  einst  auch  von  Zwergen  bewohnt  war,  die  in 
den  Wäldern,  nicht  selten  auch  in  Höhlen  hausten.  Waren  nicht  diese 
auch  hilfreich,  wenn  ihre  grösseren  Mitbrüder  angefochten  wui'den?  Ob 
Siegfried,  die  reinste  Heldengestalt  unserer  Sage,  ohne  den  Zwerg  den 
Drachen  besiegt  hätte?  Aber  auch  manche  andere  Eigentümlichkeiten, 
wie  sie  Stanley  an  den  afrikanischen  Zwergen  sah,  treten  uns  entgegen, 
wenn  wir  den  Zwergsagen  in  Nordfriesland  nachgehen,  wie  sie  von  den 
Unterirdischen,  Onnerbalkissen,  Onnerbänkisseu,  Otterbaankin  (Föhr  und 
Amrum),  Önnereesken  (Sylt),  Aennerbansken  (Helgoland),  Uuuerbierts- 
wogter  (Wiedingharde),  Onnerersken  (Brecklum)  etc.,  erzählt  werden. 

Was  zunächst  die  Gestalt  der  Zwerge  betrifft,  so  heisst  es  darüber: 
Sie  hatten  einen  grossen  Kopf  und  kurze  krumme  Beine.    Vom  Niss  Puck 


408  Jensen: 

wirti^  ausserdem  erzählt,  dass  er  lange  Arme,  kurze  Beine,  einen  grossen 
Kopf,  aber  kleine  kluge  Augen  gehabt  habe.  Im  Sylter  Sprieliwort  sagt 
man  heute  noch:  „Hi  glüüret  üs  en  Puck!"  und  bezeichnet  damit  ein  an- 
haltendes, scharfes  Sehen.  Sie  waren  klein  von  Gestalt,  aber  sehr  stark. 
Über  die  Kleidung  heisst  es  fast  übereinstimmend,  sie  habe  aus  einer 
roten  Jacke  und  einer  kleinen  spitzen  Schlafmütze  auf  dem  Kopfe  be- 
standen und  zwar  war  diese  gewöhnlich  auch  von  roter  Farbe.  Der  Puck 
scheint  hier  eine  Ausnahme  gemacht  zu  haben,  da  er  eine  rote  Haube, 
eine  kleine  grüne  Jacke  und  rote  Hosen  anhatte.  Die  Aennerbansken 
auf  Helgoland  waren  mit  roten  Beinkleidern  un<l  grünen  Mützen  be- 
kleidet. —  Als  Fussbekleidung  trug  Puck  grosse  weiche  Pantoffeln,  auf 
welchen  er  auf  Böden  und  Treppen  umherschlarrte. 

Sonach  benutzte  er  als  Wohnung  die  Häuser  der  Menschen,  während 
sonst  Grabhügel  und  Grabkeller,  die  Kliffe  und  Ufer  der  Inseln,  kleine 
Hügel  des  Festlands  die  beliebteste  Wohnung  der  kleinen  Leute  waren; 
auf  Helgoland  hatten  sie  ihren  Hauptsitz  unter  der  grossen  Treppe^). 
Nach  der  Sage  waren  sie  früher  als  die  Menschen  erschaffen,  konnten  sich 
unsichtbar  machen,  waren  kräuterkundig  und  mit  Wunderkräften  begabt, 
liebten  Tanz  und  Musik.  Sie  waren  äusserst  geschäftig,  verfertigten  allerlei 
künstliche  Schmiede-  und  Töpferarbeiten^).  Den  Glockenton  und  die 
ackerbauenden  Menschen  mochten  sie  nicht  leiden,  doch  kam  es  vor,  dass 
sie  sich  mit  Töchtern  der  Menschen  verheirateten. 

Sie  stahlen  gern  Menschenkinder  und  verwechselten  sie  mit  ihren  eigenen 
verkrüppelten  Kindern^).  Dies  gelang  ihnen  allerdings  nur,  wenn  die 
Menschenkinder  noch  ungetauft  waren.  Diese  wurden  auch  geschützt  durch 
eine  Stopfnadel,  welche  man  in  die  Windeln  steckte,  durch  eine  kreuz- 
weise vor  die  Wiege  gelegte  Scheere,  durch  ein  auf  die  Wiegenkante 
aufrecht  (mit  der  Spitze  nach  oben)  gestelltes  Messer  (also  durch  Metall- 
sachen), durch  eine  in  die  Wiege  gelegte  Bibel,  durch  ein  brennendes 
Licht,  das  Bestreichen  der  Füsse  des  Kindes  mit  Butter  (Helgoland).  In 
ihrem  Bestreben,  die  Menschen  zu  ärgern,  pressten  sie  durch  ihre  Fuss- 
tritte  aus  den  niedrigen  Gegenden  der  dünnen  Erdscheibe  das  überflüssige 
Quell-  und  Flusswasser  heraus.  Als  beliebte  Nahrung  der  Zwerge  wird 
Brei,  mit  einem  guten  Stück  Butter  darin,  genannt.  Aus  dem  häuslichen 
Leben  der  Unterirdischen  ist  uns  ein  Wiegengesang  erhalten,  ebenso  das 
Lied  eines  glücklichen  Freiers,  und  die  Beschreibung  einer  Zwerghochzeit. 


1)  Oetker,  Helgoland,    Berlin  1855,  S.  li)3. 

2)  Von  diesen  findet  man  im  Morsumkliff  und  den  Ufern  von  Föhr  und  Amrum  noch 
grosse  Mengen  in  Gestalt  von  Röhren,  Dosen,  Töpfen,  Kugeln  u.  s.  w.  und  nennt  sie  auf 
Sylt  Ünnereeskpottjüg,  auf  Amrum  Traaldasker. 

3)  Vergleiche  Jensen,  Die  nordfriesischen  Inseln  Sylt,  Föhr,  Amrum  und  die  Halligen 
vormals  und  jetzt.  Hambui-g  1891.  Verlagsanstalt  und  Druckerei  Actieu- Gesellschaft 
(vormals  J.  F.  Richter).  S.  219 ff.,  wo  ich  im  Ahschnitt  ,.das  Kind  in  Brauch  und  Sitte" 
diese  Dinge  erwähnte. 


Zwergsagen  aus  Noidfrieslanfl.  401) 

Die  letzten  Zwerge  fanden  ihren  Tod  tlurcli  das  Feuer,  nachdem  sie  durch 
aufgestellte  Räder,  deren  Speichen  Kreuze  bilden,  an  der  Flucht  gehindert 
worden  waren. 

Nach  Kielholts  Aufzeichnungen  hiessen  auf  Sylt  die  Puken:  „IIus- 
puken",  auf  den  Schiffen  dagegen  „Klabauterniännchen",  uml  <liese  waren 
den  Zwergen  verwandte  Männlein.  Sie  lebten  vereinzelt,  waren  selten 
sichtbar,  oft  aber  durch  Poltern  hörbar  und  durch  ihre  Thaten  bemerkbar. 
Ihre  Wohnung  hatten  sie  in  Scheunen,  Ställen,  auf  Böden  und  Schiffen 
und  leisteten  nicht  selten,  wenn  ihnen  nichts  zu  Leide  gethan  wurde,  hilf- 
reiche Hand.  Hans  Kielholt  sagt  von  ihnen:  „Ick  heb  twar  wonderlicke 
Dingen  gehört  und  vormerket,  sonderlich  fan  de  Huspuken,  de  hier  in 
etlicke  huyser  gewesen  siut,  und  seggen  my,  wo  wol  ick  et  nicht  gelouen 
kan,  dat  dar  sint  fan  de  Puken  gewesen,  de  etlicke  worden  mit  de  luden 
gespraken  hebben  oder  geredet." 


Die  nachfolgend  mitgeteilten  Sagen  entstammen  grossenteils  einem 
handschriftlichen  Sagenbuche  C.  P.  Hansens,  die  übrigen  habe  ich  bei 
Gelegenheit  der  Stoffsammlung  für  mein  sclion  genanntes  Buch  gefunden. 

I.    Yon  der  Entstehung  der  Unterirdischen^). 

Es  w^ar  einmal  eine  Frau,  welche  fünf  hübsche  und  fünf  hässlicho 
Kinder  hatte.  Die  fünf  hässlichen  Kinder  waren  verwachsen,  sie  hatten 
kleine  kurze  Beine  und  ihr  Kopf  war  viel  grösser  als  der  anderer  Kinder, 
sodass  die  Frau  sie  niemand  zeigen  wollte.  Sie  verbarg  dieselben  deshalb 
im  Keller  und  Hess  sie  nie  mit  den  hübschen  Kindern  zusammenkommen. 
Da  kam  einst  der  Herr  Christus  zu  der  Frau.  Als  er  sie  fragte,  ob  sie 
noch  andere  als  die  ihm  gezeigten  fünf  hübschen  Kinder  habe,  sagte  sie 
„Nein!"  denn  sie  wusste  nicht,  dass  er  Christus  war.  Darauf  segnete  er 
die  fünf  hübschen  Kinder  und  sagte: 

„Asst  boppe  is,  schalt  boppe  blef; 
Asst  onner  is,  schalt  onner  blef." 

Deutsch : 

„Wie's  oben  ist,  soll's  oben  bleiben, 
Wie's  unten  ist,  soll's  unten  bleiben. 

Als  die  Frau  nach  ihren  hässlichen  Kindern  sehen  wollte,  war  der 
Keller  leer,  die  Kinder  waren  weg  und  kamen  nicht  wieder. 


1)  Müllenhoff,  Sagen,  Älärchen  und  Lieder  aus  Schleswig-Holstein  und  Laueuburg 
Nr.  379  (mit  Verweisung  auf  J.  Grinim.s  Aufsatz:  Die  ungleichen  Kinder  Evas  (Z.  f.  deutsch. 
Altertum  II,  '257  ff.)  Dr.  Clement  von  Amrum  teilt  diese  Sage  als  eine  Amringer  im  Lappen- 
korb, Leipzig,  184(5,  S.  ;5?.0,  mit. 


410  Jenseö: 

Aus  ihnen  sind  die  Unterirdischen  entstanden,  welche  in  der  Erde  am 
liebsten  in  Hügeln  wohnen. 

IL    Vom  Menschenraub  der  Zwerge  auf  Sylt^). 

Die  Zwerge  stahlen  oft  ungetaufte  Kinder  aus  den  Wiegen  und  legten 
statt  derselben  ihre  krüppelhaften  Wechselbälge  hinein.  Yon  diesen  Yer- 
wechselungen  leitete  man  daher  in  alten  Zeiten  den  Übelstand  ab,  dass  es 
verhältnismässig  viele  Missgestalten  unter  den  Einwohnern  der  Insel  gab. 
Um  die  Verwechselungen  zu  verhindern,  wurden  die  neugeborenen  Kinder 
nicht  selten  noch  im  vorigen  Jahrhundert  am  Tage  nach  ihrer  Geburt, 
spätestens  am  dritten,  getauft.  Jedenfalls  wurden  sie  bei  Tage  und  bei 
Nacht,  so  lange  sie  ungetauft  waren,  sorgfältig  bewacht.  Man  legte  ihnen 
zum  Schutze  eine  Bibel  in  die  Wiege.  Einst  wäre  es  aber  beinahe  den 
Zwergen  gelungen,  aus  einem  Hause  zu  Keitum  sogar  eine  Wöchnerin  zu 
rauben.  Der  Gatte  kehrte  jedoch  noch  zeitig  genug  vom  Felde,  woselbst 
er  beschäftigt  gewesen  war,  heim,  um  die  Räuber  zu  verjagen,  und  seine 
Frau  aus  dem  Netze,  in  welchem  sie  fortgeschleppt  werden  sollte,  zu  be- 
freien. Als  die  Zwerge  auf  ihrer  Flucht  einen  Augenblick  inne  hielten, 
rief  einer  derselben  dem  siegenden  Ehemanne  zu:  „Desmal  heest  du 
Wonnen,  man  sa  bald  üs  du  aur  din  Wüf  flockst,  da  sünkt  jü  deal  ön  de 
Grund,  en  kumt  nimmer  wedder  ap."  (Dieses  Mal  hast  Du  gewonnen, 
aber  sobald  Du  über  Deine  Frau  einen  Fluch  aussprichst,  wird  sie  in  den 
Grund  hineinsinken  und  nimmer  wiederkommen.)  Einige  Zeit  darauf  be- 
suchte die  Frau  eine  Gevatterin  und  blieb  ihrem  Manne  zu  lange  aus,  so 
dass  er  darüber  erzürnt  bei  ihrer  Rückkehr  in  die  Worte  ausbrach:  „Hur 
heest  du  Düwel  sa  lung  wessen?"  (Wo  bist  Du  Teufel  so  lange  gewesen?) 
Darauf  verschwand  die  Frau  und  kam  nie  wieder  zum  Vorschein. 

in.    Ein  Zwerg  verliebt  sich  in  eine  Rantumerin. 

Zu  dieser  bei  Müllenhoff,  Nr.  419  erwähnten  Sage  fand  ich  in  einer 
Handschrift  von  1824  den  Gesang  so  mitgeteilt: 

„Ik  skell  delhng  Maalt  grinj  en  mearen  bruu, 
En  ik  jit  Nekkepen,  en  min  Brid  jit  Jng, 
En  dit  weet  er  nemmeu  üüs  ik  alliining." 

Zu  deutsch: 

„Ich  soll  heute  Malz  mahlen  und  morgen  brauen, 
Ich  heisse  Nekkepen  und  meine  Braut  heisst  Ing 
Und  das  weiss  niemand  als  ich  allein. 


1)  Vergl.  Müllenhoff  Nr.  421. 


Zwergsagen  aus  Nordfriesland,  411 


lY.    Eine  Sylterin  heiratet  eiuen  Zwerg. 

Ein  junges  Mädchen  zu  Braderup  musste  das  Los  so  vieler  Lands- 
männinnen teilen,  mit  schweren  Arbeiten  namentlich  auf  dem  Felde  fast 
überladen  zu  sein.  Sie  fühlte  sich  deshalb  sehr  unglücklich  und  beneidete 
die  immer  fröhlichen  und  selten  arbeitenden  Zwerge,  die  sie  gar  oft  in 
ihren  unterirdischen  Wohnungen  singen  und  tanzen  hörte.  Eines  Morgens 
ging  sie  in  Begleitung  ihrer  Nachbarin  aufs  Feld,  um  dort  eine  Arbeit  zu 
verrichten.  Auf  ihrem  Wege  kamen  die  Jungfrauen  an  einem  Hügel  vor- 
bei, in  welchem  die  Zwerge  hausten.  „Wenn  man's  doch  so  gut  haben 
könnte,  wie  die  Leutlein  da  drunten!"  sprach  traurig  die  erste  der  Jung- 
frauen. „Möchtest  Du  bei  ihnen  wohnen?"  entgegnete  fragend  die  andere. 
„Ach  ja,  warum  nicht!"  Das  hatte  aber  einer  der  Zwergjünglinge  gehört. 
Als  nun  am  folgenden  Morgen  die  Mädchen  wieder  nach  dem  Felde  ge- 
gangen waren,  kehrte  die  erste  derselben  nicht  wieder  heim. 

Der  lauschende  Zwerg  hatte  sich  über  Hals  und  Kopf  in  sie  verliebt, 
um  ihre  Hand  geworben,  als  sie  abermals  seiner  Wohnung  sich  nahte  und 
sie,  da  sie  eingewilligt,  sofort  in  seine  unterirdische  Behausung  geführt 
und  geheiratet.  Die  Sage  fügt  sogar  hinzu,  dass  sie  unter  den  Zwergen 
glücklich  gelebt  und  ihrem  Gatten  mehrere  Kinder  geboren  habe.  Ihr 
werden  auch  die  Worte  des  Liedes  von  Finn  (Müllenhoff  Nr.  411)  in  den 
Mund  gelegt^). 

V.    Von  einer  dankbaren   Zwergin   zu  Braderup^). 

Einst  war  in  einem  Hause  zu  Braderup  (später  Wohnung  von  Theide 
Peters  Ww.)')  eine  frühere  Besitzerin  des  Hauses  mit  Bierbrauen  be- 
schäftigt. Unterdessen  schlüpfte  eine  dicke  Kröte  unter  der  Mauer  des 
Hauses  hervor  in  die  Küche  und  leckte  einige  verschüttete  Biertropfen  von 
der  Diele. 

Die  Wirtin  liess  das  durstige  Tier  gewähren,  ohne  es  zu  verscheuchen. 
Später  wurde  eines  Tages  der  Frau  gemeldet,  dass  eine  Zwergin  in  einem 
nahen  Grabhügel  in  Wochen  gekommen  sei  und  die  Zwergin  von  ihr  eine 
Wochenvisite  erwarte.  Die  Frau  ging  nach  dem  Hügel,  wurde  in  einen 
geräumigen  Keller,  in  welchem  die  Wöchnerin  samt  dem  neugeborenen 
Zwerglein  lag,  geführt  und  auf  das  Freundlichste  von  den  Zwergen  be- 
wirtet. Während  der  Mahlzeit  gewahrte  die  Frau  jedoch  über  ihrem  Kopfe 
einen  grossen  Stein  an  einem  dünnen  Faden  hangend.    Da  verliess  sie  die 


1)  Über  die  Hochzeit  der  Zwerge  vergleiche  Jensen,  Die  nordfriesischen  Inseln  etc., 
"S.  308  f.,  C.  P.  Hansen,  Sagen  und  Erzählungen.  Garding  1875,  S.  XI,  XII,  Friesische  Sagen 
und  Erzählungen,  Ältona  1858,  S.  155/56. 

2)  Vgl.  Müllenhoff  Nr.  B97. 

b)   Theide  Feters,  geb.  1764,  gest.  1819, 


412  .T.ni,^cn:. 

bisherige  SeeU-iirulit'.  Sie  Ijeiigto  sich  unwillkürlich  und  erwartete  mit 
Angst,  dass  der  Stein  auf  sie  fallen  werde.  —  Die  Wöchnerin  tröstete  sie 
aber,  indem  sie  sagte:  „Du  hast  meiner  geschont,  als  ich  während  meiner 
Schwangerschaft  nach  neuem  Bier  Yerlangen  hatte  und  mich  in  Deine 
Wohnung  schlich,  um  einen  Trunk  zu  erhalten;  glaubst  Du,  dass  ich  so 
undankbar  sein  könnte,  Dich  in  meiner  Behausung  umkommen  zu  lassen? 
Sei  unbesorgt,  geh'  ungefährdet  wieder  heim  und  nimm  diese  Späne  zum 
Andenken  an  mich  mit."  Die  Zwergin  w^arf  ihr  darauf  eine  Menge  Hobel- 
späne in  die  Schürze  und  entliess  sie.  Die  Frau,  froh,  dem  gefährlichen 
Loche  entkommen  zu  sein,  yerschüttete  auf  dem  Heimwege  die  meisten 
der  Hobelspäne.  Bei  ihrer  Zuhausekunft  wurde  sie  jedoch  mit  Erstaunen 
gewahr,  dass  die  mitgebrachten  Späne  in  Gold  verwandelt  worden  waren 
und  sie  bedauerte  es,  die  weggeworfenen  ungeachtet  alles  Suchens  nicht 
wiederfinden  zu  können. 

AT[.    Yon   der  Verwechselung  zweier  Kinder  durch   die  Zw^erge. 

a)  Ungeachtet  aller  Sorgfalt  wurde  einem  Manne  auf  Amrum  eines 
seiner  Kinder  yon  den  Onnerbänkissen ,  wie  die  Zwerge  hier  genannt 
werden,  gestohlen.  Das  Kind,  welches  an  die  Stelle  des  gestohlenen  ge- 
legt w^orden  war,  sah  diesem  aber  in  dem  Grade  ähnlich,  dass  die  Eltern 
anfangs  den  Betrug  nicht  bemerkten  und  später,  als  das  verlorene  Kind 
wieder  heimkehrte,  nicht  wnissten,  welches  von  beiden  sie  als  eigenes, 
rechtmässiges  Kind  anerkennen  sollten,  bis  ein  Zufall  ihre  Ungewissheit 
beseitigte. 

Es  war  zur  Zeit  der  Ernte.  Der  Hausvater  war  in  der  Tenne  und 
reinigte  mit  der  Wurfschaufel  das  Korn.  Da  sprach  eines  der  Kinder: 
„Also  thun  wir  nicht,  wenn  wir  unser  Korn  reinigen."  „Topp,"  erwiderte 
der  Yater,  „Du  bist  der  Sohn  der  Unterwelt!"  und  verstiess  diesen^). 


h)  Eine  Frau  auf  Föhr  hatte  ein  Kleines  in  der  Wiege.  Sie  musste 
in  der  Erntezeit,  da  Heumacher  nicht  zu  erhalten  waren,  ihr  Heu  allein 
zusammenbringen.  Es  war  ein  schöner  Tag  und  deshalb  nahm  sie  ihr 
Kind  mit  und  legte  es  am  Ende  des  Ackers  nieder.  Als  sie  eine  Weile 
gearbeitet  hatte,  ging  sie  hin,  nach  dem  Kinde  zu  sehen.  Wer  aber  be- 
schreibt ihren  Schrecken!  Neben  dem  Kinde  lag  ein  zweites,  ebenso  ge- 
kleidetes Kind,  welches  genau  so  freundlich  lächelte  als  das  andere.  Das 
eine  musste  ein  unterirdisches  sein;  aber  welches  war  es?  Sie  nahm  beide 
mit,  verpflegte  sie  wie  ihre  eigenen  und  kehrte  sich  an  das  Gerede  der 
Leute  nicht.    Doch  ging  sie  mit  den  beiden  Kindern  zu  einer  alten  hundert- 


t)   Vergl.  Müllenhoff,  Nr.  425,  3. 


Zwergsagen  aus  Nordfriesland.  413 

jälirigot)  FruLi,  dif  crfalirungsreicli  war  und  deshalb  viel  um  Rat  gefragt 
wurde,  und  fragte,  ob  sie  ihr  nicht  sagen  könne,  welches  Kind  das  der 
Unterirdischen  sei.  Das  konnte  sie  nicht,  aber  sie  gab  der  besorgten 
Mutter  doch  eine  Auskunft,  auf  welche  Weise  ihrer  Mutter  Grossmutter 
bei  ähnlichem  Zufall  Hilfe  geworden  war.  Die  Frau  mit  den  beiden 
Kindern  ging  heim  und  begann  nach  Anweisung  der  Hundertjährigen  die 
Stube  auszufegen,  indem  sie  den  Besen  umkehrte  und  mit  dem  Stiel  des 
Besens  auf  der  Diele  fegte.  Das  eine  Kind  in  der  Wiege  wurde  unruhig 
und  rief:  „Ich  bin  so  alt  wie  die  weite  Welt,  habe  aber  noch  nie  gesehen, 
dass  jemand  so  gefegt!"  Die  Frau  nahm  es  schnell  aus  der  Wiege  und 
setzte  es  zur  Thür  hinaus^). 


VII.    Von   der  Leckerheit  und  Reizbarkeit   der  Zwerge. 

Die  Zwerge  auf  Amrum  assen  gern  Grütze  und  sahen  es  sehr  gern, 
wenn  dieselbe  durch  ein  wenig  Butter  fett  gemacht  wurde.  Ein  Mann,  in 
dessen  Hause  einige  der  Unterirdischen  ihre  Wohnung  hatten,  wollte  aber 
seinen  Spass  mit  ihnen  treiben  und  legte  eines  Tages  die  den  Zwergen 
sonst  gewöhnlich  zugeteilte  Butter  unter  ihre  Grützportion  auf  den  Boden 
des  Topfes,  sodass  jene  anfangs  von  den  Onnerbänkissen  vermisst  wurde. 
Im  Zorne  hierüber  töteten  dieselben  sofort  ihrem  Hauswirte  eine  Kuh. 
Als  sie  jedoch  auf  dem  Boden  des  Topfes  die  übliche  Quantität  Butter 
fanden,  that  ihnen  ihre  voreilige  Rache  leid.  Um  ihr  Vergehen  wieder 
gut  zu  machen,  reiste  einer  der  Zwerge  nach  Föhr,  kaufte  dort  auf  Kosten 
der  sämtlichen  Unterirdischen  jenes  Hauses  eine  Kuh  und  führte  sie  dem 
Wirt  in  den  Stall"). 

A^in.    Dienstfertigkeit   der  Zwerge. 

Die  Alten  erzählen,  dass  westlich  von  Oldsura  auf  Föhr  die  Onner- 
bänkissen in  einer  Vertiefung,  welche  die  Lei  genannt  wird,  gehaust  haben. 
Sie  verstanden  das  Messerwetzen,  Sensenstreichen,  Schleifen  und  Haren 
(Dengeln)  sehr  gut  und  besser  als  die  Menschen.  Wenn  nun  jemand  eine 
stumpfe  Pflugschar  hatte,  so  legte  er  sie  abends  nach  Sonnenuntergang  an 
den  Rand  der  bezeichneten  Grube.  Er  musste  aber  einen  Schilling  darauf 
legen.  Dann  war  am  andern  Morgen  die  Pflugschar  blank  und  geschliffen, 
wenn  er  sie  abholte  und  der  Schilling  war  fort"). 


1)  Vcrgl  :  FeiTeng  au  ömreng  Allemnack  för't  Juai-  1893.    Fan  Dr.  Otto  Bremer  an 
Neggels  Jirrius.    Halle  1893,  Seite  65  ff.,  wo  diese  Sage  mundartlich  mitgeteilt  ist. 

2)  Dasscllic  ist  in  der  Ilattstcdter  Marsch   geschehen.     Vergleiche   auch   MüUenhoff 
Nr.  451,  2. 

;•)    Eine  ähnliche  Sage  teilt  MüUenhoö'  vnn  Sylt   mit  (Nr.  405),   auch  steht  sie  bei 
Chr.  Johausen  in  den  Schi. -Holst.  L.  .Tahrliüchern,  Bd.  IX,  S.  133. 


4.|4  Jensen: 

Auf  Helgoland  heisst  es,    dass  sie  dem  helfen,   dem  sie  wohlwollten, 
besonders  gern  den  Frauen  beim  Mahlen  des  Korns. 


IX.    Vom  Puk  auf  ßombüll. 

Ein  Puk  auf  Bombüll  (ein  grosser  Bauernhof  in  der  Wiedingharde) 
stand  in  der  Bodenluke  und  weidete  sich  an  seinen  zierlichen  krummen 
Beinen:  „Hirr  es  Pükkes  iin  Biin^),"  sagte  er  und  streckte  das  eine  Bein 
heraus.  „Hirr  es  Pükkes  ohr  Biin^),"  sagte  er  beim  zweiten.  „Eu  hirr 
es  Pükkes  allhieP),"  sagte  der  Knecht,  der  eben  mit  einer  Harke  ankam 
und  den  Puk  zur  Bodenluke  hinaUsstiess.  Ein  Gelächter  erscholl  —  und 
unten  lag  ein  Topf  in  Scherben. 

Kurze  Zeit  darauf  erwachte  der  Knecht  in  einer  sehr  gefährlichen 
Lage  —  quer  über  einem  Brunnen  liegend.  Das  war  eine  Warnung  der 
gutmütigen  Zwerge.  Auf  einem  bestimmten  Stall  daselbst  gedeiht  kein 
Tier,  deshalb  steht  derselbe  leer.  Man  hat  versucht,  ein  solches  dort  ein- 
zustellen, nachts  fegt  Puk  jedoch  die  Stalldiele  mit  demselben.  Früher 
ging  es  dort  besser,  da  hat  man  den  Zwergen  einen  Breitopf  hingestellt, 
damit  sie  bei  guter  Laune  bleiben  sollten.  Es  soll  dort  noch  soweit 
kommen,  dass  man,  um  sich  vor  der  Rache  der  Zwerge  zu  schützen,  ein 
Wagenrad  statt  einer  Thür  gebrauchen  muss;  was  man  übrigens  auf  einer 
zweiten,  jetzt  abgebrochenen  Bauernstelle  in  KlanxbüU  auch  gesagt  hat. 
Die  Zwerge  fürchten  sich  vor  dem  Rad  als  Symbol  der  Sonne  und  vor 
Stahl  und  Eisen,  die  auf  den  Blitz  deuten. 

C.  P.  Hansen  überliefert  diese  Sage  'in  der  folgenden  Fassung,  auch  anders  als  bei 
MüUenhoff,  Seite  331.  Die  Handschrift  ist  diejenige  seines  Vaters,  des  Sylter  Komödien- 
dichters J.P.Hansen,  die  Sage  wurde  also  vor  1855  aufgezeichnet.    Sie  lautet: 

„Auf  dem  Hofe  Bombüll  in  der  Wiedingharde  hauste  weiland  ein  sehr  gefrässiger 
und  leckerer  Puk.  Man  musste  ihm  nicht  bloss  allabendlich  eine  tüchtige  Grützmasse  auf 
den  Boden  des  Hauses  hinstellen,  sondern  dieselbe  mit  Butter  fett  und  wohlschmeckend 
machen,  sonst  war  der  Puk  nicht  zufrieden.  Einst,  als  die  Butter  teuer  und  rar  geworden, 
entzog  man  ihm  dieselbe.  Er  tötete  aus  Eache  sofort  die  beste  Kuh  im  Stalle*).  Darüber 
verschworen  sich  sämtliche  Hausgenossen,  dem  Kobolde  das  Leben  nehmen  zu  wollen. 
Eines  Tages  kehrten  die  auf  dem  Hofe  dienenden  Knechte  von  der  Feldarbeit  heim,  da 
gewahrten  sie  den  Puk  in  einem  Loche  am  Giebel  des  Hauses  sitzend,  die  Hofhunde 
neckend.  Einer  der  Knechte  schlich  auf  den  Boden,  ohne  dass  der  Puk  ihn  bemerkte. 
Dieser  hockte  noch  in  der  Giebelluke,  sich  bald  auf  dem  einen,  bald  auf  dem  andern  Bein 
wiegend,  und  hatte  eben  einen  Gesang  angestimmt,  in  welchem  er  sich  selbst  und  nament- 
lich  seine  Beine    ungeachtet   ihrer  Kürze    und  Dünnheit   rühmte*).    Plötzlich   stiess   der 


1)  Hier  ist  Puks  eines  Bein. 

2)  Hier  ist  Puks  anderes  Bein. 

3)  Und  hier  ist  Puk  vollständig. 

4)  Vgl.  MüUenhoff  Nr.  438. 

5)  Sein  Gesang  lautete  nach  Chr.  Johaunsen,  der  diese  Sage  dem  Besenbinder  Jens 
neben  Sylter,  Fölirer  und  Amrumer  Sagen  in  den  Mund  legt.  Die  Nnrdfriesische  Sprache 
nach  der  Föhringer  und  Amnimer  Mundart.    Kiel  1862,  S.  270,  folgendermassen ; 


Zwergsagen  aus  Nordfriesland.  ^15 

hinterlistige  Knecht  ihn  lieftig  an  und  warf  den  armen  Puk  auf  den  Hofplatz  hinunter, 
den  übrigen  Knechten  zurufend:  „Da  habt  ihr  ihn,  schlagt  ihn  nun  tot!"  Doch  als  diese 
mit  Flegeln  und  Stangen  auf  ihn  zustürzten,  da  lagen,  wo  der  Puk  gefallen  war,  nur  einige 
Topfscherben  dort.  Der  Puk  war  aber  uusichtbarerweise  in  seine  alten  Schlupflöcher  ent- 
kommen und  trieb  sein  Wesen  daselbst  in  der  Folge  wie  zuvor.  Indes  ärgerte  ihn  jener 
unfreiwillige  Flug,  welchen  er  aus  der  Bodenöffnung  hatte  machen  müssen,  über  die 
Massen,  und  er  beschloss  anfangs,  dem  Knechte,  welcher  denselben  veranlasst  hatte,  seine 
ganze  Wut  entgelten  zu  lassen.  Jedoch  später  besann  er  sich  eines  Bessern  und  nahm 
sich  vor,  grossmütig  sein  zu  wollen,  ohne  Zweifel,  um  dadurch  die  Hausgenossen  zu  be- 
schämen. In  einer  Nacht  bemerkte  er  den  ihm  besonders  feindlich  gesinnten  Knecht  auf 
dem  Hofplatze  schlafend.  Er  schlich  hinzu  und  trug  den  Schlafenden  nach  einem  nahen 
Brunnen,  nachdem  er  denselben  zuvor  geöffnet  hatte.  Er  stiess  den  Knecht  aber  nicht 
hinein,  sondern  Hess  ihn  am  Eande  des  Brunnens  liegen.  Als  der  Knecht  am  Morgen  er- 
wachte, erkannte  er  sofort  das  Gefährliche  seiner  Lage  und  dass  der  Puk  ihn  in  dieselbe 
versetzt  habe.     Er  besclüoss,  dem  Puk  nicht  mehr  nach  dem  Leben  stellen  zu  wollen. 

Später,  als  einst  grosser  Futtermangel  auf  dem  Hofe  entstand,  spielte  der  Puk  noch 
fortwährend  den  Grossmütigen  gegen  seine  früheren  Feinde.  Er  füllte  die  Scheune  des 
Hofes  mit  dem  erforderlichen  Heu  und  Stroh,  indem  er  dasselbe  von  den  Vorräten  des 
Nachbars  stahl,  wenn  diese  schliefen  und  er  rettete  dadiirch  das  Vieh  seines  Hausherrn 
vor  dem  Hungertode." 

MüUenhoff  fängt  diese  Sage  von  Niss  Puk  in  der  Luke  (Seite  331)  mit  der  Erzählung 
des  letzten  Umstandes  an  und  bemerkt,  dass  der  Puk  „die  Aufsicht  über  das  melkende 
Vieh  gehabt  habe".  Nach  ihm  neckt  der  in  der  Giebelluke  sich  sonnende  Puk  die  Leute, 
indem  er  denselben  auf  plattdeutsch  wiederholt  zurief:  „Hier  Puke  een  Been!  etc."  Der 
Knecht  stösst  ihn  herunter,  wird  zur  Strafe  von  ihm  aus  der  Kammer  geholt  und  über  den 
Brunnen  gelegt:  „Der  Sclireck  machte  ihn  lange  Zeit  krank!"  Eine  ähnliche  Sage  ist  aus 
HoUbüllhuus  bei  Schwabstedt  überliefert. 


X.    Der  verlorene  Kirchenbecher. 

Ein  Mann  aus  Yiöl  ritt  einst  nachts  heim.  Bei  einem  Hügel  be- 
gegnete ihm  ein  Unterirdischer  und  reichte  ihm  einen  Becher  zum  Trünke. 
Er  traute  ihm  nicht  und  goss  den  Inhalt  des  Bechers  weg,  den  Becher 
aber  nahm  er  mit  und  ritt,  so  schnell  er  konnte,  denn  es  wurde  ein  Lärm 
hinter  ihm  gemacht,  als  wenn  der  Teufel  ihm  folgte.  Das  Pferd  war 
schweisstriefend  und  am  Hinterleib  ganz  verbrannt  von  dem  verschütteten 
Becherinhalt.  Den  Becher  schenkte  er  der  Kirche  zu  Viöl;  das  Prediger- 
haus aber,  in  welches  er  ihn  brachte,  brannte  ab  und  der  Becher  ging 
verloren  ^). 

„Kopf  gross.  Geschickte  Hand  [wirft] 

AVeisheit  viel.  Saat  ins  Land 

Aug'  so  rund  Beinchen  kurz, 

Ist  nicht  blind.  Doch  nicht  (zu)  kurz. 

Zahn  so  spitz,  Bell,  fluch  und  schlag. 

Der  beisst  gewiss  [sicher].  Puk  ist  zu  geschwind. 

Züngelzung',  Puk,  Puk,  Puk, 

Näscherzung.  Er  ist  klug.'" 

1)  Bei  MüUenhoff  Nr.  4U2,  1  heisst  es  ausserdem,  die  verfolgenden  Zwerge  hätten  den 
Eeiter  mit  Steinwürfen  begleitet,  sodass  dieser  sich  nur  durch  einen  Sprung  über  das  Thor 
retten  konnte. 

Zeitschr.  il.  Vereius  f.  Volkskuude.     I?y2.  28 


41^ 


Jensen : 


XL    Der  Puk  in  der  Hattstedter  Marsch. 

In  der  Hattstedter  Marsch  liess  Harro  Harrsen  ein  neues  Haus  er- 
bauen. Er  war  nur  ein  armer  Mann,  aber  er  war  mit  Niss  Puk  gut  be- 
kannt, und  wusste  ganz  genau,  wie  der  Puk  es  gerne  haben  möchte. 

Er  liess  deshalb  einen  Ständer  im  Stall  hohl  machen.  Das  war  etwas 
für  Niss,  der  jeden  Tag  dort  Brei  mit  Butter  und  was  er  sonst  gern  hatte, 
erhielt.  Dafür  that  der  Zwerg  alle  Arbeit  und  schleppte  zusammen,  was 
er  konnte,  so  dass  Harro  in  einigen  Jahren  ein  reicher  Mann  wurde. 
Niss  war  aber  auch  gut  Freund  mit  dem  Knecht,  namens  Hans.  Hans 
hatte  eine  Braut,  welche  nicht  weit  davon  diente,  und  wenn  Hans  bisweilen 
spät  nach  Hause  kam,  so  hatte  Niss  für  ihn  immer  die  Stallthür  auf  der 
Klinke  (d.  h.  lose  stehen)  gelassen.  Als  Hans  verheiratet  wurde,  und 
Thede  an  seine  Stelle  kam,  da  war  es  mit  Niss  Puks  und  des  neuen 
Knechts  Freundschaft  zu  Ende,  denn  er  mochte  den  Thede  nicht  leiden. 
Harro  Harrsen  starb  bald,  Niss  Puk  zog  deshalb  zu  Hans,  welcher  Wirt 
geworden  war.  Er  freute  sich  nicht  wenig,  als  Niss  Puk  bei  ihm  einzog. 
Der  Puk  hatte  es  gut  und  Hans  bekam  es  so  gut,  dass  er  bald  reich  wurde. 
Thede  dagegen,  der  andere  Knecht,  blieb  ein  armer  Porren-  oder  Garneelen- 
fänger  ^). 

XH.    Der  Puk  in  Kampen  auf  Sylt. 

In  einem  Hause  zu  Kämpen  hauste  einst  Niss  Puk,  den  man  auf 
keinerlei  Weise  wieder  los  werden  konnte.  AVenn  ihm  nach  seiner  Meinung 
etwas  zu  Leide  geschah,  so  machte  er  während  der  Nacht  einen  solchen 
Lärm,  dass  keiner  schlafen  konnte;  wenn  er  aber  unbehindert  gelassen 
wurde,  so  war  er  ganz  ruhig.  Die  Bewohner  des  Hauses  stellten  im 
Herbste  während  der  Dreschzeit  an  jedem  Abend  eine  Schüssel  mit  Milch 
und  Grütze  für  ihn  auf  den  Boden.  Dafür  war  er  so  dankbar,  dass  er 
jedesmal  während  der  Nacht  die  zum  Dreschen  bestimmten  Korngarben 
ton  dem  Boden  in  die  Loh  oder  Dreschtenne  hinunterwarf,  ehe  die  Drescher 
ihre  Arbeit  anfingen. 

XIII.     Der  Klabautermann. 

Ähnliches  erzählt  man  von  dem  Klabautermännchen  auf  den  Schiffen, 
welches,  wenn  es  bei  guter  Laune  ist,  während  der  Nacht  manche  Arbeiten 
für  die  Matrosen  vorbereitet  oder  verrichtet,  in  böser  Laune  aber  gräulichen 
Lärm  macht,  mit  Brennholz,  Kundholz  und  mit  Schiffsgerät  umherwirft,  an 
die  Schiffswände  klopft,  Gegenstände  zerstört,  Arbeiten  hindert,  auch  wohl 


1)  Dieselbe    Sage    steht,    ausführlicher,   inhaltlich  übereinstimmend,   bei   MüUenhoff. 
Nr.  433. 


