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HARVARD
COLLEGE
LIBRARY
ZEITSCHRIFT
FÜR
VERGLEICHENDE SPRiCHFOESCHÜNG
AUF DEM GEBIETE
DE«
; DEUTSCHEN, GRIECHISCHEN und LATEINISCHEN
1
HERAUSGEGEBEN
D". THEODOR AUFRECHT,
PRIVATDOCEWTEN AS DKR UNIVEBS1TABT ZV BERLIN,
UND
D«. ADALBERT KÜHN,
LEHRER AM COBLH. GTUHASIUM * EBENDASELBST.
ZWEITER BAND.
^ BERLIN.
FERD. DÜMMLEr's YERXAGSBUCHHAIfDLUlfG.
1853.
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UNIV.kslTY
LIBRARY i
Namen der bisherigen mitarbeiten
Dr. Th. Aufrecht, jetzt io Oxford.
Prof. Th. Benfey io Göttiogen.
Prof. Ag. Benary io Berlin.
Sophiis Bugge in Christiania.
Dr. Corssen in Pforte.
Prof. 6. Curtius in Prag.
Prof. A. Dietrich in Pforte.
Dr. Lorenz Diefenbach in Frankfurt a. M.
Dr. Ehe 1 in Filehne.
Dr. Forste mann in Wernigerode.
Hofrath Prof. Jacob Grimm in Berlin.
Hofrath. Prof. Holtzmann in Heidelberg.
Adjunkt Dr. Kirchhoff in Berlin.
Dr. K. v. Knoblauch in Tubingen.
Dr. A. Kuhn in Berlin.
Prof. H. Leo in Halle.
Prof. A. F. Pott in Halle.
Prof. R. Roth in Tübingen.
Prof. A. Schleicher in Prag.
Prof. H Schweizer in Zürich.
Dr. H. Steinthal, jetzt in Paris.
Dr. Strehlke in Danzig.
Dr.'A. Weber in Berlin.
Prof. Weinhold in Grätz.
Dr. Westphal in Tübingen.
Fr. Woeste in Iserlohn.
Prof. Zyro in Bern.
Inhalt
Seile
Ueber die formen und bedeutungen des namens Mars in den ita-
lischen dialckten, von Corssen' 1
Numerische lantbeziehungen des griech., latein. and deutschen
zum sanskrit, von Förstemann 35
Akmon, der vater des Uranos, von Roth 44
Rednplicirte aoriste im griechischen, von Ebel 46
Bemerkungen über deutsch - slawische Wörtergemeinschaft, von
Diefenbach 48
Eine oskische inscbrift aus Pompeji, von Aufrecht . . . . 55
(Misch es, von Ebel 58
Homerisches glossarium von L. Döderlein, angezeigt von
Schweizer , . . 63
Köne, werthung der fremdwörter in der deutschen spräche, an-
gezeigt von Ebel 74
wÖQoptoq von Aufrecht 79
loxicuqa von Ebel 80
ava, von Weber 80
Vokale der niederdeutschen mundart in den kreisen Iserlohn und
Altena, von Woeste 81
Metaphern, vom leben und von körperlichen Verrichtungen herge-
nommen, von Pott 101
Ueber das alte S und einige damit verbundene lautcntwicklun-
gen, von Kuhn 127
Ueber einige seltnere suffixe, von Aufrecht 147
Seile
casnar, cascus, Casinum, canus, höss, von Aufrecht . . 151
vitare, in vi tos; jod zwischen vokalen im griechischen ; nrjytalficd-
Xoq, von Gnrtins 153
Germani, von Schweizer 156
Das auslautsgesetz des gothischen, von Westphal . . » 161
Vokale der niederdeutschen mandart in den kreisen Iserlohn and
Altena, Ton Woeste . . 190
Die lateinischen suflue ceus und eins, von Aufrecht . . . 210
Die sufflxe t?/, tu (4te decl.) sammt &tu; tu (2te decl.) und 6tu;
dov, din (nom. do); tiidin (nom. tüdo); ta, -ny, von
Benfey 215
al*»>y aevum, aivs, von Kuhn 232
kravya, x^f'a?, hraiva, von Kuhn 235
munu, skulu, mundu, skyldu, von Aufrecht 240
Ueber den inßnitiv, von W. v. Humboldt 242
Walhen und Deutsche, von Leo 252
Ueber das alte S und einige damit verbundene lautentwicklun-
gen, von Kuhn 260
Grund rifs der grammatik des indisch -europäischen sprachstamraes
von M. Rapp, angezeigt von Steinthal , . . . • 276
Homerisches glossarium von L. Döderlein, angezeigt von
Schweizer ... 288
Bemerkungen zu Försteniannl. 412, von Zyro 306
Stcura, ripa, von Benfey 308
Namen der milchstrafse und des höllenhundes, von Kuhn . . 311
Die sufflxe maya, neus, nus, eus, «o« von Kuhn 319
Die aspiraten der indogermanischen sprachen, von Curtius . . 321
Die diphthonge im verbrüderungsbuch von St. Peter zu Salzburg,
von Försiemann . . - 337
De titulo Mummiano; de miliario Popilliano und de epigrammate
Sorano; de Aletrinatium lapide; drei akademische gele-
genheitssch ritten von prof. dr. Fr. Ritschi, anzeige und
entwicklang der sprachgeschichtlichen ergebnisse, von
Schweizer 350
Zur erklarung der oskischen Sprachdenkmäler, von Bugge . . 382
Die wurzel ci, t*, qui, fi von Kuhn 387
Ueber' die durch nasale erweiterten verbalstämme, von Kuhn . 392
Lateinisches f Cur altes dh, von Curtius 398
r im altdeutschen präteritura, von Schweizer 400
Seite
Numerische lautyerhaltnisse in griechischen dialekten, von
Förstemann 401
Benennungen des regenbogens, yon Pott . . . 414
Proben eines bernischen idiotikons mit vergleichung der yer.
wandten mnndarten, von Zyro 434
Ueber die durch nasale erweiterten yerbalstSmme, yon Kuhn . 455
Ueber zwei lateinische prSpositionen, yon Kuhn 471
Frigg, Fiörgjn und rodor, yon Leo 477
Wechsel der labialen und gutturalen, yon Woeste . . . . 479
cena, yon Schweizer ; 480
Um irrthümer zu vermeiden lassen wir hier noch die von
uns befolgte Umschreibung des sanskritalphabets folgen:
Vokale.
Einfache: a, ä, i, i, u, ü, r, r
Diphthonge: e, ai, o, au
Consonanten :
Gutturale: k, kh, g, gb, u
Palatale: c, ch, j, jh, 1' |
Linguale: t, th, d, dh, 11
Dentale: t, th, d, dh, n
Labiale: p, ph, b, bh, m
Semivocalen: y, r, l, v
Sibilanten: $, sh, s$ h.
Aousvära m, Visarga h. ' #
I. Abhandlungen.
lieber die formen und bedentongen des namens Mars in
den italischen dialckten.
Die vorliegende Untersuchung stellt als ihr ziel die erkUrung
weniger, namensformen hin, bezweckt aber in der that nicht so«
wohl das nackte ergebnifs, als die begründang desselben aas der
lautlehre and wortbildangslehre der italischen dialekte. Da diese
aber weder erschöpfend erkannt noch allgemein anerkannt sind,
so bedürfen sie einer sorgfältigen prüfung, and so mag die anter*
suchang selbst ihre ausfuhrlichkert rechtfertigen.
1) Verschiedene ableitangen des namens Mars.
Schon die alten leiteten die namen Mars und Mavors auf
verschiedene weise ab. So erklärt Cicero (Nat. Deqr. II, 28.):
Iam qui magna verteret Mavors. Cedrenos (Corp. Bjs. Nieb.
1. 1, p. 295, 21 ff.): on tot MaQrep ol 'Pwfiaioi fiOQtefi ixdXov*
oiovel ödraror, rj xivt]rq9 reo? rar*»«*, ij zbw nag* ä$#*pmw
xai pormv tifAeipepor. Varro. (L. L. V, § 73 ed. O. Maell.) Mars
ab eo, qood maribus in bello praeest, aut quod ab Sabinis ac-
ceptus, ibi est Mamers. Von heueren hat Heffter (religion der
Griechen and Römer p. 434) die Varronische ableitung verworfen
wegen des auslautenden t des Stammes nnd leitet den namen des
gottes her von martos, mors, mareeo. Allein das t beweist nichts
gegen Varros ableitung von mas; denn es könnte ja wie bei den
sabstantivischen stammen mor-t, for-t, ar-t, do-t, men-t, gen-t
das t erat an eine wnrael mar herangetreten sein, und das ist ja
11. l. 1
2 Corssen
auch in martus und mors geschehen (Pott etym. forsch, p. 221).
Da ferner bei der Heffterschen ableitung die formen Marmar, Mar-
mor, Mavors, Mamers gar nicht in betracht gezogen sind, so fehlt
der beweis für die behauptung, dafs Mars der vernichtende be-
deute. Nach Härtung (religion der Römer II, 15$) sind die for-
men Mannar, Mamers und Mavors desselben Stammes wie lat.
arma, griech. fatog, sanskr. warayami (schütze) und Mars aus Ma-
vors zusammengezogen. Diese ableitung aber erscheint aus meh-
reren gründen als unhaltbar. Denn erstens ist es ohne beigpiel,
dafs im lateinischen anlautendes m vor einem worte, wie arma,
wegfiele und bei dem andern desselben Stammes, wie Marmar, sich
hielte. Das dafür angeführte beispiel mox neben ocius ist kein
beispiel dafür. Denn lat. ocius, griech. o>xt/, skr. äcu hatte kein
anlautendes m (Pott etym. forsch. II, 278). Wäre also m-ox
wirklich mit ocius zusammenzubringen, dann wäre m ein prfifix,
das jedenfalls erst zu erklären wäre, damit diese Verwandtschaft
glaublich erscheinen könnte (Pott das. II, 338). Zweitens aber
gehören lat. ar-ma (waffen) ar-mus (bog), griech. og-oi, goth.
ar.ms (arm) zur sanskritwurzel ar, haben also weder mit wara-
jami noch mit ^tJqmq etwas gemein , die von der sanskritwurzel
war stammen (Pott I, 222. II, 593 u. 230. Vgl. Höfer: zur laut-
lehre p. 236 anm. 92). Ueberdies bleibt bei der Hartungschen ab-
leitung das lautliche verhältnifs von Marmar, Mamers und Ma-
vors zu einander ganz unerklärt
Pott erklärt (I, 124) Mavors: qui mares vertit i. e. hostes
fugat und Mars aus Mavors durch zusammenziehung entstanden,
nimmt aber (I, 222) diese ableitung zurück und erklärt Mavors:
Mavor-tis d. h der mannsschützende, indem er vor wie griech.
ßAiftS f&QMtog auf die sanskritwurzel war (bedecken) zurück-
führt Auch bei Mamers schwankt Pott, ob mers durch assimi-
lation des v zu m aus vors entstanden, oder wie lat. mor-ior
auf die sanskritwurzel mar zurückzuführen sei, so dafs Ma-mers
men8chenmörder bezeichnete. Aber auch gegen diese zweifelhaft
hingestellten ableitungen erheben sich bedenken. Die altlateini-
schen formen des namens: Marmar, Marmor, die sich im Arval-
liede finden, und die davon gebildeten adjectiva: Mamurius, Ma-
mnralia sind nämlich von Pott nicht in die betrachtung gezogen
Mag sich nun auch der zweite bestandtheil in Marmar aus der
wurzel mar oder war erklären lassen, so liegt es doch gewifs
näher, so lange nicht gründe dagegen sprechen, Mar -mar für eine
formen and bedon langen des namens Mars io den ital. dialekten. 3
reduplicirtc wortform so halten, als den beiden völlig gleichlau-
tenden silben grundverschiedene abstammung beizulegen.
Eine solche reduplication nimmt auch Mommsen (die unter-
Haiischen dialekte p. 276) an, denkt sich aber Mar-mar als das
rednplicirte Mart, und dieses wieder zusammengezogen aus Ma-
vort, das aus einem unerklärten M und avortere zusammengesetzt
sein soll. Gegen diese ansieht mob eingewandt werden: Erstens
ist die ableitung Mavort von M(?) -f- avort eine unbegründete ver-
muthung, solange die bedeutung des m nicht erklärt ist Zwei-
tens kann Mar-mar nicht entstanden sein aus M-a-vort -f- M-a-
vort, denn dafs ein doppelt zusammengesetztes wort noch redu-
plicirt würde, ist unerhört im lateinischen, das wie die verwandten
sprachen nur einfache stamme reduplicirt Drittens, auch wenn
man Mart nicht als compositum falst, kann Mar-mar schwerlich
aus Mart-Mart entstanden sein, wie dies weiter unten nachgewie-
sen werden wird. Dafs endlich auch die von C. Schmidt (Ber-
liner jahrb. no. 35. 1834) aufgestellte ableitung unhaltbar ist, nach
der Ma-vors ans skr. maha (grofs) und war (schützen) zusammen-
gesetzt sein und «grofser Schützer » bedeuten soll, beweist das
erste r in Marmar. Denn dafs und wie Mavors aus Marmar,
Marmor entstanden sei, wird weiterhin dargethan werden.
2) Die lateinischen formen Marspater, Marspiter,
Maspiter.
Es liegt nahe aus dem bisher gesagten zu folgern, dafs man
bei der erklärung der vorliegenden namensforroen nicht von Ma-
vors oder Mamers ausgehen könne. Die für den zweck dieser
Untersuchung zunächst in betracht kommenden formen sind dem-
nach: Marspater, Marspiter, Maspiter. Unter diesen ist natürlich
Marapater ebenso wenig eine eigentliche organische wortcompo-
sition wie Neptunuspater, Saturnnspater, Januspater, Dispater,
da das erste wort derselben das nominativzeichen s gewahrt hat,
und im zweiten das a nicht zu i geschwächt ist, wie dies z. b.
in Jupiter, Diespiter, Opiter und bekanntlich auch sonst in latei*
nischen compositen geschieht und durch das zurücktreten des Jo-
nes veranlaßt scheint. Die beiden Wörter mars und pater sind
also nur zusammengeschrieben, weil man sie oft und unmittelbar
nacheinander sprach wie jusjurandum, respublica, Ususfruktus, me
duisfidius u. a.
Die form Marspiter ist vielleicht überhaupt nur ein schreib-
1*
4 Corsseii
fehler9); da sie sich nun aber einmal vorfindet, so fragt sieh, wie
sie zu erklären ist. Ist das s nominativzeichen, dann hat diese
form in der abschwächung des a zu i ein wesentliches merkmal
einer ächten Zusammensetzung und im Widerspruch damit einen
nominatiy als erstes glied derselben. Für eine solche Zwitterbil-
dung giebt es im lateinischen kein beispiel. Denn dafs in Dies-
piter das s nicht noniinativzeichen ist, zeigt der accusativ Diespi-
trem (Macrob. Sat. 1, 15) und der genitiv Diespitris (Priscian VI.
Patsch, p. 695), da man doch wie usumfructum, reipublicae auch
Diempitrem Dieipitris erwarten sollte. Pott erklärt daher (II, 210)
das dies in Diespiter au* skr. diwas in dem compositum diwas-
pati (tages-herr). Noch weniger beweist Ju- piter für Mars -piter.
Noch in neuester zeit ist nämlich (Weifsenborn lat. schulgramm.
p. 15 anm. 3) Juppiter für die richtige Schreibart erklärt, die aus
Jus -piter durch assimilation des s zu p entstanden sein soll. AI*
lein die grofse menge von lateinischen Wortbildungen, die sp, st,
sc im anlaut oder inlaut haben, zeigt, wie wenig s vor einer te-
nuis noch einer assimilation bedurfte. Ja das s hält sich in der
Zusammensetzung vor p, c, t sogar stets, wo es z. b. vor f assi-
miltrt wird, z. b. diffido, difFero, diffugio u. a., hingegen displiceo,
disputo, distnli, discerno. Also kann auch Juppiter nicht gegen
alle analogie ans Juspiter entstanden sein. Ebenso wenig ist es
durch assimilation des v zu p aus Jov- piter zu erklären, die auch
ohne beispiel wäre; sondern wie ju-cundus aus jov-cundus, nu-
per ans nov-per so ward Ju- piter aus Jov -piter, indem das v
sieh in folge des herantretenden consonanten zu seinem vocal u
erweichte und als Vertreter des so entstandenen diphthongen ou
nur u geschrieben ward. In ganz analoger weise ward aus Av-
piter Au-piter und ebenso erging es den stammen nav, av nach
abfall ihres ableitungsvocals i in den compositis nau-fragium1 au-
spex, au-gur. Indem nun o bekanntlich oft im lateinischen als
Vertreter des diphthongen au auftritt, wird aus Aupiter Opiter.
*) Bei Varro steht an drei stellen: L. L. VIII, § 26. IX, § 46.
X, § 65 Maspiter; an einer: L L. VIII, § 33 Marspiter; bei Priscian
findet sich nur Maspiter an zwei stellen: XII, p. 1284 bei Putsch. Bei
Gellias N. A. V, 12, 5 Marspiter, doch ist hier auf die Zuverlässigkeit
der handschriften nicht eben viel zn bauen, da die texte der römischen
grammatiker überhaupt sehr verdorben sind. Doch hat auch eine auf
dem palatinischen hÖgel gefundene Inschrift Marspiter. Oreüi. Corp.
Inscr. 1360.
formen und bedentungen de» namens Man in den ital. dialekten. 5
Man vergleiche lava*tum, lau- tarn, lo-tum. Ich kann daher in
der Schreibart Jappiter nnr eine anorganische, mißbräuchliche
Verdoppelung des p sehen, und mnfs in den compositis Jn-piter,
O-piter den ersten bestandtheil für den stamm ohne flexionsen-
dung halten, sowie in Dies-piter das s jedenfalls nicht für da»
nominativzeichen. Ist dem so, dann erscheint es bedenklich in
Marspiter gegen alle regel lateinischer wortcomposition das s als
nominativzeichen anzusehen. Es fragt sich also, ob sich dasselbe
anders erklären läfirt.
Man könnte Mars für den blofsen stamm Mart ansehen, so
dafs das t wegen des folgenden consonanten p in Marspiter zu
s herabgesunken wäre. Allein dagegen spricht, dafs die auf rt
auslautenden nominalstämme im lateinischen ihr auslautendes t in
der Zusammensetzung gegen Zerstörung durch den anlautenden
consonanten des «weiten Wortes mittelst eines bindevocals i schützen
z. b. part-i-ceps, art-i-fex, sort-i-legus, mort-i-ferus. Danach
müfste man auch ein compositum Mart-i-piter erwarten. Mars-
piter aus Martpiter zu erklären ist also ebenso mifslich als das s
als nominativzeichen zu fassen. Weiterhin wird sich ein anderes
auskunftsmittel darbieten; doch mufs zuvor die form Maspiter in
die Untersuchung gezogen werden.
Es fragt sich, was ist Maspiter für eine Zusammensetzung.
Ist Maspiter aus Marspiter entstanden, oder umgekehrt? Man könnte
geneigt sein, für die erste annähme zu entscheiden, denn dafs r
vor 8 unter umständen schwand, beweisen advosem für advorsum,
prosa für prorsa (pro-vorsa), retrosum ffirretrorsum (retro-vorsum),
susum für sursum (sub-vorsum). So könnte ja auch Mas aus
Mars geworden sein. Dagegen spricht jedoch zweierlei: 1) dafs
aus dem simples Mars nicht Mas wurde, dafür sprechen die no-
minative aller auf rt auslautenden stamme, die nach abfall des t
vor dem nominativzeichen s ihr r stets gewahrt haben, z. b. ars,
pars, sors, fors, mors; 2) dann müfste also in dem compositum
Maspiter das an rs herangetretene p den vernichtenden einflufs
auf das r geübt haben. Doch das ist nicht glaublich, da sich
sonst in der composition das r vor s mit folgender tenuis stets
hält, wie in perscribo, perstringo, perspicio, während doch das,
beispiel pejero neben perjurium zeigt, dafs das r von per zerstö-
rende einflösse durch einen folgenden consonanten erleiden kann.
Ich mufs daher in advosem, prosa, retrosum, susum es vielmehr
der Stellung des rs zwischen zwei vocalen zuschreiben, dafs das
6 Corssen
t schwand. Bekannt ist, daft die Stellung zwischen «Wei vocalcn
im lateinischen das s, mag es der wursel, der Wortbildung oder
der wortbiegung angehören, so schwächte, dafs es zu r sank, wie
ara, Lares, arena, foederum, honoris ans asa, Lases, asena, foede-
stun, honoris entstanden sind. Dafs ein r in der Stellung «wi-
schen zwei vocalen ganz sehwinden konnte, dafür geben die alten
formen speres, speribns und das verbum spero neben spe-s (aus
sper- es spe-es) spe-i ein freispiel. Es ist wohl nicht grundlos, auch
bei rs zwischen zwei vocalen eine ähnliche schwächende einwir-
kung dieser Stellung anzunehmen, so dafs rs zu 8 schwand. Die
beispiele advosem susum u. s. w. beweisen also für Maspiter nichts.
So erleidet z. b. bv in sursum aus subvorsum zwischen zwei vo-
calen dieselbe Zerstörung wie das v allein in retrorsum rursus u. a.
Die alten genitire Maspitris und Maspiteris*) zeugen jeden-
falls dafür» dafs mas ein stamm ohne flexionssilbe ist, und die
weiterhin erörterten reduplicirten formen Marmar Marmor werden
dafür den beweis bieten, dafs in diesem stamme die ursprüngliche
form des namens der gottheit enthalten ist.
3) Die formen Marmar, Marmor, Mamuri Veturi in alt-
lateinischen priestergesängen.
Im liede der fratres Arraks finden sich neben Mars die bei-
den benennungen des gottes Marmar und Marmor, alle drei durch
dreimalige Wiederholung vollständig verbürgt**). Von diesen be-
spreche ich zuerst die form Marmar. Diese kann nicht aus Mart-
Mart entstanden sein, denn : 1) nie werden solche auf rt auslau-
*) Priscian, VI, Putsch p. 695. Inreniuntnr tarnen apad veiastisei-
mos haec ancipiüs genitivi : hie aeeipiter, hujus aeeipitris et aeeipiteris,
Opiter, Opiteris et Opitris, Maspiter, Maspiteris et Maspitris. Diespi-
ter, Diespitris et Diespiteris; sie etiam Jupiter Jupitris et Jupileris,
ut Caesellio Vindici placet, debuit declioarL
••) Ich habe Origenes poesis Rom. p. 92 den tezt genau nach Ma-
rin! gli Atti e monumenti de' fratelli Arvali tab. XL1 gegeben; behan-
delt ist das gedieht auch Lanzi Saggio di lingua Etrusca I, p. 144.
Herrn, elem. doctr. metr. p. 613. Claosen de carmine fratrum Arva-
lium p. 23 sq. Grotefend, lat. gramm. p. 286 (ed. 3.). Egger, lat. serm.
vetnst. rel p. 68 sq. , cum theil mit ongenauigkeiten und nnnöthigen
änderungen des textes. Auch die yon mir gegebene erklirang enthalt
manches unrichtige und nnerklSrte, was ich anderen orte« zu berichti-
gen und zu ergingen denke. •
formen und bedeuLungen des namens Man in den ital. dialelcten. 7
tende stamme, deren t nicht wurzelhaft ist, sondern der Wortbil-
dung angehört wie part, mort, sort u. a. redoplicirt; 2) ein auf
rt auslautender stamm bitte das nominativzeichen bewahrt, wie
pars, so», mors, Lars (wenn in den namen Lars Tolümnius, Lara '
Porsenna, Lars Herminins für Lars aneh Lar steht, so beruht das
wo nicht auf Schreibfehlern, auf einer Verwechselung de» tusd-
sehen Vornamens Larth, lat Lar(t)s, mit dem namen des hausgot-
tes Lar). Marmar ist also die reduplication eines nackten auf r
auslautenden Stammes wie murmnr, fnrfur, tortor, caroer, an die
in farfar-ns farfer-us (hoflattich), qnerquer-a (febris) so wie in
den aabinischen eigennamen Farfar-ns (amnis) und Gurgur-es
(montes) noch ein suffix getreten ist Der vocativ Marmar in
dem arvalliede zeigt wie der nominativ und vocativ aller auf li-
quiden auslautenden stamme im lateinischen nur den reinen stamm.
Dies Marmar ist nun eben nichts anderes als die Verdoppe-
lung jener ursprünglichen form Mas, die sich nur im compositum
Mas-püer gehalten hat, deren s in der reduplicirten form aber
an beiden stellen zu r herabgesunken erseheint. So wird ja im
lateinischen auslautendes s jeder" art zu r geschwächt So war-
zelhaftes s in Lar für Las, das s des nominalsuffixes os (or) in
honor, Janitor, arbor, robor für honos, Janitos, arbos, robos,
s des comparativsufffees ios (ior), griech. 10*, skr. ijas in melior
für melios, endlich s des verbalsuffixes in der lateinischen passiv»
bildnng, d. h. des pronomen reflexivum se z. b. in amant-u-r,
amat-u-r für amant-u-s, amat-u-s. So sank im jüngeren um-
brachen dialekt der 6ten und 7ten Iguvinischen tafel das s im
auslaut fast durchgehend^ bis auf wenige ausnahmen zu r herab. *)
An der ersten stelle in Marmar könnte man das sinken des
8 zu r dem einflufs des folgenden m zuschreiben, wie in Car-
menta, Carmena, carmen neben Casmena. Ebenso wirkte folgen-
des n und v auf das s in ornamentom aus osnamentum, veternus
aus vetus, furvus verglichen mit foscus (Pott et. forsch. I, 132 ff.),
da sich s mit einem folgenden liquiden oder halbvocal im latei-
nischen überhaupt so wenig verträgt, dafs die Verbindungen sm,
*) Der nachweis daffir ist zu finden bei Aufrecht and Kirch hoff:
die umbrischen Sprachdenkmäler I, § 29, 5. Ich werde noch öfter Im
verlauf dieser Abhandlung auf die ergebnisse dieses Werkes zurückkom-
men, die durch gründliche spraebkeontnifs, feine beobachtuog and be-
sonnene methode der Untersuchung gewonnen sind.
S Corssen
§1, SD, sr. sj, sv9 die sich in anderen italischen dialekten verein-
seit finden, wenigstens dem classischen latein fremd sind. Wer
sich das erste r in Marmar aus s so entstanden denkt, mute an-
nehmen, dafs eine reduplicirte form Mas-mas wirklich vorhanden
war. Dagegen spricht aber zweierlei: 1) die erscheinnngen der
rednplication im latein., soweit sie die Wortbildung angeht und
nicht als flexionsmittel des verbum dient. Denn am häufigsten
redoplicirt finden sich wortstämme, die auf liquida ausgehen, und
unter diesen wieder am häufigsten auf r auslautende: populns^
ulula, gurgulio, Fulfulae, curculio, tutulus(?); cucumis $ tintin-
nire, tintinnare, cincinnus, ciconia; memor (von sanskritwnrsel
amar?), marmor, murmur, furfur, turtur, Gurgures, Farfarus, far-
farus, farferus, carcer, querqüera, perperam, susnrrus. Seltener
sind vocalisch auslautende stamme reduplicirt: cacare, lalare, pap-
pare, papas, taia, mamma, papilla, papaver, pipio, titio(?), gingiva
gingrire, gingrina, cuculus, bubo. Sehr selten verdoppelt finden
sich auf muten auslautende stamme: Cucurbita, upupa, titubare,
cicindela; und kein beispiel findet sich für die Verdoppelung eines
auf s oder einen anderen Sibilanten auslautenden Stammes.
Deshalb erscheint es angemessener sich das herabsinken des
auslautenden s von Mas zu r schon vor der Verdoppelung einge-
treten zu denken, so daft also eine form Mas-mas nie existirt
hat. Dann gilt also für das erste r in Marmar dasselbe, was oben
für das zweite bemerkt ist; 2) ein sinken des s zu r im einfachen
stamme ist auch deshalb anzunehmen, weil die form Mar-t nicht
nach dem herantreten des t ihr s hätte zu r sinken lassen kön-
nen. Denn nie findet diese abschwächung des s statt vor den
scharfen lauten p, c, t, die mit dem scharfen zischlaut sich leicht
verbinden. Man vergleiche nur fuscus furvas, Etruscus Etruria,
vetustus veternus, haustum haurio, gestum gero, tostum torreo,
moestus moereo, festus feriae, hesternus heri, questus queror,
ustus uro, nefastus nefarius, tempestas tempero. In diesem laut-
gesetz liegt also der grund, weshalb sich in Mas-piter neben Mar«
mar die ursprüngliche form des Stammes hielt.
Auch die in den auguralbüchern der Römer gebräuchliche
form quirquir für quisquis (Varro 1. 1. VII, § 8), ein beispiel wo
einmal im lateinischen, wie gewöhnlich im neuumbrischen, das s
einer flexionsendung zu r sank, läfst sich nur so erklären, dafs
dies sinken schon vor der reduplicaüon am simples eintrat So
findet sich in eben jenen auguralbüchern veter für vetus, wo das
formen and bedentangen de» namens Man in den ital. dialekten. 9
sinken des s zu r noch die Schwächung des a tu e nach sich
zog wie in Venera, sceleris, generis, foederis u. a. neben Venös,
scelns, genas, foedas. Diese beiden formen qairqair and veter
aber in den alten auspicialformeln neben Marmar, Marmor in dem
arvalliede zeigen, dafs schon im altlateinischen aaslautendes s zu
r sinken konnte, was dann im nenlateinischen weiter nm sich
gegriffen hat.
Neben Marmar findet sich im arvalliede die form Marmor,
in welcher die betonte silbe ihr a wahrte, die zweite hingegen,
die durch die redaplication ihren selbständigen ton verlor, ihr
a zu o herabsinken liefs. Ohne hier die falle beizabringen, in
denen die vergleichende Sprachforschung gezeigt hat, dafs ursprung-
liches a im lateinischen sich zu o trübte, mag es genügen, hier
nur ein nahe liegendes und schlagendes beispiel dafür abzuführen,
nämlich marmor, das im verhältniis zum griech. pdQpaQ-og (der
glänzende stein) in der zweiten silbe durch die redaplication ganz
dieselbe ton- und lautschwächung erlitt, wie Marmor im verhalt»
nüs su Marmar.
An die form Marmor schliefen sich zunächst zwei adjectiv*
bildaagen Mamuralia und Mamurius. In diesen ist wie in den
beiden anderen reduplicirten formen dieses namens, die zur ver-
doppelang des Stammes noch ein sufibt fügen: Mavors und Ma-
mers das s, welches in Marmar und Marmor zu r herabgesunken
war, vor m ganz geschwunden nach der anaiogie von Casmena,
Carmena (Carmenta, Carmen) Camena. Ohne den durchgang durch
r schwand wohl das s vor m in Casmilus, dusmosas, osmen, res-
mus, postmoerium (wo erst das t dann das s schwand), die spä-
ter nur in der gestalt Camillus, dumosus, omen, remus, pomoe»
rium erscheinen» Da nun in Mavors und Mamurius das a lang
erscheint, so ist wohl anzunehmen, dafs nach ausfall des s sich
in allen formen dieses namens das ursprünglich karze a des Stam-
mes mas längte wie in remus verglichen mit dem griech. iqerfiog.
In den adjectivbildungen Mamur-ios und Mamor-alia von Marmor
verdunkelte sich nan das o zu u, als die suffixe io und ali heran*
traten in der art wie aus praetor, quaestor, praetura, quaestora
gebildet ist, oder wie das partidpialaffix turus (actoros) sich, aus
tor (actor) entwickelte.
Es ist nun die bedeutung der beiden adjectiva zu erörtern.
Mamuralia heilst die festfeier des Mars am 14. März (vgl. Gutber-
leth de Salus Martis sacerdotibus : Opusc. t. IV, p. 84. 85, Origin.
10 Corsaen
poes. Rom. p. 25) and ist mit demselben suffix vom Hamen des
gottes gebildet wie z. b. Qiürinalia, Terminalia, Iaberalia, Robi-
galia* Floralia, Volcanalia, Saturnalia und ähnliche festnamen. Ma-
marias nennt die römische sage bekanntlich, den etrurischen künst-
ler, der auf Numas befehl nach dem bilde des einen vom* Jupiter
Elicius aus dem himmei herabgeworfenen Schildes 11 ähnliche an«
cilia gefertigt haben soll. Auf diesen deutete man den aasruf
Harn uri Veturi, der in den alten gesangen der Salier gehört wurde.
Allein wenn schon Varro (1. 1. VI, § 45) diese worte ganz anders
erklärt, nämlich veterem memoriam, so ist klar, dafs die sage aus
jenem ausruf die person eines künstlers gebildet hat Was bedeu-
ten nun also die beiden worte? Dafs Veturi eine bildung von ve-
tus sei, hat Varro gesehen. Vetos aber ist ursprunglich dasselbe
wie griech. jhog und bedeutet annus (Pott I, 108) und davon
ist Veturius mit dem sufhx io gebildet, wie Annius von an-
nus, bedeutet also soviel wie annuus d. h. jährlich wiederkeh-
rend.*) Mamurius ist von Marmor mit demselben suffix io ge-
bildet, wie Martius von Mars; da nun Marmor dasselbe wesen
bezeichnet wie Mars., so bedeutet auch Mamurius ursprünglich
dasselbe wie Martius. Die vocative Mamuri Veturi! haben also
den sinn: Marti annue!
Es fragt sich nun, wie dieser sinn zu der bedeutung der an*
cilia und der ganzen gottesdienstlichen feier der Salier vom lsten
bis 30sten März stimmt. Dais die sage recht hat pelasgischen Ur-
sprung des saliercultus anzunehmen, indem derselbe in den pelas-
gischen städten Veji, Falerii, Tibur, Tusculum wie in dem latini-
schen Alba bestand, dafs er zugleich mit der etrurischen blitzsühne,
mit der neuen eintheilung des Jahres nach dem Sonnenlauf und
mit manchem anderen ritual aus Südetrurien nach Rom kam, ist
durch übereinstimmende Zeugnisse verschiedener art verbürgt**)
Nun ergeheinen bei dieser festfeier zwölf priester mit zwölf hei-
ligen Schilden. Dafs diese nach der zahl der zwölf italischen mo-
nate eingesetzt sind, sagt Lydns (de Mensib. IV, 2.) ausdrücklich,
*) Gic. Nat. D. II, 39: Idem annuas frigorum et caloram facit va-
rietates. Tib. II, 1, 48: Deponit flavas annua terra comas.
**) Die beweise dafür habe ich zusammengestellt Origg. Poes. Rom.
21 sq. und: Nene jenaiache allgem. littz. jahrg. 6 no. 200, p. 798 —
800. Ebenda siod auch die beweiaatellen für das übrige hier Über den
cultus der Salter gesagte zu finden.
formen und bedeotangen de» namens Mars in den ital. dialekten. lt
Die sehüde bedeuten also die zwölf monate. Jupiter Elicins durch
elrurische blitzsühne versöhnt wirft den ersten sehild vom hinv»
mel herab; d. h. der mildere himmel bringt den ersten frühiings-
monat Martius. Dem ersten ancile werden elf ähnliche nachge*
bildet: d. h. dem März folgen elf ähnliche monate in der Jahres«
eintheilnogi auf Nomas auftrag werden sie nach der sage verfer-
tigt, da dieser könig es ist, dem die neue jahreseintheilung nach
dem Sonnenlauf zugeschrieben wird. Ein etrurischer künstler ver-
fertigt sie, denn etrnritch ist diese jahreseinLheilung und etrurisch
alle kunst im ältesten Rom. Diese bedeutung der ancilia und der
ganzen festfeier wird durch eine inschrift bestätigt, in der die an-
cilia arma annalia genannt werden (Orelli 2244). Est ist also na*
türlich, dafis die tanzenden priester des Mars bei ihren aufzügen
im März den dem gotte geheiligten monat mit dem anruf Mamuri
Veturi d. h. Marti annue begrüfsen. Aus dem Martius, der nach
alter jahreseintheilung die reihe der monate eröffnete, macht dk
sage dann einen künstler Mamurius, der die elf schilde nach dem
musler des ersten verfertigt. Auch da nach dem neuen kalender
der Januarios der erste der monate ward, blieb die feier des Mar«
Uns als anfang des natürlichen jahres mit dem frühling, und die
volksthümliche sage bleibt in ihrer daroteUung bei der alten ein*
heimischen 6itte und fafst auch den Numa als begründer der al-
ten, nicht der neuen jahreseintheilung.
Wie nnn in Rom die sage den gründer des saliercultus Ma-
murius nennt, so bei den Vejentem Morrins (Serv. Virg. Aen.
Ylil, 285). Diese latinisirte form eines etrurisehen namens scheint
zu dem einfachen stamme Mar in demselben Verhältnis zu stehen,
wie Mamurius zu dem reduplicirten Marmor. In Morrins schwächte
sich das a nach herantreten des affixes an den stamm zu o, wie
in do-(t)-e do-nnm vom stamme da und wie in portio von
part. Ein name Maris findet sich auf etrurisehen götterdarstellun-
gen als bezeiehnnng eines starken Jünglings (Gerhard, zeitschr. für
alterthumsw. 1847, no. 85). Dafs auch dieser den stamm maa,
mar enthält und mit dem sinne: der männliche, der starke ein dem
römischen Mars ähnliches wesen, oder Mars selbst bezeichnet habe,
liegt zwar nahe, kann aber erst vollständig erwiesen werden durch
das verständniü der etrurisehen spräche, das uns noch verschlos-
sen ist Jenen könig Morrius aber für gleichbedeutend anzusehn
mit Mamurius d. h. ebenfalls als eine bezeichnung des monats
Martius, dafür spricht die ähnlichkeit des namens wie der sage.
12 CorMen
Es bleibt nun noch zu erwägen, welche bedeutung die redu-
plioation für den namen Marmar, Marmor, Mamurius hat, und dazu
genügt es, ohne zu wiederholen, was die vergleichende Sprach-
forschung über die redoplication bereits festgestellt hat, an ein-
zelnen erscheintragen im lateinischen die bedeotnng desselben zu
beobachten. Am natürlichsten bezeichnet zunächst die Wiederho-
lung des Wortstammes die Wiederholung der Vorstellung, die im
sprachlichen laut verkörpert erscheint, indem die spräche die sinn-
liche Wahrnehmung malend nachahmte. So bezeichnet lalare das
trällern des Wiegenliedes, tintinnire und tintinnare klingeln, nlu-
lare heulen, susnrrare flüstern, murmurare murmeln, titubare stot-
tern, pipire, pipare nnd pipilare piepen, bubire das dumpfe schnar-
ren der rohrdommel, bubulare das schreien des uhu's, gingrire
das schnattern der gänse, baubari das klaffen des hundes, cncurire
das kikriki des hahnes, cuculare den kukukschrei. Von diesem
einförmigen klang ihrer stimme sind dann die reduplicirten namen
von vögeln abgeleitet: pipio der junge vogel, turtur, turturilia
die turteltaube, upupa der Wiedehopf, ulula die eule, cuculus der
kukuk, bubo der schutra, cicirrus der haushahn. Was die Wie-
derholung gleichartiger töne nacheinander für das ohr, ist die
Wiederholung gleichartiger färben nebeneinander für das äuge.
Daher dient die redoplication auch zur bezeichnung solcher dinge,
die dem äuge als eine menge gleichartiger einzelheiten nebenein-
ander erscheinen z. b. furfur kleien, papaver mohn, cincinnua
lockengekräusel, populus volk. Auch der schimmernde und flim-
mernde glänz, der dem äuge als eine schnell wiederholte lichtbe-
wegung erscheint, wird in einzelnen Allen durch reduplicirte Wör-
ter bezeichnet z. b. titio(?) der glimmende feuerbrand, marmor der
glänzende marmorstein, cicindela das funkelnde Johanniswürm-
chen. Man wiederholt den satz in der rede, das wort im satze,
das man besonders hervorheben will, und doppelt gesagt ist stär-
ker und eindringlicher gesagt. So scheint in den ersten benen-
nungen der lallenden kindersprache mamtna, papas, tata, die das
lateinische mit vielen sprachen gemein hat, die Wiederholung des
wortstammes die eindringlichkeit und Innigkeit der noch mit
mühe gestammelten anrede auszudrücken. So scheint auch in
dem gebet der alten feldpriester die reduplication des gottesna-
mens die eindringlichkeit und Innigkeit des anrufes auszudrücken.
formen and bedeotnngen des namens Mars in den ital. dtalekten. 13
4) Die lateinische form Mars und die umbrischen
Marte, Marti, Martier.
Es -kommen nun diejenigen bildungen des gottesnamens in
bet rächt, bei denen ein t an den einfachen oder reduplicirten
stamm herangetreten ist. Indem dies t im lateinischen an den
stamm herantrat, entstand die gangbarste benennnng des got-
tes: Mars» Es ist also zu untersuchen, wie ein solches t als
affix oder als rest eines affixes im lateinischen erscheint Von
geringerer bedentnng sind für den vorliegenden zweck die falle,
in denen das t zur bildnng eines abstrakten substantivum aus
einem verbalstamm verwandt erscheint, wie inmor-t, for-t. ar-t,
do-t, men-t, gen-t, weil sie die bedeutung des t in Mars nicht
aufklären. Besser für diesen zweck passen schon die beispiele,
wo das t an die verbalwurzeln sta, da, i herantritt: Prae-sti-t-es
(Lares), Anti-sti-t-es, super-sti-t-es, Sacer-do-t-es, com-i-t-es, denn
hier bezeichnet das t offenbar die person. Von derselben art ist
das t, mittelst dessen aus Ortsnamen namen von personen d. h.
einwohnern oder umwohnern gebildet erscheinen: Tuder-t-es,
Tibor-t-es, Picen-t-es, Fiden-t-es, Fucen-t-es, Nar-t-es. Am
genausten pafst aber für Mars ein beispiel, wo das t dazu dient,
von einem vorhandenen personennamen einen neuen zu bil-
den, nämlich von dem namen des hausgottes Lar den Vorna-
men Lar-(t)-s. Dieser vorname stammt bekanntlieh aus Etru-
rien, wo ihn die könige Porsenna und Tolumnius fuhren. Die
etrurischen formen desselben sind Larth, Larths, Lart*) Aus
Etrurien wandert der vorname nach Rom, wo ihn ein consul
Lars Herminius fuhrt (Liv. III, 65). Von dem Vornamen ist der
geschlechtsname Lartii gebildet, der einem ursprünglich etruri-
schen geschlecht gehört, das seit Porsennas zeit in Rom auftritt
Das beispiel Lars fär Mars kann aber deshalb vollständig als ana-
logie aas dem lateinischen gelten, weil die Römer alle ursprüng-
lich etrurischen namen, die sie sprachen, nach den gesetzen ihrer
lautlehre, Wortbildung und wortbiegung gestalteten, sobald sie zu
derselben nicht stimmten. So wird Lanchme zu Lucumo, Arnth
*) So am häufigsten auf den grabinschriften des geschlechtes der
Fete Lanzi Sagg. di ling. Etrasc. II, 73 ff. Mit anderen Suffixen gebil-
det finden sich von demselben stamme Laris und Larce.
14 % CoMMIl
zu Aruns, Tarchofiu zu Tarqumius, Cfelne zu Ciloius u. a.*) So
muß auch Lara neben den etruskischen formen Lart, Larth,
Larths als römische Wortbildung gelten. Sind doch auch die na-
men der Etrusker Porsenna und Tolumnius in der gestalt, in wel-
cher wir sie haben, römische Wortbildungen.
Der gebräuchlichsten römischen form Mars entspricht die
umbrisehe, von der auf den Igavinischen tafeln nur die dative
Marte, Marti vorkommen in folgenden opfer Vorschriften:
Tab. Ig. I, a. 12: (Aufr. und K. II, p. 186) Marte Krapuvi
fetu ukripe Fisiu tutaper Ikuvina d. h.: Marti Grabovio facito
pro monte Fisio, pro civitate Iguvina.
VI, b. 1: Marte Grabovei in demselben zusammenhange.
I, b. 2: Marte Hurie fetu popluper tutas Ijuvinas, tutaper
Ikuyina d. h. Marti Hodio facito pro populo civitatis Iguvinae, pro
civitate Iguvina. (A. u. K. II, 234). Ebenso
VI, b. 43: Marte Hone fetu . . et d. h. Marti Hodio faeüo.
Endlich:
II, a. 11 : Ahtn Marti abrum perakne fetu, von welcher for-
met mit Sicherheit die worte — Marti aprum — facito erkennbar
sind (A. u. K. II, 379ff.).
Aufserdem findet sich ein dem lateinischen Martins entspre-
chendes bei wort auf den Igavinischen tafeln, namentlich häufig
anf der Vorderseite der siebenten als bejwort eines gottes Cerfua,
der durch dasselbe dem Mars in irgend einer weise angehö-
rig oder untergeordnet bezeichnet wird. Davon finden sich der
vocativ Gerfe Martie, der dativ Cerfe Martie und Cerfe Marti
und der genitiv Cerfe[s] Marlies und Cerfer Martier (vgl. Aufr.
und Kirchh. II, 265). Aufserdem findet sich der genitiv in der
Verbindung piquier Martier, wahrscheinlich in der bedeutung pici
Martii, wodurch umbrisch wie lateinisch der specht als heiliger
vogel des Mars bezeichnet scheint (das. II, 367).
Ein anderes beispiel dafür, dafs im umbrischen ein t unmit-
telbar an eine nominalwurzel herangetreten erschiene, findet sich
nicht, wie auch auf den umbrischen Sprachdenkmälern kein auf
*) Eine Zusammenstellung etrurischer namen findet sich bei G. T.
Grotefend: Neues archiv für pbilologie und pädagogik 1829 p. 107—112.
Die frage, welche von den dort aufgeführten geschlechtsnamen von
Etrurien nach Rom und welche von Rom nach Etrarien gewandert
seien, ist noch nicht gelöst. Ich habe daher nnr einige von unzweifel-
haft ctrurischem Ursprung angefahrt
formen und bedeutnngen des namens Mars in den ital. dialekten. 15
rt auslautender nominalstamm vorkommt. Es zeigen aber die
nrnbrisefaen ableitungssuffixe: men, no, ro, to, klo (lat. clo, colo),
flo (lat bulo), feie (lat. bilis), tur, ter (lat. tor); ari, all, ano,
ino, asio (lat. ario) all, itia, io, iio (ejo), ko (vgl. Anf. u. K. I,
162 L) eine solche Übereinstimmung mit lateinischen suffixen, dafs
anbezweifelt Mart im umbrachen ganz dieselbe Wortbildung ist
wie im lateinischen. Da£s auch im nmbrischen vor herantreten
des affixes t das s zu r sank, erhellt daraus, dafs sich selbst im
neuumbrischen gerade wie im lateinischen ursprüngliches s hielt,
wo es durch eine folgende tenuis gestützt ward z. b. esis- co
(cum his), esunes»co, pesondris-co, veris-co (das. I, 104) und die
2te pert. sing, fut II. fust (faerit), benust (venerit) verglichen
mit den pluralformen ambre — furent (ambiverint), benurent
(venerint). Dafs schon im altumbrischen frühzeitig auslautende!
s zu r sinken konnte, zeigen passivformen wie terkantur, emantur,
wo das t aus dem s des reflexivpronomens entstanden, und der
nominalstamm pir (m>Q) neben (vorauszusetzendem) sanskrit puvas
(Aufr. und K. I, 36. 105)').
Im lateinischen wie im nmbrischen ist also das t an den aus
Mas entstandenen stamm Mar unmittelbar herangetreten zur be-
zeichonng einer bestimmten persönlichkeit.
Hit derselben bedeutung erscheint das t auch in namen, die
mit den suffixen ati, iti (oder at, it?) et gebildet sind. Hierher
gehören die zahlreichen völkernamen auf ati wie Arpinates, Fide-
nates, Attinates u. a., mit denen die adjectiva summas, primas,
infernas supernas in suffix und örtlicher bedeutung des grundwor-
tes stimmen. Umbrisch haben dasselbe suffix die völkernamen
Atiieriate, Kureiate, Museiate, Tarinate u. a. Namen mit dem suf-
fix iti sind Samnites, Quirites, Caerites, Curitis (Juno) aus Samni»
ites, Quiri-ites, Caere-ites, Curi-itis von curia = hasta, woher
das i lang im gegensatz zu coelites, alites, equites u. a. Pott
(etym. forsch. II, 559) erklärt das a wie das i in diesen beiden
Suffixen für die sanskritwurzel i und ya (ire). Möglich, dafs auch
das suffix et in dem götternamen Indig-etes so zu erklären, dafs
das e desselben nur eine abschw&chung jenes i ist, und dafs, wie
*) Dafs nmbr. utur=ador aas alas entstanden, bleibt zweifelhaft,
da ein adjectivam adosiosos fÖr adoriosas im lateinischen sich nirgends
findet, sondern von Th. Bergk Comment de carm. Saliarium relL pregr<
1847—1848 p. 3 aus den bachsUben o dori eso gebildet ist.
16 Corssen
Pott annimmt, in Tiburtes, Camertes, Fidentes u. a. dieses i ganz
geschwanden ist Für Mars und Lars gilt dies aber deshalb nicht,
weil hier das grnndwort kein Ortsname, sondern ein personenname
ist; hier ist das t ebenso anmittelbar an den stamm getreten wie
in iners, exspers, demens u. a. In allen diesen namen aber be-
wahrt das t, mag es nun mittelst einer verbalwurzel an das grund-
wort angefügt sein oder nicht, die demonstrative kraft der hin-
weisung auf eine bestimmte person, wie in den griechischen Suf-
fixen rrjgf ny(>, tOQ. Ob jene Suffixe auf dem boden der italischen
dialekte die gestalt at, it, t oder mit vokalischer deklination die
gestalt ati, iti, ti hatten, ist nicht mit Sicherheit zu erkennen.
Die ablative sing, auf e in Arpinate, Samnite, Marte, parte spre-
chen für die erste, die genitive auf ium in Arpinatiam, Qairitinm,
partium für die zweite annähme.
Nachdem somit das simplex Mars erklärt ist, mufs die erör-
ternng des compositum Marspiter, die oben nicht zu ende gebracht,
wieder aufgenommen werden Dafs und warum dieses eine mi£s-
bildong sei, ist bereits nachgewiesen. Es steht wesentlich auf
einer stufe mit solchen schon im sogenannten silbernen Zeitalter
der lateinischen spräche hervortretenden Wortbildungen wie ra-
muscnlos, domuscula, lacoscalus, wo das suffix ganz anorganisch
an die nominative ramus, domus, lacus gehängt ist. Zu diesem
mifsgriffe verleiteten Wortbildungen wie corpuscalum, mnnuscu-
lam, musculus, pluscalum u. a., wo dasselbe suffix culo an den
wortstamm trat, den man falsch als norainativ fafste. Man kann
also Marspiter, wenn es nicht blofs verschrieben ist, nur ansehen
als eine art erklärende form für Maspiter, in der statt der alten
ans dem sprachbewufstsein geschwundenen form Mas die gebräuch-
liche Mars eingeschmuggelt wurde, um die bedeutung des wortes
wieder deutlicher zu bezeichnen. So entstand zwischen Maspiter
und Marspater die zwitterform Marspiter. Aus dem bestreben be-
deutung und abstammung eines compositum wieder zu verdeutli-
chen scheint es hervorgegangen r wenn spätere Schriftsteller die
organische abschwächung des a zu. e oder i in der Zusammen-
setzung von verben mit präpositionen unterlassen, wie in deha*
beo, desacro, in&rcio, obcanto, peranno, praecarpo, praejacio u. a.,
eine sehr übel angebrachte etymologische reflexion, welche die
unmittelbare sprachschöpfung meistern wollte ohne einsieht in
das wesen derselben.
formen und bedeutungen des namens Mars in den itai dialekten. 17
5) Die lateinische form Mavors und Mavortius pater.
Was über die bildung der formen Marmor und Mars gesagt
ist findet bei der erklärung der form Mavors anwendung. Wie
an den einfachen stamm Mar das suffix t herantritt, so ist es an
den redaplicirten stamm Marmor gefugt, und nach dem herantre-
ten desselben schwand das r vor m ebenso wie in Mamurius. So
entstand die vorauszusetzende form Mamors und durch sinken des
zweiten m zu v Mavors. Doch die möglichkeit dieses consonan-
tenwechsels bedarf noch eines beweises. Für ein unmittelbares
umschlagen des m zu v im inlaut lateinischer Wörter weifs ich
kein beispiel. Daher nehme ich an, dafis zunächst das m zu b
ward wie in hibernus ans hiems, skr. hima, griech. ^etpcoV (Pott
I, 141) und in der von Festus aufbewahrten form dubenus für
dominus verglichen mit sanskr. dama, griech. dopog, depoo, goth.
timrjan (Pott I, 261). Dann erweichte 'sich das b zu v. Die
Verwandtschaft dieser beiden laute ist bekanntlich so nah, dafs
sie in der schritt älterer Sprachdenkmäler häufig verwechselt wer-
den (Schneider lat. gramm. I, 227). Für den vorliegenden zweck
genfigt es einige sichere fälle beizubringen, wo b zwischen zwei
vocalen im inlaut zu v sank. So steht Fovii neben Fabii (Fest.),
Sevini neben Sabini, Sabus (Plin. H. N. III, 12) Avella neben
Abella aus Aperula d. h. Eberstfidt, wie Atella aus Aterula (osk.
aderl . . . Mommsen: die unteritalischen dialekte p. 245) d. h.
Schwarzburg, Stovenses neben Stobenses Stobi. Im späteren la-
tein findet sich auch lavor statt labor, manu via statt mannbia
(Schneider a. a. o.) und ähnliches*). Dafs also in Mavors das
ursprüngliche m durch die mittelst ufe b zu v abgeschwächt wer-
den konnte, wird man wohl zugeben. Es läfet sich auch ein
grund dafür angeben, nämlich die auch im lateinischen nicht sel-
ten hervortretende neigung der spräche gleichen coosonantischen
anlaut zweier auf einander folgenden silben durch dissimilation
der consonanten zu vermeiden**) Im lateinischen trifft diese
Wandlung den consonanten entweder an der ersten oder an
*) Bei rabula, ravas, Cebenna, Cevenna, loberna, Iaverna, Sabio,
Savio wage ich nicht zu bestimmen, ob b oder v ursprünglich war;
ebenso bei fribolns, frivolos.
**) Pott, etjm. forsch. II, 66 ff. hat die ausgebreitete Wirksamkeit
dieser dissimilation in den indogermanischen sprachen durch eine reiche
beispielsammlnng erhärtet
IL 1. 2
18 Corasen
der aweiten stelle; dann schlägt derselbe entweder in einen an-
deren consonanten derselben lautföhigkeit um. So tritt tennis
für tenois ein in Otricoli für Ocricoli (von ocris=mons), me-
dia für media in Bedriacom für Bebriacam (vergl. Ligures Be-
biani und bebra wurfspiefs), liquida für liquida in Parilia für Pa-
lilia (fest der Pales), caerulens für caelnlens (von caelnm). So
tritt ein and dasselbe suffix in der gestalt alis an die auf r, in der
gestalt aris an die auf 1 auslautenden nominalstämme z. b. con-
sularis, collaris, talaris, oeuiaris, alaris u. a., hingegen rnralis, rau-
ralis, augaralis, corporalis, pectoralis, am den gleichen anlaat der
beiden letzten silben zu vermeiden. Oder der eine der beiden
consonanten trübt sich zu einem anderen desselben organes. So
wandelt sich der Zungenlaut in meridies für medidies und deli-
cavit für dedieavit (Fest. p. 73); der kebllaut in jugulum für gu-
gulum; der lippenlaut in dem flulsnamen Fab&ris neben Farförus
(indem das r wie in pejero, susum, Mavors u. a. schwand). Einen
beleg für die dissimilation des m zu b und v bietet ein aus dem
lateinischen in andere sprachen übergegangenes rednplicirtes wort,
nämlich Iah marmor, franz. marbre, engl, marble, ungarisch mär-
väny (Pott II, 97). So ist also auch das v in Mavors aas m
durch dissimilation entstanden. In derselben bedeutung wie Marti
patri steht auf einer römischen inschrift auch Mavortio patri
(Orelli €. I. 1348 vgl. 1347). Die in einer restituirten Tnscula-
nischen inschrift: M. Fourio C. F. Tribunos militare de praidad
Mavrte dedet (Mommsen p. 276) vorkommende form Mavrte ist
schwerlich mehr als verschrieben für Mavorte. Der aasfall des
o und das herantreten des v an den folgenden consonanten ist
wenigstens lateinischen lautgesetzen nicht gemäfe. Denn in com-
positis schwindet das v zwischen zwei vocalen vor folgendem o
z. b. de-orsum, se-orsnm und dann verschmolzen die vocale in
der regel wie z. b. in malo, prorsus, rursus u. a. Jedenfalls ist jene
inschrift nicht zuverlässig genug, am auf sie Schlüsse zu gründen.
6) Die form Mamers im oskischen und sabinischen
dialekt.
Die oskische form des gottesnamens ist Mamers (Fest. p. 131
Muell. Diod. XXI, p. 493 Wess.) und von ihr gebildet sind die
osk. adjeetivformen papegzwo =Mamertiua, /ua^TwotTi' =Mamer-
tinorum (Mommsen p. 276), der name der bruttischen stadt Map%Q-
rwr (Strabo VI, l. 9) und der osk. vorname Mamercos. Es ist
formen und bedentungen des namens Mars in den ital. dialekten. 19
klar, daÜB man auch bei der erklärung von Mamers auf die redu-
plicirte grundform Mannar zurückzugehen hat, und ea fragt sich,
ob auch nach oakiachen lautgeaetzen 1) das sinken des a zn e,
2) die abschwächang eines ursprünglichen s za r, 3) das gänz-
liche achwinden desselben vor m, 4) das herantreten des Suffixes
t erklärt werden kann. Um den ersten pnnkt zu erläutern muls
die lateinische lautlehre zu hülfe gezogen werden. In Mamers
liefae sich die abschwächang des a zu e in der zweiten ailbe nach
lateinischem lautgesetz auf doppelte weise erklären, je nachdem
man sich dieselbe vor oder nach dem herantreten des aüßxes t an
den stamm eingetreten denkt. Im letzten falle bewährte sich auch
an Mamers die bekannte abschwächung des a zu e in geschlosse-
ner silbe, wenn durch reduplication oder compositum das wort
einen vorsalz erhält und somit eine Verminderung des tones der
Stammsilbe eintritt z. b. in der compositum mit pronomen expers,
coerceo, condemno, Antemnae (d. h. ante amnem sitae) mit der
negativen partikel in: inermis, iners, indemnis, ineptus, mit Zahl-
wörtern: biennium Iriennium u. s. w. und in der composition von
zwei Substantiven: Lup-ercus (Lupum-arcens); ebenso bei der
reduplication von verbalstämmen z. b. fefelli peperci. Es lädt
sich aber zweitens auch denken, dafs das a in Marmar sich vor
dem herantreten des t an den stamm zu e schwächte, da auch in
offener silbe vor oder nach r in der lateinischen composition und
reduplication dasselbe statt findet z. b. Gradior ingredior, pario,
reperio, peperi. Die besten belege dazu geben zwei reduplicirte
auf r auslautende stamme, nämlich farfarus (der huflattich), wo-
für auch farferus vorkommt, und lat. carcer neben griech. xctQxa-
qov. Die neigung den vorhergehenden vocal zu e zu schwächen
zeigt das r auch sonst im lateinischen. So erscheint es aus u ab-
geschwächt in Veneris, generis, foederis u. a. neben Venus, genus,
foedus und in der composition pejero neben perjurium, aus i ent-
standen in teg-e-ris (aus teg-i-s-i-s) neben teg-i-tur. Dieser
Zuneigung des r zu e ist es auch zuzuschreiben , wenn das e in
zusammengesetzten verben vor r unverändert bleibt z. b. congero,
aufero, desero, detero, während es sich sonst zu i schwächt z. b.
diligo, adimo, erigo, contineo u. a. Da auch in Marmor die vo-
calschwächung der zweiten silbe vor herantreten eines t-suffixes
eingetreten, so scheint es angemessener, auch für Mamers die
zweite der beiden angeführten erklärungen anzunehmen und sieh
das t erst an die form Marmar herangetreten zu denken.
2*
20 Corasen
Da sich nun aber auf oskischen Sprachdenkmälern kein schla-
gendes seitenstück zu Mamers findet, so müssen die fälle in be-
traeht gezogen werden, wo das oskische e als abschwächang an-
derer vocale, namentlich eines ursprünglichen a erscheint*) Wur-
zelhaÜes a ist im oskischen zu e gesunken in folgenden fallen:
ofik. mefiai entspricht umbr. mefa, griech. t**Gog, lat. medius, skr.
madhja. Osk. Vereorei, lat. Versori, als beiname des Jupiter,
steht neben voraus (ein oskisches ackermafs) wie lat. vertere ne-
ben vortere, umbr. ku vertu, junger coverto, = convertito neben
kuvurtust = converterit von der sanskritwurzei vart Osk. petora
ist umbr. petur (in petur — pursus = quadrupedibus) lat, quatuor,
skr. catur; osk. dekmanniois = deenmanis und der oskische name
Decimius sind adjeetive von der oskischen zehnaahl gebildet. Dem
entsprechen umbr. desen-duf=:duo-decim, tekuries, jünger de-
qurier = deenriis, lat. decem, griech. dexa, goth. taihun, skr. da-
$an; osk. knmbened = convenit, cebnust = venerit, umbr. bennst,
benurent, benuso, latein. venire, goth. quiman stammen von der
sanskritwurzei gam (Pott I, 260), osk. estud = esto von sanskrit*
wurzel as (sein), vgl. umbr. est; anter ist lat. inter, skr. antar.
In em-bratur imperator ist die oskische praposition en, zu em as-
similirt, gleich umbr. en (z. b. en-tentu), griech. «V und dra,
goth. ana. In per-temust ist die osk. praposition per, latein. per,
umbr. per (z. b. ahtis-per, per-naiaf) auf sankr. pari zurückzu-
führen.
Ursprüngliches a eines Suffixes wird oskisch zu e in folgen-
den fallen: das comparativsufGx skr. tara sinkt osk. zunächst zu
türü (d. h. toro) z. b. puturuspid = uterque und putiiru . . ., dann
weiter zu tero, wie in osk. potereipid und lat. al-tero, griech.
i-t8Q0. Schliesslich fiel das e in der deklination ganz aus z. b.
osk. alttrei = alteri, alttram = alteram , minstreis, mistreis, der
form nach = ministri, dem sinne nach minoris, wie im lat utrius,
neutrum u. a., umbr. e-traf, hu-tra, mes-tru, pu-tres (Aufr. u.
Kirchh. I, 67). Griechisches a von 'HQcudijg ist oskisch zu e ge-
sunken in Herekleis, Herekloi; lateinisches a von Italia ist oskisch
zu e gesunken in Vitelio, name der stadt Corfinium zur zeit des
*) Dies ist um so mehr nöthig, da Mommsen in der oskischen
lautlehre diese und ähnliche Untersuchungen nicht angestellt hat Die
erkenntnifs der ambrischen laullehre ist in dieser hinsieht durch Aufr.
und Kirchhof? schon viel weiter vorgerückt durch masterhafte Unter-
suchungen über die genesis der vocale, sowie über die pathologie der
vocale und consonanten.
formen, and bedeatangen des namens Mars in den ital. dia leiten. 21
bundesgenossenkrieges (Mommsen p. 260). In der flexion des ver-
bum sinkt ursprüngliches a zu e in folgenden fällen: In der oski-
schen 3ten pers. sing. conj. präs. sta-iet entspricht das ie dem
ja des skr. potent ialis der zweiten conjogationsklasse, das sich
im nmbrischen ia bewahrt hat z. b. aseria-ia[m], porta-ia[t] =s
portet, eta-ians=i itent (Anfr. n. K. I, 141), während im oskischen
wie im lateinischen sies, sient, siet das a zn e sank. Aus a ab-
geschwächt ist das e im oskischen, wo der wurzelvocal a war,
in der redaplicationssilbe, so in deded = dedit neben dat von Wur-
zel da, fefacust = fecerit (fnt. II), fepaeid = fecerit (perf. conj.??)
neben faetnd = facito. Umbrisch findet dasselbe statt in fernst =
dederit von wnrzel da, 8estu=sisto, sesnst = stiterit von sanskrit-
worzel sthä lat. sta, pepnrknrent von sanskritwurzel prach n. a.
bei Aufr. u. K. I, 43, vgl. 146; im lateinischen ebenso cecidi, te-
ligi, pepigi n. a. von den stammen cad, tag, pag.
Auf dem boden der italischen dialekte tritt e vor liquiden,
meist in suffixen, im oskischen nicht selten neben oskisch, latei-
nisch, umbrisch u und o anf, und ist dann ab abschwächung
dieser vocale anzusehen. So osk. famel, famelo neben lat famu-
lns (familia), zicel neben zicolom, zicolois, ziculud, comenei ne-
ben comonei, comonom, comono. Aehnlich steht nmbr. ti$el, ka«
tel neben lat. catolus (Anfr. u. K. I, p. 43). Die 3te pers. pass.
zeigt im osk. ter als affix, wo im lat. tur, tor, nmbr. tur. So
osk. vinkter = vincitur oder vincitor, sakarater = sacrator (nicht
res sacra fit, wie Mommsen bei erklärung der weiheinschrift
von Agnone p. 128 übersetzt), sakahiter 3te pers. sing. conj. präs.
von einem osk. verbam saka-nm, der a-conjugation angehörig,
dem der form nach ein lateinisches sancare entsprechen würde,
der bedeutung nach sancire entspricht Umbrisch 3te pers. plur.
conj. präs. pass. terkantur, emantur. Da die erklärung dieser
oskischen formen insofern noch nicht zweifellos ist, als bei ein-
zelnen noch nicht erwiesen, ob man sie als indicative oder als
imperative anzusprechen hat, so mufs die frage hier noch ruhen,
in welchen von ihnen ein ursprüngliches a erst zu u oder o und
dann weiter zu e geschwächt ist. Die oskische o - declination bil-
det ihren genitiv auf eis und den locativ auf ei. In beiden fäl-
len ist der ableitungsvocal ti=o, der sich in den übrigen casus
dieser declination erhalten hat zu e gesunken. Vgl. suveis=sui,
tereis= terrae, terei=in terra mit hortoi=:horlo (dat), aragetud
= argento, degetasios=dictatores (nom. pl.)9 abellanum=Abeiia-
norum, abellanois=:Abellanis.
22 Corssen
Ans i entstanden ist e in amfr-et = anibit; hier gestaltet sieh
die wurzel i gehen osk. zu e wie im Iat. eo, eunt und im nmbr.
fast immer z. b. etu = ito, eneto = inito, upetn = obito, amprehtu,
apretn = ambito, etaians = itent. Dafs im oskischen wie im la-
teinischen ein folgendes r ein vorhergehendes i zu e schwächen
konnte zeigt die form Ninmeriis = Nnmerins neben Niumsieis =
Nnmerii. Ans der ursprünglichen form des namens .Niumiaiis
ward nämlich entweder durch sinken des s zu r zwischen zwei
▼ocaten Ninmeriis oder das i ward vor s unterdrückt etwa wie
in Pupdiis neben Pupidiis, und dann bekam das s halt durch das
vorhergehende m und blieb in Niumsieis.
Die häufige abschwächung eines ursprünglichen a zu oskisch
e bewährt sich also auch in Mamers neben den lateinischen for-
men Marmor, Mavors, Mamurius, wie in den oskischen passivfor-
men auf ter neben den lateinischen und nmbrischen auf tur und
tor. Oben ist gezeigt, wie im oskischen das comparativsufißx tara
sich erst zu toro dann zu tero schwächte und wie auch sonst
das oskische e als Schwächung eines italischen u und o erscheint.
So wird man auch das oskische e in Mamers als eine stärkere ab«
Schwächung des ursprünglichen a von Marmar anzusehen haben
wie das lateinische o und u in Marmor, Mavors, Mamurius.
Es sollte zweitens untersucht werden, ob ein sinken eines
auslautenden s zu r, wie es oben für das lateinische Marmar,
Marmor nachgewiesen ist, auch nach oskischen lautgesetzen ge-
rechtfertigt werden kann. Es ist behauptet worden, im oskischen
sänke s nie zu r. Wäre dem so, dann müfste man annehmen,
dais der oskische dialekt den ursprünglichen stamm von Mamers
Mas nicht gehabt, sondern ihn erst in der gestalt Mar oder re-
duplicirt Marmar überkommen habe. Denn dafs namen in einem
dialekt nach dessen besonderheiten gebildet und in schwesterdia»
lekte fertig übertragen werden, ist nichts seltenes. Aber jene be-
hauptung ist unrichtig*) und um das darzuthun, ist es nöthig
*) Mommsen; die unterital. dial. p. 236, 359 behauptet, der rkota-
cismu8 sei dem osk. völlig fremd, p. 225 mufs er doch alle anerkennen,
wo er eingetreten ist, und dann schliefst er, da der rhotacismus dem
oskischen fremd sei, so könne im oskischen so wenig wie im lateini-
schen das schließende r der passiv formen aus dem 8 des reflexivprono-
mens 3ter person entstanden sein. Schwerlich wird jemand dieser
schlnfsfolge beistimmen, um darauf hin ein sicheres ergebnifs der ver-
gleichendes Sprachforschung zu verwerfen.
formen und bedeatangen des namens Mars in den ital. dia leiten. 28
das oskische s an den stellen zn beobachten, wo es im lateini-
schen zu r sinkt, nämlich im inlaut zwischen zwei vocalen und
im anslaut.
Für alle fälle, wo sich oskisches s zwischen zwei vocalen
gewahrt hat, finden sich analogieen aus dem lateinischen und um*
brischen. Für wurzelhaftes s in dieser Stellung findet sich nur
ein beispiel nämlich osk. aasai (dativ), dem altlat asa, altumbr.
und neuumbr. asa entspricht Im suffix bleibt das s zwischen
fcwei vocalen in FJu-usai = Florae und flusare = florali. Hier hat
das lateinische das ursprüngliche s nur im auslaut von flos ge-
wahrt, wo das nackte thema als nominativ steht, sonst zu r sin*
ken lassen. Das oskische adjectivsuflix asio in degetasis, vereha-
sioi, purasiai, fluusasiais findet sich im altombrischen kurclasiu,
plenasier, sestentasiarum, urnasiarnm nnd auch im lateinischen,
wenn auch selten: Vespasius Vespasianus, amasins, amasio.
Ursprünglich zwischen zwei vocalen stehendes s hält sich im
oskischen wie im neuumbrischen und neulateinischen, wenn einer
der beiden vocale ausfällt und sich das s nun an einen consonan-
ten anlehnt. Daher hat sich das 8 von der dten pers. conj. des
verbum substantivum set = sit gehalten, wo bei der verbalbildung
das e hinausgedrängt ist z. b. fu-st« dicu-st. hipu-st, pruhipu-st,
während es im lateinischen in den entsprechend gebildeten for-
men fuerit, dixerit, habuerit, prohibuorit zu r sank, weil die bei-
den vocale sich hielten. Ganz auf einer stufe mit diesen oski-
schen formen stehen die neuumbrischen singularformen fu-st,
benu-st, covorta-st, während die pluralformen wie benu-rent,
faku-rent, ambrefu-rent schon im altumbrischen aus demselben
gründe wie die lateinischen venerint, fecerint, ambiverint ihr s
zwischen zwei vocalen zu r sinken lassen. Eine entsprechende
oskische pluralform ist uns leider nicht aufbewahrt. Jene» oski-
sche a konnte vor einer tenuis ebensowenig zu r sinken, wie
oben im lateinischen und umbrischen nachgewiesen ist. Daher
bewahren es oskisch und lateinisch minstreis = ministri aus min-
us-tero. mit doppeltem comparativsuf&x gebildet neben lat. minor
und oskisch kvaisstur = quaestor neben lat. quaero.
Wie der folgende consonant oft der rettungsanker des s ge-
worden ist, so konnte es im oskischen auch ein vorhergehender
werden, wenn der vocal zwischen diesem und dem s wegfiel. So
bewahrte osk. opsannam (aus opsandam) =lat. operandam das
ursprüngliche s von opus* indem sich nach dem ansfall des vor-
24 Corssen
hergebenden e das s an das p lehnte. Dafs dies richtig ist, ja
dafs das oskische in einem und demselben wort beide wege ein*
schlagen konnte, zeigt die schon oben erwähnte form Niumsieis
neben Niumeriis, von denen die erste von der ursprünglichen form
Niumisio das s rettete, indem der vorhergehende vocal ausfiel, die
zweite das s zwischen zwei vocalen zu r sinken liefs, welches,
dann das vorhergehende i zu e schwächte, wie das lateinische
Numeriu8 aus Numisius entstanden ist. Auch das lateinische
athlägt denselben doppelten weg ein. In den alten perfektformen
faxint = fac-sint, axint = ag-sint hielt sich das ursprüngliche s
von sint an den vorhergehenden consonanten gelehnt, in den ge-
wöhnlichen formen fecerint, egerint sank das s zwischen den bei-
den vocalen zu r.
Dafs das s auch im oskischen zwischen zwei vocalen leicht
eine Schwächung erleidet, zeigt sein Übergang in z in fallen, wo
es umbrisch und römisch zu r sank. So im oskischen pronomen
izik, umbr. erek, altosk. eiso, neuosk. eizo, umbr. eru, so in der
form der a-conjugation censazet, dessen zet aus set geworden ist
= lat. censuerit. Der gen. plur. der a-declination ist aus einem
ursprünglicken asum osk. zu azurn, umbr. und lat. zu arum ge-
worden. Bei Aufrecht und Kirchhoff (1, 108) ist vortrefflich nach-
gewiesen, dafs in diesem sinken des s zu z das oskische mit dem
gothischen gleichstehe und dafs das z einen sanfteren laut ge-
habt haben müsse, der den Übergang des s in r vorbereitet habe.
In der form Niumeriis zeigt sich, dafs dieser Übergang wirklich
erfolgen konnte.
Dafs auch im auslaut s zu r sinken konnte, zeigen die pas-
sivformen vincter, sacarater, sakahiter, lamatir, deren r wie im
latein. passivum und in den umbr. passivformen emantur terkan-
tur aus dem s des pronomen reflexivum dritter peroon entstan-
den ist, wie die vergleichende Sprachforschung überzeugend dar-
getban hat. Weiter unten wird auch aus dem sabinischen dialekt
ein beispiel einer ähnlichen passivbildung beigebracht werden.
Hier ist also pronominales s im auslaut zu r geschwächt; dafs
wurzelhaftes s dasselbe erlitten, dafür geben die oskischen denk-
mäler kein beispiel, aber auch ebenso wenig eines, in welchem
ein solches s sich gehalten hätte.
Da man also zugeben mnfs, dafs das sinken des s zu rsich
im umbrischen, oskischen, lateinischen und sabinischen dialekt
unter denselben lautlichen bedingungen findet, nur dafs es im
formen and bedeutungen des namens Mar* in den ilal. dialekten. 35
neuumbrischen am weitesten am sich gegriffen hat, weniger im
altombrisehen und lateinischen, am wenigsten im oskischen und
sabinischen , dafs ferner in jedem dieser dialekte sowohl bei ver-
schiedenen Wörtern zu derselben zeit als bei demselben wort zu
verschiedenen Zeiten Schwankungen statt gefunden haben, so ist
auf dem boden des oskischen die entstehung einer form Mar aus
Mas erklärlich, obgleich man aus den wenigen auf uns gekomme-
nen oskischen sprachdenkmalern nur das sinken auslautenden pro-
nominalen 8 zu r durch beispiele belegen kann.
£s wäre drittens ein beispiel aus dem bereich der oskischen
spräche nachzuweisen, wo t als suffix oder rest eines Suffixes an
einen auf r auslautenden stamm so tritt, wie in Mamers anzu-
nehmen, und oben für Mars erwiesen ist. Ein solches beispiel
bieten indefs die oskischen Sprachdenkmäler nicht. Allein mau
überblicke nur die oskischen suffixe, die hier nur nach ihrer äafse-
ren gestaltung übersichtlich zusammengestellt werden mögen: a,
o* i; men (in mento), imo; no, ano, ino, inio, onio; ulo, clo, ilio;
ro, ri, erio, irio, erno; asio, isio, ivo, iio = aiio = eia (lat~ ejus,
eja, vgl. Aufr. u. K. I, 24, 163 umbr. iio) io; co, ico$ to, tur, ter,
iio, toro = tero, ati, ato, atio, atu, eta, etio, itio. Jedes dieser
einfachen oder mehrfaltigen suffixe findet sich im lateinischen.
Man ist daher berechtigt anzunehmen, dafs auch das herantreten
eines t an einen stamm wie mar der oskischen Wortbildung ebenso
angemessen ist wie der lateinischen.
Von dem Wegfall eines s oder daraus entwickelten r vor m,
der in Mamers anzunehmen ist, findet sich zwar kein weiteres
beispiel; aber dafs der oskische dialekt die Verbindung sm rm
nicht liebte, geht daraus hervor, dafs sich für dieselbe ebenfalls
kein beispiel findet*). Es wird also wohl nicht gewagt erschei-
nen auch für das oskische Mamers den Wegfall eines aus s ent-
standenen r ebenso anzunehmen wie für die lateinische form des
namens Mamarias und Mavors, zumal da reduplicationssilben über-
haupt leicht Verstümmelungen und abschwächungen ausgesetzt sind.
Auch bei den Sabinern war die namensform Mamers hei-
misch, ebenso wie der name Mamercus (Varro 1. 1. V, § 73.)
*) Mommsen liest tab.Bantin. 16 posmom, doch die lesart ist sehr
unsicher, da Lepsius Inscr. Umbr. et Ose. Commentat. dos mo XX
liest and die erklärong des Zusammenhanges der stelle noch im argen
liegt.
26 Cornea
Denn Mamercus heifst ein söhn des Sabinen Numa, von dem die
Mamerci Aemiiii ihren namen herleiten (Plut Numa 8.). Wenn
aber die Marcii ein satanisches geschlecht genannt werden, (Plut.
Num. 21) so kann man daraus schliefsen, dafs aach die namens-
form des gottes, von der das sabinische adjcctiv Marcius gebildet
ist, nämlich Mars, bei den Sabinern gebräuchlich war. Daher wer-
den die Marcier denn auch bald von dem Mamercus, dem söhn
des Numa abgeleitet, bald von Marcius einem vetter desselben
(Plut. 1. c. Säet. Caes. 6, Ovid Fast VI, 803 ff.). Wenn vom sa-
binischen dialekt uns nichts erhalten wäre als der name Mamers,
so würde wohl niemand bedenken tragen, diese sabinische Wort-
bildung mit der oskischen zu identificiren. Nun sind uns aber
einige wenige bruchstucke des sabinischen dialektes erhalten, also
müssen diese auch befragt werden, namentlich über die abschwä-
chung des s zu r und das sinken des a zu e in Mamers.
Ein ursprüngliches wurzelhaftes a sinkt im sabinischen dia-
lekt zu e in folgenden fallen: der beiname Ner-on bedeutet sa-
tanisch der starke. Von demselben stamme mit dem suffix ia
gebildet ist der name der göttin Neria (Martis) der gemahlin des
Mars. Dieser name lauiet nach herantreten eines neuen affixes
on: Nerio(n) wie aus amasius amasion oder aus Jov-na Ju-n-o(n).
Nerio bedeutet fortitudo und bildet den accusativ Nerienem, indem
das o sich zu e schwächte wie in Anienem vom stamme Anion.
Die vocativbildung Nerienes setzt einen eben solchen nominativ
voraus, in welchem das nominativzeichen s mittelst des vocals e
an das zu en geschwächte suffix on trat (Gell. N. A. XIII, 22) *).
Desselben Stammes ist das umbr. ner-f = viros und griech. a-rsg,
Ist. ner-vus von der sanskritwurz. nar (Pott I, 106.)
ver-na ist ein sabinisches wort (Fest. p. 372) und ist wie der
latein. name der göttin Ves-ta und der voücische Ves-une (dativ
auf der bronzetafel von Antinum : Mommsen p. 321) und der name
der sabinischen Stadt Ves-bula von sanskritwurzel was = habitare
herzuleiten (Pott I, 279). Die verbalformen f er enter, feret (auf
der bronze von Rapino, Mommsen p. 336. 341) wie lat. ferre,
umbr. fertu, fertuta, ferest, arfertur, jünger arsfertur, anferener
u. a. sind auf die sanskritwurzel bhar zurückzuführen. Der name
der alten stadt im sabinerlande Mefula**) scheint gebildet aus
*) In der form NfiQtvrj bei Lydoe de mens. IV, 42 scheint Nerienes
verwechselt mit Nerine = Nereis , denn das e in Nero n. t. ist kurz.
**) Dion. Halle. A. R. I, 14 steht MqyvX*. Das y läfet hier eben
formen and bedeutungen des namens Mars in den ital. dialekten. 27
einem sabinischen adjectiv, das identisch ist mit oskiseh mefiai,
nmbr. mefs, lat. medius, skr. madhya. Denn dafs der sabinische
dialekt Vorliebe für die labiale aspirata f hatte, zeigen die formen
fasena, fedus, fircns f&r harenä, hedns, hircos. In Mefula ist dann
das j nach dem f verschliffen wie im umbr. mefa. Mef-ula ist
also dem sinne nach soviel wie Medi-ola-num d. h. mittelstädt.
Auch der name der stadt Medullia ist wohl ans Medio -villia ent-
standen und bedeutet dasselbe. Einem griech. a entspricht ein
sabinisches e wahrscheinlich in lepestae = griech. lenaata. *) Das
sabinische Cnpencus soll nach Servias (Virg. Aen. XII, 539) sa-
cerdos bedeuten. Dieses wort scheint ein compositum zu sein,
dessen beide bestandtheile sich noch nachweisen lassen. Der erste
bestandtheil Cup erklärt sich aus Varros notiz (1. 1. V, 159): nam
cyprum Sabine bonum. In Picenum finden sich zwei städte: Cu-
pra montana und Cupra maritima, deren name also eiuen ähnli-
chen sinn hat wie Bononia, Beneventum, und eine Dea Cupra =
Dea bona (Mommsen 350, Grater insc. 1016, 2). In Rom heifst
der Vicus Cyprius (vielmehr Cuprius, wie Sulla nicht Sylla zu
schreiben) = Vicus bonus nach demselben sabinischen wortstamm,
unweit des vicus sceleratus gelegen. Der zweite bestandtheil von
Cupencus : encus ist nichts arideres als ancus = minister (Fest. v.
ancillae 19.), das in dem sabinischen vornamen Ancus erhalten
ist. Davon heifsen gewisse gottheiten Ancuii, Anculae d. h. die-
nende gottheiten, und ancnlare oder anclare bei den alten so viel
als ministrare. Daher ist anciabris = mensa ministeriis divinis
aptata (Fest. p. II) eine Wortbildung wie salu-ber, cele-ber, can-
dela-brum, deren suffix ber nichts anders ist als der verbalstamm
fer, durch welchen das compositum die bedeutung des mittels oder
Werkzeugs enthält, das dem ersten bestandtheil des Wortes dient.
Daher heifsen auch die opfergef&fse, quibus sacerdotes utuntur (Fest,
a. a. o.) anclabria. Vom stamm anc ist ebenfalls gebildet anc-He,
wie von hast : hastile. Ein calendarium bemerkt beim 2. März:
arma ancilia movent, das heifst also: arma ministeriis divinis ap-
tata oder arma, quibus sacerdotes utuutnr, movent — Ancile
heifst also nichts als: geräthschaft zum heiligen dienst, wird aber
sowenig einen richtigen schlufs thnn auf die qnantitlt des e wie in
der griech. form NqQhn neben Nero, Neriene u. a.
•) O. Müllers lesart Varro L 1. V, 123 scheint unzweifelhaft.
28 Corssen
besonders von den schildeu der Salier verstanden.*) Wie nun
im lateinischen minister und ministra häufig den priester und die
priesterin bedeuten, die den gottesdienst verrichten, so heifst sa-
binisch ancas der gottesdiener oder priester, anclabria und ancilia
gottesdienstliche geräthschaflen. So wird auch Camillus und Ca-
milla, der knabe und das mädchen, das beim opferdienst zur hand
ging, administer und administra erklärt (Varro 1. 1. VII. 34.).
Sehen wir nun auf die form, weiche die beiden bestandtheile
des compositum Cupencus in der Zusammensetzung gewonnen
haben. In Cup haben wir den nackten stamm, an den das ad-
jectivum cup-ro sein suföx ro gehängt hat. Das a von ancus
hat sich in geschlossener silbe zu e geschwächt wie in Lup-ercus,
Ant-emnae, Ma-mers. Cup-encus ist eine Zusammensetzung wie
lateinisch mali-corium, sacri-portus, aogi-portos, pleni-lunium,
veri-verbium, vivi-radix und, was wegen des vocalischen anlauts
des zweiten wortes am besten herpafet, cav-aedium. In allen die-
sen Zusammensetzungen enthält das erste wort rein eine eigen-
schaftsbestimmung des zweiten, wie sie ein adjectivum seinem
substantivum beilegt, Cup-encus heifst also wörtlich: guter die-
ner und bezeichnet den geheiligten priester. Solche composita
zur bezeichnung von priestern nach ihren Verrichtungen sind ge-
bräuchlich. So sacerdos der opfergeber, antistes der Vorsteher
(d. h. caerimoniarum et sacrorum Cic. Dom. 39 oder templi Liv.
XXIII, 11), Salisubsuics heifsen die nachtanzenden Salier, im ge-
gensatz zum Praesul, dem vortänzer (vgl. succentores und prae-
centor), Pontifices die br&ckenbauer, bekanntlich vom bau des
pons Sublicius benannt, Luperci die wolfsabwehrenden priester.
Wenn in Cupencus der priester der gute zubenannt ist, so ge-
schieht dies wohl boni ominis causa. So heifst die dienerin der
Vesia in der priestersprache Amata.
Das herabsinken des a zu e in Mamers ist also auch nach
sabinischem lautgesetz gerechtfertigt.
Es bleibt zu untersuchen, in wie weit eine abschwächung
des s zu r im sabinischen dialekt nachweislich ist. Stammhaftes
*) ancile von amb-cidere herzuleiten ist nicht rathsam, denn es
wäre seltsam, dafe im lateinischen vom suffix ili das erste i wegfallen
und in folge dessen der auslautende consonant des verbalstamm es weg-
fallen sollte. Gegen die erklSrung in-cid-ile von inctdere macht sich
ganz dasselbe bedenken geltend.
formen und bedeutnngen des namens Mars in den ital dialekten. 29
s bleibt sabinisch zwischen zwei vocalen in Casinam (d. h. alt«
stadt, wie cas-cus alt, cas-nar greis), ausuin = aurum (Fest. p. 8),
Auselii = Aurelii*), fasena = arena. * Diese formen stehen also
auf einer stnfe mit den altlateinischen asa, Lases. Auch in sabi-
nischen suüQxen ist das s zwischen zwei vocalen erbalten in Va-
lesii, Valesus wie im altlateinischen Leucesie, in Libasius = Liber
und dem städtenamen Vespasia, wie im lat. amasius, amasio(n),
in Papisius wie in lat. Calvisianus, Numisius. Es ist also klar,
dals das sabinische in der bewahrung des s zwischen zwei voca-
len mit dem oskischen und alilateinischen auf einer stufe steht.
Doch scheint ein sinken des s zu r in sabinischen Wörtern eben-
so wenig ohne beispiel wie in altlateinischen und altumbrischen.
Yarro sagt 1. 1. VI, 5: Secundum hoc dicitun crepusculum a cre-
pero. Id vocabulum sumpserunt a Sabinis, unde veniunt Crepusci
nominati Amiterno, qui eo tempore erant nati, ut Lucii prima
luce. Nach diesen Worten ist creperus sabiniscb, wie crepuscu-
lum und Crepusci und von da ins lateinische übertragen; crepus-
culum aber setzt ein sabinisches crepus voraus, wie lat. mnnus-
culum, corpusculum, musculus: munus, corpus, mus. In dem von
crepus gebildeten adjectiv creperus = dämmerig, zweifelhaft (vgl.
Yarro 1. 1. VII, 77) sinkt zwischen den vocalen das s zu r und
dann schwächt das r das vorhergehende u zu e ab. So sind lat.
*) Aus der notiz (Fest. p. 23), dafs die Aurelier vom sonnendienst
den namen hätten, nimmt Mommsen eine sabinische form ansei = sol
an. Allein dafs die Sabiner die sonne sol nannten, sagt Varro 1. 1. V,
27 mit dürren worten: Sol, vel qnod ita Sabini, vel solns ita lucet,
ut ex eo deo dies sit. Die gloase des flesychius: avxtjlwq (wofür M.
richtig avarfloi^ oder ouVijA schreibt) %mq vno TvQfarwv beweist nichts
weiter, ab dafs derselbe stamm ans wie im lat aurora", griech. *«? auch
etrnskisch die morgenröthe bezeichnet, und das und nichts mehr bezeich-
net der name nsil auf elrnrischen metallspiegeln neben Gguren der
Aurora nnd des Sonnengottes. Dafs von diesem stamme ans der name
Anrelii herzuleiten, dafür spricht der in diesem geschlecht einheimische
sonnendienst allerdings. Dafs aber dieser stamm keinesweges, wie
Mommsen ganz ohne beweis annimmt, derselbe ist wie so], ist von
Pott bewiesen, der I, p. 131 sol von dem sanskritstamm swar (coelnm),
hingegen anrom und aurora vom sanskritstamm nah = nrere ableitet.
Varro erklärt daher richtig VII, 83: aurora dicitur ante solis ortum,
ab eo qnod ab igni solis tum anreo ae> anrescat, freilich ohne e6 zu
wissen.
30 # Corssen
von genus tempus, opus, Venus: genero, tempero, opera, Venereos
gebildet.*)
Vor einem liquiden im inlaut sinkt wurzelhaftes s zu r in
ver-na9 wie schon oben gezeigt von sanskritwurzel was (habitare)
wie im latein. veter-nus, or-namentum, während es vor der te-
nnis c in crepnscos, crepasculnm sich hielt wie im latein fuscus,
Etrnscus.
Dafs im auslaut sabinisches s zu r sinken konnte, dafür giebt
es ein bebpieL Auf der bronze von Rapino sind die schon er-
wähnten Wörter ferenter und feret unzweifelhaft richtig von
Mommsen als verbalformen erkannt. Ferenter kann nicht feren-
tes sein, da in der declination das auslautende s auf jener bronze-
tafei stets gewahrt ist, wie in aisos pacris, asignas, aviatas, joves pa-
tres ( jovis patris), ocres (vgl. osk. ocris=lat. mons) und da überdies
ein verbum finitum für deu satz erfordert wird, während weiter
keine verbalformen erkenntlich sind. Also beweist ferenter, mag es
nun feruntur, ferantur oder feruntor bedeuten, dafs das sabinische
dieselbe passivbildung hatte, wie das lateinische, umbrische und
oskische, d. h. dafs das auslautende r aus dem s des pronomen
reflexivum dritter person entstanden ist. Sehen wir also hier sa-
binisches s im inlaut und auslaut unter gleichen bedingungen wie
im lateinischen zu r werden, so wird es wohl nicht zweifelhaft
sein, dafs auch das sabinische wie das lateinische, umbrische und
oskische den stamm mas'zu mar wandeln konnte, wenn sich auch
unter den wenigen sabinischen worten keine analogie für wur-
zelhaftes s im auslaut findet.
Das herantreten eines t zum zweck neuer Wortbildung an
einen auf r auslautenden stamm findet wie in Mamers statt bei
den namen der sabinischen gottheit Fors und Fortuna vom stamme
fer skr. bhar, deren gestalt im sabin. dialekt mit der lat. form
überein kommt. Für den wegfall oder das verbleiben eines aus s
*) Varro sagt 1. 1. V, 74: Et arae Sabinam Hnguam olent, quae
Tati regia voto sunt Romae dedicatae. Dann nennt er «anter den gott-
heiten, denen sie geweiht sind: Florae, Larandae, Laribas, und setzt
schliefslich hinzu : E qais nonnnlla nomina in atraqae lingna habent ra«
dices. Dafs jene drei namen, in denen ursprüngliches s zu r gesunken
erscheint, in sibirischer form mitgetheilt wären , ist 'mindestens sehr
zweifelhaft. Wahrscheinlich ist die lateinische form gegeben; ich baue
also keine schlösse darauf
formen and bedeatangen des namens Mars in den ital. dialekten. 31
gewordenen r vor m nTst sich ans den den dürftigen satanischen
sprachresten kein beispiel anfahren.
7) Das wesen des gottes Mars im verhältnifs zu
seinen namen.
Nach den bisherigen Untersuchungen stehen also in den ita-
lischen dialekten die formen Marmar, Mavors, Mamers hinsicht-
lich der ablautong ihrer vocale neben einander wie innerhalb des
lateinischen pars, expers, proportio, wie griech. daQ&dro) neben
lat. dormio und dermio, griech. t«(><7öV, ta^gog neben lat. terra,
extorris, wie sanskrit vas, acc. dat. gen. d. 2ten pers. plnr. des pron.
personale, neben lat. voster, yester, sanskritwurz. vart neben lat.
vortere, vertere, sanskritwurz. bhar neben lat. fero, fore; sanskritw.
man neben lat mens, moneo. Ursprüngliches a sinkt in allen fäl-
len, die hier vorliegen, zu o und e im latein, theils in folge
von tonschwächung, wenn das wort vorn einen zusatz- erhält,
theils wenn sich die wurzel im latein. mit einem suffix bekleidet.
Nachdem somit die entwickelung der verschiedenen namens-
formen aus dem stamme mas nachgewiesen ist, wird es nothig
sein, sich nach der ursprünglichen bedeutnng der wurzel omzu-
sehn. Potts ableitung des Stammes mas von sanskritwurzel man
(cogitare) hat viel ansprechendes, ist aber nicht zweifellos. Mas
hätte nach derselben den vocal der wurzel gewahrt, den auslau-
tenden consonanten derselben aber verloren, und das dem suffix
»gehörige s in dessen rechte eintreten lassen (etym. forsch. II,
206). Sonst wahrt umgekehrt diese warzel im lateinischen den
auslautenden consonanten, Ufst aber den vocal a zu e sinken in
mens, der dann nach lateinischen lautgesetzen weiter zu i und o
wird iu memini, moneo. Aber selbst wenn jene erklärung die
richtige ist, so wäre es sehr fehlgeschossen danach Mars als den
denkenden gott zu erklären. War vor der Sprachtrennung mas
wirklich eine bildung von wurzel man, so ist doch die bedeutung
des denkens nach derselben auf dem boden des lateinischen ganz
ans dem bewufstsein dieser spräche geschwunden. Denn mas
masculus u. a. bezeichnen bekanntlich im lateinischen nicht blofs
von menschen und thieren, sondern auch von pflanzen, wie von
epheu, cypresse, eppich, Weihrauch das männliche, das im ge-
gensatz zum weiblichen das erzeugende ist. Wo die bedeutung
der wurzel man, denken, im bewufstsein der lateinischen spräche
geblieben ist, erscheint sie, wie oben bemerkt ist, in der gestalt
32 Corssen
men, min, mon. Wer keine andere zweifellose ableitung von
mas zu geben weifs, der niufis sich an jene faktische bedeutung
von mas, masculus u. a. halten.
Die bedentang von mas: mann, erzeugender geht nun also in
den goltesnamen über, wird aber durch composition, reduplication
und affix verschiedenartig ausgeprägt. So giebt das compositum
Maspiter den sinn mann — vater oder erzeugender — vater. Die
reduplicirte form Marmar, Marmor enthält den begriff von mas
intensiv verstärkt: der sehr erzeugende. Durch da» herantreten
des sufnxes t an den stamm mas wird, wie oben gezeigt, die
persönlichkeit des gottes als solche bestimmter bezeichnet, und
Mars heifst also der männliche oder der zeugende gott. Die for-
men Mavors und Mamers haben sowohl die intensive Verstärkung
des begriffe von mas durch die reduplication, als die bezeichnung
der bestimmten persönlichkeit durch das t-suffix an sich, bezeich-
nen also den sehr männlichen oder sehr zeugenden gott.
Es bleibt noch übrig zu erwägen, ob diese bezeichnung des
gottes auch zu dem wesen desselben, wie es in italischen gottes-
diensten und sagen sich darstellt, übereinstimmt. Die beinamen
des Mars: Silvanus und Campestris zeigen, dafs wald und feld
sein bereich war (Cato R. R. 23, Orelli corp. inscr. no. 3496.
1355), daher behütet er die rinder auf der weide und zwei thiere
des waldes sind ihm heilig, der wolf und der weissagende specht:
picus Martius (umbr. Piquier Martier), durch den er in der alten
Aborigenerstadt Tiora Matiene Orakel gab (Dion. Halic. 1, 14). In
dem gebete • bei dem opfer der suovetaurüia wird er angerufen
(Cato R. R. 141): dem landmann, seinem hause und gesinde gnä-
dig und gewogen zu sein, sichtbare und unsichtbare krankheiten,
mifswaclis und Verwüstung, hagelschlag, Unwetter abzuwehren,
feldfrüchte, getraide, weinstöcke und gesträuche wachsen und gut
gedeihen zu lassen, hirten und heerden unversehrt zu erhalten
und dem ganzen hausstand gut gedeihen und gesundheit zu ver-
leihen. Den Marmar und die Laren rufen die feldpriester im
Carmen arvale vor beginn der ernte im monat Mai um schütz
und segen an; dem Mars opfern umbrische priester für volk und
gemeinde der bergstadt Iguvium im Apennin (Aufr. u. K. II, 486),
wie die schon oben mitgetheilten Opfervorschriften der priester-
schaft bezeugen. Nach ihm war der erste frühlingsmonat, mit
dem das altrömische jähr begann, Martius genannt, in dem ihm
geweihten frühlingsmonate feiern ihn und andre himmels- und
formell and bedeotangen des namens Mar» in den ital. dialekten. 33
jahresgoitheiten zu Rom die Salier mit gesängen, tanzen und
schmausereien. Ihre Schilde bedeuteten, wie oben gezeigt ist, die
zwölf monate, ihr verfertiger ist eine personification des März
selbst, und wenn bei ihren umzögen ein mann ein herging, dicht
eingehüllt in feile, auf den alles mit Stangen loshieb (Joh. Lydus:
de mens. HI, 29. IV, 36), so sieht das bei einer feier zu frühlings-
anfang einem austreiben des winters sehr ähnlich. In den altpe-
lasgischen städten Tibur, Tusculum, Veji, Falerii wie in dem la-
unischen Alba war seit den ältesten zeiten eine ähnliche feier
heimisch, wie die nmzüge und feste der Salier zu Rom. Dem
Mars oder Mamers weihten sabellische, launische und oskische
Völker das ver sacrum, die erstlinge des frühlings von pflanzen,
thieren und menschen, von allem was zwischen dem 1. März und
dem 1. Mai geboren war (Serv. Virg. Aen. VII, 796. Liv. XXXIV,
44. Fest. v. Maniertim p. 158. v. ver sacrum p. 379), wenn pest
oder andre schwere noth das land bedrängte. Das -Sinnbild des
Mars war vor alters, ehe Rom gölterbilder kannte, die hasta pura,
ein friedlicher stab, sabinisch curis genannt (Pellegrino: andeu-
tungen über d. urspr. religionsnnterschied d. röm. patricier und
plebejer p. 49 ff.), der gute friedensfurst Numa soll ihm einen Ha-
men eingesetzt haben.
Mit dem wesen des Mars erscheinen eine anzahl weiblicher
gottheiten von untergeordneter art eng verbunden. Gattin des
Mars ist bei den Sabinern Nerio oder Neria, d. h. die starke göt-
tin, die in einem alten alliterirenden gebete von der sabinerin
Hersilia um frieden und glückliche eben angerufen wird (Gell.
N. A. XIII, 22, 13); die in römischen priesterbuchern genannten
Molae Martis sind mahlgöttinnen, als töchter oder begleiterinnen
des gottes zu denken, der das getraide grofs wachsen und gut
gedeihen läfst.*) Here Martea hiefs eine göttin (Fest. h. v. p. 100),
welche die alten nach übernähme einer erbschaft verehrten und
sich als eine der begleiterinnen des Mars dachten, der ja acker
und vieh, haus und gesinde, das ganze hab nnd gut des Sandmanns
schützte. Von umbrochen priestern werden drei gottheiten, eine
*) Aach bei den Griechen gab es solche mahlgottbeiten. Zeus hatte
deu beinamen MvXth Lycophr. 435; zu Rhodos ward ein Teichine
Mylas verehrt als erfinder des müh Isteines, der*zu Eameiros heiligthfi-
mer der mahlgötter (i*Q<* MvXarcewv) errichtet haben soll (Hesych. v.
Mvlus). So hat Härtung relig. d. Rom. II, 172 die Molae Martis be-
reits richtig erklärt.
- IL 1. 3
34 Corssen
männliche; Cerfos Martins nnd zwei weibliche: Praestota Cerfia
Cerfi Martii nnd Tursa Cerfia Cerfi Martii, jedenfalls dem Mars
untergeordnete gottheiten und seinem wesen verwandt, in wie-
derholten gebetformeln angerufen, volk nnd gemeinde der stadt
Iguvium gnädig und gewogen zu sein. Insbesondere beten jene
priester zur Prestota Cerfia Cerfi Martii volk und gemeinde von
Iguvium ungefährdet zu erhalten, und alles was iguvinisch heifst,
menschen und vieh, äcker und saaten zu behüten.*) Aehnliche
anrufungen wiederholen sich auf den Iguvinischen tafeln; aber
von einem kriegsgott Mars ist in den Opfervorschriften und- gebe-
ten derselben nirgends die rede.
Anch in der einheimischen römischen sage tritt das wesen
des gottes bedeutsam hervor. Juno, ab göttin des mondenwech-
sels und mondenjahres Covella, als göttin der begattung und der
geburten Caprotina, Juga, Fiuonia, Opigena, Lncina benannt, er-
zeugt den Mars, den gott des ersten Jahresmonats ohne zuthun
eines mannes mit hülfe eines wunderthatigen krautes der blumen-
göttin Flora, durch dessen berührung die unfruchtbare ferse träch-
tig wird (Ovid. Fast. V, 229 ff.). Anna Perenna, die alte Jahres-
göttin, tritt dem Mars, dem gott des ersten frühlingsmonats, mit
verhülltem antlitz wie eine neuvermählte neckend entgegen, als
er mit der Minerva buhlen will (Ovid. Fast. III, 678 ff.). Bei
dem jahresfest der Anna Perenna im März, wo man nach alter
sitte allerhand lockere spSfse trieb und lüsterne liedchen sang, da
dachte man auch dieser sage. Derselbe gott erzeugt mit der jung-
fräulichen priesterin der heerdgöttin Vesta die gründer Roms,
welche von den ihm geheiligten thieren wolf und specht gesäugt
und gefuttert werden.
Dafs dieser gott, dessen bereich wald und feld, dessen jah-
*) Ich führe als belege ans den Iguvinischen tafeln nur zwei ge-
betsformeln an, deren erklSrung am zweifellosesten ist: Tabb. Ig. VI
b, 6lff.: £erfe Martie, Prestota £erfia £erfer Martier, Tursa £erfia
£erfer Martier, fututo foner, pakrer pase vestra pople totar Ijovinar, v.
Aufr. und K. II, 263-275 erklärt und übersetzt: Cerfe Marti ctt. estote
volentes propitii pace vestra populo civitatis Iguvinae, civitati Iguvinae.
T. Ig. VII a, 16 ff. u. 29 ff: Prestota QerGa §erfer Martier salvo se-
ritu popler totar Iovinar, totar lovinar nonie, nerf, arsmo, viro, pequo,
castrno, frif; von A. u. K II, 285 übersetzt: Praestita Cerfia ctt. sal-
vam servato populi civitatis Iguvinae nomen, principes(?) — os, viros,
pecua, praedia, segetcs.(?)
formen und bedeutangen des namens Mars in den ital. dtalekten. 3&
reszeit der erste frühlingsmonat ist, von dem man wachsthnm,
gedeihen und erzeugung für pflanzen, thiere and menschen hofft,
Mars, der männliche oder eraengende heilst, ist somit gerechtfer-
tigt, eine bedeutnng wie: vernichter oder mensehenmörder pafst
zu solchem wesen nicht.
Aber mit dem wiederkehrenden frühling mnfste der mann
nicht nur zn Viehzucht und ackerbau, sondern auch zn kriegszü-
gen ins feld; die durch ein ver sacrum dem Mars geweihte jagend
zog mit frübiingsanfang von der heimischen flur aus, am sjch mit
dem Schwerte neue Wohnsitze zu erkämpfen; in dieser Jahreszeit
pflegte der römische consul, bevor er ins feld zog, in den tempel
des Mars zu treten, und die heiligen wafTen des gottes zu rütteln
mit dem ruf: Mars vigila! (Serv. Virg. Aen. VIII, 3). So war
Man der männliche gott auch vor alters schon der kriegsgott,
und je mehr sich Rom zu dem kriegerstaate ausbildete, wie er
sich schon zu Servius zeit im heerbanne auf dem campus Mar-
tins darstellte, desto mehr ward diese bedeutung des gottes die
hervortretenäste. Die römische gelehrte dichtung übertrug dann
auf ihn die eigenschaften nnd benennungen des griechischen Ares
und verwischte die ursprunglichen und volkstümlichen züge die*
ser fichtitalischen gottheit
Corssen.
Rmnwisehe hatbeziehuDgen des griech»* latein. und
deutschen zom sanskrit*
Nachdem ich im ersten bände dieser zeitschr. s. 163ff. einige
bemerkungen ueber die in zahlen auszudrückenden lautverhält-
nisee zwischen griech«, lat. und deutsch niitgetheilt habe, gehe
ich hier einen schritt weiter und betrachte diese sprachen im
Verhältnis zum sanskrit. Meine methode ist hier ganz dieselbe
wie dort und ich mufs in dieser hinsieht, nm Wiederholungen so
weit es irgend angeht zu vermeiden, hiemit durchgängig auf je-
nen aufsatz verweisen. Fuer die angaben aus dem lautsystem des
sanskrit ist zu bemerken, dafs jede das resultat einer wenigstens
fünfmaligen zaehlung ist, da eine geringere anzahl von zaehlungen
bei der grofsen menge der sanskritbnchstaben und der daraus
3*
36 Förstemann
hervorgehenden kleinheit der zahlen nicht genug bfirgschaft faer
genaaigkeit gegeben hätte. '
Das Verhältnis der consonanten zu den vocalen ist unter hun-
dert lauten in den vier sprachen folgender:
skr. griech. lat. goth.
voc. 42 46 44 41
cons. 58 54 56 59
Folgerungen:
1} Auch im skr. treten dievocale gegen die conso-
nanten zurück wie in den andern sprachen.
2) Das skr. ist weicher als das goth., härter als lat.
und griech.
3) Das skr. steht hinsichtlich des mischungsver-
hältnisses der voc. und cons. dem goth. am naechsten,
dem lat. ferner, dem griech. am fernsten.
In unbestimmterer weise macht diesen eindruck schon das
laute vorlesen eines jeden beliebigen Stocks sanskritischer rede.
Folgendes ist die uebersicht der verhältnismaefsigen Verwen-
dung jedes consonanten unter 100 consonantischen lauten, wobei
ich der klarheit halber in der sanskritischen reihenfolge der laute
nur die Veränderung eintreten lasse, dafs auf die aspirirte tenuis
jedes organs die aspirirte media unmittelbar folgt:
skr. griech
.lat.
goth.
skr. griech. lat. goth.
anusT. 4
t 8 t 15 1 16 t 4
risarga 3
k 2 x
6
c 7
k 1
:?•» »»
khO)
1
ch 0
h 8
d 6 0 4 d 6 d 5
n 9 * 18 n 14 n 18
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p6 a: 9 p 5 p 0
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thO
v 7 (/• 0) v 2 v 7
dh 0
«5
$0
sh 1
n 2
s 6 <r 21 s 15 s 12
numerische lautbeziehungen des griech., lat. u. deutschen zum skr. 37
skr
h 2
. griech.
CO)
v> 0
ut.
hl
goth.
skr,
■ griech.
11
. lat.
xO
qu3
goth.
quO
z2
100 100 100 100
Folgendes ist hienach das Verhältnis der mutae und liqnidae
zu einander:
skr. griech. lat. goth.
mut. 38 42 39 35
liqu. 62 56 58 63
Folgerungen:
4) Alle vier sprachen brauchen die liquidae weit
häufiger als die mutae.
5) Das skr. bevorzugt die liquidae mehr als das lat.
und griech., aber weniger als das goth.
6) Das Verhältnis der beiden consonantenklassen
im skr. ist dem goth. am aehnlichsten, steht vom lat.
ferner ab und dem griech. am fernsten. Vergl. zu diesem
satze oben no. 3.
Zunaechst ist nun das Verhältnis der gutturalen, dentalen, la-
bialen mutae zu einander zu erwaegen, die skr. palatalen und lin-
gualen sind hier bei sehe zu lassen, da ich nur die äufserlich
(phonetisch) nicht die innerlich (etymologisch) übereinstimmen-
den laute vergleiche. Hier gilt folgende tabelle:
skr. griech. lat. goth.
gutt.
dent.
lab.
Folgerung:
7) Die gutturale sind im skr. und griech., die lab.
im lat. und noch auffallender im goth. die seltensten,
die dent. ueberall die häufigsten, so dafs sie in allen
vier sprachen häufiger sind als gutt. und lab. zusam-
men. Was die dem skr. im Verhältnis zu den drei andern spra-
chen fast eigenthuemlichen palatale und linguale betrifft, so ist
ihr vorkommen gegenueber den drei gemein 'indogermanischen
organklassen ein sehr beschränktes. Man sieht statt 32 guttura-
ler, dentaler und labialer mutae nur 6 palatale und linguale. Die
Verhältnisse .der tenues, aspiratae und mediae gestalten sich wie
folgt:
6
8
9
12
18
22
22
20
8
12
8
3
38 Fftroteniann
skr. griech. lat. goth.
ten. 20 30 28 5
asp. 7 6 1 22
med. 11 6 10 8
Folgerungen:
8) Das griech., lat. and skr. bevorzugen die ten.,
das goth. die aspir., keine von allen vier sprachen die
media e.
9) Die aspiraten treten im skr. bedeutend gegen
die beiden andern klassen zurück, noch auffallender
aber im lat., waehrend das goth. die tenues zurück-
setzt. Im griech. findet gleichmaefsigkeit zwischen
aspir. und med. statt.
10) in keinem punkte sind sich alle vier sprachen
so unaehnlich wie in der vertheilug dieser drei laut-
klassen.
YerhSltnismaefsig die geringsten Schwankungen finden bei
den mediae statt.
Gehn wir jetzt von den muten zu den liquiden, und zwar
zuerst zu den nasalen ueber, so finden wir in ihnen folgendes
Verhältnis:
skr.
griech. lat.
goth.
gutt.
0
0 0
0
pal.
0
ling.
2
dent.
9
18 14
18
lab.
6
4 12
9
11) Wie bei den muten, so ueberwiegen auch bei
den nasalen in allen vier sprachen die dentale; dann
folgen die labiale, die gutturale dagegen sind ueberall
fast ganz verkümmert.
Nur das skr. hat noch ein besonderes zeichen fuer gutturale
nasale, die drei europaeischen sprachen haben dafuer nur noth-
dttrftige Stellvertreter, 77, yx, 77, yj; ng; gg, gk.
Die hiufigkeit der Zischlaute (d. h. skr. $, sh, 8, griech. 0,
lat. s, goth. s und z) ist folgende:
skr. griech. lat. goth.
12 21 15 14
12) Am meisten bevorzugt die Zischlaute das grie-
chische, am meisten setzt sie zurück das sanskritische;
7
0
6
9
7
10
8
1
6
4
3
7
2
7
den
m litis
und
bei
numerische lautbeziehungen des griech., lat. u. deutschen zum skr. 30
das gothische und lateinische stehn «wischen beiden
sprachen.
Die bevorzogung der Zischlaute im griech. ist eine folge der
Verwandlung zahlreicher z in #*), die Zurücksetzung im skr. geht
aus mannigfachen lautregeln hervor, aus der Verwandlung des s
zu visarga am ende, zu u vor toenenden consonanten, dem aas-
fall des s nach ä vor denselben consonanten u. a. m.
Es bleiben nun noch von den consonanten (indem ich das h
und die doppelcons. uebergehe) die semivocale uebrig:
skr. griech. lat. goth.
gutt. j
dent.j'
lab. v
13) Das bei den mutis und bei den nasalen be-
merkte bevorzugen des dentalen organs findet sich in
allen vier sprachen bei den semivocalen wieder.
Bemerkenswerth ist, dafs alle vier sprachen zwei dentale in
dieser abtheilung haben**), dagegen hoechstens nur je eine gut-
turale oder labiale. Doch auch die gutturale ist im latein. sehr
selten; im griech. sind sowol guttur. als lab. untergegangen.
14) Ueberall ist dasr der häufigste der semivocale;
zugleich stimmen in seiner häufigkeit die vier spra-
chen merkwürdig ueberein.
15) Im skr. spielt das 1 eine bedeutend geringere
rolle als in den europaeischen sprachen.
Daran mag die in den letztern sprachen nicht selten vorkom-
mende entstehung eines 1 aus frueherem r ßchuld sein.
Wir kommen nun zur numerischen ueb ersieht der vocal Ver-
hältnisse, die aus folgender tabelle hervorgehn:
skr. griech. lat. goth. skr. griech. lat. goth.
k lg «17 al6 i 1 *7 l27
*) Die angebliche abneigung der Griechen gegen den Sigmatismus
(s. die citate bei Pott etym. forsch. II, 18) ist deshalb durchaus keine
allgemeine (wie etwa die des lat. gegen aspiration), sondern reducirt
sich auf einzelne fälle.
**) Es darf hier unberücksichtigt bleiben, dafs die indischen gratu-
raatiker das r zur lingualen (cerebralen) Hasse rechnen.
40
Försteuunn
«kr.
u 7
ü 1
griech.
v 6
lat goth.
«16 U9
skr.
ai 1
au 1
griech.
(XV 1
lat. goth.
ail2
au 1 au 11
e 5
el9
n 13
eM ki
£4 4
04 2
ei 6
6 3
ol3
oo 6
014 *4
.
SV 1
ov 5
r 0
ae2
r 0
iu 1
100 100 100 100
Sehn wir zuerst auf das Verhältnis der einfachen vocale zu
den diphthongen. Die beim skr. in parenthese gesetzten zahlen
ergeben sich, wenn man £ und 6 zu den diphthongen rechnet;
die ohne parenthese geschriebenen, wenn man der gleichmaebig-
keit halber e und 6 zu den einfachen vocalen zaehlt.
skr. griech. lat. goth.
einf. voc. 98(90) 81 97 70
diphth. 2(10) 19 3 30
16) Das skr. steht dem diphthongenarmen lat., das
griech. dem diphthongenreichen goth. naeher.
Der zweite gegenständ der beachtung ist das Verhältnis der
kürzen und längen zu einander.
17) In allen vier sprachen sind die kürzen bedeu-
tend häufiger als die längen.
Man betrachte folgende gleichungen:
skr. a -I- i -I- u = 70 goth. a + i + u = 62
skr. ä -f- i -f- ü = 20
skr. £ -f- 6 =8 goth. e -f- 6 =8
griech. fi -f- o := 32
griech. tj -f- od == 19
Hit dem uebergange der organischen kürzen in die anorga-
nischen längen hängt das allmäliche schwinden der drei urvocale
a, i, u, im Verhältnis zu den jungem e und o zusammen. Hier
gilt folgende uebersicht:
skr. griech. lat. goth.
ältere voc. 90 30 59 62
jüngere voc. 8 51 38 8
Folgerung:
18) Dem skr., das den alterthuemlichsten vocalis-
numerische lautbeziehungen des griech., lat. n. deaUcben zam skr. 41
mus aufweist, steht am naechsten das goth., ferner das
lat.$ am fernsten und entartetsten ist das griech., bei
dem im gegensatz zn den drei andern sprachen die jun-
gem vocale sogar ueberwiegen. Vgl. oben no. 3 und 6.
Endlich zeigt sich das Verhältnis des hellen e + i zum dun-
keln o -fr- u folgend efmafsen:
skr. griech. lat. goth.
helle voc. 16 39 51 22
dunkleroc.il 35 30 13
19) In allen vier sprachen stehn die hellen vocale
zu den dunkeln etwa im Verhältnis von 3 : 2.
Hierin liegt jedenfalls eine der merkwürdigsten uebereinstim-
mungen in unserm sprachstamm. Wenn ich uebrigens band I.
s. 174 fuer das skr. statt 16 und 11 die zahlen 15 und 10 ange-
geben habe, so liegt diese kleine, fuer das Verhältnis unbedeutende
ab weichung daran, dafs ich dort das lange i und ti mit in an-
schlag zu Dringen vergessen hatte.
Endlich kommt es mir besonders darauf an die unterschiede
der lautmischung zwischen je zwei der verglichenen sprachen im
allgemeinen zu fixiren. Dieser letzte und hoechste punkt solcher
betrachtungen wird durch jede neu zur vergleichung herbeigezo-
gene spräche um vieles fruchtbarer; denn waehrend sich zwischen
zwei sprachen nur eine Unterschiedszahl zeigt, ergeben sich fuer
drei sprachen schon drei, fuer 4 schon 6', fuer 5 sprachen schon
10, oder allgemein fuer n sprachen —- (n — 1) sprachenpaare und
2
unterechiedszahlen.
Die Unterschiedszahlen sind nun bei den hier verglichenen
vier sprachen folgende:
cons.
griech. u. lat. 46
skr. u. goth. 74
lat. u. goth. 78
griech. u. goth. 80
skr. u. lat. 84
skr. u. griech. 92 120 212*)
voc.
summa
64
110
78
152
96
174
102
182
112
196
*) Es ist anziehend hiemit die durchschnittlich kleineren unter-
schiedsuhlen von vier sprachen desselben sprach zweig es zu verglei-
42 Förstemann
Folgerungen :
20) Der unterschied des vocaüsmus ist stets groes-
ser als der des consonantismus.
21) Das sanskrit steht in seiner allgemeinen laut-
mischung dem griech. am fernsten, dem lat. etwas nae-
he r, um ein sehr bedeutendes am naechsten dem goth.
Wie in meiner frueheren abhandlung sich mehrfach dasselbe
abstandsyerhältnis zwischen griech., lat. und goth. bestaetigte, so
bestaetigt sich hier in meinen Sätzen 3, 6, 18 und 21 auf merk-
würdige weise die groefsere oder geringere naehe des skr. von
den drei andern sprachen. Sowol im Verhältnis der consonanten
zu den vocalen, als in dem der muten zu den liquiden als in dem
der altern vocale zu den Jüngern als endlich in dem allgemein
nen unterschiede der lautmischung tritt die groefsere naehe des
skr. und goth., die grofse entfernung des skr. und griech. und die
mittlere entfernung des skr. und lat. hervor. Man darf sich an*
naehernd die drei abstände durch die zahlen 7, 9, 10 veranschau-
lichen. — Wer meine angaben scharf ins äuge fafst, wird mir
freilich einwenden können, dafs meine sätze 6 und 18 nicht ganz
unabhängig von 21 sind und schlagende bestaetigungen eines
satzes durch einen andern nur solche heüsen können, die auf
einem ganz verschiedenen (unabhängigen) wege gewonnen sind.
Allein selbst dies zugegeben, so hängen doch die sätze 6 und 13
nur theilweise von 21 ab, sind unter einander ganz unab-
hängig und alle drei haben endlich nicht die mindeste abhängig-
keit von dem satze no. 3.
Aus der tabelle der Unterschiedszahlen geht ferner hervor:
22) Wo bei zweien der vier verglichenen sprachen
der unterschied des vocalismus groefser ist als bei
zwei andern, da ist auch der des consonantismus b e-
chen. Folgendes ist die tabelle ueber die abstände des goth., ahd. (Ot-
fried), mhd. and nhd. von einander:
cons. voc. summa.
mhd u. nhd. 16 35 51
ahd u. mhd. 44 64 108
goth. a. ahd. 44 85 129
ahd. u. nhd. 46 89 135
goth. u. mhd. 60 101 161
goth. a. nhd. 58 113 171 *
Eine vergleichung, die zu manchen anziehenden folgerangen veranlagt.
numerische lautbeziehungen des griech., lat u. deutschen zom skr. 43
deutender; wo jener geringer ist, da ist auch dieser
kleiner.
Wir sehn nämlich in der letzten tabelle sowol in der ersten
als zweiten rnbrik eine fortlaufende scala von der niedern zur
hoeheren zahl. Dies ergebnis ist mir unter allen mitgetheil-
ten resultaten das ueberraschendste und erfreulichste gewesen.
Denn es läfst sich wol denken, dafs zwei stammverwandte spra?
chen z. b. im consonantismus weiter von einander abstehn ab
zwei andere, dagegen im vocalismus sich naeher beruebren ab
jene. Der fall kommt gewiß vor und wird sicher in Zukunft,
wenn anders solche Untersuchungen weiter gepflogen werden, ans
licht treten.*) Bei den vier sprachen aber, von denen ich hier
rede, findet mit dem" groelseren divergiren des consonantismus
zugleich ein groefseres des vocalismus statt. Das heifst mit an-
dern worten: die Sprachveränderung ist auf diesem gebiete eine
harmonische gewesen; es hat nicht in der einen hälfte des laut-
lichen Sprachorganismus eine bewegung stattgefunden, waehrend
die andere hälfte in todesachnlicher erstarrung blieb, sondern das
sprachleben hat gleichmaefsig den ganzen Organismus dieser spra-
chen durchzuckt und ihn gleichmaefsig umgebildet.
Am klarsten tritt diese schoene harmonie des sprachlebens
hervor, wenn man die erste und letzte zeile der untersehiedsta-
belle vergleicht. Das lat. steht dem griech in seinem vocalismus
genau halb so fern ab das griech. dem skr. (46 : 92) uod fast
eben so genau (64 : 120) steht der consonantismus bei jenen bei-
den sprachen sich halb so fern ab' bei diesen.
Es giebt in aller menschlichen spräche zwei arten von laut-
wechsel, von denen die eine hervorgeht aus dem Verhältnis zweier
laute im lautsystem, die andere aus der Stellung zweier laute
im worte**). Auf aehnliche weise kann auch die numerische
*) Ein wenig auffallendes bebpiel findet sich schon in der tabelle,
die ich oben in der anm. mitgetheilt habe.
**) Es gebricht meines wissens an hinreichend klaren ausdrücken,
um den einen und den andern lautwechsel zu bezeichnen. Es ist mifs-
lich, jenen den etymologischen oder lexicalischen oder systematischen,
diesen den grammatischen oder euphonischen lautwechsel zu nennen.
Vielleicht darf man die worte esoterischer und esoterischer lautwech-
sel vorschlagen, so dafs man unter jenem die aus der innern natur der
laute an sich, unter diesem die aus ihrer Sufseren Verbindung hervor-
gegangenen Veränderungen begreift.
44 Roth
betrachtung der lautverh<nisse eine zwiefache sein, indem sie
entweder von dem wesen der laute an' sich oder von ihrer Ver-
bindung mit einander handelt. Ich habe bisher nur den ersten
punkt erörtert, der zweite kann sicher nicht minder fruchtbar
gemacht werden; forderliche Vorstudien data finden sich bei Pott
etym. forsch. II, 292 ff.
Ich wünsche diesen Untersuchungen, die ich im dränge an-
derer Studien wol fuer lange zeit werde bei seite legen müssen,
einen rüstigen forderer; sie sind muehsam aber lohnend. Nur ist
enthaltsamkeit bei den folgerungen anzuempfehlen ; sonst beginnt
der boden unter den fuefsen zu schwanken.
Wernigerode. E. Förstemann.
Akmon, der vater des Uranos.
Akmon, sagt Eustatbius comm. 1154, 23 heifse der vater
des Uranos, und es ist nur ein irrthum, wenn er ihn in einer
früheren stelle 1 1 50, 59 den vater des Kronos nennt ; das ergiebt
sich aus den eigenen worten des gelehrten erzbischoffc in der erst-
genannten stelle. Und er glaubt das wort mit «unermüdlich"
deuten unf die nie ruhende himmelsbewegung beziehen zu müssen.
Allerdings bietet die griechische spräche für sich allein nicht
die hand zur erklärung dieses mythologischen namens, welcher
aus der geläufigen götterfabel gänzlich verschwunden ist, wiewohl
er dem Hesiod selbst als ein söhn der Gaea bekannt war, wenn
wir den'scholiasten des Simmias glauben dürfen. Es scheint bei-
nahe unmöglich akmon den ambos und Akmon den vater des
Uranos in einer grundbedeutung zu vereinigen. Mit leichter mühe
aber löst man den knoten, wenn man die verwandten sprachen
zu hülfe ruft, bei welchen man schon zum voraus um so eher
rath hoffen darf, als es sich hier um einen offenbar alten begriff
handelt.
Das sanskritwort äeman msc, buchstäblich übereinstimmend
mit axfiMv und in der alten spräche sehr häufig gebraucht, hei&t
wie dieses sowohl ambos oder hammer als himmel; enthält
aber aufserdem noch den im griechischen verlorenen mittelbegriff,
von welchem jene beiden beiden bedeutungen nach zwei verschie-
Akmon, der vater des Uranos. 45
denen Seiten ausgehen, den begriff fels, stein. Es bedarf keiner
besondern beispiele, am diese bedeutung zu belegen, sie ist so-
wohl dem Weda als dem späteren sanskrit geläufig. Aas ihr
entspringt die bedeutung des himmelsgewölbes, welches man
hienaeh zu einer gewissen zeit als steinern sich dachte. Wäh-
rend das wort in diesem sinne nicht gerade häufig im Weda ge-
funden wird, tritt es um so entschiedener in den iranischen spra-
chen auf, wo im zend agman, im neupers. äsmän stehende be-
zeichnungen des himmels sind, doch so dafs dem zend auch die
bedeutung stein noch ganz geläufig ist.
Auf der andern seite aber ist agman das felsstück oder der
stein in bestimmter form, zu bestimmtem gebrauche: 1) schleu-
derstein als ein ihm ähnliches wurfgeschofs, donnerkeil, und
2) der zum hämmern gebrauchte harte stein, am bog oder ham-
mer, und weiterhin dasselbe geräthe auch von anderem Stoffe.
Wie nahe diese beiden Vorstellungen einander stehen, mag
man daraus ersehn, dafs bald keil, bald keule, bald hammer aus
des deutschen gewittergottes hand fliegen (s. Schwartz, der heu-
tige Volksglaube s. 16). So trägt und schleudert fndra den agman
(Rv. IV, 3, 1, 1. 1, 18, 1,9); so entsendet Zeus den ehernen ax-
fioov (Hesiod Theog. 722) , welcher zehen tage vom himmel zur
erde und andere zehen von dieser zum Tartaros zu fliegen hat;
und es erklärt sich damit das von dem dichter für die gröfte der
entfernnng angeführte beispiel.
Die bedeutung des Schleudergeschosses ist rar das wort mit
die gangbarste im Weda, es fehlt aber auch nicht an belegen für
die zweite, wenn wir z. b. IX, 7, 9, 2 lesen:
jaratibhir oshadhibhih parnebhih cakunänäm, |
kärmäro acmabhir dyubhir hiranyavantam ichati||
wo die mehrzahl des wortes die verschiedenen Werkzeuge be-
zeichnet, die zum schmieden dienen. «Mit zerbrechlichen reisern,
mit vogelfedern, mit hammer und ambos, mit funken (d. h. mit
den dingen, die zum verfertigen von pfeilen und anderen waffen
dienen) sucht der Waffenschmied die reichen anzuziehen.»
Nach diesen zusammenhängen ist also Akmon des Uranos
vater, und akmon der ambos wirklich ein und dasselbe wort;
und jener mythologische name ist ein beleg dafür, dafs die Grie-
chen das wort in der bedeutung himmel, himmelsgewölbe gekannt
haben, in welcher es nur in den iranischen sprachen auf die
dauer sich gehalten hat. Gewagt aber wäre es, wie mir scheint,
46 Ebel
hieraus weiter zu schliefsen, dafs auch die indische sage ihrem
Varuua einen vater Acman einst gegeben habe, wie die griechische
dem Uranos den Akmon.
Die nächsten verwandten des indischen wortes sind: acan
(m. oder n.) stein, wurfgeschols; äcna m. stein z. b. zum soma-
ausschlagen; acani f. keil, spitze des Speeres, wurfgeschofs , die
des zendischen acna and acan (wie im sanskrit), die des griechi-
schen axfioop sind axan> (entsprechend dem skr. Acan) Wortspiels
and vielleicht 0x0*17, Schleifstein.
Tübingen. R. Roth.
Redaplicirte aoriste im griechischen.
Von einer reihe scheinbar anomaler aoristformen im sanskrit
hat Bopp (kl. sanskritgramm. s. 214) nachgewiesen, dafs sie ur-
sprünglich der siebenten, reduplicirenden bildung angehören; am
einleuchtendsten ist dies von apaptam statt apapatam and von
avdcam = a + va + ucam statt avavacam. Ein gleiches läfst sich
von mehreren griechischen aoristen darthan, die sonst keine er-
klärung ihrer form zulassen.
~ Zunächst dasjenige wort, welches dem skr. avöcam entspricht,
erfror, hutov. Curtius (bildung d. temp. s. 150) stellt es mit
egootOTior und invtvov zusammen, sieht es also der form nach als
ein imperfect an «da es eine dem aoristos fremde lautsteige-
rung enthält, die nicht für augment gehalten werden darf, weil
sie alle modi durchdringt.» Dafs das « kein augment enthält,
ist unzweifelhaft richtig, and wird noch zum uberflufs theils durch
das homerische iemor, theils durch das digamma bestätigt; eben
so wenig ist aber mit der auffassung der form als imperfect die
angebliche lautsteigerung erklärt. Eine lautsteigerung könnte u
überhaupt nur in zwei fällen heifsen: entweder, und nur dann
mit vollem recht, wenn es guna von i wäre, — das ist aber hier
nicht möglich, da j:elnov mit jrenog, jrmp zur würzet jrm := skr.
vac, lat voc gehört, also zum wurzelvocal nicht t, sondern s =
skr. a hat — oder wenn es ein umgestelltes j enthielte, was be-
kanntlich in der regel nur bei liquidis stattfindet (wie tsfrw ss
rsVjoo, ibIqco =. vs'qjw). Wir müssen folglich annehmen, dafs das
£i in ünov durch contraction entstanden sei, and zwar in unserm
redaplicirtc aoriste im griechischen. 47
falle aas € -#- e, da die wurzel kein i kennt. Demnach wäre die
ursprüngliche form ivnov oder vielmehr jrdsnop, welches sodann
in jutzo* ganz in derselben weise zusammengebogen wäre wie
is%ov in zlfpv. Da nun das digamma in der mitte der Wörter
viel leichter schwindet als am anfange (finden wir doch bei Ho-
mer oio? neben oi'og, ja neben dem nur durch ein sehr stark ar-
ticulirtes digamma zu erklärenden Sieg d. i. ojrfiegl), so hat es
durchaus keine Schwierigkeit, ßeinov=j:ienov statt jrijrenov als
redupücirte aoristform anzusehn, wodurch sich genügend sowohl
das durchgehn des et durch alle modi, als auch das vortreten des
augments in kjremap (vgl mcpQadov und im'cpQadov) rechtfertigt.
Interessant ist hierbei besonders der umstand, dafs dieselbe Wur-
zel hn skr. wie im griech. ihren aorist auf gleiche weise bildet :
avöcam : avavacam =. ipetnov : ifd(jr)enov
ein fall, der bekanntlich eben nicht allzuhäufig eintritt.
Eine zweite aoristform von entsprechender bedeutung, die
auf griech. boden keine genügende erklärung findet, ist inner 8.
Offenbar gehören fomco, incnslr, innere oder innere unter sich
zusammen, nicht aber mit einew, wie man gewöhnlich, durch die
ähnlichkeit der bedeutung getäuscht, angenommen hat Es kann
nämlich keinem zweifei unterliegen, dafs das <s in hinneXv ebenso
wurzelhaft ist, wie das f in jemeZv. Was also bd. I. s. 352 vom
lateinischen insece gesagt ist, das gilt ebensowohl vom griech.
ivene (iwene kann sein doppeltes v eben so gut einem ausgefal-
0 verdanken, wie einem digamma). Die wurzel von ivinto, in-
sece wie von inopcu, sequor ist in=aen9 seq = skr. sac. Aus
dieser entwickelt sich der syncopirte aorist aneiv, ivtaneiv, wie
nrea&cu von netz- und <5%w von l%~ statt <reg; rpusnov steht mit
r\\mi<5yoy ganz auf einer linie. Das i in innere oder innere kann
aber nur eine reduplicationssilbe sein, wie in Inrrifit und inrqxa
statt ninrypi und ninrrjxa. Die analogie läfst also nicht lnnere9
sondern innere erwarten, welches ganz übereinstimmend mit ne-
<pvot> gebildet ist.
Damit erklärt sich zugleich eine dritte derartige form: enno-
firjr. Auch hier ist der spir. asper. nicht unorganisch eingedrun-
gen, wie Buttmann meinte*, sondern der sprachgemäfse Vertreter
eines ursprünglichen o\ Wir erkennen somit auch hierin einen
rednplicirten aorist inn&pqv = nenniya^ analog mit xexMprjv, da-
her innapcu u. s. w. in den modis; wogegen innSpqv mit injpv
fibereinstimmt, also conj. nnäpeu u. a. w. — In vollständiger ana-
48 Diefehbach
logie mit den aoristen ianete and ianofiyr stehn dann auch die
präsent ia feg od und iJod, jenes aas 4<rjra> =: <r/<r(fi)^o) , dieses aas
ia(e)dci> = al<j(e)doo entstanden, also formen wie fiifwm und nintta
entsprechend.
Eine vierte form ist zwar immer als redaplicirt anerkannt,
jedoch für ganz anomal erklärt worden: yvinanov. Nimmt
man indessen die nach form und bedeatung trefflich passende ab-
leitung Pott's (I, 181) aus h-ianrao an, (man vergleiche die skr.
zusammenziehungen von vac in uc, yaj in ij), so erscheint die ano-
malie durchaus nicht so stark. Abgesehn von dem verschobenen
augment, das sich auch in qvianov und r\\mi<5ypi> wiederfindet,
erklärt sich vielmehr r\vincuiov aus iv-)dn-ctnov wie mqoqov,
ijyayov (das im schwinden begriffene j mochte die attische redu-
plication nicht hindern) ganz befriedigend; die länge des l ver-
dankt wohl zunächst der contraction, dann vielleicht dem stre-
ben, die reduplicationssilbe zu verstärken, ihre entstehung. In
der andern form ivivlnov ist dagegen das bewüfstsein der Zu-
sammensetzung schon gänzlich verloren.
Schliefslicji erwähne ich noch irerpov, um zu bemerken,
dafs ich darin wirklich nichts anderes erkenne, als einen redu-
plicirten aorist von r«pra>; vergl, unser «treffen, auf jemand sto-
fsen» und ähnliche ausdrücke. .
H. Ebel.
Bemerkungen über deutsch -slavische wSrtergemeinschaft.
(Zu den abhandlungen der hm. Fö'rstcmann und Weinhold in heft
3 n. 5 dieser Zeitschrift.)
Zu den an den a. o. verhandelten Wörtern versuche ich hier
niclit etwa, erschöpfende erläuterungen , sondern nur einige Zu-
sätze und hauptsächlich citate reichlicheren Stoffes aus zugäng-
lichen buchern zu geben, welche leicht vermehrt werden können,
aber hinreichen mögen, um ein endurtheil über die fraglichen
Wörter zu begründen. Ich lehne sie zunächst an Förstemanns
Sammlung. Abkürzungen: W = Weinhold a. a. 05 BM. = Be-
necke— Müller (mhd. wb.)$ Sm. = Schmeller (bair. wb.); Fr. =
Frisch (iat. wb.)$ Br. W. = Bremer Wörterbuch; B. = Bernd
bemerkungen über deutsch -sUritche wörtergemeinschsft.* 49
deutsche spräche in Posen; GW. = mein vergl. Wörterbuch der
gothischen spräche.
balge (kufe) ist allgemein germanisch, besonders nl. nd.
nord., zugleich aber auch allg. keltisch s. 6. W. I, 270; die dort
mangelnden Wörter lett. balla, balje «balge, zuber» lith. bald«
f. wanne, poln. balia f. waschfafe a. d. d.
baranken auch posenisch B. 14. 377»
blöd (koth) = din. blöde, altn. bleyta, vergl. G. W. I,
306 ff., wo ich aslv. blato palus, wol mit recht, nicht augezo-
gen habe.
brag'en (formen bei B. 218), braken (schwätzen) sind
deutsch, vergl. u. a. mhd. breglen, braht o. deriv. Sm. 1, 256.
B. M. 1, 235. 269; G. W. B. 9 nebst nachtraegen. Dagegen gehoert
poln. bredzid zu würz, brd, s. G.W. 1,269.
braken (ausschielsen) ist a. d. d. ins slavische uebergegangen,
wie schon die form der slav. Zeitwörter andeutet; vgl. G.W. 1,
233. 234 ff. 321. 2, 746. Das echte slav. brak bedeutet nuptiae.
britsche — poln. bryczka dim. von bryka großer wagen,
echt slavisch, nicht a. d. lat., wie B. 30 annimmt.
bruddeln (mischen) bedeutet sonst nd. pfuschen, vgl Br.
W. 1, 145; poln. brud schmutz; vgl. prudeln bei B. 222. 413.
chappen, chapsen (greifen) = nd. happen, hapsen Br.
W. 1, 694.
nd. drummeln u. drömken (Br. W. 1,254) schlummern
sind echt deutsch und gehören zu dröm somnium.
dubs (podex) auch bei B. 46, der auch deutsche Wörter
vergleicht.
d watsch ist aUg. nd. (vgl. u. a. Br. W. 1, 283. 3, 359. ne-
ben nd. nl. dwas nd. dwatzig, dwatje (fatua).
flaken (durch herden düngen) = poln. flakowal, das
nach form und namentlich unslawischem f nebst seinem stamm-
worte flak a. d. d. entlehnt ist, nicht umgekehrt, am mindesten
d. fleck a. d. sL, das auch in bhm. flak» wend. fljak (sloven.
flika) übergegangen ist, wenn auch nicht in der bedeutung in-
testinum (dis8ecatum et comestibile) , welche es dagegen längst
und vielfach im deutschen besitzt, vgl. Fr. 1, 273«; Sm. 1, 584.
G. W. 1* 480 (nach sinne und stoffe ähnliches ebendas. 384), An-
ton oberlaus. id. h. v., österr. flecke, flock, pl. eJabare einge»
weide.
f lunder (pleuronectes) ist deutsch, englisch, nordisch, i
IL 1. 4
80 Diefenbach
altn. fiydra, and am wenigsten slav. Ursprungs, vielmehr das,
mialayisch anlautende, poln. lehn wort vereinzelt. Anklingende
formen haben mehrere andre sprachen. Für die grundbedeutung
vgl. nL v linder papilio, woher auch der vlindervisch schmet-
terlingfiaeh blennina ocellaris benannt ist.
galupe (xaXvßt], poln. chalnpa), in andern d. mundarten
kalnppe, kalnpje, s. B. 111. Anton h. v., mnaechsta. d. slav.
giebsen (schwer athmen), auch bei Fr. 1, 348 •. B. 392; bei
B. 75 giepsen «von giepen», echt deutsch (ahd. gewön u. a.).
glnpen, glupsch W. oberlaus, glubschen, Anton h. v.
nl. gluipen; gluip f. kleine Öffnung; daen. glnbsk, glnbende
(heimtückisch, bissig). S. n. a. Fr. 1, 358; Br. W. 1, 520. 3, 380.
hutui (luderlich) lautet mehr wie ein schall wort ohne or-
ganische bildung, wie sie in volksmundarten häufig fuer aehnliche
begriffe vorkommen. Indessen erinnert es auch an oberlaus, hut-
tig, hottig bei Anton (stück 1. 8.) vgl. Fr. 1,471 v. hndel;
Sm. 2, 153. 256.?
kabacke = poln. rnss. kabak schenke.
kaddik (juniperus), in andern d. mundarten kaddig, kat-
tich u. s. w. (Nemnich Fr. 1, 495 % 503«), in Esthland kaddak
allerdings aus esthn. kaddakas, kommt in mehreren finn. spra-
chen vor und mag ans diesen in die lithauische gelangt sein, da
es ihren Schwestern fehlt, obwol slav. kaditi suffire ein etymon
bietet.
nd. kaldunen, kalden Fr. 1, 162b, hamburg kalunen,
klnnen Br. W. 1, 812. mit. caldnna gloss. man. daen. kal-
dun, kallun (pl. -er) n. poln. kaldun, kaldon m. (mehrdeu-
tig, doch ohne etymon) sorb. kaldunaf., boehm. kaldounm.,
fehlt den suedslav. sprachen.
kantschuh vgl. B. 112.
karbatsche geht durch die meisten deutschen (incl. nordi-
schen) und lituslavischen sprachen, so wie durch mehrere roma-
nische und erscheint auch im türkischen und persischen. Vergl.
n. a. B. 115; Fr. 1,501«.
kate ist schon altdeutsch; ausführliches 6. W. 2, 546.
katsche (anas) =r pos. gatsche B. 71. 392.
koddern, bei Nesselmann ein kodder sing. = lith. kud-
duris, kndderis m., vgl. verkoederte kleider Fr. 1, 530 b,
hat mit poln. koldra, d. kolter ans lt. culcitra nichts ge-
bemerlcuogen ober deutsch -slavfcche wörtergemeinschaft. 51
k omst, kompost etc., in voce, des 15. jh. hd. compost
chrautt, chuemmost, kumpost, cupest kraut, eunpipist,
gumpst u. s. ni. ans dem gib. d. mit. compoaitam; wogegen
schon ahd. kabuz, spaeter kappes, gabia u. s. w. mit. capiata
o.a. w., slav. kapuata, lith. kopustas, lett. k&pösts ans lt.
caput, braaaica capitata (vgl. n. a. Sin. 2, 10), obgleich auch
Finnen, Torken n. a. Völker bis nach Asien hinein den namen
entlehnten.
komurke, bei W. knmurke, bei B. 112 kamarke, ge-
fangnift, loch.
kracke, auch bei W., dessen nebenform kricke so Irans,
criquet stimmt, kommt auch in Mitteldeutschland häufig vor,
besonders in der zs. schindkracke f., bei Fr. 1, 541 b krack,
schinderkrack m., bei B. 141 kracke, sejiingerkracke £,
daen. krak, krakke c. lett. krakkis (virgnl. k). W. vergleicht
mit unrecht galisch gragh, greigh (=lat grex, greg).
kretscham haben auch Lausitzer nnd Obersachsen von den
Slaven überkommen; alt nhd. kretschem caapona Fr. 1, 547%
vgl. B. 142 339.
kraschke, grantschke, W. , bei Nemnich u. a. krnt-
schen pyrn8 comm. sylvestris, ist allgemein slavisch, aslv. grnsha
pirus neben krushyka pirum; lith. krauszef.
kukkel bedarf naeherer bestimmuhg, poln. boehm. kakla
cucullns a. d. lat., wie d. kogel u. s. v.
kamt, kämmet (helcium) ist ein in Deutschland sehr ver-
breitetes wort; vgl. noch G.W. 2, 526.
kutte vulva, podex, sehr verbreitetes d. wort, vergl. n. a.
B. 367 ff.
Inlke, zwar = poln. lnlka, vergl. üiyr. lulati tabak ras-
chen, törk. 1«16, ngr. lalig tabakspfeife, pfeifenkopf; aber vgl.
auch nd. nl. lullpipe etc. Br. W. 3, 98, hd. lullen sugere Fr.
1, 627 °; Sm. 2, 464 ; Stalder 2, 184.
mangeL, mange, zw. mangeln, mangen auch im Main-
lande, in Posen (B. 167), der Lausitz (Anton st. 2) und anderswo
in Deutschland nebst Niederland und Nordland seit ahd. mango
machina verbreitetes wort, wenn auch vielL lehnwort; vgl. meine
Celtica 1, 75; die nebenform mandel bei Fr. I, 638«; Anton st. 2.
manschen auch in Mitteldeutschland (Wetterau u. s. w.) u.
Lausitz, vgl. Sm. Fr. h. v. Anton st 2. 15, s. 20; B. 168. 496;
bei AltenstaJg menschen conrandere.
4*
82 Diefenbacb
margelle, auch in Ostprenfsen maedchen; aber in Posen
vetula B. 168.
nug'eln (conctari) hat viel deutsches zubehoer, s. G; W.
2, 95ff.
palte ist nach mehrfacher analogie das sonst läppen bedeu-
tende nd. wort; vgl. indessen das znbehoer lett. paltas blutku-
eben, lith. paltis f. Speckseite.
parowe von polnisch parowa, parow schlucht, abzugs-
graben.
pas, auch bei B. 202; darueber und ueber pojas s. G. W.
1, 344. 29 756ff.
pisakken, auch in Br. W. 2, 323, doch unerklaert.
plauze bedeutet in andern deutsch -slawischen lSndern lunge
und eingeweide (wetter. gelänge), auch schlechte betten; s. B.
212; Anton st. 3. 11.
pomadig, pomade (otium gratum) wol in ganz Deutsch-
land, namentlich in der Studentensprache; posen. pomale; andre
formen s. bei B. 206.
pofs (basium) gehoert zunaechst zu schwed. pufs m. id.,
zw. pussa, und demnaechst mit busserle bei W. (mit oberd.
dim. suff.) zu oberd. engl, bufs id. (Fr. 1, 159; Sm. 1, 211; Anton
st. 7), gewifs nicht zu kufs. Exoterische vergleich, s. G.W. 1. 266.
präm nhd. nnd. nnl. u. s. w. aus gr. mgapa. Vgl. u. a. B.
218; Br. W. 3, 358; Pott lett. I, 59.
qu&sen, quafsen schon mhd.; s. G. W. 2, 602.
schabe), pos. schabbel, B. 248, auch in schabelmoeh-
ren scandix pecten bei Nemnich?
schände, schanne, kommt in hd. und nd. mundarten vor,
s. Fr. 2, 161 e; Br. W. 2, 605. Slavisch kenne ich nur niederlaus,
(sorb) schandaf. achselband, vgl. schaut m. bindetuch.
schick ist echt nd., vgl. Br. W. 2, 652.
schlammpeisker stammt nebst vielen andern d. formen
vermutlieh aus slav. piskar (pfeifer) s. G. W. 1, 269. 362.
schmackoster, schmeckostvr f. (vergl. W.) heilst die
osterpeitsche auch bei den deutsch redenden Lausitzern s. Anton
st. 12 und steht den deutsehen Wörtern schmacke, smicke u.
s. w. für peitsche naeher, als dem poln. smagad. oster ist wol
nicht suffix, sondern das, etwa mit einem imper. (zw. schmicken
Fr. 2, 208*; B. 268; vgl Br. W. 2, 864), zsgs. hauptwort
schmor nicht zu pln. czmyr (pruritos), sondern zu schmor
bemerkuDgen über deutsch -slavische wörtergemeinschaft. 53
voll nl. versmdrt (tranken Fr. 2, 209 ff.), smördronken ma-
xime ebrius, d. i. benebelt! vergl. G. W. 2, 275 ff.
schrägen ist echt deutsch und bedeatet eigentlich schrae-
ges gesteil, vgl. Sm. 3, 609; Br. W. 2, 689.
schrobben, schrubben, ein echt deutscher stamm (vgl.
u. a. Br. W. 2, 098), entspricht dem poln. skrzyb, skrzyp (s.
G.W. 2,421), nicht aber szorowa6, das als gemischtes lehn-^
wort d. schoren, scheuern und schirrren zu enthalten
scheint s. G. W. 2, 248. 250.
schubchen ist nach form und bedeutungen eher deutsch als
slavisch; vgl. G. W. 2, 250, besonders die Schweiz, bedeotung.
stepke (vll. Spitzname des gefurchteten gertchlsboten?) ist
formell = stepchen, was in Mitteldeutschland in der formet « dafs
dich das stepche!" den teufel vertreten soll.
st ritz el, strützel ist ein schon altes deutsches wort für
ein back werk, s. Fr. 2, 348; Sm. 3, 091 ; Anton st. 4. 13; Schwenk
d. wb. 088 und erscheint auch in roman. und slav. formen. In
der Wetterau kommen die nebenformen strützen — u. sprützen
— gebackenes, bei Emmelins a. 1592 spruetzen gebachens,
vor.
tangnet vermutlich zunaechst aus poln. tandeta (nicht
tandela) troedelmarkt = mit. tendeta, oberd. tändelmarkt
(woraus boehm. tarmark id. entstellt), vgl. Fr. 2, 301 c; Sm. 1,
448; mit. tenda bedeutet in Spanien = span. tienda bude, eig.
zeit, wie dieses häufig in Deutschland.
timf, bei B. 315 timpf | thaler.
wildschur, vgl. B. 351.
w rucke kommt auch bei Nemnich vor und heifst wirklich
brücke (brassica napobrassica) bei B. 30; poln. brukiew, russ.
brjukva lauten eben so slavisch, wie wrucke sächsisch.
zergen ist echt deutsch, s. G. W. 2, 055. 001 , wo poln.
targal zur nebenwurzel tr zu stellen sein wird.
zuk, vgl. zauke bei W., ist ein von suckel (G. W. 2, 359)
grundverschiedenes, echt und alt deutsches wort = ahd. zoha,
mhd. zohe u. s. w. Sm. 4, 248.
zuprine, schibrine W. , oberlaus, schttprine Antonst.
12; andre formen B. 254. 415; G. W. 2, 257.
kollat8chen scheint zweierlei Wörter zu vermischen; vgl.
Ft. 1, 532»- B. 138. 398; Sm. 2, 290.
54 Diefenbach
stadel kam aas deutschen sprachen in lituslavische, s. 6.
W. 2, 302.
tartsche ist in occident und Orient verbreitetes wort, s.
m. Celtica 1, 152. und kommt im deutschen schon lange vor
Luther vor.
traben (W.), s. ausfuehrliches in G.W. 2,636.
Ich komme nun noch zu folgenden nach Weinhold (heft 39
8. 252ff.) aus dem slavischen stammenden Wörtern der schlesisch-
deutschen mundart.
gab s che gehoert zu einer vielgestalteten, hohlhand und was
diese (meist die beiden zusammen) fafst, bedeutenden menge deut-
scher Wörter, von welchen ich einige nennen, für den rest citate
geben will: nl. gaps f. nd. göpse u. s. m. nordengl. gaupen,
goupen, ahd. coufan, mhd. goufen, gouf u. s. w.9 ä. nhd. gauf*
m. gebsei (Fr.), altn. norweg. gaupn, norw. gauvn f., schwed.
goepenm., daen. gioevn c. wetterau. westerw. ganversch.
Vgl. Fr. 1, 325 b; 327*; 346b; Schmidt westerw. id. 64; Maaler
158; Stalder 1, 429; Br. W. 1, 528; Outzen gloss. 91; Sm. 2, 17 ff;
Graff 4, 177; Grimm gr. 1 3, 193; BM. 1,559*; Leo rect. angl.
(ueber ags. geöf); G. W. 2, 402.
halas = pos. hallafs B. 87.
kadel bedeutet nach Anton st 9. laus, kienkamin, schles.
Idenrufs und mag deutschen Ursprungs sein; vergl. Fr. 1^495e;
Oberlin 749; Ziemann 175. — Poln. kadzil und kazic* gehoe-
ren ganz verschiedenen wurzeln an.
kaenigt = laus, kaenig, bei Anton st. 9. hat echt deutsche
bildung.
leduche (vgl. leidak bei Förstemann) = laus, ledicher
Anton st. 9. s. 16; vgl. G. W. 2, 557 ff.
leschak, bei Förstemann leg'ak, wird in deutsch Öster-
reich scherzhaft von sehr wohlbehalten aussehenden menschen ge-
braucht; boehm. lezak faullenzer.
1 us che (palus) auch pos. u. lausitz. B. 160. 401; Anton st. 9.
nusche (schlechtes messer) ebenso B. 193; Anton st 2.
paerschen = poerschen u. s. w. bei B. 216; Anton st 2.
11. die es mit d. (em-) por verbinden.
schleifserin = laus, schleufserin, Anton st. 4, sicher
deu Uch , wie hd. s c h 1 i e f s e r , nd. s 1 u e t e r dispensator Fr. 2,
199*; hd. beschliefserin dispensatrix.
gabsch (ru8ticus, stultus) ist deutsch, s. Sm. 2, 9; G. W. 1, 92.
bemerkungen über deutsch -slaviscbe wftrtergemeinschaft. 65
bisein (laus. Anton st 1) geht bis in den germ. norden hin-
ein, vgl. B. daen. bisse; Tgl. u. a. Graff 3, 216: Richthofen afrs.
worterb. 620.
grabschen ist aaeh pos., laus., wetteraa. n. s. w.; vgl. B.
79. 392; Anton st. 8. s. 15; G. W. 2, 430.
grätschen u. s. w., auch pos. B. 80, ist ein vieldeutiges
deutsches wort; vergl. u. a. ergretschen prehendere bei Alten-
sUig; Fr. 1, 368 k; Sm. 2, 125; G. W. 2, 432.
jechen, auch pos. nnd laus. B. 80; Anton st 2. 9; vgl. u.
a. jachen u. dgl.; Fr. 1, 483 b; Stalder 2, 71.
müdeln (cunctari) ist vielleicht deutsch; vgl. G. W. 2, 10.
rabatzen, in Mitteldeutschland rabastern u. s. m.; viele
formen dieses schwerlich ursprünglich slav. Wortes s. bei B. 231;
Br. W. 2, 413. 3, 444.
raegern (coaxare) auch laus. Anton st 12. In der Wetteraa
heilst der den fruehlingsanfang intonirende frosch raeling («die
raelinge singen»), verschieden von dem fischnamen regling u.
dgl. und von roerling rana portentosa.
Frankfurt a M. Lorenz Diefenbach.
Eine oskische üuehrift ras PomjMgi.
Der freundlichkeit des hr. dr. Hensen in Rom verdanke ich .
die mittheilung der folgenden mit oskischem alphabete eingegra-
benen inschrift, welche gegen ende des vorigen jahres bei auf-
deckung eines thores an der sudmauer in Pompeji gefunden wurde.
Sie lautet:
. nuttiis. m. n. punüis..
. idilis. ekak. viam. terem . .
. tens. ant. pünttram. staf . .
anam. viu. teremnatust per
5) . . iussu. via. pümpaiiana. ter
eranattens. perek. III. ant. ka • .
la. iuveis. meelikiieis. ekass. vi
ass. ini. via. iuviia. ini. dekkvia
rim. medikeis. pümpaiianeis
10) serevkidimaden. uupsens. iu . .
au. aidilis. prufattens
56 Aufrecht
Ich glaube sie etwa in folgender art konstitoiren zu können :
. Siuttiis M., N. Ponliis ., aidilis, ekak via mteremnattens ant
pontram stafianam Vio teremnatost per[ek.]. Jnssn via pom-
paiiana teremnattens perek. III ant ka[i]la Ioveis Melikiieis. Ekass
viass ini via joviia ini dekviarim medikeis pompaiianefe serevkid
imaden opsens, joasu aidilis profattens.
and übersetze: . Suttius M. f., N. Pontius . f., aediles, hanc viam
terminaverunt ante portam stabianam. Via terminata est pertieis.
Jnssn viam pompejanam terminaverunt pertieis (?) III ante cel-
lam(?) Jovis Meilicbii. Has vias et viam joviam et decialem med-
dicis pompejani in -i -a fecerunt, jnssn aediles probaverunt.
Sprachlich bietet die inschrift mancherlei neues. Sintiis ist
ein neues beispiel zu den bd. I, 87 zusammengestellten, wo einem
u ein i vorgeschlagen ist; die vermuthung, als habe die folgende
liquide darauf eingewirkt, wird freilich dadurch widerlegt. —
Aidilis ist das erste beispiel eines notn. pl. der i-deklination
und lehrt, dafs wie im lateinischen nnd wahrscheinlich auch im
nmbrischen derselbe durch blöke vokalverlängernng bei hinzufn-
gung des pluralischen s gebildet wurde, während die konsonan-
tische deklination dieses unmittelbar an den stamm anfügte (med-
diss aus meddik-s). — Ekak ist der acc. sg. f. für ekam-k und
erscheint ebenso bei Mommsen T. X, 24. — Teremnattens und
das späterfolgende opsens, profattens sind 3. pers. perf. pl.,
deren sg. wir in profatted und opsed haben. Die oskische per-
fektbildnng in der a-konjugation bietet mir bis jetzt unlösliche
Schwierigkeiten. Einerseits sehen wir in ämanaffed, aikdafed das-
selbe durch antreten der wurzel f u gebildet, während in profat-
ted, profattens, teremnattens (vergl. noch tribarakattins, tribara-
kattuset) von den stammen profa, teremna iu dem doppel-t der
tempuscharakler zu liegen scheint; opsed, opsens, proffed entbeh-
ren vollends scheinbar ganz eines solchen. Bemerkenswerth ist
auch der Übergang des alten t in s bei der indicativendung ens.
— Pontram, welches wohl irrthümlich mit tt geschrieben ist,
trage ich kein bedenken der örtlichkeit gemäfs, wo die inschrift
gefunden ist, mit porta zu übersetzen, mit dem es freilich etymo-
logisch nichts gemein hat. Vielmehr stelle ich es mit pons, nov-
togt narog, skr. panthin (via) zusammen und glaube, dafs aus der
allgemeinen bedeutung des gangs sich die besondere des durch -
gangs, wie bei pons des Übergangs gebildet habe. — Terem-
natost ist eine für prosaische rede bemerkenswerthe zusammen-
eine oskische inschrift aas Pompeji. OT
Schmelzung von teremnato est. -~ Per[ek]. Der stein ist hier sehr
abgenutzt, so dafs man in den Überresten des k eine X hat erken-
nen wollen. Für die buchstaben ek und X bietet sich indefs kein
räum, so dafs ich bezweifle, dafs hier überhaupt eine zahl vor-
banden gewesen. Perek., offenbar eine abkürzung, habe ich
willkürlich mit pertica übersetzt, ein längenmafs ist darin Jeden-
falls enthalten. Vielleicht täusche ich mich nicht, wenn ich m
perek das umbrische perca wiederfinde. Das letztere konnte bei
der bekannten Vorliebe des oskischen für einschiebnng eines vo-
cals hinter einer liqoida sich kaum anders gestalten. Perca aber
scheint anf den iguvinischen tafeln (vgl. nmbr. sprd. II, 107) einen
stab zn bezeichnen, der leicht auch ein maäfs vorstellen konnte.
Demnach ergänze ich perek an beiden stellen in perekais. —
iussu ist jedenfalls aus dem römischen entlehnt; für den ab-
fall des d im abl. giebt es im oskischen kein beispiel. — Via
pompaiiana sind acc. sg. mit abgefallenem m, wie gleichfalls
das folgende ka[i]la, und via jovia. Nimmt man hiezu den abfall
des d vor Joveis, so darf man die inschrift in ziemlich späte zeit
setzen. — Ka[f]la. Hinter ka ist eine kleine lücke für einen
buchstaben; sehr einfach ist die ergänzung des Wortes in kaila
= cella; doch bleibt die diphthongische natur des e in cella noch
nachzuweisen. — Ekass vi aas zeigt, dafs auch in der a-dekli-
nation die endung -s ans ns entstanden zu denken ist, wofür
auch das äolische -aig spricht — Dekvian'm, wofür der stein
dckkviardn liest, ist der acc sg. eines adj. auf ari-s, das wahr-
scheinlich von einem subst. dekvia abgeleitet ist. Dem entspricht
tekvia auf tab. iguv. IIb 1, leider unbekannter bedeutung. Em
Zusammenhang mit dem eigennamen Decius, Dequius liegt auf der
hand. — Medikeis pompaiianeis hängt von serevkid ima*
den ab. Von diesen letzteren Wörtern ist nun soviel klar, dafs
serevkid das subst , abl. sg. der i-deklination weibl. geschlechts,
und im ad das adj. ist, en ist die sufQgirte präposition wie in
exaiac-en, eisuc-en, censtom-en auf der TB. — Auch sachlich
sind in der inschrift mancherlei dunkdheiten, die ich an einem
anderen orte hervorzuheben beabsichtige.
A.
58 Ebel
Oskisches*
1) Die dritte pers. plur. zeigt im oskischen, soweit wir
es bis jetzt kennen, zwei verschiedene formen, in denen es nach
zwei Seiten von der analogie des lateinischen, wie der meisten
europäischen sanskritsprachen abweicht. Fassen wir diejenigen
stellen zusammen, in denen lesart und constrnction unzweideutig
erscheint, so erhalten wir folgende formen:
3. sing. ind. ist C. A. 12. 15. 31. 33. 34. 49. 56, (eit XXIX.
b. ?) faamat XXIX. a.b. anglt, upsed IV. aikdafed V.
prdffed XVIII. prüfatted XXI. XXIV. aamanaffed
XXI. XXII. kümbened C. A. 10. deded XX. XXIV. he-
re8t, pertemesi, didett, fusid C. A. 19,/usf, urwt, hipust^/e-
facust, cebnutt, pertemust, dewast,
conj. stait Ag. 48, fuid^ hipid, pruhipid, fefacid, deivaid,
imp. estud, factud, deivaiud^ Ucüud,
3. plnr. indic set C. A. 16. Ag. 1. TB. 25, ovnaw XXXIX.
amfret C. A. 33. 46. fufans C. A. 10. tribarakattaset
C. A. 39. 42. e est int Ag. 26;
conj. staiet C. A. 58, . errins C. A. 54, tribarakattins C.
A. 48, patensins C. A. 50. 51, deicans,
imp. eituns XXIX a, deivatuns.
Wir finden also die ursprünglichere form auf -nt mit aus-
nähme eines einzigen Falles nirgends, sondern durchgängig entwe-
der -ns mit Verwandlung des t in s, oder -et mit vertust des na-
sals. Das verhältnifs zwischen beiden formen scheint folgendes
zu sein: wo die endung -nt an den vocal der wurzel (fufans)
oder des tempus- oder moduscharacters (ovrtaerg, patensins,
eituns) unmittelbar antreten konnte, blieb der nasal, nur t ging
in s über; wo dagegen ein bindevocal nöthig wurde (set, staiet),
fiel der nasal fort, und t blieb unverändert. Das oskische steht
also in dieser beziehung in ziemlich genauer analogie mit dem
griechischen, wie mit dem skr., nur dafs es in der consequenz
einen schritt weiter gegangen ist, als beide sprachen; denn wäh-
rend sie im medium zwischen vrcu, vro, nte, nta, ntäm und arou,
ato9 ate, ata, atäm wählen, hat das griechische im activ durch-
weg sein v oder dessen nachwirkung (ä<rt = am, ovai = orti)
bewahrt, das skr. das n nur in den reduplicirten formen (bibhrati
aufgegeben. Die einzige form im oskischen, die das -ntganz un-
verändert behalten hat, ist eestint; den grund davon vermag
oskisches. 59
ich freilich ebensowenig anzugeben, ab den des eigenthümlichen
umlaute. Räthselhaft erscheinen zwei formen der TB censuxet 19
und angeiuxet 20, die man nach der obigen Zusammenstellung für
plur. halten sollte, während die construction in beiden fällen auf
sing, hinzuweisen scheint.
2) Das iu in tiurri, diumpais, eitiuva, niumsis hat
Mommsen mit dem neapolitanischen ie verglichen; mir scheint
eine andere analogie noch näher zu liegen. Wie nämlich zwi-
sehen dem u der übrigen roman. sprachen und dem ü des franz.
das engl, iu in der mitte liegt, so erscheint mir dies osk. iu als
eine Vermittlung zwischen dem lat. u und dem gr. v. Man be-
rücksichtige dabei den Übergang des * in <r, der vor v bisweilen,
vor t fast regelmässig eintritt, die ahd. Schreibung iu nicht blofs für
den ahd. diphthong eu, ie, sondern auch für den umlaut des u,
endlich die griech. Schreibung des oskischen Nivpaduitg z= Nium-
sieis gegenüber dem Annülovvtit, nmt u. a. Sollte etwa iu
gar nur bezeichnung des ü- lautes sein?
3) C. A. 20—23 wird umbr. sprachd. 1, 167 folgendermaßen
ergänzt: eiseis sakarakleis i[nfm] terefs fruktatiuf fr[uk-
tatiuf] müinikü putüru[mpid estu]d, dem sinne nach ge-
wifs vollkommen angemessen. Nur befriedigt uns die lesang des
letzten Wortes insofern nicht vollständig, als der stein, wenn die
Zeichnung bei M. richtig ist, unzweifelhafte spuren eines i zeigt.
Ebenso unzweifelhaft ist es aber, dafs M.'s ergänzung fusid falsch
ist, selbst angenommen, dafs der stein fusid gestatte; denn so
oft formen auf -sid (oder -«/) vorkommen, zeigen sie nicht im-
perativbedeutung, sondern die eines fut. oder fut. ex. Wenn ich
deshalb vorschlage, die noch unbelegte form fuvid zu lesen,
so mag das auf den ersten blick sehr kühn scheinen; die kühn-
heit ist indessen nicht so grofs, wenn man bedenkt, dafs das
eituas, eituam der TB. in den älteren inschriften als eitiuvas,
eitiuvam erscheint, folglich das fuid der TB. im altoskischen
fuvid lauten mufste. Ein anderes bedenken, welches man daraus
entnehmen könnte, dafs fuid immer nur in Verbindung mit der
negation mit imperativbedeutung vorkommt, wird wohl hinrei-
chend durch die augenscheinlich Imperativisch gebrauchten con-
junctive patensins CA. 51, [hjerrfns 54, staiet 58, statt
Ag. 23 wiederlegt.
4) C. A. 16. pai tereräenniü A. wird umbr. sprachd. 1, 167
übersetzt: ubi terniinalia-probata sunt Einfacher scheint mir, in
60 Ebel
pai die zu teremenniü gehörigen n. pl. n. za suchen: quae ter-
minalia-probata sunt. Wie im lateinischen den mehrsilbigen foi>
men auf -a die einsilbigen haec, quae sowohl im neutrum pl. wie
im fem. sg. gegenüberstehen, so hat wahrscheinlich auch im osk.
den mehrsilbigen auf -ü, -o in beiden fallen das einsilbige pai
gegenübergestanden. Der locativ wird nicht nur entbehrlich durch
das adv. puf, sondern man sieht auch nicht ab, auf welches fe-
mininum pai sich an unsrer stelle beziehen sollte. (Einem qua,
was man allenfalls voraussetzen könnte, würde wohl eher ein
osk. päd entsprechen).
5) Die demonstrativpronomina im oskischen (und
umbrischen).
Ueber die oskischen demonstrativa ist mit ausnähme einiger
andeutungen in den umbr. sprachd. noch nichts einigermalsen be-
friedigendes gesagt worden. Bei Peter stehn fetc, eixuc, toc, idic
in buntem gemisch neben einander; Mommsen hat zuerst in den
oskischen Studien wenigstens die verschiedenen reihen im ganzen
richtig herausgefunden, indessen irriger weise theils eks- und
eis- gleichgestellt, theils sämmtliche andere formen nur als ergfin-
zungen zum stamme i angesehn, wie er denn in den unterit. dial.
alles wieder durcheinander wirft; bei Corssen läuft neben einigem
wahren noch viel falsches unter. In den umbr. sprachd. I, 134 ff.
finden wir zuerst einen unterschied der bedeutung zwischen den
verschiedenen stammen bemerkt; leider ist jedoch dabei den verf.
ein versehn begegnet, welches sie verhindert hat, die richtige ana-
logie zwischen den umbr. und osk. pronominalformen zu verfolgen.
Ganz richtig wird nämlich ab eigentliches substantivprono-
men = lat. is mit dem umbr. erek das osk. %%ic zusammenge-
stellt, von dem uns aber nur folgende formen bekannt sind: n.
sg. m. izic TB (1?) 7. 14. 29. 30. überall subst. gebraucht, f. iük
G. A. 39. 42. adjectivisch (iük tribarakkiuf inim uittiuf), n. idik
G. A. 17. 18. adj. = idic TB. 6. 9. 30. subst., acc. m. tone TB.
12. 17. 26. subst, n. a. pl. n. ioc TB. 5. adj., sämmtlich mit an-
gehängtem k. Zu demselben stamme würde exum als g. pl. ge-
hören (TB. 10), falls es wirklich pron. wSre, sowie ip C. A. 34.
(26?) = ibi und isidum XXIV. (XX. XXI.) = idem ebenda.
herstammen; ex aiscen ligis TB. 25. ist aber falsche abtheilung
st exaUcen (es müfste vielmehr iaUcen lauten).
Unrichtig erscheint dagegen die vergleichung des osk. eisti
oskisches. 61
mit umbr. esu, sobald man die bedeutung genauer verfolgt, in
der sich deatlich ein gegensatz knnd giebt. Gerade so wie näm-
lich im umbr. hie und iüe durch esu und eru bezeichnet wer-
den, finden wir im osk/eksu und eku dem eisü entgegenge-
setzt, wie folgende Zusammenstellung der betreffenden stellen zei-
gen mag. Das nächstliegende (hie) ist bezeichnet durch: ekss
adv. = sie, C. A. 10. ekss kümbened mit beziehung auf das
unmittelbar folgende, TB. 7. piei ex comono periemesi mit bezog
auf das eben angeführte; ekkum (st. ekdum?) €. A. 27. 41.
offenbar = item; abl. m. n. eksuk (st. eksudk) XXIX. a. b. ek-
suk amyianud dem durch die inschrift bezeichneten; abl. f. in
poei exae TB. 8. 23. = posthac, deutlich unterschieden von posi
elxuc 29. 30. (dort ist von der zeit, nachdem das gesetz erlassen
ist, die rede, hier von der, nachdem jemand i acutum nerumfttst);
abl. pl. f. in exaiscen UgisTB. 25. (das vorliegende gesetz); end-
lich conirud exeic TB. II. 17. 26. syntactisch zwar nicht ganz
klar (etwa contrud mit dem loc?) wohl aber in seiner beziehung
auf das nächstliegende. Ebenso die formen ekask Ag. 26. n. pl.
f.; ekik V. (acc. n. zu sakaraklüm, oder adv. = hie?); ekak
XX. XXIV. (abl. f. statt ekadk?), ekaXIV. und ekhadXXVI.
werden wir also wohl auch so fassen müssen.
Hingegen beziehn sich auf das entferntere (ille): eis eis g*
sg. n. in C. A. 20. eiseis sakarakleis, m. (subst.) in TB. 22»
pari elzeis fusi; eise! oder es ei loc. m. n. €. A. 46. 49. 51.
und mit c TB. 7. elxeic xicelei (in jenem gebiet, in jenem schätz,
an jenem tage)» sahst TB. 21. in eixeic vincier (wenn er dabei
ertappt, dessen überfuhrt wird; t= et in eo (con)vincitur oder
vincitur?); abl. sg. eisud sakarakludC A. 13., eisucen ziculud
TB. 16., posi eiMuc TB. 29. (s. oben, was zu post exae bemerkt
ist), auch wohl TB. 30. eizuc Miculuä"! und XXXVI. ecot; abl.
pl. op eizois TB. 23. subst. = coram Ulis; eizasc TB. 9. (gen. f.
zu iangineis oder acc. pl. zn ei/wo*?); loc. fem. eisai viaiC. A.
67.; abl. eisak eitinrad XXIV. auf das eitiuvam paam A.
znrückbezogen, eizac egtnad TB. 10., gen. pl. eizazunc egmazum
TB. 24. Endlich das adv. esuf TB. 19. 21. (man sollte eisuf er-
warten) dort in Bantia (man könnte also schon aus dieser stelle
folgern, dafs die inschrift nicht in Bantia, sondern in Rom abge-
faßt sei).
Man sieht, überall deuten die formen mit eks- oder ek- auf
ein hie, die mit eis* oder ei*- auf ein ille hin. Die heransge-
02 Ebel, oskisehes.
ber der umbr. sprachd. hätten sich deshalb in der I. 108. aasge-
sprochenen vermuthung, dafs mit dem umbr. eru das osk. eisu
zu vergleichen sei, nicht sogleich wieder durch umbr. es n sollen
irre machen lassen. Aufser der bedeutung weisen vielmehr auch
die lautverhfiltnisse beider sprachen ganz entschieden auf eine
solche identität hin. Das umbr. eru hat dieselbe Verwandlung
des s in r erfahren, wie der inf. eru, erom = esse, der gen. pl.
hapina-ru, das pron. erek, das osk. eisu im neuosk. denselben
fibergang des s in z, wie in exum = esse(?) , im gen. pl. egma-
»um, im pron. i*ic; kurz, die analogie kann nicht vollkommener
sein, zumsd da umbr. e auch sonst dem osk. ei, ei entspricht
(vgl. den gen. k apres und senateis). Danach hätten wir also
das skr. £sha nicht in esu, sondern in eru == osk. eisu wieder-
zufinden. Es liegt uns nun nur noch ob, umbr. esu mit osk.
eksü lautlich zu vermitteln. Auch das durfte nicht schwer sein,
wenn man bedenkt, dafs in umbr. x nur in dem einzigen worte
fratreks, fratrex sich findet, wogegen dem röm. dextro ein
umbr. te8tru, destru entspricht (1,81); nimmt man dazu, dafs
sich auch esst«, issoc findet, so wird es sehr wahrscheinlich, dafs
ks sich in der mitte zu ss assimilirt und nur nach der gewöhn-
lichen umbr. Schreibart (I, 70) einfach s geschrieben ist. Schwie-
riger ist die erklärong der osk. doppelform eks- und ek. An
assimilation zu denken, verbieten formen wie meddiss aus (und
neben fjieddet%*) ; eher mag also in eks- eine doppelte Zusammen-
setzung stecken, sodafs ek- auf skr. eka (vgl. per, das mit pia
und fiopos stammverwandt erscheint, und de aus djre v. ovo; eka
wurde also einen, d. h. den ersten, den einen bezeichnen), eks-
auf eka-hsa (wie tüvtiks aus tuvtik-ä-s) zu beziehen wäre;
doch will ich das nicht für gewifsheit ausgeben. H. EbeL
*) Wo kk sonst im osk erscheint, lfifst es sich in dk, kd oder kt
(?) auflösen, wie pukkapid (pocapit) = pudkapid, ekkum = ekdum
(? merkwürdig neben afkdafed, lfganakdfkef, maakdiis) tribarakkiuf
etwa = trfbaraktiuf? Dagegen konnte ks wohl nur in ss übergehn. Was
das verhällnifs von ks und ss im osk. belrifft, so scheint ks sich zu
assimiliren, wenn es ursprünglich zusammenstiefs wie im nom sg -ined-
dfss XVIII., meddfs XVI., oder der vocal der endnng abfiel wie im
nom. pl. meddfs 8 XV. (pedtiaS XXXIX. vielleicht nur bezeich nung des
ss, wie tt des f) — auch estfnt mag sich so ans eekstfnt erklSren(?) —
hingegen unverändert zn bleiben, wenn ein vocal am ende des Stammes
abfiel, wie in tuvtfks. Das x in prumedixud weifs ich nicht zu erküren.
Schweizer, anzeige. 63
II. Anzeigen.
Homerisches glossariom. Von I, Dßderiein.
(Erster band. Erlangen 1850. X n. 260s. s.)
Hauptzweck dieses längst vorbereiteten und angekündigten
buches ist dem verehrten herausgeber Interpretation, und die
etymologischen und grammatischen Untersuchungen sind ihm zu-
nächst nur ein notwendiges mittel zu diesem zwecke. Wo aber
die spräche Homers gegenständ der Forschung und deutung ist,
da müssen wie von selbst etymologische und grammatische Prü-
fungen oft in die breite und tiefe gehen, und so nehmen diesel-
ben sehr naturgemäfs auch in dem vorliegenden buche einen an-
sehnlichen räum ein. Doch darauf verzichtet D. die letzten wur-
zeln der Wörter zu verfolgen, was freilich nicht ohne einigen
schaden für die richtige anschauung und deutung abgeht; er ver-
sammelt, eingedenk seines obersten Zweckes, auch nicht sämmt-
liche aus einer und derselben würzet hervorgegangenen Wörter
um die fruchtbare mutter, was kaum zu tadeln ist, ist nur aus
dem ganzen das einzelne richtig ausgesondert. Aber warum
nicht einmal die Wörter eines Stammes, sofern sie doch home-
rische sind und D. sie sicher für stammgenossen hält, um densel-
ben sich einreihen und aufstellen sollen, ist uns zur stunde nicht
klar, vielleicht damit dem leser, welchem die interpretation die
hauptsache ist und dem der verf. sein buch besonders gerne nahe
legen will, die überschau des mäfsig gehaltenen bildes ermög-
licht sei. In der vorrede giebt D. einige hauptgrundsätze seines
Verfahrens an: das streben der spräche in ihrer fortentwicklung
gehe auf kürzung der wortgestalten, aber diese Operationen seien
von änderungen im interesse des Wohllautes begleitet, endlich
werde dem geknickten und gekürzten worte nicht selten Scha-
denersatz geleistet durch assimilation und metathese des lautes.
Der erste dieser sfitze dürfte im allgemeinen kaum noch bestrit-
ten werden, nachdem die historische grammatik besonders im be-
reiche der deutschen dialekte die sinnliche formengewalt der alten
zeit der verhältnifsmäfsigen schwäche und dünnheit der neuesten
gegenüber gestellt hat. Aber nur im allgemeinen gilt dieser satz.
Denn abgesehen von solchen sprachen, in denen eine entstehende
literatur sichtbar auf vielen punkten die vollkommenere form erst
64 Schweizer
wieder hergestellt bat, wie im sanskrit und römischen, sachten
sich gar oft matt und anscheinbar gewordene oder zu allgemeine
formen namentlich durch eine innig anschliefsende Zusammen-
setzung, durch reduplication, durch entwickeluiig von nasalen im
innern und im auslaute wie neu zu beleben und zu kräftigen;
ich erinnere nur an die Zusammensetzung von magern verbalwur-
zeln mit dh, gr. #, lat. d; bh u. a., oder auch mit sc, <S; and
oft rettete eine spräche eine schöne perle aus dem nicht hinläng-
lich verwendeten Überflüsse der Vergangenheit hinüber in die mehr
intellectuell ordnende and verarbeitende zeit, and nun erst erhielt
dieser edelstein den rechten glänz und trug zur veredelang der
rede bei. Solche gebilde sind im griechischen der conjunctiv und
der aorist, im lateinischen die reichen formen des locativs und der
ablativ, dem man sein gutes alter nicht abgesprochen hätte, hätte
man weiter nur auf italischem boden am sich geschaut. — Dafs
nun bei Verkürzung und alterirung der Wörter auch Wohllaute-
gesetze mitwirken, ist natürlich nnd noth wendig; aber ob der
Verfasser mit seiner ihm offenbar wichtigsten und mit einem gro-
fsen aufwände von Scharfsinn durchgeführten ansieht über den
gar verschiedenartigen ersatz der laute durchzudringen vermöge,
das ist gröfsern zweifeln unterworfen, und wenigstens läfst nicht
eine kleine reihe von fallen einfachere deutung zu. — Die er-
klärungen sind mit recht möglichst auf die weit hinaufrei-
chende tradition durch die alten grammatiker gegründet. Doch
ist diese an manchem orte durch schärferes eindringen und auf
dem umfassenden gründe neuerer fbrschung durchbrochen wor-
den; wie könnte der seeptische deutsche anders? Um wie vieles
gefährlicher es anderwärts sei der Überlieferung blindlings zu
folgen, hat neulich R. Roth auf lichtvolle weise gezeigt. Die an-
Ordnung des Stoffes ist nicht eine innerlich, etwa durch die ety-
mologie bestimmte, sondern Döderlein folgte mehr dem Vorgänge
Buttmanns; aber Buttmann schrieb eben nicht ein umfassendes
homerisches gl ossär, und gerade bei forschungen der art hätte
unstreitig die alfabetisch- etymologische ordnnng den vorzug ver-
dient. — Dieses werk wird jedem, der sich näher und durch-
gehends damit beschäftigt hat und nicht nur einzelne stücke, de-
ren allerdings manche nicht gerathen sind und die vereinzelt ge-
wifs mehr blöfsen bieten, herausgreift, als eine frucht .rüstiger
und munterer emsigkeit, einem grofsen theiie nach nicht rasten-
den eindringenden Scharfsinnes erscheinen, überall aber, auch wo
anzeige. 65
es mifslungen oder weniger gelungen ist, als eine grundsätzlich
durchgeführte und gleichmäfsige, durchaus nicht tumultuarische
arbeit sich erweisen. Von sei teil der vergleichenden Sprachfor-
schung ist das buch einer nicht blofs oberflächlichen Betrachtung
werth, da es jedenfalls seinerseits ihren stoff um etwas mehrt,
oder wenigstens oft, wo er versprengt ist, ihn zusammen fafst,
und da es durch seine weise entschieden auf eigentümliche wege
der forschung hinweist. Auch tritt der Verfasser gar nicht etwa
feindselig gegen diese junge und jugendlich kräftige richtung in
der philologie auf, sondern legt an mehrern stellen unumwunden
seine volle achtung für dieselbe an den tag und fiberläfst ihr be-
scheiden ein sinniges gebiet, das der wurzelforschung im engsten
sinne, ganz und gar. Denn mifsachtung wollen und können wir
es doch nicht nennen, wenn er zuweilen ihre nothwendig küh-
nen geberden ein wenig anstaunt. Wir wagen es Lobecks
merkwürdigen aussprach: si natura nobis concederet viwg Hg
zfoai xal ytQwrtag ov nakiv, du plicata vitae spatia — quoniam
simplex vix unius linguae cognitioni suppetit, divideremus utrisque,
d. h. dem sanskrit und der vergleichenden Sprachforschung einer-
seits und der griechischen Specialforschung anderseits, auch herrn
Döderlein in mund und feder zu legen. Ist nun auch in der
formeolehre der sogen, klassischen sprachen und ihrer töchter
und erbinnen kaum ein ganz sicherer sehritt möglich ohne bei-
zieh an g der nächstverwandten sprachen und namentlich des in
seiner sinnlichen dnrchsichtigkeit und seiner unverwelklichen ju-
gendfalle beneidenswerthen und anstaunenswürdigen sanskrit, so-
bald es auf erklärung der gebilde und nicht nur auf ihre kriti-
sche sichtung und feststellung abgesehen ist; so steht es uns an-
derseits nicht zu zu läugnen, dafs in griechischer Wortforschung
im engern sinne sich von eiuem begabten und mit reichem ma-
terial ausgestatteten forscher auch dann immerhin erkleckliche
und fördernde resultate erwarten lassen, wenn er nicht in jenen
weitern kreis hinaustreten will oder kann. Ja, der verf. scheint
uns wirklich mehrmals zu weit hinausgetreten zu sein; denn
nicht selten irrt er bedeutend, wenn er heimische ausdrücke äl-
terer ond neuerer zeit zur vergldchung heranzieht.
Wir waren gesonnen in unserer besprechung dieses reichen
buche« zunächst dessen ergebnisse für die griechische lautlehre
vorzulegen , dann in derselben weise prüfend auf die leistungen
einzugehen, welche der Wortbildung zu gute kommen sollen und
IL 1. 5
66 Schweizer
endlich einzelne deutungen kritisch zu verfolgen. Aber wir dür-
fen uns nicht erlauben unsern befand in extenso darzustellen und
begnügen uns mit der aushebung von einzelnem und wenigem in
diesen verschiedenen richtungen; anderes werden wir in eigenen,
arbeiten späterhin besprechen können.
Nicht selten kommt in diesem buche die angleichung und
anähnlichung zur spräche, wie z. b. opßQog aus apvQog, 6nX6-
tSQog ans äaaXorsQog, vntQonXog aus vnsQaaaXog , attiog aus
avdrtog, durch angleichung; xopt/fa, xoGfMvXpa, xvdoipog u. a.,
dann formen wie fnjyeaipaXXog, ferner odovg u. a. durch anfthn-
lichung erklärt werden. In opßgog hat das vor ß aufgestiegene
p sicher eben so grofsen antheil an dem dunkeln o als folgendes
o; denn aufgestiegen und unorganisch ist p, wenn wir Ofißgog
an skr. abhra halten dürfen, welches gerade in den alten ve-
dischen glossen nicht nur als name der wölke, sondern auch
des wassers erscheint, gleicher bedeutung mit abhva, ambha und
ambu(?). Nicht uneben vergleicht Weber V. S. spec. I. s. 18. mit
abhra griech. äcpQog; vergl. denselben in seinen ind. stnd. I, s. 183.
In onXoreQog ist freilich ein altes aber nicht ein griechisches a
in o geschwächt, doch nicht aus dem streben nach anglei-
chung verwandelt; denn kaum ist die wnrzel eine andere
als skr. sac, lat. seq. griechisch m und* dasselbe gilt von vxe'(>o-
nXog. Die w. w. x6gv£a und xofffwXfia sind entschieden unrich-
tig als Zusammensetzungen mit xata angesehen, unsicher sind
die übrigen, in denen v aus a hervorgegangen sein soll eines fol-
genden oi wegen. In Zusammensetzungen wie fn^yeaifiaXkog u. a.
soll a eines folgenden t wegen in s fibergehen, während in der-
selben art von Zusammensetzungen das a blieb, sobald <s ausge-
stofsen und der vokal mit * zu einem diphthongen verschmolzen
ward. Vielmehr erscheint hier eine fortgehende trubung und
Verdünnung des alten lautes; denn den genannten formen liegen
sicher nicht, wie D. annimmt, durchaus nur v. v. intensiva auf
a£ö> zu grnnde, sondern den ersten theil der Zusammensetzung
bilden entweder wie Pott et. f. II, 381 annimmt, subst abstr.
auf <k=t«, oder, was uns richtiger scheint, einfache part. präs.?
Rosen zum RV. XXII; vergl. die sanskrit. vididvasu «reich-
thnm spendend» u. a., Aufrecht de accentu compos. p. 16. Dafs
ein solches e nicht durch ein folgendes i hervorgerufen sein
müsse, beweisen uns formen wie dq-fita Pott et. f. II, 39,
Ebel in dieser z. f. s. 298. In altiog, wäre auch diese etymo-
anzeige. 67
logie richtig, konnte ebensowohl ^r als a in i übergehen. Ganz
ohne grund ist aber deutsches irdisch neben er da verglichen, da
hier gerade i der ursprüngliche deutsche laut ist, der sich bei fol-
gendem i erhielt, während er durch nachfolgendes a gebrochen
ward. In odovg für odovg sehen wir das o lieber als mildere
Schwächung des alten a denn als Verstärkung von * an ; das alte
a findet sich noch im skr. ad «edere», in latein. ador, in goth.
atisk; es wurde daraus o, e oder es konnte völlig sehwinden.
Das griechische ist hier wie im verb. ei/u im vortheile nicht nur
gegen das lateinische und deutsche, sondern auch gegen das sanskrit
durch zäheres festhalten eines donnern oder festern lautes. Auch
über das schwanken von av, ov, ev lassen sich kaum so bestimmte
sätze aufstellen als D. zu thun versucht. Nicht sicherer sind die
Alle der dissimilation, die D. gelegentlich bespricht, so dafs z. b.
aloXog für ein älteres aivXog stehen soll, was durch eine schein-
bare analogie des lateinischen nicht begründet ist; denn in filiolus,
alveolns ist das ursprünglichere des vorausgehenden i oder e
wegen eben nur geblieben. In didvpog wird di für djri stehen,
die etymologie von Xtypvg ist nicht sicher gestellt. In ansog und
eaper stiefsen wohl diese vokale von anfang gar nicht zusam-
men, und wie ansog ist auch ohÜQeov aus oivOQBßov zu erklären.
In diog hat Benfey mit recht vorausgegangenes guna angenom-
men, wie in oveidog von wnrzel nid u. a. Der vokal a, e soll
zu * 'werden in einer durch syncope entstandenen position, z. b.
in ia&fiog, cxigrär u. a. Wenn auch axiQtäp fast unzweifelhaft
einen solchen fall bietet, so mufs es für sehr kühn gelten ia&fiog
nach analogie von faux aus ia&ipog entstehen zu lassen, so dafs
es gleich yaarriQ eigentlich der esser wäre. Eine ableitung aus
w. t würde dem sinne und der form nach sicherlich erwünschter
sein, sobald über <r vor 0 auskunft gegeben werden kann; will
herr D. die von Lobeck nnd Curtius beigebrachten beispiele für
einen blofs euphonischen einschob nicht gelten lassen, so steht
noch immer die w. ish zu geböte, die in iog gleich einem skr.
*isha9 gew. ishu unverkennbar auch im griechischen wirksam ist.
Umgekehrt entsteht nach D. « aus i in äQtepijg = äQttfxarog,
«vfohlgemuth» und JJQtapig, dürfen wir es dazu rechnen, würde
uns sogar ein a an der stelle des alten i zeigen. Angenommen,
Dftderleins ableitung von aQTefiijg sei die richtige, so dürfte denn
doch immerhin in OQrs das volle oqtio stecken. Wir halten übri-
gens aQjSfiijg für ein einfaches wort von im griechischen aller-
6*
68 Schweizer
dings seltener bildung, indem wir es gleich artamant od. rtamant
nehmen; Jägiepig oder J^gtauig aber scheint ans das femininum
einer kürzern form artama, wie skr. arnava für arnavant, arvan
für arvant und yahva für yahvant steht. Unbegründet, so weit
wir sehen, ist auch der satz, es müsse ein inlautendes v zu o
werden, wenn im anlaute <r zutrat, in wtoXiog, in Grifpg. Dage-
gen, dafs Gtoypg von tei%(o komme, spricht manches und nament-
lich die daneben bestehenden dcra^vg u. s. f. , die auf eine modi
fication der wurzel sta führen, der wohl auch atonog, ronog an
gehört, wie tabula = stabula ist. Ohne weitern ersatz soll o ab-
gefallen sein in öaxew für odaxetv. Im skr. haben wir die Wur-
zel dag, goth. tahjan, lat. lac in lacer u. s. f. im griech. ddxQV,
lacruma, goth. tagr, unser «zähre». So wird ebenfalls aphärese
angenommen in yqmevg, lateinischem gerere, in yc&Qog, ydwG&cu,
pvew, hd&ö&cu, paco, fiuffl, vortex u- a., meistens nachweisbar
unrichtig;, der verf. ward oft von dem streben irre geleitet, kür-
zere gestalten neben vollem immer als die spätem zu erklären,
möglichst selten zusätze im anfange der wurzeln zuzugestehen.
Als ein beispiel solcher art soll auch der name jttjtoi gelten «die
umherirrende0. Gegen eine solche deutung spricht 6tark, was
wir als ursprüngliche anschauung dieses götterwesens ansehen
müssen; denn ihre Irrfahrten sind doch grofsentheils nur ethische
ausflösse, wie sie erst entstehen konnten, als einmal Here ihre
ansprüche mit allen mittein durchsetzen wollte. Aristo scheint
ursprünglich ein nacht wesen, sie könnte aber in ihrem namen
ebenso gut als gattin und geliebte des himmelsgottes aufgefafst
sein; deute man, wie man wolle, so dürfte man nicht ungereimt
an w. ram denken, von der I, 359. geredet ward, vergl. beson-
ders ratri f. und rämjä als bezeichnungen der nacht. Rücksicht-
lich des inlautenden vokales verhielte sich Arjroi zu indischem
rati, volnptas, wie iirjng zu mati. — Wenn ovta wirklich gleich
ovrace steht, so läge hier ein ähnlicher fall vor, wie wenn im
sanskritaorist im st. isham, und im lat. perf. -ei, i für dasselbe
sich findet. Die apocope von a in dvd kann niemand läugnen,
aber darum ist Döderleins erklärung des d intensivum nichts
weniger als sicher. Ganz verfehlt ist die deutung von acrv aus
darvy von crdyeiv, wie sich jeder durch die einfache Zusammen-
stellung der verwandten überzeugen kann, welche auf w. vas,
goth. visan zurückleiten. Einiges eigentümliche bietet auch die
behandlung der consonantcn dar. Döderlein nimmt altes j: an in
anzeige. 69
idup wegen des lateinischen vesci, erklärt afiaa&at aus ehemali-
gem affieip für aftfuip, svimman. Noch verkehrter ist die gleich-
Stellung von w. *<x mit goth. visan, also skr. vas, und hog soll
dann gleich einem ^ecetov sein. In gataro?, #e£a*ra>p, ayandto,
ßlmm aus angenommenen ßoldfon soll n aus jr entstanden sein.
Hier erwächst schaden daraus, dafs Döderlein nicht mit dem
wurzelvermehrenden p bekannt ist, und die ableitung und deu-
tung von ßkmm wird auch sonst nicht befriedigen. Noch freier
springt unser verf. mit tJem armen latein. um, so dafs es nicht
einmal mehr eine palcra filia pulcrioris matris bleibt. S. 109
werden eigentümliche ansichten über diese spräche offenbar, die
aufs deutlichste widerlegt werden könnten. Unter anderm wird
feba aus ag><wy(?) gedeutet, während es seine schöne und einfache
ableitung in w. bhaksh, gr. cpay findet, also eigentlich «die zum
essen seiende1* aussagt, wie dieses Grimm in seiner abhandlung
über die diphthongen und in seiner neuen über die entstehung
der spräche so sinnreich ausgeführt hat. Die deutung von latei-
nischem serus, sero aus fjSQog, ijQog ist weder dem laute noch
dem begriffe nach recht begründet. Erwägt man Potts Erklärung,
etym. forsch. 2, 174, der das lateinische wort wie Bopp zu skr.
aaya stellt, so wird dessen etymologie keine besondere Schwie-
rigkeit machen. Wie das verschwinden des s und sein Wechsel
mit dem blofsen hauche für die griechische grammatik besonders
wichtig ist, so zieht auch seine vorsei zung vor dem anlautenden
konsonanten und seine entwicklung wieder vorzüglich im grie-
chischen inlaute unsere Aufmerksamkeit auf sich. Das vorgesetzte
8 ist sicher nicht allenthalben desselben Ursprunges und bedarf
einer weit gründlichem vergleichenden Untersuchung als sie ihm
der verf. werden liefs, der auch einzeln, wie z. b. im ags. sciran
mit unrecht ein späteres s annimmt Die entwicklung des a
im griech. inlaut ist uns noch nicht recht klar; aber dessen sind
wir mit Benfey überzeugt, in den bildungen auf -0/*at und
- <y&i}v u. a. -ist dieses hinzutretende o weit eher eine bestimm ung
und füllung der endung als ein Überbleibsel von sogen, intensiv-
formen, wie sie von Döderlein massenhaft angenommen worden.
Ein Hofs lautliches und brückebildendes s nimmt der verf. auch
an in den deutschen w. w. fest = pactus, inast = mactue, tasten
von einem taetare, börste = (pQixroe, mist = mictus, fuxtog und
last = gelegt (lectus). Diese vergleichungen fast alle zu wider-
legen müfste zu weit führen: zu fest vergl. die alte gotli. form
70 Schweizer
]>vaste, über matt vergl. Diefenbach g. w. 11,57; gehörte börste
zu der w. <vouc, was wir sehr bezweifeln, so wäre es von der
form bhrsh abzuleiten, mist goth. maihstus ist anmittelbar von der
wäre, mih gebildet, last von hladan, goth. blasen heilst im ags. hütet,
hatte also in seiner w. gnttoralen aulaut, dentalen anslant. Recht
schön und oft treffend erklärend sind die hier dargestellten ge-
setze der einwirknng eines a auf verbundene consonanten, die Assi-
milation u. s. f., nur durfte auch hier, nicht alles über ein mafs
geschnitten werden, wie z. b. taacuv nichts anderes sein soll
als *rd£eip d. h. ein intensivum von tarn, während die ganze fa-
milie dieses wortes uns auch nicht einen augenblick darüber zwei-
feln läfst, dafs die betreffende wurzel auf g auslaute, unangetastete
präsensform wohl ray\m wäre; auf diesen einflufs eines einstigen
j, der sogar in ganzen abhandlangen nachgewiesen ist, achtete
überhaupt D. zu wenig. Ueber das ausgefallene j im griech. fin-
den wir eine willkommene bemerkung s. 240 f.; über den Wech-
sel von p und ß s. 67 und s. 209; r läfst D. zur Verstärkung
eines p eintreten im perf. vasprijpvxa, freilich sind die als beläge
angeführten beispiele nicht so sicher als von dem verf. angenom-
men wird. Dem lautersatze wird eine tiefeingreifende bedeutung
gegeben. Nicht allenthalben findet ersatz statt, und, wo er statt-
findet, gar nicht auf gleiche weise. Zuweilen finden sich in der
spräche nur leise andeutungen, dafs ein vocal geschwunden sei,
wie wenn sich darum ein spir. a. in einen lenis verwandelt in
acfitrog für qadftevog, oder wenn sich eines ausgefallenen * we-
gen ein o der vorhergehenden silbe in v umsetzt in igvfipog für
OQoqitvog, oder ein e in * in xiQnjfii für xeQawvfii. Sonst wird
ein ausgefallener voeal oft ersetzt durch aspiration, und dieser
hauch sucht sich im worte verschiedene stellen, besonders aber
auf dem vokalischen anlaute, so in aiQeia&at=deiQeladtti, ev^eiv
= äf8QW, 0H(pi=Hl(ni, fang =.y8Q<ß7og, iader=idadeir, adgoe
=ddijQog u. s. f. vgl. a. 65 und s. 181 «wftw; die aspiration kann
sich aber auch einem konsonanten verbinden, in lpd6&Xtj = lpa-
araXri, ü»x/ucfc=u»xtpoff, in ftXox(Mg=itX6xapog9 dxax(ie*og =
äxaxtiiMvog, dtda&cdog =z einem dra<j&X6gz=: aramaUg\ vergl.
auch anm. 114. Auch ausgefallene konsonanten sollen in einzel-
nen fallen nach anm. 38 und 65 durch spir. a auf anlautendem
vocale ersetzt werden, selbst mit überspringung von silben z. b.
in dficcQteTv von dfiegozog, äfUQdta. Zuweilen leistet j: ersatz,
so in evxtjlog, Zxqlog und yeyxaXog und 8. 182 scheint D. ijraöep,
anzeige. 71
evaöev für idadev zu nehmen. Ein geschwundener vocal wird
häufig durch längung einer frühem kürze ersetzt, nud auch in
dem falle finden wir nicht selten ein überspringen zwischenlie-
gender silben angenommen, weil «ein durch euphonische oder
andere rücksichten verdrängter laut, so oft er kann, sich in
irgend einem winkel desselben Wortes rette.» So ist ftdacar
■=i*a%*chov9 niiywpi-=.nayi9*v\uy nhjpfxeXijg^inXairopehjg, Äjf-
fAog=dapaog, (pevyazzzyvyso), qdeipzzzadssiir, <riinzwz=.Gwniz%,vy
r{kvl = ahmtog , nQOffl&ijg = nQopd&rjTog , dXq&ijg = dld&ytog,
d<Jxtj^ijg = d(Jxäüjetog, £axQipjg=:CaxQdeTog (anm. 101. s. 120).
So erklärt der verf. auch xijqvI; z=xctQvxT6gy den eigennamen 7Y-
ra9=Jirarr6g; aiyhj=dyaXitj und cdxd)Aeiv=:dxaliXew. Um-
gekehrt wird ein weggefallener anlaut durch längung des Inlau-
tes ersetzt in Xirjv dXianog, mänes = dfAevugy q>ä(>og=v<paQQgy
da<mXiJTig=da<mehirTig oder daidofreXdtig , dptjrog, dfiij<Jig=da-
fiarog, ddpaag, xtjXeir—dxaleWy voo{hjg=dpo&8Tog, rrjpe(>Tijg=
drapdQTfjrog , rtjTä<y<&cu =: äratäa&eu, vergl. anm. 161. s. 228.
Wir wollen nicht läugnen, dafs in diesem verfahren Wahrheit
enthalten ist, müssen aber auch hier rügen, dafs alles über ein
raafr gelegt ist So ist darauf keine rücksicht genommen, dafs
so gut als in andern sprachen, im lateinischen und deutschen,
einerseits ein unechter spir. a. vor vocalen antrete, ein echter ver-
haucht sei, dafs ein haucher als halbvocal fortexistiren oder auch
in einen nahestehenden vocal umgewandelt sein kann, dafs die
natur folgender consonanten wesentlichen einfluft ausübt u. dgL
In aapsvog ist sv untergegangen, wie in e&co, e7h'£o> neben sue-
sco u. a. und <r ist aus d entstanden, igvpvog ist wohl nur des
accentes wegen, der sonst nicht selten von D. wenig berücksich-
tigung findet, so erklärt, dafs es als eine zusammenziehung au8
dem langen ogoyivog erscheinen soll; denn sonst ist die deutung
aus jreQv-fierog bedeutend einfacher und durchaus sprachgemäfs;
dürfte es- aber nicht für jreQv^og stehen und dann der unge-
wöhnliche accent erklärbarer sein? In xiQnjpi ist die Ursprung*
liehe form erhalten; denn kaum steht xsQdvwfii, wie Grimm
in seiner gesch. d. d. spr. sinnig vermuthete, mit xiqag «dem
trinkhorn» in Verbindung, sondern liegt zunächst an der indischen
w. <;ri ««mischen, kochen». Die ableitung von cuQsia&at und
ebQtlv ist sehr fraglich. *H(pi und tjQwg sind in neuerer zeit mehr-
mals von andern und auch von uns anders erklärt und wir mei-
nen mit gröfserer Sicherheit an die ursprüngliche ansebauung ge-
1% Schweizer
halten worden. Here, die gattin des himmlischen lichtgottes be-
zeichnete bestimmt anfänglich nicht nur die dichte laft, tjqwg nach-
weisbar nicht den luftigen; sondern in jenem namen ist die eigen-
schaft der Zensgattin ausgedrückt, in diesem die hervorleuchtende
heldenkraft. Wie wir, legte auch J. Sonne in seinen epilog.
8. 21. die wurzel svar «leuchten, glänzen» zu gründe und erklärte
"Hqu als «die leuchtende" und fJQag ist nichts anderes als eine
participialform derselben wurzel, wie nach anderer denk- und
auffassungs weise das vedische süri den «weisen» und «priester»
benennt. Dahin gehören auch die ZeXkoi, die "EXkrjveg, aeXqrq,
'Eldvri u. s. f. Wie in der vorigen wurzel so auch in avbavv* u.
8. f. ist der ursprüngliche volle anlaut sv, womit so ziemlich alle
Schwierigkeiten sich lösen lassen. Sehr bedenklich ist die an-
nähme, dafs ein ausfallender vocal als hauch sich einem conso-
nanten verbinde, oder will uns D. auf dieselbe weise oq&qo?9
ßd&QW9 teißti&QOv, ols&Qog u. s. f. deuten? Es scheint uns da
Bopps meinung (vergl. gr. s. 1140) viel wahrscheinlicher, dafs
sich besonders vor halbvocalen die tenuis gerne erweichte, und
auch das lateinische bietet uns hier nicht selten beispiele; zu-
weilen könnte ein ursprüngliches s eingewirkt haben. In apag-
tavm ist der spir. a. um so mehr ein unsicheres gebilde, als er
nicht die -ganze conjugation des verbums durchzieht. Der kompa-
rativ &o6G(ov ist entschieden falsch aus ragscrtW gedeutet, was
nicht weiterer ausfuhrung bedarf, sobald man diese komparativ-
bildung auf iW im griechischen, iyas im sanskrit und ior, alt ios
im lateinischen scharf ins äuge faist, oder woher darf zwischen
stamm und endung ein so erwartet werden? In nijyrvfii, in ofao*,
in yevya u. a. wird kaum jemand, der sich mit den resultaten
der vergleichenden grammatik bekannt gemacht hat oder den schö-
nen Untersuchungen von J. Grimm gefolgt ist, mit D. eine blofse
Versetzung des vocals aus der endung annehmen wollen, anstatt
darin eine schöne theilweise aus der bedeutung entsprungene und
auf die bedeutung einwirkende architektonische Verstärkung der
wurzel zu sehen. Ueber die ableitung von Öijpog sind wir nicht
ganz sicher, aber so viel ist ausgemacht, dafs seine ursprüngliche
anschauung nicht das gebändigte aussagt. Ueber die adiect. auf qg
können wir erst bei der behandlung der Wortbildung näher ein-
gehen, hier bemerken wir nur das, dafs die Wörter dieser art
jedenfalls eher an das part. präs. als an das part. perf. gehalten wer-
den müssen, wie dieses aus Kuhns abhandl. über S klar hervor-
anieige 73
geht. Und wie oft mofs mit gewalt ein park perf. pass. oder ein
sogen, adiect. verbale erst gebildet, eine schwache form statt einer
starken angesetzt werden, so auch in dem beispiele, welches D.
neu hinzubringen wird : PB&Qyg aus viOQtjrog oder veogsrog für das
gebräuchliche vioQrog. In formen wie * Tnav und ttjräa&at u. a.
sehen wir einfach intensiva ; in ofuftfco u.a. ist doch die meta-
thesis des wurzelvocales in anschlag zu bringen, dann finden wir
genug analogieen der hervorgerufenen vocallänge in den ver-
wandten sprachen. Am wenigsten aber befriedigt uns die erklä-
rnng des lateinischen mänes aus griechischem aptreig: form und
bedeutung sprechen dagegen. Denn nach den alten grammafikern,'
welche wir denn doch nicht ohne alle gründe beiseite schieben
können, ist die alte und ursprüngliche form für manis manus und
bedeutete dem alten Römer positiv gut, xQ7}<n6g. Es ist ferner
keine hinreichende Ursache vorhanden immänis von manis zu tren-
nen und etwa als unermefslich zn deuten, nun ist es aber höchst
sonderbar immanis aus einem dvafievqg entstehen zu lassen. Wir
meinen, die alten römischen grammatiker haben uns über dieses
wort ganz vernünftig und wahr berichtet; seine form erklärt sich
wohl durch die annähme von consonantenausfall nach a; aber
welcher consonant ausgefallen sei ist unsicher. Schwenk meinte
g oder h, so dafs manus am ende gleich magnns wäre, was frei-
lich noch nicht dem griech. pdxaQ entspricht. Wir ziehen eine
etymologie vor, die uns das zweideutige im worte erhält. Es ist
nicht zu läugnen, dafs gar nicht selten in einer konsonantengrappe
r ausfällt und wir sind also nicht unberechtigt eine wurzel mit
anlautendem mr anzusetzen, also eine w. mra mit irgend einem
schliefsenden consonanten, vielleicht mit d. Von wurzel mrad
oder skr. mrd wäre nun manus für mradnus eine participialform
wie magnus, vanus u. a. und würde in der bedeutung ziemlich
zusammentreffen mit mollis, skr. mrdu, mild; manes wären dann
«die hingewelkten M wie «die guten*. Die deutung Benfey's, der
manus zweifelnd von wurzel ma «messen» also «gemessen, be-
scheiden, gut» ausgehen laust, wird als name der todten kaum
befriedigen können. In formen, wie aiylrj, alxdXlco u. a. wird
eine Zusammensetzung mit präposition zur erklärung verhelfen:
denn dafs gh oder skr. bh im griechischen oft als 9 oder % wie-
der erscheint, ist noch kein grund anzunehmen, es dürfe nicht
auch dieser buchstabe spurlos wegfallen. — Wir bekennen in be-
ziehung auf diese ganze darstellung des lautersatzes freimüthig,
74 Ebel
dafs nach unserer ansieht zwar ein ersatz sehr richtig angenom-
men wird, wenn be\ ausfallenden consonanten, besonders aber
vor ursprünglicher posifion, der unmittelbar vorausgehende vocal
gedehnt wird, dafs uns aber ein solches freies spiel der laute,
wie es herr Döderlein annimmt, der Wahrscheinlichkeit in hohem
grade zu ermangeln scheint; offenbar hat hier die lost des Ver-
fassers eine einmal gefalste ansieht mit allen mittein der gelehr-
samkeit und des Scharfsinnes durchzufuhren denselben oft irre
gefuhrt, wovor ihn ein umfassenderer blick in die werkstätte der
sprachen überhaupt leicht hätte sichern können.
( Fortsetzung folgt )
H. Schweizer.
KSne, werthung der fremdwörter in der deutschen spräche.
(72 s. in 4. Münster 1849 )
Ein mit eifer und begetsterung geschriebenes büchlein, das
des trefflichen und anregenden gar viel enthält, und das gelesen
zu haben niemand gereuen wird, so weit er auch im einzelnen
von den ansiebten des verf. abweichen mag. Es beginnt in her-
kömmlicher weise mit einem lobe der deutschen spräche und einer
klage über ihre jetzige entstellung namentlich durch die fremd-
Wörter, deren zahl auf mehr als 10,000 geschätzt wird, und geht
dann auf die gründe dieser erscheinung über. Wenn der verf.
aber alle gründe, die zur vertheidigung der fremdwörter vorge-
bracht sind, kurzweg für nicht stichhaltig erklärt, und mit Ver-
werfung auch «der ausländischen Wörter, die von altersher ein-
gebürgert sind, oder deren begriff ein deutsches wort nicht voll*
ständig bezeichnet, oder die auf etwas geschichtliches hinweisen,
endlich aller sogenannten kunstwörter» die wahren gründe dieses
Unwesens nur in unkenntnifs der muttersprache, eitelkeit, tücke
und unbewafster gewöhnnng dnreh häufige beschäftigung mit
fremden sprachen findet; so hat er damit ein etwas gar zu ra-
sches urtheil gefällt in einer frage, die noch nicht in allen bezie-
hungen spruchreif ist. Jeden kunstausdruck werden wir schon
so lange beibehalten müssen, bis ein passendes und hinreichend
bestimmtes deutsches wort dafür gefunden ist, was in den meisten
fallen sehr schwer, oft unmöglich sein dürfte; die weiter unten
anzeige. 75
als moster aufgestellten umlaut und ablaat sind nicht Verdeut-
schungen, sondern neue Wörter für einen neuen begriff, mit dem
sie gleichzeitig eingeführt sind, beweisen also nichts in der vor-
hegenden frage; J. Grimm, den der verf. gewifs nicht der frenid-
sncht bezüchtigen wird, hat sein grofses werk mit absieht nnd
bewufstsein «deutsche grammatik genannt, und herr K. selbst
hat «mathematik, Substantiv, adjeetiv, verbum, gymna-
sinm» den bekannten Verdeutschungen vorgesogen. Noch miß-
licher steht es mit der ausmärzung der «von altersher eingebür-
gerten» ausländischen w. Schon Ulphilas hat eine gar nicht un-
beträchtliche anzahl lat. nnd griech. w. aufgenommen (z. b. prau-
fetus* apawiaulusi aivaggeljo, cfat'monar/t«, /tiAartt, atfrkeis, arka,
kaupon, kapillon), und bei dem wegen seiner reinen spräche mit
recht gepriesenen Luther lesen wir z. b. prophet, psalm, ka-
pitel, tyrann, pfaffe, tempel, lampe, specerei; die aus-
drücke kirche, bischof, bibel, pries ter wird herr K. selbst
nicht verwerfen wollen. Vor allen dingen kommt es eben darauf
an, ob ein fremdes wort eingebürgert ist (lehn wort) d. h.
deutsches gewand angezogen (uhr, körper, sicher, bisthum, prüfen,
preisen, pferd, kirsche, almosen, armbrust, wildschur) und
sich den gesetzen der deutschen lautwandlung, wortbeugung und
-bildung gefügt hat (form, formen, förmlich; punkt, pünktlich),
oder ob es (fremd wort im engern sinne) starr und steif im
ausländischen kleide einherwandelt (wie religion, interesse). Die
Unterscheidung ist aber nicht immer so leicht, da die behandlung
des entlehnten sprachstoffes (auch in endungen, wie -ei in maie-
rei neben -ie in harmonie) die mannichfaltigsten stufen zeigt;
während z. b. über zuber und eimer selbst die gelehrten in
zweifei sind, (s. Graff III, 148., Benary röm. lautl. 256) preisen
sogar starke beugung angenommen hat, stehn andre Wörter wie
das von hrn. K. angefochtene natur auf der äufsersten gränze
zwischen lehn - und eigentl. fremdwörtern. ' (Hinsichtlich des um-
laut« steht natürlich mit bischöflich für das deutsche Sprach-
gefühl auf einer stufe; übrigens ist die s. 62 aufgestellte behaup-
tung, dafs der umlaut nie die endung treffe, falsch, wie ahd. -ari,
mhd. -aere, nhd. -er zeigt). Diese bemerkungen mögen dem verf.,
mit dem wir im ganzen einverstanden sind, daran erinnern, dafs,
wer zuviel beweist, nichts beweist.
Nachdem im folgenden zum theil an schlagenden beispielen
gezeigt ist, wie die fremdwörter in den untersten kreisen des ge-
76 Ebel
wohnlichen leben«, in der kirche, in den Wissenschaften, im cu-
rial- and kanzleistil, in den gymnasien, endlich in den Zeitungen
wuchern, wird zur beantwortung der frage geschritten, welche
mittel und wege, welche mächte und kräfte dagegen
anzuwenden seien. Der verf. empfiehlt zunächst als quellen
des ersatzes die als veraltet bezeichneten Wörter des nhd., das
ahd., die mundarten, die Wörter des gemeinen lebens, zuletzt nea-
bildungen. Dafs manches schöne wort theils aus der älteren
spräche, theils aus den mundarten hervorgeholt zu -werden ver-
dien 1, unterliegt keinem zweifei, doch möchten wir zu grober
vorsieht rathen, damit nicht dadurch ein der mehrzahl ebenso
unverständliches deutsch entstehe, wie durch die fremden Wörter;
die entlegneren gebiete der spräche sollte man nur in der gröfsten
noth betreten, namentlich aber abgestorbene stamme vermeiden.
Wir können den ablaufenden ström nicht bergauf führen, und
werden, so sehr wir es bedauern mögen, manches wort vor dem
veralten nicht retten können, also auch nicht anwenden dürfen,
wenn wir nicht blofs den gelehrten, sondern dem volke verstand«
lieh sein wollen; dies trifft selbst die öfters eingetretene änderung
der bedeutung. (Bekanntlich ist das goth. sauhts, ahd. suht gleich-
stämmig mit siuk, siuh, siech und siukei, siuchi, seuche, heifst
also nichts anders als krankheit, und doch lesen wir s. 11. «die
krankheit an der sucht nach fremdwörtern », sehen also, dafs auch
hr. K. sich der im volke gewifs allgemein gewordenen ableitung
von suchen*) nicht entziehen konnte). Am dankenswertesten
ist die Untersuchung, die den folgenden theil der schrift ausfüllt,
wie man die bisher bei den Verdeutschungen begangenen fehler
zu vermeiden hat. Gewifs findet das fortwuchern der fremdwör-
ter viel weniger in böswilligkeit und nachlässigkeit der sprechen-
den und schreibenden**), (mit wenigen ausnahmen, worunter frei-
lich das grobe heer der Zeitungsschreiber obenan steht), als in
*) Vergl. Förstemann über Volksetymologie, in bd. I, d. Zeitschrift.
**) Das beweisen theils das leicht zu vermehrende verzeichnils deut-
scher Wörter aas den Zeitungen der letzten jähre auf s. 12. 13., theils
sonstige beispiele aus dem gemeinen leben zur genüge. Ich selbst kam
aus einer schule, wo unter andern hälft en für halbiren eingeführt
war, aufs gymnasium, und wurde zuerst von meinen mitschOlero aus-
gelacht, als ich das wort gebrauchte, fand aber schon in der nächsten
stunde nachahmer.
anieige. 77
der Verlegenheit wegen eines ersatzes Unterstützung, und den mei-
sten schaden haben offenbar die ungeschickten Verdeutschungen
angerichtet, von denen es seit Campe in allen fremdwörterbuchern
wimmelt. Der verf. verlangt Vollkommenheit in der ge-
stalt und vollk. in der bedeutung der neuen Wörter, fuhrt
aber nur das erstere weiter aus. Als Vollkommenheiten des laut-
standes werden Wohlklang im einzelnen und in der lautfolge
(namentlich Vermeidung der Zischlaute, der unmittelbaren berüh-
rnng der stimmlaute und harter Zusammenstellung der mitlaufe)
nnd deutliche Verschiedenheit von andern Wörtern gefordert und
beides mit beispielen erläutert, die nur mitunter zu sehr ins ein«
zelne gehen ; bei aufstellung der regeln c. d. (auf s. 26.) hat sich
der verf. offenbar übereilt, denn Wörter wie lachtaub e, stock-
taub, ho ft hör enthalten sicherlich keine «mundwidrige» Verbin-
dung von mitlauten (der auslaut hätte ebenfalls berücksichtigung
verdient: gracht, schrift). Bei betrachtung der Vollkommenheiten
der fällung (declination) ist manch treffendes wort gesagt, über
wähl des gesohlechts (echo, mode), unbefugtes verwerfen der ein-
oder mehrzahl (bnnd, Alpen); wenn aber die w. ganz äufser-
lich nach der zahl der fallendungen .in «stocke» abgefeilt werden,
so verliert sich die Untersuchung theils ins kleinliche, theils ins
unwissenschaftliche. Vom. Standpunkt einer wissenschaftlichen
Sprachbetrachtung aus werden wir weder die Wörter, deren mehr-
zahl ein -er annimmt, als erste stufe anerkennen können, da die
Sprachgeschichte zeigt, dafs -er ursprünglich eine ableitungssilbe
ist = griech. og, die mit zunehmender Schwächung der spräche
und des sprachbewufstseins immer weiter um sich gegriffen hat;
noch den u miaut so unbedingt vorziehen wie der verf. s. 40, so
willkommen er uns als unterscheidungsmittel ist (wissenschaft-
liche Sprachforschung wird formen wie hünde z. b. unbedingt ver-
werfen, da wir aus dem goth. und ahd. sehen, dafs der stamm
ursprünglich auf -a endigte, also der umlaut gar keinen geschicht-
lichen grund hat). Zuletzt wird mannichfaltigkeit, also «thale»
neben «thäler» für berechtigt erklärt. In der spellung (conju-
gation) wird aus demselben rein aufserlichen gründe die gemischte
form der starken ebenso vorgezogen, wie diese der schwachen
(wer übrigens sehen will, wie weit dergleichen eintheilungen füh-
ren können, der lese die abhandlung des verf. im museum des
rhein.-westph. schulmännervereins bd. III. heft 1 s. 1—29). Mehr
Zustimmung wird der verf. für das finden, was über den wort-
78 Ebel
wuchs (Wortbildung) gesagt ist. «Jegliches wort mufs an sich
und in sich die fahigkeit tragen, dafs es neue Wörter von sich
erzeugen läfst.» Als muster wird hier mafs hingestellt, weil aus
einer wurzel entspringen:
s. mafs a. mäfsig v. messen
a. mäfsig s. mäfsigkeit s. messer
y. messen v. mäfsigen a. mefsbar;
sodann minder vollkommene stamme nach den fehlenden Wortar-
ten aufgeführt. Aus diesem gesichtspunkte werden dann s. 55
einige vorgeschlagene Verdeutschungen geprüft, und an beispielen
nachgewiesen, wo man sich mehr oder weniger streng an jene
forderung zu binden hat (gesichtskreis für horizont z. b. gut be-
funden, weil horizontal in einen andern begriflskreis übergeht,
also ganz wohl durch wagerecht wiedergegeben wird, ebenso die
Übertragungen von officiell, resultat, weil diese Wörter im deut-
schen einzeln dastehn). Endlich wird darauf aufmerksam gemacht,
dafs man, wenn die deutschen bezeichnungen schlecht sind, des-
halb nicht das fremde wort für unentbehrlich halten, sondern
nach bessern deutschen suchen müsse. Beispiele, die mitunter
vortrefflich gewählt sind, erläutern auch hier die sache (wie fahn-
den für vigiliren). Bei der ableitung erklärt der verf. die form
für die vollkommenste, die durch die meisten und kräftigsten
merkmale vom stamme unterschieden ist, läfst sich jedoch durch
die Vorliebe für den umlaut auch hier zur bevorzugjung mancher
nicht zu rechtfertigenden form verleiten. S. 61. Vollkommen
stimmen wir ihm bei, wenn er das kürzeste wort für das beste
erklärt, folglich das einfache dem zusammengesetzten {stock dem
Campe'schen wort für capital, bug für prora dem Vossischen Vor-
schiff), weniger zusammengesetzte den mehrfach zusammenges.
(geschrift bei Auerbach dem Schriftwerk, bahn wart dem bahn-
wärter) vorzieht. Endlich wird auch hier mannichfaltigkeit ver-
langt, also eichbaum neben eiche nicht verworfen.
Betrachten wir zum schlufs noch die von hrn. K. vorge-
schlagenen oder gelobten Verdeutschungen, so werden wir man-
ches vortreffliche darunter finden, wie reichsbole für reichsdepu-
tirter, dienstlich und amtlich für officiell, sondern für privat =
und particulär, vertrieb für debit, ertrag und ergebnifs für resul-
tat; anderes vermag uns weniger zu befriedigen, wie das schlep-
pende ahnherrlich, fremdländisch, Vereinbarung, das übelklingende
sfaafsfeger, (wir sagen schlotfeger ohne den mißliebigen Zischlaut,
miscellen. 79
brauchen übrigens das neue wort gar nicht, da wuhler viel kür-
zer and allgemein verständlich ist), behördlich, das zweideutige
fuge s. 25. (das sonst im andern sinne gebraucht wird) meute
(statt meuterei, welches letztere der deutlichkeit wegen vorzuzie-
hen ist). Das hergebrachte Schriftsteller möchte trotz seines
Ungeschicks schwer zu verdrängen sein, jedenfalls aber besser
durch Schrifter (wie im holländ.) als durch schriftner. Wun-
derlich nimmt sich s. 13. trubel als «deutsches wort*1 aus, wel-
ches der verf. von treiben abzuleiten scheint; auch die ableitung
von volk aus folgen s. 15. durfte sich schwerlich rechtfertigen
lassen. — Doch wir wollen die gränzen einer anzeige nicht gar
zu weit überschreiten ; wir scheiden daher von dem verf. mit dem
wünsche, dafs er aus den gemachten ausstellungen die theilnahme
erkennen möge, mit der wir seine bestrebungen begleitet haben.
H. Ebel.
III. Miscellen*
dvdQOfieog.
Kein zweites wort ist im griechischen mir bekannt, das in
der bildung mit dem obigen übereinkäme. Ich theile es in Avöqo-
fieo-g und erkenne in fiso ein affix, das im sanskrit namentlich
in der späteren zeit häufig, aber auch schon in den veden er-
scheint Das sekundäre in£ya bildet eigenschafts Wörter, welche
bezeichnen, dafs entweder aus einem stoffe etwas bereitet, oder
von einem stoffe etwas erfüllt sei: vgl. ayasmäya eisern (Yv. Av.),
tejomäya glanzvoll. Das gr. dvÖQopeog heifst freilich dem men-
schen angehörend, wie in dvögo/xeov cupa, aus menschen beste-
hend, wie in dvÖQopeog opiXog, auch stimmt der accent nicht,
beides hindert nicht diese affixe für identisch zu halten. Ich bin
übrigens mit Pott etym. forsch. 11,474 geneigt maya als eine
verbalableilang anzusehen und von der wurzel mä = mi facere,
creare, die ja auch im gr. durch fUfieiö&ai (= thunthun == noch
einmal thun) vertreten ist, abzuleiten. A.
80 miscellen.
lo%£aiqa.
Zu den seltensten Suffixen im griech. gehört -ccq. Wenn
man von den secundären bildungen der neatra auf -oq absieht,
(s. Kuhn über das alte S) bleiben nicht viel Wörter dieser endung
übrig; doch findet sich [idxaQ, pdxaiQa, mit doppeltem sufQx
fjidxcuQa (ähnlich bq in TtQecßsiQa, metga, iöeiga'! (idyeiQogl).
Offenbar gehört io%iaiQa mit den erwähnten femininen in eine
kategorie. Bei der alten, noch von Benfey wiederholten erklä-
rung «die pfeilfrohe» bleibt das 6 völlig unerklärt; alles löst sich
aber befriedigend, wenn man das doppelsuffix -ag -ja darin er-
kennt. Als wurzel bleibt dann ge-, d. h. %ef-, also guna von
XV- übrig, und io-%i-aiQa heifst die pfeilausgiefsende, (oder,
wenn man es wie Nicander (Ath. 111,99) von der schlänge
braucht, die giftausgiefsende), ein bei wort, welches der ver-
sinnlichenden plastik des alten epos gewifs viel angemessener ist,
als die pfeilfrohq, H. Ebel.
ava.
ava ist au, ab, a : es fehlt aber vor der hand im lateinischen
theils an ableitungen, theils an formen, wo sich diese präposition
in ihrer ursprünglicheren gestalt zeigt: nur auster, der südwind,
hat mau schon als avastara erkannt. Ein anderes dgl. wort ist
Avernus, das sich zu avara wie infcrnus zu adhara, internus zu
antara u. s. w. stellt Die Griechen haben dafür %OQvog, dessen
ableitung aus ogvig natürlich nichts gelten kann. Auch averran-
cus mit seinem denominativnm averruncare scheint mir hieher zu
gehören, und zwar zu ava-runc, nicht zu averrere, denn runcare
ist ganz das s. runc, lunc: im griechischen haben wir von dieser
wurzel kixog*), das weder mit vrika noch mit lupus zusammen-
zustellen ist, mit letzterem höchstens insofern, als die wurzel
lump, rumpere, mit lunc, runc runcare ursprünglich identisch ist.
A. Weber.
*) Im skr. wird lunc recht eigentlich vom zerreifsen des wolfes
gebraucht, s. ind. sind. II, 36.
Gedruckt bei A. W. Schede in Berlin, erttnetrefee IS
I* Abhandlungen.
Vokale der niederdeutschen mnndarten in den kreisen
Iserlohn und Altena.
YV as das westfälische niederdeutsch anziehend macht, ist, aufser
vielen eigentümlichen Wörtern und flexionsformen, vornehmlich
auch die reiche tonleiter seiner vokale. In letzterer hinsieht ste-
hen die in der Überschrift genannten mundarten mit in erster
reihe. Wir gedenken hier die vokal Verhältnisse derselben so ab-
zuhandeln, dafs wir die mundart der landgemeinden um
Iserlohn mit ihren 30 vokalischen lauten*) in den Vordergrund
stellen, das abweichende aber, was die sogenannte iserlohner alte
stadt, die grafschaft Limburg, die Stadt Altena und die gegend um
Lüdenscheid zeigen, nebenbei berücksichtigen.
Ueberflüssig ist es, den nutzen einer solchen arbeit ausein-
anderzusetzen, und hoffentlich auch, die ausfuhrlichkeit zu recht-
fertigen, welche einer mundart gewidmet wird, die sich kaum
über H geogr. geviertmeilen verbreitet. Wir verweisen auf Grimm
gramm. I, s. 228.
Wie allenthalben die niederdeutschen mundarten mehr und
mehr von ihren eigenthümlichkeiten verlieren, so ist das auch bei
denen der fall, von welchen hier gehandelt werden soll. Manche
Wörter leben nur noch in dem gedächtnisse älterer leute, die uns
zu sagen wissen, dafs jene einst gangbar waren; andere werden
*) die nur in wenigen Interjektionen vorkommenden 6, ü und fi
nicht gerechnet.
D. 2. 6
g2 Woeste
zusehends seltener gebraucht. Die starken unterschiede, welche
noch vor 40 Jahren zwischen mundarten ganz nahe liegender
Ortschaften auffielen, verschwinden vor und nach. Der iserlohner
dialekt z. b. zeigt schon nicht häufig mehr nnd nur im munde
ganz ungebildeter leute ein ui für y; ebenfalls selten ist ihm ein
für a geworden, und wahrscheinlich werden die noch sehr ge-
bräuchlichen eäu und äi (= altem ä) allmählig den oa und öä
der umgegend platz machen. Auf dem lande lassen sich die laute
iä und iu durch eä und Su verdrängen, ebenso mildert sich
eau häufig zu iu und äu. Auch in Altena gewahrt man, dafs
der ältere — tief herauf gegurgelte — dialekt in schneller ab-
nähme begriffen ist. Ueberhaupt haben seit 1814 der ungleich
gröfsere verkehr, die schulen und die allgemeine Wehrpflicht tüch-
tig an der Vermischung, milderung und Zerstörung unserer mund-
arten gearbeitet. Dem einen oder mehreren dieser umstände ver-
danken wir auch die barbarische mischsprache vieler unserer jun-
gen kerle und dirnen, welchen — um ein bild unserer «fabriker»»
zu gebrauchen — der rauhe gufs zu schlecht däucht, während
doch ihr messing nicht politur genug erhalten hat, um blank zu
sein. Trotz dem ist die zahl der in aller munde verderbten for-
men nicht eben grofs. Ein verdrängen der echten formen durch
platthochdeutsche, wie biusse bufse, buissen büfsen, griufs grufs,
gruissen grüfsen, ist sehr selten.
Ehe wir uns zur darstellung der einzelnen laute wenden,
wird es passend sein, eine übersieht derselben nebst angäbe
ihrer numerischen Verhältnisse aufzustellen.
Unter 500 aus fünf verschiedenen texten genommenen voka-
lischen und konsonantischen lauten fanden sich 189 vokale und
311 konsonanten; mithin nahezu 38| vokale.
Unter 500 ebenso gewählten vocalen ergaben sich;
1) an kurzen einfachen:
52 14 7 — 190 46 25 3 19 6
aftääe ioöuü
2) an zusammengesetzten von verschiedenem zeitmafse:
15 6 3 1 7 4
iä ie ue üe uä üä
3) an langen einfachen:
15 5 7 2 —
ä » oa öä i
vokale der niederdeutschen mandarten. 83
4) an langen zusammengesetzten:
10 10 12 8 1 11 8 13 —
ai äi y elu äi iu ui au aü.
Wahrscheinlich hat hier der zafall den ö, ü, ie, üe, ii und
aü zum yortheile der ä, o, n und an zu niedrige verhfiltnifszah-
Jen angewiesen.
I. Knrze einfache vokale.
Sie stehen mit wenigen aasnahmen nur vor verstärkter kon-
sonanz.
Die meisten alten a vor einfachem consonanten worden a;
einige, selbst vor mehrfachem, rückten eine stufe weiter, nach oa.
Vor ld und lt ward a wol ohne ausnähme zu ä.
al all; balhöärich schlecht hörend; galten stöhnen; palm, m.
bachsbaum; galpern heulen, tö yelp; swalfte schwalbe; spalken
bände und fufse heftig bewegen, geräusch machen, schwed. sparka;
kwalster baumwanze, vgl. qualster und engl, knolster; — gram
heiser; ram widder; hamme, f. sensengriff; ampele lampe; ampelte,
hampelte ameise; swampen schwanken, von sumpfigem boden;
gamfen, hamfen stehlen, ?a:>a; — an an; wanner zuweilen; an-
vera antworten; länver landwehr, Verbindung des hinterwagens
mit dem vorderwagen, vgl. ahd. Jantjan; mangest zuweilen; sik
orangen ringen; sik klaoken sich winden, ahd. gaklankjan; mankse,
manskau unfruchtbare kuh; pant paar; gante gansert; schransen
fressen, vgl. hofschranze; — barwes barfufs; targe Untersatz eines
bienenkorbs; sark, n. sarg; harke rechen; — awe ab; babbe va-
ter; drabbe, f. trSber, vergl. ags.; gribbelgrabbel rapuse; habbeln
schnell und undeutlich sprechen; — knap> m. absatz, anhöhe;
schap schrank; knappen knacken; tappen zapfen, Züchtigung, cla-
des; grapsen raffen, ahd. hraspön, engl, to grasp; — af ab; alal
allen vor; graf grab; laf fade; slaflitk flfigel; — haggen un tag-
gen streiten und zanken; plaggen tuch; — plak fleck; snak
schlank; dacken laufen; kracke schlechtes pferd; shicker langbei-
niger mensch; — mach mag; prachen abdringen; lachter klafter;
sachte sanft; smachten hungern; wachten warten; — badde nützte,
radde schweinchen; smadder weicher koth; vadder gevatter; —
at als, dafs; gat, n. loch; glat; schat Steuer; watbroae wade;
pratten aus trotz etwas nicht thun; spatteln zappeln, ahd. spra-
6*
84 Woeste
talön; talte, täte vater; batsen, m. hinterbacke; — as, aase ab,
wie; a jäs a jas pfui; plas platz; was war; was wachs; a jasses
pfui; krassen kratzen; tassen (tasten) fohlen; sik vrassen sich
balgen; raspe lattengekäuse über grabhügeln ; aske asche; wasken
waschen; bast bast; hast fleisch, ?== barst zu harstjan.
An merk. 1. Dem hochd. gegenüber sind in qualit. oder
quantit. hinsieht zu erwähnen: faste fest; trappe treppe; — lam-
mer lämmer; kalwer kälber; — Warren Werden a. d. Ruhr; —
karsberte kirschbeere (Johannisbeere); — sal soll; sas sollst; van
von; — dach tag; gaf gab; gaflfcl gabel; gras gras; spas spafs;
spassen spafsen; spat spath (krankheit). Die hiesige ausspräche
des hochdeutschen zeigt in gras, spafs, spafsen, spath und oft in
vater kuuzes a.
2. Für a vor einfachem konsonant tritt mit Verlängerung des
Wortes gewöhnlich a ein: dage, gräsich. Umgekehrt verlangt die
Verlängerung durch komparation eine Verkürzung des vokals.
Meist umlaut von a, selten = i, ist weniger häufig als a.
1) = a. balle; knalle, schlage; lällebek (lallemund) laffe;
sälme psalme; hälfken, n. halbes mafs; waskehält waschkufe; —
ramme, Schafböcke; stamme; rämler raminler; krampe krämpfe;
slampämper schlammpeizker; — man aber, nur; männer; bännich
wild, böse, mnd. bendig, Grimm r. a. s. 570, Cläws B. 616; hän-
nich bequem, dienstfertig; gängesk oft oder gern gehend; tänges*
ken zängelchen; mär aber (Limburg); närrisk leicht gereizt; —
sik kabbeln in Wortwechsel sein;.schäbbich häfslich; — knappe
absätze; läpper dicker, pfuscher; päppe frauenbrust; schräppelse
schabsei; knäpsk spröde; — gäffelken gäbeichen; kä'ffen husten;
däftich gediegen; käfter verschlag; kräfte; — täggesk zänkisch;
föggeln, umherfahren ; — kwäkkeler quacksalber; näcken zerbre-
chen, tödten; pläckich fleckig; min säks! alte betheuerung des
Sassen bei seiner national waffe (sahs); — kacheln keifen; ächter
hinter; nachte; pachte; sachten sänftigen, to soften; — bläddern
meckern; plädder weiche masse; — slät, n. stück, sorte, ahd. slaht;
siät schlägt; nätter nasser; tätteln schwatzen; prätsch maulend;
— pässer zirkel; passet passt; wäsket wäscht.
2) =i. rächt recht; säs sechs; fö pfui; fräch frech.
Anm. £rwähnenswerth ist noch das hier so häufige vlätsich,
schmutzig, häfslich in jedem sinne, vläts hälslicher mensch, vgl.
vokale der niederdeutschen mundarten. 85
ags. vlaetan foedare. Der Wechsel von anlautendem w und v (f)
ist in unserer mundart nicht selten, vergl. vi, verhaftich, vräseo,
vrensken, vräit, vringen, vrymen, vrieweln, vruntsel, vlitse.
ä.
Mittellant zwischen a and o, gehört nur einer geringen zahl •
von Wörtern an. Altstadt Iserlohn spricht dafür zuweilen eau.
Unsere mnd. erkunden drucken ihn häufig durch o, bisweilen
durch ae aas.
1) = a vor ld, 1t; vgl. das mnd., engl, und schwed.
alt alt; aller alter; balle bald; gewalt gewalt; hallen halten;
kalt kalt; kältkntte espe; mall malz; maller malter; mlllerse
(= maldersede) maltersaat; salt salz; sälterich salzig; schalle
(schalte) riegel; opschallen aufschalten; smält schmalz; falle falte;
fallen falten; verhallen verstauchen, lähmen; verhalt aufenthalt,
dauerhaft! gkeit; verhaltsam dauerhaft; verkallen durch kälte zer-
stört werden; walt wald; wällemai gemeinhude im walde.
2) = a vor andern konsonanten. ach ach; ädder, ar oder
(= ander); awer aber; katterlysebät Katharina Elisabeth.
3) = 4 vor der tonstelle, kaficke (= quade ficke) schlech-
tes loch, hütte; ästuirich frech, polternd.
4) = ä (a) im plur. präs. mancher verba. gat geht, gehen;
ISt lassen; rät rathen; slät schlagen; versmät verschmähen.
6) = o vor der tonstelle in fremdwörtern , z. b. kämysich
verächtlich (wie ein commis des ehemaligen königr. Westfalen).
0
ä
Umlaut von ä, ist sehr selten und wird bisweilen ö gesprochen,
aller älter (neben eller); alle, aide (elde) alter; käller kälter;
källe (kölde, kelde, kelle) kälte; wäller wälder; — nägger (nöäger,
O0<0 0
nseger) näher; nachte, nägede nähe; Kätte Käthe; kättentoieh ge-
siodel. '
e.
Das hier gemeinte e der Stammsilbe entspricht öfter altem
a, denn altem i, seltener entspringt es aas 6 oder iu. In allen
fallen ist die ausspräche geschlossen (suono stretto). Einige fälle
von offenem e, s. unter ä. Dem mhd. e gegenüber ist unser e
(i) besonders durch iä und ie beschränkt. Vor 1, m, n hegt sich
i weniger, als im hochdeutschen.
86 Woeste
1) = a. me man; — helle hölle; elwen elfen; — schem fufs-
brocke; klemmen klemmen; — smennen abrahmen (smant); lan-
gen verlängern; — der da; wliberte heidelbeere; — hewen ha-
ben; webbe gewebe; — scheppen schöpfen; — leggen legen; »egge
sage; — recken ausdehnen; verpecken wegpacken ; — gemechte,
n. ingaina; wechelte Wacholderbeere; — bedde Stratum; wedde
wette; — met fleisch; sik leiten sich aufhalten; — Hessen flach-
sen; mesten mästen.
2) = i. he er; te zu; — fei feil; inbellen einbilden; wellen;
— klemmen klimmen; stemme stimme; krempen krimpfen ; prem-
pcn (= prenten*), to print) fraktur schreiben; — renne rinne ;
brengen bringen; blenken blinken; schenken schinken; weuken
winken; grendel riegel; grensen grinsen; vrensken wiehern, vom
hengste, dän. vrinske; — klepper glockenklöpfel, ags. clipur; —
ef ob; — weggebry weckenbrei, vgl. häitewigge; — blek blois,
Tgl. blicke blofser h ; — siecht schlecht, einfältig; flechten; —
et es; met mit; swetten schwitzen; es ist; bessern besen; geste
hefe.
3) = e. bredder breiter (bräit); bredde breite; edder eiter;
emmer eimer; ens, es einmal; ledder leiter; mester meister; wen-
nich, wainich wenig.
4) = iu. denst dienst; depper tiefer (daipe); depte tiefe;
lecht licht.
Anm. 1. In einigen reduplic-voc. steht e zunächst aus e
verkürzt: hei hielt; fei fiel; genk gieng; henk hieng; fenk fieng.
Daneben gelten o- formen.
2. Dem hochd. gegenüber haben sich nicht selten geschwächte
bildungsvokale erhalten, z. b. menske, daipe, faste.
ist ungeachtet seiner Verluste an ä, e, u, ü, &?, äi, iä und ie ein
häufiger laut. Es steht gewöhnlich = altem i, zuweilen = i.
1) = i. dril drillich; hille boden über stallen; gilpern
schreien, von jungen vögeln; mute milz; — slim schlau; tim-
mern zimmern; alimp Schlauheit; timpen zipfel; — in in; pin
pflock; tin sinn; sinner schlacke; vringen ringen; ink euch; krink
*) Man vgl. fiir diese Umwandlung: Letmete, arkdl. 1276 Letpraete,
jetzt im volkamande Lepmte; Dortaun (Dortmund), Dortpman, jetzt
beim volke Düfipm
vokale der niederdeutschen mundarten. 87
kreis; kiokel fleisch-, speckstreif; linken schwach sein, nachlassen,
vgl. links; pinken in die höhe werfen; winkel kramladen; inkst
dinte; lint band; finsen spotten; flinse streif fleisch; Hinsehen
liebkosen; — schirm, n. schirm; schirpen' zirpen; swirken rund
sagen; hirts hirsch; — kiwe schweinchen; gibbeln lachen; knib-
beln abkneipen; libberich gallertartig, weich; libbers&i (Lüden-
scheid: liewersei) gemeines nostock, vgl. holi leverzee, lebermeer;
ribbe rippe; — kip, fip spitze; kippen schwach anhauen; siippe,
f. schoofa; snippeln schnitzen; kips angeschlagen; — griffel ga-
belspaltiges; gift, m. zorn; knifte abgekniffenes theilchen; — slik
schlämm; sprik dörre« reis; hickeln wackeln, von messerklingen;
pricken dürrer ast; sticke! stecken; swickel zwickel; flickern flim-
mern; wicken wahrsagen; fiks schnell; flikstern flimmern; —
lichte, £ tragband; inlichten einspannen; iutlicbten ausspannen,
vgl. Claws B. 58; plichtich unterworfen; schiehtich gescheid t; —
bidden bitten; widdeman wittwer; widdefrau wittwe*); — bit
bis; wit beraubt, leer; hitte ziege; hitte und hitse hitze; pitten-
patten und papenpitten arum macul.; litte zitze; tittentäiwen Ze-
henspitzen; — pis, m. nenis; dissel distel; gisse menge; gissen
vermuthen; hiegedissel eidechse; kisse Werkzeug der böcker; ris-
sen ritzen; wispelich unruhig; wispelte mispel; wispeltuite Wir-
belwind; hisken fohlen; fisk fisch; wiskeldauk taschentuch; bistetv
bin irrweg.
2) = i. fi! fia fi! fi tane ß! pfui; kicken*1) hauchen, vgl.
keichen; — bichten beichten; lichte leicht; — widder weiter
(wyt); widde weite; — wit weifs; witter weifser; wittein tün-
chen; — im präsens st. v. 2 u. 3 sing, und ganzen plur.: bis,
bit (byten beifsen); kris, krit (kry gen kriegen) ; kint (kynen kei-
men); schint (sehynen scheinen). Besonders zu erwähnen sind
die i vor gg, welche meist hochd. ei (i) entsprechen, brautbigge
brutbiene (neben bymeaur); diggen gedeihen; kligge kleie; riggen
reihen, lose nähen; siggen seihen; sniggen schneien; sniggelgäise
schneegänse; spiggen speien; tiggen trachten (zeigen), zeihen; Tig-
ges Matthias: friggen freien; frigge frei; wiggen weihen; ligge
(leihe) windel.
Anm. 1. Alte kürze hegen: liggen liegen; nigge neu und
*) Zusammensetzungen mit wit = wid, beraubt leer, vgl. hai es
wit er ist seiner habe beraubt
•Ä) Seilen LS hiät nit dervan kicket Adder atmet =* nichts gesufcert.
88 Woeste
niggelik neugierig, seltsam, vergl. alt«, nigi; figgent fand, vergl.
fich abgeneigt — sliggen bretterzaun ist assimilirt ans mnd«
dingen.
2. Das i in sinitte schmiede wie im ahd., das in bibbel ent-
spricht biblia.
3. Quantität und qualität änderten: hillich (httag), griddich
(grädag), twintich (tuentig).
4. Qualität änderten: kricken krachen, woraus sich krik des
däges morgendämmerung erklärt; bicken backen; illerbest allerbest.
5. Hochd. e steht i gegenüber in: gistern gestern; «kwiksilwer
quecksilber; windeltrappe Wendeltreppe; wirkelich (wirkerich)
welk; finster fenster.
6. Je nach betonung gelten mi, di, vi, i, bi (bei) neben my,
dy, vy, y, by; min, din, sin neben myn, dyn, syn; ik und it
(ihr) neben iek, ieke (ahd. ihha) und iet; finner und fyner lau-
tet der komparativ von fyn schön.
Meist = altem n, zuweilen 6, a, ä. Die zahl der o ist be-
sonders durch uä, öä vermindert.
1) = u. mol locker; knolle, f. kartoffel; molle, f. maul warf,
mulde; fäimolle, f. bunter molch; stollen starr werden, vgl. twe-
lan; tolle reis; molm mulm; kolk, m. wasserloch; golt; holt; —
korre (kürre) schweinchen; — dop schale; top wipfel; trop trupp;
koppel haube eines vogels; soppe suppe; — profien pfropf; —
roggen roggen; — bok bock; plok flocke; klocke glocke; — doch-
ter tochter; locht luft; — kodde seh weinchen; vgl. holl. kudde;
— dot darm, eiogeweidetheil, vgl. dotter; pot topf; — fos fuchs;
osse ochse; kost kost.
2) = 6, hoddel hode; los los; pos pauste; wos wuchs;
wosk wusch.
3) = a, ä, krop haken*), ahd. krapho; lobbe (läppen) kra-
gen; sik noppen und sik gnappen sich stofsen; -skop -schaft;
trotten trotzen; — mondach montag.
Anm. 1. Kurzes o statt eines ehedem langen vocals zeigen
*) Bei unsera lan dienten ein kleiner kesselhaken (hoal) von holz,
zum warmhalten von speisen dienend, neben dem grofsen eisernen. Da-
niel s. 25 bezeichnet benkomen nnd krop nicht «Unterkleid und kragen»,
sondern auskommen (nahrang) und hahl (synekd. = herd, wohnung).
vokale der niederdeutschen mundarten. 89
die aas redaplication entstandenen präteritformen hol, fol, gonk,
honk, fonk; s. e.
2. Verkürzt ist o in prät. schw. v.: hoch (hochte), kof
(kofte), soch (sochte) strof (strofte) von hangen hauen, kelupen
kaufen, saüken suchen, straipen streifen.
3. Je nach betonung steht ok und eluk auch, so und seäu so.
Meist umJaat von o = u, entspringt zaweilen ans nd. 6, sel-
tener ans a oder in. Altena zeigt kiö für küe, z. b. kiönech =
knenink könig.
1) = u. döllern lärmen; dölwen prügeln; hölter hölzer;
röls hitzig, von sauen; — sik schrömpen sich scheuen, vergl.
schrumpfen; — können können; — körsink (pelzrock) rock, vgl.
ahd. crusina und kurschner; döppen ausschälen; kröppen kröpfen,
köpken tasse; söpken suppchen; — köfferken köfferchen; söffi
sollen wir; — bocke bocke; klöksken glöckchen; — fröchten
furchten; — födder furder; — dötte einge weide; ötteken koh-
chen; pötte topfe; össen den ochsen begehren; köster küster;
kosten kosten.
2) Aus ö entsprungen, gösset gänschen (geäus); grötter grö-
ßer (greäut); högger höher (belüge); höchte höhe; löslik lose;
mödder tante, base (von meäuder, wie vedder von väder).
3) = a. mömme mama; pöppelkriut malve, alts. pappila.
4) = iu. lochten leuchten; söchten seufzen; frönt freund;
vöttich vierzig, aus alts. iiortig, vgl. engl, forty aus ags. feövertig.
Anm. 1. In swödder, swögger schwerer (swoar) und swödde
schwere ist ö aus öä (= ä) verkürzt.
2. Das o sing, prät indic. wird im plur. prät. ind. und im
ganzen prät. conj. zu ö. So vi gongen wir gingen; hai fönge er
finge; it pössen ihr pafstet; hai söchte er suchte; sai möchten sie
mufsten; sai holte sie müfste.
u.
Meist altes u, vor 1 und n oft da noch, wo andere dialekte
schon froh o zeigen; seltener =: i, iu, u.
1) = u. dultoll; ful voll; bulle stier; bullern poltern; swul-
len geschwollen; wulle wolle; wulf wolf; bulkenbeäum wilder
Pflaumenbaum; — grummeln kl&mpern, leise donnern; kummer
erdreich, abraum; kump, m. napf; rump weste; humpeln hinken;
90 Woeste
— un and; nanne nonne; schrannen geschrunden; staune stände;
sunne sonne; tanne tonne; wanne wonne; bange kästen (mit
lein wand umzogen); dünge düngang; kungeln heimlich tauschen
und verkaufen; ungel, n. talg, auch ags.; ungern mittagsruhe hal-
ten, vergl. alts. undarn; spunt eater; vruntsel runzel; grunselte
gründling; — harken wärmen, brüten; korken quaken; — rabbel
Unebenheit; schrubben scheuern; slubbert schlucker; — happen
zurufen (auf der jagd); kluppe scheere, gespaltenes holz; — nuf
stofs; pufmauge bauschärmel ; jufler Jungfer; knuffen die faust ballen,
faustschläge geben ; knuffel falte; sluffen pantoffel ; — mi schruggelt
mir schaudert, vgl. to shrug; — sluk mark der ge wachse; hacke,
f. kröte; häitmucke grasmücke; muckel holzmark; muckelholt
holunder; hukstern sich hockend fortbewegen; hucht staude;
klucht zange, gespaltenes holz; schucht schulter; tucht zucht;
uchte morgenfrühe; — puddek wurst, vgl. pudding, boudin; rud-
dek räudiger hund, unansehnliches geschöpf; fuddek stinkender
gegenständ; fuddentach; — but plump, grob; butten bauth; but-
telte hagbutte; matte mutterschwein; putse posse; — bus, kus
kufs; lust, m. blumenstraufs; lustern horchen, flüstern.
2) = i. spaggen gespien; vul viel (berg. völ); wüste, was
wafste.
3) = iu, u. drubbel traube; buggen bauen; bugget ärate;
bruggen brauen; truggen trauen; facht fachtich feucht
Anm. 1. Ahd. a entspricht u in kurmel durcheinander lau-
fende und sprechende menge, ahd. carmula.
2. Im prät. sing. st. verba ist u neben a gebräuchlich; halp,
hulp; sank, sunk; span, spun; sprank, sprank.
3. Je nach der betonung wechselt u mit iu in bu wie, du
du, na nan.
4. Zaweilen ist neben u mit geminate ein ue mit einfachem
konsonanten in gebrauch: hubbeln, huebeln hinken; tusseln, tue-
sein schütteln.
ü.
Meist = mhd. ü, selten = i, wi, iu.
1) = altem u. krüi scheitelhaar; lül bierart; mül staub;
düllen, m. beule; prallen pl. Siebensachen; fülle schöpf gefäls; pülf
pfühl; sülte sülze; sülten eingemacht (sülten maus Sauerkraut, Bal-
ten raüwen u. s. w.); bülster Samenschale der erbse; — um am;
krümme krümme; dümpel löschhorn; kümpel tümpfel; — bünne
vokale der niederdeutschen mundarten. 91
schale, rinde; dünne dünn; dünninge schlafe, ahd. dunwengi; pün-
gel last; sehüngen anhetzen; dünken; bünde Verpflichtungen;
münte münze; fiinter drahtabfall; lünse achsnagel; prünsel ver-
kümmerte pflaume; — dürpel (auch düärpel) schwelle; würpel
(wüärpel) würfet; hürker, der durch hurken und besprechen heilt;
— lübben verschneiden; lübbestiek liebstöckel, ahd. lubestical;
schrübber bürste zum schrubben; — knüp knoten; dröppel, tropfen;
düppen irdener topf; hüppe erdfloh; schuppe spaten; — büffel
grobian; knüffeln mit fausten schlagen; küfle schlechte mutze,
vgl. ital. cuffia; muffen nach Schimmel riechen; snüffeln schno-
bern; snüfken prise; — brügge brücke, erdrücken, butterbrot;
mügge mücke; rüggen rücken; flügge flfick; — lük (= luttic)
ein wenig; bücken; drücken; glücke glück} krücke; nücke tücke;
plücken; fücke scherze; bükse hose (?vonbiuk); — tüchtern er-
zeugen; tüchtlink züchtling; — müdde getraidemafs; schüdden
schütten, schütteln; — püt Ziehbrunnen; schüt schutzbrett an
schleusen; bütten ausweiden; büttein den bauch aufschneiden;
hütte winkel; nütter nützer, vielmehr; schütte schütze; schütten-
spiel Schützenfest; stütte stütze; — * süs so; büsse büchse, auch
im sinne von Daniel 8. 98: de buffen (1. bussen) dregen se alle
vele = corpore quaestum faciunt; küssen küssen; büske büsche;
lösten gelüsten; rüstern säubern.
2) = i. ülmen dampfen; ülk (neben illekatte) iitifs; bülte
pilz, vgl. jedoch boletus; krübbe krippe; drüdde dritte; düt dies;
bus bist; -nüs und -nis -nis.
3) = wi. sül schwelle; süster scjiwester; tüsken zwischen.
4) = iu (ü). ümmer immer; nümmer; ümmes jemand; nüm-
mes. Hier sind einige Wörter mit ügg ' besonders aufzuführen:
grüggel greuel, mhd. griuwel; grüggeln gespenster fürchten; klüg-
gen, n. knäuel, ahd. kliuwa; schüggen scheuen, ahd. sciuhan;
trügge treue, ahd. triuwa; — strüggen streuen, ahd. streuuan;
süggel ahle, ahd. suila.
Anm. 1. ü entspricht manchen ahd. o nhd ö, z. b. gtillen
golden; wüllen wollen; hülten hölzern; gönnen gönnen; snürkel
Schnörkel; rüggenbry roggenbrei; süs sonst.
2. sünte = sanctus.
3. Wo sing, prät indic. st v. u hat, zeigt der plur. und das
gan^e prät. conj. ein ü, z. b. vi gewüanen wir gewannen; sai
spönne sie spönne.
92 Woeste
II. Zusammengesetzte vokale von verschiedenem
zeitmafse.
( Brechungen, )
Während viele dieser laute wahre kürzen vorstellen, sind
andere deutliche längen, und wieder einige werden bald lang,
bald kurz gebraucht. Sehen wir hiervon so wie von dem um-
stände ab, dafs ein kleiner theil zu den. Schwächungen gehört,
so berechtigt uns die unter konsonantischem einflösse liegende ent-
atehung der meisten, sie b rechungen zu nennen. Im allgemei-
nen läuft dieser einflufs auf das hinaus, was wir schwache
konsonanz nennen, wohin aufser den einfachen konsonanten ge-
wisse Verbindungen zweier liquiden fgeminaten nur rr) und der
liquiden mit muten gehören. Man suchte der silbe, die sich
schwach fand, durch brechung, wenn nicht Verstärkung des zeit-
msüses, doch gröfseres gewicht zu geben. Obgleich in mär-
kischen Urkunden, so weit wir solche durchzusehen gelegenheit
hatten, bis in die ersten jähre des 17. Jahrhunderts nur ie-bre-
chungen gefunden werden, so glauben wir doch annehmen zu
dürfen , dafs die ältere volksmundart die jetzigen iä = i und uä
(üä), wenn auch leise, wenigstens andeutete. Ihre wahrschein-
lich ehemals dem monophthonge näher stehende ausspräche wird
Ursache sein, dafs urkundenschreiber keine derselben in nieder-
deutsche Schriftstücke einfliefsen liefsen, wie ihnen das nun und
dann mit anderen mundartlichen eigenthümlichkeiten begegnet ist.
Das kräftige hervortreten der alten, so wie die bildung der neuen
brechungen, worunter sogar unentwickelte umlautungen (iä = a),
beginnt in der zeit, wo durch den überhand nehmenden einflufs
des hochdeutschen die herrschaft des schriftniederdeutschen gebro-
chen und so die volksmundart ihres bisherigen zügels entlas-
sen war.
iä, iae.
Altena spricht ia, iä; Herscheid und Valbert zeigen ie. Am
häufigsten ist der laut iä; i« erscheint bei ausgefallenem d, ein-
fachem r und g, vor w schwankt die ausspräche. Entsprungen
sind diese laute theils aus altem i, theils aus altem a. *
1) = i (mhd. i und e), nicht selten = ags. eo (ie), in eini-
gen = altn. ia, iö und goth. ai. Die brechung zeigt sich vor je-
Totale der niederdeutschen mnndarten. 93
dem einfachen consonanten, einmal vor rr (assimilirt ans rd), vor
rm, bei folgenden Verbindungen der liquida mit mnta : lg, lk, (lh),
rw, rp, rf, rg, rk, (rh), rch (= ansl. rg), rd, rt, rs, rak, rat,
endlich vor ps.
sik biaeen beten; biaeen gebeten; trisoen treten; — giäl gelb;
miäl mehl; schiäl scheel; wiäldäge Wohlleben; wiälmaut ausge-
lassenheit; ^efiälen befehlen; kiäle kehle; kwiälen quäl leiden;
stiälcn stehlen: wiäiich wohlig; wiälgen ausgelassen sein; miälke
milch*); — iäm ihm; niämen nehmen; wüeme pastorat; — iän
ihn; siäne sehne; sliänen lehnen; — bia^r birne; di&r (difir) der,
ahd. d8rä; hiser her; iser (iä/) ihr; liaer leder; liärbek (weichschna-
bel) laffe; smiaer schmier; tiaer theer, ags. teoru; twiserwint Wir-
belwind; fiaer feder; ?fiaer über jährig; ?wiaer, f. bewegung, arbeit,
vgl. wßre praestatio; wiarr wetter; wiaerwnlf (häufiger wärwulf)
werwolf; giaered gähren; gebiaeren gebären; schiaeren scheeren;
tiaeren zehren; Hiärmen Hirmin**); piärre pferde; biärwe bieder, ,
sanft; gewiärwe ge werbe; kiärwen kerben; schiärwel Scherben;
stiärwen sterben; verdiärwen verderben; schiärpe schärpe, ags.
sceorp; kiärf kerbe; verdiärf verderb; wiärf ge winde; biärgen
bergen; hiärbiärge herberge; iärgens irgendwo; tiärgen necken,
ags. tirigan; biärke birke; kiärke kirche; piärk eiterstock (wenn
= piderik), vgl. ags. pitia medulla; stiärke junge kuh, ags. stire;
twiärk zwerg; twiärk (Rheda: twiälk) taumellolch; wiärk werk;
biärch berg; hiärt herz; hiärtebok hirschbock; piärtpferd; smiärt
schmerz; stiärt sterz, ags. steort; diärtich dreifsig; biärsten ber-
sten; giärste gerste; wiärste rist, frtes. wriost; diärsken dreschen;
— hiaewen himmel; iaewen eben; Jäwert eberhard; iäwai ephen;
kiaewe, f. käfer; kliaewen kleben; 1 iaewen leben; liäwer leber;
?swiaewe deckbrettchen auf gemüsetonnen; swiäwel schwefel;
wiaewen weben; — riäp gerippe; driäpen treffen; piäper pfeffer;
iäpsken stofsen, necken (= tiepsken); — ?striäf stark ; — diaegen
degen; liaegen gelegen; pliaegen pflegen; — bliak blech; gebriäk
gebrech; piäk pech; briäken brechen; yskiäkel eiszapfen, ags. isgi-
cel; priaeke predigt; riäken rechen; riäke herd; spriäken sprechen,
stiäken stechen; wiäke woche; — stiäch sieg; verpliäeh pflege;
wiäch weg; — biädeln betteln; — brtät brett; gebiät gebet; iät
•) Iserlohn millke, Altena mialke, Herscheid mielke, Halver mälke,
Schwelm mälk, Barmen melk.
**) in mvth. redensarten hiesiger gegend.
94 Woeste
(= it) es; iSten essen; miäten messen; siäten gesessen; vergiäten
vergessen; friäten fressen; — diässen indessen; liäsen lesen; Gase
fese; wiäsen gewesen.
2) = a (a), zuweilen = ags. ea. Sie erscheint in verben,
im sing, und plur. von subst. und adjeck, in komparativen, im
pronomen, Zahlwort, adverb and in folge der Zusammensetzung.
Wir finden sie vor jedem einfachen oder vereinfachten konsonan-
ten, vor rr (=rd), bei der Verbindung ungleicher liquiden: ml,
rl, rm, bei liquida mit muta: lw, mp, mst, rw, rp, rft, rg, rk,
rs, rt, nk, nd, endlich v^r ks, kst.
a. Verba. infiämen einfädeln; scjjuämen schämen, ags. sceam-
jan; swiämen Schwaden verbreiten ; tiämen zähmen; hiämpeln sich
begatten, v. vögeln, vgl. himphamp verwickelte sache; hiämstern
arbeiten, prügeln; — briänen brennen; — niaeren nähren; swiss-.
ren schwören; verhiasren verheeren; wiaeren wehren; wiärmen
wärmen; iärwen erben; fiärwen förben; schiärpen schärfen; iär-
gern ärgern; miärken merken; ?kwiärken widerlich schreien, vgl.
quarren und quirren; ?8niärken-=ansnauen; swiärken = swarken
(swalken) rauchen; hiärschen rösten, schwach gefrieren, vgl. ahd.
harotjan und verharschen; — dringen tragen; sik verhisegen sich
verbergen; — siädigen (siärgen) sättigen; — hiät hat, riäteln (ras-
seln) schwatzen; sniätern (schnattern) schwatzen; — hiäs hast.
b. Subst. und adj. sing, diäle tenne, vergl. dal (verschieden
ist diele); iäle eile; iälerte eller; siälich selig; — hiämplink
hänfling; kiämerken kämmerlein ; schiämlik beschämend ; — hiln-
ken hähnchen; tiänken zähnchen; fifinken fahnlein; wiände ge-
wöhn nng; — miaer stute; pliaermius fledermaus, vgl. plaren flat-
tern; vulschiärich vollständig; iärle erle; iärmel ärmel; wiärre
insel; hiärwest herbst; iärfte erbse; miärgel märgel; miärgenblume
marienblömchen (bellis perennis); hiärkelse harksel; stiärke stärke;
fiärken seh wein; swiärte (swätte) schwärze; — ?schriäf mager;
driäf (derbe) stark; driäwel (derbe) stark; — miägerlink hunger-
blume; — iäkereichel; miäker macher; fliäke seitenbrett an mist-
wagen; iäkse, f. axt; iäkster (iäster) eist er; — driäch bürde; —
iädel edel; miäder mäh er; schiädelik schädlich; — hiäseken has-
chen; hiäselte hasel; kiäsek (käsek) Strunk; niäseken naschen.
c. Subst. und adj. plur. stiaee (stat) städte; — hiämel (hä-
mel) hämmel; hiämer (hämer) hämmer; fiäme (fam) fäden; —
tiäne (tan) zahne; — bliaer und blär (blat) blätter; riaer und rar
(rat) räder; diärme därme; iärme (arm) arme; swiärme schwärme;
yokale der niederdeaUchen mandarten. 95
siärke (sark) sarge; visers (vär) väter; — griäwer (graf) gräber;
griäwens (gräwen) graben; — schiäpe (schap) schränke; — miae-
gede~(mäget) mägde; niägel (nägel) nägel; slisege (stach) schlage;
sniägel (snägel) schnägel; — miaekes mädchen; riaekes rädchen;
— fiäte (fat) fässer; wiäters (wäter) gewässer; — gliäser und
gläser (glas) gläser; griäser (gras) gräser.
d. Komparative, biäter besser; iärmer (arme) ärmer; wiär-
iner (wärme) wärmer; schiärper (scharp) schärfer; iärger (arch)
ärger; stiärker (stark) stärker.
e. Pronomen, diäm dem; diän den.
f. Zahlwort, twiälwe zwölf.
g. Adverb, jiä ja, ags. gea.
h. Komposita, giaerkammer Sakristei, vgl. gär, giärwen; giaer-
kauken pfefferkuchen; Hiärguat herrgott.
Wohin gehört hiaer räum über dem herde? Es scheint nicht
= hert, wofür wir haert (häirt) oder riäke gebrauchen. Sollte
es eirifrlei sein mit hiaer in hiaerbrant (auch hiaewenbrant) feuri-
ger drache, hiaerreäuk höhenrauch? — Ist kwiärder schleim, hchd.
koder eins mit querdar, queldar köder? — Ist swiärder in «dat
häl der swiärder!» auf swSrt zurückzuführen?
ie, ie.
Häufiger ist ie als ie, letzteres steht in der regel vor w und
g.. Sie finden sich fast immer vor einfachem oder vereinfachtem
koiisonanten. Dem Ursprünge nach sind sie öfter = i, als = i,
hi, a. Die ausspräche läfst beide vokale hören. Zu beachten ist
ihr vorkommen in niederd. Schriftstücken und im nhd.
1) = i (£). Es .erscheint vor jedem einfachen konsonanten,
r ausgenommen, vor verstärkter konsonanz nur selten (mp, mst, ps,
ft), es sei dejm, dafs ein s oder t der flexion auftritt.
spiel spiel; stiel stiel; viel viel; diele diele; kielen schreien;
kwiele federkiel; miele milbe; smiele schmiele; swiele schwiele;
?wielen wellen, vgl. ahd. willan; spielt spielt; stiels stiehlst; —
hiemel himmel; kriemeln krimmein; schiemern schimmern; siemel
semmel; striemel striem, streif; wiemein wimmeln; pänwiemel
mistkäfer; siempel einfältig; niemt nimmt; — se kienen sie keim,
ten; se schienen sie schienen; schienen geschienen; schrienen
schrinnen; et schrien t es brennt (die wunde); schrienich kalt
bitterkalt; verkwiehen verkümmert; — wiebelbeäune wibbel-
bohne; — biewen beben; biewer biber; vi bliewen wir blieben;
96 Woeste
driewen getrieben; giewen geben; giewen gegeben; giewel giebel;
liewern liefern; niewel nebel; sie wen sieben; schiewe flachssplit-
ter, Tgl. geschiebe; stiewel Stiefel; tiewe (tifte) hündin; vriewen
gerieben; — griep griff; kniep kniff; schiep schiff; se griepen sie
griffen; kniepen gekniffen; riepe riffel; riepen flachs riffeln; swiepe
peitsche; tiepsken stofsen, necken, ahd. zispjan; — drief stofs;
gief gib; klief anhöhe; sief sieb; krieft krebs; — diege, dieger,
diegel tüchtig, schwed. diger; iegel igel; niegen nenn, alts. nignn;
fsiege ziege; Siegel siegel; s wiege schwiege; sieget roggensense;
— iek ich; kiek blick; siek sich*; stiek stich; striek strich; bie-
ker becher; blieken bellen (== bilken, birken, ags. beorcan);
kwieke sorbos auc, ags. vice; priekel Stachel, ags. pricele; prie-
keln prickeln; siekel sichel; sieker sicher; stiekedaister stockfin-
ster; kiekst ern kichern; — kniedern knittern; knieder zorn; lie-
dich (liech) ledig; wieder gegen; — biet bifs; driet sordes ven-
tris*); glietgtied; iet ijir; iet ifs; mietmifs; smiet schmifs; smiet
schmied; spliet splifs; vergiet vergifs; wiet wiede; bieten* gebis-
sen; se drieten, von dryten cacare; kieteln kitzeln; niete nifs;
schieten, v. schyten; verplieten versessen auf; wieten wissen, ge-
wufst; — biesen rennen; grieselik dämmernd, furchtbar, ags. gri-
slic; kiesel kiesel; piesek (ochsen)ziemer; fiesel f äserchen, vergl.
fiser; wiese wiese; wiesei wiesei.
2) = i. biese regenschaner, vgl. ahd. bisa; griemeln und gry-
men dämmern, vgl. ags. grima; riedern zittern, vgl. ahd. ridön;
schiene schiene, ahd. sei na.
3) = iu. prienken stechen, vgl. prain ahle, ags. pre6n; sie-
mern sickern, vgl. ags. seöm rima; vriemeln zu riemen reiben,
vgl. alts. riomo; wiete, f. unkraut, ags. veod.
4) = a. ?hie1wiäch hellweg (todtenweg), milchstrafse, hietnt
hemd; der diene von dannen; wiene (berg. wenj geschwulst,
pocke, ags. venne; brient brennt; hie wen heben; hiewich schwer-
fällig, ags. hefig; griewel dachs; griewet gräbt; kniewel knebel ;
stic wich stämmig, vergL stäwen; drieget trägt; giegent gegend;
hiege hecke; hiegedissel (heckenläuferin) eidechse, vgl. dy[h]sen
laufen; lege egge; iegemöäner (eggenkäfer) hirschkäfer; ingiegen
hingegen; ?kriegel munter; flieget flegel; wiegen wegen; dieke
decke; diekel deckel; hiekel hechel; riekel männlicher hund;
*) noch driet noch schiet nicht das geringste, so Cllwa Bor 683.
vokale der niederdeutschen mundarlen. 97
liepel ldffel; schiepel scheffel; kietel kessel; nietel nessel; wietke
(waddeke) käsewasser; lese! esel; gienssyt jenseits.
Anm. 1. Zam nhd. vergleiche man: bieke baeh, alts. biki;
kieper köper, vgl. kippen kerben; piekel pökel, engl, pickle.
2. Hochd. ei entsprechen: stieget steil, ahd. Steigal; triesel
krcisel.*)
3. Aus zwei silben zusammengeflossen oder durch consonan-
tenausfall entstanden: nienkein; tienzehn; tiegen gegen; hiekst er
(hagelfiter) häher; liet liegt; siet sagt
4. Wohin gehören smieder, smiederich schmächtig, dünn,
schwach; fiekeln schwach stolsen, züchtigen; hannerfiekel höh«
nersitz?
ue
steht vor einfachem oder vereinfachtem consonanten, vor mehr-
fachem nur bei na, cht, ts und in fallen der verbalflexion. Zu-
weilen wechselt ue vor einf. consonanten mit u oder o vor ge-
minate, z. b. dueseln, huebeln, tuebeln (tobbeln). Der laut ist
nicht selten von unbestimmter quantität, entschiedene länge hat
süege schwein. Er entspricht gewöhnlich altem u, zuweilen nihd.
o. Die brechung wurde offenbar nur durch schwache consonanz
hervorgerufen, welchem dann einige geminatenfälle folgten.
tuele altes weib; — druem endchen garn; kuemen kommen;
suemer sommer; se kuemt sie kommen; — suen söhn; duene (ge-
spannt) enge, nahe; dnener donner; wuenen wohnen; wuent
wohnt; — buebel, f. Wasserblase, engl, bubble; huebeln hinken,
to hobble; schuebeln schütteln, schieben; tuebeln zerren, zobeln;
— huep, m. hafte; huep Wiedehopf; stuepen junges pferd, ahd.
stolin; stuepen abhauen, stutzen; — kuegel kugel, kappe; vuegel
vogel; — bueke viehglocke; hänenpuekel, f. giebeljoch, hahnen-
balken; — unduecht . Untugend, taugenichts; buedel ganze masse,
plunder, alts. bodal; snueder rotz; sueder unreine flössigkeit; flae-
der zerrissenes kleidungsstück, vgl. holl. floddern ; fluederich zer-
lumpt; kluedern und suedern sich umbcrtreiben, vgl. ags. loddere
nebulo; sluedern schlottern; smuederich (= smuldcrich) drückend
warm; smuederlachen schmunzeln, vgl. alts. smultre; — kniet, n.
nachtheil; nuet nufs; suet süd; fuet, f. podex; bueter butter;
knuetern murren, schwed. knota; rueteln rütteln; tueteln schwaz-
*) Wechsel von k und t auch in taärk kork.
IL 2.
98 Woeete
seil, undeutlich sprechen, engl, twattle; stuetern stottern; faetse
schelte für mädchen; dneseln düsseln; knneseln zusammendrücken,
faltig machen. Tgl. ahd. farknnsjan; kuese mutterschaf, altes thier;
knesel unreinliches frauenzimmer; kueselich unsauber. — Alts. 6
entsprechen: guenstach mittwoche, guet gut. Zu huedel (berg.
hoddel) zerrissener läppen vgl. mhd. hadel; zu druedel zerrissenes
kleidungsstück, vgl. trödel.
üe.
Umlaut von ue, vor jedem einfachen consonanten, vor mehr-
fachen bei cht, st und in flexionsfallen. Der umlaut hat hier wei-
ter gegriffen, als im mhd.,' da namentlich auch plur. prät. ind. st.
v. ihn zeigen.
jüe vorwärts! — höelen (höhlen) wühlen; müele mühle;
müeler muller; füelen füllen; hüelt wühlt; — küem kümmel;
drüeme trumme; drüemeln schläfrig zu werke gehn, to drumble;
küemt kommt; — büen bühne, Zimmerdecke; düener enger, nä-
her; düenen häufen; küenink könig; müenek mönch; süene söhne;
gedüent vnl gehäuft voll; düent häuft; — drüewen dürfen; hüe-
wel hobel; hüewelhügel; schüewe schöbe; üewel übel; — süep
soff; vi krüepen wir krochen; stüepel kluthenne; — rüef kruste,
ahd. hruf; schüef schub; — düegen taugen; düegenich (düenich)
tugendhaft; lüege lüge; müegen mögen; slüegen schlugen; —
brüek bruch; jüek juck; rüek geruch; brüeken brauchten, ags.
brucun; jüeken jucken; knüekel knöchel; küeke kücbe; nüekel
hügel; nüekels augenknochen ; slüeken schluckten; sprüeke spräche ;
rüekleaus sorglos; — büech bug; tüech zog; düecht tugend; —
— büedeker, büeker böttcher; — güet gufs; schüet schufs; flüet
flu£s; güeten gössen; genüeten genossen; flüeten flössen; küetel
koth; prüeteln protzein, murren; schüetel schüssel ; slüetel Schlüs-
sel; spüetern spützen; — knüesel und nüesel lichtschnuppe; rüe-
teln rütteln; knüestern künsteln. — Mhd. uo entsprechen: drüe-
gen trugen; güeder guter; föeren fuhren. Für i stehen: düese
dieser, düet dies.
uS
steht vor jedem einfachen oder vereinfachten consonanten, außer-
dem vor lg, nk, rr, rm, rn, rw, rp, rf, rg, rk, (rh), rch (= ausl.
rg, rt, rst, rsk, lest, ss, st. Vor einfachem r, g und bei ausge-
vokale der niederdeutschen mundarten. 99
stofsenem d ist es lang. Wir finden anter uä meist mhd. o, sel-
ten n. Die Übereinstimmung eines theils dieser brechungen mit
golh. aü, sowie das vorkommen der lesarten gnod (=: god), daok
(~ thoh) im Heliand, lassen vermuthen, dafs dieser laut wenig-
stens theilweise alt und nicht erst ans o hervorgegangen ist. nS
scheint ein umgesetztes aü, wie einzelne iä umgedrehte ai. Be-
nietkenswerth ist, dafs einigemal dem goth. aü ein Verdichtetes
oa gegenübersteht.
buSe böte; duSer dotter; luSe lote, schöfiding ; — bu£l hohl; buäl-
wifirken wühlen; huäl loch; kuäl, m. kohIenmeiler;.wual wohl;
buäle bohle; kusle kohle; suSle sohle; uSlge oel; — bufim boden;
nuämen genommen; hnänech honig; ruänken ger&usch machen,
holl. ronken; bulr bohrer; bnär hob; duär thor; muär möhre, ahd.
moraha; geboiren geboren; kuSren kosten; smolren schmoren;
fuarm form; wuärm wurm; hnärnte hornisse; schuirwet schorf,
vgl. skorbut; stuärwen gestorben; duärp dorf, stuSrpeln stolpern;
kuärf korb; schuärf schorf ; tuSrf rasen; buärgen borgen; mulrgen
morgen; suSrge sorge; luSrk lorch (schelte); stuark storch; stuSr-
kein straucheln (v. Steinen schrieb vor 100 jähren stulkeln); tuärk
kork; beswuärken bewölkt; liuhuärken aufmerksam horchen;
fuärke gabel; buärch borg; buärch bürg; kuärt kurz; fuärt furz;
duSrte, duärtke dröhne, geschwätziges, sich überall aufhaltendes
weib, vgl. ahd. drozjan; wuartel würzet; uärtswiärk obstwerk;
fuärsk frosch; buarst brüst; duärst durst; klarste kruste; fuhrst
frost; — buawen oben; luawen geloben; stuSwe stube; tuäwen
stark dampfen (? — tuärwen torf, rasen verbrennen) ; uiwen ofcn;
uäwes obst; doabel kubus; duSbeln (dobbeln) würfeln; — druä-
pen getroffen; druäpen tropfen; kruäpen gekrochen; kuSper kupfer;
suäpen gesoffen; — grusf grob; huSf hof; luSf lob; stuSf staub,
stoß; — buagen bogen; tuägen gezogen; tuSge tau; — kuik koch;
luäk loch; tuäk zuck; bruäken gebraucht; brüsken gebrochen;
knuSken knochen; kuäker kocher, kdcher; nuiken harter gegen-
ständ; ruSke rabe; schulken knochen, bein; sluäkern schlottern;
apruken gesprochen; stiiaken anschüren, heizen, vergL stochern;
flnäkster flatterhaftes mädclien; — druSch trug; doich doch;
nuäk noch; tru&ch trog; flu Seh flog; wintfuSke dem winde aus-
gesetzte stelle; — gebult gebot; guat gott; puSt setzling; schuat
(schofs) Schublade, verschlag; schuat schufs (von gewachsen);
schulten schössen; ?schu5tstäin Schornstein; schuitschuir schieb-
bares Schutzdach für garben; schuätsypen quersiepen; slutt schlofs;
7*
100 Woeste
sultbriänen Sodbrennen; guäte gösse; gutlen gegossen; kalten,
m. kleines haus, kleine ackerwirthschaft, ags. cot; slypkuaten
schleifrolle; pulten setzen, pflanzen; schulten geschossen; stalten
geschlossen; spralte sprosse; stralte kehle, ags. Jvote, italien.
strozza; yerdrnlten verdrossen; dultern zittern, schwatzen; drua-
teln schwatzen; — halse strumpf; dralssel drossel; dralst drost,
bodensatz; rnlst ferrago.
Anra. 1. Aus I hervorgegangen und für altes a stehend:
btiarch verschnittener eber (urk. borgellswin) , ags. bearg; nuar-
ken weinerlich, eigensinnig sein; snulrken schnarchen; slulrwen
zerrissener (schlotteriger) schuh; slulrwich schlotterig, schwed.
slarvig; slulrpen, slulrps tiefe Schnittwunde; smuärren schmarre,
schnitte; wult etwas.
2. Aus wi entstanden: tulrsak quersack; tulrt quere, nach-
theil (in te tuarte dauen).
3. Aus 6: duale dohle, vergl. ags. de!hl = deagol; kolwen
kofen, ags. cofa.
4. Wir fügen ohne bestimmung noch folgende hinzu: blulte,
plulte, bluete, pliute (berg. plute) altes messer; plulden (berg.
plüten) geringe habseligkeiten; druanen stöhnen (mechten), vom
vieh, vgl. dröhnen; knolen (knuaden) festtreten.
üä.
Umlaut des vorigen, steht im ganzen unter denselben bedin-
gungen. Die Wörter düär und vüär haben als präpositionen kur-
zen, als adverbe langen vokal.-
lüäern pl. (windeln) bauch, ahd. ludra; hüälen höhlen; küa-
len dampfen, schwelen; hüälerte holunder, ahd. holer; — düär
durch; düär thür; küär wähl; müär mürb; stüär, f. starkes weibs-
bild, vgl. ags. stör; stüärwllt der sich überall kräftig durcharbei-
te l*); fuär für; vüär vor; büären heben, ahd. burjan; glüären
schimmern; glüärerseken leuchtkäfer; spüären spüren; stüären sich
kräftig bewegen, ags. styrjan; verduärwelink verdorbene sache;
düärpel (dürpel) schwelle; wüärgen würgen; wüärgel band am
dreschflegel; alts. wurgil; snüärgel eine nörgelnde pfeife; spüärkel
februar (auch spüärkelsche , Petersen schrieb spörkel Eisken);
güärdel = wüärgel; büärtich gebürtig; güärte grülze; küärter kür-
*) Witte H. A. Sax. p. 535: bombarda raaxima quam volgari auo
stfirwalt nominabant
vokale der niederdeutschen mnndarten. 101
zer; schüärte schürze 5 stüärten stürzen; fuärte fürze; küärsk wäh-
lerisch; büärfel bürste; düärsten dürsten; — grüäwer grober; gftä-
weln (göbbeln) vomieren, vgl. altn. gubb; üäwer über; küäpern w Sil-
lerisch, vgl. ags. cop pretiosus; — lüäfte gelübde; — tüSger draht-
licher; büäken rülpsen, to boke; güäke (godeke) admater; prüä-
keler stocher, von pruäkeln; schüäkern beinern; stüSkern stochern;
tüäkstern laut gejagter amselii? — küäter kleiner ackerwirtli;
müätich mürbe, vom holze; püäter setzer; rüäts morsch, vergl.
alts. roton; süätern = dualem; strüäten würgen; strüätebiaeren
wörgbirnen; rüästern rosten. — Wir fügen noch hinzu: slüär
schlechtes gel rank, schlotteriges frauenzimmer ('ne slüär vanner
däirne); slüären schlendern, langsam sein; tüärre, tüärhäken thflr-
angel; sik trüägen zanken (se trüäget sik um kaisers boart).
Iserlohn. Fr. Woeste.
Metaphern, vom leben and von körperlichen lebensyer-
richtungen hergenommen.
Es ist hier nicht meine absieht, aus A.L.Z. oct. 1847 no.
233—234 die klage über gegenwärtig zu arge Vernachlässigung
sprachlicher figuren and den, an vielerlei beispielen geführten be-
weis zu wiederholen, von wie hoher Wichtigkeit sich dieselben
nicht nur zum behufe der poetik, sondern auch für den endlichen
aufbau eines, wenn gleich noch ungeschriebenen, doch dringend
nöthigen theiles der Sprachwissenschaft, d. h. der «bedeutnngs-
lehre" erweisen. Jede spräche nämlich ist, in rücksicht gei-
stiger beziehuD gen, nach Jean Paul's treffendem ausdruck, «ein
Wörterbuch erblasseter metaphern ", d. h. metaphern nach un-
serer, mit verstandesmäfsiger schärfe unterscheidender, nur in
exaltirteren augenblicken z. b. vom dichter verlassenen Vorstellung.
Denn sehr wahr setzt derselbe Jean Paul in § 50 seiner ästhetik,
die auch von guten, der Sprachbeobachtung nützlichen winken
strotzt, hinzu: «Der bildliche witz kann entweder den körper
beseelen, oder den geist verkörpern. — Ursprünglich, wo
der mensch mit der weit auf einem stamme geimpfet blühte, war
dieser doppeltropus noch keiner; jener verglich nicht unähnlich-
keiten, sondern verkündigte gleichhcit; die metaphern waren, wie
bei kindern, nur abgedrungene synonymen des leibes und geistes.*
102 Pott
Mit hülfe solcher, anderer figuren jetzt zu geschweige!!, me-
taphern d. h poetischen (von der einbildungskraft erst geschaf-
fenen) identificirungen des an sich zwar ungleichen, was
aber die spräche gleichwohl im bilde für gleich nimmt, oder
anch auffindungen des wirklich, nach dieser oder jener rück*
sieht gleichen nur in verschiedenem, — hierdurch erweitert
sich, und zwar keineswegs immer zugleich unter aufbietung neuer
lautlicher mittel*), die spräche ins unendliche hinein, und ver-
leiht so den meisten ihrer körpergebilde auch eine innere gei-
stes fülle, die, bei aufmerksamer anwendung derselben, in un-
endlich geringerem maafse durch Vieldeutigkeit verwirrt, als
man sich sonst vorstellen möchte. — Dazu halte man auch eine
stelle W. v. Humboldt 's (versch. des sprachb. s. 383), welche
statt meiner sprechen mag: «Die er Weiterung der begriffe und der
sprachen mufs darauf leiten, neue gegenstände durch verglei.
chung mit andren, schon bekannten, zu bezeichnen, und das
verfahren des geistes bei der bildung ihrer begriffe in die sprachen
überzuführen. Diese methode mufs allmfilig an die stelle der frü-
heren treten, den eiu druck durch die in den articulirten tönen
liegende analogie [also bei der wurzelschöpfung, indefs demnächst
auch ferneren Weiterbildung der spräche mittelst Zusammensetzung
und ableitung] symbolisirend wiederzugeben. Aber auch die spätere
methode tritt bei Völkern von grofser lebendigkeit der einbildungs-
kraft und schärfe der sinnlichen auffassung in ein sehr hohes alter
zurück, und daher besitzen vorzugsweise die am meisten noch vom
Jugendalter ihrer bildung zeugenden sprachen eine grofse anzahl
solcher malerisch die natur der gegenstände darlegenden Wörter. »
Es gilt in Wahrheit der schon in Valck. et Lennepii libro de
anal. 1. Gr. p. 41. 253. ed. 2 gethane aussprach: Paucissimas re-
*) Die mehrsinnigkeit oder Vieldeutigkeit der wörter ist gewisser-
mafsen das umgekehrte von jener definitioa zweier freunde: «Eine
seele in zwei leibern», nämlich: mehrere befreundete seelen in einem
körper (worte); — also eher entsprechend den tria corda, der sich
Ennios rühmte, weil er drei sprachen verstand. — Vergleichung stellt
das zweien dingen gemeinsame, also ein allgemeines, worin sie sich
berühren und decken, d. h. mehr nach dem charakteristischen gewichte
als nach der blofsen zahl der merkmale und unter fallenlassen ihres
bleibend oder momentan unwesentlichen Überschusses im besonderen,
zusammen. — Unterscheidung von Wörtern durch den accent z. b. im
englischen. Fiedler graoim s. 157.
metapbern. 103
vera esse proprias verborum significationes etc. — Die
spräche, weil durch und durch symbolisch, liegt insofern zu einem
grofsen theile im gebiete der phantasie. Der verstand hat
keine Wörter. Er ist beständig gezwungen, sich und seine
thfitigkeit in bilder hüllen zu lassen. Erst da, wo das bewufst-
sein über den Ursprung und wahren werth sprachlicher gebilde
verdunkelt oder ganz geschwunden, nimmt man viele ausdrücke
so, als wären sie von haus aus — verstandeswörter. Wer denkt
noch bei verstand selbst, bei vorstellen u. v. a. an ihre etyma,
d. h. an ihre ursprungliche Wahrheit?
Viele Übertragungen, darf man anders nach obigem diesen aus-
druck des gewöhnlichen Sprachgebrauchs beibehalten, gehen vom
lebenden auf das unbelebte über; — eine Scheidung, die freilich
wieder aufzuheben, mindestens einzuschränken eine neuere natur-
betrachtung (Fechner Nanna, Zendavesta) allen ernstes sich an-
schickt. Jedenfalls behält für die Sprachforschung der dichter
(Lamartine, werke von Herwegh IL 68., vgl. auch Auerbach
schrift und volk s. 32 mit bezug auf Hebel; oder selbst Heine
reisebilder I. 126. ausg. von 1840) recht, wenn er sagt: »Das le-
ben ist überall wie der geist! Die ganze natur ist beseelt,
die ganze natur fühlt und denkt! Wer das nicht sieht, der
hat noch niemals über die unversiegbare fruchtbarkeit des schöpfe-
rischen gedankens nachgesonnen! Er durfte, er konnte nie stille
stehen; die ganze Unendlichkeit ist bevölkert; und überall, wo
leben ist, ist auch empfindung; der gedanke hat ohne zweifei ver-
schiedene grade, nirgends aber fehlt er ganz." Ueber die spräche
aber als «System von zeichen für die selbständigen Vor-
stellungen [wahre oder auch falsche, dunkle und deutliche
u. s. w.] in der einheit mit den freien anschaunngen»
siehe das ausführliche kapitel über spräche in Daub's vorles. bd. I.
s. 245ff.
Wie das grammatische, d. h. eigentlich wider die na-
tur (qtvaig) anlaufende und blofs übereinkünftliche (posi-
tione, face*) geschlecht auf einer grofsartigen metapher beruht,
mittelst deren der charakter geschlechtlicher geschiedenheit
auch auf das an sich ungeschlechtliche ausgedehnt und übertragen,
dieses also abseiten des sprachschöpferischen geist es unter eine
ihm von natur fremde uud blofs von dort entliehene beleuch-
tung gebracht, ja durch eioen akt der freiheit gleichsam in ein,
durch die phantasie geschaffenes reich von anderem aussehen
104 Pott
als die Wirklichkeit versetzt wird, so gilt auch dem inneren sinne
oft über die strenge naturwahrheit hinaus für lebend und le-
bendig, was dem leben analoge erscheinnngen (und womit wäre
das nicht der fall?) zeigt
In der spräche des nordamerikanischen Indianerstammes, der
Delaware, «werden alle nomina in zwei allgemeine klassen ge-
sondert, belebte und unbelebte. Zn der ersteren gehören
thiere, [und, gewifs wegen ihrer größeren langlebigkeit] bäume,
alle gröfseren gewächse, während jährliche, [also nicht
perennirende] pflanzen und kräuter in die letztere klasse ge-
rechnet werden1» Talvj, indian. spr. s. 18., Tgl. Fechner, Nanna
s. 18; — eine eintheilung, die sich nicht nur bei deminutiven,*)
z. b. lenno-tit das männchen, aber wikwam-es ein bauschen,
beim pronomen s. 19 , sondern sogar beim verbum s. 22 kund
giebt. Z. b. nolhatton und nolhalla bezeichnen beide im Delaware:
ich besitze, allein ersteres wird nur vom besitze unbelebter Sa-
chen, letzteres von dem lebendiger geschöpfe gesagt. (Also gleich-
sam ein analogon zur Unterscheidung zwischen persönlichem
und dinglichem recht; und wie das neutrum nur im gefohle
des gegensatzes vom unpersönlichen, ja geschlechtslosen sächli-
chen zu seinem antipoden, in bewufsterer form wohl allein in-
nerhalb des indogermani8mus und aller Wahrscheinlichkeit nach
auch hier erst spät aus dem masc. sich empor rang, so gehört
scheiden des unbelebten vom belebten jedenfalls schon einer
periode, mit kälterem blute reflectirenden Verstandes, an.) Auch
im Cree (Howse gramm. p. 41) z. b. Wunnehayoo He loses
him, aber Wunnet ow (inan.) He loses if, or them. Desgleichen
p. 181. Unterscheidung einer lebenden und unbelebten klasse
beim nomen.
*) So auch persisch bei belebtem demin. auf {&, z. b. kentz-ek
puellula, aber bei unbelebtem &£», z. b. mäh-tscheh lunnla Wil-
V
ken inst p. 86, also mit der, wie im deutschen wer, was, auch im
pronomen p. 30. zwischen keli, knrd. ke (qui), ki (quis) einerseits,
und tscheh (ans tscfais im zend = aliquis, oder zu skr. kiutscfait),
knrd. ce, ci (qnod, quid) auf der anderen Seite, indefs nicht allznstreng
beobachteten Unterscheidung, so dafs man mit diesen pron. das dem.
componirt zu glauben geneigt wird. — Im pers. plur. desgleichen -In
bei tbieren und menschen, -hl bei leblosem, bei sacken p. 10, auch je-
doch zuweilen mit freierem gebrauch. Siehe weiter Bindseil s. 503.
meUphern. 105
Wir wenden uns zu beispielen, die auch anderwärts über
das animale leben hinaus noch einen unterschied zwischen le-
bendigem und todtem festhalten. Lebendig heifst die noch
wachsende hecke (viva sepes Colum.) gegenüber dem zäune von
(todtem, bereits geschlagenem) holze; und lebendiges holz, wel-
ches, wenn es abgetrieben worden, von neuem ausschlägt. Im
welsch co edwryc, A quiekset hedge; a hedge, von coed wood
und gwryc A hedge -row, auch the bristles of the neck of swine
(also auch eine Übertragung, jedoch von unbelebtem auf belebtes).
Engl, quick ist auch: lebendig. Frz. haie vive, Schweiz, grün-
hag. Adelungii gloss. I, 754: Practici Galli Boscum vivum, seu
Bois vif appellant arbores et virgulta nemorum infruetifera, ob
idque mortuum boscum, Mort bois dieunt, quod fruetus non fe-
rant: boscum vero mortuum, seu Bois mort [also in umgekehr-
ter Stellung] appellant, qui revera mortuus, id est, siecus est.
Vivi igitur bosci usus est ad aedificaudum, mortui vero ad arden-
dum. — Bei Richelet mort- bois c'est tout le blanc bois, commc
le saule, le peuplier et Forme. Bois mort cest le bois qni est
abatu, ou qui etant debout est sec, et ne peut servir qu'ä brüler.
Dict. de Facad.: On appelle dans les arbres, Bois vif, Le bois
qui pousse des branches et des feuilles. Et Bois mort: Les
branches qui ne reeoivent plus de seve. On appelle aussi: Bois
mort: Tout arbre seche sur le pied. Mort-bois: Certaines Sor-
te» d'arbres de peu d'usage et de service [also todt, als nutz-
oder brennholz unbrauchbar]; comme Marsau?, Epines, Ronces,
Genäts u. s. w. Vgl. deutsch weichholz z. b. pappel, eller, weide.
— Mulieres quando nubunt volunt lectum delignissiccis, sed
de arbore vivente. Odofredus in 1. legata digest. de supellect.
leg. bei Grimm myth. s. 662. ausg. 1. In welchem sinne? etwa
nur von bäumen, die noch im kräftigen lebenswuchse gefällt wor-
den? — Engl, quick-grass, quecken, heifsen so als ein schwer
vertilgbares und immer rasch wiederwachsendes unkraut. Ebenso
frz. dartre vive, qui revient toujours, et qui parait extremement
enflammle. Vgl. ferner die compp« mit goth. quius (vivus) Grimm
II. 638., z. b. ags. evic-beäm (juniperus), ich weife nicht ob
seines immerwährenden grün wegen, aber altn. quik-tre (sta-
ticulum) eig., als eine person vorstellend (äfdgeixelov) s. v. a.,
lebendiger bäum. — Engl, quick-match ist die brennende
lunte. Umgekehrt spricht man von todt en kohlen; holl. doove
(d. i. taube) koolen, cen doof hout (eig. ein taubes holz), ein aus-
106 Pott
gelöschter brand. Vergl. De Groot, Javaansche spraakkunst p.
45: maar in het Javaansch zegt man ook dooden (matenai)
voor doovcn, uitdooven, uitblusschen. Welsch marwar
pl. aggr. Embers. Adj. Dying like embers. Glo marvar Dying
coal. Die kohle stirbt, la chandelle se meurt, das leben er-
lischt, gleich einem lichte, wefshalb man auch auf sargen, ehe
sie mit der leiche fortgetragen werden, aus symbolischem gründe
pflegt lichter niederbrennen zu lassen. Das lebenslicht jemandem
ausblasen. — Noch weiter gehen die Caraiben, indem, zufolge
Rochester p. 363. no. 32: Qm te beteykenen dat een ding ver-
loren is, of dat het is gebroken, seggen sy gemeenlijk dat
het d o o d is. — Für den gesichtssinn todt : Frz. couleurmorte,
sehr blasse (also keine lebhafte, couleur vive) färbe; ein ding von
todtem aussehen, wie auch mourant matt, schwach, it. bleich,
als bleichblau, woher bleu-inourant, bei uns verdreht zu: blü-
merant. Holl. eenedoodschekleur, eine bleiche dunkle färbe,
todtenfarbe, doodsche lippen (frz. levres mortes. C'est a
dire, levres päles et defaites. Richelet), doodverw blasse färbe,
erdfarbe; it. bei den malern, der erste abrifs, die erste Zeichnung
eines gemäldes. — Der ort des wiederhalls heifst im Vaskischen
oyarzuna, arribicia (lebender stein). Mith. IV, 303. Hil veut
dire mort, obscurite; de lä hil arguia, lumiere des morts, pour
designer la lune. Der mond als nachtgestirn scheint also nur
gewissermafsen den dann wachen todten, s. in Oihenart, prov.
Basques p. 284. — ; Engl, dead drink das schale [also für den
geschmack todte, unwirksame] getränk. Dagegen dead water
(holl. dood water) die lache, also stehendes wasser, entgegen-
gesetzt dem lebendigen quellwasser, frz. ea u v i v e quell wasser,
it. hartes wasser (als weich gilt z. b. das regenwasser), lat. aqua
viva d. i. fliefsend. Mare mortuum, franz. mer morte, das
todte meer, aus anderem gründe, nämlich weil alles leben in
seiner nähe erstirbt, wie, wenigstens angeblich, Averaus aus &oq-
pog. Celtisch Morimarusa bei Plinius, wieder aus anderem
gründe, als eismeer. — Skr. maru m. 1) a region or soil desti*
tute of water^ sands, a desert; 2) a mountain; 3) the province
Marwar. Et. mri to die (where) bei Wilson ist allerdings fakch,
wenn man es als eine gegend fafst, worin man hungers sterben
mufc; man dachte vielmehr an eine öde, unfruchtbare und deshalb
unbelebte, gls. todte gegend; wahrsch. damit in Zusammenhang
zend. Möuru (eig. le desert depourvu d'eau), name der stadt Merw,
meUphern. 107
Brodelt, s. 385. Damit vgl. man z. b. t o d t e, unbelebte • t r a f s e, dgt.
Fra. on ditqu'un attelier est vif, quandily abeaud'ouvriers (leb-
haftes, flottes, d. i. nicht auf dem gründe sitzendes, geschäft); et
qu'une foret est vive, quand il y a de beaux et grands ar-
bres. Les chasseurs disent aussi, qu'une foret est vive, pour
dire, qu'il y a beaueoup de betes fauves; qu'une garenne est
vive cet So ist ghösha (sound) wegen des lebhaften viehge-
schreis auch im skr. a Station of herdsmen, wogegen eng), nach
Ray, Collect p. 20: Deafely; lonely, solitary, far from neigh-
bors ; mithin so zu sagen : taubartig, der geräuschlosen stille we-
gen. Hoil. het is dood stil, es webet nicht ein luftchen; den
zeil dood aanslaan, ein segel dicht anschlagen, so dais dazwi-
schen und der raa nicht der geringste räum gelassen wird. —
Welsch marwlanw m., the dead water, or turn of the tide,
von llanw fullness, copiousness; the flowing in of the tide.
Ebenso im Bundo (deutsche morgenl. zeitschr. II, 157): Minna
mäffui aguas mortas (aestus languidiores), aber die flut heilst
menha ma muenhu (wasser des lebens). Frz. eau morte
sumpfiges, stehendes wasser; morte eau wird die ebbe und flut
genannt, wenn sie zur zeit des ersten und letzten mondviertels
am schwächsten ist. Vif de Teau. C'est la haute eau d'une
maree. C'est le plus grand aecroissement de la maree. — Engl,
quicksand flugsand, triehsand, altn. quiksandr (syrtes), aber
quiksyndi (palus impervia) wegen seiner zu grofsen beweglich-
keit. — Von dieser eigenschaft nicht minder frz. vif argen t mit
voraufgehendem vif, engl, quicksilver quecksilber. — Quick-
lime, frz. chaux vive, der frische, ungelöschte (noch im was-
ser aufbrausende) kalk. Soufre vif, lat. vivum sulphur, natür-
licher, gediegener schwefel; ags. quic-fyr (sulfur). Lat. vivus
lapis feuerstein, als gewissermaisen lebensfunken von sich ge-
bend. Vgl. das vom feuerstein mit hergenommene argument der
Indianer, wie es einen feuergott geben müsse, in Williams, key
to the Indian lang. 1827 p. 110. — Tete morte, in der chemie
caput mortuum. Holl. dooding (eriodtung) , in der chemie
zernichtung der äufseren gestalt, z. b. wenn dem quecksilber sein
flufs und bewegung genommen wird; es heifst auch so eine mäfsi-
gung der schärfe in den geistern und salzen. — Theol. tödtuug
des fleische«/ Vif m. Chair vive. II a fallu couper beaueoup de
chairs mo rtes (wildes fleisch; engl, dead flesh, das faule fleisch);
avant qne de trouver le vif. Der gesunde und empfindliche theil
106 Pott
an thicr- nnd pflanzenkörpern (den haf bis auf das leben aus-
wirken d. h. bis auf den fleischigen theil des pferdehufes; einen
dürren ast bis auf das leben abschneiden; daher: es geht oder
dringt bis aufs leben, d. h. ins innerste, durch mark and beia.
Lat. ad vivum resecare sehr tief einschneiden; bildlich: zu ge-
nau nehmen.) — Im oldenbnrgischen heifsen, sagt Goldschmidt,
Der Oldenburger s. 42., «leben sehr bezeichnend die geschlechts*
theile», nämlich als leben gaben d, wie frz. nature (von nasci).
— Chevenx vif 8 (jetzt gewöhnlich eh. naturels) haare, so wie
man sie vom köpfe eines menschen abgeschnitten bat, ohne sie
vor dem gebrauch zn kochen und zu backen. Im deutschen
hutm., grüne haare, gern, grüne haut d. h. unzubereitet,
noch nicht zugerichtet. Grün für saflvoll, frisch, entg. dorr,
trocken, z. b. grünes holz; grüner aal, lachs u. s. w. entg. dem
geräucherten, gesalzenen n. s. w. ; — mithin hier eine Übertragung
von der pflanze auf lebendiges oder vom lebenden stammendes.
Lat. nicht nur viridis aetas, senectus d. h. noch frisch und
blühend, sondern auch limus, caseus, wie griech- %XcoQog von
rvQog gebraucht, nicht etwa grünen kräuterküse, sondern fri-
sche n kfise anzeigt, und dasselbe epitheton von frischem, nickt
eingesalzenem oder eingepökeltem fleisch, frischen fischen dgl.
gilt. Engl, to he green, neu, noch unerfahren. — Frz. Oeuvres
vives (m ort es) die theile des schiffes, so unter (über) dem was-
ser gehen. — Fonds vif, guter und fester grund, zu bauen. —
On appelle röche vive, une röche qul a ses racines fort pro-
fondes cu terre, qui n'est point melee de terre, et qui n'est point
par couches commes les carrieres. — Todtes kapital, frz. argen t
mort (vgl. oben vif argent), das keine zinsen trägt, nicht, so zu
sagen, kinder (toxoi zinsen) erzeugt. Dat de lucro: nihil detraxit
(reseeavit) de vivo d. h. er gab nichts weg vom (noch wucher-
föhigen) kapital. Todtes, unlebendiges und unfruchtbares wis-
sen. Frz. saison morte d. h. ohne verdienst. — Todte hand
in juridischem sinne, z. b. eine gemeinde, ein stift, weil wirklich
nur eine fingirte moralische, keine in physischer Wirklichkeit vor-
handene person. Viva vox, frz. de vive voix, mündlich, im
gegensatze schriftlicher mittheilung (muti magistri, bücher), weil
in ersterem falle die lebendige gegenwart einer person vonnöthen.
— Aufserdem nicht nur z. b, une personne a les yeux vifs,
sondern nun auch mit Übertragung auf geist und geistiges:
Avoir l'esprit vif, Timagination vive, wie avoir le sen-
metaphern. 109
timent vif et les sens vif 8, ja das Geistesleben überhaupt.
— Welsch inarw-vis (marw-mis) m., the dead montb, orthat
part of winter, when vegetable is dormant (Winterschlaf; der
schnee, das leichen- oder doch betttuch). Evehito luna silenti
eig. schweigend, verstummend, statt sich nicht zeigend, unsicht-
bar, d. i. am ende des monats. Silens sarmentumu. s. w. auch
bildlich für: ruhend, noch nicht ausschlagend. Mutum forum,
muta solitudo, bei Ovid muta silentia noctis, bei Sil. It. caeca si-
lentra i. e. nox, weil in der nacht schweigen sowohl als finster-
nifs stattfindet. Dafür engl, dead of night, bei Shakesp. dead
of darkness ( todtenstille ). Im Leipz. Appendix io Shakesp.
1826. deepest darkness erklärt, mit dem höchst unpoetischen und
zugleich sprachlich unüberlegten zusatze: Perhaps by paronomasti-
cal abuse of language from totus, as in dead drunk (so be-
trunken, dafs man einem todten gleicht), dead lift (schwäche),
dead-dull, d. h. bis zum äufsereten, welches etwa vom tode
vorgestellt sein kann, albern. Vgl. indefs auch tö dt liebe lange-
weile*. — Im Yoruba bei Crowther kuh v. n.$ to die, to whi-
ther; to be blunt. Oku-ye a person of a doli memory (iye
mind); auch sühn v. n. to sleep; to congeal, as oil (weil es nicht
mehr in lebendigem flösse bleibt). — Im beet juanischen sjoä
(todt) Lichtenst. IL 626., ieetshaatsi sfula sonne stirbt (geht
unter), während wir höchstens sie sich zum ausruhen niederle-
gend (se coucher) denken. Unter gleichem bilde, Bundo bei Can-
necatf im : Porse o sol (sol oeeidit), rieümbi aeubdea, oder r i -
cumbi uäffuf oeeidente (occasus) bandu quiaeuffila o ri-
eümbi [seite der untergehenden sonne]. Sol posto (sol in 00-
casü) ri cumbi uäffu; vgl. apagada coosa. Acabada cousa, i. e.
morta, ou, extineta (exstinetus) q u i m a q u i ä f f u. Im Kongo m a-
fua, füa morte, affua, Bundo cüffua expirar, morrer (animam
efflare). — So auch Cong. affu&dia esquecer (in oblivionem ve-
nire), wie holl. die zaak is lang dood, die sache ist lange
todt, d. h. vergessen. — Bei Tuckey, Narr. p. 389. Malemba me-
sou-mafoa (von mesau eye, m'foa die v., Embomma foi dead)
blind, also eig.: »mit erstorbenen äugen», skr. nasht'atshak-
sh u 8 Bopp, malay. spr. s. 63, sodafs mafoi im £mb. nicht fög-
lieh, wie angegeben wird, auch schon für sich allein: blind be-
sagen kann. In beiden dialecten matoomafoo deaf, was nicht
eig, wie Tuckey meint, ear blind, sondern: mit todten ohren,
welche Mal. cooto-matoo (d. h. eig. die form dafür sowohl
110 Pott
im sg. als plur. angegeben), Emfo. matoo (ear) heifsen. Im wa-
lachischen ist orbu (zunächst verwaiset, beraubt) für blind in
aofnahme gekommen, ohne den zusatz laminis bei Ovid. — -
Ferner sinnesthätigkeiten nnd spräche, deren abwe-
senheit oder mangelhaftigkeit man durch übertragen vom belebten
auf sonstige ähnliche fehler oder mängel des unbelebten in anwen-
dung bringt. Auch findet häufige Vermischung von beziehungen
statt, die eig. verschiedenen sinnen zukommen, im generalsinne
jedoch, so zu sagen, einander wieder begegnen müssen, theils
unter sich, theils der äufseren sinne mit dem inneren. Zu-
dem hält die spräche den unterschied nicht immer fest zwischen
dem beschauenden, sinnlich aufnehmenden subject, und dem
beschauten, auf das subject einwirkenden object, indem ihr
die beiden endpunkte der linie von diesem zu jenem und umge-
kehrt (d. h. aktivität und passivität) in einen sinnlichen eindruck
▼erschwimmen. Z. b. sieht der himmel grau (aus), stellt sich so,
in dieser färbe, dar (speciem, d. h. eig. anblick, prae se fert)
dem äuge, des ihn anblickenden beschauers, er wird aber nicht
blofs so gesehen, nein, er schaut wirklich selber drein. Male
audire (schlechten ruf haben), in übelem geruche stehen. Ich,
dieser mensch, schmecke, rieche die sache, aber auch letztere
schmeckt, riecht u. s. w.
1) Blind: a) mit schein ohne sein, also blendend, blind ma-
chend, täuschend; z. b. blinddarm, ein darm ohne Öffnung im
menschlichen körper; blind kohle, nicht hinlänglich ausgebrannte
kohle. Dänisch blind aveugle, fig. faux, feint. Blindt skud
(conp sans balle), blinder schuf s, wie blinder lärm, blinde ta-
schen, fenster u. 8. w. Engl, a blind story, ein mährchen
(unwahre, kernlose geschichte). Blind -wall spanische wand. —
b) Caeci rami ohne äugen (knospen), caecare oculum, ein äuge
(an der pflanze) verderben. Span, ciego se dit d1un pain, d'un
fromage qui n'a pas d'yeux. Griech. ta tvcpXd nicht nur die
(augenlose, mithin) rttckenseite des menschen, wie bei Sallu6t
caecum corpus (rücken; vergl. caecum vulnus rücken wunde),
sondern auch am hause: rückseite ohne fenster zum heraus-
schauen. In diesen fallen steht «blind» noch mehr eigentlich für:
augenlos (frz. aveugle, DC. abocellus, aboculis, exoculatus). —
c) activ: nicht sehend, z. b. caeca honorum cupido, o pectora
caecal Blinder gehorsam, eifer, glanbe dgl. — d) passiv: unge-
sehen, nicht sichtbar, wie blinde klippen, griech. rvcplog von
metaphern. 111
ttmlddeg, caeca vada, caecae fossae, caecuni vallum und in
ähnlicher weise gr. xaxpog für verschollen, surda lyra, die nicht
tönt, also weniger taub ab stamm ist, mntum aevum, unbe-
sprachen, onherühmt. Ital. cieco aach verborgen, verdeckt, z. b.
ana fossa cieca, wie engl, blind staircase die verdeckte treppe.
Ferner unmerklich, z. b. ciechi ondeggiamenti delF aria, unmerk-
liche bewegungen der luft. Dunkel, finster z. b. chiuso gran tempo
in questo cieco legno (in diesem finstern schiffe, eig. in diesem
blinden holze, eingeschlossen) cpravi. Port cego aveugle; obscur;
combte (d. h. wohl blind durch einander, ohne Ordnung), (fig.)
imprudent. Umgekehrt in Cornwallis (Treenoodle p. 93.) Durk,
dark, blind, und bei Grose gloss. of prov. Words p. 44. dark
blind; quite dark, stone blind [wir: stockblind]. North. —
e) durch Übertragung auf das gehör bei Virgil: Murmure caeco,
wie gr. tv(plbg ?d cJto (stumpf auf den ohren). Natürlich auch
geistige blindheit, blödsinn, wie blöde äugen, aber auch Müdig-
keit nur so viel als Schüchternheit. Eine menge sonstiger
nüancen übergehend, gedenke ich nur noch des skr. andha blind,
als n. darkness (vergl. lat. caeca nox, caligo; skr. andhatamas
great darkness, bei der man nichts sehen kann), auch andha-
kära (eig. blind machend, weil sie die ßbigkeit des sehens mo-
mentan aufhebt). 2. water; — etwa nur, Wenn es tief ist, so dafs
man nicht auf den grund sehen kann? Andhaküpa a blind well:
one of which the mouth is hidden. Andhälaji s. a blind boil,
one that does not snppurate, von alaji inflammation of the eye,
at the edge of the coraea; dagegen franz. dartre vive hitzige,
feurige seh winden (impetigo). Andhamüshä a small covered
crucible, with a hole in the side. Wie es scheint, aus ähnlichem
gründe (in derchemie) tuy au, alembique aveugle röhre,kolbeu,
der nur eineöfraunghat (mithin höchstens einäugig), vgl. TvyXocrofiog.
2) Taubheit. Taube d. h. kernlose, mithin unnütze nufs
(Cornisch deef, rotten, as a bad nut is said to be deef, engl.
deaf, taub, dumpf), taubes gestein. Taube, d. h. ausgebrannte
und gedämpfte, kohlen. Taub-gerste, «hafer, -roggen, taiub-
korn als hordeum murinnm, denn als lolium temulentum vielm.
f. betäubend; taubtrespe (bromus sterilis) s. Nemnich, natur-
historisches wb. 8 590 ff.; den beigesetzten getraidearten ähnelnde,
aber keinen nutzbaren samen tragende kräuter. Surda tellus
für die kultur taub, d. h. unempfänglich. Taube (nicht brennende)
nessel (laminm. galeopsis. stachys), im welsch danadien [a
112 Pott
nettle] zall (aus dall blind, Uh. aklinai), — vud (aas müd mute,
dumb) oder — varw (mar w dead) dead nettle, or archangel. Dan.
döv (tanb)mit neide (ortiemorte); mitkniv: Couteau emoasse.
Vgl. griech. xaqpö* ßelog als gegensatz von o£v; ferner stumpf
auch von alten, schwachen, ihres körpers and der sinne nicht
recht mehr mächtigen leaten. Ein glied ist taub (gefühllos, ohne
empfindung). Taub, thöricht (also, för guten rath taub), schwäb.
nach v. Schmidt, aber zornig, toll and rasend (viell. ab einer,
der sich durch kein reden besänftigen läfst; doch vergl. toben)
Schweiz, bei Stalder. — Hamburgisch bei Richey doof, a) taub,
b) betäubet, erstickt: doove eyer, wo keine küchlein auskom-
men; doof für, ein feuer ohne glut; doove emern (engl, em-
bers), ausgebrannte asche, s. ob.; c) trübe, unscheinbar: doove n
tafft, der keinen glänz hat (vgl. obentodte färbe); doof sül-
ver, silber, das matt und nicht polirt ist; vgl. frz. sourd (von
edelsteinen) dunkel, so keinen rechten glänz hat, aber lat. cae-
cae genimae, undurchsichtig, dunkel. Lat. surdus vom geruch,
gesiebt, gefühl (also mit synkretistischer Vermischung jener sinne),
zudem noch stumpf, schwach, dumpf, plump u. dgl., z. b. color;
spirant cinnama surdum. Dahin gehört auch einigermafsen die
redensart: up'n dooven dunst (auf blofses gerathewohl, ich
weifs nicht ob mit hmblick auf den sich zerstreuenden und da-
her leichter treffenden vogel-dunst, oder in die blaue luft hin-
ein, blindlings); d) seicht, untief: vadosus, von wasser und kanfr-
len, z. b. de doove Elve, «in seichter arm der Elbe, der so
heifat. — Frz. sourd fig. (von laut, schall) dumpf, nicht hell
klingend, wie auch latein. z. b. vox surda, engl, deaf zuweilen
dumpf, oder (von gemurmel, schmerzen) heimlich. Bruit sourd,
heimliches gemurmel, heimliche sage. Die blendlaterne, diebesla-
terne unstreitig aus gleichem gründe laterne sourde, um das
versteckte dabei anzudeuten, während sie, nur mit dem allerdings
näher liegenden bezug auf das gesiebt im ital. lanterna cieca
heilst. Sourdes pratiques, sourdes menees (vgl. luv. 13,
191 surdo verbere, still, geheim). Von zahlen und linien, so nicht
in gleiche theile kann getheilt werden. Nombre sourd irratio-
nalzahl. Vgl. noch gr. xmqtog stampf; stumm, sprachlos;
überhaupt geräuschlos, still, ruhig. Bei jüngeren: stumpf an den
sinnen a)taub, ß) blind, z. b. die Schlangenarten rvqifopog, xw-
Cpiag b lindschleiche, y) stumpf an geist: dumm, thöricht u. s. w.9
d) eitel, nichtig, leer, vergeblich. TvqtXog (wie man meint, zu
uietaphero. H3
Tvquo und dann eig. vom rauche geblendet, jedoeh was freilich
nicht röcksichtlich der lahtverschiebung recht pabt, goth. daubs
taub, verslockt, neruaQtaiävog, af-dobnan verstummen a)ipov<rtta<):
blind, aber auch von andern sinnen und vom verstände. Bei Sopk.
rvylog rd t cot«, töV re tovv, zd 7' oppeeza. rdla tvqtlovtat
die milch bleibt aus. Auch oijqoq an einem gtiede gelähmt, ge-
schädigt, yviotg, ofipaai; blind, taub, stumm, lahm (naturlich je
in verschiedenem zusammenhange); stumpfsinnig, sinnlos. — Skr.
badhira, bandhura (deaf) Hemachandra s. 80. ed. ßdhtlingk,
angeblich von bandh (to bind), das wäre also: gebunden, ge-
lähmt, impediiu8 (aure), in ein klang mit dem tropus für stamm-
heil: mit gebundener zunge s. Lassen's zeitsehr. Itt. 37. Dem be-
gegnen, trotzdem dafs der vocal in letzteren sich nicht recht mit
dem ersten a des sanskritwortes in emverständnifs setzen will,
doch gewüs welsch byddar oder byzar (a deaf pereon), ir.
nnd gael. bodhar, auch bei Armstrong baoth Pict p. 11. 108.
Bopp, kelt spr. s. 9. und goth. bau]>8, Dief. goth. wb. f. 279.
— Daran reiht sich
3) zunächst spräche und Sprachlosigkeit. Sprechend
ähnlich, als sei der gemalte er selbst und brauche nur den mond
aufzuthun, um als lebendig zu erscheinen. Beredte blicke;
ansprechend; entsprechen (ehemals: antworten, tat. respon-
dere, gleichsam ein abbild des hinüber und herüber im dialog).
Nach Heyse stumm, niederd. auch f. matt, ohnegeist; z. b.: zu
stark geschwefelter wein ist stumm, was ungefähr so heraus-
kommt, wie «wenn das salz dämm wird.** VgL stumm wie ein
fisch, und dumm wie ein Stockfisch (wohl wegen stockdumm),
Hippels lebensl. I, 473. Mhd. tump unerfahren, ohne weit- und
men8chenkenntnisse; ahd. tumb bei Graff V. 425. dumm, stumm,
taub, mutus, surdus, bratus, hebes, stultus. Goth., angels., alln.
dumb, stumm, mutus, wie noch gegenwärtig im engl. Viel!,
damit verwandt ahd. taub surdus; absurdus, absonus; hebes, sto-
Iidus351. (tobän insanire 348.)? ja möglicherweise rvylog, doch
s. oben. Im übrigen vgl. man die, wie immer, reichen art. goth.
daubs in Dief. goth. wb. II, 613ff- und dumbs 635 ff — 'Elld-
öog q>o*räg xwyog, der kein griechisch sprechen kann, fragm.
Pythag. nuiyXtocooq y urspr. zungenlos * nach Sophokles (Trachin.
V. 1049 ed. Herrn.) und anderen, auch für nichtgriechen, fremde,
gleichs. eine unartikulirfe spräche redend, was )a auch ßaQßaQog
ursprünglich heilst » Frennd, verh. der 7. philoL-vers. 1845. s.72.
II. 2. 8
114 Polt
AyXwGGov JSocpoxXijg tov ßaQßaQOP dne, sagt Pollux 1. 109. Epi~
curaei nostri graece ferc nesciunt, nee "graeci latine. Ergo hi in
illoram et Uli in horura sermone surdi cet. Cic. Tusc. 5, 40, 116.
«Stammer handel," wo käafer and Verkäufer sieb einander
nicht durch worte verständlich zu machen im stände sind. Frfiho,
Ihn Foszian s. 227. OBrien, irish. dict. ' hat Briotach and
Briot-bhalbh, lat. Brito-balbus, stammering, like a Brittain;
beeaase the Brittons seemed to the Irish to speak in a stammer-
ing and awkward manner. Briotainis, tbe British tongue.
Briotaire a stammerer, or stuttering person. Im frz. c' est du
bas Breton pour moi, dies ist eine unverständliche spräche.
VSp barbarus, peregrino sermone utens. Rabbinis barbari sunt
graeci, romani, reliquique omnes, qui non loquuntur lingua saneta
seu Ebraica. Stockii clavis hebr. — Ich habe indogerm. sprachst.
8. 44 und zig. II, 339 gezeigt, wie, indem kein voik als volk eine
fremdzüngige spräche versteht, vielen Völkern ihnen gegenüber,
wo nicht alle, doch dem besonderen sprachgebranche nach, ge-
wisse Völker für stumm gelten und danach benannt werden.
Vgl. auch Miklosich Radd. p. 10: RncHan yellifa* balbu-
tire. Huc refer Bjiaxi», slavi enim homines latine loquentes
BjiaxM (balbos), germanos plane HfcMbija (mutos), se ipsos
CjiOB^Hbi^a {loyiovg, distineta loquela praeditos) appellabant.
Cf. tarnen Schaff. Staroz. 6*. 10. et 14. 8; und Herrn. Müller, Germ,
und Teutonen s. 3: «Wenn aber der Slawe den Deutschen nje-
metz nennt, so bezeichnet er ihn wol als stummen, verstummen-
den, seiner slawischen spräche nicht kundigen (Grimm I. s. 20.
ausg. 3.), und ich möchte glauben, dafs wir den Slawen nicht
anders behandeln, da slavan gothisch schweigen heifst; die Sla-
wen selbst ziehen aber eine andere erklärung vor.» Doch blie-
ben dabei mancherlei etymologische bedenken, z. b. die mögliche
beziehung von wlach zu wälsch, woher wälschen u. s..w., erst
noch zu beseitigen. — Deutsch, deuten, deutlich (verständ-
lich, selbst etym. populär) s. Grimm gramm. I, ausg. 3.
4) Sodann von eigenschaften, welche den sinnen sich in
objeeten offenbaren, z. b sufs, herb, bitter, sauer zunächst
vom geschmack, aber auch von anderem, insbesondere geisti-
gem. Z. b. bitterkalt, bittere armuth, saurer schweifs (nicht um-
gekehrt), herbe erfahrungen, bittere ironie, saures gesiebt ma-
chen, süfse worte, süfse melodieen, süfser lohn. Aesthetischer ge-
schmack; mann von geschmack; geschmackvolle kleidung, schwäb.
metaphern. 115
g'schmack hübsch, angenehm, von kleidang, häuslicher einriclt-
tung, Witterung, äufserlieh vom betragen, v. Schmid s. 469; oder
zu schmuck? Abgeschmackt. Sapere, weise sein, eig. schmecken.
— Für das gefühl, z. b. wärme und kälte. Warmes gefuhl,
kaltes benehmen, wärme des danks, der darstellung, wie xpvxgog,
frigidus in vielerlei anwendung. Eisige kälte des henkers. —
Vom geruche: wittern, feine nase haben, obesae, emunctae na«
ris. Odorari und sentire öfters als ein tieferes, wenn auch un-
bestimmteres eindringen in das innere. Sagax canum vis. — Oft
ist schwer zu ermitteln, von welchem sinne ursprünglich die
bedeutung eines wortes gilt: so sehr verlaufen oft verschiedene
8i dd es Wahrnehmungen sprachlich in einander. Galt z. b. hell,
lat. clarus früher (und das ist mir allerdings etymologisch wahr-
scheinlicher, vgl. hallen, xatei*) von heller, klarer stimme oder
vom hellen lichte, wassern, s. w.? Dann heller verstand, ein-
sieht, scharfsichtigkeit (ph)sisch und intellectuell) u. s. f. Weil
im ganzen das äuge treuer ist und minderem irrthum ausgesetzt
als das ohr, wird hören zwar öfters für: in erfahrung bringen,
ferner für: seinen willen von fremdher bestimmen lassen (auf
rath, befehl) gebraucht, kaum aber je von intellektueller thä-
ligkeit. — Schmecken, noch im sebwäb. (v. Schmid s. 470)
1) riechen, subj. und obj., 2) nach fäulnifs riechen, 3) in einer
öffentlichen rede aus dem coneepte kommen. Schmecket f.
blumenstraufs. Schmecker m. nase. — Frz. sentir v. a. und n.
fühlen, empfinden; riechen; einen geruch von sich geben: nach
etwas schmecken; übel riechen. — Auch die starke kälte brennt:
frigore uri. Vgl. auch thränen der freude.
5) Gebrechen in der fortbewegung. Lahmes thürschlofs,
lahme entschuldigung. XwXiccfißog, wegen seines hinkenden oder
hüpfenden (Scazon) rythmus; lahme verse. Claudicat hie versus,
ingenium. Clauda fides. Stabilia probant (aures), clauda [schwan-
kend, unsicher] deprehendunt. Der vergleich hinkt. X(aX6g über-
tragen: hinkend, ungleich, sowie lahm, stumpf vom gebte.
6) Zusichnehmen von speise und trank: Baum im skr. oft:
fufstrinker geheifsen. Arena, Charta bibula, holt, zuigpapier
(saugend); die trockene erde durstet; thatendurst; geld-durst;
auri sacra fames. Etwa daher im Yoruba : yeh to eat, to dine;
to owe; to gain? Yiell. weil sich das hauptint eresse dieser neger
um das essen drehen mag, besteht bei ihnen die schuld wirklich
in verzehrten und darum nur ungern wieder zu erstattenden
8*
116 Pott
nahrungsmitteln, und auch der er w erb stellt sich unschwer als
vorzüglich der ernährung dienend dar. Der rost frifst das eisen ;
fressendes geschwur; der zahn der zeit. Der kummer nagt, frifst
ins herz hinein. Köder, lockspeise u. s. w. — «Türkisch: Je min
etmek. And i6mek qs. juramentum bibere, pro quo Persae di-
cunt comedere, sewgiend khorden» Clodii lex. turc. p. 312,
und ebenso im kurdischen (Garzoni p. 155) nur in entstellterer
form: Giurare. Sund bokum, sundboköi, sund boköt, pret.
Sund koar (mit aufrech thaltung des etym. wichtigen r), neg.
Sund nakum aus Giuramento, sund (pers. OJS2»J) und bo-
kum cet. Mangiare p. 182. Also gewissermafsen: einen eid hin-
unterschlucken, als etwas, was man bei sich behalten, mit seinem
selbst assimiliren muß.
7) Zeugen und gebähren im thier-, pflanzen-, ja (z. b.
sich erzeugende krystalle) im mineralreiche. Auch : geisteserzeug-
nifs, geistige Wiedergeburt; skr. dvig'a (zweimal geborenes z. b.
ei, aber auch als einmal physisch, einmal spirituell geborener : der
brahmane). Samen der ge wachse, z. b. ontgiiariag samengurke,
gegens. €VPOv%iag. Spado auch von unfruchtbaren, samenlosen
pflanzen. Semen virile; aus Abrahams samen; leibesfruchh
Lat. satus 1) saat , 2) erzeugung. Engl, race aus frz. race (lat.
radix), verschieden nun von dem hinten erweiterten racine (wur-
zel). Stamm, zweig (linie von abtheilungen der familien s.
luv. VIII. in stemma, d. i. guirlande, virga), sprofs, soboles, pul-
lus, oQGog, poaxos, von abstammung (selbst von stamm) ge-
braucht*). Gael. bei Armstrong: Siol seed; com 5 issue; children;
*) Der grobe gegensatz des morgen- und abendlandes bewährt
sich auch in dem bilde ihrer geschlechtsabtheilong, sagt hr. v. Ham-
mer, sitiungsber. der österr. äkademie, 5 heft. 1849 s. 39. Der abend-
länder versinnlicht dieselbe durch einen bäum, dessen wurzel der zu-
erst bekannte gründer des geschlecbtes ist Aas ihm erhebt sich der
stamm, der sich in äste verzweigt und seine sprossen von allen Seiten
in die luft emportreibt. Die terminologie des europäischen genealogen
kennt nur die vom bäume hergenommenen benenn ungen der wurzel,
des Stammes, der zweige und der nebenzweige ohne Zahlbeschränkung
dieser eintheilung; der arabische geschlechtskundige hingegen (das
thun übrigens auch, wie ich meinerseits hinzufugen will, die alten
Deutschen, s. Grimm R. A ) nimmt seine bilder nicht vom bäume, son-
dern vom menschlichen Icörper (der somit gewissermafsen ver-
wandtschaftliche gliederung vertritt) her; und, während jener von der
metaphern. 117
a tribe, a clan. — Viele ehrbare und (s. Priapeia) anehrbare
aasdröcke von befruchtang nicht blofs des ackere, sondern auch
des weibes. Muliebria conserere arva Lucret. IV. 1103., onei-
Qtir, im aaidwv yvr\ai(av ooöVro, auch oQWQa (mutterschoofs).
Salcns, xijnog, taqtow von der weiblichen schäm; and sanskr.
längala, ihe plough; 2)thepenis, wie engl, share pflugscbaar;
das schamglied, die rothe. — Desgleichen castrare a) menschen,
thiere; b) pflanzen. Tropisch c. vina saccis, durchseihen und da-
durch der schärfe berauben. (Wein verschneiden, frz. couper, d.
h. verschiedene weine mischen, also: sie durch andere theilen,
beruht nicht, scheint es, auf der gleichen Vorstellung). Siligo
campana, quam vocant castratam, d. i. gereinigt (des gröberen
beraubt?). Span, castrar, a) chatrer, b) laver, nettoyer une
plaie. Vgl. lat. putare, reinigen, patzen (was, unstreitig daher
stammend, dann auch die bedeatang positiven ausschmückens
annimmt), z. b. den bart abputzen, bäume von schlechtem holze
reinigen, ausschneit ein; amputiren. c) Emonder un arbre. d)
Castrar las colmenas, chatrer les ruches, öter une partie des
gaufres oü est le miel. Lat. castrare alvos apum. Castrirte Schul-
ausgabe.
Nach diesem allen, um hierauf zurückzukommen, kann es
uns nicht befremden, dafs, wo sich mikro- und makrokosmos,
d.h. mensch nnd weit, in einander spiegeln und wechselseitig
das eine vom anderen ein, nicht gleiches, aber analoges abbild
zurückwerfen, dafs da die große Scheidewand der geschlech-
ter, welche von der spitze der erdenschöpfung anhebend durch
thier- und theil weise pflanzen weit sich hindurch zieht, gleichfalls
in vielen, beiweitem nicht allen sprachen sogar in den lautlichen
abdruck alles dessen trennend eingreift, was an sich, und dies
ist namentlich mit allen abstrakten begriffen*) der fall, jeglichen
geschlechtes ermangelt.
wurzel zum giebel aufsteigt, beginnt dieser vom Scheitel des
kopfes, herunter zu steigen and beschränkt die stamniabtheilungen auf
die beilige sieben u. s. w
*) Bilden wir doch beute noch die spcs, fania, fides, themis,
bygica u s. w., selbst nike oder victoria unserem mannhaften siege
zum trotz, die vir tos (von vir!) u. a. weiblich. Für eins der beiden
geschlechter mufs sich die kunsl, im fall der daratellung, ohnedies ent-
scheiden.
118 Pott
«Hat man, schrieb ich im jähre 1839 (A. L. Z. März s. 428..
vergl. Okt. 1847 s. 711 ff.) gelegentlich einer beurtheilung von
Bindseil's gprachvgl. .abh., deren zweite «die verschiedenen be-
zeichnungsweisen des genus in den sprachen» — bis jetzt am
weitgreifendsten — erörtert es begriffen, dafs die spräche, gelenkt
von den faden der ähnlichkeit und ideenverbindung. es liebt, auch .
das unbelebte in den kreis des lebendigen zu ziehen, und dem.
was ohne ödem ist, diesen dennoch einzublasen, dann wird man
keinen augenblick über den grund in zweifei kommen, warum
in vielen sprachen das grammatische geschlecht weit über
.das natürliche hinausragt. Es ist eine grofsartige prosopopoiie
(vgl. etym. forsch. 11, 402 ff.), welche der gedanke vorgenommen
und in der spräche verwirklicht hat. Ein manne r- und wei-
berreich von dingen und begriffen ist auseinander und sich ge-
genübergetreten ; und, mag die folgezeit diesen, die rede schmücken-
den und belebenden unterschied, weil nicht produkt des reflek-
tirenden Verstandes, noch diesem fafsbar, in Verwirrung gebracht,
ja einzeln wieder aufgegeben haben, er ist im kindlichen, dem
scheine als Wahrheit sich unbefangen hingebenden gemüthe und
in der schöpferischen poetischen kraft der vorweit tief und fest
begründet.»
Gebt man doch in Übertragung menschlicher Verhältnisse auf
das unbelebte ohne alles bedenken oft noch weiter als in blofs
grammatischer andeu tu ng von g es cht echt 8 unterschieden; näm-
lich — in ganz bestimmten worten und bildern. «Das wort Jung-
frau ist so edel, dafs wir das beste und schönste damit bezeich-
nen, und jungfer-erde (gereinigte), -blei, -silber, schwefel (ge-
diegene) haben, Jungfern -honig, -öl, -pergament, -vitriol, -tabak,
selbst Jungfern- bienensch wärme» u. s. w. Weber, Demokr. II, 382.
Vgl. Freund v. Virgo. — Maritae arbores. Ulmi vitibus mari-
tantur. — Freytag lex. arab. I, 54. ^f mater. Tum: radix,
principium, quod in quavis re praecipuum est cet und aufserdem
viele bildliche Verbindungen damit, wie mit of pater. Vgl. auch
z. b. MrjiQonoXig routterstadt in bezug auf ihre töcktei;"dann
überhaupt grofse stadt. Wekch mam-drev a cbief town. Mam-
cglwys a mother-church; a cathedral. Vergl. mutterloge, filial
dergl. Balk, called by tue natives omm-el baldan or «mo-
ther of cities» Palmer memoir p. 59. Braut (a'rus) oft bei ismae-
litischcn Völkern für: hauptstadt eines landes s. Hosen, buch des
melaphern ] 19
Sudan s. 3., also gleichsam die vor allen andern städten des laa-
des als jungfräuliche braut vom volke erkorene. Und so auch
im hebräischen ähnliche bilder von städten, wie z. b. wenn der
feind, welcher eine stadt besiegt and sich unterwirft, als mit ihr
buhlerei treibend dargestellt wird. Auch PßTT (meretrix, scortum)
vom abgöttisch gewordenen jüdischen volke oder Jerusalem, auch
Tyrus wegen seines wuchere. Hebr. g)fett (adulleravit , moechatus
est) metaphorice notat idololatriam exercere, idola colere.
Ebenso bffl Jer. 3, 2. — Wundert man sich noch, wenn der
Römer seine gleichsam mütterlich schützenden städte als frauen-
gestal|en in der kunst darstellt und lange zuvor in der spräche
ata weiber auffafste? Ostermeyer, lith. gramm. § 25. hat eine der
bedeutung gewisser begriffsklassen entnommene, d. h. in Wahr-
heit, da grammatische endung nur folge, nie Ursache des erwähl-
ten geschlecht 8 sein kann, allein vom gründe solcher wähl etwas
aassagende geschlechtsregel, die, trotzdem dafs sie nicht ohne hin-
blick auf das latein hingestellt worden, hiedurch nichts an werth
einbüfst, und durch ungewöhnliche Übereinstimmung mit dem la-
tein in dem zum theil übereinkunftlichen geschlechte doch
einen gewissen drang der natur bekundet. Masc. sind aber da-
nach im lith. nicht nur 1) mannspersonen, sondern 2) die
inonate, die freilich als eig. ad]., z. b. kowinnis (krähenmonat
d. i. februar) zu ihrer ergänzung das männliche menfi (monat)
verlangen, 3) die windenamen (mit hinzudenken von wejas m.
wind). Hingegen fem. I) weiber, 2) bäume (vergl. die bäum*
nymphen), 3) städte, allein auch 4) — abweichend vom latein,
wenigstens der hanptregel nach, — flüsse.
Eine schöne bemerkung von O. Jahn, archäol. beitr. Berl.
1847 s. 291 lehrt, wie sich die alten bei künstlerischen darstel-
lungen nur höchst selten in einen naturwidrigen Zwiespalt
setzten mit dem philologischen geschlechte, jitpog erscheint un-
ter gestalt einer frau, weil das wort auch fem. rdpog ist ein
gott, nicht göttin. Es finde sich nur ein beispiel, wo XQvaog
einer weiblichen figur beigeschrieben worden. — Die winde
hat, wie die spräche, so auch die kunst am thurm der winde zu
Athen (s. Stuarts werk) nur als kräftige manusgestalten, jedoch
verschiedenen alters und verschiedener stärke, darzustellen für gut
befanden; und zwar in durchaus naturgemäfser art, indem das
volksbewufstsein der Griechen und Römer sie sich als männliche
persönlichkeiten (Mehlhorn, griech. gr. s. 126) auch wirklich vor-
120 Pott
stellte. In dem aufsatze: Ueber die windscheiben der alten (Wolfs
lit. anall. IV. s. 461 ff.) wird z. b. s. 463 bemerkt: «Es war ein-
mal die allgemeine art des grauen altertbums, die erscheinungcn
in frei lebende individuell umzuschauen» und: «Nicht der punkl
am horizonte, von woher wind jedesmal wehete, wurde beson-
ders verzeichnet, sondern der daher wehende wind bekam, als
besonderes wescn betrachtet, einen persönlichen namen, dVr
von seiner eigenschaft als charakter gedacht oder etwa von dem
nächsten sichtbaren gegenstände der erde, über welchen er zu
ihnen kam, gleichsam als von seinem Wohnorte entnommen wurde. »*
Im germ. sogar windisprüt (venti conjux) Grimm III. 391. —
Bei den bergen, Aussen, bäumen, landschaflen, inseln und städten
giebt es im lat. freilich der ausnahmen viele (Schneider III. s. 1 1 ff.),
und auch im griech. darf man vom weiblichen geschlechte des-
gleichen nur bei «den meisten der bäume, städte und länder»
sprechen. — Nicht ganz unrecht aber hat Johannes Diaconus,
Allegor. Thcog. Hesiod. p. 442. ed. Gaisf , wenn er das gramma-
tische geschlecht oft nach stärke oder schwäche der benann-
ten gegenstände gewählt glaubt, wie z. b. p. 467. bei den Aussen
das masc. und bei einigen dementen (p. 457.). das femin., vergl.
Lersch, sprachphilos. I, 20. 23. — Freilich wird der satz nicht
umgestofsen werden können, dafs kein volk den kategorieen von
männern oder w eibern dinge und begriffe im allgemeinen je an-
ders als nach dem ersten eindrucke einordnete, den diese, sei es
nun in gröfserer Übereinstimmung mit dem männlichen oder weib-
lichen charakter entweder einzeln oder klassenweis, auf sein ge-
müth hervorbrachten. Indem wir hierbei jedoch stets an die
subjeetivität eines dunklen und Jeickt fehlgreifenden, oft durch
widersprechende momente bestimmten gefühls gewieseu sind,
dürfen wir uns auch nicht wundern über häufige Verschiedenheit
des geschlechts des an sich ungeschlechtlichen in verschiede-
nen sprachen, ja mitunter sogar ungeschlechtlichkeit oder schein-
bar unpassendes geschlecht an der stelle des richtigen, z. b. das
weib, huhn, pferd u. s. w. Ferner z. b. im skr. die bäume der
hauptregel nach masc. (freilich auch neutr. und fem.) Benfey,
sanskritgramm. § 708. wahrscheinlich nicht unter dem gesichts-
punkte baumbewohnender nymphenoder fruchttragender mütter,
obsebon die fruchtnamen neutra, wie im lat., sondern als die stär-
keren, mächtigeren im gegensatz des (so zu sagen weiblichen
§ 709) — gesträuchs (vgl. ob. indianisch); auch Aüsse — fem.
metaphern. 121
— Man kann sich aber über den wirklichen eindrnck, den ein
gegenständ auf uns ausübt, aufserordentlich leicht selbst täuschen,
und daher möchte ich nicht unbedingt unterschreiben, die von
Weber Demokritos II, 283. gemachte bemerkung: «Selbst unsere
spräche ehrt das weib mehr als andere sprachen, alles was
stärke, gewalt, macht, furchi barkeit bezeichnet, ist der; was mit
anmuth, wohlthun, stiller Wirksamkeit und selbstbeschränktcr
macht waltet, ist eine die, z. b. der geist, die seele; der arm,
die band; der tag, die nacht; der steril, die luft; der berg, die
höhe; der wald, die wiese; der bäum, die blume; die liebe u
s. w. Das schöne wort frauen kommt von freuen, frohma-
chen (? ahd. frawa i. e. domina GrafFIIf, 805), nur die sonne
und der raond ist eine anomalie.» Eine oft gemachte bemer-
kung, welche freilich durch das masc. sunna und vielleicht neutr.
saull neben fem. sunnö im goth. u. s. w. einschränkung erleidet,
worüber s. Grimm III. 349. Selbst der Indianer Wenebea (ein Sank)
glaubte in dem monde ein weibliches, in der sonne ein männli-
ches wesen zu erkennen, prinz v. Wied, reise I, 241. vgl. A. L. Z.
1849. s. 434. — Ich gehe absichtlich nicht weiter ein in dies uner-
schöpfliche thema, sondern breche ab mit der bemerkung, wie der-
artige personificationen nicht nur verglichene ganze in ihrer ganz-
beit treffen, sondern auch oft weiter in ihre einzelnheiten (kör-
pertheile — gliedmaafsen u. dgl.) eindringen; z. b. «the hüls in Wa-
les are generally denominated by metaphors from some part, of
the body" Ray, collect, p. 127. Welsch: Ael theeye-brow; ael
bryo the brow of a hill: also, the skirt or border of a garment,
as, ael man teil; ar ael nigh, by near to. Frz. z. b. sourcilleux
von bergen. — Nach acht mönchischen ideen ferner heifst eine
weinart ihrer milde, die andere ihrer herbigkeit wegen, jene lieb-
frauenmilch (nach der madonna), letztere lacrimae Christi!
Die baierische pfalz gebraucht desgleichen nach v. Klein, aller-
dings frivol genug, vom busenpaar (sororiare Plant.) des mäd-
chens: Peter und Paul, die, auch im kamtschatka'scben hafen
Petropawlowsk vereinten apostelnamen , wie der gemeine Ham-
burger (Ricbey s. 369.) sich nicht des dualistischen ausdruckes
schämt: Pingsten un paschen wysen, pfingsten und ostern
weisen, für: sich hinten und vorne entblöfsen.
Wie wegwerfend immer der phantasielose verstand über den,
schneller Spracherlernung nichts weniger als förderlichen unter-
schied blofs grammatischen geschlechts, als eine unnütze last, ab-
122 Polt
zuurtheilen geneigt sei, auch ihm wird sich begreiflich macheu
lassen,, dafs geschlechtsunterscheidung noch aufserhalb der gren-
zen der natürlichkeit als eine qualitative bestimmung der Sub-
stanz neben der quantitativen nach zahl (numerus) oder um-
fang (ampliativa, deminutiva) und relativen (Verhältnisse, ca-
sus anzeigenden) nicht blofs phantastischen, sondern auch we-
sentlich seinen kühleren zwecken diene.
Abgesehen nämlich von der monotonen einfarbigkeit oder
vielmehr todten farblosigkeit, welche, über sprachen hingebreitet.,
denen aus bezeichnung grammatischen geschlechts keine wohl-
thuende, ohr wie inneren sinn erfrischende abwechselung ent-
springt, diese für immer zu dem aussehen so zu sagen dürrer bei-
den verurtheilt; hievon absehen genommen, entgeht den ge-
schlechtslosen sprachen jener, aufgelöster red^ wie dichtung gleich
sehr zu statten kommende vortheil eines nach sogar noch mehr
als zwei rucksichten (numerus, casus) beobachteten zusammeuhal-
tens von Substanz und attributiv in mindestens so inniger weise,
als der schatten den körper begleitet. Aufserdem entwickelt
sich aus geschlechtsverschiedenheit sonst etymologisch verwandter
substantiva auch selbst von leblosen gegenständen nicht selten
eine der motion bei belebten analoge begriffs Unterscheidung.
So schon in älteren sprachen, wie z. b. deutsch röhr, röhre;
der muth, hochmuth, aber die grofsmuth, demuth, wehmuth u. a.
Diefenb. deutsche sprachl. s. 122.; latein. tubus, a; animus a-
genius, in gen i um; dies als leuchtender tag im gegensatze der
nacht (daher auch meridies nur masc.) männlichen, dagegen im
abgeblafsteren sinne von termin, frist, also mehr zeit überhaupt,
weiblichen geschlechts; pomus, -um u. s. w. Schneider lat. gi*.
III. 49ff.. 4 66 ff.; griech. 6 tyyog joch, rb £vyov wage; 6 deöpo*;
band, y deofiij bündel aa. Härtung, griech. gr. s. 31. Aber auch
bis in die jüngsten sprachen, wie die neulateinischen, hinein. Bei-
spiele von letzteren in menge bei Fuchs romanische spr. s. 133 ff.
— Nach bemerkenswerter neuerung aber wird «in den romani-
schen sprachen, übereinstimmend mit dem deutschen, der bäum
(aber nicht im deutschen die baumarten, wie eiche, buche, birke,
weide, erle, ulme u. v. a. Grimm III. 369.) als das grofse, kräftige,
zeugende, die frucht als das kleine und schwache betrachtet»,
sodafs letztere im gegensatze der hier männlichen bäume als
weiblich gedacht und bezeichnet werden. Anders bekanntlich
im lateinischen, wo die frucht als produkt, als kind (rsxvov) rieh
metaphera. 123
durch neutrales geschleeht von dem sie gebärenden, gleichsam als
matter*) vorgestellten bäume unterscheidet. Darüber später. —
'£. O'C. Gaelic (i. e. Irish) gr. p.20. sagt: Names of countries.
towDs, diseases are feminine. Im gaelischen nach Armstrong
pref. p. VI: Names of trees are commonly masc; aggregate
names of trees are feminine; as dar ach, oak-wood. Ferner sind
fem.: Names of countries, especially those ending in achd, or
which have a sfaort vowel in the last syllable, as, Gaidheal-
tacfrd, tbe highlands; Eirin Ireland. The names of districts have
their gender commonly regulated by their termination. Auch
fem.: names of mosical instruments, as, piob, a pipe; cruit, a
harp. Endlich: Names of diseases, as buineach, a diarrhoea.
Ausführlicheres im dict. der.highl. soc. vol. I, p. 6\, wo z. b. na-
mes of such kinds of trees as are natives of Scotland; as 'darach'
oak, 'giubhas' fir, 'uinseann' ash ab — masc. angegeben werden,
mithin abweichend vom welsch und latein. Auch als fem. names
of the heavenly bodies; as 'Grian' sun, 'Gealach' moon. —
Bei Richards p. 11. heifst es vom welsch: The proper names
of men, winds, months (wie im lat.); also qualities of good
and bad; metals (weil hier das nentrum fehlt, nicht neutral,
wie s. b. im skr., germ. und lat.); and the inf. mood of verbs,
when used substantively (im germ. neutral, wie skr. subst. abstr.
auf -ana; griech. to bei inf.) are known by their signification
to be of the masc. gender. — The names of wo men, coun-
tries, cities, rivers (die letzten abweichend von den gewöhn-
lich masc. lat.); also appellative of trees (also wie lat.) and
stones, are of the fem. gender. — The appellatives of birds,
beasts and fish es, are of the epicene gender, that is, some
masculines, otbers feminines. Yer under the same gender are both
sexes comprebended (d. h. man legt, ohne riicksicht auf ihre ge-
sehiedenheit in zwei geschlechter, sexüs, der thiergattung ein,
d. h. grammatisches geschlecht bei); and are distinguished only,
by adding gwr-ryw (from gwr a man; a male; a husband,
and rhyw a kind or sex, a kind or sorl), to signify the male,
*) Mehrere wildwachsende, wie piraster, oleaster, sind masc, rer-
muütlich nicht sowohl der gröfseren stärke, wie es Reisig vorl. s. 140.
heifst, als der Unfruchtbarkeit wegen. Vgl. &rjkvq von edlen, fracht-
tragenden, aber a<teV TOn wilden bäumen, die keine oder schlechte
f nicht haben. Mehlhorn, griech. gr. s. 127.
124 Pott
and b eil yw (a female, properly a woman), to signify the feciale,
whatever gender the Substantive is of; as eryr gwr-ryw, an
he eagle; eryr benyw a she eagle; colommen wr-ryW a
he-pigeon; colommen fenyw, a she pigeon. Ever giving the
additional words gwr-ryw and benyw an initial proper to the
gender the welsch word for the animal is of. Die Wörter auf -es
sind Richards zufolge fem., und so bemerkt man denn auch viele roo-
tionen mittelst - e s , als b a n w - e s (a young sow), the fem. of b a n w.
Häufige vergleiche zwischen mensch und bäum*) s. zähl-
methode 8.234 ff. Franz. mere-branche hauptast heifst so im
gegensatze von den kleineren zweigen und nebenästen; und ähn-
lich bat span. higo (filius) zuweilen den sinn von chose produilc
par une autre, rejeton d'arbre cet. — Auch werden im armenischen
einige ordinalia nach Peterm. s. 168. mittelst filius gebildet, was,
viell. mit ausnähme von filius primi und f. primorum, für primus,
das erst später den anderen nachgebildet scheint, vielleicht so zu
verstehen ist, dafs filius duorum, trium, quatuor pro secundus,
tertius, quartus gewissermafsen den söhn oder jüngsten, d.
h. auch letzten unter zweien u. s. w. (vergl. ähnliches im Galla
zählmeth. s. 224 ) bezeichnen. — Was wunder, wenn, wie z. b.
aus mehreren negersprachen A. L. Z. sept. 1849 s. 435. dargethan
worden, eine baumfrucht geradeweges « k i n d des baumes » ge-
nannt wird, und. im sanskrit dafür eine patronymische form,
nur mit neutralem geschlechte, Bopp gr. crit p. 269. zur anwen-
dung kommt? Neutra sind auch im poln. die deminutiven be-
zeichnungen von thierjungen auf e und o, wie im deutschen : das
knäbchen, mädchen, das junge, das füllen u. aa., allein nicht min-
der die augmentativa auf ysko, isko Bandtke gramm. §41. Es
bedeuten aber, um ein beispiel anzuführen, bei Schoen, vocab.
of the Haussa lang, in dieser spräche: Yaya, pl. of yaru, and
*) Dichterische vergleiche der pflanzen, insbes. der blmnen, bald
mit kindern bald mit frauen. Fechner, Nanna oder über das Seelenle-
ben der pflanzen s. 347. Desgleichen s. 82: «So wird die rose mit
dem blühenden mädchen, und das blühende mädchen mit der rose ver-
glichen [«erröthendes mädchen» hat man sogar eine rosenart getauft};
die lilie steht wie ein weifser engel anter den blamen, und das reine
engelgieiche mädchen vergleichen wir gern wieder der lilie; bo erin-
nern die eitle dame und die tulpe, ein bescheidenes kind und ein
veilchen, ein starker mann und eine eiche [vgl. baumstark] leicht
und gern aneinander »
metaphern. 125
shiriri, and dab, s. Boys, children, ofTspring; fruit«, i. e. of
trees. Skr. z. b. ainguda n., tbe fruit of tbe plant called in-
gada m., ingudi f., aber eben so auch wird iäutika m. (tbe
pearl oyster) als nentram zum prodakt der perlmatter, näm-
lich die perle selbst, weshalb sich auch im lat. vinum (jedoch
gr. oho& m.) als prodakt der reben (vites) in neutraler form zeigt.
Etym. forsch. II, 427. In gleicher weise entstehen im skr. collec-
tivneutra, wiez. b. aus vrikshachayä1 f., the shade of a single
tree das neutr. -yam, the shade of many trees, or a grove* —
Zu mann nnd frau stellt sicfy als tertium das geschlecht-
lich noch anentwickelte and ans diesem gründe nebst den demi-
nutiven häufig neutral hingestellte kind. Ich führe anderwärts
aas (s. vorläufig A. L. Z. a. a. o.), wie vermöge der kleinheit
des kindes auch sein name in vielen sprachen zu bezeichnung von
deminutiven dient, selbst bei unbelebtem, und erinnere jetzt
nur an das wort Adelung's Mithr. I, 76.: «Wie das chinesische
dsu, so ist auch hier (im barmanischen) das wort, welches kind
bedeutet, ein gewöhnlicher anhang anderer subst., und bildet fast
deminutiva; ein kleines gewicht heilst daher gewicht -kind.» In
anderem sinne bei DC. caseus infans, i. e. recens, Gallis fro-
mage mou. Das vergleichsdritte liegt nämlich hier nicht in der
gröfse, sondern im alter, wie z. b. auch bei jungem weine u.
dgl. Vergleiche werden bald nach dem sab;, sinne der Wörter,
bald nach der weiteren entwickelang ihres objektiven sinnes
gemacht. Vergl. zählmeth. s. 231. Das zweite ist hier der fall,
indem es auf die benennung des kleinen kindes nach seiner « Un-
fähigkeit zu sprechen» bei obigem vergleiche so wenig ankommt,
dafs man sogar diese etymologie vergessen mufs, um nicht in eine
Ungereimtheit zu gerathen. — Bei menschen und thieren, nament-
lich den dem menschen vertrauteren hausthieren pflegt man auüser
den geschlechtlichen auch unterschiede des alters hervorzuheben,
wie kind, knabe, jungling, mann, greis, oder kalb, rind.
ochs u. s. w. Dieser altersabstufung entsprechend bildet sich dann
auch in andern dingen eine gröfsen-scala von deminutiven
und ampliativen, denen sich ferner öfters moralische förbun-
gen, wie die liebkosung, verächtlichen spottes u. s. w., na-
mentlich häufig im italienischen und lithauischen beimengen. Be-
griffliche nfiancen in dem. und augm., die noch aufserhalb des
reinen gröisenunterschiedes liegen, z. b. im poln. bei Bandtke
§36.37. z. b. stöl der tisch, stolek der schemel; kley der leim,
126 Pott
klcjek schleim der perlen, oder hafergraupensuppc. Szabla der
säbel, szabelka das säbelchen, szablislco ein plumper, alter oder
häfslicher säbel, szablina ein armseliger schlechter säbel. — Eine
der weitest verbreiteten erscheinnngen ist ein von der spräche
durch ganz verschiedene aasdrücke für die brüder und Schwestern
ungleichen alters festgehaltener unterschied, der auch, wie die
erstgeburt im erbrecht, oft sehr ceremoniös, und gleichsam als
handele es sich um specißsch verschiedene gattungen, beobachtet
wird. Siehe z. b. Bindseil s. 536. In Europa ung. bätyam mein
älterer, öts£m mein jüngerer bruder, Farkas s. 49. In Hinterasien
z. b. chinesisch, vergl. Zig. IL 384, Darfur in Afrika Vater, pro*
ben s. 327. In Amerika Huasteca und Cora s. 323. und sonst
Duponceau, mein. p. 355. Endlich im fünften welttheile kawi-
werk H, 248. — Sogar mit noch feinerer Spaltung brasilianisch
(v. Murr, journ. VI, 204): Nde rykyyra, frater tuus, natu maxi-
mus; nde rybyra, frater tuus natu minor; nde ryb y kyra, natu
minimus, si ad maremfiat sermo: si vero ad feminam, dicitur: Nde
kybyra, generaliter, vel si de fratrum omnium minimo, nde ky-
bykyra. Soror tua dormit; oker [dormit] nde rendyra, si ad
marem; si autem ad feminam sermo fit; nde rykera, sciiicet
natu major; vel nd6 pykyyra, soror natu minor.
Zuletzt, um hiermit den schlufs zu machen, werde eines
wechseis der bedeutung gedacht, den nicht blofs in quantitativer
(z. b. mortes todes- arten, vgl. tot consularium caedes, tot fe-
minarum exsilia et fugas Tac. Agric. 45.; nives schnee-flockcn)
und intensiver (z. b. irae, animi) des grades, also auch schon in
nicht mehr rein arithmetischer, sondern selbst in qualitativer
rücksicht ein wort durch die mehrheitliche sprachform zu erhal-
ten im stände ist. Vgl. Reisig's Vorlesungen s. 130 ff. — Dahin
gehört z. b. der sog. pl. aggreg. im welsh, der als collective
einheit sich mit den distributiven einzelnheiten in Widerspruch
setzt. Man vgl. auch Basbreton bei Legonidec gramm. p. 44. z.
b. die singuliers deterjnines auf -en z. b. kaolen, chou, gegen-
über ihren angeblich gekürzten plur. (eig. primitivformen von
collectiver bedeutung) z. b. kaol, des choux. Gwenanen,
abeille, gwlnan, des abeilles. — Noch mehr andere, wie pol-
nische Bandtke § 155. z. b. woda (aqua), aber pl. wody, wie
lat. aquae für gesundbrunnen. S'rebro, silber, pl. srebra sil-
berne gerät be (im latein. blofs argentum, auch mit factum, vergl.
aurifex, im gegens. von sign a tum), zelazo das eisen, pl. zelaza
metapliern. 127
eisernes gerSthe (deutsch die eisen z. b. für fesseln). Chleb das
brod coli., aber pl. chleby wecken brod. Auch öfters die frocht
z. b. owies hafer, bnrak eine rothe rübe, unterschieden von
den saaten z. b. pl. owsy hafersaaten, buraki die rothen ruhen
auf dem felde, auch ein gericht. Aehnlich im lat aedes sg. ten>
. pel, pl. haus; copia, ae; opera, ae u. s. w. Krüger latein. gramm.
8. 231. 534 ff. Mit verschiedener bedeutung der doppelte plural
loci, loca und derartig viele doppelformen in romanischen spra-
chen, Fuchs s. 137 ff. — Bei Lithauern, Letten, Esthen sind viele
benennungen von fruchten und Werkzeugen entweder nur
im plur. in gebrauch, oder der sg. z. b. lilh. ruggys (ein rog-
gen-korn), pl. ruggei (roggen) hat einen anderen sinn. Vergl.
hierüber comm. lith. II, 31. Viel ähnliches, aufser dem dort schon
bemerkten ital. z. b. i segali, noch im englischen bei Wagner,
engl, gramm. s. 102—109, als: Sands (lat. arenae Reisig s. 131.),
rains, snows, dews, bloods, aber auch fears (timores, ein-
zelne äufserungen der furcht s. 132, aber graduell: magni ter-
rores Nep. Att. 9.), heats (hitze, vgl. etwa gluthen, nimii solis
ardores Cic. Sen. 15.), slumbers (schlummer), leaves (abschied,
wohl der gegenseitigkeit oder mehrmaligkeit wegen; vgl. nup-
tiae; dapes, epulae von der mehrheit der speisen, aber epu-
lnm mehr collectiv; vgl. aber auch die mehrheit der gaste und
die athroistischen partikeln in convivinm, avpaoaior, cvaakiov)n
apprehensions (besorgnifs), cries (geschrei; also eig. mehrere
aufschreie) , understandingsu. s. w. Wegen der mehrgliede-
rigkeit esthn. kärid scheere, wie franz. les ciseaux, forces
(latein. forfex), engl, scissars, pair of bellows, franz. une
paire de ciseaux, lunettes, mouchettes u. s. w., deutsch
ein paar hosen, d. i. eine hose, wegen ihrer, freilich nicht wie
bei einem paar stiefel getrennten dualität. —
Ostern, 1852. Pott.
Heber das alte S und einige damit verbundene laotent-
wickelungen.
Dritter artikel.
In den beiden ersten artikeln -wurde das häufige entstehen
eines s aus vorangegangenem t entwickelt und gezeigt, wie sich
128 Kahn
dieser Übergang nur aus dem antritt eines hauche* an den dental
erklären lasse, weshalb auch die natur dieses s nur die eines
scharfen Zischlautes, entsprechend unserm sz und dem gotbischen
s gewesen sein könne. Dieser schlufs drängt sich denn auch bei
einer betrachtung der form der Wörter, denen ein ursprüngliches
8, anlautend und inlautend, im griechischen zukam, auf; denn
wir sehen hier, dafs ein altes s zwischen zwei vocalen sehr häu-
fig von der spräche aufgegeben ist, während es vor mehreren
consonanten so wie im auslaut in der regel erhalten blieb. Da-
gegen hat der anlaut dasselbe gleichfalls verloren, zeigt aber an
seiner stelle fast durchweg den spiritus asper. Wenn dessenun-
geachtet sowohl im inlaut zwischen zwei vocalen als im anlaut
zahlreiche <r erscheinen, so läfst sich dies nur daher erklären, dafs
die spräche entweder den ursprünglich scharfen laut gemildert
habe, ihn gewissermafsen in die media habe übergehen lassen,
wie dies in den deutschen sprachen mehrfach der fall gewesen
ist, oder dafs sie bereits in .alter zeit neben jenem scharfen laut
den weicheren besessen habe. Die erstere annähme wird in den
meisten fällen, wo ein a unter den angeführten bedingungen auf-
tritt, als regel aulzustellen, die letztere dagegen wird nur als aus-
nähme gelten dürfen und meist durch Verbindung mit anderen
lauten zu erklären sein. Es dürfte zweckmäfsig sein, einen blick
auf diejenigen Wörter zu werfen, die nach fast übereinstimmender
annähme ein c im griechischen sowohl anlautend als inlautend
verloren haben.
Betrachten wir zuerst den einfachen anlaut mit s, so gehö-
ren hierher folgende Wörter (vgl. Grimm gesch. d. spr. 1. 299 ff.)
aXloficu, lat. salio.
alg, sal, salt, sara.
apa, dfiog, simul, goth. sama, skr. sama, wobei zu bemerken,
dafs apa dor. dpa (Ahr. dial. dor. § 4. 11.) und dpa dem vedi-
schen samäyä entspricht, welches zusammen heifst und inslr. 8g.
des feminini von sama ist; da nun in den Veden der instrumen
talis im feminin um nicht selten statt ayä auf ä ausgeht (z. b. de*
vata, manishä, parushatä, bandhutä, vacasyä, päkyä, dhirya, tväyä,
kaxya)) so wird auch das Sä. V. II. 2. 1. 2. 4. stehende sama als
ein solcher instrumental aulzufassen snin, zumal auch das prono-
men sama (all, jeder) wie es scheint immer enklitisch und dies
sama' ebenso wie samäyä den accent hat. Das zurückweichen
des accents auf die erste silbe im attischen dialekt erklärt dann
über das alte S o. einige damit verbundene lautenlwickclnngen. 129
wohl die bewahrung des a, die im dorischen der neigung dieses
dialekts für die Tolleren vocale zuzuschreiben sein möchte,
d . . d . . skr. sä- z. b. in ddeXyeog, ddsXcpog skr. sagarbhya
(Vaj. S. 4. 20; 6. 9. bhräta sagarbhyah der leibliche bruder), sa-
garbha.
oLQnr\> sarpere (Grimm gesch. 302.); da auch ahd. sarf neben
scarf offenbar hierzu gehört, des altsächsische, angelsächsische und
nordische (scarp, scearp, scarp) aber übereinstimmend den guttu-
ral hinter dem s zeigen, so könnte der spiritus asper im griechi-
schen auch aus der gutturalen spirans hervorgegangen sein; wir
werden auf die ableitungen dieser wurzel noch zurückkommen.
eXixtj, lat. salix. ahd. salaha.
iXog, ndd. soll, sei, skr. saras.
wog, lalein. senex, senior, Senium, semper, goth. sineigs, si-
nista, sinteins, ahd. sin, skr. sana lauge dauernd, alt, bis jetzt nur
in compositis z. b. säna^ruta allberühmt und in den adverbien sa-
na t, sana, (verkürzter instrumental) nachweisbar sowie in den
ableitungen sanäj von ewigem dasein, sanaya alt, sanayü ewige
dauer wünschend, sanäyate ewig sein. Die verwandten sprachen
zeigen hier durchweg den begriff von langer dauer, alter, den
auch die überlieferten alten erklärungen zunächst für das attische
inj xal via zur bezeichnung des tages, an welchem der neumond
eintritt, bestätigen; ivtj bezeichnet demnach das alte licht oder
den letzten tag des monats wie des Pheidippides worte (Arist.
nub. 1179 — 1180 ov ydg ia&' onaog \u TJfisga yivori av y/MQcu
ovo und 1182 — 1183 nvg yaQ; ei pij neQ y' dpa avtij yivotxo
ygavg re aal via yvnj.) deutlich ergeben, nach dessen Sprachge-
fühl in evt] der begriff der ygavg damals noch vorhanden war.
Wenn nun aber evij den letzten tag des monats bezeichnete und
dieser in 3 theile den iozdfievog, psGoiv und qt&ivtov zerfiel, so
ergiebt sich hieraus die entwickelung des begriff* ivq für über-
morgen, als den dritten tag von heute, wie sie Göttling, jedoch
auf grund einer andern etymologie zu Hes. i. x. r\. 410 angenom-
men hat. Wenn Proclus übrigens bei erklärung der letztgenann-
ten stelle lg r evvqqiip als ig ttjv ia%drriv tov pqvog, trjv tqia-
xäda auffafst, so möchte nach unserer auffassung auch diese er-
klärung zu rechtfertigen sein, indem ig ?' IvvTjqnv unserem «bis
auf die letzt» entspräche. Was die episch -ionische und äolische
Form hvr\ mit spir. lenis und doppeltem v betrifft, so ist der er-
stere diesem dialekt angemessen , das w weist auf assimilation
IL 2. 9
180 Kuhn
und stützt sich wahrscheinlich auf eine nebenform aVjo, die sich
an das obige skr. sanaya, latein. seniam anschliefsen möchte. —
Bei dieser zurückführung auf den stamm san sen iv erklärt sich
nun auch das bei Aristophanes Ach. 610. vorkommende inj aufs
trefflichste, wozu der schoüast bemerkt: ovrag iv tolg aHQiße-
<ndtoig hy, ha Isyrj ix noTlov. Das ist genau das obige indi-
sche sana, welches die bedeutung «immerfort» hat. Endlich mag
noch erwähnt werden, dafs das in der bedeutung «vorjährig»*
vorkommende bog, da es stets in dem ausgesprochenen oder ge-
dachten gegensatz von viog in bezug auf fruchte und sprossen
steht, sich genügend aus der für erog bisher entwickelten bedeu-
tung erklärt, doch mag ein von den grammalikern und lexiko-
graphen bezeugtes i*og, bog das jähr zur fixirung des begriffes
auf die vorjährige frucbt beigetragen haben. Dieser in baevog,
dürog, TQisvog unzweifelhaft bewahrte stamm hat übrigens mit
dem unseren keine gemeinschaft, sondern ist gleich dem indischen
in samä das jähr, dem lateinischen in bimus f. bismus enthalte-
nen; das p hat den im griechischen inlaut nicht seltenen Über-
gang in v erfahren, wie er sich z. b. in tfria : ijfiSQog, sanskritwur-
sel yam u. a. w. zeigt Benfey hatte früher GW. W. 1. 306 &? f.
mit skr. amä the day of conjunction or new moon zusammen-
gestellt, ist aber selbst schon 2. 367 über diese ableitung wegen
des w der äol. form zweifelhaft geworden; aufserdem ist amä
in dieser bedeutung nicht belegt, das gewöhnliche wort dafür ist
istamäväsya, wovon amä vielleicht nur eine spätere Verkürzung
sein möchte; auch der Spiritus asper, dessen unorganisches auf-
treten Benfey hier wie so oft annimmt, möchte schon bedenken
erregen. Dagegen wäre Zusammenhang eines anderen vedischen
vrorts mit unserem stamme möglich, nämlich von siniväli; dieses
bezeichnet nach Yäska Nir. 11. 31. die erste bälfte der amäväsyä,
während die zweite knhü heifst*). Die siniväli ist demnach gleich
der griechischen üny und da Yäska den zweiten theil des worts
(vält) auf väla zurückfuhren will, so könnte in dem dun-
keln sini ein mit sana verwandtes wort stecken. Uebrigens er-
klärt Yäska das wort väla in diesem fall durch parva n inler-
luoium, während es bis jetzt in den Veden nur in der bedeutung
#) In einer von Weber mitgeteilten stelle des ShaoMncabr. (ind.
stud. I, 39.) wird dagegen der neomond knhd, der zunehmende sintvlti
genannt, wahrend der Vollmond r£kä nnd der abnehmende annmati helfet.
ober das alte S o. einige damit verbundene lantentvrickel tragen. 131
schweif belegt ist (z. b. Väj. S. 19. 88), weshalb erst weitere bestft-
tigong für jene bedeutung abzuwarten ist; einstweilen mag indeb
auf einen deutschen aasdruck für die mondphasen hingewiesen
werden, der gleichfalls die bedeutung schweif hat, nfimlich nhd.,
mhd. wadel, wedel, ndd. waal (Grimm d. myth. 674;) allein
ob hier etymologische Verwandtschaft vorhanden sei, mufs jetzt
noch zweifelhaft bleiben. #
ifndj Septem, sibun, sapian.
incoj lat. sequor, skr. sac; neben der letzteren wdrzel steht
in den Veden noch eine mit ihr aus muthmaislichem sakv = lat.
sequ entstandene, nämlich sap, sequi, colere, die sich der griech.
form sowohl in laut als bedeutung noch näher anschliefst, indem
es mit dem activcn inm (namentlich in Verbindung mit nsqi, dpcpi
u. 8. w.) die bedeutung besorgen gemein hat; in dieser wird es
besonders häufig mit Harn angetroffen.
*EQiV9vgy skr. Saranyü'.
'Egpeiae, 'EQ/uje, skr Särameyas.
#£*raj> lat. serpo, goth. sliupa, skr. srp (präs. sarpämi).
*£, lat. sex, goth. saihs skr. shash.
h°>y ^») ^<Tc°> fox°*> ehor> 8^r* 8an-
tjfti. lat. semi, ahd. sämi, skr. sämi.
*f(o, ?£opat, edog, lat. sedeo, goth. sita, skr. sad, pr. st-
dämi, sbst. sadas n.
ipag, skr. 8 im an, simanta, alts. simo, altn. sim.
o. v, alt?, sim, sam, sos, goth. sa, so, skr. sa, sä.
oXog, ion. cilog, osk. sollus, d. all, skr. sarva.
vXrj (v durch umlaut vgl. I. p. 515), lat. silva, saltus, ahd.
holz, ndd. holterberg sallas, ags. holt lucus, altn. holt aspre-
tum, saltus.
vpvog, skr. s uro na* n.
V7ZSQ, vttbiq, super, ufar, upari.
in 6, sab, uf, upa.
ig, ovg, lat. sus, amhd. sei, nhd. sau.
&r, ortog, lat. -sens, skr. 8 an, gen. satas; — fotSg, skr. satya
Wir sehen demnach fast durchweg den spiritus asper das s
der verwandten sprachen vertreten, während der lenis nur in ein
paar einzelnen fallen auftritt; einmal, nämlich in vg neben ovg,
tritt auch noch der ursprüngliche Zischlaut neben dem starken
hauche auf. In einem andern falle scheint sogar der lenis neben
dem <t zu stehen, nämlich in sf£o>, wenn es mit attQa von einer
9*
132 Kuhn
wurzel stammt, was lat. sero, series, goth. sail, sanskritwurz.
si binden (cf. Pott 1. 206. 225) wahrscheinlich machen. Auch
noch in einigen anderen fällen hat sich anlautendes <r erhalten,
allein hauptsächlich nur da, wo hinter demselben ein anderer
consonant, namentlich ^r, geschwunden ist. Ein unzweifelhaftes
beispiel der art ist tfiyjf, aydco neben ahd. s vi gen, ags. svigan,
8 v ig jan; fast eben so sicher wird man mit Benfey 1. 466 tfifljy-
Qog zu d. schweifsen, schmieden stellen und auf lat. sudare,
skr. svid id. zurückfuhren, und endlich auch in <?o/fy, ooßew ne-
ben (poßrj wurzelverwand Ischaft mit goth. sveiban und noch
nähere mit alte, svipan, altn. svipa, ndd. swipen peitschen
swipe f. (vergl. Diefenb. GW. 2.358.360) anzunehmen haben.
Hat demnach das digamma zu einer längeren erhaltung des <x im
anlaut beigetragen, während es selber zuletzt verschwand, so ist
auch anzunehmen, dafs in den fällen, wo der spiritus «asper an
der stelle von sv der verwandten sprachen auftritt, er mehr ein
Vertreter des ersteren, als des letzteren sei. Diese annähme be-
stätigt sich auch noch dadurch, dafs im allgemeinen das digamma
im anlaut häufiger durch spiritus lenis als asper ersetzt wird; eine
Zusammenstellung hierhergehöriger beispiele wird das nähere er-
geben. Ich stelle die mit anlautendem einfachem digamma voran
und lasse die mit ursprünglichem <Tf folgen.
acrrv, skr. västu.
Ioq, 1. ver, skr. vasanta.
eixoaiy skr. vin$ati, lat. viginti.
eimXv, inogy skr. vac aor. avavacam, contr. avocaro (vgl.
oben 2. 46), vacas.
sxrjlog, äol. evxtjXog, ixw? altes particip der wurzel va$, das
sich zu dem erhaltenen skr. particip ucat ebenso verhält wie sag
(?«'$) zu ushas; für beide ist deshalb eine ursprünglichere form
mit anlautendem ^re vorauszusetzen, auf welche auch das äolisch-
epische svxTjlog führt.
ifiim, lat vomo, skr. vam.
irrvpi, lat. vestis, goth. vasti, d. weste, skr. vas. Von
dieser wurzel stammt eavog, als Substantiv mit kurzem a sich an
skr. vasana n. clothes, clothing, an Ornament worn by women
round the loins anscbliefsend. Das adjectiv mit langem a ist
eigentlich altes participium und gleich sanskr. vasäna sowohl
«umhüllend, bedeckend» als «umhüllt, angethan mit etwas. » Das
ober das alte S u. einige damit verbundene lautentwickelungen. 133
i in der epischen uebenfonn elavog ist ersatz der ausgefallenen
spirans, ebenso wie dpa, Sol. sfipa = skr. vasman.
fyyov, ahd. wer ah nhd. werk.
iQyoo, isQyoi), etQyco, eijp/a», sanskr. vrj pr. vrnakti pf. va-
varja, cause, varjayati beide in der bedeutung «ausschliefsen,
abhalten», goth. vrkan u. s. w., vgl. Diefenb. GW. I. V. no. 75
— 79; besonders gehören, da vrj auch die intransitive bedeutung
(«yenneiden, entfliehen M hat, hierher ags. vringan (Diefenb. no. 79)
n. s. w.; an den gegensatz des engl, right und wrong schliefsen
sich vollkommen die von gleicher wurzel stammenden vedischen
rju und vrjina, recht und unrecht, gutes und böses; man vergl.
z. b. R. 4. 8. 11. 2. «surah — rju marteshu vrjina ca pa-
$y an die sonne, die gutes und böses unter den sterblichen sieht"
Ebenso R. 3. 4. 15. 2. stiryah — rju marteshu vrjina ca
pacyan.
Üpcn/., itQGtj, skr. varsha.
SanzQog, (Sol. (pfonegs Alnvdiall. 1.32.) tane^a, lat. vesper.
wog, skr. vatsa, ved. das jähr.
iy, lat. ve, skr. vä.
log, lat. virus, skr. vis ha.