Zwergsagen  aus  Nordfriesland.  417 

den  Matrosen,    ohne  sichtbar  zu  sein,    sehr  fühlbare  Ohrfeigen  erteilt   und 
dergleichen  mehr^). 

Auf  einem  Schiffe,  welches  zum  Teil  mit  Sylter  Seefahrern  bemannt 
war,  hauste  einst  ein  solches  Klabautermänuchen.  Es  neckte  auf  alle 
Weise  die  Matrosen  und  störte  sie  nachts  in  ihrer  Ruhe,  blieb  jedoch  ge- 
wöhnlich unsichtbar.  Nur  einmal  erschien  es  dem  SchifFszimmermann. 
Dieser,  ein  beherzter  Mann,  ergriff  sogleich  ein  Stück  Brennholz  und  warf  , 
dasselbe  nach  dem  Kobolde,  welcher  ganz  die  Gestalt  eines  kleinen  dicken 
Männchens  hatte.  Er  traf  denselben  so  heftig,  dass  das  eine  Bein  des 
Klabautermannes  zerbrach.  Was  geschah  aber?  Tags  darauf  brach  der 
Zimmermann  durch  eine  ihm  unsichtbar  gestellte  Falle  ebenfalls  ein  Bein, 
und  ein  Hohnlachen,  welches  in  demselben  Augenblick  aus  dem  Schiffs- 
raum heraufschallte,  machte  es  dem  Schiffszimmermanne  und  der  übrigen 
Mannschaft  begreiflich,  dass  der  Klabautermann  Rache  geübt  habe. 

„Lärmt  dieses  Männchen  gar  zu  gewaltig,  oder  zeigte  es  sich  in  einer 
Nacht  in  den  Masten  und  Segeln  auf  den  Spitzen  der  Raaen  sitzend,  so 
ist  dieses  ein  schlimmes  Zeichen  und  die  Schiffer  fürchten  dann,  dass  es 
mit  ihrem  Schiffe  ein  baldiges  Ende  nehmen  werde.  Kurz  vor  dem  Unter- 
gange des  Schiffs  erscheint  das  Klabautermännchen  dem  Kapitän,  nimmt 
Abschied  von  ihm  und  fliegt  dann  vor  seinen  Augen  davon." 

XIY.    Die  Meerweiber^). 

Merkwürdig  ist  bei  allen  diesen  Zwergsagen,  dass  fast  ausschliesslich 
von  Zwergen  und  nicht  häufig  von  Zwerginnen  die  Rede  ist,  welche  auf 
dem  Lande  wohnen  und  thätig  sind;  während  auf  dem  Meere  am  Bord 
der  Schiffe  der  Klabautermann  sein  Wesen  treibt  und  die  sonstigen  Er- 
scheinungen, welche  der  Seemann  auf  dem  Meere  zu  haben  wähnt,  weib- 
lichen Geschlechts  sind  und  darum  als  „Meerwüffen"  (Meerweiber)  dar- 
gestellt werden.  Sie  werden  als  schöne,  den  Menschen  ähnliche  Geschöpfe 
beschrieben,  mit  menschlichen  Gesichtern,  Augen,  Armen  und  Händen, 
mit  langen  Haaren  und  mit  Brüsten  ähnlich  den  Weibern,  aber  statt  der 
Beine  mit  einem  Fischschwanze,  mit  Schuppen  und  Flossen  versehen. 
Das  Erscheinen  der  Meerweiber  am  Bug  segelnder  Schiffe  oder  auf  einer 
Wellenspitze  deutet  auf  einen  nahen  Sturm  und  veranlasst  nicht  selten 
Einziehung  der  überflüssigen  Segel  des  Schiffes  durch  die  Schiffsmannschaft. 
Sylterinnen  trugen  einst  eine  auf  den  Strand  gespülte  Meerfrau  ins  Dorf, 
beeilten  sich  indessen  das  auf  dem  Lande  ruhelose  Geschöpf  seinem  Ele- 
ment zurückzugeben.  Von  dem  weitverbreiteten  Aberglauben  an  diese 
Meerweiber  und  Wasserjungfern  zeugt  der  Umstand,  dass  auf  dem  Gehäuse 


1)  MüUenhoff  Nr.  431. 

2)  MüUenhoff  Nr.  453. 

28-^ 


418 


Schmidt : 


fast  aller  zu  Anfang  dieses  Jahrhunderts  aus  Holland  nach  Nordfriesland 
gebrachten  Wanduhren  zwei  Bilder  von  Meerweibern  angebracht  sind. 
Eine  ähnliche  Yerwendung  der  Bilder  von  Zwergen,  Hausgeistern  und 
Klabautermännchen  scheint  indessen  nicht  stattgefunden  zu  haben,  obwohl 
die  Sagen,  welche  von  diesen  Zwergen  handeln,  zahlreicher  sind  als  die- 
jenigen von  den  Wasserjungfern  und  Meerfrauen. 
Oevenum  bei  Wyk  auf  Föhr. 


ßeinliold  Köhler. 

Von  Prof.  Dr.  Erich  Schmidt. 


1. 

Am  1.5.  August  1892  ist  zu  Weimar  ein  Gelehrter  gestorben,  dessen 
Dasein  sich  im  engen  und  engsten  abgespielt,  dessen  Wissen  und  Wirken 
aber  die  weite  Welt  umspannt  hat,  so  dass  auch  er,  unser  aller  Lehrer, 
berechtigt  gewesen  wäre,  mit  Goethe  zu  sagen:  „Bin  Weltbewolmer,  bin 
Weimaraner".  Wo  immer  Litteratur-  und  Volkskunde  gepflegt  wird, 
empfindet  man  schmerzlich  die  Lücke,  und  wer  dem  Entschlafenen  einmal 
in  seiner  Heimat  nahe  getreten  ist,  kann  sich  die  Ilrastadt  ohne  den  lieben 
Dr.  Köhler  gar  nicht  denken. 

Reinhold  Adalbert  Johannes  Köhler  war  als  einziger  Sohn  des  aus  der 
Buttelstedter  Pfarre  stammenden  Diakonus  Dr.  Köhler  am  Johannistage 
1830  zu  Weimar  in  der  Dienstwohnung  nahe  der  Stadtkirche  und  dem 
Gymnasium  geboren.  Ihm  folgten  vier  Schwestern.  Die  Mutter  hatte  ihre 
Jugend  im  Forsthause  von  Heida,  einem  Dörfchen  bei  Ilmenau,  verlebt 
und  aus  dem  Thüringer  Wald  auch  einen  Schatz  von  Märchen  mitgebracht, 
denen  das  Kind  begierig  lauschte.  „Ist  das  nun  wahr?  oder  erfunden?" 
pflegte  der  künftige  Forscher  zu  fragen.  Als  er  dann,  des  Lesens  kundig, 
ein  kleines  Handbuch  der  Mythologie  geschenkt  bekommen,  schleppte  er 
das  immer  mit  sich  herum  und  hielt  bis  in  die  Küche  hinein  Vorträge  aus 
der  geliebten  Götterlehre.  An  demselben  einfachen  Schreibtisch,  wo  er  bis 
zuletzt  gesessen  hat,  empfing  er  den  Elementarunterricht  und  später  die 
erste  Unterweisung  im  Latein  von  seinem  Vater,  der  ihn  zärtlich  liebte 
und  den  24.  Juni  alljährlich  mit  ernsten  oder  heiteren  Versen  feierte. 
Jeden  Sonntagmorgen  schritten  die  Zwei  Hand  in  Hand  zur  Kirche.  Als 
Mann  hat  Köhler  dann  wohl  auf  Mahnungen,  den  Gottesdienst  zu  besuchen, 
lächtdnd  erwidert,  er  sei  ja  als  Kind  oft  genug  dabei  gewesen,  und  sein 
Frommsein   brauchte  keine   äusseren   Zeichen.     Der  Vater,    ein   allgemein 


Reinhold  Köhler.  419 

beliebter  Prediger,  verband  lutherische  Glaubensfreudigkeit  mit  milder 
Duldmig.  Der  russische  Geistliche  war  sein  vertrauter  Freund;  eine 
reformierte  und  zwei  katholische  Hausgenossinneu  gingen,  so  oft  sie  Rates 
oder  Trostes  bedurften,  zu  dem  verehrten  Diakonus,  der  seinen  Wahlspruch 
„Unter  allerlei  Volk  wer  Gott  fürchtet  und  recht  thut,  der  ist  ihm  an- 
genehm" dem  Sohn  einprägte.  Köhlers  vorurteilslose  Menschenliebe  war 
Erbschaft  von  den  Eltern  durch  Lehre  und  Beispiel. 

Nachdem  er  Ostern  1848  das  Gymnasium  durchgemacht  und  aus  Sauppes 
Händen  ein  rühmliches  Zeugnis  empfangen  hatte,  bestand  der  Vater  keines- 
wegs auf  dem  Herzenswunsch,  Reinhold  möge  wie  seine  Vorfahren  den 
geistlichen  Beruf  ergreifen,  sondern  liess  der  früh  erwachten  Liebe  zur 
Philologie  freien  Lauf.  Reinhold  verbrachte,  der  klassischen  Altertums- 
wissenschaft ergeben,  ein  Jahr  im  nachbarlichen  Jena,  den  Sommer  1849 
von  Otto  Jahn  angezogen  —  M.  Haupt  las  krankheitshalber  nicht  —  in 
Leipzig,  wo  er  sich  aber  nicht  gefiel,  dann  zwei  glückliche  und  anregungs- 
reiche Semester  in  Bonn  als  Schüler  Welckers,  Ritschis,  Lassens.  Der 
Kreis  seiner  Interessen  erweiterte  sich  gewaltig  durch  Sanskrit  und  Sprach- 
vergleichung, und  Diez  führte  ihn  mit  der  Interpretation  des  „Standhaften 
Prinzen"  ins  romanische  Gebiet  hinüber.  Das  nächste  Jahr  (Winter  1850, 
Sommer  1851)  sah  unsern  Thüringer  wieder  in  Jena  bei  seinem  Gönner 
Göttling,  dem  Philologen  Hand,  dem  Orientalisten  Hoffmanu,  den  Jüngern 
Docenten  und  Freunden  H.  Rückert  und  K.  B.  Stark,  die  ihm  mittelalter- 
liche Dichtung  und  Kunst  erschlossen;  flüchtiger  wirkten  Hettners  Vorträge 
über  Shakespeare  und  Calderon;  zur  Umschau  und  Vertiefung  forderte 
O.  L.  B.  Wolffs  Vielgeschäftigkeit  auf.  Ernst  und  gründlich  erzogen,  stets 
auf  Erweiterung  der  Interessen  und  Kenntnisse  bedacht,  emsig,  unbestech- 
lich gegen  Phrasen  und  Einfälle,  eine  lautere  Natur,  hätte  Reinhold  Köhler, 
wenn  er  nach  des  Vaters  Willen  noch  ein  paar  Jahre  durch  die  Welt  ge- 
gangen und  dann  in  die  gelehrte  Laufbahn  eingetreten  wäre,  menschlich 
und  litterarisch  viel  freiere  Kreise  beschrieben,  als  ihm  vergönnt  wurde. 
Im  Juli  1851  starb  sein  Vater,  und  die  Mutter  hatte  Mühe  genug,  mit 
einer  kargen  Witwenpensiou  die  Erziehung  von  fünf  Kindern  zu  vollenden 
und  einfach  in  alten  Ehren  fortzuleben.  Reinhold  Köhler  liess  sich  nun, 
unter  Verzicht  auf  manches  Zukunftsideal  und  ohne  einen  Laut  der  Be- 
schwerde, in  Weimar  nieder  und  blieb  fortan  seiner  Vaterstadt  treu.  Er 
erteilte  Privatunterricht  und  arbeitete  mit  eisernem  Fleiss  auf  der  Bibliothek. 
Als  1853  und  1854  die  beiden  jüngeren  Schwestern  dahinstarben,  schloss 
die  Trauer  das  Familienband  nur  immer  fester.  Bis  zum  Tode  der  Mutter 
(1879)  hat  die  kleine  behagliche  Wohnung  am  Graben  auch  manchen 
deutschen  oder  ausländischen  Ankömmling  gastfrei  empfangen. 

Ende  März  1853  bewarb  sich  Köhler,  auf  Grund  seiner  gedruckten 
Studie  über  Nonnos,  in  Jena  um  den  Doktortitel,  der  ihm  ehrenvoll  erteilt 


4-20  Schmidt: 

wurde ^).  Sauppes  Empfehlung  bezeugte:  Köhler  „steht  sowohl  seiner 
gründlichen  und  ausgebreiteten  Kenntnisse  als  seines  liebenswürdigen 
Charakters  und  seiner  durchaus  unbescholtenen  Sitten  wegen  bei  allen, 
die  ihn  kennen,  in  der  grössten  Achtung"  (von  Professor  Kluge  aus  den 
Fakultätsakten  mitgeteilt).  Das  Staatsexamen  hatte  Köhler  schon  im  Mai 
1852  in  Berlin  bestanden,  und  zwar  für  alte  Sprachen  und  Deutsch  in 
allen  Klassen.  Aber  nicht  durch  das  lebendige  Wort  sollte  und  wollte  er 
wirken,  sondern,  seitdem  jene  Katastrophe  das  bischen  Wandertrieb  und 
Ehrgeiz  in  ihm  erstickt  hatte,  sah  er  auf  die  Grossherzogliche  Bibliothek 
wie  auf  eine  angelobte  Braut.  Auch  da  brachte  dieser  eifrigste  Benutzer 
und  unverdrossenste  Bücherkenner  seinen  Fuss  nur  sehr  langsam  in  den 
Bügel.  Als  Rat  Kräuter,  einst  Goethes  Schreiber,  starb,  machte  Ludwig 
Preller  sein  Verbleiben  in  Weimar  davon  abhängig,  dass  ihm  Köhler  als 
Bibliothekar  an  die  Seite  gegeben  werde,  und  erwirkte  erst  eine  vorläufige, 
1861  eine  definitive  Bestallung.    Der  eigentliche  Dienst  auf  der  Bibliothek 


1)  Schon  ein  Jahi-  vorher,  als  Heinrich  Rückert  einem  Ruf  nach  Breslau  folgte, 
■war  von  Köhlers  Habilitation  für  klassische  und  altdeutsche  Philologie  in  Jena  die  Rede 
gewesen,  und  dieser  Plan  Göttlings  und  Wehers,  des  weimarischen  Gymnasiallehrers,  hatte 
sogleich  Rückerts  lebhafte  Billigung  gefunden.  Ich  kann  mich  nicht  enthalten,  ein  Stück 
aus  Köhlers  Brief  (18.  April  1852)  an  Rückert  abzudrucken,  denn  er  vergegenwärtigt  uns 
den  ganzen  Mann.  Einem  zweiten  Abschied  ist  er  aus  dem  Wege  gegangen,  fühlt  sich  nun 
aber  tief  beschämt  durch  das  übergrosse  Zutrauen:  ..Ich  habe  zwar  nie  Ihnen  gegenüber 
irgend  mehr  scheinen  woUeu  als  ich  bin,  aber  es  scheint  mir  doch  nicht  gelungen  zu  sein; 
denn  sonst  könnten  Sie  mich  nicht  für  fähig  halten,  mich  jetzt  zu  habilitieren,  —  mich, 
der  von  der  mhd.  Litteratur  kaum  den  kleinsten  Teil  gelesen  hat,  der  am  Gothischen  und 
Althochdeutschen  bisher  nur  herumgenascht  hat,  dem  also  für  wirkliche  grammatische 
Kenntnisse  die  Basis  bis  jetzt  durchaus  mangelt.  Sie  werden  vielleicht  wie  Prof.  Weber 
sagen,  dass  ich  doch  genug  wüsste,  um  Leuten,  die  noch  gar  nichts  wissen,  einen  leichten 
Dichter  erträglich  zu  erklären,  dass  man  von  einem  Privatdocenten,  der  sich  eben  habilitiert 
hat,  nicht  gar  zu  viel  erwartet,  und  dass  ich  genug  Zeit  hätte,  um  die  hauptsächlichen 
Lücken  bald  auszufüllen.  Ich  glaube  allerdings,  dass  ein  Anfänger  einzelnes  bei  mir 
lernen  kann;  dass  ich  aber  ein  einigennassen  gründliches  Kolleg  werde  lesen  können,  ist 
unmöglich.  Wie  entsetzliche,  auch  dem  eifi'igen  Anhänger  nicht  unbemerkbare  Blossen 
könnte  ich  mir  geben!  Ich  rechne  das  ganz  besonders  zu  dem  unschätzbaren  Gewinn,  den 
mir  Ihre  Vorlesungen  gebracht  haben,  dass  ich  gelernt  habe,  was  es  heisst,  einen  mittel- 
hochdeutschen Dichter,  oder  überhaupt  Mittelhochdeutsch  zu  verstehen,  und  dass  ich  zu- 
gleich neben  der  grossen  Achtung  vor  wirklichen  Kenntnissen  einen  Hass  gegen  mittel- 
mässige,  anmassliche  Stümperei  gefasst  habe.  Wie  sollte  ich  ferner  bis  Michaelis  eine 
für  die  Habilitation  notwendige  Dissertation  schreiben,  zumal  man  berechtigt  sein  wird, 
es  mit  dieser  Dissertation  möglichst  streng  zu  nehmen  .  .  .  Um  es  kurz  zu  sagen,  es  steht 
bei  mir  fest,  dass  ich  vor  mindestens  P/j  Jahren  nicht  daran  denken  kann,  mich  zu 
habilitieren;  auch  dann  werde  ich  natürlich  noch  ein  schwacher  Anfänger  sein,  ich  werde 
aber  doch  diesen  Schritt  eher  vor  mir  verantworten  können,  als  jetzt."  Er  stellt  auch  die 
materiellen  Schwierigkeiten  dar  und  sagt,  nach  einem  Hinblick  auf  die  Laufbahn  als 
Gymnasiallehrer:  „Besonders  angenehm  wäre  es  mir,  und  ich  glaube  auch  für  meine  An- 
lagen passend,  wenn  ich  einmal  eine,  auch  nur  untergeordnete  Stellung  an  einer  Bibliothek 
erlangen  könnte. **  Mit  der  Habilitation  also  sei  es  nichts,  aber  für  Zuweisung  litterarischer 
Arbeiten  werde  er  dankbar  sein  und  den  Ertrag  zu  Ankäufen  auf  dem  Gebiet  altdeutscher. 
Philologie  verwenden.  Rückert  möge  ihn  „unbekannterweise"  seinem  Vater  empfehlen, 
„den  ich  unter  den  neueren  Dichtern,  wie  keinen  andern,  verehre  und  liebe". 


Eeinhold  Köhler.  421 

lag  fortwährend  in  Köhlers  Händen,  selbst  sehr  geringe  Geschäfte;  oft 
genug  schleppte  er  sogar  die  verlangten  Bücher  herbei,  wenn  der  alte 
Grosse  wieder  einmal  als  Fremdenführer  seinen  gereimten  Kommentar  zu 
den  Bildern  und  anderen  Sehenswürdigkeiten  absang.  Prellers  Nachfolger 
Adolf  Scholl  trat  1861  in  ein  sehr  freundschaftliches  Verhältnis  zu  Köhler. 
Fast  jeden  Nachmittag  sah  man  die  beiden  durch  den  Park  nach  Ober- 
weimar wandern;  aber  die  Stellung  des  unweitläufigen  Köhler  blieb  doch 
bis  zu  Schölls  Siechtum  und  Tod  eine  ziemlich  subalterne,  und  zum 
äusseren  Ansehen  seiner  mit  grosser  Freiheit  ausgestatteten  Vorgänger  hat 
er  es  nie  gebracht.  1881/82  trat  Köhler  an  die  Spitze,  erst  1886  wurde 
ihm  auch  der  Titel  „Oberbibliothekar"  zuteil,  den  er,  vor  die  "Wahl  ge- 
stellt, dem  „Hofrat"  vorzog.  Seine  Bibliothek  liebte  er  über  alles.  Von 
einer  Berufung  nach  Greifswald  liess  er  kaum  ein  Wort  verlauten.  In  der 
Sommerfrische  hielt  er  es,  so  wohl  das  Grün  seinen  angegriffenen  Augen 
that,  nie  länger  als  zwei  bis  drei  Wochen  aus,  und  ein  besonderer  Urlaub 
würde  diesem  hingebenden  Bücherwart  mehr  Strafe  als  Lohn  gewesen  sein. 
Er  durchschweifte  die  Welt  nur  in  Gedanken  und  auf  dem  Papier,  ja  er 
ist  nie  über  die  Grenzen  unseres  deutschen  Reiches  hinaus  gekommen: 
vor  langer  Zeit  einmal  zu  einem  Freund  an  die  Nordsee,  dann  ab  und  zu 
auf  Philologenversammlungen,  wo  Alt  und  Jung  ihn  froh  begrüsste  und 
tüchtig  ausfragte,  nach  Augsbm'g,  Hannover,  Heidelberg,  Leipzig,  Wies- 
baden ...  In  den  sechziger  Jahren  fuhr  er  gern  Sonntags  zur  „Vogel- 
weide" nach  Kosen  und  hatte  mit  Rudolf  Hildebrand,  Schleicher,  Bech, 
Bechstein,  Heyne,  Lucae,  Boxberger,  Regel,  Witzschel  anregende  Zu- 
sammenkünfte unter  Kobersteins  Vorsitz.  Die  kurze  Ferienrast  suchte  er 
in  Ilmenau,  der  Heimat  seiner  Mutter,  der  dort  auch  das  letzte  Bett  bereitet 
worden  ist,  da  wo  er  als  junger  Mann,  vor  dem  Felsenkeller  sitzend,  den 
Bergleuten  ihre  Lieder  abgefragt  hatte;  seit  1879  aber  in  Friedrichsroda, 
stets  mit  den  Schwestern  zusammen,  nie  ohne  ergiebigen  Verkehr  mit 
gelehrten  Sommergästen. 

Sein  Tageslauf  in  Weimar  war  überaus  einfach  und  regelmässig:  die 
Bibliothekstunden  am  Morgen  und  mehrmals  auch  nachmittags,  der  Spazier- 
gang durch  den  Park,  dann  das  unvermeidliche  bescheidene  Vesper- 
schöppchen  im  Baumgarten  oder  Winterquartier  der  „Erholung".  1860 
war  er  dem  gegen  das  blosse  Ausruhen  auf  Goethischer  Erbschaft  ger 
gründeten  Verein  „Neu-Weimar"  beigetreten  und  so  auch  mit  Gutzkow 
und  Dingelstedt,  Genelli  und  Hoffmann  von  Fallersleben ,  mit  Liszt  und 
seinem  Anhang  in  lockere  Beziehungen  gekommen.  Er  lebte  mit  F.  Preller 
und  seinen  Söhnen  auf  vertrautem  Fuss  und  hatte  unter  anderem  Wand- 
schmuck ein  trefPliches  Bleistiftportrait  Hebbels  von  der  Hand  des  Meisters 
in  seinem  Zimmer  hängen.  Sein  Herzensfreund  war  in  schweren  Tagen 
der  Musiker  und  Dichter  Peter  Cornelius  geworden,  von  dem  er  gar 
manchen  Reimgruss  gevatterlich  empfing  und  dessen  Nachruhm  ihn  UQpli 


422  Schmidt: 

in  den  letzten  Jahren  wie  ein  helles  Abendrot  beglückte.  So  lang  ich  ihn 
kannte  —  und  wir  sind  während  meiner  weimarischen  Dienstzeit  fast  täg- 
lich spazieren  gegangen  — ,  entzog  er  sieh  allen  Einladungen,  war  aber 
mit  der  ganzen  Stadt  bekannt  und  vielen  befreundet,  auch  Kleinstädter 
genug,  um  mitten  im  wissenschaftlichen  Gespräch  innezuhalten  und,  einem 
fremden  Gesicht  nachschauend,  zu  fragen:  wer  war  denn  das?  So  manche, 
die  ihm  vertraulich  zunickten,  haben  nie  geahnt,  dass  der  Dr.  Köhler  ein 
berühmter  Gelehrter  und  der  Unbekannte  an  seiner  Seite  ein  namhafter, 
ihm  zu  Liebe,  sich  selbst  zum  Nutzen  herbeigereister  Forscher  dövS  Aus- 
landes sei.  Mit  seinem  ungepflegten  Haupt-  und  Barthaar,  der  sajiberen, 
aber  von  keiner  neuen  Mode  berührten  Kleidung,  ohne  jede  Neigung  und 
Fähigkeit  sich  geltend  zu  machen,  die  Scheidemünze  geistreicher  Kon- 
versation auszugeben,  sein  Wissen  in  gefälligen  Formeln  darzubringen,  war 
Köhler  ganz  und  gar  kein  Mann  für  den  Hof.  Er  hätte  auch  lieber  sein 
Amt  niedergelegt,  als  den  Auftrag,  von  Zeit  zu  Zeit  über  Neuigkeiten  des 
Büchermarktes  zu  plaudern,  übernommen.  Fachgenossen  dagegen  gingen 
nie  ohne  rasches  Erwarmen,  ohne  rege  Unterhaltung  und  Belehrung  von 
ihm.  Auf  der  Bibliothek  und  peripatetisch  spendete  er  seine  Weisheit; 
und  kein  Tag  verstrich,  wo  er  nicht  ein  paar  Postkarten  zur  Beantwortung 
von  allerlei  litterarischen  Anfragen  geschrieben  hätte,  mochten  sie  von 
befreundeter  oder  unbekannter  Seite,  von  angesehenen  Professoren  oder 
einem  über  der  Dissertation  brütenden  Doktorandus  kommen.  Selten  ver- 
sagte sein  so  vielseitiges  wie  schlagfertiges  Wissen  eine  knappe  sachliche 
Auskunft,  aber  die  Frager  vergassen  manchmal  den  Dank,  was  ihn  übrigens 
wenig  schierte.  Auch  ungebeten  trat  er  an  den  Arbeitstisch  heran  und 
sagte  in  seinem  ruhigen  Tonfall:  Kennen  Sie  denn  .  .  .?  oder  besser:  Sie 
kennen  gewiss  schon  .  .  .?  denn  er  hatte  eine  allerliebste  Art,  unauffällig 
zu  belehren,  und  pflegte  ausdrücklich  beizufügen,  woher  er  gerade  diesen 
Wink  und  jene  Berichtigung  eben  jetzt  im  Kopfe  habe.  Wie  oft  begegnet 
man  in  Büchern  und  Aufsätzen  der  Anführung:  Reinhold  Köhler  macht 
darauf  aufmerksam  .  .  .,  Reinhold  Köhler  teilt  freundlich  mit  .  .  .,  Einer 
unserer  gelehrtesten  Fachgenossen  sagt  mir  .  .  .  Er  war  eine  wandelnde 
Encyklopädie,  ein  Doktor  Allwissend,  dabei  von  der  prunklosesten  Be- 
scheidenheit durchdrungen,  ein  reines  liebreiches  Menschenkind,  das  Muster 
eines  Sohnes  und  Bruders,  ein  treuer  aufopfernder  Freund,  den  Kleinen 
gütig  zugethan,  unbedingt  wahrhaft  ohne  zu  verletzen,  keiner  Redensart, 
Frivolität,  Unsauberkeit  zugänglich,  sparsam  in  Lob  und  Tadel,  wie  er 
auch  als  Recensent  meist  mittelbar  Vorzüge  oder  Fehler  bezeichnete.  Ein 
Mensch  musste  schon  ungewöhnlich  verworfen  sein,  wenn  Köhler  seiner 
Abneigung  anders  als  durch  ein  Kopfschütteln  und  die  halblauten  Worte 
„Ein  närrischer  Kerl!"  Ausdruck  gab.  Der  Geistliche  hatte  ein  gutes 
Recht,  ihm  das  Bibelwort  „Selig  sind,  die  reines  Herzens  sind"  in  das  Grab 
nachzurufen,  das  seit  dem  17.  August  eine  seltene  Last  der  Gelehrsamkeit 


Reinhold  Köhler.  423 

und  eine  seltene  Fülle  schlichter  Tugend  umschliesst.  Köhlers  Leben  war 
eine  Kette  unverdrossener  stiller  Arbeit,  grossenteils  der  Mühe  für  andere. 
Aliis  inserviendo  consumor.  Mitten  in  der  täglichen  Pflichterfüllung,  am 
11.  Oktober  1890,  hatte  er  das  Unglück,  niederzustürzen  und  einen  Ober- 
schenkel zu  brechen.  Schweres  Siechtum  streckte  ihn  aufs  Lager,  innere 
Leiden  wurden  immer  fühlbarer  und  trotzten  aller  Pflege,  als  ein  verlorener 
Mann  wurde  er  im  letzten  Sommer  von  den  Seinen  nach  Ilmenau  und 
wieder  nacli  Weimar  geleitet,  wo  ihn,  früher  doch  als  man  erwartet  hatte, 
ein  sanfter  Tod  hinwegnahm.  Von  seinem  engsten  Kreise  sagt  die  würdige 
Grabrede :  Siehe  wie  fein  und  lieblich  ist  es,  wenn  Bruder  und  Schwestern 
einträchtig  bei  einander  wohnen!  Aus  der  Ferne  kamen  zahllose  Kund- 
gebungen*, viele  selbst  den  Schwestern  überraschend.  Was  man  äussere 
Ehren  nennt,  hat  Köhler  nie  begehrt,  z.  B.  keinen  Orden  getragen,  aber 
die  Mitgliedschaft  gelehrter  Vereine,  zuletzt  noch  der  Sächsischen  Gesell- 
schaft (auf  Zarnckes  Betrieb)  mit  stiller  Freude  wert  gehalten. 

Reinhold  Köhler  war  ein  rechter  promus  condus.  Schon  die  das 
Mittelmass  der  Doktordissertationen  an  Umfang  und  Gehalt  sehr  über- 
bietende Studie  über  die  Dionysiaka  des  Nonnos,  eine  ungemein  belesene 
und  besonnene  mythologische  und  quellengeschichtliche  Abhandlung,  zeigt 
die  Richtung  des  Sammeins  und  Sichtens.  Die  Oberlehrerarbeit  über 
Hans  Sachs  fiel  der  Berliner  Kommission  als  ungewöhnliches  specimen 
eruditionis  auf.  Köhler  ist  aber  nie  ein  Schriftsteller  geworden,  weder 
durch  die  Bogenzahl  noch  durch  die  Form  seiner  Spenden.  Unbestreitbar 
der  gelehrteste  Kenner  der  Märchen  und  Novellen,  hätte  er  etwa  in  einer 
Neubearbeitung  des  dritten  Bandes  der  Grimmschen  Kinder-  und  Haus- 
märchen oder  des  Dunlop  -  Liebrechtschen  Werkes  den  Meister  zeigen 
können.  Ihm  genügte  es,  die  Sammlungen  anderer  mit  reichen  Beilagen 
auszustatten  und  seine  Kenntnisse  in  Aufsätzchen,  Notizen,  Recensionen 
an  den  Mann  zu  bringen.  Ebenso  verfuhr  er  nach  jeuer  Ilmenauer  Gabe 
auf  dem  Gebiete  des  Volksliedes.  Ohne  den  weimarischen  Mittwochsverein 
würden  wir  auch  den  freier  ausschreitenden  Vortrag  über  die  europäischen 
Märchen  nicht  besitzen.  Ich  muss  es  nochmals  sagen,  wie  eng  und  weit 
zugleich  Köhlers  Kreise  waren.  Er  schrieb  die  zahllosen  kleinen  Beiträge 
zur  Weltlitteratur  in  derselben  Stadt,  wo  Herder  seine  „Volkslieder"  aus 
allen  Ländern  und  Zeiten  abgeschlossen  und  der  greise  Goethe  gerufen 
hatte : 

Wie  David  königlich  zur  Harfe  sang, 
Der  Winzerin  Lied  am  Throne  lieblich  klang, 
Des  Persers  Bulbul  Rosenbusch  umbangt, 
Und  Schlangenhaut  als  Wildengürtel  prangt, 
Von  Pol  zu  Pol  Gesänge  sich  ernenn  - 
Ein  Sphärentanz  harmonisch  im  Getümmel  — 
Lasst  alle  Völker  unter  gleichem  Himmel 
Sich  gleicher  Habe  wohlgemut  erlreun! 


!424  Schmidt: 

An  Belesenheit  hatte  er  kaum  seinesgleichen  und  war  ebenso  bewandert 
auf  den  Höhen  der  Kunst  wie  in  den  verstecktesten  Niederungen  volks- 
mässiger  Reime  und  Geschichten,  Sprichwörter  und  Rätsel,  Bräuche  und 
Aberglauben.  Yon  der  klassischen  Altertumswissenschaft  kam  er  streng 
geschult  her,  mehr  Sach-  als  Wortphilolog,  mehr  ein  Jünger  Welckers, 
doch  ohne  dessen  kühn  kombinierende  und  rundende  Phantasie,  als  ein 
Zögling  Ritschis.  Nicht  lange  galt  sein  Studium  vornehmlich  den  griechi- 
schen Dichtern,  von  Homer  bis  zu  den  wüsten  Epigonen,  und  der  antiken 
Mythologie.  Ausserhalb  des  Hörsaales  müssen  ihn  frühzeitig  die  Schriften 
der  Brüder  Grimm  angezogen  haben,  und  wiederum  mehr  die  registrierende 
Umschau  des  dritten  Märchenbandes  als  ihre  poetische  Andacht  für  die 
Volksphantasie.  Er  that  behutsame  Schritte  auf  den  verschlungenen  Pfaden 
der  deutschen  Mythologie  und  Sage,  lernte  die  altdeutsche  Litteratur  be- 
herrschen und  den  lebenden  Dialekten  lauschen  und  wurde  ein  so  kundiger 
Wortforscher,  dass  seine  Teilnahme  am  Deutschen  Wörterbuch  —  vom  J 
an  —  eine  Zeitlang  gesichert  schien.  Köhler  war  der  vornehmsten  romani- 
schen und  germanischen  Sprachen  in  ihrem  gegenwärtigen  Gepräge  und 
ihren  geschichtlichen  Wandelungen  mächtig  und  mit  manchen  anderen 
wenigstens  soweit  vertraut,  um  nicht  bloss  von  Übersetzungen  abzuhängen. 
Seine  Detailkenntnis  der  deutschen  Litteratur  beschämte  die  Männer  oft, 
deren  gesamte  Lebensarbeit  diesem  Gebiete  gewidmet  war.  Er  hat  kleine 
Lessingiana  erörtert,  mannigfache  Beiträge  zur  Goethephilologie  gegeben, 
zum  brasilianischen  Schlangenliede  wie  zu  Hanswursts  Hochzeit,  Schillers 
ästhetische  Schriften  für  Goedeke  sauber  bereitet  und  z.  B.  aus  Tausend 
und  einer  Nacht  eine  Stelle  der  Turandot  aufgeklärt,  die  Quellenforschung 
für  Wielands  Oberon  und  Herders  Cid  ganz  wesentlich  gefördert  und  eine 
Reihe  anderer  Dichtungen  der  beiden,  gleich  Werken  Bürgers,  Z.  Werners 
u.  s.  w.,  zum  Ursprung  zurückgeführt,  den  Text  Heinrichs  v.  Kleist  auf 
Grund  der  ersten  Ausgaben  und  stilistischer  Beobachtung  für  immer  von 
der  Willkür  Tiecks  und  J.  Schmidts  gereinigt.  Die  köstliche  Prosa  des 
Hans  Sachs  verdankt  ihm  ihre  Auferstehung.  Er  kannte  Moscherosch  und 
Grimmeishausen,  die  lateinischen  Sammelwerke  des  Mittelalters  wie  die 
krausen  Rumpelkammern  eines  Praetorius,  altchristliche  Legenden  und 
Mysterien  wie  junge  Gesellenspässe  und  Puppenspiele.  Er  hat  zahlreiche 
Bausteine  zur  englischen  Litteraturgeschichte  herbeigetragen  und  „Shake- 
speare in  Deutschland*  besser  kennen  gelehrt,  indem  er  deutschen  Anteil 
im  Theater  der  englischen  Wandertruppen  nachwies  und  eine  alte  Be- 
arbeitung der  „Widerspenstigen"  mit  reichen  Anmerkungen  ans  Licht  •  zog. 
Sirarocks  Buch  über  die  Quellen  Shakespeares  ist  ihm  gewidmet.  Er 
war  ein  gelehrter  Kenner  des  Chaucer,  des  Boccaccio  und  seiner  Nach- 
folger. Die  deutschen  Danteübersetzuugen  Hess  er  in  ausgiebigen  Proben 
überschauen  und  erklärte  einzelne  Stellen  der  Divina  Commedia.  Die 
Kunstgeschichte  dankt  ihm  ein  paar  ikonographische  Beiträge.     Auf  dem 


Reinhold  Köhler.  425 

Gebiete  der  sogenannten  Volksbücher  ist  Köhlers  Artikel  über  Griseldis, 
bei  Ersch  und  Gruber,  ein  vielbewundertes  und  vielbestohlenes  Muster; 
Genovefa  und  Eulenspiegel,  um  nur  weniges  zu  nennen,  wurden  genauer 
verfolgt.  Köhler  hat  Formeln  wie  „Und  wenn  der  Himmel  war'  Papier" 
durch  die  Welt  begleitet,  und  in  deutschen  Landen  dem  tiefsinnigen  Spruch 
„Ich  lebe,  ich  weiss  nicht  wie  lang  .  .  .  Mich  wundert,  dass  ich  fröhlich 
bin"  sein  Augenmerk  geschenkt,  zum  zweitenmal  als  ihm  selbst  der  Ab- 
schied nahte.  Man  braucht  nur  etwa  die  Anzeigen  Köhlers  im  Litterarischen 
Centralblatt  durchzufliegen,  um  zu  wissen,  in  wie  viele  Sättel  er  gerecht 
und  dass  er  namentlich  in  den  meisten  Disciplinen  der  Volkskunde  —  der 
Name  folk-lore  blieb  ihm  fremd  —  ausnehmend  beschlagen  war.  Besonders 
ergiebig  sind  seine  vergleichenden  Sammelarbeiten  zu  den  Lais  der  Marie 
de  France  und  einer  Menge  einzelner  Märchen  oder  kleinerer  und  grösserer 
Märchengebinde  der  Deutschen  und  Isländer,  Slaven  und  Esthen,  Albanesen 
und  Türken,  Venezianer  und  Sicilianer,  Bretonen  und  Lothringer,  Perser 
und  Inder,  Mongolen  und  Awaren;  auch  nach  Afrika  rief  ihn  die  Thätigkeit 
seines  lieben  Jugendfreundes  Bleek.  Wie  ein  Botaniker  von  der  Reise 
um  die  Welt  eine  ungeheure  Fauna  im  Herbarium  heimbringt,  so  kannte 
Köhler  die  Märchen  der  Erde  nach  ihren  Ursprüngen,  Zusammenhängen, 
Ähnlichkeiten,  Abweichungen.  Er  war  entschieden  mehr  Systematiker  als 
Physiolog.  Er  beschied  sich  meistens  die  Dinge  nüchtern  nebeneinander 
zu  stellen  und  ging  selten  darauf  aus,  die  Völkerpsychologie  durch  un- 
mittelbare Nachweise  zu  bereichern,  den  Wandel  künstlerischer  Motive 
zu  ergründen,  den  Stil  in  seine  Elemente  zu  zerlegen;  vielmehr  kam  es 
ihm  darauf  an,  möglichst  viel  Konkretes  beizubringen  und  dann  nach 
einiger  Zeit  den  Vorrat  nachzuprüfen.  Er  war  kein  Mann  der  Hypothesen, 
sondern  der  festen  Kenntnisse,  die  er  ohne  allen  Redeschmuck  darbot: 
„Zu  ..."  sind  zahlreiche  kleine  Abhandlungen  uud  Notizen  —  die  Haupt- 
forni  seiner  schriftstellerischen  Arbeiten  —  überschrieben.  Als  Recensent 
charakterisierte  dieser  geborene  Anmerker  nicht  viel,  sondern  nahm  ge- 
lassen das  Inventar  auf  und  versah  es,  ohne  je  im  Besserwissen  zu 
schwelgen,  mit  Berichtigungen  und  Zusätzen.  Den  verschiedensten  Zeit- 
schriften des  In-  und  Auslandes  war  er  ein  willkommener  und  eifriger 
Mitarbeiter.  Wenn  er  die  Wissenschaft  nicht  mit  neuen  Ideen  am-egte 
und  befruchtete,  so  gab  er  garbenbindend  und  ährenlesend  eine  erstaunliche 
Fülle  positiver  Belehrung  im  einzelnen  für  die  Forscher  der  ganzen  Welt. 
Mit  Ehrfurcht  blicken  wir  diesem  allkundigen,  bescheidenen,  reinen 
Manne  nach. 

Seine  zerstreuten  handschriftlichen  Notizen  sollen  einmal  mit  der  ge- 
samten Bücherhabe  der  weimarischen  Bibliothek  zufallen.  Ein  paar  für 
den  „iVIitt Wochsverein"  entworfene  Vorträge  harren  der  Veröffentlichung. 
Aus  den  gedruckten,  teilweise  schwer  erreichbaren  Arbeiten  eine  sorgsame 
Auswahl  für  einen  oder  mehrere  Bände  „Kleiner  Schriften"  zu  treffen, 


^26  Schmidt: 

wäre  die  würdigste  Art,  wie  Facligenosseu  und  gelehrte  Körperschaften 
das  Andenken  Reinhold  Köhlers  ehren  und  lebendig  fortwirkend  erhalten, 
sich  ihm  übers  Grab  hinaus  für  seine  treuen  Dienste  erkenntlich  zeigen 
und  wiederum  viele  verpflichten  könnten.  Dazu  bedarf  es  der  Hilfe:  nicht 
bloss  des  Rates  und  hingebender  Thätigkeit,  sondern  auch  finanzieller 
Unterstützung.  Erwäge  ich,  dass  derlei  Wünsche  und  Anregungen  von 
nah  und  fern,  in  Gesprächen  und  Briefen,  zumal  in  Zuschriften  an  die 
liebevollen  Pflegerinnen  des  Nachlasses  laut  geworden  sind,  und  wie  jetzt 
Italiener,  Franzosen,  Spanier,  Skandinavier,  Slaven  mit  uns  in  dankbaren 
Nachrufen  wetteifern,  wie  beredt  z.B.  Giuseppe  Pitre  ,1a  erudizione  stra- 
ordinaria'  und  ,le  squisite  doti  dell'  animo'  Köhlers  zu  würdigen  weiss,  so 
zweifle  ich  nicht  an  dem  Erfolg  einer  solchen  Bitte,  die  sich  hiermit  an 
Zünftige  und  Unzünftige,  an  Einzelne  und  Vereine,  an  In-  und  Ausländer 
wendet. 

2.   Verzeiclinis  der  Scliriften. 

Die  folgende  Liste  habe  ich,  dank  den  Schwestern  Mathilde  und  Elise 
Köhler,  aus  zwei  Notizbüchern  meines  verstorbenen  Freundes  gezogen  und 
die  Zeitschriften  alphabetisch  geordnet,  auch  einiges  Wenige  nachgetragen, 
aber  der  Sorgfalt  des  Verfassers  trauend,  keine  genaue  bibliographische 
Musterung  und  Ergänzung  der  Titel  besprochener  Bücher  vorgenommen. 
Hierzu  fehlte  mir  die  Müsse,  und  da  diese  jedenfalls  sehr  lehrreiche  Mit- 
teilung doch  für  Kundigere  bestimmt  ist,  wird  jeder  sich  leicht  näher 
umthun  können.  Für  Nachträge  zu  diesem  Verzeichnis  werde  ich  dank- 
bar sein. 

I. 

Über  die   Dionysiaka   des  Nonnus  von  Panopolis.    Von  Reinhold  Köhler.    Halle,  Pfeffer, 

1853. 
Alte  Bergmannslieder.   Herausgegeben  von  Reinhold  Köhler.   Weimar,  Böhlau,  1858. 
Vier  Dialoge  von  Hans  Sachs.    Herausgegeben  von   Reinhold  Köhler.    Weimar,  Bölilau, 

1858. 
Zu  Heinrich  von  Kleists  Werken.    Die  Lesarten  der  Originalausgaben  mit  den  Änderungen 

L.  Tiecks  und  J.  Schmidts  zusammengestellt  von  Reinhold  Köhler.    Weimar,  Böhlau, 

1862. 
Kunst  über  alle  Künste  Ein  bös  Weib  gut  zu  machen.     Eine  deutsche  Bearbeitung  von 

Shakespeares  The  Taming  of  the  Shrew  aus  dem  Jahr  1672.    Neu  herausgegeben  mit 

Beifügung  des  englischen  Originals  und  Anmerkungen  von  Reijihold  Köhler.    Berlin, 

Weidmann,  1864. 
Dantes  Göttliche  Komödie    und    ihre    deutschen  Übersetzungen.    Der   fünfte  Gesang  der 

Hölle    in    zweiundzwanzig  Übersetzungen   seit   17G3  bis  1865.     Zusammengestellt  von 

Reinhold  Köhler.    Weimar,  Böhlau,  1865. 
Herders  Cid  und  seine  französische  Quelle.    Von  Reinhold  Köhler.    Leipzig,  Vogel,  1867. 
Oberon.    Ein  Gedicht  in  zwölf  Gesängen  von  Christoph  Martin  Wieland.    Mit  Einleitung 

und  Anmerkungen  herausgegeben  von  Reinhold  Köhler.    Leipzig,  Brockhaus,  1868. 
Ein  bisher  noch  nicht  gedrucktes  Gedicht  Göthes  an  Lili  [,.lm  holden  Thal".    Privatdruck 

unterzeichnet:  W.  1868.  R.  K.]. 
Schillers    sämtliche    Schriften.     Historisch -kritische    Ausgabe.     Zehnter  Teil.     Ästhetische 

Schriften.   Herausgegeben  von  Reinhold  Köhler.    Stuttgart,  Cotta,  1871. 


Reinhold  Köhler.  427 

ir 

Des  Herodotos  Geschichte,  deutsch  von  Adolf  Scholl.  Unter  Teilnahme  des  Verfassers  neu 
durchoesehen  von  Reinhold  Köhler.    1. — 3.  Band     Stuttgart.  Metzler,  1855. 

Ausgewählte  Aufsätze  aus  dem  Gebiete  der  klassischen  Altertumswissenschaft  von  Ludwig 
Preller.    Herausgegeben  von  Reinhold  Köhler.    Berlin,  Weidmann,  1804. 

Römische  Mythologie  von  L.  Preller.  Zweite  Auflage,  revidiert  und  mit  litterarischen  Zu- 
sätzen versehen  von  Reinhold  Köhler.    Berlin,  Weidmann,  1805. 

Esthnische  Märchen.  Aufgezeichnet  von  Friedrich  Ki'eutzwald.  Aus  dem  Esthnischen  über- 
setzt von  F.  Löwe.  Mit  einem  Vorwort  von  Anton  Schiefner  und  Anmerkungen  von 
Reinhold  Köhler  und  Anton  Schiefner.   Halle,  Waisenhaus,  1869. 

Sicilianische  Märchen.  Aus  dem  Volksmund  gesammelt  von  Laura  Gonzenbach.  Mit  An- 
merkungen Reinhold  Köhlers  und  einer  Einleitung  herausgegeben  von  Otto  Hartwig. 
Leipzig,  Engelmann,  1870. 

Awarische  Texte.  Herausgegeben  von  A.  Schiefner  [Memoires  de  l'Academie  Imperiale  des 
sciences  de  St.-Petersbourg,  VII*'  serie,  t.  XIX  no.  6].  St.  Petersburg,  1873.  S.  IV  bis 
XXVI  Dr   Reinhold  Köhlers  Bemerkungen  zu  den  awarischen  Texten. 

Gentes  populaires  recueillis  en  Agenais  par  M.  Jean-FrauQois  Blade.  Traduction  francaise 
et  texte  agenais  suivis  de  notes  comparatives  par  M.  Reinhold  Köhler.  Paris,  Baer, 
1874. 

Islendzk  iEventyri.  Isländische  Legenden,  Novellen  und  Märchen.  Herausgegeben  von 
Hugo  Gering.  2.  Band.  Anmerkungen  und  Glossar.  Mit  Beiträgen  von  Reinhold 
Köhler.    Halle,  1883. 

Die  Lais  der  Marie  de  France ,  herausgegeben  von  K.  Warnke.  Mit  vergleichenden  An- 
merkungen von  Reinhold  Köhler.    Halle,  Niemeyer,  1885.    S.  LVII.  LTX— CVIII. 

Posilecheata  di  Pompeo  Sarnelli  M.  DC.  LXXXIV.  Ristampa  di  CCL  esemplari  curata  da 
Vittorio  Imbriani.    Napoli,  1885. 

Novelle  inedite  di  Giovanni  Sercambi.    Pirenze,  1886  [S.  67 — 71  Annotazioni,  vgl.  S.  8]. 

Poemetti  popolari  italiani.  Raccolti  ed  illustrati  da  A.  D'Ancona.  Bologna,  1887  [S.  59 
his  100  Vorrede  zur  Storia  del  Cavaliere  Senso]. 

III. 

The  Academy.     London,  Publishing  office. 

[1877,  1.  Dezember,  S.  511  anonyme  Notiz  zum  Vitulus  des  Schonaeus?] 

1885,  17.  Januar,  S.  44  Klopfan. 
Alemannia.     (Birlinger.)    Bonn,   Marcus  3,  (1875),  135    Zu  den  zwei  Sprüchen  von  Paris. 
Allgemeine  «leutsche  Biographie,    (v.  Liliencrou,  Wegelc.)  Leipzig,  Duncker  &  Humblot. 

13  (1881),  642  f.  Christian  Joseph  Jagcmanu.   —    13,  643  Karoline  Jagemann. 
Allgemeine  Encyklopädie  der  Wissenschaften  und  Künste  (Ersch  und  Gruber). 

1.  Section  91.  Teil  (Leipzig  1871)  S.  413—421  Griselda. 
Am  Urquell.    (F.  S.  Krauss).   Hamburg,  Kramer.   N.  F. 

1  (1890),  72 f.  Aus  einer  Zuschrift  von  R.Köhler.  —  1,  113-115  Die  Haut  (das 
Fell,  den  Bast)  versaufen. 

2,  27  Volksmedizin.  —  2,  98  Geheime  Sprachweisen.  [Auch  S.  99,  Z.  1  f. 
von  K.] 

Anglia.    Zeitschrift  für  englische  Philologie.    (Wülker.)    Halle,  Niemeyer,  1878  ff. 

1,  38—44  Zu  Chaucers  The  Milleres  Tale.    S.  186-188  Nachtrag. 

2,  135  f.  Nochmals  zu  Chaucers  The  Milleres  Tale.  —  2,  137—140  Der  Mann 
im  Mond  und  eine  Stelle  in  S.  Rowleys  When  you  see  me,  you  know  me.  — 
2,  388  -  394  How  the  Plowman  lerncd  his  Pater  Noster.  [Übersetzt  in  La  Enciclo- 
pedia,  2.  Epoca  (Sevilla  1879)  3,  165.] 

3,  379-382  Anzeige  von  The  Folk-Lore  Society  L 

Anzeiger  für  Knnde  der  deutschen  Vorzeit.  N.F.  Organ  des  germanischen  Museums. 
Nürnberg,  1854  ff. 

1858,  Sp.  86  Zum  Holen  der  Speckseite. 

1876,  Sp.  48  Nachtrag  zu  den  lateinischen  Versen  „zur  Schafzucht". 


428  Schmidt: 

Archly  für  die  Geschichte  dentscher  Sprache  und  Dichtung;.  (J.  M.  Wagner\   Wien. 
Kubasta  &  Voigt,  1874. 

S.  452—457  Michael  Caspar  Lundorfs  Wissbadisch  Wiesenbrünnlein. 
S.  458—462  Bild  und  Spruch  von  den  verschiedenen  Ständen  im  menschlichen 
Leben.    Weimar,  am  Goethetage  1873. 
Archiv  für  Litteratiirgeschichte.    (I  1870  R.  Gosche,  II— XV  1872-1887  F.  Schnorr  v. 
Carolsfeld.)    Leipzig,  Teubner. 

1,  108  f.  Nachtrag  [zu  R.  Hildebrand ,  Der  Verfasser  der  Chemnitzer  Rocken- 
philosophie]. —  1,  228-251  Um  Städte  werben  in  der  volkstümlichen  Poesie  be- 
sonders des  17.  Jahrhunderts.  —  1,  291-295  Joh.  Mich.  Moscherosch  und  sein 
..Sprachverderber"  und  ,,JJer  teutsche  Michel  wider  alle  Sprachverderber''.  — 
1,  295—298  Zu  zwei  Stellen  der  Simplicianischen  Schriften  Grimmeishausens.  — 
1,  298  f.  Joh.  Freinsheims  Gedicht  auf  die  Buchdruckerei.  —  1,  326  f.  Zu  Heinrich 
von  Kleists  Werken  [S.  577  Berichtigung].  —  1,  409-427  Die  Griseldis-Novelle 
als  Volksmärchen. 

3,  145—147  Schiller  und  eine  Stelle  aus  Tausend  und  einer  Nacht.  — 
3,  416—421  Die  Quelle  von  Wielands  Hann  und  Gulpeuheh. 

5,  1—5  Eine  Stelle  in  Ariostos  Orlando  Furioso  und  Nachahmungen  derselben 
5,  78-83  Zu  Wielands  Clelia  und  Sinibald. 

6,  230-232  Zu  Goethes  Tagebuch.  —  6,  526-527  Zu  Adolf  Strodtmanns 
Ausgabe  der  Briefe  von  und  an  Bürger. 

7,  32  Zu  Lessings  Grabschrift  auf  einen  Gehenkten. 

9,  4—8  Das  älteste  bekannte  deutsche  Sonett  und  sein  italienisches  Original. 
9,  76  f.  H.  Dunger,  Rundäs  und  Reimsprüche  aus  dem  Vogtlande. 

11,  386  —  395  Ein  Brief  Goethes  an  Alessandro  Poerio  und  Aufzeichnungen 
des  letzteren  über  seinen  persönlichen  Verkehr  mit  Goethe.  —  11,  582—585 
H.  Varnhagen,  Ein  indisches  Märchen  auf  seiner  Wanderung. 

12,  92—148  Albanische  Märchen,  übersetzt  von  Gustav  Meyer,  mit  An- 
merkungen von  Reinhold  Köhler.  —  12,  640  Zu  Archiv  8,  183  und  12,  474  [Mich 
wundert,  dass  ich  fröhlich  bin;  H.  v.  Kleist].  —  12,  641  f.  Zu  Archiv  12,  480 
[Schubart,  Voss  etc.] 

Archiv  für  slavische  Philologie.    (Jagic.)    Berlin,  Weidmann,  1876  ff. 

1,  154  f.  Eine  serbische  Kuhhautsage  [Anmerkungen].  —  1,  267—289  Aus 
dem  südslavischen  Märchenschatz  [Anmerkungen].  —  1,  335  f.  Zu  S.  95  des 
Archivs  [vgl.  12,  310—312]. 

2,  192-194  Eine  türkische  Version  der  Condemnatio  Uvae.  —  2,  614—641 
.4us  dem  südslavischen  Märchenschatz  [Anmerkungen]. 

3,  216—219  Der  undankbare  Sohn  und  die  Kröte  [Anmerkimgen]. 
5,  17 — 79  Aus  dem  südslavischen  Märchenschatz  [Anmerkungen]. 
7,  88  [Aus  einem  Schreiben  an  V.  Jagic]. 

12,  316  f.  Zu  Bd.  XI  S.  16a 
Archivio   per   lo   studio    delle    tradizioui    popnlari.     Rivista    trimestrale    diretta    da 
G.  Pitre  e  S.  Salomone-Marino.   Palermo,    1882  ff. 

1,  70—72  Perche  gli  uomini  non  sanno  piü  quando  devono  morire. 

2,  117—120  Leggenda  di  un  sant'  uomo  cruciato  e  rigenerato. 

Berichte   über  die  Verhandlungen   der   Kgl.   Sächsischen   Gesellschaft   der   Wissen- 
schaften zu  Leipzig.    Philologisch-historische  Klasse.    Leipzig,  Hirzel. 

39(1887),  105—124  Herders  Legenden  „Die  ewige  Weisheit"  und  ..Der  Friedens- 
stifter" und  ihre  Quellen. 

42,  72—78    Goethe    und    der   italienische    Dichter   Domenico    Batacchi    [Ein 
längerer  „estratto"  erschien  im  Pitreschen  Archivio,  Sep.-Abdr.  7  S.]. 
Blütter  für  litterarische  Unterhaltung-.    Leipzig,  Brockhaus. 

1862,  S.  629  f.  Zwei  angeblich  noch  ungedruckte  Gedichte  Gellerts. 
Deutsche  Litteraturzeitung  (Fresenius).    Stuttgart -Berlin,  Spemann. 

1890,  Sp.  9  J.  C.  Dunlop,  Historj  of  prose  fiction  ed.  by  H.  Wilson  1888.  — 
1890,  Sp.  1200  J.  Bolte,  Der  Bauer  im  deutschen  Liede  1890. 


Reinhold  Köhler.  429 

Die  deutschen  Mundarten.     Herausgegeben  von  K.  Frommann.  Nürnberg. 
4  (1857),  361  f.  Des  Kaisers  Bart  wachsen  hören. 

5,  420—422  Ältere  Sprachprobe  aus  Clansthal  auf  dem  Harze. 

6,  60—76  Bemerkungen  zu  0.  Schades  ,  Satiren  und  Pasquillen  aus  der  Re- 
formationszeit".  —  6,  369  f.  Kunzenjägerspiel. 

Englische  Studien.    (Kölbing.)    Heilbronn,  Henninger. 

2  (1878),  115  f.    Zu  einer  Stelle  des  altenglichen  Gedichts  von   der  Kindheit 
Jesu. 
Ethnologische  Mitteilungen  aus  Ungarn.    (A.  Herrmann.)    Budapest,  1889. 

1,  Sp.  312— 318  Nachträge  zu  meinem  Aufsatz  „Und  wenn  der  Himmel  war' 
Papier"  [Orient  und  Occident  2,  546—559]. 

Oermania.    ^Pfeiffer,  Bartsch.)     1—3  Stuttgart  1856-1858:  4  ff.  1859  ff.   Wien,  Gerold. 

2,  431—434  Der  nackte  König.  —  2,  481—485  Die  stärksten  Dinge. 

3,  199—209  Die  dankbaren  Toten  und  der  gute  Gerhard.  -  3,  251—253  An- 
zeige von  Grässes  Jägerbrevier. 

4,  482—493  Rosenblüts  Disputaz  eines  Freiheits  mit  einem  Juden. 

5,  64—67  Das  Grab  und  seine  Länge.  —  5,  220-226  Der  Spruch  der  Toten 
.an  die  Lebenden.  —  5,  448—456  Ein  altes  Kindergebet  [vgl.  11,  435].  —  5,  461 

—463   Bruchstücke    eines  Gedichts   aus    dem   Artuskreisc.    —   5,  463—467    Der 
Bauer  schickt  den  Jäckel  aus. 

6,  lOG  f.  Zur-  Litteratur  Hans  Rosenplüts.  —  6,  306  Ein  Weib  und  ilrei  Lieb- 
haber. —  6,  368-372  Mich  wundert  dass  ich  fröhlich  bin  [vgl.  33,  313  ff., 
Schnorrs  Archiv  12,  640]. 

7,  235—237  Zu  den  deutschen  Appellativnamen.  —  7,  350-  354  Adams  Er- 
schaffung aus  acht  Teilen.  —  7,  371—380  Anzeige  von  Neumanns  Ausgabe  der 
Reisen  Joh.  Schiltb ergers.  —  7,  476—480  Die  Erde  als  jungfräuliche  Mutter 
Adams. 

8,  15—36  Quellennachweise  zu  Hugos  von  Langenstein  Martina.  —  8,  62  f. 
Zum  zweiten  Morseburger  Zauberspruch.  —  8,  304  f.  Die  Ungleichheit  der  mensch- 
lichen Gesichter.  —  8,  305—307  Ein  Bild  der  Ewigkeit. 

10,  245  f.  Ein  Engel  flog  durchs  Zimmer.  —  10,  447  -  455  Die  Legende  von 
den  beiden  treuen  Jacobsbrüdem. 

11,  85—92  Der  weisse,  der  rote  und  der  schwarze  Hahn.  —  11,  217—221  Zu 
dem  Gedicht  von  Hans  Sachs  „Die  achtzehen  Schön  einer  Jungfrauen.  —  11,  389 
—406  Tristan  und  Isolde  und  das  Märchen  von  der  goldhaarigen  Jungfrau  und 
von  den  Wassern  des  Todes  und  des  Lebens.  —  11,  435—445  Ein  altes  Kinder- 
gebet.    Nachträge  zu  Germania  5,  448 — 456. 

12,  55—60  Zum  guten  Gerhard. 

13,  158  f.    Der   Leviathan   am   Angel.    —    13,  178  —  188    Segensprüche.   — 

13,  399  f.  Der  Fisch  Celebrant  [vgl.  28,  9.  29,  512]. 

14,  243—245   Zum  Spruch  vom  König  Etzel.    —    14,  246  f.    Zu  Tristran.    — 

14,  269-271    Zu  von  der  Hagens  Gesamtabenteuer  Nr.  LXIII.    —    14,  300—304 
Zur  Legende  vom  h.  Albanus. 

15,  105  f.  Zum  Spruch  vom  Nagel  im  Hufeisen.  —  15,  284  291  Zur  Legende 
von  Gregorius  auf  dem  Steine. 

17,  62—64  Das  altdeutsche  Gedicht  „Der  Busant"  und  das  altfranzösische 
^L'escouflc". 

18,  41—45  Der  Maler  mit  der  schönen  Frau.  --  18,  113  f.  Weinende  Augen 
haben  süssen  Mund.  —  18,  147—152  Eine  Sage  von  Theoderichs  Ende  in  dem 
„Libro  de  los  Enxemplos".  —  18,  152—159  Die  Schwanke  vom  Bauer  Einhirn 
und  dem  Bauer  Grillet. 

19,  189—194  Das  Schicksalsrad  und  der  Spruch  vom  Frieden.  —  19,  349  f. 
Nachträge  zu  Lemckes  Jahrbuch  6,  350.  —  19,  426—428  Mittelalterliche  Ansichten 
über  die  Träger  des  Namens  Petrus. 

20,  383  X  für  U.  —  20,  383  f.  Johami  von  Morssheim,  der  Dichter  des  Spiegels 
des  Regiments. 


430  Schinirlt : 

21,  66  Abermals  Johann  von  Morssheim.    —    21,  18—27  Zur  Mägus-Sas-a.  — 

21,  201  Der  alte  Hildebrand  als  Puppenspiel  [S.  384  zwei  Druckfehler  berichtigt]. 

22,  19  f.    Das  Spiel  von  den  sieben  Weibern,  die  um  eiiii'U  ^Jann  streiten.  — 

22,  285  Zu  einer  Stelle  in  Rudolfs  von  Ems  Barlaaiii  und  .Josaphat. 

23,  24—27    Zu  einer  Stelle  in  Ulrichs  von  Eschenbach  Wilhelm  von  Wemlen. 

24,  18 — 15  Über  ein  Meisterlied  von  dem  roten  Kaiser.  —  24,  382  Zu  Ger- 
mania 23,  52.  —  24,  385-391  Von  den  zwei  Sanct  Johannsen. 

25,  360  Schiltebürger  als  Name  des  Todes. 

28,  9—11  Der  Fisch  Celebrant  [vgl.  28,  512].  —  28,  11—14  In  die  Hand, 
nicht  in  die  Speisen  schneiden.  —  28,  185 — 187  Zu  einem  Spruche  Meister 
ßumeslants.  —  28,  187  f.  Erbagast,  der  aller  Diebe  Meister  ist  [vgl.  29,  58].  — 
28,  512  Zu  Germania  28,  9  ff. 

29,  53—58  Zur  Legende  von  der  Königin  von  Saba  oder  der  Sibylla  imd  dem 
Kreuzholze.  -   29,  58  f.  Abermals  von  Elbegast.  —  29,  408  Jammer  lernt  weinen. 

31,  49—51  Zu  Dietrichs  von  Glezze  Gedicht  ..Der  Borte". 
33,  313-332  Mich  wundert,  dass  ich  fröhlich  bin. 
(TiaiiLbattista  Basile.    Anno  I,  Napoli  15  Agosto  1883. 

Nr.  8,  S.  62"  Risconti  alla  fiaba  rovignese  El  Poüliso  e'l  Padücio  [vgl.  Errata 
Nr.  11,  S.  88b]. 
Giornale  storico  della  letteratura  italiana.    (A.  Graf,  F.  Novati,  R.  Renier.)    Torino, 
Loescher,  1883  ff. 

14  (1889;,  94—101  Illustrazionii  comparative  ad  alcune  novelle  di  Giovanni 
Sercambi. 

15,  180-182  desgleichen. 

16,  108—118  desgleichen. 

(joethe  -  Jahrbuch.    (L.  Geiger.")    Frankfurt  a.  M.,  Litterarische  Anstalt. 

2  (1881),  249  Briefe  von  Goethe.  Nr.  8  An?  6.  März  1801.  -  2,  450  Zusatz 
zu  1,  258  über  B.  J.  Schütz. 

3,  361  Kilian  Brustfleck. 

9,  109—113  Drei  Briefe  Goethes  an  Einsiedel  1803—1813. 

12,  268  Berichtigungen. 
Oöttingische  gelehrte  Anzeigen. 

1866,  St.  28,  1112—1120  A.  Chodzko,  Contes  des  paysans  et  des  patres  slaves. 

1868,  St.  35,  1361-1393  S.Baring-Gould,  Household-Storics.  -  J.  F.  Blade, 
Contes  et  proverbes  populaires  recueillis  en  Annag-nac.  —  Toppen,  Aberglauben 
aus  Masuren.  —  A.  Peter,  Volkstümliches  aus  Österreich. -Schlesien  IL  — 
Ch.  Schneller.  Märchen  und  Sagen  aus  AVälschtirol.  —  L.  Strackerjan,  Aberglaube 
und  Sagen  aus  dem  Herzogtum  Oldenburg.  —  F.  Leibing,  Sagen  und  Märchen  des 
Bergischen  Landes.  —  P.  Chr.  Asbjörnsen  &  J.  Moe,  Norske  Folkeeventyr. 
3.  Udgave.  —  J.  P.  Möller,  Folkesager  etc.  fra  Bornholm.  —  1868,  St.  49, 
1926—1931  B.  Jülg,  Mongolische  Märchen.  Die  neun  Nachtragserzählungen  des 
Siddhi-Kür  und  die  Geschichte  des  Ardschi-Bordschi  Chan. 

1869,  St.  20,  761—774  Libro  di  Novelle  antiche.  —  La  Novella  di  Messer 
Dianese  e  di  Messer  Gigliotto.  —  Due  Novelle  antichissime  inedite.  —  1869, 
St.  45,  1761—1767  Novellette,  Esempi  morali  e  Apologhi  di  S.  Bernardino  di 
Siena. 

1870,  St.  32,  1270—1277  A.  de  Gubernatis,  Le  Novelline  di  S.  Stefano  di 
Calcinaia.  —  1870,  St.  42.  1656—1663  E.  Steere,  Swahili  Tales. 

1871,  St.  4,  121—128  A.  Mussafia,  Über  eine  altfranzösische  Handschrift  der 
k.  Universitätsbibliothek  zu  Pavia.  -  1871,  St.  36,  1401—1415  .Vsofnrjvtxa 
Avttkixia.  Töfioi  A'.  <f>vklä6.  A'.~B'.  -  1871,  St.  52,  2095-2098  J.V.  Zingerle, 
Kinder-  und  Hausmärchen  aus  Tirol  -  und :  Sitten,  Bräuche  und  Meinungen  des 
Tiroler  Volkes.    1.  Aufl. 

1872,  St.  31,  1205-1225   Th.  Steele,  An  Eastern  Love  Story.    Kusa  Jatakaya. 

1873,  St.  .32,  1241  —  1250  M.  Toppen,  Volkstümliche  Dichtungen. 


Reinhold  Köhler.  431 

Jahrbuch  der  Deulschen  Dante- Gesellschaft.   Leipzig,  F.  A.  Brockhaus,  18G7  ff. 

2  (1869),  237  f.  ,OM0'  im  Menschenangesicht.    Eine  Parallele. 
Jahrbuch  der  Deutschen  Shakespeare-Gesellschaf I.    Weimar,  Huschke. 

1  (1865),  406—417  Einige  Bemerkungen  und  Nachträge  zu  Albert  Cohns 
„Shakespeare  in  Gcrmany". 

3,  397-401  Zu  Shakespeares  The  Taming  of  the  Shrew. 

22,  276  f.  Zu  Jahrbucli  21,  305. 
Jahrbuch  für  Litteraturgeschichte.    (R.  Gosche.)    Berlin,  Dümmler,  1865. 

S.  166—198  Zu  (lern  Märchen  von  der  Lebenszeit. 
Jahrbuch  für  romanische  und  englische  Litteratur.   (Ebert,  Lemcke.)    1—12  Leipzig, 
Brockhaus.  1859-1871.   N.  F.    1-3  Leipzig,  Teubner,  1874-1876. 

3,  56-63  Zu  F.Wolfs  Proben  portugiesischer  und  katalanischer  Volksromanzen, 

—  3,  338  f.  Zu  Rabelais. 

5,  1—25  Volksmärchen  aus  Frankreich. 

6,  196—212  Quellennachweise  zu  Richard  Rolle's  von  Hampole  Gedicht  „The 
Pricke  of  Conscience".  —  6,  326—331  Die  Legende  von  dem  Ritter  in  der  Ka- 
pelle [vgl.  9,  351].  —  6,  350  Zu  Jahrbuch  5,  400  [vgl.  Gennania  19,  349]. 

7,  1—36.  121—354.  249—290  Volksmärchen  aus  Venetien.  Gesammelt  und 
herausgegeben  von  Georg  Widter  und  Adam  Wolf.  Mit  Nachweisungen  und 
Vergleichungen  verwandter  Märchen  von  Reiuhold  Köhler. 

8,  44—65  Zu  der  Erzählung  Adams  von  Cobsam  ,The  Wrighfs  chaste  wife' 
[vgl.  Berichtigung  S.  437].  —  8,  241—270  Italienische  Volksmärchen.  —  8,  356 
—359  Zur  Volksliederlitteratur.  —  8,  409—417  Italienische  Nachtgebete. 

9,  117  f.  Ein  bolognesisches  Lied  aus  dem  13.  Jalirhundert.  --  9,  351  f.  Zu 
der  Legende  von  dem  Ritter  in  der  Kapelle.  —  9,  399—402  Volksmärchen  aus 
der  Landschaft  Forez  in  Franki-eich. 

11,  231  f.  Zum  Fabliau  vom  Stadtrichter  von  Aquileja.  —  11,  313—324  An- 
zeige von  La  Leggenda  di  Vergogna  e  la  Leggenda  di  Giuda. 

12,  106—108  Anzeige  von  D.  Comparetti,  Ricerche  intorno  al  Libro  di  Sindibäd. 

—  12,  286—316  Zu  der  altspanischen  Erzählung  von  Karl  dem  Grossen  und  seiner 
Gemahlin  Sibille.  —  12,  347-352.  407-414  Anzeige  „Italienischer  NoveUen" 
[Novelle  di  G.  Sercambi.  —  Storia  di  S.  Ismeria.  —  Novella  d'una  donna  e  d'uno 
uomo  che  non  poteano   aver  figliuoli.   —  Novella  del  Fortunato.  —  Novella  di 

A.  Doni.  —  Novella  di  Franc.  Angeloni  da  Terni. 

13,  328—336  Zu  Hermann  Oesterleys  Ausgabe  des  Dolopathos  des  Johannes 
de  Alta  Silva. 

14,  1—31  Die  Beispiele  aus  Geschichte  und  Dichtung  in  dem  altfranzösischen 
Roman  von  Girart  von  Rossillon.  —  14,  423—436  Anzeige  von  G.  Papanti,  Dante 
secondo  la  tradizione  e  i  novellatori. 

Jenaer  Litteratur/eitung.    (Klette.)   Jena,  Dufft. 

1874,  Nr.  21,  318  F.  M.  Luzel,  Gwerzieu  Breiz-IzeL   T.  IL 
187.5,  Nr.  30,  535  H.  Oesteriey,  H.  Steinhöwels  Aesop.  —  Nr.  43,  758  A.v. Keller, 
Hans  Sachs  Bd.  7.  8. 

1876,  Nr.  14,  224  J.  G.  Th.  Graesse,  Die  Quelle  des  Freischütz.  —  Nr.  24,  380 
W.  H.  J.  Bleek,  A  brief  account  of  Bushman  Folk-lore.  —  Nr.  40,  622  L.  Brueyre, 
Contes  populaires  de  la  Grande-Bretagne. 

1877,  Nr.  16,  255  Melusine  1—0.  —  Nr.  38,  390  J.  Haltrich,  Deutsche  Volks- 
märchen aus  dem  Sachsenlande  in  Siebenbürgen.  2.  Aufl.  —  Nr.  42,  644  E.  Rolland, 
Faune  populaire  de  la  France.    Les  mammiferes  sauvages. 

1878,  Nr.  1,  13  A.  v.  Keller,  Altfranzösische  Sagen.  2.  Aufl.  —  Nr.  18,  277 
L,  F.  Sauve,   Proverbes  et  Dictons  de  la  Basse -Bretagne.   —   Nr.  20,  305—307 

B.  Schmidt,  Griechische  Märchen,  Sagen  und  Volkslieder. 
Korrespondenzbhitt    des    Vereins    für    niederdeutsche    Sprachforschung.     Haml>urg, 

1877  if. 

4,  2(')  Witte  Stock. 

Zeitschrift  d.  Vereins  f.  VolUsltuude.     Uai.  29 


4.32  Schmidt: 

6,  '29  f.  Pampe.  —  6,  36  Up  der  hut  werpen   —  G,  4(j  f.  Der  alte  Hildebrand. 

—  6,  53  Jord. 

8,  89  f.  Uas  Substantiv  des  Verbums. 
Kuiistchroiük.     Beiblatt    zur    Zeitschrift    für    bildende    Kunst,     (v,   Lützow.)     Leipzig, 
Seemann. 

22  (1887),  669  f.   Erklärung  zweier  Bilder  Bartolomeo  Mantagnas    [Z.  1  lies: 
10.  Juni]. 
Litterariscbes  Centralblatt.  ^)    (Zarncke.)   Leipzig,  Avenarius-Eeisland. 

1856,  Nr.  40,  637  f.  Cte  de  Marcellus,  Nonnos.  Les  Dionysiaques.  Rh.  K.  — 
Nr.  49,  787  f.  0.  Schneider,  Nicandrea.   Rh.  K. 

1861,  Nr.  23,  373  f.  R.  Keil,  Gesellenstammbuch.  —  Nr.  23,  376  f.  Brunet, 
Manuel  I.*  —  Nr.  45,  732  f.  Brunet,  Manuel  II  1.*  -  Nr.  51,  837  Didot,  Missel 
de  JJ.  des  Ursins.* 

1862,  Nr.  8,  142  f.  Opel  und  Cohn,  Der  dreissigj ährige  Krieg.*  —  Nr.  17,  325  f. 
Brunet,  Manuel  II  2.*  —  Nr.  24,  493  f.  Brunet,  Manuel  III  l.-'  —  Nr.  49,  1093 
Brunet,  Manuel  III  2.* 

1863,  Nr.  26,  621—623  Brunet,  Manuel  IV.* 

1864,  Nr.  2,  41  f.  .J.  Schmidts  2.  Ausgabe  der  Schriften  H.  v.  Kleists.*  — 
Nr.  2,  46  f.  Brunet,  Manuel  V  1.*  —  Nr.  45,  1073  f.  Brunet,  Manuel  V  2.* 

1865,  Nr.  5,  105  A.  de  Backer,  Essai  bibliographique  sur  le  livre  de  imitatione 
Christi.*  —  Nr.  9,  241  f.  Büchmann,  Geflügelte  Worte.  Rh.  Kö.  —  Nr.  42,  1118  f. 
Brunet,  Manuel  VI.* 

1866,  Nr.  20,  543  f.  Walther,  Les  Elzevir.*  —  Nr.  46,  1192  f.  Grimme,  Das 
Sauerland.  —  Nr.  48,  1259  f.  Gott  ehre  das  Handwerk!  —  Nr.  49,  1290-1292 
Radics,  Der  verirrte  Soldat. 

1867,  Nr.  3,  81  f.  Hauswald,  Dornröschen.  —  Nr.  20,  552—554  Lorenz,  Cata- 
logue  general  de  la  librairie  fran<j,aise  1840—1865.  Livr.  1—3.  —  Nr.  23,  634 
—636  Radioff,  Proben  der  Volkslitteratur  der  türkischen  Stämme  Süd-Sibiriens  I. 
Nr.  27,  752  f.  Janicke,  Über  magdeburgische  Häusernamen.  —  Nr.  31,  848  f. 
Vischer,  Die  Sage  von  der  Befreiung  der  Waldstätte.*  —  Nr.  34,  946  Zehender, 
Der  Rheinfall  im  Lichte  der  Naturanschauung  verschiedener  Zeitalter.  —  Nr.  35, 
968  f.  Jülg,  Mongolische  Märchen.  —  Nr.  43,  1196  Mühlbrecht,  Der  holländische 
Buchhandel.* 

1868,  Nr.  5,  117  Weller,  Index  Pseudonymorum.  3.  Supplementheft.  —  Nr.  27, 
726  Wcntzel,  Goethe  in  Schlesien.   R,  K. 

1869,  Nr.  3,  73  f.  Radioff,  Proben  IL 

1870,  Nr.  26,  742  f.  Traditions  et  legendes  de  la  Belgique.*  —  Nr.  52,  1397 
—1399  Radioff,  Proben  III. 

1871,  Nr.  11,  255—257  Comparetti,  Ricerche  intorno  al  Libro  di  Sindibäd.*  — 
Nr.  21,  541  Westermayer,  J.  Bälde.*  —  Nr.  27,  709-711  R.Keil,  Frau  Rat.  R.  K. 

1874,  Nr.  21,  702  f.  van  Vloten,  Nederlandsche  Baker  cn  Kinderrijmen.  — 
Nr.  43,  1434  f.  dasselbe.   Derde  druk. 

1875,  Nr.  4,  121—123  Dunger,  Kinderlieder  und  Kinderspiele  aus  dem  Vogt- 
lande. 

1876,  Nr.  52,  1747  Lorenz,  Catalogue  gen.  V  1. 

1877,  Nr.  26,  862  f.  Graesse,  Geschlechts-,  Namen-  und  Wappensagen  des 
Adels  deutscher  Nation.* 

1878,  Nr.  13,  447  Frischbier,  Preussische  Volkslieder  in  plattdeutscher  Mund- 
art. —  Nr.  24,  803—805  Witzschel,  Sagen,  Sitten  und  Gebräuche  aus  Thüringen, 

—  Nr.  43,  1419  Lorenz,  Catalogue  gen.  VI  2. 

1879,  Nr.  21,  683,  Deecke,  Lübische  Geschichten  und  Sagen.  2.  Aufl.  —  Nr.  48, 
1573  Ijaistner,  Nobelsagen.* 


1)   Ein  Sternchen  bezeichnet  Anonymität;  diu  seltenen  Chifferu  Rh.  K.  oder  R.  K.  oder 
-r   habe  ich  angeführt;  alles  übrige  ist  Rho.  Kö.  unterschrieben. 


Reinhold  Köhler.  aq^ 

1880,  Nr.  II),  627  Pfannenschmid,  Gcrinauische  Erntefeste.*  —  Nr.  43  1428 
-1430  V.  Schulenburg,  Wendische  Volkssagen  und  Gebräuche.  -  Veckeiistedt 
Wendische^  Sagen,  Märchen  und  abergläubische  Gebräuche. 