*|o?, lat. viscus
lg, lat. vis; der stamm von lg ist durch r erweitert wie der
von rig.
irdkog. lat. vitulus, skr. vatsa kalb.
Itvg, ire'a, lat. vitis, d. wida, skr. vitikä the betel plant,
a tie, a fastening.
olda, laper, taaai, etoiü, sideiTjr, ia&t ferro», efomg. skr. ve-
da, vidmä, vidus, vidam, videyam, viddhi, vittat, vid-
vas. In bezug auf die dritte pl. praes. ist- zu bemerken, dafs
die mediale form in sanskrit sowohl vidate als vidrate lautet; die
letztere form ist aber eine periphrastische, deren r wie das der
formen auf ran und re seinen Ursprung dem s des verbi substan-
tivi verdankt, so dafs vidrate für älteres 'vidsate steht, welches
sich dann in überraschender weise an das griechische laaci des
activs anschlief8t, das in gleicher weise periphrastisch gebildet ist,
und für id-aarzi steht.
olxog, lat. vicus, goth. veihs, skr. ve<ja.
ohog, lat. vinum, d. wein, skr. vena.
o%og n., orä», lat. veho, d. wagen, skr. vah, vahana
wagen.
134 Kuhn
$%f>, lat. vox, skr. väc.
vda>Q, lat udor, goth. vato, skr. udan.
wog, lat. ven um.
Während in den hier aufgeführten beispielen, wie bereits ge-
sagt ist, der spiritns lenis überwiegend als Vertreter des digamma
auftritt, zeigt sich fast nur spiritus asper bei den mit ursprüng-
lichem üf anlautenden Wörtern:
dvddrooy lat. suädeo, skr. svad undsväd; die grundbedeu-
tung der wurael ist «sflb, angenehm sein, schmecken» und im
adj. tjdvg, suävis, goth. sutis, ags. svete, skr. svädu der be-
griff der söfeigkeit und des Wohlgeschmacks erhalten. In den
Veden ist das reihum svad häufig: svadasva havyä lafs dir
die opfer schmecken, sie mögen dir wohl gefallen R. 3. 3. 27. 7.
havyä te svadantäm die opfer mögen dir gefallen Väj. S. 6. 7.
tä asmabhyam svadantu die mögen uns süfs, angenehm sein.
Väj. 4. 12. svadäti yajnam er möge das opfer schmackhaft ma-
chen Väj. 20. 45. n. s. w. atdivuv ist daher eigentlich schmack-
haft sein, gefallen, später auch transitiv ergetzen, s uadeo schmack-
haft, annehmlich machen; rathen. Grimm gesch. d. d. spr. p. 303
bezweifelt wohl mit unrecht die ursprungliche Zusammensetzung
des worts aus su und ad essen, die wenn auch unbewufst in der
flexion von avdavn im aorist evadov noch durchbricht.
ixvQog, lat. socer, goth. svaihra, ahd. svehor, sanskr.
cya$ura.
rjliog, lat. sol, altn. söl, skr. sürya, ved. sura und sur,
zend. hvare; als gemeinsamer stamm ergiebt sich urspröngliches
svar, das in den Veden auch noch mit der bedeutung «licht,
sonne, himmel» auftritt, aber bereits die beugungsföbigkeit verlo-
ren hat.
y&oc, iQog, goth. sidus, ahd. sito, skr. svadhä, eigentlich
«selbstsetzung, Selbständigkeit» in den Veden mehrfach «eigner
wille, wünsch, kraft* ,aber auch entschieden in der bedeutung ge-
wohnheit, namentlich in der Verbindung anu svadhäm und in
dem daraus entstandenen adverbium anushvadham. Man ver-
gleiche R. 1. 6. 4: äd aha svadhäm anu punar garbhatvam
erire. R. 3. 3. 16. 6. (M. 3. 51. 11.): yas te ame svadhäm
asat sute niyacha tanvam dem trank, der wie du ihn gewöhnt
bist, sein möge, gieb hin deinen leib w mit R. 1. 81. 4 kratvä
mahän anushvadham bhfma ävävrdhe cavah und Väj. S. 7.
38 = Nir. 4. 8: pibä somam anushvadham madäya. Inder
ober das alte S u. einige damit verbundene lauten t Wickelungen. 136
letzten stelle pafst die von Yaska und nach ihm an den übrigen
stellen von den commentatoren gegebene erklSrung durch anu
annam gar nicht, denn ich entsinne mich keiner stelle in den
Veden, wo dem Indra andere als trankopfer gebracht worden;
nehmen wir aber anushvadham als «nach gewohnheit», so ist
dies mit dem ganzen charakter Indra's in bester Übereinstimmung,
der bei seinen kämpfen mit den dämonen sich stets erst muth
za ihrer Vernichtung trinkt Ebenso pafst Vaj. S. 17. 88: anus-
vadham ävaha die bedeutung «führe nach deiner gewohnheit
(die götter zum opfer) herbei» augenscheinlich viel besser als die
gewöhnliche erklSrung. Dazu vergleiche man noch die von We-
ber Vaj. Sanh. spec II. p. 149 angeführten stellen, in denen s vadha
mit der bedeutung gewohnheit, sitte häufig einen viel besse-
ren sinn giebt.
tdoofff, lat sudo, sudor, ags. svät, ahd. sveiz, skr. svid,
svidyämi, sveda m.
oAxo?» lat. sulcus, ags. sulh die vokale o, u deuten wohl
auf zosammenziehnng aus va.
ov, ol, e, lat sui, sibi, se, goth. seina, skr. svayam und
off, v, or, so?, 09. «oV, lat. suus, goth. seins, skr. sva.
vnpos, lat. somnus, altn. sv£fn, skr. svapna.
t/pa|, lat. sörex.
Wenn sich in den bis jetzt betrachteten Allen ergab, dafs
altes s im griechischen anlant zwar meist aufgegeben wurde, an
seiner stelle aber, wenigstens im gemeingriechischen, in der regel
der spiritus asper sich entwickelt hat, so ergiebt sich daraus,
was wir im aofang behaupteten, dafe nämlich das alte s die na-
tur eines scharfen sauselauts gehabt haben müsse, dessen natür-
liche Schwächung zunächst der einfache starke und demnächst
der schwache hauch ist. Dieser entwickelung gemäfs zeigen denn
auch noch dialektische formen ganz dasselbe verhältnifs, indem
sie das 0 der übrigen dialekte auch im inlaut in den spiritus asper
verwandeln und endlich auch diesen aufgeben; die Überlieferun-
gen der grammatiker über diesen punkt werden durch alte Inschrif-
ten bestätigt und lassen deshalb keinen zweifei an der rieht igkeit
ihrer angaben aufkommen. Man vgl. Ahr. diall. dor. § 9. Auf
diese weise ist denn auch unzweifelhaft der aasfall des 0 im in-
laut zwischen zwei *ocalen zu erklären, dem in älterer zeit ein
inlautender spiritus asper vorangegangen sein imifs; letzterer
schwand dann allmählig entweder ganz oder wurde, namentlich
136 Kuhn
im ionisch -epischen dialekt durch t ersetzt, wie dies-z. b. in
slag, eia*6g = iaQ, iavog and anderen Wörtern geschehen ist.
Dieser aasfall des 6 zwischen zwei vocalen ist bereits so vielfäl-
tig besprochen, dafs es nur der kurzen Zusammenstellung der
Wörter, in denen er zweifellos ist, bedarf.
Aus den flexionen gehören vor allen die des epischen geni-
tiv's auf 010 = skr. asya, sowie des plur. auf aa)? = skr. äsäm,
lat. arum hierher, sowie aus der dritten declination die neutralen
stamme auf og, nebst den adjectiven auf tjg, egl An die letzteren
schließen sich die davon abgeleiteten abstracta auf sia9 c&ij&8icc
n. a. an , die mittelst des femininsuffixes yä von dem adjectiv-
stamme gebildet sind, welches im epischen dialekt die länge (oAj?-
&rjiq) bewahrte; im sanskrit sind vacasyä, varcasyä dergleichen
bildungen und zu äXföeia stellt sich, nur mit dem neutraten snf-
fix, rahasya geheimnifs. Ferner gehört dahin die endung des fem.
part. pf. act. auf via =: skr. ushi. In der verbalflexion zeigen be-
kanntlich die zweiten personen in den formen auf rj und ov diese
erscheinung, während doch auch, namentlich in der conjugation
auf jtu, sich das 6 von cai und ao noch daneben erhalten hat. In
gleicher weise ist das <r des futur. u. aor. in den verbis puris, wohl
wegen der eingetretenen Verlängerung des themavocals geblieben,
wie es auch aus gleichem gründe in der sg. pf. und plusqpf. pass.
derselben sich erhielt; wie der aus fall des c in den verbis auf X9
p, p, o zu erklären sei, werden wir später besprechen.
Von nominal- und verbalstämmen, welche den ausfalJ des g
zeigen, gehören hierher:
ywoftcu, yev<a, 1. gus-tus, gustare, goth. kiusa, sanskr.
jushate kosten, erkiesen.
YQaw, yodGTig, ypa<mCa>, lat. grä-men, d. gras.
flfit/co benetze, färbe, skr. dush, dushyati sündigen,- fehlen,
dushayati beflecken, verderben, dann auch sündigen. Davon
dos ha m. sünde, fehler, aber auch doshä f. die nacht, als die
das dunkel herbeiführende; die bedeutungsent Wickelung ist die-
selbe wie in rajas, welches sowohl dunkel, als wasser und licht
bedeutet und auf w. ranj tingere zurückführt, ebenso wie ahd.
tunkal auf tauchen, tunken.
iavog t iävog, skr. vasana und vasana, vgl. oben p. 132.
iaoy elcLQ wird von Eusthatius und anderen in der bedentung
cdfuz nachgewiesen; dazu stimmen lat assir, (Fest assaratum
apud antiquos dicebatur genus quoddam potionis ex vino etsan-
aber das alte S u. einige damit verbundene Iantent wickelangen. 137
guine temperatum, quod latini prisci sanguinem assir vocarent)
skr. asan, asrj ohne dafs ich jedoch eine sichere etymologie zu
geben vermöchte; lal. sanies und sanguis hat bereits Pott l.
275 als wahrscheinlich ebenfalls dazu gehörig herbeigezogen; $oq,
{toyarriQ avnpiog und iogeg, nQogrtxoneg, evyyeviig Hesych. scheint
auch wohl demselben stamme zugewiesen werden zu müssen.
evcoy evto, avto, lat uro, skritw. ush.
w. ia. Wie das anlautende <x in den formen des verbi sub-
stantivi, welche den wurzelvocal verloren haben, demnächst sel-
ber gewichen ist (tu? u. s. w., eist, irsog), so hat dasselbe auch
das inlautende <r überall aufgegeben, wie die ionischen formen &»,
ioifiiy imv sowie die dorischen CAhrens diall. II. 321 ff.) zeigen.
C«o>, ahd. jesan, gerjan, nhd. gären, nbd. gisht, ndd.
j es cht, ags. gist, e. yeast, skr. yas operam dare, adniti mit
nir to exude (Wils.), mit pra ptc. prayasta überwallend (vom
kochenden topfe) R. 3. 3. 23. 2, vgl. Roth z. lit. des Weda. p. 109.
yoig, img, lat. aurora, skr. ushas.
fhog, lat. tu 8.
log, skr. ishu.
16 gy lat. virus, skr. visha.
iotj/u, gehört zu sanskritw. ish cf. Pott 1. 269.
pvg (jivog), 1. mus (muris), ahd. müs, skr. müsh.
fAvco, (WGTrjg, pvovyQiov; — skr. mish liegt der form und
bedeutung nach der griechischen wurzel sehr nahe, doch stimmen
die vocale nicht, man möfste denn im sanskrit Übergang von u
in i annehmen wollen, wofür ich keine sicheren beispiele wüfste.
vhfiai, roatog, skr. nas, nasate gehen. Nigh. 2. 14. aufge-
führt als gatikarmä Nir. 7. 17. ghrtasya dhäräh samidho na-
santa von Yäska durch äpnotikarmä vä namatikarmä vä erklärt
R. 2. 6. 18. 3. «te sumatibhih sam patnibhir na vrshaao
n^asimahi deine gnade mögen wir erlangen wie der stier die
kuh», hat es eigentlich die bedeutung zusammenkommen, zusam-
mentreffen durch die präposition sam, vgl. auch noch R. 2. 5. 5. 2.
ta im giro janayo na patnih surabhishtamam naram nasanta; in
jedem falle scheint die identität mit vdopai unzweifelhaft.
wog, ivrvog, lat. nurus, ahd. snur, snura, snora, sanskr.
8DUshä.
wag, äg9 lat. auris, goth. auso.
ndog, lat. pe-nis (f. pes-nis), ndd. pis m., skr. pasas.
jQew9 skr..tras.
138 Kahn
cpdog, skr. bhäsas.
Endlich gehöreu zu den verbalst ämmen, welche den ausfall
von <x zeigen, noch die meisten derjenigen, welche den kurzen
vocal im futurum behalten und das ihnen ursprünglich zukom-
mende 0 zum theil noch in ableitungen, zum theil noch in den
nominibus, von denen sie selber stammen zeigen. So £eo>, |s0?o??
{«'ctyta, yeldo) neben yelaaeioo, yeldcifiog, yekacwog, yeXaafiau.
8. w. von einem alten stamme yeXag, 'dessen nebenform oder
Schwächung das äoi. yikog (vgl. $Q(og und fyog, vömq, vdar und
vdog) ist, das aber auch im attischen dialekt vorhanden gewesen
sein mufs, wie yelotog zeigt (yeXotog : y&og =r yeQcuog : (yeQag)
ytjgag\ wegen des unorganischen rj vgl. noch yeQ<ov. Ferner at-
deofjicu, TfiAea), veixew neben uidzaiiiog, aiöeaig, aideörog, aidoiog,
itkog, vsiHog u. s. w,; wie in ytXam das ausgefallene <r an stelle
eines früheren r getreten sein mufs, so werden sich auch ärvm,
aQvm neben denen arvico, aQvim stehen aus einer zwischen bei-
den formen liegenden mit <J erklären. Das neben Korsu, norao-
pai, fut. xoTEGGopai stehende xoteivog deutet auf einen nicht vor-
handenen stamm xorog n., der auch im futurum auftritt, zu dem
es sich wie oqeivoq zu ogog u. 8. w. verhält, vgl. Benf. gött. gel.
anz. 1852. 55 st. p. 543.
Die zahl dieser Wörter, welche den ausfall eines o zwischen
zwei vocalen zeigen, wird sich noch namhaft vermehren lassen, doch
genügen die gegebenen beispiele vollständig um den umfang der er-
scheinung im griechischen einigermafsen zu zeigen. Im allgemeinen
wird man das gesetz aufstellen dürfen, dafs der ausfall überall nach
kurzen vocalen eintritt, und in vielen der dagegen scheinbar strei-
tenden fölle wird sich, wenn auch vielleicht jetzt noch nicht im-
mer mit entschiedenheit nachweisbar, doch mit Wahrscheinlichkeit
das haften gebliebene <r als durch einflufs eines vor oder nach ihm
geschwundenen consonanten gewahrt erklären. Ein solcher fall
wenigstens zeigt sich in ÖQoaog, welches Benfey (gl. zum Sam. V.
8. v. drapsa) mit skr. drapsa tropfend, thauend; m. der tropfen
(besonders mythisch : der befruchtende thautropfen, welcher dem
himmel bei der umarraung seiner tochter der morgenröthe auf die
erde entfällt) zuerst zusammengestellt hat. Nur ist seine ablei-
tung mittelst einer alten causalform drapayämi wohl etwas zu
künstlich. Die würzet, aus welcher das wort entsprang, ist drav
(daraus dram = tyop, ÖQsp, tyop), laufen, fliefsen; causa, drä-
vayämi fliefsen machen, schmelzen (R. 4. 5. 3. 4), dravi der
Aber das alte S u. einige damit verbundene lauten Urickelungen. 139
goldschmied ib. u. s. w. ; durch autritt des s verhärtete das v im »kr.
zu p, da keine Verbindung vs vorkommt; aus demselben gründe
ging v im zend in f vor der scharfen sibilans sh über (drafsha)
und fiel ß vor dem c im griechischen aus, welches jedoch eben
durch das wahrscheinlich längere haften des f vor dem Unter-
gang gerettet wurde. Das hochdeutsche tropfen, ahd. tropfo,
tropho scheint das ps durch pf, ph zu ersetzen, obgleich anch
formen mit der einfachen aspirata f daneben stehen, oder es hat
das 8 aufgegeben, was aus ags. dropa, alts. dropo, ndd. drä-
pen, droppen, engl, drop hervorzugehen scheint; doch braucht
man im scherz auch noch ndd. drops. Wie ÖQoaog die erhal-
tung des <r dem ehemals vor ihm stehenden f verdankt, ist das
<x in vocog wahrscheinlich aus gleichem gründe geblieben, wie
man wohl aus dem epischen fovaog schliefsen darf; die würzet
möchte trotz des ff dieselbe wie in vexvg nämlich skr. nag lat.
nee- (nex, necare) goth. na-us und die ursprünglichere form
nagva (skr. nagvara verderbenbringend) gewesen sein; über
die gleichstellung von $ mit a soll noch in einem späteren arti-
kel gesprochen werden, hier will ich nur ein entscheidendes bei-
spiel geben, nämlich <Ji£a>, fut. <J«£a>, perf. aiatya zischen, pfeifen;
bei Homer (Od. i. 394) von dem pfähle gebraucht, der dem Po-
lyphemos zischend ins äuge fährt, bei späteren vom geräusch beim
braten, vom pfeifen des winde« und dem tone der drossel (xotpi-
%og)y sowie von den dem hunde pfeifenden jagern. Daher die
schol. zu Od. i. 394 es auch durch icvQ^e erklären (2i£ev dttl
rov iavQt&v jjroi qxDPtjv dnetüsi oig im tov ßccnropepov cidt(Qov).
Die unmittelbare Zusammenstellung mit öfyfia, wogegen sich schon
Lobeck parall. 407 ausgesprochen hat, ist sicher unrichtig. Die*
sem tfi'f« entspricht offenbar skr. cjn j, welches das geklingel der
schelle, das summen der bienen und zwitschern der vögel be-
zeichnet und bereits in den Veden vorhanden ist, wo der klang
der bogensehne der feinen stimme der frauen mit den Worten
«yoshe'va ginkte vitatä *dhi dhanvan wie eine frau singt
sie ausgespannt an dem bogen» verglichen wird (Nir. 9. 18.); da-
her heifst auch noch im späteren sanskrit $injä f. und ginjini
die bogensehne. Mit dieser wurzel hat schon Diefenbach GWB.
2.206., goth. siggvan verglichen, dessen Vertreter und ableitun-
gen in den übrigen deutschen dialekten mehrfach gleiche bedeu-
tungsentwickelungen wie die indische und griechische wurzel zei-
gen; uns singt noch heute das wasser im kessel so gut wie der
140 Kahn
vogel und die schwedische oder deutsche nachtigal. Jenes ge-
räusch des bratenden fisches in der pfanne (oi&w), und dieser
singende kessel zeigen dann auch ahd. seng an, nhd. sengen,
ags. saengan, e. singe in klarer Verbindung mit singen, aber
die sinnreiche vermuthung J. Grimm's, dafs siggvan mit siu-
jan zusammenhange (über diphthongen nach abgef. cons. p. 24.)?
wird dadurch zweifelhaft.
Ich knüpfe an diese Untersuchungen noch einige nachträgli-
che Bemerkungen über die neutra auf as, da herr Benfey in einer
ausführlichen recension des dritten und vierten heftes dieser Zeit-
schrift (Gott. gel. anz. st. 52 — 58 mehrere bedenken gegen ein-
zelne meiner aufstellungen erhoben hat.
Was hr. B. über die bildung des accusativs ushäsam sagt,
ist eben nur eine andere auffassung des lautlichen Vorgangs und
eine bestimmte entscheidung für das eine oder andere ist hier jeden-
falls schwer; wenn aber hr. B. einen widersprach darin findet, dafs
ich ushäsam aus ushantam erkläre und doch eine erklärung von ma-
häm als syncope für mahäntam nicht wolle gelten lassen, so habe
ich bereits in meinem aufsatze (p. 275) die analogieen angeführt,
die mir für die gröfsere Wahrscheinlichkeit meiner auffassung zu
sprechen scheinen. Den kontrahirten accusativ ushäm erklärte ich
aber gerade nicht für eine unmittelbare zusammenziehung aus
einem vorauszusetzenden ushantam, sondern aus dem wirklich vor-
handenen ushäsam, ushäsam und der bis jetzt nicht nachgewiesene
ausfall von nt zwischen zwei vocalen hindert mich noch immer
die form mahäm für eine contracüon aus mahäntam anzusehen
und die von hrn. B. angenommene blofse möglichkeit einer sol-
chen contraction kann mich vorläufig nicht vermögen von der
erklärung nach analogie anderer contractionen abzugehen.
Was hr. B. gegen meine auffassung der deklination neutraler
stamme auf as, neben denen ich für die schwachen casus stamme
auf an annahm, vorbringt, hat mich ebensowenig überzeugt Hr.
B. will, wie es scheint, nur die Überlieferung der indischen gram-
inatiker gelten lassen, die doch anerkanntermafsen für die vedi-
sche spräche nicht überall ausreichend ist. Wenn nun hr. B.
sagt, diese themen seien an und für sich einer vollständigen flexion
nach beiden Seiten fähig, so mag dies für die declination einzelner
Wörter richtig sein, doch wird man für andere entschieden be-
haupten dürfen, dafs sie in der declination zwischen beiden for-
aber das alte S o. einige damit verbundene lauten twickelaogen. 141
schwanken; ich stutzte mich bei der annähme einer declination
nach doppelten themen auf die erscheinung, dafs z. b. udhas in
den Veden vom stamme udhas nur nom. acc. sg. und plur. bil-
det, dagegen von üdhan die übrigen casus zu bilden scheint,
weil die sonst nur noch vorkommenden locativ sg. und inst. pl.
mir bis Jetzt nur in der form üdhani üdhabhis erschienen sind.
Bei dieser gelegenheit bemerkt hr. B., dafs es ihm nicht recht
begreiflich sei, wie ich ahan als schwache form von ahas ausge-
ben könne, da es fast eher umgekehrt der fall sei, indem z. b.
von dirghähan der acc. 6g. dirghähäiiam u. s. w. heifse ; doch ge-
rade dies beispiel beweist doch wohl für meine annähme, da die
letzten glieder der composita häufig für die declination ein schwä-
cheres thema annehmen. Hr. B. mufs daher meinen ausdruck,
der von der deutschen declination hergenommen allerdings nicht
ganz passend ist, mifsverstanden haben, indem damit nur das in
der declination dieser stamme auf as und an allmählig überwie-
gende thema bezeichnet werden sollte. Man könnte jene vielleicht
passender die alte, diese die neue form nennen, da jene die für
die flexion offenbar im absterben begriffene ist ; doch wollen wir
uns bei diesen, blofse namen betreffenden differenzen nicht wei-
ter aufhalten, da in der that jede weitere auseinandersetzung
darüber überflüssig wäre. Einem ähnlichen mifsverständnifs ent-
springt eine andere bemerkung hrn. B's, wenn er nämlich p. 635
seiner anzeige sagt: « Bezüglich der form des neutr. nom. voc.
acc. sg. des ptc. pf. act. bemerke ich, dafs die form vat belegt
ist, aber selbst wenn sie nicht belegt wäre, wäre dies kein fall,
wo man Pänini's autorität zu bezweifeln hätte.» Ich hatte mich
ja gerade auf Päninfs autorität gestützt und hinzugefügt, wie ich
nicht zweifelte, dafs sich derartige formen wirklich finden wür-
den. Hr. Benfey hätte uns deshalb mehr verpflichtet, wenn er
derartige belegsteilen wirklich angeführt hätte; ich kenne übri-
gens bis jetzt nur die eine form tatanvat (R. 4. 6. 11. 3 = Nir.
5. 15), welche demnach Pänini's regel bestätigt.
In betreff meiner ansieht,. dafs das q in den griechischen for-
men auf oQy mg aus t in at auf rein phonetischem wege entstan-
den sei, entwickelt hr. B. eine andere, nach welcher die grundform
dieser stamme auf arnt oder rant ausgegangen sein soll, und setzt
zunächst diejenigen gründe auseinander, welche ihm gegen meine
ansieht zu sprechen scheinen. Wenn er dabei geltend macht,
dafs die vedischen laulgesetze in vielen punkten ab weichungen
142 Kahn
von denen des späteren sanskrit zeigen, so kann ich ihm darin
natürlich nur beistimmen, und wenn ich der annähme Lassend,
dafs die Wandlung von as in o durch die mittelstufe von ar hin-
durchgegangen sei zustimmte, so kann ieh natürlich die von hrn.
B. angeführten beispiele svo roh&va f. svar rohäva und Avo ar-
cishä f. Avar arcishA nur ganz in der Ordnung finden; wenn hr.
B. dagegen auch aus RV. If. 6. 2. 6 ein sahasAnas varena
nachweisen will, so scheint dies auf einer falschen lesart zu be-
ruhen, da die zwei besten von mir benutzten handsehriften (cod.
chamb. no. |44. 67.) das richtige sahasano varena haben; da
herr B. diesem beispiele jedoch die worte: «und viele a. a."
hinzufügt, so bleibt abzuwarten, ob diese vielen anderen beispiele
nicht vielleicht auf gleichen falschen lesarten beruhen. Dafs übri-
gens das r der von mir besprochenen sanskritstämme sich nicht
immer aus den allgemeinen phonetischen gesetzen des sanskrit
erklären Ififst, zeigen die beispiele vanarshad, aharpati (vgl. das
gebliebene r in svarpati und vlrkarya) von denen ich p. 371 ge-
sprochen hatte, und wenn sich hr. B. darüber wundert, dafs diese
stumme auf r im sanskrit allein so unfruchtbar geblieben sein soll-
ten, während sie in den verwandten sprachen das r auch in
den übrigen casus und seeundairen ableitungen bewahren, so
wäre an und für sich eine Verwunderung über eine derartige er-
scheinung ebensowenig am orte, als wenn es jemand wunderbar
finden wollte, dafs nur die deutschen sprachen eine schwache
declination in vollem mafse ausgebildet haben; andererseits ist die
behauptung aber auch geradezu unrichtig. Lobeck sagt Parall. p.
207. Quum autem magna pars horum nominum indeclinabilis
sit, eorum vero quae declinantur, pleraque in genitivo pro rho
ex affini terminatione ag suseeperint litteram tau v. Anecd. Bekk.
p. 1174 non mirandum est, compositorum numerum esse exiguum
etc. Unter den von ihm gesammelten Wörtern auf oq sind, wenn
wir die einsilbigen die nicht deutlich dnreh contraction aus boq
in rjg entstanden sind, unberücksichtigt lassen, die folgenden in-
declinabilia oder solche, bei denen casus aus dem stamme auf q
nicht nachweisbar sind: ovoq nom. acc. (bildet seine übrigen casus
aus dem durch o erweiterten stamme ovsigog und ovtiQOv), re'x-
ficcQ, rtHfia>Q9 /jioSfiaQ, friJzaQ (ftygoff), &a>qp<z£, vttoQ, 'bvoq (nwog),
avq>OQ, pv&OQ, XvpaQ (töpa) mag, ninaq, nanaq, adfioQ, xrjdaQ
(xrjdog), iyftaQ (ijfiog), akxaq nom. acc. (das Efym. m. führt den
sonst ungebräuchlichen genitiv aXkaQog an). Der flexion der
über das ahe S a. einige damit verbundene lantentwickelnngen. 143
stimme auf ar folgen qpos'og, erioQ, ovMOQy vyeaq, t*vpaQ> ottioQ,
(ansog), miqoq (neigog), ovöctQ, deleag, xxiaQ, altiaQ, Moq
(deog), zldaQ, ijrtaQy ijitaQ, xdqt}aQ, xvoq, xatag; den stamm mit
q bewahren dagegen auch in der flexion nur xfjg (xbolq), ?<o-
xoq (?), axifciQ, iaq (j/(>) und ft'xrog, welches letztere aber
schwerlich mit dem affix ag gebildet ist; ob dies bei v<ohoq und
<rxiW{> der fall sei, wage ich nicht zu entscheiden. Wenn daher
hr. Benfey fragt, wie es komme, dafs diese stamme auf ar im skr.
so unfruchtbar geblieben seien . während in den verwandten spra-
chen themen auf q> welche mit themen auf t und s auf dieselbe
weise zusammenhängen, z. b. nioQ, #a#, wazar, über u. aa. das
r auch in den übrigen casus und secundären ableitungen bewah-
ren, so sind die letztgenannten fünf beispieie, von denen eigentlich
nur iaQ sicher hierher gehört, die einzigen des griech., in denen der
stamm auf q flexionskraft behielt, während die ganze masse der
übrigen gegen seine behauptung steht, denn die secundären ab-
leitungen beweisen nichts für die flexionskraft des q, da sie
gewöhnlich den aolritt eines neuen stammvocals zeigen. Das in-
declinable moQ kann wohl nur aus versehen von hm. B. mit
iaq zusammengestellt sein. £s stehen demnach in hezug der de-
clination dieser stamme das griechische und sanskrit ziemlich auf
derselben stufe, wogegen im lateinischen und deutschen die
stamme mit r volle entfaltung gewonnen haben, ganz in überein.
Stimmung mit den übrigen erscheinungen dieser sprachen, welche
ans das hervortreten der stamme auf r auch anderweitig zeigen.
Dies führt mich denn zu dem anderen einwände des hrn. B., der
gegen meine annähme eines Überganges von t (besser d) in v ge-
richtet ist. Da ich voraussetzen konnte, dafs der Übergang der
dentalen in r namentlich für das lateinische und deutsche keiner
Anfechtung unterliegen würde, hatte ich denselben nur für das
sanskrit in den vermittelnden consonanten der cerebralen klasse
nachgewiesen ; dafs das sanskrit allein diese zwischen r und d lie-
genden laute auch durch besondere buchstaben ausgedrückt hat,
liegt in der schärfe seines schriftsystems, dafs aber nichts desto
weniger dieser lautwechsel in den italischen und deutschen dia-
lekten ebenso häufig vorhanden sei, zeigt sowohl das umbr., des-
sen aiphabet den mittellaut (rs) besonders bezeichnet, als auch das
latein. z. b. in den bekannten meridies, arbiter, wie in dem über-
gange in das in ältester zeit mit r fast ganz zusammenfallende 1
(z. b. impelimenta f. impedimenta, olfacit f. altes odefacit hei
144 Kahn
Fest.)- In niederdeutschen dialekten ist der Wechsel zwischen d
mit r und 1 fast regel, so dafs wedder, werrer, weller = hd.
wieder, hadde, harr (auch im göttinger dialekt vgl. Grimm d.
myth. p. 434. z. 12 v. u.), hall = hd. hatte, drüdde, drürre= dritte,
bedde, berre = hd. bett und andere zahlreiche beispiele auftreten ;
andererseits zeigen aber auch hochdeutsche dialekt e dieselbe er-
scheinung z. b. der fränkische, aus dem ich einige beispiele her-
ausgreife: Firmenich germ. völkerst. II. p. 93 — 101. düre =
todte, rerre= retten, freizeirig frühzeitig, mer em mit ihm
Wearrera Wetterau, haaelwerrer hagelwetter, brouerbra-
der, lair e liegt ein, wairer weiter, gir c geht ein, oarrer
oder, gerore gerathen, gir ach geht auch, gir alls geht immer,
wirrer wieder, se horr'n ir leabte sie hat in ihren lebtagen,
laurer lauter, reatzerure grellrothe, gräre an genau, horr e
hatte ein u. s. w. Diese beispiele werden genügen, um zu zeigen,
dafs der Übergang aus t, d in r in den italischen und deutschen
dialekten kein auffälliger sei und dafs auch hier der Übergang
durch jenen cerebralen laut vermittelt werde kann man, in den
niederdeutschen dialekten wenigstens, taglich hören. Für das
sanskrit und griechische, wo diese erscheinung von t = r seite-
uer ist , hatte ich auf die form avabhari = avabhäti und von ari
= gr. oqi, igi aufmerksam gemacht. Jenes liefs sich nicht be-
zweifeln, da die zweite form in einer andern recension des textes
daneben steht, dies hält herr B. für mehr *als zweifelhaft, ich
glaube aber kaum, dafs arigürta (R. 2. 5. 4. 3.) und aridhä-
yas (R. 2. 1. 11. 5.) anders erklärt werden können. Wenn herr
B. p. 551 sagt, dafs es ein irrthum von meiner seite sei, wenn
ich gesagt habe : « Ferner bilden in den Veden viele adjeetiva mit
suff. van ihr femininum auf vari. » und dann behauptet, dafs diese
bildung nicht blofs vedisch, sondern allgemein sanskritisch sei,
und mich t viele adjeetiva betreffe, sondern allgemeine regel
sei, so genügt es wohl herrn Benfey's seitdem erschiene sanskrit-
grammatik zu citiren, um zu zeigen, dafs solcher irrthum einigen
grund habe, denn § 699. 5*) heifst es: «Die auf primäres van
no. 1. 2. 3. hinter vocalen oder harten consonanten (§ 7. 3) haben
im fem. vari; vedisch bisweilen auch hinter weichen consonan-
ten und nach der hauptregel vani; in der gewöhnlichen
spräche dann gar kein fem. char.; in bahuvrihi's kann diese regel
oder 4, 2. eintreten u. 8. w. "
Nachdem herr Benfey dann im ferneren verlauf seiner an-
über das alte S u. einige damit verbundene lantentwickelnngen. 145
zeige noch mehrere dankenswerthe beitrage zu einer vergleichung
der stamme auf t, r, 1 beigebracht hat, geht er zur begründung
seiner eigenen ansieht über, indem er dabei von den sanskritthe-
men yakrt, cakrt, lat. jeeur, ynctQ, gxojq ausgeht; der umstand,
daf8 diese noch ein r neben n und t zeigen, welches in dapaQz
in der ganzen flexion auftritt, veranlafst ihn in allen diesen stam-
men als ursprüngliches sufGx derselben die form arnt oder rant
anzusetzen, für welche er eine anderweitige bestätigung in den
3plur. einiger sanskritverba findet, die auf rate f. rante, rata f.
ranta ausgeben, indem er sich dabei auf die auch sonst hervor-
tretende analogie der 3 plur. mit dem partic. präsentis stutzt,
dessen suflix ant ja auch das der hier betrachteten nomina sei.
HeiT Benfey befindet sich auch hier im widersprach mit seiner
sanskritgrammatik, wo er § 813 anm. 4 das r dieser formen aus
organischem s, das er der wurzel as zntheilte, erklärt und auch
das ran in iran mit dem griechischen aav im optat. und plusqpf.
zusammengestellt hat. Spricht schon dies aav gegen seine jetzige
annähme, so wird die Schwierigkeit noch durch die ionisch -epi-
schen formen auf aiai, aro vermehrt, denn dem von ihm angeführ-
ten gerate entspricht ja genau xearai, xsiarat, in welchem der aus-
fall eines a anzunehmen ist, ebenso wie in ri&saai, dtdoaai u. s.
w. Hier müssen wir also offenbar bei der alten annähme einer
aus dem verbum as angetretenen endung stehen bleiben und da-
mit föllt wenigstens diese stutze der ansieht des herrn B. Es
bleiben aber noch die allerdings auffälligen themen yakrt, cakrt
u. s. w., die sich aber, so lange wir, wie bis jetzt, ihre wurzeln
nicht kennen, zur aufstellung von regeln über die bildung aller
übrigen wenig eignen und daher am besten vorläufig als ausnah-
men stehen bleiben. Die erheblichsten gründe für herrn Benfey's
ansieht liefern noch 1) die Verlängerung des vocals in vücoq, tdx-
ft(oQ die noch am ersten auf den ausfall eines schliefsenden con-
sonanten schliefsen läfst, obwohl sie doch auch als blos lautliche
erweiterung begreiflich ist und 2) das griechische dapagr neben
cakrt, yakrt} allein ehe wir zu den etwas monströsen formen da-
paQvr gakarnt yakarnt unsere Zuflucht nehmen, werden wir doch
lieber nach anderen erklärungen suchen. Eine solche möchte we-
nigstens für eins dieser Wörter, nämlich gakrt, axoiQ in der Wur-
zel zu finden sein. Wie hr. B. nehme ich c, in cakrt für ursprüng-
liches s, das a dagegen für einen einschub, da sk eine im skr.
unbeliebte Verbindung ist, wie in einem späteren aufsatze gezeigt
O. 2. 10
146 Kahn
werden soll. Danach würde sakrt, skrt = gxoqt sein, das angel-
sächsische skeani sich davon nur durch die nebenform desselben
suffixes mit n unterscheiden. Die wurzel kr ausstreuen, ausgie-
fsen hat nun im skr. in Zusammensetzungen mit mehreren prfipo-
sitionen ein s im anlaute Pän. 1. 3. 21. anm., 6. 1. 142. Vopad.
XXIII. 6. und Benfey sanskritgr. § 241 bem. 5. Diesen zeigt sie
z. b. in der Zusammensetzung mit apa, wo sie von hund, hahn
und stier gebraucht wird, die resp. um sich ein lager zu machen
(kul&yakarane, v&seche, andere Boehtlingk u. Benfey), um nahrung
zu suchen und vor freude mit den juTsen scharren; ebenso zeigt
sie ihn in dem subst. avaskara m. 1) a privity, a part to be con-
cealed; 2) ordure, faeces; 3) dirt, 4) sweepings Ws.; ferner nach
prati in der bedeutung verletzen und nach upa in der bedeu-
tung abschneiden, skr ist daher hier zweifellos die ursprüngliche
wurzelform und gleich unserm ahd. sceran scheeren, einschnei-
den und ahd. sc er ran scharren, denn scharren ist eben nur eine
besondere entwickelung der bedeutung schneiden, nämlich die des
einschneidens in den erdboden. Davon leite ich denn c,akrt für
sakrt, 0X0)0 und ags. scearn, indem es zunächst den in der
erde verscharrten unrath der thiere zu bezeichnen scheint, doch
möchte vielleicht der begriff des vom körper ausgeschiedenen,
sich trennenden ebensowohl denkbar sein, wie erge^o* und 0j*C<»>
ahd. seeidan und seizan nahe verwandte wurzeln sind und
exerementum denselben begriff zeigt; und damit wäre das r
wenigstens in einem dieser schwierigen Wörter erklärt, während
sich das aufgeben des 0 in der declination von 0x0)0 durch die
analogie von vdag erklären möchte. Sollte stercus wirklich
durch Umstellung aus scertus und antritt eines neuen suffixes
us entstanden sein, wie h. B. p. 562 annimmt , so würde es auf
dieselbe wurzel wie 0x0)0 u. s. w. zurückzuführen sein.
Anmerkung. Oben ist p. 134 z. 5 v. u. der druckfehler ame sva-
dham st ann svadham stehen geblieben; dabei bemerke ich 1) dafs die
Zusammenstellung von ij^oq, f&oq mit ftvadh* schon von Weber in den ind.
stud. gemacht ist; 2) dafs doch dem Indra zuweilen auch andere als blofse
trankopfer gebracht erscheinen, wie namentlich h. 52 des 3. man4ala zeigt An
einer anderen stelle R. m. 5. 29. 8. heifst es: »tr? ya'chatä' mahishi'nam
6gho mtfs trt airafisi maghtfv* somytfp&h als du das fleisch von drei-
hundert stieren verzehrt, trankst du drei ströme soma's, o Maghavan.« und
auf ähnliches wird sich die auslegung, welche die scholien von anu svadham
geben, gründen; nichts desto weniger scheint mir die oben gegebene erkla-
rung dieses Wortes aber festzuhaken.
A. Kuhn.
misceUea. 147
II. Hiseellen.
Einige seltnere safflxe.
1) Bildungen auf nus, rog, nas.
Bekannt ist, dafs sowohl im griechischen als lateinischen vor
dem neutralen affixe us og za weilen ein n sich findet.*) Einsein
tritt sogar inns, svog anf. Die hierher gehörigen Wörter sind:
facinus. Es ist bei diesem worte schwer zu entscheiden, ob
man fac-inos oder fac-i-nns abzutheilen habe. Ferner.* fenus,
welches mit recht auf die wurzel fe als das hervorgebrachte, ge-
tragene zurückgeführt worden ist Bei jecinor- glaube ich nicht,
dafs das skr. yakrit d. i. yakart so maßgebend sei, dafs man das
schliefsende r als dem r von art entsprechend halten müsse. Ich
theile es in jec-in-or und glaube das or aus us hervorgegangen,
so dafs, wie auch Düntzer Wortbildung p. 184 will, in jecua-cu-
lum die ältere gestalt erhalten wäre. Munus mit Benfey g. wl.
II, 36. 368 anf man zurückzuführen wird wegen der allbekann-
ten älteren form moenus nicht angehn; ich theile es moe-nus und
erkenne in mce die gesteigerte form der wurzel ml, einer neben-
form von ma. Pig-nus von pango, vul-nus von vello. Zu
Tergleiehen sind noch it-in-er, dessen er jedoch gewifs nicht aus
es hervorgegangen ist, und penas, insofern die von Gellias IV,
1, 2 angeführte genitivform pen -it- er- is wirklich vorhanden war.
Etwas gröfser ist die anzahl der aus dem griechischen hie-
her gehörigen Wörter. Zunächst ayevog Bei diesem worte kann
ich weder der von Benfey gr. w. II, 267 gemachten Zusammen-
stellung mit skr. dhdna (divitiae), noch weniger der von Butt-
mann mit aqt&ovog beitreten, acp-erog scheint mir auf die wur-
zel af zurückzuführen, die wir in dem vedischen abh-v£ (als adj.:
grols, stark, ab neulrum : gröfse, stärke) treffen. Gewils treffend
hat damit, wenn ich nicht irre, Schweizer zuerst das goth. ab-r-s
(stark), ags. ab-al, altn. af-1 (stärke) zusammengestellt. Diebe-
griffe stärke, macht und reichthum laufen gar häufig neben ein-
ander. — ytijvog ist schon längst mit Xda>t mit skr. glau (mond)
von Benfey zusammengestellt, es scheint aus ylaf-evog zusam-
mengezogen. — ÖTjvea ist sicherlich auf dafjvcu, dq& zurückzu-
*) vergl. Pott etjm. forsch. II, 609.
10*
148 Aufrecht
leiten. Diese verben scheinen zu dem zendischen das sciens zu
stimmen, welches sich zu ende von kompositen findet z. b. hudao
bene sciens. Brockkaus Vend. Sade p. 369. — ÜQavog von dgdoo.
— Für fovog weifs ich keine befriedigende ableitung, eQpog ist
von Pott mit einiger Wahrscheinlichkeit aus §QÖ-vog gedeutet,
d. h. auf die wurzel ardh (rtdh) wachsen zurückgeführt worden.
— fyvog würde sich namentlich der ableitungen willen genau an
die sanskritwurzel ih (gewöhnlich petere) anschliefsen, wenn sich
die bedeutung ire (Yäska Nigh. 2, 14 var.) belegen liefse. Vor-
läufig ist es rSthlicher das wort an die wurzel inkh, ikh ire
anzulehnen, von der freilich bis jetzt nur die causalform in der
bedeutung bewegen, treiben bekannt ist. Dafs skr. kh durch
griechisches % vertreten wird, läfst sich mehrfach nachweisen. So
ist cankha* = xoyxWi nakha = owjf-, mdkha (mund) = [*vx°Gi kfta
(höhlung) = gd-0£. — xrrjvog von nta-opai, Xijvog aus Xax-vog,
vgl. Xccxnj. — cxijvog wird von Pott etym. forsch. I, 243 (Gxtjrq)
auf die skr. -wurzel chad = skad zurückgeführt; vgl. vedisch cha-
dis haus. — Zu opijvog, GTQtjvog weifs ich nichts genügendes. —
Hingegen sind klar ze'p-evog von repvG), ztQx-vog (Benfey wl. I,
95) von einer wurzel tarh, trah), die wir auch in r^tg-, altn.
]>rö-a-st (wachsen, gedeihen), ags. )?rogen (validus) an1 reffen.
Auch dem älteren sanskrit fehlt es nicht an gleichen bildun-
gen, obgleich auch hier ihre anzahl sehr beschränkt ist. Ich zähle
dazu folgende Wörter: äp-nas werk oder reichthum von yap
perficere, adipisci. — ar-nas wasser, meer von j/ar ire. Die
speciellere bedeutung dieser wurzel hat sich im deutschen rin-
nan erhalten, deren n höchst wahrscheinlich nur konjugationszu-
satz ist (vgl. skr. rinäti und rinoti), so dafs scheinbar das ags.
irnan die ältere gestalt behauptet hat. — 6-nas sünde scheint
mir mit £h-as sünde auf die gleiche wurzel ih cupere zu füh-
ren, also für ih-nas, eh-nas zu stehn. — drav-inas reichthum,
habe, von dru currere bedeutet eigentlich: laufendes, bewegliches,
«farende habe.» — pär-inas findet sich meist als adjektiv in
der bedeutung reichlich. Auf die wurzel par füllen zurückge-
führt wurde das wort zuerst richtig von Weber, ind. Studien I,
66. — bhär-nas, eine ableitung von der wurzel bhar ferre,
scheint nur in dem kompositum sahasrabharnas vorzukommen.
Das wort findet sich Rv. raand. IX. 60, 2 ab attribut des soma,
ebendaselbst 6-1, 25. 26 von der stimme desselben und ist wol mit
«tausendfältige geschenke bringend» zu übertragen. — rlk-nas
mtscellen. 149
reichthum von ric linquerc etwa das hinterlassene?*) — Zu er-
wähnen bleiben noch zwei masculina: dam- Anas der bewältiger
von w. dam, ein beiwort des Agni und Savitri, und U^-anas n.
pr. von w. vac.
Soll ich zuletzt über die natur unseres affixes meine meinung
äufsern, so glaube ich, dafs darin eine verdunkelte Zusammen-
setzung zweier primären ableitungselemente vorliegt. Zwar in
dravinas, parinas, damünas darf i und u nur als bindevocal ge-
fafst werden, das gleiche läfst sich aber bei ucanas nicht anneh-
men und bei ayevog, tifupog bleibt man Ober das « mindestens
im zweifel, da pv, q>v im griechischen gewöhnliche Verbindungen
sind. Mir ist das wahrscheinlichste, dafs in dem n uns der Über-
rest des primären masc. und neutra bildenden affixes skr. an,
griech. ov, lat. en vorliege. Vgl. skr. äh-an dies, £9 -an stein,
ux-an ochse, tax- an Zimmermann, rex-rair, af-cor, ingu-en (vgl.
skr. anj-ipudenda Yv. XVII, 97. XXI II, 21), pect-en, ungu-en.
Curtius de nom. graec. formatione p. 49.
2) it.
Die stärkere abschwächung der participialendung ant in as
hat Kuhn in dieser Zeitschrift 1,372 besprochen, eine geringere,
aber schon im sanskrit nachweisliche ist die in it. Sie findet
sich aufser den Substantiven tad-it blitz, sar-ft flufc, ro-hit,
harit rofs in zwei formen, die nur in den Veden vorkommen,
div-ft und bodh-ft. Das erstere findet sich in der ableitung di-
vitmat glänzend, hell, laut. Jedoch finde ich es auch alleinste-
hend Rv. X, 76,6:
bhurdntu no yacäsah sötur Andhaso gr&'v&no vädk' divitä
divitmatA
wo divitä divitmatatä etwa «mit strahlendem glänze* zu übertra-
gen ist. Bodhit findet sich nur in dem kompositum bodhinma-
nas. Dies ist Rv. V, 75, 5 den Acvinen, VIII, 82, 18 Indra bei-
gelegt und bedeutet: wachen geist habend, wachsam, aufmerk-
sam. Ich erwähne noch die gleiche Schwächung von at zu it in
*) Was bedeutet amnas oder amnar, welches Pin. VIII, 2, 70 er-
wähnt und das auch im gaita svarädi vorkommt. Ich finde das wort
Albarw. VIII, 15, 9:
je amnar jätin märayanti satiki anucerate |
strlbh&gän pingo gandharvan vlto 'bhram ivl)atu||
150 Aufrecht
dem nentr. des pari perf. cikitvat, zu cikitvit, Rv. IV, 52, 4 in
derbedeut. « aufmerksam»*, und in dem comp, cikitvi'nmanas.
£s wird nun gerathener sein die lateinischen bildungen auf es,
itis, die das i durch alle kasus mit ausnähme des nom. sg. durch-
fuhren wie dives, divitis; tudes, tuditis (Festus) den obigen bei-
spielen anzureihen- Im griechischen wüfste ich nur x*Qni ^cr
form ganz gleich jenem harit, und das etymologisch noch dunkle
fMXn als sich anschliefsend zu nennen.
3) asAna.
In den Veden finden sich eine anzahl adjectiva mit der en-
dung asäna, die mit seltener ausnähme oxytona sind. Ich
kenne folgende: ar^asanä Rv. I, 130, 8. II, 20,6. VIII, 12, 9.
X, 99, 7. schädigend, verderblich; vgl. ärcas n. hämorrhoiden Yv.
XII, 97. — ördhvasanä emporgerichtet von ürdhvä dass. Rv.
X, 99, 7. — rinjasäna* Rv. I, 58, 3. 96, 3 gepriesen von w. rinj
schmücken, rühmen. — jarasanä mensch Un 11,83 wörtlich:
alternd, hinfällig; vgl. jaräs f. alter. — jrayas&nä Rv. ^^669 5.
kräftig, siegreich; Tgl. jrayas n. kraft — dhiyasänd weise Rv.
V, 33, 2. X, 32, l; vergl. dhi f. verstand; namas&na, verehrend
Av. VI, 19,6; vgl. namas n. Verehrung. — mandasanä freudig
Rv. I, 10, 11. 100, 14 Av. XIV, 2, 6 von w. mand gaudere. —
yamasana Rv. VI, 3, 4 in einem verse an Agni:
tigm&m cid ema maiii v£rpo asya, bhasad £cvo n£ yama-
säna äsä' |
«scharf ist sein gang, grofe seine gestalt, wie ein gezögeltes rofs*)
mit dem munde f rillst er», von w. yam frenare. — rabhasänä
robustus Rv. VI, 3, 8; vgl. rabhas adj. fortis, rabhäs-vat kraftvoll.
— vfidhasänä von w. vridh wachsend. Das fem. in der be-
deutung «pflanze9 (wohl mit ergänzung von öshadhi) finde ich
Rv. II, 2, 5: hiriciprö vridhasänä'su jarbhurat «der gelbrachige
(Agni) frifst die wachsenden.» — gavas&n* stark, mächtig Rv.
I, 62, 1. 2. 13. VIR, 46, 6; vergl. cävas n. kraft. — sahasän*
mächtig Un. 11,84; Tgl. sahas n. macht. — Abweichend im ac-
cenle ist:bhiy£sana furchtsam Av. IV, 2, 3 ; vgl. bhiyas f. furcht*).
*) wahrscheinlich: in das gebifs beifst
**) Hr. Benfey nimmt als thema bhiyrfsa an; so lange indefs nur
die von keinem adj. begleiteten instr. bhiyas'« and der acc. bhiyasam
belegt sind, halte ich es gerathener mich an die auctoritlt von Slyaaa
miscellen. 151
Schon vom sanskritischen Standpunkte aus wird man ober
die natur der vorgeführten bildungen in zweifei bleiben. Von den
beigebrachten 14 Wörtern haben 8 neben sich neutra oder fem.
anf as und wer kann dafür stehn, dafs uns Wörter wie rinjas,
mandas, vridhas nicht noch bekannt werden. Dazu kommt,
dafs ürdhvasanä eine offenbare denominativbildung ist äna ist
freilich gewöhnlich nur pariicipialafüx, doch haben es die Veden
einzeln auch sekundär (vgl. Benfey sanskritgr. p. 98). Anderer-
seits liegt nichts näher als in asana das pari med. von as (esse),
also in unsern bildungen aoristbildungen zu erkennen. Das wird
wol die richtige erklärung sein, da in den meisten bildungen die
verbale natur noch zu stark hervorleuchtet. Das zusammentreffen
mit formen auf as wird zufällig sein, da von jedem verb eben-
sowohl eine solche, als ein particip gebildet werden kann. In
dieser ansieht bestärkt mich das griech. airetjvog, die einzige form,
welche man mit bestimmlheit hieher ziehen darf und die einem
skr. patasänä entsprechen würde. Mit minderer Sicherheit ziehe
ich hieher das homerische &\uvrpo$, das für Ap&vtriv6$t afisve^ö)^-
vog steht, welche letztere form vielleicht nur deshalb nicht erhal-
ten ist, weil die anfangenden drei kurzen im verse nicht zu ver-
wenden waren. Von pivog darf dieses wort auf keinen fall ab-
getrennt werden, doch ist wenig unterschied zwischen : nicht den-
kend, nicht lebend und : nicht leben habend. — Hingegen wollen
formen wie ßke[t£aw<v, pir«<uVa>> &afißaiv<a, xtQdcu?w im Zusam-
menhang mit den übrigen bildungen auf aivm behandelt sein nnd
sind denominativ. A.
casnar, cascus, Casioum, canus, hUss.
Varro ed. Müller VII, 28:
«<ln carmine Priami quod est:
Veteres Casmenas cascam rem volo profan
Et Priamum;
cascum significat vetus; ejus origo Sabina quae usque radices in
Oscam linguani egit. Cascum vetus esse significat Ennius, quod ait:
Quam prisci casci populi tenuere Latini.
zu halten, der das wort mit dem afßxe -as ableitet — Herr Benfey
fuhrt in seiner sanskritgrammatik p. 150 ji'yasAna als Kv. ma«rf. II,
9, 5 vorkommend an, dort steht aber jä'yamlna geboren.
152 Aufrecht
£o magis Manilius, quod ait:
Cascum duxisse cascam non mirabile est,
Quoniam Caron eas conficiebat nuptias, etc.
Item ostendit, quod oppidum vocatur Ca sin am; hoc enim ab Sa«
binis orti Samnites tenuerunt, et dudc nostri etiam nunc Casinam
forum yctas appellant. Item- significant in Atellanis aliquot Pap-
pum senem, quod Osci casnar appellant.»
Dafs etymologisch die drei von Yarro zusammengestellten
Wörter zusammenhängen ist offenbar, nur die art der ableitung nnd
die aufdeckung der würz, bedarf einiger worte. Das af&x co, wel-
ches in cas-cus auftritt, ist sonst primär sehr selten. Damit gebil-
det sind im lat. einige noch immer zweifei lassende Wörter: sic-
cus, Tgl. zend. hush-ka gegen skr. $ush-kä), buc-ca (skr. bhu j
edere), paueus (vgl. nav-gog, aber goth. fav-a), gr. öijxtjj &a>-xo?,
yXav-xog, skr. 6t -ka, £ush kä, c,lo-k£. In betreff der bildung von
cas-n-ar kann ich mit Pott etym. f. II, 109, der darin eine Zu-
sammensetzung von casco -j- skr. nri (= alter mann) erkennen will,
nicht übereinstimmen. Mir ist casnar eine ableitung von casnus
d. i. canus mit dem aflix äri, äli, vgl. Caesar, laquear. Freilich
wissen wir vom osk. nicht, dafs es hinter r wie nach 1 den ab-
leitungsvocal sammt der casusendung im notn. abwarf (die von
Mommsen beigebrachten beispiele censtur, kvaistur, einbratur sind
natürlich keine), das liegt aber daran, dafs uns überhaupt keine
themen auf ro, ri vorliegen. In betreff des-umbr. vgl. umbr. spr.
I, 67. Beachtenswerth ist der eigenname Casnasius (vgl. Momm-
sen unterital. dial. p. 268), eine Casnasia steht Orelli 2429. —
Ueber Casinum vgl. Mommsen a. a. o. p. 349. — ca-nus erkläre
ich wieCurtiusin dieser zeitschr. 1,33 aus cas-nus, die entsteh-
ung dieser form aus cad-nus kann ich aber nicht zugeben, da
der Übergang von d vor n zu s nicht erwiesen ist. — Ich führe
alle vier lat. Wörter auf die w. kas zurück, die in der bedeutung
«glänzen» bekannt frühzeitig die modificirle von «weifs oder grau
sein» erhalten haben mufs, so dafs «alt» erst aus der bedeutung
« weifs, grau» nach meiner meinung sich entwickelt hat. Eine be-
stätigung dieser ansieht finde ich in einem deutschen worte. Das
altn. höss, ein seltnes wort, mit dem wahrsch. auch der eigenname
Hösvir Edda 63* zusammenhängt, hat zum thema has-va (das
schliefsende a ist für das altn. richtig, goth. könnte das wort eben-
sowohl hasv-s als hasvu-s gelautet haben) und bedeutet «grau.» ülfr
inn hösvi heifst im Eiriksmal der Fenriswolf. Das genau entspre-
miscellen. 153
chende ags. haso, d. i. has v, gen. hasves vereinigt die bedeutangen:
schön (d. i. glänzend) und dunkel (grau?). Im cod. exon. er-
scheint das wort mehrfach: 206, 4 heilst der phönix se hasva
fag el (Thorpe «the variegated fowl»), 208, 10 derselbe hasvigfettra
(«variegated of feathers», hasvig ist eine weitere ableitang), 381, 6
recas stigaft hasve ofer hröfum (the smoke mounts dusky o'er the
roofs>0t 392, 23 hrägel is min hasofäg («my garment is party-co-
lour'd»), 394,26 hasve blede («variegated leaves,» flores?), 406,
21 j^pe hasvan earn («the dusky eagle»)- Andere stellen bei
Et! muller ags. wörterb. p. 459. Ich bemerke nur noch, dafs das
ahd. adject. has an Graff IV, 1047 einmal auch mit «venustus"
glossirt wird. Auch unser hase wird besser als «der graue" ge-
fafst, denn mit skr. $ac,a zusammengestellt, das seiner form nach
nur «den Springer» bezeichnen zu können scheint. A.
Vermischtes,
i.
vitare, invitus.
Fleckeisen bespricht in seinen »beitragen zur lateinischen
grammatik im rhein. mns. jabrg. VIII. s. 221 ff. eine reihe latei-
nischer Wörter, in welchen sämmtlich eine zusammenziehung mit
ausstofeung eines consonanten statt gefunden hat. Wie es dort
sehr wahrscheinlich gemacht wird, dafs con-vi-tiu-m aus con-
vic-i-tu-m, in-vi-ta-re aus in-vic-i-ta re (skr. vac, gr. j:m*)
entstanden ist, so möchte noch in zwei andern fällen langes i
aus ici zusammengezogen sein.
Deutlich liegt das in vitare zu tage, das wir unbedenklich
als frequentativ der w. vic, also = vic-i-tare ansetzen dörfen.
Die w. vic aber ist natürlich dieselbe, welche dem gr. «xoj zum
gründe liegt ; denn das digamma von eixrn ist durch das von He-
sychius angeführte yi^ai %cqqti6(u (Ahr. dial. äol. p, 171) und
durch deutliche spuren beim Homer (Hoffman» quaest. Hom. § 116)
*) Bei gelegenbeit des skr. vac mag hier bemerkt werden, dafs
die von hm. Ebel s. 46 dieses Jahrgangs der zeitschr. f. sprachf. auf-
gestellte erklSrung von ftinov =s ^t^mov = a-yöc-am schon von
Sonne in seinen epilogomena zu* Benfey's wurzellexikon (Wismar 1847)
s. 39 und von mir in der berl. zeitschr. f. gymnasial wesen 1848. s. 218
anerkannt ist.
154 Curtius
sicher gestellt. Auch von Seiten der bedeutung läfstsich gewifs
kein einwand erheben, denn meiden, vermeiden ist ja in der that
ein wiederholtes und ängstliches ausweichen. Wir dürfen nun
ferner mit dieser w. vic auch altn. vikja, ahd. wichu (Grimm d.
gr. H, 161) und mit Bopp (gloss.) skr. vic (separare) verbinden,
obwohl die bedeutung des letzteren etwas abweicht, während
das verhältniiB des lat. vici-s mit seinen nahen verwandten ahd.
weh-sal und goth. vikd (series) zu dieser wurzel noch manchen
zweifeln unterliegt. — Uebrigens sagt schon Döderlein (l^syn.
und etym. bd. VI. s. 407) in seiner weise «vitare frequentativ von
ausweichen M, macht aber die vergleichung dadurch wieder zwei-
felhaft, dafs er eine andere vermuthung, welche er ebenfalls für
zulassig hält (videre), hinzufügt.
in -vi tu- 8 ist man auf den ersten blick geneigt aus w. vel
(volo, velle) abzuleiten, also als in-vil-tu-s zu deuten, was Dö-
derlein a. a. o. s. 178 nebst anderen vermuthungen vorbringt. Für
die entstehung des i aus il liegt die analogie von vi-s aus vil-s
nahe. Allein formen wie eultus, adultus, sepultus, pulsus (vgl.
Alb. Dietrich Commentat. gramm. duae p. 47) würden von w.
vel vielmehr in-vul-tus oder des v wegen in-vol-tu-s erwarten
lassen. Es dürfte daher sich mehr empfehlen in -vi -tu -8 auf in-
vic-i-tu-s zurückzuführen das heilst, das wort von jener wurzel
abzuleiten, die im gleichbedeutenden d-e'x-cop d. i. d-/«x-wi',
oax^-rt d. i. a-jrfix-jyrt und im skr. vac, wollen, steckt. Die
entstehung des i wäre dann der in in-vi-tare ganz gleich, wo
ebenfalls ein aus a geschwächtes i in folge der zusammenziehung
zu i ward.
2.
Jod zwischen vocalen im griechischen.
Herr Benfey zieht in den gdttinger gel. anz. 1851 s. 1407 fl.,
die von mir im ersten bände dieser Zeitschrift s. 25 ff. aufgestellte
deutung des sogen, ersten passivaorists in erwägung. Der Vor-
schlag, öy-r in &e-t]-v in der art zu zerlegen, da£s &s die be-
kannte w. = skr. dhä, r^-v aber = skr. yä-m sei, scheint ihm
deshalb nicht annehmbar, weil «yy-? = skr, yä-m die organi-
sche form» sei, das y falle zwar «im griechischen mit leichtigkeit
hinter consonanten spurlos aus, allein zwischen zwei vocalen
würde es sich nach der allgemeinen analogie in i umgewandelt
haben.» Eine anzahl unzweifelhafter falle beweist aber das ge-
raiacellen. 155
gentheil, nämlich dafs ursprüngliches y gerade zwischen vocalen
im griech. sehr oft ausfiel. Die verba auf aw, sa>, ooj wird doch
auch hr. B. wohl mit den sanskritischen auf ayami, die stofiad-
jectiva auf eo-g (hom. bisweilen eio-g) mit den sanskritischen auf
eya-s, die genitive auf ov durch ©o und hom. oio mit den sanskri-
tischen auf asya vergleichen. Das sufßx peo-g führt er selbst
(wurzelt. II, 32) auf skr. maya-s zurück, wird also auch mit
Anfr. (8. 79 dieses Jahrganges) dasselbe in drÖQOfuog anerkennen.
Die form dei kaon auch h. B. nicht umhin durch aiei dem skr.
äyus näher zu bringen (ebenda 1,8.); freilich erklärt hr. B. die
ionische form aiei für «die gewöhnliche", woraus — etwa die
ungewöhnliche? — dei entstanden sei und nimmt für diesen Über-
gang eine besondere veranlassung an. «Aus der dor. form diig ent-
steht dig, aus der gewöhnlichen dei durch ausstofsung des t; in
beiden fallen um den zu ähnlich klingenden ton der beiden Sil-
ben aufzuheben.» Es gehört nun aber ein ganz besonderes ohr
dazu, um den diphthong cu zugleich einem s und dem diphthong
ei zu «ähnlich klingend» zu finden. Die Griechen scheuten sich
nicht im mindsten, die diphthonge cu und et, welche nur moder-
ner mifsbrauch gleich spricht, neben einander zu stellen. Nicht
blofs ist aiei die ionische und überhaupt poetische form — und
warum sollten wir denn gerade den dichtem weniger sinn für
wohllaut zusprechen? — sondern formen wie xaiei, xlaiet, raiei,
nakaiet, maust finden keinen anstofs, so wenig wie der bakchi-
sehe ruf evoi, ja nicht einmal otoi, toloi, rtoioi, nanoloi, Hxaieu,
veqaiai, veixeiuv. Wenn die Attiker an die stelle von aiei, xaim,
xXaim — dei, xdeo, xkdea setzen, so geschah das nicht aus eupho-
nischen gründen, sondern aus eben jener weit verbreiteten nei-
gung t zwischen vocalen zu unterdrücken, wonach schon beim
Homer neben xeiatai xiwtai und neben nketov nXeov sieb ein-
stellt, um hier auf entlegnere dialekte z. b. äol. Xa%6i}v == hv/pitj^
(Ahr. de dial. äol. p. 100 ff.) gar nicht einzugehen. Diese bei-
spiele, welche sich ohne weiteres suchen gleich auf den ersten
griff darboten, werden die von mir aufgestellte erklärung von
lautlicher seite als hinlänglich gerechtfertigt und hrn. B.'s ein-
wand als völlig unbegründet erscheinen lassen.
3.
nfiysGipaXXog.
S. 461 des ersten Jahrganges dieser Zeitschrift weist Kuhn
156 Cartiae
sehr schön den Ursprung des Wortes nqya<so-g aus päjasa-s
nach. Ein griechisches wort, das noch mehr ab das adjectiv
nr\yoq mit skr. p&jas (kraft) verglichen werden kann, hat sich in
nriyBül-fioXko-g erhalten. Gewöhnlich wird dies homerische com-
positum zu Wörtern wie ihwai-nmXogy TO{ie<ji-xQme> dXyeai-ßoia
gestellt; allein dazu pafst die bedeutung schlecht. In jenen Zu-
sammensetzungen hat der erste bestandtheil verbale kraft, nicht
so in mjyeöCfiodlog dickflie&ig. Richtiger fuhrt daher schon Damm
in seinem lexicon homericum das wort auf ein freilich' von ihm
erdachtes ro ni\yog zurück, das eben jenem päjas entsprechen
würde. So betrachtet vergleicht sich 7TrjyeatficüJ.og mit bildungen
seltnerer art wie drd-eG-i-xQMSy (taxeo-l'XQarog (Hesych., wie
Lob. Paralipp. p. 19 vermuthet aus Aeschylus), fiaxea-i-dQOfiog,
noEG - i-iQoyog (kräuternährend), nosa-i-xQOog, bei denen stamme
auf g entweder zu tage liegen oder vorausgesetzt werden müssen.
Dafs bei diesen Wörtern mit der annähme eines dativ plur. nicht
auszukommen ist, hat schon Lobeck (Phryn. p. 687. Prol. Pathol.
p. 144) von seinem Standpunkte aus gezeigt Wir werden in die-
sen Wörtern t als bindevocal zu betrachten haben, wie denn in
mehreren Zusammensetzungen vom stamme wxr (wxr-i- /uog-qpog,
wxz-i-nolog), in den weniger deutlichen m>x- t-pijdtjg, dgy-i-
novg> aQy-i'XSQiwvog i die stelle des gewöhnlichen o übernimmt,
hat man sich einmal überzeugt, dafs diese und ähnliche formen
nicht dative enthalten, so wird man auch manchen andern lieber
ein bindendes als ein flexi visches t zusprechen z. b. dovQixXvTOg,
XSQiOQäv (rsxrovcop Pind. Pyth. V, 53), iyxeG-i-fAMQog. Wiesich
in dem letzteren und den vorhin angeführten Zusammensetzungen
mit stammen auf g das stammhafte sigma unversehrt erhalten hat,
so schwand es anderswo zwischen zwei vocalen, wodurch dann
der diphthong ei entstand: iyxeiMQcwpog, iyx^OQyog, OQBißdttjg,
oQBiyevqg, OQEivopog, OQuneXoQyog. G. Curtius.
Germani.
Wir gehen nicht darauf aus etwas neues zu finden, wir wol-
len nur musterung halten über einige und die wichtigsten mei-
nungen , welche in älterer und neuester- zeit über diesen namen
und seinen sinn laut geworden. Unter ihnen ist besonders eine
näherer prüfung und Widerlegung werth, da sie von hervorragen-
den Vertretern der Wissenschaft aufgestellt noch jetzt von man-
miscellen. 157
cheo aiwehiflicheD deutschen rechtslehrern angenommen wird; an-
dere fordern zur Untersuchung auf, weil sie noch in den neusten
erläuterungsschriften ober des Tacitus Germania und in geschichts-
werken sich wiederholen. Das resultat unserer Sichtung wird am
ende dasselbe sein, welches durch J. Grimm und Leo begrün-
det worden.
Der name Germani kommt zuerst, wenn auch nicht ganz
sicher und unbezweifelt in den fasti triumphales capitolini vom
jähre DXXXI U. C. vor (bei Baiter s. CLVI); Plinius 3, 4. über-
liefert von den Oretani in Hispania, dafs sie Germani zubenannt
wurden; am wichtigsten sind'aber die stellen Cäsars d. b. g. 2, 4.
und 6 , 32. , welche zusammenzuhalten sind mit denjenigen des
Tacitus, in welcher der Ursprung und die weitere Verbreitung des
namens bezeichnet werden. Trotz nicht unbedeutender geschicht-
licher hindernisse suchte man, durch verkehrten Patriotismus ver-
leitet, das wort Germani aus deutschen Sprachelementen zu deu-
ten. Die meisten, welche dieses ziel verfolgen, nehmen an, -mi-
nus sei unser mann; und unmittelbar an den göttlichen Mannus,
den söhn des erdgeborenen Tuisco, hält diesen zweiten theil
Middendorf im koesf eider programm von 1848. Dagegen ward
z. b. von Ritter der einwurf vorgebracht, es müfste dann Ger-
mani heifsen, ein einwurf, der kaum viel zu sagen hätte; denn
die form mit doppeltem n ist nicht nur etwa eine gothische,
sondern, wie sich aus Mannus schliefsen läfst, auch eine vor-
taciteische, und so unecht die Verdoppelung sein mag*), sie
mufs doch schon sehr früh angehoben haben. Es dürfte demnach
-roänus für mannus stehen und der doppelte consonant durch die
länge des vocales ersetzt sein, ja es ist auch erlaubt anzunehmen,
dafs die Römer ihrer spräche zu liebe -mänus statt mannus sag-
ten, zumal da sie den namen sogar lateinisch zu deuten versuch-
ten. Wichtiger ist, wie man nun den ersten theil aufheilte. Ein-
mal stellte man ihn zu dem ahd. ger, so noch der wenigstens
des angelsächsischen nicht ganz unkundige Greverus im olden-
burger programme von 1850. «Was den namen Germania betrifft,
so stammt er in seiner ersten silbe, wie auch allgemein angenom-
men ist, von dem ahd. worte ger, ags. gär, d. i. Speer, als einer
charakteristisch deutschen waffe. Demnach bedeutete also
*) Vgl. J. Grimm gesch . d. d. spr. s. 853. Nur scheint uns da
der einfache laut in sune noch nicht ausgemacht, welches wort seiner
etymologie nach höchst wahrscheinlich einen zweiconsonantischen In-
laut hatte.
158 Schweizer
der name Germ an 8. v. a. speermann, kriegsmann a. s. f.» Diese
erklärung ist sprachlieh unmöglich; denn 1) dürfte kaum in so
alter Zusammensetzung der bindevocal, oder sagen wir lieber der
themavocal, des ersten wortes fehlen, 2) ist die alte form des
wortes nicht ger, sondern gais, und es mfifste erst bewiesen wer-
den, dafs ein deutscher dialekt schon in dieser zeit solches s in r
vergröberte Wie lange sich aber in Zusammensetzungen zu eigen-
namen gerade in gais das ursprungliche s erhalten, das lehrt den-
jenigen, der lernen will, Wackernagel im ersten hefte des
schweizerischen museums für histor. Wissenschaften, s. 103 ff.
Speermannen hiefsen demnach Gaisamanni oder Gajsomani.
Nach andern, z. b. Gutmann in seiner lesenswerthen Übersetzung
des Tacitus ist ger = franz. guerre. Dieses ist entstanden aus alt-
deutschem werra (Graff I, 945). Wollen wir nun auch anneh-
men, dafs sich nach analogie keltischer mundarten aus w ein gw
entwickeln konnte, so wäre doch kaum der inlaut so sehr ge-
schwunden, dafs er auch keine spur seines einflusses zurückge-
lassen, etwa e in u oder o umgewandelt hätte. Dann fehlte auch
hier der themavocal des ersten gliedes, und überdies scheint rr
des wortes werr aus rs entstanden zu sein. Gleiche gründe ma-
chen eine ableitung der silben ger von wari, weri = wehre un-
möglich, aufserdem dafs bei dieser erklärung auch der umlaut
nicht in anschlag gebracht wäre. Schon Goldast und einer der
berühmtesten rechtsieh rer unserer tage wollten in den Germanen
heermannen sehen, d.h. freie, heerfähige männer, welche spä-
ter he er mannen, langob. arimannen, hiefsen. Das anlautende
g sollte dann durch ein dickes fränkisches ch hindurch entstan-
den sein. Aber damit ist nur ein sehr geringes sprachliches be-
denken gehoben, während die wesentlichen unberührt bleiben.
Heer heifst im gothischen harjis (thema harja), und bei der an-
genommenen deutung ist man gezwungen, einen für jene zeit un-
erhörten umlaut zu setzen und nicht nur den themavocal, son-
dern die ganze ableitungssilbe des ersten wortes schwinden zu
lassen, etwas nicht minder unerhörtes. Zu gutem. glücke sind
uns noch eine reihe von eigennamen erhalten, die uns auf die
rechte fährte leiten. Vgl. Wackerna gel a. a. o. s. 100 ff. Heer-
mann konnte zu Tacitus zeit nur Hariomannus oder Ariomannua
lauten. Aber überhaupt ist eine Zusammensetzung in diesem na-
men nicht recht wahrscheinlich; Grimm, deutsche gramm. 3. auü.
s. 11: «nur kein zusammengesetztes Her -man, Ari-man darf man
sich einbilden.» Wichtiger ist eine frühere deutung von Jac
miscellen. 159
Grimm 1. 1. «Unfern von Germanus zu liegen schiene unser
alterthfimliches Irman, Ermao, Herrn an, ags. Eormen, Geor-
men, das in frohen Sprachdenkmalen noch eine gewisse allge-
meine und heilige bedeutung verräth, und gar nicht mehr für
sich, blofs in der compositum als überbleibsei der vorzeit dasteht.
Auffallend gemahnen irmingot, irminman, irmindiot, irminsöl, zu-
mal in den eigennamen Irmanrih, Irmanperaht u. a. m. an die
ähnlichen diotgot, Diotrih, Diotperaht; das präfix irman verstärkt
wie diot.» Nach J. Grimm 's, Müllenhoff's u. a. forschungen
steht es nun so ziemlich fest, dafs Irman, goth. Airman, Erman
ein persönliches göttliches wesen bezeichnete, wenigstens beiname
von göttera oder eines gottes war.*) So worden wir freilich,
wären Germani etwa Verehrer oder angehörige des Irmin, statt
dieser form eher Germinones erwarten, mit derselben schwachen
declination, die uns in Herminones deutlich genug entgegen tritt,
oder Germanisci wie Cherusci od. ä. Dafs aber schwache form
oder deutliche ableitung dabei nicht unumgänglich noth wendig,
das lehren uns die volksnamen Marsi und Chatti (Grimm gesch.
d. d. spr. s 577 ff). Aber bedenken macht das anlautende g, die
daneben stehenden Herminonen, und besonders der Umstand, dafs
«die benennung Germani nimmer unter das volk gedrangen.»
Götzinger und nach ihm Wackernagel in seinem wörter-
buebe s. CCC1X leiten Germanus ebenfalls von Irmin und erklä-
ren g aus einer uralten Zusammensetzung mit der präposition ga,
so dafs g'ermanos ein Volksgenosse wäre. Gegen diese er-
klärung gelten dieselben gründe, wie gegen die J. Grimms, und
überdies ist völlig unbewiesen, dafs irmin je «volk» bedeutet
habe. Wie wenig das aus den Zusammensetzungen mit irmin zu
erschliefsen sei, zeigen uns die mannigfachen compositionen mit
ags. tir, nordisch ty. Grimm mythol. 177. Was über die deu-
tung von Germanus aus dem lateinischen, die auch keinen genü-
genden aufschlufs bieten, zu sagen ist, das hat Grimm in seiner
gramm. 3. aufl. s. 10. trefflich zusammengestellt — Alles drängte
zu einer herleitung aus dem keltischen hin, aufser sprachlichen
gründen auch die Germani in Hispanien und die bekannte stelle
des Cäsar und des Tacitus, welche letztere hier in möglichster
kürze auszulegen ist. Die hauptschwierigkeit in dieser stelle
*) Das wort scheint gebildet mit man, wie akman, hliuman, blo-
man usf. aus der wurzel ar, skr. r «gehen». An eine zusammen lie-
hung aus indischem Aryaman su denken, erlauben wir uns noch nicht.
160 Schweizer.
(Germania c. II.) verursachen die worte ut omnes primum a Victore
ob metum etc. Ob metum kann nacb lateinischem sprachgebrauche
nichts anderes bedeuten als «aus veranlassung der furcht;» oder
«durch die furcht veranlafst,» «aus furcht;» nur in bestimmten
formein, wie ob rem, nimmt ob eine bedeutung an, welche auch
durch ad wiedergegeben werden durfte. Die stelle, welche Do-
der lein beibringt, um wahrscheinlich zu machen, dafs ob metum
gleich ob metum incutiendum sei, hat Hand Tursellinus IV, 360
feiner gedeutet; sie bewiese aber schon wegen des beigesetzten
moderandas nicht, was sie beweisen soll. Darf dieses als festste-
hend angenommen werden , so kommen nun einzig noch die w. w.
a victore in frage. Sie können heifsen: «von dem sieger» oder
«nach dem sieger.» Die letztere auffassung ist die von Hand
Türe. IV, 360: Primum Galli vocabant omnes eilra Rhenum ha-
bitantes nationes Germanorum, qui se vicerant, nomine, postea
hae naliones sibi nomen virtutis ipsi arrogabant. Und kaum wurde
gegen diese erklärung Widerspruch erhoben worden sein, wenn
nicht unmittelbar non a se ipsis invento nomine folgte. Um ab
nicht in so grofser nähe und in anscheinender beziehung des einen
auf das andere verschieden auslegen zu, müssen, zog man es in
neuerer zeit vor auch a victore «von dem sieger», so dafs er die
handelnde person wäre, zu deuten. So Orelli, D öd er lein u.
a. Damit gerieth aber Orelli, der ob metum nicht als ad me-
tum incutiendum fassen will, in einen sonderbaren Widerspruch;
denn sein nomen metum ineutiens sagt doch wieder nichts ande-
res als eben ad metum incutiendum. Es ist also entweder die
deutung Hand's anzunehmen oder die stelle ist zu ändern, und
zwar in der weise, wie Grimm wollte, dafs statt a victore a victo
§elesen wird. Erkläre man aber so oder so, in beiden fällen ist
ie entstehung des namens, in welchem an und für sich et-
was schreckhaftes gelegen haben mufs, aus dem keltischen
wahrscheinlicher. Grimm und Leo, denen auch Hö Ische r bei-
stimmte, gaben ihm die bedeutung schrei er, und bringen das
wort geschickt nnd ungezwungen in Zusammenhang mit Wörtern,
welche heute noch in den keltischen zungen fortleben. Die ww.
gairm, garm werden unter die sanskritwurzel gr einzureihen sein,
unter welcher Bopp in seinem glossare gairim clamo beigebracht
hat. Einer anderen sinnreichen deutung des namens Germani aas
dem keltischen, die in Schmidts Zeitschrift für geschiente zu le-
sen ist, will ich nicht weiter gedenken. Sie hat denselben werth,
wie die deutungen des sonst sehr verdienten herrn schulrath Gro-
tefend, der in Idistavisus campus eine eidgenössische ebene,
in Istaevones, idstaeven, eidstaeven «eidgenossen» findet u. s. f.
Auch Zeufs, die Deutschen, s. 59 ff. nimmt einen keltischen Ur-
sprung des wortes Germani an, seine scharfsinnige hypothese aber,
es hange mit einem *germ = sanskr. giri «berg» zusammen, ist
sprachlich zu unsicher. H. Schweizer.
Gerockt bei A. W. Schade in Berlin, GrSnstrato 18.
I. Abhandlan^en.
Das auslantsgesetz des gothischen«
JUie sprachen des indogermanischen Stammes suchen gewisse
laute und lautverbindungen, die dem Sprachgefühle hart erschei-
nen, zu vermeiden. Aus diesem gründe mufs bekanntlich in einer
inlautenden consonantengruppe oft eine Veränderung des einen
oder des anderen der zusammenstehenden consonanten statt fin-
den. Noch zarter ist die spräche im auslaute; consonantenver-
bindungen, die im inlaute geduldet werden, scheinen hier aostö-
fsig; selbst mancher einfache consonant gilt hier als härte and
wird nicht geduldet.
Durch dieses euphonische princip geschieht der alten ur-
sprünglichkeit der flexionen eintrag. Consonanten, welche zur
bezeichuung von begriffsbestimmnngen und beziehungen dienen,
müssen abfallen, weil sie nach den im verlaufe der spräche ein-
getretenen euphonischen gesetzen im auslaute nicht stehen können.
In den sprachen unseres Stammes ist der lateinische ans-
taut von dem euphonischen principe am freisten geblieben, daher
hier am meisten die ursprünglich auslautenden flexionsconsonan-
ten sich zeigen. Jeder consonant kann auslauten; kein anderes
gesetz gilt für den consonantischen auslaut als für den inlaut. —
Dem lateinischen steht das zend am nächsten. Hier wird nur
der auslaut nt auf n beschränkt — Das sanskrit duldet im
auslaute bis auf wenige falle nur einen consonanten ; von zweien
mufs daher der zweite, von dreien der dritte abfallen. — Das
griechische duldet hier nur eine solche Verbindung zweier
n. 3. 11
162 Westpiial
consonanten, deren letzter ein 8 ist, £, \p. Auch an vg und qs
nehmen wenigstens einzelne dialekte keinen anstofs. Ferner kann
auch nicht jeder einfache consonant als aaslaut stehen bleiben,
t und d mufs stets abfallen, eXeyer mufs zu tXaye, rod zu ro wer-
den, nur g, Q, v widerstrebt dem griechischen organe nicht; in
ovx und ix erscheint auch x als auelaut. — Mit dem griechischen
kommt in den meisten fallen das altpersische überein, wo ein
auslautendes t und d sich ebenfalls nicht behaupten kann. — Im
altslavischen ist die Weichheit des auslantes am weitesten vor-
geschritten; hier ist jede doppelconsonanz unstatthaft, und von
einfachen consonanten mufs nicht blofs, wie im griechischen t,
d abgeworfen werden, sondern auch r und s wird nicht gedul-
det; der einzige consonantische auslau t, der sich behaupten kann,
ist der nasal.
Zu diesen sprachen steht der aus laut des gothi sehen
wie überhaupt der germanischen dialekte in einem auf-
fallenden gegensatze. Während dort eine jede harte doppelcon-
sonanz und mancher einfache consonant vom auslaute entfernt
wird, kommen hier im gothischen die härtesten consonaotenver-
bindungen vor, welche vielleicht je eine spräche aufzuweisen hat.
So hilms, balgs, halbs, vulfs, hul]>8, blinds, brunsts, bansts, fram-
aldrs, spaiskuldrs, bairhts, fingrs, tungl, smair)>r, vaurstv, usbeisns,
garehsns, röhsns, haifsts, matyms, sköhsl, svumsl und svumfsl. Die
härtesten kombinationen von drei und vier consonanten hat die
gothische spräche nicht zu vermeiden gesucht. Jede consonanten-
verbindung ist möglich, mit der einzigen beschränkung, dafs das
singulare nominativzeichen s hinter einem vorhergehenden s und
oft auch hinter r nicht gesprochen werden kann, obgleich ein
auf andere weise entstandenes ss wie in qviss, viss, stass im aaslaute
geduldet wird. Selbst die ausgänge, die am wenigsten den eindruck
der härte machen, wie blinds, salbönds wären in keiner anderen
indogermanischen spräche möglich; sogar die lateinische, welche
am wenigsten empfindlich ist, kann diesen auslaut nicht dulden
und muGs nts in ns verwandeln wie in mens, amens. Gröfsere
ursprünglichkeit in erhaltung der flexionen kann nicht als grund
dieser consonantenhärten geltend gemacht werden, vielmehr ist
unter den angeführten Wörtern kein einziges, in welchem nicht
ein flexionslaut abgefallen ist. Auch die übrigen sprachen be-
wahren nicht immer ihre flexionslaute, aber wo ihnen ein sol-
cher fehlt, da haben sie denselben, wie wir oben bemerkten, meist
das auslantsgesetz des gothischen. 163
iin streben nach Weichheit aufgegeben. Im gothischen hingegen
hat der verlust des flexionslautes keinen euphonischen grund,
sondern vielmehr der spräche gerade jenen harten Charakter des
auslauts verliehen; wäre sie hier iin festhalten der flexionen zä-
her gewesen, so wurde sie jene auffallenden Härten nicht dar-
bieten.
Es versteht sich von selbst, dafc früher in der gothischen
spräche ein anderes auslautsrerhältnis gewaltet haben mufs; die
Sprachvergleichung vermag mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit den
ursprünglichen auslaut herzustellen. So hat J. Grimm in seiner
geschichtc der deutschen spräche (s. 912) die ursprünglichen en-
dungen aufgestellt, aus denen sich die jetzt vorliegenden ent-
wickelt haben müssen. So lassen sich auch die cenjugationsen-
dungen auf ursprünglichere formen zurückführen. Damit ist aber
die geschichte des gothischen auslautes nicht erledigt. Denn es
drängt sich die frage auf, ob das gothische auf einer früheren
stufe nicht ein gesetz des auslautes gehabt habe wie das griechi-
sche und die übrigen sprachen, ob nicht auch einmal im gothi-
schen ein streben nach Weichheit des auslautes bestanden hat,
welches auf kosten der ursprünglichkeit der endungen gewisse
einfache consonanten und consonantenverbindungen am wortende
nicht duldet?
Die form des gothischen, welche im Ulfilas vorliegt, zeigt
eine reiche zahl von eigentümlichen erscheinungen , welche uns
rieht blofs nöthigen, jene frage im allgemeinen zu bejahen, son-
dern uns auch in den stand setzen, das frühere Verhältnis noch
im einzelnen zu erkennen. Ich will bei der darlegung dieser
Verhältnisse nicht den analytischen weg einschlagen, welchen ich
bei der aufßndung derselben zu gehen hatte, sondern es mag mir
gestattet sein, das resultat meiner Untersuchung, die gesetze des
gothischen auslautes, voranzustellen und sie dann an dem flexions-
systeme nachzuweisen. Hierdurch wird zugleich die prüfung mei-
ner arbeit erleichtert.
L
Von ursprünglich auslautenden doppelconsonan-
ten hat das gothische blofs diejenigen geduldet, deren
zweiter consonant ein s ist; von allen übrigen mufs
der zweite abgeworfen werden.
Von auslautenden einfachen consonanten, mögen
11*
164 Westphal
sie ursprünglich oder auf die eben angegebene weise
aus einer doppelconsonanz entstanden sein, hat das
gothische blofs s und p, aber keine muta und keinen
nasal geduldet. Jeder andere consonant als s und n
erscheint dem gothischen am ende der Wörter als härte
und wird auf zwei weisen vermieden:
entweder wird er abgeworfen,
oder: er wird durch annähme eines auslautenden
hülfsYoeales a zum inlaut.
Das gothische steht hierin ungefähr auf derselben stufe, in
welcher das griechische uns vorliegt. Die auslautenden doppel-
con8onanten werden in beiden sprachen auf gleiche weise behan-
delt. In beziehung auf den einfachen ist aber das gothische noch
weicher als das griechische, da nicht blofs die auslautende den-
tale muta, sondern auch der dentale nasal als härte erscheint,
während das griechische blofs die dentale muta i oder 8 vom
laute entfernt, dagegen an dem nasale v keinen anstois nimmt.
Auch in der art, wie die härte des auslautes vermieden wird,
zeigen beide sprachen einen unterschied, da das gothische hier
nicht immer abfall eintreten zu lassen braucht, sondern auch durch
annähme eines hülfsvocales die ursprünglichen endconsonanten er-
halten kann.
II.
Hierzu tritt nun noch folgendes gesetz über die behandlang1
von flexionsvocalen.
In ursprünglichen endsilben mehrsilbiger Wörter
wird kein ursprünglich kurzes a und i geduldet, son-
dern es tritt apokope oder aphäresis ein, je nachdem
der vocal den auslaut bildet oder ein einfacher con-
sonant darauf folgt. Auch der diphthong ai kann, wo
er ursprünglichen auslaut bildet, in den meisten fäl-
len sein i nicht behalten, sondern mufs zu a werden.
Dagegen bleiben u und au, und ebenso auch a und i,
wenn diese letzteren aus ä oder ja, ja entstanden sind.
Das zweite gesetz scheint mit dem ersten im Widerspruche
zu stehen. Jenes wirft consonanten ab und fügt vocale hinzu,
um Weichheit des auslautes hervorzurufen, dieses verlangt aus-
und abfall von vocalen und bewirkt hierdurch härte, die in an-
deren sprachen unerhört sind. Die nach dem ersten gesetze ein-
das außlautsgesetz des gothischen. 165
tretende euphonie wird durch das zweite aufgehoben, dessen re-
sultat eine grofse zahl schwer auszusprechender und man darf
wohl sagen, auslautender consonanten Verbindungen ist Wie
kommt es, dafs in derselben spräche zwei so entgegengesetzte
principien neben einander bestehen?
Die antwort darauf ergiebt sich von selbst. Beide ge-
setze sind nicht neben einander, sondern nach einan-
der aufgekommen, das erste ist das frühere, das zweite
das spätere. Auf einer früheren stufe hat auch die gothische
spräche dem in jeder indogermanischen spräche auftretenden stre-
ben nach euphonie und Weichheit des auslautes die ursprünglich-
keit mancher endungen opfern müssen. Das streben nach kürze
kann um so weniger der grund dieser erscheinung sein, als nicht
blofs abfall des consonanten, sondern auch hinzufugung eines
hülfsvocals statt findet.
Erst auf einer spätem stufe hat sich das zweite auslautsge-
setz entwickelt. Dieses ist lediglich hervorgegangen ans dem
streben nach kürze der formen, welches früher oder später in
einer jeden spräche eingetreten ist und die flexionen verdrängt
oder abgestumpft hat. Während andere sprachen in ihrem wei-
teren verlaufe hauptsächlich die flexionsconsonanten einbüfsen,
wie das prakrit und das italienische, hat sich im gothischen diese
Verkürzung der formen besonders auf die kurzen positionslosen
vocale bezogen und dadurch jene dem gothischen eigenthümliche
härte des auslauts veranlafst. Die Weichheit des auslautes, welche
sich auf einer früheren stufe entwickelt hatte, ging unter, und
nur aus einzelnen erscheinungen läfst sich das frühere Verhältnis
verkennen.
Wir haben jetzt die aufgestellten lautgesetze am auslaute der
einzelnen gothischen Wörter nachzuweisen und zu dem ende die
nominal- und pronominalformen, die verbalformen, endlich die
Zahlwörter und partikeln ihrem auslaute nach einer Untersuchung
zu unterwerfen.
1.
Auslaut der nominal- und pronominalformen.
Bei einer nominalform haben wir zwischen der casusendung
und dem stamme zu scheiden, der in den germanischen dialekten
stets aus einer wurzel und einer an dieselbe tretenden ein- oder
mehrsilbigen stammcndung (slammsuffixe) besteht. So ist in den
166 Westphal
pluralen accusativen vigans, matins, fotuns das gemeinschaftliche
ns die plurale accusativendung, viga, mati, fötu sind die nominal-
stämme, welche in die wurzeln vig, mat, fot (vah, mad, päd) und
die stammsaffixe a, i, a zu zerlegen sind, und in einer compo-
situm ohne casusendung erscheinen : viga-deina, mati-balgs, fotu-
band. Bei weitem die meisten nominalstämme des gothischen ha-
ben ein vocalisches oder wenigstens vocalisch auslautendes stamm-
suffix. Es giebt stamme auf a, i, u, ä. Die auf a sind masc.
oder neutr. (Grimm's erste starke masculin- und neutral-deklina-
tion), die auf i masc. oder fem. (Grimm's vierte), die auf u masc,
neutr. oder femin. (Grimm's dritte), die auf ä femin., (Grimm's
erste femininal-deklination); das a der letzteren ist sowohl in
compositionen als auch im nom., acc, voc. sing, zu a verkürzt
worden. Von consonantisch ausgehenden stammen kennt das go-
thische blofs stamme auf an und tar, wie naman (nomen), guman
(homon), auhsan (sanskr. uxan). fadar (pater), bro)>ar (frater).
Stämme mit anderem consonantischen auslaute giebt es nicht,
denn die in den verwandten sprachen vorkommenden auf ant,
ijas sind im gothischen durch einen vocalisch en zusatz in die vo-
calisch auslautenden stamme auf anda, iza und öza umgewandelt
worden. Die pronominalstämme zeigen keinen anderen auslaut
als a, ä, i 5 sonst gilt auch von ihnen das über die nominalformen
gesagte.
Nur in einer composition, im singularen vocativ und für
einige fälle auch im singularen nominativ erscheint der reine
stamm, sonst ist an denselben immer eine casusendung getreten.
Die im germanischen gebräuchlichen casusendungen gehen entwe-
der auf einen vocal oder auf n, s, t aus. Da nun der stamm,
wie oben bemerkt, keinen anderen consonantischen auslaut als n
und r darbietet, so können für die nominal- und pronominalfor-
men entweder nur vocale oder nur die consonanten n, s, t, r als
ursprünglicher auslaut erscheinen.
Auslautendes t.
Die dentale media ist in den verwandten sprachen die sin-
gulare aecusativ- und nominativendung der neutralen pro-
nomina. Skr. ta-d, eta-d, zend. ta-t, lat. istu-d, i-d. Im grie-
chischen und slavischen wird eine dentalis als auslaut nicht ge-
duldet, daher zeigen hier die genannten formen den blofsen stamm,
griech. to ti statt rod, rid9 altslav. to, ono statt tod, onod. Im
das auslautsgesetz des gothischen. 167
gothischen mufs das casuszeichen d zu t, hochd. zu fs werden;
der gebrauch desselben ist von den pronominaistämmen auch auf
die neutralen adjectivstämme ausgedehnt, wie überhaupt in den
germanischen dialekten die adjectivdeklination mit der pronomi-
nalen identisch geworden ist. Das gothische kommt nun darin
mit dem griecb. und altslav. überein, dafs es eine dentale muta
im auslaute nicht stehen läfst, aber es bedient sich zur Vermei-
dung dieses lautes nicht blofs der apokope, sondern auch der hin-
zufugung eines auslautenden hülfsvocals a. )>at, hvat kann im go-
thischen eben so wenig gesprochen werden, wie im griech. rod,
im slav. tod; es mufs der auslaut entweder abfallen oder durch
zutritt eines hülfsvocals a zum inlaut werden. So entsteht aus
hvat ein hva, aus J>at ein J?ata, aus it, dem Iat. id, ein ita. Im
enteren falle schwindet bei mehrsilbigen stammen aufser der en-
dung auch der vocal der endsilbe nach dem unter II. aufgeführ-
ten gesetze: allat, mikilat sinkt nicht blofs zu alla, mikila, son-
dern zu all, mikil herab. Beide behandlungsarten des auslauten-
den t können in den meisten fällen willkürlich neben einander
angewandt werden; so stehen allata und all, mikilata und mikil,
wair]?ata uud vair]>, juggata und jugg, svaleikata und svaleik ne-
ben einander. Während die Vermeidung des dentalen auslaute
unverbrüchliches gesetz ist, bleibt der spräche die freiheit, von
jenen zwei mittein das eine oder andere nach belieben anzuwen-
den. Wenn das neutrum J?ata mit folgender kopula ist verbun-
den in der form }>at erscheint, — und dies ist der gewöhnliche
fall — , so haben wir darin wohl kaum eine ausnähme von un-
serem gesetze zu erblicken; ist scheint sich hier in ähnlicher
weise wie nh in }>atuh als enklitika mit dem pronomen verbun-
den und die einfache form desselben veranlafst zu haben.
Auslautendes u oder m.
Der nasal bildet« den ursprünglichen auslaut in den enduogen
des accusativ. sing, und genitiv plur., sowie für einige formen
der stamme auf an.
I) Als endung des accus, sing, erscheint der consonant
n in den masculinen und femininalen nominalstämmen der meisten
indogermanischen sprachen, nur die neutralstämme auf i und u
sind endungslos, während die auf a ausgehenden der accusaiiv-
bildung der masculina und feminina folgen und auch für den nom.
sing, sich dieses Casuszeichens bedienen. Mit recht hat Grimm
168 Westphal
a. a. o. auch für den gothischen accusativ sing, der vocalischen
stamme die endungen an, in, un als die ursprünglicheren aufge-
führt. Aber das auslautende n schien dem gothischen sprachor-
gane von nicht minder unerträglicher härte, als die auslautende
dentale muta; es mufs wie diese entweder abfallen oder durch
annähme eines hülfsvocales a zum inlaute werden. Wo abfall
eingetreten ist, da ist in mehrsilbigen Wörtern auch der vor dem
n stehende vocal a und i geschwunden, während sich u unver-
letzt erhalten hat. Apokope und annähme des hfllfsvocals sind
aber für das accusativzeichen nicht willkürlich bei demselben
worte gebräuchlich, wie dieses bei dem neutralen t der fall ist,
sondern die apokope ist auf die substantivstämme und die weib-
lichen pronomina und adjectiva die annähme des hülfevocals auf
die männlichen pronominal- und adjectivstämme beschränkt. So
wird J?an, hvan, gödan zu )>ana, hvana, gödana, die substantiva
giban (statt giban), sunun, handun zu giba, sunu, handu; stdlan,
▼aurdan, munin, mahtin zu stol, vaurd, mun, mäht, indem hier
aufser den auslautenden n auch der kurze vocal a und i abfallen
mufs. Auch in den übrigen germanischen dialekten scheint die-
selbe behandlung des accusativzeichens stattzufinden. Dafür spricht
wenigstens der altsächsische und angelsächsische dialekt, wo das
männliche pronomen und adjectivum im acc. sing, auf na oder
ne auslauten. Nächst J?ana, )>ena, J>ane, ]>ene, blindana, blindane,
ags. ]>one, J?äne, blindne.
2) Die endung des genit. plur. ist am oder säm, jenes
im nomen (skr. uxanäm, gr. Ttaregoop)^ dieses vorzugsweise im
pronomen (skr. t£shäm, täsam). Ebenso sind auch im gothischen
diese endungen unter die nomina und unter die pronomina und
unter die damit gleich flektirten adjectiva vertheilt; ihr langes &
ist zu e und bei femininalstämmen auch zu 6 geworden. Aber von
den so entstehenden endungen cm, 6m, sem, söm oder en, 6n,
sen, sdn wird der auslautende nasal nicht geduldet, daher die for-
men stöle, godaize, gibo, gödaizo, mune, mähte, sunive, handive,
bröj?re, auhsne, abne\ Die Vermeidung des basalen auslautes durch
annähme eines auslautenden hiilfsvocals findet hier nicht statt $
vielleicht ist die gröfsere schwere der langvocalischen endung der
grund davon.
3) Die stammendung n zeigen die mascul. auf an im
nom., voc. sing., die neutr. aufserdein auch im accus. Im voc.
and im nom. -accus, der neutra kann hier niemals ein flexionszei-
das auslautsgesetz des gothischen. 169
chen gestanden haben , und auch der nom. des masculinums' bie-
tet bis auf das griech. fi&ag and rakag (statt ptlav-g, idlav-g)
in keiner der verwandten sprachen eine nominativendung, so dafs
dieselbe, wenn sie hier ursprünglich bestanden hat, schon in der
nrzeit aufgegeben sein mufs, and dafs also von dem Standpunkte
des gothischen aus in allen genannten formen der an -stamme der
consonant n als ursprunglicher auslaut anzusehen ist. Ein ur-
sprungliches n wird aber im gothischen auslaut nicht geduldet,
und daher ist der abfall des n, der in manchen der hierher ge-
hörigen formen auch für das griech. und latein. und überall im
skr. statt findet (homo neben nomen, ovopa neben rt'xTcw, näma,
taxä) im gothischen durchgehendes gesetz. So werden die stamme
guman, auhsan im nom. voc. sing, zu guma, auhsa; naman, augan
im nom. acc. voc. zu namo, augö. Die Verlängerung des a zu 6
in den neutralen stammen ist eine dem gothischen eigen thümliche
erscheinung, welche von der analogie aller anderen sprachen ab-
weicht. Denn diese lassen die Verlängerung vielmehr in den
männlichen stammen eintreten, bewahren dagegen in den neutra-
len die kürze des vocals. Wir vermögen diese erscheinung nur
so zu erklären, dafs wir für das gothische eine ausdehnung der
vocalverlängerung auf alle an -stamme annehmen, sowohl auf die
neutralen als die männlich en ;. es mufs im goth. einst gumä und
namä gesprochen worden sein. Das lange ä ist bei neutr. zu ö,
bei masc. zu a geworden, ähnlich wie die auf ä auslautenden fe-
minina diesen vocal bald zu a, bald zu 6 verändert haben. So-
mit ergiebt sich auch der grund, weshalb in guma, ausha das a
der endsilbe nicht abgeworfen ist: es ist wie in giba aus ä ent-
standen und wird deshalb beibehalten; denn nur das ursprünglich
kurze a mufs' in einer endsilbe weichen.
Auslautendes s.
s erscheint in den ursprünglichen endungen des nom. sing.,
genit. sing., nom. plur., acc. plur., dat. plur.
1) Die endung des nomin. sing, ist s bei den männli-
chen a-, und den männlichen und weiblichen i- und u -stammen,
in Übereinstimmung mit den verwandten sprachen. Auslautendes
s wird im goth. geduldet, weshalb sich in den genannten stam-
men das nominativzeichen erhalten kann. Es fehlt in einigen pro-
nominal8iämmen wie sa, J>u, wo auch die meisten übrigen spra-
chen den casus unbezeichnet lassen, o, skr. sa, lat. tu, cv. Von
170 Westphal
den cd dangen as, is, us behält aber nur die letztere ihren vocal
z. b. sunus, handus, fotus; as und is müssen nach dem oben ge-
nannten lautgesetze den vocal aufgeben und daher wird vigas,
stölas, matis, mahiis zu vigs, stöls, mats, mahts synkopirt. Nur
in dem einen falle kann a nicht synkopirt werden, wenn es mit
einem vorhergehenden j zu ei oder ji sich vereinigt hat: hairdeis,
bökareis, harjis stalt hairdjas, bökarjas, harjas. Tritt durch diese
synkope das nominativzeichen mit einem vorhergehenden s in un-
mittelbare Verbindung, so wird anstatt des ss nur einfaches s ge-
sprochen, also ans, drus, hals statt anss, druss, halss. Derselbe
wegfall des nominativzeichens tritt auch oft bei vorhergehendem
r ein: vair, gabaur, stiur, hva]>ar, unsar statt vairs u. s. w. Wir
können die durchgängige Übereinstimmung nicht unerwähnt las-
sen, worin das gothische in seiner singularen nominativbildung
mit dem qmbrischen, oskischen, zum theil auch mit dem latein.
steht, o (aus a) und i lallt aus vor s: Pompaiians, horz, cevs, —
Ikuvins, pihaz, fons statt Pompaiianos, hortos, cevis, Ikuvinos, pi-
hatos, fonis, aufser wo j vorhergeht: Aadiriis, Trutitis statt Aadtr-
jos, Trutüjo«. Hinter r schwindet auch das s-: pacer. Ebenso im
latein. mens statt mentis, vir statt virus.
Stämme auf ä, an, tar haben im goth. kein nominativzeichen.
Der grund davon ist nicht in den lautgesetzen des gothischen zu
suchen, da dieser mangel des nominativzeichens auch in den übri-
gen sprachen sich findet, und mithin der Standpunkt des gothi-
schen als ein ursprünglicher sich darstellt. In den übrigen spra-
chen zeigt der singul. nominativ dieser stamme Verlängerung des
vocals; griech. %&Qa, tifiij, noiprjv, daificov, narriQ, qt^wq^ das
gothische hat die länge nur bei den neutralen stammen auf an
bewahrt, während sonst Verkürzung des a zu a eingetreten ist:
giba, guma, fadar wie im griech. Möoa, Xeaiva. Die ursprüng-
liche länge zeigt sich darin, dafs der vocal nicht verschwunden
ist; denn ursprünglich kurzes a hätte in der endsilbe apokope
erleiden müssen.
2) Endung des genitiv sing, ist s sowohl für vocalisch
als consonantisch auslautende stamme. Meist unterscheidet die
Verstärkung des vorhergehenden vocals oder einschiebung eines a
den genitiv von dem nominativ: skr. nom. aris, pa$us, gen. ares,
pacos, in den Veden auch aryas, pagvas, griech. nom. nolig, nrj-
yyg, gen. nokemg und noXiog, »^«ws, iyx&vog. So unterscheidet
das auslantsgeselz des gothischen. 171
anch das gothische den genit. anstais, sunaus, bandaas von dem
nomin. anst(i)s, sanas, handos. Das nordische schiebt hier wie
das griech. und die angeführten veda formen ein a ein: belgjar,
son(v)ar, wobei j häufig and v durchgängig ausfällt. Weibliche
stamme auf ä behalten im genit. ihren langen vocal: gibös. Die
konsonantisch auslautenden müssen die endung as zu s werden
lassen, weil kurzes a sich in der endgilbe nicht halten kann:
fadrs (nargog), namins (nominis). Die stamme auf a haben im
gothischen die endung is, im sächs. as : ambahtas, nithas. Grimm
gesch. d. d. spr. s. 647 setzt für das gothische dagis hiernach ein
älteres dagas voraus. S. 914 verwirft er diese annähme, weil
wenn der genitiv ursprunglich dagas gelautet hätte, er sich vom
nomin. sing, dagas nicht unterschiede. Wir glauben mit unrecht,
vielmehr mufs sich der genit. dagas von dem für den nominat.
anzunehmenden dagas durch ursprüngliche länge der endsilbe un-
terschieden haben, so dafs hier dasselbe verhältnifs gewaltet hat,
wie in sunus und sunaus. Die ursprüngliche länge der genitiv-
endung ist zugleich der grund, dafs hier der vocal nicht synko-
pirt werden konnte, während das kurze a im nomin. dagas sich
nicht zu halten vermochte. Auch für das gothische dagis müssen
wir eine ursprüngliche länge der endsilbe voraussetzen, weil sonst
das i hätte synkopirt werden müssen. Doch lassen wir es dahin
gestellt, ob dagis aus dem im s. erscheinenden dagas hervorgegan-
gen ist, oder ob das i hier einen ähnlichen Ursprung hat, wie im
lat. illiu8, umbr. puples, gr. ifieio. Dasselbe gilt auch von dem
genitiv der männlichen i- stamme, die hier den a stammen analog
ein is darbieten.
3) Endung des nomin. plur. ist s für männliche und '
weibliche stamme, vor welchem wie im genit. sing, entweder
verlängerter vocal oder eingeschobenes a erscheint: stölos, gibös,
muneis, sunjus, skr. pädas, sünavas. Consonantisch auslautende
stamme haben die endung as: skr. uxänas; im goth. kaun aber
der kurze vocal der endsilbe nicht bleiben, daher die form auh-
sans. Statt des hier zu erwartenden fadars finden wir aber fadr-
jus, indem die tar- stamme im plur. meist nach analogie der u-
stämme flektirt werden.
. 4) Die endung des accus, plur. ist ns bei männlichen
und weiblichen i- und u- stammen: stölans, munins, mahtins, su-
nuns, handuns. Lang vocalisch auslautende feminina haben s wie
172 Westphal
im skr.: gibos; consonantisch auslautende stamme nehmen vor s
den bindevocal a an, skr.uxanas, der aber im gotb. als kurzer
endsilbenvocal sich nicht halten kann.
5) Die endung des dativ plnr. war im germanischen
ursprünglich mis, entsprechend den litauischen instrum. plur. ran-
kömis, avimis, sunumis. Im altslavischen erfährt diese endung
apokope des auslautenden consonanten, daher die formen gostimi.
slugami, im golhischen synkope des kurzen vocals, und so ent-
steht hier die endung ms, die sich im altnordischen tveimr und
]>rimr erhalten hat. Sonst ist im nordischen und überall im gotb.
das ms zu m verkürzt: fiskam, gödaim, giböm, munim, sunnm;
bei stammen auf an mit bindevocal a: abn-a-m, valn-a-m. Der
abfall des s scheint vielmehr in dem allgemeinen streben der
spräche nach kürze der formen, als in einem bestimmten lautge-
setze seinen grund zu haben, da eine auf s auslautende doppel-
consonanz in stolans, saihs, gibats sich findet. Eine spur der ur-
sprünglicheren endung ms haben wir in dem beharren des kur-
zen vocals a und i; denn in einer endsilbe kann sich kurzes a
und i, wie es in fiskam, munim und besonders in abnam, vatnam
sich zeigt, nur dann erhalten, wenn dieselbe auf eine doppelcon-
sonanz ausgeht oder ursprünglich nicht endsilbe war, sondern hin-
ter ihr eine andere endsilbe verschwunden ist.
Auslautendes r.
r begegnet uns im nomin. und voc. sing, der stamme
auf tar: brö)>ar, fadar, r ist neben s der einzige consonant, wel-
cher im auslaute stehen bleiben kann, daher ist auch hier die
volle endung }>ar und dar bewahrt. Nur insofern hat diese die
ursprünglichere form verloren, als der lange vocal ä, welcher hier
wie bereits oben bemerkt, seine stelle hatte, zu a verkürzt ist.
Die frühere länge ist der grund, weshalb das a keine synkope
erlitten hat, denn ursprünglich kurzes a hätte nach gothischem
lautgesetze aus der endsilbe weichen müssen.
Auslautende vocale.
1) Wo ein stamm auf a, i, u als erstes glied eines
compositums erscheint, ist das auslautende a, i zum inlaute ge-
worden und daher findet hier das lautgesetz vom abfall der end-
vocale keine an Wendung. Nur ausnahmsweise tritt synkope ein:
gu]>bl6strei8 statt gu)>abl6streis , gudhus, veindrunkja, ]?iumagus,
allvaldans, hauhhairtei, bru)?faj?s.
das anslautsgesetz des golhischen. 173
2) Der vocativ sing, ist bei consonantisch auslautenden
Wörtern und bei adjectiven und pronom. dem nominative gleich,
wie diefs auch mehr oder weniger in anderen sprachen der fall
ist. Bei substantivstämmen auf a, i, u sind nom. und voc. von
einander unterschieden, indem der letztere das casuszeichen des
nominativs nicht annimmt. Daher erscheint hier bei den genann-
ten stammen vocalischer aaslaut a, i, u, von welchem der letz-
tere ähnlich wie im skr. zu au verstärkt werden kann, so dafs
z. b. sunu und sunau mit einander wechseln (Luc. 18, 38 und
39). Die Wörter auf a und i können ihren endvocal nicht be-
halten, daher stöl, vaurd, mäht statt stola, vaurda, mahti.
3) Nomin., voc. sing, der feminina auf ä. Das lange
ä erscheint nur in so und hvö, sonst wird es zu a verkürzt, das
aber seines Ursprungs wegen keine apokope erleiden kann.
4) Nomin., accus, plural. der ueutra hat überall a zur
endung, vaurda, göda, ija, }>rija, namna, hairtöna, gödöna. Das
beharren des a weist auf ursprüngliche länge hin, und diese wird
bestätigt durch die pronominalform ]>6.
5) Der instrumentalis sing, hat die endung ä, welche
im althochdeutschen zu u wird. Im goth. erscheint der instru-
mental nicht als besonderer casus, sondern nur iu einigen adver-
bialformen mit modalitätsbedcutung wie }>£, sve, hve, svare, simle.
Aufserdem sind hierher noch eine reihe anderer formen zu rech-
nen, welche sich zu den genannten verhalten wie die griechischen
dat.-locat. anf cpi zu denen auf «. Zwischen die stamm- und in-
8trumentalendung ä ist hier der dem griechischen g> entsprechende
consonant b getreten. Der auslaut ä ist zu a verkürzt: abraba,
bairhtaba, bal)>aba, hauhaba, vair]>aba, agluba, harduba.
6) Den dat. sing, hält Bopp vergl. gramm. s. 190 für ur-
sprünglich identisch mit dem instrumental und sieht demnach in
vulfa, sunau, ahmin, br6J>r, gibai, ^izai keine eigentlichen dative,
sondern instrumentale, als deren ursprüngliche formen er vulfä,
sunavä, ahminä, gibaiä, )>izaiä aufstellt. Wir können hiermit be-
sonders aus dem gründe nicht übereinstimmen, weil das ahd. und
skr. beide casus, den dativ und instrumental, für die minnlichen
stamme durch besondere formen unterscheiden, dat. fiska, palka,
instrum. hskü, palkü. In diesen dialekten wird man doch sicher
nicht den dativ als ursprüngliche instrumentalform auffassen und
den vedischen und zendischen formen wie savjä, bhräträ, bähavä,
pacvä, mit dem griechischen na.vtr\% mj, dorisch ftawa, na iden-
174 Westphal
tificiren wollen, da diesen instrumentalformen der verwandten
sprachen vielmehr das ahd. und sächs. fiskü, palku nicht blofs der
form, sondern auch der bedeutung nach entspricht. Für den ahd.
und skr. dativ mufs eine andere erklärung gesucht werden. Da
nun aber der dativ des gothischen mit dem ahd. und s. dativ
identisch ist, so dürfen wir auch den gothischen dativ nicht als
instrumental aufTassen.
Wir haben in den dativen des gothischen und seiner dialekte
vielmehr den vocal i als ursprüngliche casusendung anzunehmen,
dessen sich auch das griech. als dativzeichen der meisten stamme
bedient. Diefs geht aus dem altnordischen hervor, harmi, gammi;
barni, fati; syni, megi; belg; femin. giöfu, grönu; tonn, hönd;
ast(u). Wie verhalten sich zu diesen nordischen dativen die go-
thischen? In den a-deklinationen tritt dem nordischen armi, stoli,
Jriofi ein arma, stöla, ]>iuba, dem neutralen barni, orfJi ein barda,
vaurda gegenüber. Grimm gesch. d. deutsch, spr. s. 915 setzt dem
nordischen zufolge auch für das gothische eine ursprünglichere
casusendung i an. Aber wie soll aus i ein a hervorgegangen sein?
Grimm selber findet diefs auffallend. Wir müssen sagen, es steht
im Widerspruche mit allen bis jetzt bekannten lautgesetzen, welche
man zu gunsten einer erklärung umzustofsen kein recht hat, wenn
die form auf anderem wege gedeutet werden kann. Einen sol-
chen weg zeigt die nordische form. Grimm erklärt am a. a. o.
das nord. dativzeichen i für ein achtes, also für ursprüngliches i
und findet hierfür den beweis in dem umlaute, welcher ausnahms-
weise in degi erschiene. Wir können uns dieser neuen ansieht
Grimms nicht anschliefsen und müssen vielmehr zu der zurück-
kehren, welche er d. gr. I, 651 aufgestellt hat. Hiernach ist das
dativ -i unorganisch, weil es keinen umlaut bewirkt; ursprüngli-
ches i hätte noth wendig die dative hermi, gemmi, hlynni, doemi
hervorgerufen; statt dessen lauten sie ohne umlaut harmi, gammi,
hlunni, ddmi. Die ausnähme degi statt dagi rechtfertigt Grimm
durch den auch bei anderen a -stammen vorkommenden Übergang
in die u-deklination. — Es fragt sich nun, woraus dieses nicht
umlautende i hervorgegangen ist. Zunächst vergleicht es sich dem
i präsentischen Optativs, fari, farir, galli, blasim, blötirj, gioti.
Auch hier bewirkt i keinen umlaut, während von den gleichlau-
tenden endangen des optativischen perfecta der umlaut eintritt:
foeri, foerir, gyti, gytim u. s. w. Diese verschiedene geltung des
i hat ihren grund in der verschiedenen entstehung desselben. Das
das aaslaotsgeeetz des gothi sehen. 175
umlautende ist ursprungliches i (gothisch ei, ahd. i: föreis, föreima,
fuorimes, fuoris), das nicht umlautende ist aus dem diphthongen
ai hervorgegangen (vgl. farir mit goth. farais, ahd. fares).
Nach dem gesagten kann kein zweifei sein, dafs auch das i
jener nordischen dative der a-deklination aus ai hervorgegangen
ist, und dafs wir demnach für stöli, harni, ]>iofi ein älteres sto-
lai, harnai, J>iofai anzusetzen haben. Das nordische hat hier das
ai wie in optat. präs. zu i kontrahirt, aber in dem fehlende um-
laute die reste der früheren form erhalten.
Die form ai stellt sich demnach auch für das gothische als
die ursprüngliche endung der männlichen und neutralen a-stämme
dar; sie ist in der uns vorliegenden gestalt ihres i verlustig ge-
gangen und zu a verkürzt, stölai, barnai, vaurdai sind zu stöla,
barna, vaurda geworden. Ebenso sind auch die pronominal- und
adjeetivformen )>amma, gödamma aus ]>ammai, gödammai hervor-
gegangen. Entsprechen diese gothisch en dative ihrer form nach
den griechischen lokativen otxoi, pt^o*, noX, 'Ia&poi, oder den
dativen otxwi, fiv%(oif ftrffyiwt? Ist das a in stolai ein ursprüng-
lich kurzer dem griech. o analoger, oder ein ursprünglicher langer
dem griech. o> analoger vocal? Das letztere haben wir wenigstens
für die pronominalen dative anzunehmen. Die dative von hva,
hvarja, hva)>ara und aina lauten nämlich mit folgendem h und
hun verbunden hvammöh, hvarjammeh* ainummehun, hva]>aram-
meh, ohne zweifei ursprünglichere formen als die einfachen hvam-
ma, hvarjamma, ainamma, da auch in anderen fällen vor diesen
Partikeln die ältere form gehalten ist*). Hiernach müssen die
pronominalen dative auch im isolirten zustande die endung amind
oder ammä statt amma gehabt haben, und somit ergiebt sich nicht
ammai, sondsrn ammäi als ursprüngliche dativendung, welche ge-
nau mit der pronominalen dativendung des skr. asm&i überein-
stimmt Ob auch die dativendung der substantiva ein ursprüng-
liches ai statt ai gewesen ist, mögen wir nicht entscheiden.
Ist aber — wie wir erwiesen haben — das masculine )>amma,
imma mit dem skr. tasmäi, asm&i seiner endung nach völlig iden-
tisch, so hat auch das femininale }>izai, izai mit dem skr. tasjäi,
asj&i ein und dieselbe endung. Das skr. äi ist also im goth. fem.
zu ai, im masc. und neutr. mit abfall des i zu a oder ö gewor-
den. Bei )>izai, izai kann von einem abfall eines casuszeichen,
*) vergl. aina und ainohnn, hweila und hveildhun.
176 Westphal
welchen Bopp anzunehmen genöthigt ist, eben so wenig die rede
sein wie bei dem sanskr. asjäi, tasjäi. So stimmt auch der gothi-
sche geniiiv {uzos, izos durchaus mit dem sanskritischen tasjäs,
asjäs.
Diese folgerang führt ans auf die erklärung des dativs der
substantivischen a -stamme. Hat in dem pronominalen J>izai, izai
kein abfall eines Casuszeichens statt gefunden, so darf diefs auch
nicht für gibai statuirt werden, sondern wir haben vielmehr in
ai die cotnbination des Casuszeichens mit dem stammsuffixe zu
sehen, gibai, godai entspricht demnach dem griech. axiäi, dya&rji,
dem latein. aolae, aulai.
Für die gothischen a- und ä- stamme besteht die dativendung
also in dem vocale i, welcher mit dem stammsuffixe zu ai zu-
sammentritt. Die a- stamme haben die dativendung ai unverletzt
bewahrt, die a -stamme dagegen das i eingebüßt und somit den
für den dativ charakteristischen laut verloren. Eine gleiche apo-
kope hat bei den consonantisch auslautenden stammen statt ge-
funden, gumin, namin, fadr steht statt gumini, namini, fadri, ent-
sprechend dem latein. homini, nomini, patri, dem griech. najqL,
noifievi. Nach gothischem lautgesetze mufste das kurze i in der
endsilbe abfallen. — Hiernach ist auch in sunau der abfall eines
i zu statuiren. Nur dem anscheine nach ist es dem skr. locaL
sunau identisch, wie bereits Bopp vergl. gr. s. 191 bemerkt hat.
Doch können wir seiner annähme von dem abfalle eines ä nicht
beistimmen, da nach analogie von gibai vielmehr die form sunavi
vorauszusetzen ist, eine dativbildung , welche dem griech. aaret,
mjxei statt aarepi, mfaifi gleich kommt. Hier hat den lantge-
setzen der spräche gemäfs synkope des /-, dort apokope des i statt
finden müssen. Für das ursprüngliche Vorhandensein des i im
dativ der u- stamme legt das nordische syni unabweisbares zeug-
niffl ab, welches ebenso aus synvi, wie der genitiv sonar aus son-
var entstanden ist.
Wie verhält es sich endlich mit dem dativ der femininalen
stamme auf i, denn die entsprechenden masc. können hier anbe-
rücksichtigt bleiben, da sie im ganzen goth. Singular nach analo-
gie der a- stamme flectirt werden? Wir glauben nicht, dafs vistai,
mahtai, dedai u. s. w. einen abfall des dativzcichens erlitten ha-
ben, sondern stellen die form mit dem genit. plur. viste mähte,
dlde zusammen. Hier ist von der genitivendung e der stamm-
vocal i verdrängt, dede steht statt dedie oder wie Grimm will
das auslautsgesetz des gothischen. 177
(gesch. d. d. spr. s. 912), statt dedije. Ebenso hat auch im da-
tiv eine synkope des stammvocals statt gefanden, vistai ist ans
vistiai oder yistjai hervorgegangen und mit dem skr. dat. vastjäi
identisch.
Fassen wir das gesagte zusammen, so ergiebt sich folgendes
resultat. Die gothische dativendung ist ai oder i. Nach den
lantgesetzen aber mufe i weichen, daher die formen fadr, gumin
statt fadri, giimini; sunau statt sunavi. Auch in ai weicht das
i bei männlichen und neutralen stammen, stola, vaurda, }>ainma
statt stolai, vaurdai, )>ammai, bleibt dagegen in den weiblichen
auf a und i unversehrt: gibai, )>izai, dedai.
7) Den abfall eines auslautenden vocals haben wir endlich
noch in einigen pronominalformen mis, ]>us, yit, jut, mik,
}>uk, ik anzunehmen, mis und }>us ist, wie Bopp nachgewiesen
hat, eine Verstümmelung von mismai and J?usmai. Das t in vit
und jut ist der anlaut des Zahlwortes tvai< wie Grimm in seiner
gesch. d. d. spr. dargethan hat. mik und J>uk ist eine kombina-
tion von den accusativen mi and Bu, die ihr kasuszeichen n ver-
lieren mufsten und einer enklitika, welche im griech. mit auslau-
tendem vocale ya oder ye lautet: ifiivya, avye, iycoye. — Die
form ik verhält sich zu dem skr. aham in beziehung auf ihren
auslaut ebenso, wie die konsonantisch auslautenden accusative
sing, der gothischen a- stamme zu den auf am auslautenden des
sanskrit; wie im accusativ stöl mufste auch in ik die endung am
nach den lantgesetzen verloren gehen.
2.
Auslaut der verbalformen.
Die reine verbalwarzel erscheint in den germanischen dia-
lekten niemals isolirt; conipositionen wie tibicen sind denselben
fremd. Daher lassen wir hier den auslaut der wurzel unberück-
sichtigt und wenden uns blofs den flexionsendungen des ver-
bums zu.
Präsensendungen.
1) sing, u. 3. plür. prfis. Dem gothischen sind im Vorzüge
vor den übrigen germanischen dialekten die endungen des me-
diums mit meist passivischer bedeutung und des activen duals
verblieben. In einigen wenigen formen aber steht es dem hoch"
deutschen an treuer bewahrung des ursprünglichen nach. Hierher
D. 3. 12
178 Westphal
gehört die endnng von 1. sing. Nor in dem einzigen im hat das
gothische das rar diese person charakteristische m festgehalten,
im hochdeutschen dagegen erscheint m noch In einer reichen zahl
von beispielen, indem nicht blofs die wurzeln bi (bu), ga, stä,
ta (dha) in 1. sing, pim, gäm, stäm, tnom bilden; sondern alle
verba der zweiten und dritten schwachen konjugation auf 6m
und em ausgehen. Auf einer früheren stufe mufs auch die ahd.
bindevocalische starke und die erste schwache die endung um
und jum statt u und ju gehabt haben, und somit ist auch für
das gothische das m als allgemeine endung der 1. sing, voraus-
zusetzen, giba, satja, salbo, ]>aha sind aus gibam, satjam, salböm,
)>aham hervorgegangen, aber nur der bindevocal ist geblieben.
Die 2. und 3. sing, und 3. plur. haben hinter dem bindevo-
cale ihr personal- und numeruszeichen erhalten: gibis, gibi)>, gi-
band, ahd. gibis, gibit, gibant. Wie diese formen uns vorliegen,
scheinen sie den oben aufgestellten auslautsgesetzcn , die sich für
die deklination überall bewährten, zu widersprechen. Das m der
ersten person, das ]> nnd d in 3. sing, und plur. sowie der binde-
vocal i müfste abgefallen sein. Denn es kann als consonantischer
auslaut nur s oder r und als vocal der endsilbe nur u oder ein
durch quantität oder position langer vocal geduldet werden. Die-
ser Widerspruch fuhrt notwendig zu der annähme, dafs 1. 3. sing,
und 3. plur. ursprünglich einen anderen auslaut als m, ]>, nd und
dafs namentlich 2. 3. sing, einen anderen endsilbenvocal als den
bindevocal i gehabt haben. Die vergleichung der verwandten
sprachen ergiebt sofort die form des ursprünglichen auslauts, denn
diese aHe zeigen in den genannten präsensformen des aktivs ein
auslautendes i hinter dem personalzeichen. Skr. tudämi, tudasi;
tudati, tadanti. Griech. didapi, ical, Mdwai and didoaai, dorisch
didmri und didorti, Ijecn oder fyofTi. Altslavisch dami, dasi,
dastt, dadanti, vezeshi, vezeti, vezonti. Litauisch dumi, dudi, dusti,
dusti. Auch in den latein. präsensformen hat einst der vocal i
im auslaute seine stelle gehabt, wie das in den frgm. der salia-
rischen gesänge erhaltene tremonti beweist.
Hiernach lauteten einst die gothischen präsensformen in den
genannten personen gibami, gibisi, gibij>i, gibandi, aber das schlie-
fsende i fügte sich dem gothischen lautgesetze, welches kein kur-
zes a und i in der endsilbe duldet. Dagegen brauchten weder
die consonanten der endungen, noch die ihnen vorhergehenden
bindevocale zu weichen, weil jene ursprünglich nicht auslautend,
das auslautsgesetz des gothischen. 179
sondern inlautend waren, und diese nicht die letzte, sondern die
vorletzte silbe bildeten.
Eine gleiche apokope des i wie im aktiv hat auch im me-
dium stattgefunden. Die verwandten sprachen haben hier den
ausgang ai, diÖopat, ftidorai, didowcu, skr. mit contraction des
ai zu c: tud6, tudase, tudate, tudante, und fast ebenso auch das
zend. Das gothische hat von dem diphthong ai das i verloren
und somit statt azai, adai, andai die endungen aza, ada9 anda.
Die gothischen medialen präsensformen stehen mit den dativen
stola, J?amma, die aktiven mit den dativen gumin, fadr auf der-
selben stufe. Wie gumini und fadri, so haben ligisi, ligtyi, H-
gandi, wie stolai und J>ammai, so haben ligazai, ligadai, ligandai
ihr i verloren.
2) 2. plur. u. dual. präg. J)iese enden im skr. auf tha
and thas, im griech. auf re und rov. Auch alle übrigen sprachen,
welche plural und dual unterscheiden, haben für den plural eine
vocalisch auslautende, dem tha und re analoge endung, der man-
gel an einem auslautenden consonanten bezeichnet den unterschied
des plurals vom dual. Das lat. bedient sich der endung tis so-
wol für dual als plural, nachdem hier die Unterscheidung beider
mehrheitsformen durch besondere endungen aufgehört hat. Das
gothische hat sich in diesen endungen völlig dem skr. angeschlos-
sen; dem indischen tudatha, tudathas entsprechend mufs das go-
thische die formen gibfya und gibaf>as gebildet haben, aber we-
der das auslautende a des plur., noch das inlautende des dual
konnte im gothischen geduldet werden, und so mufsten die vor-
liegenden- formen gibij> und gibats entstehen. Ebenso ist auch
das ahd. gebat zu erklären, nur dafs dieses den bindevocal nicht
zu i geschwächt, sondern in seiner ursprunglicheren form a be-
wahrt hat.
3) 1. plur. u. dual. präs. Die pluralendung der ersten
person hat das ahd. treuer bewahrt als das gothische. Das ahd.
zeigt die endung mes oder mit bindevocal atnes, entsprechend dem
dorischen opes, skr. ämas, lat. imus. Das gothische dagegen hat
die numerusbezeichnung verloren und blofs das personalzeichen
mit dem bindevocale: am erhalten. Die entstehung dieses am ist
ähnlich wie die der pluralen dativendung am, im, um. Hier war
die ursprüngliche form amis, imis, umis; das kurze i der endsilbe
mufste ausfallen, und so hat auch das kurze a der ersten perso-
nalendung amas eine synkope erleiden müssen, während dasselbe
12*
180 WesLphal
im ahd. durch Verlängerung zu e geschützt war. Von den so
entstehenden formen gibams, st 61a ms hat das goth. auch das s
abgeworfen; im verbum ist es durchgängig vom ahd. (gebames),
im nomen wenigstens einzeln vom nordischen (tveimr, J>rimr)
erhalten.
In der ersten person wird der dual vom plural durch den
Wechsel des personalzeichens m mit v unterschieden, die ursprung-
liche endung ist vas, mit bindevocal avas; skr. ävas, lit. ava,
siav. eve und eva. Das v ist im goth. optat. ligaiva bewahrt,
im präs. dagegen finden wir statt der zu erwartenden endung
avas ein ös: ligös. Das a der endsilbe in avas mufste nach den
lautgesetzen ausfallen und so zunächst Äie endung avs entstehen,
av aber geht vor folgendem consonanten in au über wie im nom.
sing, die aus J>ivas synkopirle form ]>ivs (vgl. gen. ]>ivis, plur.
J>ivos) zu }>iu8 werden mufs. Der dipbthong au endlich ist zu
6 kontrahirt und so die endung 6s gebildet worden. Die Über-
gänge avas, aus, 6s haben an tavida, taujan, tojis ihr ebenbild.
— Diefs ist die entsteh ung der gothischen dualendung 6s, wie
sie den gothischen lautgesetzen und namentlich dem gesetze des
auslautes gemäfs ist. Unrichtig ist Bopps annähme (vgl. gr. s. 637),
welcher die ursprüngliche endung avas mit ausfall des v zua-as
und dieses zu 6s werden läfst.
Aus der Umgestaltung, welche 1 pl. und dual im gothischen
erfahren haben, zeigt sich, dafs amas und avas, nicht aber amasi
und avasi die ursprünglicheren gothischen endungen gewesen sind.
Auf frühster stufe mufs natürlich auch das gothische wie die ve-
densprache und das zend. jene volleren formen mit auslautendem
i gehabt haben, aber der abfall geschah im gothischen viel frü-
her in 1. pl. und dual, als im sg. und 3. plur., wie ein gleiches
auch namentlich für das sanskrit nachzuweisen ist. Zu der zeit
nämlich, als die auslau tsgesetze in der gothischen spräche auftra-
ten und den abfall eines kurzen vocals der endsilbe verlangten,
zu der zeit hatte amas und avas sein schliefsendes i bereits ein-
gebüfst, wogegen dieses in ami, isi, i)>i, andi noch fortbestand.
Daher mufste hier das auslautende i, dort das inlautende a wei-
chen und die Verstümmelung zu ams und avs (6s) eintreten; hät-
ten die auslautsgesctze das schliefsende i in erster plural- und
dualperson noch angetroffen, so würden uns auch jetzt noch die
formen amas und avas vorliegen.
das auslantsgesetz des gothischen. 18t
Optati yendungen.
1. sing, und 3. plur. optat. Die optativendungen un-
terscheiden sich von den indikativen präsensendungen nicht bloe
durch den modusvocal i, welcher vor dem personaizeichen er-
scheint und mit dem bindevocale in den diphthongen ai übergeht,
sondern auch in der form des eigentlichen personalzeichens. Am
deutlichsten tritt dieses im sanskrit hervor. Das auslautende i
der präsensendungen fehlt hier durchgängig; dem mi, si, ti, anti
steht im optativ ein jäm, jäs, jät, jus, dem ämi asi, ati, anti ein
ejam, es, et, ejus gegenüber. Aehnlich im griechischen, dem
(pijpi, cprjg, (ptjGh gpaffi im optativ <fair\v, yaiqg, paiy, yaiev.
Derselbe unterschied findet auch im gothischen und den übri-
gen germanischen dialekten, namentlich dem althochdeutschen
statt. Ahd. salpöm, salpös, salpot, salpont, opt. salpoe, salpöes,
salpoe, salpoen; goth. gibis, gibij>,' giband; opt. gibais, gibai, gi-
baina. Um von 1. sg: zunächst hier abzusehn, so zeigt die 3. sing,
und plur. im präsens ein J>, im optativ kein personalzeichen, im
präsens ein nd, im optativ ein na. Nur die 2. sing, hat sowohl
im präsens als im optativ ein s. Der unterschied dieser form
beruht auf demselben principe, welches in den präsens- und den
optativendungen des sanskrit und griechischen waltet. Im gothi-
sehen hatten jene, wie wir gezeigt, ein schliefsendes i, diese hin-
gegen einen schliefsenden consonanten. Dort griffen die auslauts-
gesetze den schliefsenden vocal, hier den schliefsenden consonan-
ten an. Denn kein anderer ursprünglicher consonant als s und
r kann am ende stehen bleiben, und somit kann von den in rede
stehendem optativformen blos die 2. sing, ihre ursprüngliche volle
form behalten: ligais, ahd. liges, wie im griech. Xiyoig, skr. tu-
des. Die 3. sing, ging auf \ aus, skr. tudet. Im gothischen und
den übrigen germanischen dialekten konnte dies so wenig, wie
im griech. und slavischen geduldet 'werden, daher ist das ur-
sprüngliche ait in allen diesen sprachen seines consonantischen
personalzeichens verlustig gegangen, gothisch gavigai, griech. fyo*,
altslav. vezi statt gavigait, ejotr, vezit.
Die 3. plur. endet im griech. auf sv: (paievy Xe'yoiev. Im gothi-
schen mufs hier derselbe auslaut bestanden haben, aber die aus-
lantsgesetze beider sprachen differiren darin, dafs sich dort ein
schliefsendes v behauptet, während es hier ebenso wie schliefsen-
des t, \ als härte erscheint und deswegen vom auslaute entfernt
wird. Dazu stehu dem gothischen zwei mittel zu geböte * es
132 Westphal
lSfet den consonanten entweder abfallen oder durch hinzufügung
eines hülfsvocals a zum inlaute werden Bei dem n der 3. plur.
ist das letztere geschehen, die endung ain ist zu aina geworden
wie ]>an zu ]>ana, wie ]>at zu ]>ata. Zu den medialendungen ada,
aza, ända steht der optativ aina in keiner bezieh ung; dort ist
das a das ursprüngliche, den verwandten sprachen gemeinschaft-
liche medialzeichen, hier eine blos euphonische entwicklung, die
dem gothischen eigenthümlich ist. Bopp läfst (vgl. gr. s. WQ
eine doppelte möglichkeit gelten, einerseits dafs a in aina unor-
ganisch sei, andererseits dafc aina durch Umstellung aus aian,
griech. ow entstanden sei, «zieht aber die letztere ansiebt vor,
weil sie besser mit der urgrammatik stimme. Wenn wir daran
festhalten, dafs das gothische ein ursprüngliches schliefsendes n
ebensowenig duldet als ein auslautendes ]>, so kann a nur für
einen unorganischen, d. h. erst später hinzugetretenen dem gothi-
schen eigentümlichen laut erklärt werden. Das sächsische und
angelsächsische hat wie bei ]>ata, blindata, so auch in der vor-
liegenden verbalform den hülfsvocal wieder aufgegeben, während
es denselben hinter dem aecusativzeichen n bewahrt hat, ]>ana,
)>one, blindana, blindne. Ebenso auch das hochdeutsche.
Aus der beschaffenheit der 3. pluralperson haben wir noch
ein weiteres resultat für die gothischen ausiautsgesetze zu ziehen.
Die ursprüngliche endung mufs aint gelautet haben, wie im la-
teinischen legent ament. So sollte man auch für das gothische
nicht die form ligaina, sondern ligaind-a erwarten. Aber ehe im
gothischen das gesetz über den auslautenden einfachen conso-
nanten auftrat, und den abfall desselben oder die annähme eines
hülfsvocales verlangte, hatte sich bereits das auch im skr. und
den übrigen sprachen vorhandene gesetz über die zulässigkeit oder
unzulässigkeit einer auslautenden doppelconsonanz geltend ge-
macht, vermöge dessen nur solche doppelconsonanten geduldet
wurden, deren zweiter ein s war, dagegen jeder andere den zwei-
ten consonanten verlieren mufste. In Übereinstimmung mit dem
skr., zend., griech., slavischen mufste das gothische nt sein t auf-
geben und ligaint zu ligain verkürzt werden. Das hierin sich
kundgebende streben nach Weichheit des auslautes, ging aber im
gothischen noch weiter und griff auch einen auslautenden ein*
fachen consonanten an. Auf dieser stufe wurde nur schliefsen-
des s und r geduldet, jeder andere endeonsonant und somit auch
das auslautsgeseta des gotbischen. 183
das aus nt hervorgegangene n mnfste durch abfall oder annähme
eines a vom auslaute entfernt werden.
In der 1. sing. opt. hat das ahd. die endung e, welche ohne
zweifei wie es, emes aus ai hervorgegangen ist. Hier zeigt sich
kein m als personalzeichen, welches im präsens indikativ noch
ziemlich häufig bewahrt ist. Man vergleiche salpom und salpoe,
hapem und hapee. Im präsens bildet nicht m sondern mi den
ursprünglichen aaslaut, daher fiel der endvocal ab und m konnte
bleiben; im optativ aber mufsle em zu e werden, weil m hier
wie skr. tudejam im auslaute stand. Auf die entsprechende go-
thische endung an können wir hier ebensowenig wie auf die
medialen endongen aidao, aizan, aindau eingehn und behalten uns
eine Untersuchung über deren Ursprung und stellang im gotbi-
schen flexionssysteme für eine andere gelegenheit vor, da wir den
bis jetzt darüber aufgestellten theorieen nicht beipflichten können.
Es bleiben uns hier von den optativformen noch die endung
ai)> übrig, welche in bairai]> (Gal. 5, 10), tiuhai]) (1. Thess. 4, 14),
8vignjai]> (Col. 3, 15) statt ai als dritte sing, erscheint. Gabe-
lentz und Lobe, welche zuerst auf diese formen aufmerksam ge-
macht haben, sehen sie 1,315, 111,86 und 150 als entwickelun-
gen einer spätem zeit an. Allein in späterer zeit konnte ein j>
wohl abfallen, aber nicht antreten. Die geringe anzahl der bei-
spiele weist keineswegs anf spätere bildung, wohl aber auf reste
einer einst allgemeiner gebräuchlichen form hin. Für die 3. sing,
opt. müssen einst die endungen ai und aij? neben einander be-
standen haben. Wie ai auf aij>, so ist ai]? auf aij>i zurückzufüh-
ren. Hier zeigt sich also eine optativform mit präsensvocale.
Auch in andern sprachen kommen derartige btldungen vor. So
im medium des zend büidhjoimaidhe mit dem ausgange des me-
dialen präsens. Im griechischen, wo 1 . sg. act. in der bindevocal-
losen conjugation die endung ir\v darbietet ohne auslautendes i,
in Übereinstimmung mit dem skr. jam, tritt uns in derselben en-
dung der bindevocalischen conjugation die endung aipi mit dem
i des präsens entgegen, und nur in wenigen formen wie TQtyoiv
zeigt sich hier die endung oi?, die wir hier nach analogie der
sonstigen optativbildung erwarten sollten. In demselben Verhält-
nisse wie igecpoiv zu rQeyoifu steht im gothischen bairai, tiuhai
zu bairai]», tiuhai}) ; denn bairai]), tiuhai)? sind aus bairai]>i, tiu-
haij>i, dagegen bairai, tiuhai aus bairai]), tiuhai]) hervorgegangen;
von jenen mufste ebenso wie im präsens der kurze endvocal, von
184 Westphal
diesen der schlickende dental abfallen. So gehen im skr. .auch
conjunktivformen mit schliefsendem i nnd ohne schließendes i
nebeneinander her; neben asi steht äs, neben Ali die endung 4t-
Hiernach ist die gewöhnlich aufgestellte regel, dafs der conjunk-
tiv durch die personalendnngen des präsens, der optativ durch
die des präteritums gebildet würde, zu beschränken. Auch fin-
den conjunktiv erscheinen präteritumsenduugen wie für den Op-
tativ auch präsensendungen. So gehören das skr. patäl, patas,
das griechische *Qiyoii>, das gothische tiuhai der präteritumsklasse,
dagegen patäti, patäsi, rpeipoipi, tiuhai]>, der präsensklasse an.
Man möchte versucht sein, in tiuhai]», bairai]> die letzten reste
des sonst nach den lautgesetzen ablallenden }> zu sehen, allein
diese annähme ist unstatthaft, da wir einerseits den principien,
die sich überall als richtig bewährten, alle einzelnen vorkommen-
den fälle unterwerfen müssen und da sich andererseits eine mit
diesen principien völlig übereinkommende erklärung ergeben hat,
die uns zugleich einen blick in den frühern formenreichthum der
gothischen spräche thun läfirt. Wie uns oben der mangel des
umlauts die ursprüngliche dativform erkennen liefs, so ist auch
hier das J> ab letzte erinnerung an eine frühere mannigfaltigkeit
gothischer formen übrig geblieben. Weswegen sollen wir end-
lich dem gothischen weniger consequenz zutrauen als dem grie-
chischen, welches neben Xiyoi in keinem einzigen beispiele das
ursprünglichere Isyoii, neben ikeye kein ikeyet duldet? Weshalb
soll dieses auslautsgesetz im gothischen nicht völlig durchgedrun-
gen sein, da doch gerade das gothische in der beschrankung der
auslautenden consonanten noch weiter gegangen ist als das grie-
chische, und nicht blos die muta sondern auch den nasal im aus-
laute verdrängt hat?
2) 1. und 2. plur. und dual opt. Im plural und dual
der zweiten person kommt der optativ bis auf dem verschiede-
nen modusvocal mit dem präsens indik. überein, wie dies auch
im griechischen der fall ist. Vgl. ligt)> und ligai}>, ligats und li-
gaits, Ufere und Xe'yoire, Uyerov und isyonor. Das hochdeutsche
zeigt auch in 1 . plur. ideutität zwischen optativ und präsens Ke-
gamta und legemes. Dagegen macht hier das gothische im plu-
ral sowohl als im dual einen unterschied, indem es sich für den
optativ der endungen aima, aiva bedient. Auffallend ist der aus-
lautende vocal. Wir können nicht umhin, denselben für einen
ursprünglich langen zu erklären, denn ein kurzes a hätte dem
das auslautsgesetz des gothischen. 185
lautgesetze zufolge, welches diesen vocal in der endsiibe nicht
duldet, verschwinden müssen, wie dies in der tbat im indikativ
geschehn ist, wo der dual avas zu avs und dieses zu 6s gewor-
den ist. Im optativ mufs einst die endung aimas und aiväs ge-
lautet haben; nur aus diesen langvocalischen endungen konnte
sich ein aima und aiva entwickeln. Um so mehr grund haben
wir für diese annähme, da auch das hochdeutsche in seinem plu-
ral »ames und eines — ein dual wird hier nicht gebildet — die
länge der endsiibe festgehalten hat. Das lange e ist hier ebenso
als ein verlängertes a anzusehn wie im nominativ der adjectivi-
schen a- stamme: guoter, plinter. Einen grund für die Verlänge-
rung vermögen wir nicht anzugeben*), doch glauben wir an die
entsprechende Verlängerung in dem skr. tudätäm, dem griech.
Xeyoirrjv erinnern zu müssen, dem gegenüber die präsensendang
unverläogerten vocal der endsiibe darbietet, tudatas liyvzov. Nach
unserer oben aufgestellten ansieht hat das gothische einen solchen
Wechsel zwischen kurzem und langem vocale, je nach dem prä-
sens und optativ in 1. plur. und dual eintreten lassen.
Perfektendungen.
Die 1. und 3. singularperson des perfekts ist in allen
*) Bopp (vgl. gr. s. 635) nimmt mit Graff einen nähern Zusammen-
hang zwischen dem althd. mes und dem vedischen masi an; das am
ende weggefallene i soll durch Verlängerung des a ersetzt oder in die
vorhergehende silhe zurückgetreten sein und mit dem a sich zu e ver-
einigt haben. Allein hiergegen spricht die thatsache, dafs das vedische
masi nur im prSsens indik., nicht aber im optat. vorkommt; das alt-
hochdeutsche rnds dagegen steht auch im optat , und so könnte nur fär
das indikativische, nicht aber för das optativische mes ein Zusammen-
hang mit masi statuirt werden. So würde hierdurch nur das indikative
meW erklärt werden, nicht aber das optativische, ungeachtet in beiden
formen das lange d denselben Ursprung haben mufs. Aufserdem ist
aber auch jeder der beiden wege, auf welchen Bopp sich masi zu rnds
entwickeln läfst, im althochdeutschen ohne analogie. Kein beispiel
zeigt, dafs ein am ende weggefallener vocal durch Verlängerung des
vorhergehenden ersetzt wurde. Was ferner die epenthese des i in die
vorhergehende silbe betrifft, so wäre diese andern sprachen wie dem
zend. und griechischen angemessen, aber im hochdeutschen besteht an
deren stelle das umlautsgesetz, wonach der vocal i das a der vorher-
gehenden silbe in kurzes e verwandelt, während doch im vorliegen-
den falle ein langes 6 steht
186 Westphal
germanischen dialekten endungslos, die zweite hat im gothischen
und nordischen t, in den übrigen dialekten t oder i (e) zur en-
dung, und zwar ist hier i das gewöhnliche, t steht nur in den
perfekten, welche präsensbedeutung angenommen haben. Alle
diese perfektformen haben apokope erlitten, wie die vergleichung
mit den verwandten sprachen, namentlich mit dem skr. ergiebt.
Im gothischen ist überall ein a abgefallen, frah, fraht, frah aus
fraha, frahta, fraha, vait, vaißt, vait aus vaita, vaista, vaita, wäh-
rend das sanskrit papracha, papraktha, papracha, das griechische
ofö«, ofo&a, olde, den auslautenden vocal erhalten hat. Im go-
thischen mufste derselbe nach den lantgesetzen abfallen; der wur-
zelauslaut sowohl wie das t der zweiten person war ursprüng-
licher inlaut, und deswegen konnte hier kein consonantenabfall
stattfinden. So läfst sich das ehemalige Vorhandensein eines end-
vocals in den gothischen perfektformen schon durch die lautge-
setze nachweisen, wenn sich gleich nur durch die Sprachverglei-
chung bestimmen läfst, welcher vocal hier seine stelle hatte.
Dasselbe gilt auch für die übrigen dialekte, soweit diese mit dem
gothischen übereinstimmen. In dem althd. säßi, sächsisch 6&ti,
ags. saete kann das kurze i (e) nicht ursprünglicher auslaut ge-
wesen sein, denn sonst hätte dasselbe ebenso wie das a der 1.
und 3. person abfallen müssen. Das nähere verhältnifs ergibt
sich hier aus dem sanskrit, in welchem für die 2. singularperson
neben tha auch die endung itha erscheint. Wie das ahd. t in
weist dem skr. th identisch ist; so kann auch das i in saßi nichts
anderes sein als das skr. itha in s6ditha. Das verhältnifs des
wurzelvocals vor den endungen itha und i macht diese annähme
zur gewifsheit Bopp vergl. gr. s. S4S.
Die übrigen endungen des perfekts sind bis auf den
verschiedenen bindevocal mit denen des präsens identisch, nur
J. plur. zeigt ein. n statt nd. Aber auch hier mufs einst die en-
dung ndi bestanden haben, nicht die endung nt oder n, weil
sonst die perfekte s&tun, et an u. s. w. entweder zu sätu, etu oder
seluiia, etuna hätten werden müssen.
Imperativendungen.
Im plural und dual ist der imperativ mit dem präsens
identisch; die 2. sing, zeigt in der starken conjugation weder
personalendung noch bindevocal. In dem mangel der personal-
endung kommt das gothische mit den übrigen sprachen überein,
das auslantsgesetz des gothischen. 187
griech. Xiye, latein. lege, skr. tuda. Die Übereinstimmung der
sprachen deutet darauf hin, dafs dies verhältnifs ein sehr altes
ist, und wir müssen daraus auch für das gothische den schlufs
ziehen, dafs der abfall der personalendung in das höchste alter-
thum hinaufreicht.
So stellt sich uns für 2. sing, des gothischen Imperativs keine
andere endung entgegen als der bindevocal. Dieser hat sich aber
nur in der schwachen conjugation gehalten, wo er mit dem vor-
hergehenden ableitungslaute zu einer länge vereinigt ist. So in
sökei, läget; ei mute auf gleiche weise entstanden sein wie in
sokeis sokeij? d. h. durch Vereinigung des j mit dem bindevocale
i; sokeis sökei)? steht statt sdkjis sökjij>, so mufs auch der im-
perativ sdkei aus sokji hervorgegangen sein. Das nach dem j
erscheinende i ist der bindevocal des Imperativs, identisch mit
dem e des griech. liye, des latein. lege, mit dem a des sanskr.
tuda.
Gemäfe der imperativform der schwachen conjugation haben
wir auch für die starke die 2. sing. imp. ligi, fari, giuti als ur-
sprunglich vorauszusetzen; das i kommt hier mit dem bindevocal
von ligis, faris überein, wie auch die plural- und dualpersonen
des imperativs und präsens in der form des bindevocals überein-
stimmen. Den lautgesetzen gemäfs mufste ligi, fari, giuti apokope
des kurzen endvocales erleiden.
Infinitivendung.
Die Infinitiven düng an, die in der schwachen conjuga-
tion ihr a mit dem ableitungsvocale zu 6 und a (e) kontrahirt hat,
mufs als substantivendung und somit als bestimmter casus ge-
fafst werden. Wahrscheinlich haben wir in dem infinitiv den
accusativ sing, eines neutralen Stammes auf ana zu sehen, sodaüs
giban den lautgesetzen gemäfs aus gibanan, wie vaurd aus vaur-
dan hervorgegangen wäre. Von demselben stamme bedienen sich
einige dialekte auch des genilivs und dativs zum ausdrucke des
infinitiv Verhältnisses, indem zu an die genitivendung as, es oder
die dativendung a, e hinzutritt, gewöhnlich mit Verdoppelung des
n. Man könnte auch in der infinitivendung an eine dativbildung
wie in namin u. s. w. erblicken wollen , aber dann müfste auch
im infinitiv statt an die endung in auftreten.
188 Westphal
3.
Aaslaut der Zahlwörter und partikeln.
1) Die gothischen Zahlwörter sibun, niun, taihun schei-
nen sich dem lautgesetze nicht gefügt zu haben ; denn es ist hier
der auslautende nasal geblieben, welcher dem lateinischen Septem,
novem, decem, dem skr. saptan, na van, dacan zufolge hier ur-
sprunglicher auslaut sein und deshalb apokope erleiden mufs.
Aber es ist die frage, ob nicht das gothische seinen conso nautisch
endenden Zahlwörtern einen vocali sehen ausgang gegeben hat,
wie dieses auch bei den meisten consonantischen stammen ge-
schehen ist (vgl. ant und ijas). Auch in andern sprachen sind
jene Zahlwörter in vocalische stamme verwandelt worden. So
hat das litauische, welchem das germanische überhaupt in seinen
Zahlwörtern näher kommt als den älteren sprachen, aus catvar,
saptan, ashtan und dem hier statt navan gebräuchlichen davan
für. das maskulinum ein keturi oder ketveri, septini, ashtoni, de-
vini, für das femininum ein keturös oder ketveres, septinos, ashtö-
nos, devinös gebildet, welche wie regelmässige plurale adjektive
flektirt werden. Dafs dasselbe auch im gothischen geschehen sei,
unterliegt keinem zweifei. Denn von taihun wird ein dativfimf
taihunim, von niun ein genitiv niune, von fidvör ein dativ fid-
vörim gebildet. Dies sind deutlich plurale casus der i-deklina-
tion, nicht der an-deklination, wie wir sie für niun, sibun, tai-
hun erwarten. Das thema an ist also zu ani erweitert worden
wie die participialendung and zu anda, fem. andi. Nomin. und
acc. lauten sibun, niun, taihun, fidvör, aber auch hier mufs wie
im genitiv und dativ vocalisch auslautender stamm gesprochen
worden sein, sibuni, niuni, taihuni, fidvöri, dessen i dem auslauts-
gesetze zufolge weichen mufste. Zwischen dem lateinischen Sep-
tem, novem, decem, quattuor und den gothischen formen besteht
danach dasselbe verhältnifs wie zwischen dem lateinischen tot,
quot und dem skr. tati kati, accus, tati kati, dativ tatibhjas ka-
tibhjas, instrument. tatibhis katibhis, loc. tatishu katishu, gen. ta-
tfnäm katinäm. Mit diesen sanskritformen stimmen die obigen
Zahlwörter des gothischen in der endung und flexion vollkommen,
soweit die Übereinstimmung bei Verschiedenheit der sprachen mög-
lich ist. Die vollständige flexion liefse sich danach folgenderma-
fsen bestimmen:
nom. sibuni, niuni, taihuni, fidvöri
das auslaotsgesetz des gothischen. 189
acc. sibuni, niuni, taihani, fidvori
dat. sibuniin, niunim, taihunim, fidvörim
gen. sibung, niune, taihune, fidvori.
Das auslautende i des nominativ und accnsativ mnfste nach
gothischem lautgesetze ausfallen. — Auf die althochdeutschen for-
men, welche unsere ansieht noch weiter bestätigen würden, kön-
nen wir hier nicht eingehen.
Das zahlwort fimf scheint von den übrigen abweichend be-
handelt worden zu sein, wie auch das lateinische quinque sich
von septem, novem, decem entfernt. An den abfali des vocals
a hinter fimf (vgl. skr. panca) brauchen wir kaum zu erinnern.
Dagegen verbietet die vergleichung, in dem zablworte saihs einen
frühem vocalischen auslaut zu statuiren, da es auch in den ver-
wandten sprachen auf einen zisch laut ausgeht: sex, ££, zend.
khshvas, skr. shash. hs konnte sich im gothischen halten, da
eine auf s ausgehende doppelconsonanz vom aüVaute nicht ent-
fernt zu werden braucht. Das litauische hat freilich auch dieses
zahlwort ebenso wie die oben genannten zu einem vocalisch aus-
lautenden stamme gemacht und flektirt sheshi, sheshös wie sep-
tini, septinös.
2) Der zweck dieser abhandlung erlaubt nicht, sämmtliche
partikeln einzeln nach ihrem auslaute durchzunehmen. Wir
müssen uns hier auf einzelne bemerkungen beschränken, nament-
lich bleiben diejenigen adverbia und con junetionen , welche sich
deutlich als casus eines nomens oder pronomens darstellen, hier
unberücksichtigt.
Die präpositionen af, at, and, und, uf, in, mi)> mufsten ihren
kurzen vocalischen auslaut schwinden lassen, denn es bedarf kei-
nes nachweises, dafs diese Wörter einst in ihrem auslaute dem
skr. und griechischen apa, ano, adhi, upa, ana oder in, pera
gleichgekommen sein müssen. In compositionen hat sich noch
bisweilen der auslautende vocal erhalten, weil er hier im inlaute
geschützt blieb. So anda in andanei]>s, andanems, andas&ts, uo)>a
in un}>a]>liuhan. Die präposition bi (griech. ini) ist durch aphä-
resis des anlauts einsilbig geworden und« konnte daher des i nicht
verlustig gehen.
Die conjunetion uh oder h, welche als enklitika mit dem
vorhergehenden worte zu einer einheit verwächst, ist wie das
lateinische que, mit dem sie in gebrauch und bedeutung gänzlich
übereinkommt, auf ein ursprüngliches ka, skr. ca zurückzuführen.
190 Woeste
Vgl. hvasuh quisque, hvoh quaeque, hvah qaodque, nih neque.
Das kurze auslautende a mufste wegen mehrsilbigkeit der so ent-
stehenden form verloren gehn. Ebenso ist es auch mit hun, lat.
cunque, skr. cana: hvashun kaccana quicunque. Auch hier hat
das auslautende a apokope erleiden müssen.
Wo in mehrsilbigen Wörtern auslautendes a erscheint, raufs
entweder langes ä oder auslautender consonant bestanden haben :
ana, faura, vij>ra, ufta, aftra, alja, sunja , vaila u. s. w. Eine an-
zahl anderer, die in ihrem vorliegenden auslaut eine dentale muta,
einen nasal oder a zeigen, wie daiaj), alja]?, hva}>, sama]>, J>an,
hvan, aftana, utana müssen hier übergangen werden, da das er-
kennen ihres ursprünglichen auslautes von der noch nicht ange-
stellten Untersuchung abhängig ist, welche Stellung diese Parti-
keln in dem flexionssysteme einnehmen. Eine solche aber hier
vorzunehmen, würde uns zu weit führen.
Tübingen. Dr. R. Westphal.
Vokale der niederdeutschen mnndarten in den kreisen
Iserlohn nnd Altena.
( Fortsetzung )
III. Lange einfache vokale,
ä
findet sich vor ch und f nur, wenn sie ausl. = g und v, sonst
vor allen einfachen und vereinfachten konsonanten, ausserdem vor
rl, rm, rn, rt. Es umfafst, ein paar i ausgenommen, wol nur
alte a.
1) = a. baen baden; läen laden; sael sattel; släe, slade,
sledtie, f. schmales thal, ags. släd; — säl, n. saal; smäl schmal,
jedoch a in smalle-kuk magere speise; tal zahl; fäl fahl; halen.
Lüdensch. huälen holen; malen molere, ahd. malan; slälen, m
bein, von tisch u. s. f.; stalen, m. musler (täikenstaJen) , model
bes. von zeugpatronen;*) — läm lahm; rämbeäum gränzbaum
*) Vorzeiten galt stalen namentlich auch von probemünzen, die bei
behörden niedergelegt worden, um falsch engen leichter zu entdecken;
vgl. Seib. W. urlr. no. 401 'moneta qoe dicitor in vnlgari stal«' ;
ähnlich 'gelt vor staF, Cl. Bar 438.
vokale der niederdeutschen mundarten. 191
vgl. goth. hramjan; swäm = swadem dunst; fäm = fadem faden;
hämel, .hämer*) hammel; hämer hammer; näme namen; rämc, m.
krampf, ags. hramma; räuien rahmen; — swän schwan; tän zahn;
wän ausgezeichnet, grofs; häne hahn; ?kränek kranich; ? krauen,
m. hahn an gefäfsen; ?krukränen kraniche; mäne, f. mahne;
mänen mahnen; fäne fahne; — bar baar, aber barwes; bar, f.
bahn; gar gekocht; gewär gewahr; kär, f. karre; pär, par paar;
schär, n. p flugschar; vär, zuweilen väder vaterj'wär, f. waare;
plären flattern; waren beobachten; Karl Karl; arm arm; wärm
warm; ärn narbe; ärt, m. und f. art; hart, n. eisen zum sensen-
scharfen; Hart und Här, f. namen zahlreicher anhöhen; märt, n.
raarder, alp, ags. mearö; tärt und tsärt zart; tärte torte, engl,
tart; — häwek habicht; käwe, f. selten kaf spreu, ags. ceaf;
kawekuärf flacher länglichrunder gartenkorb, eig. bestimmt, spreu
von der hilde zu holen; näwel nabe, nabel; räwe, f. rabe; schäwe,
f. Schabeisen; spräwe, f.-slaar; säp saft; kläpert rhin. crista g.**);
stapeln langsam (am stabe) gehn, aufhäufen; — bräf brav, viel;
— bläge f. kind, ?vgl. wechselbalg; dägen tag werden; knägen,
gnägen nagen, ags. gnagan; mäge magen; mägetmagd; ragen ra-
den, lych. gith.; sägen sägen; wägen sich bewegen; wägen cur-
ins; — däk, m. dach; snäk spafs, spafsmacher; swäk schwach;
fäk fach; äke, äkeldruft abzucht, aquadukt; bräken flachs bre-
chen; kräken krachen ; läken, n. tuch; mäken machen; näkenich
nackend; räken in gewalt bekommen, ags. racjan; säke sache;
smäken schmecken; fäke (für fäken vicibus) mannigfach, oft; wä-
ken wachen; ächterbäks rücklings, vgl. alts. bac; — ädel adel;
swäden stark prügeln, to swaddle; — pät pfad; bäte, f. hülfe;
bäten nutzen, helfen; läte spät; pläte lamina (platte stirn, Schei-
tel); rätel rassei; wate sensen eisen, vgl. alts. huat; wäter wasser;
— bäs gut***); gräsich unreif; häse hase; kwäse gerte; vräsen
rasen, ahd. waso. —
Ferner folgende praet. sg. st. v.: ät afs; bat bat; befäl, be-
faul befahl; bräk brach; dräp traf; gebär gebar; kwäm kam; las,
laus las; mät mafs; näm nahm; pläch, plauch, plochte pflag; räk
*) Daher ostfr. belhämer glockenhammel, leithammel = rSdelsführer.
**) -ort aus altem wurt geschwächt; so in golvert, grannert, lan-
kert, moadert, rainert.
***) Inflexibles subst., adj. und adv.: 'n hfiilen bis ein ganzer held
(spanisch); en bis kaerl ein trefflicher mensch; ne bU saisse; dat
mes snit bis; vgl. holl. baas.
192 Woeste
rechte, rechnete; sät safs; spräk sprach; stak stach; stäl, staul
stahl; vergät vergafs; frat frafs.
2) = i (e): bar bär; wärwulf werwolf.
3) Fremdlinge, aufser den schon eingereihten: prame presse;
prämen obst zu mus pressen, lat. premere.
vertritt in mäfsiger zahl das st. iserlohner äi, wodurch Verwechse-
lungen wie baer eber, bäir bier; haer herr, häir hirt; kserne
kerne, käirne kirne; saer sehr, säir hautkrankheit; steern stern,
stäirn stirn; faer fern, väir vier; waert werth, wäirt wirth ver-
mieden werden. Es giebt in unserer mundart wol kein beispiel
für umlautung des ä in ae auf dem wege der deklination und
Steigerung, da hier iä dient Dem Ursprünge nach sind die ae =
alten ä, e, a, i.
1) = ä. i.Hieher gehören vorab praet. plur. st. v., wo
goth. e, ahd. alts. ä, ags. meist ae: aetenafsen; baeten baten; be-
faelen befahlen; braeken brachen; draepen trafen; gebaeren geba-
ren; kwaemen kamen; laesen (lausen, lüesen) lasen; macten ma-
fsen; naemen nahmen; plaegen (pluegen, plöchten) pflegten; rae-
ken*) rechten rechneten; saeten saften ; spraeken sprachen ; staeken
stachen; staelen (stüelen) stahlen; traten traten; vergasten ver-
gafsen; fraeten frafsen; waeren (wöären) waren. In folgenden
beispielen steht das ae theils regelrecht zu obigen verbalformen,
theils erklärt es sich aus der neigung unserer mundart öä mit ae
zu vertauschen: aeren, m. geschäft, anlafs, vorwand, ahd. ärunti;
baegelich vermessen, vgl. verboach, alts. bäg; bekwaem bequem;
daeen thaten, alts. dädun; grcwe brauchbar, gesund; alt gebaeren
wie ein alter sich gebarend, verständig**); genaem was das nies-
ser annimmt, weich; kraemer krämer; schscper schäfer; verretlik*
böse, gefährlich; fraetich gefräfsig; wuärmaetich wurmfräfsig.
2) = alts. £, ags. ä, meist vor r oder dem entsprechenden
8: aer früher; aere ehre; aeker, aeken messingener kessel***); baer
eber; Draschen schreien (v. kind, esel) = bräiren, raren, mnd.
*) Lüdenscheid se rÄken sie rechneten.
**) pfc. praes., zn alts. gibarian se gerere, vgl. berg. beaeren aus-
sehen. Das d abgeschliffen wie bei aeren.
***) = aerker und wie byker (byken) mit caf gefäfs zusammenge-
setzt, vgl. ags. ärfät Man unterscheidet aeker von knlpern kietel.
yotale der niederdeutschen mnndarten. 193
brescheir; brachen; gaese, bcrg. gäre aegop. podagr.; haer hcrr;
kaer, f. mal; kaeren vertere; laeren lehren, lernen; maer mehr;
neren br allen, schreien, ags. rärjan; sser-noa beinahe. — ksese
käse.
3) = a, bisweilen mit konsonantenansfall: ?kwsel, n. docht,
borte; faele feil, ags. fäle; spsenen entwöhnen, ahd. bispenjan; aer,
n. m orgenfruhe, vgl. alts. adro; aers podex; gluäraers Aafurovotg;
mser meer; meerte, f. märz; haepe, f. Strauchmesser, ahd. happa;
baester stock, prögel; pldestern platzen, heftig regnen.
4) = i, meist goth. ai: oeren irden; aernst ernst; aerde erde;
gaerne gern; harrde herde; haert herd; inaer, Jserl. inhäir, n. ein-
geweide, ahd. inniherdar; kaern kern; ksertse kerze; staern stern;
faer fern; faerste ferse; waeren, waerden werden; met waeren, met
gewaeren in frieden, ruhe; waert werth; — ik dae ich tbat, gab,
alts. gideda; schraeken schreien, von hühnern, alts. scricon.
Anm. paelen schlagen dafs es schallt (versch. von pöälen
pfählen) scheint engl, to peal, ags. pilan zu entsprechen.
oa
Gndet sich vor allein einfachen oder vereinfachten kousonanten,
aufserdem vor m, rd, rt, sk. st, ks. St. Iserlohn zeigt dafür ein,
so dafs hoar haar, noaht naht, troan thran wie heäur hure, nelut
noth, treaun thron lauten. Wie beinahe der ganze vorrath un-
serer a aus alten a besteht, so hat sich oa fast aller alten a be-
mächtigt, woraus sich auf hinneigung auch das altwestf. ä zu u
schliefsen läfst, wie Grimm gramm. I, 543 solches von der aus-
spräche des ahd. und altn. ä vermuthet. Aufser den alten ä sind
einige 6, a und o hieher getreten.
1) = ä: bloa blau; boa wo; doa da; droa schnell, ahd. dräto
groa grau; noa nah; bloaer b latter, ahd. plätara; broaen braten
roaen rathen; schoaen ertrag geben*); veremoaen verschmähen
watbroae wade; — kwoal quäl; moal mahl; oal aal; woal wähl
moalen pingere, alts. malon notare; proalen schwatzen, prahlen
sproale staar; stroalen strahlen; Westfoalen Westfalen; — broame,
£. besenginster, ags. brom"); joamer Jammer; kroam kram, wo-
*) 3. 8g prSs schSt; prfit. schalt; ptc. schoaen; in Lüdenscheid
schwach: prät. schildere; vgl. ags. scÄdan tribaere, rond. schaden zins.
(ark.). S. unten schoanen secernere.
**) Dagegen fähren brlmmen brombeerstaaden , brammerte broin-
beere anf altwestf. brama rnbus.
IL 3. W
194 Woeßte
chenbett; oam ahm, mhd. äme;'oam athem; oame funken, altn.
äma; oames, n. mittagessen; ?äma — muos; oamaetich asth-
matisch; — goan gehn; spoan epan; stoan stehn; moane, f.
mond; moane f. mobn; oane ohne; schoanen laichen*); — boar,
f. bahre; gefoar gefahr; hoar haar; joar jähr; swoar schwer, alts.
sn&ri; woar wahr; koarde vertebat**); — goawe gäbe; oawent
abend; — schoap schaf; sloapen schlafen; woapen waffe, alts.
wäpan; — groaf für groawe graf; stroafe strafe; — swoager
schwager; vloage, f. stein und luflschicht, anflug, gemuthstim-
mung, mnd. vläge***); froage frage; woageu audere; — broak
sterilis; koak, m. pranger, mnd. kaekf); loak gränze, mnd.
laekeff); sproake spräche; — troach träge, ahd. trägi; woach
tiefes wasser, alts. wäg; — groat faden vor einer schneide, vgl.
mhd. grät; kwoatböse; loat, m. bienenschwarm ; noat naht; roat
rath; soat saat; schoat laich; snoat gränze, mnd. snäde?.sn6defff);
loaten lassen; moate, f. mafs; noatel nadel; roate, roatel, f. wabe,
alts. rata; soaterdach samstag; — Kloas Klaus; oas aas; bloasen
blasen; roasen rasen. — ?boase, f. stengclbundel (vom rübstiel);
?kroasen sich unreinlich oder unordentlich beschäftigen; ?kroas-
seln dichten (von jungen vögeln).
2) = 6: oar ohr; schroaen schroten, gerinnen; hoarde hörte.
3) = a.
a. vor r, w und ch: snoar schnell; goaren garten; goarn
garn; boart bart; schoart scharte; swoartel, f. schwarte; woartel,
f. warze; — kloawe klaue, ags. clavu; kloawer, m. kiee, ags.
cläfer; — geschoach geschah; soach sah; toach zähe, ahd. zahi;
toaster sehne, vgl. toach.
*) = schoaen aus allvvestf seäthan secernere, excernere, vergl.
schoat, schöänert. Dies wort, wie vielleicht auch'groane gräte, scheäune "
schote, liefert ein beispiel des seltenen wechseis von d und n; vgl.
Grimm gesch d. d. spr. s. 355.
**) aber kiaerde (kiajren verrere), I©rde (lasren docere); vgl. Grimm
gr. I, 254.
***) setzt altweslf. wliggian = liggian voraas.
t) eigentl. knebel, wie denn unsere landleute ihre thurknebel so
nennen; vgl. ags caege, engl. key.
tt) vgl alts. lähan, ahd. Iah incisio; noch immer dienen eingekerbte
oder theilweiae geschlichtete 'loakbäime' zur beslimmung der waldgränzen.
ttt) so snoatbeaum, snoalstäio, ?nach einem altwestf. snÄthan; dage-
gen Seib. W. urk. n.616 'arbores que dieuntur snetbome'.
vokale der niederdeutschen mnndarten. 195
b) vor vereinfachtem konsonant: schroam, in. schramme;
groane, f. gräte, vgl. granne; woafel waffel.
c) in folge einer zusammenziehung: stoal stahl; sloan schla-
gen; troan thran, vgl. ahd. trahan; oar, n. ähre, vgl. ahd. ahir.
4) = o(u). Ausnahmsweise entspricht dem goth. au unser
oa vor rn und rd (oder ausl.. rt = rd); vgl. mnd. a (k) för un-
ser uä.
inoaren, moarne cras*); doarn dorn; hoarn hörn; koarn körn;
— noarden nord; boart breit; oart ort, anfang; woart wort. —
Vereinzelt steht miuloapen (maulafTen) Ins germanica.
5) Fremdlinge: poarte pforfe; poawe, f. pfau; poawes papst;
toafel (afel; toaks frwy.og; slroate strafse; das zwitterwort win-
noatel winbrief, vgl. mnd. nottel, lat. notula; poas knabe; poas-
ken ostern; pl oasler pflaster; — kanoal; spitoal; altoar; saldoate;
siloat salat.
öä,
umlaut von oa, ist wie dieses zu beurtheilen. St. Iserlohn spricht
dafür ai. Manchmal sieht ae für öä, andere male gilt sc neben dl.
dröälcn langsam sein, die worte ziehen, holl. dralen, engl.
to drawl; nöälen säumen, zögern, dän. nale; pröäler Schwätzer;
— öämen athmen; — möänken möndchen**); schöänert und
gröäner rogener; spöäne späne; — höären hören; vi wöären wir
waren; döärne dörner; göärner gärtner; höärne hörner; öärden
orten (den schuh); pöärtern wiederholt ein und ausgehn; du
wöärs du warst; — klöäweken kleine klaue; — slöäpken kose-
form des v. sloapen; — söädinge sämerei ; nöätler nadler; — hai
blöäset er blaset.
wenn auch nicht ganz reines, haben die mundarten des limbur-
gischen und des kreises Altena für das um Iserlohn und jetzt
meist auch in der stadt herrschende y. Iserlohn und umgegend
zeigen aber ein reines i statt i vor ausgefallenem d, namentlich
im plur. prät. und ptc. prät. st. v. Der kreis Altena, welcher
*) aber subst mnärgen; tin inoaren muargen=to morrow morning.
*•> im kampfspiele 'Sännken «der Möänken', arspr. vielleicht eine
drtmatisirte mythe, mit der hübschen sangzeile 'daiit de gfkldne poarte
Danen f
196 Woeste
gern gutturalen ausstofst, bietet dabei Ähnliche erscheinungen; z.
b. gniel = iserL gnickel grobian.
1) Verbalformen: gliSn glitten, geglitten; lien litten, gelitten;
rien ritten, geritten; schrien schritten, geschritten; snfen schnitten,
geschnitten; Strien stritten, gestritten; verlien vergangen, neulich,
v. alts. farlithan.
2) kiel kittel; lferwäik sehr weich, schwach, vgl. ags. litta-
vac; slifcn schütten; smfen schmieden; verstriens schrittlings; vli-
ren angenlider, ahd. hlit (altweslf. wlid); flirenblaumen flieder-
blüthen; fri€n frieden.
Anm. Zu der Verschiebungsreihe i, 2, y, IserL ni halte man
die Ähnliche a, a, oa, Iserl. ein.
IV. Lange zusammengesetzte vokale.
ai
steht vor allen einfachen konsonanten mit ausnähme des r nnd
und ch, ausserdem vor ss, sk, st und entspricht altem &, a nnd
a, ia, i, iu (io), uo.
1) = alts. 6, hchd. ei = ai, und zwar so, dafs zuweilen ü
daneben gebräuchlich ist: rai = raide bereit, fertig; sprai, f.
spreite; haie haide; haien = haiden brutus*); raien = raiden su-
recht machen; schaie scheide, alts. scethia; spraien spreiten; waie
Viehweide; — gail geil; — Hahnen, pl. = Elwen, heimchen,
elbe; — gemain gemein; klein (kompar. kienner) klein; rain
(komp. renner) rein; gaine, gai, gäi gang zwischen gewächsrei-
hen, Schwaden; vgl. ahd. geinen; hainken insekt (schriep-, muir-,
biärguala-); mainen meinen; rainert rainfarn; wainich wenig; —
saiwer, säiwer geifer, ahd. seifar; — raiger reiber; faige dem
tode nahe; — aike, äike eiche; — baide beide; haide beide, zi-
geuner; — -hait -heit; halten heifsen; waiten walzen; — raise
reise, mal; raisen reisen, erziehen **); raisen, pl. krämpfe der kin-
•) einzig epitheton von dyr und v*i, z. b. 'n k»rl as 'n haien v«;
lat den raien goan, et es j5 mSn 'n baien dyr! die kirche griff dies
adj. einst auf, um die Unvernunft der gfttzendiener zn bezeichnen, indem
sie passend ihr paganas daneben stellte. Die begriffe campester (pa-
ganus), brutus, idolatra folgen sieh so natürlich, dafs das längere haf-
werdet J*lde?lhuni8 aof dem landc «ar nicbt in ^schlag gebracht zu
) cde Irinner im duarpe sit nit so gerätst as dai inner stat.»
vokale der niederdeutschen mondarten. 197
der, ahd. freisa; snaise, f. stange zum raucbfleisch, vergl. altn
811*8*).
2) = & oder a mit konsonantauflösung.
a) eines folgenden .w (h, j), und zwar ao9 dafs zur fullung
des hiatas ein g eintritt: bälgen bähen, ahd. bäwan; blaige, f.
blase, ags. biegen, vgl. ags. blävan; daigen regelari, ags. )>avan**);
draigen drehen, ags. >rävan; düärnaigen durchtrieben, schlau, vgl.
ahd. duruhnoht; haigen heu machen; iutnaigen wegeilen, ahd.
nähjan; kraige krähe, ags. cräve, alts. cräia; kraigen krähen, ags.
crävan; laige, f. steiles felsgehfinge, alts. leia, ags. hläv; maigen
mähen, ags. mävan; naigen nähen, ags. na van; saigen säen, ags.
sä van. — Anm. Im Ludenscheidschen sagt man ssegen, msegen,
aber kraen; in Herscheid säggen, mäggen, kräggen.
b) eines folgenden g: ai ei; aier eier (im köln. Suderlande
noch ägger); aisen grauen, vgl. alts. egiso; aisich graunhaft, ags-
egesig; aislik graunhaft, alts. egislic; baise f. = bagese binse
(? verlorn, bagan, wie juncns zu jüngere); saisse, f. sense, ags.
sägese ensis; taierwieten ;= tager (tage!) wieten schwanzunkräu-
ter, queckenwaizen.
3) = a, erweitert bei konsonantausfall : ?haien von werrig;
noa kailen entstellend nachsprechen, vgl. berg. kallen***); kaimen
kämmen; kaimer jedes in seiner art grofse und feiste thierf);
slaite, f. latte für Strohdächer, ?= statte, nordam. slat. — Anm.
In aisk turpis, flofs ai mit ausstofs von w aus zwei silben zu*
sammen, wenn es = ags. aevisc saecularis, turpis; vielleicht aber
ist es = a^isk, vgl. die kindersprache 4dat es a (&), Äks; Äks
könnte ein verdichtetes a-isk mit umgesetzten sk sein, wie sich
*) 'siewen es 'ne snaise vul* sprichw.
**) daigewiser thauwetter; versch. ist dauen rorescere.
***) da bei ans kallen (sprechen) sonst durchaus nicht vorkommt,
so dürfte noa kailen anf ähnliche weise wie franz. habler u. a. in Um-
lauf gekommen sein. Die alte Stammeseifersucht zwischen diesseitigen
rheinfranken und sassen zeigt sich in mehr als einer erscheinnng der
spräche; so sei hier noch erwähnt, dafs bergische in nnserm *min
aäks!' eine 6 finden wollen und es durch 'min sdwen!' zu überbieten
suchen.
t) Die Volkssprache, welche überflüssige epith. orn. lieht, setzt oft
noch dücbtich hinzu. Das wort gilt besonders von basen, rehen, Schwei-
nen and dürfte ursprünglich den eher bezeichnet haben.
198 Woeste
dergleichen Umsetzung im ags. findet, bei uns umgedreht lask,
pl. leske lachs.
4) = ia in ehemals redupl. prät: laip lief; raip rief; slaip
schlief; — brait briet; lait sah aus, liefs; rait rieth; schalt brachte
ertrag; schreit gerann; stait stiefs (häufiger stodde); — biais,
blaus blies. — haif hieb ist verfehlte analogie des hochd., erträg-
licher haich, pl. haigen, gebräuchlicher hochte, hoch.
5) = i: dai der; hai er; vai, Tai vieh; gaitlink, m. drossel*).
wir fuhren noch folgende hier auf, für die vielleicht besser alt-
westfälische io- formen anzunehmen wären: waige cunae, ahd.
wiga; waigen wiegen; waike, wäike docht, ags. vecce, veoca
(?veoca), draisk nicht flöfsbares heuland, ?ahd. drisc.
6) = iu(io), was in ia übergegangen und umgestellt ist.
Zuvörderst gehören hiebe r der inf., die 1 8g. und der pl. präs. st.
v. (ai; elu, üe; uä) mit dem Charakter h, g, d, t, s: geschaien
geschehen; saien sehen; taien ziehen; — bedraigen betrügen; läi-
gen lügen; flaigen fliegen; — baien bieten; — gaiten giefsen
genaiten geniefsen; schalten schiefsen; slaiten schliefsen; spraiten
spriefsen; verdraiten verdriefsen; flaiten fliefsen; — -kaisen kiesen;
verlaisen verlieren; fraisen frieren. An in. Die verba geschaien,
saien (urk. mnd. gescheyn, seyn) sind hier aufgeführt, weil die
formen geschult, suis, suit, sui, die nomina gesuine, unsuine deut-
lich genug auf altwestf. gisciohan, siohan hinweisen. Die v. mit
dem eh. d, t haben 2. und 3. sg. präs. ü z. b. bös, büt; die übri-
gen ui z. b. fruises, fruiset. Statt slaiten kommt auch sliutcn vor.
— Ferner fallen unter iu (io): dai die; knai knie; sai sie; maien
miethen; — wallen rotare, mit der waile (windelholz) festdre-
hen, vgl. ags. hveöl; — raimen rieinen; — prain pfriem, ags.
preon, mnd. pren; dainen dienen; — daiwen stehlen; — daip
tief; — daif dieb; laif lieb; staifvär Stiefvater; laifde liebe; —
snaigen = smaigen stehlend umher schleichen, vgl. ags. smeögan,
dän. snage; snaigesk diebisch. — lait lied; rait, n. rieth; verdrait
verdrufs; baitel, m. meifsel, ags. beötul; — lais liesch; baist biest,
ahd. biost; ?knaisten kränkeln, stöhnen, holl. kniezen.
7) = au. Die ausspräche der laute ai uud aü steht sich so
r) andere mark, formen sind: gallink (auch urk. eigenname), giet-
link, gillink, getlink; berg. gilde, gelde, vgl ags gidd, giedd canlüena.
Sprich wörll. redensart: 4dat es rai ok de r Ächte gaitlink' (von einem
schlechten menschen).
vokale der niederdeutschen inandarten. 199
nahe, dafs in einigen fällen ai für au völlig eingetreten ist: blai-
gen blühen, ags. blovan; draise drüse; faien nähren, alts. födian;
faikalf zuchtkalb; waiste wüste. — Die formen wuiste, druise
sind platthochd.
8) Fremdlinge: braif brief; kraike kriechpflaume; raister ra-
st erbrett, ahd. riostar; spaigel Spiegel; taigel ziegel.
äi
steht vor allen konsonanten. Der kreis Altena spricht dafür ei.
Es ersetzt altes e, ei (= ai), i, iu (io), a. Vgl. ae.
1) = alts. e, ahd. e und ei: näi nein; räi reh; räiskop ge-
räthschaft; säi see; släi stumpf; snäi schnee; twäi zwei; faimolie
bunter molch; wäi weh; schalen scheiden; — däil theil; häil
ganz, heil; sail seil; siile seele *) ; — häime heimat; läimen lehm;
verhäimen verheimlichen; — äin ein; bäin bein; Ifiinen leihen;
swäine hirt; — häirnietel eiternessel, ahd. hcitirnezila; kwoatsäir,
n. kopfräude; äirst erst; — äiwelt einfach, alts. ewald; iuträi-
wen leichen entkleiden; läiwerk, m. lercbe, ags. läverce; -räip
seil; släip schräg; gläipe, f. spalte, vgl. mbd. gleif; gläipen klaf-
fen; mistgräipe mistgabel; säipe seife; släipe, f. diagonale; —
schäif schief, ahn. skeifr; släif, slaif grofser löffel, altn. sleif; —
äigen verdienen; läige, läge schwach, leidend; fläige wohlgenährt,
schön (von thieren); — bläik bleib; st räi k sireich, Werkzeug zum
streichen; wäik weich; äiken, n. eichhörnchen ; räiken reichen;
säiken seichen; täiken zeichen; — däich teig; wiaerläichen welter-
leuchten, vgl. ahd. leih ludus; — äidem, Lüdensch. eidum, eidam,
ahd. eidum; — äit eid; bräit breit; häit, m. haidekraut, ags. haeö;
•häit heifs; häitraännken waldgeist der aufhockt; läit leid; mäit
ziel, dän. meed; swäit blut, schweifs; swäitwuärst blutwurst;
vräit strenge, böse, ags. vraö; — häis heiser, alts. lies; mäise
meise'; wäise waise; fläisk fleisch j gäist geist; mäist meist; haister
junge buche (sonst und anderwärts auch = äikentelge); läiste
leisten. — Hieher gehören auch folgende prät. sg. st. v. (y; äi,
ie; ie): bäit bifs; blaif blieb; däis lief; dräif trieb; dräit cacavit;
gläik glich; gläit glitt; gräin weinte; gräip griff; käik guckte;
käin keimte; knäip kniff; kräit schrie, weinte; kvväik quiekte;
läit litt; mäich minxit; näich neigte; päip pfiff'; präis pries; räit
*) die alts. formen eeola und siola sind in unsern säile und 'min
sail!' vertreten.
200 Woestc •
ritt, rifs; räip pruina adparuit, maturuit; räis fiel, pfropfte; schäm
schien; schäit cacavit; schräit schritt; schräif schrieb; säip troff;
släik schlich; släip schliff; släit schlifs; smäit schmifs; snäit schnitt;
späichspie*); spÜit splifs ; stäich stieg; sträit schritt, stritt; sträik
strich; swäich schwieg; verkwäin verkümmerte; verwäit ver-
wiefs; vräif, räif rieb**); wäik wich; wäis wies; — praterito-
prses. wäit weifs.
2) = i, vor r, h und dem das letztere vertretenden w; man
vgl. die goth. brechang ai: ?äirgake wildgänse, kraniche, ?äir =
caterra***); äir heftig, scharf, ags. irri; häir hirt; schäirlink
schirlingf); häirn hirn; twäirn zwirn; käirnen buttern; stäirne
stirn; wäirt wirth; — väi vieh; — gäiwen gähnen, ahd. giw&n;
täiwe zehe. — Vereinzelt steht jäider jeder, aus gihueder.
3) = iu (io): däirne dirne, schon alts. tberaa; väir vier.
4) = a bei konsonantausfall: ?häie, f. werrig; späir, n. Spar-
ren; späiren sperren.
Anm. Besondere erwähnung verdient beswäigen, prät. be-
swäigede (Lüdenscheid beswaien, prät. beswaiere); vgl. beswau-
wen, prät. beswauwede (Marsberg), alts. suogan, ags. svögan und
svegan rauschen, engl, to swoon. Daneben erhielt sich in der
gegend von Soest ein st. v. beswäigen (ai; eäu [Soest au], üe;
uä). War es die empfindung des rauschens im beginn einer Ohn-
macht, was zu dem jetzigen begriffe des Wortes führte, oder
däuchte un8ern alten gleich dem träume (s. alts. drdm drohtines)
die ohnmacht ein seliger rausch, ein sein bei gott, wie denn
in unsern redensarten für 'ohnmächtig sein9: 'bi der geüus sin,
geausen, im geausehiemel sin9 ein god oder Gwöden stecken
durfte?