1881,  Nr.  1,  12  f.  Ave-Lallemant,  Die  Mersener  Bockreiter.  —  Nr  10  337  f 
Kaden  Unter  den  Olivenbäumen.  -  Nr.  33,  1148  f.  Asbjörnsen,  Auswahl  nor- 
wegischer Volksmärchen  und  Waldgeister-Sagen.  —  Nr.  38,  1323  f  I  egraud 
Reciieil  de  contes  populaires  grecs.  -  Nr.  50,  1725  f.  Sebillot^  Contes'populaires 
de  la  Haute-Bretagne  II.  -  Ders ,  Litterature  orale  de  la  Haute-Bretagne. 

1882,  Nr.  18,  611  Long,  Eastern  proverbs  and  emblems.  —  Nr  21  718  f 
Dozon,  Contes  albanais.  -  Nr  45,  1524  v.  Sehulenburg,  Wendisches  Volkstum* 
Nr.  49,  1671  f.  Leskien  und  Brugman,  Litauische  Volkslieder  und  lAIärchen.  — 
Haltrich,  Deutsche  Volksmärchen  aus  dem  Sachseulande.    8.  Aufl. 

1883,  Nr.  22,  772  Meinardus,  Der  historische  Kern  der  Hameler  Rattenfänger- 
sage. —  Nr.  22,  773  Wrubel,  Sammlung  bergmännischer  Sagen.  —  Nr  33  1155  f 
Riviere,  Contes  populaires  de  la  Kabylie  du  Djurdjura  -  Leger,  Recueil  de 
Contes  populaires  slaves.  -  Nr.  38,  1349  f.  Koch,  Die  Siebenschläferlegende. 

1884,  Nr.  1,  28  Coen,  Di  una  leggenda  relativa  alla  nascita  e  alla  gioventü 
(b  Costantino  Magno.  -  Nr.  12,  397  f.  Ratston,  Tibetan  Tales.  -  Nr  404  f 
Weddigen  u.  Hartmann,  Der  Sagenschatz  Westfalens.  —  Nr.  26,  897  f.  Vecken- 
stedt.  Die  Mythen,  Sagen  und  Legenden  der  Zamaiten. 

1885,  Nr.  6,  184  f.  Mündel,  Elsässische  Volkslieder.  —  Nr.  12,  392  f  Linniug 
[Linnig],  Deutsche  Mythen-Märchen.  -  Nr.  13,  513  f.  Poestion,  Isländische 
Märchen.  -  Nr.  19,  656  f.  Junker  von  Langegg,  Japanische  Thee-Geschichten. 
Nr.  19,  657  Meyer,  Der  Aberglaube  des  Mittelalters.  —  Nr.  30,  1009  f.  v.  Pfister, 
Sagen  und  Aberglaube  aus  Hessen  und  Nassau.  —  Nr.  49,  1683  Wossidlo  Volks- 
tümliches aus  Mecklenburg  L  -  Nr.  49,  1683  f.  Knoop,  Volkssagen  aus  dem  öst- 
lichen Hinterpommern. 

1886,  Nr.  15,  516  f.  Keith-Falconer,  Kalilah  and  Dimnah.  —  Nr.  21  733  f 
F.  u.  Th.  Dahn,  Walhall,  -r.  -  Nr.  21,  734  Jahn,  Die  deutschen  Opfergebräuche.* 
Nr.  37,  1286  Poestion,  Lappländische  Märchen. 

1887,  Nr.  17,  580  Cram,  Italian  Populär  Tales.  —  Nr.  30,  1011  f.  Gaidoz  La 
Rage  et  St.  Hubert.  ' 

1888,  Nr.  4,  128  Rochholz,  Wanderlegenden.  —  Nr.  17,  592  f  Petitot  Tra- 
ditions  indiennes.  -  Nr.  21,  733  f.  Wlislocki,  Märchen  und  Sagen  der  trans- 
silvanischen  Zigeuner.  -  Nr.  21,  734  f.   Cosquin,  Contes  populaires  de  Lorraine. 

-  Nr.  29,  986  f.  Schreck,  Finnische  Märchen.  -  Nr.  29,  987  Maass,  Das  Deutsche 
Märchen.  -  Nr.  30,  1021  f.  Elberling,  Oehlenschläger  og  de  osterlandske  Eventyr. 

—  Nr.  36,  1238  f.  Rappold,  Sagen  aus  Kärnten. 

1889,  Nr.  4,  118  Johannis  de  Capna  Directorium  vitae  huinanae  I.  —  Nr  4 
123  f.  Knowles,  Folk-Tales  ofKashmir.  -  Nr.  26,  894,  Overland,  Fra  en  svunden 
tid.  —  Nr.  29,  988  f.  Giannini,  Canti  popolari  della  Montagna  Lucchcse.  — 
Nr.  45,  1553  f.  Sauve,  Folk-lore  des  Hautes -Vosges. 

1890,  Nr.  49,  1709  f.  Chants  populaires  des  Afghans. 

Litteraturblalt  für  germanische  und  romanische  Philologie.    (Behaghel,    Neumann.) 
Heilbronn,  Henninger. 

1880,  Nr.  4,  125-127  Liebrecht,  Zur  Volkskunde.  —  Nr.  11,  421—424  Guerrini, 
La  vita  e  le  operc  di  G.  C,  Croce. 

1881,  Nr.  6,  217—219  Reinhardstöttner,  Die  Plautinischen  Lustspiele  in  späteren 
Bearbeitungen  I. 

1882,  Nr.  8,  320—322  Finamore,  Tradizioni  popolari  abbruzzcsi  I. 

1883,  Nr.  2,  73  f.  Tradizioni  popolari  catalane.  —  Indovinelli  popolari  siciliani. 
—  Nr.  7,  270—273  Rochs,  Über  den  Veilchen-Roman  und  die  Wanderungen  der 
Euriaut-Sage.  —  Nr.  11,  412-415  Müller- Fraureuth,  Die  deutschen  Lügen- 
dichtungen. 

29* 


434  Schmidt: 

Melnsine.     Eecueil    de    mythologie,    litterature  popiüaire,    traditions  et  usages.     (Gaidoz, 
Eolland.)     Paris,  Viaut,  1878  ff. 

1,  158  f.  Observations  sur  le  eoiite  breton  ,Les  trois  Freres,  ou  le  Chat,  le  Coq 
et  l'Echelle'.    —    1,  213  f.    Observations  siir  le   coute  breton  ,Les  trois  filles  du 
Boulanger',    —    1,  384—386    Observations  sur  les  deux  contes  bretons  ,Le  pape 
Innocent'    et   ,Histoire    de    Christic'.   —    1,  473—476   Observations  sur  le  conte 
breton  ,Fanch  Sconarnec'.  —  1,  549  Le  Diable  et  les  Eognures  d'ongles. 
5,  38  f.  Ne  frapper  qu'un  seul  coup. 
Mitteilungen  der  K.  K.  Central -Kommission  für  Erforschung  und  Erhaltung  der  Bau- 
denkmäler.   (V.  Helfert.)   Wien,  Gerold.   N.  F.    1875  ff. 

N.  F,  9,  LXXV  Wandmalereien  in  der  St.  Barbara-Kirche  zu  Kuttenberg. 
Mitteilungen  der  Litauischen  Litterarischen  (iesellschaft.  Heidelberg,  Winter,  1880  fif, 
3.  Heft   (1880),   164 — 166    Vergleichende   Bemerkungen    zu   den   litauischen 
Märchen  von  dem  listigen  Menschen  und  dem  dummen  Teufel.  —  9.  Heft  (1884), 
148  f.  Eine  litauische  Sage  und  das  deutsche  Volksbuch  von  Fortunatus. 
Monatsclirift  für  die  (ieschichte  Westdeutsclilauds.    (Pick.)   Bonn,  Strauss. 

7  (1881),  64  f.  Die  Ziege  als  Hochzeitsgeschenk. 
Jfene  Jahrbücher  für  Philologie  und  Pädagogik.   (Fleckeiscn)   Leipzig,  Teubner. 

70  (1854),  464—472  Anzeige  von  Ballhorn-Rosen,  Zur  Vorgeschichte  des  römi- 
schen Rechts. 

71,  389-396  Anzeige  von  Köchly,  Quintus  Smyrnaeus. 

73  (19—29),  19—29  Anz.  von  Pott,  Personennamen.  —  73,  377—384  Anz.  von 
Pyl,  Mythologische  Beiträge. 

75,  138—141  Anz.  von  Hübner,  Quacstiones  onomatologicae  latinac. 
119  308  Zur  Odyssee  t  162. 
Notes  und  Queries.    London,   G.  Bell,    1850  ff.     Ob  K.  kleine  Notizen  beigesteuert  hat, 

Hess  sich  vor  der  Hand  nicht  ermitteln. 
Orient  und  Occident.    (Benfey.)    Göttingen,  Dietrich,  1862—1866. 

1,  431—448  Nasr-eddins  Schwanke.    —    1,  764  f.   Zu  Nasr-eddins  Schwänken. 

2,  98—126.  294—331.  486—506.  677-690  Über  J.  F.  CampbeUs  Sammlung 
gälischer  Märchen.  —  2,  546 — 559  Und  wenn  der  Himmel  war'  Papier  [vgl,  oben 
Ethnolog.  Mitteilungen]. 

3,  63 — 103  Zu  dem  Märchen  von  dem  dankbaren  Toten.  —  3,  184  Nachtrag 
zu  Dr.  Allwissend  [1,  374].  —  3,  185—187  Sagen  von  Landerwerbung  durch 
zerschnittene  Häute.  —  3,  350—352  Nachtrag  zu  2,  506. 

II  Propngnatore.    Bologna  1870. 

3,  392 — 395  La  leggenda  di  prete  Giustino. 
Repertorium  für  Kunstwissenschaft.   (F.  Schestag.)   1876  ff. 

7  (1884),  367  Zur  Ikonographie  der  lil.  Martha. 
Revue  celtique.    (Gaidoz.)   Paris,  Vieweg. 

1  (1870—1872),  132—134  Observations  sur  le  conte  precedent  [Koadalan].  — 
1,  222—225  Sainte  Tryphine  et  Hirlande.  —  [1,  487  f.  Beitrag  zu  Gaidoz'  An- 
zeige von  Stokes,  Life  of  S.  Meriasek:  vgl.  2,  508.]  —  [1,  502  Zu  W.  Stokes, 
Man  octipartite.] 

[2,  351  Notiz  über  einen  wälschen  Katechismus  der  Grossh.  Bibliothek  in 
Weimar.]  —  [2,  507  f.  Notiz  zur  Sage  von  Labraidh  I>orc.] 

3,  367—373  Observations  sur  le  conte  precedent  [Rashin  Coatic].  —  3,  376 
bis  378  Observations  sur  le  conte  precedent  [Nicht,  Nought,  Nothing]. 

4,  447—449  Taliesins  Little  World.  —  [4,  479]  Zwei  Bemerkungen  zu  S.  202 
und  209.] 

5,  410  Anzeige  von  J.  Leite  de  Varconcellos,  Estudo  ethnographico  a  proposito 
da  Ornamentacäo  dos  jugos  e  cangas  dos  bois. 

Revue  critiquc  d'histoire  et  d(!  litterature.    (P.Meyer  etc.)   Paris,  Franck,  1S6G  ff. 
1868,  Nr.  .52,  412-415  Casati,  Richard  li  biaus. 


ßeinhold  Köhler.  435 

Rheinisches  Museum  für  Philologie.    X.  F.    ^Welcker,  Ritschi).   Frankfurt  a  M ,   Sauer- 
länder, 1842  ff 

12  434—436  Ausonius  und  die  macaronische  Poesie. 

13,  316  Zu  den  Kyprien. 

14,  471  Sarpedon. 

16,  152  Angebliche  Homerfragmente. 
Rivista  di  letteratnra  popolare.    (Pitre,  Sabatini.)   Torino,  Loescher,  1877  ff. 

1',  213—221  Das  Rätselmärchen  von  dem  ennordeten  Geliebten. 
Romauia.     (P.  Meyer,  G.  Paris.)   Paris,  Vieweg,  1872  ff. 

5  (Xr.  17,  Janvier  1876),    76—81    La  nouvelle  italienne  du  pretre  .Jean  et  de 
Tempereiu-  Frederic  et  un  recit  islandais. 

8  (Nr.  29,  Janvier  1879),  118—120  L'änie  en  gage. 

11  (Nr.  44,  Octobre  1882),  581—584  Le  conte  de  la  reine  qui  tua  son  senechal. 

15  (Nr.  60,  Octobre  1886),  610  f.    Le   conte  de  la  reine  qui  tua  son  senechal. 

Serapeiiui.     Zeitschrift  für  Bibliothekswissenschaft.    (Naumann.)    Leipzig,  Weigel,  1840  ff. 

21    (1860),    107  f.    Eine    Ausgahe    eines    Dialogs    von    Hans    Sachs    aus    dem 

17.  Jahrhundert. 

27,  222  Ein  zweites  Exemplar  des  „Alamodischen  Quodlibets"    [vgl.  Berichti- 
gung S.  384.] 

Vierteljahrschrift  für  Litteralurareschichte.   (B.  Seuffert)   Weimar,  Bühlau  1883  ff. 

1,  150  f.  Adams  er.^ter  Schlaf.  —  1,  492—494  Zu  Lessings  Gedicht:  das  Muster 
der  Ehen. 

2,  275 — 278  Noch  einmal  Lessings  Gedicht:  Das  Muster  der  Ehen. 
Weimarische  Beiträge  zur  Litteratur  und  Kunst.   Weimar,  Bölüau,  1865. 

S.  181—203    Über   die    em-opäischen  Volksmärchen    [Vortrag   im   Mittwochs- 

vereiu,  Winter  1864.    Hierzu  hat  K.  einmal  ein  Lob  verzeichnet,  aus  dem  Litter. 

Centralbl.  1867,  Nr.  5,  184:  „Der  so  gelehrte  wie  gediegene  Vortrag  von  R.  K."] 

Weimariscües  Jahrbuch    füi-   deutsche  Sprache,   Litteratm-  und  Kunst.    (Hoffmann  v.  F. 

und  Schade.)    Hannover,  Rümpler,  6  Bde.  1854 — 1857. 

1,  479—483    Über  das  Fortleben  der  Seelen  in  der  Pflanzenwelt.     Ein  Nach- 
trag zu  A.  Kobersteins  Abhandlung. 

3,  329—358   Waidsprüche  und  Jägerschreie.   —   3,  475—477  Eine  Ode  Rud- 
nicks.  —  3,  477 — 482  Aus  Lorbers  Gedichte  „Die  edle  Jägerei". 

4,  473—478    Bemerkungen    zu   der  Abhandlung  von  C.  Anthes  „Das  deutsche 
Hildebrandslied  und  die  iranische  Sohrabsage"' 

5,  329 — 356    Zweiundvierzig    alte    Rätsel   und   Fragen.    —    5,  477 — 480    Zu 
Eulenspiegel. 

Weimarisches  Sonntagsblatt.    Weimar,  Böhlau. 

1855,  Nr.  27  Das  Johannisfest. 

1856,  Nr.  15  H.  Heines  Gebm-tstag.  —  Nr.  25  Zur  Kunde  unserer  Namen. 

1857,  Nr.  13  Portugiesische  und  katalanisdie  Volksromanzeu.  —  Nr.  20  Über 
den  Stoff  von  Z.  Werners  24.  Februar.  —  Nr.  33  Walachische  Volkspoesie. 

Weimarer  Zeitung.    Weimar,  Böhlau. 

1863,  Nr.  228  Jakob  Grimm. 

1864,  Nr.  7  Baudiy. 

1865,  N.  140  Anekdote  von  Goethe. 

Zeitschrift   der  Deutschen  Morgenländischen  Gesellschaft.    Leipzig,   Brockhaus  und 
Avenarius,  1847  ff. 

29  (1876),  633—636    Die  Pehlevi-Erzählung  von  Gosht-i-Fryäno  und   der  kir- 
gisische Büchergesang  „Die  Lerche". 

31,  550   Zu   0.  Blaus    Griechisch  -  tüi-kischen   Sprachprobeu   aus    Mariupoler 
Handschi-iften. 
Zeitschrift  des  Vereins  für  Volltsknnde.   (K.  Weinhold.)   Berlin,  Asher. 

1  (1891),  53—56  Ein  anscheineml  deutsches  Märchen  von  der  Nachtigall  und 
der  Blindschleiche  und  sein  französisches  Original. 


436  Schmidt:   Reinhold  Köhler. 

Zeitschrift    für    deutsches    Altertum    und   deutsche   Litteratur.     (Steinmeyer.)    Berlin, 
Weidmann. 

20  (N.  F.  8,  1876),  119—126  Harlekins  Hochzeit  und  Goethes  Hanswursts 
Hochzeit. 

21,  143  f.  Zu  Zs.  20,  250. 
23,  88—90  Zu  Zs.  11,  212  [Nachtrag  28,  844]. 

27,  96  Zu  Zs.  25,  170.  244.    [Vgl.  auch  die  Berufungen  auf  Nachweise  R.  K.s 
18,  IGO.  26.  294.    Anzeiger  5,  305.] 
Anzeiger  der  Zs. 

6,  263—275  A.  Reifferscheid,  Westfälische  Volkslieder. 

9,  402—407  M.  Grünbaum,  .Jüdisch-deutsche  Chrestomathie. 
11,  76—84  L.  Tobler,  Schweizerische  Volkslieder  I. 
Zeitschrift    für   deutsche   Mythologie    und   Sittenkunde.     (J.  W.  Wolf,   Mannhardt.) 
Göttingen  1853—1859. 

2,  110—113  Eine  römische  Sage.  —  2,  113  f.  Ungarische  und  walachische 
Märchen.  —  2,  114—116  Schwalbensprache. 

3,  298—300  Sage,  Fabel  und  Legende.  —  3,  300  Johannessegen.  —  3,  301 
Zauberstück  eines  Mönchs.  —  3,  408—410  Einige  Anmerkungen  zu  R.  Panzers 
bayrischen  Sagen  und  Bräuchen. 

4,  180-185  Das  Lied  von  der  verkauften  Müllerin. 

Zeitschrift   für   deutsche  Kulturgeschichte.   (J.  H.  Müller.)    N.  F.  Hannover,   1872  f. 

4,  776  Schildwachtsbücher. 
Zeitschrift  für  deutsche  Philologie.    (Zacher.)   Halle,  Waisenhaus,  1869  ff. 

1,  452 — 459  Cornelius.  Eine  Ergänzung  zum  Deutschen  Wörterbuche  an 
Rudolf  Hildebrand  in  Leipzig. 

3,  200  Ein  Druckfehler  in  Wielands  Werken.  —  8,  475—480  Goethiana. 

4,  131 — 134  Eine  Stelle  in  der  Luise  von  Voss  und  ein  Gedicht  Sclmbarts 
[vgl.  Schnorrs  Archiv  12,  641].  —  4,  134  f.  Kosegarten.  —  4,  311—313.  Ich 
schätz  nein.    Ein  Novellenstrauss  des  15.  Jahrhunderts.    Erläuterungen. 

5,  69 — 73  Die  deutschen  Volksbücher  von  der  Pfalzgräfin  Genovefa  und  von 
der  Herzogin  Hirlanda.  —  [5,  83  Mitteilung  an  Zacher  über  eine  Lesart  in  der 
Braut  von  Messina.] 

7,  91  Eine  Textberichtigung  zu  Lessings  Sckriften. 

8,  101—104  Die  Quelle  von  Bürgers  Lenardo  und  Blandine. 

14,  96 — 98  Zur  Legende  vom  italienischen  jungen  Herzog  im  Paradiese. 

16,  362  f.    Zu  Bürgers  Lenardo  und  Blandine. 

Zeitschrift  für  Ethnologie  und  ihre  Hilfswissenschaften.    (Bastian,    Hartmann.)    Berlin, 
Wiegand  &  Hempel,  1869  ff. 

13,  301—306  Sator-Arepo-Formel. 

17,  145—147  Die  Zacharias-Inschrift  zur  Abwehr  der  Pest. 

18,  819  Sagen  aus  der  Bretagne. 

Zeitschrift  für  romanische  Philologie.   (Gröber.)   Halle,  Niemeyer,  1877  ff. 

1,  865—375  Über  die  von  F.  Zembrini  herausgegebenen  Dodici  Conti  morali 
d'Anonimo  senese.  —  1,  478  f.  J.  Chenai;x  et  J.  Cornu,  Una  panerä  de  revi  fri- 
bordzey    [Romania  Nr.  21]. 

2,  180—182  A.  Wesselofsky,  Le  Dit  de  l'Empereur  Constantiii  [Romania 
Nr.  22].  —  2,  182  E.  Cosquin,  Contes  populaires  lorrains  [Romania  Nr.  22].  — 
2,  350  f.  E.  Cosquin,  Contes  populaires  lorrains  [Romania  Nr.  24].  —  2,  518  Nach- 
trag zu  S.  218,  zu  S.  304. 

3,  73—78  La  Fabula  del  Pistello  da  l'agliata  [Übersetzt  in  La  Enciclopedia, 
Sevilla  15  de  agosto  de  1879,  Num.  14,  pag.  227—229].  —  3,  166  f.  Cosquin, 
Contes  populaires  lorrains  [Romania  Nr.  28].  —  3,  272—277  Dos  obras  Didäcticas 
y  dos  Lcgendas.  —  3,  311-313  H.  Carnoy,  Contes  [Romania  Nr.  30]  —  3,  617 
—619  Cosquin,  Contes  pop.  lorr.  [Romania  Nr.  32].  —  3,  619  J.  Fleury,  Rindon 
[Romania  Nr.  32]. 


Sprichwörter  und  Redensarten  aus  der  Grafschaft  Euppin  etc.  437 

4,  583  Zu  Zeitschrift  4,  2G6. 

5,  171  f.  Cosquin,  Contes  pop.  lorr.  [Romania  Nr.  35].  —  5,  174  Nyrop,  Bribes 
de  litterature  populaire  [Romania  Nr.  35]. 

6,  165  Rajna,  Una  versione  in  ottava  del  libro  dei  Sette  savi.  III  [Alles 
im  6.  Bande  bezieht  sich  auf  die  Romania].  —  6,  173  f.  Cosquin,  Contes  pop. 
lorr.  —  6,  174  Smith,  Chants  populaires  du  Velay  et  du  Forez.  —  6,  478 
Legrand,  Chansons  populaires  recueillies  ä  Fontenay-le-Marmion.  —  6,  482  f. 
Cosquin,  Contes  pop.  lorr.  —  6,  483  Smith,  Renaud-la-Perchcronne. 

8,  120—122  ,Oci,  oci'  als  Nachtigallensang. 

15.  235  f.   Zu  E.  Stengels  Sammlung  kleinerer  Schriften  von  Ferdinand  Wolf. 

Zeitschrift  für  vergleichende  Sprachforschung.   (Kuhn.)   Berlin,  Dümmler,  1852  ff. 
11,  397  f.  Dürängeln. 

Berlin. 


Sprichwörter  und  Redensarten 

aus  der  Grafschaft  Ruppin  und  Umgegend.') 
Gesammelt  von  K.  Ed.  Haase. 


1.  Er  handelt  wie  um  einen  kranken  Schimmel. 

2.  Det  soll  du  häbben,  un  wenn  du  de  Schult  ut  Dörp  bist. 

3.  Ik  will  di  helpen,  un  wenn  du  de  Prester  ut  Werder  bist.  —  Über 
die  Entstehung  der  Redensart  erzählt  sich  der  Yolksmund  Folgendes :  Kommt 
einst  ein  Bauer  die  Chaussee  entlang  gegangen,  da  ruft  ihm  eine  klägliche 
Stimme  aus  dem  Chausseegraben  zu:  „Hilf  mir  auf!"  „Ik  will  di  helpen," 
meint  der  Bauer,  „un  wenn  du  de  Prester  ut  Werder  bist."  Und  richtig, 
es  war  der  Geistliche  aus  Werder,  einem  Kirchdorfe  in  der  Grafschaft,  der 
in  der  Trunkenheit  in  den  Graben  gefallen  war  und  sich  vergebens  be- 
mühte, wieder  auf  die  Beine  zu  kommen. 

4.  Klein  Yieh  macht  auch  Mist.  —  Der  Redensart  werden  oft  die 
Worte  hinzugefügt:  „Aber  ein  Ochse  mehr  wie  tausend  Nachtigallen." 

5.  Besser  eine  Laus  im  Kohl  als  gar  kein  Fleisch. 

6.  Das  kommt  gleich  nach  dem  Hundeflohen  (von  einer  unangenehmen 
Arbeit),   —   nach  dem  Pferdestehlen   (von  einer  wenig  lohnenden  Arbeit). 

7.  Das  Schwein  liegt  am  liebsten  da,  wo  es  am  schmutzigsten  ist. 

8.  Dafür  kann  ich  den  Teufel  barfuss  tanzen  sehen. 

9.  Wat  der  Bür  nich  kennt,  dat  fret  er  6k  nich. 

10.  Es  giebt  was  raus  aus  der  Armenkasse  =  es  giebt  Prügel. 

11.  Er  hat  sich  das  Lügen  angewöhnt,  wie  die  Krähe  das  Kappeln; 
oder:  Er  hat  es  stets  an  Worten  wie  die  Krähe  am  Kappeln. 


1)    Gesammelt  in  Dierberg,  Klosterheide,  Kraatz,  Neustadt  a.D.,  Protzen,  Ruppm 

(Alt-  und  Neu-),  Gadow  (Ost-Prignitz),  Preddöhl  (dgl.),  Brunne  (Ost-Havolland),  Fehrbellin 
(dgl.),  Friesack  (dgl.). 


438  Haase: 

12.  Ungebetene  Gäste  geliören  unter  den  Tisch. 

13.  Wo  Myrte  gedeiht,  da  wird  nicht  gefreit. 

14.  Det  is  6k  ene  ut  de  säbente  ßitt  =-  eine  hinterlistige,  verläum- 
derische,  überhaupt  niederträchtige  Frau,  vor  der  man  sich  in  acht  nehmen 
muss. 

15.  Wer  einen  Strick  sucht,  um  einen  Hund  zu  hängen,  findet  ihn. 

16.  Einem  das  Abendbrot  abtreten  oder  einem  das  Freien  abtreten 
=  einem  auf  die  Hacken  treten.  —  „Du  willst  mir  wohl  das  Abendbrot 
abtreten?    Ich  habe  schon  gegessen." 

17.  Es  ist  nicht  leicht,  wenn  der  Bock  lammen  soll,  und  er  kann  nicht. 

18.  Die  Liebe  geht  durch  den  Magen  oder  durch  den  Geldbeutel. 

19.  Es  ist  leichter,  einen  Sack  voll  Flöhe  zu  hüten  als  ein  junges 
Mädchen. 

20.  Wenn  der  Bettelmann  nichts  haben  soll,  verliert  er's  Brot  aus 
dem  Sacke. 

21.  Das  Licht  hat  einen  Dieb  (=  eine  grosse  Schnuppe);  in  Nassau 
sagt  man:  Es  sitzt  ein  Jüd  auf  dem  Licht. 

22.  Pastors  Kinder  und  Müllers  Küh, 
Wenn  sie  geraten,  ist's  gut  Vieh. 

23.  Wer  weiss,  wo  Fuchs  ist,  wenn's  Gras  wächst. 

24.  Er  hält  sich  an  den  Trunk  wie  die  Stöffiner  Kühe,  sagt  man  von 
einem  Trunkenbold.  —  In  Stöffin  reicht  jedes  Grundstück  bis  an  den 
flachen  See  heran.  Waren  nun  die  Kühe  auf  der  Weide,  so  gingen  sie  oft 
so  weit  in  den  See  hinein,  dass  sie  nur  noch  mit  dem  Kopfe  aus  dem 
Wasser  herausragten. 

25.  Das  merkt  ein  Pferd,  und  wenn's  ein  Schimmel  ist. 

26.  Wenn  die  Pferde  und  Kühe  gut  stehen  und  die  Frauen  gut  sterben, 
wird  der  Bauer  bald  ein  reicher  Mann. 

27.  Zerbrochenes  Glas  bringt  bald  eine  Braut  in's  Haus. 

28.  Bei  dem  einen  fällt  die  Liebe  auf  ein  Rosenblatt,  bei  dem  andern 
auf  einen  Kuhpladder. 

29.  „Es  will  sich  jemand  erhängen  und  kann  keinen  Strick  finden; 
darum  heult  der  Sturm  so  lange,"  sagt  man,  wenn  der  Sturm  mehrere 
Tage  hintereinander  recht  hohl  heult. 

30.  Der  Bauer  spricht  beim  Obstessen: 

Geft  mi  dat  6k  kene  Kraft  in  die  Knäken, 
So  holt  et  mi  doch  det  Näslock  äpen. 

31.  Wat  dat  för  en  lustget  Lewen  is,  wenn  de  Perdstall  dicht  bi'n 
Kohstall  is. 

32.  Er  isst  mit  dem  grossen  Löffel  (=  Er  ist  zum  Essen  eingeladen). 

33.  Dat  is  en  auner  Kürn,  seggt  de  Möller,  wenn  er  in  en  Muse- 
köttel  bitt. 

34.  Das  kann  einen  Hund  jammern. 


Sprichwörter  und  Redpiisarton  aus  der  Grafschaft  Ruppin  etc.  439 

35.  Die  Pferde,  die  so  schnell  aus  dem  Stall  laufen,  verlieren  den 
Odem. 

36.  Wenn  das  Christkind  ist  geboren, 

Haben  die  Rüben  ihren  Geschmack  verloren. 

37.  Wenn  sich  die  jüngere  Schwester  vor  der  älteren  verheiratet,  so 
sagt  man  von  dieser:  „Sie  kommt  auf  den  Backofen." 

38.  In  Walsleben  werden  die  Dummen  nicht  alle;  denn  es  werden 
auf  dem  Schneefolde  (einem  sehr  sandigen  Ackerstücke),  immer  wieder 
welche  ausgesät. 

39.  „Du  hast  dich  gewiss  an  die  grosse  Zehe  gestossen,"  sagt  man  zu 
einem,  der  etwas  vergessen  hat. 

40.  Der  Schlesier  seh .  .  sst  ein  Loch  höher,  als  er  das loch  hat 

(=  er  ist  sehr  hochmütig). 

41.  Die  alten  Böcke  haben  die  steifsten  Hörner  (=  sind  am  geilsten). 

42.  Er  hat  einen  F  .  rz  im  Kopfe  (=  ist  nicht  recht  bei  Verstände). 

43.  Wenn  die  Mücken  f.rzen  wie  die  Elefanten,  dann  platzt  ihnen 
's  Loch. 

44.  Ich  kann  kein  Kind  erzürnen ,,  oder  es  muss  mich  mit  Gewalt  in 
den  Hintern  beissen. 

45.  Wenn  der  Schwanz  steht,  ist  der  Verstand  im  .  rsche. 

46.  Der  Teufel  seh  .  .  sst  immer  auf  den  gi'össten  Haufen. 

47.  „Der  weiss  den  Hund  zu  führen,  dass  er  ihm  nicht  auf  den  Strick 
seh  .  .  sst,"  sagt  mau  von  einem,  dem  alle  Unternehmungen  glücken. 

48.  Wem  der  Rock,  der  zieht  ihn  sich  an. 

49.  AVer  morgens  vergnügt  ist,  hat  am  Tage  Unglück. 

50.  „Das  ist  Verkehrt-Lindow,"  hört  man  in  der  Grafschaft  oft  sagen, 
wenn  eine  Sache  nicht  so  ist,  wie  sie  sein  soll.  Denn  in  Lindow  steht 
die  Kirche  nicht  wie  in  andern  Orten,  in  der  Mitte  der  Stadt,  sondern  an 
dem  einen  Ende;  auch  der  Turm,  die  Kanzel  und  der  Altar  sollen  nicht 
an  der  richtigen  Stelle  stehen.  Auch  sonst  soll  in  Lindow  vieles  verkehrt 
gemacht  sein.  Dahin  rechnet  man  namentlich  die  Entfernung  des  Rathaus- 
turmes, der  der  Stadt  einst  zur  Zierde  o-ereichte. 

51.  Besser  twemäl  ut  det  Wäter  treckt,  as  enmäl  hinner  de  Hell 
(=  Raum  hinter  dem  Ofen)  voer. 

52.  „He  hätt  de  Katf  up  den  Schwanz  träden,"  sagt  man  von  einem, 
der  sehr  viel  Unglück  hat. 

53.  Holl,  wat  du  hast,  un  nimm,  wat  du  kriegen  kannst. 

54.  Ein  Bauer,  der  zu  „sprichen"  (=  hochdeutsch  zu  reden)  anfängt, 
bekommt  aus  Hohn  zu  hören:  „Bist  wohl  nach  Berlin  gewesen,  hast  sprichen 
gelernt,  hat  dich  zwiunzwinzig  Dahlers  gekostet. 

55.  Er  ist  hinterher,  wie  Lüdicke  hinter  der  Ente. 

56.  Nun  komme  ich  dahinter,  wie  Lüdicke  hinter  die  Ente. 

57.  Hochmut  müt  Pein  lieden. 


440  Schwartz : 

58.  „Dat  was  en  kotten  Öwergaiig",  seggt  de  Voss,  as  em  't  Fell  üwer 
de  Ohren  treckt  war. 

59.  Er  (sie)  is  neilicli  as  'n  oll  Zick. 

60.  011  Lüt  sind  wünnerlich;  wenn't  regnt,  gälm's  in't  Heun,  un  wenn 
de  Sünn  schient,  bliewen's  to  Hus. 

61.  Je  eher  daran,  je  mehr  daran. 

62.  „Da,  Katt,  häst'n  Plötz"  (ein  Fisch),  erwidert  man,  wenn  einer 
einem  eine  versteckte  Grobheit  sagt. 

63.  Oft  strieken  un  wenig  kieken,  dat  geft  en  glatten  Mäjer. 

64.  Läuft  einem  ein  kalter  Schauer  über  den  Rücken,  so  sagt  man 
von  ihm:  „Der  Tod  läuft  über  sein  Grab." 

65.  Wo  kein  Dreck,  da  kein  Speck. 

Q6.    Ein  Mann  kann  mit  vier  Pferden  nicht  soviel  fahren  ins  Haus, 
Als  eine  Frau  mit  der  Schürze  trägt  heraus. 

67.  „Es  ist  wohl  eine  Ratte  in  der  Buttermilch  ertrunken,"  pflegt  man 
in  der  Prignitz  zu  sagen,  wenn  jemand  ein  allem  Anschein  nach  fehler- 
haftes Geschenk  erhält.  Zur  Erklärung  der  Redensart  dient  folgende  kleine 
Geschichte:  Hans,  ein  kleiner  Banai'nknabe,  ruft  seinem  älteren  Bruder  zu: 
„Fritz  kumm  rinn!"  Dieser  antwortet:  „Wat  soll  ik?"^  Hans  erwidert: 
„Bottermelk  drinken."  Aufs  höchste  verwundert,  fragt  Fritz:  „Hotz,  wo 
ffeit  dat  to?"     Die  Antwort  lautet:  „Is  Rott  in  verdrunken." 


Kleine  Mitteilungen. 


Ein  paar  volkstümliche  Miscellen. 

Von  Wilhelm  Schwartz. 

Fast  jede  Sache  erhält  im  Volksleben  ihre  typische  Form.  Selbst 
der  Krebsfang,  wie  er  bei  Fackellicht  vorgenommen  wird,  hat  derartige.  So 
wurde  mir  einst  in  Neu-Ruppin  folgende  Beschreibung  eines  solchen  geboten,  wie 
er  sich  dort  abzuspielen  pflege. 

Sieht  während  des  Fanges,  der  bei  hereinbrechender  Dunkelheit  vor  sich  geht, 
wo  die  Krebse  durch  Kienfackeln  geblendet  werden,  einer  von  den  Leuten  einen 
Krebs  munter  im  Wasser  herumschwimmen,  und  will,  dies  seinen  Kameraden 
schnell  mitteilen,  so  ruft  er:  „Kir  secht  ter  (tä)!"  Damit  wissen  alle,  dass  ein 
Krebs  sich  zeigt,  und  leuchten  begierig  nach  der  Stelle  hin.  Fällt  nun  der  ein- 
gefangene Krebs  dem  soeben  beglückten  Krebsfänger  wieder  aus  der  Hand,  — 
was  bei  einem  einstündigen  Fange  doch  immerhin  einige  Male  geschieht,  —  so  ruft 
dieser  wehklagend  aus:  „Putsch  secht  tä!"  Das  plätschernde  Geräusch  selbst, 
welches  der  wieder  in  das  Wasser  zurückfallende  Krebs  verursacht,   wird  diu'ch: 


Kleine  Mitteilungen.  441 

„Bätsch  secht  tä!"  bezeichnet.  —  Sucht  dann  der  Krebs  durch  schleunige  Flucht 
zu  entkommen,  so  hört  man  die  Worte:  „Fück,  Filck  secht  tä!"  —  Bei  dem 
Knistern  der  von  der  Kienfackel,  die  Känspohn  genannt  wird,  in  das  "Wasser 
fallenden  Funken  ruft  alles:  „Knätz,  Rnätz  secht  tä!" 

So  verleiht  das  Volk  allem,  was  es  treibt  oder  um  ihn  vorgeht,  ein  lebendiges 
'Gepräge,  indem  es  ihm  seine  Gedanken  imterschiebt. 

Das  gilt  von  der  Stadt  wie  vom  Lande.  Noch  immer  summt  es  mir  z.  B. 
gelegentlich  des  Abends  aus  der  Zeit  meiner  Ruppiner  Wirksamkeit  in  den  sechziger 
Jahren  in  den  Ohren,  wenn  um  10  Uhr  die  Post  nach  Gransee  abging,  und  der 
Postillon,  ehe  er  in  die  Nacht  hinausfuhr,  sein  Hörn  durch  die  Strassen  schmetterte, 
dessen  Klängen  der  Volkshumor  dann  die  wehmütigen  Worte  imterlegte: 

Ach  du  mein  lieber  Gott, 
Muss  ich  schon  wieder  fort 
Auf  die  Chaussee! 
Hin  nach  Gransee! 
Hin  nach  Gransee! 

Spiegelte  sich  hierin  der  kleine  Horizont  der  kleinen  Stadt  ab,  so  klang  es  in  der 
ersten  Hälfte  dieses  Jahrhunderts  in  Berlin  grossstädtisch -preussisch  in  dem  Text 
an,  welchen  man  dem  Retraiteblasen  bei  den  Kasernen  des  Abends  um  9  Uhr  noch 
in  Erinnerung  an  das  Jahr  1813  lange  unterlegte,  in  dem  es  hiess: 

Die  Preussen  haben  Paris  genommen. 
Es  werden  bessere  Zeiten  kommen! 
Trara!   Trara!  Trara! 

Das  Volk,  Jung  und  Alt,  ist  eben  bei  allem,  was  ihm  begegnet,  frisch  dabei,  mit 
Leib  und  Seele,  und  so  erhält  das  Unbedeutendste  durch  die  menschliche  Teil- 
nahme, die  es  erfährt,  eine  Art  poetischen  Anhauch,  welcher  der  einförmigen  Mono- 
tonie des  täglichen  Lebens  einige  hellere  Farben  verleiht. 


Sagen  vom  Siniclikopfe  in  Mais  bei  Meran. 

Dr.  B.  Mazegger  sagt  in  seinem  Aufsatze:  „Das  alte  Giischloss  auf  dem  Sinich- 
kopfe  in  Mais"  (Zeitschrift  des  Ferdinandeums  3.  Folge  35.  Band  S.  293  ff.),  dass 
an  dieser  prähistorischen  Stätte  viele  Sagen  haften.  Der  Güte  des  Verfassers 
danke  ich  zwei  derselben,  die  ich  hier  mitteile. 