5) Fremdlinge: bäist vieh; däiwel teufel (st. IserL); mäile
kornschaufel; ?päigen im sterben sein; präi, n. aas, ?preeda; pläi-
ten prozessiren, mnd. pleiten v. placitum; täike waarenschrank,
*) 8pigg«n speien hat auch schw. prät. spuchte und spiggede; ptc
gpnggen und spigget.
**) die beiden formen werden unterschieden; vom reiben mit einem
reibeisen sagt man niemals vrSif.
***) oder ist fiir as goth. alras: anseres nuntii sc. nirium (sniggel-
gSise)?
f) von 8carno -wird weder unsere form, noch die nhd. stammen.
yokale der niederdeutschen raundarten. 201
y
lautet e mit nachgeschlagenem i. In Iserlohn und mehr noch in
Menden hört man auch dafür ui. Kreis Altena und das limburgi-
sche ersetzen es durch i. Es ist in der regel =± altem 1, selten
= i. iu, ia.
1) = i; bymeäur weisel, ags. beömodor*); bly blei; bry brei;
hyroat heirat; fry frei; glyen gleiten; lyen leiden; snyen schnei-
den; stryen streiten; — gyl hals (v. vieh); kyl keil; pylricht
senkrecht; gylen keichen; yle eile; pyler p feiler; spyler speiler,
stütze; tyle zeile, 20garben; wyle weile; — lym leim; rym
reim; slym schleim; kwymen kränkeln; kwymelich kränklich,
schwächlich; — kyn keim; lyn lein; sehyn schein; swyn seh wein;
fyn fein; begynealbernesweib, verschnittenes weibliches seh wein**);
begynen verschneiden; grynen weinen; kynen keimen; kwynen
kränkeln, ags. dvinan; — sehyr rein, hell, alts. sein; spyr, n.
kdrnchen, hälmehen; myre ameise (selten), ags. mire; myre miere;
sik opsehyren heiter werden, vgl. to cheer up ; — ankly wen an-
hangen; bly wen bleiben; drywen treiben.; ywer eifer; knywe
dicke schnitte; rywe verschwenderisch, ags. rif frequens; rywe
rankendes unkraut, vogelwicke; schywe scheibe; schrywen schrei-
ben; stywe stärke, amylum; twywel zweifei; vrywen reiben; —
ryp pruina; grypen greifen; knypen kneifen; nype angedrängt,
nah"*4'); pypen pfeifen; rype maturus; rypen reifen; slypen schlei-
fen; strypen, m. streif; — lyf, n. leib; styf steif; wyf weib; —
gygen keichen; krygen kriegen; mygen mingere; nygen neigen;
syge (kompar. sigger) niedrig f); styge zahl von 20; swygen
schweigen; — dyk teich; spyk Stauung, dämm; kyken gucken;
kwyken quieken; lyke leiche; lykem, lychem. n. leichnam; lyke
gerade, gleich; lyken zielen; ryke reich; slyke schleiche, regen-
warm; slyken schleichen; spyken aufstauen; spyker Speicher;
ßtryken streichen; wyken weichen; — krych, krich nimm; stych
steig; swych schweig; — syde seide; smydich geschmeidig; —
*) man vgl. jedoch bigge biene, frigge frei.
**) ein mendener hexen protokoll von 1592 hat schon 'eine witte
begine' znr bezeichnnng eines solchen Schweins.
***) vgl. das verwaiste ptc. beniepen compressas, bumilis, verküm-
mert, v. pfl.
f) in sigge-lo wald im thal, opp. ho-lo, ist das i wol folge der
Zusammensetzung.
202 Woeste
kwyt los; tyt zeit; flyt flcifs; wyt un syt weit und breit, ahd.
sito; byten beifsen; dryte, f. dreck; kryte kreide; kryten schreien*) ;
nyterich begierig; ryten reifsen; schyten cacare; slyten schleusen;
verwyten exprobare; — gry8 grau; ys eis; rys reis; wys kun-
dig**); dysen laufen; wyse weise; wysen zeigen; dryste dreist;
lyste, f. leiste; rystcn, m. flachsbündel, vgl. ags. vriSan.
2) = i.
a) gyr* f- g*crJ nywer genau, ags. neovol pronus; ?knyste
eingetrockneter schmutz, vgl. ags. gnidan, ahd. knistjan; knystich.
b) mit vereinfachter konsonanz: ?kyle trinkgefä fs ; myle meile;
pyle, häufiger pille ente jeden alters***); tryle rollenzug, Scheibe
in der butterkirne; trylen aufziehen, dän. t rille; yme biene; ymen,
m. bienenschwarm ; Myne Minna; geschyr geschirr; kype trag-
korb; — fywe fünf; spyse speise; — dysten, m. Spinnrocken f);
spyt trotz, vgl. despectusff ). — Eigentümlich ist wymen, m. =
widern jugamentum, gebälk, woran das raucbfleisch hängt; vgl.
ahd. widamo, welches sonst zur bezeichnung geistlicher Stiftun-
gen in wieme verändert wird. Analog ist lykmen neben lykem,
balsmen für baisam.
3) = a: kye kette, in der westlichen Mark kiete.
4) = in: dyr thier; ?pyr fischlein; ?schyr schnell, stark,
scharf; nyre niere; kywe mund winke!, kiefer; nyschen niesen.
5) = ia mit ausgefallenem h: byle, f. beil; fyle f. feile.
A n m. ni wechselt mit y in nuisgyrich, nysgyrich neugierig
Einige Wörter haben je nach betonung y und i; man vgl. i.
ein, äu.
Um Lüdenscheid und t heil weise im limburgischen spricht
man dafür ou; Altena zeigt in einzelnen fällen au, z. b. brauer
bruder; die stadt Iserlohn hat eäu für oa. Märkische Urkunden
*) krytsiuer schreiend sauer, = so einer at et kril (3 sg. präs.);
vgl. hnnsrück. ritze roth greUrolh.
**) he es dat nit anners wys.
***) vgl. den lockrufpil pil! wie tüksken bahnchen zu tak tuk! kürre
schweinchen zu kür kür! misken katzchen zu mis mis! Soester Daniel
s. 68 sind die pylen keine 'junge enten*, sondern wie s. 92 pyle pfeile.
f) = dihs-ten (ags. tan), vgl. ags. distaf für dihestat Die dysse
(umgewickelter flachs) des östlichen Westfalens heifst bei uns klanke.
tt) ein anderes spyt erklärt sich dnrch das daneben gebräuchliche
spint, flachsfaser.
vokale der niederdeutschen mundarten. 203
geben den laut oft durch ou, oy, au. fcr stattet mhd. 6 und ou,
weniger uo, u, u und a.
1) = mhd. 6 und ou: reau roh; sein so; smeäu weich, ge-
schmeidig; streau stroh; fleau floh; freäu froh; — beäum bäum;
dreaum träum ; eaum ohm, ags. eam ; seäum säum ; teaum zäum ;
— leäun lohn; treäun thron; beaune bohne; krelune kröne;
scheäune schote; scheaunen schonen; fleä unken met schmeicheln,
vgl. Höhnen H. Sachs*); — gleäuwe glaube; reauwen rauben;
?schreäuwe, f. schlacke, griebe; teauwen zaubern; — heäup, m.
häuf; kneaup knanf, knöpf; deäupe taufe; leäupen laufen; —
deauf taub; leauf laub; reauf raub; — eänge äuge; Beäuge hoch
seäuge jauche, ahd. souwe; eauk auch, leäuk Jauch; reauk rauch
— keaucheln gaukeln; — bleäut blofs; breaut brot; deSut tod
greäut grofs; kleaut hode, rube; neiut nolh; rcaut roth; seaut
brunnen; scheäut schöfs; sleäut steifs; vleäut flach, seicht**);
beluten, m. pack flachs, ahd. bözo; keäuten köthe. ags. ceät;
peäute pfote; steinten stofsen; — reäuse rose; eäusten osten;
kleäuster kloster; treäust trost.
Ferner folgende prät. sing. st. v. (ai und iu; eSu, üe; uä):
beäut bot; bedr^auch betrog; breäuk brauchte, ags. breac; geäut
genelut genofs; heäuf hob; heäuk hockte; kreäup kroch; leiiuch;
log; reäuk roch; scheäut schofs; schreäuf schrob; seäuch sog;
se^up soff; sleäuk schluckte; sleäut schlofs; sneäuf schnob; spreäut
sprofs; steäuf stob; teäuch zog; verdreäut verdrofs; verleäus ver-
lor; fleäuch flog, fleäut flofs; freäus fror; [weäuch wog;] — prä-
teritopra's. ha deäuch er taugt, zu duegen.
2) = mhd. uo, in kleiner zahl vor 1, m, r: peäul pfuhl, ags.
pol; reäura rühm; — breäur bruder; heäur hure; meäur mutter;
meäur leib, ahd. muodar; reäur rührte; sneäur strick; sweäur
schwur; feäur fuhr; feäur futter.
3) = u vor r: eäur hirtengehilfe***); eäursäke Ursache; weäur
*) verb. diminutivum (koseform) vonfleäunen; vgl. slöäpken, läip-
keo zu sloapen und leäupen.
**) von bach, ackerkrume, teller; es ist ags. leä't pronus, setzt also
ein altwestf. wliolan niedrig sein voraus.
***) Lödensch. oah&r, Firm. V. st p. 182 auheere. Man sagt you
einem dem dorfshirten beigegebenen knaben 'liä gait eäur' und 'ha es
eäur = eäur- klir anfaogshirte; denn er hilft nur bis die schweine oder
kühe 'vrennt sind'.
204 Wocete
wurde; teäurn tharm; deaurt trespe, alt«, dufth; heSrt geflecht;
Keärt Kurt, Konrad*); feaort fürt.
4) = u; elurhäne auerhahn; eSurosse auerocbse,
5) = a, mit konsonantausfall oder auflösung: geSus gans,
eisengans; — speäuken spuken, ?= spalken, berg. mundart ver-
wendet spöken für speSuken und spalken.
• n,
umlaut des vorigen, klingt im ludenscheidschen und limburgschen
fast wie öi. In Iserlohn fallen die öä hieber. Urkunden des 14
— 16 jahrh. drucken den laut nicht selten durch oi aus, z. b.
Oisteryk (dorf), koiper.
1) unäi ungern, difficulter, vgl. alts. unöthi; — äimcoheim;
dräimen träumen; täimen zäumen; — bäinken böhnchen; taine
ladentisch; — räir, n. robr, röhre; säir dürr, trocken* ags. sear;
säiren austrocknen, ags. searjan; — haiwet haupt; klaiwcn spal-
ten; läiwen glauben; schäiwen stroh zum dachdecken aussondern,
vgl. scheäuf; — däipen taufen; läipen, n. gefafs, ags. leäp (kau-
laipen handfafs, 6oatläipen samenkorb); sträipen streifen; Sigeln
äugeln; — klaite rüben; — baise böse; trüisten. trösten.
2) bräirs brüder; fäirken futterchen; rliren rühren; snairen
schnüren; fairen fuhren.
3) bair bürde; häir hurde; wahren wurden; täirne thurme. —
4) dräige trocken, ags. dryge, berg. druch; draigen trocknen.
6) gäise gänse; späike gespenster.
Anm. Wohin gehört mäine tante? muoma und mnd. möme
will schlecht passen. Es liegt so nah, in den Wörtern für oheim
und tante den begriff des 'liebevollen, zärtlichen7 zu suchen, dafs
man zu maine das alts. munilic, wie zu eäum schwed. öm hallen
möchte. Erwägt man zu letzterem die Verhältnisse der bäuerli-
chen erbfolge, wie sie waren und oft noch sind, so findet sich
in dem elum auf dem hofe des erstgebornen bruders oder neffen
in den meisten fällen auch ein anmr (miser).
*) auch = verächtlicher kerL In der südl. Mark ist kouert eich-
hörnchen, wie denn voroamen zuweilen thieren beigelegt werden. So
gilt bei ans aafser Hiarmen für bock and pferd, Makolwe ( Marco lf) fttr
näher, Gehannes, Hans von vielen thieren, sogar vom holz warm: Sai!
sagte der schreiner einen schrank auseinander nehmend, sai! Gebannes
woarm es derane.
vokale der niederdeutschen mundarten. 205
iti, eu.
Kreis Altena and das Limburgsche haben dafür ü. Es steht
gewöhnlich für alts. ü und iu, seltener für u and wi, misbräuch-
lieh für uo, 6.
1) = ü und iu: diudissel dudistel, sonchus, ags. )>üfe)>istel ;
ria rauh; liuen lauten; — mini maul; fiul faul; iule eule, weit-
halsiger krug*); kiule, f. grübe; Schiulenstäin name der klausen-
steiner höhle, vgl. ahd. scülinge latebra; — kium kaum; rium
räum; schium schäum j diume daum; priuine pflaume; — briun
braun; tiun zäun; liune laune; — biur bauer; niur, n. euter**);
schiur, schiul regengufs; schiur gesichert, vgl. schiul und schuir;
siur sauer; stiur stark, alts. stiuri; triuren trauern; — diuwe
taube; driuwe traube; driuwe fafsdaube; siu wer sauber; — siriuf
straobig, alts. strüf; — biuk bauch; sliuk Speiseröhre, schlauch;
?kiuken schwach sein, kränkeln; ?miuke, moeke***), murke
maunkel, obsthort der kinder; piuke kind, schweinchen, altn.
pükif); fiuke spitzer binsenkorb zum fischen, altfr. fuke; — jia-
chen jauchzen; — hiudelte, f. Hasche von hast; ?smiuden, smiu-
ren druckend warm sein; — briut braut; hiut haut; iut aas;
kriut kraut; Hut, liu licht, laut ff); hinten draufsen, alts. biütan;
kliote, f. und kliuten, m. schölle, klumpen, ballfff); liute fla-
ches netz; Hüter nur; schriute, f. truthenne; stiuten, m. feineres
brotffff) tiute düte; tiaten ein hörn blasen; — hius haus; krius
kraus; lius laus; mius maus; diusent tausend; riuse, f. und riu-
*) das alts. wort für X/ßtjq, olla Ps. 59, 10 ist vielleicht besser ula
als ula zu schreiben. Unsere iule, ein topfähnlicher kmg, mufa von
der enlengestalt benannt sein.
**) nicht aus üder entstellt; wir haben aiterbock «witter.
**•) stimmt zu fries. muke.
t) ygl- jedoch liuse-purk, was auf porcus führt,
ft) liut-saiget = clair-sem&
ftt) kliutentri©er schollen treter = bauer, Infanterist, vergl. engl
clodhopper.
•f-f-ff) für die sbleitnng dieses Wortes erwSgc man die wahrscheinli-
che urform des gebScks (rnnd mit einer kerbe), wie sie bei unsern
banern noch die gewöhnliche ist, ferner die Wörter stuitken kleiner
Stuten, stoitink börzel und die gleichung kliuten: kleäut = stiuten:
steint (steifs, stiuz). Wie, wenn hier der name die form bezeichnete,
und diese gleich dem brot piepen (Gr. myth. s. 453) und dem feige
zeigen ein Signum averruncandi wSre?
206 Woeete
sen, m. klumpen, schölle*); driust, m. zweig, strauch ; kniust, m.
klumpen, knorren; piust banch; fiust faust; piiisten hauchen,
blasen. —
Ferner im in f., 1. präs. und imperat. st. v. mit. dem. ch, w.
p, k (vereinzelt siugen), deren 2. und 3. sg. präs. ui hat: briu-
ken brauchen; hiuken sitzen; kriupen kriechen; riuken riechen;
schiuwen schieben; schriuwen schrauben; siugen saugen; siapen
saufen; sliuken schlucken; sniuwen schnauben; stiu wen stauben.
2) = u, bei konsonantausfall.
a) gliume, f. funken, vgl. glummern; linke luke, vgl. luckc;
kriuke, f. krug, ags. crucce; stinken wurzelende eines baum-
stamms, vgl. stock; tiufel pantoffel.
b) diust, m. geschwulst; hiuk, m. zäpflein, vgl. ags. hole,
dän hulke; siuden Süden ; stiuf stumpf; triuf trumpf.
3) — wi: kiusen, m. keule, kolbe, vgl. ags. cvfsan; tiuwer
zuber.
4) = uo und 6: liuder luder; swiul schwül; — karniutc
genösse, mnd. cornote.
Anm. iu und u wechseln je nach betonung; m. s. u.
ui.
Kreis Altena und Limburg ersetzen es durch ü. Ein Theil
der bevölkerung von Iserlohn und Menden zieht das y hieher.
Mark. urk. des 15. und 16. jahrh. zeigen das ui schon häufig,
z. b. betuige, luide Es ist in der regel umlaiit unseres iu, manch-
mal der eines alte, oder ahd. iu, einigemal reine Umsetzung des
alten in, andere male Verlängerung und umlautung des u bei
konsonantausfall.
1) Umlaut: lui leute; luilink sperling; buien verbergen**),
ags. hydan; luien läuten; — buil beutel; kuilink kaulquappe;
muilen maulen; — bruimer bräutigam ; ruimen räumen, von stat-
ten gehen; pruimken pfläumchen; — gesuine, gesui gesiebt, alts.
gisiuni; huine, Werdohl hune hüne***); tuine zäune; unsuine un-
sauber, mnl. onsiene; — duir theuer, alts. diuri; schuir scheuer,
vgl. schiur; ungehuir ungeheuer, alts. unhiuri; nuiren schwellen
*) von klumpen, die aus unsern grofsen Schwarzbroten fallen; von
erdschollen; vgl. ags. hreösan.
**) pr. hndde, ptc. hut.
"**) vgl. Grimm myth. s. 489.
vokale der niederdeutschen mundarten. 207
(v. eater); stairen steuern, ahd. stiurjan; dairde theurung, alts
diuritha; sairte Sauerampfer; — duiwel, alts. diuvil neben diu-.
*al; schuiwer Schieber; struiwesk straubig; huipen, huipenich
gehäuft, vergl ahd. hüfo, mnd. hupen; kruiper zwergbohne; —
schuifeln schaufeln; — luik klaffend; stuik steif; suike seuche;
— kruider kraut er; nuitlik niedlich, vgl. alts. niudlico; — bui-
terst äufserst; guite giefskännchen ; kluiten mit Schneebällen wer-
fen; sluiter brauerknecht , schliefser; snuiten schnauzen; stuitink
bfirzel; stuitken kleiner stuten; duitsk deutsch, alis. thiudisc; —
huiser häuser; muise mause; fuirmuiser roth wangiger mensch,
fenermauser, nuiseken kühchen; puiseken kätzchen, schfilzeben,
vgl. engl, puss; duister finster, alts. tbiustri; knuiste knorren knö
chel; pluisterich faserig, zerzaust, von pliuse; puister blasebalg;
hieher gehören ferner 2. und 3. präs. sg. st. v. iu; eau, ue; uä,
sowie von den ai; eäu, üe; uä diejenigen, welche den eh. g, h,
s haben; z. b. bruikes brauchst; bruiket braucht; — fluiges fliegst;
suis siehst; fruiset friert. Anmerkenswerth ist hier das verein-
zelte hä druiget sik op afficitur (sc. laetitia), wobei sik dat. ethic.
Der infin müfste sik draigen op lauten, mnd. findet man sik
dryghen uppe, vgl. alts. dreogan, ags. dre6gan pati. Daneben läuft
mnd. ein sik dragen up, s. Spil f. <L upst. 168
2) Umsetzung eines alten iu: fuir feuer, alts. fiur; — die
imperative aller st. v. ai, eau : sui, tui, fluieb, guit, schnit, verluis.
3) Verlängerung und umlautung eines u bei konsonan laus-
fall: buie = budde bulte, wanne, s. Dan. badbudde s. 16*9; bruien
= brurden plagen, ags. bryrdan; kruich -= krudig kümmerlich;
ruie = rudde hund jeder art, ags. hryööa.
4) Aufgelöstes w mit Verlängerung durch konsonantausfall
und umlaut: kuiern sprechen, kaudern, vgl. alts. quethan; tuiern
zaudern, vgl. alts. tuedon dubitare; kuiken, n. hühnchen = kuk-
ken, dimin. von alts. quic*); kuiksken küchlein (doppelte dimi-
nutivform).
5) Auflösung eines wi und umlaut scheint in kuim engbrü-
stig, vgl. kwymen.
6) Auffallend sind muir, f. mauer, alts. mura; ruiter reiter.
Da sich gar kein ryder mehr in unserer gegend findet und rui-
ter schon mnd. galt,* so möchte ich nach mnd. (met rufen unde
*) vielleicht stammt das wort gar nicht von quic, sondern von un-
serm Iciuken schwach sein.
208 Woeste
rdven' urspr. einen grassator darin sehen, der sein handwerk ja
am besten zu pferde trieb"). Vgl. ahd. (?) rüt6n saevire.
au
steht theils für ahd. uo, theils für ahd. aw, mhd. ou(w). Mark,
urk. des 15. und 16. jahrh. zeigen zuweilen au und ou für altes
uo, z. b. Blavaut**) n. eines hörigen (urk; v. 1419; in urk. v.
1396 noch Blavot); daue thue; Gosebrauk; behouf.
1) z= uo, nur nicht vor r: dau thau; kau kuh; schau schuh;
tan zu; waukiaewe maikäfer, vgl. ags. wöh; blauen bluten; haue
hütung; — kaul kühl; staul stuhl; waul Schwein***); schaule
schule; spaule spule; — blaume blume; vlaum trübe, eigentlich
von fluthwasser, vergl. luomi frequens; — haun huhn; grauner t
grummet; — au wer ufer, hügel; grauwe grübe, schacht; —
raupen rufen ; grauf grub ; häuf huf ; — rauge ruthe; fau'ge fuge,
facultas; — bauk buch; brauk hose; brauk brüch; dauk tuch;
klauk klug, rauk corvus; snauk hecht; flauk fluch; kauken ku-
chen; wauken wuchern; — hä draueh er trug; genauch genug;
plauch pflugf); slauch schlug; f rauch frag; — blaut blut, blüthe;
glaut gluth; haut hut; häimaut heimat, mhd. heimuot; maut
muth; laut lud; raut rufs; faut fufs; flaut fluth; — kraus trink-
krag; maus gemüse; bausem kappe eines herdes, busen; grausen
auspressen, grüsen; aust und naust knoten, ausgangspunkt eines
astes, ags. öst; Saust Soest, Suäsaz; hausten husten.
2) = aw(ouw): au schafmutter; dau thau; gau = glau
schlau; glau klaren auges, scharfen obres, alts. glau, ags. gleav;
getau, f. Webstuhl, ags. getav; nau genau; vlau übelwerdend,
ahd. law; frau frau; baügen selten für buggen pflügen; klauen
scharren, ags. clavjan; krauen kratzen; ?mauen miauen; sik
tauen sich beeilen; wärschauen warnen, vgl. ags. scavjan und to
shew; — mauge Srmel, mhd. mouwe; haugen hauen; kaugen kauen.
*) solche ruiters frafeen auch auf ihren fahrten das fletsch 'ruitcr
g^r' halbgar; vgl. H. Sachs im Landsknechtsp.
**) vgl. Grimm myth. p. 633*.
***) nur als Schelte 'du waul! zu lindern, die säuisch essen, durch
dick und dünn laufen; ad], waulich säuisch; waulepiäpcr säuischer brei,
säuischer mensch. Zusammenhang zwischen ags. vala aper und ahd.
wuolfan ! vgl. Grimm myth. p. 948.
t) ▼gl- plauch prät. von plisegen; plauch (pflüg): pl'utgen (colcre)
= sträik (wetzstein): stryken (streichen).
vokale der niederdeutschen mundarten. 209
3) Erwghnenswerth sind noch: saul schmutzig, rufeig, ags.
salu, vgl. goth. saul jan; kraume, f. krume, *gs. crume, altn. krumr,
kraumr; bau, m., baude, bauget, bauert, bugget, m. u. f. ärnte;
vergl. urk. 4n dem bouwede (ärnte)', buwet (ackerland), alts.
beo, bewod*).
au,
umlaut des vorigen, häufig ai gesprochen; um Lüdentch. spricht
man !i9 z. b. fallen fühlen. Unsere urk. zeigen dafür oi, oy, oe
z. b. genoige, beboyvet, woeste. Auflallend, dafs faür (fair) fu.
der hieherfallt.
1) brauen brüten; glaüen glühen; hauen hüten; kaue kfihe;
roaüe muhe, müde; — faulen fühlen; staüle stuhle; kaülunge
külilung; — naumen (naimen) nennen, mnd. nomen, vgl. Grimm
gesch. d. d. spr. s. 848; vlaütnen trüben; — graün grün; haün-
ken (hainken) huhnchen; — auwen (aiwen) vexieren, ahd. uob-
jan; draüwe trübe; hau wen nöthig haben, müssen, ags. behofjan;
raüwe rübe**); tau wen warten; raupet ruft; — plaügen pflügen;
vi slaügen wir schlugen; — baüken (seltener bücken) buchen;
bäaker bücher; haüken, n. (für haudeken v. haut hui) weiber-
roantel der zugleich den köpf bedeckt, mnd. hoike; klaüker klü-
ger; aaüken suchen; snaüke hechte; wälthaüch hauende eines ge-
fällten hauuies; — gemaüt gemüth; se haül = se haüwet sie müs-
sen; bauten heizen; maüten müssen; maüte, f. begegnung; maü-
tich müfsig; saüte süfs; faute fufse; — aüste astknorren.
2) hä haüget er haut; maügesken kleiner firmel; fraüken
kleine fran.
*) unser wort gilt (od mit vorgesetztem roggen-) von der rog-
genSrnte mit einschlnfs des neuen umbrechens. Es dürfte daher einen
rückblick auf die Verhältnisse des alts. ackerbaus gestatten. Man baute
vorzugsweise roggen (da man durch andere feldarbeiten nicht behindert
war, gleich nach der ärnte zur neubrache zu schreiten). Ohne ein sol-
ches Verhältnis konnte bewod (vgl. buggen pflögen, buggemann pflüger)
nicht schlichthin die bedeutung messis» erhalten. Vergl. Grimm gesch.
d. d. spr. s. 74.
**) Redensart« 'raüwen guet maus sin loaten' = sich um die weit
keine sorge machen ; es gehen lassen, wie's gebt. Denselben sinn ge-
währt: 'rdven bfcren (birnen) sin täten', Burch. W. verl. söhn 666.
Iserlohn. Friedr. Woeste.
II. 3. 1*
2io Aufrecht
Die lateinischen suffixe cens und eins.
Das seeundäre suffix lat. eo (eu-s), gr. eo (eo-g) bilden be-
kanntlich eigenschaftswoi-ter, dnreh welche in der regel bezeich-
net wird, dafs das zu bestimmende wort aus einem gewissen
Stoffe bestehe, ihm ähnlich, damit versehen sei: argen-
teus, laneus, vimineus, igneus, sidereus, doyvgeog, ioeeog, %Qv<5eog9
xvdveog. Pott etym. forsch. II, 502 nimmt mit vollem rechte als
die erste bedeatung von eo, eo die «von etwas abstammend» an
• and stellt es lautlich dem skr. eya gleich. Nun ündet sich im
lateinischen ganz zu demselben zwecke auch das suffix ceo (cen-s)
verwendet, antretend an a-, o- und konsonantische stamme. Ge-
wöhnlich geht dem suffixe ein langes a voraus. Beispiele l)^von
a -stammen: alutaceus (eins) , ampullaceus, amygdalaceus (vergl.
amygdaleus), argillaceus, belaceus, chartaceus (vgl. charteus), cre-
taceus (vgl. creteus), gallinaceus, herbaceus (vgl. herbeus), lappa-
ceus, membranaceus (vgl. membraneus), resinaceus, rosaceus (vgl.
roseus), testaceus (vgl. testeus), tiliaceus, violaceus; — 2) von
o -stammen: furnaceus, helvaceus, hordeaceus, miliaceus, papyra-
cens, sebaceus, vinaceus, vinacea (vgl. vineus); — 3) von konso-
nantischen stammen: arnndinaceus (vgl. arandineus), mellaceum
(vgl. melleos), pavonaceus, und das ofienbar mit zweifachem
suffixe gebildete erinaceus (vgl. ericius). Statt des vorausgehen-
den a zeigt ein ü das einzige pannuceus. Da nun sowohl En-
nius nach Charis. I, 6, als auch Pomponius bei Nonius p. 488, 30
den dat. abl. pannibus brauchten, so darf man nicht zweifeln,
dafs pannus auch nach der u-deklination flektirt wurde, u -stamme
aber widerstehen fester als anderweitige den einflössen der fle-
xion und ableitung.
Zwei fragen sind bei diesen bildungen auf aceu-s zu beant-
worten: wie man das ä zu erklären, und ob man ceo als ein-
faches oder zusammengesetztes suffix zu betrachten habe, oder
endlich ceo nur als eine Variation von eo und das c als lautli-
cher Vorschlag zu fassen sei.-* Jenes ä finden wir ebenso in einer
ganzen reihe lateinischer sekundärer affixe: änus, äneus (circum-
foraneus, momentaneus, praesentaneus, subitaneus), aris, älis, arius
== äsius, atis = ät, aticus (aquaticus, dapaticus, pulveraticum),
ätilis (aquatilis, fluviatilis, umbratilis). Irrig war1 es meiner Über-
zeugung nach dieses a als bindevocal oder als Verlängerung des
themavocals (was im besten falle nur auf die a- und o- stamme
die lateinischen suffixe ceus and cius. 211
passen wurde) zu fassen. Vielmehr hangt es mit dem ableiten-
den ä der a-konjugation (sogen, ersten) eng zusammen. Da dem
Römer geläufig war von jedem beliebigen worte ein verb nach
jener konjugation zu bilden, so lag es ihm nahe analog auch bei
snffixen die ableitung durch dasselbe ä ku bezeichnen, ohne dafs
die betreffenden suifixe aus ihrer sekundären natur heraustraten
d. h. für niomentäneus, momentärius, fhiviäticus, fluviätilis ein
auch nur gedanklich vorangegangenes momentane, fluviare (oder
-Sri) vorauszusetzen wäre, und ohne dais praesentäneus, praesen-
Urins, umbräticus, umbrätilis zu praesen tare, umbrare in dem
verhältnifs der Unterordnung ständen. Der bedeotong nach ganz
▼erschieden ist das a vor den primärsuffixen bulu-m, cnlo-m,
iu-s. Mir steht es fest, dafs kein acetabulum, desidiabulum, se-
naculum, consulatus, tribunatus ohne ein vorhergegangenes ace»
tare, desidiari, senari, consulari (oder consulare, vgl. magistrare
und dominari in aktiver und passiver bedeutung), tribunari ge-
bildet werden konnte.
Schwieriger ist die zweite frage. Dais ceo kein einfaches
suffix sei, l䣻t sich wenigstens dadurch erweisen, dafs weder
ein griechisches neo noch skr. kaya, caya, caya vorhanden ist.
Hingegen läfst es sich nicht geradezu verwerfen, wenn man, wie
Pott es thut, aceo in äco + eo zerlegt. Dafs co mit verschie-
denen vorausgehenden vocalen im lateinischen sekundäre ablei-
tungen bilde, kann man bei Pott etym. forsch. II, 510 ersehn.
Für äco bringt er die beispiele: linguläca, porciläca (portuläca
verbenäca (vgl. noch pastinäca, scanduläca) bei Bei der grofsen
anzahl der adjective auf äceus muß es aber befremden, dafs Pott
nur das einzige meräcus anzuführen wufete, dem ich nur noch
ebriäcua beigesellen kann, und dafs diese beiden adjektiva ganz
verschieden von jenen wieder von adjektiven (merus ebrius) ab-
geleitet sind. Dieses sowohl als der umstand, dafs neben äceos
so oft das blofse eus einhergeht, bestimmt mich das c als blofs
lautlichen Zuwachs anzusehn, über dessen natur ich mich im fol-
genden ausspreche. v
Mit den adjektiven auf ceus stelle ich die auf cius unmit-
telbar zusammen. Sie zerfallen in zwei hauptklassen: 1) solche,
die von einem part. perf. pass. abgeleitet sind. Diese zeigen vor
dem affixe stets ein langes i*); 2) solche, die von einem ander-
*) mich befremdet, dafs selbst Freund in seinem in vieler bezie-
14*
212 Aufrecht
weitigen namen abstammen und vor dem affixe ein kurzes i, sel-
ten einen anderen vocal haben. Ehe ich näher anf sie eingehe,
habe ich einige werte über die Orthographie «i sagen. Bekannt-
lich schwanken sowohl die handschriften als die Inschriften zwi-
schen der Schreibung cius nnd tius. Priscian. IV, 6, 31 (ed.
Krehl) sagt darüber: « exceptis in cius desinentibns: illa
enim assumunt, si sint nomina ex quibus derivantur vel partici-
pia seeundae declinationis, genitivo: sin tertiae, dativo eins, i
tarn penultima quam antepenultima correpta, ut advec-
tus advecti advecticius, commendatus commendati commendaticios,
faber fabri Fabricius, pigneratus pignerati pigneraücius, tribunus
tribuni tribunicius, pater patri patricius, aedilis aedili aedilicius,
gentilis gentili gentilicius.» Dem widerspricht bei einzelnen eigen-
namen die Schreibung alter Inschriften und es wird um zur Sicher-
heit in diesem punkte zu gelangen kritischer sichtung sowohl
der Schriftsteller als der Inschriften, wobei naturlich die vor-
augusteischen zu gründe zu legen sein werden, bedürfen, umsomehr
als auch sprachgeschichtlich cius und tius zwei ihrem Ursprünge
nach völlig verschiedene suftixe sind. Mir standen zu wenige
hülfsmittel zu geböte um diese Untersuchung anzustellen ; ich kann
nur insoweit sondern, als ich es fär die gegenwärtige Untersu-
chung bedarf. 1) icius. Suppositicius, surrupticius schreiben in
den in der obigen anmerkung citirten Plautusstellen alle hss.*)
hang bis jetzt unübertroffenen wörterbuche bei der angäbe der quan-
tität dieses i schwankt. Unter der grofsen anzahl der hierher gehöri-
gen bildungen finde ich anter den von mir gekannten beispielen nur
translaticias , adscripticius , adventicius (aber conventicins f) mit dem
richtigen längezeichen versehen. Hätte der lezicograph die von ihm
citirten Plautosstellen angesehn, er wäre dem irrtham entgangen. In
den 6 von Ritschel bis jetzt herausgegebenen stucken kommen nur
zwei Beispiele vor, nämlich Pseudolus IV, 7, 72:
tixploratorem hünc faciamns lüdos suppositfeium
and Menaechmi prol. 60:
Adöptat illaui päeram sarruptfeiam
ibid. 68: •
Is fllic habitat glrainus eurrnptfeius.
Vgl. ibid. arg um. v. 7. subreptteius. In den übrigen stucken kommen
noch mehrere beispiele vor. Wahrscheinlich beruht der irrtham auf
der mitgetheilten stelle des Priscian, dann bleibt das schwanken aber
noch immer unerklärt.
*) missicias steht in einer sehr spaten inschrift Or. 3582; conla-
die lateinischen saflixe ceus and eins. 213
2) adjeetiva auf Icius. Tribunicius steht konstant auf münzen
der gens jalia (vgl. Gennaro Riccio, le monete delle antiche fa-
niiglie di Roma. Napoli 1836. Erste aufläge p. 74. 96 etc.) und
so auch in der regel auf Inschriften. Patricius, aedilicius, quaesto-
ricius sind durch Inschriften verbürgt. Das meiste schwanken fin-
det sich bei den eigennamen auf cius: Minncius Riccio a. a. o.
p. 116. 117, Poblicius p. 135, Sulpicius p. 161, Sulpicianus p. 146,
Vinicius p. 176. Durch die gewöhnliche Schreibung der inschrif-
ten verbürgt sind Aniciu6, Caedicius, Castricius, Castrucius, Fa-
bricius, Fußeins, Minicius, Numicius, Septicius, Vestricius. Nicht
geringes gewicht legen in die wagschale die oskischen formen:
Vestirikiis, Yiinikiis und das urobr. Kastrucjis. Bei anderweitiges
namen wiederum wird die Schreibung mit tius festzuhalten sein,
so bei Tarquitius Riccio p. 16. 163, Cossutius p. 59 (vgl. Cosuties
auf der tabula veliterna), Domitius p. 62. Bei den namen auf
atius (wie Lutatius, Minatius) wird sich, glaube ich, das t als
überall allein richtig erweisen.
Durch das affix icio (iciu-s) wird bezeichnet, dafs einem
dinge das primitiv als besondere eigeuschaft anhaftet: aes colla-
ticium ist geld, welches die eigenthümlichkeit hat, dafs es colla-
tum ist. Kürzer ausgedrückt: das affix individualisirt die schon
durch das primitiv ausgesprochene eigenschaft. Mit «angehörig»
läfst sich die bedeutung von i-cio am schärfsten ausdrücken. Bei-
spiele sind: reeepticius, cessicius, oecupaticius, dediticius, profec-
ticius, feneraticius, ficticius, congesticius, agnaticius, collaticius,
tran8laiicius, commendaticius, commenticius , missicius, emissi-
cius,multaticius(?), adoptaticius, pigneraticius, suppositicius, abrep-
ticius, subrepticius = surrupticius, adscripticius, insiticiusj-adven-
ücius, conveniieius. Ihrem langen i nach gehören anomal hier-
her auch caeslcius und novicius. — Was dieses i betrifft, so er-
kenne ich darin, wie ich oben das ä von äceo als an das k der
ersten abgeleiteten konjugation sich anschliefsend gefafst habe,
das i der dritten abgeleiteten (sogen, vierten konjug. wieder). Das
kann um so weniger befremden, als ja diese mehrere verben auf-
weist, welche von o- stammen herrühren: superbio, saevio, iuep-
tio, blandior, largior. Das c betrachte ich auch hier als späte-
res einschiebsei und als eigentliches affix io, das sich am besten an
ticius hat Dtintzer lat. wortbild. p. 41 bei Or. 3730 gelesen, dort steht
conlatilios.
214 Aufrecht
das skr. iya wird anschliefsen lassen. Vergl. über dieses umbr.
sprachd. I, p. 147 anm. 2. —
Die adjeetiva aaf lcio Otciu-s) haben a) gleiche bedeutung
mit denen auf äceo, aus einem Stoffe bereitet: caementi-
cius, caespiticius, craticius, latericius, sarmenticius, stramenticius,
oder feinem dinge angehörig, eigen: aedilicius, clibanicius,
compitalicius, curatoricius, duumviralicius, gentilicius, nataiieias,
nuptaücius, patricius, praetoricius, quaestoricius, qoinquennalicius,
tribunicius, venalicius, vernalicius. Ericius scheint wie erinaceus
erst durch ergänzung eines adjeetivbegriffs die bedeutung von er
angenommen zu haben. — Seinem wesen nach ist dieses suffix
von a-ceo und i-cio kaum verschieden: man kann es auf skr.
eya oder iya zurückfuhren, da ja diese beiden im erhaltenen zu-
stande des lateinischen sich gar nicht mehr sondern lassen, über-
diefs von hause aus nicht verschieden sind.
Die eigennamen auf Tcio, die mit Sicherheit hierher zuzie-
hen sind, habe ich bereits oben zusammengestellt. Sic sind sämmt-
lichpatronymika: Publicius ein abkömmling des Publius*), Fufi-
cius von Fufius, Fabricius von Faber, Vinicius von Vinius. Fftr
die geschichte der entstehung dieser namen sind die oskuchen
formen mit doppeltem ii wichtig: Vestiriküo, Viinikiio. Ich
glaube nicht zu irren, wenn ich alle diese formen dem skr. eya
mit vorgeschlagenem c gleichstelle, namentlich da io (osk. iio)
auch allein ganz gewöhnlich patronymika bildet.
In der ansieht, dafs in den bisher besprochenen suifixen ein
lautlicher zusatz sei, bestärkt mich das vorkommen derselben er-
scheinung im sanskrit. ayani ist ein gewöhnliches zur bildong
von patronymici8 dienendes suffix: Kaitav- ayani ist ein abkömm-
ling des Kitava, Saindhav-ayani des Saindhava. In einigen Wörtern
(P. IV, 1, 158. 159) tritt aber vor ayani noch ein k an, nämlich
in V&Jdna-k- ayani, Gaudhera-k- ayani, Kärkashakäyani, Kaka-
kayani, L&nkäkäyani, Carmakayani, Värmakäyani, G&rgiputrakä-
yani von Väkina, Gandhera, Kärkasha, Kaka, Lanka, Carniin,
Varmin, Gärgiputra. Dasselbe geschieht in einigen Wörtern bei
antritt des adjeetiva bildenden äff. iya (P. IV, 2, 91), nämlich bei:
na{ja-k*iya, plaxa-k-iya, vilvakiya, venukiya, vetrakiya, yetasa-
kiya, ixukiya, k&shtbakiya, kapotakiya, trinakiya, kruncakiya,
*) dafs man nicht an eine ableitung von publicus za denken hat,
zeigt Pabliliue.
die lateinischen suffixe ceus and eins. 216
taxakiya von nad«, plaxa, vilva, venu, vetra, vetasa, ixu, käshtha,
kapota, Irina, krunca, taxau.
Meine ansieht über das behandeile c, k ist folgende. Es gab
eine zeit, und die rhythmen der Vedeu zeigen noch frische spu-
ren davon, wo vocalische flexions- und ableitungsend ungen auch
an vocalische stamme unmittelbar ohne gegenseitige Veränderung
antraten. Um ein beispiel zu geben, so gut senatu-os und mili-
tia\-i erhalten ist, mufs auch bono-2 und Fabri-ius bestanden ha-
ben. Im laufe der zeit wurde aber der hialus auf dreifache
wehe beseitigt 1) durch zusammenziehung beider vocale, 2) durch
ausstoisung des ersteren, 3) durch einschaltung em& consonanlen.
Der gangbarste consonant für diesen fall ist jod, das sanskrit und
das deutsche wenden vielfach ein n an. Gleiches recht nehme
ich nun auch für k in ansprach.
Erweist diese darstellung sich als richtig, so werden vielleicht
• noch einige andere lateinische bildungen sich auf gleiche weise
erklaren lassen. Namentlich habe ich hier die deponentia auf
cinor im äuge, die zu weiterer betrachtung hier aufgezählt wer-
den mögen: alucinor, latrocinor, lenocinor, niantiscinor, patro-
ciaor, ratiocinor, sermocinor, tuburcinor (?), vaticinor, denen sich
das Substantiv tirocinium anschliefst. Immer wird bei annähme
solcher hülfslaute mit gröfster vorsieht zu verfahren sein, denn
wie neulich F. Berger in seiner ihres materials wegen schätz-
baren schrift (de nominum quantitate. Gotha. 1852. 4.) alle mög-
lichen consouanten au wachsen Iäfst, wobei er freilich der Vor-
gänger viele hat, bringt in die schwierige lehre von der Wort-
bildung nicht licht, sondern höchste Verwirrung.
Im August. . A.
Die suffixe tv; tu (4te Ml.) sammt &tu; tu (2te dekl.)
und £tu; dov; din (norain, do); tüdin (nom.tddo); ta; r/y.
Im sanskrit finden sich drei zusammengehörige sekundäre,
d. h. aus nominalthemen neue nomina bildende, abstractsuffixe
tvana*), tvan, Iva**). Wenn wir gleichlautende affixe, sowohl
*) diesem entspricht das prakr. ttana, wonach Lassen 1. L. Pr.
§ 89, I zu berichtigen.
**) 8. meine sanskrilgniuiu). s. 236 § 603.
216 Benfey
zu sekundären ab auch zu primären, das letztere heilst zu Bil-
dungen aus verbalthemen*), in wesentlich gleicher bedeutuug
verwendet finden, so haben wir keinen grund an ihrer identität
zu zweifeln. So dürfen wir denn das zendische thvana, weiches
wesentlich in abstractbedeatung erscheint, in anähigterethwana
(vom verbum ctere = skr. str, griech. özoq , lat ster u. s. w.),
wenn es unbedenklich ist**), mit dem erwähnten skr. tvana iden-
tificiren. Bedenklicher kann man über die identification des skr.
tvan in prertvan und prac,attvan, beide mit der bedeutuug «ocean»
(eigentlich jenes «der vorwärtsgehende» (pra-ir-tvan), dieses «der
vorwärtsfallende» (pra-cad-tvan)), mit jenem tvan sein, da diese
beiden Wörter ursprünglich nomina agentis sind. Allein, dafs in
den indogermanischen sprachen keine so bedeutende kluft zwi-
schen abstractis und nominibus agentis ursprünglich lag, als wir
uns in unsern der entstehung dieser categorieen so fern liegen-
den sprachzuständen zu denken pflegen, zeigt schon das verhält-
nifs vieler klassen von abstractis zu entsprechenden von nomini-
bus agentis. So sind im allgemeinen die primären, nominalthe-
men auf man (verstümmelt aus organischerem mant), wenn gen.
msc, nomina agentis (z. b. dar -man von dr «zerstören11), wenn
gen. ntr., abstracta (z. b. jan-man von jan «gehurt»), Dasselbe
verhältnifs zeigt sich im griech. reflex dieses Suffixes pop = man
und par (=der schwachen form des zu gründe liegenden mant)
im ntr. Ebenso sind die vielen abstracta auf suff. skr. as, wie
schon a. a. o. bemerkt (sanskritgr. s. 149, Kuhn in d. zeitschr.
I, 531 ff.) ursprünglich neutra des ptc. präsentis. Endlich kann
im skr. das ptcp pf. pass., wenn es im ntr. gebraucht wird, das
abstract bezeichnen (sanskritgr. § 333), während seine bildung
*) dafs in den indogermanischen sprachen alle primären nominal-
bildungen ans verben (nicht aus wurzeln) hervorgegangen seien, werde
ich an einem andern orte zu beweisen Sachen.
**) der Zusammenhang der stelle (im Afrin Zoroaster bei Barnonf
Yacna 433) legt nämlich sehr nah in anlhicterethwanem das letzte a
zu dehnen, oder fiir Verkürzung eines früher gedehnten a* anzusehn (vgl.
vehrkananm==vrkä/iära). Dann erhalten wir das vedische absolutiv (sans-
kritgr. § 914, V, 3) in der gewöhnlichen construction mit dem verbum
skr. bhu, um die dauer eines verbalbegrifls zu bezeichnen. Die stelle
würde, abgesehn von dem dankein ahi, im skr. lauten : crtram (ved. für
gewöhnlich cltlam) kalpam an. .strlvänam bhaväsi valli* «mögest dn un-
befleckt am heiligen körper verharren, gleichwie» u. s. w.
suffixe. 217
gar keinen passivcharakter aufweist, sondern nur das verbalthenia
selbst mit sufGgircmg des pronomen demonstr. la oder des diesem
bedeu tangsgleichen na. Man kann zur erklärung dieser nur durch
die geschlechtsverschiedenheit (oder genauer: den gegensatz des
persönlichen und nichtpersönlichen) bestimmten kategorieendiffe-
renz sagen, dafs das abstractum aus dem nomen agentis durch
entziehung des demente der persönlichkeit entstanden sei, gerade
wie auch bei uns z. b. «das glänzende » ohne persönliche beslim-
mung wesentlich identisch ist mit dem abstractum «der. glänz *
und analoge erscheinungen sich in allen dem skr* verwandten
sprachen, wiederholen. Allein ich mache sogleich hier darauf auf-
merksam, dafs selbst diese geschlechtliche differenz eine unter-
geordnete ist und dafs die unendliche mehrheit der primären ab-
8tracta — obgleich auch sie meiner ansieht nach zum gröfsten
theil aus dem ptep. präs. entstanden ist (vgl. bezuglich des skr,
meine sanslyilgr. s. 192 § 381) — gen. masc. (ebenso meine
sanskritgr. §325 ff., insbes. noch §343) ist, wie denn auch das
oben erwähnte suffix man in der gestalt iman (d. h. mit binde-
vocal angeknöpft) sowohl im primären als sekundären gebrauch
abstraeta gen. msc. bildet (sanksrgr. s. 167 § 416 und § 554 Vf,
vgl. mit § 708, £). Man wird daher sagen müssen, dafs der indo-
germanische Sprachgeist in primären abstractis den zustand des
verbalbegriffes als etwas durch die Selbsttätigkeit desselben ent-
standenes ansah, wie ja auch das sekundäre abstract nicht blofs
den zustand, sondern im allgemeinen auch die handlung (thätig-
keit) des damit versehenen nomens bezeichnet (s. bezöglich des
skr. meine gr. § 554).
Wir werden demnach unbedenklich die erwähnten tvan mit
einander identificiren ; nicht minder das tva in dätva «der ge-
bende» und jan -i- tva «der zeugende, der gebärende» mit dem
erwähnten sekundären tva. Mit noch unbez weifelbarerem recht
das Iva, welches, zur bildung des absolutivs dienend, in der ge-
wöhnlichen spräche im alten instrumental (tvä sanskritgr. s. 427
n. 1 *), in den Veden auch bisweilen im dativ (tväya) erscheint.
Denn der bedeutung nach, ist das absolutiv ganz eigentliche
bezeichnung des zustandes oder der vollfuhrung (vergl. die er-
wähnte bedeutung der sekundären abstraeta, sanskritgr. § 554),
*) es ist daselbst von: (vgl. s. 236.) bis zu ende der note zu
streichen.
218 Benfey
des verbalbegriffs, welche durch den gebrauch im instrumental
als eine andre, handlung begleitend (ihr vorausgehend oder mit
ihr gleichzeitig*)) dargestellt werden; bhuktvä vrajati z. b. heifst
wörtlich; «mit dem vollendeten- zustand oder der handlung des
(bhuj) essens geht er», das heifst: «nachdem er gegessen hat
(oder aucht jedoch seltener, «essend») geht er.«
Eben so unzweifelhaft identificiren wir mit dem zuerst er-
wähnten tva das gleichlautende suffix, welches in den Veden
und in) zend das ptep. fut passivi bildet (z. b. ved. stotva =
zend. ctaothwa sanskritgr. § 902), obgleich die themengestalt des
verbi davor im allgemeinen eine andere ist, als vor dem suff. des
absolutiv. Denn diese gestaltung hängt nicht vom suffix ah, son-
dern vorwaltend von der accentuation oder, jedoch seltner, an-
deren phonetischen einflössen. Wir haben nicht nöthig, um den
begrifflichen Zusammenhang zwischen dem abstractsuffix tva und
dem des ptc. fut. pass. nachzuweisen, uns auf selten überzeugende
deduetionen aus den Übergängen der bedeutuug einzulassen; wir
haben hier vielmehr das unläugbar analoge verhältnifc des gewöhn-
lichen ptc. fut. pass. tav-ya zu dem infinitivsuffix tu zur seitc;
denn dafs jenes aus diesem durch hinzutritt des suff. ya (d. h. des
pron. relativ.) entstanden ist (genau nach der reget in sanskritgr.
§ 585, II) , wird wohl von niemand bezweifelt. Aber auch die-
ses suffix tu werden wir bei der nahen Verwandtschaft von va
und u und der identität der bedeutung nicht von tva zu trennen
wagen. Im gewöhnlichen sanskrit dient sein aecusativ zur bil-
dung des infinitivs ( tum = dem lat. supinum auf tum ) , in den
Veden aber auch sein dativ (tave und. tavai, letzterer wohl un-
zweifelhaft gen. fem/*)) und genitiv oder ablativ (tos, vgl. den
*) nach den indischen grammatikern drückt es auch eine nachfol-
gende handlang aas, and in der Wirklichkeit treten die in den (skrgr.
§ 911 B) angefahrten beispielen im absolutiv aasgedrückten handlangen
erst nach Vollziehung der handlung, welche sie ergänzen, ein. Allein
so wenig wie wir, wenn wir sagen, ««er schläft mit offnem munde» «er
lacht mit zugekniffenen äugen» daran denken, dafs das schlafen, lachen
den daneben ausgedrückten bestiminungen vorhergeht, eben so wenig
geschah dast wenn der Inder sagte mukham vy^cUva svapiti, netre ni-
inilya hasati. Dem sprach gebt gegenüber, welcher nicht so haarscharf
sondert, als die, insbesondere indischen, grammatiker thnn, sind es
gleichzei tige handl ungen.
**) vgl. sanskritgr. § 727, 111. Die gunirung ist zwar gegen die regel
soffixe. 219
•blativ im lat. supinum auf to). Mit diesem tu werden wir end-
lich das tu identificiren, welches fast nur primäre nominalthemen
im msc. and ntr. bildet (sanskritgr. s. 162), aber in bildungen
wie dusbtaritu «c schwer zu übersteigen» sucrotu «schön zu hören»
seine adjectivische natur (vgl. z. b. Rv. IV, 4, 35, 1) und wesent-
liche Verwandtschaft mit dem ptcp. fut. pass. bekundet (vergL.
sanskritgr. s. 421 n. 1, vgl. mit § 324).
Wie sich endlich das suffcc as zu dem ebenfalls aus dem
ptc pras. (in der organischeren form ant) durch abstumpfung
hervorgegangene suffix an verhält (sanskritgr. s. 152 bem. 2), ganz
ebenso könnte sich tvas in pi-tväs «trank (Yv. 19, 56)*) zu dem
besprochenen tvan verhalten.
Ueber das genetische verhältnils dieser verwandten suffixe
kann ich zu keiner sichern Überzeugung gelangend In meiner
sanskritgr. habe ich tvana für die organischere form und tvau
tva für stufenweise Verstümmelungen derselben angesehn. Jetzt
scheint mir ein analoges verhältnifs, wie das zwischen den suf-
fixreihen van va vana, an a ana, at a ata und deren verwandten
(in Gott. gel. anz. 1852 s. 552) aufgewiesene, wahrscheinlicher,
so dafs von diesen drei formen tvan die organischste, tvan-a durch
ein sekundäres a weiter formirt, tva verstümmelt wäre.
Dem skr. tu in abstraktbedeutung stellt sich im griech. tv
zur seile. Dafs es hier nur als femininum erscheint, hat nichts
auffallendes* denn im indogermanischen sprachstamme dient das
des gewöhnlichen sjcr.; aber auch vor e ist sie nicht dynamisch, son-
dern nur phonetisch, fehlt vedisch oft, and im zend, wenn ich nicht
irre, ganz, auf jeden fall vorwaltend. Als sich diese phonetische Ver-
änderung geltend machte, konnte sie auch die formen mit ai ergreifen
und sich in einer derselben, welche durch den gebrauch im infinitiv
ganz ans ihrer flexivischen analogie losgelöst war, anch in die zeit
hinüber erhalten, wo die spräche für den dativ feminin i anf ai die gu-
nirung wieder aufgegeben hatte. Man könnte nach die aa. ff. für femi-
•nina halten; darüber lafst sich, soviel ich sehe, nicht sicher entschei-
den, zumal da wir im grieeh dieses suff. als abstrakt nur im fem., im
latein aber fast nur als msc. (selten als ntr.) auftreten sehen werden.
*) das skr. pa* «trinken« ist hier gegen sanskritgr. § 154, 2, 3 nach
analogie der ausnahmen dazu (f. b. sthi-tvä') behandelt. Diese aus-
nähme gilt in der lexikalischen etymologie auch für a-verba, z. b.
ebenso (zugleich gegen sanskritgr. s. 162 § 403) von pä «beherrsche« »
pi-tr «vater».
220 Benfey
femjninum in demselben, vielleicht in noch gröfserm umfang als
das ntr, zur bildung von abstractis (vergl. für skr. bezüglich der
primären meine gramm. § 331. 334; bezüglich der sekundären
§ 554 und s. 235 tat = trjr lat. tat und tut). Mit ausnähme eini-
ger zahl wörterabs tracte bildet es nur primäre (z. b. ßgtarv yqanrv
otoxro), welche bezuglich der themenform der analogie folgen,
nach welcher die auf ro (eigentlich ptc. pf. pass.) gebildet wer-
den, oder, wenn diese für ein bestimmtes verbalthema nicht existi-
ren, gebildet werden worden*). Die sehr vereinzelt stehenden
und höchst unorganisch gebildeten Zahladverbien ixaroarv, %CUo-
<m/, fAVQioarv, tqittv folgen, vielleicht durch einflufs jenes Ver-
hältnisses von tv zu ro, der analogie der ordiiialia ixaroaro u. s.
w. tQirto (organischere form von. tqito für lafein. tertiu — skr.
trtiya durch assimiiation aus tQiryo (= zend, thritya**)), vergl.
vedisch (und analog im zend) vasyas für vasiyas und ähnliche
(8anskritgr. s. 228 § 599, IV); terQaxrv läfst mehrere deutungen
zu; am wahrscheinlichsten ist mir, dafs es aus rsTQaxig gebildet
ist. Wie im sanskrit vor vocalisch oder mit j anlautenden Suf-
fixen***) überhaupt oft, fällt im griechischen, bei ableitungen von
indeclinabilien von letzteren der letzte vocal sammt den ihm
etwa folgenden consonanten ab (vgl. z. b. von adyaevas durch
ina: adyagvina) z. b. von dpoißadop: dfioißdöw^ ßdötp ßadt£a);
di%a dix&<*i T£*Za TQlX^^ TtTQaxa rw^a^tfa ****); %&*$ (skr. hyas)
X&i£6 (für organischeres x&*'too) jedoch auch ohne vertust jteff-
ivo. Dieser abfall erklärt sich dadurch, dafs die indeclinabilien
der indogermanischen sprachen, mit ausnähme der ächten (nicht
aus begriffe Wörtern entstandenen) interjeetionen, flexivische zum
) vgl. z. b. /fyuxo?, yQamöq, Jiwxroc; yikamöq: tv$; dxtaioq; tvq;
xiiGToq: rvq; dyoQtjrvc; nach analogie von ti^to?; dkavrvq nach ^lm-
to? u. s. w. Da diese bildungen ionisch, so schliefsen 6ie sich auch au
verbaltbemcD, welche in der xoivti nicht existiren z. b. ßakXrjTvq als ob
ein ßakXiu exUtirte.
**) Bopp vergl. gr. §322.
***) danach ist sanskritgr. § 587 zu verbessern.
***•) das verhältnifs von <fc/»s nivraxuq u. s. w. , so wie die acceut-
differenz zwischen <ft*e* <fc**d spricht wohl entscheidend dafür, dafs
&* ein neues saffix sei, nicht #, wie in /fra/cedo Im verhältnifs zu
xaftat (von Wa = skr. kshrol) x*k im verhältnifs zu skr. hyas, lat
hes in hes-ternu, eingeschoben (wie z. b. in ktoX* =» noU = sanskr.
purt u. a.).
saftixe. 221
ailergröfsten theil casusformen sind (bez. des skr. vgl. meine gr.
§ 782), in welchen der theil vom letzten vocal an entweder nur
oder vorwaltend flexivisches dement ist, so dafs in der abschei-
dung desselben vor neuen suftixen die Sprache ihr eigentliches
princip: suffixe nur an thematische formen zu schliefsen, bethä-
tigt. Wenn sie hierin zu weitgehend auch den auslautenden the-
matischen vocal einbüfst, so erklärt sich diefs vor vocalisch an-
lautenden sufGxen durch den einflufs des anlautenden vocals,
vor coneon an tisch anlautenden ist es eigentlich anomal, hat aber
in allen sprachen analogieen in der ausstofsung von, zumal kurzen,
vocalcn zwischen beliebten consonantengruppen, vgl. z. b. nintta
für nmitta (ner = skr. pat) und unserm fall wesentlich ganz ana-
log von quinque ne'fuie (eigentlich allgemeine, nicht blofs äolische
nebenform von areVre, da dem skr. c auch n entspricht) für or-
ganischeres quinquem ntpnav (= skr. pancan) qu intus (für quinc-
tus), nifuttog für organischere quinquetus m^nhog (= skr. ved.
pancatha sanskritgr. s. 329 n. 3), da vor dem consonantisch an-
lautenden sekundären suffixe eigentlich nur das, das thema aus-
lautende, n hätte eiogebüfst werden dürfen (vgl. skr.-gr. § 83, 2*).
Aus dem lateinischen (vgl. Pott etyni. forsch. I, 551) ent-
spricht dem skr. tu in abstraclbedeutung ebenfalls tu, fast nur im
mascul. (vgl. oben)**), zunächst unmittelbar an verbalthemen so-
wohl primäre als derivirte antretend z. b. or-tu vic-tu (aus
g(v)i(c)v = skr. jiv) ic-tu (=jac-tu aus ja(c)v-i = skr. cyävi
causale von cyu «fallen») par-tu, quaes-tu (quis = skr. cish aus-
suchen, ausscheiden, auszeichnen) ques-tu (ques = skr. «jvas «seuf-
zen») casu (für cad-tu) sexu (sec-tu « abtheil ung») cur-su (für
curtu***), von cur = skr. hvr nach der skr. 4. conj.-kl. also
cur-ro für cur-jo «ich drehe mich») u. a. ****); ferner vena-tu, bala-
*) anch im zend ist der vocal eingebüßt; es entspricht pukhdha
aas panc(a) -H tha, indem zuerst c zu k ward (vgl. sanskritgr. § 66, 1)
wie in khtöirya (ans organischerem catuirva = skr. tfirya für catürya
(sanskritgr. s. 329, insbes. n. 2) «vierte»), welches nor hinter der prM-
position ä bewahrt. Der vocal a hat sich alsdann dem' labial p assi-
milirt.
**) nur artu und sexu sind auch nentr.
***) anch cor-ru (genififs der Verwandtschaft zwischen den abstra-
cten und nom. ag., wovon oben) mit assimilation.
****) dafs vom-i-tn skr. vam-a-tha gleich sei (demnach nicht hieher
gehört) ist schon von Pott (etyra. forsch. I, 93) bemerkt. Vielleicht ge-
222 Benfey
ta u. a. Weiter erscheint es in der gestalt ä-tu hinter nominal-
themen (den zustand oder die bandlang derselben bezeichnend)
z. b. magistr-ä-ta, coelib-a-tu*), bim -a- tu, tribun-a-tu, consul-
ä-tu, von denen bald entsprechende denominativa, z. b. magistrare,
durch welche sie ganz in analogie mit venätu, balätu treten, exi-
stiren, bald nicht, z. b. kein bimare neben bimatu. Wir haben
wohl nicht nöthig für jede einzelne Formation dieser * art anzu-
nehmen, dafs ehe sie formirt ward, ein entsprechendes denomina-
tiv existirte; denn nachdem sich diese categorie durch eine reihe
aus ihr hervorgetretener bildungen von denominativen dem sprach-
hören auch andere auf itu zu skr. athu; denn es ist nicht wahrscheinlich,
dafs des letzteren gebrauch überhaupt so beschränkt war, als wir ihn
im skr. (meine gramm. § 343) finden
*) beiläufig bemerke icb, dafs in coe in coe-lib (org. coelub) wohl
unzweifelhaft der loc. des Zahlworts für «eins» skr. eka zu erkennen ist,
mit derselben Verstümmelung, wie (nach Bopp vgl. gr. s. 431) in c-oclit
(synkopirt, wie ich jedoch hinzufügen mufs, aus c-ocli-vat wörtlich:
«mit einem äuge versehn», vgl. Gott. gel. anz. 1852 s. 544); also coe
ss skr. eke (nach der uominaldeklination) nach analogie von griechisch
^foCxot, =s gkr. vece. In Zusammensetzungen diente gerade der locattv
gern als vorderes glied (sanskritgr. 8. 246 IL) statt des thema, hier diu
so natürlicher, da er adverbiale bedeutung hat; coelebs hiefse demnach
wörtlich «für sich (eig. «allein») es liebend» = einer, der es vorzieht
allein zu leben (a single man wie die Engländer sagen). Ich wei6e
demnach Potts erklSrung (etym. forsch. 1,263) dieses coe aus dem
pronomcn interrogativum ab ; dagegen glaube icb, dafs er letzteres ganz
richtig in caecus erkannt hat (etym. forsch. I, 166, II, 397) und erlaube
mir nur die genaueren bestimmungen , welche hatten hinzugefügt wer-
den müssen und insofern von interesse sind, als sie selbst in sehr ver-
einzelten erscheinungen die grofse Übereinstimmung der indogermani-
schen sprachen unter einander zeigen. Im skr. tritt in der Zusammen-
setzung für akshi «äuge» (= griech. 6a<n) vorwaltend, in der relativ-
zusammen8etzung (bahuvrfbi) immer, aksha (=lat ocu) ein (sanskritgr.
§ 624 und 669). Vor diesem tritt das fragpronomen, wenn es veracht-
lichtkeit ausdrücken 6oll, nicht, wie sonst im allgemeinen in der gestalt
ku, oder, wie sonst vor vocalen, in der gestalt kad auf, sondern als
kA (sanskritgr, s. 248, XI B) also kä+aksha «schlechte äugen habend»;
im lat. würde cl-ocn entsprechen, oder mit der fast durchgebenden
schwüchung von o zu i in Zusammensetzungen (vgl. co-ip von co und
op in op-timu op-to = ap in ap-to = skr. Ip-i causale von i, wel-
ches nach analogie von sanskritgr. § 199 bem. 2 auch ap-i lauten dürfte
und in nominalableitangen wirklich lautet), ci-icu = caecu.
saffixe. 223
geist gegenüber fixirt hatte, konnte sie sich von ihrer basis los-
lösen nnd auch ohne die brücke eines zwischen liegenden deno-
minativs aus einem nomen — von welchem ja znmal jeden äugen-
blick in der lebendigen spräche ein denominativ aasgehen konnte
— anmittelbar dieses abstractam bilden*).
Nah verwandt mit dem abstract ist die categorie des colle-
ctiv. Jenes drückt die begriflsmäfsige (ideale) einheit ( pries ter-
thum als das einheitliche wesen aller priester), dieses die zahlmä-
fsige (nnmerale z. b. «gebirg», menge von sich wesentlich gleichen
gegenständen, welche «berg» genannt werden). Das coUectiv ist
gleichsam die Vorstufe des abstracts; es bezeichnet die gegenstände
nur erst als im allgemeinen gleiche und zusammengehörige, während
das abstract das in ihnen gleiche, ihre Wesenheit, ausdrückt. Wir
finden daher auch in allen sprachen abstractbildungen auch zum
ausdruck des collectivs verwendet, indem die höhere stufe auch
die niedre vielfach auszudrücken vermag. So z. b. dienen im
sanskrit mehrere abstracta auf tä in collect ivbedeutung (sanskritgr.
§460 und vergl. überhaupt die coüectivbildung in §457 — 461
mit der abstractbildung in § 554 , wo sich noch mehr Überein-
stimmungen zeigen), und im lateinischen und deutschen u. s. w.
sehn wir nicht selten abstracta, wie die grammatik sagt, statt
des plural ihrer concrete, z. b. nobilitas, adcl, statt nobiles «adliche»
Juventus «Jugend* statt juvencs «Jünglinge», d. h. in collect ivca-
tegorie gebraucht. Wir werden demnach auch die collectiva auf
Atu, z. b. peditätu, comitätu, equitätu, senätu, hierherziehen und
sie für wesentlich gleiche und auf dieselbe weise entstandene be-
dangen, wie cohsulata u. s. w., erklären.
Nachdem wir das tfbstractsuffix tu im lateinischen collccfiv-
bedeutung haben annehmen sehen, werden wir es auch nicht
auffallend finden, wenn ein.reflex von skr. tva (ntr.) in dieser
bedeutung erscheint. Mit diesem tva glaube ich nämlich lat. tu
*) ich will jedoch das lange & im skr jtv-aMu msc. and ntr. and
dem red. infinitiv jivfttare (dativ dieses themas) von jfv, so wie die
dareli i oder I anknöpfenden ff. (z. b. car-i-tave, srav-i-tavai, hav-
t-tave (sanskritgr. §919) nicht nnerwShnt lassen, ohne jedoch mit be-
stimuitheit daraas zn schliefsen, dafs wir in dem A in Ita nur binde-
vocal zu erkennen haben; man vgl. ein gleiches Ä in skr. jaivätrka, wel-
ches ein jtvAtr voraussetzt nnd überhaupt möchten die anlautenden lan-
gen I in primären saf fixen, wie z. b. skr. Akt »lat Ic, griech. ijx in
betracht zu ziehen sein.
224 Benfey
und etu (ntr. nach der 2ten) identificirea zu dürfen. Pott (etyrn.
forsch. II, 546) sieht es bekanntlich als ptc. fut. pass. an; gegen
diese ansieht entscheidet aber sein gebrauch als sekundäres nomi-
nalsuffix in formen wie arbus-tu, salic-tu, carec-tu u. s. w. —
Das v ist ausgefallen, wie z. b. in can-i gegenüber von skr. evan
griech. xvov (im nom. xvwv). Als primäres suiT. erscheint es in
vire-tu (vireo), ole-tu, glabre-tu, ace-tu, zwar mit stärkerem
hervortreten des abstracten demente, jedoch mit anklang an die
collectivcategorie , indem es örtlichkeiten bezeichnet, an denen
die Substanz des verbalbegrifles sich in fülle zeigt. An diese leh-
nen sich der form nach die eigentlichen collectiva auf etu, wie
arbor-etu, frutic-etu, ros-etu, vin-etu, sax-etu, rud-etu, soric-
etu, über deren etu im verhältnifs zu tu in arbus-tu u. *. w. we-
sentlich ebenso zu urtheilen sein wird, wie über tu in or-tu u.
8. w., zu atu in consul-atu u. s. w.
Dafs dem skr. tvana griech. Gvvq entspricht, ist schon von
Aufrecht (in dieser Zeitschrift I, s. 4SI) bemerkt; dafs die-
ses abstractsuffix als femininum im griechischen erscheint, wäh-
rend es im skr. wohl sicher als neutr. gebraucht ward, findet
seine nächste analogie in den sekundären abstractis auf ya im skr.,
welche sowohl fem. als msc. sind*). Zu einzelnen dieser abstraeta
stehn adjeetiva auf avvo (vgl. a. a. o. 482) in genauster beziehung,
*) beiläufig bemerke ich, dafs mir die primären abstraeta auf ti,
welche Feminina sind, in demselben verhältnifs pu dem ntr. des ptep.
pf. pass. zu stehen scheinen, insofern dieses als abstract dient (skrgr.
§ 333). Diese themen aar ti sind nämlich fast ohne ausnähme — und
diese aasnahmen finden stets darin ihre erklär ang, dafs die bildung
einst auch nir das ptep. erlaubt war, z. b. fifjt'i neben fiaxo (in avxofiaro)
yon pav (worüber weiterhin) — nach denselben regeln formirt, wie
das ptep. pf. pass. und mir ist daher kein Zweifel, dafs sie eigentlich
feminina dieses ptep. sind, in welchen aber nicht, wie sonst in the-
men auf a im allgemeinen, im fem. der aaslaut gedehnt ward, sondern,
wegen der substantivischen bedeutung der femininalcharakter ! antrat.
Dieser wurde dann im weitern verlauf der spräche verkürzt. Ich habe
diese Verkürzung schon an rltri im verhältnifs zu dem ved. ritrt (Gott,
gel. anz 1852 s. 547) aufgewiesen und werde sie an einem andern orte
in groTserem umfang begründen. Die differenz der accentuation (die
ptc. pf. pass. sind oxytonirt, die themen auf ti paroxytonirt) erklärt
sich (nach sanskritgramm. § 899) daraus, dafs die auf ti nicht mehr
die partieipbedeutung haben, sondern substantiva geworden sind; man
beachte jedoch die oxytonirt gebliebenen (sanskritgr. s. 162 no. 2. 3).
soffixe. 325
siedrücken ans «das habend, betreffend, was das abstract besagt»
and stimmen genau mit den formen des abstravts überein, auch
wo diese mehr oder weniger anomal sind, z. b. deanoüvrt] (von
decm&ia) nnd fcoWowo, (accwogvit] (von parti) nnd °roöt>*o,
«paxrvVj?*) und °a>owo, so dafs man wohl nur die wähl hat,
entweder anzunehmen, dafs sie durch ein sekundäres suflfct
aus den entsprechenden abstracten gebildet sind, oder dafs das
suff. tvana avvo einst dreigeschlechtig "war und sich das abstract
nur durch geschlechtliche fixirung zur Substantivkategorie erhob.
Die letztere ansieht hat das für sich, dafs sich mit bestimmtheit
in dem indogermanischen sprachstamme ein zustand erkennen
lfifst, in welchem die categorieen des Substantiv und adjeetiv noch
nicht geschieden waren, sondern das Substantiv gewissermaßen
nur ein beziehungsloses adjeetiv oder selbst ptep. (z. b. serpens)
war und nur an diesem mangel einer beziehung als Substantiv
erkannt wurde. Für solche beziehungslose eigenschaflswörter
fixirte sich ein bestimmtes geschlecht und diese fixirung vorzüg-
lich wirkte dahin, dafs der categorische unterschied des Sub-
stantiv und adjeetiv zu vollem bewufstsein hervortrat. — Aehn-
lich sahen wir oben tu im griech. als fem., im lat. als mascui,
selten nentr., jedoch in den behandelten fällen nur als abstr. fun-
giren. Schwerlich ist aber davon das skr. tu zu trennen, wel-
ches oft ein msc. nom. ag. bildet, z. b. bhä-tu (der leuchtende)
m. «sonne», man- tu m. (der denkende) «mensch», fem. «ver-
stand»; eben so bildet das sogleich zu besprechende suffix dor
zwar vorwaltend abstraeta, jedoch auch mehrere nomina agentis
(z. b. 7tef*<pQTjd6t> u. a.) Diese frage läfst sich mit Sicherheit wohl
nicht eher entscheiden, als bis wir die entstehung des Suffixes
tvana nachweisen können; dieser nachweis würde uns auch über
die eigentliche bedeutung desselben belehren**).
*) IfQüHjlyri °roc, wenn wirklich von Itgö, steht mit seinem <n in
dieser reihe von bildnngen ganz vereinzelt nnd die Übereinstimmung
in beiden formen wlrc , desto auffallender. Sollte es aber nicht an
Uqäx in UqaTtxo n. s w. zu schliefsen sein? in Uq*t ist wohl unbe-
denklich ein schwaches ptep. prite. einer activform von Itqao-fAju mit
vielleicht dialektischer (hier dorischer) contraction von ao zu S (da
ein wort für priester wohl ans einem dialekt in die *o*wj dringen
konnte); Ugmvt wSre die regelmaTsige form (auch oMärr ntltxävx könn-
ten aus dialekten eingedrungen sein).
*•) hr. Aufrecht betrachtet tvana als eine Zusammensetzung der
IL 3. *5
926 Benfey
Mit dem eaff. skr. tvan identificire ich öor, wobei ich die
Schwierigkeit nicht verkenne, welche darin liegt, dafs sich gar
kein sichres beispiel eines reflexes von skr. tva dnrch griech. do
nachweisen läfst. Dagegen ist aber der erweichende einflufs einer
nachfolgenden liqutda auf t, specieü eines y*), und auch eines
r**) nicht selten zu erkennen , so wie denn überhaupt t biswei-
len zu d sich herabsenkt ***) (ähnlich wie n sehr oft zu b und
selbst v) ****)• Ferner ist zu beachten, dafs phonetische Übergänge
suffixe tva und ana; er glaubt für diese hypothese eine stütze in dem
vedischeu absolativ tvänam zu erkennen; in dem mit diesem gleichbe-
deutenden tYtnara sieht er das 1 als Schwächung von ä an; allein Schwä-
chung von Ä zu 1 findet im sanskrit immer unter einflufs einer unmit>
telbar auf die silbe, welche das 4 enthält, folgenden aeuirten silhe statt (z.
b. pfi+ta* wird pt-U, H-y^te p2-ya*te); hier haben aber tvä und tvi den
acut. Da nun die Veden neben dem gewöhnlichen absolutiv tvä' auch
die fonn tvt' zeigen, so liegt es wohl näher anzunehmen, dafs zu bei-
den formen accentloses nam treten konnte, wodurch also tvä'-nara,
tvf-nam entstand. In diesem nam dürfen wir wohl unbedenklich den
(adverbial gebrauchten) accus, gen. neutr des sekundären Suffixes na
erkennen, welches an indeclinabilia (zu denen auch das absolutiv ge-
hurt) tritt (z. b. purä purä/ta , vgl. sanskritgr. s. 238 und z. b. latein.
hes *ter-nu, in welchem tcr zunächst dem skr. tar in prAtar entspricht).
*) z. b. sanskr. soff, tya schon im skr. dya (in ava-dya) und im
griech. <ho und do (vgl. G. W. L. II, 232); ferner ist Stv in dtvpo, St vre
mit dem skr. pronominalthema tya zu identificiren; <ho ist Stv gewor-
den, ganz nach derselben analogie wie am; attv&e aus ar*o (in ötru;
statt anoiq) = skr. anya entstand und im lat. iens (= skr. yant) im
genitiv eunt-is ward; ötit-Qo ist = skr. tya-tra «hier», d«»-T« = skr.
tya-tas «von dort»; in qo für tqo ist % wohl erst assimilirt, dann ab-
sorbirt; die endung tqo erscheint mit verkürztem aaslaut, gerade wie
* im skr. hinter pronominallhemen, während hinter nominalthemen die
organischere form trd bewahrt ist, wie im latein auch hinter prono-
minalthemen und präpositionen.
**) vgl. sanskritgr. s. 237 u. 133, wo man noch handra = hintra
hinzufüge.
***) z. b. in den Suffixen Saro 6ro (welche Pott et. f. II, 563 wie ich
glaube mit unrecht mit <W verbindet), welche den skr. primär- und
seknndär- Suffixen Una und tna (skrgr. s. 161. 163. 233) entsprechen.
****) z. b. pa* «trinken», die Specialthemen nach analogie von tishth
aus sthä formirend, müfste eigentlich pip werden, wird aber ved. pib
und im latein zugleich mit assimilirung des reduplikationsconsonaitten
suffixe. m
oft sehr einsam stehn and dennoch unbezwetfelbar sind, so z. b.
wird niemand eßdopo oder oydoo wegen der ganz einzeln ste-
henden erweichung der ursprünglichen tenues zu mediae von lat.
septimo (skr. saptama) octävo zu trennen wagen. Was mich aber
neben der bedentung dieses Suffixes insbesondere bestimmt, es mit
trän zu identificiren , ist die phonetische gestalt, welche auf
nasale auslautende themen davor annehmen.
Wir finden im skr. themen auf nasale vor gewissen suffixen,
zu denen auch das von uns mit tvan verbundene tva des absolu-
tio gehört, auf dreierlei weise behandelt: entweder wird der vo»
cal vor dem, nasal gedehnt (in allen bekannten beispielen nur a
z. b. von cam c&ntvä), oder der nasal zugleich eingebfifst (auch
in allen bekannten beispielen nur hinter a z. b. von khan khät-
va), oder der nasal wird eingebfifst und der vocal (in den be-
kannten beispielen a, i, r z. b. von gam gatvä) nicht verän-
dert (sanskritgr. § 154, 2, 4). Im gewöhnlichen sanskrit ist im
allgemeinen je in den einzelnen fallen nur eine dieser Umwandlun-
gen zulässig; nur san kann vor suff. ti auf drei weisen sich for-
miren (sänti säti nach den zuerst angegebenen, oder ganz ohne
Veränderung santi). Allein schon in den Veden sehen wir in
man «denken» vor ti, wo die gewöhnliche spräche nur einbufse
des nasals vorschreibt (also mati) auch dehnung eintreten (abhi-
mati), wie im griech. fflii. Vergleichen wir aber die ver-
wandten sprachen, so kommen wir zu dem schiufs, dafs einst
alle drei Umwandlungen und als vierte die unveränderte form
nebeneinander galten (vergl. auch Gott. gel. anz. 1851 s. 1969),
so dafs wir bei erklärung der hieher gehörigen formen für den
der Sprachtrennung vorhergegangenen zustand alle vier weisen
als gebräuchlich ansehn dürfen. •). Wenden wir diefs auf bil-
bib; map-i cansale von ma (nach sanskrilgr. § 199 nach analogie von
bem. 2 auch mit kurzem a denkbar) io der bed. «gehn» (meare eigent
»durchmessen»), also «gehn machen» «= «bewegen« lautet im latein
mob in möbili (Tgl. griech. d-pitßopa» for org. sa-//a/r-#jo-^cM «sich
mit einander wechselseitig bewegen», mit ptß; dann trat das j =»* in
tjo in die Torhergehende silbe, und wurde sammt dem t an seiner
eigentlichen stelle eingebfifst; vgl. s. 231 und ßdlXta for ßuX)m org. ß<*X-
«)-«, catts. von ßaX es skr. «gal fallen») m&v in möv-eo (» skr. m«p-
ayl-mi; vgl. griech. *-piv-ta neben fifitß) und ähnlich unzählige.
*) so, um ein interessantes beispiel hier anzumerken, bildet das
gewöhnliche sanskrit von man denken das intensiv so, dafs das pri-
228 B«»*«!
dangen auf tvan an, so würde vom intensiv von bhram (wel-
ches im gewöhnlichen sanskrit xwar «herumiircn» heifst, ursprftng-
lich aber (= lat. frem-cre) den ton bezeichnete, welchen insek-
tenschwirme bilden (vgl. G.W.L. II, 112), nämlich «schwirren»):
bambhram (sanskritgr. § 109) griech. m(*<pQ*Pi wenn tvan an
dasselbe, nicht nach analogie von <;am, wie im gewöhnlichen
sanskrit, sondern von khan trat, durch dieses suffix bambhratvan
gebildet sein mit der bedeotung eines agens, im fem. «die heftig
oder wiederholt schwirrende» ; diesem entspricht aber, abgesehn
von ö = tv und dem abweichenden reduplicationsconsonanten,
laut för lant mpyw&ov. Gans eben so wurde vom intensiv von
skr. dhran «tönen»: dandhran, griech. verfner, nach dieser analo-
gie dandhratvan, griech. wtf^Wr*) entstehn (wozu auch dr&Qij-
oor gehört, entweder mit einbufse des anlautenden t, vgl. ved.
inaksh für ninaksh, iraj für riraj und ähnliche, oder mit prafix
if för ard). Ebenso wurde skr. kshan = xrsv und 2?ar «scha-
ben1* (G. W. L. F, 180) kshätvan bilden, welchem xrtjdov «kämm*
(der abschabende) entspricht (vgl. xrsv anmittelbar ohne suffix und
mirc verbum unverändert bleibt, also mamroanya; wäre die analogie
von khan n. s. w. (sanskritgr. § 178) dafür erlaubt, so wurde es auch
maroaya lanten. Diesem entspricht aber laut für laut, abgesehn von
dem speciell griechischen reduplikationsdiphthong, ^«*uaw fiir organi-
scheres f(cuf*a)<», woraus wir schliefsen dürfen, dafs diese Verwandlung
einst hier auch für man erlaubt war.
*) da ich hier das verbum dhrait erwähnt habe, so bemerke ich,
dafs da*u griech. &Qrjroc; (wegen -rj vgl. skr. v&s-as von vas) gebort,
sowie ahd. tren-o (dröhne) trän im denominativ trinjan, welches zu
irahan «thrSne» zerdehnt ist, und goth. drun-jus «der ton«; ferner
$y4» för saftskr. dhraya (nach der 4. konj.-kl indem a vor y eingebufst
und a gedehnt ward (wie in dem eben erwähnten /<cu//aw oder in skr.
jAya von jan); nach ausstofsnng des y ist der vorhergehende vocal vor
dem nachfolgenden verkürzt. Eben so ist &qoo entstanden ; es liegt ein
ekr. *dkrlya zu gründe, ganz nach analogie von jüyi «gattin» von jan.
Endlich gehört dazu tovO-qv; dieses ist aus dem intensiv xqv&qov (mit o
för skr. a , wShrend in lev&qtv das gewöhnlichere * erscheint) durch
suff. v = skr. u gebildet, vor welchem nach analogie von in Zusammen-
setzung auslautenden gu, gu und bhru aus gam bhram (sanskritgr. s. 1»8
n. 156) der themenauslaut vom letzten vocal an eingebufst ist Danach
ist G. W. L. II, 263 z. 2 v. u. bis 264 z. 21 v. o. zu verbessern. Als
eigentliche bedeutung von dhran ist «summendes (klagendes) tönen»
aufzustellen.
snffixe. 229
pe-cten von demselben verbum in derselben bedentung). Endlich
bildet das verbum anav (= abd. span-nan für span-jan*) G.W.L.
II, 360) nach analogie von gam : gatvä, tan : tatvä , onabov. Die
hier behandelten, augenscheinlich sehr alten bildungen, beru-
hen auf verbaithemen, welche alle auf consonanten enden; xr&
entschieden innerhalb des griechischen selbst und &<>er wenig-
stens noch deutlich in &Qrj*-og$ es ist daher schon defs wegen
(jedoch auch aus vielen andren gründen, z. b. wegen des ent-
sprechenden lat. din, nom. don) die annähme eines zur Vermin-
derung des hiatus vorgeschobenen 6, wie sie hr. G. Curtius auf-
stellt (De gr. nom. form. 50) weder speciell hier zulassig, noch
überhaupt in. irgend einem falle nachweisbar.
Nicht, wie schon bemerkt, verkennend, dafs die annähme eines
reflexes von skr. tv durch d Schwierigkeiten hat, erlaube ich mir
auf die Zusammenstellungen, welche ich in den Gott, gel anz. 1852
s. 115 gegeben habe, aufmerksam zu machen, denen gemäfs die
nebcnform des absolutivs tvä, welche in zusammengesetzten (ved.
und episch, auch in unzusammengesetzten) verben auf kurze vo-
cale**) erscheint, nämlich tya durch Übergang von v in y und
die in indeclinabilien so gewöhnliche Verkürzung auslautender
langer vocale***) entstanden wäre. Durften wir diese analogie
*) anaw und skr. sphäy (G.W.L. I, 540) stehn fär org. anar-fa
sphan-ja (vgl. phani päni, gr. anav-öq «spannend = eng = wenig», u.
s. w. G.W.L. 11,360) und sind ursprüngliche themen der 4. conjaga-
tionsklasse (formirt nach analogie von jlya aas jan u. a), welche die
grSnze des specialtbema's überschritten und sich zn generellen erwei-
tert haben (vergl. för jetzt sanskritgr. s. 47, 1 ; an einem andern orte
genauer).
**) nach analogie dts Verhältnisses, welches z. b. das griech. bei
der bildung von nominalthemen aus verben durch t zeigt, indem na*m-
lich x hier auch an verba auf lange vocale tritt, wahrend t im skr.
nnr hinter knrz auslautenden erscheint, z. b. a-yv&% von yvta = skr. jnl
(vgl. G. Curtins De nom. gr. form. 10), dürfen wir wohl unbedenklich
annehmen, dafs sowohl in diesem fall als in suff. van, im ptc. rat. pass.
ya (vgl. das entsprechende ved. tva), und im absolntiv ya, in denen
allen hinter kurzen vocalen ein t erscheint, das t zur organischen ge-
stalt des suff. gehöre und weit entfernt hinter kurzen vocalen einge-
schoben zu sein, vielmehr hinter langen abfiel (wegen des ausdrncks
«abfiel» vgl. skr. e für me, dna für mäna u. a.).
***) z. b. im skr. suff: tra statt tri, welches noch hinter nominalthemen,
z. b. deva-trä und im lat. auch hinter partikeln und pronominallhemen
330 Benfey
«ach für tvan geltend machen, so würde die äqualisation von dov
mit dem sich alsdann ergebenden tyan absolut keine Schwierig-
keit haben.
Mit ausnähme der angeführten nom. ag., sowie etwa itQrjdor
und des etymologisch dunklen %tkld6v (von dem man also auch
nicht weifs, ob darin dov oder ov suffix ist), sind alle übrigen
auf dov eigentliche abstracto oder haben bedeutungen, die aus
abstractbedeutung hervorgegangen sein konnten. Auch in teQtjdov
scheint die bedeutung «knochenfrafs», wenn man iont^dov «das
kriechen» und «schleichendes um sich fressendes hautgeschwür»
vergleicht, nicht aus dem nomen ag. «(hörender) holz wurm »,
sondern aus dem zu gründe liegenden abstract' hervorgetreten su
sein. Bezüglich des Verhältnisses der nom. ag. zu den abstracten
auf dov erinnern wir an die schon vorgekommenen ähnlichen er-
scheinungen, mögen aber zugleich der in den Veden so häufigen
Verwendung von abstractis als nom. ag. gedenken (z. b. dveshas
«feindschaft» für «feind»).
Die bildungen auf dov sind fast ohne ausnähme primäre (d.
h. aus verben abgeleitet). Für xX&jöop dürfen wir wohl unbe-
denklich annehmen, dafs einst ein denominativ xleso (für xXeftajo
== ved. cravasya aus xXe/eg = cravas) existirt habe. Will man
nicht wagen auf ähnliche weise bei xotvXtjdov ein denominativ
von xotvIij (vgl. xotvXi£co) zu gründe zu legen, so ist es wohl
erlaubt anzunehmen, dafs, nachdem sich diese formationen aus
denominativen (vgl. äXytidov, ajtfjyfloV, re^döV und weiterhin die
lat. auf din) fixirt hatten, auch die brücke, welche vom nomen
zu ihnen überleitete, nämlich das denominativ, bisweilen über-
sprungen wurde. Auf den ersten anblick könnte man auch ge-
neigt sein ignrjdov durch eine ähnliche suppoeition erklären zn
wollen; allein dieses sowie Uagntjöav . ist eher, nach analogie
von xaiQtidov (vgl. xaiQV6<°) idqdov (vgl. idtjtvg) aus dem primä-
ren verbalthema zu deuten, wenn gleich diese sonst nur * als
bindevocal zeigen (uQned6v, Xaxedov, Xapneöov, hftedov, fishdSv,
aqnedöv, otQEvyedov, trjxedov, Tvysdov).
Da wir in yayeduiva eine bedeutung hervortreten sehn, wel-
che ganz der von 8Qm]d6v9 teQijdov analog ist, so werden wir
keinen anstand nehmen, es für ein femininum von dov zu halten,
erscheint; ferner in tha in atha gegenüber von organischcrem ihi in
yathA u s. w.
snffixe. 231
gebildet ganz nach analogie von rex?oj>, rAttaiva d. h. zunächst
(nach sanskritgr. §698, 1,2) durch hinzutritt von 1, dann auf
speciell griechischem boden durch unorganisches a mit übertritt
von i" in die vorhergehende silbe (assimilation rexjaina, vgl. die
gröfste ausdehnung dieser assimilation im zend) und dann einbufse
desselben an seiner eigentlichen stelle (texreupa). Diesem gemäfs
wage ich auch ähnlich iizk&öuvq aus peXedwv zu deuten, nur dafs
hier (ähnlich wie im skr. nach gr. § 691) tj (= skr. ä) als femini-
nalcharakteristikum und zwar, indem sich, wie nicht selten (ins-
besondere im griech. und lat.9 jedoch auch schon im skr. und
zwar vorzuglich ved.) die starke form an die stelle der schwa-
chen drängte, an die starke (vgl. sanskritgr. § 754, III) trat
Dafs das lat. abstractsuff. din (nom. do) gleich dem eben be-
handelten dop sei, ist natürlich von allen anerkannt. Dieses tritt
zunächst an derivirte verbalthemen auf e (für organischeres aya
aus derivativem i, sanskritgr. §206,208,223) z. b. albedin, fri-
gedin, rubedin, muleedin, mucedin, putredin; ferner an verbal-
themen der sogenannten 4. conjugationsklasse im sanskrit., in-
dem deren charakteristisches ya zu i ward und gegen die allge-
meine regel in die generelle formation (vgl. cup-i-o (=sanskr.
kup-y&mi), cupivi, griech. id-i-w (= skr. svid-yämi) Idiaco) über-
trat, wobei im lat. speciell vielleicht eine identification dieses i
mit dem aus aya (von i) entstehenden derivirenden i (vgl. z. b.
sop-i-o = skr. sv&p-ayämi, causale von svap = sop in söp-or)
mitwirkte. So cnp-i-do, lub-i-do (skr. lubh-yämi) form-i-do
(skr. bhram-yaini also eigentlich «Verwirrung»). Für dulcedo,
nigredo, pinguedo, gravedo mögen wir wohl berechtigt sein, aus
den inchoativis dulcesco u. s. w. auf die einstige existenz eines
dulcere n. s. w. zu schliefsen. Fühlt man sich dazu nicht berech-
tigt, so wird man für diese, so wie für absumedo, capedo, inter-
capedo, uredo, oscedo, und auch turpido, acredo, salsedo, wie
oben bei fttu annehmen dürfen, dafs, nachdem diese formation
durch umfassenden gebrauch zu edin idin erstarkt war, sie auch
an andre als die obigen verbalthemen, und an nominal themen
ohne brücke eines denominativ unmittelbar antrat.
Dasselbe suffix din steckt unzweifelhaft endlich in dem ab-
stractsuffix tüdin (nom. tüdo). Im skr. haben wir aufser dem
sekundären abstractsuffix tva noch ta, nur im feminin um in der
gestalt tä gebraucht (sanskritgr. § 554). Beide suffixe finden wir
verbunden in purusha-tvä-tä (Rigv. 111,8,5,3). Diesem t A ent-
232 Beofey
spricht augenscheinlich lat. ta in juven-ta, senec-ta und konnte
unzweifelhaft so gut wie im sanskr. mit tva, so im lateinischen
mit din verbunden werden, wobei ä durch ü reflektirt ward,
(juventu-din, senectu-din), so dafs also, wenn die gegebene
entwickelung richtig ist, z. b. latein. inulti-tü-din genau einem
sanskr. *pürta-ta-tvan «fülle, menge» von skr. pr «füllen» ent-
sprechen würde. Natürlich ist an ein suff. udin nicht zu denken;
sondern consuetudin und die analogen formen sind, wie schon von
anderen gesehn, aus consuetitudin u. s. w. zu deuten. Wenn aber
unsere erklärung von tu -din richtig ist, so entspricht in* vali-tü-
dinmskr. vara-tä-tvan, vali-tu = vara-tä dem griech. a^s-nf,
so dafs hier auch rtj = skr. ta ist. Dasselbe ta werden wir auch
unbedenklich in, fiele -tij erkennen dürfen. Bei andern treten
einige bedenklichkeiten hervor. Th. Benfey.
II. Miscellen.
aliüv, aevum, aivs.
Bopp hat (vergl. gr. s. 550) das gothische aivs zu dem zeo-
dischen zahlwort aeva eins gestellt, indem eres als «all derzeit
d. h. ewigkeit» auffafst, das der zendischen schwesterform, als
logischer gegensatz oder wie ein andres dem dieses gegen-
übersteht.» Diese Zusammenstellung liefse sich, sofern man nur
innerhalb der beiden verglichenen sprachen bliebe, begrifUich wohl
rechtfertigen und hat auch, wenn man über dieselben hinaus die
lateinischen und griechischen Wörter zur vergleiehung herbeizieht,
noch manches für sich, da auch aevum und uiciv die begriffe
«zeit, lange zeit, ewigkeit» enthalten. Aber schon das letztere
wort muCs, wenigstens von Seiten der form, bedenken über die
Zusammenstellung erregen, die sich noch vergröfsern, wenn auch
alig, atir, am und dei herbeigezogen werden. Diese so wie
aevum und aloiv hat Bopp daher auch weder am oben angeführ-
ten orte noch im gl ossär s. v. eva verglichen, aber sie lassen sich
doch auch wiederum nicht von dem gothischen worte trennen.
Dazu kommt nun, dals auch im nordischen aefi neben der be-
deutuug aevum, aeternitas die von aetas, vita wie im lateinischen
und griechischen bei aioiv und aevum auftritt, und man demnach
eine beschränkung des ursprünglichen begriffs annehmen müfste,
die schwer denkbar ist, da wohl die ausdehnung des begriffe vom
misceiien. 233
leben des einzelnen auf das der ganzen gattong, und von da auf
die datier der weit und des alls sich denken läfst, aber nicht
umgekehrt das zurückschreiten von diesem zu jenem, wenn
man nicht etwa in dem begriffe der einheit, wie ihn das zen-
dische aäva bietet, bereits beide als gesetzt annimmt.
Aber wie schon oben gesagt, liefse sich wenigstens alolv
nebst aiig n. s. w. in diesem falle mit den angeführten Wörtern
nicht unmittelbar verbinden und wir halten uns für sie nach einer
andern etymologie umzusehen. Polt hat nun (etym. forsch. 1. 114)
aioir, aiig bereits mit skr. äy us verglichen und später (2. 306)
auch goth. aivs und lat aevum dazu gestellt und hat damit im
allgemeinen das richtige, wie ich glaube, getroffen4); denn skr.
äyus verhält sich zu einem vorauszusetzenden stamme evan
wie- dhanus : dhanvan, yajus : yajvan, parus : parvan (s. 1. 376
dieser zeitschr.), nur ist bei der auflosung von ev zu aju das
anlautende ä wegen des folgenden y verlängert, was nach dem
was Bopp (vgl. gr. s. 628) über diese erscheinung gesagt hat,
nicht befremden kann. Zu äyus stimmt dann formell aiig mit
herabsenkung des u zu e, und aiir verhält sich zu aiig und äyus
wie die 3 plur. opt. tvntouv zu derselben form des skr. pot. tu«
peyus oder wie die endung der ersten plur. fiev zu fteg u. mas,
wobei die frage nach der'natur dieses *, die von Polt 2. 302 ff.
ausführlich erörtert ist, unerledigt bleiben mag; aisi sowie das
durch ausfall des i daraus entstandene asi hatte Pott bereits (a.
a. o. 1. 114) für den dativ* sowie aiig für den aecusativ dieses
Stammes erklärt.
Wenn nun aber zn dem skr. neutrum äyus eiu msc. evan
sich voraussetzen läfst, so würde zu diesem genau das griech.
aiwv stimmen, da das in den casibus obliquis haftende co nicht
etwa dem skr. a wiederstrebt, sondern nur die durch den aus-
fall des vorangegangenen und vocalisirten digamma hervorgeru-
fene länge statt o ist, gerade wie wir sie z. b. auf dieselbe weise
in ßacildoig für älteres ßaadifog finden. Freilich ist nun aber
ein solches evan aus dem sanskrit bis jetzt noch nicht nachge-
wiesen und die Zusammenstellung mit hypothetischen formen,
mögen sie auch noch so theoretisch richtig sein, hat immer ihr
*) seiner über die bildnng von aiwr, aevutn (etym. forsch. 1.201.)
ausgesprochenen ansieht kann ich mich nach dem im folgenden gesag-
ten nicbt anschlielsen.
234 Kuhn
mifsliches; doch findet sich ein wort, welches diese hypothese
in hohem grade wahrscheinlich macht, zumal es sich in seiner
form ganz an die des lateinischen and goihischen thema's an-
schliefst. £s ist dies das vedische eva; ursprüngliches adjectiv
mit der bedeatung gehend, wandelnd, besonders rasch, sturmisch,
von w. i mit snff. va abgeleitet, hat es auch substantivbedeatung
erhalten (und zwar als masculinum) und bezeichnet hier die stür-
mischen Maruts, dann als abstractum «lauf, wandet.» So heilst
es z. b. R. a. 2. 4. 1. 4. von den Maruts:
a ye" rajänsi tävishibhir avyata pra va eväsah svayataso
adhrajan |
«die ihr die luft erfüllt mit eurer kraft, hervorstürmt ihr selbst-
gelenkten laufes. " und an einer andern stelle schliefst es sich fast
genau an den begriff von aia>r, aevum, aivs, wenn es (R. a. 4.
8. 11.2) heifst:
rju märteshu vrjina ca pä<;yan abhicashte suro ary£ evan |
«rechtes unter den sterblichen und unrechtes erblickend, schaut
die sonne auf der menschen wandel.» Berücksichtigen wir nun,
dafs släm nie auf man und van sich häufig zu solchen auf ma
und va geschwächt haben (z. b. dharman zu dharma und rkvan
zu rkva, vibhävan zu vibbava u. s. w.) und nehmen dazu noch die
oben als mit evan in genauem zusammmenhang stehend nachge-
wiesene form des neutr. äyus, so werden wir aloip mit dem vor-
ausgesetzten evan m. unbedenklich zusammenstellen dürfen; dafs
aber latein. aevum n. goth. aivs in. als jenem eva m. formell
gleich keines beweises weiter bedürfen, ist klar. Was aber die
bedeutung der drei verglichenen Wörter betrifft, so darf man nur
nicht von dem naturgeroäfs zuletzt entwickelten begriffe der ewig-
keit ausgehen, sondern mufs sich hier an den zunächst entstan-
denen des wandeis, lebens wandeis, der lebenszeit halten um sie
auch hier mit dem sanskrit in bester Übereinstimmung zu fin-
den, wovon Wendungen wie al&va teiveiv Eur. Jon 627. — Ire-
qop alcSva xai fiolgav olxTJao^ev lph. Aul. 1482. — TSfinttgia. . .
noui tov aiwva tjugov aoQeve<y&cu xata tiyvrp Plat. Gorg. 448. C.
toiovTos ai<bv Big dofiovg Z8 xdx dopav top arÖQ* me/me Soph.
Trach. 34 sowie lateinische wie aevum ducere (quare sollicitam
potius aevum ducitis Phädr. 1. 31. 6), traducere, agere, agitare,
degere, aevum sempiternum (beati aevo sempiterno fruantur Somii.
Scip.) u. 8. w. den besten beweis liefern. Das gothische frei-
lich zeigt fast allein die abstracte bedeutung von zeit, ewigkeit
mitteilen. 235
aber das ahd. £wa, mhd. ewe, ^ mit den bedeutungen sitte,
gesetz, recht, ehe, weist ebenso deutlich darauf hin, daft der
begriff des lebenswandels auch hier die Grundlage aller dieser
entwickelungen sei und was speciell die bedeutung yon sitte
and gesetz betrifft, so zeigen latein. mos zu meare (vergl. Pott
etym. forsch, f. 1. 136. 201), skr. äcära sitte, Torschrift zu car
gehen, wandeln dieselbe entwickelang aus einem begriffe der be-
wegung
Wenn nun aber die besprochenen substantiva in ihrer als ur-
sprünglich vorausgesetzten form evan mit dem griechischen aiig
und aUi in nahem etymologischem zusammenhange standen, so
wird man auch die indischen und deutschen partikeln eva, evam,
goth. aiv, ni aiv nunquam, altn. ae, ags. ä, ä va, ahd. io, ieo
semper, je nicht von dem bisher betrachteten nominalstamme
trennen dürfen. Der begriff der zeit ist nur im griechischen und
deutschen, ganz entsprechend der bedeulungsentwickluug von
aitov und aivs in den Vordergrund getreten, während in den in-
dischen partikeln eva, (ved. evä alter instrumentalis) und evam
(accus.) die grundbedeutung von weg, wandet mehr hervortritt;
evam ist so, auf diese weise, genau das englische in this
way, während eva vedisch theils dieselbe bedeutung hat, theils
blos verstärkt oder erweitert. A. Kahn.
krovya, xgfag, hraiva.
Bei betrachtong der neutralstämme auf as, an u. s. w. haben
wir schon mehrfach gelegenheit zu der bemerkung gehabt, dafs
das sanskrit nicht immer die relativ älteste form im verhältnifs
zu den übrigen sprachen erhalten habe; das verhältnifs von xgeag
zu skr. kravya n. giebt gleichfalls zu derselben anlafs.
Pott hatte (etym. forsch. I. 85) kravya n., xgeag, lat caro
(carn-) f., ahd. hreo (gen. hrewes) n. cadaver zusammengestellt,
aber zugleich (a. a. o. 2. 611) die Übereinstimmung auf den stamm,
beschränkt, allein man darf weitergehen und mit beiseitelassung
von caro, das wenigstens nur mittelbar dazu gehört, die ursprüng-
liche gleichheit der themen von kravya, xn/o?, hreo behaupten
und als gemeinsamen ausgangspunkt aller ein thema kravyat
aufstellen. Dies hat sich im griechischen in betreff der endnng
236 Kulm
am wenigsten geschwächt, indem der epische gcnitiv xqbuSv auch
das y des Stammes im i erhalten hat, mithin einen stamm xgetaz
für vorangegangenes xQejriat zeigt. Das sanskrit ist aber mit auf-
gebang des t in die a-declination übergetreten, hat jedoch das t
in anderer gestalt bewahrt Wie nämlich neben dhanvan, yaj-
van, parvan die formen dhanus, yajus, parus stehen und
ihre erklärnng aus einem ursprünglichen stamme auf vant Gnden
(vgl. oben 1.376) so stehen in den Veden neben kravya und
bavya, die neutra kr a vis und ha vis, die mit hinzuziehung des
griechischen xgeiar keinen zweifei lassen, dafs sie aus kravyat
havyat in derselben weise entstanden seien, wie dhanus aus
dhanvat. Für havis n. das opfer bedarf es keiuer weiteren
beläge; kravis findet sich R. 2. 3. 8. 4: y£d dcvasya kravisho
maxika'ta was von des rosses fleisch die fliege genossen u. s. w.
(vgl. Vaj. S. 25. 32). An die spätere sanskritform kravya, die
sich übrigens auch schon in den Veden findet, schliefst sich dann
das goth. hraiva (hraiva-dubo) ahd. hrdo fast genau an, nur
dafs das j in die vorangehende Stammsilbe übergetreten ist; die
entwickelang des begriffes ist aber " dieselbe wie im franz. cha-
rogne aas lat. caro. Da die begriffe von blutendem fleisch und
blut einander nahe liegen, wie z. b. auch skr. asrj blut und das
nahe verwandte adg% zeigen, hat Grimm (gesch. d. d. spr. 1010)
auch cruor nebst litlhauischen , slavischen und celtischen Wör-
tern zu den unsrigen gestellt, unier denen namentlich litth. krau-
jas 6ich ganz an dieselben anschliefst; auch cruor scheint mit
berücksichtigung des dazu gehörigen cruentus und dessen, was
I. p. 379 bei der Zusammenstellung von udor nud vdtßQ gesagt
ist, sich gleichfalls dem ursprünglichen stamme mit auslauten-
dem t anzuschliefscn , während caro, carn-is, mindestens der
endung nach, ferner liegt. A. Kuhn.
dhanvan, done, frivag.
Das skr. dhanvan n. hat die bedeutung «bogen, land und
besonders trocknes flach- und wüstenland» und Roth hat bereits
in seinem so eben erschienenen commentar zum Nirukta (zu 5. 5.
p. 57) die vermuthung ausgesprochen, dafs das wort auf w. tan
dehnen zurückgeführt werden müsse und ursprünglich nur das
ausgedehnte bezeichnet habe; bestätigong dafür hat er in den zen-
miseellen. 237
(Tischen formen thanvare, thanvaretan bogenschütze, than-
van gefunden. Allerdings ist nun das wort mit derwurzeltan
in etymologischem Zusammenhang, doch schon eine selbständige
bildung, deren ableitungen auch anderen indogermanischen spra-
chen nicht fremd sind. Das auftreten der aspiration im anlaut
erklärt sich durch ein dem dh vorangegangenes und später abge-
fallenes 3, von dem das sanskrit und griechische noch einige reste,
aber naturlich ohne die aspirata, in stana die brüste, eoter (die
gespannten, strotzenden) stanämi töne, seufze, stanayämi don*
nerir, stanayitnu donnernd, orevog, <mVo), arotog u. s. w. er-
halten haben. Ich werde in den Untersuchungen über das alte s
auf diese erscheinung zurückkommen und bemerke nur, dafs auch
in diesen Wörtern der begriff der weiten ausdehnung, denn der
seufzer hallt lange nach wie der donner, sowie der Spannung
und Wölbung sich findet. Die bedeutung von dhanvan betref-
fend ist aber noch zu bemerken, dafs die alten ausleger dem
worte auch die von «antarixa luft» geben (Naigh. 1. 3, Nir. 5. 5).
Die von Yäska am angeführten orte dafür citirte stelle läfst aber
auch eine andere erklärung zu, vgl. Bcnt gl. s. v. dhanvan.
Was die ableitung des wort es betrifft, so stellt es sich zu
dem in den Veden nicht seltenen verbum dhanv mit der bedeu-
tung «eilen»», trans. /« schnell herbeiführen» und sofern dieser be-
deutung die der ausstreckung, des gespanntseins vorangegangen
zu sein scheint, liefse es sich als geschwächte participialform des-
selben für älteres dhanvant der gespannte ansehen. So wird es
denn auch wahrscheinlich, dafs dhanv und dhanvan nur er-
Weiterungen des der conjugation der specialtempora von tan zu
gründe liegenden thema's tanu griech. zarv sind, da ähnliche er-
weiterungen der verbalthemen mehrfach vorkommen und z. b.
inoti, invati, riioti, rnvati auf dieselbe weise neben einander
stehen, sobald wir von der oben berührten Veränderung des an-
laute absehen. Dazu kommt, dafs auch ein adj. dhanu mit der
bedeutung «schnell, rasch11 vorhanden gewesen sein mufs, von
dem ich jedoch nur den comparativ dhanutara (schol. cjghra-
gantr) nachweisen kann RV. (m.) 4. 35. 5, vgl. Neve: mythe des
Ribbavas p. 451.
Wenden wjr uns nun zu den andern indogermanischen spra-
chen, so stellen die deutschen einige Wörter dazu, die sich so-
wohl in form als bedeutung eng anschliefsen. Das nhd. done
entspricht ganz jenem dhanvan, m. n. neben dem auch eine ne-
238 Kahn
benform dhanva n. steht, insofern nicht allein die schlinge, son-
dern auch zugleich der sie haltende bogen damit bezeichnet wird $
das wort ist zwar in der älteren spräche nicht nachzuweisen, in-
dessen weist das mhd. mehrere Wörter auf, die sein alter ver-
borgen. Diese sind zunächst don stf. Spannung, gedon belästi-
gong, besch werde, gewalt, überdon tuch oder leinwand zum
einhüllen eines leichnams, gedon adv. eifrig, schleunig? (daz guot
si vil gedon santen an ir gemach BM. mhd. wb. p. 381.; don swv.
(ahd. ih doneta) ich bin in Spannung, aufgeregt von Sehnsucht,
schmerz, freude; du nee adj. aasgespannt, grofs. Wenn ferner
skr. tanyatu geräusch, schall, donner von der w. tan ohne an-
lautendes s stammt, während die formen mit s vorzugsweise »die
spezielle beschränkung des begriffe der ausdehnung auf den schall
zeigen, ebenso griech. rorog, lat. tonus, tonare; ferner aits.
}>unor, ahd. donar, mhd. doner, donre, dun re stm. entschie-
den nicht entlehnt sind, auch im mhd. dunte von swv. dnn
donnern noch vorhanden ist, so sehe ich keinen hinlänglichen
grund das mhd. don stm. weise, ton, gesang mit Müller (BM.
wb. p. 381) aus dem lat. tonus stammen zu lassen; auch Grimm
zieht (gr. 2. 48) dasselhe zu einem verlornen goth. }>iunan? J>aun,
}>unun, und sieht, da bereits im angelsächsischen dynja strepere,
alts. dun jan, altn. du na tonare, du na tpnitru die media er-
scheint, keinen anstofs in der neuhochdeutschen tenuis von tö-
nen. Selbst im gothischen trat vielleicht schon die media auf, da
wenigstens dauns f. dunst, geruch fast eher zn den obigen mhd.
Wörtern als zu skr. dhüma, ahd. daum zu stellen sein möchte.
Auch im niederdeutschen finden wir denselben stamm in
donne, dickedonnesatt vollgepfropft satt, dün enge, fest an-
liegend, westf. donne stramm, aufgedunsen, donne bi, wang.
dun an nahe bei, nl. dön neben, nahe, schnell, sogleich, dunen,
nl. duynen schwellen, strotzen und in dem fast allen ndd. diall.
gemeinsamen dune trunken, vergl. «besoffen wie eine bombe»
d. i. bis zum platzen voll, vgl. Diefenb. goth. wb, d. 23' th. 7. 17.
In allen hier besprochenen formen ist der vocal o oder u
durch den einflufs des geschwundenen v zu erklären, welches
das wurzelhafte a zu au umlautete, aus dem dann die Verenge-
rung zu o, u stattfand.
Aus dem griechischen ziehe ich öivaQ zudhanvan mit ans*
fall des /•, während das q des Suffixes nach der oben 1. 368 ff.
besprochenen weise entstand ; öevaQ gehört nämlich eben so wenig
zu Owen, ödrew schlagen wie skr. dhanus, dhanvan zu dem
miscellen. 239
bisherr irrthömlicb dazu gestellten sanskr. dhan f. han tödten.
Schon der umstand, dafs übvolq nicht allein die hölung der hand,
sondern auch des fufses nach Hesych. bedeutet, mufste bedenk-
lich machen, mehr noch dafs &*vaQ auch die biegung zwischen
daum und Zeigefinger bezeichnet. Wenn das wort auf #*V« zu-
rückging, würde Pindar (Pyth. 4. 206) weder die Vertiefung des
altars. noch den grund des meeres (Isthm. 4. 74) durch Obvoq
haben bezeichnen können. In betreff der letzteren bedeutung
verdient noch erwäbnung, dafs nach Wilson auch dhanvan n.
die bedeutung a firm spot, land, ground hat; ich kann dieselbe
jedoch nicht belegen, will indefs nicht unterlassen an «samu-
drasya dhanvan ärdrasya päre" RV. 1. 116. 4 zu erinnern,
wo samudra freilich das luftmeer zu sein scheint.
Nierenberger pat.
In den norddeutschen sagen (gebr. no. 4*25) habe ich nürn-
berger pat als bezeichnung der milchstrafse mitgetheilt und
daran in den anm. die vermuthung geknüpft, dafs damit ein pfad
zum nornenberge gemeint sein möge. Die erste mittheilung
des namens war uns von einem hochdeutschredenden geworden,
später habe ich sie öfter und zwar stets in ndd. form nieren-
berger pat gehört. Sie ist deshalb auch aus dem niederd. und
speciell aus dem westf. dialekt, dem sie angehört, zu erklären.
Nun bezeichnet aber westf. nierendör, auch nieendör, diegro-
fse eingangsthür der bauernhäuser, d. h. sie ist die untere thür im
gegensatz zu den zu beiden seiten des berdraumes gelegenen
oberen, also hd. niedenthur. So ist denn auch nierenberg
der unterberg, und über seine bedeutung kein zweifei. Panzer
hat (beitr. z. d. mytb. p. 299. 301.) einen berg als anfenthaltsort
der toten in der unterweit nachgewiesen und gerade der unserem
nierenberg im namen gleiche salzburger unters berg mit sei-
nen holen, der eisernen thüre, in welchen die wilden frauen hau-
sen und Kaiser Karl verzaubert sitzt, giebt das deutlichste bild
jener Vorstellung. Wenn die milchstrafse aber der zu diesem berge
leitende pfad genannt wird, so kann sie hier nur als Verbindungs-
weg zwischen himmel oder erde und unterweit angesehen werden;
das letztere ist mir das wahrscheinlichere und es liegt nahe zu
vermuthen, dafs damit die strafse bezeichnet werde, auf welcher
die abgeschiedenen in der Uel reich gelangten, da der name hei weg,
h i 5 1 w e g, gleichfalls westf. die milchstra fse, daneben steht. A. K.
240 Aufrecht.
manu, skula, mundu, skyldu.
Die beiden verben man (ich werde) und skal (ich soll,
werde) bilden in abweichung von allen anderen im inf. munn,
skulu. Man könnte annehmen, dafs das a des entsprechenden
gothiscben mnnan, skulan sich vor abfall des n zunächst zu u
gestaltet hätte, etwa so wie in den weiblichen abstraktis auf an
die endnngen an und un neben einander herlaufen (iBran, iörun
reue, eggjan, eggjun antreibung) und auch sonst oft an und
un mit einander wechseln 5 wahrscheinlicher ist mir, dafs in
munu, skulu Überbleibsel einer älteren infinitivform vorliegen.
Ich ergänze beide in mun-um, skul-um und erkenne darin den
acc. sg. der reinen, natürlich hier ehemals reduplicirten, wurzeln
mun,skul. Diese einfachste alier infinit ivformen, bei welcher jede
wurzel zum abstrakten Substantiv erhoben und durch alle obliquen
casus durchflektirt werden konnte, hat im weitesten umfange sich
nur in den Veden erhalten, auf den accusativ beschränkt finden
wir sie als allein bestehende im umbrischen und oskischen z. b.
umbr. er-om (esse), fer-om (ferre) osk. censa-um (censere),
molta-um (multare). Vgl. umbr. sprachd. I, §60. Im lateini-
schen dagegen findet sich keine spur mehr davon.
Wie verhalten sich nun dazu mundu, skyldu, die gleich-
falls als infinitive gelten? Beide, in der prosa häufig, kommen
schon in der älteren Edda vor. So 91 b:
hafa kvazk hon Helga hylli skyldu.
«sie sagte Helgi's huld wolle sie haben.» 143 a:
hana kvaö hann öskmey verda skyldu.
«sie sollte wunschmaid werden hiefs er.» ibid.
en mik Atli kvaB eigi myndu
Ifii räöa ne löst gera.
«aber Atli sprach, nicht würde ich schände begehn, nicht laster
üben.» Ganz am unrechten orte wäre, auch in diesen formen infi-
nitive, etwa dem latein. supinum auf tum, der skr. infinitivendung
tum entsprechende, suchen zu wollen. Aus n -f- t, l -h t mufste
goth. n]>, 1]>, altn. nn, 11 werden. Vielmehr scheint mir liegen
hier alte indikativformen des schwachen präteritum zu gründe,
welche in mifsbräuchlicher analogie mit munu, skulu (ganz gleich-
lautend mit der 3ten pers. plur.) später als neue infinitivbildung
verwendet wurden. A.
Gedruckt bei A. W. Sek ade in Berlin, Grtiuir. 18.
W ie die naturwissenschaften erst seit der zeit zu reichster ent-
wickelang gelangt sind, seitdem das experiment in die einzelnen
dieciplinen derselben eingeführt wurde, so wird die Sprachwissen-
schaft erst dann zu wahrem gedeihen gelangen, wenn mehr und
mehr das erfahrungsmSfsige in derselben zum bewufstsein ge-
bracht sein wird. Apriorische theorien haben von jeher die Wis-
senschaft nicht gefördert, sondern sie zuweilen ganze Jahrhun-
derte gehemmt. Wenn unsere Zeitschrift sich bisher vorzugsweise
mit dem etymologischen theile der spräche beschäftigt hat und
dessen behandlang auch fernerhin zu ihrer hanptanfgabe machen
wird, so geschah dieses nicht in Verachtung der philosophischen
seite, welche die spräche als ansdrack des geistes hat, sondern
weil wir die betrachtung derselben in den meisten stücken für
verfrüht halten. Gleichwohl lag es uns fern dieselbe ganz aus-
znschliefsen, und es gereicht uns zu besonderer genugthuung als
erste gröfsere probe die arbeit eines mannes mittheilen zu kön-
nen, der, wie kaum ein anderer, mit der gründlichsten kenntnifs
des etymologischen Stoffes durchdringende philosophische aufTas-
sung desselben verband. Veranlafst ist der von frau direktor
Schmidt in Halle uns freundlichst mitgetheilte brief durch das
1826 in Ratibor erschienene sehr gründlich gearbeitete programm
«de infinitivo» von Max. Schmidt, worin dieser gegen' einzelne
ansichten von W. v. Humboldt ober den infinitiv (in der ind. bibl.
I. 432. U. 72 ff.) auftrat. Mit Bernhard! ist: Bernhardt anfangs-
gründe der Sprachwissenschaft, Berlin 1805, gemeinl.
Die redaction.
II. 4. 1«
242 W. v. Humboldt
I. Abhandlungen«
Heber den infinitiv«
Ich bat ew. wohlgeboren in meinem letzte briefe um erlaub-
nifs, ihnen noch ausführlich über ihre gehaltvolle schritt schrei-
ben zu dürfen, und schiebe dies um so weniger auf, als ich die-
selbe eben wieder vollständig und genau durchgelesen habe.
Ich habe mich aufs neue an dem belehrenden reichthmn
scharfsinniger bemerkungen erfreut, den ew. wohlgeboren mit
einer interessanten aus wähl von stellen, welche eine ausgebreitete
und sorgfältig benutzte belesenheit in den alten Schriftstellern
bewebt, über den theil der grammatik und vorzüglich der syn-
taxis, in welche der infinitiv einschlägt, zusammengestellt haben.
Ihre abhandlung mufs schon dadurch jedem, der sich mit
Sprachstudium beschäftigt, um so wichtiger werden, als Sie über-
all auch aus anderen sprachen beweise beibringen, und ihre ver-
schiedene constructionsart vergleichen. Ich übergehe indefs die-
sen ganzen theil und wende mich nur zu demjenigen, gegen den
ich wünschte, Ihnen meine abweichende meinung vorzutragen.
Die punkte, über die wir verschiedenen ansichten folgen, beru-
hen auf so feinen, ja, ich möchte sagen, spitzen gründen, dafs
man sehr leicht darüber immer uneins bleiben kann; aber sie
berühren auch sehr nahe die ersten grundsalze der grammatik
und schon darum, wenn es nicht überhaupt immer angenehm
wäre, seine ideen da gegenseitig auszutauschen, wo allein das
reine interesse an der zu suchenden Wahrheit vorwaltet, scheint
es mir wichtiger, den gegenständ noch einmal zur spräche zu
bringen.
Ich werde dabei eigentlich mehr Bernhardi, als mich zu ver-
theidigen haben. Denn die zweifei, die ich ew. wohlgeboren
vortragen möchte, betreffen, noch aufser der Streitfrage über den
infinitiv, Ihre theorie der momentanen merkmale und der satzr-
bildung überhaupt, so wie das, was Sie über die tempora sagen.
Allein auch in absieht des Infinitivs ist Bernhardi, wenn er ihn
gleich ein substantivum nennt, dennoch mehr meiner, als ew.
wohlgeboren meinung. Denn er befafst (§ 64 no. 5) den infini-
tiv unter das verbum, wie Sie (§ 20) nicht zu thun geneigt sind,
aber den infinitrr. 243
und nennt ihn, ungeachtet er ihn zum Verbalsubstantiv macht,
(§ 47 no. 5) ein mittelglied zwischen participium nnd Substantiv,
was ich nicht logisch richtig finden kann. Denn wenn das Ver-
balsubstantiv nur mittelglied, also ann&herung zum Substantiv ist,
so mnfs es auch vom Substantiv selbst ausgeschlossen werden.
Dem begriff des participiums den des momentanen merkmals
unterzuschieben, scheint mir, wenn ich meine meinung frei sagen
soll, nicht zulässig, vielmehr der philosophischen herleitung des
begriffe des verbum und der ganzen bildung des satzes wesentlich
entgegenzustehen.
Zuerst bestimmt der ausdruck momentan, dem dauern-
den entgegengesetzt, durchaus nicht das, was wesentlich im par-
ticipium liegt, sondern begreift, streng genommen, auch blofse
adjectiva unter sich. Denn ist nicht das grün der blätter ein
undauerndes und momentanes merkmal, da sie im herbste gelb
sind ? Und doch ist hier aller begriff von verbum und participium
entfernt. Doch will ich hierauf kein gewicht legen. Aber auf
jeden fall vermisse ich in ausdruck und begriff die schärfe, die
klar und rein das wesen des participiums anzeigt. Ew. wohl-
geboren nennen momentanes merkmal dasjenige, was man sich
nur als vorübergehend an einer sache denkt. Hierbei bleibt
man nun ongewifs, ob das charakteristische dieser merkmale in
der zeit ihrer dauer, oder darin liegt, dafs sie eine energie (han-
deln, leiden, sich befinden) sind. Es scheint sogar, als erklärten
Sie sich für das erstere, da Sie, (s. 6) die thätigkeit nur erst an
die zeit anknöpfen.
Hieraus entsteht nun aber, meiner meinung nach, eine wahre
Verdunkelung des scharf aufzufassenden begriffs der partieipien.
Denn das charakteristische dieser liegt gerade in der energie und
die zeit knüpft sich nur an diese an. Ja, genau genommen, ist
es nicht einmal die zeit, insofern sie aus gegenwart, Vergangen-
heit und zukunft besteht, welche beim participium mitgedacht
wird. Es sind nur die drei, bei jeder energie nothwendig zu un-
terscheidenden punkte, die aber freilich successiv, also in der zeit
wirklich werden, wie Bernhardt mir sehr gut (§ 43 no. 8) zu be-
weisen scheint. Jene als Vergangenheit, gegenwart und zukunft
gedachte zeit gehört der copula an, und bei ew. wohlgeborcn
begriff eines momentanen merkmals entsteht nun wieder, wenn
ich nicht ganz irre, daraus eine Verlegenheit, dafs dieselbe gleich-
sam alle zeit an sich reifst, was, vorzüglich bei der erorterung
16*
244 W. ?. Humboldt
der lempora sichtbar wird. Ueberhaupt hätte ich gewünscht,
ew. wohlgeboren hätten sich auch über die copala erklärt. Soll
diese nichts als das gleichheitszeichen der mathematik sein, so
kommt, wie es mir scheint, niemals ein satt zu stände. Ist sie
aber das synthesirende sein, so wird man, dünkt mich, von selbst
darauf geführt, das momentane merkmal in ein wahres energisches
participium umzuschauen.
In Bernhardts definition ist dagegen das participium in sei-
nem eigentlichen wesen aafgefafst, und vielleicht ist nur sein
ausdruck in $ 40 no. 7 zu tadeln, wobei ich jedoch bemerken
mute, dafs derselbe in der citation in Ihrer abhandlung (s. 5. z. 8)
durch den druckfehler eines ausgelassenen comma's zwischen
kräftig und wirkend, unangemessener erscheint, als bei ihm,
wo er sagt: sind kräftig, wirkend u. s. f. Er hätte bei den
Worten: energisch, sich bewegend stehen bleiben sollen, und hin-
zusetzen, dafs das leiden ebenso eine bewegung im leidenden er-
heischt, der ja das leiden ertragen, d. h. gegenwirken mufs. Im
gründe ist das aber nicht nothwendig, denn das participium pass.
deutet ja ebenso gut eine handlung aus, nur von Seiten dessen, auf
den sie geschieht. Auch die verba, wie uraCsir, albere, bilden,
dünkt mich, gar keine ausnähme; sie sind nur metaphern, wie
die spräche so viele hat- Das adjectivum gleich wird, als wäre
es eine handlung des gegenständes, in das participium gleichend
umgebildet, und so entstehen mit dem begriff des sein« jene verba.
Auch scheint Bernhardi selbst den zweifei, den er in der 1801
erschienenen Sprachlehre hierüber hatte, 1805 aufgegeben zu ha-
ben, da er in den in diesem jähre herausgegebenen anfangsgrün-
den bei seiner ersten definition bleibt
Ich bin nun zwar gar nicht der meinung, dafs man schlech-
terdings hier Bernhardi's behauptungen ängstlich folgen müsse.
Wäre eine andere art der darstellung lichtvoller oder bestimmter,
so würde ich sie mit freuden ergreifen. Allein, in Ihrer herlei-
tung durch den begriff eines momentanen merkmals scheint mir
das, was die hauptsache beim participium ist, dafs gehandelt wird,
in den schalten gestellt, und der begriff der zeit, der nur inso-
fern in das participium kommen darf, als er von jener haupt-
sache gefordert wird, als das wesentliche und unabhängig von
jener beschränkung, hineingebracht zu sein. Ich will auf keine
weise läugnen, dafs man den begriff von allem dem, was nicht
wesentlich zum participium gehört, reinigen kann; dann wird er
Aber den infinitiv. 245
aber auch auf dasselbe mit der Bernhardi'schen definition hinaus-
kommen und momentan and vorübergehend sind, meinem
gefähl nach, immer zu sehr zwischen blofser successiver abwechse-
lang and wirklicher handlang schwankende begriffe.
Die spräche ist doch nichts ab ein bild der Wirklichkeit,
wie wir sie in uns aufnehmen. Nun aber ist Alles, was wir se-
hen oder erfahren Substanz (sache), oder beschaffenheit, oder
handlang, im weitläufigsten sinne des worts. Das handelnde ist
sichtbar das participium und nachher verbum. Jede bandlung ist
nun allerdings momentan und vorübergehend, aber das möchte
ich nur nebensache nennen. Die hauptsache ist, sowie im ver-
bum, die kraftäufeerung. Das vorübergehende läfst sich aas die-
ser natürlich herleiten und bestimmen, allein die kraftäufserang
aus dem vorübergehenden nicht mit gleich gebietender nothwen-
digkeit.
Dies hat nun aach auf den begriff des infinitivs einen un-
verkennbaren einflofs, da derselbe eigentlich nichts anders enthält
als die specifische kraftäafeerang des verbum, verbunden mit der
richtung derselben, und ihrer bestimmung auf einen Zeitpunkt oder
Zeitraum.
Dafls der begriff des inGnitivs in seiner reinen form, wie
ew. wohlgeboren § 9 sagen, zu einem abgeschlossenen ganzen
zusammengefafst werde, ist das was ich eben läognen mufs. Er
scheint mir kein substantivom eben darum, weil in ihm die Ver-
knüpfung zur einheit fehlt, die Bernhardi mit recht, wie auch
Sie ihm beistimmen, im substantivum fordert Wenn ich sage:
ich sehe den menschen gehen, sondere ich allerdings das merk-
mal des gehens an dem menschen ab, allein ich füge nicht den
zweiten zur bildung eines substantivum noth wendigen akt, das
zusammenfassen dieses merkmals in eine einheit, hinzu. Dies thue
ich dagegen wenn ich sage: ich sehe das gehen (den gang) des
menschen. Jedes substantivum mufs immer auf eine Substanz
hinauskommen. Damit fängt auch Bernhardi seine erklärung des
Substantivs (§ 35 no. 1 ) an. Nan aber sträabt sich, wie gern ich
meine ansieht gegen die von ew. wohlgeboren aufgeben möchte,
durchaus mein gefühl dagegen, in den worten: ich will essen,
das letzte als eine Substanz anzusehen. Es enthält gar nichts,
was nicht schon im attributivum lag, aber es ist ihm das, was
das attributivum zu solchen macht, das anklebeu an einer Sub-
stanz genommen. Ew. wohlgeboren nennen s. 9. diese vorstel-
246 W. v. Humboldt
lungsart verwerflich, weil sich logisch dafür kein Substrat finden
lasse. Ich habe auf diese einwendung (s. 84 anm.) selbst auf-
merksam gemacht Allein ich glaube noch heute keine Widerle-
gung darin zu finden. Der infinitiv ist die darstellung des rei-
nen bewegens in der zeit; er gehört gar nicht zu der gattung,
welche sich durch die eintheilung in Substanz und attribut er-
schöpfen läfst.
Ew. wohlgeboren nennen den infinitiv ein absfractum, Bern-
hard! trennt ihn gerade von diesem frei geschaffenem substanti-
Tum (§ 45. no. 10). Ich kann mich nicht enthalten, hierbei eine
bemerkung zu macheu, die in meiner abhandlung nicht vorkommt.
Dem begriff und der sache nach mochte ich den infinitiv eher
eine blofse, allgemeine und vage ausgedrückte Wahrnehmung nen-
nen. Hitze ist ein abstractum, hei f 8 es eisen zusammenzufü-
gen ist schon bestimmte sprachart, aber eisen heifs zu sagen,
ist der unmittelbare und unverbundene ausdruek der Wahrneh-
mung. Wie nun da heifs steht, so scheint mir der infinitiv zu
sein, nicht das abstractum des participiums, sondern der Stoff,
aus dem es erst kunstlich gebildet wird. Daher sagen die kin-
der, wie auch ew. wohlgeboren anführen, anfangs alles im in-
finitiv. Die chinesische spräche kennt meiner ansieht nach (ob-
gleich unsere chinesischen grammatiken es anders nehmen) vom
ganzen verbum nichts, als diesen infinitiv. Im sanskrit sind alle
Wurzelwörter der verba da, vä u. s. f. wirkliche infinitive, nur
dafs sie in der verbundenen rede nicht vorkommen. Aber sie
bezeichnen handlungen und tragen gar keine art der bestimmung
in sich. In einigen amerikanischen sprachen kaun man substantiva
und verba an sich nur nach ihrer bedeutung unterscheiden, aber
beide untermischt gebrauchen und durch hinzufügung gewisser
Partikeln zu diesen oder jenen stempeln. Man könnte dies aller-
dings einen vorgrammatischen zustand nennen, allein auch in un-
seren gebildetsten sprachen kann ich im wahren infinitiv nicht
mehr sehen. Es scheint damit nun im Widerspruch zu, stehen,
dafs der reine infinitiv eigentlich nur in wenig sprachen vorhan-
den ist und die ungebildeten sprachen, namentlich die amerika-
nischen so grofse Schwierigkeiten finden, redensarten in denen
er vorkommt, nachzubilden. Diese Schwierigkeit aber ist mehr
eine syntaktische, da nun der infinitiv so gestellt werden soll,
dafs seine abhängigkeit sichtbar wird, und die redeverbindnng
ist gerade das, worin diese Völker am meisten zurück sind. Wo
über den infinitiv. 247
es auch einmal ein flektirtes verbum giebt, da wird es schwer,
es wieder von aller flexion zn entblöfsen, und es doch noch in
der verbalform, abgesondert vom Substantiv, festzuhalten. Da tritt
wirklich die nothwendigkeit einer abstraction ein. Aber sehr
für meine ansieht spricht es, dafs, wie ich auch angeführt, gerade
diese, sich ihrem natürlichem gef&hle fiberlassenden Völkerstämme
mehr verbal- als substantivformen zu Surrogaten des Infinitivs ge-
brauchen. Es ist zwar unläughar, dafs, wie ew. wohlgeboren
8. 8 sagen, jeder regierende theil eines satzes, für sich allein ge-
nommen, einen unvollständigen begriff giebt. Allein, da sich
hierin doch grade unterscheiden lassen, so scheint mir der infini-
tiv ganz unvergleichbar enger als ein nomen, mit dem worte,
von dem er abhängig ist, zusammenzugehören. Es liegt dies auch
darin, dafs nicht blofs der regierende theil des satzes unvollstän-
dig, ist, sondern der infinitiv, seiner natur nach, gar nicht dem
geiste auf ibm, wie doch auf einer Substanz möglich ist, zu ruhen
erlaubt. Dieser unterschied zwischen substantivum und infinitiv
zeigt sich auch darin, dafs gewisse Wörter wie müssen, dür-
fen, können gar nicht ein substantivum' als regiert nach sich
nehmen können. Sie verbinden sich auf diese weise, aufser dem
infinitiv blofs mit pronomina und einigen diesen gleich kommen-
den adjeetiven (wie alles, einiges u. s. f.) und thun das letztere
vermuthlich nur deshalb, weil dabei immer ein nur ausgelassener
iufinitiv mitverstanden werden kann.
In absieht des artikels glaube ich keine inconsequenz zu be-
gehen, wenn ich sage, dafs er beim nomen als bestimmter, im
gegeusatz des unbestimmten, beim infinitiv als kennzeichen, dafs
er substantivirt wird, steht. — In dem einen oder andern fall
thut er auch meiner meinung nach dasselbe, er bestimmt.
Dafs aber sein bestimmen verschieden wirket liegt in der natur
des nomen und infinitivs. Das nomen kann unbestimmt (men-
schen) und bestimmt (der mensch) genommen werden. Der ar-
tikel entscheidet hierüber. Der infinitiv verliert mit der bestim-
mung auch unmittelbar seine infinitivnatur und ist Substantiv, so
wie er bestimmt ist. An sich ist er nicht, wie das nomen, zu-
gleich der be8timmtheit und Unbestimmtheit fähig.
Es hat aber auch aus einem anderen gründe eine andere
bewandnifs mit dem aiükel beim infinitiv als beim nomen. Ew.
wohlgeboren nennen den artikel ein ideales pronomen demon-
strativum, Bernhard i, der ungebührlich kurz über ihn ist (§ 62*
248 W. v. Humboldt
no. 4) ein determinative«. Ich gestehe, dafis ich mit beiden nicht
ganz übereinstimmen kann. Meiner meinung nach ist der artikel
gar kein pronomen, sondern gehört in die kategorie der Zahlwör-
ter, die Substantive können sich nämlich auf ein individuum, auf
durch zahl bestimmte, auf unbestimmt gelassene, endlich auf alle
Individuen der gattung, oder was dasselbe ist, auf den allgemein
gefafsten begriff der gattung beziehen, und der artikel ist der
redetheil, welcher diesen verschiedenartigen umfang bestimmt
Wenn daher ew. wohlgeboren § 7 no. 1 sagen: der artikel zeigt
an, dats der von uns ausgesprochene begriff von uns auf ein in*
dividaum bezogen und in der Vorstellung als ein bestimmtes ge-
dacht werde, so pflichte ich hiervon dem letzteren vollkommen
bei, aber das erste erschöpft meines erachtens den begriff nicht.
Zwar werden ew. wohlgeboren wohl meinen, dafs der allge-
meine begriff, der mensch, das thier, ein ideales indivjduum sei
und dann allerdings kommt es auf dasselbe hinaus. Doch weifs
ich nicht, ob man bei dieser vorstellungsart an deutlichkett ge-
winnt Als pronomen kann ich den artikel nicht anerkennen,
weil das pronomen ein repräsentativer redetheil ist, und der ar-
tikel das nomen nicht reprasentirt, sondern begleitet. Dies thun
zwar die pronomina demonstrativa auch (dieser mensch), allein
sie können doch allein stehen, der artikel nicht, und wenn sie
das Substantiv bei sich führen, sind sie im gründe auch nur in
adjeetiva verwandelte adverbia loci, nicht mehr wahre pronomina.
Im deutsehen unterscheiden wir auch sehr deutlich durch die
ausspräche der, wenn es pronomen demonstrativnm und wenn
es artikel ist, obgleich im plural diese Unterscheidung freilich hin-
wegfällt. Es kommt indefs hierauf nichts an. Will man auch
den artikel als pronomen ansehen, so bleibt immer gewifs, dafs
jenen umfang der bedeatung der substantiva zu bezeichnen sein
amt ist. Wendet man nun dies auf den infinitiv an, so könnte
er sich zwar auch auf eine handlung, mehrere handlungen unbe-
stimmt und die gattung der handlungen überhaupt, erstrecken.
So wie er aber das thut, betrachtet er die handlungen als Sub-
stanzen, ist die darstellung derselben und wird Substantiv. Auf
diese weise sagt man im deutschen, ein, mehrere, das essen, auch
ein gehen, einiges gehen, und das gehen. Beim verbum finitum
kann die frage des umfangs nicht vorkommen, da es immer einen
individuellen fall ausspricht, und da der infinitiv meiner Vorstel-
lung nach, die ganze verbalnatur beibehält, so kann in den wor-
über den Infinitiv. 249
ten : ich sehe blitzen, niemand veranlaßt sein, nach dem umfang
dieses ausdrucks zu fragen. — Jeder fohlt, dafs sie heifsen sol-
len, dafs es blitzte, und ich es sah, and es ist also hier weder
von einem bestimmten noch unbestimmten artikel zu denken.
Wie. ein artikel hinzukommt, ist der infinitiv nicht mehr Infini-
tiv. Dafs wie ew. wohlgeboren s. 15 sagen, jeder mit substan-
tiva zusammengestellte infinitiv den artikel haben müfste, sehe
ich nicht ein. Es dient vielmehr, wie in der von Ihnen ange-
führten stelle Anacreons, zur abwechslung, wenn auch auf ein*
ander bezogene begriffe, die einen als dinge, Substanzen, die an-
dern als blofse energien, bewegungen dargestellt werden.
So gestehe ich, kann ich mich von meiner ansieht, den infi-
nitiv streng zum verbam zu rechnen, und ihn als etwas von at-
tributivum und substantivum verschiedenes anzusehen, nicht tren-
nen nnd wenn ich die von ew. wohlgeboren aufgestellten ver-
balsubstantiva betrachte, so weichen sie auch fast in allen din-
gen von anderen Substantiven ab.
Ich wurde indefs ew. wohlgeboren geduld zu ermüden furch-
ten, wenn ich hierin weiter einginge; ich will mich daher darauf
beschränken, nur noch des § 16 über die tempora des infinitivs
zu erwähnen. —
Zuerst möchte ich bemerken, dafs Bernhard! gar nicht die
theorie der relativen zeiten annimmt, die auch mir aus gründen,
die hier zu entwickeln, zu wehMäuftig sein wurde, nicht die rich-
tige scheint. Bernhard! leitet die neun, nicht aoristischen tem-
pora, nach der bessern alten, Harris, Reiz und Wolfs Vorgang
ans der beziehung der Vergangenheit, gegenwart und zukunft
(nicht wieder, wie bei der theorie der relativen zeiten geschieht,
auf eine andere Vergangenheit, gegenwart und zukunft) sondern
auf den anfangs-, mittel- und endpunkt der einen Zeitraum durch-
laufenden energie oder handlung her.
Diese drei punkte nun gehören dem partieipium an, die drei
zeiten aber der copula, dem verbum sein, und daraus folgt nun
schon unmittelbar, dafs der infinitivus, der blofs aus dem parti-
eipium entsteht, anch aufser den aoristen, nur drei tempora ha-
ben kann.
Ew. wohlgeboren haben sich nun freilich nicht genau dar-
über erklärt, ob Sie die tempora, wie es scheint, blofs in dem
zeitbegriff) der im momentanen merkmal enthalten ist, oder zu-
gleich in der copula finden. Da aber die copula doch auch eine
250 W. t. Humboldt
zeit ausdrücken maus, so würden doch auch in ihrem momenta-
nen merkmal nur drei Zeitpunkte aufser den aoristen liegen, und
der infinitiv nicht mehr haben können.
Es scheint mir dies aber auch aus einem anderen gründe zu
folgen. Der infinitiv ist immer von einem anderen verbum ab-
hängig. Selbst wenn ihn ein nomen regiert, ist dies doch mit
einem verbum in einem salze verknüpft. Dies verbum mufs ein
verbum finitum sein, und also in irgend einer zeit seine aussage
machen. Nehme ich nun relative Zeiten an, so habe ich hier die
eine reihe der drei möglichen Zeiten und es kann daher im infi-
nitiv nur noch eine zweite liegen. Hätte der infinitiv für sich
zwei reihen, als soviel sechs tenipora erfordern würden, so kä-
men drei reihen in contact, was wohl denkbar wäre, allein zu
keinem neuen resultate führen könnte.
Denn ich gestehe, dafs ich auch in den von ew. wohlge-
boren angeführten beispielen den unterschied nicht finden kann.
6 natg d-QipnjosTai rervy&cu und rervxpeo&ai scheinen mir ganz
dasselbe anzudeuten. Data der knabe noch nicht geschlagen wor-
den ist, liegt in dem futurum ^Q^n/aetai. Hätte er die schlage
schon bekommen, könnte sein weinen nicht erst künftig sein.
Die erste redensart heifst: er wird weinen, dafs er geschlagen
worden ist, die andere, wenn ich rervipsadai als futurum exactum
übersetzte, dafs er wird geschlagen worden sein. Wenn einzu-
schieben, scheint mir die redensart nicht zu erlauben, die worte
sind hier freilich anders, aber die sache ist dieselbe, das 2te fu-
turum, das im infinitiv liegt, kann, da schon eines vorhanden ist,
nichts hinzufügen. Das weinen ist zukünftig, die schlage als des-
sen Ursache, werden als vergangen vorgestellt, an sich sind sie
auch wie das weinen, noch zukünftig und es ist gleich, ob man
diese zukunft mit ausdrückt oder nicht. Anders, gestehe ich, die
sache nicht einsehen zu können. In Xenophons Anabasis ([, 5.
16) et yaQ ttva ctilqloig ^xrlv <watt>e«, rofii^sre, «V rgfoe ry
VP*Q$ e7*e' *« xatcutexoysa&ai x. r. X. scheint mir dieser letzte in-
finitivus keinen anderen sinn zu geben, als der iniinitivus des
nicht reduplicirten futurum thun würde.
Man könnte zwar eine rhetorische Verstärkung darin finden,
dafs Cyrus nicht sagt, dafs, sowie sie kämpfen werden, auch er
werde niedergemacht werden, sondern dafs er dadurch eo ipso
schon werde niedergemacht sein. Allein diese nüance der bedeu-
tung ist hier aufs mindeste nicht nothwendig und ich fände sie
nicht einmal passend, weil der gebrauch des futurum exactum,
über den infinitiv. 251
wenn er auch die behauptang des niedermachend verstärkt, den
Zusammenhang dieser .niederlage mit dem zu verhütenden kämpfe
weniger sichtbar macht, da, indem die niederlage als schon ge-
schehen dargestellt ist, sie ja auch einen anderen grnnd, als den
kämpf gehabt haben könnte. Das zweite von ew. wohlgeboren
angeführte heispiel ist mir noch weniger klar. Welch ein infi-
nitiv auch schlagen sein mochte, kann ich in den Worten im-
mer nicht mehr sehen, als dafs die velleität des schlagens hier
in die vergangene zeit der währenden handlang gesetzt ist, and
ich finde nicht, dafs, wenn der infinitiv nun auch eine vergangene
zeit einer währenden handlang anzeigte, daraus der sinn hervor-
ginge, dafs das schlagen mit dem wollen vorüber sei. Denn die
phrase: sie hatten beschlossen, dafs sie mich schlügen, wo beide
verba im imperfectum stehen, scheint mir kein grofseres licht
über die sache zu geben, als die mit dem infinitiv.
Das sogenannte paulo post futurum der Griechen scheint mir
kein gültiger einwurf gegen eine behauptang, die meiner Überzeu-
gung nach so streng und evident aus den allgemeinen begriffen
folgt. Wie den sprachen formen fehlen, so können sie deren
auch mehr haben, als nöthig ist. Dies ist umsomehr möglich, als
wir die geschiente keiner spräche genau genug kennen, um zu
wissen, ob nicht ursprünglich gewisse formen ganz anders ge-
braucht worden sind. Ich erinnere mich nicht, ob man wohl
die stellen gesammelt hat, in welchen der infinitiv dieses tempus
vorkommt, und deren wol nicht viele sein würden. Dies müfstc
auf jeden fall belehrend sein.
[Eigenhändige naebschrift des Verfassers.] Ew.
wohlgeboren werden entschuldigen, dafs ich nicht mit eigner
hand geschrieben habe. Die fremde ist leserlicher und ich
wünschte mein coneept zu behalten. Ich bitte Sie zu glauben,
dafs ich es zu schätzen weifs, in Ihnen einen mann gefunden zu
haben, der diese grammalischen gegenstände, die, jetzt leicht mit
dem namen philosophischer Spitzfindigkeiten gebrandmarkt wer-
den, gern einer neuen Untersuchung unterwirft. Mein halten an
Bernhardi müssen Sie mir verzeihen $ ich bleibe gern bei dem bis-
herigen, bis es sich als nicht mehr zu vertheidigen erweist. In-
dem ich den forschungen ew. wohlgeboren zu ihrer genugthuung
und zum allgemeinen nutzen der Wissenschaft ungestörten und
glücklichen fortgang wünsche, wiederhole ich Ihnen die Versiche-
rung meiner ausgezeichneten hochachtung.
Tegel, den 28. October 1826. W. v. Humboldt.
252 Leo
Walhcn und Deutschet
1) Walh.
Der alte name, welchen die Deutschen ihren keltischen und
romanischen nachbarn gaben : W a 1 h im althochdeutschen, V e a 1 h
im angelsächsischen, womit auch das altnordische Valland,
Neostria d. i. Italien oder Frankreich zusammenhingt, ist noch
unerklärt. Mone hat zwar ganz richtig ausgeführt, dals er nicht
mit Gallus, Gallia zusammenhängen könne — aber die beziehung,
in welche er den namen mit Witzen, Wolga u. s. w. bringt,
macht die sache nur dunkler nicht heller. Die bedeutung des
namens ist aber sehr einfach, denn es ist dasselbe wort in
deutscher form, was längst als indisches wort in der form mle-
cha bekannt ist, und ursprünglich wohl etwas «undeutliches»,
«nicht in richtigem umrisse sich zeigendes» bedeutet — daher in
der that: «ein undeutlich redender, ein nicht arisch lebender
fremder, ein barbar*), ein sunder» bedeutet. — Das Stammwort
ist: ml Sech oder mlech «undeutlich reden, eine nicht arische
spräche reden M — welche bedeutung nach Yates auch mlaksch
hat, zugleich mit der nebenbedeutung : vermischen, unter ein-
ander mischen.
Dals die sanskritischen palatalen buchstaben im deutschen
meist in gutturalen übergehen, ist so bekannt,, das nur der über
gang des vor 1 stehenden m in ein deutsches w nachgewiesen
zu werden braucht. Wir haben hier drei unter diese analogie
fallende sanskritische stamme zu beachten: mlai, ml et oder
mied und ml£w.
Mlai bedeutet nach Yates: to fade, to be faint, to yawn
: — wie Bopp angiebt: flaccescere, marcescere, languescere, fati-
gari. Yates fuhrt auch noch die damit zusammenhängenden Wör-
ter: mläna, faded, foul, weary, und mläni, fading, weariness,
filth, slander an — die grundbedeutung scheint also: schwach
werden; seinen glänz, seine kraft verlieren; die weitere: ein häfs-
liches, schmutziges ansehen bekommen; schlecht, schmutzig, ver-
leumdet, matt, müde werden.
Trümmer dieses Stammes finden wir wieder in den althoch-
deutschen Wörtern: wali, tepidus, weih (aus: wali-ah ent-
*) das wort barbaros hängt ja wohl auch mit balbus und balbutire
zusammen? Das indische barbara oder varvara klingt wohl nur zufällig
an barbaros an. [Vgl. I. 381 wo beide Wörter besprochen sind. A.fL]
Walhen und Deutsche. 253
standen), lepidus, marcidus, labef actus; weihen, marcescere; wul-
lon iiauseare und wullöth, nausea. Dafs hier zwischen wund
1 ein vocal getreten ist, und die ältere form dieser Wörter mit
wl anlautete, wie der sanskritische stamm mit ml wird deutlich
durch die angelsächsischen correspondirenden ausdrucke, welche
auch die zusammenhinge der bedeutungen recht deutlich machen:
vlä-c, remissus, tepidus; v lad an, remissum esse, tepidum esse;
vlä-eta, vlä-tta, vlss-ta, deformatio, nausea ; vlse-tan, defor-
mare, foedare; vlä-tian nauseare (aufser diesen aus viäc =
ahd. weih entstandenen Wörtern hat die angelsächsische spräche
auch veallorian, arescere). — Gerade wie das althochdeutsche
schiebt auch das altnordische zwischen w und 1 den vocal, denn
dem angelsächsischen vi Sc entspricht altnordisch volgr und
dem angelsächsischen vlaetan (aus vlä-ctan entstanden) entspricht
velkia, con laminare.
In diesen Wörtern, deren Verwandtschaft auf der band liegt,
auch von Bopp durch, die Zusammenstellung von mlai und wel-
ken bereits erkannt war, entspricht also deutsches wl oder wal
ganz deutlich sanskritischem ml. In den slawischen sprachen
ist dies ml in bl übergegangen, denn es gehören hieher: russ.
bl£knut', verwelken und blewät', sicherbrechen; lausitzisches
blec und blowa6, sich erbrechen ond bloto, koth; sloweni-
sches bljovati, sich erbrechen und bloja oder blato, koth;
poln. biahy, schwach, gering, schlecht; bind, speien, sicherbre-
chen und blö t o, koth — welche slawische Wörter erst in dem rech-
ten zusammenhange ihrer bedeutungen erscheinen, wenn man die
verwandten lithauischen hinzunimmt: biogas, schwach, gering,
schlecht, von krankheit angegriffen; blogti, schwach werden;
blukti, schwach werden, welk werden, verwelken; blukszti,
schwach, welk werden; verwelken; blusti, niedergeschlagen,
traurig werden.
Wir führen diese slawische parallele an, weil sie uns für
den folgenden stamm ml 3t oder.mUd ab Wegweiser dienen
mufs. Die .bedeutung dieses Wortes ist nach Yates: tobe mad;
nach Bopp: mente captum este^ insanire; nach Westergaard: in-
sanire, delirare. Wir stellen hier der bedeutung wegen das slo-
wenische blesti, irre reden, phantasieren voran, womit weiter
im slowenischen blazen, der Wahnsinn, frevel, blöd, derirthum,
das irsein, das versehen, die unzucht und bloditi, irre sein,
fehlen, sich herumtreiben, unzüchtig leben zusammenhängen. Der
254 Leo
Zusammenhang dieser Wörter weiter mit rosa. blaslT, abge-
schmacktes zeug; blasen, der narr, hanswurst, blashit, math-
willig, wild sein and bludit', irren, herumschweifen; mit poln.
blazen, der narr, bla,d, der irthum und bla^dzic, irren; mit
litthauischem bloznas, der thor, schalk, schelm; bluda, die thor-
heit und bluditi heramschwärmen, irren, thorheiten begehen, ist
klar. Deutsch gehört zu diesem stamme: wild d. h. in der irre
gehend, nicht gezähmt, unvernünftig — und wald, die weglosig-
keit, die irre. Schon gothisch begegnet vilj>eis, ayqiog im gegen-
satze gedacht von domesticus, cultns, domatus — das altnordi-
sche zeigt die ursprüngliche bedeutung noch am klarsten auf:
villiz, errare; villa, in errorem inducere; yillr, errans, rudis,
sylvestris. Weniger geschwächt tritt der vocal auf in wald
(ags. veald, altn. vaullr, völlr).
Steht uns nun die correspondenz von deutschem wal, wil
und sanskritischem ml schon durch zwei beispiele fest, so wer-
den wir auch keine mühe haben in dem sauskritischem mUw
den stamm unsres althochdeutschen wola oder wela, was als
Substantiv: opulentia, felicitas und ab adverbium: satis, bene be-
deutet zu erkennen. Yates giebt als bedeutung von mlew an:
to serve, to please; Westergaard: colere, ministrare — und ganz
der früher von uns beobachteten analogie gemäfis haben wir im
slawischen: russ. blago, das heil; blagaja, der reichtbum; slow,
blag adverb. wohl; adj. edel, gut; blags, der reichtbum; poln.
blogo adv. wohl, glücklich, selig; blogi adj. glücklich, selig.
Diesem slowenischen blag correspondirt sowohl buchstäblich als
dem sinne nach deutsches adjectiv welag, wolag, walag d. i. di-
ves und das adverb oder vielmehr die interjection welago, wel-
che bedeutet: enge! gerade wie bulgarisches bloze! — Die grund-
bedeutung von wola, wela, welag und welago ist offenbar:
dienstsam, forderlich, angenehm. Im bulgarischen hat blago eine
ganz enge bedeutung in bezeichnung von etwas angenehmen, för-
derlichen angenommen; es bezeichnet das fleischessen im gegen-
satz des fastenspeise- essens — und der accent nur unterscheidet
die factitiva bläze, rühmen, glücklich preisen und blaze, fleisch-
speisen essen.
Nach diesen so vollkommen einschlagenden vergleichungen
zweifelt wohl niemand mehr, dafs althochdeutsches Walh, an-
gelsächsisches Vöalh dem sanskritischen mlech entspricht*).
*) zusammenhangend mit griechischem ßXijXdofta<;, ßltixrj, ßka$9 =
lateinischem balare, blaterare, and vielleicht balbos.
Walheil und Deutsche. 255
Indessen beschauen wir doch auch noch die slawische parallele —
da begegnet ans also zunächst rassisch: blekotschat', stam-
meln, stammelnd reden; polnisch: blekot, der Stammler, ble-
kotac, stammeln; slowenisch: blekotati stammeln, bleknuti,
meckern; blejati blocken. Dazu litthauisch: blauti, blocken;
bluwanti, brüllen.
Einen störenden einwand könnte noch das polnische (anch
in anderen slawischen dialekten sich findende) wloch, der Italie-
ner, und slowenische Vlah, der Wallache, bilden, denn dafs dies
dem deutschen Walh verwandt ist, ist deutlich — indessen schon
die beschränkte, enge bedeutung, in welcher das wort blofs auf
einzelne länder angewandt wird, dürfte für die spätere, fremde
einschleppung dieses Wortes zeugen. In urverwandter form dürf-
ten wir nicht wloch, sondern mü£sten blek finden — in der
später entlehnten, aus dem deutschen Walh übertragenen form
Wloch findet sich dagegen dies deutsche Walh bis auf die im
slawischen so häufige consonantenversetzung vollkommen wieder.
— Demnach stimmt überall deutsches wal, wil, wel zu sanskr.
ml und Walh bedeutet wirklich ursprünglich dasselbe wie
mleeh d. i. peregriuus, barbarus» — einer der unverständlich
spricht und nicht nach reiner, bestimmter, heiliger sitte lebt.
Das ungarische olafz (italienisch aus wlafz, wlah entstanden)
u. s. w. ist offenbar erst wieder von den Slaven an die Magyaren
gelangt, und ebenfalls nicht urgemein — sondern neu übertragen.
2) Deutsch.
Dasgothische ]>iuda, gens (nahe verwandt mit }>iu}> bonum
und ]> i u \ i a, benedico) ; althochdeutsche d i o t a, gens ; altnordische
J>y8i gens; angelsächsische ]>eöd, gens, ist, wie aus dem Wech-
sel des letzten consonanten in \\u\ hervorgeht, eine bildung von
einem stamme ]>iuan oder }>ivan. — Sonstigen analogien gemäfs
haben wir dafür einen sanskritischen stamm zu suchen: tu —
und dieser existirt. Yates giebt seine bedeutung an: to go, to
tbrive, to become füll, to hurt — Westergaard: ire, crescere,
eligere, implere, laedere. Bopp giebt nur die bedeutung crescere
an, wohl weil sich für sie allein belege in Schriftstellern finden.
Letzterer bringt das wort auch mit zendischem tav (posse,
fieri posse) in Verbindung. Vielleicht gehört noch das sanskri-
tische wort töka, proles, a child, offspring und sicher tavishi
oder tavisha die kraft, strength (zendisch: tevishi, Icnergie),
, /
266 I*o
endlich tavisha, himrael, gold zu diesem stamme, dessen hanpt-
bedeutung also wohl: «wachsen, organisch sich fortentwickeln,
zunehmen» war.
Die slawischen sprachen haben von diesem stamme nar eine
bildong mit causativer bedeutung nämlich litthanisch twerti,
schaffen, gestalten, formen, mit grenzen versehen, einzäunen; da-
her: festhalten — die erste bedeatung des formens, gestalten*,
Schaffens, zeugens, wachsen machens tritt besonders in dem com-
positum sutwe-rti hervor; das simples wird mehr nur in der
bedeutang des eingrenzen«, einzäunens, festhalten* gebraucht; da-
her twora, der zäun — aber es ist noch eine andere abieitung
derselben wurzel im litthauischen vorhanden, nämlich: twarka,
das mafs, die Ordnung, zucht. Wir werden sehen, wie sich im
Deutschen eine ableitung ähnlichen sinnes findet.
Im russischen gehört hieher: twar1, das geschöpf und
twerd', fest; tworit', schaffen, zeugen, gestalten, kneten; im
slowenischen tvor, das werk; tvoriti, schaffen, bilden, machen
und tverd, hart; im polnischen tw6r, das geschöpf, tworze,
ich schaffe, forme, bilde und twordy, hart, fest; im lausitzer
wendisch: twariö, bauen, bilden und twerdy, hart, fest — für
schaffen findet sich hier wieder vornämlich das dem litthauischen
satwerti entsprechende compositum: stworiö.
Von den deutschen sprachen gewährt die angelsächsische die
breiteste entwickelung des Stammes; der stamm selbst in seiner
einfachen gestalt ist in allen mundarten verloren; }>ivan begeg-
net weder gothisch noch J>eoan angelsächsisch; (wohl aber )> co-
li an, wachsen, gedeihen, in schöner weise grob werden*). Die-
ser stamm mufs die grundbedentung gehabt haben: wachsen
— aber nicht einfach zunehmen, sondern zunehmen, so dafs das
hinzukommende in dem wachsenden individunm organisch auf-
geht, dessen Individualität in angemessener weise erweitert, ver-
gröbert, ihm gegenüber seine individualität aber nach angemeste-
*) hier greifen überginge und contractionen ein. Theohan ist eigent-
lich ein andrer stamm, nfimlich tbihan, der wie überhaupt im angel-
sächsischen die verba mit t im stamme gern thun, in die andere ab-
lautsreihe (e6, ea\ n) übergeht. Dies ththan «gedeihen», hangt wohl
eher mit skr. f tk zusammen. In der form the6han zog es sich aber in
the6n zusammen — eine form, die auch ftlr theöan gelten konnte, and
so absorbirte theöhan bei seiner nahe Hegenden bedentong theo an
praktisch ganz.
Walhen ond Deutsche. 257
nem gesetz verliert — also organisch wachsen, zusammen*
wachsen, einem anderen individuum organisch verbanden wer-
den. Zunächst bietet das angelsächsische ein vom präsens und
ein vom präteritum abgeleitetes Substantiv: ]?e6v, der sklav, der
diener, der nur einen Zuwachs des heim bildet, keine eigne per-
son dem herrn gegenüber ist; und )>e£v, das mafs, die Ordnung,
zucht, sitte — das was verschiedene individuen zu einem neuen
individunm verbindet. Daher heifst weiter ]?eödan, ligari; ge-
)>eöden, adha$ens; ge^eöded, adhibitiis; ]?yddan, pangere (on-
)>yddan, impingere) analog dem altnordischen ]>yda, adaptare und
]>ydaz, adhasrere, amplecti; endlich ge]?eöd, das menschen ver-
bindende, das volksthum, die spräche. Von J>ea> ist auch noch
ein factitivum abgeleitet J>yvan, zur Ordnung, sitte, zum mafs
anhalten, unordentlich aufstrebendes niederhalten, comprimere, in
Ordnung halten, leiten, fuhren. — In vergleich mit dieser angel-
sächsischen entwickelang der würzet stehen alle andere mundar-
ten zurück. Altnordisch sind aufser den schon angeführten Wör-
tern noch ]?i6d, gens, )>iön, servus, ]>y, mancipium zu merken,
und J^Bskr, ]>yskr, germanicus. Althochdeutsch begegnen:
gadiuti adj. was in guter Ordnung, in guter gestalt, verständ-
lich, dentlich ist, zugleich als gegensatz von ungadiuti oder
walh, walah d. i. barbaros — letzteres in specie: gallicus, ro-
manus; diutian, in gute Ordnung setzen, deutlieh machen, deu-
ten; gadiot, snbjectus; dio, servus; diwa, aneilla; diwjan, ab
knecht behandeln, hnmiliare; dion6n, knecht sein, servire —
und ein durch seinen ableitungsconsonanten (nämlich r) dem sla-
wischen typus sich näherstellendes wort: diorna, famula, puella.
Ferner als ableitungen des präteriti: dou, mos, ritus, lex; dou-
bdn (der sitte, dem gesetz unterwerfen) domare — endlich
diutisc, deutsch, germanicus.
Betrachten wir nun beide Wortfamilien schliefslich noch ne-
beneinander, so findet sich also, dafs wälsch und deutsch den
gegensatz bezeichnen des unorganisch zusammengeworfenen, ge-
mischten, undeutlich redenden, ungeordnet, ohne die heilige sitte
lebenden einerseits und des organisch und nach festem gesetz
wachsenden, dentlich redenden, geordnet, mit heiliger sitte le-
benden andrerseits — es ist genau derselbe gegensatz, der uns
in Indien als mlexha und Ärya oder äryawrttta begegnet.
Dafs der ausdruck Walch unter diesen umständen den Deut-
II. 4. "
258 Leo
sehen zunächst einen mann keltischen Stammes — dann weiter
(da in Gallien, Italien und Thracien die reste der Kelten mit
Römern zu Romanen verwachsen) einen Romanen bezeichnete,
mag darin ^seinen grund haben, dafs die Kelten, wie ihre sprachen
beweisen, auch aus Indien entsprossen, sich durch misehung des
geschlechtes und trübung und änderang des götterdienstes and
der spräche den vordringenden noch reiner den arischen typus
in spräche, glauben und sitte bewahrenden Deutschen als ein un-
deutlich gewordenes mischvolk mit unreinen sitteA darstellten —
während dagegen die nachdringenden Slawen noch länger und
sichtbarer mit arischer lebensföhrung zusammenhängen mochten
als die Deutschen selbst, ein Slawe dem Deutschen also nicht
als mlecha erschien, wohl aber ein Kelte oder Romane.
Der name, welchen die Deutschen von den Slawen erhalten
haben, und der dann auch an Magyaren und Türken übergegan-
gen ist (russ. njemez'; slowenisch nemec; bulgarisch nemec;
polnisch niemiec; laositzisch njemc), würde dieselbe tiefere
bedeutung haben wie mlech^, wenn er wirklich mit einem
worte, welches undeutlich redend oder stumm bezeichnet (russ.
njemo, undeutlich, njemyi, stumm; slowenisch nem, stumm;
bulgarisch nem, stamm; polnisch nieaiy stumm; laus, njemy
stumm) zusammenhinge. Möglich aber ist es wohl auch, da Jahr-
hunderte lang die Slawen im Gotfcenrekhe und wohl noch frü-
her von deutschen herren regiert wurden, da der slawische name
für fürst, herr (kniäs) eine Umbildung unseres deutschen Wortes
kunig ist; da der slawische name für adel (slachta) ebenfalls un-
ser deutsches wort slahta ist — dafs jenes wort niemec aus
sanskritischem namata, a lord, a master; namita, reverenced,
worshipped, bowed to, entstanden und nur zufällig dem worte,
welches stumm bezeichnet, so ähnlich ist.
Es ist schade, dafs das litthairische gerade diese Wörter nicht
besitzt; durch dessen vollere formen würden wir über das ety-
mologische verhältnifs vollständige aufklärung erhalten, es kömmt
aber weder ein wort: nelmmamas (nicht vernehmbar, undeut-
lich, was sich nicht äufsern kann) für «stumm» vor, noch für
« deutsch » ein ähnliches wort, sondern «deutsch» helfet im gegen-
theil cookiszkas, was sicher mit wökti « verstehen » zusammen-
hängt und also eher: «deutlich, verständlich» als grundbedeutung
hat; oder: tautininkas ein Deutscher — mit Tautä Deutsch-
land und dies mit deutschem diuta wohl zusammengehörig.
Wallten und Deutsche 269
In den keltischen sprachen erscheinen die oben betrachteten
vier stamme einerseits den sanskritischen formen näher, inwiefern
sie das anlautende m bewahrt haben, aber andererseits ferner in-
dem die keltischen sprachen (aufser in der composition mit an-
dren stammen oder bildungssilben) nach dem 1 nicht leicht einen
zweiten consonanten dulden — sie aber durch die einrückung
eines vocals zwischen m und 1, den letzteren consonanten zu
einem schlufsconsonanten machen. Dem sanskritischen mlai,
deutschem waTi nnd weih, slawischem bleknuf und blewat'
ist in den keltischen sprachen verwandt, a) in gaelischer reihe:
mall, slow, dilatory, tardy, tedions; maillighim I slacken, I
delay — b) in kymrischer reihe: mall, void of energy or com-
pactness, soft, insipid, blasled; mallu to become soft, insipid,
blasted; melli, softness, insipidity.
Dein sanskritischen mlet oder mied, deutschem wild,
wald, slawischem blesti, bloditi ist in den keltischen spra-
chen verwandt: a) in gaelischer reihe: mil, a beast; millim I
spoil, ruin, mar — b) in kymrischer reihe: mil, that is void of
understanding. a beast-, milain brutish, cruel, froward, stillen,
stnbborn; milns, brutal. In die kymrischen sprachen hat sich
fibrigens von den deutschen nachbarn her, wie es scheint, wald
und wild eingedrängt in der form gwyllt, welches als Substan-
tiv bedeutet: a wilderness, a place covered with brakes, und als
adjectiv: wild, »avage, rabid, mad. Wäre das wort ursprunglich
keltisch, m mufste ihm auch ein gaelisches feald oder feall
entsprechen, was sich aber mit keiner irgendwie beziehbaren be-
deutung als parallele findet.
Dem sanskritischen mlew, deutschem wo lag, slawischem
blag ist in den keltischen sprachen verwandt: a) in gaelischer
reihe: meall, good, pleasant; meallach, fat, rieh; meallaim
I enjoy — b) in kymrischer reihef mael, gain, profit, ad van tage,
work und maela to get ad van tage, to gain. Auch bei diesem
stamme ist das deutsche wela, wola in der form von gwell,
welches «better» bedeutet, eingedrungen.
Endlich dem sanskritischen mlech, deutschem walah, sla-
wischem blekotati entspricht in keltischen sprachen: a) in gae-
lischer reihe maol, dessen grundbedeulung ist allayed, daher
heifst maolaighim, I allay — aber auch: I make blunt —
und von der grundbedeutung allayed (legirt, gemischt, in seiner
eigenthfimlichkeit und schärfe aufgehoben) aus entwickeln sich
260 Kahn
auch fite maol die bedeutangen: blant, obtuse, hamblc, and end-
lich 'sogar: bald; b) in kymrischer reihe ist nur die letzte beden-
tung festgehalten: moeli, to grow bald. H. Leo.
Anmerkung. Ich erlaube mir zu dem vorstehenden aufsatze die bemer-
kung, dafs auch herr prof. Stenzler bereits vor einiger zeit brieflich die ver-
muthung ausgesprochen hat, dafs der name Wlach zu w. mlax, mlech gehö-
ren möge. Die letztere findet sich Übrigens bereits in einem brahmana, wo es
heifst „tasmad raja na mlechet, defshalb soll der konig nicht undeutlich re-
den." — Rttcksichtlich der hier ausführlich entwickelten Verwandtschaft von
thiuda sei bemerkt, dafs dasselbe von mir ebenfalls auf w. tu zurückgeführt
worden ist in dem vermehrten abdruck der abhandlung „zur ältesten geschickte
u. s.w." bei Weber, indische Studien bd. 1. 881. A. K.
lieber das alte S und einige damit verbundene lautent-
wickelungen«
Vierter artikel.
Die Verbindung des a mit liquiden bueltsteben.
Wir haben im letzteu arlikel die falle betrachtet, wo das
alte S im griechischen anlaut und inlant, wenn es einfach oder
in Verbindung mit/- stand, geschwunden war; derselbe ausfall
tritt aber auch zuweilen ein, wenn das s in Verbindung mit an-
dern consonanten stand, nnd wir müssen diesen deshalb hier einer
näheren prüfung unterwerfen.
Der abfall des g nach * im nom. sg. der nomina ist eine
bekannte erscheinung und so sehr regel, dafs Wörter wie tkfu*ef
Tvqivq als seltene ausnahmen dastehen, in denen das g eher auf
rechnung der davor ausgefallenen dentalis zu schreiben als reines
nominativkennzeichen sein mochte, zumal auch die stamme auf
9t entweder das * bewahren und t nebst g aufgeben oder das
wahrscheinlich aus r entstandene g erhalten und den vorangehen-
den vocal zum ersatz des v verlängern. Bereits Bopp (vgl. gr.
§ 299.) und Pott (etym. forsch. 1. 116) haben ferner die compa-
rationssufhxe *or und skr. iyans für identisch erklärt und den
ausfall des a nach v für das griechische angenommen \ in der that
ist letzteres denn auch einer Verbindung der liquidae mit er in
hohem grade abhold, zum theil sogar in föllen, wo andere spra-
chen, z. b. das lateinische und deutsche (prehensus, pransus u. s.
w.; linse, binse u. s. w.) gar keine Schwierigkeit in der Verbin-
dung dieser laute machen. Das griechische hat solchen beispie-
len nur äufserst wenige zur seite zu setzen und formen wie ni-
ynraai u. s. w. stehen vereinzelt; es ist daher nicht zu verwun-
über das alte S u. einige damit verbundene lantentwickelnngen. 261
dern, dafs nach analogie des comparativsuffixes auch ein paar an-
dere nomina dasselbe lautverhältnifs zeigen. Das unbestrittenste
derselben ist ^iyV, das im verhältnifs zu skr. hansa, lat. anser,
d. gans denselben abfall des g, den es bereit« im nora. sg. erlit-
ten hatte, auch durch seine ganze flexion hiodurchföhrte, den
ausfall aber durch Verlängerung des stammvocals zu y ersetzte. In
gleicher weise zeigt ftrjt, fflvog verglichen mit skr. mas, latein.
mens-is diesen ausfall, wenn gleich wir oben (I. p. 274) wahr-
scheinlich zu machen suchten, dafs das <s hier erst eine seeun-
daire entwicklung sei. Ebenso zeigt sich ein geschwundenes <r
in <upo£ verglichen mit skr. amsa, lat. hnmerus (alt umerus f.
umesus [bd. I. p. 283 zu vgl.]), goth. amza und auch hier tritt
wie bei ' jjqv die Verlängerung des der liquida vorangehenden vo-
calsein; ob diese Verlängerung auch hei pqv statt gefunden habe
ist schwer zu entscheiden ; die lesbische form ptjvrogf welche von
Ahrens diall. I. p. 51. 61. 62. besprochen ist, zeigt ungeachtet der
aus vc hervorgegangenen doppelten liquida, den langen vocal; das
skr. hat mit ausfall des n langes a, was aber auch der wurzei
schon zusteht, ebenso zeigt eB sich im ndd. mand ; die ursprüng-
liche länge möchte daher das wahrscheinlichere sein, obgleich
wir später sehen werden, dafs auch in anderen fallen, wo er-
satz des c in anderer art eingetreten ist, dessenungeachtet sich
vocalrerlängerung zeigt. — Endlich tritt der ausfall des c nach
liquiden im futurum und aorist der verba liquida ein und zeigt
hier zugleich in den dialektischen nebenformen deutlich die ent-
wickelung dieses laut wandeis, indem in den aoristen iyerrato,
irtfifiaro, (SteXkAfUvaiy xrevvou, 6$$<krw die doppelte liquida aus
ursprunglichen Xa, papvc, qü hervorgegangen ist, während wie-
der aus jenen formen diejenigen mit einfacher liquida und vor-
angehendem langen vocal also iyuyaxo u. s. w. sich entwickelten.
Uebrigens können Xa , po, va, qc unmöglich unmittelbar in IX,
Hft, *99 $$ übergegangen sein, sondern sie werden durch dazwi-
schen liegende X\ fif *, Q vermittelt, die zwar nicht nachweis-
bar, aber wie sich später zeigen wird, mit allem fug zu erschlie-
fsen sind. — Was das futurum betrifft, dessen allgemeinen aus-
gang auf atco u. s. w. Pott bereits (etym. forsch. I. 33. 115.) an-
genommen hat, so könnte es auffällig erscheinen, dafs hier bei
den verbis liquidis weder gemination der liquida noch Verlänge-
rung des vorangehenden vocals eintritt, kurz dafs sich weder for-
men wie <JieXX<o noch areddä zeigen; allein der grund dieses
gegensatzes gegen die aoristformen liegt offenbar im accent, der
26*2 Kuhn
im futurum durchweg auf der endung liegt und so eine Verstär-
kung der wurael nicht zuläfst, während er im aorist entweder
auf das augment oder auf die wurael fällt und so alles, was
sich derselben anschliefet, schützt.
Sehen wir in den bisher betrachteten fällen die abneigung
der griechischen spräche gegen die Verbindung der liquiden mit
einem folgenden 0, so zeigt sie dieselbe im allgemeinen nicht
minder gegen eine Verbindung mit einem vorangehenden o\
Doch läfst sich nicht allgemein behaupten, dafs das er abneigung
gegen eine Verbindung mit jeglicher iiquida habe, sondern es sind
vorzugsweise nur X, ?, Q, die meist kein a vor sich dulden;
deshalb stehen iaXog neben ia&Xog, ftdaXtjg f. fid<?&X*jQy valog
neben v&Xog und va&Xog (doch vergleiche Lobeck parall. p.
436) ganz vereinzelt, und nur in den compositis wie e&Utfc-
nto, elgteca, eigQtoo sehen wir a mit diesen liquidis zusammen-
treffen; hier bleiben sie unverändert, weil das aneinander-
rücken in der compositiotf keine so innige Verbindung hervorruft,
wie flexion oder ableitung, aber beim eintritt dieser beiden er-
scheint, soweit wir die ursprüngliche Verbindung dieser lante im
Inlaut noch verfolgen können, assimilation des a an die folgende
Iiquida oder ersatz desselben durch vocallängung (wie bei <orog,
. venum gegen skr. vasna) oder durch t. So bilden z. b. die
von ursprünglichen stammen auf a abgeleiteten adjeetiva auf vog
entweder evvog oder eivog, wie ooevvog, ooeivog; ydewog, cpaet-
vog, in denen Ahrens (diall. I. p. 52) den Ursprung der form
durch assimilation aus av richtig erkannt hat. Bopp, welcher
diese bildungen in der eben erschienenen letzten lieferung seiner
vergleichenden grammatik p. 1181 gleichfalls bespricht, sieht die
endung eivog als aus eawog mit ansfall des c entstanden an, wo-
zu ihn wohl die accentuation auf der schlufssilbe veranlafst hat;
doch darf man die äolischen formen auf ewog doch wohl schwer-
lich von denen auf eivog trennen und das 1 erklärt sich hinrei-
chend als ersatz des * oder unmittelbar des er. Den accent haben
die äolischen formen auf der Stammsilbe, während die auf eirog
oxytona sind, weshalb mir diese erst der analogie anderer adjee-
tiva auf wog, wie sie Bopp a. a. o. bespricht, gefolgt zu sein
scheinen. Hierdurch würde sich auch ein etwaniger einwurf ge-
gen die obige annähme über die bildung des futuri durch einfa-
che Iiquida und kurzen vocal erledigen, denn wenn einst oqeivoq
wie ooevvog accentuirl wurde, so stehen diese formen in analo-
gie mit der bildung des aoristi und nicht mit der des futuri. —
über das alte S a. einige damit verbundene lautentwickelnngen. 263
In anderen fällen, wo einst 0 im inlaut mit liquiden in Verbin-
dung stand und später gemination der letzteren eingetreten ist,
läfst sich jetzt nicht mehr beurtheilen, ob diese gemination aus
assimilation hervorgegangen sei, da wir diese gemination in der
epischen spräche auch in einigen fällen hervortreten sehen, wo
an ein ursprüngliches 0 schwerlich zu denken ist, wie z. b. in
HlXccße, Zfipa&e. Gleichwohl ist es auffällig, dafs diese doppelung
doch immer nur auf bestimmte fälle beschränkt bleibt (vgl. Mchl-
horn gr. gr. p. 72) und bedarf dieser punkt noch genauerer Un-
tersuchung. So nahmen z. b. einige der alten diaskeuasten an
der doppelung in erveov 11. 9. II anstofs (vgl. Spitzner zu die-
ser stelle), statt dessen sie nfrorr' in den text nahmen, während
doch gerade in diesem worte, dessen würze! dem skr. snu iden-
tisch ist, die gemination ganz am orte sein möchte. Eben so we-
nig «ist eine entscheid ong über die ableitungen von (fc'a möglich,
da hiev das allgemeine lautgesetz der doppelung des q nach dem
augment und nach kurzem vocal in der composition hindernd
einwirkt; daher finden sich bei den epischen dichtem ßa&vgQoog,
ßaüv^geicov, ßa&v$foht}g, äxaXafäeirtjg, iv$QOog, xcdXifäoog, KaX~
XiQQoy immer mit der doppelung, während nur selten des metri
halber KcdXiQse&Qog y xcüÜUQOog, KoXXiqot] daneben stehen; auch
hier könnte die doppelung, da die dem griechischen (>4<a entspre-
chende indische würzet sru ist, ans assimilation hervorgegangen
sein. — Im anlaut treten <jX, 0?, cq gar nicht auf nnd auch das
sanskrit und lateinische zeigen sie dort entweder gar nicht oder
wenigstens nur selten; sn und sr sind noch verhältnifsmäfsig im
sanskrit am häufigsten, dagegen zeigen die deutschen sprachen
zahlreiche beispiele aller drei Verbindungen. Man hat daher ge-
wöhnlich angenommen, dafs das s hier kein ursprungliches sei,
was schwerlich in den meisten fällen richtig .ist; freilich fehlt
der beweis dafür, dafs goth. snaivs, ahd. sneo gegenöber dem
griech. viya, vicpdg, lat. nix, nivis die ursprünglichere form sei,
aber bei ahd. snor, skr. snushä stimmen schon diese beiden
sprachen gegenüber dem griech. wog, lat. nurus in dem anlau-
tenden 0 überein; dafs auch das griechische einst diesen anlaut
hatte zeigt ivvvog, welches uns Pollux erhalten hat und offenbar
für iawog steht; die scharfe ausspräche des 0 hatte ein e her-
beigezogen, wie wir es in den romanischen sprachen zahlreich
bei mit s anlautender consonanz (espada, epee u. s. w.) finden.
In auffallendem gegensatz zu der eben besprochenen abnei-
gung des griechischen gegen eine Verbindung des 0 mit folgen-
264 Kuhn
dem A, ?, q steht das häufige auftreten von <x/k, denn sowohl in
der verbal- ab in der nominalbiidung sehen wir es erscheinen
und sogar in Allen, wo es in dem verbalthema nicht vorhanden
ist, wie z. b. in neyaafAcu und anderen formen.
Was zunächst den laut dieses a betrifft, so ist zu bemerken,
dafs er nach analogie der Verwandlung von x nnd % in y vor den
mit n beginnenden endungen des perf. pass. als der weiche laut, die
zischende media, von dem oben II. p. 128 gesprochen wurde, an*
zusehen ist; aus diesem gründe ist es dann aber auch erklärlich,
dafs er geblieben ist und die grofse zahl der bildungen, in denen
(J vor ft aus ursprünglichem dental entstand, lassen es dann auch
weniger auffällig erscheinen, dafs zuweilen sogar statt eines ans
v zu erwartenden \k vor p formen mit <r wie mq>*o/MU u. a. er-
scheinen. Dergleichen formen sind der analogie anderer ablei-
tungen von verbis auf v<o gefolgt, wie z. b. Herod. 2. 39. daa»pf.
pass. aeaijfiaapcu hat, wo sich das a aus dem r des alten Stam-
mes erklärt, wie ja vielfältig bei den mit dem suffix mant ge-
bildeten stammen und ihren ableitungen die formen mit par,
par und fiov neben einander herlaufen. Wenn dagegen auch die-
jenigen verba, welche wie reXeco ursprüngliche denominativa von
substantivis auf og sind, das a im perf. pass. vor dem p bewah-
ren, während sie es, im falle es einfach stand, zwischen .zwei
vocalen] aufgegeben haben, so möchte dies für die oben II. p. 128
aufgestellte annähme sprechen, dafs das <x zuweilen auch bereits in
alter zeit den weichen laut angenommen habe, denn es zeigen sich
andererseits erscheinungen, die beweisen, dafs dasselbe sowohl an-
al* inlautend auch vor p geschwunden ist und somit den schar-
fen, allmählig in den einfachen hauch übergehenden laut gehabt
nahen mufe.
Zunächst steht eine anzahl von bildungen in den verschie-
denen dialecten neben einauder, von denen die einen mit oyt, und
zwar vorzugsweise im attischen dialekt anlauten, die andern das-
selbe aufgegeben haben, es sind dies apaQayva, fiaQayva — <J/*o-
QCtuaco, ftaQacam — <W£*/$, MQiy% — afiiJQtv&og, ptJQir&og —
CfllXQOg, fUXQÖg GfAMQOTTjg, fllXQOTtjg ÖfJUXQVVm, IMXQVVG) —
<7fiiXa£, iuka% — CfwytQog apofBQog, poyeQog — aiw(>vat fWQ^a
— afiOiögf porig — <r/w£aw, fw^mv — apvQaiva, fUQcaira —
apvQiZo), pvQitco. Hierzu stellt sich ferner petdaa», psiduia*, wel-
ches bereits von Bopp im gloss. mit skr. smi, ahd. smilan, e.
smile zusammengestellt ist; die zu psiddw gehörigen formen
fieikog, [itiXipog, petlixog, fcerJUgio? sowie das neben mhd. smie-
über das alte S u. einige damit verbundene lautentwickelungen. 205
len stehenden smieren (in gleicher bedeatong) machen die all*
gemeine erweiterang der wnrzel durch ursprüngliches d, wie sie
im griechischen auftritt, das in 1 und r fiberging, wahrscheinlich,
wodurch auchBopp's Zusammenstellung mit lateinischem miror
an bestätigung gewinnt. Wenn er dagegen das 1 der deut-
schen stamme aus dem y der indischen präsensform smayämi
erklären will, so kann ich ihm darin nicht beistimmen. Er stützt
sich zwar dabei auf das verbältnils von skr. yakrt zu ahd. ie-
bar, allein dieser Wechsel von d, y und 1 scheint mir unmittel-
bar nicht gut möglich : yakrt möchte vielmehr wie auch andre
mit ya anlautende stamme und wurzeln im sanskrit ursprüngli-
ches da im anlaut gehabt haben: man vergleiche namentlich
sanskr. ya$as neben da$asyati, diyasyati und lateinisch de-
cus. Ein letzter rest des ursprünglich anlautenden a in fieidd<o
möchte noch das doppelte fi in cptXofifieidijc sein, denn wenn
auch die doppelung der liquidae in einzelnen Allen auftritt, wo
an keine assimilation zu denken ist, so bleibt sie doch immer
nur auf bestimmte themen beschränkt und ist bei einzelnen, wie
z. b. bei «Wen« entschieden als assimilation nachzuweisen, vergl.
Mehlhorn gr. gr. § 71. — Eine zweite hierhergehörige wurzel,
die das anlautende c verloren hat, ist fUQ in peQfieQa, (idQipvcL>
l&(>fU(>i£<o, iaoqtvq u. 8. w., welche bereits von Bopp (gloss.) Pott
etym; forsch. 1.225., Benfey gr. wl. IL 39. mit skr. smr sich
erinnern, sinnen zusammengestellt sind. Andere beispiele eines
bereits frühzeitig im anlaut vor p gewichenen c werden sich
vielleicht noch aus einer genaueren vergleichung griechischer und
deutscher stamme gewinnen lassen; denn im sanskrit ist anlau-
tendes sm selten und im lateinischen fehlt es ganz.
Gehen wir zum inlaut über, so treten uns hier mehrere falle
entgegen, in denen <r vor p verwandelt oder geschwunden ist.
Ahrens hat bereits (diall. I. p. 51.) diejenigen zusammengestellt, in
vf eichen a dem folgenden p assimilirt ist, es sind Ippi = aipi,
iwurai = eheu, i^Moe = aipcfoff, l^fia = elpa, %qi^a =
ZQicrpa, %QW<*~> appeg = ijpeis, vpiug = v/uig. Was den laut-
abergang selbst betrifft, so ist auch hier zunächst ein wandel zum
starken hauche und dann eintretende assimilation anzunehmen,
' aber es fällt sogleich auf, dafs während icfd unerträglich schien
und in ififAi, eipi überging, der plural sVrpsV beslehen blieb, und
% doch auch wieder dieselbe person im impf, das a abwarf — i^w.
— wie auch der dorische inf. tjtiev, l\yaq dasselbe verlor, den
ausfall aber durch längung des vocals ersetzte, wie in lacon. WV*
266 Kuhn
elfia st. ßiayMy vgl. lacon. nrjQecporsia st. negasydrsia (Ahrens
diall. H. 112.*). Wie es scheint, beruht dieser gegensatz von eipi
zu iofiiv in einer wahrscheinlich älteren verschiedenen accentua-
tion beider, denn im sanskrit hat asmi den acut auf der ersten
silbe, während das verkürzte smas, ved. smasi denselben accent
auf dem a hat, aber auch in seiner volleren, nicht mehr vorhan-
denen form asmas, den regeln seiner conjugationsklasse gemäfs,
den acut auf der endung haben würde. Diese vermuthung ge-
winnt um so mehr an Wahrscheinlichkeit, als noch die 3. sg.
den ursprünglichen accent &m =z skr. dsti bei intensiver bedeu-
tung, sobald es nicht biofse copula ist, bewahrt hat. Ferner steht
diesem vorausgesetzten properispomenon elpi st. eipi das in glei-
cher weise sich entwickelnde elfia zur seile, welches äolisch epfut
lantet und auf älteres ^fapa = skr. v äs man (RV. 3. 5. 13. 4.)
zurückgeht; diesem schliefsen sich ippevog, etpevog sowie mit
gleichem Übergang vor v emfii und siwfii an. Bei dieser gele-
genheit entsteht die frage, ob das sich an der stelle des ursprüng-
lichen er zeigende i ein allgemeines ersatzmittel auch für den aus-
fall anderer consonanten sei oder ob es hier specteil einen aus
dem <r entwickelten laut, nämlich jenen starken hauch vertrete
und sich aus ihm unmittelbar hervorgebildet habe.
Auf den ersten blick könnte es den anschein gewinnen, als
sei das * nicht auf die letztere art entstanden, da es sich auch
in fällen zeigt, wo ursprüngliches digamma gewesen sein mufs,
wie in dWa>, xaioo, xAaia», xXsloo (rühmen), %d<Q (gsa))? allein
eine unmittelbare ent Wickelung aus dafco oder dwifo u. s. w. zu
daioo scheint mir physiologisch unmöglich und es möchte richti-
ger sein, den Übergang von dopco zu dahoo zu setzen und dann
haben wir dasselbe lautverhältnifs, welches wir beim eintritt des
< für ursprüngliches <r voraussetzen*). Eine solche annähme fin-
det aber ihre Unterstützung durch zwei gründe; einmal sahen
wir nämlich (oben p. 132 — 34), dafs das einfache digamma im
anlaut zwar gewöhnlich ohne ersatz ausfällt, zuweilen aber auch
*) In einzelnen fällen mochte übrigens auch der präsensstamm der
obengenannten verba ein y als characteristicum haben,, so dafs das t
auch daraus erklart werden könnte. Wenigstens tritt bei einem nomi-
nalstamme, nämlich bei v4o^ vtloq die möglichkeit dieser erklärang ein,
•da sich im älteren sanskrit sowohl na>a als ntfvya in gleicher be-
deutuDg finden.
ober das alte S u. einige damit verbundene lantentwickelongen. 267
durch den spiritus aaper ersetzt wird, daraus ergiebt sich aber,
daß es wenigstens in einzelnen fällen wirklich in den starken
hauch überging und es ist wohl nicht zu viel gewagt, diesen
ubergang für die ältere zeit auch im allgemeinen anzunehmen
und dafs sich daher das sich in diesen fällen vorzugsweise nur
noch in der epischen spräche findende * schreibe. Zweitens aber
tritt das digamma auch im dorischen bei £§ (Ahrens diall. IL p. 43.)
und seinen compositis auf, wo die verwandten sprachen einen
Zischlaut an seiner stelle aufweisen } indefs könnte dies digamma
der rest eines ursprünglichen v in dieser zahl sein, den wenig-
stens das zendische csvas (Bopp vgl. gr. p. 443) in abweichung
von allen übrigen indogermanischen sprachen aufweist, wonach
was Abrens a. a. o. sagt zu berichtigen ist; allein auch opog zeigt
ein digamma (vgl. Pott etyin» forsch. I. 129.) und dies wird man
schwerlich von skr. sama trennen können; ebenso erscheint in
einer neuerlich aufgefundenen Inschrift der genitiv auf ao mit
demselben, und Aufrecht's in dieser Zeitschrift I. 121 geäußerte
ansieht über die bildung desselben, wonach der nackte stamm
des reflexive sva ohne irgend ein flexionszeichen angetreten sein
soll (man dürfte etwa * aus neutralem m wie in skr. as mitkam
erwarten) scheint mir doch zu gewagt, um nicht lieber bei Bopp's
annähme, dafs auch diese genitivform aus altem asya hervorge-
gangen sei, stehen zu bleiben, so dafs wir auch hier digamma
statt eines alten s oder vielmehr statt seines Stellvertreters des h
hätten. Dazu kommt dann die nachricht des Priscian und Me-
lanoms, dafs die Aeoler überall digamma an die stelle des Spiri-
tus asper hätten treten lassen (Ahrens diall. I. p. 30.), welche,
so unrichtig sie an und für sich sein mag, doch die nahe Ver-
wandtschaft beider laute zeigt und somit auch die umgekehrte
entwickelung des Spiritus asper aus digamma wahrscheinlich macht.
Dafs aber in den von den grammatikern mit digamma aufgeführ-
ten Wörtern einzelne wirklich dessen Ursprung einem vorange-
gangenen, inlautenden spiritus asper verdanken, zeigt das äolische
(pavog, pamphylisch (pdßog dem skr. bhasas zur seite steht;
äol. ävwg, lak. dßoig f. rjoig, lag ist aber schwerlich hierher zu
rechnen, da lat. aurora wahrscheinlich macht, dafs sich das an-
lautende digamma vocalisirt und umgestellt habe, somit skr. ush-
as ebenso aus älterem *vasas hervorgegangen sei, wie uväca
ans noch in den Veden vorhandenem vaväca. — Diese gründe
sind, wie ich glaube, ausreichend, um die entwicklung eines *
268 Krim
im inlaut digammirter Wörter aus vorangegangenem spiritus aaper
wahrscheinlich zu machen und damit erledigt sich denn auch die
oben gestellte frage dahin, dafe dasselbe mit gleicher Wahrschein-
lichkeit für i an der stelle eines alten <r anzunehmen sei, dats
mithin z. b. elpa für ein vorangegangenes ahfia stehe, ebenso wie
sich ippa ans ihfia assimilirt habe, wobei anzunehmen setD
durfte, dab dieser inlautende spiritns einen wo nicht gleichen
doch sehr ähnlichen laut wie unser palatales ch in ich, sich
gehabt habe. Bei mehreren Wörtern, deren wurael oder stamm
unzweifelhaft ein ursprüngliches tr zeigt, mnüs es übrigens dahin
gestellt bleiben, ob das * ans tr oder einem etwa noch hinter die-
sem folgenden i hervorgegangen sei, solche sind namentlich iqbmh,
tqim; £tM>, £*o>, deren wurzeln sich im sanskrit bald nach der
vierten (trasyati), bald nach der ersten conjogationsclasse (trasati)
flectirt finden ; dasselbe gilt für XiXcuopai, insofern die bereits
von Pott (etym. forsch. I. 271. II. 75.) damit verglichene sanskrit-
wnrzel lash wünschen, begehren, bald lashati, bald lashyati bil-
det Das ursprünglichere s dieser wurael ist übrigens in dem in-
tensiven l&lasa ardent desire; regret, sorrow, missing, wishing
for any person or objeet absent; soliciting, asking; the longing
of pregnant women erhalten; unser last, gelüste, goth. lustus,
ahd. Ins ton, ags. lystan gehören derselben würzet an; Grimm
stellt sie unter no. 254 zu altn. liosta ferire, tundere. Ebenso
zweifelhaft bleibt der Ursprung des 1 in öaia theile, pafopot,
rai<o, (pQein (i^ecpQBtOfuv) so lange ihnen keine sichere Verwandt-
schaft nachgewiesen ist; in den sich ab denominativa kundgehen-
den ieleia>, veixeiu, pags/opai, dxelopai, xeQcua, xsdcuo) wird das
1 ebensowohl auf rechnung des <y, als des einst dahinter vorhan-
denen y zn schreiben sein, für dessen dasein die analogie zahl-
reicher vedischer denominativa spricht, denn teleiw ist aus dem
neutrum rskog auf dieselbe weise gebildet wie tapasyämi aus dem
neutrum tapas. Dagegen tritt es unzweifelhaft an der stelle eines
alten 0 auf in eiarog, wobei beachtung verdient, dafs das wort
mit 1 immer Substantiv ist, also dem skr. vasana mit dem accent
auf der ersten entspricht, während iavog als adjeetiv desselben
entbehrt, was dafür sprechen möchte, dafo auch üatog einst pro-
paroxytonon war und der accent so das aus h für a entstandene
* geschützt hat; ebenso zeigt es sich in sIoq = cdfia (vgl. oben
p. 136.) so wie in elaQ, bolq ver (vgl. I. p. 378.), im pf. med. von
Irpvfu ist es beim simplex überall durchgedrungen, dagegen ist
über das alte S n. einige damit verbundene laotentwiclcelangen. 299
im compositum ffpawapat das <x geblieben; eine sg. des plusquam-
perfectum 8optj*y welche Kühner anfuhrt, existirt nicht, dagegen
sind 2. u. 3. sg. foffo, icto regelrecht, in der 3. plur. ilaro aber
tritt wieder i ein, desgleichen in eiaxcu, elato von tj/acu (^crnu
= skr. Aste) in welchen formen zugleich die Verkürzung des
wurzelvocals aus 9 in s beachtung verdient, denn stara«, eorai
verhält sich gerade so zu äsate wie elog, img zu yävat, woraus
unsere obige annähme, dafs auch digamma in h übergegangen sei,
und dies sich in i vocalisirt habe, weitere bestätigung gewinnt,
si ist eben in beiden fällen aus <h hervorgegangen; die Schwä-
chung des langen vocals ä zu e hat einigermafsen analogie an
dem gothischen ai vor h, das aus a hervorgegangen ist; von dem
spiritus asper in elataiy der gleich besprochen werden soll, möge
man einstweilen noch absehn. In einigen flllen steht das i an
der stelle eines zungenbuchstabs, dessen Übergang in <x und von
da in der besprochenen weise zu i anzunehmen ist, solche sind
«rb. xattvfiai aus Wurzel xad und eltra für id-aa. — Wir keh-
ren nach dieser abschweifung zur betrachtung von op im inlaut
zurück.
Hier kommen zunächst noch einige fälle zur erörterung, in
denen a vor p- gleichfalls ausgefallen, dafür aber der vorange-
hende vocal verlängert ist, so erscheinen namentlich qpeig, vp$tg
gegenüber dem skr. asme, yushme, während in den äolischen
formen apps?, vpfug das erste p auf dieselbe weise durch assi-
milation entstanden ist, wie in Ifi/u für altes iöfit. Was nun
das auftreten des spiritus asper in fjfietg und vpeig betrifft, so
hat man ihn im enteren falle bisher gewöhnlich als einen unor-
ganischen zusatz erklärt, im letzteren dagegen ihn aus dem skr.
y entstanden angesehen. Hat gleich das letztere weniger beden-
ken, da ich auch der ansieht bin, dafs zuweilen skr. y durch
ihn im griechischen vertreten werde, obwohl in neuerer zeit
manche zweifei dagegen erhoben sind, so ist es doch gerade in
diesem falle auffällig, dafs der äolische dialekt denselben in äppeg
nicht zeigt, während er ihn doch im relativ, in äyvog (wurzel
yaj) sowie in cJoa (gojth. je>) vgl. Ahrens diall. I. p. 24. 25. be-
wahrt hat. Dazu kommt ferner die annähme des spiritus asper
als unorganischen Zusatzes jn w*ei;, denn eine solche darf man
nur, wenn gar kein anderer ausweg bleibt, zulassen. Ich glaube
daher, dafs der spiritus asper in beiden fällen eine durchaus or-
ganische entwicklang sei, dafs er nämlich aus dem a von dcfiW,
£70 Kuhn
vopeeg durch spiration entstanden and diese so entstandene Spi-
rans durch metathesis in den anlant getreten sei, welche dann
zugleich die längung des vocals herbeigeführt habe*). Ich nehme
also für dapeegy vapBeg die entwicklung zu ahpeeg, vhpeeg and
von da zu jjpeig, vpeig an. Diese auffassung findet ihre stütze
noch in anderen erscheinungen des griechischen, wohin zunächst
auch die bereits I. p. 185. 186. besprochene gehört, dafs eine in-
lautende spirans oder aspirata ihren hauch auf den anlant über-
trägt, worauf entere ausfällt, die letztere dagegen sich zur me-
dia* oder tenuis wandelt. Näher aber an unseren fall rückt schon,
wenn wir im boötischen iofp = iyciv (Ahrens diall. 1. 168. 206.)
sowie in aiqito statt des äolisch- dorischen ayqito (Ahrens diall.
2. 112.) an die stelle der inlautenden media den anlautenden Spi-
ritus asper treten sehen, wobei im letzten beispiel wieder das
nach unserer annähme ans inlautendem h sich entwickelnde i auf-
tritt. Betrachten wir zunächst ta>y, so hat Ahrens (diall. I. §
45. 1.) zweifei an der richtigkeit des überlieferten spiritus aspet»
ausgesprochen, die mir aber nicht gegründet scheinen, da Apollo-
niüs an der von ihm citirten stelle ausdrücklich sagt: cüÜLa py*
xcu idaavrfh], itrei daavvetai rä yurtferra iv talg drrmrvpiaig,
ore nqo g^oo^eWojy ri&evrai, sog, eovf iarr<p, ictvtbv, ioi x. r. X.
Die thatsache, welche Apollonius hier anführt, fallt noch nicht
mit der angäbe seines falschen grundes, sondern er suchte nur
die ihm unerklärliche in die analogie anderer Dille zu bringen.
Steht demnach diese thatsache fest, so fragt sich wie das verhält-
nifs von icip zu iyc&v aufzufassen sei. Hier ist zu bemerken,
dafs griechisches y mehrmals indischem h und gh zur seite steht,
wie piyag, mahät, yd, gha, ys'rvg, hanu, iyyvg, anhd zeigen, und
es fragt sich ob hier die skr. aspirata oder die griechische media
das ältere sei, da für letzteres die regelrechte herabsenkung znr
gothischen tenuis in mikils, kinnus, für ersteres die gothische
media in aggvus spricht, dem doch aber auch latein. angustus
gleichfalls mit der media zur seite steht, während auch das zum
selben stamme gehörige ay%i die aspirata hat. Bei der geringen
') In ähnlicher weise bildet das praJcrit seinen plaralis der ersten
and zweiten person in amhe and tumhe,'wo das aas 8 entwickelte h
statt in den anlant hinter das m getreten ist, tumhe aber noch aufser-
dem in dem anlautenden t vielleicht den ursprünglichen charakter die-
ses pronomens erhalten, wo nicht, ihn aufs neue prodacirt hat.
ober das alle S u. einige damit verbundene laotenlwickelangen. 271
zahl der hier gegebenen beispiele möchte deshalb die entscheid
düng für das eine oder andere mifslich sein und derselbe fall
tritt für das pronomen erster person ein, wo neben dem griech.
iycS einerseits* latein. ego, goth. ik9 dagegen skr. ah am, send,
azem, altsl. az, litt, asz mit einer spirans stehen. Wie aber
auch das verhältnifs sein, ob der stamm ah, oder der stamm ag
der ältere sein möge, die form iciv ist jedenfalls nur erklärbar
durch ein vorangegangenes iW*) und diese inlautende spirans
h ist entweder anlautend geworden oder auch »spurlos ausgefal-
len, wie das aristophanische ico (Acharn. 864) und im Etym. Af.
sich findende icivya zeigt (Ahrens. diaU. L p. 206). Was aber
das verhältnifs von cuqbm zu ayqiao betrifft, so muis man aller-
dings zugeben, dafs beide vielleicht nur gleiche bedeutung haben,
in ihrem Ursprung aber verschiedene Wörter sind, da die annähme,
dafs aiqito mit skr. hr, nehmen, identisch sei, mancherlei ein-
wendungen zuläfst, weshalb wir es hier ununtersucht lassen wol-
len und andere sicherere Wörter, die für unsere annähme spre-
chen, betrachten wollen. Dahin gehört zunächst Innog; das skr.
a$va zeigt bereits den erweichten guttural, oder genauer die pa-
latale spirans an seiner stelle und das zendische a$pa hat dann
auch die labiale spirans in die tenuis übertreten lassen; nun scheint
es mir kaum anders möglich, als dafs auch im griechischen einst
dem späteren Innog ein frohes ihnog vorangegangen sei und dafs
dies mit doppelter Vertretung des h in Innog fibergegangen sei,
weshalb denn auch das dialektische ixxog, da es aus ixjrog durch
assunilatio* entstanden ist den Spiritus asper nicht zeigt. Eine
ähnliche doppelvertretung des inlautenden h, wie sie sich hier
zeigt, sahen wir aber auch oben bei rjfMig und vpsig, wo die
länge des vocals als ersatz des ausgefallenen h auftrat, dasselbe
sich aber dennoch als spiritus asper in den anlaut gerettet hatte.
Man könnte gegen die hier aufgestellte ansieht vom Ur-
sprünge der form Innog einwenden, dafs bisher das einstige Vor-
handensein eines dem skr. c gleichen oder ähnlichen lauts im griech.
nicht nachgewiesen sei, dagegen an der stelle desselben meist
griech. x sich finde, wie z. b. in vixvg gegen nag. Ohne hier aus-
führlicher auf die Vertretung von skr. c. im griechischen einsu-
gehn. will ich indefs doch einige formen anfuhren, welche dafür
*) in gleicher weise ist novppa tf xijq **<v<K nvyfttf flesych. aas
xovhfta durch assimilaüon za erklären; vgl. Ahr. diaU. II. 102.
272 Kuhn
sprechen, dafs auch das griechische in älterer zeit jene palatale
erweichung der gutturalen tenuis gekannt haben müsse. Bereits
oben habe ich die Übereinstimmung von sanskr. (inj mitgriech.
<iifa> nachgewiesen, wo aber auch die deutschen sprachen ein s
im anlaut zeigten, so dafs es zweifelhaft sein kann, ob das c. der
indischen wurzel nicht vielleicht erst aus dem dentalen s entstan-
den sei. In der Verwandlung der themen mit x, % und einem
folgenden 1 (y) zu <x<x dagegen, wie &mQy<saa> von &<oQr]Z (-pipc),
raQaaaoa von ragaffl, iJggoov (fjxi<?rog), yXvGGwv von yXvxvg,
nacGvn von naxvg, iXdatrwv von iXcyvg haben wir den deutli-
chen beweis, dafs hier in filterer zeit zunächst eine assimilation
der gutturale an das palatale y statt gefunden habe und erst ans
dieser etwa durch fj auszudrückenden form kann sich die mit
dem doppelten dentalen a entwickelt haben. Daus aber der vor
y stehende guttural wahrscheinlich in % übergegangen sei, zeigt
sich auch darin, dafs stammhaftes x zuweilen in % übergeht, so
steht ivvi%iog neben w£ (n/xr) wie skr. nig, nigä die nacht
(Pan. 6. 1. 63.) neben dem volleren stamm nakt und naktä,
ferner Xv%vo$ neben htxSqxog, dfxcpiXvxrj u. s. w., Xsvxog und skr.
ruc leuchten neben ruc.at leuchtend, ebenso entspricht wie ich
glaube griech. i^ffi (VZ0*) Senüu dem skr. aca die himmelsgegend.
Die Vermittlung der begriffe ergiebt sich aus der deutschen my-
thologie; Grimm hat (myth. p. 421) gezeigt, daüs das echo alt-
nordisch dvergmäl (sermo nanorum) heifse, nun finden sich
aber unter den im altnordischen aufgeführten zwergnamen gerade
die vier haupt winde Austri, Vestri, NorBri, Suöri; die» ihnen bei-
gelegte spräche, das echo, wurde daher zu einer bezeichnung der
weitgehenden, in denen sie als hüter sausen. Ein anderes bei-
spiel der Vertretung des skr. 9 durch griech. % ist die wurzel
nag, nang, welcher mit dem Wechsel von n und 1 (wie ihn
auch dXXog, any£, &t]Xvg dhenu zeigt) das griech. Xay%af& (Xctx)
entspricht. Ebenso zeigte ft(5v in älterer zeit wahrscheinlich den
starken hauch im inlaut, wie skr. pagu, goth. faihu, lat pecu
wahrscheinlich machen und somit dieselbe entwickelung aus der
gutturalen tenuis, die wir in den vorangehenden beispielen be-
sprochen; den ausfall derselben ersetzte das 00. Wenn wir aber
XJ zu ac werden sehen, wenn j: entschieden zu h wurde, so
zweifle ich auch nicht, dafs dem skr. c,v auch griechisches aa
und daraus einfaches <x gegenüberstehen könne. Einen solchen
fall sehe ich in foog, welches ich dem sanskr. vic,va all, jeder,
über das alle S u. einige damit verbundene lautentwickelungen. 273
jeder vergleiche; dies ist von vic, der stamm, das geschlecht, plur.
die menschen abzuleiten, vic,va ist das ihnen zukommeude, ge-
meinsame, daher im griechischen worte der begriff der gleichheit
und Ähnlichkeit. Die lautverhältnisse betreffend, so wird das
einst anlautende digamma, welches sich auch noch im epischen
ei'ffog als e erhalten hat, und im hesychischen ßiag, hcog ogiflöV
sldxmveg. als ß bewahrt ist, nicht bezweifelt; dafs es auch inlau-
tend ein solches hatte, zeigt des Hesychius glosse yiayov, laov;
Ahrens erklärt (diall. II. p. 52) das in dieser und anderen glos-
sen anlautende y als irrthümlich durch ^ entstanden, worin ich
ihm beistimme, nur sehe ich anch das zweite y als auf dieselbe
weise entstanden an (vgl. auch Pott etym. forsch. I. 272) und
lese j:icpov*)\ so erhalten wir eine fast genau, selbst im accent
mit skr. vievam übereinstimmende form, zu der sich das äolische
iggoq, das gewöhnliche iaog grade so verhält wie das littauische
vissas, altsl. vis? zu vigvas, über welche man Schleicher (die
Formenlehre der kirchenslawischen spräche p. 98) vergleiche.
Aber auch ein inlautendes ay welches nicht in Verbindung
mit andern consonanten stand, sehen wir in gleicher weise als
spiritus asper in ein paar Wörtern in den anlaut treten und auch
hier ist ein Wechsel desselben zunächst mit h anzunehmen, wel-
ches dann, da es im inlaut unerträglich schien in den anlaut
rückte; in ganz ähnlicher weise sehen wir den anlautenden Spi-
ritus aaper des Stammes in imogxem in einigen füllen sich mit
der muta der praeposition verbinden und sie zur aspirata wan-
deln in der form iyiOQxea, welche von Ahrens (diall. II. p. 83)
besprochen ist; ihr zur seite stehen die oben (I. p. 184) bespro-
chenen iyiakrrig und yidXkca ; die hier gegebene erklär ung denke
ich genügt, um die vereinzelte erscheinung, welche Ahrens (a. a.
o.) wunderbar schien, aufzuhellen. — Solches in der form des
spiritus asper in den anlaut getretene a zeigt aber deutlich ev<u,
welches dem skr. oshämi (w. ush, lat. uro) entspricht; bei ihm
haben wir in dem von Poilux (6. c. 13 § 91.) bewahrten evaava,
iyxavpara das inlautende a auch wirklich noch bewahrt. Ob
die bacchischen zurufe evoi, evdv, eviv von derselben wurzel stam-
men, was das skr. adverbium osham feurig, schnell (Nigh. 2. 15.
*) Ahrens läfet sich über das zweite y nicht aus]; es mufsie ihm um
so rSthselhafter erscheinen als er (diall. I. 66.) Xoaos aus .ftfoog erklärt
hatte.
II. 4. 18
274
Kuhn
R. a. 8. 6. 27. 3) einigermafsen wahrscheinlich macht, kann dahin
gestellt bleiben, jedenfalls hatten sie selbst noch in späterer seit
oft den inlautenden spiritns statt e nach lakonischer weise (über
ihn Ahrens diali. II. §9.), denn das Etym. M. sagt p. 391- 12.
Eviog xal Evtiog 6 JtonHfog, xal ro eig avtbv InUp&wm ev*ot
xal wo! xatä A&xwag. Schol. Dionys. in Bekk. Anecd. p. 051.
Tb tvoT bHp aLoymg öaaeTav fywaiv h r<p rAsi, ante irra,
ti ffl ng t'nrj rb (jyoÖQor ftrevfxa roig ßaxxiaZwaiv a?f*o£t<r.
Theogn. in Crameri Anecd. Vol. II. p. 158. 21. ilcwr^ov^ ya*
rindig ij &tax6qw vnb oirov ovotjg aloyoi tylovori xal ai ixqrm-
ryaeig avrijg' dtb xai in* airwr fo&' ors ro daav nve&pa «lo-
ymg h rrj tyywoji ovÜLctßrj ogarat, dg f%M tb wo!, evär, ei'tr.
Die thatsache, dafs in diesen Wörtern der inlautende spiritns as-
per stand, scheint mir demnach festzustehen, dafs er aus <r her-
vorgegangen zeigt die stelle im Etym. M. und Hesychios s. v.
evaapa, dracpwnjfjia evaartxot xal ßaxxtxbr iniy&eypa. — Ein
zweites der besprochenen lant entwickelang angehöriges wort ist
ItQog, das ich mit sanskr. ishira1 zusammenstelle. Der eintritt
des e vor q erklärt sich aus der natur dieses consonanten, and
ebenso das dialektisch statt desselben eintretende a im dorischen
iaQog, 'Idgar (Ahrens diali. II. p. 37). Was aber die bedeatung
betrifft, so heifst ishira" rege, rüstig, stark, und in leQog hat
sich daraus die des göttlichen und heiligen entwickelt, weil diese
begriffe in der das menschliche mafs der stärke und kraft weit
überragenden macht der götter wurzeln. Wie UQog aus ishira
entwickelt sich unser heilig, ahd. heilag aus dem begriffe der
unverletzlichkeit (goth. hail, nord. heil, ags. häl, ahd. hail
saivus, sanus) also gleichfalls aus dem gegensatz der menschlichen
ohnmacht gegen die göttliche Vollkraft. Wie Ugog aber nicht
allein von den göttern sondern auch von menschen und mensch-
lichen dingen, die weit hervorragen, gebraucht wird, so wird
auch dies ursprünglich die allgemeinere bedeutung der stärke and
kraft gehabt haben; das zeigen solfehe Verbindungen wie /*£o»
örgatog, hgbg M(pQog9 Uq?j ig Trjlepdxoto, Uqov fxe'rog J4lxt*6oto;
namentlich dem letzteren gleich ist ishira auch ein beiwort zu
manas, Nir. 4. 7. ishirena temanasa sutasya bhaximahi
mit starkem geist wollen wir von deinem tränke geniefsen, ebenso
findet es sich aber auch grade als beiwort der götter, so ishira
ädityah die starken Aditya's (R. a. 2. 7. 11. 1.), ishira devAh
die starken götter (R. 3. 56. 8.), ishirah parijmä der starke
über das alte S u. einige damit verbundene lautentwickelungen. 275
schnelle umwandler (d. i. Väyu, der wind R. a. 4. 2. 15. 2), ishiro
vätah der starke, schnelle Väta (wind Väj. S. 18. 41.) und wie
im Homer länder und städte ieQcu heifsen, so wird auch in den
Vedcn die erde ishirä bhümih genannt (R. a. 3. 2. 2. 4). Wei-
teres vordringen wird uns die begriffliche Übereinstimmung bei-
der Wörter vielleicht noch in höherem mafse zeigen, sie dürfte
aber auch jetzt schon dem, welcher etwa noch zweifei wegen
des laut wechseis hätte, genügen um die identität beider Wörter
als festgestellt anzusehen.
Kehren wir nach betrachtung dieser verwandten erschein un-
gen zu jjpsig und vpelg zurück, in denen wir den anlautenden
spiritus aus dem im inlaut ausgefallenen a erklärten, so stellen
sich zu diesen der offenbar in gleicher weise zu erklärende spi-
ritos asper in ypcUy den man, das wort mit skr. äs sitzen ver-
gleichend, auch hier bisher als einen unorganischen zasatz ansah.
Die 3. sg 7<xrat, tjato könnte freilich damit im Widerspruch zu
stehen scheinen, da sie neben dem spiritus asper auch das o zeigt,
allein wenn man berücksichtigt, dafs das <x in allen übrigen for-
men ausgefallen und jenen ersatz gefunden hatte, so wird man
den spiritus asper hier unbedenklich durch die macht der anale-
gie der übrigen formen eingedrungen ansehen dürfen; nicht zu
übersehen ist übrigens doch auch, dafs im compositum xd&qficu
die 3 sg. impf, ixd&qro neben ixd&tjaro lautete, zu dessen bil-
dung' doch aber auch das mißleitete Sprachgefühl, welches gleich-
sam ein präsens xadi'co setzte, beigetragen haben mag. — Endlich
stelle ich noch das neuerlich von Grimm besprochene l(MQog hier-
her; es stimmt mir zum skr. ishma m. frühling, liebesgolt (Boeht-
lingk Un. affixe 1. 143.), indem diesem, wie den substantivis auf
raa so häufig, ein volleres suffhc man (vgl. z. b. dharman und
späteres dharma u. a.) zugestanden haben wird ; zu dem so vor-
ausgesetzten ish^man verhält sich aber IfMQog gerade so wie tfttag
zu fj[A*QO>, wobei wir auf den im zweiten artikel besprochenen
Wechsel der stamme auf t und r, zugleich aber anch auf das von
Benfey in seiner recension desselben (Gott. gel. anz. 1852. stück
55 u. 56) beigebrachte, material, welches viele dankenswerthe er-
weiterungen bringt, verweisen können. Die länge des t in IfieQog
erklärt sich auf dieselbe weise wie das y und v in rjfisk und vpeig-
A. Knhn.
18*
276 Steinthal
II. Anzeigen.
Grundrifs der grammatik des indisch -europaischen
sprachstammes von ffl. Rapp.
(Erster band. Stattgart u. Tübingen. J. G Colta'scher verlag. 1852.
Xlls. und 255 s. in 8°.)
«Eine übersieht» zu geben «über das was der sprachgeist
im ganzen mit nnserm sprachstamme erstrebte und wollte» (s.
16), ist die aufgäbe, welche sich der verf. gestellt hat. Die lö-
sung derselben ist naturlich nicht möglich ohne eine gewisse theo-
rie über das wesen der spräche und ihre entwickelungs weise
überhaupt. Ja der verf. legt das gröfste gewicht gerade auf seine
theoretische ansieht. - So mufs es wenigstens scheinen, wenn er
sagt: «niemand wird aber meinem buche das zeugnifs verweigern,
dafs hier wenigstens eine ansieht durchgeführt ist, und das
ist vor der band die hauptsache.» Die durchfuhrung einer an-
sieht ist gewifs ihr bester oder einzig wahrer prüfstein, doch
nicht das prüfen, sondern das geprüfte, die bewährung desselben,
ist die hauptsache. So wollen wir denn den inhalt des vorlie-
genden buches darstellen, und dürfen hoffen, dadurch des Verfas-
sers ansieht nicht nur deutlich hervortreten, sondern auch ge-
wissermafsen sich selbst objeetiv prüfen zu lassen. Wir werden
dem Verfasser nicht seite für seite folgen, sondern vom mittel-
punkte der sache ausgehend', uns so weit verbreiten als nöthig
scheint, und diese gelegenheit erlaubt.
Diesen mittelpunkt des buches haben nicht wir zu bestim-
men, sondern der verf. selbst bezeichnet uns denselben, und zwar
liegt er in folgendem (s. 17): «Bopp nimmt neben den verbal-
wurzeln besondere pronominalwurzeln an, mir aber sind die pro-
nomina abgerissene verbal- und nominalendungen. M Dieser pnnkt
ist aber auch wirklich der angelpunkt der grammatik $ es han-
delt sich hier um die entstehung der grammatischen form und
formelemente, um alle lautgebilde, welche an und neben der ver-
bal- oder stoffwurzel erscheinen, also auch die der wurzel zur
bildung gewisser tempora hinter angefügten silben oder laute (s.
121): «Jeder dieser silben, sagt der verf., scheint in unsern spra-
chen eins der ältesten verba zu entsprechen, und zwar verba,
anzeigen. 277
welche immer sehr absiracte begriffe, wie sein, thun, geheu u. s.
w. ausdrücken. Hier ist nnn der punkt, wo die theoretische
ansieht der sache in die reinen extreme auseinander fuhrt. Bopp
oder die agglutinationstheorie sagt hier, das verbum sein in der
wurzel as oder pa wird an die verba gehängt, um die sehwa-
chen tempora 'zu bezeichnen. Gleichwie Bopp die flexion aus
einer angehängten pronominal wurzel erklärt, mufs er also hier
verbum mit verbum verbinden.. Meine theoretische Hypothese
über diesen punkt lautet so: «Aus einer seeundären flexionsthä-
tigkeit des verbum» (aus der primären gingen die persona lendun-
gen und alles was man starke flexion nennt hervor) «sind den
verbal wurzeln diese derivationselemente angewachsen, die als ein-
zelne Wörter vorher in der spräche nicht vorhanden waren, so
wenig als die pronomina, denn die älteste spräche nahm die no-
mina selbst statt der pronomina und bedurfte keiner abstracten
verbalformen, um die an sich schon fertige" (was heifst das?)
«flexionsform zu ergänzen. Was aber die starke flexion durch
reduplication nicht mehr erreichen konnte, suchte die seeundäre
bildungskraft in diesen suffixen zu fixiren» (dies Wortspiel scheint
beabsichtigt?). «Wie aber die flexionsendungen sich später als
pronomina von dem mutterboden abgelöst haben und selbständige
Wörter wurden, so sind diese abstracten verba sein, thun, gehen
aus diesen abgerissenen sufßxen erst hervorgegangen.» — Drit-
tens endlich, wenn die beiden genannten punkte die eigentlichen
formelemente, person und teinpus mit modus, betrafen, ziehen
wir nnn auch den namen selbst in betracht und unterscheiden
eine längere und eine kürzere form desselben. Es entsteht zu-
nächst die frage, welche form ist die ursprüngliche, xvnx oder
zvn. Wäre die längere form die spätere, so fragte sich, woher
der Zuwachs des r? — Mit der betrachtung dieser drei punkte
wird die ansieht des Verfassers hinlänglich dargelegt und geprüft
werden. Wir beginnen mit dem dritten.
Der Verfasser gliedert den abschnitt über die flexion des ver-
bum folgendermafsen: «1) persona Ibildung; 2) genusbildung: ge-
gensatz des verbum activum, neutrum und passiv um; 3) niodus-
bildung; 4) tempusbildung. » Hier vermifst man die erörterung
über die Verstärkungen des Stammes . und die cintheilung der
verba in conjugationsclassen. Diese ist beim verf. unter 4. mit
begriffen, welches kapitel folgende untcrabtheilungen hat: «tem-
pusbildung. Gegensatz des präsens, futur und präteritum. Gegen-
278 Steinthal
salz der verschiedenen präteritalformen. A. Das primäre und das
secundäre verbum. B. Reduplication: Begriff und bildung der-
selben. C. Ablaut. D. Nasalverhärtung. E. Augment. F. De-
rivationssuffixe: Gegensatz der primären und secundären verbal-
bildung. G. Flexionsverba. Sie sind abgerissene flexionselemeole»
(hier werden sie aber erst als suffixe betrachtet, erst später in
der selbständigen form; also:) «1) vocalelement i; 2) consonant-
dement s; 3) p; 4) t$ 5) k; 6) nasalconsonantelement. »
Aus dieser blofsen inhaltsangabe geht schon hervor, dafs der
verf. tempusbädung und stammbildung mit einander- verschmilzt
und zwar so als suche die spräche die tempora durch die mo-
dificirte wurzel zu bezeichnen. Hieran mufs man denken, um
in des Verfassers disposition nicht alle logik zu vermissen. Tre-
ten wir nun näher.
S. 109. «A. Das primäre und das secundäre verbum . . . Die
verbalform gibt einerseits ursprunglich primäre verba, welche
Grimm mit dem bequemen namen der starken ausgezeichnet hat,
dagegen aus den damit ebenbürtigen nominalformen entwickelt
sich durch Vermittlung eines ableitungsvocals oder einer ablei-
tungssiibe die secundäre verbalform, welche bei Grimm die schwa-
che heifst. Beide arten von verben flectiren nun mit denselben
personalzeichen, die schwache form aber ist ursprunglich um
eine, die ableitungssilbe, reicher, welche zwischen wurzel und
flexion inne steckt. Die spräche hat aber überhaupt dreierlei
mittel, um die temporalbildnng auszudrücken. Das erste mittel
ist die reduplication und wo dieselbe abstirbt, als subsidiäre
bildungsform der ablaut; diefs ist die wesentliche bildung der
primären flexion. Dazu mufs noch die nasalirung der wurzel
als ein verhärtungsmittel angeführt werden. Zwischen primärer
und secundärer flexion in der mitte steht das augment. Entschie-
den der secundären bildung angehörig ist die temporal bildung
durch ableitungsconsonantenM (wie das a des griech. aor. I., das
b des lat. und das t des deutschen imperf.), «die man darum
derivativsuffixe nennen kann.» Dies ist, um es kurz zusa-
gen, eine Verwirrung secundärer temporalbildung mit secundären
Stammformen, die aber dadurch begreiflich wird, dafs der verf.
die tempora durch einen wandel der wurzel entstehen läfst, durch
eine derivation. Der verf. unterscheidet an der verbalform
nur stamm und person; ersterer ist entweder primär oder deri-
virt und secundär. Der primäre stamm gibt die starke flexion, der
anzeigen. 279
derivirte die schwache. Nach dem verf.- verhält sich rvxp-ay zu
xvn wie tvW-w zu tvn oder Xanßavm zu iap. Innerhalb der
starken und schwachen flexion gibt es nun freilich grade. Schon
der ablaut ist subsidiär; das augment hat nach dem verf. schon
die bestimmt ausgesprochene neigung zur schwachen flexion,
bahnt den Übergang zu ihr. Ebenso hat diese ihre stufen. «Der
binde- oder bildungsvocal» gehört noch der starken an. «Dieser
hat mit der derivationsoperation nichts zu schaffen, er ist nur
das euphonische medium, das ursprünglich die consonantenreihe
vermittelt» (s. 119). Wir hätten diese rein euphonische geltung
des bindevocals wohl begründet gewünscht. Bopp war anderer
meinung. Schwartze ebenfalls; dieser sah in dem Ihemavocal
der verba und nomina den speeifischen unterschied der indoeuro-
päischen sprachen von den semitischen und ägyptischen. Der
Verfasser scheint in der that die entschiedenheit, mit der er den
bindevocal für «nur euphonisch erklärte» bereut zu haben. Denn
gleich darauf lenkt* er ein: «Theoretisch aber zweifle ich, dafs
wir jemals das rätbsel des bindevocals anders werden lösen kön-
nen, als durch den satz: der bindevocal ist ein ursprünglicher
theil der flexion, der in den ältesten verbalwurzeln ausgestofsen
worden.» Hiermit ist aber nicht blofs das räthsel gar nicht ge-
löst ; sondern es wird auch die vorliegende thatsache sogleich in
einer auffassungsweise ausgesprochen, die, wenn sie auf anerken-
nung ansprach macht, zuvor durch geschichtliche thatsachen be-
gründet sein mufste. Die geschiente unserer sprachen aber lehrt
gerade das gegen theil, nämlich ein allmähliches Umsichgreifen des
bindevocals. Das skr. zeigt darin vorzüglich eine alterthfimlich-
keit, dafs es am meisten die bindevocallosen formen bewahrt hat.
Die demente aber, «welche die seeundäre flexion produci-
ren, sind vocale oder consonanten oder ganze silben. Es sind
hiermit die kennzeichen der conjugationsciassen gemeint: «die
volle diphthonggilbe ai», welche mit dem bindevocal verbunden
skr. aya giebt, und griech. alsaoo, eco, oco erscheint; ferner skr.
u, woraus gr. verba auf vpi, lat. uo; als consonantische ableitun-
gen sind die laute n und t am wichtigsten, die den stamm er-
härten, wie rvmm, daxyo»;» vocal und consonant skr. nu, gr. rv.
«Sodann einer indischen silbe na oder nä entsprechen griechische
verba auf njpi, vielleicht auch durch Umstellung die in avea ge-
bildeten. Diese nu- und na-ableitung kann aber auch im ver-
stärkten stamme stehen und in formen, die die leichte würzet
280 Steinthal
verlangen, wieder aasfallen, wie das griechische eXaßov neben
^afißcivco zeigt oder das indische bhinadmi, latein. findo im pcrf.
bibheda, lat. fidi. Weitere griechische ablcitungen gehören in
die Specialgrammatik.» Hier fragt man sich aber erstaunt, in
wiefern wird denn wohl durch diese eingeschobenen consonan-
ten und silben nur im mindesten eine schwächere flexion gebil-
det als durch den blofsen bindevocal. Wird etwa deixvvfiiy wird
findo, jungo schwächer flectirt als lego? Und wenn man sagt:
«diese nu- und na-ableitung kann aber auch im verstärkten
stamme stehen» — heifst das nicht, einen unterschied zwischen
ableitung und Verstärkung, indem man ihn ausspricht, auch so-
gleich wieder verwischen? Wenn endlich der verf. ausdrücklich
hinzusetzt: «Ein wesentliches gesetz ist aber, das schwache ver-
bum setzt immer ein nomen voraus, aus dem es derivirt ist», so
fragt man, wo ist denn das nomen, welches von tvtztw voraus-
gesetzt wurde, von dem es abgeleitet wäre? Wir lassen aber
diese fragen fallen, indem wir uns an des verf. Verwirrung se-
eundärer flexion mit seeundärem stamm erinnern.
Endlich: «Vom bildungsvocal und vom schwachen verba 1-
suffix aber völlig verschieden ist eine dritte classe von derivativ-
silben, welche die schwache temporalbildung bewerkstelligen.»
Aber worin Hegt denn diese völlige Verschiedenheit? beide be-
wirken derivation! «Wie das starke verbum seine präterita durch
reduplication und ablaut bildet, so bilden die seeundären verba
ihre das präsens negirenden tempora durch besondere derivativ-
silben, die zum theil auch wieder auf die ursprunglich starken
verba übertragen werden können.» Was zu dieser Übertragung
einer ausschliefslich auf deutschem gebiet heimischen erscheinung
auf den ganzen indoeuropäischen stamm zu sagen sei, müssen
wir dem leser überlassen. Wir berichten weiter: «Diese silben
nun erscheinen uns wie gesagt als derivationen,» (also alle aoriste
auf g, auf & derivata!) «d. h. als demente, die wir nicht wie
etwa die flexionssilben » (d. h. die personalendungen) «unmittel-
bar aus der bewegung der subjeetivität des verbalbegriffs erklären
können.» Des verf. «theoretische hypothese über diesen punkt»
haben wir schon im beginn dieses aufsatzes mitgetheilt.
Der unterschied zwischen seeundärer temporalbildung, ablei-
tung und Stammverstärkung ist vom verf. gründlich verwischt,
und selbst die gelegentlichen erinnerungen an denselben haben
nicht die kraft, das grau dieser ansieht durch sonderung der ele-
anzeigen. 281
mente aufzuheben. Ja noch mehr, selbst die betrachtung der
präsensformen ging spurlos an des verf. Verwirrung vorüber. Der
leser hat vielleicht schon gefragt, wo denn beim verf. vom prä-
sens die rede sei, da bisher, wie schon aus der angegebenen dis-
position hervorging, nur von den «das präsens regierenden» Zei-
ten gesprochen wurde. Der abschnitt «F. derivativsüffixe» aber,
mufs, wenn er nicht völlig unlogisch seine coordinirte Stellung
zwischen «E. augmeut» und «G. flexionsverba» einnehmen soll
auf tempusbildung, natürlich auf das präsens bezogen werden,
ebenso wie «D. nasal Verhärtung» und «A. das primäre und sc-
cundäre verbum.» Nach des verf. ansieht aber liegt die bezie-
hung auf das präsens in allen diesen mittein der tempusbildung;
denn sie alle bilden eine «das präsens negirende» form. Und
ebenso verhält es sich rucksichtlich des futurs. «Futur- und
präteritalformen gehen sowohl in der primären als in der seeun-
dären form hand in hand, die spräche betrachtet darin nur das
nichtgegenwärtige» (s. 1Ö3.). Der ganze procefs der tempusbil-
dung besteht also darin «differenzen» (s. 114.) der wurzelform
auszubilden, so dafs mit einer form das präsens, mit der andern
das nichtpräsens bezeichnet werden könne. Reduplication , ab-
laut und nasalirung des .wurzelvocals bilden die primäre flexi cm ;
denn sie bewirken «innere qualificationen der wurzel» (s. 117.),
wogegen die übrigen mittel, welche in einem an wachs an die
wurzel bestehen, nur seeundäre flexion erzeugen. Fragen wir
aber, wie kommt der verf. zu dieser theorie, die tempusbildung,
durch wurzelwandel vollbringen zu lassen, so ist die an t wort,
dafs der verf. neben der personalflexion ein anderes mittel als
den wandet der wurzel nicht kennt, nicht kennen will, wie sich
besonders klar aus seiner bei rächt ung des präsens ergiebt.
Der verf. bespricht das präsens in « einer kleinen voebetrach-
tung ober formen und begriffe (s. 100.), welche er dem kapitej
über tempusbildung voranschickt. Wir müssen sie uns näher
ansehen: «Hegel» (schaudre nicht, leser!) «spricht irgendwo von
den drei dimensionen der zeit, Vergangenheit, gegenwart und Zu-
kunft. Er macht aber oft genug darauf aufmerksam,, dafs was
wir -gegenwart oder das jetzt nennen, eigentlich ein nicht fixir-
barer, verschwindender, mathematischer punkt ist» (es bedarf
keines geistes aus der unterweit, um solche Wahrheit zu lehren!).
«Die grammatik scheint es nun nicht so genau zu nehmen, wenn
sie von einem tempus präsens spricht; allein wahrscheinlich bleibt
282 Steinthal
es doch, dafs die spräche zuerst keineswegs das präsens fixirte»,
sondern die erzählform und die sollforni, aorist und futur. «Am
meisten licht in diese materie scheint uns aus der geschiente des
griechischen verbum zu fallen. Bei den filtesten starken griechi-
schen verben, zumal denen mit liquidalcharakter, hat es wenig-
stens für diejenige theorie, welche in der spräche vom einfachen
auszugehen liebt» (damit ist die als mechanisch gescholtene agglu-
tinationstheorie Bopps gemeint) «sehr viel einleuchtendes, dafs
aus wurzeln wie ßaX, top zunächst die futura ßctkm, tafim and
die aoriste eßalov, erapov sich bildeten, und dafs die verschie-
denen Verstärkungen der grundform zur bildung des präsens, wie
die gemination im präs. ßdXkoo, das eingeschobene n in f/pro,
das eingeschobene t in tvntto oder die erschwerung durch den
diphthong wie in xteiva theiis als derivation, theils als ablaut
auftreten, immer aber als jüngere formen denn jene grundform
angesehen werden können. Die spräche fixirt also in diesen fal-
len das präsens zuletzt. " Und warum hat dies für den Verfasser
nicht eben so viel einleuchtendes? Er meint (s. 102): «Diese
ganze ansieht der sache führt aber auf ein unseliges dilemma.
Ist die einfache form die älteste, so kommen wir mit Bopp auf
die agglutination hinaus, und gehen wir mit Grimms satz, im
verlauf der zeit kann die spräche nur verlieren, nichts gewinnen,
vom ursprünglichen vollen Organismus aus, so müfsten wir for-
men wie das griechische Xapßdva) für ursprünglicher halten, als
die einfachen Xaß<a> eXaßov. Will man einmal die wesentlich-
sten buchstaben eines worts seine wurzel nennen, so wäre sie
in diesem falle Xaß\ denn wäre das p ein wesentlicher theil, so
könnte es in elaßov nicht fehlen, es ist also ein eingeschobener
nasal. Endlich müfsten wir aber auch complicirte formen wie
TvcpthjcofAcu für älter halten als die wurzel rwr.»
Hiernach wären wir eigentlich mit dem verf. schon fertig
und zwar ganz in der weise, wie wir es dem leser versprochen
haben. Nicht wir haben die theorie des verf. widerlegt, picht
wir haben ihn auf das dilemma geführt: entweder Bopp oder ab-
surdität; sondern er selbst hat es sich gestellt, er selbst hat sich
gerichtet. Doch ist es immerhin interessant, ihn weiter in ein-
zelne! ten zu verfolgen und besonders zu sehen, wie er sich der
Vollstreckung des eigenen urtheils zu entziehen und bei seiner
theorie zu beharren sucht Er sagt (das.): «Aus dem Zwiespalt
der einfaebheit und fülle des Sprachanfangs können wir nur durch
anzeigen. 283
folgende methode herauskommen . . . Die Wurzel erseheint uns in
einem dualismus, in einer verstärkten und erleichterten gestalt,
diese differenz können wir nicht mehr auflösen» (d. h. nach mei-
ner theorie löse ich das räthsel, indem ich zugestehe, dafs es
unlösbar ist; oder mit andern worien: ich behalte meine theo-
rie, obwohl ich gestehe, dafs sie durch eine thatsache offen-
bar umgestolsen wird); « wir müssen in vifttm, irvarov die stär-
kere, hvnofy rvnm die leichtere wurzelform anerkennen ; in rin*
zeig und rvnug haben wir also dasselbe fl ex ions dement, nar ver-
schiedene warzelqualität. In lapßdvco erscheint uns eine dop-
pelt verstärkte, in Haßov also eine doppelt erleichtertere?) « wür-
ze!» («verstärkt» setzt die einfache form als ursprünglich, «er-
leichtert« dagegen wieder die entwickeltere, d. h. auf beiden
seiteo hinken, den Zwiespalt aassprechen, nicht aus ihm heraus-
kommen). «In erwpa aber nennen wir das ableitende s eine se-
eundäre oder schwache form, ohne darum darin eine compositum'
zu sehen. Wir nennen es die seeundäre organisationsthätigkeit
der grundforni.» Du erkennst an, du hast, dir erscheint, du
nennst, das mag sein, aber erklärt, erkannt hast du nichts.
Wie in der physiologie die annähme der lebenskraft so we-
nig zur erklSro ng der lebenserscheinungen diente, dafs es viel-
mehr die Untersuchungen derselben abschnitt, so verhindert auch
den verf. die der spräche zuerkannte « flexi onsbewegung und or-
ganisationsthätigkeit» an der eigentlichen erforsch ung der tem-
pusbildung. Man denke nur, was dabei herauskommen kann,
wenn z. b. unter den derivativsoffixen angeführt wird «4) con-
sonantelement t", und nun, da t = t ist alle t- laute welche, ab-
gesehen von der personalbildung , in der verbalflexion vorkom-
men, für dasselbe formelement genommen werden. Der verf.
sagt (s. 126.): «Die zweitwichtigste, wo nicht die wichtigste die-
ser ableitungen ist das dement t. Sie kommt zwar am frühe-
sten als bildung8element der nominalen verbalformen vor, näm-
lich des iufinitiv und partieip, und dringt erst später in die ver-
bale flexion ein. Der Indier bildet seinen infinitiv und einen theil
seiner participien.mit t, der Grieche das verbaladjectiv und einige
partieipien, aufserdem aber den aorist (irÜhf*) und mit dem s-ele-
ment verbunden das futur (rdty'ffOfiai). » Weiter heifst es dann:
«Wir müssen jetzt untersuchen, wie sich das dement t in un-
sern sprachen als einfache wurzel» (d. h. als selbständiges, abge-
löstes wort) «gerirt. Der ursprungliche begriff scheint die ab-
284 Steinthal
stracte form, die unsre Volkssprache durch etwas wohin t Lud,
der Franzose durch niettve, der Engländer durch to put ausdrückt. »
£iue solche abstraclion, wie sie in den modernen sprachen auf-
tritt, wird als der anfang gesetzt! Und wie hängt dieser begrifl
mit der anwendung des t in den verbalformen zusammen? davon
kein wort. Der verf. fahrt fort: «Es ist höchst wahrscheinlich,
dafs das element ta sich in mehrere grundformen in den ältesten
Zeiten gespalten hat; der Indier hat neben dhä, wovon dadhami
und ii&rjfju stammt, ein weicheres da, das dadämi did<ofii liefert ;
diese wurzel ist die erweichung(?) der andern, der begriff ge-
ben fliefst leicht aus der grundbedeutung und die formen flie-
fsen früh zusammen. » ndvta gell Uns aber kommt es auf feste
hestimmtheit an. Doch nicht genug; der verf. meint noch: «Es
wäre immerhin denkbar, dafs die wurzel sta, indisch sthä, in
vorhistorischer zeit sich aus einer reduplication des ta entwickelt
hätte, so dafs das erste t sich aspirirte.»
Ehe wir zur betrachtung des abschnittes über die personal-
en du ogen gehen, müssen wir einige bemerk un gen des verf. über
etymologien ansehen, welche mit seiner theorie von den stammen
zusammenhängt. — Wiewohl nach dem verf. «die wahrhafte»
grammatik erst mit der flexion beginnt, so schickt er ihr doch
als «vorbetrachtung» einen abschnitt voraus «von den dementen
der spräche, nämlich den lauten nach ihrer phone'tischen geltung,
wo zugleich ihre etymologische bewegung angedeutet werden
mute.» Und warum nur angedeutet? «Weil es uns in der gram-
matik vorzugsweise um die flexion zu thun ist, wiederholt der
verf., so stellen wir die etymologische betrachtung hier voran,
um uns nachher ungestört der hauptuntersuchung widmen zu
können.» Um dies zu können, hätte die laut! ehre ausführlich
gegeben werden müssen. Selbst wenn wir zugestehen wollten,
der verf. habe auf wenigen Seiten das wesentliche über den laut-
wandel zusammengedrängt, ist etwa mit der betrachtung der ein-
zelnen laute die lautlehre erschöpft? Wie viel bleibt noch übrig
zu sagen über die weise der Zusammenstellung der laute, über
die möglichen an- und auslaute, über die processe der assimila-
tion und dissimilation u. s. w.! Wie sehr hängt von solchen eigen-
thümlichkeiten der sprachen in der lautbehandlung die gestalt
ihrer flexion ab! Doch das ist tausend mal gesagt!
Dagegen zieht nun der verf. in diesen abschnitt über die
«etymologische ansieht der sprachlaute» mancherlei über wurzel-
anzeigen. 285
forschung. An unsere obige betrachtung schliefst sich folgender
satz (s. 30.)'- »Das bestreben des etymologen mufs durchaus nicht
auf lautarme Wurzelwörter ausgehen, im gegentheil die lautvollste
wurzel ist die wahrscheinlichste, nach dem Grimmischen satz.
die Sprachgeschichte kaum die Wörter nur abnutzen, die zeit kann
der spräche nichts geben, nur nehmen." Wir wollen den verf.
nicht drängen, anzuerkennen, dafs dann auch nicht jvn> sondern
vvcp&tiQ als wurzel aufgestellt werden müfste, sondern wollen
nur bemerken, dafs, wenn man für das latein. frango und goth.
brak, brikan eine ursprüngliche wurzel prank annimmt, wie der
verf. als beispiel angiebt, man gar nicht <« die historischen gestal-
ten physiologisch davon ableiten», sondern nur als mechanisch
darin enthalten nachweisen kann.
Das verfahren des verf. überhaupt theoretisch postulirte grund-
formen hypothetisch zu construiren, wie die grundform prank für
brechen, takam für das zahlwort zehn, ist nicht nur meist un-
nöthig, sondern auch ohne nutzen und höchst gewagt. Es ist
dabei vom verf. vorausgesetzt, dafs aller lautwandel nur Schwä-
chung sei ; alle in den indoeuropäischen sprachen vorkommenden
formen für zehn lassen sich als Schwächungen aus takam anse-
hen, d kann in der urform nicht gewesen sein, obwohl sanskrit
und zend, griech., latein. und lithauisch übereinstimmend d zei-
gen! Denn im gothischen erscheint t, und das kann nie aus d
entstanden sein. Dies giebt den ausschlag für die construetion
der urform. Wäre uns das gothische unbekannt geblieben, so
hätte der verf. sicherlich dakam construirt. Oder vielleicht doch
nicht; denn bei dieser ansieht fallen überhaupt alle schwachen
laute als unursprünglich fort, und das ganze aiphabet schrumpft
bis auf die drei tenues k, p, t zusammen. Ja der verf. hat sich
(8. 35.) selbst schon gefragt: «wenn die natur die laute k in p
und t abschwächen läfst, folglich die drei grundlaute sich auf
einen reduciren, so ist am ende gar nicht abzusehen, wie die
spräche nur es überhaupt zu einer differenz gebracht hat. Darauf
ist zu erwidern, dieser Wechsel der grundlaute ereignet sich nur
in der ältesten anläge unserer sprachen. Zur zeit, wo unsere
sechs hauptsprachen sich für sich entwickelo, kommt dieser Wech-
sel eigentlich gar nicht vor." Ist das nun wohl eine erwiderung?
Thut es etwas zur sache, dafs heute, oder schon seit langem, k
nicht mehr in p übergeht? und als dieser Übergang statt fand, da
entwickelten sich eben die sprachen für sich.
286 Steiothal
Das Grimmsche lautverschiebungsgesetz erhält nun natürlich
nach dieser ansieht vorschreitender Schwächung eine andere ge-
slalt (s. 38.): «Nicht alle sprachen sind der aspiration auf gleiche
weise geneigt, und nie bewegen sich alle in einer richtung nach
der aspiration. Sie entwickeln vielmehr darin ihren inneren Wi-
derspruch, dafs sie denselben grundlaut in verschiedenen wurzeln
aspiriren.» Das klingt nun ganz, als wenn sich die sprachen
gegenseitig zum ärger lebten. Weil die eine hier aspirirt, thut
es die andere nicht; sondern thut es gerade da, wo die andere
es unterlassen hat. Weil der Römer pro sagt, so sagt der Gothc
fra; weil aber jener fer sagt, spricht er ber. Uebrigens wacht
der verf. mit ungemeiner eifere u cht darüber, dafs jenes geseiz
nicht verletzt werde. So billigt er z. b. nicht, dafs Grimm lat.
habere mit goth. gaban, haben, zusammenstellt. Um in diesem
falle das gesetz zu retten, construirt er ein paar «Zwillings wur-
zeln, worunter er den fall versteht, «wenn eine Wurzelsilbe sich
unter einem grundbegriffe entwickelt, sich aber von vorn herein
in zwei seilen spaltet und nun in dieser doppelgestalt durch die
mundarten fortwuchert.» Solche zwillingswurzeln haben wir
schon kennen gelernt in da geben und dha thun, legen, welche
beide nur zwei seiten oder auffassungen der ursprünglichen Wur-
zel ta sein sollen. So soll es auch eine doppelwurzel kap ge-
ben mit denf grundbegriff des besitze«, der sich einerseits im Lat.
capio näher als ergreifen, fassen bestimmt, und andererseits im
geschwächten habere als besitzen, haben, halten. Mit ersterm
hänge unser haben zusammen, mit letzterm unser g£ben; «denn
geben ist nichts als haben machen, also das factitivum der Wur-
zel." Aber warum ist unser geben, giban ein factitivum?
Von diesen zwillingswurzeln geschieden sind «geschwisterwur-
zeln», worunter der verf. den fall versteht «dafs eine grundform
von anfang an verschiedene bedeutungen ausdrückt'», was man
also gewöhnlich richtiger, wie uns scheint homonyma nennt.
Als beispiel führt der verf. drei wurzeln pat auf. 1) Sanskr. pa-
tami, mww, wozu auch unser fallen gehören soll, dessen 1 ano-
mal aus d erweicht sei; ferner lat. petere, einen anfallen, dann
bestürmen, bitten. Unser bidjan, bitten aber sei von Grimm
schlecht mit diesem petere zusammengebracht, da es vielmehr mit
einem andern pat zusammenhinge, woraus das latein. fateor ent-
standen wäre. Dieses pat bedeute nämlich sagen, gestehen (sein
bedurfnifs), bitten. Wenn nun aber fateor, wie es doch wahr-
anzeigen. 287
scheinlich ist, mit fari zusammenhängt, was soll oder welches
recht hat die wurzel, fat oder pat? Der verf. stellt noch ein pat
auf für das lateinische potis, auch possidere. Wenn nun aber
pos die Präposition wäre, and potis, wie geschehen ist, mit skr.
pati, nötig auf die wurzel pä gebracht würde? Des verf. con-
structionen sind also doch zu luftig, um nicht lieber als auf sie
tu bauen, anzuerkennen, dafs das lautverschiebungsgesetz gele-
gentlich eine ausnähme erleide. Will man sie meiden, so mufe
man sie wenigstens in anderer weise wegzuschaffen suchen.
Der verf. ist überhaupt zuweilen sehr ängstlich. Er billigt
nicht, dafs Bopp unser schlafen, goth. slepan mit skr. swap ver-
bindet, weil daneben im deutschen noch formen mit v sind, wel-
che zur genannten sanskritwurzel gehörten. Unser wort soll mit
dem lettischen sljepti zudecken, sl. slepu blind, zusammenhängen.
Schlafen sollte dann wohl bedeuten: die äugen bedecken? So
passend und sogar poetisch die Übertragung des verdeckt, ver-
hüllt seins auf den blinden scheint, so wenig spricht uns dieselbe
auf den schlafenden an; und sljepti dürfte eher zu xqvtttm und
xalv7TT<x> zu ziehen sein.
Wir kommen endlich zu den personalendungen. Wirkliche
aufschlösse über noch unerledigte punkte wird man wohl nicht
mehr erwarten: im gegentheil ist für den verf. da noch dunkel-
heit, wo wir schönes licht haben. Die endung der 1. pl. mas
ist ihm unerklärlich, obwohl er die vollere vedenform masi kennt.
Hierin aber wich und du» sehen, das hiefse vielleicht die agglu-
lination anerkennen. Der Charakter der 2. sg. soll st sein; nach
der besprochenen theorie, dafs die vollste wurzel die ursprüng-
liche sei. Wir müssen aber ein beispiel geben, wie der verf. die
pronomina aus den personalendungen entstehen läfst. Nicht alle
pronomina sind so entstanden, z. b. gleich nicht ego, aham. Dies
sei vielmehr ein flectirtes verbum, ich sage. Diese erklärung des
ego will der verf. Lassen zu verdanken haben. Aber z. b. unser
ihr läfst der verf. nach seiner zerschneidungstheorie entstehen (s.
66.). Nämlich die Altfranken hätten gebames in raes gebam,
dann in mer geben zerschnitten, und ebenso gebates in tis gebat.
Die übrigen deutschen stamme «aber haben die form gebates,
gebeter so zerschnitten, dafs neben gebet die endung blofs er,
ier lautete, und daher stammt unser deutsches pronomen ir, ihr»!
Nach alle dem, denke ich, haben nicht wir den verf. wider-
legt, sondern er hat es selbst gethan. Dafs er trotzdem seine
288 Schweizer
ansieht nicht aufgiebt, kommt daher, dafs er trotz des entgegen-
gesetzten Scheins doch kein gewicht auf eine ansieht legt. Er
ineint (s. VHL): «In der grammatik tröstet hei allem antagonis-
mos der meinungen, dafs facta, welche hei einer ansieht der
sache räthselhaft sind, es meistens auch bei jeder andern bleiben. »
Wir schweigen zu diesem trost des verf. ebenso wie zu seiner
anfforderung, andere möchten ihre ansieht gleich unverhohlen
wie er die seinige zu tage legen. Von den arbeiten unserer jün-
geren Sprachforscher, wie Kuhn, Curtius kennt der verf. nichts.
Sie mögen sich trösten; denn, es mufs hier schliefslich als curio-
sum bemerkt werden, auch der name Wilhelm v. Humboldt ist
dem verf. völlig fremd geblieben.
Paris, im october 1852. Dr. H. Steinthal.
Homerisches glossarium. Von L. Diiderlein.
Erster band. Erlangen 1850.
(Fortsetzung von band II. 8. 63 ff.)
In diesem zweiten artikel werden wir an ausgehobenen bei-
spielen resultate prüfen, welche Dö4erleins glossarium für die
innere erkenntnifs der griechischen Wortbildung bietet und end-
lich nur wenige einzelne deutungen noch besonders besprechen.
Gehen wir vom verbum aus. Was schon beim flüchtigen
durchgehen dieses buches in die äugen springt, ist, dafs D. eine
menge von sogen, verba intensiva mit dem ausgange -fco als
heischeformen annimmt, theils um minder einfache verbal themata,
wie die mit verdoppelter liquida im auslaute oder mit inlauten-
• dem diphthongen vor einfacher liquida, theils um gewisse formen
in der conjugation — nicht nur die mit -Gfi im perfectum, mit
- a& im aor. I. pass., die adiect. verbalia auf -Grog, die futura mit
kurzem vocale vor der endung <tö>, sondern selbst aor. IL wie
cfvyuv u. s. f. — aufzuhellen, theils endlich um über einzelne
scheinbare verbalableitungen und Zusammensetzungen rationellen
aufschlufs geben zu können. So setzt er für aioXXco ein <uW£o>,
für yeXaaw ein yeXdtco, für pawdg ein pa<?a£a), für nfjyeaifiaXkog
ein ntjydtoo voraus. Aber statt dieser formen auf -fo> können
nach der meinung des Verfassers (A. 16 u. s. f.) nicht nur, worü-
anzeigen. 289
ber kein zweifei ist, einzelne solche anf - «ht», sondern nicht min-
der häufig die auf -#a> eintreten, ja sogar einigemal formen anf
fta> sich entwickeln , indem f in die blofse media übergehe. Was
zunächst diesen Wechsel betrifft, so müssen wir bestimmt laug*
nen, dafs alle oder auch nur der gröfsere theil der v. v. auf -#o>
diejenigen auf •£a> voraussetzen. Wie uns die vergleichende.
Sprachforschung (namentlich Benfey und Gurtius) gelehrt hat, bil-
den diese formen auf -&o* eine ganz eigene und selbständige art,
welche offenbar auf einer innigen Zusammensetzung der wurzel
oder des themas mit einer zweiten wurzel, nämlich mit der W.
#e, wovon wftypi, beruht. Wir machten oben und sonst mehr-
mals darauf aufmerksam , dafs ursprünglich einfachere wurzelge-
stalten schon sehr frühe sich aufs neue kräftigten und gleichsam
versinnlichten durch composition mit frischen bedeutsamen de-
menten, die eine nicht besonders modificirte thätigkeit bezeich-
nen: und niemand wird heute noch läugnen wollen, dafs skr.
cudh und cubh beide aus der w. cu für cvi entstanden oder
dafs yudh, wozu v<5\ilvr] gehört, nur ein durch dh verstärktes yu
sei. Zuletzt hat sehr scharfsinnig, aber leider, weil das der
nächste zweck so erheischte, zu knrz und fragmentarisch Ben-
fey in seiner sanskritgramm. s. 141 über solche neuen bildungen
gesprochen. Im griechischen ist dieser znsatz -#- oft unmittelbar
an die wnrzel getreten und aufs engste mit ihr verwachsen, oft
bildete der conjngationsvocal ein recht geschicktes band. Wir
möchten unter diese klasse auch Wörter wie latein. fundo, goth.
giuta rechnen, weiter gebildet aus hu, fy\ für tendo nimmt Dö-
derlein allerd!ngs eine heischeform revi^co an; aber dazu zwingt
nichts. Vergl. auch Potts etym. forscti. II, 667 ff. Dafs v. v. anf
-<r<rw oft solchen auf -fo> gleichstehen, ist unläugbar, aber ein
durchgang durch letztere formen nicht ohne weiteres zu sta-
tuiren, und überhaupt theilt sich die masse der v. v. auf -tftxo) in
mehrere zweige, die sorgfältige Sichtung erfordern. Znm beweise,
dafs - £- oft unmittelbar in die media ö übergehe, werden in dem
buche mehrfache beispiele angeführt, und auch in Lob eck 's
reichem rhematicon finden wir darüber winke und andeutungen *,
aber jedenfalls sind nicht alle diese beispiele treffend und andere
werden durch analogieen auf einem weiteren Sprachgebiete min-
destens sehr zweifelhaft. So sollen fiBldew aus dpaki&i* und
fydeiir aus (teffiw entstanden sein: das skr. nun schon? dem eine
bildung auf -£ci? in dieser gestalt völlig fremd ist, bietet ein mrd
II. 4. ™
290 Schweizer.
in der bedeutong terere, fricare, und dieser w. entsprechen so
genau als möglich slav. mlad, ags. meltan, und ahd. melzan steigt
sich in malz. Nicht so leicht ist allerdings die erklärung von
Iq6<o neben <5e?a>. Ahrens in seiner j Angst erschienenen auf
•feine und tiefe Forschung gegründeten griechischen formenlehre
nimmt hier ein igadew und ausfall des ff an; aber die Lösung der
frage ist darum unbestimmt, weil ein unmittelbarer Übergang von
gutturalen in dentalen nicht unerhört ist, ^egd also auch aus
^EQy entstehen konnte. Die eigentliche würzet von <fo'£sir ist
eben unzweifelhaft jreQy = skr. vrj, woher ürj «die stärke»; und
fyyto ist nicht, wie der verf. meint, erst aus Iq^oi abgeleitet.
Jedenfalls durfte D. dieses verbum £*£> und ihm ähnliche als
$t£w «färben», xqu&w u. s. f. nicht auf eine liste mit seinen in-
tensiven setzen: wie denn überhaupt von ihm nirgends mit rech-
ter schärfe geschieden ist zwischen den denominativen auf -fco
und denen, welche unmittelbar aus der wurzel mit den endun-
gen -d£a> u. s. w. entsprungen oder das f, <xa, wie ?«£«>, ?*'£«>,
ttgacam u. s. w. durch einen ganz eigentümlichen procefs sich
entwickeln liefsen. Die annähme von v. v. intens, auf - f» zur
erläuterung von v.v., deren themaauslaut eine doppelte liquida
oder die im stamme einen diphthongen «*, ei u. s. f. zeigen, ist
völlig unnöthig und unwahrscheinlich, indem sich solche formen
aufs einfachste durch Versetzung oder assimilation eines der wür-
zet ursprünglich nachschlagenden i, j, erklären lassen, eines i,
das ganz ähnliche funktionen hat als # und ebensowohl denomi-
nativa als unmittelbar abgeleitete neue verbalstärame bildete.
Wurde dieses i consonans, so wird es zugleich damit ein im aus-
gebildeten griechischen vermiedener laut, wird darum in seiner
eigentlichen gestalt verdrängt und irgendwie am gleichen orte
oder durch Verschiebung ersetzt. Ueber sämmtliche verschiedene
arten dieses ersatzes zu sprechen haben wir nicht nöthig, da
aufser andern Schleicher in seinen sprach vergleichenden Unter-
suchungen I, s. 36ff. dieselben sehr einläfslich behandelt hat. Na-
mentlich häufig ist nun der fall, dafs sich j einer liquida assi-
milirt oder dieselbe überschlägt und einen diphthongen bewirkt:
so entstehen dann formen wie aioUw, cuxdXkoo', ?eiVa>, xzetV«),
ßaipco, q>aiP(of cnaiQto u. a. Ueber dieses i oder j, welches sich
unmittelbar an verbalwurzeln anschliefst oder denorainativa bildet,
vergl. aufser Bopps vergleichender grammatik s. 1057. auch Ben-
fey's behandlung in seiner sanskrilgrammatik s. 105. Nur inso-
anzeigen. 291
fern schlügt des verf. deu längs versuch nicht ganz fehl, als die-
ses i. j nicht sehr weit abzuliegen scheint von demjenigen, wel-
ches in wirklichen v. v. intens, and einigen denominativen anf
-£o> zu gründe Hegt, sofern Bopp recht hat, sie auf die zehnte
conjugationsklasse des sanskrit zurückzufahren and also das griech.
C auch in diesem falle dem skr. y gleichzusetzen; ein hauptun-
terschied aber liegt darin, dafe die in frage stehenden v. v. ihren
Zusatz nicht über das imperfectuin hinaus spüren lassen. Ein sol-
ches i. das , wie in tdXcura, j^geipa u. a. über die liqnidae hin-
weg in den stamm eingedrungen, sehen wir nun auch in deiQa
und in aiQOfiai, welche verba nicht, wie der verf. thut, mit ein-
ander vermengt werden dürfen. Das et in tjsiQa ist natürlich
nicht dasselbe als im präsens; sondern im aoristus ist e nach all-
gemeiner regel und zum notwendigen ersatze für das ausgefallene
<r, das echte zeiehen dieses tempus, verlängert, wie in JqyyeiXa
u. a. Ahrens gr. f. s. 226., a. 1. — Wir nehmen von anm. 16.
anlafa hier noch einige andere wortformen zu besprechen. Na-
mentlich unbefriedigend erscheinen un6 die beiläufigen Bemerkun-
gen aber lateinische Wörter, wie denn überhaupt Döderlein6 an-
schaunng und urtheil über diese spräche uns nie gefallen wollte.
Plectere, dietare, lacessere, prensare dürfen nicht ohne weiteres
unter einen hat gebracht werden. Plectere, nectere, t/xt*w,
xQVTtretp u. 8. f. haben scheinbar nur zur stütze und zur ffillung
des themas im iraperfectum ein t angenommen, ein t, welches
kaum schon ursprünglich bedeutungslos war, noch weniger aber,
wie das Ahrens und andere annehmen möchten, aus dem oben
besprochenen j hervorgegangen sein wird, sondern wohl als zei-
chen eines nominellen dementes übrig geblieben ist, aber als sol-
ches sehr zeitig aus dem bewufstsein der spräche verschwand.
Vgl. Benfeys sanskritgr. s. 144; dietare, prensare u. a. , das sind
echte intensiva, und diese bedeutung ist auch für uns noch klar
in der form ausgedrückt; denn wie Pott längst richtig gesehen
hat, sie bezeichnen, abgeleitet vom part. pass., «die schon vollen-
dete thätigkeit noch einmal ausüben. » Die v. v. auf - essere nen-
nen wir immer noch am passendsten mit dem alten namen der
meditativa. da sie ganz auffallend verwandt sind mit dem indi-
schen und griechischen futurum auf sj und kaum weit abstehen
von den gewöhnlichen desiderativa auf tii-rio, sü-rio. — Latei-
nisches terrere wird in derselben reichen anmerknng unmittelbar
aus raQdöaeiir gedeutet und soll sein gedoppeltes r einer syncope
19*
292 Schweizer
verdanken. Aber ra^dacco ist offenbar eine Weiterbildung und
zunächst gleich ra^a^-jo>, während terrere einfach dem causati-
vum der sanskritwurzel tras «tremere°, griech. tqb(c)co entspricht,
rr also, wie mehrfach im lateinischen, ans rs hervorgegangen ist:
so in torreo, causativum von jegaopai, skr. trsh, and in horrere
skr. hrsh. Ob ans nicht diese und andere beispiele berechtigen,
sogar currere ähnlich zu deuten, d. h. ein cars, eure vorauszu-
setzen? Doch kehren wir zu unserer aufgäbe zurück, Döderlein
nimmt wie gesagt oft v. v. auf -£a> an, um gewisse themata und
formationen in der conjugation zu deuten. Am auffallendsten ist
uds in dieser beziehung die s. 138 gemachte bemerkung. «Aus
den v. v. auf -fco entwickelt sich häufig im aor. ein -yeir; denn
nach meiner ansieht ist cpvyelv von neq)v£<6g, <5xvyüv von <rrv£eir,
öTv^aifAi, (paystv von cpd&ir, oq>d&w, xQayeiv von xQa&w, ixQa^a,
&iyeit> von ori&iv, <m1;cu, iqvyuv aus qv&iv9 ebenso demnach
von *rd^eip = OQsyea&ai der reduplicirtc aoristus rerayoiv gebil-
det. «Und in der beigegebenen anmerkung 107. wird dann qpet/-
yeiv durch metathesis aus yvyeew, iqsiyuv aus igvyssiv erklärt.
Andere scheinbare belege für solche ent Wickelung des aoristes
finden sich s. 193 n. a. a. o. Bis anhin nahm man, und wie es
weitere analogieen namentlich im sanskrit bezeugen, mit allem
rechie an, dafs der sogen, aor. 11. die einfachste und der wurzel
am nächsten stehende gcstalt des conjugationslhemas darbiete,
während das imperfecta m seiner bedeutung völlig angemessen,
dieses thema strecke oder innerlich kräftige. Vgl. Curtius in sei-
nen beitragen und besonders in der zeitschr. für vergl sprachf.
1. s. 259 ff. Die würzet cpvy (aor. cpvyetv) entspricht lautlich und
' dem sinne nach vollständig dem skr. bhuj, goth. bug (biuga) und
•£- des präsens ist entstanden aus gj, wie sich das in fugio noch
klarer erhalten hat. Und yayeiv werden wir kaum geneigt sein
vom skr. bhaksh zu trennen. Ist von dieser selben würzet auch
die buche — arbor frugifera um der ekern willen — benannt,
wie das kaum im ernste angefochten wird, so ist der g-latit
derselben als uralter in den verwandten sprachen vollends erwie-
sen. Ob &iyew mit ari&iv zusammenhange ist überhaupt sehr
zweifelhaft; aber diese Zusammenstellung als richtig zugegeben,
so ist eben auch in atiy die gutturalis eine recht feste, erstreckt
sich über das lateinische (stinguo) und die germanischen spra-
chen (slSchan etc.). Dasselbe gilt von BQsiym , dem die wurzel
$vy, skr. ruj zu gründe liegt, dasselbe von ray reraymp, wie das
anzeigen. 293
latein. tango ond gothiscbes tlkan sattsam zeigen. Wie aber,
angenommen, Döderleins meinang über diese aor. II. auf -yeip
wäre stichhaltig, wie soll nun aus qwye'eit (eine form, die über-
dies nicht die ursprüngliche ist, als welche vielmehr apvyhv an-
zusehen ist) ein cpevyco entstehen, in welchem dann der bindelaut
oder conjugationsvocal doppelt enthalten wfire? Denn es existi-
ren eben nicht nur die infinitive cpsvyew, igevyeiv u. s. f., sondern
auch qptv/oo, cpevyoipi, cpevywv, welche nach diesem für cpovy<o
u. 8. w. stehen müfsten. Oder sollte gar der infinitivus, dieses
nominelle dement des verbums, diese abstraction, dominirenden
einflufs über die conjugation erhalten? Doch wollte man auch
noch zugeben, der diphthong ev stehe eben in einigen formen für
ov, wie das allerdings die sprachvergleichende forschung im per-
fectum myevya wird annehmen müssen, so widersprechen immer
noch laut die germanischen verwandten; denn für ein gothisches
biuga müfste man einen hilfsaorist erst noch schaffen oder gar
so unpatriotisch sein zu behaupten, es seien solche formen im
germanischen dem griechischen erst nachgebildet. Endlich dürfte
man auch die vollendete sanskrlä gegen D. ins feld rücken las-
sen. Kurz die vergleichende Sprachforschung hat uns gelehrt
die formen hübsch fein aus einander zu scheiden und wir dürfen
mit voller Überzeugung bei dem durch die umfassendsten Unter-
suchungen begründeten und bestimmten zulaute festbleiben. —
Es sind aber besonders die futura mit kurzem vocale vor der en-
dung - (Jco, die perfecte mit cr/tt» die aor. mit o&, die adiect. verb.
auf - orog, die fast jederzeit ein verbum auf - £a> voraussetzen sol-
len. Diese annähme ist in manchen fällen sehr unsicher, d. h.
es treten ihr andere wenigstens gleichberechtigte hypothesen zur
seite, in vielen entschieden falsch. Der verf. achtete leider nicht
darauf, dafs eine gar nicht so seltene Wurzelgestaltung die ist,
dafs den ursprünglichen einfachen elementen ein s zutritt, dessen
natur wir hier nicht näher untersuchen, oder dafs eine wurzel
schon von anfang an mit s schlofs, welches 8 aber im griechi-
schen nach dessen eigentümlichen lautgesetzen zwischen zwei
vocalen leicht verschwand, dafs endlich die fraglichen v. v. gar
nicht selten denominativa von Substantiven auf og, eg sind. Das
alles ist für das griechische durch Ahrens mit grofsem Scharf-
sinne ins licht gesetzt worden. In andern Wörtern mag aller-
dings, wie das schon Pott im zweiten theile seiner etymologi-
schen forschungen angenommen, -f- eingewirkt haben, oft aber
tU Schweizer
auch andere Zahnlaute, wie sie gar häufig als wurzelfeatigendc
vorkommeD. Ob jedoch das hier erscheinende a immer aus
einem elemente des Stammes erklärt werden müsse, das ist eine
noch ungelöste frage: und wäre es sicher, dafs das nicht absolut
erforderlich sei, dann müfste erst noch der zweifei gehoben wer-
den, ob <r eine rein lautliche einschiebong wr Stärkung der silbe,
wie 1/obeck und Curtins es sUtuiren, oder ob es ein bedeutsames
und wesentliches element sei, wie Bopp, Benfey und Ahre&s, je-
der in etwas verschiedener weise, aber alle mit dem gedenken
an würzet as, eg9 «sein» es aufstellen.
Döderlein setzt ferner solche formen auf - £» voraus für
eine weitere Wortbildung, zunächst für die bildung neuer verbal-
stamme, wie wir das theiiweise schon oben berührten. Hier er-
wähnen wir nur noch, dafs er auch die stamme auf -gm in die-
ser weise erklären mochte, (X/iifj«w, rffjpiy, <sxtpcqti¥ u. s. f. und
zwar so, dafs sie durch ein adiect. verbale atficottog u. s. f. hin-
durchgegangen seien, in welchem falle wir denn doch eher ein
opj/yocD au erwarten hätten. Uns dünkt diese annähme, die
Döderlein mit dem gewohnten Scharfsinne aufstellt und «i be-
gründen sucht, zu kühn; eher liefsen wir uns sagen, % sei in die-
sem falle aus 0 entstanden; aber vor allem ist uns am wahrschein-
lichsten, das seien eigentlich inchoativformen, so dafs % für <fx
stehe, wie dieselbe omwandelung von <rx in % in deminutiven
auf -go? nicht zu läugnen ist. Unter den adiect. kämen zunächst
die adiect. verb. auf - arog und unter den Substantiven die mit <r
vor der endung in frage; diese hangen so nahe mit schon bespro-
chenen verbalthemen zusammen, dafs wir sie hier füglich über-
gehen dürfen. Nur dafs sei erwähnt, dafs das griechische in die-
ser einschiebung des 8 nicht allein steht; vgl. Bopp's vgl. gr.
1124. anm. *** Aber Döderlein dehnt das reich seiner inten-
siva viel weiter aus, indem er sie nicht nur Substantiven auf -oft,
-td, -rox, ~jr\$ zu gründe legt, sondern auch einzeln denen auf
-01 und • «, also nicht nur dfioißdg, paivag, dxig, Vertex, son-
dern auch rdotg und fiijtig so zu erklären versucht; und eben-
falls aus einem solchen v. auf -afco soll ürjyaaog entsprangen
sein. Verbaladjectiva von formen der art werden Substantiven auf
~X*Hog nnd X'M &k Voraussetzung gegeben, ähnlich wie den v.v.
auf -/o», und auch cdyaviti wird auf dixtog von dtaam == <M>
zurückgeführt. Aus dem gebiete der adjeetiva fuhren wir noch
an, dafs selbst tavg(v) unter ein icw&ir gebracht wird. Wir
anzeigen. 2fö
dürfen uns nicht vergönnen alle einzelnheiten in verfolgen and
begnügen uns damit nur wenige bebpiele zu besprechen. S. 88
sagt D.: der stamm pao», pspoo»? bildet von seinem verbale
*IAaer6g ein intensivum * fiqTiXso&cu, und davon fiijTig. Hier be-
darf freilieh die vergleichende Sprachforschung keiner, heischefor-
men. Dieses suffix ti, si kommt im sanskrit, im slawischen, im
lateinischen, im deutschen wieder vor, und überall ohne eine
spur von solchen v. v. auf t'fo>: ^ujtig steht vom skr. mati und
vom lateinischen menti nur durch seinen langen vocal ab, dessen
deutung gerade in diesem worte nicht schwer lallen wird. Als
ganz dasselbe wort mit fAtjüg sehen wir pdrrig an, und hier fin-
det sich nun av der wurzel statt des 9. Die Vedenforschung hat
uns gelehrt, daß das sufüx -ti nicht durchaus auf abstracta be-
schrankt ist, und gerade matl heilst in den helligen liedern bei-
des: «geist, gedanken» und daneben «weiser». Vergl. unter an-
dern Benfey's glossar. zum Sämaveda u. d. w. oder Weber
Väjasaneya-Sanhitae specialen etc. part pr. s. 11. Sehr gezwun-
gen scheint uns dagegen die deutung, welche Döderlein diesem
worte gibt s. 90: «von dem verbale pcuterog (sie) entspringt das
substantivum pdvtig, syncopirt aus patron??, wie rtjavig au6 ny-
dhyg.» Mehr schein für sich hat es, wenn die doch fast durch*
gehends weiblich gebrauchten substant. auf -ag (aö)> - ig (tu) etc,
von v. v. auf -*£«» -ata> hergeleitet werden; aber wir meinen, das
sei in der that nur schein. Um z. b. \utivig zu erklären, schafft
der Verfasser vorerst ein ftawd&iv, abgeleitet von dem präsens-
stamme ficuropai, der nach seiner theorie selbst schon ein fiavl-
£ew voraussetzte. Ob D. auch zur erläuterung von naiQid ein
jrttr(u£a>> zur deutung von avtyrQid ein avhjTQit<a9 von dlexro-
$id ein dlsxtOQita annehmen will? kaum, und es müssen wohl
auch die lateinischen feminina auf -tric ohne solche verba beste-
hen können. Laugst hat die vergleichende Sprachforschung er-
kannt, dafs im griechischen häufig -ad und -i# den skr. femini-
nen auf ä und i entsprechen, wenn auch das zugesetzte d und
Utein. c noch einer vollständigen aufklär ung harrt Unsers Wis-
sens hat die sacke am ausfuhrlichsten Curtius behandelt in sei-
ner reichen erstlingsschrift de nom. Graec. formatione p. 6 seqq.
Selbst lateinisches Vertex wird aus einem aeora&i? gedeutet und
imbrez. aus dfiagd^eip. Endlich wollen wir noch, um mit den
beispielen von Substantivbildungen aus solchen verba abzuschlie-
ßen, erwähnen, dafs auch Ilnyaoog von ir^yafw kommen soll.
296 Schweiier
Aber am vieles wahrscheinlicher ist die ansieht Kuhns und Cur-
tius', von denen ersterer mit Zustimmung des letztern dasselbe in
dieser Zeitschrift I, 461 aus einem neutrum nijyag gleich skr. pä-
jas. stammen läfst, wie etwa rabhasa im sanskrit von rabhas sieh
bildete. Dieser erklärung steht das nicht entgegen, dafs päjas
in den veden, was der umsichtige Roth behauptete, nie etwas an-
deres bezeichnet als die «fufsspur». Ueber das adiect. vavg heilst
es 8. 132 bei Döderlein: «das adiect. rcaig, fieyag, nokig im He-
sychins ist von rav£eip, ravoag.» Allererst ist zu bemerken, dafs
tavg jedenfalls nicht so unmittelbar mit tdeiv und reivew zusam-
menhängt als Döderlein annimmt. Schon Curtins in einem auf-
satze über die neuesten oskischen forschnngen in derzeitschr. f.
klass. alterthumsw. 1847. no. 49 ff. brachte dieses adjektivnm zavg
ganz richtig unter die weitwirkende sanskritwurzel tu crescere,
augeri, zend. tav «können» und setzte es in Zusammenhang mit
dem lateinischen tötus, welches ein partieipium des causativums
scheint (vgl. diese zeitschr. I, 560). Man durfte zunächst tavg
mit skr. tavas «macht, gröfse» in dasselbe verhältnifs setzen, iu
welchem ijdvg zu qdog für ijfiog, ÖQaavg zu öodoog, evqvg zu
WQog stehen nach Ahrens gr. f. s. 143. Aber damit ist nicht viel
gewonnen, während die sache schon klarer wird, wenn wir
diese adjeetiva mit den gleichgebildeten im sanskrit vergleichen,
wo sie ebenfalls oxytonirt sind. Benfey in seiner sanskritgramm.
8. 157 erklärt dieses u gewiüs mit recht als ein gröfstentheils aus
uvat entstandenes.
Wie einer menge von nominalbildungen verba auf -£<» oder
ihre adjeetiva verbal, zu gründe gelegt werden, so wird von Dö-
derlein, nur in etwas beschränkterem umfange, auch in der er-
klärung anderer Substantiv- und adjeetivformen verfahren: so
sind ihm Ipag (ipavr) von *ifiaiv<a, adapag {ädafiavt) von *da-
fiaivco gebildet, anaiva von einem *axaiveiv, ^eyoivtj von einem
*fA6veiPt» gleich psveeuvew und daraus contrahirt mit ausfall des
mittelsten yocalesj SdfioQ kommt ihm von *dafiaiQeu>y alecoQy
von *dXecuQeu> u. a., kurz auch hier tauchen eine masse von
heischeformen auf, die uns völlig unnöthig scheinen und, wären
sie da, als denominativa gelten mufsten, wie die ähnlichen ver-
balgestalten schon längst von Bopp gedeutet sind. Vgl. Bopp's
vergl. grammatik p. 1057. Ueber die einzelnen Wörter treten wir
nicht ein, weil sie zum theil in dieser Zeitschrift, zum theü
anderswo schon genügend behandelt sind, besonders machen wir
anzeigen. 297
noch aufmerksam auf Benfeys einläfsliche recension dieser zeit-
scbrift in den gdttinger gel. anzeigen vom jähre 1852, p. 513 ff.
Von den übrigen Substantiven and adjectiven erhalten man-
che eine eigentümliche erklärung, und auch da ist der Scharf-
sinn und die umfassende gelehrsamkeit des Verfassers nicht zu
verkennen; aber auf vielen stellen eröffnete die vergleichende
Sprachforschung neue blicke und nöthigt uns Düderleins resultate
für ungenügend zu erklären. Die neutralen substantiva auf -og
und die adjectiva auf -tjg erklärt er fast durchgehende aus einem
oft erst neu geschaffenen adjectivum verbale, so aXyog aus äXs-
yetov von oU/st?, fievog aus fievstov, de'og aus desrov, tjdog aus
yderov, ddog aus daetop u. s. f., vgl. besonders anm. 103, über die
adjectiva auf -yg aufser den einzelnen manigfachen beispielen auf
s. 77. 96. 98. 144. 150. 151. besonders note 101. Und für die
erklärung dieser reichen gebilde wird eigentlich nur ddxsrov ne-
ben ddxog angeführt. Dagegen spricht vor allem die bedeutung
der substantiva und die nothwendigkeit wieder eine gewaltige
masse von heischeformen anzunehmen, heischeformen , in denen
darchgehends recht willkürlich ein bindevocal eingefügt wird.
Die bildung auf -wog hat sonst im griechischen andern sinn; sie
drückt, wie die entsprechende sanskritische auf -ata ein fut. pass.
aus: so hat Rosen in seiner ausgäbe des Rigveda p. VIII. sehr
passend bei skr. darcata an griech. aQideixerog gemahnt; vergl.
Benfeys sanskritgramm. $. 144, XVII. Die form ddxsrof statt
Ödxog ist zwar wohl dieselbe mit noch nicht bestimmt modificir-
ter bedeutung; denn im gründe scheint -ata, -ero nur ein in die
vokaldeklination übergegangenes participium imperf., also nur
eine andere gestaltung des vollen -anta (bei Benfey 147. XXXV.).
Aber eben dieses, dafs auch die seltenen formen auf -ezog keine
adjectiva verb. im gewöhnlichen sinne sind, dafo das einzige zum
beweise angeführte beispiel eigentlich nur ein erweitertes part.
imperf. ist, spricht für eine ganz andere auffassung der substantiva
auf -off, skr. -as, latein. -us, goth. -is in rimis, sigis, für die auf-
fassung nämlich, dafs sie aus dem suffixe -at ihren Ursprung ge-
wonnen. Das hat denn auch Kuhn in seiner trefflichen abhand-
lung «über das alte S und einige damit verwandte lautent Wicke-
lungen» in dieser Zeitschrift mit gewohnter klarheit und mit einer
fülle von material ausgerüstet durchgeführt. Sind aber diesubst.
auf -off nicht aus adj. verbal, entstanden, dann auch nicht die
adj. auf -qff. Denn im ältesten sanskrit existiren nicht seltene
*29tf Schweizer
einfache adjectiva auf -as, nentr. -as, die nur durch den acceni —
indem sie wie im griechischen oxytona sind — tob den gieicb-
gebildeten Substantiven sich nntencheiden: so finden wir neben
apas = opus ein apis, neben sahas, goth. sigis, ein sah** n. dgL,
und im latein. ist ein schönes beispiel für dieselbe eotwickeAnng
venös, eris neben skr. vanas (vgl. in dieser zeitschr. I, 321), und
wohl auch Ceres, Cereris, was, wie ich eben bemerke, schon
Ebel « starke und schwache formen griechischer und lateinischer
nominan in dieser Zeitschrift 1,292 so gedeutet hat. Wie iui
griechischen, so sind nun allerdings auch im sanskrit diese adjec-
tiva auf -aa, -as mehr in Zusammensetzungen üblich, aber in so-
genannten composita possessiva, die am einfachsten mit «habend"
aufgelöst werden, indem man eben einem persönlichen oder per-
sönlich gedachten . wesen eine näher bestimmte eigenschaft beile-
gen will. Dafa aber namentlich im griechischen za den adiect. auf
• ijg bei weitem nicht mehr alle snbst. auf -og existiren, ist einer-
seits nicht von so hoher bedeotung, anderseits darf man ge-
wifa nach den analogieen im sanskrit annehmen, dafa dieselben
einst in viel reicherem mafae vorhanden waren. Auch abgesehen
von der ansieht ober die bildungs weise dieser Wörter irrt Döder-
lein bei einzelnen in ihrer dentung. In anm. 103. will er räpotf
aus picpetog erklären, also vitpog von riqxo herleiten: das ist eine
möglichkeit, wenn piyog, skr. nabhas, slav. nebo einst mit s an-
lauteten; denn dafa dieser anlant in ytqx» n. s. w. geschwun-
den ist, bezeugt uns gothisches snaivs, unser schnee, welches
hier das griechische und lateinische an alterthumlichkeit über-
trifft, wie in «schnür», wog und nurus u. s. w. Aber gesetzt
auch fiyog habe einst apeepog geheifaen, wie porog, aporog, (uIq-
tfiva GfMQifiya u. s. f., so ist jedenfalls in riqxo die ursprüngliche
wurzelgestalt ganz anders modificirt als in teqiog. Das wort Ireg
soll von elrai, ic/ii stammen und gleich laog9 iaezop sein. Aber
Stog ist ja anerkannt digammirt, während die wurzel as keine
spur solches anlaute« bietet; denn wenn sie Döderlein für die-
selbe hält mit vas, visan, vesan, so beruht das auf einen irr-
thum. 'Piog für GQSfog stimmt ganz trefflich mit dem partidpinm
<Wb* för $eovr, aber schlecht mit gvtov u. s. f. — Auch die endung
-ti\g soll unmittelbar aus adjeet. verb. enstanden sein. S. 20 wird,
von einem adjeetivum verbale curog ein aitrjg' ntm%6g gebildet,
8. 71. aus dXqrög aX^rtjg und so hin nnd wieder. Ueber das suff.
~ti\q äufsert sich unsers wissens Döderlein in diesem buche nicht,
anzeigen. 299
wenigstens ans ist nicht klar, in welches verhältnifs er 8. 14.
doQTtJQ zu doQJtjfaie bringt. Der weg, wie -rtig ans' -ttjq ent-
standen sein könnte, ist von Bopp sehr scharfsinnig gewiesen
worden, und seine meinnng, es sei •«/£ aus dem alten t6, dem
nominativ von tar, hervorgegangen, haben Gurtios und Ebel als
richtig angenommen. Dürften wir durchaus zustimmen, dann
raüfete Döderleins ansieht über diese bildung ohne weiteres ver-
worfen werden, da sich diese suffixe tar, lat tor, ter, Tcoq, triQ
u. 8. f. sehr ungekünstelt auf eine verbalwurzel zurückführen las-
sen, nämlich auf die w. tar, tr, vergl. Aufrecht — Kirchhoff
in den umbr. sprachd. s. 162. Man kann wohl dafür, dafs riyv
— ttjq sein könne, die form fMQzvg neben fidgrvQ anführen 5 aber
in diesem vereinzelten beispiele sind nicht beide gestalten durch-
gedrungen, sondern mischen, sich , wie die sanskr. krdshtu und
kröshtr; anderseits ist es auffallend, dafs nur -iijg, nicht aber
-tijq, -ig>q verwendet wird bei der ableitang aus einem nomen,
am meisten bedenken aber, beide bildungen als die gleichen an-
zusetzen, machen. uns die von Pott in den etym. forsch, ange-
führten analogieen in anderen sprachen. Diese lassen uns aller-
dings in -ttjg ein dem suffixe -rog, mit dem das adjeet. verbale
gebildet, verwandtes sehen, berechtigen uns aber durchaus nicht
ersteres unmittelbar aus dem letztern, und zwar aus dem letztern
in dieser bestimmten bedeutung abzuleiten. In anm. 63. sagte
D. : Dieses wort (dh]ttjg) erkenne ich in dem lat. velites wieder,
einem gegensatze der milites statuarii; denn dhjrtjg lautet in di-
chotomischer form veles, wie optXfjTijg miles. — — Dasselbe dltj-
tijg veles stimmt zu wild. Dafs die eigentliche würze! von oAtf-
Ttjg und velites dieselbe sein könne und zwar im lateinischen in
ursprünglicher form erhalten, wollen wir nicht läugnen, und das
haben auch schon andere angenommen, aber sicher ist das sufßx
des wortes nicht dasselbe; — it im lateinischen ist entweder nnd
in gar vielen fällen schwache form des part. praes. oder als ur-
sprüngliches vit schwache form des suffixes vat, vant, jnp*9 /w,
wie in dives, vielleicht in einzelnen fällen theil einer verbalwur-
zel, wie Bopp scharfsinnig ai-it, ped-it, equ-it von einem substan-
tivum und würzet 1 ableitet. Zwar bei alit, equit und milit, welches
ans mille «der in, mit tausenden geht» entstehen könnte (denn 11
mufis nach dem Lachmannischen gesetze vor einem i, das nicht
caausendung ist, in 1 übergehen) hat Benfey erhebliche beden-
ken vorgebracht und versucht dieselben als alvat, atvit, equat,
300 Schweizer
equit, milvat, milvit zu deuten, was uns nicht ungereimt erscheint.
Jedenfalls brauchen wir dem lateinischen miles nicht seine Selbstän-
digkeit zn rauben, und ebensowenig den velites, die wir wirklich
als volvites, velvites erklären möchten, wodurch auch das lange
e in velites seine begründung findet. Endlich bestreiten wir auch
nicht, dafs unser deutsches wild derselben* wurzel als dlqTtjg
angehöre, nur wird auch hier das suffix ein verschiedenes sein.
Wir schliefen diesen schon fast zu lang gewordenen abschnitt
mit einigen bemerkungen über die dichotomische und tri-
chotomi8che declinationsform oder vielmehr über einzelne
beispiele, die in note IL unter diesem gesichtspunkte erklärt
sind. Viele dieser beispiele sind nnläugbar richtig, andere durch-
aus unrichtig. So können wir durchaus nicht annehmen, dafs
substantiva auf -v, wie top?? aus adjectiven auf -vqo verkürzt seien,
so wenig als man wird statuiren wollen, skr. -vas, vat sei aus
-vara hervorgegangen und nicht umgekehrt. Lux (lue) wird aus
Xevxq, vox aus oaca, rex aus agyo? gedeutet, d. h. es soll die ein-
fachste substantivbildung, in der die Wurzel allein genügt, nament-
lich dem lateinischen entzogen werden; aber die Sprachforschung,
die weiter um sich sieht, schützt das ehrwürdige latein hinrei-
chend: rex ist ganz dasselbe wie skr. raj, vielleicht goth. reiks,
vox entspricht vollständig einem skr. väc, und so wird es erlaubt
sein auch lux als einfach zu erklären. Aber woher die langen
vocale? Kuhn in seinem gediegenen aufsatze «zur ältesten ge-
schiente der indogermanischen Völker» hat das gesetz begründet,
dafs indische wurzeln mit einfachem consonantischen auslaute (wie
es scheint hauptsächlich der gutturalen und palatalen klasse) ein
inlautendes a verlängern, sobald sie ohne suffix sowohl selbstän-
dig als am Schlüsse von compositen substantivisch gebraucht wer-
den, und etwas ähnliches findet sich oft im lateinischen. Gens
soll eine Verkürzung von yewnj sein, während es nach hundert
analogieen unmittelbar aus der wurzel mit -ti abgeleitet ist.
"Oqoq «der berg» wird als verkürzt aus og&6g (anderswo anders)
angegeben, wog aus apaaca, aes aus al&ov, mos aus modus.
Bei OQog gilt dasselbe, was wir schon mehrfach bemerken mufs-
ten, es ist möglich und nicht unwahrscheinlich, dafs es mit
Sq&o? die wurzel theilt; aber es ist sehr unwahrscheinlich, dafs
es unmittelbar daraus entstanden sei. 'ÖQ&og ist nach dem skr.
ürdhva und lateinischem arduus schon um einen laut verkürzt
und hieb ursprünglich ifdj:6g\ vgl. diese zeitschr. I. 160. Wenn
anzeigen. 301
herr D. ava& aus avatnra dentet, tf^flf ans &Qiaaa, so kommen
wir mit ihm ip einen ähnlichen widersprach, wie bei der bildung
des verbnms, wir müssen umgekehrt behaupten, avacaa und #0100«
seien durch das femininsufßx ta aus den wurzeln mit gutturalem
auslaute abgeleitet; denn dafs xi, %i zu oa wird, das ist Jüngst
anerkannt. Auch lateinisches mos darf seiner Selbständigkeit nicht
beraubt werden; es gleicht auffallend dem sanskr. mäs «mond»,
«nionat» d. h. das mafs, und ist vielleicht nur eine mit s erwei-
terte wurzelform, wie bhäs gleich bhä vorkommt Am wenig-
sten geht es wohl, aes gleich al&ov zu fassen* wobei dann die
formen ahenus, aenus ganz unberücksichtigt bleiben ; oder woraus
erklärt denn Döderlein das hier auftretende h? Aes ist vielmehr
eines und dasselbe mit skr. ayas, ahenus, aenus gleich ajenus.
Denn nach der schönen auseinandersetzung von Aufrecht -Kirch-
hoff in den umbr. spr. I, s. 79. bei anlafs des umbr. ahesnes
müfste es ein starker Zweifler sein, der nicht glauben wollte,
dafs im inlautc zwischen zwei vocalen j in h übergehen durfte.
Diese formen ahesno, aheno sprechen am stärksten gegen die
sinnreiche deutung des verfassen, der damit Grimms und M& 1-
lenhoffs Vorstellungen über das fragliche wort nahe kommt.
Grinim sagt in der gesch. d. d. spr. 1, 13: « für unser gold bö-
ten sich deutsche Wörter mit dem begriffe des glanzes dar. Läge
die nämliche Vorstellung in der wurzel, welcher aes, aurum
eisen entstammen, (und unser is, eis glacies verbürgt es) würde
ich mich sträuben wider die deutung von ajas aus ajamas. " Aber
mit aar um , wie aufser Grimm auch Müllenhoff wollte, können
wir aes, ayas auch mit den feinsten sprachkünsten kaum zusam-
menbringen. Das lateinische scheint uns einmal zu unverdienten
ehren zu kommen, wenn aus penitus nag, aus venti aimg ge-
worden sein sollen. Aber penitus heifst ja nur «der innere oder
innerste », von der Oberfläche am entferntesten liegende; soll nun
nag heifsen «der bis ins innerste?" Vergleichen wir totus, was
.kaum vom umbrischen töta getrennt werden kann und demnach
von einer wurzel tu crescere abgeleitet ist, so wird uns Benfeys
deutung von anag und nag, die auch Grimm anzunehmen scheint,
weniger abenteuerlich vorkommen. Damit ist nun aber nag ein
echtes partieipium imperf. geworden und sein suftix -at, ant.
S. 1. sagt D.: Im latein. erkenne ich den stamm ätjvai blofs in
ventus, wind, welches sich zu dem part. delg d. h. apivg, eben
so verhält, wie argentum zu äQyrJBig. Aus allem diesem müssen
an Sehweiter
wir den schlaf« liehen, daft D. Oberhaupt die endung -at, ant im
imperf. fftr eine abkünung aus -ata, ania hält, eine ansieht, wel-
che jedenfalls noch umsichtiger prüfung bedurfte. Es scheint aller-
dings auch uns, veutus, skr. Tita, wind seien tobi parte imperf.
der wurzel vä abgeleitet, aber für einmal sagen wir eben lie-
ber abgeleitet mit suffix a. Anderer ansieht ist J. Sonne
epilogomena s. 6., der aus vä eine neue wuraelform vat sich bil-
den läfst, die sich dann in vant erweiterte und nun skr. rata
und lat. ventus als verschieden gestaltet auffassen will. Es sei
übrigens beiläufig gesagt, dab argentum nicht gleich dgpjeig ist,
sondern mit dem oskischen arageto unmittelbar dem skr. rajat*
entspricht, also auch von einem partieipium imperf. abgeleitet ist
und zunächst eine erweitern Dg von aQp}r9 aqyk heifsen kann.
Eber lassen wir es uns gefallen, wenn der Verfasser adprjg und
antoig als verkürzt aus adfirjr.og und anroatog ansieht, da sich da-
für sehr interessante analogieen in den italischen dialekten zeigen.
Umbrisches pihaz ist pihats d. b. piatna , termnas = terminatus,
latein. damnas = damnatus und campans, campas = campanus
n. 8. f.
Sehr reich sind auch die bemerkungen über die bildung von
adverbien. Einzelne derselben sind in anm. 11 besprochen. Be-
sonders häufig werden sie aus den stammen so abgeleitet, dafs
von diesen noch der auslautende stammvocal weggeworfen wird;
€tQti von Slqtioq, rjqi von fjQtog , ayav von ayavog , ddo| VOB
odaxr, Ity*, Xia» von aXianog für äXiatt, dvg von övatog for
dvaz, yxa von dxaXog für axak, nayjy von na-jvvog für najwt
u. s. f. Die auf -dor, -fyi> u. s. f. sollen verba auf -fo> voraus-
setzen, digfot gleich faxddtp sein. In der rege! können wir auch
auf diesem gebiete dem verf. grofse röhrigkeit und einen nicht
gemeinen Scharfsinn nachrühmen, aber diese eigenschaften verlei-
ten ihn nicht selten zu kühnen griffen, denen wir eine rechte
Wahrheit absprechen müssen. So gerne wir auch diese partie
einer nähern prüfang unterwerfen würden, wollen wir uns doch
beschränken, um diese anzeige nicht allzu umfangreich werden
zu lassen; dieselbe rücksicht verbietet uns auch einzelne wort-
deatungen in grösserer zahl zu untersuchen, und nur, um unserer
im anfange gegebenen verheifsung nicht untreu zu werden, fugen
wir noch einige kleinigkeiten der art hinzu. Eine der auffallend-
sten etymologieen in diesem buche ist diejenige von ravQog, wel-
ches D. aus reevg entstehen labt, wie iiaQTVQog, vsxqoq aus ftagrvg
anzeigen. 303
und vixvg u. a. Dafs aber hier das deutsche den ursprünglichen
anlaut gewahrt, das griechische ihn verloren, wie das sanskrit in
tärä für stara u. a. , bezeugt indisches sthörä, Aber welches in
dieser Zeitschrift schon mehrfach geredet ist. Ipag wird hier
(s. 25) auf ein ifcoiVco und dieses auf ipa zurückgeführt und Ifta
mit vimen zusammengebracht. Aber namentlich durch die veden-
literatur ist uns eine wurzel si bekannt geworden in der bedeu-
tung «binden», und ist die quelle einer ziemlichen anzahl von
Wörtern, zu denen auch das mit ipag wörtlich übereinstimmende
siman gehört;, vgl. diese Zeitschrift I, 374. — Ilrflyg wird s. 33.
aus nijxrvg gedeutet, dieses nach analogie von raQaxrog, t^fjyg
gebildet. Schon längst hat die vergleichende Sprachforschung,
die auch *(wxvg nicht aus tuq anzog entstehen läfst, griechisches
nrjxyg mit dem skr. bahn verglichen und die Verwandlung von
b in p hinreichend erklärt; vgl. Kuhn in dieser zeit sehr. I, s. 184,
wo auch nwjfvg eine andere und wohl richtigere deutung findet.
S. 97 wird v(5\iim\ als vnopopii] gedeutet; es ist aber eine einfache
participialableitung von sanskritwurzel yudh, welche wir oben
als aas yn hervorgegangen erkannten. Aus dieser wurzel abge-
leitet finden wir im sanskrit yudh, yuddha, äyddhana in der be~
deutang von «schlachte. Dadurch werden alle künsteleien un*
nöthig. S. 103 finden wir eine sehr weitläufige ableitung der par-
tikel üvg. Von devea&ai wird ein dv&tv gebildet, dessen adjeet.
verbale Övarog ist: aus Ovar nun wird dvg. Und in einer note
fragt D. noch: Ob dvg- mit zu, engl, too identisch ist? Diese
ableitung fällt, sobald wir wissen, dafs dieselbe partikel im skr.
dus lautet, was unmöglich aus dv&w hergeleitet werden kann.
Dafs aber auch für dvotog und dvartjvog ein öv&iv unnöthig ist^
bezeugt uns laut genug skr. duhstha poor, ill conditioned. Dieses
wort ist zusammengesetzt aus dus und w. sthä «schlimm ste-
hend» etc.; und bvGTTjtog hat Benfey mit bestem rechte auf skr.
dus -f- sthäna «stand» zurückgeführt. Man bedenke dabei nur,
dafs die wurzeln für «stehen» und «sitzen» sehr leicht den all-
gemeinen begriff des «seins» annehmen, dafs höchst wahrschein-
lich as selbst ursprünglich eine bestimmte sinnlich wahrnehmbare
thätigkeit bezeichnete. Das wort vprog kann allerdings von der
wurzel su oder ve stammen und eigentlich ein gewebe oder ein
zusammengewobenes bezeichnen, denn auch schon in den alten
Vedaliedern kommt dasselbe bild wie bei Pindar vor; aber sehr
beachtenswert h bleibt immer das vedische sumnä eig. «freude».
304 Schweizer
dann «opfer, hymneN. S. 140 wird rajvtf aus raxt6g « gestreckt -
erklfirt, and damit wäre ein neue» analogon zu na^ig etc. gefun-
den. Aber auch dieses beispiel wird unsicher, wenn wir das
skr. daghyati und daghnoti «er lieft" vergleichen; denn «Pott
und nach ihm Benary haben überzeugend dargethan, dafs das
griechische nur aspiration der tenues kenne, das gleichgewicht
der laute die Verwandlung der anlautenden media in die tennis
herbeigeführt habe». Am ende ist dagh selbst nur eine andere form
yon TQt'xiOi wie ja auch bahu, nayyg von brh stammt. S. 158
wird ala durch vermittelung einer form aviog auf aiog trocken
zurückgeführt und von yala lautlich und dem sinue nach genau
unterschieden. Jedenfalls zeugt für des verf. ansieht nicht die
von ihm angeführte stelle II. 111,244: cpvai£oog ala, wo die
erde gerade als zeugende erscheint. MüCste ala von yala getrennt
werden, was wir übrigens nicht annehmen möchten, so wäre
eine mögliche ableitung diejenige von wurzel av «nützen, för-
dern M, heifsen ja doch himmel und erde, die beiden gütigen ei-
tern, in alten vedenliedern oni «die beiden hüter*. Mit geringerer
Sicherheit würde deutsches aue, ahd. awa, owa verglichen, welches
D. in unmittelbaren Zusammenhang mit dem griechischen worte
zu bringen scheint; dieses hat offenbar im inlaute eine guttnralis
eingebüßt und steht nicht ferne ab von aqua, ahva, bezeichnet
also gerade das gegentheil von dem, was D. in ala hineinlegt.
Mit yala selbst sind wir noch gar nicht so ganz im reinen, als
es dem verf. scheint, und um der fehlenden lautverscbiebnng
willen wird nun auch daran gezweifelt, ob gothisches gavi mit
yala dasselbe wort sei. Wie D. leitet zwar auch Ahrens in sei-
ner gr. lautlehre s. 154 yala als ya-ia unmittelbar aus wurzel
ja ab; aber skr. gö macht das bedenklich; oder ist es erlaubt
yala von skr. gö kuh, erde zu trennen, oder dieses gö selbst
zwiefach abzuleiten, etwa gö die kuh von gu = gam «gehen1*,
gö erde von einem freilich nur erschlossenen ju = jan, was aller-
dings nicht ohne analogie wäre, kommt doch auch ein khu ne-
ben khan vor? Für das sanskrit dürfen wir wohl fast ohne zwei»
fei annehmen, gö als erde sei eine symbolische benennung; grie-
chisches yala müfate, stimmte es damit überein, das femin. zu
gavya sein und eigentlich «die irdische» bezeichnen, Ähnlich wie
suein im gothischen eigentlich adj. von su ist u. a., also ydjria
nicht yala wäre die Urform. Vgl. über diese ausdrücke und ihre
wurzel Weber's VAjas. S. spec. part. post. p. 164.,' wo zu den
anzeigen. - 305
aufgeführten beispielen noch beizufügen sind dru neben dram und
yu neben yam, welche' beiden wurzelformen so ihre einfachste
deutung finden. Und so wird sich nun auch goihisches gavi am
leichtesten zu yala fügen, wenn auch allerdings die lautverschie-
bung dabei nicht gehörig eingetreten. Wollte man dieses nicht
zugeben, so hätte man goth. gavi zu griechischem gcc/tac, vielleicht
humus und %&<6f zu stellen, und das hat Grimm in seiner rei-
chen abhandlung «über die diphthongen und ausfallenden conso-
nanten» gethan; nur darf man nach dem skr. kshmä von w. ksham
nicht annehmen, dafs in der w. von %afxa und X&°*v ein auslau-
tendes d gewaltet habe, sondern man müfste aus ksham wieder
ein auch wohl vorkommendes kshu sich entfalten lassen, und die
übrige entwickelung wäre dieselbe als in yala. Wenn D. teüus
als «die erzeugende» deutet und es unmittelbar an azaXko* hält,
so ist wenigstens das letztere sR-her unrichtig; das wort wird,
wie Benfey es in seiner mehrfach erwähnten recension erklärt,
mit terra von der wurzel ter herkommen und mehr nur die
«fläche» bezeichnen. Unter die w. ßaXkco bringt Döderlein sehr
verschiedenes zusammen, so ßXe'neiv, entwickelt aus einem ßo-
Xajreiv und ßXdyaQa, dessen wurzel auch Lobeck besser erkannte
und ebenso ßlefitaipei* und ßXdßeir. Die irrthümer rühren hier
wesentlich daher, dafs D. keinen Übergang von y in ß annehmen
wollte, einen Übergang, der schon mehrfach erwiesen ist und
ganz gut begründet werden kann. Und wie unter ßdJAsiv mit
grofsem Scharfsinne das unvereinbare geeinigt ist, so noch an
andern stellen unter andern wurzeln und stammen, wie unter
XaiQSw u. 8. f.
Wir schliefsen unsere anzeige mit herzlichem danke gegen
den uns auch persönlich lieben Verfasser, mit herzlichem danke
für viele unbestreitbaren resultate, die wir seinem fleifse und sei-
nem Scharfsinne verdanken, aber auch für das, was uns irrig
scheint, weil in ihm manigfache anregung zuterneuerter prüfung
und zu weiterer forschung liegt. Hätten wir alles gelungene auf-
zählen nnd alles zweifelhafte abwägen wollen, unsere recension
wäre zu einem kleinen buche angewachsen.
Zürich. H. Schweizer.
11. 4. 20
306 Zyro
III. Mlscellen.
Bemerkungen zu Ftirstemann 1, 412.
Herr Förstemann, dem der unterzeichnete für seine man-
cherlei sprachlichen mittheilungen besten dank weife, erlaube sie-
gen einzelnes bescheidene ein Wendung!
Schande oder schanne (= das zum tragen zweier eicner
dienende ausgehölte achselholz) ist er geneigt auf das poln. szalny
(=r wagschalen!) zurückzuführen — wenn nicht das vorkom-
men des wortes im harze im wege stände! Allein es findet sieh
eine viel nähere erklärung in der vergleichung mit schiadel
(f. lat. scindula, von scindo), schiene, bernisch scheie, ver-
schineln. Grundbegriff: ein durch spalten (seindere) entstan-
denes flaches, weder breites noch dickes stuck holz von m&fsiger
länge. Dafs man auch von eisenschienen spricht, kommt von
der ähnlichkeit in breite, dicke und länge. Mit schindeln wer-
den bekanntlich hänser bekleidet, mit scheien werden wiesen und
äcker eingefriedet; ein gebrochener arm dgl. wird eingeschienelt.
Auch schick ( = Ordnung) soll von dem poln. szyk (=
acies dgl.) herkommen. Ich glaube es richtiger von schicken
(= fugen, ordnen) herleiten, und schicken einerseits auf scindo
(tfl'Ctt)) andererseits (wegen k) auf seoo zurückführen zu sollen.
Vgl. sägen und sagen, welches in berner mundart umgekehrt
gesprochen wird: sagen ( - ^ ) = secare (scier), sägen ( - ^ ) =
dicere, für welches letztere an etgco, sero (sermo, ordnen) zu er-
innern ist. Weiter will ich in vergleichungen nicht eintreten.
Es erhellet, dafs ans dem begriff des theilens, scheidens der
des ordne ns herkömmt — vgl. qui bene distinguit, bene docet;
divide et impera. Daher :- geschickt = wer zu scheiden and
zu ordnen, somit die sache gut anzufangen weifs; vgl. gescheit,
richtiger gescheid, bemisch gschyd (von schyden=holz spalten).
So auch sagt der Berner: «er hat einen gut schick gemacht»
= durch kluge berechnung oder durch glück einen günstigen
handel dgl. geschlossen. Ferner bedeutet im kanton Bern ein
gschickli = ein klein landgut oder heimwesen, dessen grund-
begriff ist: einheitliches stück, kleines ganze.
Anders verhält es sich mit schicken in der bedeutung «sen-
den». Dieses leite ich von der würzet ab, welche in ge-schehen
miscellen. 907
(geschiente) liegt — von scaihan — bezeichnet ein werden, und
schicken ist dessen eausativ in besonderer richtung — daher
k. Vgl. wachen (so altbernisch: geschlichen), wecken u. a.
Schlappen (= stampfe) soll herkommen von slap (=
sänle), weil so ein schlappen oder stumpen (bern.) einer säule
gleich sehe. Vielleicht läge aber doch das bernische schlüüfen
(= serpo) näher, dessen wesentliche grundbedeutung ist: un-
scheinbare, langsame bewegung, welcher innere oder äufsere hin-
dernisse entgegenstehen — gegens. des kräftigen, aufstrebenden.
Daher sagt man bei ans von einem knaben, der noch nicht viel
zu bedeuten hat: du bist nur noch ein schlüüfer — «e chlyna
schluunT.»
Bei schmor (= betrunkenheit, rausch) wird an das poln.
czmyr erinnert. Ich will den Zusammenhang der poln. form mit
der deutsch, keineswegs bestreiten, vielmehr ist gewifs, dafs slavi-
sche demente sich überall, besonders auch in der Schweiz, finden;
aber dieses besagt nicht, dafs nun das deutsche (in casu) vom
slavischen stamme, sondern dafs germanisches und slavisches eine
gemeinsame mutter haben, von welcher ich fetzt nicht weiter
reden will. Genug, holld. bedeutet smor = rauch (vgl. rausch),
and mhd. smoren= welken. So nun sagt der Berner: die blumeist
verschmuret; das gekochte (lange auf heifsem ofen gesessene zuge-
deckte) fleisch ist geschmuret — wovon weiter schmürzelen (karg
thun, geizen, begriff des Zusammenziehens) und schmürzen
(= nach feuer riechen — auch dann = schmerzen = ein bren-
nend gefühl verursachen). Wie nun die welke blume ihr licht,
ihren glänz, ihre Schönheit verloren, so der betrunkene mensch.
Der rausch benebelt, macht trübe, dafs man sich des lichtes nicht
mehr frenen und bedienen kann, ungefähr wie im rauche.
Schrägen — fleischerschragen — soll, schon nach Tren-
delenburg, von dem poln. szragi (= zwei säulen, die ein quer-
bolz tragen! also ein galgen!) kommen. F. bemerkt, dafs das
wort in Danzig verschwunden sei, aber noch in Pommern vor-
komme. Ich kann ihm melden, dafs es im kanton Bern noch
bestens üorirt, und zwar in uneigentlicher wie in eigentlicher
weise. Nur ruht der schrägen auf vier beinen, und dient zur
Schafschur, oder zum schlachten von schafen, kälbern und schwei-
ften. Uneigentlich sagt man: auf dem schrägen liegen (unedel)
= krank liegen, machtlos, kraftlos sein. Was nun das etymon
betrifft, so möchte man vielleicht am ehesten an schräg denken;
20*
3*8 Zyro
aber gewifa richtiger wird es zurückgeführt auf strecken,
welches in beroer Tolksmnndart lautet: schrecken — wie von
strecken kömmt %. b. stracks, so von schrecken — schrägen =
ein hölzernes gestell, anf welchem das »schmal vieh» ausge-
streckt wird.
Aach schnbehen (durch Umstellung der laute — schab
nnd busch(!) — = federbfischelchen an bohnern u. s. w.) soll vom
poln. czub (= federbasch) herstammen. Allein tsch up (= haupt-
haar) ist auch in Bern bekannt — «einen bim tschaup nfih« =
bei den haaren packen. T vor seh kann nicht befremden, da es
bei uns häufig vorkömmt, z. b. tschudern = schaudern, tscheebes
= käppi (chapeau), ein tscheeg =s geschecktes thier n. a. Schup
scheint mit Huppi (frz. la huppe, conf. Wiedehopf)? haube,
haapt (capat) verwandt — schwerlich mit schanb, schübel
— wohl aber mit schuppen schöpf; vergl. tschopen, tschöpli
(- w) -— weibliches oberkleid, von capia. Das bern. schöpf =
schoppen und das deutsche Schopfs caput
Pudel ss geflÜs — auch im bern. oberland = 1) milchge-
f&fg — welche bedeutung sich jedoch verloren zu haben scheint
sie kömmt noch vor «in milch pudla [nicht: pudla, puudla] =
milch essen oder trinken; 2) bauch — «er hat e grofea pudl.»
Dieses pudl nun scheint einfach diminutiv von pud und dieses
gleich pot (ss topf) su sein — wie la hotte und bern. hutte (art
von korb oder geftfs aus flechtwerk, das auf dem rucken ge-
tragen wird.)
Petschaft — - in Bern sagt man büttschaft — scheint al-
lerdings (mit Schwenk) auf das böhm. petschati (ss drücken) zu-
rückgeführt werden zu müssen; aber woher die endung aft oder
schaft? Non liquet
Bern, im August 1852. Zyro.
öiaiva. ripftt
Zu den interessantesten etymologien gehören unzweifelhaft
diejenigen, wo sich in, wenn gleich dem Ursprung nach ver-
wandten, doch durch geschichtliche entwickelung einander sehr
entfremdeten sprachen Übereinstimmungen zeigen, welche weder
mit dem regelmässigen bau der einen noch der andern in voll-
ständiger harmonie stehn, sondern zu den anomalien, oder wenig-
miscellen. 309
stens auf den ersten anbliek ganz individuell scheinenden eigen-
thümlichkeiten, zu rechnen sind. Ein beispiel der art bot die
8. 222. gegebene elymologie von caecus dar; zwei andre sind die
in der Überschrift rnbricirten Wörter.
Dafs dicuta zu dem sanskr. verbum jiv «leben» gehöre und
einer auf griechischem boden durch verstummeluog von J (= ad)
zu S aus dem regelrechten reflex desselben ft>r entstandenen ne-
benform oif entstamme, ist schon von Pott wenn gleich zwei-
felnd bemerkt (etym. forsch. I, 265, vergl. mein gr. wl. I, 684).
Eine genauere erläuterung dieser bildung wird jeden zweifei he-
ben. - An jiv wird — gegen alle sonstige analogie — im sanskrit
das mit t anlautende primäre suffix tu in mehreren bildungeri
durch ä geknüpft — jiv&tu — und aus dem durch secundäres,
Wandlung eines i der ersten silbe in ai bedingendes, ka gebilde-
ten jarv&trka dürfen wir unbedenklich auf ein thema jivätr schlie-
fen, in welchem auch das ebenfalls mit t anlautende primäre
suff. tr durch ä angeknüpft ist. Wie dieses ä zu deuten sei, wollen
wir hier nicht untersuchen, da es für unsern nächsten zweck
völlig indifferent ist. Nach diesen analogieen liegt schon an und
für sich die vermuthung nah, dafs auch das gleichfalls mit t be-
ginnende primäre abstractsuffix ti einst an dieses verbum durch
ä geknüpft sei, also jiväti gelautet habe; sie erhält aber eine un-
zweifelhafte bestätigung durch das zendische jyäiü «das leben»;
denn dafs dieses einem skr. jiväti entspreche, ist — wie man
auch über die phonetischen Umwandlungen entscheiden möge —
unbestreitbar; das ä ist durch die assimilirende kraft des i in
der folgenden silbe, nach einem im zend durchgreifenden gesetz,
zu äi geworden; die Umwandlung von jiv zu jy betreffend, so
scheint mir, dem für das sanskrit (in den Gott. gel. anz. 1852.
s. 114.) nachgewiesenen Übergang analog, zunächst v in y über-
gegangen zu sein; dafür spricht mit höchster Wahrscheinlichkeit
das shiyäti des altpersischen der keilin Schriften, welches Holzmann,
wie mir scheint, mit recht jenem zendwort gleich gesetzt hat
Die lautverwandtschaft von i und y endlich bewirkt die einbufse
des enteren. Dem diesem jyäiti zu gründe liegenden jiväti ent-
spräche im griech. zunächst dtfäti oder, ohne jrt diäri. Die er-
wähnte im zend durchgreifende assimilation erscheint in gröfse-
rem oder geringerem umfang auch in den übrigen indogermani-
schen sprachen, insbesondere im griechischen; durch sie würde
dicuti entstehn. Nun ist es bekannt, dafs im griechischen an
310 Benfey
femininalthemen gerne a tritt, augenscheinlich in folge davon,
dafs die ungeheure masse der feminina auf a bewirkte, dafs die
spräche sich gewöhnte, in diesem voeal das eigentliche charakte-
risticum des feminin um zu erblicken; so wird skr. patni im grie-
chischen notpta, pivari Fliegia^ wenn aber das i auf die oben
angegebene weise in die frühere silbe hinüber assimilirend wirkte,
fällt es an seiner ursprünglichen stelle aus, z. b. meiga für nuQia
ebenfalls = pivari; so mnfste dann auch dicun, wenn dieses a
hinzutrat, diatta statt diaitia werden.
Beiläufig erlaube ich mir eine bemerkung bezüglich der be-
deutung. Sehr mit unrecht habe ich diaira in der bedeutung
«sprach, amt des diaiTtftqg von dioura «leben» u. s.w. in mei-
nem gr. wl. trennen zu müssen geglaubt. Die Übergänge sind
«leben, lebensweise, lebensbrauch, gewohnheit im juristischen sinn,
der der rechtsgewohnheit entsprechende sprach, amt des den der
rechtegewohnheit entsprechenden sprach findenden.»
Ein noch interessanteres beispiel der Wiederkehr anomaler
eigenheiten in chronologisch und geographisch weit von einander
getrennten sprachen ist ripa. Im skr. heifst ap «wasser», wel-
ches in den starken casus äp wird. Ab hinteres glied einer zu-
sammensetzung wird es apä (oxytonirt). Sobald sein vorderes
glied aber eine präposition aufser auf a, ä ist, wird es, mit
Schwächung des wahrscheinlich organischeren ä zu i, durch ein-
wirkung des accentes auf der folgenden silbe (vergl. s. 226), zu
ipa (sanskritgramm. § 624), z. b. antaripa «zwischen wasser =
insel» (vgl. lat. interamnus). Im lateinischen wechselt nun be-
kanntlich das d in der präposition ad mit r, z. b. in dem schon
von Pott aus ad und unda gedeuteten arundo. Dieses mit ap
zusammengesetzt, würde also nach jener im skr. herrschenden
eigen thümlichkeit aripa «am wasser = ufer» werden. Der abfall
von a, wodurch ripa entstand, bedarf natürlich keiner bemerkung.
Beiläufig mache ich darauf aufmerksam, dafs wenn in dieser Bil-
dung, wie im skr1, unzweifelhaft, das 1 durch einflufs der accen-
tuirung herbeigeführt ist, was mir kaum zu bezweifeln scheint,
auch dem latein. ein noch erkennbarer sprachzustand vorherging,
in welchem seine accentuation der des sanskrits und des gemein-
griechischen im allgemeinen homogen war.
Th. Benfey.
miscellen. 311
Namen der milchstrasse und des hollenhunds.
In den norddeutschen sagen (gebr. no 426) kommt unter den
namen der milchst rafse auch die niederdeutsche bezeicknnng kan-
pat, kuhpfad vor, in bezug auf welche ich bei der nahen Ver-
wandtschaft, in welcher milchstrafse und regenbogen stehn, in
den an merkungen zu dieser stelle die vermuthung ausgesprochen
hatte, dafs sie ihren namen von einer beim Weltuntergang über
die himmelsbrücke zu fuhrenden rothen kuh erhalten habe, wel-
cher die holsteinische sage von der grofsen einst statt findenden
schlacht erwähnt (Mullenhoff schles w. - holst, sagen no. 509). Da-
bei hätte ich noch erwähnen sollen, dafs unter den slowenischen
benennungen der milchstrafse sich mävra, mävriza findet, was
sonst eine schwärzlich gestreifte kuh bedeutet, Grimm myth. p.
695. - Andere niederdeutsche bezeichnungen der milchstrafse näm-
lich Nierenberger pat und Heiweg sind kurzlich von mir bespro-
chen (oben p. 239) und aus ihnen der schlafs gezogen worden,
dafs die milchstrafse unserm alterthum als der Verbindungsweg
zwischen himmel und unterweit gegolten habe. In der sich uns
immer mehr in den Veden erschliefsenden fülle indischer Vorstel-
lungen zeigen sich hier mannigfache Übereinstimmungen, die be-
sonders dazu dienen, jene oben angeführte benennung kaupat
zu erhellen.
In den vedischen liedern werden mehrfach pfade der götter
genannt (panth&no devayänäh), auf welchen dieselben zu den
opfern der menschen zu kommen angerufen werden, ohne dafs
Jedoch bis jetzt eine nähere bestimmung der läge derselben zu
geben wäre. Ebenso wird R. 1. 38. 5 ein pfad des Yama ge-
nannt, den die Maruts angerufen werden den sänger nicht wan-
deln zu lassen (mä vo jaritä — pathä Yamasya gäd upa); Yama
ist aber der könig des reiches der väter und die bitte geht also
dahin, dafs der sänger Yauia's pfad nicht wandeln, d. h. nicht
sterben möge, oder wenn dies der fall sei, wenigstens nicht, wie
es im folgendenden verse heifst Nirrtis, die herrscherin im Na-
raka, dem Tartarus, ihn verderben möge (mo shu nah Nirrtir
durhana vadhit). Zu ihr gelangt, wer den göttern keine opfer
bringt oder frevelthat begeht, denn in der Väjasaneyi-Sanhitä 12.
62 IT. wird sie mit folgenden worten angerufen:
asunvantam äyajamänam icha stenasye' tya'm änvihi taskarasya |
312 Kuhn
anyam asmad icha sa' ta ityl' namo devi Nirrte tubhyam
astu || 62 1|
namah ad te Nirrte tigmatejo 'yasmayam vi'crita bandhim etam |
Yamena tvam Yamya' samvidanö 'ttame nä'ke adhirohayai-
nam||63||
Den nicht spendenden, den nicht opfernden ergreife, dem wan-
det des diebes, des räubere folge;
einen andern als uns ergreife, das sei dein gang! Ehrfurcht sei
dir o göttin Nirrti!
Hohe ehrrarcht sei dir o Nirrti mit scharfem strahl, löse diese
eherne fessel;
erhebe da ihn (den opfernden) mit Yama and Yami im ein-
verständnifs zum höchsten himmel!
Aas diesen versen ergiebt sich, dafs Yama and Yami mit
der -Nirrti in gemeinschaft über den toten richten and die letz-
tere das aasgesprochene strafartheil vollzieht. Yon Yama'« pfad
ans müssen deshalb zwei andere, der eine zu ihr hinab, der an-
dre aufwärts zum himmel gehen.
Dies ergiebt sich auch aas einer anderen stelle des Rigveda
(7. 6. 26. 1 vgl. Vaj. S. 35. 7.), wo es heifst:
param mrtyo anu pärehi pdntham yas te sva* itaro, devaya'nät |
cakashmate criivate' te bravimi ma' nah prajä'm ririsho motu
virä'n ||
«Einen anderen pfad gehe entlang, o tod, der dir eigen ist
und ein anderer als der götterweg; ich sage es dir, dem hörenden
und sehenden, schädige ans nicht ansre kinder, nicht unsre man-
ner.» Ob hier Mrtyu, der tod, dem könige der toten Yama
gleich oder einer seiner boten sei , läfst sich Tür jetzt nicht ent-
scheiden, doch möchte das letztere wahrscheinlicher sein; jeden-
falls geht er zu Yama's behausung and der weg dorthin ist von
dem zur götterweit verschieden.
Ehe wir weiter gehen noch ein paar worte über Yama's bo-
ten. Der todte wird mimlich, wie ein lied desselben baches aas-
weist, von zwei handen, zu Yama's reich abgeholt, denn anders
kann man doch wohl die stelle (a. a. o. v. 12): «yamasya ddtao
öarato janan anu — des Yama boten gehen sie za den menschen»
nicht verstehen. Damit scheint im widersprach za stehen, dafs
es im vorhergehenden verse heifst:
yau te cvänau yama rasitarau caturaxau pathiraxi nrcaxasao |
tabhyäm enam paridehi rajant svasti ca 'smä anamivam ca dehi ||
miscellen. 313
«Den beiden banden, o Yama, deinen Wächtern, den vier-
äugigen, des pfades hütern, den der männer kundigen, ihnen über-
gieb ihn (den toten), o könig, heil und befreiung von schmerz
verleihe ihm!» Denn es liefse sich einwenden, dafs wenn sie
den pfad zn Yama's behausnng bewachen, sie nicht als seine bo-
ten zu den menschen gehen können, doch läfst sich annehmen,
dafs sie entweder nur einer um den andern ihr geschäft vollzie-
hen, oder dasselbe nur in besonderen fällen üben, wie auch vom
Yama ans der epischen poesie bekannt ist, dafs er sich aufmacht
um den frommen Satyavän selber abzuholen. Diese letztere auf-
fassung möchte um so mehr für sich haben, als dem Yama aueh
noch andere boten dienstbar gewesen zu sein scheinen, denn R.
1. 29. 3 heifst es in einem Hede an Indra «ni shväpayä mithüdrcä
sastäm abudhyamäne — schläfere ein die wechselsweis gesehenen,
nicht aufwachend mögen sie ruhen» Säyana erklärt diese bei-
den als botinnen des Yama, ohne jedoch weheres über diese Vor-
stellung anzugeben; folgen wir daher seiner autorität, so sind je-
denfalls noch zwei weibliche dienerinnen des Yama aufser jenen
beiden hunden anzunehmen, da aus dem fem. abudhyamäne, das
weibliche geschlecht der hier genannten sich unzweifelhaft er-
giebt. Damit stimmt denn auch die Vorstellung der epischen zeit,
wo, wie wir eben sahen, Yama allerdings den Satyavän selber
zu holen kommt, er doch aber von einem diener (kimkara) be-
gleitet wird (Mah. 111. v. 16696) und Sävitri zu ihm sagt (ib.
v. 16760): «man sagt, dafs deine boten (plur. dutah) zu den men-
schen kommen, warum kommst du ihn selber zu führen?» —
worauf ihr Yama antwortet (ib. v 1.67.62.): «nicht verdient
er es von meinen I enteil (matpurushaih) geführt zu werden.»
Kehren wir nnn aber zu Yama's pfad zurück, so zeigt sich,
dafs die beiden Wächter die behausung Yama's vor unbefugten
eindringlingen bewahren, wohl auch namentlich wie der Kerbe-
ros niemanden hinauslassen, weshalb es gefährlich zu sein scheint,
bei ihnen vorüberzugehn, denn in dem angeführten liede (R. 7.
6. 15. 5.) heilst es «ati drava särameyau cvänau — sädhunä pa-
thä — lauf vorüber an den Särameya-hunden auf richtigem pfade»
und Yama wird aufgefordert den toten ihnen zu übergeben (s.
oben); der, wenn er bei ihnen vorüber ist, zu den weisen Pitr's
gehen und mit ihnen beim Yama ewige freude geniefsen soll.
Den richtigen pfad kennt aber nur der fromme; den gottlosen,
der von ihm abirren wird, werden sie zerreifsen, oder er wird
314 Kahn
in den Schlund des Naraka hinabstürzen, weshalb es Nir. 1. 11.
heifst: «n£j jibmä'yantyo narakam pätäma — dafs wir nicht ab-
wärts eilend in den Naraka stürzen. » Der ort, wo sich die beiden
pfade zur holle und zum himmel trennen, scheint daher erst hin-
ter demjenigen zu liegen, wo die beiden hunde als Wächter stehen.
Ehe wir in der entwickelang dieser Vorstellungen weiter
vorschreiten, müssen wir noch etwas bei den beiden banden ver-
weilen. In Haupts zeitschr. f. deutsche alterth. VI. 125 habe ich,
was mir damals über sie zugänglich war bereits mitgetheilt und
die identität ihres namens Särameya mit dem griech. 'Egpua*
nachgewiesen, die ich sowohl auf die lautlichen Verhältnisse als
auf die nahe Verwandtschaft des wesens derselben begründete.
Weber hat nun neuerdings (indische Studien 1 1.-295 ff.) nachge-
wiesen, dafs dieselben auch cyäma-cabala d i. der schwarze
und der scheckige genannt werden, und dafs der 6choliast der
Väjasaneyi-Saiihita -sowie andere erklärer das zuletzt angeführte,
wort gewöhnlich durch karbura erklären. Er hat ferner daraus,
dafs neben cabala die form cavara und neben diesem karvara
mit gleicher bedeutung bestehen sollen, geschlossen, dafs der
griechische xe^ßegog wie er sich jenen hunden als unterwelt&hü-
ter im wesen anschliefst, so dem einen auch im namen entspreche.
In betreff des wortes karvara hat Weber indefis hier geirrt, da
dasselbe an der von ihm angeführten stelle (R. a. 8. 7. 2. 2. vgl.
ib. 4. 6. 17. 5) neutrnm ist und die im Naigh. 2. 1. angegebene
bedeutung «that» hat. Nichtsdestoweniger glaube ich, dais jene
gleichstellung Weber's des Cavala und KegßeQog richtig ist, inso-
fern karbura nur eine andere bezeichnung des cavala genannten
hundes gewesen sein wird. Denn ans dem Wörterbuch des Amara
geht hervor, dafs zu seiner zeit wenigstens das wort karvura =
karbura, wofür sich auch karvara findet (Am. K. ed. Lois. 1. 1.
5. 26.) das gebräuchlichste für die bezeichnung des bunten gc-
misches der färben gewesen sei, denn er stellt die Wörter citra,
karmira, kalmäsha, cavala unter diesem hauptbegriff zusammen.
Uebrigens scheint karvura besonders den begriff eines gemischs
heller färben gehabt zu haben, da es in den Unädi's auch durch
eveta erklärt wird. Aufserdem findet es sich bei Amara 1. 1. 55.
auch in der bedeutung «riese* und auch hier findet sich daneben
die form karbara; ebenso zeigen die Unädi's I. 41 u. II 117. so-
wohl für karvura als für karvara diese bedeutung, doch wird für
letzteres wort zugleich noch die bedeutung «tiger», offenbar we-
miscelleo. 315
gen seines gestreiften feiles angegeben. Die bedeutung der färbe
sowie die von a demon, an imp, a gobiin hat auch Wilson s. v.
karbura. Ob nun karbura, karbara nicht vielleicht ein bestimm-
tes wesen des riesengeschlechtes bezeichnet habe, nach dem dann
die gesammtheit genannt sei, mufs die zukunft lehren; {edenfalb
will ich eine notiz Wilford's (Asiatic res. III. p. 409.) nicht un-
erwähnt lassen, welcher sagt: Yama, the regen t of hell haa two
dogs, according to the Puranas: one of theoa named Cerbura
or varied; the other Syama or black; the first is also called
Triciras or with three heads and has several other epithets
signifying stainedor spotte d. Er vergleicht dann Cerbura mit
Cerberus. Wilford's angaben sind nun freilich nicht immer die
zuverlässigsten, und sein pandit erklärte ihm vielleicht nur £avala
durch karbura, worauf er karbura ohne weiteres als namen des
hundes nahm; doch läfst sich nicht läugnen, dafs die angäbe
doch nach dem bisher angeführten viel innere Wahrscheinlichkeit
für sich hat. Aber auch ohne dafs jener Qabala genannte hund
ausdrücklich karbura genannt wird sind wir, wie ich glaube, be-
rechtigt, xeQßeQog mit karbura gleich zu setzen ; freilich finde ich
über die färbe desselben keine angäbe, allein in den scholien zum
Nicander (AI. 576.) findet sich die notiz, dafs xsQßeQog auch
o ay&oyyog ßdigaiog s. tpQvrq genannt werde; die kröte hat nun
aber sowohl einen unebenen gefleckten rücken, als auch nament-
lich einen mit schwärzlichen flecken gezeichneten weifsen bauch,
so dafs dadurch auch die annähme der bedeutung des gefleckten
für xsQßegog als unbedenklich erscheint. Wenn wir schliefslich
die laute betrachten, so ist für das sanskrit als ältere form das
noch als nebenform vorhandene karbara anzunehmen; von da ist
sowohl das h zu v, wie dies häufig geschieht, als das dahinter
stehende a wegen des folgenden r zu u herabgesunken; für beide
Übergänge sind im sanskrit so zahlreiche beispiele nachzuweisen,
dafs es keiner besonderen belege bedarf; dieser form karbara ent-
spricht aber das griechische xdgßeQog aufs genauste, indem im
griech. s aus a gern vor q einzutreten pflegt.
Wenden wir uns nun von den das totenreich bewachenden
hunden weiter, so erscheint nach der in den epischen gedichten
erhaltenen Vorstellung wie bei den Griechen auch bei den Indern
ein ström an der gränze des reiches der lebenden, welcher den
namen Vaitarani führt; in seinen kochenden salzigen fluten ver-
sinken die bösen und gelangen in die darunter befindliche weit
316 Kuhn
des Yama mit ihren verschiedenen hölienstufen, während die
Pitr's, die frommen väter, an ihrem jenseitigen ufer.ein seliges
leben fuhren; das ausführlichere über diese Vorstellung sehe man
bei Weber indische Studien I. 398 — 99 nach. In den vedischen
liedern hat sich zwar bis jetzt keine erwähnung dieser Vaitarani
gefunden, doch tritt sie in den brahmaga's mehrmals auf, und
wird namentlich eine kuh, anustarani, geopfert um dem toten
über diesen ström zu helfen ; so in einer in den indischen Studien
I. 39 mitgetheilten stelle aus dem Shadvincabr., wo der scholiast
sagt, dafs diese kuh vaitaraninadyuttärik& über die V. hinüber-
fahrend sei. Aus einer schritt über totenopfer (Chamb. no. 1020)
theilt mir Weber mit gewohnter bereitwilligkeit eine andere
stelle mit, wo es heifst: « Yamad värapathe ghore ghorä Vaita-
rani nadi | täm tartnkämo yacämi krshnäm Vaitaranim tu gäm ||
dazu ist noch bemerkt: «krshn&bhäve 'nyavarnü 'pi deyä — go-
rabhäve dravyam deyam — Am grausen pfade zu Yama's thor,
ist der grause ström Vaitarani, ihn zu überschreiten begehr1 ich,
drum geh1 ich die schwarze kuh Vaitarani. — Wenn keincschwarze
kuh da ist, gebe man eine anderfarbige, wenn man keine kuh hat,
ein dravyam.» Dazu vergl. man Colebrooke misc. ess. I. p. 177.,
ebenso wird diese kuh erwähnt Ait. Br. 3. 32, Käty&y. 25. 7.
ohne dafs hier viel mehr ersichtlich wäre, als dafs sie zu den
totenopfern gehört Eine andere noch wichtigere stelle ver-
danke ich gleichfalls Weber's freundlichkeit; sie ist dänischen
missionsberichten (bd. IV. Halle 1742. p. 1251 — 94) entnommen,
in welchen angeblich der Yajurveda mitgetheilt wird, es sind
aber nur auszüge aus einer späteren schritt über das opfercere-
moniell. Hier heilst es über das Vaitaranigogeschenk: «Am
zwölften tage nach dem absterben wird noch ein andres kuhge-
8chenk gemacht und dabei eine formel recitirt, kraft welcher die
seele, die bis dahin noch in dieser weit gewesen, von einer kuh
aus der götterweit über den rothen blutflufs Vaitarani in den
pitrloka gebracht wird, zu welchem ende er in seinem letzten
den schwänz einer kuh ergriffen hat.»
Diese nachrichten führen uns zu dem punkte, von welchem
wir ausgingen, nämlich zur milchstrafse zurück; schon Colebrooke
hatte misc. ess. I. p. 182 die vermuthung ausgesprochen, dafs
unter dem indischen götterpfade die milchstrafse gemeint sei. Der
gewöhnlichste ausdruck für denselben ist devayänanl, oder de-
vayftno panthAh , in der epischen poesie suravithi (Indral. 2. 12.)
mitteilen. 317
götterweg, welches als der thierkreis, oder vielmehr besser der
weg durch die mondhäuser (naxatram&rgah) erklärt wird; nach
dieser Vorstellung fuhrt diese strafse durch den eigentlichen svar-
galoka hindurch, während der siddhamärga (Indral. 1. 40.) zu die-
sem hinauf führt. Während Arjuna dort die Sädhya's, Maruts,
A$vinen und andere niedere gottheiten erblickt, sieht er dort auf
dem von den menschen ungesehenen pfade die vollbringer guter
thaten räjarshi's und siddha's sowie im kämpfe gefallene helden, die
in sternengestalt glänzen, wobei noch zu bemerken ist, dafs er auch
tausende von wunderbar gestalteten wagen sieht (Indral. 1. 35 — 39.).
Wenn schon die erwähnung der in sternengestalt glänzenden from-
men und helden, die Arjuna am wege erblickt, Colebrooke's ver-
muthung, dafs der gdtterpfad die milchstrafse sei wahrscheinlich
machen müfste, denn dieser ist nur die fortsetzung des siddhamarga,
so geht dies aus dem Vishnupurana unzweifelhaft hervor, (wo Wil-
son Vishnup. p. 227) gesagt wird, dafs er nordlich von der Näga-
vithi (sternbilder des stier und widder) und südlich von den sieben
Rishi's (dem grofsen baren) liege; zwischen beiden zieht nun aber
grade die milchstrafse hin und wenn nun in obiger nachricht
gesagt wird, die Vaitaranikuh komme aus der götterweit, um den
toten ober den flufs zu setzen, so scheint sich daraus die im
eingange erwähnte niederdeutsche bezeichnung der milchstrafse
durch kaupat oder kuhpfad aufs beste zu erklären. Vielleicht
finden wir den namen gopatha, der damit identisch wäre, noch
einmal auf, denn in Webers Vorlesungen über indische literatur-
geschichte p. 145 (vgl. Colebr. misc. ess. 1. 91.) findet sich ein
Gopathabrähmana, das zum Atharva gehörig ist, erwähnt
Zeigt diese indische Vorstellung von der milchstrafse als dem
götterwege das hohe alter der bei uns noch im volke vor-
handenen bezeichnungen für dieselbe genugsam, so möchte doch
auch die von der himmelsbrücke des regenbogens als des pfa-
des zur götterweit, wie sie die Edda zeigt, anspruch auf glei-
ches alter haben. Im Vrhadaranyaka (ed. Pol. III. 4. 7 — 9) heifst
es nämlich die unsterbliche seele gehe, den toten körper wie
eine schlangenhaut abstreifend, zum Brahma ein:
tad ete ylokä bkavanty
anuh panthä vitatah puräno mansprshsto 'nuvitto mayai 'va |
tena dhira api yanti brahmavidah svargam lokam ita ürdhvam
vimuktäh|j8||
taamin chuklam nta nilam ähuh pingalam haritam lohitam ca |
318 Kuhn
esha panthä brahmana ha 'nuvittas tenai 'ti brahmavit punyakrt
taijasa^Ga || 9 1|
«Das sagen diese verse: ein schmaler pfad, ein uralter, dehnt
sich hin, vom lebendigen nicht berührt*), von mir gekannt; auf
ihm gehen die weisen, Brahma -kundigen zur Svargawelt hinauf;
von hier befreit. Auf ihm ist weifs, sagt man, und blau und
braun und goldgelb und auch roth, und diesen pfad kennt
Brahma auch, auf ihm geht der Brahmakundige, reines thuende.
glanzvolle.» Die philosophische auslegung dieser Vorstellung,
die dem einfachen wortsinn verkehrt (nach ihrer auffassung
inüfste statt uta und ca des texte« vÄ -va stehen) sehe man in
der ausgäbe von dr. Roer p. 877. nach; der umstand, dafs hier
nur fünf färben statt der gewöhnlich angenommenen sieben ge-
nannt werden, wird wohl niemanden stören. Uebereinstimmend
findet sich nun auch in unserem Volksglauben die Vorstellung,
dafs die seelen der gerechten von ihren Schutzengeln über den
regenbogen in den himmel geführt werden (Ziska östr. Volksmär-
chen 49. 110. bei Grimm myth. p. 696). — Dabei mag noch er-
wähnt werden, dafs sich eine dem fegefeuer ähnliche Vorstellung
in Verbindung mit dem himmelswege im Qatapatha- Brahmana
findet, indem prap. 1. 7. 4. 2. gesagt wird: «Das ist dieser pfad,
auf welchem die götter oder die väter wandeln; zu seinen bei-
den seilen stehen zwei zusammenschlagende flammen, sie versen-
gen den, welcher zu versengen ist, von dem weichen sie zurück,
der rein ist (von dem zurückzuweichen ist)».
*) Sankara erklärt inAüsprshtaA in seinem commentar durch
roayA labdhaA. Das kann es aber schwerlich heüsen, das vorange-
hende 6 läfst auf ausgefallenes a im anlaut schliefsen und so lese ich
amätisprshfo nicht vom fleische d. i. von lebendigem berührt So
wird auch der vers besser, wenn auch das a von anuvitto wieder-
hergestellt wird. Ueber die nebenform mÄiis für mAüsa, vgl. Benfey
z. S4mav. s. v. mäiigcatu. Eine noch kürzere form ohne den nasal
findet sich R. V. a. 4.1.24.3. «trf yrfcchaU mahishäitlm igho
ma"h als du das fleisch von dreihundert büffeln verzehrtest». Vergl.
R. 3. 7. 1. 4. bei Neve, le mythe des Ribhavas p. 439. 4. Ueber den
ausfall des s vor s mit andern consonnnten wie er in amansprshfa sich
zeigt, vgl. Benfey vorr. s. Sta. gloss. p. XLIV. XLV.
A. Kuhn.
misccllen. 319
Die sofflxe inaya, neos, nus, eus, eog.
Ueber eine griech. bildung mit dem suff. psog = skr. maya
hat Aufrecht oben p. 79 gesprochen und nur den begriff des letz-
teren etwas zu eng gefafst, obwohl er die gewöhnlichste seite der
bedeutung genügend hervorgehoben hat, nämlich die bezeichnung
des Stoffes, aus dem etwas gemacht oder hervorgegangen ist. Ohne
uns weiter auf den ganzen kreis der mit diesem suff. gebildeten
Wörter einzulassen, dürfen wir doch nicht übergehen, dafs es auch
zur bildung von zahladjectiven dient, um die sovielmalige Verviel-
fachung, als das zahl wort ausdrückt, anzuzeigen, z. b. dvimayam
udacvid yavanäm, wörtlich: doppelte buttermilch der gerste
d. i. doppelt so viel gerste als buttermilch, oder dvimaya ya-
vah gerste in doppelten theilen zu geben statt eines theiles x;
diese adj. sind aber nur anzuwenden wo eine vertauschung eines
Stoffes gegen den andern stattfindet, wie die schollen und värtika's
dies näher erläutern, vgl. Pan. V. 2. 47. mit der au in., II. p. 213.
und Benfey sanskritgr. §557. II. Wilson übersetzt dvimaya
durch made or coosisting of two (parte of any thing). Benfey
(a. a. o. p. 290) sieht wie ich glaube mit recht das suff. vaya,
welches bis jetzt nur in caturvaya nachzuweisen ist (R. 1. 110.
3., vgl. R. a. III. 7. 7. 4.); aus maya durch Wechsel von m und
v (wie bei mat und vat) entstanden an; die bedeutung ist auch
offenbar dieselbe, denn tyara cit camasäm — ekam cit san-
tam akrnutä cäturvayam heifst «und jene schale, die eine
war, habt ihr zu einer vierfachen d. i. aus einer habt ihr vier
gemacht n welchen sinn die parallelstellen, wo dieser mythus er-
wähnt wird, deutlich ergeben z. b. R. 1. 20. 1. tydm camasäin
äkarta catürah vcl. R. a. 2. 3. 4. 2, ib. 3. 7. 1. 5. ib. 3. 7. 5. 3.
Säyana erklärt an den beiden angeführten stellen vaya durch
avayava glied, scheint an der zweiten auch an vaya zweig
zu denken.
Wenn wir die ziemlich grofse ausbreitung, welche das suff.
demnach in der Wortbildung gewonnen hat, sowie den umstand,
dafs es in den Veden, namentlich in den brähmana's, in mehreren
bildungen auftritt, berücksichtigen, so ist es einigermafsen auffäl-
lig, dafs sich auf den ersten blick aufser jenem dfdQOfieog den
indischen Wörtern keine anderen der übrigen sprachen zur seite
stellen; indefs glaube ich andere nachweisen zu können. Ich gehe
dabei von einem wie mir scheint schlagenden beispiele aus; unter
den mit suff. maya gebildeten Wörtern ist auch ayasmaya ehern
(R. 4. 1. 28. 5. Vai. S. 12. 63 u. s. w.), an dieses schliefst sich nun
fast genau das umor. ahesnes = aheneis, aeneis an, mit h für y
(vgl. Aufr. u. Kirchh. umbr. sprachd. I. p. 79.) und m für n. Nur
der letztere Wechsel könnte zweifei erregen, aber wenn sich auch
nicht gerade zahlreiche beispiele desselben im Iatein. nachweisen
lassen, so weist doch venio, umbr. ben, griech. ßfuveo = skr.
320 Kuhn
gam, goth. quiman unzweifelhaft auf dieselbe erschein ung, und
auch in den übrigen sprachen kommt ähnliches vor, so bildet skr.
gam sein pic. perf. jagmivas und jaganvas, ebenso 1. pl.
jaganma f. jagamma, ferner hatte skr. budhna der boden ur-
sprunglich ein m (die vollständige form mufs budhman gewe-
sen sein) wie griech. Trv&pqv (statt nv&pEv) zeigt; die griechische
tenuis im anlaut ist, wie mehrfach gezeigt worden ist, regel-
recht, das m ist auch im ahd. bodam, ags. botm, a bottom,
bytme (stamm bytman) a keel of a ship, alts. bodm fundus
erhalten, während altn. botn, nhd. boden, bereits n zeigen,
was auch im lateinischen vorhanden gewesen scheint, aber in
die Wurzelsilbe getreten ist in fundus; für den auslaut bieten
die deutschen sprachen bekanntlich zahlreiche beispiele des her-
Vorgehens von n aus m; ich erinnere nur an bin, nd. ek sin,
besen, busen u. s. w. Aus dem griechischen gehört hierher
rivia gegen rjpeQog beide zu skr. yam, ferner wog das jähr ge-
gen skr. samä f. id. Diese beispiele werden sich leicht mehren
lassen, sie genügen um den Übergang aus m in n in aheneus
= ayasmaya zu begründen; diesem aeneus stelleu sich aber
dann auch die gleichfalls einen stoff anzeigenden ad), ebur-neus,
ficul - neus, ilig- neus, quer- neus, salig-neus zur seite; neben ihnen
stehen aber die vorzugsweise poetischen formen ohne e, eburnus,
quem us u. 8. w. und so werden auch die übrigen ebenso gebil-
deten adjectiva wie larignus u. s. w. hiehergehören. Sehen wir
aber bei den ebengenannten adjectiven nus für neus und dies für
skr. maya auftreten, so scheinen mir auch die distributiva bini,
terni, quaterni u. s. w., ebenso mit jenem dvimaya u. s. w.
ursprünglich identisch zu sein, namentlich wenn mau den sehr
über den ursprünglichen begriff der distrib. hinausgehenden latei-
nischen Sprachgebrauch berücksichtigt, vergl. Zumpt § 119. bina
vibrans hastilia , bina millia u. s. w. und campus fertilis centena
quinquagena fruge. Wenn sich im zuletzt angeführten beispiel
der gebrauch von centenus ganz an das oben besprochene sanskr.
caturvaya anschliefst, so darf man noch einen schritt weiter sehn
und den Übergang von m zu v und demnächstigen ausfall des v
auch bereits rar das älteste griech. und lateinisch annehmen, so
dafs die adj. auf eiog, sog, lat. eus derselben bildung angehören und
z. b. äyvQtoQ) argenteus einem aus rajatamaya hervorgegangenen
rajatavaya rajatvaya entspräche. Wem die annähme solcher Ver-
stümmelung zu kühn erscheinen möchte, der möge bedenken, dafs
auch skr. hiranmaya schon für hiratiyamaya steht und statt dessen
selbst schon in den Veden hiranyäya gebraucht wird; gerade so
häufig gebrauchte Wörter wie dieses werden zur einfuhrung der
neuen suffixform wesentlich beigetragen haben.
A. Kuhn.
— * . —
Gedruckt bei A. W. Seh ad« in Berlin, Orfinetrafre 1*.
I. Abhandlungen.
Die aspiraten der indogermanischen sprachen«
Das bestreben, die vergleichende erforschung der indogermani-
schen sprachen immer vollständiger von dem gebiete der vermu-
thangen und versuche auf den sichern boden der klar erkannten
thatsachen zu bringen, fahrt — wovon diese Zeitschrift den be-
sten beweis liefert — so viele die sich mit diesen Studien beschäf-
tigen, jetzt mehr und mehr auf die lautlehre hin. Die lautlehre
kann aber vorerst nur in den engeren kreisen der einzelnen spra-
chen oder sprachfamilien, obwohl naturlich mit steter rücksicht
auf die schwestersprachen, ausgeführt werden. Und so bin ich
nach der besondern rieht ung meiner Studien mit einer griechi-
schen lautlehre beschäftigt. Indefs gibt es doch auch für die
Untersuchung der lautverhältnisse einer einzelnen spräche gewisse
allgemeinere Vorfragen, ohne deren beantwortung der besondern
forschung innerhalb des engeren kreises die grundlage fehlt. Wenn
wir von der einen seite zu einem klaren bilde des lautbestandes
unserer sprachen vor ihrer trenn ung erst nach ausführung der
lautlehren der einzelnen sprachen gelangen können, so schwebt
andererseits doch die lautlehre der einzelnen sprachen in der luft,
wenn nicht gewisse grundzöge über jenen zustand gewonnen sind.
Auf den roh entworfenen fundamenten mag die einzelforschung
dann ihre besondern gebäude auffahren und es einer spätem zeit
überlassen, wieder mit bessernder hand zu jenen fundamenten zu-
rückzukehren. Von solchen betrachtungen ausgehend unternahm
ich als Vorarbeit für die griechische lautlehre eine Untersuchung
II. 5. 21
322 CurtiuB
über die aspiraten der indogermanischen sprachen, worin ich zur '
klarheit aber das alter der aspiraten überhaupt und über die so
verschiedenartigen Umbildungen zu gelangen suchte, welche diese
laute in den einzelnen sprachfamilien und sprachen unsres Stam-
mes erfahren haben. Ich verkenne* nicht, dafs ich mich mit die-
sem versuch auch in solche gebiete wage, die, wie namentlich
das zend nnd die keltischen sprachen, mir wenig vertraut sind.
Ich fufse für diese ganz auf dem von andern zusammengetragenen
material. Allein ganz übergehen konnte ich diese sprachen nicht
ohne meinen zweck zu verfehlen,- und in zweifelhafte einzelnhei-
ten glaube ich mich nicht eingelassen zu haben. Die Untersu-
chung ist überhaupt von der art, dafs ich öfters zu hypothesen
und kühneren combinationen getrieben wurde. Allein diese wird
unsere Wissenschaft in. fragen so allgemeiner art nicht entbehren
können, und nur das darf, glaube ich, streng gefordert werden,
dafs wir zwischen hypothesen und sichern Schlüssen aus gegebe-
nen thatsachen scharf unterscheiden. Ueberans erwünscht wäre
es mir, wenn ich namentlich durch das hier über die deutsche
lantverschiebung gesagte eingehendere erörternngen hervorrufen
sollte, da ich selbst, was ich hier gebe, für nichts anders halten
kann als für andeutungen.
Die echten aspiraten sind doppellaute, welche ans einem cha-
rakterisirten stummlaute und dem hinzutretenden hauche beste-
hen; man hat daher mit recht gesagt, sie wären anter den con-
sonanten was die diphthonge nnter den vocalen sind. Beide ar«
ten von doppellau ten gleichen sich auch darin, dafs sie — wie
alles zusammengesetzte — den meisten Veränderungen aasgesetzt
sind ; bei beiden hatte der sprachgeist, der sich an der gestaltnng
und Umwandlung der laute freut, ein reiches feld. An beiden
lantarten ist die griechische spräche reich, die lateinische beson-
ders arm; die entatehung beider ist für die deutschen sprachen
ein gegenständ sehr schwieriger Untersuchungen; beide fehlen der
slawischen sprachfamilie fast ganz.
Wir lassen jetzt die diphthonge bei seile und beschäftigen
uns nur mit den aspiraten. Die vergleichende grammatik lehrt,
dafs im allgemeinen der sanskritischen media aspirata oder dein
weichen hanchlaut die aspiraten der verwandten sprachen ent-
sprecheu, ohne dafs sie' daraas bisher ausdrücklich den schlufs
gezogen hätte, jene weichen hauchlaute gh, db, bh seien die alte-
die aspiraten der indogermanischen sprachen. »323
steo und ursprünglich einzigen hauchlaute und was ihnen in den
verwandten sprachen entspräche, sei aus ihnen hervorgegangen.
Die frage der priori tat wurde hier wie in vielen andern fallen
— und das war für den anfang ganz naturlich — unentschieden
gelassen. So ganz einfach ist auch die entscheidung nicht, denn
die thatsächliche Übereinstimmung eines griechischen %j #» 9 mit
skr. gh, dh, bh liefse sich wohl erklären, ohne dafs wir jene
griechischen laute aus den sanskritischen hervorgehen liefsen.
Es sind namentlich zwei andere erklärungen denkbar. Erstlich
nämlich konnte man behaupten, der griechischen tenuis aspirata
gebühre als dem kräftigeren laute die priorität, die sanskritische
media aspirata sei daraus abgeschwächt; eine annähme, welcher
das Vorhandensein wirklicher, von jenen verschiedener tenues
aspiratae im sanskrit nicht widerspräche 5 denn das könnten nach-
wüchse aus einer viel späteren zeit sein. Zweitens aber könnte
man glauben, die aspiraten wären alle erst in der zeit nach der
sprachtrenriung entstanden, und jene Völker welche wie die Sla-
wen und Letten gar keine ursprünglichen aspiraten besäfsen hät-
ten -den ältesten sprachzustand bewahrt. Die erste meinung ist
meines Wissens bisher nicht, die zweite neuerdings zweifelnd von
Förstemanu in dieser Zeitschrift Jahrg. I. s. 169., entschiedener
von Schleicher in seiner formenlehre der kirchenslawischen sprä-
che s. 92 ff. ausgesprochen. Versuchen wir zur gewifsheit zu ge-
langen. Als grundsatz dürfen wir dabei wohl den hinstellen,
dafs jene annähme den Vorzug verdient, aus welcher sich auf
die einfachste und ungezwungenste weise die thatsäch liehen er-
scheinungen erklären lassen.
J. Grimm in seiner geschieh te der deutschen spräche s. 420
sagt: « reihenweise scheint die anlautende media vieler zendischer,
persischer, litthauischer, slawischer und keltischer Wörter mit der
gothischen einzustimmen. " Man könnte diese thatsache, auch ab-
gesehen vom anlaut, dahin erweitern, dafs in den erwähnten
sprachen im allgemeinen an der stelle der indischen gehauch-
ten media die hauch lose media sich findet. Der satz, wenn
auch in dieser allgemeinen fassung gerade noch nicht ausgespro-
chen, ist eigentlich anerkannt und bedarf keines beweises mehr;
es werden daher hier einige wenige beispiele genügen:
skr. bhrätar = zend. ) brätar, goth. bröthar, kirchenslaw.
altpers. )
bratr", lit. brolis, irisch brathair;
21 •
324 Curtios
skr. w. dharsh = altp. darsh, goth. ga-dars, Ht. drasus,
irisch dasachd (fierceness, Bopp gl ossär);
skr. rudhira-s = alts. rod, kirckenslaw. r"djeti (erröthen),
lit. raud-a (röthe), welscb ruaid;
skr. gharma-s = zend. garema, goth. [g]varmja, kircbensl.
grjeti (calefacere), ir. garaim;
skr. dirgba-s = goth. lang, kircbensl. dlwg", lit. ilga-s.
Ich bemerke noch, dafs diese Übereinstimmung in bezug auf
das zend und, jedoch weniger, in bezog auf das altpersische mo-
dißcationen erleidet, indem sich dort allerdings, von der hystero-
genen 6pirans f abgesehen, zuweilen an der stelle der sanskriti-
schen media aspirata ebenfalls media aspirata zeigt (Bopp vergL
gr. s. 36 ff.), was aber für unsere Untersuchung wenig austrägt,
zumal das auftreten der aspirata hier wie in den keltischen spra-
chen theilweise von cigenthümlichen gesetzen der lautverbindung
abhängig ist. Das slawische ch ist ein spirant, der skr. sh ent-
spricht und völlig bei seite gelassen werden kann. Ebenso we-
nig kummern uns hier die mancherlei besondern Veränderungen,
z. b. in Zischlaute, welche die erwähnten laute in den einzelnen
sprachen erlitten haben. Wir hallen uns an die thatsache im
ganzen und da ist es klar, dafs diese der annähme ursprünglicher
tenues aspiratae wenig günstig ist. Wäre der laut eine tenuis
aspirata gewesen, warum sollte sich dafür in fünf, oder wenn
wir slawisch und litauisch als eine zählen, in vier familien eine
media finden. Das griechische allein mit seinem %> #> <P kann
offenbar gegen dies übergewicht nicht aufkommen, es mufs zu-
rückstehen, zumal doch eben auch die sanskritische media aspi-
rata eine media keine tenuis ist. Dazu kommt nun aber auch
das lateinische. Wenigstens im inlaut schliefst sich das der nörd-
lichen schwestersprachen in der regel an; so steht longo -s auf
einer stufe mit goth. lang, slaw. di"g", lit. ilga-s, das b in can-
dela-bru-m ist dasselbe wie das von altp. bar, goth. baira, slaw.
bero, irisch beirim, für das dh des skr. madbja-s haben wir das
d von mediu-s wie im goth. midja, serb. medju, lit. widus. Ganz
besonders lehrreich aber ist das verhältnifs von mihi zu tibi; die
beiden endungen vermitteln sich nur durch bhi, das wir im skr.
tubhjam finden und ein mibhi können wir mit gleicher Sicherheit
wie skr. mabhjam annehmen, folglich auch ein tibhi, woraus
dann durch vertust des hauches tibi ward. Endlich findet sich
im griechischen selbst bisweilen die media an der stelle der skr.
die aspiraten der indogermanischen sprachen. 325
media aspirata, nämlich im inlaut, wo die spräche weicher zu
sein pflegt, so in iyaiv, ego, skr. aham statt agham gegenüber,
wo freilich goth. ik auf ein hohes alter der blofsen media hin-
weist, in fiiyag, magnu-8, skr. mahat st. maghat, wo ebenfalls
das gothische mikils eine Störung hervorbringt, öfter in der labia-
len klasse z. b. in >kaftßdiHo (neben Idcpvgov) neben skr. labh, in
ofißgo-g wenn dies, wie lat. imber, richtig mit skr. abhra-m ver-
glichen wird. Durch diese Zusammenstellungen möchte vor der
hand das gewonnen sein, dafs wir den engen Zusammenhang der
ursprunglichen aspiraten mit den hauchlosen mediis erkennen und
den gedanken an ursprungliche tenues aspiratae aufgeben.
Aber wenn man eben die zeugen nur zählen wollte, so
könnte man nur jene* thatsachen, dafs drei sprachfamilien durch-
gängig, eine wenigstens überwiegend im inlaut, eine bisweilen
im inlaut die media statt der media aspirata haben, für das hohe
alter dieses zustandes anführen, man könnte diesen zustand eben
als den ursprünglichen betrachten und die entstehung der aspira-
ten in die zeit nach der sprachtrennüng verlegen. Sehen wir
zu, wohin wir mit dieser annähme kämen. Wir hätten dann ur-
sprünglich blofs g und k, d und t, b und p. Das klingt glaub-
haft. Scheint es doch, als ob auch sonst in den sprachen durch
Spaltung und Verfeinerung gewisser einfacher laute allmählich eine
gröfsere mannigfaltigkeit sich gebildet habe. Unstreitig ist das
zum beispiel mit den palatalen consonanten und mancherlei Zisch-
lauten der fall. Diese haben sich sicherlich erst nach der sprach-
trennung innerhalb der einzelnen sprachfamilien gebildet. Woll-
ten wir nun ein gleiches von den aspiraten behaupten, so müfs-
teu wir annehmen, dafs jener unterschied, welcher in historischer
zeit zwischen w. dha und da, zwischen ghan und jan (statt gan),
vadh und vad, labh und lab (lamb) stattfindet, ein späterer sei,
dafs das lateinische b von candela-brum ama-bam — wider die
allgemeine analogie, dafs einfacher inlaut eher als einfacher anlaut
sich verändert — älter sei als nicht blofs die spirans f in fero,
fui, sondern auch die echte aspirata von gr. (pego), skr. bharämi.
Es wäre zafall, dafs gerade in denselben Wörtern die Inder und
die Griechen eine aspiration hätten eintreten lassen und zwar so
häufig. Denn eine Zählung sicherei* fälle, die ich aber nicht für
vollständig halten darf, liefert das ergebnifs, dafs griech. % in 14
wurzeln und 12 fertigen Wörtern sanskritischem h oder gh, & in
in 9 wurzeln und 4 fertigen Wörtern, aufserdem in mehreren
326 Curtins
flexionsendungen sanskr. dh, <p in 12 wurzeln und 8 fertigen Wör-
tern und in dem casussuffix (pi(v) =. bhi dem skr. bh enispricht.
Das macht schon reichlich 60 fälle. In allen diesen müfste sich
eine alte media zufällig so ganz in Übereinstimmung mit dem
sanskrit aspirirt haben; es wäre ebenfalls zufällig, dafs in vielen
dieser fälle das lateinische oder seine italischen scbwestermund-
arten f und h haben. Dazu kommt, dafs die griechische aspirata
eine tenuis aspirata ist; wie konnte diese so leicht und so häu-
fig aus ursprünglicher hauchloser media hervorgehen? und wie
käme es, dafs dieser Übergang von y in %, d in #, ß in qj sonst
in der griechischen spräche fast gar nicht vorkommt? Für die
italischen sprachen erhöben sich neue Schwierigkeiten. Wir sa-
hen schon, dafs tibi und mihi sich nur durch sanskr. bbjam ver-
mitteln und tibhi, mibhi voraussetzen, das umbrische hat tefe;
lat. media und osk. mefiu kommen wieder nur durch skr. madhjä
zusammen. Wir müssen also für die italischen sprachen jeden-
falls eine aspirata annehmen. Wäre nun aber b immer älter als
bh, so müfsten wir schon behaupten, ursprüngliches bi sei — • und
zwar zufällig bei Indern und Italern — zu bhi geworden , um
dann später wieder zu bi herabzusinken; das d von medius sei
zugleich der älteste und jüngste laut, zwischen beiden liege eine
zeit, in der es sich — zufällig wieder bei Indern und Italerh —
ospirirtc, aus dieser zeit stamme durch umspringen des Organs
osk. meßu. Ebenso bedenklich ist die hypothese für die germa-
nischen sprachen. Denn wie seltsam, das gothische erhebt die
media zur tenuis ; aber die media, welcher im sanskrit und grie-
chischen eine aspirata, in den italischen sprachen häufig ein f
oder h gegenüber steht, läfst sie unverändert. War kein unter-
schied vor der Sprachtrennung, warum ward aus w. gan gotb.
kuni, während griechischem %alv(o — das ja nuu auch auf gan
zurückgeführt werden müfste — altn. gin gegenübersteht; warum
steht skr. dha altsächs. dorn, skr. danta-s goth. tunthus gegen-
über? Schleicher vergleicht a. a. o. dies nach jener ansieht zu-
fällige übereinstimmen so vieler sprachen in bezug auf die aspi-
ration mit dem auftreten palataler laute statt der ursprünglichen
gutturalen, welches auch in verschiedenen sprachen bei denselben
Wörtern eintrete und doch etwas späteres sei. Allein schon nu-
merisch möchte die sache hier ganz anders stehn; Schi, selbst
zählt s. 99f. nur ganz wenige fälle auf, in denen slaw. k' (c)
skr. k' entspricht und räumt dabei nachbarliche lauteinwirkungen
die aspi raten der indogermanischen sprachen. 327
ein; wenn slav. z oder z, skr. j in einzelnen fällen entspricht,
so kann das. noch weniger eine Übereinstimmung genannt wer-
den, da der laut ein verschiedener ist und da überdies beide laute
auch in wurzeln und stammen sich finden,- die im sanskrit ein
g, gh oder h haben; umbrisch c, ist nach Kirchhoff (allg. monats-
scbrift f. Wissenschaft und literatur 1852 s. 808) aus k, zum theil
allerdings in Übereinstimmung mit dem sanskrit, nur vor e i und
j entstanden. Auch das zusammentreffen von slaw. s mit skr.
c statt altem k ist (Schi. s. 98) sporadisch und aufserdem schon
dadurch von geringer bedeutung, weil s ein dentaler, c, aber ein
palataler zischlaut ist, folglich .hier doch keine vollständige Über-
einstimmung statt findet. Die fälle, in denen. — was Schi, eben-
falls anführt -*- in mehreren sprachen gleichmäfsig p aus k her-
vorging, sind wenig zahlreich und unier einander verschiedenar-
tig. Eine so durchgreifende Übereinstimmung wie bei den aspi-
raten, welche doch nur ein zufälliges prodoct späterer lautum-
wändlung innerhalb der einzelnen sprachen wäre, finden wir
sonst schwerlich.
Geben wir nun jene hypothese von dem späteren Ursprung
der aspiraten auf und nehmen einfach an, dafs vor der sprach-
trennung mediae aspiratae vorhanden waren, so scheint plötzlich
alles licht und einfach zu werden 4 vier sprachfamilien würden
dann von dem doppellaut gh, dh, bh den einen minder bezeich-
nenden aufgehen, das griechische würde die media aspirata zur
tenuis aspirata erhoben haben, die italischen sprachen stünden
gleichsam zwischen beiden in der mitte. Ehe wir aber von die-
ser grundlage aus zu den einzelnen sprachfamilien und ihrer be-
sondern behandlung der ererbten aspiraten kommen, müssen wir
noch einen einwand in's äuge fassen, den Schleicher gegen diese,
wie wir glauben, einfachste und bestbegründeie ansieht erhebt
S. 90 sagt er: «Es ist ein aus physiologischen Ursachen entsprin-
gendes gesetz der sprachengeschichte, dafs die aspiraten im histo-
rischen verlaufe einer und derselben spräche wohl in Spiranten
übergehn, nicht aber in unaspirirte zurücksinken, hätte also das
slawische ursprünglich aspiraten besessen, so würden sie sich,
falls sie verschwunden. wären, ebenso' zu Spiranten entwickelt
haben wie im neugriechischen, hochdeutschen u. s. w.» Der all-
gemeingültigkeit dieses gesetzes stellen sich denn aber doeh in
deu deutschen sprachen erhebliche ausnahmen entgegen. Aus
brotbar ward do*.h sicherlich bruder, und für diesen Übergang
328 Caritas
von th in d hat Räumer (aspiration und lautverschiebang) den
mittellaut dh aus altsächsisclien quellen nachgewiesen, so dafs
wir aus anthar durch odher deutlich oder werden sehen, und lat.
tibi ist wie wir sahen unleugbar aus tibhi entstanden. Also hat
es für uns auch keine Schwierigkeit anderswo als niederechlag
einer aspirata einen stummlaut und zwar von einer media aspi-
rata die media anzunehmen, und das um so weniger, als sicher-
lich die aspiraten jener uralten zeit vollständige doppellaute waren.
Ueberschauen wir nun von der. wie ich glaube, festen grund-
lage aus die mancherlei verschiedenen Umgestaltungen, welche die
aspiraten erfahren haben, so werden wir danach die indogerma-
nischen sprachen in fünf klassen etntheilen können.
1) Die erste klasse bildet das sanskrit für sich allein. Hier
finden wir den ursprunglichen zustand in fast ungetrübter, klar-
heii; die drei gehauchten mediae gh, dh, bh sorgfältig geschieden
von g, d, b. Indefs eine art von entstellung treffen wir doch
auch hier an. gh wird sehr oft, ja in der regel, durch blofses
h ersetzt: ltti für altes ligh, gr. Aeigo), lat. lingo, goth. leigön,
ein Vorgang, der uns im lateinischen wieder begegnet, wo h ein
verstümmeltes gh ist und ähnlich im gothischen, wo h auf einer
stufe mit 1h steht, folglich für kh, endlich in einer neugriechi-
schen mundart, wo z. b, X^Qa w'e uora gesprochen wird (Rofs
im rhein. muß. jahrg. VIII, heft 2). Der Vorgang ist durch assi-
milation zu erklären; der hauch assimilirt sich das naheliegende
stumme element so sehr, dafs dies endlich ganz verschwindet,
etwa wie wenn aus dn nn und endlich blofses n wird. Wir
dürfen aus dieser entstellung wohl auf einen kräftigen hauch in
den aspiraten schliefsen; und eben darauf fuhrt uns auch die Ver-
wechslung der aspiraten bh und dh mit blofsem h: w. bhr und
br, dhi und hi in der endung. Dies sind ansätze zur Verstüm-
melung der aspiraten zu blofsen Spiranten, welche aber nicht
durchgeführt sind. Auch dafür treffen wir analogieen im neu-
griechischen: \pahiv statt rpa&iof auf Cypern (Rofs a. a. o.).
2) Der zweiten klasse gehören alle die sprachen an, wel-
che durch aufgebung des hauches den unterschied der media aspi-
rata und der media aufheben. Voran zu stellen ist das zend,
das, wie wir sahen, m gewissen fällen noch die aspirata erhält,
in andern aber sie schon zur media schwächt; dies also bildet
gewissermafsen die brücke von dem sanskritischen zu dem zu-
stande, den wir, wie es scheint, fast vollständig im all persischen,
die aspiralen der indogermanischen sprachen. 329
entschieden aber in der keltischen und in der slawisch -lettischen
familie entfaltet finden. Wenn wir es als den Vorzug einer sprä-
che betrachten müssen, durch eine gröTsere mannichfaltigkeit von
lauten auch eine gröTsere fülle von Vorstellungen deutlich ge-
schieden bezeichnen zu können, so ist der zustand dieser spra-
chen in bezug auf die aspiraten der unvollkommenste. Wurzeln,
welche die aspirirenden schwestersprachen schon durch die Ver-
schiedenheit des anlants unterscheiden können, wie skr. dha und
da haben hier denselben anlaut, indefs weifs sich die slawisch-
lettische familie in dem erwähnten beispiel doch zu helfen: sie
vermeidet das zusammenfallen der wurzeln, durch Unterscheidung
der vocale: kirchenslaw. dam", lit. dumi = dYoaipi, aber sl. djejo,
lit. demi = ?t#7fu, ähnlich wie es die irische spräche machte,
wenn wir mit Bopp (gloss.) ir. genim I beget, generate mit skr.
jan für gan und ir. gonaim I wound, stab mit skr. han für ghan
vergleichen dürfen. Wir nehmen hier den überall wiederkehren-
den trieb der spräche zu unterscheiden wahr, wodurch *o oft in
späteren perioden des sprachlebens mängel ersetzt werden, wel-
che sich in früheren einstellten.
3) Au diese zweite klasse schliefst sich nnn unmittelbar die
dritte an, welche die germanischen sprachen bilden. Diese stim-
men nämlich augenscheinlich mit der zweiten klasse insofern zu-
sammen, als auch in ihnen — auf ihrer ältesten im gothischen,
niedersächsischen und skandinavischen erhaltenen stufe — für al-
tes gh dh bh g d b sich findet. Aber dadurch unterscheiden sie
sich von jener, dafs dies neu entstandene g d b nicht mit dem
alten sanskritischen g d b zusammenfallt. Und so gelangen wir,
dankt mich, durch diese betrachtungen zu einer neuen auffassung
der wichtigen eigenthürolichkeit unseres Sprachstammes, der laut-
verschiebung. Schon Grimm hat in seiner geschiente der deut-
schen spräche s. 421 bemerkt, man könne auch den Zwiespalt
zwischen der skr., griech. und lat. muta auf einer, und slawisch-
litthauischen auf der andern seite, eine lautverschiebung heifsen,
nur eine unvollkommnere als die deutsche. Aber das gesetz der
deutschen lautverschiebung entwickelt er doch nicht auf grund
dieser unvollkommneren , sondern auf ganz anderem gründe, in-
dem er immer die griechischen aspiraten, die er mit ph ch th
bezeichnet, als vorfahren von deutschem b g d hinstellt und aufser-
dem die ganze lautverschiebung mit der erhebung der media zur
tenuis beginnen läfst. Das erste verrückt den wahren Vorgang,
330 Cortius
wenn wir mit. recht bh gh dli als die ursprünglichen aspinten
annahmen. Aber auch der ausgangspunkt Grimms ist kaum rich-
tig gewählt. J. Grimm sagt 8. 416: «die lautverschiebung hebt
mit der media an, von ihr senkt sich der laut zur tenuis, too
der tenuis zur aspirata : in der media liegt gleichsam seine natür-
liche kraft, die sich zur tenuis verdünnt und hernach wieder rar
aspirata verdickt. Aus der aspirata mufs darauf die einfache me-
dia abtropfen und dann der nmlauf neu beginnen. » Danach wäre
der gang der laut Verschiebung theils hebung, theils Senkung,
theils Verdünnung, theils Verdickung. Rud. v. Raumer fafst die
lautverschiebung wesentlich als eine Verstärkung auf. Als solche
mag in der that die erhebung der media zur tenuis, der tenuis
znr aspirata gelten und man begreift es, wenn J. Grimm s. 437
sagt: «hegt nicht ein gewisser muth und stolz darin, media zur
tenuis, tenuis in aspirata zu verwandeln!» Aber die verwandlang
der aspiraten in mediae, nach unserer weise also von gh dh bh
in g d b ist und bleibt eine Schwächung, indem ja der eine theil
des. lautes weggefallen ist. Wir hätten also einen Vorgang, der
zu zwei drittheileu Verstärkung, zu einem drittheil Schwächung
wäre und wenn wir den muth unserer vorfahren in der erhebung
von d in.t, t in th verehrten, so müfsten wir ihren klein muth
in der Senkung von dh in d bedauern. Aber seien wir nicht un-
gerecht-, diese Senkung ist ja, wie wir sahen, gar nichts spezifisch
germanisches. Diese Senkung, diese «unvollkommne lautverschie-
bung» ist ja den gesainmten Indogermanen des nördlichen Europa,
und aufser ihnen auch, wenn gleich in geringerer aosdehnung
den Persern eigen. Diese lautverschiebung, die Vorstufe für die
germanische, gehört unsrer zweiten klasse. Auf ihr blieben die
Perser, Slawen, Letten und Kelten stehen. Das was die Germa-
nen hinzu thaten ist reine Verstärkung. Wir werden auch hier
wieder auf den unterscheidungstrieb als wichtigen factor im sprach-
leben geführt. Im dunkeln gefühl, dafs das. alte gjn der würzet
gal (skr. jala-in, lat. gelu) nicht dasselbe sei, wie das neu aus gh
entstandene in der ursprünglichen wurzel ghal (gr. x6\o$> lat fei),
ward das alte g allmählich — denn mit recht nimmt Raumer hier
überall ein allmähliches vorrücken an — zu k gekräftigt: goth.
kald-8, während das neue g blieb: altnord. gall; das junge d von
goth. deths (sanskritw. dhä, sl. djejo, lit d£mi) verschob das alte
d von w. dam (skr. damjämi, gr. dapdo), lat. dom(a)o) zu t im
.goth. tamja. Offenbar war nun dies der anstofs zu neuer ver-
die asniraten der indogermanischen sprachen. 331
Schiebung. Das alte k t p konnte es steh nicht gefallen lassen
mit dem neuen auf einer stufe zu stehen. Ihm stürzte ein dicker
hauch nach, der anfangs sicherlich wahre aspiraien: kh th ph
erzeugte, von denen jedoch kh und ph zu h und f sich verflüch-
tigten. So betrachtet erscheint nun die eigentlich germanische
lautverschiebung durchaus als Verstärkung, sie erscheint als ein
wesentlicher vorzug unsrer spräche zwar nicht vor dem sanskrit
und griechischen , wobl aber vor den sprachen der grofsen völ-
kermassen, welche von Asien' aus in den norden Europa's zogen.