L 

Hii-ten  und  Knechte  vom  nahen  Hoch  platt  er  Hofe  begegneten  oft  auf  dem 
E^usssteige  einsam  wandernden  Mönchen.  Von  den  Leuten  mit  Ehrfurcht  bogrüsst, 
gingen  die  Pater  stumm  und  ernst  weiter  und  verschwanden  plötzlich  bei  einer 
Biegung  des  schmalen  Pfades. 

Das  Erscheinen  der  Pater  ist  hier  um  so  auffallender,  da  derartige  Sagen  hier 
zu  Lande  nur  an  Klöstern  und  alten  Hospizen  haften. 

n. 

Die  Sage  von  verschollenen  Weinkellern  ist  durch  die  Sage  bei  Saliirn  (Grimm, 
Sagen,  2.  Aufl.  I,  17;  Zingerle,  Sagen  aus  Tirol,  2.  Aufl.  S.  292),  von  einem  wein- 


442  Zingerle : 

spendenden  Ritter  durch  die  Sage  bei  Juval  (Sagen  aus  Tirol,  2.  Aufl.  S.  249),  von 
einer  weinbietenden  Jungfrau  durch  die  Sage  „Das  Fräulein  von  Windeck''  bekannt. 
In  folgender  Sage  ist  der  entrückte  AVeinkeller  und  die  Jungfrau  in  Verbindung 
und  dazu  kommt  noch  ein  für  die  Meraner  Gegend  bezeichnender  Zug: 

„Einem  jungen,  frischen  Hirten  vom  Maiser  Freiberg,  der  auf  dem  Sinich- 
kopf  das  Vieh  hütete,  erschien  eine  blühendschöne  Frau  in  schneeweissem  Gewände 
und  winkte  ihm  freundlich,  ihr  zu  folgen.  Er  gehorchte  ihr  und  sie  kamen  zu 
einem  mächtigen  Thore,  das  er  früher  nie  bemerkt  hatte.  Auf  ihren  ^Yink  öffnete 
sich  dasselbe  und  sie  traten  in  einen  grossen  hochgewölbten  Keller,  welcher  mit 
grossen  Fässern  gefüllt  war,  auch  Truhen  voll  glänzenden  Goldes  standen  heioim. 
„Diesen  Schatz,"  sprach  die  schöne  Frau  zum  staunenden  Hirten,  „kann  derjenige 
heben,  der  imstande  ist,  ein  „Fassl"  Wein,  ohne  berauscht  zu  werden,  auszu- 
trinken." 

Da  dachte  sich  der  Bursche,  hast  wohl  öfters  soviel  getrmiken,  als  dies  „Fassl" 
haltet,  und  bist  doch  noch  „gerade"  heim  gekommen.  Mutig  ging  er  ans  Werk, 
aber  der  Wein  war  höllisch  stark,  und  obgleich  er  das  Trinken  von  der  Wiege 
an  gewohnt  war,  stieg  er  dem  Säufer  in  den  Kopf,  dass  er  taumelig  wurde  und 
neben  dem 'Fässlein  einschlief). 

Am  nächsten  Morgen  wachte  er  in  seinem  Bette  auf,  ohne  zu  wissen,  wie  er 
heim  gekommen  sei.  Oft  trieb  er  noch  das  Vieh  auf  den  Sinichkopf  zur  Weide, 
fand  aber  ungeachtet  alles  Suchens  nie  mehr  das  Kellerthor  und  sein  Lebenlang 
sah  er  die  schöne  Frau  nicht  wieder. 

Gufidaun,  Mai  1892.  Ignaz  Zingerle. 


Ignaz  Zingerle  von  Summersberg. 

Als  ich  im  1.  Bande  unserer  Zeitschrift  (S.  344)  einige  Worte  der  Erinnerung 
dem  am  14.  April  1891  verstorbenen  Domherrn  von  Trient,  Josef  Zingerle  widmete, 
hatte  ich  keine  Ahnung,  dass  ich  gleichen  Nachruf  sobald  dem  Bruder  des  Heim- 
gegangenen, meinem  lieben  Freunde  Ignaz  Vincenz,  schreiben  müsse.  Professor 
Ignaz  Vincenz  Zingerle  Edler  von  Summersberg  ist  zum  Schmerz  seiner  Familie 
und  seiner  vielen  Freunde  am  17.  September  1892  zu  Innsbruck  verschieden. 

Wir  wollen  uns  hifer-)  auf  das  beschränken,  was  der  vielfach  thätige  und  um 
Tirol  hochverdiente  Mann  für  die  Volkskunde  seines  Heimatlandes  geleistet  hat. 
Angeregt  zum  Sammeln  der  Sagen  und  Märchen  seiner  Heimat,  des  Burggrafen- 
amts, ward  Ignaz  Zingerle  schon  auf  der  Schule  durch  den  Pfarrer  von  Kuens, 
Josef  Thaler,  der  ihn  und  seinen  Freund  Georg  Gschwari  mit  Grimms  Märchen 
bekannt  machte,  und  durch  seinen  würdigen  Oheim  P.  Pius  Zingerle,  der  ihm 
Simrocks  Rheinsagen  lieh.  Thaler  und  P.  Pius  forderten  ihn  auf,  ähnliches  zu 
versuchen,  und  auch  Beda  Weber  ennunterte  zur  Sammlung. 


1)  Dies  überrascht  um  so  mehr,  da  es  vor  50  Jahren  hiess,  ein  Mais  er  oder 
Algunder  Bm-sche  müsse  imstande  sein,  eine  „Pazeiden"  (6  Liter)  Weines  auf  oineiu 
Sitze  zu  trinken,  „ohne  sich  etwas  anmerken  zu  lassen". 

2)  Vgl.  meinen  Nachruf  in  der  Beilage  zur  (Münchener)  Allgemeinen  Zeitung  vom 
1.  Oktober  1892  Nr.  273.  Hyac.  Holland  in  derselben  Beilage  vom  22.  September  Nr.  264. 
L.  V.  Hörmann  im  Boten  für  Tirol  und  Vorarlberg  vom  19.  September  Nr.  213.  Auch  die 
Innsbruck  er  Nachrichten  vom  19.  September,  Nr.  213,  brachten  warme  Worte  des 
Andenkens. 


Kleine  Mitteilungen.  443 

So  erschienen  1850  die  Sagen  aus  Tirol,  denen  1852  Kinder-  und  Haus- 
märchen,  gesammelt  durch  die  Brüder  Zingerlc,  folgten.  Ignaz  hatte  sich  dazu 
mit  seinem  Bruder  Josef  verbunden,  und  geholfen  hatte  Bettina  Baumgartner,  die 
früh  verstorbene  erste  Gattin  unseres  Freundes.  Ein  zweites  Bändchen  erschien 
1854  zu  Regensburg  (zweite  verm.  Aufl.  Gera  1870).  Daran  reihten  sich  Sitten, 
Bräuche  und  Meinungen  des  Tiroler  Volkes,  gesammelt  und  herausgegeben 
von  Ignaz  V,  Zingerle  1857  (zweite  vermehrte  Auflage  1871),  und  Sagen, 
Märchen  und  Gebräuche  aus  Tirol  1859,  deren  zweite  stark  vermehrte  Auf- 
lage als  Sagen  aus  Tirol   1891  die  letzte  grössere  Arbeit  von  Ignaz  war. 

In  diesen  Büchern  ist  eine  reiche  Fülle  von  Sagen-  und  Märchenstoff  aus  dem 
deutschen  Tirol  mit  ileissiger,  reiner  Hund  zusammengetragen,  und  aus  den  Sitten 
und  Meimmgen  des  Volkes  voll  geschöpft  worden.  Die  zweite  Auflage  der  Sagen 
giebt  zugleich  Auskunft  über  die  Verbreitung  der  einzelnen  Stücke  und  sucht  die 
Bedeutung  derselben  klar  zu  legen. 

Von  den  philologischen,  litterargeschichtlichen  und  mythologischen  Arbeiten 
Zingerles,  von  seinen  Schildereien  aus  Tirol  und  seinen  Dichtungen  schweigen  wir 
an  dieser  Stelle. 

Geboren  ward  er  am  6.  Mai  1825  zu  Meran,  studierte  in  Meran,  Innsbruck, 
Marienberg,  widmete  sich  dem  Lehramt  und  war  von  1850—59  Lehrer  am  Inns- 
brucker Gymnasium.  Dann  erhielt  er  die  ord.  Professur  der  deutschen  Sprache 
und  Litteratur  an  der  Innsbrucker  Universität,  die  er  dreissig  Jahre  lang  versah. 
1890  trat  er  wegen  Kränklichkeit  in  den  Ruhestand  und  erhielt  den  erblichen 
Adel  mit  dem  Prädikat  von  Summersberg,  das  von  seinem  Schloss  Summersberg 
in  Guftdaun  bei  Klausen  entlehnt  war.  Am  17.  September  1892  starb  er  in  seinem 
Hause  zu  Wilten,  dem  Vorort  von  Innsbruck,  tief  betrauert  von  den  Seinen,  ver- 
misst  von  den  Besten  in  Tirol  und  beklagt  von  den  Frexmden  auch  draussen  im 
Reich,  denn  er  war  ein  wackerer  Mann,  rein  von  Gesinnung,  treu  und  wahrhaft. 
Sein  Andenken  bleibt  eeseg:net.  R-  Weinhold. 


Anmerkungen  zu  Zeitschrift  II. 


1. 


Für  die  Tabelle  der  Farben,  welche  durch  Herrn  Direktor  Prof.  Dr.  Schwartz 
in  seinen  Volkstümlichen  Schlaglichtern  HI.  (diese  Zeitschrift  IL  S.  249)  zusammen- 
gestellt wurden,  erlaube  ich  mir,  einen  kleinen  Nachtrag  zu  geben,  in  welchem 
man  den  meisten  Bezeichnungen  nicht  das  A'olkstümliche  absprechen  kann,  zumal 
sie  sich  an  die  auch  dem  Landvolke  zunächst  liegenden  Gegenstände  begrifflich 
anlehnen  und  deren  Reihe  ich  wohl  noch  um  einige  vermehren  könnte: 

1.  schwarz:   kohlen-,  mohren-,  nacht-,  tief-,  tinten-,  torf-; 

2.  weiss:  alabaster-,  bläulich-,  blitz-  (blank),  gelblich-,  grau-,  käfer-  (?), 
käse-,  kalk-,  leichcn-,  licht-,  lilicn-,  marmor-,  schleier-,  schloh  (schlohr)-, 
schmand-,  schwanen-; 

3.  grau:  eisen-,  erbsen-,  gries-,  grün-,  hecht-,  katzen-,  kater-,  livree-,  nebel-, 
perlen-,  schmutzig-,  schwarz-,  staub-,  wolfs-;  Salz  und  Pfeffer:  couleur  de 
Muschel; 

4.  blond:  erbson-,  ferkel-,  gold-,  hoch-,  impertinent-,  stroh-,  tornister-; 


444  Treichel: 

5.  gelb:  ähren-,  bohnon-,  brand-,  braun-,  chrom-,  fuchs-,  geil-,  indisch-, 
kack-,  leder-,  lehm-,  leuchtend-,  niais-,  niohrrüben-,  neapel-,  pergament-, 
post-,  schwamm-,  stroh-,  tornister-,  wachs-;  altgold;  serin; 

().  rot:  blut-,  brand-,  bronze-,  burgunder-,  chrom-,  cyclamen-,  düster-,  erd- 
beeren-,  üammend-,  fleisch-,  Garibaldi-,  glut-,  hektisch-,  hoch-,  husten-, 
karmin-,  kirsch-,  knall-,  lachs-,  leuchtend-,  licht-,  matt-,  nelken-,  orange-, 
päonien-,  postillon-,  puter-,  rost-,  schäm-,  schreiend-,  tief-,  tulpen-,  türkisch-, 
wein-;  brique,  roux,  solferino,  vermillon. 

7.  braun:  biiren-,  hier-,  braten-,  brot-,  damast-,  erd-,  floh-,  gold-,  käfer-, 
licht-,  Otter-,  pfefferkuchen-,  rost-,  sepia-,  tabaks  (schmirgel)-,  terracotta-, 
urnen-,  zigeuner-; 

8.  grün:  algen-,  apfel-,  blatt-,  bronze-,  enten-,  epheu-,  frosch-,  jäger-,  käfer-, 
katzenaugen-,  körn-  (Getreide,  pre),  kuhfladen-,  laub-,  myrten-  pistazien-, 
preussisch-,  reseda-,  roggen-,  russisch-,  saat-,  saftig-,  satt-,  Seladon-,  Thee-, 
Veroneser-,  weiden-,  wiesen-; 

9.  blau:  amethyst-,  äther-,  azur-,  berliner-,  blitz-,  daraast-,  elektrisch-,  flachs- 
blüten-,  flieder-,  lapislazuli-,  matt-,  metall-,  milch-,  militär-,  pfauen-, 
tauben-,  tief-,  tuch-,  türkisen-,  vcrgissmeinnicht-,  wasch-;  bleu  terne, 
outremer ; 

10.   lila:    braun-,  Dahlia-,  flieder-,  nialven-,  rötlich-,  süsslila;  ardoise,  lie  de 

vin,  mauve. 
Hoch-Paleschken.  A.  Treichel. 

2. 

Zu  Bd.  II.  H.  3.  S.  251.  Unser  Altmeister,  Herr  Direktor  W.  Schwartz,  hat 
in  seinen  farbenprächtigen  „Volkstümlichen  Schlaglichtern"  auf  der  angegebenen 
Seite  auch  das  Zählen  des  Volkes  zum  Gegenstande  der  Betrachtung  gemacht,  wie 
mir  aber  scheinen  will,  im  einzelnen  nicht  ganz  genau  seine  Meinung  ausgedrückt, 
so  dass  eine  Missdeutung  unterlaiifen  könnte.  Er  sagt  mit  Hinblick  auf  das  „Aus- 
denken der  Zahl":  „Beim  Zählen  selbst  treten  dann  verschiedene  Repräsentanten 
grösserer  Zahlen  als  Vertreter  der  Vielheit  auf.  Wie  uns  im  gewöhnlichen  Leben 
noch  oft  hundert  oder  tausend  so  gilt,  gebrauchten  die  Römer  trecenti,  sescenti  u.s.  w." 
Allerdings,  doch  nur  als  relative  Grössen-  oder  Vielheitangaben,  regelmässig 
jedoch  bei  Übertreibungen,  so  z.  B.  wenn  der  in  Notlage  befindliche  Südslave 
behauptet,  es  hätten  ihn  dreihundert  Leiden  (tri  sta  jadi)  heimgesucht,  oder  er 
sagt,  er  habe  es  jemandem  dreissigmal  gesagt.  Diese  „Grundzahlen"  deuten  durchaus 
kein  unentwickeltes  Zählungsvermögen  an  (mangelhaftes  Ausdenken  der  Zahl),  son- 
dern sind  für  sich  als  Überlebsel  zu  betrachten.  Die  [Hcldenjschar  (ceta)  bestand 
je  aus  dreissig  Mannen  (trides  drugä)  und  einem  Hauptmanne,  einem  Adjutanten 
imd  einem  Fähnrich.  Die  zehnfache  Anzahl  (300  Reisige)  mit  entsprechenden 
Führern  bildete  eine  „grosse  [Heldenjschar"  (velika  ceta),  dagegen  sind  6000  Mann 
eine  mala  und  12  000  eine  velika  vojska  (grosses  Heer)  oder  silni  narod  (mächtiges, 
zahlreiches  Volk),  wofür  parallel  der  Sänger  trotz  genauer  Angabe  der  Heerzahl 
noch  immer  sagt  nebrojeno  vojske  (zahlloses  Heer)  oder:  da  imbroja  ni  hesaba 
nejma  (man  kann  sie  nicht  zählen  und  nicht  berechnen). 

Ausschlaggebend  ist  die  Bequemlichkeit  und  häufig  der  Wunsch,  sich  einer 
jeden  Zweifel  ausschliessenden  Deutlichkeit  zu  befleissigen,  um  Zeit  zu  ersparen. 
Man  dürfte  dies  unter  Umständen  eine  Sprachschlamperei  des  Alltaglebens  nennen. 
Der  Berliner  Droschkenkutscher  unterscheidet  gewiss  besser  24 — 56  als  „zwei- 
tausend vierhundertsechsundfünfzig".    Der  gleiche  Zählungsbrauch  hat  sich  auch  im 


Kleine  Mitteiluiig-eu.  445 

Telephon  verkehr  in  Wien  entwickelt.  Dagegen  wenn  man  z.  B.  mit  Nr.  17Ü()  ver- 
bunden werden  will,  verständigt  man  die  Centrale  so  17 — 0— (5;  denn  die  Xull 
wird  stets  besonders  hervorgehoben.  Beim  K.  K.  Handels-  und  Landgerichte  in 
Wien,  w^o  in  einem  Jahre  bei  500  000  Akten  „einranschiert"  (eingereiht)  werden 
und  häufig  abgelegte  Stücke  aus  dem  Archive  hervorzuholen  sind,  verlangt  man  in 
der  Registratur  z.  B.  203,  678  so:  20 — 3,  G — 78,  oder  zweihundertdrei,  sechs- 
achtundsiebenzig.  In  den  grossen  Modewarengeschäften  hat  jeder  Ladendiener 
einen  besonderen  kleinen  Block  von  eigener  Farbe.  Hat  er  einem  Kunden  eine 
Ware  verkauft,  so  schreibt  er  den  Gesamtpreis  auf  ein  Blatt  des  Blocks,  reisst  es 
los,  händigt  es  dem  Käufer  ein,  indem  er  ihn  zur  Zahlstelle  (Cassa)  verweist,  mid 
schreit  dem  Kassierer  kurz  den  Betrag  zu,  z.  B.  dreizehn  vierzig,  d.  h.  13  Gulden 
40  Kreuzer. 

Die  Bemerkung,  dass  Berliner  Käuferinnen,  selbst  der  höheren  Stände,  sowie 
Händlerinnen,  nicht  zu  den  Achteln  hinabsteigen,  sondern  fordern  bezw.  kaufen 
ein  halbes  oder  anderthalb  Viertel  (Schinken)  zeigt  uns,  dass  imser  Altmeister 
wohl  solchem  Handel  zugehört,  doch  nicht  als  Sachverständiger  im  Warenfache. 
Ein  halbes  Viertel  Schinken  ist  ohne  Bein,  und  zwar  vom  dicken  Teil;  ebenso 
das  anderthalb  Viertel').  Wo  man  wirklich  misst,  dort  unterscheidet  auch  das 
Volk  aller  Stände  genauer  zwischen  Viertel  und  Achtel.  Man  hört  ja  in  unseren 
Gasthäusern  oft  genug  den  Gast  bestellen:  „ein  Viertel  mit"  (Sodawasser)  oder 
„ein  Achtel  mit"  oder  „ein  Achtel  ohne".  Verlangt  einer  „zwei  Viertel",  so  erhält 
er  zwei  Gläser  mit  je  einem  Viertel  Wein  darin.  Wo  immer  es  sich  in  der 
Welt  um  Geld  und  Geldwert  handelt,  sind  die  Menschen,  selbst  jene,  die  sich 
einen  „primitiveren  Charakter  bewahrt  haben",  in  der  Regel  mehr  als  erhaben  über 
die  -Anfänge  des  Erfassens  der  Zahlenverhältnisse". 


Zu  Bd.  H.  Heft  3.  S.  256.  Herr  Axel  Olrik  sagt  in  der  Anmerkung:  „Auch 
ein  serbisches  Volkslied,  welches  von  dem  Ursprung- der  Sitte  des  Schweigens  in 
der  slavischen  Hochzeit  handelt  (Krauss,  Volksglaube  der  Südslaven  S.  8)  scheint 
eine  Akklimatisation  des  gemein- europäischen  Märchens  zu  sein."  Es  sei  mir 
hierzu  eine  Richtigstellung  gestattet.  Das  Lied  handelt  keineswegs  vom  Ursprung 
der  Sitte  des  Schweigens  in  der  slavischen  Hochzeit,  es  behandelt  vielmehr  einen 
besonderen  Fall,  wo  die  jmige  Frau  das  ihr  durch  den  Brauch  auferlegte  Schweigen 
nicht  eher  bricht,  als  bis  ihr  eine  Kerze,  die  sie  in  der  Hand  hält,  bis  zu  den 
Fingernägeln  herab  niederbrennt.  Dieses  Lied,  das  ein  mythendüftelnder 
Gelehrter  als  einen  verkappten  Sonnenmythus  erklären  zu  müssen  glaubte,  giebt 
uns  nur  eine  Erklärung  für  den  Ursprung  der  südslavischen  Redewendung:  „dogorje 
ti  svjec'a  do  nokata"  (die  Kerze  brannte  dir  bis  zu  den  Nägeln  herab).  Im  übrigen 
kann  bei  diesem  thatsächlich  noch  geübten  Brauche  unter  Südslavcn  kaum  die 
Rede  von  der  Akklimatisation  eines  gemein -europäischen  Märchens  sein.  Der 
Brauch  ist  auf  die  Exogamie  der  Sippen  zurückzuführen.  Die  junge  Frau  niuss 
sich  als  Fremde  ihre  Rechte  in  der  neuen  Sippe  erst  erschmeicheln  durch  blinden 


1)  Niclit  bloss  heim  Scliinken,  sondern  bei  jedem  Aufschnitt,  z.  B.  auch  bei  Lachs, 
Wurst  und  Käse  hcisst  es  noch  immer  in  Berlin  „ein  halbes  Viertel"  statt  Vg  und 
„anderthalb  Viertel''  statt  ^s  (Pfund).  Ehe  das  Metermass  in  Gebrauch  kam,  hiess  es 
('ntsjjrecliend  aucli  beim  ..Zeug"'  gelegentlich  „andei-thalb  viertel  Ellen". 

W.  iSchwartz. 


446  Dirksen: 

Gehorsam,  Willfährigkeit  und  Arbeitsfreiidigkeit  Vor  allem  muss  sie  die  schwere 
Kunst  des  Schweigens  an  den  Tag  legen;  denn,  wie  es  unzählige  Male  in  den 
Guslarenliedern  heisst: 

u  mlagjega  pogovora  nejma 

beim  Jüngern  giebt  es  keine  Widerrede. 

Wien.  Dr.  Friedr.  S.  Krauss. 


Pfingstlied 


aus  Meiderich,  Reg.-Bez.  Düsseldorf. 

Vögelkc  geflogen,  gestowten  wall  öwer  de  Rhin, 

wo  die  fette  Farke  sin. 

Farkc  hewwe  Statter, 

Köj'  hewwe  Hönder, 

Jüffers  hewwe  Tönder. 

Üss  der  dann  gcnne  rikc  Mann, 

denn  uss  bräw  watt  gcwe  kann? 

Gew  watt,  häl  watt;  —  ! 

ander  Jor  wer  watt. 

Bowen  an  die  Feste, 

dö  hange  die  langen  Wöstc. 

Wenn  die  langen  upp  sind, 

dann  sind  die  kotten  ett  beste. 

Lät  datt  Mest  maar  rije 

dör  die  dicke  Sije, 

lät't  noch  'n  betje  dieper  gon, 

dann  meent  denn  Biir,  die  Katt  heet't  gedon. 

Die  Katt  üss  belogen, 

denn  Bür  üss  bedrögen. 

Frau,  lät  uss  niet  länger  ston, 

we  mutten  noch  'n  Hüsken  wijer  gon! 

Hier  un  do  un  öwerall 

sind  de  Mäk'sche  Lüh  noch  all. 

Stattcr  Sterzo,  Schwänze  —  Hönder,  Tönder:  Hörne,  Thürme  —  genne  kein  — 
häl  hole  —  -wer  wieder  —  bowen  oben  —  Feste  sind  die  aus  alten  Sghiffstauen  durch 
Zerteilen  gewonnenen  Bändchen,  deren  man  sich  zum  Anbinden  der  Würste  bedient  — 
Wüste  Würste  —  kotten  kurzen  —  Mest  Messer  —  mär  nm-  —  rije  reiten  —  Sije  Seiten, 
Speckseiten  —  betje  bisscheu  —  wijer  weiter  —  Lue  Lüli  Leute. 

Karl  Dirksen. 


Ernst  Ludwig  Rochholz. 

(Geboren  den  3.  März  1809  in  iXjisbach,  gestorben  den  3L  Oktober  1892  in  Aarau.) 

Der  Tod  hat  unter  den  deutschen  Forschern  im  Volkstum  heuer  eine  grosse 
Ernte  gehalten.  Am  IG.  April  starb  Matthias  v.  Lexer,  am  15.  August  Reinhold 
Kühler,    am     17.   September    Ignaz    Vincenz    v.   Zingerle,    und    am    31.   Oktober 


Kleine  Mitteilungen.  447 

E.  L.  Rochholz  in  Aarau.  Mit  ihm  ist  ein  Forscher  geschieden,  der  nicht  bloss 
die  Sagen,  Spiele  und  Kinderlieder  der  Schweiz  mit  grossem  Fleiss  gesammelt  hat, 
sondern  auch  vom  historischen,  kulturgeschichtlichen  und  mythologischen  Stand- 
punkt aus  auf  Grund  der  lebenden  oder  aufgezeichneten  Volksüberlieferungen  der 
deutschen  und  namentlich  der  alemannischen  Lande  in  den  ältesten  Glauben  miA 
Gottesdienst,  sowie  in  das  Leben  unseres  Altertums  überhaupt  einzudringen  sich 
bemühte,  und,  mit  Fleiss  und  forschendem  Blick  begabt,  viel  Interessantes  aus- 
geführt hat.  Eine  (wahrscheinlich  nicht  ganz  vollständige)  Zusammenstellung  seiner 
Schriften  und  Aufsätze  kann  schon  durch  die  Titel  von  seinen  Leistungen  eine 
Vorstellimg  geben. 

L  Eidgenössische  Lieder-Chronik.  Bern  1835.  2.  A.  1842.  —  Schweizersagen 
aus  dem  Aargau.  Gesammelt  und  erläutert.  Aarau  1856.  2  Bde.  —  Alemannisches 
Kinderlied  und  Kinderspiel  aus  der  Schweiz.  Gesammelt  und  sitten-  und  sprach- 
geschichtlich erklärt.  Leipzig  1857.  —  Naturmythen.  Neue  Schweizersagen.  Leipzig 
1862.  —  Deutscher  Glaube  und  Brauch  im  Spiegel  der  heidnischen  Vorzeit 
Bd.  1.  Deutscher  Unsterblichkeitsglaube.  Bd.  2.  Altdeutsches  Bürgerleben.  Berlin, 
1867.  —  Drei  Gaugöttinnen,  Walburg,  Verena  und  Gertrud  als  deutsche  Kirchen- 
heilige. Sittenbilder  aus  dem  germanischen  Frauenleben.  Leipzig  1870.  —  Deutsche 
Volks-  imd  Heldenbücher.  Leipzig  1875.  —  Die  Schweizer  Legende  vom  Bruder 
Klaus  V.  Flüe.  Aarau  1875.  —  Aargauer  Weistümer.  Aarau  1876.  —  Teil  und 
Gessler  in  Sage  und  Geschichte.  Nach  urkundlichen  Quellen.  Heilbronn  1877.  — 
Die  Aargauer  Gessler  in  Urkunden  von  1250—1513.    Heibronn  1877. 

n.  Aufsätze  a)  in  der  Germania  herausgegeben  von  Franz  Pfeiffer.    Wien. 

Die  Rute  küssen,  ein  Abschnitt  aus  der  deutschen  Erziehungsgeschichte. 
l^  134  —  155.  Zu  den  vier  Dialogen  von  H.  Sachs  IV,  97  —  106.  Ohne  Schatten, 
ohne  Seele.  Der  Mythus  vom  Körperschatten  imd  vom  Schattengeist.  V,  69—94. 
175-207.  Gold,  Milch  und  Bhd.  Mythologisch.  VII,  385—428.  Das  Ällerseelen- 
brod.  1.  Das  Kornopfer.  2.  Das  Kuchenopfer.  XI,  1  —  29.  Teil  als  Zauberschütze 
XIII,  39—58.  Aus  einem  Briefsteller  von  1492.  XIII,  207—210.  Schweizersagen 
von  Weibertreue.  XIII,  311—318.  Heinrich  Steinhöwel.  XIV,  411.  12.  Jakob 
Funkelin  XIV,  412-415. 

b)  In  der  Zeitschrift  für  deutsche  Philologie,  herausgegeben  von  E.  Höpfner 
und  J.  Zacher.    Halle. 

Das  Tiermärchen  vom  gegessenen  Herzen.  I,  181 — 198.  Der  Storch  nach 
Schweizer  Volksglauben.  I,  344—350.  Ein  schlechtes  Tüchlein  sein.  I,  459—465. 
Mimdartliche  Namen  des  Kretinismus.  III,  331—342.  Nibelungen  in  oberdeutschen 
Urkmiden.  IV,  349—50. 

e)  In  der  Zeitschrift  für  deutsche  Mythologie  und  Sittenkunde,  herausgegeben 
von  J.  Wolf  und  Mannhardt.    Göttingen. 

I,  129—168.  363.  Schweizerische  Volksrätsel  aus  dem  Aargau.  II,  224—254. 
Aargauer  Sagen  und  Legenden.  IV,  103—140.  Aargauer  Besegnungen.  283  bis 
295.  Hortsagen  aus  der  Schweiz. 


Aus  dem  Ötzthal. 

Aus  dem  Buche  des  bekannten  Tiroler  Dichters  und  Gelehrten  Adolf  Pichler, 
Zu  meiner  Zeit,  Schattenbilder  aus  der  Vergangenheit  (Leipzig,  Liebeskind,  1892) 
heben  wir  zwei  bedeutende  Erzählungen  heraus,  wichtig  für  die  Kenntnis  des 
Tiroler  Bauern. 

Zeitschrift  d.  Vereins  f.  Volkskuiule.     Ia92.  '  30 


^^g  Weinliold: 

Ad.  Pichler  schreibt  S.  37  des  genannten  Buches: 

„Ich  will  eine  kleine  Geschichte  erzcählen,  die  ich  der  Mitteilung  des  bekannten 
Pfarrers  Adolf  Trientl  verdanke.  Zu  hinterst  im  Ützthal,  mitten  unter  Gletschern, 
liegt  das  Dorf  Gurgl.  Wie  überall  im  Oberland,  ist  auch  hier  die  Güterzersplitte- 
rung Erbrecht  und  Vätersitte.  Auf  der  geteilten  und  beim  Zuwachs  der  Bevölke- 
rung wieder  geteilten  Scholle  kann  sich  kaum  mehr  eine  Familie  zur  Not  erhalten 
und  so  entsteht  ein  trauriges  Bauernproletariat.  Als  nun  die  Bewohner  jenes 
Dorfes  sahen,  wie  das  Elend  mit  jeder  Geburt  fort  und  fort  wuchs,  traten  an  einem 
Sonntag  Jünglinge  und  Jungfrauen  vor  den  Altar  und  machten  das  feierliche  Ge- 
löbnis, nicht  mehr  zu  heiraten.  Sie  haben  es  hoch  und  heilig  gehalten;  dadurch 
kam  alles  wieder  in  das  Gleichgewicht.  Der  Pfarrer  hatte  auch  nicht  ein  unehe- 
liches Kind  zu  taufen.  —  — 

Weil  ich  im  Erzählen  bin,  noch  ein  Geschichtchen  aus  dem  Ötzthal.  Muren 
hatten  das  Gütlein  eines  armen  Bauern  überschüttet.  „Was  nun  thun,"  rief  das 
^eib  schluchzend  und  zeigte  auf  die  Kinder.  „Müssen  wir  schon  betteln  gehn," 
antwortete  der  Mann,  „so  wollen  wir  es  thun,  wenn  die  da  schlafen,  damit  wir 
uns  vor  ihnen  nicht  zu  schämen  brauchen."  —  Da  fiel  aus  den  grauen  Wolken, 
die  ihnen  die  Verwüstung  geschickt,  plötzlich  ein  heller  Sonnenstrahl  in  die  Stube 
....  Sie  haben  nicht  gebettelt,  sondern  bei  magerer  Brennsuppe  und  trockenem 
Türkenwirler  die  Steine  fortgeschleppt,  Block  um  Block,  den  Schotter  weggeführt, 
Schubkarren  um  Schubkarren,  und  ihre  Felder  gedeihen  jetzt  wie  in  den  besten 
Zeiten.    Das  ist  sittliche  Grösse!" 


Aus  Oberinnthal. 

Wenn  im  Oberinnthal  ein  Bursch  von  seinem  Mädel  Abschied  nimmt,  um 
nach  Arbeit  zu  wandern,  so  küsst  er  einen  Stein.  Sie  nimmt  ihn  mit  in  ihre 
Kammer  mul  bewahrt  ihn  zu  treuer  Erinnerung,  bis  der  Schatz  im  Herbst  heim- 
kehrt. Adolf  Pichler,  Zu  meiner  Zeit.    Leipzig  1892.    S.  310. 


Aus  den 

Sitzimgs-Protokollen  des  Vereins  für  Volkskunde. 


Berlin,  Freitag,  den  24.  Juni.  Herr  Professor  M.  Rödiger  sprach  über 
neue  Aufstellungen  auf  dem  Gebiete  der  deutschen  Mythologie,  nannte 
und  charakterisierte  einige  der  jüngsten  Publikationen,  verweilte  besonders  bei 
dem  Werke  über  deutsche  Mythologie  von  Prof.  H.  E.  Meier,  polemisierte  gegen 
dessen  Methode  und  wies  an  Einzelnheiten  das  Gewaltsame  oder  Misslungene  seiner 
Erkläiaingen  nach. 

Hr.  Dr.  U.  -Jahn  sprach  über  das  auf  der  Worlds  Columbian  Exposition 
in  Chikago    zu    errichtende  deutsche  Nationalmuseum,    gab    die  Geschichte 


Protokolle.  449 

des  ganzen  Unternehmens  und  entwickelte  seinen  Plan;  das  Museum  wird  dem- 
nach Abteilungen  für  Prähistorie  mit  Nachbildung  deutscher  Haustypen  aus  Dorf 
und  Stadt,  für  die  Entwickelung  des  Waffenwesens,  für  deutsche  Trachten  (die 
Figuren  vereint  zu  einem  Gruppenaufzug  um  Germania  und  die  Heldenkaiser)  ent- 
halten; ausserdem  legte  er  vor  eine  stattliche  Reihe  von  Neuerwerbungen,  Halliger 
Silbersachen,  Frauenkopfputz  aus  dem  Wendlande  u.  dgl.  m. 

Freitag-,  den  28.  Oktober.  Hr.  Geheirarat  Prof.  Dr.  K.  Weinhold  sprach 
über  den  Wettlauf  im  deutschen  Volksleben:  der  Vortrag  wird  in  der  Zeit- 
schrift abgedruckt  werden. 

Hr.  Stadtrat  E.  Friedel  sprach  über  Taufgebräuche  und  Taufschüsseln 
in  Norddeutschland,  stellte  die  Veränderungen  des  alten  Taufritus  fest  und  wies 
eine  Reihe  von  Taufschüsseln  des  XVI.  und  XVH.  Jahrhunderts  meist  märkischer 
Kirchen,  heute  im  Besitz  des  Märkischen  Provinzialmuseums,  vor,  wobei  er 
Schmuck  und  Inschriften  derselben  erörterte.  A.  Brückner. 


m* 


450 


Laue: 


Litteratur  des  Jahres  1891. 

Von  Dr.  Max  Laue. 

(Schluss.) 


Die  Völker  der  aussereuropäischen  Erdteile. 

I.   Asien. 

A.     Mittelländische    Rasse. 

1.    Indogermanen. 

a)   Allgemeines  (Arier). 


Peuka,  Die  Entstehung  der  arisclien  Rasse. 
(Ausland  64,  Nr.  7—10.) 

Mcoliicci,  Grli  Aryi  e  le  Origini  europee. 
(Atti  deir  Academia  Pontaniana  21,  150.) 

Krause,  (Carus  Sterne),  Tuisko-Land  der 
arischen  Stämme  und  Götter -Urheimat. 
Erläuterungen  zum  Sagenschatze  der  Veden, 
Edda,  Ilias  und  Odyssee.  Mit  76  Abh. 
im  Text  und  einer  Karte  Glogau,  Carl 
Flemming.    XI,  624  S.    gr.  8«. 

Müller,  Noch  einmal  die  Urheimat  der  Indo- 
germanen.    (Ausland  64,  Nr.  31.) 

Schmidt,  Johs.,  Noch  einmal  die  Urheimat 
der  Indogermanen.     (Ausland  64,    Nr.  27.) 

Alexander  William,  Earl  of  Crawford  and 
Balcarres  (Lord  Lindsay),  The  creed  of 
Japhet,  that  is  of  the  race  popularly  sur- 
named  Indogermanic  or  Aiyan ,  as  held 
hefore  the  period  of  its  dispersion,  ascer- 
tained  by  the  aid  of  comparative  mjiiho- 
logy  and  language.  Print  for  priv.  circu- 
lation.  London,  Clowes  &  sons.  XLVII, 
829  S. 

Veckeustedt ,  Die  mythischen  Könige  der 
arischen  Volksheldensage  und  Dichtung. 
(Zeitschr.  f.  Volksk.    S.V21,  172) 

Böttger,  Sonnencult  der  Indogermanen  (Indo- 
europäer,  insbesondere  der  Indoteutonen 
aus  125  hebräischen,  griechischen,  latei- 
nischen und  altnordischen  Original-  und 
278  sonstigen  Quellen  geschöpft  und  er- 
wiesen. Breslau,  Freund.  XXXII,  167  S. 
Mk.  3,50. 

Vedic  Hymus,  Transl.  by  Max  Müller.  P.  1. 
Hymns  to  the  Maruts,  lUuLra,  Väyn  and 
Väta.  Oxford.  fThc;  sacred  Books  of  the 
East  transl .  .  .  vol.  XXXII.] 


Hillebraudt,  Vedische  Mythologie.  1.  Bd. 
Soma  und  verwandte  Götter.  Breslau, 
Koebner. 

Henrychowski,  Zebaoth  I.  im  Verhältnis  zu 
Zaba-Zebaoth  IL  und  Zeba  homarom.  Ori- 
ginal-Etymologie der  indogermanisch-christ- 
lichen und  d.  hehräisch-alttestamentlichen 
Hauptgottesnamen,  dritter  Essay.  Ostrau. 
24  S.   40.    Mk.  1,—. 

Wiudisch,  Über  den  Sitz  der  denkenden 
Seele,  besonders  bei  den  Indern  u.  Griechen 
u.  eine  Etymologie  von  gr.  nQmiiötg.  (Be- 
richt Verh.  kgl.  sächs.  Ges.  Wissensch.  z. 
Leipzig.   Phil.-hist.  Kl.  H.  2.  3.) 

Steyrer.  Ursprung  der  Sprache  der  Arier. 
Wien  1891,  Holder.  V,  175  S.   M.  5,20. 

Zeitschrift  für  Sprache: 

Indogennanische     Forschungen.       Zeitschrift 
für    indogermanische    Sprach-    und    Alter- 
tumskunde, herausgegeben  von  Karl  Brug- 
manu    und    Wilhelm    Streitberg,    mit 
dem  Beiblatt :  Anzeiger  für  indogermanische 
Sprach-  und  Altertumskunde,  herausgegeben 
von     Wilhelm     Streitberg.      1.    Band, 
Strassburg,    Trübner    1891.     X    u.    .546  S., ' 
IV.  u.  206  S.   Mk.  IG.--. 
Inhalt:    K.  Brugmann  und  W.  Streit- 
berg, Zu  Franz  Bopp's  hundertjährigem  Ge- 
burtstage. —  H.  Hirt,  Vom  schleifenden  und 
gestossenen    Ton    in    den    indogermanischen 
Sprachen.    I.Teil.  —  R.  Schmidt,  Zur  kel- 
tischen Grammatik.  —    K.  Brugmann,  Lat. 
velimus,    got.  vileima    und   ags.  earrT.  —    W. 
Streitberg,    Betonte  Nasalis   souans.  —  A. 
Noreen,  Über  S))rachrichtigkeit  (für  deutsche 
Leser    bearbeitet   von    A.   Johann son).    — 


Litteratur  des  Jalu-es  1891. 