Denn durch dies mittel wurde es wieder möglich laute zu unter-
scheiden, welche bei jenen zusammenflössen. Anders stellt sich
freilich das urtheil, wenn es sich um alterthumlichkeit handelt,
da sind die germanischen sprachen gegen jene ihnen zunächst
verwandten im nachtheil, und allerdings ist auch wohl ein ge-
wisser schaden der spräche damit verbanden, wenn sie allzusehr
von den lauten abweicht, welche gleichsam in der intention des
sprachbildenden menschengeistes lagen. Das band zwischen laut
und Vorstellung wird dadurch gelockert. Es ist aber die art that-
kräftiger Völkerstämme ihre kraft auch an der spräche zu versu-
chen und solche jugendliche rustigkeit, solch keckerer unterschei-
dungstrieb tritt nun nach unserer auffassung der sache in der laut-
verschiebung der Germanen auf das deutlichste zu tage. Wenn
wir nun diese auffassung als gesichert betrachten, gewinnen wir
damit auch eine relative Zeitbestimmung für den eintritt jener er«
scheinung. Die lautverschiebung mufs zu einer zeit begonnen
haben, da man noch fühlte, daß zwischen altem und neuem g
d b ein unterschied sei, da man sich gleichsam des ursprünglichen
gh dh bh noch erinnerte. Denn sonst wäre es ja unbegreiflich,
warum die spräche gerade immer nur . das alte, niemals -das neue g
d b verschoben, und umgekehrt, warum sie immer nur das neue,
nie das alte g d b unversehrt gelassen habe. Es mufs also, so
xu sagen, die masse der stummlaute damals noch nicht eingero-
stet und erstarrt, sondern bis zu einem gewissen grade flössig ge-
wesen sein, als die deutsche lautverschiebung aus dem slawisch-
lettisch-keltischen zustand sich hervorhob. Auf die entstebung
der zweiten lautverschiebung innerhalb der deutschen sprachen,
wodurch der hochdeutsche stamm sioh kennzeichnet, brauche ich
hier nicht einzugehn. Denn offenbar ist auch hier nur die Ver-
wandlung von th in d eine Schwächung und zwar eine ganz ähn-
liche wie die, welche wir bei der zweiten klasse in einer weit
332 Curtius
früheren periode eintreten sahen und die sich aus «der Schwierig-
keit erklärt, welche die ausspräche wirklicher diphthonge macht.
Diese Schwächung theilt die hochdeutsche mundart mit vielen
niederdeutschen und den skandinavischen. Das alte th von bro-
thar hat sich in seinem vollen klänge nirgends erhalten. Aber
das eigentümlich hochdeutsche ist wieder die erhebung von d
in t, yon t in z, minder stetig zeigt sich der ganze Vorgang bei
den andern Organen.
4) Die vierte klasse weisen wir der griechischen spräche
an. Die Griechen stehen mit ihren aspiraten ganz vereinzelt da.
Denn statt der alten mediae aspiratae haben sie tenues aspiratae.
Alle griechischen dialekte stimmen darin fiberein. Dafs % & <p
= kh th ph sind, beweist aufiser den uns überlieferten nachrich-
ten und der lateinischen Schreibung die alte wenigstens für KU,
TIH feststehende Schreibweise, die Verdoppelung durch die tenuis:
2anq>oi, der ersatz durch die tenuis bei der reduplication : rühmt
und bei einem hauchverlust afure^o), sxegsi^ia, die entstehung aus
der tenuis durch hinzutritt des hauches &olndriov, dq>* ov. Die
erhebung von gh dh bh zu % & <P ist a^° ebenso eine Verstär-
kung wie die deutsche lautverschiebung, und könnte auch eben
so gut wie diese mit dem namen lautverschiebung, aber weil sie
nicht weiter um sich griff, mit dem einer partiellen lautverschie-
bung bezeichnet werden. Auch in ihr können wir eine that der
rüstigkeit, der kraft des volksstammes erkennen. Auch sie hat
den alterthümlichen lautbestand merklich verändert; aber es ge-
lang dadurch den Griechen die alte neunzabl der mutae unge-
schmälert zu bewahren und, im Vorzug vor der zweiten und drit-
ten klasse, den hauch, wo er von alters her seinen sitz hatte, zu
erhalten. Nur in verhältnifsmäfsig wenigen Wörtern gewahren
wir media statt der aspirata und in diesen schwankt die spräche
zum theil selbst: XQVCpa und ixQvßqv, atgscpco und <JT(>dßo)t>, oder
die einwirkung eines nasals ist im spiele: xvpßr] = skr. kumbha.
Die vierte klasse scheint von der zweiten und dritten durch
eine unausfüllbare kluft geschieden zu sein, sie ist zu beiden, so
zu sagen, das gegenstück. Dennoch können wir vermuthungs-
weise die beiden k lassen mit der griechischen durch einige uns
erhaltene notizen über die mundart der den Griechen nördlich
wohnenden Völker in Verbindung bringen. Jacob Grimm betrach-
tet als vorfahren der Gothen die Geten, die er mit den Thrakern
eng verbunden sein labt, und die Thraker werden ihm wieder
die aspi raten der indogermanischen sprachen 333
mit den Griechen durch die Makedoner vermittelt (s. 214). Ist
es nun nicht merkwürdig, dafs wir von den Makedonern eine,
so zu sagen, nordeuropäische aspiratentilgung glaubhaft überlie-
fert finden? Freilich wissen wir davon nur in bezug auf die den-
tale und labiale klasse (Sturz de dialecto Macedonica et Alexan-
drina p. 31). Aber hier steht die thatsache fest; die Makedoner
sagten: Bikmnog, ßaXaxgog, Bsqevmt] statt <Ptkmnogy (palaxQog,
<I>eQerixt], freilich lauter griechische Wörter; allein es ist wahr-
scheinlich, dafs sie ihre volkstümliche ausspräche auf die grie-
chischen Wörter übertrugen. Für echt makedonisch darf dßgovreg
= 6<pgvg (skr. bbrü, kirchensl. br'V, zend. brvat, ahd. präwa)
gelten, vielleicht xeßlij = xeyaXq (goth. hanbith) und wahrschein*
lieh ddvog = ödvarog (vielleicht goth. dauthus). Dürfen wir hier-
nach vermuthen, dafs die Griechen von der masse der thrakisch-
phrygischen Völker sich in ähnlicher weise ablösten, wie die Ger-
manen von ihren nachbar Völkern?
5) Endlich kommen wir zu den italischen sprachen, welche
die fünfte klasse bilden. Diese sondern sich von allen übrigen
dadurch, dafs sie nur zwei hauchlaute h und f besitzen, die den-
tale aspirata aber ganz aufgegeben haben. Aber auch h und f
sind keine aspiraten mehr, sondern Spiranten. Der stumme be-
standtheil in ihnen ist so gering, dafs f nicht die kraft hat n in
m zu verwandeln: impono aber inficio^ im gegensatz zu ifMpaivoy,
wie wir ja denn auch durch oft angeführte Zeugnisse von der
grofsen Verschiedenheit" zwischen f und <p hinlänglich unterrich-
tet sind. Durch den starken hauch von f und h ist es erklär-
lich, dafs sie vielfach unter einander nach mundarten und zeit
wechseln: sabinisch fircos = hircus, fasena = harena und dafs wir
auch ursprünglichem gh gegenüber f finden: skr. gharma-s, lat.
formus. Besonders aber ward der ursprüngliche bestand durch
den mangel eines dentalen hauchlauts getrübt. Im erhaltenen zu-
stande aber finden wir, dafs f im anlaut die stelle von dh sehr
oft mit übernimmt: fores = folget, fera = &iJq. Das umspringen
in das labiale organ ist etwas den italischen sprachen ganz eigen-
thümllches. Uebrigens gehen diese gerade in bezug auf diese
laute verschiedene wege. Das lateinische duldet nur selten f und
h im inlaut, in der regel finden wir im inlaut altes gh durch g,
dh durch d, bh durch b vertreten: skr. lih für ligh, Aergo), goth.
laigön = lingo, skr. madhja-s, lat. mediu-s, skr. abhi, gr. a/tiqp/,
ahd. umbi = amb. Dagegen tritt uns im umbrischen und oski-
334 Caritas ...
sehen ein f im inlaat entgegen z. b. für ursprüngliches, hh in der
endung -fast = fuerit (ampr-e-fust = amb-i-verit Aufr. und
KirchhoiT I. 8. 146), umbr. alfer = lat albis (ib. s. 91) vgl. gr.
alcpog, durch umspringen für altes dh in umbr. mefa osk. mefia
(vgl. sabin. Mefula) = media skr. madhja, umbr. rufra = latein.
rubra, griech. igv&Qci, skr. rudbirä. Ganz consequent ist übrigens
das umbrische nicht in der behandlung der aspiraten, denn in der
präposition ampr- später ambr- ist im unterschied vom osk. amfr-
vielieicht durch den einflufs des'nasals die aspiration verloren ge-
gangen. Aus dem vorkommen eines f an der «teile eines ur-
sprünglichen dh können wir uns das lateinische b deutlich ma-
chen; f sowohl als b setzen älteres bh voraus; denn der spirant
konnte kein b erzeugen, wohl aber die echte aspirata. Also
wie ans
nrital. tibhi (skr. tubhjam)
umbr. tefe lat. tibi, so ward aus
ursprüngl. rndhra (skr. rudhira)
i . •
urital. rubhru
umbr. rufru lat. rubro.
Wir gewinnen dadurch die sprachhistorische thätsache, dafs
die aspirata früher aus der dentalen klasse in die labiale umsprang,
als sie sich zur media erweichte. Wahrscheinlich ging ako die
dentale aspirata der italischen sprachen schon in einer sehr alten
zeit verloren, in welcher die labiale aspirata noch nicht zum spi-
nnten herabgesunken war. Die bis zu einem nachweisbaren Zeit-
punkt anhaltende existenz von mediae aspiratae in den italischen
sprachen mufs uns übrigens für eine grofse alterthümiichkeit gel-
ten, und es stimmt dies ganz mit dem allgemeinen charakter der
italischen sprachen überein, welche auch andre laute mit beson-
derer treue- bis in die historische zeit bewahrt haben, welche in
vielen der schwestersprachen schon viel früher mancherlei ent-
stellungen ausgesetzt waren. In solchen stücken bilden die itali-
schen sprachen das widerspiel zur griechischen, die überall zeitig
ihre neuen ganz besondern wege ging. Uebrigens hat diese lange
erhaltung der mediae aspiratae sich mannichfaltig gerächt. Denn
eben dadurch ist jene Verwirrung in bezug auf die organe und
vollends im lateinischen jene verschiedene behandlung der aspi-
die aspiraten der indogermanischen sprachen. 335
rata im an laut und im inkut eingetreten. Wir können es im
allgemeinen als regel annehmen, dafs nur inlautendem gh g, bh
und dh b entspricht, woraus sich unter anderm das verhältnifs
von fac-io, f-io zu dem do von con-do, cre-do erklärt (vergl.
Zeitschrift för alterthumsw. 1849. heft 4. und diese Zeitschrift I.
s. 26). Indefs wird eine nähere Untersuchung festzustellen haben,
inwiefern es einzelne ausnahmen von dieser regel gibt. Ein wort,
in welchem g unverkennbar für altes gh steht ist grand-o, das
Schleicher (kirchensi. forml. s. 105) mit skr. hräd-ini flumen fulmen,
sicherer noch mit gr. y,oAa£tt (für gcuLaft-ja) und kirchensi. grad"
vergleicht. Ohne zweifei liegt der grund dieser ab weich ung im
einflufs des r, welcher sich auch in einigen andern wortstammen
geltend gemacht zu haben scheint. — Eine ausnähme anderer art
wäre es, wenn, wie Benary (lautlehre s. 194) annimmt,, einem
griech. 0 gegenüber im lateinischen auch t, an der stelle eines
qp auch p eintreten könnte. Dies einzuräumen sind wir um so
weniger geneigt, weil wir ja auf italischem boden selbst spuren
der media aspiräta gefunden und überhaupt wahrgenommen ha-
ben, dafs die alten aspiraten oft durch tnediae nicht aber durch
tenues ersetzt werden. In. der that möchte auch Benary's ver-
zeichnifs einer sorgfältigen sichtnng ' bedßrfen. So ist die ver-
gleichnng von cap-io mit w. grabh mehr als zweifelhaft, da wir
vielmehr cap-io mit gr. hcoVj? (vgl. capulum) und xdnri und mit
goth. hafjan zu vergleichen haben, linquo hat Bopp (gl ossär)
richtiger zn skr. rik' als Benary zu rah gesetzt. Dagegen hat
es in patior, lateo, puteo, rutilus allerdings den anscheid, ab ob
sie von na&M, Xa&eiv, tev&siv, iqv&Qog nicht getrennt werden
könnten. Indefs ist auch hier noch nicht alles ganz ausgemacht.
So fuhrt uns das griech. wo?, lil. puwu, goth. .fuls für puteo
and ttv&g) auf die kürzere wurzelform pu, und das t von puteo
könnte wie das von poenitet, oportet, fatcor, foeteo (w. dhü
Polt etym. forsch. I. 211) ein eigentümlich lateinischer von. dem
griech. 0 ganz verschiedener zusatz sein. Bei rutilus steckt der
stamm viellefcht nur in ru für rub und tilu-s könnte suffix sein
wie in mutilus, scutilus (Fest. = tenuis, macer), wie tili-s in
fu-tili-8 (w. fu = gr. %v)- Vielleicht aber hat sich doch eine
oder die andere aspiräta in eine tenuis verwandelt, indem ja die
italischen sprachen, wovon das umbrische im echtumbrischen
aiphabet, aber auch das altlateinische c für g das deutliche zeug-
nifs gibt, eine, periode durchmachten , in der die tenuis vielfach
336 Caritas
die media mit vertrat. Aus solcher zeit könnten jene verhärteten
t statt d für dh übrig geblieben sein.
Nachdem wir auf diese weise die verschiedenartige gestaltung
der ursprünglichen aspiratae überblickt haben, müssen wir noch
die besondere klasse der tenues aspiratae im sanskrit in's ange
fassen. Dafs diese erst nach der Sprachtrennung sich gebildet
haben, kann im allgemeinen nicht wohl bezweifelt werden. Al-
lein es gibt doch einzelne fälle, in denen der skr. tenuis aspirata
die griechische aspirata entspricht: khalina-s =^cxilw'Otf, cankha-s
z=x6yxO'$y w. phull, gr. cpvXXo*. Von der entetehung sanskri-
tischer tennes aspiratae aus tenues ist die w. sthä ein besondere
deutliches beispiel, da alle verwandten sprachen die form sta ha-
ben. Solche Alle sind mit dem übergange griechischer tenues
in aspiraten zu vergleichen, wie in w. lip, lat liq, gr. Xina ne-
ben dXsi(poi)9 lat. sap-io neben griech. ooq>6g9 coupijg. Zu diesem
Übergang liefern auch die persischen sprachen eine analogie, in
denen p vor gewissen halbvocalen zu f wird (fra = pra, vergl.
cpQOvdov z= tiqo dflotT); freilich ist das f spirant und daher nicht
dem griech. qp gleich, aber es setzt wohl ph voraus 5 ähnlich wird
th aus t. Bisweilen scheinen aber die sanskritischen tenues aspi-
ratae aus mediis aspiratis sich verhärtet zu haben. Jenem phull
entspricht nicht blofs awLlo?, sondern auch folium flos, ags. blö-
van, goth. blöma, welche auf die form bhul hinweisen; mit skr.
nakba-s vergleicht sich wie gr. ow| (st. öVfjf), so ungui-s, ahd.
nagal, litt, naga-s, kirchensl. nog"t'*), wonach der ursprüngliche
stamm gh gehabt haben mnfs. Mit der tenuis auf der einen und
der media aspirata auf der andern seite berührt sich das th in
den endungen der zweiten person: tha — gr. #*, thas, the, thäm
(vgl. dhi, dhve, dhvam und ta). Hier ist die aspirata offenbar
unter dem einflufs des v von tva — also nach persischer analo-
gie — entstanden. Bemerkens werth ist immerhin, dafs es im
sanskrit wie im griechischen tenues aspiratae gibt, welche nicht
ganz aufser berflhrung mit einander stehen. Es möchten eben zu
der eigentümlich griechischen behandlung der hauchlautc schon
im osteo sich ausätze finden. Namentlich aber bieten sich uns
die persischen sprachen gleichsam als mittelpunkt für die ver-
schiedenen Verzweigungen dar. Diese haben fast von allen ge-
stalten der aspiraten etwas: mit ihrem erhaltenen dh z. b. in der
*) ist ein versehen! das kirchenslaw. zeigt k in nok'V, Schleicher
kirchensl. formenl. p. 99. anm. d. red.
die aspiraten der indogermanischen sprachen. 337
imperativendung dhi weisen sie nach Indien, mit der media b
z. b. von bu (skr. bhu) nach norden zu den Slawen, Letten,
Germanen, Kelten und erinnern an den inlaut der Römer; nach
Griechenland mit ihrem f und th für p und t. Sie vermitteln
also den ursprünglichen, im wesentlichen vom sanskrit erhaltenen
lautbestand sowohl mit dem des grofsen nordischen vöikerstro-
roes als mit dem der sudeuropäischen Völker.
Prag im november 1852. G. Curtius.
Die diphthonge im verbraederuegsbuch voo St. Peter
zu Salzborg.
Das Salzburger verbraederungsbuch , welches so eben die
Wiener presse verlassen hat, sichert seinem herausgeber v. Kara-
jan ein neues unvergängliches verdienst, denn seiner unendlich
muehsamen arbeit verdanken wir ein denkmal unseres alterlhums,
das 80woI für historische als linguistische Wissenschaft von ge-
waltigem, fuer den augenblick noch kaum zu ueberschauendem
einflösse sein mufs. Karajan hat in seinen umfassenden erläute-
rn n gen zuerst nur die historische seite hervorgehoben, und
dazu hatte er ohne zweifei vollkommenes recht, denn eine er-
schöpfende sprachliche betrachtung hätte den umfang des Wer-
kes bis ins uebermaefsige ausgedehnt und ueberdies Vorstudien
erfordert, die jähre lang planmaefsig grade auf dies ziel hätten
gerichtet werden müssen. Um so mehr müssen aber gerade des
herausgebers mitforscher in deutscher Sprachwissenschaft auf den
ruf hoeren, der an sie ergeht, zu allseitiger ausbeute dieses köst-
lichen Schatzes mit hand anzulegen. Denn es handelt sich hier
um eine der allervorzueglichsten quellen althochdeutscher spräche,
fuer die kenntnis altdeutscher eigennamen, ich ueberlreibe nicht,
geradezu um die erste.
Mehr als 8100 eigennamen, darunter sicher 7000 echt deut-
sche linden sich hier verzeichnet, mit geringen ausnahmen nur
persoenlichc; der zeit nach grofsentheils dem S. und 9. Jahrhun-
dert, in geringerer anzahl dem 10. und 11., nur ausnahmsweise
spaeterer zeit angehoerig; in hinsieht auf die mundart fast sämmt-
lich bairischem boden entsprossen. Und von allen diesen nameu
ist der ort ihrer aufzeichnung ganz bestimmt ; der ort ihrer her-
kunft ist bei sehr vielen bekannt; die zeit der aufzeichnung sehr
IL 5. 22
338
Förstcmann
oft bis aafs jahrzebend anzugeben; ueber alles dies ist der abdruck
bei allen, so weil menschenmacbt reicht, diplomatisch genau*)
Wir müssen es uns an diesem orte versagen, auf die bedeu-
tung des buches fuer den altdeutschen Sprachschatz naeher einzu-
gehen und dürfen nur auf denjenigen theil der grammatik unsern
blick richten, der durch namensverzeichnisse vornehmlich neues
licht empfängt, nämlich die lautlehre; und auch diese in ihrem
ganzen umfange an der band unseres buches zu durchwandern
ist unmoeglich, wenn man nicht den plan hat ein umfängliches
werk ins leben zu rufen. Beschränken wir uns daher hier nur
auf eins der feinsten gebiete althochdeutscher lautlehre, auf das
verhältnifs der diphthonge.
Historischer Sprachwissenschaft steht es wohl an, wenn sie
ausgeht und fortschreitet, ohne die hand der geschichte, ihrer
fackel und fuehrerin, loszulassen. Und so liegt es uns hier zu-
naechst am herzen, davon meidung zu thun, dafs es Karajans
eisernem fleifsc gelungen ist, von 78 verschiedenen Schreibern,
deren bände sich im verbruederungsbuche unterscheiden liefsen,
eine nicht geringe anzahl, 32 naemlich, der zeit nach zu festigen.
Ich fuehre diese 32 hier einzeln mit den buchstaben auf, durch
die Kar a jan ihre handschrift bezeichnet hat, und merke bei jedem
die chronologischen grenzen an, innerhalb derer nach fast immer
untrueglichen mcrkmalen eines jeden thaetigkeit als schreibet* fallt.
Dieses hier folgende Verzeichnis, ueber dessen naehere begrundung
das werk selbst nachzusehn ist, mufs die gr und läge fuer alle sprach-
liche Untersuchung ueber das Salzburger verbruederungsbuch bilden:
a 780—800
A 1000—1020
W 1110-1120
b 780—810
H 1000
G
1120—1140
1 780-820
ü 1000
C
1130—1180
r 780
V 1000—1020
ß
1130—1140
x 800
a 1000—1050
P
1150
d 820—870
y 1010
0
1150—1200
i 820
J 1030—1090
N
1180— 1220
q 820—800
£ 1050—1090
X
1210—1220
k 830—870
K 1050—1110
R
1350—1370.
qq 860—930
B 1060—1100
o 900
D 1110—1120
*) ich rede hier nur von dem texte selbst; in das register hat
sich leider eine nicht geringe anzahl von fehlem, besonders in den ci-
taten eingeschlichen.
die diphthonge im verbruederungsboch von St. Peter. 339
Ich wferdc in der folge diese 32 chronologisch fixirlen Schreiber
vor den andern durch fettere echrift unterscheiden, damit das schon
bestimmte vor dem noch zu bestimmenden nach gebuehr hervorge-
hoben werde. Nur bei den drei gr. zeichen <* ß y mufs ich wegen
mangels an dergleichen typen auf diesen unterschied verzichten.
Ich schlage nun den weg ein, dafs ich die lautlich zusam-
mengeh oerenden diphthonge in eine betrachtung zusammenfasse
und hei jedem dieser laute bemerke, in wie vielen beispielen er
bei jedem Schreiber vertreten ist. Man halte es mir zu gute,
wenn ich auch hier die numerische methode walten lasse, zumal
da zu meiner in frueher Jugend begründeten neignng fuer diese
richtung eine immer fester werdende ueberzeugung von deren
erspriefslichkeit kommt. Ohne ganz feste bestimmtheit und an-
schaulichkeit, wie sie kaum anders ab von zahlen zu erwarten
ist, verliert namentlich der ohnehin schon ziemlich verfliefsende
ahd. vocalismus allen halt.
I. AI, EI.
a b c d e g h
i
iL
1
m
©
P
4 r s
t
u
ai
54 6 1 1
1
2
1
*—
3
—
— 1 —
i
—
ei
17 10 1 9 3 1 4
3
9
5
1
1
3
8 13 1
4
3
v tl y bb cc dd ee
ff
66
hh
ii
11
nn
oo 44 rr
A
B
ai
— 3 1 -
—
—
—
—
—
1
2
—
—
ei
1 11 4 1 2 2 1
1
7
1
1
1
—
7 1 3
4
1
C JE FCML5P
9
U
V
a
ß
7
* f n
&
t
ai
1
ei 2 3 113 12 2 2 12 14 5 5 22411
Hieraus ergiebt sich:
1) am ende des 8. Jahrhunderts waltet ai noch bedeutend
vor, doch gehoert ei schon keineswegs zu den Seltenheiten, ja
ein echreiber des 8. Jahrhunderts (r) hat sich schon mit entschie-
denheit vom ai ab und dem ei zugewandt.
2) beim beginn des 9. jhderts (to, 1, jl) hat ei schon den
vorrang, doch schwanken die Schreiber noch.
3) um die mitte von sec. 9 ist ai schon ausgestorben; nur drei
beispiele um das jähr 900 und eins um 1000 sind archaismen, die ge-
gen die uebrige masse so gut wie gar nicht mehr ins gewicht fallen.
Ich bemerke ferner aus meinen Zusammenstellungen, die ich
hier nicht in vollem umfange wiedergeben kann, dafs aufser dem
regelmaefsigen diphthong auch noch der aus a umgelautete vor-
kommt, denn a schreibt Aigil, Maiginpret, Eigilperht, Eigino,
22*
340 Förstemann
* hat Eigilfrid, h Eingilpald und Eingilscalh, 1 Eigilperht und
Eingilpirc, o Eingiluorht, q Eingilscalch, x Eigil, dd gleichfall«
Eigil, rr Eingil, B Eigilbert, a Eigil, Eingilhilt, n Eigil. Alle
diese formen gehoeren zu der ursprünglichen gestalt Agil-, Angil-,
Magin-; ueberall also ist hier das dem i auch sonst so befreun-
dete g im spiel* nie findet sich im ganzen verbruederungsbuch
z. b. ein einziges Hairi-, das doch sonst bekanntlich nicht gan*
selten ist, vgl. z. b. Hairibold pol. Irm. s. 13, Hatriberta ebda. s. 23,
Heiriman im necr. Aug., Hairiveo pol. Irm. s. 7, woran sich dann
die häufigen bildungen Hair- und Air- anschliefsen.
Dagegen ist ein anderes aus a umgelautetes ei, soviel mir
bis jetzt bekannt, der Salzburger Urkunde eigenthuemlich; ich
meine die formen Eillanperht bei 4 und l&, Eillanger bei r, Eil-
lanperht, EillanhiU und Eillanmuot bei oo. Waehrend ich in
allen uebrigen quellen altdeutscher namen diesen stamm nur in
den formen Ellan-, Ellin-, Ellen- nachweisen kann (bei den West-
franken mangeln sie ganz), so erscheint in unsern bäurischen na-
men in dem ei plötzlich noch eine willkommene spur vom j des
gothischen aljan (wovon andere spuren im altn. elian, ags. ellean)
und es ist interessant dieses j oder i sogar auf ahd. gebiete selbst,
wo es bisher unbelegt war, nachweisen zu können. Man liest
naemlich im verbruederungsbuche noch (neben vielen Ellan-, El-
lin- und Ellen) Ellianpurc (41,i4 bei «1 und 77,a« bei r), fer-
ner aber noch sogar die unumgelauteten formen Alyan (93, io
bei i) und Alljanmot (90,48 bei x). Jeder fund mufs uns freuen,
der dazu beitraegt, die kluft zwischen gothischer und ahd. spräche
zu verkleinern und so diese locke in unserer Sprachgeschichte
allmaelich auszufüllen.
II. lü, EU, 10, EO, IA, IE.
»licdghiJlLlniopqrs tu
iu 24 13 — 19 11 3 1 43— 5 113 7 5
eu 2 1 1 1— l —
io i i i 2— 1— 1
eo2111 1—1 2 2
ia- 2 1 —
ic- 1 - 1 1 1
vw x y aa bb cc dd ff gg hh ii jj kk 11 nn oo rr
iu 24 6 212213833111132
ea
i0 1
die diphthonge im verbrtiedernngsbuch von St. Peter. 341
v w x y aa bb cc dd ff gg hh ii jj kk 11 nn oo rr
eo - 1 1 1— 3 2 2
ia l
ie — 3 1 1 1 1_ 1
ABCBEFHIlLVPfTETWX
ia 2 — 13 2 1 11113 10— 152 —
eu — - — —
io - 2 — 2— 4
eo
ia — —
ie 319121113—224—1113
« ß r * • C n *
iu 18 13 7 2 3 2 4 2
eu
io31
eo
ia
iel4 8 7 12 2 5-
Man erkennt hieraas mit einem blick, dafs nur zwei dieser
diphthonge, naemlich ia und ie, in anserm denkmal eigentlich
heimisch sind; die andern vier, eu, io, eo, ia erscheinen nur aus-
nahmeweise und machen fast nur den eindrack Ton entlehnten
formen aus andern mundarten.
Betrachten wir daher zuerst iu und ie, so ergiebt sich,
dafs letzteres hier unmittelbar ans ersterem, ohne eine Zwischen-
stufe (io oder ia) erwächst. Und zwar gilt bis zum jähre 1200
(spaeter haben nur fiufserst wenige eintragungen ins verbrucde-
rungsbuch statt gefunden) iu immer als die regel. Bei allen mit
lateinischer minuskel bezeichneten, d. h. bei denen, deren eintra-
gnngszeit vor das jähr 1000 fällt, ist ie in unserer quelle nur
eine lioechst seltene ausnähme; nach dem jähre 1000 erreicht es
nahezu, doch nicht völlig, die ausdehnnng des iu. Man betrachte
als hauptrepraesentanten des 11. Jahrhunderts den Schreiber or,'
als solche des 12. C, ß und Q. Lautliche gründe, die bei die-
sem schwanken zwischen beiden diphthongen die wähl des einen
und die Verwerfung des andern veranlagten, lassen sich nicht
angeben, wohl aber ist es zu ersehen, dafs »ich in gewissen
Wortstämmen der gebrauch fuer den einen laut entschieden
hatte; vgl. was ich unten bei eo sage.
Eu finde ich im ganzen buche nur sechs mal oder, da Eunat
342 Förstemann
bei a und Leuan bei q nicht ganz sicher zu beurlheilen sind,
mit gewifsheit nur viermal, naemlich Leuto (a), Theatbert (b),
Leutbcrt (r) und Deutperbt (t). Nimmt man nun hinzu, dafs
selbst von diesen vieren zwei, naemlich Theutbert und Leutbert,
nicht Baiern, sondern Franken aus Troyes sind, wie die angaben
des verbruederungsbucbes nachweisen, so dürfen wir auch in den
beiden andern fremdlinge vermuthen und können mit Sicherheit
der bairischen (wenigstens der ostbairischen) mundart des 8. —
12. Jahrhunderte das eu vollständig absprechen; eu hat seinen
eigentlichen sitz bei Alamannen und Westfranken.
Io lesen wir etwas häufiger als eu, nämlich in 20 beispie-
len, aber trotzdem doch immer nur als ausnähme; kein einziger
Schreiber zeigt eine Vorliebe fuer diesen diphlhong. Dafs er durch
lautlichen einflufs, z. b. durch ein a der folgenden silbe erzeugt
sei, giebt sich nirgends kund. Merken wir aber etwas genauer
auf diese 20 io-/ormen, so sehn wir unter ihnen 18 mal die
stamme diot und dio, nur ein oder zwei mal ein liod , kein ein-
ziges mal liob, obwol zu liob und liod anlafs genug gewesen
wacre. Nun aber kommt grade den beiden st 5 01 inen diot und
dio, wie wir gleich sehn werden, in unserer quelle von rechts-
wegen ein eo zu und es bat daher hier io keine weitere bedeu-
tung als die, eine blofs ausnahmsweise gebrauchte nebenform je-
nes selbst nur ausnahmsweise stattfindenden eo zu sein. Auf ein
bestimmtes geographisches gebiet das io unserer quelle zu be-
schränken will nicht gelingen, denn von den betreffenden 20 per-
sonell sind 13 ihrem Wohnsitze nach nicht angegeben (d. h. sehr
wahrscheinlich sind es Baiern), die andern 7 sind sfimmtlich si-
cher Baiern, 3 aus Altaich, 3 aus Neuburg am Inn und einer aus
Salzburg selbst. Auch abgesehen von unserer quelle macht die
räumliche und zeitliche bestiuraiung dieses diphthongs besondere
Schwierigkeit, da er nur so äufserst selten als regel erscheint.
£0 zeigt sich etwa in demselben umfange wie io, im ganzen
nur 22 mal, darunter kein einziges mal in den mit lateinischer
raajuskel und den mit griechischen buchstaben bezeichneten Schrei-
bern; es ist also nach dem jähre 1000, ja wahrscheinlich schon
nach 900 um Salzburg ausgestorben. Aber auch unter jeuen 22
formen sind mehrere auffallend und unsicher und einige unter
ihnen mocgen sogar nicht einmal germ. Ursprungs sein, so dafc auch
selbst diese zahl sich sehr reducirt und eo keineswegs im bairischen
dialekt eigentlich heimisch gewesen sein kann.
die dipbthonge im verbruederungsbuch von St. Peter. 343
Bei erwaegung dieses diphthongs habe ich eben so wie in
der obigen uebersicht die beiden formen Theod- and Deo- (-deo),
die zu goth. thiada und thios gehoeren, aufser acht gelassen, denn
ihr zusammenwerfen mit den uebrigen würde die ganze ueber-
sicht im hoechsten grade getruebt haben. Grade die beiden for-
men theod und deo finden sich aber in den namen des verbraede-
rungabuches ungemein häufig (z. b. bei dem Schreiber » allein in
fünfzig beispielen). Ein thiuda, thiudo oder sonst eine form mit
iu iu diesem stamm kennt unsere quelle gar nicht*), ein diu,
tkiu, tiu nur zuweilen auslautend, nie anlautend. Genug, wir
haben hier eine sloerung der lautverhältnisse , die ihren grund
nur im anklänge an die häufigen mit griech. &eog, lat deus ge-
bildeten namen haben kann. Da nun diese griech. und latein.
namen das Theo- Deo- meistens am anfange, seltner (wie in Ama:
deo) am ende haben, so ist das iu der in rede stehenden deut-
scheu stamme nur da ganz ausgerottet, wo sie ein wort begin-
nen; am ende des namens mufste der einflufs des griech. und
lat. wortes weniger durchgreifend sein. Uebrigens haben fast alle
mundarten der ahd. spräche eben diese stoerung erlitten, deren
ganzer zeitlicher und räumlicher umfang wol einmal einer beson-
dern Untersuchung werth waere, denn grade diese erscheinung
ist wie meines wissens keine andere der spräche dazu geeignet,
das eindringen des christlichen dementes bis ios innerste lebens-
mark der deutschen spräche, d. h. bis in den laut, zur anschauung
zu bringen. Wie viel weniger energie gehoert dazu, einer sprä-
che neue begriffe, Wörter, gedanken und Wendungen in masse
einzuimpfen, als dazu gehoert, auch nur eine einzige bedeutende
stoerung der lautverhältnisse zu verursachen!
la zeigt sich aufser in dem zweifelhaften wahrscheinlich un-
deutschen Diacl) nur auf einer einzigen seite unseres verbruede-
rungsbuches, wo 77,is und 77,i9 Liafburc und Thiadgund von
derselben band und nicht weit davon 78,34 ein auffallendes Pas-
cuuuialh von einer andern hand geschrieben vorkommen. Ueber
das letzte dieser drei Wörter wage ich kein urtheil; Liaiburc und
*) dergleichen formen sind ueberhanpt selten; ich kenne nur Tiulo
urk. v. 800, 815 Neug., Tiude trad. Corb. 398 (viel!. Tiade zu lesen?),
Diudecha urk. v. 1057 (N. 756) Dronke, Thiodemer mon. German. Vllf,
307, 310 (Sigeb. ebron.), Diudolf urk. aus sec. 9 bei Meichelb. Zuwei-
len stehn daneben formen mit ui, die vielleicht nur Schreibfehler sind.
344 Förstemaun
Thiadgund können dem vocale nach SSchsinnen eder alaman-
nische fraaen aas dem elsafe sein; die consonanten sprechen
mehr faer das erstere. Den Baiern ist also unser ia ganz abzu-
sprechen.
III. OA, UA, UO.
Ich darf diese drei diphthonge nicht zusammenstellen, ohne
den einfachen vocal, aus dem sie entstanden sind, naemlich das
6 mit aufzufuehren. Doch bemerke ich ausdrücklich, dafs in der
folgenden nebersicht nur diejenigen 6 in ansehiag gebracht sind,
welche sicher einem goth., alts., ags., altn. 6 entsprechen. Un-
sicheres ist nicht mit aufgenommen, eben so wenig natuerlich
das aus goth. au entsprungene spaetere ahd. 6. Das ua dagegen
kann ich hier fueglich uebergchen, da es dem dialekte des ver-
bruederungsbuchs ebenso wenig angehoert als ia; Puantun 66, is
enthält nur zwei aneinandergerückte vocale, keinen diphthong.
alicdegh ijltlmnepqrs
6 82 29 2 22 3 4 2 9 3 1 — 8 11 9 20 1
oa 2 1 1
no 12 11 46222213 142751
t u w x y bb cc dd ee ff gg ii jj kk 11 nn oo pp
6 2 5 — 25 12284 1122212
oa 2 4 2 —
uo 24364451- 3—1—2—3 —
«irres ACBEFIIKIP9T TW1
6 2 1 1 1—2
oa — — — .
uo— 113 10 2721372773731
a ß 7 e C V &
6 2 111
uo 19 20 15 1 9 3 4
Also nur 6 und uo kommen unserer bairischen mundart zu,
oa sehn wir nur 13 mal. Auch von diesen fallen Droant und
Droan aus, die nur scheinbaren diphthong haben. Hazoaeha
(I00,i o) ist offenbar misbräuchlich geschrieben, denn der name
lautet sonst Hazacha (urk. aus sec 11 mon. Boica VI), Hazaga
(urk. aus sec. 11 mon. Boic. X), Hazech* (urk. v. c 1070 bei
Lacombl. N. 221), Hazzecba (mon. Germ. X. 214 in der vita
Conradi), Hazega (mon. Germ. XI, 223 im chron. Benedictobur.),
Hacecha (urk. v. 1028 bei Guden). Von den nun noch uebrig
die diphthonge im verbraefkrongsbuch von St. Peter. 345
bleibenden formen ist Oadalgaoz (70,2 g) ein fremder bischof,
möglicherweise yon Troyes, obwohl mir das unwahrscheinlich
ist, Oadalheri (110,io) nnd Oalger (110,29) sind beide weiter
westlich im bairischen Moosbarg zu banse, nnd es bleiben also
nur hoecbstens 7 namen, die Salzburgern eigen sein könnten,
was nach allem hoechst unwahrscheinlich ist Es wird also die-
ser alamannische diphthong, der auch noch weit ins bairische ge^
bW^ hinein galt, dennoch die geographische grenze seines ge-
brau fehs schon westlich von Salzburg gefunden haben müssen. —
Ich habe bereits an einem andern orte dargethan, dafs sich als
zeit der geltung von oa mit ziemlicher genauigkeit das Jahrhun-
dert von\750 — 850 angeben läfst; damit stimmt auch sein vor-
kommen bei den durch Karajan in diese zeit gesetzten Schreibern
» (780— 8ty)), b (780—810) und x (800), und wir werden des-
halb zwei v>pn Karajan unbestimmt gelassene Schreiber, nämlich
dd (der OadaJger, Oadalhilt, Oadaluuih und Oadilolf hat) und
oo (der Oatilo und Roacheri schreibt) mit grofser Wahrschein-
lichkeit in die zeit von 750—850 oder da das verbruederungsbuch
erst 780 beginnt, beide Schreiber aber nicht zu den fruehsten ge-
hoeren , genauer in die zeit von 800 — 850 setzen. Noch eine
sprachliche bestaetigung dieser bestimtnung finden wir darin, dafs
beide Schreiber auch noch den diphthong ai kennen, der wie ich
oben bemerkte, um die mitte des 9. Jahrhunderts um Salzburg
schon verklungen ist*).
Da hienach fuer unser gebiet ein unmittelbarer uebcrgang
ans 6 in uo ohne Zwischenstufe oa anzunehmen ist, so liegt es
uns ob, den Zeitpunkt dieses ueberganges zu fixiren. Es ist zwar
nicht zu leugnen, dafs sich uo schon am ende des 8. Jahrhunderts
gebildet hatte und in denselben wortstämmen wie ö galt (so
z. b. schreiben a und li neben hröd und möt schon hruod und
muot), indessen ist bei den nm das jähr 800 herum schreibenden
a U * x das 6 durchschnittlich noch viermal so häufig als uo.
Um das jähr 850 schrieben die Schreiber dkq; bei ihnen ueber-
wiegt 6 noch um mehr als das doppelte. Um 900 sehn wir bei
• und qq noch immer vorherrschen des 6. Es ist schade, dafs
*) nachtraeglich sehe ich, dafe in col. 96 unserer quelle oo da su
schreiben beginnt, wo X (800) aufboert, und dafs q (820-860) erst
in die von oo gelassenen lücken eintraegt, was mit obiger sprachlicher
bestlmmung schlagend uebereintriflV
346 Foretemann
sich im 10. Jahrhundert selbst keine genau zu bestimmende und
zugleich häufig eintragende band im verbraederungsbuch findet,
sonst wurde uns der in diesem Jahrhundert geschehende um-
schwung noch deutlicher vor die äugen treten. Um 1010 traegt
y ein, er kennt nur noch ein 6 (Rotpurch), aber fünfzehn uo.
Im 12. jahrhund, z. b. bei C, Q und ß sind die 6 vollends nur
ganz sparsame erscheinungen und es ist fast mit gewifsheit anzu-
nehmen, dafs die traeger der dahin gehoerigen namen nicht um
Salzburg zu hause waren, was sich auch von mehreren derselben
nachweisen läfst. Die zeit des ueberganges ist also zwischen 900
und 1000 zu suchen.
IV. AU, AO, OU.
Hierher mufs ich das spaetere dem goth. au entsprechende
6 ziehen, da es zu unsern lauten etymologisch gehoert. Die uebcr-
sicht sämmtlicher vier zusammengehoerigen laute ist folgende:
abcde fgh 1 jltlmnepqr
au 6 5 1— 1
ao 66 12 — 9 — i 3— 8 2 2 5 45
6 32 17 4 11 1 1263434 11357 11
ou 1 1 1
8 t u v w x bb cc dd ee ff gg hh ii 11 nn oo pp i^q^ rr
au— 1 1 1 —
ao 1 3— 2— 6 1 2 2 32
6—2133 Ii 1 1—38 2 2 25—2—2 l
ou 1— 3 1
ss C E F «H I BTP Q VWX a ß y d e f n
au 1— l
ao
6 1 10 1 2 1 1 1 1 5 2 2 1 — 13 10 5 1 2 2 2
ou ■
Au, der eigentliche stammlaut der drei andern, erscheint nur
noch bei den Schreibern ft und b, d. h. gegen 800, einige male,
aber auch bei diesen nur ganz ausnahmsweise; aafserdem finde
ich ihn in der ganzen Urkunde nur sieben mal, von welchen
Gaunno bei hh eine unsichere lesart ist, Maurus bei t als undeutsch
gelten mufs und Hyrsaugia bei TL ein seh waebi scher ortsname ist.
Wirkliche geltung hat also der diphthong um Salzburg von ende
sec. 8 an nicht mehr.
Ou hat nur in dem einzigen Outpurh sicher seine eigentlich
ahd. bedeutung, vielleicht auch in dem zweimal erscheinenden
die diphlhonge im verbruederungsbuch von St. Peter. 347
Oato. Ia den uebrigen formen Hartmoat, Roudpirc, Oudalpirc,
Oudalperht, Oudalheri, Oudaluuar, Hroucholf steht es, wie das
auch sonst in Damen nicht selten ist, ganz unorganisch fuer ge-
meiuahd. no. Dies schwanken mehrerer mundarten zwischen uo
und ou, die spaeter ganz verschiedenen lautgruppcn angehoeren,
verdient fuer die Zukunft einmal genauere erwaegung. Ich be-
merke hier, dafs ich nur diejenigen formen iu anschlag gebracht
habe, in denen die handschrift deutlich ein ou liest; wo das u
ueber dem o steht, schien mir öfters eine Verwechselung mit
dem blofsen längezeichen vorgegangen, häufig auch erweist sich
der wiener abdruck grade in diesem punkle als ungenau; text
und regisfcr weichen darin oft von einander ab. Daher mufste ich
jene uebergeschriebenen u ganz aus dem spiele lassen, bemerke
aber, dafs auch in den 40 — 50 fallen, in denen sie sich in der
handschrift zu zeigen scheinen, meistens unorganisch fuer uo ste-
hende ou anzunehmen sind.
Nach aussonderung des au und ou als ungebräuchlicher diph-
ilionge bleiben uns nun in dieser gruppe noch ao und 6 als re-
gelrechte laute ueb r ig, jenes als der aeltere, dieses als der jüngere.
Bei dem Schreiber a ist ao noch doppelt so oft vorhanden als 6;
er braucht aber beide laute ganz ohne unterschied; so lesen wir
bei ihm Aotmar neben Otpald, Adalgaoz neben Mahalcöz, Caoz-
perht neben Gözperht; sogar Schwankungen in demselben worte
begegnen, wie in Aostargöz. Merkwürdig ist es, dafs der schrei-
bet' i* (nach Karajan 780), der schon oben das ei dem ai im Wi-
derspruch mit seinen Zeitgenossen vorzog, auch hier sich dem
jungern laute zuneigt; ist es vielleicht moeglich ihn in jüngere
zeit zu versetzen, zumal da seine lebeuszeit nur durch ein ein-
ziges datum festgestellt wird?
In der zeit von 800—850 (vgl. die schreiber d, I, 1&, q)
halten sich ao und 6 ziemlich genau das gleichge wicht, doch
mufs bald darauf das 6 ueberwogen haben, denn gleich nach
1000 ist der ältere laut schon bei den Schreibern II, V, «, y
gar nicht mehr zu finden, auch bei allen spaeteru erscheint er
nicht mehr ein einziges mal.
Ein spalten des goth. au in zwei verschiedene laute je nach
dem folgenden codsonanten , das sich sonst in den ahd. mundar-
ten bemerken läfst (vgl. Grimm gramm. I), ist in den namen des
verbruederungsbuches durchaus nicht nachzuweisen. Stämme, bei
denen auf das au ein b p f m g k ch folgt, welchen eigentlich
348 Förstemann
ein längeres festhalten des alten dipbthongs zukommt, finden sich
in den eigennamen selten, so dafs die wenigen der art ganz in
die regel der uebrigen masse (wohrlndti folgen) hinueber-
gezogen werden.
V. AE.
Folgendes ist die uebersicht dieses lants:
» r ilh lklsp 4' s uxeeggnnoopp
58 12 6 1 2 2 3 1 1 3 4 1 2 4 1 1 2 1 l
Es waehrt also das ae nur bis ums jähr 900, spaeter ist es
gänzlich untergegangen. Seiner bedeutung nach ist es in den
meisten fallen deutlich nichts weiter als ein umlaut von a, z. b.
Aengilscalh, Aengilperht, Aengüheri, AengUgaer, Raegindrud, Rae-
ginfrid, Raeginolf, Raegino, Haerirount, Aegilperht, Aeti, Uuaern-
haeri (Warinhari), Aernold (Arinold). Nach dieser analogie leite
ich das im verbruederungsbuche sehr häufige Gaer-, -gaer ans
der form Gari her, die sich in altern bairischen, fränkischen,
langobardischen Urkunden öfters findet (Garibald, Garibert, Gari-
fus, Gariard, Garimar, Garimund, Garivald), nicht aus Gair-,
' welches namentlich im westfränkischen dialekt des 8. Jahrhun-
derts erscheint und erst aus Gari — (wie Hair — aus Hari — )
transponirt ist Freilich weist jenes Gari— selbst auf ein älteres
Gairi (Gairu — ) zurück, das indessen in ahd. namen nicht
ueberliefert ist (wol aber in den nordischen auf — geir). Mir
scheint die folge dieser formen diese:
Gairu
Gairi .... altn. Geir
Gäxi .... ags. Gar
Gair Gaer Ger
Emitaerc fasse ich als Emithari und vergleiche wegen des
ersten theils Amathildis urk. v. 656 (N. 327) bei Pardessus.
Amadildis pol. Irm. s. 15, Amatlaicus pol. Irm. s. 126, Emita urk.
v. 822 (N. 396) Dronke.
Die form Naothaert ist zwar auf den ersten blick auffallend,
doch begegnet in diesem stamm auch sonst umlaut, z. b. in Hert-
ger urk. v. c. 1080 (N. 242) Lacombl., Heredrich fuer Herdrich
urk. v. 1033 (N. 169) Lacombl., Hertwin urk. v. 1090 (N. 239)
Kausl., Haertwich mon. Germ. XI, 552 (auetar. Cremifan.), Hert-
wic urk. v. c. 1030 mon. Boic (VI) u. s. w. — Aehnlich zu beur-
theilen sind in unserer Urkunde auch Meginraet und Selphraet
die diphthonge im verbraederungsbucli von St. Peter. 349
Aas alle diesem geht hervor, dafs sich im verbruederunga-
buche keine spur des fuer ursprüngliches ai stehenden und aus
demselben unmittelbar hervorgegangenen ae findet, das sonst zu-
weilen, aber selten, in älteren handschriften vorkommt. Es steht
vielmehr dem unorganischen spaetern ei gleich, das selbst aus a
umgelautet ist, wovon ich oben einige beispiele angefuehrt habe.
Die betrachtung dieses ae kann hienach erst bei einer um-
fassendem Untersuchung der umlautsverh<nisse recht fruchtbar
werden, und einer solchen Untersuchung ist unsere quelle sicher
auch werth, so dafs wir sie ihr fuer die zukunft wünschen
müssen.
Am Schlüsse' dieser diphthongenuebersicht finden noch einige
auffallende formen ihre stellen. Ich 'lese im text des verbruede-
rungsbuchs 69,3 von verschiedener hand die beiden namen Perht
und Roeda, woraus das register ein Perhtroeda macht; fast das
einzige ahd. beispiel eines oe, wenn die lesung wirklich sicher sein
sollte. Feylhart 24,7 zeigt ein ey; den ersten theil des Wortes
kann ich nirgend sonst in ahd. namen belegen; eine aehnliche
form scheint Feilgon 71,ie; beide formen, die kaum zu feili ve-
nalis gehoeren können, seien fernerer aufmerksamkeit empfohlen.
Triphthonge im ahd. entstehen meines wissens immer (worauf
sonst noch nirgend geachtet ist) aus Vermischung zweier diph-
thonge, zwischen denen der Schreiber schwankte; so lese ich in
unserer quelle ieo (io — eo) in Dieotpreht und Dieoza, aei (ai —
ei) in Aeino, Aeingtnger, Haeilnit, Staeinahenses, ieu (iu — eu) in
Lieupurc. Hiltikiaer scheint reiner Schreibfehler. Das sonst be-
kannte uoa (uo — oa) begegnet im verbruederungsbuche nirgends.
Fassen wir die regel der diphthonge des suedoestlichen
Baierns (denn fuer ganz Baiern ist sie nicht genau dieselbe), wie
sie sich aus unserer quelle darstellt, in eine uebersicht zusam-
men, so ist diese folgende:
ao
6
sec.
8.
ai
iu
6
sec.
9.
!«
iu
6
sec.
10.
ei
iu
uo
sec.
11.
ei
iu
uo
sec.
12.
ei
iu
uo
o
d
ö
Wenn es gelungen sein wird aehnliehe uebersichten ueber
eine groefeere menge von gegenden aufzustellen, dann werden
sich aus deren vergleichung allem vermuthen nach nicht uner-
hebliche resoltate ergeben. Namentlich wird sich zeigen, dafs in
350 Schweizer
den eroberten ländern der deutschen dieselben lautverhältnisse
ueber weit groefsere strecken landes gelten als in dem muttcr-
lande. So finde ich durch ganz Frankreich vom Rhein bis zum
Westen hin (mit ausnähme eines schmalen alamannischen Strei-
fens) fucr das 8. und 9. jhd. kaum einen erheblichen dialektun-
terschied, und eben so scheint die iangobardische mundart Italiens
durch das ganze land ziemlich dieselbe zu sein, wa ehrend um
dieselbe zeit in Schwaben. Baiern und am Main durchaus meh-
rere oft stark unter einander abstechende schattirungen derselben
hauptmundart angenommen werden müssen. Doch gehoeren zur
auffind ung dieser schattirungen noch immer bedeutende vorarbeiten.
Um aber schÜefslich zum Salzburger verbruederungsbuch zu-
rückzukehren, so ladet grade seine natur noch zu manchen ein-
zelforschungen ein. Gebrauch oder abfall des h im anlaut vor
consonanten, Verhältnis der tenues und mediae zu einander, um-
laut oder nichtumlaut, vocalabschwächung, namentlich die der
thematischen vocale, und so manches andere, was in die lautlehre
einschlaegt, in bezug auf den Wortschatz aber eine Zusammenstel-
lung der um Salzburg in namen heimischen und nicht heimischen
wortstamme, alles das sind fuer die Zukunft noch lockende auf-
gaben.
Wernigerode. E. Förstemann.
De titolo Mummiano. — De miJiario Popilliano ud de
epigrammate Sorano. — De Aletrinatium lapide.
(Drei akademische gelegenheitsschriften von prof. dr. Fr. Ritschi.
Bonn 1852)
Für eine sichere künde der echten gestalt lateinischer sprach-
formen und vorzüglich für eine genauere bestimmung der zeit,
in welcher gewisse von ihnen auftreten, ist im einzelnen beson-
ders während der letzten jähre sehr bedeutendes geschehen, da sich
einige der ausgezeichnetesten, durch ihre gründlichen auf breiter
grundlage aufgebauten forschungen und durch kritischen Scharf-
blick vor allen berühmten philologen Deutschlands mit eigen-
thümücher Vorliebe derlei Untersuchungen zugewendet, mochte
dieses auch nur einzeln mit dem gedanken daran, das fundament
de titolo Maroraiano. 351
einer lateinischen Sprachgeschichte zu legen, in den roehrern fal-
len zunächst zu dem zwecke geschehen, möglichst reine und wahre
texte von römischen Schriftstellern herzurichten oder anderweitige
historische resultate zu erreichen. Wir nennen als männer, wel-
che auf diesem felde thätig gewesen, vor andern Bergk, Fleck-
eisen, Mommsen, Ritschi; in anderer weise und mit besonderer
methode bewegten sich Aufrecht, Curtius, Kirchhof? u. a. auf dem-
selben gebiete. Die resultate dieser mühevollen und eindringenden
Forschungen, auch der forschungen derjenigen, welche den x<xt'
f±°X*iv sogenannten philologen angehören, sind selbst unter den
engern fachgenossen bei weitem nicht genug und nach verdienen
bekannt und gewürdigt; und eben so hat sie die vergleichende
Sprachforschung noch lange nicht in dem grade in ihren kreis
aufgenommen, als es wünschbar und nothwendig ist. Wir glau-
ben demnach nichls nnnützliches zu thun, wenn wir einen Iheil
derselben und wohl so ziemlich die neuesten hier zur spräche
bringen; ein andermal ist es uns vielleicht möglich ihren gesamin
ten vorrat h übersichtlich zusammen zu stellen. Am wichtigsten
müssen uns die resultate sein, welche aus den vcrhältnifsmäfsig
lautersten und untrüglichsten quellen geschöpft sind, zumal wenn
sie durch eine ansehnliche zahl von belögen erhärtet werden kön-
nen; nnd das ist vorzüglich mit denjenigen der fall, welche in
den oben bezeichneten abhandlungen über mehrere von den inter-
essantesten lateinischen Inschriften geboten werden. Wir versu-
chen es, diese crgebnisse in die betreffenden fächcr der gramma-
tik einzureihen, und gelegentlich wollen wir einzelne bemerk un-
gen hinzufugen, welche uns anderswoher gewonnenes material
an die hand gibt, oder zu denen uns die Sprachvergleichung
veranlafst undbefähigt. — Ritschi verfolgte in diesen Schriften
mit grofser Virtuosität und mit trefflichem erfolge eine sichere
methode: mit ausgezeichneter künde des Stoffes und mit wahrhaft
beiieidenswcrthein Scharfsinne wird das grofse material der In-
schriften gesichtet und alter nnd dauer der einzelnen spracher-
scheinungen ermittelt; auch in die werkstätte der gleichzeitigen
römischen dichter und gramraatiker werden uns da lichte blicke
geöffnet und in überzeugender weise die auffallenden Wirkungen
aufgezeigt, welche ihre bestreb ungen ausübten. Es ihut uns leid
um unsere nächsten Zweckes willen und des charakters dieser
Zeitschrift wegen hier absehen zu müssen von Ritschis schöner
und überraschend einfacher darstellung des saturnischen verses,
352 Schweiier.
von seinen feinen bemerkungen Ober die ersten auf Inschriften
erscheinenden lateinischen hexameter und über die gestalt derarti-
ger carmina Oberhaupt n. s. w.
Der gewinn, den wir auszulegen haben, scheint wesentlich
ein orthographischer; aber die Orthographie oder besser die Schreib-
weise, die jedesmalige Schreibart des Wortes weist uns ja immer
auf die ausspräche hin, und diese ist wesentlich zur forschung
über die entstehung, wenigstens über die nationale anschanang
der sprachlichen formen.
I. Zur lehre von den lateinischen vokalen.
Die doppelung des Zeichens zur andeutung eines langen vo-
kales ist weder so alt, noch war sie so vielfach gebraucht, als
gewöhnlich auf unkritische nachrichten hin angenommen wird.
Ritschi hat durch eine scharfe und strenge vergleichung der In-
schriften erwiesen, dafs dieser gebrauch kaum vor 620 U. C. be-
gonnen und bald nach 680 wieder aufgehört*), dafs er aber auch
innerhalb dieses Zeitraums durchaus nicht allgemein war. Wie
R. in der zweiten seiner oben bezeichneten Schriften s. 22 ff. durch
eine feine Untersuchung darthut, ist diese Schreibart erst durch
den dichter und grammatiker Attius (584 — 670) ins lateinische
eingeführt worden. Dafs die neuerang nicht weiter um sich ge-
griffen, davon liegt die Ursache theils gerade darin, dafs es eine
plötzliche neuerang war, theils aber ward sie von dem geistrei-
chen dichter Lucilios, welcher, wie auch andere römische dich-
ter, namentlich ein Ennius, ebenfalls der grammatik pflegte, ernst-
lich angefochten. Die gemination war aber auch von Albus nicht
auf alle vokale ausgedehnt worden, sie betraf nur a, e, u, nicht
aber i und o. Als zeichen für i fand er schon £1 vor, welches
allmählich neben dem noch frühern E (c) aufgekommen war;
und oo für 6 konnte er von den Oskern, denen dieses zeichen
mangelte, nicht aufnehmen. Denn Ritschis ansieht, dafs A. diese
Schreibart nicht willkürlich erfunden und rein aus seinem köpfe
geschaffen, sondern sie von den unstreitig gebildeten und in der
bezeichnung der laute recht feinen Oskern entlehnt habe, ist
*) VV im accus, plur. der vierten declination scheint .eine beson-
dere ausnähme zu machen. Mominsen weist es uns mehrfach bis ins
erste und zweite jahrh. nach Chr. hinein nach,' freilich immer hinter c,
PORTICVVS, LACVVS etc.
de titnlo Mammiano etc. 353
wohlbegrundei. Uebrigens ist bekannt, dafs die gemination der
vocale auch im oskischen «nur in beschränktem mafse zur an-
wendung kam." Und ebenso kam die umbrische weise, lange
vocale durch doppelung mit zwischengesetztem h oder mit hin-
zufügung eines h zu dem einfachen vocale anzudeuten, wenig-
stens nicht durchweg zur geltung; aber hier fehlte ihi. ih für i
und oho, oh für 6 nicht. Aehnliche versuche wurden, wie wir
wissen, im althochdeutschen schon und zwar in dessen frühesten
denkmalen gemacht (Grimm d. gr. 1,90). «Doch solche Schrei-
bungen blieben ausnahmen und Seltenheiten.»
Stalt des dipht bongen AI oder später AE erscheint auf dem
miliarium PopilHanum (a. u. 622) einmal die form AEI in CON-
QVAEISIVEI. Aufserdem weifs sie R. nur noch zweimal aufzuwei-
sen Caeicilius auf einer inschrift vom jähr 613 und dann auf einer
münze, welche die ältere Schreibart länger erhielt. Das können
wir doppelt fassen: es soll damit entweder der einflufs des fol-
genden i auf a hervorgehoben werden, so dafs ae zusammenge-
hört und i nachschlägt, wie in althochdeutscher Orthographie ver-
einzelt ai st. e sich zeigt; oder aber ei ist = oskischem i, wie
denn osk- ai gerade in dem worte kvaistur auftritt, so dafs da-
mit ein mittellaut zwischen e und i bezeichnet wird. Wichtiger aber
scheint uns, dafs auf alten denkmalen und bis nach 640 IL C.
in vevbalen Zusammensetzungen noch ae sich findet statt des
später gebräuchlichen i, während umgekehrt um dieselbe zeit in
gewissen compositis i erscheint, statt des nachher gangbaren ae.
So finden wir conquaero und exaestumo, und neben ihnen pertisum,
distisum, deficaiam. Ueber pertisum und distisum hat Dietrich I.
8. 550. gesprochen, und nach seiner auffassung ist dieses statt
des spätem -taesum leichter zu verstehen als conquaero, exquaero,
exaestumo st. conquiro, existumo. Wir sehen daraus, dafs eine
geringere oder bedeutendere hervorhebung des verbalen thciles
der composition zu verschiedenen zeiten verschieden stattfinden
konnte; vielleicht läfst sieh in der folge auch die widerstehende
kraft eines folgenden consonanten oder einer consonantenverbin-
dung aufspüren.
E, e für ein später consequent auftretendes i ist altert hum-
lich, und sein gebrauch auf Inschriften hört im ganzen mit dem
jähre 620 U. €. auf, so dafs R. aus der folgenden zeit nur drei
giltige beispiele beizubringen weifs. Auf den hier behandelten
inschriften finden sich mereto, mereta, semol, soledas, calecandas;
IL 5. 23
354 Schweizer
die drei spätem beispiele sind : Decluninebus, posedet f. possidet,
oppedeis. In einigen dieser Beispiele ist e entschieden ans ur-
sprunglichem a geschwächt — den aasdrack brechung vermeide
ich hier absichtlich — , so in posedet f. posidet, ans pot und der
würzet sad, sed, ed, in oppedeis, dessen zweiter f heil sicher dem
skr. padam, griech. nidov entspricht, und in semol. Offenbar
stammt dieses adverbiam von skr. sama, griech. 6po9 gotli. sama
etc., wie auch das gleichbedeutende, aber nicht gleich gebildete
simitu: dieses scheint uns einem skr. samatha zu entsprechen)
während simul ein samatra, samatra voraussetzt, wie cor ein cutra
und -eul in proeul ebenfalls ein kutra. So ist auch in soledus
e zuletzt ans einem a, o hervorgegangen und darf nicht eigent-
lich als bindevocal aufgefafst werden; denn soledus ist = solodos
«grund, boden verschaffend oder gebend, fest.» Calecandam st.
calicandam zeigt ein — vom lateinischen Standpunkte aus — ein-
geschobenes e, über welches im verfolge besonders zu sprechen
sein wird. In mereto o. s. f. mag der bindevokal in älterer form
erhalten sein, jedenfalls können wir nieht behaupten, dafs hier c
einem alten i entspreche; und eben so wenig läfst sich das für
e in tempestatebus aufstellen. Auch dieses e ist vom römischen
Standpunkte aus kaum anders denn als bindevocal zu fassen, so
sicher es auch ist, dafs -tat and griech. rtjr ein altes Uli vor-
aussetzen; der genetivus -ium, der in solchen bildungcn auftritt,
zwingt uns nicht anders zu entscheiden. Schwerer ist es, die auf
den tafeln von Heraclea erscheinende form habetabetur zu recht-
fertigen, wenn wir darin nicht einen idiotismus erblicken wollen,
der in einer Verwirrung, auf die wir später zurückkommen, ge-
gründet ist. Doch im gründe ist auch in dieser form e, 1 binde-
vocal and nicht altes 1; ja wir wollen es nicht als eine Unmög-
lichkeit ausgeben,. dafs e in bet — aus beit, bet hervorgegangen
sein könnte, da das fut. conjunetivisch gebildet ist und — bo
aus bjo entstanden scheint. Viel seltener als vor consonanten
findet sich auf Inschriften e st. 1 vor vocalen, 60 auf der Ficoron.
cista, deren sprachliche eigen thürn lieh keiten von nnserm treffli-
chen Mommsen zusammengestellt und erörtert worden, iilea f.
filia, und wie dieser gelehrte angibt, auf einem recht alten steine
Feronea st. Feronia : dieses e — offenbar ein altes i oder j — scheint
uns besonderer art zu sein, und wir möchten es fast dem ahd.
5a für ja, ia dem gr. e in ya/«ö}, noUtog vergleichen. Gehen wir
nun auf die Schreibart der besten codd. über, so sind da e und
de titolo Mmiimiano clc. 355
i als bindevocal oder themavocal ununterschieden gebraucht in
den formen gemebundus, tremibundus n. a. Anderseils bieten in
einigen vv. auf -sco, weiche von stammen der zweiten conju-
gation ausgehen, die vorzüglichsten manuscripte des PJautus, Ci-
cero nnd Livius i als bindevocal, in conlicisco, delitisco; für. lu-
ciscit spricht die handschriftliche autorität im Terenz, und als
altertümliche form für flaccescit wird uns flacciscit ange-
fahrt; umgekehrt erscheint bei Attius fragesco, welches aber viel-
leicht nicht unmittelbar von frango herkommt. Ob da die
grieeb. evQiaxco etc. eingewirkt haben? Oder ist das geschichtliche
verhälhiifs das, dafs auf ein ursprunglicheres -esco -isco giltig
ward und dann die reflectierende grammalik wieder zu trennen
und zu ordnen strebte? Auffallend und uns noch nicht ganz klar
ist der Wechsel, von e und i in den fällen, welche Lachm. ad
Lucret I, 1 besprochen hat Den beispielen filca und Peronea
entsprechen die handschriftlichen labea neben labia und labeones
neben labiones. Andere erscheinungen übergehend führen wir hier
noch an, dafs nach einer im rhein. mueeum niedergelegten Unter-
suchung Ritschiff, welche mit auf die vorzüglichsten handschrif-
ten basiert ist, ein ursprüngliches e — oder ein e, dessen einstige
länge aus dem volksbeWofstsein völlig verschwunden ist in
der Zusammensetzung vor consouanten in 1 übergeht. Ein ge-
schwächt«* ursprüngliches a ist dasjenige e, welches ßr älteres
lat. o, u im part. fut. pass. etc. erscheint. Die formen auf -endus
sind gar nicht so überaus jung, wie gewöhnlich angenommen
wird; schon im S. C. de Bac. findet sich sogar faciendam, und
im siebenten jahrb. halten sich auf den Inschriften die formen auf
-endus und -undus so ziemlich das gleichgewicht. Fassen wir
alles zusammen und bedenken- wir, dafs selbst die besten codd.
auch in dieser beziehung nur relative geltung haben, so dürfen
wir mit ziemlicher Sicherheit behaupten, dafs vom nationalen
Standpunkte aus lat. e für älter und stärker gelten mufs als das
später für dasselbe eintretende 1; übrigens zeigen sich — abge-
sehen vom auslaute und von den. endungen — auf schriftlichen
denkmalen wohl nur selten spuren von einem e für stamm- oder
wurzcjhaftes, in den verwandten sprachen wohlbegründetes 1,
und e wird weit aus in den meisten fallen die bestimmt erkannte
übergangsstufe von a zu i bilden. Ein unorganisch aus 1 gebreite-
tes 8, wie es allerdings in den -übrigen ital. dialekten nicht an
deren- vortheil häufig auftritt, bricht also im lateinischen seltener
23* »
336 Schweizer
hervor, d. b. ein fcssura f. fissura, «in Ted« f. «des, ctn da f. ita
wird wohl nicht auf denkmaien erscheinen; erschienen sie aber,
so müfsteu «ie vom nationalen Standpunkte ans als die 5llr-
ren formen aufgefafst werden. Ob em rar im, enm eine solche
bildung »ei, ist mir noch nicht ausgemacht, da mm sanskr. im
(wie kirn, «im) zu entsprechen scheint, üeber auslautendes e in
mare, mage, pole, levc, amabare etc., e in den endungen, wie
aediles, im Schlüsse von Zusammensetzungen, wie in-dcx, vin-dex.
comes sprechen wir ein andermal.
Langer als £ tiir i dauert auf inschriften der gebrauch von
E, e filr und neben Ei, I (R. bringt dafür ein beispiel vom j. 656
U. C. bei), so in IVRE DEICVNDO, im inlaote (aber vor r) in
PAPER1VS u. a. Besonders heben wir hier den unten weiter
su besprechenden fall heran*, wo ES für späteres EIS im nomi-
nativus plur. von o -stammen erscheint, als QVES, CONSCRIP-
TES, DVOMVIRES u. a. Solches ES verschwand lange vor der
sullanisclien zeit aus den denkmaien. In dieser Verwendung des
E und überhaupt im gebrauche dieses lautes und buchstabens be-
rührt sich das altlateinische aufs engste mit dem umbrischen, und
wir dürfen darum ohne weiteres auf die so gediegenen forschon-
gen von Aufrecht und Kirchhoff verweisen. Auf e für i in der
bauernspracke gehen wir hier nicht ein.
EI ist, wie in den italischen dialekten überhaupt, so auch
im lateinischen durchaus nur Vertreter des langen !, aber jeden-
falls diesem in der ausspräche so wenig ganz gleich, als das go-
thische EI, da wir es in einzelnen feilen ganz bestimmt als uber-
gangsstufe von ai, oi, e zu i finden. El wurde nicht richtig in
einzelnen fällen auch für 1 verwendet, so in eidem ious in der
sent. inier Genuat; und Ritschi selbst bringt im rhein. museum
FACEIVndum und SE1BI bei. Sollte es nicht auch zuweilen
ein oskisches i d. h. ein zu e hinneigendes i ausdrucken, wie es
umgekehrt etwa im ahd. ein durch i afficirtes ä bezeichnet? Als
Attius seine neuerung in betreff der langen vocale einführte, stellte
er für i nicht ein ii auf, sondern verwendete au dessen stelle
das hergebrachte EI, welches nun seit 620 U. C. besonders häu-
fig auftritt. Diese bezeichnung fand auch um so eher aufnähme,
weil Lucilius in dem stücke nicht durchaus anderer ansieht war;
nur wollte er die beiden möglichen Schreibweisen 1 und EI zu
sicherer ausscheidung sonst zusammenfallender formen benutzen.
Erst gegen das ende der Augusteischen herrschaft ward wieder
de litulo Mumniiano elc. 357
durch eine neue thcorie das grofse oder lange 1 für ii eingeführt,
während die Verlängerung der übrigen vocale durch ein accent-
zeichen angedealet ward. In der abhandlung über den tit. Mnnim.
pag. XVI. bespricht R. einzelne formen, welche £1 zeigen, wäh-
rend für spätere zeiten die kürze der betreffenden siJben feststeht
oder neben der länge auftreten kann. Als falsche und nicht recht
beglaubigte erschein ungen werden QVEIBVS nnd SEINE aufge-
führt. Aber es scheint uns nicht unmöglich, dafs die erste silbe
von SEINE, sine wirklich einst lang war: seine scheint gleich-
gebildet wie pone (ans posne), dene in denique aus de u. a. d. h.
es scheint zusammengesetzt aus sed, se, dem ablativus von se,
sva, der auch selbst schon in dieser bedeutung vorkommt, und
ne, dem locat. von na — eine bildung, die, wie in den italischen,
griechischen und ^germanischen sprachen, so auch im sanskrit
nicht selten auftritt. Wir wagen freilich nicht für diese Verkür-
zung des inlautenden e, ei nisi anzuführen, das z. b. Freund aus
u ei, ni -si entstehen läfst. Wohlbegründet ist die länge in SEIT.
Die echte gestalt dieses conjunctives im. lateinischen ist si£t, ent-
sprechend dein sanskritischen syät, eigentlich « er möge gehen zu
sein», und dem griech. ety z=.iairi(t)\ ja und ie wurde nach vie-
len analogieen in i, e, ei zusammengezogen. Die Verkürzung vor t
ist nach den forschungen Ritschis und Fleckeisens erst eine spätere,
wie in allen ähnlichen formen. Nicht weniger gesichert ist durch
den gebrauch der alten römischen dichter das i, ei in der ersten
und dritten person singul. des perf. indic, und EI in POSEDE1T,
REDIEIT u. a. darf nicht mehr als falsche Schreibart angefoch-
ten werden. Das faktische ist von Lachmaun zu Lucretius und
von Ritschi und Fleckeisen zur genüge nachgewiesen. Und die
länge des i wird wenigstens für die erste person überdies durch
das umbrische pihafei, piavi als alt bestätigt. Ein redieisti, re-
dieiinus, redieistis aber werden sich nicht aufweisen lassen. Wie
erklärt sich dieses e, ei, i? Dietrich in seiner interessanten beur-
theilung der Sprachvergleichen den beitrage von Curtius sucht die
länge in der ersten person durch die beobachtung zu begründen,
dafs im lateinischen auslautendes i und u selbst unorganisch ver-
längert werden — was sich etwa aus ihrer halbvocalischen natur
erklären dürfte. Aber umbrische« pihafei — denn im umbrischen
scheint Dietrichs beobachtung nicht giltig zu sein, und ei in der
dritten person erweisen diese erklärung, die sonst schon besser be-
gründet sein müCBte, als durchaus ungenügend. Und eben so we-
358 Schweizer
nig wird sich nun die dentung von Curflius halten lassen, wel-
cher meint, ei in der ersten person sei eine Verlängerung zum
ersatze für weggefallenes m, das ei vor t aber noch nicht kannte.
In der nmbrischen formenlehre von Kirchhof! — Aufrecht §.66 le-
sen wir: «Nachdem einmal die aoristnatur des römischen perfec-
tnms erkannt worden, machen wir darauf aufmerksam? dafs die
vedensprache uns erste personen des aoristes, wie badhim f. aba»
dhisham «ich tödtete» erhalten hat. Auf dieses im möchten wir
jenes 1 zurückführen etc.1* Die zurückfuhrung des lateinischen
perfectums auf den sanskritischen und griechischen aoristus in
beiden formen, der einfachen und sigmatischen, ist freilich keines-
wegs eine abgemachte sache und wird z. b. von Curtius * nicht
ohne grund bestritten ; wie das deutsche präteritüm zeigt, ist sie
auch nicht um derbedeutnng willen nothwendig. Noch bedenk-
licher dürfte es manchen erscheinen anzunehmen, es sei mit der
reduplicierten form oder mit der schon sigmatischen noch eine
zweite sigmatische verbunden worden: dedeit, posedeit, umbr.
rere, dessen auslautendes e so gut lang sein kann , als im latein.
dedet, standen für dadishat, dadit, posedishat, posedit, scrlpsi f.
scripsisham, scripsim u. a. Und doch, da das i als organisches i
fast erwiesen ist, wüfste ich keinen andern ausweg zu finden-
man müfste denn auch in der dritten person die länge durch an-
nähme eines ersatzes für eine, verkürzte endung vertheidigen wol-
len. Auf diese . weise erklären sich auch am einfachsten die
zweite person sing, und plor. mit dem sonst immer räthselhaften
und durch keine lat. - analogieen erklärlichen s, welches vor m
der endung mus ganz regelrecht und ohne weitem einflufs ge-
schwunden wäre, wie in Camena , Camillus u. s. f. An der Zu-
sammensetzung der dritten person plur. hat noch niemand, der
beobachtete, gezweifelt. Composition reduplicierter formen mit
einem hilfsverbum überhaupt und durch alle personen findet sich
aber auch im sanskrit (Benfey sanskritgr. §.836), und vielleicht
im griecli. perfectum, dessen xa uns sonst unerklärlich bleibt.
Von andern längungen in endsilben lateinischer Wörter, vor r, s,
t, die von beschränktem Standpunkte aus als unorganisch erschei-
nen könnten, sprechen wir in einer künftigen abhandlung ausführ-
licher. — Aufser diesen perfeetformen bringt R. aus Inschriften
TIBEI, SIBEI, IBEI, VfeEI , NISEI bei, welche er bereits in den
prolegg. zu Plauius p. CX1X. besprochen hatte. Man könnte an-
nehmen, in diesen formen und so auch in VTEI sei rein der um-
de tituio Muumiiauo clc. 359
stand Ursache der länge, weil hier i in den auslaut kommt, ge-
kürzt aber seien sie worden als jambische wortformen; und -
man durfte allerdings nicht behaupten, dal« das bewufstsein der
spräche geschwunden, wenn auch bei hinzutretendem enclitischem
que die alte länge fortdauerte. Ist es aber möglich £1, i ratio-
nell' zu erklären, desto besser. Am sichersten dürfen wir i als
alt und echt ansetzen in nisi, quasi u. a, da uns hier die übri-
gen italischen dialekte treulich zu hilfe kommen; denn si ist =
umbrischem sve (nisi = nosve), oskischem svai. Die silbe -bi in
ubi, ibi, tibi, sibi, — hi in mihi scheinen dem sanskr. -bhyani,
~fjyam zu entsprechen, neben welchem auch schon mit abgestofee-
nem m -bhya vorkommt; aus bja konnte -be, -bei werden, wie
im sanskrit ans kavjas kaves. Eine ähnliche erklärung gibt,
wie ich eben sehe, auch Bopp iu seinem neulich erschienenen
letzten hefte der vergl. grammatik. VTEi hat jedenfalls orga-
nisch langen austaut, mag es nun nicht nur dem sinne nach, son-
dern auch in der fonn==umbr. puze, oder mag ei eine ersatz-
delniung sein, sofern ein schliefsendes d abgefallen wäre, wie.
dasselbe im ablativ, im imperativu«, in red u. s. f. geschwunden
ist. Viel auffallender als all dieses ist uns die länge in suaveis,
hostis, quisquis , für welche Ritsch! in seiner ersten abhandlung
8. XVI. beweise aus hexaui eiern auf iuschriften beibringt Wir
gestellten, dafs uns ein innerer grund dieses £1 nicht klar ist:
snavis ist mit formen. wie tenuis, brevis u. s. f. zu vergleichen,
es ist — griech. jjovs, sanskr. svadu, wie tenuis = einem *rarvs^
skr. tanu und brevis = ßgaflig, d. h. diese adjeetiva auf u gehen
im lateinischen in die i-declination über, wie ähnliche Übergänge
auch auf dem germanischen Sprachgebiete statt finden und z. b.
goth. hardus = griech. XQaivSi skr. kratu, im genitiv bardjis, inj
daliv hardjamma lautet u. s. f. Hostis entspricht so genau als
•möglich dem deutschen gast, goth. gasts für gastis und ist mit
dem affixe -li gebildet, welches ursprünglich nicht bloß und al-
lein abstraeta gestaltet. Und quisquis ist doch nichts anderes als
eiu wiederholtes quis=:skr. ki-s. Im oskischen und uinbriseken
linden wir umgekehrt den genitiv in der i-deklination verstärkt
und das hat seinen guten grund, d. h. wenigstens seine bestimm-
ten analogieen. Dürften wir annehmen, das sei auch im lateini-
schen so gewesen und der genitiv habe auf die bildung des schon
sehr ähnlich erscheinenden nominativs zurückgewirkt, oder wol-
len wir solchen einüufs dem nominativ plur. einräumen ; oder ist
360 Schweizer
gar die vermuthung erlaubt, die reine i-dekiination sei überhaupt
im lateinischen verkümmert, und gar viele i-themate, namentlich
die adjectivischen, seien eigentlich ja-themata, wofür nicht nur
die analogie des gothischen, sondern auch innerhalb des laleini-
sehen die Übergänge zwischen dritter und fünfter declination xu
zeugen schienen, dann die w.w., die im nominativua -es und -is
neben einander zeigen wie ?olpes uud volpis, feles und felis.
Beiläufig bemerke ich noch, dafs wir nach den schönen Untersu-
chungen Westphals mit ziemlicher Sicherheit annehmen dürfen,
dafs das gothische sutis, tjdvg, snavis für sut jas oder suteia steht.
Sollte keine dieser vermuthungen stich halten, dann sind wir
freilich genöthigt, dem schliefsenden s zuweilen verlängernde
kraft einzuräumen, wie sie freilich unsers Wissens bei Eunius nnr
in der Arsis vorkommt, in den beispielen Ritschis zweimal in der
thesis wirkt. Ueberdies ist eine der Ennianischen stellen, in wel-
cher diese erscheinung sich im dat. plur. auf -bus zeigt: praepe-
tibus hilares etc. nicht auf gleichen fufs mit den übrigen zu setzen ;
und sanguis, pulvis haben ganz andere berechtigung, so dafs am
ende nur populus als belag für diesen rein lautlichen einflufs übrig
bleibt. Als reine dichterlicenzen , denen man auf durchaus kei-
nem rationellen wege beikommen könnte, mögen wir die obigen
quisquia, hostis, suaveis noch nicht ansehen.
O, o erscheint bekanntlich auf alten Inschriften häufig an
stellen, wo später statt seiner ein ü auftritt, d. h. es verhält sich
zu u, wie e zu i. Zunächst kommt es so vor für ein früheres
& in den flexi onsendungen des nomens und verbums und, dürfen
wir auf ein beispiel schlösse bauen, länger im letzleren. Die
formen -os, -om statt der gewöhnlichen -us, -um reichen, anfser
bei vorausgehendem v, kaum bis in den anfang des 6. Jahrhun-
derts hinein; denn ANT10CO auf einem denkmale vom j. 688
hat seine entschuldigung und begrün düng als griechischer name.
SONT erscheint noch um 620, während die übrigen belöge auch
für verbalformen DEDRO, DEDROT, COSENTIONT sämmtlich
nicht über das 5. Jahrhundert hinausgeben. Sonst bleibt o län-
ger 1) in Stammsilben, wie poplucus und poplicus; publicus ge-
winnt über poplicus und puplicus erst nach 643 ein ganz ent-
schiedenes Übergewicht, obgleich PVBLIVS sich schon auf einer
alten Scipioneninschrift zeigt. Die form nontiare st nuntiare
erscheint noch ums jähr 643 neben consulere; detolerit neben
dctulerit. In nontiare und poplicus ist freilich dieses o eigenthüm-
de titulo Mommiano etc. 361
lieber art, wie sich unten ergeben wird. 2) In nicht slaminbaften
silben oder solchen, die es wenigstens dem nationalen sprackbe-
wnfstsein nicht mehr waren, erhielt sich ein solches o ebenfalls
lange hinaas: Hercules statt Hercoles findet sich zuerst nm 608 und
populus um 620. Ein ganz anderer fall, wie schon gesagt, ist
es, wenn o sich nach vorausgehendem u oder v erhielt, da die
Römer es möglichst vermeiden, gleiche oder so ähnliche laute sich
unmittelbar folgen zu lassen. Vor beginn des 8. jahrh. oder vor
dem ende des siebenten werden daher kaum auf einer inschrift
vivus, arduum, confluunt, vivunt zu treffen sein ; ja nicht einmal
suus, tuas, suum, tuum, welche etwa als ausnahmen betrachtet
zu werden pflegen, haben irgend welche stutze in den Inschrif-
ten. — Die besondere form ollei för illei findet sich nicht ein-
mal auf denkmalen des 5. und 6. Jahrhunderts, und doch er-
scheint sie zweimal auf solchen, die dem ende des siebenten an-
gehören, da zuweilen ganz alterthumliche formen absichtlich her-
vorgezogen worden. Scbömann (zeitschr. für die Wissenschaft
der spr. 1, 259) hat in einer übrigens sehr beachtenswerthen ab-
handlang offenbar einen mifsgriff gethan, wenn er ollus von ille
ableitete, mit Verdunkelung des i in u, o. Er fährt dann fort:
«Auch die adv. uls, ultra «jenseits» gehören entschieden zu ille,
wie eis. citra « diesseits» zu hie, dessen h aus c geworden ist.»
Von uls und ultra sehen wir ab und bemerken nur, dafs die
herausgeber der umbrischen denkmale gewifs nicht ohne grund
umbr. hufra, hondra und griech. voreQog damit zusammengestellt
haben. Olle aber kann um so weniger = ille, wenigstens gram-
matisch nicht ans diesem entsprungen sein, da im oskisdien allo
= olla, illa vorzukommen scheint. Pott etyra. forsch. II, 134.
möchte beide w.w. als deminutive ansehen, ollus von an, wel-
ches auch in alius, alter u. s. f. sein n mit 1 vertauschte, ille von
18 (besser wäre zu sagen von id); er stellt also ollus, ille mit
ullus n. s. f. der bildung nach auf eine linie. Aber viel größer
ist die Wahrscheinlichkeit, dab hier composition vorliege, die
freilich nicht bis zur evidenz zu erweisen sein wird. Denken
n wir daran, dafs lat. sollus oskisches sollo, deutsch all anerkannt
und ausgemacht = salvus, skr. sarva, griech. olfog, dafs aber
schon skr. sarva aus satravat (mit dem « zusammen» versehen,
beisammen seiend) verkürzt sei, so wäre es nicht eine durch
nichts gerechtfertigte kuhnheit, al in allo, ollus aus atra, ar (vom
pronominalstamme a), il von ille aus itra, ir vom (pronominal-
362 Schweizer
stamme i) herzuleiten und dann -lus und -le entweder aus va,
ve oder aus ja, je entstehen zu lassen, in derselben weise assi-
miliert, wie in sollus. Gegen die deutung aus arva, irva spricht
jedoch das d des neutrums, so da£s wir jedenfalls ja = skr. ya
«qui»=:griech. og als zweiten theil fassen mufsten. Vgl. golh.
hvar-jis wer? eig. «der wo seiende»? Wir lau gnen jedoch nicht,
dafs die pronomina auch unmittelbar aus zwei stammen zusam-
mengesetzt sein können, so dafs man in -lus, -le eine «atslellung
von -tya, -dya sieht und ollus das umgekehrte deiva, goth. jains
wäre.
Ol. Auf den altern denkmalen erscheint nie die form OE
st. Ol in ploirume, oino, oinvorsei, foiderati, comoinem, oitile;
in curare und dem in den lauten ähnlichen moros zeigt sich u
nicht vor 643 U. C, und coerare, welches selbst im 8. jahrh.
gebräuchlich war, kam erst nach 640 in gebrauch, wie foedere,
oetantur, loedos, moerum. Aber neben OE dauert Ol bis nach
der mitte des 7. Jahrhunderts. Von den genannten Wörtern ent-
spricht oinus dem skr. ehas, dem goth. ains, nicht aber, wie
Heffter in seiner an mancher stelle ganz bodenlosen geschiente
der lat. spräche meint, dem griech. dgzztvgL <sevg. Denn we-
nigstens die ersten zahlen werden im indogermanischen sprach-
stamme sicherlich durch pronominalstämme ausgedrückt, wie ja
auch skr. eka , unus im oskischen als pronomen wiederkehrt
Foidus, foideratus sind offenbar mit zulaut (skr. guna) gebildet
aus fidere, nefaoficu, cf. ne'noi&a* Comoinis möchte sich am
leichtesten ebenso deuten lassen aus co und moinus Ton w. rai,
einer nebengestalt von mä, eig. «messen», aus welchem begriffe
eich schon im sanskrit auf den. ersten blick- gar fremdartig er-
scheinende entwickelungen zeigen; eben dahin gehören ntöeuia
und moenire; und moerus , " inurus unterscheidet sich nur durch
das affix. Das oskische miuniku etc. beweisen uns das alter die-
ses zulautes; unverwandt aber damit ist osk. comono, welches
freilich eben so wenig mit xoo'p? in Verbindung stehen wird.
Renfey stellte im gl ossär zum Samaveda das wort murus falsch
mit skr. mür «festung, mauer» (ursprunglich wohl omringung.
einzäunung von w. vr) unmittelbar zusammen, da sein mürus
eben nicht lateinisch ist; und sollte moirus, murus mit irgend
einer berechtigung mit skr. mür verglichen werden, so mü&ten
wir wenigstens eine weitere bildung aus derselben würzet an-
nehmen, und oi ähnlich erklären wie e in 6kr. ceru, kern u. s. f.
de titulo Mummiano etc. 363
Oitile, oitier u. 8. f. finden ihren verwandten im osk. nittiuf;
aber aber die etymologie des Wortes sind wir nicht im reinen.
Pott fragt, ob aus vi-yat, Benfey denkt an skr. yut für yu und
lä'fst die form oilier aufsei* äugen; wir wollen nicht eine dritte
eben so unsichere vermuthung hinzufügen. Ob coira, cöirare zu-
sammengesetzt sei oder einen zulaut enthalte (sie mit quaeso,
quaero zusammenzubringen scheint uns nicht gerathen), sein oi
ist gesichert genug. Wir denken bei diesem worte an die Wur-
zel kr, kar, und vergleichen mit oi das oben erwähnte skr. e,
d. i. ai in kerus und ceru. Loidere, loidus wollen einige, indem
sie freilich dabei nur die form ludus erwähnen, an skr. hläda
halten; andere (Bopp) nehmen als wurzei div «spielen» an, da
dieses auch in (d)jocos zu gründe liege. Wer diese ansieht sprach-
lich rechtfertigen will, wird aber etwas anders zu werke gehen
müssen, als es bisher geschehen; am wenigsten schwierig ist da-
bei der Übergang Von d in I, der auch in lacrima neben oaxgv,
goth. tagr, in lautia für dautia u. s. f. vorliegt. Vielleicht ist vor
-das ein consonant eingebüfst. . .
Fast noch schwieriger als Ol ist die lautverbindung OV.
Solches OV kommt um die mitte des 7. jalirh. nicht mehr vor,
aofser in den w.w. 10 VS, IOVSSI und ähnlichen. Das sind
gleichsam legalisierte formen, welche bis in den anfang des 8. jahrh.
hineinreichen, doch nicht unumschränkt, so dafs schon um 619
OV und V in denselben wechseln. Sonst tritt OV auf in NOV-
CERIAM für NVC. oder NOC, LOVCINA, LOVCANA, NOVN-
DINVM, PLOVS und PLOVRVMA, FOVRIO, DOVCERE, PO-
LOVCTA, POVßLICOM, ADIOVTA, CLOVACA, TOVTIA,
FOVLVIVS, CLOVLEl, SOVOS, SOVOM., FLOVlOS, CON-
FLOVONT. Mommsen hatte in seinem köstlichen werke über
die italischen dialekte s. 218 geäufsert: «Vielleicht läfst es sich
erweiseu, dafs in allen lateinischen wirklich alten inschriften ou
nicht u, sondern ov sei»; und Ritschi sagt in der abhandlung de
miliario P. p. 34: iam confidenter amplector, quod modeste Momm-
senias coniecit de diall. p. 217. seqq., non unius simplicis
vocalis loco illam esse OV scriptnram, sed o vocali et conso-
nanti composüam syllabam. In sehr vielen fällen ist dieses be-
stimmt richtig, dafs ov nicht nur nicht = u, sondern dafs es über-
haupt nicht, rein vocalisch ist, in conflovont, so vom, clovaca , über-
haupt *>ei folgenden vocalen; aber kaum fand dasselbe auch im
lateinischen vor dem consonanten statt in DOVCERE, und es will
364 Schweiz ei
uns fast scheinen, als sei der Übergang von ov in ou in NOVND1-
NVM, IOVS, PLOVS u. s. f. der grund gewesen, waram ein ur-
sprünglich folgender vocal ausfiel Eine ganz andere frage ist nun
die, ob OV ein zeichen für u (für ü sicher nirgcn<J) gewesen sei.
wie man das gewöhnlich annimmt. Den ersten grund gegen diese
annähme sieht R. darin, dafs neben ov auf demselben denkmale
sehr häufig ein ü vorkomme, und dafs gewisse w.w. uur ov, an-
dere nur ü haben. Zweitens erscheint, wenn sich die Wörter «i
ändern anfangen, in ihnen o vor dem späteren u. Drittens geht
aus CLOVL1VS nicht ein Clolius oder Clulius hervor, sondern
Cluilius oder Cloelius. Die von Ritschi angefahrten fälle sind
gar nicht alle gleicher art. In flovins und conflovont könnte man
zulaut annehmen, wie in Qtfog, (>(fG>, rrksfo), aXo/og^ aber ab-
solut notliwcudig scheint das nicht zu sein : wie in pluvia, wohl
alt ebenfalls plovia, so durfte auch in flovius und in conflovont
das v nur eine lautliche brücke bilden, d. h. aus u v in dersel-
ben weise sich entwickeln ab im sanskrit und deutschen; uv,
uu aber vermeidet das lateinische um des mifstons willen, ob-
gleich dieses in uva wohl sehr frühe bestanden hat*). Dieselbe
deutung würde auch für cloaca passen, welches wort jedenfalls
eine w. clu, sei diese nun einfach oder selbst schon componiert,
voraussetzt. Die namen CLOVIVS, Cloventius u. sr f. aber schei-
nen uns zwar — mit ausnähme vielleicht von Clovatius — dem-
selben bildungsgesetze zu folgen, sind aber kaum auf dieselbe Wur-
zel, wenigstens kaum auf denselben sinn der würzet clu zurück-
zuführen, sondern gehören wohl der wurzel clu an, die in skr.
era «hören», griech. xAi/a>, goth. hliu-man ihre bestimmten und
sicheren genossen findet. In sovos, sovom liegt uns ein zweiter
fall vor. Entweder ist hier, wie es Aufrecht -KirchhofT annehmen,
sva zuerst in su zusammengezogen worden und daraus mit gunie-
rung oder zulaut ein sava, sovo entstanden, oder aber es ist, wie
im althochdeutschen oft, die gruppe sv durch einen vocal ischen
laut, der sich unwillkürlich entwickelt, getrennt worden; und das
ist uns darum nicht unwahrscheinlich, da sva im sanskrit schon
adjeetivisch ist, während aus tva, tu mit tava, tovo, tuo erst ein
adjeetivuni gebildet wird, obgleich nicht verhelt werden darfc
*) übrigens scheinen in u?a diese laute nicht von jeher an einan-
der gestoben zu haben, da uva wohl == ugva «die feuchte, saftige» ist
und auf w. ukshv grieth. in 1790« zurückgeführt werden mufs.
de titulo HniDDiiano etc. 365
dafs im gotb. sveins seins ans, wie in svein zu sus, ebenfalls
eine neue adjectivischc bildung vorliegt. Endlich ist beachten*-
wert)), dafs im lateinischen sovos, saus zuweilen einsilbig gelesen
werden mufs, ja dafs statt snas geradezu sas f. svas sich geschrie-
ben findet, ein umstand, der freilich an sich nicht entscheidend
wäre. Sicher ist der zulaut in LOVCINA, LOVCANA, DOVCO,
POLOVCTA, ADIOVTA, TOVTIA, welchen durchweg wurzeln
mit dem vocale u zu gründe liegen werden. Denn die beiden er-
sten durften am ungezwungensten als ableitungen von w. lue, Xvh
(XevööOy tawco?) ru6 zu betrachten sein. Wollte man allzu ängst-
lich doueo von skr. döhmi (w. duh) trennen, so wäre der zwei-
fei geradezu unsinnig, welcher es nicht als dasselbe wort mit goth.
tiuha, ahd. ziuhn «ziehe», dessen wurzel tuh ist, ansehen wollte.
Ueber POLOVCTA vermögen wir nicht genügenden aufschlufs zu
geben. Will man poUucere mit porricere zusammenbringen, so
darf man dieses jedenfalls nicht von projicere herleiten, sondern
man hätte dann etwa an skr. rc zu mahnen, und porricere, pol-
lucere zunächst in der bedeutung «verehren», dann «zur ehre
darbringen» aufzufassen. Die prosiciae lassen uns aber bei porri-
cere noch immer am einfachsten an prosecare denken. Und ist
es nicht möglich pollucere irgendwie aus lucere «leuchten» zu
deuten, so denken wir auch bei dem worte an eine wurzel, die
..schneiden" bedeutet, nämlich an die wurzel, die im lat. lucrum
erscheint. Im sanskrit finden wir sie freilich in der erweiterten
form lunc* nur mit der bedeutung vellere, evellere; aber ihr ur-
sprunglicher sinn kann immerhin «schneiden» gewesen sein. Wie
sich das auch verhalte, es ist jedenfalls das OV dieses wort es
eine frncht des zulautes, wie in DOVCO, LOVCANA u. s. f.
Noch gewisser ist dieses in TOVTIA, welches von der in dieser
Zeitschrift schon mehrfach besprochenen w. tu crescere, augeri
abstammt, mit welcher aber tävat, was Mommsen und Ritschi
dazu stellen, nichts zu thnn hat, da es vielmehr =tad-vat ist,
wie mävat = madvat. Auch über OV in ADIOVTA können wir
nicht zweifeln, dafs es ein durch a, o erweitertes u enthalte.
Denn iuvare heilst eigentlich «erfreuen, ergötzen, heiter machen»
und ist causativum von dyu, yu. Bei allen diesen formen haben
wir guten grund, gnua oder znlaut anzunehmen: wie in ADIOV-
TA steckt wohl auch in TOVTIA ein causativum, wie das schon
die herau8geber der umbr. denkmale für lat. tötus annahmen; in
DOVCO und den übrigen wäre es schon darum nicht möglich
366 Schweizer
ein blofs überleitendes V zu finden, da ihrem u-laut nie ein vo-
cal folgte. Zweifelhafter mögen manchem die formen PLOVS
und PLOVRVMA, für welches Ritschi mit vollem rechte ein
PLOVISVMA voraussetzt, erscheinen. Doch nach analogieen der
verwandten sprachen ist es wenigstens nicht ungereimt hier wirk-
lich zulaut anzunehmen, man möfste denn lieher metathesis auf-
stellen und begründen wollen. Skr. puru (wegen des r ffir paru).
oder pulu, griech. nokvg (nicht fur.mdtfc, sondern für nahog),
goth filu (alle eig. «füllend") mufste im lateinischen *pol vis oder
*plovis lauten und sein comparativus *plovius, 'plovjns, PLOVS.
Es ist uns aber erlaubt anzunehmen, dafs aus nolv, polu durch
syncope ein plu, nXv entstanden sei, wie aus skr. jÄnu, gou,
aus yowy ywt und griech. nXhgy welches wir nicht als verstüm-
melten comparativus ansehen möchten, scheint uns das geradezu
zu beweisen. Schon im positivus kann eine lateinische form plvis
oder pluis nicht leicht, bestehen , sondern würde plovis werden;
und wollten wir auch plu für den comparativus voraussetzen,
so könnte dieser ganz auf ähnliche weise . mit guria oder zulaut
gebildet werden, wie im skr. bhayiyas neben bhüyas von bhü =
balm. Sollte auch diese deutung für die griechischen formen
nXei(ov> nltwv darum nicht genügend erscheinen, da allerdings in
dieser spräche in der regel jedes affix vor der comparativenduog
gänzlich schwindet (ylvxv — ylwuW) , und da auch nordisches
fleiri und . liest vielleicht für eine unmittelbare bildung des com-
parativs von der wurzel sprechen möchten, so ist sie für das la-
teinische, das sein brevior, levior aufzuweisen hat, fast gewifs. Das
aus den liedern der Arvalbruder angeführte pleorcs darf uns nicht
stören das wohlbeglaubigte PLOVS aus sich selber auszu-
legen; ist pleores ein gesicherter comparativus von multus, so
folgte seine gestaltung andern gesetzen, d. h. es lag pla = pra zu
gründe. Aus PLOVISVMA, das nicht einen superlativus neben
einem comparativus in sich enthält, entsteht aufs einfachste einer-
seits mit syncope des v ploisima, plisima, anderseits mit aussto-
fsung des i PLOVRVMA, plürima, wie aus brevima — brüma.
Ursprüngliches OV findet sich in NOVCERIA und in NOVND1-
NVM. Denn in dem ersten ist NOV unzweifelhaft aus novo ge-
kürzt, dieses aber gleich skr. navas, der ad jeeti vischen form von
nu, w «nun», griech. *«>o<r, goth. niujis; in NOVNDINVM aber
ist NO VN gekürztes novem, d. h. es fehlt nur der vocal des äff.,
welches eigentlich Superlative bildet. Der zweite theil dinnro
de tilulo Mommiano etc. 367
entspricht möglichst genau dem skr dinam «tag**, welches sich
auch im goth. sin-teins zu finden scheint. Schwer zu deuten sind
FOVRIO, FOVLV1VS* POVBLICOM and die ableilung IOVBEO.
Der oame Ffirius lautete früher Füsius, und das natürlichste scheint
ihn mit fuscas zusammenzustellen, so dafs eine wurzel fus zu
gründe läge; denn fus- konnte in für- übergehen, z. b. in fur-
vus, (was nicht von würz. &eg kommt), nicht aber für in fus.
Diese wurzel fus betrachtete. Pott, ctym. forsch. 1,269., gewifs
mit bestem rechte als eine Zusammensetzung und zusammen-
rücknng aus bh(i) vas (ush) urere; das präfix abhi, wie andere
mit a anfangende, erscheint mach im sanskrit, im got bischen und
deutschen nicht selten in so verkürzter gestalt. Wie nun FOVRIO -
von dieser wurzel abgeleitet sei, unmittelbar oder durch ein no-
men hindurch, sein OV scheint entschieden als zulaut gedeutet
werden zu müssen. Vgl. noch den namen Foslius. Und wie steht
es nun mit FOVLVIVS? Sicher scheint es derselben wurzel und
bildung zu sein mit fulvus, welches Kuhn I, 200 zu skr. babhru
von einer wurzel bhru stellt, an einem andern orte aber durch
metatheais aus flavus entstehen läfst. Ohne hier zu entscheiden,
werfen wir hier nur die frage auf, ob nicht auch im lateinischen
ein v der ableilnngssilbe in der Stammsilbe seinen wiederschein
erzeugen konnte, wie das einzeln im zend, im altnord. und —
hier freilich mit wegfall des einwirkenden lautes — * im griech.
sich zeigt. Vergl. auch Kuhn I,1 516. Das wort populus haben
Aufrecht — Kirchhof! in der umbrischen lautlehre auf w. pr «fül-
len» zurückgeführt und es anmittelbar an ein skr. *papura gehal-
ten, welches dnreh reduplication ähnlich gebildet wäre, wie pa-
puri «nährend, füllend.» Begrifflich läfst sich gegen diese deu-
tung gar nichts einwenden. Allein wir finden nun zwar nicht
ein povpulus, aber POVBLICOM, welchem dann poplicus, po-
blicus, puplicus, publicus folgen, ein OV, welches nur dann
dem adjectivnm besonders und allein gegen populus zukom-
men dürfte, wenn die annähme begründet werden könnte, dafs
n von populus — jedenfalls die ursprünglichere gestalt als po-
plos — in die erste silbe übergetreten sei, eine annähme, die um
so leichter cingang finden möchte, wenn man bedenkt, dafs die
älteste form des adjeetivums POVBLVCV war, also vollständig
POVPVLVCO gelautet hätte. Dem einwürfe, dafs eine solche
Versetzung gewöhnlich nur eintrete, sofern eine liquida dazwischen
stehe, dürfte man nicht ohne grund die gleichartige natur von
368 Schweizer
u, v und p entgegensetzen. Wir sind aber am eine andere cr-
klärung nicht verlegen und gestehen, dafs uns diese besser zusagt
POPVLVS kann als intensivform gedentet werden und hat
als solche eine gunierte oder mit zulaut versehene reduplicatioos-
silbc, welche aber im substanlivum mit auflösung des n in v ge-
gekürzt ward, im adjectivum blieb. Beide erklärungen sind je-
doch nur dann in sich genügend, wenn als älteste form des Wor-
tes populas vorausgesetzt werden darf, welchem dann poplos,
popolus und endliclt wieder populus folgten. Um nichts unberührt
zu lassen, was zur aof hellung dieser form beilragen kann oder
könnte, sei noch eine drille deutung versucht Die herausgeber
der umbrischen Sprachdenkmale lassen im glossar s. v. PLE, pu-
plns, poplo aus polpolo entstehen. Ist es nun möglich, dal« l
entweder ausfiel oder aber, um mich so auszudrücken, dem p
als v sich assimilirte, d. h. in den ihm verwandten und dem p
am nächsten stehenden halbvocal übergieng? Vgl. faustus mit w.
bhand und die auflösung von 1 in u in den romanischen sprachen.
Was das B in POYBLICOM gegen- p in populus betrifft, so ist
es sicher wieder jünger als p und durch ähnliche erweichang
vor 1 entstanden, wie in quadraginta etc. d vor r; auch der vor-
ausgehende weiche halbvocal v mag auf p eingewirkt haben; die-
ses p aber kam wieder auf, als man die elyinologie besser her-
vortreten lassen wollte. — Auch die form IOVBEO hat bedeu-
tende Schwierigkeit. IOVS leitete Pott, etyra. forsch. I, 213, wie
uns scheint, vortrefflich aus der w. yu, die auch in jüngere vor-
liegt, und erklärte es aus javas, jovus «das bindende, band.» IOV-
RARE heifst dann «ein band machen, sich binden, schwören,»
10VDICARE, IOVDEX stehen für iousdicare u. s. f. So weit
hat die sacbe keine Schwierigkeit; aber IOVBERE wird kaum
ein denominativum von IOVS 6ein, dafs es für IOVSBERE stände.
Dieses würde ein IOVSBVS, IOVBVS voraussetzen mit demsel-
ben affixe, welches in morbus, in verbum u. s. f. sich findet, und
welches von Aufrecht — Kirchhof trefflich aus w. bhü abgeleitet
wird; aber -bus, soviel uns jetzt vorschwebt, tritt nur an wur-
zeln, nicht an nomina an, und überdies würde wohl aus IOVS-
BVS, IOVBO eher ein IOVBARE zu bilden sein. Wir sind
demnach zur deulung Von IOVBERE an die wurzel selbst gewie-
sen, und da sind, so weit wir sehen, zweierlei deu langen mög-
lich. Entweder entfaltet sich aus dem einfachen yu ein erwei-
tertes — eigentlich ein zusammengesetztes — ynbh, jub wie im
•de litufo Mommiano etc. 369
sanskrit aus $vi, cu, gubh u. a. und IVB wurde durch zulaut
IOVB; oder aber 10 V, die ganierte form von ju .wurde zu IOB,
wie manuviae zu. manubiae, ferveo zu ferbeo etc., es blieben aber
der erzeugende und der neu erzeugte laut neben einander stehen,
wie im. ahd. ouu, docli so, dafs bald die Verkürzung eintrat. Am
ende dieser, wir fühlen es. wohl, oft kühnen und kaum immer
treffenden auseinandersetzungen fuhren wir noch an ,' dafs nicht
nur. in den italischen dialekten ein au, ov, 6 in a übergehen
kann, sondern derselbe fortschritt auch im sanskrit bemerkbar
ist, so in ijri «hülfe», von w. av, in sthüra f.sthäura, sthavira,
taurus, umbr. toro, turo, goth. stiurs, in rüpa von *rüpay, cau-
sa livum von ruh für ropay.
V, ü scheint älter als t in dem adj. POPLVCVS für po-
plicus, d. h. der themayocal a, o scheint sich da noch nicht bis
zur letzten stufeTcrdünnt zu haben. Ebenso steht ein u im gen.
sg. der dritten declination in nominus, Venerus, necessus für frü-
heres a, o, späteres i und im gen. sing, der vierten declination,
in domuus, exercituus etc. für früheres as, os (letzteres im S-
C. de Bac. in senatuos), späteres es, is. Endlich erwähnen wir,
dafs. V sehr, üäufig neben .dem selten so gebrauchten I fqr Y
verwendet wird/ ,
Y, y. Dieser fremde buchstabe gelangt zu allgemeiner gel-
lung nicht yor dem beginn des 8sjahrh., d. h. kurz nach der.
aufnähme der aspirierten consonänten, welche dem altlateinischen
nicht minder fremd sind. Die wenigen dieser behaup tu ng schein-
bar widerstreitenden freispiele finden ihre erklärung darin , dafs
sie in denkmalen auf griechischem boden erscheinen; und sollte
uns auch die 'stelle des alten Victorinus, wo er von y.und z
spricht, richtig überliefert sein, sie' kann 'gegenüber einer solchen
masse von belägen kaum ein gewicht haben. Für y brauchten
die Römer fast durchgängig u: das bezeugen uns nicht' nur die
inschriften; bei dem dichter Plautus würden mehrere treffliche
Wortspiele ihre ganze kraft und bedeutung verlieren, setzten wir
statt u ein y oder i ein. Die einzelnheiten zählen wir hier nicht
auf (sie finden sich reich ausgelegt in der zweiten schrift von
R. 8. 26 ff.), sondern bringen nnr noch die beobachtung Ritschis
bei, dafs aufser Siria (erst um 724 so gefunden) i noch einmal
auf einer, nach den übrigen formen zu schliefsen, viel altern in-
schrift in Sisipiis st. Sisupus erscheint.
IL 5. 24
370 Schweizer
Syncope der vocale.
Es handelt sich liier vor allem um die vocale in gewissen
aföxen. R. stellt den satz auf, dafs im ganzen und grofsen diese
syncopierten oder hartem formen älter seien ab die nicht syn-
copierten weichen, oder vielmehr scheint er geradezu anzuneh-
men, die rauhen formen seien im lateinischen -die ursprünglichen,
ftie annähme, sie seien die relativ frühem, wird durch die In-
schriften bestätigt, unter denen vorzüglich die ältesten und filtern
dieselben bieten. So findet sich da DEDROT und DEDRO für de-
deront, dederunt, LEBRO f. Libero, LeIBREIS SOVEIS, VI
CESMA, TVRPLEIO = Turpilio, LICNIA, FOSTLVS, NVMSius,
OFDIVS, ja auch FECT für fecit, also für FEGET, FECEIT.
Ueberbleibsel solcher art, wie TABLEIS, IVGRA u. a. erben sich
vereinzelt bis in die spätem Jahrhunderte hinein fort. Der binde-
vocal fehlt in SENATORBVS und der themavocal des ersten
wortes in OINVORSEl des S. C. de Bacanal. Demnach schei-
nen auch die formen piaclom, vinclom, Herdes etc. einem piacu-
lum u. s. f. vorausgegangen zu sein , wie denn auch Plautus nur
ausnahmsweise die milden formen zuläfst. Die weichen, nachdem
sie einmal aufgekommen, konnten nun fortdauern und nachher
im ganzen allein gebräuchlich sein, oder aber es konnten in einer
dritten periode die harten wieder die oberband gewinnen, wie
in dextra f. dextera. Nach diesen sind Alcumena , Alcumaeo,
Tecumessa, Patricoles, drachuma, techina u. s. f. älter und jün-
ger zugleich als Alcmena u. s. f. Auch mittelgeslalten wie supera
neben supra, INFERA für infra, INTERET f. intret steigen auf,
und ebendahin sind die Piautinischen columen für colmen, cul-
men, balineae für balneae (vielleicht neben balneator), BALI-
NEARIÜM und CALECANDAM f. calcandam auf der Alatr. In-
schrift zu zählen; und ein calicatus dauerte noch längere zeit
fort. Nicht ganz gleich mit diesen fallen sind diejenigen, die
Ritschi in der abhandlung über den titul. Mumm. s. IL u. s. XIV.
besprochen hat. Er nimmt da an VOVERAT müsse vovrat oder
vorat, FAC1LIA faclia gelesen werden, obgleich die schrift dem
laute nicht nachgekommen sei; dafür, dafs voverat so habe lau-
ten dürfen, bringt der verf. schlagende beispiele bei. — Ritschis
auffassung der aufeinanderfolge dieser formen wird nach beson-
nener prüfung kaum angefochten werden können, und auch seine
ansieht, die harten formen seien die ursprünglichen, ist gerecht-
de titalo Mammiano etc. 371
fertigt, sobald man nur die speciell lateinischen Sprachdenkmale
ins äuge fafst. Doch schon das oskische zeugt dafür, dafs die-
ser stufe wieder eine vollere vorausgegangen sei, und vollends
macht es nns die Sprachvergleichung klar, dafs der dreifachen
gliederung ein viertes glied vorantritt, welches mit dem zweit-
letzten so übereinstimmt, wie das dritte mit dem letzten : dextera,
dextra, dextera, dextra u. 6. f. Wir nehmen im folgenden keine
rücksicht auf die fremdwörter Alcumena u. s. f. wollen auch dies
mal nicht alles lateinische der art abthun. Was zuerst die formen
auf -tera und -tra betrifft, so kann kein zweifei darüber walten,
dafs die ursprüngliche gestalt dieses einen comparativsuffixes nicht
-tro, sondern tara, toro, tero war: das bezeugt uns nicht nur die
etymologie, wie wir diese fassen mögen,, es wird bestätigt durch
die bestimmt vorhandenen gestalten skr. -tara, gr. -rcpo, goth.
- thar (a), ahd. - dar (o). Nur das ist zuzugeben, dafs diese form
namentlich im adverbialen gebrauche gewisser casus schon in ur-
alter zeit Verkürzungen zugelassen, ja in solchem falle adch das
t einbüfsen konnte, wie — skr. nicht seltener beispiele zu ge-
schweigen — in dem r des latein. cur und des goth. thar ein.
überbleibsei von tr anzunehmen sein wird. Ebenso wenig dürfen
wir daran zweifeln, dafs die formen -culo (culus, culum) cula;
bulo (bulus, bulum), bula u. s. w. älter sind als clo, blo etc. Das'
1 der erstem ist — so viel darf als angenommen vorausgesetzt
werden — aus r entstanden, und — culo ist gleich einem skr.
kara von w. kr, kar «machen»; die letztern sind entweder aus
-bhara oder bhava hervorgegangen. Der form liberi ging loebeset
voraus, wahrscheinlich auch der form Liber, Loebeso Diese bei-
den scheinen uns nämlich mit den skr. adi. auf -asa, von neutren
auf as, lat us, goth. is etc. verglichen werden, also mit dem lat.
w. aurora zusammengestellt werden zu müssen, nur dafs dieses
eine lange aufweist, die wir hier nicht weiter erklären wollen.
Ist diese ansieht die rechte, dann ist der vocal vor r ein wesent-
liches und ursprüngliches element, der im lateinischen, wie zu-
weilen im gothischen schon im Substantiv um ausfiel. Turplejus,
eine uns äufserst wichtige form, setzt ein Turpil(o) oder viel-
mehr ein Turpido voraus, zu dem es das patronymicum ist; im
stammworte ist nun aber sehr wahrscheinlich i, e themavocal,
wie dieser auch in Fostlus syncopiert erscheint, Fostlus wird =
Fostulus, Faustulus oder Foustulus sein. Sein Stammwort scheint
ein pari. perf. von der skr. w. bhad, bhand, der auch goth. bats,
24'
372 Schweizer
unser bafs, besser entspringt. - Im umbriscken finden wir davon
foni aus fonnl, fondi; fons,* fos etc. Ist etwa aus Fostulus Foslius
herzuleiten für Fostlius?" VICESMA ist sicher eine superlativform;
diese zeigt aber durchgehend nach dem ursprunglichen t einen
vocal -lama, -tuma, -tima, -sima efc. Aber schwieriger sind die
formen, wie DEDRO, DEDROT und besonders FECT. Ware
das lateinische perfectum entschieden derselben bildung mit dem-
jenigen des sanskrit, die formen DEDRO, DEDROT würden
uns nicht eben besondere mühe- machen. Wir hätten dann E
vor R als ursprünglich. kurz anzunehmen und' dürften seine
syncdpe'mit der des sanskrit in (yi)vjdre c= (vi)vidire, nunudre
etc. vergleichen. S. Benfey sanskritgrammatik' s. 377. .a. 3. *2.)*).
Wir sagen, wir dürften dann E unbedenklich für ursprüng-
lich kurz nehmen, denn dafs es nicht' selten kurz gebraucht
wurde, ist uns" wohl bekannt, und Curtius mufste eich in seinen
' treulichen beitragen nicht darjiber beklagen, dafs solche beispiele
nicht reicher gesammelt seien, da- er deren im Vossischen Aristar-
chiis (ed. Foertsch. I, 195 ff.) genug finden konnte. Es ist aber
.bekannt, dafs nicht selten alte längen geradein zusammengesetz-
ten verbalformen gekürzt wurden, wie ja im perf. fut. -ritis ne-
ben rltis vorkommt u. s. f. Doch auch bei der annähme, dafs
'das lat. perfectum dem skr. aor. entspreche, liegt keine noth wen-
digkeit vor, dieses E als von anfang an lang zu fassen. Viel auf-
fallender ist FECT für feeeit, da der.vocai vor t sicherlich laiig.
war, und nicht einmal eine liquida mitspielt. Denn der ein-
•flufs der liquidae vü bei diesen syncopen unverkennbar; bei ihnen
"ist vocaleinsatz. und vocal Wegfall gleich leicht, da sie seihst halb-'
vocal isch sind.
Apooope des vocals.
Es handelt sich hier um einen höchst interessanten fall, nem-
lich um das demonstrativ hervorhebende ce, c in hice, hie etc.
Was ist dieses ce? Benfey in seinen griech. w.w. II, 187 sieht
darin ein verhärtetes gha = ha = ?£ im griech. Bycoye, = ha im
ahd. ih-ha u. s. f. Der Übergang von gh in c hat sein bedenkli-
ches und liefse sich wohl in hice u. s. f. als .beabsichtigte dissimi-
lation rechtfertigen, nicht so leicht in istic(e), illic(e) n. s. f. Ge-
*) vgl. weiter Benfey sanskritgramm. § 813. II. u. IV. S. 376, n. 4.,
s.376 u. 383 n> %
de tilulo MauimiaDO etc. 373
wohnlich entspricht dem gh im lateiu. Ji oder f oder die media
g; so pafst zu ghi, gha vortrefllich hi in hice und lio in hoce.
So schön also auch hi-ce etc. zu skr. sa gha, griech. oye der
bedeutung nach stimmten, so. sehen wir. uns doch genöthigt um
der laut Verhältnisse willen für das c der italischen sprachen eine
andere erklärung zn suchen. Und wir stimmen den herausgebe™
der umbrischen denkmale zu, wenn sie s. 139 ihrer lautlehre die-
ses ce einem skr. ka, ca gleich setzen und in ihnen den stamm
des pronom. relat. sehen; hie liefse sich so mit skr. sya verglei-
chen. Im oskischen finden wir. zwei gestalten dieser partikel:
-cen in aiscen und eisucen, und k, nicht aber ke; im umbri-
schen zeigt sie sich nur als k. Was ist- nun ihre geschieh te im
lateinischen? Nach Ritschis eindringlichen Forschungen bieten die
ältesten monumente nur -c st. ce. So steht auf der allerältesten
Scipioneninschrift HONC OINO, wo ohne Störung HONCE ge-
schrieben werden konnte. Aber im S. C. de Bacanal. findet
sich nur die zweisilbige form HAICE, HOCE, welcher nun jedoch
t ür einen Zeitraum von ungefähr sechszig jähren wiederum die
einsilbige folgt und herrschend ist. Um das jähr 620 treffen wir
dann beide gestalteu untermischt gebraucht und es erscheint uns
liier offenbar eine Übergangsperiode. Die lex Bantina stimmt im
gebrauche von hice wieder vollständig mit dem S. C. de Bacaii.
und das zweisilbige pronomen ist nun allein üblich bis in die
mitte, des 7. jahrhd. Da wiederholt sich dieselbe Übergangspe-
riode, wie um 620, und in wenigen jähren dringt die einsilbige
form so durch, dafs sie von da an allein gültig ist. Wie wichtig
' diese Ril schliche entdeckung, welche ihm erst bei der ausarbei-
tung der zweiten abhandlung zur gewifsheit ward, verbunden mit
andern ebenfalls von diesem gelehrten chronologisch bestimmten
erscheinungen, zur feststellung des alters sonst ungewisser in-
schriflen sei, leuchtet von selbst ein. Sehr wichtig ist auch für
die geschiente der römischen grammatik und für die Schätzung
ihres einflusses die frage, welche in derselben abhandlung p. 33.
aufgeworfen wird: Operae pretium est quaerere: num non in
scripturae tantum, sed etiam in formarum mutatione tanta
vis artis et diseiplinae efficacia fuisse videatur, hinc ut ipsius vi-
tae usus regi potuisse credatur. Quod qut concesserit, habebit
qui iüud esse factum dicat, quod per aliquod tempus abolitas
HANCE HACE-forinas bisyllabas denuo prodiisse et tan quam
erupisse circa annum 620 supra vidimus. Ego in hac quoque
374 Schweizer
re Attii quasdam partes fuissc nee affirmabo confidenter nee perti-
nacius negari patiar.
Consonanten.
Vor allem ist hier wichtig der genaue aufschlufs Ritschis über
die Verdoppelung (gemination) der consonanten and über das
aufkommen der aspiration der consonanten. Sehr einlafslich
spricht sich R. über die gemination aus in seiner abhandlung de
lap. Aletr. p. IV. Da stellt er vier perioden auf: es ward nicht
geminiert vor Ennius; die einzige ausnähme INNAD hat eine be-
stimmte entschuldigung als griechisches wort; 2) es wird bald ge-
miniert, bald nicht geminiert ungefähr von 580 U. C. an ; 3) öfter
geminiert als nicht von 620 an; 4) fast immer geminiert nach 640.
Wenn in einem denkmale, welches, sofern es das alte ist, näm-
lich im S. C de Tiburtibus, der zweiten periode angehört, die
gemination herrscht, so dürfte dasselbe von einem manne herrüh-
ren, der sich die grundsätze des Ennius angeeignet und sie con-
sequent durchführte. Sonst finden sich die ältesten beispiele der
gemination neben mehr nicht geminierten auf dem elog. Scipionis
um 580. Wie wesentlich auch diese bestimmungen seien, nm
das alter unsicherer Inschriften festzustellen, leuchtet von selbst
ein. Im umbrischen finden wir da dieselben Verhältnisse wie im
altrömischen, und die gemination kam hier eigentlich nie auf.
Wohl aber scheint das oskische die consonantenverdoppclung von
jeher zu bieten, und wir dürfen wohl annehmen, dafs Ennius,
der oskisch verstand, sie daher ins lateinische einführte.
Ueber die aspiration der consonanten stellt Ritschi eine si-
chere Zeittafel auf, de m. R p. 27 in der anm. Aufser in sehr
vereinzelten beispielen ward nicht aspiriert bis 660 U. C. , bald
aspiriert, bald nicht von da bis 700, immer, aufser in sehr weni-
gen fällen, aspiriert nach dem ausgange des siebenten Jahrhunderts.
Das erste beispiel eines aspirierten consonanten findet sich auffal-
lender weise schon auf dem lit Mummianus (nach 608 U. C),
nemlich triumphans. Der nächste beläg nach diesem fallt mehr
als dreifsig jähre später; in der lex agraria steht Corinthiorum.
Einzelne consonanten. D. Auf dem lapis Aletr. kommt
adque vor; aber dieses darf nicht für atque genommen werden.
Die altern Inschriften kennen ebenso wenig adque für atqne als
umgekehrt die Schreibweise at für ad, aput, set, haut, it, illut,
welche erst durch die grammatiker nach der zeit der republik
de titulo JMuuihiiano etc. 375
eingeführt worden; d. h. die italischen sprachen, das lateinische,
das umbrische und oskische, erweichten überhaupt auslautende
tenuis gerne in die media; wir dürfen ja wohl annehmen, um-
brisches r sei erst aus der media d hervorgegangen. So nun id
= skr. it, goth. itha, sed f. svat, sub neben skr. upa, gr. vni u.
s. f. Wir denken at in atque, zuweilen adque geschrieben, steht
überhaupt mit der präpos. ad in keinem engern zusammenhange ;
es ist wohl dasselbe wort mit dem gewöhnlich adversativ vor-
kommenden at, welches dem skr. atha sed, tunc, deinde aufs
genaueste entspricht, während die form ast ein attha voraussetzt.
Die erkiärungen von Klotz, der in at ein verkürztes ait, in ast
ein aislu sieht, bedürfen keiner Widerlegung.
F tritt statt b auf in der präposition AF. Darüber handelt
K. in der zweiten schritt (de m. P.) pag. 7. Worauf Cicero,
Velius Longus, Priscian hinweisen, dafür weifs R. bis jetzt fünf
beläge aus Inschriften zu bieten: AF VOBEIS im S. C. de Tibur-
tibus, welches in den ausgang des 6. jahrhdrts. fallt; AF MVRO
auf einer Prä d estinischen inschrift vor 620; AF CAPVA auf dem
mil. Popill. um 622; AF SOLO auf einer nicht viel Jüngern Fe-
rentinischen inschrift; alterthümelnd AF LYCO in einer Laodi-
censischen, ungefähr vom j. 670. Aber ab ist nicht nur das herr-
schende im 7. jahrh., sondern es ist auch die gültige form im
S. C. de Bacanalibus. — Mommsen in den unterital. dialekten
8. 225. sagt allgemein , wie im altlateinischen f öfter für neulat.
b stehe und umbrisches f für lat b, so sei auch im oskischen
dasselbe gesetz zu erkennen: uf = obus u. s. f. Aber die von ihm
angeführten beispiele, so weil wir darin auf eine sichere ctynio-
logie gelangen können, sind solche, in denen dem osk. f eine
aspirata in den verwandten sprachen gegenübersteht. Und eben
so verhält sichs im umbr., wie die Untersuchung von Aufrecht —
Kirchhof! deutlich genug beweist. Sollten wir demnach auch
für lat. af eine form adha, adhi (in den Veden mit ablativ), oder
abhi zu gründe legen? Es widerstrebt dem natürlichen sinne, es
von skr. apa, gr. ano, goth. af, ahd. ab u. s. f. zu trennen; viel-
mehr scheint uns iit af die mittelstufe zwischen apa und ab er-
halten, so dafs p zunächst in ph, bh übergegangen ist, nach dem-
selben processe, der im germanischen nur viel consequenter und
umfangreicher wirkte. Denselben hergang müssen wir in sub
gegen vno, upa voraussetzen und in ob, wenn dieses nicht viel-
mehr abhi istu. s.f. Dafs die folgenden consonanten V, M, C,
376 Schweizer
L, S auf die erhaltung des vorausgehenden F eingewirkt hätten
wüfste ich nicht recht zu begründen. — M. Dieser buchstabe *s(
bekanntlich so weich, dafs er in der altern zeit, in welcher mek
nach dem laute geschrieben ward, nicht selten auch in der schrift
nnausgedrflckt blieb. Nach einer kritischen übersieht (de tit- M.
p. VII. und de m. P. p. I.) kommt Ritschi zu dem wichtigen re-
sultate, dafs der wegfall des auslautenden m in der schreib web«
der Inschriften nicht viel über das erste jahrzehend des T. jahrh
hinausgegangen sei. Uebrigens findet derselbe auch in den altern
Inschriften nicht mit irgend einer consequenz statt. R. Snfsert
in seiner zweiten schrift s. 32 die ansieht, dafs die durchgehende
Wiederherstellung des m im auslaute ebenfalls ein verdienst de»
Attius sei. Im. willkürlichen wegwerfen des m stimmt da« latei-
nische mit dem nmbrischen, während auch in dieser bczlehung
sich das bskische durch seine gesetzmäfsigkeit vorlheilhaft aus-
zeichnet. Es ist übrigens unläugbar,. dafs das lateinische viele in
für immer verloren hat, freilich das schon in der vorhistorischen
periode. Im oskischen gieng auslautendes m zuweilen in n über,
Mommsen berichtet uns (unterital. diall. s. 228) , dafs sich auch
auf dem originale der lex Thoria Q VAN finde. — M für N, durch
assimilation an einen lippenlaut entsprungen, ist nicht sehr früh
eingeführt; es findet sich aofser dem sihgulären beispiele im tit.
Mummianus (1MPERIO), erst gegen die mitte des 7. jahrh häu-
figer. Also INPERIVM u> s. f. sind die echten alten formen; hatte
ja die präposilion in, wie uns die verwandten sprachen beweisen,
von jeher n, nicht in. Umgekehrt verhält es sich mit COM, des-
sen nenere form CON ist; doch schon im S. €. de Bacan. findet
sich CONVENTIONS neben COM VOVISE. Für oumquam zeigt
sich NVNQVAM zuerst auf der neuesten Scipioneninschrift, für
tantumdem TANTVNDEM in der lex agraria. Dafs auch in
umquam das m von um ursprünglich sei, ist nicht zu bezwei-
feln, ist es doch eine locativform ganz derselben art als quam,
cum.
N. Hier ist nur sein aus fall vor t besprochen. Bekanntlich
schwindet N im lateinischen nicht selten vor S in COSOL etc.
(von Aufrecht— Kirchhoff, umbr. sprachd. I, s. 97., begründet),
dann in COIVNX und QVICTILIS; aber im anfange des 7. jahrh.
wenigstens nicht mehr vor T, wie früher in DEDROT, DEDRO.
Im umbrischen und oskischen zeigt sich dieser ausfall vor t nicht
selten , doch im umbrischen wie im lateinischen , meistens aar
de titulo Mararaiano etc. 377
in der altern sprachperiodc. Rücksichtlich des LVBETES in dem
cpigr. Soranum möchten wir Ritschi nicht widersprechen', wenn
er annimmt, es habe auf dem steine einst LVBENTES gestanden,
obgleich nicht zu längnen ist, dafs auch im lateinischen, wie im
griechischen, der schwachen participialformen, die von anfang an
kein n enthielten, etwelche bestanden.
Q findet sich nicht selten für € vor V in jenen denkmalen,
welche hinter dem jähre 620 liegen, so in QVM, QVRA, DEQVS,
PEQVNIA, PEQVLATVS, und das scheint eine erfindung oder
neuerang des Attius.
Z. Ueber diesen buchstaben vergl. Mommsen unterital. diaL
p. 33 u. 216.
Zuletzt kommen wir noch zurück auf die' syncope von V
nach T und S. Höchst wahrscheinlich war es Ennius, der offen-
bar auch für die gram mal ik thSlig war, welcher für TVOS und
SVOS die formen ohne V einführte, also SIS für S VIS, SOS
für SVOS, SAM für SVAM nicht nur zu sprechen, sondern auch
zu schreiben wagte. TIS lesen wir auf einer alten inschrift, bei
Orelli no, 4847. In grofsem Widerspruche mit der ausspräche
steht in einem sehr alten verse SOVEIS, wo SVEIS gelesen wer- .
den mufs, wie micis in einer Scipioneninschschrift einsilbig zu
sprechen ist. (R. de tit. M. p. XV sqq.).
Zur Formenlehre.
Aus der formen lehre sind in diesen schriflen noch viel mehr
nur zerstreute cinzelheiten behandelt.
I. Zur deklination.
Ueber den nominativus singularis der Wörter auf is haben
wir oben schon gesprochen. Ueber den gen. sing, der vierten
deklination spricht R. de lap. Älatr. p. VII. Es findet sich auf die-
ser inschrift: DE SENATV SENTENTIA, was mau nicht etwa
leichthin in DE SENATVS verandern darf. Die früheste gestalt
dieses genet. ist offenbar VOS, und SENATVOS findet sich noch
auf dem S. C. de Bac. Wie nun nach und nach statt nomin as,
nominos, noininus ein nominis 'eingetreten, so hier ein V-IS, ein .
VIS, das sich wieder doppelt umsetzen konnte in V oder I, cf.
die und dii; die zusammenziehung VS für VOS gehört nicht der
alten latinität an. Die häufigsten formen des genetivs der vierten
deklination sind die auf VIS und I , welche vom 6. jahrh. an
378 Schweizer
und während des gröfsten theiles des siebenten herrschten, so je-
doch, dafs aufsei* bei Varro I wieder häufiger ist als VIS. R.
deutet, da er von diesem genetivus spricht, deutlich genug an,
dafs er dieselbe bildung dieses casus auch für die erste und zweite
deklinalion voraussetzt: er erklärt populi wie senali und wird
auch fabulai, fabulae gleich fabulais nehmen. Dafs ursprünglich
auch in zweiter deklination s für den gen. sing, wesentlich war
— in der ersten blieben aus dem altlateinischen selbst noch bei-
spiele übrig — , das scheinen die übrigen italischen sprachen zu
bezeugen: im umbrischen und oskischen tritt uns hier das s der
verwandten sprachen mit vorausgehendem verlängertem thema-
vocal uoch deutlich entgegen. Als beläge der ersten deklination
sind im umbrischen tutas, aus der spätem zeit totar, aus dem
oskischen eituas u. s. f. aufgeführt; Beispiele der zweiten sind im
oskischen suveis u. s. f., im umbrischen zeigt sich statt dieses eis
ein es, er, e. Als gen. sg. msc. erster deklination im oskischen
stellt Mommsen mafai, d. i. maräi auf, eine form, die bekannt-
lich auch im lateinischen nicht nur in femininen, sondern, wie
Ritschi in seinen prolegomena nachgewiesen, ebenfalls in mascu-
linis oft genug wiederkehrt. Bergk vermuthet nicht ohne grand,
dafs diese genetivbildung im lateinischen erst durch Ennius auf-
gekommen sei, welcher sie aus dem Messapischen hereingebracht
hätte. Wir lassen sie bei der vorliegenden frage unbeachtet. Der
einzige umstand, der Ritschis auffassung, es sei in allen fünf de-
klinationen des lateinischen dieselbe bildung des gen. sg. anzu-
nehmen, ai, ae in der ersten, oi, i in der zweiten und ei in der
fünften, seien durch apocope des s entstanden, bedenklich macht,
ist das, dafs uns sonst keine beispiele für den abfall des s in la-
teinischen flexionsendungen vorzuliegen scheinen, kein -ti für tis
in legitis u. s. f. Dieser umstand führte die vergleichende gram-
matik zu dem satze, es sei im lat. die bildung des locat. auch in
den genitiv gedrungen, äs und ae der ersten, uis und i der vierten,
es und ei der fünften deklination, seine geschiedene formen. So-
nati und dgl. konnten um so eher als Übergänge in die zweite de-
klination aufgefafst werden, als im oek. senateis vollständig eine
gestalt der zweiten vorliegt. Kann aber Ritschis auffassung noch
durch andere analogieen erhärtet werden, so verdient sie ent-
schieden den vorzug. Auf ollen der Vigna Somaschi las man,
sagt Mommsen untcrital diall. 230., P. CLODIS; L. RAGONIS;
C. REMIS; L. ANAVIS; er fragt dann: Sollten dies derartige
de titulo Muramiano etc. 379
oskische genetive sein, die sieb auch in der lingna rustica der Rö- *
mer gefunden hätten? Wohl nicht nur in der lingua rustica, wir
lesen auch bei Plautus tis statt tui (vergl. oben sis st. suis etc.),
und tis entspricht aufs genaueste dem oskischen suveis = latein.
sui. Da so viele Überbleibsel: familias, Clodis, tis, senatuis, per-
nieiis etc. und die analogie der übrigen ital. dialekte für Ritschi
sprechen, stehen wir nicht mehr an ihm beizustimmen. Und der
abfall eines auslautenden s, wenn er auch nicht in wirklichen
fl ex ionsend ungen eintritt, ist doch in gleichberechtigten bildungen
nicht unerhört, im verbum passivum re für res, ris, in pote,
mage o. s. f.
Nom. plur. der zweiten deklination. In der zweiten schritt
p. 18. stellt Ritschi die beispiele dieses nominatives auf EIS, ES
zusammen: EEIS, QVES, conscrIPTES, EIS, ITALICEIS, HISCE
finis, MINVCIEIS RVFEIS, VITVRlfcS, VITÜRIS, CAVATVRI-
NEIS und CAVATVRINES, MENTOVINES, VIREIS, GNATE1S,
FACTEIS, PVBLICEIS, POPVLEIS, LEIBEREIS u. s. f. Diese
endung Gndet sich vom jähre 668 an bis einige jähre nach der
mitte des 7. jahrh., wie man sieht, gar nicht selten. Bei Plautus
und Terenz darf und mufs sie oft hergestellt werden. Für den
nom. plur. der ersten deklination liegt uns kein sicheres beispiel
der endung AS vor; denn das berühmte laelitias insperatas ist
mit unrecht als solches aufgefafst worden. Auch hier bieten uns
die übrigen italischen dialekte, so weit sie verglichen werden
können, überall ein 8, oder im umbrischen dafür ein r, und auch
hier kann nur der einzige grund, dafs s in den flexionsendungen,
namentlich nach langen vocalen, im lateinischen nicht wegfalle,
gegen die natürliche erklärung von ae, oe, i im nom. plur. an-
geführt werden. Bopp hielt in der vergleichenden grammatik
lat. ae, oe, i an die sanskritendung e (=a — i) im pronomen
und nimmt au, es sei die form des masculinums dann mifsbräuchlich
aufs femininum übergegangen, er fafst also in populi iz=ot toi etc.
Und das ist schon zuzugeben, dafs bildungen, die sonst in den
verwandten sprachen wesentlich dem pronomen angehören, im
griechischen und lateinischen auch in der deklination des sub-
stantivnms erscheinen, so die bildungen des gen. plur. auf -rum
u. s. f. Doch stimmen wir auch hier zu der ansieht, welche die
Ritschlsche zu sein scheint, es seien uns in diesen formen der
zweiten deklination auf EIS, ES, IS die ursprünglichem erhalten,
aqs denen EI, I erst hervorgegangen. Will man dieses nicht zu-
380 Schweizer
geben, dann mufs man mit Pott annehmen, es sei der alten eu-
dung Ef, E nach analogie der drei folgenden deklinationen ein
plurales s erst später zugesetzt worden. — Aeufserst interessant
wäre EVS für EEI auf dem aes Gen. (p. 18. der zweiten schritt),
wenn es ganz sicher überliefert ist, da es merkwürdig genau mit
der umbr. endung -us, -ur, mit osk. -us übereinstimmt; und lal.
eus wSre vollständig dasselbe mit umbr. eur-ont.
Zuletzt noch ein wort über eine anzahl von verben mit ein-
geschobenem N oder IN, welche R. no. 2. p. 17 ff. bespricht. Es
sind die formen DANVNT auf dem epigr. Soranum, danunt bei
Plautus, nequinont, .inscrinuntur (interserinunlur) bei Livius A.,
prodinunt, redinunt bei Ennius, ebenso carlnans, carjnantibus, bei
Plautus noch coquinatum; von Fest us werden angeführt exple-
nunt, obinunt, ferinunt, solinunt. Alle diese beläge gehen nicht
über die grenzen des 6. Jahrhunderts hinaus; fruniscor braucht
Lucilius. Ritschi nimmt hier überall als eingeschobene silbe in an,
dessen i nur mit vorausgehendem wurzelvocale zu einer lauge
zusammenschmelzen konnte, daher fruniscor = fruiniscor, exple-
nunt = exple-in., nequinunt = neque-in, prodinunt = prode oder
prodi-in etc. aber cariuans, inscrinuntur u. s. f.
Allererst scheint uns, müssen hier coquinarc und carinare
ausgeschieden werden. Sie scheinen uns ebenso bestimmt denomi-
nativa als absiinare, destinare n. a. Auch fruniscor weicht sicher
insofern aus, als es nicht auf die dritte person pluralis beschränkt
ist und nicht in die angegebene periode hineinfällt. Eben darum
weil uns von solino = consulo die erste pers. singul. aufgeführt
wird, ist es wohl ganz zu trennen von solinunt = solent, sofern
nicht auch in jenem etwa die erste person blofs beispielsweise
überliefert ist. Bleiben uns aber nur dritte personen plur. dieser
art übrig (danc und danam bei Plautus bestreitet auch Ritschi),
dann möchte es doch fast scheinen, als sei hier nicht ein IN ein-
geschoben, sondern als sei die endung wiederholt. Und analo-
gieen dieses processes fehlen uns nicht: in der vedensprache findet
sich im nomen die pluralendung as gar häufig doppelt z. b. de-
väsas st. deväs u. dgl. , und im ahd. sindun , sintun sunt vermö-
gen wir nicht 8 anderes zu sehen als sintun t, also nur das umge-
kehrte von danunt für dantunt, dantun etc. Dafs es danunt heilst,
das zeugt uns ja gerade dafür, dafs hier keine zusammenziehung
statt fand aus da-inunt. Explenunt konnte aber doch nicht an-
ders lauten, da dor wurzelvocal in ple e ist, nicht c, das. lehrt
de titulo Mummiano etc. 381
uns skr. prä und lal. plenus. Sehr naturlich scheint es uns, dafs
auch prodinunt u. s. f. ein I bieten, da der zuläut der wurzel 1,
wenn nur- diese im lateinischen anzunehmen ist, in der römischen
conjugation sein gebiet auch sonst überschritten in Imus gegen
skr. imas, gr. ipev etc. Und danach richtet sich nequinont, wenn
wir nicht gar auf. eine älteste form nequicnont schliefsen wollen.
In inscrinuntur.ist eine Schwächung des ersten a, o in i einge-
treten, in ferinunt die zusammenziehung' von iö, it in ij über so-
linunt ist uns keine sichere entscheid ung möglich, da wir nicht
einmal wissen, ob sein i lang oder kurz war, und da soleo selbst
ebenso wenig ein reines verbum der zweiten conjugation zu
sein scheint, als dare eines der ersten. Früniscor aber schliefst
sieb an die gewöhnlichere verbalbildung in cerno, sino, lino u. s. f.
an und die länge seines u ist eine frucht des ausgestofsenen con-
sonanten. Denn fruges, fruetus, skr. bhuj, deutsch «brauchen»
zeugen uns doch stark genug dafür, dafs fruor für frugor steht,
früniscor also für frugniscor stehen kann. Ob unser erklär ungs-.
versuch richtig sei, scheint uns lediglich davon abzuhängen,' ob
ein soltno für consulo wirklich vorgekommen und ob es dann
ein verbum der dritten starken conjugation . gewesen ; denn
ein sölinare wurde unter dieselbe categorie fallen als carinare«rc
d. b. es. wäre ein denominativum. Sollte aber auch unsere deu-
tnng nicht annehmbar erscheinen, so ist es immer noch sehr dem
zweifei unterworfen, ob, wie R. behauptet und schon Scaliger
angedeutet hat, ein solches IN, griech. etwa -av- mit IN in itiner,
jeeinoris u. s. f. in irgend welchem engeru zusammenhange stehen,
lieber dieses IN im nomen geben uns Kuhns treffliche abhandlun- .
gen ««über das alte S» und Aufrechts auseinandersetzung «über
einige seltnere affixe im sanskrit, griechischen und lateinischen»
sehr fruchtbare andeutungen.
Zum Schlüsse unterlassen wir nicht dem heran prof. Ritschi
aufs herzlichste zu danken für seine reichen gaben. Wir aner-
kennen seinen ausspruch vollständig, wenn er sagt: Uli (qui a
multiplici linguarum inier se comparalarum apparatu instrueti
bene mereri de his lileris volent) plus nostra sententia in eis pro-
öcient, si, quid tandem instituisse atque probasse'antiquitas curiose
pervestigata deprehendatur, «a philologis discere, quam fastidiosius
carillari philologos maluerint, e Schneiden rivulis suos inigare
agellos contenti. Nur trifft der ausspruch nicht. blofs.4ie sprach-,
vergleicher, sondern wenigstens so sehr, wir wissen nicht, ob
382 ßugg«1
nicht noch mehr die Verfasser der lateinischen grammatiken, wel-
che meist zum erstaunen wenig von der geschiente der lateini-
schen spräche wissen. An den dank schliefst sich die bitte,
männer, wie Momnisen, Ritschi nnd ihre genossen mögen die oft
wirkliche, oft nur anscheinende kühnheit der sprachvergleicher
nicht von vorneherein für ein unsinniges gehahren erklären: diese
kühnheit hat schon mehrmals zur Wahrheit geführt.
Zürich im october 1852. H. Schweizer.
Zar erkKrang der oskischen spraehdenkmtter.
Einige verbalformen.
1) Cipp. Abell. 31. 44. kommt die form amfret vor. Dafe
diese «ambeunt» nicht «ambit» bezeichnet, ist von Aufrecht und
Kirchhoff (umbr. sprachd. I, 165) dargelegt worden; doch fugen
sie hinzu: «eine Schwierigkeit, welche dieser erklärung sich ent-
gegenstellt, dafs nSmlich auch der bindevocal, wie er im röm.
e-u-nt, skr. y-a-nti erscheint, fehlt, verkennen wir nicht» Diese
Schwierigkeit wird durch folgende annähme weggeräumt: in am-
fret ist r.e» nicht stammvocal, denn dieser mufste als «i» (vgl.
ioc, ionc) erscheinen, sondern bindevocal (vgl. set = lat. sunt);
der stammvocal ist ausgefallen, folglich amfr-e-t statt amfr-i-e-t,
vgl. famelo = lat. familia, herest = umbr. heriest, tat. pa-
rentes statt parientes u. m. d. (Pott etym. forsch. I? 116), umbr.
mefa statt mefia u. m. d. (umbr. sprachd. I, 21).
2) Tab. Baut. 19 ff. pon censtur bansae tovtam censa-
zet pi8 cevs bantins fust censamur esuf in eituam poi-
zad ligud ..s. censtur censaum angetuzet. Die aasleger
behaupten einstimmig, dafs sowohl censazet als angetuzet
singulare verbalformen seien, wie es scheint durch das subjeet
censtur, welches sie als unzweifelhafte singularform fafsten, ver-
leitet. Aber aus vergleichung mit den pluralformen tribarakattu-
set (s. umbr. sprachd. I, 168), umbr. benurent den singuiaren di-
cust, umbr. benust gegenüber erhellt, dafs angetuzet 3. per*,
plur. fut. exaeti ist; auch ist cenzazet, was die vergleichung
mit umbr. staheren (statt staherent) gegen deivast, umbr. pehast
lehrt, ohne zweifei 3. pers. plur: fut. simpl. Folglich mufs gleich-
falls das sobjeet censtur nomin. plur., nicht singuL, sein, was
zur crklärnng der oskischen Sprachdenkmäler. 383
auch nicht auffallen kann, wenn man sich erinnert, dafs umbr.
frater (vgl. Aufrecht und Kirchhoff umbr. sprachd. K. 310) so-
wohl nomin pltir. als sing, ist; vgl. noch osk. meddiss (nom.
sg. und plur.)
3) Tab. Bant. 23. pr. svae praefueus — fust, 30.: fa-
cti s estud. Mommsen übersetzt: «praetor si praefectus — erit;M
«factus esto», und gewifs richtig; wenn er aber meint, dafs fa-
cus und praefueus nomin. sing, der stamme faco und prae-
fueo seien, und dafs man hier zwei durch das suffix «o» gebil-
dete partieipien habe, ist dies falsch und bereits von Aufr. und
Kirchh. (umbr. sprachd. I, 169) widerlegt. Meiner meinung nach
sind facus und praefueus nomin. sing, von facuo, praefu-
eno (vgl. nom. sg. degetasis, stamm: degetasio), die von der wür-
zet fac durch suff. uo gebildet sind, vgl. lat. individuus, perspi-
cuus u. a. (Pott etym. forsch. 11,505); prae-fueuo ist durch
vocalassimilation aus prae-facuo entstanden, vgl. pertumust
= pertemust, umbr. kumultu = fcumaltu (umbr. sprachd. I, 60),
während dagegen das einfache facuo diese lautschwächung nicht
erlitten hat. — Demnach mufs wohl auch sipus T. B. 5, 14.
als nom. sg. von einem stamme sipuo angesehen werden; vielleicht
kann es den lateinischen Wörtern «pal am luci" auf der kchrseite
der tafel entsprechen und von einer wurzel sip =r goth. saihvan
(vgl. Aufrecht in dieser Zeitschrift I, 352) gebildet sein.
4) censamur, Tab. Bant. 19 ist von Curtius (zeitschr. f.
d. alterth. 1S49 s. 346) und Aufrecht (in dieser zeitschr. I, 189)
als «censetor» richtig, gedeutet und mit den nmbrischen passiv-
imperativen auf mu zusammengestellt; nur die entstehung der
formen ist noch zweifelhaft. Die umbr. sprachd. I, 142 gegebene
vermuthung befriedigt nicht, und Aufrecht scheint sie auch selbst
in dieser zeitschr. I, 189 zurückzunehmen. Ich vergleiche mit
umbr. mu statt mud (wie tu statt tud) lat. imper. pass. mino,
wozu es sich, wie lit. ptep. mas zum sanskritischen mäna-s, ver-
hält, im osk. mar, statt dessen man mud erwarten möchte,
mufs dann das passive «r» nach falscher analogie zugefugt sein.
5) tribarakavum, Cipp. Abell. 36. Mommsen (unterital. dial.
8. 238) betrachtet mit gutem rechte gegen Curtius diese infinitiv-
form als präsentisch; aber seine auffassung des «v» ist entschie-
den falsch und schon von anderen abgewiesen. Das «v» ist hier
nur euphonisch; es ist nämlich eine nicht seltene spracherschei-.
nung, dafs v sich aus einem folgenden u (oder o), theils im inlaute,
384 Bugge
um hiatus zu vermeiden, Iheiis im anlaute, entwickelt; so provenc.
avultro = aültre, lat. adulter {Diez roman. spr. I, 164); fr. dial.
vou = ou ; ags. wutau = utan, Wuffa = Uffa : altpreufs. wusch* s
rsuscbts.
6) Hier nur einige andeutungen und vermuthungen von der
bildung des futurums; viele dunkle punkte bleiben unerörtert. Im
oskischcn fut. simpl. act. wird an den präsensstamm in der 3. pers.
ging. — est oder (in den auf a und u auslautenden stammen) — st,
plur, — zet (in dem einzigen beispiele censazet) gefugt; im
umbrischen entspricht 3. pers. sg. — est, —st,, pl. — reu (insla-
heren statt staherent). Wegen der umbr. form fuiest (erit) neh-
men Aufrecht ü. Kirchh. (umbr. sprachd. I, 144) überall eine ur-
sprüngliche endung — iest ( — jest) an, die eine Verbindung. der
würzet I (gehen) mit dem conjunetiv präs. der wurzel ES (sein)
, sei. Dies ist mir aber aus verschiedenen gründen unwahrschein-
lich.; besonders spricht dagegen, dafs dann das fut. simpl. in sei-
ner bildung vom fut. exaet. ganz verschieden wäre; ich vermuthe.
dafs «i» int umbr. fuiest, wie in fuia = sit (anders umbr. sprachd.
I, 141, Curtius in zeitschr. f. d: alterthuinsw. 1849. s. 345) prä-
senscharakter sei, und stutze mich hierbei, auf .die äol. form qivita
= qpt/w. ' :
' Ferner scheint es unrichtig, wenn Aufrecht u. Kirchhoff in
.st, plur. — zet, wo doch offenbar .jede modusbezeichnung fehlt,
den conjunet. der wurzel ES (sid, sins) Beben. Ich vergleiche
mit den erwähnten osk. und umbr. futuren die alten lat. levasso,
. axo, capso u. a., die wahrscheinlich mit Mad wig und Böpp als
ursprüngliche futura simplicia angesehen werden müssen; in allen
diesen formen hat mau eine Zusammensetzung mit dein fut. der
wurzel ES, eso, erd zu sehen. Nun ist wie ich vermuthe und
was wohl nicht die formen dederitis, capsimus u. a. (vgl. Curtius
temp. u. modi s. 321) widerlegen, ero ein ursprüngliches präsens.
nur so weit von sum, est u. s. w. als lat. eo vom griech. dpi,
verschieden; wir finden also hier die auch sonst nicht seltene er-
schein ung, dafs die spräche zwei ursprüngliche' gleichbedeutende
formen im lauf der zeit zur bezeichnung verschiedener begriffe
• angewendet hat. Eine überraschende analogie bietet uns in be-
treff der form das litauische dar, wo im prfis. indic. des hulfs-
verbs neben esmi, plur. esme das neuere essu (statt esu, wie le-
vasso statt levaso), plur. esam sich findet; die Übereinstimmung
offenbart sich auch darin, dafs essu zur bildung des fut. ange-
zur erklärung der os Irischen Sprachdenkmäler. 385
wendet wird; so entspricht lit. suk-ku dem lat. cap-so, osk. did-
est, deiva-st. Meine vermuthung, dafs ero ein ursprüngliches
präsens sei, wird noch durch Übereinstimmung neugebildeter prä-
sensformen in den roman. sprachen bestätigt, denn merkwürdig und
kaum zufällig stimmt ßpan. eres (es) zu lat. eris, ital. essere (esse)
zu impetra-ssere. Auch -bo (statt -fuo), wodurch das gewöhnliche
zusammengesetzte fut. simpl. im lat. gebildet wird, ist, wie schon
Pott vermuthet, ein ursprüngliches präsens (vgl. ags. beo) ; so er-
klärt sich die präsentische bedeutung der participien auf -buudus.
Zu fust verhält sich offenbar fusid Cipp. Abell. 19, wie lat.
sit (osk. sid?) zu est (ist), und ist also mit lat. faxim, ausim zu
vergleichen; mit fusfd gleichartig scheinen auch die formen paten-
sins Cipp. Ab. 50. 51. und tribarakaitins Cipp. Ab. 48 (statt tri-
barakat-sins? vgl. umbr. sprachd. 1, 168).
Wort erklär ungen.
1) Auf einer pompeianischen inschrift bei Mommsen no.
XXEXa. findet sich: anter. tiurri. XII. ini ver || sarinu. statt des-
sen no. XXIXb: anter. tiurri. XII. im'. || verusarinu. Mommsen
überträgt: «inter turrim XII. et deversorium?» und gibt im glos-
sar folgende erklärung: «ver || sarinu XXIX a. verusarinu XXIXb.
subst. 2 decl. acc. sg.? verusa- scheint eine vocalisirte form von
versa — versarinu mufs eine localität in Pompeji sein, wobei
wohl nicht an den Sarnns zu denken, sondern vielleicht = dever-
sorium «wirthsbaus». Diese letzte erklärung kann aber aus meh-
reren gründen . nicht gestattet werden: im oskischen findet sich
keine spur eines 8 uff. -anno (das lat. suff. ario lautet asio), fer-
ner bleibt so der eingeschobene vocal «un völlig unerklärt; end-
lich ist es die Zusammensetzung mit de, die dem lat. deversorium
seine bedeutung gibt. — Ich lese «veru sarinu» als zwei Wörter;
auf XXIX a. mufs folglich am ende der zeile nach «r» ein «u»
verschwunden sein, was um so wahrscheinlicher sein kann, als ,
auch die fünf vorhergehenden buchstaben , als Mommsen die in-
schrift sah, verschwunden waren. Ferner mufs als stütze mei-
ner lesung angeführt werden, dafs ßonuccis abschrift von XXIXb.
zwischen veru und sar- räum läist. Demnach mufs man wohl
veru, wie sarinu, als aecusativ fassen und der Wortstellung nach
in jenem ein Substantiv, in diesem ein adjeetiv vermuthen. Die be-
deutung des veru betreffend, liegt es nahe, umbr. verus pl. masc,
das, wie Aufr. u. Kirchh. (umbr. sprachd. II, 123 ff.) gezeigt ha-
ll. 5. 25
386 Bngge
ben, «tnor» bedeutet, zu vergleichen; denn, dafs dies wort im
umbr. plur. tant. ist, kann dieser annähme wohl nicht hinderlich
sein. Dunkler ist mir sarinn; doch scheint es dasselbe suffix, das
uns in herukinai, nuvkrinum, sidikinud begegnet, zu enthalten,
weshalb ich auch .die Schreibung mit «i" vorziehe*, vielleicht ist,
wie auch Mommsen andeutet, das wort von einer kürzeren form
•statt Sarnus, die- in Sarrastes (vgl. Mommsen gloss. v. [s]arasne£m])
erscheint,, abzuleiten. Uebrigens mufs in diesen zwei Wörtern der
.vocal u statt o im accus, bemerkt werden.
2) Tab. Agnon.9. 27. anafriss. Das wort ist, wie ligis«
dat. abl. plur. 3. decl. Gegen die erklärung «inferis», die auch
nicht von seite der bedeutung sich empfiehlt, spricht die verschie-
dene declination. Ich übersetze «imbribus»; in anafriss ist der
ursprüngliche vocal a und die spirans f im Vorzug gegen lateib.
imber, griecfa. ofißQog bewahrt, wodurch das wort sich dem skr.
abhra (vgl. Benfey gr. wurzelle?, II, 341) näher stellt. Für die
einschiebung des a (a, da derselbe vocal vorhergeht) zwischen n
und f, also in einem falle, der von Kirchhoff (in dieser zeitschr. I,
36 ff.) nicht berührt ist, vergleiche ich wetterau: finef = goth.
fimf, altfries. kenep = altnorw. kampr.
3) Tab-. Baut: 20 *.s.. .ceüst-ur. Mommsen liest zweifelnd
asc und übersetzt «hie censor». Oben habe ich aber gezeigt,
dafs censtur nomin. plur. sein mufs; folglich niufs auch das
vorhergehende wort, wenn es, wie Mommsen annimmt, ein dazu
- gehörendes pronom. demonstr. ist, plur. sein. Die lesung Momoi*
*sens asc und Lepsius's aisc scheint sinnlos; ich -halte mich an
die Variante* Marinis iüae, nur lese ich wegen der bemerkung
Mommsens, der letzte buchstab sei eher c als e, iusc. Dies deute
ich «ii"; von izic mufs man nämlich nach nom. sg. fem. ioc,
acc. sg. msc. ionc und umbr. eur-ont nom. plur.' masc. ioso
vermuthen; aber auch sonst wechseln auf der bantinischen tafel
n und o (z. b. acc. -om und -um); vgl. noch nom. piur. fistlus.
4) Tab. Bant. 22 ff. in amiricatud allo famelo in ei
siuom paei eizeis fust... tovtico .estud. Die deutuug
Mommsens der Wörter in ei (wofür er in ei corrigirt) siuom
bedarf wohl keiner Widerlegung. Ich vermuUie in diesen Wör-
tern eine Verstümmelung aus: in eituo = et peeunia.
5) carneis, Tab. bant. 3. 6. gen. sg. fem.: Aufrecht und
Xirchhoff (uinbr. sprachd. II, 332ff.) haben scharfsinnig dies wort,
wie das umbr. kam, als «pars» gedeutet, doch ohne diese an-
zur erklSrung der oskischen Sprachdenkmäler. 387
nähme etymologisch zu bestätigen. . Ich gebe hier eine vermu-
thnng, die nur als solche betrachtet werden soll; man hat darin
eine wurzel kar zu sehen, welche ich mit skr. kr, kalay = dis-
jicere, dispergere, die, wie Benfey gr. wurzellex. II, 172 zeigt,
in einigen ableitungen, in den participien kalila, kirna u. a., die
bedentnng «theilen» hat, vergleiche; zu derselben wurzel stellt
Benfey gael. crann (loos), das dem angeführten osk. .und umbr.
worte nahe zu stehen scheint.
Christiania. - Sophus Bugge.
Die wurzel ei, ™, qui, fi.
Benfey hatte schon in seinem griechischen wurzellexikon II.
233 für die sanskrit wurzel ci die bedeutungen strafen und ehren
erschlossen, für jene auf zend. citha (so ist dort zu lesen) strafe*
für diese auf skr. apaciti f. worship, reverence, apacita ho-
noured, saluted sowie auf einige slawische Wörter sich stutzend.
Von den zuletzt genannten sanskrit Wörtern, die bisher nur durch
Wilson^ . Wörterbuch nachgewiesen waren, findet sich Jenes Vaj.
S. 21. 58. und wenn schön dadurch obige annähme bestätigung
erhält, so geschieht dies andrerseits auch' für die bedeutung stra-
fen, die bisher nur nach dem zendischcn citha aufgestellt war.
Roth fuhrt nämlich in seinen erläuterungen zu Nirukta 4. 25.
aufser der im text enthaltenen stelle noch zwei freispiele; an, in
welchen die wurzel ci und zwar im ätmanepadem Ister conju-
gationsklasse die bedeutung «verfolgen, bestrafen'1 hat. 'Das erste
derselben (RV. VII. 3. 19. 2. mä' tat karma väsavo yac cäyadhve)
isV wenn das citat richtig ist (was ich im augenblick 'nicht be-
stimmen kann) einer stelle im sechsten mandala (RV. 6. 50. 7)
gleich, m welchem die Äditya's verherrlicht werden und es heifst:
yüyam hi stha rathyö nas tanü'näm yüyam däxasya väcaso •
babhüvd || 6 [|
mä' va eno .anyäkrtam bhujema mä' tdt karma vasavo yäc -
ciy.adhve |
vicvasya ht xäyatha vigvadeväh svayam ripus tanvam riri- .
shishtaH7||. . .
«Denn ihr seid die lenker unserer leiber, ihr seid es* der kraft
und der rede; dafs wir nur nicht die sünde, die andere an euch
25*
388 Kulm
gethan, büfsen müssen, nicht die that*), die ihr o Vasu's, strafet ;
denn des all's hemcher seid ihr o allgötter, den eignen leib möge
der feind (sonder, ef. ripram and ripas) schädigen.»
Die zweite von Roth angeführte stelle steht ebenfalls in
einem liede an die Aditya's und lantet (RV. 2. 27. 4):
dhäräyanta Adityä'so jägat sthä' deva' vicvasya bhuvanasya
gopa h |
dhirghä'dhiyo räxamänä asuryäm rtä'vänac cäyamänä rnä'ni
II 4 1|
A
«Wandelndes und festes erhalten die Aditya's, die göttlichen
schatzer der gesammten Schöpfung, die in dauerndem frommem
werk des lebens quell bewachen, die wahrhaftigen, welche die
schuld rächen.» Die stelle im Nirukta, zu welcher diese citate
entnommen sind, ist dem ersten mandala des Rigveda entnommen
(t. 190. 5) und lautet vollständig.
yc tvä devo' srikam mänyamänah päpa' bhadram opaji'vant
pajrä'h |
na* dudhye anu dadasi vämäm Brhaspate cayase it piyä-
rum||5||
«Die dich o gott für gering**) achten, die durch dich treulichen
leben, die bösen Pajra's (oder: die bösen reichen), nicht gewährst
du den gottlosen ihren wünsch, sondern du strafst o Brhaspati
den 8cbmäher.» Hieran schliefst sich noch die stelle R. 1. 167. 8:
pä'nti miträ'värunäv avadyä'c cäyata im aryamö äpracastän |
«Mitra und Varutia schützen vor der sünde und es straft Arya-
man die ruhmlosen.»
Diese stellen zeigen deutlich die bedeutung strafen, die sünde
*) so scheint mir richtiger, wegen sv. ripus u. 8 w. zu übersetzen,
doch läfst sich auch Süyana's auftassung hören, der das allerdings ac-
centlose und deshalb schon von den grammatikern als verbum gefafste
karma durch kärshma umschreibt; indefs wäre in diesem fall doch wohl
karAma zu erwarten.
**) usrikam bringt Süyana im Zusammenhang mit usriyä, gönfima
und erklärt es durch kutsitfm alpaxtrotsravinfm gä/n jtritam »narfrüham
vä; also die Pajra's oder die reichen halten den Brhaspati für eine
fast milcblo8e kuh oder für einen altersschwachen stier, der ihnen ihre
wünsche nicht gewahren kann, sie beten nicht zu ihm. Ob die Pajra's
als stammnamen zu fassen seien, und der Verehrung des Brhaspati, deV
einer der jüngsten vedischen götter ist, vielleicht längere zeit wider-
strebten, mag dahingestellt bleiben.
die wurzel ci, t«, qui, fi. 389
verfolgen für das verbuni cayate and sie wird uocli weiter durch
das Substantiv rnacit der sündenstrafer, zu dem noch rnayä' und
rnayaVan der süudenlöscr zu nehmen sind, welche beiwörter des
Brahmanaspati aber auch andrer götter sind, bestätigt. Demnach
kann es dann aber auch weiter nicht zweifelhaft sein, dafs Ben-
fey's Zusammenstellung mit rlea&ai (a. a. o.) vollkommen richtig
ist; r entspricht dem c wie in ?€, ca; reaaaQeg, catur, catväras
u. s. w,, und der ohne gunirung beibehaltene wurzelvocal, der
jedoch in der epischen spräche meist verlängert auftritt, hat nichts
auffalliges, da sich auch andere fälle zeigen, wo dem gunirten
vocal des sanskrit blofse länge (oder selbst kurze) in den alten
sprachen gegen übertritt, man vergleiche z. b. das altrömische dou-
eit, später ducit mit skr. dohate, goth. tiuhith. Die Zusammen-
stellung ist daher lautlich nicht anzufechten, und ist auch inso-
fern interessant als die Übereinstimmung sich bis auf das genus
verbi erstreckt, indem cayate wie tietcu medial ist. Dies führt
uns zu der begriiTsentwicklung zurück.
Benfey hatte am angeführten orte aus dem in den slawischen
sprachen sowie auch im indischen compositum vicinoti enthalte-
nen begriffe des zahlens, die bedeutungsentwicklung zu zahlen,
dann zu: jedem das gebührende geben, ehren und strafen angenom-
men. Abgesehen von dem sonst nicht weiter in dieser bedeutung
nachgewiesenen vicinoti (im Rigv. wird es vom einstreichen des ge-
winn es beim spiel gebraucht vgl. Roth z. Nir. 5. 22) scheint eine
andere begriiTsentwicklung die richtigere; wenn nämlich der grund-
begriff der wurzel sammeln ist, so hängt damit aufs natürlichste der
begriff des suchens zusammen, den ci ebenfalls zeigt; das suchen ist
aber einer sachc nachgehen, sie verfolgen, so wird ci namentlich
von Verfolgung des pfades gebraucht (yämam acidhvam R. a. 5. 8.
18. 2 ib. 20. 4.) und namentlich in Zusammensetzung mit vi, wo
es zunächst aussuchen, auswählen bedeutet. Daraus leitet sich dann
aber die des ehrens nnd strafens sowie rächens am besten ab,
indem beide freundliches und feindliches verfolgen sind und ehren
wie strafen ein aussuchen und auswählen sind; daher denn auch
für das strafen, rächen die mediale form, weil die thätigkeit eine
mehr subjeetive ist.
In dieser medialen form stimmt denn auch das gothische,
wenn auch nur in einer einzigen form, nämlich in der 3. pl.
präs. faianda, welche sich Rom. 9. 19 findet: qithis mis im. ath-
tban wa nauh faianda. unte viljin is was anstandi — dicis mihi
390 Kahn
igitur: at quid adhuc vituperant, nam voluntati eius quis resistaf?
Was zunächst die form betrifft, so stimmt f zu skr. c, griech. t
wie in' panca niviz fimf, catur catväras tiaaoQtg fidvor, und
auch im übrigen kpnnen sich die formen cayante und faianda
nach allen gesetzen kaum genauer entsprechen; daher scheint es
mir besser diese form als medium denn ab passivum zu fassen,
wie v. d..Gabelentz — Lobe schliefsiich gethan haben (grammat
§ 177 anm. 5, vergL 178. anm. 1.); was' aber die bedeutung be-
trifft, so gränzen tadeln und strafen so nahe an einander, dafs
es keines weiteren bedarf. Dafs auch Gjan hassen nebst fijands
feind fijathva feindschaft (welche Bopp vgl. gr. p. 123 zu skr.
bibbemi fürchten stellt, das aber schon durch beben vertreten ist)
zu derselben wurzel gehören, ist wohl unzweifelhaft; nur ist der
wurzelvocal in ihnen un verstärkt. Die weitere Verwandtschaft
in den deutschen sprachen sehe man bei Dief. goth. wb. 1. F. 37.
Dem skr. c entspricht regelrecht lateinisches q, demnach hät-
ten wir hier unsre wurzel in der form qui zu erwarten, und es
scheint mir kaum zweifelhaft, dafs dieselbe in queo auftrete, wel-
ches bekanntlich sich in seiner flexion ganz an eo anschliefst und
demnach das wurzelhafte i deutlich zeigt. Freilich liegt die be-
deutung von den bisher betrachteten begriffen fern, doch möchte
sie sich an die bereits als grundbedeutung aufgestellte des sam-
melns anschliefsen, und daraus die des Wachsens, stark, vermö-
gend, seins sich entwickelt haben. Uebrigens mufs man wohl
berücksichtigen, dafs es in seiner flexion, wie es bei veränderter
bedeutung natürlich scheint, von den bisher betrachteten verbis
abweicht, indem es der bindevocallosen conjugation folgt. Doch
scheint es in älterer zeit noch ein anderes thema, nämlich mit
n , flectirt zu haben , da uns Festus aus Liv. Andron. die form
nequinunt=nequeunt aufbewahrt (Struve lat. dekl. u. conj. p. 206
anm. 7.). Ich kann mich hier nicht dabei aufhalten, nachzu-
weisen, dafs diese form mit n hauptsächlich bei solchen verbis
vorkommt, die im sanskrit nach der fünften und neunten oder
auch nach der siebenten klasse conjugiren, sondern werde dies
unten ausführlicher nachweisen. Genug queo tritt durch diese
form auch in die zahl der verba, die ursprünglich nach der fünften
klasse conjugirten, aber im griechischen und lateinischen mehr-
fach in die bindevocalische conjugation, jedoch mit beibehaltung
des n, übergetreten sind. Nun folgt aber skr. ci in der bedeu-
tung colligere sowie in den meisten übrigen der 5. klasse und
die wurzel ci, t«, qui, fi.. . 391
bildet das präsens cinomi, ebenso zeigt das griechische ueben Tiiw
noch rivto und ri'wfit und diese Übereinstimmung auch der flexton
scheint um so mehr dafür zu sprechen, dafs auch queo zu dem
kreise der aus dieser wurzel entsprossenen bildungen gehöre.
Die Schreibung von. jiwpi mit einfachem oder doppelten r
sowie die quantität des i bedarf jedoch noeh einiger erörterung.
Buttmann gr. gr. II. anm. 19. wollte immer iLvwpi schreiben, wo-
gegen Lobeck in dem zusatze zu dieser anmerkung wegen der
analogie von rtVa> zu rirvfii wie av<n zu awfii nur einfaches v
anerkennt; unsere zurückfuhrung auf wurzel ci sowie der um-
stand, dafs diese aufser der ersten, namentlich auch der fünften
klasse der sanskritverba folgt, zeigt das Lobeck allein im recht
ist. Jedenfalls lautet die wurzel nur Vocalisch aus und der ge-
brauch bei Homer und Hesiod, wo immer die länge auftritt, zeugt
dafür, dafs diese älter sei als die kürze, die sich bei den Attikern
zeigt. Dafs sie im gegensatz zum sanskrit in der Wurzelsilbe er-
scheint, rührt vom accent her, welcher im cinomi, cinöshi, cinöti
sowie in den meisten andern formen des Singulars act. der spe-
cialtempora auf der conjugationssiibe ruht und so deren gunirung
hervorgerufen hat, dagegen in den übrigen formen auf die endung
tritt, während er in den entsprechenden griech. formen meist die
Wurzelsilbe trifft und so deren vocal Verstärkung hervorruft, wie
dsixvfii, oiywpi, ^evywpiy cuwpai zeigen. Dafs diese vocalver-
slärkung sich aber bei rirvfu nicht in der gestalt des diphthongs,
sondern der einfachen Verlängerung zeigt, steht in analogie zu
der oben besprochenen erschein ung, dereu normale entwickln ng
nachzuweisen eine dankenswerthe aufgäbe wäre. Es ist übrigens
eine auffallende Übereinstimmung, dafs das zu dem goth. faianda,
fi jan u. s. w. gehörende fein an sich erbarmen, also ebenfalls eine
bildung mit n, die ich formell für vollkommen identisch mit rt-
rvpi halte, ebenfalls den langen vocal (ei = i) und zwar im wi-
dersprach mit andern bildungen zeigt, so dafs Grimm (gr. IV. 26')
die frage auf warf warum nicht kinan, infinan, vielmehr keinan,
iufeinan gebildet wurde und die verinuthung aufstellt, da£s ur-
sprungliches i der wurzel ein j vor vocalisch anlautenden endun-
gen eingeschoben habe, dies ij aber in ei übergegangen sei, wie
sonst ji gleichfalls in ei übertrete (sokjith, sökeith). So wahr-
scheinlich diese vermuthung übrigens an und für sich ist, so
wird sie doch um so mehr in gleicher weise wie die länge in
riwfii erklärt werden müssen, als dieselbe auch in nequinont er-
392 Kahn
scheint (vergl. oben p> 3S1 und unten p. 397), vorausgesetzt, dafs
meine obige annähme richtig ist.
Auf den ältesten begriff der wurzel geht endlich noch ein
althochdeutsches und angelsächs. wort zurück, welches Grimm
in seiner abhandlung «über das verbrennen der leichen» p. 32.
bespricht, nämlich fin. rogus, strues bei Otfried fina. Im
sanskrit kommen von der wurzel ci die substantiva cita, citi
(Käty. 25. 7. citim cinoti er errichtet einen Scheiterhaufen) cayana,
welche alle drei den zur Verbrennung des todten errichteten Schei-
terhaufen bezeichnen, und an das letztere schliefst sich deutlich
dies ahd, fina, ags. fin an, dem ein goth. feina entsprechen würde,
dies setzt aber skr. cena voraus, wie goth. beitij? = skr. (ved.)
bhedati (statt des gew. bhlnatti, bhindmas, findit, findimus), goth.
hveits = skr. evetas. Jenes skr. cayana entsteht aber aus der gu-
nirten wurzelform von ci nämlich ce -f- ana und die beiden wor-
ter sind demnach nur im aftixanlaut und auslaut unterschieden,
da cayana neutrum, fina dagegen femininum ist, also ursprüng-
lich langes ä im skr. voraussetzt.
Dies ahd. fina, fin leitet dann aber auch dahin, das andere
fin, welches ahd. nur als adv. finliho tenere, aber in mhd. vin
mit der bedeutung dünn, zart, artig, schön vorkommt, vgl. auch
engl, fine schön, fein, auf unsre wurzel zurückzuführen; denn
der begriff des auserlesenen oder der bunten mannichfaltigkeit
scheint der ursprüngliche des wortes zu sein. Diese- vermuthang
gewinnt noch einiges gewicht durch skr. citra, weiches mannich-
fach, bunt, schön, bewundernswerth bedeutet, von w. ci mit affix
tra abgeleitet wird (BoehtJiogk Un. IV. 165) und in den schollen
gewöhnlich durch cayaniya, darcaniya sammelns-, sehenswerth
erklärt wird. A. Kuhn.
Ueber die durch nasale erweiterten verbalstlimme.
Unler den durch consonanten oder vocale erweiterten ver-
balstämmen sind bekanntlich diejenigen von nicht geringem um-
fang, welche die wurzel, sei es durch einfügung eines nasaig in
dieselbe oder durch anfügung einer mit einem nasal beginnenden
silbc an dieselbe erweitern und von diesem stamme sei es nun
blos gewisse oder alle tempora bilden. Das sanskrit zeigt die
weiteste ausdehnung dieser erscheinung, indem es 1) der wurzel
über die durch nasale erweiterten verbalstämme. 303
nur einen nasal in einzelnen fällen einschiebt wie labh, welches
z. b. neben labhante auch lambhante und andere formen bildet;
2) den nasal in den specialtemporibus überall eintreten läfst,
worauf einige stamme wie munc nach der sechsten, andere wie
yunj nach der 7. klasse gehen, letztere aber, der conjagation ohne
bindevocal folgend, in den formen, wo die nasalirtc silbe den ac-
cent erhalten möfste, diesen zu der silbe na erweitern, 3) der
wurzel die silbe nu, 4) die silbe nä anhängt, 5) in den special-
temporibus die Silben nu oder na anhängt, in den übrigen dem
wurzelauslaut einen nasal vorschiebt wie z. b. dabhnoti und da-
dambha, woneben doch aber auch vedische formen wie dabhanti
auftreten, oder crathnäti, cacrantha u. a.
Diese mannichfachen verbalstämme stehen, wie leicht ersicht-
lich ist, in enger beziehung unter einander, das allen gemeinsame
ist der an der wnrzel erscheinende nasal, welchen Curtius (tem-
pus- und modasbildung p. 53 ff.) als eine rein lautliche Verstär-
kung dargestellt hat. So unzweifelhaft und treulich er dies auch
für viele fälle nachgewiesen hat, so ist es doch immer noch nicht
ohne bedenken für andre; Curtius selbst hat (a. a. o. p. 58) ge-
sagt: «Die griechische spräche fügt aber ihren nasal nicht blofs
nach vocalen, sondern auch nach consonanten ein. Es scheint
auf den ersten blick unwahrscheinlich, dafs in xa/wo), ripvm das
v blofs verstärken sollen u. s. w.» Er führt aber darauf fälle an,
in welchen ein v nach p sich unorganisch eingeschlichen haben
soll, sncht in den latein. sperno, cerno, sterno das n durch frü-
here metathesis des r zu erklären, wonach sie also aus spre-o
o. s. w. hervorgegangen wären und erklärt ddxvo) durch Umstel-
lung des nasals, wie sie auch im übrigens bis jetzt noch nicht
belegten däcnöti s. däsnöti (occidere, ferire, laedere) statt gefun-
den habe. Allein in den für den einschub des v beigebrachten
fallen ist doch für einige eine andere erklärung wahrscheinlicher,
denn vobwpvog geht durch öVopat auf einen stamm mit ursprüng-
lichem nt zurück und diese zeigen bald das n bald das r, dre-
Qapvog hat das attische äteQdpaHr neben sich, aus dem es durch
erweiternng gebildet ist und auch dndlapvog wie nalaywaXog
geht wohl auf ein älteres ttaXdpav für naldfirj zurück, da so-
wohl das lateinische in palmus als auch das angelsächsische in
folm masculina neben den gebräuchlichen femininalformen zeigen,
und diese masculina auf mus, m indischen auf ma entsprechen,
die fast durchweg aus solchen auf man hervorgegangen sind.
394 Kuhn
Aebnlich lassen sich auch wohl die übrigen falle, nämlich di:
dvpvog, vneQepnjpvxe, IloXudapva erklären, und es bleiben, dann
nur noch die lateinischen verba nebst öanvm übrig, Jene hat
Curtius selbst nur als «vielleicht» durch metathesis entstanden
bezeichnet, und dieses schliefst sich, das Vorhandensein des the-
mas däcnu vorausgesetzt, mit der skr.- nebenform danc, an die
oben unter no. 7. gestellten fälle an. ddxr<o tritt mit tfwco wahr-
scheinlich ganz auf eine linie und wie diesem das skr. dhunoti
als ältere form vorangegangen ist, so möchte auch ödxtxo aus
einem älteren doxy^/u oder öaxwpi entstanden sein. Ich mufs
übrigens noch erwähnen, dafs auch Pott bereits (etym. forsch. II.
687) gesagt hatte, dafs das v in den stammen dapva u. s. w. zwi-
schen fi und a eingeschoben scheinen könnte, da neben da^vt^u
ein dapaw stehe, dafs jedoch diese beiden stamme in einem an-
deren zusammenhange stehen, soll sogleich gezeigt werden.
Ohne für jetzt auf die frage, ob der im stamme sich, zei-
gende nasal stets eine rein lautliche Steigerung sei oder einen an-
deren Ursprung habe, einzugehen, wollen wir hier einige erschei-
nungen, die sich gleichfalls dem kreise dieser nasalirenden themen
anschliefsen , betrachten. Die spräche der veden zeigt nämlich
in der conjugation derjenigen verba, welche der 9ten klasse fol-
gen, wie z. b. manth, präs. mathnäti , ein nebenthema , welches
der wurzel die silbe äy anfügt und der ersten conjugation folgt
also z. h. das jenem mathnäti gleichstehende mathäyati bildet,
neben welchen dann noch die dritte. form manthati herläuft; alle
drei sind aus den vedischen liedern nachweisbar, ohne dafs sich
för jetzt ein wenigstens erheblicher unterschied der bedeutung
herausstellte. Die einer solchen doppelten flexion folgenden wur-
zeln hat Benfey bereits in seiner sanskritgrammatik § S05. VIII.
zusammengestellt, es sind manth, skabh, stabh, grabh, prush,
push, mush pri; zu diesen stellt B. noch rdh, welches sonsi der
öten klasse, sowie vas,. welches der 2ten klasse folgt, aufserdem
noch krp cl. 10, cubh cl. 6. u. a.; bleiben wir zunächst bei den
der 9ten klasse angehörigen wurzeln stehn, so sind ihnen noch
a<;, crath hinzuzufügen und es stehen demnach bei den genannten
wurzeln die formen mathnäti, mathäyati, skabnäti, skabhäyati,
stabhnäti, stabhäyati, grbhnäti, grbhäyati, prushnäti, prushäyati,
pushnäti, pushäyali, mushnäti, mushäyati, prinäti, priyäyati, acnati,
acäyati, crathnäti, crathäyati neben einander. Nun zeigt aber so-
wohl der pada- als auch zuweilen der samhitatext an. der stelle
über die durch nasale erweiterten wortsWnime. 395
von äy die Verkürzung zu ay, so dafs z. b. cratbaya neben $ra-
thäya,* grbhaya neben grbhäya steht and danach wird es keinem
bedenken unterliegen, dafs wie die themen mit nasal sich neben
griechische auf rqpi und dvo) stellen, so diese sich den neben-
themen der letzteren auf £<x> anschliefsen^ und zwar in der art,
dafs während sich- in den themen auf «*<», akr. nämi nur. nahe
verwandte themen gebildet haben (mathnati, manthati, pav&am)
in mathayati (ia&da> (fia&ijaofiai) vollständig congruente formen
neben einander stehen. Dabei sei nebenher bemerkt, dafs die hier
verglichenen beiden Wörter auch begrifflich identisch gewesen
sein mössen, was sich am sanskrit, wo manth am gewöhnlichsten
schütteln, erschüttern, dann durch erschütterung herausbringen
heifst, noch genauer nachweisen läfst. Im griechischen hat sich
der ursprüngliche begriff offenbar neben dem später blos geistigen '
noch am deutlichsten in IlQOfArj&evg erhalten, der wie der indi-
sche Mätarigvan das fener vom-himmel bringt; diesen nannte da-
her Roth bereits (zu Nir. 7. 26) einen zweiten Prometheus, ich
glaube indefs, dafs er -der erste und einzige 9 d. h. dem griechi-
schen identisch sei, was mir namentlich das verbum beweist, wel-
ches zur bezeichnung der thätigkeit des M&taricvan,"der den in
der wolkenhöle verborgenen Agni herausbringt, gebraucht wird,
denn dies ist gerade mathayati, und nQoptftevQ wäre aufs ge-
nauste ein skr. pramathayüs. Ich werde diese ganze Vorstellung
nächstens ausfuhrlicher entwickeln und kehre zu unsern verbal-
stämmen zurück.
In gleicher weise wie dem skr. mäthäyati die von fia&ew
gebildeten formen zur seite stehen, reiht sich nun auch dem ve-
dischen priyäyati, das neben prinäti steht, das griech. cptUo)
an, denn wenn es kein zweifei ist, dafs priya und cpdog iden-
tisch, freilich aber in folge verschiedener lautgesetze einander sehr
unähnlich geworden sind, so gehören auch jene zusammen; dafs
beide .auf den ersten blick denominatiya zu sein scheinen, ist
einleuchtend, und ich glaube auch, dafs sie es sind, worüber denn
auch das goth. frijon keinen zweifei mehr Üffst. *
Wie aber qpuU'a», priyäyati neben dem skr. pritiati nach der
9ten - klasse stehen , so steht wieder lat. pleo . neben skr. j>rnäti
(erfüllen) während nifinX^fii sich an das gleichfalls vorhandene
piparmi anschliefst; dagegen stimmt das in des Paul. Diac auszü*
gen aus Festus erhaltene explenunt für expient wieder zu prnanti:
die mit Wahrscheinlichkeit Vorauszusetzende länge des e erklärt
396 Kahn
sich durch den lateinischen accent, der. wie er in inius die
länge des i herbeiführte gegen skr. imas, griech. ifiat (vgl. oben
Schweizer p. 381) so auch hier genügende anfklfirong für die
Verlängerung giebt. Auf die übrigen lateinischen stamme, die,
gewöhnlich vocalisch, in der 3. pers. plur. die cndung innnt zei-
gen, kommen wir unten zurück. Zunächst wenden wir uns zu
der ähnliche erscheinungen bietenden 5. klassc der sanskritverba.
Wenn nämlich eine ziemliche zahl dieser verba ihre special-
tempora auch zugleich nach der 9. klasse bilden können (acnäti,
acnoti, stabhnäti, stabhnoti, skabhnati, skabhnoti, skubhnäti, sku-
bhuoti, krnäti, krnoti (laedere occidere), slrnati, stynoti, vrnäti,
vrnoti (doch hier mit meist festgehaltenem unterschied der bedeu-
tung),rnäti, ritoti, dhunäti,dhunoti,skunäti,skunoti,drati8:ti, drunoti,
minati, minoti, sinäti, sinoti, xiriäti, xirioti), so erklärt sich daher
zur genfige, dafs unter den oben aus Benfey's grammatik ange-
fahrten formen ein rdhäyati vorkommt, während die w. rdh nur
nach der 5. klasse flectirt, ebenso hat Benfey a. a. o. mit vollem
rechte zu yasäyali das griech. JWv/u in parenthcse gestellt. Allein
auch die 6. klasse scheint in alter zeit ein nebenthema gehabt zu
haben, welches dem der 9. analog gebildet war, nämlich statt
-noti auf -üyati flectirte, wenigstens läfst sich dies aus dem ne-
ben stabhnoti in den veden vorhandenen ptc. stabhuyat und sta-
bhuyamäna schliefen; in vollkommen entsprechender weise steht
neben rnomi OQWfii (deren aoristformen ärta, arta, wqto, ränta,
oqopto sich fast noch gleich stehen), das griech. oqovco für das
6qv<d zu erwarten stände; das ov statt des v scheint dialektische
besonderheit, wie sie Böotern und Lakonen eigen ist (Ahr. diall.
I. §41, H. § 18). Vielleicht läfst sich auch ytj(wm, so zu dem
skr. grnäti stellen, indem es zu einer nebenform grnoti gehörte.
Die länge des r\ entspricht ganz der von yijqag im verhällnife zu
skr. jaras, die ältere kürze des v wäre analog der Verkürzung
von äyati zu ayati, «oo. Das daneben stehende ytJQvg wäre kein
hindernifs solcher annähme; denn freilich scheint yijQvco dazu
denominativ, aber in dieser weise scheinen sehr viele dieser for-
men erklärt werden zu müssen.
Standen schon vasäyati, rdhäyati neben erwpt und rdlinoti
nnd bildet oQvvpi eine nebenform des aorist aus einem thema auf
ta, nämlich OQeovtoy so zeigt sich darin wieder der nahe Zusam-
menhang der 9. und 5. klasse; wenn wir daher oben explenunt
f. cxpleut zur 9. klasse stellten, so gehören auch die von Schwel-
über die durch nasale erweiterten yerbalsUmme. 397
zer p. 380. 381 besprochenen obinunt, redinunt, prodinunt unbe-
denklich zu derselben. Bereits im sanskrit verläfst nämlich die
wnrzel * mehrfach die zweite conjugationsklasse, und bildet, in
die erste übergehend, ein dem latein. eo entsprechendes ayanri
oder in die fünfte eintretend inomi, das in seiner meist transiti-
ven bedeutung gehen machen (zu jmd»), umfassen, nehmen, greifen
genau dem medialen curvficu (wegen ai s. oben s. 391) entspricht,
doch auch intransitiv (gatikarmä Nigh. 1, 14), gebraucht wird und
auch mehrfach in einer erweiterten form invati auftritt, die ganz
der analogie der verba auf -vuv folgt. Wenn nun sternunt gleich
skr. strnanti, so entsprechen ob-, red-, prod-inunt einem skr.
inanti, welches bei der besprochenen nahen berührung zwischen
5. und 9. klasse vorauszusetzen ist; eben so erklärt sich nequi-
nnnt; die von Ritschi (de epigramm. Sor. p. 18) für prodinunt
nachgewiesene länge macht es wahrscheinlich, dafs auch ob-, red-
inunt, nequinunt dieselbe zeigten, und sie erklärt sich aas dem
was oben von Schweizer p. 281 und von mir p. 391. gesagt ist.