451 


E.  Maas,  Vpi?.  —  K.  Brugmann,  Etymo- 
logisches. —  Ch.  Bartholomae,  Arica  I. — 
0.  Wiedemann,  Got.  hröt.  —  H.  Hirt, 
Vom  schleifenden  und  gestossenen  Ton  in 
den  indogermanischen  Sprachen.  II.  Teil.  — 
A.  Johann son,  Zu  Noreens  Abhandlung 
über  Sprachrichtigkeit.  —  0.  Wiedemann, 
Zur  Gutturalfrage  im  Lateinischen.  —  0. 
Wiedemann,  Got.  saihvan.  —  W.  Streit- 
berg, Der  Genetiv  Pluralis  und  die  baltisch- 
slavischen  Auslautgesetze.  —  Ch.  Bartholo- 
mae, Griech.  ovo(a,ci> dvöfimoi.  — G.Meyer, 
Etymologisches.  —  R  Thurneysen,  Das 
sog.  Praesens  der  Gewohnheit  im  Irischen.  — 
Fr.  Stolz',  Lat.  strufertärius.  —  J.  Wacker- 
nagel, Über  ein  Gesetz  der  indogerma- 
nischen Wortstellung.  —  0.  Wiedemann, 
Got.  faii-guni.  —  S.  Bugge,  Beiträge  zur 
etymologischen  Erläuterung  der  armenischen 
Spräche.  —  R.  Thurn eisen,  Der  irische 
Imperativ  auf -thc.  —  H.  Hirt,  Die  Urheimat 
der  Indogermanen.  —  Ch.  Barth olmae, 
Arica  II.  —  J.  Strachan,  Lat.  perendie,  — 


K.  Brugmann,  xaTrtsßüjfai  bei  Herodas.  — 
H.  Lewy,  Kyprisches.  —  0.  Wiedemann, 
Gotische  Etymologien.  —  W.  Streitberg, 
Anord.  tyggja  und  Verwandtes.  —  Sach- 
register. —  Wortregister. 

Bartholomae,  Arisches  und  Linguistisches. 
S.  A.  aus  den  „Beiträgen  z.  Kunde  der 
indogermanischen  Sprache,  l.o.  u.  17.  Bd. 
mit  ausfih'lichen  Indices  versehen.  Göttin- 
gen, Vandenhoeck.  IV,  179  S.    Mk.  5,—. 

Brug'Uiann,  Grundriss  der  vergleichenden 
Grammatik  der  indogermanischen  Sprachen. 
2.  Hälfte,  1.  Lief.    gr.  8«.  [384  S.]  M.  10,-. 

Bartholomae,  I.  Indogermanisch  sk  und 
skh.  —  IL  Altindisch  äsis  lateinisch 
eräs.  Halle  a.  S.,  Nicmeyer.  A.  u.  d.  T.: 
Studien  zur  indogerm.  Sprachgesch.  II. 
(VIII,  262  S.)    M.  7,-. 

Arnold,  Das  Alter  des  z-Lautes  in  den  indo- 
germanischen Sprachen.  Würzburg,  Ing.- 
■  Diss.    23  S. 


b)   Eiii/elne  Völker. 

(Hindu,  Perser,  Kurden,  Armenier.) 


«)    Äusss eres  Leben. 

Bellet,    Les   congres  nationaux   dans  Finde. 

(Rev.  scient.  8.  aoüt  1891.) 
Risley,    The    tribes    and    castes    of  Bengal. 

Anthropometric  data.    Vol.  I.  IL    Calcutta, 

Bengal  Secretariat  Press. 
Tanuer,     Notes    on    the  Inhabitants    of  the 

Himalayas.    (The  Scottisch  geogr.  Magazine 

7,  581.) 
Capus,    Groupemcnt  ethnique   des   peuplades 

dans    la    region    pre])amirienne.      (Rev.    de 

geogr.    29,  433.) 
Böse,  The  Hindus  of  Puri  in  Orissa  and  their 

religiun     (Calcutta  rcview.  (CLXXXV,    108 

bis  114.) 
DTeaiha,    Folklore  in   Salsettc     Nr.  9:    The 

Patel's   Youngest   Daughtor-in-Law.      (The 

Indian  Antiquary.    May.) 
Ostroiimöw,  Geografija  Turkestanskago  kraja. 

Wyd.    2    z     ma]»a.       Samarkaiid.       93     S. 

40  Kop. 
Bogdanoir.    Notes  antlirojjometriques  sur  les 

indigenos     du     Turkestaji.      (l^'Anthropolo- 

gie  lU) 
Pantiuchow,  Kurdy  i  Karapapahi.  Etnografi- 

ßeskaja  zametka     (Przodruk  /,  garety  ,Kav- 

kaz.)    Tyflis.    2(i  Ö.    [Über  die  Kurden.] 


V.  Hellwald,  Land  und  Volk  der  Kurden 
(Oesterr.  Monatsschr.  für  d.  Orient  17, 
Nr.  8.  9.) 

ßarchudarian,  Die  Armenier  u.  ihre  Nach- 
barvölker in  der  Türkei.  (Ausland.  Nr.  20ff.) 

V.  Zwiedinek,  Tüi-kisch  Armenien  u.  seine 
Bewohner.  (Oesterr.  Monatsschr.  f.  d.  Orient. 
17,  Nr.  3.  4.) 

Valentin,  Bericht  über  meine  Reise  nach 
Tiflis  u.  d.  Teilnahme  au  d.  Radde'scheu 
Expedition  in  den  Karabagh-Gau.  Sommer 
1890.  (Bericht  d.  Senckenberg.  naturf.  Ge- 
sellsch.    S.  159.) 

Chantre,  A  travers  TArmenie  russe  (Kara- 
bagh,  Vallee  d'Araxe,  Massif  de  l'Ai-arat. . .)_: 
Le  tour  du  nionde  1891 2,  S.  225 f.,  369  bis 
416. 

Leitner,  On  the  Ethnological  Basis  of  Lan- 
guage ,  with  special  reference  to  the 
Customs  and  Language,  of  Hunza.  (Journ. 
anth.  Inst.  Great  Britain  20,  204.)  [Afhga- 
nen  am  Hindu  Kusch.] 

Harnisch,  Badghis,  Land  u.  Leute.  Nacli 
den  geogra])hischen  Ergebnissen  der  Afgha- 
nischen Grenzkommission  von  1884—90.  4^ 
Progr.  Berlin.   20  S. 


452 


Laue : 


Dymock,  Narcotics  and  Spices  of  the  East. 
(Journ.  of  the  Anthrop.  Soc.  of  Bombay 
IP.) 

Die  Künste  bei  den  Siaposch  (Zentralasien.) 
(Globus  59,  224.)  [arische  Bewohner  von 
Kafiristan.] 

Ceyp ,  Persische  Städtebilder.  (Deutsche 
Rundschau  f.  Cxeogr.  u.  Statistik  13,  359.) 

L'agricultnre  dans  THindoustan.  (L'econo- 
miste  franc;.  1891',  524.) 

T.  N.  M.,  The  plantain:  its  history,  culti- 
vation  and  folk-lore.  (Calcutta  ReA'iew 
CLXXXIII,  57.)  [eine  Pflanze:  Musa?] 

Potocki,  ISIotatki  my.elnoskie  z  Indji.  Kra- 
kow. 149  u.  1  S.  z  13  rycinanii.  Druko- 
wane  jako  rekopis.    [Jägernotizen  ] 

Mnrli  Manch ar,  The  Industries  of  ancieut 
India.   (The  nineteenth  Century  30«,  71.) 

ß)  Inneres  Leb  en. 

Kohler,  Altindisches  Prozessrecht.  Mit  einem 
Anhang:  Altindischer  Eigentumserwerb. 
Stuttgart,  Enke.   56  S.   Mk.  3,— 

— ,  Die  Gewohnheitsrechte  der  Provinz  Bom- 
bay.  (Zeitschr.  f.  vergl.  Rechtsw.   X'-*.) 

King,  Die  Frau  eines  Civilbeamten  in  Indien. 
Ein  Tagebuch  1877-1882.  A.  d.  Engl.  v. 
A.  Thiele.  Berlin,  Mitscher  &  Rösteil.  VH, 
445  S. 

Winternitz,  Das  altindische  Hochzeitsritucll 
nach  dem  Apasta-mbiya-Grihyasütra  nebst 
einigen  verwandten  Werken.  Mit  Ver- 
gleichung  der  Hochzeitsbräuche  bei  den 
übrigen  indogermanischen  Völkern.  [Aus: 
Denkschr.  der  k.  Ak.  der  Wiss.  XL.]  Wien, 
Tempsky.  imp.  4«.    114  S.    Mk.  6,—. 

Patell,  Towers  of  Silence  in  India.  (Journ. 
of  the  Anthr.  Soc.  of  Bombay  II '.) 

Romesh  Chunder  Dutt,  A  History  of  Civili- 
zation  in  Ancient  India,  based  on  Sanscrit 
Literature.  Pcople's  Edition.  Complete  in 
one  volume.  Calcutta.  Thacker,  Spink  &  Co. 

Mihira,  Varäha:  The  Panchassddhäntikä. 
Astronomical  work.  The  text,  ed.  with  an 
original  commcntary  ia  sanskrit  and  an 
english  translation  and  introduction  by 
G.  Thibaut . . .  and  M.  Sudhäkara  Dvivedi. 
Benaris,  Leipzig,  Koehler.  LXI,  275  S.  4«. 
M.  16,00. 

Certeux,  La  Bataille  des  Roses  en  Orient. 
(Rcv.  des  trad.  6,  483)  [in  Persieu  und 
Indien]. 

Lyall,  Katural  religion  in  India.  The  Rede 
Lecture  delivered   in   the  Senate  house  on 


June  17.  1891.  Cambridge,  University  press. 
1  sh.,  64  S. 
(xuru  Proshad  Sen,    A  reply  to  my  critics; 
er  what    is  Hindu  religion?    (Calcutta  Re- 
A'iew CLXXXV,  158—185.) 
Bhuttacharjee,  The  hindu  doctrine  of  Spiri- 
tual benefit.  (ib.  186,  276.) 
de  la  Vallee  Poussin,  Des  impuretes  et  des 
purifications  dans  l'Inde  antique.  (Memoires 
couronnes  par  l'acad.  d.  Belgique  44.) 
Nil  Kanta  Chatterjee,  Kulinism  amongst  the 
Brahmius     in    Bengal.      (Calcutta    Review 
CLXXXV,  127.)  [Religiöse  Sekte.] 
Gengnagel,    Volksglaube    und    Wahrsagerei 
an    der  Westküste   Indiens.     Nach  eigener 
Erfahrung    u.  Aussprüchen    der  Astrologen 
in   Nord-Kanara  zusammengestellt.     (Aus- 
land 64.  Nr.  44.) 
Aberglauben  contra  Aberglauben  in  Indien. 

(Globus  .59,  64.) 
Das  indische  Mundschloss.    (ib.  3(i5.) 
Die    SchlaugenTerehrung    in    Indien,    (ib. 

384.) 
The  Astängahridaja.  A  compendium  of  the 
Hindu  System  of  medicine  comp,  by  Vag- 
bhah.  With  the  Comm.  of  Arunadatta  .  .  . 
Revised  .  .  .  by  Anna  Moresvar  Kunte,  2. 
rev.  ed.  Bombay,  Nirnaya-sagar  Press.  2  Bl., 
B,  29,  51,  588  S.  4°. 
The   Eaja    of  Jasin,    Legende   and  Songs  of 

Chitral.    (As.  Quarterly,  January  1891.) 
Leunianu,  Die  Legende  von  Citta  und  Sam- 
bhüta.     (Wiener    Zeitschr.    für    Kunde    d. 
Morgenl.  5,  111.) 
Rehatsek,  On  Supertitions  of  the  Goa  people 
from  Portuguese    sources.    (Journal   of  the 
Anthrop.  Soc.  of  Bombay  II'.) 
Ahmed-Bey,  La  Societe  persane:  III.  La  Re- 
ligion  et   les  Sectes  religieuses.    (La  uou- 
velle  revue  73,  523.) 
Hillebrandt,  Zarathustra  und  der  Zendavesta. 

(Nord  u.  Süd  59,  43.) 
Hovelacque,    Lc  Pont   des    morts   en  Perse. 

(Rev.  des  trad.  5,  488.) 
Patzig,     Zur     Geschichte      der     Herzmäre. 
(Friedi-ichs-Gymn.  Progr.  Berlin.)  [Indische 
Sage.] 
Powell,  Study  of  Indian  language.    (Science, 

February.) 
Roberts,  Sub-Himalayan.  A  grammar  of  the 
Khasi  language.  For  the  use  of  schools. 
liondon,  Paul,  Trench,  Trübner.  (Trübner's 
coUection  of  simplified  grammars  ...  ed. 
by  Rost.)    XX,  209  S. 


Litteratiir  des  Jahres  1891. 


453 


Beames,  (irammar  of  tlie  Beng-ali  Lauguage, 

literarj  and  colloquial.    Oxford,   Clarendon 

Press.  4  sh  ,  6  d. 
tfCiger,  Lautlehre  des  Balüöi  mit  einem  An- 
hange über  Lehnwörter  im  BalüCi  =  Abh. 

bair^  Ak.   d.  Wiss.  I.  Cl.   XIX  B.  II  Abth. 

München,  Franz.    68  S.  4«.  M.  2.—. 
Bngge,  Beiträge  zur  etymologischen  Erläute- 

mng    der  armenischen  Sprache.    (Zeitschr. 

vi-gi.  Sprachf.   XXXII,  1.) 
Bergaigne  et  Henry,    Manuel    pour   etudier 

le  Sanscrit  vedique.    Precis  de  grammaire- 

clirestomathie  -  lexique.       Paris,     Bouillon. 

XVII,  33G  S.   8«.    Mk.  9,60. 
Misteli.  Neupersisch  und  Englisch.    Gelegen- 

heitsschr.  Zürich.    8  S.  4». 
Burgesä,  Mapping  and  Place-Names  of  India. 

(The    Scottish    geographical    Magazine^  7, 

357.) 
Christian ,    On    some    names    of    places   in 

Bihar:    their  origin  and  history.    (Calcutta 

review  CLXXXIK,  37.) 
Jacobi.  Indra.  (Zeitschr.  f.  vergl.  Sprachf.  v. 

Kuhn.    31,  316.)    [Namensdeutung.] 


Ullal  Narasinga  Kao,  A  Kisamwär  glossary 
of  Kanarese  words.  Mangalore:  pr.  at  the 
Basel  missions  press.  VI  S.,  1  Bl.,  224  S., 
1  Bl. 

Reed ,  Hindu  literatui-e :  or  the  ancient 
books  of  India.  Chicago,  Griggs.  XVIII, 
410  S. 

Segel,  Indische  Volksmärchen  II.  (Globus, 
nr.  19.) 

Boussel,  Etüde  sur  le  Mahäbhärata  [in- 
disches Volksepos.]    (Le  Museou  X.*) 

Vinson,  Le  joueui*  et  le  roi,  conte  hindoustani 
(dakhni):  Rev.  de  ling.  et  de  philo!,  comp. 
Oct. 

Nottrott- Ranchi,  Muudari-  (Kol-)  Lieder. 
(Z.  f.  Volksk.  III,  381.) 

Clouston,  Persian  Aualogue  of  an  Aesop's 
Fable.    (Notes  and  Queries,  14.  Mars.) 

V.  Wislocki,  Märchen  und  Sagen  d.  Buko- 
winaer u.  Siebenbürger  Armenier.  Aus 
eigenen  und  fremden  Sammlungen  über- 
setzt. Hamburg,  Verlagsanst.  1891  (Um- 
schlag: 1892.)   VIII,  188  S.    M.  5,-. 


2.    Semiten. 
a)   Äusseres  Leben. 


Sayce,  The  races  of  the  Old  Testament,  Lon- 
don, Religions  Tract  Society.    180  S. 

Mann,  Das  Mujmil  et-tärikh-i  ba'daädirije 
des  Ibn  Muliammed  emin  Abu'l-Hasan  aus 
Gulistänc.  '[Fase.  I:  Gesch.  Persiens  in 
den  Jahren  1747—1750.]'  Nach  d.  Berliner 
Handschrift,  hrsg.  u.  mit  einer  Einl.  u. 
m.  Indices  vers,  Leiden,  Brill.  47  und 
72  S.  [Die  Indices  berücksichtigen  beson- 
ders d.  Ethnographie.] 

'Avaiolixa  ixtXtJrjf.i(tT((.  Ihgl  rtovnovxwv 
iOvoloyixi)  /nfkiiTj  vno  AI.  TauxvQÖykov 
iccToov.    ' Ev  'A&Tjvnig.    40  S. 

Beut,  The  Yournauks  of  Asia  Minor.  (Journ. 
of  Anth.  Inst.  XX  \) 

V.  Luzhan,  Die  Tachtadschy  Lykiens.  (Arch. 
f.  Anthr.  XIX.) 

Pinches,  Upon  the  Types  of  the  Early  In- 
habitants  of  Mesopotamia.  (Journ.  Anthr. 
Inst.  Great  Britain  and  Ireland  XXI -.) 

Die  Hethiter.  (Mitth.  u.  Nachr.  f.  d.  ev. 
Kirche  in  Russl.   N.  F.   24.  Aug.) 

Campbell,  The  Hittites:  their  inscriptions 
and  their  history.  Vol.  I.  (VII,  399  S.)  II. 
(IV,  349  S.)   London  1891. 

Sayce,    Les    Höteeus:    histoire    d"un   empire. 


Prcface    and    app.    p.    Menant.    Paris,    Le- 

roux. 
Dcgli    Hittim  o  Hethei  e  delle   loro  migra- 

zioni.   '(La  Civilitä  cattolica.    42.  anno,    14 

Serie.  12,  397.) 
Kanleu,   Assyrien   u.    Babylonieu   nach    den 

neusten  Entdeckungen.    4.  Ausg.   Freiburg, 

Herder.    XII,  286  S. 
Winckler,  Ai-abien  vor  dem  Islam.   (Vossische 

Zeitg.  1891.  Nr.  213.    Sonntagsblatt.) 
Delattre,  Los  tombeaux  puniques  de  Carthage 

(necroprde    de   Saint-J^ouis.)    (Rev.  archeol. 

III  S.,  XVII,  52.) 
Micliajlowski ,    Drevnejsije  centry  prosvesöe- 

nija.     Egipet  i  Haldeja.    Moskwa.    69  S.  — 

85  Kop.    [Die  alten  Ciilturcentren  Egypten 

und  Chaldäa.] 
Vambery,  Culturclle  und  wirtschaftliche  Be- 

wegu7ig    in   Persien.    (Ocsterr.    MonatsscJir. 

f.  d.  Orient.    Februar.) 
Friedrich,     Die    Holztektonik    Vorderasiens 

im  Altertum  u.  d.  Hekal  mat  Hatti  (Hettiter). 

Innsbruck,  Wagner. 
V.  Zniigrodzki,  Zur  Geschichte  der  Svastika. 

(Arch.  f.  Anthr.  19.) 


454 


Laue: 


V.  Zmigrodzki,  Über  das  Svastika.  (Tut.  Arch. 

f.  Ethnogr.  IV*.) 
Grulbelkiau,    La    fabiication    des    tapis    en 

Orient.    (Eev.  arch.  III  ser.,  XVII,  162.) 
Zehnpfund,   Babylonische   Weberrechnungeu 

aus  den  Tempelarchiven  zur  Zeit  des  Nabü- 


na'id  Königs  von  Babylon  (555 — 538  v.  Chr.) 
[Aus:  Beitr.  z.  Assyr.  u.  vgl.  semit.  Sprach- 
wissensch.  H.  2.]  Leipzig,  Pries.  2  Bl., 
32  S.,  1  Bl.  Ing.-Diss. 
Heiden,  Orientalische  oder  polnische  Seiden- 
stoffe? (Kunstgewerbeblatt  NF.  2,  S.  1.) 


b)   Inneres  Leben. 


Trovanelli,  Le  civiltä  e  le  legislazioni  dell' 
antico  Oriente  in  rapporto  alla  famiglia.  I. 
Egitto  e  Caldea.  Bologna,  Zanichelli. 
448  S.   L.  8,-. 

Kolller  und  Peiser,  Aus  dem  babylonischen 
Rechtsleben.  I  IL  Leipzig,  Pfeiffer.  1890/91. 
36  u.  80  S.  -  M.  2,00;    5,00. 

Heller,  De  Cariae  Lydiaeque  sacerdotibus. 
[Aus:  Jb.  f.  class.  Phil.  Suppl.  Bd.  XVIII.] 
Lipsiae,  Teubner.  2  BL,  S.  215-249.  Jena 
Ing.-Diss. 

Loisy,  Etudes  sur  la  religion  Chaldeo-Assy- 
rienne.    (Rev.  des  Religious  1.) 

Jensen,  Die  Kosmologie  der  Babylonier: 
Studien  u.  Materialien.  Strassburg,  Trübner, 
546  S. 

Jeremias,  Jzdubar-Nimrod.  Eine  altbaby- 
lonische Heldensage.  Nach  den  Keil- 
schriftfragmenten dargestellt.  Leipzig, 
Teubner.    81  S.  —  M.  2,80. 

Braga,  OMythochaldec-Babylonico  dos  amores 
de  Istar  na  tradigao  occidental;  estudo 
sobre  o  cyclo  romanesco  de  Juliana  e  Jorge. 
(Revista  de  sciencias  naturaes  e  socias  II  ^.) 

van  Mierlo,  L'astronomie  chez  les  (Jhaldeens. 
(Het  Beifort  1891,  no  1.) 

Hommel,  Die  Astronomie  der  alten  Chaldäer. 
(Ausland,  nr.  21.  22.) 

Schreiber,  Die  gegenwärtige  Lage  des  Is- 
lam.   (Allg.  Miss.  Zeitschr.    18,  545.) 

Syed  Anieer  Ali,  The  life  and  Teachings  of 
Mohammed  or  the  Spint  of  Islam.  London, 
Allen. 

Noeldeke,  Zar.  (Zeitsclir.  d.  deutsch,  mor- 
genl.  Ges.  XLIV*.)  [Arabischer  Aberglaube.] 

Certenx,  La  Galette  de  pain,  legende  arabe. 
(Rev.  des  trad.  6,  152,  294.) 

Czterdziesci  podaii.  (Po  arabsku.)  Kazän. 
8  S.    [40  Legenden.] 


Beiträge  zur  Assyrlologie  und  vergl.  semi- 
tischen Sprachwissenschaft.  Hrsg.  v.  De- 
litzsch u.  Haupt.  II  ^  Lpzg.,  Hinrichs. — 
M.  17,-. 

Bloch,  Neue  Beiträge  zu  einem  Glossar  der 
phoenicischen  Inschriften.  1  Theil.  Berlin, 
Zahn  &  Baendel.  Leipziger  Ing.-Diss.  45  S., 
1  Bl.  [Vollständig  erschienen  im  Verlage 
V.  Mayer  u.  Müller,  Berlin.] 

Huiziuga,  Analogy  in  the  Semitic  Languages 
III.    (Amer.  Journ.  of  Philology  XII  '\) 

Belser,  Die  babylonischen  Kudurru- Inschriften. 
III  Rawl.  41  —  45  nach  den  Originalen  um- 
schrieben, übersetzt  u.  erklärt  nebst  dem 
zum  ersten  Male  veröffentlichten  Text  der 
Kudurru-Inschriften  Nr.  101,  102,  103. 
Leipz.  Ing.-Diss.  [Erschien  vollst,  in  Beitr. 
z.  Assyriol  u.  vergl.  semit.  Sprachw.  2  Bd., 
IH.]  Leipzig,  Pries.  21  S.,  15  autogr.  Taf , 
IBl. 

Conder,  Rüde  Stone  Monuments  in  Syria. 
(The  Scottich  Review  17,  33.) 

(jrlaser.  Arabisch.    (Ausland,  nr.  .""O.) 

Jewett,  Arabic  Proverbs  and  Proverbial  Phra- 
ses.     Diss.  Strassburg.    96  S. 

de  Bofarull,  Proverbis  Arabes  extrets  d'un 
Manuscrit  Catala  del  sigle  XIV.  Transcrit. 
Barcelona,  Masso  y  Casas.  14  S. 

Jensen,  Das  Wort  Wein  im  Semitischen. 
(Zeitschr.  d.  deutsch  morgenl.  Ges.  XLIV'*.) 

Meissner,  Babylonische  Pflanzennamen  (Zeit- 
sckrift  f.  Assyr.  VI  ^.) 

Basset,  Contes  arabes  et  orientaux:  V.  Le 
Depositaire  infidele.  VI.  Les  (^ents  nuits 
et  le  Kitab  ech  Cella.  VII.  L'Alhambra  et 
le  chäteau  de  Kaouarnac.  VIII.  L'ap- 
prenti  sorcier  et  le  char  de  Sesostris.  (Rev. 
des  trad.  pop.  6,  65,  802,  449,  678.) 


3.    Kaukasusvölker. 


Sbornik  matcrialov  dlja  opisanija  mestnostej 
i  plemen  Kavkaza.  Zesz.  12-y.  Tyflis.  II, 
11,  602  S.  Z  mapa  etnograficzna.  [Kaukasus- 
vülker.] 


(Jreve,  Das  Gebiet  von  Suchum-kaleh. 
(Deutsche  Rundschau  f.  Geogr.  u.  Nat.  13, 
529)  [l)etrifft  die  Abchasen  (Tscherkessen- 
stamm.)] 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


455 


Heyfelder,  Aus  Transkaspien.    Die  Tiere  der 

Steppe  u.  d.  Civilisation.  (ib.  13,  197.) 
Levier,  A  travers  le  Caucase.    Notes  et  im- 

prossions.     (Biblioth.    univ.    et   rev.    Suisse 

51,  92,  303,  533.) 
Xadezdin,  Opyt  geografiy  Kavkazskago  Kraja. 

Tula.  297  S.    2  nib. 
Audrejew,  Ot  Vladikavkaza  do  Tiflisa.  Peter- 

bui-g.    155  S.  GO  Kop. 
Erckert,  Kopfmessungen  kaukasischer  Völker. 

(Arch.  f.  Anthr.  19.) 
Dolbeschew,  Ausgrabuns'en  auf  den  Gräber- 


feldern von  Kumbulte  in  Digorien  (Kau- 
kasus). Nebst  Bemerkungen  .  .  .  (Mitth.  d. 
anthr.  Ges.  in  Wien  XXI,  -•  3. ) 

V.  Seydlitz,  Die  Feier  des  Neujalirs  bei  den 
Grusinern.    (Globus  59.  nr.  11) 

üaliii,  Heilige  Haine  und  Bäume  bei  den 
Völkern  des  Kaukasus.    (Ausland,  nr.  41.) 

Miller  u.  v.  Stackelberg ,  Fünf  ossetische 
Erzählungen  in  digorischem  Dialekt.  Mit 
deutscher  Übers.,  Glossar  u.  Anh.  v.  K. 
V.  Stackeiberg.  St.  Petersburg,  akadeni. 
Druckerei.    88  S. 


B.   Mongolen 
(hier:  Eskimos). 

1.    Äusseres  Leben. 


Bachfeld,  Die  Mongolen  in  Polen,  Schlesien 
Böhmen  und  Mähren.  Ein  Beitrag  zur 
Gesch.  des  grossen  Mongolensturms.  Inns- 
bruck, Wagner. 

Toung  Pao,  Archives  pour  servir  ä  Tetude  de 
rhistoire,  de  langues,  de  la  geographie  et 
de  Fethnographie  de  l'Asie  Orientale  (Chine, 
Japon,  Corec,  Indo-Cliine,  Asie  centrale  et 
Malaisie).  Redigees  par  prof.  G.  Schlegel 
et  H.  Gordier.  vol.  II.  Leiden,  Brill.  — 
M.  20,-. 

Grazer,  Ein  Rasseukampf  in  der  neuen  Welt. 
(Nord  u.  Süd  59,  206.) 

Die  Bevölkerung  Slams.  (Deutsche  Rund- 
schau f.  Geogr.  13,  420.) 

Sergi,  Crani  Siamesi.  (Bolletino  della  R. 
Accad.  med.  di  Roma  XVI "'.) 

Bonvalot,  De  Paris  au  Tonkin  ä  travers  le 
Tibet  inconnu..  Ouvrage  contenant  une 
carte  en  couleurs  et  cent  huit  illustrations 
gravces  par  le  prince  Henri  d' Orleans. 
Paris,  Hachette.   510  S.   M.  20,-. 

— ,  De  Paris  au  Tonkin  .  .  .  (Le  tour  du 
monde  189^,  289  ff.) 

Hocquard,  Trente  mois  au  Tonkin.  (ib.  1891  \ 
321—368.) 

Zur  Bevölkerungsstatistik  von  Japan. 
(Deutsche  Rundschau  f.  Geogr.  13,  229.) 

Exner,  Japan.  Skizzen  von  Land  und  Leuten. 
Leipzig,  Weigel.   208  S.   M.  20,-. 

Dichtaug  und  Wahrheit  über  Japan.  (Preuss. 
Jahrb.  68,  843.) 

Batchelor,  Specimens  of  Ainu  Folk-lore. 
(Transactions  of  the  Asiat.  Soc.  of  Japan. 
XVI,  2.) 

Umlau^ft,  Die  Halbinsel  Kamtschatka.  (Deut- 
sche Rundschau  f.  Geographie  u.  Stat.  13, 
108.) 


Koike,  Zwei  Jahre  in  Korea.  (Int.  Arch.  f. 
Ethnogr.   IV'.) 

Baug,  Etudes  oui-al-altaiques.  Loewen,  Istas. 
15  S.    Sep.  Äbdr. 

— ,  Etudes  .  .  .  (Le  Museon  X'*.) 

Tadrinzew,  Les  races  indigenes  de  la  Si- 
berie,  leur  genre  de  vie  et  l'etat  actuel. 
Recherches  ethnographiques  et  statistiques 
avec  l'annexe  de  tables  statistiques.  St. 
Petersbourg,  Sibiriakow.  2  Rubel.  3  Bl., 
308  S.  gr.  8".  [Ausserdem  auch  russischer 
Titel,  Text  russisch.] 

Mezöw,  Bibliografija  Azii.  Wykaz  ksi^izek 
i  artykulöw  o  Azji  w  jezyku  ruskim,  oraz 
ksiijzek  w  jezykach  obcych,  dotyczacych 
stosunku  Rosji  do  pai'istw  azjatyckich.  Tom. 
I.  Wschod  wogole.  Chiny,  Mandzurja, 
Mongoljaitd.  Peterburg.  234  S.  8".  2  Rub. 
[Bibliogr.  v.  Asien.    Th.  I. :  Sibirien.] 

L'expositioii  ethnographique  de  Siberie. 
(Rev.  scient.  1891  \  243.) 

Titov,  Sibir  v  XVII  veke.  Sbornik  starin- 
nych  russkich  statej  o  Sibiri  i  prilejascich 
k  nej  zemljach.  Sprileja.scich  k  nej  zemljach. 
S  prilojeniera  snimka  sostarinnoj  karty  Ci- 
biri.  Jzdal  G.  B.  Julin.  M.  1890  g;  8  D., 
str.  XI,  216,  XXII.  [Sammlung  von  alten 
Schriften  über  Sibirien  im  16.  Jahrb.] 

Radlow,  Sibirskija  drevnosti.  Tom.  I.,  zesz. 
I.  Peterburg.    [Sibirisclie  Altertümer.] 

Titov,  Sibir  v.  XVII  veke.  Sbornik  starinnyh 
russkih  statej  o  Sibiri  i  prilezasßih  k  nej 
zcmljah.    Moskwa.    [Sibirien  im  17.  Jh.] 

Prik  i  Bielajew,  Vladivostok  i  juXno-ussu- 
rijskij  okrug.  Peterburg.  96  S.  1  Rub. 
[Wladivostok  und  das  südrussische  Ge- 
biet.] 


456 


Laue : 


Plaksin,  V  Juzno-Ussurijskom  krae  i  na  dal- 
nem  Vostoke.  Vospominanija  .  .  .  (Russkaja 
Starina  71,  593  —  608)  [südussurisches 
Land.] 

Jzvestija  Obscestva  archeologii,  istorii  i 
etnografii  pri  imperatorskom  kazanskom 
imiversitete.  Tom.  IX-.  Kazan  189L  289  S.: 
Smirnöw,  Permjaki,  Istoriko  -  etnografi- 
ceskij  ocerk.  (Na  obertke  IX  kn.  Eusskoj 
Stariny'  izL  1891  g.)  [Perinjaken.] 

V.  Auricli,  Die  Fremdstämme  an  der  russi- 
schen Küste  des  stillen  Oceans.  (Forts.) 
(Ausland  34.) 

Baranov,  Na  reke  Amure  b.  1854—1855  gg. 
Vospominanija  oficora  iz  otrjada  N.  N.  Mu- 
raveva  (Russkaja  Starina  71,  327— 354.) 
[Auf  dem  Flusse  Amur.] 

Hahn,  Die  grosse  Kabarda  und  die  Berg- 
Tataren  am  Elbrus.    (AUg.  Zg.  b   Nr.  220.) 

Riuk,  The  Eskimo  Tribes.  Their  distribution 
and  characteristics,  especiallj  in  regard  to 
language.  With  a  comparative  vocabulary 
and  a  sketch-map  .  .  .  With  Supplement. 
Vol.  I.  II.  Copenhagen— London  1887  bis 
1891. 

Nansen,  Auf  Schneeschuhen  durch  Grönland. 
Autor,  deutsche  Übers,  von  M.  Mann. 
Hamburg,  Verlagsanst.  l.Bd.  400  S.,  4  Kar- 
ten. M.  10,—.  2  Bd.  in  20  Lieferungen  ä 
1  Mk. 

— ,  Eskimoliv,  Med  ill.  af  0.  Sinding.  Kristia- 
nia, Aschehoug  &  Co.  VIII,  293  S.  1  Bl. 

— ,  La  premiere  traversee  du  Grönland.  (Le 
tour  du  monde  1891 S  129-208.) 

Mecz,  Grenhandija.  Geograf.  oceck  strany  i 
razskaz  o  putesestviy  F.  Nansena.  Mos- 
kwa. 104  S.   öOKop. 


Nansen,  Grönlandsfahrten.   (Det  Norske  Geo 
grafiske  Selskabs  Ärbog  L)  (1891.) 


Rosset,  Fischreichtum,  Fischfang,  Fisch- 
bereitung u.  Fischersitten  in  Hinterindien. 
(Ausland  64,  nr.  27.) 

Theekultur  in  Asien.  (Deutsche  Rundschau 
f.  Geogr.  3,  569.) 

Haberlaudt,  Über  Nephrit-  u.  Jadeitgegen- 
stände aus  Zentralasien.  (Annal.  d.  k.  k. 
naturhist.  Hofmuseums.    VI.  Wien.) 

Metallener  Zierrat  an  Siamesischen  Pa- 
lästen.   (Kunstgewerbebl.  NF.  2,  158.) 

Keitah  Goh,  Die  japanische  Kleidung. 
(Oesterr.  Monatsschr.  für  d.  Orient  17,  3 
bis  4. 

Jacobsen,  Pfeilspitzen  der  Eskimos  in  Alaska. 
(Ausland  64,  nr.  16.  17.) 

Andree,  Die  Skulpturen  der  Eskimos.  (Glo- 
bus 59,  348.) 

Rathgen,  Japans  Volkswirtschaft  u.  Staats- 
haushalt. Mit  einer  Karte  von  Japan.  Leip- 
zig, Dunker  &  Humblot  M.  18,—.  (Staats- 
und socialwissensch.  Forschungen.  10*.) 
(XX,  785  S.) 

Hirai,  Über  die  landwirtscliaftlichen  Ver- 
hältnisse Japans  m.  Berücksichtigung  d. 
Grundsteuer  u.  d.  landwirtschaftlichen  Cre- 
dits.    Jena,  Frommann.   X,  77  S.  Ing.-Diss. 

Lapied,  Le  passage  des  rapides  du  haut 
fleuve  Rouge  du  Tonkin.  (Rev.  scientif. 
1891',  467.) 

Seidel,  Handel  u.  Wandel  in  Namdieh  (Toug- 
king).  (Globus  60,  nr.  23.) 

Le  commerce  chinois  et  la  concurrence  entre 
la  Chine  et  l'Hindoustan.  (Econ.  franQ. 
1891,  777.) 


2.    Inneres  Leben. 
a)   Recht  und  Sitte. 


Kislii,  Das  Erbrecht  Japans.  Göttingen,  Käst- 
ner.  65  S.   Ing.-Diss. 

Masakiya  Ogata,  Beitrag  zur  Geschichte  der 
Geburtshülfe  in  Japan.  Freiburg  i.  B ,  Ep- 
stein.  48  S.  10  Taf. 

'  *  *,  Le  Mariage  in  Chine  il  y  a  25  siecles. 
(Le  Museon  X-*.) 

de  Groot,  Die  Hochzeitskleider  einer  Chinesin. 
(Int.  Arch.  Ethnogr.   IV*.) 

Hercouet,  Les  Funerailles  d'un  dauphin  en 
Annam.   (Rev.  des  trad.  6,  749.) 

Schlegel,  Chinesische  Särge.  (Int,  Arch. 
Ethnogr.    IV.) 


Priklonski,  Todtengebräuche  bei  den  Ja- 
kuten.   (Globus  59,  81.) 

Bacon,  Japanese  Girls  and  Women.  [vgl. 
Tag].  Rundschau  1891,  nr.  197.] 

Arendt,  Die  häusliche  und  gesellschaftliche 
Stellung  der  Frauen  in  China.  (Deutsche 
Rundschau  69,  44.) 

Faber,  Die  Stellung  der  Frauen  in  China. 
(Zeitsclu-.  f.  Missionsk.  6,  89.) 

Gruinness,  Im  fernen  Osten.  Briefe  . . .  Hrsg. 
V.  ihrer  Schwester.  Autorisierte  Übersetzung. 
Gotha,  Perthes.  (XVII  S.,  1  Bl.  168  S., 
2  Bl.,  1  Kart.,  2  Portr.)   Mk.  5,00. 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


457 


Faber,  Authentischer  Sitteiispiegcl  der  Chi- 
nesen.   (Zeitschi-,  f.  Missionskunde.  6,  32.) 

Stolpowska,  Ocerk  istorii  kultury  kitajskago 
naroda.  Moskwa.  473  S.  [Geschichte  der 
chinesischen  Kultur.] 

Culin,  The  Gambling  Games  of  the  Chinese 
in  America.  Fan  Tan;  the  Game  of  Re- 
peatedly  Spreading  Out ;  and  Pak  Köp  Piü, 
er  the  Game  of  White  Pigeon  Ticket.  New- 
Vorkt,  Hodges.    17  S. 

Nascentes-Ziese,  Leben  in  Japan.  (Aus  allen 
\Yeltteilen  22.  Jg.) 

Ritter,  Japanisches  I— III,  IV— VI,  VII. 
(Zeitschr.  f.  Missionsk.   6,  15,  78,  201.) 


Schillbach,  Otto  Schmiedeis  Cultur-  und 
Missionsbilder  aus  Japan.  Prot.  Kirchen- 
zeit, nr.  50,  51.) 

Spinner,  Tibetanisches  aus  dem  britischen 
Himalaja.  (Zeitschrift  für  Missionsk.  6, 
129.) 

Wrucewicz,  Obitateli.  Kultiira  i  zizn  v  Ja- 
kutskoj  oblasti.  (Odb.  z.  Zapisek  Russ. 
Geogr.  Obsöestva )  Peterburg.  41  S.  [Kul- 
tur und  Leben  in  der  Gegend  von  Ja- 
kutsk.] 

Reicbelt,  Volksfeste  in  Birma.  (Ausland  64, 
nr.  25;26.) 


b)   Religion  und  Aberglaube. 

[hier  Buddliismus.] 


SilbernageF,  Der  Buddhismus  nach  seiner 
Entstehung,  Fortbildung  und  Verbreitung. 
Eine  kulturhist.  Studie.  München,  Stahl 
VIII,  196  S.   Mk.  3,-. 