In gleicher weise wie jene formen ist danunt zu erklären, dessen
kurzes' a eben so wenig bedenken erregen kann, als das dem skr.
a der feminina entsprechende kurze a des nom. der 1. lat. dekl.,
als das des sup. datum u. s. w. Die erweiterung des thema's hat
ihr analogon in dem cretischen azarvm : larrjfjtu Die erweiterung
von fruor zu frumscor setzt einen stamm fruni voraus; fruor ent-
spricht wie Schweizer bereits oben dargethan dem skr. bhüj , d.
brauchen; die flexion der sanskritw. folgt aber der 7. klasse, bil-
det also bhunakti, bhunjanti; ganz wie yuj yunakti, yungit im
griech. nach 5. klasse flectirte in £evypvfii, so ist fru[g] in die
9te übergetreten, hat aber den themavocal wie punio (skr. pu-
nami, punimas) bewahrt; im umbr. ist persni, pesni (skr. prehämi,
aber goth. mit n fraihna, vgl. skr. pragna) ein thema derselben
klasse und das ptc. persnis (f. persnitus, Aufr.-Kirchh. umbr. spr.
II. 167) schliefst sich genau an frunitos, punitus an. Was co-
quinatum und carinans betrifft, so ist jenes unsicher, in diesem
mindestens die quantität des i zweifelhaft; jedenfalls sind sie von
den genannten verbis; die alle nach der dritten gehen, zu tren-
nen. Von diesen bleiben dann nur solino (consulo), solinunt (so-
lent), inserinuntur, ferinunt übrig, von denen sich solinunt als
nach der analogie von prodinunt gebildet darstellt; über solino
sind wir der conjugation, über inserinuntur (Ritschi will inter-
serlnuntur lesen), ferinunt der quantität nicht versichert; wäre
388 Kuhn
das i lang, so möchten sie sich wie oomw, äol. dgiVtw, "Eqipvg
'EQirrig aus stSmmen auf inno f. iojo erklären und sich an die
analogie der indischen wie saranyati u. s. w. anschliefsen, also
denominativa sein; ist das i kurz, so scheinen sie analoge erwei-
terungen des thema's wie sie sich in aiG&dvopai : j<s&6fit^y apao-
rdr&> : tjpaQtov u. s. w. zeigen.
Bricht schon in den bisher betrachteten themen mehrfach
der enge Zusammenhang zwischen nominalthemen und verbalihe-
men durch, so zeigt er sich im gothischen bei den mit n gebil-
deten stummen klar und unbestritten, denn die von yerbis stam-
menden haben den participialablaut, andere sind von adjectivis
abgeleitet, doch so dafs ihnen zugleich meist ein transitivum des-
selben Stammes zur seite steht, vgl. Grimm gr. IV. p. 23 ff. So
hat sich hier denn auch eine feste, nämlich passivische bedeutung,
für diese form- herausgebildet, von der nnr fraihnan eine aus-
nähme macht, während dies im sanskrit, griech», latein. nicht im
gleichen, mafse der fall ist. Der räum gestattet mir diesmal nicht
ausführlicher auf diesen punkt, sowie auf den Zusammenhang der
verbalthemen mit .nominalen in den letztgenannten sprachen aus-
führlicher einzugehn nnd so mögen denn diese formellen Zusam-
menstellungen vorläufig genügen. A; Kuhn.
II. Miscellen.
Lateinisches f für altes dh.
Auf die bekannte Vertretung eines ursprünglichen dh durch
f im lateinischen habe ich oben (s. 333.) in dem aufsatze über
die aspiraten hingewiesen. Hier mögen einige Wörter ihre stelle
finden, in denen man f als Vertreter von dh bisher entweder noch
nicht erkannt oder doch nicht anerkannt zu haben scheint.
1) fingo ~&iyyJiva). Die wurzel &iy mit skr. tij acuere
zusammenzustellen, wie Bopp (gloss.), Pott (I, 235), Benfey (II,
246) es thun, ist sowohl wegen des anlauts als wegen der be-
deutung mifslich; selbst ^yca dürfte kaum mit recht zu tij ge-
zogen werden. Vollends tango, das in tstayoiv und goth. telta
seine ebenbilder hat, gehört weder zu öiyydtK» noch zu tij. Aber
fingo kann mit &tyyi*m in jeder beziehung verglichen werden.
Zunächst, in bezug auf den nasal, der ja, wie ich sprachvergl.
. miscellen. 399
beitr.-s.56fF. gezeigt habe, in den verschiedenen sprachen unsers
Stammes denselben wurzeln anzuhaften pflegt. . &iyyiv<s> verhält
sich zu fihgo wie Xtfjutavw zu linquo wie (pre) hendo zu %av-.
davon. Die kürzere wurzelform tritt in &iy-eip wie in fig-ulus,
fig-ura hervor. Die bedetttungen sind freilich nicht ganz diesel-
ben; aber wenn wir bedenken, dafs öiyydpeiv in der regel mit
dem getoitiv, fingere aber als transitives verbum mit dem aecusa-
tiv verbünden wird, so gewinnen 'wir für beide verba die ge-
meinsame bedeutung tasten. &iyyavßw nvog heilst aber an etwas
tasten, fingere aliquid etwas betasten, ertasten, tastend gestalten.
Daher ist ja fingere, figulns, opus ficlile der eigentliche ausdruck
von der töpferarbeit; aber auch von anderweitigem kneten ward
es gebraucht, daher fictores kuchenbäcker (Ennius bei Varro de
1. 1. VIIr -44 ed. Müller) mit der erklärung fictores dicti a fin-
gendis libis, auch hieis nach Isidor fictor qui capill'os mulierum
linit et pertraetat et ungit et nilidat
2) furere — tfopsfr. Benfey's vergleichang von sanskr. tvar
festinare (II, 251) mit &oquv ist wenig gesichert. Die bedeutuh-
gen furere und &ogelt kommen sich am nächsten in &oi>Qog j4qh$,
&ovQig ähf.r\ verglichen mit furor bellicus und -ähnlichen aus-
drücken. . Ob övQGog mit dieser Wurzel zusammen hänge, lasse
ich dahin gestellt.
3) f ol lis = OvXklg (Hesych.). övllig ist gleichbedeutend mit
-ffvXaxog sack, das durch das suffix , wie follis durch den anlaut .
dem goth. balgs, altn. belgr, ahd. pale näher steht (vgl. J. Grimm
gesch. d. d, spr. I. s. 398). Benfey trennt diese Wörter, indem
er follis ans sfollis entstehen läfst (I, 572), tivlaxog aber in den
schoofs der w. Qjrvi aufnimmt (II, 278). Aber die bedeutung
stimmt zu sehr überein, als dafs wir die Wörter trennen könn-
ten; das o von follis verhält sich zur w. &vl wie das von tollo
zum. altlat. tul-o; das doppelte 1 scheint. aus assimilation entstan-
den zu sein, ohne dafs ich darüber eine weitere vermuthnng
wage.
4) for-nix ist wohl stammverwandt mit dem gleichbedeu-
tenden #öX-off. Das suffix erinnert an cor -nix, wo doch' auch
wie cor-vus, x6q-oc£, >coq:(6vtj beweisen,, die wurzel nur auf die
erste silbe sich- erstreckt. Das ähnlich gebildete fornax gehört,
natürlich nebst fornus, furnus, formus zu ferveo, dessen wurzel
im skr. ghar, grieeb. &eQ lautete
5) fr au -8 (st. fraud, altlat. frud)* stelle ich, wie schon Pott
400 miscellen.
(II, 61) vermuthet hat, mit gr. &Qav-a> zusammen. Die sinnliche
bedeutung zerbrechen, verletzen tritt klar hervor in &Q(tvooy &qcbö-
apa, &QCtv<n6g, dessen neutrum mit frustnm zu vergleichen ist;
die geistigere, deren auch dgavoa nicht entbehrt z. b. in &Qaveir
olßov, Unitia, hat sich in frans festgesetzt, das erst aus der be-
deatung Verletzung zu der von trug, betrug gelangte, die auch
in frustra steckt. Was das d des lateinischen Stammes betrifft,
so scheint es accessorisch zu* sein, wie das von ten-do (w. tan,
gr. w), fundo (vgl jv jahrg. I. s. 120), claudo (vergl. clav-is,
joUt-co), vädo (vgl. w. g&, griech. ßa, ßaiva =(g)venio). Wie
sich in ahd. giutan ein solchem d entsprechendes t zeigt, so ver-
gleicht Pott (a. a. o.) mit frud altn. brut frangere. — Anhang-
weise mag hier des an fraus unmittelbar anklingenden laus ge-
dacht werden, dessen d auch accessorisch ist, wenn wir es mit
Benfey (II, 179) aus w. du, gr. xAv, skr, cru entstehen lassen.
Dafür läfst sich wenigstens das anfuhren, dafs vor 1 besonders
oft aphäresis eintritt: lac(t) =* yo£la(xr), lend = lit. glinda, griech.
xond (Pott I, 107), latu-sss tlatus griech. thjrog^ longa -s für
dlongu-s, &oXi%6q sl. di"g", skr. dirgha-s, lupu-s =Xvxo-s für
vlupu-8, lit. wilka-s, skr. yrka-s. Auch lämentum, lamentari
mit mXouco (w. xla/r) zu vergleichen liegt nahe. — Um zu frad,
fraud zurückzukehren, so erinnert es uns auch an skr. dhur-ta
fraudulentus, fraudator, für.
6) fulc-io scheint stammverwandt mit fre-tus, frcnum, fir-
mus, ferme, fere, folglich (Pott I, 220) mit skr. dhr teuere, des-
sen seitensprofs dhru, firmum esse, wovon dhruva-s certus, ja
ebenfalls u-laut zeigt. Das c von ful-c-io ist mit dem von vin-
c-io (vgl. vi-men), ja-c-io (vgl. tyfu skr. ja), fa-c-io (w. dhä),
vin-c-o (skr. ji), par-c-o (vgl. par-vu-s, sparen), mar-c-eo (vgL
HaQ-aiv<ß) zu vergleichen. (VgL jahrg. I. s. 53 und zeitschr. f. d.
alterthumsw. 1849. rio. 43). 6. Curtius.
r im altdeutschen Präteritum*
Als nachtrag zu dem I. p. 474 ff. und p. 573. ausgelegten
und vielleicht als correctiv sollten auch die ahd. formen steroz,
sterozun für stioz etc. und pleruzun adolerent von plözan erwo-
gen werden. Ob nicht doch J. Grimm recht behalte? Wir wer-
den darauf zurückkommen. H. Schweizer.
Gedncki bei A. W. Seh »de In Berlin, Griinsirafke 18.
I. Abhandlungen.
Numerische lautverhliltnisse in griechischen dialecten.
Die numerische methode, soll sie auf die dauer licht verbreiten
helfen in der Sprachwissenschaft, mnfs von einigen schlacken ge-
reinigt werden, die ihr im ersten rohen entwurf anhafteten. Der
erste mangel des bisherigen Verfahrens war der, dafs bei den vo-
calen und bei den consonanten nur ihr Verhältnis zum ganzen
vocalismas oder resp. consonantismus angegeben wurde. Dadurch
wird die ganze Untersuchung in eine zweiheit zerspalten, die dem
wesen der spräche widerstrebt; es tritt namentlich die zwischen
gewissen vocalischen und gewissen consonantischen lauten beste-
hende beziehung und Wechselwirkung nicht klar genug hervor.
Es mufs also vielmehr nicht der vocalismus und der consonan-
tismus jeder als einheit fuer sich gefafst werden, sondern die ein-
heit, auf die «alles bezogen wird, mufs vielmehr das ganze laut-
sy stein sein. Nur wenige fälle schweben mir vor, in denen je-
nem andern verfahren der vorrang gebuehren dürfte. Ein zwei-
ter uebelstand war der, dafs die bisherigen angaben zwar fuer
die gewinnung einiger besonders in die äugen fallenden resultate
vollkommen ausreichten, dafs sie jedoch zur beobachtung feinerer
Verhältnisse untauglich waren, da sie dem zufall noch zu grofsen
Spielraum liefsen. Bisher stützte sich jede mitgetheilte zahl auf
eine dreimalige bis fünfmalige zaehlung von je hundert, im gan-
zen also auf dreihundert bis fünfhundert elemente. Das ist fuer
viele lautverhällnisse, wie eine genaue pruefung beweist, eine
IL 6. 26
402 Föratematm
viel zu kleine anzahl; es mufs also die anzahi der in betriebt
kommenden demente vergroefsert werden. Das dritte gebrechen
endlich liegt darin, dafs die einheit hundert, die ich bis jetzt zu
gründe legte, nur fuer die häufiger vorkommenden laute aus-
reicht, fuer die seltneren aber, deren jede spräche mehrere be-
sitzt, so ungenuegend ist, dafs diese seltneren laute sich dadurch
ganz der numerischen beobachtung entziehn. Es mufs also drit-
tens die grundeinheit vergroefsert werden.
Ich wende das verbesserte verfahren zum ersten male mit
absieht auf ein gebiet an, in dem die unterschiede weit geringer
sind, als bei der betrachtung ganz verschiedener sprachen, naem-
lich auf die griechischen dialecte. Die einheit, welche mir nun-
mehr das ganze lautsystem repraesentirt, ist jetzt tausend; jede
einzelne zahl aber ist das, mittel aus einer dreimaligen zaehlung
von je tausend dementen. Da nun die einzelnen zahlen weit
groefser sind als frueher bei einer einheit von hundert, so kann
ich auch von der benulzung der bruchzahlen absehn, was ich
um so lieber thue, als die vielen brache die uebersicht erschwe-
ren wurden und nebenbei auch vielen anlafs zu druckfehlern ge-
ben. Ich habe mir deshalb eine abrundung in der weise erlaubt,
dafs ich z. b. statt 71| nur 71,. statt 71f aber 72 schreibe.
. Fünf griechische Schriftsteller sind es, Homer, Herodot, Xe-
nophon, Pindar und Theocrit, deren sfimmtlich von einander deut-
lich abweichende mnndarten ich diesmal der beobachtung unter-
ziehe. Die beiden ersten repraesentiren mir zwei verschiedene
nuancen des ionismus, die beiden letzten zwei schattirungen des
dorismuß ; der atticismus brauchte in einer erdrterung wie die
vorliegende nur einen einzigen Vertreter. Vom aeolismus sehe
ich vor der hand ab.
Von vorne herein bemerke ich, dafs zwar auch in den fol-
genden angaben noch immer dem zufall ein Spielraum bleibt, dafs
dieses zufällige sich jedoch nach allen grundsätzen der Wahr-
scheinlichkeitsrechnung nur noch innerhalb ziemlich enger grenzen
bewegt. Zudem mufs man sich hueten, jedes auffallende zahlen-
Verhältnis, von dem man nicht sogleich eine erklaerung weifs,
dem zufall in die schuhe zu schieben. Es wirken anfser den im
engern sinne so genannten lautverhältnissen bei den Zahlenanga-
ben noch manche andere dinge mit, z. b. der Sprachschatz eines
jeden Schriftstellers, seine prosaische oder poetische darstellnng,
ja sein eigenthumlicher styl, seine lieblingswendungen, sein groe-
numerische lantverhaltnisse in griechischen dialecten. 403
faeres oder geringeres streben den biatus zu vermeiden (was auch
bei prosaikern in anschlag zu bringen ist) u. s. w.*)
Unberücksichtigt bleiben im folgenden von allen griecb. lau-
ten drei, das digamma, dessen erforschnng fuer die numerische
darstellung noch nicht reif ist, der spiritas lenis, der nicht den
charakter eines willkuerlich ausgesprochenen lauts traegt, son-
dern nur das mechanische complement des asper ist, und das
i 8ubscriptam, das als trummerhailej laut von einer ueberdies sehr
beschränkten fast nur grammaticalischen bedeutung fueglich von
der betrachtung der eigentlich lebendigen laute auszuschließen war.
Nach ausscheidung dieser drei behält das griechische laufc-
system noch 35 laute, naemlich die vierundzwanzig buchstaben
des alphabets, den spir. asper**), das nasale y (vor gutturalen)
und die neun diphthonge ai9 et, o«, av, «/, ov, vi, qv, cw, im
ganzen 16 vocalische und 19 consonantische laute. Da£s ich lan-
ges und kurzes a i v ungeschieden lasse, wird mir mit rucksicht
auf die gebotenen grenzen meiner darstellung verziehen werden.
Beginnen wir nun mit dem Verhältnis der vocale zu den
consonanten im allgemeinen, so ist dieses unter 1000 lauten fol-
gendes:
Hom. Herod. Xenoph. Pind. Theoer.
voc. 466 474 460 456 455
cons. 534 526 ' 540 544 545.
Daraus gehn folgende betrachtungen hervor:
1) Die abweichung der dialeete in der lautmi-
schung ist nur unbedeutend. Bei den beiden Dorern ist
so gut wie gar keine Verschiedenheit zu bemerken. Der groeste
unterschied, der zwischen Theocrit und Herodot läDst sich hoech-
atens mit dem abstände des Griecb. vom Lat. vergleichen, ist
aber viel geringer als die differenz zwischen griech. und goth.
oder skr.
2) Der dorismus. erweist sich als die härteste, der
*) darauf ist, wie sich von selbst versteht, bei der answahl der
stocke, die den verschiedenen zaehlongen zu gründe gelegt werden,
rucksicht zu nehmen, dafs nicht etwa alle eine erzaehlung in der er-
sten person, oder eine darstellung in lauter praeteriten u. s. w. enthal-
ten, sondern es müssen moeglichst heterogene stocke sein, damit auch
von dieser seit« her dem zofall seine macht gelaehmt werde.
**) nur den spir. auf q lasse ich ungezaehlt
404 Förstcmann
ionismus als die weichste mandart; der atticisnius
sieht zwischen beiden fast genau in der mitte.
3) Das relative Verhältnis zwischen vocalen und
consonanten ist fast gänzlich dem absoluten gleich.
Diese auffallende thatsache, die durchaus nicht ganz auf Zu-
fall beruht, erweist sich beim atticismus als der mittleren mund-
art folgendermafsen. Der atticismus besitzt, da ihm von den
oben angefuehrten lauten nu^ einer, das cot; abgeht, 15 vocalische
und 19 consonantische laute. Die durchschnittliche häufigkeit
jedes vocals ist also 460 : 15, d. h. 30 — 31, die durchschnittliche
häufigkeit jedes consonanten 540 : 19, d» h- 28—29. Leicht knöpft
sich hieran die vermuthung, dafs ueberhaupt im allgemeinen die
sprachen, je mehr consonanten sie besitzen, desto mehr auch con-
8onantenverbindungen lieben durften, und wirklich zeigt sich s. b.
das mit einem so reichen consonantensystem ausgestattete Skr.
60 wie die slavischen sprachen härter als das diphthongenreiche
Griechische oder Italienische. Oder sollte es auch sprachen ge-
ben, die sich durch eine grofse armuth an consonantischen lauten
auszeichneten, trotzdem aber doch diese zu häufigen Verbindun-
gen benutzten und deshalb zu den harten gehoerten? Ich empfehle
diesen punkt gelegentlicher aufmerksamkeit und bemerke hier nur,
dafs es jedenfalls fuer den harmonischen bau einer spräche spricht,
wenn, wie im Griechischen, die durchschnittliche geltung bei
den consonanten der bei den vocalen nahe kommt.
Die einzelnen vocale ergeben folgende uebersicht:
Hom. Herod. Xenoph. Pind. Theoer.
a
79
86
90
114
114
i
46
48
36
50
53
V
20
17
17
18
24
s
106
105
88
79
84
n
34
38
35
13
21
0
85
55
66
70
64
CO
26
32
29
28
26
cu
17
22
23
22
30
ei
13
13
22
20
12
Ol
20
19
19
19
15
(XV
6
8
8
3
3
ev
4
3
8
6
4
ov
9
26
19
13
5
vi
0
0
0
1
0
numerische lautverhSltnisse in griechischen dialeclcn. 405
Hom. Herod. Xenoph. Pind. Theocr.
tjv 1 0 0 0 0
ö)v 0 2 0 0 0
Folgerungen daraus:
1) Der häufigste vocal ist im dorismns und atti-
cismus das «, im ionismus das e, der seltenste unter
den einfachen im ionismus und atticismus das v, im
dorismus das tj.
2) Das a, ueberall zu den häufigsten vocalen ge-
hoerig, ist im dorismus seinem ursprünglichen um-
fange am naechsten geblieben, hat aber im atticismus
und noch mehr im ionismus davon beträchtlich ein»
gebuefst, so dafs das homerische a nur etwa f des do-
rischen ausmacht.
Dieser attisch-ionische verlust geht namentlich ueber auf tj,
im ionismus auch (seltner im atticismus) auf e, wie unzaehlige
stellen der grammatiker beweisen, zuweilen auf eo (vgl. dor. nqä-
Togy noreidttp u. dgl.) und auf o (vgl. z. b. dor. e?x<m).
Anziehend ist es zu beobachten, wie eine reiche und classi-
sehe üteratur den attischen dialect fixirt und in lautlicher bezie-
hung zur erstarrung bringt, waehrend die bewegung vom a fort
zu den uebrigen vocalen hin in vollem gange ist. So hat die
Gonsonautengruppe des a in paxQog noeh geschützt, waehrend
irfxicTog schon zu 17 hin vorangeeilt war, so ist Movca und
tqiaiva im nom. acc. voc. geblieben, im gen. und dat. schon ent-
artet, so sind die masc. auf tyg wie noXtryg nur noch im voca-
tiv dem a treu geblieben, nom. dat. acc. schon zu r\ verwandelt,
so waere ohne die hemmende macht der Hteratur das aQyvQä
gewifs dem XQvtf* das xodävcu sicher dem ötiprjvai, das neQavai
dem tetQtjpat nachgefolgt," vielleicht auch das I<jt(> appai dem
GTQtcpG), das iaraXov dem ottTXa), das yeXdaoo trotz der Verschie-
denheit der bildung dem ri^rjoca, das ftdregov dem iteqog, der
Alle zu geschweigen, wo die entsfehung eines diphthongs den
alten vocal festhielt (aoifiaivm zu noifiqv, Xiaiva zu Xioav u. dgl.).
Das uebergewicht des dor. a ueber das iou. und altische
waeren och entschiedener, wenn nicht umgekehrt oft grade der do-
rismus in der sprachverSndcrung vorangeeilt waere; man denke an
dor. formen wie noQÖuXig, rhoQsg, OQtjv, *Vtf> voXfiijTs. Auch der
ionismus bewegte sich mitunter langsamer als der atticismus; vgl.
tqcuh», tdpiKO, ptfa&OQ, #>«0<h«, o^aovr«, XtXaopai, fAtcdpßQta.
406 Förotemann
3) i kommt am meisten dem dorismus, naechstdem
dem ionismus, weniger dem atticismus zu; durch-
schnittlich nimmt es fast halb so viel umfang ein als o.
Das zurücktreten des i im atticismus liegt daran, dafe es
hier vielfach in gebundenem zustande in diphthongen (auch in
uneigentliehen als * subscr.) erscheint, wogegen es in den andern
mundarten mehr selbständig in sogenannten aufgelösten formen
auftritt, die aber sprachgeschichtlich oft nichts weniger als wirk-
lich aufgeloest sind.
4) v umfafst durchschnittlich | des a, | des i; ein
wesentlicher unterschied der mundarten in hinsieht
seines umfangs ist nicht wahrzunehmen.
5) e ist im ionismus der häufigste unter denvoca-
len, bedeutend seltener beiden attikern und noch um
ein geringes mehr. zurücktretend bei den dorern.
Nicht biof8 vom a her hat das ionische « seinen Zuwachs
erhalten, sondern auch durch die zahlreichen unebntrahiert ge-
bliebenen formen mit ea, et], es, so, €oo, «. Sein umfang würde
noch beträchtlicher und fast ungebuehrlich grofs sein, wenn nicht
einzelne erscheinungen ein gegengewicht dagegen abgaeben. Ich
erinnere hier nur an den homerischen abfali des augments und
an die dehnung mancher s zu et.
6) 17, im ionismus und atticismus nahezu gleich an
umfang, im dorismus nur etwa -$- so häufig.
Vgl. was ich oben beim a bemerkte. Schon oben fuehrte
ich an, dafs der umfang dos tj im dorischen noch einigermaßen
durch formen wie ogyv, iQrj, roX(uJT8 erhalten wird; dazu nehme
man noch hier dorisches tj fuer att. 6i, z. b. in öa^irjov, tqrog,
xoopijv u. a.
Ich bemerke hier noch, dafs mir das pindarische r\ von weit
geringem umfang scheint als das theoeriteische, und möchte an-
fragen, ob das wol reiner zufall ist
7) o, im atticismus und dorismus fast gleich; im
ionismus des Homer weit häufiger, in dem des Hero-
dot weit seltener.
Auf diese bedeutende abweichuhg des homerischen vom ke-
rodoteischen dialecte hier im einzelnen einzugehn verbietet der
ort, doch läfst sie sich leicht ah einer grofsen massc von erschei-
nungen als wolbegründet nachweisen.
8) o> hat bei Homer, Xenophon, Pindar, Theocrit
numerische lautverhflJlnisse in griechischen dialecten. 407
eiuen ueberraschend gleichen nmfang, bei Herodot
nur einen um ein weniges groefseren.
Die im ganzen unbedeutenden Schwankungen kommen be-
sonders auf rechnung von dorischen und ionischen formen wie
xcoQog, d<SXog, w#>, Mtfiaa, wozu noch als speciell dorisch zu fue-
gen formen wie ßwg, der acc. plur. auf mg (Xvxcog) etc., als spe-
ciell ionisch <nnJQy conawwv, wyaXfia^ rwhj&eg, mgictog u. dgl.
Umgekehrt geht wieder den Dorern hie und da ein oo ab durch
erscheinungen wie gen. Jdrgeida, durch zusammenziehungen wie
tpvoärreg und ntivärri (obgleich letztere mehr aeolisch sind) und
durch formen wie nourog, Iloreidäv.
9) Unter den diphthongen hat bei Homer die erste
stelle das 01, bei Herodot das ov, bei Attikern und Do-
rern das au
Das homerische 01 erhält seinen umfang namentlich aus dem
gebiete des attischen ov (vgl. gen, auf om>), das herodoteische ov
vorzüglich aus dem bereiche des attischen o.
10) Die beiden diphthonge vi und yv und das he-
rodoteische 011; verschwinden gegen die masse der
uebrigen sechs fast völlig.
Ueberhaupt lassen sich die griechischen diphthonge nach der
groefse ihres umfangs in folgende drei klassen bringen:
1. at et oi ov
2. av sv
3. vi tjv (»v.
Wie * dem v voransteht, so haben auch die auf i endenden
diphthonge ein uebergewicht ueber die, deren zweiter theil v ist.
11) Im einzelnen ist am auffallendsten das zurück-
treten des ov bei Theocrit.
Die mangelnden ov finden sich wieder als <n (Mtöaa, ßaxo-
hxag) und als ot (todoiaa, rDAoiaa, Xaßoiaa). Ohne hier wei-
ter auf specielles eingehn zu können, fassen wir nun einfache
vocale und diphthonge in eine gesammtuebersicht zusammen! Da
zeigt sich folgendes:
Hom. Herod. Xenoph. Pind. Theoer.
Einf. voc. 396 381 361 372 386
Qiphth. 70 93 99 84 69
Theocrit und Homer sind also bei weitem am diph-
thongenärmsten, der contrahirende atticismus am
diphthongenreichsten. Bei jenen sind die diphthonge nur
408 Förstemann
ein starkes sechstel der einfachen vocale, in diesem mehr als ein
viertel.
Bei einer Zusammenfassung der alten vocaltrias a i v im Ver-
hältnis zu den jüngeren e t] o co ergiebt sich folgendes:
Hom. Herod. Xenoph. Pind/ Theoer.
a i v 145 151 143 182 191
€ tj o oo 251 230 218 190 195
Zwar ueberwiegen die jungem vocale immer neber
die altern, allein im dorismns nur um ein ganz unbe-
deutendes, im atticismus und bei Herodot im Verhält-
nis von 3 : 2, bei Homer dagegen sogar wie 5 : 3.
So ist also der älteste Schriftsteller in dieser hinsieht grade
der modernste.
Die vergleichung der kurzen s und o mit den längen tj nnd
<ö zeigt sich wie folgt:
Hom. Herod. Xenoph. Pind. Theoer.
s + o 140 143 123 92 105
n + oj 111 87 95 98 90
Bei Pindar ueberwiegen die beiden längen, beiden
uebrigen die beiden kürzen, am auffallendsten bei He-
rodot.
Unter den fünf berücksichtigten Schriftstellern hat Pindar
den hoechsten schwung, Herodot die einfachste darstellung; man
sieht wie die würdevolle länge jenen, die anspruchslose kürze
diesen in seiner darstellungsweise begünstigte. Wie viel geringe-
ren reiz müfste ein Herodot in halikarnassischem dorismus haben !
Welch feiner takt, bemerke ich beiläußg, in den choeren der
attischen dramen, wo der pindarischc styl zugleich eine annae-
herung an die pindarische mundart nach sich zog. So bestaeli-
gen es die numerischen vocal Verhältnisse, was schon auf andern
wegen so oft erkannt und so häufig ausgesprochen ist, dafs sich
in der griechischen literatur ein günstiges Schicksal mit einer
ueberaus glücklichen handhabung des gegebenen Stoffes in ueber-
raschendem mafse wie sonst nirgends paarte.
Es mag jetzt die allgemeine uebersicht des consonantismus
folgen:
Hom. Herod. Xenoph. Pind. Theoer.
x 27 29 33 32 40
r 58 88 80 52 81
n 36 43 38 43 34
nameriscbe lautverhsltnissc io griechischen dlaleclen. 409
Hom.
Herod.
Xenoph.
Pind.
Theoer.
X
16
9
8
11
9
&
21
11
13
20
17
<p
8
7
7
17
11
7
14
16
13
10
16
d
30
29
28
31
36
ß
4
6
9
6
6
c
24
22
30
16
22
Q
46
38
35
53
43
X
37
27
48
43
35
G
70
82
74
67
75
nas. y
2
0
3
1
0
9
99
81
88
95
76
P
36
31
26
38
31
i
4
4
4
5
5
V
1
2
1
2
4
t
2
2
2
2
1
Nur weniges hebe ich neber einzelne laute hervor:
1) Kein consonant erreicht die häufigkeit der häu-
figsten vocale, keiner ist aber auch so selten als die
seltensten unter den vocalischen lauten.
Es ist also die vertheilung im consonantismus eine gleich-
maefsigere als im vocalismus, wie es die starrere natur des erstc-
ren mit sich bringt, die ein ungebuehrliches ueberhandnehmen
eines lautes auf kosten der uebrigen verhindert. Einzelne vocale
ueberschreiten im Griechischen sogar den umfang von -jV sämmt-
licher laute, waehrend kein consonant diese grenze völlig erreicht.
2) Um den ersten rang unter den consonanten strei-
ten v und r, um den zweiten bewirbt sich aufserdem
noch <r.
Die folge der drei häufigsten consonanten ist bei Hom. * <r
r, bei Herod. t <r *, bei Xenoph. * % <r, bei Pind. * <x r, bei
Theoer. t r o. Man bemerke, dafs alle drei laute dem dentalen
organe angehoeren.
3) Die groesten Schwankungen zeigt r, dem Homer
und Pind. im gegensatz zu Herod. Xenoph. Theoer. ab-
hold sind.
Diese Schwankungen sind so bedeutend, dafs sie nicht allein
aus grammatischen, sondern auch aus lexicalischen und styüsti-
410 Förstemann
sehen Verhältnissen erklaert werden müssen, die ich gesteh* mufe
1 heil weise noch nicht aufgefunden zu haben.
Fassen wir nun die consonantenclassen zusammen, und zwar
zunaechst die mutae und die liquidae, wobei wir von | *p und
£ absehn.
Hom. Herod. Xenoph. Pind. Theoer.
Mut. 214 238 229 222 250
Liqu. 313 281 304 313 285
Ueberall ueberwiegen die liquidae ueber die mu-
tae, am wenigsten bei Theoer., am meisten bei Homer.
Merkwürdig ist, dafs Pindar hier mehr dem Homer, Herodot
mehr dem Theocrit nahe kommt, wie wir neberhaupt sehn wer-
den, dafs bei den consonanten sich weniger die mundarten, mehr
die individualitaeten der schriftsteiler scheiden als bei den voca-
len. Eigentlich mundartlichen Wechsel von muta und liquida
weist die grammatik im ganzen selten auf (ich erinnere an do-
rische formen wie tv, eixau, nXatiov, Ilozetdäv, an attische wie
rijft£QOv und rijreg und an die entstehung des ca aus muta + <).
Die mutae unterscheiden sich nach ihren Organen in folgen-
der weise:
Hom. Herod. Xenoph. Pind. Thcocr.
Gutt 57 54 54 53 65
Dent. 109 128 121 103 134
Lab. 48 56 54 66 61
1) Im allgemeinen stehn sich die dialecte in der
vertheilung der mutae unter die drei organe sehr nahe.
2) Ueberall herrschen die dentale vor, gutturale
und labiale stehn sich ziemlich gleich und erreichen
•zusammen etwa den umfang der dentale.
Ich bemerke hierbei gelegentlich, dafs ich allen organwech-
sel, sofern er nicht durch einflufs anderer laute (assimilation etc.)
hervorgebracht wird, als erleichterung ansehe. Da mir die gut-
turale als die schwersten, die labiale als die mittleren, die den-
tale als die leichtesten consonanten gelten, so ist die erleichterung
wesent ch eine dreifache: 1) gult. wird lab. (yA*fo«w ßXyx&v, xcSg
nmg u. s. w.), 2) gutt wird dent. (o^9i%og OQ9i&ogy noxa nite,
rf da, xelvog tjjvog, ißounax&l* ßeundam u. 8. w.), 3) lab. wird
dent.. (<plav &Xav, pife &jq9 oßeXog oÖelog, nipne fiepte). Spe-
ciell auf die begründung dieser ansieht einzugehn gehoert hier
nicht zur sache.
numerische lautverhSltuisse in griechischen dialecten. 411
Die vertheilung der tenues, aspiratae und roediae ist fol-
gende:
Hom. Herod. Xenoph. Pind. Theoer.
Ten. 121 160 151 127 155
Asp. 45 27 28 48 37
Med. 48 51 50 47 58.
Ueberall herrsebaft der tenues, bei Hom. und Pind.
gleichheit zwischen asp. und med., bei den uebrigen
zurücktreten der asp. gegen die med., am auffallend-
sten bei Herod.
Diese letztgenannte eigenschaft der herodoteischen mundart
braucht hier weiter keine ansfaehrung, da die beispiele sich von
selbst in masse darbieten.
Auch hier kann ich eine beiläufige bemerkung nicht unter-
drucken, obwol ich wahrscheinlich damit widersprach auf mich
laden werde. Kurz gesagt, mir ist die aspirata nicht eine um
einen Spiritus asper vermehrte tenüis, sondern ein zwischen der
tenuis und der spirans desselben organs stehender laut; also %
zwischen x und ', 0 zwischen r und er, <p zwischen n und /\
Mir scheint erst misbräuchlich c als hauchlaut xecr' Qofflv ange-
sehn und dadurch der ursprüngliche begriff einer aspirata (einer
mit spirans gemischten tenuis) gewissermafsen in den einer aspe-
rat a (einer um den asper verstärkten tenuis) verwandelt zu sein.
Dadurch gilt mir die (harte) aspirata nicht als härter, sondern
vielmehr als weicher denn die tenuis und dadurch, glaube ich,
crklaeren manche Spracherscheinungen sich mir leichter als bei
der entgegengesetzten ansieht, obgleich ich mir wol bewust bin,
dafs einiges dagegen streitet. Die weichen aspiraten anderer
sprachen beurtheile ich natuerlich analog. Mich dünkt uebrigens,
als liefse sich der schoene parallelismus zwischen aspiraten und
diphthongen, den Curtius in dieser Zeitschrift II, 322 erwaehnt,
von meinem Standpunkte aus noch weiter durchfuehren. Wie
es doch jedenfalls die diphthonge sind, so sind mir auch die
aspiraten nicht blofse lautagglutinationen, sondern in einander
gewachsene laute, wie der zweite theil der diphthonge nicht im-
mer derselbe ist (etwa immer i), so scheint er es mir auch nicht
bei den aspiraten zu sein (immer ein h) ; wie die diphthonge als
zweiten theil den labialen vocal u und das gutturale i vorziehn,
das mittlere a aber vermeiden, so auch die aspiraten, bei denen
die labialen und gutturalen in den sprächen viel weiter verbrei-
412 Förstemaun
tet sind als die dentalen durch s aCQcirten. Diese ganze ansiebt,
die ich beiläufig nicht als behauptung, sondern als bescheidene
vermuthung anznsehn bitte, fuehre ich vielleicht gelegentlich wei-
ter ans.
Ich komme nun zur znsammcnslellaug der drei nasale 7, r
und fi:
Hom. Herod. Xenoph. Pind. Theoer.
Nas. 137 112 117 134 130.
Im ganzen waltet ziemliche nebereinstimung, nur
treten sie bei den beiden prosaikern gegen den um-
fang bei den drei dichtem etwas zurück.
Der grund hiervon liegt wol besonders in der groefsern ab«
neigung der dichter gegen den hiatus nnd in der deshalb statt-
findenden häufigen beibehaltung des sogenannten r icpebwGnxoir.
Die Seltenheit des gutturalen nasal* im Verhältnis zn den
beiden andern zeigt recht deutlich, wie wenig es ein bedürfnis
der griech. spräche war hiefuer ein besonderes zeichen zu ver-
wenden.
Die summe der beiden doppelconsonanten £ and ip be-
traegt bei
Honi. Herod. Xenoph. Pind. Theoer.
£+y 5 6 5 7 9
Die groefsere zahl bei Theocrit schreibe ich ohne weiteres
dem zufall zu, der bei so kleinen zahlen merklicher waltet als
bei grofsen.
Es bleibt nun noch das im Griech. ganz einzeln stehende,
mit keinem der andern laute vereinbare palatale £ uebrig, fuer
das ich bei Theocrit die zahl 1, bei den andern vier Schriftstel-
lern den werth 2 fand. Grade hier rechtfertigt sich, besonders
mein vertrauen zur numerischen methode, nicht blofs in der
uebereinstimmung bei jenen vier Schriftstellern, sondern auch in
der abweichung bei Theoer., der doch bekanntlich so manches £
durch ad ersetzt.
Am Schlüsse komme ich dazu, wie bei meinen frueheren
aehnlichen arbeiten, den gesamtsten abstand in der lautmischang
der berücksichtigten mundarten zusammenzufassen. Hier finde
ich nun folgendes:
Herod. u. Xcooph. 157
Pind. u. Theoer. 188
Hom. u. Herod. 201
numerische laulyerhältnisse in griechischen dialecten. 413
Hom. a. Pind. 204
Hom. u. Xenoph. 206
Xenoph. a. Theoer. 208
Herod. a. Theoer. 211
Xenoph. a. Pind. 222
Hom. u. Theoer. 235
Herod. u. Pind. 276.
Eine bessere einsieht in die bedentang dieser zahlen ergiebt
sieb, wenn man sie mit aehnlichen vergleicht. Zu dem ende re-
ducire ich einige fruehere angaben ueber die abstünde der deut-
schen mundarten, so wie ueber den abstand des Skr. Griech. Lat.
und Goth. von einander anf meine gegenwärtige methode (obwol
solche reduetion nur annaehernd geschehen kann), und es er-
giebt sich auf diese weise der abstand von:
mhd. u. nhd. 236 griech. u. lat. 532
ahd. u. mhd. 520 skr. u. goth. 756
goth. u. ahd. 604 lat. u. goth. 852
ahd. u. nhd. 632 griech. u. goth. 888
goth. u. mhd. 764 skr. u. lat. 952
goth. u. nhd. 800 skr. u. griech. 1032
Die griechischen hier betrachteten mundarten stehn sich also
lautlich meistens naeher als das mhd. dem nhd.; nur Herodot
entfernt sich etwas mehr von Pindar, doch stehn selbst diese
beiden von einander nur etwa halb so weit ab als ahd. von
mhd., nur ein drittel so weit als goth. von nhd. Der groeste
abstand innerhalb der griech. mundarten ist etwa gleich dem
halben abstände des attischen dialects vom Latein, gleich einem
viertel des abstandes zwischen attischer mundart und Sanskrit.
Eigenthuemlich ist das ergebnis, wenn man den vocalabstand
der griech. mundarten isolirt betrachtet:
Pind. u. Theoer. 61. (dor. — dor.)
Herod. u. Xenoph. 74. (ion. — att)
Hom. u. Her. 82. (ion. — ion.)
Xenoph. u. Pind. 92. (att. — dor.)
Hom. u. Xenoph. 98. (ion. — att.)
Xenoph. u. Theoer. 115 (att— dor.)-
Hom. u, Pind. 130 (ion. — dor.)
Hom. n. Theoer. 130 (ion. — dor.)
Herod. u. Pind. 133 (ion. — dor.)
Herod. u. Theoer. 135 (ion. — dor.)
414 Pott
Hier sehn wir, abgeschn von der zweiten and dritten zeile?
die man umgestellt wünschen möchte, eine ganz merkwürdige
reihenfplge. Die beiden Dorer sind einander die naechsten nach-
barn; die beiden Jonier stehn sich um ein drittel ferner; noch
weiter ab liegen sich attische und ionische sowie attische und
dorische mundart; die vier letzten zeilen endlich zeigen den ab-
stand des ionischen vom dorischen als der beiden entgegengesetz-
ten dialecte, und zwar so, deis der homerische ionismos (ich
nenne in diesem ganzen aufsatz den epischen dialect der kürze
wegen schlechtweg ionisch) dem dorismos etwas naeher steht
als der herodoteische« Wer freut sich nicht, selbst allbekannte
thatsachen in so bestimmter form vor äugen zn haben!
Eine sehnliche isolirung der consonantenabstande giebt eine
weit weniger elegante Tabelle und würde nur zur abermaligen
bestaetigung des satzes dienen:
Die Scheidung der griechischen mundarten beruht
wesentlich in ihrem vocalismus.
Bei allen vorstehenden erörterungen waren mir die numeri-
schen angaben selbst und die daraus hervorgehenden resnltate die
hauptsache. Alles einzelne mit einer groefseren anzahi von bei-
spielen zu belegen unterliefe ich hier, um eben jene hauptsachen
nicht zu weit aus einander zu ziehn und dadurch zu verdunkeln,
obwol es mir leicht moeglich gewesen waere, im einzelnen vie-
les mit hülfe einer gedrängten griechischen lantlehre, die ich mir
bereits vor jähren zum privatgebrauch angelegt habe, zu grosse-
rer fülle auszudehnen. Wenn unseres wackern Curtius arbeiten
auf diesem gebiete, worauf unsere Wissenschaft so sehnlich war-
tet, erst in ganzem umfange ans licht getreten sein werden, dann
wird. an belegen zu allen. hier angedeuteten spracherscheinnngen
kein mangel sein, ja auch keiner, wie ich mich gern bescheide,
an berichtigungen.
Wernigerode. E. Forstemann.
Benennungen des regenbogens#
Es mag gestattet sein, meinem besonderen thema einige all-
gemeinere bemerkungen vorauszuschicken, um so mehr, als jenes
bcnennungen des regenbogens 415
nur gewissermafeen zum belege für die richtigkeit letzterer die-
nen soll.
Man begreift leicht: die vergleichende Sprachforschung
hat ein weiteres amt, als das, von etymologischen Identi-
täten an wurzeln, Wörtern und grammatischen anhängen in ver-
wandten, nnd wo es sich um Verpflanzung eines auf fremdem bo-
den gewachsenen auf den eigenen handelt, auch öfters in unver-
wandten sprachen den nachweis zu liefern oder — umgekehrt
— den unterschied der verglichenen sprachen in bau und fü-
gung hervorzuheben, und von lautähnlichkeiten, welche eine ge-
nealogische Verwandtschaft lediglich heucheln, den trügerischen
schein aufzudecken und dieselben unnaehsichtlich abzuweisen. Ich
will jetzt auch nicht von einer vergleich ung der syntax in ver-
schiedenen sprachen reden, von öjer, ihrer grofsen Schwierigkeit
halber, begreiflicher weise nur erst wenige spärliche versuche
vorhanden sind. Mir kommt es augenblicklich auf etwas ande-
res an. Bei einer erweiterten Stellung genannter diseiplin näm-
lich, wo sie gleichsam eine dogmengeschichte des men-
sch enges chlechts, d. h. eine wissenschaftliche zusammen- und
entgegenStellung der menschlichen anschauungsweisen und Vor-
stellungen von den äufseren und inneren dingen und erscheinun-
gen mitbegründen soll, insofern sie in der spräche ihre spur
zurückliefsen, hat sie recht eigentlich aus einer möglichst ausge-
dehnten anzahl von idiomen und, wo es sein kann, ans denen
gerade der allerverschiedensten Völker der erde, freilich auch in
vergleichender weise aufschlösse zu ziehen, indefs so, dafs in die-
sem falle es mehr auf psychologische und begriffliche ähnlich-
keiten oder Verschiedenheiten der bezeichnung ankommt. Diese
aufschlösse aber sind augenscheinlich zu einem grofsen theile auch
nur mittelst richtiger etymologieen zu erweisen, weil die elyma
ja allein in Wahrheit, was die Griechen mit ihrem ausdrucke sehr
richtig sagen wollten, die innere Wahrheit, d. h. den ursprüng-
lichen sinn in sich schliefsen, den man im jeweiligen falle mit
den in »ede stehenden Wörtern, oder, was dem hier gleich gilt*
mit dem in ihnen niedergelegten geistigen inhalte verband. Der
name ist zwar nicht die sache, aber die Vorstellung von der
sache, welche man zur zeit der freilich nicht immer gelungenen
benennung von 'ihr sich machte.
Als einen unbestreitbar höchst wichtigen -und anziehenden
gegenständ solcher art darf ich alle, in diereligion einschlägigen
416 Pott
Vorstellungen nennen; zn dessen ergründung vonndringen, eine
vergleichende mythologie nur erst seit kurzem und mit
zum theil noch sehr unsicheren schritten versucht. Religiöse Vor-
stellungen sind allerdings, je nach den umständen, um ein gutes
stück leichter übertragbar, als sprachen und sprachliches. Nichts
desto weniger irrte man ganz aufserordentlich, wollte man, was
freilich lange eine gewöhnliche und noch keineswegs ganz er-
loschene meinung blieb, überall da, wo sich auf verschiedenen
punkten der erde auffallende Ähnlichkeiten in betreff der ersteren
vorfinden, diese gleichartigkeit allsogleich und immer aus reiner
erborgung abseiten des einen volks von einem andern herlei-
ten, und etwa zuletzt mit einem urvolke, d. h. irgend einem,
durch uns mit Vorliebe gehegten und zwar, je nach der ansieht,
bald diesem bald jenem volke, enden, aus dessen unversieglichem
weisheitsborne dann alle übrigen, die unglückseligst sterilen Völ-
ker sollten geschöpft haben!
Wie die sprachspeculation sich lange mit einer Ursprache
und deren Wiederauffindung in einer unter den hunderten vor-
handener sprachen, deren gesammtzahl sich vielleicht gar erst
mit einem tausend abschließt, natürlich ganz vergebens abmühete,
weil man immer an der, ich weife keinen besseren ausdruck,
mechanischen erklärung von Übertragung der sprachen an im-
mer andere und andere Völker von einem einzigen, durchaus un-
erwiesenen mittelpunkt aus festhielt: eben so falsch wfire herlei
tung aller religion (ich spreche von nichtoffenbarter) aus einer
einzigen, wenn ich so sagen darf, volklichen Urquelle, und nicht
auch, nach umständen jener allgemeinsamen quelle, die mehr oder
weniger frisch jedem empfindenden und denkenden einzelnen, wie
viel mehr jedem volke sprudelt, d. h. aus der menschenbrust
überhaupt.
Jeder Gedanke, wie gering und unwichtig oder wie belang-
reich und folgenschwer er sei, mufs an letzter stelle einmal, be-
vor er in die weit kam, von einem individuum gedacht sein.
Was aber nicht hindert, — wie schon die häufigen prioritätsstrei-
tigkeiten zu beweisen dienen, — dafs derselbe gedanke von
individuen verschiedener zelten und an den entlegensten orten
oft, bei der Unmöglichkeit unmittel- oder auch mittelbarer ver-
mittel ung in unabhängigster weise mit überraschender Überein-
stimmung nicht nur gedacht, sondern auch ausgesprochen werde.
Ausgesprochen aber hört der gedanke auf, des individuums, zu-
benennungen des regenbogens. 417
mal des durch obmaclit seines geistes herrschenden, wie z. b. dich-
ter, darstellende kunstler, religionsstifter u. s. w., ausschliefsliches
eigenthura zu sein. Er gehört von da ab einer mebrheit an,
die in bald weiter bald enger umzogener Sphäre ihn verbreiten,
aber auch, was nur zu oft damit verbunden, anders wenden
und trüben, öfters aber auch erweitern, vertiefen und aus-
schmücken,, kurz mit ihm in leicht sehr wülkükrlich schaltender
Weise verfahren kann.
So sammelt sich, wie es z. b. auch stetig gewordene volks-
sitten giebt, allmälig eine summe religiöser Vorstellungen an, wel-
che trotz ihres allgemeiner greifenden menschlichen in halte
doch in ihrer jedesmaligen individueller bestimmten fassung — nur
in einem engeren kreise, d. h. meistens, weil da der mittheilung
die geringsten hindernisse entgegenstehen, innerhalb gleichgearte-
ter Sprachgrenzen, leben und dauern. Ein schätz, von welchem
sich, war anders bei ihrer trennung ein solcher schon vorhan-
den, alle gemeinschaftlichen glieder eines volk- und sprachstam-
mes, wie z. b. des indogermanischen, bereits ein erbt heil in ihre
gewechselte heimath mit hinfortnehmen mochten, nur dafs die-
ser freilich im laufe der zeit durch Vergeudung einschwand, an-
dern theils unter dem einüufse anderer geschicke und eines neuen,
anders aussehenden und mit anderen nachbarn in verkehr ge-
brachten Wohnsitzes auch eine menge Umänderungen sich mutete
gefallen lassen. Lohnt es nun schon der muhe, alle nachmals
abgerissenen föden der gedankenweit, welche ursprünglich einem
grofseren volksganzen gemeinsam war, wieder zu verknüpfen
and wo möglich durch einander aufzuhellen (wovon der eine der
herausgeber gegenwärtiger Zeitschrift so höchst dankenswerthe
proben geliefert), wie viel schöner, wenn auch schwieriger die
aufgäbe, in den mythologieen aller Völker durch gegenseitige be-
leuchtung die ihnen allen zum gründe liegenden anschauungen
und interessen der menschheit ans tageslicht zu bringen.
Man wird aber hier, wie auf dem gebiete der spräche, die
gefundenen ähnlichkeiten, je nach ihrem Ursprünge aus einander
halten müssen. Einmal hat oft wirklich erborgung statt ge-
funden. Andere male beruht die einheit auf der ur sprungs-
gleich hei t der volklichen abtheilungen y worin sie sich zeigt.
Endlich aber drittens findet die Übereinstimmung, wo nicht ge-
radezu ein sonderbarer zu fall waltete (und das kommt auch vor),
nicht selten in der einheit der menschlichen natur und der
IL 6. 27
418 Po«
natur um uns ihren vollkommen ausreichenden erklärungsgrund.
Dabei nehme man in der mythologie sorgfältig alles vorweg, was,
weit entfernt, allgemeiner geglaubt zu sein, nie was anderes war
als dichtung oder speculation des einzelnen, wie ja so manche
mythische darsteilungen z. b. lediglich griechischen dichtem oder
bildnern individuell angehören.
Die interjeetion behauptet, weifs man, gleich dem lachen
oder weinen, gähnen, schnarchen u. s. w. einen allgemein mensch-
lichen, oder, will man dies lieber, einen eigentlich thierischen
Charakter. Nicht viel anders hat man bekanntlich geglaubt, von
einer gewissen klangharmonie, wie sie selbst in sonst unverwand-
ten sprachen zwischen Wörtern verwandter bedeutung, namentlich
wenn sie auf schall hinauslaufen, allerdings bis auf einen gewis-
sen punkt hin häufig vorkommt, den grund im nachahmerischen
triebe zu onomatopoetischer tonmalerei suchen zu dürfen, der
allen menschen und Völkern, nur in abweichendem grade, eigen
ist. Es liegt jetzt nicht in meinem plane, das geheimnifs volle
wechselverhältnifs, welches, sehr ähnlich dem nicht minder räth-
selhaflen zwischen leib und seele, in der spräche zwischen laut
und begriff besteht, — ein, nach zurückfuhrung einer spräche
auf ihre wurzeln und anbildungssilben, noch unerklärt zurück-
bleibender und gleichsam irrationaler rest, — an diesem orte an-
ders als anzurühren. Ich wurde indefs durch Vorlegung von
sprachlichen benennungen sehr bestimmter schalle, wie z. b. dou-
ner, lachen, schnarchen, niesen, bellen, in den lautge-
stalten, wie ich sie mir aus einer immer schon ziemlich ansehn-
lichen zahl grundverschiedener sprachen angemerkt habe, den le-
ser, irre ich nicht, von dem bisherigen vorurtheile zurückzubrin-
gen vermögen, als sei die klangähnlichkeit für jene Wörter auf
den verschiedenen punkten der erde wirklich so grofs, als man
sich a priori einzubilden nur zu geneigt ist. Schon hier bewährt
sich die grofse freiheit des menschen in der wähl der ausdrücke
für ein und dasselbe objeet, was um so gröfseres staunen er-
regt, weil es sich im gegenwärtigen falle um die wiedergäbe, so
zu sagen, nur um die getreue copie eines in der natur vorhan-
denen lautes gleichfalls durch laute zu handeln scheint Man ver-
gifst dabei freilich in der regel, dafs jener naturlaut in articu-
lirte laute gefafst, d. h. gewissermafsen ins menschliche über-
setzt sein will; und Übersetzungen sind immer, wer weifs das
nicht, ungetreu.
benenn ungen des regenbogens. 419
Etwas von der onomatopoetischen mimese verschiedenes aber
ist der in einer kürzlich erschienenen schönen abhandlung «über
den naturlaut. Berlin 1853. 4. von Eduard Buschmann»
ausfuhrlich erörterte merkwürdige gegensatz der vater- und
inutt ernainen, welche man! schon früh beobachtet und zum ver-
meintlichen beweise einer Ursprungseinheit sämmtlicher idiome des
erdbodens mifsbraucht hat. Gelegentlich des von Bindseil sprachvgl.
abh. I. 542 flg. , 565 n. s. w. besprochenen sexualen gegensatzes,
der sich oft in den sprachen durch lautliche entgegensetzung
z. b. fm Mandschu khakha (männchen), khekhe (weibchen) be-
kundet, habe ich A.L.Z. märz 1839. no. 55. s. 436—439., frei-
lich nur nach den Wortverzeichnissen in Balbi's alias ethnogr.,
gleichfalls bereits vieles von dem hervorgehoben, worauf nun
auch seinerseits Buschmann verfallen ist. «Es ist nicht zu laug
nen», sagte ich z. b. wenn einige meiner damaligen worte zu
wiederholen erlaubt ist, «in den benenn ungen der altern spricht
sich bei aller mannigfaltigkeit doch auf der andern seite eine so
auffallende ähnlichkeit und vielleicht nirgend wieder so stark aus,
dafs man in dieser Übereinstimmung einen beweis für die einst-
malige existenz einer allmutter sämmtlicher sprachen, und in je-
nen benennungen geradewegs Überreste der allgemeinsamen Ur-
sprache zu erblicken lange kein bedenken trug. Das ist freilich
nur eitel schein und eine rein mechanische erkl&rung; aber das
factum bleibt, und wir können nicht anders, als dasselbe einem
im menschlichen gemüthe tief begründeten, allüberall unter den
Völkern ähnlich wirkenden instinkle beimessen. Man bemerkt ins-
besondere vorwalten des a, als natürlichsten aller vocale, sowie
auch buchstaben überhaupt; 2) fast lauter leicht aussprechbare
buchstaben, namentlich labiale, welche dem kinde, weil durch
das saugen zuerst seine lippen erstarken, am frühesten gcmäfg
sein möchten, als p, 6, m; dann dentale mutä nebst dem nasal:
f, </, n; selten gutt., palat., sibil. oder aspir., r, / und consonanten-
gruppen; 3) da die benennungen mehr interjectionelle, die mütter-
liche, oft gleichnamige, brüst oder speise verlangende anreden,
als objeetive bezeichnungen , wie parens, genitor, genitrix,
sind, häußgkeit der reduplication , durch welche sich die dring-
lichkeit des Verlangens mit kralligen färben malt. Als gewöhn-
liche gestaltungen der reduplication beachte man a, cons. voc.
cons. voc. b, voc. cons. voc. cons. c, voc. cons. voc. d, voc.
cons. gemin. voc. Beispiele für vater: papa, paipai, pepe,
27*
420
Pott
ipip, baba, mama; tata, tete, titi, dada, dade, dadagh
wie babbagh, nono; yaya, tschitschi; appa, ama, atta,
ata, aggah, issi, iki. — Mutter: mamma, mama, memc,
fafa, bibi, deda, nana, nene, yaya, jeje, tschitscha, eroe-
menn, amma, emme, eme, anna, ana, enne, Uli, illa, ella,
edje, adja, ege, eke, äkä, sanskr. akkä, attä, goth. aithei
Grimm HI. 322. — Endlich 4) hervortreten eines gegensatzes
zwischen den vater- und mutternamen theils in den einzelnen spra-
chen, theils in der ganzen summe überhaupt, dergestalt dafs sich
beide theiie ungefähr wie arsis und thesis, forte und piano oder dgl.
zu einander verhalten. Dorthin neigt sich die wagschale mit den
härteren, nach dieser seile die mit den minder schroffen, wei-
cheren lauten; doch mufs man sich schon im einzelnen auch
abweichungen gefallen lassen, z. b. den befremdlichen fall, dafs
mama nicht blofe in georgischen, sondern auch in javanischen
sprachen (Balbi, tab. XL.) den vater, nicht die mutter bezeich
net!» Hiemit genug. Es mag hinzugefügt werden, wie ich über-
haupt bei verwandtschaftsnamen einen grofsen drang nach redu-
plication an vielen beispielen darzuthun vermöchte.
Zwar minder häufig, allein doch auch nicht gar zu selten
erscheint in den sprachen der räumliche unterschied zwischen
nähe und ferne (dieser — jener) gleichfalls durch eine ge-
gensätzliche lautsymbolik markirt, die sich in helleren und
dunkleren vocalen bekundet. Beispiele in meinen Zigeunern
I. 255., wie auch bei den syrischen "zigeunern an ha (this),
anhü (that). In betreff des canaresischen z. b. i-ke (diese ge-
ehrte frau), ä-ke (jene g. fr.) s. Weigle, deutsch- morgenl. ztsciir.
1848. s. 267. — Im Mpongwe bei Wilson, Grammar p. 11: Ono-
mi winä, o. wänä (This, that man). Eben so p. 23. no. 40:
yinä This, pl. sinä; yänä That, pl. sänä. — Kiriri (Gabelentz
s. 10): eri, igki dieser; er ö jener. — Im Lazischen ist das nä-
here demonstrativum mit der dritten pers. des personale *£&
him identisch, und demselben entspricht das entferntere pVÄ harn,
welches eben so declinirt wird. Rosen s. 6. 8. — Tong. heni,
eni (hier), hena, ena (there); malayisch sini (hier), säna
(there) Kawiwerk III. 819.; und eben so aus dem sog. Low Ms-
lay von Batavia (Parkinson Voy. to the South Sea p. 193): De
seenee (here), de sanna (there) neben eenee (this), eedoo
or eetoo (that) Kawiwerk 824. — Im skr. vielL die themen
bencnnungen des regenbogens. 421
ima (hie) and aina (ille) Bopp r. 270. 271. und bei Colcbrooke
gramm. p. 72. ayakam, Dd. imakäu, PI. imake, aberasakäu
oder asuka, Da. amuk^a, PI. amukä ab mit Verachtung aus-
gesprochene pronomina, wie ja auch das vor Substantive tretende
fragpronoinen diesen einen verächtlichen sinn verleiht. — Persisch
C^HV^ U^ chunän chunin adv. in this and that manner;
(nielaph.) Evasion, subterfuge. Shakespeare, hindust. dict. p. 319.
würde nur trügerischer weise einen solchen gegensatz zeigen,
sollte wirklich, wie Spiegel in Höfer's zeitschr. I 223. behaup-
tet* pers. y^f in (hie) aus zendisch aem, skr. ay-am entstanden
sein, unter welcher Voraussetzung des pers. ffirwortes schluis-n
aus m hervorgegangen wäre, wie im inf. -ten, -den aus zendisch
-um. Möglich indefs, man dürfe darin eben so gut skr. £na
vermuthen, als in (jf an (ille) skr. ana.
Wir verlassen jetzt das gebiet solcher, mehr den laut an-
gehender ähnlichkeiten, die noch ober das gebiet von eigentlich
genealogischer Verwandtschaft in den sprachen hinausreichen. Da
wendet sich nun unser blick nach ähnlichkeiten von anderer,
nämlich begrifflicher art. Zwar pflanzen sich oft erzähl ungen,
man mufs staunen, auf wie wunderbaren wegen, weithin, als
flögen sie durch die luft, selbst mündlich fort. Allein es giebt
z b. sagen auf so entlegenen punkten und von so äufserst be-
fremdendem zusammentreffen, dafs, selbst irgend eine mit I heil ung
zur erklärung vorausgesetzt, die möglichkeit der mittheilung oft
fast noch räthselhafter erscheint, als das factum der ähnlichkeit
selbst. Ich will nicht auf einige derartige sagen in meinen fa-
miliennamen s. 27. zurückkommen: es genüge z. b. an v. Dietz,
der neuentdeckte oghuzische Cyclop verglichen mit dem home-
rischen u. s. w. Halle und Berlin 1815. (vgl. Osterwald, Hermes-
Odyseus Halle 1853. s. 34 flg.) zu erinnern. — Dann nehme man
aber etwa auch den glauben vom leichhuhne. Lorequ'une per-
sonne est gravement malade on a besoin d'obserrer si quelque
hibon, chouette on chathuant viennent voltiger autour de
l'habitation. Dies in folge europäischen aberglaubens (Grimm
myth. 6. CXVlf. ausg. 1), aber sehr ähnliche Vorstellungen, ob-
schon kaum unter einflute europäischer einwanderer, gehen bei
den eingebornen in der gebend von Adelaide im schwänge. So
»ach dem berichte von Teichelmann and Schürmann, out-
422 Pott
lines of a grammar, yocabulary cet. ef South Australia p. 9:
Karkanya a species of hawk. The voice of this bird in tbe
night the Aborigines take as a prognostication that one or morc
of their namber will soon die, particularly children, the souls of
whom he is bdieved to take away, afler which they grow ill.
The name of this bird is derived from the ominous sound of its
voice. — In Williams' key to the Indian lang. p. 80. Mosk or
Paukunawawthe great Beare [bear], or Charles Waine, which
words Mosk or Paakünnawwaw signifies a Beare, which is
so mach the more observable, because, in most languages that
signe or constellation is called the Beare. — Zuletzt werde noch
der Verfinsterungen gedacht. Nach der meinung der Chiqui-
ten werden (bei sonnen - und mondfinsternissen) sonne und mond
jammerlich von den hunden zerrissen, wovon in der luft alles voll
sein soll. Die röthe beider gestirne legen sie dahin aus, als wenn
selbe von den hundebissen bluteten. Noch andere meinungeo
über diese astronomischen erscheinungen bei Dobritzhofer, reise
II. 107. Vgl. ferner: Steinschneider, Orient, ansichten über son-
nen- und mondßnsternisse, im mag. f. lit. des ausl. 1845. no. 80.
Verspeisung des mondes = mondfinsternifs, in mehreren asiat.
sprachen bei Schott, berl. jhrb. märz 1842 no. 51. s. 403. Des-
gleichen Rähu, der die sonne und den mond verschlingende dra-
chenkopf, den Marsden im Maiayischen, Buschmann im Javani-
schen, Tagala und Madagassischen wiedererkannt haben (Kawi-
werk III. 781. lies Marques, p. 41.). «Trommeln und abschiefsen
vieler gewehre fand statt, um durch den angestellten lärm dem
monde zu hülfe zu kommen, damit der schwarze drache, mit
dem man ihm im harten kämpfe begriffen vermeinte, ihn nicht ganz
verschlinge. Die einwohner (jenseit Saide -el-Abd am Nil, ober-
halb Aegypten) waren sehr bestürzt über die mondfinsternifs und
sahen sie als die Vorbedeutung grofsen Unglücks an. In Dongola
meinte ein (jedenfalls rationalistischer!) Faki, nur das unwissende
volk glaube, es sei ein drache, der den mond verschlingen wolle.
Der mond sei ein potentat im himmlischen reiche, welchem gott,
weil er seine Schuldigkeit nicht gethan, den köpf habe abschla-
gen lassen» u. s. w. Puckler, aus Mehemed Ali's reich th. II.
360 ff. Bei Schön, Haussa vocab. v. Eclipse: Rana ta kamma
watta; lit. «the sun fights the moon». Wenn eine sonnen -
oder mondfinsternifs sich ereignet, heilst es bei den Letten: Rag-
ganas fsauli, oder mehnessi plehsh oder maita die hexen rei-
benwinongen des regenbogens. 423
fseu oder verfiuslern sonne oder mond. Steuder gramm. 1761.
s. 150. Und von einem nordlichte: Redf kä karru [rr durch-
strichen] lauf hu dwehfseles kaujaks sieh wie der Soldaten
seelen sich schlageu. Vgl. Hämisch slaw. myth. s. 273. Ein trotz
mancher abwcichungen doch einander wie ähnlich sehender und
wie weit verbreiteter aberglaube! Siehe noch Grimm, mythol.
s. 301 ff. ausg. 1.
£6 wird aber zeit sein, zu unserem besonderen gegenstände
endlich den Übergang zu machen.
Wie unzweifelhaft der mensch zuerst durch die natur, zu-
meist durch ihre gewaltigen oder prachtvollen ersch einungen, seien
sie nun für ihn freundlicher oder feindlicher art, zu gott oder
göttern guten und bösen Charakters geführt ward, und diese
also sehr begreiflicher weise ursprünglich, che man sie mehr zu
vergeistigen und zu iuteliectuell- moralischen wesen höherer art,
als er selbst, hinanzuheben verstand, noch tief im physischen
stecken blieben: davon zeugt noch oft die spräche, in welche ja
des menschen ansichten von der natur zunächst übergingen. Neh-
men doch selbst wir noch heute keinen anstofs daran, wenn von
gott gesagt wird, er lasse regnen und die sonne scheinen über
gute und böse: ja, wir flehen zum himmel, rufen den himmel
zum zeugen an u. dgl., gleichfalls ohne alles bedenken. Was
wunder, wenn das alterthum z. b. auf den Jupiter, als himmel
(wie das ja auch etymologisch sein und des Zsvg name besagt),
regen, blitz und donner zu beziehen fortfuhr, längst nachdem ihm
mit der Persönlichkeit auch moralische eigenschaften eines
weltregenten (deus supremus), KQWidqg natriQ dpÖQ<Sv te &e<av
«, Vorstehers der ehen, als eines rächers falscher eide u. s. w.
beigelegt worden l
Defs zum beweise sei mir vergönut, als lehrreiches beispiel
das der Bonnyer zu benutzen nach Köler's notizen über Bonny
s. 20. 61. 63. «Szu, szüeb, schüo, sagt dieser reisende, bedeutet
in der spräche von Bonny, wölke, himmel und gott*). Der him-
mel ist den Bonnyern der repräsentant der grofsen naturkräfte,
und die erhabenen grofsartigen erscheinungen von ihm, die wöl-
ken, der blitz, der donner, der regenbogen sind ihnen äufserungen
*) über die sehr erklärliche bezeiclinung beider mit einem und
demselben ausdrucke siehe yiele beispiele bei mir in A.L.Z. sept. 1849.
s. 440 -441.
424 " Pott
seiner thätigkeit. Die ahnung eines höheren wesens mufs bei ihnen
noch in etwas verkörpert, an ein, wenn anch nicht greifbares,
doch wenigstens sichtbares materielles etwas gebonden sein; und
das ist ihnen der blaue himmel, weil seine Veränderungen die
allgemeinsten und auffälligsten sind, und ihnen gegenüber das ge-
fühl der eigenen ohnmacht am deutlichsten ins bewufstsein tritt,
und so wiederum auf seiten jenes den eindruck von macht und
gröTse erhöht.1» — «Aber, fährt er fort, ein volk im kindesalter
begnügt sich nicht mit dem wesen, was es nur ahnen, nur mit
scheu und ehrfurcht denken kann, — es mufs auch einen gott
haben, der ihm näher steht, als jenes unbegreifliche, einen gott,
den es übersieht, mit dem es nöthigen falls rechten kann u. s. w.
Ein gott dieser art ist den Bonnyern eine Iguane, eine sechs
bis sieben fufs lange, eben so harmlose als häusliche schwane
eidechse.» — «Was die einzelnen erscheinungen am himmel be-
trifft, die sie ihrem höchsten und mächtigsten gotte, der eben mit
dem himmel identisch ist, als äufserung seiner thätigkeit zuschrei-
ben, so sind sie weit entfernt wie Noah den regenbog en für
einen friedensboten anzusehen. Im gegentheil sprach sich bei an-
blick desselben mehr als einer so [in gebrochenem englisch] ge-
gen mich aus: «Hirn be waw£ ting, me fear him too mush; pose
(für suppose) him come up, den some gentlemen for Bonny müsse
die». Das heifst, der regenbogen ist recht was schlimmes, ich
fürchte ihn gar sehr ; falls er herankommen sollte, so mufs einer
von den herren (d. h. reichen handelsleuten) in Bonny sterben.
— Den donner nennen sie himmels-flinle, szü&h-läkba; wer
aber an dem anachronismus anstofs nimmt, der darin liegen würde,
dafs sie den alten donner nach dem neuen instrumente benannt
haben sollten, mit dem sie erst so spät bekannt geworden (vgl.
umgekehrt: donner der geschütze), der mag szüSh l&kba durch
himmelslärm übersetzen, und dann annehmen, dafs sie die fliute
(l£kba) xar' i%o%tji> lärm genannt. Den blitz nennen sie szuöh
ffnneh, himmels-feuer». Was das letzte wort in szuSh läkba
nunibru (regenbogen) s. 20. bedeute, wird nicht angegeben.
Man vgl. damit William's key to the Indian lang. p. 82: Neim-
paug peskhömwock Thunderbolts are shot. From this the
Natives conceiving a consimilitude between our guns and thun-
der, call a gunne Pcskunck, and to discharge Peskhommin
that is to thnndcr. — Im Mandingo sanfata (ligbtning), sang-
fata (thunder). In contradiction to lightning it is k all am Alla
benennongen des regenbogens. 425
(arab.) 'the voice of god'. Mango Park, Travels p. 370., also
ähnlich wie vaskkch odotsä (geräusch der wölke) Mithr. IV. 313.
Jetzt, ohne alles zögernifs, zu dem gegenständ der Überschrift.
Nor noch dies eine. Es möge mir gelingen, ist mein wansch,
an einem beispiele einigermaßen zn verdeutlichen, wie sich
comparative Stadien auch im reiche des gedankens mittelst der
spräche nicht ohne nutzen möchten anstellen lassen. Und ich
glaobe in dem regenbogen keine schlechte wähl getroffen zu ha-
ben. Ist er doch eine naturerscheinung, deren anblick das herz
auch sogenannter wilder ergreifen und in religiöse Stimmung
versetzen mufs, und welche überdem in einer äufseren bestimmt»
heit des Charakters auftritt, dafs man diesen nicht leicht ganz
verfehlen kann in der auffassung, wie regenbogenfarbig sie im
namen des regenbogens zur erseheinung komme bei den namen-
gebenden Völkern der verschiedensten erdgürtel. Die summe der
benennangen eines dinges, eines phänomens, oder eines begriffe*
aber ist auch die summe der sprachlichen Vorstellungen, welche
man sich von ihnen machte, und sicherlich ist es vom höchslen
interre8se, sei es nun die abhängiger oder unabhängiger weise
statt findende Übereinstimmung und gleichhcit der Vorstel-
lung, sei es deren mann ichfaltige Verschiedenheit, und zwar
so bei den einzelnen gruppen als im ganzen der menschheit mög-
lichst erschöpfend ins äuge zu fassen.
J. Grimm bat bereits mythol. s. 421 ff. ausgäbe 1. eine be-
trächtliche menge von namen des regenbogens mitgetheilt. Diese
nun im verein mit meiner Sammlung ergeben etwa folgende haupt-
vorstellungen von ihm:
1) Von perlen baut sich eine brücke
hoch über einen grauen see u. s. w.
Diese Vorstellung des dichters war auch schon die viel früherer
Jahrhunderte im norden (asbrü, asenbrücke, öder bifröst die
bebende, zitternde strecke). 2) Den bogen ergab gleichsam mit
zwingender noth wendigkeit die gestalt. Es lag aber eine Ver-
schiedenheit der auffassung darin, je nachdem man im regenbo-
gen einen (schwebenden) Schwibbogen oder einen bogen als
waffe in der band eines gottes zu erblicken wähnte, die sich
in dem begleitenden donner und blitz bemerklich genug macht.
Oft reflectirte man fast nur auf die rundung, in welchem falle
man prosaischer weise z. b. die fafsdaube zum vergleich neh-
men konnte, wie ja auch im holländischen der horizont oder ge-
426 Pott
sichtskreis durch «kirn, kimme f. kämme« krümme des balkeos
am hinterl heile eines schiffest ränder, ausstehende köpfe der dan-
ben eines fasses" bezeichnet wird. Auch die Helgolander sagen
kimmen für gesichtskreis s. A.L.Z. 1849. no. 83. s. 662. Vgl.
Heyse kimme, eine scharf hervorragende erhöhung, ein scharfer
rand, z. b. der über den boden hervorragende rand eines fasses,
und niederd. der kimm, derj rand des gesichtskreises. 3) rich-
tete man mehr auf die färbe sein augenmerk, und dachte bald,
wie die Caraiben, an einen buuten federkopfputz von natur-
lich diademartiger rnndung (vgl. in Lothringen couronne de
S. Bernard), bald an golddurchwirkte gürtel oder schärpen.
Weiter 4) sollte der regenbogen ein lebendes wesen sein, und
was dann naturlicher als eine, bogenartig schwänz und köpf
einander nahe bringende schlänge mit farbenschillernder pracht?
Bei den Slawen mävra, mävriza, d. i. eigentlich «schwärzlich
gestreifte kuh», naturlich wegen der mehrfarbigkeit. 5) Die son-
derbarste und am wenigsten ästhetische Vorstellung, die mir vor-
gekommen, müssen die Jakuten sich ausgedacht haben. Bei
Böhtlingk nämlich in seinem ausgezeichneten werke über die
spräche jenes Volkes, wörterb. s. 34. 158. wird für regenbogen
fsassyl Igä (fuchsharn) oder fsassyl Iktäbit (der fuchs hat
geharnt) angegeben. Das weifs ich mir nicht anders zu deuten,
als wenn ich das vergleichsdritte in den gelben spuren, welche
der fuchsharn im schnee zurückiäfst, suche mit den schimmern-
den tropfen des bogens am himmel. Uebrigens wird von Nem-
nich Ca t hol. I. 831. angemerkt, der gestank dieses urins sei un-
erträglich, und der fuchs scheine ihn selbst nicht leiden zu kön»
nen, weil er diesen unrath meistenteils sogleich verscharre. Trotz-
dem jakutisch s. 72 auch kvcüivk pfeilarten ; regenbogen. Ueber
die verglcichung von lanzen und Schwertern mit kometen s.
Humboldt Kosmos I. 410. — Abgesehen übrigens von dem bäu-
rischen dia xoaxivov ovQeiv des Zeus in des Aristophanes wöl-
ken v. 371., hörte ja auch A. v. Humboldt am Orinokko vom
harn der sterne für Sternschnuppen, und vom speichel der
sterne für den thau, welcher perlartig die schönen blätter der
Helikonicn bedeckte. Kosmos I. 393. vgl. 410. Aus dem Osseti-
schen giebt Klaproth für die Sternschnuppen die n amen stahl eh
tachti, d. i. [wie ital. Stella cadente] fallender stern, oder
dsuora tachti, fallender heiliger. Kaukasische sprachen s. 199.
Bei den Wallonen heifst der regenbogen airdie, buchstäblich,
benennungen des regenbogens. 427
und mithin religiöser als frz. arc-en-ciel, so viel als arc-diea (ar-
cus dei). Grandy. Dict. — Ir. biorbhoghaa rain bow, von bior
water. Welsch, aufser enfys oder enfysg (oder nach Owens
Schreibung v für f), mit bwaa bow, to shoot wilh; and thence
metaphorically, an arch; Bwa gwlaw (i. e. rain), or bwa'r
wra$, and bwa cyvammod. Cyvammod, covenant, mit-
hin das letzte: bogen des bundes, nach der darstellung des A. T.
Bei Richards: Gwarroga yoke. Arm. (d.h. bas-breton) Goa-
rag a bow. Goarag an glaw the rain bow, mit gtaw rain,
also wie lat. arcus pluvius. Allein bbret. canevedenn arc-
en-ciel. Rostrenen p. 17. — Im skr. gopatichapa aus chapa
(a bow) mit gopati (Indra, der gott des himmels; sonst angeb-
lich auch sonne; und, in diesem falle eig. «kuhgemahl*: a bull),
dessen sinn, etwa herr (pati) des himmels, der lichtstrahlen oder
des donnerkeils, erst durch die des vieldeutigen go festzustellen
wäre. Eben so Indrayudha (Indraswaffe) , und defshalb auch
als Jem. Indrayudha (eig. von der färbe des regenbogens) ab name
für a leech of various tints on the back. Lith. bei Nesselmann
s. 200. dangaus kilpinnis eig. himmeisbogen, von kilpinnis
bogen als waffe. Coptisch phiti Jactus sagittac, arcus, ins, ar-
cus cocleslis. Auch pite, phaette. Parthey, vocab. copt. p. 131.
186. 1&7. 288. Ich weife nicht oh auch in diesem sinne thirthir
iris p. 217. 374. — Persisch doch wohl mit of Ab (1. aqua,
skr. äp, in einigen casus äp, 2) nilor, splendor, skr. ab ha), ai-
& O f
lein mir sonst dunkel: O^-Xa/jC Castellus p. 501., (jjua£=pl\**
p. 334 . — Ostiakisch p a i - j o g o t von j o g o t, bogen, Castren, ost-
jakische sprachl. s. 84. mit pai, donner, s. 91. — Waiachisch
curcubcu, womit die Verfasser des ofener Wörterbuchs latein.
curvus vergleichen, mag reduplicirte form sein, von russisch^ ko-
poÖHinb, krummen. — Ngr. d6%a (do%aQi) zov ovQavov nach
Weigel, was freilich wie himmelsruhm aussieht, aller Wahrschein-
lichkeit nach jedoch blofsc Verdrehung ist aus do^dgi pro ro%d-
Qiov arcus, camera, nicht do^dgiov (gloriola) DC. Nicht damit
zu verwechseln bei Slulli illyrisch duga, luk nebeski (Iris)
und bei Voltiggi, aufser kolobaroczni (eig. optischer zirkel), das-
selbe: himmlische fafsdaube (ital. doga, wal. döga), der himmel gls.
tonne und arcus coelestis. — In Sud- Australien (outl. of a gram-
428 Pott
mar, vocabulary cet. By Teichelmann and Schörmann p. 14):
Kuranye unstreitig zu kuri A cirde; compass; a dance, at
which the men — first form a circle cet. — In Smithsonian con-
tribuüons to knowledge vol. IV., der ein Dakota -wort erb. ent-
hält, aus dieser spräche p. 244. 320: wi-hmung-ke the rain-
bow; a trap, a snare. In this latter sense, however, it is not
much used. Es sei nom. of hmung'-ka v. a. To set a trap,
to trap any thing, to catch in a trap. Vermuthlich nach einer
ähnlichkeit der gestalt. — Finnisch taiwancaari, aber ehslnisch
nach Hnpel wb. 1780. s. 166.312. wikkakaar, wikkerkaar,
worin kaar, das schwaat, die schwade, z. b. heina kaar (beu-
schwadc), des kreises wegen, welchen die mähende sense im
grase beschreibt, vollkommen deutlich. So heifsen auch lootsiko
(von lootsik, boot) kared, die krummen queerhölzer im boote.
Zu dem ersten läfst sich allenfalls noch wikkat (sense) zie-
hen, gewifs nicht wikkerpuur (ein schwickbohrer). Taiwa
sap, der gegenschein des regenbogens, aus taiwas, a himmel, und
sap, die galle; das sonnenroth. — - Zigeunerisch dewleskcri
güsterin (s. meine Zig. IL 56.311) d. i. gottes ring bei Bi-
schoff s. 76.; bei Zippel nur regenbogo, dagegen bei Sujew (s.
meine Zig. 11.481) denszoro pe-nebo, verm. demin. aus poln.
d$go (bogen) am himmel. — Auf der insel Wangerog nennt man
den regenbogen weder gal fem., aus weder (welter) Ehren! r.
fries. archiv 1.403. Bei Hcyse unter galle: ein heller schein
am himmel, der sonne gegenüber, für ein zeichen eines bevor-
stehenden sturmes geltend (wind galle); ein unvollkommener
regenbogen (regen- oder wassergalle).
Wir wenden uns zu den Albanesen. In deren idiome fuhrt
der regenbogen nach v. Xylander den namen ikmi (mit punktir-
tem /r). Dagegen hat v. Hahn in seinem noch nicht erschiene-
nen vortrefflichen werke: Albanesische Studien, wörterb. s. 138:
«vXtßtQi, plur. vhßtQ8-re (ß hier wie b, nicht wie w zu lesen),
regenbogen. Er ist eine art schlänge und steigt zur erde, um
wasser zu trinken ; je nach der lebhaftigkeit der einen oder der
anderen seiner färben, prophezeit er eine gute wein-, öl-, wei-
zenernte- Wenn ein albanesisches mädchen über den regenbogen
springt, so wird es in einen knaben verwandelt, und dieselbe
Verwandlung widerfährt dem knaben, dem dies kunststuck ge-
lingt.»» Von der geschlechts Wandlung, auf die man etwa durch
das zwitterhafte farbenspiel des regenbogens (vgl. couleur chan-
bcnennungen des regenbogens. 429
geante) verfiel, wini auch in Serbien erzählt, nnr dafs man niebt
mit so keckem humor den himmelsbogen überspringen*), sondern
minder wunderhaft sich demüthig unter ihm durchbegeben lftfst.
Die Vorstellung von einer schlänge verbindet mit dem regenbo-
gen nicht minder die Tamanacasprache in Amerika. Durch uji
nämlich wird in ihr bei Gilj, Istor. Araer. t. III. p. 376. , der
arco baieno (ital. baleno, blitz, aus ß&epvor) wiedergegeben, und
dazn in der note bemerkt: 11 nome del serpenie Buio. Es ist
folglich eine Boa, wahrscheinlich Boa constrictor gemeint, wel-
cher einige Indianer göttliche Verehrung erweisen, während an-
dere ihr fleisch essen und mit ihrem schön gefleckten balg han-
del treiben. Nemnich Cathol. I. 628. Die etymologie des alba-
nesischen ausdnickes ist unklar. Es ist aber zu beachten, dafs
Xylander s. 162. 251 auch ein, wenn gleich nicht ganz gesicher-
tes ovXiovfiTTEQ, neben %£qx (ans arcus), bogen, giebt, die frei-
lich beide v. Hahn deutsch - albanisches wb. s. 166. abgehen**).
Anlangend aber das trinken, was die schlänge (eine wasserschlange,
vÖgal) auf der erde thun soll, so erklärt sich dies aus der opti-
schen täuschung, wonach wir auch wohl so sprechen: «die sonne
zieht wasser»; — welchen gedanken die stoiker sogar allen ern-
*) Bandseil, slawischer mythus s. 235 bringt eine lith. fluthsage
aus Narbutt bei, worin auch ein merkwürdiger satz vorkommt «In Li-
tbauen blieb nur ein paar zurück, das zudem alt war und keine nach-
kommen hatte. Als non diese armen alten sahen, dafs sie bald zu
gründe gehen wurden, grämten sie sich ober die mafsen. Pram'zimas
(der höchste herrscher des alls, angeblich «vorher bestimmtes loos»
bedeutend) sandte ihnen als tröster Linxmine [d. h. tröster], den re-
genbogen, der ihnen rieth, ober die gebeine der erde zu springen. Aus
ihren neun Sprüngen wurden neun paare, die urflltern der neun li-
tauischen stimme.» Dem kommen die stein würfe sehr nahe, wel-
che Deokalion und Pyrrba hinter sich thun, nur dafs diese Vorstellung
enlschieden von der klangesnähe zwischen Xan; und Aao/, wo nicht er-
zeugt, dann doch getragen wurde.
**) Wasser heilst oi»j-/, bei Xylander ovyt, woher ovyioiy, IrSnken;
und Ajoi'bla, weiblicher luftgeist, stürm, orkan, wobei v. Hahn auf Xoin,
ich verschlinge eilig und gierig, verweist Ob wir auf diesem wege
einen aquae potator gewinnen, bezweifle ich. Auch an XXe (X punktirt),
ovXX XyL, vX-* (stern) Hahn läfst sich schwer anknüpfen, obschon letz-
terer mir noch TU-*, in Mittelalbanien, erdhübel, stein- oder erdkaufe,
und die Schwiele der band, mittheilt.
*** Pott
st« dahin ausspannen, als trinke die sonne das meer, der n*
die sonne, und sei, bei einer sonnenGnsternifs, die sonne wn
monde ausgesogen. Ein nraür, woraus bekanntlich Anakrem a
der 19. ode sein recht min trinken so anmnthig herleitet. Sä*
»her dies alles das nihere in: anmerkongen tarn Anakreon Lös.
1770 s. »IS — Bei Grimm findet man stellen, woran, im
die ansieht der Römer erfahrt, welcher gemSfs der regenboan
gleichfalls trinkt, trotxdem dais die spräche ihn nicht ab leb»
dige* wesen behandelt, %. b bibit arens, plnet hodie, beim PI»
tos. Will man mir es glauben? der Hanssaneger theilt die an-
sieht des hochgebildeten romers. Im vocabulary of the Haossi
lang, nämlich von Scboen t. Rainbow beifet es: -Masharm
(lit 'water drinker') and dashimarri, and rua alla (RM TOte.
rain, und alla, der arabische ansdrack für gott), and iarrs «
yarra.» Mashai bedeutet drunkard, intoxication. In (Nor*)
outline p. 136 ru.-n allah (waler of god) raiu. — Vom an»,
nschen ssiyaryarny gilt vennuthlich dasselbe, da es aoeh
spntse, röhre (aipho) bedeutet, was naturlich von sxirok (sut»
attraho) herkommen mufs. ° '
Bei den Gallas in Afrika, aufser dem etymologisch unklaren
bidu oder bidigira Tutschek lex. I. ,. 134., femer s 181 »
Jtlt ?"?' 8ash; «****> leibbinde. «»«» «bat a wacayo buch-
stäbüch: leibbinde des himmels, schSrpe gottes, für regenboeen
abo ,n merkwürdiger Übereinstimmung mit lith. dangaus Tost»
(h.mmebg„rtel „„d Laumes josta d. i. gürtel der fee Laome
Nesselmann .. 353.) - pflr da8 türkbebe giebt Ciodias, aX
****° |*~^ ilsiem 8aeghma, auch u/ t<=-^ ^~^=>
giboh (coeli) kiemeri (kiemer mit possessivs'uffi*)«,. Schneider
im suppleinenlbande zu seinem wörterb. hat unter naudoa fol-
gendes: „Hesych. erklart auch *«^« durch f»>« <rro«r,„„.
*« Coray über Strabo t. IV. p. 235 bemerkt, dab die Türke«,
kemer n.cht allein da. gewüibte zimmer, sondern auch d»S
wolTn' " • . VTU,Let d'her dCD «*-W-*- Ursprunges
^ DM Wt 8ehr B^bllcb; denn die Türke« haben ihr wort
j*^ (arcus, fornix,cing„lum,^a. aber ».£=, kiemerelJ
cubicolum, «mera) von den Persern, bei denen es wirklich rons
«ngulum bedeutet, während arcus sagittarii mit einem unstS"
stammverwandten ausdrucke yL^ kemail, kurdi8ch k<jy . ,,
benennangen des regenbogens. 431
ticifst. Gleichbedeatend mit kernen aber ist (jl+d* khcmän von
^^. khem (curvus, tortus). Mithin könnte der Türke beim
regenbogen eben so leicht an einen leibgürtel als an einen Schwib-
bogen denken, und thut vermnthlich erst eres, wenn man die
pracht orientalischer schfirpen in erwfigung nimmt. Knrdisch ka-
mar (cintura col fibbione d'argento o d'oro all' nso d'oriente)
Garzoni p. 112. Sonst bedient sich der Korde nach Garzoni 8-
92. for regenbogen der bezeichnung kesk u scSr, d. i. grün und
roth (verde e rosso), wogegen freilich Klaproth, Asia polygl. s.
79. churschag auffuhrt, als läge persisch **£• khür (sonne)
darin. — Nach Tutschek nun I. 146. bedeutet waca 1) himmel,
iirmauient; 2) gott. gewöhnlich mit dem verkleincrungssufßx
-ayo: Wacayo, lieber gott! 3) Zeitraum, Zeitabschnitt, vielleicht
gleich mit woca, jähr. Das alles erklärt sich leicht, weil der
himmel, so zu sagen als gottes wohnung gedacht, zugleich regu-
lator ist der zeit. Th. IL s. 90 wird auch der regen auf golt zu-
rückgeführt, z. b. roba (pluit), gewöhnlich mit wacayo, gott,
oder bokeiii (regen)*): Wacayo (bokeiii) roba, also genau
wie im griechischen zum öftern nicht impersonal, sondern erat
recht persönlich gefafst, 6 &eog vei, Zeig ve d. i. Zeus liefs
regnen, oder auch, dem etymologischen wortverstande von Zevg,
Jovis, nach, wo dies noch keine göttliche persönlichkeiten
sind: der himmel regnete. Eben so: Jupiter tonat et fulgmat;
Jupiter tonans, pluvius; oder pecpeX^^Qsra Zeig sammt dieses got-
tes beiwörtern iüfialog^ teQmxtQavvog, vfaiog. — So spricht auch
der Jakute: Tangara ssamurdür «der himmel regnet» Böht«
lingk wörterb. s. 155., was sich aber, da tangara auch gott be-
zeichnet s. 90., gleichfalls geradeswegs durch 6 &eög vei wiederge-
ben läfst. Z. b. wird, wenn 8. 91 vgl. 90 u. text s. 80 statt zahmes,
vielmehr wildes zu setzen, das wilde rennthier, eig., weil keinem
menschen angehörig, gottes rennthier, tangara tabata, gc-
*) Bei den Ainos, v. Kruse ns lern Wörter Sammlungen 8*17- aptfu
(der regen) aschiwa, es regnet, aber schubaz regenbogen. Obas
(der schnee) ran es schneit s. 19., wie s. 9. kaulcaubas (der kagel)
ran es hagelt, und kanna kamoi (das gewilter) fumian (von fumian,
rasseln, fumi, getftse, klang, vgl. gerSusch, das klopfen), es gewittert.
Kamoi, gott; uschi kamoi, wolf; nischni kamoi teufel; teko ka-
moi die schlänge. Daher auch blitz: kamoi nibigi mit nebigi glänz.
432 Pott
nannt, weil dieser es frei herumlaufen läfat. — Wenn es anfängt
zu donnern, pflegen einige Letten zu sagen: Nu jau wezsajs
tehws atkal barrabs (rr durchstrichen), nun keift der ahe
vater schon wieder. Stender's grammatik 1761. s. 150. Iin Ii-
thaaischen Perkünas, der donnergott, dessen andenken noch in
manchen phrasen sich erhalten hat. Perkünas grauja (vgl.
lettisch graut, mit virgnlirtem r: einfallen, stürzen), gramen a
(vgl. russ. rp6»ib getöse; donner) und musza (er schlügt) es
donnert. — Ferner statt des allgemeinen und nüchternen es
bei himmels- und weltererscheinungen, auch ossetisch viel an-
schaulicher arw naruj, es (eig. der himmel) donnert. Sjögren
ossetische spracht, -s. 490.; arwartjewuj, es blitzt, s. 487. Bei
den Osseten ferner arw-ardin, was nach Klaproth, kaukasische
sprachen s. 199. «hiinmelsbogen» bedeuten soll. Allein Rosen,
ossetische spracht, s. 30. hat dafür arwron, arwardin ohne er-
klärung des zweiten worts. Arw (himmel) steckt auch viell. in
arwnids'awta (das donnern) und artiwan (vgl. artj, feuer,
und s. 41. artiwin, glänzen), das blitzen, in seiner nebenform
arwtiwa. Klaproth kaukasische sprachen s. 221. hat arwalat
kchanin, ich biege, was vielleicht von arw- ausgeht. Caraibisch
in Rochefort, historie van d'eylanden van America. Rotterdam
MDCLXI1. p. 474. Regenbogh: Alamoulou of Youlöuca; ge-
ll jk of men sey de, gods-pluymofvederbos (federbusch). Vgl.
p. 364. no. 63. de regenboogh, de pluyme, of de vederbos
van god S. Ioulouco, gott Mithr. III. 3,697.
Auf brasilianisch (v. Murr, journ. bd. VI. s. 210): Ami na
beräba (pluvia coruscans). Lusitanis arcus coelestis est arco
de velha; unde et Brasilice jam legi: guaimi ybyräapara,
sive vetulae lignum curvum (etwa wie ein holz zum wassertra-
gen, oder dgl.?) Zum verstSndnifs des ersten ausdruckes nehme
man noch hinzu aberab scintillo; hinc et dicitur fulgetrum, das
welterleuchten, beräberäba, also unstreitig in reduplicirter form.
— Bei den Anamiten nach de Rhodes dict. p. 46. 690. so bl6i
(arco de velha), eig. fenestella (janelinha) coeli. — Einen Zusam-
menhang der benennungen zwischen blitz und regenbogen zeigt
auch die spräche der Mandan in Nordamerika, indem bei ihnen
jener chäkuhnde, letzterer chah-ikuhndä heifst, sowie mit
gleichem anfange für regen chä-husch gilt. Ob das wenigstens
lautverwandte p6-ikuhnd3, das fischnetz, dabei in frage komme,
steht dahin. — Auf Taiti anouanoua Buschmann, 1) les marques
benennangen des regen bogens. 433
p. 102., vidi, als doppelung von ano lumiere, 2) joar, 3) mond*.
— Malayisch palangi (regenboog, wolkboog). Onderwys in
de Maleidsche Taal p. 18., aber in de Wilde, Maieisch en Soen-
dasch Woordenboek s. 129: Mal. k oeng palangi, biäng lala;
sundaisch katoembiri.
Afrikanische sprachen. Im Sherbro in dem vocabulaiy written
1839. p.17. kerehah Rainbow, das mit kherh 0. (bow) ohne wei-
teres zu combiniren, der verschiedene anlaut unräthlich macht. —
In (Norris)Outl.p.l36.Bambarranyala-muru. Vgl.nyaIa[kolo,
ngnalakqlo(heaven,sky)mitnyalla (god). Abikulu(thunder)
mit gleichem Schlüsse? Ngnalayereyercy (lightning) mit yere-
yer e (to tremble), was also rednpl. ist gleich jiggi jiggi to shake
im Mandingo. In dem, sonst dem Bambarra unverwandten Mandingo
ganz abweichend awületa. rainbow, aber ngalaso; sanfata
(vgl. sanjio rain aus jio water) lightning. — Ibn amima-
igue vieil. imme (arch) mit eil ig ui (cloud), eligwi (thqnder),
da auch der regen eig. «min-egue, wasser der wölke» heifst,
und die regenzeit ndü-mini (rainy season), odümini (winter).
— Im Ashanti yangkungton rainbow, wie yankum (rain) und
yankum-to.bil (rainy season). — Fulah, reduplicirt: timbo-
timbola/— Wolof Hhone. — Yaruba ibbäri. Dagegen bei
Crowther im vocabular oshnmare, von dem ich nicht zusagen
wufste, hat es mit osha (deity), oshd (a witch, a sorcerer)
oder oshu (a new moon, a month) einen Zusammenhang? —
Aus dem Mpongwe (s. Wilson's gramm. p. 71.) verdient mbumba
seines wunderbaren, vielleicht reduplicirten Charakters wegen be-
achtung. — In der spräche von Affadeh im reiche Burnu flilum-
delgo (Vater, proben s. 335. no. 34.) worin wenigstens das zweite
wort: dilko (himmel) no. 18. nicht zu verkennen. — Muröse-
rük im Mobba eben da s. 309. ist mir ganz undeutlich, während
endschi) tattarih (reden), endschij dürterih (donner) und
endschij molterih (blitz) augenscheinlich nicht nur endschij
(wasser) enthalten, sondern auch im zweiten worte (so auch noch
b6ngterih, wärme) gleichmäfsig abfallen. — Szauaken s. 264:
phatna ennebbi dor hille. — Tiggreh s. 283: makännat
szittenä fatma. — Dar Für 8.320: chatt el mdtthar nach
dem arabischen.
In Asien. Aus IQaproth's kaukasischen sprachen s.814, s.
8.54.114. Auarisch suw (himmel s. 96.) alda (in) kechal
(bogen), aber Chunsag allein kekchal, regenbogen, Andisch
II. 6. 28
434
Pott.
fsereltschor. — S. 71. Qafsi - Qumuk fsural (himmcls)
kkarta (bogen). Akuscha enci dirkci kehjalgun (vgl. z. b.
oben Chunsay). — Tschetschenzisch zeiad s. 165. 175. — Tscher-
kessisek whapememiguirieb aas wbape himmel, aber wa-
gohelschefs'Sternschnuppe aas whagoh, stern s. 240. — Aba-
fsisch s.255. tsebuaka, schamga, allein sternsebnuppe jet-
sebu— ebochua von jetsebua, sternc. — Dazu bei den Qumüch-
Tataren seite 388. T{*»y qausquzeh, wie aueb buckarisch
Asia polygl. s, 245., aus dem arabischen. Eben da Motorisch ke-
gantiun s. 158. Bei den Orotong-Tungusen sharrünn s. 287.
Auf Kamtschatka räjuntschi und auf Tarakai schuvvaz s. 311.
Japanisch nidsi, Lieukieu nu-üdsi s. 332. Korea lu-k'iao s.
340. Tubelisch ang-tschuii. Chines. chung-ni s. 354., aber
bogen s. 372. kung, was aber doch vermutlich ganz verschie-
den. — S. 365. Siamiscb lung; in Awa fsa-dang; aber mit
mü (himmei): mü-ghrü (donner), müschuä (regen).
Leider hat es mir, zum theil wegen mangels an den nöthi-
gen hülfsmitteln, nicht überall gelingen wollen, den in mehrere
bezeichnungen des regenbogens gelegteir sinn etymologisch gleich-
sam wieder zu erwecken und beleben. Es werden indefs die,
bei welchen der sinn vollständig klar vorliegt, hoffentlich »um
erweise der behaaptung dienen, welcher von dein<fibutze^weiter-
greifender comparativer Sprachstudien meinem anfsatze vorausge-
schickt worden. — Ich schlicfse mit einer mythischen benenn ang
der miichstrafse, die ich bei Grimm, mythol. s. 214. ausg. K ver-
misse, welche mir aber aufmerksamkeit zu verdienen scheint.
Im welsch nämlich heifst sie nach Owen: Caer gwydion the
galaxy so called from Gwydion ab Don, who haviog a
knowledge of astronomy was deemed a conjurer. Gwydien or
Gwydion m. a mythological personage, the son of Don,
whose history it but little known; a spirit sapposed to pre-
side in the air, or rather in the starry regions. Probably =
Teut. Woden. Da caer the walls of a city; a caste, or for-
tress; a walled or fortified town; a city, wäre also die miich-
strafse demnach als eine bürg des Wodan bezeichnet, von dem
ja nach Britannien allerdings durch die germanischen einwande-
der eine künde könnte gelangt sein. — Dy weyssen streyf-
fen, der stramen (d. i. Striemen) an dem hymmel bei Die-
fenbacb, mhd. wb. v. Galaxia ist mehr erklärung des latein. aus-
druckest als dessen Übersetzung. Pott
Zyro, proben eines bernischen idiotikons etc. 435
Proben eines bernischen idiotikon's mit vergleichung der
verwandten mundartem
ä — oder auch stumpf e — zur vermittelung zwischen zwei
Wörtern, deren eines mit einem mitJaut endet, das andere mit
einem mitlaut anfangt, z. b. grad a so warm (vom füür wägg)
= gajpz warm — es ist nicht zu schreiben aso (verbunden) =
also — wie J. R. Wyfs irrig meint — sondern getrennt. So
auch: «'s isch a so» = die sache verhält sich so — vgl. «i ha 'n
e keina gfunda wie däw, somit eigentlich: einen keinen. Somit
ist a die abkürzung von ain = ein.
a — artikel — wird ausgesprochen nicht als helles a, son-
dern stumpf dem e zugewendet, wie denn a und e einander oft
verdrängt haben, z. b. mhd. (bei den minnesängern) erbeit u. a.
1) der unbestimmte — abkürz, aus ain, ein — - z. b. «a
brava ma haltet sys wort» — «a (oder e) wettiga n' ischs» —
ein wie beschaffener ist es? — «as chrüüzerigs weggli isch nid
grofs» = ein kreuzerwerthes weggli ist nicht grofs.
2) der bestimmte: «steil ds brot uf a tisch» = auf den
tisch — i ha mi uf a fues gsezt, niemeram dings z'gäh» = ich
habe mir zum grundsatz gemacht, niemandem auf borg zu geben
— «'r het am (oder: 'm) chnächt z'vil trouat» = er hat dem
knecht zu grofses vertrauen geschenkt.
a — zeichen des dativ — z. b. «a n' ema geschänkta rofs
mues ma nid i ds muul luega» — auch (durch metathesis) ama-
na, und kurzer: ama (ema) — ema lugnar isch nüüt z'trouwa»
— ama, ema, eme ist = einem ainem.
ä — präpos. c. accus, u. ablat. — gewöhnliche abkürzung von
an, welches der Oberländer meistens ganz und voll ausspricht,
was der Unterländer vielleicht nur in dem einzigen falle thut:
«häh an di!» = halte an dich — so ruft z. b. der vordere Schif-
fer dem hintern zu, wenn dieser (auf der flufsfahrt) die ru-
derstange gegen seine brüst zudrücken soll, damit das hinter-
theil mehr links sich wende, so auch ruft man einem «Schwin-
ger» zu.
1) = an — «m' mues e n' ander9 (oder: ander a) e chly
a d' hand gah = man mufs einander ein wenig helfen, hand bie-
ten — »8 wär jix a der zyt, dafs d' ds mittal nähmisch» — «m1
cha wol a d' lüüt luega, aber nid in s' (oder sa, si) yna» —
28*
436 Zyro
«'s isch jite a n' ihm dr chehr, nid a dier» — auch ganz einfach :
«'s isch jita a n' ihm» — 'r mues dr schada n* a ihm sälbr
hah» = er mufs den schaden seihst tragen, bekömmt keine ent-
schädigung — «V isch geng. a mr, i söl eis mit ihm» == er liegt
mir immer an (= in den obren), ich solle ... — «V isch a n'
a mnnr geschossa» «'s isch wie a n* muur gredt» « es hilft al-
les reden, b'richten und mahnen nichts — «dis. mal isch V a
rächta cho» = hat er seinen meister gefanden (der ihn baldigen
wird) — «'s isch a n' enander» — «m1 mues si nid a n' ama
jedera dingeli stofsa» «= man hüte sich, sich an jeder kleinigkeit
zu ärgern — *r isch am ana zunnstäcka 'bhanget — amm n* ast
— im oberland : a rr flue a = an der fluh an.
2) es auf «am barg» =*auf dem berg (alpe), anders das
sprüch wortliche: «V isch am barg» = er steckt in Verlegenheit
kann sieh nicht helfen, nicht rechtfertigen u. dgl.; dagegen z barg
cah =s auf den berg ziehen, wandern — r vgl.*« tet a mier drfar
z* sorga r=s die pflicht, dafür zu sorgen, liegt mir auf (ob).
3) = in — idah mi a ruew» = lafs mich in ruhe, störe
nrich nicht. So schon in XIII. sec. «gedultich an den noten =
geduldig in den nöthen. So später bei den minnesängern z. b.
«leg dich an das bette min» (ä in) — «als ich an einem buoche
lag» — vermittelnd «kein mus wolt sich selben geben an den
tod» (der tod läfst sich hier personificirt denken). Vgl. Beneke-
Möller wb. s v. ane A. c.
4) «s um (zeit) «'r isch am endlefi hei cho» =» er ist am
eilf uhr heimgekommen , Tgl. 'r ischt am ersta gsy = er war
zuerst.
5) Eigentümlich ist: «m' cha nid a n' ihn cho» s= sich auf :
sein wort nicht verlassen.
& s abkürz, von at, ant, ent (dm) z. b. «'r isch mr 8?bchoh»
es er ist mir begegnet, ich habe ihn unterwegs angetroffen —
auch blos bcho (cf. engl, become werden); — «i ha n' nid möga
n' aT)siah (oder: 'bsiah)»ss ich konnte ihn nicht einholen — auch
blos bsiah, daher vielleicht dieses a nur ein vorschlagslaut ist,
zumal da er eben auch ganz stumpf (mit fast geschlossenem mund
und oben im gaumen gebildet) ausgesprochen wird:
ä — abk. von ab — «gang mr a wägg!» «geh mir aus
dem gesteht, packe dich, ich will nichts davon hören — «a isch
mr 's bueeh awaegg cho» = es ist mir ein buch weggekommen
— [vgl. ab. 3) und ags. aweg, engl. away.. d. red.]
proben eines heroischen idiotikons etc. 437
a — abk. von an = ane = ohne, wie häufig bei den minne-
sangern — im oberl. amacht a= ohnmacht — «'s isch mir amäch-
tig worda» = ich bin in ohnmacht gefallen — vo n' agfaehr»
aacfa angfaer « ohngetthr — «uf da angfaer hl» — «la mi a
noth!» == lafa tnich ohne noth = lafs mich in ruh, quäle mich
nicht, nöthige mich nicht, dringe nicht mehr in mich — «V het
mi nid a noth g'lah, bis ig ihnTs gchouft hah».
Hierher gehört auch der von Stalder aus alten dokumenten
der bernischen- landschaft Sanen angeführte ausdruckt ani akust
= ohne gefehrde, ohne böse absieht, cf. Leyser's glossar (alt-
deutsche pred., Quedlinb. 1838) äkust = schlechte begierden,
Schlechtigkeiten, wie unkust — kust = liebe, von kiesen = wäh-
len, cf, diligo, deligo.
afc — 1) ein ausruf — zeichen des abschens; 2) das verab-
scheute und abscheuliche selbst, der unrath, bes. der menschliche
koth (in kindersprache) — davon die diminutiva setschi und
aeggi = menschenkoth.
se, aeh — art liebkosens der kinder, nicht das küssen, son-
dern das sanfte drücken von wange an wange — dim. aehli —
«mach ihm schön seh» — - gib ihm h ashli».
ab — a) praepos.
1) von, zer. aus — «d1 sach isch ab enander'» = das aus
mechanisch zusammengefugten theilen bestehende ganze ist auf-
gelöst — auch «sys bei isch ganz abenander'», wenn ein bein so
ganz gebrochen ist, dafs der knochen nicht mehr zusammenhängt.
Eigenthümlich ist die redensart: «potz (oder: oh) z'tuusig ab en-
ander'!» — Verwunderung, bald in scherz, bald in ernst.
2) =a los — «'r isch ab der chetti» = entfesselt, übermü-
thig, aufser sich vor freude, wie ein losgelassenes hausthier, das
sich seiner freiheit freut
3) = von weg — «d' sach ab ort tue» == von der stelle,
wo sie liegt oder steht (und nicht liegen soll), weg an einen an-
dem ort thun (wo sie hingehört); öppis (arbeitsstoff) ab 'm lada
wärcha» = nicht ungefertigt liegen lassen; «mach, dafs d'.mr ab
wäg chunsch» = aus den äugen — nicht zu verwechseln mit
»us wäg»; du bisch mr zfast ab wäg.» = liegst mir nicht am
wege; «'r isch ab.'m wäg cho» = hat die bahn verloren —5
«'r chunt gar nid ab fläck, oder ab'm fläck» = er steht immer
auf dem gleichen punkte (mit dem gang oder mit der arbeit) —
438 Zyro
ds touw isch mr afa n' ab 'm maga = ich habe lange nichts
gnossa, mich hungert, ich bedarf erquickung.
4) ss über (vgl. ob) — «'s het mr übal ab ihm ggruusat»
d. h. er ist die Ursache des in mir entstandenen grauens, und die
folge davon ist, dafs meine seele sich von ihm abwendet, meine
augen ihn nicht mehr sehen mögen; «i ha nüüt ab ihmz'chlaga*
= ich habe keinen grund über ihn zu klagen und mich ihm zu
entziehen. So in Schwaben (s. v. Schmidt), so bei den minne-
sängern, so bei Scherz: «claget ieman abe ime = über, wegen
(cf. lat. de) — und ab yme richten = über ihn gericht halten.
So bei Berthold von Chiemsee (tewtsche theologei, anf. des
16. sec.) «ab denen unsre vaeter ausgespürzt bieten = über die
unsere väter gespieen hätten.
5) ss von, herab — «ab ?m waga falla» = von dem wa-
gen herunterfallen — «die öpfl sy Mos ab 'm boum» — 'r isch
ab 'm boum gfalla = vom boum obe n" aba gfallen = herunter;
«d? chüeh sy scho ab 'm barg» —
6) s=b drüber hinaus (zeit) — «s isch ab d' n' endlefa» =
es ist über eilf uhr — «'s isch a viertl ab achti» = ein viertel
über acht. Das zeitliche hängt hier unmittelbar an der örtlichen
anschauung des zeigen in seiner bewegung auf dem Zifferblatt —
drab, als gegensatz von: nicht mehr drauf.
b) Adverb.
1) = weg, nicht mehr da oder an der sache. — «drfläcka
n' isch ab» (vom kleide) — «dr chnopf isch ab» (vom kleide,
am rosenstock); dr rost isch ab» (am messer dgl.); ds rad (am
wagen) isch ab» — «dr schnee isch ab».
2) geistige befreiung: «'s isch mr a rächta barg (von sorgen
und kummer) ab», nämlich vom herzen — 'r isch vielam ab»
(durch seinen hinscheid) = er ist vieler mühseligkeit entnommen.
3) = hinunter — «'r isch d' stadt ab, 'r isch scho dr
bfirg ab.»
Davon: etwas ist schabab = verloren (fuutsch), vom scha-
ben der äufsern rinde an gelben rüben, an käse dgl., was abfällt.
«ba (w) a) adverb.
1) = eben, als gegensatz von uneben, holperig — «m' cha
n' ihm nid äba gnue trätto» = man kann nicht fein und sanft
und sorgfältig genug vor ihm auftreten und mit ihm reden und
handeln — es mufs alles glatt und gemessen zugehen , wenn er
nicht gereizt werden soll.
probeii eines heroischen idiotikons etc. 439
2) = gleich, wie — <«'r het dm tüüfl äba gmacht» = er
hat getobt wie ein teufel.
3) =s gleich (zeit): äba vori ha n"no gseh' = so eben habe
ich ihn noch gesehen.
4) = kaum — 'r isch äba labige == er mag sich kaum noch
rühren, «'r mag äba gchoh» == kaum ausreichen, vor matÜgkeit
oder muthlosigkeit.
&) = gerade, allerdings — «äba cha m' nüüt mit ihm
macha!» = grade so wie du sagst ist es, man kann nichts mit
ihm anfangen. Von aeba stammen: 1) das aebnit = ebenheit,
ebene — häufig Torkommende ortsbezeichnung; 2) aebna = eben
werden — von natur oder durch kunst; 3) v'raebna ?= eben ma-
chen, z. b. einen acker, ein gartenbeet; 4) aeba m ä äfsig = glei-
cherweise, eben so.
b) Adjectiv. — «'s geit alls äbas wägs» — «äbas fuefses»
= piain pied — »z'äbna füefsa springa (bei Schmid) = mit zu-
sammengehaltenen fufsen, cf. aequus.
aba (^) — bäur. aha, im oberlande abhi, ahi = hinab,
herab, herunter, hinunter — ursprünglich =r ab — wie bei den
minnesängern, z. b abe lan = ablassen (nachgeben, aufhören) —
und so in den mss. Urkunden des XIV» und XV. sec. Es bedeu-
tet also überhaupt bewegung von einem gegenstände weg, so dafs
dieser von uns oder wir von ihm getrennt werden, frei werden;
ferner bewegung von der höhe nach der liefe, wobei der Stand-
punkt des redenden ein verschiedener sein kann. Die bedeu-
tung von aba ist:
1) eine eigentliche: «gang aba!» = geh hinunter (vom
stuhl, tisch, oder in das untere Stockwerk, auf die gasse dgl.) —
«'r isch aba" = er ist hinuntergegangen — «ds loub, ds obs isch
aba» = nicht mehr an den bäumen (= es ist Spätherbst, der win-
ter vor der thüre) — «'s macht oba n' aba» «s es regnet (oder
schneit) — «d' cherza, ds füür isch aba» = zu boden gebrannt.
Im oberl. «eppis abhi ghijan» = etwas hinunterwerfen — «abhi
gähn sb hinabgehn.
2) eine uncig entliche: «V isch aba» = es ist aus mit ihm,
er ist heruntergekommen, zu gründe gerichtet (an kraft, vermö-
gen, ansehn) — «V hat d' milch abag'lah» = er ist demüthig,
zahm geworden, geht nicht mehr auf stelzen, thut nicht mehr so
fibermüthig, ausgelassen, herausfordernd — «'s het aba gmacht»
« die kornpreise auf dem markt sind gefallen — «drauf aba» «
440 Zyro
zu dem, was bereits war (und an dem hätte es genug sein sollen
oder können) kam noch. . . , — In diesem aba liegt eine Ver-
schlimmerung der sache; z. b. wenn einer kaum von einem lieber
genesen wein trinkt, oder auf eine ermahnung, strafe dgl. hin so-
gleich wieder sundigt wie zuvor.
aba (-") verb. herunterkommen, Sinken, abnehmen, cf. östr.
aben = wenden — «'r abat sträng» = er nimmt stark ab, altert
sehr — «'s abat» = der abend ruckt heran, vesperascit (bei
Schmid). Sehr häufig hört man das diminutive «'s abelet» =
der tag neigt sieh; es sieht aus (bei einer sonnenfinsternüs), wie
wenn es abend werden wollte, cf. «'s alpelat» = es gemahnt an
eine alpe (z. b. ehemals die kuhweide an der berühmten enge-
promenade bei Bern); daher (wie auch Scherz annimmt):
der aba (-"), abed (ab'd), auch (mehr zürcherisch) ab ig
ss abend — offenbar participiälform = der abende tag — isl.
apni (cf. &nb)i aptan; ags. äfen, aeven, schwed. afton, dän. aften,
engl, evening, ahd. aband, abant, nhd. avend, holl. avent [vergl.
Ben. -Müll. wb. s. y. abent und besonders J. und W. Grimm d.
wb. s. v. d. red.] Die Gothen nennen den abend andanahti
(Mar. XI, 19) = die zeit, welche gegen (am) die nacht rückt
(s. Hahn, 1849). auch sagqus, von sigqvan = sinken, gemahnt
an sequi, grundbegriff der Veränderung (cf. secundus u. alter),
der beseitigung dessen, was das erste ist (potentialiter und or-
dinaliter), nämlich das licht, welches nun übergeht (= ändert
cf. avti) in das nachtlicht — . z' aba n' anä = gegen abendzeit.
Wie überhaupt im berner oberland die diminutiva zu hause sind,
so giebt es von aba ein freundliches dim. abeli (-"") — «guets
abeli! wie geihts? == guten abend, mein lieber! wie gehts?
Von aba stammt nun folgende Wortfamilie:
1) ds zabenaessa (-" -") = das zu abendessen — auch
blos ds zaba (-^) » der abendtrunk mit essen, auf dem lande
um 3—4 uhr nach mittag (da die sonne ja schon declinirt), in
städten um 4 — 5 uhr oder später. Die bauern nehmen, zumal
sommers, das mit tagessen schon um 11 uhr, wie es vor alters
auch in den städten sitte war. Redensarten: «d' n- arbeitslüüta
ds zabagäh» -— «mr wei z' aba drinka».
2) dr a besitz (-^ -) =s trauliches zusammensitzen- befreun-
deter am abend, besonders im winter bei licht und lampenschein,
sei es in der wohnstube, sei es im wirlhshause bei einem glas-
chen «landschraft» oder «chirswasser» und einem pieifchen tabak
— abendbesuch von freunden; daher:
proben eines bernischen Idiotikons etc. 441
a) abesitza (-w - w) — mr wei eis gab abesiza (nicht zu
verwechseln mit abesitza: (^v-v)
b) z' abesiz sy — «mr sy eis z' abesiz gsy» = wir sind
eins zu abendsiz gewesen.
c) z' abesiz gah — - «mr wei (== wollen) eis z' abesiz gah».
d) e n' abesitzeta = der zusammensitzende tränte kreis,
die gesammtheit.
3) fyraba — auch füüraba — (--w)« feierabend — «'s
isch zyt, fyraba z' macha» = die arbeit einzustellen und sich zur
ruhe zu begeben, auch uneigentlich: «'s macht fyraba mit ihm»
= es geht mit ihm zu ende — «'s lüütat f. mit ihm9 =* seine
macht und herrschaft ist gebrochen, seine herrlichkeit dahin.
aebach, aebich m. ("-) = eppich, epheu — hedera helix
— ags. iGg, engl, ivy, ahd. ebah, ebeheue, urspr. s= eibe, taxus
Schwenk erklärt dies daher, weil beiden das unverwelkliche
grün gemeinsam sei, und da die tanne dieselbe art hat, so weist
er treffend beim lät. abies auf das hebr. 3K (eb = das grüne)
hin — vergleiche auch eibisch = ybscha. Bemerkens werth
ist, dafs auch die immergrüne petersilie apium heilst.' Dafs wir
für die grundbedeutung nach dem Orient hingewiesen werden,
kann nicht auffallen. Die quellen der kultur liegen in Hochasien,
woher auch die semit dialekte gekommen sind. Was die end-
silbe ach betrifft, vgl. haimach sä halm (bei Berthold v. Chiemsee
im 16. sec.
abetüürlach, abbadü.ürlcb (*«-«, oder auch ü^-w) —
von abenteuer, und dieses von avanture, avanturier (cf. avenir
= zukonft — cf. lat. evenire, eventus = erfolg) = auf «gut
glück w ausgehen, die Zukunft herausfordern, waghalserei treiben
— gegensatz dessen, was nach allgemeiner Ordnung und sitte ge-
schieht — cf. span. aventurare sa riskieren, [vgl. Ben. -Müller
wb. s. aventiure. d. red.]
abar, abr (w^) —7 adv. 1) adversativ — «we keis abr
war» ss wenn die sache keinen gegensatz, keine Schattenseite,
keine einwendungen hätte — nun. aposiopäse, dann wäre es gut
dgl. — daher: 2) elliptisch ein wort zur warnung: «abr! was
dinksch o!» — auch, zumal gegen kinder, in halbscherzendem
tone, verdoppelt (das entere mit gehobener, das letztere mit ge-
senkter stimme) «abr! abr!» — etwa auch mit dem heisa tz: «was
wird dr vatr säga!» vgl. das isländ. efi, welches einen zweifei
bedeutet — von ef . =s wenn — engl, if (griech. et) — und cf. das
schwäbische bei v. Schmidt. 3) Eben daher versichernd =
442 Zyro
wirklich! wohl! — «liest 's abr o rächt gmacht?» hinzuzuden-
ken: gemacht hast du es allerdings $ aber wie? wirklich gut?
4) Erneuerung, Wiederholung — indem das neue einen ge-
gensatz zum alten bildet, der gegensatz des vergangenen aber das
gegenwärtige ist: «bisch abr da? = wieder, schon wieder, denuo
— der ton liegt auf abr.
Daher nun: abrmals = wiederholt, neuerdings, aberei-
nisch (-w--) = schon wieder. —
Acht undaberacht = erste und zweite acht (=bann, ver-
fehmung). So häufig im mhd. Die älteren formen des Wortes
sind: goth. afar, aftra = nach; isl aptur; cf. griech cnkag, ahd.
avar, avur (vgl. «fern), dän. atter ■« wiederum, [vgl. Grimm 's
d. wb. s. v. d. red.]
abar, aabr (-^), auch seber, tyrol. aeper, fränk. aefer —
gewöhnlich in der impersonalen form «'s isch abr-*» — 's wird
afa hQb8chli abr« — «'s git afa n' aberi blsetzli» — und so das
verb. «'s aberat» (- ^ ^) = es wird abr = der schnee geht ab,
verschwindet, der wiesboden tritt zu tage, das grün erscheint. Im
Gadmenthale sagen sie: «'s hut eusg' äberat = der schnee ist
ganz gewichen, der frühling ist da.
Abgeleitet wird der ausdruck verschieden: von dem iat.
apricus (= an der sonne gelegen, sonnig), gleich apar (Graff I,
99). Allein, 1) fehlt in abar der auslaut des Stammes ic — es
wäre zu erwarten aberich; 2) ist der begriff von abar weiter als
der von apricus — bei weitem nicht alle abern stellen sind
loca aprica, sonst kämen ja die «schattenhalbJLeute» nie aus dem
schnee.
Eher liefse sich an das schon oben behandelte aber in sei-
ner bedeutung von «wiederum, neuerdings*» denken, wie
denn anch im plattdeutschen «aber» (sed, auteni) geschrieben und
gesprochen wird, «seber, äbr», und aeber schon im mhd. vorkömmt
(8. Hahn, Übungen zur mhd. gramm. Frankf. 1843), vgl. aefern =
iterare — indem das leben und des lebens frische wiederkehrt.
Nur spricht dawider: i) die betonung, welche verschieden ist bei
beiden aber, 2) die neutrale und Impersonale bedeutung, welche
in unserm aaber liegt, während das entere mehr aktiven Cha-
rakter hat.
Man könnte auch geneigt sein, an das keltische aber zu
denken, = mündung, und zwar da, wo ein flufs den andern
aufnimmt und verschlingt (s. Mone urgesch. I.) Daher wol auch
proben eines heroischen idiotikons etc. 443
der name des seh w eins, besonders Wildschweins, und des ba-
ren — cf. das lat. aper (griech. xangog — wogegen lat. caper
= bock), das deutsche eber, Schweiz. Aber — ef. lat. aperio =
öffnen. So auch öffnet und verschliefst sich die erde mit ihren
kräften, wenn die Schneedecke schmilzt. Allein diese erklärung
ist zu künstlich. Am naturgemäfsesten bleibt es, den ausdruck
auf ab (= weg) zurückzuführen, mit der männl. bildungssilbe
er, vgl. locker, wacker, tapfer dgl. Bemerkenswert!! ist, dafs im
schwäbischen (s. v. Schmidt) aber auch «leer, entleert; nüchtern;
stille», und die ebere = stelle am ufer, wo das wasser ruhig
ist», bedeutet; vgl. aba = unten, im gegensatz von auf, empor
(empören, toben) — und wenn der geldbeutel leer geworden, ist
das geld aba = auf den grund gekommen, wie ein niedergebrann-
tes feuer. [vgl. Grimm's d. wb. u. B.-M. wb. s. v. aber. d. re|d.]
abbraechcha, die (---) = lichtputzer, von brechen, ab-
brechen.
abhi — im oberl. (s. oben) = hinab, hinunter,
abfach, abbruch, abbrich (-^) — im oberl. = die voll-
gesponnene spindel oder ein voller «spuela» — nach Sam. Schmid
glomus textorius — von abbrechen? weil, wenn die spindel voll
aufgewunden ist, der faden abgebrochen (abbrächa) werden
mtifs.
achcha (-^) = klage ausdrücken, «wehbern» nicht ganz
so stark wie wimmern, sondern nur abgebrochen, in einzelnen
lauten die schmerzensempfindung zu erkennen geben — von ach,
wie aechsen (ächzen), welches aber frequentativ und diminutiv
ist — daher e n' achchi = einer, der gleich klagt.
achchar, achr ("") = ein Saatfeld — «cd1 Sehr standa
schön» = die saaten stehen schön — 2) in der gegend von Bern:
ein kleines uneingefriedetes stück land (von wenigen jacharten).
Davon: 1) z' achr fahra = pflügen;
2) achcheriera = id.;
3) e n* achrzug = ein zug pferde für einen pflüg;
4) chornachr (kornacker) = das in ähren stehende feld;
5) achrland = land, welches angesäet ist, im gegensatz zu
pflanzland dgl.
Abstammung: das lat. ager (von ago), gr. ayQog (gleich-
falls von <fyo>), goth. akrs, ahd. akhar, accar, achir, ahd. akr u. s. f.
(s. Schwenk, Diefenb. u. a.). — Sinn: ort, wo man (den pflüg)
treibt, [skr. äjra m. (vedisch) fläche, flur, gefilde. d. red.]
444 Zyro
achcheram, achram, acherum, auch achcherand im
oberl. auch acher ig s reife buchnüsse, seltner eichein — «i ds
acharam gah» = in den wald gehen, am a. zu sammeln, aar sam-
melzeit, wo die sache im grofsen getrieben wird 5 vgl. i d' firn gah.
Davon: acheranda (in Gadmen) = acherand sammeln, auf-
lesen. Aas den bachnussen wird oel gepreist.
Die oberl. sagen gew. aeheram and acherand; die form ache-
rum findet sich bei 8. Schmid und in der bern. gesetzsammlung
1822. bd. I. 8. 148. Die buchnufs heifst ags. seeern, acer, secorn,
engl, acorn, dän. agern, goth. akran = frucht. cf. axvlog =
eichel (1 und r sind verwandt). Die endang am and and (oder
um) ist unmittelbar aus dem gothischen an (akran) entstanden.
Die form acherig (bei Diefenbach) scheint unfichk
ach 18 — im Oberlande und Simmenthai = sauer gemachte
schotte, milch-essig, ein hauptingrediens bei der kfisebereitung —
von lat. acidum = scharf, sauer — cf. goth. akeit, akeits = easig,
acetum,. griech. 6£os (von 6%vg).
ach s, die — alte, form ackes (Grimm) mhd. aks — vom lat.
lat. a&is und ascia (per metathesin).
1) die achse am wagen — daher «sich a d' achs gäh» =
sich preis geben, blosstellen — wie ein rad, einmal an der adhsc,
sich bewegen mufs, so gebunden sein und sich binden lassen.
2) die axt = schweres bei) mit breiter kappe (köpf) zum
schlagen auf scheidweggen oder aber zum spalten harter klotze.
Daher: m' mues mit dr achs drhindr ss es ist gröfsere gewalt-
anwendung nöthig.
aecht, aechter, sechtertss vielleicht, etwa, wol, wirklich
— cf. av — «tisch 'r ficht gstorba?» = ist er vielleicht gestorben?
— «het er's ficht öppa vergfissa? ss hat er's vielleicht etwa ver-
gessen? — «wird's ficht guet cho? ss wird es wol gut kommen?
— «acht?» =b wirklich? wird's dem also sein? — mhd. icht —
woher ichts, nichts.
achta («*) ss achten.
1) sehen, schauen, aufmerken — im Simmenthai und Oberl.
«acht9 doch!» ss gugg doch ss sieh doch! — «acht di, ob n'
gsejisch» ss merk auf, ob . . . «best di näüt g'aehtat, isch 'r dura?»
ss hast du nicht bemerkt, ob er vorbeigegangen ist?
2) sich nach etwas umsehen — im oberl «V hed nah mmo
g'aehtat» as er hat sich nach ihm umgesehen.
3) wahrnehmen, interesse nehmen, vorsorgend auf jemanden
proben eines bernischen idiotikons etc. 445
seine äugen richten — «V achtet si synera nüüt = er achtet sich
sich seiner nicht, ist gleichgültig gegen ihn — aacht mr e chly
da zur sach!»
4) meinen, glauben, dafürhalten — «was achtisch du?» =
was urtheilst da davon?
Daher weiter:
a) die acht — ahd. ahta, mhd. aht = nachdenken.
a) das schauen, bemerken — «gib acht» s pafs auf! nnd
nimm dich in acht! z. b. dem schätzen sagt man «gib acht», da-
mit er des zieles nicht fehlt, dagegen dem schutzenzeiger, damit
er nicht geschossen werde. «Gib acht uf a bnebM = lab. den
knaben* nicht] aus den äugen, damit er ja nicht schaden nimmt.
ß) in die acht erklären » flehten — s. XII. sec. sehten =
verfolgen s machen, dafs man auf ihn achtet
y) anbück, augenschein — «dr acht nah isch dies grölüir als
jenes».
9) art und weise — «in dir acht chöots dr gfalla».
e) in dr acht m ungefilhr — «du hesch's in dr acht troffa» —
«'s wfirda n1 in dr acht söval sy» == es werden etwa so viele sein.
b) obacht = id. — «obacht hah» = aufsieht haben, auf-
passen — «hesch dr's nid i n' obacht gnoh?» = nicht gemerkt?
— .»nimm di i n' obacht, dafs d' nid aschtefsisch» = hüte dich,
dafs du nicht anstöfsest.
c) ach-tig =a achtung — «d" chind i dr schuel müessa V
achtig g&h, we si öppis wei lehra.
d) achtbr s= 1) wer achtung verdient, 2) wer aufmerkt, so
sagt man von einem wiegenkinde, welches seine äugen auf alles
richtet* somit den erwachenden geist verräth.
Das wort «achten» hiefs ahd. ahtön, nord. akta, ags. ehtjan
= achten, meinen, denken, glauben, urtheilen. Die würze! ist
ah nnd ag — vgl. goth. ahjan = denken, aha und ahma = geist
skr. ak = merken (Graff 1, 105). Von achten kömmt nicht
nur verachten dgl, sondern auch trachten, drackta =s dr (es
dar, wie auf) achten*).
achti, das = die acht — als Ziffer, ala zahl und Zeitbestim-
mung — «wie mängs schaf hesch im stal? achti» — «wie spat
*) trachten ist doch wohl kaum von traetare za trennen, doch
kannte der damit verbundene genitiv im ahd. fttr obige ansieht spre-
chen, auch tragen, tracht, trlehtlg sind so berücksichtigen d. red.
446 Zyro
isch es und- achti». In ordinaler oder adjectivischer form dage-
gen: acht — «si hei acht chindr am läba» — «dr wie vielst bisch
d' i der schnei? dr acht» — Davon:
1) e n' achtr — a) ein im j. 1808 geborner, b) dr achtr
rs wein, welcher acht batzen die mafs kostet.
2) *8 achtrli = kleines hohlmaafs, der achte theil eines
sogenannten määfses, welches 4 imi und 16 sechszächnerli ent-
hält. Das achtrli heifst wol auch: chlys imi, im gegensatz des
«grofsen», welches das eigentliche ist.
3) achtisch, achts't, der, die, das = achte — wie «er-
stischM — im XII. sec. «an dem actoden tag» (s. Roth 1839).
sechzga (^) = ächzen — so auch in Schwaben, vergl.
stiüfzga, blizga, schluchzga, d' läfzga, naizga, schmazga, d' sisefzga.
Die hervorhebung der gaumiaute liegt überhaupt im berner und
schweizercharakter — ein zeichen gewisser energie — Verstär-
kung der endsilben sen und zen.
adelgras, das «= alpwägerich, Linn. plantago alpina —
nebst der «mutterna» für das «fürnämste», milchreichste alpen-
kraut gehalten, daher beide immer zusammen genannt werden.
Vgl. auch Morgenblatt 1849. jan. no. 2 ff. (aus den alpen).
Der au8druck erinnert an Wortbildungen, wie sie sich im
XII. u. X11I. sec. finden, z. b. adelwip, adelkint = rechtmäfsiges
weib, kind dgl., also = acht, gut, s. deutsche pred. des XIIL
jahrh. v. D. Leyser (1838).
afah (--) = anfangen, s. fah. Davon: afang =s der anfang.
afanga (--^) afa (^w) — zürcherisch afenig ( ) —
offenbar von «anfangen». —
1) wenigstens: «emel afe n' i bi nid drby gsj» = vorab-
wenigstens ich war nicht dabei; «das isch afa gloga und ds an-
dera isch nid wahr». Sinn: um mit dem anzufangen, so ist es
gelogen;
2) bereits, schon: «s isch afa wyt cho mit ihm, das V...
= es ist bereits weit mit ihm gekommen, dafs er.... — «afe
darin het 'r gföhlt, das V... « bereits darin hat er gefehlt —
«das geit afe schön!»
3) wirklich — ton der Verwunderung — «das isch mr afe
n' eina!» — «das isch afe'g'loga!» (in anderm sinn und ton
als sab 1.);
4) noch — «m1 wird's afa muefsa mit galt 'rchouffa» — so
weit ist es bereits gekommen oder wird noch kommen;
proben eines bernischen idiotikons etc. 447
5) erst — «afe n' einiscb ba nV gseh» = erst einmal babe
ich ihn gesehen — NB. das doppelte n ist elliptisch = ha n'ig n'
gseh — das erste n ist efelkystisch, das zweite = ihn.
aefera (-«<*) = neu machen, säubern, putzen, verbessern
z. b. das land, eine wiese, vgl. Luther in proy. 7, 19 «wer eine
sache äfert (STOti), macht forsten nneins aas wer eine sache neu
aufgreift.
Man sagt auch ersefern — nicht ereifern, wie Pischon
in Luthers bibelübers. Berlin 1844. — Auch liest man in Sal.
Hefs schrift: Anna Reichard, gattin Zwingli's (aufl. II. s. 212.)
««Luther wideräferte immer» (zu Marburg) man könnte da an
«widerbelfern» zu denken sich versucht finden, allein es bedeu-
tet einfach: er griff die dinge immer wieder an, man kam an
kein ende mit ihm.
In Schwaben: aeffern = wiederholen — was an äffe er-
innert = der wiederholende, nachahmende — wenn dieses wort
nicht etwa von af = ab kömmt, = thier mit herabgedrückter
nase, wie lat. simia von griech. oip6g.
Der stamm ist afer, aver = wieder, von neuem — aber
— von and = denuo, ab iniüo. — So im XIII. sec. swen er
die sunte denne aver avert, so vergizzet er sie selbes = erneuert,
wiederum begeht. [Vgl. noch Ben. -Müll. wb. s. v. avere, fivere
u. Graf? I. 180. s. v. avaron, avarjan. d. red.]
Afi — in Gadmen = Afra, weibl. taufnamen.
agla, agne (oder agne?) — oberl. = die grannen der ähren;
die kleinen dingelreste im gespinnst, gleich nadeln; die einzelnen
gräte des iisehes — cf. schwäb. achel, ageln, aege = der spitzige
abfall vom flachs dgl., vgl. lat. aculeus. So in Schlesien die
annen, welches aus agnen entstanden ist, s. oben I. p. 354 u. a.
Die wurzel ist ag, griech. an (axQog) s= das aufwärtsstrebende,
zugespitzte.
ägrsta, die — ägrtscha, agerisch, ägatschi, agalsti, (~wo)
schwäb. agelstür, schles. aglaster, alaster, ahd. agelasta — im
canton Bern auch atzel — vgl. agaza, agace (frz.) — a eist er
— im XV. sec. haetz, hetze — im Simmenthai heifst die
krähe agrissa.
Davon: das agerstenouwg == dornwarze an den Füfsen
ss hühneraug, krähenaug, plattd. kraien-og.
Woher nun diese ausdrücke? agalsti hat man von gal (ss
singen) herleiten wollen ss die nichtsingende (!!); agelstür hat
448 Zyro
von Schmidt aos agel (= spitze) und stür (= schwänz, cf. plattd
steer) erklärt — auf agel könnte agerstenaug hinweisen, weil es
wie ein dorn sticht, und vielleicht gehört dieser ausdruck dahin
— er gleicht einem hfihnerauge, und sticht — doch scheint nicht
das stechen der grnndgedanke zu sein, sondern die äuJüsere ge-
stalt, daher bald das äuge eines huhns, bald einer krähe u. s. f.
den namen giebt. Und warum bei der elster an etwas spitziges,
was sie von andern vögeln unterschiede, zu denken wäre, ist
nicht abzusehen. Vielmehr sind alle diese namen lauter natur-
laute (orofiaronoiovpefa), welche wir für nichts anders als für
verschiedene darstellungen der auffassung des geschreis dieser vö-
gel zu halten haben — das bezeichnendste schiene mir agerisch
oder aegertscha, was dann in eine mehr onomatische form agerste
gebracht wurde, r ist entsprechender als 1, denn der ton ist ein
«ratschender».
Agrten, ägerta — ehemals auch: egerdon — . ortsbezeich-
nungen wie rfiti, äbnit dgl. — im Simmenthai und Seeland —
= ausgereuteter boden, auch fester wiesengrund — nach Sam.
Schmid: unfruchtbarer, unangebauter boden. Woher das wort?
ob vom lat. ager? die Umwandlung des waldbodens, oder straneh-
landes in wiesenland liebe fast darauf schliefsen — nori liquet.
aha (^^) — bäur. sc hinab — oberl. ahi, aus abhi (abbin)
— schwäb. ache.
seina (sei), sein!, seh = 1) jener, jene, jenes — per meta-
thesin, wie OaQcrog und ÖQaaog dgl. , also nicht zu verwechseln
mit eina, eini, eis; 2) der andere, nachfolgende (cf. alter, se*
guundus) — «'r wot de äi tag hochzyt hah» = den nachfolgen-
den, nämlich samstag, nicht (wie gewöhnlich) freitag;
gen. seissa, scinera (aeira), seissa (aeinessa)
. dat. «im, aeira, seim
z. b. ds mfissr isch äifsa = dieses messer ist jenes (seil, besitz-
thum) gehört jenem — «i ha's äim ggäh' = ich bab es jenem
(dort) gegeben (deiktisch). [Vgl. Grimm gramm. I. 797. d. red.]
aehka (-) =
1) einem anliegen, anhalten, mit unablässigen bitten ihm zu-
setzen (fatigare precibus), in den obren liegen — wie etwa kin-
der oder auch weiber thun;
2) zanken (in milderer form), tadeln, rügen — «t'r het geng
öppis z'ähka;
3) im. oberh. ängstigen, plagen (vesare). Davon:
proben eines bernischen Idiotikons etc. 449
a) e n' aehki = einer welcher immer etwas zu betein oder
zu rügen bat — fem. aehka;
b) 's g'aehk, e n' aehketa = die bestimmte handlang in
casu, der zeitlich begränzte Inbegriff dieser äufserungs weise,
a?cka, der (w) = nacken — auch in Schwaben — vgl.
«/x^, ayxalq (anke, wovon naken nur die meiathesis ist)*) = ei-
lenbogen, arm — mit dem grandbegriff «biegung; gelenk.» — .
Daher: dr chnöuwaeka =s die concavität im kniegelenk (ge-
gensatz der kniescheibe), so wie der nacken eine concavität zwi-
schen hinterhaopt und achsel bildet, cf. dyxog = schlacht.
akta, irrig auch akka, die ("") = bedeckter kleiner ab-
zugsgraben in feld and wiese dgl.9 um das sickernde wasser zu
sammeln und abzuleiten; oder unter strafsen durch:
Davon: 1) das aktenkraut = sambucus ebulus; 2) die
ausacktung (einer länderei, eines wiesengebiets) — nicht «aus-
ackung.» Das wort kömmt nicht, wie man etwa gemeint hat
(in den bern. blättern für landwirthschaft, 1850. juni) unmittel-
bar von aquae, so dafs es zu schreiben sei acken — denn aquae
b edeutet wasserquellen (und bäder), nicht Wasserleitung ; son
dem von aquaeductus, abgekürzt = aqdct (akte). So hat auch
Sam. Schmid (vor 100 jähren) geschrieben, und richtig.
ael, der = aal — vom lat. anguilla, griech. iy%*kvg — da
ist der gaumiaut ausgefallen wie in aeka (dyxtj).
alag (--) = die anläge = teil, gemeindesteuer — von an-
legen (imponere, auflegen — an = auf cf. credere in deum =
an gott glauben).
alsessig (--^) = anlässig, d. h. wer sich gern anläfst, aber
in bes. sinne: eine (junge) weibsperson, welche anlafs sucht,
nm männer zu kirren und anzulocken, durch necken, schäckern,
reizen, scherzen dgl.; somit sich auf eine unanständige weise den
männern nähert, sich herbeiläfst (an = nahe). Es liegt darin
der begriff falscher passivität, wie in «hilssssig» (hinlässig = nach-
nachlässig).
- aalbock, der (--), ein fisch = balche, Linn. salmo lavarc-
tug — vor alters, bevor der wilde bergstrom Kander mit ihrem
rauhen gletscherwasser in den Thunersee sich ergofs, häufig in
diesem see und in der Aare zu Unterseen ; die fangzeit war eine
art Volksfest. Im Seeland heifst er Faerat (-^).
*) anders Grimm d. wb. s. v. anke. d. red.
IL 5. 29
450
Zyro
»lb, ad}. » falb, hellbraun, besonders fibhch vom nagcfirfc-
ten (bes. dem heilern) wolltuch und vom halblein, wie ihn to-
tere bauenlente etwa selbst verfertigen, au manne- und wobt
kleidung. Die««U«clMata»(»dk*diteabatt«fm,iingegffisaU
dar herreo und Ulhhenren, der «angaben»'.) sind seit 1849-5«
im kanton Bern bktariseb geworden, indem die Aristokraten nad
conservativen dgl., welche im mai 1850 die oberhand gewannen,
sieb besonders auf die «älben kotten» stutzten und diese gjekh-
sam ab landesprincip aufteilten, im gegensaU der radikalen mit
ihrem « herrsche ü gen Schreibervolke aller art», ab desa fremdes
und feindlichen prindp — so dafe manche conservative oder
aristokratische «herren- anfingen Albe chatten (peletots dgL) w
tragen! Von »Ib kömmt:
1) elbsch a was dem selben nahe verwandt ist, ähnelt,
ähnlich siebt;
2) d'elbi =» das selbsein, die elbe färbe;
3) 's selbst =» bekommt die elbe färbe, s. b» das karafeld.
Das wort kömmt entweder von albus (weiss) oder von hel-
vos, wovon einige den nameo Beiveti ableiten wollen, während
freilich andere dasselbe von belu (kalt jagen) ableiten — bd
vns, heluir, belynr «= Jäger (s. das interessanteste der Schweiz,
Leipz. 1777. bd. L s. 32). [Vgl. Grimm'« d. wb. a. v. alb. d. red.)
alba, albets (-v), auch alm\ almets » ehemals, einsi
« db' het m' no ch&nna drby sy M =» ehemals war noch zu leben.
Davon: albe n* einisch, albets einisch = bisweilen, zu
zeiten (aliquando).
Albe gemahnt an alibi, welches zwar ortshedentnng hat.
aber man weife, wie ubi, und da, wo, eben so gut von der zeit
gebraucht werden. Alme könnte zu albe in demselben verhält-
nib stehen wie das tyrolbche alm zu alp. Oder bat man bei
ahn1 an das lat olim (cf. hehr, olam) zu denken?
aichamatte =» wiese, welche weder gedüngt noch ge-
pflögt wird, wo nur gröbere grasarten wachsen, und nur eine
ernte des jähre* statt findet. Diese alehenmaUen liegen nahe hei
Thierachern und Hfitendorf (bei Tbun), auf dem grnnd und boden,
wo ehemals die Ränder ihren breiten weg nach der Aare nahm,
es ist daheran geschwemmtes lano\ oder «grienbodem» das Kander-
grien geheifsen, wo wald wächst. Aicha webt auf das lat aiga
(wassergras) hin — bt aber nicht mit «tischen» zu verwechseln
alenzig ("-") — a fast wie e gesprochen ss=
proben eines hermachen idiotikons etc. 451
1) ohne gesellsehjaft, einsam;
2) ohne fremde hülfe z. k ein geschäft verbringen, den weg
finden dgl.
In Gadmen sagen sie: alsengga, elsengga.
alessa, im eberl. auch alesma (-w^) =3 die ahle, ein
stechwerkzeag der schuster — ahd. alansr, boil. aelsena, frans.
alesneT span. alesna, ital. lesina [unverwandt mit lat. acuta», vgl.
Grimma wb. s. v. ahle. d. red.]
sehli, das » 1) dkn. von a?b, substantivisch gebraaeht «gib
's «hü! = mach ihm srh (art kufs, vid. oben); 2) die ähren,
schwäb. aber — viell. contr. ans ashreli (von ar) — jedenfalls dim.
— oder ist die würz- seh, aech, «c? cf. acus, aculeus, dxQ&g, cf.
lat. spiea (ähre), coli, spicare, spiculum, spitze, vgl. hebr. ^ft«.
all' oder alla = ganz — «V isch alla bnsehpera» = ganz
monter — V het dr cbabk alla ggftssa» es nichts übrig gelassen
— «das g8chöpf het my ma all' vrderbt» — «i bi all9 z'undaroba»
ss ich bin ganz unwohl — «das hat mr dr glast all 'gnoh» —
all9 wird hinter das dingwort gesetzt, wenn es besonders hervor-
gehoben, somit betont werden soll, vergl. ptalm 19 von Veit
Dieterich (XVI. sec.) «die haben dein tempel verderbt, und ihn
verunreiht allen» = ganz.
Voran steht es z. b. «in allr ttabi het 'r ihm's gseit» ss ge-
rade wie er im zorne war — «da chunsch all pott cho höuscha»
= du bist immer fort zum betteln da — «alla tansig, alla plun-
der» = allerlei zeug — «in allem gab ha n' i ddinkt (oder tankt),
i well etc., cf. frz. tont en allant j'ai pens6. ..
«alls in allam» z. b. het's zwfinzg züber (most) ggfth =s die
verschiedenen theile zusammengerechnet.
Davon: 1) allrdinga = allerdings; 2) allergattig — im
oberl. ss aller art, schlechtes und gutes dgl.; 3) allethalba«
überall; 4) ailiwyl — im oberl. =* jederzeit, fortwährend.
alm, die — gewöhnlicher alp = einkühberg, wo sennerei
getrieben wird — wo zu sommers zeit das hornvieh seine weide
findet. — Daher der oberl. famiiienname: von Almen, wie
von Bergen dgL — wobei das «von» nichts adeliges bezeichnet,
cf. von Rüti.
Ob ahn vom lat» almus (=* erhaben) und alp vom lat. albus
(alpes) kömmt? [Vgl. Grimm's d. wb. s. v. albe f. d. red.]
almi, almit die (-w) — oberl. = alraaent (*-) =*= all-
meiade, allgemeinheit, d. h. das der gemeinde (burgerschaft eines
452 Zyro
orte) zugehörige wiesland, welches ehemals (vor noch kaum
30 jähren) durch das vieh, das jeder «burger» (a= corporations-
glied) trieb, genutzet, d. h. abgeweidet, in neuerer zeit aber meist
zu pflanzplätzen eiogetheilt und aufgebrochen, hie und da sogar
ganz aufgetheilt worden ist Die allmenden waren ehemals die
gewöhnlichen troll- oder musterplätze der landwehrmilizen. Vor
allen bekannt ist die Thun-allmänd, wo die eidgenossensehail
ihre artillerieschule und bisweilen ihre lager hält.
almuesa, das = almosen — so schon im Passionale: almu-
sen — vom griech. iXsepoovyTj (barmherzigkeit).
1) überhaupt armenspende — «vom almuesa läba» = auf ko-
sten des armenseckels;
2) insbes. die freiwillige spende, welche auf den strafsen
oder an den hausthüren erbettelt wird — «z'almoesa höuwscha»
= um almosen bitten; dem betel nachgehen — «dem heiligen a.
nahgah».
Davon: dr almuesnar s= spendvogt, armenvogt, welcher
die armen8teaern « ausrichtet ».
alp, die = ahn = weideberg — im oberi. dim. alpetli —
ein uraltes wort, s. v. Schmidt. Davon:
1) alpa = die köhe auf dem berge warten — «wo alpat
'r hüür» = auf welchem berge wirtschaftet er diesen sommer
mit seinem vieh?
2) «'s älpelat hia» — a) man sieht, dafs man sich hier auf
einer alpe befindet, b) es gemahnt einen hier an eine alp, es sieht
einer alp ähnlich — wie das ehemals (!) mit der berühmten
Engepromenade bei Bern der fall war, wo im sommer die kuhe
mit ihren glocken behangen weideten;
3) dr aelplar, d' selplra, dr aelplerbueb = der senn, die
sennerin, der hirtenknabe;
4) alphorn, alphütte, alpwseg dgl.
alle, adv. von all ar ganz — «mr wei afa n' alls gmach
gah» = wir wollen uns ganz langsam vorwärts bewegen, gleich-
sam den zug eröffnen (anfangen). So schon im XII. sec
Oder wird richtiger als geschrieben und gleich dem griech.
mg ss so gefafst? z. b. in den fabeln der minnesänger lesen wir:
«der froez sprach: got her, was sol ich dir darumbe danken, das
du mir hast ein als swachen üb gegeben = einen so geringen
leib, wie ich ihn wirklich habe. [Vgl. Ben. -Mull. wb. 20 b und
Grimm d. wb. s. v. als. d. red.]
proben eines bernischen Idiotikons etc. 453
allza ss alles — im oberl. — V hetfs allza uf a waga glada«
— w'r möcht doch de o gar allza» — ob z, wie im mhd.: häu-
fig, einfach = s oder sz, folglich ss alles, zu nehmen sei, wobei
der stumpfe aaslaat a (oder e) als paragogisch anzusehen wäre?
oder aber za eine contraction und abkürzung von zsa = «zusam-
men» sei? Das erstere hat mehr Wahrscheinlichkeit für sich; denn
mir wenigstens fällt keine analogie von za als so bedeutende ab-
kürzung bei. Im XIII. sec. findet sich alz an, welches Leyser
(1838) für allez ane (= so eben) erklärt: «Disiv wort div alzan
in der latin gesprochen sint, div sprichet der gut S. paulus» —
also entweder pluralform, oder aber adverbialpartikel, welche al-
lerdings auf die unmittelbar vorausgehende lateinische schriftstelle
zu beziehen wäre. Dann mflfste alzan = «alls an» sein, und
an as «nahe» verstanden werden. Gewifs ist, dafs der ansdruck
allis an im XIV. sec. vorkömmt » jetzt, in gegenwärtiger zeit
z. b. «wane die werlt newas nie so böse noch so krank noch
so valseh noch so ungetruwe als allis an ist» = gerade jetzt. —
an = in, seil, dieser zeit. So in einer andern predigt dessel-
ben Jahrhunderts: «die aks ist allis an gcsazt an die wurzele
des boumis = gerade jetzt, daher wirklich, griech. ydtj (Matth. 3,
10). Möglich, dafs jenes alzan ss allis an ist, obgleich zwischen
beiden ausdrücken etwelcher sinnunterschied sich findet, etwa
wie zwischen modo und jam. [Vgl. B.- Müll, wb. 38. a. d. red.]
alt — emmenth. auwt — adj. u. adv. — Gegensatz von:
jung und neu. Davon:
1) dr alt, ahlt = vater, hausvater — die alti = mutter,
frau, haasfrau — der Oberländer bedient sich dieses ausdrucks nur,
wenn er die schuldige achtung hintansetzt, oder in sehr trauli-
chem seherzen. Im Ober-Argau: dr eltr, eltisch;
2) alta, verb. neutr. = alt werden, an jähren zunehmen,
seine physische kraft verlieren — «mr alta!» = wir rücken dem
alter zu (60 — 70 jähren) — «'r altat starch» ss die zeichen des
alters treten ein (graues haar dgl.). Davon: «die sach isch vr-
a Hat» ss liegt so weit dahinten, dafs sie keine innere und äuisere
bereehtigung in der gegenwart mehr hat; aus der tnode gekom-
men dgl.;
3) d" aelti, elti = a) die lebenszeit (aetas) — «du bisch i
dr elti ungfär glych» (mit ihm, wie er) = du bist ungefähr gleich
alt — «'s chunt nid uf d' elti a» — b) das greisenalter (senium,
senectos) — «d' elti würd dr no nüüt tue, we numa d& brästa
454 Zyro
nid wä» *» sein hohes alter würde ihm noch nichts
wenn nur dieses übel nicht wäre; oder: dem alter nach könnte er
noch recht wohl munter sein, aber dieses übel hindert ihn u. s. t;
4) aeitela, eltela (^ww) a reichen des heranrückenden
greisenalters an sieh tragen, nicht mehr zu den rostigen «ad star-
ken gebären- Daher: eltelig «= was nicht mehr jang, frisch,
brauchbar ist z. b. brod, dem man anifihlt, dab es bald zun «alt-
bachena»*) (altgebackenen, alten, dürren, angeniefsbaren) ge-
hört — altbachen s längst gebacken« vor wochen;
5) ds alt jähr (--) sc sylvestertag, — gegensatz dsaöuw-
jahr &b der neujahretag. Daher: «altjahra» s» den leisten Jah-
restag mit trank etc. feiern.
Was den Ursprung des Wortes alt betrifft, so könnte man
geneigt sein, «mächst an das lat altns (hoch) zu denken $ allein,
wie schon Schwenk (etymol. wb. der lat spr.) altns richtig
von alo ableitet (es alitus), und dieses selbst mit dem griechu
äldai*<o, in beziehung bringt — vergleiche &U>, SXÖm — so
haben wir als grundbegrifi anzunehmen: erzeugen, nähren, ver-
mehren, grofs machen — somit alt = grob an kraft — cf. ado>-
lescens, adultus. — Daher 1) grofs an jähren, 2) gegensatz von
neu: derselbe, unverändert — «bu bisch geng no dralt» =
du hast dich nicht geändert (=» gebessert), nicht verändert (=
physisch gleich stark, hübsch dgl.) — «'s isch no im alta» *= die
Sachlage hat sich noch nicht geändert, ist nicht besser gewor-
den. [Vergl. Grimma d. wb. s. v. wo Verbreitung und abstam-
mung ausführlich besprochen sind. d. red.]
am — aufser der gewöhnlichen bedeutungsr im; besondere
bei citation von bibelstellen, ». b. das sprüchwörtlich gewordene
«'s isch Matei am letschta» es es rückt zum ende (mit eines le-
ben, kraft dgl.) — vgl. »zum letzten male». Im plattd. wird am
häufig so gebraucht, e. Sackmanns pred. (1840).
ama, ame (""), abk. von ainem (einem), aim (eim), — oft
auch amana, amama, anema (~ww) z. b. «ama brava mah cha
m' trouwa, amena Lngnar nia» = einem braven mann kann man
trauen, einem lugner nie. ama, amma, scheint fast eine znsam-
menziehung aus a n' ema, a n' ama (s. oben a) zu sein — der
auslaut a scheint sich wie o in «dero, ihro» zu verhalten. — Er
ist übrigens alt, so im XIL sec. zaime = zu einem, st. zaim.
*) oft gesprochen: halbbacha, hslpbacbs.
proben eines hermachen Idiotikons ele. 455
amal (--), das «= seichen am leibe, bes. im gesiebt, art
narbe, bes. ein sogenanntes mnitermal (was das kind mit auf die
weit bringt, das es als foetns durch eindrnck der mutter bekom-
men hat, anthun, angebinde) — von mal =* zeichen. [Vergl.
Grimm's d. wb. s. v. anmal. d. red.]
ambeilar, der » ehemals ein beamteter, welcher jede ein-
fuhr Ton fremdem weine zu beaufsichtigen, den fuhrbrief und
Ursprungsschein zu prüfen und über die fracht nebst abgäbe eine
controle zu fuhren hatte — von beila? = marke, seichen — < e
in m verwandelt vor b, wie im griech. (labialattraction).
ambeissa, die (--^) = ametse dim. ambeissi, ambeisseli.
— Davon:
1) e n' ambeissira (das diminutive 1 und das iterative r)
= ein ameisenhaufen — cf. die eteinera, haerdöpflera etc.;
2) ambeissahaerd « erde von ameisenhaufen. [über Ver-
breitung und Verwandtschaft des worts, vergi. Grimm's d. wb.
277*. d. red]
Zyro.
lieber die durch nasale erweiterten verbftJst&mme.
Ich schlofs meinen vorigen aufsatz (s. 398) mit der bemer-
kung, dafs sich der enge zusammeahang zwischen nominal- und
verbalthemen, die ein n im stamme zeigen, im gothischen deut-
lich daran offenbare, dafs die von verbis abgeleiteten den parti-
cipialablaut zeigen und dafs sich hieran anschliefsend dann auch
eine feste, nämlich passivische bedeutung für diese form hervor-
gebildet hat, von der nur fraihnan eine ausnähme mache. Diese
ausnähme aber zeigt eben, dafs auch das gothische in alter zeit
in dieser bildung noch keiner festen bedeutungsentwicklung folgte:
fraihnan nämlich ist zwar mit skr. prach fragen gleicher wurzel,
gehört aber unmittelbar zu dem nominalstamme praena die frage,
welcher wie yajna opfer (w. yaj ay), vigna glänz, Schimmer
(w. vich), svapna schlaf (w. svap, vn9 lat. sop, alts. svebh, altn.
sof) ohne frage ein altes passivpartieipium derselben wurzel ist,
aber durch das sich daneben stellende partieip prshla (vgl. yajna:
ishta) offenbar auf die substantivische bedeutung beschränkt wor-
den ist Somit verhält sich denn fraihnan in seiner entwicklung
456 Kuhn
aus skr. pracna gerade wie nmbrisch persni (vgl. &. 397) zu die-
sem, oder wie lat. plenus zu plenunt. Mao könnte bei betrach-
tung dieser analogien geneigt sein auch goth. fullnan voll wer-
den mit den letztgenannten Wörtern sowie mit purna voll prnami
ich fülle zusammenzuhalten, aber dagegen möchte einmal das
doppelte 1 (nur einmal findet es sich mit einfachen Luc. 2. 21.
cf. Gabel. -Loebe) und dann die passivische bedeutung sprechen;
fullnan scheint mir ein erst auf der stufe der gothischen bedeu-
tungs- und formen twicklung stehendes wort, welches aus falls wie
andere aus adjectiven gebildeten verbalstämme gleicher endung
hervorgegangen ist (z. b. veihnan aus veihs) ; f uils aber entspricht
genau dem skr. pürna-s, indem das r sich im gothischen zu 1
gewandelt und diesem sich das folgende n assimilirt hat. Den-
selben lautwechsel zeigt goth. vnlla (ahd. wolla) im verhältnifs
zu skr. üniä id., nur dafs hier in das ü der wurzel noch der
anlautende halbvocal v (von w. vr bedecken) mit aufgegangen
ist. Wäre nun aber fullnan unmittelbar aus dem alten paiüci-
pium fulls für fulns bereits in alter zeit entsprungen und nicht
erst eine echt gothische bildung, so würde es unzweifelhaft überall
nur mit einem 1 geschrieben werden, also fulnan lauten; demnach
glaube ich, dafs es auch abgesehen von der passiv, bedeutung,
nicht unmittelbar mit prnami und -plenunt zusammengestellt wer-
den darf. Somit bleibt nur fraihnan eine abweichung in jenen
gothischen bildungen auf nan, aber wie wir sahen betraf diese
abweichung mehr den begriff als die form, denn 6kr. pracna
konnte ebensowohl als altes participium angesehen werden, so-
mit sprechen diese gothischen bildungen, wenn wir die frage
nach dem. Ursprung dieser nasalen erweiterungen untersuchen, ent-
schieden für die Verwandtschaft derselben mit nominalbildungen
aqf n; die transitiven stamme unter ihnen sind offenbar durch
die allmählig überwiegenden passiv- und reflexivbildungen ver-
drängt worden, und sind theils in ablautende verba, theils ia
solche der zweiten conjugation übergetreten.
Von diesem übertritt lassen sich einige beispiele nachweisen;
so steht namenttich gegenüber dem skr. stmami cl. 9*und strnomi
cl. 5. gr. aroQrvfAi, lat. sterno, das goth. straujan, welches in
die zweite conjugation übergetreten ist. Dies verbum ist übri-
gens durchaus nicht mit arQcovw^ der nebenform von ütoqw/u,
zusammenzustellen, da in 0T£a>Wt//u, so viel ich sehe, das a> aus
altem ä hervorgegangen ist, wie mir strä-yi, strä-men, argiSfia
über die durch nasale erweiterten verbalstimme. 457
n. 8. w. beweisen; die länge des vocate sowohl im griechischen
als lateinischen ist wohl dadurch hervorgerufen, dafs derselbe
durch die metathesis des q in den wurzelauslaut kam.
Anders fafst Jac. Grimm in seiner abhandlung über diph.
s. 31. die länge in dem eben betrachteten worte, welcher das a
durch ausfall eines g zu erklären scheint, so dafs stramen aus
stragmen herzuleiten und wie fragmen aus frango aus einer mit
g auslautenden wurzel, die noch in strages enthalten ist, stamme.
Aber strages selber hat schon langes ä und wenn sich auch wur-
zelverwandtschaft zwischen demselben und sterno nicht längnen
läfst, so ist doch die wurzel desselben als eine selbstständige zu
fassen ; sie erscheint im skr. in der gestalt von sraj und srj emit-
tere, effundere, jaculari u. s*. w. und hat wie dies mehrfach im
sanskrit sich zeigt, ein zwischen s und r stehendes t verloren,
worüber ich in der fortsetzung meiner abhandlung über die das
alte s begleitenden lauterscheinungen weiter sprechen werde.
Diese lauterscheinung veranlaßt mich auch das von Grimm a. a.
o. s. 30 zu straujan gestellte ahd. straum, stroum, nhd. ström zu
skr. sru (mit gleicher Verstümmelung des anlauts) fliefcen, strö-
men zu stellen, dem das griech. $evpa (vgl. homan trankspende
= get^a) m^ nocn stärkerer Verstümmelung im anlaute zur seite
tritt. Der Übergang in der bedeutung des ahd. Wortes zu rudern
erklärt sich dann aus dem auch den dichtem noch jetzt gebräuch-
lichen bilde, welchem der sich durch das land ziehende ström
oder Hufs als faden gilt, wie z. b. skr. sira' f. (von w. si binden)
in den Veden ström, flufs, im gr. dagegen in aeigij band, strick,
kette bedeutet, vergl. R. 6. 20. 13: roör apäh sirä' na sravantih
du liefsest rinnen die wasser (d.i. die wölken) wie strömende
flösse (bänder). Grimm sagt ferner, a. a. o-, dafs auch lat. strango
(strangulo) stringo (auch cjQayyco mit seinen ableitungen) an
diese wurzel stra anrühren könnte, ebenso wie unser sträng fu-
nis und strecken, ahd. strechan tendere, sternere; doch auch diese
gehören zu der wurzel sraj, srj wie sraj das blumengewinde,
kränz zeigt; auch das im anlaut gerade wie Qevpa verstummelte
rajju strick entstammt mit unserm strick derselben wurzel.
Kehren wir nun zu atQcipwfH zurück, und halten fest, dafs
w der gewöhnliche Vertreter von ä ist, wie dies in strä-vi u. s.
w. auftritt, so scheint das doppelte v in diesem worte unorganisch
zu stehen, da es sich nicht durch assimilation aus einem <x wie
in vielen verwandten verbis erklären läfct, denn sämmtlichc bil-
458 Kuhn
dangen und ableitungen erscheinen ohne dasselbe wie eaipur«,
icrQmfUPog u. s. w. zeigen. Ein gleiches sahen wir bei ftVtpi,
nor dal* dort auch bereits in den Handschriften schwanken ra-
schen einfachem und doppeltem * antrat. Genug also <fi#ö k
die wnrzelform dieses verbal thema's, wie im lateinischem »tri
und somit können beide nicht unmittelbar in goth. straujan tm
dem wir ausgingen, gestellt werden, straojan aber gehört mit
dem bereits von Grimm a. a. o. s. 90 beigebrachten strana oder
straba, welches uns Jornandes und der schol. so Stat. Theb. aai
bewahrt haben, zusammen; es scheint, dafs es davon ein dens-
minatir sei, wenn wir die allgemeinere bedeutung «streu» nv
strana statt der specidleren , wonach es eine anüschiittung auf
dem todtenhögeJ bezeichnet, annehmen dürfen. Eine andere er
klirung, wonach straujan fast wie strno, wovon strues nahe an
strana anrührt, gebildet wäre, scheint mir weniger wahrschein-
lich; in diesem falle würde es sich wie OQ&im in OQwvjti und
wie skr. stabhüyati zu stabhnoti verhalten, und man mftfste eine
Verstärkung des wnraelvocals, die sich etwa durch den aeeent
erklaren liefse, annehmen. Man könnte nun gegen die obige an-
nähme, dafs straujan einst einen stamm mit n neben sich gehabt
habe, überhaupt einwenden, dafs die Übereinstimmung des grie-
chischen, lateinischen und sanskrit noch nicht für dieselbe zeuge,
allein dafs auch die deutschen sprachen einen solchen hatten,
scheint mir aus ahd. stirn hervorzugehen, welches sich genau an
skr. stirna ausgebreitet anschliefst, und sÜrna verhält sich zu
strnami gerade wie purna zu prnami.
Ein anderes verhorn, in welchem der Übergang in die zweite
conjugation ans einem stamme mit n sich zeigt, ist stojan rich-
ten. Grimm hat bereits (über diphth. s. 50) staua*) xotty? und
staua xQifia, auf viele treffliche gründe gestützt, aus stabva, stafra
entstanden angenommen, aber noch entscheidender ist die unmit-
bare Zusammenstellung mit ahd. skafeo, skaffo, skepfo creator
conditor, nnd skafino, skeüno, ahd. schöff, ndd. scheppe, welche
das sanskrit durch seine themen stsbhnäti, stabhnoti neben ska-
bhnati, skabhnoti mit den bedeutungen festigen, stützen, ordnen,
*) Bopp hat (vocalismus s. 149) staua auf w. sta preisen zurück-
geführt, wogegen lautlich nichts zu erinnern wSre, aliein begrifflich
viel; man könnte nur etwa durch annähme einer allgemeineren bedeu-
tung, etwa sprechen, auf den begriff des richtens kommen.
über die durch nasale erweiterten verbalstSmme. 459
mit bUm* vermittelt. Aach das bereits L 139 besprochene steflara
gehört unbedenklich hierher und zeigt, dafs der aniaat st in der
wurael für das althochdeutsche in dieser bedeatang noch nicht
erloschen war.
Alles bedenken, was sich noch wegen der lautverhältnisse
von stabva, stafVa für atana regen möchte, zerstreut endlich ein
drittes verbnm, nämlich dan|an, nebst divan« , undivans, undiva-
net und dau^s*). Aach diesem daajan steht im skr. ein dahhnoti
(nach der 5. klaase; über den Wechsel dieser mit der 9ten ist
oben a. 396 gesprochen) mit der Bedeutung schädigen, verletzen
und brennen rar aeite, welches in den Yeden in den beiden er-
sten bedentnngen häufig und z. b. im part. prät dabdha, sowie
in adabdha unbeschädigt, unverletzt an Kahlreichen stellen er-
scheint Dies dabdha entspricht nun aber genau dem goth. dau)w;
der labial sti er nun b nach regelrechter lautverechiebung oder
unversehobenes bh gewesen, ist zu v hinabgesunken und hat sich
dann vocalisirt und derselbe Vorgang hat in daujan und divan
stattgefunden, nur dafs in letzterem die vocalisirung natür-
lich wegen der einschliefsenden vocale nicht statt gefunden hat
Dabei sei bemerkt, dafs zu diesem sanskrit dabh urere (cf.
Westerg. s. v.), welches in den generaltemporibus meist m ein-
schiebt (dadambha und dadabha) genauer als zu tap das griech.
ray-ftdaru stimmt (über ?:ds. I. 182), dem das zend. taiau
brennend zor seite steht (Bopp vgl. gr. s. 39) daher auch wohl
damf, nebst dem malbergischen diba (vgl. Grimm über das ver-
brennen der leichen s. 31) passender hierher zu ziehen sind.
Uebrigens kommt die sanskritwurzel auch nach der 1. Masse
gebildet vor (dabhati), jedoch auch hier mit der transitiven be-
deatang; bis auf diese stimmt sie dann mit divan.
Aufser den besprochenen verbis zeigt auch valjan wählen
gegenüber vrnämi mit gleicher bedeatang den Übergang in die
zweite conjugation, doch steht auch in der epischen spräche des
sanskrit bereits die in der bedeutung nicht verschiedene causaJU
form varayämi neben jenem vrnamL Ein paar andere verba da-
gegen haben den alten stamm mit n und zu gleicher zeit die
starke bildung bewahrt. Zunächst gehört hierher rinnen, dem
skr. rnämi mit der bedeutung Hieben zur seite steht; formell
*) aber den Wechsel von o and aa in diesen stammen vgl. Grimm
gramm. (3. aasg.) I. s. 66.
460 Kahn
wäre daher bei bewahrung des n des präsensstammes rinan zu
erwarten, woher nun das zweite n? Wir haben bereits gesehen,
dafs die bildungen der 5. u. 9. kl. (-nömi, *nämi) mehrföltig neben
einander stehen, and in diesem speziellen falle kommt esz. b.
mehrfach vor, dafs rnotni sich zu rn&mi wie causativum oder
transitivum zu intransit. verhalten, besonders wo vom regen die
rede ist (z. b. rnann apah die wasser flössen, rnor apah da lie-
fest die wasser fliefsen); in weiterer fortbüdang erscheint neben
ihnen ein intransitives rnvati formell = OQvvto, welches meist
die bedeutung gehen, laufen zeigt*). Aus diesem ist nan durch
assimilation rnv = rinn der gothische verbalstamm hervorgegan-
gen, der dann aus sich neue zweige getrieben hat. Wie das gr.
oqovco zu oQWfu verhält sich das lat. ruo zu skr. rnomi, wäh-
rend sich aus der im sanskrit gleichfalls vorhandenen und aus
der bedeutung zu etwas gehen entwickelten bedeutung «erlan-
gen» das griech. aQWfjiai (vgl. Benfey gloss. z* Sam. s. v. oiii),
ahd. amen, ags. earnjan verdienen, erwerben entwickelt haben.
An rinnan schliefse ich nun das der gleichen conjogation fol-
gende vinnan schmerz leiden, Verfolgung, trübsal dulden an, wel-
ches dem skr. vanoti kl. 8 mit der transitiven bedeutung verfol-
gen, vernichten, tödten zur seite steht. Ein diesem vinnan genau
entsprechendes vanvämi, welches nach der analogie von rnvämi
intransitive bedeutung haben möchte, ist mir noch nicht vorge-
kommen; dasselbe ist aber jedenfalls als grandform vorauszusetzen,
da das ahd. und ags. winnan, vinnan auch die transitive bedeu-
tung niti, certare, bellum gerere entwickelt haben, mithin an
der gleichheit beider stamme nicht zu zweifeln ist Diese wird
auch noch weiter beglaubigt durch eine andere seite der bedeu-
tung die gleichfalls im deutschen und sanskrit vertreten ist Un-
sere gemeinsamen Stammväter waren ein kriegerisches volk, des-
sen lust und freude der kämpf war; Yaska schon zählt 36 Wör-
ter für diesen begriff auf, gewils ein beweis, dais man über dem
pflüge die Übung des krieges noch nicht vergessen hatte und den
*) häufig z. b. in der Zusammensetzung mit sam: R. 5. 31. 8. sam
ha y4d v*m UcrfnA' Vanta devü'h als UcanÄs und die götter sich mit
euch vereinigten. — yat samaranta senüh als die beere zusammenstie-
fsen. — R. 3. 11. 2 Agnir dhiyl' samrityati Agni vereinigt sich mit dem
gebete. Damit vergl. man Marc. 9. 25. gasaihyands than lesus thatei
samath rann managet.
Ober die durch nasale erweiterten verbalstSmme. 461
homerischen helden ist ja x^QW sehlacht and freu äe. So berühren
sich bei ans noch ahd. wunta und wnnna, wände und wonne
wurzelhaft und das letztere ist es zunächst, was unserer wurzel
van zuzugesellen ist. Diese hat nämlich aufser den oben ange-
gebenen bedeutungen, und zwar derselben conjugation folgend,
noch die bedeutung lieben, begehren und deshalb gehört denn
auch ahd. wnnna, wunnia zu derselben, während im goth. un-
vunands traurig, wohl ursprünglich nicht kämpfend, darum freud-
los, dieselbe wurzelform aber mit nur einem n erscheint; derselbe
Wechsel zeigt sich auch im altsächsischen, wo neben wunnia die
adjectiva wunsam und wunodsam gleichfalls mit einem n stehen,
eine Verschiedenheit, die kaum nur orthographischer natur zu
sein scheint and nachher noch besprochen werden soll. — Aufser
nach der 5. klasse bildet die wurzel van aber auch ihre formen
nach der ersten klasse und zwar in derselben eben besprochenen
bedeutung; vana lieblich, angenehm, namentlich auch als n vcdi-
sche bezeichnung der himmelswasser, der wölken, vanas reiz,
lieblichkeit, schon mehrfach mit Venus, venustas verglichen, vana
der wald (vgl. I. s. 380) der liebe (Indern und Deutschen, den
vorzugsweise sinnenden stammen unter den brüdern ein lieblings-
aufen thalt, daher den Indern ihr feigenbaum, der selbst einen
wald bildet, ihr tempel ward, und uns in dem gothischen riescn-
bau ein steinerner wald erwuchs), sind ableitungen dieser wur-
zel, die dann auch zu den griechischen spröJslingen derselben füh-
ren, nur dafs dem übereinstimmenden v-anlaut des lateinischen,
deutschen und sanskrit hier y gegenübertritt, ich wage noch nicht
zu entscheiden ob als älterer oder erst aus dem digamma hervor-
gegangener laut Zunächst stellt sich ydtog glänz, Schönheit, Hei-
terkeit zu vanas und Venus, dazu yccvaa, schimmern, laben, er-
quicken, yavoo) blank machen, glätten; aber auch ydwfiai sich
freuen gehört her, ungeachtet das futurum yamiaaofAcu sowie yd-
rvapa ein a als ursprünglich im stamme aufweisen. Es führt
dieser auf skr. vanus, sowohl verehrend, liebend, als auch tödtend,
verfolgend, überhaupt krieger zurück, von dem das denominativ
vanushyati stammt, mit der bedeutung kampflustig sein, Wett-
streiten. In rawp>jdT]g ist auch der im skr. auftretende nomi-
nalstamm yarv = vana (was ich bis jetzt nur in der bedeutung
Verfolger, feind nachweisen kann, R. 4. 30. 5. tvam Indra vanünr
ahan du schlugst o Indra die feinde) erhalten. Auch bei yavopai
zeigt sich das bereits 'mehrfach bemerkte schwanken der hand-
4fö Kahn
schritten »wischen doppeltem and einlachen *, vergt. Steph.
thes» 8. r.
Wie der vorher betrachtete verbafetamni der bildung der Sten
klasse folgt, des n abo nach indischer aarffassung der wvrzel an-
gehftrt, so stimmt das althochdeutsche mit dem sanskrit noch m
einem anderen worte, welche» gleichfalls der 8ten klasse folgt,
woraus übrigens ftr die woradhaftigkett des n durchaus kerne
bestätigung abzuleiten ist. Die wund son, Ted. sanati und sa-
noti bildend, zeigt in diesen ableitungen die bedentangen «erhal-
ten, lieben, geben», im desiderativ siahasati begehren, erstreben,
und in einer nominalen ableitnng, nimhch sann4) die grandbe-
deutnng erhebung, gipfel, Oberfläche. Wie sieh hei rnomi der
begriff des fliefsens, laufen», gehens m dem des erlanget», er-
werben8 ausbildete, so sehen wir demnach aueb hier, dafe der
nrsprflnglichere begriff einer bewegung, nämlich «sich erheben»
ans sich die bedeatungen lieben, begehren, erlangen und den cau-
sativen geben entwickelt hat Daus aber in sann, dessen begriffs-
nmfang in der note angegeben ist, der ursprüngliche begriff' des
Wortes enthalten sei, zeigen die deutschen sprachen; zunächst
schliefst sich an dasselbe der name der westfälischen Senne, der
aus einem erweiterten sanva oder 'sanva hervorgegangen ist wie
ahd. senne, sehne aus ahd. sinewa, sinwa, senwa nndsenna; ob
mit diesem westftL wort die coucave oder convexe fläche be-
zeichnet werden sollte (vgl. I. 137) mag dahin gestellt bleiben,
nur sei bemerkt, dafs auch lat. sinns den begriff der concaven
fläche bietet; das i gegenüber dem skr. ä findet seine erklärt] og
durch das Ted. snu = säuu (vgl. jnos janu, gr. ywj). Das Schweiz,
senn m. ist entweder der auf der senne, hochweide weilende oder
sich alljährlich zur alp erhebende. Das goth. sin^ gang, rase,
mal, sinj>ja geführte, sandjan senden, zeigen dann die weitere
entwiekelung jenes grundbegriffe , und in ahd. sinnan proficnd,
tendere, dann meditari tritt uns endlieh die würze! in derselben
bildung entgegen wie wir sie in vanoti = vinnan nachgewiesen
*) Benfey gl. z. Säma s. v. führt es (mit beiges. ?) aof so zurück,
Wilson dagegen anf san; die bedentnngen bei letzterem 1) table land,
leyel ground on the top or edge of a monntaia, 2) a wood, 3) a road,
4) a gale of wind, 5) point, end, top, 0) a shoot, a sproot liefsen sich
mit der von Benfey vermutheten ableitang nicht vereinigen, in den
Veden wo es sich oft sa san verkürzt, reichen meist die bedeatungen
gipfel, oberflache aus.
über die durch nasale erweiterten verbalsUmme. 463
haben, sin]» and sinnan verhalten sieh demnach wie unser reke
f. zu engl, to rise sich erheben, ags. risan; die erhebung, das
hinaufsteigen auf den seitbegriff übertragen finden wir die Wur-
zel, aber mit einfachem n, in den oben s. 129 besprochenen Wör-
tern für den begriff »«alt» wieder evog, senex, sineigs, sanaj, sana.
I>as letztere kann ich jetzt auch als flectirtes adjectiv nachwei-
sen im instr. (lehn sanena vasava apyena R. 2. 29. 3.) nom. pl. f.
(sana atra yuvatayah R. 3. 1. 6.) a. pl. n. (jauima sanani R. 3. 1.
20) u. s. w., wie bog zu mos steht es im gegensatz zu -navya
und nütana neu, jetzig (sana ta' te Indra navya äguh R. 1. 178.
8.) oder in der bedeutung vergangen zu apara künftig (R. 2. 29. 3.)u
Auf dieselbe weise wie bei den bisher besprochenen verbai-
stämmen, glaube ich, schliefst sich ginnari an skr. hinoti, hinvati
an, dessen bedeutungen: treiben, antreiben, schicken, werfen, för-
dern (z. b. binota yajnam, adhvaram fördert das opfer, macht
da£s wir es beginnen und zu ende führen) hier nur in reflexiver
bedentung sich anschicken zu etwas auftreten; ob auch brinnan
etwa zn skr. bhrnäti wie ohen rnnan zu rnati, rnoti zu stellen
sei (die bedentung ist feigere, assare und davon abgeleitet bhrniyate
zürnen), darüber mdchte ich nicht eher entscheiden, als diese for-
men belegt sein werden; dafs aflinnan unzweifelhaft zu linami,
neben dem kein linoti besteht, gehöre, zeigen sowohl mehrere
composüa, als namentlich das plc. lina aufgelöst, zerschmolzen,
verlassen, gegangen u. s. w.
Weiterer forschnng werden sich noch andere hierhergehö-
rige formen ergeben; zum schloß dieser reihe noch ein paar
bemerkungen über das einfache und doppelte n. Das gothi-
sche zeigt nämlich, besonders im vergleich zum althochdeutschen
einigemale einfaches n, wo das letztere doppeltes aufweist und
wie es scheint richtiger, da das zweite aus assimilation ent-
standen scheint; so tritt das oben besprochene unvunands dem
althochd. wunna gegenüber, goth. kuni erscheint als althochd.
kunni, fani als fenni (vergl. Grimm gr. I3 123), zu sanskr. maui
stellt sich ahd. menni u. a. m. Mehrfach scheint es dafs folgen-
des i und u sich ak ) und v erst assimilirt haben und dann der alte
themavocal oder ein neuer angetreten seien. So in kinnus, ahd.
kinni verglichen mit skr. hanu, ysVv?, in ahd. dnnni und skr.
tanu, gr. raro, lat. tenuis, welchem letzteren dunni genau zu
entsprechen scheint; in manne, verglichen mit skr. manu, mensch,
scheint a hinzugetreten, während auch das nn in ahd. ntinna,
464 Kahn
minnon sich an das thema von skr. manv-e ich denke n. s. w.
anzuschliefsen scheint, dessen Vertreter im gothischen: munan
auch nur ein n zeigt, aber in den comp, nfmunnan, nfarmnnnon
doppeltes aufweist. Ebenso zeigt goth. kunnan, kann = skr. joi
kl. 9. ytm, gno die gemination, während doch man sowohl als
kann als eigentliche perf. indischen mene für mamne, jajoau,
jajne entsprechen. Doch davon sogleich. fjnyv&at pirvQoe (vgl.
yawQog; yawficu) u.s. w., minuo (nicht etwa von min-us), skr.
minoti delere fuhren auf ein thema minu, /«w, das auch die
griech. grammatiker annahmen, dessen assimilirte gestalt das goth.
minnizo, minists aufweist, während in mins das eine n geschwun-
den ist
Diese vergleichungen gewinnen um so gröfsere bedeutnng,
wenn wir die gleiche enl Wickelung vom sanskrit zum prakrit
mit zu hülfe nehmen. Denn hier erscheinen zunächst diejenigen
verbalthemen, die oben besprochen sind in einem beispiele ganz
mit derselben assimilation, wie wir sie im gothischen wahrneh-
men, indem hinnanto = skr. hinvantah sich bei Delius rad. s. r.
hi findet, woraus wir schliefsen können, dafs wenn das prakrit
verba wie die oben angeführten rnvämi u. s. w. zu sich hinüber
geführt hätte, diese nur rhnämi etc. lauten könnten ; solche finde
ich aber bis jetzt wenigstens nicht. Dagegen bilden die wurzeln
der 5ten und der 9ten klasse gleichmäfsig ihre formen von einem
stamme auf na also kuna-i = skr. krnoti; — jäna-i = jän&ti;
— cina-i = cinoti; — kina-i = krfnäti; — suna-i = tfuoti;
— huna-i = juhoti (statt eines vorauszusetzenden hunäti oder
hunoÜ); — jina-i = jinäti, jayati; — luna i = lunäti, dhu-
nai = dhunoti, dhun&ti, so dafs also hier jeder unterschied zwi-
schen den themen der 5ten und 9ten klasse aufgehoben ist, der
nur noch in einzelnen fällen, welche bei Lassen (instit. ling.
prakrit. p. 347. 348) verzeichnet sind, durchbricht Aber gerade
dies nebeneinanderstehen von so zu sagen sanskrit- und prakrit-
bildungen im prakrit läfst auch die obige form hiunanto als voll-
kommen regelrecht erscheinen, während Delius s. r. cru eine ent-
sprechende participialform sunnanto der Calcuttaer ausgäbe von
Mudr. R. (11.8) nach Lassen's Vorgang ausgemärzt und dafür
sunanto gesetzt hat. Beide haben ihre volle berechtigung und
genaue kritik der handschriften wird wie ich glanbe, noch an-
dere formen der art zu tage bringen. Denn im übrigen ist die
doppelte nasalis nn = nv vollkommen regelrecht, wie sie z. b.
über die durch nasale erweiterten yerbalstämme. 465
die formen von skr. 'anveshati (= anvishyati) zeigen, welche
aimesami, annesadi anriesamha a. s. w. lauten (Delius rad. s. r.
ish); ebenso tritt sie auch in karina = kanva, rumannado = ru-
manvatah (Lassen inst. p. 246) für nv auf. Wenn nun in ande-
ren fallen, namentlich in häufig wiederkehrenden Wörtern, ein-
facher nasal steht, so tritt hier ganz dies schwanken ein, was
wir auch im gofhischen beobachteten. So sind evam nedam =
evam nv etat, nam (nicht, blofs vor consonanten, sondern auch
vor vocalen) = nanu (nanv) solche beispiele und wenn man
auch im erften den ausfall des einen nasals aus dem vorangehen-
den anusvära(m) zu erklären hat (vgl. samnä == samjna Lass. p.
244), so läfst sich doch für den zweiten derartiges nicht anfüh-
ren (m. vgl. z. b. £ak. Boehtl. p. 4. nam ajjamissehim = nanv
äryamicraih). Dazu gesellen sich die fälle, wo rui durch assimi-
lation aus )n entsteht, wie sie sich namentlich bei der w. jnä
häufig zeigen, z. b. vinnabemi = vijnapayami, viimadum = vijiia-
tum u. s. w. (ebenso bei r&jan, gen. ranno = räjnah u. a.); bei
dieser tritt nach ausdrucklicher Vorschrift der grammatiker nach
dem prafix & einfaches n ein (doch steht bei Boehtlingk Qakunt.
23. 2 annä = äjnä durch die handschriften geschützt, die sämmt-
lich im haben und nur. in der länge oder kürze des vocals schwan-
ken), was nichts als ein Vorspiel zu unserer orthographischen ge-
wöhne ei t ist, vocalkürze durch doppelconsonanten auszudrücken,
dagegen bei vocailänge nur einfache zu dulden. Diese assimila-
tion von jn zu nn führt uns denn zu einem der oben bespro-
chenen Wörter zurück, nämlich zu goth. kann; es ist dies be-
kanntlich ein starkes präteritum und wenn wir aus skr. jajnaü
(aktiv), jajne (med.) eine prakritform bilden wollten [denn aus
diesem dialect ist das reduplicirte perfect verschwunden] so würde
sie jann[o?], jann[i?] lauten; ist daher die gothische gemination
wie anzunehmen eine organische, so lehnt sich kann unmittelbar
an diese prakritform an. So würde auch nach analogie von tat-
nire statt des späteren tenire ein mamne für späteres mene der
wurzel man vorauszusetzen sein, dies mamne würde aber nach
analogie von pajjunna = pradyumna (Var. 3. 44. Lass. inst. p.
245; dafs im sütra mna st. §na zu lesen sei, bestätigt Höfer ztschr.
f. sprachw. 11.476) im pr&krit mannp?] lauten, dem goih. man
also ebenfalls ein doppeltes n zukommen, was sich in munnan,
mannen zeigte, während ahd. minna, minnön auf pr. manne =
skr. manye zurückgehen werden, doch könnten pr. manne u. 8. w.