Wimplfen,  Kritische  Worte  über  d.  Buddhis- 
mus.   Wien,  Konegen.    64  S. 

Chaboseau,  Essai  sur  la  philosophie  boud- 
dhique.    Paris,  Carre.    252  S. 

Gaur  Das  Bysack,  Notes  on  a  Buddhist 
Monastery  at  Bhot  Bagän  (Howrah),  on 
two  rare  and  valuable  Tibetan  MSS.  disco- 
vered  there . . .  (Journ.  of  As.  See.  of  Ben- 
gal  .59  S  50.) 

Neumanu,  Das  Sarasangaho ,  eines  Kompen- 
diums buddhistischer  Anschauungen  erstes 
Kapitel  Text,  Übersetzung,  Anmerkungen. 
Leipzig,  Kreising.  82  S.,  1  Bl.  Ing.-Diss. 
Leipzig. 

— ,  Bouddhisme  et  christianisme.  (Rev.  crit. 
25,  nr.  47 ) 

Levi,  Le  bouddhisme  et  les  Grecs.  (Rev.  de 
l'hist.  des  rel.  XXIII,  ni-.  1.) 

de  Rosny,  La  morale  du  Bouddhisme.  Paris. 

de  Harlez,  Les  religions  de  la  Chine.  AperQu 
historique  et  critique.  Leipzig,  Gerhard. 
268  S.    Mk.  6,00. 

de  Harlez,  Les  religions  de  la  Chine,  (l^^' 
pai-tie:  La  religion  des  premiers  Chinois,  le 
Dieu  supreme,  Shang-Ti  et  le  Ciel  ou  T'ien.) 
(Le  Museon  1891,  no.  2.) 

Happel,  Die  Religion  in  China  IV.  (Zeitschr. 
f.  Missionsk.  6,  42.) 


Logge,  The  sacred  books  of  China.  The  texts 
of  Täoism  transl.  —  Part  I:  The  Täo  Teh 
King.  The  writings  of  Kwang-Zze.  Books 
1—17.  II:  18—33.  The  Thäi-Shang  Tractato 
of  actions  and  their  retributions.  Append. 
1-8.  Oxford.  (=  The  sacred  books  of  the 
East  .  .  .  vol.  39,  40.) 

Die  religiösen  Verhältnisse  des  modernen 
Japan.    (Tägl.  Rundschau  »  no.  1063 ) 

Chinesische  Weisterbauuer.  (Globus  59, 
no.  12.) 

Selbstaufopferung  durch  Feuer  in  China. 
(Zeitschr.  f.  Missionsk.  6,  212.) 

de  Rialle,  Superstitions  chinoises.  (Rev.  des 
trad.  pop.  6,  117.) 

Kindbettaberglauben  der  Chinesen.  (Globus 
59,  175.) 

Correspondence  respecting  Anti- Foreign 
Riots  in  China.    China:  Nr.  3.  1891. 

General  Gordon's  Events  in  the  Taiping  Re- 
bellion.   London. 

Translatious  from  the  ,Pekin  Gazette'  for 
1890.  (North  China  Herald,  Shanghai 
1891.) 

Yossion,  Nat-Worship  among  the  Biu-mese. 
(The  Journal  of  American  Folklore  IV, 
no.  13.) 

Annales  du  Musee  Guimet.  Tome  XVIII: 
Avadana-Cataka.  Cent  legendes  boud- 
dhiquos  traduites  du  sanscrit  par  Leon  Feer. 
Paris.   4».    16  fr. 


c)   Sprache  und  Diclitunj 


Rundall,  Manual  of  the  Siyin  dialect  spoken 
iu  tho  northern  Chin  Hills.    Rangoon,   by 


the    Superintendent    Gov.    Print., 
1  Bl.,  47  S. 


Burma. 


458 


Laue: 


Grattinoni,  Grammatica  giapponese  dellalingua 
parlata,  corredata  d'un  dialogario,  raccoii- 
tiui  e  di  alcuni  proverbi  popolari  giappo- 
nesi  illustrati.  Venezia.  VIII,  168  S.  — 
L.  8,00. 

Boarqnin,  Grammatik  der  Eskimo -Sprache, 
wie  sie  im  BereicJi  der  Missionsniederlassung 
der  Brüdergemeinde  an  der  Labradorküste 
gesprochen  wird.  Auf  Grundlage  der  Klein- 
schmidtschen  Grammatik  der  Grönländischen 
Sprache  .  .  .  bearbeitet.  London  (Moravian 
Mission  Agency)  und  Gnadau  (Unitäts- 
Buchhandl.)  1891.  (XX,  415  S.) 

Arendt,  Moderne  chinesische  Tierfabeln  und 
Schwanke.  (Zeitschr.  d.  Ver,  f.Volksk.  P). 


Legenden  und  Fabeln  aus  Tschitral  (Inner- 
asien) (Globus  59,  48.)  [nach  dem  Original- 
aufsatz V.  Xizam-el-Malk,  Radscha  v. 
Yasiu  in  (Asiatic  Quarterly  Review.  Jan. 
1891.)] 

Patkanow,  Tip  ostjackago  bogatyrja  po  ost- 
jackim  bylinam  i  geroiceskim  skazanijam. 
[Das  Urbild  des  ostjakischen  Helden  uacli 
den  ostjakischen  Märchen  und  Heldensagen.] 
Peterburg,  Rickker.  (1  Bl.,  II,  74  S., 
1  Bl.)    4". 

Conrady,  Das  Hari^candranrityam.  Ein  alt- 
nepalesisches Tanzsijiel.  Hab.  Leipzig. 
45  S. 


Zeitschriften : 

1.  Tijdschrift  voor  Neerlauds-Iudie.  Ba- 
tavia.  IV.  Ser.   201-2.  i891. 

2.  Bijdragen  tot  de  Taal-Land-en  Volken- 
künde  van  Xederlandscli-ludie  . . .  Tijd- 
schrift van  het  kgl.  Institut  voor  de  Taal- 
Land  en  Volkenkunde  van  Neerl.  Indie, 
5.  Volgreeks.   Bd.  6.   s'Gravenhage  1891. 


C.  Malayen. 

3 


Tijdschrift  voor  Indische  Taal-,  Land- 
en Volkenkunde,  uitgegeven  door  het 
Bata\aaasch  Genootschap  van  Künsten  en 
Wetenschappen;  .  .  .  Batavia.  Bd.  34. 
1891. 

De  Indische  (Tids.  Staat-en  letterkundige 
maaudschrift.    Amsterdam,  18911-2. 


1.    Äusseres  Leben. 


Baessler,     Ethnographische     Beiträge     zur 

Kenntnis   des  ostindischen  Archipels.     (Int. 

Ai-ch.  f.  EthnogT.  4  ^.) 
Strubell,  Reiseerinnenmgen  aus   dem  malai- 
schen Ai-chipel.  I.  In  West-.Java.  (Bericht  d. 

Senckenberg.  naturf.  Ges.    S.  3.) 
Nienieyer,    De    bevolking    der   voornaamste 

plaatsen  van  Java.    (Tijdschr.  v.  h.  Nederl. 

Aardrijksk  Gen.  II  ser.  8,  947.) 
Jacobs  en  Meijer,  De  Badoej's.    Uitgegeven 

door  het  koninklijk  Instituut  voor  de  Taal-, 

Land-    en  Volkenkunde    van  Nederlandsch- 

Indie.   's  Gravenhage,  Nijhoff.   4  Bl.,  175  S. 
Jacobs,  Die  Baduis.    (Int.  Arch.  f.  Ethnogr. 

IV,  3.)   [auf  Java.] 
Posewitz,  Die  Badiijs,  eine  Volksreliquie  in 

Java.    (Ausland  Nr.  20 ) 
Elout  van  Soeterwoude,  De  opiumoloek  op 

Java,  door  Ihr.  Mr.  W.  E.  v.  S.  bspr.  door  T. 

(Tijdschr.    v.    h.    Nederlandsch    Aardrijksk 

Genootschap.  II  ser,  8,  134.) 
Roth,   The  Natives  of  Borneo.    Edited  from 

the  Papers  of  the  late  Brooke  Low.  (Jörn-. 

Anthr.  Inst.  Great  Brit  &  Irel.  XXI  l) 
Crede,  Aus  holländisch  Borneo.     (Deutsche 

Kolonialzeit.  N.  F.   4,  135.) 


Pleyte  Wzn,  Zur  Kenntnis  der  religiösen 
Anschauungen  der  Bataks.  2.  (Globus  (JO, 
Nr.  20.) 

Baessler,  Zwei  Tage  in  Atjih.  [Sumatra.] 
(Mitteil.  Ges.  Erdk.  Berlin  18,  47  L) 

Sundermann,  Der  Kultus  der  Niasser.  (Globus 
59,  370.) 

Foreman,  The  Philippine  Islands.  A  histo- 
rical  .  .  .  ethnographical  .  .  .  sketch  of  the 
Philippine  archipelago  and  its  political 
dependencies.  London,  Sampson  Low.  495  S. 

Obispo  de  Oviego,  La  antigua  civilizaciun 
de  las  Islas  Filipinas.  (Espafni  imova.  Abil 
p.  86,  Maj'o  5,  .Junio  p.  5.) 

Bluuientritt ,  Fluss-  und  Völkerkarte  des 
mittleren  (Jebietes  der  Insel  Mindanao. 
(Peterm.  Mitteil.  37,  V.) 

Berghaus,  Ein  Ausflug  ins  Innere  von  Min- 
danao. Nach  dem  Bericht  des  spanischen 
Brigadegenerals  Julian  Gonzalez  Parrado. 
(Aus  allen  Weltteilen  22.  Jahrg.,  H.  12.) 

Bluiueutritt,  Die  Eingeborenen  der  Insel 
Palawan  und  der  Kalamianen.  (Globus  59, 
166,  181.)  [Es  finden  sich  1)  Negritos, 
2)  Negromalaien,  3)  Malaien.] 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


459 


ßlumeutritt,   Die   „Moros"    der  Philippinen. 

(Globus  60,  no.  24.) 
— ,  Die  Maguindanaos.     (Ausland  64,  no.  45.) 
V.  Hellwald,  Im  Lande  der  Laoten.    (Osten*. 

Monatsschr.  f.  d.  Orient  17  -^^  -i. 
Martin,   Exhibition   of   a  Fire  Syiinge  from 


Borneo.    (Journ.  anthr.  Inst.  Great  Brit  20, 
331.) 
Pleyte,  Indonesisches  Feuerzeug.     [Verschie- 
dene  Arten   Feuer   anzumachen.]     (Globus 
59,  52.) 


2.    Inneres  Leben. 


Wilken,  Over  liet  Huwelijks-  en  Erfrecht  bij 
den  Volken  van  Zuid-Sumatra.  's  Graven- 
hage,  Nijhoff.    87  S. 

Schultheiss,  Ehe-  und  Erbrecht  bei  den  Völ- 
kern von  Süd-Sumatra.    (Globus  60,  157  f.) 

Pleyte  Wzn,  Zur  Kenntnis  der  religiösen 
Anschauungen  der  Bataks.  I.  (Globus 
no.  19.) 

Middel,  Djoeroe  bahasa  melajoe  -  olanda. 
Woordenlijst  maleisch-hollandsch.  Batavia, 
Albrecht  &  Rusche.  382  S.,  1  Bl. 


Helfrich,  Lampongsche  raadsels,  spreek- 
■ffoorden  en  spreekwijzen,  medegedeeld  door 
0.  L.  H.  (Bijdragen  tot  de  taal-,  land-  en 
volkenkunde  van  Nederlandsch  Indie  5, 
6,4.) 

Kern,  Opmerkingen  over  't  Galelareesch  naar 
aanleiding  der  beknopte  spraakkunst  van 
M.  J.  V.  Baarda.    (ib.  V,  6  f) 

Brandstetter,  Charakterisierung  der  Epik 
der  Malaien.  Originaluntersuchung.  Luzern, 
Räber.   46  S.   4». 


D.    Gravida  und  Papua. 


Sastri,  Folklore  in  Southern  India.  no.  37. 
D'Penha,  Folklore  in  Salsette  X.   (The  Indian 

Autiquarj,  September.) 
Schmidt,  Ein  Ausflug  in  die  Anaimalai-Berge. 

[Südindien]  1.    (Globus  60,  no.  1.  2.) 
Desciiamps,   Les  Veddas  de  Ceylan  et  leurs 


rapports  avec  les  peuples  environnants,  les 
Rhodias  et  les  Singhaiais.  (L' Anthropologie 
11^.) 
8arasiii,  Mitteilung  über  eine  zweite  Reise 
zu  den  Veddas  von  Ceylon.  (Mitteil.  d.  Ges. 
f.  Erdk.  Berlin  18,  122.) 


II.   Afrika. 

A.    Allgemeines. 

1.    Äusseres  Leben. 


Sievers,  Afrika.  Eine  allgemeine  Länder- 
kunde Leipzig,  Bibliogr.  Inst.  VI,  468  S. 
—  Mk.  10,00.  [Darin:  Bevölkerung  S.  233 
bis  276.] 

Fanlitschke,  Übersicht  über  die  Völkerlage- 
rung auf  dem  Ostliorn  von  Afrika.  (Mitteil, 
d.  k.  k.  geogr.  Ges.  in  Wien.    no.  9,  10.) 

Martert,  Völkerverscliiebung  in  Westafrika. 
Deutsche  geogr.  Bull.  14,  200.) 

Sergi,  Crani  africani  e  crani  americani.  Con- 
siderazionj  generali  craniologiche  e  antro- 
pologiche.  (Arch.  p.  l'anthrop.  e  la  etnol. 
XXI 2,  215.) 

Verrier,  Pathologie  des  races  noires.  (Bull, 
soc.  afr.  de  France.    1.    fasc,  26 — 37.) 

Buchholz,  Charakterbilder  aus  Afrika.  2.  .\ufl. 
Leipzig,  Hinrichs.  IV,  122  S.    M.  1,20. 

Brincker ,  Südafrikanische  Etymologieen. 
(Globus  no.  3.) 


Audree,  Masken  in  Afrika.    (Globus  no.  14.) 
Seehaiisen,  Siedelungen  in  der  Saliara.  (Aus: 

Deutsche  geogr.  BU.    Bd.  XIII.)     Bremen, 

Schünemann.     1  Bl.,  44  S.,  1  Kart.    luaug.- 

Diss. 
Schiichard,    Die  Kola  -  Nuss    in   ilirer   koni- 

merciellen,  kulturgeschicJitlichen  und  medi- 

cinischen  Bedeutung  geschildert.    2.  verm. 

Aufl.    Rostock,  Koch. 
Cameron,    Le  commerce    en  Afrique.    (Bull. 

de  la  Soc.  de  geogr.  d'Anvcrs.  XV  ^.) 
Verkelirsuiittel  und  Verkehrswege  in  Afrika. 

(Deutsche  geogr.  BU.  14,  241.) 
Jaeger,  Die  Verwendbarkeit  des  afrikanischen 

El.'fanten.     Ein  Beitrag   zur  Kolouisatious- 

technik.     Magdel)urg,     Grudzinski.     62    S.. 

1  Bl. 
Keicliard,     Afrikanisclie     .lagd.     (Koloniales 

Jahrb.  46—65.) 


460 


Laue: 


2.    Inneres  Leben. 


Specht,    Afrikanische  Sitten  und  Gebräuche. 

Ein  volkstümlicher  Vortrag.  Leipzig,  Thiele. 

48  S. 
V.  Hellwald,  Gruss  in  Afrika.    (Magdeburger 

Ztg.) 
Salmann,  Afrikanisches  Liebesleben.  (Münch. 

Neueste    Nachr.)      [vgl.    Tägl.    Eundschau 

no.  119.] 
Burial  Customs  on  the  "West  Coast  of  Africa. 

(The  American  Anthropologist.  IV.   1.  Jan. 

1891.) 
Kindermord  in  Assinie.  (Westafrika)  (Globus 

59,  176.) 
Schneider,    Die   Eeligion   der   afrikanischen 

Naturvölker.     Münster  i.  W.,    Aschendorff. 

XI,  283  S.    (^  Darstellungen  aus  dem  Ge- 
biete  der  nichtchristlichen  Eeligionsgesch. 

V.  VI.) 
Vercoutre,   Sur  quelques  divinites  topiques 


Eev.  arch    III  ser.  vol.  XVII, 


africaines.) 

5.  156.) 

Südafrikanische    Flussgeister.     (Globus    59, 

239.) 
Basset,   Legendes  africaines  sur  rorigine  de 

l'homme  VII— VIII.     (Eev.   des  trad.  pop. 

6,  750.) 

Zeitschrift  für  afrilianische  Sprachen,  hrsg. 
V.  Büttner,  [im  Jahre  1891  nichts  er- 
schienen.] 

Schleicher,  Afrikanische  Petrefakten.  Ein 
Versuch,  die  grammatischen  Bildungen  und 
Formwurzeln  der  afrikanischen  Sprachen 
durch  Sprachvergleichung  festzustellen. 
Berlin,  Fröhlich,    gr.8».   V,  93  S.    M.  3,00. 

Seidel,  Die  Sprachverhältnisse  in  den  deutschen 
Schutzgebieten.  (Koloniales  Jalu-buch,  26 
bis  45.) 


B.    Mittelländische  Rasse. 
1.    Semiten. 


de  Fernex,  Tunesie.    (Bull,  de  la  Soc.  Neu- 

chateloise  de  geogr.  VI.) 
Carton,    Tunesie.    I^es   megalithes   de  Bulla 

Eegia.     Les   alignements    de   la  plaine   de 

la  Medjerdah    et  les  sepultures  du  Djebel 

Herreh.  (L' Anthropologie  II'.) 
Moakin,    An  Introduction   to   the  Arabic    of 

Marocco.  61  S.  London,  Paul. 


Rohlfs,Abessinien-Äthiopien.  (Deutsche Eund- 
schau f.  Geogr.  13,  13.) 

Bellucci,  Documents  per  la  Paletnologia  dell' 
Abissina  i  Martelli  o  mazzuoli  litici  con 
foro  rinvenuti  in  Italia.  (Arch.  per  l'antrop. 
e  la  etnol.  XX  ^) 

Giudi,  Proverbi,  strofe  e  favole  abissine.  (Gior- 
nale  della  soc.  asiat.  ital.  5,  27.) 


2.    Hamiten. 


Janko,  Die  Barabra  [in  Nubien].  (Deutsche 
Eundschau  f.  (ieogr.  13,  247.) 

de  Preville,  L'Egypte  ancienne.  V.  L'organi- 
satiou  du  metier  et  les  deux  regimes  ur- 
bains.  (La  science  sociale.  6  annee,  tome  IX 
p.  80.)  VI.  Les  races  etrangeres  dans  la 
vallee  du  Nil.  1.  Invasions  venues  des 
deserts  par  A.  de  Preville.    S.  252.) 

Brugsch,  Das  Museum  von  Gizeh.  (Deutsche 
Eundschau  69,  351.) 

Riegl,  Spätantike  Stickereien.  (Kunstgewerbe- 
blatt. N.  F.  2,  127.) 

Eyth,  Das  Wasser  im  alten  und  neuen 
Ägypten  (Nachrichten  aus  dem  Klub  der 
Landwirte  zu  Berlin  1891  no.  280,  S.  2174 
bis  2180,  2185-2190.) 

Am^linean,    La    morale    cgypticnne    quinze 


siecles    avant    notre    ere.     Etüde    sur    le 

papyrus  de  Boulay.    no.  4.    Paris,   Lcroux. 

1892.    2  Bl.,  LXXXVIII,  261  S.    (=  Biblio- 

theque  de  rEcoledesHautesEtudes.  Sciences 

relig.  vol.  4.) 
Amelinean,    Un  tombeau  egyptien.    (Eev.  de 

Thist.  des  religions.    12e  annee,  no.  2.) 
Wiedemann,  Observatiuns  sur  quelques  steles 

funcraires   egyptiennes.     (Le  Muscon  1891. 

no.  1.) 
Schiaparelli,    II  libro  dei  funerali  dcgli  an- 

tichi  Egizani.    Eoma. 
Certeux,   Les  Calendriers  a  emblemes  hiero- 

glyphiques.    Paris,  Lcroux.    33  S. 
Strauss    und     Toruey,     Der     altägyptische 

(lötterglaube.    Heidelberg,  Winter.    410  S. 

M.  22,00. 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


461 


Tielej  Geschiedenis  van  den  godsdienst  in 
de  oudhcid,  tot  op  Alexander  den  Grood. 
Nieuwe,  geheel  omgewerkte  en  venneerderde 
uitgave  van  „De  geschiedenis  van  den  gods- 
dienst tot  aan  de  heereschappij  der  weredd- 
god.>-diensten."  1,  deel.  1  helft.  Amsterdam, 
V.  Kampen.   VIIT,  201  S. 

Brngsch,  Religion  und  Mythologie  der  alten 
Ägypter,  nach  den  Denkmälern  bearbeitet. 
Leipzig,  Hinrichs.    872  S.    M.  16,50. 

Reiiouf,  The  Egyptian  ,Ape'  (Academy  no.  1010. 
1011.) 

Brugsch,  Die  Alraune  oder  altägyptische 
Zauberpflanze.  (Zeitschr.  f.  ägypt  Sprache 
u.  Altert.  XXIX  >.) 

Maspero,  Les  Forgerons  d'Horus.  (L'Anthro- 
pologie  1891,  II,  401.) 

Basset,  L'Apprenti  sorcier  et  le  char  de  Se- 
sostris.    (Rev.  des  trad.  pop.  B,  678.) 

Bragsch,  Die  demotischen  Formen  zur  Be- 
zeichnung der  alten  Gewichtseinheit.  (Ztschr. 
f.  ägypt.  Sprache  u.  Altert.  XXIX ^). 


Lieblein,  Hieroglyphisches  Namen -Wörter- 
buch. Genealogisch  und  alphabetisch  ge- 
ordnet. Nach  den  ägyptischen  Denkmälern 
lirsg.  3.  Lief.  Leipzig,  Hinrichs,  932  S. 
[auch  franz.  Titel.  Fortsetzung  zu  Namenw. 
1871.] 

Guieyesse,  Hymne  au  Nil,  d'apres  le  papyrus 
du  British  Museum.  Paris,  Bouillon.  4". 
26  S.  [vgl.  Recueil  de  Traveaux  relatifs  ä 
la  Philologie  et  a  FArcheologie  egypt.  et 
ass.  XIII '-2.] 

Sourbeck,  Egyptische  Strassenbilder.  Plau- 
dereien über  das  Land  des  Kurbatsch  und 
Bakschisch.  Berlin,  Schwabe.  XVII,  240  S. 
Mk.  3,50. 

de  Eoche  luonteir,  La  prononciation  moderne 
du  copte  dans  la  Haute-Egypte,  I.  Paris, 
Impr.  nat.    36  S. 

Desciibes,  Superstitions  et  coutumes  des  Ma- 
riniers.  III.  Les  Pilotes  egyptiens.  (Rev. 
des  trad.  pop.  6,  32.) 


Miessler,  Einiges  über  die  Somali.   (Deutsche 

Rundschau  f.  Geogr.  u.  Stat.  13,  487.) 
Pritzsche,  Dr.  Anton  Steckers  Reisen  in  den 


Somali  und  Galla. 

Gallaländern  1882.  Nach  seinen  Tagebuch- 
notizen zusammengestellt  von  G.  E,  F. 
(Peterm.  Mitteil.  223.) 


C.    Neger. 
1.    Allgemeines. 


Sievers,  Die  Neger.  (Aus  allen  Weltteilen, 
22.  Jahrg.,  H.  11.) 

Pigeonneaii ,  La  question  negre  aux  Etats- 
Unis.  (Annales  de  l'ecole  libre  des  sciences 
pol.  VI*.) 

Atkinsou,  Forty  Years  in  a  Moorland  Parish: 
Reminiscences  and  Researches  in  Danby-in- 
Cleveland.    [Nord-Amerika.]    London  1891. 

Verrier,  Pathologie  des  races  noires.  (Bull. 
soc.  afr.  de  France.  1.  fasc.  Paris  1891,  26 
bis  37.) 


Schurtz,  Die  geographische  Verbreitung  der 

Negertrachten.    (Int.  Arch.  f.  Ethnogr.  IV  ^.) 
Wasner,  Über  Siedelungen  der  Neger.  Inster- 

burg,  Wilhelmi.    55  S.,    1  Bl.    Königsberg. 

Ing.-Diss. 
Lortziug,   Höhlenbewohner   im    äquatorialen 

Afrika.   (Vom  Fels  zum  Meer  1891/92,  H.  4.) 
Carrington-Boltoii,  Decoration  of  (iraves  of 

Negroes  in  South-Carolina.  (Journ.  of  Am. 

Folk-Lore.  4,  no.  14.) 
Heurici,   Die    Sprachen   der   Neger.     (Tägl. 

Rundschau  b,  681  f.) 


2.    Öudaiineuer. 


Clozel,  Bibliographie  des  ouvrages  relatifs 
ä  la  Senegambie  et  au  Soudan  Occidental. 
(Rev.  de  geographie.    Juillet.) 

VirchoTF,  Zur  Anthropologie  der'  Westafri- 
kaner, besonders  der  Togostämme.  (Sep.- 
Adr.  a.  d.  Ztschr.  f.  Ethnologie  1891.) 

Rackow,  Zwei  Jahre  bei  dem  Ewevolke. 
(Deutsche  Kolonialzeit.   NF.  4,  128,  147.) 


(xiraud,  Le  pays  de  .Benin.  (Archives  de 
med.  nav.  55.  376—389,  401-423.) 

People,  of  the  Gold  Coast.  (Journ.  of  the 
Anthr.  Instit.  London  XX*.) 

Binger,  Du  Niger  an  golfe  de  (Juinee.  I  bis 
XVL  (Le  tour  de  moiide  1891'.  S.  1  bis 
128)  XVII— XXVIII.  (1891",  33,  43,  49, 
59,  65,  74,  81,  97,  113,  129,  142.) 


462 


Laue : 


Biug'er,  Du  Niger  au  golfe  de  Guinee,  Par  le 
pays  de  Kong  et  le  Mossi  1887-1889. 
Paris,  Hachette,  1892.   2  Bde.  (513,  416  S  ) 

Cliaudouin,  Trois  mois  de  captivite  au  Da- 
homey.  Paris,  Hachette.  XI,  409  S.  55 
gravures. 

C.  W.,  Gefangen  in  üahome.  (Tägl.  Kund- 
schau ^  953.) 

Foa,  Le  Dahomey.  (Eev.  scientif.  1891  \ 
365.) 

Staudinger  Bevölkerung  der  Haussa-Länder. 
(Zeitschi-,  f.  Ethnol.  XXIII  ^  S.  228.) 

— ,  Im  Herzen  der  Haussa-Länder.  2.  Aufl. 
X,  758  S.  Oldenburg,  Scbiüze  M.  10,—. 
'_'.  Aufl. 

Wingfate,  Mahdiism  and  the  Egyptia-n  Su- 
dan . . .  With  30  Maps  and  plans  London, 
Macmillan.    618  S. 


Landwirtschaftliches  aus  dem  Westen  des 
Togogebietes.     (Mitth.   d.  geogr.  Ges.  Jena 

9,  106.) 

Jagdgebräuche  in  Apatime  [Ephe-Neger]. 
(Mitth.  d.  geogr.  Ges.  Jena  9,  17.) 

Die  Regiernngsform  bei  den  Efikstämmen 
von  Old  Calabar    (ebenda  10,  32.) 

Falkenhorst,  Schwarze  Fürsten:  1.  Fürsten 
des  Sudan.   Leipzig,  Hirt.    312  S.    M.  7,—. 

Human  Sacriflces  in  Dahomey.  (The  Ameri- 
can Anthropologist  IV,  1.  Jan    1891.) 

II  malocchio  in  Senegambia.  (Arch.  trad.  pcj). 

10,  278.) 

Henrici,  Lehrbuch  der  Ephe-Sprache  (Ewe), 
Anlo-,  Anecho-  und  Dahome -Mundart  mit 
Glossar  und  einer  Karte.  (Lehrbücher  des 
Seminars  für  oriental.  Sprachen  zu  Berlin 
Bd.  6.)    Stuttgart  und  Berlin,  Spemann. 


3.    Abantu. 


Blink,  Het  Kongo-Land  en  zijne  bewoners  in 
betrekking  tot  de  Eui'opeesche  staatskunde 
en  dem  handel.  Met  een  kärt  van  den 
Kongo-staat  en  aangrenzende  landen.  Haar- 
lem,  H.  D.  Tjeenk  WilHnk.  XI,  195  S., 
1  Kart. 

Ward,  Fünf  Jahre  unter  den  Stämmen  des 
Kongostaates.  Dsch.  v.  H.  v.  Wobeser. 
Leipzig,  Amelang.    XIX,  211  S.    M.  7,50. 

v.  Wissmaun,  Meine  zweite  Durchquerung 
Äquatorial-Afrikas  vom  Kongo  zum  Zam- 
besi . .  Frankfurt  a.  0.,  Trowitzsch.  (VIII, 
261  S.  2  Portr.  30  Taf ,  4  Kart.) 

Parke,  My  personal  experiences  in  Equatorial 
Africa  as  Medical  Officer  of  the  Emin  Pasha 
Eelief- Expedition.  London,  Sampson  . . . 
XXVI  S.,  1  Bl.,  526  S.,  18  Taf.  1  Kart. 

Jamesou,  Forschungen  und  Ergebnisse  im 
„Dunkelsten  Afrika"*.  Gesch.  d.  Nachhut 
d.  Emin  Pascha  -  Entsatzexpedition.  Nach 
dessen  Tode  hrsg.  v.  Frau  J.  S.  Jameson. 
Autoris.  Übers,  v.  E.  Oppert.  Hamburg, 
Verlagsanst.  XXIII.  432  S.   Mk.  10,—. 

Barttelot,  Stanley's  Nachhut  in  Yambuya 
unter  Major  . . .  Barttelot .  . .  hsg.  v.  Wal- 
ter G.  Barttelot.  Hamburg  VII,  363  S. 
Mk.  9,00.  , 

Volz,  Emin  l^ascha's  Entsatz  und  Stanley's 
Zug  durch  das  „Dunkelste  Afrika".  Leip- 
zig, Brockhaus. 

Peters,  Die  deutsche  Emin  Pascha-Expedition. 
München,  Oldenbourg.  560  S.,  32  Vollbilder, 
1  Portr.,  1  Karte. 

Paiilitschke,  Die  Baschilange  nach  H.  v. 
Wissmann.    (Ausland  nr.  40.) 


Taylor,  African  Aphorismus,  or  Saws  from 
Swahili-land.  London,  Knowledge.  XII, 
18-2  S. 

Baumann,  Usambara  u.  seine  Nachbargebiete. 
Allg.  Darstellung  des  nordöstl.  Deutsch- 
Ostafrika  u.  seiner  Bewohner.  Mit  24  ethno- 
graphischen Abb.,  2  Textplänen,  8  Original- 
kartenbeilagen  u.  4  Notenseiten.  Berlin, 
Reimer. 

Beichard,  Die  Wahähä.  (Deutsche  Kolonial- 
zeitg.   NF.  4,  161.) 

Seidel,  Land  und  Leute  in  Uhähä.  (Globus 
60,  no.  20.) 

Pfeil,  Graf,  Über  IJhelie  (D.  Kolonialzeit. 
NF.  4.,  189.) 

Emin,  Zur  Ethnologie  der  Gebiete  um  den 
Albertsee    (Ausland  18.) 

Hartert,  Ein  Besuch  bei  den  M'pangwes  am 
Muni.    (Globus  14.) 

de  Montmort,  Le  Bechuanaland  et  le  pro- 
tectorat   anglais.    (Eev.  de  geogr.    Juillet.) 

Virchow,  Neue  Untersuchungen  ostafrika- 
nischer Schädel.  (Sitzungsber.  d.  Kgl.  Pr. 
Akad.  Berlin,  phys.-math.  Kl.  12.  Febr. 
1891.) 

Die  Kriegsführung  in  Uganda.  (Mitth.  d. 
geogr.  Ges.  9,  HO.) 

JVIackay,  Pionier-Missionar  in  Uganda.  Von 
seiner  Schwester.  Übersetzt  v.  Nebinger. 
Leipzig,  Hinrichs.  XXXI,  421.—,  Mk.  5,—. 

Cerenionial  Caunibalism  in  East  Africa. 
(The  American  Antliropologist.  Bd.  4.  Juli 
1891.) 

Kropf,  Die  Lebensweise  der  Xosa-Kaffern  I. 
II.   (Mitt.  d.  Geogr.  Ges.  Jena  10,  14.) 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


46J 


Flower,  Exhibition  of  aFetish,   or  Ula,  froiti 

Lake   Nyassa.     (Journ.    anthr.   Inst.   Great 

Britain  20,  225.) 
Warner,  Fctish,  or  Ula  . . .  (ib.  20  \) 
K,ul)l)ens,    Evolution    religieiise    au    Congo. 

Paris,  societe  d' Anthropologie.    15  S. 
Torrend,   A  Comparative    Grammar   of  the 

South  African  Bantu  Languages.    8".   25  s. 
V.  Saint  Paul  Illaire,    Suaheli.   [Bd.  2   der 

Lehrbücher  d.  orient.  Seminars  zur  Berlin.] 

Stuttgart,  Spemann. 


Büttuer,  Wörterbuch  der  Suahelisprache. 
[Bd.  3  derselben  Sammlung.] 

Kaddatz,  Die  Suaheli-Sprache...  mit  einem 
Anhange :  Sudan-Arabisch  u.  einer  Ein- 
führung in  die  Bantusprachen.  Leipzig, 
Koch,  1892.   VI,  176  S.  -  Mk.  3,—. 

V.  NettelbLadt,  Suaheli-Dragoman.  Leipzig, 
Brockhaus.   XII,  256  S. 

Sacieux,  Dictionnaire  fran(jais-swahili.  XIX, 
989  p.,  plus  un  appendice  de  XXXVI  p. 
Zanzibar,  impr.  et  lib.  de  la  Mission  catho- 
lique.   (Paris,  Lhomond.) 


4.    Zwergvölker. 


Monceanx,  La  lögende  des  Pygmees  et  les 
nains  de  l'Afrique  equatoriale.  (Rev.  bist. 
Sept.-Oct.) 

Haliburton,  The  Dwarfs  of  Mount  Atlas. 
With    Notes    as    to    Dwarfs    and    Dwarfs 


Worship.   London,  Nutt.  41  S.    [Zwerge  in 
Marokko.] 
Crainpels    Besuch  -beim   Zwergstamme    der 
Bayagas   (westl.  Äquatorialafrika.)    (Globus 
59,  237.) 


D.  Hottentotten,  Buschmänner,  Inselvölker. 


Lndloff,  Ein  Besuch  auf  Hornkranz.  (Deutsche 

Kolonialzeit.  NF.  4,  78), 
Bevölkeruug      von     Transvaal.      (Deutsche 

Rundsch.  f.  Geogr.  13,  276.) 
Stiihlmaim,    Notizen    über    die    Wahadimu, 

Ureinwohner  der  Insel  Sansibar.    (Ausland 

18.) 


d'Authouard,  Madagascar:  le  pays,  ses  habi- 

tants  et  ses  produits.   (Rev.  scientif.  29  aoüt 

1891.) 
Ferrand,  Le  rausulmans  ä  Madagascar  et  aux 

lies   Comores.    I  partie:    Les  Antaimorona. 

Paris,  Leroux.    V,  165  S. 


III.   Amerika. 


Zeitschrift:  The  Journal  of  American  Folk- 
lore.   Boston  IV.  n.  22  ff.  Jan.  1891  ff. 


Record    of  American   Folk-Lorc.    (Journ.  of 
Am.  Folklore  IV.  n.  13.) 


A.   Vorcolumbianisohe  Völker. 
1.    Mound-Builders. 


Thomas,  The  Story  of  a  Mound;  or  the 
Shawnees  en  Pre-Columbian  Times.  (The 
Am.  Anthropol.  Washington ,  vol.  IV. 
Juli  1891.) 

— ,  Catalogue  of  prehistoric  works  East  of 
the  Rocky  Mountains,  Washington,  Gov. 
Print.  Off.  1  Bl.,  246  S  ,  17  Kart.  (=  Smith- 
sonian  Institution  Bureau  of  Ethnology.) 

American  Mounds.  (Nature  January  Ist  1891) 
[Webster,  Ancient  mound  at  Floyd,  Iowa.] 

Peet,  Mysterious  Races.  (The  Am.  Antiqu. 
13,  255.) 

— ,  Defensive  works  of  the  mound-builders. 
(ib.  13,  189.) 

— ,  The  Great  Cahokia  Mound.   (ib.  13,  3.) 

Zeitschrift  d.  Vereins  f.  Volkskunde.     1892. 


Exploration  of  the  Hopewell  mounds.  (ib. 
13,  359.) 

Lewis,  Effigy  mounds  at  Buffalo  lake,  Wis- 
consin,   (ib.  13,  115.) 

Peet,  Mound-Builders :  Altar  Mounds  and  Ash 
Pits.    (ib.  13,  43.  85.) 

Kountz,  Mound-Builders'  pipe  and  chunkey 
stone.    (ib.  13,  350.) 

Peet ,  Firc  cult  amoug  the  mound  builders. 
(ib.  13,  315.) 

Harper,  Fire  beds  and  mounds  on  the  AUe- 
gheny.  (ib.  13.  346.) 

The  touch  of  civilization  among  the  Mound- 
builders.    (ib.  13,  174.) 


31 


464 


Laue; 


ShreA'e,  Higher  civilization  of  southern  mounrl   i   Peet,  Religion  of  the  Moimd-builflers.  (ib.  13, 


bnilders.   (ib.  13,  151.) 
Deans,   Burial    mounds    of  Vancouer  island. 

(ib.  13,  171.) 
Pickett,  Burial  mounds  in  Wisconsin  (ib.  237.) 


807.) 
Water   cult  and  the  deluge  myth.    [Mound- 
bnilders.]    (ib.  13,  352.) 


2.    Alte  Kulturvölker. 


Melida,  Los  antiquos  monunientos  americanos 
y  las  artes  del  extremo  Oriente.  (Espana 
nuova.    Julio,  päg.  22;  Septienibre  pag.  5.) 

Hein ,  Mäander ,  Hakenkreuze  und  urmoti- 
vische Wirbelornamente  in  Amerika.  Ein 
Beitrag  zur  allg.  Ornamentgesch.  Mit  30 
Original-Illustrationen.  Wien,  Holder.  8  BL, 
48  S.    Mk.  0,80. 

Scbellhas,  Das  Kreuz  im  vorchristlichen 
Amerika.  (Voss.  Ztg.,  Sonntagsbeil.  29.  März 
1891.) 

Castoimet  des  Fosses,  Les  origincs  et  la  re- 
ligion  du  peuplc  Mexicain.  (Rev.  des  Re- 
lions  I.) 

Chambou,  Les  antiquites  mexicaines.  (Rev, 
de  geogr.  29,  457.) 

Grosse,  Gegenstände  aus  Palenque.  [Dorf 
bei  Mexico.]    (Int.  Arch.  f.  Ethnogr.  IV.  *) 

Strebel,   Altmexikanische    Wurfbretter,     (ib. 

IV  ^) 

Seier,  Zur-  mexikanischen  Chronologie,  mit 
bes.  Berücksichtigung  des  zapotekischen 
Kalenders.    (Zeitschr.  f.  Ethnol.  XXIII 3.) 

— ,  Religion  und  Cultiu-  der  alten  Mexikaner. 
(Ausland  64,  nr.  39—44.) 

Middendorf,  Die  Aimarä-Sprache.  Mit  einer 
Einl.  über  die  frühere  Verbreitung  der 
diese  Sprache  redenden  Rasse  u.  ihr  Ver- 
hältnis zu  den  Inkas.  Leipzig,  Brockhaus. 
(A.  T.:  Die  einheimischen  Sprachen  Perus. 
Bd.  V.)   VIII,  30B  S.    Mk.  20,—. 

V.  Tschndi,  Kulturhistorische  und  sprachliche 
Beiträge  zur  Kenntnis  des  alten  Peru. 
(Denksclu-.  d.  Ksr.  Ak.  d.  Wiss.  in  Wien 
Bd.  39.)   Wien,  Tempsky.   4°. 

Giglioli,  Zwei  altperuanische  Schädelmasken. 
(Int.  Arch.  f.  Ethnogr.   IV  -.) 

Cunow,    Das    peruanische    Venv-andtschafts- 


system  und  die  Geschlechtsverbände  der 
Inka.   (Auland  64,  no.  45  f.) 

Brintou,  Chrestomathie  maya,  d'apres  la 
chroniqne  de  Chac-Xulub-Chen.  Extrait  de 
la  „Library  of  aboriginal  american  littera- 
ture."  Texte  avec  traduction  interlineaire, 
analyse  grammaticale  et  vocabulaire  maya- 
fran(;ais,  p.  p.  H.  de  Charency.  Paris, 
Klincksieck.  VIII,  307  S.  [Mayas  der  Halb- 
insel Yucatan.] 

Förstenianu,  Die  Mayahandschrift  der  Königl. 
öffentl.  Bibl.  zu  Dresden.  2te  verm.  Ausg. 
Imp.  40.  _  M.  200,—. 

Barbüsa  Rodrigues,  La  Muyrakytä.  Etüde 
sur  rorigine  asiatique  de  la  civilisation  de 
l'Amazonas  (Bresil)  dans  les  temps  pre- 
historiques.    (Rev.  de  geogr.  29,  321.) 

Marcano,  Ethnographie  precolombieunc  du 
Venezuela.  Indiens  Piraoas,  Guahibos, 
Goajires,  Cuicas  et  Timotes.  l'aris,  Heri- 
nuyer.   32  S. 

Precolombian  Metallurgy  in  Venezuela. 
(Joura.  antlir.  Inst,  of  Great  Britain  20, 
220.) 

Le  Salvador  Precolombieu.  Etudes  Archeo- 
logiques  par  F.  de  Montessus  deBalloro. 
Preface  de  .  . .  de  N  adaillac.  Dessins  origi- 
naux  reproduits  par  A.  Barbes  et  H.  M. 
Boisgontier.  Paris,  Dufosse.  qu.  2".  4  BL, 
25  Taf. 

V.  Jhering,  Versuche  einer  Geschichte  der 
Ureinwohner  von  Rio  Grande  do  Sul.  (Glo- 
bus nr.  13.) 

Die  Altertümer  Cliiriquis.  [Provinz  von 
Columbia  an  Costarica  grenzend.]  (Globus 
50,  219.)  [nach  Holmes,  Sixt  Annual  Re- 
port of  the  Bureau  of  Ethnology  13  bis 
187.] 


B.    Indianer. 
1.    Äusseres  Leben. 


Bellet,   Les   Indiens    des   Etats-Unis.    (Rev. 

scientif.  12  sept.  1891.) 
Die   Zahl    der   Indianer   in    den   vereinigten 

Staaten.    (Globus  59,  175.) 
Brintou,    The    american   race.    A   linguistic 


Classification  and  ethnographic  description 
of  the  native  tribes    of  North    and   South 
America.   New  York.   392  S.    Mk.  12,50. 
de    Ceuleneer,    Type    d'Indien    du   nouvcau 
monde  represente  sur  uu  brouze  antique  du 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


465 


Louvre.  Xouvelle  contributiou  ä  Pinterpre- 
tation  d'uii  fragment  de  Cornelius  Nepos. 
(Memoires  couroiines  par  FAcad.  de  Bel- 
gique.) 

Greger,  Die  ludiaiierkriege  und  die  india- 
nische Bevölkerung  Nordamerikas.  (Deutsche 
Eundschau  f.  Geogr.  13,  356.) 

Indian  Xumerals.  The  Canadien  Indian. 
Owan  Sound,  Ontario.    Bd.  1.  n.  9. 

Smitb,  Indian  Invasion  of  the  Saginaw  valley. 
(The  American  antiquariau  13,  339.) 

Die  BeTÖlkeriing  Califoruiens.  (Deutsche 
Rundschau  f.  Geogr.  13,  514.) 

Oatschet,  The  Karankava  Indians,  the  coast 
people  of  Texas.  With  a  vocabulary.  Cam- 
bridge, Mass.  (Archaeol.  and  ethnol.  pa- 
pers  of  the  Peabody  Museum  I,  2.) 

Boas,  The  physical  characteristics  of  the  In- 
dians of  the  North  Pacific  Coast.  (The 
American  Anthropologist  4,  1.) 

Cotteau,  Le  Transcauadien  et  TAlaska.  (Le 
Tour  du  Monde  1891  l) 

Laidlaw,  Canadian  relics.  The  American  an- 
tiquary  13,  113.) 

(xuernsey,  Alaskau  natives  of  Ft.  Wrangel. 
(The  Am.  Antiqu.  13,  79.) 

Lewis,  Lewis  and  Clarke  and  the  antiquities 

•  of  the  Upper  Missisippi  (The  Am.  antiqu. 
13,  288.) 

Hoffmann,  Ein  Besuch  bei  den  Ojibra  im 
nördl.  Minnesota.     (Globus  60,  Nr,  23.) 

Owens,  FoIk-LorefromBuffalo-Yalley,  Central- 
Pennsylvania.  (Journ.  of  Am.  Folk-Lore  IV. 
Nr.  13.) 

Clarke,  Delawares  and  Dakotas.  (The  Am. 
antiqu.     13,  234.) 

Williamson,  Dakotas  and  thcir  traditions. 
(The  Am.  ant.  13,  52.) 

Haibert,  Last  of  the  Apalachees.  (ib.  13,  171.) 

Mooney,  Die  Kosmogenie  der  Cherokee. 
[Indianer  in  Carolina]  (Am  Urquell  11^). 

Ratschet,  Oregonian  Folk-Lore.  (.Tourn.  of 
Am.  Folklore.     IV.  Nr.  13.) 

Wake,  The  Chichimecas.  (The  Am,  Antiqu. 
13,  229.) 

Matliews,  Tänze  der  Navajo-Indianer.  (Dtsch, 


Rundsch.  f.  Geogr,  u.  Stat,  13,  20)  [=  Aus- 
zug aus  Matthews,  The   Mountain  Chant. 

(Fifth    Annual    Report    of   the   Bureau    of 

Ethnology  1887.)] 
Flower,   Exhibition   of  Two    Skulls   from   a 

Cave    in    Jamaica.      (Joxu-n.     anthi-.    Inst. 

Great  Britain  20,  110.) 
Farbenblindheit  bei  den  Indianern.  (Globus, 

60,  304.) 
Deans,  Carved  columns  or  totem  Posts  of  the 

Haidas.     (The  Am.  antiqu.  13,  282.) 
— ,  The  Moon  symbol  on  the  totem  Posts  of 

the  Haidas.     (ib.  282.) 
Reclus,     Nouvelle     geographie    universelle. 

XVII.   Indes  occidentales.  Mexique,  isthmes 

Americains,     Antilles.      Paris,     Hachette. 

1  BL,  932  S. 
ELrenreich,    Die   Eintheiluug   und   Verbrei- 
timg der  Völkerstämme  Brasiliens  nach  dem 

gegenwärtigen  Stande    unserer  Kenntnisse. 

(Petenn.  Mitth.  37,  V,  81,  114.) 
— ,  Beiträge  z.  Völkerkunde  Brasiliens.   Berlin, 

Spemami.  (2  Bl.,  80  S.,  16  Taf.)  4«.  (=  Ver- 
öffentlichungen   aus    dem  kgi.  Museum  für 

Völkerkunde,  Bd.  IL,  H.  1.  2.) 
Wohltiuann,    Die    Sambaquis    in    Brasilien. 

(Corr.-Bl,  d.  Ges.  f.  Anth.,   Ethn.   vmd  Ur- 

gesch.    22*.) 
Lange,  Aus  dem  Staate  Sfio  Paulo,  Brasilien. 

(Peterm.  Mitth.  189PI) 
Ehrenreicli,  Land  und  Leute  im  Sertäo  von 

Matto  Grosso  u.  Goyaz.    (Mitth.  Ges.  Erdk. 

Berlin.     18,  217.) 
Colini,   Eine  halbmondförmige  brasilianische 

Streitaxt  im  Museum  zu  Rom.    (Int.  Arch. 

f.  Ethuogr.  4,  5.) 
Ehrenreich,  Kricgskeule  eines  Caraya-Häupt- 

lings,   Brasilien.    (Zeitschrift   iür   Ethnogr. 

XXIIP,  219.) 
Sapper,  Ein  Besuch  bei  den  östlichen  Lacau- 

donen.     [Süd- America,  Guatemala.] 
Texier,  Au  pays  des  generaux  (Haiti).  Corbeil, 

Crete.     311  p.  Fr.  3,50. 
Lacaze,  Lepre  et  Piau  aux  Antilles,  leproserie 

de  la  Desirade.  (Archives  de  medec.  navale 

55,  85-70.) 


2.    Inneres   Leben. 


Sapper,  Die  soziale  Stellung  der  Indianer  in 

Guatemala.     (Peterm.  Mitth.  1891,  44.) 
Owen  Dorsey,  The  Sozial  Organization  of  the 

Siouan   Tribes.     (Journ.   of  Amer.  Folklore 

4,  14.) 
Grinnell,  Manage  among  the  Pawnees,   (The 

Am.  Authropol   IV.  Juli  1891) 


(Rev. 


Certeiix,   Ritcs   et  usages  funeraircs 

des  trad,  pop,  6,  48.) 
Mooreliead,  Indian  niessiah  and  ghost  dance. 

(Tlie  Am.  ant.  13,  161.) 
Newell,  The  Indian  Messiah.    (The  Journ.  of 

Am.  Folklore  IV,  Nr.  13.) 


3r 


466 


Laue: 


üeaus,    The    stoiy    of   Skaga    Belus.      (The 

Amer.  antiqu.  13,  81)    [amongst  the  Haida 

tribes  of  Queen  Charlotte's  Islands,  British 

Cohimbia.] 
— ,  Der  „grosse  Geist"  der  Indianer.   (Grlo- 

bus,  59,  174.) 
Aynesley,  Firc    symbols.     (The   Am.    antiqu. 

13,  118.) 
Baquet,   Les  Indiens  Parecis.    Traditions  et 

mythologie    des   Indiens  du  Bresil.     (Bull. 

de  la  See.  de  Geogr.  d'Am.  15,  187.) 
Gatschet,   Die   Windhose.    Ein   Mythus    der 

Medoc-Indianer.     (Am  Urquell  II,  1.) 
Rand,    Giant   Story  of  the  Miemas  [am  St - 

Lorenz     Meerbusen.]       (The     Am.     antiqu. 

13,  41.) 
— ,  The  Moose  Wood  Man.     (ib.  13,  168.) 
Deans,    Weird  mouniing  song  of  the  Haidas. 

(The  Am.  antiqu.  13,  52.) 
Adam,  La  langue  mosquito.    (Eev.  crit.  XXV. 

Nr.  52.) 
Platzmann,    de   Sancto  Thomas,    arte  de 

la  lengua  Quichua.   Lpzg.,  Teubner.  210  S. 

10  Mk. 


Ernst,  Über  einige  weniger  bekannte  Sprachen 
aus  der  Gegend  des  Meta  und  oberen 
Orinoco.     (Zeitschr.  f.  Ethol.  XXIII.) 

Fortler,  The  Acadians  of  Louisiana  and  their 
dialect.  (S.-A:  Modern  Language  association 
of  America.    V,  1.)     33  S. 

Das  Winnebago-Alphabet.  (Globus  59,  259.) 
[in  Nebraska.] 

Der  Name  Analiuac.    ((Jlobus,   59,  16.) 

Die  Bedeutung  des  Wortes  Tabak  (ib.  59,  78.) 

Das  Wort  Irokese     (ib.  59,  112.) 

On  some  Indian  Folklore  —  Algonquin 
Stories.  (Providence.  New  Brunswick, 
13.  Apr.  1891.) 

A  Few  Summer  Ceremonials  at  Zuni  Pueblo. 
—  Zuni  melodies.  —  Reconnoissance  of 
Ruins  in  or  near  the  Zuni  Reservation. 
(Journ.  of.  Am.  Ethnol.  and  Arch.  Boston, 
Bd.  I) 

Gatschet,  Oregonische  Märchen.  (Globus, 
Nr.  4.) 

Walter,  A  Suggestion  as  the  Meaning  of  the 
Moki  Snake  Dance.  (Journ.  of  Am.  Folk- 
lore, Boston.    IV.  Nr.  13.) 


C.    Moderne  Amerikaner. 


Turquan,   La  population  des  Etats-Unis  sui- 

vant    la    longitude    et    la   latitude.     (Rev. 

scientif.,  14.  Nov.  1891.) 
Les  changements  daus  la  distribntion  de  la 

population     des    Etats-Unis.      (Economiste 

frauQ.     1891,  12.) 
de    Santa-Anna   N^ry,    L'immigration    euro- 

peenne     au     Bresil.       (Economiste     franQ. 

1891,  12.) 
Beaumanoir,  De  la  Verruga.  [Fieber  in  Peru.] 

(Archives  de  medecine  navale  55,  1 — 35.) 
Marryat,  The  Settiers  in  Canada.    New.  ed. 

Wasne.    370  S.    2  s.  6d. 
Raffalovicli,  La  condition  de  l'agricultiu'e  aux 

Etats-Unis.     (L'econ.  frauQ.  1891,  709.) 
Hopp,  Amerikanische  Urwälder  und  ihre  Ver- 
wüstung.    (Tägl.  Rundsch.  B.    686,  694.) 
Mc-Nab  Currier,  Contributions  to  New  Eng- 
land Folk-Lore.     (.Journ.    of  Am.    Folklore 

4,  14.) 
Hesse-Warteg'g,  Tausend  und  eine  Nacht  im 

Occident.     2  Bde.     Lpzg,  Reissner. 
Buchholz,      Charakterbilder     aus     Amerika. 

2.  Aull.    Leipz.,  Hinrichs.   96  S.    M.  1,20. 
Stutzer,   Das   Itajahy-Thal  und  das  Muni- 

cipium  Blumenau  in  Süd-Brasilien.    Goslar, 

Koch.     144  S.  -  M.  1,50. 


Hettncr,  Die  Städte  des  südlichsten  Brasiliens. 

(Unsere  Zoit  1891,  10.) 
Olinda,    Das    südamerikanische    New -York. 

(Aus  allen  Weltteilen  22,  H.  12.) 
Julin,   Street   Games    of  Boys  in  Brooklyn. 

(Journ.  of  Am.  Folkl.  4,  Nr.  14.) 
Games   and    Amüsements    of   Ute    Children. 

(ib.  4  Nr.  14.) 
La   legge    di    Lynch  negli  Stati  Uniti.     (La 

Civilitä  cattolica,  anno  42,  serie  14,  S.  266.) 
Kreuth,    Paraguay    „Das  Land  der  Frauen". 

(Mitteil.    d.  k.  k.  geogr.   Ges.  Wien  nr.  9, 

10.) 
Ochsenius,  Totenwache  im  spanischen  Amerika. 

(Ausland  34) 
Curry,  A.  Mormon''s  opinion  of  serpeut  effigies. 

(The  American  antiqu.    13,  171.) 
Maitland,    The   Am.    Slang  Dictionary.   Em- 

bodying    all    American    and  English    slang 

phrases  .  .  .  with  their  derivation  and  phi- 

lology.  Chicago,  Kittredge.  308  S.  4°. 
Der  Tschiuuk  Jargon.  (Globus  59,  47.) 
Hayward,  Populär  Names  of  American  Plauts. 

(Journ.  of  Am.  Folk-Lore  IV,  no.  13.) 
Polizzi,    Canti    popolari    americani.     Prima 

traduzionc  italiana.     Catania,  Pansini.  16°. 

109  S.    L.  1,50. 


Litteratur  des  Jahres  1891. 


467 


IV.    Australien. 
A.   Austraischwarze. 

MetcLiiikoff,    Die  Australier.     (Bull,    de    la  i  Lumholtz,    Unter    Menschenfressern.     Eine 

vierjährige  Reise  in  Australien.  Autoris. 
dsche.  Übers.  Hambm-g,  Verlagsanstalt.  1892. 
XVI,  455  S.  Mk.  15—.  [betrifft  Nord- 
queensland.] 
Andree,  Die  Australneger  Queenslands.  (Glo- 
bus nr.  21.) 
Howitt  über  die  Gruppenehe  der  Australier. 
(Globus  nr.  22.) 


Soc.  Neuchateloise  de  Geogr.  VI.) 
Jackson,    Australian    Aborigines.     (Notes  & 

Queries  12,  364.) 
Die  Eing-eborneu  in  Südaustralien  und  Neu- 

Süd-AVales,    (Deutsche  Rundschau  f.  Geogr. 

13,  182.) 
Howitt,  Tlie  Dieri  and  other  kinch-ed  Tribcs 

of  Central  Australia.    (Journ.  anthrop.  Inst. 

Great  Britain  20,  30.) 


B.    Papuas  (und  Melanesier). 


Schellong,  Beiträge  zur  Anthropologie  der 
Papua.    (Zeitschr.  f.  Eth.  4.) 

Forbes,  The  Pa])uan  and  his  masters.  (The 
Fortniglitly  Review  50,  431.) 

Finsch,  Ethnographische  Erfahrungen  ii.  Be- 
legstücke aus  d.  Südsee.  2.  Abth. :  Neu- 
Guinea.  (Ann.  des  k.  k.  naturhist.  Hofmus.) 
S.-A.  Wien,  Holder.  130  S. 

Zöller,  Deutsch  Neuguinea  und  meine  Er- 
steigung des  Finisterre  -  Gebirges.  Eine 
Schilderung  des  ersten  erfolgreichen  Vor- 
dringens . . .,  der  Sitten  der  Eingebornen  . . . 
nebst  einem  Wortverzeichnis  von  46  Papua- 
sprachen.   Stuttgart,  Union.  XXXII. ,  546  S. 

Pitcairne,  Two  j'ears  among  Savages  of  New- 
Guinea.    London.     286  S. 

V.  Hasselt,  Die  Papuastämrae  an  der  Geel- 
vinkbai  III.  (Mitteil.  d.  geogr.  Ges.  Jena 
10,  1.)     [I.  II:  ebenda  9,  1,  99.] 

Haddou,  Die  Tugeri- Kopfjäger  von  Neu- 
Guinea.  [an  der  Torresstrasse]  (Int.-Ai-ch. 
f.  Ethuogr.  IV*.) 

Cliurchill,  Tlie  Duk-duk  Ceremonies.  (Popu- 
lär Science  monthly  XXXVIII.) 

Meyer,  Die  Erforschung  der  Sprache  Neu- 
guineas.   (Peterm.  Mitteil.  1891,  48.) 

V.  (1.  Schulenburg',  Grammatik,  Vocabulariuni 
u.  Sprach])roben  der  Sprache  von  Murray 
Island,     [in    der    Torresstrasse.]     Leipzig, 


Friedrich.  VIII,  134  S.  Mk.  4,—.  Beriiner 
Ing.-Diss.  [erklärt  sie  für  malaio-polyne- 
sisch.] 

Ray,  Note  on  the  People  and  Languages  of 
New  Ii-eland  and  Admiralty  Islands.  (From 
lettres  of  thc  Rev.  R.  H.  Rickard.)  (Journ. 
of  the  Anthr.  Inst,  of  Great  Britain  and 
Ireland.    August  1891,  S.  3.) 

Sodrington,  The  Melanesians.  Studies  in  their 
anthropology  and  folk-lorc.  Oxford,  Claren- 
don press.  XV,  419  S.,  1  Taf.,  1  Kart. 

Die  „Tindalos"  der  Florida-Insulaner  in 
Melanesien.  (Mitteil .  d.  geogr.  Ges.  10,  34.) 
[Geister  der  Vorfahren.] 

Zöller,  Die  deutschen  Saloino-Iuseln  Buka  und 
Bougainville.    (Peterm.  Mitteil.    1891»). 

Pfeil,  Graf,  Ein  Ausflug  nach  den  Salomo- 
Inseln.    (Peterm.  Mitteil.  283.) 

Totemismus  [Kastensystem]  auf  den  Salo- 
monen.   (Globus  60,  160.) 

Andree,  Holzfiguren  von  den  Salomonen. 
(Globus  59,  6.) 

Paton,  Missionary  to  the  New  Hebrides. 
London,  Hodder  and  Stoughton.  XV,  575  S., 
1  Portr  :  XVI,  382  S.,  1  Titelb.  2  Bde. 

Legraud,  La  lepre  en  Nouvelle  Caledonie. 
(Archives  med.  nav.  55,  81  u.  Rev.  scient. 
1891  \  435.) 


C.    Malayen  (und  Maoris). 


Jacobsen,  Nordwcstamerikanisch-])olynesische 

Analogien.    (Globus  59,  ".) 
Grreflfratli,    Neu-Seeland.     (Deutsche    Rund- 
schau f.  Geogr.  u.  Stat.  13,  76.) 
Neuseeländiscbe  Sagen.    (Ausland  64.  i«'  i^) 
Maori  undMoa  als  Zeitgenossen.  (Globus  59, 64.) 
Kubary,  Ethnographische  Beiträge  zur  Kennt- 
nis   des  Karolinen-Archipels.    (Tijdschr.  v. 
h.  Nicderl.  Aardrijksk  Gen.   User.  8,533.) 


Stolpe,  Utvecklingsföreteelscr  i  Naturfolkens 

Ornamentik.  Etnografisk  undersökning.  (S.-A. 

aus  Ztschr.  Ymer)  57  S.     [Ornamentik  der 

Südseeinseln.] 
Baqnet,   Les  iles  Samoa.    (Bull,  de  la  Soc. 

royale  de  geogr.  d'Anvers  XV  ^.) 
Der  Kannibalismus    auf   den  Fidschi-Inseln. 

(Ausland  64.  i«,  i7) 


Register. 


Aandr  303. 

Aberglaube,  chinesischer  258.  374. 

afliae  43.  45. 

Ägina  124.  132.  392.  395. 

albiahenae  37. 

Alexander  v.  Metz  206. 

Alexandersage  299. 

Altarkerzen  erloschen  208. 

Altgeselle  275.  385.  387. 

ambiamarae  37. 

Atnira,  K.  v.  213. 

Amleth  119. 

Ammann,  J.  J.  212. 

Amor  und  Psyche  254. 

Amorgos  406. 

ananeptae  37. 

Arendt,  C.  97. 

Arostoges  326. 

arsacae  37. 

arvagastae  43. 

Aschenputtel  373. 

asenaminehae  36. 

aserecinehae  37. 

Asmundarsaga  367. 

Athanasiustag  403. 

Äther  248. 

attefrafinehae  37. 

Attika  133. 

aufaniae  40. 

Auflage  277.  385. 

Augensteine  299. 

Augsburg  324. 

Baldrs  Tod  293. 
Bartels,  C.  87.  215. 
Bataver  33. 
Batzen  274. 

Bauernhaus,  sächsisches  134. 
Bäume,  gepflanzt  300. 
Begräbnisplatz  154.  164. 
Bonfey,  Th.  118. 


Bergstock  304. 

Besessene  298. 

Bibliographie  98.  216.  331.  450. 

Bieneusegen  86. 

Bikke  371. 

Bischof  von  Kirkjebö  158. 

Bleigiessen  401. 

Blitz  191.    als  Faden  197.    im  Spoerwurf  77. 

als  Eute  72. 
Blutbrüderschaft  145. 
Blutgeruch  375. 
BombüU  414. 
Brandansage  296. 
Brenner,  0.  210. 

Breterverkleidung  am  Giebel  139. 
Brotbeile  55. 
Brückner,  A.  96.  215. 
Brudermord  22. 
Bruderschaftsregeln  385. 
Bubensonne  193. 

Bücherdiebe,  Sprüche  dagegen  85. 
Buhlerin,  verstellte  300. 
Buthle  371. 
Bylinen  215. 

Cakukilla  200. 

Celtic  fairy  tales  95. 

Chanina  Rabbi  295. 

Chao  Wuhsü  377. 

Chikago  329.  448. 

Chinesischer  Aberglaube  258.  374. 

„  Dämonenglaube  97. 

Chios  404. 
Chipu  377. 

Christi  Empfängnis  294.    —  Tod  293. 
Christianisierung  25. 
Chuang  265. 
Ohuko  Chüe  374. 
Clerant  324. 
corse  delle  donne  56. 
Cugemi  33. 


Register. 


469 


Cukakilla  200. 
cursus  merelricum  57. 
Cutubilla  199. 

J>achkappe  137.  141. 

Dative  in  -ms  44. 

Deutschbölimeu  315. 

Poppelgäuger  156. 

Drak  78. 

Dreieck  am  First  136. 

Drei  Jungfrauen  323. 

Dreikönigsumzug  284.   —  zettel  175. 

(beizehn  186.    dreizehnte  Nacht  15. 

(Irott  367. 

Dulurin  10. 

durchkidechen  durch  Spalten  50.  81. 

JEgerland  813. 

EiderTOgel  160. 

Einsagung  275. 

Eintruuk  281. 

Eiriksriff  22. 

Eiweiss  401. 

Engel  298. 

Epona  31. 

Erde  in  Schwerter  verwandelt  300. 

ettralienae  36. 

Eule  183. 

Fachwerkgiebel  137. 

Famjin  157. 

Famningar  161. 

Farbenkenntnis  245.  440. 

Farnkraut  76. 

Fseröische  Märchen  und  Sagen  1.  142. 

Fastenzeit  290. 

Ferner  193. 

Fesselung  der  Götter  84.  197. 

Finn  411. 

Finnen  307. 

Folklore  Wallon  211.  329. 

Folklorist  329. 

Föroyer  bewaldet  20.  164. 

Franziszi,  Fr.  211. 

Frauen  zu  erlösen  442. 

Frauenraub  157. 

Frauenwettlauf  56. 

Freispruch  275. 

Freitag  191, 

Freund,  L.  330. 

Friedel,  E.  96.  449. 

Friesen  158.  164. 

Frischbier  87. 

Fugloy  143.  145. 


Gabiae  41. 

Gallien  25   29. 

Gang  unters  Erdband  49, 

Gäsadal  11.  18. 

Gaunersprache  383. 

gavadiae  42. 

Gebirgsuatur  193  —  197. 

Geister  183.  300. 

Gerber  384. 

Gerechtigkeit  275, 

Germanen  25,  33. 

Gertrud,  St.  199. 

gesahenae  36. 

Gesäss  275.  277. 

Geschmack,  verschieden  300. 

Gesellenschein  384. 

Gewitterdi-ache  74. 

Gewitterschatz  74.  77. 

Gewitterwesen  198. 

Giebelent^^ickelung  134. 

Glock  88. 

Glocken  191.  195. 

(jlücksmärchen  117. 

Goethe  46.  313. 

Goggsch  283. 

*Toldhorn  154.  164. 

K.  Göreis  Tochter  368. 

Gossensass  189 — 197. 

Graf  im  Pfluge,  von  Rom  206.  207. 

Graf  Säuberlich  207. 

Grafen,  sieben  201. 

Grenzstreit  156. 

Grimm,  J.  118. 

Gunnar  367. 

Hafirü  9. 

Hagbard  und  Sygne  368. 

Hahn  180. 

hamferd  156. 

Hampe  215. 

Handtmann  89. 

Handwerk  und  Sprache  383. 

Handwerksbrauch  272. 

Häreiotäs  124. 

Hartmann,  A.  210. 

Hauensteiner  Tann  329. 

Haube  158. 

Hausfrau,  böse  155. 

Hausgeist  78. 

Haushund  179. 

Hausknappe  274. 

Häusernameu  97.  215. 

Heiliger  auf  dem  Jaufen  194. 

Heldendichtung  118.  215.  373. 

Helena  295, 

Hemd  als  Keuschheitsprobe  207. 


470 


Eeffister. 


Henne  181. 

Hciii-ik,  Graf  368. 

herab  hinab  190. 

heraus  hinein  190. 

Herberge  386. 

Herodes  299. 

Hexenweson  215. 

Heyses  chinesische  Novellen  381. 

Himmelsriegel  173. 

Himmelswagen  195. 

hin  nnd  her  190. 

Hobelspäne  zu  Gold  412. 

Höfler  90.     - 

Hsüan  Chiang  259.  381. 

Hufschlag  72. 

Hulderkühe  10. 

Huldervolk  2.  10.  12.  13.  163. 

Hund  179.  375. 

Hundkönig  367.  369. 

Hundsmärchen  254, 

Huth,  G.  214. 

Hyde  95. 

Hyldekong  368. 

Hypnos  131. 

larmunrekr  370. 
Iglau  272  ff. 
Isländer  164. 

Jacobs,  J.  95. 

Jahn,  ü.  96.  215.  448. 

Jahrtag  der  Tuchmacher  281. 

Jan,  armer  325. 

Jaufen  194. 

Jesu  Länge  168.    Tod  295. 

Jochanan  294. 

Johann  von  Holeschau  96. 

Johannisfest  393.  405. 

Joseph  Pandera  294. 

.Judenwettlauf  55.  67. 

julinehae  40. 

Jungbursche  276. 

Jungfernrast  324. 

Kakukabilla-Kakukilla  199, 

Kameelspuren  299, 

Kapuziner  195. 

Karl  V.  273. 

Katharinentag  291. 

Katze  180. 

Keller  ]nit  Schätzen  oder  Wein  441. 

Kerbholz  50. 

Kerzenmärchen  255.  445. 

Kinderhände  195. 

Kinderlied  83. 

Kinderraub  410, 


Kindertausch  408,  412. 

Kirchenbecher  verloren  415. 

Kirchenfrieden  145.  148. 

Klabautermann  409.  416. 

Kleromanteia  15. 

Klidonas  392.  400.  402.  406. 

Klosterstier  195. 

Knappen  273. 

Kobold  78, 

Köhler,  Eeinh.,  Leben  418.     Schriften  426. 

Kollmann,  A.  213. 

Kolybo  288. 

Königstochter  im  Hügel  367. 

Königstöchtermärchen  253, 

Kormoran  160, 

Kotelmaun  214, 

Kraftprobe  159, 

Krähe  181, 

Kreta  394. 

Kretschmer,  P.  215. 

Kreuzweg  13. 

Krippe  283. 

Kröte  180.  411. 

Krug  beim  Klidonas  393. 

Kuckuk  181. 

Kuhnamen  10. 

Kunoy  146, 

liade  277. 
Landmass  80. 
Lang,  Andr.  118. 
Länge  Jesu  168, 
Lappen  307. 
Latzfons  323. 
lebendig  begraben  155. 
Lebensfaden  129. 
Leeb,  L.  211, 
Lehrling  275.  279, 
Leichen  geschützt  301. 
Lettische  Sammlungen  86, 
Lexer,  Matth,  208. 
Lichtbratel  281. 
Lindow  439. 
List  90. 
Loddasi  6. 
Lüdicke  439. 
Lügenreime  324. 

Maccaroni  291. 
Magnet  300. 
Mahre  5, 
Mai,  erster  402, 
Maibraut  402  (82), 
Maibusch  400. 
Mannafellsdal  158, 
Mantel  durclistoehen  380, 


Register. 


471 


Mantik,  neugriech.  285. 

Maria  Schwangerschaft  294. 

Marjtin  3. 

marmemiil  8. 

marra  11. 

Märchen  117.  253.  färöische  1.  142.  fühnisches 
120.  122.  jütisches  119.  122.  magyarisches 
120,  morgenländisches  120.  im  Saxo  117. 
252.  367. 

Martin  328. 

matres  27.  35. 

Matronenkult  24.  27.  34. 

Maulwurf  180. 

Mäuse  200. 

Maurer  389.    Maurerlied  391. 

Mecklenburgische  Sammlimgen  86. 

Meerfrau  9.  20,    Meerweiber  417. 

Meermänulein  8. 

Meiderich  82.  446. 

Meister  280. 

Meran  194. 

Merausen  323. 

Methusalem  281, 

Meyer,  E,  H.  88. 

Mielke  97, 

Mikines  21, 

Milchbeil  55. 

Miren  124.  287.  289. 

Miscellen,  volkstümliclie  440. 

Missgebtirten  215. 

Mittwoch,  krumme  285. 

Modraneht  32. 

Moirai  124. 

Molibo  287. 

Monatnamen,  Personennamen  320. 

Mond  192. 

Monseur,  E.  211.  329. 

Mosis  Stab  71. 

Mutterlade  277. 

Mündel,  C.  328. 

Mütter  als  Gottheiten  26. 

Mythologie  448. 

Xachsterben  186. 

Nan-ensagen  161.  196.  439. 

Neck  7.  155. 

Nekkepen  410. 

Neugriechischer  Volksglauben  123. 

Neun  48. 

Neu-Ruppin  437. 

Nicolaus  von  Jauer  97. 

Nidagris  6. 

Noahs  Arche  143.  164. 

Nordfriesland  407. 

Novellen  117. 

nykur  7. 


Oberinnthal  448. 

Ochseuhaut  80. 

octocannae  36. 

Offa  373. 

Oli  18. 

Olymp  126.  287. 

Onnerbänkisse,  Onnorerskou  407. 

ündun-  303. 

Orm  auf  Skäli  150. 

Ortsbezeichnungen  190. 

Othar  252-258.  373. 

Otterbaankin  407. 

Ötzthal  437. 

Padua  58—67. 

palio  61. 

Paradiesbaum  298.  301. 

Parialegende  46. 

Personennamen  330. 

Pfeif er-Huisele  194- 19G, 

Pfingstlied  82.  446. 

Pfitscher  Thal  196, 

pignolo  61. 

Ploss,  H.  .87. 

Preise  des  Wettrennens  61.  64.  66. 

Proki-ustesbett  299. 

Puck,  Puk  408—416. 

Quellensuchen  69.  72. 
Quellorakel  406. 

Rabe  14.  181, 
Räkoczy  177. 
Rasenstück  49. 
Rätselwettkampf  296. 
Raubschärler  143. 
Rauch  186. 
Rauchtabakdosen  96. 
Redensarten  437—440. 
Regen  191. 
Regenquell  77. 
Regnald  367. 
reichwerden  13. 
Riese  15.  18,  21.  163. 
Riesin  6. 
rizika  riziko  399. 
Rochholz,  E,  L.  446. 
Rödiger,  M.  448. 
romancae  38. 
Ross  379. 
Rübezahl  96. 
Rückerts  Schi-King  381. 
Runen  155. 
Ruppin,  Grafschaft  427, 


472 


Register. 


Sagen,  fseröische  1 — 24.  142 — 165.  Meraiier 
441. 

saitcliamiae  45. 

Salz  [85.     Salzbretzel  291. 

Sau,  trächtig  20. 

säugender  Mann  299. 

Saxo  Grammaticns  117—123.  252—258.  867 
bis  374. 

Schatten  185. 

Schatzfinden  73.  442. 

Schatzsagen  326.  442. 

Schaukelsteine  23. 

Schauspiele  in  Eger  318.    Padua  59. 

Schicksalsbuch  127.  129.  Schicksalsglauben 
188.  Schicksalsgöttinnen  123  f.  Schicksals- 
spruch 126.  129  f.  286.  Schicksalswasser 
401. 

Schlange  180. 

Schlesier  439. 

Schlittschuhe  302. 

Schlossgebete  172. 

Schmetterling  179. 

Schmiedearbeit  der  Zwerge  413. 

Schnee  192.    Schneeschuhlaufeu  301  f.  309. 

Schwert  im  Bett  299. 

schwimmende  Reliquien  299. 

seccanehae  36. 

Seedraug  9. 

Seehunde  15.    Seekühe  10. 

Segen,  geistliche  165—176. 

Seife  178. 

Siang  von  Tsi  267. 

Siebzigschläfer  298. 

Siegstein  14. 

Sigrid  252—258. 

Simadia  399. 

Sinichkopf  441. 

sjödreygur  9. 

Sjurd  144.  150.  165. 

Skardi  304. 

Skardleute  161. 

ski,  skid,  skida  303. 

skidaferd  305.  309. 

Skisport  301. 

Skridefinnen  307. 

Sonne  198.     Sonnenschein  192. 

Sonnini  405. 

Spahn  55. 

Spitzfragen  387. 

Spricliwörter  84.  437—440. 

Sprüche  beim  Klidonas  395.  399.  400—403. 

Stab  71.  76. 

Stadtgottheiten  30. 

Stanley  407. 

Steinstuben  in  Hügeln  369. 

Stilicho  25. 


Stöber,  Aug.  328. 

Stöffin  438. 

Storke  Langeben  86. 

Sturm  197. 

Südslaven  177—189. 

süla  19. 

suleviae  31. 

Sun  Chün  374.^:  Sun  Liang  374.    Sun  TsG  261. 

Svebae  39, 

Svinoj  20. 

Sylvesterabend  29.'^. 

Syme  Insel  405. 

Syritha  252. 

Syward  371. 

Talmud  293. 

Taufritus  u.  Taufschüsseln  444. 

Taxenmandle  193. 

h.  Theodor  289. 

Thessalien  402. 

Thrälslik  123. 

Thm-iet,  Ch.  212. 

Tisclu-eden,  kluge  119. 

Tobiassegen  165  f. 

Tod  im  südslavischen  Glauben  177—189. 

Todesboten  179  f. 

Tonsur  295. 

Tor,  der  starke  18. 

Totenmal  186. 

Totenopfer  290. 

Tracht,  Egerländer  316. 

Traum  154.     Traum  Maria  170. 

Träume  178.  184. 

Traumdeutung  178.  215. 

Traumorakel  286.  290.  293. 

Treichel,  A.  330. 

Trolle  143.     Trollweiber  6.  7.  163. 

Tröllanes  142.  148. 

trüge,  tryge  303. 

Tuchmacher  273—285.  382—384. 

Türken  3.  163. 

Turlomarmaropege  289. 

Ubier  33. 

mir  306. 

Ungleiche  Kinder  Evas  409. 

Unholdenmärchen  371. 

ünnerbiertswogter  407. 

Unterirdische  409-415. 

Uranos  247. 

Vacalineae  39. 
vatviae  43. 
vtettrar  3. 

Verkehrt -Lindow  439. 
vesuniahenae  36, 


Eeffister. 


473 


veterahenae  38.  39. 

Volksdialekt,  Berliner  215.    Egerländer  317. 

Volksetymologie  215. 

Volkslieder  Egerländer  317.  mongolische  214. 

Volksschauspiele  318. 

Vorzeichen  183—185. 

Wagenrad  414. 

Waizenkörner  290. 

Wal  (baliena)  164. 

Walsleben  439. 

Wanderschaft  382. 

Wasser,  unbesproclieues  393.  401. 

Wasserweihe  402. 

Weihnaclitsbräuche  96. 

Weinhold,  K.  97.  215. 

Weisstein,  G.  215. 

Wendenki-iege  371. 

Werder  437. 

Werktage  288  f. 

Wetter  190.    Wettersegen  191. 

Wettrennen  57—67.  449. 

Wichtel  3.  163. 

Willkomm  281. 


Wind  189. 
Wirbel  164. 
Wisla  93. 
Wlislocki  209. 
Wöchnerinnen  127  f. 

Wunderbrief  175.  Wunderhemd  207.  Wunder- 
sagen 326. 
Wünschelrute  67—78. 

Yüchi  261  f. 
Yüjang  377  f. 

Zahlen  als  Personennamen  320. 

Zahlenkenntnis  249.  444. 

Zauberei  215. 

Zauberformel  163.     Zauborniärchcn  117. 

Zigeuner  209. 

Zimmerleute  389-392. 

Zingerle,  Ign.  89.  442. 

Zivaja  starina  91. 

Zwerge  1.  2.  407.  408.  410-414. 

Zwergenhochzeit  411. 

Zwergsagen,  nordfriesische  407—414. 

Zwieselbaum  81. 


Priick  von  Gebr.  Unger  in  Berlin,  Schönebergerstr.  17a. 


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