U. 6. . 30
466 Kahn
auch aus manve u. 8. w. entstanden sein; in betreff dieser wür-
zet möge noch erwähnt werden , dafs Vararnci (8. 22. bei Dclios
8. 4.) die regel giebt, dafs statt der w. jna die themen Jana und
raana auftreten, demnach die präs. jana-i, muna-i lauten = skr.
jänäti, manute(?). Dies muna-i ist ja nun ganz das gothische
munan nach der zweiten conjugation, nur dafs wahrend im goth.
der themavocal ganz regelmäfsig, er im prakrit unregelmäfsig ist
und a lauten mufsle. Ich will über diesen Wechsel hier keioe
vermuthungen aufstellen, sondern begnüge mich mit der erwäh-
nung der thatsache; diese wie die vorher besprochenen ersehet-
nungen bei der gemination mögen zu weiterer beachtung an-
regen*.
Kehren wir nun zu der frage zurück, welcher Ursache die
nasale Stammerweiterung, besonders der öten und 9ten klasse der
sanskritverba und der ihnen entsprechenden in den. verwandten
sprachen ihren Ursprung verdankt, so werden wir nach den be-
reits gegebenen hinweisen anerkennen müssen, das mehrfach das
thema, aus welchem die specialtempora gebildet werden zugleich
als zur nominalbildung verwandt auftrete und zwar, dafs neben
den so gebildeten stammen der fünften klasse adjeetivstämme auf
nu, neben denen der neunten partieipia prät. pass. oder auch
gleichgebildete substantiva und ad jeetiva herlaufen So stehen:
1) bildungen mit nu:
skr. minoti, lat. minuo neben pirv, goth. minn- lat. min-or;
skr. sinäti, sinoti neben ahd. sinwa, sinewa;
skr. vanoti, goth. vinnan, gr. yawfAOu neben skr. vano. gr.
yaw9 yaw-Qog; skr. vanus neben yavvnaoficu^ yawc\ia\
skr. sanomi, ahd. stnnan neben skr. sänu, snu, nhd. senne,
lat. sinus. Das lange ä verhält sich zu dem kurzen der würzet
wie skr. janu zu yow nnd w. jan, yev, gen, kin und wie die
länge von kirna, pürna jürna u. s. w. zu kirami, priiami, jpiämi;
skr. dhrshnomi neben dhrshnu (dem auch strenu-us gleich
ist für stresnu-us) und &Qaavg9 welches das n des suffixes auf-
gegeben hat;
skr. daghnoti eilen neben tayyg, gleichfalls mit Verlust des
n. Zu dieser wurzel gehört auch ndd. dacken (vgl. oben s. 83);
skr. tanomi, tawm neben skr. tanu, rarv, lat tenu-is, nhd.
dunn-i;
skr. manve, manute [ahd. minnan, goth. man, munan — mun-
nan?] neben, sanskr. manu mensch, der denkende, goth. man,
über die durch nasale erweiterten verbalstämme. 467
manna, und bei vergleichung von skr. vana = vanus auch skr.
Man us = dem Mannas des Tacitus;
lat. arctrvm = larr^ii neben skr. sthänu fest, standhaft. Dies
letztere scheint seinerseits mit dem von den gramm. überlieferten
sthäsnu Pa. 3. 2. 139. identisch zu sein, worauf das cerebrale n
hinweist;
skr. trpnomi neben gr. isqnvog und skr. dabhnomi vernich-
ten und brennen, neben lat. damnum nnd zend. tafnu brennend;
bildungen mit na:
skr. skabhnäti (und skabhnoti) neben lat. scamnum, das fest-
gestellte, feststehende und so: bank, schemel, tritt. Dafs scab
die -wnrzel sei beweist das diminutiv scabellum (vergl. Benary
lautlehre s. 227);
skr. stabhnäti (und stabhnoti) neben nhd. stamm, welches
aus stabn wie stimma aus goth. stibna entstand, vgl. Grimm über
diphlh. s. 50;
skr. 3. sg. prnati, 3 pl. prnanti, lat. plenunt neben skr. pürna,
plenus, falls;
skr. xinäti (und xinoti), griech. y&t'vu neben ptc. xtna. Die
nebenform op&ico verhält sich zu xayämi wie ri<a : cayämi; mit
ganz anderem, aber ursprünglicherem anlaut stellt sich xinoti
neben xiiwpi, xtivwfii (vgl. über die doppelung des v oben s.
391. und über diese Zusammenstellung Benfey gr. wl. I. 178.),
beide mit der transitiven bedeutung vernichten, tödten, während
das ptc. xina fast nur die intransitive geschwunden, schwach u.
s. w. hat. Die richtigkeit von Benfey's vergleichung mit (p&ivw,
ungeachtet der seltsamen lautwandlung, beweist mir das in den
Veden häufige axita unvergänglich neben aq>&irog9 so wie xiti f.
schwinden, Vergänglichkeit neben griech. cp&ioig, so z. b. im
comp, axiti cravas (R. 1. 40. 4.) der Vergänglichkeit nicht unter-
worfener rühm, wofür auch eben so gut axitarii erävas stehen
könnte, das genau das homerische acp&itov xkiog (11. 9. 413) wäre;
striiäti (neben stmoti), aTOQwpi, sterno neben skr. pte. stirna,
ahd. stirna;
goth. fraihnan, umbr. persni — neben skr. pra^na;
skr. budhnäti (vedisch erwecken), nvv&dvw neben skr- bu-
dUna boden, so dafs nvv&dvco eigentlich ergründen, auf den grund
einer sache kommen, budhnäti dagegen auf den boden, auf die
beine bringen ist;
skr. linami, goth. linnan neben skr. ptc lina;
30*
468 Kahn
griech. ni(ffliu neben skr. kirua aasgegossen, ergossen, be-
deckt, erfüllt von w. kr (pris. kirihni) ergiefsen, schatten, stresen
gr. xQ^wtjfAt neben x^m>V;
präkr. nimmaua-i (Var. 8. 33) neben skr. nirmsna.
Von diesen Zusammenstellungen mag man vielleicht hier oih!
da die eine oder die andere anfechten, im ganzen wird sich dw
thatsache nicht bestreiten lassen, dafs gleichgebildete verbal- und
adjectivstfimme resp. substantivsttmme neben einander herlaufen
und es entsteht nun die frage: welche sind die zuerst von der
spräche gebildeten? Waren es die adjektivischen und haben dies*
erst neue verbalstamme aas sich hervorgehen lassen, oder war
es umgekehrt, dafs die losgetrennten verbalstSmme adjectiva wur-
den? Ich entscheide mich für die erste alternative.
Cartius hat in dieser Zeitschrift I. 2S9ff. eine treffliehe an-
sieht über die bedeutung der Verstärkungen im prisensstamme
entwickelt, deren Hauptinhalt sich kurz dahin fassen lafsU dafs
diese Verstärkungen zur bezeichnung der dauernden (oder wie
er es bezeichnet schwellenden) im gegensatz zur momentanen
handlung dienen. Diese dauer der handlang drückt aber grade
der adjecüv- and participialbegrilT aus; der adjeetivbegriff ist in
betreff der zeit ein unbegränzter- und der des partieips ist es beim
prfiteritum and futurum immer nar in bezug auf die gegen wart,
beim präsens allerdings in bezug auf beide, allein die gegenwart
kann oft bis in eine unendliche Zukunft ausgedehnt werden und
so sind diese begriffe denn auch treulich geeignet eine -solche
daaer, ein solches anschwellen der handlung auszudrucken« so-
bald sie za verbalthemen werden. Sie werden in diesem falle,
je nach dem grandbegriff der würzet entweder transitiva oder in-
transitiva, ohne dafs sie doch absolut nur nach einer seite der be-
deutung sich wenden durften. Ob dies aber gleich von anfang an
so gewesen sei, ist eine andere frage und ihre beantworlung
scheint jetzt kaum noch möglich, denn wenn es auch den an-
schein hat, als wenn die von adjeetivis auf nu abgeleiteten ver-
balstämme mehr zur intransitiven, dagegen die von stammen auf
na abgeleiteten sich mehr zur transitiven bedeutung neigen, so
zeigt doch schon das nebeneinanderstehen beider Bildungen mit
gleicher bedeutuug bei denselben wurzeln, dafs ein solcher unter-
schied, wenn er wirklich bestand, frühzeitig verwischt sein müsse.
Nach dem vorliegenden material ist es jedenfalls nur die dauer,
sei -es einer transitiven, sei es einer intransitiven handlung, welche
aber die durch nasale erweiterten verbalstümme. 469
durch diese stamme ausgedrückt wird und wenn noch ein zwei-
fei über die ableitung derselben von adjeetiven sein könnte, so
wird er durch einige griechische stamme, welche neben den be-
reits besprochenen stehen vollends gehoben! Wenn nämlich ne-
ben oroQwpi, azQwvwfii noch ein <5toqivw\ia, neben xiQrtjfu noch
ein xeQavwtu, neben xQijpvrjfii noch ein xQ€fidvwfiiy neben axid-
vi] fx noch ein Gxeddwvfit', neben mrvijfii .ein ntjdvw^iy denen
sieb noch xoQsvwfii zugesellt, stehen, deren zweisilbiger auf a
ausgehender stamm (wie der bewahrte kurze vocal des futuri
sowie aa beweist) auch in die tempora gener. übergeht, so haben
wir den deutlichsten beweis, dafs es sich hier nicht mehr um ab-
ieil ungen von einsilbigen verbal wurzeln handelt, sondern dafs hier
bereits uominalableitungen vorliegen, wie sie wenigstens bei xs-
QcirrvfAt von xiqav bereits von Eustathius angenommen wurde
und keinem zweifei unterliegen kann; das <r der generaltempora
beweist, dafs wir die präsensstämme mit -avv anzusetzen haben,
und dafs das doppelte vv aus assimilation entstand wie bei den
äolischen OQwrog u. s. w. (vergl. oben 8. 262.). Diese stamme,
welche demnach <jt ogearv, xeQaow, xq^aew, axedaaw, neraow,
xOQeerv gelautet haben müssen, entsprechen nun den indischen
auf snu, shnu, ishnu wie jishnu, vishnu, deshnu, geshnu, dhära-
yishtiu, bhavishnu, karishna, janishi)u, palishnu, carishtiu u. s. w.
(Pän. 3 2. 136—138. Un. 3. 16), neben denen ich auch eins auf
asnu (vrdhasuu R. 4. 2. 3.) nachweisen kann; an die ersteren
schliefsen sich Giogearv, xogearv an das letztere xgepaerv, axe-
daaw an, während es ; hei xegaarv noch zweifelhaft bleiben mag,
ob es unmittelbar aus xigag-, xeqclt mittelst des affixes rv oder
aus der w. x££, skr. kir (kr) durch asnu abgeleitet sei, wobei
namentlich die erwägung bleibt, ob xegaarv nicht vielleicht gleich-
bedeutend war mit cornu und goth. haurn (wohl aus harnu),
welche (nur mit dem einfachen affix nu) aus derselben wurzel
stammen, (vgl. Grimm gesch. d. d. spr. p. 399,).
Werfen wir nach diesen resultaten noch einmal einen blick
auf alle durch nasale erweiterten stamme in betreif ihrer form,
so scheint sich herauszustellen, dafs die erweiterung der wnrzeln
durch die silben nu und na der anfang einer neuen bildung der
specialtempora war, und dafs dann durch übertreten des nasals aus
der bildungsendung in die wurzel neue stamme entstanden, in de-
nen der nasal nun allerdings nur noch eine symbolische bezeichnung
der dauernden handlung behielt; in diesem verhältnifff stehen %. b. :
470 Kulm
skr. bhanajmi, hhanjmas, lat. franko, frangimus zu Qtjprfu:
skr. chinadini, chindmas, latein. scindo, scindimos so <xxi«
lat. pango tu fr^rvpi;
skr. yunajmi, yunjmas, lat. jungo juugimus zu ^evyrvfax
skr. dacati, fut. dauxyaü, prak. dansadi, vcd. adj. daoxnu
zu ddxr<o;
skr. vrnakti, goth. vriggan zu atQyrvpi.
Daf8 dieses der gang der entwickelung sei, dafür spricht die
form dieser ▼erballhemen im prakrit, wo dieselben meist den na-
sal in die wurzel aufgenommen haben, also z. b. badhoämi.
trpnomi — bandhämi, thimpäni bilden, gerade wie auch im eo
tbischen binda dasselbe geschehen ist.
Dafs aber zur Bezeichnung der dauernden handlung diese
nasalirong nicht allein verwandt worden sei, sondern nachdem
sie durchgedrungen auch ein ander lautliches mittel, die vocal-
verstärkung, angewandt sei und aufser ihr auch noch die redu-
plication, welche Wiederholung und intensität des wurzelbegrifls
bezeichnet, hatte Curtius (I, s. 262. 263.) ebenfalls bereits richtig
erkannt, und so kann es denn nicht auffallen, dafs wir bei den-
selben wurzeln verschiedene dieser mittel in den geschwisterspra-
chen angewandt finden. So stehen sich z. b.
skr. bhinadmi, lat. findo, goth. bei tan;
skr. chinadmi, lat. scindo, goth. skaidan;
skr. juliomi, präkr. hunftmi, griech. (geva) £&»;
skr. ved. dideshti, altlat. deico, gr. oWxwfti, goth. teihau; '
skr. rinakti, lat. linquo, gr. leinen, lipnavco, goth. leiban;
skr. stighnnte, goth. steigan;
skr. cinoti, cayati, griech. %iw\ki> goth. faian ,
zur seite, derer nicht zu gedenken, die in den einzelnen sprachen
bereits neben einander entwickelt sind, wie yevyco, yvyyario,
igevyoficu, tQvyydrco, trpnomi, trmpati u. s. w. ,
Wird auf diese weise die von Curtius in seiner lehre von
der bildung der tempora und modi entwickelte ansieht, dafs alle
diese erscheinungen nur auf einer lautlichen grundlage ruhten,
aufgehoben, so könnte nur noch die frage bleiben, wie die dort i
ebenfalls in den kreis dieser bildungen hineingezogene präsensver-
stärkungen der griechischen verba durch r zu erklären seien. Und ,
da bietet sich wie ich glaube die antwort von selbst dar; denn j
sahen wir die partieipien auf na neue verbalst&mme für die spe-
über die durch nasale erweiterten verbalstSmroe. 471
cialtcmpora bilden, so werden wir ein gleiches den partieipiis
auf ta einräumen und in der that stellen sich auf diese weise:
skr. dabhnoti, gr. fronro);
skr. grbhnäti, gr. xA/otm;
skr. nenekti, gr. viftrw;
skr. topati, tumpati, gr. tvtfko
neben einander, denen sich noch ein paar andere anreihen liefsen
bei denen es aber ausfuhrlicherer auseinandersetzungen bedurfte,
die uns hier zu weit fuhren würden. In der hauptsache glaube
icb ist in den bis hierher geführten Untersuchungen das richtige
getroffen, im einzelnen wird sich noch manches bessern und na-
mentlich in betreff des begrifflichen, wo ich Curtius' treffliche
anstellten überall für zutreffend halte, durch, genauere prüfnng
der vedischen verbalstämme manches noch klarer und sicherer,
als es hier geschehen ist, feststellen lassen.
A. Kuhn.
Ueber zwei lateinische prHpositionen.
Wenn sich die formen und bedeutungen der verschiedenen
Präpositionen und präfixe in den indogermanischen sprachen, ab-
gesehen von den gewöhnlichen lautverfinderungen> denen sie in
jeder einzelnen spräche nach deren gesetzen unterworfen waren,
im allgemeinen übereinstimmend erhalten haben, so dafs man
leicht die geschwister herauserkennt, so giebt es doch in allen
sprachen auch einige, bei denen dies nicht der fall ist und
die man deshalb auf die verschiedenste weise mit solchen der
übrigen sprachen zusammenzustellen versucht hat. Dies gilt
namentlich von einigen lateinischen präpositionen, die sich auf
den ersten anblick jeder vergleichung mit indischen, griechischen
oder deutschen zu entziehen scheinen und zwar nicht sowohl
wegen der bedeutuug, die eine durchaus feste und bestimmte ist,
als wegen der form, die bald anlehnung an diese, bald an jene
der verwandten sprachen zu erlauben schien. Wir wollen des
halb hier ein paar derselben näher betrachten und wenden uns
zunächst zu:
1) prae.
Pott erklärt diese präposition (elymol. forsch. IL 175) für
einen weiblichen locativ von pra, lat. pro, wie Komae (zu Rom)
472 Kahn
and hält die Ähnlichkeit mit xarai, dnai, diou o. 8. w. für mehr
scheinbar als wirklich entsprechend, nimmt jedoch die letztere
ansieht (ibid. 251) zurück, indem er diese Wörter als formell
gleiche bildangen mit prae ansieht. Gegen diese vermnthung
würde sich lautlich und begrifflich nur wenig einwenden lassen,
da das in der form und bedeutung sehr nahe stehende pro, skr.
pra den a-laut als ursprünglichen zeigt, allein das hauptbedenken
beruht darauf, dafs eine solche weibliche form fast ganz ohne
analogie stände, da das -cu in den genannten griech. Wörtern
jedenfalls auf andre weise zu erklären sein wird. Eine zweite
erklärung des Wortes liefert Benary (lautlehre p. 57. 58), indem
er es auf skr. prati zurückführt und die lateinische form, durch
ausfall des t und contraction der vocale erklärt, wie das präkrit
ähnliche erscheinungen zeigt und analogieen zu denselben sich
auch im lateinischen finden. Nach dieser erklärung wurde dem-
nach prae sich von präkr. pa-i nur durch bewahrung des r und
contraction der vöcale unterscheiden. Allein die bedeutung von
prati gegen, zu, hin, im vergleich zu, wegen, bietet, abgesehen
von den auch nicht ganz analogen erscheinupgen in dem für die
vergleich ungen angeführten lautverhällnissen, doch zu grofse Ver-
schiedenheit, als dafs man sich bei dieser Zusammenstellung be-
ruhigen dürfte. Diese bedenken haben denn, wie es scheint auch
Bopp (vgl. gr. p. 1480) bestimmt, sich picht mit voller entschie-
denhe.it für diese vergleichung auszusprechen, sondern sie nur als
eine vielleicht richtige zu bezeichnen. Eine dritte ansieht • end-
lich ist die von Aufrecht (umbr. denkm. I. 155) ausgesprochene,
der die aus ausfall des t und der bedeutung fliefsenden bedenken
über die Benary'sche erklärung theilend, sich der Pott'schen aüf-
fassung nähert, indem er in prae* einen locativ der a-declination
sieht und es auf Wurzel pf in der bedeutung transgredi entste-
hen läfst, «so dafs der begriff vor von dem "übersteigen, drüber-
hinausgehn' abgeleitet wäre.» In betreff dieser ableitung stutzt
er sich namentlich anf skr. paras, welches den begriff « dar über
hinaas, jenseits, fort» hat. Aber wenn auch hier die form in
der ableitung von einem vorauszusetzenden. prä f., als loc. prae,
eben kein bedenken erregen würde, so thut dies doch die bedeu-
tung, die zwar für die bezeichnung des Vorzuges genügen würde,
wie sich in prae ceteris, praestare, praecello u. s. w.- zeigt, aber ge-
rade mit der sinnlichen und doch daher wohl ursprünglichen von
«vor, vorn, voran» schwer zu vereinigen ist.
Über zwei lat prlpositionen. 473
Ich glaube daher, dafs prae auf keine der besprochenen arten
zu erklären sei, sondern dem skr. pur** entspreche. Betrachten
wir zunächst die laute, so ist der austofs des kurzen u von einer
liqoida bei folgendem akut gerade so erklärlich wie der des i
von tiras im lat. trans, denn dafs diese beiden Wörter identisch
seien, scheint mir keinem Zweifel zu unterliegen nach dem was
ich in früheren aufsätzen über die skr. neutra auf as als ursprüng-
liche participialformen gesagt habe; trans ist nämlich das regel-
rechte participium des nur noch in compositis erhaltenen verbi
-trare (pene-trare, in-trare), skr. tirämi, und tiras verhält sich
zum partic. tarat, ved. auch tirat wie tapas zu tapat, sadas zu
sadat u. s. w.; trans mare, tirah samudram heifsen daher wörtlich:
überschreitend das meer, d. i. über das meer. Diese ansieht hat
in betreff von tiris auch Benfey in seiner sanskritgramm. (s. 311
not. 1.) ausgesprochen. Somit erklärt «ich der ausfall des u in
puras zur genüge. In betreff des wandeis von as zu ae dürfen
wir uns aber nicht auf den speciell lateinischen Standpunkt stel-
len, auf dem allerdings nur ehemaligem äs späteres ae (familiäs,
familiae ü. s. w.) zur seile steht, sondern wir müssen den Über-
gang von s zu- i * auch schon zu der zeit annehmen, wo das alte
a noch nicht wie gewöbnlich zu e, o oder u geschwächt war.
Ob dies noch auf römischem boden gehaftet und hier erst das s
in i übergetreten sei (wie Ritschi. neuerdings beispiele vom nom.
plar. der 2ten decHnalioii auf eis, es st. i in populeis u. s. w.
vgl. oben s. 379 nachgewiesen hat) mag dahin gestellt bleiben.
Dafs übrigens dieser Übergang von s zu i ein in der natur des
Zischlauts begründeter sei, zeigen die zahlreichen Übergänge von
sanskritischen genitiven auf äs in ai in den brähmana's, welche
demnach mit den dativen übereinstimmen, so dafs auch wohl die
dative anf e aus ursprünglichen genitiven aus as stammen. Dem-
nach mag es denn auch als eine wohl zulässige annähme erschei-
nen, dafs das ae von prae aus altem pras für puras hervorge-
gangen sei.
Gehen wir -nun zur vergleichung der bedeutung beider prä-
positionen über, so stimmen sie zunächst in der räumlichen ge-
nau zu einander, denn auch puras heifst vor, vorn und wird in
dieser bedeutung mit verschiedenen casibus (gen. loc. auch wie
prae mit dem ablativ) verbunden. Hier einige beispiele: Sä. II.
b. 1. 10. 3 preddho agne didihi puro nah: entflammt, o Agni,'
strahle vor unsern äugen; Sä. IL 6. 1. 11. 1. fiyam gaur preoir
474 Kahn
akramid asadan m&taram parah, es schritt der strahlende slicr
herbei, vor die matter setzte er sich; R. 3. 53 23 (vgl. Roth zur
lit. und gesch. des ,Weda s. 106) na gardabhani puro aevän na-
yanti, nicht spannt man den esel vor das pferd; R. 5. 28. 2. vic-
varik sa dhatte dravinam yam invasi atithyam Agne ni ca dhatta
it parah jegliches gut hat der, welchem du nahst, der, o Agni,
das gastgeschenk vor dich hinstellt. R. 2. 41. 11. Indrac ca mrla-
yäli no na nah paccad aghani nacat | bhadram bhaväti nah parah,
Indra möge uns gnfidig sein, nicht möge die sunde nns hinter-
rücks erreichen, vor uns möge das heil sein; R. 1. 163. 3. esba
chagah puro aevena niyate, dieser bock wird vor dem rosse ein-
hergeführt; R. 1. 129. 9. patha anehasä puroydhi araxasa gehe auf
reinem pfade, auf dämonenfreiem, voran. In dieser räumlichen
bedeutung stimmt demnach prae vollkommen, wie z. b. villa a
tergo potius quam prae se flumen habet; prae se agcre armen-
tum; i prae, seqaar u. a. zeigen. Das letzte beispiel schliefst sich
eng an obiges puroyahi an, ebenso wie im drittletzten beispiel
pac,cat und puras sich gerade so entgegenstehen wie pone nnd
prae, umbr. pus und pre (vgl. pus veres Treplanes und pre ve-
res Treplanes, umbr. denkm. I. s. 155). — In der Übertragenen be-
deutung dient dann puras wie prae zur bezeichnung des Vorzu-
ges vor anderen, so Sa. I. 5. 5. 2. 4. vievasya pra stobha purah
vor allen sei gepriesen; R. 1. 102. 9.*scmam krnotu prasave rathani
purah er mache nnsern wagen hervorragend im kämpf; R. 6.
10. 1. puro vo mandram Agnim adhvare dadidhvanl stellt voran
(ehrt vor allen) den erfreuenden Agni beim opfer R. 1. 131. 1.
Indram vieve dev&so dadhire purah, den Indra haben alte götter
an die spitze gestellt; R. 1. 139. 1. puro Agnim dhiya dadbe, vor
allen ehre ich den Agni mit gebet u. s. w.
Diese Übereinstimmung wird noch durch einige composila
erhöht, die das lateinische mit dem sanskrit gemein hat; wenn
wir vorher schon sahen, dafs puro yähi sich eng an i prae an-
schlofs, so stimmt nun pura-efr (stamm -tar) genau zu praetor,
welches aus praeitor contrahirt sein mufs; in der bedeutung sind
beide vollkommen identisch, man vergleiche z. b. R. 7. 33. 6.
(bei Roth z. gesch. s. 88) abhavacca pura-eta VaBishthah, vor-
kämpfer wurde Vasishtha und R. 3. II. 5. adäbhyah pura-eta
vicäm Agnir manushinäm, Agni ist der unverletzliche fuhrer der
nienschengeschlechter. — Ein zweites compositum ist purahsad,
welches ich nur in drei stellen nachweisen kann, von denen die
über zwei lat. prSpositionen. 475
erste und zweite fast zusammenfallen: R. 1. 73.3. devo na yah
prthivim vicvadhäyä up'axeti hilamitro na räjä | purahsadah car-
masado na vira anavadyä patijushteva näri, der wie der all er-
halten de gott auf der erde weilt, wie ein geliebter fürst, wie
schätzende, das haus bewachende männer, wie ein tadelloses vom
gatten geliebtes weih. — R. 3. 55. 21. imam ca nah prthivim vic-
vadhäyä opaxeti hitamilro na räjä | purahsadah carmasado na vi-
rah, auf dieser nnsrcr erde weilt der allerhaltende u. s. w. Ob die
hier für parahsad angenommene bedeutnng die richtige sei, will
ich noch dahin gestellt sein lassen, da Säyana es wenigstens an
an der ersten stelle durch purastäd sidantah d. h. vor ihm sitzend
erklärt; jedenfalls hat es dann mit praeses die ursprüngliche
bedeutnng, vor etwas sitzend, gemein, die sich auch an einer drit-
ten stelle Vaj. Sanh. 9. 35. 36. zeigt, wo die agnineträ deväh pu-
rahsadah die vom Agni geführten im osten weilenden götter sind,
indem der osten stets als die vorn, d. h. die vor den äugen des
betenden, opfernden befindliche weltgegend erscheint. Endlich
zeigt paras sich noch in einer dritten Verbindung übereinstimmend
mit dem lateinischen, nfimlich in purahsat, lat. praesens; R. 5.
29. 5. yat Süryasya haritah patantih purah satir uparä Etace kah
als du des Surya geflügelte goldene rosse, die vornbefindlichen,
hinter den Etaca gebracht. Auch hier ergiebt sich die Überein-
stimmung mit dem lateinischen (in welchem die ursprüngliche
bedeutnng von praesum ja auch «vorn sein» i$t) noch aus con-
stractionen wie praeessc in urbe, provincia in qua tu praefuisti,
eo loco praeerat, in Bruttiis praeerat u. s. w. und wenn das par-
tieipium auch nicht gerade diese seile der örtlichen bedeutung,
nach welcher das wort den gegensatz des vorn zum hinten aus-
drückt, bewahrt hat, so ist doch die andre, welche nur das un-
mittelbar vor äugen befindliche in räum und zeit auffafst durch
Wendungen wie praesens ades, praesens certamen, praesens pecu-
nia u. s. w. hinreichend vertreten.
Diese vergleichungen machen, wie ich glaube, die Zusammen-
stellung von prae und puras ziemlich unzweifelhaft und ich wende
mich nun zu einer zweiten präposition oder vielmehr zu dem
präfix :
2) re — , red — .
Die bedeutung desselben ist klar und wenn sie auch man-
nigfache schattirungen zulfifst, so laufen sie doch alle auf den
begriff 'zurück und wieder hinaus. Pott sagt (et. forsch. II. 156),
476 Kulm
dafs ihm eine parallele zu diesem präfix ia keiner sanskritsprache
aufgestofsen sei, aniser im ossetischen ra- (wieder), welches dann
auch der vermutkung in den weg trete, als sei re- ans skr. pari
(zurück) durch aphärese verderbt; Bopp dagegen (vgl. gr. s. 1482)
findet eine vergleiohung mit dem letztgenannten präfix zulassig
und erklärt das d einiger composita als euphonisch wie bei pro.
Ein derartiger euphonischer einschub ist mir indessen bedenklich;
.auch bei pro wird das d andere gründe haben, besonders ziehe
man auch die häufige Verlängerung des vocals in betracht. Dafs
das d von r nicht euphonisch sein könne, scheint mir schon klar
aus rettuli, repperi, relligio u. s. w. hervorzugehen, die offenbar
aus assimilation eines vorangehenden d entstanden sind, weshalb
sich noch zuweilen die länge im e als ersatz des später ausgefal-
lenen consonanten zeigt. Ich glaube daher, dafs red-, re- zu
skr. prati zu stellen sei, welches die bedeutung 'gegen, hin,. zu-
rück, wieder' hat.
Was zunächst die form betrifft, so ist zu -bemerken, dafs
mehrere zweisilbige präpositionen im latein. nicht allein einsilbig
geworden sind, sondern auch eine inlautende einfache tenuis zwi-
schen vocalen in die media verwandelt haben, man vgl. skr. ali
über, prakr. adi mit lat. ad, ar umbr. ar (umbr. denkm. I. 153);
skr. apa, pr. aba, lat. ab; skr. upa, umbr. up, lat. ob und vno mit
sub, so dafs also die media d für t kein bedenken hat ; rücksicht-
lich des abgeworfenen i stellt sich red grade so zu prati, wie
per zu pari und es bleibt demnach nur die aphärese des p im
anlaut zu besprechen. Dafs auch diese im lateinischen vor liqui-
den vorkommt zeigen skr. plihan inilz, lat. lien; skr. prthu (st.
prath), gr. nlavvg, lat. latus; das wie ich glaube mit recht zu
skr. preh fragen gestellte rogo, man vgl. namentlich ahd. forscon
und fragen, ahd. frosc, epgl. frog mit lat. posco, umbr. persni;
endlich skr. präsiti faden, band, schlinge (Roth zu Nir. <>. 12) mit
lat restis, denen, sich noch einige andere anreihen liefsen, bei
welchen es weiterer auseinandersetzungen bedurfte. Namentlich
das letzte ist aber entscheidend, denn präsiti (st. prasi, »uff. ti)
verhält sich gerade so zu res-ti wie prati zu red.
Was nun aber die bedeutung betrifft, so ist allerdings nur
eine seite derselben durch das lat. red ausgedruckt» nämlich das
zurück, welches ja mit dem wieder zusammenfällt, indem beide
eine nach einem punkte gerichtete thätigkeit auf derselben linie
nur in umgekehrter richtung verlaufend darstellen;* die andere
aber zwei lat präpositionen. 477
bedeutong von prati und gerade die ursprüngliche (weil vom
subjecte aasgehend) von 'gegen, hin' hat dasselbe nicht, wie
ich glaube auch nie als red gehabt, da sie sich in einer andern
form für prati in pol-, pos, por umbr. pnr, griech. nqog, nqotij
xoti (polliceor, possideo, porrigo, pollex, pollingo, polluceo,
polluo, porricio, porrigo) erhalten hat. Da auch hier die be-
deutong sowie die Übereinstimmung mit den angefahrten ver-
wandten klar ist, so bedarf nur das lautverhällnifs noch eini-
ger worte. Oben sind schon posco und rogo zusammengestellt;
daraas ergiebt sich mit den dort genannten fällen eine, wenn
auch nur seltene, doch nicht abzuleugnende abneigung des älte-
ren lateinischen (man vergl. auch präk. padi = prati, dor. noti)
gegen anlautendes pr, welches im zend immer m fr übergegan-
gen ist; dieselbe tritt auch ganz klar in pius, umbr. peho, piho
im verhäitnifs zu skr. priya lieb auf, und findet nm so mehr ihre
erklfirung als die zunächst zu erwartende form prad ein solches
d gehabt haben wird, was dem r sehr nahe lag, denn wie ar
neben ad zeigt sich auch por neben pol u. s. w. in portendo,
porricio, wo es nicht aus assimilation mit folgd. r entstanden ist,
so dafs die aufeinanderfolge ähnlicher wo nicht gleicher conso-
nanten die abneigung hervorgerufen haben wird.
So hat denn das lateinische aus jener einen präposition prati
zwei gebildet und zwar wie es scheint aus einer abneigung ge-
gen bestimmte laute im anlaut, der die lebendige, noch durch
keine schritt gefesselte spräche aller zeit bald durch bewahrung
des einen, bald des andern der beiden anlautsconsonanten zu ent-
gehen suchte: die Spaltung der begriffe kann natürlich erst nach
fester .sonderung der formen statt gefunden haben, scheint aber
nach dem geringen umfang, den die composita mit pol u. s. w.
haben in bezng auf dieses nicht recht durchgedrungen, sondern
bald in anderen präpositionen ersatz gefunden zu haben.
A. Kuhn.
II. JQjgcellen.
Frigg, Fiörgyn und rodor.
Man hat für die nordischen götternamen: Frigg und Fiörgyn
vielfach unter den noch in deutschen sprachen erhaltenen wur-
478 miscellen.
zeln anlehnungen gesacht — alle sehr zweifelhaft, zum thcil nar
unter anaahme sehr gewaltsamer lauten t Wickelungen möglich und
auf sehr wankenden analogieen ruhend. Offenbar sind beide na-
men aas früheren zustanden der spräche stehen gebliebene, aber
in ihrer äufseren form richtig weiter verschobene noniina pro-
pria, die auch einst einen sprachlichen sinn ausdruckten , aber
aus deutschen mundarten nicht mehr erklärbar sind. Die iden-
titfit von Fiörgyn und Perkunas hätte das schon zeigen müssen.
Frigg ist offenbar das sanskr. Pricni d. h. wohl weniger «die
strahlende, glänzende» als: «die besprengerin, die begiefserin. »
Fiörgyn ist das skr. Parjanya, d. h. wohl: «der das mischen,
das mengen veranlassende» von parjay, dem cansativum von pr 1 j
(spargere, miscere, con jüngere). Prigni oder Frigg ist Rudra's
(des nachherigen Qiva) gemahlin, die personificirte regen wölke,
die mutter (wie Rudra der vater) der Marulas, der winde. Par-
janya oder Fiörgyn ist das personificirte gewitter, der leiffer
der wolkenmischung und des tumultes im gewitler. Rudra
selbst, der fürst und vater der himmelswinde, hat seinen namen
vom stamme rud (ahd. riozan) weinen — das weinen des him-
mels aber ist das regnen. Er ist der gnädige spender des regens
ursprünglich, der wölken- und windeherr — aber als sich sein
wescn ans einem natnrgott mehr zu einem sittlichen gotte ent-
wickelte, und er nunmehr hauptsächlich unter dem namen £iva
verehrt ward, mochte auch der alte name Rudra geläufiger als:
weinenerreger, wehklagen veranlasser gefafst werden, so dafs es
bequem durch: «der fürchterliche» übertragen werden kann. Ge-
rade wie das angelsächsische wort döhtor (tochter) anverschoben
stehen geblieben ist, während sich der stamm, zu dem es gehört,
lebendig aus skr. duh in ags. teöhan (ziohan) verschoben hat
— ist neben dem angelsächsisch in reo tan, althochd. in riozan
verschobenen skr. stamme rud — der name Rudra unterscho-
ben stehen geblieben im ags. rodor, einer bezeichnuug des him-
mels, die aus dem gebrauchten schätze deutscher rede auch keine
deutung mehr zuläfst. Dies ags. rodor aus Rudra ist verwandt
auch sanskritischem rodas, von derselben w. und auch den him-
mcl als feuchtigkeitspender bezeichnend. Als gott hat Rudra wie in
Indien seinen namen schon gröfstentheils gegen hunderte von an-
deren namen z. b. Qiva (excelsus), Vudhna oder Budhna (excita-
tio), Ugra (terrificos) etc. — so bei den Deutschen ganz gegen
hundert andere namen z. b. die den obigen sanskritischen in
miscellen. 479
form and bedeutuDg(?) entsprechenden: Hävi, 6bmn, Yggr etc.
verloren. Unser fürst der himmelswinde — dann der stürmischen
bewegung auch in gebt und leben, Wuotan ist der alte vedische
Rudra, spatere £iva, nur in der historischen fortbildung, welche
wandelung der Wohnsitze, lebensweisen und geistigen richtungen
noth wendig bringen mochten. Lco.
Wechsel der labialen und gutturalen.
Beim untersuchen niederd. consonantverhältnisse stöfst nicht
unbäufig der bekannte Wechsel von labialen und gutturalen (wie
Ivxog — lupus, lanog — equus) auf. Hier einige beispiele, bei
denen sich die märkisch -niederdeutsche mundart betheiligt:
diupen (däup, duäpen, dies starkf. verb. kürzlich beachtet;
es ist verbreitet genug) untertauchen; diuken tauchen.
kippen und picken, schwach anhauen.
kywit (Hellweg); pywit (Iserlohn); piwik (Lüdensch.) kibitz.
klak und plak fleck, daneben lok, fleck im moral. sinne.
klystern kleistern; beklystern beschmutzen; plystern mit
lehm, mörtel bewerfen.
knappen und hchd. knacken.
knap und knik, absatz eines berges.
knickern mit schnellkäulchen spielen; anderwärts knippen,
dasselbe.
kriapen und hochd. kriechen.
paclcn schallend oder tüchtig schlagen, engl, to peal; ags. pi-
lan tundere. kailen (Iserlohn) und kylen (westl. mark) schlagen.
pyp! guck! iu: wan de häwer piep siet; pipstappen (berg.)
versteckenspiel, engl, to peep; kyk! guck! kyken gucken; kuk-
haüen versteckensspiel.
placke, f. und hchd. fliegenklappe, vgl. ags. plätte alapa.
püpen (bei von Steinen); pypen; pyphänneken kufshänd-
chen; bütsen (Schwelm); buts (westl. mark, berg.); bus (Iserlohn);
goth. kukjan; hchd. küssen.
sniärken (ia = i) nase rümpfen, anschnauben; snürkel und
snüärkel cylindrische kopfhaut des puters; hchd. Schnörkel; ahd.
snerfan.
sik schrömpen vüär, genau := engl, to shrink from, vor einer
480 miscellen.
sache zurück schaudern, nicht dran wollen, z. b. hai schrömpet
sik vuäi* der arbfiit, vüär der kelle..
swampen, vom schwankenden boden; wampeltüägesk, von
pferden, die nicht gleichmäfsig ziehen ; hchd. schwanken; ahd.
wanchal.
swiepe (= swippe) peitsche; engl, switch (= swicke), oder
wäre letzteres = berg.-märk. smicke rute, vgl. dän. smäkke klat-
schen, schlagen, wozu sich der Altenaer idiotism macke hand-
schlag gesellt, z. b. gief dem haeren 'ne macke, min sQenken!
swippefol und swickeful zum überschwank voll 5 swicke und
swechte (== swikede) bedeuten menge, z. b. 'ne swechte vüegel.
stuärpeln stolpern und stulkeln (bei von Steinen); stuär-
keln straucheln; foppen und mnd. rocken.
Iserlohn. Fr. Woeste.
cena.
Ritschi in seinen überaus reichen prologomena zu Piautas
p. XCVII. sagt: Ut reliquas vocales absolvam et cena etc. —
ut scriberem, Ambrosiani me auctoritas movit, quouiam in bis,
quae e, ae, oe liierarum discrimine vertuntur, quo recentiores
sunt, eo fidei minus Codices habent. Bergk nun in seiner jüngst
in der Zeitschrift für klass. alterthüm abgegebenen beurtheilung
der ausgaben des Plan tos von Fleckeisen und Ritschi rügt diese
Schreibung und hält dafür, man dürfe nicht einer feststehenden
etymologie gegenüber unbedingt den immerhin Jüngern Handschrif-
ten folgen; drum sei coena zu schreiben, da das wort für co-edna,
coesna stehe. Wir wollen über das orthographische prineip bei
der herausgäbe von alten Schriftstellern nicht streiten, obgleich
wir das von Bergk geforderte durchaus nicht anerkennen; aber
in diesem falle stimmt die etymologie mit der Überlieferung des
Manuskripts aufs trefflichste zusammen. Denn cena lautet im
umbrischen <;es-na und centfi cersnatur. Vgl. glossar zu den
umbr. sprachd. s. v. H. Schweizer.
Gedruckt bei A. W, Schade (n Berlin, Orfinttrabe 18.
I. Sachregister.
Abstracta. Ihre Verwandtschaft
mit collectivis 223.
Accent der adjectiva auf v og
262; von eipi 266; der adj.
auf r\g and ä's im skr. 298.
Anlaut. Verbindung von s mit .
I, », r ist im griech., Ist.,
sanskr. selten oder gar nicht
vorhanden 263.
Adverbia auf ba im goth. 173.
Aoristus, erster despassivs 154;
des activs der verba liq. 261 ;
rednplicirter 46 ff»
Aphärese vor 1 400.
Apocope des' vocals 372 ff.;
mehrerer conspnanten s. cons.
Artikel, sein begriff 247 ff.
Aspirata herrscht im goth. vor
38; natur der aspirata 322.
411; verschiedene ansichten
über ihr entstehen 323 ff; ihre
gestaltung in den verschiede-
nen indogerm. sprachen 328ff ;
Wechsel von bh, dh, %* &
mit h 328; Übergang der me-
dia Aspirata in einf. media
328ff.; nur tennes aspiratae
im griech. 332; Wechsel, der
aspirata mit der media bei
den Makedonien! 333; durch
die tenuis vertreten im lat.?
336; skr. tenuis aspirata und
ihre Vertretung 336; Aspira-
tion der cons. im lat. 374.
Assimilation von ks in ss im
osk. 62; von Xa, p<s, ?<;, qc
in XX, pp» vr, $$ 261; o/t
wird pp 265; von n im m
376; von nv innn460. 464;
«ron jn in nn im pr&kr. 465;
von av in vf 469; von xy,
XJ zu aa 272.
Auslaut — consonanten, allge-
meines 161 ; gesetze des con-
sonantischen auslauts im go-
thischen 163 ff.; gesetz der
behandlang von flexionsvoca-
len im auslaut mehrsilbiger
ww. im goth. 164; auslau-
tendes urspr. t mufs im goth.
abfallen oder sich zu ta er-
weitern 166 ff.; ebenso n in
na 167 ff.; auslautendes s
bleibt im goth. 169ff.; geht
demselben v oder r des Stam-
mes vorher, so füllt es ab
1
Sachregister.
170; auslautendes r im goth.
172; auslautende vocalc im
goth. 172 ff.; abfall auslau-
tender vocale in pronominal-
formen 177; abfall des aus-
lautenden vocals nebst den
folg. conson. bei ableitungen
von indeclin. im griech. 220.
Brechung der vocale hat ihren
grund in der schwachen con-
sonanz 92.
Collectiva. Ihre Verwandtschaft
mit abstr. 223.
Declination, s. Kasus
Dentale sind im verhältnifs zu
den übrigen consonanten am
häufigsten 37; ebenso in den
griech. dialecten 410.
Digamma hinter anlautendem
<x 132.
Diphthonge, allgemeines 40; ai
und daraus entwickelt ei 339;
ai, ei ahd. u miaut aus a vor
g 340; iu geht unmittelbar
in ie über 340; eu kein alt-
bairischer d. 341 ; io, eo dsgl.
342; oa 344 ff.; uo unmittel-
bar aus 6 345 ; zeit der ent-
wicklung desselb. 346; ou=
uo 347; 6 aus ao 347; ac am-
laut aus a 348 ; altlat. aei =ae
353; ae für späteres i im lat.
, 353; c«=ei, i im lat. 356;
ois=oe im altlat. 362; ou im
altlat. 363ff.; au, 6 im skr.
zu ü verkürzt 369; numeri-
sches verhältnifs derselben in
griech. dialecten 407 ff.
Dissimilation im lat. 17. IS.
Distribuliva im lat. 320.
gennamen, althd. 337 ff.
Futurum auf aim 261 — im
oskischen 384 — auf so, sso
im-iat. 384.
Gemination der liquidae 263:
der consonanten uberhauptim
lat. 374; des v bei einigen
verbis auf w\ni 391. 461; des
n im deutschen 460 ff. ; des n
im präkrit 465.
Genitiv, s. Kasus.
Genus, auch in bildlicher dar-
stellung mit dem grammati-
schen übereinstimmend 119:
nach charaktereigenthümlich-
keiten männlich oder weib-
lich 120; verschiedenes, bei
gleichen stammen 122.
Hiatus. Beseitigung desselben
beim antritt von suffixen 215.
Infinitiv. Endung desselben im
goth. 187; auf am, om u.s. w,
in den ital. sprachen 240;
begriff desselben 245 ff.; bei
müssen, können u. s. w. 247;
artikel bei demselben 247.
Intensiva. Im lat. 291.
Kasus. Nom. pl. der i- stamme
im osk. 56; acc. pl. auf ass
im osk. 57; acc. sg. der i-
stämme im osk. 57; noniina-
tivbildung im goth. und den
ital. dialecten übereinstim-
mend 170; gen. sg. auf oio
u. pl. aawl36; genitivbildung
im goth. 170; bildung des
nom. pl. im goth. 171; des
acc. pl. im goth. 171 ff.; des
dat. pl. ebd. 172; des vor,
sg. im goth. 173; des nom.
Sachregister.
acc. pl. d.neutra im goth. 173;
instr. sg., reste des«, im goth.
173; dat. sg. im goth., altn.
und ahd. 173 ff.; instr. sg. im
ahd. 173; gen. pl. d. weibl.
i- stumme im goth. 176; gen.
auf ao 267 ; gen. 8g. der 4ten
decl im lat. 377; der lsten
und 2ten decl. im lat. 377;
nom. plur. auf eis, es st. i
im lat 379.
Komposita, mit pater wandeln
a in i 4; mit stammen auf
rt nehmen i als bindevocal 5 ;
aas adjectivis mit substanti-
vis im lat. 28; deren erstes
glied auf öi endet 66. 156.
Konjugationsendungen, ens der
3. pl. perf. im osk. 56; 3. pl.
im osk. 58; 3. sg. ebd. 58;
3. sg. auf sid im osk. 59;
3. pl. auf rate, rata im skr.
145; 3. pl auf axou9 aro 145;
des präsens im goth. n. ahd.
177 ff.; des optativ im goth.
und ahd. 181; 3. sg. opt. auf
ai)> im goth. 183; optat Wen-
dungen der prSsensbildung im
griech. n. skr. 183 ff.; des
perf. im goth. 185; 2. sg.
perf. im alts. und ags. 186;
des imperat. im goth. 186 ff.
endung tha=#a, thas, the,
thäm im skr. 336; dhi im
skr. 336; i, ei in der endung
der 1. u. 3. sg. pf. im lat.
357; 1. sg. aor. auf im in den
Veden 358 ; kurze des e der
penulüma der 3. pl. pf. im lat.
372; mur im osk. 383; des
fut. im osk. 384; bo im lat
385.
Konjunctiv. Mit imperativbe-
deutung im osk. 59.
Konsonanten, Wechsel, ausfall
und abfall derselben; der la-
bialen und gutturalen in deut-
schen wurzeln 479.
b statt m im lat 17, und in
rom. sprachen 18.
c, im umbr. aus k vor e, i, j
entwickelt 327.
d geht in r und 1 über 143 ff.
368: geht in n über 194;
abfall desselben nach n 192.
nach vocalen im aaslaut
des lat. 359; fällt aus im
inlaiit im deutschen 195.
dh im alts. = goth. th 328.
f, Vorliebe für dasselbe im
sabinischen 27 ; natur des-
selben im lat. 333; lat. f
= skr. dh 333. 398 ff.; f
statt des späteren b im lat
375; f im osk. und umbr.
375; 9 = skr. bh 326.
?*= skr. h, gh 270; y irr-
thümlich aus jr 273.
g aus gh hervorgegangen im
lat. 335.
h im skr. aus altem gh 328 ;
X = skr. kh 148; entstand,
aus gh in diminutivis 294 ;
£ = 8kr. h oder gh 325.
j , ausfall desselben zwischen
zwei vocalen im griech.
155; Übergang in h im lat.
301; skr. y = l? 265.
k, Wechsel desselben mit t
97; ausfall desselben 195;
V
Sachregister.
seine erweiohung in einen
palatalen zischlaut 271 ff;
und in % 272.
1 aos d hervorgegangen 143.
144.368; aus skr. y?265
wechselt mit n 272.
m geht in w, y ober 2(2.
320; m in- und auslautend
geht in n über 3 19 ff.; in-
lautendes v in j» 130; aus-
fall und abfall von m im
lat. 376; geht Zuweilen in
n aber im osk. 376; ml
geht in hl über 253.
n, Wechsel mit 1 272; aus-,
fall im lat. 376 ff.; geht
erst spät in m über vor
labialen im lat. 376$ .vv
unorganisch 457; nn aus
nv im goth. 460 ff.; nnaus
nv im prakrit 462.
q, für c im lat. 377.
r , vor s schwindet zuweilen
kn lat. 5; ebenso vor j, v
18; zwischen zwei vokalen
ausgefallen im lat.(!)6;
rr aus rs im lat. 292.
s geht in r über zwischen
zwei vokalen im lat. 6*;
auch im osk.? 23 ff.; wird
r im lat. auslaut 7; im
osk. 24; sowie im umbr.
7. 62: wird r vor liquiden
7. und vor p, c, t, q &;
gröfsere ausdehnung des
Übergangs von s in r in
den auguralbüchern 8; s
geht zwischen zwei voka-
len in z über im osk. 24.
62; abfall des s im latein.
auslaut 37&ff. ; trimanlaut
128 ff.; im inlaut zwischen
vocalen 135ff.; abfall des-
selben im aus- and inlaut
260; inlautendes a tritt als
spie asper in ' den anlaut
269; assimilirt sich folgen-
dem p 265; 8 zwischen
zwei vokalen bleibt im sa-
binisehen 29; geht in r
über im sanskritinlaut 145;
geht im lat. und skr.- aus-
. lautend in i über 473.
t, r einschub nach n 220;
wecbsel mit d 226; vor
einigen suffixen eingescho-
ben ist eigentl. organisch
229;t»dh?335;t«skr.
c389; t Mit hinter s aus
457.
• v, ausfall desselben im lat.
inlaut 18; geht aus b her-
vor im lat, sowie aus m
17; euphonisch im osk.
383 ff.; f durch c ersetzt
266; je erscheint1 als e oder
ß 273.
Konsonantenverbindungen. *sm,
sl, sn, sr, sj, sv dem latein.
fremd 7 ff.; sin (rm) dem osk.
fremd 25 ; ml geht in bl über
253; s vor konsonanten im
inlaut bleibt im umbr. und
osk. 23; hinter kons, im osk.
23 und lat. bewahrt 24; ab-
neigung des <r gegen seine
Verbindung mit liquiden 261f;
tf/* im an- und inlaut 264;
0/t neben p 264; ap wird fip
265 ; sm im lai nicht geduld. 9.
Sachregister.
Lautliche gegensätze zur be-
zeichnung gewisser begriffe
420ff. .
Lautverschiebung 329ff.; zeit-
. paukt ihres beginns 331.
Liqaidae. Vorwiegen derselben
im allgemeinen 37; am häu-
figsten ist r 39; vorwiegen
derselben in sämmtlichen
griech. diaiecten 410.
Mediae. Anlautende im goth.
entsprechen mediis der ver-
wandten spr. 323; aas der
tenuis hervorgegangen im lat.
368. 375.
Metaphern. Lebendig 105 ff;
todt 105 ff.; taub 105 ff. 111.
grün' 108; blind 110; spre-
chend, stamm 113; süfs, herb,
sauer, bitter 114; warm, kalt
U5;hellll5;schmecken 115;
. lähm 115; speise and trank
115; zeugen u. gebären 116;
Jungfrau, matter 118; mensch
u. pflanzen 124; kind 125.
Nasale. Numerisches verhäitnifs
derselben zu den übrigen con-
sonantes 412.
Numerisches verhäitnifs der vo-
cale und consonanten in den
griech. diaiecten 403 ff.; der
vocale unter einander in den-
selben 404 ff.; der consonan-
ten unter einander in den-
selben 4 08 ff
Palatale erst nach der sprach-
trennung ausgebildet 325; im
griech. neben indischen 272.
Participium, dessen begriff 243f;
auf endus, undus 355.
Perfectbildung im osk. 56; im
lat. 372.
Plural zur bezeichnnng von col-
lectiyis oder mehrgliedrigen
gegenständen .127.
Präpositionen im goth. 189.
Präteritum mit eingeschobenem
r im ahd. 400.
Pronomen. Begriff des pron.
dem. 248.
Reduplication. Ihre bedentujpg
in lat. Wörtern 12; redupli-
eirte aoriste 46 ff; reduplic.
. nominalstäinme im lat. 7; ge-
hen am häufigsten anf eine
liquida ans, seltener auf vo-
cale, am seltensten auf eine
muta, nie auf s 8.
Regenbogen. Verschiedene Be-
nennungen desselben 423 ff.
Spiritus asper im inlant 135;
geht in j über 267; geht in.
i über 266 ff.; aus y entstan-
den. 269.
Stammerweiteruug der verba
durch nasale und mit nasa-
len beginnende silben 392 ff.;
durch d im lat. -400; durch
c im lat. 400; Verstärkung
durch t im griech. 470 ff.;
stamme mit vocal- und na-
salverstärkung neben einan-
der 470.
Stämme. Nominalstämme; auf
a, i, n, ä im goth. 166; con-
sonantische nur anf an und
tar im goth. ausgehend 166;
auf anda, iza, öza im goth.
166; auf an im goth. 168 ff.;
erweiterung von skr.-stäm-
Sachregister.
meu auf u zu solchen auf
va 237; adjectivstämme auf
u treten in die i-declination
über im lat. und goth. 359;
declination der mit pater zu-
sammengesetzten stamme im
lat. 6; declination d. stumme
auf oq 142ff.
Yerbalstämme auf a 138; auf
cuvo) 151; cuo, eco, om 155;
^nf -cinor im lat. 215; auf
«(co, eim 268; auf &<o 289;
auf to, tco 291 ; auf %<x> 294;
auf teo im Iah 335; auf n
im lat. 380; auf äyati neben
näti im skr. 394; Wechsel
der stamme von verbis der
5ten und 9ten klasse im skr.
396; diese stamme aus ad-
jectivis und participiis her-
vorgegangen 469.
Suffixe:
a) gothische, ahd. u. s. w.:
crt 191.
is 297. 371.
J>ar 371.
b) griechische:
oq 80. 141ff.
at 142ff.
davo, dvo 226.
Öov 226.
sia 136.
«o 320.
eo 155. 210. 320.
eq 80.
tg 297.
ero 297.
it 150.
xo 152.
fiar 216.
fuo 79.
fiov 216.
vog 147. 148. 262.
ov 149.
oq 297.
<svn\ 224.
avvo 225.
r 229.
tsQO 371.
rtjQ 299.
jng 299.
tqt 354.
ri 224.
to 220.
tv 219.
roe 299.
c) lateinische:
a vor mehreren suffixen
änus, aneusu.s. w. 210ff.
acio 210ff.
ali 10. »an 18.
ari = ali 18.
ati od. at 15.
atu 222.
bo 368.
bro 324.
bulo, bula 371.
ceo 210.
cio 211.
co 152.
culo, cula 371.
diu 231.
en 149.
eo 210. 320.
eto 224.
icio 210ff.
iti od. it 15. 150. 299.
itu 221 ff.
neo 319 ff.
no 147. 320.
Sachregister.
scnlo für culo 16.
t der abstracto 13.
t zur bildung von perso*
" nalbezeichn. and Ortsna-
men 13.
t angefügt an verbalw. 13.
la 232.
tat 454.
tera, tra 371.
tilo 335.
tili 335.
tio 212.
tor 299.
ta 217. 221.
todin 231.
tum 223ff.
uo 383.
us 297. 371.
d) Umbrüche, verzeichnet 15.
oskische, dsgl. 25.
e) sanskrit und zend.
ata 297.
an 149. 219.
as 216. 298. 371.
asa 371.
asäna 150.
äyani 214.
it 149.
iya 212.
eya 210. 214.
ka 152.
käyani 214.
kiya 214.
t 229.
tana 226.
tar 299.
tara 371.
tavya 218.
ta 231.
tati 354.
ti 224.
tu 218 ff.
tya 229.
tra 229.
tva 215ff.
tvan 215ff.
tvana 216 ff.
tvas 219.
tva 229.
tvänam 226.
tvaya 217.
tvi 226.
tvinam 226.
tha 230.
thvana 216.
ma 234.
man 216. 234. *
maya 79. 319.
nas 148.
va 234.
van 234.
vaya 319.
Syncope der vocale im lat. 370;
von v nach t und s im lat.
377.
Tempora des Infinitivs 249.
Tennis herrscht im lat, griech.
und skr. vor 38; erweickung
in die media im lat. 375;
vorherrschen derselben in
sämmtlichen griech. dialec-
ten 411; geht zuweilen im
lat. in die media über 476.
Triphthonge im ahd. 349.
Ursprache 416.
Vergleichende mythologie 416.
Vergleich. Sprachforschung 415.
Vocale. Schwächung derselben
im verbalstamme tritt zuwei-
len im latein. nicht ein 16;
Sachregister.
treten im skr. gegen die con-
sonanten zurück 36; nume-
risches verhältnifs der vocale
unter einander 39 ff.; zah-
lenverhältnisse der vocale zu
den consonanten im iserlohner
dialect 82. 33; einfache kurze
vocale im iserl. dral. 83—91 ;
gebrochene, ebend. D2 — 101;
einfache lange vocale ebend.
190 — 96; zusammengesetzte
lange ebd. 196— 209; vocal-
schwächung von a zu i im
skr. 226; vocal Verlängerung
vor ausgefallen, liquiden 261 ;
doppelang des vocals zur be-
zeiÄnung der linge 352.
a: durch Verkürzung aus a
entstanden im goth. 169.
170; aus ä im lat. 397.
e: im umbr. = osk. ei 62; e
. aus u vor r im lat. 9. 19.
aus a im lat bei vortritt
einer silbe 19;. aus i ge-
schwächt im lat. 19. 22;
. aus a im osk. 20. 21; fällt
aus in der declination im
lat. und osk. 20; aus u, o
im osk. 21; aus a im sa-
tirischen 26; für spateres
i im lat. 353ff.; geht in
der Zusammensetzung vor
consonanten in i über im
lat. 355.
tl : zu s verkürzt 268; * aus
a vor o 315.
i: aus er entwickelt 266; aus
s im auslaut des skr. u.
lat. 473; vor liquiden aus
ausgefallenen y entsprun-
gen 290ff.
iu: im oskischen 59.
o: im lat. aus au 4; ebenso
im goth. 459; aus a in un-
betonter silbe im lat 9;
• im stamme aus" a' im lat.
11; für u im alttat. 360ff.
u: aus o des suffixes tor beim
antritt neuer suffixe9; für
späteres i im altlat 369;
uu hinter c zur bezeicii-
nung von ü 353.
y: im lat 369.
Vocalauafall vor r 473.
Vocaleinschub im ahd. 253; im
osk. 386.
Vocalismus. In ihm beruht we-
sentlich die Scheidung der
griech. mundarten 414.
Vocalverl&ngerung vor s im
altlat. 359ff.
Vornamen für thiere 264.
Wurzelerweiterung durch d 265;
durch n, t s. stammerweiter.
Zahlwörter im goth. 488.
Zischlaute treten am bedeutend-
sten im griech. hervor 48.
II. Wortregister.
teätoche Sprachen*
1) tiotktoh.
abrs 147.
af 375. .
allinnan 463.
aggvus 270.
aina 362.
aiv 235.
aivs 232.
aljan 340.
an}>ar 328. *
amza 261.
arms 2.
balg« 399.
bats 371.
beitan 470.
bindan 470.
bloma 336.
brinnan 463.
brtyar 323.
daujan 459.
dauns 238.
dauj>8 459.
de>8 330.
divans 459.
drünjus 228.
faianda 389. 470.
fani 463.
feinan 391.
fijan 390.
fila 366.
fimf 189.
fraihna 397,455. 467
fnjöa 395.
fullnan 456.
falb 456. 467.
fuls 335.
gadars 324.
gavl 304.
ginnan 463.
giuta 289. 400.
hafjan 335.
hau 274.
hardus 359. •
haurn 469.
hla>an 70.
hlinman 364.
hrai'va 235.
ik 177. 271. 325.
i>a 375.
jaios 362.
jcr 269.
jat 177.
kalds 330.
kann 464 ff.
kinnus 280. 463.
kani 326. 463.
kunnan 464.
lang 324.
leiban 470. '
leigön 328.
lustus 268.
man 465 ff.
manna 463. 466.
maihstus 70.
midja 324.
mik 177.
mikila 270. 325. <
minnizo 464.
minmisto 464.
mis 177.
munan 464.
urannan, -munnön
465.
saihs 189.
sali 131.
sandjan 462.
sauhts 76.
sidus 134.
sigis;
siggvan 139.
sineigs 129. 463.
10
Wortregister.
sinj> 462.
sinteins 367.
skaidan 470.
snaivs 263. 298.
staua 458.
steigan 470.
sliürs 369.
stojan 458.
straua, straba 468.
straujan 456.
suiis 360.
sveiban 132.
8vein 304.
tamja 330.
ieihan 470.
teka 398.
tiuha 365.
tun>ii8 326.
ufmunnan 463.
uh, h 189.
undivans 459.
unvunands 461. 463.
valjan 459.
varmja 324.
viko 154.
Vilbels 254.
vinnan 460. 466.
vit 177. '
vriggan 470.
vrikan 133.
vulla 456.
>ar 371.
J>iuda 255.
>uk 197.
J>us 177.
2) Althochdeutsch.
Agil- 340.
Air- 340.
alansa 451.
Alyan- 340.
Angil- 340.
amen 460.
awa 304.
bisa 97.
bodam 320.
carmnla 90.
daum 238.
dio 257.
dionön 257.
diörna 257.
diutian 257.
diutisc 257.
diwa 257.
donar 238.
donen 238.
dou 257.
doubon 257.
dunni 463.
dunTvengi 91.
Eiilan- 330.
Ellan- 340.
Ellian 340.
Emitaere 348.
farknusjan 98.
Fcilgon 349.
fenni 463.
Feylhart 349.
fm, fina 392.
forecon 476.
fragen 476.
frosc 476.
gadiot 257.
gadiuti 257.
Gaer- 348.
Gairi 348.
gaklankjan 83.
Gari- 348. .
Geir- 348.
Ger 348.
gerjan 137.
ha 372.
Hair- 340.
Hairi- 340.
harstjan 83.
hasan 153.
Hazoacha 344.
heilag 274.
hÜt 196.
hraspdn 83.
hreo 235.
hruf 98.
ihha 372.
ieo 235.
io 235.
jesan 137.
kabuz 51.
kate 50.
kinoi 463.
kliuwa 91.
koufan 54.
krapho 88.
kunni 463.
lantjan 83.
lebar 265.
Liafburc 343.
lubeslical 91.
luston 268.
Magin 340.
Mannas 467.
mango 51.
menni 463.
minna 463.
minnon 464.
nagai 336.
Naothaert 348
owa 304.
Perbt 349.
plerozun 400.
94.
Wortregister.
II
ridon 96.
riozan 478.
Roeda 349.
sarf 129.
scafeo, scaffo 458.
scafino 458.
scarf 129.
sceidan 146.
sceran 146,
scerran 146.
scina 96.
scizan 146.
sciuhan 91.
sengan 140.
sindun, sintiin 380.
sinevta 462. 466.
sinnan 462. .466.
8Üo 134.
slaht 83.
smilan 264.
sneo 263.
snor 263. 298.
spannao 229.
spratalon 83.
steffara 459.
steroz, sterozun 400.
stirn 458.
8 träum, stroum 457.
strechan 457.
streuuan 91.
suila 91.
swigen 132.
Thiadgond 344.
trahan 228.
treno 228.
triuwa 91.
tropfo 139.
tunkal 136.
umbi 333.
Walh 252.
wali 252.
wehsal 154.
wela 254.
welag 254.
weih 252.
wichu 154.
wida 133.
willan 95.
winnnn 460.
wola 254.
wullon 253.
wunna 461.
wunta 461.
zispjan 96.
ziuhu 365.
zoha 53.
3) Mittelhochdeutsch,
braht 49.
breglen 49.
don 238.
dunec 238.
dunte 238.
gedon 238.
goufeti 54.
smtelen 264.
smieren 265.
smoren 307.
überdon 238.
4) ABgelsächsi8clt
EngUscb.
ä 235.
abal 147.
ava 235.
beorcan 96
blovan 336.
boke 101.
botm 320. .
bubble 97.
buss 52.
bytme 320.
caege 194.
clippur 86.
cop 101.
cvic-beim 105.
dohtor 478.
drabbe 83.
dropa 139.
drumble 98.
djnja 238.
earnjan 460.
ellean 340.
fin 392.
fine 392.
folm 393.
frog 476.
gaupen 54.
ge]>eod 257.
geJ>eoded 257.
ge)>eoden 257.
grasp 83.
grima 96.
grislic 96.
haso 153.
bläst 70.
bobble 97.
irnan 148.
isgicel 93.
key 194.
knolster 83.
loddere 97.
lystan 268.
peal 193.
piöa 93.
pilan 193.
preön 96.
pricele 96.
print 86.
pudding 90.
12
Wortregister.
quick-, quickgrass u.
s. w. 105ff.
reotan 478.
right 133.
risan 463. '
rise 461
rodpr 478/
saengan 70.
sceamjan 94.
. scearn 14€u
scearp 129.
sceorp 93.
seoin 96.
shrng90.
singe 140.
smile 264.
soften 84.
steort 93.
stire 93. .
svigan 132.
teohan 478. .
teoru 93.
tirigan 93..
veald 254.
Vealh 352.
yealloriaa 253!
venire 96.
veöd 96.
vice 90.
vinnan 460.
vlacian 253.
vlaec 253.
vlaetan 85. 253.
vlatian 253.
yringan 133.
wrong 133.
yelp 83.
}>eav 257.
)?eoan 256.
)>codan 257.
>cohan 256.
j>eön 256.
J>eov 257.
>ihan 256. .
}>rogen 148. . .
>rote 100.
{>yddan 257-
]>yvan 257.
5) Altsäcbaisch.
bodm 320.
döm 326.
dropo 139. *
dunjan 238.
fiortig 89.
nigun 96.
odher 328.
riomo 96.
rod 324.
8oarp 129.
svipan 132.
undam 90.
wunnia 461,
wunodsam 461.
wunsam 461.
>anor 238.
6) Altnord. norwegisch.
Dinisch. Schwedisch.
ae 235.
aefi 232.
afal 147.
bisse 55.
bleyta 49.
blöde 49.
botn 320.
brat 400.
diger 96.
duna 238,
eiian 340.
Fiörgyn 477 ff.
fleiri, flest 366.
flydra 50.
Frigg 477 ff.
gali 330.
gaupn 54.
gina 326.
gioevu 54.
glubende 50.
glubsk 50.
goepen 54.
gabb 101.
böss 152.
Hösvir 152.
kaldan 50.
kallan 50.
krak 51..
liosta 268.
-mundu 240.
manu 240.
nele 195.
pass 52.
quick -tre 105.
skarp 129.
skalu 240.
skylda 240.
sparka 83.
svipa 132.
VaHand 252.
vaullr 254.
velkja 253.
vikja 154.
yilla 254.
villiz 254.
villr254.
volgr 253.
vrinske 86.
>iod 257.
J>ion 257.
>roast 148.
Wortregister.
13
)>y 257.
>yda 257.
f>ydskr 257.
7) feuere deutsche
dlalecte.
a 435ff.
ab 437.
aba 439ff.
abar 4411T.
abbraechcha 443.
abesitz 440.
abetüürlach 441.
aebcha 443.
achchar 443.
acheberam 444.
acberanda 444.
achis 444.
ach* 444.
acht 445.
aebta 444.
achti 445.
adelgras 446.
ae 437.
aeba 438.
aebacb 441.
«cka 449.
aecht, aechter 444.
aechta 444.
aechzga 446.
aefera 447.
ffgrsta 447.
ägerten 448.
aehka 448.
aehli 451.
aeiria 448.
«r 200.
äiwelt 199.
aeker 192.
ael 449.
selb 450.
»Heia 453.
aelti 453.
aer 193.
aeren 192.
afah 446.
afanga 446.
Afi 447.
agla, agne 447.
agrissa 447.
aha 448.
aisen 197.
aisk 197.
akta 449.
aktenkraot 449.
aalbock 449.
aiag 449.
alsrngga 451.
alasssig 449.
alba, albets 450.
alchamatte 450.
alenzig 450.
alesma 451.
alessa 451.
all 131. 451.
alls 452.
allza 453.
alm', almets 450.
alm 451.
alma?nt 451.
almi 451.
almuesa 452.
alp 45lff.
alt 453.
alta 463.
am 454.
ama 454.
amal 455.
amana 454.
ainbeilar 455.
ambeissa 455.
anema 454.
ane 304.
aast 208.
aüwen 209.
ba3gelich 192.
baigen 197.
baise 197.
baitel 198.
balge 49.
bännich 84.
baranken 49.
bafs, besser 372.
bas 191.
baude 209.
beaoten 203.
bendig 84.
beswaigen 200.
biese 96.
bisein 55.
blaige 197.
blaigen 199.
blicken 96.
blind 110.
blöd 49.
boden 320.
börste 70.
brag'en 49.
braken 49:
britsche 49.
broame 193.
bruddeln 49.
bruien 207.
buebel 97.
bülte 91.
boaserle 52.
bymeaur 201.
chappen 49.
cbapsen 49.
cbnöuwjcka 449.
14
Wortregister.
dacken 466.
dae 193.
daigen 197.
dampf 459.
diba 459.
diege 96.
done 237.
donne 238.
doove koolen etc. 105.
drabbe 83.
draisk 198.
driet 96.
drom 49.
drömken 49.
droa 193.
dröälen 195.
drüemeln 98.
druiget 207.
drummeln 49.
duärnaigen 197.
duartke 99.
dubs 49.
dünninge 90.
dun 238.
dwas 49.
dwatje 49.
dwatsch 49.
dwatzig 49.
dysten 202.
eidechse 96.
eäur 203.
fsele 193.
faerat 449.
faien 199.
fest 70.
finef 386.
fioke 205.
flakcu 49.
fleäunken 203.
fleck 49.
flecke 49.
flock 49.
flunder 49.
gabsch 54.
gabsche 54.
gaine, gai, gäi 196.
gaitlink 198.
gäiven 200.
galpern 83.
galupe 50.
ganvereck 54.
gaps 54.
gären 137.
gauf 54.
geäus 200.
gebsei 54.
gescht 137.
gesuine 206.
getau 208.
giaerkammer 95.
giebsen 50.
giepsen 50.
gischt 137.
glau 208.
glubschen 50.
gluip 50.
gluipen 50.
glapeo 50.
glupsch 50.
gopse 54.
grabschen 55.
grapsen 83.
grätschen 55.
griemeln 96.
grieseük 96,
grön 108.
grymeln 96.
güäweln 101.
haien 196.
häirnietel 199.
häit 199.
halas 54.
haepe 193.
happen 49.
hapsen 49,
hase 153.
Hauken 209.
haüwen 209.
heilig 274.
helweg 239.
hiaer 95.
hiärschen 94,
hiegedissel 96.
hielweg 239.
hiuk 206.
hofschranze 83.
holz 131.
hottig 50.
hudel 50.
huebel 97.
huien 206.
hnttig 50.
hutui 50.
iule 205.
iutnaigen 197.
jechen 55.
kabacke 50.
kaddig 50.
kaddik 50.
kadel 54.
kaek 194.
kaenigt 54.
kailen 197.
kaimen 197.
kalden 50.
kaldünen 50.
ka Innen 50.
kalupje 50.
kaluppe 50.
kantschuh 50.
Wortregister.
15
kappes 51.
karbatsche 50.
kate 50.
kaischc 50.
kattich 50.
kaupat 311.
kenep 386.
kirn, kimmc 426.
klanken 83.
klauen 208.
klepper 86.
kluggen 9L
kl u neu 50.
knueseln 98.
koak 194.
kodde 88.
koddern 50.
kogel 51.
kollat sehen 53.
kolter 50.
kompost 51.
komst 51.
komurke 51.
kracke 51.
kraige 197.
kretscham 51.
kricke 51.
krop 88.
kruschke 51.
kuckel 51.
kudde 88.
kukpfad 311.
kuiern 207.
kuiken 207.
kumt, kommet 51.
kurmel 90.
kutte 51.
kwalster 83.
kwiärder 95.
kwieke 96.
kwynen 201.
laeke 194.
laige 197.
läipen 204.
läiwerk 199.
lanver 83.
last 70.
leben 108.
leduche 54.
leschak 54.
leverzee 87.
libbersäi 87.
lierwäik 196.
luäern 100.
lübbestiek 91.
loak 194.
lulke 51.
lulleu 51.
lullpipe 51.
lasche 54.
lust 268.
mäine 204.
mäit 199.
mänd 261.
mangel 51.
manschen 51.
margelle 52.
mauge 208.
j meäur 203.
1 menschen 51.
jmist 70.
mudeln 55.
muir 207.
nieendör 239.
niegen 96.
Nierenberger pat 539.
niereodör 239.
niur 205.
nöälcn 195.
nug'eln 52.
nasche 54.
nype 201.
nywer 202.
oame 194.
oder 328.
paelen 193.
palte 52.
parowe 52.
pas 52.
peaul 203.
petschaft 308.
piärk 93.
pis 137.
pisacken 52.
piuke 205.
pläiten 200.
plauze 52.
pliaermitis 94.
pomadig 52.
pörschen 54.
pofs 52.
prain 198,
präiu 52.
prempen 86,
priekel 96.
prienken 96.
prudeln 49.
pnddek 90.
pudel 308.
puiseken 207.
pylc 202.
quasen 52.
quecken 105.
rabastern 55.
rabatzen 55.
räken 191.
raegern 55.
raisen 196.
raister 199.
16
Wortregister.
raeling 55.
rame 190.
rämbeäum 190.
neren 193.
reise 403.
riedern 90.
rinnen 459.
roate 194.
ruänken 99.
rüÄts 101.
miter 207 ff.
rflef 98
rywe 201.
sachten 84.
sagen 306.
sSgen 306.
sfiile 199.
saisse 197.
saiwer 196.
säir 204.
saul 209.
schabe! 52.
schaie . 196.
schäirlink 200.
schände 52. 306.
scbanne 52.
scheppe 458.
schiämen 94.
schilrpe 93.
schick 52. 306.
schiene 96.
schlammpeisker 52.
schleifserin 54.
schliefeer 54.
schlfiufen 307.
schlappen 307.
schmücke 52.
schmackoster 52.
schmieden 132.
schmor 52. 307.
schmutzen 307.
schoaen 193.
schoanen 194. .
schaff 458.
schöpf 308.
schrägen 53. 307.
schraken 193.
schransen 83.
schrecken 308.
schrobben 53.
schrömpen 89..
schruggeln 90.'
schrumpfen 89.
schabchen 53. 306.
schfiggen 91.
seauge 203.
sehne 462.
senn 462.
Senne 462.
8iemern 96.
slfiif 199.
sliggen 88.
slingen 88. :
slueter 54.
smicke 52.
smordfonken 53.
smuderlachen 97.
snaigen 198.
snaise 197.
snoat 194.
spaenen 193.
spfiich 200.
spalken 83.
sparen 400.
spatteln 83.
sprützen 53.
stadel 54.
stälen 190.
stamm 467.
steil 96.
stepke 53.
stiftrke 93.
stilrt 93,
stiegel 97.
8tiaten 205.
sträng 457.
strecken 457.
strick 457.
striteel 53.
ström 457.
strüggen 91.
str&tzen 53.
stüfir 100.
sucht 76.
söggel 91.
swäden 191.
8-wiarder 95.
syt 202.
tändelmarkt 53.
tangnet 53.
tartsche 54.
titer 93.
tiärgen 93.
tiepsken 96.
timf 53.
toach 194.
todt, dood a.s. w. 106.
traben 53.
trachten 445.
troach 194.
tropfen 139.
trögge 91.
tschup 308.
tuiern 207.
unäi 204.
ungern 90.
verlieh 196,
veromört 53.
vläts 84.
vlaum 206.
Wortregister.
17
vleaut 203.
vlindcr 50.
vlindervisch 50.
vliren 196.
vöttich 89.
vräit 199.
vrasen 191.
vreosken 86.
wadel 131.
waige 198:
waike 198.
wailen 198.
wald 254.
warschauen 208.
wasser ziehen 430.
wankisewe 208..
waal 208.
w^dergal 428.
weicfrholz 105;
welken 253.
wiärate 93. .
wielen 95.
wiene 96.
wild 254. 300.
wildscbur 53.
woach 194.
wriust 93.
wracke 53.
wymen 202.
y^kiäkel. 93.
zabenaxsa 440.
zergen 53.
zuk 53.
zaprine 53.
B. CMechlflehe eprawhen«
a
«.-, ~- 129.
dßgovteg 333.
dßtig 267.
dyvog 269..
dyQem 210.
ayxi 270.
ddeXcpog 129.
adfttjg 302.
d*i 155. 232.
duQ& 291.
ala 304.
aiet 155. 232.
auf 232.
uiig 232.
atrvficu 397.
aiQm 270.
atgopai 291.
aicif 232.
axtopai 268.
l4xp<ov 44.
dxonj 46.
axaw 46.
äXsiyco 336.
Mfiua 136.
aXXofiai 128.
<&$ 128.
(Ü^oV 334.
afia 128.
dfuißofiai 227.
dpenivoQ 151. .
app«? 269.
a>g>* 333.
a*M*a> 72. 134.
dvÖQOfuog 79.
aiw, aWfo 226.
dv&gTjdtov 228.
üioQvog 80. 106.
dndXafiPog 393.
aW 375.
dntoig 302.
aQyvQiog 320.
a^eity 232.
OQWfiai 460.
a^n? 129.
oQrefAijg 67.
J^Qtefiig 67. 68.
0£Ö) 2.
acpevog 71.
daraxvg 68.
acrn; 68. 132.
dteQctppog 393.
at/a> 137.
avwV 267.
dyevog 147.
acp&wog 467.
dcpQog 66.
0a#*w 319.
0cfiUla> 227.
0Jla£ 254.
ßhjxdopcu 254.
r»«*' 254.
/ata 304.
/cüa 400.
yaw? 461.
yavdoa 461.
/aroo) 461.
ydwfiai 461.
rawfiijdijg 461.
yavvaaopai 461. 466;
/rf 270. 372.
y&Xa<x> 138.
/aXoto? 138.
2
18
/du* 136
rtn>t 270. 463.
ytQcuoe 138.
jevoficu 136.
TÜfia 265.
77?a? 396.
/jy^vo) 396.
rüai 15a
jA^fo; 147.
tril 462.
yorr 466.
7£fco> 136.
dcuco 266. 268.
doxw 394 ff. 470.
dapaQ 145.
dcLpdoo 330.
da?o$ 333.
diixwfii 470.
fotra 362.
fofyo 226.
toi?« 226.
ftcv'a 136.
ÄiWa 308 ff.
didvproe 394.
djfrea 147.
flija 220.
dtx&a 220.
W£a tovovQavoS 427.
ÖQärog 148.
ÖQoeog 138.
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Imne 266.
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fro? 129. 320. 463.
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motuu 47. 131.
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cjpjw, cljo/w 133.
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*>«7» 292. 470.
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'EQtu-iag 131. 314.
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ji»Vt^<>oV 334.
{BQVfir6g 71.
fontqog 133.
foltere 47.
lewtoiupr 47.
Mf 131
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^ 131.
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laöfiog 67.
etfos 272.
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Ws 133.
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Wortregister.
; icir 270.
jiwV/a 271.
xd&rjficu 275.
xaiwpai 269.
Ix«*« 266.
I xaA% 50.
'xa/Hj/' 333.
xsdcua 268.
xBQaim 268.
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KiQßeQog 314.
x^pW 71. 468ff.
Ixta/u 266.
xkyto»? 230.
xWc* 266.
xjüotc» 471.
xkvto 364.
x6yx°S 336.
xo**e 400.
xoQerrvfii 469.
xoteitog 138.
xorvltydar 230.
xQorvg 359.
i xf fe? 235.
| HQepdvfVfu 469.
\xQi]ftrt]fii 463.
| xQTjfivog 468.
j xTJ^oaV 228.
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I Ktifvfu 467.
xtipft? 332.
X0M17 335.
XayX&vw 272.
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Ida/opai 268.
XifMTtdva) 399. 470.
19
l/a« 336.
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Xvz* og 272.
ficupdm 228.
futlopcu 268.
par&dpco 395.
pdrng 295.
/**>«? 270. 325.
fMtdcuo 264.
peidida 264.
peüog, p&Quvog, fui-
Xi%og, -xiog 264.
/*&*<» 289.
lu\BÜ(6rr} 231.
peXenj 232.
p£U 150.
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ptfr 261.
W«? 227. 295.
fiirvöa 464.
(UwvQog 464.
/ws 137.
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ya/ca 268.
twxfo 268.
*e*o$ 266.
re'xv? 271.
viyog 298.
rur?a> 471.
ri'qpa, rupdg 263.
rotxof 139.
?d<wo£ 137.
wog 137. 263. 298.
vaiwftrog 393.
Se'a 138.
(tootfc 67.
otta 133.
2»
ol*og 133.
ohog 133.
61x6g 134.
oXog 131. 361.
o^otf 66. 325
opog 267.
©Vi* 336.
onlotBQog 66.
oQttfog 138.
OQsorro 396.
jpdtf? 300.
OQira) 398.
oQmpi 396.
oqwvw 460.
dpotw) 396.
ov, oi, e 135.
ova? 137«
o^o^9 o^A» 133.
o> 134.
*as 301.
ntdop 354.
fiep(p(>tidoir 228.
*«* 137.
niqa\na 52.
nerafpvfju 469.
aeretpog 151.
Tlwaaog 296.
^yjcttjuaJtAo?' 155
nrflwyÄ 470.
IltjQeyopeia 266.
*rifcv? 303.
nUiqa 310.
Hie?/« 310.
nfftnhjpi 395.
mrtHffjti 469.
jrAartfc 476.
arkctf 366.
wUiiW 366.
'*!&» 366.
IToXvdcqira 394.
Wortregister.
woilik 366.
nohidapra 394.
*olt*366.
: fror i 477/
'fiorrwc 310.
aovppa 271.
IlQOfa^&evg 395.
ir^otf 477.
! BQOti'411.
WjuiyV 320..
! »v<h» 335.
avr&arm 467.
mtoff 335.
«d>v 272.
le?e<* 290.
$«o<r 298.
(fatrpa 457.
£«w 263.
fäfrvfu. 470.
«£?£ 236.
aacpyg 336.
aei?« 131. 457.
aaljfa 72.
2Hloi 72.
aiyaoo 132.
aidtjQog 132.
«r/f« 139. 272.
GxeddrwfAt 469.
cxijvog 148.
<nUdnj(Ai 469. 470.
<rxa)£ 145.
oprjtrog 148.
(ro^er^ 132. •
aoqiog 336.
I anadoiv 229. •
cnavog 229.
jaira'a 229.
jarawai 397. 467.
j <nre?o? 237.
:<j«Vß) 237.
ari'£«ir 292.
dröVoc 237.
<rro<ro? 68.
atoQerrvfu 469.
, ütoQfVfu 456. 467.
469.
; ovoxof 68-
GTQayyto 457.
OTQtjrog 148.
atQuirwfii 456. 469.
;ö^«T« 146.
( aj/Ca» 1 46.
;t«w- 463.
ratqa 466.
ra^a<r<rcü 292.
, ra<roa> 70.
iav{>og 302 ff.
^ tcaig 296.
|«gfe304. 466.
|r£iV©> 46.
i T€4g<» 46.
' rixratra 231 .
:«U« 268.
rsfisrog 148.
, Ttv&Qijdolp 228.
• rtQijdwv 230.
re^flrro? 467.
reggro? 148.
TBiaydv 292. 398.
rstQaxa 220.
r£TQax&ci 220.
rUo&eu 38,
tivrvfii 391.
cijv/m 391. 470.
TiVl» 391.
«'» 467.
rorfrew 228.
itoVos 238.
I rojro? 68.
Jt^'co 137. 268.
tQirog 220.
. tq^cl 220. #
TQtx&d 220.
rvnxco 471. .
Zü(x>q 134.
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vfwfe 209.
vmug 209. .
vfiros 303. •
vnefAryftvxa 70.
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vrriQefinjuvxi 394.
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•W 131. 395. 470.
vQag 1^5.
»S.131.
vcTfuny 303. . .
vatBQog 361.
<pdßpg 207.
Wortregister.
yayzüaiva 230. '
9«/«* 292.
900? 138.
q>avog 267.
qpev/o) 470.
<p&ita>,° (p&im 467.
g#*tf*s 467..
guaUu 273.
<pdz(o 395.
q>iloftftfidfc 265.
(p^/cot 268.
CpQOVÜQV 330.
yvyyavw 470. *
gwyef* 292.
qptuc» 384.
qw'Uor 330.
Xaiva 320.
)*&«£<* 335.
XäIwos 330.
21
\X<*f*(u 305.
X<xtddtv 399.
X«otf 148.
ja^is 150.
jf«oi 266.
^evfia 457.
t*» 4*0. '
*?'* 201.
j#*Ccfc 220. .
X<h»'* 305.
XoXog 330.
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xpa&iov 328.
opo? 201.
o5* 131.
wog 134. 202.
<Sga 209.
cIqio 390.
ۥ Italische sprachen.
1) Lateinisch,
ab 375. 470.
ad 310. 476. *
ädjovta 303.
ador 15.
adqae 374.
advosem=advorsum5.
aes 301. • • -
aevum 232.
af»ab 375.
abenus 301/
albus 334.
amb— 333.
ancile' 27. .28.
anclabris 27.
anciare' 27.
..anculi- 27.
ancus 27..
Antioco 300.
anguslus 270.
ar 320. 470. •
arcus plüvius 427.
arduus 300. .
argenteus 320.
argenfam 302.
arma 2. • •
armu8 2.
Arnth 13.
arundo 310.
Arnos 44:
assir 136.
ast 375.
at 375.
augur 4.
[Aüpiter] Opiter 4.
auspex 4.
Auster 80.
Averaus 80. 100.
averruncus. 80/ :
balare 254.
balineae 370.
balbus 254.
barbarus 252.'
Bebriacum 18.
bibo220.
blaferare 254.
boletus 91.
bruma 300.
bucca 152.
caecas 222. '
caeruleus 18.
22
Wortregister.
calccanda 363. 370.
caQos 152.
capio 335.
carinare 380.
caro 235.
cascos 151.
Casinam 151.
casnar 151.
Casnasins 152.
-ce, -c 372ff.
ceaa 480.
cenati 480.
Cerberus 315.
Ceres 298.
clovaca 363.
clovlei 363.
codes 222.
coelebs 222.
coirare 362 ff.
columen 370
com, con 376.
comoini8 362.
condo 335.
conilovont 363 ff.
conquaero 353.
consuetado 232.
conticisco 35.5.
convicium 153.
coqainare 380.
cosentiont 360.
credo 335.
crueiitus 236.
cruor 236. .
culcita 50.
cur 354. 371.
Caritis 15.
curro 221.
damnam 467.
daoant 380. 397.
Decras 57. •
decas 265.
dedro 360. 370fi.
dedrot 360. 370 ff.
deficatam 353.
deico 470.
delicavit 18.
delitisco 355.
detolerit 360.
dico 470.
Diespiter 4.
distisum 353.
dives 150.
domare 330.
doDQm 11.
dos 11.
dovcere 36 3 ff.
dubenus 17.
ego 271. 325.
eidemsidem o. 356.
em 356.
eo 397.
cro 384.
eus 380.
exaestumo -353.
expleüuot 380. 395.
faba 69.
Fabaris 18.
faceiundam 356.
facintt8 147.
facio 335. 400.
faclia=facilia 370.
faüatus 368:
fect 370ff.
fei 330.
fenos 147.
fera 333.
ferbeo 369.
fere 400.
feriuuüt 381.
ferme 400.
Feronea 354.
figulus 398.
figura 398.
filea 354.
findo 470.
fiogo 398.
fio 335.
firmas 400.
flacciscit 355.
flos 336.
flovios 363ff.
foedoa 362.
foidoratus 362.
foliam 336.
follis 399.
fores 333.
formido 231.
forraiiß 333. 399.
fornax 399.
fornix 398.
fornu8 399.
Foslus 372.
Fostlus 370.
FovMae 363ff.
Fovrius 363ff.
fragesco 355.
fragmeD 457.
fraogo 470.
fraus 399.
fremo 228.
frenum 400.
fretus 400.
fruniscor 360ff 3S
fruor 381.
fpustra 400.
früstum 400.
fulcio 400.
fulvus 367.
fundo 289.
funduß 320.
Wortregister.
23
furere
furvus 367.
futilis 335:
gelu 330.
gemebundus 355.
Gennani 156 ff.
graodo 335.
habetabetur 354.
harena 333.
Hercolea 361.
hesternna 226.
kiberno8 17.
liircus 333.
hosfis 359.
hamerus 261.
ibei 358.
id 375.
im 356.
imber 325. 386.
indiges 15.
infera 370.
Innad 374.
insece 47.
infierinniitar 381.
interamiias 310.
interct 370.
invitare 153.
inyiias 154.
iter 147. 381.
jacio 221. 400.
jecox 145. 147. 381.
jocas 363.
jous, joassi 363. 368.
jabere 368.
jucandas 4.
judex, jadicare 368.
jugra 370.
jugulum 18.
jnngo 470.
Jupiter 4.
jurare
jurare 365.
labea 355.
labeones 355.
lac 400.
lamentum 400.
Lar 13.
Larce 13.
Laris 13.
Lars 13.
lateo 335. .
latus (adj.) 476. .
latus (ptc.) 400.
lavatum 5.
Lauchme 13.
laus 400.
lautum 5.
lebro 370.
leibreis 370.
Liber 371.
üben 371.
Hcnia 370.
jlien 476.
« Iingo 328. 333.
!linquo335.399. 470.
loebeso 371.
loedus 362 ff.
longus 324. 400.
lotum 5.
Lovcaoa 363 ff.
Lovcina 363 ff.
lubido 231.
luciacit 355.
Lucumo 13.
lupus 80. 400.
magnus 325.
Mannen lff.
Mamurius 2. 9 ff.
Mamuri 10.
nianea 73.
manubiae 369.
maroeo 400.
Marmar lff. 6 ff. 8.
Marmor 2. 6 ff 9.
Maria II.
Mars lff. 13ff.
Marapater 3 ff. 16.
Marspiter 3ff. 16.
Maapiter 3ff. 16.
Mavore lff. 17.
Mavortius pater 17.
mediaa 324. 333.
menaia 261.
mereto 353 ff.
meridies 18.
mieia 377.
mihi 324.
milea 299 ff.
minuo 464.
miror 265.
mobilia 227!
moenia 362.
moeras
mori 2.
morrius II.
mos 235. 301.
moveo 227.
mox 2.
multitudo 232.
munire 362.
manas 147.
muru8 362.
matilaa 335.
naufragium 4.
nequioont 381. 396.
397.
nervua 26
nisei.358.
nisi 357.
nix 263.
24
Novceria 363 ff.
novndinnm 363 ff.
Namsias 370.
nupcr 4.
nariu 263.
ob 375. 476.
obinuDt 397.
ocios 2.
oettintar 362.
ofdias 370.
. . oino 362.
oinvoroei 362. 370.
oitile 362.
ollei 361.
Opitcr 4.
' oppedeis 354.
opus 298.
Otricoli 18.
ptJmiu 393.
pango 470.
pannus 210.
parco 400.
parentet 382:
Parilia 18.
' parvus 400.
paiior 3?5.
paucus 152.
pecten 229.
penn* 147..
per 476.
pertisum 353.
pignus 147.
piterf.paterincomp.4.
piüa 477.
pleno* 381. 467.
pleo 395.
pleores 366..
• ploiruaic '362/ .
plQuruma 363ff.
plovs 363ff.
Wortregister.
pol- 477.
pollacere 365.
poloucta 363ff.
pone 474.
popluca8,poplicas360.
popolus 361. 367 ff.
por- 476.
porricere 365.
portio 11.
posco 476.
pes- 476. • •
poeedeit 357.
posedet 354.
porblicom 363ff. .
prae 471 ff.
praesens 475.
praeses 474.
praeter 474.
prebendo 399.
pro 476.
proeul 354-.
prodinoDt381. 397.
prösa=pr*vofsa 5.
proaiciae 365.
Poblius 360.
punio 397.
puteo 335.
quadraginta 368.
quaero 221.
queibos 357.
queb 390.
queror 221.
qttirqair=squi8qui8 8.
quisquis 359.
re-, red- 475 ff.
redieit 357.
redinunt 397. "
reetis 476.
reirosum = retror-
sum 5.
; ripa 310.
rogo 476.
raber 331.
Irao 460. -
rutilus 335. .
'salio 128.
i sam, sie, 8os«= suabi,'
! suis, saos 377.
sanies 137.
Isanguis 137.
jsapio 336. .
sas&asuas 365.
scäbellom 467.
scamnum 467.
scindo 470.
scutilus 335. ' '
sed 375.
sei.br 356.'
seine 357.
seit == sit 357.
•semol 353.
senatorbus 370.
senex u. 8. w. 129.'
sequi 47. •
sero 131.
serus 69.
sibei 358.'
sieeos 152.
8imitu 354.
sine 357.
sirius 462. 466.
Siria 369.
Sisapu* 369.
soledus 353 ff. .
»olino 380.
sollas 361.
§ont 360.
soveis 377.
sovom 363ff.
8ovo8'363ff.
aperes, speribuB,spero
- 6.
steroos 146.
sterno 466. 467.
strages 457.
stramen 457. '
strango 457»
strennus 466.
struigo 457.
slrues 458.
struo 458.
saaveis 359,
soescö 7-1.
sab 375. 476.
snsum 5.
suadeö 134.
tableis 370.
tabula 68.
tango 398.
Tarquinius. 14.
taiirus 369. .
tellus 305. .
tenuis'463. -
terreö 292.
tibei.358. . . .
.tiMä2£
tis = tqis 377. — tui
379.
ipnare 238.
tonn* 238.
Iotas 296.
tovtia 363 ff.
trans 473.
-trare'473.
tremibundiis 355.
tudes 150.
Turpleio 370. •
Talia 362.
tuus 364.
ubei 358.
Wortregister.
als, ultra 361.
umeru8 261.
unguis 336.
utei 358.
uva 364.
yado 400.
valeliido 232.
veles 298. .
vcnio 319.
▼entus 301 ff.
Fenum 262.
Venus 298. 461.
Vcturi 10.
Veturius 10;
TCtus 10..
Yicesma 3.70. 372.
■vic-.is 154.
vünen 400. .
vineio. 400..
vinoo 400.'
vis* 154.
vitare 153.
vitis.133. •
vivus 107.
vomitus 221.
yovrat J. vovcrat 370,
Yulnus 147. .
2) Oskiscb.
Aidtlis S6.
allo 361.
amfr 334.
amfret 382.
anafris8 386.
angetazet 59. 382.
arageto 302.
carneis 386.
-cen 373.
censamur 383.
censazet 59. 382.
25
censtur 382.
comono 362.
dekviarini 57.
eisei 61.
eiseis 61.
eisu 60. .61.
eisud 61.
ekak 51. 56.
ekask 61:
ekass 57.
ekkum 61.
ekss- 61.
eksu 61. 62.
eksuk 61.
ieku-61.
- *n 57.
i eestint 58. '
!esuf6l.
j ezum 60. •
facus 383.
famelo 382.
I.fust 334.
jharest 38?. •
idik 60.
! imaden 57
ienc 60.
ioc 60.
ioyia 57.
ip 60.
isidum 60.
iiik 60.
iusc 386.
iussu 57.
izik 60.
-k 373. •
ka[i]la 57.
| Mamercus 18.
Mainers 18. •
MafUQtwo 18.
MafMQfwovfi 18.
26
Wortregister.
medikeis 57.
erek 60.
mefiu 326. £34.
eru 61. 62. '
4) SablnlKb.
mianiku 362. '
esu 61. 62.
ancus 27.
pai 59. 60.
foni 372.
Capencas 27.
perfek] 56.
fratrex 62.
cupras 27.
pertumost 363.
-fusl 333.
fareoa 333.
Pompaiiana 57. -eis
hondra 361.
ferenter 26.
57.
hutra 361.
feret 26.
pontram 56.
kam 386.
fircus 333.
praefucna 383.
kumultu 383.
Fora 30.
qaan 376.
Marte, -i 14.
Fortana 30
serevkid 57.
Martio 14.
lepestae 27.
set 382.
mefa 334. 382.
Mamercus 25.
sipus 383.
ner 26.
Mamers 26.
Siuttüs 56.
no^ve 359.
Marcius 26.
suvei« 379.
peho, piho 477.
Mcdultia 27.
svai 359.
perca 57.
Mefula 26. 27.. 335.
teremnatoet 56. 57.
persni 397. 467. 476.
neria 26.
teremnattens 56.
posmom 25.
nerion 26.
tribarakavam 383.
pre 474.
Neron 26. . .
aittiuf 363.
pur 476
venia 26.
vergarfnu 385.
pus 474.
Vesbula 26.
via 57. viaas 57.
paze 359.
voraus 20.
rufra 334.
5) MttellaMftisch
-
sve 359.
PlatUateiiÜÄCh. Fraa
3) ümbriscL .
tefe 326.
zöslsclL
alfer 334.
tekvia 57.
caldana 50.
ampr, ambr 334.
teatra 62.
capiöta 51.
ar 476.
toro, turo 369
charogne 236.
beii- 20.
tota 301.
tenda 53.
cersnatur 480.
up 476.
tendeta 53.
ceana 480.
utur 15.
D. Sanskrltsprachen.
1) Sanskrit u. frakrit.
amsa 261.
amhu 270.
axita 467.
adi 476.
ati 476.
atha 376.
adabdha 459.
antaripa 310.
anveshati 465.
ap 310.
apa 375. 476.
apacita 387.
apaciti 387.
apas 298.
apnas 148.
aba 476.
abhi 33a 375.
abhimati 227.
abhra 66. 325. 386.
abhva 147.
amu 421.
amnas 148.
ayam 421.
ayasmaya 301. 319.
ayämi 397.
arnas 148.
arfasana 150.
a$an 46.
agani 46.
a^na 46.
agman 44 ff.
asan, a$rj 137. 236.
asme 269.
aham 271. 325.
äp 310.
äyos 135. 233.
ärya. 257.
agä 272.
Vas 269. 275.
iDomi 397.
Indräytidba 427.
invati 397.
ima 421.
iahira 274.
iahma 275.
im 356.
Kux 364.
apa 375. 476.
Uganas 149.
uarika 388.
Uli
Wortregister.
udhae 141.
urna 456.
urdhva300.
ordhyasana 150.
Vre 365.
rju 133.
rnjasana 150.
rnakli 470.
rnacit 389.
rnayä, rnayavan
r nami 459«
riiomi 396. 460.
rnvati 460.
ena 362. 421.
enas 148.
eva 234.
evam 235.
eeha 62.
ehas 148.
aabam 273.
karbara 314.
karrara 314.
karvura 314.
karbara 314.
j/kas 152.
kirua 468.
kutra 354.
kumbba 332.
Vkr 146.
kratu 359.
kravia 236.
kravya 235.
xau 228.
xiiiäti 467.
xitioti 467.
xina 467.
xiti 467.
kha 148.
khalfoa 336.
VgT 160.
27
gruami 396.
grbhnati 471.
go 304.
gopalichäpa 427.
Vgrabh 335.
glaa 147.
gha 372.
gharma 324. 333.
ghosha 107.
cayati 470.
fei 387ff.
eikitvit 150.
cita 392.
citi 392.
citra 392.
cinoti 470.
cbadia 148.
cbinadmi 470.
jaganma 320.
jaganvas 320.
jaras 396.
jarasaoa 150.
jala 330.
jana 466.
}/ji 400.
|/jiv 309.
jubomi 470.
|/jnä 464.
joa 462.
jrayasana 150.
nimmäna-i 468.
tatanvat 141.
tanu 463. 466.
tanonii 466.
tanjatu 238.
j/tap 459.
tavas 296.
tävat 365.
tirämi 473.
tirae 473.
28
Vtu255. 296.
tampati 471.
trpnomi 467. 470.
trmpati 470.
topati 471.
thimpaini 470.
V dagh 304.
daghnoti 466.
danxnü 470.
danta 326.
dabdha.459. ..
dabhnoti459.467.471.
j/dam 330.
damdnaa 149. '
dafati 470.
dagaayati 266.
danaadi '470.
Vda 329.
dideshli 470.
dina 367.
mvitmat 119:
dirgha 324. .
Vdaah 136. ••
dulistmj 3Q3.
drapsa 138. .
dravinas 148.
dhanutara 237.
dhanvan 236.
ydhi326.329.400.
dhiyasana 150.
dhüma 238.
dhftrta 400.
ydhr 400. .
)/dhrsh 324 466. - .
dhrshnu 466: .
Vdhra 400.
nakta 272.
nakha 336.
uabhas 298. .
namaia 258.
Wortegifter.' -
namaaäna 150.
mwa 266.
oavya 266. 463:
Vnaft nan$# 272.
V'naa 137.
nirmäna 468. •
■ nlg 272.
I nenekti- 471.
i
padi.477. ■ • %•'
patni 3110.
pada 354. .
papari 367.
pari 476.
patinas 148.
Parjanya 498.
pagcat 474.
päjas 296. .
pai.ii 229.
pivari 310.
puca-etar 474.
pnrataat 474..
purahsad 474.
puras 473. -
pura, puln 366.
purna 456. 467.
prchäoii 397. 476.
prnäti 467.
1 prthu 476.
Pr^ni 478. ' . .
prati 476.
pragattvan 216.
pragtia 397. 455. 467.
prasiti 476.
Vprk 38K- .
priya 477.
priyäyati 395.
prertvan'216. .
plihan 476. .
phani 229.
Vphull-336.
bandhämi 470.
barbära 252.
badhna 320. 467.
budhnäti 467.
bodhiomaiias 149.
bhanajmi 470.
bhand 371.
bharnaa 148.
bhasas- 138. 267.
bhiuadrai 470.
bhiyaaafla 150. .
bhrnäti 463. -
|/biiram 228.
bbratar 323." •
m'arti 463.
mati 227.
madhya 324.
maou 463. 466.
Kmanth 395.
Manus 467! '
mandasäna .150.
manve 466, -
maru 106:*
mahat 325,
mas 261.301.
miaoti 464. 466..
ymish 137.
Vmi 362. . .
öiukha.148.
muna-i 466.
mar 362.
]/my (mar) 2.
mlecha 252.
]/mh% 253.
Vmlai 252.
Ymlew 254.
yakrt 145. 265.
yajna 455.
Vyam 320. .
yamasäna 150.
Worlregiater.
. 29
ya^as 265.
Vjas 137.
l'ya 400:
ysvat 269.
Vju 368.
ynnajmi 470.
Vyudh 289.
yushme 269.
rajata 902.
rajatamaya 320.
rajas 136.
rajja 457.
rabhasäoa 150.
rahasya 136.
Vrnnc 80.
irnd 478.
Radra 478.
radhira 334.
rugat 272.
rüpa 269.
reknas 148. 149.
rodas 478.
I'labh 325.
l'lash 268.
lioati 463. 467.
Hna 463. 467.
y/Hh 328.
ylunc 80 365.
yyac 46. 153.
vana 461.
vanas 298. 461.
vaou 461. 466.
vanas 466.
Taiioti 460. 466.
vamathu 221.
|/var 2.
varayimi 459.
varvara 252.
Vva$ 132.
Vva* 132.
vasana 132.
vasftna 132.
vasäyati 396*
vasna 262.
vasman 132.
vasyas 220.
vata 302.
väsas 228. •
Vvic 154.
vicinomi 389.
vidrate 133.
yigoa 455.
vigva 272.
vitika 133.
vrjina 133. -
vrnakti 470.
vrn&mi 459.
vrdbas&n» 150.
veda 133.
Vaitarani 316.
$akrt 145.
gankha 336.
tabala 314.
gavas&na 150.
$a$a 153.
ftinj 139. 272.
ftudh 289.
) ^ubh 289.
gushka 152.
V^ru 364.
sagarbhya 129.
Vsac 47.
Y&an 462.
sana 129. 463.
sanaj 129. .463.
sana 130.
sanomi 466.
Vsap 131.
sama 128. 267.
Isamatha 354.
| sama 320.
sarva 361.
jSaranyü 131. .
Särameya 131.
sahas 298.
sahaaäna 150.
Isanu 462.
Särameya 314.
.sinäti 466.
sinivaü 130.
sirä 457.
samna 303.
skabhnati 458. 467.
skabhnoti 458.
y/ötan 237.
stana 237.
stabbüyat, stabbuya-
roäna 396.
stabbnäti 458. 467.
stabhnoti 458. 467.
stighnute 470.
stirna 438. 467.
! sirnami, strnomi 456.
467.
Vstha 336.
sthänu 457.
stbüra 369.
}/8du 263.
sau, sänu 462.
snashä 263.
spbay 229.
j/smi 264.
Ysmx 265.
, V^raj, srj 457.
Ksru 263. 457.
jVsvad 134.
svadhä 134.
isvapna 455.
I j/svid 132.
hanu 270. 463.
W«rtf«gwlcr.
k*YM 2».
DZ«M.
tav 225. 296.
hinoaato 4M.
a^an 46.
thanvan 237.
hiooti 4M.
apia 46.
thanvare, tfaanwetn
kinmau ja 320.
apnan 46.
237.
hiranyaya 390.
««■271
thritya 220.
hana-i 4M. 470.
a4m421.
dfa 14a
bonan 457.
afai232.
Mdora 106.
hltda 3M.
cttha 387.
rasyat 220.
brMioi 366.
csvas 967.
Ctane 216.
jy4iÜ369.
hnahka 152.
tafna 467.
hvare 134.
Druckfehler, berichtigtiDgeo, nachtrüge.
i>-
15
41
86
85
86
94
97
97
97
97
97
99
99
99
100
100
184
140
163
- 164
- 164
- 164
- 169
- 198
- 198
- 196
- 199
- 202
- 204
- 204.
- 214
- 216
- 219
- 220
- 220
-
228
z.
-
229
z.
-
229
z.
_
245
z.
-
254
z.
-
255
z.
-
264
z.
-
265
z.
-
269
z.
-
270
z.
308
z.
z. 16 v. o. lies r st. t
z. 9 v. o. 25 8t 35
8 v. o. vrvwen
3 v. o. vriemeln
I t. o. Elwen Elfen
12 v. u. miärgenblaume
II v. u. stutzen
10. v. vl h&nenjuekel
6 v. u. sluedern
4 v. o. smultro
3 v. u. 8ud
7 v. ii. spruaken
5 v. n. nuSch
4 v. u. schuat
1 v. o. guäten
16 t. o. deihl
5 v. u. ann svadham
1 v. u. formen
z. 12 v. o. declinationsendim-
gen st endnngen
z. 4 v. o« s und r. «
z. 6 v. o. s und r
z. 18 v. o. auslaute 8t. laute
z. 14 v. u. auhsa
z. 19 v. u. noat
16 v. u. des altwestf.
16 v. u. klain
17 y. il bleich st bleib.
4 v. o. exprobrare
1 v. o. deaurt — heäurt
z. 2 v. o. feäurt
z. 10 v. o. Substantivbegriffs
st adjectivbegriffs
z. 20 v. o. Zerstörer
z. 8 v. u. aa. verba st a-verba
z. 10 y. o. zahlabstracta st
Zahladverbien
z. 20 y. o. fUllt im griechi-
schen Überhaupt oft
z. 3. v. u. specialformen
13 v. u. indem n
9 y. o. do st don
9 v. o. Vermeidung
2 v. u. solchem
2 v. u. ßkrjxdoftai
14 y. u. gens
1 v. u. fttWoq
9 v. o. von y und 1
I y. o. eine 1, sg.
19 v. u. iaviü)
II v. o. tschaebr ("-}
. 308 z. 12 v. o. tschaegg ( ~ )
308 z. 16 y. o. capio
- 812 z. 5 v. u. carato
812 z. 6 y. u. drftau
319 z. 21 v. o. das semicolon vor
aus ist zu tilgen
: 320 z. 6 y. o. stamm (nvO-pfv)
• 336 die anmerk. d. red. mufs fort-
fallen; das versehen war auf ihrer
seite, da Schleicher in einem nach-
trage zu p. 97 seines werks die
Schreibung nog"t' besprochen hatte.
860 z. 10 v. o. suavis
861 z. 13 v. u. hinzuzufügen: doch
mag Kirchhoff „stadtrecht v. Ban-
tia" s. 25 recht haben, wenn er
behauptet das esk. allo sei nicht
= olla, sondern ssalia, rtXXij. Schw.
362 z. 10 v. u. mumJku
364 z. 7 v. o. nur
867 z. 11, v. o. im griechischen st
im gothischen
878 z. 12 y. o. die annähme eines
08k. -ceii neben -c, -k scheint doch
etwas bedenklich, da wohl Kirch-
hof erkl&rung 1. 1. s. 86 unan-
tastbar ist Schw.
378 z. 8 v. u. seien geschiedene —
Senati
888 z. 16 y. o. upajfvanti
897 z. 17 v. o. Schweizer p. 881.
400 z. 11 v. o. goth. gratan
405 z. 5 y. u. wäre noch
421 z. 6 v. u. ou
451 z. 7 v. o. ist vor der klammer
eine bemerkung des herrn vf s. aus-
gefallen, nach der alessa mit acu-
leus verwandt sein sollte.
455 z. 16 y. u. Zusammenhang
456 z. 6 v. u. namentlich
458 z. 7 y. u. nhd. schöff
461 z. 16 v. o. n
462 z. 19 y. u. nhd. senne
464 z. 11 y. o. minnists
466 z. 4 v. o. muna
466 z. 17 v. o. dafs
469 z. 7 v. o. -*tj|U*
470 z 12 v. o. thimpami
470 z. 16 v. o. anderes
471 z. 13. 14 v. u. weshalb man sie
st und die man deshalb.
VERZEICHNIS
VON
WERKEN
AUS DEM GEBIETE DER
SPRACHFORSCHUNG
ERSCHIENEN
in Berlin-
September 1857.
BERLIN,
GEDRUCKT BEI A. W. SCHADE, QBÜN8TRA88E 18.
I 1857.
A. Allgemeine Sprachwissenschaft
System der Sprachwissenschaft, von K. W. L. Heyse.
Dach dessen Tode herausgegeben von Dr. H. Steinthal,
Privatdocenten an der Universität zu Berlin. 1856. gr. 8.
geh. 2Thlr. 15 Sgr.
Durch die Veröffentlichung dieses Werkes, das die allgemeinen Er-
gebnisse der neueren Sprachwissenschaft mit seltener Klarheit, Kürze
und Uebersichtlichkeit darstellt, wird nicht nur allen Sprachforschern
von Fach, zu welcher Richtung sie sich auch bekennen mögen, sondern
überhaupt Allen, die irgend ein Interesse an Sprachwissenschaft nehmen,
ein nicht geringer Dienst erwiesen sein. Ein Beurtheiler (Georg Curtius)
im literar. Centralblatt sagt über dieses Werk:
„Dies Werk, in welchem wir eine der gediegensten Arbeiten auf dem
Gebiete der Sprachwissenschaft zu begrüfsen haben, ist die reife Frucht
eines vorzugsweise der allgemeinen Sprachforschung gewidmeten Lebens.
— Durch den Reichthum des Inhaltes und die glückliche Form ist es
geeignet, für längere Zeit ein Hauptwerk für alle hier einschlagenden
Forschungen zu bleiben. Ganz besonders aber möchten wir es allen
Denen empfehlen, welche an Schule und Universität Sprache zu lehren
berufen sindu u. s. w.
TJeber den Ursprung der Sprache von Jacob Grimm.
Aus den Abhandlungen der königlichen Akademie der Wis-
senschaften vom Jahre 1851. Dritte Auflage. 1852. gr. 8.
geh. 15 Sgr.
Es war vor allem die Thunlichkeit einer Untersuchung über den
Ursprung der Sprache zu erweisen. Nachdem hierauf dargethan wor-
den, dafs die Sprache dem Menschen weder von Gott unmittelbar aner-
sehaffen, noch geoffenbart sein könne, wird sie als Erzeugnifs freier
menschlicher Denkkraft betrachtet. Alle Sprachen bilden eine geschieht-
Allgemeine Sprachwissenschaft.
liehe Gemeinschaft und knüpfen die Welt an einander. In ihrer Ent
wicklung werden drei Hauptperioden unterschieden, welche mit meister-
hafter Feinheit und Durchsichtigkeit geschildert werden.
Der Ursprung der Sprache im Zusammenhange mit den
letzten Fragen alles Wissens. Eine Darstellung der An-
sichten Wilhelm von Humboldts, verglichen mit denen Her-
ders und Hamanns von Dr. H. Stein thal. 1851. gr. 8.
geh. 15 Sgr. (Vergl. S. 8.: Sprachwiss. Abhandl.)
Es lag dem Verfasser vorzüglich daran, die Gebildeten überhaupt,
besonders aber die Metaphysiker und Psychologen auf die hohe Wich-
tigkeit der Frage nach dem Ursprünge der Sprache dadurch aufmerksam
zu machen, dato er deu Zusammenhang derselben mit dem Verhältnifs
von Gott und Menscheu, Unendlichem und Endlichem, Leben und Tod,
Allgemeinem und Einreinem nachwies. Aufserdem hat er seine früheren
Arbeiten über W. v. Humboldt hiermit ergänzen gewollt.
Ueber die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues
und ihren Einflufs auf die geistige Entwicklung des Men-
schengeschlechts von Wilhelm von Humboldt. 1836.
gr. 4. geh. 4 Thlr.
In diesem Werke hat der berühmte Verfasser den Kern seines
ideellen Lebens niedergelegt. Wie er darin eine Anschauungsweise der
Sprachwissenschaft vom Standpunkte der Weltgeschichte aus begründet,
eben so sehr lehrt er darin eine Weltanschauung von dem Standpunkte
der Sprache aus. Beginnend mit der Betrachtung der die geistige Ent-
wicklung des Menschengeschlechts hauptsächlich bestimmenden Momente
($. 1—6) gelangt er zur Sprache, als einem vorzüglichen Erklirungs-
gruude jenes Entwicklungsganges ( $. 7 ). Er seiebnet die Richtung yor,
welche die Sprachforschung zu nehmen hat, um ihren Gegenstand in
dieser Weise zu beurtheilen ($.6) und wird dadurch zu einer tieferen
Darlegung des Wesens der Sprache geführt ($.9—12). Sodann genauer
auf das Sprachverfahren eingehend, stellt er die allgemeinsten und alle
Theile der Sprache durchdringenden Eigentümlichkeiten derselben dar
($.13 — 18), nach welchen er sie classificirt (§.19). Als den Punkt
aber, von dem die Vollendung der Sprache, ihre EntwickclangsfShigkeit
und ihr Einflufs auf ^o- Volksgeist abhängt, hebt er die grössere oder
geringere Stärke der synthetischen Kraft derselben hervor and führt
den Nachweis sowohl rücksichtlich der indoeuropäischen, als der semi-
tischen, amerikanischen und der einsylbigen Sprachen (§.21 — 24). Die
Beantwortung der Frage, ob der mehrsilbige Sprachbau aus der Ein-
silbigkeit hervorgegangen sei, bildet den Schlafs (§. 25) dieses grofs-
artigen Werkes.
Allgemeine Sprachwissenschaft.
Grammatik, Logik und Psychologie, ihre Principien und
ihr Verh<nifs zu einander, von Dr. H. Steinthal, Pri-
vatdocenten für allgemeine Sprachwissenschaft an der Uni-
versität zu Berlin. 1855. gr. 8. geh. 2 Thlr. 15 Sgr.
In diesem Bache stellt der Verf., dessen frühere kleine Schriften
eine nngewöhnliohe Aufmerksamkeit erregt haben, seine sprachwissen-
schaftliche Grundansicht in erwünschter Ausführlichkeit dar. Sein Be-
mühen ist vorzüglioh darauf gerichtet, den Begriff der innern Sprachform
zu entwickeln, hierdurch der Grammatik einen eigen thü ml ich en Boden
anzuweisen, sie besonders scharf von der Logik abzuscheiden und mit
der Psychologie in enge Verbindung zu bringen. Das Buch zerfällt in
drei Theile. Der erste weist die falsche Begründung durch die Logik
zurück; der zweite stellt ausführlich das Verhältnifs zwischen Logik und
Grammatik dar, wobei die wichtigsten Punkte dieser beiden Wissen-
schaften vergleichend zur Sprache kommen; der dritte, der aber die
Hälfte des Buches umfafst, legt die eigentümlichen Principien der
Grammatik und ihr psychologisches Wesen dar.
lieber den Naturlaut von Joh. Carl Ed. Buschmann.
[Besondrer Abdruck aus den Abhandlungen der König].
Akademie der Wissenschaften zu Berlin aus dem Jahre
1852.] 1852. gr. 4. geh. 15 Sgr.
Der Verf. bemüht sich zu zeigen, dafs aus der Thatsache, dafs
für die Begriffe der nächsten Verwandtschaftsverhältnisse fast in allen
Sprachen ähnlich klingende Laute vorbanden sind, kein Schlufs auf eine
allgemeine Verwandtschaft der Sprachen gezogen werden dürfe. Er be-
zeichnet diese einfachsten, aus dem Munde der Kinder zuerst vernom-
menen und folglich den Kindern geläufigsten Laute, die eben deshalb
von allen Völkern in gleicher Weise auf die Begriffe von Vater, Mutter
u. s. w. übertragen werden, mit dem Namen Naturlaut und stellt sie
für grofse Reihen von Sprachen in Tabellen auf.
Die Sprachwissenschaft Wilhelm von Humboldts und die
Hegeische Philosophie von Dr. H. Steinthal. 1848. gr. 8.
geh. 20 Sgr. (Vergl. S. 8: Sprachwiss. Abhandl.)
Es lag dem Verfasser zunächst und zu allermeist daran, die Unnah-
barkeit der dialektischen Methode Hegels dadurch zu beweisen, dafs er
zu zeigen suchte, wie diese über sich selbst hinaus zur genetischen treibt,
welcher Wilhelm v. Humboldt huldigt. Hierauf giebt er eine Darstel-
lung der Grundlagen und des Ziels der Sprachwissenschaft Humboldt1 a
mit beständiger Zurückweisung der unberechtigten Forderungen und
gehaltlosen Leistungen der Dialektik,
Allgemeine Sprachwissenschaft,
Die Classification der Sprachen dargestellt als die Ent-
wicklung der Sprachidee von Dr. H. Steinthal. 1850.
gr. 8. geh. 15 Sgr.
(Vergl. S. 8. Sprachwissenschaft! Abhandl.)
Diese Schrift enthält zuerst eine Kritik der bisherigen Sprachclasei-
ficationen und damit der heutigen Sprachwissenschaft überhaupt. Beson-
ders ausfuhrlich wird Wilhelm v. Humboldt nach seiner genialen, wie
nach seiner mangelhaften Seite dargestellt- Darauf giebt der Verfasser
nach einer neuen Auflassungsweise des Wesens der Sprache eine Ein-
tbeihing der Sprachen in dreizehn Classen nach einer den natürlichen
Pflanzen- und Thiersystemen analogen Methode.
Heber den Dualis von Wilhelm von Humboldt.
1828. gr.4. 12$ Sgr.
Diese Abhandlung dürfte aus manchen Gründen Humboldts schönste
und tiefste Arbeit genannt werden; auch wirft sie auf viele wichtige
Stellen seines grösseren Werkes ein sehr erwünschtes Licht. Die Not-
wendigkeit solcher Untersuchungen über einzelne grammatische Formen
wird rorn Verfasser selbst im Eingange dargestellt. Nach der Ueber-
sicht des räumlichen Umfanges der Sprachstamme, in denen sich die
Dualform findet, wird die Natur derselben zuerst nach der Beobachtung
der Sprachen selbst bestimmt, dann in tiefster Weise aus allgemeinen
Ideen abgeleitet, mit Berücksichtigung der phantasie vollen und rein ver-
ständigen Seite der Sprache.'
TJeber die Verwandtschaft der Ortsadverbien mit dem
Pronomen in einigen Sprachen von Wilhelm von Hum-
boldt. 1830. gr.4. 10 Sgr.
Eine Darstellung des Pronomens selbst leitet diese Abhandlung ein,
in welcher durch das Beispiel der Pronomina der Sprache der Tonga-
oder Freundschaftsinseln und anderer malayischer Sprachen, ferner der
chinesischen, japanischen und endlich besonders der armenischen Sprache
gezeigt wird, wie die Pronomina aus, den Ortsadverbien hergenommen
werden können.
De pronomine relativo commentatio philosophko-philo-
logica cum excursu de nominativi particula. Scrip6it
H. Steinthal, Dr. Adjecta est tabula lithographica signa
Sinica continens. 1847. gr. 8. geh. 20 Sgr.
(Vergl. S. 8. Sprach wissenschaftl. Abhandl.)
Per Verfasser sucht die Bedeutung des Pronomen relatiyum für das
Allgemeine Sprachwissenschaft
Satzgefüge aufzufinden. Die Untersuchung beginnt mit dem einfachsten
Satze. Indem nfimlich der Verfasser sogleich von Anbeginn die philo-
sophische Reflexion mit den Thatsachen verbindet und nach der gegen-
seitigen Durchdringung beider strebt, zeigt sich, dafs in den niedriger
stehenden Sprachen das Pronomen relativum schon zur Bezeichnung der
einfachsten Satzverhältnisse, vorzüglich aber als Partikel des Attributs
verwandt wird. Stufenweise wird die weitere Entwickelung des Satzes,
die schärfere Absonderung und formelle Ausbildung des Pronomen re-
lativum, wie endlich in immer steigender Vollendung der Organisation
der Sprachen verfolgt, welche, drei Punkte, als mit einander Hand in
Hand gehend, in engerem Zusammenhange betrachtet werden. Diese
kleine Schrift, die erste des Verfassers, enthält den Keim zu allen sei-
nen folgenden Arbeiten und ist besonders ein guter Kommentar zu sei-
ner Classification der Sprachen.
Frauennamen aus Blumen von Jacob Grimm, vorge-
lesen in der akademie am 12. Februar 1852. gr. 4. geh.
(Vergriffen.) 12 Sgr.
Zwei sprachvergleichende Abhandlungen:
1 ) Ueber die Anordnung und Verwandtschaft des
Semitischen, Indischen, Aethiopischen, Alt -Persischen und
Alt-Aegyptischen Alphabets.
2) Ueber den Ursprung und die Verwandtschaft der
Zahlwörter in der Indogermanischen, Semitischen und Kop-
tischen Sprache,
von Dr. Richard Lepsius. 1837. gr. 8. geh. 1 Thlr.
Der Verfasser fuhrt in der ersten Abhandlung mit Scharfsinn und
Gelehrsamkeit die Sätze durch, dafs 1) die Ordnung der Buchstaben im
alten semitischen Alphabete nach einem organischen Principe gemacht
ist, dafß diese Anordnung aber 2) genau und vom ersten Buchstaben
an mit der historischen Entwickelung des Sprachorganismus überein-
stimmt, woraus folgt, dafs 3) das semitische Alphabet sich nur allmäblig
und zugleich mit der Sprache selbst so gebildet habe, wie wir es vor-
finden. Hierdurch wird sein Ursprung in die Anfänge der Geschichte,
und jedenfalls vor die Trennung des semitischen, ägyptischen und indo-
europäischen Stammes gesetzt. Dies fuhrt auf eine Vergleichung des
semitischen Alphabets mit dem indischen und den Hieroglyphen, und
wird der gemeinschaftliche Ursprung dieser drei erhärtet. Dasselbe
doppelte Interesse, die Verwandtschaft jener drei Sprachstämme, wie den
innigen organischen Zusammenhang von Sprache und §chriit nachzuwej*
8 Allgemeine Sprachwissenschaft.
sen, herrscht auch in der zweiten Abhandlung. Es wird demgemäfs aufeer
der Verwandtschaft der ägyptischen, semitischen und indo- europäischen
Zahlen auch die Uebereinstunmung swrischen der Bildung der Zahlwörter
durch Zusammensetzung mit dem ägyptischen Ziffersysteme von der Zahl
vier an bis zehn dargelegt. Die durchaus einfachen drei ersten Zah-
len aber werden auf Pronominalstamme zurückgeführt. Der Verfasser
geht hierauf zu den Spuren des Duodecimalsystems und dem Decimal-
sygtem über und schliefst nach einer Abschweifung über die Bildung
der Ordinalia das Ganze mit einer Nachweisung der ursprünglichen
Femininformen der Zahlwörter.
Die Entwicklung der Schrift. Nebst einem offenen Send-
schreiben an Herrn Prof. Pott. Von Dr. EL Steinthal.
1852. gr. 8. geh. 22J Sgr. ( Vergl. das folgende Werk.)
Diese Abhandlung zerfallt in einen allgemeinen und einen besondern
Theil. Im entern wird der Begriff der Schrift erörtert, wobei der Verf.
in seiner bekannten Weise an W. v. Humboldt anknüpft, ihn kritisirend,
begründend und weiterführend. Sein Gesichtspunkt ist der psychologi-
sche , von welchem aus im andern Theile der Abhandlung die verschiede-
nen Schriftarten als die Entwicklungsstufen des Begriffes der Schrift in
folgender Reihenfolge dargestellt werden: Die Sphriftmalerei der wilden
Nordamerikaner und der Mexikaner; die Bilderschrift der Chinesen und Ae-
gypter, welche mit einander verglichen werden. Den übrigen bekanntereu
Schriftarten, welche leichter erledigt werden konnten, wird in der Ent-
wicklungsreihe, die endlich mit den Runen schliefst, die ihnen gebüh-
rende Stelle angewiesen. — Das Sendschreiben stellt des Verf. Verhält-
nifs zu Humboldt dar und bespricht die innere Form und die Classi-
fication der Sprachen.
Gesammelte sprachwissenschaftliche Abhandinngen von
Dr. H. Steinthal. 1856. gr. 8. geh. 1 Thlr. 15 Sgr.
Sämmtliche bisher einzeln erschienene Abbandlungen: De prono-
mine relativo; Die Sprachwissenschaft Wilhelm von Hum-
boldts; Die Classification der Sprachen; Der Ursprung der
Sprache; Die Entwicklung der Schrift (zusammen ca. 34 Bogen,
im Ladenpreise von über 3 Thlr.), sind hier auf den Wunsch des Herrn
Verfassers zu einem Bande mit besonderem Titel vereinigt.
Indogermanische Sprachen. Im Allgemeinen.
B. Indogermanische Sprachen.
Im Allgemeinen.
Ueber die Namen des Donners. Eine akademische Ab-
handlung, vorgelesen am 12. Mai 1853. Von Jacob Grimm.
1855. gr. 4, geh. 12 Sgr. ,
Diese Abhandlung giebt die Etymologieen der Ausdrücke für Don-
ner in der deutschen sowie in den übrigen indogermanischen Sprachen.
Es werden aber auch die finnischen (oder nralischen) Sprachen zur
Vergleichung herbeigezogen, wobei sich überraschende Zusammenstim-
mungen in Laut und Begriff ergeben. Diese erhalten noch tiefere und
umfassendere Bedeutung dadurch, dafs sie Hand in Hand mit mytholo-
gischen Beziehungen gehen. Vier Excurse dienen zur Ergänzung und
genaueren Begründung einzelner Punkte. Namentlich zeigt Auslauf A,
dafs aufser den vorgeführten Beziehungen zwischen finnischer und deut-
scher Zunge in den Namen des Donners auch sonst noch ein Zusammen-
treffen beider nicht selten ist und Auslauf C betrachtet die griechische
Motioosform i'/?, et«.
Ueber den Liebesgott von Jacob Grimm. Gelesen in
der Akademie am 6. Januar 1851. 1851. gr. 4. geh.
(Vergriffen.) 7\ Sgr.
üeber den Personenwechsel in der Rede, von Jacob
Grimm. Aus den Abhandlungen der König]. Akademie
der Wissenschaften zu Berlin 1856. gr. 4. cart. 22 Sgr.
Vergleichende Grammatik des Sanskrit, Send, Armeni-
schen, Griechischen, Lateinischen, Litauischen, Altslavischen,
Gothischen und Deutschen von Franz Bopp. Zweite,
gänzlich umgearbeitete Ausgabe. Erster Band. Erste Hälfte.
1856. Zweite- Hälfte. 1857. gr. 8. geh. & 2 Thlr.
Die vergleichende Grammatik, das Endergebnifs der vielseitigen
Forschungen des Verfassers, hat vor allen übrigen Werken desselben
10 Indogermanische Sprachen. Im Allgemeinen.
der Sprachvergleichung einen festen Grund und Boden geschaffen. Der
Zweck der darin geführten Untersuchungen ist ein doppelter. Wenn
einerseits nachgewiesen wird, dafs die indo-europäischen Sprachen in deu
von ihnen ausgebildeten Sprachformen entweder eine vollkommene Iden-
tität zeigen oder zur Darstellung derselben sich verwandter Mittel be-
dienen, ist andererseits das unablässige Streben des Verfassers darauf
gerichtet, der Entstehung und Bedeutung dieser Sprachformen auf die
Spur zu kommen und so den Organismus des Sprachkörpers zu erken-
nen. Dient die entere dieser engverknüpften Richtungen vorzüglich
dazu, die Geschichte der Sprache aufzuhellen, so sucht die andere das
Wesen derselben zu ergründen, d. h. in der letzten Instanz den Schleier
zu lüften, welcher das Verhältnis zwischen dem Gedanken und dem
lautlichen Ausdruck desselben bedeckt hält. —
Diese neue umgearbeitete Auflage erscheint in drei Bänden von
dreifsig bis vierzig Bogen zum Preise von 4 Thlr. für den Band, wel-
cher Preis aber nur bis zum Erscheinen, des dritten Bandes
gilt; sobald das Werk vollständig geworden, tritt unwiderruflich ein
Ladenpreis von 15 Thlr. für das ganze Werk, und von 5 Thlr. für die
einzelnen Bände ein.
In drei Jahren wird dasselbe vollständig erschienen sein. Die erste
Abtheilung des zweiten Bandes wird nächste Oster- Messe ausgegeben
werden.
Vergleichendes Accentnationssystem nebst einer gedräng-
ten Darstellung der grammatischen Uebereinstimmungen des
Sanskrit und Griechischen von Franz Bopp. 1854. gr. 8.
geh. 2 Thlr.
In der indo- europäischen Sprachfamilie lassen in Bezug auf die
Accentuation nur das Sanskrit und das Griechische eine durchgreifende
Vergleichung unter einander zu. Um die Uebereinstimmung beider Spra-
chen hinsichtlich ihres Accentuationsverfahrens in allen Einzelnheiten
nachzuweisen, war es nothwendig den ganzen Sprachorganismus in Be-
trachtung zu ziehen, so dafs die obige Schrift aufser der vergleichenden
Accentuationslehre, die ihre eigentliche Bestimmung ist, auch die Grund-
züge einer vergleichenden Formenlehre der betreffenden Sprachen dar-
bietet, wobei es nicht vermieden werden konnte, gelegentlieh auch an-
deren Gliedern der indo-europäischen Spraohfamilie einen Blick zuzu-
wenden. Am ausfuhrlichsten ist die Wortbildung behandelt worden und
am Schlüsse eine tabellarische Zusammenstellung der gewonnenen Re-
sultate gegeben, wodurch Jeder leicht zu der Ueberzeugung gelangen
wird, dafs in diesem Theile der Grammatik die Jahrtausende, welche das
Griechische vom Sanskrit trennen, es nicht vermocht haben, in Bezug
auf Form und Betonung in der einen oder andern der verglichenen Spra.
Indogermanische Sprachen. Im Allgemeinen. 11
chen solche Aenderungen hervorzubringen, die nur einen augenblicklichen
Zweifel an der ursprüglichen Identität derselben veranlassen könnten.
Ueber einige Demonstrativstamnie und ihren Zusammen-
hang mit verschiedenen Präpositionen und Conjunctionen im
Sanskrit und den mit ihm verwandten Sprachen von Franz
Bopp. 1830. gr. 4. 7£ Sgr.
Ueber den Einfluss der Pronomina auf die Wortbildung
im Sanskrit und den mit ihm verwandten Sprachen von
Franz Bopp. 1832. gr. 4. 7£ Sgr.
Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung auf- dem
Gebiete des Deutschen, Griechischen und Lateinischen,
begründet von Dr. Theodor Aufrecht, Privatdocenten
an der Universität zu Berlin, und Dr. Adalbert Kuhn?
Professor am Cölnischen Gymnasium ebendaselbst, fortge-
führt von letzterem. Band I— VI 1851—57. cart. ä 3JThlr.
Der Band von 6 Heften zum Subscriptionspreise von 3 Thlr.
Band VII Heft 1 erscheint noch im Laufe des Jahres 1857.
Diese Zeitschrift will durch eine kritische Ergründnng der genann-
ten drei Sprachen, besonders aber des etymologischen Theila derselben,
deren ursprüngliche Form wiederaufbauen und indem sie auf die frühe-
sten Perioden derselben zurückgeht und dem Gange der Sprache folgt,
also genetisch, die Bedeutung der ausgebildeten Formen erforschen. —
Zu diesem Zweck wendet sich die Untersuchung bald einer der drei
Sprachen unter Berücksichtigung ihrer Dialekte mehr oder weniger aus-
schliefslich zu, bald vergleicht sie zwei derselben oder alle drei unter
einander, indem sie, wo es erforderlich ist, das Sanskrit als die älteste
Schwester dieser drei zu Rathe zieht. Hierdurch fällt nicht selten Licht
auf die älteste Geschichte der europäischen Volksstämme und namentlich
auf den Zusammenhang derselben in der Periode ihrer Sprachbildung.
Durch die Beschränkung auf eine kleinere Zahl von Sprachen wird
der Vortbeil erreicht, die einzelnen Sprachen schärfer zu erfassen, als es
bei der Ausdehnung über ein gröberes Gebiet möglich wäre; für die
gewählten Sprachen aber entschied man sich, weil sie unter den indo-
europäischen zu der reichsten Entwickelung gelangt sind und ferner weil
die Werke, die in denselben niedergelegt, für unsere Bildung so bedeut-
sam sind, dafs ihre Grammatik der gründlichen Erforschung wohl vor-
züglich würdig ist. Durch Besonnenheit der Methode, sowie durch Klar-
heit und Bündigkeit der Darstellung wird sich die Zeitschrift jedem Phi-
lologen empfehlen,
12 Indogermanische Sprachen* Sanskrit.
Beitrage zur vergleichenden Sprachforschung auf dem
Gebiete der arischen, celtischen und slawischen Sprachen,
herausgegeben von A. Kuhn und A. Schleicher. Sup-
plement zur Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung.
I. Bd., Heft 1. 1856. Heft 2. 1857. gr. 8. geh. ä 1 Thlr.
Der Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung treten hiermit
Supplementhefte an die Seite, in welchen diejenigen Sprachen des indo-
germanischen Sprachstammes vergleichend behandelt werden sollen, die
bei der Zeitschrift grundsätzlich ausgeschlossen werden, also namentlich
das Sanskrit, die slawischen und celtischen Sprachen.
Aus dem reichen Inhalte der ersten beiden Hefte begnügen wir ans
folgende Arbeiten hier anzuführen: Schleicher, Kurzer abrifs der ge-
schieh te der slawischen spräche; Spiegel, Cyrua und Kuru. Cambyses
und Kamboja; Kiepert, Andeutungen zu Untersuchungen über den ari-
schen charaoter der mediachen spräche; Pott, üeber die erste person
des imperativ«: Miclosich, Verba intensivaim altslovenisohen; Pictet,
Iren und Arier; Aufrecht, Celtica; Spiegel, Zur altbactrischen Syn-
tax; Bugge, Vermischtes aus der spräche der Zigeuner; Ebel, Celtische
Studien; Whitney, Beitrage zur theorie des sanskrit verbalaccents ;
Miclosich, Das suffix - * ( - ü ) im alt slo venischen.
Sanskrit.
Glossarium Sanskritum in quo omnes radices et vocabula
usitatissima explicantur et cum vocabulis Graecis, Latinis,
Germanicis, Litthuanicis, Sclavicis, Celticis comparantur a
Francisco Bopp. Fase. tres. 1847. gr. 4. 6Thlr. 20Sgr.
Für die Leetüre der bis jetzt zugänglichsten und verbreitetsten
Sanscritwerke bestimmt, hat das Glossar den Vorzug, dafs die Bedeu-
tungen derWörter nicht auf frühere Autorität angenommen, sondern
fast durchgängig aus den behandelten Schriftstellern nachgewiesen sind.
Wichtig wird es überdies durch die Fülle von Wortvergleichungen aus
dem gesammten Bereich der verwandten Sprachen und die kritische Un-
tersuchung des Wurzel vorrathes.
Atharva-Veda-Sanhita, herausgegeben von R. Roth und
W.D.Whitney. Erste Abtheilung. 1855. hoch 4. geh.
8 Thlr.- Zweite Abtheilung (das zwanzigste Buch des
Athanra-Veda.) 1856, hoch 4. geh. 1 Thlr. 15 Sgr,
Indogermanische Sprachen. Sanskrit. 13
Hiermit iat der Text dieses Veda vollständig aasgegeben.
Die dritte Abtheilung wird eine Einleitung in den Atharva-Veda,
kritische und erklärende Noten und verschiedene andere Beilagen ent-
härten.
The white Yajurveda edited by Dr. Albrecht Weber.
Parti. The Väjasaney i - Sanhitä in the M&dhyandina and
the K&nva-Qäkhä with the commentary of Mahidhara.
1849 — 52. gr. 4. cart. 21 Thlr. 20 Sgr.
Part IL The Qatapatha-Brabmana in the Midhy-
andina-Qäkba with extracts made from the commentaries
of Säjana, Harisvämin and Dvivedagaoga. 1849 — 56.
gr. 4. cart. 24 Thlr. 20 Sgr.
Part III. The Qrautasütra of Kätyäyana with extracts
from the commentaries of Karka and Yäjnikadeva. No.l — 3.
1856. 57. gr. 4. geh. 9 Thlr.
Jfrahma-Vaivarta-Pur&ni specimen. Textum e codice ma-
miBcripto bibliothecae regiae Berolinensis edidit interpreta-
tionem Latinam adjecit et commentationem mythologicam
et criticarn praemisit Ad. Fr. Stenzler. 1829. 4. 20 Sgr.
Diluvium cum tribus aliis Maha-Bhärati praestantissimis
epieodiis primus edidit Franciscus Bopp. Fasciculus
primus, quo continetur textus Sanscritus. 1829. 4.
2 Thlr. 20 Sgr.
Hierzu die deutsche Uebersetzung ;
Die Sündfluth, nebst drei anderen der wichtigsten Epi-
soden des Mahä-Bhärata. Aus der Ursprache übersetzt
von Franz Bopp. 1839. 8. 20 Sgr.
Ghatacarparam, Das zerbrochene Gefäfs, ein sanskriti-
sches Gedicht, herausgegeben, übersetzt, nachgeahmt und
erläutert von G. M. Dur seh. 1828. 4. 20 Sgr.
KsMt^avan^avallcharitam, a Chronicle of the family of
Raja Erishnachandra of Navadvipa, Bengal. Edited and
translated by W. Pertsch. 1852. gr. 8. geh. 2 Thlr.
MalavikA und Agnimitra. Ein Drama des Eälidäsa in
fünf Akten. Zum ersten Male aus dem Sanskrit übersetzt
von Albrecht Weber. 1856. 8. geh. 1 Thlr.
14 Indogermanische Sprachen. Griechisch.
Päraskaras Grthya-Butra* — Glückwunsch Sr. Excellenz
Herrn Freiherrn Alexander von Humboldt zum 4 Au-
gust 1855 dargebracht von Dr. Adolph Friedrich Stenz-
ler, ord. Prof. der orientalischen Sprachen an der Königl.
Universität zu Breslau. Nebst einem Bruchstück aus Paras-
karas Darstellung der heiligen Gebräuche, der Inder. 1855.
gr. 4. geh. 7J Sgr.
Upalekha de Eramap&tha libellus. Textum Sanscritum
recensuit, varietatem lectionis, prolegomena, versionem La-
tinam, notas, indicem adjecit Dr. G. Pertsc h. 1854.
gr. 8. geh. 1 Thlr. 10 Sgr.
Urvasia, fabula Calidasi. Textum Sanscritum edidit, in-
terpretationem Latinam et notas illustrantes adjecit Ko-
bertus Lenz, Dr. Ph. 1833. 4. geh. 4 Thlr.
Yajnavalkya's Gesetzbuch, Sanskrit und Deutsch heraus-
gegeben von Dr. Ad. Fr. Stenzler. 1849. gr. 8. geh.
2 Thlr. 20 Sgr.
Griechisch.
De nominum Graecorum formatione linguarum cognata-
rum ratione habita scripsit Dr. G. Curtius. 1842. gr. 4
geh. 20 Sgr.
Die Wortbildung war, wie sehr auch deren "Wichtigkeit seit Butt-
mann einleuchtete, der Schwierigkeiten wegen, die sich bei Beschränkung
auf die eine Sprache überall darboten, in den Grammatiken stiefmütter-
lich und überdies stets so behandelt worden, dafs primäre und secun-
däre Ableitungen zusammengeworfen wurden. Der Verfasser spricht
sich zuerst über den Unterschied beider aus und geht sodann, nachdem
die wichtige Voruntersuchung über gewisse, weder zur Verbal wurzel,
noch zum Affix gehörige euphonische Laute erledigt ist, zur Darstellung
der griechischen primären Wortbildung über. Die ableitenden Affixe
sind hier nach ihrer formellen Verwandtschaft geordnet, ihre Entstehung
und ihr Verhältnifs zu den identischen lateinischen und sanskritischen,
sodann die mannigfachen Umgestaltungen' nachgewiesen, welche einzelne
Indogermanische Sprachen. Griechisch. 15
im Griechischen erfahren haben. Die Klarheit der Darstellung macht
die Abhandlung selbst dem in der Sprachvergleichung minder Geübten
fruchtbar.
Etymologisches Wörterbuch der griechischen Sprache
zur Uebersicht der Wortbildung nach den Endsylben ge-
ordnet von Dr. W. Pape. 1836. Lex. 8. 2 Thlr. 15 Sgr.
Die' mit vieler Emsigkeit und Aufopferung ausgeführte Arbeit des
Verfassers fuhrt uns gleichsam in den Haushalt der griechischen Sprache
ein. Die nach den Endungen übersichtlich geordnete Zusammenstellung
der Wörter gereicht zu mannigfachem Nutzen: bei dem Nomen und den
Partikeln lernen wir, obgleich eine strenge Sonderung der Einsicht des
Lesers überlassen bleibt, die mit gleicher Ableitungs- oder Flexions-
endung gebildeten Wortsta'mme kennen, während bei der Conjugation
es von Wichtigkeit ist, den ganzen Vorrath der den einzelnen Classen
anheimfallenden Verben übersehen zu können. Aber auch für die Accent-
lehre ist der möglich gemachte Ueberblick willkommen, und für die
Compositum, deren wissenschaftliche Bearbeitung noch mangelt, besteht
keine ähnlich reiche Sammlung.
De conjugatione in pu linguae Sanscritae ratione habita
scripsit Dr. A. Kuhn. 1837. 8. 10 Sgr.
Die Conjugation auf /u, die in unseren Grammatiken noch im-
mer als die unregelmäfsige betrachtet wird, erweist sich durch Ver-
gleichung des verwandten Sprachkreises als die ursprüngliche und die-
jenige, welche Personalendungen und Eigentümlichkeiten der Conjugation
am treuesten bewahrt hat. Der Verfasser, welcher sich eine möglichst
erschöpfende Behandlung jener Conjugation zur Aufgabe gestellt hat,
betrachtet zunächst die Personalendungen, denen mit Hülfe des Sanskrit
sowohl ihre ältere Form, als (und hierbei namentlich bietet sich eine
Reihe scharfsinniger Beobachtungen dar) ihre Bedeutung nachgewiesen
wird. Der zweite Theil des Buches behandelt sodann die Bildung der
einzelnen Zeiten mit durchgängiger Hervorhebung der dieselben unter-
scheidenden Merkmale und untersuchender Berücksichtigung der Dialect-
eigenheiten.
Grammatik der griechischen Vulgarsprache in historischer
Entwicklung von Prof. Dr. F. W. A. Mullach. 1856.
gr. 8. geh. 2 Thlr. 20 Sgr.
Diese Grammatik, der eine umfassende, aus den Quellen geschöpfte
Geschichte der griechischen Sprache von den ältesten Zeiten bis Jetzt
als Einleitung in 47 §§. (107 SS.) vorangeht, ist als eine wichtige Er-
gänzung der bisherigen griechischen Grammatiken zu betrachten, die nur
die Schriftsprache zu behandeln pflegen.
16 Indogermanische Sprachen. Lateinisch und Altitalisch.
Grammatik des Neutestamentlichen Sprachgebrauchs. Im
Anschlüsse an Ph. Buttmann 's Griechische Grammatik
bearbeitet von Alex. Buttmann. Erste Abtheilung.
Formenlehre. 1857. gr. 8. geh. 10 Sgr.
Lateinisch und Altitalisch.
Theorie generale de l'accentnation latine suivie de re-
cherches sur les inscriptions accentuees et (Tun examen des
vues de M. Bopp sur Fhistoire de F accent par Henri Weil
et Louis Benloew, Professeurs de facnlte. 1855. gr. 8.
geh. 2 Thlr. 20 Sgr.
Der lateinische Accent hat noch zu wenig die Aufmerksamkeit der
Grammatiker auf sich gezogen. Einfacher als der griechische, bietet er
doch der interessanten Erscheinungen gar viele dar. Gegenwartige Be-
arbeitung desselben durch zwei Philologen, welche Schüler Böckh's
und Bopp 's zugleich Bind uud mit der genauesten Kenntnifs des klas-
sischen Alterthums die Ergebnisse, die Principien und die Methode der
neuen comparativen Grammatik verbinden, dürfte jene Lücke in der phi-
lologischen Forschung fast vollständig ausfüllen. Der lateinische Accent
wird hier nicht bloß an sich und nach seinem vielseitigen Einflüsse auf
die Gestalt nnd Abänderung der Wörter betrachtet, es wird ferner hier«
bei nicht blos nach wahrhaft geschichtlicher Methode seine Entwicklung
in den verschiedenen Epochen des Lebens der lateinischen Sprache aus-
führlich dargestellt; sondern es wird auch am Accente die Stellung nach-
gewiesen, welche überhaupt die lateinische Sprache in der Geschichte
des indo- europäischen Stammes einnimmt, indem sie in die Mitte tritt
zwischen das altertümlichere Accentuationssystem des Sanskritischen
und Griechischen einerseits und das der modernen Sprachen andrerseits.
Die umbrischen Sprachdenkmäler. Ein Versuch zur Deu-
tung derselben von Dr. S. Th. Aufrecht und A. Kirch-
hoff. (1849 — 51.) Zwei Theile in einem Bande, gr.4.
mit 10 lith. Tafeln. 1851. cart 10 Thlr.
Die lateinische Sprache, welche in Folge der wenigen literarischen
Ausbildung, die ihr in ältester Zeit zu Theil wurde, bis die Bekannt-
schaft mit der griechischen Literatur ihren Einflute ausübte', in einem fort-
Indogermanische Sprachen. Lateinisch und Altitalisch. 17
wahrenden Auflösungsprocesse begriffen war, mufs durch die Verglei-
chung mit den italischen Sprachüberresten mannigfache Aufklärung erlan-
gen, gerade so wie die einzelnen griechischen oder deutschen Mundarten
in dem sie zusammengehalten werden, einander vielfach ergänzen und
erläutern. %
Die umbrischen Sprachreste, welche wegen ihres bedeutenden Um-
fanges schon früher Gegenstand angestrengter Forschung gewesen waren,
gewähren das doppelte Interesse, dafs aus ihnen einerseits eine ziemlich
vollständige Uebersicht des umbrischen Idioms sich zusammenstellen
läfst, andererseits ihr Inhalt viele Seiten des römischen religiösen Lebens
in helles Licht setzen kann. Die Lösung dieser zweifachen Aufgabe war
der Zweck des vorliegenden Werkes. Zunächst kam es darauf an, eine
möglichst erschöpfende Grammatik der umbrischen Sprache zu schaffen
nnd den Nachweis zu liefern, dafs dieselbe mit der lateinischen in
schwesterlichem Verhältnisse stehe. Der erste Band beschäftigt sich
nun damit, die umbrisebe Laut- und Formlehre zu entwickeln, wobei
die Analogie mit den verwandten Sprachen durchgängig zu Grunde ge.
legt wurde. Die Lautlehre beginnt mit dem Vokalsystem, erweist des-
sen Uebereinstimnrang mit dem lateinischen namentlich in der Abneigung
gegen die Diphthonge nnd sucht den Ursprung der einzelnen Vokalf
durch Herbeiziehung eines grösseren Sprachkreises zu ergründen. Auch
bei den Konsonanten ist überall deren- Entstehungsgeschichte und Ver-
hältnis zu einander erforscht worden, so dafs der noch in unseren Ta-
gen sehr vernachlässigten lateinischen Lautlehre nicht geringer Aufschlufs
daraus erwuchst. Noch wichtiger wird aber die Formenlehre, weU das
Umbrische viele Flexionen besitzt, welche im Lateinischen entweder ver-
altet oder verstümmelt sind. Die Darstellung begnügt sich aber nicht
mit der Zusammenstellung der ähnlichen oder identischen Formen, son-
dern sucht wo möglich deren Ursprung zu ermitteln.
Im, zweiten Theile werden die im ersten aufgestellten Formen aus-
führlich begründet und die sprachliche Deutung der Denkmäler so geübt,
dafs die Verfasser sich stets der Grenzen bewufst bleiben, welche durch
die Dunkelheit des Gegenstandes gesteckt sind und deren Ueberschrei-
tung ihre Vorgänger in Behr sonderbare Verirrungen geführt hatte. Durch
das beigefügte vollständige Glossar und den genauen Abdruck der Tafeln
sind die Leser nach allen Seiten in den Stand gesetzt, sich ein selbst-
standiges Urtheil zu verschaffen und die noch nicht zum Abschluß ge-
langte Forschung weiterzufuhren.
18 Germanische Sprachen.
Germanische Sprachen.
Crescentia ein niderrheinisches Gedicht aas dem zwölf-
ten Jahrhundert, herausgegeben von Oskar Schade. 1853.
gr. 8. geh. 1 Thlr.
Der Herausgeber hat in obigem Gedicht, das bis jetzt in der Kaiser-
chronik als dazu gehörig und davon untrennbar betrachtet wurde, ein
selbständiges strophisches Werk von einem andern Verfasser, als dem
Redactor der Kaiserchronik, erkannt. In der Einleitung weist derselbe
zum ersten Male in einigen anderen Gedichten des zwölften Jahrhunderts
eine feste Regel des Versbaues und der Sprachform nach. —
Die deutschen Ortsnamen mit besonderer Berücksichti-
gung der ursprünglich wendischen in der Mittelmark und
Niederlausitz von AI. Buttmann, Professor. 1856. 8. 'geh.
174 Sgr.
„Wir unsererseits wünschen der kleinen Schrift besonders deshalb
eine allgemeinere Beachtung, weil sie einige sehr wichtige Fundamental-
sätze über die Entstehung und die Umwandclung von Ortsnamen auf
eine klare und überzeugende Weise zur Anschauung bringt, — Lehr-
sätze, welche nicht blos für Deutschland, sondern für aHc diejenigen
Länder gelten, in denen Völker verschiedener Zunge gelebt haben.44
Zeitschrift für allgemeine Erdkunde.
Ueber die Bedeutung des Namens der Städte Berlin und
Cöln von C. Ä. F. Mahn. 1848. 8. geh. 5 Sg&
Ueber den Ursprung und die Bedeutung des Namens
Freussen von C. A. F. Mahn. 1850. 8. geh. 5 Sgr.
Der Verfasser prüft die vor ihm versuchten Erklärungen der Namen
Berlin und Preufsen, und da sie sich unhaltbar zeigen, giebt er neue,
welche, die Schwierigkeiten, die den früheren entgegenstanden, vermei-
dend, auch durch positive Gründe höchst wahrscheinlich, um nicht zu
sagen gewifs, gemacht werden. Der Werth der beiden Arbeiten wird
nicht blos durch andere gelegentliche Etymologien, sondern auch dadurch
erhöht, dafs der Akt der Namengebung an Völker und Städte nach allen
Möglichkeiten dargelegt wird und dadurch für alle hierher gehörenden
Untersuchungen anregende Fingerzeige gegeben werden.
Littauisch - Slavisch. 1 9
Etymologische Untersuchungen über geographische Namen
von C. A. F. Mahn, Dr. Erste Lieferung. Einleitung.
Bedeutung des Flufsnamens Spree. 1856. 8. geh. 5 Sgr.
Aufser der ausführlichen Erklärung des Namens der Spree werden
in der Einleitung und sonst gelegentlich neue und hinlänglich entwickelte
Deutungen der Namen Italien, Germanen, Skandinavier, Pelasger, Sicu-
ler, Serben, Skythen, Iberer und des Teltowgaus aufgewiesen und ver-
sucht, welche die aus den falschen und mifslungenen Etymologieen ge-
zogenen Folgerungen und Ergebnisse aufheben oder bedeutend modifi-
ciren.
Littauisch - Slavisch.
Ueber die Sprache der alten Preussen in ihren verwandt-
schaftlichen Beziehungen von Franz Bopp. Gelesen in
der Akademie der Wissenschaften am 24. Mai 1849, am
25. Juli 1850 und am 24. Februar 1852. 1853. gr. 4.
geh. 1 Thlr.
Mit gewohnter Meisterschaft unterwirft der Verfasser in dieser Schrift
das einzige zuverlässige altpreufsische Sprachdenkmal, das uns erhalten
ist, die Uehersetzung nämlich des kleinen Lutherischen Katechismus, einer
grammatischen Sichtung, und zwar hauptsächlich diejenigen Formen, die
dem Litauischen und Lettischen gegenüber besondere Beachtung ver-
dienen, insofern sie diese mehrfach durch treuere Bewahrung des ur-
sprünglichen Gepräges übertreffen. Somit bildet diese Schrift einen höchst
willkommenen Beitrag zu der „Vergleichenden Grammatik ", in welcher
nur das Littauische zur Vergleichung mit den indo- germanischen Spra-
chen herangezogen ist. In der Einleitung wird auch die all mahlige Ab-
trennung der letzteren von der asiatischen Muttersprache besprochen und,
wie bisher, die Absonderung der lettisch-slavischen Idiome von derselben
später gesetzt, als die der klassischen, germanischen oder keltischen.
Littauische Volkslieder, gesammelt, kritisch bearbeitet
und metrisch übersetzt von G. H. F. Nessel mann. Mit
einer Musikbeilage. 1853. Lex. 8. geh. 3 Thlr. 10 Sgr.
Bei der Wichtigkeit der littauischen Sprache für die vergleichende
Erforschung der indo -europäischen Sprachen dürfte eine Sammlung lit-
tauischer Volkslieder mit gegenüberstehender — dem Text möglichst
wörtlich sich anschliefsender — Uebersetzung von grofsem Interesse für
20 Celtisch.
Sprachforscher Bein. — Der Herausgeber benutzte alles ihm nur irgend
erreichbare gedruckte, wie handschriftliche Material. Hierdurch, sowie
durch Correctheit des Textes und Genauigkeit der Uebersetzung littst die
Sammlung alle früheren weit hinter sich. Auch der strophischen Ab-
theilung wurde sorgfältig Rechnung getragen.
Celtisch.
Ueber Marcellas Burdigalensis von Jacob Grimm.
Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 28. Juni
1847. 1849. gr. 4/ geh. 15 Sgr.
Ein Buch de medicamentis , welches von Marcellus mit dem Beina-
men Burdigalensis oder Empiricus, dem Leibärzte Theodosius des Grofsen,
geschrieben ist, vom mcdicinischen Standpunkte aus unbedeutend , er-
schlofs dem sinnigen Auge des Verfassers nach anderer Seite hin einen
anziehenden Schatz. Marcellus nämlich, von Geburt, wie der erste Bei-
name ausdrückt, ein Gallier (aus Bourdeaux), theilt hin und wieder gal-
lische Kräuternamen mit, welche in dieser Abhandlung den entsprechen-
den Wörtern der heutigen keltischen Dialekte gegenübergestellt werden
und unverkennbar anzeigen, dafs die im 4. Jahrhundert in Aquitanien
herrschende Sprache sich mehr der irischen und gälischen Mundart, als
der armorUchen anschliefst. Dann werden die abergläubischen, von Mar-
cellus aus dem Munde des Volkeß erkundeten Heilmittel, gewifs von
hohem Alterthum und weiter Verbreitung, mitge theilt, und darauf hin-
gewiesen, wie sie die alten Zustande, die Poesie und Sitte der euro-
päischen Völker mannigfach aufhellen. Ganz unmittelbar für die Sprach-
wissenschaft aber ist die Erklärung einer bisher unverständlichen Formel
wichtig, in welcher nunmehr das überhaupt bekannte älteste Denkmal
gallischer Sprache aufgewiesen wird.
' TTeber die Marcellischen Formeln von Jacob Grimm
und Adolph Pictet. Aus den Abhandlungen der königl.
Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 1855. gr. 4.
geh. 8 Sgr.
Die in der vorhergehenden Schrift gemachte Entdeckung, dafs ein-
zelne der von Marcellus Burdigalensis, ciuem aus Aquitanien gebürtigen
Gallier, verzeichneten abergläubischen Heilformeln und Zaubersprüche
in keltischer Sprache abgefafst seien und aus ihr gedeutet werden könn-
ten, wird weiter verfolgt. Schon gegebene Erklärungen werden mit
neuen Beweisen unterstützt, andere neu dargeboten.
Romanische Sprachen. 21
Romanische Sprachen.
Etymologische Untersuchungen auf dem Gebiete der Ro-
manischen Sprachen von C. A. F. Mahn, Dr. Specimen
I— Vni oder No. 1— 56. 1855. 8. 16 Sgr.
Diese Untersuchungen sind gewissermafsen als eine Fortsetzung und
Ergänzung von Diez' etymologischem Wörterbuch der Romanischen
Sprachen zu betrachten, indem der Verfasser hauptsächlich solche roma-
nische Wörter einer in der Regel ausfuhrlicheren etymologischen Unter-
suchung unterwirft, von denen Diez noch keine Etymologie gegeben hat
oder bei denen er eine Frage nach derselben aufwirft oder bei denen
endlich der Verfasser mehr oder weniger von Diez abweicht.
De elementis Germanicis potissimum linguae Franco-
gallicae scripsit Ludovicus Schacht, Phil. Dr. 1853.
gr. 8. geh. 12 Sgr.
Der Verfasser stellt in einem Glossarium möglichst vollständig alle
durch das Deutsche etymologisch erklärbaren Wörter der französischen
Sprache zusammen. Eine vorangeschickte altgemeine Einleitung setzt die
historischen und verwandtschaftlichen Beziehungen des Französischen zum
Deutschen wie zu seinen übrigen Bestandteilen auseinander.
Syntax der neufranzösischen Sprache. Ein Beitrag zur
geschichtlich -vergleichenden Sprachforschung von Dr. Ed.
Mätzner. Zwei Theile. 1843.45. gr. 8. 4 Thlr. -
Die bisher gewöhnlich nur auf den etymologischen Theil der Sprach-
wissenschaft angewandte vergleichende Methode liefert hier auch in der
Syntax die schönsten Ergebnisse. Zur Erklärung der französischen Con-
struetionen sucht der Verfasser zunächst in den verschwisterten roma-
nischen Sprachen, besonders auch im Altfranzösischen und Provenzalischen
die analogen Erscheinungen auf. Er dehnt aber den Kreis der Ver-
gleichung auch auf die klassischen Sprachen und endlich selbst auf die
semitischen aus. Dabei besitzt der Verfasser die so seltene Vereinigung
umfassender historischer Forschungen mit einem tiefen philosophischen
Blick. Von den beiden Theilen behandelt der erste den Satz, der andere
das Satzgefüge und die Periode.
22 Romanische Sprachen.
Altfranzösische Lieder, berichtigt und erläutert mit Be-
zug auf die provenzalische, altitalienische und mittelhoch-
deutsche Liederdichtung nebst einem altfranzösischen Glossar
von Eduard Mätzner. 1853. gr.8. geh. 2Thlr. 15Sgr.
Diese Sammlung von altfranzösischen Liedern bietet nicht sowohl
einen jener Text-Abdrucke nach französischen Handschriften, die an vie-
len Stellen jedes Verständnifs unmöglich erscheinen lassen, sondern viel-
mehr eine kritische Bearbeitung bereits anderweitig publicirter Texte,
durch welche dieselben erst recht leserlich werden. — Mit dieser kriti-
schen Behandlung hängt die Deutung eng zusammen. Zur Erläuterung,
theilweise selbst zur Wortkritik, wurden vom Herausgeber die altitaliä-
nischen, wie die provenzalischen und mittelhochdeutschen lyrischen Dich-
tungen herbeigezogen. Abgesehen von dem Nutzen, den eine derartige
Vergleichung nach dieser Seite hin gewährte, ist es aber auch an und
für sich interessant, die wesentlichen der mittelalterlichen Kunstlyrik ver-
schiedener Länder gemeinsamen Züge zu verfolgen, und auch hierauf
waren die Bemühungen des Herausgebers gerichtet. „
Das Glossarium endlich ist dazu bestimmt, minder Geübten das Stu-
dium einer Veralteten Sprache zu erleichtem, ohne deren gründliche Er-
forschung die Kenntnifs des Neufranzösischen lückenhaft bleiben mufs.
Es berücksichtigt die Abstammung der Worte und giebt zugleich die
nächst verwandten Wortformen der westromanischen Idiome, sowie des
Englischen.
Die Werke der Troubadours, in provenzalischer Sprache,
nach Raynouard, Rochegude, Diez und nach den Hand-
schriften. Herausgegeben von Dr. C. A. F. Mahn.
Lyrische Abtheilung/ Bd. I. 1846. 8. geh. 2 Thlr.
Bd. II. Lief. 1 u. 2. 1855. 57. 8. geh. ä 15 Sgr. Bd. IV.
1853. 8. geh. 2 Thlr.
Epische Abtheilung. Bd. I. Girartz de Rossilho,
nach der Pariser Handschrift herausgegeben von Dr. C.
Hofmann, Prof. an der Universität zu München, Mit-
glied der Königl. Bayerischen Akademie der Wissenschaf-
ten. Lief. 1 — 3. 1855—57. 8. geb. ä 15 Sgr.
Eine neue Ausgabe sammtlicher Werke der provenzalischen Trou-
badours war wegen der Seltenheit und Unvollstandigkeit des bekannten
Raynouard'schen Werkes nothwendig geworden, besonders auch seitdem
man immer allgemeiner zu erkennen anfing, dafs aufser dem historischen
Romanische Sprachen. 23
und litterarischen Interesse der provcnzaliachen Sprache für das Stadium
der romanischen Sprachen dieselbe Wichtigkeit zukommt, als der gothi-
schen für das der germanischen Sprachen.
Der erste Band der lyrischen Abtheilung enthält aufser der ausführ-
lichen Vorrede, in welcher .auf den Nutzen und die Wichtigkeit des
Studiums der provenzalischen Sprache und Litteratur aufmerksam ge-
macht, und besonders die Wichtigkeit desselben für die historische und
vergleichende Sprachforschung hervorgehoben wird, in chronologischer
Ordnung 277 Gedichte von 20 Troubadours in einem höchst corrccten
Abdruck.
Lieferung 1 . und 2. des zweiten Bandes enthalten die Dichter Peiroi
und Guillem von Saint- Didier, den Mönch von Montaudon, 21 Gedichte
von Arnaut Daniel, und etwa 14 Gedichte (von 60) des Gaucelm Faidit.
Der vierte Band umfafst sämmtliche gröfscre und kleinere Gedichte,
99 an der Zahl, eines der umfangreichsten und bedeutendsten Dichter,
des Oiraut Riquier, und zwar ganz neu nach den beiden Pariser Ori-
ginalhandschriften herausgegeben.
Die bis jetzt ausgegebenen drei Lieferungen des ersten Bandes der
epischen Abtheilung der Werke der Troubadours enthalten den ganzen
Text des Oirartz de Rostüho. Die vierte und letzte Lieferung wird die
Einleitung und die kritischen und erklärenden Anmerkungen und ein
Glossar enthalten.
Die Biographieen der Troubadours, in provenzaliecher
Sprache. Herausgegeben von Dr. C. A. F. Mahn. 1853.
8. geh. 15 Sgr.
Eine neue und besondere Ausgabe der Biographieen der Troubadours
in provenzalischer Sprache schien wiinschenswerth, nicht nur an und
für sich wegen des anziehenden und oft sehr merkwürdigen litterarischen
nnd geschichtlichen Inhalts, sondern audi weil dieselben in Folge ihrer
Leichtigkeit und Verständlichkeit als erstes Lese- und Uebungsbuch für
Anfänger dienen können, die durch dieselben sehr zweckmSCsig auf die
Lesung der bei weitem schwierigeren Gedichte selbst vorbereitet werden.
Einen besonderen Vorzug erhält diese neue Ausgabe dadurch, dafe die
ersten 48 Biographieen, vermöge einer von dem Herausgeber gemachten
Abschrift, treu nach den Pariser Handschriften gegeben werden; die
übrigen sind nach Raynouard abgedruckt. Einige kritische Bemerkungen
und wörtliche Uebersetzungen sind beigefügt worden.
Gedichte der Troubadours in provenzalischer Sprache,
zum ersten Mal und treu nach den Handschriften heraus-
gegeben. Mit kritischen und erklärenden Anmerkungen von
24 Iberisch - Baskisch.
Dr. C. A. F. Mahn. Bd.L Lief. 1 — 5. 1856. 8. geh.
2 Thlr. 15 Sgr. Bd. IL Lief. 1. 2. 1856. 57. ä 15 Sgr.
Gegenwartige Ausgabe von Gedichten der Troubadours in proven-
zalischer Sprache ist dazu bestimmt, die kritische Ausgabe sammüicher
Werke der Troubadours mit Vergleichung aller Handschriften vorzube-
reiten, dieselbe einstweilen zu ersetzen, und auch nachher noch einen
urkundlich -handschriftlichen Werth zu behaupten. Die Gedichte sind
daher ganz treu nach bestimmten Handschriften gegeben, und die Be-
sprechung und Verbesserung des Textes ist den kritischen Anmerkungen
überwiesen. Es sind im Ganzen 300 Lieder und gröfsere Gedichte, die
liier gröfstenthcils zum ersten Mal gedruckt erscheinen Die Zahl der
ungedruckten verhält sich zu den bereits gedruckten wie 250 : 50.
Sämmtliche Gedichte sind aus sieben Handschriften der Pariser KaiserL
Bibliothek und des Arsenals, sowie aus vier englischen Handschriften
gezogen, die durch ein Zusammentreffen von günstigen Umstanden wie-
der neu aufgefunden und zum Theil in ^Besitz von Privatpersonen und
an schwer zugänglichen Orten in die Hände des Herausgebers gelangten.
Peire Vidal's Lieder, herausgegeben von Dr. K. Bartsch,
Conservator der Bibliothek am Germanischen Museum. 8.
geh. 1857. 2 Thlr.
Kritisch bearbeiteter Text mit ausführlicher Einleitung über des
Dichters Leben, metrische und sprachliche Eigentümlichkeiten, Reim-
verzeichnifB, Glossarium u. s. w.
Iberisch - Baskisch.
Prüfung der Untersuchungen über die Urbewohner Hi-
spaniens vermittelst der baskischen Sprache von Wilhelm
von Humboldt. 1821. 4. geh. 2 Thlr. 10 Sgr.
Diese Schrift enthält nicht blos eine Kritik der früheren so dürfti-
gen und unvollkommenen Untersuchungen über die Urbewohner Spaniens.
Vielmehr wird mit musterhafter Gründlichkeit und Klarheit dargethan,
dafs die vielen altiberischen, von Griechen und Römern überlieferten
Ortsnamen aus der vaskischen Sprache herstammen, und somit die That-
sache zur Gewifsheit erhoben, dafs die heutige Sprache der Vasken,
natürlich mit den durch die Zeit hervorgebrachten Veränderungen, auch
die der alten Iberer war, und dafs ferner diese nur ein Volk mit nur
Aegyptiflch. 25
einer von den celtischen ganz verschiedenen Sprache ausmachten und
als die ursprünglichsten Bewohner über die ganze Halbinsel verbreitet
waren, nur mit Celten untermischt und theilweise zu Oeltiberern ver-
schmolzen; denn die vereinzelten punischen und griechischen Colonieen
' können, wie die römischen Besatzungen, nicht in Beträcht kommen.
Denkmäler der baskischen Sprache. Herausgegeben von
Dr. C. A. F. Mahn. 1857. 8. geh. (Unter der Presse).
EnthSlt hauptsächlich seltene unzugängliche oder ganz unbekannte
Baskische Texte z. B. aus dem Neuen Testament von 1571, aus Axular's
Gueroco guero von 1642, aus Oihenarfs und Garibay's Sprichwörtern,
epische Gedichte über den Cantabrischen Krieg und die Schlacht bei
Roncesvalles, Urkunden aus dem 6. und 8. Jahrhundert, Uebersetzungen
aus den klassischen Sprachen, ganz besonders bisher unbekannte kleinere
Lieder
C. Aegyptisch.
De natura et indole linguae popularis Aegyptiorum dis-
seruit IL Brugsch. (fasciculus prior.) 1850. gr. 8. geh.
15 Sgr.
Grammaire dömotique contenant les principes gen&raux
de la langue et de l'äcriture populaires des anciens tägyp-
tiens par Henri Brugsch, de Funiversitö royale de Berlin.
Avec un tableau de signes d¬iques et dix planches y
annexees. 1855. fol. cart. 25 Thlr.
Diese Grammatik enthält eine vollständige und wissenschaftliche
Darstellung desjenigen ägyptischen Dialectes, welcher zu den Zeiten der
letzten Pharaonen, der Griechen und Römer in Aegypten gesprochen uud
geschrieben wurde. Nicht nur sind die grammatischen Formen und ihre
graphische Darstellung bis in die kleinsten Details wiedergefunden, son-
dern auch mit reichlichen Beispielen unterstützt worden, welche sich
dem Verf. in allen Museen Europas und in Aegypten in Fülle darboten.
26 Aegyptisch,
Um die Einheit de« Ganzen und die Brauchbarkeit für daa Studium
des Aegyptischen zu erhöhen, hat der Verf. überall die etwaige ent-
aprechende hieroglyphische Form (mit steter Hinweisung auf die Gram-
maire egyptienne Champollion's d. j.) in Parallele gestellt und natürlich
als Hauptbeweiamittel für die Richtigkeit der gewonnenen grammatischen
Bedeutung das Koptische herbeigezogen, gestützt auf die Grammatiken
Peyron's, vorzüglich aber Schu?artzeys. Um ein Beispiel für die Aus-
dehnung der gewonnenen Formen zu geben, welche im Vergleich mit
Champollion's eben genannter hieroglyphischer Grammatik weit über
dieselbe hinausgeht, so bemerken wir, dafs vom Verbum allein achtzehn
verschiedene Formen aufgefunden worden sind, während deren Zahl im
Hieroglyphischen kaum die Hälfte davon übersteigt. •
Zehn Tafeln geben die genauesten und treuesten Facsimiles von
verschiedenen demotischen Inschriften aus den Museen von Paris, Ley-
den, Turin, Dresden und aus Aegypten.
Die Verlagshandlung hat zu diesem Werke die ganze demotische1
Schrift in mehr als dreihundert Haupttypen schneiden und giefsen lassen,
worüber das folgende „Memoire" Auskunft zu geben bestimmt ist.
Memoire sur la reproduetion imprimäe des caracteree
de l'ancienne Venture demotique des Egyptiens, au moyen
de types mobiles et de l'imprimerie; par Henry Brugsch,
de runiversite" royale de Berlin. 1855. 4. geh. 7\ Sgr.
Koptische Grammatik von Dr. M. Gr. Schwartze,
ehem. Prof. der Koptischen Sprache an der Kgl. Friedrich
Wilhelms -Universität zu Berlin, herausgegeben nach des
Verfassers Tode von Dr. H. Steinthal, Docenten an der-
selben Universität. 1850. gr. 8. cart. 5 Thlr. 10 Sgr.
Diese Grammatik liefert die Thatsachen so vollständig und sorgfaltig,
wie sie bisher noch nirgends gefunden worden sind. Dabei erstreckt
sie sich über alle drei koptischen Dialecte in gleicher "Weise. Was ihr
aber den grofsten Vorzug giebt, ist die comparativ -genetische Methode,
welcher überhaupt die neueste Sprachwissenschaft ihren Aufschwung,
verdankt, und welche hier vom Verfasser mit Scharfsinn und Umsicht
angewandt ist. Es ist hier zum ersten Male eine wissenschaftliche Laut-
lehre der koptischen Sprache gegeben, welche die sichere Basis für die
Formenlehre bildet. Höchst schatzenBwerthe Notizen über die Syntax sind
aus den Papieren des Verfassers vom Herausgeber angehängt.
Semitische Sprachen. — Arabisch. Syrisch. 27
Dt Semitische Sprachen.
Arabisch.
Ibn 'Aldis Commentar zur Alfijja des Ibn Mälik aus dem
Arabischen zum ersten Male übersetzt von F. Dieterici,
Dr. Ph., a. o. Professor an der Universität zu Berlin. 1852.
gr. 8. geh. 4 Thlr.
Syrisch.
L*xicon linguae Syriacae. Collegit digessit edidit Ge-
orgius Henricus Bernstein« Fasciculus primus. Fol.
2 Thlr. 20 Sgr.
Seit einer Reihe von Jahren wurde dem Erscheinen des obigen
Werkes mit Verlangen entgegengesehen. Es ist bekannt (vgl. Zeitschrift
d. deutschen morgenl. Gesellschaft Bd. III. 1849. S. 385), dafs der Ver-
fasser desselben länger als ein Menschenalter hindurch Vorarbeiten zu
einem ausfuhrlichen syrischen Wörterbuche gemacht, zu dem Ende alle
gedruckt vorliegenden syrischen Schriften aufmerksam durchgelesen und
sorgfältig excerpirt, Reisen nach England und Italien zur Benutzung der
dortigen Bibliotheken für seine Zwecke unternommen -und das dem sy-
rischen Lexikographen unentbehrliche syrisch -arabische Wörterbuch des
Bar-Bahlul sich abschriftlich verschafft, sowie Auszuge aus dem des
Bar- Ali gemacht hat.
Nach diesen Vorbereitungen wurde ihm durch v. Frlhn's Vermit-
telung die Vergünstigung zu Theil, aus Lorsbach's Vorarbeiten zu einem
syrischen Wörterbucjie, welche dieser Gelehrte seinem Handexemplare
von Castelli -Michaelis Lexicon beigeschrieben und welche sich in dem
Romänzoff'schen Museum zu St. Petersburg befinden, mit Allerhöchster
Erlaubnifs Sr. Majestät des verewigten Kaisers Nikolaus auf kurze Zeit
zur Durchsicht und Benutzung zugesandt zu erhalten. Zu gleichem
Zwecke wurde ihm auch ArnoldPs Handexemplar des Castelli -Michael,
syrischen Wörterbuches, welchem der Besitzer Zusätze und Berichtigun-
gen beigefügt hat und welches Eigenthum der Uni versit&ts- Bibliothek
in Marburg geworden ist, duren die Güte des Herrn Bibliothekars rajt-
getheilU
28 Finnisch -tartarisehe Sprachen.
Als nun diese reichen Materialien beisammen waren und der Ver-
fasser vor acht Jahren an die Ausarbeitung des Werkes ging, schuf er
im Verein mit dem verstorbenen schwedischen Professor Tullberg und
seinerseits in der Absicht, sie für das Lexicon zu benutzen, eine neue
syrische Schrift, mit welcher auch die ßreslauer Universität« -Buch-
druckerei durch die Liberalitat des Herrn Ministers v. Raumer Excelleiiz
versehen worden ist und welche dem Werke nicht nur zur besonderen
Zierde gereicht, sondern auch den grofsen Gewinn gewährt, dafs es un-
ter den Augen des Verfassers gedruckt und der Druck von ihm selbst
überwacht werden kann.
Wir haben die Ausgabe des Werkes in Heften beschlossen, .um den
Orientalisten stets möglichst schnell die vollendeten Abtheilungen des-
selben zur Benutzung zu übergeben. Hefte von 18 — 20 Bogen werden
in möglichst kurzen Zwischenräumen dem gegenwärtigen folgen.
Zum Schlüsse unserer Ankündigung erlauben wir uns auf die Worte
hinzuweisen, welche einer der ersten Kenner der syrischen Sprache,
Herr Professor Dr. Rödiger in Halle, nach der Einsicht in die ersten
Bogen dieses Werkes über dasselbe (Zeitschrift der deutschen morgenl.
Gesellschaft Bd. IX. 1856. S. 760) ausgesprochen hat:
„Was ich v#n Bernsteln's Syrischem Lexik«» gesehen habe, ent-
spricht vellatändlg den heben Erwartungen, die wir daven hegten.
„Es Ist die reife Fracht Jahrelangen unermüdlichen Fletfaes, der am-
„sichtigsten and sergfültlgsten Benatsang eines reichen handsehrlfu
„liehen Materials, der aasgedehntesten Leetüre und einer master-
„haften Akribie, ein Werk, aufweiche» die deutsche Wissenschaft
„stela sein wird.««
E. Finnisch-tartarische Sprachen.
Ueber die Sprache und Schrift der Uignren von Julius
Klaproth. Mit einer Kupfertafel und einer Vignette.
(Nur in zweihundert Exemplaren gedruckt.) fol. Vergl.
über dieselbe S. 31. unter Verzeichnifs.
Diese Abhandlung ist von einer älteren unter demselben Titel er-
schienenen desselben* Verfassers zu unterscheiden. Hier werden aus
einem uigurisch- chinesischen Vocabular, welches aus dem kaiserlichen
Uebersetzungsinstitute su Peking stammt und jetst in der Bibliothek au
Malayisch-porrnesische Sprachen. 29
Paris sich befindet, die in ihm enthaltenen achthundert uignrischen Wör-
ter mitgetbeilt und mit den entsprechenden anderer türkisch-tartarischer
Dialecte zusammengestellt. Aufserdem werden drei nigurische Schreiben
an die chinesischen Kaiser der Dynastie Ming als Sprachprobe gegeben.
Hierauf folgt die aus Abulgasi und besonders den chinesischen Schrift-
stellern geschöpfte, theil weise durch europäische Zeugnisse bestätigte
Geschichte der Uiguren, welche die einstige Macht dieses Stammes und
übereinstimmend mit der Sprache seinen türkischen Ursprang und seine
Verschiedenheit von den Tanguten beweist. Die nigurische Schrift ist
eine Tochter der syrischen und Mutter der mongolischen, kalmückischen
und mandschurischen, wie sowohl die Form der Buchstaben selbst, als
auch einheimische Schriftsteller lehren.
Bas Zahlwort in der tschadischen Sprachclasse , wie
auch im Türkischen, Tungusischen und Mongolischen von
Wilhelm Schott. Aus den Abhandlungen der Akade-
mie a. d. J. 1853. 1853. gr. 4. geh. 15 Sgr.
F. Malayisch-polynesische Sprachen.
Ueber die Kawi- Sprache auf der Insel Java, nebst einer
Einleitung über die Verschiedenheit des menschlichen Sprach-
baues und ihren Einflufs auf die geistige Entwicklung des
Menschengeschlechts von Wi lhelm.vonHumboldt. Drei
Bände. 1836. gr. 4. 18 Thlr. 15 Sgr. '
Der erste Band dieses Werkes enthält aufser der Einleitung, von
der die oben aufgeführte Schrift ein besonderer Abdruck ist, das erste
Buch : über die Verbindung zwischen Indien und Java. Da die Kawi-
Sprache das «Erzeugnifs dieser Verbindung ist, so wird hier gewisser-
mafsen die Entstehung derselben nachgewiesen. Die Verbreitung des
Buddhismus über Java und andere Inseln des östlichen Archipels wird
ans den Ueberreste'n von Tempeln und Bildwerken, Inschriften und
Sagen, wie auch aus einzelnen Kennzeichen aufs Gründlichste darge-
than. — Das zweite Buch (II. Bd.) enthält die Analyse der Kawi-Sprache.
Nach einigen Notizen über die Literatur und die Hülfsmittel zur Erfor-
30 Malayisch -polynesische Sprachen.
schung derselben wird ihre grammatische Form, wie sie sich ans der
behutsamsten Betrachtang der Texte ergab, dargestellt, nm die Natur der-
selben zu bestimmen und zu zeigen und mit Beweisen zu belegen, wie
sie in dem Kreise der Sprachen, zu welchen sie zu rechnen ist, classi-
ficirt werden mufs. — Dies nöthigte den Verfasser im dritten Buche
auf den malayischen Sprachstamm überhaupt einzugehen. Nach der all-
gemeinen Charaoterisirung und Eintheilung desselben werden zuerst die
einzelnen Sprachen des westlichen Zweiges mit dem bekannten feinen
Takt des Verfassers für Auffassung eigentümlicher Gestaltungen vor*
geführt. —
Der dritte Band umfafst die Sprachen der Südsee-Inseln, den andern
Zweig des malayiBchen Stammes. Diese leider von Humboldt nicht voll-
endete Arbeit hat ihre Ergänzung durch einen jüngeren, auf dem Gebiete
der Sprachwissenschaft rühmlichst bekannten Gelehrten, Herrn Professor
Buichmann, erhalten, welcher in umfassendster Weise nicht nur die
Sprachen der Südsee-Inseln unter sich, sondern auch diese mit dem oben
erwähnten westlichen Zweige, den im engern Sinne malayisch genannten
Sprachen, verglichen- hat.
Ueber die Verwandtschaft der malayisch -polynesischen
mit den indisch-europäischen Sprachen von Franz Bopp.
1841. gr. 4. 2 Thlr. 20 Sgr.
Der -berühmte Verfasser führt in dieser Abhandlung den Beweis, dafs
der malayisch-polynesische Sprachzweig ein Abkömmling des Sanskrit-Stam-
mes ist, dafs er zu demselben in einem tochterlichen Verhältnisse steht, wäh-
rend die meisten europäischen Sprachklassen dem Sanskrit schwesterlich
die Hand reichen. Es wird die Annahme gerechtfertigt, dafs das Sans-
krit, und zwar zu einer Zeit, wo es in noch ursprünglicherem Zustande,
als in welchem es uns bekannt ist, sich befand, und viel durchgreifender
und gewaltsamer als das Lateinische in die romanischen Sprachen, in
die malayisch -polynesischen sich aufgelöst habe. Letztere sind nur
Trümmer eines verfallenen. Sprachorganismus,, sie sind aus der gram-
matischen Bahn, in der sich ihre Muttersprache bewegt hat, heraus-
getreten. Die Untersuchung kann sich darum hier nicht mit der Gram-
matik beschäftigen, sondern es werden Wörter aus allen Redetheilen
mit Sanskritwörtern verglichen, und ihre auffallende Aehnlichkeit mit
denselben bestätigt die obige Ansicht.
Chinesisch und Hinterindisch. 31
G. Chinesisch und Hinterindisch.
Vocabularium Sinicum concinnavit Guilelmus Schott.
1844. gr. 4. geh. 1 Thlr. 10 Sgr.
Zar Beurteilung der annamitischen Schrift und Sprache
von Wilhelm Schott. Aus den Abhandlungen der Kö-
niglichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 1855.
gr. 4. geh. 8 Sgr.
Die Abhandlung stellt die . Eigentümlichkeiten der annamitischen
Schrift und Sprache dar, und zwar die letztere in den Lauten der gram-
matischen Conatruction , im Gegensatz zur chinesischen. Ein Anhang
erklärt die Namen Annam, Tung-Kingl (Tonqain) und Conchinchina.
Verzeichnis* der Chinesischen und Mandschuischen Bü-
cher und Handschriften der Königl. Bibliothek zu Berlin.
Verfafst von J u 1 i u s K 1 a pr o t h. Herausgegeben auf Befehl
Seiner Majestät des Königs von Preufsen. Paris 1822.
gr. fol. (188 pp. u. VIII.) Angehängt ist eine Abhand-
lung: Ueber die Sprache und Schrift der Uiguren. (68 pp.)
Mit einer Kupfertafel und einer Vignette. (Nur in zwei-
hundert Exemplaren gedruckt.) Vergl. über dieselbe S. 28.
d. V. fol. 16 Thlr. 15 Sgr.
Chinesische Sprachlehre von Wilhelm Schott. Zum
Gebrauche bei Vorlesungen und zur Selbstunterweisung.
1857. gr. 4. geh. 2 Thlr. 20 Sgr.
32 Amerikanische Sprachen.
H. Amerikanische Sprachen.
Ueber die Astekisehen Ortsnamen von Joh. Carl Ed.
Buschmann. Erste Abtheilung. [Besondrer Abdruck aus
den Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissen-
schaften zu Berlin aus dem Jahre 1852.] 1853. gr. 4.
geh. 2 Thlr.
Inhalt: I. Einleitung. II. Aztian und die aztekische Sprache.
III. Merkwürdigkeiten der mexikanischen Sprache. IV. Hieroglyphiscbe
Gemälde. V. Einwanderung von Norden. VI. Wanderungen und älteste
Geschichte. VII. Verbreitung aztekischer Ortsnamen im Allgemeinen
und im nördlichen Mexico. VIII. Guatemala. IX. Nicaragua. X. Gua-
temala (Sohlufs). XI. Wiederkehr der Ortsnamen.
Der athapaskigehe Sprachstamm dargestellt von Joh,
Carl Ed. Buschmann. Aus den Abhandlungen der
Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1855. 1856.
gr. 4. cart. 2 Thlr.
Die Sprachen Kizh und Hetela von Neu-Californien von
Joh. Carl Ed. Buschmann. Aus den Abhandlungen der
Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1855.
1856. gr. 4. geh. 12 Sgr.
Die Pimasprache und die Sprache der Xoloschen von Joh.
Carl Ed. Buschmann. Aus den Abhandlungen der
Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1856.
1857. gr..4. cart. 1 Thlr.
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